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Full text of "Neues Archiv"

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Neues  Archiv 


der 


(ifiSßllscliaft  1  ältfire  fleitsclifi  GßsicMsldiMß 


Beförderung  einer  Gesammtausgabe  der  öuellenschriften 
deutscher  Geschichten  des  Mittelalters. 


Siebenter  Band. 


Hannover. 

Hahn'  sehe  Buchhandlung. 
1882. 


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Uniinovor.   .Schrift  und  Druck  von  Fr.  Culcmaun. 


I  n  li  a  1  t. 


Seite. 
I.     Bericht  über  die  siebente  Plenarvcrsammlung'  der  Cen- 
tral-Direction    der    Monumenta    Germaniae    1881.  1 — 8 
II.     Dritter  Bericht   über  die  zur  Herausgabe    der  altern 
deutschen  Stadtrechto  unternommenen  Vorarbeiten. 
Von  F.  Frensdorff 9—17 

III.  Bericht     über     schwäbische     Todtenbücher.         Von 

F.  L.  Bau  mann 19—41 

IV.  Studien     zu     Marino    Sanuto     dem    Aelteren.       Von 

H.  Simonsfeld 43—72 

V.     lieber  Anselnis  Gesta  episcoporum  Leodiensium.     Von 

G.  Waitz 73—81 

VI.     Beiträge    zu    Jaffe's    Regestensammlung.        Von    Jul. 

V.  Pflugk-Harttung 83  —  120 

VII,     Ueber    die    Herkunft    des    Albertino    Mussato.       Von 

Dietrich  König 121—133 

VIIT.     Ueber  eine  unbenutzte  Handschrift  Oesterreichischer 

Annalen.     Von  W.  Wattenbach 135—142 

IX.     Papsturkunden    in    Paris.        Ein    Reisebericht    nebst 
einem    Anhang     ungedruckter    Papstbriefe.       Von 

S.  Loewenfeld 143—167 

X.  Geschichtliche  Handschriften  der  fürstlich  Oettingen- 
Wallersteinschen  Blibliothek  in  Maihingen  verzeich- 
net von  Philipp  Jafle.  Mitgetheilt  von  W.  Watten- 
bach        169  — 18G 

XI.     Miscellen : 

Ein  Brief  von  Theiner  an  Pertz 189  —  190 

Ungedruckte  Briefe.    Mitgetheilt  von  E.  D  um  m  - 

1er        191  —  194 

Mittheilungen.     Von  Paul  Ewald       ....      195—215 
Ueber    eine    Handschrift   des    Chronicon  Ursper- 

gense.     Von  H.   Simonsfeld 213  —  215 


IV  Inhalt. 

Verse     auf    König'    Enclolf.  Mitgetlieilt     von 

W.  Meyer 216-217 

Antiquitates  Arnulfinae.     Von  Jul.  von  Plugk- 

Harttung 218—224 

Nachrichten 225—246 

XII.     Die    Chronicae     des     sogenannten    Fredegar.       Von 

Dr.  Br.  Krusch 247—351 

XIII.  Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius. 

Von  A.  Nürnberger 353 — 381 

XIV.  Miscellen: 

Ueber  die  sogenannte  Abbreviatio  gestorum  regum 

Franciae.     Von  G.  Waitz 385—390 

Liber  annalis  scu  ehronicorum  anonymi  autoris, 
(Eusebii  Caesariensis  Cat.)  ab  initio  mundi 
usque  ad  med.  saec.  XIV.  Von  Dr.  Wid- 
mann in  Wiesbaden 391 — 395 

Aus  Handschriften.     Von  W.  Wat  t  enb  a  ch     .  396  —  400 
Zu  den  caroliugischen  Formelsammlungen.    Von 

E.  Dümmler 401  —  403 

Ueber  den  Ausdruck:  'Clerici  sunt  quiutati'.    Von 

Cornelius  Will 404—406 

Nachrichten 407  —  420 

XV.     Die    Chronicae     des     sogenannten    Fredegar.       Von 

Dr.  Br.  Krusch.    II 421—516 

XVI.     Einharts  Werke  und  ihr  Stil.     Von  Max  Manitius.  517-568 

XVII.     Eine   Limburger   Handschrift.     Von  Arthur  Wyss  569 — 584 
XVI  ir.     Miscellen: 

Zwei    unedicrte    Briefe    Gregors  I.      Von    Paul 

Ewald 587-604 

Gedichte    aus    Münchener    Handschriften.      Von 

E.  Dümmler G05  — 613 

Zur  Characteristik    des    Cardinais  Ilumbert    von 

Silva  Candida.     Von  K.  Francke  .      .     .     .  614—019 

Handschriftliches.     Von  W.  Watt  enb  ach  020—629 
Notizen  von  S.  Eparch  in  Angouleme  und  S.  Martial 

in  Limoges.     Von  O.  Holder-Egger     .     .  630—637 

Nachrichten 638—647 


I. 


Bericht 

über  die 


siebente  Plenarversammlung' 


der  Central -Direction 


der 


Monumeuta  Germauiae 
1881. 


Neuea  Ar*^'        etc      VII. 


JJie  Centraldirection  der  Monumenta  Germauiae  hat  ihre 
jährliche  Plenarversammkmg  in  den  Tagen  vom  21 — 23.  April 
hier  abgehalten.  Anwesend  waren  sämmtliche  Mitglieder  mit 
Ausnahme  des  Hofrath  Prof.  Sickcl  in  Wien,  dem  sein  Ge- 
sundheitszustand auch  dies  Jahr  die  Reise  nicht  gestattete. 

Leider  musste  der  Rückblick  auf  das  verflossene  Jahr  in 
vieler  Beziehung  ein  trüber  sein.  Der  Tod  des  hiesigen 
ordentlichen  Mitgliedes  Prof.  K.  W.  Nitzsch  und  des  Mit- 
arbeiters der  Abtheilung  Scriptores  Dr.  Johannes  Heller,  das 
andauernde  Leiden  des  Hofr.  Sickel,  der  Brand  im  Hause 
des  Prof.  Mommsen,  Leiters  der  Abtheilung  Auetores  anti- 
quissimi,  sind  Ereignisse,  die  uns  schwer  betroffen,  auch  die 
Arbeiten  mannigfach  gestört  haben. 

Um  so  mehr  mag  es  als  glücklich  hervorgehoben  werden, 
dass  dieselben  doch  erhebliche  Fortschritte  machen  konnten, 
eine  Reihe  bedeutender  Publicationen  vorliegt,  andere  in  Angriff 
genommen  worden  sind. 

Ausgegeben  wurden  im  verflossenen  Jahr: 

von  der  Abtheilung  Auetores  antiquissimi : 

1)  Tomi  IV,  P.  2.  Venanti  Honori  Clementiani  Fortunati 
opera  poetica.     Recensuit  et  emendavit  Fridericus  Leo; 

von  der  Abtheilung  Scriptores: 

2)  Toraus  XXV  5 

3)  Einhardi  Vita  Karoli  Magni.  Editio  quarta.  Post 
G.  H.  Pertz  recensuit  G.  Waitz; 

von  der  Abtheilung  Antiquitates : 

4)  Poetae  Latini  aevi  Carolini.  Recensuit  Ernestus  D  um m- 
1er.     Tomi  I  Pars  prior; 

von  dem  Neuen  Archiv  der  Gesellschaft  für  ältere  Deutsche 
Geschichtskunde : 

5)  Band  VI  in  3  Heften. 

Dazu  kommt  als  von  der  Gesellschaft  unterstützt  und  theil- 
weise  aus  ihren  Sammlungen  hergestellt: 

6}  Acta  impei'ii  inedita  seculi  XIII.  Urkunden  und  Briefe 
zur  Geschichte  des  Kaiserreichs  und  des  Königreichs  Sicilien 
in  den  Jahren  1198  bis  1273.  Herausgegeben  von  Eduard 
Wink  elmann. 

1* 


4  Bericht  über  die  siebente  Plenarversammlung   1881. 

Ueber  die  Thätigkeit  der  einzelnen  Abtheilungen  ist  fol- 
gendes zu  berichten. 

Die  der  Auctores  antiquissimi  ward  durch  den  schon 
erwähnten  Brand  im  Hause  ihres  Leiters  schwer  betroffen. 
Die  Sorge  für  andere  ihm  obliegende  Arbeiten  nöthigte  Prof. 
Mommsen,  die  fast  vollendete  Ausgabe  des  Jordanis  und  die 
Bearbeitung  der  kleinen  Chroniken  zu  unterbrechen ;  wie  meh- 
rere für  jene  benutzte  Handschriften,  so  sind  auch  einige  der 
für  diese  gemachten  Collationen  zerstört  oder  beschädigt;  eine 
beabsichtigte  Reise  zum  Besuch  Englischer  Bibliotheken  musste 
aufgeschoben  werden.  Doch  steht  die  Vollendung  des  Jordanis 
im  Lauf  des  Jahres  mit  Sicherheit  zu  erwarten.  An  die  be- 
reits ausgegebene  Bearbeitung  von  Fortunats  Gedichten,  die 
aus  zahlreichen  Handschriften  zuerst  einen  zuverlässigen  Text 
festgestellt  und  sorgfältige  Nachweise  über  Sprache  und  Metrik 
des  Autors  gegeben  hat,  werden  sich  die  prosaischen  Werke 
anschliessen,  mit  denen  auch  die  allgemeinen  Sachregister  ver- 
bunden werden  sollen.  Begonnen  hat  der  Druck  des  Avitus 
von  Dr.  Peiper  in  Breslau,  des  Symmachus  von  Dr.  Seeck 
in  Berlin ;  in  naher  Aussicht  steht  er  beim  Ausonius,  den  Prof. 
Schenkl  in  Wien  beai'beitet.  Für  den  Sidonius  hat  Dr.  Lüt- 
johann  die  Handschriften  Englischer  Bibliotheken,  für  den 
Ennodius  Dr.  Vogel  die  in  Rom  benutzt. 

Die  Abtheilung  Scriptores,  die  von  dem  Vorsitzenden 
der  Centraldirection  Geh.  Regierungsrath  Waitz  geleitet  wird, 
hat  einen  schweren  Verlust  durch  den  Tod  des  Dr.  Heller 
erlitten,  der  in  dem  Augenblick  der  AVissenschaft  entrissen 
ward,  als  der  25.  Band  der  Scriptores,  zu  dem  er  zahlreiche 
und  werth volle  Beiträge  geliefert  hatte,  ausgegeben  werden 
konnte;  unvollendet  hinterliess  er  die  Ausgabe  von  Flodoards 
Historia  Remcnsis  für  Band  13.  Dieser  ward  dadurch  eine 
Zeit  lang  im  Druck  aufgehalten,  schreitet  jetzt  aber  rüstig 
vorwärts,  so  dass  seine  Vollendung  im  Lauf  des  Sommers  ge- 
hofft werden  kann.  Er  wird  aber  nicht  alles  das  an  Nach- 
trägen zu  den  12  ersten  Bänden  umfassen  können,  was  für  ihn 
in  Aussicht  genommen  war,  sondern  mit  dem  Chronicon  Alti- 
nate  schliessen  müssen,  dessen  Bearbeitung  Dr.  Simons feld 
in  München  vollendet  hat.  Für  den  folgenden  Band  bleiben 
die  neu  aufgefundenen  Gesta  episcoporum  Cameracensium, 
die  Werke  des  Hermann  von  Tournai,  für  welche  die  wichtige 
der  dortigen  Stadtbibliothek  gehörige  Handschrift  in  Brüssel 
benutzt  Avard,  und  andere  Belgische  Chroniken,  die  Magde- 
burger Bischofschronik,  bearbeitet  von  Prof.  Seh  um  in  Halle, 
und  mehrere  kleinere  Stücke.  Die  Folge  wird  sein,  dass  die 
Streitschriften  des  11.  und  12.  Jahrhunderts,  mit  denen  Prof. 
Thaner  in  Innsbruck  und  Dr.  Bernheim  in  Göttingen  be- 
schäftigt sind,  hier  schwerlich  Raum  finden,  sondern  angemessen 


Bericht  über  die   siebente  Plenarversammlung    1881.  5 

als   besonderer  Band    im   kleineren  Format  neben   den  Papst- 
leben zu  geben  sein  werden.    Dasselbe  gilt  von  den  Geschicht- 
schreibern  der  Normamiisclien  Herrschaft  in  Süditalien,  Amatus, 
Gaufredus  Malaterra,  Faleo  Beneventanus,  Hugo  Falcandus  u.  s.w., 
die  auch  für  die  Gescliichte  des  Kaiserreichs  eine  nicht  geringe 
Bedeutung  haben,  und  deren  Sammlung  für  später  in  Aussicht 
genommen  ist.    Zunächst  gilt  es  auch,  die  Reihe  der  Geschicht- 
schreiber   des    11.    und    12.    Jahrhunderts    weiter    zu    führen. 
Nachdem  im  25.  Bande  die  Deutschen  Provinzial-  und  Local- 
chroniken  bis   zum  Ende   des  13.  Jahrhunderts  gegeben  sind, 
würden  zunächst  wohl  die  Italienischen  Quellen  ähnlicher  Art 
in  Frage   kommen.     Da   aber  trotz   mancher  Vorarbeiten    für 
Sichardus,    Salimbene    u.  a.,    die   früher   gemacht,    doch   noch 
längere  Arbeiten  erfordert  werden,   auch  die  Mithülfe,   welche 
Prof.  Scheffer-B  oichorst   in    Strassburg   hier   in    Aussicht 
gestellt,  in  weitere  Ferne  gerückt  ist,  wurde  zunächst  in's  Auge 
gefasst,  was  sich  bei  den  Französischen  und  Englischen  Auto- 
ren der  Zeit  findet.     Und   das   ist  allerdings  recht  viel.     Jene 
bieten  zum  Theil  die   genauesten  Berichte   über   die  Verhand- 
lungen der  Deutschen  Könige  mit  den  Päpsten,  die  wiederholt 
in  Frankreich  eine  Zuflucht  suchten,  über  den  Kreuzzug  Kon- 
rad HI,   die  Betheiligung  Otto  IV.  an  den  Flandrischen  Krie- 
gen, die  Einwirkung  der  Albigenser  Kriege  auf  die  Ablösung 
der   Provence    vom   Reich,    den   Zug  Karls   von   Anjou    nach 
Italien   und    seine  Kämpfe  hier  gegen  Manfred  und  Konradin. 
Wenn  die  Monumenta  auch  von   den  meisten   der  hier  in  Be- 
tracht kommenden  Werke  nur  Theile  geben  können,   so   war 
es  doch  nothwendig,  näher  auf  die  bisher  vernachlässigte  Kritik 
derselben  einzugehen  und  die   zugänglichen  Handschriften   zu 
untersuchen.     Hat  dabei  Hr.  A.  Mo  linier  in  Paris  mehrfach 
Hülfe  geleistet,  und  sind  einzelne  Handschriften  hierher  gesandt 
worden,    so    war   doch    auch   ein   wiederholter  Aufenthalt   des 
Leiters  in  Paris  erforderlich;  anderes  übernahmen  Dr.  Lieber- 
mann in  London,    Dr.  Mau   in  Rom.     Aus   den  Vorarbeiten 
sind  die  Aufsätze  von  Dr.  Brosien  über  Wilhelm  von  Nan- 
gis,  von  Waitz  über  die  sogenannten  Gesta  Ludovici  VII.  et 
VIII.   im   Neuen   Archiv   hervorgegangen.      Auch    der   Druck 
des  26.  Bandes,  an  dem  sich  ausserdem  Dr.  Holder-Egger 
lebhaft  betheiligt,  ist  bereits  bis  an  das  Ende  des  12.  Jahrhun- 
dei'ts   fortgschritten.      Derselbe   wird    aber    auch    einen    nicht 
unbedeutenden  Theil  von  der  Französisch  geschriebenen  Reim- 
chronik des  Tournaier  Philippes  Mousket   aufnehmen  müssen^ 
für  deren   Bearbeitung  Prof.   Tob  1er   seine   Mitwirkung  hat 
hoffen  lassen.     So   wird   es  wahrscheinlich  nöthig  werden,   die 
Englischen  Autoren,   von   denen  ein  bedeutender  Theil  in  der 
Bearbeitung  des  Prof.  Pauli   und  Dr.  Liebermann    druck 
fertig  vorliegt,  auf  den  folgenden  Band  zu  verschieben. 


{)  Bericht  über  die   siebente  Plenarversammlung   1881, 

Eine  besondere  Reihe  werden  die  Scriptores  rerum  Mero- 
vingicarum  bilden,  deren  Anfang  im  Lauf  des  Jahres  erwartet 
werden  darf,  da  Prof.  Arndt  in  Leipzig  die  hinge  gehoffte 
Ausgabe  des  Gregor  von  Tours  in  sichere  Aussicht  stellt. 
Dr.  Krusch  hat  hier  ausser  dem  Fredegar  auch  die  Gesta 
Francorum  übernommen. 

Die  für  den  ersten  Band  der  Deutschen  Chroniken  be- 
stimmte Kaiserchronik  hat  Dr.  Roediger  geglaubt  aufgeben 
zu  müssen,  einen  Ersatzmann  aber  sofort  in  Dr.  W.  Schröder 
gefunden,  der  in  nächster  Zeit  seine  Arbeitskraft  ganz  dieser 
Aufgabe  zuwenden  will.  Daran  wird  sich  die  Bearbeitung  des 
Enenkel  von  Dr.  Strauch  in  Tübingen  anschliessen.  Dr.  Lich- 
te n  s  t  e  i  n  hofft  die  handschriftlichen  Vorarbeiten  für  Ottokars 
Steirische  Reimchronik  im  Lauf  des  Sommers  zu  vollenden. 
Die  neue  Ausgabe  der  Limburger  Chronik  von  Archivar  Wyss 
in  Darmstadt,  für  welche  in  einer  neu  aufgefundenen  Braun- 
felser  Handschrift  die  sichere  Grundlage  einer  Herstellung  des 
bisher  sehr  verderbten  Textes  gewonnen  ist,  nähert  sich  dem 
Abschluss. 

In  der  Abtheilung  Leg  es  hat  leider  Prof.  Sohm  in 
Strassburg  die  übernommene  Bearbeitung  des  Lex  Salica  auf- 
gegeben, dagegen  die  Vollendung  der  Lex  Ribuaria  in  nächster 
Zeit  bestimmt  in  Aussicht  gestellt.  —  Der  Druck  der  neuen 
Ausgabe  der  Capitularicn  von  Prof.  Boretius  in  Halle  unter 
umfassender  Benutzung  eines  reichen  handschriftlichen  Appa- 
rats hat  begonnen  und  wird  seinen  regelmässigen  Fortgang 
haben.  —  Ueber  die  Fränkischen  Formelsammlungen  hat 
Dr.  Z  cum  er  zunächst  eine  ausführliche  kritische  Arbeit  im 
Neuen  Archiv  veröffentlicht,  Avelche  allgemeinste  Anerkennimg 
gefunden  hat;  bald  darauf  ist  auch  hier  mit  dem  Druck  der 
Anfang  gemacht.  Eine  sehr  wesentliche  Förderung  erhält  diese 
Ausgabe  durch  die  ebenso  zahlreichen  wie  eingreifenden  Ver- 
besserungen, welche  die  in  Tironischen  Noten  geschriebenen 
sogenannten  Carpentierschen  Formeln  durch  Director  Schmitz 
in  K()la  erfahren  haben,  nachdem  die  Direction  der  Pariser 
NationalbibHothek  die  Uebersendung  der  wcrthvollen  Hand- 
schrift in  liberalster  Weise  gestattet.  —  Für  die  Merovingischen 
Concilien  hat  Hofrath  Prof.  Maassen  in  Wien  Avährend  eines 
längeren  Aufenthalts  zu  Paris  gearbeitet;  eine  Vaticanische 
Handschrift  verglich  Dr.  Meyncke  in  Rom.  —  Zur  weiteren 
Bearbeitung  des  ersten  Bands  der  Stadtrechte  besuchte  Prof. 
Frensdorff  in  Göttingen  während  dieses  Jahres  mehrere 
Niederrheinische  Archive;  er  gedenkt  im  Laufe  des  folgenden 
sowohl  die  Sannnlung  des  IMaterials  zum  Abschluss  zu  bringen 
wie  mit  der  Bearbeitung  zu  beginnen. 

Die  Abtheilung  Diplom  ata  ist  sowohl  durch  das  noch 
immer  nicht  ganz  befriedigende  Befinden  ihres  Leiters  Hofrath 


Bericht  über  die  siebente  Plenarversammlung  1881.  7 

Prof.  Sickel  in  Wien  wie  durch  den  schon  früher  zu  bekla- 
genden Verhist  des  iiltestcn  Mitarbeiters  Dr.  Fol tz  in  rasche- 
rem Vorschreiten  gehemmt  worden.  Doch  sind  12  Bogen  von 
den  Urkunden  Otto  I.  gedruckt,  auch  das  Material  für  die 
Fortsetzung  unter  Hülfe  der  beiden  Mitarbeiter  Dr.  Uhlirz 
und  Dr.  v.  Ottentlial  in  Wien  vorbereitet  und  vermehrt^ 
so  dass  dem  weiteren  und  rascheren  Fortgang  nichts  entgegen- 
steht. —  Es  verdient  auch  wohl  an  dieser  Stelle  hervorgehoben 
zu  werden,  dass  sich  in  den  Sammlungen  der  Gesellschaft  eine 
vollständige  Durchzeichnung  der  berühmten  und  vielfach  an- 
gezweifelten Urkunde  Otto  I.  für  Papst  Johann  im  Vaticani- 
schen  Archiv  gefunden  hat,  die  von  dem  verstorbenen  Nor- 
wegischen Gelehrten  Munch  angefertigt,  von  The  in  er  an 
Pertz  mitgetheilt  ist.  —  Das  gleichzeitig  von  der  Preussischen 
Archivverwaltung  unternommene,  von  Sickel  und  v.  Sybel 
herausgegebene  grosse  Werk  der  Abbildungen  Deutscher 
Kaisei'urkunden,  von  denen  das  erste  Heft  unlängst  erschienen 
ist,  kommt  auch  dieser  Abtheilung  zu  gute.  Ebenso  dient  die 
unter  Hofrath  Ficker's  Leitung  stehende  Neubearbeitung  von 
Böhmer's  Regesta  imperii,  wie  ihr  das  Material  der  für  die 
Monumenta  gemachten  Sammlungen  zur  Verfügung  gestellt  ist, 
ihrerseits  als  wesentliche  Vorarbeit  und  Ergänzung  der  Diplo- 
mata.  Und  in  noch  anderer  Weise  kommen  hier  die  schon 
oben  erwähnten  Acta  inedita  von  Winkelmann  in  Betracht,  da 
in  ihnen  wichtige  Stücke  wie  das  Registrum  Friderici  H,  das 
Arndt  in  dem  Archiv  zu  Marseille  auffand  und  abschrieb, 
zur  Veröffentlichung  gekommen  sind,  dazu  manches  aus  der 
reichen  Briefsammlung,  die  noch  Pertz  selbst  für  die  Zeit 
Friedrich  IL  angelegt  hatte. 

Aus  dieser  stammt  auch  die  erste  Publication,  welche  die 
Abtheilung  Epistolae  unter  Prof.  Wattenbach 's  Leitung 
bringen  wird.  Die  Abschriften  aus  den  päpstlichen  Regesten 
im  Vaticanischen  Archiv,  bearbeitet  von  Dr.  Rodenberg, 
sind  für  die  Zeit  Honorius  HI.  gedruckt;  mit  der  Gregor  IX. 
ist  der  Anfang  gemacht;  und  damit  wird  der  erste  Band  im 
Laufe  des  Jahres  abgeschlossen  wei'den.  Daneben  kommt 
dann  das  Registrum  Gregor  d.  Gr.,  mit  dem  Dr.  Ewald  seit 
längerer  Zeit  beschäftigt  ist,  an  die  Reihe.  Einen  Theil  seiner 
Zeit  hat  dieser  auch  der  neuen  Ausgabe  von  Jaffe's  Papst- 
regesten gewidmet. 

Von  der  Sammlung  der  Gedichte  Karolingischer  Zeit,  mit 
der  Prof.  Du  mm  1er  die  unter  seiner  Leitung  stehende  Ab- 
theilung An  tiqui  täte  s  eröffnet,  ist  die  erste  Hälfte  des  ersten 
Bandes,  wie  oben  angeführt,  im  Laufe  des  verflossenen  Jahres 
ausgegeben  worden,  die  zweite  bis  auf  die  Register  fast  im 
Druck  vollendet.  —  Für  die  Alamannischen  Nekrologien  hat 
Dr.  Bau  mann  in  Donaueschingen  eifrig  gesammelt,   wie  ein 


8  Bericht  über  die  siebente  Plenarversammlung   1881, 

Bericht  im  Neuen  Archiv  zeigen  wird.  Mit  denselben  werden 
auch  die  Verbrüderungsbücher  von  Sangallen,  Pfäfers  und 
Reichenau  zu  verbinden  sein,  mit  denen  sich  gleichzeitig  meh- 
rere Gelehrte  beschäftigen. 

Die  Mittheilungen  des  Neuen  Archivs  der  Gesellschaft  für 
ältere  Deutsche  Geschichtskunde  unter  Prof.  Wattenbach's 
Redaction  beziehen  sich  zum  Theil  auf  die  Vorarbeiten  für  die 
verschiedenen  Abtheilungen,  zum  Theil  bringen  sie  Nachrichten 
über  Handschriftensammlungen  oder  einzelne  neu  aufgefundene 
Codices,  ausserdem  kritische  Untersuchungen  über  Quellen- 
schriften oder  kleinere  Inedita  verschiedener  Art.  Unter  den 
Beiträgen  sind  ausser  mehreren  vorher  erwähnten  Aufsätzen 
der  ausführliche  Bericht  Dr.  Ewald' s  über  seine  Reise  nach 
Spanien  und  die  hier  benutzten  Bibliotheken  und  eine  Abhand- 
lung von  Prof.  Br esslau  über  die  Siegel  der  Deutschen 
Könige  und  Kaiser  aus  der  Salischen  Periode  hervorzuheben. 

Es  war  in  diesem  Jahre  weniger  Veranlassung  als  früher, 
um  die  Benutzung  auswärtiger  Handschriften  hier  an  Ort  und 
Stelle  zu  bitten.  Die  Erlaubnis  ist  aber  wie  von  Deutschen 
auch  von  fremden  Bibliotheken,  namentlich  Paris,  stets  ertheilt 
worden,  und  es  mag  gestattet  sein,  auch  an  dieser  Stelle  den 
Wunsch  auszusprechen,  dass  das  Unglück,  welches  einzelne 
Codices  bei  dem  oben  erwähnten  Brande  betraf,  nicht  zu  Er- 
schwerungen Anlass  geben  möge,  die  für  die  Wissenschaft  mit 
erheblichen  Nachtheilen  verbunden  sein  müssten,  und  hinzuzu- 
fügen, dass  die  durch  das  hohe  Reichsamt  des  Innern  der 
Centraldirection  beschafften  Localitäten  für  die  Sammlungen 
und  Arbeiten  der  Monumenta  dieselbe  Garantie  der  Sicherheit 
bieten  wie  öffentliche  Bibliotheken  und  Archive,  die,  wenn  es 
verlangt  wird,  hier  und  anderswo  stets  bereitwilligst  ihre  Räume 
zur  Verfügung  stellen. 


IL 

Dritter  Bericht 

über  die   znr   Herausgabe 

der 

altern  dentsclien  Stadtrechte 

unternommenen  Vorarbeiten. 
Von 

F.  Frensdorff. 


Der  mir  in  diesem  Jahre  obliegende  Bericht  lässt  sicii 
erheblich  kürzer  fassen,  als  die  beiden  frühern,  nach  dem  Be- 
such der  belgischen  und  holländischen  Archive  erstatteten'); 
denn  für  die  Herbstreise  des  J.  1880  konnte  ich  nur  eine  kurze, 
vierzehntägige  Zeit  zur  Verfügung  stellen,  die  zum  Besuch 
von  nicht  mehr  als  zwei  Archiven  ausreichte. 

An  die  zuletzt  behandelten  niederländischen  Städte  schlös- 
sen sich  naturgemäss  die  niederrheinischen  an.  Die  schon 
häufiger  gemachte  Bemerkung,  dass  zwischen  Niederrhein  und 
Niederland  kein  Unterschied  walte,  bewährte  sich  auch  für  das 
Gebiet  der  Stadtrechte. 

Mein  nächstes  Absehen  musste  sich  auf  das  Staatsarchiv 
zu  Düsseldorf  richten.  Nachdem  Se.  Excellenz  der  Oberpräsi- 
dent der  Rheinprovinz  seine  Erlaubnis  zur  Benutzung  ertheilt 
hatte,  begab  ich  mich  am  27.  September  1880  von  Hannover 
nach  Düsseldorf  und  verweilte  dort  bis  zum  5.  October.  Die 
Arbeit  im  Archive  wurde  mir  in  der  zuvorkommendsten  Weise 
durch  den  Vorstand  desselben,  Herrn  Geh.  Archivrath  Dr.  Har- 
less  erleichtert,  indem  er  mich  auf  alles  aufmerksam  machte, 
was  die  ihm  anvertrauten  Schätze  für  meine  Zwecke  enthielten. 
Eine  solche  Unterstützung  war  um  so  willkommener,  als  oft 
genug  die  zur  Verfügung  stehenden  litterarischen  Hülfsmittel 
keinen  Anhalt  zu  Anfragen  oder  Nachforschungen  darboten. 
In  den  deutschen  Archiven,  für  die  ja  sehr  selten  Verzeichnisse 
nach  Art  der  belgischen  und  holländischen  Inventaires  ver- 
öffentlicht sind,  ist  eine  solche  persönliche  Beihülfe  der  Leiter 
und  Beamten  unentbehrlich  und  wird,  wenn  mit  soviel  Freund- 
lichkeit wie  in  Düsseldorf  gewährt,  um  so  grösseren  Dankes 
gewiss  sein. 

Stehen  die  deutschen  Archive  hinter  denen  der  Nachbar- 
länder durch  den  Mangel  publicierter  Repertorien  zurück,  so 
übertreffen  sie  dieselben  durch  ihre  Urkundenbücher.  Unter 
der  grossen  Zahl,  welche  in  den  letzten  Jahrzehnten  veröffent- 
licht sind,  nimmt  das  von  Lacomblet  herausgegebene  Ur- 
kundenbuch  für  die  Geschichte  des  Niederrheins  in  vier 
Bänden  (Düsseldorf  1840—1858),  welche  die  Zeit  von  779  bis 

1)  N.  Archiv  4,  S.  43  ff.;  5,  S.  31  ff. 


12  Dritter  Bericht  über  die  älteren  deutschen  Stadtrechte. 

1609,  dem  Erlöschen  des  Jülich -Clevischen  Alannsstammes, 
begreifen  '),  vermöge  seines  reichen  Inhalts  wie  der  Correctheit 
seiner  Texte  einen  der  ersten  Plätze  ein.  Lacomblet  hat  ein 
langes  und  arbeitreiches  Leben  dieser  Aufgabe  gewidmet,  sie 
glücklich  zu  Ende  geführt  und  in  dem  Aufblühen  der  histori- 
schen Studien,  die  sich  mit  Vorliebe  den  niederrheinischen 
Gebieten,  diesen  Stätten  alter  und  neuer  Cultur,  zuwandten, 
noch  selbst  die  Früchte  seiner  angestrengten  Thätigkeit  sich 
entfalten  sehen.  Aber  sein  Verdienst  ist  noch  ein  anderes. 
Er  selbst  hat  das  Archiv  zusammengebracht  und  geordnet,  das 
ihm  die  Vorlagen  für  sein  ürkundenbuch  darbot.  Es  ist  hier 
nicht  der  Ort,  auf  eine  Geschichte  des  königlichen  Staats- 
archivs oder,  wie  es  früher  hiess,  des  Provinzialarchivs  zu 
Düsseldorf  einzugehen.  Es  genügt  auf  die  Abhandlung  zu 
verweisen,  welche  der  Nachfolger  Lacomblets,  Harless,  über 
den  Entwickelungsgang  des  Königlichen  Provinzialarchivs  zu 
Düsseldorf  in  der  Zeitschrift  des  Bergischen  Geschichtsvereins 
Bd.  3  (Bonn  1866),  S.  301—326  veröffentlicht  hat.  Er  nennt 
Lacomblet  den  Retter  und  Bildner  des  Archiviustituts.  Hatten 
die  politischen  Umwälzungen  zu  Ende  des  vorigen  und  zu 
Anfang  des  gegenwärtigen  Jahrhunderts  vielleicht  in  keinem 
Theile  Deutschlands  so  wechselnd  gewirkt  wie  am  Niederrhein, 
so  sind  davon  auch  ganz  besonders  die  Archive  betroffen  wor- 
den. 'Licht  und  Ordnung  in  das  bisherige  Chaos  zu  bringen, 
die  Lücken  zu  erkennen  und  soviel  wie  möglich  durch  das 
hin  und  wieder  Zerstreute  zu  ergänzen,  war  wahrlich  keine 
kleine  Aufgabe.  Glücklicher  Weise  fand  sich  im  rechten  Augen- 
blicke der  Mann,  der  vor  allen  zu  ihrer  Lösung  berufen  war.' 
1819  trat  Theodor  Joseph  Lacomblet,  1789  zu  Düsseldorf  ge- 
boren, nach  Beendigung  seiner  juristischen  Studien  als  Secretair 
bei  der  grossherzoglich  Bergischen  Hofbibliothek  angestellt, 
als  Assistent  beim  Archive  ein,  dem  schon  sein  älterer  Bruder 
August  Lacomblet  als  Archiv- Actuar  angehört  hatte 2).  1821 
wurde  Th.  J.  Lacomblet  zum  Archivar  ernannt  und  hat  dann 
bis  zu  seinem  Tode  (1866,  März  18.)  an  der  Spitze  des  Insti- 
tuts gestanden.  Als  erste  Frucht  seiner  historischen,  dem 
Archive  zugewandten  Studien  und  zugleich  als  Vorläufer  des 
Urkundenbuchs  erschien  1831  das  erste  Heft  des  Archivs  für 
die  Geschichte  des  Niederrheins.  Nachdem  der  erste  Band 
im  nächsten  Jahre  seinen  Abschluss  gefunden,  trat  eine  lange 
durch  das  Erscheinen  des  Urkundenbuchs  herbeigeführte  Unter- 
brechung ein.  Erst  1854  wurde  das  Archiv  wieder  aufgenom- 
men   und    kurz    vor  Lacomblets  Tode    bis    zum   Schluss   des 

1)  Am  Schlüsse  von  Band  4  findet  sich  ein  Nachtrag  von  80  Urkun- 
den aus  den  J.  793 — 1391.  2)  Ausser  dem  schon  eit.  Aufsatze  von 
Harless  ist  zu  vergl. :  Th.  J.  Lacomblet,  ein  Nachruf  von  Prof.  Deycks 
zu  Münster  im  Arch.  f.  d.  Gesch.  des  Niederrheins  6  (Cöln  1868),  S.  1  —  8. 


Dritter  Bericht  über  die  älteren  deutschen  Stadtrechte.  13 

fünften  Bandes  gefühi't.  Der  Inhalt  der  Zeitschrift  rührt  fast 
ganz  vom  Herausgeber  her;  für  unsern  Zusammenhang  ist 
eine  Arbeit  desselben  von  besonderer  Wichtigkeit,  die  sich 
durch  den  dritten  bis  fünften  Band  zieht  und  unter  der  Ueber- 
schrift  Düsseldorf  eine  auf  Urkunden  gestützte  Uebersicht  über 
die  territoriale  und  locale  Geschichte  des  Niederrheins  giebt. 
Im  Uebrigen  kommen  die  im  Archiv  mitgetheilten  Urkunden 
mehr  der  Geschichte  der  kirchlichen  oder  der  ländlichen  Ver- 
hältnisse —  in  letzterer  Beziehung  sei  an  die  reiche  Sammlung 
von  Weisthümern  erinnert  —  zu  Gute  als  der  der  städtischen. 
Dagegen  bildet  das  Lacombletsche  Urkundenbuch  für  die  Ge- 
schichte der  Städte  eine  wahre  Fundgrube. 

Die  Quellen,  aus  denen  Lacomblet  schöpfte,  waren  neben 
dem  Düsseldorfer  Staatsarchive  Kirchen-  und  Stadtarchive  der 
Provinz,  und  sein  Werk  musste  für  die  Sammlung  der  Stadt- 
rechte am  Niederrhein,  die  Thätigkeit  in  den  Archiven  dieses 
Gebietes  die  Grundlage  bilden.  Die  Nachforschungen  ergaben, 
dass  in  den  mehr  als  zwanzig  Jahren,  die  seit  dem  Ab- 
schluss  des  Lacombletschen  Urkundenbuches  verflossen  sind^ 
eine  nicht  unerhebliche  Vermehrung  der  stadtrechtlichen  Ur- 
kunden eingetreten  ist  oder  die  Qualität  der  benutzbaren 
Ueberlieferung  sich  gebessert  hat. 

Die  erstere  Erscheinung  ist  besonders  dem  loblichen  Ent- 
schlüsse des  Magistrats  der  Stadt  Wesel  zu  danken,  seine  Ur- 
kunden und  Handschriften  dem  Staatsarchiv  zu  Düsseldorf 
unter  Vorbehalt  seines  Eigenthumsrechts  zu  übergeben.  Löblich 
wird  man  solchen  Entschluss  nicht  blos  im  Interesse  kleinerer 
Städte,  deren  Diplome  auf  solchem  Wege  viel  sicherer  aufbe- 
wahrt werden,  sondern  auch  der  Forschung  nennen  dürfen, 
wenn  man  sich  vergegenwärtigt,  durch  welche  Zufälligkeiten 
und  Hemmnisse  die  Benutzung  von  Archivalien  an  kleineren 
Orten  erschwert  ist,  während  die  grossen  staatlichen  Archive 
mit  ihrem  geregelten  Geschäftsgang,  ihren  festgesetzten  öffent- 
lichen Stunden,  ihren  Bibliotheken  und  sonstigen  Hülfsmitteln 
allen  jenen  unnützen  zeitraubenden  Erschwerungen  der  Arbeiten 
zu  begegnen  wissen.  Die  Stadt  Wesel  hat  keine  älteren  Ur- 
kunden als  aus  dem  13.  Jahrhundert.  Lacomblet  theilt  in 
seinem  zweiten  Bande  drei  mit,  die  für  die  Sammlung  der 
Stadtrechte  in  Betracht  kommen:  das  Privileg  Dietrich  V.  von 
Cleve  von  1241,  das  seines  Enkels,  Dietrich  VII,  von  1277 
und  eine  kurze  Urkunde  des  Dietrich  Luf,  Grafen  von  Saar- 
brücken von  1255  (n.  258  und  421).  Die  inhalthch  reichste 
von  ihnen,  die  von  1277,  das  Privilegium  majus,  wie  es  die 
gewöhnlich  mit  diesem  ihre  Reihe  beginnenden  Weseler  Copial- 
bücher  nennen  i),  druckt  Lacomblet  blos  in  der  Form  ab,  dass 

1)  Frensdorff,  Dortmunder  Statuten  und  Urtheile  (Hansische  Ge- 
sehichtsquellen,  Bd.  3)  S.   259. 


14  Dritter  Bericht  über  die  älteren  deutschen  Stadtrechte, 

er  in  der  Anmerkung  zu  n.  258  die  Zusätze  verzeichnet,  welche 
die  Urkunde  von  1277  gegenüber  ihrer  Vorlage,  dem  Privileg 
von  1241,  darbietet.  Damit  wird  aber  nicht  das  volle  Bild 
der  jüngeren  Urkunde  dem  Leser  vorgelegt,  mancherlei  kleine 
Abweichungen  derselben  von  der  frühern  gehen  verloren'). 
Auch  scheint  Lacomblet  nicht  für  diese  wie  für  die  von  1241 
das  Original  benutzt  zu  haben.  Jetzt  finden  sich  beide  im 
Düsseldorfer  Staatsarchiv:  die  ältere  besser  erhalten  als  die 
jüngere,  die  weil  vollständiger  vermuthlich  mehr  gebraucht 
wurde  als  jene,  wie  denn  auch  die  Copialbücher  über  der  Jün- 
gern die  ältere  ganz  vergessen.  Das  Privileg  von  1241  gewährt 
ein  sehr  mannigfaches  Interesse :  hervorgehoben  sei  die  Bezie- 
hung zu  Dortmund,  dessen  domus  burgensium  als  Oberhof  für 
Wesel  anerkannt  wird:  die  älteste  gesetzliche  Anerkennung 
dieses  Oberhofs  überhaupt,  dann  der  Umstand,  dass  der  Wese- 
ler Urkunde  offenbar  das  Privileg  Otto  I,  Grafen  von  Geldern, 
für  Zütphen  von  1190  2)  als  Vorlage  gedient  hat. 

Von  Dietrich  Luf,  dem  Sohne  Dietrich  V,  erhielt  die  Stadt 
Wesel  eine  ganze  Reihe  von  Privilegien,  deren  wenn  auch 
nicht  immer  wohl  erhaltene  Originale  das  Staatsarchiv  zu 
Düsseldorf  bewahrt.  Ausser  dem  bei  Lacomblet  n.  421  ge- 
druckten von  1255  würden  für  unsere  Sammlung  in  Anspruch 
zu  nehmen  sein:  (1252)  October  15  (in  die  beati  Severini 
episcopi);  1258  Juni;  1272  Juni  12  (in  die  pentecostes);  1275 
(1276)  Januar  10  (9)  (feria  5^  post  epiphaniam  Domini);  1277 
(1278)  Januar  22  (in  crastino  beate  Agnetis).  Aus  den  fol- 
genden Jahrhunderten  liegen  zahlreiche,  meistens  inhaltlich  sehr 
interessante  Privilegien  für  Wesel  vor.  Was  Lacomblet  von 
diesen  aufgenommen  hat,  ist  meist,  weil  nach  späteren  Cartu- 
larien  hergestellt,  incorrect  gedruckt  oder  der  Vervollständiguug 
bedürftig.  Da  diese  stadtrechtlichen  Documente  nicht  mehr 
in  den  Rahmen  der  von  den  Mon.  Germ,  beabsichtigten  Aus- 
gabe fallen,  habe  ich  einige  von  ihnen,  die  eine  Beziehung  zu 
dem  Oberhofe  Dortmund  darbieten,  in  meine  jetzt  erscheinende 
Ausgabe  der  Dortmunder  Statuten  und  Urtheile  aufgenommen. 

Die  Stadt  Düsseldorf  selbst  ist  vei^hältnismässig  jung. 
Im  J.  1288  befreite  Graf  Adolf  VII.  von  Berg  die  villa 
Dusseldorp,  erhob  sie  zur  Stadt  und  ertheilte  ihr  die  Rechte 
Ratingen s,  eines  kleinen  Ortes  nordöstlich  von  Düssel- 
dorf gelegen,  der  durch  seine  zum  Theil  noch  erhaltene  Be- 
festigung zeigt,  dass  er  einst  eine  grössere  Bedeutung  besessen. 
1270  hatte  ihn  Graf  Adolf  von  Berg  zur  Stadt   erhoben  und 


1)  Einen  vollständigen  Abdruck  der  Urkunde  von  1277  hatte  man 
bis  jetJit  in  Wigand,  ArcLiv  f.  d.  Geschiclite  Westfalens  4  (1831)  S.  407, 
aber  nach  einer  Abschrift  in  einem  Copialbuchc  des  IG.  Jahrhunderts. 
2)  N.  Archiv  5,  8.  44. 


Dritter  Bericht  über  die  älteren  deutschen  Stadtrechte.  15 

ihm  ein  ausführliches  Privileg  ertheilt,  das  noch  im  Stadtarchiv 
zu  Ratingen  erhalten  und  danach  zweimal  gedruckt  ist:  zuerst 
bei  Lacomblet  2,  n.  696,  dann  in  einer  neuern  Monographie 
von  Kessel,  Geschichte  der  Stadt  Ratingen  (Cöln  1877)  >).  Bei 
dem  Besuche  Ratingens,  den  ich  von  Düsseldorf  aus  unternahm, 
Hess  sich  leider  diese  Urkunde  nicht  auffinden,  doch  wurde 
mir  ihre  Uebersendung  hierher  in  Aussicht  gestellt.  Nur  eine 
kleine  Urkunde  von  1277  über  die  assise  konnte  ich  einsehen. 
Die  1288  Düsseldorf  crtheilte  Urkunde  hat  sich  nicht  erhalten. 
Lacomblet  benutzte  für  seine  auszugsweise  Mittheilung  (2  n.  846) 
eine  in  den  landständischen  Acten  enthaltene  amtliche  Abschrift, 
deren  Alter  er  nicht  angiebt;  Kessel  a.  a.  O.  eine  Copie  des 
städtischen  Archivs  zu  Ratingen.  Auch  von  dieser  ist  mir  die 
Mittheilung  hierher  versprochen. 

Einen  Hauptbestandtheil  des  Düsseldorfer  Staatsarchivs 
bildet  das  ehemals  erzbischöflich  -  cölnische.  In  Folge  davon 
findet  sich  hier  eine  Anzahl  stadtrechtlicher  Zeugnisse  cölnischer 
Städte.  Für  Cöln  selbst  wurde  die  Urkunde  Konrads  von 
Hochstaden  verglichen,  welche  zur  Ausführung  des  Schieds 
von  1258  eine  Reihe  besonders  handelsrechtlicher  Bestimmun- 
gen zusammenstellt:  sie  ist  gedruckt  bei  Lacomblet  2  n.  469, 
Ennen,  Quellen  zur  Geschichte  der  Stadt  Cöln,  2  n.  396,  Höhl- 
baum, Hansisches  Urkundenbuch  1  n.  523. 

Die  Stadt  Bonn  besitzt  Privilegien  von  1243  und  1285. 
Die  Originale  sind  verloren  2),  und  unsere  Kenntnis  beruht  auf 
einem  Privilegienbuch  der  Stadt  Bonn  im  Düsseldorfer  Staats- 
archiv (B.  19).  Die  Pergamenthandschrift  trägt  die  in  späterer 
Zeit  gemachte  Aufschrift:  Milites  scabini  et  populus  civitatis 
Bonnenses  (Worte,  die  dem  Privileg  von  1243  entlehnt  sind); 
privilegiorum  copiae  de  annis  (folgen  die  Jahreszahlen).  Wenn 
Lacomblet  S.  VIH  die  Herstellung  des  Cartulars  in  das  Ende 
des  15.  Jahrb.,  nach  1463  verlegt,  aus  welchem  Jahre  die  letzte 
abgeschriebene  Urkunde  stammt,  so  ist  das  nicht  für  das  Ganze 
zutreff'end.  Die  ersten  Privilegien  sind  Ende  des  14.  Jahrh. 
abgeschrieben.  Gedruckt  sind  die  beiden  Urkunden  bei  Lacom- 
blet 2  n.  284  und  n.  799.  Für  den  letzten  Abdruck  hat  er 
aber  offenbar  nicht  das  citierte  Privilegienbuch,  sondern  eine 
gleichzeitige  unbeglaubigte  Abschrift  auf  Pergament  des  Düssel- 
dorfer Staatsarchivs  (A  III  Churcöln  n.  300)  benutzt. 

Die  kleine  Urkunde  für  die  Stadt  Siegen  von  1224 
(Lacomblet  2  n.  120)  ist  in  wohlerhaltenem  Original  in  Düssel- 
dorf vorhanden. 


1)  Die  Bemerkung  Kessels,  Lacomblets  Abdruck  sei  ung-euau  und 
fehlerhaft,  scheint  sehr  ungerecht;  denn  die  Vergleichung-  desselben  mit 
Kessels  eigenem  Texte  ergiebt  einige  kleine  Verstösse  Lacomblets  und 
mehrere  beträchtliche  Fehler  Kessels.  2)  Lacomblet,  ÜB,  2,   S.  Vlll. 


16  Dritter  Bericht  über  die  älteren  deutschen  Stadtrechte. 

Die  Stadt  Lech enich  (sw.  von  Cöln)  hat  am  15.  Septbr. 
1279  von  Erzbisehof  Siegfried  von  Westerburg  eine  sehr  aus- 
führliche Handfeste  erhalten,  die  in  Grimms  Weisthümern  2, 
S.  732  aus  Kindlingers  Papieren,  auch  bei  Gengier,  Stadtrechte, 
S.  242  gedruckt  ist.  Als  eine  Ergänzung  stellt  sich  dazu  eine 
Urkunde  desselben  Ausstellers  vom  21.  Septbr.  1279,  deren 
bisher  ungedrucktes  Original  das  Düsseldorfer  Staatsarchiv 
bewahrt.  Lacomblet  hat  weder  diese  noch  die  andere  Leche- 
nicher  Urkunde,  dagegen  eine  Handfeste  desselben  Erzbischofs 
für  Brühl  (2  n.  802),  welche  grösstentheils  mit  der  für  Leche- 
nich  identisch  ist. 

Wipp  erfürt  (nö.  von  Cöln)  erhielt  1222  von  Erzbischof 
Engelbert  I.  und  seinem  Bruder,  dem  Grafen  Adolf  von  Berg 
eine  Befreiung  von  Abgaben,  die  Lacomblet  2  n.  107  nach 
Gelenius  (-|-  1656)  mittheilt,  während  jetzt  das  Düsseldorfer 
Staatsarchiv  das  Original  besitzt.  Von  der  ausführlichen  und 
interessanten  Urkunde  von  Herzog  Heinrich  von  Limburg  über 
die  Freiheiten  von  Wipperfürt  a.  1282,  welche  bei  Ledebur, 
Allg.  Archiv  f.  d.  Geschichtsk.  des  preuss.  Staats  9,  S.  275, 
gedruckt  ist,  hat  sich  in  Düsseldorf  keine  Ueberlieferung  er- 
halten. 

Die  Stadt  Emmerich  hat  wie  Wesel  ihre  Urkunden  nach 
Düsseldorf  abgegeben,  ohne  dass  diese  sich  jedoch  an  Alter 
und  Zahl  mit  jenen  messen  könnten.  Emmerich  ist  1233,  Mai  31 
durch  den  Grafen  Otto  IL  von  Zütphen  und  Geldern  zur  Stadt 
erhoben  worden,  nachdem  wenige  Tage  früher,  den  12.  Mai, 
ein  Vertrag  zwischen  dem  Grafen  und  dem  Capitel  über  die 
beiderseitigen  Eechte  in  der  Stadt  geschlossen  war.  Die  letztere 
Urkunde  hat  Lacomblet  aus  dem  Original,  wenn  ich  ihn  recht 
verstehe,  abgedruckt  (2  n.  190).  Bei  Uebertragung  der  Emme- 
richer Urkunden  ist  sie  an  das  Düsseldorfer  Staatsarchiv  nicht 
abgeliefert  und  wahrscheinlich  also  nicht  mehr  vorhanden.  Die 
zweite  Urkunde,  die  eigentliche  städtische  Handfeste,  schöpft 
Lacomblet  'aus  einer  alten  und  treuen  Abschrift  in  einem  Sta- 
tutenbuch des  Capitels  zu  Emmerich'.  Li  Düsseldorf  befindet 
sich  statt  dessen  ein  Privilegienbuch  der  Stadt  Emmerich  aus 
dem  15.  Jahrhundert,  das  unter  der  Ueberschrift :  Sequuntur 
insignia  privilegia  ecclesie  privilegiate  sancti  Martini  Embri- 
censis  Trajectensis  dioceseos  die  gedachte  Vertragsurkunde 
bringt.  Die  städtische  Handfeste  dagegen  ist  in  einem  Trans- 
sumt  von  1449,  Juni  28  mit  dem  Siegel  der  Stadt  Rees  vor- 
handen. 

Cleve  hat  1242  vom  Grafen  Dietrich  V.  ein  Privileg  er- 
halten, das  Lacomblet  2  n.  245  'aus  einer  alten  Abschrift  in 
den  Acten,  die  Privilegien  von  Cleve  betx-effend'  mitgetheilt 
hat.  Es  hat  sich  bisher  keine  andere  Quelle  dafür  auftreiben 
lassen,   als  ein  Privilegienbuch   der   Stadt  Cleve  (A  76),   eine 


Dritter  Bericht  über  die  älteren  deutschen  Stadtrechtc.  17 

Pergamenthandschrift,  der  ein  Papierblatt  mit  jener  Urkunde 
von  1242  vorgeheftet  ist. 

An  das  Privileg  für  Cleve  lehnt  sich  eine  1273,  Aug.  2 
von  Graf  Dietrich  VI.  für  Dinslaken  (sw.  von  Wesel)  er- 
theilte  Handfeste  an,  die,  soviel  ich  sehe,  bisher  unbekannt 
geblieben  ist.  Das  Düsseldorfer  Staatsarchiv  besitzt  dieselbe 
wenn  auch  nicht  im  Original,  so  doch  in  einem  1434  von  zwei 
Cölner  Notaren  angefertigten  Traussumt. 

Am  5.  October  reiste  ich  nach  Co  In  und  arbeitete  im 
Stadtarchiv  bis  zum  Ende  der  Woche.  Die  Verdienste  des 
im  vorigen  Sommer  verstorbenen  Stadtarchivars  von  Cöln, 
Dr.  Leonard  Ennen,  um  die  Veröffentlichung  der  urkund- 
lichen Schätze  des  ihm  unterstellten  Archivs  sind  zu  bekannt, 
als  dass  sie  hier  der  weiteren  An-  und  Ausführung  bedürften. 
Sein  Werk,  die  in  6  Bänden  erschienenen  'Quellen  zur  Ge- 
schichte der  Stadt  Cöln',  bot  den  natürlichen  Anhalt  für  meine 
Nachforschungen  und  Arbeiten.  Die  aufopfernde  Gefälligkeit 
des  neuen  Cölner  Stadtarchivars,  Herrn  Dr.  Höhlbaum,  machte 
es  mir  möglich,  in  wenig  Tagen  eine  grosse  Zahl  von  Urkun- 
den durchzugehen.  Die  Einrichtungen  des  Cölner  Archivs, 
wonach  z.  B.  die  Kaiserurkunden  ausserhalb  des  eigentlichen 
Archivlocals  in  dem  gegenüberliegenden  Thurme  neben  dem 
Rathhause  aufbewahrt  werden,  der  Mangel  an  Ordnung,  in 
welchem  Dr.  Ennen  das  Archiv  hinterlassen  hat,  erschwerten 
zwar  die  Auffindung  einzelner  in  den  Quellen  abgedruckter 
Documente;  aber  nachdem  ihre  Stelle  entdeckt  worden  ist, 
hat  Herr  Dr.  Höhlbaum  mit  Erlaubnis  des  Herrn  Oberbürger- 
meisters Dr.  Herm.  Becker  die  Uebersendung  dieser  Urkunden 
an  die  hiesige  Bibliothek  zur  Benutzung  für  meine  Zwecke 
theils  bereits  bewirkt,  theils  weiter  in  Aussicht  gestellt.  Wäh- 
rend der  in  Cöln  zugebrachten  fünf  Tage  richtete  ich  mein 
Augenmerk  insbesondere  auf  die  königliehen  und  kaiserlichen 
Privilegien,  sowie  die  erzbischöflichen  Urkunden  stadtrecht- 
lichen Inhalts  bis  zum  Ende  des  13.  Jahrhunderts.  Am  mei- 
sten Zeit  nahm  die  Durchsicht  des  grossen  Schieds  von  1258 
in  Anspruch,  von  dem  sich  zur  Zeit  meines  Aufenthalts  nur 
die  eine  der  beiden  Ausfertigungen  auffinden  liess. 


Neues  Archiv  etc.     VII 


III. 

Bericht 

über 

sch^w^äbisclie  Todtenbücher, 

Von 

F.  L.  Baumann. 


Im  Juli  1879  habe  ich  die  Bearbeitung  der  Nekrologien 
und  Anniversarien  aus  den  Bisthüraern  Augsburg,  Constanz, 
Cur  und  Strassburg  übernommen.  Vor  allem  suchte  ich  feste 
Grundsätze  zu  gewinnen,  nach  denen  meine  Ausgabe  dieser 
Todtenbücher  erfolgen  sollte  und  bearbeitete  zu  diesem  Zwecke 
als  Probe  die  Nekrologien  des  Klosters  Zwiefalten.  Auf  Grund 
dieser  Probearbeit  stellte  alsdann  Professor  Dr.  Dümmler  mit 
mir  im  September  1879  zu  Donaueschingen  diese  Grundsätze 
ziisammen,  welche  von  der  Commission  der  M.  G.  1880  gut- 
geheissen  und  theilweise  näher  bestimmt  wurden. 

Hinsichtlich  der  eigentlichen  Todtenbücher,  der  Nekro- 
logien, wurde  zunächst  bestimmt,  dass  keines  derselben  auf- 
genommen werden  sollte,  das  erst  nach  1300  neu  angelegt  sei, 
weil  alle  diese  späteren  Todtenbücher  nur  noch  lokales  Inter- 
esse haben.  Dagegen  sind  auch  solche  Nekrologien  zu  bear- 
beiten, Avelche  nur  in  Handschriften  aus  der  Zeit  nach  1300 
vorhanden  sind,  sowie  ihr  Inhalt  älteren  Ursprungs  ist,  ein 
keineswegs  seltener  Fall.  Die  Todtenbücher  bekamen  nämlich 
fortwährend  neue  Einträge,  solange  sie  Raum  dafür  boten. 
Gieng  der  nöthige  Raum  aus,  so  pflegte  man  den  bis  dahin  an- 
gesammelten Inhalt  des  betreffenden  Nekrologs  ganz  oder  theil- 
weise in  ein  neues  zu  übertragen  und  diesen  Grundstock  des 
neuen  Todtenbuches  abermals  mit  neuen  Einträgen  zu  mehren. 
Für  den  praktischen  Zweck  diente  nur  noch  diese  Reinschrift, 
weshalb  die  ältere  Vorlage  derselben  als  werthlos  häufig  ver- 
nichtet warde.  Anfangs  wurde  bestimmt,  dass  nur  solche  Ab- 
schriften von  älteren  Todtenbüchern  Aufnahme  finden  sollten, 
welche  noch  vor  1500  angefertigt  seien.  Während  meiner  Arbeit 
selbst  aber  stellte  sich  diese  Bestimmung  als  nicht  ganz  zweck- 
entsprechend heraus.  Es  zeigte  sich  nämlich,  dass  auch  Todten- 
bücher von  bedeutenden  Gotteshäusern,  z.  B.  von  St.  Ulrich 
in  Augsburg,  von  Weissenau,  von  Thierhaupten  u.  s.  w.  nur 
in  jüngeren  Redactionen  des  16.  und  17.  Jhrh.  enthalten  sind. 
Weshalb  sollte  deren  älterer  Inhalt,  der  sogar  bis  über  das 
12.  Jahrh.  zurückgeht,  nicht  auch  der  Aufnahme  werth  sein? 
Bei  Festhaltung  jener  Bestimmung  käme  z.  B.  wohl  das  1497 


22  Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher. 

geschriebene  Todtenbuch  des  Schwarzwaldklosters  St.  Peter 
zur  Veröffentlichung-,  nicht  aber  das  1504  angefertigte  von 
Weissenau,  und  doch  hat  letzteres  in  Folge  der  Stellung  dieses 
Klosters  zu  den  Weifen  und  Staufern  ebensoviel  Bedeutung, 
wie  jenes.  Am  richtigsten  wäre  es  sonach  wohl,  alle  Todten- 
bücher zu  bearbeiten,  die  inhaltlich  über  1300  zurückgehen, 
gleichviel  ob  sie  dem  Mittelalter  oder  der  neueren  Zeit  ihre 
noch  vorliegende  Redaction  verdanken.  Vom  Mehrerauer 
Todtenbuche,  das  w^ir  leider  nur  noch  in  einer  Abschrift  des 
P.  Popelin  aus  dem  18.  Jahrh.  besitzen,  dessen  ältere  Exem- 
plare verschollen  sind,  kämen  also  alle  Einträge  zum  Abdrucke, 
die  vor  1500  entstanden  sind,  z.  B. 

Mai  1.  ludinta  abba.  Berchtoldus  conv.  Gunthalmus  miles. 
Heinricus  abb.  huius  monasterii. 

Mai  2.  Ulricus  conv.  n.  o.  Albertus  rex  Romanorum  gladio 
peremptus.     Cuno  1. 

Mai  3.  Sinbrecht  pb.  Hermanus  conv.  Irmingart  1.  Ber- 
thold us  1. 

Mai  4,     Heinricus  sac.  Berchta  comit.  Dingela  sor. 

Dass  diese  Einträge  nämlich  vor  1500  entstanden  sind, 
beweisen  sie  selbst.  Solche  Namen  kommen  in  solcher  Zusam- 
menstellung selbst  im  15.  Jahrh.  in  ScliAvaben  nicht  mehr  vor. 
In  diesem  Jahrhundert  überwiegen  hier  bereits  die  fremden 
Personennamen  und  trägt  eine  jede  Person  zudem  auch  einen 
sg.  Zu-  oder  Geschlechtsnamen. 

Was  sodann  den  Inhalt  der  aufzunehmenden  Todten- 
bücher betrifft,  so  fallen  alle  Einträge,  die  nach  1500  stammen, 
weg,  denn  dieses  Jahr  bezeichnet  überhaupt  die  Grenze  der 
Mon.  Germ.  Zudem  sind  alle  diese  jüngsten  Einträge  kaum 
mehr  von  lokaler  Bedeutung,  da  ja  über  deren  Zeit  und  Per- 
sonen andere  Geschichtsquellen  reichliche  Aufschlüsse  geben. 
Hingegen  soll  der  gesammte  nekrologische  Inhalt  eines  Todten- 
buches,  der  vor  1500  entstanden  ist,  zur  IMittheilung  gelangen, 
nicht  etwa  nur  die  Namen  bedeutender  Würdenträger,  denn 
auch  die  in  den  Nekrologien  gebotenen  Namen  einfacher  Per- 
sönlichkeiten dienen  der  Geschichte  der  deutschen  Sprache 
und  des  mittelalterlichen  Lebens  als  reiche  Quelle.  Welchen 
Werth  das  in  unsern  Tagen  aufblühende  Studium  der  Pcrsonen- 
imd  Ortsnamen  bereits  erlangt  hat,  bedarf  keiner  eingehenden 
Erörterung.  Gerade  aber  aus  den  Nekrologien  wird  dieses 
Studium  erst  recht  reichen  Stoff  gewinnen.  An  der  Hand 
derselben  Avird  man  z.  B.  das  Absterben  der  altdeutschen  Per- 
sonennamen, das  Ilereindringen  der  christlichen  und  fremden 
Namen  zeitlich  und  topographisch  bestimmen  lernen,  wird  man 
das  Vorherrschen  bestimmter  Namensgru])pen  in  den  einzelnen 
deutschen  Stämmen  und  in  deren  einzelnen  Gauen  erkennen. 
Auch   die   eigentliche  Sprachwissenschaft  wird    aus    denselben 


Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher.  23 

Früchte  erzielen,  denn  die  allmählich  sich  ändernden  Formen 
der  Namen  in  demselben  Todtenbuche  zeigen  derselben,  zu 
welcher  Zeit  in  einer  bestimmten  Gegend  der  Umlaut  um  sich 
griff,  die  mittelhochdeutsche  oder  neuhochdeutsche  Sprachstufe 
erreicht  wurde. 

Zerstreut  finden  sich  in  den  Nekrologien  auch  vereinzelte 
fremdartige  Einträge,  z.  B.  über  den  Tag  der  Einweihung  einer 
Kirche,  eines  Altares,  über  die  Feier  eines  bestimmten  Festes 
in  einem  Kloster,  über  die  an  einem  bestimmten  Tage  zu  rei- 
chende Armenspende,  über  das  Brennen  eines  Lichtes  vor 
einem  Altare  oder  einem  Grabe  u.  dgl.  Davon  sind  wenigstens 
alle  Notizen  beizubehalten,  welche  durch  eine  Jahreszahl  oder 
die  Mitnennung  eines  Personennamens  einigen  geschichtlichen 
Werth  besitzen. 

Besonders  häufig  sind  solche  Zusätze  in  jener  Klasse  von 
Todtenbüchern,  die  man  Anniversarien  (Seelbücher)  zu 
nennen  pflegt.  Während  nämlich  die  Nekrologien  einfach  die 
Namen  der  Todten  enthalten,  um  ihrer  an  ihren  Sterbetagen 
betend  gedenken  zu  können,  so  geben  die  Anniversarien  in 
der  Regel  nur  die  Namen  jener  Personen,  für  welche  am  Todes- 
tage ein  gestifteter  Trauergottesdienst  abgehalten  werden  musste. 
Dieselben  geben  zugleich  die  Stiftung  an,  aus  der  die  Kosten 
des  Jahrtages  zu  bestreiten  waren,  sowie  die  Art  des  letzteren, 
z.  B.  wie  viele  Priester  Messe  lesen  sollten,  ob  am  Vorabende 
eine  Seelvesper  zu  singen  sei,  wie  viele  Lichter  während  des 
Gottesdienstes  zu  brennen  haben,  was  den  theilnehmenden 
Priestern,  Ministranten,  Messnern  und  Armen  dabei  bezahlt 
werden  solle  u.  s.  w.  Diese  Angaben  dürften  meist  für  die 
Wissenschaft  werthlos  sein.  Es  genügt  wohl  anzugeben,  aus 
Avelchen  Orten  die  Jahrtagsstiftung  dotiert  sei. 

Im  Anniversar  des  Domes  zu  Augsburg  (Mon.  Boica 
XXXV,  46)  z.  B.  steht  beim  29.  April:  'Magister  Volkmarus 
obiit,  de  cuius  anniversario  datur  urna  vini  sociis  de  choro 
IL  sol.  et  ministris  L  sol.  de  predio  in  Aittingen  illius  de 
Schersteten.  Quia  ipse  dedit  annum  mortis  probende  sue'. 
Dies  möchte  ich  also  kürzen :  'Magister  Volkmarus  o.  [Ann. 
de  predio  in  Aittingen  illius  de  Schersteten]  quia  ipse  dedit 
annum  mortis  probende  sue'  u.  s.  w. 

Die  Anniversarien  dienten  überhaupt  als  Direktorien  für 
den  Gottesdienst  der  betreffenden  Kirche.  Deshalb  stehen  in 
ihnen  namentlich  auch  Stiftungen  eines  besonderen  Festes  u.  dgl., 
z.  B.  in  dem  Augsburger  Anniversare  am  1.  Mai:  'Dominus 
Cunradus  Wilbach  socius  chori  ordinavit,  quod  plenum  officium 
de  corpore  Christi  decantari  et  celebrari  debet  in  choro  mense 
presenti  die  una,  qua  ministri  altaris  id  fieri  ordinaverint.  .  .  . 
In  die  sanctoi'um  apostolorum  Philippi  et  Jacobi  datur  una 
libra   den.   in   publica   raissa  ex   ordinatione   domini   Johannis 


24  Bericht  über  schwäbische  Todteubücher. 

dicti  Kostentzzer'.  Verdienen  solche,  zum  Theil  umfangreiche 
Angaben  eine  Aufnahme?     Ich  meine  nicht. 

Ursprünglich  waren  die  Nekrologien  in  vier  Spalten  ein- 
getheilt,  von  denen  die  erste  die  Mönche  des  eigenen  Klosters, 
die  zweite  die  monachi  confraternitatis,  die  dritte  Nonnen,  die 
vierte  Laien  enthielt.  Diese  Eintheilung  zeigen  formell  noch 
einzelne  Todtenbücher  des  13.  Jahrhs.,  z.  B.  das  jüngere  von 
Zwiefalten;  in  Wirklichkeit  aber  ordnen  schon  die  Todten- 
bücher des  12.  Jahrhs.  ihre  Einträge  nicht  mehr  nach  dieser 
Schablone,  weshalb  viele  derselben,  z.  B.  die  von  Ottenbeuren 
die  letztere  auch  formell  beseitigt  haben.  AVir  sind  sonach 
berechtigt,  dieselbe  ebenfalls  ausser  Auge  zu  lassen,  denn  sie 
ist  bedeutungslos,  da  ja  hinter  jedem  Eintrage  der  Stand  des 
Verstorbenen  ohnehin  angegeben  wird.  Für  unsere  Zwecke 
hat  lediglich  das  Alter  der  Einträge  Werth,  und  dieses  muss 
darum  die  Richtschnur  sein,  nach  der  wir  die  Einträge  des- 
selben Todtenbuches  auf  einander  folgen  lassen. 

Sind  mehrere  Todtenbücher  desselben  Klosters  noch  vor- 
handen, so  wird  nicht  jedes  derselben  einzeln  mitgetheilt,  denn 
das  jüngere  ist  meist  nur  Reinschrift  und  Fortsetzung  des  ihm 
zeitlich  unmittelbar  vorausgegangenen.  Diese  verschiedenen 
Nekrologien  eines  Klosters  sind  in  Wahrheit  nicht  selbständige 
Werke,  sondern  Theile,  die  zusammengehören.  Deshalb  gebe 
ich  dieselben  vereinigt,  so  aber,  dass  die  Angaben  der  einzel- 
nen Todtenbücher  schon  durch  den  Druck  erkennbar  sind, 
die  zeitliche  Fortsetzung  der  ersten  Anlage  unmittelbar  vor 
Augen  tritt. 

Bei  der  Arbeit  selbst,  die  ich  zu  behandeln  habe,  musste 
ich  vor  allem  zu  erfahren  suchen,  welche  Todtenbücher  in 
den  vier  Diöcesen  sich  bis  jetzt  erhalten  hatten.  Zu  diesem 
Zwecke  begann  ich  im  Herbste  1879  eine  Aveitläufige  Corre- 
spondenz,  beschränkte  mich  aber  dabei,  um  nicht  allzuviel  auf 
einmal  anzugreifen,  auf  das  rechtsrheinische  Gebiet,  Hess  also 
vordei'hand  das  Elsass  und  die  Schweiz  ausser  Augen.  Das 
Resultat  meines  Briefwechsels  ist  nicht  gerade  erfreulich,  denn 
derselbe  ergab,  dass  eine  ganze  Reihe  von  Todtenbüchei*n  ver- 
schollen ist.  Abgesehen  von  den  sehr  zahlreichen  Mendi- 
cantenklöstern  haben  folgende  bedeutendem  Stiftungen,  soviel 
bis  jetzt  bekaimt,  keine  Nekrologien  oder  Anniversarien  hinter- 
lassen: 

Im  rechtsrheinischen  Theile  des  Bisthums  Strassburg  die 
Abteien  Schwarzach  (gestiftet  um  720),  Schuttern  (gest.  an- 
geblich 603),  Allerheiligen  (gest.  1196). 

Im  badischen  Antheile  der  Diöcesc  Constanz  die  Klöster 
Tennenbach  (gest.  c.  1158),  Sulzburg  (gest.  993),  St.  Märgen 
(gest.  c.  1118),  St.  Trudpert  (gest.  angeblich  um  642),  Säckin- 
gen  (gest.   angeblich  im  6.  oder  7.  Jahrb.),   Salem  oder  Sal- 


Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher.  25 

mannsweiler  (gest.  1 134),  dann  die  Commenden  Heiterslieim, 
Beuggen,  Villingen,  Mainau. 

Im  wirtembergischen  Antheile  derselben  Diöcese  vermis- 
sen wir  Todtenbücher  der  Klöster  und  Stifter  (um  nur  die 
bedeutendem  zu  nennen) :  Alpirsbach  (gest.  1095),  Beben- 
hausen (gest.  um  1190),  Adelberg  (gest.  c.  1181),  Denkendorf 
(gest.  um  1130),  Beutelsbach- Stuttgart  (gest.  13.  Jahrb.),  Sin- 
delfingen (gest.  vor  1100),  Rotenmünster  (gest.  12.  Jahrb.), 
AViesensteig  (gest.  861),  Wengenkloster  in  Ulm  (gest.  1183), 
Deutschordenscommende  in  Ulm  (gest.  1217),  Marchthal  (gest. 
um  776,  abermals  1171),  Heihgkreuzthal  (gest.  1227),  Buchau 
(gest.  lange  vor  819),  Schussenried  (gest.  1183),  Altshausen 
(Deutschordenscommende  gest.  1264),  Höfen  (gest.  11.  Jahrb.), 
Baindt  (gest.  vor  1231),  Waldsee  (gest.  1181),  Rot  (gest.  1126), 
Ochsenhausen  (gest.  1100),  Gutenzell  (gest.  12.  Jahrb.),  Wib- 
lingen  (gest.  1093),  Söflingen  (gest.  vor  1237). 

In  dem  ehemals  zum  Bisthum  Augsburg  gehörigen  Lan- 
destheile  von  Wirtemberg  besitzen  wir  keine  Nekrologien  von 
den  Gotteshäusern  Lorch  (gest.  1102),  Neresheim  (gest.  1095), 
Anhausen  (gest.  1125),  Herbrechtingen  (gest.  8.  Jahrb.,  neu 
1171),  Steinheim-Königsbrunn  (gest.  1190,  beziehungsweise  1302). 

Im  schwäbischen  Antheile  des  jetzigen  Bisthums  Augsburg 
mangeln  Todtenbücher  von  den  Klöstern  Feuchtwangen  Tgest. 
vor  817),  Rot  (gest.  c.  1220),  Echenbrunn  (gest.  1120),  Elchin- 
gen (gest.  1128),  Roggenburg  (gest.  um  1126),  Edelstetten 
(gest.  1126),  Klosterholzen  (gest.  c.  1152),  AYeihenberg  (gest. 
1145),  Irsee  (gest.  1182),  Kempten  (gest.  752),  Buxheim  (gest. 
13.  Jahrb.),  Memmingen  Schottenkloster  (gest.  1168),  Memmin- 
gen Kreuzherrnstift  (gest.  um  1200). 

Im  baierischen  Antheile  dieses  Bisthums  endlich  fehlen 
jetzt  die  Todtenbücher  der  Klöster  Neuburg  a.  Donau  (gest. 
vor  1007),  Kübach  (gest.  1011),  Bernried  (gest.  1120),  Habach 
(gest.  1085),  Fölling  (gest.  8.  Jahrb.,  hergestellt  11.  Jahrb.). 

Wann  diese  Todtenbücher  verschollen  sind,  wissen  wir 
von  den  wenigsten  näher  anzugeben.  Das  von  Schuttern  war 
noch  im  16.  Jahrb.  vorhanden,  s.  Mone,  Quellensammlung  der 
badischen  Landesgeschichte  III,  41,  76.  Das  von  Marchthal 
benutzte  noch  im  Anfang  des  17.  Jahrb.  der  Zwiefalter  Chro- 
nist Bochenthaler,  der  folgende  Einträge  desselben  mittheilt: 
Jan.  19:  Vlricus  iunior  com.  de  Schälklingen  i),  Luitholdus 
abb.  Zwiuilda^),  Jan.  27:  Williburc  com»  de  Dihngin''). 
Jan.  29:  Gotfridus  com.  de  Tübingen  ■*).  Febr.  1:  Heinricus 
de  Zwiueltun,  ppos.  ecce.  Marthallensis,  sedit  anno  uno  et  cessit 
ac    transmarinavit,    hie    multa    passus    in    itineribus    periculis 


1)  Lebte  c.  1320/30,  2)  f  1232.         4)  Gemahlin  des  1258  gest. 

Grafen  Hartmann  III.  v.  D.         4)  •[■  30.  Jan.   1316. 


26  Bericht  über   schwäbische  Todtenbücher. 

fluminum  et  falsis  fratribns ').  Febr.  2 :  Conradus  miles  de 
Lapide ,  in  Tathausen  sedens  -) ,  Adilhaida  iunior  com^  de 
Schelcklingen.  Febr.  24:  Cunradus  de  Zwiiiiltnn  1.  Febr.  26: 
Hermannus  abb.  de  Zwiuiltun^).  April  1:  Hermannus  dux 
iunior*).  April  2:  Bertholdns  de  Lapide  in  Tattliusen,  Riidol- 
pbus  eps.  Constantiensis^).  April  10:  Liug-gart  com^  Schelck- 
lingensis,  Dietbalmus  eps.  Constantiensis^).  Juli  7:  Gerbirc 
ducissa  'J.  Aug.  1 :  Heinricus  Bebelius  poeta  laureatus.  Aug.  27 : 
Gebhardus  eps.  Constantieusis »).  November  11:  Vlricus  com. 
senior  de  Schelcklingen  9).  Wie  diese  wenigen  zufallig  erhal- 
tenen Einträge  zeigen,  ist  der  Verlust  des  Marchthaler  Todten- 
buches  besonders  schmerzlich.  Das  von  Neresheim  war  eben- 
falls noch  im  17.  Jahrh.  vorhanden,  denn  damals  entlehnte  das 
Todtenbuch  von  Deggingen  aus  ihm  die  Namen  der  älteren 
Neresheimer  Aebte.  Dagegen  war  es  schon  1818  nicht  mehr 
aufzufinden.  Aus  dem  von  Rot  hat  Stadelhofer  in  seiner 
Historia  imperialis  et  exemti  collegii  Rothensis  in  Suevia  1787, 
Bd.  I,  12—16  die  Namen  der  Roter  Nonnen  und  S.  22—24 
die  der  Roter  Aebte  entlehnt;  damals  existierte  aber  bereits 
nicht  mehr  das  ursprüngliche  Todtenbuch,  sondern  nur  noch 
eine  1581  von  P.  Georg  Kurtz  angefertigte  neue  Redaction. 
Auch  diese  ist  seit  der  Säkularisation  verschwunden.  Das 
Pollinger  Nekrolog  ist  noch  in  der  17G0  erschienenen  Succincta 
informatio  de  mon.  Pollingano  benutzt,  jetzt  ist  dasselbe  Aveder 
auf  der  Münchener  Hof-  und  Staatsbibliothek,  noch  im  dorti- 
gen Reichsarchive.  Das  von  Höfen  hat  Hess  in  seinen  Mon. 
Guelph.  158  ff.  mitgetheilt,  wohin  seine  Vorlage  kam,  konnte 
ich  bis  jetzt  noch  nicht  ermitteln.  Das  der  Memminger  Kreuz- 
herrn, 1589  redigiert,  war  noch  1847  im  kath.  Pfarrhofe  ver- 
wahrt (s.  Serapeum  1847,  292),  ist  aber  jetzt  nicht  mehr  dort. 
Weniger  wichtig  Avohl  ist  der  Verlust  von  einigen  Todten- 
büchern  aus  unbedeutendem  Klöstern  und  Stiftern.  Ein  sol- 
ches kannte  z.  B.  Bochcnthaler  aus  dem  Frauenkloster  zu 
Marienberg,  er  entlehnte  aus  demselben  11  Einträge,  von  denen 
aber  nur  der  vom  20.  März  Erwähnung  verdient;  er  lautet: 
Heinricus  iunior  com.  de  Veringen  1802.  Ein  Todtenbuch  des 
Stiftes  Boll  konnte  noch  die  Beschreibung  des  wirt.  Oberamtes 
Göppingen  benutzen,  jetzt  ist  es  nach  Mittheihmg  des  Pfarrers 
Bessert  in  Bächlingen  nirgends  mehr  aufzufinden.  Das  des 
Frauenklosters  Kirchberg  bei  Sulz  benutzte  noch  Schmid  in 
seiner  Geschichte  der  Grafen  von  Hohenbcrg  (S.  111);  zur 
Zeit  soll  es  ein  kath.  Geistlicher  in  Oberschwaben  besitzen; 
ich  vermochte  jedoch  dariiber  bis  jetzt  nichts  bestimmtes  zu 
erfahren.    Gabelkhover,  der  Ijekanntc  Sammler  des  16.  Jahrhs., 

1)   Um    1209.  2)   Lebte   nach  Bochenthaler  1298.         3)    f   1208. 

4)  Von  Schwaben,  f  1012.  h)  f   1293.  6)  f  120G.  7)  Mutter 

des  ebengen.  Herzogs  Hermann  III.  8)  -J-  995.         9)  f   131fi. 


Bericht  über  scliwäbiscbe  Todtenbücbcr.  27 

sodann  nennt  Todtenbücliei'  der  altwirtembergischen  Frauen- 
klöstei'  Renten,  Owen  und  Kireliheini,  die  jetzt  gleichfalls  ver- 
schollen sind.  Veesenmayer  hat  endlich  aus  einem  in  seinem 
Privatbesitz  befindlichen  Psalterium  in  den  'Miscellaneen  litte- 
rar, und  histor.  Inhalts',  Nürnberg  1812,  S.  156  fF.  ein  kurzes 
Todtenverzeichnis  mitgetheilt,  das  er  selbst  den  Ulmer  Fran- 
ciskanerinnen  zuschrieb;  dasselbe  ist  jedoch,  wie  sein  Inhalt 
klar  zeigt,  das  der  Ulmer  Franciskanermönche.  Dies  Psalte- 
rium kam  nach  Veesenmayers  Tode  mit  dessen  gesammter 
Bibliothek  unter  den  Hammer  und  ist  nunmehr  völlig  ver- 
schollen. 

Ich  gebe  indessen  die  Hoffnung  noch  nicht  auf,  dass  nicht 
etwa  das  eine  oder  andere  dieser  vermissten  Todtenbücher 
wieder  zum  Vorschein  kommt.  kSo  kann  das  von  Fölling  doch 
noch  in  München  sich  vorfinden,  das  von  Höfen  in  der  k. 
Handbibliothek  zu  Stuttgart  oder  in  der  Landesbibliothek  zu 
Fulda  auftauchen.  Freilich  manches  dieser  Todtenbücher, 
z.  B.  das  von  Schussenried  und  das  von  Rot,  Klöster,  deren 
Bibliotheken  nachweislich  verschleudert  wurden,  mag  in  Privat- 
besitz übergegangen  sein,  so  dass  nur  der  Zufall  oder  ein  gün- 
stiges Geschick  sie  einem  wissenschaftlichen  Benutzer  in  die 
Hände  spielen  dürfte.  Anfangs  gedachte  ich  deshalb  einen 
Aufruf  an  etwaige  Besitzer  oder  Kenner  solcher  Todtenbücher 
zu  veröffentlichen,  kam  aber  von  diesem  Vorhaben  wieder  ab, 
als  die  Probe,  ein  Aufruf  in  den  wirtembergischen  Vierteljahrs- 
heften auch  nicht  eine  Antwort  erzielte!  Möchten  namentlich 
die  in  England  beschäftigten  Mitarbeiter  für  die  Monumenta 
auch  auf  solche  nekrologische  Handschriften  ihr  Augenmerk 
richten,  denn  in  diesem  Lande  darf  man  solche  Todtenbücher 
erwarten.  Es  befindet  sich  z.  B.  in  London  ein  kleines  Nekro- 
log des  Hochstiftes  Augsburg  im  Cod.  Harl.  2908  membr.  saec. 
XI/XII.  Insbesondere  dankbar  wäre  ich  für  die  Auffindung 
eines  zwei  Folianten  starken  Sammelwerkes  von  P.  Gregor 
Baumeister  aus  St.  Peter  im  Schwarzwalde.  Baumeister  sam- 
melte nämhch  1760  siebenzehn  Todtenbücher,  'worunter  sich 
die  von  Reichenau,  Villingen  und  St.  Blasien  auszeichnen' 
(Pertz,  Archiv  VII,  173).  Dieses  Werk  war  1839  im  Kloster 
Rheinau,  kam  aber  bei  dessen  Aufhebung  1862  nicht  gen 
Zürich  und  konnte  trotz  allen  Suchens  bis  jetzt  von  Professor 
Meyer  von  Knonau,  von  Professor  P.  Kiem  in  Sarnen  und 
mir  nicht  wieder  aufgefunden  werden.  Der  endgiltige  Verlust 
desselben  wäre  um  so  schmerzlicher,  als  voraussichtlich  einige 
seiner  17  Todtenbücher  sonst  nicht  mehr  vorhanden  sind.  Aus 
Gabelkhovers  Miscellaneen,  welche  die  k.  öffentliche  Bibliothek 
zu  Stuttgart  bewahrt,  endlich  dürften  sich  doch  die  wichtig- 
sten Einträge  aus  den  sämmtlich  verlorenen  Nekrologien  der 
altwirtembergischen  Klöster  entnehmen  lassen. 


28  Bericht  über  schwäbische   Todtenbücher. 

Durch  meine  umfängliche  Correspondenz,  die  Benutzung 
der  einschlagenden  Litteratur  und  durch  eine  Reise  nach  Mün- 
chen im  September  1880,  wo  ich  die  nekrologischen  Hand- 
schriften im  k.  Reichsarchiv  und  auf  der  k.  Hof-  und  Staats- 
bibliothek persönlich  durchgieng,  erkannte  ich  indessen  zu 
meiner  Freude,  dass  doch  noch  eine  ziemliche  Anzahl  von 
klösterlichen  Todtenbüchern  erhalten  geblieben  ist. 

Von  den  noch  vorhandenen  verdienen  jedoch  die  folgen- 
den keine  Berücksichtigung,  weil  sie  erst  nach  1300  angelegt 
sind  und  mit  einer  einzigen  Ausnahme  kaum  mehr,  denn  engstes 
Lokalinteresse  besitzen.  Es  sind  dies  die  Todtenbücher  meh- 
rerer Gotteshäuser  von  Freiburg  i.  Br.,  nämlich  das  der 
Johanniter  (14.  Jahrb.,  Generallandesarchiv  Karlsruhe),  das  der 
Dominikaner  von  1488  (Freiburger  Universitätsbibliothek),  das 
des  Spitals  (Mone,  Zeitschrift  für  Gesch.  d.  Oberrheins  XH, 
30),  das  des  Frauenklosters  St.  Katharina  von  1354  (Freibur- 
ger Stadtarchiv)  und  das  der  Karmeliter  aus  dem  15.  Jahrh. 
(Generallandesarchiv  in  Karlsruhe),  sodann  das  des  1303  ge- 
gründeten Priorats  Himmelspf orte  bei  Wiehlen  unweit 
Basel  (Generallandesarchiv  Karlsruhe),  das  ebenfalls  1303  an- 
gelegt wurde,  aber  keine  grössere  Bedeutung  hat,  das  des 
Klosters  Gor  heim  bei  Sigmaringen  von  1450  (f.  Hofbibliothek 
in  Donaueschingen),  das  des  Frauenklosters  Heggbach  aus 
dem  16.  Jahrh.  (f.  Bibliothek  zu  Wolfegg),  das  des  Frauen- 
klostei's  Urspring  bei  Blaubeuren  von  1655  (k.  Staatsarchiv 
zu  Stuttgart),  das  zwar  Abschrift  eines  altern  ist,  aber  nicht 
über  das  14.  Jahrh.  zurückgeht.  Ebenfalls  auszulassen  sind 
die  Todtenbücher  der  Augsburger  Minoriten  aus  dem  14.  Jahrh. 
(Stadt-  und  Kreisbibliothek  Augsburg)  und  Karmeliter  aus 
dem  15./16.  Jahrh.  (cod.  lat.  1033  Bibl.  Monacensis),  das  des 
Augsburger  Frauenstifts  St.  Gertrud  von  c.  1505  (k.  Reichs- 
archiv zu  München)  und  das  von  Niederschönfeld  aus  dem 
16./17.  Jahrh.  (ediert  im  Oberbayerischen  Archiv  XXI,  167  ff.). 

Jung  zwai",  aber  trotzdem  sehr  beachtenswerth  ist  endlich 
das  Todtenbuch  der  berühmten  altwirtcmbergischen  Karthause 
Güterstein.  Dassselbe  ist  nämlich  erst  im  15.  Jahrh.  ent- 
standen, zeigt  aber  geradezu  internationalen  Charakter.  Die 
Todten,  deren  es  gedenkt,  stammen  nicht  etwa  nur  aus  Güter- 
steins nächster  Umgebung,  sondern  aus  ganz  Westeiu-opa  von 
Spanien  bis  gen  Ungarn,  von  Italien  bis  gen  England  und 
Schweden.  Ich  gedenke  deshalb  den  Hauptinhalt  desselben, 
das,  weil  erst  nach  1300  entstanden,  in  den  Mon.  Germ,  keinen 
Platz  finden   kann,   an   einem   andern  Orte   zu  veröffentlichen. 

Auch  die  folgenden  Todtenbücher,  die  sämmtlich  nur  in 
jüngeren  Redactionen  auf  uns  gekommen  sind,  dürften  keine 
Aufnahme  verdienen: 

Ein  kleines  Nekrolog  von  St.  Georgen  im   Schwarz- 


Berieht  über  schwäbische  Todtenbücher.  29 

wald  besitzt  die  Hof-  und  Landesbibliotliek  in  Karlsruhe. 
Dasselbe  ist  im  15.  Jahrh.  neu  angelegt,  hat  aber  aus  dem 
altern  nur  im  März  und  Juni  und  September  Einträge  herüber- 
genommen,  nämlich: 

März  1 :  Johannes.  Heinricus.  Philippus.  Erasmus.  Hainricus. 
Johannes.  Hainricus.  Johannes.  Johannes.  Nicolaus  et  Heinricus. 
Ernestus.  März  2:  Berchtoldus.  Cnnradus.  PJeinricus.  Johan- 
nes. Cnnradus.  Johannes.  Ciinradus.  Johannes.  Johannes.  Cnn- 
radus. März  3:  Johannes  ppos.  Ciinradus.  Heinricus.  Johannes. 
Theodoricus.  Johannes.  Fridericus.  Appollo  (sie).  Johannes. 
Berchtoldus.  März  25:  Heinricus  abb.  n.  mon.  S.  Georgii, 
liuius  nominis  secundus,  1259.*  Juni  11:  Heinricus.  Alber- 
thus.  Hermannus.  Ludwicus.  Godefridus.  Gerhardus.  Gorswinus 
(sie).  Johannes.  Heinricus.  Hermannus.  Philippus.  Johannes. 
Wetzelus.  Bela.  Engela.  Juni  12:  Erhardus.  Winricus.  Wol- 
berus.  Bela.  Cristina.  Juni  13:  Erasmus.  Hainricus.  8ept.  24: 
Burckhardus  abb.  n.  mon.  S.  Georgii  1220.*  Oct.  8 :  Sor. 
Irmengarda  com*,  de  Fürstenberg,  monialis  in  Amptenhusen.* 

Davon  sind  die  mit  *  bezeichneten  zudem  erst  im  17.  Jahrh. 
nachgetragen.  Ein  weiteres  nach  St.  Georgen  benanntes,  im 
15.  Jahrh.  angelegtes  Todtenbuch  des  Generallandesarchives 
zu  JC^arlsruhe  ist  nicht  das  des  Jvlosters,  sondern  das  ganz 
unbedeutende  der  weltlichen  Pfarrei  St.  Lorenz  in  St.  Georgen. 
Dagegen  besass  1831  der  Freiburger  Professor  Schreiber  ein 
Bruchstück  des  Todtenbuches  dieses  Klosters  selbst,  das  zu 
Ende  des  13.  Jahrh.  geschrieben  war  (s.  Leichtlen,  Die  Zäh- 
ringer S.  21,  Anm.  4).  Dieses  Bruchstück  scheint  nunmehr 
auch  verloren,  wenigstens  ist  dasselbe  nicht  unter  Schreibers 
Papieren,  die  er  dem  Stadtarchiv  in  Freiburg  i.  Br.  vermacht  hat. 

Das  1494  geschriebene  Nekrolog  des  Frauenklosters  Maria 
Hof  in  Neidingen  hat  Fickler  als  Programm  des  Progym- 
nasiums Donaueschingen  1845/46  herausgegeben,  aber  so  fehler- 
haft, wie  nur  möglich.  Dieses  für  die  Landschaft  Baar  nicht 
unwichtige  Nekrolog  hat  nur  wenige  Einträge,  welche  über 
1300  in  das  letzte  Viertel  des  13.  Jahrh.  zurückgehen  (f. 
Hauptarchiv  Donaueschingen). 

Dasselbe  gilt  auch  von  den  Todtenbüchern  des  Klosters 
Amten hausen,  von  denen  das  eine  ein  im  17.  Jahrh.  ge- 
schriebenes Anniversar,  das  andere  ein  im  18.  Jahrh.  redigier- 
tes Nekrolog  ist  (jenes  im  f.  Hauptarchiv,  dieses  in  der  f.  Hof- 
bibliothek zu  Donaueschingen).  Dagegen  hat  Gerbert  in  seiner 
Historia  Nigrae  Silvae  1783  Auszüge  aus  dem  alten  Todten- 
buche  dieses  Jvlosters  J,  497;  IJ,  164,  258  mitgetheilt,  jedoch 
dieselben  nicht  diesem  Originale  selbst  entlehnt,  sondern  einem 
Excerpte  des  Abtes  Gaisser  von  St.  Georgen  (17.  Jahrh.)  ent- 
nommen. Ohne  Zweifel  war  also  1783  das  Original  schon 
verloren. 


30  Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher. 

Ein  Nekrolog  des  I^osters  Blaubeuren  besitzt  die  Lan- 
desbibliothek zu  Fulda,  die  es  aus  Weingarten  erhielt.  Ge- 
sehrieben ist  dasselbe  1556  auf  Pergament  in  2^*  von  dem 
Subdiakon  Fr.  Ulrich  Strebel.  Derselbe  begnügte  sich,  aus 
seiner  älteren  Vorlage  bei  jedem  Tage  nur  je  einen  Namen, 
selten  zwei  herüberzunehmen,  z.  B. :  Juli  1 :  Adelhait  conv". 
Juli  2:  Waltherus  com.  Juli  3:  Wernerus  com.  Beachtens- 
werth  sind  von  seinen  Einträgen  noch :  Jan.  2 :  Hainricus  com, 
de  Thubingen,  fundator  huius  mon.  Jan.  21 :  Agnes  com^  de 
Helfenstain.  Febr.  14 :  Vlricus  com.  de  Helfenstain.  Febr.  28 : 
Adelhaidis  com^.  de  Hohenloch.  März  16 :  Beatrix  com^.  de 
Helfenstain.  Juni  5 :  Sifridus  com.  Juli  5 :  lohannes  abb.  in 
Echenbrunn.  Aug.  9:  lohannes  com.  de  Helfenstain.  Aug.  10: 
Vlricus  abb.  n.  o.  Okt.  25:  Fridcricus  palatinus  Thubingensis. 
Nov.  10:  Adelhait  com^.  December2:  Sibotho  com.  de  Ruck, 
fundator  huius  mon.  Dec.  25:  Anshelmus  com.  Dec.  26: 
Berchta  com^.  Onomatologisch  sind  etwa  noch  erwähnenswerth : 
Jan.  18:  Stumarus  [1.  Staiumarus]  1.  April  25:  Rugerus  1. 
Mai  13:  lazza  1.  [wohl  zu  lesen  luzza].  Mai  31:  Willa  1. 
Juni  24:  Riich  1.  Juli  13:  Rudigerus  m.  n.  d.  Sept.  6:  Geza  1. 
Sept.  21:  Peterscha  L  Oct.  8:  Metza  1.  Oct.  27:  Bilunc  pbr. 
Oct.  31:  Luggin  1.  Nov.  12:  Indela  1.  Viel  besser,  freilich 
ohne  Angabe  der  Tage  lernen  wir  den  Inhalt  des  ältesten  Blau- 
beurer  Todtenbuches  aus  des  Tubingius  Chronik  seines  Klo- 
sters kennen  (s.  Sattler,  Gesch.  des  Herzogthums  Würtenberg 
unter  der  Regierung  der  Graven  V,  338 — 406),  vgl.  z.  B.  a. 
a.  O.  S.  345.  362—369. 

Ein  Anniversar  des  Klosters  Beuron  aus  dem  16.  Jahrh. 
besitzt  die  f.  Hofbibliothek  in  Donaueschingen.  Ueber  1300 
gehen  von  dessen  Einträgen  indessen  nur  zwei  sicher  hinauf. 
Aug.  8 :  1092  princeps  Percgrinus  piissimus  noster  fundator  H, 
et  sepultus  est  in  basilica  nostra  Buronensi  ante  aram  s.  Trini- 
tatis.  Sept.  1 :  799  kal.  sept.  illustris  Geroldus  dux  Alamannise, 
comes  Pussenius,  primus  noster  fundator  piissimus,  cum  in 
Pannonia  contra  Hunnos  prseliaturus  aciem  strueret,  sagitta 
interfectus  est,  cuius  corpus  in  Augi?e  Divitis  mon.  honorifico 
mausoleo  et  in  choro  summi  templi  ad  dextram  sepultum,  aber 
auch  die  Form  dieser  beiden  Einträge  ist  sichtlich  jung. 

Dasselbe  gilt  auch  von  dem  1600  zuletzt  redigierten 
Todtenbuche  des  Klosters  Heiligkreuz  in  Donau  wo  rt. 
Von  dessen  Einträgen  gehen  über  1300  bestimmt  nur  zurück: 
April  4:  Mangoldus  et  Dictricus  abbates,  Nov.  2:  IMaugoldus 
fundator. 

Ln  Nekrolog  des  Klosters  St.  Georgen  zu  Augsburg, 
geschrieben  1575,  (Cod.  lat.  4201  Bibl.  Monacensis)  finde  ich 
ebenfalls  nm*  zwei  sichere,  vor  1300  fallende  Einträge,  nänüich 


Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher.  31 

Febr.  20:  Hainricus  abb.  ad  S.  Vlricum  [f  1216],  Juli  30: 
Embrichus  eps.  Aiigustensis,  secundus  fundator  n.  coenobii. 

Nicht  viel  besser  steht  es  mit  den  Anniversarien  des  Stiftes 
St.  Moriz  in  Augsburg.  Von  demselben  besitzt  das  k. 
Reichsarchiv  zu  München  nicht  weniger,  denn  fünf  Todten- 
bücher aus  dem  14,  15.  und  16.  Jahrb.,  von  denen  jedes  sein 
vorgehendes  zur  Grundlage  hat.  Auch  hier  gehen  nur  wenige 
Einträge  über  1300  bestimmt  zurück,  z.  B.  April  22:  Bruno 
eps.  Augustensis  [Ann.  ex  censibus  in  Azhain].  Juni  26: 
Sifridus  eps.  [Ann.  ex  domo  in  Burrun].  Juli  5:  Hartmannus 
eps.  [Ann.  de  bonis  in  Vohegaw].  Juli  7:  Richenza  com^  de 
Balshusen.  Hec  prebendam  instituit,  que  servit  vicissim  pres- 
piteris  ebdomadariis,  vnde  dantur  10  sol.  et  ministris  unus  de 
superfluo  orto,  Juli  30:  Embrico  eps.  [Ann.  de  curia  in  Binz- 
wangen].  Nov.  21:  Cnnradus  com.  de  Baldeshuseu,  de  cuius 
predio  iuxta  Mindulam  sito  hec  eccia.  est  restaurata  [Ana.  de 
Oggenhouen  et  de  bonis  in  Vohgawe].  Ohne  Zweifel  fällt  der 
grössere  Theil  des  ältesten  dieser  Todtenbücher  noch  vor  1300, 
denn  dessen  Namen  klingen  alterthümlich.  Da  aber  die  Anni- 
versarien an  sich  schon  verhältnismässig  sehr  viel  Raum  be- 
anspruchen, und  da  der  übrige  Inhalt  der  fünf  St.  Moritzer 
Todtenbücher  bis  1500  herunter  aufgenommen  werden  müsste, 
so  wird  es  gerechtfertigt  sein,  wenn  ich  bei  der  grossen  Masse 
der  nur  die  Stadt  Augsburg  und  ihre  nächste  Umgebung  be- 
rührenden Einträge  von  der  Aufnahme  dieser  Todtenbücher 
absehe. 

Dasselbe  gilt  von  den  Todtenbüchern  des  Stiftes  St.  Ste- 
phan in  Augsburg,  deren  das  k.  Reichsarchiv  zu  München 
ebenfalls  fünf  (14. — 17.  Jahrh.)  besitzt. 

Auch  das  Nekrologium  des  Klosters  Fultenbach  (Papier- 
handschrift von  1718  im  k.  Reichsarchiv  zu  München)  verdient 
keine  Berücksichtigung,  denn  sein  Grundstock  ist  auffallend 
genug  lediglich  eine  Abschrift  des  Todtenbuches  von  St.  Ulrich 
in  Augsburg,  also  werthlos.  Selbständig  sind  in  demselben 
nur  die  Namen  der  Fultenbacher  Aebte;  dieselben  lauten  (unter 
Weglassung  des  bei  allen  sich  wiederholenden  Titels  abb.  in 
Fultenbach):  März  22:  Henricus.  März  30:  Gebeon  restaurati 
mon.  Fultenbacensis  abb.  primus.  April  2:  Fridericus.  April  5: 
Otto  de  Giss.  April  8:  Dietericus.  April  9:  Bertholdus. 
April  21:  Udalricus  secundus  de  Gienau.  April  24:  Conradus 
primus.  Mai  2 :  Udalricus  primus.  Mai  6 :  Wilhelmus.  Juni  5 : 
Hermannus.  Juni  14:  Conradus  secundus.  Juli  20:  Wernerus. 
Juli  23:  Joannes  Praell.  Juli  28:  Joannes  secundus.  Septem- 
ber 5:  Udalricus  Frey.     Dezember  8.     Hemncus  Gis. 

Todtenbücher  von  Pfarrkirchen  sodann  existieren  im 
kath.  Theile  von  Schwaben  massenhaft  aus  dem  14,  15.  und 
16.  Jahrh.,    aber  auch  nicht  eines   derselben  hat  mehr  denn 


32  Bericht  über   schwäbische  Todtenbücher. 

rein  örtliche  Bedeutung.  80  besitzt  z.  B.  die  kath.  Stadtpfarrei 
Ravensburg  einen  Liber  demortuorum  von  1400,  vergebens 
suchen  wir  aber  in  demselben  den  Namen  eines  Weifen,  eines 
Staufers.  Das  ist  übrigens  leicht  zu  erkliiren,  denn  die  Grossen 
Hessen  sich  nur  in  Kloster-  und  Stiftskirchen  beisetzen,  standen 
also  in  der  Regel  zu  den  gewöhnlichen  Pfarrkirchen  in  keiner 
Beziehung.  Nur  ein  Nekrolog  einer  Pfarrkirche  aus  dem  mir 
überwiesenen  Gebiete  stammt,  soviel  mir  bis  jetzt  bekannt 
wurde,  noch  aus  dem  13.  Jahrb.;  es  ist  das  das  Todtenbuch 
der  Stadtpfarrei  Löf fingen  im  badischen  Schwarzwalde,  das 
zwischen  1280 — 90  angelegt  wurde.  Dasselbe  verdient  trotz 
seiner  nur  örtlichen  Bedeutung  wegen  seines  Alters  und  als 
Muster  eines  Pfarrtodtenbuches  Aufnahme. 

Aufnahme  verdienen  ferner  aus  der  Diöcese  Strassburg 
(rechts  des  Rheines)  die  wenigen  nekrologischen  Einträge  aus 
dem  Kloster  Gengenbach,  welche  die  Würzburger  Hand- 
schrift des  Hermannus  Sapiens  in  dem  vorausgehenden  Kaien- 
darium  enthält.  Geschrieben  sind  diese  Einträge  eher  im  11, 
als  im  12.  Jahrb.,  die  Namen  der  Kaiser  roth.  Sie  lauten: 
Jan.  23:  Otto  III.  Imperator.  Jan.  28:  Rvthardus  dux,  qui 
fundavit  Genginbach.  Karolus  magnus  Imperator.  Juni  4: 
Conradus  Imperator.  Juni  9:  Magna  cedes  facta  est  apud 
Saxones.  Juni  20:  Lödowicus  imperator.  Juli  2:  Heinricus 
Imperator.  Juli  13:  Heinricus  imperator.  Oct.  5:  Heinricus  IL 
imperator.  Dec.  8 :  Arnoldus  imperator.  Es  sei  mir  hier  die 
Angabe  gestattet,  dass  SS.  V,  389  zwei  Druckfehler  stehen. 
Der  Würzburger  Codex  liest  nicht  1027  Reginaldus  abb.,  son- 
dern Reginboldus  abb.  und  hat  als  Todesjahr  des  Abtes  Bert- 
hold nicht  1052,  sondern  1053.  Leider  ist  das  eigentliche 
Todtenbuch  des  uralten  Klosters  Gengenbach  verschwunden 
(s.  Mone,  Quellen  zur  bad.  Landesgescliichte  III,  80),  und  es 
ist  nicht  zu  hoffen,  dass  dasselbe  wieder  auftauche,  da  dieses 
Kloster  in  der  Reforraationszeit  schwier  bedrängt  war  und  1689 
von  den  Franzosen  verbrannt  wurde. 

Das  Todtenbuch  des  Klosters  Ettenhe immunster  be- 
sitzt die  Hof-  und  Landesbibliothek  in  Karlsruhe  in  einer 
Redaction  von  1612,  welche  alte  Einträge,  freilich  nicht  in 
Avünschenswerther  Fülle,  herübergenommen  hat.  Drei  weitere 
nekrologische  Handschriften  derselben  Bibliothek,  die  aus 
Ettenheimmünster  stammen,  sind  nur  Copien  dieses  Todten- 
buches  von  1612  aus  dem  17.  und  18.  Jahrb. 

In  der  Diöcese  Constanz  habe  ich  folgende  Nekrologien 
imd  Anniversarien  bearbeitet: 

Die  Todtenbücher  der  D  o  m k  i  r  c h  c  Constanz.  Dieselbe 
hatte  keine  eigentliclien  Nekrologien,  sondern  nur  Anniversarien. 
Davon  besitzt  das  Generallandesarchiv  in  Karlsruhe  vier,  die 
f.  Hofbibliothek    in   Donaueschinffen   eins.     Das    letztere  von 


Bericht  über  schwäbische   Todteubücher.  33 

c.  1486,  sowie  zwei  Karlsruher  von  c.  1475  und  1498  sind 
ohne  Bedeutung-,  denn  sie  sind  nur  Abschriften  der  beiden 
ältesten  ohne  selbständige  Zusätze.  Das  älteste  Constanzer 
Anniversar  (A)  stammt  aus  den  Jahren  1253/74  und  erhielt 
viele  Fortsetzungen  bis  1429.  Seinen  Zustand  von  1429  bietet 
B,  das  eine  Abschrift  von  A  ist,  wie  es  in  dem  genannten 
Jahre  war.  Von  denselben  Schreibern  kamen  nach  1429  spär- 
liche neue  Zusätze  hinzu,  welche  willkürlich  bald  in  A,  bald 
in  B  eingetragen  sind.  Zu  bemerken  ist,  dass  B  seine  Vorlage 
oft  misverstanden  hat,  es  löst  z.  B.  1.  (laicus)  seiner  Vorlage 
in  legavit  auf  u.  dgl.  Ich  unterscheide  hier  folgende  Stufen : 
den  Grundstock  von  A  ( — 1274),  die  Fortsetzung  von  A — B 
(1274—1429),  die  Fortsetzungen  von  A  und  B  (1430  bis  c.  1500). 
Weggelassen  habe  ich  die  Form  der  einzelnen  Jahrtage,  so- 
dann die  in  A  häufigen  Stiftungen  besonderer  Heiligenfeste, 
die  Reichung  besonderer  Diäten  an  die  Domherrn  an  bestimm- 
ten Tagen  u.  dgl.  nicht  eigentlich  nekrologische  Angaben. 
Erwähnenswerth  ist  noch,  dass  A,  B  und  namentlich  das 
Anniversar  von  1498  Pergamentfolianten  grösster  Gattung  sind. 
Einen  Auszug  von  A  verüfientlichte  Böhmer  im  Geschichts- 
freund der  fünf  Orte  XIII,  231  ff. 

Im  Schwarzwaldkloster  St.  Peter,  der  eigentlichen  Haus- 
stiftung  der  Zähringer,  hat  1497  der  Abt  Gremelspach  aus 
dem  alten  Nekrolog-  einen  Auszug*  anfertigen  lassen,  der  ledig- 
lich die  Namen  der  Aebte  und  Wohlthäter  des  Klosters  bietet, 
aber  wichtig  ist,  weil  er  bis  in  das  12.  und  endende  11.  Jahrh. 
zurückreicht.  Die  jüngeren  Einträge  in  diesem  Auszug-,  der 
zu  St.  Peter  liber  benefactorum  oder  auch  liber  vitae  genannt 
wurde  (jetzt  in  der  Hof-  und  Landesbibliothek  Karlsruhe) 
fielen  weg,  weil  sie  erst  nach  1500  gemacht  wurden. 

Die  Johanniter -Commende  Neuenburg  a.  Rhein  hinter- 
liess  dem  Generallandesarchiv  Karlsruhe  ein  Nekrolog,  das 
1276/98  angelegt  wurde  und  bis  in  das  15.  Jahrh.  herein  Fort- 
setzungen fand.  Ich  unterscheide  sonach  zeitlich  den  Grund- 
stock (—  c.  1298),  die  neuen  Einträge  von  c.  1298 — 1400  und 
endlich  die  des  15.  Jahrh.  Von  besonderer  Bedeutung  ist 
dieses  Nekrolog  übrigens  nicht. 

Das  Kloster  Z  wie  falten  hat  zwei  alte  Nekrologien  hin- 
terlassen, die  jetzt  der  k.  öffenlHchen  Bibliothek  in  Stuttgart 
gehören.  Das  ältere,  von  mir  A  genannt,  ist  um  1140  von 
mehreren  Händen  aus  dem  ursprünglichen,  jetzt  verlorenen 
angelegt.  Von  demselben,  wie  es  sich  bis  123Ö  erweitert  hatte, 
nahm  in  diesem  Jahre  etwa  der  Abt  Reinhard  eine  Abschrift, 
von  mir  B  genannt.  Im  13.  Jahrh.  kamen  in  B  nur  wenige 
neue  Einträge  hinzu,  wogegen  dieselben  in  A  bis  in  das 
15.  Jahrh.   hinein   sehr   zahlreich   sind.      Erst   im    16,    17.  und 

Neues  Archiv  etc       VII.  3 


34  Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher. 

18.  Jahrli.  wurde  B  viel  erweitert.    In  B  fehlt  jetzt  der  Schluss, 
in  A   ein    Theil   des    Monats   October.      Diese   Lücke   können 
wir  glücklicher  Weise  gut  ergänzen,  indem  16-47  der  Zwiefaltner 
Mönch  Bochenthaler  mit  staunenswerthem  Fleisse  und  grosser 
Genauigkeit  von  dem  damals   noch  ganz  erhaltenen  A  und  B 
eine  Abschrift  anfertigte  und  dieselbe  mit  vereinzelten  nekro- 
logischen Angaben    aus    ungefähr    zwölf    anderen  Zwiefaltner 
Handschriften^    aus  Druckwerken  und  aus  den  Todtenbüchern 
von  Weingarten,  Muri,  Ochsenhausen,  Marienberg  und  March- 
thal    vermehrte.      Diese    Zwiefaltner   Handschriften    sind   jetzt 
sämmtlich  verschollen  bis  auf  Bochenthalers  'Missale  Mathildis 
de  Nifin',  dessen  nekrologische  Einträge  jüngst  in  SS.  XXIV, 
829    ediert   wurden.      Bochenthalers    treffliches   Werk    besitzt 
nunmehr  ebenfalls  die  Stuttgarter  k.  öffentliche  Bibliothek,  wie 
auch   ein   weiteres  Werk   desselben,   das   Necrologium   novum, 
welches    er   aus    den   in    seinem    eben   beschriebenen  Sammel- 
bande enthaltenen  Todtenbüchern  herstellte  und  das  durch  die 
Deutung   vieler  Personen   auch   jetzt   noch    wichtig    ist.      Ich 
imterscheide   in   meiner   Bearbeitung   den   Grundstock   von   A 
(c.  1080—1140),  die  Fortsetzungen  bis  B  (c.  1140—  c.  1230), 
die  neuen  Einträge   des  13.  Jahrb.,   die   des    14.   imd   die  des 
15.  Jahrh.    und   bezeichne   auch    die    nur  durch  Bochenthaler 
ei'haltenen  Stücke  von  A  und  B.     Zugleich   theile  ich  in  den 
Noten  die  vereinzelten  nekrologischen  Notizen  mit,  welche  uns 
nur  dieser  Sammler  gerettet  hat.     Die  bisherige  Ausgabe  des 
Zwiefaltner  Todtenbuchs  in  Hess,  Mon.  Guelph.  ist  ungenügend. 
Als   Hess  a.  a.  O.  133  ff',   das   Nekrologium    des   Klosters 
Weingarten    herausgab,    konnte   er  nicht  weniger,    denn    vier 
Todtenbücher  benutzen.    Von  denselben  standen  mir  nur  zwei, 
darunter  freilich  auch  das  wichtigste  (A),  zu  Gebote.    Dasselbe 
ist  in  dem  Fuldaer  Codex  enthalten,   der  auch  die  Hist.  Wel- 
fonum  entliält,    und  wurde  um  1200  angelegt.     Im  13.  Jahrb., 
namentlich    im  Jahre  1232   kamen  viele   neue  Einträge  hinzu. 
Ich  unterscheide  demnach  den  Grundstock  (bis  c.  1200),   und 
die  Fortsetzungen  des  13.  Jahrb.,  von  denen  ich  auch  die  von 
1232   besonders   bezeichne.     Ebenfalls   in  Fulda   befindet  sich 
jetzt  ein  weiteres  Todtenbuch  von  Weingarten,  angelegt  in  der 
zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrh.    Dasselbe  ergab  aber  wenig  Aus- 
beute ;   es   ist   kaum    mehr,   denn   eine  vollständige  Reinschrift 
von  A.     Hoffentlich  sind  auch   die  andern  zwei  Todtenbücher 
von  Weingarten,   die  Hess  noch    benutzt   hat,   nicht   verloren; 
sie    dürfen   in   der   k.  Handbibliothek  zu  Stuttgart   vermuthet 
werden.    Aus  einer  weitern  Weingartner  Handschrift  der  Lan- 
desbibliothek Fulda   endlich   hat  Wahz,   SS.  XXIV,  830   und 
832  dort  eingetragene  vereinzelte  nekrologische  Angaben  ver- 
öffentlicht. 

Das    Todtenbuch    von    Wcissenau    (jetzt    ira    General- 


Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher.  35 

landesarchiv  zu  Karlsruhe)  besitzen  wir  nur  noch  in  einer  sorg- 
fältigen Abschrift,  die  1504  von  dem  damals  theilweise  bereits 
nicht  mehr  lesbaren  Originale  oder  doch  einer  altern  Redaction 
genommen  wurde.  Dieses  Todtenbuch,  von  dem  in  der  Zeit- 
schrift f.  G.  des  Oberrheins  VIII,  317  ff.  ein  unvollständiger 
Auszug  mitgetheilt  wurde,  ist  sehr  reich.  Ich  unterscheide 
seine  nachweislich  Jüngern  Einträge  von  den  altern  in  meiner 
Ausgabe. 

Das  Nekrolog  von  Isny  gieng  erst  in  neuerer  Zeit  zu 
Grunde,  denn  erst  1799  machte  davon  P.  Neher  den  noch  im 
gr.  Quadtischen  Archive  zu  Isny  vorhandenen  Auszug,  dessen 
Angaben  aber  bis  ins  12.  Jahrh.  zurückgehen.  Wohin  Nehers 
Vorlage  kam,  ist  mir  unbekannt;  ich  gebe  indessen  die  Hoff- 
nung noch  nicht  auf,  dass  dieselbe  wieder  zum  Vorschein 
kommt,  denn  sie  wird  wohl  mit  der  Isnyer  Klosterbibliothek 
vor  etwa  50  Jahren  auch  verkauft  worden  sein.  Wie  werth- 
voll  dieselbe  war,  beweisen  die  wenigen  Einträge,  welche  in 
die  Klosterchronik  (Manuscript  im  gr.  Archive  zu  Isny)  wört- 
lich aus  ihr  entlehnt  wurden,  wie:  Jan.  10:  Anno  Domini  1109  o. 
com.  Walthcrus,  dominus  noster,  filius  Manigoldi,  in  hello  cum 
multis  aliis  occisus  apud  Idungisheim.  Febr.  7 :  O.  Mane- 
goldus  com.  de  Veringen,  pius  et  religiosus  ac  fundator  huius 
loci  anno  1104.  [Juni  10]:  Anno  1190  o.  Fridericus  I.  Impe- 
rator, cognomento  Barba  rossa,  plenus  fr.  n,  congreg.,  qui  nobis 
acquisivit  ecclesiam  Rordorf.  Rexit  annis  38,  qui  fuit  filius 
Friderici  ducis  Sua^viae  et  ludinthas,  sororis  ducis  Welphonis. 
Dec.  15:  Anno  1192  (sie)  Welpho  nobilis  dux  Altorfensis, 
principum  nostrorum  illustrissimus,  Heim-ici  ducis  videlicet  et 
Wulfliildis  filius,  carne  solutus  migravit  a  sasculo,  in  quo  nobili- 
tas  Altorfensium  non  mediocriter  desiit.  Hie  multa  nostro 
contulit  monasterio  bona,  sicut  et  aliis,  ideo  plenariam  nobis- 
cum  habet  fraternitatem.  Is  ')  propter  innatam  nobilitatis  lineam 
j)atrimonium  suum  cum  oranibus  suis  pertinentiis  Ilemüco  IV. 
(sie)  illustri  Romanorum  imperatori  sub  hareditaria  possessione 
contradidit.  Zu  den  Curiosa  gehört  dessen  Eintrag :  April  11: 
Georgius  Leberwurst  et  Apollonia  Blunzin  (d.  i.  Blutwurst) 
uxor  eins  1592. 

Zu  bearbeiten  habe  ich  noch  von  den  Todtenbüchern  des 
rechtsrheinischen  Antheils  der  Diöcese  Constanz  das  des  Frauen- 
stiftes Lindau  (Handschrift  des  13.  Jahrh.  im  k.  Reichsarchive 
zu  München,  herausgegeben  von  Primbs  in  der  Zeitschrift  des 
histor.  Vereins  für  Schwaben  und  Neuburg  IV),  das  des  Klo- 
sters Mehr  er  au  (herausgegeben  von  Bergmann  in  den  Denk- 
schriften der  Wiener  Akademie  V,  1  ff.),  das  der  Johanniter 
Commende  Feldkirch   (jüngere  Redaction  in   der  k.  Hand- 


1)  Der  folgende  Satz  scheint  jüngerer  Zusatz  zu  sein. 

3* 


36  Bericht  über  schwäbische   Todteubücher. 

bibliothek  Stuttgart),  das  des  Klostors  Peter sliausen  (Ab- 
schrift des  18.  Jahrh.  in  der  Hof-  und  Landesbibliothek 
Karlsruhe),  endlich  die  von  St.  Blasien  und  Reichen  au. 
Auch  vom  Todtenbuch  des  Klosters  Allerheiligen  in 
Schaff  hausen  hat  sich  wenigstens  ein  Blatt  erhalten  (ediert 
von  Mone,  Quellensammlung  111,620 — 621),  dann  mehrere  Blätter 
eines  Anniversars  desselben  aus  dem  14.  Jahrb.,  die  erst  jüngst 
in  der  Ministerialbibliothek  zu  Schaffhausen  von  Pfarrer 
Schinkel  und  Pfarrer  Bächtold  aufgefunden  wurden.  Sie  hat- 
ten als  Deckelinnenblätter  gedient.  Pfarrer  Bächtold  hatte  die 
Güte,  mir  dieselben  vollständig  abzuschreiben.  Die  Stadt- 
bibliothek zu  Schaffhausen  besitzt  sodann  auch  noch  ein 
Todtenbuch  der  dortigen  Minoriten,  s.  Archiv  VIII,  735. 
Dagegen  hat  sich  leider  die  Kunde,  dass  das  Todtenbuch  der 
Abtei  Stein  a.  Rhein  im  Privatbesitze  Sr.  k.  Hoheit,  des 
Grossherzogs  von  Baden,  sich  befinde,  nicht  bestätigt,  denn 
die  Handschrift,  welche  unter  diesem  Namen  von  Sr.  k.  Hoheit 
der  Hof-  und  Landesbibliothek  übergeben  und  welche  mir 
von  dieser  mit  allerhöchster  Erlaubnis  hierher  zur  Benutzung 
gesandt  wurde,  enthüllte  sich  als  das  Anniversar  des  Wilhel- 
mitenklosters  Sion,  Canton  Argau.  Dasselbe  bearbeitete  ich, 
weil  es  um  1270  angelegt  wurde.  Ich  unterscheide  in  dem- 
selben die  Einträge  bis  1399  und  die  des  15.  Jahrh. 

Von  den  Todtenbüchern  der  alten  Diöcese  Aiigsburg  so- 
dann habe  ich  bearbeitet:  einmal  das  spärliche  Nekrolog  des 
Stiftes  El  Iwangen.  Ein  inhaltreiches,  sozusagen  täglich  ge- 
brauchtes und  mehrere  Jahrhunderte  umfassendes  Todtenbuch 
hat  dieses  Gotteshaus  nicht  hinterlassen;  wir  besitzen  nur  die 
wenigen  Einträge,  welche  im  12,  13.  und  14.  Jahrh.  dem 
Kalender  eingeschrieben  wurden,  der  in  dem  auf  der  k.  öffent- 
lichen Bibliothek  zu  Stuttgart  verwahrten  Cod.  Ann.  Elwac. 
enthalten  ist.  Ich  unterscheide  den  Grundstock,  geschrieben 
c.  1173,  die  Einträge  aus  dem  Ende  des  12.  und  aus  dem 
13.  Jahrh.  bis  c.  1250,  dann  die  vereinzelten  des  14.  Jahrh. 

Vom  Kloster  Deggingen  im  Ries  besitzt  die  f.  Biblio- 
thek zu  Maihingen  das  Todtenbuch  in  der  1566  gemachten 
Redaction  des  P.  Ludwig  Rentz.  Dasselbe  enthält  indessen 
nicht  gerade  viele  Einträge  aus  dem  Mittelalter,  meist  Aebte 
nennend,  hat  aber  auch,  wie  schon  erwähnt,  im  17.  Jahrh.  aus 
dem  verlorenen  Nekrolog  von  Neresheim  die  Namen  der  dorti- 
gen Aebte  aufgenommen. 

Auch  das  hervorragende  Kloster  St.  Ulrich  in  Augs- 
burg hat  nur  eine  Redaction  seines  Todtcnbuchcs  hinterlassen, 
welche  der  gefeierte  Schönschreiber  P.  Leonhard  Wagner  1514 
vollendet  hat  und  welche  bis  1802  fortgesetzt  wurde.  Die 
Einträge  gehen  bis  ins  11.  Jahrh.  zurück.  Mit  Wagners  Re- 
daction   habe   ich    die   wenigen   nekrologischen   Angaben   ver- 


Bericht  über   schwäbische  Todtenbücher.  37 

blinden,  welche  in  dem  1477  von  Wilhelm  von  Rang,  einem 
Mönche  des  Klosters  St.  Ulrich,  angelegten  Calendarium  (Cod. 
lat.  Nr.  4394  Bibl.  Monac.)  vor  1500  eingetragen  wurden. 

Das  Todtenbiich  des  Prämonstratenserstiftes  Ursberg 
liegt  in  einer  Abscln^ift  vor,  die  1449/51  angelegt  Avurde  und 
z.  Z.  dem  bisehöflichen  Ordinariate  Augsburg  gehört.  Dieselbe 
ist  sehr  reich  an  Einträgen  aus  alter  Zeit,  offenbar  eine  voll- 
ständige Wiedergabe  ihrer  altern  Vorlage.  Die  letztere  ist 
ohne  Zweifel  zu  Grunde  gegangen,  denn  P.  Grimo  Kornmann 
citiert  die  noch  erhaltene  Redaction  von  1449/51  in  seinem 
Chronicon  Urspergense  (Handschrift  des  gen,  Ordinariates)  von 
1803  immer  als  'antiquissimum  necrologium  monasterii  nostri'. 
Beachtenswerth  ist  es,  dass  diese  Redaction  regelmässig  bei 
Jahresangaben  die  arabischen  Ziffern  anwendet,  was  sonst  in 
Schwaben  um  1450  noch  nicht  üblich  war.  Ich  unterscheide 
den  Grundstock  von  1449  und  die  Fortsetzung  von  1450—1500. 

Ueber  das  Todtenbuch  von  Ottenbeuren  habe  ich  schon 
oben  gehandelt.  Ich  erwähne  noch,  dass  ein  Exemplar  des- 
selben, das  Hess  in  den  Mon.  Guelph.  289  ff.  im  Auszuge  ediert 
hat,  und  wohl  auch  ein  weiteres,  noch  von  Feyerabend  bei 
Abfassung  seiner  Chronik  von  Ottenbeuren  benutztes  bis  jetzt 
nicht  aufgefunden  werden  konnten.  Ebenso  ist  das  allerälteste 
Todtenbuch  dieses  Klosters,  das  noch  der  1619  verstorbene 
Chronist  P.  Sandholzer  gesehen  hat,  seitdem  verschollen. 

Vom  Kloster  Füssen  besitzen  wir  eine  um  1450  angefer- 
tigte Redaction  des  Todtenbuches,  eine  von  1606  und  eine  noch 
jüngere,  alle  drei  Handschriften  in  der  f.  Bibhothek  zu  Mai- 
hingen,  sodann  vereinzelte  nekrologische  Einträge  aus  dem 
11.  Jahrh.  in  einer  Handschrift  des  bischöflichen  Ordinariats 
Augsburg,  und  zwar  in  deren  erstem  Theile,  einem  im  11.  Jahrh. 
geschriebenen  Martyrologe,  während  der  Kern  dieser  Hand- 
schrift eine  Regula  s.  Benedicti  (9.  Jahrh.)  enthält.  Das  jüngste 
dieser  Todtenbücher  aus  Maihingen  konnte  ich  noch  nicht  ein- 
sehen, weil  es  an  Erzbischof  Dr.  von  Steichele  in  München 
ausgeliehen  ist,  dieselbe  bietet  aber  kaum  Einträge  aus  der 
Zeit  vor  1500,  die  nicht  auch  in  den  beiden  andern  Nekro- 
logien  enthalten  sein  werden.  Ich  unterscheide  einmal  die 
Angaben  aus  dem  Martyrologe  des  11.  Jahrh.,  dann  den  Grund- 
stock des  Nekrologs  von  c.  1450,  dessen  Fortsetzungen  bis 
1500  und  endlich  die  wenigen  nur  in  dem  Todtenbuche  von 
1606  enthaltenen  Einträge,  die  aus  der  Zeit  vor  1500  nach- 
weisbar herstammen. 

Ganz  vereinzelt  steht  das  Todtenbuch  des  Klosters  Stein- 
gaden,  geschrieben  1552  (Cod.  lat.  Nr.  1013  Bibl.  Monac.), 
denn  dasselbe  ist  nicht  eine  einfache  Abschrift  seiner  altern 
Vorlage,  sondern  stellt  ohne  Rücksicht  auf  den  wahren  Todes- 
tag   die    Aebte    der    genannten    Klöster,    z.  B.   Füssen,    Rot, 


38  Bericht  über  schwäbische  Todteubücher. 

Steingaden  in  chronologischer  Reihenfolge  zusammen.  Diesem 
cigenthümlichen  Verfahren  verdanken  wir  übrigens  den  Kata- 
log der  Aebte  von  Füssen  vom  9. — 13.  Jahrh.,  der  sonst  nicht 
erhalten  ist.  Selbstredend  bezeichnet  dieses  Todtenbuch  den 
Tag,  an  dem  es  einen  Abt  nennt,  nicht  als  dies  obitus,  sondern 
nur  als  dies  commemorationis. 

Das  Todtenbuch  des  Frauenklosters  HohenAvart  liegt 
ebenfalls  nur  in  einer  Redaction  des  16.  Jahrh.  vor  (Cod.  lat. 
Nr.  7390  Bibl.  Monac),  welche  indessen  nicht  eine  Reinschrift, 
sondern  nur  ein  Auszug  der  Vorlage  ist,  indem  sie  aus  dem 
Inhalt  nur  wenige  Namen  an  den  einzelnen  Tagen  herübernahra, 
z.  B.  Febr.  1 :  Ortolffus  1.  Hedbiga  1.  Febr.  2 :  Chonradus  abb. 
in  Augusta.  Febr.  13:  Goldrauna  sor.  n.  Dietricus  1.  Febr.  16: 
Vota  abba.  Pertha,  Pertha  sorores  nrae.  Ein  Hohenwarter 
Jahresverzeichnis  (k.  Reichsarchiv  in  München)  aus  dem 
16.  Jahrh.  habe  ich  noch  damit  zu  vergleichen. 

Sehr  schmerzlich  ist  der  Verlust  der  eigentlichen  Todten- 
bücher  von  Benediktb euren.  Aus  diesem  Ivloster  ist  nur 
erhalten  ein  Anniversar  aus  dem  18.  Jahrh.  (Cod.  lat.  Nr.  5037 
Bibl.  IMonac),  das  nur  spärliche  Einträge  aus  dem  Mittelalter 
aufgenommen  hat,  und  folgende  acht  Angaben,  welche  um 
1150/52  in  den  Cod.  lat.  Nr.  4563  Bibl.  Monac,  geschrieben 
wurden:  März  27:  Adalpero  com.  o.  Mai  8:  Popo  1.  o. 
Mai  23:  Gebmannus  1.  o.  Mai  27:  Adaluuihc  o.  Juni  11: 
Adalpertus  pbr.  o.  et  m.  1151.  Juni  12:  Rihlint  o.  Juni  16: 
Altmannus  abb.  o.  Juni  17:  Brigida  1.  o.,  sodann  ein  Anni- 
versar, geschrieben  von  P.  Rhaban  Hirschbändtner  1681  (k. 
Reichsarchiv  zu  München)  mit  alten  Angaben. 

Dagegen  hat  Diessen  am  Ammersee  seine  Todten- 
bücher  hinterlassen  (Cod.  lat.  Nr.  5509  a,  b,  c  und  5654  Bibl. 
Monac).  Von  denselben  ist  Nr.  5654  ein  Auszug  des  18.  Jahrh. 
aus  dem  altern,  also  ohne  Werth.  Nr.  5509  c  enthält  die  be- 
kannten von  Liutold  im  13.  Jahrh.  geschriebenen  Todtenbücher, 
welche  Oefele  in  den  Rerum  Boicarum  scriptores  II,  650  ff. 
wörtlich  ediert  und  aus  denen  Jaffe  die  Notae  Diessenses 
SS.  XVII,  325  ff.  ausgezogen  hat.  Dieser  Fall,  dass  derselbe 
Schreiber  in  derselben  Handschrift  zwei  Todteubücher  seines 
Klosters  zu  gleicher  Zeit  aufzeichnete,  steht  ganz  vereinzelt. 
Anfangs  wusste  ich  mir  dieses  Verfalu-en  Liutolds  nicht  zu 
deuten,  nachdem  ich  aber  jetzt  dessen  Nekrologe  durchgearbeitet 
habe,  ist  mir  klar  geworden,  dass  Liutold  zuerst  aus  seiner 
Vorlage,  dem  ältesten  Todtenbuche  seines  Stiftes,  nur  einen 
Auszug  geben  Avollte.  Dieser  Auszug  ist  sein  erstes  Nckro- 
logium  (A).  Man  war,  wie  es  scheint,  im  Kloster  damit  nicht 
zufrieden,  denn  alsbald  schrieb  Liutold  auch  sein  zweites 
Todtenlnich  (B),  das  die  von  A  nicht  aufgenommenen  Einträge 
der  Vorlage  enthält  und  nur  selten  auch   eine  Angabe  von  A 


Beriebt  über  schwäbische  Todtenbücher.  39 

wiederholt.  Liutold  hat  B  nicht  unmittelbar  mit  A  verbunden, 
offenbar,  um  durch  Herstellung  zweier  Nekrologien  in  demsel- 
ben Bande  für  geraumere  Zeit  den  nöthigen  Platz  für  die  Fort- 
setzung zu  gewinnen.  In  der  That  haben  seine  Nachfolger 
im  13.  und  14.  Jahrh,  auch  das  Sachverhältnis  von  A  und  B 
richtig  erkannt;  sie  haben  eingesehen,  dass  dieselben  zusam- 
mengehören und  deshalb  ganz  willkürlich  ihre  neuen  Einträge 
bald  in  A,  bald  in  B,  selten  aber  in  beiden  zugleich  einge- 
schrieben. Noch  Jaffe  hat  angenommen,  dass  Liutold  sein 
Werk  1224  geschi'ieben  habe,  weil  er  am  6.  Juli  eigenhändig 
eingetragen  habe:  OrtHebus  pbr.  et  ppos.  n.  d.  fr.  o.  1224.  anno. 
Dagegen  ist  jedoch  zu  bemerken,  dass  die  Namen  des  Propstes 
Bertold  von  Polling  (f  1212,  18.  März),  der  Königin  Gertrud 
von  Ungarn  (-|-  1213,  Sept.  28),  des  Freisinger  Bischofs  Otto 
(-]-  1220,  17.  März)  u.  s.  w.  wohl  von  Liutold  eingetragen  sind, 
aber  sichtlich  nicht  mehr  zum  Grundstocke  gehören.  Dagegen 
gehört  zum  letztern  sicher  der  Name  des  Bamberger  Bischofs 
Otto  (-|-  1190,  1.  Mai)  und  der  der  Herzogin  Agnes  (y  1195, 
März  24),  vielleicht  auch  der  des  Propstes  Deginhard  (-[-  1204, 
April  30).  Folghch  ist  Liutolds  Grundstock  jedenfalls  1196/1212 
entstanden,  genauer  vielleicht  119G/1204,  falls  wirklich  der 
obengenannte  Eintrag  von  1204  ursprünglich  sein  sollte,  wo- 
gegen freilich  spricht,  dass  Liutold  am  20.  Juli  den  Namen 
der  1202  gestorbenen  Königin  Agnes  von  Frankreich  nicht 
aufnahm,  dass  letzterer  erst  später  im  13.  Jahrh.  von  einem 
anderen  Schreiber  nachgetragen  wurde.  Liutold  hat  sodann 
in  A  und  B  noch  bis  1224  neue  Einträge  hinzugefügt.  Sehr 
zahlreich  kamen  Fortsetzungen  in  den  ersten  Jahrzehnten  des 
14.  Jahrh.  dazu,  wogegen  dieselben  nach  1350  immer  weniger 
werden,  bis  sie  nach  1400  ganz  aufhören.  Im  Jahre  1473 
sodann  hat  P.  Hirss  aus  A  und  B  zusammen  ein  neues  Todten- 
buch  hergestellt  (Cod.  lat.  5509  a  Bibl.  Monac),  indem  er  aus 
beiden  Vorlagen  willkürlich  einzelne  Namen  auszog.  Dabei 
gab  er  auf  Beibehaltung  des  richtigen  Todestages  nichts,  denn 
er  setzt  die  aus  A  und  B  entlehnten  Namen  ganz  willkürlich 
um  einen  oder  mehrere  Tage  bald  zu  früh,  bald  zu  spät. 
Durch  Hirss  und  seine  Nachfolger  wurde  dieses  neue  Todten- 
buch  bis  in  das  17.  Jahrh.  herein  fortgesetzt.  Daneben  schuf 
Hirss  auch  ein  Anniversar  (Cod.  lat.  5509  b  Bibl.  Monac),  das 
er  sodann  nochmals  am  Ende  des  Codex  Nr.  5509  a  abschrieb. 
Dieses  Anniversar  hat  auch  einige  ältere  Angaben,  die  nicht 
aus  A  und  B  stammen,  sondern  einer  anderen,  verschollenen 
Quelle,  zuweilen  auch  den  Stiftungsbriefen  der  Jahrtagsstifter 
selbst  entnommen  sind.  Auch  das  k.  Reichsarchiv  zu  München 
besitzt  aus  dem  15.  Jahrh.  zwei  Jahrtagsverzeichnisse  von 
Diessen,  die  ich  noch  mit  dem  des  Hirss  näher  vergleichen 
muss,  die  aber  mit  denselben  vermuthhch  übereinstimmen.    In 


40  Bericht  über  schwäbische   Todtenbücher. 

meiner  Ausgabe  unterscheide  ich  den  Grundstock  von  A,  den 
von  B,  sodann  die  Fortsetzungen  des  13.  Jahrh.,  die  des  14.  Jahrh. 
und  die  neuen  Einträge  des  Hirss  bis  1500.  Dieses  Todtenbuch 
von  Diessen  ist  sehr  reichhaltig  und  wegen  der  Verbindung 
dieses  Klosters  mit  dem  Hause  Andechs  von  Wichtigkeit,  die 
Bearbeitung  desselben  war  aber  sehr  schwierig,  weil  die  Zeitbe- 
stimmung der  vielen  von  so  verschiedenen  Händen  eingetragenen 
Fortsetzungen  dadurch  erschwert  wurde,  dass  A  und  B  ehedem 
viel  benutzt  worden  und  deshalb  nicht  zum  besten  erhalten 
sind.  Häufig  sind  die  Einträge  halb  abgerieben  oder  erloschen, 
der  ganze  Codex  ist  überhaupt  sehr  angegriffen  und  schmutzig. 
Zwischen  A  und  B  und  nach  B  steht  das  von  Oefele  und  den 
Mon.  Boica  edierte  Todtenbuch  von  Diessen,  von  dem  eine 
neue,  kritische  Ausgabe  sehr  willkommen  wäre. 

Noch  zu  bearbeiten  bleiben  mir  von  den  Todtenbüchern 
des  Bisthums  Augsburg  die  Anniversarien  der  Domkirche 
selbst,  von  denen  das  k.  Reichsarchiv  zu  München  vier  Codices, 
sämmtlich  aus  der  Zeit  von  c.  1500  besitzt.  Dieselben  sind 
theilweise  herausgegeben  in  den  Mon.  Boica  XXXV,  1,  3 — 119. 
Ein  eigentliches  Nekrolog  oder  wenigstens  ein  mittelalter- 
liches Anniversar  dieser  Kirche  hat  sich  leider  nicht  erhalten. 
Sodann  habe  ich  noch  zu  bearbeiten  die  Todtenbücher  der 
Klöster  Wessobrunn  (Redaction  des  17.  Jahrh.,  Eigenthum 
des  Stiftes  St.  Bonifaz  in  München),  Kaisheim  (Redaction 
von  1588,  bis  ins  12.  Jahrh.  zurückgehend,  ebenfalls  im  gen. 
Reichsarchive). 

Auch  in  Nördlingen  sind  im  Besitze  der  Stadt  noch 
zwei  Todtenbücher  des  ehemaligen  Minoritenklosters  erhalten, 
von  denen  nach  gütiger  Angabe  des  Freiherrn  von  Löffelholz 
in  Wallerstein  das  eine  aus  dem  14.  Jahrh.,  das  andere  aus 
dem  15.  Jahrh.  stammt.  Ob  dieselben  überhaupt  eine  Auf- 
nahme verdienen,  habe  ich  noch  zu  imtersuchen.  Dasselbe 
gilt  auch  von  dem  Nekrologe,  das  im  noch  bestehenden  Kloster 
Oberschönefeld  bei  Augsburg  bewahrt  wird  (s.  Steichele,  Bei- 
träge z.  G.  des  Bisthums  Augsburg  II,  205). 

Sowie  ich  mit  dem  rechtsrheinischen  Theile  meines  Ge- 
bietes fertig  bin,  gedenke  ich  ungesäumt  an  die  schweizerischen 
und  clsässischcn  Nekrologion,  soweit  dieselben  mir  zugetheilt 
sind,  zu  gehen.  Ich  hege  die  Hoffnung,  bis  zum  Herbste  1882 
meine  Arbeit  druckfertig  zu  vollenden,  vorausgesetzt,  dass  mir 
aus  den  schweizerischen  Bibliotheken  und  Archiven  die  be- 
treffenden Handschriften  unbeanstandet  nach  Donaueschingen 
übersandt  werden. 

Es  bedarf  wohl  nicht  des  Beweises,  dass  meine  Bearbei- 
tung der  Nekrologicn,  welche  in  erster  Reilie  sich  bemüht, 
das  Alter  der  verschiedenen  Einträge  zu  bestimmen,  nur  lang- 
sam   voranschreiten   kann,    dass   ich    deshalb   nicht  im  Stande 


Bericht  über  schwäbische  Todtenbücher.  41 

bin,  in  den  betreffenden  Bibliotheken  und  Archiven  selbst  Ab- 
schriften der  Todtenbücher  zu  nehmen.  Um  das  Alter  der 
verschiedenen  Eintrüge  einigermassen  genügend  festzustellen, 
rauss  ich  ja,  wo  möglich  von  den  Einträgen  der  einzelnen 
Schreiber  doch  einige  auf  Grund  von  anderweitigem  Quellen- 
materiale  zeitlich  bestimmen,  denn  diese  also  bestimmten  An- 
gaben allein  können  dann  wieder  das  Alter  der  von  derselben 
Hand  mit  ihnen  geschriebenen  Einträge  feststellen.  Dieses 
Verfahren,  das  also  namentlich  ein  eingehendes  Urkunden- 
studium verlangt,  kann  ich  nicht  auf  einer  kurzen  Reise  durch- 
führen, dazu  brauche  ich  Zeit,  und  deshalb  ist  es  nothwendig, 
dass  ich  mit  Müsse,  ohne  Hast  die  Nekrologien  hier  bearbeite. 
Wer  einmal  ein  reiches  Todtenbuch  mit  Einträgen  aus  mehre- 
ren Jahrhunderten  durchgenommen  hat,  wird  mir  beipflichten, 
wenn  ich  behaupte,  dass  eine  Abschrift  desselben  mit  dem 
Originale  mehr  denn  einmal  verglichen  werden  muss. 

Bis  jetzt  haben  mir  auch  alle  Bibliotheken  und  Archive, 
welche  die  von  mir  bearbeiteten  Todtenbücher  besitzen,  bereit- 
willigst dieselben  an  das  fürstl.  Fürstenbergische  Hauptarchiv 
übersandt,  aus  dessen  feuer-  und  diebessicherm  Gebäude  diese 
Handschriften  auch  nie  genommen  werden.  Ich  erstatte  für 
diese  Zuvorkommenheit  den  Bibliotheken  und  Archiven  zu 
Karlsruhe,  Stuttgart,  Augsburg,  München,  Wallerstein  (Maihin- 
geu),  Fulda,  dem  bischöflichen  Ordinariate  Augsburg,  der 
gr.  Quadtischen  Domainenverwaltung  Isny  ergebensten  Dank. 
Dank  schulde  ich  endlich  auch  der  k.  Akademie  der  Wissen- 
schaften, der  histor.  Commission  und  dem  k.  Reichsarchive  zu 
München,  die  mir  auf  meine  Bitte  bereitwilligst  die  Mon.  Boica, 
soweit  sie  die  Diöcese  Augsburg  berühren,  die  Quellen  und 
Erörterungen  zur  bayerischen  und  deutschen  Geschichte  und 
die  Reg.  Boica  als  Geschenk  übersandten;  Werke,  deren  ich 
bei  der  Bestimmung  des  Alters  der  Todtenbücher  dringend 
bedarf.  Mit  besonderm  Wohlwollen  haben  sich  um  meine 
Arbeit  angenommen  Sc.  Excellenz  Erzbischof  Dr.  von  Steichele 
in  München,  Archivdirector  Freiherr  Roth  von  Schreckenstein 
und  Professor  Dr.  Holder  in  Karlsruhe,  Direktor  Freiherr 
v.  Löffelholz  in  Wallerstein,  Archivrath  Dr.  Riezler  in  Donau- 
eschingen, Archivrath  Dr.  Stähn  und  Oberbibliothekar  Dr.  Heyd 
in  Stuttgart,  ihnen  allen  sei  hiermit  geziemender  Dank  dar- 
gebracht ! 


IV. 

Studien 


zu 


Marino  San\ito  dem  Aelteren, 


Von 

H.  Simons  Fe  Id. 


Es  ist  das  Verdienst  Friedrich  Kunstmann's,  sieh  zuerst 
etwas  eingehender  mit  dem  viel  citierten  und  viel  benutzten 
Werke  IMarino  Sanuto's  des  Aelteren  'Secreta  fidelium  crucis' ') 
beschilftigt  und  auf  einzelne  Spuren  von  verschiedenen  Redac- 
tionen  desselben  hingCAviesen  zu  haben.  2)  Als  ich  im  Früh- 
jahre 1875,  unterstützt  durch  die  Munificenz  Sr.  Majestät  des 
Königs  Ludwig  II.  von  Bayern,  der  mir  das  von  Allerhöchst- 
demselben  gestiftete  König  Ludwig- Stipendium  huldvollst  zu 
verleihen  geruht  hatte,  eine  Studienreise  nach  Italien  unter- 
nahm, glaubte  ich,  angeregt  durch  Kunstmann's  Studien,  bei 
meinen  Forschungen  über  die  ältere  venetianische  Historio- 
graphie mein  Augenmerk  deshalb  auch  auf  Marino  Sanuto's 
Werk  und  dessen  verschiedene  Recensionen  richten  zu  sollen. 

Mit  Hülfe  des  unschätzbaren  italienischen  Reiseberichtes 
von  Bethmann  (veröffentlicht  im  12.  Bde.  des  Archivs  der  Ge- 
sellschaft für  ältere  deutsche  Geschichtskunde)  habe  ich  denn 
auch  einige  sehr  werthvolle  Handschriften  der  'Secreta'  unter- 
suchen können,  über  welche  ich  zwar  in  Küi'ze  bereits  an  die 
'Deputazione  Veneta  di  storia  patria'  zu  berichten  Gelegenheit 
hatte '),  die  aber  ausführlicher  im  Folgenden  hier  besprochen 
werden  sollen.  Denn  nachdem  anlässHch  des  dritten  internatio- 
nalen geographischen  Congresses,  welcher  im  September  dieses 
Jahres  in  Venedig  stattfinden  wird,  die  Frage  einer  Neu -Aus- 
gabe jenes  Werkes  in  der  letzten  Zeit  in  Anregung  gebracht 
worden  ist,  und  nun  ernstlich  an  die  Vorarbeiten  zu  einer 
wirklich  kritischen  Ausgabe  desselben  gegangen  werden  soll, 
erscheint  es  vor  Allem  noth wendig,  das  Handschriften -Material 
zu  sichten  und  zu  classificieren ;  und  dazu  sollen  die  nachste- 
henden Bemerkungen  einen  Beitrag  liefern. 

Ich  schicke  in  Kürze  die  Ergebnisse  der  leider  bisweilen 
etwas  undeutlichen  Erörterungen  Kunstmann's  voraus. 

L  Was  das  erste  Buch  anlangt,  so  ist  dasselbe,  sagt 
Kunstmann   mit  Recht,   laut   der  Einleitung    (Bongars,  S.  21) 

1)  Gedruckt  bei  Bongars,  Gesta  Dei  per  Francos,  tom.  II.  (Hanno- 
ver 1611.)  2)  In  den  Abb.  der  III.  Gl.  der  k.  bayer.  Ak.  d.  W., 
Bd.  VII,  Abth,  Ili,  S.  697  ff.         3)  cf.  Archivio  Veueto  tom.  XX,  pag.  401. 


46  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren. 

begonnen  im  März  1306.  Wann  es  vollendet,  sei  bei  Bongars 
nicht  verzeichnet,  erhelle  aber  aus  einer  Handschrift  der  hiesi- 
gen Staatsbibliothek  (Cod.  lat.  14621),  einem  Emmeramer 
Codex,  wo  am  Schlüsse  des  ersten  Buches  sich  die  Jahreszahl 
1307  (Januar)  finde.  In  einer  etwas  späteren  Zeit  habe  Marino 
Sanuto  dem  ersten  Buche  einen  Epilog  hinzugefügt,  welcher 
deshalb  einer  späteren  Zeit  angehöre,  Aveil  er  ausdrücklich  die 
Ereignisse  des  Jahres  1313  erwähne.  Mit  der  Vollendung  des 
ersten  Buches  habe  Marino  zugleich  einen  ganz  kurzen  Abriss 
über  dasselbe  verfasst,  welchen  er  bei  der  späteren  Ueber- 
arbeitung  'breve  compendium'  genannt  habe.  Auch  das  erste 
Buch  selbst  liege  in  der  Emmeramer  (und  einer  Venetianer) 
Handschrift  in  ursprünglicherer  Gestalt  vor,  als  in  der  bei 
Bongars  überlieferten. 

II.  Das  zweite  Buch  sei  (am  13.  December)  1312  be- 
gonnen und  vollendet  noch  in  demselben  oder  im  folgenden 
Jahre,  dann  aber  mehrfach  überarbeitet  und  ganz  abgeschlossen 
erst  nach  dem  Jahre  1321  worden. 

III.  Das  dritte  Buch  sei  bald  nach  dem  zweiten  begon- 
nen worden;  denn  die  Erzählung  der  geschichtlichen  Ereig- 
nisse schliesse  im  13.  Theile  mit  dem  Jahre  1313.  Die  Zeit 
der  Vollendung  sei  unbekannt,  müsse  indessen  bald  erfolgt  sein. 
Denn  der  Dominikaner  Jordanus,  dessen  Chronik  (bei  Muratori, 
Antiquitates,  tom.  IV,  col.  951  ff.)  mit  dem  Jahre  1320  schliesse, 
habe  das  dritte  Buch  bei  seinen  Berichten  über  die  Tartaren 
mehrfach  benutzt. 

IV.  Nach  der  Vereinigung  der  drei  Bücher  zu  einem 
Ganzen  habe  das  Werk  die  Ueberschrift  ^opus  terrae  sanctae' 
erhalten,  sei  dann  mit  einer  neuen  Eintheilung  der  Bücher 
und  Capitel  dem  Papste  Johann  XXII.  gewidmet  und  am 
24.  September  1321  diesem  Papste  in  zwei  Exemplaren  mit 
den  dazu  gehörigen  vier  Karten  überreicht  worden. 

Hiezu  muss  nun  aber  von  vornherein  bemerkt  Averden, 
und  zwar 

ad  I)  dass  jene,  am  Schluss  des  ersten  Buches  im  Cod.  M. 
(und  wie  gleich  hier  erwähnt  werden  darf  auch  in  einem  Cod. 
Venetus)  sich  findende  Jahreszahl  1307,  welche  Kunstmann 
auf  die  Zeit  der  Vollendung  des  ersten  Buches  bezieht,  der 
ganzen  Stellung  des  betreffenden  Passus  nach  vielmehr  erst  zu 
dem  darauffolgenden  Epilog  des  ersten  Buches  gehört, 

ad  III)  Der  Hinweis  auf  die  Cln-onik  des  'Dominikaners 
Jordanus'  als  Beleg  für  die  Vollendung  des  dritten  Buches  vor 
1320  ist  insofern  nicht  stichhaltig,  als  diese  Chronik  erst  nach 
1331  verfasst  oder  abgeschlossen  ist.  Denn  sie  enthält,  und 
zwar  auch  der  Auszug  bei  Muratori  (col.  982),  wie  das  schon 
Bethmann  (im  Archiv,  Bd.  XII,  S.  230)  richtig  bemerkt  hat, 
im  Texte   bereits  einige  Verse  über  den  Friedensschluss  von 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren.  47 

Venedig-  im  Jahre  1177,  welche  erst  im  genannten  Jahre  1331 

von    Castellano    aus    Bassano    verfasst    wurden.  >)       Dass    die 

Chronik  übrigens   nicht   dem  Dominikaner  Jordanus,    sondern 

dem  Minoriten  Paulinus  zuzuschreiben  ist,  habe  ich  anderweitig 

gezeigt    (Forschungen    zur    deutschen    Geschichte,    Bd.  XV, 

S.  145  ff.   und  ^Andreas  Dandolo   und   seine  Geschichtswerke' 

S.  115  fF.):  und  es  wird  später  davon  noch  die  Rede  sein. 
*  * 

*.     .     . 

Die  von  mir  untersuchten  itaHenischen  Handschriften  des 

'über  secretorum  fidclium  crucis'  sind  nun  aber  folgende: 

a.  in  Rom  auf  der  Vaticana: 

1)  Cod.  Vatic.  2972  (raembr.  saec.  XIV)  =  R  1. 

2)  „  „       2003  (Chart,  s.  XV)  =  R  2. 

3)  „  „       2971  (membr.  s.  XIV)  =  R  3. 

4)  „      bibl.  Regin.  Christ.  548  (raembr.  s.  XIV)  =  R  4. 

b.  in  Neapel  auf  der  Biblioteca  nazionale: 

5)  Cod.  V.  F.  35  (membr.  s.  XIV)  =  N  1. 

c.  in  Florenz  a.  auf  der  Laurenziana: 

6)  Plut.  XXI.  n.  23  (chart.  s.  XV)  =  F  1. 

ß.  auf  der  Riccardiana: 

7)  Cod.  237  (früher  K  III.  33)  (membr.  _s.  XIV)  =  F  2. 

d.  auf  der  Markus  -  Bibliothek  in  Venedig: 

8)  Cod.  Zanetti  lat.  547  (membr.  s.  XIV)  =  V  1. 

9)  „  „         „    410  (      „         „      „    )  =  V  2. 
Dazu  stelle  ich  noch  10)  den  mehrerwcähnten  (Emmeramer) 

Münchener  Codex  (membr.  s.  XV)  =  M  1. 

*  . 

Von  diesen  Handschriften  sind  leicht  auszuscheiden  die- 
jenigen, welche  das  Werk  in  der  bei  Bongars  überlieferten 
Gestalt  enthalten.  Es  sind  dies  F  1  und  F  2,  sowie  R  3  und 
R  4,  wobei  nur  erwähnt  zu  werden  verdient,  dass  R  4,  wie  es 
scheint,  die  von  Bongars  benutzte  Handschrift  des  Petavius 
ist.  2)  Denn  auf  fol.  1  stehen  unten  von  älterer  Hand  die 
Worte :  'Wetavius  regis  christlanissimi  in  Parisiensi  parla- 
mento  consiliarius',  und  auch  sonst  entspricht  die  Beschreibung 
bei  Bongars  ganz  dieser  Handschrift.  Es  folgen  am  Schlüsse 
die  synchronistische  Tabelle,  die  kreisförmige  Weltkarte,  der 
Passus  (Bongars  S.  287)  'de  insulis  minoribus',  die  Küste  u.  s.  w., 
die  Stämme,  Accon,  wie  bei  Bongars,  und  dann  die  dort  ver- 
öffentlichten Briefe. 

Weiter  sind  von  den  übrigen  Handschriften  auszuscheiden 
Ni'.  8  und  10:  Vi  und  M  1.  Beide  enthalten  nämlich,  wie 
bereits  oben  aus  Kunstmann's  Ausführungen  angedeutet,  das 
erste  Buch  in  wesentlich  anderer  Gestalt,  als  es  bei  Bongars 


1)  Cf.  Cicogna,  Inscrizioni  Venezianc,  tom.  IV,  pag.  579.       2)  Cf.  Vor- 
rede am  Anfang-. 


48  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren. 

steht.  Nur  enthält  M  1  ausserdem  noch  am  Anfange  eine 
Reihe  von  Briefen,  welche  Kunstmann  veröffentlicht  hat,  und 
von  fol.  33''  ab  erstlich  mehrere  Stücke,  welche  der  Bongarsi- 
schen  Redaction  des  ganzen  Werkes  angehören,  sowie  das 
(nicht  ganz  vollständige)  Inhaltsverzeichnis  über  die  drei  Bücher 
der  Bongarsischen  Redaction.  Der  Codex  V  1  dagegen  ent- 
hält lediglich  das  erste  Buch  und  zwar  mit  einigen  nicht 
unerheblichen  Differenzen  gegen  M  1,  welche  zeigen,  dass  V  1 
eine  ursprünglichere  Fassung  darbietet. 

Die  Handschrift  (VI)  beginnt  mit  dem  Excerpt  aus  den 
vier  Evangelien,  das  auch  bei  Bongars  S.  19  steht.  Es  fehlt 
also  von  vornherein  die  Widmung  an  Papst  Johann  XXII. 
Dann  folgt  jener  kurze  Abriss,  der  später  breve  compendium 
genannt  wurde  und  dessen  Text,  wie  schon  Kunstmann  aus 
M  1  gezeigt  hat,  bedeutend  vom  Bongarsischen  abweicht  (S.  20). 
Schon  hier  hat  V  1  gegen  M  1  einige  Differenzen  aufzuweisen. 
Der  von  Kunstmann  S.  717  not.  31  verzeichnete  Passus:  'Item 
quod  quilibet  teneatur  accusare'  fehlt  in  VI;  ebenso  die 
Glosse  (S.  718) :  'causa  condendi  praedictum  capitulum  fuit'. 
Der  Abriss  schliesst  vielmehr  in  V  1  mit  den  Worten  'secun- 
dum  quod  in  infrascriptis  declarationibus  continetur'. 

Darauf  folgt  sogleich  das  eigentliche  Vorwort  zum  ersten 
Buche  (Bongars  S.  21) :  'In  nomine  —  Amen.  Anno  . . .  1306 
mense  Marcio  —  —  —  inceptum  est  hoc  opus'.  Hier  findet 
sich  nun  in  V  1  gegenüber  M  1  und  gegenüber  Bongars  wohl 
die  wesentlichste  Differenz.  Marino  Sanuto  bezeichnet  sich 
nämlich  in  diesem  Vorwort  bei  Bongars  als  'familiaris  et 
domicelus  devotus,  olim  bonae  memoriae  vener abilis 
in  Christo  patris  et  domini  sui,  domini  Ricardi,  miseratione 
divina  Sancti  Eustachii  Diaconi  Cardinalis'.  Mit  Recht  folgerte 
Kunstmann  hieraus,  dass  der  Cardinal  Richard,  als  diese  Worte 
geschrieben  wurden,  bereits  gestorben  war:  sein  Tod  aber 
fällt  in  das  Jahr  1313.  Anders  lauten  aber  die  Worte  in 
Ml:  'olim  familiaris  et  domicellus  devotus  ven  er  abilis 
patris  et  domini  sui,  domini  Ricardi  miseracione  divina  Sancti 
Eustachy  dyaconi  cardinalis',  und  ebenso  richtig  folgert  Kunst- 
mann aus  dieser  Wendung,  dass  der  genannte  Cardinal  da- 
mals noch  am  Leben  war;  nur  meint  er,  dass  das  Wort  olim 
den  Aufenthalt  Marino  Sanuto's  im  Hause  des  Cardinais  als 
einen  längst  vergangenen  bezeichne.  In  V  1  hingegen  ist  fol- 
gender Wortlaut  überliefert:  'humilis  familiaris  et  domi- 
cellus devotus  ven  er  abilis  patris  et  domini  sui, 
domini  Rigardi,  miseratione  divina  Sancti  Eustachii  diaconi 
cardinalis',  woraus  hervorgeht,  dass  Marino  Sanuto  damals  sogar 
noch  'in  Diensten'  des  Cardinais  sich  befand,  dass  wir,  wie 
schon  oben  erwähnt,  demnach  in  V  1  noch  eine  ältere  Re- 
daction selbst  nur  des    ersten  Buches  vor  uns  haben,   als  in 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren.  49 

M  1,  Dies  wird  auch  dadurch  bestätigt,  dass  jener  Epilog 
zum  ersten  Buche,  welchen  Kunstmann  in  M  1  aufgefunden 
hat  —  denn  bei  Bongars  fehlt  ein  solcher  —  in  V  1  nur  Er- 
eignisse bis  zum  Jahre  1309  enthält,  während  in  M  1  deren 
noch  aus  dem  Jahre  1313  erwähnt  werden.  Auch  ist  der  Text 
dieses  Epiloges  in  V  1  an  einzelnen  Stellen  besser,  als  in  M  1: 
so  hat  V  1  statt  Naboisseler  —  Nayboysseler,  statt  admirati 
—  armirali;  der  Sehlusssatz  (cf.  Kunstmann  1.  c.  S.  709 
Anm.)  lautet  hier:  'Propter  quod  videtur  quod  bibarsinicher 
abstulerit  dominium  soldanatici  cheyri  et  babilonis,  cuius 
rei  causa  divisio  est  inter  armiralos'.  Es  ist  folglich  kein  Grund 
vorhanden,  mit  Kunstmann  (cf.  oben  S.  4)  anzunehmen,  dass 
dieser  Epilog  überhaupt  einer  späteren  Zeit  angehöre.  Nach 
Cod.  V  1  wurde  das  erste  Buch  mit  dem  kurzen  Abriss  und 
dem  Epilog  offenbar  in  dem  Zwischenraum  vom  März  1306 
bis  1309  in  seiner  ersten  (eben  in  V  1  überlieferten)  Gestalt 
verfasst,  während  es  in  M  1  bereits  etwas  geändert  und  ver- 
mehrt erscheint.  — 

Die  übrigen  Handschriften  nun,  von  denen  ich  namentlich 
mit  R  1  mich  etwas  länger  zu  beschäftigen  Gelegenheit  hatte, 
enthalten  zwar  das  ganze  Werk,  getheilt  ebenfalls  wie  bei 
Bongars  in  drei  Bücher,  aber  sie  repraesentieren,  um.  es  kurz 
auszudrücken,  eine  andere,  bisher  noch  nicht  konstatierte, 
ältere  Redaction  des  Gesammtwerkes.  Die  Haupt- 
differenzen, welche  Jedem  in  die  Augen  springen  müssen,  der 
diese  Handschriften  (Nr.  1.  2.  5.  9)  mit  dem  Bongarsischen 
Texte  vergleicht,  bestehen  einmal  in  dem  wesentlich  kürzeren 
Umfange  des  ganzen  Werkes,  der  sich  bei  näherer  Betrachtung 
theils  durch  das  Felilen  einiger  Stücke  am  Anfang,  theils 
durch  eine  grössere  Kürze  des  dritten  Buches  erklärt;  dann 
aber  in  dem  Umstände,  dass  sich  in  jenen  Handschriften  ver- 
schiedene Stellen  am  Rande  finden,  welche  bei  Bongars  in 
den  Text  selbst  übergegangen  sind. 

I.  Ich  sage  erstlich:  es  fehlen  in  jenen  Handschriften 
einige  Stücke  am  Anfang.  Es  sind  gerade  diejenigen 
(Bongars  S.  1 — 8),  welche  sich  auf  die  Ueberreichung  des 
Werkes  im  Jahre  1321  und  auf  die  Prüfung  von  Seite  der 
dazu  bestimmten  Examinatoren  beziehen.  Und  dass  dies  kein 
blosser  Zufall  oder  etwa  ein  Uebersehen  ist,  geht  daraus  hervor, 
dass  in  V  2  einige  dieser  Stücke  später  von  anderer  Hand 
eingefügt  sind.  R  1  und  2  und  V  2  —  in  N  1  sind  die  ersten 
Blätter  weggeschnitten  —  beginnen  sogleich  mit  der  Vorrede 
zum  ganzen  Werke  (Bongars  S.  8)  und  zwar  (wenigstens  in 
R  1,  von  den  beiden  anderen  habe  ich  es  nicht  notiert)  mit 
den  Worten :  'Sanctissimo  patri  et  domino,  domino  J.  (Johanni), 
sacrosancte  et  universalis  ecclesie  summo  pontifici'.  Ueber 
dem  Worte  sanctissimo  aber  findet  sich  ein  Zeichen  .u^,  unter 

Neues  Archiv  etc.     VII.  4 


50  Studien  zu  Marino  Sanuto   dem  Aelteren, 

welchem  am  Rande  die  Worte  stehen:  'In  nomine  — Amen, 
Incipiunt  secreta  tam  propter  eonservationem  —  pacifico  et 
quieto'.  Betonen  wir  gleich  hier,  dass  wir  es  demnach  mit  einer 
Kedaction  des  Gesammtwerkes  zu  thmi  haben,  Avelche  bereits 
dem  Papste  Johann  XXII.  dediciert  wird,  also  nicht  vor  dem 
Jahre  1316  verfasst  sein  kann.») 

Auf  die  Vorrede  folgt,  wie  bei  Bongars  (S.  10 — 18)  das 
Inhaltsverzeichnis  über  alle  drei  Bücher,  das  initium  Sancti 
Evangelii  secundum  Johannem,  Marcum,  Lucam,  Matthaeum, 
dann  die  Einleitung  zum  ersten  Buche  mit  dem  kurzen  Abriss, 
welcher  hier  —  und  dies  ist  beachtenswerth  —  nicht  in  der 
Bongarsischen  Redaction,  sondern  in  der  älteren  von  V  1  und 
M  1  erscheint.  R  1  enthält  auch  noch  jene  Glosse  'causa  con- 
dendi  praedictum  capitulum'  und  am  Ende  derselben  am  Rand 
noch  die  (in  V  1  und  M  1  fehlenden)  Worte:  ^Sunt  quoque 
valde  necessarii  inquisitores  penam  eisdem  transgressoribus 
infligentes'  —  Worte,  die  bei  Bongars  S.  21  in  den  Text  des 
Abrisses  selbst  aufgenommen  sind.  Das  erste  Buch  selbst 
aber  ist  in  diesen  Handschriften  nicht,  wie  in  V  1  und  M  1 
in  20  fortlaufende  Capitel,  sondern,  wie  bei  Bongars,  in  Theile 
(partes)  und  Capitel  abgetheilt. 

IL  Ich  habe  ferner  gesagt,  dass  das  dritte  Buch  in  die- 
sen Handschriften  beträchtlich  kürzer  sei  als  bei  Bongars.  Es 
sind  aber  nicht  blos  einzelne  Partieen,  einzelne  Capitel  kürzer 
(wovon  später  noch  einige  Proben  zu  liefern  Gelegenheit  sein 
wird),  sondern  das  ganze  Buch  enthält  oder  diese  ältere  Redac- 
tion enthielt  im  dritten  Buche  weniger  Abtheilungen  (partes) 
als  die  Bongarsische,  Namentlich  der  Anfang  dieses  Buches 
ist  es,  welcher  in  R  1  u.  s.  w.  viel  kiirzer  erscheint.  Während 
bei  Bongars  die  Geschichte  des  heiligen  Landes  bis  auf  die 
Zeit  des  ersten  Kreuzzuges  .3  ganze  Theile  mit  26  Capiteln 
einnimmt,  Avird  dieselbe  in  R  1  mit  4  Capiteln  abgemacht. 
Es  heisst  dort  am  Anfang  des  dritten  Buches:  'Incipit  ystoria 
lerosolimitana  abreviata  continens  partes  XII.  Pars  prima 
continet  delinquentium  in  ea  correctiones  multiplices  illatas 
divinitus  usque  ad  tempora  Petri  Heremitae  habens  capitula 
quatuor'.  Diese  Differenz  geht  dann  durch  das  ganze  Buch 
hindurch  und  kann  hier  nicht  weiter  im  Einzelnen  verfolgt 
werden.  Von  einzelnen  Stellen,  welche  in  R  1  kürzer  sind  als 
bei  Bongars,  erwähne  ich  hier  die  über  die  Einnahme  von 
Tyrus  durch  die  Venetianer  (lib.  III,  p.  III,  c.  5  =  Bongars 
p.  VI,  c.  10 — 12)  und  über  den  vierten  Kreuzzug  (1.  III,  p.  VIII, 

1)  Die  oben  ang-eführte  Stelle  aus  der  Vorrede  znm  ersten  Buche 
bezeichnet  denn  hier  auch  den  Cardinal  Richard  bereits  als  Verstorbenen; 
in  R  1  lautet  sie:  'olim  familiaris  et  doniicellus  devotus  bone  niemorie 
(diese  beiden  Worte  fehlen  freilich  in  V  2)  venerabilis  in  Christo 
patris  et  domini  sui,  domiui  etc.' 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren.  51 

c.  4  cf.  Bongars  1.  III,  p.  XI,  c.  1  und  2).  Später  nähern  sich 
beide  Redactionen  und  stimmen  sogar  wörtlich  überein,  so  dass 
z.  B.  R  1  1.  III,  p.  XI,  c.  1  und  2  ==  Bongars  p.  XIII,  c.  1 
und  2.  Aber  gerade  hier  in  pars  XI  (Bongars  p.  XIII)  fehlen 
dann  wieder  in  R  1  c.  3 — 9  incl.  (Bongars  8.  234 — 241)  mit 
dem  längeren  Abschnitt  über  die  Tartaren,  so  dass  dann  R  1 
p.  XI,  c.  3  =  Bongars  p.  XIII,  c.  10.  Namentlich  aber  fehlt 
dann  in  R  1  die  ganze  pars  XIV  mit  12  Capiteln  der  Bongar- 
sischen  Redaction. ')  So  ist  schliesslich  in  R  1  1.  III,  p.  XII, 
c.  1 — 25  =  Bongars  p.  XV,  c.  1 — 25;  wie  es  ja  am  Anfange 
des  dritten  Buches  in  R  1,  wie  oben  erwähnt,  in  der  That 
heisst:  'continens  partes  XII'. 

III.  Was  endlich  jene  Stellen  anlangt,  vrelche  in  den 
Handschriften  dieser  Redaction  am  Rande,  bei  Bongars  aber 
im  Texte  stehen,  so  verdienen  sie  deshalb  besondere  Beach- 
tung, weil  mit  ihrer  Hülfe  die  Abfassungszeit  dieser  Redaction 
sich  genauer  wird  bestimmen  lassen.  Solche  Stellen  finden 
sich,  wenigstens  in  V  2  (von  den  anderen  Handschriften  habe 
ich  hier  keine  Notizen),  bereits  im  ersten  Buche.  In  p.  IV, 
e.  7  (Bongars  S.  30,  Z.  49)  steht  von  den  Worten  'inter 
quos'  an  Alles  2)  in  V  2  auf  radierter  Stelle  bis  zum  Wort  'facit 
Ap(ostolica  Celsitudo)'  (Bongars  S.  31,  Z.  21).  Der  Rest 
dieses  Capitels  bis  zum  Schluss  'manifeste'  steht  dann  hier  in 
V  2  oben  am  Rande ;  und  ebenso,  wie  bei  Bongars,  die  Rand- 
glosse 'de  galeis  habendis  etc.'  und  dabei  dann  mit  Minium  die 
Worte:  -'ponatur  in  margine  iuxta  capitulum  VII 
quartae  partis  primi  libri'.  —  Ebenso  steht  der  Passus 
(Bongars  S.  32,  Z.  6)  'Et  cum  omni  reverentia  —  possidetur' 
in  V  2  (fol.  14^)  unten  am  Rande,  sowie  auch  der  Passus 
(Bongars  S.  32,  Z.  51)  'Sic  etiam  —  (S.  33,  Z.  13)  immutare'. 
Wichtiger  sind  aber  die  betreffenden  Stellen  des  zweiten 
Buches.  Wir  erinnern  uns,  dass  dasselbe  nach  den  Ausfüh- 
rungen Kunstraann's  im  December  1312  zu  Clarence  begonnen, 
'wahrscheinlich  noch  in  demselben  Jahre  (!)  oder  in  dem  fol- 
genden Jahre'  vollendet  sein  soll.  'Denn',  setzt  Kunstmann 
hinzu,  'die  beiden  Jahreszahlen,  welche  auf  eine  spätere  Zeit 
hinweisen  (1318  und  1316)  sind  nach  der  Art  und  Weise,  wie 
die  betreffenden  Ereignisse  eingereiht  sind  (1.  II,  j5.  III,  c.  1 
bei  Bongars  S.  50  und  p.  IV,  c.  5  Bongars  S.  57),  wohl 
später  hinzugekommen'.    Dies  muss  jedoch  von  vornherein  als 

1)  In  V  2  ist  dieselbe  ausser  der  Reihe  an  einer  anderen  Stelle  mit 
der  Ueberschrift  'Quarta  decima  pars'  nachgetrag-en ;  auch  ist  in  dieser 
Handschrift  der  im  Inh  al  ts  v  erz  eichnis  als  pars  XII  (übereinstimmend 
mit  El)  aufgeführte  Theil  im  Contexte  später  fälschlich  als  Tertia 
decima  pars  (in  der  Seitenüberschrift  sogar  als  p.  XV)  bezeichnet. 
2)  Mit  Ausnahme  des  kleinen  Passus:  'Est  autem  —  redderet  cariorem' 
(Bongars  S.  30,  Z.  52 — 57),  welcher  davon  getrennt  am  Rande  steht. 

4* 


52  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem   Aelteren. 

nicht  ganz  zutreffend  bezeichnet  werden.  Bei  näherer  Betrach- 
tung der  beiden  Stellen  scheint  mir  wenigstens  jene  mit  der 
Jahreszahl  1316  (Bongars  S.  57)  kaum  erst  später  einge- 
schaltet zu  sein.  Marino  Sanuto  spricht  in  jenem  Capitel  über 
die  Bauart  der  Schiffe,  welche  bei  dem  zu  unternehmenden 
Kreuzzuge  in  Verwendung  kommen  sollen,  und  betont  den 
Nutzen  schneller,  durch  Ruderer  geleiteter  Fahrzeuge.  Es  sei 
angezeigt,  dass  alle  Fahrzeuge  'pro  minori'  eingerichtet  seien 
'ad  Terzarolos',  das  heisst,  dass  auf  jeder  Ruderbank  sich  drei 
Ruderer  befinden  sollen.  Daran  ist  die  Bemerkung  gefügt,  dass 
im  Jahre  1316  die  Venetianer  eine  Probe  mit  je  vier  Ruderern 
auf  jeder  Ruderbank  gemacht  hätten,  welche  so  gut  ausgefallen, 
dass  es  vorheilhaft  sein  dürfte,  vier  oder  wenn  möglich  sogar 
fünf  Ruderer  auf  jede  Ruderbank  eines  Schiffes  zu  vertheilen, 
um  dessen  Fahrgeschwindigkeit  und  Beweglichkeit  zu  erhöhen. 
Wäre  diese  Erörterung  über  einen  vierten,  respektive  fünften 
Rudersmann  erst  später  von  Marino  Sanuto  hinzugefügt,  so 
müsste  auch  der  entsprechende  Passus  über  die  Fahrzeuge  mit 
je  vier  oder  fünf  Ruderern  in  pars  IV,  cap.  11  (Bongars  S.  65) 
späterer  Zusatz  sein,  was  kaum  wahrscheinlich  ist.  Aus  der 
vorliegenden  älteren  Redaction  (R  1  etc.)  wenigstens  erhellt 
dies  ebensowenig  als  hinsichtlich  der  Stelle  in  cap.  5  (S.  57) 
mit  der  Jahreszahl  1316,  da  beide  in  R  1  u.  s.  w.  bereits  im 
Texte  selbst  stehen.  Erinnern  wir  uns  auch,  dass  ja  Marino 
Sanuto  in  dieser  Redaction,  wie  oben  erwähnt,  bereits  an 
Johannes  XXII.  sich  wendet,  so  kann  die  Zahl  1316  vollends 
in  dieser  Redaction  nichts  Auffallendes  haben,  —  Viel  eher 
könnte  die  Jahreszahl  1318  lib.  II,  pars  III,  cap.  1  (Bongars 
S.  50)  erst  später  zugesetzt  sein;  wo  Marino  auf  die  Aehnlich- 
keit  (1er  Aegyptischen  Küste  iiiit  der  Venetianischen  hinweist 
und  ausführt,  wie  diese  eine  Zufluchtsstätte  gewesen  sei  bei 
den  Stürmen  früherer  Kriegszeiten.  'Et  diebus  istis  novissimis', 
sagt  er,  'quibus  Canis  IMagnus  de  Scala  Paduanum  poene  sub- 
vertit  districtum,  confugiens  multitudo  in  dicta  maritima  sal- 
vata  est  et  secura  constitit  1318'.  Aber  auch  diese  Jahreszahl 
findet  sich  geradeso  in  R  1  und  den  anderen  Handschriften 
bereits  im  Texte  (und  nicht  etwa  am  Rande),  woraus  man 
wird  folgern  dürfen  oder  müssen,  dass  diese  Redaction  nicht 
vor  dem  genannten  Jahre  1318  geschrieben  zu  sein  scheint. 

Auch  dafür  geben  die  erwähnten  Handschriften  R  1  u.  s.  w. 
keinen  Anhaltspunkt,  dass,  wie  Kunstmann  (S.  726)  meinte, 
die  Einth eilung  der  Capitel  des  zweiten  Buches 
später  geändert  worden  sein  müsse,  da  eine  Stelle  darin  mit 
der  gegeuAvärtigen  Eintheilung  nicht  mehr  übereinstimme.  In 
lib.  II,  pars  II,  c.  10  (Bongars  S.  49)  werde  nämlich  die  Er- 
oberung von  Damiette  mit  den  Worten  'ut  in  praesenti 
capitulo  continetur'  vorgetragen,  während  sie  doch  nach  dem 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren.  53 

gegenwärtigen  Texte  im  vorhergehenden  Capitel  enthalten 
sei.  Dies  ist  nun  allerdings  richtig,  allein  nicht  blos  in  R  1, 
sondern  auch  in  R  4^  also  nicht  blos  in  der  älteren  Redaction, 
sondern  auch  in  der  Bongarsischen  ist  handschriftlich  an 
dieser  Stelle  ein  anderer  Text  überliefert  als  der  obige;  und 
derselbe  stimmt  mit  der  gegenwärtigen  Capiteleintheilung  ganz 
gut,  wenn  man  ihn  nicht  auf  die  Eroberung  von  Damiette, 
sondern  wie  gewiss  richtiger,  auf  den  vorhergehenden  Passus 
bezieht.  'Praeterea',  heisst  es  nämlich,  'incoepto  a  vestra 
Sanctitate  secundo  libro  executioni  mandare,  hoc  est,  de  stre- 
nuissimo  et  probissimo  viro,  ex  parte  vestrae  beatitudinis, 
capitaneo  vestrae  gentis,  qui  eat  in  Aegypti  maritimam,  ad 
capiendam  viriliter  ibi  terram  cum  XV  M.  peditum  et  CCC 
equitibus:  ut  in  prima  parte  huius  secundi  libri  con- 
tinetur :  et  ibidem  fortilitia  construi  faciat  et  habitacula  elevari, 
cum  Aegyptii  necessariorum  inopia,  suarum  mercium  inexpedi- 
tione  hostiumque  molestiis  et  iacturis  terra  marique  ac  flumini- 
bus,  sentient  immenso  pondere  se  oppressos:  et  per  ea  quae 
praeteritorum  experientia  nos  edocet,  videlicet  quando  christiani 
subdiderunt  proprio  doraino  Damiatam,  potissime  cum  eam 
obtinuit  sanctus  rex  Franciae  Lodovicus,  ut  in  libro  primo 
et  in  hac  secunda  parte  continetur  (so  in  R  1  und  R  4, 
ob  auch  in  den  anderen  Handschriften  weiss  ich  nicht;  bei 
Bongars :  ut  in  praesenti  capitulo  continetur),  pro  certo  a  primo 
anno  in  antea  per  soldanum  Babyloniae  libenter  firma  conventio 
fiet  vobis  de  Terra  Proraissionis  Sanctitati  vestrae  in  totum 
perpetuo  relinquenda,  ut  ad  consumptionem  eiusdem  vestra 
Sanctitas  ulterius  non  procedat'.  Da  Buch  I  in  der  That  von 
den  Mitteln,  die  Macht  des  Sultans  zu  schwächen  (cf.  Bongars 
S.  22  ff.),  die  pars  II  des  zweiten  Buches  unter  Anderem  von 
der  Anlage  eines  fortilitium  (ibid.  S.  39)  und  dann  auch  von 
Damiette  (S.  48)  liandelt,  so  ti'ifft  unsere  Version  ganz  gut 
mit  der  heutigen  Eintheilung  zusammen. 

Hingegen  sind  nun  unsere  Plandschriften  R  1  u.  s.  w.  für 
einen  anderen  Punkt  von  grossem  Belang.  'Die  letzte  Hand', 
sagt  Kunstmann  (S.  726j,  'legte  Marino  Sanuto  an  das  zweite 
Buch  erst  nach  dem  Jahre  1321;  denn  er  erzählt  in  dem- 
selben nachträglich  seine  Reise  nach  Sluis  bei  Brügge,  welche 
er,  wie  seine  Bittschrift  an  Papst  Johann  XXII.  (Bongars  S.  3) 
zeigt,  in  diesem  Jahre  gemacht  hatte,  um  nach  Avignon  zu 
kommen'.  Dies  bezieht  sich  auf  jene  Stelle  in  lib.  II,  pars  IV, 
eap.  18  (Bongars  S.  72,  Z.  40  —  S.  73  Schluss) :  'Jam 
ego  praesens  capitulum  consummaveram,  et  ecce  per 
mare  de  Venetiis  ad  portum  Clusae  in  Flandriam  veniens,  ibi 
a  fide  dignis  accepi  etc.  —  remedium  debitum  adhibere', 
welche  auch  in  der  Bongarsischen  Redaction  eine  Randbemer- 
kimg  enthält.    In  unseren  Handschriften  R  1  u.  V  2  steht  aber 


54  Studien  zu  Marino   Sanuto   dem  Aelteren. 

der  ganze  Passus  'Jam  ego  —  adbibere'  am  Rande')  und 
documentiert  sich  so  als  ein  Nachtrag.  Diese  Redaction 
war  also  —  dies  der  natürliche  Schluss  —  vor  der  Reise 
des  Jahres  1321  abgeschlossen,  sie  gehört  somit 
nach  den  obigen  Bemerkungen  genauer  in  die  Jahre  (1316) 
1318  — 1321,  sie  enthält  offenbar  die  Gestalt,  in 
welcher  das  ganze  Werk  dem  Papste  zuerst  und 
von  diesem  den  Examinatoren  unterbreitet  wurde. 
Als  Bestätigung  hiefür  ist  Aveiter  anzuführen,  dass  in  dem  näm- 
lichen Capitel  18  (lib.  II,  pars  IV)  jener  Passus,  welcher  die 
in  diese  Zeit  (1321)  fallende  Reise  Marino  Sanuto's  nach  Deutsch- 
land und  der  Ostseeküste  berührt  (Bongars  S.  72,  Z.  26) 
'Sunt  autem  in  Holsatia  et  in  Sclavia,  ubi  personaliter 
affui,  notabiles  multae  terrae,  iuxta  flumina  aut  stagna  multis 
pinguibus  habitatoribus  affluentes:  Amburg  scilicet,  Lubec, 
Visinar  (Wismar),  Rostoc,  Xundis  (Stralsund),  Guspinal  (Greifs- 
wald), Sectin  (Stettin):  de  quibus  trahi  posset  copia  multa 
bonae  gentis:  et  non  solum  inde,  sed  de  regnis  Datiae,  Suetiae 
et  Norveiae:  cum  in  eisdem  multae  sint  habitationes,  tam  in 
maris  littore  quam  in  insulis  constitutae,  quibus  marinariorum 
robustorum  et  animosorum  suppetit  multitudo,  quos  omnes  non 
dubito  fore  utiles  ad  negotia  memorata :  suntque  per  illud  clima 
multae  aliae  provinciae  seu  terrae  ad  hoc  accommodae,  quae 
hie  non  nominaliter  inseruntur'  —  dieser  ganze  Passus,  sage 
ich,  fehlt  in  Rl  ganz  und  gar,  während  er  in  V  2  am 
Rande  steht,  woraus  zugleich  die  zeitliche  Priorität  von  R  1 
erhellt.  2) 

So  werden  gerade  diese  beiden  Stellen  in  cap.  18,  denke 
ich,  mit  die  besten  Anhaltspunkte  bilden,  um  die  übrigen,  noch 
nicht  untersuchten  Handschriften  zu  rubricieren  und  zu  classifi- 
cieren. 

Recapitulieren  wir  das  Gesagte,  so  fanden  wir: 

I.  Eine  älteste  Redaction  des  Werkes,  nur  aus  dem 
ersten  Buche  bestehend  mit  kurzem  Abriss  und  Epilog  (1306 
— 1309  verfasst):  und  zwar 

a.  in  V  1  erste  Form  mit  Epilog  —  1309, 

b.  in  M  1  etwas  veränderte,  Avenig  vergrösserte  Gestalt 
mit  Epilog  —  1313. 

II.  Zweite  Redaction  des  Werkes:  Buch  I  in  jetziger 
Gestalt  mit  Beibehaltung  des  breve  compendium  aus  der  ersten 
Redaction,  aber  Hinweglassung  des  Epilogs  und  Hinzufügung 


1)  In  N  1  fohlt  er  sogar  gänzlich;  möglicherweise  ist  also  diese 
Handschrift  die  älteste  dieser  Redaction;  vielleicht  hat  aber  nur  der 
Schreiber  die  Randbemerkung  weggelassen.  2)  Auch  in  N  1   fehlt  der 

Passus    und    ebenso    in    R  2 ;    dagegen    sind    in   letzterer   Handschrift    die 
übrigen  Randbemerkungen  von  R  1   bereits  in   den  Text  aufgenommen. 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren.  55 

von  Buch  II,  das  1312  (im  December)  begonnen,  und  von 
Buch  III  in  wesentlich  kürzerer  Fassung  als  bei  Bongars. 
Diese  Redaction,  worin  die  auf  die  Ueberreichung  und  Prü- 
fung des  Werkes  sich  beziehenden  Stücke  noch  fehlen,  ist  ab- 
geschlossen zwischen  1318  und  1321. 

a.  ältester  Codex  R  1  oder 

b.  der  anfangs  verstümmelte  N  1; 

c.  etwas  geändert  V  2 ; 

d.  mit  in  den  Text  übergegangenen  Randstellen  R  2. 
III.  Dritte  Redaction  nach  der  Ueberreichung,  nach  1321 

vielleicht  Avährend  seines  vierzehnmonatlichen  Aufenthaltes  an 
der  Curie  (cf.  Sanuto's  Brief  aus  dem  Jahre  1330  bei  Kimst- 
mann  S.  787)  September  1321  bis  November  1322  abgeschlos- 
sen ;  mit  verändertem  breve  compendium  und  fehlendem  Epilog, 
in  den  Text  aufgenommenen  Randbemerkungen  im  zweiten 
Buche  und  sehr  vergrössertem  dritten  Buche,  sowie  mehreren 
hinzugefügten  Stücken  am  Anfang. 

* 

Ich  kehre  nochmals  zu  der  Handschrift  R  1  zurück;  denn 
sie  ist  noch  in  anderer  Beziehung  von  hohem  Werthe.  Ausser- 
ordentlich reich  ausgestattet,  mit  sehr  schönen  Miniaturen  auf 
Goldgrund  geschmückt,  mit  grosser  Reinheit  und  Sorgfalt 
geschrieben,  war  sie  offenbar  ein  für  einen  Potentaten,  ver- 
muthlich  für  den  Papst  Johann  XXIL  selbst  bestimmtes 
Exemplar.  Sie  enthält  nun  aber  noch  zuletzt  mehrere  höchst 
sauber  und  zierlich  ausgeführte  geographische  Karten, 
und  zwar  ausser  den  bei  Bongars  veröffentlichten.  Dieselben 
sind  auf  9  Folioseiten  der  Handschrift  vertheilt  und  repräsen- 
tieren offenbar  die  von  Bongars  vermisste')  Karte  des  Mittel- 
ländischen Meeres.  Die  erste  Karte  auf  fol.  107^  umfasst  den 
Pontus  Euxinus  und  die  anliegenden  Länder.     Dann  folgt 

fol.  107  **  die  Küste  von  Konstantinopel  an  bis  Euböa 
einerseits  und  Kleinasien  andererseits; 

fol.  108  ^  die  Peloponnesischen  Inseln ;  Kreta  bis  zur  Süd- 
küste Kleinasiens  und  darunter  Nordafrika  vom  Gulffo  de 
Zedicho  bis  zum  Gulffo  de  Larcabo; 

fol.  108^  und  109^  Fortsetzung  der  Südküste  von  Klein- 
asien mit  der  Ecke,  Cypern  und  Nordafrika  bis  über  Alexandria 
hinavis ; 

fol.  109 b  Ober-  und  Mittelitalien  mit  Dalmatien  und  der 
Küste  von  Südfrankreich  bis  über  Nerbona  hinaus; 

fol.  110^  Süditalien  und  Nordafrika  von  Zizera  bis  zum 
Gulffo  de  Zedicho; 

fol.  110**     Westfrankreich     mit     Nordfrankreich,     Irland, 

1)  In  der  Vorreds  sagt  er:  quarura  mapparum  nobis  prima  deest  de 
mari  mediterraneo. 


56  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren. 

England  und  niederländische  Küste  bis  über  'Collogna'  hinaus; 
Oilanda,  Danesmarch; 

fol.  111  ä  Spanien  mit  Nordafrika  von  Saffy  (und  Mogodar) 
bis  Zizera. 

Auf  allen  diesen  Karten  sind  zahlreiche  Ortschaften,  Flaggen 
und  Fahnen  eingezeichnet.  Dass  dieselben  aber  wirklich  jene 
verloren  geglaubte  ]Mittelmeerkarte  enthalten,  in  dieser  Ver- 
muthung  werde  ich  bestärkt  durch  des  P.  Ab.  D.  Placido 
Zurla  Beschreibung  1)  der  Karten  einer  Handschrift  Marino 
Sanuto's,  welche  dem  Ab.  Canonici  gehörte,  heute  aber  vermisst 
wird  2)  und  nach  den  Andeutungen  Zurla's  (S.  306  Anm.) 
gleichfalls  die  ältere  Redaction  des  ganzen  Werkes  enthalten 
zu  haben  scheint.  Von  den  übrigen,  oben  aufgeführten  Hand- 
schriften enthält  keine  die  Karte  des  Mittelmeeres.  3) 

* 

Endlich  ist  R  1  noch  wegen  einer  anderen  Notiz  von 
Interesse.  Auf  fol.  71  findet  sich  am  Rand  neben  der  Ueber- 
schrift  über  die  dort  beginnende  'Nona  pars  (bei  Bongars 
pars  XI,    S.  202)     continet    passagia    variumque    statum    ac 

1)  In  seinen  Dissertazioni  di  Marco  Polo  e  öegV  altri  Viaggiatori 
Veneziani  piu  illustri  (Venezia  1819)  tom  II,  pag.  305  ff.  2)  Nach  der 

Vorrede  zu  Conte  Alessandro  Mortara's  'Catalogo  dei  Manoscritti  Italiani 
che  sotto  la  denominazione  di  codici  Canoniciani  Italici  si  conservano 
nella  Biblioteca  Bodleiana  a  Oxford'  (Oxonii  1864)  p.  XII.  wurde  dieser 
Codex  von  dem  einen  Erben  Canonici's,  Perissinotti,  1835  an  'Sir  Walter 
Sneyd  di  Baginton,  Rectory,  Coventry'  verkauft,  der  ihn  später  veröffent- 
licht haben  soll  ('In  questa  porzione  si  trovava  il  famoso  Codice  di 
Marino  Sanudo  che  il  Sig"".  Sneyd  ha  poi  pubblicafo').  Mir  ist  von  einer 
derartigen  Publikation  nichts  bekannt  geworden,  und  auch  in  Venedig 
scheint  man  davon  nichts  zu  wissen.  Cf.  Arch.  Veneto  t.  XX,  p.  400. 
3)  Der  Vollständigkeit  wegen  füge  ich  hier  noch  die  anderen  Handschriften 
des  'Liber  secretorum'  hinzu,  von  welchen  ich  Kenntnis  erlangt  habe. 
Indem  ich,  an  die  oben  aufgezählten  10  Handschriften  anschliessend,  die 
eben  erwähnte  des  Ab.  Canonici  als  11.  anreihe,  verzeichne  ich  12)  Briti- 
sches Museum  in  London,  Abtheilung  4.  Additional  manuscripts 
Nr.  27376,  membr.  s.  XIV  (cf.  Neues  Archiv  IV,  374).  13)  Ebendort. 
Nr.  19513.  membr.  s.  XIV  (Jacobi  de  Vitriaco  Hist.  Orient,  lib.  1).  Frag- 
ment des  Marinus  Sanutus  (III,  14).  Neues  Archiv  IV,  360.  14)  In 
Paris  (auf  der  Colbertiana).  Nr.  644.  ('Theologia')  Marini  Torselli  historia 
Hierosolimitana.  s.  XIV.  Archiv  VII,  37.  15)  In  V  al  enci  en  ne  s. 
D.  4.  10.  membr.  s.  XIV.  Archiv  VIII,  439.  16)  In  Brüssel.  Nr.  9347 
u.  17)  Nr.  9404  membr.  s.  XIV.  Archiv  VIII,  528  u.  529.  18)  In  Mai- 
land (auf  der  Ambrosiana)  Nr.  205.  Cf.  Archivio  Veneto  tom.  XX, 
pag.  393  u.  1.  —  Von  den  bei  'Röhricht  und  Meissner,  Deutsche  Pilger- 
reisen nach  dem  heiligen  Lande'  (Berlin  1880)  S.  562  n.  69  aus  'Nar- 
ducci,  Studj  bibliografici'  (p.  III)  verzeichneten  Handschriften  enthalten 
nach  einer  gefälligen  Mittheilung  des  Herrn  Meissner  in  Wahrheit  nur 
zwei  den  'liber  secretorum'  unseres  Marino  Sanuto  (n.  46  =  F  1 ;  n.  106 
=  N  1),  die  beiden  anderen  dagegen  Arbeiten  des  erst  dem  16,  Jahrb. 
angehörenden  jüngeren  Marino  Sanuto. 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren.  57 

dominia  terre  promissionis  a  morte  Saladini  usque  ad  transitum 
sancti  Ludovici  Habens  capitula  XV',  wie  es  scheint,  von  alter 
Hand  folgende,  leider  nicht  ganz  zu  entziffernde  Notiz:  'ab hin c 
usque  in  finem  de  magno  tcTö  —  die  am  nächsten  lie- 
gende Auflösung  dieser  vier  Buchstaben  wäre  tercio,  was 
keinen  Sinn  giebt;  man  erwartet  chronico,  libro»)  —  fratris 
Paulini  sumptum  est'.  Diese  Notiz,  die  ich  übrigens  in 
keiner  anderen  Handschrift  gefunden,  bezieht  sich  offenbar 
auf  jenen  Paulinus,  dessen  ich  bereits  oben  Erwähnung  gethan. 
Venetianer  von  Geburt  vmd  wohl  auch  frühzeitig  dem  Mino- 
ritenorden  beigetreten,  ward  er  dann  wiedferholt  zu  diplomati- 
schen Missionen  verwendet.  2)  So  in  den  Jahren  1315  —  1316 
von  seiner  Vaterstadt  als  Gesandter  an  König  Robert  von 
Neapel  zur  Beilegung  von  Zwistigkeiten  zwischen  dem  König 
und  der  Republik.  ^)  Dann  scheint  er  sich  an  den  päpstlichen  Hof 
begeben  zu  haben,  wo  er  Pönitentiar  des  Papstes  Johann  XXII. 
wurde  und  im  Anfange  des  Jahres  1321  einen  Auftrag  nach 
Venedig  erhielt.  Im  September  dieses  Jahres  1321  befand  er 
sich  an  der  Curie  in  Avignon;  denn  er  wurde  damals  zu  einem 
der  Examinatoren  des  Sanuto'schen  Werkes  ernannt.  1322 
die  Bemühungen  der  päpstlichen  Inquisition  gegen  die  Häre- 
tiker eifrig  unterstützend;  wurde  er  1324  vom  Papste  wieder 
nach  Venedig  geschickt,  um  die  Republik  zur  Vermittlung 
zwischen  dem  Papste  und  seinen  rebellischen  Unterthanen  in 
Ferrara  zu  bewegen.  Alle  diese  Kommissionen  führte  er  offen- 
bar zu  solcher  Zufriedenheit  aus,  dass  der  Papst  ihn  im  Jahre 
1324  mit  dem  Bisthum  von  Puteoli  (Pozzuoli)  belohnte,  wohin 
er  sich  jedoch  wegen  wiederholter  Verwendung  in  der  Ange- 
legenheit von  Ferrara  erst  später,  etwa  1326,  begeben  zu  haben 
scheint.  Aus  der  späteren  Zeit  haben  wir  noch  zwei  Briefe 
Marino  Sanuto's  an  ihn,  aus  denen  erhellt,  dass  König  Robert 
ihn  zu  seinem  consiliarius  gemacht;  sonst  aber  hören  wir  nichts 
mehr  von  ihm.     Nach  Ughelli  soll  er  1344  gestorben  sein. 

Dieser  Mann  war  nun  aber  auch  schriftstellerisch  sehr 
thätig,  wie  ihn  denn  Papst  Johann  XXII.  in  der  Ernennungs- 
bulle zum  Bischof  als  einen  Mann  'litterarum  scientia  praedi- 
tum'  bezeichnet.  Er  verfasste  einmal  den  unten  erwähnten 
philosophisch -politischen  Tractat  'de  regimine  rectoris',  den 
er  dem  Herzog  von  Kreta,  Marino  Badoer,  widmete,  welche 
Würde  dieser  vom  Juli  1313  bis  zum  September  1315  beklei- 

1)  tomo?     W.  2)    Ich    entnehme    diese  Angaben  der  Einleitung 

A.  Mussafia's  zur  Ausgabe  des  'Trattato  de  regimine  rectoris  di  Fra  Paolino 
Minorita',  wo  Mussafia  durch  die  Vermittlung  von  S.  LjubiS  die  Angaben 
über  den  Paulinus  beiAgostini,  Notizie  istorico -critiche  intorno  la  vita 
6  le  opere  degli  scrittori  Viniziani,  wesentlich  vermehren  konnte.  3)  Man 
sehe  die  von  mir  veröffentlichten  Dokumente  im  Arcbivio  Veneto  tom.  XIII, 
parte   1 . 


58  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren. 

dete.  Zuvor  oder  daneben  war  Paulinus  aber  auch  an  die 
Abfassung  einer  Weltchronik  gegangen,  die  er  dann  später 
umgestaltet  und  überarbeitet  hat,  so  dass  wenigstens  drei  Haupt- 
redactionen  derselben  zu  unterscheiden  sind.  Die  erste,  älteste 
erhielt  vom  Verfasser  selbst  die  Bezeichnung:  'Nobilium 
ystoriarum  epytoma';  aus  dieser  hat  er  dann  einen  Aus- 
zug 'breve  compendium'  in  Form  einer  grossen  syn- 
chronistischen Tabelle  gemacht;  schliesslich  aber  unter 
Benutzung  weiteren  Quellenmaterials  diese  wieder  in  eine  grosse 
Weltchronik  umgewandelt,  welche  den  Titel  ^Speculum  Pau- 
lini sive  Satyriöa  (von  satur  abgeleitet)  rerum  gestarum 
mundi'  erhielt.  Die  Frage  nach  der  Identität  des  Verfassers 
dieser  drei  grossen  Werke,  für  welchen  ich  eben  jenen  Paulinus 
halte,  kann  hier  nicht  ausführlich  erörtert  werden,  sondern  muss 
einer  anderweitigen  Untersuchung  vorbehalten  bleiben,  i)    Hier 

1)  Dafür,  dass  Paulinus  wenigstens  der  Verfasser  des  'Speculum' 
oder  'Satyrica'  (d.  h.  des  von  Muratori  veröffentlichten  Chronicon  Jordani) 
ist,  will  ich  zu  den  früher  anderwärts  ('Andreas  Dandolo'  S.  116)  beige- 
brachten Belegen  —  Zeugnis  Dandolo's  und  handschriftliche  Ueberliefe- 
rung  des  Namens  Paulinus  —  noch  folgenden  Beweisgrund  anführen.  Im 
Cod.  Vaticanus  1960,  aus  welchem  Muratori  seine  Auszüge  entnommen, 
findet  sich  auf  fol.  158  zu  cap.  1-43,  pars  5  'de  primo  concilio  facto  super 
observationem  legalium  in  Jerusalem'  folgender  Passus  am  Eande,  welcher 
in  den  anderen  Handschriften  von  Bamberg  und  Olmütz,  Caesena  und 
Florenz  (Laurentiana)  bereits  in  den  Text  übergegangen  ist:  'Consecravit 
autem  Petrus  in  itinere  beatum  Celsum  episcopum  Putheolis;  sicud  continet 
eins  colecta:  Deus,  qui  beatum  Celsum  (pontificem  tuum)  per  apostolura 
Petrum  consecrationis  munere  dedicasti  etc.  Et  fuit  ex  primis  episcopis 
a  beato  Petro  consecratis;  unde  solempnis  ecclesia,  postea  ad  honorem 
beati  Petri  in  illa  dyocesi  erecta,  vocata  est:  Sanctus  Petrus  in  quarto, 
quia  beatus  Celsus  qnartus  dicitur  fuisse  episcopus,  quem  consecravit 
Petrus  et  qui  fidem  Christi  inibi  predicavit.  Sicut  Putheolana  cantat 
ecclesia,  cui  indignus  praesum:  O  quam  felix  fuit  illa  manus  im- 
posicio,  per  quam  nobis  vere  lucis  damit  cognitio;  unde,  quando  Paulus 
post  Petrum  ivit  Romam,  invenit  Putheolis  Cliristianos'.  Ein  Bischof  von 
Puteoli  war  es  also  jedenfalls,  der  diese  "Worte  hinzusetzte  oder  hinzu- 
setzen Hess  — ,  welcher  andere  sollte  es  aber  gewesen  sein,  als  jener 
Paulinus?  Dass  die  Verfasser  der  epitoma  und  der  synchronistischen 
Tabelle  eine  und  dieselbe  Person  gewesen,  geht  unumwunden  aus  den 
einleitenden  Worten  zur  Tabelle  'ut  quae  ipse  in  epytomate  ystori- 
arum etc.'  selbst  hervor.  Es  handelt  sich  also  nur  noch  darum,  zu  be- 
weisen, dass  der  Verfasser  dieser  Tabelle  gleich  sei  mit  dem  der  Satyrica. 
Dafür  kann  aber  ausser  der  wiederholten  wörtlichen  Uebereinstimmuug 
sowohl  der  ersten  als  auch  der  zweiten  Redaction  mit  der  dritten  noch 
das  fast  gleichzeitige  Zeugnis  Boccaccio's  (oder  des  Verfassers  jenes  dem 
Boccaccio  zugeschriebenen  Florentiner  Zibaldone;  cf.  meinen  Aufsatz:  Zur 
Boccaccio  -  Litteratur  in  den  Sitz.-Ber.  der  k.  bayer.  Ak.  d.  W.  Phil.- 
philol.-hist.  Cl.  1881  S.  1  ff.)  angeführt  werden,  welcher  diese  synchro- 
nistische Tabelle  benutzend,  sie  einem  'Venetus  religiosus  ex  ordine 
fratrum  heremitarum  (dies  ist  falsch)  Puteolanus  episcopus  tempore 
Roberti   lerusalem   et  .Siciliao  regis'  zugeschrieben  hat.     Ich  füge  hinzu. 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren.  59 

handelt  es  sich  nur  darum,  die  Entstehungszeit  dieser  drei 
Redactionen  zu  fixieren.  Es  ist  dies  aber  leider  deshalb 
schwierig,  weil  der  Verfasser  selbst  in  keiner  Weise  angiebt, 
wann  er  mit  der  Ausarbeitung  oder  Niederschrift  begonnen. 
Man  kann  daher  nur  gewissermassen  indirekt  aus  den  zuletzt 
angeführten  Daten  auf  die  Zeit  des  Abschlusses  jeder  Redac- 
tion  schliessen. 

Demnach  wäre  nun  die  erste,  die  Epitoma,  um  das  Jahr 
1313  abgeschlossen,  die  zweite,  die  synchronistische  Tabelle, 
zuerst  bis  zum  Jahre  1323  fortgeführt;  denn  mit  dieser  Jahres- 
zahl schliesst  der  Text  von  der  ersten  Hand,  welche  jedoch 
später  noch  eine  Notiz  aus  dem  Jahre  1328  hinzugefügt  hat. 
Die  dritte  Redaction  aber  kann,  wie  schon  oben  erwähnt,  nicht 
vor  1331  abgeschlossen  sein.  Man  sieht  also,  dass  der  Anfang 
der  schriftstellerischen  Thätigkeit  unseres  Paulinus  mit  der 
Marino  Sanuto's  so  ziemlich  zusammentrifft.  Und  da  überdies 
die  Weltchronik  des  Paulinus  wenigstens  mit  dem  dritten 
Buche,  dem  historischen  Tlieile  von  Sanuto's  Werk,  inhaltlich 
tibereinstimmt,  so  kann  es  nicht  eben  sehr  wundernehmen, 
dass  unser  Paulinus  sogar  für  den  Verfasser  von  Marino  Sanu- 
to's Werk  gehalten  worden  ist,  und,  wie  man  aus  der  Vorrede 
bei  Bongars  weiss,  in  einer  Handschrift  (Scaliger's),  welche 
allein  das  dritte  Buch  des  'liber  secretorum'  enthielt,  an  Stelle 
Marino  Sanuto's  der  Name  des  frater  Paulinus  stand  —  irr- 
thümlich  natürlich,  denn  dass  Marino  selbst  das  dritte  Buch 
verfasst,  geht  schon  aus  dem  Gutachten  der  Examinatoren  hervor. 

Es  ist  nun  sehr  leicht  möglich,  ja  sogar  vielleicht  am 
wahrscheinlichsten,  dass  die  oben  angeführte  Randnotiz  in  der 
vatikanischen  Handschrift  R  1  'abhinc  —  est'  von  einem  Manne 
hinzugefügt  wurde,  welcher  eben  die  Handschrift  (Seal.)  mit  dem 
dritten  Buche  allein  und  mit  der  Aufschrift  des  Paulinus  vor 
sich  hatte,  und  dass  er  wegen  der  Uebereinstimmung  der  beiden 
Werke  den  Text  in  R  1  nur  gewissermassen  für  einen  Auszug 
aus  jenem  (in  der  Bongarsischen  Redaction  ja  allerdings  viel  um- 
fangreicheren) dritten  Buche  und  so  beide  Werke  für  Arbeiten 
des  Paulinus  hielt.  Allein  da  einerseits  von  G.  M.  Thomas 
die  zweite  Redaction  des  Paulinischen  Geschichtswerkes,  jene 
synchronistische  Tabelle,  als  Vorlage  für  Marino  Sanuto  be- 
zeichnet worden  ist'),  andererseits  Kunstmann,  wie  oben  S.  4 
erwähnt,    Benutzung   des  Marino  Sanuto  in    der   Chronik   des 

dass  von  den  kürzlich  hier  (N.SA.  Bd.  VI,  S.  490,  491)  aufgeführten  Pariser 
Handschriften  Nr.  4939,  wie,  ich  in  dem  eben  erwähnten  Aufsatz  ange- 
deutet habe,  die  zweite  Redaction  zu  enthalten  scheint,  während  Nr.  4940 
als  ein  Exemplar  der  dritten  Redaction  zu  bezeichnen  ist.  Hoffentlich 
macht  der  nirgends  überlieferte  Name  des  Jordanus  bald  dem  besser  be- 
glaubigten des  PaulinusSPlatz.  1)  'De  passagiis  in  terram  sanctam' 
(Venedig   1879)  Vorwortr 


60  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren. 

Jordanus,  das  heisst  also  in  der  dritten  Redaction  des  Paulinus, 
angenommen  hat,  so  scheint  es  doch  angezeigt,  der  Frage 
nach  dem  gegenseitigen  Verhältnisse  der  beiden  gleichzeitigen 
Schriftsteller  etwas  näher  zu  treten ;  wennschon  nicht  verkannt 
werden  darf,  dass  die  nachfolgenden  Erörterungen  keinen  An- 
spruch auf  endgültige  Lösung  der  einschlägigen,  ziemlich  ver- 
wickelten Fragen  erheben  können,  da  mir  das  handschriftliche 
Material  nicht  vollständig  zu  Gebote  steht. 

Dürfte  man  sich  lediglich  an  die  äussere  chronologische 
Reihenfolge  der  verschiedenen  Redactionen  beider  Werke  hal- 
ten, wie  sie  sich  auf  Grund  der  jeweilig  zuletzt  erwähnten 
Thatsachen  ergiebt,  so  würde  das  Verhältnis  der  Werke  zu 
einander  allerdings  leicht  festzustellen  sein.  Aber  dieser  Mass- 
stab darf  hier  namentlich  deshalb  nicht  allein  in  Anwendung 
kommen,  weil  bei  so  umfangreichen  Werken  der  Abschluss 
ja  nicht  identisch  ist  mit  dem  Anfang,  und  dann  weil  man 
weiss,  dass  zwischen  den  beiden  Männern,  Paulinus  und  Marino 
Sanuto,  persönliche  Beziehungen  bestanden/)  welche  auf  ihre 
Arbeiten  nicht  ohne  Einfluss  werden  geblieben  sein. 

Freilich,  was  die  dritte  Redaction  des  Paulinus  anlangt, 
so  kann  man  schon  im  Hinblick  auf  die  Zeit  ihrer  Abfassung 
sagen,  dass  sie  in  der  That  kaum  mehr  Vorlage  und  Quelle 
für  Marino  Sanuto,  selbst  nicht  für  die  Bongarsische  Redaction, 
gewesen  sein  kann,  welche,  wie  wir  oben  betonten,  allerdings  erst 
nach  1321  abgeschlossen  worden  ist.  In  der  dritten  Redaction 
des  Paulinus  findet  sich  nicht  blos  im  letzteren  Theile  die  Be- 
nutzung eines  erst  1331  entstandenen  Gedichtes,  2)  sondern  die- 
selbe beginnt  auch,  wenigstens  in  der  Vaticanischen  Hand- 
schrift (Nr.  1960),  mit  einer  kurz  gehaltenen  synchronistischen 
Tabelle  (fol.  1  — 12),  worin  von  der  ersten  Hand  bereits  verzeichnet 
sind:  Doge  Franciscus  Dandulo  (1328 — 1339),  König  Philipp  VI. 
von  Frankreich  (1328  —  1350)  und  sogar  Papst  Benedikt  XII, 
der  erst  1334  den  päpstlichen  Stuhl  bestieg,  so  dass  also  vor 
diesem  Jahre  die  Niederschrift  wenigstens  dieser  Handschrift 
der  dritten  Redaction  des  Paulinus  nicht  erfolgt  sein  kann.  — 
Die  Priorität  von  Marino  Sanuto  ergiebt  sich  übrigens  auch 
sachlich  leicht,  wenn  man  z.  B.  den  Berieht  des  Paulinus  III 
(das  heisst  dritter  Redaction)  über  Kaiser  Friedrichs  II.  Ein- 
greifen in  die  Geschichte  des  heihgen  Landes  oder  über  die 
Vorfälle  des  Jahres  1290  ff.  im  Orient  mit  der  viel  ausführ- 
licheren, von  Paulinus  zum  Theil  wörtlich  excerpierten,  Dar- 
stellung bei  Marino  Sanuto  vergleicht;  (man  vergleiche  Mura- 

1)  Paulinus  war  ja,  wie  schon  erwähnt,  einer  der  p]xaminatoren  von 
Sanuto's  Werk;  auch  sind  bei  Bonfjars  zwei  Eriefe  Marino's  an  ihn  ans 
den  Jahren  1327  (S.  310)  und  1321)  (S.  313)  überliefert,  und  132ß 
benutzt  ihn  Marino  als  Briefbesleller  an  den  Erzbischof  Ingram  von  Capua. 
2)  Cf.  oben  S.  5. 


Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren,  61 

tori,  Antiquitates  IV,  col.  992  C  —  993  B  mit  Bongars  S.  211, 
lib.  III,  pars  XI,  cap.  10—12;  ferner  Muratori,  col.  1017  CD 
mit  Bongars  S.  230,  lib.  III,  pars  XII,  cap.  21  —  22).  Ich 
will  hiefür  noch  einige  Beispiele  aus  dem  nicht  pnblicierten 
Text  anführen  und  zugleich  die  anderen  Redactionen  der 
beiden  Hauptwerke  hinzufügen,  um  ihr  gegenseitiges  Verhältnis 
besser  in's  Licht  zu  setzen.  Ich  wähle  zunächst  folgende  Episode 
aus  der  Geschichte  des  (1187)  gefangenen  Königs  Guido  von 
lerusalem  nach  seiner  Befreiung. 

Die  ältere  Eedaction  Marino  Sanuto's  sagt  darüber 
im  Cod.  R  1,  fol  68  (lib.  III,  pars  VIII,  cap.  2): 

Sequenti  autera  estate  post  ammissionem  terre  sancte  cum 
rex  Guido  Tyrum  (civitatem  Tyrensem)  non  posset  recuperare 
60  quod  predictus  marchio  (Konrad  von  Montferrat),  qui  eam 
liberaverat,  sibi  propriam  ex  pacto  vendicaverat;  nee  de  toto 
regno  suo  saltem  unum  casale  remanserat,  ubi  caput  reclinaret, 
indutus  verecundia  (reverentia)  et  confusione,  presertim  cum 
terra  sancta  sub  ipsius  esset  amissa  (am.  es.)  regimine,  quasi 
de  vita  sua  non  curaret,  cum  paucis  valde  quos  colligere  potuit, 
Acon  civitatem  obsedit  (Aconensem  obs.  civ.)  in  loco  (torono) 
aliquantulum  (aliquantum)  eminenti,  quod  est  iuxta  civitatem, 
sua  tentoria  (t.  s.)  collocando.  Erat  autem  frater  eins  cum  eo 
Gaufridus  de  Lisinio  (Lusinio),  vir  animosus  et  in  armis  stre- 
nuus,  qui  gratia  fratris  sui  omnes  alios  precesserat  peregrinos. 

In  der  Bongarsischen  Redaction  (lib.  III,  pars  X, 
cap.  II)  S.  196,  Z.  13,  lautet  der  Passus  : 

Jam  ad  regis  Guidonis  historiam  redeuntes  dicamus,  quia 
libertati  donatus,  ad  consortem  regni  quae  in  Tripoli  erat  acce- 
dens,  inde  usque  Tyrum  processit:  secl  venienti  marchio  fores 
clausit  et  postulanti  negavit  introitum  suamque  non  regis  asse- 
ruit  civitatem:  per  ea  quae  dicta  sunt  VIII  cap.  IX  partis. 
Videns  autem  rex  quia  sibi  in  civitate  sua  non  licuerat  hospi- 
tari;  in  toto  quoque  lerosolymitano  principatu  nee  unum  habe- 
bat casale,  ubi  caput  reclinai'e  valeret:  indutus  verecundia  et 
pudore  confusus,  eo  maxime  quod  sancta  terra  promissionis 
sub  eius  esset  amissa  regimine,  vita  quasi  neglecta,  stupendo 
magis  quam  imitando  facto  ostendit  quia  'periculosa  res  est 
desperatio'.  In  ipsa  aestate  quae  sanctae  lerusalem  araissionem 
secuta  est,  anno  videlicet  Domini  1189,  cum  admodum  paucis 
quos  colHgere  potuit,  Ptolomaydam  obsedit  civitatem,  tentoria 
sua  collocans  iuxta  civitatem  in  loco  aliquantulum  eminenti: 
cum  essent  pro  uno  christiano  in  civitate  quatuor  Saraceni. 
Erat  autem  secum  frater  eius  Gaufridus  de  Lisinio,  vir  ani- 
mosus et  in  armis  strenuus,  qui  fratris  gratia  cunctos  peregri- 
nos praecesserat. 

Von  den  Redactionen  des  Pauli nus  aber  hat  die  dritte 


62  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren. 

(Cod.  Vatic.  1960,  fol.  241,  cap.  228,  pars  12)  hier  folgenden 
Wortlaut: 

Eodem  anno  Guido  rex  lerusalem,  postquam  libertati 
donatus  est,  ad  reginara  que  in  Tripoli  erat  iens,  clausas  portas 
reperit  asserente  marchione  Corrado  quod  civitas  sua  esset, 
non  regis.  Cernens  autem  rex  quod  in  toto  principatu  Jerusa- 
lem non  haberet,  ubi  capud  reclinaret,  facto  stupendo  monstravit 
quia  periculosa  res  est  desperatio.  Cum  paucissimis  recollectis 
ante  Ptholomaidam  in  loco  aliquantulum  emminenti  locavit 
temptoria,  cum  essent  in  civitate  pro  1  cbristiano  ferro  IUI'" 
(4000)  Saraceni.  Erat  autem  secum  Gaufridus  frater  eins  in 
armis  strenuus,  qui  fratris  gratia  cunctos  precesserat. 

Die  erste  Redaction  des  Paulin us  aber  enthält  darüber 
gar  keine  Notiz,  und  die  zweite  lediglich  folgende  kurze 
Bemerkung  (Cod.  Marcianus  fol.  79'';  cf.  die  Publication  von 
G.M.Thomas:  De  passagiisetc.)  in  der  Rubrik:  Reges  lerusalem: 

Guido  captus  fuit  a  Saladino;  vide  in  explicatione  Saladini. 
Et  postquam  dimissus  fuit,  cum  paucis  obsedit  Ptholomaydara. 
Erat  cum  eo  frater  eins  Gaufredus,  qui  cunctos  peregrinos 
precesserat  (sie!). 

Man  sieht  aus  dieser  Zusammenstellung  leicht,  einmal  dass 
Paulinus  III  der  Bongarsischen  Redaction  des  Marino  Sanuto 
näher  steht,  als  der  älteren,  dass  also  Paulinus  III  in  der  That 
ein  Auszug  aus  Sanuto  II  ist  —  zweitens  aber  erhellt,  dass 
weder  Paulinus  I  noch  II  Vorlage  und  Quelle  sein  konnten 
weder  für  Sanuto  II  noch  I.  Es  ist  mir  übrigens  auch  gelun- 
gen, die  Quelle  von  Sanuto  I  aufzufinden.  Es  ist  die  Historia 
Iherosolimitana  des  Jacobus  de  Vitriaco,  mit  dessen 
Erzählung  in  cap.  98  (Bongars  I,  S.  1120,  Z.  25)  Sanuto  I 
an  dieser  Stelle  (bis  auf  die  wenigen,  von  mir  oben  in  Klam- 
mer beigefügten  Differenzen)  wörtlich  übereinstimmt.')  —  Das 
gleiche  Verhältnis  zeigt  sich  an  folgender  Stelle,  wo  von  Sala- 
dins  Verhalten  nach  der  Einnahme  von  lerusalem  (October 
1188)  und  seinen  weiteren  Unternehmungen  die  Rede  ist. 

Marino  Sanuto  I  berichtet  darüber  (Cod.  R  1  fol.  67,  lib.  III, 
pars  VII,  cap.  3)  folgendermassen : 

Postquam  autem  ante  lerusalem  sua  fixit  tentoria,  hac 
conditione  tradiderunt  ei  civitatem,  ut  liberi  cum  hiis  que  por- 
tare  possent,  secum  egrederuntur  et  usque  in  terram  securitatis- 


1)  Hinfregen  vermag'  ich  nicht  mit  Bestimmtheit  anzug-eben  und  ist 
es  auch  nicht  der  Zweck  dieses  Aufsatzes,  nachzuweisen,  welche  Quellen 
Marino  Sanuto  bei  der  Umarbeitung-  in  der  Bongarsischen  Redaction  be- 
nutzt hat.  Ich  vermuthe  aber,  dass  zu  denselben  sehr  wahrscheinlich  in 
erster  Linie  die  c.  1320  von  dem  Predigerraönch  Franciscus  Pipinus 
aus  Bologna  verfasste  lateinische  Uebersetzung  der  Fortsetzer  des  Wil- 
helm von  Tyrus  gehörte.  (Cf.  Muratori  SS.  t.  VII,  col  806,  über 
König  Guido.) 


Studien  zu  Marino  Sanuto   dem  Aelteren.  63 

ab  ipso  deducerentur.  Sic  igitur  de  manu  inimicorum  evadentes, 
postquam  Tripolim  pervenerunt,  in  manus  deteriores  proplianas 
et  sacrilegas  inciderunt.  Quicquid  enim  secum  detulerant, 
comes  Tripolitanus  Boamundus  cum  satellitibus  suis  filiis  Belial, 
qui  predictis  exulibus  fratribus  suis  compati  debuerunt,  pror- 
sus  abstulerunt,  crudeliores  Saracenis  se  ipsis  (ipsos)  christi 
anis  exhibentes.  Ex  quo  illud  miserabile  et  a  seculis  inauditum 
refertur  (referunt)  ibi  accidisse,  Dura  quaedam  matrona  par- 
vulura  suura  secum  super  humeros  deferens  ab  impiis  hostibus 
spoliaretur  —  nulli  enim  sexui  vel  condicioni  parcebant  nee 
etiam  (pudenda)  perscrutari  erubescebant  —  attendens  mulier 
illa  (quod  ea)  que  sibi  Saraceni  pro  se  et  suo  filio  nutriendo 
reliquerantj  hü  ad  quos  confugerat  rapiebant,  supra  modum 
perturbata  et  spiritu  tristitie  et  desperationis  absorta  (absorpta) 
proprium  filium  in  mare  proiecit.  —  Predictus  autem  Saladinus 
Ascalonam  revertens  hac  conditione  civitatem  i-ecepit,  quod 
regem  et  magistrum  Tempil,  quos  captivos  tenebat,  restitueret 
liberatos.  Incle  vero  non  segnis  neque  piger  usque  Tripolim 
pertransiens,  videns  civium  multitudinem  cum  eis  (bis)  qui  ad 
civitatem  confugerant  ad  resistendum  paratam,  credens  quod 
de  manu  eins  civitas  non  posset  evadere,  si  tempore  oportuno, 
postquam  alias  occupasset  munitiones,  reverteretur:  versus 
Antiochiam  cursum  direxit;  presertim  quia  tunc  temporis 
circa  munitiones  maritimas  non  vellet  multum  laborare,  eo 
quod  Pinitorum  (?  Piratarum)  princej^s  potentissimus  in  mari 
(in  m.  p.)  qui  IMagarith  nominabatur  (quem  Margarith  nomina- 
bant)  de  regno  Sicilie  cum  80  galeis  ad  nostrorum  subsidium 
advenerat,  missus  a  strenuo  rege  Sicilie  Guilelmo.  Hie  enim 
postquam  lamentabilem  casum  regni  lerosolimitani  audierat 
ab  hiis  qui  ad  partes  illas  in  navibus  confugerant,  confestim 
eadem  estate  non  solum  predictas  galeas,  sed  milites  500  et 
Turcopolos  (Turcopulos)  300  et  victualia  absque  extimatione 
(aestim.)  transmiserat  ad  subsidium  residue  terre  sancte,  vir 
venerabilis  et  Deo  devotus.  Saladinus  autem  fortunam  suam 
(s.  f.)  in  (de est)  impetu  spiritus  sui  non  segniter  urgens, 
infra  trium  mensium  spatium  totum  obtinuit  Antiochenum 
principatum  excepto  Castro  inexpugnabili  domini  (Anti- 
ocheni)  patriarche,  quod  Cursariura  (Cursatura)  appellant  (et 
civitate  Antiochena) ;  a  qua  data  sibi  multa  pecunia  a  domino 
patriarcha  recessit,  spem  certam  et  fiduciam  Habens  quod  aliis 
circuinquaque  occupatis  munitionibus  sola  civitas  diu  repugnare 
non  posset.  Ipse  enim  plus  quam  25  civitates  et  oppida  in 
predicto  principatu  sue  subiecerat  dictioni.  Revertens  igitur 
in  regnum  lerosolimitanura,  civitatem  Tyrensem,  que  sola 
ex  Omnibus  regni  civitatibus  remanserat,  terra  et  mari  cum 
innumerabili  exercitu  obsidione  vallavit.  Erat  autem  in  tem- 
pestate  illa  in  civitate  Tyrensi  vir  nobilis  et  (armis)   strenuus 


64  Studien  zu  Marino  Sanuto  dem  Aelteren. 

Corradus  'marchio  Montisferrati.  Nam  eadem  (eodem),  ut 
dicitur,  die,  qua  (quo)  nostri  in  hello  predicto  fpr.  b.)  corru 
erunt,  ipse  de  Constantinopoli  veniens  illuc  cum  (de est)  navigio 
devenit.  Hie  cum  (?  autem)  civibus  promisit  quod  defenderet 
civitatem,  si  eam  post  eius  liberationem  sibi  concederent  possi- 
dendara.  Cives  autem  libenti  animo  et  grato  (1.  et  g.  an.)  eius 
annuerunt  petitioni.  Nam  et  ipsi  desperati  quasi  (q.  d.)  nullo- 
modo  posse  resistere  fortitudini  Saladini  credebant,  qui  univer- 
sam  iara  occupaverat  undique  regionem.  Ipse  autem  ex  parte 
terre  Saladino  viriliter  resistens,  ex  parte  maris  galeas  eius 
igne  succendit;  unde  Saladinus  turbatus  et  iratus  valde  (v.  et 
ir.)  soluta  obsidione  (statim)  recessit.  Ipse  enim  absque  ex- 
pensis  magnis  et  dampnis  et  sine  aliqua  sanguinis  effusione 
credebat  eos  angustiare  et  ad  redditionem  (deditionem)  con- 
pellere.  Et  revera  faciliter  hoc  fecisset,  nisi  Deus  aliter  provi- 
disset.  Nam  castra  munitissima  Saphet,  Belveir,  Torronum  et 
Beifort,  que  in  montibus  (montanis)  sita  erant,  ipse  ad  reddi- 
tionem (dedit.)  compulit,  licet  aliquo  tempore,  quamdiu  victualia 
habuerunt,  restitissent.  Quomodo  enim  pauci  et  perterriti  et 
impotentes  homines  tarn  potenti  principi  resisterent,  qui  non 
solum  universam  (de est)  terram  Egypti,  sed  fere  universam 
(un.  f.)  Syriam  proprio  subiecerat  dictioni,  que  a  Tygride  (Tygri) 
fluvio  habens  initium  usque  in  Egyptum  protenditur  et  a  Cili- 
cia  usque  ad  marum  rubrum? 

Marino   Sanuto  11   dagegen   erzählt   (Bongars   S.  192, 
lib.  III,  pars  IX,  cap.  VI)  Folgendes: 

Saladinus  ante  lerusalem  sua  figit   tentoria 

Capta  est  lerusalem  a  Turchis,  postquam  annis  88  fuerat  sub 
dominio  Latinorum  .  .  .  Post  hec  multis  redemptis  iuxta  con- 
dictum  usque  ad  securitatis  loca  conductus  tutus  exhibitus  est. 
Interim  vero  lerosolymitanorum  militum  qui  in  praelio  fuerant, 
redemptae  coniuges  atque  filiae  civitatem  lerusalem  exeuntes 
ad  Saladini  usque  praesentiam  accedentes  ediderunt  lugubrem 
eiulatum:  inquisita  causa  respondent,  suos  se  amisisse  viros, 
sibi  quoque  possessiones  sublatas;  petebant  proinde  ad  aliquid 
misericorditer  restaurari.  Ille  pietate  commotus  eis  qui  super- 
essent  captivos  reddi  puellisque  de  thesauris  suis  ampla  mvmera 
dari  iussit  secundum  quod  cuiusque  conditio  exigebat;  easque 
iuxta  principatus  sui  magnificentiam  blande  consolatus  est. 
At  postquam  Tripolim  pervenerunt,  evadentes  Saracenorum 
pericula,  in  manus  christianorum  magis  crudelium  inciderunt. 
Comes  enim  Tripolitanus  cum  satellitibus  suis,  filiis  Belial, 
cum  debuissent  confratribus  suis  exulibus  compati,  quicquid 
Ulis  infideles  dimiserant,  abstulerunt,  solo  nomine  christiani. 
Accidit  autem  propter  huius  crudelitatis  exeessum,  ut  cum 
raulier  quaedam  parvulum  suum  gestarct  in  humeris,  et  sacri- 
legi  illi  auferrent,   quae  pro  se   et  filio  nutriendo  reliquerant 


Studien  zu  Marino   Sanuto   dem  Aelteren.  G5 

Saraceni :  nulli  enim  parcebant  sexui  vel  aetati  aut  conditioni, 
quin  omnia  scrutarentur :  supra  moclum  animo  perturbiita  et 
spiritu  tristitiae  et  desperationis  absorpta,  in  marinas  iecit  undas 
filium  ex  se  natmn.  Praedictiis  vero  Saladinus  Ascalonam 
rediens,  cum  hac  conditione  civitatem  per  deditionem  aeeepit, 
ut  regem  lerusalem  et  magistrum  Templi,  quos  captivos  tene- 
bat,  et  quosdam  alios  libertati  donaret.  (Cap.  VII.  Continet 
lamentationem  super  amissione  civitatis  sanctae  lerusalem.) 
Cap.  VIII.     Continet  qualiter  Tyrum  Saladinus  obsedit. 

Postquam  vietor  intumuit,  ad  Tyri  obsidionem  transit 
Saladinus.  Erat  autem  tunc  in  civitate  strenuus  vir,  Conra- 
dus  marchio  Montis-Ferrati.  Nam  eadem,  ut  dicitur 
die,  qua  cliristiani  corruere  in  belle  praedicto,  ipse  de  Con- 
stantinopoli  veniens,  navigio  ad  civitatem  applicuit.  Hie  cum 
defensionem  promitteret  civitatis,  si  post  liberationem  eins 
dominio  subderetur,  a  cunctis  civibus  civitatis  casum  formi- 
dantibus  illi  gratiose  oJÖfertur.  Coepit  proinde  ad  se  suaque 
tuen  da  non  segniter  agere ;  sed  undique  civitatem  munire,  con- 
fortare  cives  et  pro  tuenda  libertate  ad  probitatem  inducere  uni- 
versos.  Adveniens  autem  Saladinus  et  seorsum  a  suo  exercitu 
positis  christianis,  ut  eorum  qui  in  civitate  erant  paterent  obtuti- 
bus,  ad  Conradum  transmisit  nuntios :  quod  si  civitatem  redderet, 
patrem  quem  tenebat,  restitueret  et  multis  remuneraret  thesau- 
ris.  Quo  renuente  a  Ptolomayda  24  galeas  iussit  procedere 
ad  civitatis  Tyrensis  offensam  marisque  custodiam,  ut  victualia 
et  omne  auxilium  prohiberent;  24  quoque  machinas  erexit 
offendentes  continue  civitatem.  Christiani  tamen  bellatores 
quotidie  bis  vel  ter,  ductore  quodam  Yspano  strenuo  railite 
contra  hostes  faciebant  insultus ;  stabantque  Saraceni,  cum  exi- 
rent,  attoniti  super  illius  militis  probitate,  quem  Guercium 
militera  vocabant.  Marchio  vero  vasa  navigabilia  sie  composuit, 
quod  prope  terram  poterant  navigare,  et  cooperti  homines  per 
fenestras  parvulas  alios  sagittabant,  galeaeque  ad  ea  appropin- 
quare  non  poterant.  Contigit  quoque,  ut  quidam  iuvenis,  cuius- 
dam  admirati  filius,  offenso  patre,  ad  civitatem  concurreret 
peteretque  baptismum.  Huius  nomine  scriptam  litteram  cum 
spiculo  marchio  transmisit  ad  hostes :  in  qua  iuvenis  Saladinum 
salutabat  ut  dominum;  asserebat  deinde  civitatis  nosse  statum 
et  nocte  sciret  fugere  christianos :  et  si  hiis  non  credebat,  nocte 
ad  portum  faceret  observari.  lUe  tenore  litterae  delectatus,  galeas 
bonis  replet  hominibus.  Marchio  vero  ad  muros  diligentem 
ponens  custodiam,  sed  quietam,  a  barbacanis  cunctos  summovit: 
universos  autem  armatos  ad  portum  currere  iubet,  catena  portus 
deposita  ad  cautelam.  Saraceni  vero  hoc  sentientes,  fictionem 
reputant  vei'itatem  et  portum  intrare  festinant:  postquam  vero 
aliqua  intravere  navigia,  elevatur  catena,  trucidantur  qui  in  uavi- 
^iis  erant;  et  armantur  soUemniter  christianis  tam  acquisita  quam 

Neues  Archiv  etc.  VII.  5 


66  Studien  zu  Marino   Sanuto   dem  Aelteren. 

liabita  prius  navigia,  et  invadunt  alios  fugientes.  Audiens  vero 
raarchio  quod  onmia  barbacana  essent  a  Saracenis  repleta,  illo 
properat,  portas  civitatis  aperit  et  obviam  illis  processit:  con- 
tinuoque  Saraceni  expulsi  sunt:  et  ulti'a  mille  aut  vulneribus 
aut  praecipitio  perierunt.  Videns  autem  Saladinus  se  terra 
marique  superatum  indoluit:  obsidionem  ultra  prohibuit:  in 
vespera  galeas  suas  et  macliinas  igne  combussit  indeque  recessit. 

Cap.  IX.  Continet  qualiter  civitates  Tripolitana  et  Anti- 
ochena  cum  quibusdam  fortilitiis  a  Saladini  impetu  praeser- 
vata  sunt. 

Post  haec  Saladinus  non  segnis  nee  piger  usque  Tripo- 

lim  pertransit Videns  Saladinus  civium  multitudinem 

paratam  discessit  .  .  .  Pergens  versus  Antiochiam  .  . 

Tortosam  civitatem  obsedit  .  .  .  Videns  autem  quia  circa 
Tortosam  nihil  proliceret,  .  .  .  coepit  Valaniam  .  .  .  Gibel 
.  .  et  infra  trium  mensium  spatium  tötum  Antiochenum  obti- 
nuit  principatum,  excepto  Castro  inexpugnabili  domini  patri- 
archae  quod  Cursarium  dicitur  et  civitate  Antiochiae:  aqua 
recepta  multa  pecunia  a  domino  patriarcha,  recessit  ad  tempus, 
sperans  quia  circumquaque  munitionibus  occupatis  civitas  diu 
perdurare  non  posset.  Subiecit  itaque  suae  dominationi  in 
principatu  Antiocheno  civitates  et  oppida  25  et  ultra. 

Man  erkennt  leicht,  auch  ohne  dass  ich  das  letzte  Capitel 
der  Bongarsischen  Redaction  hier  ganz  wiedergebe,  die  Diffe- 
renzen zwischen  Sanuto  I  und  Sanuto  II.  Während  dort  — 
abgesehen  davon,  dass  von  dem  Edelmuth  Saladins  gar  nicht 
die  Rede  ist  —  Saladin  erst  nach  seinem  Zuge  gegen  Tripolis 
und  durch  das  Fürstenthum  Antiochia  vor  Tyrus  Halt  macht, 
wird  in  Sanuto  II  das  Umgekehrte  berichtet.  Auch  schweigt 
Sanuto  I  ganz  von  der  in  Sanuto  II  erzählten  List  des  Mark- 
grafen von  Montferrat.  —  Hören  wir  nun  die  dritte  Redaction 
des  Paulinus: 

Cod.  Vatic.  1960  fol.  241''  (cap.  28,  pars  11):  Post  hec 
(d.  i.  nach  der  Einnahme  lerusalems)  redemptis  multis  et  iuxta 
condictum  eis  dato  securo  conducto  uxores  atque  filie  leroso- 
limitanorum  railitum,  qui  in  hello  capti  fuerant,  ad  Saladini 
usque  presentiara  admisse  ediderunt  lugubre  eiulatum,  Inqui- 
sita  causa  respondent  se  amisisse  viros  sibiquc  possessiones 
sublatas;  petebant  proinde  ad  aliquid  misericorditer  restaurari. 
nie  pietate  motus  eis  qui  superessent  captione  (?)  reddi  puellis- 
que  ex  thesauris  suis  dari  iussit  seeundum  quod  cuiusque  con- 
ditio exigebat;  easque  seeundum  principatus  sui  magnificentiam 
blande  consolatus  est.  At  postquam  Tripolim  pervenerunt, 
christianos  crudeliores  Saracenis  experiuntur.  Nam  execrabilis 
comes  Tripolitanus  cum  satellitibus  suis,  quicquid  eis  infidelcs 
dimiserant,  abstulerunt.  Deinde  Saladinus  Ascalonam  hoc 
pacto  per  deditioncm  accepit,  ut  regem,  magistrum  Templi  et 


Studien  zu  Marino   Sanuto   dem  Aelteren.  67 

quosdam  alios  libertati  clonaret.  Postea  ivit  ad  obsidendum 
Tyrum.  Sed  ipsa  die,  qua  captus  est  rex,  illuc  applicuit 
Corradus  marchio  Montisferrati  strenuus  pugnator,  et  eo  pacto 
proruittit  def'endere  civitatem,  iit  dominetur  ibidem.  Contigit 
autem,  iit  cuiusdam  admirati  filius  offenso  patre  ad  civitatem 
confugeret  peteretque  baptismum.  Huius  nomine  scriptam 
literam  cum  sjjiculo  transmisit  marchio  ad  hostes,  in  qua  iuve- 
nis  Saladinum  salutabat  ut  dominum,  Asserebat  deinde  civi- 
tatis nosce  (nosse?j  statum  et  nocte  sciret  fugere  christianos, 
et  si  liiis  non  credebat,  nocte  ad  portum  faceret  observari. 
nie  tenore  litere  delectatus,  galeas  bonis  replet  hominibus. 
Marchio  ad  muros  diligentem  ponens  custodiam  sed  quietam, 
et  a  barbacanis  cunctos  submovit;  universos  autem  armatos 
ad  portum  currere  iubet.  Cathena  portus  deponitur  ad  caute- 
lam.  Saraceni  hiis  consj^ectis  fictionem  reputant  veritatem  et 
poi'tum  intrare  festinant.  Post  vero  intrata  navigia  levatur 
cathena  et  trucidatis  Turchis  muniuntur  christianis.  Postea 
in  Saracenos,  qui  repleverant  barbacauos,  insihens  usque  ad 
1000  stravit.  Quod  aspiciens  Saladinus  conbustis  suis  machinis 
et  residuo  navigio  obsidionem  solvit.  Post  hec  mandat  comiti 
Tripolitano  etc.  .  .  . 

Also  auch  hier  folgt  Paulinus  III  der  Bongarsischen  und 
nicht  der  älteren  Redaction  Marino  Sanuto's  in  der  Reihenfolge 
der  Begebenheiten;  und  dass  er  nicht  Vorlage  für  Sanuto  11^ 
sondern  umgekehrt  aus  diesem  entnommen  ist,  geht  sowohl 
aus  dem  Fehlen  z.  B.  jenes  Vorfalles  mit  der  'matrona'  als 
auch  aus  einzelnen  kleinen,  aber  nicht  unwesentlichen,  Aende- 
rungen  hervor,  unter  denen  ich  nur  diese  hier  betonen  will, 
dass  Paulinus  den  Markgrafen  Konrad  ganz  bestimmt  am  Tage 
der  Gefangennehmung  König  Guido's  nach  Tyrus  gelangen 
lässt  und  das  'ut  dicitur'  Marino  Sanuto's  ganz  unbeachtet  lässt. 

Was  aber  die  beiden  früheren  Redactionen  des  Pau- 
linus betrifft,  so  enthält  wieder  die  erste  von  dem  ganzen 
Passus  'Post  hec  redemptis  —  obsidionem  solvit'  keine  Silbe^ 
während  in  der  zweiten  der  hier  erwähnten  Vorfälle  nur  mit 
den  paar  Worten  gedacht  wird  Cod.  Marc.  fol.  79'':  (lUe  lerusa- 
lem  obsidet  et  optinet  II.  Octobris  XIIII.  die  obsidionis.)  Circa 
Tyrum  vero  dampna  recepit  terra  marique.  Inde  pergit  Tri- 
polim —  — .  So  können  auch  diese  beiden  Redactionen 
hier  nicht  Quelle  für  Sanuto  I  oder  II  gewesen  sein.  Sanuto  I 
folgt  vielmehr  hier  wieder  wörtlich  dem  Berichte  des  Jacobus 
de  Vitriaco  (Bongars  S.  1118  ff.)'). 

Fragt  man  nun  aber  umgekehrt,  ob  im  Paulinus  I  und  II 
etwa  Sanuto  I  oder  II  schon  benutzt  seien,  so  habe  ich  bezüg- 


1)  Marino   Sanuto  II   vielleicht    wieder    dem    Fr.  Franciscus    Pipinus 
(cf.  Murat.   SS.  VII,   col.  800  £f.). 

5* 


68  Studien  zu  Marino   Sanuto   dem  Aeltereu. 

lieh  der  ersten  Redaction  des  Paulinus  eine  Entlehnung  aus 
Sanuto  nicht  constatieren  können.  Dieselbe  scheint  unabhän- 
gig von  demselben  entstanden  zu  sein  und  schliesst  sich  genauer 
an  Vincenz  von  Beauvais  und  an  die  Kirchengeschichte 
des  Tolomeo  von  Lucca  an.  —  Was  aber  die  zweite 
Redaction  des  Paulinus  betrifft,  so  ist  es  bei  deren  Kürze  nicht 
so  ganz  leicht  zu  entscheiden,  ob  Sanuto  I  oder  II  Vorlage 
gewesen. 

Höchstens  aus  der  Reihenfolge  der  Ereignisse  an  der 
zweiten  Stelle  —  erst  Belagerung  von  Tyrus,  dann  Zug  gegen 
Tripolis  —  könnte  man  vielleicht  nach  dem  oben  Gesagten 
auf  eine  Benützung  der  Bongarsischen  Redaction  in  Paulinus  II 
schliessen. 

Wieder  an  anderen  Stellen  ist  die  Entscheidung  deshalb 
schwierig  oder  unmöglich,  weil  da  die  beiden  Redactionen 
Sanuto's  zusammenstimmen.  So  z.  B.  dort,  wo  die  Ueberfahrt 
und  Krönung  Johanns  von  Brienne  erzählt  wird.  Ich  will 
auch  diesen  Passus  aus  der  älteren  Redaction  Sanuto's  hier  in 
extenso  wiedergeben,  weil  er  in  jenem  Theile  steht,  der  auf 
die  oben  angeführte  Randbemerkung  in  Cod.  R  1  'abhinc  usque 
in  finem  de  magno  tcio  fratris  Paulini  sumptum  est'  folgt. 
(Die  Abweichungen  bei  Bongars  S.  206,  lib.  III,  pars  XI, 
cap.  5,  setze  ich  in  Klammer.) 

R  1  fol.  72''  lib.  III,  pars  IX,  c.  4:  Continet  lohannis 
comitis  Brenensis  adventum  ac  coronationem;  insultum  quoque 
Saracenorum  contra  Ptholomaydam  >)  et  Christianorum  in  eos 
(et  quae  gesserunt  in  terra  promissionis). 

Cum  igitur  statutum  approximaret  tempus,  prefatus  comes 
et  crucesignati  milites  ceteraque  populi  multitudo  Marsihe  in- 
ti'ant  navigia,  et  impellente  borea  non  Ptholomayde  sed  ad 
Cayphe  applicuerunt  flumen.  Obviavit  autem  venienti  Ptholo- 
mensis  clerus  populusque  cum  ingenti  gaudio  in  vigilia  exal- 
tationis  sancte  crucis ;  nee  distulit  in  crastino  desponsare  regi- 
nam,  homagia  quoque  ipsa  die  a  cunctis  exigere  1210.  Tyrum 
deinde  properavit  cum  regina  simul  coronam  accipere,  presenti- 
bus  pene  cunctis  baronibus  et  prelatis,  dimissa  certa  militum 
quantitate  ad  custodiam  Ptholomayde  civitatis.  Dum  igitur 
Tyri  aguntur  coronationis  solempnia  (cor.  s.  T.  ag.),  Corra- 
dinus  qui  et  Melec  Maadam  (Mahadan)  consentiente  nunc 
patre  cum  exercitu  multo  nimis  civitatem  Ptholomaydam  agressus 
est;  sed  extra  urbcm  Ptholomenses  omnes  (universos)  paratos 
armisque  munitos  invenit.  Et  dum  Corradinus  ipse  exercitui 
Christiane  nimis   appropiat  nimisque  coartat,  spiculo  sub  aure 


1)  In  der  Handschrift  wechselt  die  Schreibweise  Ptolom.  und  Ptholom. 
zwar  mehrfach  ab,  allein  der  Gleichmässigkeit  halber  wählen  wir  die 
letztere. 


Studien  zu  Älariuo   Sanuto   dem  Aelteren.  69 

equus  illius  percutitur  quod  ad  cerebrum  usque  pertransit 
(pervenit).  Vulneratus  equus  furibunde  se  iactans  elevansque 
Corradinum  deiecit,  et  licet  a  circumstantibus  prompte  erectus 
fuerit,  in  ipso  tarnen  casu  Turchi,  heu,  tara  atrociter  clama- 
verunt,  ut  christianos  omnes  subitaneus  tremor  concusserit. 
Facta  autem  vespera  Corradinus  cum  suo  apparatu  regreditur. 
Rex  vero  et  regina  ceterique  tertia  die  peracte  solempnitatis 
ad  P  t h  0 1  o  m  e n  s  e m  civitatem  (ad.  c. Ptholomaydam)  revertuntur. 
Post  reditum  rex  lohannes  magnum  congregat  apparatum  et 
casale  refertum  divitiis,  nominatum  vulgariter  (v.  n.)  lusse,  in- 
vasit,  ceteraque  multa  casalia  predatus,  hominum  ac  iumen- 
torum  copiosam  adducens  predam,  salvus  cum  suis  ad  propria 
remeavit.  Extuuc  vero,  quasi  obsessi  essent  in  Ptholomayda 
(peregrini)  nunquam  amplius  exierunt :  non  rex  nee  (non)  baro, 
non  crucesignatus;  et  factus  est  quasi  popularis  quilibet  mili- 
taris,  donec  aliud  venit  passagium,  de  quo  iufra  sequenti  capi- 
tulo  (c.  s.).  Solum  interim  (iuterdum)  Gualterus  de  Monte 
Beliarcho,  frater  matris  lohannis  regis,  qui  de  regno  Cypri  ad 
eum  confugerat,  quia  de  magnis  pecuniis  a  rege  Hugone,  facto 
adulte  etatis,  requirebatur  reddere  rationem,  cum  stolo  per 
mare  ad  partes  accedens  Egipti,  per  flumen  Damiate  ascendit 
usque  ad  oppidum  vulgariter  dictum  Bore,  et  cum  multo  lucro 
Ptholomaydam  rediit.  Eodem  anno  1214  Albertus  patriarcha 
lerosol.  in  processione  occisus  (mortuus)  est.  Cui  successit 
Rodulphus.  Agari  (?  Agareni)  vero  attendentes,  quia  (quod) 
rex  lohannes  et  qui  cum  eo  transierant,  longe  quam  putave- 
rant  inferioris  esse  (?  essent)  potentie,  satis  cito  post  corona- 
tionem  ipsius  congregato  exercitu  inter  cetera  christianis  mo- 
lesta,  castrum  firmant  (firmaverunt)  in  monte  Tabor,  IX  leuchis 
a  Ptholomayda,  ut  eandem  civitatem  amplius  molestarent,  unde 
et  ante  ipsam  sepius  discurrebant.  Peregrini  quoque  repatria- 
bant  nee  remanserunt  homines  multum  divites  vel  potentes. 

Während  die  erste  Redaction  des  Paulinus  über  alles 
dies  wieder  gar  nichts  berichtet,  wird  in  der  zweiten  wenig- 
stens   (Cod.  Marc.  fol.  80 1')    in   der   Rubrik  'Reges  lerusalem' 

Folgendes  erzcählt: transiens  vero  (sc.  lohannes  Brenensis 

comes)  usque  ad  300  milites  secum  duxit.  Post  coronacionem 
semel  perrexit  ad  casale  vulgariter  dictum  Ivsse  et  eum  cum 
pluribus  aliis  depredatur  et  copiosam  predam  reportavit  ani- 
malium  hominumque.  Videntes  autem  Turchi  venisse  longe 
quam  putabant  inferioris  potentie,  inter  cetera  christianis  mo- 
lesta  firmaverunt  castrum  in  monte  Tabor,  ut  Ptholomaidam 
amplius  molestarent,  unde  quasi  obsessi  extunc  in  civitate 
manebant.  Peregrini  quoque  repatriabant  nee  remanserunt 
homines  multum  divites  vel  potentes.  In  der  Rubrik  'Soldani 
Damasi  et  Egypti'  ferner:  Corradinus  filius,  soldanus  Damasci. 
Hie  vivente  patre  ante  Ptholomaydam  venit  bis;  secunda  vice 


70  Studien  zu  Marino   Sanuto   dem  Aelteren. 

equus  eins  in  celebro  (sie!)  percussus  spiculo  eum  terre  alisi 
(allisit).     Postea  lerusalem  capit. 

Und  hören  Avir  noch  einmal  die  dritte  Redaction  des 
Paulinus  an  dieser  Stelle  (Cod.  Vatic.  1960,  fol.  247b, 
c.  230,  p.  2): 

1210  Johannes  comes  Brenensis  Ptholomaydam  apliciüt  (sie! 
cf.  oben  R  1  S.  26)  pergitque  Tyrum  cum  prelatis  et  baronibus, 
ubi  reginam  desponsat  et  coronatur.  Corradinus  autem  qui  et 
Melech  Maaddam  Ptholomaydam  agressus  Ptholomenses  extra 
nrbem  paratos  invenit.  Et  eum  nimis  appropinquaret,  equus 
illius  sub  aure  percussus  furibunde  se  iactans  illum  deiecit.  Facta 
autem  vespera  ad  propria  regressus  est.  Rex  Ptholomaydam 
rediens  semel  predam  magnam  egit  et  cum  suis  salvus  rediit. 
Extune  christiani  quasi  obsessi  essent  numquam  exibant. 
Saraeeni  autem  videntes  eum  inferioris  esse  potentie  quam 
putabant,  firmaverunt  castrum  in  rnonte  Tabor;  et  ante  Ptholo- 
maydam sepius  diseurrebant,  propter  quod  multi  peregrini 
repatriabant  divites  et  potentes. 

Von  einer  Benutzung  des  Paulinus  durch  Sanuto  kann 
auch  hier  wieder  keine  Rede  sein;  Paulinus  II  aber  kann  ebenso 
gut  aus  Sanuto  I  als  II  geschöpft  haben.  Von  den  übrigen 
Stellen,  die  ich  mir  notieren  konnte,  ist  nur  eine,  welche  mit 
grösserer  Wahrscheinlichkeit  einen  Schluss  auf  das  Verhältnis 
der  zweiten  Redaction  des  Paulinus  zu  den  beiden  Redactionen 
Marino  Sanuto's  zulässt:  nämlich  die  von  der  Eroberung  der 
Stadt  Tyrus  durch  die  Venetianer  im  Jahre  1124.  Im  engsten 
Anschluss  an  Jacobus  de  Vitriaco  (Bangars  pag.  1072, 
Z.  16)  berichtet  die  ältere  Redaction  Sanuto's  darüber  fol- 
gendermassen  (Cod.  R  1  fol.  58,  IIb.  III,  pars  III,  cap.  5  de 
obsidione  et  captione  Tyri  et  edificatione  castri  Thoroni) : 

—  —  Post  hec  vero  cum  seeundus  rex  lerosolimitanus 
Balduinus  de  Burgo  peccatis  exigentibus  in  captivitate  Sara- 
cenorum  detineretur,  dominus  patriarcha  lerosolimitanus  cum 
archiepiscopis  et  episcopis  et  aliis  regni  baronibus  eum  comite 
Tripolitano  civitatem  obsidione  vallavit,  cum  duce  etiam  Vene- 
torura,  doraino  Dominico  Michaele  (der  Name  fehlt  bei  Jae. 
de  Vitr.),  qui  multitudine  pugnatorum  comitatus  cum  galeis 
40  et  multis  tarn  maioribus  quam  minoribus  navibus  ex  parte 
navis  urbem  obsedit.  Qui  cum  multo  (immenso)  labore  et 
multa  sanguinis  effusione  cum  variis  machinis  et  bellicis  in- 
strumentis  longo  tempore  civitatem  impugnassent,  quinto  obsi- 
dionis  raense  cives  fame  intoUerabili  defieicntes  ad  deditionem 
compulerunt;  qui  salvis  personis  et  rebus  nostris  resignave- 
runt  civitatem.  Anno  igitur  ab  incarnatione  Domini  1 124  capta 
est  civitas  Tyrensis  a  christianis  et  ehristiano  nomini  restituta. 

Hiemit  stimmt  nun  die  zweite  Redaction  des  Paulinus 


Studien  zu  Marino  Sanuto   dem  Aelteren.  71 

keineswegs  überein,  wo  in  der  Rubrik  Duces  Venec.  (Cod. 
Marc.  fol.  7G'')  der  Bericht  darüber  so  lautet: 

Dominicus  Michael.  Iste  invitatus  a  rege  lerusalem  et 
prelatis  cum  magno  stolo  iens  in  via  (i  vi^)  superavit  classem 
Babilonicam.  Postea  versus  Egyptum  navigans  usque  civita- 
tem  Laris  X  naves  cepit,  quibus  exercitus  ditatus  est.  Interim 
rex  lerusalem  captus  est  a  Turchis  (sie!).  Veneti  autem  cum 
baronibus  et  prelatis  concordaverunt  obsidere  Tyrum  et  pacta 
inierunt  postea  per  regem  confirmata:  quod  in  omni  civitate, 
quam  caperent,  Veneti  habeant  rugam  1  liberam  et  francham, 
1  ecclesiam,  1  balneum,  1  clibanum  omniaque  sua  libera  et 
francha,  sicud  rex.  In  Ptholomayda  autem  facere  valeant  pre- 
dicta  et  1  molendinum  et  habere  mensuras  bladi,  vini  et  olei. 
Et  de  Tyro  habeant  anuatim  (sie !)  300  bizancia  et  terciam  partem 
Tyri  et  Ascalone,  si  eas  capi  contingerit.  Sed  pro  defensione 
earum  terciam  partem  expensarum  ponere  debebant.  Et  si 
Venetus  cum  Veneto  causam  haberet,  eorum  more  iudicabitur. 
Ceperunt  postea  Tyrum  1124  ultimo  lunii;  et  exierunt  Veneti 
de  Ptholomaida  ad  hoc  opus  XV.  Februarii. 

Vergleicht  man  diesen  Passus  mit  der  Bongarsischen  Re- 
daction  (lib.  III,  pars  VI,  cap.  11  und  12,  S.  159  und  160), 
so  ei'kennt  man  leicht,  dass  Paulinus  II  aus  dem  grösseren 
Berichte  bei  Bongars  nur  einen  Auszug  giebt;  wobei  noch 
hervorzuheben  ist,  dass  Paulinus  seine  kurze  Darstellung  hier 
nicht  aus  seinem  früheren  Werke,  jener  epytoma,  schöpfen 
konnte.  Denn  diese  erste  Redaction  des  Paulinischen  Ge- 
schichtswerkes berichtet  hierüber  wiederum  gar  nichts,  während 
andererseits  die  dritte  Redaction,  umfangreicher  als  der  Aus- 
zug in  der  zweiten,  sich  noch  enger  an  die  Bongarsische  Re- 
daction anschliesst. 

Demnach  darf  man  wohl  mit  ziemlicher  Sicherheit  anneh- 
men_,  dass  bereits  beide  Redactionen  von  Marino  Sanuto's  'Liber 
secretorum  fidelium  crucis'  vor  der  zweiten  und  dritten  Redac- 
tion des  Paulinischen  Geschichtswerkes  entstanden  sind.  Dann 
aber  wird  man  der  Vermuthung  G.  M.  Thomas'  einer  Benutzung 
des  Paulinus  durch  Sanuto  kaum  beipflichten  können,  womit 
ich  diese  Erörterungen  schliessen  will. 


Nachtrag-: 

Durch  gütige  Vermittlung  des  Herrn  Bibliothekars 
Dr.  A.  Neubauer  an  der  Bodleiana  in  Oxford  erfahre  ich,  dass 
in  der  That  Mr.  Walter  Sneyd  die  Handschrift  weder  jemals 
veröffentlicht  hat  noch  hat  veröffentlichen  wollen,  dass  er  sie 
vielmehr  an  das  Britische  Museum  verkauft  habe.  Meine  Ver- 
muthung, dass  sie  dann  identisch  sein  dürfte  mit  jener,  oben 
S.  14  n.  3   sub   Nr.  11,   aufgeführten  Handschrift  Nr.   27376 


72  Studien  zu  Marino   Sanuto   dem  Aelteren. 

der  'Additional  manuscripts'  des  Britischen  Museums  wird 
durch  ein  Schreiben  des  dortigen  Bibliothekars  Edward  A.  Bond 
bestätigt,  der  mir  darin  auf  Befragen  gefälligst  mittheilt,  dass 
die  Handschrift  im  Jahre  1866  vom  Britischen  Museum  dem 
Mr.  Sneyd  abgekauft  wurde  und  wirkhch  die  des  Ab.  Canonici 
ist.  So  ist  auch  diese  wichtige  Handschrift  des  Marino  Sanuto 
Torsello  endlich  wieder  gefunden. 


V. 

Ueber  Anselms 

Gesta  episcoporum  Leodiensiiim. 

Von 

G.  Waitz. 


ijkV,  den  eigenthümlichen  Erscheinungen  in  der  Historiogra- 
phie des  Mittelalters  gehören  die  zwei  weit  auseinandergehenden 
Texte  von  Anselms  Gesta  episcoporum  Leodiensium.  So  aus- 
führlich der  Herausgeber  im  VH.  Bande  der  Scriptores  R.  Köpke') 
auf  die  Fragen  eingegangen  ist,  die  sich  aus  den  uns  erhalte- 
nen Vorreden  in  Beziehung  auf  den  Verfasser  und  die  Art  der 
Ueberlieferung  seines  Werkes  ergeben,  so  wenig  hat  er  über 
die  Verschiedenheit  der  Texte  gesagt,  die  in  den  Handschriften 
vorliegen,  indem  er,  wie  es  scheint,  die  Abweichungen,  welche 
sich  finden,  auf  Rechnung  des  Aegidius  von  Orval  schreibt, 
der  das  ältere  Werk  vermehrt  und  fortgesetzt  hat  und  in  dessen 
Ueberarbeitung  Köpke  der  eine  Text  nur  bekannt  geworden 
war.  Um  so  mehr  hatte  Dr.  Heller,  da  er  die  neue  Ausgabe 
des  Aegidius  für  SS.  XXV.  übernahm,  Aufforderung,  die  Sache 
genauer  zu  untersuchen;  er  erkannte,  nach  Vergleichung  auch 
einer  seit  Chapeaville  nicht  wieder  benutzten,  aber  in  Lüttich 
bewahrten  Handschrift  2),  das  richtige  Verhältnis  Aegids  zu 
seiner  Vorlage,  die  dieser  im  ganzen  wörtlich  wiedergegeben  hat, 
und  versprach  eine  nähere  Untersuchung  über  Beschaffenheit 
und  Entstehung  des  hier  benutzten  Textes  3),  Sein  früher 
Tod  hat  ihn  nicht  dazu  gelangen  lassen  die  Arbeit  auszuführen, 
zu  welcher  nur  einzelne  Notizen  in  seinem  Nachlass  sich  fan- 
den. Da  die  Sache  schon  früher  meine  Aufmerksamkeit  auf 
sich  gezogen  hatte,  habe  ich  geglaubt,  nun  meinerseits  die 
Untersuchung  aufnehmen  zu  sollen. 

Es  ist  im  Mittelalter  ja  nicht  ungewöhnlich,  dass  einzelne 
Werke,  namentlich  Biographien  der  Kirche  angehöriger  Männer 
eine  Ueberarbeitung  erfahren,  um  eine  ältere  Darstellung  les- 
barer zu  machen,  eine  kürzere  Bearbeitung  zu  erweitern,  um- 
gekehrt eine  für  gewisse  Zwecke  zu  ausführliche  abzukürzen. 
Mitunter  nennt  sich  dann  der  zweite  Autor  und  unterscheidet 

1)  Wattenbach  in  den  Geschicbtsquellen  hat  von  den  vorliegenden 
Schwierigkeiten  überhaupt  nichts  erwähnt,  das  Werk,  wie  ich  meine,  zu 
kurz  behandelt.  2)   Bei  Köpke  als  D  1*  aufgeführt    und    so  als  Ablei- 

tung von  Aegidius  hingestellt.  3)   SS.  XXV,   S.  5  N.  7  für  den  4.  Band 

des  neuen  Archivs  in  Aussicht  gestellt,  ward  sie  später  S.  873  auf  Bd.  7 
verwiesen. 


76  lieber  Anselms   Gesta  episcoporum  Leodiensium. 

sein  Werk  bestimmter  von  der  Vorlage,  die  er  hatte;  es  kom- 
men aber  auch  wohl  Fälle  vor,  wo  das  nicht  der  Fall.  Auch 
grössere  Werke  haben  mitunter  eine  solche  Ueberarbeitung, 
man  kann  vielleicht  sagen  Ausglättung  erhalten:  das  auf- 
fallendste Beispiel  ist  der  Text  des  Thietmar  in  der  Brüsseler 
Handschrift,  die  häufig  ganz  andere  Worte,  aber  im  wesent- 
lichen ganz  denselben  Inhalt,  nur  vereinzelt  kleine  Zusätze  zu 
dem  ursprünglichen  Werk  giebt,  welche  entschieden  auf  einen 
anderen  Verfasser  hindeuten.  Es  ist  aber  auch  nicht  unge- 
wöhnlich, dass  ein  Autor  selbst  sein  Buch  umgearbeitet,  viel- 
leicht in  verschiedenen  Recensionen  hat  ausgehen  lassen.  Beim 
Richer  liegt  der  Originalcodex  vor,  welcher  zeigt,  in  wie  um- 
fassender, den  Sinn  oft  ganz  verändernder  Weise  das  gesche- 
hen ist.  Von  Ekkehard,  Gotfried  von  Viterbo,  Martin  von 
Troppau  u.  a.  sind  die  verschiedenen  Editionen  ihrer  Werke 
erhalten,  die  auch  nicht  ganz  unerhebliche  Abweichungen  zeigen. 
Die  Chronica  regia  Coloniensis  erfuhr  im  Pantaleons  -  Kloster 
eine  weitgreifende  Umgestaltung,  Ottos  von  Freising  Chronik  ist 
mehrfach  interpoliert.  Bei  späteren  Weltchroniken  sind  solche 
Ueberarbeitungen  öfter  nachzuweisen.  Das  vorhergenannte 
Werk  des  Aegidius  hat  in  der  Originalhandschrift  sowohl  von 
ihm  wie  von  anderen  im  Lauf  der  Zeit  bedeutende  Zusätze  er- 
halten. Und  ähnliche,  immer  imter  sich  etwas  verschiedene  Bei- 
spiele lassen  sich  mehrere  anführen.  Aber  in  mancher  Beziehung 
eigenthümlich  ist  was  in  den  beiden  Texten  des  Anselm  vorliegt. 

Man  kann  den  einen  eine  abgekürzte  Redaction  nennen. 
In  der  That  ist  manches  fortgelassen,  hie  und  da  die  Erzäh- 
lung zusammengezogen.  Aber  keineswegs  tritt  nur  die  Tendenz 
hervor,  eine  kürzere,  mehr  übersichtliche  Darstellung  zu  geben. 
Denn  anderswo  ist  die  Erzählung,  die  wir  vorläufig,  und  wohl 
mit  Recht,  als  die  ältere  und  ursprüngliche  betrachten,  erweitert, 
mit  Zusätzen  versehen,  oder  nur  in  ein  anderes  Gewand  ge- 
kleidet. 

Sehr  bald  zeigt  sich  dann  aber,  dass  es  sich  auch  nicht 
blos,  wie  bei  dem  Codex  des  Thietmar,  um  eine  stilistische 
Verschiedenheit  handelt,  ebensowenig  freilich  um  sachliche 
Erweiterungen,  ]\Iittheilung  neuer  Thatsachen,  Benutzung  etwa 
neuer  Quellen  —  nur  an  einer  Stelle  ist  das  der  Fall,  e.  25, 
wo  eine  längere,  sagenhafte  Darstellung  von  der  Erobervmg 
Chievremonts  eingeschaltet  wird  — ,  sondern,  um  es  kurz  zu 
bezeichnen,  um  eine  andere  Auffassung  der  Dinge  oder  doch 
das  Streben,  diese  in  anderer  Beleuchtung  sehen  zu  lassen. 

Es  wird  das  an  einzelnen  Beispielen  deutlich  zu  machen 
sein.  Und  zwar  halte  ich  mich  wesentlich  an  die  Geschichte 
des  Bischofs  Wazo,  dessen  Zeitgenosse  Anselm  war,  über  den 
das  Buch  in  grosser  Ausführlichkeit  und  mit  entschiedener 
Vorliebe  handelt. 


Ueber  Auselms   Gesta  episcoporum  Leodiensium.  77 

Als  Beispiel  abgekürzter  Bearbeitung  führe  ich  den  Schluss 
von  c.  53  an.  Sagt  A  1  (wie  ich  den  unter  Anselms  Namen 
gedruckten  Text  bezeichnen  werde):  'Nichilominus  pii  patris 
industria  ruricolarum  laboriosam  respicit  inopiam ;  ad  cujus 
malum  temperandum  toto  hoc  famis  tempore  unicuique  mansio- 
nario  per  singulas  ebdomadas  binos  dari  constituit  denarios, 
ne  prae  instante  angustia  boves  vendere  aut  de  caetero  terram 
inaratam  relinquere  cogerentur  sicque  erumnosam  vitam  aut 
mendicando  ducere  aut  mortem  omni  gladio  seviorem  cum 
omni  domo  miserabiliter  incurrere',  so  A  2  nur:  'Ruricolarum 
quoque  suorum  pius  pater  laboriosam  non  despexit  inopiam; 
quibus,  ne  pro  instante  angustia  boves  vendere  cogerentur 
ideoque  terra  inculta  relinqueretur,  singulis  in  ebdomada  toto 
famis  tempoi'e  binos  constituit  dari  denarios'.  Der  unmittelbar 
vorhergehende  Satz:  'Quid  dicam  de  congregationibus'  etc.  ist 
ganz  übergangen.  Bemerkenswerther  vielleicht,  dass  zu  Anfang, 
wo  von  der  Hungersnoth  die  Rede  ist,  auch  die  Worte  aus- 
gelassen werden:  'cujus  feda  ubivis  fas  est  adhuc  cernere  vestigia'. 

Ich  füge  gleich  hinzu,  dass  c.  51  den  Worten  von  A  1 : 
'nisi  praesens  vidissem,  nuUo  modo  crederem',  in  A  2  nichts 
entsprechendes  gegenübersteht;  der  ganze  Passus,  in  dem  von 
Wazos  Thränen  bei  seiner  feierlichen  Einführung  als  Bischof 
die  Rede  ist,  fehlt. 

Vorher,  wo  von  dem  Widerstreben  gegen  seine  Wahl  ge- 
sprochen wird,  sagt  A  1 :  'Ille  econtra,  credi  non  potest,  quantas 
moras  suae  electioni  innectere,  quanto  annisu  ne  fieret  studuerit 
insistere:  electionem  regi  displicituram  parura  valei*e,  super  hoc 
negotio  magis  ejus  expectandum  esse,  dicens,  arbitrium'.  Das 
Letzte  wird  beseitigt,  und  es  ist  wohl  nicht  zufällig,  dass  so  nicht 
mehr  davon  die  Rede  ist,  wie  Wazo  dem  König  die  Initiative 
bei  der  Wahl  des  neuen  Bischofs  eingeräumt  hat.  Dagegen 
wird  sein  AViderstand  weiter  ausgeführt:  'Reluctatur  ille  totis 
viribus,  obtentu  divinae  pietatis  misericordiam  sibi  impendi 
precatur'.  Und  nachher:  'Trahitur  ad  cathedram  pia  coactus 
violentia'.  Mit  den  Worten  'et  ne  diutius  verbis  irretiar  kehrt 
A  2  zu  A  1  zurück;  um  bald  wieder  mehr  selbständige  Wege 
zu  gehen.  Die  'adulantiura  linguae'  dort  verwandeln  sich  in 
'malivoli';  begnügen  sich  jene  zu  sagen:  'non  potius  talem  eligi 
oportere,  qui  informatus  subjectione  claustralis  oboedientiae 
non  tam  praeesse  quam  prodesse  didicerit',  so  gehen  diese 
erheblich  weiter:  'Wazonem  .  .  .  rüdem  animo  et  actibus  incom- 
positum  hactenus  extitisse,  superioribus  contumacem,  inferiori- 
bus  infestum;  non  expedire  regi,  ut  virum  promoveat,  quem 
possit  aliquando  reperire  contra  se  obstinatum'.  Man  kann 
auch  hervorheben,  dass  A  2  es  nöthig  findet,  den  Herimannus 
archiepiscopus  als  'Coloniensis'  zu  bezeichnen,  dass  er  vorher, 
statt  'cervicibus  nostris'  sagt  'Leodiensibus',  und  ähnlich  einige 


78  Ueber  Auselms   Gesta  episcoporum  Leodieusium. 

Male  sonst;  doch  steht  gleich  nachher  bei  beiden  'electum 
nostrum',  und  nur  so  viel  ergiebt  sich  mit  Sicherheit,  dass  A  2 
jünger  ist,  an  A  1  geändert,  aber  nicht  ganz  den  ursprünglichen 
Tenor  verwischt  hat. 

Später  c.  58  lässt  A  1  den  Erzbischof  Wigger  von  Ravenna, 
der  angeldagt  war,  vor  der  ordinatlt)  als  presbiter  'cum  dal- 
matica  et  sandaliis'  Messe  gelesen  und  andere  kirchliche  Hand- 
lungen vorgenommen  zu  haben,  sich  damit  rechtfertigen,  dass 
dies  altem  Herkommen  in  der  Kirche  von  Ravenna  entspreche. 
A  2  aber  schreibt:  'Ille  verbis  utens  excusatoriis,  ignoranter 
se  deliquisse  fatetur'.  Er  übergeht  auch,  dass  Wazo  sich  ge- 
weigert, als  Deutscher  Bischof  über  einen  Italiener  zu  urtheilen. 

Entgegengesetzt  ist  das  Verfahren  c.  60,  wo  A  1  sagt: 
'perlatae  sunt  litterae  ad  domnum  Wazonem  episcopum,  unde 
aut  a  quo  transmissae  parum  est  nobis  cognitum,  quibus  in- 
erant  verba  ad  sollicitandum  persuasibilia,  ut  tria  milia  pugna- 
torum  in  municionibus  urbium  et  oppidorum  suorum  recipiat'. 
Die  3000  verwandeln  sich  bei  A  2  in  'armatorum  coetum',  das 
'unde  —  parum  est  nobis  cognitum'  in  das  einfachere  'nescitur 
a  quo';  dagegen  erhalten  die  'verba  ad  sollicitandum  persua- 
sibilia' hier  eine  längere  Ausführung:  'presentium  directorem 
ejus  pavori  multum  condolere,  ab  instanti  guerrarum  jDondere 
vehementer  ei  metuerc,  utili  consilio  vehementer  eura  indigere. 
Idcirco  pro  antiqua  communi  amicitia  non  negligendura  ei  pre- 
bere  consilium,  quatenus'  etc. 

Noch  weiter  entfernt  sich  A  2  von  seiner  Vorlage  in  c.  61, 
wo  erzählt  wird,  das  Wazo  durch  seine  Vorstellungen  den 
König  von  Frankreich  abgehalten  habe,  den  während  der  Ab- 
wesenheit Heinrich  IH.  auf  dem  Römerzug  beabsichtigten  Ein- 
fall in  Lothringen  zu  machen.  Ihm  ganz  allein  gehört  die 
Schilderung  von  den  Veranstaltungen  des  Königs  an:  'Protinus 
ad  regis  jussum  principum  coguntur  concilia,  proponuntur  edicta, 
proceres  preparantur,  exercitus  undique  contrahuntur,  potentes 
armantur,  tota  postremo  Francia  commovetur'.  Wo  nachher 
von  Wazos  (zweitem)  Brief  A  1  sagt:  'Cui  e  contrario  noster 
Cycero  inter  alia  talia  rescriptitat',  liest  man  in  A  2:  'denuo 
mittit  epistolas,  scribens  mordatius  in  haec  verba'.  Und  die 
Worte  welche  folgen  weichen  weit  genug  ab  von  denen  welche 
A  1  giebt,  sie  sind  eben  'mordatius'  redigiert;  nur  ein  Satz  stimmt 
ziemlich  wörtlich  überein;  das  Uebrige  ist  viel  weiter  ausge- 
führt, auch  ganz  neue  Gedanken  sind  eingeschoben:  'Sin  autem 
id  quod  mente  concepisti  persistis  explere,  eos  qui  tibi  obsistant 
scias  omnino  non  defore,  quin  potius  omne  Moguntinorum, 
Coloniensium,  Leodiensium  aliarumque  multarum  urbium  robur 
ad  repugnandum  novcris  occurrere'.  Ich  weiss  nicht,  ob  diese 
Berufung  auf  die  Streitmacht  Rheinischer  Bischöfe  und  ilu-er 
Städte  der  Grund  ist,  warum  er  vorher,  auch  abweichend  von 


Ueber  Anselms  Gesta  episcoporum  Leodieusium,  79 

A  1,  den  König  nach  Italien  ziehen  lässt  'totius  fere  Ger- 
inaniae  et  Alemanniae  dueiim  vel  eomitum  ceterorumque  nobi- 
lium  robore  comitatns',  also  nur  mit  weltlichen  Fürsten.  Jeden- 
falls ist  hier  nirgends  von  Abkürzung  die  Rede;  auch  von  dem 
Französischen  König  heisst  es  amplificierend:  'tanti  viri  laudibus 
effert  prudentiam,  nee  minore  admiratione  laudat  caritatem'. 

Anders  ist  das  Verhältnis  bei  dem  Brief  c.  63,  in  A  2  in 
der  That  nur  ein  Auszug  des  viel  längeren  in  A  1,  und  ähnlich 
ist  wenigstens  in  seinem  letzten  Theil  der  Brief  an  Johannes 
c.  41  behandelt,  wohl  ein  Beweis,  dass  wenigstens  der  Autor 
von  A  2  den  Wortlaut  auch  der  Briefe  nicht  für  etwas  Unan- 
tastbares gehalten  hat.  Dagegen  sind  die  Worte,  welche  A  1  c.  65 
giebt,  ziemlich  unverändert  beibehalten.  Wenn  sie  hier  aber 
erscheinen  als  'mandamina',  die  ein  'responsalis'  zu  überbringen 
hat,  so  wird  die  Sache  so  verändert,  dass  Wazo  den  respon- 
salis  schickt  ^cum  suis  litteris  haec  continentibus',  dem  entspre- 
chend ein  'domine  mi'  eingeschoben  und  dann  eine  Ausführung 
gegeben,  die  in  A  1  ganz  fehlt:  'liceat,  queso,  pace  vestra, 
omnium  ecclesiasticorum  doctorum  sententiis  instructo  proferre, 
quod  Justins  esse  perspexero.  Cum  enim  Judae  traditoris 
loco  legamus  apostolos  ubique  ulla  seculari  potentia  Mathiam 
apostolum  oi'dinasse,  credimus  hoc  exemplo  per  ecclesiasticos 
ministros  absque  potentia  seculari  electiones  et  promotiones 
apostolicorum  fieri  debere.  Sed  et  hoc  liceat  audacter  pro- 
testari,  electionem  apostolicam  seu  promotionem  ecclesiastico 
ritu  legitime  celebratam  ordinatione  divina  constare  munitam. 
Quapropter  ut  vestrae  saluti  pariter  et  honestati  congruum 
vobis  prebeamus  consilium'  etc.  Man  kann  wohl  zweifeln,  ob 
der  Autor  dem  Wazo  damit  einen  besonderen  Dienst  geleistet, 
dass  er  ihm  diese  Worte  unterschob.  Jedenfalls  hat  er  die 
Erzählung  nicht  verbessert,  wenn  er  nachher  nochmals  den 
responsalis  'cum  episcopalibus  litteris'  reisen,  dann  aber,  da 
dieser  die  Wahl  des  neuen  Papstes  schon  vollzogen  fand,  nur 
zögernd  mündlich  seinen  Auftrag  ausrichten  lässt. 

Trägt  dies  jedoch,  man  kann  sagen,  nur  den  ziemlich  harm- 
losen Charakter  rhetorisqher  Ausschmückung  an  sich,  so  steht 
die  Sache  noch  anders  im  c.  66,  wo  Wazo  redend  eingeführt 
wird :  'principis  bestialem  stoliditatera  publice  feriens',  und  der 
Autor  diesen  nachher  als  'superbientem  regem'  bezeichnet. 

Dass  diese  Ausdrücke  nicht  bei  Lebzeiten  Heinrich  III. 
geschrieben  sein  können,  scheint  mir  unzweifelhaft.  Auch  alles 
vorher  Angeführte  weist  auf  eine  spätere  Ueberarbeitung,  eine 
Zeit  hin,  wo  die  Kirche  der  weltlichen  Gewalt  gegenüber 
grössere  Unabhängigkeit  in  Anspruch  nahm,  wo  man  ein 
Interesse  haben  mochte,  Wazos  dem  entsprechenden  Standpunkt 
noch  schärfer  hervorzuheben,  und  zugleich  das  zu  beseitigen,  was 
scheinen  konnte  damit  in  einem  gcAvissen  Widerspruch  zu  stehen. 


80  lieber  Auselms  Gesta  episcoporum  Leodiensium. 

Ist  es  aber  nicht  unerhört,  dass  dergestalt  das  Werk  eines 
Schriftstellers  von  einem  andern  so  umgestaltet,  man  kann  nur 
sagen  verfälscht  wird?  Man  wird  vielleicht  geneigt  sein,  auf 
die  Ansicht  zurückzukommen,  Avelche  Köpke  bekämpft  und, 
wie  ich  meine,  beseitigt  hat,  dass  nach  alter  Ueberlieferung 
zwei  Autoren,  ein  Alexander  und  Anselm  für  das  Werk  anzu- 
nehmen seien.  Sie  ruht  offenbar  nur  auf  der  falschen  Auflösung, 
welche  einmal  das  bescheidene  A,  dessen  sich  der  Verfasser 
bediente,  erfahren  hat. 

Dagegen  lassen  zwei  Vorreden,  die  wir  haben,  keinen 
Zweifel,  dass  Anselm  sein  Buch  zweimal  ediert.  Er  habe, 
schreibt  er  an  Anno  von  Köln,  von  einem  Werk,  welches  er 
auf  Bitten  der  Ida  geschrieben,  den  älteren  Theil  abgeschnitten 
und  die  Geschichte  der  früheren  Bischöfe,  welche  Heriger  ver- 
fasst,  an  die  Stelle  gesetzt,  dieser  seine  Arbeit  als  Fortsetzung 
angehängt.  Wesentlich  dasselbe  sagt  eine  Vorrede  vor  dem 
zweiten  Buch,  die  nicht  Anselm  selbst  geschrieben  hat,  in  der 
wenigstens  von  ihm  in  dritter  Person  gesprochen  wird,  in  die 
aber  ein  Theil  der  Worte  aufgenommen  ist,  mit  denen  er  sein 
AVerk  für  die  Ida  begleitete.  Aus  beiden  Stellen  ergiebt  sich, 
dass  dies  älter  Avar,  als  die  Gestalt,  in  welche  das  Buch  durch 
Verbindung  mit  dem  Heriger  gebracht  ward  und  welche  uns 
erhalten  ist.  Keineswegs  kann  also  die  hier  besprochene  Recen- 
sion  A  2  mit  dieser  älteren  Arbeit  identisch  sein.  Und  zunächst 
wird  man  Köpke  nur  beistimmen  können,  wenn  er  sagt,  dass 
der  zweite  von  Heriger  unabhängige  Theil  in  beiden  Ausgaben 
derselbe  gewesen  sei.  Weniger  sicher  aber  scheint  es  mir, 
wenn  jener  meint,  dass  wir  am  Ende  keine  der  beiden  Arbeiten 
in  echter  Gestalt  besässen,  sondern  die  Compilation  eines  drit- 
ten, da  es  in  der  zweiten  Vorrede  heisst:  'Deinceps  quae  se- 
quuntur  jussu  priorum  loci  istius  a.  d.  i.  1056.  ex  alterius 
opusculi  libello,  quem  quidam  ex  canonicis  Sancti  Lamberti  A 
(hier  hat  eine  Handschrift  * )  Alexandri)  nomine  composuit  monitu 
Idae  venerabilis  abbatissae  —  huic  operi  sunt  annexa'.  Denn 
in  dem  Briefe  an  Anno  sagt  Anselm  ausdrücklich,  dass  er  dies 
selber  gethan:  'nos  quoquo  nostrum  opus,  quod  prccatu  domnae 
Idae  abbatissae  conscripseramus,  decapitantes  .  .  .  ordinera  epi- 
scoporum usque  ad  domnum  Wazonem  .  .  .  prosecuti    sumus'. 

Diese  Zweifel  würden  sich  lösen,  wenn  man  annehmen 
könnte,  dass  Anselm  allerdings  dem  Anno  ein  Exemplar  seines 
Werkes  zugeschickt  habe,  aber  nicht  in  der  Gestalt,  wie  es 
ursprünglich  geschrieben  und  schon  vorher  mit  dem  Text  des 
Herigei"  combiniert  war,  sondern  in  einer  Ueberarbeitung,  wie 
sie  eben  in  A  2  vorliegt,  so  dass  der  Brief  mit  Unrecht  auch 
der  andern  Fassung  später  vorgesetzt  sei.  Dass  die  Aende- 
rungen,   welche  oben  angeführt,   wohl   der  Zeit  und  Richtung 

1)  Codex  4  bei  Köpke  ist  offenb;ir  identisch  mit  3. 


lieber  Anselms   Gesta  episeoporum  Leodieusium.  81 

Annos  entsprechen,  bedarf  kaum  der  Hervorhebung.  Ob  man 
gleich  das  erste  Jahr  seiner  AVahl  mit  Köpke  anzunelnnen  hat, 
scheint  mir  wenigstens  zweifelhaft.  Die  Worte:  'Gloria  omni- 
potenti  DeO;  qui  nostris  ita  nomen  suum  dignatus  est  glori- 
ficare  temporibus,  ut  te,  qnalem  cognovimus  servum  simm, 
sanctae  Coloniae  sponsura ,  Leodicensi  aecclesiae  praefecerit 
archiepiscopum'  enthalten  das  wenigstens  nicht.  Dass  aber 
Anselm  schon  lOoß  gestorben,  die  für  Anno  bestimmte  Recen- 
sion  gar  nicht  vollendet,  erst  nach  seinem  Tode  ein  dritter  dem 
Werk  die  vorliegende  Gestalt  gegeben,  ist  eine  Vermuthung 
(S.  154),  die  ganz  in  der  Luft  schwebt  mid  der  die  hier  aus- 
gesprochene Ansicht  wohl  nicht  blos  als  gleichberechtigt,  sondern 
innerlich  viel  Avahrscheinlicher   gegenübergestellt   werden  darf. 

Denn  in  der  That  weist  manches  dai'auf  hin,  dass  nur  der 
Autor  selbst  sein  Werk  so  umgestaltet  haben  kann.  Sprache 
und  Ausdrucksweise  sind  wesentlich  dieselbe;  nichts  weist  ge- 
radezu auf  eine  erheblich  spätere  Zeit  der  Abfassung  hin,  Avie 
viel  auch  geändert  ist,  entschieden  soll  doch  das  Werk  des 
Anselm,  nicht  ein  neues  gegeben  werden.  Steht  manchmal 
'Leodiensibus'  statt  'nobis',  so  ist  das  bei  einer  Bearbeitung 
für  den  fremden  Erzbischof  begreiflich;  auch  in  dem  Briefe 
steht  'Leodicensi  aecclesiae  praefecerit'.  Aber  auch  das  Umge- 
kehrte kommt  vor,  c.  34  statt:  'huius  nomen  episcopi'  in  A2: 
'nostri  pontificis  nomen'.  Fehlt  eine  Stelle,  wo  von  seiner 
Gegenwart  die  Rede  ist,  so  mochte  das  einige  Jahre  später 
als  überflüssig  erscheinen.  An  einer  andern  aber  wird  Anselm 
in  A  2  wie  in  A  1  eingeführt,  wenn  auch  mit  verschiedenen 
Worten.  Wo  es  c.  68  hier  heisst:  'Quod  ego  eins  bonum 
multis  ante  et  post  impensum  indigno  mihi  et  non  merenti 
cum  benignissime  tum  largissime  exhibitum  in  simili  opere 
sum  expertus  a  tam  munifico  accipiens  largitore  munus  8  libra- 
rum  cum  aliis  multis  ad  haec  necessariis'  steht  dort:  'ita  ut 
me  quoque,  eins  servulorum  exiguum,  in  simili  opere  occupatum 
octo  librarum  profitear  ab  eo  meruisse  benefitium'. 

Wer  anders,  muss  man  fragen,  als  derselbe  Autor,  kann 
zweimal  dieselbe  Sache  in  so  verschiedener  Weise  ausgedrückt 
haben ;  wie  sollte  ein  blosser  Ueberarbeiter,  wenn  er  auch  die 
erste  Person  beibehielt,  dazu  kommen,  sich  noch  demüthiger, 
als  es  vorher  geschehen  'eins  servulorum  exiguum'  zu  nennen? 
Der  Ausdruck  erinnert  auch  wohl  an  den  'presbiterorum  infi- 
mus  A'  in  der  Vorrede  an  Anno, 

Darum  trage  ich  kein  Bedenken,  auch  diese  Redaction 
der  Gesta  episeoporum  Leodiensium  dem  Anselm  zuzuschreiben. 
Sie  nimmt  so  sprachlich  und  sachlich  unser  Interesse  in  vollem 
Masse  in  Anspruch,  sie  muss  als  diejenige  Gestalt  gelten,  die 
der  Verfasser  zuletzt  seinem  Werke  gegeben  hat. 


Neues  Archiv  etc.     VII.  Q 


VI. 

Beiträge 

zu 

Jaffe's  Reg^estensammlTing'. 

Von 

Jiil.  V.  Pflug-k  -  Harttung-, 


In  dem  folgenden  Verzeichnisse  gebe  ich  eine  Zusammen- 
steUung  von  Vorarbeiten  für  die  ferneren  Bände  der  Acta 
Pontificum  Romanorum;  so  weit  ich  Urkunden  ganz  abge- 
schrieben habe  oder  mir  andere  Mittel  zu  Gebote  stehen,  volle 
Regesten,  sonst  nur  dasjenige,  was  mir  während  einer  Reise 
nach  Frankreich  gebieterischer  Mangel  an  Zeit  für  Identificie- 
rung  aufzuzeichnen  gestattete.  Aus  dem  Haupturkundendepot, 
aus  Paris,  bringe  ich  nichts,  Aveil  es  bereits  von  anderer  Seite 
ausgebeutet  worden.  Das  Princip,  nach  welchem  veröffentlicht, 
ist:  überall  dort  Bei-,  bezw.  Nachträge  zu  geben,  wo  es  sich 
um  ungedrucktes  Material  handelt,  oder  die  bisherigen  Drucke 
nicht  genügen,  um  ein  vollständiges  Jaffe'sches  Regest  mit 
Incipit  etc.  herzustellen. 

Der  Mangel  an  Inhaltsangaben  eines  Theils  der  Regesten 
wird  durch  Adresse,  Datierung  und  Chartularangabe  ge- 
mindert. Ist  die  Datierung  gross,  so  haben  wir  es  mit  einer 
Bulle,  d.  h.  ziemlich  sicher  mit  einem  feierlichen  Privilegium 
zu  thun,  welches  Bestätigung  von  Gütern  und  Rechten  enthält ; 
ist  sie  klein,  so  liegt  ein  ßreve  vor,  welches  durch  Adresse 
und  Chartularangabe  dahin  erläutert  wird,  an  wen?  oder  in 
Bezug  auf  wen?  es  erfolgt  ist. 

Zu  besonderem  Danke  fühle  ich  mich  verpflichtet  dem 
Herrn  Ministerialrathe  Dr.  A.  Ritter  von  Arneth  und  Herrn 
Archivar  Dr.  G.  Winter  in  Wien.  Ersterer  hat  sich  gütigst 
angelegen  sein  lassen,  mir  die  Regesten  des  Wiener  Haus- 
und Staatsarchives  zu  verschaffen,  während  letzterer  sie  auf 
das  Liebenswürdigste  abgefasst  hat  in  der  Form,  wie  sie  sich 
an  den  betreffenden  Orten  eingereiht  finden. 

Zacharias. 

743,  Mai  16. 

Zacharias  Andreae  archiepiscopo  Pitauritanae')  eccle- 
siae  usum  pallii  concedit.  —  Data  XVII.  Kl.  Jun.  per  manum 
Theophilacti  archidiac.  S.  A.  S.  Pont.  II.  Ind.  XL  —  Consti- 
tuimus  te  omnibus  diebus^).  1. 

Cop.   saec.  XII  (Rep.   XIV  A),   Staatsarchiv  Wien. 

1)  1.  'Pisauritanae'  d.h.  von  Pesaro,  dort  ist  Bischof  Andreas  für 
das  Jahr  743  durch  seine  Unterschrift  auf  dem  Römischen  Conzil,  Mansi  XII, 
367  gesichert.  Trotzdem  scheint  die  Fälschung  evident.  P.  E.  2)  Ge- 
fälscht oder  überarbeitet. 


86  Beiträge  zu  JafFe's  Regestensammlung. 

Leo  VIII. 

963,  December  9. 

Leo  Friderico  Salzburgensi  arehiepiscopo  eiusque  suc- 
cessoribus  tres  curtes  Winberinga,  Antesna,  Wolimbacb  concedit 
ac  confirmat,  ea  conditione,  ut  singulis  annis  de  dictis  curtibus 
LX  sol.  argenti  Romanae  ecclesiae  persolvantur.  —  Script,  p. 
m.  Stepbani  not.  reg.  et  serin.  S.  S.  A.  in  mense  Decembrio. 
Ind.  VII.  —  Dat.  V.  Id.  Dec.  p.  m.  lohannis  episcopi  et  bibl. 
S.  S.  A.  Pont,  anno  VII.  in  sanctissima  sede  b.  Petri  apost., 
prirao  iniperante  domiio  nostro  ....  Ottone  a  deo  coronato 
magno  imperatore  a.  II,  in  mense  Decembrio.  Ind.  supra- 
scripta  VII,  a.  dominicae  ine.  DCCCCLXIIII.  —  Convenit 
apostolico  moderamine.  2. 

Cod.  ms.  Nr.  359.  t.  I,  saec.  XIII/XIV  fol.   14  a,    Staatsarch.  Wien. 

Johann  XV. 

995  (?),  März  3L 

lohannes  monasterium  Pergin  cum  omuibus  pertinentiis 
sub  'emimitatis  defensione'  suscipit,  concedit  'potestatem  inter 
se  eligere  abbatissam'  et  'advocatum,  quem  voluerint'.  —  Dat. 
prid.  Kl.  Aprilis,  p.  m.  lohannis  episcopi  S.  Albanensis  et 
Ariciensis  ecclesie  et  bibl.  S.  A.  S.  in  mense  i\.prili.  Ind.  VIII. 
An.  dorn.  ine.  DCCCCLXXXVIIL  —  Quapropter  omnii).    3. 

Transsumptum   a.   1477.     Reichsarchiv  München. 

Leo  IX. 

1049  (?),  Juni  12. 

In  nomine  sanctae  et  individuae  trinitatis.  Leo  Warem- 
baldo  abbati  S.  lodoci  snpra  littus  maris.  —  Dat.  IL  Idus 
lun.  per  raanus  Petri  diaconi,  bibliothecarii  et  cancellarii  S. 
A.  S.     Anno  pont.  Leonis  pape  primo.     Ind.  VI*).  4. 

Cop.  Cart.  de  St. -Josse -sur-Mer  p.   61.     Dep.-Arch.  Arras. 

Urban  IL 

1090,  März  6.     Ptom. 

Urbanus  Oudalrico  preposito  de  R  e  i  t  e  n  b  o  g  canonicam 
in  ius  et  tutelam  apostolicae  sedis  suscipit,  iura  et  possessiones 
confirmat,  qua  de  re  per  annos  singulos  alba  linea  et  stola 
Lateranensi  palatio  debet  persolvi.  (J.  4051)  Script,  p.  m. 
....  atque  not.  S.  palatii.  —  Dat.  Romae  IL  Non  Martii.  Ind. 
XIII.     Inc.  MLC  (!).     Pont.  IL  —  Potestatem  ligandi.  5. 

Or.  und  Cop.  Reichsarcliiv  München. 


1)  Gefälscht   oder   überarbeitet.  2)  Wie  die  Invokation    und  das 

Nichtstimmen  von  Pontifikatsjahr  und  Indiktion  zeigt,  nicht  in  Ordnung. 
—  Im  Inventaire  des  Titres  de  l'abbaye  de  Haute  -  Seille  fol.  III.  (Dep.- 
Arch.  Nancy)  ist  registriert:  Copie  d'une  bulle  de  Leon  IX.  (1048 — 54 1 
portant  confirmation  des  biens  de  l'abbaye  de  Hesse,  appartenant  k  des 
i'e'ligieuses  bi'ncdictines  de  Haute- Seille,  wohl   =  Jaffe  3280. 


Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung.  87 

1096,  März  21.     Tours. 

Urbanus  filiis  Methensibus  in  ecclesia  S.  Salvatoris. 

—  Dat.  Turonis.    XII.  Kl.  Aprilis.     Ind.  IV.     Inc.  MXC  VI. 
Pont.  IX.  —  Religioue  permansuris').  ß. 

Cop.   im  Bez.-Arch.  Metz. 

Paschalis  II. 
1102,  Mai  12.     Lateran. 

Paschalis  Perngero,  Friderico  et  filio  eins  Ottoni  et  Leu- 
kardae  comitissae,  fundatoribus  monasterii  S.  Petri  apud 
Castellum,  locum  in  ins  proprium  b.  Petri  et  tutelam  sus- 
cipit,  iura  et  possesiones  confirmat,  qua  de  re  tres  auri  bizan- 
cios,  expleto  triennio,  Lateranensi  palacio  debent  persolvere.  — 
Script,  p.  m.  Petri  not.  reg.  et  scrin.  S.  S.  A.  —  Dat.  Late- 
rani  IV.  Id.  Mai.  Ind.  X.  Inc.  MCIII.  Pont.  III.  —  Pteli- 
gionis  ordo  expostulat*).  7, 

Transsumpta  saec.  XV.     Reichsarch.  München. 

1105,  April  15.     Lateran. 

Paschalis  Henrico  abbati  S.  Quintini  de  Monte.  — 
Dat.  Laterani.  XVII.  Kl.  Mai.  Ind.  XIII.  Inc.  MCVI.  Pont. 
VI.  —  Piae  postulatio.  8. 

Cop.  Histoire  de  l'abbaye  du  Mont  St.  Quentin  p.  64.  Dep.-Arch. 
Amiens. 

1103-1112. 

Paschalis  Geramno  abbati  monasterii  S.  Nichasii  martiris 
sive  beati  Agricole  in  Remensi  suburbio.  —  Scriptum  per 
manum  lohannis  regionarii  et  notarii.  —  Pie  postulatio.        9, 

Cop.   Cart.   de  St.  Nicaise  Nr.  4.     Bibl.  Reims. 

Calixt  IL 
1119,  November  2.     Reims. 

Calixtus  Rogerio  abbati  Fiscannensi.  —  Dat.  Remis. 
IV.  Non.  Nov.  Ind.  XIII.  Inc.  MCXIX.  Pont.  I.  —  lustis  votis. 

Cop.   Cart.  abbatiae  Fiscannensis  p.   79.     Bibl.  Rouen.  lO« 

1123,  April  2.     Lateran. 

Calixtus  Antonio  abbati  monasterii  S.  Arnulphi.  —  Dat. 
Laterani.    IV.  Non.  April.    Ind.  I.    Inc.  MCXXIII.    Pont.  IV. 

—  Ad  hoc  in.  11. 

Cop.  Cart.  de  St.- Christophe  p.   13.     Dep.-Arch.  Nancy. 

Honorius  IL 
1126,  Februar  16.     Lateran. 
Honorius  Ursioni  abbati  et  fratribus  S.  Dionisii  in  sub- 


1)  Im  Chartul.  Met.  mit  dem  Anfang  'Relig'iosis  desideriis'.    S.  Loewen- 
feld.  2)  Gedruckt  in  Moritz,  Stammreihe   der  Gr.  v.  Sulzbach  (in  Ab- 

handl.  d.  Bayer.  A.  d.  W.  I.  II.)  S.   141   (zum  9.  Mai).     S.  L. 


88       -  Beiträge   su  Jaffe's  Regestensammlung. 

ni'bio  Remensi.  —  Dat.  Laterani.  XIV.  Kl.  Martii.   Ind.  IV. 
Inc.  MCXXVI.    Pont.  II.  —  Desiderium  quod.  12. 

Or.  Bibl.  Reims. 
1126,  December  15.     Lateran, 

Honorius  Odoni  abbati  S.  Remigii  Remensis.  Jaffe 
5245  zu  Dec.  14.  —  Dat.  Laterani.  XVIII,  Kl.  Jan.  etc.  — 
Equitatis  et  iustitie.  13. 

Ol",  und  Cop.  Ciirt.  de  St.-Remi  A.  p.  22.    B.  p.  9.     Bibl.  Reims. 

1128,  April  9,     Lateran, 

Honorius  Alberoni  primicerio  et  canonicis  Metensis 
ecclesiae.  —  Dat,  Laterani.  V,  Id.  April.  Ind.  VI.  Inc.MCXXVIIL 
Pont.  IV.  —  Sicut  sponsa.  14. 

Or.  Bez.-Arch.  Metz. 

1125—1129,  Februar  26.     Lateran, 
Honorius  O(dalrico)  preposito  et  canonicis  S.  Mariae  de  Rei- 
tinboc.    Jaffe  5276,  —  Votum  vovistis,  15. 

Or.  Reichsarcli.  München, 

Innocenz  II, 

1131,  October  29,     Reims, 

Innocentius  Ottonis  Babenbergensis  episcopi  postulacionibus 
assensum  praebens,  monasterium  Madelkardesdorf  sub 
apostolica  protectione  suscipit  et  bona  confirmat,  J.  5376.  — 
Ex  apostolatus  officio.  16. 

Absclir.  im   Gart.  Mallerstorfiense,  Reichsarcli.  München. 

1132,  Februar  3.     Lateran. 

Innocentius  monasterio  S.  Pauli  Bisuntinensis  bona 
confirmat.  —  Dat.  Laterani.  III.  Non.  Febr.  Ind.  X.  Inc. 
MCXXXII,     Pont.  IL  —  Religiosis  desideriis  >).  1». 

Or.  Dep.-Arch.  Besan(;on. 

1135,  Juni  8.     Pisa. 

Innocentius  Odoni  abbati  S.  Remigii  Remensis,  — 
Dat.  Pisis.  VI.  Idus  lun,  Ind.  XIII.  Ine  ,MCXXXVI.  Pont.  VL 
—  Officii  nostri.  18. 

Cop.   Cart.  de  St.-Remi  B.  p,  11.     Bibl.  Reims. 

1136,  April  24.     Pisa. 

Innocentius  Richero  decano  et  canonicis  Metensis  eccle- 
siae. —  Dat.  Pisis.  VIII.  Kl.  Mai.  Ind.  XIV.  Inc.  MCXXXVIL 
Pont.  VIT.  —  In  eminenti.  1». 

Or.  Bez.-Arch,  Metz, 

1136,  Mai  3.     Pisa. 

Innocentius  Ahusunense  monasterium  sub  apostolica 
protectione  suscipit,  bona  et  liberam  abbatis  electioncm  confir- 


1)  In    Coli.    Morean  868,    f.   65  u.  973,    fol.   62  mit    'Chmiaci,    Non. 
Feb.'     S.  L. 


Beiträge  zu  Jafte's  Regesteiisammlung.  89 

mat,  qua  de  re  singulis  annis  unum  bizantium  debent  persol- 
vere.  J.  5525.  —  Dat.  Pisis.  V.  Non.  Mali.  Ind.  XIII.  Inc. 
MCXXXVI.     Pont.  VII.  —  Pie  postulatio.  20. 

Or.  Reichsarchiv  München. 

1136,  November  10.     Pisa. 

Innocentius  loranno  abbati  monasterii  S.  Nichasii.  — 
J.  5502.  —  Piae  postulatio.  Äl. 

Cop.  Cart.  de  St.-Nicaise  Nr.  32.     Bibl.   Reims. 

1139,  Januar  5.     Lateran. 

Innocentius  Gebenonem  prepositum  ecclesiae  S.  Robberti 
Salzburgensis  eiusque  fratres  sub  apostolica  protectione 
suscipit,  possessiones  et  iura  confirmat.  —  Dat.  Laterani.  Non. 
Jan.  Inc.  MCXXXVIII.  Pont.  Villi.  —  Venerabilium  loco- 
rum  cura.  S2, 

Or.  (Rep.   XI.)   Staatsarch.  Wien. 

1139,  April  5.     Lateran. 

Innocentius  monasterio  Cellensi.  —  Dat.  Laterani.  Non. 
April.    Inc.  MCXXXIX.    Pont.  V  (?).  —  Quotiens  illud  a.    23. 

Cop.  Inv.  de  Montier -la- Celle  p.  56  b.     Dep.-Arch.  Troyes. 

1139,  April  11.     Lateran. 

Innocentius  Bertramno  abbati  monasterii  S.  Arnulphi 
Metensis.  —  Dat.  Laterani.  III.  Idus  Aprilis.  Ind.  IL  Inc. 
MCXXXIX.  Pont.  X.  Comp.  Valladier,  Basilique  de  St.-Ar- 
nould  p.  125.  —   Pie  postulatio  (Cum  pia  postulatio).  24. 

Cop.  Cart.  de  St. -Christophe  p.  14.  De'p.-Arch.  Nancy;  Antiq.  Arnul- 
phinae  p.  371.     Bibl.  Metz. 

1139,  April  20.     Lateran. 

Innocentius  monasterio  S.  Pauli  Bisuntinensis  posses- 
siones confirmat.  —  Dat.  Laterani.  XII.  Kl.  Mai.  Inc.  MCXXXIX. 
Pont.  X.  —  Ex  commisso  nobis.  25. 

Or. -Nachbildung-.   Dep.-Arch.  Besan^on. 

1139,  April  28.     Lateran. 

Innocentius  Agnes  abbeesse  du  monastere  de  St. -Sulpice 
et  de  Ste.- Glossin  de.  —  Dat.  Lateran.  IV.  Kl.  de  May. 
Ind.  II.  Inc.  MCXXXIX.  Pont.  X.  —  'Comme  Ton  ne  doit 
aucunement  acquesser'.  26. 

Cop.  in  Titres   de   Ste.- Glossinde  p.   109.     Bibl.   Metz. 

1139,  November  24.     Lateran. 

Innocentius  Ursioni  abbati  Sancti  Dionisii  Remensis. 

—  Dat.  Laterani.  VIIL  Kl.  Dec.  Ind.  III.  Inc.  MCXXXIX. 
Pont.  X.  —  Ad  hoc  in  apostolice.  2S'. 

Or.  Bibl.  Reims. 

1140,  Februar  18.     Lateran. 

Innocentius   priori   et   fratribus  Fiscanensis  monasterii. 

—  Dat.  Laterani.  XII.  Kl.  Marcii.  Ind.  IIL  Inc.  MCXXXIX. 
Pont.  XL  —  Licet  ex  iniuncto.  28. 

Cop.   Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  81.     Bibl.  Ronen. 


90  Beiträge  zu  Jaffe's  Regesteiisarainlung. 

1138—1142,  November  14.     Lateran. 

Innocentius  C(onrado)  archiepiscopo  Salzburgensi,  Ratis- 
ponensi  et  Pataviensi  episeopis  mandat,  iit  faciant,  R(abotonem) 
comitem  et  Fridericum  ministerialem  predium  monasterio 
Boumburc  restitutere,  quod  mater  comitis  eidem  ecclesiae 
dedit.     J.  5818.  —  Si  quis  ea.  S9. 

Or.  Reichsarcli.  München. 
1138 — 1142,  December  5.     Lateran. 

Innocentius  monasterio  Monas teriensi  confirraat  duas 
j^artes  decimationum  et  oblationum  Monasteriensis  parochiae 
et  vetat  possessiones  iniuste  inbeneficiain  et  alienari.     J.  5821. 

—  Officii  nostri.  30. 
Or.  Reichsarch.  München. 

1138—42,  December  22.     Lateran. 

Innocentius  Parvino  abbati  S.  Sepulcri.  —  Dat.  Late- 
rani.     XL  Kl.  Jan.  —  Quae  pro  bono=  31. 

Or.  Dep.-Arch.  Lille. 

1142,  März  16.     Lateran. 

Innocentius  Adam,  abbati  monasterii  Eber  aha,  eiusque 
fratribus.     J.  5844.  —  Ad  hoc  nobis.  32. 

Or.  Reichsarch.  München. 

1130-43. 

Innocentius  leprosis  S.  Egidii  apud  pontem  Andomari. 

—  Datum  deest.  —  Gratam  Deo  et.  33. 

Cop.  Cart.  S.  Egidii  de  ponte  Andomari  p.   7.     Bibl.  Ronen. 
1138—1143,  März  16.     Lateran. 

Innocentius  B  e  r  t  h  e  r  g  a  d  e  m  e  n  s  i  b  u  s  canonicis  interdicit, 
ne   canonicum    ordinem   in   monasticam    vitam  commutent.   — 
Dat.  Laterani,  XVIl.  Kh  April.  —  Divine  scripture»).       34. 
Or.  Reichsarch.  München. 

Cölestin  II. 

1143,  November  26.     Lateran. 

Celestinus  Gualtero  Augustensi  episcopo  de  hospitali 
S.  Crucis.  —  Dat.  Laterani.  .  .  .  Inc.  MCXLIII.  Lang.  Reg. 
IV  p.  733.  —  Quotiens  illud.  35. 

Or,  Reichsarch.   München. 

Luciu  s  IL 

1144,  März  28.     Lateran. 

Lucius  mouasterium  S.  Albani  iuxta  Maguntiam  sub 
apostolica  protectione  suscipit,  bona,  honores,  dignitates  confir- 
mat.  —  Dat.  Laterani.  V.  Kl.  lunii.  Ind.  VII.  Inc.  MCXLIIIL 
Pont.  I.  —  Apostolici  moderaminis.  36. 

Or.  Reichsarch.  München, 


1)  Vergl.  J.  5888. 


Beiträge   zu  JafFe's  Regestensammlung.  91 

1144,  März  30.     Lcateran. 

Lucius  monasterium  Bargen se  sub  apostolica  protectione 
suscij)it,  bona  et  iura  eonfirmat.     J,  6045.  —  Quotiens  illud. 

Or.  Reichsarch.  München.  37» 

1144,  März  30.     Lateran. 

Lucius  abbati  Fiscanunensis  monasterii. —  Dat.  Late- 
rani.  III.  Kl.  April.  Ind.  A^I.  Inc.  MCXLIV.  Pont.  I.  — 
Licet  ex  iniuncto.  3S. 

Or.   Cart.   abbatiae  Fiscannensis  p.   85.     Bibl.  Rouen. 

1144,  December  5.     Lateran. 

Lucius   Galtero   abbati    S.  Mariae    de    Fulcardimonte. 

—  Dat.  Laterani.    Non.  Dec.    Ind.  VIII.  Inc.  MCLIV.  Pont.  I. 

—  Religiosis  desideriis.  39. 

Cop.  Cartul.  mon.  B.  Marie  sanctique  loliannis  de  Fulcardimonte  p.  7. 
Bibl.  Rouen  1). 

Eugen  III. 

1145,  April  12(?). 

Eugenius  Ricliardo  abbati  de  Bernayo.  —  Dat.  ...  II  (?). 
Idus  April.  Ind.  VIII.  Inc.  MCXLV.  Pont.  I.  —  Desiderium 
quod.  40. 

Cop.   Chartes  Norm.  rec.  par  Le  Brasseur  p.  3.     Bibl,  Rouen. 

1145,  Mai  9.     Viterbo. 

Eugenius  Adrico  abbati  S.  Theoderici  Remensis 
eiusque  fratribus,  —  Dat.  Viterbii.  VII.  Id.  Mai.  —  Officii  nostri. 

Cop.  Cart.  de  St,-Thierry  p.  415.     Bibl.  Reims.  41. 

1145,  December  14.     Vetralla. 

Eugenius  Oddoni  abbati  S.  Remigii.  —  J.  6180 2).  — 
Quotiens  illud.  42. 

Or.  und  Cart.   de  St.-Remi  A.  p.  7,  B.  p.   13.     Bibl.  Reims. 

1145-46,  Juli  22.     Viterbo. 

Eugenius  Aldrico  abbati  S.  Theoderici  Remensis.  — 
Dat.  Viterbii.     XI.  KL.  Aug.  —  Quae  iudicii.  43. 

Cop.  Cart.  de   St.-Thierry  p.  381.     Bibl.   Reims. 

1146,  Februar  28.     Trastevere. 

Eugenius  Bennoni  abbati  monasterii  S.  Mariae  de  Nogento 
eiusque  fratribus.  —  Dat.  Transtiberim.  II.  Kl.  Mart.  Ind.  IX. 
Inc.  MCXLV.     Pont.  IL  —  Quotiens  a  nobis.  44. 

Cop.   Chronicon  de  Nogento  p.  426.     Dep.-Arch.  Laon. 

1146,  März  25.     Sutri. 

Eugenius  lohanni  abbati  S.  Nichasii  Remensis.  — 
J.  6230.  —  Quotiens  illud.  45. 

Cop.  Cart.  de  St.-Nicaise  Nr.  33.     Bibl.  Reims 3). 


1)  Mit    'III  Non.    Dec'    im    Chartul.  Fuleard.    in    Paris  Nouv.    acq. 
lat.240.     S.   L.  2)  Im  Or.   und  Cart.-A.  steht  richtig  XIX.  Kl.  Jan. 

3)  Nach  ms.  lat.   12779  f.   146  in  Paris:  'Quotiens  a  nobis'.     S.  L. 


92  Beiträge   zu  Jaflfe's  Regestensammlung, 

1147,  April  13.     Provins. 

Eugenius    Eustachio    abbati  Gemmeticensi.    —    Dat. 

Pruvinui.     Idus  April.     Ind.  X.  Ind.  MCXLVII.     Pont.  III. 

—  Piae  postulatio.  46. 

Cop.   Cart.   de  Jumiege  p.  55.     Dep.-Arch.  Kouen. 

1147,  Mai  5.     Paris. 

Eugenius  Fulconi  abbati  ecclesiae  S.  lohannis  baptistae 
super  Seilam  fluvium  eiusque  fratribus.  —  Dat.  Parisius. 
III.  Non  Maii.  Ind.  X.  Inc.  MCXLVII.  Pont.  III.  —  Desi- 
derium  quod.  48'. 

Or.  und  Cop.  Cart.  de  St.-Jean  d'Amiens.     Dep.-Arcli.  Amiens. 

1147,  Mai  22.     Paris. 

Eugenius  R(ogerio)  abbati  de  Balantiis  eiusque  fratribus. 

—  Dat.  Parisius.  XL  Kl.  lun.  Ind.  X.  Inc.  MCXLVII.  Pont.  III. 

—  Desiderium  quod.  48. 

Cop.  Cart.   de  l'abbaye  de  Valloires  p.   11.     Dep.-Arch.  Amiens. 

1147,  Mai  26.     Paris. 

Eugenius  Henrico  abbati  Fiscannensis  monasterii.  — 
Dat.  Parisius.   VII.  Kl.  lun.  Ind.  X.   Inc.  MCXLVII.  Pont.  IIL 

—  Licet  ex  iniuncto.  49. 
•>     Cop.   Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  88.     Bibl.  Ronen. 

1147,  September  14.     Citeaux. 

Eugenius  Heinrico  praeposito  Salzburgensi  eiusque 
fratribus  canonicis  quaedam  confirmat  iura  ac  possessiones, 
archidiaconatum  ecclesiae  Salisburgensis,  plebesanam  ecclesiam 
civitatis  eiusdem,  dotem  et  decimam  ecclesiae  Morzige,  loca 
canonica  Suben  WiarC;  Werde  etc.  —  Dat.'  Cistercii.  XVIII. 
Kl.  Octbr.  Ind.  X.  Inc.  MCXLVII.  Pont.  IIL  —  Quotiens  illud. 

Or.   (Rep.  XI)  Staatsarch.  Wien.  50. 

1147,  September  14.     Citeaux. 

Eugenius  Henricum  praej^ositum  S.  Roberti  S  alz  bür- 
gen sis  eiusque  fratres  sub  apostolica  pi-otectione  suscipit, 
possessiones  et  iura  confirmat.  J.  6353.  —  Dat.  [ut  supra]. 
—  Pie  postulatio.  51. 

Or.  (Rep.  XI)  Staatsarcb.  Wien. 

1147,  October  11.     Auxerre. 

Eugenius  Alvidi  abbatissae  ecclesiae  S.  Petri  Auvennia- 
censis  eiusque  sororibus.  —  Dat.  Altisiodori.  V.  Id.  Octbr. 
Inc.  MCXLVII.     Pont.  III.  —  Piae  postulatio.  52. 

Cop.   Cart.  Avenaci.     Bibl.  Reims'). 

1148,  Januar  28.     Trier. 

Eugenius  monasterium  Eberacense  sub  apostolica  pro- 

tectione  suscipit,  bona  cius  confirmat.    J.  6380.  —  Quotiens  illud. 

Or.  Keichsarch.  München.  53. 


1)  Gedr.  bei:  Paris,  Hist.   de  l'abb.   d'Aveney,  II,   78.     S.  L. 


Beiträge  zu  JafFe's  Regesteusammlung.  93 

1148,  März  28  (?). 

Eugenius  monasterio  de  Augo.  —  Dat.  ...  V  (?).  KI. 
April.    Ind.  XI —  Pie  postulatio.  54. 

Or.  sehr  zerstört.     Dep  -Arch.  ßouen. 

1148,  Mai  17  (Lausanne). 

Eugenius  Gervasio  abbati  S.  Marie  de  Monasterio 
elusque  fratribus.  —  Dat.  XVI.  Kl.  lunii.  Inc.  MCXLVIII.  — 
Apostolicae  sedis.  55. 

Cop.  Cart.   de  l'abbaye  de  l'Isle-en-Barrais.     Dep.-Arcb.  Nancy. 

1150,  März  21.     Lateran. 

Eugenius  Rogerio  abbati  de  Balantiis.  —  Dat.  Laterani. 
XII.  Kl.  April.  —  Quod  in  nostra.  56. 

Cop.  Cart.  de  Tabbaye  de  Valloires  p.  12.     De'p.-Arch.  Amiens. 

1150,  October  23.     Segni. 

Eugenius  monasterio  Eberacensi.  J.  6530.  —  lustis 
religiosorum  desideriis.  57. 

Or.  Reichsarcb.  München. 

1150,  October  23.     Segni. 

Eugenius  monasterium  S.  Mariae  de  Wehtensvuinkel 
sub  apostolica  protectione  suscipit,  bona  et  iura  confirmat. 
J.  6531.  —  Religiosis  desideriis.  58. 

Or.  Reichsarcb.  München. 

1151,  Januar  13.     Ferentino. 

Eugenius  (monasterium  Weiss enauensej  sub  apostolica 
protectione  suscipit,  quaedam  iura  et  bona  eius  confirmat. 
J.   6554.  —  Rem  dolendara  quereris  i).  5». 

Or. -Nachbildung  und  beglaubigte  Abschrift  eines  Vidimus,  Reichs- 
arcb. München. 

1152. 

Eugenius   Balduino   abbati  S.    Amandi   de  Mareolo.   — 

Datum  deest^).  — ■  Religiosis  desideriis.  60. 

Cop,  Cart.   de  l'abbaye  de  Ste. -Marie  de  Bayelle  p.  5(3,     Bibl.  Arras. 

1152,  März  26.    "Segni. 

Eugenius  Eberharde  archiepiscopo  Salzburgensi.  Meiller. 
Reg.  p.  67  Nr.  59.  —  Apostolice  sedis  dementia.  ä1. 

Or.  (Rep.  XI)  Staatsarch.   Wien. 

1152,  Mai  16,     Segni. 

Eugenius  confirmat  Ade,  abbati  Eberacensi,  donationem 
fontis  salis,  ab  Ewrardo,  Pambergensi  episcopo,  eo  tenore  fäc- 
tam,  quod  monasterium  Eberacense  haberet  medietatem  utili- 
tatis,  alteram  vero  monasterium  Langhemme nse,  preterea 
confirmat  abbati  silvam  Stegerwalz  cum  Castro  Stolbero.  — 
Dat.  Signie.  XVII.  Kl.  lunii.  Lang.  Reg.  IV  p.  736.  —  Quae 
religionis  ac.  «2. 

Or.   Reichsarcb.  München. 


1)  Fälschung.         2)  Doch  vergl.  Gall.  Christ.  III,  p   443  B. 


94  Beiträge  zu  Jaflfe's  Regestensammlung. 

1152,  Mai  16.     Segni. 

Eugenius  Ade,  abbati  Langhemm ensi  significat,  se 
petitione  Ade,  abbatis  Eberacensis,  commotum,  conürmare  dona- 
tionem  fontis  salis  ab  Ewrardo  Pambergensi  episcopo  eo  tenore 
factam,  quod  uniimquodque  monasterimii  haberet  medietatem 
utilitatis,  —  Dat.  Segnie.  XVII.  Kl.  lunii.  —  Quae  religiosis  locis. 

Or.  Reichsarch.  München.  63. 

1145__53. 

Eugenius  fratribus  in  monasterio  S.  Egidii  apud  pontem 
Andomari.  —  Datum  deest.  —  Quociens  illud  a.  64. 

Cop.  Cart.  S.  Egidii  de  ponte  Andomari  p.  6.     Bibl.  Rouen. 

1153,  März  14.     Lateran. 

Eugenius  R(ogerio)  abbati  de  Balantiis  eiusque  fratribus. 

—  Dat.  Laterani.  II.  Idus  Mart.  Ind.  I.   Inc.  MCLII.  Pont.  IX. 

—  Religiosis  desideriis.  65. 

Cop.   Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.  11.     Dep.-Arch.  Amiens. 

Anastasi  US  IV. 

1153,  December  10.     Lateran. 

Anastasius  priori  S.  Aygulfi.  —  Dat.  Laterani.  IV.  Id. 
Decembr.  Ind.  IL  Inc.  MCLIII.  Pont.  I.  —  ...  Predecessoris 
nostri.  66. 

Copie  Inv.  de  Montier -la- Celle  p.  59.     De'p.-Arch.  Troyes. 

1154,  April  13.     Lateran. 

Anastasius  Ile(inrico)  preposito  et  universo  conventui  de 
Bertrersgad,  adhortatur  eos  bene  et  unanimiter  vivere,  et  praebet 
auxilium  contra  perversos.  —  Dat.  Laterani.  Id.  April.  — 
Quibus  est  cor.  CS*. 

Or.  Reichsarch.  München. 

1154,  j\[ai  1.     Lateran. 

Anastasius  monasterio  Flaviniacensi.  —  Dat.  Laterani. 
Kl.  Maii.    Ind.  IL    Inc.  MCLIIII.    Pont.  I.  —  Effectum  iuxta. 

Cop.  De'p.-Arch.  Dijon.  68. 

1154.  Mai  8.     Lateran. 

Anastasius  Hugoni  abbati  S.  Remigii.  —  Dat.  Laterani. 
VIII  (IX  in  B).     Idus  Mai.  —  Que  a  fratribus.  69. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  A.  p.  57,  B  p.   17.     Bibl.  Reims. 

1154,  Juni  26.     Rom.     Sta.  Maria  Rotonda. 

Anastasius  fratribus  monasterii  S.  Marie  et  S.  lohannis  de 
Fönte  Tlieodori.  —  Dat.  Rome  apud  S.  Mariam  rotundam. 
VI.  Kl.  lul.  Ind.  IL  Inc.  MCLIV.  Pont.  L  —  Religiosam  vitam. 

Cop.  Cartul.  mon.  B.  Marie  sanctiqne  lohannis  de  Fulcardimonte  p.  4. 
Bibl.  Rouen.  90. 

Hadrian  IV. 
1154,  December  19.     St.  Peter  von  Rom. 
Adrianus  Hugoni  abbati  monasterii  S.  Remigii.  —  Dat. 


Beiträge  zu  Jaffe's  Eegestensammlung.  95 

Romae  apud  S.  Petrum.    XIV.  Kl.  lan.  Ind.  III.    Inc.  MCLIV. 
Pont.  I.  —  Licet  super  omnes.  S'l. 

Cop.   Cart.  de  St.-Remi  A.  p.   19,  B.  p.  22.     Bibl.  Reims. 

1154,  December  19.     St.  Peter  von  Rom. 
Adrianus   H(ugoni)   abbati  S.  Remigii,  —   Dat.  Romae 
apud  S.  Petrum.     XIV.  Kl.  lan.  —  In  eminenti.  S'2. 

Cop.   Cart.  de  St.-Remi  B.  p.  24,     Bibl.  Reims. 

1154,  December  19.     St.  Peter  von  Rom. 

Adrianus  Coloniensi  archiepiscopo,  Leodiensi  episcopo. 

—  Dat.  Romae  apud  S.  Petrum.    XIV.  Kl.  lan.  —  Facile  mi- 
norum.  93. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  B.  p,  25.     Bibl.  Reims. 

1154,  December  19.     St.  Peter  von  Rom. 

Adrianus  Hugoni  abbati  S.  Reraigii.  —  J.  6823.  —  Ne 
in  oblivionem.  S'l. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  p.  25,     Bibl.  Reims. 

1155,  December  19.     Benevent, 

Adrianus  monasterio  Cellensi.  —  Dat.  Beneventi  XIV. 
Kl.  lan.  Ind.  IV.  Ine,  MCLV,  Pont.  II.  —  .  .  .  Vestris  iustis 
postulationibus.  S'5. 

Cop.  Invent.  de  Montier -la- Celle  p,  53.     De'p.-Arch.  Troyes. 

1155,  December  19.     Benevent. 

Adrianus   Petro   abbati    et  loscelino  priori    S.    Aygulfi. 

—  Dat.  Beneventi.  XIV.  Kl.  lan.  Ind.  IV.  Inc.  MCLV.  Pont.  II. 

—  ...  Predecessoris  nostri.  9G, 

Cop.  Invent.  de  Montier -la- Celle  p.  58  b,     De'p.-Arch.  Troyes. 

1155,  December  19.     Benevent. 

Adrianus  abbati  et  priori  de  cella  S.  Sereni.  —  Dat. 
Beneventi.     XIV.  Kl.  lan.     Ind.  IV.     Inc.  MCLV.     Pont.  IL 

—  Religiosis  desideriis.  99. 

Cop.  Invent.  de  Montier- la- Celle  p.   58 b.     Dep.-Arch.  Troyes. 

1156,  April  26  (21  ?).     Benevent. 

Adrianus  Petro  Gemmaticensi  abbati.  —  Dat.  Bene- 
venti.   VI  (XI  ?).  Kl.  Mail.    Ind.  IV,    Ine,  MCLVI.    Pont.  H. 

—  Desiderium  quod.  9^. 

Cop.  Cart.  de  Jumieges  p.  58.     Dep.-Arch.  Ronen. 

1156,  December  11.     Lateran. 

Adrianus  Richarde  abbati  de  Berayo.  —  Dat.  Laterani. 

III.  Id.  December     Ind.  V.    Pont.  III.  —  Religiosis  desideriis. 

Cop.  Chartes  Norm,  rec.  par  Le  Brasseur  p,  4,    Bibl.  Ronen.      Jd. 

1157,  Januar  13.     Lateran. 

Adrianus  Aldrico  abbati  S.  Theoderici,  —  Dat.  Late- 
rani. Id.  lan.  Ind,  V.  Inc.  MCLVI.  Pont.  III.  —  Religio- 
sam  vitam.  80. 

Cop.   Cart.  de  St.-Thierry  p.  383.     Bibl.  Reims. 


96  Beiträge  zu  Jaffe's  Rcgesteiisammhmg. 

1157,  Februar  16.     Lateran. 

Adrianus  monasterium  Ah  usunense  sub  apostolica  pro- 
tectione  suscipit,  bona  et  iura  confirmat,  qua  de  re  annis  sin- 
gulis  unura  bizantium  debet  persolvere.  J.  6968.  —  Religiosam 
vitam  eligentibus,  *!• 

Or.  Reiclisarcb.  München. 

1157;  Februar  17.     Lateran. 

Adrianus  Eberhardo  Salzburg ensi  archiepiscoiso.  — 
Meiller.  Reg.  S.  78,  Nr.  119.  —  Cum  ex  iniuneto  nobis.      S'Ä. 

Abschr.  saec.   13/14  Cod.  MS.  359,  t.  ],  fol.  19.     Staatsarch.  Wien. 

1155—1158,  September  20.     Rom. 

Adrianus  capellanis  in  Andezz,  Ottoni  comiti  de  Wol- 
forthausen et  aliis  communicat,  se  locum  Andezz  sub  apostolica 
protectione  suscipere,  pertinentia  et  iura  confirmare.  —  Dat. 
Romae,  p.  m.  Eusebii  S.  R.  E.  presbiteri.  XII.  Kl.  Octobr. 
Ind.  V.     Inc.  MCVIIII.     Pont.  XX.  —  Ad  hoc  universalis»). 

Abschr.  vom  17.  od.  18.  Jahrh.  MS.  lat.  1385  p.  6  —  16,  öffentliche 
Bibl.  München.  83. 

1154_59. 

Adrianus  Jacobo  abbati  ecclesiae  omnium  sanctorum 
quae  in  insula  iuxta  Cathalaunensem  civitatem  sita  est.  — 
Datum  deest.  —  Religiosis  votis.  S*« 

Cop.  Cart.  de  Toussaint-en-rile  p.  20.    Dep.-Arch.  Chälons-sur-Marne. 

1157—1159,  Januar  2.     Laterani2). 

Adrianus  E(berhardo)  Salzburgensi  archiepiscopo.  — 
Meiller,  Reg.  S.  78.     Nr.  118.  —  Talis  in  partibus  vestris. 

Or.  (Rep.  XI)  Staatsarch.   Wien.  ^  85. 

1157—1159,  Februar  6.     Lateran. 

Ad  rianus  capitulum  B  e  r  t  h  e  r  s  c  a  d  m  e  n  s  e  adhortatur, 
fraternam  inter  eos  studere  dilectionem  servare  et  preposito 
obedire,  —  Dat.  Laterani,  VIII.  Idus  Febr.  —  Quod  unam 
domum.  *6' 

Or.  Reichsarch.  München. 

1157  —  1159,  März  26.     Lateran. 

Adrianus  Norberte  abbati  S.  Petri  de  Wezinsbronnen 
eiusque  fratribus.     J.  7085.  —  Quotiens  a  viris.  ^f. 

Or.  Reichsarch.  München. 

Alexander  III. 

1161,  December  9.     Terracina. 

Alexander  Jacobo  abbati  ecclcsie  omnium  sanctorum 
de  Insula.  —  Dat.  Terracine.  V.  Id.  Dccemb.  Ind.  X.  Inc. 
MCLXI.     Pont.  HI.  —  Religiosis  votis.  88- 

Or.  De'p.-Arch.   Chälons  -  sur  -  Marne. 


1)  Fälschung.  2)  Meiller  Nr.  119   dürfte  nicht  genüg-en,  um  diese 

Urk,   auch  in  das  Jahr  1157   zu  setzen. 


Beiträge  zu  JaflFe's  Regestensammlung.  97 

1162,  Februar  26.     Genua. 

Alexander   Letilino   abbati   Pontisariensis   raonasterii. 

—  Dat.  Januae.     IV.  Kl.  Mart.     Inc.  MCLXI.     Pont.  III.  — 
Religiosam  vitani.  89. 

Or.  Dep.-Arch.  Versailles. 
1162,  November  9.     Tours. 

Alexander  Radulpho  abbati  et  fratribus  S.  Eligii.  —  Dat. 
Turoni.     V.  Idus  Nov.  —  Cum  quidam  e.  90. 

Cop.   Cart.  d'Aubigny  p.   10.     D^p.-Arch.  Arras. 

1162,  November  26.     Tours. 

Alexander  Rainherio  abbati  Alberipe.  —  Dat.  Turoni. 
VI.  Kl.  Decemb.  Ind.  XL  Incarn.  MCLXII.  Pont.  IV.  _ 
Religiosam  vitam.  Ol. 

Or.  Dep.-Arch.  Chaumont. 

1163,  April  20.     Paris. 

Alexander  Lamberto  abbati  de  Belle  prato.  —  Dat. 
Parisius.    XII.  Kl.  Mai.    Ind.  XII.    Inc.  MCLXIII.    Pont.  IV. 

—  Religiosis  desideriis.  02. 

Or.  Dep.-Arch,  Nancy. 

1163,  Mai  26.     Tours. 

Alexander  Eustachio  abbati  S.  loliannis  baptiste  super 
S  ei  lam. —Dat.  Turoni.  VII.Kl.Iun.  Ind.  XI.  Inc.  MCLXIII. 
Pont.  IV.  —  Religiosam  vitam.  93. 

Or.  Dep.-Arch.  Amiens. 

1163,  Mai  29.     Tours. 

Alexander  E(berhardo)  archiepiscopo  Salis  burgensi 
eiusque  suflfraganeis  de  concilio  Turonensi  scribit  etc.  —  Meiller, 
Reg.  S.  105  Nr.  241.  —  Fervorem  et  constantiam.  94. 

Or.  (Rep.  XI),  Staatsarchiv  Wien'). 

1163,  August  4.     Bourges. 

Alexander  Petro  abbati  Gemme ticensis  monasterii.  — 
Dat.  Bituricis.  II  Non.  Aug.   Ind.  XL   Inc.  MCLXIII.  Pont.  IV. 

—  Pie  postulatio.  95. 

Cop.  Cart.  de  Jumieges  p.   1   und  61.     De'p.-Ärch.  Ronen. 

1164,  Mai  10.     Sens. 

Alexander  monasterio  S.  Petri  de  Montibus.  —  Dat. 
Senonis  VI.  Id.  Mai.  Ind.  XL  Inc.  MCLXIV.  Pont.  V.  - 
Religiosis  votis.  96. 

Or.  Dep.-Arch.   Chälons-sur- Marne, 

1164,  Juli  28.     Sens. 

Alexander  Samueli  abbati  S.  ]\Iarie  de  Laude.  —  Dat. 
Senonis.  V.  Kl.  Aug.  Ind.  XII.  Inc.  MCLXIV.  Pont.  V.  — 
Quotiens  illud.  9^. 

Or.  Dep.-Arch.  Lille. 

1)  Bemerkt  mag  werden,  dass  die  3  Urk.  eines  Papstes  Alexander  für 
S.  Georg,  welche  im  Wiener  Staatsarchiv  in  einem  Vidimus  v.  J.  1578 
aufbewahrt  werden,  nicht  wie  dort  geschehen  dem  Tapste  Alex.  III,  son- 
dern Alex.  IV.  zuzuschreiben  sind. 

Neues  Archiv  etc.     VII.  7 


98  Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung. 

1164,  October  16.     Sens. 

Alexander  filiis  infirmis  fratribus  in  eeelesia  S.  Egidii 
apud  pontem  Andomari.  —  Dat.  Senonis.    XVII.  Kl.  Nov. 

—  lustis  petentiiim,  98. 

Cop.  Cart.   S.  Egidii  de  Ponte  Andomari  p.  9.     Bibl.  Rouen. 

1164,  November  19.     Sens. 

Alexander  lohanni  abbat!  eiusqiie  fratribus  Marceniensi- 

bus.  —  Dat.  Senonis.    XIII.  Kl.  Dec.  —  lustis  postulancium. 

Cop.   Cart.   de  Marchiennes.     Dep.-Arch.  Lille.  99. 

1165,  Januar  13.     Sens. 

Alexander  Petro  abbati  monasterii  S.  Remigii.  —  Dat. 
Senonis.     Idus  lan.     Ind.  XIII.     Ine.  MCLXIV.     Pont.  VI"). 

—  Pie  postulatio.  lOO. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  A  p.  23,  B  p.  29.     Bibl.  Reims. 

1165,  Januar  21.     Sens. 

Alexander  monasterio  Cellensi.  —  Dat.  Senonis.  XII. 
Kl.  Febr.  Ind.  XIII.  Inc.  I^ICLXIV.  Pont.  VI.  —  .  .  .  Prede- 
cessorura  nostrorum.  lOl. 

Cop.  Inv.  de  Montier -la- Celle  p.   53  b.     Dep.-Arch.  Troyes. 

1165,  März  8.     Sens. 

Alexander  Drogoni  abbati  monasterii  S.  Petri  de  Cella. 

—  Dat.  Senonis.    VIII.  Id.  Marcii.    Ind.  XIII.    Inc.  MCLXIV. 
Pont.  VI.  —  Quotiens  illud.  lOS. 

Cop.  Inv.  de  Montier -la- Celle  p.  59.     Dep.-Arch.  Troyes. 

1165,  März  13.     Sens. 

Alexander  Galtero  abbati  S.  Petri  de  Selincuria  eius- 
que  successoribus.  —  Dat.  Senonis.  III.  Idus  Mart.  Ind.  XIII. 
Inc.  MCXLIV.     Pont.  VI.  —  Pie  postulatio.  103. 

Cop.  Cart.  ecclesiae  S.  Petri  Selincuriensis  Nr.  528  p.  1.    Bibl.  Amiens. 

1166  (?),  Juni  11.     Lateran. 

Alexander  U(rso)  abbati  et  fratribus  monasterii  de  Balan- 
tiis.  —  Dat.  Laterani.     III.  Idus  lun.  —  Ea  quae.  104. 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.   7.     Dep.-Arch.  Amiens. 

11G7— 69,  October  9.     Benevent. 

Alexander  capitulo  Lingonensi.  —  Dat.  Beneventi.  VII. 
Idus  Octobr.  —  lustis  petentium.  105. 

Or.  Dep.-Arch.  Chaumont. 

1167—69,  October  28.     Benevent. 

Alexander  G(ualtero)  Lingonensi  episcopo.  —  Dat. 
Beneventi.     V.  Kl.  Nov.  —  Ad  commissi  tibi.  106. 

Or.  Dep.-Arch.  Chaumont. 

1168-69,  Februar  5.     Benevent. 

Alexander  abbati  et  fratribus  S.  Nichasii.  —  Dat.  Bene- 
venti.    Non.  Febr.  —  Ex  litteris.  toy. 

Cop.   Cart.   de  St.Nicaise  Nr.   132.     Bibl.  Reims. 

1)  Durch~diese  Urk.  werden  auch  Jaffe  7419,  7420  in  das  Jahr  1165 
verwiesen. 


Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung.  99 

1168—69,  Mai  30.    Benevent. 

Alexander  canonicis  S.  Trinitatis.  —  Dat.  Beneventi. 
III,  Kl.  lunii.  —  Ex  litteris.  10§. 

Cop.  Cart.  de  la  Trinite  de  Chälons  -  sur- Marne  p.  2.  Dep.-Arch. 
Chälons  -  sur  -  Marne. 

1169,  Januar  15.     Benevent. 

Alexander  Ugoni  abbat!  monasterii  S.  Mariae  de  Insula 
eiusque  fratribus.  (Met  sous  la  protection  du  saint  siege  le 
monastere  avec  toutes  ses  dependances.)  —  Dat.  Beneventi. 
XVIII.  Kl.  Febr.  Ind.  II.  Inc.  MCLXVIII.  Pont.  X.  — 
Religiosam  vitam.  109. 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  l'Isle  an  Barrois  p.  797,  1089.  De'p.- 
Arcb.  Bar-le-Duc. 

1169,  November  10.     Benevent. 

Alexander  abbati  monasterii  Valcellarum.  —  Dat.  Bene- 
venti.    IV.  Id.  Novemb.     Ind.  III.     Inc.  MCLXIX.    Pont.  XI. 

—  Pie  postulatio.  HO. 

Or.  Dep.-Arch.  Lille. 

1170,  Februar  13.  Benevent, 

Alexander  abbati  Pontisariensi.  —  Dat.  Beneventi. 
Id.  Februar.  Ind.  III.  Inc.  MCLXVIIII.  Pont.  XI.  —  Quotiens 
illud.  111. 

Or.  Dep.-Arch.  Versailles. 

1170,  März  25.     Veroli. 

Alexander  filiis  Eustachio  abbati  S.  Petri  de  Selin- 
curia  eiusque  fratribus.  —  Dat.  Verulis.  VIII,  Kl.  April.  — 
Cum  inter  vos.  112. 

Cop.  Cart.  ecclesie  S.  Petri  Selincuriensis  Nr.  528  p.  3.    Bibl.  Amiens. 

1170,  März  30.     Veroli. 

Alexander  Waltero  episcopo  Lingonensis  ecclesiae.  — 
Dat.  Verulis.  III.  Kl.  April.   Ind.  IIL   Inc.  MCLXX.  Pont.  XL 

—  In  eminenti  apostolicae  sedis.  113. 

Or.  Dep.-Arch.   Chaumont. 

1170,  April  20.     Veroli. 

Alexander  Stephane  abbati  ecclesiae  S.  Mariae  Viconi- 
ensis  eiusque  fratribus.  —  Dat.  Verulis.  XII.  Kl.  Maii. 
Ind.  III.     Inc.  MCLXX.     Pont.  XL  —  Quotiens  illud.      114. 

Or.  De'p.-Arch.  Lille. 

1170,  Mai  10.     Veroli. 

Alexander  Radulpho  decano  et  canonicis  Ambianensibus. 

—  Dat.  Verulis.     VI.  Idus  ]\Iai.  —  lustis  petentium.  115. 

Cart.   du  Chapitre  d'Amiens  I  p.  44,  II  p.  77.     De'p.-Arch.  Amiens. 

1170,  September  7.     Veroli. 

Alexander  Radulpho  decano  et  canonicis  Ambianensibus. 

—  Dat.  Veridis.     VII.  Id.  Sept.  —  lustis  petentium.         116. 

Cart.  du  Chapitre  d'Amiens  I  p.  43,  II  p.  76.     Dep.-Arch.  Amiens. 


100  Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung. 

1170,  December  23.     Tusculum. 

Alexander Tohanni  abbati  monasterii  S.  Petri  Corbeiensis. 

—  Dat.  Tusculani.  X.  Kl.Ian.  Ind.  IV.  Inc.  MCLXX.  Pont.  XII. 

—  Apostolicae  sedis.  liy« 

Or.  Dep.-Arch.  Amiens. 

1170— 72(?),  October  21.  ^  Tusculum. 

Alexander  decano  et  capitulo  Rothomagensi.  —  Dat. 
Tusculani.     XII.  Kl.  Nov.  —  Ad  hoc  intentio.  118. 

Cop.   Cart.  de  l'eglise  cath.  de  Rouen  p.  94.     Bibl.  Ronen. 

1170_72(?),  November  17.     Tusculum. 

Alexander  decano  et  cantori  Remensis  ecclesiae.  —  Dat. 
Tusculani.     XV.  Kl.  Dec.  —  Querelam  canonicorum.        119. 

Cop.  Cart.  de  la  Trinite  de  Chälons -sur- Marne  p.  11.  Ddp.-Arch. 
CLälons  -  sur  -  Marne. 

1170— 72(?),  December  9.     Tusculum. 

Alexander  preposito,  Fulconi  decano,  Gregorio  cantori  et 
capitulo  Remensi.  —  Dat.  Tusculani.  V.  Idus  Decembr.  — 
Quae  a  prelatis.  1«0. 

Cop.  Cart.  du  Chapitre.  G.  p.  3.     Bibl.  Reims. 

1171— 72(?),  Januar  8.     Tusculum. 

Alexander  decano  et  capitulo  Lingonensi.  —  Dat. 
Tusculani.     VI.  Idus  lanuar.  —  lustis  petentium.  121. 

Or.  D6p.-Arch.  Chaumont. 

1171— 72(?),  März  10.     Tusculum. 

Alexander  M(anassi)  decano  et  capitulo  Lingonensi.  — 
Dat.  Tusculani.    Vi.  Idus  Mart.  —  lustis  petentium  desideriis. 

Or.  Dep.-Arch.  Chaumont.  ,  13*. 

1171— 72(?),  Mai  7.     Tusculum. 

Alexander  abbati  et  fratribus  Viconiensibus.  —  Dat. 
Tusculani.     Non.  Mali.  —  lustis  petentium.  1«3. 

Cop.  Cart.  de  Vicogne  Nr.  92.     Dep.-Arch.  Lille. 

1171— 72(?),  Mai  12.     Tusculum. 

Alexander  Petro  abbati  et  fratribus  S.  Remigii.  —  Dat. 
Tusculani.     IV.  Idus  Mai^).  —  Religiosorum  votis.  1«1. 

Cop.   Cart.  de  St.-Remi  A  p.  52,  B  p.  33.     Bibl.  Reims. 

1171— 72(?),  Mai  13.     Tusculum.  _ 

Alexander  Stepliano  Viconiensis  ecclesiae  abbati.  — 
Dat.  Tusculani.     III.  Idus  Maii.  —  lustis  petentium.         1«5. 

Cop.   Cart.  de  Vicogne  Mr.  91.     Dep.-Arch.  Lille. 

1171_72(?),  Juni  15.     Tusculum. 

Alexander  Piligrimo  abbati  S.  Pauli  in  Carintliia  eius- 
que  monasterio  ecclesiam  S.  Martini  confirmat.  Fontes  rer. 
Austr.  Dipl.  XXXIX,  89,  Nr.  14.  —  Dat.  Tusculani.  XVII. 
Kai.  lul.  —  lustis  petentium  desideriis,  12«. 

Or.   (Rep.  I)  Staatsarch.  Wien. 

1)  Vergl.  Jafft^  8101. 


Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung.  101 

1171-72,  Juli  29.     Tusculum. 

Alexander  R(adulpho)  decano  et  capitiilo  ecclesiae  Am- 
bianensis.  —  Dat.  Tusculani.    IV.  Kl.  Aug.  —  In  liis  quae. 

Cop.  Cart.  du  Chapitre  d'Amiens  I  p.  100,  II  p.  111.  Dep.-Arch. 
Amiens.  137. 

1172,  Februar  26.     Tusculum. 

Alexander  Galando  abbat!  S.  Auberti  eiusque  fratribus. 

—  Dat.  Tusculani.     V.  Kl.  Martii.     Ind.  V.     Inc.  MCLXXI. 
Pont.  XIII.  —  Ofticii  nostri.  128. 

Or.  im  Dep.-Arch.  Lille. 

1172,  Februar  29.     Tusculum. 

Alexander  Heriberte  abbati  S.  Theoderici.  —  Dat. 
Tusculani.    IL  Kl.  Mart.    Ind.  V.    Inc.  MCLXXI.    Pont.  XIIL 

—  Desiderium  quod.  12». 

Cop.   Cart.  de  St.-Thierry  fol.  388.     Bibl.  Keims. 

1172,  April  20.     Tusculum. 

Alexander  lohanni  abbati  Marcianensis  monasterii.  — 
Dat.  Tusculani.  XII.  Kl.Mad.  Ind.  V.  Inc.MCLXXIL  Pont.  XIIL 

—  Religiosam  vitam.  130. 

Or.  De'p.-Arch.  Lille. 

1172,  November  28.     Tusculum. 

Alexander  Alelmo  abbati  monasterii  de  Valcellis.  — 
Dat.  Tusculani.  IV.  Kl.  Dec.  Ind.  V.  Inc.  MCLXXII.  Pont.  XIIL 

—  Religiosam  vitam.  131, 

Or.  Dep.-Arch.  Lille. 

1173_74,  Juli  15.     Anagni. 

Alexander  preposito,  Fulconi  decano  et  capitulo  Remensi. 

—  Dat.  Anagniae.     Idus  lulii.  —  Pervenit  ad  nos.  132. 

Cop.  Cart.   du  Chapitre   G.  p.   1.     Bibl.  Reims. 

1174,  März  9.     Ferentino. 

Alexander  Galando  abbati  S.  Auberti   eiusque  fratribus. 

—  Dat.  Ferentini  >).  VII.  Idus  Martii.  Ind.  VII.  Inc.  MCLXXI V. 
Pont.  XV.  —  Religiosam  vitam.  133. 

Or.  Dep.-Arch.  Lille. 

1174,  April  4.     Anagni. 

Alexander  lohanni  abbati  monasterii  S.  Mariae  de  N  oge  n  t  o 
eiusque  fratribus.  —  Dat.  Anagnie.  IL  Non.  April.  Ind.  VII. 
Inc.  MCLXXIV.     Pont.  XV.  —  Religiosam  vitam  2).         134. 

Cop.  Chronicon  de  Nogento  p.  238.     De'p.-Arch.  Laon. 

1174,  Mai  20.     Anagni. 

Alexander  Henrico  abbati  Fiscannensi.  —  Dat.  Anagnie. 
XIII.  Kl.  lunii.  Ind.  VII.  Incarn.  MCLXXIV.  Pont.  XV.  — 
Licet  ex  iniuncto.  135. 

Cop.  Cart.  abb.  Fiseann.  p.  96.     Bibl.  Rouen. 

1)  Die  Ortsangabe  weist  auf  das  Jahr  1175,  weswegen  es  dort  auch 
wohl  einzureihen  ist.         2)  Vergl.  Jaffe'  8311. 


102  Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung. 

1159 — 75;  December  11.     Anagni. 

Alexander  Galando  abbati  couventus  S.  Aubertl.  —  Dat. 
Anagnie.     III.  Idus  Dec.  —  Qui  iustis.  136. 

Or.  Dep.-Arch,  Lille. 

1175,  Februar  23,     Ferentino. 

Alexander  Hugoni  abbati  monasterii  S.  Mariae  Baian- 
tiar um  eiusque  fratribus.  —  Dat.  Ferentini.  VIT.  Kl.  Mart. 
Ind.  VIII.    Inc.  MCLXXIV.    Pont.  XVI.  —  Religiosam  vitara. 

Cop.  Cart.   de  l'abbaye  de  Valloires  p.  5.    De'p.-Arcb.  Amiens.     ISy. 

1175,  Mai  4.     Ferentino. 

Alexander  Hugoni  abbati  monasterii  S.  Marie  Fulc ar di- 
montis.  —  Dat.  Ferentini.  IV.  Non.  Maii.  Ind.  VIII.  Inc. 
MCLXXV.     Pont.  XVI.  —  Religiosis  desideriis.  138. 

Cop.  Cart.  mon.  B.  Mariae  sanctique  lohannis  de  Fulcardimonte. 
Bibl.  Rouen. 

1175,  Juni  19.     Ferentino. 

Alexander  capitulo  Remensis  ecclesiae.  —  Dat.  Feren- 
tini.    XIII.  Kl.  lulii.  —   Commodis  et  profectibus.  139. 

Cop.  Cart.   du  Cbapitre  B.  p.   649,  G.  p.   1.     Bibl.  Reims. 

1175,  August  23.     Ferentino. 

Alexander  Samueli  abbati  S.  Marie  de  Laude.  —  Dat. 
Ferentini.  X.  Kl.  Sept.  Ind.  VIII.  Inc.  MCLXXV.  Pont.  XVI. 
—  Religiosam  vitam.  140. 

Or.  De'p.-Arcb.  Lille. 

1175,  December  24.     Anagni. 

Alexander  abbatissae  Dodoniensis  ecclesiae  eiusque 
sororibus.  —  Dat.  Anagniae.  IX.  Kl.  lan.  Ind.  .  .  .  Inc. 
MCLXXV.     Pont.  ...  —  Prudentibus  virginibus.  141. 

Or.  sebr  zerstört.     De'p.-Arcb.  Lille. 

1160—78,  Januar  10.     Anagni. 

Alexander   abbati  et  fratribus  Dervensis  monasterii.   — 
Dat.  Anagniae.     IV.  Id.  lan.  —  Ex  ministerio  suscepti.    14Ä. 
Or.  im  De'p.-Arcb.  Cbautnont. 

1160—76,  März  1.     Anagni. 

Alexander  abbati  et  capitulo  S.  Remigii  Remensis.  — 
Dat.  Anagniae.     Kl.  Marcii.  —  Cum  circa  nos.  143. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  A.  p.  52.     Bibl.  Reims. 

1166—76,  März  28.     Anagni. 

Alexander  canonicis  S.  N  i ch  o  la i.  —  Dat.  Anagniae.  V.  Kl. 
April.  —  Iustis  petentium.  144. 

Cop.  Cart.  de  la  Trinite  de  Chälons-sur- Marne.  Dep.-Arcb.  Cbä- 
lons  -  sur- Marne. 

1160—76,  Mai  6.     Anagni. 

Alexander  D  e  r  V  c n  s  i  abbati. —  Dat.  Anagniae.  II.  Non. 
Mai.  —   Cum  dilectis  filiis.  *45. 

Cop.  Cart.  de  Montier -en- Der  II  p.  41b.     Dep.-Arcb.  Cbaumoiit. 


Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensainmluug.  103 

1160—76,  Mai  13.     Anagni. 

Alexander  abbati  et  fratribus  Valc eilen sibus.  —  Dat. 
Anagniae.     III.  Idus  Mai.  —  Ex  litteris.  146. 

Cop.  Cart.  de  Vaucelles  p.  28.     De'p.-Arcli.  Lille. 

1173(?) — 76,  December  1.     Anagni. 

Alexander  abbati  et  fratribus  raonasterii  de  Gardo.  — 
Dat.  Anagniae.     Kl.  Dec.  lAy. 

Or.  Dep.-Aich.  Amiens. 

1174—76,  Februar  8.     Anagni. 

Alexander  abbati  et  fratribus  S.  Theoderici.  —  Dat. 
Anagniae.     VI.  Id.  Febr.  —  Pia  desideria.  148. 

Cop.   Cart.   de  St.-Thieny  p.  380.     Bibl.  Eeims. 

1174(?)— 76,  April  20.     Anagni. 

Alexander  Herberte   abbati   et   fratribus  S.  Theoderici. 

—  Dat.  Anagniae.    XII.  Kl.  Mai.  —  Religiosam  vitam.     149. 

Cop.  Cart.  de  St.-Thierry  p.  414.     Bibl.  Reims. 

1176,  April  23.     Anagni. 

Alexander  Flandrinae  abbatissae  monasterii  S.  Mariae 
de  Bertolcort.  —  Dat.  Anagnie.  IX.  KI.  Mad.  Ind.  IX. 
Inc.  MCLXXVI.     Pont.  XVII.  —  Suscepti  regirainis.       150. 

Or.  im  D^p.-Arch.  Amiens. 

1176,  December  31.     Benevent. 

Alexander  Heriberto  abbati  S.  Theoderici.  —  Dat. 
Beneventi.  II.  Kl.  lan.    Ind.  X.    Inc.  MCLXXVIl.  Pont.  XVIII. 

—  Religiosam  vitam.  151. 

Cop.  Cart.  de   St.-Thierry  p.  407.     Bibl.  Reims. 

1177,  April  24.     Ferrara. 

Alexander  monasterio  S.  Pauli  Bisontinensis.  —  Dat. 
Ferrariae.  VIII.  Kl.  ]\Iaii.  Ind.  X.  Inc.  MCLXXVII.  Pont. 
...  —  Et  divinis  preceptis.  15Ä. 

Or.  Dep.-Arch.  Besanijon. 

1177,  Mai  20.     Rialto  von  Venedig. 

Alexander  P(etro)  abbati  et  fratribus  Gorziensibus.  — 
Dat.  Venetiis  in  Rivo  alto.    XIII.  Kl.  lun.  —  lustis  petentium. 

Or.  Bez.-Arch.  Metz.  153. 

1177,  Mai  29.     Rialto  von  Venedig. 

Alexander  filiis  infirmis  Lingonensis  ecclesiae.  —  Dat. 
Venetiis  in  Rivo  alto.     V.  Kl.  lun.  —  Ex  susceptae,         154. 
Or.  Dep.-Arch.  Chaumont. 

1178,  April  21.     Lateran. 

Alexander  Alardo   abbati   monasterii   Triura    Fontium. 

—  Dat.  Laterani.     XL  Kl.  Mad.    Ind.  XL    Inc.  MCLXXVIIL 
Pont.  XIX.  —  Religiosam  vitam.  155. 

Or.  Dep.-Arch.  Chälons-sur- Marne. 


104  Beiträge  zu  Jafte's  Regestensammlung. 

1178,  April  23  (?).     Lateran  (?). 

Alexander  R e m e n s i  archiepiscopo  tit.  S.  Sabinae,  Cata- 
laujiensi  et  Tulensi  episcopis.  —  Dat.  Laterani(?).  IX.  Kl. 
Madü  (?)  1).  —  Audivimus  et.  15«. 

Or.  Dep.-Arch.  Chälons-sur -Marne. 

1178,  August  25.     Tusculuni. 

Alexander  abbat!  Novillarensis  monasterii.  —  Dat. 
Tusculani.  VIII.  Kl.  Sept.  Ind.  XL  Inc.  MCLXXVIIL  Pont. 
XVIII.  —  Religiosam  vitam.  157. 

Cop.  Bez.-Arch.  Metz. 

1166—79,  März  7.     Lateran. 

Alexander  Rain ardo  sacerdoti  (Thietmarscellensi?). 
J.  8633.  —  Apostolice  sedis  dementia.  158. 

Or.  Reichsarch.  München. 

1166-79,  März  7.     Lateran. 

Alexander  abbati  et  capitulo  S.  P  e  t  r  i  de  W  e  1 1  i  m  b r  o  u- 
nen.     J.  8634.  —  Pia  desideria.  159. 

Or.  Reichsarch.  München. 
1166—79,  April  1.     Lateran. 

Alexander  A(lberto)  Frisingensi  episeopo.  J.  8640.  — 
Que  in  sacris.  160. 

Or.  Reichsarch.  München. 

1178—79  (?),  Juli  4.     Lateran. 

Alexander  W(ilhelmo)  Remensi,  S.  Savinae  cardinali, 
apostolicae  sedis  legato,  Rothomagensi  archiepiscopis  eorum- 
que  suffraganeis  et  abbatibus,  archidiaconibus,  praepositis^  pri- 
oribus  et  presbiteris  in  eorum  episcopatibus.  —  Dat.  Laterani. 
IV.  Non.  lulii.  —  Audivimus  et.  1«1. 

Cop.  Cart.  mon.  B.  Mariae  sanctique  lohannis  de  Fulcardimonte  p.  8. 
ßibl.  Ronen. 

1179,  Januar  12.     Tuscidum. 

Alexander    Herberte    abbati    monasterii   S.  Theo  der iei. 

—  Dat.  Tusculani.  IL  Idus  lanuar.  Ind.  XL  Inc.  MCLXXVIIL 
Pont.  XX.  —  Religiosam  vitam.  162, 

Cop.  Cart.  de  St.-Thierry  p.  393.     Bibl.  Reims. 
1179,  Januar  17.     Tusculum. 

Alexander  monasterio  S.  Godeardi  Hildeneshemmenensis. 
J.  8660.  —  Effectum  iusta  postulantibus.  163. 

Or.  Staatsarch.  Hannover. 

1179,  Februar  27.     Lateran. 

Alexander  Petro  abbati  monasterii  de  Recluso.  —  Dat. 
Laterani.  III.  Kl.  Marcii.  Ind.  XII.  Inc.  MCLXXVIIL  Pont.  XX. 

—  Religiosam  vitam.  164. 

Cop.   Cart.  de  Rechise  p.  1.     De'p.-Arcli.   Chälons -sur- Manie. 

1)  Vergl.  die  vorige  Nummer.  —  Vermuthlich  1179,  wo  er  sich  in 
der  Umgebung    des  Papstes    befindet;    vgl.    unten  14.  April  1179.     S.  L. 


Beiträge  zu  Jaffe's  Eegesteusammlung.  105 

1179,  April  2.     Lateran. 

Alexander  I(ngelranno)  decano  et  capitnlo  Ambianensi. 

—  Dat.  Laterani.     IV.  Non.  April.  —  Ea  quae  inter.       165. 

Cop,  Cart.  du  Chapitre  d'Amiens  I  p.  45,  II  p,  78.    Dep.-Arch.  Amieus. 

1179,  April  3.     Lateran. 

Alexander  capitulo  Eistetensi:  ecclesiam  eins  sub  apo- 
stolica  protectione  suscipit,  bona  et  iura  confirmat.  —  Dat. 
Laterani,  III.  Non.  Aprilis.  Ind.  XII.  Inc.  MCLXXVIIII. 
Pont.  XX.  —  Effectum  iusta.  166. 

Or.  Reichsarch.  München. 

1179,  April  4.     Lateran. 

Alexander  monasterium  Ebersperchense  sub  apostolica 
protectione  suscipit,  bona  et  iura  confirmat.  —  Dat.  Laterani, 
II.  Non.  Aprilis.     Ind.  XII.     Inc.  MCLXXVIIII.     Pont.  XX. 

—  Quotiens  a  nobis.  16S'. 

Transsumpt  und  Vidimus  Reichsarch.  München. 

1179,  April  14.     Lateran. 

Alexander  W(ilhelmo)  Remensi  archiepiscopo,  tit.  S.  Sa- 
binae  cardinali,   apostolicae  sedis  legato,    eiusque  suffraganeis. 

—  Dat.  Laterani.  XVIII.  Kl.  Mai.  —  Audivimus  et  audientes  '). 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.  6.    Dep.-Arch.  Amiens.     16S. 

1179,  April  19.     Lateran. 

Alexander  episcopis,  abbatibus  et  universis  ecclesiarum 
praelatis  per  Salzburgensem  provinciam:  'Experti  constantiam 
fidei  .  .  .  (Conradi)  archiepiscopi  vestri,  apostolicae  sedis  legati 
in  provincia  vestra  et  prius  in  aliis  officium  legationis  commi- 
simus^)  .  .  .  Verum  ad  apostolicam  novissime  sedem  accedens^) 
sua  nobis  insinuatione  monstravit,  quod  cum  vobis  tanquam 
gregi  proprio  teneatur,  in  provincia  vestra  dumtaxat  esse  vole- 
bat  officio  legationis  contentus  .  .  .  Nos  itaque  ...  in  prae- 
scripta  provincia  officium  legationis  (ei)  commisimus'.  —  Dat. 
Laterani,  XIII.  Kl.  Madii.  —  Ad  oranes  ecclesie.  169. 

Or.  (Rep.  IX,  Stat.  1)  Staatsarch.  Wien. 

1179,  Mai  4.     Lateran. 

Alexander  Adae  abbati  monasterii  S,  Andreae  de  Novo 
Castello  eiusque  fratribus.  —  Dat.  Laterani.  IV.  Non.  Mai. 
Ind.  XII.     Inc.  MCLXXIX.     Pont.  XX.  -  Piae  postulatio. 

Or.  Dep.-Arch.  Lille.  ±70. 

1179,  Mai  25.     Lateran. 

Alexander  Hugoni  primicerio  ecclesiae  S.  Stephani 
Metensis  eiusque  fratribus.  —  Dat.  Laterani.  VIII.  Kl.  lun. 
Ind.  XII.     Inc.  MCLXXIX.     Pont.  XX.  —  Ideo  licet,     l^l. 

Or.  Bez.-Arch.  Metz. 


1)  Gedr.  Henriquez  Fascicul.  SS.  ord.  Cisterc.  I,  38.  S.  L.       2)  Vergl. 
auch  die  Urk.  v.   12.  April  1160—1176.  3)  Vergl.  Meiller  Reg.   133. 


106  Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung. 

1179,  August  18.     Seg-ni. 

Alexander  archiepiscopis  et  episcopis.  —  Dat.  Signie. 
XV.  Kl.  Septerabr.  —  Cura  nos.  1^2. 

Cop.  Cart.   de  St.-Remi  B.  p.  35.     Bibl.  Reims. 

1179,  November  6.     Anagni. 

Alexander  monasterio  S.  Vincencii.  —  Dat.  Anagniae. 
VIII.  Id.  Nov.  Ind.  XIII.  Inc.  MCLXXIX.  Pont.  XXI.  — 
Effectum  iusta.  ±93. 

Or.  Dep.-Arch.  Besau^on. 

1179,  November  6.     Anagni, 

Alexander  Nicholao  abbati  monasterii  S.  Petri  siti  in 
loco  qui  vulgo  dicitur  Mansue  Corbonie.  .  —  Dat.  Anag- 
niae. VIII.  Id.  Novembr.  Ind.  XIII.  Inc.  MCLXXVIII. 
Pont.  XXI.  —  Effectum  iusta.  1»4. 

Cop.  Dep.-Arch.  Troyes. 

1179,  December  14.     Velletri. 

Alexander  Sibotoni  praeposito  et  canonicis  S  alz  bürge  n- 
sis  ecclesiae  ecciesiam  S.  Martini  a  Salzburgensi  archiepi- 
scopo  eis  adiudicatam  confirmat.  —  Dat.  Velletri,  XVIIII.  Kl. 
lan.  —  Ea  que  iudicio.  1^5. 

Or.  (Rep.  XI)  Staatsarch.  Wien. 

1178-80,  September  27.     Tusculum. 
Alexander  W(ilbelmo)  Remensi  archiepiscopo,  apostolice 
sedis  legato.  —  Dat.  Tusculani.    V.  Kl.  Octobr.  —  Quante  sint. 
Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.  7.    De'p.-Arch.  Amiens.     176» 

1180,  April  12.     Velletri.  _ 

Alexander  abbati  et  capitulo  de  Fulcardira  onte.  — 
Dat.  Velletri.    IL  Idus  April.  —  Ex  rescripto  compositionis. 

Cop.  Cart.  mon,  B.  Marie  sanctique  lohannis  de  Fulcardimonte  p.  10. 
Bibl.  Ronen.  lyy. 

1180,  Juni  17.     Tusculum. 

Alexander  abbati  monasterii  S.  Quinti(ni)  eiusque  fra- 
tribus.  —  Dat.  Tusculani.  XV.  Kl.  lulii.  Ind.  XIII.  Inc. 
MCLXXXI.     Pont.  XXI.  —  Religiosara  vitam.  178. 

Cop.  Histoire  de  l'abbaye  du  Mont  St.-Quentin  p.  137.  De'p.-Arch. 
Amiens. 

1180,  November  15.     Tusculum. 

Alexander  Bonardo  abbati  S.  IMariae  de  Stagno.  —  Dat. 
Tusculani.  XVII.  Kl.  Dec.  Ind.  XIII  (?).  Inc.  MCLXXX. 
Pont.  XXII.  —  Religiosam  vitam.  ly». 

Or.  Dep.-Arch.  Bar-le-Duc. 

1159-81. 

Alexander  Wilhelmo  abbati  monasterii  Oycns  is.  —  Datum 
deest.  —  Desiderium  quod.  180. 

Cop.   Cart.  de  l'abbaye  d'Oye.     Dep.-Arch.  Troyes. 


Beiträge  zu  Jaffd's  Regestensammlung,  107 

1166—81. 

Alexander  Eustachio  abbati  de  monte  S.  Eligii  eiusque 
fratribus.  - —  Datum  deest.  —  Piae  postulatio,  181. 

Cop.  Cart.  d'Aubigny  p,  5.     Dep.-Arch.  Arras. 

1169-81. 

Alexander  D(esiderio)  Morinorum  episcopo.  —  Datum 
deest.  —  Licet  et  te.  182. 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.  7.     De'p.-Arch.  Amiens. 

1171—81,  Januar  20.     Tusculum. 

Alexander  priori  et  monachis  S.  Aygulphi.  —  Dat. 
Tusculani.     XIII.  Kl.  Febr.  —  Pervenit  ad  nos.  183. 

Cop.  Inv.   de  Montier -la- Celle  p.   59.     De'p.-Areh.  Troyes. 

(1171)— 81,  Februar  18.     Tusculum. 

Alexander  Petro  abbati  et  fratribus  S.  Remigii  Remensis. 

—  Dat.  Tusculani.     XII.  Kl.  Martii  i).   —  lustis  petentium. 

Cop.  Cart  de  St.-Remi  A.  p.  53,  B.  p.  28,     Bibl.  Reims.  184. 

(1171) -81,  Februar  21.     Tusculum. 

Alexander  Petro  abbati  et  fratribus  S.  Remigii.  —  Dat. 
Tusculani.     IX.  Kl.  Martii.»).  —  Rationabiles  et.^)  185. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  A.  p.  76,  B.  p.  33.     Bibl.  Reims. 

(1171)— 81,  Februar  26.     Tusculum. 

Alexander  Petro  abbati  et  fratribus  S.  Remigii.  —  Dat. 
Tusculani.     IV.  Kl.  Martii  *).  —  Si  quando  ab.  186. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  B.  p.  35.     Bibl.  Reims. 

1161—81,  März  17.     Tusculum. 

Alexander  capitulo  Metensis  ecclesie.  —  Dat.  Tusculani. 
XVI.  Kl.  April.  —  Quae  a  viris.  I8y. 

Gr.  Bez.-Arch.  Metz. 

1181,  Februar  26.     Tusculum. 

Alexander  monasterio  S.  Lazari  Cameracensis.  —  Dat. 
Tusculani.  IV.  Kl.  Marcii.  Ind.  IX  (?).  Inc.  MCLXXX. 
Pont.  XXII.  —  Cum  .  .  .  188. 

Or.  sehr  beschädigt.     De'p.-Arch.  Lille. 

1181,  März  15.     Tusculum. 

Alexander  Petro  abbati  monasterii  S.  Remigii.  —  Dat. 
Tusculani.    Id.  Martii.  Ind.  XIV.   Inc.  MCLXXX.   Pont.  XXIL 

—  Cum  de  sacrae.  189. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  B.  p.  26,  C.  p.  7.     Bibl.  Reims. 

Victor  IV. 
1160,  November  19,     Pavia. 

Victor  eccl.  Hild.  J.  9384.  Im  Original  in  Hannover 
steht  XIII.  Kai.  Dec.  1»0. 


1)  Vergl.  die  Urkunde  vom   15.  März   1181.  2)  J.  8033? 


108  Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammluug. 

Paschalis  III. 

1166,  November  18.     Viterbo. 

Pascalis  Gregorio  Horembacensi  abbat!  confirmat 
decisionem  controversie  de  fundo  Wazehiheim,  ab  Illino  Treve- 
rorum  archiepiscopo  et  apostolice  sedis  legato  factam.  —  Dat. 
Viterbii.  XIIII.  Kl.  Dec.  Ind.  XV.  Inc.  MCLXVII.  Pont.  III. 
—  lustum  ac  rationabile.  191. 

Or.  Reicbsarch.  München. 

Lucius  III. 

1182,  Januar  23.     Lateran. 

Lucius  Garnerio  abbati  ecclesie  S.  Petri  Stivagiensis 
eiusque  fratribus.  —  Dat.  Laterani.  X.  Kl.  Feb.  Ind.  XV. 
Inc.  MCLXXXI.     Pont.  I.  —  lusticie  ratio  exigit.  192. 

Or.-Nachbildnng.      Bibl.  Nancy. 

1182,  Februar  13.     Lateran. 

Lucius  Theobaldo  decano  et  canonicis  S.  Mariae  et 
S.  Amandi  Duacensis. —  Dat.  Laterani.    Idus  Febr.    Ind. 

XV.  Inc.  MCLXXXI.     Pont.  I.  —  Quotiens  a  nobis.     193. 

Or.  Dep.-Arch.  Lille. 

1182,  Februar  16.     Lateran. 

Lucius  abbati  et  fratribus  S.  Theoderici.  —  Dat.  Late- 
rani.    XIV.  Kl.  Marcii.  —  lustis  petentium,  194. 
Cop.  Cart.   de  St.-Thierry  p.  416.     Bibl.  Reims. 

1182,  März  7.     Lateran. 

Lucius  abbati  Fiscannensi.  —  Dat.  Laterani.  Non. 
Martii.  —  Cum  monasterium.  195. 

Cop.  Cart.   abb.  Fiscannensis  p.   98.     Bibl.  Konen. 

1182,  März  17.     Lateran. 

Lucius  W(ilhelmo)  Remensi  archiepiscopo,  S.  Sabinae 
cardinali,  et  suffraganeis  eins  et  abbatibus,  archidiaconibus, 
prepoäitis  in  eorum  episcopatibus  constitutis.  —  Dat.  Laterani. 

XVI.  Kl.  April.  196. 

Cop.  Cart.   de  l'abbaye  de  Valloires  p.  8.     Di'p.-Arcli.  Amiens. 

1182,  April  30.     Velletri. 

Lucius  Rogcrio  abbati  Trium  Fontium.  —  Dat.  Velletri. 
IL  Kl.  Mad.  Ind.  XV.  Inc.  MCLXXXII.  Pont  I.  —  Reli- 
giosam  vitam.  19S'. 

Or.  Dep.-Arch.  Chälons  -  siir- Marne. 

1182,  Mai  9.     Velletri. 

Lucius  Conrado  archiepiscopo  Salzburgensi.     J.  9478; 

Meiller  Reg.  p.  140  Nr.  53.  —  Pastoralis  officii  consideratione. 

Or.  (Rep.  IX)  Staatsarch.  Wien.  198. 

1182,  Mai  14.     Velletri. 

Lucius  monasterium  Hagenense  sub  apostolica  protec- 
tione   suscipit,    translationem  ad  aptiorem   locum,    qui   Rubra 


Beiträge  zu  Jaflfe's  Regestensammlung.  109 

ecclesia  dicitur,  bona,  iura  confirmat.  —  Dat.  Velletri.  II.  Idus 
Madii.  Ind.  XV.  Inc.  IMCLXXXII.  Pont.  I.  —  Si  quando 
postulatur.  199. 

Or.  Staatsarcii.  Idstein 

1182,  Mai  15.     Velletri. 

Lucius  monasterio  Cisterciensi.  —  Dat.  Velletri.  Id. 
Madii.  Ind.  XV.  Inc.  MCLXXXII.  Pont.  I.  —  Religiosara  vitam. 

Cop.  Liber  gen.  priv.  ord.  Cist.  p.  104.     Bibl.  Dijon.  !300. 

1182,  December  23.     Velletri. 

Lucius  Guntero  abbati  monasterii  S.  Mariae  de  Insula 
eiusque  fratribus.  —  Dat.  Velletri.  X.  Kl.  lanuar.  Ind.  I. 
Inc.  MCLXXXII.     Pont.  IL  —  Religiosam  vitam.  201. 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  l'Isle  en  Barrois  p.  1093.  Dep. -Arch. 
Bar-le  -Duc. 

1182,  December  23.     (Velletri.) 

Lucius    Petro    abbati    monasterii    Belliprati.  —    Dat. 

Velletri.     X.  Kl.  lan.    Ind.  I.    Inc.  MCLXXXII  (?).  Pont.  IL 

—  Religiosam  vitam.  SOtf. 

Or.  De'p.-Arch.  Nancy. 
1182,  December  23.     Velletri. 

Lucius  canonicis  S.  Mariae  Virdunen sis.  —  Dat. 
Velletri.     X.  Kl.  lan.  —  Ideo  sumus  licet,  203. 

Cop.  Cart.  de  la  cathe'drale  de  Verdun  p.   134.     Bibl.  Verdun. 

1182—83,  März  26.     Velletri. 

Lucius  R(adulfo)  decano  et  capitulo  Remensi.  —  J.  9506. 

—  In  eo  sumus.  304. 

Cop.   Cart.  du  Chapitre  B.  p.  54,  G.  p.  1,  51.     Bibl.  Reims. 
1182—83,  März  31.     Velletri. 

Lucius  abbati  et  fratribus  S.  Theodori.  —  Dat.  Velletri. 
IL  Kl.  April.  —  Effectum  iusta.  205. 

Cop.   Cart.   de  St.-Thierry  p.  412.     Bibl.  Reims. 

1182—83,  April  8.     Velletri. 

Lucius  abbati  et  monachis  S.  Sepulcri.  —  Dat.  Velletri. 
VI.  Id.  April.  —  Quotiens  ab  apostolica.  206. 

Or.  im  De'p.-Arch.  Lille. 

1182—83,  Mai  5.     Velletri. 

Lucius  S(yraoni)  abbati  et  conventui  monasterii  S.  Remigii. 

—  Dat.  Velletri.     III.  Non.  Maii,  —  Ea  quae  iuris.  Ii07. 

Cop.   Cart.  de  St.-Remi  A.  p.  74,  B.  p.  40.     Bibl.  Reims. 

1182-83,  Mai  10.     Velletri. 

Lucius  P(etro)  abbati  et  fratribus  S.  Remigii.  —  J.  9516. 

—  Piae  postulatio.  208. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  A.  p.  5,  B.  p.  36,  C.  Nr.  35.     Bibl.  Reims. 
1182-83,  Mai  13.     Velletri. 

Lucius  priori  et  fratribus  S.  Tliomae  de  Vienna.  — 
Dat.  Velletri.     III.  Idus  Madii.  —  Locorum  venerabilium. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi  C.  p.  9.     Bibl.  Reims.  209. 


110  Beiträge  zu  Jaffe's  Regesteusammlung. 

1182-83,  Mai  14.     Velletri. 

Lucius    archidiaconibus    et  decanis  per  Remensem  pro- 

vinciam.  —  Dat.  Velletri.     II.  Id.  Mai.  —  Quotiens  laicorum. 

Cop.   Cait.   de  St.-Remi  B.   p.  41.     Bibl.  Reims.  210. 

1183,  Februar  14.     Velletri. 

Lucius  Lugdunensi  archiepiseopo  et  suffraganeis  eius  etc. 

—  Dat.  Velletri.    XVI.  Kl.  Martii.  —  Audivimus  et  audientes. 

Or.  Fonds  d'Auberive.     Dep.-Arch.  Chaumont.  »11. 

1183,  März  7.     Velletri. 

Lucius  abbati  et  fratribus  S.  Nichasii.  —  Dat.  Velletri. 
Non.  Mart.  —  Quae  monasteriis.  ÄIÄ. 

Cop.  Cart.  de  St.-Nicaise  Nr.   133.     Bibl.  Reims. 

1183,  April  28.     Velletri. 

Lucius  Martino   abbati   et  canonicis  ecclesiae  Mareolis. 

—  Dat.  Velletri.      IV.  Kl.  Mai.     Ind.  I.     Inc.  MCLXXXIIL 
Pont.  II.  —  Piae  postulatio.  Ä13. 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Ste. -Marie  de  Bayelle.  fol.  57.    Bibl.  Arras. 

1183,  April  30.     Velletri. 

Lucius  monasterium  S.  Mariae  de  Guindeberge  sub 
apostolica  protectione  suscipit,  bona  et  iura  confirmat.    J.  9548. 

—  EfFectum  iusta.  214. 

Or.  Reichsarch.  München. 

1183,  November  10.     Anagni. 

Lucius  W(ilhelmo)  R  e  m  e  n  s  i  archiepiseopo  et  suffraganeis 
eius  episcopis  et  archidiaconis,  praepositis  et  decanis  in  Remensi 
provincia  constitutis.  —  Dat.  Anagnie.     IV.  Idus  Nov.     215. 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.  9.     De'p.-Arch.  Amiens. 

1183,  November  27(?).     Anagni. 

Lucius  abbati  et  fratribus  Fiscannensibus.  —  Dat. 
Anagniae.     V(?).  Kai.  Dec.  —  Quanto  spetialius.  216. 

Or.  Ddp.-Arch.  Rouen. 

1183,  November  27.     Anagni. 

Lucius  monasterio  Ebracensi  confirmat  propter  impro- 
bitatem  quorundam  archidiaconorum,  sicut  nulli  tenetur  laborum 
seu  nutrimentorum  decimas  solvere,  ita  nuUus  ab  eo  debeat 
decimarum  decimas  extorquere.  J.  9569.  —  Cum  apostolice  sedis. 

Or.  Reichsarch.  München.  Sl?« 

1183,  December  31.     Anagni. 

Lucius  abbati  et  fratribus  S.  Theoderici.  —  Dat. 
Anagniae.     II.  KI.  lan.  —  lustis  petentium.  218. 

Cop.   Cart.   de  St.-Thierry  p.  382.     Bibl.  Reims. 

1184,  März  9.     Anagni. 

Lucius  abbati  et  canonicis  Viconionsibus.  —  Dat. 
Anagniae.     VII.  Idus  Martii.  —  Cum  ex  iniuncto.  219. 

Cop.  Cart.  de  Vicogne.  Nr.  93.     De'p.-Arch.  Lille. 


Beiträge  zu  Jaflfe's  Regestensammluug.  111 

1184,  April  30.     Veroli. 
Lucius  mandat  omnibus  prelatis,  ut  prohibeant,  ne  quis  in  illos, 
qui  ad  domos  fratrum  lerusalemitani  hospitalis  fugiunt, 
vel  in  res  eorum  infra  ambitum  domorum  ij^sarum  manus  iniciat 
violentas.  —  Dat.  Verulis.     IL  Kl.  Maii.  —   Pervenit  ad  nos. 

Transsnmpt.     Reiehsarch.  München.  '<S20< 

1184,  October  29.     Verona. 

Lucius  Florentino  abbati  S.  Petri  de  öelincort  eiusque 
fi-atribus.  —  Dat.  Veronae.  IV.  Kl,  Nov.  Ind.  IIL  Inc. 
MCLXXXIV.     Pont.  IV.  —  Religiosani  vitam.  221. 

Cop.  Cart.   eccl.  S.  Petri  Selincuriensis  Nr.  528  p   3.     Bibl.  Amiens. 

1181—85. 

Lucius  lohanni  abbati  de  monte  S.  Eligii  eiusque  fra- 
tribus.  —  Datum  deest.  —  Quociens  a  nobis.  222. 

Cop.  Cart.   d'Aubigny.  p.  8.     Dep.-Arch.  Arras. 

1182—85. 

Lucius  Simoni  abbati  S.  Remigii.  —  Datum  deest.  — 
Cum  de  sacrae  ').  223. 

Cop.  Cart.  de  St.-Eemi  C.  p.  9.     Bibl.  Reims. 

(1184)- 1185,  August  2.     Verona. 

Lucius  omnibus  prelatis  laudat  I  e  r  u s a  1  e  m  i  t  a  n u m  x e  n  o- 
dochium,  liortatur  eos,  ut  moneant  populum  ipsius  fraternita- 
tem  assumere  et  collectas  facere.  Indulget:  fautoribus  et  col- 
legis  fraternitatis  septimam  partem  penitentiae,  fratribus  mortuis 
inter  interdictum  ecclesiae  eorum  sepulturam  ecclesiasticam, 
adventu  missorum  xenodochii  in  locum  interdictum  semel 
ecclesias  aperire,  nequaquam  impedire  clericos,  qui  serviant 
hospitalibus.  Hospitalem  domum  cum  omnibus  pertinentiis  et 
receptores  eins  sub  apostolica  protectione  suscipit.  —  Dat. 
Veronae,  III.  Non.  Aug.  —  Quam  amabilis  deo.  224. 

Or.  Reiehsarch.  München. 

1184—85,  September  16.     Verona. 

Lucius  decano  et  capitulo  Virdunensi.  —  Dat.  Veronae. 
XVI.  Kl.  Octobr.  —  lustis  petentium.  225. 

Cop.  Cart.  de  la  cathe'drale  de  Verdun  p.  93.     Bibl.  Verdun. 

1184 — 85,  September  26.     Verona. 

Lucius  S(ymoni)  abbati  et  monachis  B.  Remigii.  — 
J.  9507.  —  lustis  religiosorum.  226. 

Or.  und  Cop.  Cart.    de  St.-Remi  A.    p.  37,  B.  p.  40,     Bibl.  Reims. 

1184—85,  October  11.     Verona. 

Lucius  abbati  et  conventui  S.  Nichasii.  —  Dat.  Vero- 
nae.    V.  Id.  Octobr.  —  lustis  petentium.  229'. 

Cop.  Cart.  de  St.-Nicaise  Nr.  66.     Bibl.  Reims. 


1)  Vergl.  die  Urkunde  vom  15.  März  1181. 


112  Beiträge  zu  JaflPe's  Regesteusammlung. 

1184—85,  October  22.     Verona. 

Lucius  abbati  et  fratribus  de  Balantiis.  —  Dat.  Veronae. 
XL  Kl.  Nov.  —  lustis  petitionum.  228. 

Cop.  Cart.   de  l'abbaye   de  Valloires  p.  9.     Dep.-Areli.  Amiens. 

(1184)— 85,  November  4.     Verona. 

Lucius  fratribus  hospitalis  lero  s  oli  mitani  confirmat 
regulara  a  Raimundo  magistro  datam  et  ab  Eugenio  papa  con- 
firmatam,  et  statuta  eorum,  specialiter,  quod  in  domo  hospitali 
semper  quinque  medici  et  tres  sint  chirurgici.  —  Dat.  Vero- 
nae.    IL  Non.  Nov.').  —  Quanto  per  gratiam.  229. 

Or.  Reichsarcb.  München, 

1184—85,  November  8.     Verona. 

Lucius  S(ymoni)  abbati  et  conventui  S.  Remigii.  — 
J.  9717.  —  lustis  petentium.  230. 

Cop.  Cart.   de   St.-Rerni  A.  p.  46,  B.  p.  39.     Bibl.  Reims. 

1184  —  85,  November  9.     Verona. 

Lucius  abbatibus  de  Windeberge  et  de  [Monasterio  su?] 
periori  mandat,  ut  militem  Rapotonem  de  Pholingen  excom- 
municent,  nisi  decimas,  conventui  8.  lohannis  Ratisponen- 
sis  ablatas,  restituerit  et  de  dampnis  illatis  satisfecerit.  — 
Dat.  Veronae,  V.  Id.  Noverabr.    —    Conquestione    dilectorum. 

Or.  Reichsarcb.  München.  231. 

1184 — 85,  November  13.     Verona. 

Lucius  decano  et  capitulo  Ambianensi.  —  Dat.  Veronae. 
Idus  Novembr.  —  lustis  petentium.  232. 

Cop.  Cart.  du  chapitre  d'Aniiens  I.  p.  46,  II.  p.  78.     De'p.-Arch.  Arras. 

1185,  Januar  11.     Verona. 

Lucius  magistro  et  fratribus  hospitalis  concedit,  ut  con- 
fratres  eorum,  qui  nominatim  excommunicati  non  sint,  libere 
possint  sepulturae  tradere,  et  eos,  quos  ecclesiarum  prelati  apud 
ecclesias  suas  non  perraiserint  sepeliri,  ad  ecclesias  hospitales 
turaulare.  —  Dat.  Veronae,  III.  Id.  lan.  —  Ea  quae  vobis. 

Or.  Reichsarcb.  München.  233. 

1185,  Januar  23.     Verona. 

Lucius  Omnibus  praelatis  conqueritur  de  malitia  malorum 
et  mandat,  ut  fratribus  hospitalis  in  tribulacionibus 
eorum  praesidium  praestent,  malefactores  eorum  excommunicent 
et  suspendant.  —  Dat.  Veronae,  X.  Kl.  Febr.  —  Non  absque 
dolore.  234. 

Transsiimpt.     Reichsarcb.  München. 

1185,  Januar  23.     Verona. 

Lucius  Omnibus  praelatis  laudat  lerusalemitanum 
xenodochium,  hortatur  eos,  ut  monoant  populum  ipsius  fra- 
ternitatem  assumere  et  collectas  facere.  Indulget:  fautoribus 
et  coUegis  fraternitatis  septimam  partem  penitentiae,  fratribus 
mortuis  inter  interdictum  ecclesiae    eorum  sepulturam  ecclesi- 

"        1)  Vgl.  Jaffe  9766. 


Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung.  113 

asticam,  eos,  nisi  excommunicati  sint,  ad  ecclesias  hospitales 
tumulare,  adventu  missorum  xenodochii  in  locum  interdictum 
semel  ecclesias  aperire,  neqiiaquam  impedire  clericos,  qui  servi- 
ant  hospitalibus.  Hospitälern  domum  cum  omnibus  pertinentiis 
et  receptores  eius  siib  apostolica  protectione  suscipit.  —  Dat. 
Veronae,  XX.  Kl.  Febr.  —  Quam  amabilis  deo.  'i'iä. 

Or.  Reichsarch.  München. 

1185,  April  29.     Verona. 

Lucius  Marhuardo  de  Kaerstein,  de  S.  Cruce  in  Sattlbacli 
abbatibus,  maiori  Salzburgensi  et  Nuwenburgensi  praepositis 
mandat,  ut  M(anegoldum)  in  monasterium  Cremifanense 
quasi  abbatem  intrusum,  examinatione  rei  habita,  e  dicto 
nionasterio  excludant.  —  Dat.  Yeronae,  III.  Kl.  Maii.  —  Ad 
audientiam  nostram.  236. 

Or.  Eeichsarch.  München. 

1185,  Juli  5.     Verona. 

Lucius  Symoni  abbati  et  conventui  S.  Remigii.  —  J.  9762. 
—  Ea  que  a.  Ii37. 

Or.  und  Cop.  Cart.  de  St.-Remi  A.  p.  73,  B.  p,  39,  C.  p.  10.  Bibl. 
Keims. 

Urban  IlL 

1186,  März  26.     Verona. 

Urbanus  Guarnerio  abbati  Alberipae.  —  Dat.  Veronae. 
VII.  Kl.  April.     Ind.  IV.     Inc.  MCLXXXVI.    Pont.  I.    238. 

Or.  Dep.-Chaumont. 

1186,  März  30.     Verona. 

Urbanus  Gundacgero  praeposito  S.  Rudb  er  ti  Salz  bür- 
gen sis  ecclesiae  eiusque  fratribus:  ecclesiam  S.  Rudberti  in 
b.  Petri  et  suam  protectionem  suscipit  eiusque  j)ossessiones  et 
iura  confirmat,  —  Dat.  Veronae,  III.  Kl.  April.  Ind.  IUI. 
Ine  MCLXXXVI.  Pont.  I.  (Meiller  453  n.  13.)  —  Quotiens 
a  nobis.  239. 

Or.  (Rep.  XI)  Staatsarch.  Wien. 
1186,  April  18.     Verona. 

Urbanus  priori  et  capitulo  de  monte  S.  Eligii.  —  Dat. 
Veronae.     XIV.  Kl.  Maii.  —  Ex  litteris  vestris.  240. 

Cop.  Cart.   d'Aubigny  p.    13.     Dep.-Arch.  Arras. 

1186,  April  18.     Verona. 

Urbanus  W(ilhelmo),  Remensi  archiepiscopo,  S.  Sabinae 
cardinali.  —  Dat.  Veronae.     XIV.  Kl.  Maii.  —  Quantum  vene 
rabilis.  241. 

Cop.   Cart.   d'Aubigny  p.   14.     Dep.-Arch.  Arras '). 

1186,  April  18.     Verona. 

Urbanus  priori  Albiniacensi.  —  Dat.  Veronae.  XIV. 
Kl.  Maii.  —  Quia  de  consilio.  242. 

Cop.  Cart.  d'Aubigny  p.   14.     Dep.-Arch.  Arras. 

1)  Vergl.  die  Urk.  vom  20.  April   1188. 
Neues  Archiv  etc.     VII.  8 


114  Beiträge  zu  Jaflfe's  Regestensammlung. 

1186,  April  18.     Verona. 

Urbanus  Attrebatensi  episcopo.  —  Dat.  Veronae.  XIV. 
Kl.  Maii.  —  Si  religionis.  243. 

Cop.   Cart.  d'Aubigny  p.   13.     Dep.-Arch.  Arras. 

1186,  April  20.     Verona. 

Urbanus  lohanni  abbati  de  monte  S.  Eligii  eiusque 
fratribus.  —  Dat.  Veronae.  XII.  Kl.  Mai.  Ind.  IV.  Inc. 
MCLXXXVI.     Pont.  I.  —  Piae  postulatio.  «44. 

Cop.   Cart.   d'Aubigny  p.   15.     Dep.-Arch.  Arras. 

1186,  April  25.     Verona. 

Urbanus    decano    et  capitulo   Attrebatensis    ecclesiae. 

—  Dat.  Veronae.     VII.  Kl.  Mai.  —  Cum  de  mandato.     245. 

Cop.  Cart.  d'Aubigny  p.  17.     Dep.-Arch.  Arras. 

1186,  Mai  11.     Verona. 

Urbanus  W(ilhelmo),  Remensi  archiepiscopo,  S.  Sabinae 
cardinali,  apostolicae  sedis  legato.  —  Dat.  Veronae.  V.  Id. 
Mai,  —  Cum  de  mandato.  24C 

Cop.  Cart.   d'Aubigny  p.   18.     De'p.-Arch.  Arras. 

1186,  Mai  23.     Verona. 

Urbanus  abbati  et  conventui  Fiscannensi.  —  Dat. 
Veronae.     X.  Kl.  lunii.  —  Cum  a  sacris.  24S'. 

Cop.  Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  102,  104.     Bibl.  Rouen. 

1186,  Juni  2.     Verona. 

Urbanus  Henrico  abbati  Fiscannensi.  —  Dat.  Veronae. 
IV.  Non.  lun.    Ind.  IV.    Inc.  MCLXXXVI.    Pont.  I^).       24»- 

Cop.   Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  99.     Bibl.  Kouen. 

1186,  Juli  30.     Verona. 

Urbanus  monasterium  S.  Nicolai  in  Memmingen  sub 
apostolica  protectione  suscipit,  bona  et  iura  confirmat.  —  Dat. 
Veronae,  HI.  Kl.  Aug.    Ind.  IUI.    Inc.  MCLXXXVI.    Pont.  I. 

—  Quotiens  a  nobis.  249. 

Transsumpt  Reiehsarch.  München. 

1186,  September  30.     Verona. 

Urbanus  capitulo  Eist etensi,  ecclesiam  eius  sub  aposto- 
lica protectione  suscipit,  bona  et  iura  confirmat.  —  Dat.  Ve- 
ronae.    II.  Kl.  Octobr.     Ind.  V.     Inc.  MCLXXXVI.    Pont.  I. 

—  Piae  postulatio.  250. 

Or.  Reiehsarch.  München. 

1186—87,  Februar  19.     Verona. 

Urbanus  monasterio  Celle nsi.  —  Dat.  Veronae.  XI.  Kl. 
Mart.  —  Ea  quae  ratione.  251. 

Cop.  Inv.  de  Montier -la- Celle  p.  56  b.     Dep.-Arch.  Troyes. 

1186—1187,  Februar  27.     Verona. 

Urbanus  abbatibus  Cisterciensis  ordinis  concedit,  ut 

1)  Nach  dieser  Urk.  sind  auch  Jaffe  9917,  9919  und  Acta  I  Nr.  384 
in  das  Jahr  1186  zu  verweisen. 


Beiträge  zu  Jaflfe's  Regcstensammlung.  115 

nuUi  omnino  liceat,  in  eos  vel  monasteria  eorum  seu  fratres 
inibi  constitutos  excomraunicationis  vel  suspensionis  seu  inter- 
dicti  sententiam  promere.  —  Dat.  Veronae.  III.  Kl.  Marcii.  — 
Monastice  sinceritas  i).  252. 

Transsumpt  Reichsarch.  München. 

1180-87,  März  28.     Verona. 

Urbanus  arehiepiscopis,  episcopis,  abbatibus  et  aliis  eccle- 
siae  prelatis  ad  quos  litterae  iste  pervenerint.  —  Dat.  Vero- 
nae.    V.  Kl.  April.  —  Audivimus  et.  253. 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.  10.     Dep.-Arch.  Amiens. 

1186—87,  April  30.     Verona. 

Urbanus  abbatibus  et  universis  fratribus  Cisterciensis 
ordinis.  —  Dat.  Veronae.     IL  Kl.  Mai.  —  Cum  ordo  vester^). 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Valloires  p.  9.    De'p.-Arch.  Amiens.     254. 

1186-87,  Mai  7.     Verona. 

Urbanus  monasterio  Gellen si.  —  Dat.  Veronae.  Non. 
Mai.  —  Cum  nobis  sit.  255. 

Or.  stark  beschädigt  und  Cop.  Inv.  de  Montier  -  la  -  Celle  p.  58.  Dep. 
Arch.  Troyes. 

1186—87,  Juni  7.     Verona. 

Urbanus  episcopo  et  capitulo  Ambianensi.  —  Dat.  Ve- 

rone.     VII.  Id.  lun.  —  Quae  fratribus.  256. 

Cop.  Cart.  du  chapitre  d' Amiens  I.  p.  45,  II.  p.  78.  Dep.-Arch.  Amiens. 

1186—87,  Juni  23.     Verona. 

Urbanus  preposito  Salzburgensi  indulget,  ut  liceat  ei^ 
et  corrigere  subditorum  excessus  et  plantare  quae  fuerint  pro 
restauratione  religionis  et  reformatione  plantanda.  —  Dat.  Vero- 
nae.    Villi.  Kl.  lul.  —  Ob  hoc  sumus.  257. 

Cd.  MS.  Nr.  340  (membr.  saec.  XIV)  fol.  29.     Staatsarch.  Wien. 

1186-87,  Juli  19.     Verona. 

Urbanus  abbati  et  conventui  S.  Remigii.  —  Dat.  Veronae. 
XIV.  Kl.  Aug.  —  lustis  petentium.  258. 

Cop.  Cart.  de  St.-Remi.  B.  p.  41.     Bibl.  Reims. 

Clemens  III. 

1188,  Februar  c.  11-  12(?).     Lateran. 

Clemens  abbati  et  conventui  de  Mareolo.  —  Dat.  Late- 
rani.     IL  .  .  .  Februar.     Pont.  I.  —  lustis  petentium.       25». 

Cop.  Cart.  de  l'abbaye  de  Ste. -Marie  de  Bayelle  p.  57.     Bibl.  Arras. 

1188,  März  9.     Lateran. 

Clemens  abbati »)  S.  Mariae  in  Viconia  eiusque  fratribus. 
-  Dat.  Laterani.  VIL  Idus  Mart.  Ind.  VI.  Inc.  MCLXXXVIL 
Pont.  I.  —  Quotiens  a  nobis.  2«0. 

Or.  und   Cop.   Cart.   de  Vicogne  Nr.  95.     Dep.-Arch.  Lille. 

1)  Vergl.  J.  9640.         2)  Vergl.  Acta  I.  Nr.  379.  383.  3)  In  der 

ersten  Zeile  ist  Raum  für  den  Abtnamen  gelassen. 

8* 


116  Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung. 

1188,  Mai  5.     Lateran. 

Clemens  Nicholao  abbati  monasterii  S.  Petri  Corbeiensis. 

—  Dat.  Laterani.   III.  Non.  Mai.   Ind.  VI.  Inc.  MCLXXXVIII. 
Pont.  I.  —  Apostolicae  sedis.  261. 

Or.  Dep.-Arcb.  Amiens. 

1188,  Juni  12.     Lateran. 

Clemens  G(erardo)  preposito  Insulanae  ecclesiae. —  Dat. 

Laterani.     II.  Idus  lun.     Pont.  I.  —  Cum  insolentia  laicorum. 

Cop.  Cart.  de  St.-Pierre  D.  3.   11  p.  33.     Bibl.  Lille.  HGH, 

1188,  Juni  27.     Lateran. 

Clemens  abbati  monasterii  S.  Petri  Cellensi.s.  ■ — ■  Dat. 
Laterani.    V.  Kl.  lulii.    Ind.  VI.    Inc.  MCLXXXVIIL    Pont.  L 

—  Religiosis  desideriis.  2B3. 

Cop.  Inv.  de  Montier -la- Celle  p.   59  b.     Dep.-Arch.  Troyes. 

1189,  Februar  14.     Lateran. 

Clemens  decano  et  capitulo  Ambianensi. —  Dat.  Late- 
rani.    XVI.  Kl.  Martii.     Pont.  II.  —  Cum  in  aliquos.       264. 
Cop.  Cart.   du  chapitre  d'Amiens  I.  p.    123.     Dep.-Arcb.  Amiens. 

1189,  December  9.     Lateran. 

Clemens  Godescalco  abbati  monasterii  Valcellensi.  — 
Dat.  Laterani.  V.  Id.  Decembr.  Ind.  VIII.  Inc.  MCLXXXIX. 
Pont.  II.  —  Piae  postulatio.  265. 

Or.  Dep.-Arcb.  Lille. 

(1188— )90,  April  19.     Lateran. 

Clemens  Gauchero    abbati   et   conventui  S.  Theoderici. 

—  Dat.  Laterani.     XIII.  Kl.  Mai  *).  —    Si  quando  postulatur. 

Cop.  Cart.   de  St.-Tbierry  p.  398,  414.     Bibl.  Eeims.  266. 

(1188— )90,  April  20.     Lateran. 

Clemens  Gauchero   abbati   et    conventui  S.  Theoderici. 

—  Dat.  Laterani.     XII.  Kl.  Maii).  —  lustas  üHorum.      26*. 

Cop.   Cart.  de  St.-Tbierry  p.  397.     Bibl.  Reims. 

1190,  Juli  15.     Lateran. 

Clemens  abbati  et  canonicis  ecclesiae  Omnium  sancto- 
rum  de  Insula.  —  Dat.  Laterani.  Idus  lul.  Pont.  III.  — 
Ea  quae  rationabiliter.  26§. 

Cop.  Cart.  de  Toussaint-eu-lTle  p.  2,  11.  Dep.-Arch.  Chalons-sur-Marue. 

1191,  Januar  26.     Lateran. 

Clemens  abbati  et  conventui  S.  Remigii.  —   Dat.  Late- 
rani, VII.  Kl.  Febr.     Pont.  IV.    -  lustis  petentium.          26». 
Cop.   Cart.   de  St.-Remi  B.  p.  58,   C.  p.  10.     Bibl.  Reims. 

Cölestin  III. 
1191,  December  20.     Lateran. 
Celestinus    decano    et    magistro    scolarum   S.  Suiberti    in 


1)  Gallia  Cbristiana  IX.  p.  190  ist  ano^egeben :  Galtberus  Clemen- 
tis  IIL  papae  literas  acquisita  praedia  confirmantes  accepit  anno  1188. 
Aus  dem  Cartulaire  habe  ich  nur  die  beiden  oben  gegebeneu  Nummern 
verzeichnet. 


Beiträge  zn  JafFe's  Regestensammlung.  117 

Werda  et  magistro  scolarum  S.  Andreae  in  Colonia  mandat, 
ut  causam  inter  Tuitiensem  abbatem  et  abbatem  de  S to- 
ber cli  super  quibusdam  decimis  de  Burgo  decidant.  —  Dat. 
Laterani,  XIII.  Kl.  lanuar.  Pont.  I.  —  lunotuit  nobis.  'i70. 
Or.  Stadtarch.  Köln. 

1192,  Februar  15.     St.  Peter  von  Rom. 
Celestinus  monasterio  Cisterciensi.  —  Dat.  Rome  apud 
S.  Petrum.    XV.  Kl.  Mareii.    Ind.  X.    Inc.  MCXCI.    Pont.  I. 

—  Religiosam  vitam.  syi. 

Cop,  Liber  gen.  priv.  ord.   Cist.  p.   113.     Bibl.  Dijon. 

1192,  April  18.     Lateran. 

Celestinus  Clementiae  abbatissae  sanctarum  virginum 
Coloniensium  confirmat  quatuor  stipendia,  quae  Philippus 
archiepiscopus  Coloniensis   praedecessori   eins    et    ei  concessit. 

—  Dat.  Laterani;  XIIII.  Kl.  Mali.    Pontif.  II.  —  lustis  peten- 
tium  desideriis.  2^2. 

Or.  Stadtarch.  Köln. 

1192,  Mai  11.     Lateran. 

Celestinus  decano  et  capitulo  maioris  ecclesiae  Metensis. 

—  Dat.  Laterani.    V.  Id.  Maii.    Pont.  IL  —  lustis  petentium. 

Or.  Bez.-Arch.  Metz.  273. 

1193,  Februar  23.     Lateran. 

Celestinus  Radulfo  abbati  et  fratribus  Fiscannensibus. 

—  Dat.  Laterani.     VII.  Kl.  Mart.     Pont.  IL  —  Religiosa  loca. 

Cop.  Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  110.     Bibl.  Ronen.  2y4. 

1193,  März  1.     Lateran. 

Celestinus    Ricardo    presbitero    ecclesiae   de    Rarentino. 

—  Dat.  Laterani.     Kl.  Mart.     Pont.  II.  —   Cum  controversie. 

Or.  Dep.-Arch.  Ronen.  SyS. 

1193,  März  23.     Lateran. 

Celestinus  Radulfo  abbati  Fiscannensis  monasterii.  — 
Dat.  Laterani.    X.  Kl.  April.    Ind.  XI.   Inc.  MCXCII.    Pont.  IL 

—  Licet  ex  iniuncto.  HVG. 

Cop.   Cart.  abb.  Fiscannensis  p.    105.     Bibl.  Ronen. 

1193,  Mai  10.     Lateran. 

Celestinus  universis  archiepiscopis,  episcopis  et  aliarum 
ecclesiarum  prelatis. —  Dat.  Laterani.  VI.  Id.  Mai,  Pont.  III. 

—  Audivimus  et  audientes.  «yy. 

Cop.  Cart.   de  l'abbaye   de  Valloires  p.  12.     Dep.-Arch.  Aniiens. 

1193,  Mai  13.     Lateran. 

Celestinus  Radulfo  abbati  et  conventui  Fiscannensi. — 
Dat.  Laterani.  III.  Idus  Mai.  Pont.  III.  —  Quanto  monasterium. 

Cop.   Cart.  abb.   Fiscannensis  p.   114.     Bibl.  Ronen.  278. 

1193,  ]\Iai  13.     Lateran. 

Celestinus  Radulfo  abbati  et  conventui  Fiscannensi.  — 
Dat.  Laterani.    III.  Idus  Maii.    Pont.  III.  —  lustis  petentium. 

Cop.  Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  113.     Bibl.  Ronen.  S«!)» 


118  Beiträge  zu  Jaflfe's  Regestensammlung. 

1193,  Mai  13.     Lateran. 

Celestinus  Roberto  abbati  monasterii  S.  Mariae  de  Nogento 
eiusque  fratribus.  —  Dat.  Laterani.  III.  Idus  Maii.  Ind.  XI. 
Inc.  MCXCIII.     Pont.  III.  —  Religiosam  vitam.  Ä80. 

Cop.   Chron.  de  Nogento  p.  432.     Dep.-Arch.  Laon. 

1193,  Mai  22.     Lateran. 

Celestinus  Radulfo  abbati  Fiscannensi.  —  Dat.  Laterani. 
XI.  Kl.  lim.     Pont.  III.  —  Sicut  ex  tua.  281. 

Cop.  Cart.   abb.  Fiscannensis  p.   114.     Bibl.  Rouen. 
1193,  Juni  13.     Lateran. 

Celestinus  abbati  et  conventui  S.  Urbani.  —  Dat.  Late- 
rani.    Id.  lunii.     Pont.  III.  —  Cum  a  nobis  petitur.         282. 
Or.  D^p.-Arch.  Chauraont. 

1193,  Juli  3.     St.  Peter  von  Rom. 

Celestinus  archiepiscopo  Trevirensi  et  abbati  S.  Eucharii 
mandat,  perculsus  quaerimoniis  Arnulfinorum  Mettensium, 
ut  Arnulfum,  militem  de  Nugaredo  per  districtionem  ecclesi- 
asticam  appellacione  postposita  arceant,  super  feudo  castri 
eiusdem  loci,  Arnulfini  iuris,  gravamen  inferre.  —  Dat.  Romae 
apud  S.  Petrum.     V.  Non.  lulii.     Pont.  III.  283. 

Regest  der  Antiq.  Arnulf,  p.  383.  Bibl.  Metz  (vom  Originale  ist 
nichts  im  Bezirksarchive  zu  Metz  bekannt). 

1194,  Juli  18.     Lateran. 

Celestinus  Nicoiao  abbati  monasterii  S.Petri  Corbeiensis. 
—  Dat.  Laterani.  XV.  Kl.  Aug.  Ind.  XII.  Inc.  MCXCIV. 
Pont.  IV.  —  Apostolicae  sedis.  284. 

Or.  Dep.-Arch.  Amiens. 

1194,  November  25. 

Celestinus  monasterio  Wezinsbac  (?  Wezinsbc')  concedit 
tertiam  partem  dccimae  de  ecclesia  quadam  et  curam  anima- 
rum,  mortuo  clerico,  qui  nunc  in  eadem  ecclesia  deservit.  — 
Dat.  Laterani.   VII.  Kl.  Decembr.     Pont.  IV.  —   Cum  tu  fili. 

Or.  Reichsarch.  München.  285. 

1195,  Februar  25.     Lateran. 

Celestinus  decano  et  magistris  et  canonicis  Remensis 
ecclesiae.  —  Dat.  Laterani.  V.  Kl,  Mart.  Pont.  IV.  —  Per- 
venit  ad.  286. 

Cop.  Cart.  de  la  Trinite  de  Chalons  -  sur- Marne  p.  11.  De'p.-Areh. 
Chrdons  -  sur  -  Marne. 

1196,  Januar  29.     Lateran. 

Celestinus  Humberto  abbati  monasterii  S.  Marie  de  Bello- 
prato.  —  Dat.  Laterani.  IV.  Kl.  Febr.  Ind.  XIV.  Inc. 
MCXCV.     Pont.  V.  —  Religiosam  vitam.  28^. 

Or.  Dep.-Arch.  Nancy. 
119G,  Juni  5.     Lateran. 

Celestinus   Radulfo  abbati   Fiscannensi.  —  Dat.  Late- 
rani.    Non.  lun.     Pont.  VI.  —  Aequitas  iuris.  288. 
Cop.  Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  115.     Bibl.  Rouen. 


Beiträge  zu  Jaffc's  Regestensammlung.  119 

1196,  Juni  7.     Lateran. 

Celestinus  Garnerio  magistro  scolavum  Remensis  eccle- 

siae.  —  Dat.  Laterani.  VIT.  Idus  Tun.  Pont.  VT.  —  Cum  a  nobis. 

Cop.  Cart.  du  chapitre  B.  p.   32,  G.  p.  1.     Bibl.  Reims.  '£^9. 

1196,  Juni  17.     Lateran,. 

Celestinus  Ulrico  abbati  monasterii  S.  Pauli.  —  J.  10598, 
Fontes  rer.  Austr.  Dipl.  XXXIX  p.  100.  —  EfFectum  iusta 
postulantibus.  290. 

Or.  (Rep.   I)  Staatsarch.  Wien. 

1196,  Juli  12.     Lateran. 

Celestinus  abbati  S.  lohannis  Ambianensis  eiusque 
fratribus.  —  Dat.  Laterani.  IV.  Idus  lulii.  Ind.  XIV.  Inc. 
MCXCVI.     Pont.  VL  —  Religiosam  vitam').  291. 

Cop.  Cart.  S.  lohannis  Ambian.  mon.  p.  1.  Bibl.  Amiens,  und  Cart. 
de  St.-Jean  d'Amieus  p.  12.     Dep.-Arch.  Amiens. 

1196,  November  27.     Lateran. 

Celestinus  I(ohanni)  abbati  Corbeiensi.  —  Dat.  Laterani. 

—  V.  Kl.  Demcemb.     Pont.  VI.  —  Ad  ecclesiastici.         2»Ä. 

Or.  De'p.-Arch.  Amiens. 

1196,  December  10.     Lateran. 

Celestinus  Balduino  Remensis  ecclesiae  preposito.  — 
Dat.  IV.  Idus  Dec.     Pont.  VI.  —  Officii  nostri.  293. 

Cop,  Cart.  du  Chapitre  G.  p.  37,  52,     Bibl.  Reims. 

1196,  December  11.     Lateran. 

Celestinus  abbatibus  S.  Petri  Salzeburgensis  et  Ebirsber- 
censi  et  praeposito  S.  Andreae  Frisingensis  mandat,  ut  pro- 
curent,  quatinus  capella  in  Purtin  monasterio  Garzensi 
restituatur,  si  constiterit,  id  ea  fuisse  per  violentiam  ad  favorem 
Owenensis  monasterii  spoliatum,  et,  ut  fratres  Garzenses 
contra  C.  comitem  de  Medelingin  tueantur,  qui  eos  plurimum 
vexavit  super  eadem  capella.    J.  10616.  —  Significarunt  nobis. 

Ol.  Reichsarch.  München.  294. 

1197,  Februar  1.     Lateran. 

Celestinus  abbati  et  canonicis  ecclesie  S.  Exuperii.  — 
Dat.  Laterani.    Kl.  Febr.    Ind.  XV.    Inc.  MCXCVI.    Pont.  VI. 

—  EfFectum  iusta.  295. 

Cop.  Cart.  de  St.-Spire  de  Corbeil.  Privatbesitz  des  Herrn  Archivars 
zu  Versailles. 

1197,  Juni  3.     Lateran. 

Celestinus  abbati  monasterii  Fiscannensis.  —  Dat.  Late- 
rani.    III.  Non.  lun.     Pont.  VII.  —  Cum  a  nobis.  296. 

Cop.  Cart.  abb.  Fiscannensis  p.  122.     Bibl.  Rouen. 

1197,  Juni  13.     Lateran. 

Celestinus  Radulfo  abbati  monasterii  Fiscannensis.  — 
Dat,  Laterani.    Idib.  Tun.   Pont.  VII.  —  Ad  ecclesiastici  decoris. 

Cop.  Cart.  abb.  Fiscannensis  p,  125.     Bibl.  Rouen.  297* 

'  1)  Vergl.  Jaffe   10602. 


120  Beiträge  zu  Jaffe's  Regestensammlung, 

1197,  October  30.     Lateran. 

Celestinus  abbati  et  eonventni  Liinaevillensi  (Lunaris- 

ville).    —    Dat.  Laterani.     III.  Kl.  Nov.     Pont.  VII.  —  Apo- 

stolicae  sedis.  2»8. 

Or.-Nachbildung  und  Cop.  Vidimus.     De'p.-Arch.  Nancy. 

1197,  Deceraber  11.     Lateran. 

Celestinus  arehiepiscopo  Salzburgensi.  —  Meiller,  Reg. 
S.  162.    —  Proposita  coram  nobis.  2»9. 

Or.  (Rep.  IX.  stat.  21)  Staatsarch.  Wien. 


VII. 

üeber  die  Herkunft 

des 

Alhertino   Mussato. 

Von 

Dietrich  König-. 


üeber  die  Herkunft  des  Albertino  Mussato^). 

riiS  ist  eine  in  der  Geschichte  berühmter  Männer  häufig 
wiederkehrende  Erscheinung,  dass  die  Nachwelt,  welche  neu- 
gierig in  den  Herzensangelegenheiten  und  Verwandtschaftsver- 
hältnissen derselben  wie  in  einem  Antiquitätenkabinet  kramt, 
ihnen  mit  einer  gewissen  Schadenfreude  den  Makel  der  Unecht- 
heit  anhängt.  Seine  psychologische  Erklärung  findet  dieser 
Umstand  darin,  dass  die  Geschichte  oft  von  genialen  und  her- 
vorragenden Persönlichkeiten  erzählt,  welche  unbezweifelt 
Bastarde  Avaren.  Italien  hat  vom  13.  Jahrhundert  ein  besonders 
reiches  Contingent  an  natürlichen  Söhnen  aufzuweisen,  welche 
nicht  dem  gewöhnlichen  Schicksale  der  Verborgenheit  an- 
heimfielen. 

Hier  handelt  es  sich  um  die  Illegitimität  des  bekannten 
paduanischen  Geschichtschreibers,  Dichters  und  Staatsmanns 
Albertino  Mussato.  Eigenthümliehe  Umstände  fügten  es,  dass 
Albertino  in  den  von  ihm  als  Notar  ausgestellten  Urkunden 
der  Sohn  des  Ausrufers  Giovanni  Cavallerio  genannt  wird, 
während  er  in  seinen  Schriften  sich  mit  dem  Beinamen  Mussatus 
begnügt,  den  er  mit  einem  alten  und  angesehenen  Adelsge- 
schlechte,  den  Mussi  oder  Mussati,  theilt.  In  Folge  der  von 
Gelehrten  alter  und  neuerer  Zeit  aufgeworfenen  Frage:  war 
Albertino  ein  Cavalerio  oder  Musso?  ist  allmählich  eine  an 
Widersprüchen  und  entgegengesetzten  Ansichten  reiche  Litte- 
ratur  entstanden,  die,  wie  ich  meine,  bislang  keine  befriedigende 
Antwort  ertheilt  hat. 

1)  Als  eine  Einleitixng  zu  diesem  Aufsatze  mag  die  Recension  über 
die  Schrift  von  J.  Wychgram,  'Albertino  Mussato.  Ein  Beitrag  zur  Italie- 
nischen Gesch.  des  14  Jahrh.  1880'  angesehen  werden,  welche  ich  in  den 
Mittheilungen  a.  d.  bist.  Litteratur  VIII,  355  u.  f.  veröffentlichte.  Eben 
diese  Frage  nach  der  Herkunft  des  Albertino  Mussato  ist  in  verschiedenen 
Briefen  zwischen  dem  italienischen  Gelehrten  Herrn  Dr.  Giusto  Grion  in 
Lucca  und  mir  besprochen  worden.  Derselbe  ist  mit  meiner  Auffassung 
einverstanden  und  ertheilt  mir  in  der  liebenswürdigsten  Weise  die  Erlaub- 
nis, seine  im  Einzelnen  weitergehende  Ansicht  mitzutheilen.  Für  die  mir 
durch  den  Briefwechsel  gegebene  Anregung  sage  ich  demselben  meinen 
verbindlichsten  Dank. 


124  Ueber   die  Herkunft   des  Albertino  Mussato, 

Erst  jüngst  hat  Andrea  Gloria,  Director  der  städtischen 
Archive  Padua's  und  wohl  der  hervorragendste  Kenner  der 
Geschichte  seiner  Vaterstadt,  die  Herkunft  des  Albertino 
Mussato  einer  erneuten  Prüfung  unterzogen'),  und  das  Resultat 
gewonnen,  dass  nicht  nur  Albertino,  sondern  auch  seine  Brü- 
der Gualpertino  und  Pietro  Buono  uneheliche  Söhne  des  padua- 
nischen  Edelmanns  Viviano  da  Musso  und  einer  uns  dem 
Namen  nach  nicht  bekannten  Frau  gewesen  seien.  Viviano 
habe  ausserdem  noch  drei  eheliche  Söhne  Gualpertino,  Nicolo 
und  Viviano  besessen  von  seiner  rechtmässigen  Gattin  Arme- 
rina.  Der  Vater  Viviano  starb  plötzlich ,  ohne  für  seine 
uneheliche  Nachkommenschaft  testamentarisch  gesorgt  zu  haben, 
und  der  wohlhabende  Ausrufer  Gianni  Cavalerio  nahm  mit- 
leidig, wahrscheinlich  auch  durch  die  Bitten  seiner  Gattin  be- 
wogen, welche  als  frühere  Amme  des  Albertino  diesen  lieb 
hatte  und  ihn  Sohn  nannte,  die  drei  Waisen  zu  sich  ins  Haus. 
Diese  betrachteten  Giovanni  als  ihren  Vater  und  nannten  sich 
nach  ihm;  Albertino  mit  um  so  grösserem  Rechte,  als  sein 
Adoptivvater  ihn  bei  seinem  Tode  (zwischen  1282  u.  1299)  zu 
seinem  Erben  einsetzte. 

Soweit   die  Ansicht   Gloria's.      Er   hält  sich   zunächst  an 
eine   eigene  Aeusserung  des  Dichters  Albertino  in  der  Elegie, 
wo  dieser  das  Thema   behandelt,    ob   sein  Geburtstag   gefeiert 
werden  solle  oder  nicht.     Col.  63  lesen  wir*): 
Editus  in  lucem  mundi  contagia  flevi, 

Inque  statu  natus  pauperiore  fui. 
Esse  miser  didici  teneris  infantulus  annis, 
Cuique  miser  tribviit  vix  elementa  pater. 

Diese  Verse  versteht  Gloria  s)  folgender  Massen.  Auf  die 
Welt  gekommen,  hat  Albertino  bereits  den  Makel  (contagia) 
der  unehelichen  Geburt  zu  beklagen,  welche  ihn  in  eine  be- 
dauernswerthe  Lage  brachte ;  als  kleines  Kind  lernte  er  schon 
unglücklich  zu  sein,  und  sein  beklagensAverther  Vater  Viviano 
—  in  der  Erinnerung  bezeichnet  Albertino  pietätvoll  seinen 
verstorbenen  Vater,  wie  auch  wir  heute,  als  'arm'  —  konnte 
ihn  kaum  die  elementarsten  *)  Kenntnisse  erlernen  lassen. 

Ich  halte  diese  Interpretation  für  künstlich  und  gezwungen. 
Albertino  will  nur  sagen :  als  ich  durch  meine  Geburt  mit  der 


1)  Documenti  inediti  intorno  a  Francesco  Petrarca  e  Albertino  Mussato, 
in  den  Atti  del  Reale  Istituto  Veneto  di  Scienze,  Lettere  ed  Arti.  Dal 
Nov.  1879  all'  Ottobre  1880.  T.  VI,  S.V.  Dispensa  prima,  S.  22  u.  ll'. 
2)  Graevius,  Thesaurus  Antiquitaturrt  et  Historiarum  Italiae,  T.  VI,  P.  II, 
S.  61.   62  u.  f.     Lugd.  Batav.   1722.  3)  A.  a.  O.  S.  30.  4)  elementa 

nach  dem  Horazischen  Ausdruck  in  den  Epist.  20,  17:  Hoc  quoquc  te 
manet,  ut  pueros  elementa  docentem,  Occupet  extremis  in  vicis  balba 
senectus. 


lieber  die  Herkunft  des  Albertino  Mussato.  125 

Welt  in  Berülirun^  (contagiuna)  kam'),  fing  mein  Elend  an; 
denn  als  kleines  Kind  lernte  ich  nnglücklich  zu  sein,  da  der 
arme  Vater  mir  kaum  den  nothdürftigsten  Lebensunterhalt 
gewährte. 

Die  Richtigkeit  dieser  Auffassung  wird  durch  folgende 
Argumente  gestützt.  Der  Ausrufer  Cavalerio  wird  als  wohl- 
habend bezeichnet  erst  bei  einem  späteren  anonymen  Chronisten, 
welcher  zu  der  Chronica  Patavina  des  Zambono  di  Andrea  de' 
Favafoschi,  eines  Zeitgenossen  des  Albertino,  Zusätze  machte  2). 
Der  Anonymus  nannte  den  Ausrufer  'satis  dives',  und  dieser 
Ausdruck  ging  darauf  in  der  zweiten  Hälfte  des  XV.  Jahr- 
hunderts in  die  biographischen  Notizen  über  Albertino  Mussato 
über,  welche  Sicco  Polentone  an  die  Worte  Favafoschi's  an- 
knüpfte 3). 

Die   Behauptung  aber,    dass    Cavalerio    reich   oder   wohl- 
habend war,  ist  vollständig  aus  der  Luft  gegriffen.    In  seinem 
'Cento  ex  P,  Ovidii  Nasonis  Libris  V  de  Tristibus  ad  Filium' 
weist  Albertino  auf  die  Armuth  seiner  Kindheit  zurück*): 
Dum  pauper  vixi,  dum  me  levis  aura  ferebat, 
Haec  mea  per  placidas  cymba  cucurrit  aquas. 

In  der  oben  erwähnten  Elegie  spricht  Mussato  ferner  aus, 
dass  der  Hunger  allein  die  einzige  Furcht  war,  die  ihn  bedrückte : 
Sola  fames  nostro  suberat  Ventura  timori, 
nie  licet  mordax,  sed  timor  unus  erat. 

Wie  hätte  er,  der  kaum  den  Knabenschuhen  Entwachsene, 
mit  seinen  kleinen  Geschwistern  Hunger  leiden,  für  diese  durch 
Abschreiben  von  Collegienheften  für  die  Studenten  mühsam 
Brod  verdienen  müssen,  wenn  nicht  der  Vater  sie  ohne  Sub- 
sistenzmittel  gelassen  hätte?!  Erst  allmählich  änderte  sich  die 
materielle  Lage  der  Bedrängten,  auf  deren  Verbesserung  der 
ältere  Albertino  beständig  bedacht  war: 

Aucta  graves  auxit  pariter  substantia  curas, 
Quae  mihi  continui  causa  timoris  erat. 

1)  Die  in  der  Elegie  gleich  darauf  beklagte  'pestis  iniqua  vitae  meae' 
bezieht  sich  auf  die  Gier,  mit  welcher  er,  der  von  Geburt  Mittellose,  auf 
den  Erwerb  von  Reichthümern  bedacht  war.  2)  Gloria,  a.  a.  O.  S.  50. 

3)  Gloria,  a.  a.  O.  S.  51:  Verba  Sichi  Polentoni,  Iste  autor  (Favafoschi) 
maligne  loquitur  de  hac  nobili  familia  aut  fuit  male  informatus,  quia  d, 
Albertinus  et  d.  Gualbertinus  et  Petrus  bonus  .  .  .  filii  d.  Viviano  del  Muso, 
ut  constat  ex  pluribus  instrumentis.  Qui  d,  Vivianus  decesit  ex  hac  vita 
relictis  his  tribus  parvulis,  et  Johannes  Cabalerius  preco,  qui  erat  satis 
dives  sine  filiis,  videns  hos  parvulos  sine  regiraine,  accepit  eos  in  domum 
suam  et  quia  eins  mulier  lactaverat  d.  Albertinum,  vocabat  eum  filium  et 
dictus  Johannes  Cabalerius  captus  amore  istius  pueri  propter  eins  virtutes 
reliquit  omnia  eins  bona  (sie).  4)   Graevius,  a.  a.  O.  Col.  74.     Dass  die 

Familie  der  Cavalerii,  wie  Glorie  in  seinem  Codice  dipl.  Padovano 
Nr.  585,  605  u.  606  nachweist,  im  XTI.  Jahrh.  begütert  gewesen  ist,  kann 
die  Aussage  des  Albertino  von  der  Armuth  seines  Vaters  nicht  entkräften. 


126  Ueber   die  Herkunft  des  Albertino  Mussato, 

Ad  bona  fortunae  veni  labentibus  annis, 
Velaque  sunt  magno  tunc  mea  tenta  mari. 

Transtulit  ad  causas  juvenem  sors  prima  forenses  etc. 
Er  wurde  Advokat,  erwarb  sich  als  solcher  Vermögen, 
heirathete  eine  reiche  Frau  aus  der  Familie  der  Lemizzoni, 
wurde  schliesslich  Mitglied  des  Grossen  Rathes  und  in  den 
Ritterstand  erhoben.  Als  solcher  legte  er  sich  den  Beinamen 
Mussato  d.  h.  Eselchen  bei,  den  schon  ein  anderes  adliches 
Geschlecht  führte  i).  Damals  hatte  er  nach  einer  Vermuthung 
von  Grion  vielleicht  schon  seine  Mühle  erworben,  und  so  war 
es  ganz  angebracht,  wenn  er  den  Esel  in  sein  Wappen  setzte. 
»Seine  Brüder,  von  denen  Gualpertino  gegen  das  J.  1297  Abt 
von  S.  Giustina  und  Pietro  Buono  gleich  ihm  Notar  geworden 
waren,  nahmen  seinem  Beispiele  folgend  denselben  Beinamen 
an.  Albertino  selber  hat  aus  seiner  plebejischen  Abkunft  durch- 
aus kein  Hehl  gemacht;  er  nennt  sich  einen  Plebejer  in  seinen 
historischen  Schriften,  öfter  freilich  Poeta'-),  und  auch  dann 
im  bewusstem  Gegensatz  zu  der  adlichen  Familie  der  Mussi. 
Sehr  häufig  finden  wir  auch  die  Bezeichnung  Albertinus  genannt 
Mussatus;  wo  er  aber  in  officieller  Eigenschaft  als  Notar  auf- 
tritt, nennt  er  stets  den  Namen  seines  verstorbenen  Vaters: 
'Albertinus  Mussatus  q.  d.  lohannis  Cavallerii'.  Nur  in  einer 
Urkunde  wird  durch  das  Fehlen  des  quondam  der  Vater  als 
lebend  aufgeführt;  dieser  Umstand  nöthigt,  uns  mit  den  Familien- 
angelegenheiten des  Albertino  eingehender  zu  beschäftigen. 

Gloria  wirft  in  seiner  Arbeit  die  Frage  auf:  AVann  starb 
Giovanni  Cavalerio?  und  beantwortet  3)  sie  dahin,  dass  dieser 
zwischen  den  Jahren  1282  u.  1299  aus  der  Reihe  der  Lebenden 
geschieden  sei,  auf  Grund  einer  S.  39  mitgetheilten  Urkunde 
vom  10.  Oct.  1282,  nach  welcher  Armerina,  die  Gattin  des 
verstorbenen  Viviano  da  Musso  und  Vormünderin  ihrer  Söhne 
Gualpertino,  Nicolö  und  Viviano,  einen  Tauschvertrag  über 
Landgüter  eingeht  mit  Francesco,  einem  Sohne  des  ebener- 
wähnten Viviano  da  Musso.  Albertinus  Mussus,  filius  lohannis 
Cavalerii   preconis,   sacri   palatii   notarius,    stellt   die   Urkunde 

1)  Siehe  darüber  meinen  Aufsatz  in  den  Mittheil.  a.  d.  hist.  Littera- 
tur  VIII,  358  u.  f.  Er  nennt  sich  in  seinen  Gedichten  daher  des  öfteren 
asellus,  so  in  der  an  Jambonus  de  Andrea  gerichteten  Epistel,  Graevius 
a.  a.  O.  col.  42 :  'Erige  consiliis  aniinum  ciinctantis  Aselli',  ferner  im 
Beginn  der  Epistel  an  Albertus  de  Ramedello :  'Uraoie  laeto  faveas  Dea 
dulcis  Asello'  und  weiterhin  'Sicelides  matres  vestro  parcatis  Asello'. 
Graevius  a.  a.  O.  col.  47.  48.  2)  Wie  ich  dies  in  den  Krit.  Erörterungen 

zu  einigen  ital.  Quellen  für  die  Gesch.  des  Römerzuges  Kaiser  Hein- 
richs VII,  Göttingen  1874,  Beilage  II,  S.  64  u.  f.  ausgeführt  habe.  Zur 
Unterscheidung  den  Beinamen  Poeta  zu  gebrauchen,  war,  wie  mich  Herr 
Grion  belehrt,  eine  im  Venezianischen  geläufige  Sitte.  Aehnlich  gab  es 
in  Verona  zwei  Familien,  die  sich  auf  diese  Weise  unterschieden:  die 
Veritä  und  Veritü  Poeta.  3)  A.  a.  0.  S.   32. 


Ueber  die  Herkunft  des  Albertino  Mussato.  127 

aus.  In  einer  andern  Urkvmde  vom  8.  Januar  1299  zeigt  die 
Hinzufüg'ung  eines  quondam  den  Tod  des  Vaters  an,  den 
Favafoschi  irrig  erst  im  J.  1300  sterben  Hess.  So  sah  also, 
fügt  Gloria  hinzu,  der  geliebte  Adoptivvater  des  Albertino 
zukünftigen  Ruhm  und  zukünftige  Grösse  in  den  Anfängen. 

Aber  die  Frage  ist,  ob  diese  Urkunde  echt  ist.  An  sich 
wäre  es  ja  möglich,  dass  Cavalerio  noch  gelebt  hätte,  als 
Albertino  als  Notar  fungierte,  denn  zur  Aufnahme  in  die 
Notarsmatrikel  genügte  das  zurückgelegte  zwanzigste  Lebens- 
jahr i),  und  Albertino  war,  wenn  er,  wie  man  allgemein  an- 
nimmt, im  J.  1261  geboren  wurde,  im  J.  1282  gerade  einund- 
zwanzig Jahre  alt. 

Aber  Albertino  in  seiner  schon  citierten  Elegie  sagt: 
His  (seinen  Geschwistern)   pater  ut  major,   patris  post 

fata  relinquor, 
Quam  fierem  pubes,  sie  pater  ante  fui,  etc. 

Das  heisst:  Albertino  vertrat  nach  dem  Tode  seines  Vaters 
Cavalerio  bei  seinen  kleinen  Geschwistern  Vaterstelle-),  bevor 
er  pubes  war;  die  Pubertät  beginnt  nach  römischem  Recht 
mit  dem  14,  ist  im  18.  Lebensjahre  vollendet  3):  Darnach  ist 
also  Cavalerio  vor  dem  J.  1275  gestorben  *).  Also  entweder 
ist  die  Urkunde  echt,  dann  fehlte,  was  bei  zwei  von  ihm  selbst 
geschi'iebenen  Urkunden  freilich  seltsam  wäre,  das  nothwendige 
quondam  zum  Namen  des  Cavalerio,  oder  die  Urkunde  ist 
falsch.  Das  Letztere  halte  ich  für  das  Wahrscheinlichere.  Der 
Einwand,  wenn  man  ihn  erheben  wollte,  dass  Sicco  Polentone 
(-\-  1463)  im  J.  1433  die  Urkunde  für  echt  gehalten,  kann 
nichts  beweisen.  Dieser  war  wenigstens  so  verständig,  ihn 
gleich  darauf  im  J.  1282  sterben  zu  lassen,  während  er  bei 
Gloria  in  den  J.  1282  und  1299  zwischen  Tod  und  Leben 
schwebt.  Warum,  frage  ich,  ist  denn  Albertino,  wenn  sein 
Vater  ihm  sein  ganzes  Vermögen  hinterlassen,  so  unsäglich 
froh  über  den  Ertrag  seiner  notariellen  Praxis?  Eben  weil 
es  ihm  mit  seinen  Geschwistern  früher  kärglich  erging,  und 
eben  daher  erklärt  sich  psychologisch  die  bei  ihm,  dem  armen 
Emporkömmling,  sich  bildende  Sucht,  sein  Vermögen  zu  ver- 
grössern. 

Nach  der  gewöhnlichen  Ueberlieferung  hinterliess  Cavalerio 
drei  Söhne:  Albertino,  Gualpertino  und  Pietro  Buono,  und 
eine  Tochter;  indessen  diese  Kinderzahl  ist  nicht  unanfechtbar. 

1)  Gennari,  Annali  di  Padova  (Bassano  1804)  P.  III,  S.  8  ad  a.  1265. 
2)  Das  hätte  er  wahrlich  nicht  nöthig-  gehabt,  wenn  nach  Gloria's  Ansicht 
der    wohlhabende  Adoptivvater    bis    1282    gelebt    hätte.  3)  Corp.  jur. 

civil.    Digest.    1.   7.  40.  4)    Wychgram,    a.  a.  O.   S.  2,    ist    daher    im 

Eecht,  wenn  er  den  Cavalerio  vor  1282  sterben  lässt,  nur  nicht  aus  dem 
Grande,  dass  Albertino  erst  nach  dem  Tode  seines  Vaters  notarius  genannt 
worden  sei. 


128  Ueber  die  Herkunft  des  Albertino   Mussato. 

Grion  macht  scharfsinniger  Weise  darauf  aufmerksam,  dass 
Sicco  Polentone,  der  Bewohner  desselben  Hauses,  welches 
Albertino  einst  besessen  hatte,  dem  manche  schriftliche  Auf- 
zeichnung, manche  Reminiscenz  verwandschaftlicher  und  lokaler 
Natur  zu  Gebote  stand,  in  seiner  Handschrift  des  Mussato,  da 
er  von  sieben  Schwestern  redet'),  oifenbar  so  las: 
Bina  mihi  fratrum  series,  septena  sororum, 
Et  tamen  illorum  de  grege  major  eram. 
Drei  Geschwister  konnte  Albertino  schwerlich  als  Heerde 
bezeichnen;  auf  zehn  Kinder  angewandt  passt  der  Ausdruck 
viel  besser.  Gegen  diese  Lesart  einzuwenden,  dass  wir  nichts 
von  diesen  Schwestern,  nicht  einmal  aus  Albertino's  Schriften, 
wissen,  ist  ohne  Belang.  Albertino  hat  sie,  da  sie  keine  her- 
vorragende Partie  im  Leben  gemacht  zu  haben  scheinen,  so 
wenig  erwähnt,  Avie  seinen  jüngeren  Bruder  Pietro  Buono, 
während  der  für  die  Geschicke  seiner  Vaterstadt  bedeutsame 
zweite  Bruder  Gualpertino  seinen  Avohlverdienten  Platz  in  den 
historischen  Werken  Albertino's  findet. 

Die  vorhin  in  ihrer  Echtheit  angezweifelte  Urkunde  unter- 
liegt aber  noch  andern  Verdachtsmomenten.  AVährend  wir 
Dank  der  grossen,  von  Gloria  veröffentlichten  Anzahl  von 
Urkunden,  die  Familienverhältnisse  der  Mussi  und  die  Mit- 
glieder dieser  Familie  einzeln  kennen,  sogar  ihre  Wohnungen 
zu  linden  wissen'^)  mit  Hülfe  der  von  Grion  publicierten  amt- 
lichen Bürgerlisten  aus  den  Jahren  1275,  1320  u.  1321,  suchen 
wir  vergebens  nach  einer  Spur  des  Francesco,  jenes  in  der 
Urkunde  genannten  Seitensprosses  des  Vivianp  da  Musso. 

Noch  ein  anderes  Argument  führt  Grion  ins  Feld,  das 
die  Urkunde  in  noch  zweifelhafterem  Lichte  erscheinen  lässt. 
Ihm  gilt  es  nämlich  nicht  für  ausgemacht,  dass  Albertino  im 
J.  1261  geboren  sei.  Der  Dichter  beginnt  die  schon  mehrfach 
citierte  Elegie  so: 

Tempus  adest,  benedicte  Dens,  säte  Virgine  Christe, 

Quo  mihi  natalis  stat  celebranda  dies. 
Sexta  dies  haec  est  et  quinquagesima  nobis, 
Tempora  narrabat  si  mihi  vera  parens  — 
Musta  reconduntur  vasis  Septem  quo  decemque 
Nunc  nova  post  ortum  millc  trecenta  Deum. 

1)  Muratori,   SS.  rer.  Ital.  X,   1.  2)  Descriptio  civium  per  quatuor 

quartcria  Patavinorum  facta  de  anno  1275  potestate  D.  Ruberto  de  Knber- 
tis  de  Regio,  als  Anhang  zu  dem  Buclie :  Delle  Rime  Volgari,  trattatto 
di  Antonio  da  Tempo,  giudice  padovano,  composto  uel  1332.  (Bologna 
1869.)  S.  281.  248.  Nicolü  und  Viviano  Miissati  wohnten  in  Codalunga, 
Gualpertino  in  S.  Fermo  (zum  Stadtviertel  Ponte  Molino  gehörig).  In 
den  Mittheil.  a.  a.  O.  S.  359  habe  ich  diesen  irrrthümlich  den  Bruder 
un.seres  Geschichtschreibers  genannt.  Dieser,  auch  Gualpertino  geheissen, 
wohnte  ausserhalb  des  Mauerrringes  in  seiner  Abtei  S.   Giustina. 


lieber  die  Herkunft   des  Albertino   Mussato.  ]29 

Wir  entnehmen  diesen  Versen,  dass  Albertino  im  J.  1317 
seinen  seehsundfünfzigsten  Geburtstag  feierte :  zählt  man  den 
Tag  der  Geburt  mit,  beginnt  nicht  erst  mit  dem  Jahreswechsel 
zu  zählen,  so  fällt  der  erste  Geburtstag  Albertino's  in  das  Jahr 
1262,  der  sechsundfünfzigste  auf  das  Jahr  1317.  Auch  auf 
die  Jahreszeit  der  Geburt  erlauben  die  Worte  'Musta  recon- 
duntur  vasis'  einen  Schluss '):  die  Weinlese  und  die  Kelterung 
fällt  im  Paduanischen  in  die  letzten  Wochen  des  September 
und  in  die  ersten  des  October  je  nach  Gunst  oder  Ungunst 
der  Witterung.  Am  Geburtstage  des  Dichters  waren  die  Trau- 
ben bereits  gekeltert,  der  Most  wurde  abgezogen;  das  spricht 
mehr  für  den  October  als  den  September,  und  da  Albertino 
nicht  die  fröhliche  Zeit  der  W'^einlese,  sondern  die  unpoetische 
Arbeit  des  Auffüllens  erwähnt,  so  kommen  wir  leicht  an  das 
in  der  Urkunde  erwähnte  Datum  des  10.  October  hinan,  wenn 
nicht  über  dasselbe  hinaus.  Ist  nun  Albertino's  Geburtsjahr 
für  das  J.  1262  richtig  berechnet,  so  war  er  fast  genau  am 
Tage  des  zurückgelegten  zwanzigsten  Lebensjahres  in  die 
Notarsmatrikel  eingetragen  worden,  hatte  so  zu  sagen  zur  Feier 
der  erlangten  Würde  gerade  diese  Urkunde  auszustellen  be- 
kommen, vergass  in  seiner  Freude  das  dem  Vater  Cavalerio 
zukommende  Prädikat  'weiland'  zuzulegen,  und  ein  Zufall 
wollte  es,  dass  gerade  diese  Urkunde  uns  erhalten  blieb. 

Zum  Schluss  werfen  wir  noch  einen  Blick  auf  die  an  die 
Geburt  Mussato's  geknüpfte  Legende,  um  die  Fabel  von  seiner 
Illegitimität  in  ihrer  Entstehung  nachzuweisen.  Albertino  hatte 
sich,  wie  wir  erkannten,  in  seinen  eigenen  Werken  klar  und 
offen  über  seine  Familienverhältnisse  ausgesprochen;  die  spä- 
teren paduanischen  Historiographen  dagegen  haben  theils  aus 
Unwissenheit,  theils  aus  Bosheit  mit  berechneter  Absicht  ein 
Bild  von  ihm  entworfen,  das  verzeichnete  und  verzerrte  Züge 
trägt.  Schon  zur  Zeit  der  Enkel  des  Albertino  nach  dem 
J.  1370  schrieb  Giovanni  da  Naone  oder  da  Nona  eine  lügen- 
hafte Chronik  2).  Er  berichtet,  dass  die  Mussi  von  Codalunga 
ursprünglich  Schiffer  und  Müller  gcAvesen  seien,  dass  Viviano 
da  Musso  mit  seiner  Gattin  (Armerina)  Ottavo  drei  Sohne 
gezeugt  habe,  Gualpertino  als  ersten,  Nicolo  und  Viviano ;  der 
Letzte  wurde  erst  nach  dem  Tode  seines  Vaters  geboren. 
Dieser  hinterliess  seinen  Kindern  grosse  Besitzungen  in  der 
Villa  di  Ottavo.  Ferner  weiss  der  Chronist,  dass  Albertino 
Älussato,  welcher  sich  vom  Volke  poeta  nennen  liess,  in  sein 
Wappen  einen  Esel,  wie  ihn  die  Mussi  hatten,  aufnahm.     Die 

1)  Diesen  Gedanken  hatte  schon  früher  Toews  in  seiner  Dissertation 
'Albertinus  Mussatns  und  Heinrich  VII.  von  Luxemburg''  (Greifsvvald  1874) 
geäussert,  wird  dafür  von  Wychgram  a.  a.  0.  S.  1,  Aura.  2,  unnöthiger- 
weise    getadelt.  2)  Ms.    des   14.  Jahrb.    in    der    bischöflichen   Seminar- 

bibliothek  zu  Padua.     Ein  Auszug  bei   Gloria  a.   a.   O.   S.  49. 
Neues  Archiv  etc.     VII.  9 


130  lieber  die  Herkunft  des  Albertino   Mussato. 

der  Ketzerei  angeklagte  Gattin  des  Viviano,  Armerina,  will 
Giovanni  da  Nono  —  also  ein  halbes  Jahrhundert  vor  seiner 
Geburt  —  selber  haben  zum  Tode  führen  sehen.  Dies  Factum 
muss  bald  nach  1285  fallen,  fügt  Gloria  >)  hinzu. 

Da  Nono  erzählt  uns  nicht  etwa^  dass  Albertino  ein  Müsse 
sei;  erst  Zambone  Andrea  de'  Favafoschi,  welcher  vor  1440 
seine  Genealogien  2)  schrieb,  lässt  den  Stammbaum  der  Mussi, 
welche  jedoch  ein  altes  adliches  Geschlecht  waren  und  im 
J.  1130  vom  Bischof  Bellino  von  Padua  mit  mehreren  Lehen 
belehnt  wurden  ^),  irrig  mit  dem  Dichter  Albertino  Mussato 
beginnen.  Im  Uebrigen  kennt  er  die  Familienverhältnisse  des 
Letzteren  und  erwähnt  die  Armuth  des  Vaters  Giovanni 
Cavalerio,  Bald  darauf  fälschte  ein  Anonymus,  welcher  die 
Chronik  des  Favafoschi  mit  Zusätzen  versah,  den  ursprünglichen 
Sachverhalt  dadurch,  dass  er  den  Cavalerio  ^satis  dives'  sein 
Hess.  Einen  anderen  Irrthum  beging  ein  gleichfalls  anonymer 
Chronist  des  XV.  Jahrh.  in  seiner  Chronica  civium  Patavino- 
rum  des  J.  1440,  indem  er  aus  dem  Geschichts  werke  des 
Albertino  herauslas,  sein  Vater  sei  ein  Müller  gewesen. 

Mit  Sicco  Folentone  (-|-  1463),  welcher  zu  der  bereits  von 
späterer  Hand  gefälschten  Biographie  des  Albertino  durch 
Favafoschi  Bemerkungen  lieferte-*),  wird  die  Geschichte  ver- 
wickelter und  romanhaft.  Er  beschuldigt  zunächst  den  Fava- 
foschi der  Bosheit  oder  wenigstens  der  Unwissenheit,  dass  er 
nicht  wisse,  dass  Albertino,  Gualpertino  und  Pietro  Buono 
Söhne  des  Viviauo  da  Musso  seien,  wie  urkundlich  feststehe. 
Letzterer  sei  gestorben,  und  der  Ausrufer  Cavalerio,  ein  rei- 
cher, aber  kinderloser  Mann  habe  sich  der  verlassenen 
Waisen  angenommen.  Es  war  das  erklärlich,  da  seine  Frau 
früher  die  Amme  des  Albertino  gewesen  war  und  diesen  nach 
Art  der  Wärterinnen  'Söhnchen'  zu  nennen  pflegte.  Der  Zioh- 
vater  Cavalerio  fand  nun  an  letzterem  solches  Gefallen,  dass 
er  ihn  zum  Erben  seines  Vermögens  einsetzte.  Freilich  ist 
Albertino,  fügt  Polentone  seine  Vorlage  ki'itisierend  hinzu,  nicht 
der  Namenhalter  der  Familie  gewesen,  wie  aus  der  (oben  er- 
wähnten) Urkunde  des  Bischofs  Bellino  hervorgeht.  Auch 
hätte  Paolo  Dente^  wie  ich  aus  dem  Heirathsvertrag  ersah,  seine 
eheliche  Tochter  mit  grosser  Morgengabe  nicht  dem  Alber- 
tino zur  Gemahlin  gegeben,  wenn  dieser  nicht  von  adlicher 
und  sehr  alter  Familie  gewesen  wäre. 

Der  Bericht  des  Polentone  besteht  aus  einer  Mischung 
von  Wahrem  und  Falschem.  Der  Umstand,  dass  Albertino 
Mussato  in  einer  Anzahl  von  Urkunden  neben  Mitgliedern  der 


1)  A.  a.   O.   S.  30.  2)  Eine    wenig    spätere  Abschrift  findet  sich 

in  der  bischöflichen  Seminarbibliothek  zn  Padua  Nr.  50.      Bruchstück  bei 
Gloria  a.  a.   O.  S.  50.  3)    Gennari   a.  a.  O.  II,   153.  4)    Gloria 

a.  a.  O.  S.  51  u  f . 


Ueber  die  Herkunft  des  Albertino  Mussato.  131 

adlichen  Familie  der  Mussi  erscheint,  hat  den  ehrlichen  Chro- 
nisten verwirrt.  Auch  werden  wir  es  ihm  nicht  übel  anrechnen, 
dass  er  die  durch  die  Fälschung  der  Favafoschi'schen  Chronik 
im  Munde  des  Volkes  entstandene  Erzählung  für  wahr  ge- 
halten hat. 

Die  Auffassung  Polentone's  ist  für  die  Chronisten  der  fol- 
genden Zeit  massgebend  geworden.  Der  Glaube  an  ihre  Rich- 
tigkeit war  im  Wachsen  begriffen:  im  IG.  Jahrh.  Hess  Giulio 
Zabarella,  der  Vater  des  Jacopo,  des  berühmten  Lehrers  der 
Logik,  eine  Gallerie  berühmter  Paduaner,  unter  ihnen  Albertino 
Mussato  mit  einem  Hause  in  der  Hand  malen,  um  anzudeuten, 
dass  er  der  Begründer  des  Hauses  der  Mussi  oder  Mussati 
gewesen  sei  i). 

Diesen  war  es  schmeichelhaft^  einen  so  hervorragenden 
Dichter,  Staatsmann  und  Geschichtschreiber  wie  Albertino 
Mussato  zu  ihren  Vorfahren  zu  zählen.  Gian  Francesco  Mussato 
(-{-  1613),  Avelcher  über  jenen  eine  gelehrte  lateinische  Abhand- 
lung schrieb  2),  konnte  indessen  sich  der  Consequenz  nicht 
entziehen,  dass,  wenn  Albertino  ein  Sohn  des  Viviano  da  Musso, 
er  ein  natürlicher  Sohn  gewesen  sein  müsse. 

Erst  im  17.  Jahrh.  findet  sich  in  der  unter  dem  fingierten 
Namen  des  Cortelerio  (-\-  1370)  aus  Bruchstücken  des  Nonio 
von  Alessandro  Carerio  =*)  (-j-  1626)  zusammengestoppelten 
Chronik'»)  die  unsaubere  Geschichte  von  der  Beichte  der  ehe- 
brüchigen Gattin  des  Cavalerio,  Avelche  auf  dem  Krankenbette 
einem  Priester  der  Kirche  von  St.  Jacob  mittheilt,  dass  Alber- 
tino in  Folge  einer  von  ihr  mit  dem  Edelmann  Viviano  da 
Musso  gepflogenen  Unterhaltung  geboren  worden  sei.  Der 
rechtmässige  Gatte  Cavalerio,  welcher  unter  einem  Bette  ver- 
steckt Ohrenzeuge  dieses  Geständnisses  ist,  schleppt  darauf 
sein  ehrvergessenes  Weib  bei  den  Beinen  durch  den  Koth  und 
führt  durch  diese  Misshandlung  ihren  Tod  herbei.  Man  muss 
sich  wundern,  dass  diese  alberne  Geschichte  überhaupt  Glau- 
ben gefunden  hat. 

Li  neuerer  Zeit  hat  sich  Celle  5)  in  seiner  Biographie  des 
Mussato  dem  Polentone  angeschlossen  und  polemisiert  zugleich 
gegen  den  Giovanni  Buono  Meto,  Avelcher  wenige  Jahre  nach 
des  Dichters  Tode  einen  handschriftlichen  Nachtrag  zu  den 
Famiglie  padovane  des  Cortelerio  gemacht  habe,  ohne  zu  be- 
denken, dass  Giovanni  Buono  eben  Zambono  Favafoschi  bedeu- 
tet, dass  Motto  (paduanisch  Moto)  kein  Familienname,  sondern 
soviel  wie  'Schnurre'  ist. 

lyUenuari  a.  a.  O.  III,  190  z.  J.  1314.  2)  Gennari  a.  a.  O.  S.  190. 
Dieser  Abt  besass  nocb  die  Schrift.  3)  Tomasini,  Elogia  et  Icones  S.  303. 
4)  Gloria  a.  a.  O.  S.  28.  Ein  Exemplar  befindet  sich  auf  der  Universi- 
tätsbibliothek, ein  anderes  auf  der  Stadtbibliothek  in  Padua.  5)  Notizie 
della  vita  e  degli  scritti  di  Albertino  Mussato  in  den  Memorie  della  Acca- 
demia  di  Padova,  Jahrgang  1809,  S.  377. 

9* 


132  lieber  die  Herkunft  des  Albertino  Mussato. 

Tiraboschi ')  hat  in  seiner  grossen  italienischen  Litteratur- 
geschichte  die  eben  erzählte  Anekdote  blos  in  einer  Anmer- 
kung vorzubringen  gewagt,  während  der  vorsichtige  Abt  Gen- 
nari  in  seinen  Annalen  Fadua's^)  des  Urtheils  sich  enthielt. 
Doenniges  ^)  verwarf  sie  einfach  als  Histörchen,  rechnete  Alber- 
tino aber  zu  der  adlichen  Familie  der  Mussi,  dagegen  hält 
Wychgram*)  richtig  an  der  Descendenz  von  Cavalei'io  fest. 
Die  Thatsache  nun,  dass  Albertino's  Brüder  Gualpertino  und 
Pietro  Buono  den  gleichen  Beinamen  Mussato  mit  jenem  theil- 
ten,  brachte  Gloria  auf  den  Abweg,  alle  drei  zu  unehelichen 
Kindern  des  Viviano  da  Musso  zu  machen,  indem  er  einer 
interpolierten  Stelle  in  der  Chronik  des  Favafoschi  zu  Liebe 
die  Worte  des  Dichters  einer  künstlichen  Interpretation  unter- 
warf. 

In  demselben  Aufsatze  sucht  Gloria  ^)  auch  das  Todesjahr 
des  Albertino  ausfindig  zu  machen;  er  lässt  ihn  am  31.  Mai  1329 
sterben,  während  Wychgram  S.  .57.  58.  seinen  Tod  wahrschein- 
lich nach  dem  13.  Aug.  1330  setzt.  In  einer  Urkunde  vom 
9.  Juli  1329  6)  vermiethet  Richolda,  Aebtissin  des  Klosters 
St.  Stephan  zu  Padua,  einem  gewissen  Paulus  eine  Mühle,  'cui 
molendino  et  poste  ipsius  coherent  ab  uno  capite  versus  pontem 
molendinorum  et  versus  sero  molendinum  q.  d.  Alb  er  t  in i 
Mussati  poete'.  Gloria  erklärt  mit  Beziehung  auf  das  von 
dem  Verstorbenen  gesagte  quondam,  dass  Albertino  am 
9.  Juli  1329  bereits  verstorben  sei. 

Wychgram  weist  S.  56  richtig  darauf  hin,  wie  Mussato 
im  Exil  zu  Chioggia  darüber  klagt,  dass  die  Carrara  ihm  das 
einzige  Existenzmittel'),  den  Ertrag  von  seiner  Mühle,  unter 
nichtigem  Vorwande  raubten,  und  meint;  quondam  heisse  hier 
als  im  ehemaligen  Besitz  des  Mussato  befindlich. 

Der  Einwand  lässt  sich  hören;  dagegen  schiesst  Wych- 
gram über  sein  Ziel  hinaus,  wenn  er  mit  Berufung  auf  eine 
Urkunde  vom  13.  Aug.  1330*),  in  welcher  Albertino  Mussato 
ohne  quondam  aufgeführt  wird,  geltend  macht,  dieser  sei  da- 
mals noch  am  Leben  gewesen.  Gloria  bemerkt  richtig,  dass 
in  dieser  Urkunde  das  quondam  weggelassen  sei,  weil  ihr 
Inhalt  auf  einen  bereits  am  28.  Jan.  1310  und  am  18.  Juli  1318 


1)    Storia   della  Letteratura   italiaua,    Vol.  VI,  tom.  V,  part.  2,    634. 
2)  A.  a.  O.  III,   190  z.  J.   1314.  3)  Geschichte  d.   deutschen  Kaiser- 

thums    im    14.  Jahrh.      1841.      S.  37,    Anm.  5.  4)    A.    a.    O.    S.    1. 

5)  A.  a.  O.  S.  34  u.  f.  6)  Gloria  S.  45.    Wychgram  S.  74.  7)  Mus- 

sato übertrieb  hier  freilich,  wie  aus  der  ledig-lich  ad  pias  causas  in  seinem 
Testamente  ausgesetzten  grossen  Summe  von  066  Lire  deutlich  hervor- 
geht. Gloria  ist  nach  seiner  Auffassung  des  quondam  S.  34,  Anm.  2,  der 
Ansicht,  die  Carrara  müssten  dem  Mussato  bald  darauf  seine  Mühle  zu- 
rückgegeben liaben,  da  der  Miethvertrag  vom  9.  Juli  1329  nicht  sage, 
dass  sie  den  Carrara  geliöre.         8)  Gloria  a.  a.  O,  S.  46. 


Ueber  die  Herkv;nft  des  Albertino  Mussato.  133 

urkundlich  behandelten  Gegenstand  zurückgreife.  In  der  Ur- 
kunde vom  13.  August  1330  verzichtet  Nicolo  Sacchetto  zu 
Gunsten  des  Gualpertino  Mussato  auf  eine  Forderung,  für 
welche  dieser  und  Albertino  Mussato  am  18.  Juli  1318  Bürg- 
schaft geleistet  hatten,  als  Lorenzo  Sacchetto  die  ihm  laut 
Urkunde  vom  28.  Januar  1310  zustehende  Geldsumme  von 
315  Lire  seinem  Sohne  Nicolo  cedierte. 

Nun  giebt  aber  die  in  Daten  zuverlässige  gleichzeitige 
Chronik  der  Cortusii ')  als  Sterbetag  des  Mussato  den  31.  Mai 
1330  an  —  sequenti  anno  starb  er,  sagt  der  Chronist  zum 
J.  1329.  Solange  nicht  weiteres  Material,  vielleicht  das  Testa- 
ment Albertino's,  aufgefunden  wird,  müssen  wir  darauf  ver- 
zichten, den  Todestag  des  Mussato  genau  anzugeben. 


1)  Muratori,  SS.  rer.  Ita!.  XII,  IV,  5,  S.  847. 


VIII. 

lieber  eine 

bisher  unbenutzte  Handschrift 

Oesterreichischer  Annalen. 

Von 

W.  Wattenbach. 


ijei  der  Ausgabe  der  Annales  Austriae  SS.  IX.  war  eine 
Hs.  der  Wolfenbütteler  Bibliothek  übersehen  worden,  von  wel- 
cher in  den  Verzeichnissen  im  Arch.  IV.  und  VII.  nichts  zu 
finden  war.  Nachricht  davon  gab  Sehoenemann,  Merkwürdig- 
keiten der  Wolfenb.  Bibi.  Zweites  und  drittes  Hundert,  S.  22; 
und  danach  habe  ich  sie  in  meinen  GQ.  (4.  Aufl.)  II,  243  er- 
wähnt. Jetzt  verdanke  ich  der  Güte  des  Bibliothekars,  Herrn 
Dr.  O.  V.  Heineraann,  die  Zusendung  derselben.  Es  ist  eine 
Pergamenthandschrift  saec.  XIV,  recht  sauber  geschrieben  in 
octavo,  aber  allenfalls  auch  als  quarto  zu  bezeichnen ;  sie  hat 
die  alte  Bezeichnung  J  4'°  15,  jetzt  1007.  Hinten  ist  einge- 
schrieben 'Liber  est  loannis  Alexandri  Brassicani'.  Dieser 
starb  1539  als  Professor  an  der  Wiener  Universität.  Aus  Wien 
stammt  auch  die  Hs.  vielleicht  aus  dem  Schottenstift,  dessen 
Privilegien  sich  unter  den  im  Anfang  befindlichen,  von  Sehoene- 
mann angegebenen  Urkunden  finden.  Auf  fol.  62  steht  eine 
hier  überraschende  Nachricht  von  dem  Frieden  zu  Venedig 
1177  in  der  bekannten  fabelhaften  Version,  von  der  mir  jedoch 
diese  Form  noch  nicht  vorgekommen  ist. 

Hec  est  indulgencia  Cenobii  ad  sanctum  Marcum  Vene- 
cias  (sie). 

In  nomine  Domini  amen.  Noverint  universi  hanc  kartara 
inspeeturi,  quod  anno  Domini  Millesimo  Centesimo  Septua- 
gesimo  VII <*,  tempore  venerabilis  et  sancti  patris  Alexandri 
summi  pontificis  sancte  Romane  ecclesie  tercii  Fridericus  impe- 
rator  Barbarosus  infestavit  ecclesiam  sanctam  xviij  annis  et 
fugavit  prcdictum  venerabilem  patrem,  qui  venit  occulte  Vene- 
ciis  ad  sanctam  Mariam  de  Caritate  et  latebat  ibidem.  Tan- 
dem revelatus  (est)  duci  Sebastiano  et  senatoribus  populi,  qui 
eum  aggressi  sunt.  Item  dux  Sebastianus  obtulit  sibi  habitum 
papalem,  et  per  exhibitura  sibi  honorem  dux  cum  suis  conse- 
cutus  est  graciam  domini  pape.  Insuper  dominus  papa  dele- 
gavit  eum  cum  suis  litteris  pro  concordia  ad  prcdictum  impe- 
ratorem.  Videns  Imperator  quod  dominus  papa  esset  in  villa 
Venetensi,  nequaquam  se  ad  concordiam  inclinare  voluit,  et 
nullam    pacem    cum    eo    tenere    sed    inire    conflictum    vellet. 


138  Ueber  eine  Handschrift  Oesterr.  Anualen. 

Videns  hoc  dominus  papa,  quod  aliter  stare  non  posset,  bene- 
dixit  gladium  predicto  duci,  quod  bellum  pro  eo  intraret,  et 
hoc  sibi  cum  suis  pro  omnibus  peccatis  injunxit,  ut  sibi  fide- 
liter  resisterent.  Iniens  bellum  predictus  dux,  auxiliante  Domino 
contra  filium  imperatoris  triumphavit  et  eundem  cum  suis 
captivavit.  Tunc  imperator  ad  concordiam  et  pacem  se  refor- 
mavit  ad  graciam  domini  pape.  Deinde  dominus  papa  largitus 
est  talem  graciam  monasterio  S.  Marci:  Quod  omnis  qui  ingre- 
ditur  ante  ascensionem  Domini  viij  diebus,  quocienscumque 
intraverit,  habebit  c  annos  et  septimam  partem  de  omnibus 
peccatis  indulgenciam.  Et  in  vigilia  ascensionis  Domini  incipit 
talis  indulgencia,  quod  omnis  qui  confessus  et  contritus  mona- 
sterium  S.  Marci  intraverit,  absolvitur  a  pena  et  a  culpa,  et 
per  octavam  predictam  indulgenciam,  c  annos  videlicet  et  septi- 
mam partem  omnium  peccatorum  meretur  consequi.  Et  pre- 
dictus sanctus  pater  papa  Alexander  III,  consecravit  monasterium 
S.  Marci  eodera  die,  et  addidit  indulgenciam  que  sicut  harena 
non  potest  dinumerari.     Et  cetera. 

Unmittelbar  darauf  folgen  ganz  kurze  Annalen: 

Anno  ab  incarnacione  Domini  30.  baptizatus  est  Christus. 

Item  31.    decollatus  est  beatus  Johannes  baptista. 

Item  34.    crucifixus  est  Christus  et  Stephanus  lapidatus  est. 

Item  36.    Paulus  de  celo  vocatur. 

Item  48.  Claudius  numerari  fecit  cives  Romanos  et  inventi 
sunt  sexagies  novies  centum  milia  et  44. 

Item  57.    Nero  primara  persecucionem  exercuit. 

Item  69.    Petrus  crucifigitui",  et  eodem  die  Paulus  decollatur. 

Item  101.  Johannes  ewangelista  obdormivit  in  Epheso, 
anno  a  passione  Domini  68. 

Item  249.   Phylippus  primus  imperator  christianus  regnavit. 

Item  431.    Augustinus  obiit. 

Item  604.    Gregorius  papa  sanctissimus  obiit. 

Item  1012.    sanctus  Cholomannus  passus  est. 

Item  1216").  beatus  Franciscus  expletis  viginti  annis 
migravit  ad  Christum  4.  Non.  Octobris. 

Item  1230.    Leupoldus  dux  Austrie  obiit. 

Item  1246.    Fridericus  dux  Austrie  occiditur. 

Item  1260.  ibant  homines  et  percuciebant  se  cum  flagellis, 
nudos  utriusque  sexus. 

Anno  Domini  1278.  7.  Kai.  Sept.  occiditur  inclitus  rex 
Bohemie  Otacharus  a  Romanorum  rege  Rudolfo. 

Anno  Domini  1308.  in  die  apostolorum  Phylippi  et  Jacobi 
occisus  est  Albertus  rex  Romanorum,  dux  Austrie,  a  patruele 
SUD  duce  .Johanne.     Unde  versus: 

Bis  quingentorura  .   C  .  triplex  Octo  suorum 
AI.  Romanorum  rex  sternitur  ensc  Swevorum 
Phylippi  festo:  miserator  ei  Deus  esto. 

1)  So  geschrieben:  M".  xli".  xvjo. 


lieber  eine   Hanclschrift  Oesterr.   Annalen.  139 

Auf  f.  89  beginnt  unmittelbar  nach  den  Privilegien  des 
Schottenklosters  und  von  derselben  Hand,  ohne  Ueberschrift, 
ein  Auszug  der  Annales  ]\Iellicenses  bis  955,  wo  nach  der 
kurzen  Notiz  über  die  Schlacht  auf  dem  Lechfelde  eine  höchst 
fabelhafte  Legende  von  S.  Ulrich  eingeschoben  ist,  deren  An- 
fang, welcher  ihn  mit  Attila  in  Verbindung  bringt,  ich  hier 
folgen  lasse ') : 

Item  cum  rex  Hunorum  Atyla  cum  Ungarorum  multitudine 
devastaret  Alamaniam  et  Colonie  xj  milia  virginum  martirio 
consummasset,  et  multorum  christianorum  ac  sanctorum  san- 
guinem  effudisset'^),  inter  quos  quendam  episcopum  prope  Renum 
in  civitate  quadam  obsederat.  Qui  cum  ab  eo  causam  sue 
tyrannie'*)  quereret,  respondit  se  esse  flagellura  Dei.  'Unde 
eins  flagellum  debeo  merito  sustinere'.  Subjungens:  Ole  pin- 
gnus  pro  meis  omnibus  tibi  trado'.  Et  egressus  civitatem  ipsum 
adiit.  Qui  spcravit  personam  captivitatem  occupare  posse 
facere,  et  vir  sanctus  sibi  verbum  Dei  non  sineret  predicaret 
(sie),  ipsum  martirio  consumavit.  Veniens  itaque  vir  dyabolicus 
Augustam,  putans  per  vilem  astuciam  posse  episcopum  capti- 
vare,  raandat  sibi  se  esse  flagellum  Dei.  'Et  licet  ego  sim 
servus  Dei,  tarnen  non  merui  flagellari.  Dens  enim  noster 
dominus  et  pater  per  graciara  specialem  me  et  meos  subditos  *) 
in  nostris  confratribus  et  sororibus  christianis  per  te  flagellum 
jam  satis  acriter  et  sue  misericordie  ad  sufficienciam  flagellavit. 
Unde  ad  instar  pii  patris  virga  suum  dilectum  puerum  corri- 
gentis^)  vult  deflagellare,  sive  virgam  nobis  pro  consolacione 
in  manus  nostras  tradere,  ut  in  te  verbera^)  nostra  vindicando '') 
te  confirmemus'  *).  Quod  audiens  vir  quidam  nomine  Sebal 
nimio  furore  civitatem  inpungnaturus  agreditur,  volens  eam  vi 
capere  et  episcopum  et  suos  omnes  ore  gladii  devorare.  Sed 
vir  Dei  tamquam  miles  strenuus  non  clipeo  nee  galea  seu 
armis  ferreis,  sed  sub  vexillo  victoriosissimo  signo  sancte  crucis 
sagittariorum    majoribus    periculis    se    exposuit.      Sed    sagitte 

f)aganorum  retrorsum  abeunt.  Jacula  vero  christianorum  ac 
apides^)  veniunt  in  directo.  Unde  ex  eis  multi  occiduntur 
et  quam  plurimi  vulnerantur.  Quod  cernens  vir  dyabolicus 
de  armis  sciscitat  viri  Dei,  quem  cum  senem  lo)  esse  reperit  et 
non  ferreum,  elegit  x  milia  sagittariorum,  qui  tantum  studuerant 
ac  juraverant  tangere  virum  Dei.  Qui  cum  satagunt  mandatis 
regis  ac  jussibus  (sie),   quilibet   eorum   reflexo   proprio  jaculo 

1)  Die  offenbar  fehlerhaften  Worte  der  Hs.  setze  ich  hierlier,  grössere 
Verderbnisse  oder  ursprüngliche  Fehlerhaftigkeit,  M'ie  gleich  der  erste  Satz 
keinen  Nachsatz  hat,  lasse  ich  unberührt.  2)  effudissent.  3)  tyraune. 
4)  subditos  confratres  in.  5)  corrigentes.  6)  verba.  7)  vindicanda. 
8)  confirmamus.  9)  1.  paganorum    sive  a  paganis  v.  10)    qua  eum 

seriem. 


140  lieber  eine   Handschrift  Oesterr.   Annaleu. 

vulneratur.  Quod  rex  percipiens,  non  virtiUe  Dei  sed  arte 
magyca  hoc  asscripsit.  Et  tarnen  scire  volens  causam  facti 
tarn  ardui  et  mirandi,  misit  ad  eum  querendo,  qua  arte  fieret 
id.  'Quod  feci,  et  majora  que  facturus  sum,  fiunt  in  virtute 
dei  omnipotentis  domini  nostri  Jesu  Christi'.  Ad  quod  rex: 
'Cum  igitur  tuus  dominus  sit  tante  potencie,  quare  meam  sub- 
terfugis  potenciam,  claudendo  portas  civitatis?  Aperi  michi 
eas>),  et  si  tunc  de  manu  mea  te  tuus  dominus  liberaverit, 
credam  eum  esse  forciorem  dominum  me  una  tecum'.  Ad  quod 
episcopus:  'Licet  dominus  Dens  temptari  non  debeat,  tamen 
confisus  de  sua  clemencia  portas  tibi  aperiam  civitatis,  et 
nulluni  de  tuis  hominibus  offendam,  et  tamen  Domino  adjuvante 
ab  ipsis  una  cum  eis  omnibus  salvus  ero.  Et  nee  tu  ex  hoc 
ad  Dominum  converteris,  quia  in  malicia  es  animi  indurati'. 
Dicens  itaque  populo  ut  non  timeat,  nee  ut  in  ingressu  hostium 
aliquis  offendatur,  portas  aperit  civitatis.  Elegit  itaque  rex  1. 
milia  virorum,  quibus  precipit  nulli  parcere,  sed  igne  et 
gladio  civitatem^j  et  episcopum  et  populum  devastare.  Ingre- 
diuntur  itaque  civitatem  et  per  aliam  portam  egrediuntur,  et 
iterum  revertuntur,  et  transeuntes  per  medium  civitatis  per 
portam  egredientes,  per  quam  ingressi  fuerant,  et  nulluni  peni- 
tus  offen derunt.  Rex  vero  videns  eorum  ingressum  et  egressum, 
furore  nimio  repletus  dixit  eis :  'Cur  civitatem  non  combussistis 
nee  populum  occidistis?'  At  illi  dixerunt:  'Certe  numquam 
ingressi  fuimus  civitatem;  semper  enim  civitas  ipsa  nos  pre- 
cessit.  Bene  tamen  nobis  visuni  fuit,  ipsam  post  tergum  ali- 
quociens  pervenire,  et  tamen  revertentes  nullatenus  potuimus 
intrare'.  Ad  quod  rex:  'Vidi  meis  oculis  certo  modo  vos 
ingredi  et  egredi  civitatem ;  exspectavi  et  adhuc  perpendo,  vos 
nicliil  posse  proticere  in  hoc  mago.  Igitur  ab  obsidione*) 
civitatis  sue  incolomes  remaneamus'.  Recessit  itaque  rex  cum 
suis  ab'*)  obsidione  civitatis.  Quem  vir  Dei  insequitur,  assumpta 
milicia  Ottonis  imperatoris.  Ab  utrisque  partibus  dies  prefigi- 
tur  et  locus,  quando  et  ubi  sint  in  campestri  hello  seu  certa- 
mine  pariter  pungnaturi.  Hortatur  itaque  episcopus  ad  devo- 
cioneni  et  strenuitatem  milicie  populum  christianum,  una  cum 
victoria  corporali  celestia  premia  proraittendo.  Adveniente 
itaque  die  pugne,  oravit  ad  dominum  nostrum  Jhesuni  Christum, 
ut  sibi  aliquo  signo  intermedio  dignaretur  ostendere  morituros. 
Quod  cum  Dominus  exaudiret,  episcopus  motus  solita  pietate, 
eosdem  ab^ipsis  segregavit,  et  ^)  communicatos  corpore  Domini 
ipsos  licet  invitos«)  et  dolentes  in  ecclesia  rccludebat,  servans 
ipse  claves  usque  pungna  totaliter  finiretur.  Congrcdiuntur  ita- 
que invicem  pungnaturi,  multitudo  videlicet  paganorum  ac  populus 
christianus.  Pungnaverunt  igitur  in  Domino  confidentes  strennue 

1)  ea.  2)  civitatis.  3)  Ig.   absidione.  4)  fehlt.  5)  ut. 

6)  invitus. 


Ueber  eine  Handschrift  Oesterr.  Annaleu.  141 

christiani.  Pagani  vero  in  tantam  amenciam  convertuntur, 
quod  socius  socium  graviter  vulnerat  et  posternit.  Sic  itaque 
cum  per  se  ipsos  cum  per  cliristianos  occisis  multis  milibus 
paganorum,  ceteri  vero  omnes  fugierunt.  Cum  ergo  episcopus 
letus  reverteretur  ad  suos  inclusos,  volens  eos  narrando  de 
victoria  consolari,  invenit  eos  omnes  mortuos,  nullis  tamen 
vulneribus  sauciatos;  repperit  ergo,  divinam  providenciam  seu 
previsionem  ')  non  posse  per  aliquod  Ingenium  alterari  2).  Quos 
lioneste  sepelivit,  et  eos  reputari  inter  sanctorum  martirum 
consorcium  predicat.  Hiis  gestis^)  cum  vir  beatus  Deo  gracias 
ageret  pro  Omnibus  beneficiis  inpensis  sibi  et  eciam  inpenden- 
dis,  et  exsequeretur  curam  pastoralem  seu  gregis  omni  studio 
et  effectu,  cepit  cum  Dens  archanorum  suorum  revelacione 
consolare  et  miraculis  honorare.  Saucta  Affi-a  ei  apparuit  pul- 
chra  facie  et  decora  et  locum  sue  sepulture  necnon  et  aliorum 
multorum  sanctorum  sibi  indicat  et  ostendit,  et  multa  de  celesti 
gaudio  sibi  pandit. 

Es  folgen  die  den  späteren  Legenden  gemeinsamen  Ge- 
schichten von  dem  Papst  und  der  Nonne,  dem  dreimal  nach 
Rom  geschickten  Schaffner,  den  in  Vogelgestalt  erscheinenden 
Seelen,  welche  er  mit  Konrad  von  Constanz  aus  dem  Fegefeuer 
befreit.  Der  Sehluss  stimmt  ziemlich  überein  mit  den 
Arch.  X;  572  mitgetheilten  Worten,  aber  jene  ungeheuerliche 
Veniiengung  der  Zeiten  und  Personen  am  Anfang  wird  nicht 
erwähnt;  sie  mag  schon  irgendwo  in  späteren  Legenden  oder 
Chroniken  zu  finden  sein,  doch  kenne  ich  sie  nicht  und  so 
mag  ihr  hier  ein  Plätzchen  gegönnt  sein. 

Auf  dem  folgenden  fol.  105  beginnt  von  derselben  Hand 
die  Fortsetzung  der  vorher  abgebrochenen  Annalen,  jetzt  aber 
vollständig  und  zwar  übereinstimmend  mit  Sal.  416  (jetzt  352), 
abgedruckt  bei  Froher  ed.  Struv.  Vol.  I;  in  meiner  Ausgabe 
der  Annales  Austriae  F  (MG.  SS.  IX,  605)  mit  allen  Schreib- 
fehlern, zu  denen  zahlreiche  neue  hinzugekommen  sind,  auch 
mit  denZusätzen,  welche  ich  als  Auctarium  Vindobonense  (S.723) 
zusammengestellt  habe  (doch  fehlen  1058.  1122.  1155.  1217. 
1238  der  Zusatz  jüngerer  Hand,  1246,  1249  u.  1251  die  Zählung 
der  Herzöge,  1252.  1265.  1274).  Es  folgen  also  nach  dem 
Stück  der  Ann.  Meli.  a.  973—1074  (cod.  B  6)  nach  meiner  Be- 
nennnung  Continuatio  Claustroneob.  L  a.  1075—1139  (p.  608 
—613,  cod.  6),  Claustroneob.  H.  a.  1142—1224  (p.  614—624, 
cod.  B  2),  Sancruc.  I.  a.  1225—1233  (p.  626—628,  cod.  2), 
Sancruc.  H.  a.  1234—1266  (p.  637—646,  cod.  2). 

Dabei  aber  hat  die  Vergleichung  ergeben,  dass  leider  in 
meiner  Ausgabe  durch  einen  bedauerlichen  Zufall  am  Sehluss 
des  Jahres  1262  der  Satz  ausgefallen  ist: 

1)  provisionem.  2)  alterare.  3)  gessis. 


142  Ueber  eine  Handschrift  Oesterr.   Aunaleu. 

'Frater  Perchtoldus  ordinis  fratrum  minorum  venit  in 
Austriam  predicando,  et  Moraviam;  jnxta  cujus  sermonem 
quandoque  ducenta  uiilia  hominum  cernebantur.  Qui  non  nisi 
in  campis  et  in  silvis  super  eminencia  propugnacula  voluit 
sermocinare'. 

]\Iit  1267  beginnt  dann  der  Theil,  welcher  in  der  Wiener 
Hs.  durch  die  wechsehiden  Hände  als  urspünglich  erscheint,  die 
Continuatio  Vindobonensis  p.  699 — 722;  bis  zu  den  Worten 
a.  1327:  'Et  rex  Fridericus  Romanorura  erat  presens'.  Von 
dem  langen  Edict  des  Cardinal  Guido  1267  ist  der  grösste 
Theil  weggelassen;  der  Schreiber  bringt  nur  den  kSchluss,  der 
von  den  Juden  handelt,  von  p.  702  1.  4  an,  ohne  irgend  ein 
erklärendes  Wort.  Ebenso  ist  auch  1274  die  Constitution 
Gregor  X.  ausgelassen.  1276  sind  absurder  Weise  bei  der 
Nachricht  von  Nebensonnen  die  übergeschriebenen  Worte  ^et 
hoc  falsura  est'  nach  ^apparuit'  in  den  Text  aufgenommen. 
S.  710,  26  steht  'interficerentur'  statt  'inficerentur',  was  richtig 
sein  kann.  1285  findet  sich  nach  'circa  Septem  castra'  der 
Zusatz  'aput  Sybenburgen'.  1298  steht  auffallender  AVeise 
'electus  (archiepiscopus  Saltzburgensis  et)  archiepiscopus  Stri- 
goniensis',  während  die  eingeklammerten  Worte  in  unserm  Texte 
fehlen.  Aber  es  ist  nicht  Avahrscheinlich,  dass  der  Salzburger 
in  Wien  anwesend  war,  und  Konrad  Avar  seit  1290  Erzbischof, 
nicht  electus.  Weiterhin  findet  sich  auch  hier  die  eingescho- 
bene -Geschichte  von  dem  Arzt  in  Paris,  mit  der  Beischrift 
'Hie  nota  Grande  miraculum  valde'.  Bei  1322  ist  auch  hier 
Hirzelins  Dichtung  über  die  Schlacht  bei  Göllheim  eingescho- 
ben, und  die  deutsche  Erzählung  vom  Streit  bei  Mühldorf.  In 
dieser  ist  eine  bemerkenswerthe  Abweichung  in  der  Bezeich- 
nung der  Lage  von  Traussnitz:  'gen  Trausenich  in  dew  purch 
Vitztum  Weygleins  .  dew  da  leit  niderhalb  Regenspurch  auf 
einem  wazzer  haizzent  di  Ayttrach'. 

In  dem  letzten  Absatz  über  den  Brand  in  Wien  fehlt  der 
Zusatz  'Qui  —  notarii'  und  weiterhin  steht  'in  coquina  plebani 
S.  Stephani'  ohne  'predicti'.  Die  Kärntner  Strasse  heisst  strata 
Karinthianorum . 


IX. 

Papsturkrinden  in  Paris. 

Ein  Reisebericht  nebst  einem  Anhang  ungedruckter  Papstbriefe. 

Von 

S.  Loenenfeld. 


Uie  Beschränkung  auf  das  gedruckte  Material,  welche 
Philipp  Jaffe  in  seinen  Regesten  der  römischen  Päpste  sich 
auferlegt  hatte,  ging  auch  in  den  Plan  der  neuen  Ausgabe 
über,  welche  unter  Leitung  des  Herrn  Prof.  Wattenbach  vor- 
bereitet wird.  Wollte  man  in  gleichem  Umfange  auch  das 
handschriftliche  Material  in  den  Kreis  der  Arbeit  ziehen,  so 
hätte  man,  um  systematisch  vorzugehen,  sämmtliche  Archive 
und  Bibliotheken  Eui'opas  durchforschen  müssen,  —  ein  Unter- 
nehmen, dessen  Erfolg  bei  dem  Mangel  detaillierter  Kataloge 
in  keinem  Verhältnisse  geblieben  wäre  zum  Aufwände  an  Zeit 
und  Kräften.  Nur  nach  einer  Richtung  glaubte  man  eine 
Ausnahme  machen  zu  müssen  und  diese  Richtung  wies  nach 
Paris.  Schon  vor  der  Zeit  Ludwigs  XIV.  suchte  neben  dem 
politischen  auch  das  wissenschaftliche  Leben  der  Nation  in 
Paris  einen  Mittelpunkt  zu  gewinnen,  und  es  war  eine  ganz 
naturgemässe  Folge  dieser  centripetalen  Bewegung,  dass  man 
die  literarischen  Schätze,  sei  es  in  Originalen,  sei  es  in  Copien, 
in  der  Nationalbibliothek  zu  vereinigen  bestrebt  gewesen  ist. 
Abgesehen  von  dieser  allgemeinen  Erwägung,  führten  ganz 
bestimmte  Spuren  auf  eine  Anzahl  von  Manuscripten,  deren 
Durchsicht  eine  bedeutende  Ausbeute  versprach.  Im  Nachlasse 
Jaffe's  fanden  sich  zahlreiche  Regesten,  welche  Herr  Delisle, 
der  jetzige  Director  der  Nationalbibliothek,  Pariser  Hand- 
schriften entnommen  hatte;  im  J.  1878  erschien  ein  Verzeich- 
nis aller  daselbst  befindlichen  Chartulare  von  Ulysse  Robert 
und  1879  ein  Supplement  dazu;  ferner  brachte  die  katholische 
Monatsschrift:  Analecta  juris  pontificii  von  Zeit  zu  Zeit  In- 
haltsangaben der  grossen,  ungetrennt  gebliebenen  Fonds  (Baluze, 
Moreau,  Doat  u.  A.),  welche  die  genannte  Bibliothek  bewahrt, 
und  viertens  galt  es,  eine  Reihe  älterer  Druckwerke  und  neuerer 
französischer  Lokalpublicationen  einzusehen,  deren  Vorhanden- 
sein in  der  Hauptstadt  des  Landes  als  sicher  vorausgesetzt 
werden  durfte. 

Die  Mittel  zu  einem  fast  siebenmonatlichen  Aufenthalte 
in  Paris  gewährte  nach  freundlicher  Befürwortung  des  Herrn 
Prof.  Wattenbach  Seine  Excellenz,  der  Minister  der  geistlichen, 

Neues  Archiv  etc.     VH.  \Q 


146  Papsturkundeu  iu  Paris. 

Unterrichts-  und  Medicinalangelegenheiten,  Herr  von  Puttkamer; 
in  liberalster  Weise. 

Am  15.  April  des  vergangenen  Jahres  verliess  ich  Berlin 
und  traf  am  Vormittag  des  16.  in  Paris  ein.  Die  Erlaubnis  zur 
Benutzung  der  Bibliothek  war  schnell  erwirkt,  die  nöthigen 
Formalien  ebenso  schnell  erledigt,  so  dass  ich  bereits  in  der 
Frühe  des  17.  meine  Arbeiten  beginnen  konnte.  Das  hier 
befindliche  Material  nahm  meine  Zeit  derart  in  Anspruch,  dass 
ich  nur  6  Wochen  (die  zweite  Hälfte  des  Jidi  und  fast  den 
ganzen  August)  dem  Nationalarchiv  und  den  kleineren  Pariser 
Instituten  widmen  konnte. 

Wenn  es  mir  in  dem  Zeitraum  von  fünf  Monaten,  den  die 
Nationalbibliothek  reichlich  erforderte,  gelungen  ist,  mehr 
als  600  Codices  zu  bewältigen  und  eine  grössere  Ausbeute  zu 
gewinnen,  als  man  je  geahnt  hatte,  so  verdanke  ich  dies  nicht 
zum  wenigsten  der  Unterstützung,  die  mir  durch  Herrn  Delisle 
und  Herrn  Ulysse  Robert,  einen  jüngeren  Beamten,  zu  Theil 
wurde.  Mit  der  grössten  Zuvorkommenheit  bemühte  sich  Herr 
Delisle,  jede  Schwierigkeit  in  der  Benutzung  der  Handschriften 
und  der  dem  Publikum  sonst  nicht  zugänglichen  Kataloge  zu 
beseitigen ;  er  machte  mich  auf  neue  Erwerbungen  aufmerksam 
und  erlaubte  mir,  einige  im  Departement  des  imprimes  nicht 
vorhandene  Urkundenbüchcr  seiner  Privatbibliothek  einzusehen. 
Die  Verehrung,  welche  er  dem  Verf.  der  Papstregesten  noch 
über  das  Grab  hinaus  bewahrt  hat,  kam  auch  mir  bei  meinen 
Arbeiten  ungemein  zu  Statten.  —  Aber  nicht  genug  kann  ich 
es  rühmen,  wie  hilfreich  mir  Herr  Robert  vom  ersten  bis  zum 
letzten  Tage  meines  Aufenthalts  in  Paris  zur  Seite  stand.  War 
er  schon  durch  sein  Inventaire  des  cartulaires  mein  beständiger 
Führer  durch  die  unübersehbare  Masse  von  Handschriften,  so 
wies  er  mich,  als  der  Führer  mich  verliess,  auf  eine  Reihe 
von  Collectaneen,  deren  Inhalt  im  innigsten  Zusammenhange 
mit  dem  meiner  Arbeiten  stand.  Die  reiche  Sammlung  des 
Klosters  St. -Germain -des -Pres  enthielt  u.  A.  eine  INIasse  von 
Bänden,  in  denen  die  Benedictiner  die  Vorarbeiten  für  ihre  so 
umfassenden  Publicationen  niedergelegt  hatten ;  alles  dies  gieng 
1795  in  den  Besitz  der  Nationalbibliothek  über,  bildete  anfangs 
einen  besonderen  Grundstock  und  wurde  erst  1865  unter  den 
Nummern  11504 — 14231  dem  Fonds  latin  einverleibt.  Nun 
finde  man  aus  dem  summarischen  Katalog  die  Handschriften 
heraus,  welche  für  die  Papstregesten  in  Betracht  kommen ! 
Herrn  Robert  hatten  seine  paläographischen  und  diplomatischen 
Studien  —  ich  erinnere  nur  an  seine  Etudc  sur  los  actes  de 
Calixt  II.  —  ebenfalls  in  diese  Abtheilung  geführt,  er  kannte 
jedes  ]\Ianuscript  darin,  und  obwohl  er  selbst  vieles  noch  nicht 
so  ausgebeutet  liatte,  wie  es  die  Wichtigkeit  des  Inhalts  ver- 
langte,  so   überliess  er  mir  in  der  edelsten,  uneigennützigsten 


Papsturkunden  in  Paris,  147 

Weise  die  Durchforschung  des  Materials  und  notierte  selbst 
mir  die  Codices,  die  ihm  für  meine  Zwecke  von  Werth  schienen. 
Gefälligkeiten  so  zu  erweisen,  dass  das  Emj^fangen  derselben 
nicht  peinlich,  sondern  ein  Vergnügen  wird,  bleibt  einmal  eine 
besondere  Gabe  des  Franzosen, 

Es  ist  mir  eine  angenehme  Pflicht,  den  genannten  Herren 
schon  an  dieser  Stelle  meinen  aufrichtigsten  Dank  auszusprechen. 

Der  Zuwachs  an  urkundlichem  Material  wird  in  der  neuen 
Ausgabe  der  Regesten  seinen  Platz  finden.  An  dieser  Stelle 
gebe  ich  ein  Verzeichnis  der  benutzten  Pariser  Handschriften, 
damit  jeder,  der  auf  dem  gleichen  oder  ähnlichen  Gebiete 
arbeitet,  ersehe,  was  bereits  erledigt  ist,  und  was  noch  zu  thun 
übrig  bleibt.  Ich  wende  mich  zuerst  der  Nationalbibliothek, 
alsdann  dem  Nationalarchiv  zu,  beide  werden  uns  eine  Weile 
beschäftigen;  dagegen  war  das  Material  in  der  Mazarine,  in 
der  Ste.  -  Genevieve  und  im  Arsenal  so  gering,  dass  wenige 
Zeilen  für  ihre  Erwähnung  genügen  werden. 

I.    Bibliotheque  nationale. 

Wer  sich  über  die  Geschichte,  die  Einrichtung  und  den 
Umfang  der  Nationalbibliothek  orientieren  will,  ist  auf  Delisle, 
Cabinet  des  manuscrits ')  zu  verweisen;  allein  da  dies  AVerk 
vielen  nicht  zugänglich  sein  wird,  so  eitlere  ich  daneben  das 
Inventaire  des  mss.  frangais^),  in  dessen  Einleitung  derselbe 
Gelehrte  einen  kurzen  Auszug  aus  jenen  zwei  Bänden  ver- 
öflfentlicht  hat.  Spreche  ich  von  einem  Katalog  der  lateinischen 
Handschriften,  so  ist  für  die  Nummern  1 — 8822  der  alte  von 
1744  3),  für  die  Nummern  8823 — 18613  Delisle's  Inventaire  des 
mss.  latins'*)  gemeint,  zusammengesetzt  aus  den  zuerst  in  der 
Bibl.  de  l'ecole  des  chartes  veröffentlichten  Listen,  Man  ersieht 
hieraus  schon,  dass  es  in  Wirklichkeit  nur  einen  Fonds  latin 
und  einen  Fonds  latin  des  nouvelles  acquisitions  giebt;  wenn 
ich  nun  für  die  Chartulare  eine  besondere  Rubrik  eröffne,  so 
geschieht  es  aus  Nützlichkeitsgründen  und  nur  für  einen 
speziellen  Fall.  Gerade  für  diese  giebt  es,  wie  bereits  oben 
bemerkt,  ein  vollständiges  Verzeichnis  von  Ulysse  Robert  *), 
Avelches  innerhalb  der  lateinischen  Handschriften  die  Grundlage 
für  jede  Art  der  Urkundenforschung  bilden  kann. 

1)  Delisle,  Cabinet  des  mss.  de  la  bibl.  imperiale  Paris  1868.  1 — 2. 
2)  Delisle,  Inventaire  ge'ne'ral  et  me'thodique  des  mss.  fran^ais  de  la 
bibliotheque    nationale.    Paris   1876.    I,  3)   Catalogus    codicum    manu- 

scriptorum  bibl,  regiae.     Paris   1744.    T.  III.  u.  IV.  4)  Inventaire  des 

mss.  conserves    k   la  bibl,    imperiale.    Paris   1863  ff.  5)  Inventaire  des 

cartulaires,  conserve's  dans  les  bibl,  de  Paris  et  aux  Archives  nationales, 
suivi  d'une  bibliograpbie  des  cartnl.  publies  en  France  depuis  1840.  Paris, 
Picard.  1878.  —  Supplement  dazu  1879.  Vgl.  meine  Anzeige  des  Buches 
in  v.  Sybels  Histor.   Zeitschrift   1880, 

10* 


148 


Papsturkuiideu  in  Paris. 


A.     Cartulaires, 
a.  Bisher  unbekannte  Urkunden  enthalten; 


Arivour  ras.  lat.  uouv.  acqu.1228. 
Arras  ms.  lat,  9930. 

„       „       „  17737. 
Barbeanx  5466'). 
Beaulieu  nouv.  acqu.  1408  2). 
Beaumont  -  le  -  Roger  nouv.  acqu. 

1256. 
Beaupre  (d.  Beauvais)  9973. 
Beaupre  (d.  Toul)  11024. 
Belleveaux,    Coli.  Moreau  870. 

f.  89  sequ. 
Bertaucourt,    Coli.  Grenier  93. 

f.  36  sequ. 
Besangon,    Coli.    Moreau    876. 

f.  2  sequ. 
Bourburg  9126. 
„  9920. 

9921. 
Bourg- Achard  9212. 
Bourges  1274. 
Bourg -Moyen,    Coli.  Housseau 

12.  I. 
Bussiere  5463  (und  17722). 
Chaalis  11003. 
Chartres  10094. 
„         10096. 
„         11062. 
Cheron  nouv.  acqu.  1409  2). 
Conde  9917. 
Corbie  17759. 
„       17761. 
Crisenon  9885. 
Dijon  9868. 

„     17083. 
Dreux  10106. 

Favernay,  Coli.  Moreau -871. 
Foucarmont  nouv.  acqu.  248. 
Homblieres  13911. 
Igny  9904. 
Lagny  9902. 
Langres  17100. 


Langres  13872. 
Lieu-Croissant ,     Coli.    Moreau 

874. 
Lihons  5460. 
Longpont  9968. 
Marchiennes  nouv.  acqu.  1204. 
Meaux  5528. 

„        5185  F. 
Montieramey  5432  (u.  5433). 
lilorteraer  18369. 
Montier  -  en  -  Argonne  9905. 
10946. 
Notre-Dame-du-Val-sous-Apre- 

mont  17752. 
Orleans  (St.  Croix),  Coli.  Baluze 

78. 
Oye  nouv.  acqu.  1231. 
Perseigne  5474. 
Pontigny  9887. 
Ravensberghe  10970. 


Roe  nouv.  acqu.  1227. 
Rosieres,     Coli.     Moreau    871. 

f.  318  sequ. 
Ronen  nouv.  acqu.  1363. 
St.-Amand  nouv.  acqu.  1219  — 

20. 
St.-Chaffre  5456 
St.-CorneilledeCompiegne9171. 
St.-Crispin-en-Chaie  18372. 
St.-Denis  de  Vergy  5529  A. 
St.-Etienne  de  Dijon  17082. 
St.-Etienne  de  Troyes  17098. 
St.-Gengoul  de  Toul  10020. 
vSt.-Jean-des- Vignes  11004. 
St.-Leu  d'Esserens,  Coli.  Baluze 

46. 
St.-Magloire  5413. 
St.-Marcel  de  Chalon  17091. 
„        „        12824. 

f.  69  sequ. 
St.-Martin-des-Charaps   10977. 

1)  Wo  nichts  anderes  angegeben,  ist  immer  ms.  lat.  gemeint. 
2)  Cartul.  de  la  leproserie  du  grand  Beaulieu  und  Cartnl.  de  l'abbaye 
de  Cheron,  beide  sec.  XIX,  wurden  erst  vor  wenigen  Monaten  angekauft. 


Papsüirkunclen  in  Paris. 


14^ 


St. -Martin  de Glandieres  10030.  St. -Victor  de  Paris  14672 


St.-Maur-des-Fosses  5416 1). 
St. -Mihiel  nouv.  acqu.  1283. 
St.-Mcaise  de  Meauian  13888. 
St. -Oricole  de  Senuc  5431. 
St.  -  Pierre     d'Haiimont     nouv. 

acqu.  1386. 
St.- Pierre -Mont  12866. 
St.-Quentin-en-rile  12895. 
St.-Sauveur  de  Metz  10029. 
St. -Seine  12824. 
St. -  Servais de  Maestriclit  (vol. I) 

10178. 


„       „       15057. 
St. -Wandrille  17132. 
Ste.-Foi  de  Morias  10936. 
Ste.  -  Glossinde  de  Metz  10024. 
Senones  9202—9203. 
Silly  11059. 
ThenaiUes  5649. 
Troarn  10086. 
Vaucelles  nouv.  acqu.  1206. 
Vauclair  11073. 
Vierzon  9865. 


b.  Bereits  edierte  Urkunden  enthalten: 


Agde  9999. 

Angouleme  13913. 

Beaulieu  17089  f.  579  sequ. 

Beaumont  -  sur  -  Oise  9974. 

Beze  4997. 

Bonlieu  9196. 

Bucilly  1012  L 

Casaure  (en  Italic)  5411. 

Celle -Frouin,  Coli.  Clairambault 

306  f.  127  sequ. 
Chartres  10095. 
Corbie  17762—65. 
Die  18356. 
Flavigny  17720. 
Foigny  18374. 
Grenoble  13879. 
„  5215. 

Hesdin  nouv.  acqu.  1221. 
Macon  17086. 


Marmoutier  5441. 

Mont- Ste. -Marie,  Coli.  Moreau 

872  f.  355. 
Nicosie  (Chypre)  10189. 
Kotre-Dame  de  la  Merci-Dieu 

nouv.  acqu.  242. 
Remiremont  12866  f.  67  sequ. 
St. -Benigne  de  Dijon  13872. 
St.-Cyprien  de  Poitiers  10122. 
„        „        12896. 
St. -Denis  17112. 
St.   Jean -du -Mont  5460  A. 
St. -Magloire  5414. 
St.- Marcel  de  Chalon  12679. 
St. -Seine  9874. 
„        17085. 
Sens  9898. 

Valroi  nouv.  acqu.  1289. 
Vendome  nouv.  acqu.  1232. 


c.  Gar  keine  oder  Bullen  der  späteren  Zeit  (nach  1198)  enthalten: 

Abenon  11054.  j  Besangen,  Coli.  Moreau  862. 

Acey  5683.  Billettes  10981. 

Apt  17778.  I  Bithaine,  Coli.  Moreau  872. 

Angouleme  17089  f.  477    sequ.^Blois  10108. 

Arlay,  Coli.  Moreau  889  u.  890. 1     „      Coli.  Clairambault  968. 

Barbeaux  10943.  Brioude  17078. 


Bar-le-Duc  11853. 

„  CoH.  Lorraine  718 

et  719. 
Beaulieu  12858. 


Buillon,  Coli.  Moreau  332. 
Caen  17136. 
Cambrai  10969. 
17736. 


Belvoir,  Coli.  Moreau  899  f.  300 1  Celle  Frouin  9235. 


I  Chalon  17089. 

1)  Copie  des  'Livre  uoir'  im  Arcli.  nat.  LL.   112. 


sequ. 


150 


Papsturkunden  in  Paris. 


Cbamjjagne  5992.  5993. 5993  A. 

13079. 
Champagne,  Coli.  Cinq-  cents  de 

Colbert  56—58. 
Champeaux  10942. 
Cherlieu  10973. 

„         Coli.  Moreau  873—74. 
Clairets  17140. 
Clairvaux  10947. 

„  iiouv.  acqu.  lat.  1208. 

Conseil  10169. 
Corbie  17760. 
Dauphine  9908. 
Dijon  4654. 

„      4765.  4766. 

„       9871.  9872.  9873. 
Domene  17102. 
Eaunes  11012. 
Enverraeu  10058. 
Eu  13904. 
Fervacques  11071. 
Foigny  18373. 
Forez  12870. 
Franche-Comte,    Coli.  Moreau 

877. 
Friardel  nouv.  acqu.  164. 
Geneve  10182. 
Gouis  5447. 
Graudselve  11008—11. 

9994. 
Grenoble  10966.' 
Josapliat  -  les  -  Chartres  10103. 
Joye  9172. 
Langres  5993  B. 
„        5189. 

„         Coli.  Clairambault  974. 
Lezat  9189. 
Longpont  11005. 
Lugny  10948. 
Lys  13892. 
Mans  17754. 
Marigny  9785-86. 
Marquette  10967. 
Mayence  17794. 
Metz  10021. 

Milliau  nouv.  acqu.  185  >). 
Montfaucon,  Coli.  Moreau  891. 
Ij  .So  ist  statt  176  zu  lesen. 


Mont-St.  Martin  5478. 
Morigny  5648.  5439. 
Muro  (en  Italic)  5184  A. 
Neufchatel,  Coli.  Moreau 
Notre  -  Dame  -  la  -  Ronde   10026. 
Palais  nouv.  acqu.  225. 
Perpignan  9995. 
Perrecy  17721. 
Pont-aux-Dames  10944. 
Pontigny  5465. 
Pontoise  5657. 
Port-royal  10997.  10998. 
Quimper  9890—9892. 
Regny  17725. 
Roaiz  11082. 
Royal -lieu  5434. 
St.-Amand  de  Boisse  12898. 
St. -Bertin  9928.  5439. 
St.-Cloud  5185  D.  9165. 
St.  -  Josse-au-Bois,  Cinq -cents 

de  Colbert  161. 
St. -Josse -sur-mer  11926. 
St. -Medard-de-Soissons  9986. 
St.-Mesmin  10000.  10091. 
St. -Pierre  de  Vigeois  17119, 
St.-Quentin-en-Tile  10116. 
St.  -  Quentin     en      Vermandois 

11070. 
St.-Remi-les-Senlis  11002. 
St.  -  Sauveur  -  le  -  vicomte  17137. 
St.  -  Servais  de  Älaestriclit  (vol. 

2  et  3)  10179—80. 
St.-Sympborien  d'Autun  18354. 

12824. 
St.- Vincent  de  Metz  10023. 
Ste.-Trinite  de  Caen  5650. 
Savoie  10129. 
Solignac  18363. 
Theidey,  Coli.  Moreau  873 
Trappe  11060. 
Val-le-roi  10945. 
Val  -  St.  -  Lambert  101 76—77. 
Vauclair  11074. 
Vauluisant  9901. 
Verdun,  Coli,  de  Lorraiue  716. 
Vitre  nouv.  acqu.  1229. 


Papsturkunden  iu  Paris.  151 

Was  in  der  vorstehenden  Liste  fehlt,  ist  aus  bestimmten 
Gründen  fortgelassen  worden.  Trugen  die  Chartulare  die  Be- 
zeichnung als  mss.  frangais,  waren  sie  gedruckt  oder  gehörten 
sie  einer  spilteren  Zeit  an,  so  liess  sich  daraus  schliesen,  dass 
sie  für  unsere  Arbeit  nichts  Neues  ergeben  würden,  und  sie 
blieben  deshalb  unberücksichtigt.  Das  Gleiche  geschah  bei 
werthlosen  Copien  und  bei  einigen  Chartularen,  welche  Herr 
Delisle  für  das  von  Jaffe  versprochene  Supplement  und  Herr 
V.  Pflugk-Harttung  für  seine  Acta  pont.  Eom  inedita  (Tübin- 
gen 1880)  benutzt  hatten.     Dazu  gehören, 

von  Delisle  excerpiert: 


Cambrai  10968. 
Chalon  17090. 

Josaphat-les-Chartres  10102. 
Langres  5188. 
Meaux  18355. 
Montebourg  10087. 
Morienval  9987. 
Ponthieu  10112. 


St.-Avit  12886. 

St.-Euverte  d'Orleans  10089. 

St. -Gilles  11018. 

St.  -  Jean  -  en  -  Vallee  1 1063. 

St.  -Michel-en-Thierache  18375. 

Tinon  10107. 

Tours  1217—18'). 


St.-Vanne  de  Verdun  5214. 
5435. 
17639. 


von  Pflugk-Harttung  excerpiert; 
Cambrai  10968 2).         ^  St. -Jean  d'Angely  5451. 

Levins  nouv.  acqu.  1155. 
Montier  -  en  -  Der    nouv.     acqu. 

1251 52. 

St. -Gilles  11018  2). 
Toussaint-en-l'ile,  nouv.  acqu.  lat.  1278;  ist  eine  im  J,  1875 
gefertigte  Copie  des  in  Chalons-sur- Marne  befindlichen  Chartu- 
lars,  aus  welchem  H.  v.  Pflugk-Harttung  geschöpft  hat. 

B.  j\[anuscrits  du  fonds  latin. 
a.  Aneien  fonds  latin. 

5211  D  Urkundensammlung  für  St.  Paul  in  Narbonne. 

5455  Urk.  f.  d.  Kloster  S.  Maria  Crassensis  in  valle  Novalicia. 

5464  Urk.  f.  S.  Maria  de  Noa  (d.  Ebroicum.). 

8992 — 93  Sammlung  päpstlicher  Bullen. 

8998  Urk.  f.  den  Johanniterorden. 

9001   (u.  9002)  Naberat  Urk.  f.  den  Johanniterorden 3). 

9209  Urk.  f  d.  Diöc.  Ronen,  Lisieux  und  Seez. 

9211  Urk.  f.  d.  Kloster  Le  Bec. 

9217  Urk.  f.  verschiedene  Diöcesen  Frankreichs. 


1)  Ich  notiere  hier  nur  die  Mss.,  welche  in  Eobert's  Inventaire  ver- 
zeichnet sind  ;  die  neueAusgabederRegestenwirdzeig-en,wie 
gross  die  Menge  der  Handschr.  ist,  welche  Herr  Delisle  für 
Jaffe  ausgebeutet  hat.  2)  Vgl.  die  vorangehende  Liste  3)  Die 
Eegesten   davon  in  Naberat's  grossem  Werke  über  den  Joh.  -  Orden. 


152  Papstuikiuideu  in  Paris. 

9220  Urk.  f.  Chartres. 

9221 — 22  Urk.  aus  dem  Archiv  des  Kl.  S.-Pere  de  Chartres. 

9230  Urk.  der  Grafschaft  Poitou. 

9236  Urk.,  auf  die  Provence  und  die  alte  Grafschaft  Venaissin 

bezüglich. 

9237  Urk.  f.  Barjols. 

9270—71  Urk.  für  Stadt  und  Diöcese  Köln. 

12658—12704  Monasticon    Benedictinum ;    47  Bde.   Urkunden 

zur  Gesch.  des  Benedictinerordens,  im  17.  u.  18.  Jahrh. 

angelegt.    Den  Inhalt  der  einzelnen  Bde.  giebt  Delisle's 

Inventaire'). 
12739—12776  38  Bde.  Abhandlungen,  Urkunden  und  Regesten 

zumeist  für   südfranzösische   Bisthümer   enthaltend;    im 

Katalog,  der  die  Bisthümer  aufzählt,  als  Recueil  de  Dom 

Estiennot  bezeichnet. 
12777—80  4  Bde.  Urk.   f.   verschiedene  franz.  Klöster,   deren 

Liste  im  Katalog  zu  finden  ist. 
12820  Urk.  f.  die  Abtei  Deols,  s.  XVII. 
12857  Gesch.  des  Klosters  la  Grasse. 
12876—12880  Martene,  Gesch.  des  Kl.  Marmoutier,    mit  Urk. 

von  Martene's  eigener  Hand  geschrieben  (s.  XVII). 
12889  Gesch.  der  Abtei  St.  Josse  sur  mer  (s.  XVIII). 
13816 — 20  Urk.    f.    verschiedene    Klöster^    von    Benedictinern 

gesammelt.  —  Die  Liste  in  Dehsle's  Inventaire. 
13845  Materialien  des  Dom  Chantelou. 
13905  Materialien  für  das  Kloster  Bec,  s.  XVII. 
13915  Chantelou,  Gesch.  des  Kl.  Montmajour,  s.  XVII. 
14664  Miscellen.     Vgl.  Delisle's  Inventaire. 
14688  Bullen  f.  das  Bisthum  Maguelonne,  s.  XIV. 
16983 — 16996  Materialien   des  Dom  Pierre    Coustant  für  eine 

Ausgabe  der  Papstbriefe  2). 
17089  Einige  Chartul.  und  Urk.  von  Jean  Bouhiers  copiert. 
17095  65  Urk.  zur  Gesch.  der  Diöc.  Sens. 
17126  Auszüge    aus    dem    Archive    von    St-Aubin    d'Angers, 

s.  XVII. 
17141  62  Urk.  f.  die  Picardie. 

18376—18402  29  Bde.  Urk.   zur   Geschichte  Poitou's,    gesam- 
melt von  Fonteneau,   für  die  Nationalbibliothek  copiert 

von    Fleury.    —     Detailliertes    Verzeichnis    in    Delisle' 

Inventaire  ^). 


1)  Vgl.  auch  Delisle,  Gab.    des  manuserits  II,  67.  2)  Die   ersten 

9  Bde.  ergaben,  soweit  ich  dies  mit  den  vorhandenen  Hülfsmitteln  con- 
statieren  konnte,  für  die  Regesten  nichts  neues;  doch  scheinen  sie  man- 
cherlei zu  enthalten,  was  für  eine  Ausgabe  der  Papstbriefe  von  Werth 
ist.  —   Cf.  Delisle   Gab.    des    ms.  II,  66,  3)    Vgl.  Delisle,    Inventaire 

des  mss.  fr.  I.  p.  CXXXIX.  s.  v.  Poitou. 


Papsturkunden   in  Paris.  153 

b.  Nouvelles  acquisitions : 
1266  Receuil  de  lettres  de  Richard  de  Bury,  eveque  de  Dur- 

ham.     Moderne  Abschrift  i). 
1402  Regeln  f.  den  Cistercienserorden  2),  s.  XII. 
1406  Chartes   de   l'abbaye  de  St.-Etienne  de  Caen.     Moderne 

Abschrift. 

C.  Manuscrits  fran^ais: 
1039  des  nouv.    acqu.  Monnier,  Recherches    sur  Beaumes-les- 
Messieurs,  s.  XIX.    (Mit  einem  Anhang  von  Urkunden.) 

D.  Collections: 

Coli.  Bai  uze.  Das  Verzeichnis  in  den  Analecta  juris 
pontif.,  März  -  Aprilheft  1868  (Liefer.  85)  ist  ganz  unbrauclibar ; 
einigen  Ersatz  dafür  bot  der  handschriftliche  Katalog  der 
Sammlung 3),  der  im  Arbeitssaal  der  Benutzung  des  Publikums 
freigegeben  ist,  und  die  summarische  Uebersicht  in  der  Bibl. 
de  l'ec.  des  chartes  1874  p.  266. 

Dagegen  erwiesen  sich  die  Verzeichnisse  für  die 

Coli.  Doat  in  Anal.  jur.  pont.  JuH-Aug.  1879  (Liefer.  162 
u.  163), 

Coli.  Grenier  ebenda  und 

Coli.  Moreau^)  ebenda  Liefer.  96,  140  u.  161  _ 
als    sehr  brauchbar,    und   ich   gestehe   gern,    dass    sie   mir   in 
vielen  Fällen  das  zeitraubende  Durchblättern  starker  Folianten 
erspart  haben. 

Das  bereits  erwähnte  handschriftliche  Inventaire  des  chartes 
von  Delisle  (im  Arbeitssaal  aufgestellt)  enthält  im  2—4.  Bde. 
eine  regestenartige  Aufzählung  der  Originalurkunden  und  älteren 
Copien,  welche  sich  in  den  (zumeist  auch  jetzt  noch)  selbst- 
ständigen Sammlungen  befinden.     Es  sind  dies: 


Baluze. 

Bourgogne. 

Champagne. 

Clairambault 

Colbert. 

Flandre. 


Fontanieu. 
Gagnieres. 


Picardie  (Grenier). 
St.  -  Germain  -  des- 

Pres. 
Touraine. 
Vexin. 
Villevieille. 


Languedoc. 

Lorraine. 

Moreau. 

Perigord. 

Von  diesen  sind  die  Coli.  Gaignieres,  St. -Germain -des -Pres 
und  Villevieille  den  allgemeinen  Fonds  latin  imd  francais  ein- 
verleibt. —  Papstbullen  fanden  sich  in  den  Coli,  de  Bourgogne, 
Flandre,  Lorraine,  Picardie  (Grenier)  und  St.  Germain.  — 
Ueber  Entstehung  und  Schicksale  der  einzelnen  Sammlungen 
1)  Eine  Beschreibung  des  Originalmanuscr.  giebt  Liebermann  im 
N.  A.  IV,  620.  2)  Einige  Urkunden  daraus    und   die  Beschreibung  der 

Handschrift  habe  ich  im  Archivio  delhi  Societä  Rom.  di  storia  patria  publi- 
ciert.  3)  Wenn  ich  mich  recht  erinnere,  zum  Theil  von  Baluze,  zum  Theil 
von  Sirmond  angefertigt.  4)  Die  Geschichte  dieser  grossartigen  Samm- 

lung und   die  Namen  der  Mitarbeiter  bei  Delisle,  Cabinet  des  mss.  I,  557  ff. 


154 


Papsturkunden   in  Paris. 


ist  zu  vergleichen  Delisle,  Cabinet  des  ms.  und  Inventaire  des 
mss.  fr.  I.  s.  V. 


Ich  lasse  hier  eine  numerische  Uebersicht  der  benutzten 
Handschriften  der  Nationalbibliothek  folgen.  Ausser  den  unter 
A — C  genannten  sind  auch  diejenigen  aufgenommen,  welche 
nach  der  allgemeinen  Angabe  ihres  Inhalts  durchgesehen  wer- 
den mussten,  aber  nichts  ergaben.  Der  Raumersparnis  wegen 
gebe  ich  nur  die  Signatur,  das  Nähere  findet  man  leicht  in 
den  obigen  Zusammenstellungen  und  den  gedruckten  Katalogen'). 


Mss. 

latins. 

1204 

5529  A 

9904- 

-5 

10966- 

-67 

12875- 

-80 

1274 

5648-50 

9908 

10969- 

-70 

12889 

1386 

5657 

9917 

10973 

12895- 

-96 

3881 

5992-93 

9920- 

-21 

10977 

12898 

4654 

5993  A 

9928 

10981 

13079 

4765-66 

5993  D 

9930 

10997- 

-98 

13816- 

-20 

4997 

8992—93 

9968 

11002- 

-5 

13845 

5184  A 

8998 

9973- 

-74 

11008- 

-12 

13861 

5185  D 

9001—2 

9986 

11018 

13871 

5185  F 

9126 

9994- 

-95 

11024 

13872 

5189 

9165 

10020- 

-21 

11059- 

-60 

13878- 

-79 

5211  D 

9171—72 

10023- 

-24 

11062 

13888 

5215 

9189 

10026 

11070- 

-71 

13890 

5411 

9196 

10029- 

-30 

11073- 

-74 

13892- 

-93 

5413 

9202-3 

10058 

11082 

13900- 

-2 

5414 

9212 

10086 

11818- 

-19 

13904- 

-5 

5416 

9217 

10090- 

-91 

11853 

13907 

5431-34 

9220 

10094- 

-96 

11902- 

-3 

13911 

5439 

9222 

1U103 

11926 

13915 

5441 

9235 

10106- 

-8 

12658- 

-12704  14586 

5447 

9270—71 

10116 

12679 

14664 

5455_56 

9785-86 

10121- 

-22 

12739- 

-776 

14672 

5456  A 

9865 

10129 

12778- 

-80 

14688 

5460 

9868 

10158 

12818 

14848 

5460  A 

9871—74 

10169 

12820 

148502 

) 

5463 

9885 

10176- 

-80 

12824- 

-25 

14938  2 

) 

5465-66 

9887 

10182 

12829 

15057 

5474 

9890  -92 

10189 

12857- 

-58 

16048 

5478 

9898 

10936 

12866 

16983- 

-996 

5528 

9901—2 

10942- 

-48 

12870 

17078 

1)  Fortgelassen  sind  die  von  den  HH.  Delisle  und  v.  Pflug-k-Harttung 
excerpierten  Handsclir.,  da  ich  nur  die  aufzähle,  für  ^Yelche  ich  die 
Garantie  der  vollständigen  Ausnutzung  übernehmen  kann.  2)  Enthalten 

päpstliche  Decretalen.  Ich  hatte  nicht  genügend  Zeit,  um  sie  genauer 
zu  prüfen,  doch  scheinen  sie  mir  die  Aufmerksamkeit  der  Canonisten  zu 
verdienen. 


Papsturkunden   in  Paris, 


155 


17082- 

-83 

17119 

17725 

17797 

17085- 

-86 

17121 

17727 

17971 

17089 

17123- 

-132 

17736- 

-37 

18354 

17091- 

-92 

17136- 

-41 

17752 

18355—56 

17095- 

-98 

17149 

17754 

18363 

17100 

17184 

17759 

18369 

17102 

17191- 

-92') 

17760- 

-65 

18372-74 

17105- 

-6 

17195- 

-97 

17791 

18376—402. 

17112 

17720- 

-22 

17794 

N 

ouv.  ac 

quis.  1; 

at. 

164 

248 

1227- 

-29 

1283 

1406 

185 

1206 

1231- 

-32 

1289 

1408-9 

225 

1208-10 

1256 

1363 

2095—96 

242 

1219—21 

1266 

1402 

2183 

11,    Archives  nationales. 

Es  wird  nicht  viele  Depots  geben,  in  welchen  der  Vorrath 
an  Originalbullen  (bis  zur  Zeit  Innocenz'  III)  so  gross  ist  wie 
der  des  Nationalarchivs.  Man  hat  hier  alles  zusammengebracht, 
was  in  einer  Anzahl  secularisierter  Klöster  die  Jahrhunderte 
überdauert  hatte ;  ist  von  dem  Urkundenmaterial  bis  zum  Aus- 
gange des  11.  Jahrhunderts  nur  sehr  wenig  erhalten,  so  ist 
dagegen  das  12.  Jahrh.  so  reich  vertreten,  dass  man  hier  allein 
das  päpstliche  Kanzlei-  und  Urkundenwesen  studieren  und  in 
seinen  Grundzügen  erkennen  kann.  Unter  der  Rubrik  'Bulla- 
rium'  findet  man  die  für  uns  in  Betracht  kommenden  Original- 
bullen, vermischt  mit  wenigen  Copien  alter  und  neuer  Zeit 
vereinigt  (Kasten  L — Lz).  Die  Anlage  ist  gemacht  worden, 
lange  bevor  Jaffe's  Regestenwerk  erschienen  war;  kein  Wunder, 
dass  viele  Urkunden  sich  genauer  datieren  lassen  als  die  an- 
gehefteten, altersschwachen  Zettel  besagen.  Ich  hoffe,  in  kurzer 
Zeit  ein  Verzeichnis  der  Originale  und  der  noch  ins  Mittel- 
alter fallenden  Copien,  sowie  Regesten  der  noch  unbekannten 
Stücke  veröffentlichen  zu  können;  eine  Statistik  des  Materials 
muss  der  diplomatischen  Forschung  vorangehen,  aber  auch  für 
den  Historiker  wird  ein  solches  Verzeichnis  nicht  ohne  Nutzen 
sein,  wenn  er  einem  Haufen  ungeordneter  Urkunden  rathlos 
gegenübersteht. 

Weniger  Ausbeute    ergaben   die   im  Archiv  aufbewahrten 


1)  In  17192,  früher  Blancs -Manteanx  84,  findet  sich  auf  S.  106  ff. 
die  Vita  Gauzliui  'ex  ms.  cod.  Regin.  Sueciae  592,  s.  XI',  welche  Delisle 
bei  seiner  Ausgabe  der  Vita  benutzt  hat,  ohne  den  Zusatz,  welcher  die 
Provenienz  angiebt,  hinzuzufügen.  Man  sieht,  es  ist  eine  Copie  des  Cod. 
Christiuensis,  welchen  Ewald  seiner  Edition  im  N.  A.  III,  351  zu  Grunde 
gelegt  hat.  Die  Vermuthung,  dass  Blancs  -  Monteaux  84  nur  nach  dem 
Christin,   corrigiert  sei,  wird  hiernach  hinfällig. 


156 


Papsturkunden  in  Paris. 


Chartulare.  Einen  Theil  derselben  Hess  ich  ununtersucht  theils 
aus  Mangel  an  Zeit,  theils  weil  auch  hier  bestimmte  Anzeichen 
die  Vermuthung-  nahe  legten,  dass  eine  Durchsicht  nichts  Neues 
ergeben  würde.  Die  Gleichförmigkeit  des  Materials  macht 
eine  Zusammenstellung  der  benutzten  Manuscripte  leichter  als 
es  oben  der  Fall  war;  ein  *  bezeichnet  Zuwachs  an  neuen, 
ein  f  das  Vorhandensein  bereits  bekannter  Urkunden,  die 
übrigen  Nummern  enthalten  gar  keine  oder  nur  Papstbullen 
der  späteren  Zeit. 

Ich  benutze  die  Gelegenheit,  um  Herrn  Delaborde,  dem 
zur  Zeit  im  Arbeitssaal  präsidierenden  Beamten  für  mannig- 
fach erwiesene  Gefälligkeiten  meinen  Dank  abzustatten. 


Antony  LL.  1040. 

Antony  et  Verrieres  LL.  1047  — 

1048. 
Bagneux  LL.  1027. 
Barbezieux  LL.  1419. 
Bar-sur-Seine  LL.  1555. 
Beaurain  LL.  1168. 
Blois  KK.  895. 
*Braisne  LL.  1583. 
Breuil  LL.  1059. 
Cergy  LL.  1170. 
Dijon  KK.  1109. 
Esmans  LL.  1064. 
Fieffes  S.  5533. 
fForez  K.  1113. 
Garches  LL.  1165. 
*Gournay  1397. 
*      —         1398. 
Hallate  KK.  945. 
Issy  LL.  1070. 

_     LL.  1049—50. 
Montchauvet  LL.  1081. 
fMontmartre  LL.  1605. 
Nanterre  LL.  1448. 
Notre-DamedelaPresleLL.1019. 
Notre-Dame  du  Val.  LL.  1541. 
Orleans  S.  5010. 
*Paris  LL.  177. 
*Paris  LL.  175. 
*Paris,  Mathurius  ou  Trinitaires 

LL.  1544. 
Paris,     S.    Etienne    des    Gres 

LL.  558. 


Paris,  St.  Gervais  LL.  756. 

—  S.  Lazare  M.  210. 

—  S.  Nicolas  -  des  -  Champs 
LL.  861. 

Paris,  S.  Paul  LL  886. 

—  S.  Sepulcre  LL.  581. 

*  —      Ste.  Opportune  LL.  93. 

—  Val  de  Gräce  LL.  1614— 
18. 

*Provins  S.  5162 1). 

Reims  K.  1153  no.  2. 

*Ribemont  LL.  1015. 

Rouvray  LL.  1553 — 54. 

Rueil  LL.  1167. 

St.  Antoine  LL.  1595. 

*St.    Corneille    de    Compiegne 

LL.  1622. 
*St.    Corneille    de    Compiegne 

LL.  1623. 
*St.  Denis  LL.  1156. 
fSt.  Denis  LL.  1157-58. 
S.  Denis  LL.  666.  1159.  1163. 

1172—74. 
St.   Denis  -  de -la-Chartre     LL. 

1399. 
*St.  Gengoul  de  Toul  LL  986. 
*St.  Germain  l'Auxerrois    LL. 

489. 
*St.  Germain   l'Auxerrois    LL. 

490. 
St.  Germain  l'Auxerrois  LL.  491. 
*St.     Germain -des -Pres     LL. 

1024»). 


1)  Von  Delisle  excerpiert. 


Papsturkuuden   in  Paris, 


157 


St.  Germain-des-Pres  LL.  1025. 

1026. 
fSt.Germain-des-Pres  LL.  1027. 
*St.  Mag-loire  LL.  168. 
*  —  199. 

t  —  LL.  173. 

*St.    Martin  -  des -Cbamps    LL. 

1351. 
*St.    Martin- des -Champs    LL. 

1352. 
*St.    Martin -des -Champs    LL. 

1353. 
fSt.    Martin -des -Champs    LL. 

1354. 


*St.  Maur-  des  -Fosses  LL.  112. 
*  —  LL.  114. 

St.  MedarddeSoissonsLL.  1021. 
St.  Quentin-en-FIle  LL.  1017. 
St.  Quentin  -  en  -  Verraandois  LL. 

1018. 
*St.  Victor  de  Paris  LL.  1450. 
Tiverny  LL.  1042. 
Trappes  LL.  1169. 
Ully- St. -Georges  LL.  1171. 
Valenton  LL.  1043. 
Victoire  LL.  1469. 
Villeneuve-St.-GeorgesLL.1090. 


LL.  1087. 


*Yerres  LL.  1599. 


III.  Bibliotheqiie  Mazarine  >)• 

Ich  besuchte  diese  Bibliothek,  um  einige  seltene  Drucke 
einzusehen  2).  Das  einzige  Chartular,  das  sich  nach  Robert's 
Inventaire  hier  befindet,  das  für  Beaumont-lc- Roger,  ms.  1212, 
hatte  ich  bereits  nach  der  in  der  Nationalbibl.  befindlichen 
Copie  (nouv.  acqu.  lat.  1256)  durchgesehen. 

IV.  Bibliotlieque  de  TArsenal. 

Cartul.  de  Chartres  s.  XVII,  H.  29,  enthält  einige  bereits 
bekannte  Urkunden. 

M.   Bibliotheqiie  Sainte  -  Genevieve  ^). 

Cartul.  de  l'abbaye  de  Melinais  H.  40  fr. 

„         „         „         de  St. -Denis  de  Reims  (1728)  E.  24  lat. 

„         „         „  Ste. - Genevieve  de  Paris  H.  23  fr.*). 

Die  beiden  ersten  Chartulare  ergaben  neue,  die  Urkunden 
des  dritten  sind  bekannt. 


1)  Ueber  diese  und  die  beiden  folgenden  Bibliotlieken  vgl.  die  Notizen 
bei  Maxime  du  Camp,  Paris  et  ses  organes  (3  ed.)  VI,  194.  —  Selir  ein- 
gehend ist  Franklin,  Hist.  de  la  bibl.  Mazarine.  Paris.  1860.  2)  Ob- 
wohl ich  die  meisten  der  von  Jaffe'  nur  nach  Brequigny  citierten  Werke 
in  Paris  eingesehen  habe,  so  gab  es  doch  einige,  welche  in  Folge  ihrer 
Seltenheit  oder  der  mangelhaften  Titelangabe  nicht  zu  erlangen  waren. 
So  u.  A.:  Privileges  de  Vordre  de  St.  Jean  (Jafife  5581);  Privileges 
de  Tordre  de  Malte  (9425);  S.  Victor  en  Caux  (J.  8781);  Vie  de 
St.  Rieule  (J.  8769);  S.  Johannes  apud  Vineas  (J.  10622);  Priraatie  de 
Lyon  (J.  6826).  Sehr  bedauert  habe  ich  dies  beim  Recueil  sur  S.  Martin 
de  Tours,  der  viele  Urkunden  enthält.  Woher  ihn  Mabille,  der  die 
Pancarte  noire  de  St. -Martin  zum  Theil  daraus  reconstruierte,  gehabt 
hat,  vermag  ich  nicht  zii  sagen.  3)  Vgl.  Bougy  et  Pin^on,  Hist.  de  la 
bibl.  Ste.  -  Genevieve.  Paris  1847.  8.  4)  Die  Signaturen  in  Robert's 
Inventaire  sind  nach  einem  alten  Kataloge  gegeben;  heute  gelten  die  obigen. 


158  Papsturkunden  in  Paris. 

VI. 

Herr  Abbe  Ulysse  Chevalier  in  Romans  (Dej).  Drome) 
übersandte  mir  (nach  Paris)  durch  gütige  Vermittlung  des 
Herrn  Delisle  zwei  Urkundenbücher,  welche  er  selbst  für  die 
Klöster  St. -Ruf  de  Valence  und  Bonnevaux  angelegt  hatte. 
Wie  seine  bei  uns  wohlbekannten  Publikationen  zur  Geschichte 
des  Dauphine  nicht  geringes  Quellemnaterial  für  die  Papst- 
geschichte ergeben,  so  verdankt  auch  diesen  beiden,  bisher 
noch  unedierten  Sammlungen  die  neue  Ausgabe  der  Regesten 
eine  Bereicherung  von  21  Bullen  und  Briefen. 

Anhang-. 

Obwohl  es  nicht  im  Plane  meiner  Arbeit  lag,  Urkunden 
zu  copieren,  so  habe  ich  doch  bei  einer  Anzahl  von  Briefen 
eine  Ausnahme  gemacht,  weil  sie  mir  von  hervorragender 
Wichtigkeit  zu  sein  schienen.  Noch  ein  anderer  Umstand 
kam  hinzu,  der  ohne  Schädigung  der  Regestenarbeit  ein  zeit- 
weiliges Abschreiben  begünstigte.  Wer  je  in  der  National- 
bibliothek gearbeitet  hat,  weiss,  dass  das  Bestellen  der  Hand- 
schriften um  3  Uhr  sein  Ende  erreicht,  während  der  Saal  erst 
um  4  Uhr  geschlossen  wird.  Die  unfreiwillige  Müsse,  in  die 
man  sich  dadurch  häufig  versetzt  sieht,  konnte  ich  nicht  besser 
ausfüllen  als  mit  dem  Copieren  wichtiger  Urkunden.  Viel  ist 
es  allerdings  nicht,  was  ich  abgeschrieben  habe ;  aber  die  kleine 
Probe  mag  eine  Vorstellung  von  dem  Vorrath  geben,  den  die 
Pariser  Bibliothek  enthält.  Die  neue  Ausgabe  der  Regesten 
wird  demjenigen,  der  die  Edition  der  ungedruckten  Papstbriefe 
unternimmt,  eine  wesentliche  Erleichterung  seiner  Aufgabe 
gewähren.  — 

Da  es  in  jüngster  Zeit  selbst  tüchtigen  Forschern  passiert 
ist,  dass  sie  längst  bekannte  Stücke  noch  einmal  entdeckten, 
so  halte  ich  es  für  meine  Pflicht,  ausdrücklich  hervorzuheben, 
dass  ich  nach  sorgfältiger  Prüfung  die  folgenden  Briefe  als 
'unbekannt'  bezeichnen  kann.  Sollte  ich  mich  in  dem  einen 
oder  anderen  Falle  geirrt  haben,  so  bitte  ich  um  Nachsicht. 

I. 

Fragment  eines  päpstlichen  Briefes  (Nach  Nov.  867). 

Adjuro   autem   ut    omnibus    metropolitis    Galliarum    haec 

intimetis,  ne  si  hie  factum  fuerit  consilium,  sie  q 

recuperationem  sui  Status  assequantur,  ut  in  derogationem  de- 

functi  pracsulis  prosiliant,   praecipue hanc  nullus 

redarguerit  et  modo  qui  objectis  respondcat  non  supersit,  quam- 

vis  ille  nee  co publicam  gesserit,  nee  heresi  unquam, 

ut  fingunt,  annuerit,  sed  solo  zelo  dei  quod  operat, 

Unde  et  jam  scribo  vobis  et  per  Deum  contestor  ne  consenti- 
atis   neque   approbetis    innno  rcsistatis Nicolaum 


Papsturkunden  in  Paris.  159 

papam  agi  temtantur  quam  auctoritas  liujus  ecclesiae  mox  dis- 

solvitur  si  praesul addicitur. 

Aus  Coli.  Moreau  1131  f.  57.  —  Am  Rande  von  anderer 
Hand:  Fragmentum  epistolae  cujusdam,  verisimiliter  Adriani 
pp.  II.  Doch  kann  das  Fragment,  wie  Herr  Prof.  Dümmler 
die  Freundlichkeit  hatte,  mir  mitzutheilen,  auch  von  einem 
andern  Nachfolger  Nicolaus'  I.  sein. 

n. 

Stephan  VI.  antwortet  dem  Kaiser  Karl  IH,  dass  ihm 
der  Brief,  durch  welchen  er  zu  einem  demnächstigen  Reichs- 
tage die  Anwesenheit  päpstlicher  Legaten  wünsche,  aus  zwei- 
fachen Gründen  verdächtig  erscheine.     887,  Anfang  April. 

Stephanus  Romanus  episcopus  Karolo  gloriosissimo  impera- 
tori  inter  alia. 

Significantibus  litteris  nobis  a  vobis  transmissis  cognovi- 
mus,  vos  in  Alamannia  placitum  tenere  et  Romanae  ecclesiae 
legatos  petere  ibi  venire.  Quae  videlicet  litterae  duabus  de 
causis  apud  nos  ambiguae  videntur.  Primo  quidem,  quia  delator 
earum  persona  videtur  vilissima,  quod  honorificentiae  vestrae 
vel  nostrae  minimura  decet.  Secundo,  quia  per  quem  missi 
nostri  muniti  deberent  mitti  neque  in  epistola  continebatur, 
neque  ipse  verbotenus  dicere  sapiebat.  Ideoque  nobis,  an  vestrae 
essent  litterae,  ambiguitas  grandis  inolevit.  Attamen  si  vestrae 
expedit  decentiae  atque  utilitati,  mittite  qui  causam  judicent, 
et  eosdem  legatos  deducant  et  nos  congruo  tempore  pro  posse 
ad  vestrum  obsequium  gratanter  mittemus.  Quia  et  consue- 
tudo  ecclesiae  hujus  et  decessoi'um  vestrorum  talis  exstitit  et 
nostrae  decentiae  sie  congruum  videtur  et  creditur.  Ipse  per- 
pendite,  cujus  sit  indecentiae,  si  secundum  dedecus  matris 
vestrae  ejus  legati  destinantur,  et  si  vobis  necessitas  quaelibet 
incumbit,  qua  auctoritate  prodisse  possint,  et  (ut)  a  contrariis 
honorentur  et  audiantur,  si  vulgi  more  gradiuntur. 

In  Coli,  Baluze  t.  68,  von  Baluze's  Hand  geschrieben.  — 
Darüber  'Stephan  VI,  Codex  696  fol.  95  vo'. 

Dass  dieser  Brief  schon  von  Ewald  im  N.  A.  V.  412  u.  459 
besprochen  sei,  theilte  mir  ebenfalls  Herr  Prof.  Dümmler  mit. 
Der  Text  des  Deusdedit  (und  der  Britischen  Sammlung)  ist 
weit  ausführlicher  als  der  vorstehende,  —  er  giebt  vier  Gründe 
für  die  ablehnende  Haltung  des  Papstes,  —  aber  corrumpiert 
und  an  einzelnen  Stellen  unverständlich.  Von  'Attamen  si'  bis 
zum  Schluss  ist  der  Wortlaut  der  gleiche;  woher  die  Verände- 
rungen kommen,  welche  der  Brief  in  seiner  ersten  Hälfte  er- 
litten hat,  wer  ihr  Autor  ist,  ein  Gelehrter  des  17.  Jahrhunderts 
oder  ein  alter,  verschollener  Canonist,  wird  sich  vielleicht  durch 
das  Auffinden  des  von  Baluze  nicht  näher  bezeichneten  'Codex 
696'  ermitteln  lassen. 


160  Papsturkunden  in  Paris. 

III. 

Alexander  II.  schreibt  an  Bartholomäus  von  Tours  und 
seine  Suffragane,  sowie  an  den  Grafen  Gaufried  von  Anjou, 
betreffs  der  Consecration  Arnald's,  des  erwählten  Bischofs  von 
le  Mans.     10G7— 08. 

A.  episcopus  servus  servorum  dei  B.  Turonensi  archiepi- 
scopo  et  suffraganeis  suis  et  G.  comiti  Andegavensium  salutem 
et  apostolicam  benedictionem.  Quoniam  de  electione  Cenoma- 
nensis  episcopi  lacrimabilem  querimoniam  totius  cleri  et  populi 
audivimus,  graviter  condolemur  atque  ne  ad  desolationem 
usque  prorumperet,  nimium  timemus.  Quapropterdeliberatione(!) 
consilii  nostrorum  episcoporum  consulentes  vobis  apostolica 
auctoritate  praecipimus,  ut  si  electum  a  clero  et  populo  sanctio- 
rem  et  digniorem  huic  officio  probavoritis,  nostra  auctoritate 
illum  archiepiscopuui  cum  provincialibus  assentientibus  conse- 
creS;  quia  pro  illata  calumnia,  quod  sacerdotis  filius  dicitur, 
sancta  cum  Romana  ecclesia  non  repellit,  sed  patienter  pro 
meritis  suis  inter  ceteros  coepiscopos  recipit.  Si  vero  ita  non 
inveneritis  et  conflatum  litigium  sedare  nullo  modo  potueritis, 
consequenter  admoneraus,  ut  vocatos  ad  diligentiam  vestram 
tres  de  melioribus  ipsius  ecclesiae  clerieis  jurare  compellatis'), 
quatenus  de  ipsius  ecclesiae  clericis  sive  de  electis  sive  de 
ceteris  quemcunque  meliorem  et  aptiorem  tanto  officio  tanto- 
que  saci'amento  cognoverint,  illum  sincere  et  concorditer  sine 
aliquo  malo  ingenio  eligant,  illuraque  vestra  fraternitas  nostra 
auctoritate  atque  jussione  conseorare  non  differat,  ne  grex 
dominicus  sine  pastore  diutius  errabundus  pereat.  Si  autem 
pro  aliquo  homine  vel  timore  eum  consecrare  nolueris,  te  et 
electum  ante  festivitatem  S.  Martini  ad  apostolicam  sedem  venire 
auctoritate  b.  Petri  praecipimus  rationem  de  inobedientia  reddi- 
turum^). 

Aus  ms.  lat.  16992  (Epist.  Rom.  pont.  X)  f.  166,  avo  der 
Brief  fälschlich  Alex.  III.  zugeschrieben  wird. 

Die  Vorgänge,  die  hier  geschildert  werden,  kennen  wir 
zum  Theil  aus  den  Gesta  epp.  Cenoman.  (Mabillon,  Vet,  Ana- 
lecta  307)  und  zwei  päpstlichen  Briefen,  von  welchen  Auszüge 
in  die  canonischen  Sammlungen  übergegangen  sind,  J.  3518 
und  Britische  Sammlung  Alex.  II.  Nr.  72.  (N.  A.  V.  341). 
Arnald's  Wahl  fand  nach  Fiolin,  Hist.  de  l'egl.  du  Mans  III,  270 
im  J,  1067  statt,  Bartholomäus  von  Tours  stirbt  im  April  1068, 
die  Begrenzung  des  Briefes  wäre  somit  1067—68,  oder  wahr- 
scheinlicher 1067.  Die  angeführten  Decrctalen,  obwohl  ein 
früheres  Stadium  der  Wahlstreitigkeiten  darstellend^  gehören 
in  das  gleiche  oder  vorhergehende  Jahr,  Ewald's  Ansetzung 
1066—1067  (N.  A.  V,  347)  erhält  durch  unsern  Brief  eine 
Aveitere  Stütze. 

1)   Cod.   compellas.  2)   Cod.  redditurus. 


Papsturkunden  in  Paris.  161 

IV. 

Alexander  II.  fordert  die  Erzbischöfe  und  Bischöfe  Frank- 
reichs auf,  die  kirchlichen  Einkünfte  nur  würdigen  Personen 
zu  übertragen.     1061  —  73. 

Alexander  episcopus  servus  servorum  dei  universis  archi- 
episcopis  et  episcopis  per  regnum  Franciae  constitutis  salutem 
et  apostolicam  benedictionem.  luxta  psalmistae  testimonium 
non  dormitabit  neque  dormiet  qui  custodit  Israel  ^).  Quam  ob 
rem  super  ecciesiae  curam  constituti,  circa  curam  ipsius  debe- 
mus  continue  vigilare.  Cum  igitur  inter  ecciesiae  pericula 
gravissimum  speculemur,  quod  personas  indignas  cumulatis 
redditibus,  dignas  autem  permittitis  esurire  (exurire),  universi 
tati  vestrae  per  apostolica  scripta  districte  praecipiendo  man- 
damus  quatinus  patrimonium  Christi  membris  suis  sicut  veri 
ecciesiae  sponsi,  non  sicut  adulteri  dispensetis.  Alioquin  ex- 
cessus  vestros  ulterius  sustinere  non  valentes,  quin  vos  tara- 
quara  dispensatores  indignos  a  dispensationis  officio  suspen- 
demus,  cum  privilegium  mereatur  amittere,  qui  concessa  sibi 
abutitur  potestate. 

Zwei  Copien  in  der  Coli.  Baluze  t.  63  f.  30  u.  32. 

V. 

Gregor  VII.  befiehlt  dem  Bischof  Hugo  von  Langres,  der 
ohne  päpstliche  Aufforderung  in  Verbindung  mit  dem  Legaten 
Hubert  den  Grafen  von  Flandern  excommuniciert  hatte,  seine 
Handlungsweise  vor  Hugo  von  Die  zu  rechtfertigen.  —  Die 
nach  Rom  Pilgernden  empfiehlt  er  seinem  Schutze.  1078  (Nov.  25). 

Gregoi'ius  episcopus  servus  servorum  dei  H.  ^)  Lingonensi 
episcopo  salutem  et  apostolicam  benedictionem.  Pervenit  ad 
aures  nostras,  quod  tu  et  Hubertus  hujus  ecciesiae  legatus 
Rodbertum  Flandrensium  comitem  excomraunicastis.  Unde 
mirari  satis  nequeo  quod  tale  aliquid  sine  precepto  meo  et 
vicari  mei  conseusu,  Diensis  videlicet  episcopi,  quia  aliter  fieri 
a  vobis  non  debuit,  facere  praesumpsistis;  precipue  cum  in 
talibus  aut  illis  partibus,  vobis  nullas  vices  in  eas^)  concesserim. 
Quapropter  apostolica  auctoritate  tibi  precijoio,  ut  ad  Diensem 
episcopum  venias  et  cur  hoc  ausus  sis  facere  in  veritate  sibi 
aperias,  quatinus  Deo  largiente  quod  justum  sibi  visum  fuerit, 
super  hac  tua  culpa  decernat.  Monemus  quoque  et  monendo 
praecipimus,  ut  peregrinis  ad  limina  apostolorum  venientibus 
vel  redeuntibus  nullam  omnino  injuriam  facere  vel  fieri  in  par- 
tibus tiiis  permittas,  unde  jam  multas  contra  te  querimonias 
audivimus,  si  gratiam  Dei  et  sanctorum  apostolorum  et  nostram 
benedictionem  et  dilectionem  habere  desideras. 

Dieser  und    der   folgende   Brief  Gregors  VII.    sind   zwar 


1)  Psalm.  121,  4.         2)  Cod.  A.  3)  1.  vices  meas.     W 

Neues  Archiv  etc.     VII.  11 


162  Papsturkuuden  in  Paris. 

gedruckt,  aber  in  einem  Buche,  welches  schwerer  zugänglich 
ist  als  der  Codex,  in  welchem  die  Briefe  stehen.  Als  Ergän- 
zung zu  dem  officiellen  Katalog  der  Bibliothek  von  St.  Omer  i) 
Hess  Herr  Duchet  ein  Heft  'Additions  et  corrections'  drucken, 
in  welchem  er  aus  der  Handschrift  188  (Sammlung  der  Briefe 
Gregors  I)  mehreres  von  Gregor  VH.  mittheilte;  aber  das  Heft 
gelangte  niemals  in  den  Buchhandel,  und  weder  die  National- 
bibliothek noch  Herr  Deiisle  besitzen  ein  Exemplar  davon. 
Herr  Arthur  Giry ,  der  Verf.  der  Histoire  de  la  ville  de  St.-Omer, 
dessen  Bekanntschaft  ich  in  Paris  gemacht  habe,  war  durch 
Zufall  zu  dem  Hefte  gelangt;  er  machte  mich  auf  die  Briefe 
aufmerksam  und  gestattete  mir,  eine  Abschrift  davon  zu  neh- 
men. —  In  einer  eingehenden  Abhandlung:  Gregoire  VH.  et 
les  eveques  de  Terouane  (Revue  historique  I,  387)  hat  Giry 
die  in  den  Briefen  erwähnten  Vorgänge  erläutert.  Ich  verweise 
also  auf  seine  Auseinandersetzung  und  beschränke  mich,  daraus 
hervorzuheben,  dass  der  vorstehende  Brief  wahrscheinlich  an 
demselben  Tage,  wie  J.  3822,  geschrieben  ist  (Giry  a.  a.  O.  395 
Anmerk.). 

VI. 

Gregor  VH.  tadelt  Hubert  von  Therouane  wegen  Ueber- 
tretung  seiner  Bestimmungen  betreffs  der  Ehe  der  Geistlichen. 
Er  ladet  ihn  vor  die  in  der  ersten  Fastenwoche  abzuhaltende 
Synode.     Ende  1080. 

Gregorius  episcopus  servus  servorum  dei  H.  Tervanensi 
episcopo  salutem  et  apostolicam  benedictionem,  si  decretis 
apostolicis  scienter  non  resistit.  Clamor  et  querimonia  filiorum 
ecclesiae  tuae  pervenit  ad  aures  nostras  te,  contra  decreta  nostra, 
immo  sanctorumque  patrum,  consensisse  fornicationi  cleri- 
corum :  addentes  etiam  quod  pueris  illorum  qui  nolunt  consen- 
tire  huic  iniquitati  interdicis  babtismum  et  mortuis  sepulturam. 
Quod  nos  grave  ferentes,  auctoritate  apostolorum  Petri  et  Pauli 
tibi  praecipimus,  ut  hoc  ita  a  te  emendetur,  ut  amplius  ex  hac 
re  querela  ad  nos  non  veniat.  Insuper  tibi  precipimus,  ut  ad 
synodum,  quam  Deo  auctore  in  prima  ebdomada  quadragesime 
celebraturi  sumus,  omni  occasione  postposita  venias. 

Giry  (1.  1.  397)  setzt  diesen  Brief  vor  J.  3884,  vom 
26.  März  1080,  welcher  im  Register  nm-  unvollständig  ist.  Der 
bedeutsame  Schlussatz,  den  H.  Duchet  ebenfalls  dem  gleichen 
Manuscript  entnommen  und  H.  Giry  in  der  Revue  histor.  I,  398 
wiederholt  hat,  lautet  so:  Canonicis  S.  Audoniari,  qui  tibi 
communicare  ausi  non  fuerunt,  pro  eo  quod  te  inobedientem 
apostolicis  praeceptis  viderunt,  et  per  pecuniam  ordinatum 
episcopum  dictum,  usque  ad  tuam  finitam  causam  tibi  obedire 


1)  Catalogue  ^t'neral  des  mss.  des  bibliotli.  publiques  des  departem. 
Paris  1861.     Bd.  III.  St.-Omer. 


Papsturkunclen  in   Paris.  163 

prohibuimus,  et  non  solum  eis  sed  etiam  omnibus  id  ipsuni 
de  te  scientibus,  quia  symoniaco  et  apostolicis  praeceptis 
inobedienti  nuUus  debet  obedire.  Es  geht  daraus  hervor,  dass 
Hubert  sich  damals  noch  nicht  von  dem  seit  seiner  Wahl  er- 
hobenen Vorwurf  der  Simonie  gereinigt  hatte,  und  so  lange 
dies  nicht  geschah,  musste  der  Papst  ihm  die  Salutation 
verweigern.  In  unserm  Briefe  jedoch  gewährt  er  sie  ihm,  wenn- 
gleich mit  der  Clausel,  si  decretis  apostolicis  scienter  non 
resistit.  Deshalb  nehme  ich  an:  der  Brief  ist  Ende  1080  ge- 
schrieben und  in  der  Zwischenzeit  hat  sich  Hubert  von  der 
Anklage  der  Simonie  gereinigt.  Die  Fastensynode  würde  als- 
dann zwischen  den  21.  und  27.  Febr.  1081  fallen,  wohin  Jaffe's 
Scharfsinn  die  im  Reg.  L.  VIH.  20a  erwähnten  Acten,  auch 
ohne  ein  Einladungsschreiben  zu  kennen,  bereits  verlegt  hat. 
Das  J.  1081  ist  durch  den  Rücktritt  Huberts  eo  ipso  von 
der  Berechnung  ausgeschlossen. 

VH. 

Gregor  VII.  fordert  den  Herzog  Hoel  zum  Schutze  des 
Klosters  S.  Croix  de  Quimp^rle  auf.     1073 — 1084. 

Gregorius  episcopus  servus  servorum  dei  Hoelo  gloriose 
principi  salutem  et  apostolicam  benedictionem.  Sicut  relatione 
quorundam  didicimus,  pater  tuus  divino  amore  accensus  (sue- 
census)  monasterium  S.  Crucis  nonnullis  bonis  ditavit,  quae  si 
aliquis  auferre  vel  minuere  praesumit,  non  parvae  negligentiae 
poteris  argui  et  animas  patris  et  matris  minus  diligere.  Qua- 
propter  si  quid  a  te  vel  ab  aliquo  de  iis,  quae  praedicto 
monasterio  oblatasunt,subreptum  esse  atque  alienatura  cognoscis, 
volumus,  immo  ex  parte  Dei  et  S.  Petri  praecipimus,  omni 
diligentia  te  recuperare  atque  ad  utilitatem  ejusdem  venerabilis 
loci  modis  omnibus  tueri  atque  defendere.  Quod  si  feceris, 
animabus  parentum  perraaxime  videris  proficere  et  tibi  apud 
deum  maximum  hierum  et  in  seculum  bonam  famam  obtinere. 
Si  enim  hoc  unicuique  ecclesiae  debes,  multo  magis  circa  salu- 
tem hujus,  quam  pater  tuus  dilexit  et  cui  divina  providentia 
fratrem  tuum  carnalem  voluit  providere,  oportet  te  invigilare. 

2  Copien  in  Coli.  Baluze  t.  41,  fol.  19  und  t.  74,  f.  24: 
Ex  chartulario  monast.  S.  Crucis  Kempeidegiensis.  —  Hoel  V^ 
Herzog  von  der  Bretagne  1066 — 84.  Etwas  genaueres  über 
Zeit  und  Inhalt  des  Briefes  Hess  sieh  selbst  mit  Hülfe  von 
Morice,  Mem.  p.  servir  ä  l'hist.  de  Bretagne,  nicht  ermitteln. 
—  Eine  Bulle  Gregors  VII.  für  das  Kloster  bei  Jaffe  3808. 

VIII. 

Gregor  VII.  über  Geistliche,  die  einen  jMord  begangen 
haben.     1073—1085. 

Gregorius  VII.     Si   quis    clericus   contra    patrum    regulas 

11* 


164  Papsturkunden   in   Paris. 

ordinis    arma    arripit    et   liomicidium    perpetrat, 

hujusmodi  penitentiam  sibi  injungentes  carceri  XL  diebus 
mancipandum  decrevimus;  deinde  ecclesiae  gremio  inter  laicos 
miserationis  intuitu  sociamus;  deiude  penitentiam  XIIII  anno- 
rum  imponimus  ;  sed  .  . ')  accipimus  ita  ut  proxirao  quadri- 
genio  a  dominici  corporis  et  sanguinis  et  omniuni  carnium 
abstineat  perceptione. 

Aus  ms.  lat.  8922.  —  Die  Copie  dieser  Decretale  verdanke 
ich  H.  Felix  Rocquain  in  Paris.  Herr  Prof.  Wattenbacli,  der 
mich  auf  dieselbe  aufmerksam  machte,  kann  einen  Zweifel  an 
der  Autorschaft  Gregors  VII.  nicht  unterdrücken.  —  Näheres 
im  N.  A.  VI,  476,  wo  aus  einer  Notiz  von  Pertz  als  Sehluss 
die   Worte  'non  per  gratiam'  angegeben  werden. 

IX. 

Urban  IL  klagt  dem  Abte  Hugo  von  Cluny,  wie  gefahr- 
voll die  Lage  der  Kirche  sei,  deren  Leitung  er  übernommen 
habe.     Er  wünscht  sehnlichst,  Hugo  bei  sich  zu  sehen.    1088. 

Urbanus  episcopus  servus  servorum  dei  H.  reverentissimo 
atque  dulcissirao  patri  atque  b.  Petri  privationis  filio  salutem 
et  apostolicam  benedictionem.  Consideranti  mihi  quali  in  tem- 
pore apostolicae  sedis  pondera  portare  compulsus  sum,  caligo 
raoeroris  et  triste  cor  ac  miserum  nihil  aliud  apud  se  nisi  con- 
fusionis  tenebras  invenit.  Hinc  enim  peccatorum  meorum 
recordatione  ac  virtutum  imbecillitate  confundor,  illic  conside- 
rata  tantae  rei  immensitate  deterreor.  Navem  certe  apostoli- 
cam, non  solum  vetustam  vehementerque  confractam  immo 
pene  submersam  me  adeo  indignum  infirmumque  suscipere 
cujus  periculi  res  est,  quis  mirari  sufiiciat?  Quae  enim  in 
summa  tranquiUitate  a  quolibet  peritissimo  rectore  vix  regitur, 
in  summa  tempestate  ab  imperito  et  imbecilli  quomodo  (?) 
regetur.  Uno  siquidem  tempore  episcoporum ,  clericorum, 
raonasteriorum  et  Romani  populi  in  tantis  maxime  petitionibus  -) 
curam  gerere  et  contra  s)  hostium  insidias  sollicite  vigilare  et 
contra  principum  fallacias  et  falsorum  amicorum  malitias 
suspectum  sem23er  existere,  paupertatis  angustias  tam  in  me 
quam  in  meis  assidue  tolerare  ...  g  ....  us  ..  .    tot  ac  tantis 

intus  et  exterius  nocte  dieque cujus  laboris,  cujus  doloris 

sit,  dilectio  vestra  tanto  verius  pensat,  quanto  me  purius 
amat.  Quapropter  sub  omnipotentis  Dei  judiciis  comprehensus 
exclamare  compellor:  Veni  in  altitudine  maris  et  terapestas 
demersit  me*);  Abyssus  vallavit  me  et  pelagus  cooperuit  caput 
raeum  *).     NuUus  hie  simulationis  fucus,  nullus  ambitionis  locus. 


1)  Im  Cod.  ein  Zeichen,  das  wie  eine  romisclie  Zwei  aussieht:  II. 
2)  Soll  wohl  perturbatiouibus  heissen.  3)  Cod.:  contra  et.  4)  Psalm  68,  .S. 
5)  Jona  2,  6. 


Papsturkunden  in   Paris.  165^ 

Omnia  plena  moeroris  et ,  plena  calamitatis  et  miseriae. 

Non  ut  dicatur,  ex  parte  volui  et  ex  parte  nolui,  secl  temporis 
necessitatibus    constrictus    dominorum    meorum    antecessorum 

gen praeceptione  artatus,   confratrum    meorum  episco- 

porum  et  cardinalium  aliorumque  religiosorum  multorum  una- 
nimi  . . . .  a  . . .  que  electione  obedientiaque  compulsus,  perma- 
nente catholicorum  scilieet  instantia de  corde  qui- 

dem  fuga  a diui  ^) per  . .  mpis miscere 

vis deo in  p ali et  consolationis 

ac  dolore  ....  ad  lev saltem  adhibere 

das mea  et  labores  mors ris  ei 

leg ins(istere  V)  festines ceter 

iuris   parvitatem   nostram    assidua   cohortatione O, 

si  unquam  fieri  posset,  ut  et quanti ris 

rerum  mearum  tranquillitas  f illa  antiqua  ferveat 

Caritas,  ubi pi sia  supera- 

bit.    O,  si  unquam  faciem  tuam  ui  .  .  .  o,  o  si  unquam  venies. 

Omnipotentis    amor    .  .  .  cordi   tue   ins ut  postpositis 

occupationibus  paternitas  tua  tandem  aliquando  ad  me  festinet. 

Sicut  dominus  noster  Jhesus  Christus  in  cruce matrem 

suam  dorainam  Mariam  -)  .  .  .  Johanni  ....  seu  .  .  .  o  mandavit 

in  cruce sacerdotii  offic 

matrem  ecclesiam  tue fuerit,   provisioni  committo. 

Sanctum  collegium  ut  in  sanctorum  apostolorum  Petri  et  Pauli 
meritis  et  preeibus  omnipotens  dominus  benedicat  et  eos  pote- 

state  perha dignationis  suae,   mihi  peccatori  con- 

cessae,  ab  omnibus  peccatis  absolvat  et  ut  pro  me  em  .  ius  . 
depraec(atione?js  eorum  accendat. 

Cop.  s.  XII.  in  Coli.  Baluze  t.  380  n.  5.  (Eine  Abschrift 
Baluze's  bis  zum  Worte  'diui'  in  derselben  Sammlung  t.  206, 
f.  301.)  —  Ueberliefert  ist  der  Brief  auf  einem  Stück  Perga- 
ment, das  wohl  ein  Meter  lang,  aber  nur  die  Breite  einer  Hand 
hat  und  nach  unten  zu  noch  schmaler  wird.  Durch  Reibung 
oder  atmosphärischen  Einfluss  ist  die  Schrift  an  manchen 
Stellen  fast  ganz  verschwunden,  und  es  ist  deshalb  um  so 
mehr  zu  bedauern,  dass  Baluze,  zu  dessen  Zeiten  noch  vieles 
lesbar  war,  was  heute  kaum  noch  zu  erkennen  ist,  nur  die 
erste  Hälfte  des  Briefes  abgeschrieben  hat  und  auch  diese  nicht 
mit  der  Sorgfalt,  die  man  sonst  in  seinen  Sammlungen  ündet. 
Man  könnte  vermuthen,  dass  er  erst  in  den  Besitz  des  Perga- 
ments gelangt  ist,  nachdem  er  von  anderer  Seite  eine  Copie 
des  Briefes  erhalten,  denn  es  sind  in  derselben  Fehler  und 
Lücken,    die  man  einem  Baluze  nicht  zutrauen  darf. 

Es   unterliegt  keinem  Zweifel,    dass  in  der  Adresse  Hugo 


1)  Hier  bricht  die  von  Baluze  gefertigte  Abschrift  ab.  2)  Vielleicht 

auch  nostram. 


166  Papsturkiinden  in  Paris. 

von  Cluny  gemeint  ist,  welchen  Urban,  als  einstiger  Mönch  des 
Klosters,  mit  'pater'  anzureden  und  als  seinen  geistigen  Vater 
zu  verehren  gewohnt  war').  Schon  am  Tage  nach  der  Conse- 
cration  sendet  ihm  der  Papst  ein  Schreiben  ähnlichen  Inhalts, 
J.  4018;  das  unsrige  wird  nicht  lange  darnach  entstanden  sein. 

X. 

Paschal  IL  bestätigt  die  Schenkung  der  Gräfin  Mathilde 
an  die  Kirche  von  Verdun.     1099 — 1115(?).  —  Fälschung. 

P(aschalis)  episcopus  servus  servorum  dei  Verdunensis 
ecclesiae  dilectis  fratribus  salutem  et  apostolicam  benedictionem. 
Quod  comitissa  Mattildis  dilecta  filia  beati  Petri  Virdunensi 
ecclesiae  sponte  dedit,  nos  in  illud  hoc  nostro  scripto  assensum 
praebuimus  ac  proprio  sigillo  designari  jussimus. 

Aus  Collect.  Baluze  47,  fol.  59.  —  Am  Rande  der  Urkunde 
steht:  In  sceda  affixa  funiculis  rubris  cum  plumbi  sigillo.  Die 
Schlussworte  machen  die  Fälschung  offenbar. 

XI. 

Paschal  IL  gegen  Verwaltung  und  üebergabe  des  Kirchen- 
guts durch  Laien.     1099—1118. 

Paschal  II Ex   divinae   legis  praeceptis  instruimur, 

quod  omnia  tabernaculi  utensilia  a  Levitis  custodirentur  et 
tractarentur^).  Et  per  Jezechielem  prophetam  Dominus  praecipit, 
ut  terra  circa  templum  sanctificata  sit  et  solis  sacerdotibus 
concedatur.  Quam  ob  rem  laicis  omnibus  interdiciraus,  ne 
ecclesias  cum  suis  possessionibus  teneant  aut  aliis  tradant.  Qui 
vero  eas  tenere  aut  aliis  in  feudum  dare  aut  quasi  hereditaria 
praedia  vendicare  praesumpserint,  ab  ecclesiarum  liminibus  et 
divinis  officiis  arceantur.  Si  vero,  quod  absit,  in  hac  obstinacia 
mortui  fuerint,  et  dominici  corporis  communione  et  ecclesiae 
careant  sepultura;  ecclesiae  vero  ipsae  divinis  destituantur  officiis. 

Aus  Coli.  Baluze  269,  f.  107. 

XIL 

Alexander  III.  giebt  dem  Legaten  Alexius  einen  Geleitbrief 
an  die  ultramontane  Geistlichkeit  mit.  Tusculum,  8.  Sept. 
1178.  1180. 

Alexander  episcopus  servus  servorum  dei  venerabilibus 
fratribus,  archiepiscopis,  episcopis  et  dilectis  filiis  abbatibus, 
prioribus,    et  aliis   ecclesiarum   praelatis  ad  quos  litterae  istae 


1)  In  einer  Rede,  welche  IJrban  1095  in  Cluni  hielt,  sagt  er  u.  A.: 
Quorum  (sc.  Pontif.  Komanorum)  numero  vel  ordiui  divina  nie  dignatio 
licet  indignum  associavit,  me  olim  monachum  prioremque  monasterii  hujus 
{sc.  Cluniacensis)  sub  domno  ac  venerabili  Hugone,  Dei  nii.seiicordia 
adhuc  superstite  et  benevalente'.     Watterich  I,  571.  2)  Anspielung  auf 

Numeri  1,  50. 


Papsturkunden  in   Paris,  167 

pci'venerint  salutem  et  apostolicam  benedictionem.  Dilectum 
iilium  AI.  subcliaconuin  nostrum,  quem  ad  partes  iiltramontanas 
dirigiraus,  universitati  vestrae  attentius  commendamiis  rogantes, 
iiionentes  atque  mandantes,  quatinus  pro  reverentia  b.  Petri 
ac  nostra  et  intuitu  Romanae  ecclesiae,  cujus  subdiaconus  est, 
praedictum  AI.  benigne  recipientes  et  boneste  tractantes  eidem 
in  securo  conductu  et  in  victualibus  et  in  aliis  necessitatibus 
liberaliter  provideatis,  ita  quod  ex  hoc  devotio  vestra  debeat  a 
nobis  potissimum  commendari,  Datum  Tusculani')  sexto  idus 
Septembris. 

Aus  ms.  lat.  14664.  f.  135  vo. 

Die  Ortsangabe  Tusculum  beschränkt  die  Entstehungszeit 
des  Briefes  auf  die  Jahre  1178  u.  1180;  welches  von  beiden 
man  zu  wählen  hat,  wird  von  der  genauen  Datierung  der  bei 
Jaffe  unter  8812 — 14  registrierten  Schreiben  abhängen.  Ge- 
hören diese  zu  1180,  so  muss  die  Sendung  des  Alexius  bereits 
ins  J.  1178  fallen,  da  der  Zeitraum  von  September  bis  Ende 
des  J.  1180  nicht  ausreicheii  Avürde  für  die  Sendung  nach 
England,  Schlichtung  der  Streitigkeiten  in  St.  Andrew  und 
Meldung  nach  Rom.  Die  citierten  Briefe  können  nach  den 
vorhandenen  Quellen  ebensowohl  ins  J.  1179  wie  1181  gehören. 

XIII. 

Alexander  III.  antwortet  dem  Erzbischof  von  Salzburg, 
dass  die  Ehen,  welche  von  Knechten  unter  dem  Widerspruche 
ihrer  Herren  geschlossen  seien,  nicht  getrennt  werden  dürfen. 
1159-1181. 

Alexander  tertius  Salseburgensi  archiepiscopo.  Tua  fra- 
ternitas  de  servorum  conjugiis,  quae  invitis  et  contradicentibus 
dominis  contrahuntur,  quid  lieri  debeat  ab  ej)iscopatu  vestro, 
sicut  bene  meminimus,  requisivit.  Super  quo  taliter  duximus 
respondendum.  Sane  juxta  verbum  apostoli^  prout  tua  discretio 
cognoscit,  in  Christo  Jesu  neque  über  est  neque  servus  qui  a 
sacramentis  ecclesiasticis  sit  ammovendus,  ita  quoque  nee  inter 
servos  debent  matrimonia  nullatenus  prohiberi,  et  si  dominis 
contradicentibus  et  invitis  contracta  fuerint,  nulla  ratione  propter 
hoc  sunt  ecclesiastico  jure  dissolvenda,  debita  tarnen  et  consueta 
servitia  non  ex  hoc  minus  sunt  propriis  dominis  exhibenda. 

Aus  ms.  lat.  14664.  f.  151. 

1)  Cod.  Tuscie. 


X. 

Geschichtliche  Handschriften 
der 

fürstlich  Oettingen  - Wallersteinschen 
Bibliothek  in  Maihingen 

verzeichnet  von  Philipp  Jaffe. 

Mitgetheilt  von 

W.  Wattenbach. 


Jl  hilipp  JafFe  hat  im  Jahre  1858  für  die  Monumenta  Ger- 
maniae  die  fürsti.  Oettingen-Wallerstein'sche  Bibliothek  in 
Maihingen  untersucht,  welche  damals  noch  ungeordnet  war, 
und  die  ihm  beraerkenswerth  erseheinenden  Handschriften  mit 
Interimsnummern  bis  41  versehen.  In  den  folgenden  Jahren 
1859  und  1860  hat  Th.  von  Kern  für  die  Sammlung  der  Städte- 
chroniken die  Handschriften  untersucht  und  jene  Nummern 
fortgeführt;  er  berichtete  darüber  in  den  Nachrichten  von  der 
Historischen  Commission  III,  4  (1862)  S.  107  —  135.  Das  Ver- 
zeichnis von  Jaffe  aber  blieb  ungedruckt,  und  es  schien  die 
Mittheilung,  mit  den  inzwischen  nöthig  gewordenen  Aenderun- 
gen  und  Zusätzen,  auch  jetzt  noch  wünschenswerth  zu  sein. 
Die  Handschriften,  deren  werthvollster  Theil  vorzüglich  aus 
St.  Mang  bei  Füssen  stammt,  sind  mittlerweile  durch  den 
Herrn  Baron  von  Loeffelholz  vollständig  geordnet;  die  Jaffe'schen 
Nummern  passen  nicht  mehr,  aber  die  Handschriften  lassen 
sich  ohne  Schwierigkeit  auffinden.  Bei  einem  Besuch  im  Herbst 
1880  habe  ich  Nr.  27  selbst  benutzen  können,  und  Nr.  16  ist 
mir  vom  Herrn  Baron  von  Loeffelholz  freundlichst  hierher 
gesandt,  wofür  ich  hier  meinen  Dank  ausspreche.  Einige 
andere  Hss.  verdienen  augenscheinlich  noch  eine  genauere 
Untersuchung. 

1,  mb.  4.  saec.  XII.  von  verschiedenen  Händen. 

a)  Vita  S.  Udalrici  au  ct.  Gerhardo;  MG.  SS.  IV, 
384 — 425.    'Aures  plurimorum  —  sine  fine  in  secula  sgculorura.' 

b)  'De  convivio:  Cum  facis  convivium  voca  pauperes 
debiles  —  et  imam  tantummodo  habebit  pugnam  id  est  cordis'. 

c)  Vita  S.  Columbani  abbatis  auct.  Jona:  'Dominis 
—  ut  de  labore  obedientiae  fructus  recipiant  vite  eterne'.  Mab. 
Actt.  II,  5 — 29  mit  abweichender  Endung. 

d)  Vita  Eucharii,  Valerii,  Materni.  'Quamvis  — 
seculorum',  wie  Acta  SS.  Jan.  II,  918—922. 

e)  Vita  Vedasti  von  Alcuin,  ohne  den  Prolog.  Acta 
SS.  Febr.  I,  795-799  nebst  der  HomiHe  S.  800. 

f)  Vita  Lupi  Senonensis.  'Sanctorum  gesta  —  et 
tinitate  perenni  per  omnia  s.  s.  amen'.  Acta  SS.  Sept.  I,  255 
mit  anderem  Schluss. 


172       Handschriften  der  fürstl,  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek. 

g)  'Passio  beate  Columbe  virginis  et  martyris  (Senon,), 
que  passa  est  sub  Aureliauo  imperatore.  Eo  tempore  cum 
adhuc  mundus  —  et  gloria,  virtus  et  potestas  in  s.  s.  amen'. 
Ebenso  Arch.  X,  450  u.  631. 

h)  ^Passio  sanctorum  Geminor  um.  Gloriosa  martyrum 
certamina  —  ut  laus  eorum  celebraretur  in  Noricorum  regione'. 

i)  Passio  Domitillae  etc.  'Factum  —  sepelivit',  wie 
Acta  SS.  Mai.  III,  12.  13. 

k)  saec.  XV.  auf  angeheftetem  Papier:  'Passio  sancti 
Quirini  martiris.  Sancta  fides  catholica  —  Acta  sunt  hec 
a.  D.  754.  16.  Kai.  Julii'. 

2.  membr.  fol.  saec.  XII.  Severi  vita  S.  Martini  et 
dialogi.  Dann  f.  65 — 85  die  Vita  S.  Udalrici  von  Bern; 
f.  85— 89v.  Vita  S.  Luc^  evangeliste;  f.  89v.  Vita  S.  Alexii 
confessoris,  f.  93 — 102  Historia  septem  dormientium,  f.  102 — 109 
Passio  S.  Barnabae;  f.  109 — 111  'Miraculum  sanctf  crucis 
domini  nostri  Jhesu  Christi.    Est  civitas  que  vocatur  Biritho'  .... 

Fol.  112 — 123  Translatio  S.  Nicolai.  'Gloriosa  sanctorum' 
etc.  f.  124 — 147  Vita  S.  Nikolai.    'Nicolaus  itaque  ex  illustri'  etc. 

Fol.  148 — 151  'Vita  S.  Routperti  episcopi  et  confessoris. 
Tempore  Hiltiperti  regis  Francorum'  etc. 

3.  Chart,  fol.  saec.  XV.  (Vgl.  v.  Kern  a.  a.  O.  S.  108-110) : 
Eine  aus  Nürnberg  stammende  Sammlung  von  Briefen  und 
Urkunden  von  verschiedenen  Händen  aus  den  Jahren  1410 
—1490. 

Fol.  30 — 31v.  ein  Gedicht:  'Anno  1457.  Wie  Künig  Laszia 
zu  Prag  in  Bekam  ward  umbgepracht'.  Hieraus  gedruckt  in 
Liliencrons  Hist.  Volksliedern  I,  497—500. 

Fol.  52.  'Anno  1462.  De  captione  urbis  Maguncie  per 
ducem  Ludwicum  nigrum  albeg  comitem  de  Sulcz  Johannem 
comitem  de  Nazaw  et  N.  comitem  de  Kungstain. 

Urbs  Maguntina,  quam  ditant  flumina  bina, 
Turribus  et  meniis  corroborata  nimis' 
etc.     13  Verse. 

Fol.  78.  'Anno  1472.  De  combustura  Ertfordie  per  insi- 
dias  procurate  (sie)  unde  et  octo  rei  comprehensi  drussineque 
(sie)  sunt  necati  in  urbe  prefata.  Anno  milleno  C  quater  duo 
septuageno'  etc.  25  Verse.  Dieselben  in  Konrad  Stolle's 
Chronik  S.  56. 

Fol.  96 — 101:  Vom  Kölnischen  Krieg.  Aus  dieser 
Hs.  gedruckt  in  Liliencrons  Hist.  Volksliedern  II,  45-58. 
Fol.  101:  'Wie  der  romisch  Kaiser  und  ander  des  reichs  untter- 
tan  sein  zu  feld  gelegen  wider  Karl  herczog  zu  Burguni  vor  der 
stat  News'.    Aufzählung  der  Herren  und  Städte  im  Reichsheer. 

4.  membr.  saec.  XII.  Fol.  1  —  49  Vita  S.  ]\Iagni.  Itaque 
in  tempore  illo  —   reguat   et  gloriatur   sine  fine'  etc.   wie  bei 


Handschriften  der  fürstl.  Oeftingen-Wallerst.  Bibliothek.        173 

Goldast,  SS.  Alam.  (1606)  I,  304—317.     Daran  scliliessen  sich 
von  anderer  Hand  des   12.  Jalirli.  folgende  Verse: 
(Pip)pinus  (re)x.    Cautio  sit  regni  Magni  cum  jure  perenni. 
(Wi)cterpus  Presul  eram  fautor  Magno Wicterpus  et  auctor, 

(ep.  Augus)tensis.  Quod  Pippinus  ei  dedit  liec  rex  spe  requiei. 
Weiter  folgen  noch  diese  barbarischen  Verse : 

Hec  rationahs  Magni  manet  actio  talis: 

Sura  dominus  Magnus   super   hec,   michi   quam    (sie) 

sacer  agnus 

Pippino  rege  donante  dedit  michi  lege. 

Regalem  saltum  quem  Licus  inundat  in  altum, 

Durginbach  marcam  michi  quam  traho  in  arcam, 

Quam  pro  donato  possedi  jure  beato. 

Me  solo  domino  cunctos  reliquos  retro  mino. 

Est  procurator  abbas  michi  juris  amator. 

Hoc  usu  fi'uctu  qui  me  colit  est  sine  luctu. 

Nee  prescriptio,  lex  aufert  michi  que  dederat  rex, 

Et  prejudicio  numquam  perdens  ea  fio 
u.  s.  w.  noch  13  Verse. 

Fol.  50—66.    Martini  (Dumiensis  ?)  Formula  honestae  vitae. 
Fol.  66—85.     De  gradibus  abusionis. 

5.  membr.  oct.  saec.  XII.  Vita  S.  Benigni,  Anf.  ^Ad 
magni  regis  gloriam  Reticemus  victoriam'.     Schluss: 

Qui  post  testes  idonei 
Per  gloriam  martyrii 
Deo  dicarunt  animas 
Cui  laus  est  in  secula.    amen. 
Fol.  9 — 16    eine    andere    Vita   S.  Benigni    von    derselben 
Hand;  Anfang:       (G)alliarum  nobilitas 
Insigni  cunctis  gloria. 

6.  membr.  qu.  saec.  XII.  Passio  S.  Theopompl  episcopi, 
Vita  Hilarii  episcopi,  Passio  Babile  episcopi  u.  a.  m. 

fol.  p.  X.  (sie)  Vita  S.  Servati i.  Prol.  Illustrissimi  viri 
vitam  Servatii  stemmate  inclito  nati  etc.  Vita:  Trojugenarum 
metropolis  Francorum  Tungris  etc.  Translatio:  Translati 
ad  superos  Servatii  etc.  'Lange  Erzählung,  wichtig'.  Wie  sie 
sich  zum  .locundus  verhält,  ist  hieraus  nicht  zu  ersehen. 

7.  chart.  saec.  XV.  Leben  der  h.  Hedwig,  Herzogin  zu 
Schlesien.     'Zu  erkennen  in  etlicher  Masz'  etc. 

8.  membr.  saec.  XII.  Vita  Treverorum  archiepiscoporum 
Eucharii,  Valerii,  Matern i.  Vita  S.  Silvestri  etc. 
Fol.  111.  Vita  S.  Remigii:  'Beatissimi  Remigii  antistitis 
depositio  sancta  nobis  hodierna'.     Also  von  Fortunat. 

9.  membr,  saec.  XII.  Annales  Ottenburani,  MG. 
SS.  V,  6 — 9.  'Adam  anno  130.  genuit  Seth  -  (HU)  impera- 
torem  efficit'.    Scheint  das  Original  der  Melker  Abschrift  zu  sein. 

10.  Ein  Miscellanband  aus  verschiedenen  Stücken ;  enthält 


174       Handschriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek. 

f.  40 — 46  Vita  Lulli  episcopi  auf  7  Pergamentblättern, 
manu  saec.  XII.  Anfang:  'Lullus  aput  Anglos  Saxones'.  Dann 
f.  47 — 66  Gunzonis  epistola  ad  fratres  Augienses,  auf 
20  Pergamentblättern  saec.  XL  vel  XII.  Gedr.  Mart.  et  Dur. 
Coli.  I,  294.  Dann  f.  67:  Decreta  e  oncilii  Lateranensis 
sub  Innocentio  tercio  celebrati,  manu  saec.  XIII. 

11.  membr.  Necrologium  S.  Emmerammi  Rat.  ine- 
untis  saec.  XII.  Enthält  die  Ann.  S.  Emm.  1036 — 1047,  die 
von  derselben  Hand  des  12.  Jahrh.  am  Rand  der  ersten  Blätter 
hinzugefügt  sind.  Ausserdem  auf  fol.  1  von  einer  Hand  des 
11.  Jahrh.  Notizen  aus  den  Jahren  1060  und  1052.  Von  Jaflfe 
zur  Ausgabe  benutzt,  s.  MG.  SS.  XVII,  569. 

12.  membr.  saec.  XIV.  Calendarium  custodia e 
ecclesiae  majoris  Coloniensis.  Instructionen  für  den 
Gustos  major  des  Kölner  Doms,  worin  vorzugsweise  Bestim- 
mungen über  die  Anzahl  der  an  Festtagen  zu  brennenden 
Lichter,  über  die  Rechte  und  Pflichten  der  Custodie.  Fol.  33v. 
und  43r.  liest  man  für  die  Geschichte  des  Kölner  Doms  höchst 
interessante  Mittheilungen.    Von  Jaffe  benutzt,  s.  SS.  XVI,  730. 

13.  chart.  saec.  XVI.  Gerit  van  der  Schuyren,  Cle- 
vische  Chronik. 

14.  chart.  saec.  XV.  Martinus  Polonus,  fortgeführt 
bis  1453.  Zuletzt:  Scriptum  per  nie  Johannem  Stirner  anno 
Domini  1458.  post  festum  sancti  Michaelis  archangeli. 

15.  chart.  saec.  XV.     Acta  concilii  Basiliensis. 

16.  (jetzt  1,  fol.  191)  Chart,  fol.  saec.  XV.  aus  St.  Mang. 
Jaffe  verzeichnete  hieraus  nur  die  am  Ende  unvollständige 
Chronica  Casinensis.  Diese  stimmt  genau,  auch  mit  der 
Verwirrung  am  Schluss,  überein  mit  der  Stuttgarter  Hs.  aus 
Blaubeuren;  s.  SS.  VII,  557.  Dagegen  ist  am  Anfang  von 
I,  35  nicht,  wie  dort,  eine  Zeile  ausgelassen,  und  sie  ist  also 
unabhängig. 

Am  Anfang  dieser  Hs.  befindet  sich  eine  Chronik  von 
Erschaffung  der  Welt,  welche  in  eine  Papst-  imd  Kaiserchronik 
übergeht,  mit  ganz  Conventionellen  Porträtköpfen,  die  sich 
immer  wiederholen;  die  Päpste  nehmen  die  obere,  die  Kaiser 
die  untere  Hälfte  der  Blätter  ein.  Martinus  Pol.  ist  haupt- 
sächlich benutzt.  Bemerkenswerth  erschien  mir  nur  die  folgende 
Stelle  bei  dem  Kaiser  Marcian  f.  19: 

'Marcianus.  Hujus  tempore  Athila  rex  Hunorum  civitatem 
Agrippara  (sie)  id  est  Coloniam  et  Parisius  ac  multas  alias  in 
Alemania  destruxit.  Et  post  in  Pannonia  reversus  ibique  temu- 
lentus  de  nocte  suffocatus  est,  et  per  suos  in  sci'inio  argenteo 
et  deaurato  positus  et  dimersus.  Post  cujus  Athile  mortem  in 
Eczelburck  fuit  bellum  Krimheldinum,  onmiura  preteri- 
torum  bellorum  raaximum'. 


Handschriften  der  fürstl.  Oeftingen-Wallerst.  Bibliothek.        175 

Den  Schluss  der  Chronik  und  eine  gleichzeitige  Fort- 
setzung theile  ich  im  Anhang  mit. 

17.  Perg.  u.  Papier  gemischt,  fol.  saec.  XV.  Vincentii 
Speculum  historiale,  lib.  1 — 6  und  24 — 31,  in  2  Bänden. 

18.  chart.  fol.  saec.  XV.     Enthält 

1.  Sermo  in  festo  Ottonis  episcopi,  fol.  1 — 3. 

2.  Rithmus  de  bonis  actibus  sancti  Ottonis,  f.  3.  Anfang: 
^Jerusalem  superna,  pace  fruens  sempiterna . 

3.  Vita  S.  Ottonis  Babenbergensis  episcopi  atque  con- 
fessoris,  fol.  3v — 38.  'Scripturus  vitam',  also  der  sog.  Anony- 
mus Canisii. 

4.  Hystoria  beati  Hainrici  II.  imperatoris, 
fol.  39 — 50.     'Anno  ab  incarnatione',  also  von  Adalbert. 

5.  Cronica  fratris  Hermanni  dictus  Gigas  de  ordine 
fratrum  minorum,  geht  bis  1349;  fol.  51 — 107. 

6.  Die  Augsburgische  Bearbeitung  und  Fortsetzung  des 
Hermannus  Altahensis,  s.  SS.  XVII,  428. 

19.  chart.  qu.  saec.  XVIII.  Gotfried  von  Hagene, 
K  0  e  I  n  e  r  Chronik.  Werthlose  Abschrift,  s.  Städtechroniken, 
Kölnl,  18. 

20.  chart.  fol.  saec.  XV.     Petri  Blesensis  epistolae. 

21.  chart.  fol.  saec.  XV.  Johannis  de  Mandavilla 
Itinerarius. 

22.  chart.  saec.  XV. 

Fol.  84—169.  Chronica,  Karl  IV.  gewidmet.  Prolog: 
'Vobis  domino  Karolo  de  Bohemia,  illustrissimo  Romanorum 
regi  ac  Almanie  et  Bohemorum,  ejus  sacratissimo  majestatis 
imperio  ac  dominationura  throno,  cui  de  jure  dominia  tempo- 
ralia  subjugans,  ac  olym  nepoti  bone  memorie  serenissimi 
imperatoris  Heinrici  sexti,  ut  ne  vestra  tanta  fama  et  gloria, 
sicut  in  pluribus  jam,  marcescat  in  futuro,  hie  hoc  opusculum, 
quod  de  bibha  et  multis  libris  et  cronicis  tamquam  florem  sub 
conpendio  conpilavi,  cum  fidelitatis  dilectione  ac  subjectione 
humiliter  represento  ac  vestre  imperatorie  majestati.  In  quo 
enim  opere  continentur  a  principio  creationis  orbis  per  ordinem 
quasi  omnia  mundi  gesta  et  facta  usque  tempore  vestre  sere- 
nissime  majestatis.  Et  etiam  opera  omnium  imperatorum  et 
summorum  pontificura  cum  virtute  et  vicio  in  hoc  opere  calcu- 
lantur'. 

23.  membr.  qu.  saec.  XI.  XII.     Marty rologium. 
Fol.  37  Fraternität  der  Klöster  Hirschau,  Muri,  St.  Blasien, 

geschlossen  von  den  Aebten  Wilhelm,  Uto,  Liutfrid. 

Fol.  38v.  manu  saec.  XIII.  ein  Bericht  der  Aebte  Lude- 
wicus  de  Renhersprunen,  Wernherus  de  Gerrode,  Gerboldus 
de  Xienburch,  über  eine  zu  Erfurt  abgehaltene  Zusammenkunft 
von  Aebten  des  Benedictinerordens.  Acta  sunt  hec  anno  ab 
ine.  Dom.  1259,  Nonis  Mali. 


176       Handschriften  der  fürstl.  Oettingeu-Wallerst.  Bibliothek. 

24.  Chart  fol.  saec.  XV.  aus  St.  Mang  bei  Fuessen. 
S  c  h  w  a  b  e  n  s  p  i  e  g  e  1 . 

1.  Landrecht,  beginnt  mit  einem  zweifachen  Register  in 
12  Theilen,  und  ist  in  369  Kapitel  getheilt.  Vor  dem  Anfang: 
'Herre  himlischer  Vater  durch  din  millte  gut'  steht  diese  Ru- 
brik: ^Der  almechtig  got  von  himeh-ich  uns  söHch  synn  und 
wicz  verhch  ze  richten  vn  nach  disem  kaiserlichen  buch,  da- 
mit mir  (sie)  Ion  und  nit  den  fluch  verdienen  und  ewig  säli- 
keit,  des  helff  uns  sin  götlich  wyshait'.  Am  Schluss:  'Hie 
hat  das  Lantrechtbuch  ain  ende'. 

2.  Lehnrecht,  auf  22  Blättern,  in  84  Kapitel  getheilt,  be- 
ginnt :  'Wer  lechen  recht  chunnen  wil  der  volg  des  büchs  lere'. 
Schluss:  'das  recht  also  minnen  in  der  weit  und  daz  unrecht 
meiden  daz  wir  daz  hiraelreich  besitzen.  Des  helff  uns  got. 
Amen.     Hie  est  finis'. 

3.  'Da  der  almechtig  got  Adam  und  Eva  geschüff'  etc. 
Von  der  E.  —  Von  dem  dritten.  —  Von  der  firmung.  —  Von 
dem  vierden  menschen.  —  Von  dem  fünften  menschen.  — 
Schluss:  'das  musz  es  darnach  haben  und  mag  im  nit  mer 
enprechen'. 

4.  Register  zum  Lehnrecht,  worin  die  Rubriken  der  84  Ka- 
pitel wiederholt  sind. 

25.  chart.  fol.  saec.  XV.  Ein  deutsches  Rechtsbuch  in 
drei  Theilen;  das  erste  Blatt  fehlt.  Jedem  Theil  geht  ein 
Register  voran.  Der  erste  Theil  beginnt:  'Justicia  est  constans 
et  perpetua  voluntas  jus  suum  unicuique  tribuens  juris  prüden'^ 
(1.  prudentia)  est  divinarum  atque  humanarum  rerum  notitia, 
justi  atque  injusti  scientia  etc.  Notandum  quot  tria  sunt  pre- 
cepta  justicie,  scilicet  honeste  vivere,  alterum  non  ledere,  jus 
suum  unicuique  tribuere.  (Das  ist  das  einzige  Lateinische; 
der  Abschreiber  verstand  es  nicht  und  hat  lede  und  tribue 
geschrieben.)  Man  schol  wissen  daz  drew  gebot  in  dem  rech- 
ten seind  darinnen  alle  recht  beslossen  seind  worden'  etc.  Der 
Theil  schliesst  mit  dem  Kapitel:  'Von  guter  gewonheit'.  Der 
zweite  Theil  beginnt  mit  dem  Kapitel:  'Wen  man  zu  richter 
seczen  schol.  —  Wen  man  zu  richter  scczen  schol  und  seczt,  der 
schol  seyn  ein  byder  man  und  getrew  weyser  tugentlich  man' ; 
schliesst  mit  dem  Kapitel  'Von  zcawbercr',  dessen  Ende  lautet: 
'werden  sy  dez  über  recht  alzo  recht  ist  den  sol  man  das 
heubt  absiahen'.  Der  dritte  Theil  enthält  das  scliAväbische 
Lehnrecht :  'Der  lehen  recht  kennen  wil  de  volge'  und  schliesst 
mit  dem  Kapitel:  'Von  zcinsz  gelt  do  (nicht  auff  zu  pfenden 
ist)',  dessen  Ende  lautet:  'Welcher  den  unter  in  auff"  den  tag 
nicht  kumt,  der  hat  verloren,  er  habe  dann  ehastigc  (sie)  not  etc'. 

Das  buch  hat  ein   ende,  lier  vater  unscrn  kumern  wende. 

26.  membr.  fol.  saec.  XIV.  vel  XV.  Wie  von  neuer  Hand 
vorn    eingeschrieben    steht :    B  a  i  r  i  s  c  h  e  s    R  e  c  h  t  s  b  u  c  h    der 


Handschriften  der  fiirstl,  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek.        177 

4  Söhne  des  Kaisers  LudAvig  für  das  Oberland  im  J.  1346 
verfasst.  Rockinger,  Vorarbeiten  zur  Textausgabe  von  L.  Lud- 
wigs Oberrheinischen  Landreehten  (München  1868)  zählt  gegen 
70  Handschriften  auf,  aber  diese  nicht. 

27.  n,  2  (Lat.)  4».  3)  membr.  qu.  saec.  XL  Boethius  de 
consolatione,  mit  Glossen')  und  Anmerkungen;  dann  f.  57v — 112: 
'Genera  metrorum  in  librum  Boetii  quae  domnus  Lupus  in 
lucem  produxit'  etc.  Auf  dem  ersten  Blatt  ist  von  einer 
andern  Hand  saec.  XH.  (XI?)  ein  angebhches  Privileg  des 
Papstes  Nicolaus  I.  eingetragen,  gedr.  nach  einer  Copie  im 
'Zwarte  bouck'  bei  A.  van  Lokeren,  'Chartes  et  documents  de 
l'abbaye  de  St.  Pierre  au  Mont  Blandin  ä  Gand'  (1868)  p.  18. 
(Ich  lasse  den  von  mir  abgeschriebenen  Text,  der  bedeutend 
besser  ist,  hier  folgen,  ohne  die  zahllosen  Fehler  der  Ausgabe 
zu  berücksichtigen.     W.) 

Exemplar  privilegii  Nicholai  papf,  dati 
temporibus  Inperatoris  Karoli  regis  magni. 

Nicholaus  episcopus,  servus  servorum  Dei,  fratribus  ac 
iiliis  nostris  apud  Blandinium  coenobium  religiosa  conversatione 
Deo  servientibus  nunc  et  futuris  temporibus.  Quando  ad  ea 
que*)  catholicorum  regum  corda  pontificalibus  sunt  monitis 
provocanda,  ita  ardenti  desiderio  divina  preveniente  gratia  suc- 
cenduntur,  ut  ab  eis  ultro  poscantur,  tanto  alacri  et  l^to  sunt 
animo  concedenda,  quanto  ea  ipsa  qu^  cupiunt,  si  nollent^), 
peti  debuerant.  Proinde  iuxta  scripta  petitoria  filii  nostri  pre- 
cellentissimi  regis  Karoli  cum  presentia  Fulrhadi^)  venerabilis 
iam  dicti  loci  abbatis  talia  suggerentis,  Privilegium  presentis 
auctoritatis  nostr^  decreto  eidem  monasterio  nostris  futurisque 
temporibus  indulgemus,  concedimus  atque  firmamus,  ut  sicut 
olim  sanct^  recordationis  atque  sanctissimus  ^)  Amandus  epi- 
scopus, prefati  monasterii  constructor,  a  precessore  nostro  domno 
MartinO;  seu  a  potentissimo  et  magnifico  Dagaberto «),  necnon 
Sigeberto,  quem  prefatus  pontifex  ex  sacro  lavacro  suscepit, 
de  stabilitate  ipsius  loci,  de  vilhs  quoque  et  facultatibus  sive 
de  ecclesiis  et  ecclesiarum  decimis  seu  de  quibuscunque  sti- 
pendiis  specialiter  inibi  Deo  servientium  et  ^cclesie  ornamen- 
torum,  vel  luminariorum  ac  matriculariorum  seu  hospitum 
atque  pauperum,  sed  et  de  proficuis'),  sibi  ubi  et  ubi  offi- 
carum  *)  instrumentis  concessa  et  indulta  noscuntur  (sie)  tenuisse 
privilegiorum  diversorum  regum,  et  inter  ceteras  ^)  etiam  iuxta 

1)  Darunter  deutsche:  YFIATOC,  chumistuodal ;  modos,  laiche;  fata, 
misseburi;  moras,  diiala;  querimoniamque  lacrimabileni,  chlagelichen  vuof; 
profanum,  nngazoganen ;  oper^,  stundun ;  conquesta  est,  cladoga  (cla- 
goda?)  u.  s.   w.  2)   So    in    beiden:  es    muss    heissen  'ad   ea,    ad  quae'. 

3)  volent  facere  p.  L.  4)  Folradi  L.  5)  gloriosissimus  L.  6)  Dago- 
berto  rege  L.  7)  So  auch  L.  profificuis,  übergeschrieben:  publicis  Hs. 

8)  officiarura  L. ;  leg.:  officinarum.  9)   cetera  L. 

Neues  Archiv  etc.     VII.  1^ 


178      Haudscbriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek. 

huius  precelleutissimi  Karoli  regis  petitionem  et  auctoritatem 
nostra  apostolica  auctoritate  roborantes  atque  privilegio^  uti  in 
predictorum  regum  suorumque  successorum  continentur  pre- 
ceptis  exincle  factis,  omnia  rata  et  inconcussa  perpetua  lege 
permanere  statuimus.  Constituimus  autem  auctoritate  beati 
Petri  et  domni  Pauli,  quorura  honore  prefatum  sacratur  coeno- 
bium,  ut  nuUus  regum,  nemo  praesulum«)  vel  abbatum,  seu 
quilibet  quacunque  preditus  dignitate,  de  bis  qu<j  in  prefato 
privilegio,  seu  in  preceptis  ipsius  lilii  nostri  Karoli  et  aliorum 
regum  ex  bis  qu^  preraisimus  factis  continentur,  vel  in  futuro 
ab  eo  vel  a  quibuslibet  aliis  de  proprio  bis  specialibus  fuerint 
ablata^),  sub  cuiuslibet  caus^.  occasione  sive  specie  quicquam 
minuere  vel  auferre  ac  commutare,  sive  ad  alium  locum  con- 
cedere  vel  quippiam  temerarie  agere,  sed  cuncta  qu^  prefatis 
usibus  servorum  Dei  et  ecciesie  ornamentorum  vel  luminario- 
rum  sive  raatriculariorura,  bospitum  et  pauperum  oblata  sunt 
vel  offerri  contigerit,  perenni  iure  illibata  permaneant.  Ordi- 
namus  etiam  atque  statuimus,  ut  tam  vos  quam  omnes  qui  in 
eo  quo  estis  ordine  locoque  successerint,  buius  sanctissime 
Roman^  sedis  babeatis  iugiter  reclamationem,  sub  tuitione  et 
gubernatione  cunctorum  regum  Francorum  per  nostram  pre- 
ceptionera  degentes  et  quiete  viventes,  nee  ipsi  reges  nee  eorum 
successores  cuiquam  suorum  laicorum  sive  clericorum,  tametsi 
reverend^,  persona,  prefatum  ad  regendum  praesumant  com- 
mittere,  nisi  pro  ipsius  loci  arbitrio  atque  electione  sibi  com- 
petente,  salva  in  omnibus  qu^  buius  decreti  pagina  continentur, 
auctoritate  et  bonore  sanct^  Romane  ecclesi^  et  sedis  apostolic^ 
privilegio.  Si  quis  autem  temerario  ausu,  magna  parvave  per- 
sona ,  contra  boc  nostrum  decretum  apostolicum  agere  pre- 
sumpserit,  sciat  se  anatbematis  vinculo  innodatum  et  a  regno 
Dei  alienum,  cum  omnibus  impiis  aeterno  incendii  supplicio 
condempnandum.  At  vero  qui  observator  extiterit  precepti 
buius,  gratiam  et  misericordiam  vitamque  aeternam  a  misericor- 
dissimo  doraino  Deo  nostro  consequi  raerebitur. 

Scriptum  per  manus  Simphronii"')  notarii  regionarii  scri- 
niarii-*)  sancte  Roman«^  ecclesi^.  Et  corroboratum  atque  sub- 
nixum  auctoritate  apostolica  Nicolai  suggerente  Fulrado  inclito 
abbate,  uti  fuerat  oHm  potente  domno  Amando  temporibus 
Martini  pape.  Acta  5)  anno  primo,  quarta  Kai.  April.,  regnante 
Karolo  invictissimo  imperatore,  prescntata  per  Tiberium  sancte 
Roman^  ^cclesie^)  [arcbicancellariumj. 

Indictione  Undecima. 

Darauf  folgt  das  Privileg  Otto's  I.  von  966  für  St.  Panta- 
leon  (Stumpf  401),  aus   dieser  Hs.   von  Birlingcr   im  Anz.  d. 

1)    Hier    ausg-eschrieben,    sonst    abgekürzt.  2)    abbatum    L. ;    leg-.: 

oblata.         3)  manum   Stephani  L.         4)  scrinionarii  Hs.  5)  Datum  L. 

6)  Darüber    steht    in  der  Handschrift    ein  durchstriclienes  r  (require)  und 
das  folgende  Wort  fehlt. 


Handschriften  der  fiirstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek.       179 

Germ.  Mus.  1863,  Sp.  1G6  herausgegeben ;   eine   formata,   und 
das  Testament  ßruno's  von  Coeln,  Ruotg.  c.  49. 

Auf  f.  2  eine  kreisrunde,  mehrfach  abgetheilte  Linear- 
zeichnung zur  Veranschauhchung  der  Himmelsgegenden,  mit 
darauf  bezüglichen  Versen:  eingetragen  sind  die  Namen  der 
Himmelsgegenden  und  der  Winde.  Von  deutschen  Wörtern, 
zum  Theil  mit  griechischen  Buchstaben  geschrieben,  kommen 
darin  folgende  vor:  229 AN,  OSTANSUNDAN,  SUNDAN- 
OSTAN,'  2YNAAN,  SUNDANUUESTAN,  UUESTANSUN- 
DAN,YYE2eAN,UUESTANNORT,NORDUUESTAN,NOP0, 
NORDOSTAN,  OSTANNORD. 

Auf  f.  3  stehen  die  schon  von  B.  Pez,  Anecd.  I,  p.  XV^ 
mitgetheilten  Verse: 

Hunc  ego  Froumundus  librum  ecce  Colonie  scripsi 
Atque  huc  devexi,  tibi  sancte  Quirine  decrevi. 

28.  mb.  fol.  Ein  Blatt  von  Notkers  Bibelübersetzung,  hier- 
aus abgedruckt  bei  Hattemer,  'Denkmale  des  Mittelalters'  11,  532. 

29.  chart.  qu.  saec.  XIV.  Die  Wallersteiner  Nibelungen- 
handschrift, vgl.  V.  d.  Hagen  im  Monatsber.  d.  Berl.  Akad.  1854, 
April. 

30.  chart.  qu.  saec.  XV,  Jacob  von  Cessalis  Puech  von 
schachzabel. 

31.  eh.  saec.  XV.     Das  püch  Raby. 

32.  Ein  Doppelpergamentblatt  saec.  XIV.  aus  Rudolfs 
Barlaam. 

33.  mb.  fol.  saec.  IX.  vel  X.  Codex  Theodosianus. 
'Incipiunt  tituli  legum  ex  corpore  Theodosiani  explanati  .... 
Incipit  liber  Theodosiani  primus'.  Bricht  ab  im  lib.  Theodos. 
Villi.     168  Blätter. 

34.  mb.  saec.  XIV.  vel  XV.     Lucan. 

35.  mb.  qu.  saec.  XIV.  aus  St.  Mang  bei  Füssen.  Trac- 
tatus  de  sacramentis,  de  babtismo  etc.  Zwei  Vorsatzblätter 
saec.  XI.  in  qu.  enthalten  Verg.  Georg.  I,  245—296  und  Eck 
IX,  33-X,  14. 

36.  chart.  saec.  XV.  Zwei  Vorsatzblättchen  von  Perga- 
ment saec.  XII.  enthalten  Juvenal  VI,  459—470.  476—487. 
488—498.  504-514. 

37.  mb.  fol.  saec.  XII.  Canonensammlung.  Canones 
apostolorum,  Niceni  concilii,  Ancyrani,  Neocesariensis,  Gan- 
grensis  etc.  Decreta  pape  Innocentii  num.  57,  Zosimi  n.  4, 
Bonifacii  n.  4,  Celestini  n.  22,  Leonis  n.  50,  Hilari  n.  6  etc. 
Hormisde,  Gregorii  n.  17.  Darin  bricht  es  ab.  Auf  der 
letzten  Seite  von  einer  anderen  Hand  saec.  XII.  'Pelagius 
Tulliano  episcopo  Gumentino.  Litteras  caritatis  —  ieiunia 
sustinere'.     (Jaffe  698.) 

38.  mb.  saec.  X.  'Incipit  regula  canonicorum  a 
Ludovico  IL  (sie)  pio  imperatore  in  subsequentem  institutionis 

12* 


180      Handschriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek. 

formam  utiliter  collecta.  —  Cum  in  nomine  sanct^  et  individu^ 
trinitatis  christianissimus  ac  gloriosissimus  Chludowieus  superno 
munere  victor  augustus  anno  ine.  domini  nostri  J.  C.  816  ind. 
10.  anno  siquidem  imperii  sui  tercio  Aquisgrani'  etc.  145  Ka- 
pitel.    Gedruckt  bei  Harzheim,  I,  430  ff. 

39.  chart.  fol.  saec.  XIV.  vel.  XV.    'Tractatus  sive  specu- 
lura  genealogye  sanete  Hedwigis  quondam  ducisse  Slesie'. 

40.  mb.  saec.  XII.    enthält  u.a.  Hucbaldi   ecloga  de 
calvis,  s.  N.  A.  IV,  561. 

41.  mb.  fol.  saec.  XV.  Cesarii  dyalogus  de  miraculis. 
Aus   der   Hs.  I,  2  (Lat.)  8"  v.  10  hat  H.  Dr.  Schepss 

im  Anz.  d.  Germ.  Mus.  1878,  Sp.  87,  Wetterprophezeiungen, 
im  Philologus  1877,  Bd.  37,  S.  562—567  ein  Stück  über  Secun- 
dus  philosophus  nebst  Inhaltsangabe  der  Hs.  mitgetheilt;  im 
Anz.  1880,  Sp.  144,  Nachricht  von  dem  Cod.  II.  Lat.  fol.  1 
gegeben,   welcher  eine  Legende   von  Judas  Ischarioth   enthält. 

—  Ueber  das  sehr  alte  irische  Evangelienbuch  habe  ich  ebenda 
1869,  Sp.  289-293  berichtet;  Dümmler  1879,  Sp.  84-86  vgl. 
144,  Verse  über  die  Canones  evangeliorum   abdrucken  lassen. 

—  Einige  philologisch -humanistische  Handschriften  hat  Herr 
Dr.  G.  Schepss  in  2  Programmen  der  Lateinschule  zu  Dinkels- 
bühl 1878  und  1879  behandelt. 


Anhang'. 

Der  Schluss  der  oben  S.  174  erwähnten  Chronik. 

A.  D.  1455.     Kalixtus  III.  sedit  annis  3. 

Kalixtus  III.  insignis  doctor  utriusque  juris,  episcopus 
Valentinus.  Hujus  tempore  multi  crucc  signati  contra  Turcos 
pro  recuperacione  civitatis  Constantinopolitane  per  Hungariam 
cum  illustrissimo  rege  Ladislao  regem  (1.  regni)  ejusdem,  ac 
illustrissimo  comite  Ulrico  Cilie  descenderunt,  et  nullus  princi- 
pum  ad  hoc  passagium  se  movit,  licet  multi  artesani  et  pauperes 
permoti  sunt,  et  ex  illis  innumerabiles  sunt  mortui,  nil  operantes, 
et  ceteri  ad  propria  sunt  reversi. 

A.  D.  1458.    Pius  II.  sedit  annis  (6,  nachträglich  zugesetzt). 

Pius  II.  Hie  poeta  laureatus,  prirao  in  Basiliensi  concilio 
plurimum  notus,  et  tandem  Felicis  Subaudie  (sie)  ducis  cubi- 
cularius,  post  cancellarie  imperial!  Sigismundi  conesit;  tandem 
per  imperatorem  Fridericum  ad  Terg(est)ensem,  post  vero  ad 
Senensem  ecclesiam,  deindo  ad  cardinalatum  tempore  Nicolai 
promotus,  et  sie  novissime  ad  cathedram  sancti  Petri  usque  con- 
scendisse  conspicimus.  Hie  papa  Pius  (Zusatz :  in  Herbipoli) 
monachos  S.  Burkhardi  fecit  seculares  canonicos  in  Herbipoli, 
que  transsubstanciacio  multis  nobilibus  et  ignobilibus  et  doctis 
non  placuit.  Successor  vero  ejus  Paulus  II.  per  omnia  revo- 
cavit.     (Zusatz:)  Set  dyabolo  prevalente  cum  suis  satellitibus, 


Handschriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek.       181 

monacbis  apostatantibus,  usque  hodie  manet  imperfectum, 
a.  D.  1468.  —  Qui  i)  Calixtus  excoinmunicavit  omnes  agentes 
contra  prefatos  monachos. 

Erste  Fortsetzung 2 j. 

A.  D.  1464.     Paulus  II.  annis  7. 

Paulus  II.  Venetus.  Hie  approbavit  celebracionem  festi 
presentacionis  beate  Virginis  gloriose  sicut  pius.  HIc  etiam 
in  signandis  peticionibus  maturus  fuit  et  justicie  tenax,  quasi 
melius  foret  pauca  condonare  et  ea  firmiter  servare,  quam  plura 
signare  et  statim  revocare.  Ipse  etiam  jubileura  mutavit  in 
favorem  aniraarum  de  25'°  (1.  33*^'")  in  25'*""  aniium;  quia 
habundat  iniquitas,  superbabundet  et  gracia.  Grande  eciam 
palacium  construxit  apud  Sanctura  Marcum,  ante  cujus  com- 
plecionem  moritur  anno  Domini  1471,  die  21.  Julii. 

A.  D.  1471.     Sixtus  IV.  annis  13. 

Sixtus  IV.  ante  cardinalatum  fuit  generalis  in  ordine 
Minorum  bone  fame  et  morum.  Fuit  eciam  vocatus  ad  cardi- 
nalatum absque  scito  suo.  Eodem  anno  orator  Bernhardus 
Justinianus  Venetorum  recitavit  coram  eo,  quod  Turcus  abstu- 
lisset  christianitati  duo  imperia,  quatuor  regna,  20  provincias 
et  200  urbes  populumque  absque  nuraero  utriusque  sexus ; 
hortabatur  quoque,  ut  ad  resistendum  se  disponeret. 

Zweite  Fortsetzung. 

A.  D.  1485.     Innocencius  VIII.  annis  8. 

Innocencius  VIII.  patria  Genuensis  octo  annis  ecclesie 
presedit;  plurimis  morbis  gravatus,  plenus  virtutibus  et  bonis 
operibus  migravit  ad  Dominum  a.  D.  1492. 

Alexander  VI.  sedit  annos  8,  moritur  in  jubileo. 

Alexander  VI.  nacione  Hyspanus,  vir  omnium  astutissimus 
fuit  et  magno  crudelitatis.  Mira  enim  de  eo  referuntur  et 
scribuntur,  que  hie  non  sunt  ponenda.  Hie  apperuit  auream 
portam  Rome  in  anno  jubileo  videlicet  1500,  que  tamen  pluri- 
mis annis  extitit  clausa.  Prefuit  et  ipse  8  annis,  et  moritur 
in  jubileo  prefato. 

Pius  III.  presedit  paucis  diebus. 

Post  Alexandrum  VI.  suscepit  ecclesiam  regendam  Pius  III, 
sed  quia  paucis  diebus  presedit,   ideo  nihil  memorabile  gessit. 

Julius  IL  presedit  annos  duodecira,  obiit  1510. 

Julius  II.  nacione  Genuensis,   patruus  Sixti  IV.  et  ab  eo 

1)  Sic!  Dieser  Zusatz,  vielleicht  auch  schon  die  vorherg-ehendeii^ 
etwas  früher  geschriebenen  Worte,  scheinen  von  der  Hand  des  Abtes 
Johannes  zu  sein,  welcher  zu  Bonifaz  IX.  bemerkt  hat:  'Suh  isto  papa 
Ego  Johannes  Fauceiisis    abbas    cognomine  Hasso  sum  natus'.  2)  Die 

Schrift  ist  der  des  früheren  Textes  sehr  ähnlich,  auch  ist  der  Name  Pau- 
lus II.  unter  dem  Bilde,  dem  letzten  der  ursprünglichen  Keihe,  noch  von 
erster  Hand.     Die  Rubricierung  fehlt  von  hier  an. 


182       Handschriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek. 

cardinalis  creatus,  vir  fuit  bellicosus  et  magnus  potator  vini. 
Stragem  maxiraam  cum  railitibus  suis  contra  exercitura  cesaris 
Maximiliani,  seilicet  railites  liastatos  id  est  lantzknecht,  prope 
Ravennam  Italic  civitatem  fecit,  in  propria  persona  ibidem 
presens,  barbam  longam  rufam  et  terribilem  habens,  armis 
bellicis  indutus.  Cumque  sie  depictus  cesari  Maximiliane  pre- 
sentatus  fuisset,  dixisse  fertur:  ^Videtis  amore  Dei,  quam  bene 
Christus  ecclesiam  suam  super  ebrioso  isto  sacerdote,  et  super 
me  paupere  venatore  posuit'.  Delectabatur  enim  cesar  pluri- 
mum  in  venacionibus.  Iste  Julius  milites  hastatos  excommuni- 
cavit,  sed  postea  iterum  eos  absolvit.  Presedit  annis  duodecim, 
obiit  a.  D.  1512. 

Leo  X.  presedit  10  annis,  moritur  1521. 

Leo  X.  Julio  successit,  nacione  Florentinus  de  familia 
Medicorum  exortus.  Sub  eo  incepit  heresis  Lutheriana  pullu- 
lare  in  Germania,  quam  exterminare  cupiens  bullam  acerrimam 
et  plenam  fulminibus  excommunicacionura  etc.  ad  principes 
Germanie  misit,  ut  vel  sie  Lutherus  cum  sua  cohorte  a  male 
ceptis  opiuionibus  deterreretur;  sed  hiis  nichil  moti  in  suis 
erroribus  perstiterunt  et  adhuc  persistunt.  Fertur  quod  idem 
Leo  propter  nomen  suum  novem  leones  irracionabiles  foveret 
et  aleret  in  urbe  Roma.  Instante  igitur  mortis  sue  tempore 
novem  predicti  leones  successive  mortui  sunt;  qui  cum  mone- 
retur  ut  disponeret  domui  sue,  quia  signum  esset  quod  ipse 
Leo  decimus  post  eos  mori  deberet,  [qui]  parvipendens  admoni- 
ciones,  in  brevi  post  eos  obiit.  Presedit  autera  decem  annis, 
et  mortuus  est  a.  D,  1521. 

Hadrianus  VI.  presedit  uno  anno  cum  dimidio,  moritur  1524. 

Post  obitum  Leonis  electus  et  creatus  est  Hadrianus  VI. 
cardinalis  Dertutensis  >),  quondam  preceptor  Caroli  V.  impera- 
toris.  Hie  nacione  Cimbricus  fuit,  vulgariter  Utriscli,  ex  Ger- 
mania inferiori.  Non  fuit  in  Urbe,  quando  electio  de  eo  cele- 
brata  est,  sed  absens  in  Hyspania,  ita  quod  vere  credebatur 
electus  ex  instinctu  spiritus  Dei.  Scripsit  in  cardinalatu  com- 
mentaria  in  quartum  librum  Sentenciarum.  Scripsit  in  papatu 
contra  Lutherum  quedam,  presertim  breve  quoddam  doctissimum 
ad  Fridericum  Saxonie  ducem.  Hie  non  mutavit  nomen  suum 
juxta  morem  summorum  pontificum,  sed  baptismale  nomen 
retinuit,  eam  fortasse  ob  causam,  ut  quidam  volunt,  quod  sicut 
Carole  Magno  imperante  Hadrianus  pontifex  ecclesie  preerat, 
sie  ipse  Carole  quinto,  quem  quidam  maximum  vocant,  imperante 
Hadrianus  sextus  ecclesie  voluit  preesse.  Presedit  anno  uno 
cum  dimidio.  Septuagenarius  obiit  plenus  operibus  bonis 
a.  D.  1524. 

Clemens  VII.   nacione  Florentinus  de  familia  Medicorum, 


1)  Sic!     Er  war  Bischof  von  Tortosa. 


Handschriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek.       183 

licet  uon  de  legittimo  thoro  natus,  filius  videlicet  fratris  Leonis  X, 
a.  D.  1524  in  mense  Octobri  ecclesiam  giibernandam  suscepit. 
Hie  dispensacioncm  dedit  abbatibus  et  monachis  ordinis 
S.  Benedieti  per  provinciam  Äloguntinam,  quod  vesci  possunt 
carnibus  tribus  diebus  in  hebdomada,  eciam  in  refectorio,  anno 
pontificatus  sui  primo. 


A.  D.  1273.     Rudolphus  iraperavit, 

Rudolphus  comes  de  Habsburck  a  Gregorio  X,  in  concilio 
Lugdunensi  pro  futuro  imperatore  est  confirraatus.  Hie  erat 
devotus  et  pacificus,  contra  malos  strennuus.  Eo  tempore  Ota- 
karus  rex  Bohemie  Austriam,  Stiriam  etc,  occupavit,  quas  in 
manus  regis  Rudolphi  resignavit.  Bohemiam  et  Moraviam  de 
manu  regis  per  sceptrum  et  gladium  in  feudum  suscepit.  Post 
tarnen  hoc  per  inductionem  uxoris  sue  revocavit,  quapropter 
ipse  cum  suis  circa  Marcham  in  belle  per  Rudolphum  occiditur. 
Hie  Rudolphus  dedit  filio  suo  Alberto  Austriam.  Postea  idem 
factus  est  rex  Romanorum. 

A.  D.  1292.     Adolphus  imperavit  a.  6. 

Adolphus  comes  de  Nassawwe  per  electores  uniformiter 
eligitur  et  Aquisgrani  coronatur.  Et  eleccio  ejus  a  papa 
approbata.  Tarnen  Albertus  dux  Austrie,  filius  Rudolphi,  postea 
ex  inductione  domini  Maguntini  cepit  regnura  Romanorum 
aspirare  et  in  belle  Adolphum  occidit. 

A.  D.  1299.     Albertus  dux  Austrie  imperavit  a.  9. 

Albertus  dux  Austrie,  filius  Rudolphi  de  Habsburk,  mono- 
culus,  distortus  et  avarus,  sed  audax  et  fortis,  quem  papa  con- 
firmare  noluit,  scribendo :  'Oceidisti  et  insuper  possedisti'.  Hie 
multos  habuit  filios,  quos  in  principatibus  suis  investivit,  et 
adversarios  sibi  faciens  favorabiles.  Hie  prodiciose  occisus  est 
a  Johanne  duce  Swevie,  fratris  sui  filio. 

A.  D.  1308.     Hainricus  VII.  imperavit  a.  .  .  . 

Hainricus  VII.  comes  de  Luczeburckg,  filium  suum  Johan- 
nen! ad  regnum  Bohemie  promovit  et  relictam  virginem  filiam 
prioris  regis  tradidit  in  uxorem.  Hie  post  sacramenti  suscep- 
cionem  per  poeulum  calicis  est  intoxieatus:  noluit  ad  consilium 
medicorum  venenum  versis  pedibus  expellere,  dicens  gloriosius 
velle  mori  et  sie  Domino  spiritum  commendavit.  Post  Fride- 
ricus  dux  Austrie  quorundam  electorum  habens  vocem  aspirat 
ad  regnum,  (contra)  quem  Ludwicus  dux  Bavarie  beUo  pre- 
valuit  Fridericumque   captivavit,   (qui)   eidem  Ludwico   eessit. 

A.  D.  1328.     Lodowicus  imperavit  a.  .  .  . 

Lodowicus  Rome  per  senatorem  Romanum  seu  Urbis  pre- 
fectum  est  coronatus,  et  intrusit  quendam  frati-em  Minorum, 
Petrum  de  Corbario,  pro  papa,  qui  voeatus  est  Xicolaus  V. 
Qui  Lodowicus    cum   intrusit   (sie)    fuit  per  Johannem  papani 


184      Haudschriften  der  fürstl,  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek. 

excommunicatus,  eo  quod  imperator  noluit  plura  regna  sedi 
appropriare.  Hanc  excommunicacionem  Beneclictus  et  Clemens 
confirmaverunt, 

A.  D.  1346.     Karolus  marchio  imperavit  a.  .  .  . 

Karolus  marchio  Moravie,  filius  Johannis  regis  Bohemie, 
in  perniciem  Lodowiei  imperatoris  procurante  papa  demente  VI. 
in  regem  Romanorum  est  electus,  et  mortuo  Lodowico  ab  eodem 
papa  est  coronatus.  Illo  tempore  maxima  pestilencia  in  tote 
erbe  est  exorta,  que  duravit  per  sex  annos,  ita  quod  tercia 
pars  toeius  humani  generis  deleta  fuit,  et  multe  civitates  deserte 
fuerunt.  Maximus  eciam  terremotus  factus  est,  ita  quod  civi- 
tates et  castra  corruerunt.  Idem  Karolus  habuit  tres  filios, 
scilicet  Wenczeslaum,  Johanncm  et  Sigismundum.  Wenceslaus 
successit  patri  in  regno  Bohemie,  qui  eciam  electus  fuit  in 
regem  Romanorum,  sed  depositus  propter  heresim  Hussitarum, 
que  tunc  temporis  invaluit  in  tantum,  quod  omnes  adjacentes 
provincias  eciam  remotas  flagellavit  propter  peccata  hominum. 
Qui  sequaces  Wicleph  assei'cbant,  quod  de  necessitate  salutis 
esset  accipere  sacramentum  eukaristle  sub  utraque  specie.  Hec 
pessima  heresis  duravit  multis  annis  (Zusatz  des  Abtes  Hasso: 
et  hodie  hew  durat  scilicet  a.  D.  1473).  Hie  Karolus  quiescit 
Präge  in  casti'o.  (Zusatz :  tempore  meo  vixit.  Dazu,  vielleicht 
von  Hasso :  ille  hereticus.) 

A.  D.  1400.  Rupertus  dux  Bavarie^  comes  palatinus  Reni, 
regnavit  a.  11. 

Deposito  Wenczeslao  rege  ab  electoribus  electus  est  Ru- 
pertus. Hie  benedictionem  imperialem  non  fuit  adeptus,  tarnen 
in  rebus  bellicis  strennuus  fuit  et  in  defensione  oppressorum 
solicitus.  Hie  cum  exercitu  magno  intravit  Ytaliam  pro  impe- 
riali  benedictione,  sed  impeditus  per  ducem  Mediolaniensem 
cum  magno  decremento  suorum  ad  patriam  est  reversus.  Hie 
reliquid  quatuor  filios,  scilicet  Ludwicum,  Johannem,  Ottonem^ 
Steffanum.  Tandem  in  Openham  moriebatur  et  in  Haydelberg 
honorifice  in  ecclesia  collegiata  sancti  Spiritus  sepultus. 

A.  D.   1411.     Sigismundus  imperavit  a.  26, 

Sigismundus  post  electioncm  in  regem  Romanorum  multa 
bona  pro  ecclesie  unione  in  concilio  Constanciensi  procuravit, 
eciam  personaliter  ad  diversa  regna  pro  concordia  trium^  sci- 
licet Petri  de  Luna,  Gregori  et  Johannis  se  transtulit,  quorum 
quilibet  se  pro  summo  pontifice  gerebat.  Hie  a.  D.  1433,  feria 
secunda  ante  carnisbrivium  ab  Eugenio  in  imperatorcm  est 
coronatus,  et  dehinc  festinaliter  ad  Hungariam  in  Posonium 
descendit.  Deinde  ad  Pragam  pro  unione  Bohemorum  cum 
ecclesia  ascendit.  Sed  nichil  valens  proficere,  iufirmus  inde 
exivit,  et  in  Znoyma  est  mortuus,  et  ad  Posonium  sollempniter 
per  principes,  scilicet  Albertum,  ducem  Austrie,  et  Cristofferum, 
ducem  Bavarie,   ac  multos  prelatos  et  barones  plurium  regno- 


Handschriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek.       185 

rum  est  conductus,  et  postea  Bardini  sepultus  a.  D.  1437  in 
die  coneepcionis  virginis  Marie. 

A.  D.  1438.     Albertus  II.  a.  1  m.  8  rexit  imperium. 

Albertus  dux  Austrie,  gener  Sigismundi,  Posonii  statim 
post  mortem  Sigismundi  pi'esente  funere  in  regem  Ungarie 
electus,  et  postea  in  die  circumcisionis  Domini  anno  ejusdem 
1438  Albe  est  coronatus,  et  eodem  anno  per  eleetores  imperii 
in  regem  Romanorum  est  electus,  et  postea  ipso  anno  in  regem 
Bohemorum  electus  et  coronatus.  Hie  erat  princeps  magnarum 
virtutum  et  pietatis,  et  strennuus  circa  ecclesiam  Roraanam,  et 
contra  Bohemos  ac  Moravos  pro  fide  katholica  viriliter  agens. 
Hie  post  suscepcionem  predictorum  regnorum  ad  vota  baronum 
ad  partes  inferiores  exercitualiter  contra  Turcos  processit,  ubi 
magnis  infirmitatibus  circumventus,  scilicet  disscnteria,  dimisso 
exercitu  ascendens  et  in  Nesmyl  villa  scilicet  Laugendorff  est 
mortuus  et  Albe  tumulatus  a.  D.  1439  in  vigilia  sanctorum 
Symonis  et  Jude  apostolorura.  Reginam,  scilicet  dominam 
Elizabeth  relinquens  pregnantem,  que  postea  peperit  filium  in 
Castro  Gummaron,  quem  Ladislaum  nominavit,  et  eum  corona- 
tum  Romanorum  regi  assignavit.  Hiis  temporibus  multe  gwerre 
in  regno  Hungarie  sunt  exorte  inter  barones  et  prelatos. 

A.  D.  1440.    Fridericus  III.  dux  Austrie,  imperavit  a.  .  .  . 

Fridericus  HI,  dux  Austrie,  in  regem  Romanorum  est 
electus,  et  postea  Aquisgrani  coronatus.  Anno  vero  Domini 
1452  in  dominica  Letare,  que  fuit  19.  mensis  Marcii,  per  Nico- 
laum  V.  in  imperatorem  Romanorum  similiter  est  coronatus 
in  Urbe  etc.  una  cum  consorte  sua,  filia  regis  Portigalie ') 
nomine  Leonora.  Que  obiit  a.  D.  1467".  Prefatus  Fridericus 
recepit  se  ad  Augustam  a.  D.  1473*'  et  74".  (Andere  Hand:) 
Contra  quem  se  erexit  dux  Burgundionum  cum  duobus  centum 
milibus  armatorum,  qui  possedit  civitatem  Newsz. 

Fortsetzung. 

A.  D.  1486.  Maximilianus  dux  Austrie,  Friderici  tercii 
filius,  est  electus  in  Romanorum  regem  2). 

Et  postea  in  imperatorem.  Qui  vir  fuit  valde  devotus  et 
religiosus,  cultum  divinum  ubique  ampliavit,  religiöses  et  doctos 
vires  valde  amabat  et  frequenter  secreciora  cum  ipsis  colloquia 
tenebat,  ut  testantur  libri,  oraciones  et  epistole  ad  eum  Scripte. 
Per  totam  vitam  suam  provincias  et  civitates  imperii  per- 
lustrans,  raro  in  imo  loco  diutinam  moram  traxit,  sed  ad  instar 


1)  Der  folgende  Satz  ist  zugesetzt  von  derselben  Hand,  welche  zu 
Plus  II.  den  ersten  Zusatz  machte.  2)  Das  Bild  ist  von  anderer  Hand, 
ebenso  die  Unterschrift;  die  folgende  Erzählung  ganz  gleichmässig  von 
humanistischer  Hand  geschrieben,  von  welcher  auch  die  letzte  Fortsetzung 
der  Papstgeschichte  herrührt. 


186       Handschriften  der  fürstl.  Oettingen-Wallerst.  Bibliothek. 

peregrini  mundum  pervagans  cuncta  perlustrabat.  Pacificus 
fuit,  mitis  et  paciens,  adeo  quod  nonnunquam  sua  benignitate 
iniraicis  suis  causam  prestitit  rebellionis.  Tempore  suo  cruces 
de  celo  cadimt  et  alia  insignia  passionis  Christi.  Philippum 
habuit  filium  et  Margaretham  ex  Maria  ßurgundiana.  Philippus 
autem  Hyspanie  regis  filiam  uxorem  ducens,  Karolum  et  Verdi- 
nandum  filios  ex  ea  habuit,  sed  immatura  morte  preventus 
obiit  in  Hyspania.  Maximiliamis  autem  post  multa  preclarissima 
gesta  et  adversa  tollerata  devotissime  et  christianissime  obiit 
in  Austria,  in  Civitate  nova  sepultus,  anno  etatis  sue  61,  regni 
sui  33,  anno  vero  Domini  1519,  12.  die  Januarii. 

Cesar  Maximilianus  valde  Überaus  fuit  et  magnificus,  hanc- 
que  consuetudinem  habuit,  ut  quociens  declinaret  ad  oppidum 
Faucense,  semper  dispensaret  cum  abbate  et  conventu  super 
esum  carnium,  dans  gratis  suis  sumptibus  propriis  bovem  vel 
duos,  juxta  quod  sibi  competere  videbatur,  cibans  nichilominus 
conventum  ex  coquina  sua,  et  potans  ex  cellario  suo.  Et  cum 
a.  D.  1516  hospitaretur  in  Castro  Faucensi,  descendit  ad  domum 
domine  Gossenbrottin  ibidem  se  bahieans,  ac  interim  ordinans 
ut  totus  conventus  coram  eo  appareret.  Expectantibusque 
fratribus  omnibus  in  ambitu,  venit  imperator  pedester  ex 
domo  Gossenbrottin,  transiensque  per  ambitum  versus  eccle- 
siam,  singulis  fratribus  manum  tamquam  amicus  amico  porri- 
gebat,  quam  et  singuli  (prout  decens  erat)  deosculabamur. 
Deinde  fecit  sibi  niissam  seu  officium  decantari  per  fratres  de 
octava  commeraoracionis  sancti  ßenedicti.  Ecce  quanta  humi- 
litas  et  devocio  hujus  piissimi  imperatoris!  Germania  talem 
numquam  habebit. 

Karolus,  Philip pi  regis  Hispanie  fiHus,  MaximiHani  cesaris 
avuncukis  (sie)  et  ipse  archidux  Austrie  etc.  a.  D.  1519  ab 
electoribus  Franckofordie  circa  festum  penthecostes  in  impera- 
torem  eligitur.  Ceperat  jam  pullulare  et  succrescere  Lutheri- 
ana  heresis  in  Germania,  quam  exterminare  volens  edicto  stren- 
nuissimo  inhibuit,  ne  quisquam  huic  heresi  adhereret  aut  faveret. 
Sed  quia  imperator  ipse  Hyspaniam  repetere  coactus  est,  ideo 
nemo  fuit  vel  saltem  paucissimi  ex  Germanie  principibus,  qui 
edictum  hoc  exequeretur.  Unde  Lutherus  vires  assumens 
omnes  infecit.  Est  autem  iste  Karolus  inter  imperatores  hujus 
nominis  quintus,  quem  eciam  quidam  Karolum  maximum  vocant 
ob  amplissimum  dominacionis  ejus  titulura.  Hie  duxit  uxorem 
Loliopam,  Heinrici  regis  Anglie  filiam. 


XI. 


Miscellen. 


Ein  Brief  von  Theiner  an  Pertz. 


Rom,  Vatikan,  23.  Dezb.   1870. 

Hoclivvohlgeborner 
Hochverehrtester  Herr  Kollege! 

Durch  den  vortrefflichen  Herrn  Dr.  Pabst,  dessen  Tod 
ich  innigst  bedauere,  sowie  durch  die  Zeitungen,  werden  Sie 
wohl  mein  Loos  erfahren  haben.  Die  Gegner  meines  Clemens  XIV. 
hatten  mir  dasselbe  seit  langer  Zeit  vorbereitet.  Mein  nahes 
Verhältnis  zu  den  Bischöfen  der  Opposition  auf  dem  Konzil 
hat  ihnen  blos  zum  Vorwand  gedient,  und  der  edle  Papst  fiel 
endlich  in  ihre  wohlangelegte  Schlinge.  Gilt  doch  unser  Freund 
DöUinger  itzt  auch  für  einen  Ketzer. 

Uebrigens  bin  ich  noch  Prefekt,  für  den  Augenblick  wohl 
etwas  in  partibus  Infidelium,  habe  aber  immer  die  erste  Stimme 
im  Kapitel,  da  mein  Vorgesetzter,  ein  hoher  Prälat  und  dazu 
Erzbischof,  in  seinem  ganzen  Leben  nie  eine  Urkunde  auf 
Pergament  in  den  Händen  gehabt  und  de  re  diplomatica  nicht 
ein  Wort  versteht.  Leider  ist  itzt  gegenwärtig  Alles,  Archiv 
und  Bibliothek,  unter  Schloss  und  Riegel. 

Schon  seit  längerer  Zeit  hatte  ich  durch  meinen  Freund 
P.  A.  Munch,  den  gefeierten  Geschichtschreiber  von  Norwegen, 
dessen  allzu  frühen  Tod  ich  mit  der  Wissenschaft  nicht  genug 
beweinen  kann,  für  ihre  herrlichen  IMonumenta  Germaniae  einige 
Kaiserurkunden  facsimilieren  lassen;  er  besass  diese  Kunst  in 
einem  bewunderungswürdigen  Grade,  und  sie  war  bei  ihm  eine 
Lieblingsbeschäftigung.  Leider  sind  es  nur  zwei,  eine  Investitur 
von  Otto  IV.  und  das  berühmte  Diploma  purpureum,  d.  h.  auf 
Purpurgrund  geschrieben  von  Otto  I.  vom  J.  962  De  regalibus 
B.  Petro  concessis,  das  ich  nach  diesem  Original  in  meinem 
Cod.  dipl.  S.  Sedis  T.  1,  pag.  4,  und  Ew.  Hochwohlgeboren  in 
den  Leges,  abgedruckt  habe.  Mein  edler  Vorgänger  Mg.  Marino 
Marini  hat  dieses  Dokument  ausführlich  beschrieben,  und  dessen 
Autentizität  vertheidigt.  Eine  treue  Reproduktion  dieses  immer- 
hin interessanten  Schriftstückes  dürfte  die  Streitfrage  hierüber 


190  Ein  Brief  von  Theiner  an  Pertz. 

sehr  beleuchten!).  Ich  überlasse  es  Ihnen,  von  diesen  zwei 
Dokumenten  den  beliebigen  Gebrauch  zu  machen,  bitte  aber 
hierbei  des  Prof.  Munch's  ehrenhafte  Erwähnung  zu  machen, 
und  seinen  Namen  auf  dem  Dokument  zu  lassen:  er  verdient 
es,    er   war  ein  zu  edler  Mann  und  Freund  der  Wissenschaft. 


Ich  freue  mich  unendlich,  dass  Sie  sich  noch  einer  so 
guten  Gesundheit  erfreuen,  wie  mir  der  seelige  Dr.  Pabst  mit- 
theilte. Gott  erhalte  Sie  noch  lange  für  unser  grosses  und 
herrliches  Nationalwerk  der  Monumenta  Germaniae,  das  unter 
ähnlichen  Werken  einzig  und  unerreicht  dasteht.  Genehmigen 
Sie  die  herzlichsten  Glückwünsche  zum  neuen  Jahr  und  die 
wiederholte  Versicherung  der  innigsten  Hochachtung,  mit  der 
ich  die  Ehre  habe  zu  geharren 

Ew.  Hochwohlgeboren 

ergebenster  Diener 
Aug.  Theiner. 

1)  Inzwischen  hat  Sickel  das  Original  in  Rom  eingesehen,  sich  voll- 
ständig von  der  Echtheit  überzeugt  und  wird  näclistens  in  einer  besonderen 
Abhandlung  die  Resultate  seiner  Untersuchung,  verbunden  mit  photogra- 
phischer Nachbildung  darlegen. 


üngedruckte  Briefe. 

Mitgetheilt  von  E.  Dümmler. 

Die  folgenden  zwei  Briefe  hcat  Herr  Prof.  Dümmler  uns 
zum  Abdruck  freimdlichst  mitgetheilt. 

Der  erste  befindet  sich  in  der  Pariser  Hs.  Lat.  11890 
(Residu  Saint  -  Germain  pag.  94—5,  5.  Carton  A)  fol.  1,  auf 
einem  Pergamentblatt  saec.  XL  Die  Hs.  besteht  übrigens  aus 
zusammengebundenen  Blättern  neueren  Ursprungs. 

Der  zweite  geschichtlich  wichtigere  Brief  betrifft  den  Zeit- 
punkt nach  dem  Tode  des  Bischofs  Friedrich  von  Lüttich,  den 
der  Erzbischof  Friedrich  von  Coeln  gegen  den  Bischof  Alexander 
aufgestellt  hatte,  am  27.  Mai  1121.  Nicolaus  ist  vermuthhch 
der  Domherr,  welcher  das  Vorwort  zu  den  Schriften  des 
Algerus  verfasst  hat.  Der  Brief  steht  am  Schluss  der  Brüsseler 
Hs.  9918—19  saec.  XH,  foL  57. 

I. 

Licet  cunctis  in  partibus  orbis  multis  innumerisque  locis 
longo  lateque  regularis  preclaraque  beati  diligenter  observetur 
traditio  Benedicti,  maxirae  tamen  nulli  invida,  immo  omnibus 
grata  vestre  excellentia  religionis  exemplai-  sive  speculum  uni- 
versis  dignitatibus  monastic^  supereminet  conditionis.  Unde 
fit  certumque  tenemus,  ut  complures  iam  emerito  virtutum 
culmine  maturaque  morum  honestate  in  sancte  gremio  ecclesi^ 
prefulgentes  ad  examen  vestri  undique  circumfluant  magisterii, 
zelantes  potius  egregiae  astrui  rudimentis  doctrine.  Mox  autem 
penitus  postpositis  sue  insignibus  elegantie  instrumentis  cervices 
humili  devotione  legi  karitativ^  subiugant  discipline.  Hinc 
itaque  melliflu^  ineffabilisque  emulatores  sapieutie  obsequendo 
vetr^  pio  ducatui  paternitatis  informari  celebrande  inardescunt 
exemplis  benignitatis.  Cum  igitur  in  beato  grege  vestro  tot 
tantaque  redolentium  florescant  insignia  virtutum,  ordo  proinde 
divine  postulat  misericordi^,  ut  quod  virtutis  supern?  gratuito 
munere  sumpsistis,  omnibus  maxime  vestr^.  domesticis  profes- 
sionis  retribuere  procuretis.  Et  quoniam  karitas  nuUatenus 
suam    querit  voluntatem,   regio   cuius   munimine   septi   antiqui 


192  Ungedruckte  Briefe. 

oppugnationes  adversarii  expugnare  prevaletis,  congruum  puta- 
mus,  ut  toto  mentis  corporisque  conaraine  proximis  necessi- 
tatibus  subvenire  debeatis.  Huius  igitur  instigatione  virtutis 
precipu^  vehementer  exeitati,  ceterorumque  auctoritate  bonorum, 
quoi'um  presidia  in  vestra  vigent  conversatione,  sufFulti,  vestram 
humiliter  imploramus,  implorando  obsecramus  raisericordiam, 
ut  unura  de  fratribus  vestris  patribus  nostris  pastorem  sollicitum 
animarum  rectorem  nostrg  pusillanimitati  adsignare  dignemini. 
Ne  autem  prolixo  conexorum  funiculo  verborum  longius  vestram 
protrahamus  audientiam,  domnum  Witcherium  compatriotam 
nostrum  omnes  unanimes  una  affectuosaque  conspiratione  exob- 
tamus,  exobtando  suppliciter  exposcimus.  Hunc  de  vestris 
Omnibus  superna  mentibus  nostris  gratia  inspiravit,  hunc  fide- 
lem  nobis  preceptorem  preelegit,  hunc  spiritualem  vit^  nostr^ 
procuratorem  presignavit.  Hunc')  igitur,  patres  venerandi,  ex 
karitatis  munere  necessitati  nostr^,  transmitti  misericorditer 
deprecamur,  quem  sancto  agente  spiritu  valde  necessarium 
nobis  fore  confidimus.  Sit  itaque  vestr^  benignitas  pietatis 
inestimabilis  consonans  sententi^  dispositoris,  sit  vestre  sulli- 
mitas  2j  dilectionis  condescendens  condescendendo  fraterne  con- 
sulens  imbecillitati.     Valete. 

II. 

F.  ^)  gratia  dei  sancte  Coloniensis  ecclesie  humilis  minister 
toti  clero  qui  Leodii  est,  scrutari  testimonia  Domini,  ut  in  toto 
corde  exquirant  eum. 

Litteras  vestras  ad  nos  per  frati-em  Nicolaum  directas 
paterno  affectu  recepimus,  qui  in  his  et  nostram  desiderare 
videmini  presentiam  et  taraquam  filii  obedientie  nostro  corri- 
gendum  obtulistis  consilio,  si  quid  vestro  excessistis  arbitrio. 
Unum  vobis  notum  fieri  vokimus,  quia  ad  vos  descendere  et 
debita  pietate  vobis  consulere  parati  fuissemus,  si  excessus 
vestros  tam  manifestes,  tam  contrarios  decretis  sanctorum  cano- 
num  nostraeqiie  autoritati  et  vestrae  saluti  non  perspexissemus. 
Defuncto  cnim  beatae  memoriae  domno  Frederico  episcopo 
vestro ,  litteras  consolatorias  vobis  direximus ,  desolationem 
vestram  paternis  lacrimis  deplorantes,  et  ut  in  Domini  couso- 
latione  spem  vestram  defigeretis,  affectuose  vos  exortantes. 
Set  quia  tunc  temporis  occupati  tenebamur  raagnis  ecclesiae 
et  inperii  negotiis,  ut  vestram  ad  nostrum  consilium  et  reditum 
difFerretis  electionem,  debita  autoritate  monuimus,  qui  vestre 
pusillanimitati  et  temporali  pace  et  nihilominus  canonica  elec- 
tione  consultum  esse  voluimus.  Vos  autem  Interim,  divinae 
institutioni  et  nostrae  ammonitioni  non  adquiescentes,  in  con- 
ventura   vestrum   multitudinem*)   eorum,    qui    vestra    petitione 


1)  Nunc  Hs.  2)  So  Hs.  3)  C.  Hs.    Aber   von    1100  bis  1131 

war  Friedrich  Erzbischof  von  Coelu.         4)  multitudine  Hs. 


Ungedruckte  Briefe.  193 

a  dorano  papa,  a  nobis,  a  vestro  etiam  episcopo  excommuni- 
cati  habebantur,  admisistis,  ibique  nostre  autoritati  preiudicantes, 
communicato  cum  excommunicatis  consilio,  ea  quae  destruxe- 
ratis  reedilicando,  quod  sine  gravi  dolore  loqui  non  possumus, 
vos  ipsos  prevaricatores  excommunicatorum  consortio  contami- 
natos  constituistis,  Habemus  quidem  huius  miserabilis  culpae 
evidens  argumentum  litteras  vestras,   tam  Coloniensi   ecclesiae 

quam  venerabili  filio  vestro  Andreae')  missas,  in  quibus ^) 

in  dominum  et  episcopum  vestrum  vos  recepisse  satis  inconsi- 
derate  significastis,  et  ad  cumulum  inexcusabilitatis  vestrae 
conspirativa  confederatione  subiungendo  affirmastis^  nullum 
vos  velle  vel  posse  contra  eum  recipere  consilium.  Quod  si 
in  hoc  conspirastis,  ut  quid  queritur  descensionis  ad  vos  vel 
consilii  nostri  presentia?  ut  quid  ore  et  scriptis  vestris  frequens 
et  assidua  nobis  demandatur  obedientia,  quam  destruit  conspi- 
rationis  huius,  ut  asseritis,  iixa  cordibus  vestris  insolentia? 
Miramur  et  non  parum  miramur,  quomodo  vos  totiens  appel- 
letis  scribendo  totam  Leodiensem  ecclesiam.  Nam  ut  taceamus 
de  archiepiscopi  dignitate,  qua  membrum  excellentius  debemus 
esse  Leodiensis  ecclesie,  fraternitatis  nostrae  dilectio,  que  hac- 
tenus  particeps  et  socia  fuit  tribulationum  ^)  vestrarum,  con- 
temptuose  videtur  repudiata.  Si  iterum  contaminati  communioue 
excommunicatorum  estis  tota  Leodiensis  ecclesia,  quorsum  ex- 
cluditis  eam  quam  tantum  cognoscimus  et  fatemur  Leodiensem 
ecclesiam,  prepositum  Andream  et  archidiaconos  Heinricum  et 
Stepponem,  magistrum  Stephanum  et  religiöses  abbates  aliosque, 
qui  licet  locorum  diversitate  disiuncti,  tamen  in  unitate  spiritus 
vobiscvun  sunt  fratres?  Hos  procul  dubio  Leodiensis  ecclesia*) 
testatur  bonae  simplicitatis  obedientia  et  persecutio  quam  passi 
sunt  et  cotidie  patiuntur  pro  iustitia.  Set  et  hoc  reticere  non 
possumus,  quod  contra  sanctorum  canonum  statuta  neglecto  ^) 
immo  contemto  crismate  anni  presentis  et  oleo,  de  veteri  plures 
annos  reservato,  per  quorundam  vestrum  archidiaconatus  ad- 
huc  fiunt  unctiones  a  sacerdotibus,  contra  canones  et  nostram 
autoritatem  per  inobedientiam  cum  excommunicatis  divina 
celebrare  praesumentibus.  Longum  est  enumerare,  quot  et 
quantis  excessibus  Domini  provocastis  longanimitatem  et  in 
nostram  presumptuose  §gistis  autoritatem,  quia  non  solum  ab 
ecclesia  Dei  vos  alienastis,  set  et  eos  qui  sincere  nobiscum 
usque  nunc  permanserant,  in  prevaricationis«)  vestrae  consortium 
pertraxistis.     Quia  ergo   his  excessibus  tam  manifestis  et  Deo 

1)  Ohne  Zweifel  der  unten  erwähnte  Domprobst,  welcher  in  der 
Vita  c.  9  als  bei  Friedrich's  Tod  anwesend  und  demnächst  zum  Bischof 
von  Utrecht  erhoben  genannt  wird.  2)  Der  Name  Alexanders  ist  aus- 

gekratzt. 3)  tribulationis  Hs,  4)  Nämlich,  dass  sie  Leodiensis  ecclesia 
sind,  wenn  man  nicht  lieber  'ecclesiae  membra'  schreiben  will.  5)  ne- 

glegto  Hs.  6)  preucat.  Hs. 

Neues  Archiv  etc.    VII.  13 


194  Ungedruckte  Briefe. 

odibilibus  non  debetur  paternae  consolationis  visitatio,  set  magis 
infligenda  est  condigne  severitatis  increpatio,  ad  sedem  Coloni- 
ensera,  cui  tarn  grave  intulistis  preiudicium,  vos  invitamus,  ut 
si  excessus  vestros  sicut  scripsistis  nostro  corrigere  volueritis 
consilio,  exemplo  patris  euangelici  prolem  quae  perierat  gra- 
tanter  recipiamus  sub  utriusque,  Coloniensis  videlicet  et  Leodi- 
ensis  ecclesiae,  que  nobiscum  est,  testimonio.  Verumtamen  ex 
superhabundanti,  si  vestra  hec  efflagitat  humilitas,  apud  Sanctum 
Cornelium  Indae  cum  filiis  predietarum  ecciesiarum  vobis 
occurremus  IUI  to  Nonas  Septembris ,  parati  misericorditer 
reeipere  in  spiritu  lenitatis  et  correctos  instruere,  et  quoniam 
Alexander  per  Godescalcum  Traiectensem  clericum  obedientiam 
et  subiectionem  nobis  presente  ecclesia  demandavit,  et  se  velle 
de  Omnibus  suis  excessibus  nostro  adquiescere  consilio  per 
eundem  nobis  insinuavit,  III.  Non.  Sept.  nos  in  predicto  com- 
moraturos  cenobio  eidem  remandavimus,  ut,  si  forte  velit  ali- 
quid rationabiliter  dicere  >)  ad  aures  ecclesiae,  audiatur.  Si 
quis  autem  inter  vos  habet  zelum  Domini,  eundem  ammonere, 
arguere,  increpare,  obsecrare,  orare  non  dissimulet,  ut  sibi  ipsi 
propitius  parcat  Christi  ecclesie,  nee  incipiat  infamis  haberi, 
totiens  per  domnum  apostolicum,  per  nos,  per  suum  episcopum 
eiectus  a  sancte  matris  ecclesie  liminibus.  Plures  enim  repulsae 
personam  eius  infamem  sicque  reddunt  ecclesiae  notabilem,  ut 
non  solum  id  quod  male  nititur  non  apprehendat,  set  et  honoris 
et  ordinis  pericul(um)  subeat,  quos  adhuc  retinere  ex  affectu 
maternae  pietatis  ecclesiae  mansuetudo  tolerat.  Hec  vobis, 
fratres  carissimi,  scribimus  in  spiritu  caritatis,  non  ut  vos  con- 
fundamus,  set  sie  ut  per  priores  litteras  promisimus,  ut  tam 
spirituali  quam  temporali  pace  consolandos  ad  siuum  matris 
ecclesiae  reducamus. 


1)  Die  mittleren  Buchstaben  sind  unlesbar. 


Mittheilungen. 

Von  Paul  Ewald. 
I. 

Handschriften  in  Clermont-Ferrand. 

Da  W.  Arndt  in  seinem  Reisebericht  (Neues  Archiv  II,  241) 
von  den  Handschriften  in  Clermont-Ferrand  allein  das  Ms.  der 
Historia  Francorum  des  Gregor  erwähnt,  so  wird  es  nicht 
überflüssig  sein,  diejenigen  Notizen  hier  zu  veröffentlichen,  die 
ich  bei  Gelegenheit  eines  eintägigen  Aufenthaltes  in  Clermont 
dem  dortigen  Bibliotheks- Katalog  entnahm. 

Die  Gedichte  im  Codex  189  hatten  den  Umweg  durch 
die  Auvergne  bei  meiner  Rückkehr  aus  Spanien  veranlasst. 
Doch  blieb  mir  nach  der  Collation  derselben  noch  Zeit,  mich 
weiter  umzusehen.  Der  Katalog  der  Bibliothek  ist  im  Jahre 
1839  ediert  worden  (Catalogue  des  livres  imprimes  et  manuscrits 
de  la  Bibl.  de  la  ville  de  Clermont-Ferrand,  Puy-de-Dome); 
sein  zweiter  Theil  führt  p.  512—544  die  Handschriften  auf. 
Im  Auslande  ist  dies  Buch  aber  selten  und  die  Berliner  kgl. 
Bibliothek  besitzt  es  z.  B.  nicht. 

Näherer  Prüfung  konnte  ich  nach  Durchmusterung  dieses 
Kataloges  nur  noch  die  Briefe  des  Sidonius  und  Ivo  unter- 
ziehen.    Am  interessantesten  bleibt  der  Cod.  189. 


83.  membr.  fol.  saec.  XI.  Passiones  sancti  Austremonii 
martyris  et  aliorum  sanctorum  legendae.  Am  Ende  'Liber  de 
ecclesiis  et  altaribus,  quae  in  Claramonte  consistunt'  (ediert  von 
Savaron,  Pieces  rel.  a  l'hist.  de  France  (1788)  p.  707.  Auf 
der  Rückseite  von  fol.  172  in  Schrift  saec.  XIV.  'Enarratio 
reedificationis  monasterii  Mausiacensis  per  Pipinum'  etc. 

85.  membr.  fol.  2  col.  saec.  XIII  fin.  Schlecht  erhaltene 
Handschrift.  Vitae  sanctorum  legendae;  es  sind  Vitae  B.  Ludo- 
vici  regis,  Petri  confessoris,  Guilelmi  archiepiscopi  Bituric, 
Dominici,  Francisci  ord.  fratrum  IMinorum,  Antonii  Viennensisy 
Martiahs,  Galli  (ex  Greg.  Turon.),  Geraldi,  Maioli  etc. 

13* 


196  Handschriften  in  Ciermont-Ferrand. 

133.  membr.  fol.  saec.  XI.  XII.  Gregorius  Turonen- 
sis,  de  miraculis  sanctorum  et  confessorum. 

134.  membr.  fol.  saec.  XIII;  2  col.  Gregorius  Turo- 
n  e  n  s  i  s ,  Vitae  patrum. 

144.  membr.  oct.  saec.  XII;  1  col.  Ivonis  Carnotensis 
epistolae.  Es  sind  211  Briefe;  die  ersten  sind  (nach  der 
Vulgata)  206.  29.  31—37.  40.  38.  39.  41.  42;  die  letzten  sind: 
259-262.  264.  236.  215.  265.  266.  269.  267.  270.  277.  237. 

189.  membr.  fol.  max.  saec.  IX;  3  col.  enthält  ein  liber 
glossarum.  In  dem  leer  gelassenen  Platz  zu  Ende  der  ver- 
schiedenen Buchstaben  sind  Lateinische  und  Romanische  Verse 
eingetragen.  Erstere  benutzte  ich  für  Herr  Prof.  Dümmler. 
(Drei  davon  stehen  bei  'du  Meril,  Poesies  populaires  latines 
du  moyen  äge,  Paris  1847,  p.  10.  56.  57.  note  1.)  Ueber  die 
letzteren  vgl.  Champollion-Figeac:  Documents  historiques  in- 
ädits,  Tom  IV.  Paris  1848,  in  der  Collection  de  documents 
inedits  sur  l'histoire  de  France. 

192.  membr.  fol.  saec.  XIV;  2  col.  Etymologiae  Isidori 
Hispalensis;  sie  reichen  bis  zum  Anfang  von  liber  XII. 

195.  membr.  oct.  saec.  XI.  Sidonii  Apollinaris  epi- 
stolarum  libri;  mit  Glossen.  Auf  Seite  1  von  einer  Hand 
saec.  XVII.  überschrieben  'Monasterii  sancti  Illidii  Claramont'. 
Benutzt  für  Herrn  Dr.  Lüttjohann  in  Greifswald,  der  die  Edition 
des  Sidonius  für  die  MG.  vorbereitet. 

199.  membr.  fol.  saec.  XIII;  2  col.  Liber  de  expeditione 
Hierosolymitana  auctore  Fulcherio  Carnotensi. 

200-  chart.  fol.  saec.  XVII.  Cronica  flos  florum  scripta 
anno  1399. 

201.  chart.  saec.  XVII.  enthält  1.  Chronica  Hierouymi  ab 
regno  Assyriorum  ad  annum  860.  2.  Ancienne  chronique 
depuis  la  tour  de  Babel  jusqu'en  1125.  relative  a  l'histoire  de 
France  en  latin. 

202.  membr.  fol.  saec.  XII.  Gregor  von  Tours,  de 
gestis  Francorum.     Mit  einigen  Lücken. 

203.  membr.  et  chart.,  saec.  XV.  Histoire  chronologique 
de  plusieurs  faits  remarquables  depuis  le  regne  de  Charlemagne 
jusqu'au  commenceraent  du  XII.  siecle.  Der  Schluss  seit  1096 
■fehlt. 

204.  membr.  saec.  XV.  Genealogie  der  Frankenkönige 
von  Priamus  bis  Carl  V.  (1380). 


II. 

Sii^aiina  und  Brannliiide. 

Im  Codex  Vindobonensis  751  (Theol.  259)  treten  an  einigen 
Stellen  in  den  Bonifazbriefen  gewisse   eigenthümlich  geformte 


Susanna  und  Brannlinde.  197 

Buchstaben  auf,  von  denen  Jaffe,  Bibliotheca  III,  12,  einige 
Beispiele  giebt.  Aber  während  die  in  dieser  Geheimschrift 
gegebenen  Worte  in  den  Briefen  n.  55.  76  u.  41  nicht  schwer 
verständlich  waren,  schon  aus  dem  Grunde,  weil  die  andern 
Handschriften  der  Bonifazbriefe  die  entsprechende  Lösung 
boten  1),  Hess  Jaffe  die  beiden  Frauennamen  im  Briefe  n.  95 
unentziffert.  Keine  zweite  Handschrift,  in  der  die  kryptogra- 
phischen  Elemente  in  gewöhnliche  Schrift  umgesetzt  wären, 
kommt  hier  dem  Verständnis  entgegen;  der  Brief  n.  95  findet 
sich  nur  im  Vindobonensis.  So  begnügte  sich  denn  Jaffe  damit, 
ein  Facsimile  dieser  Zeichen  in  seinem  Text  (auf  Seite  244) 
einzurücken'^).  Eine  Vergleichung  dieser  Buchstabenformen 
mit  den  auf  Seite  12  facsimilierten  gestattet  uns  jedoch,  eine 
ziemlich  sichere  Entzifferung  der  beiden  Namen  vorzunehmen. 
Es  zeigt  sich  dabei,  dass  das  eigentlich  verwirrende  nur  die 
gleichzeitige  Anwendung  von  Buchstaben  der  Geheimschrift 
mit  fast  unverändert  gelassenen  Minuskel-  und  Uncialbuchstaben 
ist.  Die  Geheimschrift  selbst  erinnert  vielfach  an  schlecht  ge- 
schriebene griechische  Buchstaben. 

Wir  gehen  beim  ersten  Namen  von  den  vier  letzten  Buch- 
staben aus ;  über  den  5.  u.  6.  kann  kein  Zweifel  herrschen,  es 
ist  nn,  genau  so  geschrieben,  wie  auf  Seite  12  in  danielo  und 
cuneburge,  ganz  eigentlich  das  griechische  v.  Der  4.  u.  7.  Buch- 
stabe sind  ihrerseits  ebenfalls  einander  gleich.  Auf  den  ersten 
Blick  ähneln  sie  am  meisten  dem  b  in  cuneburge.  Wir  brauchen 
aber  zwei  Vocale,  und  es  ist  sicher,  dass  dieses  h- förmige 
Zeichen  an  4.  u.  7.  Stelle  ein  a  bedeutet.  Der  Abstand  von 
a,  wie  wir  es  in  beati  finden,  ist  nicht  sehr  gross  und  die 
Form  scheint  sich  etwas  dem  Capital -A  zu  nähern,  sobald 
man  sich  die  Oeffnung  oben  rechts  fortdenkt.  Haben  wir  so 
als  Ende  des  Namens  anna  gefunden,  so  sind  die  drei  vorher- 
gehenden Buchstaben,  da  ihr  erster  und  letzter  gleich  ist, 
nicht  mehr  schwer  zu  errathen.  Es  kann  nur  Susanna  sein. 
Das  u,  der  zweite  Buchstabe,  ist  auch  ganz  evident;  er  ist 
ebenso  geschrieben,  wie  u  in  lul.  Die  Buchstaben  daneben 
sind  nun  allerdings  dem  sonstigen  S  gar  nicht  ähnlich.  Nach 
dem  Masstabe  auf  S.  12  könnten  sie  nur  f  bedeuten.  Aber 
da  Fufanna  kein  Name  ist,  wird  man  annehmen  dürfen,  dass 
entweder  hier  eine  abweichende  Form  des  S  vorliegt  oder 
aber  Susanna  mit  z  geschrieben  Avurde:  Zuzanna.  Für  z  ist 
leider  keine  Analogie  vorhanden. 


1)  Es  stehen  nämlich  alle  3  Briefe  wie  in  der  Wiener  Handschrift 
auch  in  der  Carlsruher,  und  n.  55  ist  ausserdem  noch  in  dem  Münchener 
Codex  überliefert.  Vgl.  Jaffe's  Noten  an  den  betreffenden  Stellen. 
2)  Jaffe  a.  a.  O.  p.  14  'At  duarum  feminarum  nomina,  quae  cognosci  non 
potuerunt,  in  epistola  95  habentur  infra'. 


198  Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe. 

Die  14  Buchstaben  des  zweiten  Wortes  müssen  zunächst 
in  zwei  Worte  zerlegt  werden;  die  letzten  4,  ohne  Schwierig- 
keit als  isto  zu  lesen  —  sind  sie  doch  überhaupt  der  Geheim- 
schrift gar  nicht  mehr  angehörig  —  können  in  ihrer  Stellung 
vor  memor  nur  für  esto  gesetzt  sein.  So  schon  dem  Sinn  nach. 
Es  bleiben  für  den  Namen  10  Buchstaben;  auch  hier  wieder 
die  letzten  4  am  leichtesten  zu  entziffern.  Am  Schluss  de 
(siehe  danielo  auf  S.  12)  ist  sofort  erkennbar.  Das  n  davor 
entspricht  genau  dem  n  in  bonifati  und  i  an  7.  Stelle  erregt 
kein  weiteres  Bedenken.  Der  x -förmige  Buchstabe  vor  i  kann 
nur  1  sein,  und  diese  Form  für  1  erklärt  sich  einfach  aus  seiner 
gewöhnlichen  Form  auf  Seite  12.  Ist  aber  linde  der  Schluss 
des  Frauennamens,  so  erfordert  es  schon  der  Vers,  dass  dem 
nur  eine  Silbe  vorangehe.  Nun  scheinen  mir  an  den  beiden 
ersten  Stellen  b  und  r^  an  fünfter  n  sicher.  Das  b,  wie  in  beati, 
hat  nur  den  oberen  Haken  etwas  verloren^  das  r  wie  in  cune- 
burge  ist  unten  enger  zusammengezogen.  Die  zwischen  r  und 
n  liegenden  zwei  Buchstaben  sehen  zunächst  wie  ke  aus,  dies 
ist  jedoch  im  Zusammenhang  mit  den  übrigen  Buchstaben  un- 
möglich. Auch  hier  ist  aber  wieder  das  a  in  dem  k  (wie  oben 
in  dem  h)  zu  erkennen  und  was  bleibt  schliesslich  bei  der 
Lesung  bra  .  nlinde  für  den  fraglichen  Buchstaben  übrig  als 
ein  n*).  Dieses  n,  wie  es  in  der  Uncialschrift  bei  Titeln 
häufig  vorkommt,  ist  fast  in  Gestalt  des  H;  ein  merkwürdiger 
Fall,  dass  so  von  den  zwei  nebeneinanderstehenden  n,  das  eine 
in  Uncial,  das  andere  in  griechischer  Minuskel  geschrieben  ist. 
Trotz  einiger  nicht  zu  erkläi-enden  Buchstaben  möchte  ich 
doch  die  Namen  Susanna  und  Brannlinde  für  hinlänglich  ge- 
sichert halten.     Wir  lesen  dann  die  Verse: 

Esto  Susanna  memor  Domini  regnantis  in  ede 
und  ferner: 

Brannlinde  esto  memor  Domini  caelorum  in  arce. 


IIT. 
Noch  einmal  zur  Chronolog^le   einig-er  Briefe  Paseiials  H.  und 

Calixts  II. 

S.  Löwenfeld  hat  im  vorigen  Bande  dieser  Zeitschrift 
S.  590—599  die  in  die  Narratio  des  Udalschalk  eingereihten 
Briefe,  die  sich  auf  den  Augsbui'ger  Bischof  Hermann  beziehen 


1)  Braunlinde  ist,  wie  mir  von  competenter  Seite  mitgetheilt  wird, 
vor  dem  14.  Jahrhundert  unmöglich.  Brannlindc,  gleich  Brantlinde,  wenn 
auch  als  Namen  bisher  nicht  nachgewiesen,  doch  ohne  Bedenken.  Die 
Formen:  Branthildis,  Bianniardis,  Brannoaidis  kennt  auch  das  altdeutsche 
Namenbuch  von  Förstemann  (IS.  279). 


Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe.  199 

und  im  Anschlüsse  daran  die  von  mir  publicierte  Chiirer  Brief- 
sammlung einer  eingehenden  Besprechung  unterzogen.  Ich 
kann  in  den  beiden ,  eng  mit  einander  zusammenhängenden 
Untersuchungen  mich  seinen  Resultaten  nicht  anschliessen  und 
versuche  es,  meine  abweichenden  Ansichten,  die  theils  schon 
bei  der  Publikation  der  Churer  Briefe  kurz  ausgesprochen 
sind,  hier  des  Näheren  zu  begründen.  Die  skeptische  Art,  mit 
der  Löwenfeld  die  Churer  Sammlung  betrachtet,  hielt  ihn,  so 
scheint  mir,  ab,  ihren  Briefen  diejenige  Aufmerksamkeit  zu 
widmen,  welche  sie  wohl  verdienen.  Die  Jaffe  -  Giesebrechtsche 
Controverse,  ob  der  von  Paschal  II.  nach  Augsburg  geschriebene 
Brief  (Jaffe  4835)  im  Jahre  1113  oder  1117  geschrieben  sei, 
hätte  sich  ihm  sonst  von  selbst  erledigt  und  wäre  ebensowenig 
heut  nach  dem  Bekanntsein  der  Churer  Briefe  aufzunehmen, 
wie  etwa  eine  Controverse  über  Giesebrechts  Reconstruction  der 
Annales  Altahenses  maiores  oder  über  Hardenbergs  Antheil  an 
den  Memoires  d'un  homme  d'etat. 

Ich  beginne  mit  der  Churer  Sammlung  und  zwar  mit  den 
drei  letzten  Briefen  unter  Paschal  IL  mit  n.  17.  18.  19.  Sie 
alle,  und  nur  sie  von  der  ganzen  Sammlung,  beziehen  sich  auf 
den  Augsburger  Process,  den  ersten  von  ihnen  kennt  auch 
Udalschalk,  die  beiden  andern  nicht.  Diese  drei  Briefe  sind 
in  dem  Zusammenhange,  in  dem  sie  auftreten,  in  ihrer  Chrono- 
logie so  durchaus  klar  und  durchsichtig,  als  ob  ihnen  Jahres- 
daten mit  allem  Zubehör  beigesetzt  wären.  Gehen  wir  rück- 
wärts zu  Wege. 

Petrus  von  Pisa  erzählt  in  seiner  ausführlichen  Biographie 
Paschais  IL  (Watterich  II,  16),  wie  der  durch  Krankheit  und 
Altersschwäche  angegriffene  Papst  mit  einer  wunderbaren 
Energie  kurz  vor  seinem  Ende  zur  Belagerung  Roms  schreitet. 
Am  14.  Januar  1118  finden  wir  ihn  zu  Praeneste.  'Incautis 
hostibus'  dringt  er  darauf  'Romam  in  porticum'  ein.  Die 
förmliche  Belagerung  der  Stadt  Avird  vorbereitet.  Trastevere 
bereits  genommen.  Aber  'biduo  post  reditum'  stirbt  am 
21.  Januar  (1118)  der  Papst  in  der  Engelsburg.  Der  Churer 
Brief  n.  19  ist  datiert  vom  19.  Januar  'in  Porticu  beati  Petri'. 
Es  kann  keine  Frage  sein,  dass  er  zwei  Tage  vor  dem  Tode 
des  Papstes  geschrieben  ist.  Da  ist  charakteristisch,  wie  der 
Inhalt  des  Schreibens,  ich  möchte  sagen  jedes  Wort,  die  un- 
ruhige Hast  und  Abspannung  des  vor  dem  Tode  stehenden, 
noch  mit  gewaltigen  kriegerischen  Plänen  beschäftigten  Greises 
athmet.  'Multis  multotiens  negotiis  impediti  habere  omnium 
memoriam  non  valemus'  beginnt  er,  und  für  die  Erledigung 
des  Augsburger  Processes  hat  er  kein  Interesse  mehr.  Er 
giebt  die  Entscheidung  über  Bischof  Hermann  dem  Churer 
Bischof  Wido  anheim. 

Mit  nicht  geringerer  Sicherheit  können  wir  n.  18  datieren. 


200  Zur   Chronologie   einiger  Papstbriefe. 

In  ihm  erbittet  Bischof  Wido  vom  Papst  Pascbal  Verhaltungs- 
massregeln  über  Augsburg,  worauf  ihm  dann  eben  der  Bescheid 
von  n.  19  wird.  Wido  ist  voll  dankbarer  Freude,  dass  der 
Allmächtige  seine  Kirche  'nunc  quoque  restituta  valetudine 
tua'  getröstet  habe.  Wann  war  nun  Pascbal  krank,  so  ernst- 
lich krank,  dass  solch'  eine  Aeusserung  gerechtfertigt  erscheint? 
Petrus  von  Pisa  weiss  nur  von  einer  schweren  Krankeit,  die 
den  Papst  befiel,  als  er  im  letzten  Herbst  seines  Lebens  (1 1 17) 
aus  Campanien  an  der  Spitze  seiner  Truppen  gegen  Rom  zieht. 
Die  ausserordentliche  Hitze  hatte  ihn  bereits  völlig  erschöpft; 
'uti  senex  et  qui  erat  in  castris  debilior'  kam  er  nach  Anagni 
und  hier  warf  ihn  die  Schwäche  derartig  nieder,  dass  er  kaum 
noch  im  Bette  in  aufrecht  sitzender  Lage  gehalten  werden 
konnte,  und  dass  die  Aerzte  seinen  Tod  erwarteten.  Seine 
an's  Wunderbare  grenzende  plötzliche  Wiederherstellung  setzt 
auch  unsern  Berichterstatter  in  nicht  geringes  Erstaunen.  Als 
diese  in  Chur  bekannt  Avurde,  hat  AVido  seinen  Brief  geschrie- 
ben.    Es  muss  Ende  1117  gewesen  sein. 

In  diesem  Briefe  nimmt  nun  Wido  speziell  auf  n.  17  (Jaffe 
4835)  Bezug.  In  n.  17  sagt  Pascbal  dem  Decan  und  den 
Canonikern  von  Augsburg:  'Precipimus  ergo,  ut  ipse  (Wido) 
causam  omnem  diligentius  audiat  et  si  episcopus  vester  (Heri- 
mannus)  rerum  ecclesiasticarum  et  pervers^  conversationis 
emendationem  fecerit  et  de  ahis,  que  obiecta  sunt,  tercia  epi- 
scoporum  vel  quinta  presbyterorum  manu  se  purgaverit,  restitu- 
tionem  interdicti  sibi  officii  consequatur'.  In  n.  18  schreibt 
daraufliin  Wido:  'Expurgationem  episcopi  de  adulterio,  sicut  in 
litteris  illuc  (Augustam)  directis,  precepisti,  recepi'  und  später: 
'Episcopum  ad  emendationem  distractionis  rerum  ecclesiastica- 
rum abunde  cohortatum,  de  perversa  vita  et  ceteris,  qu^  scrip- 
sisti,  diligenter  commonui'.  Es  ist,  dächte  ich,  unverkennbar, 
dass  n.  18  sich  auf  n.  17  bezieht,  dass  n.  18  eine  vmmittelbare 
Folge  von  n.  17  ist  und  geschrieben  sein  muss,  sobald  die  in 
n.  17  gegebenen  Aufträge  ausgeführt  M-aren.  Wäre  n.  17  nicht 
datiert,  man  würde  diesen  Brief  mit  völliger  Sicherheit  in  die 
erste  Hälfte  des  Jahres  1117  setzen.  Aber  n.  17  ist  datiert,  trägt 
das  Datum  Benevent,  April  1;  Pascbal  II.  ist  1117  in  dieser 
Zeit  in  Benevent,  wie  andere  Urkunden  aussagen,  gewesen, 
wie  kann  noch  ein  Zweifel  sein,  ob  n.  17  etwa  1113  geschrieben 
ist  —  nur  deshalb,  weil  1113  der  Papst  auch  in  Benevent 
war?  Ein  vierjähriger  Zwischenraum  zwischen  n.  17  und  n.  18 
ist  undenkbar.  Giesebrecht  selbst  wird  heute  an  seiner  An- 
nahme nicht  mehr  festhalten  wollen. 

Von  dieser  völlig  sicher  gestellten  Basis  aus,  müssen  wir 
die  Chronologie  der  andern  auf  die  Augsburger  Angelegenheiten 
bezüglichen  Schreiben  herstellen.     Dabei   ist  gegen  Löwenfeld 


Zur  Chronologie  einiger  Papstbriefe.  201 

zu  bemerken,  dass  ein  bedeutendes  Moment  des  Processes  die 
von  ihm  ganz  bei  Seite  gelassene  Adulterium -Klage  bildet.  Wie 
Löwenfeld  überhaupt  die  Narratio  Udalscalci,  die  Jaffe  mit 
Recht  zu  den  bedeutendsten  Schriften  des  Mittelalters  zählt, 
unterschätzt,  so  thut  er  ihr  besonders  Unrecht,  wenn  er  sie 
tadelt,  'dass  sie  so  ohne  Weiteres  einen  Ankläger  des  Bischofs 
mit  einem  beleidigten  Ehegatten  zusammenwirft'.  Udalschalk 
hatte  treffliche  Beziehungen,  die  ihn  von  allem  Wissenswerthen 
in  Kenntnis  setzten,  er  muss  ein  Augsburger  Cartular  gehabt 
haben,  aus  dem  er  seine  vielen  Dokumente  entnahm;  Angaben, 
wie  die  über  den  Bruder  des  Bischofs  Wido  von  Chur,  durch 
dessen  Einlluss  der  Process  an  Wido  übertragen  sei,  werden 
auch  dui'ch  die  Churer  Briefe  gestützt  (aus  n.  18  ersehen  wir, 
dass  Wido  von  seinem  kürzlich  aus  Italien  heimgekehrten 
Bruder,  dem  Canoniker  Conrad  von  Augsburg,  den  Auftrag 
zum  dortigen  Eingreifen  erhielt).  Auch  in  der  Adulterium- 
Sache  stützen  im  Wesentlichen  sich  die  Angaben  der  Briefe 
und  Udalschalks.  Nun  ist  von  dieser  Adulterium  -  Klage  eine 
andere  Klage,  die  schon  längere  Zeit  bestand,  zu  trennen,  näm- 
lich die  drei  capitula  (Paschain.  17:  'Diu  est  quod  apud  nos 
de  tribus  capitulis  fuit  impetitus'),  Beschwerden  über  uncano- 
nische  Wahl  und  Consecration,  über  schlechte  Sitten  und  über 
Verschleudern  von  Kirchengut.  Dieser  Drei -Kapitel -Klage 
soll  er  durch  Emendatio  abhelfen,  der  Adulterium -Klage  durch 
Purgatio.  Erstere  war  bereits  in  Vergessenheit  gerathen,  als 
der  Papst  bei  Gelegenheit  des  zweiten  Momentes  auf  sie  zu- 
rückkommt. Die  Klage  auf  adulterium  (Paschal  n.  15:  'Cum 
nuper  ante  nos  diffamaretur  episcopus')  bleibt  der  Natur  der 
Sache  nach  in  den  Briefen  unklar;  auch  Udalschalk  hellt  deren 
Grund  nicht  völlig  auf. 

Nur  auf  die  Capitula  imd  nicht  auf  das  Adulterium  bezie- 
hen sich  bei  Udalschalk  c.  14.  15,  Jaffe  4544  u.  4551.  Davon 
ist  der  erste  Brief  von  1106,  Nov.  22,  der  zweite  von  1107, 
Febr.  6,  beide  in  ihrer  Datierung  ganz  sicher.  Also  die 
Worte  Paschais  'Diu  est'  etc.  vom  Jahr  1117  beziehen  sich 
auf  1106. 

Nicht  so  einfach  ist  der  Termin,  wann  die  Adulterium-Klage 
auftritt,  zu  ermitteln.  Ja  wir  stossen  bei  ihm  auf  Widersprüche, 
die  überhaupt  unlösbar  sind  und  die  hervorgehoben  werden 
müssen,  um  klar  in  die  Verhältnisse  zu  sehen.  Wenn  Paschal 
in  n.  17  im  Jahre  1117  sagte  'Itaque  cum  nuper  idem  diffa- 
maretur episcopus',  so  bezieht  er  sich  augenscheinlich  auf  das 
Advilterium.  Ebenso  deutlich  aber  gehen  seine  Worte  bei 
Udalschalk  c.  17,  Jaffe  4822,  er  habe  vor  5  Jahren  Hermann 
suspendiert,  weil  er  'purgationis  debitum'  nicht  geleistet  habe, 
auf  das  Adulterium  zurück.  Das  'nuper'  und  'ante  quinquennium' 


202  Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe. 

stehen  in  unvereinbarem  Gegensatz  0.  Kücken  wir  den  Brief 
J.  4822  soweit  wie  möglich  an  n,  17  heran,  so  bleibt  als  äusser- 
ster  Termin  (da  J.  4822  vom  23.  Nov.  datiert  ist):  1116,  Nov. 23. 
Der  Brief  ist  datiert  aus  Rom.  Da  macht  Giesebrecht  (HD, 
1211)  geltend,  und  Löwenfeld  schliest  sich  S.  593  ihm  an,  dass 
ein  anderer  Brief  Paschais,  Jaffe  4821,  vom  selben  Tage  nicht 
aus  Rom,  sondern  aus  Trastevere  datiert  sei.  Die  Möglichkeit 
jedoch,  in  Rom  an  demselben  Tage  auf  dem  rechten  und  auf 
dem  linken  Ufer  des  Tiber  einen  Brief  auszustellen,  scheint 
mir,  da  Paschal  wieder  im  ruhigen  Besitz  der  Stadt  am  Ende 
des  Jahres  1116  war  (vgl.  Falco  Beneventanus),  unbestreitbar 
zu  sein.  Rechnen  wir  von  diesem  äussersten  Termin  für 
Jaffe  4822  das  quinquennium  ab,  so  würde  spätestens  im  No- 
vember 1111  die  Adulterium-Klage  aufgenommen  sein.  Auf  das 
Konzil  von  Guastalla  1107,  wie  bis  dahin  angenommen  wurde, 
(weshalb  auch  Jaffe  4822  quinquennium  in  'decennium'  ver- 
bessern wollte),  und  wie  Löwenfeld  richtig  in  Abrede  stellt, 
kann  sich  der  Brief  vom  23.  Nov.  nicht  beziehen,  Aveil  dort 
nicht  davon  gesprochen  wurde,  dass  Hermann  ad  statutum  ter- 
minum  nicht  kam,  und  besonders  weil  dort  gar  nicht  von  der 
Purgatio  die  Rede  sein  konnte.  Aber  auch  später  als  1114 
würde  schon  wegen  Richards  von  Albano  das  Adulterium  nicht 
anzusetzen  sein,  da  dieser  nach  J.  4822  vom  Papst  mit  dem  Vor- 
gehen gegen  Hermann  beauftragt  wurde  und  1114  stirbt.  Auf 
eine  Zeit  von  drei  Jahren  müsste  auch  schon  aus  diesem  Grund 
das  'nuper'  in  n.  17  bezogen  werden,  Avas  auch  an  sich  auf- 
fidlig  genug  ist. 

Der  Tod  Richards  ist  zugleich  ein  weiterer  Grund,  J.  4822 
nach  1114  anzusetzen;  er  wird  hier  bereits  'beatae  memoriae' 
genannt.  Aber  die  einzige  Möglichkeit,  unsere  hypothetische 
Ansetzung  von  J.  4822  gerade  zu  1116  und  demgemäss  die 
Zeit  des  Auftrages  an  Richard,  resp.  des  ersten  Auftretens  des 
Adulterium  zu  1111  weiter  zu  stützen,  ist  der  Nachweis,  dass 
Richard  damals  diesseits  der  Alpen  war.  Wir  finden  nun 
Richard  im  Jahre  1110  in  Frankreich  und  zwar  bis  Ende  des 
Jahres :  am  24.  Mai  hielt  er  ein  Konzil  in  Clermont,  nach  Pfingsten 
(Mai  30.)  war  er  in  Toulouse,  zu  S.  Benoit  an  der  Loire  am 
1.  October.  Darauf  scheint  er  aus  Frankreich  fortgereist  zu 
sein,  auf  dortigen  Konzilien  begegnen  wir  ihm  nicht  mehr. 
Trotzdem  ist  er  1111  noch  nicht  in  Italien  gewesen.  Dies  können 
wir  aus   dem   Brief  Johanns   von   Tusculum   an   Richard   von 


1)  Auf  Jafife  4823  Udalschalk  c.  18,  wo  Paschal  II.  schreibt:  'Super 
caetera  horrenda  et  infamia,  quae  de  persona  Aug-ustensis  iam  dudum  ad 
sedis  apostolicae  audientiani  perlata  sunt'  leg-e  ich  hierbei  kein  Gewicht, 
weil  hier  die  3  Kapitel  (caetera  horrenda)  und  das  Adulterium  (infamia) 
zusammeng-efasst  sind.  »Sollte  *iam  dudum'  sich  auch  wirklich  auf  die 
Infamie  beziehen,  so  g-ehört  diese  Stelle  neben    das    'ante  quinquennium'. 


Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe.  203 

Albano  (Baronius  ad  1111  n.  XII)  erkennen,  dies  bestätigt  die 
Liste  der  Cardinäle,  welche  am  11.  April  1111  den  Eid  Paschals 
confirmierten  und  in  der  Richard  fehlt  (vgl.  Annales  Roniani), 
dies  sagt  vor  Allem  ausdrückhch  Wilhelm  von  Malmesbury, 
indem  er  berichtet,  dass  bei  der  Consecratio  regis  1111  das 
Gebet  aus  dem  Ordo  vom  Bischof  von  Ostia  gesprochen  wurde 
'quoniam  Albanus  deerat'.  Es  passte  Richards  langsame  Rück- 
reise durch  Deutschland  trefflich  zu  unserer  Annahme'). 

Wir  wissen  nun,  dass  die  Inquisition  über  das  Adulterium 
zuerst  dem  Erzbischof  von  Mainz  vom  Papst  übertragen  ist 
und  Udalschalk  theilt  uns  c.  18  den  Befehl  Paschals  (Jaffe  4823) 
mit.  Jaffe  setzt  diesen  undatierten  Brief  zum  Nov.  1116, 
wobei  ihm  Will  (Mainzer  Regesten  S.  253)  und  auch  Löwenfeld 
folgen.  Wenn  wir  bedenken,  dass  schon  am  1,  April  1117 
die  Inquisition  an  Wido  von  Chur  gegeben  wird,  so  scheint 
diese  Ansetzung  Jafifes  entschieden  zu  spät.  Udalschalks  Moti- 
vierung für  diesen  Wechsel  des  Inquisitors  trägt  alle  Merkmale 
der  Wahrscheinlichkeit  an  sich,  ist  aber  doch  nur  so  zu  ver- 
stehen, dass  der  Auftrag  an  Chur  kam,  als  der  an  Mainz  er- 
folglos geblieben  war.  Da  muss  denn  mehr  als  die  Zeit  von 
kaum  einem  halben  Jahr  zwischen  Jaffe  4823  u.  4835  liegen. 

Ist  der  erste  Befehl,  sich  zur  Purgatio  zu  stellen,  an 
Richard  von  Albano  c.  1111  ausgegangen,  so  mag  in  einem 
der  nächsten  Jahre  darauf  wegen  Nichterscheinens  Hermanns, 
das  päpstliche  Schreiben  an  Mainz  erlassen  sein.  Und  erwägt 
man,  dass  Adalbert  von  Mainz  vom  Dec.  1112  bis  Dec.  1115  im 
kaiserlichen  Kerker  gefangen  sass,  so  kann  es  sich  nur  um  1112 
oder  1116  handeln.  Im  Jahr  1116  scheint  aber,  auch  abgesehen 
von  dem  kurzen  Raum  zwischen  Jaffe  4823  u.  4835,  wenn 
wir  den  Worten  des  Königs  Heinrich  V.  trauen  dürfen  (Mon. 
Bamb.  Jaffe  p.  307),  das  Verhältnis  zwischen  dem  Papst  und  dem 
Mainzer  Erzbischof  ein  äusserst  gespanntes  geworden  zu  sein. 
So  werden  wir  auf  1112  beschränkt.  Sagt  Paschal  an  Adalbert: 
'Super  caetera  horrenda  et  infamia  de  persona  Augustensis  iam 
dudum  perlata  sunt',  so  kann  das  'iam  dudum'  sich  hier  im 
Jahr  1112  nur  auf  die  drei  Kapitel  von  1106  (caetera  horrenda) 
nicht  auf  das  ihm  erst  vor  etwa  einem  Jahr  mitgetheilte  Adul- 
terium (infamia)  beziehen.  Adalbert  von  Mainz  beruft  nun  auf 
den  päpstlichen  Befehl  hin  die  Augsburger  zu  einer  Würz- 
burger Curia.  Ein  neuer  Anhaltspunkt  für  die  Datierung, 
wenn  in  den  Regesten  Adalberts  (vgl.  Will,  Mainzer  Regesten) 
diese  Curie  erwähnt  wäre.  Nur  bemerken  will  ich,  dass  Adal- 
bert am  11.  Januar  1112  zu  Merseburg  in  einem  ungedruckten  (?) 
Kaiserdiplom    (Stumpf   3080)     als    Recognoscent     urkundlich 


1)  In  den  Bullen  Paschals  fehlt  unter  den  Subscribenten  Richard  von 
1107,  Febr.  27.  (J.  4554)  —  1113,  Febr.   13.  (J.  4702). 


204  Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe. 

bezeugt  ist.  Aber  falls  auch  'Merseburgensis'  nicht  für  'Werze- 
burgensis'  (so  schreibt  Udalschalk  in  dem  Brief  Adalberts)  zu 
lesen  ist,  ein  Aufenthalt  desselben  in  Würzburg  hat  im  Jahr 
1112  ebenso  Avenig  Befremdendes  als  1116. 

Wir  hätten  dann  also  folgende  Liste  der  Daten: 

Udalsc.  c.  14  (J.  4544)  von  1106,  Nov.  22 1). 

Udalsc.  c.  15  (J.  4551)  von  1107,  Febr.  6'). 

Auftrag  an  Richard  von  Albano  von  c.  1111. 

Udalsc.  c.  18  (J.  4823)  von  1112  2). 

Udalsc.  c.  19  (Adalbert  an  die  Augsburger)  von  1112*). 

Udalsc.  c.  17  (J.  4822)  von  1116,  Nov.  23  4). 

CW  LZi  n.  n!  (J-  4835)  von  1117,  April  Is). 

Churer  Samml.  n.  18  von  1117,  Ende  des  Jahres. 

Churer  Samml.  n.  19  von  1118,  Jan.  19"). 

Ich  glaube,  dass  sämmtliche  Schwierigkeiten  durch  meine 
Ansetzung  gehoben  sind  —  Schwierigkeiten,  die  besonders 
dadurch  entstanden,  dass  der  Brief  J.  4822  in  der  Narratio, 
wie  auch  Löwenfeld  ganz  richtig  erkannte,  in  eine  verkehrte 
Ordnung  gerathen  ist  (in  cap.  17  statt  hinter  cap.  18  u.  19). 
Auch  die  Angaben  über  das  erste  Interdict  und  seine  Auf- 
hebung stimmen  zu  der  obigen  Liste,  —  imr  ein  wunder  Punkt 
bleibt,  den  ich  nicht  heilen  kann,  dass  sich  nuper  am  1.  April 
1117  auf  eine  Sache  bezieht,  die  der  Papst  bereits  c.  1111 
weiss.  Derselbe  Uebclstand  ist  aber  auch,  freilich  ohne  dass 
er  bemerkt  wurde,  in  sämmtlichen  anderen  Ansetzungen  vor- 
handen. Nach  Löwenfeld  hätte  sich  das  nuper  gar  von  1117, 
April  1,  auf  1109  oder  1110  zu  beziehen  (denn  1114  oder 
1115,  Nov.  23,  lässt  er  den  Papst  'ante  quinquennium'  sagen). 
Nach  Giesebrecht  geht  nuper  von  1113,  April  1,  auf  1105 '). 
Nach  Jaffe  von  1117,  April  1,  auf  1111.  Ob  vielleicht  statt 
nuper  'insuper'  zu  lesen  sei,  muss  ich  dahingestellt  sein  lassen. 


Ich  wende  mich  sodann  zur  Composition  der  Churer 
Sammlung,  für  deren  Autor  uns  die  obige  genauere  Bespre- 
chung der  drei  Briefe  n.  17.  18.  19.  den  günstigsten  Eindruck 
gemacht  hat.  Die  Reihenfolge  dieser  drei  Briefe  war  eine 
unzweifelhaft  chronologisch  richtige.    Meine  bei  der  Publication 


1)  Ebenso  Jaffe,   Giesebrecht,  Löwenfeld.         2)  Jaffe  zum  Nov.  1116, 
Giesebrecht  (Gebelc)   Sommer  1112.  Löwenfeld   c.  1116.  3)  Lüwenfeld 

c.   1116.  4)  Giesebrecht   1110,  Nov.   23,  Jaffe  1116,  Nov.   23,   Löwen- 

feld   1114    oder    1115,    Nov.   23.  5)  Jaffe    und    Löwenfeld    wie    oben, 

Giesebrecht    1113,   April   1.  6)    Löwenfeld    ebenso.  7)    So    genau 

5  Jahre  von  1110,  Nov.  23,  abgerechnet.  Freilich  fasst  Giesebrecht  das 
quinquennium  etwas  freier  auf  und  zählt  von  der  Synode  von  Guastalla 
1106,  Oct.,  bis  1110,  Nov.  23,  fünf  Jahre. 


Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe.  205 

kurz  ausgesprochene  Ansicht  ist  nun,  dass  überhaupt,  von 
kleinen  Abweichungen  abgesehen,  der  Autor  der  Sammlung 
seine  24  Briefe  chronologisch  geordnet  hat,  Löwenfeld  macht 
dagegen  Opposition.  Er  giebt  S.  598  eine  Liste  derjenigen 
von  den  24  Briefen,  welche  sich  ihm  als  sicher  datierbar  er- 
wiesen haben  und  kann  dann  freilich  bei  der  Uebersicht  dieser 
Daten  den  Schluss  nicht  verkennen,  dass  ein  Versuch,  die 
Sammlung  chronologisch  zu  ordnen,  gemacht  worden  sei,  ist 
aber  doch  der  Meinung,  dass  der  Sammler  nur  eine  geringe 
Autorität  besitze  und  dass  das  Schema,  Avelches  die  datierbaren 
Briefe  gewähren,  keineswegs  genüge,  um  auch  den  sonst  un- 
datierbaren  einen  festen  Platz  anzuweisen. 

Ich  kann  für  meine  Hypothese  mich  mit  dem  zufrieden 
stellen,  was  Löwenfeld  als  Facit  aus  den  datierbaren  Briefen 
gewinnt:  der  Versuch  einer  chronologischen  Reihe  ist  gemacht. 
Es  wird  nun  von  vornherein  einleuchten,  dass  bei  sonst  ganz 
undatierbaren  Briefen  auch  selbst  der  Versuch  der  chronologi- 
schen Ordnung  von  einem  Sammler  im  12.  Jahrhundert  vor- 
genommen, uns  für  die  Chronologie  dieser  Briefe  nicht  gleich- 
gültig sein  darf.  Ich  kann  sodann  betonen,  was  Löwenfeld 
fortfahrend  bemerkt:  woher  es  ferner  kommt,  dass  in  den 
5  Briefen  Calixts  (n.  20 — 24,  d.  h.  den  letzten  der  Sammlung) 
nur  eine  einzige  Umstellung  nöthig  ist,  lasse  ich  ununtersucht. 
Spricht  es  doch  entschieden  für  meine  Hypothese,  dass  eben 
in  diesen  Briefen,  zu  denen  wir  die  letzten  6  Briefe  Paschais 
(14 — 19),  auch  nach  Löwenfelds  Liste,  zuzählen  dürfen,  die 
richtige  Reihe  im  Ganzen  gewahrt  ist,  wie  wir  heute  nach 
dem  Itinerar  der  Regesten  und  anderen  Indicien,  die  alle  dem 
Sammler  des  12.  Jahrhunderts  nicht  zu  Gebote  standen, 
sicher  beurtheilen  können.  Ich  kann  schliesslich  mich  darauf 
berufen,  dass  die  auf  den  letzen  Zeilen  von  Löwenfeld  mit- 
getheilten  Annäherungsdaten  der  übrigen  Briefe  n.  1 — 13  (ab- 
gesehen von  n.  2)  auch  meine  Ansicht  nicht  widerlegen,  da  sie 
in  ihren  Grenzwerthen  überall  die  chronologische  Reihe  zulassen, 
ja  in  drei  Fällen  (n.  6.  9.  11)  diese  entschieden  stützen.  Doch 
abgesehen  von  Alledem,  glaube  ich,  dass  auch  die  Einwen- 
dungen Löwenfelds  gegen  die  Briefe  n.  2.  16.  24,  die  von  ihm 
abweichend  datiert  werden,  nicht  stichhaltig  sind. 

Nr.  2  mit  der  Einladung  zur  Römischen  General synode 
zum  4.  März,  sagt  Löwenfeld,  dürfte  'mit  Sicherheit'  zum  Jahr 
1116  gehören.  Ich  hatte  es  zu  1110  gesetzt.  In  beiden  Jahren 
1110  wie  1116  sind  im  März  Synoden  zu  Rom  abgehalten 
worden,  in  beiden  Jahren  aber  nach  unsern  Quellen  nicht  am 
4.  März.  Zu  1116  haben  wir  genaue  Nachrichten  über  die 
einzelnen  Tage  bei  Eckehard:  die  Synode  dauerte  vom 
6—11.  März  (Jaflfe  p.  512.  513).  Zu  1110  zunächst  nur  ein 
zusammenfassendes  Datum  vom  7.  März  beim  Annalista  Saxo 


206  Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe. 

und  in  den  Hildesheimer  Annalen  (J.  p.  500).  Dass  aber  das 
Konzil  von  1110  an  nur  einem  Tage  abgehalten  worden  sei, 
ist  bei  den  vielerlei  Beschlüssen  unwahrscheinlich  und  erleidet 
gradezu  Widerlegung  durch  das  Chronicon  Senonense  s.  Petri 
vivi  (citiert  von  Watterich  II,  45)  wo  es  heisst:  'III.  Nonas 
Mart.'  sei  die  Synode  zusammengekommen,  d.  h.  am  5.  März. 
Genau  geht  die  Einladung  also  weder  zu  1116  noch  zu  1110. 
Immerhin  steht  1110  dem  Termin  näher.  Nun  haben  wir  frei- 
lich ein  datiertes  Schreiben,  welches  zum  Konzil  von  1116 
zum  4.  März  einladet  (Jaffe  4777).  Aber  es  leuchtet  ein,  dass 
ebenso  gut,  wie  1116  der  ursprüngliche  Termin  sich  um  2  Tage 
verschob,  auch  1110  er  nicht  eingehalten  zu  sein  braucht, 
und  falls  wir  auch  an  der  Nachricht  des  Chronicon  Senonense 
festhalten,  trotz  ihres  factischen  Beginnes  am  5.  März  zur 
Synode  von  1110  recht  wohl  zum  4.  ]\Iärz  eingeladen  sein 
kann.  Wurde  doch  1116  zum  4.  März  geladen,  wo  sicher  der 
Termin  nachher  sich  um  2  Tage  verschob.  Und  ist  nach 
unsern  Quellen  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass  das 
Konzil  schon  am  4.  begann:  warum  soll  nicht  da  auch  zum 
4.  geladen  worden  sein?  Was  mich  aber  seiner  Zeit  bestimmte 
und  woran  ich  auch  heute  noch  festhalte,  ist  der  Vergleich 
zwischen  dem  Inhalt  des  Briefes  und  den  Beschlüssen  der 
Konzilien.  Dieser  Vergleich  ist  bei  dem  Brief  n.  2  günstiger 
für  1110.  'Pro  qnibusdam  ecclesi^  casibus,  propter  quos  eam 
potentes  occupant  et  affligunt  et  sibi  quasi  secularia  vindicare 
contendunt'  was  Paschal  an  Wido  als  Thema  des  Konzils  hin- 
stellt, correspondiert  genau  mit  dem  Beschluss  der  Synode  von 
1110:  'Si  quis  ergo  principum  vel  aliorum  laicorum,  disposi- 
tionem  vel  donationem  rerum  sive  posessionem  ecclesiasticarum 
sibi  vindicaverit ,  ut  sacrilegus  iudicetur'  (Annalista  Saxo). 
Vergleicht  man  hiermit  die  Einladung,  die  Paschal  zur  Synode 
von  1116  schickt,  so  scheint  mir  diese  zwar  in  ebenso  nahem 
Verhältnis  ihrerseits  zu  den  Konzilsacten  von  1116  zu  stehen, 
aber  Einladung  und  Acten  von  1116  sind  anders,  als  Einladung 
und  Acten  von  1110. 

Nr.  16  will  Lüwenfeld  zum  16.  April  1114  setzen;  mein 
Datum  lautete  1116,  April  16,  Ich  bin  jetzt  geneigt,  beide  Daten 
für  unmöglich  zu  halten.  1114  ist  zu  früh,  1116  zu  spät.  Da 
der  16.  April  und  die  Ausstellung  vom  Lateran  gesichert  ist, 
so  dürfte  nun  blos  1115  übrigbleiben.  Meine  frühere  Ansicht 
stützte  sich  auf  die  Bulle  Paschais  vom  29.  Januar  1116;  in 
ihr  befreit  er  die  Abtei  Pfäffers  von  der  Jurisdiction  des  Bischofs 
von  Basel  (Jafie  4803).  Aber  ich  gebe  zu,  dass  nicht  erst 
nach  der  Erledigung  des  Streites,  sondern  noch  während  seines 
Bestehens  der  Befehl  zur  Wahrung  der  Rechte  von  Pfäffers 
an  Wido  geschickt  sein  muss.  Schon  nach  der  Absendung 
seines  dritten  Briefes  an  Bischof  Rudolf  von  Basel  im  Frühjahr 


Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe.  207 

1115,  sagt  die  Narratio  de  libertate  raonasterii  Fabariensis, 
habe  keine  Beunruhigung  des  Klosters  mehr  stattgefunden. 
Auch  das  Ortsdatura,  welches  zu  1116  nach  dem  Bericht  Falcos 
von  Benevent  nicht  der  Lateran  sein  kann,  verbietet  meine 
einstige  Ausetzung.  Umgekehrt  halte  ich  Löwenfelds  April  16, 
1114  für  unmöglich,  weil  am  10.  März  1114  die  kaiserliche 
Urkunde,  die  den  Streit  herbeiführt,  ausgestellt  ist  und  in  dem 
Monat  vom  10.  März  bis  16.  April  dann  Folgendes  nach  der 
Narratio  geschehen  sein  müsste:  der  Bischof  schickt  zum  Abt 

—  von  Basel  nach  Pfäffers  —  ;  der  Abt  geht  darauf  zum  König 

—  von  Pfäffers  nach  Basel  resp.  Strassburg  (vgl.  das  Itinerar 
bei  Stumpf) ;  der  Abt  erweist  vor  dem  Könige  seine  Rechte 
durch  Vorlegung  von  Urkunden ;  es  werden  ihm  neue  Urkunden 
ausgestellt ;  abermalige  Feindseligkeiten  des  Bischofs  von  Basel 
gegen  Pfäffers ;  Reise  eines  Boten  von  Pfäffers  nach  Rom.  Auf 
die  Klage  dieses  Boten  hin  soll  dann  Paschal,  nach  Löwenfeld 
gleichzeitig,  zwei  Briefe,  einen  an  Bischof  Rudolf  und  einen  an 
Bischof  Wido  am  16.  April  geschrieben  haben.  Es  ist  unmöglich, 
die  Ereignisse  derartig  zusammenzudrängen.  Löwenfeld  giebt 
an,  dass  Jaffe  den  in  der  Narratio  ohne  Monats-  und  Tagesdatum 
zum  Jahre  1114  überlieferten  Brief  in  sein  Handexemplar  der 
Regesta  zum  'Juni  oder  Juli'  eingetragen  habe.  Dies  scheint 
mir  das  Minimum  der  erforderlichen  Zeit.  Die  Worte  'pros- 
pere  gradiens  Romam  pervenit',  die  Löwenfeld  aus  der  Narratio 
für  die  'rüstige  Wanderung'  des  Boten  hervorhebt,  bieten 
meines  Erachtens  gar  keine  Lösung  dieser  Schwierigkeit.  Sie 
besagen  eben  nur,  dass  der  Bote  ohne  Unfall  nach  Rom  kommt. 

Halten  wir  so  an  der  Jaffeschen  Datierung  des  Briefes  an 
Rudolf  fest,  so  ist  andererseits  keine  Nothwendigkeit  vorhanden, 
beide  Briefe  gleichzeitig  anzusetzen.  Der  Inhalt  von  n.  16 
könnte  wohl  mit  diesem  ersten  päpstlichen  Befehl  zusammen 
ausgestellt  sein,  aber  kann  auch  ebenso  gut  oder  noch  besser 
später  erlassen  gedacht  werden,  als  nämlich  der  Bischof  von 
Basel  sich  fortdauernd  obstinat  zeigte.  Zum  21.  März  1115, 
hören  wir  in  der  Narratio,  wird  für  den  Bischof  und  den  Abt 
ein  iudicium  in  Rom  über  die  Sache  'Pfäffers'  anberaumt.  Um 
dieses  zu  hintertreiben,  veranstaltet  Bischof  Rudolf  am  12.  März 
zu  Schaffliausen  ein  Colloquium  mit  dem  Abt  und  zu  diesem 
Colloquium  sucht  der  Bischof  auch  Wido  von  Chur  zuzuziehen, 
indem  er  verspricht,  ihm  in  Betreff  Pfäffers  ganz  zu  Willen  zu 
sein  ('quicquid  placeret  episcopo  poUicebatur  se  facturum  super 
Fabariensi  loco').  Der  Versuch  Rudolfs  misslang.  Der  Tag 
zu  Rom  wurde  abgehalten,  und  Rudolf,  der  sich  durch  seine 
Legaten  vertreten  Hess,  erhielt  eine  neue  (dritte)  Vermahnung 
vom  Papst.  Im  Zusammenhang  mit  dieser  dürfte  am  16.  April 
1115  unser  Brief  n.  16  an  Wido  geschrieben  sein.  Dann  passt 
auch  der  Ausdruck  'audivimus',  der  nach  Löwenfelds  Annahme 


208  Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe, 

am  16.  April  1114  zu  den  eben  vorgebrachten  Nachrichten 
nicht  stimmt.  Auch  auf  den  Umstand,  dass  in  dem  kaiserlichen 
Instrument  vom  10.  März  1114,  in  dem  Pfäffers  an  Basel  ab- 
getreten wird,  Wido  von  Chur  unter  den  Intervenienten  ist, 
möchte  ich  hinweisen.  Dies  mit  dem  oben  erwähnten  Briefe 
Rudolfs  an  Wido  zusammengehalten,  zeigt,  dass  Chur  für  die 
Ansprüche  Basels  nicht  ungünstig  gestimmt  war,  aber  nachher 
seine  Auffassung  änderte.  Im  Frühjahr  1114  würde  Paschal 
keinen  derartigen  Befehl,  wie  ihn  n,  16  enthält,  an  Wido  von 
Chur  übersandt  haben. 

Nr.  24  hatte  ich  zum  6.  April  1122  gesetzt,  Löwenfeld 
M'ünscht  den  6.  April  1121.  Er  sagt  'n.  22  und  n.  24  beide 
von  gleichem  Tage  und  gleichem  Ort  gehören  sicher  auch  in 
das  gleiche  Jahr,  beide  sind  hervorgerufen  durch  Wido  von 
Chur.  Ich  muss  gestehen,  nicht  herausfinden  zu  können, 
WMrum,  wenn  Calixt  IL  am  6.  April  im  Lateran  Wido  von 
Chur  antwortet,  er  gehe  auf  seine  Bitte,  das  bischöfliche  Amt 
niederlegen  zu  dürfen,  nicht  ein,  und  ebenso  am  6.  April  im 
Lateran  an  den  Bischof  Wido  von  Como  über  Abstellung  der 
Feindseligkeiten  der  Leute  von  Chiavenna  gegen  Wido  von 
Chur  abermahge  Befehle  ertheilt,  Avarum  diese  beiden  Schrei- 
ben desshalb  vom  gleichen  Jahr  sein  müssen  und  was  hindern 
sollte,  da  sonst  nichts  im  Wege  steht,  n.  22  zum  Jahr  1121, 
n.  24  zum  Jahr  1122  zu  datieren.  Aber  Löwenfeld  nimmt 
diesen  seinen  Satz  als  sicher  an  und  deduciert  weiter,  n.  24 
müsse  ins  Jahr  1121  gehören,  also  auch  n.  22.  Mein  chrono- 
logisches System  bleibt  nun  freilich  gewahrt,  ob  n.  24  zu  1121 
oder  zu  1122  gesetzt  Mdrd.  Aber  aus  den  Worten  'honorifice 
in  Lateranensi  ])alatio  permanere'  ist,  wenn  auch  in  JafFe  5034 
vom  4,  Febr.  1121  ein  ähnlicher  Ausdruck  von  Calixt  IL 
gebraucht  wird  (Jaffe  5024  hätte  von  Löwenfeld  nicht  angeführt 
werden  sollen,  weil  es  dort  nur  'redire'  und  nicht  'permanere' 
heisst)  ist,  meine  ich,  doch  nimmermehr  auf  die  Dauer  dieser 
Permanenz  ein  Schluss  zu  ziehen.  Gerade  dass  Calixt  auch 
Jaffe  5034  von  dem  'redire  ad  Lateranense  palacium'  spricht 
und  in  n.  24  nicht,  kann  uns  stutzig  machen.  Wir  hören  nun 
von  einem  früheren  Befehle  an  Wido  von  Como  in  derselben 
Angelegenheit.  In  ihm  mag  er  über  das  ^redire'  bereits  ge- 
meldet haben.  Und  schliesslich  Löwenfelds  Datum  angenom- 
men, könnte  man  mit  Recht  fragen,  wieso  Calixt  in  n.  22  nicht 
von  n.  24  spricht.  Also  überzeugen  können  mich  Löwenfelds 
Argumente  für  1121  bei  der  Datierung  von  n.  24  nicht.  Ich 
sehe  die  Möglichkeit  von  1121  und  die  von  1122.  Darüber 
wird  man  nicht  hinaus  können. 

Die  Liste  der  Daten  wäre  dann,  wenn  ich  in  gleicher 
Weise  wie  Löwenfeld  das  Datierbare  zusammenstelle: 


Zur  Chronologie  einiger  Papstbriefe.  209 

Nr.     2  von  1110,  Jan.  2. 

„     14     „     1114,  Juni  12. 

„     15     „     1114,  Juni  10. 

„     16     „     1115,  April  16. 

„     17     ,,     1117,  April  1. 

„     18     ,,     1117,  Ende  des  Jahres. 

„     19     „     1118,  Jan.  19. 

„    20     „     1119,  Aug.  11. 

„    21     „     1120,  April  8. 

„     22     „     1121,  April  6. 

„    23     „     1121,  Febr.  4. 

„  24  „  1121.  1122,  April  6. 
Von  den  andern  Briefen  wäre  n.  5,  auf  dessen  Authenticität 
ich  nachher  eingehe,  c.  1111  anzusetzen,  weil  Gebhard  von 
Constanz  am  12.  Nov.  1110  stirbt  und  von  dessen  Nachfolger 
als  einem  'electus'  die  Rede  ist.  Ins  Jahr  1112  aber  weist 
der  Bezug  auf  die  Rücknahme  der  Investiturconvention.  Und 
mit  n.  5  ist  auch  der  Brief  n.  4  bestimmt.  Denn  n.  5  ist  die 
unmittelbare  Antwort  auf  diesen.  Also  n.  4.  5.  passen  genau 
in  den  obigen  Rahmen  hinein.  Nicht  anders  n.  6,  welchen 
Brief  Löwenfeld  selbst  als  c.  1111  bezeichnet.  Er  wird  nach 
dieser  Ansetzung  nichts  dagegen  haben  können,  wenn  wir  ihn 
seiner  Stellung  zu  Folge  auch  ins  Jahr  1112  rücken.  Nr.  7 
(auch  dieses  Stück  ist  von  Löwenfeld  angezweifelt,  worauf 
ich  später  zurückkomme)  und  Nr.  9  setzen  ebenso  den  Ver- 
trag von  1112  voraus  und  sind  nach  1112,  aber  ti'otzdem  nie 
und  nimmer  an  das  Ende  der  Regierung  Paschais  II.  zu 
stellen.  Bei  n.  8  endlich  räumt  auch  Löwenfeld  den  Grenz- 
werth  1110 — 1118  ein,  womit  ebenso  dieser  Brief  also  ganz 
in  den  Rahmen  unserer  obigen  Liste  fiele.  Haben  wir  aber 
nun  an  den  streng  datierten  12  Briefen  die  chronologische 
Climax  constatiert,  haben  wir  an  weiteren  6  Briefen  ersehen, 
dass  sie  der  gleichen  Behandlungsweise  allen  nur  denkbaren 
Vorschub  leisten,  so  wird  jede  methodische  Kritik  auch  diesel- 
ben Bedingungen  für  diese  ferneren  6  Briefe  wie  für  die  letzte 
noch  übrigbleibende  Gruppe,  für  die  gar  nicht  datierbaren 
Briefe  n.  1.  3.  10.  11.  12.  13  annehmen  müssen.  Ich  halte 
also  daran  fest,  in  der  Churer  Briefsammlung  eine  chronologische 
Reihenfolge  zu  erblicken,  und  wenn  auch  im  Einzelnen  bei  den 
undatierbaren  Briefen  kleinere  Modificationen  von  meinen  An- 
setzungen  möglich  sind,  im  Wesentlichen  zeigen  sie  den  Weg 
und  wird  man  sich  nothwendig  bei  allen  Daten  an  die  Grenz- 
werthe,  die  der  Rahmen  unserer  obigen  Liste  erlaubt,  gebun- 
den halten  müssen. 

Ueberlegt  man  aber,  wie  solche  Sammlung  entstehen  kann, 
so  enthält  die  Annahme  einer  chronologischen  Reihenfolge 
nichts  Auffallendes.     Von  einem   Versuch,   d.  h.  einer  beab- 

Neues  Archiv  etc.     VII.  14 


210  Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe. 

sichtigten  Ordnung  der  Briefe,  die  etwa  von  dem  Sammler, 
wie  Löwenfeld  sich  denken  mag,  nach  ihrem  Inhalt  bestimmt 
werden,  braucht  kaum  die  Rede  zu  sein.  Denn  ist  ohne  genaue 
Verbindung  mit  der  Churer  bischöflichen  Kanzlei  überhaupt 
unsere  Sammlung  unmöglich,  so  kann  der  in  der  Kanzlei 
heimische  Autor  zwei  Wege  eingeschlagen  haben  i).  Er  trug 
die  Briefe  in  eine  Art  Chartular  zusammen,  so  wie  sie  ankamen 
oder  wenn  es  Briefe  Widos  betraf,  sobald  sie  aufgesetzt  wai'en, 
—  es  ist  selbstverständlich,  dass  dann  die  richtige  Reihe  auch 
unbeabsichtigt  eingehalten  wurde  — ,  oder  aber  er  fasste  in 
einer  späteren  Zeit  den  Plan,  solche  Sammlung  anzulegen, 
und  nahm  dazu  von  den  Brieforiginalen  der  Päpste  und  den 
Briefconcepten  des  Bischofs  Abschrift.  In  letzterem  Falle  ist 
die  chronologische  Reihe  leichten  Fehlern  gewiss  ausgesetzt,  aber 
bedenken  wir  erstens,  dass  der  mitlebende  Mann  die  Begeben- 
heiten und  ihre  Folge  kannte,  dass  aber  besonders  derjenige,  der 
in  die  Kanzlei  des  Bischofs  durfte,  mit  seinen  Verhältnissen  und 
Acten  genau  vertraut  war,  dass  endlich,  wie  wir  es  noch  heute 
bei  vielen  Originalbriefen  der  Päpste  finden,  auf  den  Rücken  des 
Briefes  sein  Regest  und  sein  Datum  in  den  bischöflichen  Kanz- 
leien notiert  wurden,  so  hat  die  Ordnung  auch  so  bei  der  zweiten 
Annahme  nichts  befremdliches.  Und  nun  wäre  es  gewiss  falsch, 
wie  Löwenfeld  es  thut,  die  dem  1.  und  dem  20.  Briefe  zuge- 
fügten Jahreszahlen  1100  vmd  1119  als  müssiges  Spiel  hinzu- 
stellen, und  den  Umstand,  dass  das  Jahr  1119  erwiesener 
Massen  zu  n.  20  passt,  als  Zufall  zu  bezeichnen  2).  Der  Frage 
Löwenfelds,  warum  der  Corrector  zu  diesen  Briefen  und  nur 
zu  diesen  die  Daten  'berechnet'  habe,  wird  man  die  andere 
mit  gleicher  Berechtigung  entgegenstellen  können,  warum 
unser  Sammler  diese  24  Briefe  und  grade  nur  sie  zusammen- 
stellte. Eine  bündige  Antwort  lässt  sich  auf  Löwenfelds  Frage 
nicht  geben,  aber  muthmassen  kann  man  immerhin,  dass  grade 
bei  diesen  2  Briefen,  die  die  ersten  Paschais  und  Calixts  in 
unserer  Sammlung  sind,  ein  besonderes  Interesse  vorlag,  ihre 
Daten  zu  'berechnen',  d.  h.  in  den  Notizen  auf  der  Rückseite 
der  Originale  nachzusehen,  wann  sie  gegeben  worden  sind. 
Ich  hatte  in  meiner  der  Publication  der  Sammlung  voraus- 

1)  Auf  die  Möglichkeit,  dass  unsere  Sammlung'  keine  planmä.ssig 
angelegte  sondern  eine,  um  diesen  Ausdruck  zu  gebrauchen,  'gewordene' 
sei,  brauche  ich  nach  obigem  nicht  einzugehen.  Gewordene  Sammlungen 
zeigen  das  Zufällige,  Planlose  ihres  Entstehens  in  unverkennbarer  Weise. 
2)  Auch  die  Verbesserung  von  Curiensis  in  Cumanus  in  n.  24  hält 
Löwenfeld  für  so  naheliegend,  dass  auf  die  Qualität  ihres  Urhebers  daraus 
keinerlei  Schluss  zu  zielien  sei.  Ich  meine  umgekehrt,  dass  da  sonst  in 
dem  Briefe  das  Wort  Cumanus  nicht  vorkommt  —  wenn  auch  an  sich 
die  Nothwendigkeit  einer  Correctur  auf  der  Hand  lag  —  nur  ein  mit  den 
Verhältnissen  Vertrauter  gerade  diese  richtige  Correctur  anbringen  konnte. 


Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe.  211 

gehenden  kurzen  Einleitung  angenommen,  dass  manche  der 
Briefe  nur  theiiweise  intact  seien,  fand  in  den  Briefen  n,  1.  2 
Lücken,  und  meinte,  in  diesen,  ebenso  wie  in  den  Briefen  n.  3. 11 
nur  Fragmente  erkennen  zu  können.  Auch  von  dieser  Ansicht 
bin  ich  zurückgekommen,  als  Giesebrecht,  wie  ich  glaube  mit 
Recht,  im  Neuen  Archiv  III,  660  dagegen  Einwendungen  erhob. 
Die  Briefe  sind  im  Wesentlichen  intact,  nur  fehlt  uns  für  viele 
Dinge  der  Zusammenhang.  Löwenfeld  ist  nicht  dieser  Ansicht. 
Er  geht  viel  weiter  als  als  ich  einst  gegangen  war  und  erklärt 
drei  Briefe  n.  4.  5.  7  für  Fälschungen.  Konnte  man  gelegent- 
liche Kürzungen  mit  der  Art  der  Entstehung  in  der  Kanzlei 
verträglich  halten,  wie  Fälschungen  in  sie  eingedrungen  sein 
sollten,  ist  schlechterdings  nicht  ersichtlich. 

Löwenfeld  stützt  seine  Ansicht  nun  bei  n.  4  auf  das  un- 
kanzleimässige  Protokoll,  wogegen  ich  einwende,  dass  einmal 
hier  keine  Originale,  sondern  Abschriften  vorliegen,  deren  Text 
derartige  unwesentliche  Auslassungen  und  Modificationen  leicht 
mit  sich  bringt,  andererseits  aber  unsere  Kenntnis  von  eigent- 
lichen päpstlichen  Briefen,  die  vielleicht  gar  nicht  durch  die 
päpstliche  Kanzlei  gingen  und  auch  nicht  die  strengen  Formen 
zu  wahren  brauchten ,  eine  unverhältnismässig  geringe  ist. 
L.  beanstandet  ferner  das  Wort  'frater'  für  Ulrich  von  Constanz, 
dem  die  päpstliche  Conseci'ation  beharrlich  verweigert  wurde, 
wogegen  ich  einwende,  dass  der  Ausdruck  'frater  ille'  gar 
nicht  auf  Ulrich  zu  beziehen  ist;  endlich  die  ^Septentrionales' 
und  ihren  Abfall,  von  dem  nichts  bekannt  sei.  Ueber  letzteres 
sind  wir  in  der  That  im  Unklaren,  aber  ist  dies  ein  Grund, 
den  Brief  zu  verwerfen?  Falsch  ist  es,  zu  behaupten,  dass 
auch  Wide  von  den  Septentrionales  nichts  wisse.  Im  Gegen- 
theil,  er  hält  sie  für  treu,  und  beklagt  es,  dass  der  Papst  keine 
Gesandtschaft  zu  ihnen  geschickt  habe.  Denkbar  wäre  es, 
dass  auf  Dänische  Vorgänge  (vgl.  Jaffe  4698.  4842)  angespielt 
wäre.  Avich  der  'frater  ille'  scheint  mir  in  die  Kategorie  derer, 
welche  die  plaga  septentrionalis  bewohnen,  zu  gehören.  Mit 
dem  Brief  n.  4  fällt  und  steht  auch  n.  5,  die  Antwort  Wido's 
auf  ihn.  Fälschungen  oder  JSchulübungen  in  beiden  zu  sehen, 
scheint  mir  bei  der  Menge  besonderer  Bezüge  unmöglich. 
Solche  Fabrikate  verrathen  sich  leicht  durch  den  Mangel  an 
Individuellem.  Auffallendere  Bezüge,  wie  hier  der  zu  den 
Septentrionales  werden  aber  gerade  in  ihnen  ganz  vermieden. 

Ebensowenig  überzeugen  mich  Löwenfelds  Gründe,  dass 
n.  7  'in  der  Schule'  entstanden  sei.  Auch  von  dem  Protokoll 
dieses  Briefes  gilt  das  oben  zu  n.  4  Gesagte.  Durch  dies  allein 
ist  schwerlich  der  Beweis  der  Unechtheit  zu  erbringen.  Stil 
und  Inhalt  aber  scheint  mir  gerade  für  Paschais  Art  zu  sprechen. 
Es  ist  seine  gewöhnliche  gewundene  Ausdrucksweise,  die  den 
eigentlichen  Gedanken   mehr   gelegentlich    einschaltet,   als  mit 

14* 


212  Zur  Chronologie   einiger  Papstbriefe. 

besonderem  Nachdruck  hervorhebt.  Wir  erfahren  hier  den 
factischen  Inhalt  nur  in  der  kurzen  Zeile:  'Quos  (sacros 
canones)  amplectentes,  prioribus  (sc.  constitutionibus)  adheremus, 
posteriora  penitus  abdicantes',  immerhin  besonders  für  Wido 
ein  nicht  miszuverstehender  Bezug  auf  die  Investiturbestim- 
mungen. Ein  Schüler,  der  über  dieses  Thema  zu  schreiben 
hatte,  würde  sich  mit  solcher  gelegentlichen  Bemerkung  nicht 
begnügt  haben. 


Ueber  eine  Handsclirift  des  Chronicon  Urspergense. 

Von  H.  Simonsfeld. 

Die  Handschrift  des  Petroneller  Schlossarchivs  Nr.  3  in 
Hochquart  saec.  XV.  enthält  89  Pergamentblätter  (0,16  breit 
und  0,21  hoch,  die  Schrift  0,10  breit  und  0,16  hoch)  und  auf 
fol.  2  —  fol.  85  den  Text  der  Ursperger  Chronik.  Derselbe 
wimmelt  von  schlechten  Lesarten  und  Lesefehlern'),  enthält 
aber  einzelne  bemerkenswerthere  Varianten  und  manche  sti- 
listische Ergänzungen,  die  zu  beweisen  scheinen,  dass  der 
Schreiber  eine  Handschrift  vor  sich  hatte^  Avelche  einer  anderen 
Klasse  angehörte  als  die  bisher  bekannten.  Interessant  ist  auch, 
dass  die  Hand,  welche  ab  und  zu  den  Text  korrigierte,  bis- 
weilen auch  einzelne  Lücken  ergänzte  und  offenbar  identisch 
ist  mit  derjenigen,  welche  auf  dem  Deckel  die  nachstehenden 
Notizen  hinzufügte,  dass  diese  Hand  eine  wiederum  verschiedene 
Handschrift  der  Chronik  benutzt  hat  (cf.  p.  40  u. ;  64  o. ;  69  m. ; 
72  m.;  85  o.;  86  u.;  98  u.;  113  m.;  115  u.;  117  m.)«) 

Auf  der  Innenseite  des  vorderen  Deckels  finden  sich  fol- 
gende Notizen: 

Anno  Domini  millesimo  quadragintesimo  quinquagesimo 
nono  vicesimo  6'"  die  lunii  obiit  generosus  et  nobilis  dominus 
Wilhelmus  de  Gundelfingen  baro,   cuius   anima   vivat  in  celis. 

Anno  Domini  (der  Kürze  halber  gebrauche  ich  arabische 
Ziffern)  1489  vicesimo  quinto  die  Maii  obiit  generosus  et  nobilis 
Degenhardus  de  Gundelfingen  baro,  cuius  anima  sit  cum  Deo. 
Et  Degehardus  (sie !)  et  Wilhelmus  fuerunt  fratres. 

Anno  Domini  1479  quinto  die  Februarii  obiit  generosus 
ac  nobilis  dominus  lohannes  de  Gundelfingen  baro  nee  non 
miles  ordinis  lohannitarum,  cuius  anima  requiescat  in  pace. 
Et  fuit*)  filius  Wilhelmi  de  g.  (Gundelfingen). 


1)  Bisweilen    ein   m- Strich   zu    viel,    bisweilen    zu   wenig,    Vorsilben 
sind  getrennt  z.  B.  in  dempnitatibus;    wenige  Abkürzungen.  2)  Diese 

Citate  beziehen  sich  auf  die  Schulausgabe  der  Ursperger  Chronik,  wo  die 
von  mir  für  die  Monumenta  verfertigte  Collation  der  Petroneller  Hand- 
schrift eingetragen  ist.  Ueber  die  letztere  vergleiche  man  nun  auch 
W.  von  Giesebrecht's  Aufsatz:  'Kritische  Bemerkungen  zur  Ursperger 
Chronik'  in  den  Sitzungsberichten  der  bist.  Cl.  der  k.  bay.  Ak.  d.  W.  1881, 
Bd.  I,  Heft  11.  3)  Wilhelmus  ausgestrichen. 


214        Ueber  eine  Handschrift  des   Chronicon  Urspergense. 

Anno  Domini  1469  octava  die  lanuarii  obiit  generosa  ac 
nobilis  domina  Elisabet  de  Gundelfingen  baronissa  ac  in  Buchow 
canonissa,  cuius  anima  cum  Christo. 

Anno  Domini  1483  octava  die  Decembris  obiit  generosa 
ac  nobili.s  domina  de  Gundelfingen  nata  de  Lupfen  et  uxor 
Wilhelmi  de  Gundelfingen,  cuius  anima  in  pace  requiescat. 

Anno  Domini  1498  obiit  generosa  domina  Magdalena  de 
Gundelfingen  nee  non  canonissa  in  Buchow,  cuius  anima 
requiescat  in  pace. 

Auffol.  1:  Anno  1503  vicesima  quarta  die  (der  Name  des 
Monats  fehlt)  obiit  generosus  ac  nobilis  dominus  Degenhardus 
de  Gundelfingen  baro,  canonicus  nee  non  sacerdos  Constanti- 
ensis  maioris  ecclesie,  cuius  anima  requiescat  in  pace. 

Anno  Domini  1489  obiit  generosus  ac  nobilis  dominus 
leiorius ')  de  Gundelfingen  baro,  debitum  nature  exolvit,  cuius 
anima  cum  Christo  in  pace  requiescat. 

Anno  Domini  1495  obiit  generosa  domina  Walpurga  nata 
de  Kirchberg,  cuius  anima  vivit  cum  Chi'isto.  Fuit  uxor  leorii 
de  Gundelfingen. 

Anno  Domini  1510  circa  festum  Michaelis  obiit  generosus 
comes  Philippus  natus  de  Kirchberg  ultimus,  cuius  anima  cum 
Christo  in  pace  requiescat. 

Darunter  von  Frauenhand  (?)  s.  XVII  oder  XVIII :  Fraw 
Wilhelm  G.(räfin?)  zu  Wolckhenstein  zuegehörrig. 

Auffol.  1''  das  Wappen  der  Gundelfingen  in  Farben  mit 
Goldgrund.  Oben  rechts  mit  rother  Dinte :  Anno  1507  decima 
quarta  die  Februarii  obiit  generosus  ac  nobilis  dominus  Stef- 
fanus  de  Gundelfingen  baro  nee  non  strenuus  miles,  cuius  anima 
in  pace  requiescat. 

Unterhalb  des  Wappens  die  Notiz :  Ex  libris  lacobi  losephi 
Com.  in  Wolckenstein  Anno  1699. 


Nach  fol.  85  folgen  einige  leere  Blätter;  auf  fol.  89  dann 
von  der  nämlichen  Hand  wie  fol.  1  etc.  noch  folgende  Notizen: 

Anno  Domini  1511  (15011)  dux  Wirttenbergensis  Ulricus 
secunda  die  Marcii  uxorem  suam  nobilissimam^)^  genita  (sie!) 
de  Bavaria,  duxit  cum  magna  solemnitate  et  cum  tanta  pompa 
ac  expensis  quod  unquam  auditum  est;  et  dominus  graciosus 
episcopus  Constanciensis^)  matrimonium  solemnisavit  cum  aliis 
prelatis  multis. 

Item  anno  Domini  1511  decima  die  mensis  Maii^)  nobilis 
comes  Werdenbergensis  nomine  Felix  miserabiliter  interfecit 
ultimum    comitem   Andream    de    kSonnenberg,    qui    fuit    valde 


1)  Georg-,  2)  Sabina.  3)   Hug^o    von  Lauclenberg-.  4)    Nach 

Sattler,  Gesch.   des  Herz.   Würtenberg    unter    der  Regierg-.    der  Herzogen, 
Tbl.  I  (17C9),  S    120  am  4,  Mai. 


Ueber  eine  Handschrift  des  Chronicon  Urspergense.        215 

deditus  in  avaricia  et  fuit  quasi  tyrannus  et  vir  bellicosus')  ac 
pronus  ad  iram. 

Item  anno  Domini  1511  fuit  annus  pluvialis^)  a  die  nati- 
vitatis  Doniini  usque  ad  diem  lohannis  Baptiste.  Fontes  erum- 
peraveruut^)  de  montibus  inconsuetos  (?  as  ?)  et  fruges  terre 
omnes  sine  adipe  creverunt  ex  qua  karistia  non  modica 
exorta  est. 

Item  in  prefato  anno  WolfFgangus  Dietericli  de  Kneringen 
circa*)  festum  Corporis  Cristi  rapuit  dominum  magistrum  H.(?)5) 
Zuick,  cononicum  (sie!)  in  summo^)  ecclesie  Constanciensis, 
absque  sui  honoris  provisione.  Et  dedit  eo  (sie!)  cum  suis 
complieibus  duo  milia  florenorum ').  Et  illo  anno «)  surrexe- 
runt  guerras  contra  cleros  Constanciensis  dyocesis^). 

Item  anno  Domini  1512  Wolffgangus  Dietterich  de  Kne- 
ringen  in  (feste  ausgestrichen)  cena  Domini  post  prandium 
venit  ad  edes  magistri  Mathie  Hug  cum  suis  complieibus;  non 
invenerunt  eum;  intraverunt  in  ecclesiam;  invenerunt  adiuto- 
rem  suum  invocantem  Deum;  percusserunt  cum  in  ecclesia, 
ut  ostenderet  eis  dominum  suum,  qui  se  abscondit  in  sacra- 
stiam  ubi  fuit  sacramentum  Eukaristie  iuxta  morem  ecclesie; 
rapuerunt  cum  vi;  duxerunt  cum  ad  castrum  quod  vocatur 
nomine  Frankenburg;  ibi  diu  ligatus  est  in  vinculis.  lUe  pre- 
fatus  inimicus  n oster  non  pepercit  Deo  nee  ecclesie  nee 
non  illo  sacro  tempore.     Sic  miseratur  filii  Deus. 

fol.  89**:  Item  anno  Domini  1512  dux  Wittenbergensis  (sie!) 
in  die  sexto  lulii  dominum  abbatem  Zwipsaltensis  (sie!)  de 
monasterio  suo  vi  rapuit  et  ligatum  duxit  cum  ad  castrum 
NifFan  et  vocavit  dominum  nostrum  gratiosum  Hugonemio) 
episcopum  Constaneiensem,  qui  relaxavit  interdictumi')  18.  die 
lulii;  qui  abbatem,  dominum  leiorium'^)  Piscatorem  sie  vocan- 
tem  (sie!),  episcopo  Constantiensi  presentavit  ut  ipsum  custo- 
diret  cum  in  carceribus  suis. 


Auf  dem  Rücken -Deekel  innen  die  Worte:  Anno  Domini 
1507;  und  im  Eck  oben  links:  Iste  libellus  pertinet  ad  geno- 
logiam  (sie !)  de  Gundelfingen,  von  der  gleichen  Hand,  wie  es 
scheint,  wie  die  anderen  Notizen. 


1)  Hdschr.    bellcosus.  2)    Hdschr.    pluialis.  3)    sie!    korrigiert 

4)  Hdsclir,    cica.  5)    richtig:    Johannes.  6)   d.  h.  nach  constantem 

Sprachgebrauch:    im  Dom,  oder  im  Dombezirk.     W.  7)   Cf.    die  Con- 

stanzer  Bisthumschronik  von  Christoph  Schulthaiss  (ad  ann.  1511)  hgb. 
V.  J.  Marmor  im  Freiburger  Diöcesan -Archiv,  Bd.  8,  S.  81;  und  ebenda 
Bd.  9,  S.  134,  sowie  Trithemius,  Annales  Hirsaugienses  II,  680.  8)  orta 
est  ausgestrichen.  9)  Hdschr.    Constanciesis  dyacesis.  10)  de  Lan- 

denberg. 11)  seil,  ducem,    cf.  Sattler  a.  a.  O.   S.   131.  12)  Georg, 

cf.  Bruschius,  Chronologia  Monasteriorum  Germ. 


Verse  auf  König  Rudolf. 

Mitgetheilt  von  VV.  Meyer. 

Diese  Verse  befinden  sich  im  Cod.  lat.  Monac.  27088 
(fol.  84),  welcher  aus  dem  Reichsarchiv  in  die  Bibliothek  ge- 
kommen ist.  Es  ist  ein  Bombycincodex,  der  hauptsächlich 
verschiedene  Compendien  der  Bibel  enthält.  Ausser  diesen 
Versen  stehen  noch  mehrere  nicht  historische  darin. 

Der  Verfasser  des  einen  Gedichtes  klagt: 

Hac  prelatura  mihi  cerno  gravamina  plura. 

Die  Anfangsbuchstaben  eines  anderen  geben:  Domino 
Emchoni  episcopo  Frisingensi  (1283 — 1311).  Ein  drittes  'Sacri- 
legis  monachis  raptoribus  ecclesiarum'  ist  das  (mit  der  Vai'iante 
emptoribus)  bei  Flacius  p.  499  imd  bei  Fabricius,  Bibl.  med. 
et  inf.  Latin.  III,  321  unter  dem  Namen  des  Gualo  gedruckte. 
Sonst  sind  noch  besonders  sprichwortähnliche  Verse  darin. 

Die  folgenden,  1276  entstandenen  Verse  scheinen  noch 
unbekannt  zu  sein,  und  sind  zur  Charakteristik  der  Situation 
und  Stimmung  nicht  unwichtig. 

Rome        Rudolfus  Rex  Regnet  Regula      Regum 

Rudolfus  Regnet      Revocans     Rex  Regia        Regna 

~  ~  -  -  -  -  Revocando  Regna       Reformes 

Regna  Rebellia    Rome 

Rebellia        Robore      Rumpe 
Rome  Rumpe      Rebelles. 


Rex 

Regnet 
Regula 


Revocas 
Rex 
Regia 
Regum      Regna 


Rigidos 

Revocando 

Regna 

Reformes 
Rex')  Rudolfe  vale!  tibi  sit  decus  inperiale 
Et  regnum  tale,  nulli  sub  sidere  quäle. 
Gracior  accrescet  tibi  gloria,  pax  revirescet, 
Inperium  crescet,  pieps  te  regnante  quiescet. 
Recta  statuta  leges:  est  2)  ius  tibi  condere  leges 
Vi  tua  regna  reges,  ut  facta  tremant  tua  reges. 
Ductor  victricis  aquilae  timor  hie  inimicis, 
Orbis  felicis  rector,  lex  pacis  amicis. 


1)  Acrostichon:  Regi  Kudolfo.         2)  Zuerst:  qui. 


Verse  auf  König  Rudolf.  217 

Laus  tua  septenis  titulis  iam  crevit  amenis: 
Fac  quod  et  eflfrenis  rex  ille  Bohemus  habenis 
Orbatus  plenis  ablata  refundat  egenis. 

Winna  tuum  fanum  fallit,  tua  somnia  sanum 
Celant  archanum,  videt  et  tua  visio  vanum. 
Regem  Eomanum  spernis,  quod  crede  profanum. 
Huic  superne  J)  manum:  dabitur  tibi  copia  panum, 
Ne  murum  planum  det  bellum  cottidianum 
Et  feriat  canum  flavum  iuvenem  veteranum. 


Winna  tui^)  Sclavis  est  muri  tradita  clavis. 
Hoc  tibi  culpa  gravis,  quod  stare  recondita  mavis, 
Quam  quod  eas  ut  avis  in  terra  libera  quavis. 
Complicibus  pravis  timor  est  pereat  tua  navis: 
Nee  tibi  nee  proavis  fuit  aura  Bohemica  suavis. 

Winna  nee  evades  nee  turba  Bohemica  clades: 
Si  te  non  trades,  ense  fameque  cades. 

Nescio  quo  vades,  si  bella  Bohemica  suades, 
Quidquid  agant  pliades,  captaque  tristis  ades. 


Winna  scies  quanti  sit  Roma  tributa  neganti: 
Est  pro  constanti,  quod  bella  movere  giganti 
Romae  regnanti,  non  est  tibi  tybia  tanti. 

ludicio  veri  nee  pontifices  revereri 

Vult  rex  nee  cleri  ius  ecclesiasve  tueri, 

Et  quae  fecit  heri,  cras  irrita  mandat  haberi. 

(Ergo  potest  queri  rex  alter  et  hie  removeri^).) 

Per  multasque  vices  fovet  ille  ministeriales 

Contra  pontifices  et  leges  pontificales. 

Olim  precessit  omnes  mitra  pontificalis: 

Hec  modo  secessit  premit  hancque  ministerialis, 

Pontificesque  satis  se  contemni  paciuntur 

Dum  nimis  et  gratis  regalia  castra  sequuntur. 


1)  susterne?    W.  2)  tuis  Hs.         3)  Von  anderer  Hand  am  Rande. 

Es   scheint   freilich   ein   vierter  Vers    der  Strophe    zu  fehlen,    aber    dieser 
unterbricht  den  Zusammenhang. 


Antiquitates   Arnulfinae. 

Von  Jul.  von  Pflugk-Harttung. 

Die  Abtei  des  heil.  Arnulf  von  Metz  besass  vor  der  Revo- 
lution eine  Bibliothek  von  nahezu  10,000  Bänden,  im  Jahre 
1769  befanden  sich  dort  152  Manuscripte').  Am  16.  Decem- 
ber  1792  wurde  ein  Theil  der  Bücher  auf  Befehl  der  Regie- 
rung verbrannt,  den  Rest  brachte  man  auf  der  Intendanz  unter. 
Er  sollte  dort  nicht  lange  Ruhe  haben,  denn  ein  in  der  Inten- 
dantur einquartierter  General  Hess  die  Bücher  auf  den  Hof 
werfen,  wo  sie  liegen  blieben,  bis  der  Magistrat  ihnen  ein 
Unterkommen  auf  den  Böden  des  Communalhauses  angedeihen 
Hess.  Später  wanderten  sie  in  die  Metzer  Stadtbibliothek, 
unter  ihnen  noch  121  Handschriften. 

Zwei  dieser  Handschriften  beziehen  sich  auf  die  Geschichte 
des  Klosters  St. -Arnulf.  Vielleicht,  dass  sich  jemand  durch 
ein  Referat  über  dieselben  veranlasst  sieht,  die  reiche  ältere 
Metzer  Tradition  an  Ort  und  Stelle  zu  durchforschen. 

Die  erste  Handschrift,  MS.  Nr.  63  fol.,  116  Seiten,  gehört 
in  die  zweite  Hälfte  des  17.  Jahrh.  Sie  ist  betitelt:  'Histoire 
de  l'abbaye  Royalle  de  St.-Arnould  de  la  ville  de  Metz,  par 
Dom.  Pierre  Descrochets'.  Der  Verfasser  hat  mit  dem  Materiale 
gearbeitet,  welches  Bibliothek  und  Archiv  von  St. -Arnulf  zu 
Gebote  stellten;  gelegentlich  (p.  25)  citiert  er  auch  'anciens 
monumens  de  St. -Nabor  (ou  St.-Avold)'.  Er  ist  mehr  Anti- 
quar als  Historiker,  erweist  sich  sehr  belesen  und  hält  seine 
Erzählung  durchweg  referierend,  ohne  wörtliche  Wiedergabe 
von  Actcnstücken,  weswegen  er  für  uns  von  untergeordnetem 
Werthe  ist.  Das  Werk  beginnt  mit  der  Gründung  St.-Arnulfs: 
'Nostre  annaliste  a  desja  traite  de  l'abbaye  de  St.-Arnould  au 
IL  tome  en  l'an  631'  etc.  Erst  p.  35  kommt  er  zur  Geschichte 
der  Aebte,   welche  bis  auf  den  45.  unter  ihnen,   den  Cardinal 

1)  Nach  Pouillon  de  Boblaye,  Notices  historiques  de  St.-Arnould 
p.  72  u.  93  und  gütigst  gemachten  Privatmittlieilungen  des  Herrn  Prof. 
Schuster  in  Metz.  Der  Katalog  der  Bibliothek  von  St. -Arnulf  befindet 
sieh  noch  jetzt  in  der  Metzer  Stadtbibliothek. 


Antiquitates  Arnulfinae.  219 

Mazarin  geführt  ist;  p.  92:  'Origine  de  la  congregation  de 
St.-Vanne  et  de  St.-Hydulphe',  p.  98:  'Privileges,  prerogatives 
et  preerainences'  (eine  Abhandlung  über  diese  Dinge),  p.  104: 
'Juridiction  sur  l'abbaye  de  Ste.-Glossinde',  p.  106:  'L'abbaye 
de  St. -Felix  ou  de  St. -Clement',  p.  113:  'Autres  droits  de 
St.-Arnould'.  Häufig  ist  der  'petit  cartulaire'  benutzt,  jetzt  im 
24.  Bande  der  Mon.  Germ.  SS.  p.  527  sq.  verofFentlicht ;  auch 
auf  den  zu  Anfang  genannten  Annalisten  kommt  er  wieder 
zurück,  p.  13  heisst  es  'II  tome  des  Chroniques'.  Das  für 
uns  Ausgiebige  werden  wir  weiter  unten  einfügen,  dem  Lokal- 
forscher kommt  das  Werk  in  manchen  Beziehungen  zu  Statten. 

Die  zweite  Handschrift  gehört  dem  vorigen  Jahrhunderte 
an,  MS.  62,  fol.,  673  Seiten:  'Antiquitatum  Arnulfinarum  libri 
tres,  opera  et  studio  D.  Petri  Baillet,  monachi  ordinis  S.  Bene- 
dicti,  congregationis  sanctorum  Vitoni  et  Hydulphi',  1730.  Das 
Buch  ist  nach  Art  von  Meurisse,  Histoire  des  evesques  de 
Metz  (1634),  gearbeitet,  und  bei  der  starken  Verwerthung  und 
wörtlichen  Wiedergabe  älterer  handschriftlicher  Aufzeichnungen 
scheint  es  zunächst  von  grossem  Werthe  zu  sein,  der  dann 
allerdings  bei  eingehenderer  Prüfung  merklich  geringer  Avird, 
aber  immerhin  nicht  ganz  schwindet,  weil  einzelne  bisher  un- 
bekannte Nachrichten  und  mehr  noch  solche  gebracht  werden, 
welche  zwar  schon  irgendwie,  aber  ungenügend  veröffentlicht 
sind,  und  neben  den  Drucken  nur  noch  diese  Handschrift 
existiert. 

Das  Werk  besteht  aus  drei  Büchern,  deren  erstes,  von 
S.  1 — 202  reichend,  die  Anfänge  des  Klosters  bis  zum  J.  939 
umfasst,  das  zweite,  von  S.  202  —  517,  geht  bis  zum  J.  1552, 
das  dritte  bis  1730.  In  der  Anlage  unterscheidet  sich  das  erste 
Buch  von  dem  späteren  in  der  Weise,  dass  hier  ein  eigener 
Abschnitt  über  jeden  Abt,  dort  eine  fortlaufende  Erzählung- 
gegeben,  worin  die  Aebte  zurücktreten  vor  dem  Kloster  und 
den  auf  Metz  bezüglichen  oder  allgemeinen  Ereignissen.  Der 
Verfasser  hat  Descrochets  gekannt  und  verweist  auch  auf  ihn 
Praef.,  S.  86.  106,  daneben  hat  er  mit  grossem  Fleisse  Manu- 
scripte  und  Druckwerke  gebraucht.  Er  sagt  in  der  Einleitung: 
'ea  quae  supersunt  venerandae  antiquitatis  fragmenta,  ne  pere- 
ant,  colligam.  Veteres  chartae  monasterii,  mihi  perhumane 
exhibitae,  ex  quibus  copiosa  seges  excrevit;  multa  ex  singulis 
ad  verbum  transcripsi,  plura  sparsim  conspersa  de  rebus  Meten- 
sibus,  Arnulphinis  adjunxi.  Quantum  in  fide  mea  sit  ponen- 
dum,  quam  sira  in  eis  exscribendis  simplicis  veritatis  amicus, 
probabit  exscriptorum  cum  autographis  collatio'.  In  der  That, 
seine  Abschriften  sind  im  Ganzen  recht  gut  und  immer,  so 
weit  ihm  möglich  war,  nach  den  besten  Vorlagen  angefertigt. 
Baillet  ist  nicht  ohne  kritischen  und  historischen  Sinn,  er 
ordnet  nicht  ohne  Geschick  und  hat  eine  gewisse  Vorliebe  für 


220  Antiquitatis   Arnulfinae. 

theologische  Dinge,  Wie  bei  Descrochets  wird  von  ihm  weniger 
eigentliche  Geschichte  geschrieben,  als  eine  Zusammenstellung 
von  auf  St.  Arnulf  bezüglichen  Alterthümern  und  Documenten 
veranstaltet.  —  Das  Werk  ist  von  mir  bis  auf  das  Jahr  1200 
im  Einzelnen  auf  seine  Quellen  untersucht,  wobei  sich  Folgen- 
des ergab: 

Erzählende   Quellen. 

Neben  chronikalischen  Aufzeichnungen  allgemeineren  In- 
haltes, wie  die  von  Ammianus  Marcellinus,  Gregor  von  Tours, 
Fredegar,  Sigebert  von  Gembloux  u.  A.,  sind  Metzer  Lokal- 
schriften stark  benutzt,  welche  sich  aber,  soweit  die  Ueber- 
arbeitung  eine  Feststellung  ermöglicht,  sämmtlich  jetzt  gedruckt 
finden,  und  zwar  in  den  Mon.  Germ.  SS.  I,  p.  321,  II,  p.  269, 
IV,  p.  658  sq.,  XXIV,  p.  527  sq.,  Calmet,  Hist.  de  Lorr.  I. 
Preuves '),  Meurisse,  Hist.  des  evesques  de  Metz,  Histoire  de 
Metz,  (Acta  SS.  April  III,  p,  793  sq.),  Valladier,  Auguste  basi- 
lique  de  St.-Arnould,  Mabillon,  Ann.  ord.  S.  Ben.  III,  p.  350  sq., 
Martene  Thesaur.  III,  p.  1199  sq.,  Brower,  Ann.  Trev.  etc. 
Uns  etwa  unbekannte,  zusammenhängende  Lokalnachrichten  hat 
B.  nicht  gehabt. 

S.  88  kommt  der  Verf.  ausführlich  auf  die  Königin  Hilde- 
gard zu  reden,   wovon    namentlich   zu  beachten  S.  94:   'Hilde- 
garden! obiisse  vigesimo  secundo  aetatis  anno,  testatur  in  Met- 
tensibus  antiquitatibus  Vigneulius,  qui  plures  a  juniore  clerico 
editos   versus,   Hildegardinae  imagini  affixos,  refert,    quos   hie 
transscribere  juvat,  veterno  licet  exaratos  idiomate: 
Affin  que  doube  cy  ne  soit  point,, 
envers  cette  plaisante  image 
vous  verrez  ici  de  point  en  point 
de  sa  vie  le  haut  parage 


en  amour,  de  coeur  il  desprie 

que  pour  luy  dieu  ou  deprie. 
Das  gegebene  Bruchstück  reicht  von  S.  94 — 104  und  erweist 
sich  namentlich  deshalb  werthvoll,  weil  von  Vigneulle  sonst 
nur  ein  Excerj)t  erhalten  blieb,  worin  die  ältere  Zeit  nahezu 
übergangen  ist  (vergl.  Huguenin,  Les  Chroniques  de  Metz, 
Pref.  p.  VII).  —  Wenig  ausgiebig  ist  das  ^antiquum  necrolo- 
gium'  S.  212.  249.  284.  358.  364.  375.  380  und  das  'novum 
necrologium'  S.  257.  —  Anf.  S.  309  findet  sich:  'Asservatur 
modo  in  basilica  Arnulfina  pretiosa  casula,  missa  quondam  ad 
loannem  papam  XIX.  a  S.  Stephano  Hungarorum  rege  et  Gisela, 
ejus  conjuge,  ex  dono,  ut  creditur,  Leonis  papae  IX;  in  pallii 
posteriori  parte  haec  verba  aureis  litteris  textili  opere  adscripta 
sunt:    S.  Üngrorum  R.   et  Gisla,   dilecta  sibi   conjux,   mittunt 


1)  Hier  gewährt  die  Handschrift  vielfach  bessere  Lesarten. 


Antiquitates  Arnulfinae,  221 

haec  munera  domno  apostolico  lolianni'.  Womit  zu  vergleichen 
Deschrochets  p.  8:  'On  voyait  encor  dans  le  thresor  de  l'abbaye 
un  manteau  en  forme  de  chappe,  tissu  de  soye  et  sursurae  de 
perles,  que  Gisela  .  .  .  avait  envoye  ...  II  est  garde  revere- 
ment  avec  le  manteau  precieux  et  imperial  de  Charlemagne 
tout  Charge  d'aigles  ...  et  avoit  on  autrefois  cette  coustume 
de  se  servir  de  ces  manteaux  comme  de  chasubles  en  la  grande 
messe  les  jours  des  festes  des  saincts  Leon  et  Charlemagne'. 
—  Von  S.  370  ist  zu  vermerken,  um  das  Jahr  1168:  'Theo- 
derico,  electo  Mettensi,  vitio  vertitur,  quod  prioratum  de  Aulegia 
(?  Tholegia)  a  monasterio,  ea  lege,  ut  nostris  decem  solidi 
annui  census  ad  diem  saneti  Patientis  persolverentur,  aut  prio- 
ratus  ad  monasterii  commodum  rediret,  alienavit.  Inde 
monachorum  bilis  intumuit,  quod,  ut  testantur  antiquae  tabulae, 
prioratum  vendere  non  potuerint,  quia  tunc  fratres  erant  dispersi, 
tum  ob  offensos  animos  summum  inter  pontificem  et  Frideri- 
cum  Aenobarbum,  unde  damna  plurima  clero  emersa,  tum  ob 
latronum  depraedationes,  qui  hac  tempestate  hancce  infestabant 
regionem,  inde  tarnen  Theoderiei  sagacitate  propulsi  sunt'. 

Urkunden. 

Baillet  hat,  so  weit  ihm  möglich  war,  die  Urkunden  nach 
primären  Quellen  eingetragen,  bei  den  ziemlich  zahlreich  vor- 
gefundenen Originalen  fügt  er  gern  eine  Zeichnung  der  Mono- 
gramme oder  Siegel  bei,  wodurch  der  Werth  seiner  Abschriften 
erhöht  wird.  Die  Menge  der  Urkunden,  welche  ganz  oder  in 
ausführlichen  Regesten  gegeben  sind,  beläuft  sich  bis  in  die 
60er  Jahre  des  12.  Jahrh.  auf  68  Nummern ;  von  da  an  wer- 
den die  Excerpte  zahlreicher,  während  die  wörtlich  wiederge- 
gebenen Texte  zurücktreten.  Die  älteste  Urkunde  ist  S.  66 
eine  Pippins  des  Mittleren  vom  20.  Februar  691  (Böhmer- 
Mühlbacher,  Reg.  Imp.  Nr.  6),  dann  folgen  S.  69  eine  Herzog 
Drogo's  und  S.  70  eine  Herzog  Gottfrieds  vom  gleichen  Datum 
(Böhmer -Mühlbacher,  Nr.  22,  30).  Aus  dem  8.  Jahrh.  sind 
7  gegeben,  aus  dem  9.:  10,  aus  dem  10.:  19,  aus  dem  11.:  15. 
Von  diesen  sind  alle  ganz,  als  Regesten  oder  in  Uebersetzun- 
gen  weit  verstreut  bekannt,  ausser: 

956,  Juli  6.  Ansteus  abbas  S.  Arnulphi  terras  apud  Rezon- 
villam  cum  Arenfrido  homine  juris  S.  Gorgonii  commutat 
(Original  ?).  S.  238. 

c.  994.  Benedictus  abbas  S.  Arnulphi  dat  homini  ex 
familia  S.  Arnulphi.  nomine  Ripaldo,  mansum  unum  (Original  ?). 
S.  266.  ' 

1012,  Mai  9.  Benedicti  commutatio  cum  Hermentrude 
abbatissa  S.  Glodesindis.     S.  274. 

c.  1024 — 1031.  In  nomine  domini  abbas  Vuillelmus  cenobii 
saneti  Arnulü   cum   sibi  subditis  fratribus  pacem  et  prosperi- 


222  Antiquitates  Arnulfinae. 

tatem  cimctis  deura  diligentibus.  Notum  sit  omnibus  hoc 
legentibiis  et  audientibus,  tarn  praesentibus  quam  futuris,  quod 
pulsatus  precibus  hominum  sancti  Arnulfi,  in  hac  Maurivilla 
manentiura,  ordinasse  nos  et  praecipisse  communi  consilio  fra- 
trum,  ut,  si  qiiis  liomo  istius  villae  quamcuraque  feminam 
sancti  Arnulfi  ex  potestate  qualicuraque  nostra  acceperit  et  hie 
adduxerit,  ne  quis  ministerialium  ei  molestetur,  post  eam  veni- 
endo  seu  ahquid  ei  demandando,  sed  hujus  potestatis  h'bere 
et  absque  vüla  conti'adictione  utatur  et  subdatur  legibus  omni 
tempore.     S.  276. 

c.  1070  (?).  Adelberonis  IIL  episcopi  Mettensis  carta  de 
restitutione  cujusdam  terrae  in  beneficium  datae.     S.  313. 

c.  1110.  Adelberonis  IV.  episcopi  Mettensis  carta,  qua 
liquet,  eum,  visitatione  in  Arnuliino  monasterio  peracta,  D.  Bene- 
dicti  regulam  et  patrum  decreta  ibidem  ad  amussim  vigere 
comperisse,  penitus  tamen  re  introspecta  aliquos  abusus  emen- 
dandos  accidisse.     S.  359. 

1132.  Bertrannus  abbas  adhibet  Stephanum  Mettensem 
episcopum  et  comitem  Renalduni,  ut  Baudouinus  ablata  prio- 
ratui  Layensi  restituat.     S.  370. 

113S.  Stephanus  episcopus  mediat  litem  inter  Gerardum 
abbatem  S.  Arnulfi  et  Humbertum  abbatem  Clementinum  de 
molendino  ad  Saliam.     S.  375. 

1144,  Januar  3.  Adelberonis  episcopi  Virdunensis  carta 
pro  portione  decimae  de  Salvem  (?)  Sart  pro  Chisnio  (Origi- 
nal ?).    S.  375. 

1158.  Alberti  comitis  de  Chisneio  carta  de  furno  banali 
Casseae  Petrae.     S.  377. 

Brie  f  e. 

Ich  hebe  hervor: 

S.  36.  Stück  des  Briefes  König  Chlotars  an  Bischof  Arnulf 
von  Metz.  —  'Hoc  quod  per  epistolam  vestram'.  —  Vergl. 
Meurisse  I,  p.  116;  Bonneil,  Anfänge  des  karoling.  Hauses,  S.  98. 

S.  133.  Stück  aus  einem  Briefe  des  Erzbischofs  Florus 
gegen  Amalar.  —  Vergl.  Simson,  Ludwig  d.  Fromme,  II,  S.  184. 

S.  133  über  die  Briefe  Amalars.  Von  dem  vierten  Briefe 
heisst  es:  'in  perantiquo  Sithiensi  codice^  Saxonicis  litteris 
Scripte,  haec  epistola  inscribitur  ad  Hectonem  abbatem'. 

S.  285.  lohannes,  Abt  von  Fecamp,  an  Warin,  Abt  von 
St.  Arnulf.  —  'Saepius  et  verbis'.  —  Mabillon,  Analect.  I,  p.  224. 

S.  286.  Warin  an  lohannes  (ex  codice  99.  Arnulfinae  bibl.). 
—  Ebend.  I,  p.  225. 

S.  316  ff.  Die  Briefe  des  Walo»),  Abtes  von  St.  Arnulf 
(aus  derselben  Handschrift).  —  Ebend.  I,  p.  247  ff. 

1)  Dieser  und  die  folgenden  Briefe  sind  von  Mabillon  und  anch 
sonst  dem  Abte  Wilhelm  von  Metz  zugeschrieben.     IJaillet  macht   darauf 


Antiquitates  Arnulfinae.  223 

S.  334,    Walo   an  seinen  Lehrer  A.  i)  (ex  coclice  71  bibl. 
Arn.).     Ebend.  I,  p.  273. 

Epigramme  und  Epitaphe, 
Beide  zahh-eich  gegeben.  Von  den  Versen  des  Poeta  Saxo 
auf  S.  Arnulf  (JafFe,  Bibl.  IV,  p.  609)  S.  41  abgesehen^  sind  die 
ältesten  die  Dedicationsverse  der  Kirche  von  Gorze:  'Ista 
domus  domino'  (Alcuini  opera  ed.  Frobenius  11,  225),  dann 
folgt  das  Epitaph  Chrodegangs  von  Metz,  das  auf  die  Königin 
Hildegard,  auf  deren  Tochter  u.  s.  w.,  alle  bereits  veröffentlicht, 
mit  Ausnahme  der  folgenden: 

S.  146.   Epitaph  Ludwigs  des  Frommen  (nuper  pro  modulo 
exaratum  a  me) : 

Me  dedit  ah  quantis  natum  fortuna  procellis, 
Qui  portu  Lodoix  morte  quiesco  pius. 
S.  225.  (Descrochets  p,  110).  Epitaphium  Arnulfi,  Hugonis 
et  Evae  filii  ac  Ulderici  fratris  apud  nos  sej)ulti: 

Quam  sit  vita  brevis  vel  opes  vel  gloria,  quaeris: 

Signat  pro  patulo  qui  jacet  hoc  tumulo, 
Strenuus  Arnulfus,  consanguinitate  propinquus 

Arnulfi  sancti  praesulis  egregii. 
Consul  clarus  erat,  bellis  et  pace  vigebat, 

Vixit,  Christe,  tibi ;  parcito,  Christo,  sibi ! 
Huic  dextram  pugna  praecedit^)  vis  inimica, 
Sed  juxta  tumulum  texit  amica  manus. 
S.  337.  Verse  Adelmanns  auf  Alestan,  den  Schüler  Fulberts : 
Vix  amissam  quereremur  Odulfo  superstite 
Alestannum,  quantus  erat  veteris  scientiae, 
Sicut  hi,  quos  erudiret,  satis  pollent  hodie. 
S.  340.   Non  mirum,  si  a  Waloni  subdito  fratre  Ambrosio 
leronirai  in  prophetas  commentarium  describendum  curarit,  ut 
ex  subjectis  versibus  patet  (ex  codice  98): 

Sedulus  in  libris  lector,  quicumque  videris, 

Hunc  desiderio  mentis  complectere  toto. 

Quem  dominus  per  se  mundo  commitit  habere, 

Instituens  vates  mentes  penetrare  valentes, 

Quos  dum  vita  probat,  meriti  virtusque  decorat, 

Si(?)  dum  quasi  jam  factum  novere  quod  est  faciendum. 

aufmerksam,  dass  dies  mit  Unrecht  geschehen:  'W.  certe  Waloni  ceno- 
bium  Arnulfinum,  jam  a  longo  regenti,  apprime  quadrat,  adde  quod  e 
bibl.  Colbertina  eruit  Baluzius  ejusdem  Walonis  epistolam,  quae  simili 
ac  aliarum  litterarum  tenore  ac  stylo  incipit  ac  Walonis  nomen  praefert' 
(vgl.  auch  Gall.  ehr.  IX,  p.  229 ;  XIII,  p.  903),  Dieser  wird  S.  337  mit- 
gethsilt,  Baillet  hat  entschieden  Recht,  da  Walo  schon  1063  urkundlich 
als  Abt  von  St.  Arnulf  vorkommt  (Hist.  de  Metz  III,  p.  93),  die  bisherigen 
Ansätze,  z.  B.  Watterich,  Vitae  Pont.  I,  p.  740;  JafFe',  Bibl.  II,  p.  72; 
Giesebrecht,    Kaiserzeit  III,  p.  240.  243.   1122,    sind    darnach    zu    ändern. 

1)  Baillet  meint,  dieser  A.  könne  Alestan,  Schüler  Fulberts  von  Chartres  sein. 

2)  Lies:  praecidit.     W, 


224  Antiquitates  Arnulfinae. 

Quod  nimis  obscure  dum  scribendo  retulere, 
Vix  habuere  pares,  quibus  haec  j^ateant  sapientes. 
Celsior  inter  quos  Hieronimus  esse  sacerdos, 
Quae  Caput  est  orbis,  Romanae  dicitur  urbis. 
Hie  interpretibus  cunetis  sapientior  unus 
Exposuit  recte  quaecumque  transtulit  apte. 
In  cujus  libris  dum  AValo,  pater  pietatis, 
Ferveret,  et  librum  praecepit  scribier  istura, 
Ambrosius  paret  frater,  qui  nee  mora  complet; 
Donari  quare  caelo  mereatur  uterque. 
Dieat  amen  sempiternum  natura  libenter. 
Descrochets  p.  16:    'L'abbd   fit   mettre  toiis  les  ossements 
des  princes  en  un  beau  tombeau  avec  un  recueil  en  vers,   que 
je  transcriray   ici  en  latin,    l'Auguste  Basilique  (Valladier)    les 
ayant  traduit  en  Francois': 

Intus  erant  multi  comites  regesque  sepulti 
Vestibus  in  sericis,  positis  manibus  chyrotecis, 
Busta  quater  quinque,  quorum  comperta  duoque, 
Tempore  laudati  sunt  abbatis  Theobaldi. 
His  epigramma  datum  periit  nimis  inveteratum, 
Nunc  locus  hie  hornm  digne  capit  ossa  virorum, 
Quatuor  et  natos  regali  stirpe  creatos, 
Sicut  speramus,  cum  predictis  inhumamus. 
Tunc  bis  centenus  erat  et  millesimus  annus, 
Ter  denus  nonus,  datur  ossibus  hie  locus  unus. 

Kirchliche  Antiquitäten. 

S.  42.  Alis  einem  Missale  des  Klosters :  Sequentia  de  sancto 
Amulfo  (auctore  Notkero,  abbate  Sangallensi).  Incip. :  'Col- 
laudet  chorus  iste  regem  coeli,  terrae  dominum'.  Expl. :  'vitam- 
que  perhempnem.     Amen'. 

S.  48 — 55:  ex  caeremoniali  majoris  ecclesiae:  'Media  post 
octavam,  pulsata  praeparatione  ....  ad  exuendas  albas  rever- 
tu ntur'. 

S.  252— 255:  ex  manuscriptis  (Codex  I) :  'Ordo  ad  facien- 
dum  monachum.  —  Cor  mundum  crea  in  me  deus  .... 
dominum  nostrum'. 

S.  255 — 256:  Cy  apres  s'ensuyt  la  forme  des  sacramens 
quant  on  doit  vestir  ung  moyne.     Premierrement  le  pere  etc. 

S.  256 — 257:  ex  codice  ms.  Nr.  54:  Missa  pro  pueris  in 
die  oblationis  eorum.  —  'Laudate  pueri  dominum  ....  bonis 
per  deum'  (vgl.  Psalm  150). 

S.  271 — 273:  ex  antiquo  cod.  Nr.  54:  Antequam  agnus  dei 
dicatur,  sacerdote  ante  altare  in  terrara  prostrato,  diaconus  stans 
ante  altare  dicat:   'In  spiritu  humilitatis  ....  inefFabilem'  etc. 


Nachrichten. 


Von  E.  Dümmler  ist  die  zweite  Hälfte  der  Poetae 
Latini  aevi  Carolini,  Tora.  I,  erschienen,  ausgestattet  mit 
einem  Register  der  Anlange,  einem  Namenregister  und  Glossar, 
nebst  3  photolithogr.  Tafeln.  —  In  einem  Hall.  Programm 
(Berol.  ap.  Weidmannos  im  Buchhandel)  publiciert  derselbe 
Khythmorum  ecclesiasticorum  aevi  Carolini  speci- 
men,  17  Rhythmen,  meistens  dem  Cod.  Brux.  8860 — 8867 
entnommen,  AA^elcher  im  NA.  IV,  152  —  1.58  beschrieben  ist. 


Von  den  'Geschichtschreibern  der  deutschen  Vorzeit'  sind 
erschienen:  Die  Chronik  des  Otto  von  St.  Blasien,  übers, 
von  Dr.  Horst  Kohl,  die  Chronik  von  St.  Peter  zu 
Erfurt  (1100 — 1215)  und  die  Jahrbücher  vonMarbach, 
übers,  von  G.  Grandaur,  die  Jahrbücher  von  St.  Jacob 
in  Lüttich,  nebst  den  Jahrbüchern  Lamberts  des  Klei- 
nen und  Reiner s,  übers,  von  Dr.  C.  Platner. 


Die  eben  ausgegebene  neueste  Lieferung  der  Palaeo- 
graphical  Society  enthält  pl.  183  zwei  Seiten  des  Wiener 
Livius,  pl.  184  die  ei'ste  Seite  der  Lex  Salica,  Cod.  San- 
gall. 731  vom  J.  794,  pl.  185  das  Sacramentarium  Gelasii,  Cod. 
Sangall.  348,  in  welchem  sich  der  Name  des  Bischofs  Reme- 
dius  von  Chur  findet,  pl.  186  die  Canones  concilii  Const.  II, 
cod.  Sangall.  672  mit  der  Unterschrift:  'Hucusque  patrauit 
notker',  pl.  187  eine  Seite  des  Lexicon  Tiron.  Addit.  21, 
164  (cod.  Pithoeanus),  pl.  191  die  letzte  Seite  des  von  Maria- 
nus Scottus  geschriebenen  Wiener  cod.  1247  mit  seiner 
VI.  204  erwähnten  Unterschrift. 


Im  Programm  des  Kaiser -Wilhelm -Gymnasium  zu  Köln, 
Ostern  1881,  setzt  der  gelehrte  Kenner  Tironischer  Noten, 
Director  W.  Schmitz,  die  'Studien  zur  Lateinischen 

Neues  Archiv  etc.     VII.  15 


226  Nachrichten. 

Tachygraphie'  fort  (XI — XIII),  von  denen  dei'Anfang-(I — IX) 
im  Programm  d.  J.  1880,  nr.  X  ('Das  Verso  des  Fragments  von 
Valenciennes')  in  Böhmers  Romanischen  Studien,  Bd.  V,  er- 
schienen ist.  In  diesem  Heft  finden  sich  MittheihiDgen  aus 
der  Vaticanischen  Handschrift  Reg.  Christ.  846  (mit  Facsimile) 
und  Brüssel  nr.  9311,  ein  Fragment,  das  Kopp  in  Paris  gesehen. 

Die  Acta  sem.  Erlang.  II,  S.  405 — 448,  enthalten  den 
2.  Theil  der  Quaestiones  Sallustianae  von  Frid.  Vogel, 
in  welchem  das  Fortleben  Sallusts  im  Mittelalter  untersucht 
wird.  Nach  langer  Vergessenheit  findet  sich  die  erste  Erwäh- 
nung wieder  bei  Lupus  von  Ferrieres,  dann  in  den  Annalen 
von  Fulda  imd  Anklänge  bei  Widukind,  Aimoin,  Heriger. 
Von  Richer  wird  er  stark  ausgebeutet,  bescheidener  von 
Wipo,  Adam,  Lambert.  Ausser  einigen  vereinzelten  Citaten 
zeigt  eine  Stelle  der  Vita  Meinwerci  den  Gebrauch  als  Schul- 
buch. Dann  findet  sich  lebhafte  Benutzung  bei  Ragewin, 
von  dem  viele  Stellen,  ausser  den  von  Wilmans  und  Prutz 
bemerkten,  nachgewiesen  werden.  Zuletzt  findet  er  sich  an- 
geführt bei  Johann  von  Salisbury  und  Vincenz  von  Beauvais, 
bei  diesem  aber  vielleicht  nur  noch  aus  zweiter  Hand  und  aus 
Blüthenlesen.  Die  Historien  waren  schon  früh  verschollen,  und 
wo  aus  ihnen  etwas  angeführt  ist,  lässt  sich  die  Benutzung 
von  Augustin,  Servius  u.  a.  nachweisen.  Bei  Richer  ist  auf- 
fallend, dass  er  fast  nur  die  Reden  benutzt  und  I,  24  den  un- 
echten Brief  an  Caesar,  II,  1. 


In  den  Sitzungsberichten  der  Wiener  Akad.  XCVII,  761 
— 779  ist  eine  Untersuchung  von  Dr.  Mich.  Petschenig 
gedruckt:  'Zur  Kritik  und  Würdigung  der  Passio  SS.  Qua- 
tuor  C  oronatorum'.  Der  Vf.  hat  einen  aus  Fleury  stam- 
menden Berner  Codex  s.  X.  verglichen,  der  zwar  manche  gute 
Lesart  darbietet,  aber  doch  gegenüber  dem  NA.  V,  227  erwähn- 
ten alten  Pariser  Codex  nur  als  eine  Ueberarbeitung  betrachtet 
werden  kann.  Manche  seiner  Lesarten  werden  bestätigt  durch 
einen  Bollandisten-Codex  saec.  IX,  dessen  Collation  ich  W.  Arndt 
verdanke.  Das  Bestreben  des  Vfs.  geht  dahin,  durch  Verglei- 
chung  mit  Schriftstellern  des  5.  u.  6.  Jahrhunderts  zu  zeigen, 
dass  der  Text  der  Legende  damit  übereinstimmt  und  nicht 
jünger  sein  kann.  Manche  dankenswerthe  Parallele  ist  beige- 
bracht, aber  es  fehlt  leider  noch  die  nöthige  praktische  Grund- 
lage für  eine  solche  Untersuchung. 


Derselbe  Band,  S.  915— 954,  enthält  von  M.  Büdinger 
'Apollinaris  Sidonius  als  Politiker.  Eine  univcrsalhistori- 
sche   Studie'.     Es   wird  darin  seine  Stellung   zu   den  grossen 


Nachrichten.  227 

Begebenheiten  der  Zeit  betrachtet,  auch  über  verschiedene  Um- 
stände seines  Lebens  Untersuchungen  angestellt. 


Der  Abbe  Duchesne  hat  die  Discussion  über  den  Liber 
pontif'icalis  in  der  Revue  des  questions  historiques  1881, 
I,  S.  246  ff.,  fortgesetzt.  Der  Aufsatz  'Le  premier  liber  ponti- 
ficalis'  wendet  sich  gegen  die  letzten  Ausführungen  von  Lipsius 
(NA.  V,  646);  der  L.  p.  sei  vor  530,  aber  nicht  vor  514  (vor 
Öymmachus)  entstanden,  der  von  Lipsius  angenommene  Cata- 
logus  Leonianus  nicht  nachzuweisen;  er  erkennt  an,  dass 
Conen,  und  Fei.  gegen  beide  Handschriftenclassen  (A  und  B) 
zusammenstimmen,  will  das  aber  aus  Benutzung  einer  abwei- 
chenden gemeinschafthchen  Quelle  erklären  (S.  252).  Was  auf 
den  Aufsatz  in  der  Hist.  Z.  XLIV,  S.  135,  erwiedert  wird,  S.  262, 
ist  ganz  unerheblich.  G.  W. 

Die  neue  Ausgabe  des  Victor  Vitensis  in  der  Samm- 
lung der  Kirchenväter,  welche  die  Wiener  Akademie  heraus- 
giebt,  von  Petschenig  (vgl.  NA.  VI,  637)  ist  unlängst  aus- 
gegeben worden.  —  Die  des  Orosius  von  Zange m eiste r 
ist  dem  Vernehmen  nach  im  Druck  vollendet. 

G.  Monod  rühmt  in  der  Revue  hist.  XVI,  2,  S.  404,  eine 
'Etüde  critique  sur  le  texte  de  la  vie  latine  ,de  sainte  Gene- 
vieve  de  Paris',  Vieuvy  1881  (Bibl.  de  l'Ecole  des  hautes 
etudes)  von  Kohl  er,  worin  die  Nachahmung  und  Ausbeutung 
älterer  Heiligenleben,  der  V.  Martini,  auch  einer  V.  Germani 
Autiss.  nachgewiesen  wird.  Da  aber  die  bisher  bekannte 
Stehen  aus  der  Vita  Genovefae  enthält,  ist  es  eine  schöne  Be- 
stätigung, dass  eine  neu  erworbene  Hs.  der  Pariser  Bibliothek 
(Nouv.  acq.  lat.  2178)  dieselbe  Vita  ohne  diese  Stellen  enthält. 


Das  Programm  des  kön.  Gymnasiums  zu  Trier  für  1880/81 
enthält  S.  1—26  die  Vita  S.  Wilbrordi  a  Thiofrido 
abbate  Epternac.  versibus  conscripta  ex  codice  ms.  biblioth. 
Treverensis  primum  edidit  Dr.  Rieh.  Decker.  Die  Hs.  ist 
saec.  XIII.  Das  Gedicht  besteht  aus  4  Büchern  oder  36  Ka- 
piteln und  enthält  manche  griechische  Brocken ,  der  Prolog 
war  schon  bekannt,  der  Schluss  lautet: 

Hoc  praetermisso  sub  portu  carbasa  linquo, 
Tanta  tamen  restant  et  famosissima  constant, 
Vatis  Smyrnei  quae  mens  si  nosset  Homeri, 
Vix  caneret,  licet  Yliaden  et  Odyssea  tradet. 


Im  Hist.  Jahrbuch  der  Görres- Gesellschaft,  IL  Bd.,  2.  Heft, 
S.  272— 287,  untersucht  Dr.  W.  Diekarap  'die  Fälschung 

15* 


228  Nachrichten. 

der  Vita  sancti  Suiclberti'.  Die  Fälschung  selbst  ist 
zweifellos,  aber  schon  im  14.  oder  im  Anfang  des  15.  Jahrh. 
ist  die  Vita  in  Holland,  vielleicht  in  Dockum,  verfertigt;  ver- 
breitet ist  sie  erst  gegen  Ende  des  15.  Jahrh.  durch  Dietrich 
Pauli,  Vicedecan  des  Collegiatstiftes  zu  Gorkum,  durch  ihn 
auch  nach  Kaiserswerth  gekommen,  und  die  durch  Bouterwek 
gegen  Gerard  von  Harderwyk  sowie  gegen  Ortuin  Gratius  und 
Godfrid  Kessel  erhobenen  Anschuldigungen  sind  völlig  grundlos. 


'Lo  storico  dei  Longobardi  e  la  critica  moderna.  Rassegna 
di  Pasquale  del  Giudice.  Milano  1880'  stellt  die  Resultate 
der  neueren  Arbeiten  über  des  Paulus  Geschichte  der  Lango- 
barden übersichtlich  zusammen. 


W.  Martens,  'Die  Römische  Frage  unter  Pippin  und 
Karl  d.  Gr.'  (Stuttgart  1881)  ist  unabhängig  von  Sybel  zu  der 
Ansicht  gekommen,  die  c.  41 — 43  der  Vita  Hadriani  für 
eine  Fälschung  zu  erklären,  die  bereits  das  sogenannte  Frag- 
mentum  Fantuzzianum  benutzt,  also  'um  das  Jahr  780  oder  81 
abgefasst  und  nach  Hadrians  Tod  dem  frühern  Theil  hinzugefügt 
sei'  (S.  295).  —  Mit  derselben  Frage  haben  sich  in  ganz  ent- 
gegengesetzter, aber  auch  unter  sich  verschiedener  Auffassung 
beschäftigt  Niehuus  und  Hüffer  im  Histor.  Jahrbuch  der 
Gr)rres- Gesellschaft,  Band  II. 


Hr.  Karl  Gillert  in  Halle  hat  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, dass  mit  Unrecht  NA.  I,  S.  606  die  Petersburger 
Handschrift  R.  F.  Otd.  IV,  4  der  Annales  Laurissenses 
major  es  für  die  Crassiersche  gehalten  worden  ist.  Dr.  Krusch 
hatte  schon  vorher  darauf  hingewiesen,  dass  vielmehr  Paris 
10911  ("vorher  Suppl.  Lat.  125)  dafür  angesehen  werden  müsse. 
Beide  Codices  sind  aber  auf  das  nächste  mit  einander  ver- 
wandt. G.  W. 

In  der  Biographie  Beige  VI,  2  steht  ein  längerer  Artikel 
über  Eginhard  von  Varenbcrgh  in  Gent,  der  auffallender 
Weise  die  Arbeiten  von  JafFe  im  4.  Bande  der  Bibliotheca 
nicht  berücksichtigt  hat.  —  Hr.  L.  Delisle  theilt  mir  mit, 
dass  die  Pariser  Nationalbibliothek  neuerdings  aus  dem  Nach- 
lass  Didots  eine  Handschrift  der  Vita  Karoli,  der  Annalen  und 
des  Monachus  Sangallensis  erworben.  G.  W. 

'Die  Translatio  S.  Alexandri.  Eine  kritische  Unter- 
suchung von  Dr.  Aug.  Wetze!'.  Mit  3  Tafeln.  Kiel  1881. 
Der  Vf.  sucht  zu  erweisen,  dass  wirklich  eine  Schrift  von  Ein- 
hard  de  gestis  Saxonum  existiert  habe,  dass  die  Translatio  ein 


Nachrichten.  229* 

betrügerisches  Machwerk  zu  genealogischen  Zwecken  sei.  Sollte 
denn  wirklich  schon  im  9.  Jahrh.  Widukiuds  Familie  in  Sachsen 
so  unbekannt  gewesen  sein,  dass  man  glauben  konnte,  sich  so 
hineinschwindeln  zu  können?  Wir  halten  das  für  undenkbar, 
und  können  nur  die  für  hyperkritische  Ideen  verschwendete 
Zeit  bedauern. 

Dagegen  ergiebt  sich  aus  dem  Facsimile  und  den  Bemer- 
kungen des  Vfs.,  Avas  dieser  freilich  nicht  richtig  verstanden 
hat,  dass  in  den  Ausgaben  der  Translatio  ein  Satz  fehlt^  der 
auch  für  den  Zusammenhang  nothwendig  ist,  derselbe,  welchen 
Ekkehard  in  seinem  Exemplar  las,  nämlich  die  oben  auf  der 
ersten  Seite  stehenden  Zeilen :  'Igitur  defuncto  Pippino,  qui, 
Hildirico  rege,  in  quo  Meroingorum  finitum  est  Imperium, 
deposito  et  in  monasterium  misso,  primus  ex  prefecto  aul§  pex* 
auctoritatem  Zacharie  Romani  pontificis  monarchiam  regni  Fran- 
corum  solus  obtinuit,  Carlus  filius  eins  successit.  Qui  contra 
Saxones  bellum,  quod  quasi  intermissum  videbatur,  repetivit; 
pater  enim  eins  prius  eos  superatos  trecentorum  equorum  per 
singulos  annos  tributo  multavit'.  Diese  von  Pertz  gar  nicht  er- 
wähnte Stelle  ist  an  ihren  richtigen  Ort  vor  'Quippe'  (p.  676,  18) 
durch  die  gewöhnlichen  Zeichen  d  (S.  57)  und  h  (s.  meine 
Anl.  z.  Paläogr.  S.  81)  gestellt,  und  es  zeigt  sich  auch  darin, 
dass  der  Anfang  von  Meginhards  Hs.  nicht  ein  Autograph 
Rudolfs  ist,  sondern  dass  nur  ein  Concept  von  ihm,  vielleicht 
von  Wachstafeln,  überschrieben  wurde. 

Wenn  aber  der  Vf.  S.  11  sagt,  dass  in  dem  Brief  au 
Sundrolt  'uilissimis'  stehe,  so  zeigt  das  Facsimile,  dass  er  nur 
eine  Ligatur  nicht  verstanden  hat.  Der  Lesefehler  677,  34 
'nostro'  statt  'vestro'  ist  schon  in  den  Corr.  berichtigt ;  es  wird 
aber  zweimal  'vestro'  zu  setzen  sein.  Richtig  scheint,  dass 
679,  39  'curantur'  geschrieben  und  beizubehalten  ist. 

Eine  in  gleicher  Richtung  verfasste  Recension  von  G.  Waitz 
steht  in  den  Gott.  Gel.  Anz.  vom  8.  u.  15.  Juni  1881. 


In  der  Zeitschrift  Romania,  Bd.  IX,  S.  515 — 546,  'Sur  un 
episode  d'Aimeri  de  Narbonne'  behandelt  Gaston  Paris  in 
einer  höchst  interessanten  Untersuchung  die  sagenhafte  Ge- 
schichte von  dem  goldenen  Hufeisen,  den  anstatt  Holz  gebrann- 
ten Nüssen,  den  Mänteln,  welche  wegen  nicht  angebotener 
Sessel  zum  Sitzen  benutzt  und  dann  zurückgelassen  werden. 
Mehr  oder  weniger  vollständig,  mit  vielen  Variationen,  findet 
sich  die  Geschichte  an  den  verschiedensten  Orten,  am  frühesten 
in  der  Erzählung  von  der  Uebertragung  einer  Kreuzpartikel 
von  Konstantinopel  nach  Donauwörth ;  kurz  angedeutet  in  dem 
Chron.  rhythmicum,  welches  jetzt  SS.  XXV  gedruckt  ist, 
S.  359  V.  457.  G.  Paris  ist  der  Ansicht,  dass  sie  zuerst  in 
einem    verlorenen    Epos    von    Gesandten   Karls    des   Grossen 


230  Nachrichten. 

erzählt  sein  möge.  Nachtragen  kann  ich,  class  im  Lippiflorium 
von  Justinus  (ed.  Laubmann,  Detmold  1872)  die  Geschichte 
von  den  Mänteln  v.  385—398  von  Herrn  Bernhard  zm-  Lippe 
und  Kaiser  Friedrich  I.  erzählt  wird. 


In  den  Forsch,  z.  D.  Gesch.  XXI,  401—406,  veröffentlicht 
H.  Bresslau  aus  dem  Cod.  Vat.  Christ.  979  eine  Genea- 
logie, von  welcher  er  nachweist,  dass  sie  sich  auf  den  Grafen 
Otto  vonHamraerstein  und  seine  Ehe  bezieht,  und  erkennt 
in  dessen  Gemahlin  Irmgard  die  Tochter  des  Ardennergrafen 
Gottfried. 

Von  Steindorff's  Jahrbüchern  des  deutschen  Reichs 
unter  Heinrich  HI.  ist  der  2.  Bd.  erschienen;  in  einem  Excurs 
werden  die  Quellen  Ave nt ins  in  seinen  Ann.  Boj.  untersucht. 
St.  findet,  dass  Aventin  die  sog.  Schwäbischen  Reichs- 
annalen,  ferner  die  in  seiner  Abschrift  doch  nicht  vollständig 
überlieferten  Ann.  Alt  ah.  benutzt  hat,  und,  nur  leider  in 
wenigen  Notizen  kenntlich,  denOthochus  von  Freising.  So- 
dann wird  auch  sein  Verhältnis  zu  den  ungarischen  Chro- 
niken eingehend  erörtert. 

^Die  Fortsetzer  Hermann's  von  Reichenau.  Ein 
Beitrag  zur  Quellengeschichte  des  XL  Jahrhunderts  von  Paul 
Meyer.     Eingeleitet  von   C.  Noorden'.     (Historische  Studien, 

4.  Heft)   Leipzig,  Veit  &  Co.    1881.    —   Ueber   diese   Schrift 
hat  G.  Waitz  in  den  Gott.  Geh  Anz.  vom  8.  u.  15.  Juni  1881, 

5.  712 — 714,  sich  entschieden  ablehnend  ausgesprochen. 

Die  VI,  639  erwähnte  Untersuchung  von  OttoDoberentz 
ist  in  ders.  Zeitschr.  S.  387—454  fortgesetzt.  Als  Ableitung 
der  Image  mundi  wird  der  deutsche  Lucidarius  nachgewie- 
sen, den  Heinrich  der  Löwe  sich  zu  seinem  Gebrauch  zusam- 
menstellen liess  und  der  wieder  weite  Verbreitung  fand;  ferner 
Gervas.  Tib.  u.  a.  Dem  Rudolf  von  Ems  kann  nur  das  Werk 
des  Honorius  selbst  vorgelegen  haben. 

Ueber  Honorius  Augustodunensis  hat  inzwischen  ein- 
gehend gehandelt  Dr.  Edw.  Schröder  in  seiner  Schrift,  Das 
Anegenge  (Quellen  und  Forschungen  XLIV),  S.  57  ff.,  und  in 
einer  Anzeige  von  Cruel,  Geschichte  der  Deutschen  Predigt  im 
Mittelalter  (Z.  f.  D.  Alterth.  XXV,  2,  Anz.  S.  518  ff.),  und  erklärt 
sich  mit  diesem  für  Deutsche  Heimath  desselben  oder  doch 
längeren  Aufenthalt  in  Deutschland.  Noch  nicht  berücksichtigt 
ist  die  Mittheilung  von  einer  Cambridger  Handschrift 
(NA.  V,  644),  wonach  die  Image  mundi  das  Werk  eines 
Mainzer  Heinrich  wäre.  G.  W. 


Nachrichten.  231 

In  den  Mitth.  des  Wiener  Instituts  II,  3,  S.  374—382, 
widerlegt  A.  Hub  er  ausführlich  die  VI,  639  erwähnte  Hypo- 
these von  Clemens  Schmitz  über  die  Abkunft  der  Babenberger 
und  den  gegen  Otto  von  Freising  erhobenen  Vorwurf  ab- 
sichtlicher Fälschung.  Auch  W.  v.  Giese brecht  in  der 
5.  Ausg.  seines  Geschichtswerkes  I,  S,  XXIV,  spricht  sich  in 
demselben  Sinne  aus. 

Die  SB.  der  Wiener  Akad.  XCVIII.  (1881),  S.  325-366, 
enthalten  von  M.  Büdinger:  'Die  Entstehung  des  achten 
Buches  Otto's  von  Freising.  Eine  universalhistorische 
Studie'.  Es  wird  sein  Verhältnis  zu  Bernhard  von  Clairvaux, 
Gerhoh,  Rainald  von  Dassel  untersucht,  seine  Benutzung  des 
Ps.  Methodius  und  des  Ps.  Dionysius  über  die  himmlische 
Hierarchie,  überhaupt  seine  universalhistorische  Auffassung. 

In  einer  Strassburger  Dissertation  (1881)  'Ragewins 
GestaFriderici  imperatoris'  widerlegt  Gustav  jordan 
die  von  Prutz  über  die  Zeit  der  Abfassung  des  Werkes  auf- 
gestellte Ansicht,  weist  sehr  ausgedehnte  Benutzung  des  Sallust 
nach,  zugleich  aber  durch  eingehende  sachliche  Prüfung,  dass 
diese  Verwendung  fremder  Materialien  die  Richtigkeit  und  Zu- 
verlässigkeit der  Darstellung  nicht  beeinträchtigt.  Die  aufge- 
nommenen Briefe  sind  nach  seiner  Ansicht  dem  Vf.  erst  nach- 
träglich zugekommen  und  mit  den  zugehörigen  Bemerkungen 
nicht  immer  am  rechten  Ort  eingeschoben,  wodurch  sich  Wider- 
sprüche erklären.  Die  Textbehandlung  von  Wilmans  erfährt 
manche  wohl  berechtigte  Ausstellungen, 

^Gerhoh  v o  n  R e  i  c h  e  r  s b  e  r  g.  Ein  Bild  aus  dem  Leben 
der  Kirche  im  XH.  Jahrhundert  von  H.  F.  A.  Nobbe'  (Leipzig 
1881)  handelt  nur  kurz  über  seine  Schriften,  geht  aber  etwas 
näher  auf  seine  Geschichtsbetrachtung  und  seiile  Urtheile  über 
namhafte  Zeitgenossen  ein. 

In  der  Zeitschrift  für  Kirchenrecht,  XVI.  Bd.,  2.  u.  3.  Heft, 
S.  265 — 287,  schreibt  R.  Pauli  'lieber  die  kirchenpolitische 
Wirksamkeit  des  Johannes  Saresberiensis'.  Er  knüpft 
vorzüglich  an  die  Historia  pontificalis  an,  bestätigt  Giese- 
brechts  Nachweis,  dass  J.  der  Vf.  derselben  sei,  durch  Ver- 
gleichung  mit  andern  Schriften  desselben  und  weist  seinen 
längeren  Aufenthalt  in  Frankreich  und  am  päpstlichen  Hofe 
nach.  Erst  1164  ist  jene  Historia  verfasst,  und  J.  nicht,  wie 
man  früher  ohne  Grund  annahm,  schon  um  1148  nach  England 
zurückgekehrt,  sondern  erst  nach  Eugens  Tod  (1153),  imd  hat 
auch  noch  in  den  folgenden  Jahren  wiederholt  den  Hof  des 
Englischen  Papstes  Adrian  IV.  aufgesucht. 


232  Nachrichten, 

Aus  den  Abhandlungen  der  Berliner  Akademie  1881  ist 
besonders  abgedruckt:  'Ueber  eine  alte  Genealogie  der 
Weifen'  von  G.  Waitz.  Der  hier  abgedruckte  Text  ist  der 
Münchener  Hs.  21563  entnommen,  welche  aus  Weihenstephan 
stammt.  Der  Herausgeber  weist  in  der  Abhandlung  nach,  dass 
diese  Aufzeichnung  nicht  ein  Auszug  aus  der  bekannten  Historia 
Welforum  Weingartensis  ist,  sondern  vielmehr  ihre  Grundlage. 

Von  Dr.  S.  Adler  ist  eine  Monographie  erschienen:  'Her- 
zog Weif  VI,  und  sein  Sohn'  (Hann.  1881),  in  welcher  sich 
auch  chronologische  und  andere  Erörterungen  über  die  Annalen 
und  Urkunden  der  betr.  Zeit  befinden.  Was  in  der  Chronica 
regia  zum  J.  1160  von  Herzog  Weif  erzählt  wird,  sucht  er 
S.  66  u.  124  zu  erldären,  indem  er  es  auf  Weif  VH.  und  1164 
deutet. 

In  den  Forschungen  z.  D.  G.  XXI,  299  —  317,  weist 
W.  V.  Gieseb recht  nach,  dass  Pertz  gänzlich  fehlgegriffen 
hat,  indem  er  den  Libellus  tristitiae  et  doloris  für  eine 
originale  Aufzeichnung  hielt,  während  er  vielmehr  eine  im  weifi- 
schen Sinn  tendenziöse  und  ganz  unzuverlässige  Ueberarbeitung 
der  Annales  IMediolanenses  majores  (1154 — 1177)  ist, 
welche  Muratori  t.  VI  in  der  Compilation  des  Sire  Raul 
herausgab.  Zur  Verbesserung  des  schlechten  und  lückenhaften 
Textes  dienen  u.  a.  die  von  JafFe  SS.  XVIII.  herausgegebenen 
Ann.  Mediol.  minores,  welche,  was  dieser  nicht  bemerkt 
hat,  in  dem  betr.  Abschnitt  aus  jenen  excerpiert  sind.  Diese 
weist  G.  (S.  336 — 339)  der  Kirche  S.  Eustorgio  zu;  in  ihnen, 
den  Ann.  breves  und  Memoriae,  sind  bis  1221  bürgerliche 
annalistische  Aufzeichnungen  mit  Angabe  der  Stadtmagistrate 
benutzt. 

Ferner  weist  G.  (S.  317 — 335)  in  der  Pariser  Hs.  6168 
ein  Exemplar  der  Chronica  Danielis  oder  Historia 
CO  mit  um  Angleriae  nach,  einer  fabelreichen  Geschichtsfäl- 
schung, welche  von  Galvaneus  Flamma  u.  a.  ausgebeutet,  aber 
noch  nicht  gedruckt  ist,  und  giebt  einen  Auszug  davon. 


Nerses  von  Lampron's  Bericht  über  den  Tod 
Kaiser  Friedrichs  I,  aus  welchem  Petermann  1860  nach 
abgeleiteter  Quelle  eine  Mittheilung  gegeben  hat,  ist,  aus  dem 
Armenischen  übersetzt,  im  Hist.  Jahrbuch  der  Görres- Gesell- 
schaft IL  Bd.,  2.  Heft,  S.  288—291,  von  Dr.  P.  Vetter  voll- 
ständig veröffentlicht. 

]\Iorlais,  De  vita  et  scriptis  Roberti  de  Torinneio, 
Paris  1881,  ist  nach  einer  Anzeige  von  Ul.  Robert  in  der  Revue 


Nachrichten.  233 

critique  1881,  Nr.  26,  eine  ganz  werthlose  Arbeit,  wesentlich 
aus  der  Einleitung  Delisles  zu  seiner  Ausgabe  der  Chronik 
Roberts  geschöpft. 

Das  22.  Heft  der  Bibl.  des  ecoles  Frangaises  d'Athenes  et 
de  ßome  (Paris,  E.  Thorin  1881)  enthält  die  'Etüde  sur  la 
chronique  en  prose  de  Guillaume  le  Breton  par  H.  Fran- 
9ois  Delaborde.  Eine  eingehende  Besprechung  von 
G.  Waitz,  in  wichtigen  Punkten  von  dem  Vf.  abweichend, 
findet  sich  in  den  Gott.  Gel.  Anzeigen  vom  27.  Juli  (Stück  30). 

In  den  Sitzungsberichten  der  Münchener  Akademie,  phil.- 
hist.  Classe,  von  1881,  Heft  2,  S.  201—239,  theiit  W.  v.  Giese- 
b recht  'Ki'itische  Bemerkungen  zur  Ursperger  Chronik' 
mit,  wozu  die  oben  S.  213  &.  abgedruckte  Beschreibung  der 
Petroneller  Hs.  und  diese  Hs.  selbst  benutzt  sind.  Diese  ist 
nicht,  wie  NA.  II,  448  irrig  gesagt  ist,  aus  dem  14,  sondern 
aus  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  älter  als  die  Peutingersche 
Hs.,  welche  aber  auch  schon  um  1470  geschrieben,  also  nicht  von 
P.  veranlasst  ist.  Nachgewiesen  Avird,  dass  die  Incunabel  aus 
dieser  Hs.  stammt.  Die  Quellen  werden  genauer  untersucht, 
Benutzung  der  Ann.  Zwifalt.  maj.  nachgewiesen,  auch  die 
neue  Geneal.  Weif.  (S.  233)  hat  er  benutzt.  Augenscheinlich 
hat  Burchard  ein  dem  Tiburtinus  verwander  Catal.  Pontiticum 
vorgelegen,  welchem  wahrscheinlich  auch  die  Notizen  über 
Rieti  entnommen  sind.  Die  Fortsetzung  beginnt  nach  G.  1216, 
und  es  ist  kein  Grund,  sie  Konrad  von  Lichtenau  zuzuschreiben. 

Unsere  Hss.  gehen  auf  eine  schon  incorrecte  Abschrift 
zurück.  G.  hält  die  ganze  Stelle  über  die  Verschleuderung 
des  Reichsgutes  durch  Philipp,  SS.  XXIII,  371  von  Z.  10  'Hie 
cum  non  haberet'  an,  für  spätere  Interpolation,  und  geht  darin 
weiter  als  Carl  Frey  in  der  ausserordentlich  fleissigen  und 
sorgsamen  Arbeit:  'Die  Schicksale  des  königlichen  Gutes  in 
Deutschland  unter  den  letzten  Staufern  seit  König  Philipp' 
(Berl.  1881),  S.  6—9  und  71  ff.,  welcher  nachweist,  dass  auf 
jeden  Fall  die  Beschuldigung  übertrieben  und  nur  theilweise 
begründet  ist,  die  Interpolation  aber  auch  für  wahrscheinlich  hält. 

Im  Hist.  Jahrbuch  der  Görres  -  Gesellschaft,  IL  Bd.,  2.  Heft, 
S.  254 — 271,  behandelt  Dr.  H.  Cardauns  'die  Anfänge  des 
Kölner  Doms'  imd  widerlegt  die  unbegründeter  Weise  gegen 
die  Gleichzeitigkeit  und  Zuverlässigkeit  der  betr.  Stelle  der 
Fortsetzung  der  Chronica  regia  Coloniensis  aus 
St.  Pantaleon  erhobenen  Zweifel. 


Im  Hist.  Jahrbuch  der  Görres -Gesellschaft,  II,  3,  S.  335 — 
387,  handelt  Cornelius  Will  über  das  Chronicon  Mogun- 


234  Nachrichten, 

tinuni  oder  den  Liber  de  calamitate  ecclesiae  Moguntinae, 
und  bringt  erhebliche  Gründe  für  die  Behauptung  bei,  dass 
der  Vf.  unmöglich  der  Erzb.  Christian  11,  sein  könne;  er  sucht 
als  solchen  vielmehr  den  Bischof  Christian  von  Litthauen 
zu  erweisen,  einen  geb.  Thüringer,  welcher  damals  als  Weih- 
bischof der  Mainzer  Kirche  thätig  war;  der  so  stark  hervor- 
tretende Hass  gegen  die  päpstlichen  Legaten  wird  durch  die 
Verhältnisse  des  Deutschen  Ordens  und  seine  eigenen  erklärt. 
Gewidmet  sei  das  Werk  wahrscheinlich  dem  Landcomthur  von 
Preussen,  Dietrich  von  Grüningen,  und  dessen  Provisor,  dem 
Deutschordensprior  Ludwig  von  Queden,  Das  von  Jaffe  vom 
Martyrium  Arnoldi  abgetrennte  Stück  hält  W.  für  dort  ursprüng- 
lich und  im  Chron.  Mog.  abgeschrieben. 


Die  Zeitschrift  des  Vereins  f.  Gesch.  u.  Alterthum  Schlesiens, 
XV,  2  (1881),  S.  547— 550,  enthält  von  Dr.  Wem  icke  eine 
Mittheilung  über  Fragmente  einer  (unbedeutenden)  Hs.  der 
Vita  Hedwigis,  und  auf  S.  550  Berichtigungen  zu  Stenzels 
Ausgabe. 

Im  3.  Bande  der  Fontes  rerum  Bohemicarum  sind  der 
Ausgabe  des  Böhmischen  Textes  von  Dalemils  Chronik 
deutsche  gereimte  Annalen  angehängt,  die  bis  z.  J.  1342  gehen. 
Hierüber,  wie  über  andere  Quellenpublicationen  zur  Böhmischen 
Geschichte  berichtet  Emier  in  den  Mittheilungen  des  ^Mener 
Instituts  II,  S.  154  f. 


'  J  a  c  0  b  V  0  n  M  a  i  n  z,  der  zeitgenössische  Historiograph,  und 
das  Geschichtswerk  des  Matthias  von  Neuen  bürg  nebst 
Excursen  zur  Kritik  des  Nauclerus,  Von  Th.  F.  A.  Wiehert'. 
Königsberg  1881.  (368  Seiten),  Eine  sehr  ausführliche  und 
sorgfältige  Erörterung  aller  der  schwierigen  Fragen,  die  sich 
an  die  Namen  der  beiden  genannten  Historiker  knüpfen,  auf 
die  hier  nur  im  allgemeinen  hingewiesen  werden  soll.  Der 
Vf.  dürfte  dem  Jacob  von  Mainz,  den  er  im  J.  1339  als  'cleri- 
cus  Spirensis  publicus  imperiali  auctoritate  notarius'  nachweist, 
seinen  Platz  unter  den  namhaftesten  Historikern  des  14,  Jahr- 
hunderts gesichert  haben,  wenn  auch  im  einzelnen  manche 
Zweifel  über  das  Verhältnis  seiner  leider  zum  grossen  Theil 
verlorenen  Werke  zum  Matthias  von  Neuenburg  bleiben.  In 
einem  Nachtrag  setzt  der  Verf.  sich  mit  der  Abhandlung  Königs 
(NA.  V,  S.  149)  auseinander;  9  Excurse  behandeln  andere 
Quellen  des  Nauclerus,  ausserdem  sind  10  Urkunden  Lud- 
wig d.  B.  aus  dem  Münchener  Reichsarchiv  beigegeben.     G.  W. 


Nachrichten.  235 

Im  Anzeiger  für  Schweiz.  Geschichte  1881,  Nr.  2  sucht 
0.  Hart  mann  die  Ansicht  von  G.  v.  Wyss,  dass  der  Ver- 
fasser der  von  Grieshaber  herausgegebenen  Oberrheinischen 
Chronik  in  Basel  geschrieben,  gegen  die  Einwendungen  von 
Const.  Amrein,  dass  er  viehuehr  Geistlicher  an  der  Bartholo- 
maeuskii'che  zu  Römerswyl  im  Aargau  gewesen,  zu  schützen. 


In  einer  Tübinger  Diss.  o.  J.  'Zur  Kritik  Königshofens' 
untersucht  Georg  von  der  Au  die  Berichte  über  die  Reut- 
linger  Schlacht  1377  und  über  die  Döffinger  Schlacht  1388. 
Er  kommt  zu  dem  Resultat,  dass  K.  für  die  frühere  Zeit  sehr 
sorglos  und  ungenau  ist,  vermuthlich  Erzählungen  von  dem 
Regensburger  Treffen  1388  damit  vermengt  hat.  Für  die 
Döffinger  Schlacht  verdient  er  mehr  Zutrauen;  die  Angaben 
Anderer  über  Flucht  und  Verrath  der  Nürnberger,  spec.  des 
Hennebergers  sind  sehr  verdächtig.  Den  Ansichten  von  Rupp 
in  den  Forsch,  z.  D.  G.  XIV  tritt  der  Vf.  vielfach  entgegen. 


In  dem  Historischen  Jahrbuch  der  Görres  -  Gesellschaft  II, 
S.  416,  handelt  H.  Cardauns  näher  über  eine  Deutsche 
Kölner  Kaiserchronik  (München,  Cod.  Germ.  691,  ge- 
schrieben um  1400)  und  vervollständigt  und  berichtigt  die  in 
den  Cölner  Chroniken  I,  S.  LXXIV,  gegebenen  Nachrichten, 
namentlich  in  Beziehung  auf  die  benutzten  Quellen.  Er  bestä- 
tigt namentlich  eine  auch  von  Wyss  (NA.  VI,  S.  159  N.) 
gemachte  Bemerkung,  dass  die  neuerdings  in  Wien  gefundene 
Fortsetzung  der  Chronica  regia  hier  benutzt  worden,  zeigt  aber 
zugleich,  dass  die  Benutzung  nicht  wesentlich  weiter  geht,  als 
die  Handschrift,  so  dass  in  dieser  nur  einige  Worte  verloren 
zu  sein  scheinen  (Es  heisst:  'Du  samende  hi  euch  sin  her, 
want  hi  wolde  zo  Romen  varen  ind  Keiser  werden').        G.  W. 


Die  Arch.  X,  S.  633  erwähnten  Nachrichten  über  Mitglieder 
der  Habsbur  gis  chen  Famili  e  1273— 1420  in  der  Admonter 
Handschrift  des  Ottokar  sind  im  2.  Heft  der  Studien  aus  dem 
Benedictinerorden  S.  335  ff.  zum  Abdruck  gebracht. 

A.  Bernouilli,  'Die  verlorene  Schwy zerchronik', 
Jahrbuch  für  Schweizerische  Geschichte  VI,  S.  175  ff.,  wider- 
legt zunächst  einige  Einwendungen  Vauchers  gegen  die  An- 
nahme, dass  die  Schrift  'Vom  Herkommen  der  Schwyzer',  die 
Hungerbühler  herausgegeben ,  von  Eulogius  Kiburger,  dem 
Verfasser  der  Strehlinger  Chronik,  geschrieben  sei,  sucht  dann 
aber  zu  zeigen,  dass  es  eine  ältere  Schwyzerchronik  gegeben 
habe,  um  d.  J.  1440  verfasst,  deren  Autor  der  Landschreiber 
Hans  Frund  gewesen;  dieselbe  sei  von  Etterlin,  wahrscheinlich 


236  Nachrichten. 

auch  in  dem  Weissen  Buch  von  Unterwaiden  benutzt,  von 
K.  PelHkan  im  J.  1504  für  den  päpstlichen  Legaten  Raymund 
von  Petrandi,  Bischof  von  Gurk,  ins  Lateinische  übersetzt. 
Wenigstens  diese  Bearbeitung,  hofft  er,  werde  sich  irgendwo 
erhalten  haben.  G.  W. 

Die  Geistererscheinungen  im  J.  1437  auf  dem  Buschmanns- 
hofe bei  Meiderich  im  Cleveschen  sind  mit  dem  daraus  ent- 
standenen Büchlein,  welches  damals  auch  Johannes  de  Essendia 
ins  Lateinische  übersetzt  hat,  ein  culturgeschichtlich  merkwür- 
diges Ereignis,  da  dieses  Buch  am  Niederrhein  sehr  verbreitet 
war.  Das  niederdeutsche  Original  hat  W.  See! mann  nach 
einer  Berliner  Hs.  im  Niederdeutschen  Jahrbuche  herausgegeben, 
und  u.  d.  T.  Buschmanns  Mirakel,  ein  religiöses  Volks- 
buch des  15.  Jahrh.  (Norden  1881),  auch  besonders  abdrucken 
lassen.  Die  Einleitung  giebt  über  die  zahlreichen  Hss.  und 
alten  Drucke  Auskunft. 


Li  den  'Verslagen  en  Medederlingen  der  Kon.  Akad.  van 
Wetenschappen',  Afd.  Letterkunde,  2.  reeks,  9.  deel  (Amst.  1880), 
S.  4—42,  giebt  J.  G.  R.  Acquoy  Nachricht  von  einer  um 
1500 geschriebenen  Chronik  desFraterhauses  zuZwolle 
bis  1489,  deren  Herausgabe  er  beabsichtigt.  Sie  ist  in  lat, 
Sprache  geschrieben  von  Jacobus  Trajecti  alias  Voecht, 
und  war  bisher  nur  durch  ungenaue  Auszüge  bekannt.  Der  Vf. 
schliesst  sich  vollständig  der  Darstellung  des  Pastor  Hirsche 
in  dem  Art.  'Brüder  des  gemeinsamen  Lebens'  in  der  Real- 
Encyklopädie  f.  prot.  Theol.  u.  Kirche  von  Herzog  und  Plitt 
an,  und  beweist  eingehend  die  LTthümlichkeit  der  allgemein 
verbreiteten  Meinung,  dass  diese  Brüder  sich  mit  dem  Schul- 
wesen befasst  und  darin  Reformen  bewirkt  hätten.  —  Derselbe 
Band,  S.  18G— 216,  enthält  auch  die  VI,  638  erwähnte  Mitthei- 
lung de  Goeje's  über  Ibrahim-ibn- Jaküb 's  Bericht  von 
den  Slavenländern. 


Li  Birlinger's  Alemannia  IX,  2,  S.  186  ff,  (noch  nicht  voll- 
endet) weist  Dr.  Baum  an  n  nach,  dass  nicht  nur  die  Vita 
Hildegard is,  sondern  auch  noch  drei  Chroniken  von 
Kempten  freie  Schöpfungen  resp.  Fälschungen  des  J  oh.  Birk, 
des  Stifts  lat.  Schulmeisters,  sind,  zwischen  1472  und  1494  ver- 
fasst  und  theilweise  1506  vom  Notar  Job.  Kräler  in  deutsche 
Sprache  übersetzt.  Ein  Hauptmotiv  soll  Brodneid  wegen  Con- 
kurrenz  einer  städtischen  Schule  gewesen  sein. 


Die  polnisch  geschriebenen  Denkschriften  (Pamietniki)  der 
Krakauer  Akademie,  phil.-hist.  Classe,  Bd.  4,  enthalten  von 
Wojciechowski   eine    Untersuchung  über   die   polnische 


Nachrichten.  237 

Annalistik  vom  10.  bis  zum  15.  Jahrhundert;  er  knüpft  ihren 
Anfang  nicht  mit  Waitz  an  Mainzer,  sondern  an  die  Corveyer 
Annalen.     Vgl.  Hist.  Zeitschr.  XLVI,  S.  369. 


Neu  ei'schienen  ist:  Historiae  Hungaricae  fontes  dome- 
stici.  P.  I.  Scriptores.  Vita  sanctorum  Stephani  regis  et  Emerici 
ducis.  Ad  fidem  codicum  seculi  XII.  XIII.  et  XV.  rec,  non- 
nulla  eiusdem  aetatis  monumenta  disquisitionesque  criticas 
adjecit  H.  Florianus.     (Leipzig)  1881. 


B.  Capasso  hat  herausgegeben:  Monumenta  ad  Nea- 
politani  ducatus  historiam  pertinentia  (568 — 1139). 
Neapel  1881.  Der  erste  Band  enthält  das  Chronicon  ducum 
et  principum  Beneventi,  Salerni  et  ducum  Neapolis;  das  Chroni- 
con episcoporum  Neapolitanorum  und  einen  Appendix  monu- 
mentorum.  Ueber  das  Verhältnis  der  Ausgabe  zu  den  SS.  R. 
Lange bai'dicarum  wird  später  Gelegenheit  sein  zu  sprechen. 


Die  NA.  VI,  644  erwähnte  Abhandlung  von  Schupfer 
über  die  Lex  Romana  Uticensis  ist  in  den  Schriften  der 
Accademia  dei  lincei,  Serie  3,  Meniorie  della  classe  de  scienze 
morali^  storiche  e  ülologiche  Vol.  VII,  und  in  einem  Separat- 
druck Rom  1881  erschienen.  Der  Verfasser  hat  mit  vielem 
Fleisse  und  nicht  ohne  Geschick  den  Beweis  für  die  Entste- 
hung der  Lex  in  Italien,  im  Bezirk  von  Aquileja  im  9.  Jahrb. 
zu  führen  gesucht.  Wenn  man  aber  in  Beziehung  auf  die 
Zeitbestimmung  ihm  beipflichten  kann,  so  wird,  was  gegen  die 
Heimath  in  Currätien  vorgebracht  wird,  schwerlich  als  bewei- 
send gelten  können.  Die  zahlreichen  Rätischen  Urkunden  in 
Wartmanns  Codex  diplomaticus  Sangallensis  sind  leider  nicht 
benutzt.  G.  W. 


Die  Forschungen  z.  D.  G.,  Bd.  XXI,  Heft  2,  S.  271—287, 
enthalten  aus  dem  Nachlass  von  K.  W.  Nitzsch  eine  sehr 
beachtenswerthe  Abhandlung:  'Heinrich  IV.  und  der  Gottes- 
und  Landfrieden'  und  als  Beilage  ein,  leider  schlecht  über- 
liefertes, aber  höchst  merkwürdiges  Actenstück  aus  dem 
14.  Jahrhundert  zur  Rechtfertigung  des  Lüttich  er  Friedens- 
gerichts am  päpstlichen  Hofe  gegen  die  Einwendungen  des 
Herzogs  von  Brabant,  S.  287—297. 


Die  Zeitschr.  d.  Ges.  f.  Schi.  Holst.  Lauenb.  Geschichte  X. 
(1881),  S.  71 — 95  enthält  einen  Aufsatz  von  P.  Hasse  über 
das  älteste  Fehmarnsche  Land  recht,  welches  dem  Gebiete 
des  dänischen  Rechtes  zugewiesen  wird.  August  Wetzel 
theilt  S.  171 — 198  drei  Kieler  Burspraken  aus  dem  Anfang 


238  Nachrichten. 

des  15.  Jahrli.  mit.  Hrn.  G.  von  Bucliwald  hat  die  For- 
schung nach  Schaumburger  Urkunden  Anlass  gegeben,  S.  121  ff. 
Auszüge  aus  dem  Bürgerbuch  von  Stadthagen  und  Statuten 
dieser  Stadt  mitzutheilen.  —  Fehmarnsche  Urkunden  und 
Regesten,  darunter  auch  die  Kechtsaufzeichnungen,  bringt  die 
Urkundensammlung  derselben  Gesellschaft,  Bd.  III,  2.  Theil, 
von  Dr.  Kohl  mann. 

Von  der  Sammlung  der  Oesterreichischen  Weis- 
thümer  ist  der  6.  Band  erschienen,  welcher  die  Steirischen 
und  Kärnthnischen  Taidinge  enthält,  herausgeg.  von  Ferd. 
Bischoff  und  Anton  Schönbach. 


In  den  Mitth.  des  Wiener  Instituts,  II,  S.  287—294,  theilt 
G.  von  Buchwald  Formeln  des  Verfahrens  bei  Gottes- 
urt heilen  mit  aus  einer  Agende  von  St.  Blasius  in  Braun- 
schweig, verglichen  mit  Rockinger's  Mittheilungen  in  den 
Quell,  und  Erl.  VII,  zu  denen  E.  Mühlbacher  auch  eine  Hs. 
von  St.  Florian  heranzieht. 

In  der  Zeitschr.  des  Westpreussischen  Geschichtsvereins, 
H.  IV,  giebt  G.  V.  Buchwald  einen  Abdruck  der  Wachstafeln 
der  grossen  kön.  Bibliothek  zu  Kopenhagen:  Gerichtsproto- 
kolle aus  dem  Ende  des  14,  Anfang  des  15.  Jahrhunderts,  die 
sich  theilweise  auf  die  Stadt  Lauenburg  in  Hinterpommern 
beziehen  und  deshalb  zu  der  irrigen  Annahme  eines  Lauen- 
burger  Stadtbuchs  führten.  Näher  hat  über  den  Inhalt  Bert- 
ling  in  derselben  Zeitschrift  gehandelt.  G.  W. 


Eine  eingehende  Anzeige  von  Mühlbachers  Reges ta 
Karolorum  giebt  J.  Havet  in  der  Bibliotheque  de  l'ecole 
des  chartes  1880,  S.  620  ff.  Von  dem  Werk  ist  unlängst  die 
zweite  Lieferung  ausgegeben. 

Die  Mitth.  des  Wieners  Instituts,  II,  S.  177  —  221,  bringen 
die  Fortsetzung  von  Jul.  Ficker's  Neuen  Beiträgen  zur 
Urkundenlehre.  Vorzüglich  wird  hier  die  Ungenauigkeit  und 
Fehlerhaftigkeit  der  Zeugenverhältnisse  behandelt  und  dabei 
gewarnt  vor  voreiligen  Schlüssen  auf  Unechtheit  oder  auf  Ab- 
sichtlichkeit gewisser  Bezeichnungen.  Speciell  wird  angeknüpft 
an  die  Angriffe  auf  die  Echtheit  der  Privilegienbestätigung  für 
AVorms  (Forsch.  XIX,  356),  und  deren  Berechtigung  in  Abrede 
gestellt. 

Th.  Sickel  bespricht  in  den  j\Iitth.  des  Wiener  Instituts, 
II,  S.  310 — 330,  ausführlich  die  erschienene  erste  Lieferung 
der  'Kaiserurkunden  in  Abbildungen'  nebst  den  2  zu- 
nächst zu  erwartenden,  und  verbreitet  sich  über  den  Plan  und 


Nachrichten.  239 

Zweck  des  Unternehmens,  sowie  über  die  Grundsätze,  nach 
welchen  die  Urkunden  ausgewählt  sind.  Dieser  Artikel  ist 
auch  in  besonderem  Abdruck  erschienen.  —  Eine  eingehende 
Besprechung  der  1.  Lieferung  von  K.  Menzel  bringt  die 
Hist.  Zeitschr.  XLVI,  129 — 134.  —  Jetzt  ist  auch  die  zweite 
Lieferung  erschienen,  welche  wieder  29  Tafeln  in  schönster 
Ausführung  enthjilt.  Sie  bringen  die  erste  Hälfte  der  Urkun- 
den aus  der  Zeit  der  Salier,  ausgewählt  und  erläutert  von 
H.  Bresslau. 

In  den  Memoires  de  la  Societe  des  sciences  morales,  des 
lettres  et  des  arts  de  Seine  et  Oise,  Bd.  12,  ist  eine  Urkunde 
Karlmanns  von  769  in  Heliogravüre  facsimiliert  (Mitth.  d. 
Wiener  Instituts  II,  462).  —  Wir  tragen  hier  nach,  dass  in  der 
Archiv.  Zeitschr.  von  Löher,  Bd.  I,  Riezler  eine  echte  Ur- 
kunde Karl  III.  in  berichtigtem  Abdruck  mittheilt,  und  eine 
Arnulfs,  die  dadurch  merkwürdig  ist,  dass  auf  einem  echten 
Originale  später,  wohl  erst  im  12.  Jahrb.,  ein  ganz  falscher 
Inhalt  geschrieben  ist. 

In  den  Mitth.  des  Wiener  Instituts  sollen  nach  und  nach 
aus  den  Sammlungen  desselben  und  der  Mon.  Germ,  ungedruckte 
Urkunden  veröffentlicht  werden;  im  2.  Bd.,  Heft  3,  S.  445 — 454, 
theilt  A.  V.  Jaksch  2  Urkunden  Ludwigs  d.  Fr.  aus  Arezzo 
mit,  und  aus  einem  Rotidus  in  Novara  17  Regesten,  worunter 
viele  Urkunden  Berengars  I. 


E.  Mühlbacher  untersucht  ebenda,  S.  296  —  302,  die 
urkundlichen  Datierungen,  welche  sich  auf  die  Geschichte  des 
Königs  Bernhard  von  Italien  beziehen. 


Ebenda,  S.  265— 280,  behandelt  Th.  Si ekel  im  Anschluss 
an  seine  Ausgabe  anomale  Datierungsformeln  in  den  Diplomen 
Otto's  I.  von  940  —  961,  welche  er  hauptsächlich  durch  die 
Verwendung  ungeschulter  Schreiber  unter  Brun  und  Ludolf 
erklärt. 


Cesare  Paoli  veröffentlicht  daselbst,  S.  295,  aus  dem 
k.  Staatsarchiv  zu  Florenz,  die  Urkunden,  mittelst  welcher  am 
5.  Sept.  1310  Erzb.  Heinrich  von  Köln  dem  Abt  Heinrich  von 
Villers  die  Stellvertretung  in  der  ital.  Kanzlei  übertrug;  vergl. 
Reg.  Heinr.  VII.  305. 

Die  Mittheilungen  der  Deutschen  Gesellschaft  zur  Erfor- 
schung vaterl.  Sprache  u.  Alterthümer  in  Leipzig,  Bd.  VII, 
(Leipz.  1881)  enthalten  S.  113  —  151  die  Fortsetzung  des  im 
1.  Hefte  (1856)   enthaltenen  Verzeichnisses   der  im  Besitz  der 


240  Nachrichten. 

Gesellschaft  befindlichen  Original  -  Urkunden ,  von  Bruno 
Stübel.  Von  KU.  ist  darin  nur  eine  (S.  121)  von  Karl  IV, 
4.  Nov.  1347  Nürnberg,  primae  preces  an  das  Augsburger 
Nonnenkloster  zu  St.  Katharinen. 


Des  3.  Bandes  erste  Abtheilung  der  Quellen  zur  Schweizer 
Geschichte  (Basel  1881),  die  jetzt  erschienen  (vgl  NA.  VI,  451) 
enthält  die  älteren  Urkunden  von  Allerheiligen  in  Schaff- 
hausen ( —  1167),  einen  ^Güterbeschrieb,  von  c.  1150,  und  ge- 
schichtliche Aufzeichnungen  über  das  Kloster  (darunter  auch 
der  früher  von  Boos  herausgegebene  Katalog  der  Klosterbiblio- 
thek aus  dem  Ende  d.  11.  Jahrb.,  NA.  III,  424),  herausgegeben 
und  erläutert  von  Baumann  in  Donaueschingen. 

Von  Karl  Rubel  bearbeitet  ist  die  erste  Hälfte  des  ersten 
Bandes  des  Dortmunder  Urkundenbuches  (899 — 1340) 
erschienen,  welches  u.  a.  eine  neue  Urkunde  des  Königs  Wil- 
helm von  Holland  vom  17.  März  1254  enthält. 


Von  V.  Heinemann's    Anhaltischem    Urkunden- 
buch  ist  der  5.  Theil,  der  das  Werk  bis  1400  zum  Abschluss 
bringt  und  zugleich  Nachträge  zu  den  früheren  Bänden  liefert^  > 
erschienen.     Zu  erwarten  steht  ein  Register  zu  dieser  überaus 
reichen  und  wichtigen  Sammlung. 

Das  in  musterhafter  Weise  von  M.  Perlbach  bearbeitete 
Pommerellische  Urkundenbuch  (1.  Abth.  1140—1283) 
enthält  von  KU.  nur  den  Wiederabdruck  von  Reg.  Rud.  244,  i 
päpstliche  in  grosser  Anzahl,  worunter  auch  bisher  ungedruckte. 
—  Auch  vom  Pommerschen  Urkundenbuch  ist  die  erste 
Abtheilung  des  2.  Bandes  (1254 — 1278)  erschienen,  bearbeitet 
vom  Archivar  Dr.  R.  Prümers. 


Der  achte  Band  des  Codex  diplomaticus  Silesiae  enthält 
die  Urkunden  des  Klosters  Kamenz,  herausgegeben  von 
Dr.  Pfotenhauer. 

VonE,  Friedl  an  der's  Ost  friesischem  Urkundenbuch 
erschien  die  5.  Lieferung  des  IL  Bandes  mit  Nachträgen  und 
2  Anhängen  aus  den  Heberegistern  des  Klosters  Werden  und 
den  Traditionen  von  Fulda,  soweit  sie  sich  auf  Friesland  beziehen. 


Eine  scharfe,  aber  wohl  berechtigte  Kritik  des  von  dem 
Verein  für  Berlinische  Geschichte  in  den  letzten  Jahren  her- 
ausgegebenen Berlinischen  Urkundenbuchs  giebt  Sello 
in  der  Z.  f.  Preuss.  Gesch.  1881,  H.  5  und  6,  S.  248  ff. 


Nachrichten.  241 

Von  dem  Lübecker  Urkunden  buch  ist  der  6.  Theil 
(—   1426)  mit  der  11.  Lieferung  zum  Abschluss  gebracht. 


Von  den  H  a  n  s  e  -  R  e  c  e  s  s  e  n  ist  der  5.  Band  der  ersten 
Reihe,  bearbeitet  von  K.  Koppmann  (1401  — 1410),  der  dritte 
der  zweiten,  bearbeitet  von  G.  Frhr.  v.  d.  Ropp  (1443—1451), 
und  der  erste  der  dritten,  bearbeitet  von  D.  Schäfer  (1477 
— 1485)  erschienen. 

H.  Ermisch  hat  seine  in  Bd.  1  u.  2  des  N,  Archivs  f. 
Sachs.  Gesch.  enthaltenen  Aufsätze  als  ^Studien  zur  Geschichte 
der  Sächsisch -Böhmischen  Beziehungen  in  den  Jahren 
1464  bis  1471'  (Dresd.  1881),  herausgegeben  mit  einigen 
Aenderungen  und  einer  Beigabe  interessanter  Acteustücke  aus 
dem  Hauptstaatsarchiv. 

Nach  einer  Mittheilung  des  Principe  Colonna  Stigliano 
an  Prof,  Mommsen  befindet  sich  eine  Sammlung  von  c.  1000 
Pergamenturkunden,  beginnend  in  der  Zeit  des  Herzogthumes 
Neapel  und  die  Normannische,  Staufische  und  Anjousche  Periode 
umfassend,  in  Privatbesitz:  der  Eigenthümer  sei  bereit,  sie  an 
ein  Archiv  oder  eine  öffentliche  Bibliothek  zu  überlassen. 
(  ewiss  ist  es  dringend  zu  wünschen,  dass  sie  Italien  erhalten 
bleiben  und  hier  dem  öffentlichen  Gebrauch  zugänglich  gemacht 
werden. 

Von  der  neuen,  stark  vermehrten  Ausgabe  von  Jaffe's 
Regesta  Pontificum  Romanorum  ist  die  erste  Lieferung 
db  Bogen)  ausgegeben,  welche  bis  548  reicht,  bearbeitet  von 
F.  Kaltenbrunner.  Abweichend  von  der  ersten  Ausgabe 
sind  die  unechten  und  verdächtigen  Stücke  nicht  getrennt;  die 
alten  Nummern  sind  in  Klammern  angegeben,  und  eine  Con- 
cordanz  sowie  ein  Register  der  Anfänge  werden  später  das 
Auffinden  erleichtern.  Eine  Anzeige  von  Duchesne  steht  Bulle- 
tin critique  1881,  Nr.  6. 

Ueber  die  von  Prof.  Schum  aufgefundenen  und  dem 
Zerbster  Archiv  zugewiesenen  Papsturkunden,  die  derselbe 
NA.  III,  S.  203.  VI,  S.  612  näher  besprochen  hat,  berichtet 
auch  ein  Aufsatz  vom  Archivar  Kindscher  in  den  Mitthei- 
lungen des  Ver.  f.  Anhalt.  Gesch.  III,  1,  S.  82. 


'Einige  bisher  unbekannte  Papstbullen  des  12.  und  13.  Jahr- 
hunderts zur  Geschichte  des  Prämonstratenserordens'  theilt  im 
5.  Bande  der  Archivalischen  Zeitschrift  (S.  149  ff.)  der  inzwischen 
verstorbene  R.  Wilmans  aus  dem  Cappenberger  Archiv  mit. 
Es  mag  bei  der  Gelegenheit  daran  erinnert  werden,  dass  der- 

Neues  Archiv  etc.      VII.  \Q 


242  Nachrichten. 

selbe  früher  (III,  S.  31)  auf  eine  Abschrift  der  Regesten  Papst 
Honorius  III.  in  der  Plettenbergschen  Bibliothek  in  Nord- 
kirchen aufmerksam  machte  (Nach  Arch.  VI,  S.  ob  freilich  nxu- 
Excerpta.     Eine  nähere  Auskunft  wäre  erwünscht). 

In  demselben  Band  der  Archivalischen  Zeitschrift,  S.  236 
— 272  beginnt  v.  Loh  er  mit  der  Veröffentlichung  von  Aus- 
zügen aus  den  Vaticanischen  Regesten  zur  Geschichte 
Ludwig  d.  B.  Jeder  wird  den  Wunsch  des  Herausgebers 
theilen,  dass  die  jetzt  günstige  Gelegenheit  benutzt  werde,  diese 
Stücke  abschreiben  zu  lassen,  um  demnächst  eine  Sammlung 
der  Acta  Ludovici  veranstalten  zu  können. 


In  Dove's  und  Friedberg's  Zeitschr.  f.  Kirchenrecht,  XVI, 
147 — 154,  veröffentlicht  und  erläutert  E.  Bernheim  einen 
Bericht  über  das  Concil  zu  Pisa  1135  aus  einer  Wiener 
Handschrift. 


In  den  Forschungen  z.  D.  Gesch.  XXI,  383  —  400  sucht 
H.  Hahn  einige  Briefe  der  Bonifa  zischen  Sammlung  nach 
stilistischen  Kennzeichen  zu  bestimmen,  und  vorzüglich  für 
das  Leben  desLullus  neue  Thatsachen  daraus  zu  gewinnen. 


In  einer  Leipziger  Dissertation  o.  J.  von  Armin  Göpfert: 
^Lullus,  der  Nachfolger  des  Bonifatius  im  Mainzer  Erzbis- 
thum',  werden  u.  a.  einige  chronologische  Fragen  in  Betreff 
der  Briefsammlung  besprochen.  In  der  S.  32  aus  Liudgers  V. 
Greg,  angeführten  Stelle  ist  der  übliche  Lesefehler  'idem'  statt 
'id  est'  nicht  erkannt. 

S.  Löwenfeld  hat  in  der  Pariser  Bibliothek  in  der  Col- 
lection  Baluze,  vol.  LXIX,  auf  zwei  Pergamentblättern,  die  zum 
Einband  gedient  hatten,  in  Schrift  des  9.  oder  10.  Jahrh.  einen 
Brief  von  Alcuin  entdeckt,  der  gegen  die  Lehre  des  B.  Felix 
von  Urgel  gerichtet  ist  und  sich  den  Briefen  von  April  bis 
Juni  798  anreiht.  Fast  ohne  Zweifel  ist  er  an  Theodulf  ge- 
richtet. Mit  einigen  Lücken,  die  aber  durch  scharfsinnige  Ver- 
muthung  ergänzt  sind,  ist  er  abgedruckt  in  der  Bibl.  de  l'Ecole 
des  chartes,  t.  XLII,  1881. 

Im  62.  Jahrgang  der  Tübinger  Theologischen  Quartalschrift 
(1880,  S.  222— 24G)  giebt  M.  Sdralek  unter  dem  Titel:  'Die 
Briefe  des  Papstes  Nicolaus  L'  eine  eingehende  Besprechung 
der  aus  dem  Nachlasse  Constant's  luid  seiner  Fortsetzer  in  den 
Analectis  Juris  Pontificii  Ser.  10,  Tom.  5,  Partie  2  (1869,  col.  47 
— 176)  veröffentlichten  Nachrichten  über  die  handschriftliche 
Grundlage    und    Chronologie    der    Nicolausbriefe.     Da  Jaffe's 


Naclirichteu.  243 

Regesta  von  den  Herausgebern  in  den  Analectis  gänzlich  bei 
Seite  gelassen  sind,  so  ist  die  Bedeutung  der  chronologischen 
Untersuchung  damit  von  vornherein  beschränkt.  Zwei  unedierte 
Briefe  geben  die  Analecta:  an  den  Erzbischof  Tado  von  Mai- 
landj  von  Sdralek  Aviederholt  S.  244,  und  ein  Fragment  an 
Kaiser  Ludwig  (col.  174  u.  IGD),  beide  aus  dem  leider  nicht 
näher  beschriebenen  Codex  Josaphateus.  Es  ist  dies,  wie  wir 
hinzufügen  können,  eine  Collectio  triuni  partium  und  beide 
Briefe  stehen  auch  im  Codex  Berol.  lat.  fol.  107,  saec.  XII, 
fol.  84  u.  85.  —  Migne's  Ausgabe  der  Nicolausbriefe  (Patrologia 
latina  CXIX),  die  nur  einen  Abdruck  von  Mansi  gewährt, 
benutzte  zu  einem  populär  gehaltenen  Essai  im  Journal  des 
Savants  1880  M.  F.  Rocquain,  der  auch  einige  Bemerkungen 
über  die  Kanzlei  giebt.  —  In  einer  Monographie  'Hincmars 
von  Rheims  kanonistisches  Gutachten  über  die  Ehescheidung 
des  Königs  Lothar  IL  (Freiburg  i.  B.  1881)'  kommt  Sdralek 
zu  der  Ansicht,  dass  die  Schrift  de  divortio  ein  Werk  sei, 
dem  die  vorzüglichsten  Eigenschaften  eines  Rechtsgutachtens, 
Präcision  und  Klarheit,  ebenso  wie  jede  rationelle  Anordnung 
des  Inhalts  fehle.  P.  E. 

In  den  Forsch,  z.  D.  Gesch.  XXI,  407—413,  untersucht 
Karl  Beyer  die  Datierung  einiger  Briefe  im  Registrum 
Gregorii  VII,  und  im  Codex  Udalrici. 

In  einer  Strassburger  Dissertation:  'Bischof  Johann  I. 
von  Strassburg  genannt  von  Dürkheim'  von  Nik.  Rosen- 
kränzer (Trier  1861)  ist  auch  das  einst  von  Chmel  beschrie- 
bene und  theilweise  herausgegebene  Formelbuch,  Cod.  Vindob. 
410,  benutzt  und  S.  101 — 116  besprochen,  nebst  Mittheilung 
ungedruckter  Stücke.  Die  fast  imveränderte  Form  des  Mate- 
rials ist  vollständig  erwiesen.  Es  sind  3  Schreiben  Heinrichs  VII. 
darunter,  und  unter  den  vorher  gegebenen  Urkunden  solche 
von  Albrecht  und  von  Friedrich  dem  Schönen. 

Das  Gedicht  Sigeberts  zum  Lobe  von  Metz  (in  der 
Vita  Theoderici  SS.  IV,  S.  477)  ist  ins  Französische  übersetzt 
und  mit  längerer  Einleitung  imd  Noten  herausgegeben  von 
De    Bouteiller    als    erster    Theil    einer  ^Petite    bibliotheque 

messine'  (Paris  1881). 

In  den  'Archives  de  l'Orient  latin'  I,  551—561  sind  die 
in  der  Gymnas.  Bibl.  zu  Kölu  erhaltenen  Fragmente  des  Soly- 
marius  abgedruckt,  und  in  den  Vorbemerkungen  von 
W.  Watten bach,  den  A.  Pannenborg  mit  seiner  reichen 
Sachkenntnis  unterstützte,  nachgewiesen,  dass  die  Identität  des 

16* 


244  Nachrichten. 

Dichters  mit  dem  Vf.  des  Ligurinus  zweifellos  ist.     Sep.  -  Ab- 
drücke davon  können  auf  Verlangen  mitgetheilt  werden. 


Ueber  Schriften  von  A.  V.  Sembera  in  Böhmischer 
Sprache  gegen  die  Echtheit  der  Grün  berger  und  Königs- 
liofer  Handschrift  berichten  die  Mittheilungen  des  Wiener 
Instituts  I,  160.  II;  306.  Als  Verfasser  der  Gedichte  in  der 
letzteren  werden  Swoboda  und  Hanka  angenommen. 


Das  Osterprogramm  1881  des  Domgymn.  in  Halb  erstadt 
enthalt  von  dem  Dii-ector  Dr.  G.  Schmidt  den  Schluss  des 
Handschrifteuverzeichnisses  (s.  NA.  III,  656).  Mit  Beziehung 
auf  Arch.  VIII,  657 — 659  finde  ich  daraus  nur  zu  bemerken, 
dass  S.  6.  8.  9.  12.  15.  nekrologische  Notizen  aus  den 
Hss.  127.  135.  136.  153.  164.  mitgetheilt  sind.  Ferner,  dass  zwei 
rescribierte  Blätter  unter  einem  Kräuterbuch  in  Uncialschriffc 
Fragmente  des  Cod.  Theo  dos.  mit  Glossen  in  Cursive, 
saec.  VI.  nach  W.  Schum  enthalten  (S.  23),  und  4  Blätter  aus 
einer  Hs.  saec.  XIH.  der  Brife  des  Ivo  vorhanden  sind  (S.  28). 


Das  ^Verzeichnis  der  alten  Handschriften  und  Drucke  in 
der  Domherren-Bibliothek  zu  Zeitz'  von  FedorBech 
(Berlin,  Weidm.  1881)  berichtet  von  einer  fast  ganz  unbekannt 
gebliebenen  Sammlung.  Für  unsere  Zwecke  finde  ich  nur  zu 
erwähnen : 

S.  4.  n.  XII.  Sermones  concilii  C  onstanciensis. 
Als  Einleitung  eine  'Epistola  seu  tractatulus  de  tribus  de  papatu 
contendentibus  et  specialiter  de  fuga  lohannis  olim  papae'. 
Danach  als  erste  Rede  die  von  Joh.  Zacharias  de  Erfordia 
a.  1415.  Die  Hs.  gehörte  früher  dem  Collegium  b.  Virginis 
in  Leipzig. 

S.  12.  n.  LI.  f.  112 — 118  'Processus  papae  contra  doctorera 
Georgiura  Heinburg',  und  'Appellacio  doctoris  Gregorii 
de  Ileynburg  contra  processum  papae  a.  1460'. 

S.  15.  n.  LIV.  f.  354  'Litera  summi  pontificis  ad  regem 
Ungariae  (a.  1465,  Kai.  Aug.)  et  responsio  regis  sedi  apostolicae'. 

S.  23.  n.  LXXVI.  f.  57 — 94  'Orationes  et  epistolac  vario- 
rum',  namentlich  von  Aeneas  Silvius;  von  dems.  auch  f.  162 
u.  231.  —  f.  108  ein  Brief  von  Udalricus  Gossenbrot, 
hieraus  von  mir  im  Anz.  d.  Germ.  Mus.  XXVI,  198  abgedruckt 
(vgl.  NA.  VI,  376). 

Im  2.  Bande  der  'Archivalischen  Zeitschrift'  von  Löher 
findet  sich  die  erste  ausführliche  Nachricht  über  die  viel  be- 
sprochenen   Sammlungen    aus    dem    Nachlasse    Hab  eis    auf 


Nachrichten.  245 

Schloss  Miltenberg  von  Götze.  So  reich  das  meist  aus 
dem  Nachlass  Bodmanns  stammende  Material  auch  ist,  doch 
entspricht  es  kaum  den  gehegten  Erwartungen.  Als  Chroniken 
aus  dem  ]\Iittelalter  sind  nur  anzuführen  eine  von  TJiüringen, 
Hessen,  Henneberg  und  Anhalt  —  1480;  die  Reimchronik 
über  die  Kölner  Unruhen  1481/82,  gedruckt  Städte -Chroniken 
Cöln  III,  946 ;  zu  bemerken  noch :  Collectanea  ad  vitam,  res 
gestas,  mortem,  cultum  et  reliqua  Willigisi  archiep.  Mogunt. ; 
von  den  Urkunden  im  Original  gehören  die  ältesten  seit  1178 
der  Stadt  Hagenau  an,  die,  bisher  vergebens,  den  Versuch 
gemacht  hat,  diese  und  andere  die  Stadt  betreffenden  Stücke, 
z.  B.  ein  Stadtbuch  s.  XIV.  XV.  wiederzuerlangen. 


In  den  Beilagen  zu  der  Akademischen  Festschrift:  'Die 
Pflege  der  Geschichte  durch  die  AVittelsbacher'  (München  1881) 
S.  38 — 59  verötfentlicht  L.  Rockinger  einen  Auszug  aus  dem 
Handschriftenverzeichnis  der  Palati  na  von  dem  Pfälzer  Biblio- 
thekar Maillot,  der  in  den  Jahren  1767 — 68  in  Rom  verweilte. 
Das  Meiste  findet  sich  jetzt  genauer  in  dem  Katalog  Beth- 
manns,  Archiv  XH. 


In  den  Hist.  politischen  Blättern  LXXXVII,  6,  S.  424  steht 
unter  der  Ueberschrift  'La  biblioteca  Vittorio  Emanuele' 
ein  Auszug  aus  dem  amtlichen  Bericht  einer  Commission,  die 
zur  Untersuchung  zahlreicher  Misbräuche  niedergesetzt  war.  — 
In  dem  gegebenen  Nachweis  von  Verzettelung  von  Büchern 
aus  den  hier  vereinigten  Klosterbibliotheken;  mag  daran  er- 
innert werden,  dass  Handschriften  derselben  schon  im  J.  1876 
fehlten,  die  nicht  abgeliefert  waren,  und  dass  seitdem  in  Rom 
mehrflxch  solche  unter  der  Hand  käuflich  gewesen  sind.      G.  AV. 

Von  dem  VI,  651  erwähnten  Hist.  geogr.  Wörterbuch  von 
tl.  Oesterley  ist  die  dritte  Lieferung  (bis  Gunzenlech)  erschie- 
nen. Mir  kam  es  kürzlich  in  erwünschter  Weise  zu  Statten, 
indem  ich  die  auf  der  hiesigen  Bibliothek  verwahrten  Wachs- 
tafeln, welche  traditionell  dem  Stadtrath  zu  Hannover  zuge- 
schrieben werden,  mit  Hülfe  einiger  Ortsnamen  dem  Rathe  zu 
Brandenburg  überweisen  konnte. 

Herr  Prof.  Schäfer  in  Jena  theilt  uns  Folgendes  über  ein 
von  Prof.  Klopflei  seh  in  Jena  bereitetes  Reagens  mit. 
'Man  stellt  eine  concentrierte  (gesättigte)  Lösung  von  doppelt- 
chromsauerem  Kali  her  und  zieht  das  zu  behandelnde  Schrift- 
stück durch  die  Lösung,  resp.  streicht  die  Flüssigkeit  mit 
einem  Pinsel  auf.  Unmittelbar  nachher  wäscht  man  die  Lösung 
mit  klarem  Wasser,  am  besten  fliessendem  (unter  dem  Hahn 
einer  Wasserleitung)   ab  und  trocknet  das  betreffende  Stück. 


246  Nachrichten. 

Das  Reagens  wirkt  unfehlbar,  sobald  die  Tinte  eisenhaltig  Avar, 
was  ja  bei  mittelalterliehen  Tinten  wohl  fast  durchweg  der 
Fall.  Das  Mittel  hat  den  Vortheil,  dass  jedes  AngegrifFenwer- 
den  des  Schreibstoffs  ausgeschlossen  ist,  dass  die  Schrift  dau- 
ernd lesbar  bleibt  und  dass  es  nicht  den  unangenehmen  Geruch 
des  Schwefelammoniums  hat.  Ganz  vorzüglich  eignet  es  sich 
zur  Fixieruncc  moderner  Urkundenschrift'. 


XII. 


Die  Chronicae 


des  sogenaniiteii  Fredeg'ar. 


Von 


Dr.  Br.  Krusch. 


Neues  Archiv  etc.     Yll.  17 


I.   Die  Handschriften. 

JDas  grosse  historische  Sammelwerk  des  7.  Jahrhunderts, 
■welches  um  1600  von  den  Gelehrten  auf  den  Namen  'Fredegar' 
getauft  worden  ist,  hat  in  ungefähr  100  Jahren  nach  seinem 
Entstehen  die  mannigfaltigsten  Umänderungen  erfahren  müssen. 
Was  dem  Geschmack  eines  verhältnismässig  gebikleteren  Zeit- 
alters nicht  mehr  zusagte,  Hess  man  weg  und  schob  interessantere 
Schriften  dafür  ein;  man  setzte  die  Geschichte  fort  und  ver- 
band endlich  mit  Fortlassung  alles  Entlehnten  die  selbständige 
Erzählung  Fredegar's  und  seiner  Fortsetzungen  mit  dem  un- 
gleich höher  stehenden  Geschichtswerke  seines  grossen  Vor- 
gängers. Um  das  Jahr  900  waren  alle  diese  Umgestaltungen 
schon  vollzogen ;  wir  haben  aus  dieser  Zeit  Handschriften  aller 
Kategorien  des  umgearbeiteten  Fredegar,  während  leider  von 
dem  echten  Werke  nur  ein  Codex  auf  uns  gekommen  ist, 
allerdings  ein  Codex,  der  alle  anderen  soweit  übertrifft,  dass 
wir  lieber  diese  als  jenen  vermissen  möchten.  Jene  Üncial- 
handschrift,  die  vielleicht  noch  dem  Jahrhundert  der  Abfassung 
angehört  und  von  der  sich  a,usser  in  Metz  keinerlei  Benutzung 
das  ganze  Mittelalter  hindurch  nachweisen  lässt,  ist  zuerst  von 
Ruinart  in  ihrem  vollem  Werthe  gewürdigt  worden,  während 
Duchesne,  ihr  erster  Benutzer,  sie  mehr  gelobt  als  verwerthet 
hati). 

Die  sehr  zahlreichen  Handschriften  des  Fredegar  lassen 
sich  ihrem  Inhalte  nach  in  fünf  Klassen  theilen,  welche  sich 
scharf  von  einander  abgrenzen.  Ich  gebe  im  Folgenden  eine 
Inhaltsübersicht  der  verschiedenen  Klassen,  ohne  dabei  auf 
willkürliche  Aenderungen  oder  zufällige  Defecte  einzelner  Hand- 
schriften Rücksicht  zu  nehmen. 


1)    Den    Codex    Claromontanus    giebt    jetzt    Monod     heraus.       Vgl. 
'N.  Ärch.'  VI,  S.  459. 

17* 


250 


Die  Chronicae  des  sog  Fredegar. 


I. 

II.                             III. 

IV.                              V. 

1.  Liber  Gene- 
rationis. 

1.  Liber  Gene- 
rationis. 

1.  Liber  Gene- 
rationis  bis 
cap.  23  3). 

1.  Hilarianus,  De 
cursu  temporum. 

2.  Hieronymus  u. 
Idacius. 

2.  Hieronymus  u. 
Idacius. 

2.  Hieronymus  u. 
Idacius. 

2,  Hieronymus  u. 

Idacius    (mit 
HistoriaDaretis). 

3.  Gregor'). 

3.  Hilarianus, 

De  cursu  tempo- 

rum•4^ 

3.  Gregor'), 

3.  Gregori). 

•i.  Gregor  1). 

1.  GregorüHisto- 

ria  Francorum 

bis  X,  28. 

4.  Chronik 
bis  cap.  90. 

4.  Clironik 
bis  cap.  9   med. 

5.  Chronik 
bis  cap.   90. 

4.  Chronik 
bis  cap.   90    und 

Fortsetzungen 
bis  zum  Schluss. 

2.  Chronik  bis 
cap   90  und  Fort- 
setzungen bis 
cap.   110  als 
'Liber  X'. 

IsidorC?)--!). 

In  der  folgenden  Arbeit  werden  zunächst  die  einzelnen 
Hss,  jeder  Klasse  beschrieben  mid  dann  ihr  Werth  und  ihre 
Verwand  Schaft  innerhalb  der  Klasse  festgestellt.  Erst  am 
Schlüsse  wird  über  das  Verhältnis  der  einzelnen  Klassen  zu 
einander  und  besonders  über  die  Beziehungen,  welche  zwischen 
dem  Claromontanus  und  den  übrigen  Hss.  obwalten,  gehandelt 
werden. 


Die  Codice.s  I. 

1)  Die  Pergament -Handschrift  der  Pariser  National- 
bibliothek fonds  latin  Nr.  10910,  früher  Suppl.  latin  695"'%  in  4" 
saec.VII — VHI.  (s.  unten  p.  255),  welche  inUncialen  geschrieben 
ist^),  stammt  aus  der  Bibliothek  Sirmond's "5),  die  nach  dessen 
Tode  dem  Collegium  Claromontanum  Soc.  Jesu  einverleibt  wurde. 
Vor  dem  Verkaufe  dieser  Bibliothek  kam  sie  an  M.  de  Lauragais, 
der  sie  dem  Könige  schenkte.     Durch  letzteren  Avurde  sie  der 

1)  Dies  ist  selbstverstlincllich  die  sog.  Historia  epit.  2)  Ich  zweifele, 
ob  der  Isidor  zu  der  Sammlung'  Fredegar's  zu  rechnen  ist,  und  nicht 
vielmehr  ein  Abschreiber  durch  eine  bezügliche  Aenderung  der  Ueberschrift 
und  Hinzufügung  des  Namens  zu  den  im  Prolog  angeführten  Quellen- 
schriftstellern ihn  derselben  einverleibt  hat.  Doch  darüber  an  anderer 
Stelle.  3)  Soweit   geht   auch    nur    die  Ausgabe    des  Canisius,    die  aus 

einer   von    diesen  Hss.    geflossen  ist.  4)   Der  Codex  der  Universitäts- 

bibliothek in  Madrid  Nr.  134  enthält  f.  29'  'Incipit  ratio  temporum. 
Quantocumque  tempore'.  Dies  ist  der  Anfang  des  Hilarianus,  und  wohl 
die  einzige  Hs.,  in  welcher  er  nicht  mit  dem  Fredegar  verbunden  ist. 
Vergl.  'N.  Arch.'  VI,  p.  325.  5)  Ein  Facsimile  giebt  der  Graf  Bastard, 
Peintures  des  Manuscrits  depuis  le  huitieme  siecle  jusqu'ä,  la  fin  du  sei- 
zieme. Livr.  VIII;  Introd.  No.  1,  Taf.  8.  6)  V.  Duchesne,  Hist.  Franc, 
scriptores  coaetanei.     I.  Index. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  251 

kgl.  Bibliothek  in  Paris  überwiesen;  cf.  Hist.  de  rAcad.  Paris  1774. 
p.  119-127,  Archiv  VIII,  p.  13  n.  1.  Ihr  Inhalt  ist  folgender.  Die 
erste  Seite  enthalt  nur  eine,  wie  es  scheint,  später  eingetragene 
Zeichnung ;  auf  der  2.  u.  3.  Seite  querdurchlaufend  steht  von 
einer  Hand  des  9.  Jahrb. :  'Breviarium  scarpsum  ex  chronica 
Eusebii,  Hieronimi  aliorumque  auctorum  a  quodam  Adatio'. 
Dagegen  giebt  die  alte  Hand  auf  der  2.  Seite  ohne  jede  Ueber- 
schrift  ein  Inhaltsverzeichnis  über  26  Capitel.  Es  beginnt: 
'I.  De  inicium  mundi  quod  homo  primus  Adam  condetus  est' 
und  reicht  bis  ^XXVI.  Post  haec  scarpsum  ab  Adam  usque 
Noe,  a  Noae  usque  Abraham,  deinde  iudecum,  posthaec  regum 
Israhel  et  Aegyptium  et  inperatori  Romanorum  usque  a  Era- 
glium'.  Auf  f.  1 1)  beginnt  die  Schrift  des  Hippolyt  mit  den 
Worten  'LIBER  GENERATIONIS  ab  Adam  usque  ad  ordi- 
nem  quae  contenetur  in  huius  volumine  libri'.  Das  Fol- 
gende ist  in  der  That  ein  zweiter  Index  und,  wie  man  auf 
den  ersten  Blick  sieht,  der  alte  Hippolytische.  Er  schliesst 
mit  'Nomena  emperatorum  Romae  et  quis  quodannis  prae- 
fuit'.  Die  Reihenfolge  der  Capitel  deckt  sich  nicht  mit 
der  im  Texte  beobachteten;  selbstverständlich  fehlen  auch 
hier  die  erst  von  Fredegar  dem  Liber  Generat.  angehängten 
Abschnitte.  Hieran  schliesst  sich  die  Vorrede  des  Hippolyt 
^Quoniam  quidem  oportit',  welche  f.  2'  mit  ^iuxta  ordinem  de 
Genesi  sermonem  facimus.  EXPLICIT  PRAEFATIO'  schliesst. 
Der  Text  beginnt  'INCIPIT  NARRATIO  PRAEFATIONIS 
FILI  SEM'.  Die  Schrift  des  Hippolyt  endet  f.  20  mit 
'Alexander  ann.  XIII,  dies  Villi',  worauf  noch  vier  Abschnitte 
folgen.  'Regnum  Hebreorum'  —  f.  20'  'Cyrus  ann.  I'.  'INCIPIT 
SUPPUTATIO  EUSEBII  HIERONIMP  —  f.  21  'usque  in 
tempore  isto  invenies  veritatem'.  'INCIPIT  NOT.  DE  EPI- 
SCOPIS  SANCTAE  ECL.  ROMANAE  QUI  CUI  SUC- 
CESSIT  VEL  QUANTO  TEMPORE  FUIT'  —  f.  23  'Theu- 

derus ',   dessen  Sedeszeit  der  alte  Schreiber  noch  nicht 

ausgefüllt  hat.  Erst  zu  Karls  d.  Gr.  Zeit  schrieb  Jemand 
'ann.  6,  m.  1,  dies  18'  auf  den  freigelassenen  Raum  und  setzte 
den  Katalog  bis  'Hadrianus  an.  16'  fort.  Auf  f.  23'  folgt  eine 
eigenthümliche  Zeichnung,  in  der  Monod  den  Eusebius  und 
Hieronymus  sieht,  mit  der  Unterschrift  'KP6^NNK6iiPVW 
V7VATIFAIKHV9  HDIDHPUNA  HCTMPIAW'  und  von  an- 
derer Hand  'cronicorum  multiplicera  ediderunt  istoriam'.  f.  24 
steht  endlich  der  letzte  Abschnitt  dieses  Buches  'In  Christi 
noin  lib  chronecorum',  der  f.  28  'Fiunt  ab  Adam  usque  Aeraglio 
imper  regnante  annorum  31  omnes  anni  5649'  (DC  von  spä- 
terer Hand  auf  Rasur). 

Mit  'Incpt  capetolares  cronece  Gyronimi  scarpsum'  beginnt 

1)  Die  beiden  ersten  Seiten   sind   bei  der  Paginierung  nicht  mit  ein- 
gerechnet. 


252  Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

das  Kapitelverzeiclmis  zu  den  Auszügen  aus  den  Chroniken 
des  Hieronymus  und  Idacius.  f.  2^'  'XLVIIII.  De  suppo- 
tationem  ann.  ab  Adam  usque  ad  obam  (siel)  Valentis'  endigt 
der  Index  zum  Hieronymus,  an  den  sich  mit  cap.  'L.  De  empe- 
rium  (f.  30)  Theudosiae,  Arcadiae,  Onoriae,  item  Teudosiae' 
unmittelbar  der  Idacius  anschhesst.  Das  Verzeichnis  geht 
bis  'LXII.  De  lustiniano  emperatorem  et  Bellissarium  patr'. 
Auf  f.  30'  beginnt  der  Hieronymus  'I.  Regnum  Assiriorum. 
Primus  rex  Ninus'  und  endigt,  nachdem  f.  38'  ohne  Unter- 
bx'echung  des  Zusammenhanges  leer  gelassen  ist,  f.  59'  'ad  ple- 
num  reperire  non  potest',  worauf  f.  GO  ohne  Ueberschrift  die 
Vorrede  des  Idacius  'Adacius  servvts  domini  nostri  lesu  Christi' 
—  'praefationis  indicio'  folgt.  Hieran  schllesst  sich  die  Chronik 
'Romanorum  XXXVIIII.  Theudosius'  —  f.  68'  'auturani  fruc- 
tuumque  mutatione  defundetur'.  Mit  'Temporibus  imperatores 
Honoriae'  beginnt  sodann  eine  Fortsetzung  des  Idacius,  die  von 
dem  ursprünglichen  Werke  durch  nichts  getrennt  wird.  F.  75' 
nimmt  eine  Federzeichnung  ein,  die,  wie  Monod  vermuthet, 
die  heilige  Helena  darstellt.  Auf  f.  76'  liest  man  nach  den 
AVorten  'Theudericus  vinctus  tragetur  Sicilia  in  olloam  ignis' 
ein  'Explicit';  nichtsdestoweniger  folgen  noch  mehrere  Ab- 
schnitte. Erst  auf  f.  83  'ab  Ucceleno  victus  nomen  vitamque 
admisit'  schliessen  die  vereinigten  Chroniken  des  Hieronymus 
und  Idacius  nebst  den  Anhängen. 

Unter  der  Ueberschrift  'PRAEFACIO  GREGORII'  folgt 
die  Vorrede  Gregors  —  f.  83'  'ab  ipso  mundi  principium  libri 
primi  poneretur  inicium'.  Die  nächste  Seite,  ist  leer.  Erst 
f.  84'  fährt  der  Codex  fort  mit  der  Ueberschrift  zu  dem  Kapitel- 
verzeichnis 'Incipit  capetolares  libri  quarti  quod  est  scarpsum 
de  cronica  Gregorii  episcopi  Toronaci.  In  Christi  nomine  iiat'. 
Der  Index  umfasst  93  Nummern  (zwischen  f.  85  und  86  fehlt 
ein  Blatt  mit  den  Kapiteln  51 — 67)  und  schliesst  f.  86'  'LXLIII. 
De  Chilperico,  quod  filiam  suam  in  Spania  cum  tinsauris  derexit 
et  in  continuo  Cala  villa  mortuus  est'.  Später  schrieb  Jemand 
in  merovingischer  Cursive  Einiges  hinzu:  'Priamus  rex  Fran- 
corum  Meroeus  ....  teci  asserunt'  u.  s.  w.  Der  Text  fängt 
f.  87  mit  einem  neuen  Quaternio  ohne  Initiale  und,  wie  es 
scheint,  mitten  im  Zusammenhange  mit  den  Worten  an:  'cum- 
que  Wandali'.  Doch  ist  die  vorhergehende  Lage  XI  bis  auf 
das  fehlende  Blatt  des  Registers  vollständig,  und  die  nächste 
Lage  ist  von  der  alten  Hand  mit  XII  bezeichnet.  Dass  nichts 
fehlt,  wird  auch  durch  das  Register  bewiesen,  welches  sich 
nur  auf  das  Vorhandene  erstreckt. 

F.  121  nach  den  Schlussworten  des  Gregor:  'crudelissimam 
vitam  digna  morte  finivit'  liest  man  'IKCPT  PROLOGUS 
CUIUSDABI  SAPIEXTIS',  obwohl  kein  Prolog  darauf  folgt, 
sondern  f.  121'  'INCIPIT  CAPETOLARIS  CRONECE  LIBRI 


Die  Chronicae   des   sog.  Fredegar.  253 

QUARTI  IN  CHRISTI  NOM'.  das  Register  zu  der  selbständi- 
gen Chronik  Fredegars,  welches  90  Nummern  umfasst  und  f.  124 
'LXXXX.  De  Villebadi  interitum  et  Flaoehadi  obetum'  endigt. 
Hieran  schliesst  sich  auf  f.  124'  mit  'Cum  aliquid  unius  verbi 
proprietate'  der  Prolog  bis  f.  125'  'vitam  finisse  scripsit.  Ex- 
plicit  prologus'.  Die  Chronik  beginnt  hierauf  mit  den  Worten : 
'In  nom.  domini  nostri  lesu  Christi  incipit  chronica  sexta'  und 
reicht  bis  f.  170  'eos  uterque  interire  fecissit'. 

Den  Schluss  des  Codex  bildet  die  Chronik  des  Isidor  'IN 
NOMINE  SANCTAE  TRINITATIS  INCIPIT  LIBER  III. 
KPc^iNNKMPMM  8ANCTI  ESIDORI  EPISCOPF,  welche 
hier  f.  184  'Explicit  liber  breviarium  temporum  a  sancto  Hysi- 
doro  collectum  iuxta  historiae  fidem.  Ab  inicio  mundi  usque 
quadragensemo  anno  Chlothacharii  regis  ann'.  schliesst. 

Auf  dem  Rest  der  Seite  steht  von  sehr  alter  Hand  die 
folgende  Clausel  >) : 

4*   InUENIT  LUCERIOS  PRESBETER  MONACOS  DOM  | 
*     TUM  A..2)   PER  ISTA   CRONECA   ET   PER  ALIA 

CR0NE3)  I  SU  .*)  QUOD  SEPTOAGENTA  ET^j  QUAT- 

TUOR  ANN«)   I U  .  AUID')  QUOD  SEXTUS 

MILIARIOS  «)  I  . . . .  ESSE  9)  EXPLITOS  CONPOTAUIT 
IPSOS'o)  .  .  I  AN  .  S  X")  IN  INDICCrONEEXSIENTE 
TE  . . .  .12)  I  .  O  QUARTO  DAGOBERTO  RIGNANTEis^. 
Es  ist  dies  eine  jener  Computationen,   durch   welche  die 
Zahl  der  noch  an  dem  vollen  Jahrtausend  fehlenden  Jahre  er- 
mittelt werden    soll,    wie   sie   in    älterer   Zeit    öfter    angestellt 
wurden,  um  das  nahende  Weltende  zu  ermitteln.    Da  der  Text 
durch  Anwendung   einer   blaufärbenden   Tinctur   sehr  gelitten 
hat,  auch  durch  die  Verletzung  des  Randes  die  Zeilenschlüsse 
fehlen,    so  ist  die   Feststellung   des  Jahres,    in   welchem  diese 
Berechnung  von  dem  Presbyter  Lucerios   verfasst  worden  ist, 
und  der  Methode,  welche  der  Computist  befolgt  hat,  nicht  ganz 
leicht. 

Von  den  drei  Dagoberts,  die  über  das  Frankenreich  regiert 


1)  Vergl.  Euinart,  Praef.  §.  143.  Für  die  Monumenta  haben  Waitz 
(1840),  Pertz  und  Heller  die  Unterschrift  verglichen  und  abgeschrieben.  Ich 
benutze  ausserdem  noch  Monod's  Text.  2)  4  Punkte  Ruinart,   3  Punkte 

Monod,  'et'  ergänzt  Pertz,  'a(ut)'  Waitz,  ohne  Lücke  Heller.        3)  'cron' 

Heller,  'croneca quod'-  Kuinart.  4)  'su(b)'  Waitz,  's  .  .  .'  Monod, 

'(eca)'  Heller,    vielleicht    'sua'?  5)    'et    q.'  fehlt  Ruinart.  6)    'an' 

Monod,  'anni'  Ruinart,  Heller.  7)   '(us)  avid'  Heller,    'ut  avid'  Monod, 

'sub   quid    quod'  Waitz,    'sunt sus    quod'  Ruinart.  8)  '(d)' 

schiebt  W^aitz  ein.  9)  'd esse"  Ruinart,  'd  .  .  it  esse'  Waitz. 

10)  'ipse'  Monod,  'ann'  fügt  Waitz  hinzu.  11)  'AN^S  X  in  ind,'  Heller, 

'a  sesto  in  ind.'  Waitz,  '.  .  o  .  .  .  in  ind.'  Monod,  'annos  in    upen 

in'  Ruinart.  12)  'tertia  d o'   Euinart,  'te(r) no'  Waitz, 

'ter o'    Monod.  13)    So   Pertz,    Monod,    'regnante'   Ruinart, 

Waitz,  Heller. 


254  Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

haben,    ist   gleich   von   vorn   herein   der   erste  auszusehliessen, 
welcher  im  J.  638,  also  schon  vor  Freclegar,  starb.    Aber  auch 
den  zweiten  kann  der  Urheber  der  Clausel  nicht  gemeint  haben, 
da   dessen  viertes   Jahr  676/677   nur  eine   mit   Q   beginnende 
Indiction  gehabt  haben  würde.    Dagegen  entspricht  das  4.  Jahr 
Dagoberts  TII.  =  714/715  der  Indiction  'tertia  decima',  welche 
mit  dem  September  715  abhef.     Da  nun  dieser  König  im  Juli 
(cf.  Breysig,  Jahrb.  p.  17)  oder   im  August  (cf.  Breysig  p.  19) 
dieses  Jahres  starb,  Lucerios  aber  'indiccione  exsiente'  schrieb, 
so  ist   diese  Supputation  kurz  vor  dem  Tode  des  Königs  im 
J.  715  verfasst  worden.     Auf  welche  Weise  Monod  das  J.  714 
erhalten  hat^),   vermag   ich    nicht  zu  entdecken.     Dass   unser 
Resultat  das  richtige  ist 2),  beweisen  auch  die  Weltjahre.    Wie 
allen    aus    dem   Merowingischen   Reiche    stammenden   Berech- 
nungen, ist  auch  der  vorstehenden  der  Calculus  Victorianus  zu 
Grunde  zu  legen.     Victorius  zählt  bis  zum  J.  457  5658  Welt- 
jahre, das  Jahr  715  ist  folglich  das  5916,  in  dieser  Aera.     Es 
würden  mithin  an  dem  sechsten  Saeculum  noch  84  Jahre  fehlen. 
Die  erste  Zahl,  Avelche  den  Rest  andeuten  könnte,  'septoagenta 
et  quattuor'  entspricht  freilich  nicht  unserem  Ansätze.    Nun  hat 
aber  Heller   in  der   vorletzten  Zeile  zwischen  'an  .  s'  und  'in' 
noch  eine  X  entdeckt.     Nichts  liegt  näher  als   diese  beiden 
Zahlen    zu    combinieren  und   die   fehlenden  Worte   folgender- 
massen  zu   ergänzen:   'quod    sextus  miliarios  .  .  .    (docit)   esse 
explitos,  conpotavit  ipsos  (ann.  LXXIIII  et)  an(^o)s  X'.     Dass 
wirklich  die  74  hier  einzuschieben  sei,  zeigt  memes  Erachtens 
auch  'ipsos',  was  sich  doch  nur  auf  die  vorhergehenden  'septoa- 
genta    et    quattuor'    beziehen    kann.      In    dieser   Weise    hatte 
Lucerios  gefunden,  dass  dem  sechsten  Miliarios  noch  84  Jahre 
fehlen.     Wie  ist  nun  aber   das  erste  Resultat,  jene  74  Jahre, 
unterzubringen?     Man  muss   sich   hierbei   erinnern,    dass    der 
Verfasser   seine  Berechnungen    'per  ista  croneca  et   per   alia 
crone(ca)'   angestellt  hatte.     Wird   man  das   zweite   Ergebnis, 
dass   nach   74  -}~  10  Jahren    das  Jahrtausend   voll   sei,   natur- 
gemäss  mit  der  'alia  croneca',  einer  uns  jetzt  vermuthlich  nicht 
mehr   erhaltenen   Quelle,   in    Verbindung   bringen   müssen,    so 
ist  sicher  das  erste  auf  die  'ista  croneca'  zurückzuführen.    Nun 
geht  bekanntlich   die  Fredegar'sche  Chronik   bis   zum   J.  641, 
Lucerios   schrieb   also   gerade  74  Jahre   nach  Fredegar.     Die 
betreffende  Stelle  ist  mithin  so  zu  ergänzen :  'quod  septoagenta 
et  quattuor  ann(i  ab  ista  comp)utavid'.     Frei  übersetzt  Avürde 
also  die  Clausel  folgendermassen  lauten:    'Der  Presbyter  und 
Mönch  Lucerios  hat  durch  diese  Chronik  und  durch  eine  andere 
Chronik  Folgendes  gefunden:  er  zählte  74  Jahre  von  dem  Ende 


1)  Vergl.    'Jahrbuch    für   Schweizerische   Geschichte'.      Zürich    li 
Bd,  III,  p.  141  ff.         2)  715  hat  schon  Ruinart,  Praef.  §.  143, 


Die   Chrouicae  des  sog.  Fredegar.  255 

dieser  Chronik  und  berechnete  die  Vollendung  des  6.  Jahrtau- 
send auf  74  -\-  10  Jahre  am  Ende  der  13.  Indiction,  im  4.  Jahre 
Dagoberts'.  Leider  wissen  wir  nicht,  wo  der  Presbyter  Lucerios 
geschrieben  hat;  doch  steckt  vielleicht  noch  im  Schlüsse  der 
ersten  und  dem  Anfange  der  zweiten  Zeile  ^dom  ....  tuma' 
eine  bezügliche  Andeutung,  die  sich  aber  jetzt  kaum  noch 
wird  enträthseln  lassen.  Jedenfalls  erwartet  man  nach  'mona- 
cos'  das  betreffende  Kloster,  ganz  abgesehen  davon,  dass  an 
dieser  Stelle  auch  kaum  etwas  anderes  gestanden  haben  könnte. 
Wunderbar  ist  es  aber,  dass  der  Schreiber  nicht  auf  die  im 
Claromontanus  unmittelbar  vorhergehende  Chronik  des  Isidor 
mit  den  Worten  ^ista  croneca'  Bezug  genommen  hat.  Sollte 
man  da  nicht  meinen,  dass  sich  die  Formel  ursprünglich  direct 
an  die  Fredegar'sche  Chronik  anschloss  und  erst  später  zwi- 
schen sie  und  Fredegar  der  Isidor  eingeschaltet  wurde?  Waitz 
hält  sie  für  später  hinzugesetzt,  aber,  wie  Heller  bemerkt, 
kann  sie  auch  von  dem  Schreiber  des  Claromontanus  herrüh- 
ren. Die  Schrift  ist  Unciale  mit  merowingischer  Cursive  ge- 
mischt, während  der  Codex  in  Uncialen  geschrieben  ist.  Dies 
spricht  jedenfalls  nicht  dagegen.  Ist  unsere  Vermuthung  richtig, 
dann  würde  der  Claromontanus  frühestens  in  das  8.  Jahrhundert 
zu  setzen  sein,  die  Clausel  aber  würde  schon  in  der  Vorlage 
desselben  gestanden  haben. 

Der  Text  ist  sehr  alterthümlich,  aber  doch  nicht  frei  von 
offenbaren  Fehlern,  die  aus  Verlesen,  Verhören  oder  Nach- 
lässigkeit entstanden  sind  und  nicht  dem  Texte  aufgedrängt 
werden  dürfen.  Diese  sind  mitunter  von  einer  oder  mehreren 
späteren  Händen  corrigiert,  die  selbst  dem  8.  oder  9.  Jahrh. 
anzugehören  scheinen,  aber  doch  an  sich  keine  Autorität  haben. 
Nur  eine  von  diesen  Händen  ist  so  alt  und  der  ersten  so  ähn- 
lich (nur  die  Tinte  ist  etwas  heller),  dass  man  sie  fast  für  die 
des  Schreibers  selbst  halten  könnte,  der  später  einige  offenbare 
Versehen  selbst  corrigierte. 

Zu  dieser  Art  von  Correcturen  möchten  die  folgenden  zu 
rechnen  sein,  die,  wenn  sie  auch  nicht  von  dem  Schreiber 
selbst  herrühren  sollten,  sicher  nach  der  Vorlage  gemacht  sind, 
was  aus  der  Vergleichung  mit  den  Quellen  Fredegar's  und 
den  übrigen  Hss.  hervorgeht.  So  stand  Hier.  c.  27  ursprüng- 
lich in  1:  'Niaemias  ....  de  Babillonem  venit,  Hierusolimis 
struxit'  und  erst  'eadem  aut  coaeva  manus',  wie  Waitz  bemerkt, 
fügte  die  Worte  'et  murus'  nach  'venit'  ein,  die  sich  sowohl 
in  der  vollständigen  Chronik  des  Hieronymus,  als  auch  in  den 
übrigen  Fredega'r-Hss.  finden.  Aehnlich  ist  auch  die  Stelle 
Greg.  c.  22  'ut  quod  aliae  gentes  passi  sunt,  non  feramus',  wozu 
in  der  Collation  bemerkt  ist  'ipse  (2)  corr.  perferamus'.  In 
der  That  hat  Gregor  mit  den  anderen  Fredegar -Hss.  'perfera- 
mus'.   Andere  Belege,  die  man  hier  anführen  könnte,  sind  nicht 


256  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

so  bezeichnend,  weil  ursprünglich  in  1  eine  offenbare  Corruptel 
stand,  die  ein  Corrector  auch  wohl  ohne  Exemplar  verbessern 
konnte.  So  lag  Greg.  c.  11  'mihi  notam  facias  vias  tuas'  die 
Verbesserung  'viam  tuam'  in  1  sehr  nahe;  und  wenn  nicht 
Waitz  bemerkte,  dass  die  Correctur  von  erster  Hand  ist,  aus 
ihrer  Uebereinstimmung  mit  den  übrigen  Codices  möchte  ich 
keinen  Schluss  ziehen.  Die  Fälle,  in  welchen  die  Correcturen 
von  1  mit  den  Lesarten  der  übrigen  Hss.  zusammentreffen,  sind, 
wenn  wir  von  den  rein  grammatischen  Aenderungen  absehen, 
sehr  spärlich,  und  man  möchte  daher  auch  die  Verbesserungen 
der  alten  Hand,  sei  es  nun  der  Schreiber  selbst,  oder  ein  an- 
derer, für  wenig  zahlreich  halten.  Ein  definitives  Resultat 
wird  sich  freilich  nur  durch  Untersuchung  des  Codex  selbst 
an  der  Hand  der  übrigen  Collationen  erlangen  lassen.  Dass 
aus  der  Schrift  allein  sich  in  den  meisten  Fällen  nicht  con- 
statieren  lässt,  ob  die  Verbesserung  von  der  alten  Hand  oder 
von  dem  Corrector  des  8/9.  Jahrhunderts  herrührt,  zeigen  die 
Vergleichungen,  in  denen  leider  sehr  oft  nur  'corr.'  oder  'post 
corr.'  notiert  werden  konnte.  Bei  weitem  die  meisten  Correc- 
turen sind  freilich  der  Art,  dass  auf  sie  gar  keine  Rücksicht 
zu  nehmen  ist.  Dazu  gehören  alle  diejenigen,  welche  Waitz 
der  2.  Hand  zugewiesen  hat,  und  ein  Theil  von  jenen,  deren 
Ui'sprung  unbestimmt  gelassen  ist.  Es  lassen  sicli  diese  Aen- 
derungen in  zwei  Klassen  theilen:  1.  solche,  die  aus  einem 
der  2.  Handschriftenklasse  angehörigen  Codex  geflossen  sind, 
2.  diejenigen,  welche  der  Schreiber  aus  seinen  Kenntnissen 
oder  aus  seiner  Phantasie  ausführte.  Dass  bei  der  Durchsicht 
des  Liber  Generat.  und  des  Anfanges  des  Hieronymus  dem 
einen  der  Correctoren  ein  Codex  2  vorgelegen  hat,  werden 
die  folgenden  Stellen  zeigen.  In  der  Vorrede  zum  Liber  Gen. 
'incipientes  a  Genesi  iuxta  verbum  offensionem'  corrigierte  eine 
spätere  Hand  in  1  S^erbum'  in  'vei-am'  und  eben  jenes  'veram' 
ist  auch  in  2  a  von  späterer  Hand  über  'verbum'  geschrieben. 
Am  Schlüsse  von  Cap.  7  des  Liber  Gen,  macht  Fredegar  aus 
den  'Nasamones,  Saei'  bei  Labbe  drei  Völker  'Nasamon,  Hes, 
Sei'.  Ueber  die  beiden  letzten  Namen  schrieb  der  spätere 
Corrector  von  1  'Hersei',  und  dies  ist  die  Lesart  von  2  a. 
In  den  Worten  des  cap.  14  'Sub  hoc  Celcias  sacerdos'  ist  in 
1  'Celcias'  in  'Elchias'  corrigiert,  was  wiederum  nur  2  a  hat. 
Aeusserst  beweisend  ist  aber  die  folgende  Stelle  aus  Cap.  3 
des  Hieronymus:  'Post  quem  Tola  annis  XXII'.  Dieses  Sätz- 
chen ist  in  1  ausradiert  und  fehlt  in  2a;  dagegen  steht  es 
in  der  Chronik  des  Hieronymus  und  in  3.  4.  Aus  dieser  Stelle 
geht,  wie  ich  meine,  zur  Evidenz  hervor^  dass  einer  der  Cor- 
rectoren bei  seiner  Arbeit  einen  Codex  2  zu  Rathe  gezogen 
hat.  Die  übrigen  Aenderungen  sind,  wie  ich  schon  andeutete, 
werthlos  und  zum  Theil  aus  der  Luft  gegriffen.    So  wird  Hier. 


Die   Cbronicae  des  sog.  Fredegar.  257 

c.  33  'regnum  et  sacerdocium  ludaei,  quod  prius  per  successio- 
nem  enorum  tenebatur'  von  2.  Hand  'enorum'  in  'anenorum', 
einen  fingierten  Eigennamen,  verwandelt.  Hieronymus  aber 
schreibt  'minorura',  und  es  ist  mithin  die  Lesart  des  Claro- 
montanus  in  'menorum'  zu  ändern,  so  dass  das  anlautende  m 
durch  das  auslautende  in  'successionem'  verdrängt  worden  ist. 
Damit  stimmen  auch  die  übrigen  Hss.  ttberein,  von  denen  2.  4 
'rainorum',  3  mit  grösserer  Annäherung  an  1  'eorum'  liest. 
Greg.  c.  81  ist  von  einem  Kriege  des  Tiberius  gegen  die  Perser 
die  Rede ;  am  Schluss  lieisst  es  '20  aelevanti  exinde  adducti 
sunt'.  Hier  corrigiert  nun  die  spätere  Hand  'ex  India',  obwohl 
doch  von  den  Persern  gehandelt  wird.  Bei  Gregor  steht  nur 
'ad  imperatorem  deducti';  'exinde',  welches  auch  alle  übrigen 
Hss.  bieten,  ist  also  Einschiebsel  des  Fredegar  und  wird  von 
dem  Corrector,  der  Persien  und  Indien  für  identisch  hielt,  ver- 
ballhornt. Solche  Entstellungen  des  späteren  Correctors  lassen 
sich  beinahe  auf  jeder  Seite  nachweisen;  es  wird  genügen,  ein 
paar  charakteristische  Beis^jiele  vorgeführt  zu  haben,  aus  denen 
man  sich  leicht  ein  Bild  von  den  übrigen  Aenderungen  machen 
kann.  Die  Capitelzahlen  sind  in  den  ersten  Büchern  sehr  oft 
erst  von  einem  der  Correctoren,  freilich  nicht  immer  ganz 
richtig,  hinzugefügt  Avorden;  zum  Theil  fehlen  sie  wohl  auch 
ganz.  Hier  müssen  die  vorangestellten  Indices  zur  Ermittelung 
der  Absätze  herangezogen  werden,  aus  denen  sich  auch  mit 
wenigen  Ausnahmen  die  richtige  Eintheilung  mit  Sicherheit 
ermitteln  lässt.  In  den  beiden  letzten  Büchern  rühren  die 
Zahlen  schon  von  dem  Schreiber  des  Codex  her,  der  sich  übri- 
gens nicht  gescheut  hat,  mitten  in  einem  Satze  ein  neues  Capitel 
zu  beginnen.  Sehr  früh  sind  auch  die  Quaternionen  auf  den 
Rändern  notiert.  Eigenthümlich  ist  es,  dass  neben  X  sieh 
auch  II  findet  und  statt  XV  und  XX  nur  III  und  IV  steht; 
also  eine  Zusammenfassung  grösserer  Abtheilungen. 

Was  die  Schrift  betrifft,  so  sind  schon  Abbreviaturen  und 
Interpunktion  vorhanden.  Für  die  letztere,  die  aber  beinahe 
öfter  an  falscher  *)  als  an  richtiger  Stelle  steht,  dient  in  der 
Regel  der  Punkt  und  das  Komma,  beide  in  der  halben  Höhe  der 
Buchstaben,  denen  mitunter  ein  grösserer  Anfangsbuchstabe  folgt. 
Selten  findet  sich  7  am  Ende  einer  Seite  oder  eines  Abschnit- 
tes, oft  eine  Zusammenstellung  mehrerer  Züge  ohne  bestimmten 
Charakter.  Viele  Trennungszeichen  sind  von  den  späteren 
Händen  hinzugefügt,  besonders  Striche,  die  durch  die  Zeilen 
hindurchgehen.  Die  Schrift  ist  sonst  meist  regelmässig  fauf 
der  Seite  20  bis  23  Zeilen),  doch  die  Länge  der  Zeilen  ziem- 
lich ungleich,  so  dass  am  Ende  oft  ein  grosser  Raum  frei  bleibt. 
Da  auch  die  Schrift  bald  grösser,  bald  kleiner  ist,  so  wechselt 


1)  Z,  B.  Cliron.   c.  36:  'Itaque  rex  ad  virum   Dei.    Lussovium  venit'. 


258  Die  Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

die  Zahl  der  Buchstaben  von  36 — 48,  doch  sind  in  der  Regel 
ungefähr  40  anzunehmen.  Hier  und  da  sind  Zeilen,  ja  ganze 
Seiten  leer  gelassen.  Die  Ligaturen  N",  d/,  JE  für  nt,  au,  ae 
kommen  öfter  vor ;  u  steht  mitunter  über  dem  Worte  :  obtin  erunt. 
Am  Ende  der  Zeilen  finden  sich  auch  cursive  Elemente  PACjn 
(pacem),  PROSPeRITATIf.  Als  Abkürzungszeichen  trifft  man 
besonders  "  für  m  am  Ende  der  Zeile  dem  Vokal  nachgesetzt 
u .~  =  um,  0  für  US,  besonders  in  den  Pluralendungen  auf  bus, 
und  q)  für  que,  das  auch  die  Stelle  von  quae  vertritt.  Abge- 
kürzte Worte  finden  sich  besonders  folgende:  an,  anS,  com, 
dns,  eci,  eps,  ihü,  xpi,  impr,  noiii,  prbt,  regn,  scs,  mitunter 
auch  sol^  =  solum,  f^  für  fratris,  scR  =  scriptis  und  vielleicht 
auch  einige  andere  in  einzelnen  Fällen,  z.  B.  in  den  Inhalts- 
verzeichnissen. 

Die  Hs.  ist  zum  grössten  Theil  von  Waitz  für  die  Monu- 
menta  verglichen  worden;  nur  das  letzte  Buch  und  den  Liber 
Gener.  hat  Pertz  collationiert.  Einzelne  Stelleu  hat  Heller 
revidiert. 

r)  Der  Codex  der  Metzer  Stadtbibliothek  Nr.  134  0 
(früher  D 12),  saec.VIH — IX  in  fol.,  Avelcher  nach  meiner  Zählung 
212  Blätter  umfasst^),  stammt  aus  dem  Arnulfskloster  in  Metz, 
wie  dies  eine  Hand  saec.  XI.  auf  der  letzten  Seite  bemerkte : 
'Liber  sancti  Arnulfi.  Si  quis  ei  abstulerit,  maledictus  sit  ex 
Patre  et  Filio  et  Spiritu  sancto.  Amen'.  Die  Hs.  enthält  Ex- 
cerpte  aus  allen  möglichen  kirchlichen  Schriftstellern,  offenbar 
in  der  Absicht  zusammengestellt,  um  als  Lesebuch  für  die  jun- 
gen Canoniker  und  ]\Iönche  zu  dienen.  Ein  Schreiber  saec.  XV 
hat  daher  mit  Recht  auf  den  unteren  Rand  von  f.  211'  die 
Worte  gesetzt:  'Liber  iste  continet  summas  diversas^)  sancto- 
rum  doctorum  ad  instructionem  chanonicorum  et  monachorum*)', 
nachdem  schon  der  Schreiber  des  Codex  selbst  in  grossen 
Majuskeln,  abwechselnd  eine  Zeile  roth  und  eine  blau,  auf  das- 
selbe Blatt    die    Subscription    eingetragen liatte:    'EXPLICIT 

LIB  DE  DIVERSIS  VOLVMINIBVS  DO  GRATIAS  CON- 
TVLIMVS  VT  POTVIMVS  VOLVNTARIAE  BEXE  SI  BENE 
TVI  SI  ALITER  NOSTRI  EST  MERITI  ORA  PRO  SCRIP- 
TORIS :  SI  DM  ABLAS  ADIVTOREM'.  Der  Codex  ist  durch- 
weg von  derselben  Hand  geschrieben,  der  besonders  die  Ge- 
stalt des  r  eigenthümlich  ist,  welches  einem  c  sehr  ähnlich  sieht. 
Die  Quaternionen  sind  auf  dem  unteren  Rande  des  letzten  Blat- 
tes in  Buchstaben  und  Zahlen  angegeben.  Die  erste  Lage  fehlt: 
der  Codex  beginnt  daher  mitten  im  Zusammenhange:  f.  1  'At 
illa   audiens    actös   suos   egredi'.     Ich    übergehe    den    übrigen 


1)  Vergl.  Catalogue  general  des  Mamiscrits    des  Bibliotlieques  publi- 
ques   des  De'partements,  V,  p.  53.  2)  Ein  Irrthum  ist  möglich;   die  Hs. 

ist  nämlich  nicht  paginiert.  3)  'diüersas'  cod.         4)  'mQochorum'  cod. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  259 

Inhalt,  da  er  nichts  Historisches  bietet,  und  bemerke  nur,  dass 
dem  Fredegar  ein  Glossar  vorhergeht.  Der  Schluss  desselben, 
sowie  der  Anfang  des  folgenden  Excerptes  aus  Fredegar  sind 
verloren.  Letzteres  beginnt  f.  193  'Hebrei  simul  cum  Jacob  in 
Aegypto'  =  Hier.  c.  2  (ed.  Canisius  -  Basnage  >)  p.  166,  1.4). 
Nach  f.  203  fehlt  ein  Blatt;  f.  203  schliesst  nämlich  'Romr.  XIII. 
Imperavit  Antonius  cognoraen  Pius  ann.'  (Canis.  p.  177,  1.  43), 
während  f.  204  mit  Hriumpharet  fraude  perfecto  filio  occiditur. 
Roror.  XXIIII.  Philippus  Imperator'  (Canis.  p.  178,  1.  38)  be- 
ginnt. Das  Excerpt  aus  dem  Hieronymus  endigt  'Post  quem 
Gratianus  sumpsit  Imperium'  (Canis.  p.  181,  1.  35)  im  Anfange 
von  cap.  47,  es  fehlen  also  die  letzten  capp.  48  und  49  vollständig. 
Hierauf  folgt  unmittelbar  unter  der  Ueberschrift  'DE  SERIE 
ANNORUM  SCI  HIERONIMI  UEL  SCI  EUSEBII  XLVIP 
das  cap.  26  des  Liber  Generat.,  welches  'Primo  die  Dens  condidit 
lucem,  secundo  firmamentum  caeli'  beginnt.  Diese  Seite  schliesst 
mit  'Cainan  fuit  CXXX  annorum'.  Die  folgenden  drei  Blätter 
f.  208.  209.  210  sind  verheftet  und  so  umzustellen,  dass  210 
und  209  vor  208  kommen.  Auf  f.  210  fährt  der  Text  von 
f.  207  fort:  'genuit  Sala.  Omnes  anni  Cainan  sunt';  dieses 
Blatt  ist  das  erste  des  letzten  Fascikels,  welcher  5  Blätter  fasst, 
nämlich  210.  209.  208.  211.  212.  Auf  f.  209'  schliesst_  dieses 
dem  Liber  Generat.  entnommene  cap.  init  'Eraclius  anh  XXI 
fiunt  ab  Adam  usque  ad  Eraclio  anii  VCXLVHI';  den  vor- 
hergehenden Kaiser  -  Katalog  hat  eine  jüngere  Hand  mit  blasser 
Tinte  durchcorrigiert,  auch  einige  ausgelassene  Kaiser  einge- 
schoben. Doch  sind  diese  Correcturen  ohne  Werth.  Auf 
cap.  26  lässt  der  Zusammensteller  dieser  Sammlung  die  Schluss- 
computation  von  cap.  24  des  Liber  Generat.  folgen,  welche 
ohne  irgendwelche  Hervorhebung  mit  'Ab  Adam  usque  diluvio' 
beginnt  und  'usque  in  tempore  isto  invenies  veritatem'  schliesst. 
Den  Schluss  des  ganzei2_  historischen  Breviars  bildet  endlich 
die  'NOTITIA  DE  EPIS  ROMANIS  XLVIII.  Petrus  sedit 
ann  XV' 2),  wie  man  sogleich  erkennt  cap.  25  des  Liber  Gene- 
rat.    Der  Papst -Katalog  endet  f.  208'»)  ähnlich  wie  im  Claro- 

1)  Nach  dieser  Ausgabe  ist  Canisius  stets  citiert.  Im  Uebrigen  habe 
ich  den  revidierten  Text  benutzt  und  auch  die  neue  Kapiteleintheilung 
befolgt.  2)  Auf  den  unteren  Eand  dieses  Blattes  setzte  eine  Hand  saec.  XII. 
eine  Benedictionsformel  für  eine  Salbe  gegen  Kopfschmerz:  'Ad  tineara. 
Benedic,  Domine,  hoc  unguentum,  sicut  benedixisti  unguentum,  quod  tibi 
obtulit  Maria,  quaudo  tuos  pedes  lavit  ex  lacrimis  oculorura  suorum  et 
ungento  unxit,  et  sanctifica  istam  axungiam  ad  sanandam  tineam  huius 
capitis.  Tu,  Domine,  qui  ei  dimisisti  peccata,  quoniara  dilexit  nmltum, 
Sana  istam  infirmitatem  et  dele  per  intercessionem  sanctorum  C'osme  et 
Damiani  et  da  nobis,  ut  ubicumque  (ut  vibi  bis)  tetigerit  lioc  ungentum, 
vel  ista  axungia,  non  remaneat  uUum  malum  nee  uUa  infirmitas,  careat 
omnis  dolor  et  omnis  languor,  Deo  adiuvaute,  qui  vivit  (ü  cod.)  et  regnat 
Pater  noster,  III'.  3)  Auf  den  oberen  Rand  dieses  Blattes  schrieb  eine 
Hand  saec.  XII;  'Scribere  cum  penna  doceat  me  sancta  Maria'. 


260  Die   Chronicae   des   sog.  Freclegar. 

montanus  'Theodorus  sed.',  ohne  dass  die  Sedeszeit  ausgefüllt 
ist.  Die  folgende  'Oratio  sancti  Gregorii'  hat  mit  dem  Fredegar 
nichts  zu  thuen. 

Die  Hs.  enthält  also  von  der  Fredegar'sehen  Sammlung 
den  am  Anfang  und  Ende  unvollständigen  Hieronymus,  dann 
als  Cap.  47  die  Gap.  26  und  24  ex.  des  Liber  Generat.,  und 
als  Cap.  48  das  Cap.  25  desselben  Buches.  Die  hohen  Capitel- 
nummern  lassen  vermuthen,  dass  am  Anfange  sehr  viel  verloren 
gegangen  ist.  Der  Hieronymus  ist  hier  nicht  in  Capitel  ein- 
getheilt,  er  bildete  vermuthlich  in  seiner  Gesammtheit  das 
Cap.  46. 

Der  Codex  wurde  von  mir  in  Berlin  benutzt. 


Bethmann  vermuthete,  dass  die  Metzer  Hs.,  resp.  ihre  Vor- 
fahren, als  Quellen  des  Fredegar  anzusehen  seien.  Doch  schon 
die  von  Waitz  gemachten  Excerpte  überzeugten  mich,  dass  der 
Codex  nur  Auszüge  aus  dem  Fredegar  enthalte,  eine  Ansicht, 
die  später,  als  der  Codex  nach  Berlin  geschickt  worden  war, 
bestätigt  wurde.  So  giebt  die  Hs.  statt  der  Worte :  'in  Aebreo- 
rum  libro  XL  ann.  inveniuntur,  in  septuaginta  interpraetatione 
20'  (Fred.  Hieron.  c.  7)  nur  die  Zahlen  'XL.  LXX.  XX',  lässt 
eine  Menge  Sätze  aus  und  zieht  andere  ungeschickt  zusammen. 
Dem  Schreiber  unverständliche  Ausdrücke  werden  durch  kühne 
Conjecturen  verscldimmbessert.  So  wird  beispielsweise  aus 
dem  Fredegar'sehen  Satze  (Hieron.  c.  37):  'Domicianus  tantae 
superbia  fuit,  ut  aureas  et  argenteas  statuas  sibi  in  Capitulium 
puni  iusserit',  da  der  Mönch  vom  römischen  Capitol  nichts 
wusste,  die  unsinnige  Notiz:  'Domicn  tante  superbie  fuit,  ut 
statuas  aureas  et  argenteas  sibi  in  caput  poneret' !  Allerdings 
hat  der  Metzer  Schreiber  über  die  Verschwendung  des  Nero  einen 
Satz  mehr.  Nach  'subministrabat'  (Canis.  p.  176,  1.  16)  schiebt 
er  nämlicli_die  Worte  ein:  'Nero  in  proxima  processione  non 
minus  ,a.  V.  milia  curruum  procedebat' ;  doch  muss  man  gegen 
diese  Nachricht  Mistrauen  hegen,  da  sie  auch  in  der  Quelle 
des  Fredegar,  in  der  Chronik  des  Hieronymus  fehlt.  Sollte 
vielleicht  der  geistreiche  Verfasser  diese  Notiz  aus  dem  näch- 
sten Fredegar'sehen  Satze  herausgelesen  haben,  in  welchem 
von  der  Ermordung  der  Octavia  und  der  Verbannung  des 
PhilosO])hen  Cornutus  gehandelt  wird?  Unmciglich  Aväre  es 
eben  nicht  bei  den  Kunststückchen,  die  er  an  anderen  Stellen 
zum  Besten  giebt;  auch  fehlt  dieser  Satz  in  dem  Metzer  Codex, 
der  ihn  durch  die  erwähnte  Interpolation  ersetzt.  Nichtsdesto- 
weniger nimmt  diese  Hs.  eine  sehr  merkwürdige  Stellung  unter 
den  Fredegarhss.  ein.  Die  Cap.  24 — 26  des  Liber  Gener.  stehen 
nur  im  Claromontanus  und  in  den  beiden  Hss.,  die  ich  mit  2 
bezeichnet  habe.    Ich  weiss  nun  nicht,  wodurch  sich  Bethmann 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  261 

hcat  bestimmen  lassen,  den  Metzer  Codex  mit  2  ^  zu  bezeielmen. 
Dass  er  mit  dieser  Klasse  nichts  zu  tlmn  hat,  kann  man  schon 
aus  dem  Schlüsse  des  Papst -Kataloges  erkennen,  der  hier  wie 
im  Claromontanus  von  der  Regierungsdauer  des  Theodorus 
noch  nichts  weiss,  während  in  2  diesem  Papste  10  Jahre  zu- 
geschrieben werden.  Thatsächlich  nähert  sich  der  Mettensis 
an  den  massgebenden  Stellen  weit  eher  dem  Claromontanus, 
als  der  2.  Klasse.  Um  dieses  zu  beweisen,  muss  ich  voraus- 
nehmen, dass  alle  Hss.  von  2 — 5  aus  demselben  fehlerhaften 
Exemplare  (X)  hervorgegangen  sind.  Diesem  jetzt  verlorenen 
Codex  X  verdankt  die  Metzer  Hs.  nicht  ihren  Ursprung,  was 
eine  Anzahl  Belegstellen  aus  dem  Hieronymus  beweisen  wer- 
den. Cap.  o  liest  1 :  'Gysus  successor  Moysi  terra  —  distribuit', 
alle  übrigen  Hss.  verbessern  'successor'  in  'successit',  nur  der 
Metzer  Codex  hat  auch  'successor'.  Cap.  7  hat  1  'Aebreorum 
reliqui  anni  Labdon  ann.  octo',  und  mit  ihm  schreibt  auch  der 
Mettensis  'Labdon',  wogegen  3  a.  4  b  'anni  .L.  abdon'  und  2  a 
mit  Auflösung  der  L.  'anni  quinquaginta  Abdon'  lesen.  Da 
also  2.  3.  4.  den  'Labdon'  in  'L.  abdon'  verwandelt  haben, 
so  werden  sie  gezwungen,  gleich  darauf  'Post  Abdon'  zu 
ändern;  dagegen  haben  auch  hier  der  Claromontanus  und  Met- 
tensis richtig  'Labdon'.  Recht  interessant  ist  auch  die  folgende 
Stelle  aus  Cap.  10:  'usque  ad  Moysen  ann.  1447',  wo  2a  'mille 
CCCCXCVIP,  3a  'mCCCCLXLVIIl'  und  4b2*,  'III  milia 
CCCCLXXXVIIII'  lesen.  Der  Mettensis  hat  hier  allein  mit  1 
das  richtige  1447,  ist  also  sowohl  von  der  in  2.  3.  4  überge- 
gangenen Verwandlung  der  'XL'  in  'LXL',  als  auch_von  der 
Auflösung  des  in  dem  Claromontanus  stehenden  W  in  III, 
welche  3.  4  zu  Stande  gebracht  haben,  frei.  Cap.  16  machen 
die  Hss.  aus  den  Worten  von  1 :  'pastorale  a  Fabio  Rumoli 
duci'  durch  falsche  Worttrennung  das  unsinnige  'pastoralea 
(pastoralia  3a)  fabeorum  (fabiorum  4b''^*)  oliduci  (oliduce  Ah"^*, 
olimduci  3a)'.  So  2a.  3a.  4b-*,  der  Metzer  Codex  dagegen, 
in  welchem  'pastorale'  fehlt,  liest  richtig  'a  F.  Romoli  doci'. 
Die  Eingangsworte  des  Cap.  26  lauten  in  2a.  3a.  4b^*:  'Can- 
bis  (Cambis  3a.  4b2*)  inquid  (inqui  et  3a)'  statt  'Canbisin 
qui  et',  wie  1  hat,  und  so  heisst  es  auch  im  Mettensis:  'Cam- 
bisis  qui  et'.  Ueberaus  beweisend  ist  aber  die  folgende  Stelle. 
Cap.  32  steht  in  1  in  Uebereinstimmung  mit  Hieronymus  'bus 
in  suburbano  ad  arantem  locutus  est'  und  ähnlich  auch  im 
Mettensis  'bos  in  suburbano  ad  orante',  dagegen  stellen  2  a. 
3a.  4b2*  folgendermassen  um:  'bos  ad  arantem  in  suburbano'. 
Auch  die  Worte  'Mons  Bibios  in  Asiam  ruptus'  in  Cap.  36 
gehören  hierher,  da  die  Lesart  'raptus'  im  Mettensis  sich  weit 
eher  an  'ruptus'  von  1,  als  an  das  sinnlose  'subtus',  welches 
2a.  3.  4  haben,  anschliesst.  In  der  merkwürdigen  Notiz 
über  Avenches  im   Cap.  40    'Aventicum   praevencione   Wibili 


262  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar, 

cuinomento'  setzen  2a   ^viobile',  3  'violabile',  4h'^*.  c  'violabili 
für  'Wibili'  ein,   welches   ausser   dem   Claromontanus   nur   der 
Mettensis   richtig   bringt.     Gleich  darauf  in  dem  Bericht  über 
Claudius   konnte   sich  der  Schreiber  von  X  die  Worte  'regn. 
Claudios  ann.  et  mensis  9'  nicht  anders  erklären,  als  dass  nach 
'ann.'  die  Regierungsjahre  ausgefallen  seien;  deshalb  schob  er 
auf  gut  Glück   eine  'XL'   ein.     So   lesen   2  a.  3.  4  'ann.  XL', 
nur  der  Mettensis  verstand  die  Stelle  richtig,  indem  er  'an  L' 
ergänzt.    In  demselben  Capitel  lassen  2a.  3.  4  bei  den  Worten 
'Aurilianum  Romae  triumphantem   Tetricus   et  Gerubia   prae- 
cesserunt'   den    unglücklichen   'Tetricus'   aus,    aber    nicht    der 
Mettensis,    der   den   Kaiser   'Tetricis'  nennt.      Cap.  41    finden 
wir  in  2  a  'qui  aprunpo  scelerc',    in  3  'quia  prun   pro  s.'  und 
in  4b2*  gar  'qui  a  principio  s.'  statt  des  richtigen  'qui  Aprum 
pro  scelere'.    Der  Irrthum  ist  dadurch  entstanden,  dass  X  das 
m  von  Aprum  in  n  verwandelt  hatte.    Doch  der  Mettensis  liest 
richtig  mit  1  'qui  Aprum  pro  s.'     Nicht   minder  entscheidend 
sind  die  Worte:  'quattuor  aec^  cum  populo  eodem  iobente  sub- 
versi  sunt',  wo  die  meisten  Handschriften  das  r  von  'quattuor' 
mit  zu   dem   nächsten  Worte   ziehen    und    statt   'cl'   'd'   lesen. 
2  a  hat  nämlich  'red',    3  und  4   lösen  die  Abkürzung  auf  und 
schreiben  'redum'  statt  der  'aecV  von  1.    Allein  im  'Mettensis 
findet  man  auch  das  richtige  'ecfe'.     Ein   eigentliümliches  Ge- 
schick hat  die  Nachricht  des  Hieronymus  'Bizabde   et  Amida 
captae    sunt'   gehabt.     Denn   nicht  genug,   dass  sich  Fredegar 
bewogen   fühlte,   Cap.  42  ex.   sie   durch  Hinzufügung    von    'a 
militum  60  milia'  noch  sensationeller  zu  machen,  hat  auch  der 
Schreiber  von  X  sein  Uebriges  gethan,  um  hinter  seinem  Vor- 
gänger  nicht   zurückzubleiben:    2a.  3,  4   vergrössern   nämlich 
noch  die  Armee  durch  Einschiebung  des  Wörtchens  'quattuor- 
decim'.    So  liest  man  dort  'a  militum  quattuordecim  sexaginta 
milia'.    Der  Mettensis  aber  weiss  mit  dem  Claromontanus  nur 
von  '60  milia'.     Wir  schliessen  vmsere  Beweisführung  mit  der 
vielleicht  gewichtigsten  Stelle  des  Cap.  44  'Omnes  paene  tunc 
totus   urbis  aecle.   —   —   poUuuntur',    wo   2  a.  3.  4  ein   Sub- 
stantivum    'penctudine    (penitudine    2  a.    4)'    für    'paene    tunc' 
einsetzen.     'Paene'  hat  aber  nicht  bloss  1,  sondern  auch  seine 
Quelle,  und  wenn  wir  nun  auch  im  Mettensis  das  richtige  'poene 
tunc'  finden,  so  ist  dies  eben  ein  Zeichen,  dass  derselbe  nicht 
aus  jenem  verlorenen  Codex  X  herstammt,  welcher  der  Vater 
der  iiss.  2.  3.  4  ist.    In  allen  angeführten  Stellen  schlicsst  sich 
vielmehr  diese  Hs.  auf  das  Engste  an  den  Claromontanus  an, 
woraus  man  schliessen  möchte,  dass  jener,  resp.  eine  Abschrift 
von  ihm,  die  Vorlage  des  Metzer  Epitomators  gebildet  hat. 

Doch  wird  vorerst  zu  untersuchen  sein,  ob  der  IMettensis 
auch  bessere  Lesarten  als  1  enthält.  Und  selbst  in  diesem 
Falle   wird   man  nicht   sofort  eine   andere,   theilweise   bessere 


Die  Chronicae   des  sog.  Frodcgar.  263 

Vorlage  statuieren,  sondern  zunächst  die  M<iglic]ikcit  in  Betracht 
ziehen,  ob  die  betreffenden  Verbesserungen  nicht  auf  die  Con- 
jecturalkritik  des  Metzer  Schreibers  zurückzuführen  sind,  der, 
wie  wir  schon  sahen,  dass  nachdrücklichste  Bestreben  hat,  den 
Text  lesbar  zu  machen.  Wenn  nun  auch  die  oben  angeführten 
Belegstellen  zeigen,  dass  er  dabei  vom  Glücke  nicht  grade 
begünstigt  war,  so  wird  man  sich  doch  nicht  wundern  dürfen, 
dass  er  da,  wo  die  Restitution  nahe  lag,  auch  hin  und  wieder  das 
Richtige  getroffen  hat.  Erst  wenn  diese  Erklärungsweise  kein 
befriedigendes  Resultat  ergiebt,  dürfen  wir  annehmen,  dass  die 
Vorlage  des  Mettcnsis  eine  andere  und  bessere  Hs.  als  der  Claro- 
montanus  war.  Erinnert  man  sich  zunächst  daran,  dass  der 
Schreiber  nur  ein  Geistlicher  gewesen  sein  kann,  so  wird  nicht 
auffallen,  dass  gewisse  Namen  aus  der  heiligen  Schrift  von  ihm 
berichtigt  worden  sind.  So  hat  er  Hier.  Cap.  3  am  Schlüsse  in 
dem  Satze:  Tost  Aesebon  Labaion  ann.  VlIF  richtig 'Labdon', 
Cap.  16  'Post  quem  Juda  quintus  decimus  Segecias  ann.  49' 
statt  'Segecias'  richtig  'Ezechias'  eingesetzt  und  in  dem  aus 
Daniel  9,26  entlehnten  Verse  in  Cap.  33  'inibit'  in  'interibunt' 
emendiert,  wo  auch  4b^*  mit  der  Conjectur  'peribit'  dem  Rich- 
tigen nahe  kommt.  Vielleicht  gehören  auch  die  Worte  'Cjrus 
condeta'  Cap.  3  hierher,  wo  ebenfalls  der  Mettcnsis  richtig  'Tyrus' 
corrigiert,  doch  ist  zu  bemerken,  dass  Fredegar  vielleicht  schon 
'Cyrus'  in  seinem  Hieronymus- Exemplar  gefunden  hat,  wenig- 
stens hat  auch  der  Berner  Hieronymus- Codex  'Cyrus'.  An 
anderen  Stellen  ergab  schon  der  Sinn  die  richtige  Lesart,  ohne 
dass  es  irgend  welcher  Vorkenntnisse  für  die  Emeudation  be- 
durft hätte.  Cap.  22  'Fossas  cireum  murus  dixit'  verbessert 
der  Mettcnsis  'duxit'  mit  dem  Corrector  des  Claromontanus, 
Cap.  31  'capta  urbe  et  templum  observato  ad  Sancta  sanctorum 
accedit'  corrigiert  der  Älettensis  'obserato',  doch  hat  Hierony- 
mus ^reserato';  Cap.  33  ^conprobantur  in  praesenti  ann. 

a  secundo  anno'  liest  der  Mettcnsis  'conputantur';  Cap.  40  statt 

des  sinnlosen  'oretur'  in  'Claudius  Sirmia  civitate oretur' 

schreibt  er  'moritur'.  Dass  der  Satz  Cap.  16  'templa  quoque 
et  raurus  humani  urbis  struxerunt'  nicht  in  der  Ordnung  sei, 
merkte  schon  der  Corrector  des  Claromontanus  und  schrieb, 
da  au  der  betreffenden  Stelle  von  den  Römern  die  Rede  ist, 
richtig  'Romane'  statt  'humani' ;  es  ist  mithin  nicht  wunderbar, 
wenn  auch  der  Metzer  Epitomator  'Romani'  verbessert.  Zufall 
war  es  Avohl  auch,  dass  er  Cap.  20  'Tarquinios  Priscus  ciram 
Romae  aedificavit'  in  der  'cira'  den  'circus'  fand,  dagegen  kön- 
nen wir  ihm  nicht  beistimmen,  wenn  er  Cap.  22  'censum  Roma- 
norum civium  —  instituit'  für  das  richtige  'civium'  wiederum 
'cireum'  hineinbringt.  Cap.  20  'ad  extremum  ab  Anci  filiis 
regn.  eius,  cui  ipse  successerat'  füllt  der  Mettcnsis  zwar  die 
Lücke  durch  liinzufügung  von  'occisus  est'  aus;   im  Hierony- 

Neucs  ArcUiv  etc.    VII.  18 


264  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

mus  stehen  diese  Worte  aber  nicht  am  Ende,  sondern  nach 
'fihis'  —  ein  sicheres  Zeichen,  dass  sie  keinem  besseren  Frede- 
garcodex,  sondern  der  Conjectur  des  Metzer  Schreibers  ihren 
Ursprung-  verdanken.  Wir  glauben  liiernach  nicht,  dass  die 
im  Verhältnis  zu  den  vom  Epitomator  in  den  Text  gebrachten 
Corruptelen  äusserst  sparsamen  Verbesserungen  auf  hand- 
sehi'iftlicher  Grundlage  beruhen.  Dass  aber  die  bei  weitem 
meisten  dieser  sinnlosen  Fehler  nicht  auch  andere  Fredegarhss. 
verbessern,  lässt  sich  so  erklären,  dass  die  Schreiber  dieser 
nur  copierten,  ohne  sich  weiter  um  den  Inhalt  zu  kümmern, 
während  der  Metzer  Scribcnt,  schon  weil  er  nur  Auszüge 
machte,  gezwungen  war,  auch  in  den  Sinn  der  Worte  einzu- 
dringen. Dass  ihm  neben  den  Verbesserungen  auch  colossale 
Misverständnisse  mit  unterliefen,  haben  wir  oben  gezeigt. 

Nachdem  Avir  die  Stellen,  die  gegen  die  Ansicht  zu  sprechen 
schienen,  dass  der  Mettcnsis  aus  1  abstammt,  vorgeführt  haben, 
ist  zu  bemerken,  was  sicli  dafür  geltend  machen  lässt.  Dazu 
gehören  ausser  den  oben  angeführten  Uebereinstimmungen  mit  1 
gegenüber  X,  aus  welchem  2.  3.  4  geflossen  sind,  hauptsächlich 
eine  Anzahl  gemeinsamer  Fehler,  deren  Berichtigung  zu  schwer 
war,  als  dass  sie  der  JMetzer  Schreiber  hätte  zu  Stande  bringen 
können.  Hier.  Cap.  8  liest  der  Claromontanus  'Ante  Aenea  et 
Friga  ANNV,  Saturnus,  Picus'  und  ebenso  findet  man  auch  im 
Mettcnsis   'anü  .  n'   statt   des   richtigen   'Janus'.     Weiter   unten 

hat  1 :  'Amazones Aetesi  templum  incenderunt'  in  Ueber- 

einstimmung  mit  dem  Mettcnsis,  der  ebenfalls  für  'Ephesi' 
'Ethesi'  schreibt.  Statt  'monte  Caelio'  in  Cap.  IG  schreibt  1  'monte 
Caeneo',  der  Mettcnsis  'monte  Ceneo'.  Man  sieht,  es  sind  haupt- 
sächlich Corruptelen  von  Worten  ans  dem  klassischen  Alter- 
thume,  die  der  kritische  Sinn  der  mittelalterlichen  Geistlichen 
unberührt  gelassen  hat,  wärend,  wie  oben  nachgewiesen  wurde, 
die  Verderbnisse    von   biblischen  Ausdrücken   corrigiert   sind. 

Ich  glaube  somit  den  Beweis  erbracht  zu  haben,  dass 
die  Vorlage  des  Metzer  Codex  keine  bessere  Hs.  war,  als  der 
Claromontanus,  beide  vielmehr  im  Vergleich  mit  den  übrigen 
Fredegarhss.  sich  sehr  ähnelten,  dass  beide  eine  Anzahl 
Fehler  gemeinsam  hatten,  während  aiidere  in  dem  Mettcnsis 
erst  von  dem  Epitomator  verbessert  wurden.  Hiernach  können 
wir  mit  einiger  Wahrscheinlichkeit  annehmen,  dass  der  Met- 
tcnsis aus  dem  Claromontanus  geflossen  ist,  doch  ist  es  auch 
denkbar,  dass  eine  dem  letzteren  sehr  ähnliche  Hs.  existiert 
hat,  die  der  IMetzer  Schreiber  benutzte,  die  aber  jetzt  verloren 
ist.  Diese  IMötglichkeit  lässt  sich,  wie  in  den  meisten  Fidlen, 
so  speciell  auch  hier,  wo  nur  Excerpte  vorliegen,  nicht  Avider- 
legen,  aber  auch  nicht  beweisen,  weshalb  wir  mit  den  vorhan- 
denen Factoren  rechnen  und  den  Claromontanus  für  den  Vater 
des  Metzer  Codex  ansehen. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  265 

Doch  ist  bei  dieser  Annahme  zAvischcn  1  und  dem  Met- 
tensis  noch  ein  Zwischcnghed  zu  statuieren,  wie  aus  der  fol- 
genden Stelle  hervorgeht.  Hier.  Cap.  30  liest  der  Mettensis  'ciui 
urbes  capit'  statt  'centum  ibi  u.  c.',  in  der  Vorlage  war  also  die 
100  durch  das  Zahlzeichen  'c'  ausgedrückt.  In  1  linden  wir  aber 
'cento  ibi  urbis  capiunt'.  Man  sieht  hieraus,  dass  noch  eine 
Hs.,  wir  wollen  sie  Y  nennen,  anzunehmen  ist;  die  den  Ueber- 
gang  von  dem  Claromontanus  zu  dem  Mettensis  gebildet  hat. 


Die  Codices  IL 

2a)  Die  Pergamenthandschrift  der  ßerner  Stadtbiblio- 
thek')  Ni\  318  in  4°  saec.  IX,  von  deren  früheren  Besitzern 
f.  131'  die  Worte  'Ce  liure  appartient  a  Ragende  bachellier',  f.  1 
'Petri  Danielis  Aurel.'  und  'ßongarsii'  eingezeichnet  sind,  be- 
stand ursprünglich  aus  16  Quaternionen  und  einem  Quinio, 
doch  sind  die  3  innersten  Doppelblätter  des  ersten  Fascikels 
und  das  vorderste  Blatt  der  letzten  Lagen  verloren,  so  dass 
jetzt  die  Hs.  nur  noch  131  Blätter  umfasst.  Auf  dem  unteren 
Kande  von  f.  26'  hat  eine  alte  Hand  diese  Lage  richtig  als 
'IUI'  bezeichnet.  Der  Schreiber  Haecpertus  hat  sich  f.  130 
genannt:  HAECPERTUS  ME  FECIT- ;  QUI ISTUM  LIBRUM 
LEGIT  ORAT  PRO  HECPERTO  SCRIPTORE  SI  DM 
HABEAT  ADIUTOREM  ET  DEFENSOREM-;  Die  Schrift 
ist  mit  Ausnahme  der  späteren  Zusätze  auf  den  letzten  Blättern 
durchweg  dieselbe  runde  Minuskel,  in  der  man  noch  zuweilen 
das  offene  dem  u  ähnliche  a  antrifft,  welches  allerdings  der 
Schreiber  auch  schon  in  seiner  Vorlage  voi'fand,  Avie  die  zahl- 
reichen Vertauschungen  dieser  beiden  Buchstaben  zeigen.  So 
begann  er  Greg.  c.  22  statt  'campania'  zuerst  'cü'  zu  schreiben, 
merkte  aber  sogleich  den  Lesefehler  und  fuhr,  nachdem  er  'cü' 
unterpungiert  hatte,  mit  ^cämpania'  fort.  Das  e  ist  sehr  oft 
mit  einem  Häkchen  versehen  e',  das  i  oft  weit  nach  oben 
gezogen,  so  dass  es  dem  1  ähnlich  wird;  also:  ^ChÜdeberto', 
'Chlldericus'.  Als  ]\Ierkwürdigkeit  ist  anzuführen,  dass  in  der 
Hs.  einigemal  das  der  westgothischen  Schrift  eigene  Zeichen 
T  für  1000  erscheint.  Die  Verwechslungen  von  f  und  s  'Vefe- 
rontia'  Greg.  c.  35,  r  und  n  'Ermergario',  von  b  und  1  'Arbato', 
'habebat'  (für  'alebat')  Greg.  c.  36,  von  n  und  u  'denouerunt' 
Greg.  c.  76,  sowie  die  Schreibfehler  'Pompili  post'  Hieron.  c.  19 
für  Pompili^  (post  =  p^)  und  Canis.  p.  190,  Z.  59  'Ins'  für  'h" 
(huius)'  weisen  darauf  hin,  dass  die  Vorlage  in  einer  cursiven 


1)  Benutzt  von  Jahn,  'Gesch.  der  Burguiidioneu'  II,  S.  520  ff. ,  der 
aus  dieser  Hs.  die  auf  Burgund  bezüglichen  Nachrichten  Fredegars  her- 
ausgegeben hat. 

18* 


26G  Die  Chronicac  des  sog.  Fredegar. 

Minuskel,  also  wohl  merowingisch,  sicher  aber  nicht  in  Majns- 
kelschrift  geschrieben  war.  Die  Correcturen,  welche  besonders 
zahlreich  auf  den  ersten  Blättern  des  Fredegar  von  späterer 
Hand  eingetragen  worden  sind,  verwischen  die  barbarische 
Orthographie  und  verschlechtern  den  Text.  Dass  sie  nicht 
nach  der  Vorlage  gemacht  Avorden  sind,  ersieht  man  daraus, 
dass  die  aus  demselben  Codex  abgeleitete  Plarlejanische  Hs. 
stets  die  alte  Lesart  bestätigt.  Ein  Beispiel  wird  dies  zeigen  i 
Lib.  Generat.  c.  5. 
ai  Bern._ 
Made  de  quo  Medi  —  — 
Thöbel.  unde  et  talienses. 
Mosoc  ('s'i  in  litura)  unde 
billiri  Cytn-as Ascanäz  de 

RipUat  de 

quoSarmate.Rufandae  quo  :(ras.'s') 
auromate  (corr.  'sauromate') 

I'odanim.  de  quo  des. 

Rodiuiui  &  priami  omnes 

generationes 

quindecim.  de  his 


Harlej. 
Made,  de  quo  Medi  —  — 
Tobel.  unde  &  talienses. 
Moroc.  unde 
billiri. Cytaras Ascanaz.de 

quo  Sarmate  Rufande  quos 
auromate  —  — 

Rodi  uiui  &  Priami.  oranes 

quindecim  de  his   —   — 


Mit  dem  ursprünglichen  Text  der  Berner  Hs.  und  mit 
dem  Harlej.  stimmt  auch  1  überein,  das  beispielsweise  auch 
'Rufandae'  und  'Rodivivi  et  Priami'  liest,  dagegen  corrumpiert 
3a  'Rifath  de'  und  'Dodanim  ex  quo  Priamii'.  Aus  einer  Hs. 
meiner  3.  Klasse  sind  mithin  diese  CoiTCCturen  oder  vielmehr 
Verschlechterungen  hergeholt,  andere  dagegen  scheinen  ohne 
jedes  Exemplar  gemacht  zu  sein. 

Bei  dieser  Sachlage  wäre  es  unnütze  Mühe  gewesen,  wenn 
wir  auf  diese  Aenderungen  irgend  welche  Rücksicht  genommen 
hätten. 

Die  Sprache  dieses  Codex  ist  schon  bedeutend  moderni- 
siert. Die  alten  fränkischen  Eigennamen  mit  anlautender  Aspi- 
rata Ch  beginnen  im  Berncr  Codex  fast  regelmässig  mit  'H', 
also  ^Hildebertus',  'Hildericus',  'Hlotharius',  aber  auch  'Brune- 
hildis'.  Paris  nennt  der  Schreiber  oft  in  abgekürzter  Form 
'Parius'. 

Eine  neuere  Hand  aus  dem  16.  oder  17.  Jahrhundert  hat  oft 
Bemerkungen  auf  den  Rand  gemacht.  So  schreibt  sie  f.  80 
auf  den  oberen  Rand,  indem  sie  sich  bemühte,  die  alte  Schrift 
nachzumalen  'Hardinus  quoque  adest,  natus  est  gente  insupe- 
rabilis'. 

Der  Inhalt  der  Hs.  ist  folgender: 

f.  1  'Incipit  vita  sancti  Symeonis  Syris  servi  Dei  excelsi, 
qui  in  columna  stetit  (bis  hierher  in  rothen  Uncialen).  Sanctus 
Symcon  ex  utero  matris  suae  electus  est  a  Domino  et  medita- 
batur  a  pussillo  opera  placcnte  Deo.  Erat  autem  iste  lilius 
Hy-   (bis  hierher  schwarze   Uncialen)   sirici    —    f.  8   et   com- 


Die   Chronicac   des   sog.  Fredegfir.  267 

mcinoratlonem  eins  feccrit,  raercedcm  ab  Altissimo  recipiet. 
Cui  est  honor,  potestas  et  virtus  in  saecula  saeculoruru'.  Der 
Text  der  Vita  S.  Symeonis  weicht  von  dem  dei*  Bollandisten 
(AA.  SS.  Jan.  I,  p.  269)  nicht  unwesentlich  ab.  Im  Berner 
Codex  fehlen  die  Cap.  6—8,  wie  auch  in  der  Ausgabe  Ros- 
wey's  und  in  anderen  Hss.  Leider  hat  unsere  Hs.  eine  grosse 
Lücke  dadurch,  dass  die  3  inneren  DoppelbLätter  der  ersten 
Lage  ausgefallen  sind.  Es  fehlt  AA.  SS.  Cap.  I,  §.  3  von 
den  Worten  'in  nie.  Dixit  ei  ille  Senior' bis  Cap.V,  §.21  'sive 
iustus  sive  iniustus  et  ob  hanc  rem',  so  dass  f.  2  mit  'causam 
Orientales  omnes  et  barbare'  beginnt. 

'INCIPIT  DE  ORTU  ET  OBITU  PATRUM.  A.  Adam 
pater  generis  humani  —  f.  6'  IH.  David  rex  iilius  Josse  de 
tribu  Juda  natus  in  Bethf,  ubi  regnavit  septeni  annis  et  XXXIII 
annis  regnavit'.  Die  einzelnen  Patriarchen  sind  mit  griechi- 
schen Zahlen  numeriert.     Der  Rest  der  Seite  bleibt  frei. 

f.  7  Est  leo  regalis  omnium  animaliuni  et  bestiarum.  Ideo 
et  Jacob  —  f.  22'  Solura  etiam  equum  propter  hominera 
lacrimare  et  doloris  affectum  sentire.  Lide  centauruin  equorum 
et  hominum  natura  permixta  est'.  Dies  ist  die  unter  dem 
Namen  'Physiologus'  i)  bekannte  Naturgeschichte,  deren  Anfang 
verloren  zu  sein  scheint,  mit  vielen  Malereien,  die,  wie  Hagen 
im  Kataloge  angiebt,  von  Piper  ediert  wurden.  Darauf  ist 
eine  halbe  Seite  leer. 

f.  23  beginnt  der  Fredegar  mit  'In  nomine  domini  nostri 
Jesu  Christi  incipiunt  capitula  chronici  Libri  primi'.  Der  Index 
schliesst  f.  23'  'Expliciunt  capitula'.  Hieran  schliesst  sich  die 
Vorrede  zu  dem  Liber  Gener.  'Incipit  liber  generationibiis 
Adam  usque  ad  ordinom,  quae  continetur  in  huius  voluniine  lib. 

f.  24'  beginnt  der  Text  'Incip  narratio  profationis.  Filii 
Sem  liber  generationis  hominum'.  Die  Capitelüberschriften  und 
ersten  Zeilen  der  Capitel  sind  in  Uncialen  und  oft  mit  rother 
Tinte  geschrieben.  Von  Cap.  20  ab  sind  die  Ueberschriften 
nicht  mehr  ausgefüllt,  jedoch  ist  der  Raum  dafür  freigelassen. 
Diese  Lücken  gehen,  Avie  wir  unten  bei  dem  Harlejanus  sehen 
werden,  schon  auf  die  Vorlage  zurück. 

f.  39'  steht  der  Pabst- Katalog.  Eine  jüngere  Hand  hat 
die  Päpste  numeriert,  und  ausserdem  die  folgenden  Eintragun- 
gen gemacht.  Zwischen  Pius  und  Sother  schaltete  sie  ^Ane- 
citus  sd.  an  XI,  ms  IHI,  d  III'  ein,  zwischen  Cornelius  und 
Stephanus  'Lucius',  zwischen  Bonefacius  und  Johannes  'Mer- 
curius' ;  über  'Marcellus'  schrieb  sie  'Marcellinus'.  Der  Katalog 
schliesst  f.  41  'Theodorus  sed  ann  X'.  Der  Rest  der  Seite  war 
ursprünglich  frei  und  sollte  offenbar  die  Zeichnung  aufnehmen, 


1)  Vergl.  Halm,  Verzeichnis    der   älteren  Handschriften  lat.  Kirchen- 
väter in  den  Bibliotheken  der  Schweiz.     S.  32. 


268  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

welche  hier  im  Claroraontaniis  steht.  Eine  alte  Hand  benutzte 
den  Raum,  um  den  folgenden  Tractat  darauf  zu  setzen :  'Inci- 
piunt  dies  Egyptiace,  quos  observare  oportet: 

mens  ian  die  IL  et  anteq  exeat  die  III. 

m  fettr  die  HI.  et  anteq  exeat  die  IL 

m  mär  die  III.  et  anteq  exeat  die  VII. 

m  aprl  die  III.  et  anteq  exeat  die  XL 

m  mal  die  VII.  et  anteq  exeat  die  VII. 

m  iün  die  VIII.  et  anteq  exeat  die  XII. 

m  iul  die  XIIII.  et  anteq  exeat  die  XII. 

m  ags  die  VI.  et  anteq  exeat  die  XII. 

fn  sep  die  III.  et  anteq  exeat  die  VII. 

m  octb  die  Villi,  et  anteq  exeat  die  XII. 

in  növ  die  VIII.  et  anteq  exeat  die  VII. 

m  decb  die  XII.  et  anteq  exeat  die  VIII. 

Hie  dies  observandi  sunt,  ne  in  itinere  exeas,  non  vinde- 
mia  colligas,  non  plantetur,  non  vindatur  nee  (?)  animalia 
domitur^),  nee,  quod  volueris  ad  profectum  venire,  in  super- 
scriptos  dies  nullatenus  incipiatur,  quia  (?)  hi  dies  a  Deo^) 
maledicti  sunt  f-^). 

f.  41'  fährt  der  ursprüngliche  Schreiber  mit  dem  Fredegar- 
texte  fort.  Es  folgt  Cap.  2G  des  Liber  Generat.,  enthaltend 
die  kleine  Chronik,  ^Incipit  liber  chronichorum.  Ex  dibus 
rerum  creaturarum  Dens  formavit'  ganz  in  rothcn  Uncialen. 
Das  erste  Buch  schliesst  'usque  ad  Heracleum  imperatorcm 
regnante  annorum  XXXI  onmes  anni  V.  milia  CXLVIIH'. 
Das  2.  Buch  beginnt  f  44'  mit  dem  Index  zu  den  vereinigten 
Chroniken  des  Plieronymus  und  Idacius  'Incipiunt  capitula 
chronici  Hieronimi  excarpsum',  der  f.  46  'Expliciunt  capitulae' 
schliesst.  Die  nächsten  2  Zeilen  sind  frei.  Hierauf  beginnt 
unmittelbar  der  Text  'Primus  rex  Ninus  regnavit  annos  L', 
also  mit  Auslassung  der  Eingangsworte  'Regnum  Assiriorum'. 
F.  74  steht  die  Vorrede  zur  Chronik  des  Idacius  'Adacius  ser- 
vus  dni  nri  ihu  (sie)  xpi  universis  iidelibus'.  Von  flieron. 
c.  28  ab  waren  die  Capitcl  nicht  mehr  numeriert,  erst  im 
Idacius  bei  Cap.  57  beginnt  wieder  die  Zidilung,  die,  "wie  man 
schon  aus  der  hohen  Zahl  ersieht,  mit  dem  Idacius  nicht  von 
neuem  anhebt,  sondern  fortläuft.  Das  zweite  Buch  schliesst 
f.  95'  'Explicit  liber  tertius',  obwohl,  wie  "wir  eben  bemerkten, 
Hieronymus  und  Idacius  nur  ein  Buch  bilden.  'Incipit  prae- 
fatio  Greca.  Decedant  co  atque'  beginnt  hierauf  der  Prolog 
zum  Gregor,  der  bis  f.  96  'Explicit  prologus'  reicht.  Darauf 
folgt  der  Index  flncipiunt  capitnla  libri  IUI.  Excarps.  de 
cronica  Grecum  cpiscopis  Toronaci'  —  f.  98  'Expliciunt  capitula'. 


1)  corr.  siiperscr.  'domitetnr'  cod.      2)  'du'  (?)  cod.      3)  Sieht  einem 
'f  ühnlicb,  ist  aber  uur  Verzierung-. 


Die   Chionieae   des  sog.   Fiedegar.  269 

Der  Text  beginnt  'Ineipit  über  IUI:  Ciimque  Wandali'  und 
sehliesst  f.  121'  'Explieit  liber  quartus'.  Jetzt  beginnt  die 
selbständige  Chronik  Fredegar's,  zunächst  das  Register  'Inei- 
piunt  eapitula  chronieae  über',  welches  schon  f.  122'  'LI.  De 
Gundeberga  regina  eiusque  iniuriam  et  exhilio'  abbricht,  da 
das  folgende  Blatt  verloren  ist.  F.  12o  schliesst  sich  der  Prolog 
an  mit  'Incipit  23rologus.  Cum  aliqui  dum  iussu  verbi'  —  f.  123' 
'p]xplicit  prologus'.  Ohne  Ueberschrift  beginnt  dann  der  Text 
'I.  Gunthramnus  rex  Francorum  cum  iam  anno',  der  leider 
schon  f.  125  'Ego  cum  istis  non  loquor  vita  illorum'  mitten 
in  Cap,  9  abbricht.  _ 

Die  nächste  Zeile  ist  leer.  Dann  folgt  'Seq  sei  euangl 
secd  Mattheü.  In  illo  teuTp  adsumpsit  Jesus  Petrum  et  Jaco- 
bum  et  Johanneni  fratrem  et  ducit  illos  in  montem  excelsum 
seorsura  —  —  Nemini  dixeritis  visionem,  donec  hlius  hominis 
a  mortuis  resurget';  f.  125'  'Incipit  tractus  eiusdem  lects 
Effrem.  De  regionibus  messis  gaudii,  de  vinea  fructus  suavi- 
tatis'  —  —  f.  130  'Gloria  et  honor,  magnitudo  et  magnificentia. 
Virtus  et  potentia,  regnum  et  imperium.  Nunc  et  semper  et 
per  iufinita  saecuia  saeculorura. 

AXHN  FINIT'. 

Die  folgende  Inschrift  des  Haecpertus  ist  schon  oben  mit- 
getheilt.  Mit  ihr  schloss  ursprünglich  der  Codex.  Spätere 
haben  dann  den  noch  freien  Raum  von  f.  130'  und  131  mit 
allerhand  Gekritzel  ausgefüllt.  So  liest  man  f.  130'  die  unferti- 
gen Schreiberverse  von  einer  Hand  s.  X/XI: 

Qui  nescit  scribere  nulluni  se  putat ')  esse  laborem, 

Qui  duo  oculi  vident,  una  lingua  loquitur,  tres  digito. 

Eine  andere  Hand  saec.  X.  setzte  2  Recepte  gegen  Kopf- 
schmerz und  gegen  Lähmung  darunter^). 

Auf  f.  131  schrieb  eine  Hand  saec.  XL  'De  Septem  mira- 
culis  mundi.  Primura  miraculum  est  Romae'  —  —  f.  131'  'In 
quinto  ordine  LXIIII.  columnae  et  arci  succrescentes  et  super 
LX  .  IUI  .  CXXVII  .  columnae  finem  faciunt  mirabilis  edificii'. 

Die  Handschrift  ist  durch  die  Berncr  Bibliotheksverwal- 
tung  bereitwilligst  nach  Berlin  mitgetheilt  und  hier  von  mir 
verglichen  worden. 

1) 'putet' corr. 'putat' cod.  2)  Ad  capitis  dolorem.  Ruta  inp  .  I . 
Vetonica  inp  .  I  .  Musica  nip  .  I  .  Abrotanum  mp  .  I .  Migraneä  inp  .  I  . 
Ex  his  oiDuibus  fac  potiunein  sive  coctam  sive  crudaiu  et  bibe.  Potio 
ad  paralisin.  Piretrum  unt  .1.  Salvia  üip  .1.  Puleiura  5ip  .1.  Luiri- 
cum(?)  iüp  ,1.  Urtica  grecanica  nip  .1.  Corticis  treinuli  ulp  .1.  Persici 
folia  iüp  .  I  .  Cerasia  folia  iüp  .  I  .  Salicis  folia  inp  .  I .  Agrimonia  map  .  I . 
Rutä  iüp  .  I .  Pionia  radice  iüp  .  I .  Vermiculum  unde  tingitur  : : :  ('iüp  .  I .' 
eras.)  denariis  deceni.  Piper  grana  centum.  Vinum  staupos  sex.  Aqua 
staupos  tres.  Mel  staupuin  .  I .  Per  tres  menses  bibat,  luna  crescento 
novera  dies  et  decresceute  noveui  dies,  et  utatur  balneis  decoctis  herbis 
vetonica,  iuniperuui,  cdere,  saviua,  agrimonia,  sal  sextarium  unum ;  coquat 
oiuuia  simul  et  balucut  se  in  eo,  et  sauguiueiu  luiuuat  de  alia  parte. 


270  Die  Clironicae   des   sog.  Fredegar. 

2b)  Der  Codex  des  Britischen  Museums  in  London; 
Harlejanus  Nr.  5251  saec.  IX.  beginnt  lialbuncial  'In  nomine 
dni  nri  ihu  xpi  incipiunt  capitula  chronici  liber  primi'  mit 
dem  Register  zu  dem  Liber  Generat.,  dessen  erstes  Cap.  'I. 
De  initiu  mundi,  quo  homo  primus  Adam  conditus  est'  lautet. 
Auf  den  öchluss  des  ersten  Buches  in  der  Ausgabe  des  Canisius 
folgen,  wie  in  1  und  2  a,  Cap.  24.  25  und  26,  jedoch  ohne 
Uebcrschriften,  die  auch  in  2  a  fehlen.  Zuerst  die  römischen 
Kaiser  von  'Augustus  anii  LVIL  Tyberius  —  Alexanderi  (das 
1  ist  roth  übergeschrieben)  ann  XIII.  dies  VIIIF,  dann  die 
jüdischen  Könige  'Saul  regnavit  ann  XXX'  —  f.  15  'Cirus 
anno  I',  und  schliesslich,  nachdem  eine  Zeile  freigelassen  ist, 
die  Computation  ^Ab  Adam  usque  ad  diluvium  arm  II  miHa 
CCXLir  —  —  f.  15'  'Item  a  passione  Domini  per  paschalera 
Victorii  usque  in  tempore  isto  invcnies  veritatem'.  Hierauf 
bleiben  zAvei  Zeilen  frei,  welche  die  Ueberschrift  für  den  Papst- 
katalog in  Cap.  25  aufnehmen  solhen,  aber  schon  in  der  Vorlage 
nicht  ausgefüllt  waren.  Der  Katalog  beginnt  'Petrus  sedit  ann 
XXV,  mcnses  11,  dies  IL'  und  reicht  bis  f.  17  'Theodorus  sedit 
aimo  X'.  Die  nächsten  vier  Zeilen  sind  wieder  freigelassen; 
hier  fanden  wir  im  Claromontanus  das  Bild,  in  2  a  die  später 
zugesetzte  Abhandlung  über  die  'dies  Egyptiaci'.  Das  Cap.  26 
des  Liber  Generat.  wii'd  durch  die  Worte  'Incipit  liber  chroni- 
chorum  et  diebus  rerum  creaturarum  Deus  formavit'  eingeleitet 
und  endet  mit  f.  19'  'Eracleus  aim  XXXI.  Fuit  ab  Adam 
usque  ad  Eraclcum  (corr.  'Eraclium')  imperatorcm  rcgnanto 
annorum  XXXI  omnes  anni  V  milia  CXLVIIII'.  Hierauf 
folgt  der  Index  zu  Hieronyraus-Idacius  'Incipiunt  capitula 
chronici  Hieronimi  excarpsum.    I.    De  regnum  Assyriorum  — 

—   LXII. Expl.  capitul^'.     Der  Text  beginnt   'Incipit 

liber  regnum  Asyriorum'  imd  schliesst  nach  dem  Idaeius  wie 
in  2  a  fälschlich  'Explicit  liber  tertius'.  Demgemäss  ist  der  Aus- 
zug aus  Gregor,  wde  in  1,  als  'Liber  quartus'  bezeichnet,  so  in 
der  Ueberschrift  'Incipiunt  capitula  libri  quod  est  quarti  excarps. 
de  cronica  grecum  episcopis  Toronaci';  so  auch  am  Schlüsse 
'Explicit  liber  quartus'.  Es  folgt  das  Register  zur  CUu'onik: 
'Incipiunt  cajntula  chronice  liber.  I.  De  bonitate  Guntramni  et 
ecclesia  sancti  Marcelli'.  Dieses  bricht  hier  schon,  abweichend 
von  2a,  mit  Cap.  10  'X.  De  exercito  Guntramni  in  Ispania 
adgressus.  Explieiunt  cap'  ab^).  Der  folgende  Prolog  beginnt 
'Incipit  prologus.     Cum   aliquid    dum    iussu'  und  schliesst  mit 


1)  Bis  Cap.  10  gellt  sclieiiihnr  aucli  der  Text  in  2  b,  da  hier  die 
Capitelzalilen  ura  1  zu  hoch  sind,  Cap.  9  also  dem  Schreibor  von  2b 
10  ist.  Er  schrieb  ofl'enbar  den  Index  nnr  bis  Cni).  10  aus  dem  Grunde 
ab,  weil  er  die  folgenden  Inhaltsangaben  für  zwecklos  hielt,  da  in  seiner 
Vorlage   der  Text  dazu  fehlte. 


Die  Chronicao  des  sog.  Fredegar.  271 

'Explicit  prologus'.  Die  Chronik  beginnt  auch  hier  ohne 
Ucberschrift  und  endet  ebenso  wie  in  2  a  schon  in  der  Mitte 
von  Cap.  9:  'Ego  cum  istis  non  loquor  vita  illorum'.  Das 
nächste  Wort  ist  radiert.  Auf  den  Rest  der  Seite  schrieb  eine 
Hand  saec.  XI.  in.  'In  nomine  patris  et  filii'  eine  Jjeschwö- 
rungsformel  des  Blutflusses.  Die  letzte  Zeile  enthält  den  Titel 
der  Schrift  Priscians  'Incipit  institutio  Prisciani  viri  eloqtissimi 
(sie!)  de  nomine  et  pronomine  et  verbo';  diese  selbst  fehlt 
in  dem  Codex,  da  die  folgenden  Lagen  verloren  sind. 

Nachdem  schon  Pertz,  Archiv  VII,  S.  254,  eine  kurze  Notiz 
über  diese  Hs.  gegeben  hatte,  wurde  sie  später  von  Dr.  Lieber- 
mann stellenweise  für  die  Monumenta  verglichen. 


Die  nahe  Verwandtschaft  von  2  a  und  2  b  erkennt  man 
schon  äusserlich  daran,  dass  beide  mitten  im  Texte  von  Cap.  9 
plötzlich  abbrechen.  In  beiden  Hss.  schliesst  ausserdem  der 
Papstkatalog  'Theodorus  sedit  anno  X',  wo  in  1  und  1*  die 
Sedeszeit  noch  nicht  ausgefüllt  ist;  überhaupt  stimmt  der  Text 
der  einen  Hs.  so  genau  mit  dem  der  anderen  überein,  dass 
man  ohne  erhebliche  Irrthümer  die  Lesarten  von  2  a  auch  als 
diejenigen  von  2  b  annehmen  kann.  Dennoch  ist  weder  2  a 
aus  2  b,  noch  2  b  aus  2  a  abgeschrieben.  Dass  der  erste  Fall 
unmöglich  ist,  ergiebt  sich  daraus,  dass  der  Index  zu  dem 
letzten  Buch  in  2  b  schon  mit  c.  10  schliesst,  während  in  2  a 
die  Inhaltsangaben  jetzt  noch  bis  Cap.  62  gehen,  ursprünglich 
aber  Avohl  bis  an  das  Ende  gereicht  haben.  Das  betreffende 
Blatt  ist  leider  jetzt  verloren.  Auch  hat  bei  Divergenzen  weit 
häufiger  2  a  als  2  b  die  bessere  Lesart.  So  hat  2  a  Idacius 
c.  55,  Z.  14  richtig  'Maldras',  2  b  aber  'Madras'.  Im  Index  zur 
Chronik  Cap.  9  liest  2b  'Arnulfi',  wo  2a  noch  richtig  'Anaulfi.' 
hat,  während  im  Texte  beide  die  Form  'Arnulfi'  bieten.  Chron. 
c.  1  finden  wir  in  2  b  die  fehlerhafte  Schreibung  'Agauensium', 
2a  dagegen  hat  richtig  'Agaunensium'.  Der  Anfang  des  Pro- 
loges, welcher  in  den  Hss.  sehr  entstellt  ist,  lautet  in  2a  'Cum 
aliqui  dum  iussu',  in  2  b  aber  'Cum  aliquid  dum  iussu',  welche 
letztere  Corruptel  sich  von  dem  richtigen  'Cum  aliquid  unius' 
offenbar  noch  weiter  entfernt,  als  die  Lesart  von  2  a.  Cap.  9 
verdirbt  2  b  in  dem  Satze  'sc  unam  esse  de  populo  dixit'  die 
Worte  'd.  p.'  in  'depulo',  während  auch  an  dieser  Stelle  2  a 
fehlerfrei  ist.  Die  Stelle  'utiquc  sacerdus  instar  se  ostendebat' 
in  Cap.  1  war  wohl  schon  in  der  Vorlage  von  2  a.  b  nicht 
in  der  Ordnung  und  vielleicht  erst  später  durch  Ueberschreiben 
von  'se'  corrigiert  worden.  2  a  hat  zwar  richtig  'se',  stellt  es 
aber  vor  'instar',  während  2  b  den  Fehler  noch  vergrössert, 
indem    es    'esse    iustai-'   liest.      Fehlerhafte  Abkürzuno-sstriche 


272  Die  Chronicac  des  sog.   Fredegar. 

der  Vorlage  copiert  2a  genau,  ohne  sie  aufzulösen;  2b  aber 
löst  sie  auf.  Ho  steht  im  Prologe  in  2a  'a  que'  für  'aquae', 
'prenotavi'  für  'prenotavi',  in  2  b  jedoch  'aquem'  und  'perreno- 
tavi'.  Den  Eigennamen  'Leudisclum'  in  Cap.  2  corrumpiert  2  a 
in  'Leudis  eum',  2  b  schreibt  aber  nur  'cum'  mit  Auslassung 
von  'Leudis'.  Schliesslich  fehlen  in  dem  Satze  des  Prologes 
'legende  simul  et  audiendo  etiam  et  videndo'  in  2  b  die  Worte 
'etiam  et  videndo',  nicht  aber  in  2a;  und  während  in  dieser 
Hs.  erst  von  Cap.  7  ab  die  Capitelzahlen  um  eins  zu  hoch 
sind,  indem  es  Cap.  6  theilt  und  mit  den  Worten  'Anno  XXVIIF 
ein  neues  Cap.  beginnen  lässt,  sind  in  2  b  bereits  von  Caj).  2 
ab,  welches  als  3  gezählt  wird,  die  Nummern  zu  hoch  angesetzt. 
Hiernach  steht  es  fest,  dass  2a  nicht  aus  2b  stammen  kann, 
aber  auch,  dass  2a  zuverlässiger  als  der  Harlejanus  ist.  Es 
bleibt  jetzt  nur  noch  zu  beweisen,  dass  auch  2b  nicht  aus  2a 
abgeschrieben  sein  kann.  Dass  die  zahlreichen  Correcturen 
von  2  a  in  dem  Texte  von  2  b  keine  Berücksichtigung  gefun- 
den haben,  ist  bereits  oben  nachgewiesen  worden ;  aber  dieser 
Umstand  kann  für  den  vorliegenden  Fall  nichts  beweisen,  da 
2  b  älter  ist  als  diese  Verbesserungen ;  zur  Entstehungszeit  des 
Harlejanus  also  der  Berner  Codex  noch  nicht  corrigiert  war. 
Beweisend  dagegen  sind  eine  Anzahl  Fehler  von  2  a,  die  2  b 
gar  nicht  oder  doch  in  minderem  Grade  hat.  Zunächst  kom- 
men hier  die  Ueberschriften  zu  Hieronymus  und  Gregor  in 
Betracht.  Der  Text  des  Hieronymus  beginnt  in  1  'Regnum 
Assiriorum.  Primus  rex  Ninus'  und  ähnlich  auch  in  2  b  'In- 
cipit  liber  regnum  Asyriorum.  Primus  r.  N.',  in  2a  dagegen 
lautet  der  Anfang  'Primus  r.  N.',  also  mit  Auslassung  der 
Worte  'ßegnum  Ass.'  Das  Lemma  des  Registers  zu  Gregor 
lautet  in  1  'Incipit  capetolares  libri  quarti,  quod  est';  die 
Worte  'quod  est'  übergeht  2  a  vollständig,  hat  jedoch  2  b,  Avenn 
auch  vor  'quarti'.  Endlich  noch  einige  Kleinigkeiten.  Idac. 
p.  185,  Z,  2,  steht  in  2b  richtig:  'rehcta  GaUicia',  avo  2a 
'Gallacia'    hat,    Chron.   c.  3    schreibt    den    Ortsnamen   'Rioilo' 


q^tel 

'in^uegnum'  weit  mehr  als  die  Lesart  von  2  a  'in  vegitium' 
(das  zweite  i  ist  auspungiert)  dem  richtigen  'in  regnum'.  Diese 
Stellen  machen  es  klar,  dass  auch  2  b  nicht  aus  2  a  abgeschrie- 
ben sein  kann,  und  es  bleibt  dann  bei  der  engen  Verwandt- 
schaft der  beiden  Hss.  nur  übrig,  dass  beide  aus  demselben 
jetzt  verlorenen  Codex  2  stammen. 

Die  Hs.  2  Avar,  Avie  ihre  beiden  Ableitungen  zeigen,  am 
Schlüsse  dcfect,  hatte  schon  die  jüngeren  Namensformen  'Plilde- 
bcrtus',  'Hilpcricus',  'Hlotharius',  ist  aber  die  einzige,  Avelche 
mit  1  auch  die  Schlusscapitcl  des  Liber  Gcncrat.  enthält  und 


Die  Chronicac  des  sog.  Fredegar,  273 

von  allen  fremden  Bestandtheilen  frei  ist.  Von  den  beiden  aus 
ihr  geflossenen  Abschriften,  die  beide  im  9.  Jahrhundert  gemacht 
wurden,  hat  sich  2  a  am  meisten  an  die  Quelle  gehalten,  wäh- 
rend 2  b  nur  an  sehr  wenigen  Stellen  die  bessere  Lesart  liefert. 


Die  Codices  III. 

3')  Die  Hs.  der  Leidener  Universitäts -Bibliothek  Voss. 
lat.  qu.  Nr.  5  in  gross  8^  gehört  dem  8.  oder  9.  Jahrhundert  an 
und  umfasst  38  Blätter  mit  durchschnittlich  28  bis  29  Zeilen 
auf  der  Seite.  Am  Anfang  und  Ende  unvollständig,  ist  sie  nur 
ein  kleines  Bruchstück  einer  Fredegarhandschrift.  Von  den 
6  Fascikeln,  die  keinerlei  Bezeichnung  haben,  sind  die  ersten 
3  wahre  Quaternionen ;  der  vierte  ist  ein  Ternio,  der  fünfte  ent- 
hält nur  ein  Doppelblatt  und  ein  einzelnes,  ohne  dass  etwas 
ausgefallen  ist,  der  sechste  besteht  aus  5  einzelnen  Blättern,  von 
denen  die  beiden  letzten  zu  einem  Doppelblatt  zusammenge- 
heftet sind.  Diese  beiden  Blätter  scheinen  mithin  die  innersten 
der  verstümmelten  letzten  Lage  gewesen  zu  sein.  Die  zu  f.  34 
— 36  zugehörigen  Blätter  fehlen  und  mit  ihnen  alles  folgende. 
Die  Schrift  ist  dick,  breit  und  rund,  und  erinnert  noch  sehr 
an  die  Halbunciale.  Die  Initialen  nehmen  gewöhnlich  drei 
Zeilen  ein,  sind  aber  nicht  bunt.  Von  Eigenthümlichkeiten 
der  Schläft  ist  hervorzuheben,  dass  gewöhnlich,  aber  nicht 
ausschliesslich,  das  oftene  a  gebraucht  wird  und  die  Buchstaben 
d  und  cl  oft  gar  nicht  unterschieden  werden  können.  Ein- 
mal habe  ich  auch  das  alte  römische  Zahlzeichen  c,  für  sechs 
gefunden,  m  am  Ende  Avird  bisweilen  durch  ~  wiedergegeben 
(z.  B.  Canis.  p.  187,  Z.  33  p&eca~),  was  schon  der  Schreiber 
der  Wiener  Hs.  nicht  verstand,  indem  er  es  durch  'est'  auflöste. 
Die  Wortabtheilung  ist  mangelhaft. 

Ausser  den  wenigen  Correeturen,  die  von  dem  Schreiber 
selbst  herrühren,  haben  sich  2  Hände,  freilieh  mit  ungleichem 
Erfolge,  bemüht,  den  Text  zu  verbessern.  Erstens  nämlich 
hat  eine  alte  cursive  Hand  den  Codex  durchcorrigiert  und 
zwar  nach  dem  Originale.  Diese  Hand  hat  unter  anderem 
fünfmal  auf  dem  unteren  Rande  mit  derselben  Tinte  Stellen 
nachgetragen.  Unzählige  Male  hat  dieser  Schreiber  e  in  i, 
o  in  u  und  umgekehrt  geändert.  Zweitens  hat  eine  Hand  des 
12.  Jahrh.  auf  den  ersten  Blättern  mit  blasser  Tinte  ganz  halt- 
lose Conjecturen  angebracht,  die  der  Schreiber  des  Originals 
der  Wiener  Hs.  noch  nicht  vorfand.  Auf  diese  Aenderungen 
ist  bei  der  Vergleichung  keinerlei  Rücksicht  genommen  worden. 

Die  Vorlage,  aus  welcher  diese  Hs.  geflossen  ist,  war  wohl 
in  merowingischer  Cursive  geschrieben,  wie  dies  die  Verwechs- 
lungen  von   r   und   s   'Aebosaci'    Hieron.    c.  38,    'Savenuam' 


274  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

Canis.  p.  182,  Z.  2,   und  f  und  s  'socus'  Canis.  p.  18G,  Z.  31 
zeigen. 

Folgendes  ist  der  Inhalt  der  Handschrift. 

Der  Codex  beginnt  f.  1  im  Cap.  3G  des  Hieronymus  mit 
den  Worten  'Contra  ßomanus  revellentes'.  Nach  den  Schluss- 
worten der  Chronik  des  Hieronymus  f.  10  'ad  plenum  reperere 
non  potest'  folgt  mit  grosser  Initiale:  'Ydacins  servus  domini 
nostri  Jesu  Christi  universis  fidelibus',  die  Vorrede  der  Chronik 
des  Idacius.  F.  28'  endigt  dieses  Buch  'nomen  vitamque 
a:misit  ('d'  radiert).  EXPLICIT  LIBER  CHRONICE.  HL'  und 
wir  würden  nun  eigentlich,  wie  in  1  und  2,  den  Auszug  aus 
Gregor  erwarten.  Statt  dessen  fährt  die  Hs.  fort:  'INCIPIT 
LIBER  QUINTI  lULI  HELARIANI  DE  CURSU  TEMPO- 
RUM. Quantocumque  tempore  in  divinis  legibus  —  f.  38 
eterna  iusti  autem  cum  Deo  in  vitam  eternam  amen.  EXPLI- 
CIT LIBER  QUINTI  lULI  HELARIANI:'  Es  ist  dies  die 
bekannte  Schrift  Hilarian's,  die  von  jetzt  ab  in  allen  Hss. 
Fredegars,  insofern  sie  überhaupt  die  ersten  Bücher  haben, 
widerkehrt,  und  welche  uns  nur  dadurch  erhalten  Avorden  ist, 
dass  irgend  ein  Abschreiber  sich  bewogen  fühlte,  sie  der  weit- 
verbreiteten fränkischen  Chronik  einzuverleiben.  Ich  füge  noch 
hinzu,  dass  der  Leidener  Codex  der  beste  ist  und  bei  einer 
neuen  Ausgabe  unbedingt  zu  Grunde  gelegt  werden  muss; 
doch  sind  auch  die  Hss.  der  4.  Klasse  nicht  gänzlich  zu  igno- 
rieren Auf  dieses  Einschiebsel  folgt  endlich  der  Auszug  aus 
Gregor,  zunächst  die  Vorrede  'INCIPIT  PRAEFACIO  GRECA 
LIBRI  :  IUI  :  :'  beginnend  f.  38  'Decedante:  (1  Buchstabe 
radiert)  atque  immo  —  libri  prirai  ('p.'  übergeschrieben)  ponetur 
initium'.  Jetzt  sollte  das  Register  kommen,  aber  schon  in  der 
Ueberschrift  zu  demselben  'INCIPIUNT  CAPITULA  LIBRP 
am  Ende  der  Seite  und  Zeile  bricht  der  Codex  ab.  Es  fehlen 
also  der  Auszug  aus  Gregor  mit  Ausnahme  der  Vorrede 
und  das  ganze  letzte  Buch.  Während  der  Anfang  dieser  aus- 
gezeichneten Handschrift  mit  dem  Liber  Generat.  und  dem 
ersten  Theile  der  Chronik  des  LIieronymus  für  uns  unwieder- 
bringlich verloren  ist  und,  wie  Avir  unten  sehen  werden,  nur 
durch  eine,  wenn  auch  alte  Abschrift  ersetzt  werden  kann, 
glauben  wir  den  Schluss  des  Codex  in  der  folgenden  Vaticani- 
schen  Hs.  wiedergefunden  zu  haben. 

Die  Hs.  wurde  durch  die  Gefälligkeit  des  Hern  du  Rieu 
an  die  Kgl,  Bibliothek  geschickt  und  hier  von  mir  verglichen. 

3")  Der  Codex  derVaticana  Reg.  Christ.  Nr.  713  saec. 
VIH/IX  in  gross  H»»),  enthält  83  Blätter.  Er  beginnt  f.  1 
'QUARTI  QUOD  EST  EXCARPSUM  DE  CRONICA  GRE- 
GUM  EPS  THORONACIir  in  der  Ueberschrift  zu  der  Historia 


1)  Bescliriebcn  Archiv  V,  p.  ')1  iL 


Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar.  275 

Epit.  und  zwar  gerade  da,  wo  die  Leidener  IIs.  aufliürt.  Der 
folgende  Index  umfasst  03  Nummern  und  schliesst  ^EXPLICIT 
CAPITULA'.  Mit  'INCIPIT  LIBER'  beginnt  der  Text,  der 
'crudelissiniam  vitam  digna  morte  finivit.  EXPL  LIBER 
QUART  US'  endigt.  Darauf  folgt  das  letzte  Buch,  und  zwar 
der  Index  aNCiPnjNT  CAPITULA  CHRONICE  LIBER 
QUINTUS  —  EXPL  CAPITULA',  dann  der  Prolog  'INCIPIT 
PROLOGUS.  Cum  :::  aliquidu:  iussii_  verbi  proprietatem 
non  habeo'  bis  Vita  finissit  scribsi.  EXPL  PROLOG  US',  und 
endlich  der  Text  ^NCIPIT  LIBER  CHRONICAE  —  fecisset. 
EXPLICIT'.  Hierniit  endigt  diese  Hand;  mit  späterer  Schrift 
ist  zugefügt  'erchanb.  Chlodharius  rex  de  Austris'  das  Brevi- 
arium  Erehanberti,  welches  f.  63  'constabat'  endigt.  Das  64.  Blatt 
beginnt  'INCIP.  CAPITULA  LIB.  HISTOR.  ERANCORUM', 
mit  der  Ueberschrift  zu  den  Gesta  Francorum,  deren  Inhalts- 
verzeichnis 53  Capitel  aufzählt,  aber  das  Ganze  ist  nicht  er- 
halten. Die  Hs.  schliesst  nämlich  schon  mit  den  Worten  'vos 
et  filios'  im  Cap.  32. 

Der  Codex  ist  durch  eine  Unmasse  nicht  viel  späterer  Cor- 
recturen  entstellt,  durch  welche  die  alte  und  allein  brauchbare 
Lesart  nicht  selten  gänzlich  zerstört  worden  ist.  Ein  Theil 
dieser  Verbesserungen  dürfte  aus  einer  Hs.  der  5.  Klasse  ge- 
flossen sein.  Wenn  beispielsweise  Chron.  c.  9  'Anaulfus'  in 
'Aunulfus^  corrigiert,  c.  44  zu  'ad  domno  Austrasio  abbate'  am 
Rande  'al  ad  domum  Austrasii  abbatis'  geschrieben  wird,  so 
finden  wir  die  Correctur  und  Variante  in  5  a*  im  Texte. 
Doch  lassen  sich  nicht  alle  Aenderungen  auf  diese  Quelle 
zurückführen.  Wenn  wir  auch  zugeben,  dass  ein  grosser 
Theil  nur  der  Phantasie  des  betreffenden  Correctors  zu  ver- 
danken sein  wird,  so  bleibt  doch  noch  eine  Anzahl  übrig,  die 
sich  weder  aus  dem  einen  noch  dem  andern  erklären  lassen.  So 
sind  am  unteren  Rande  die  im  Prologe  zu  dem  letzten  Buche 
fehlenden  Worte :  'prenotavi.  In  praesente  autem  stilo  ea  tem- 
pora'  ergänzt,  welche  der  Corrector  niemals  aus  5  schöpfen 
konnte,  da  dort  der  erste  Theil  der  Vorrede  fehlt.  Es  haben 
also  offenbar  verschiedene  Hände  an  der  Verbesserung  des 
Codex  gearbeitet,  von  denen  die  eine  und  ältere  vielleicht  noch 
die  Vorlage  von  3"  vor  sich  hatte,  während  die  spätere  zu- 
weilen auf  5  recurrierte.  Dies  geht  auch  daraus  hervor,  dass 
an  einigen  wenigen  Stellen  der  aus  3  geflossene  Augsburger 
Codex  die  Ergänzung  im  Texte  hat,  v>'ie  z.  B.  gleich  die  oben 
citierten  Worte  dort  an  der  richtigen  Stelle  stehen,  während 
der  grösste  Theil  der  Correcturen  des  Vaticanus  im  Augustanus 
noch  keine  Berücksichtigung  gefunden  hat. 

Eigenthümlich  ist  dem  Schreiber  von  3"  die  Vertauschung 
von  b  und  p;  er  schreibt:  'Prunnichildis',  'increpapatur',  'par- 
baro',  'plasfomatur',  'plasfemio',  'paioius',  'panniti',   'concupina', 


276  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar, 

aber  auch  'suberant'  für  'superanf.  Seltener  ist  die  Verwechs- 
lung von  g  und  i  'iermana',  'iessei'ant'.  Ferner  sagt  der  Schrei- 
ber stets  'Neaustr.'  und  'Franchi'. 

Die  Hs.  ist  Avohl  die  eine  der  beiden  von  Valesius  er- 
wähnten und  identisch  mit  dem  von  Henschen  AA.  SS.  Febr.  I, 
p.  125  citierten  Codex,  der  sich  im  Besitze  von  Melchior  Gold- 
ast 'viruni  in  Germania  apud  Lutheranos  eruditum'  befand. 
Wenigstens  stehen  auch  im  Vaticanus  wie  in  dem  Codex 
Goldast's  die  Gesta  Francorum,  und  in  beiden  Mss.  schliesst 
der  Fredegar  mit  'Explicit'  am  Ende  von  Cap,  90.  Die  Ver- 
muthung  Bethmann's ,  dass  die  Hs.  aus  Reichenau  stamme, 
lässt  sich  zwar  nicht  beweisen,  bat  aber  viel  für  sich. 

Der  Codex  Avurde  von  Pertz  verglichen. 

3  a)  Der  Wiene  r  Codex  Nr.  482  ')  (früher  Hist.  prof.  632 
und  Ambras.  252)  saec.  IX,  f.  87  in  Gross -Octav,  stammt  aus 
Reichenau,  wie  aus  der  Notiz  einer  Hand  s.  XH.  auf  f.  1 :  'liber 
Augie  maioris'  ersichtlich  ist,  kam  später  an  Urstisius  und 
durch  diesen  an  G.  von  Raming,  der  auf  der  Rückseite  des 
ersten  nicht  paginierten  und  freigelassenen  Blattes  als  Besitzer 
genannt  wird: 

Nobili  viro  et  antiquitatis  Germanice  indaga- 

tori  solertissimo,  D.  Gotfrido  a  Raming 

Christian**  Urstisius  ddt. 

M.  D.  XXCIV. 

Die  Hs.  besteht  aus  12  Lagen,  von  denen  die  erste  und 
dritte  Ternionen  sind,  die  letzte  jetzt  nur  drei  einzelne  Blätter 
fasst,  während  die  übrigen  regelmässige  Quaternionen  sind. 
Zwischen  der  8.  und  9.  Lage  sind  zwei  Quaternionen  und  damit 
der  grösste  Theil  des  Hilarian  ausgefallen.  Doch  fehlten  diese 
Blätter  schon  zur  Zeit  desjenigen,  der  mit  altem  Ductus  die 
Custoden  einkratzte,  da  er  auf  f.  61,  mit  dem  die  jetzige  neunte 
Lage  beginnt,  auch  wirklich  eine  .VIHL  gesetzt  hat.  Diese 
Hand  hat  von  der  4.  Lage  an  die  Fascikel  numeriert,  —  bis 
zur  dritten  hatte  dies  der  Schreiber  selbst  gethan  — ,  doch  ist 
irrthümlicher  AVeise  das  letzte  Bündel  mit  .  XIII.  bezeichnet 
■worden,  obwohl  das  vorhergehende  richtig  .  XL  genannt  wird 
und  zwischen  beiden  nichts  fehlt,  f.  87  ist  Avohl  erst  später 
eingelegt  w^orden;  es  enthält  biblische  Glossen.  Mit  f.  86, 
welches  bis  zur  letzten  Zeile  beschrieben  ist  und  mit  der  Hist. 
epit.  schliesst,  bricht  der  Fredegar  ab,  es  fehlt  also  das  ganze 
letzte  Buch.  Ob  auf  den  zu  f.  85  und  86  zugehörigen  I*)lättern, 
von  denen  nur  sehr  schmale  Ränder  vorhanden  sind,  noch 
Schrift  gestanden   hat,   ist   nicht   mehr  festzustellen;   es   muss 


1)  Eine  sehr  nusfülirliche  Beschreibung'  giebt  Lambecius  in  'Commen- 
tarü  de  biblioth.  Vindob.  libcr  II,   cd.  II,  p.  722—734. 


Die  Chronicao  des  sog.  Freclegar.  277 

mithin  unentschieden  bleiben,  ob  der  Codex  von  Anfang  an 
nur  bis  zur  Ilist.  epit.  ging-,  oder  ursprünglich  vollständig  war 
und  erst  später  verstümmelt  wurde.  Das  Pergament  hat  oft 
grosse  Löcher  und  ist  bisweilen  sehr  schadhaft.  Die  Schrift 
ist  in  mehrfacher  Weise  interessant.  Neben  der  festen  Minus- 
kel, in  welcher  der  grösste  Theil  des  Codex  geschrieben  ist, 
und  die  gegen  das  Ende  hin  sich  immer  mehr  mit  cursiven 
Elementen  vermischt,  erscheint  auf  einzelnen  Seiten  (z.  B.  f.  4 
und  41)  eine  Schriftgattung,  die  einen  total  verschiedenen 
Eindruck  macht  und  noch  am  meisten  der  westgothischen 
Schrift  ähnelt').  AVahrscheinlich  hat  irgend  ein  fremder 
Älönch  aushilfsweise  diese  beiden  Seiten  für  den  ursprüng- 
lichen Schreiber  copiert.  Im  übrigen  ist  aber  der  Codex  in 
gewöhnlicher  Schrift  gesehrieben,  die  weder  mit  dem  West- 
gothischen, noch  mit  dem  Langobardischen  2),  etwas  zu  tlmen 
hat.  Mit  f.  21  scheint  eine  andere  Hand  einzusetzen.  Von  da 
ab  sind  die  Quaternionen  nicht  mehr  numeriert,  die  Buchstaben 
sind  dünner  und  ungleich  hoch,  oft  schief  geschrieben,  s  geht 
stets  unter  die  Linie,  was  im  ersten  Theile  nie  der  Fall  war, 
ebenso  r.  Die  schönen  grossen  Liitialen,  Avelche  die  erste 
Hand  in  den  Umrissen  aufführte,  hören  auf  und  werden  von 
jetzt  ab  durch  gewöhnliche  schwarze  Capitalbuchstaben  ersetzt. 
Doch  muss  man  allerdings  zugestehen,  dass  sich  alle  diese 
Verschiedenheiten,  so  ausgeprägt  sie  im  Anfang  sind,  allmäh- 
lich wieder  verlieren,  so  dass  am  Schlüsse  des  Buches  die 
Schrift  wieder  grössere  Aehnlichkeit  mit  dem  Anfang  zeigt. 
Auch  die  Orthographie  der  Handschrift  ist  in  vielen  Stücken 
merkwürdig.  Da,  wie  später  gezeigt  werden  wird,  der  Vindo- 
bonensis  nur  eine  Abschrift  aus  3'  -["  3"  ^st,  so  lassen  sich 
durch  eine  Vergleichung  mit  der  Quelle,  die  Eigenthümlich- 
keiten  des  resp.  der  Schreiber  dieses  Codex  mit  Sicherheit 
feststellen.  Wir  sehen  da,  dass  man  noch  im  9.  Jahrhundert 
'nobibus'  (^nubibus'  3),  'cognuscebat'  (^cognoscebaf  3),  'sidicione' 
('sedicione'  3),  'Albes'  ('Alpes'  3)  schrieb.  Die  Aspirata  fehlt 
in  'adpreendit'  ('adprehendit'  3),  'inter  is'  ('his'  3) ;  besonders 
eigenthümlich  ist  die  Vorliebe  für  g  in  'congugium'('coniugium'  3), 
'gussum'  fiussum'  3),  'huius  regi'  ('rei'  3),  aber  auch  umge- 
kehrt 'colliiens'  ('coUigens'  3).  Der  Reichenauer  Mönch  schreibt 
ferner  'siggulis'  für  'singulis'. 

Folgendesjst  der  Inhalt  der  Handschrift. 

f.  1  'INCIF  LIBER  GENERATIONUM.  Ab  Adam  usque 
ad  ordinem  que  continetur,  also  ohne  das  in  1  und  2  voran- 
gehende Register.     Unvollständig  ist  das  erste  Buch  auch  am 


1)  So  auch  Lambecius  'literis  Gotliicis  sive  Toletanis'.  2)  Dass 
der  Codex  in  Langobardischer  Schrift  geschrieben  sei,  war  die  Ansicht 
Schwandner's. 


278  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar, 

Schlüsse;  es  endigt  nämlich  ^Cleopatra  filia  aii  XXV.  Fiunt 
insimul  an  CCCXLVI'  eben  da,  wo  auch  die  Ausgabe  des  Cani- 
sius  schliesst,  also  mit  Uebergehung  der  Capitel  24 — 26.  Ohne 
jede  Ueberschvift  und  ebenfalls  ■wieder  ohne  den  in  den  übrigen 
Hss.  stehenden  Index  beginnt  der  Hieronymus  f.  17  'I.  Regnum 
Asii'iorura  primus  rex  Ninus'  —  f.  41  ^ad  plcnum  reperere  non 
potest'.  Dann  folgt  der  Auszug  aus  Idaeius  'Udacius  servus 
domini  nostri  Jesu  Christi'  —  f.  59'  'abucelino  victus  nomen 
vitamque  amisit.  EXBLICIT  LIBER  CHRONICA'.  Die  Capitel- 
zahlen  fehlen  gewöhnlich ;  ich  habe  nur  f.  52'  vor  'Quadam 
vicem  Chlodoveus'  eine  LVIII  bemerkt.  Zwischen  Idaeius  und 
Gregor  ist  hier,  wie  in  der  Leidener  Handschrift,  das  Buch 
des  Q.  JuHus  Hilarianus  eingeschoben  'III.  INCIPIT  LIBER 
QUINTI  lULI  ELARIANE  DE  CÜRSU  TEMPORU',  dessen 
grösster  Theil  aber,  wie  wir  schon  oben  bemerkten,  ausgefallen 
ist.  F.  60'  schliesst  nämlich  'dicere  aliquid  nefas  aut  superbum 
est,  sed  dicam  necesse  est  racione'  und  f.  61  beginnt  erst  wieder 
'necesse  est  pro  meritis  singulorum  rogate,  inquid,  ne  fiat'.  Der 
Schreiber  der  Leidener  Handschrift,  die  ein  gleiches  Format 
hat  wie  die  Wiener,  brauchte  zu  dem  Fehlenden  8  Blätter; 
man  sieht  also,  dass  im  Viudobonensis  ein  Quaternio  verloren 
gegangen  ist.  Der  Hilarian  schHesst:  ^EXPLICIT  LIBER 
QUINT  (sie)  lULI  HELARIANI'.  Es  folgt  nun  die  Vorrede 
Gregor's  INCIPIT  PREFACIO  GRECA  LIBRI  .  IUI.',  dann 
f.  61'  das  Capitelverzeichnis  ^NCIPIUNT  CAPITULA  LIBRI 
QUARTI  QUOD  EST  EXCARPSUM  DE  CROXICA  GRE- 
GUM  EPS  THORONACHI.',  welches  jedoch  schon  f.  62  mit 
'XL  De  Cliderico  reges  Fancorum  (sie!)  et  Viuiomado:  EXPLI- 
CIT  CAPITULA'  abbricht.  Der  Text  der  Hist.  epit.  beginnt 
'INCIPIT  LIBER.  I.  Cumque  Wandali'  und  schliesst  f.  86' 
'crudelissimam  vitam  digua  morte  flnivit'.  Das  ganze  letzte 
Buch  fehlt  im  Vindobonensis.  Ueber  die  Glossen  auf  f.  87 
haben  Avir  schon  oben  gesprochen. 

Die  Hs.  wurde  zum  Theil  von  Pertz  in  Wien,  zum  Theil 
von  mir  in  Berlin  verglichen. 

3  b)  Die  Papierhandschrift  der  kgl.  Kreisbibliothek  in 
Augsburg  Nr.  223,  saec.  XV,  f.  270  in  8",  früher  dem  Udal- 
richs- Kloster  ebendaselbst  gehörig,  wie  der  auf  den  Deckel 
geklebte  Zettel:  PP.  Benedictorü  Lib;  et  Imp.  Monastorii  SS. 
Udalrici  et  Affrac  Augustae  VindeL'  besagt,  und  eine  neuere 
Hand  auf  das  Titelblatt  schrieb:  'Monasterii  S.  Udalrici  Aug.', 
ist,  wenn  nicht  ein  Reichenauer  Codex,  doch  Avenigstens  die 
Abschrift  eines  solchen.  Auf  der  Rückseite  des  Titelblattes 
liest  man  näinlich :  'ex  möst  augie  ä°j  collctp  Thoronachi, 
cronica  regiois  ab.  brimen,  croniea  eusebij  .  iero.  cesarie'. 
Auch  weist  auf  die  Reichenauer  Abkunft  die  fol<rende  Inschrift 


Die  Chrouicae  des  sog.  Fredegar.  279 

auf  dem  Titelblatte  hin,  in  welcher  Regino  zu  einem  Abte 
dieses  Klosters  gemacht  wird:  'LIBER.  CHRONICARUM. 
YDACY.  THOROMACHI.  AC.  QUINTI.  lULY.  HYLARIO- 
NIS.  VNA  CVM.  CHRONICA.  REGINONIS.  MONASTERY. 
AVGIENSIS.  QVODAM.  INSIGNIS.  ABBATIS.  AD  ADEL- 
BERONEM.  TREVIRENSIS.  AECCLESIAE  ARCHIEPI- 
^COPV  VENERABILEM.  LIBRI.  DVO.  IN  QVORV.  PRIMO. 
DE  ROMANORVM.  SECVDO.  VERO.  DE  FRANCORVM 
GESTIS.  AEGREGIE.  SCRIBIT.  ADIVNCTIS.  IN  FINE 
DIVERSIS.  SINE.  ORDINAE  GESTIS.  Von  diesem  Titel 
ist  abwechselnd  eine  Zeile  schwarz,  die  andere  roth  geschrieben. 
Die  häufige  Sichreibung  von  ae  statt  e  deutet  wohl  daraufhin, 
dass  sich  diese  Inschrift  bereits  in  der  alten  Reichenauer  Vor- 
lage vorfand.  Die  Augsburger  Abschrift  dieses  Codex  ist  aber 
keineswegs  getreu  zu  nennen. 

Was  speciell  den  Fredegar  anbelangt,  so  sind  im  Augustanus 
die  Register  zu  den  einzelnen  Büchern  gänzlich  beseitigt  und 
dafür  über  die  einzelnen  Capitel  des  Liber  Generat.  und  Hie- 
ronymus  i)  Ueberschriften  gesetzt,  die  Capitel  des  Idacius,  die 
in  den  übrigen  Hss.  sich  unmittelbar  an  den  Hieronymus  an- 
schliessend werden  hier  besonders  gezählt,  und  so  aus  dem 
einen  Buche  Hieronymus  -  Idacius  zwei  gemacht;  endlich  ist 
der  Hilarian,  der  in  den  anderen  Hss.  dieser  Klasse  zwischen 
Idacius  und  Gregor  steht,  im  Augustanus  hinter  den  Gregor 
versetzt  worden.  Auch  im  Einzelnen  hat  der  Schreiber  nach 
eigenem  Gutdünken  und  oft  recht  willkürlich  den  Text  abgeän- 
dert, so  dass  diese  Handschrift,  welche  neben  der  Münchener 
der  Ausgabe  des  Canisius  zu  Grunde  lag,  wenig  Glauben 
verdient. 

Der  Inhalt  ist  folgender: 

f.  1  beginnt  der  Fredegar  'Incipit  Liber  Generacionum 
primus  Ab  Adam  usque  ad  ordinem'  —  f.  1'  'Explicit  Prae- 
facio'.  'Incipit  Narracio  praefacionis.  Ca.  I.  Liber  gene- 
racionis  hominum'  —  f.  11'  ^Fiunt  insimul  an.  CCC.  XL  VI', 
Das  erste  Buch  schliesst  also  wie  in  der  Wiener  Hs.  und 
in  der  Ausgabe  des  Canisius  mit  Cap.  23.  Der  Hieronymus 
beginnt  'Incipit  Liber  generacionum  2'.  Ca.  I.  Regnum 
Assyriorum'  —  f.  29  'Conclusio  Libri.  Ca.  L',  ohne  dass  ein 
Cap.  50  folgt,  da  der  Schreiber  die  Capitel  des  Idacius  wieder 
mit  1.  beginnt.  Es  folgt  die  Vorrede  zu  dem  Excerpt  aus 
der  Chronik  des  Idacius  f.  29'  'Idacius  servus  domini  nostri 
Jesu  Christi  —  facte  prefacionis  indicö';  darauf  'Incipit  liber 
Chronice  tertius  Ca.  I.  Romanorum  XXXVII.  per  Gracianura 
—  f.  42  abucelino   victus   nomen  vitamque  amisit'.     Die  Hist. 

1)  Im  Idacius,  Gregor  und  dem  letzten  Buche  fehlen  diese  Ueber- 
schriften. 

Neues  Archiv  etc.     VII.  19 


280  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

epit,  beginnt  'Incipit  prefacio  Hbri  Quarti  excerptum  de  chro- 
nica greca  Thoromachi  episcopi  —  f.  42'  ab  ipso  mundi  prin- 
cipio  inciperem',  dann  der  Text  'Incipit  Liber.  Ca.  I.  Cum- 
que  Wandali  —  f.  60'  digna  morte  finivit'.  Jetzt  erst  ist  die 
Schrift  Hilarian's  eingefügt  'Incipit  liber  Quinti  luli  Hylarionis 
De  cursu  temporum.  Quintus.  Quantocumque  tempore  — 
f.  67  lusti  autem  cum  deo  in  vitam  eternam.  Amen'.  Hieran 
schliesst  sich  das  letzte  Buch  'Incipit  Prologus  in  librum  Sex- 
tum  et  ultimum  Thoromachi  concordans  quoad  gesta  cum  li» 
4'".  Cum  aliqui  dum  iussu  verbi  —  f.  67'  cum  Chilperici  vita 
finis  sit  scripsi';  darauf  f.  68  'Incipit  Liber  sextus  Thoromachi. 
Ca.  primum,  Gunthramnus  rex  Francorum  —  f.  97'  eos  uterque 
interire  fecisset'.  Hiermit  schliesst  der  Fredegar;  der  übrige 
Theil  der  Seite  ist  frei. 

Es  folgt  der  Regino:  f.  98  'Incipit  prologus  in  chronicam 
Reginonis  ('r'  superscr.).  Unico  et  tocius  philosophie  studiis  — 
f.  98'  Sed  nobis  pocius  neutro  proferre  videtur';  dann  das  I.Buch 
'Incipit  chronica  Reginonis  Li.  i:  Ca.  i.  Anno  imperii  Caesaris 
Octaviani  XLII  —  f.  119'  ubi  ille  incipit  iste  finem  sorciatur'. 
Nachdem  eine  halbe  Seite  freigelassen  ist,  fährt  die  Hs.  f.  120 
fort  'Incipit  chronice  Reginonis,  Liber  secundus.  Ca.  I.  Anno 
dominice  incarnacionis  DCCXLI.  Carolus  filius  —  f.  177'  Quibus 
successerunt  in  pontificali  kathedra  Otbertus  in  Strasburgensi 
civitate  et  Druogo  in  Tullensi'.  Die  Augsburger  Handschrift 
ist  mit  der  von  Pertz  mit  2  bezeichneten  auf  das  engste  ver- 
wandt. In  beiden  fehlen  die  Eingangsworte  des  Prologes 
'Excellentissimi  ingenii',  die  im  Augustanus  durch  'Unico'  er- 
setzt werden.  Am  Ende  des  Vorwortes  stehen  auch  in  unserer 
Hs.  die  Verse: 

'Multi  decernant  (decertant  2)  et  adhuc  sub  iudice  hs  est, 
Feminei  generis  vel  neutri  chronica  constent, 
Sed  nobis  pocius  neutro  proferre  videtur'. 
Schliesslich  hatte  auch  die  Vorlage  der  Augsburger  Hs. 
dieselbe  Lücke  und  dieselbe  Umstellung  wie  2,  doch  wurden 
diese  Fehler  von  dem  Schreiber  des  Augustanus  noch  recht- 
zeitig bemerkt  und  aus  einer  anderen  Hs.  (7,  der  Wiener 
Codex?)  corrigiert.  In  2  fehlen  nämhch  die  Jahre  900—902, 
so  dass  auf  899  gleich  903  folgt,  und  ebenso  beginnt  der  Augs- 
burger Codex  nach  dem  J.  899  mit  dem  Anfang  des  J.  903  'Anno 
dmce  incar.  DCCCC.  non  Adalbertus  Ruodolfum  epüm  de  üuirtz- 
burgensi  ecclesia  fugat  et',  tilgt  aber  durch  Unterpungieren 
die  betreffenden  Worte  und  fährt  ohne  Weiteres  'proceres  et 
optimates'  mit  dem  Texte  der  Jahre  900—902  fort.  Unter  dem 
J.  903  ist  dann  die  obige  Stelle  richtig  eingereiht :  'Anno  dmce 
incar.  DCCCCIII.  (videtur  magis  quod  eodem  quo  supra)  Adal- 
bertus Ruodolfum  epm  de  Uuirtzburgensi  ecclesia  fugat  et  res 
et  possessiones',  und  zAvar  zeigt  der  Zusatz  'videtur'  etc.,  dass 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  281 

der  Schreiber  von  hier  ab  wieder  auf  die  ursprüngliche  Vor- 
lage zurückging.  Aus  welcher  Hs.  sind  nun  die  Jahre  900 — 
902  eingeschoben?  Den  Fehler  'post  modicum'  für  'postmodum' 
SS.  I,  p.  610,  Z.  8,  hat  der  Augustanus  mit  7  (dem  Vindob.) 
gemeinsam  und  auch  einige  andere  Versehen,  so  dass  ich  diese 
oder  eine  ihr  ähnliche  Hs.  als  die  Quelle  annehmen  möchte. 
Ferner  fehlen  in  2  die  Jahre  773 — 794  an  der  gehörigen  Stelle, 
doch  sind  783 — 794  mitten  im  J.  801  nachgetragen.  Im 
Augustanus  ist  zwar  an  der  genannten  Stelle  keine  Lücke,  der 
folgende  Umstand  aber  weist  darauf  hin,  dass  die  Jahre  773 — 
794  nicht  in  der  ursprünglichen  Vorlage  standen,  sondern  erst 
aus  dem  anderen  Codex  ergänzt  worden  sind.  Im  J.  801 
nämlich,  nach  den  Worten  'huius  factionis  fuere  principes',  fährt 
die  Hs.  fort:  'X  Post  hec  eodem  anno  obiit  Bertrada  regina 
IUI.  idus  iulii.  Et  cum  Üormaciä  Rex  venisset  sociavit  sibi 
in  matrimoniü  Fastradam  reginä.  Et  celebravit  natale  dni  in 
heristellio  et  pascha  siicer  (sie). 
Defectus  seu  error  a  cruce  in  crucem  durat. 
Non  nno  (sie)  dnice  incar.  DCCC.  X  Pascalis'  etc.  Die 
Worte  'Post  hec'  etc.  gehören  zu  dem  J.  783;  es  waren  also 
auch  in  der  Vorlage  des  Augustanus  die  J.  783—794  umgestellt. 
Ob  dies  nun  der  Carlsruher  Codex  (2)J)  oder  eine  andere  ihm 
sehr  nahe  stehende  Hs.  war,  lassen  wir  dahingestellt,  doch  ist 
uns  das  letztere  wahrscheinlicher. 

Auf  f.  180  schrieb  dieselbe  Hand,  aber  mit  dunklerer  Tinte, 
eine  Legende  über  die  Zerstörung  der  Klöster  S.  AfFrae  und 
S,  Magni  'In  festo  sanctissimi  Simperti  cum  eins  Legenda  — 
f.  180'  quottidie  adhuc  edocet  atque  declarat.  Benedictus  deus 
it'.  Am  Rande  von  f.  180  steht  die  folgende  für  die  Baiern 
wenig  schmeichelhafte  Etymologie:  'Baioarii  a  bobus  dicti, 
quorum  usu  victum  queritabant'. 

Es  folgt  dann  die  Chronik  des  Hieronymus  mit  dem  Titel 
f.  181  'CHRONICA  EVSEBII  .  HIERONIMI  .  CAESARIEN- 
SIS  EPISCOPI  .  AD  VINCENCIVM  .  ET  .  GALIENVM  . 
INCIPIENS  .  A  TEMPORE  .  ABRAHAM  .  PROTENS  .  SE  . 
VSQVAE  .  AD  IMPERATORIS  .  VALENTIS  .  INTERITVM', 
welche  bis  f.  261  usque_ad  Consulatum  eius  VI.  et  Valen- 
tiniani  iterum  omnes  anni  VDLXXVIIIP  reicht.  Hieran  schliesst 
sich  eine  Consulhste  'Valente  VI.  et  Valentiniano  II.  —  f.  263 
Paulino  vc  Cons.  Explicit  chronica  Eusebii  et  Hieronimi', 
welche  von  447  ab  von  Mommsen  in  der  Ausgabe  der  Chronik 
des  Cassiodor  p.  693  ediert  ist.  Den  Schluss  der  Hand- 
schrift bildet   der  Prosper  Augustanus  f.  263  'INCIPIT  .  EX 


1)  So  Ermisch,   Die  Chronik  des  Regino,  S.  25,   während  Pertz  irr- 
thümlich  die  Hs.  seiner  6.  Klasse  zuweist. 

19* 


282  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar, 

CHRONICIS  .  TYRONIS  .  PROSPERI .  CHRONICORVM  . 
EVSEBII  .  TEMPORIBVS  .  PRETER  .  MISSIS.  —  f.  270 
'ab  Adam  usque  ad  Wandalorum  perdicionem  fiunt  anni  .  V  . 
dcc.XXXIir. 

Die  Handschrift  konnte  von  mir  hier  benutzt  werden. 


Nachdem  so  die  vier  Handschriften,  die  Leidener  (3'), 
Vaticanische  (3"),  Wiener  (3  a)  und  Augsburger  (3  b)  be- 
schrieben, ist  über  ihr  gegenseitiges  Verhältnis  zu  handeln, 
um  zu  einem  Urtheil  über  den  Werth,  resp.  Unwerth  der  ein- 
zelnen Hss.  zu  gelangen.  Die  nahe  Verwandtschaft  dieser  Hss. 
ist  bereits  von  Pertz  und  Bethmaun  richtig  erkannt  worden, 
aber  nicht,  oder  doch  nur  unvollkommen,  in  welcher  Weise 
sie  von  einander  abhängig  sind;  doch  hatte  Pertz  den  ersten 
Schritt  zu  dieser  Untersuchung  schon  gethan,  als  er  nachwies, 
dass  der  Vaticanus  die  Quelle  der  Wiener  Hs.  sei. 

Was  zunächst  3>  und  3"  anbetrifft,  so  stammen  beide  Hss. 
aus  dem  8.  oder  9.  Jahrb.,  beide  haben  das  Format  gross  8^, 
und  ausserdem  ist  die  Schi'ift  des  Vaticanus,  soweit  man  dies 
aus  einer  Nachzeichnung  erkennen  kann,  der  der  Leidener  Hs. 
wenigstens  nicht  unähnlich.  Der  Hauptgrund  aber,  der  mich 
bestimmt,  den  Leidener  und  Römischen  Codex  nur  als  Theile 
einer  Hs.  anzusehen,  ist  folgender.  Die  Leidener  Hs.  schliesst 
mitten  in  der  Ueberschrift  zur  Historia  epit.  mit  dem  Worte 
'Libri'  am  Schlüsse  der  letzten  Zeile,  und  ebenda  beginnt  der 
Vaticanus  mit  'Quarti',  so  dass  also,  Avenn  man  die  beiden 
Handschriften  vereinigt,  der  Text  unmittelbar  fortläuft.  Dieser 
Umstand  kann  doch  wohl  nicht  anders  erklärt  werden,  als 
dadurch,  dass  die  beiden  Hss.  ursprünglich  zusammengehört 
haben  und  erst  später  auf  gewaltsame  Weise  getrennt  worden 
sind.  Hiermit  stimmt  auch  die  Beobachtung  von  Pertz  über- 
ein, dass  der  Vaticanus  das  Original  des  Vindoboncnsis  ist, 
denn  unten  soll  gezeigt  werden,  dass  auch  die  Leidener  Hs. 
die  Vorlage  des  letzteren  gewesen  ist.  Vergegenwärtigen  wir 
uns  nun,  dass  Voss  derjenige  war,  welcher  die  Königin  Christine 
in  der  Sammlung  von  Hss.  thatkräftig  unterstützte,  dass  er  ihr 
selbst  seine  Bibliothek  verkaufte,  und  dass  wiederum  Voss  die 
verwirrten  Zustände  nach  der  Abdankung  der  Königin  dazu 
benutzte,  um  einen  Theil  der  Hss.  bei  Seite  zu  bringen,  so 
werden  wir  uns  nicht  wundern,  von  unserer  Fredegarhs.  den 
einen  Theil  in  Leiden  unter  den  Büchern  Voss',  den  andern 
in  Rom  in  dem  Vermächtnis  der  Königin  wiederzufinden. 
Wir  fassen  also  die  beiden  Hss.  3'  u.  3"  zusammen  und 
nennen  den  vereinigten  Codex  3. 

Schon  die  gemeinsame  Heimath   der   drei  Handschriften 


Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar.  283 

3.  3  a.  3  b  lässt  eine  nahe  Verwandtschaft  derselben  vermuthen. 
Von  3a  und  ob  steht  es  nämlich,  wie  wir  oben  gesehen  haben, 
fest,  dass  sie  aus  Reichenau  stammen,  resp.  aus  einer  Hs.  dieser 
Bibliothek  abgeschrieben  sind,  aber  auch  3  ist  aus  diesem 
Kloster  hervorgegangen,  wenn  anders  die  Vermuthung  Beth- 
manns  richtig  ist,  dass  das  Ms.  3",  welches  sich  in  dem  Be- 
sitze Goldast's  befand,  von  diesem  aus  dem  Kloster  Reichenau 
erwoi'ben  war.  Ausserdem  weist  auch  der  Inhalt  der  drei  Hss. 
auf  den  gemeinsamen  Ursprung  hin.  Von  den  einen  Hss.  (1 
und  2)  unterscheidet  sich  nämlich  diese  Klasse  dadurch,  dass 
sie  in  die  Fredegarsche  Sammlung  das  chronologische  Werk 
des  Hilarianus  einschiebt,  den  andern  Mss.  (4  und  5)  gegenüber 
kennzeichnet  sie  sich  aber  durch  den  Liber  Generationum,  der 
jenen  fehlt,  und  dadurch,  dass  sie  nur  den  Fredegar,  nicht  auch 
die  Fortsetzungen  enthält.  Diese  Zusammengehörigkeit  lässt 
sich  bis  in  Einzelheiten  verfolgen:  Canis.  p.  178,  1.  24,  'Aebo- 
saci'  3.  3a.  3b  für  'Aeboraci';  p.  185,  1.  2,  'Savennam'  3.  3a, 
was  jedoch  3  b  schon  richtig  in  'Ravennam'  verbessert:  p.  186,1.1, 
lesen  die  übrigen  Hss.  'ruunt  in  Galliis'^  3.  3  a  lassen  jedoch 
'ruunt'  aus,  während  3b  'in  Gallias  irruit'  conjiciert.  Chron. 
c.  73  fehlen  in  3.  3  b  >)  die  Worte  'regi  A.  d.  et  Venerando', 
Am  meisten  Beweiskraft  scheint  mir  aber  das  folgende  Ein- 
schiebsel zu  haben.  Canis.  p.  187,  1.  21,  am  Schlüsse  von 
Cap.  54  sind  in  3.  3  a.  3  b.  die  Worte  'talpus  scero'  einge- 
schoben. Ein  Unbekannter  hat  also  den  freien  Raum  nach 
'moretur',  womit  das  Capitel  schliesst,  dazu  benutzt,  sich  zu 
notieren,  dass  talpus  'Maulwurf  bedeutet.  Da  nun  schon  in 
unserer  ältesten  Hs.  diese  Bemerkung  von  erster  Hand  zugleich 
mit  dem  Texte  geschi'ieben  ist,  so  sieht  man,  dass  uns  der 
Archetypus  der  3.  Handschriften -Klasse  leider  nicht  erhalten 
sein  kann.  Diese  Hs.  (3x)  wird  aus  ihren  Nachkommen  recon- 
struiert  werden  müssen,  und  es  fragt  sich  also,  wie  die  3  vor- 
handenen Hss.  sich  zu  einander  stellen. 

Es  wird  sich  zuerst  darum  handeln,  nachzuweisen,  ob  eine 
Hs.  und  welche  als  die  Quelle  der  beiden  andern  anzusehen 
ist.  Von  3  a  und  3  b  wird  man  hierbei  gleich  von  vornherein 
Abstand  nehmen  müssen,  da  sie  dem  9.  und  15.  Jahrh.  ange- 
hören, also  jünger  als  3  sind.  3  könnte  aber  recht  wohl  die 
Mutter  der  beiden  andern  Hss.  sein.  Und  in  der  That  spricht 
sehr  vieles  für  diese  Annahme.  3',  f.  1,  'in  :  bria'  (das  richtige, 
auch  durch  1  und  2  a  bestätigte  'Ebria'  ist  von  2.  Hand  in 
'beria'  corrigiert),  3a.  3b  'in  beria'.  3\  f.  2,  (Canis.  p.  177,  1.4) 
sind  die  Worte  'Duos  mensis  aliter  appellare  fecit'  ausgefallen, 
doch  ist  diese  Lücke  durch  Freilassung  des  bezüglichen  Raumes 
angedeutet  Avorden.     Der  Schreiber  von  3  hat  also  offenbar 


1)  In   3  a  fehlt  die  Chronik. 


284  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

diese  Stelle  in  seiner  Vorlage  nicht  mehr  lesen  können.  Die- 
selben Worte  fehlen  nun  auch  in  3  a  und  3  b,  ohne  dass  jedoch 
durch  ein  Intervall  der  Verlust  bemerkbar  gemacht  wäre. 
F.  34'  stehen  in  3  die  Worte  'Traianus  ann  XSIII',  die  von 
3  a  und  3  b  fälschlich  durch  *T.  a.  XCIIII'  wiedergegeben 
werden.  Canis.  p.  188,  1.  24,  'Theudorici'  3,  doch  ist  das  c 
ein  wenig  zu  sehr  geschlossen,  so  dass  es  dem  o  ähnlich  sieht. 
'Theudorioi'  liest  nun  3a;  und  der  Schreiber  von  3b,  welcher 
sich  diese  Form  nicht  zu  erklären  wusste,  änderte  einfach 
'Theodori'.  F.  21  hat  3  in  'iucundemus'  e  aus  t  corrigiert,  was 
3  a  und  3  b  ^ucundamus'  lesen.  Die  Correctur  in  3  hat  nämlich 
einige  Aehnlichkeit  mit  einem  a,  F.  34  findet  sich  auf  dem 
Rande  in  3  von  erster  Hand,  aber  in  Majuskelbuchstaben  ge- 
schrieben, folgende  Bemerkung:  'In  Hierusalem  fuerunt  reges 
XXXIII'.  Diese  Bemerkung  gehört  keineswegs  in  den  Text 
des  danebenstehenden  Hilarian,  sie  fehlt  auch  in  den  Hss.  4. 
In  3b  lesen  wir  jedoch  f.  64  'anni  sunt  4'"-  milia  DCCCXIIII. 
In  Hierusalem  fuerunt  reges  XXXIII.  Post  undecimum'.  Hier 
ist  also  diese  Randnotiz  bereits  in  den  Text  übergegangen. 
Leider  können  wir  nicht  sagen,  wie  sich  3  a  hierzu  verhält,  da 
der  betreffende  Abschnitt  dort  fehlt.  Wir  haben  bisher  die  Bei- 
spiele ohne  Ausnahme  aus  dem  ersten  Theil  von  3  genommen, 
der  sich  jetzt  in  Leiden  befindet  und  über  den  man  bis  jetzt 
so  gut,  wie  gar  nichts  wusste.  Weit  bekannter  ist  der  zweite 
Theil  im  Vatican,  von  dem  bereits  Pertz  •)  nachgewiesen  hat, 
dass  er  die  Quelle  von  3  a  sei.  Diesen  Beweis  zu  wieder- 
holen, halte  ich  für  überflüssig,  und  gehe  deshalb  gleich  auf 
das  Verhältnis  von  3"  und  3  b  ein.  Ich  will  mich  hierbei 
an  die  von  Pertz  für  die  Wiener  Hs.  gegebenen  Belege  halten, 
bemerke  aber  im  voraus,  dass  man  bei  3  b  nicht  in  solche 
Einzelheiten  eingehen  kann  wie  bei  3  a,  da  erstere  Hs.  dem 
15,  letztere  dem  9.  Jahrh.  angehört,  ein  Schreiber  des  15.  Jahrh. 
aber  nicht  mehr  so  sinnlos  copierte,  wie  es  in  älteren  Zeiten 
wohl  üblich  war.  Es  wird  uns  daher  nicht  wundern,  wenn 
wir  in  3  b  statt  des  sinnlosen  'au  uiomado'  richtig  'a  wiomado', 
statt  'cropulavit'  'copulavit',  statt  'Chlodoveum.  Haec'  'Clodo- 
veum.  Hie',  statt  'sub  peccare  vulnus'  'sub  pectore  vulnus' 
und  statt  'Peorum'  'Deoruni'  lesen.  Alle  diese  Correcturen 
konnte  jeder  Schreiber,  wenn  er  nicht  blos  mechanisch  arbeitete, 
sondern  auch  auf  den  Sinn  achtete,  mit  Leichtigkeit  vornehmen. 
Und  dass  sich  der  Copist  von  3  b  recht  oft  in  Correcturen 
nicht  immer  zum  Vortheil  für  den  Text  versucht  hat,  werden 
wir  unten  sehen.  —  Zwei  von  den  von  Pertz  aufgeführten 
Stellen  verrathen  uns  jedoch,  dass  avich  3  b  aus  3"  geflossen 
ist.    'Cap.2)  40,  lin.  2,  ist  in  der  Wiener  die  Vaticanische  Ab- 


1)  Archiv  1.  1.  2)  So  Pertz  a.  a.  O. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  285 

kürzung  für  'eins'  als  'et'  geschrieben'.  Wenn  wir  nun  in  3  b 
weder  'eins'  noch  'et'  finden,  so  können  wir  bei  dem  Charakter 
des  Schreibers  daraus  schliessen,  dass  bereits  in  seiner  Vorlage 
etwas  Sinnloses,  also  jedenfalls  'et'  gestanden  hat.  Am  meisten 
Beweiskraft  hat  jedoch  das  von  Pertz  sub  No.  5  erwähnte  Bei- 
spiel. In  3  a  ist  durch  ein  Homoioteleuton  ein  Satz  ausgefallen, 
was  darin  seine  Erklärung  findet,  dass  in  3"  zwei  'prope' 
gerade  unter  einander  stehen,  so  dass  also  der  Abschreiber 
von  dem  ersten  'prope'  auf  das  zweite  in  der  nächsten  Zeile 
abirrte.  Dieselbe  Lücke  findet  sich  auch  in  3  b.  Aus  dieser 
Stelle,  meine  ich,  wird  man  die  Ueberzeugung  gewinnen,  dass 
auch  3  b  aus  3"  abgeleitet  ist. 

Da  nun  3  a  und  3  b,  eine  jede  den  Inhalt  der  beiden  Hss. 
3' -["  3"  in  sich  vereinigen"),  so  wird  zur  Zeit  ihrer  Ent- 
stehung oder  vielmehr  zur  Zeit,  als  ihre  Vorgänger  entstanden 
—  dass  sie  nämlich  nicht  direct  auf  das  genannte  Original 
zui'ückgehen,  werden  wir  gleich  sehen  —  diese  Hs.  noch  ein 
Ganzes  gebildet  haben.  Da  aber  beide  Ableitungen  auch  den 
jetzt  in  3  fehlenden  ersten  Theil  enthalten,  so  muss  3  damals 
noch  vollständig  gewesen  sein. 

Nachdem  sich  3  als  das  Original  der  beiden  anderen  Hss. 
erwiesen  hat,  wird  zunächst  zu  untersuchen  sein,  ob  3  a  direct 
aus  3  geflossen  ist  oder  nicht,  und  ob  3  b  durch  3  a  oder  durch 
eine  andere  dazwischenliegende  Hs.  auf  3  zurückgeht.  Was 
zuerst  3  a  anbetrifft,  so  hat  seine  Vorlage  noch  nicht  die  Ver- 
schlimmbesserungen der  2.  Correctorhand,  welche  sich  auf  den 

consum 
ersten  Seiten  von  3'  bemerkbar  gemacht  hat.  3,  f.  1,  'corruppta', 

plü  ^p  pascha  confluente 
3  a  'corrupta';  3  'ad  tempoiinse  urbe  quasi  ',  3  a  'ad  tem- 
polinse urbe  quasi'.  Hierdurch  werden  wir  aber  nicht  genÖ- 
thigt,  eine  indirecte  Benutzung  von  3  anzunehmen,  da  3a 
dem  9.  Jahrb.,  diese  Correcturen  von  3 '  aber  dem  12.  Jahrh. 
angehören.  Anders  steht  es  mit  den  Verbesserungen  der  ersten 
Correctorhand.  Diese  standen  allerdings  schon  in  der  VorLage 
von  3a.  So  lesen  wir  Hist.  epit.  c.  24  in  3":  'et  cpmmisso 
fidelis ;  dixit',  und  in  der  That  steht  in  3  a  'et  cum  esset  fidelis ; 
dixit',  während  die  alte  Lesart  'et  commisso  fidelis;  d.'  die 
richtige  ist,  die  unter  andei'en  auch  der  Claromontanus  hat. 
Ich  weise  hier  ausserdem  auf  die  zahlreichen  im  Texte  von  3 
ausgelassenen,  aber  am  unteren  Rande  nachgetragenen  Stellen 
hin,  welche  alle  in  3  a  stehen.  Dies  wird  nicht  Wunder  neh- 
men, wenn  man  bedenkt,  dass  diese  Correcturen  von  einer  dem 
Schreiber  gleichzeitigen  Hand  und  offenbar  nach  der  Vorlage 
3x  eingetragen  worden  sind.    Dagegen  weist  die  folgende  Stelle 


1)  In  3  a  fehlt  nur  daa  letzte  Buch. 


286  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar, 

unwiderleglich  darauf  hin,  dass  3a  nicht  unmittelbar  aus  3 
geflossen  ist.  3  a,  f.  52,  stehen  die  Worte :  'preuentum  ceruü 
in  conspectu  -^  leonem  ab  ipso  leone  capitur  et  membratim'. 
Das  Kreuz  weist  oflfenbar  darauf  hin,  dass  vor  ^leonem'  etwas 
ausgefallen  ist.  Und  in  der  That  fehlen  hier  fünf  Worte. 
Diese  finden  sich  in  folgender  Weise  mitten  auf  der  nächsten 
Seite  ergänzt:  'a  finib;  pannonie  usq:  -ijf  leonis  adducit  qui 
cü  I  adorasset  leone  ad  rodono  fluuio'.  Ich  bemerke  noch 
dazu,  dass  dieser  Nachtrag  von  erster  Hand  gleichzeitig  mit 
dem  übrigen  Texte  geschrieben  worden  ist.  Da  nun  aus  dem 
zwischen  'conspectu'  und  'leonem'  gelassenen  Zwischenraum 
hervorgeht,  dass  das  Kreuz  schon  in  der  Vorlage  gestanden 
hat  und  nicht  erst  bei  einer  späteren  Durchsicht  hineingedrängt 
worden  ist,  da  es  ferner  nicht  die  Gewohnheit  der  alten 
Abschreiber  war,  ausgelassene  Stellen  auf  der  Mitte  der  fol- 
genden Seite  nachzutragen,  diese  vielmehr  auf  dem  unteren 
Rande  derselben  Seite  angemerkt  wurden,  so  müssen  die  be- 
treffenden Worte  schon  in  der  Vorlage  von  3  a  an  der  ihnen 
zukommenden  Stelle  gefehlt  haben,  und  zweitens  muss  in  der 
Vorlage  die  Seite,  auf  welcher  diese  Worte  nachgetragen  waren, 
mit  'Pannonie  usque'  geschlossen  haben.  Da  dieses  beides 
in  3  nicht  der  Fall  ist,  so  kann  diese  Hs.  nicht  das  unmittel- 
bare Original  von  3a  gewesen  sein;  es  muss  vielmehr  von  3 
eine  Copie  (3xx)  existiert  haben,  die  die  oben  bezeichneten 
Merkmale  hatte  und  aus  der  3  a  abgeschrieben  worden  ist. 
Die  Abschrift  3xx  kann  nur  kurze  Zeit  nach  der  Entstehung 
von  3  genommen  worden  sein,  da,  wie  bereits  bemerkt  wurde, 
3  saec.  VIII/IX.   und  3  a  sicher  noch  saec.  IX.  ist. 

Was  die  Stellung  von  3  b  zu  den  beiden  andern  noch  er- 
haltenen Hss.  betrifft,  so  liegt  am  nächsten  die  Annahme,  dass 
3b  aus  3a  abgeschrieben  sei.  Hiergegen  lassen  sich  aber 
gewichtige  Einwendungen  machen.  Ich  will  nicht  hervorheben, 
dass  in  3a  das  letzte  Buch  fehlt,  während  es  3  b  hat,  da  sich 
dies  noch  dadurch  erklären  Hesse,  dass  von  dem  ursprünglich 
vollständigen  Codex  eine  alte  Abschrift  vorhanden  gewesen 
wäre,  aus  welcher  3  b  herstamme,  obwohl  es  sich  kaum  be- 
weisen lassen  dürfte,  dass  der  Schreiber  von  3a  auch  das 
letzte  Buch  copiert  habe.  Aber  andere  innere  Gründe  nöthigen, 
von  dieser  Ansicht  Abstand  zu  nehmen.  3  a  hat  einigemal 
Verderbnisse,  wo  3b  in  Uebereinstimmung  mit  3  uns  die 
richtige  Lesart  bewahrt  hat.  Canis.  p.  188,  1.  28,  'adducto'  3  a, 
'adducti'  3.  3b;  'Itaha  ~'  (d.  i.  'est')  3a,  Italia-'  (~  ist  das 
in  3  einigemal  wiederkehrende  eigenthümliche  Zeichen  für  m)  3, 
'Italiam'  3b;  'resumpti  sunt  res'  3a,  'resumptis  vires'  ('viri- 
bus' 3b)  3.  3b;  'sep  me'  3a,  'sup  rae'  3.  3b;  'stabulis'  3a, 
'fabulis'  3.3b;  'civitas  universas'  3a,  'civitates  universas'  3.3b; 
'in  quo  ordine' 3a,  'quo  ordine'3.  3b;  'acause'3a,  'cause' 3.3b: 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  287 

'iomalim  laverat' 3a,  'iam  olira  celaverat' 3.  3 b ;  und  besonders 
Idac.  c.  58  lässt  3  a  die  Worte  'aut  forte  —  apparerent'  aus, 
während  3  und  3b  an  dieser  Stelle  keine  Lücke  haben. 
Schliesslich  fehlt  Hieron.  c.  7  'Beceanceorum'  in  3a  und  3b, 
doch  lässt  3b  zwischen  den  Worten  'balneä'  und  'multo  post' 
eine  Lücke  von  9  oder  10  Buchstaben,  während  in  3  a  ohne 
irgend  welchen  Zwischenraum  *balneä  multo  post'  steht.  Für 
diese  Stelle  lässt  sich  zwar  nicht  nachweisen,  was  3  geschrieben 
hatte,  da,  wie  wir  oben  sahen,  diese  Hs.  unvollständig  ist,  doch 
ist  es  klar,  dass  hier  3  b  die  Vorlage  treuer  wiedergiebt.  Aus 
allen  diesen  Beispielen  geht  mit  voller  Bestimmtheit  hervor, 
dass  3  b  keine  Abschrift  von  3  a  sein  kann. 

Ebensowenig  kann  3  b  direct  aus  3  abgeleitet  sein.  Wenn 
nämlich  der  dem  15.  Jahrh.  angehörige  Schreiber  von  3b  den 
Codex  3*  vor  sich  gehabt  hätte,  so  müssten  sich  bereits  in  3  b 
Spuren  von  den  Correcturen  finden,  dui'ch  welche  die  2.  Hand 
saec.  XH.  die  Hs.  verunstaltet  hat.  Dies  ist  aber  nicht  der 
Fall,  wie  einige  Beispiele  zeigen  werden.  So  hat  3,  f.  1, 
'in  :  bria'  (radiert  ist  e  und  übergeschrieben  e  von  1.  Hand); 
auf  die  Rasur  schrieb  der  Corrector  ein  i,  so  dass  also  jetzt 
'in  iberia'  dasteht;  dagegen  liest  3b  'in  beria'.    Ferner  liest  3 

consum 
'corruppta'  (das  Uebergeschriebene  rührt  von  der  2.  Corrector- 

plu         pp  pascha  confluente 
band  her),  3  b  'corrupta';  3   'ad  tempolinse  urbe  quasi  ', 

3b  'ad  tripolense  urbem  quasi'.  Noch  evidenter  lässt  sich 
meine  Behauptung  für  3"  beweisen,  welcher  Codex,  wie  Pertz 
(Archiv  V,  64)  anführt,  durch  eine  Menge  gleichzeitiger  oder 
fast  gleichzeitiger  Correcturen  entstellt  ist.  Von  diesen  Aende- 
rungen  finden  sich  nur  die  wenigen  in  3  b  wieder,  welche  vor- 
aussichtlich nach  der  Vorlage  gemacht  sind.  An  den  aller- 
meisten Stellen  hat  3  b  die  alte  Lesart  von  3",  die  auch  durch 
andere  Hss.  verbürgt  ist,  selbst  da,  wo  durch  Rasuren  der 
ursprüngliche  Text  in  3  völlig  unkenntlich  gemacht  worden 
ist.  3  b  ist  daher  recht  wohl  geeignet,  den  Vaticanus  zu  er- 
gänzen.   Ich  lasse  auch  hierfür  einige  Beispiele  folgen.    Chron. 

d 
Prol.  liest  3  'et  obi  :  :  : ',  3  b   'et   obitum'  (2  a  'et   obidum'); 

bas 
Chron.  c.  35  hat  3  'fietur  ut  :  :  :  duas',   wozu  Pertz  bemerkt, 
dass  wohl  'per'  auf  der  Rasur   stand.     Es  ging  also  jedenfalls 
dem  'duas'  ein  r  vorher.    Und  nun  liest  3  b  'fietur  ut  arduas', 
was  jedenfalls  die  ursprüngliche  Lesart  von  3  war.     Cap.  36 

rumore 
':::::'  3;  Pertz  setzt  hinzu  'vielleicht  in  ore?',  und  wirklich 

axona 
steht  dies  in  3b.     Cap.  42  'fluuium  :::::::',   wozu  Pertz 
notiert  'wenn  auch  nicht  etwa  coxonna,  stand  doch  wahrschein- 


288  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

lieh  axonna  da';  3b  liest  aber  'Coxoma'.  Man  wird  hieraus 
zur  Genüge  erkennen,  dass  3  b  nicht  unmittelbar  aus  3  abge- 
schrieben sein  kann,  dass  vielmehr  das  Original  dieses  Codex 
eine  Abschrift  von  3  gewesen  sein  muss,  die  noch  vor  der 
Zeit  der  alten  Correctoren  veranstaltet  worden  ist.  Da  nun 
auch  3  a,  wie  oben  gezeigt  ist,  aus  einem  derartigen  Apographon 
geflossen  ist,  so  liegt  es  nahe,  beide  Hss.  (3  a  und  3b),  auf 
dieselbe  Abschrift  zurückzuführen.  Und  diese  Annahme  findet 
darin  ihre  Bestätigung,  dass  beide  Hss.  in  gewissen  Corruptelen 
übereinstimmen  —  Idac.  Cap.  57  liest  beispielsweise  3  a  'exerser 
n.  V.  r.',  3  b  'exsermone  rennuens',  wo  3  richtig  'xerser  n.  v.  r.' 
hat  —  und  dass  beide,  worauf  schon  oben  hingewiesen  wurde, 
in  der  Hist.  epit.  c.  18  denselben  Satz  auslassen,  obwohl  sich 
dieser  in  3  findet. 

Es  hat  sich  also  ergeben,  dass  der  Lugdunensis  3'  und 
und  Vaticanus  3"  einen  Codex  3  ausmachen,  aus  welchem 
3  a  und  3  b  durch  eine  Abschrift  3xx  abgeleitet  ist.  Es  liess 
sich  zugleich  nachweisen,  dass  ein  noch  älterer  Codex  als  3 
existiert  haben  muss,  der  den  Fredegar  in  derselben  Recension 
enthielt  (3x). 

Wenn  nun  3  vollständig  und  in  der  ursprünglichen  Gestalt 
erhalten  wäre,  so  würden  die  beiden  Ableitungen  (3a  und 
3  b)  völlig  überflüssig  sein.  So  ist  aber  leider  der  erste  Theil 
dieser  werthvollen  Hs.  und  mit  ihm  der  Liber  Generationis 
und  der  Anfang  des  Hieronymus  verloren,  und  selbst  das  Er- 
haltene, besonders  aber  das  letzte  Buch,  hat  durch  die  Cor- 
recturen  bedeutenden  Schaden  gelitten.  Es  war  daher  nöthig, 
für  die  Defecte  von  3  auch  die  beiden  andern  Hss.  zu  benutzen. 
Der  Codex  3a,  dessen  ersten  Theil  ich  verglichen  habe,  kann 
uns  einigermassen  das  vollständig  Verlorene  ersetzen.  Eine 
Vergleichung  von  3b  würde  zwar  noch  einige  wenige  Verbes- 
serungen ergeben,  aber  in  Anbetracht  des  geringen  historischen 
Werthes  des  ersten  Theiles,  würde  die  darauf  verwandte  Zeit 
kaum  dem  Erfolge  entsprechen.  Für  das  letzte  Buch  ist  jedoch 
3  b  an  den  in  3  durch  den  Corrector  veränderten  und  aus- 
radierten Stellen  eingesehen  worden. 

In  dieser  Recension  ist  der  Fredegar  im  Mittelalter  oft 
benutzt  worden;  doch  scheint  kein  einziger  Ausschreiber  einen 
der  noch  vorhandenen  Codices  3  vor  sich  gehabt  zu  haben. 

Der  Verfasser  des  Chronicon  S.  Benigni  >)  in  Dijon  hat 
unter  anderen  auch  den  Fredegar  ausgeschrieben,  den  er  aus 
Gregor  und  der  Vita  des  Columban^)  ergänzte.  Die  Handschrift, 


1)  Neue  Ausgabe  in  Analecta  Divionensia.  Documents  ine'dits  (sie!) 
pour  servir  a  l'histoire  de  France,  ed.  Boiigaud  et  Garnier,  Dijon  1875 ; 
das  chronicon  S.  Benigni  ist  von  Bougaud  bearbeitet.  2)  Dies  läugnet 
zwar  der  jüngste  Herausgeber  p.  44,  n.  1,   offenbar  aber  ohne  die  betref- 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  289 

welche  diesem  Chronisten  vorlag,  hatte  keine  Fortsetzungen, 
kann  also  nur  einer  der  ersten  drei  Klassen  angehört  haben. 
Dass  sie  der  dritten  Ordnung  beizuzählen  ist,  ersieht  man  aus 
den  folgenden  Belegen.  Eine  Eigenthümlichkeit  der  Hand- 
schrift 3  ist,  dass  sie  die  Regierungsjahre  der  Könige  sehr  oft 
um  ein  Jahr  zu  niedrig  ansetzt.  So  liest  nur  dieser  Codex  Hist. 
epit.  c.  80  statt  'septemus  decemus'  'XVI',  Chron.  c.  21  statt 
'Vir  'VI',  c.  24  statt  'Vlir  'septirao'  und  statt  'VIIIP  'VIH', 
c.  47  statt  'XXXVIIII'  'XXXVIII',  c.  59  statt  'VIII'  'VII', 
c.  67  statt  'nono'  'octavo'  und  endlich  c.  78  statt  'quarto  decimo' 
Xlir.  In  allen  diesen  Fällen  hat  nur  3  die  niedrigere  An- 
setzung  und  in  allen  diesen  Fällen  stimmt  die  Chronik  von 
St.  Benigne  auf  das  genaueste  mit  3  überein.  Jedes  einzelne 
dieser  Beispiele  für  sich  betrachtet,  beweist  zwar  wenig,  da 
ja  leicht  durch  blossen  Zufall  in  zwei  verschiedenen  Hand- 
schriften derselbe  Strich  ausfallen  konnte,  in  ihrer  Gesammtheit 
aber  lassen  die  Stellen  keinen  Zweifel,  dass  eine  Hs.  der 
3.  Klasse  benutzt  ward.  Andere  Congruenzen  machen  dies 
noch  gewisser.  Hist.  epit.  c.  64  liest  3  in  dem  Satze  'qui, 
pacem  cum  imperatore  ürmata,  secundo  ann,  sunt  reversi'  statt 
'firmata'  'firmarent  qui'  und  ähnlich  hat  auch  die  Chronik  'face- 
rent  qui'.  Fred.  c.  57  'sedem  Tholosa  aeliens'  schreibt  3  'Tho- 
losanam',  die  Chronik  'Tolosanam',  und  c.  58  'ut  a  cunctis  esset 
mirandum'  haben  nur  3  und  die  Chronik  'mirandus'.  In  dem 
Satze  'utiliter  definsasse  nuscuntur'  setzen  3  und  die  Chronik 
für  das  Perfectum  die  Form  'defensare'  ein.  Die  letzte  und 
zugleich  wichtigste  Uebereinstimmung  findet  sich  c.  79  'sed 
facilletas  abbatis  Aigulfi  eadem  instetucionem  nuscetur  refra- 
gasse',  wo  3  statt  'refragasse'  'suffragasse'  liest  und  so  den  Sinn 
gerade  in  das  Gegentheil  umkehrt.  Dem  entsprechend  finden 
wir  in  der  Chronik  die  Worte:  'quod  studio  et  industria 
abbatis  Aigulfi  est  adimpletum',  die  sich  nur  aus  Her  corrupten 
Lesart  von  3  erklären  lassen. 

Doch  hat  der  Chronist  den  Codex  Lugd.-Vatic.  nicht  vor 
sich  gehabt,  was  aus  einer  Reihe  von  Stellen  hervorgeht,  an 
welchen  sein  Werk  von  den  Fehlern  dieser  Handschrift  frei 
ist.     So   liest  Hist.  epit.  c.  51  'et  dimedia  parte  ....  Offerent' 


feade  Vita  selbst  eingesehen  zu  haben,  Ueberhaupt  hat  Herr  B.  das 
Misgeschick,  dass  seine  Notizen  über  die  in  der  Chronik  benutzten  Quellen 
zum  grossen  Theil  falsch  sind.  Was  er  als  nicht  im  Fredegar  befindlich 
bezeichnet,  steht  mit  wenigen  Ausnahmen  darin,  und  nachdem  er  bemerkt 
hat:  'Ici  finit  la  chronique  de  Fredegaire.  Depuis  cette  ann^e  641  .  .  . 
nous  ne  pouvons  plus  indiquer  au  juste  quels  auteurs  notre  chroniqueur 
a  sous  ^es  yeux'  folgen  noch  zwei  Seiten  aus  eben  diesem  Fredegar.  In 
der  Einleitung  wird  p.  XIV  unter  den  Quellen  genannt  'Gregoire  de  Tours, 
Fredegaire  et  ses  continuateurs',  während  p.  XV,  auf  der  nächsten 
Seite,  behauptet  wird:  'De  641  ä  741,  11  n'avait  rien  ou  presque  rien', 
also  das  directe  Gegentheil. 


290  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

3  'mediara',  während  die  Chronik  in  Uebereinstimmung  mit 
den  übrigen  Hss.  'dimidiam'  hat.  Chron.  c.  3  'Cumque  .... 
perlatum  fuisset,  eo  quod'  verdirbt  3  'eo'  in  'et',  aber  nicht 
die  Chronik.  Cap.  45  '12  annis  sine  regibus  transegerunt'  hat 
auch  der  Chronist  'transegerunt',  was  von  3  in  'transierunt' 
verwandelt  worden  ist,  und  während  c.  20  'Ipsoque  anno  Teude- 
bertus  et  Teudericos'  3  'Teudericus  et  Teudebertus'  umstellt, 
hat  die  Chronik  die  richtige  Eeihenfolge  'Theodebertus  et 
Theodericus'.  Ueberaus  beweisend  ist  die  folgende  Stelle  c.  78 
'omnes  domus  eorum  incensis  paeculies  et  rebus  expoliant'. 
Hier  corrumpiert  3  das  ihm  unverständliche  'paeculies'  in  'pe- 
cuniis',  die  Chronik  hat  aber  die  ursprüngliche  Lesart  'peculiis'. 

Es  ergiebt  sich  aus  dem  Gesagten  das  Resultat,  dass  die 
Chronik  von  St.  Benigne  als  Ableitung  aus  einer  verlorenen, 
von  den  übrigen  unabhängigen  Handschrift  3  bei  der  künfti- 
gen Ausgabe  zu  benutzen  ist. 

Aus  der  Chronik  von  St.  Benigne  sind  die  fränkischen 
Nachrichten  in  das  Chronicon  Besuense  übergegangen,  welches 
mithin  für  den  Fredegar  nicht  in  Betracht  kommt. 

Aus  einem  Codex  der  3.  Handschriftenklasse  ist  ferner 
das  Excerpt  aus  der  Hist.  epit.  und  der  Chronik»)  in  der  Hand- 
schrift der  Wiener  Bibliothek,  Hist.  prof.  Nr.  991,  saec.  XH. 
in  4»,  f.  46 — 54,  beginnend  'De  Francorum  vero  regibus  leroni- 
mus  qui  iam  olim  fuerant  scripsit',  geflossen,  welches  schliess- 
lich in  die  Annales  Laurissenses  übergeht.  Die  Worte  Frede- 
gar's  sind  hier  meist  beibehalten.  An  den  folgenden  Stellen 
stimmt  dieser  Codex  mit  dem  Lugdun. -Vaticanus  überein. 
Ruinart  p.  G23,  1.  1,  lesen  beide  'Childricus'  statt  'Chilpericus', 
p.  634,  1.  17,  'Equitaniae'  statt  'Aquitaniae',  Chron.  c.  58  'con- 
cesserat'  für  'concusserat',  c.  67  bei  den  Regierungsjahren  Dago- 
berts 'octavo'  für  'nono'  und  c.  69  an  der  schon  oben  besproche- 
nen Stelle  ^suffragasse'  statt  'refragasse'.  Beide  Hss.  lassen 
überdies  Hist.  epit.  c.  9  im  Anfang  'prius'  aus,  in  beiden  fehlen 
Chron.  c.  16  durch  ein  Homoioteleuton  die  Worte  'et  Teuderi- 
cus adsumunt.  Teudebertus'.  Diese  Stelle  hat  die  Chronik 
von  St.  Benigne.  Steht  es  somit  fest,  dass  das  Wiener  Excerpt 
mit  der  uns  erhaltenen  Handschrift  3  näher  verwandt  ist,  als 
mit  dem  Codex,  den  der  Chronist  von  St.  Benigne  benutzte, 
so  scheint  doch  auch  der  Vindobonensis  nicht  aus  dem  Lugd.- 
Vaticanus  geflossen  zu  sein.  Hist.  epit,  c.  2  'Priamum  primum 
habuisse  regem'  fehlt  nämlich  in  der  Römischen  Handschrift 
'regem',  während  es  der  Wiener  Codex  hat. 

Eine  Abschrift  dieser  Excerpte  hat  Pertz  angefertigt. 

Nicht  so  nahe  mit  3  waren  die  Fredegarhss.  verwandt, 
welche  in  zwei  anderen  Chroniken  benutzt  sind. 


1)  Unmittelbar  vorher  gehen  die  Gesta  Francorum. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  291 

Einen  merkwürdigen  Codex  hatte  der  Verfasser  des 
Chronicon  Universale  bis  zum  J.  741  (SS.  XIII,  p.  1  ff.) 
Diese  Hs.  hatte  eine  Anzahl  der  3  und  4  geraeinsamen  Fehler: 
Chron.  c.  45  'ab  Agone  regi  ad  Chothario  regem  destinantur' 
lässt  sie  'regem',  Chron.  c.  65  'legationera  ad  Dagobertum 
regem  Fr.  dirigens'  lässt  sie  'legationem'  in  Uebereinstimmung 
mit  3  und  4  aus  und  verdirbt  Chron.  c.  75  'filium  suum  in 
Auster  regem  sublimavit'  'regem'  in  'regnum',  ebenso  wie  die 
beiden  genannten  Hss.  Dagegen  liest  sie  Chron.  c.  43  'per 
triduo  eam  diversis  tormentis  adfectam'  richtig  mit  1  'adfectam', 
wo  3  und  4  'adflictam'  resp.  'afflictam'  ändern  und  Chron.  c.  82 
'cumque  omnem  regnum  Spaniae  suae  dicione  firmassit'  fehlt 
zwar  auch  in  der  Chronik  wie  in  3  und  4  'regnum',  doch  hat 
diese  richtig  'cumque',  während  alle  Fredegarhss.  mit  Ausnahme 
von  1  'qui'  ohne  'cum'  lesen.  Schon  aus  diesen  Belegen  er- 
kennt man,  dass  der  Chronist  eine  Handschriftengattung  be- 
nutzt hat,  für  welche  wir  keinen  Repraesentanten  mehr  haben. 
Eine  Hinneigung  zu  3  ist  unverkennbar.  So  liest  Chron.  c.  3 
'et  cum  de  sancto  lavacro  excipiens,  in  regnum  patris  firmavit' 
nur  3  'firmatur'  und  ebenso  die  Chronik,  c.  45  'Anno  XXXIIII. 
regni  Chlothariae  legatus  tres  nobilis  ex  gente  Langobardorum' 
haben  3.  4  und  die  Chronik  'XXXV,  aber  nur  3  und  die 
Chronik  'genere'  für  'gente'  und  c.  47  'filiura  suum  consortem 
regni  facit'  ändern  3  und  die  Chronik  'fecif.  Andere  Fehler 
von  3  sind  jedoch  in  der  Chronik  berichtigt.  Auch  einige 
Anklänge  an  die  Handschriften  der  4.  Klasse  lassen  sich  nach- 
weisen, doch  sind  diese  von  keinem  Belang,  da  an  den  mass- 
gebenden Stellen  die  Chronik  gegen  4  Partei  nimmt.  Ausser- 
dem benutzte  der  Chronist  nach  dem  Schlüsse  des  Fredegar 
nicht  die  Fortsetzungen,  sondern  die  Gesta  Francorum  und 
zwar  aus  einer  von  denjenigen  Handschriften,  denen  die  Capitel 
107 — 110  der  Fortsetzungen  des  Fredegar  als  Appendix  ange- 
hängt sind.  Aus  einem  solchen  Codex  der  Gesta  und  nicht 
aus  Fredegar  stammen  die  beiden  Stellen  aus  Cap.  110  am 
Schlüsse  der  Chronik  bis  zum  J.  741.  Der  Fredegarcodex, 
welchen  der  Chronist  vor  sich  hatte,  kann  folglich  keine  Hand- 
schrift 4  gewesen  sein;  dagegen  haben  wir  oben  gezeigt,  dass 
derselbe  in  mancher  Hinsicht  mit  der  3.  Klasse  verwandt  war. 

Der  Schreiber  der  Münchener  Handschrift  des  Chronicon, 
die  in  der  Ausgabe  mit  2  bezeichnet  ist,  scheint  übrigens  eine 
andere  Fredegarhs.  zur  Hand  gehabt  zu  haben.  Wenigstens 
berühren  sich  einige  Varianten  derselben  und  der  Text  der 
Zusätze  mit  den  Fredegarhss.  der  2.  Ordnung. 

Aimoin  hat  ausser  den  übrigen  fränkischen  Geschichts- 
büchern auch  einen  Codex  des  Fredegar  vor  sich  gehabt,  der 
mit  Cap.  90  schloss,  also  keine  Fortsetzungen  hatte.     Er  ent- 


292 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 


nahm  Partien  aus  dem  Hieronymus,  Idacius  und  der  Hist.  epit, 
die  er  I,  c.  18  als  'Chronica  quae  dicitur  Gregorii  et  putatur 
esse  Turonensis  episcopi'  und  weiter  unten  als  'idem  Chronicus' 
citiert.  Das  letzte  Buch  des  Fredegar  nahm  Aimoin  fast  ganz 
auf;  er  beruft  sich  III,  98  mit  'Quidem  vero  auctores',  III,  100 
mit  'memorati  scriptores'  auf  dieses.  Einen  Namen  des  Ver- 
fassers kennt  Aimoin  also  ebensowenig,  wie  die  Hss.  des  Wer- 
kes. Ueber  die  Fehlerhaftigkeit  des  Codex  beklagt  sich  der 
Geschichtschreiber  I,  18  'Sed  quia  codex,  in  quo  haec  digesta 
invenimus,  vitio  scriptorum  erat  depravatus,  ad  liquidum  in- 
vestigare  nequivimus,  cuius  gentis  rex  fuerit  vel  quae  iusta 
necis  huius  causa  extiterit'.  Allerdings  möchte  dieses  Deficit 
eher  dem  Autor  als  einem  Abschreiber  zur  Last  fallen.  Wie 
alle  übrigen  Quellen,  hat  übrigens  Aimon  auch  den  Fredegar 
sehr  frei  überarbeitet.  Besonders  die  Reden  sind  von  ihm 
weiter  ausgesponnen  worden. 


Idac.  c.  57 
Non  est  utile  gloriae  tuae,  ut 
homine  ille  sie  fraudulenter 
interficiatur,  nee  dictum  sit  a 
suis,  qui  cum  eodem  venerunt, 
quod  non  publice  eum  potuisse- 
tis  interficere,  nisi  ingeniosae 
separatum  a  suis.  Sed  iobe  eum 
vinctum  tenere,  et  mittantur 
seniores  senatores  ad  castra 
Gothorum  foris  civitate,  qui  cum 
Theuderico  venerunt,  narrint 
eis  offensionem  Theuderici  et 
iram  gloriae  tuae,  eo  quod 
dignus  est  morte;  ipsi  decernant, 
utrum  capite  truncetur,  an 
bistiis  devorandum  tradatur. 


Aimoin  I,  c.  10. 
Romani  gloria  nominis  quam- 
vis  sit  bellorum  sublimata  trium- 
phis,  plus  tamen  decoris  eme- 
ruit  insignibus  integrae  fidei 
magnificaeque  pietatis.  Maiores 
quippe  nostri  plus  se  alterutrum 
pietate,  quam  hostes  certabant 
vincere  bellico  iure.  Praestantis- 
simum  quidem  quodferturScipio 
de  Carthagine  triumphasse: 
praestabilius  vero  quod  dicitur 
infestissimi  hostis  exequiis  non 
solum  interfuisse,  verum  etfunus 
ipsum  subiectis  vexisse  humeris. 
Laudabile  quoque  Pompeium 
Mitridatis  delesse  copias,  ipsum- 
que  ad  mortem  coegisse.  Lau- 
dabilius  etiam  Tigranum  sese 
dedentem,  terraeque  ante  pedes 
prostratum,  ac  diadema  suum 
super  genua  eins  ponentem,  non 
solum  elevasse,  verum  etiam 
coronam  eins  capiti  imposuisse, 
sibique  consedere  fecisse.  Quid 
mirabilem  Reguli  consvilis  refe- 
rara  fideni,  qui  maluit  inter  in- 
imicorum  raanus  inauditis  perire 
suppliciis ,  quam  iurisiurandi 
frangendo  fidem,  Romae  aman- 
tissimus  vivere  civis  ?   Non  ergo 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  293 

suscipias,   clementissime  irape- 
rator,   eorum  verba,   qui  decus 
iraperii   tui  perfidiae  volunt  in- 
quinare    macula.      Quid     enim 
toto   dicetur  in  orbe,    si  prae- 
stantissimum  ducem  tarn  infan- 
dissima  peremeris  morte?    Sed 
placeat  tibi  consilium  meum :  et 
dura  palatium  intraverit  Theo- 
doricus,    custodiae    mancipetur 
vinctus.      Post   haec   mittantur 
ex   senatoribus   aliqui,   qui  hoc 
a  tua  pietate  responsura  referant 
Gothis:  'Non',  inquiant/dimitte- 
tur  Theodoricus,  nisi  se  purga- 
verit  obiectis  criminibus'. 
Seine  ganze  Kenntnis  der  römischen  Geschichte  hat  Aimoin 
für  diese  Rede  aufgeboten.    Wie  würde  man  Fredegar's  Werk 
beurtheilen,   wenn   es  uns  nur  aus   dieser  Ableitung  bekannt 
wäre?    Natürlich   hat  bei   dieser  Einkleidung  in  ein  besseres 
Gewand  die  Quelle  viel  von  ihrer  ursprünglichen  Frische  ver- 
loren.   Wie  rationalistisch  Aimoin  vorging,  ersieht  man  daraus, 
dass  er  den  Baum,  welchen  die  Lilia  im  Traume  aus  ihrem 
Schosse  wachsen  sieht  'tarn  excelsus,  quod  nubebus  paenetraret', 
nur   'usque   ad  tecta   domus'   emporschiessen   lässt.     Aus   der 
hochgradigen  Corruption  der  Eigennamen  möchte  man  schliessen, 
dass  Aimoin  dictiert  habe,  wenn  nicht  etwa  diese  Fehler  dem 
Herausgeber  zur  Last  zu  legen  sind. 

Der  Fredegarcodex,  den  Aimoin  benutzte,  hatte  eine  An- 
zahl der  Fehler  von  3.  4.  5.  Mit  diesen  Hss.  corrumpiert  Aimoin 
im  Chron.  c.  40  'Antonnaco'  in  'Captonnacum',  c.  54  'Aelosani' 
in  'Tolosatium',  c.  68  'dux  gente  Surbionum'  in  'qui  urbibus 
praeerat',  wo  3.  4.  5  'gentes  urbium'  lesen,  c.  73  'per  vim  tolli- 
tur'  in  'quod  per  illos  transeundum  foret  iter',  was  offenbar 
aus  der  Lesart  'per  viam  tollitur'  in  3.  4.  5  entstanden  ist. 
Mit  diesen  Handschriften  lässt  Aimoin  auch  Fredegar  c.  54 
'Defuncto  Clep  eorum  principe  duodecim  ducis'  die  Zahl  'duo- 
decim'  aus.  An  anderen  Stellen  reicht  dagegen  der  Text 
Aimoins  über  die  Ueberlieferung  von  3  und  4  hinaus.  So 
nennt  Aimoin  den  Fluss  'Axsoma'  Chron.  c.  42  richtig  'Axonam', 
während  3.  4  'Coxoma'  verderben,  er  schreibt  Fred.  c.  55  're- 

{)ressisset',  während  3.  4  'fuit  depressum'  für  'fuisset  repraesum' 
esen,  er  liest  ferner  c.  67  richtig  'adducendos',  wo  3.  4  'ducen- 
dum',  c.  73  'acceperat',  wo  3.  4  'susceperat'  haben.  Auch  in 
der  Wortstellung  stimmt  Aimoin  einige  Male  allein  mit  1  über- 
ein :  Fred.  c.  38  'eos  ad  se  in  monte  vocat'  stellen  3.  4  'in 
monte   ad  se'  um  und   c.  46   'quam  unico   amore   Chlotharius 


294  Die  Clironicae  des  sog.  Fredegar. 

dilexerat'  ändern  3.  4  ^dllexerat  Clotharius'.  Beide  Irrthümer 
vermeidet  Aimoin.  Man  sieht,  aus  einer  der  vorhandenen 
Fredegarhandschriften  kann  auch  Aimoin  nicht  geschöpft  haben. 
Der  Klasse  4  kann  sein  Codex  nicht  angehört  haben,  weil  er 
keine  Fortsetzungen  hat;  mit  3  war  er,  wie  die  gemeinsamen 
Fehler  zeigen,  in  vieler  Hinsicht  verwandt,  jedoch  weisen 
einige  Anzeichen  darauf  hin,  dass  er  eine  noch  höhere  Stellung 
in  der  Ueberlieferung  einnahm. 


Die  Codices  IV. 

4a)  Der  Codex  der  Vaticana  Reg.  Christ.  213  in  klein 
Qualmt  von  157  Pergamentblättern  mit  3  Vorsatz-  und  2  Schluss- 
blättern, welcher  von  mehreren  gleichzeitigen  Schreibern  des 
10.  Jahrh.  geschrieben  ist,  stammt  aus  Reims,  wie  aus  der 
Einti'agung  einer  Hand  saec.  XH.  auf  dem  3.  Vorsetzblatt  her- 
vorgeht 'libr  Sei  Remigii'.  Die  Provenienzangabe  auf  f.  2: 
*Lib  (Sei) qui  ei  abstulerit  anathema  sit'  ist  leider  ver- 
stümmelt, indem  man  den  Ort  herausradiert  hat,  doch  bemerkt 
Pabst,  dass  für  'Remigii  Remensis'  Raum  war.  Das  erste  Vor- 
setzblatt und  die  beiden  Schlussblätter  enthalten  Notizen  aus 
einer  nordfranzösischen  Kirche  saec.  XHI.  ex.,  Trümmer  eines 
Kataloges  der  Kirchen,  für  deren  Todte  dort  Fürbitte  geschah. 
Auf  dem  2.  Vorsetzblatte  liest  man  von  einer  Hand  saec.  XV.  ex. 
die  Verse: 

In  baptista  Dei,  qui  lux  es,  vox  quoque  verbi: 
Poscimus,  ut  oms  nc  (sie?)  nobis  auxilium  des. 

Der  Codex  kam  später  in  die  Bibliothek  des  Alexander 
Petavius  und  wurde  hier  von  Duchesne  benutzt.  Die  Angabe 
Ruinart's  p.  686  n.  d,  dass  diese  Handschrift  von  Manno  dem 
Kloster  S.  Eugendi  dargebracht  worden  sei,  beruht  auf  einem 
Irrthum  (vergl.  Waitz  im  'N.  Archiv'  II,  p.  330);  die  Inschrift 
'Voto  bonae  memoriae  Mannonis  über  ad  sepulcrum  sancti 
Augendi  oblatus'  findet  sich  nicht  in  unserer  Hs.  Ruinart  hat 
diese  Nachricht  wohl  aus  der  Hs.  in  Montpellier  geschöpft,  in 
Avelcher  an  derselben  Stelle,  wie  in  der  Ausgabe  Ruinart's, 
also  vor  der  letzten  Fortsetzung,  von  Chifflets  Hand  (wie 
Bouhier  anmerkt)  die  folgenden  Worte  eingetragen  sind :  'Codex 
Jurensis,  qui  inscribitur,  Vofo  hona  memoria  Mannonis^  Liher 
ad  sepulcrum  sancti  Augendi  ohlatns,  exinde  Petavianus  (nunc 
vero  est  serenissimae  Christinae  Suecorum  olim  Reginae)  hoc 
loco  adscripta  haec  habet'.  Woher  freilich  Chifflet  diesen  Irr- 
thum hatte,  können  Avir  nicht  angeben. 

Die  Zahl  der  Zeilen  auf  der  Seite  schwankt  zwischen  20 
und  25,  so  dass  f.  1—128'  je  20,  f.  129-136'  je  21,  f.  137— 
144'  je  22,  f.  145  bis  zu  Ende  je  25  Zeilen  haben.    Dieselben 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  295 

sind  mit  dem  Griffel  gezogen,  und  zwar  laufen  immer  die 
oberste  und  unterste  über  die  ganze  Seite,  die  zur  Rechten 
und  Linken  durch  je  zwei  Linien  eingeschlossen  wird. 

Der  Fredegar  beginnt  f.  1  mit  der  Schrift  des  Hilarian, 
die  wir  in  3  zwischen  dem  Idacius  und  Gregor  fanden,  die 
aber  in  allen  Hss.  dieser  Klasse  den  Anfang  bildet:  'IN  Dl 
NOMIN  INCIPIT  LIBELLUS  QUINTI  lULII  HILARIONIS. 
Quantocumque  tempore  in  divinis  legibus'  —  f.  13'  'iusti  aut 
cum  dö  in  vita  aeterna  amen.  EXPLICIT  LIBELLUS  QUINTI 
lULII  HILARIANI'.  Hierauf  folgen  gleich  die  Chroniken  des 
Hieronymus  -  Idacius ,  es  fehlt  also  der  ganze  Liber  Gene- 
rationis.  aNCIPIUNT  CAPITULA  CHROCI  HIERONIMI 
EXCARPSUM  ~  I.  De  regnum  Asyriorum'.  Das  Register 
schliesst  mit  ^LXII.  De  lustiniano  imp  et  Belsarium  patricium. 
EXPLICIÜNT  CAPITULA'.  Der  Anfang  des  Textes  lautet 
'INCIPIT  LIBER.  L  Regnum  Assyriorum.  Primus  rex 
Nimus',  in  Uebereinstimmung  mit  den  vorher  besprochenen 
Handschriften.  Doch  gleich  in  Cap,  3  des  Hieronymus  zeigt 
sich  bei  dem  Vaticanus  ebenso  wie  bei  den  übrigen  Hss.  von  4 
eine  erhebliche  Abweichung  von  den  Klassen  1  —  3.  F.  17 
nämlich  nach  den  Worten  Hieron.  c.  3  'post  Esebon  Labaion 
-an.  ^)ir  und  vor  der  alten  Trojanersage  des  Fredegar  steht 
die  allein  von  Paris  in  der  Romania,  Paris  1874,  p.  138 — 144, 
ohne  Benutzung  dieser  besten  Hs.  herausgegebene:  'HISTORIA 
DAREGITIS  I  FRIGII  DE  ORIGINE  FRANCORUM',  begin- 
nend: 'Eodem  tempore  apud  Grecorum',  welche  bis  f.  25  'sm'- 
gentes  super  Amulio  aput  Albam  interfecerunt'  geht.  Die 
nächste  Zeile  ist  leer:  darauf  wird  weiter  im  Hieronymus 
fortgefahren:  'Uli.  In  illo  tempore  Priamus',  wie  in  der  Aus- 
gabe des  Canisius.  Dieses  Buch  endigt  f.  75'  mit  den  Appen- 
dices  zu  Idacius  Mctus  nomen  vitamque  amisit.  EXPLICIT 
LIBER'.  Hieran  schliesst  sich  die  Vorrede  des  Gregor  'IN- 
CIPIT PREFATI  GRECA.  Decedanteo  atque  immo  potius' 
-  f.  76  'EXPLICIT  PREFATIO  LIBER',  dann  das  Capitel- 
verzeichnis  'INCIPIUNT  CAPITULA_  LIBJRI  QUOD  EST 
EXCARSUM  DE  CHRONICA  GRECU  EPIS  THORONACL 
I.  De  Hunis  et  Agetium  patricium'  —  f.  78'  'XCIIII.  De 
Chilperico  quod  filiam  suam  —  mortuos  est.  EXPLICIÜNT 
CAPITULA';  endlich  der  Text  'Cumque  WandaH  pterissent  a 
Galliis'  —  f.  105'  'vitam  digna  morte  fenivif.  Auf  der  näch- 
sten Seite  fährt  der  Codex  mitdem  Register  zu  dem  letzten 
Buche  fort  'INCIPIUNT  CAPIT  CHRONECI  LIBRI.  I.  De 
bonitate  Guntramni  et  ecclesia  sei  Marcelli'.  Hier  fehlen  die 
Cap.  26  —  28,  so  dass  auf  Cap.  25  'De  Bertoaldo  maiorem 
domus'  sofort  Cap.  29  'De  interitu  Uulfo  patritio'  folgt,  welches 
aber  die  Hs.  als  26  zählt.  So  sind  die  Capitelzahlen  von  hier 
ab  im  Index  um  3  zu  niedrig.     Nach  f.  107'  'LXXIIII  (viel- 

Neues  Archiv  etc.     VII.  20 


296  Die  Chronicae  des  BOg.  Fredegar. 

mehr  77).  De  initio  revellatlonis  Radulfo'  werden  die  Titel 
nicht  mehr  gezählt.  Der  Index  schliesst  f.  108  'De  Willibadi 
interitum  et  Flaocati  obitum.  EXPLCUT  CAPITULA'.  Dar- 
auf folgt  der  Prolog  ^NCIPIT  PROLOGUS'  —  f.  109  ^EX- 
PLICIT  PROLOGUS'  und  der  Text  der  Chronik  'INCIPIT 
LIBER  CHRONICI.  Guntramnus  rex  Francorum  cum  iam 
anno  XXIII.  Burgundi^'.  Diese  bricht  leider  hier  schon  mit 
den  Schlussworten  des  Cap.  51  'Gundeberga  statim  de  exilio 
post  annos  tres  regressa  sublimatur  in  regnuni'  ab.  Es  fehlen 
also,  wie  auch  schon  der  moderne  Corrector  (Petavius?)  in 
der  Hs.  bemerkte,  etwa  40,  oder  vielmehr  gerade  39  Capitel. 
Dieselbe  alte  Hand  beginnt  die  nächste  Zeile:  ^Igitur  Chlodo- 
veus  lilius  Dagoberti'  mit  der  ersten  Fortsetzung  des  Fredegar. 
Daneben  ist  die  Capitelzahl  LI  geschrieben,  die  ebensowenig 
wie  die  übrigen  Capitelzahlen  in  den  Fortsetzungen  von  dem 
ursprünglichen  Schreiber,  sondern  erst  von  einem  der  späteren 
Correctoren  herrührt.  Der  Text  der  Fortsetzungen  läuft  un- 
unterbrochen fort;  nur  mit  Ruinart's  dritter  Continuatio  p.  677 
'Idcirco  sagacissimus  rex  Carlus'  beginnt  eine  neue  Zeile  und 
nach  den  Schlussvvorten  derselben  'sublimatur  in  regno'  ist  der 
Rest  der  Zeile  frei.  Hierauf  folgt  die  hochwichtige  Inschrift 
über  die  Autoren  der  beiden  letzten  Fortsetzungen,  die  uns 
nur  dieser  Codex  erhalten  hat: 

'Usque  nunc  inluster  vir  Childebrand  comes,  avunculus 
pdict(o)  1)  reg(e)  Pippin(o),  hanc  historiam  vel  gesta  Francorum 
diligentissime  scribere  procuravit.  Abhinc  ab  inlustre  viro 
Nibelungo,  filium  ipsius  Childebrando  itemque  comite,  succedat 
auctoritas'. 

Mit  einer  neuen  Zeile  beginnt  dann  die  letzte  Fortsetzung: 
'His  transactis  sequente  anno  iterum  Saxones',  welche  f.  148' 
auf  der  letzten  Zeile  'a  proceribus  eorum  et  consecrationem 
sacerdotum  sublimati  sunt  in  regno'  endigt.  Der  Rest  der 
Zeile  war  ursprünglich  leer  und  wurde  erst  später  durch  einen 
der  Correctoren  ausgefüllt.  Mit  f.  149  beginnt  das  von  Du- 
chesne  II,  p.  21 — 23,  gedruckte  Fragment  der  Annales  Laures- 
hamenses,  'das  später  in  einen  Codex  der  Ann.  Laurissenses 
maiores  übergeht' 2).  Die  Handschrift  schliesst  f.  157'  mitten 
im  J.  806:  'Karins  cum  exercitum  regressus  in  loco  qui  dicitur 
Silli  super  ripam'. 

Ueber  die  Schrift  und  die  zahlreichen  Correcturen  in  den 
Fortsetzungen  hat  Pabst  eine  sehr  sorgfältige   und  eingehende 


1)  Die  eingeklammerten  Buchstaben  sind  ausradiert  und  von  dem 
Corrector  nach  der  Grammatik  verbessert  worden.  Wenn  sich  die  ur- 
sprüngliche Lesart  noch  sicher  erkennen  Hess,  haben  wir  sie  ohne  Wei- 
teres in  den  Text  gesetzt;  nur  da,  wo  Pabst  zweifelte,  ist  der  Buchstabe 
in  Klammern  geschlossen  worden.         2)  Siehe  Waitz,  N.  Archiv  II,  p.  330. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  297 

Untersuchung  angestellt,  der  ich  das  Folgende  entnehme.  Zwei 
gleichzeitige  Schreiber  lösten  sich  in  der  Copierung  der  Fort- 
setzungen ab;  beide  sehreiben  eine  schöne  Minuskel  des 
10.  Jahrh.  in  festen,  kräftigen  Zügen  mit  hellbrauner  Tinte; 
doch  ist  die  zweite  etwas  kleiner  und  gedrungener.  Die  erste 
Hand  schrieb  f.  129.  129'  bis  ^annis  IUI'  (Z.  12j,  131'.  132 
bis  'subiugavit'  (Z.  6),  132'.  133.  133'  bis  'ppessus  est',  134' 
— 141,  vielleicht  mit  kurzer  Unterbrechung  auf  f.  136,  und  144'. 
Der  zweiten  Hand  theilt  Pabst  zu  den  Rest  von  f.  129'.  130 
—131  Schluss,  den  Rest  von  f.  132  und  133',  f.  134.  141'— 144. 
145.  145',  146  von  'placitum'  (Z.  5)  bis  zu  Ende  und  146'— 148'. 
Eine  dritte  gleichzeitige,  etwas  ungeschickte  Hand  schrieb  die 
ersten  fünf  Zeilen  von  f.  146.  Pabst  unterscheidet  drei  Correc- 
toren.  Eine  gleichzeitige  Hand,  welche  dieselbe  Tinte  wie  die 
ursprünglichen  Schreiber  führte,  corrigierte  nur  grammatisch. 
Eine  andere  wenig  spätere  Hand  ging  schon  rücksichtsloser  vor. 
Sie  wiederholte  Namen  an  den  Rändern^  und  fügte  auch  einmal 
eine  selbständige  Notiz  hinzu.  Die  Tinte  derselben  ist  dunkel- 
braun und  glänzend.  Endlich  hat  noch  eine  moderne  Hand  (viel- 
leicht Petavius?)  sich  bemüht,  den  Urtext  zu  entstellen.  Mit  Aus- 
nahme dieser  letzteren  Correcturen,  die  nur  da  erwähnt  wurden, 
wo  die  ursprüngliche  Lesart  durch  sie  überschmiert  war,  hat 
Pabst  alle  Aenderungen  in  seiner  Collation  notiert,  obwohl  er 
sie  richtig  als  willkürlich  bezeichnet.  In  der  That  trifft  mei- 
stens die  alte  Lesart  der  Vaticanischen  Hs.  mit  den  übrigen 
Hss.  zusammen,  woraus  sich  ergiebt,  dass  die  Aenderungen 
nur  dem  subjectiven  Geschmacke  des  jedesmaligen  Correctors 
entsprungen  sind.  Ich  habe  deshalb  in  der  Ausgabe  nur  sehr 
selten  auf  sie  Rücksicht  genommen. 

Nachdem  schon  Bethmann  die  Hs.  für  die  Monumenta 
eingesehen,  wurde  sie  später,  wie  schon  oben  bemerkt  ist, 
genauer  durch  Pabst  untersucht,  der  die  Fortsetzungen  theils 
verghch,  theils  abschrieb.  Eine  Vergleichung  der  eingeschobe- 
nen ^Historia  Daretis  Frigii'  verdanken  wir  Herrn  Dr.  Mau, 
der  auch  eine  Anzahl  Stellen  aus  dem  Idacius  einsah. 

4a*)  Die  Handschrift  der  Stadtbibhothek  in  Troyes») 
Nr.  802,  saec.  IX/X  in  Quarte,  ist  einem  Codex  der  Schriften 
Abälards  saec.  XIV/XV  angebunden.  Sie  gehörte  früher  der 
Jesuitenbibliothek  in  Troyes  unter  der  Signatur  II  12. 

Der  Inhalt  des  Codex,  soweit  er  hier  in  Betracht  kommt, 
ist  folgender.  _ 

Voran  geht  die  Schrift  des  Hilarian  'INCIP  LIBELLUS 
UINTI   lULII   HILARIONIS.     Quantocumque   tempore'  — 


l~l  Vergl.  Catalogue   general  des  ms.   des  bibliotheques  des   departe- 
*   meuts  II,  p.  333. 

20* 


298  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

f.  8»)  ^EXPLIC.  LIBER  QUINTI  lULII  HILARIONIS'.    Auf 

der  folgenden  Seite  f.  8'  beginnt  der  Index  des  Hieronymus- 
Idacius_ 'INCIP  CAPITULA  CHRONO  HIERONIMI  EX- 
CRAPS.  I.  De  regno  Assyriorura  —  LXIL  De  lustiniano 
imperatore  et  Belsarium  patricio.  EXPLICIUNT  OAPITULA'. 
Dann  beginnt  der  Text  ^NOIPIT  LIBER  I.  Regnum  Assy- 
riorum  primus  rex  Ninus' ,  in  welchem  f.  9'  'HISTORIA 
DAREGITIS  FRIGII  DE  ORIGINE  FRANOORUM.  Eodem 
tempore  apud'  —  f.  16  'apud  Albam  iter  fecerunt'  eingeschoben 
ist.  Nach  dem  Excerpt  aus  Dares  fährt  die  Hs.  im  Hierony- 
mus  fort:  ^IIII.  In  illo  tempore  Priamus',  der  f.  37  ^ad  plenum 
repperiri  non  potest'  schliesst.  Hierauf  folgt  mit  Absatz,  aber 
ohne  jede  Ueberschrift,  die  Vorrede  des  Idacius  'Ydacius  ser- 
vus  domini  nostri  —  descripsi  breve  antefactae  praefationis 
indicio'  und  dann  die  Ohronik  selbst  'Romanorum  XXXVIIII. 
Theodosius'  —  f.  50  'victus  nomen  vitamque  amisit'.  Die 
Oapitel  werden  nur  bis  XXXVII,  gezählt.  Mit  dem  Schlüsse 
des  Idacius  endigt  die  Seite;  eine  Unterschrift  ist  vielleicht  ab- 
geschnitten. Die  folgende  Seite  bleibt  leer,  ein  anderes  Blatt 
ist  ausgeschnitten.  Angebunden  sind  'Dionysii  opera  ex  inter- 
pretatione  Sarraceni'  von  anderer  Hand. 

Der  Oodex  besteht  mit  Ausnahme  des  letzten  Fascikels 
aus  regelmässigen  Quaternionen,  die  auch  signiert  sind.  Auf 
der  Seite  finden  sich  25  Zeilen.  Die  Schrift  ist  sehr  regelmässig, 
ein  wenig  fett  und  rührt  vielleicht  von  zwei  Schreibern  her. 
Die  Initialen  sind  mit  derselben  Tinte  geschrieben,  nur  die 
Zahlen  und  die  Ueberschrift  'INOIPIT  LIBER  T  sind  roth. 
Die  ganze  Handschrift  ist  für  den  Druck  corrigiert:  die  gross 
zu  druckenden  Buchstaben  sind  bezeichnet,  die  Interpimction 
ist  eingetragen  und  oft  ist  der  Ausdruck  geändert.  Ganz  aus- 
gestrichen ist  das  Excerpt  aus  Dares  nebst  den  Oapiteln  4 
bis  6  des  Hieronymus.  Zu  den  Schlussworteu  des  Oap.  48 
'sepulturaque    caruit',   die   ebenfalls   getilgt   sind,   bemerkt  der 

Unbekannte:  'Do  muss  man  ....  das  gtruckt plar 

prauch viel   (und?)   enfach '.     Die  Stelle 

ist  durch  Abschneiden  verstümmelt.  Man  sieht  aus  dieser  Be- 
merkung, dass  die  Handschrift  aus  Deutschland  stammt,  resp. 
von  einem  Deutschen  corrigiert  wurde.  Wer  hat  nun  die  obige 
Bemerkung  eingetragen  und  überhaupt  den  Oodex  benutzt? 
Diese  Frage  wirft  Pertz,  Archiv  VH,  p.  258,  auf,  ohne  eine 
positive  Antwort  darauf  geben  zu  können,  indem  er  nur  ganz 
mit  Recht  bemerkt,  dass  es  nicht  Canisius  gewesen  sein  kann, 


1)  Ich  gebe  die  Blattzähluno'  nach  Waitz.  Wie  ich  aus  Ewalds 
Bemerkung-en  ersehe,  hat  man  jetzt  den  Codex  anders  paginiert,  indem 
man  den  vorangehenden  Abälard  mitzählte.  Nach  dieser  Zählung  ist 
beispielsweise  f.  50  jetzt  155. 


Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar.  299 

da  gerade  dieser  zum  ersten  Mal  die  früheren  Bücher  des 
Fredegar  veröffentlicht  hat.  Ebensowenig  ist  an  den  Antwer- 
pener »Schott  zu  denken,  der  übrigens,  wenn  er  eine  Hs.  gehabt 
hätte,  den  Hieronymus  und  Idacius  sicher  nicht  aus  Canisius 
abgedruckt  haben  würde.  Dagegen  beruht  Joseph  Scaliger's 
Ausgabe  des  Idacius  im  Thesaurus  temporum.  Eusebii  Pamphili 
Chronic.  Lugdun.  Batav.  160G,  p.l7  — 22,  vollständig  auf  unserem 
Trecensis.  In  der  Praef.  Idac.  liest  Scaliger  'comperi  et'  statt 
^conperet'  (Trec.  'conperi  et');  Canis.  p.  184,  1.  1  hat  Seal,  'in 
foedera'  statt  'in  foeda'  (Trec.  'in  federa') ;  Idac.  c.  53  'petens 
obviam'  mit  dem  Trec.  statt  'obviam  petens' ;  Idac.  c.  55  'Mal- 
dras  germanum  Senomur'  statt  'germano  sonm'  ('germano  sono- 
mur'  Trec.)  und  weiter  unten  'fame  concisae'  statt  'carnis  con- 
cise'  ('fames  concisae'  Trec).  Diese  Stellen  zeigen  zur  Evidenz, 
dass  Scaliger's  Ausgabe  aus  der  Hs.  in  Troyes  geflossen  ist. 
Nun  sagt  Scahger  über  seine  Quelle  1.  1.  p.  22  'Descriptum 
ex  Chirographe  Friderici  Lindenbruch  Hamburgensis ,  qui 
Lutetiae  exscripsit  ex  veteri  Codice'.  Dass  Scaliger  eine  Ab- 
schrift Lindenbruch's  benutzte,  steht  auch  anderweitig  fest  'J, 
dagegen  ist  es  fraglich,  ob  Lindenbruch  den  Idacius  in  Paris 
abgeschrieben,  oder  von  Freher  den  Codex  erhalten  hat.  In 
einem  von  Mai  im  Spicilegium  Romanum  V.  herausgegebenen 
Bücherkataloge  des  Nazariusklosters  in  Lorsch  findet  sich 
nämlich  p.  163  der  folgende  Band  beschrieben: 

'Libellus  Quinti  lulii  Hilarionis  de  origine  mundi  usque 
ad  resurrectionem  Christi.  Item  in  eodem  libello  Hieronymi 
chronica  excerpta.  Inde  Idacii  ab  anno  primo  Theodosii 
augusti  usque  ad  lustinianum,  in  uno  codice'. 

Man  sieht,  die  Lorscher  Handschrift  stimmt  in  ihrem  Inhalt 
auf  das  genaueste  mit  dem  Codex  in  Troyes  überein,  wobei 
wir  in  Bezug  auf  den  letzteren  natürlich  von  den  erst  durch 
einen  späteren  Buchbinder  hinzugefügten  Schriften  des  Abä- 
lard  und  Dionysius  Areopagita  absehen.  Beide  Bände  enthal- 
ten den  Hilarian  und  die  Excerpte  aus  den  Chroniken  des 
Hieronymus  und  Idacius  mit  dessen  Appendices,  in  beiden 
fehlen  der  Gregor  und  das  letzte  Buch  mit  den  Fortsetzungen ; 
der  Codex  in  Troyes  ist  also  offenbar  mit  dem  Lorscher  iden- 
tisch. Ein  Theil  der  Handschriften  dieses  Klosters  kam  in 
die  Palatina  in  Heidelberg;  dort  finden  wir  auch  den  Gregor- 
Fredegar  aus  Lorsch,  der  unten  zu  besprechen  sein  wird. 
Diese  Hs.  hat  Freher  für  seine  Fredegarausgabe  in  dem  Cor- 
pus hist.  Franc,  wie  er  selbst  angiebt,  benutzt.  Was  ist  nun 
wahrscheinlicher,  als  dass  auch  die  andere  Lorscher  Hs.  Freher, 
der  selbst  in  Heidelberg  lebte,  vorgelegen  hat,  mag  diese  nun 
in  die  Palatina  übergegangen  und   später  entwendet   worden 


1)  Siehe  unten  bei  den  Ausgaben. 


300  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

sein,  oder  sich  im  eigenen  Besitze  Frehers  befunden  haben? 
In  der  That  erwähnt  Freher  in  einem  seiner  Briefe  an  Goldast 
(Nr.  120  in  Virorum  CIL  ad  Goldastum  Epistolae.  Francof.  1688) 
einen  Idacius,  dessen  Beschreibung  auf  die  Hs.  in  Troyes 
passen  würde.  Er  schreibt  nämlich  dort:  'Idacii  Miscella,  si 
Francofurti  nondum  nactus  es,  prima  occasione  mittam.  Est 
enim  liber  maiusculus  et  crassulus  in  quarto'.  Will  man  nicht 
in  diesen  Miscella  die  Ausgabe  des  Canisius  erblicken  —  und 
das  scheint  das  Postscriptum  desselben  Briefes  zu  verbieten  — , 
so  würde  diese  Notiz  die  Ansicht,  dass  Freher  den  Trecensis 
besessen  habe,  einigerraassen  bestätigen.  Der  Verkehr  zwischen 
Freher  und  Lindenbruch  ist  aber  bekannt  genug;  so  hatte 
beispielsweise  Lindenbruch  auch  einen  Codex  Palatinus  des 
Paulus  von  Freher  erhalten,  wie  er  selbst  in  der  Vorrede  zu 
seinem  ^Diversarum  gentium  Historiae  antiquae  Script,  tres. 
Hamburg.  1611'  angiebt.  Hat  aber  Scaliger  Recht,  dass  Lin- 
denbruch die  Abschrift  in  Paris  machte,  so  fand  er  den  Codex 
ohne  Zweifel  in  der  Bibliothek  einer  der  beiden  Pithou,  mit 
denen  er  ebenfalls  in  näherer  Beziehung  stand,  und  deren 
Handschriften  später  in  das  Jesuiten -Collegium  zu  Troyes 
kamen  (Waitz,  Arch.  VII,  p.  189).  Wahrscheinlich  der  jüngere 
der  beiden  Brüder,  Franz  (-j-  1621),  hat  den  Codex  von  Freher 
noch  bei  Lebzeiten  dieses  {-j-  1614)  erhalten.  Ob  aber  Freher 
auch  die  Correcturen  gemacht,  wird  sich  nur  durch  Verglei- 
chung  der  Handschi'ift  mit  etwa  erhaltenen  Briefen  feststellen 
lassen;  ist  aber  wahrscheinlich,  da  er,  wie  seine  Briefe  zeigen, 
die  Absicht  hatte,  wenigstens  auch  den  Idacius  herauszugeben. 
Ausführlichere  Notizen  über  diese  Hs.  verdanken  wir  Waitz; 
den  Idacius  verglich  Arndt.  Später  wurde  sie  noch  von  Ewald 
eingesehen.  Die  Historia  Daretis  Frigii  ist  für  Paris'  Ausgabe 
mit  diesem  Codex  verglichen  worden. 

4b •)  Die  Handschrift  der  Ambrosianischen  Capitels- 
Bibliothek  in  Mailand  saec.  IX.  ex.  in  Quarto  ist  zuerst  von 
Bluhme  (Archiv,  V,  594)  beschrieben  worden;  später  hat  Herr 
Prof.  Mommsen  die  Güte  gehabt,  die  Historia  Daretis  und  die 
Fortsetzungen  zu  vergleichen.  Auf  der  ersten  Seite  steht  von 
späterer  Hand  ein  Recept  oder  dergleichen.  Der  Fredegar 
beginnt  f.  V  mit  der  Schrift  Hilarians  'IN  NOMIN.  DNI  IN- 
C  PIT  LIBELLUS  QUI  EST  lULH  HILARIONIS.  Quanto- 
cmque  tempore'  —  f.  12  'EXPLICIT  LIBELLUS  QUINTI 
lüLII  HILARIONIS'.  Hierauf  folgen  die  Chroniken  des  Hie- 
ronymus- Idacius  'INCIPIT  CAPITÜLA  CHRONICE  HIE- 
RONIMI  EXCARSUM.  I.  De  regnum  Assiriorum'  —  <LXII. 
De  lustiniano  imperatore  et  Bclsarium  patricium'.  So  schliesst 
das  Register;  das  Buch  selbst  beginnt  'Primus  rex  Ninus', 
und  hat  nach  den  Worten  'post  Esebon  Labaion  anni  CIH'  das 


Die  Cbronicae  des   sog.  Fredegar.  301 

Excerpt  aus  Dares  ^11.  HISTORIA  DARETIS  PRIGIl  DE 
ORIGINE  FRANCORUM  —  Allbam  interfecerunt',  nach  wel- 
chem mit  dem  Hinweise  'IV.  it  de  superiore  chronica'  im 
Hieronjanus  weiter  fortgefahren  wird  'In  illo  tempore  Priamus 
Helenam  rapiiit'.  F.  57  schhesst  dieses  Buch  'nomen  vitamque 
amisit.  EXPLICIT  LIBER'.  Es  folgt  die  Vorrede  des  Gre- 
gor: 'INCIPIT  PRAEFATIO  GREGA.  Decedanteo  atque 
immo  potius  —  ponetur  initium  primi.  EXPLICIT  PREFATIO 
DO  GRATIAS  AMEN',  dann  der  Index  'INCIPIUNT  CAPI- 
TULA  LIBRI  QUOD  EST  EXCARSUM  DE  CHRONICA 
GRECUM  EPISCOPUS  THORONACIS.  I.  De  Chunis  — 
XCHI.  De  Chilperico  quod  filiam  suam  Hispania  cum  thesauris 
direx  et  in  continuo  Cala  villa  mortuus  est.  EXPLICIT  CA- 
PITULA'.  Der  Text,  welcher  'INCIPIT  LIBER.  I.  Cumque 
Wandali'  beginnt,  ist  nur  in  90  Capitel  eingetheilt ;  das  letzte 
endigt  'digna  morte  finivit.  amen'.  Hierauf  beginnt  das  letzte 
Buch  'INCIPIUNT  CAPITULA  CHRONICE  LIBRI  TERTII. 
I.  De  bonitate  Gunthramni  —  LXXXVIIII.  De  Willibadi 
interitum  et  Flaocati  obitum.  EXPLICIT  CAPITOLA',  dann 
'INCIPIT  PROLOCUS.  Cum  aliqui  dum  iusso  verbi  —  scripsit. 
EXPLICIT  PROLOG  US',  und  endlich  'INCIPIT  LIBER 
CHRONICE.  Gunthramnus  rex  Franc orum  —  eos  uterque 
interire  fecisset'  schliesst  die  eigene  Chronik  Fredegar's.  Nach 
einer  Zwischenzeile  reihen  sich  ohne  Ueberschrift  f.  122  mit 
'Igitur  Chlodeos'  die  Fortsetzungen  daran,  deren  Text  ohne 
jede  Capiteleintheilung  und  nur  mit  wenigen  Absätzen  bis  zum 
Ende  läuft.  Einen  Absatz  macht  der  Schreiber  bei  Beginn 
der  Computation,  Ruinart,  p.  675,  deren  Anfangswort  'Curricula' 
auch  mit  grosser  Initiale  beginnt.  An  die  Schlussworte  der 
vorletzten  Fortsetzung  'sublimatur  in  regno'  schliesst  sich  nach 
einer  freigelassenen  Zeile  mit  grosser  Initiale  und  den  Worten 
'His  transactis'  der  Text  der  letzten  an.  Es  fehlt  also  die 
Bemerkung  über  die  Verfasser.  Die  Fortsetzungen  endigen 
'sublimati  s  (sie)  in  regno'.  Der  Rest  der  Seite  und  die  folgende 
Seite  sind  leer.  Hierauf  folgen  ein  Zodiacus,  eine  Wind-,  Erd- 
theil-  und  Planetentafel.  Den  Schluss  der  Handschrift  bilden 
die  folgenden  chronologischen  Tractate: 

'De  temporum  ratione  dnö  adiuvante  dicturi  —  quae  dnus 
adiuvare  dignabitur.  "  Incipit  ratio  paschalis  beati  Theophili 
Alexandrini  epi  datis  epistolis  ad  Theodosium  imperatorem 
in  quo  adnuntians  —  —  (aus  dem  Prolog.  Victor.).  Venera- 
bilis  enim  • —  — '. 

4b2)  Der  Codex  des  Britischen  Museums  in  Lon- 
don Harlejanus  3771  saec.  X.  ist  durchweg  von  einer  Hand 
geschrieben.  Auf  der  Rückseite  des  ersten  Pergamentblattes, 
eines  kleinen  Zettels,  beginnt  der  Fredegar  niit  dem  Titel  der 
Schrift  Hilarians:   'IN  NOMINE  DNl   INCIP  LIB   QUINTI 


302  Die   Chrouicae   des  sog.  Fredegar. 

lULII  HILA^IONIS  (das  I  ist  später  übergeschrieben)'.  F.  2 
fängt  der  Text  an  'Quantocumque  tempore'  —  f.  11  'in  vita 
aeterna  Amen.  EXPLICIT  LIBELLU8  QUINTI  lULII  HILA- 
RIONIS'.  Darauf  folgt  das  Register  zu  dem  Hieronymus-Idacius 
^NCIPIT  CAPITULA  CHRONICE  HIERONIMI  EXCAR- 
SUM.  I.  De  regno  Assiriorum'  —  f.  12  'LXII.  De  lustiniano 
EXPLICIT  CAPITULA'.  Das  Buch  beginnt  mit  den  Wor- 
ten des  Hieronymus  'Incipit  regnum  Assiriorum.  Pinmus'  und 
schliesst  mit  den  Anhängen  zu  der  Chronik  des  Idacius  'nomen 
vitamque  admisit.  EXPLICIT  LIBER.  Die  zwischen  Cap.  IIL 
und  IV,  der  Ausgabe  des  Canisius  in  den  Hieronymus  einge- 
schobene Historia  Daretis  ist  für  die  Edition  von  Paris  ver- 
glichen worden.  Es  folgt  die  Vorrede  des  Gregor:  'INCIPIT 
PRAEFATIO  GRECA.  Decedante  —  principb^liberi  ponetur 
initium  primi.  EXPLICIT  PREFATIO  DO  GRATIA8 
AMEN',  der  Index  'INCIPIUNT  CAPITULA  J^IBRI  QUOD 
EST  EXCARSU  DE  CHRONICA  GRECU  EPS  THORONA- 

CIS.     I.    De  Chunis'  —   f.  62   'XCIII.    De   Chilperico 

EXPLICIT  CAPITULA'  und  der  Text  'INCIPIT  LIBER.  (f.  63) 
Cumque  Wandali  —  finivit  amen'.  Das  letzte  Buch  hat  eben- 
falls einen  Index  an  der  Spitze  'I.  De  bonitate  Gunthramni' 
—  f.  87  'LXXXVHII.  De  Willibadi  interitu  et  Flaocati  obitu  : 
(m  ausradiert).  EXPL.  CAP.',  dann  folgt  der  Prolog  'INC. 
PROL.  Cum  aUqui  dum  —  scripsit.  EXPLICIT  PROLO- 
GUS'  und  endlich  der  Text  selbst  'INCIPIT  LIBER  CHRO- 
NICE (f.  88').  Gunthramnus  —  f.  124  interire  fecisset'.  Ohne 
Rubrik,  jedoch  nach  einer  Lücke,  beginnt  f.  125  'Igitur  Chlodeos' 
die  erste  Fortsetzung.  Während  bisher  die  Capitelnummern 
roth  am  Rande  standen,  sind  fortan  ohne  Absatz  oder  Capitel- 
zeichen  nur  einige  Initialen  vorgerückt,  doch  nur  wo  sie  zu- 
fällig eine  Zeile  begannen.  Diese  unbeabsichtigten  Hervor- 
hebungen, die  sich  mit  den  Absätzen  Ruinarts  fast  nie  decken, 
können  wir  füglich  übergehen.  Dagegen  sind  zwei  Einschnitte 
von  Wichtigkeit.  Die  Computation  bei  Ruinart  p.  675  beginnt 
mit  grosser  Initiale:  'Curricula  a.  actenus  r.'  und  nach  den 
Schlussworten  der  vorletzten  Fortsetzung  'sublimatur  in  regno' 
folgt  mit  Freilassung  einer  Zeile  'His  transactis'.  Die  Worte 
'Idcirco  sagacissimus  vir  Carlus'  (Ruinart  p.  677)  sind  jedoch 
auf  keinerlei  Weise  ausgezeichnet.  Das  letzte  Blatt  der  Hs. 
ist  wieder,  wie  das  erste,  ein  halbes.  Die  Vorderseite  endet 
mit  den  Schlussworten  der  Fortsetzungen  'sublimatis  in  regno', 
die  Rückseite  enthält  ein  Gebet  des  Schreibers, 

Die  Fortsetzungen  sind  von  Pertz  und  Dr.  Liebermann 
verglichen  worden.  Letzterem  verdanken  wir  auch  die  vor- 
stehenden Notizen  über  diesen  Codex. 

4b2*)  Die  Papierhandschrift  der  kgl,  Bibhothek  in  Mün- 
chen Nr.  4352  (Aug.  S.  Ulric.  52)  saec.  XV.  in  fol.  gehörte 


Die   Chrooicae  des  sog.  Fredegar.  303 

früher  dem  Kloster  S.  Udalrich  in  Augsburg,  wie  dies  aus 
dem  auf  den  inneren  Deckel  geklebten  Zettel  und  der  Eintra- 
gung auf  f.  1  'Monasterii  S.  Udalrici  Augustae'  hervorgeht. 
Die  Fredegarsehe  Sammlung  beginnt  mit  dem  Hilarian :  *Inci- 
pit  Liber  qui  intitulatur  Helarien.  Quantocumque  tempore'  — 
f.  5  'in  vita  eterna.  amen,  explicit  libellus  q  intitulas  Hilarionis'. 
Dann  folgt  der  Index  des  Hieronymus-Idacius  'Ineipiunt 
eapitula  chronice  Iheronimi  excarsum.  De  regne  Assiriorum. 
Capitolum  I.  —  f.  5'  De  lustiniano  imperatore  et  ßelsario 
patricio  LXIII.  Expliciunt  eapitula'.  Hieran  schliesst  sich 
der  Hieronymus  'Incipit  Rcgnum  Assiriorum  Capitulum  primum. 
Primus  rex',  in  Avelchen  f.  ß'  nach  den  Worten  'Post  Esebon 
Labaion  annis  CHI'  die  'Historia  Daretis  Ericij  (sie)  de  origine 
Francorum  ca.  IUI.  Eodem  itaque  tempore'  —  f.  10'  'super 
Amulio  apud  Albam  interfecerunt'  eingeschoben  ist.  Darauf 
leitet  der  Codex  mit  den  Worten  'Item  de  superiora  cronica 
Cap.  IUI.'  wieder  auf  den  Hieronymus  über,  in  welchem  mit 
'In  illo  tempore  Priamus'  fortgefahren  wird.  Nach  den  Schluss- 
worten des  Hieronymus  f.  27  'ad  plenum  reperiri  non  potest. 
LL'  folgt  unmittelbar  die  Chronik  des  Idacius  'Ydacius  servus 
dni  nri  ihü  xpi'  —  f.  46  'abucilino  victus  nomen  vitamque 
amisit.  Explicit  liber.  lero.  primus'.  Mit  'Incipit  prefacio  in 
librum  2"*  cronice.  Decedente  atque  immo  pocius  pereunti' 
beginnt  der  Prolog  des  Gregor,  an  den  sich  nach  den  Worten 
f.  46'  'ponetur  inicium  primi.  Explicit  prefacio'  das  Capitel- 
verzeichnis  'Incipiunt  eapitula.'  —  f.  48'  'Cala  villa  mortnus 
est  .LXXXXHI.'  und  der  Text  'Incipit  liber  (I.  1.  von  anderer 
Hand  am  Rande).  Cap.  I.  Cumque  Wandali'  —  f.  70'  'vitam 
digna  morte  finivit'  anschliessen.  Das  letzte  Buch  beginnt  mit 
dem  Register  'Incipiunt  Capitula  Cronice  libri  Tercii'  (am  Rande 
von  anderer  Hand :  'Incipiunt  capitula  libri  tercii')  —  f.  72  'De 
Willibadi  interitu  et  Flaocati  obitu.  LXXXVIIH',  darauf  folgt 
der  Prolog  f,  72'  'Incipit  prologus.     Cum   ad   liquidum   iussio' 

—  f.  73  'vita  finisset  scripsit',  und  der  Text  der  Chronik,  der 
hier  keinerlei  Ueberschrift  hat  'Cap.  primum.    Guntramnus  rex' 

—  f.  99'  'eos  uterque  interire  fecisset'.  Mit  grosser  Initiale, 
aber,  wie  auch  in  allen  übrigen  Hss.,  ohne  Ueberschrift,  be- 
ginnen die  Fortsetzungen  'Igitur  Chlodoveus,  filius  Dagoberti', 
die  ohne  Capiteleintheilung  uno  tenore  bis  zum  Ende  f.  141' 
'sacerdotum  sublimati  sunt  in  regno'  gehen.  Nur  die  letzte 
Fortsetzung  'His  transactis  sequenti  anno'  beginnt  mit  einem 
grossen  Anfangsbuchstaben ;  vorhergehen  die  Worte  'sublimatur 
in  regno',  so  dass  also  die  Clausel  über  Childebrand  und  Nibe- 
lung  fehlt. 

Der  Fredegar  ist  von  einer  Hand  geschrieben.  Die  Schrift 
ist  zuerst  ziemlich  klein,  nimmt  aber  später  immer  mehr  an 
Stärke  zu.  Der  Schreiber  verstand  die  alten  Züge  seiner  Vorlage 


304  Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

nicht  mehr  recht.  Das  alte  Zahlzeichen  9  für  VI  löste  er  regel- 
mässig durch  CI  auf,  wodurch  nicht  wenige  Fehler  entstanden 
sind.  Während  nach  Chron.  c.  72.  9000  Mann  Bulgaren  (nove 
milia)  aus  Pannonien  vertrieben  werden,  sind  es  nach  dem 
Augsburger  Mönche  104,000  (CIIII  für  ^,111).  Und  so  wird 
aus  91  —  CII,  aus  911  —  CHI,  aus  9III  -  Cllir,  aus  X9II 
—  XCIII  gemacht.  Der  Schreiber  fand  in  seiner  Vorlage  zu- 
weilen das  offene  a,  wodurch  er  zu  den  Verschreibungen  'comis' 
für  'annis'  und  umgekehrt  'suaes  erat'  für  'successerat'  verleitet 
wurde.  Das  s  sah  dem  r  sehr  ähnlich:  'aura'  für  'causa',  'nercio' 
für  'nescio',  und  das  r  konnte  für  x  verlesen  werden :  'Exchino- 
aldus'  für  'Erchinoaldus'.  Aus  diesen  Beispielen  ergiebt  sich, 
dass  es  eine  alte  Handschrift  war,  aus  welcher  der  Slünchener 
Codex  geflossen  ist.  Der  bairische  Schreiber  hat  sich  auch 
einen  eigenen  Zusatz  erlaubt.  Chron.  c.  40  setzte  er  zu  *Wor- 
macia'  die  antiquarische  Bemerkung  ^i.  Wangion'.  Eine  Menge 
ausgelassener  Sätze  und  Worte  sind  am  Rande  von  Späteren 
nachgetragen.  Blatt  86  ist  später  geschrieben  und  hinzugeheftet 
worden.  In  der  Chronik  fehlt  ein  grosser  Absatz;  nämlich 
Cap.  26  von  'ausus'  ab  bis  Cap.  28  'plenitudinem'  ohne  irgend- 
Avelche  Andeutung  einer  Lücke,  so  dass  der  Text  mit  'Lande- 
ricus  non  est  consilii  habundans'  von  Cap.  26  plötzlich  auf  28 
überspringt.  Ausserdem  ist  noch  eine  Verheftung  zu  bemerken: 
f.  97 — 120  müssen  nach  f.  136  eingeschoben  werden. 

Von  dem  übrigen  Inhalt  der  Hs.  ist  hervorzuheben:  1.  Die 
Chronik  Hermann's  von  Reichenau  (nach  Pertz  SS.  V,  p.  72, 
Abschrift  aus  dem  Reichenauer  Codex,  der  jetzt  in  Karlsruhe 
ist),  2.  die  Historia  Welforum  Weingart,  mit  Fortsetzungen, 
3.  Hermanni  Altahenses  Annales  mit  Fortsetzungen. 

Dieser  Codex  wurde  von  Canisius  für  seine  Ausgabe  be- 
nutzt, der  nur  aus  ihr  den  letzten  Theil  der  Fortsetzungen 
edierte.  Die  Hs,,  gefälligst  nach  Berlin  mitgetheilt,  ist  beinahe 
ganz  von  mir  verglichen. 

4  c')  Die  Handschrift  der  Bibliotheque  de  l'ecole  de  medi- 
cine  in  Montpellier  Nr.  158  von  135  Blättern  in  klein  Folio 
oder  gross  Octav  saec.  X.  gehörte  ehemals  Bouhier  in  Dijon. 
Sie  beginnt  f.  1  mit  dem  Hilarian  'In  dei  nomine  incipit  libellus 
Quinti  lulii  Hilarionis.  Quantocumque  tempore  in  divinis  legi- 
bus' —  f.  11'  'Explicit  libellus  Quinti  luli  Hilarionis',  daran 
schliesst  sich  das  Capitelverzeichnis  zu  den  Chroniken  des 
Hieronymus  und  Idacius  'Incipiunt  cap  cronice  Hieronimi  ex- 
carps.  I.  De  regnum  Assiriorum'  —  f.  13  'LXII  (corrigiert 
aus  LXI).  De  lustiniano  impfae  et  Belsarium  patricium.  Ex- 
pliciunt  capitula'  und  der  Text  'Incipit  liber  regnum  Assyrio- 
rum.  Primus  rex  Ninus'.  Nach  dem  Schlüsse  von  Cap.  S  bei 
Canisius    'Post    Hesebon    Labaion    annos    VIH'    folgt    f.    15' 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  305 

'in.  Historia  Daretis  Frigii  de  origine  Francorum'  —  f.  21' 
'apud  Albam  interfecerunt'.  Doch  ist  f.  20  nach  den  Worten 
'habitaverunt  ibi'  fast  eine  Seite  freigelassen,  worauf  ohne  be- 
sondere Bezeichnung  'Faraosissimus  gnarus'  fortgefahren  wird. 
Die  übrigen  Hss.  haben  an  dieser  Stelle  keine  Unterbrechung. 
Nach  dem  Excerpt  aus  Dares  geht  die  Erzählung  mit  den 
Worten  'Item  de  superiore  chronica.  In  illo  tempore  Priamus' 
wieder  auf  den  Hieronymus  über,  der  f.  41  'ad  plenum  repiriri 
non  potest'  schliesst.  Ohne  Trennung  folgt  der  Idacius  'Ydacius 
servus  domini  —  descripsi  brevi  antefacte  praefationis  indiculo. 
Romanorum  XXXVIIII',  dessen  Schluss  'nomen  vitamque 
ammisit.  Expl  Hb  I'  lautet.  Es  folgt  die  Vorrede  des  Gregor 
'Incipit  praef.  Gre^a.  ^  Decedente  atque  immo  —  liberi  p. 
initium  primi.  Expl  pf,  das  Register  'Incipiunt  capitula  libri 
quod  est  excarp  de  chronicis  Grecum  epis  Thoronacis  —  Ex- 
pliciunt  capitula',  und  endlich  der  Text  'Incipit  liber.  Cumque 
Wandali  —  finivit.  Amen  deo.  Explicit  liber  II'.  Darauf 
beginnt  der  Index  zur  Chronik  'Incipiunt  capitula  cronicae 
libri  Iir,  welcher  89  Nummern  umfasst  und  'Expliciunt  capitula' 
endigt.  Nach  dem  Prologe  'Incipit  prologus.  Cum  ad  liqui- 
dum iusso  verbi  —  vita  finisset  scripsi.  Explicit  prologus' 
folgt  unter  der  Ueberschrift  'Incipit  liber  chronicae'  der  Text 
der  Chronik  von  'I.  Gunthramnus  —  uterque  interire  fecisset'. 
Ohne  irgendwelche  Ueberschrift,  aber  nach  einer  Zwischenzeile, 
wird  mit  grosser  Initiale  auf  derselben  Seite  f.  117'  fortgefahren 
'Igitur  Chlodoveus'.  Auch  in  dieser  Handschrift  fehlt  die 
Capiteleintheilung  der  Fortsetzungen.  Hervorgehoben  ist  nur 
der  auf  die  Computation  folgende  Zusatz  (bei  Ruinart  p.  676), 
welcher  mit  sehr  grosser  Initiale  'Item  quod'  beginnt,  —  wo- 
gegen gleich  darauf  die  Worte  'Idcirco  sagacissimus'  nicht  aus- 
gezeichnet sind,  —  und  der  Anfang  der  letzten  Fortsetzung 
f.  127  'His  transactis'.  Die  vorhergehende  Seite  f.  126'  schliesst 
'sublimatur  in  regno',  worunter  Chifflet  die  S.  294  citierte  Be- 
merkung gesetzt  hat,  die  in  Ruinart's  Ausgabe  übergegangen 
ist.  Der  Codex  endigt  f.  135  mit  den  Worten  'cum  magno' 
des  vorletzten  Capitels.  Der  Schluss  ist  von  ChifFlets  Hand 
hinzugefügt  und  zwar,  wie  Waitz  bemerkt,  offenbar  aus  einer 
Ausgabe,  nicht  aus  dem  verlorenen  letzten  Blatte  der  Hand- 
schrift. 

Die  Quaternionen  sind  nicht  ganz  regelmässig:  es  finden 
sich  Lagen  von  6,  7,  10  und  12  Blättern.  Sie  sind  nirgends 
signiert.  Das  letzte  Blatt,  das  sechste  dieser  Lage,  ist  aus- 
geschnitten. Auf  der  Seite  finden  sich  regelmässig  26  Zeilen, 
die  mit  dem  Grifi'el  vorgezogen  sind.  Rechts  und  links  sind 
Parallelen  beobachtet,  die  der  Schreiber  für  die  Initialen  benutzte. 
Diese,  bald  grösser,  bald  kleiner,  sind  mit  roth  und  gelb  um- 
zogen.   Der  Anfan":  der  Handschrift  f.  1'  ist  künstlich  verziert. 


306  Die   Chrouicae   des   sog.   Fredegar. 

Die  Schrift  ist  regelmässig",  ein  wenig  fett,  die  Tinte  blass. 
Mitunter  verwendet  der  Schreiber  für  den  Anfang  Uncialen. 
Die  Abbreviaturen  sind  die  gewöhnlichen  dieser  Zeit,  überhaupt 
findet  sich  wenig  Auffallendes  in  palaeographischer  Hinsicht: 
das  e  hat  einen  Strich  nach  oben  6,  i  geht  über  die  Linie  (so 
ist  4n  spaniarum'  und  ^ispaniarum'  kaum  zu  unterscheiden), 
'ius'  am  Ende  Avird  durch  Ligatur  des  i  mit  dem  vorhergehen- 
den Buchstaben  und  Hinzufüguug  des  Sigels  9  ausgedrückt. 
Die  Trennung  der  Wörter  ist  ziemlich  richtig  durchgeführt; 
Irrthümer  beruhen  auf  Misverständnis  der  Quelle.  In  Betreff 
der  Orthographie  bemerkt  Waitz,  dass  im  Anfang  die  alte 
Schreibweise  ziemlich  beobachtet  sei.  Eine  alte  fast  gleich- 
zeitige Hand  hat  hier  und  da  corrigiert,  eine  neue  hat  es  mit- 
unter angefangen,  aber  bald  gelassen.  Dass  die  Correctoren 
auch  bei  dieser  Handschrift  nichts  anderes  erzielt  haben,  als 
durch  Hereinbringung  der  Regeln  der  Grammatik  den  Text 
zu  verunstalten,  braucht  wohl  nicht  erst  bemerkt  zu  werden. 

Die  Handschrift  wurde  zuerst  von  Chifflet  in  Bedae  et 
Fredegarii  Concordia,  Paris  1681.  benutzt  und  später  für  die 
Ausgabe  Ruinart's  ziemlich  oberflächlich  verglichen.  Für  die 
Monumenta  hat  Waitz  die  Historia  Epit.  bis  zum  Schlüsse  des 
Fredegar  und  von  den  früheren  Büchern  Bruchstücke  collatio- 
niert.  Von  ihm  rühren  auch  die  Notizen  über  den  Codex  her. 
Die  Historia  Daretis  ist  für  die  Ausgabe  von  Paris  benutzt. 

4c2)  Der  Codex  der  Pariser  Nationalbibliothek  Nr.  4883  A, 
saec.  XL  f.  128  in  4"  ist  von  verschiedenen  Händen  geschrieben. 
Die  Handschrift  beginnt  mit  der  bis,  zu  dem  Jahre  877  zum 
Theil  aus  Beda  fortgesetzten  Chronik  Isidor's,  deren  Schluss 
SS.  XHI,  p.  725  gedruckt  ist.  Darauf  folgen  theologische  und 
grammatische  Tractate,  auf  die  hier  einzugehen  nicht  der  Ort 
ist').  Nur  die  folgende  Notiz  muss  hervorgehoben  werden, 
weil  sich  aus  ihr  vielleicht  ein  Schluss  auf  die  Heimath  des 
Codex  machen  lässt.  Auf  f.  67  beschrieb  eine  Hand,  die  sich 
bemühte,  die  alten  Merovingischen  Züge  nachzumalen,  in  Form 
einer  Urkunde  die  Stiftung  des  Klosters  Arnacum  bei  Limoges: 

'DE  ARNACO^). 

JOHANNES  EPISCOPUS  SERVVS  SERVORVM  DEL 
Notum  sit  Omnibus  sanctae  Dei  ecclesiae  filiis  presentibus  et 
futuris,  qualiter  Guido,  qui  vocatur  de  Turri,  et  Ingalsia  iugales, 
inspirante  divina  misericordia,  construxerunt  monasterium  in 
comitatu  Lemovicino»),  in  pago,  quae  dicitur  Arnaco,  ad  hono- 

1)  Auf  dem  unteren  Rande  von  f.  32  hat  sicli  der  Schreiber  dieses 
Theiles  genannt  'Aymericus  scripsit  monachus'.  An  dem  Fredegar  hat 
aber  Aymericus  keinen  Antheil.         2)  In  marg.         3)  'ci'  in  litura. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  307 

rem  sanctae  et  individuae  Trinitatis,  Patris  scilicet  et  Filii  et 
Spiritus  sancti,  beatiqiie  confessoris ')  Christi  Pardulfi;  et  de 
diversis  eorum  proprietatibus  mobilibus  et  inmobilibus  ibidem 
non  pauca  dederunt  ad  sustentacionem  atque  usum  et  salarium 
oranium  et  monaehorum  et  servorum  Dei,  qui  die  noctuque 
Dominum  et  sanctorum  merita  exorare  ibidem  non  cessant 
pro  eorum  et  omnium  christianorum  delictis'. 

Nach  der  Chronik  des  Gaufred  2)  weihte  der  Bischof  Jor- 
danus  von  Limoges  das  Kloster  Arnacum  'in  quo  quiescit 
corpus  almi  Pardulphi'  am  15.  Juli  1028  'in  honore  sanctissimae 
Trinitatis'.  Derselbe  Chronist  bemerkt  weiter  'Adfuit  ibi  Guido 
de  Turribus  cum  venerabili  coniuge  Engalsia'.  Man  sieht  hier- 
aus, dass  die  Notiz  unseres  Codex  in  vollstem  Umfange  be- 
stätigt wird.  Die  Eintragung  dieses  lokalen  Ereignisses  lässt 
aber  die  Vermuthung  auflcomraen,  dass  der  Codex,  wenn  nicht 
in  Arnacum  selbst,  so  doch  in  der  Nähe  von  Limoges  geschrie- 
ben ist.  Auf  diese  Nachricht  folgen  die  Satiren  Juvenal's  mit 
vorausgeschickter  Vita.  Unsere  Handschrift  ist  unvollständig; 
sie  bricht  schon  VI,  90  auf  f.  72'  ab. 

Von  anderer  Hand  folgt  f.  73  am  Beginn  eines  neuen  Qua- 
ternio  die  Chronik  des  Fredegar.  Die  erste  Columne  ist  bis 
auf  die  beiden  letzten  Zeilen  freigelassen;  der  Text  beginnt 
im  Hieron.  c.  18:  'Memoravimus  sub  A'''fronem  regem'  und 
läuft  ohne  jede  Capiteleintheilung,  doch  mit  Hervorhebung  der 
Satzanfänge  bis  f.  83'  'ad  plenum  reperiri  non  potest'.  Die 
nächste  Zeile  ist  frei;  dann  beginnt  der  Idacius  'Ydacius  ser- 
vus  domini  nostri  Jesu  Christi  universis  iidelibus'  —  f.  93^ 
'abucillino  victus  nomen  vitamque  ammisit.  EXPLICIT  LIB 
•  n  • ;'.  Aus  der  Clausel  ersieht  man,  dass  der  im  Pariser  Codex 
fehlende  Hilarian  als  'Liber  I'  gerechnet  wird.  Uebrigens  findet 
sich  auch  im  Idacius  keine  Capiteleintheilung,  doch  sind  bis- 
weilen Absätze  gemacht.  Der  Gregor  beginnt  'INCIPIT  PR6- 
FATIO  GRECA.  Decedente  atque  immo'  —  f.  94'  'liberi 
poneretur  initium  primi.  Expit  pf;  dann  das  Register  'INCI- 
PIVNT  CAPITVLA  LIBRI  QD  EST  EXCARPS  DE  CHRO- 
NICIS  GRECV  EPS  TORONACIS.  I.  De  Chunis  et  Agecium 
patricium'  —  f.  95  'XCII.  De  Chilperico  quod  filiara  suam  cum 
thesauris  di''''xit  et  continuo  Cala  villa  mortuus  est.  EXPLI- 
CIVNT  CAPITVLA',  und  der  Text  'INCIPIT  LIBER  TER- 
TIVS.  Cumque  Wandali'  —  f.  102'  'crudelissimam  vitam 
digna  morte  finivit  .  am  dö  gras.  EXPLICIT  LIBER  SECVN- 
DVS'.  Im  Gregor  sind  Capitelzahlen  angemerkt,  doch  laufen 
die  Zahlen  fort,  obwohl  der  Text  von  Cap.  39  bis  zu  den 
Worten  'Largiter  Thiberius  in  elemosinis'  etc.  in  Cap.  80  aus- 


1)  'conress,'  ?  cod.        2)   Cap.  9,  Bouquet  X,  p.  268.    lieber  Arnacum 
verg-1.  Mabillon,  Annales  II,  p.  103,  IV,  p.  311;  Gallia  Christ.  II^  p.  514. 


308  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

gefallen   ist.     Der  Index    zum  letzten   Buche   beginnt   'INCI- 
PIVNT  CAPITVLA  CHRONICAE  LIBRI  TERTII.    I.  De 

bonitate  Guntramni  et  eclesia  sancti  Marcelli'  —  f.  103' 
'XCIIII.  De  Willibadi  interitum  et  Flaocadi  obitum.  EXPLI- 
CIVNT  CAPITVLA',  es  folgt  der  Prolog  'Cum  ad  liquidum 
iusso  verbi  proprietatem  —  vita  finisset  scripsi,  EXPLICIT 
PROLOGVS',  und  mit  f.  104  'INCtPIT  LIBER  CHRONICAE. 
Guntramnus  rex  Francorum  cum  iam  anno'  beginnt  endlich 
die  Chronik  selbst.  Die  Capitel  sind  vom  Miniator  nur  bis  9 
verzeichnet;  dann  schrieb  er  'AMEN'  unter  die  Columne  und 
schenkte  sich  die  übrigen  Zahlen.  Die  Anfänge  der  folgenden 
Capitel  sind  bisweilen  durch  Absätze,  bisweilen  auch  nur  durch 
grosse  Anfangsbuchstaben  bezeichnet.  Die  Chronik  schliesst 
f.  122  'cos  uterque  interire  fecisset'.  Der  Rest  der  Zeile  ist 
leer;  dann  schliessen  sich  mit  'Igitur  Chlodoveus  filius  Dago- 
berti'  die  Fortsetzungen  an,  die  fortlaufend  geschrieben  sind. 
Nur  drei  Absätze  lassen  sich  hier  wahrnehmen;  nämlich  vor 
der  Computation  f.  124  'Curricula  annorum  actenus',  bei  Beginn 
des  Nachtrages  f.  124'  'Item  quod  superius  pretermisimus'  und 
f.  126'  am  Anfange  der  letzten  Fortsetzung  'His  ita  transactis 
sequente  anno  iterum  Saxones'.  Auch  in  dieser  Hs.  haben  die 
Fortsetzungen  keinerlei  Capiteleintheilung.  Am  Schlüsse  ist 
der  Text  sehr  lückenhaft.  Nach  den  Worten  des  Cap.  125 
'Maximam  partem  Aquitaniae  vastans ;  usque'  sind  die  übrigen 
4  Zeilen  von  f.  128  und  die  ersten  13  Zeilen  von  f.  128'  leer 
gelassen.  Der  Codex  fährt  dann  mit  den  Schlussworten  von 
c.  125  'Factum  est  postquam  Pipinus'  fort.  Ferner  sind  nach 
den  Worten  'comites  suos'  von  c.  126.  7  Zeilen  frei ;  es  fehlt 
der  ganze  Schluss  dieses  Capitels  und  der  Anfang  des  folgenden 
bis  'Aquitanico  principe'.  Die  Handschrift  schliesst  in  Cap.  127 
mit  den  Worten  'Omnes  quos  ibidem  adduxerant';  die  halbe 
vorletzte  und  die  letzte  Zeile  dieser  Columne  sind  leer  gelassen. 
Am  unteren  Rande  bemerkte  der  Schreiber  'Non  repperio  plus. 
Sufficiat  igitur  hoc'. 

Der  Fredegar  ist  in  zwei  Columnen  geschrieben,  lieber 
die  Schrift  ist  höchstens  zu  bemerken,  dass  h  als  \-  oft  über- 
geschrieben ist.  Rothe  Uncialen  kommen  hauptsächlich  in  den 
Ueberschriften  vor.  Umstellungen  werden  durch  v  angedeutet, 
z.  B.  'ei  nichir,  ausgestrichen  wird  durch  zwei  parallele  Linien 
'm  eum'.  Die  Ortliographie  ist  schon  sehr  modernisiert  und 
nur  einzelne  Abnormitäten,  wie  'carc'  statt  'quare',  'quathedra' 
für  'cathedra'  lassen  sich  nachweisen.  Daher  sind  auch  die 
Correcturen  nur  sehr  spärlich;  die  meisten  rühren  noch  von 
der  Hand  des  Schreibers  her,  einige  wenige  verdankt  man 
einem  Scribenten  des  15.  Jahrb.,  der  mit  blasser  Tinte  gram- 
matische Uncorrectheiten  verbesserte.  Den  Text  hat  der 
Schreiber  bisweilen  aus  seiner  Kenntnis  der  alten  Geschichte 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  309 

corrigiert,  im  Anfang  auch  durch  eine  Anzahl  Zusätze  interpoHert. 
Die  Vorlage,  welche  dem  Codex  zu  Grunde  liegt,  war  offen- 
bar sehr  defect,  wie  aus  den  Lücken  am  Anfang  und  Ende 
und  aus  dem  Fehlen  der  Cap.  39 — 80  des  Gregor  hervorgeht. 
Interessant  ist  noch  ein  Urtheil  über  den  Fredegar,  welches 
ein  Schreiber  saec.  XII.  auf  den  unteren  Rand  von  f.  106  ein- 
trug: 'materiae  fluitantis  opus'. 

Nachdem  bei'eits  früher  eine  Abschrift  des  Idacius  aus 
dieser  Handschrift  für  die  Monumenta  angefertigt  worden  war, 
wurde  der  Codex  nach  Berlin  mitgetheilt,  so  dass  auch  die 
übrigen  Tlieile  des  Fredegar  von  mir  verglichen  werden  konnten. 

4c3)  Der  Leidener  Codex  Voss.  Nr.  20,  ein  Sammel- 
band, vereinigt  verschiedene  zu  verschiedenen  Zeiten  geschrie- 
bene Handschriften.  Die  Bruchstücke  aus  dem  Fredegar  stehen 
voran  auf  f .  1 — 8  und  gehören  dem  10.  Jahrhundert  an.  Auf 
dem  unteren  Rande  von  f.  4  liest  man  die  folgende  Inhaltsan- 
gabe einer  Hand  saec.  XIV:  'In  hoc  libro  continentur  liber 
de  regibus  Assiriorum  et  captivitate  Troie  et  inicio  Roma- 
norum; hystoria  Curti  Rufi  plures  continens  libros,  quorum 
tertius  est  primus,  liber  Esopi  cuiusdam  Greci  fabulatoris  de 
ortu  et  actu  et  fine  Alexandri  Magni  Macedonis;  opuscula  de 
libro  hystoriarum  Horosii  excerpta  et  in  unum  breviarium 
collecta'.  Dies  ist  im  Wesentlichen  der  Inhalt  der  Handschrift. 
Der  Fredegar  beginnt  f.  1  mit  dem  Register  zu  Hieronv- 
mus  'INCIPIUNTO  CAPITULA  CHRONICI  HIERONIMI 
EXCARPSUM.  I.  De  regnu  Assu  .  .  .  um'.  Das  erste  Blatt 
ist  sehr  schwer  zu  lesen,  da  es  wohl  früher  an  den  Deckel 
angeklebt  war.  Soweit  ich  es  zu  erkennen  vermag,  reichte 
aber  der  Index  nur  bis  Capitel  10.  Auf  dem  Reste  der  Seite 
finden  sich  viele  Federproben.  Auf  f.  1'  beginnt  der  Text  des 
Hieronymus  'INCIPIT  LIBER  DE  REGIBUS  ASSIRIORUM 
ET  CAPTIVITATE  TROIE  ET  INICIO  ROMANORV. 
I.  Regnum  Assiriorum  primus  rex  Ninus'.  Dieser  geht  ohne 
bemerkenswerthe  Aenderungen  bis  f.  2'  'A  captivitate  Troy^ 
usque  ad  primam  olympiadem  fiunt  anni  CCCCV,  also  bis 
zum  Schluss  des  Cap.  6  bei  Canisius.  Erst  jetzt  folgt  die 
Historia  Daretis,  welche  in  allen  anderen  Handschriften  zwischen 
Cap.  3  und  4  bei  Canisius  eingeschoben  ist.  Die  Seite  schliesst 
nämlich  mit  der  Ueberschnft  'HISTORIA  DARETIS  FRIGII 
de  origine  Francorum  V.  F.  3  beginnt  'Eodem  itaque  tempore' 
mit  dem  Texte,  welcher  'aput  Albam  interfecerunt'  endigt. 
Eine  andere  Eigenthümlichkeit  dieser  Handschrift  ist  die,  dass 
in  jener  Historia  die  Worte  'ADEO  AD  FERECIDES  IN- 
DÖLEM   PRAEPONERE  REVERTAMUR'  und   'DEIN  AD 

1)  Das  C  hat  in  dieser  Ueberschrift  eine  dem  G  ähnliche  Gestalt. 


310  Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

lULIAM  PROPEREMUS  FAMILIAM'  durch  Majuskelschrift 
ausgezeichnet  sind.  Der  Schreiber  fährt  dann  weiter  im  Hie- 
ronymus  fort  'Redeamus  quo  ordine  —  in  LXX.  interpretatione 
xx'  bis  Cap.  7  Schluss.  Hierauf  folgt  gleich  der  Anhang  zum 
Idacius  (bei  Canis.  Cap.  7  Schluss)  'Temporibus  Honorii  regis 
Gothorum'  mit  der  Geschichte  des  Theodorich,  die  schon  f.  8' 
bei  den  Worten  'diligenter  in  memoria  retinens  Theoderico 
velociter'  (Canis.  p.  190,  Z.  24  v.  o.)  abbricht.  Das  übrige  ist 
verloren.     Auf  f.  9  beginnt  der  Curtius. 

Die    Handschrift   wurde   von   mir  in  Berlin   benutzt;    die 
Historia  Daretis  abgeschrieben. 


Die  nahe  Verwandtschaft  der  Handschriften  dieser  Klasse 
wird  man  bereits  aus  den  vorausgeschickten  Beschreibungen 
erkannt  haben.  Allen  Codices  4  fehlt  der  Liber  Generationis 
und  alle,  soweit  sie  nicht  etwa  unvollständig  sind,  haben  dafür 
die  Schrift  des  Hilarian  an  der  Spitze.  In  den  Hieronymus 
schieben  sie  die  Historia  Daretis  de  origine  Francorum  ein 
imd  setzen  die  Fredegarsche  Chronik  bis  zum  Jahre  768  fort. 
Ein  engeres  Band  umschliesst  dann  wieder  jede  der  3  Gruppen 
4  a,  4  b  und  4  c. 

Was  zunächst  die  beiden  Handschriften  von  4a,  die  Vati- 
canische  (4  a)  und  die  in  Troyes  (4a*),  anbetrifft,  so  hat  4  a* 
alle  Fehler  von  4a  und  noch  eine  bedeutende  Anzahl  mehr. 
In  der  Ueberschrift  der  Historia  Daretis  verderben  beide  den 
Namen  des  Autors  in  ^Daregitis'  und  in  demselben  Abschnitt 
liest  4a  ^nocopinato',  4a*  '^non  oj^inato'  für  'nee  opinato',  wel- 
ches die  übrigen  Hss.  bieten.  In  der  Vorrede  des  Idacius 
haben  nur  diese  beiden  Hss.  für  'verum'  fälschlich  'utruni'  und 
Idac.  c.  (31  schwächen  4a.  a*  die  Worte  'fortissime  demigavit' 
in  'fortiter  d.'  ab.  Schliesslich  haben  sie  auch  folgende  ge- 
meinsamen Lücken:  Idac.  c.  62  (Canis.  p.  193,  1.  4)  fehlen  ihnen 
die  Worte  'quisquam  ei'  und  Idac.  c.  60  lassen  sie  sogar  den 
ganzen  Satz  'aliasque  ingeniosae  rumpens  vastavit'  aus.  Alle 
diese  Corruptelen  haben  nur  diese  beiden  Handschriften,  woraus 
sich  zur  Genüge  ergiebt,  dass  sie  sehr  nahe  mit  einander  ver- 
wandt sind,  mag  nun  die  eine  aus  der  anderen  abgeleitet  sein, 
oder  beide  aus  demselben  Codex.  Nach  den  Beschreibungen 
ist  die  Hs.  in  Troyes  die  ältere  saec.  IX/X,  während  die  Vati- 
canische  dem  10.  Jahrh.  angehört.  Die  erstere  enthält  jetzt 
nur  die  ersten  Bücher  bis  incl.  den  Idacius,  doch  könnte  die 
Hs.  wohl  zur  Zeit,  als  der  Vaticanus  angefertigt  wurde,  voll- 
ständig gewesen  sein,  und  jener  Umstand  nicht  der  Annahme 
entgegenstehen,  dass  der  Trecensis  die  Quelle  des  Vaticanus 
sei.     Doch  spricht  hiergegen   die  schon  angeführte  Thatsache, 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegai-.  311 

dass  Troyes  weit  fehlerhafter  ist,  als  die  Schwesterhandschrift. 
Die  Stelle  aus  Idac.  'in  foeda  Romanis  pace'  (Canis.  p.  184,  1.  1) 
wird  von  4a*  in  'in  federa  R.  p.'  corrumpiert,  während  4a 
mit  dem  Ciarom.  richtig  'in  foeda'  hat,  was  auch  der  Quelle, 
in  der  wir  'infida'  lesen,  besser  entspricht.  Weiter  unten  macht 
4a*  aus  'Gotis'  'Thodis',  —  'Gothis'  hat  aber  4a;  und  auf  der- 
selben Seite  Z.  5  v.  u.  liest  4a*  irrthümlich  'eleguntur  comare' 
für  'elegunt  a  mare',  welches  1  und  4  a  haben.  Idac.  c.  51 
finden  wir  in  4  a*  'uuas  cor  eis'  anstatt  'Vasconias',  wie  4  a 
liest.  Die  Worte  'cum  puer  ille  huius  eadem  diae  obidiretur' 
(Canis.  p.  190,  1.  7)  —  so  liest  der  Ciarom.  —  werden  von  4  a* 
'c.  i.  p.  haec  e.  d.  oboediret'  wiedergegeben,  wogegen  4  a  richtig 
'cum  puer  ille  huius  eadem  die  oboediretur'  hat.  Schliesslich 
verdirbt  4  a*  die  Stelle  'tanta  in  eum  amplectentes  amorem' 
(Canis.  p.  188,  1.  13  v.  u.)  in  'tantam  in  Eugeniam  plectentes 
a.',  4  a  jedoch  stimmt  völlig  mit  dem  Claromontanus  überein, 
nur  dass  es  statt  'tanta'  'tantam'  hat.  Diese  Fehler,  und  ich 
könnte  leicht  noch  mehr  anführen,  zeigen,  dass  der  Vaticanus 
unmöglich  aus  dem  Trecensis  abgeschrieben  sein  kann.  Die 
andere  Möglichkeit,  dass  das  umgekehrte  Verhältnis  zwischen 
den  beiden  Hss.  obwalte,  wird  sowohl  durch  das  höhere  Alter 
von  4  a*,  als  auch  dadurch  widerlegt,  dass  der  Trecensis  doch 
an  einigen  wenigen  Stellen  eine  bessere  Lesart  als  4  a  bietet. 
So  finden  wir  in  der  Stelle  Idac.  c.  57  'et  haec  ambulabant' 
in  4  a*  'hü'  für  'haec',  während  4  a  das  Pronomen  ganz  aus- 
lässt,  und  die  Worte  Canis.  p.  188,  1.  11  'generis  Antimiae 
imperatores  et  patricium  factum'  lauten  in  4  a  'gener  A.  impera- 
toriciü  factum',  während  4  a*  weit  richtiger  'imperatoris  ex 
patricio  f.'  liest.  Hiernach  bleibt  nur  noch  der  eine  Fall  übrig, 
dass  der  Vaticanus  und  Trecensis  aus  demselben  Exemplare 
hervorgegangen  sind,  sicherlich  jedoch  nicht  ohne  verschiedene 
jetzt  verlorene  Mittelglieder.  Von  dieser  Handschrift,  die  wir 
4  a  nennen  wollen,  bietet  der  Vaticanus  ein  verhältnismässig 
treueres  Bild,  als  4  a*.  Die  letztere  Handschrift  ist  durch  eine 
Menge  CoiTuptelen  entstellt,  die  sich,  wie  4  a  zeigt,  nicht  in 
dem  übergeordneten  Codex  4  a  befanden. 

Was  die  drei  Handschriften  der  zweiten  Ordnimg,  den 
Ambrosianus  (4bi),  Harlejanus  (4h'^)  und  Monacensis  (4b'^*) 
betriff"t,  so  stimmen  diese  drei  so  genau  mit  einander  überein, 
—  wenn  wir  von  den  Willkürlichkeiten,  die  sich  der  Schreiber 
der  jungen  Münchener  Handschrift  erlaubte,  absehen  — ,  dass 
es  schwer  wird,  eine  Anzahl  Stellen  zusammenzubringen,  die 
klarlegen  können,  in  welcher  Weise  sie  miteinander  in  Ver- 
bindung stehen.  Um  zunächst  einige  Beispiele  für  ihre  Con- 
gruenz  herauszugreifen,  alle  drei  Hss.  lesen  Ruinart  p.  689,  1.  43 
'nestariam'  für  'nefaria'  und  schieben  p.  702,  1.  17  zwischen 
'iterum  perrexit'  'irae'  ein.    Es  fehlen  ihnen  die  Worte  p.  688, 1.  2 

Neues  Archiv  etc.     VII.  21 


312  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

^comite',  p.  689,  1.  12  'apostolorum',  p.  693,  1.  4  'amicitias  et', 
p.  699,  1.  43  'nimiam'.  Alle  drei  Hss.  lassen  p.  703,  1.  12 
'Gotia'  aus  und  lesen  statt  'Burgundia,  Provintia  et  Gotia'  nur 
<Burgundi(a)e  et  Provintiae'.  Schliesslich  fehlt  diesen  Hss.  die 
Stelle  p.  676,  1.  13  '548.  Gerte  ab  initio  mundi  usque  ad  pas- 
sionera  domini  nostri  Jesu  Christi  sunt  anni',  indem  der  Schrei- 
ber des  Originalcodex  dieser  Klasse  von  dem  der  Zahl  '548' 
vorangehenden  'anni'  auf  das  nächste  'anni'  abirrte.  Im  Ein- 
zelnen lässt  sich  eine  nähere  Verwandtschaft  zwischen  dem 
Harlejanus  und  dem  Monacensis,  als  zwischen  dem  Ambrosianus 
und  einer  von  diesen  beiden  Handschriften  nachweisen.  Wäh- 
rend der  Ambros.  p.  693,  1.  26  richtig  'confugium  fecerant' 
liest,  haben  Harlej.  und  Monac.  'c.  fecerunt' ;  'Sanctonis',  was 
wir  p.  698,  1.  7,  p.  702,  1.  17  und  30  im  Ambros.  finden,  ändern 
die  beiden  anderen  Hss.  an  diesen  drei  Stellen  in  'Sanctionis'  um, 
endlich  fehlen  dem  Harlej.  und  Monac.  p.  697,  1.  10,  die  Worte 
'et  super  fluvium  Legeris  fortiter  inter  se  dimicantes',  die 
jedoch  der  Ambros.  mit  den  übrigen  Hss.  hat.  Hier,  wie 
überall,  zeigt  sich  der  Ambros.  als  die  bessere  von  den  drei 
in  Rede  stehenden  Hss.  Durch  die  beinahe  wörtliche  Ueber- 
einstimmung  von  4h'^  und  4b2*  lässt  sich  der  Irrthum  von 
Thompson")  erklären,  welcher  glaubte,  der  englische  Codex 
habe  Canisius  für  seine  Ausgabe  vorgelegen,  während  dieser 
bekanntlich  den  Monacensis  benutzte.  Am  nächsten  liegt  nun 
die  Annahme,  dass  die  junge  Münchener  Hs,  aus  dem  Harle- 
janus abgeschrieben  sei.  Bei  dieser  Sachlage  würden  sich  jedoch 
die  folgenden  Stellen  gar  nicht  oder  doch  nur  schwer  erklären 
lassen.  Ruinart  p.  700,  1.  38  'tam  agris  quam  vineis'  liest  der 
Harlej.  'quam'  für  'tam',  die  Münchener  und  die  übrigen  Hss. 
haben  aber  richtig  'tarn';  p.  693,  1.  1  'patriae  sue  mittens'  hat 
4b^  ':  III'  anstatt  'sue',  welches  wir  im  Monac.  und  sonst  finden. 
Ganz  besonderes  Gewicht  lege  ich  aber  der  folgenden  Stelle 
p.  695,  1.  23  'coepit  hac  regionem  .  .  .  vastavit'  bei,  wo  der 
Harlej.  'c.  in  hac  r.'  liest,  während  jenes  'in'  in  4h^*  und  den 
anderen  Hss.  fehlt.  Hiernach  scheint  mir  die  Münchener  wohl 
aus  einem  dem  Harlejanus  sehr  ähnlichen  Codex,  aber  nicht 
aus  diesem  selbst  hervorgegangen  zu  sein.  Die  nur  diesen 
beiden  Hss,  gemeinsamen  Lücken  sind  mithin  dadurch  zu  er- 
klären, dass  die  beiden  Codices,  rcsp.  ihre  Vorgänger,  aus 
einer  Hs.  4ß2  geflossen  sind.  Wie  stellt  sich  nun  der  Ambros. 
zu  4ß2?  Dass  er  nicht  aus  dieser  Hs.  stammen  kann,  zeigen 
die  oben  angeführten  Belege  für  die  gemeinsamen  Fehler  von 
4b^  und  4b2*,  die  4b'  vermied.  Dagegen  lässt  sich  die  andere 
Annahme,  dass  der  Ambros.  die  Quelle  von  4ß2  ist,  nicht 
widerlegen,   aber  auch,  wenigstens  nach  den   mir  zu  Gebote 


1)  Vergl.  Romaiiia  1874,  p.  129  n.  3. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar,  313 

stehenden  Vergleichungen,  nicht  beweisen.  An  den  sehr  weni- 
gen Stellen,  wo  4b'  und  4b^-  ^*  differieren,  hat  4b»  regel- 
mässig die  bessere  Lesart,  wenn  wir  von  einigen  leichten 
Flüchtigkeitsfehlern  absehen.  Ebensowenig  stehen  die  Correc- 
turen  und  Rasuren  von  4bi,  welche  in  den  beiden  anderen 
Hss.  keine  Berücksichtigung  gefunden  haben,  dieser  Annahme 
im  Wege,  da  dieselben  nach  der  vermuthlichen  Entstehung 
von  4ß2  gemacht  sind.  Positiv  scheint  die  folgende  Stelle 
diese  Hypothese  zu  stützen.  In  der  Historia  Daretis  gegen 
das  Ende  hin  hat  4bi  'su-'-cube'  für  'succubae',  indem  offen- 
bar der  Schreiber  durch  das  Zeichen  '•  andeuten  wollte,  dass 
zwischen  u  und  c  etwas  fehle.  Aus  der  Schreibweise  von  4bi 
ist  aber  offenbar  die  Lesart  'sui  cube'  von  4b^-  ^*  entstanden, 
in  deren  Quelle  4ß''  jenes  Zeichen  fälschlich  als  i  gedeutet 
war.  Doch  verhehle  ich  mir  nicht,  dass  recht  wohl  auch  schon 
in  der  Vorlage  von  4b>  die  Lesart  'su'cube'  gestanden  haben 
kann,  die  von  4bi  getreu  wiedergegeben  wurde,  während  4ß'^ 
sie  durch  eine  naheliegende  Conjectur  zu  deuten  versuchte. 
Da  somit  unsere  Mittel  nicht  ausreichen,  um  zu  einem  siche- 
ren Urtheile  zu  gelangen,  ob  4ß2  aus  4b'  geflossen  ist,  die 
Stelle  aber,  die  sich  dafür  verwenden  lassen  könnte,  auch  dann 
erklärlich  wäre,  wenn  4bi  und  4ß^  aus  einer  Hs.  4ß'  abge- 
schrieben sind,  so  neige  ich  in  der  Ungewissheit  der  letzteren 
Ansicht  zu,  die  vielleicht  durch  die  folgende  Stelle  gestützt 
wird.  In  der  Ueberschrift  des  Hilarian  verdirbt  4b'  den 
Namen  'Quinti'  in  'Qui  est',  während  Ah^  die  richtige  Form 
hat,  auf  welche  ein  mittelalterlicher  Schreiber  durch  Conjectur 
wohl  schwerlich  verfallen  wäre.  Nehmen  wir  nun  auch  an, 
dass  eine  alte  Hs.  4ß'  die  Quelle  von  4b'  und  4ß2  war,  so 
ist  doch  nicht  zu  läugnen,  dass  diesem  Originalcodex  die 
Ambrosianische  Hs,  weit  näher  steht,  als  4ß\ 

Stammt  4b2*  aus  4ß2  und  4ß2  mit  4b'  aus4ß',  so  muss 
4  b 2*  alle  die  Fehler  haben,  die,  wie  wir  aus  dem  Zusammen- 
gehen von  4b'  und  4h-  ersehen,  sich  schon  in  dem  Codex 
4ß'  befanden.  An  zwei  Stellen  ist  dies  aber  nicht  der  Fall, 
was  dai'aus  zu  erklären  ist,  dass  der  Schreiber  der  JVIünchener 
Hs,  saec,  XV.  seinen  Text  lesbarer  zu  machen  gesucht  hat. 
Gewöhnlich  hat  er  dabei  das  Richtige  verfehlt  und  der  betref- 
fenden Stelle  einen  anderen  Sinn  untergelegt,  als  der  Autor 
ihr  zu  geben  beabsichtigte;  in  zwei  Fällen  jedoch  ist,  wie  schon 
erwähnt,  durch  ihn  die  richtige  Lesart  hergestellt  worden.  In 
den  Fortsetzungen  c.  125  lesen  4b'-  ^  'remeavit  ad  praelia', 
was  ganz  sinnlos  ist,  da  Pippin  eben  aus  dem  Kriege  kommt; 
4  b'**  hat  dagegen  correct  'remeavit  ad  propria'.  Ebenso  hat 
Cap.  130  4b2*  richtig  'patrata  iterum  victoria',  wo  4b'-  ^  <pa- 
rata'  lesen.  Diese  Abweichungen  von  4b'  und  4h'^  können 
nur  von  dem  Schreiber  der  Münchener  Hs.  herrühren,  da  sie 

21* 


314  Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

sich  mit  der  Genealogie  der  Hss.,  wie  wir  sie  oben  festgesetzt 
haben,  nicht  vereinigen  lassen. 

Uebrigens  ist  die  Fredegarrecension,  welche  uns  in  den 
Hss.  der  Klasse  4  b  vorliegt,  von  einem  Romanen  veranstaltet 
worden.  Dies  zeigt  die  Schreibung  der  Eigennamen  ^Guinidi', 
Guascones',  'Guaiofarius',  die  wir  nur  in  diesen  Handschriften 
finden.  Da  nun  die  aus  Frankreich  stammenden  Fredegar- 
codices  noch  nicht  'Gu'  für  'W  schreiben,  unsere  beste  Hs.  4b 
aber  in  Mailand  ist,  so  möchte  ich  annehmen,  dass  ein  Italiener 
der  Urheber  von  4ß'  ist.  Hierfür  spricht  auch  der  Umstand, 
dass  Chron.  c.  51  nur  4  b  die  Burg,  in  welche  Gundeberga  Ver- 
stössen wurde,  richtig  'Laumello'  (jetzt  'Lumello')  nennt,  wo  alle 
anderen  Hss.,  selbst  der  Claromontanus,  'Caumello'  lesen.  Diese 
Verbesserung  konnte  doch  wohl   nur  ein  Italiener  vornehmen. 

Eine  Hs.  dieser  Klasse  hatte  übrigens  der  Schreiber  des 
Codex  Bruxell.  Nr.  9361  vor  sich,  der  einer  nur  bis  Cap.  110 
reichenden  Hs.  5  aus  einem  jetzt  verlorenen  Codex  4  b  den 
Schluss  der  Fortsetzungen  hinzufügte.  Der  betreffende  Ab- 
schreiber hat  jedoch  seine  Vorlage  so  vollkommen  überarbeitet, 
dass  seine  Hs.  für  den  Text  des  Fredegar  vollständig  Averth- 
los  ist.  Dies  wird  man  schon  aus  den  folgenden  Beispielen 
ersehen,  die  ich,  um  das  Verhältnis  zu  4b  zu  beleuchten, 
vorführe.  Cap.  135  lesen  4b'.  4b2  und  4h'^*  statt  ^iterum 
perrexit'  'iterum  irae  perrexit',  der  Bruxell.  hat  hier  <ire  studuit'. 
Cap.  112  finden  wir  statt  'contra  ipsos  rebellionem  excitat'  in 
4  b»  und  4b2  'contra  ipsum  rebellum  e.',  woraus  der  Schreiber 
des  Monac.  'contra  i.  bellum  e.'  machte.  Ebenso  steht  nun 
auch  im  Bruxell.  'contra  i.  bellum  e.'  Doch  scheint  die  Vor- 
lage des  Bruxell.  nicht  aus  4ß»,  sondern  aus  einem  übergeord- 
neten Codex  4ß  hervorgegangen  zu  sein,  wenigstens  hat  er 
nach  der  Bethmannschen  Vergleichung  nicht  jene  Lücken,  die 
ich  oben  als  den  Hss.  4b'.  4b2  und  4h^*  gemeinsame  zusam- 
mengestellt habe. 

Von  den  drei  Handschriften  der  dritten  Ordnung  in  Mont- 
pellier (4  c»),  Paris  (4c2}  und  Leiden  (4  c»),  enthält  die  letzte 
nur  die  Historia  Daretis  vollständig,  die  wiederum  der  Pariser 
Codex  nicht  hat.  Wir  können  daher  ihre  Verwandtschaft  nur 
so  beweisen,  dass  wir  zunächst  4  c'  mit  4c2  und  dann  durch 
die  Historia  Daretis  4c*  mit  4c'  vergleichen.  Die  ersten 
beiden  Handschriften  stimmen  nun  fast  wörtlich  mit  einander 
überein.  Ich  will  hier  nur  ein  Paar  Belege  aus  dem  Idacius 
anführen.  Idac.  c.  58  'nee  Francos  nee  Gothos  ....  accederit' 
haben  nur  4ci  und  40^  'accederent',  bald  darauf  lesen  diese 
beiden  Handschriften   statt  'inarmis'  'inhermes'  und   verderben 

'Ubi  Paternus    unum    Soledum extrahens'   in   'unum  P. 

unum  s.'  Cap.  59  findet  man  statt  'Fertur  in  dialiquos  sancti 
Gregorii   a  quacdam'  in  4c'  und  iC^  'F.  inde   aliquid  sanctus 


Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar.  315 

Gregorius  ut  a  q.'  und  Cap.  60  machen  sie  aus  'Victusque 
Trasemundus'  ^vinctusqu(a)e  Transemundus',  welche  letztere 
Form  durchweg  den  Hss.  4  c  eigen  ist.  Weiter  unten  conji- 
cieren  4ci.  4c2  'etiam  et  mortuos  suscitabant'  in  'egros  et 
mortuos  s.'  Diese  Beispiele,  die  man  leicht  noch  vermehren 
könnte,  zeigen  die  Verwandtschaft  der  beiden  Hss.  4  c»  und 
4c2.  Da  4c'^  am  Anfang  und  Ende  unvollständig  ist,  so  kann 
es  nicht  die  Vorlage  für  4ci  gebildet  haben.  Aber  auch  4c* 
kann  nicht  die  directe  Quelle  von  4c2  gewesen  sein,  da,  wie 
wir  oben  gesehen  haben,  der  Schreiber  dieser  Hs.  schon  eine 
verstümmelte  Vorlage  benutzt  haben  muss.  Es  Hesse  sich  also 
nur  denken,  dass  40^  aus  einer  schlecht  conservierten  Abschrift 
von  4ci  geflossen  ist.  4c2  ist  in  der  That  auch  die  fehler- 
haftere Handschrift.  So  liest  Chron.  c.  37  4ci  richtig  'Uter- 
que  falange  Vangas  iungunt',  4c2  verdirbt  jedoch  'Vangas'  in 
'phalangas'.  Greg.  c.  3  lässt  4c2  die  Worte  'ut  Aeraclius 
lovianus'  aus,  während  4ci  diese  Stelle  hat.  Nicht  selten 
finden  sich  fehlerhafte  Correcturen  von  4ci  im  Texte  von 
4c2.  So  steht  in  4cJ:  'Suffiä  augusta',  in  4c2  aber  'Suf- 
ficia  augusta',  obwohl  selbstverständlich  'Suffia'  das  Richtige 
ist.  Dass  dennoch  nicht  4c2  aus  einem  Apographon  von  4cJ 
stammt,  werden  die  folgenden  Stellen  zeigen.  Greg.  c.  16 
'neque  securis  est  utiles'  verdirbt  4ci  'seuiris';  Chron.  c.  42 
'vitae  suae  temporebus'  liest  4  c>  'tempore',  c.  50  'Adloaldus 
rex  venino  auctus'  verbessert  es  'austus'  und  c.  58  'iusticia 
iudicandi'  corrumpiert  4ci  'dicandi'.  In  allen  diesen  Fällen 
hat  4c2  die  richtige,  d.  h.  die  durch  den  Claromontanus  ver- 
bürgte Lesart.  Wenn  man  nun  auch  annehmen  will,  dass  der 
Schreiber  von  4c'^  durch  Conjectur  auf  einige  der  oben  ge- 
nannten richtigen  Lesarten  kommen  konnte,  so  war  dies  doch 
bei  der  aus  Cap.  50  der  Chronik  angeführten  Stelle  ausgeschlos- 
sen, da  hier  4ci  die  übliche  Schreibung  'austus',  4c2  aber  die 
ungewöhnliche  'auctus'  hat.  Dass  ein  Schreiber  des  ll.Jahrh. 
'(h)austus'  in  '(h)auctus'  verwandelt,  halte  ich  für  unmöglich,  und 
kann  daher  den  Pariser  Codex  nicht  als  eine  Ableitung  aus 
4ci  ansehen.  Dieser  Ansicht  widerspricht  auch  eine  Lücke 
im  Greg.  c.  83;  hier  lässt  4ci  die  beiden  Eingangsworte  aus, 
4c2  dagegen  hat  richtig  'Qui  cum  magnis  thesauris'  etc.  Es 
ist  mithin  anzunehmen,  dass  4c2  aus  einer  Hs.  geflossen  ist, 
die  4ci  sehr  ähnlich,  also  wohl  die  Quelle  oder  eine  von  4ci 
unabhängige  Abschrift  derselben  war. 

Was  den  Leidener  Codex  anbetrifft,  so  verdirbt  er  in  der 
Historia  Daretis  zusammen  mit  4ci  das  wenig  lateinische 
Substantiv  'damnietate'  in  'contrarietate'.  Statt  'repulerunt  eos. 
Itemque'  finden  wir  in  4ci  und  4  c*  'r.  cum.  Idemque'  und 
in  dem  Satze  'navium  multitudinem  coacervatam  finibus  Troia- 
norum'  schieben  diese  beiden  Hss.  zwischen  'finibus  Tr.'  'ade- 


316  •         Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

unt'  ein.  Nach  ^patei'  familias  ....  absque  regio  honore'  er- 
gänzen diese  Hss.  das  Verbura  'extitit'  und  endlich  lassen  4ci 
und  4c'^  gar  den  ganzen  Satz:  'Tarnen  omnibus  membris 
desectis,  arma,  gladium  ipsius  non  valebant  abstrahere  de  manu 
eius'  aus.  So  nahe  auch  die  beiden  Hss.  mit  einander  ver 
wandt  sind,  so  ist  doch  auch  in  diesem  Falle  keine  directe 
Abhängigkeit  zu  constatieren.  Dass  4ci  nicht  aus  4c^  stam- 
men kann,  ergiebt  schon  der  Umstand,  dass  4c^  nur  Bruch- 
stücke des  Fredegar'schen  Werkes  enthält.  Ausserdem  trifft 
man  in  Ac^  eine  Menge  Willkürlichkeiten,  die  4cJ  noch  nicht 
hat.  Auf  der  anderen  Seite  hat  aber  auch  4c^  Fehler,  wo 
4c3  die  alte  Lesart  intact  erhalten  hat.  So  liest  4ci  'ad  bella 
procederet',  während  4  c''  mit  den  übrigen  Hss.  richtig  'ad 
bellum  p.'  hat,  4c^  schreibt  correct  'cum  magna  praeda  et 
multa  spoha',  4ci  hat  aber  'magna  spolia'  und  statt  'ad  Cite- 
riam  insulam'  schreibt  4ci  nur  'ad  Citeriam';  4c3  jedoch  hat 
'C.  insulam'.  Man  sieht  also,  dass  keine  der  beiden  Hss.  aus 
der  anderen  abgeschrieben  sein  kann;  die  Uebereinstimmungen 
der  beiden  Hss.  sind  dann  daraus  zu  erklären,  dass  derselbe 
Codex  ihre  Quelle  ist.  Wie  schon  oben  erwähnt  wurde,  fehlt 
die  Historia  Daretis  in  4c^  und  wir  können  somit  nicht  sagen, 
wie  sich  4c2  an  diesen  Stellen  zu  4  c'*  gestellt  haben  würde. 
Da  jedoch  die  nahe  Verwandtschaft  von  4ci  und  4  0^  bereits 
nachgewiesen  wurde,  und  sich  jetzt  auch  die  Zusammengehörig- 
keit von  4ci  und  40^  herausgestellt  hat,  so  müssen  nach  dem 
bekannten  mathematischen  Satze  auch  4c2  und  4  c''  mit  ein- 
ander verwandt  gewesen  sein.  4ci  und  4c2  stammten  aus 
demselben  älteren  Codex  her,  für  4ci  und  4c''  ist  eben  das- 
selbe bewiesen  worden,  daraus  geht  hervor,  dass  die  drei  Hss. 
4ci.  4c2  und  4c''  aus  derselben  Hs.  4y  abgeleitet  sind. 

Es  bleibt  zu  untersuchen,  wie  sich  die  drei  Hss.  4  a.  4 ß 
und  4y  zu  einander  verhalten.  Da  ergiebt  sich  leicht,  dass 
4j3  und  4y  ein  engeres  Band  umschliesst,  während  4a  eine  von 
diesen  Hss.  vollständig  unabhängige  Stellung  einnimmt.  4ß 
und  4y  haben  die  folgenden  Fehler  gemeinsam.  In  dem  Satze 
Chron.  c.  97  'nuntius  dirigit  Aglibertum  ac  Reolum'  lesen 
beide  Hss.  'ad  R.',  Cap.  104  'consilio  atque  regimine  cuncta 
sese  agebat'  finden  wir  in  beiden  'esse'  für  'sese'  und  Cap.  118 
'quod  dudum  ....  confugium  fecerat'  steht  in  4|3  und  4y 
'quod  dum  .  .  .  c.  f.'  Ausserdem  fehlen  diesen  Hss.  und 
zwar  nur  ihnen  die  folgenden  Worte.  Contin.  c.  100  'Erat- 
que  ei  uxor  ....  nomine  Plectrudis,  genuitque  ex  ea'  lassen 
sie  'nomine'  und  'que'  aus;  Cap.  120  'multa  munera  Aistulfus 
rex  .  .  .  donat'  fehlt  ihnen  'rex'  und  Cap.  131  'sacrameuta  ad 
eum  ibidem  donant'  vermissen  wir  in  4ß  und  4y  'ad  eum'. 
Schon  oben  haben  wir  darauf  hingewiesen,  dass  ausserdem 
jede  dieser  beiden  Hss.  ihre  speciellen  Fehler  und  Lücken  hat. 


Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar.  317 

Worte,  welche  in4ß  fehlen,  stehen  in  4  y  und  umgekehrt.  Es 
kann  also  weder  4ß  aus  4y  noch  4y  aus  4ß  geflossen  sein. 
Die  eben  verzeichneten  gemeinsamen  Fehler  von  4ß  und  4y 
müssen  mithin  darin  ihre  Erklärung  finden,  dass  die  beiden 
Hss.  aus  demselben  älteren  Codex  4x  stammen.  Dieser  Hs. 
steht  4ß  näher  als  4y,  oder  mit  anderen  Worten  4y  repräsen- 
tiert eine  mehr  verderbte  Handschriftenklasse  als  4ß.  Hierfür 
nur  einen  Beleg.  In  der  Historia  Daretis  lautet  die  Stelle 
'uxorem  regis  Memnon  inclitam  fuisse  alibe  ribus  ('a  liberibus' 
4a)  Priamo  captam'  in  4bi  'inclitam  ::::::::::  Priamo  cap- 
tam'  (übergeschrieben  ist  von  anderer  Hand :  'rebus  fuisse'),  in 
4b2  und  4b2*  'i.  f.  alibi  rege  P.  c.',  während  wir  in  4ci  und 
4c3  lesen:  'inclinatam  fuisse  et  cum  suis  rebus  ab  Alexandro 
Priami  filio  captam'.  Hier,  wie  auch  sonst,  sucht  4  y  aufrecht 
gewaltsamem  Wege  den  Text  lesbar  zu  machen.  Nicht  aus  4x, 
sondern  aus  einer  anderen  Quelle  ist  der  Ursprung  von  4  a 
herzuleiten,  jener  Hs.,  die  uns  allein  die  Clausel  erhalten  hat, 
aus  welcher  wir  die  Verfasser  der  letzten  und  vorletzten  Fort- 
setzung erfahren,  und  die  an  allen  oben  angeführten  Stellen 
die  richtige  Lesart  hat.  Der  Vaticanus  ist  allerdings  von 
Schreibfehlern  keineswegs  frei,  doch  brauchen  diese  nicht  schon 
in  dem  übergeordneten  Codex  4  a  gestanden  zu  haben.  Da 
wir  für  die  Fortsetzungen  nur  diesen  Codex  aus  der  Klasse  a 
haben,  so  lässt  sich  nämlich  nicht  feststellen,  wie  viele  seiner  Ver- 
sehen der  subjectiven  Willkür  seines  Schreibers  zuzutheilen  sind. 
Dass  dieser  nämlich  sehr  flüchtig  copiert  hat,  zeigt  ein  Blick 
auf  die  ausgeschriebenen  Varianten.  Gemeinsame  Fehler  haben 
4  a  und  4x  in  den  ihnen  eigenen  Partien,  also  hauptsächlich 
in  den  Fortsetzungen,  nicht,  wenn  wir  zwei  Stellen  am  Schlüsse 
der  ersten  Fortsetzung  und  in  dem  Nachtrage  ausnehmen. 
Doch  ist  auch  dieser  Abschnitt  nicht  Eigenthum  desjenigen, 
der  die  letzte  Fortsetzung  schrieb  und  dem  Fredegar  die  Ge- 
stalt gab,  in  welcher  er  uns  in  der  Klasse  4  erhalten  ist.  Die 
eben  erwähnten  Fehler  können  also  auf  das  Urexemplar  von  4 
zurückgeführt  werden,  und  müssen  es,  wie  ich  meine,  weil  sich 
keine  anderen  gemeinsamen  Corruptelen  nachweisen  lassen. 
Ich  komme  mithin  zu  dem  Schlüsse,  dass  zwischen  dem  älte- 
sten Exemplare  von  4  und  den  daraus  geflossenen  Hss.  4  a 
und  4x  keine  gemeinsame  fehlerhafte  Mutterhandschrift  zu 
statuieren  ist,  wobei  jedoch  zu  bemerken  ist,  dass  zwischen  4a 
und  4  einerseits  und  4x  und  4  andererseits  recht  wohl  noch 
verschiedene  Zwischenstufen  existiert  haben  können. 

Hieraus  ergiebt  sich  für  die  Kritik  der  Fortsetzungen  das 
wichtige  Resultat,  dass,  wenn  4  a  mit  irgend  einer  der  übrigen 
Hss.  4  übereinstimmt,  die  Lesart  stets  die  richtige,  d.  h.  die- 
jenige des  letzten  Redactor's  des  Fredegar  ist.  Bei  Differenzen 
zwischen  4  a  und  4x  kann  das  Richtige  sowohl  in  4  a  als   in 


318  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

4x  stecken,  da  beide  Hss.  fehlerhaft  sind.  Doch  sind  die 
meisten  Unrichtigkeiten  von  4  a  reine  Flüchtigkeitsfehler  des 
Schreibers  der  Vatikanischen  Hs.,  während  die  Verderbnisse 
von  4x  schwererer  Natur  sind.  Ich  habe  mich  daher  nach 
Verbesserung  der  Schreibfehler  von  4  a  so  streng  als  möglich 
an  diese  Hs.  gehalten. 

Eine  Handschrift  der  vierten  Klasse  lag  auch  demjenigen 
vor,  der  aus  Fredegar  und  den  Gesta  Francorum  die  fränkische 
Geschichte  zusammenschrieb,  welche  uns  der  Wolfenbütteler 
Pergament -Codex  Gud.  139  saec.  XV.  in  gross  8^,  fol.  17,  er- 
halten hat.  Ueber  die  Herkunft  giebt  eine  Notiz  von  einer 
Hand  saec.  XVII.  auf  f.  1  Auskunft:  <Hic  liber  ex  Lovanio 
devenit  Coloniam,  quo  casu  et  iure  incertum  est'.  Der  Text 
beginnt  f.  1  'Incipit  tractatus  de  gestis  regum  Francorum.  Eo 
itaque  tempore  apud  Grecorum  regna,  que  instar  maris  magni 
girata  vel  sita  sunt.  Regum  primus  et  maximus  Peleas  celeber 
habebatur'.  Es  ist  dies  die  'Historia  Daretis  Frigii  de  origine 
Francorum',  welche  der  Bearbeiter  beinahe  ganz  und  ziemlich 
wörtlich  herübernahm.  Der  Text  geht  dann  in  ein  Excerpt 
aus  den  Gesta  Francorum  und  Fredegar  über.  An  den  Rän- 
dern finden  sich  eine  Menge  Marginalien  eines  Schreibers  des 
17.  Jahrhunderts,  der  den  Codex  mit  Freher's  Ausgabe  der 
Gesta  verglich  und  bei  Differenzen  seine  Ansicht  notierte.  Wie 
dieser  Kritiker  f.  13'  richtig  bemerkte,  ist  besonders  die  Regie- 
rungszeit Dagoberts  weit  vollständiger,  als  in  den  Gesta  ge- 
schildert. Der  Compilator  verdankte  diese  Nachrichten  dem 
Fredegar,  der  ihm  vom  Schlüsse  der  Gesta  ab  die  einzige  Quelle 
war.  Doch  ist  der  Text  grösstentheils  so  umgearbeitet,  dass 
sich  eine  Vergleichung  mit  der  Quelle  fast  nur  auf  die  Eigen- 
namen beschränken  musste.  Der  Codex  schliesst  f  17'  'Hiis 
transactis  Karlus  et  Karlomagnus  germani  ad  proprias  sedes 
venientes  mense  Septembri  die  dominica.  XIIH.  K'.  Octob'. 
Karlus  apud  urbem  Novionem.  Karlo  magnus  apud  Suessionis 
pariter  uno  die  consilio  procerum  suorum  et  consecracione 
episcoporum  unusquisque  in  regnum  suum  sublimati  sunt. 
Regnante  domino  nostro  Jesu  Christo.  Qui  cum  patre  et 
spiritu  sancto  vivit  et  regnat  Dens.  Per  omnia  secula  seculo- 
rum.  Amen'.  Eine  spätere  Hand  fügte  mit  blasserer  Tinte 
hinzu  'Explicit  hysto.  de  gestis  Reg  Francorum  t  quomodo 
a  Priamo  exorti  quidam  etc.' 

Diese  Frankengeschichte  ist  dadurch  für  uns  von  Interesse, 
weil  der  Bearbeiter  derselben  einen  vollständigen  Codex  des 
Fredegar  aus  der  Klasse  4  a  vor  sich  gehabt  hat.  Dies  geht 
aus  einigen  Lesarten  der  Historia  Daretis  hervor,  bei  welcher 
sich,  wie  bemerkt,  der  Compilator  noch  ziemlich  wörtlich  an 
die  Quelle  gehalten  hat.  Während  4  b  und  4  c  ^dixitque  ad 
Eneam'   schreiben,    hat   der  Guelferbytanus  mit  4  a  ^dixit  rex 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  319 

ad  Eneam',  und  in  dem  Satze  'uxorem  regis  Memnon  inclitam 
fuisse  alibe  ribus  Priamo  eaptam'  liest  die  Wolfenbütteler  Hs. 
mit  4  a*  'a  liberis  Priami',  wo  4  b  'alibi  rege  P.',  4e  ^inclina- 
tam  fuisse  et  cum  suis  rebus  ab  Alexandro  Priami  filio  eaptam' 
coiTumpieren.  Der  Guelferbytanus  gehört  also  der  ersten 
Handschriftenklasse  der  Fortsetzungen  an,  die  uns  die  Inscrip- 
tion  über  die  Verfasser  erhalten  hat.  Dass  diese  in  der  frag- 
lichen Frankengeschichte  fehlt,  zeigt  höchstens,  dass  sie  dem 
späteren  Compilator    für   seine  Zwecke   unbrauchbar  erschien. 

Aus  der  4.  Handschriftenklasse  sind  ferner  die  Capitel  57 
— 62  des  Idacius  einer  Reihe  Codices  der  Gesta  Francorum 
als  'Gesta  Theoderici  regis'  angehängt  worden.  Von  dieser 
Gattung  sind  mir  die  folgenden  Handschriften  bekannt  geworden. 

4z>)  Der  Codex  Vaticanus  Reg.  Christ.  549  saec.  XH. 
Die  Gesta  reichen  hier  bis  *ipse  disponit';  das  Ende  ist  ver- 
loren; cf.  Archiv  V,  p.  115,  XH,  p.  288. 

4z2)  Die  Handschrift  der  Hofbibliothek  in  Karlsruhe 
saec.  XII.  in.  in  fol.  Nur  2  Blätter  sind  erhalten.  Das  Frag- 
ment beginnt  mit  Cap.  31  der  Gesta  Francorum,  dann  folgen 
kurze  Annalen  und  endlich  unter  der  Ueberschrift  'Incipiunt 
Gesta  Theoderici  regis'  die  Gesta,  die  aber  schon  mit  'amicitias 
iniens'  abbrechen.  Die  Bruchstücke  sind  von  Mone  im  'An- 
zeiger für  Kunde  des  deutschen  Mittelalters'  IV,  p.  10,  ediert 
worden. 

4z*)  Die  Wiener  Handschrift  der  Universität  Nr.  3334, 
früher  838,  Repert.  Schwandneri  I,  611,  gehörte  Dr.  Fuchs- 
magen. Es  ist  ein  Papiercodex  saec.  XV.  ex.  Pertz  verglich 
hieraus  die  Gesta  Francorum. 

In  diesen  drei  Handschriften  stehen  zwischen  den  Gesta 
Francorum  und  Theoderici  einige  kurze  annalistische  Notizen, 
die  SS.  XIII,  p.  724,  ediert  sind. 

4z*)  Der  Codex  der  Graz  er  Universitätsbibliothek 
fol.  42/59  membr.,  saec.  XH.  ex.  stammt  aus  S.  Lamprecht. 
Unmittelbar  auf  die  Gesta  Francorum  folgt  'Incipiunt  gesta 
Theoderici  regis.  Theodericus  natione  Macedonum  ex  permissu 
Leonis'  u.  s.  w.  bis  zum  Schluss  von  Cap.  62  'a  Buccellino 
victus  nomen  vitamque  amisit'.  Die  Handschrift  wurde  von 
Wattenbach  untersucht;  vergl.  Archiv  X,  p.  623. 

4z'**)  Der  Codex  der  Graz  er  Universitätsbibliothek 
oct.  33/52,  chart.,  saec.  XV.  reicht  ebenfalls  bis  zum  Schluss 
des  Idacius,  und  scheint  Abschrift  des  vorhergehenden  zu  sein ; 
vergl.  Archiv  X,  p.  625. 

4z5)  Die  Wiener  Handschrift  Nr.  428  1)  (früher  57  und 
Hist.  prof.  230)  saec.  XIII,  f.  207   in  fol.,   enthält  die   Gesta 


1)  Vergl.  Endlicher,  Catalogus  Codd.  Philol.  Latin.  Vindob. 


320  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

Theoderici  f.  203—207  'Incipiunt  Gesta  Theodorici  Regis'  nur 
bis  'lustinianus  mittens  pue  |'  Canis.  p.  193,  Z.  6  v.  u.,  die 
hieraus  Mone  im  Anzeiger  1838,  p.  355  —  359,  zum  grössten 
Theil  edierte. 

Dass  diese  Hss.  aus  der  4.  Handsebi-iftenklasse  und  nicht 
etwa  aus  1.  2  oder  3  abgeleitet  sind,  zeigen  die  folgenden  Cor- 
ruptelen,  die  ich  der  Mone'schen  Ausgabe  von  4z5  entnehme. 
Canis.  p.  189,  Z.  4,  liest  4z5  'ibique  raatrem  suam  Liliam 
obviam  invenit',  wo  nur  die  Codices  4  ^inveniens'  haben,  wäh- 
rend die  übrigen  Hss.  ^veniens'  bieten.  Ebendort  Z.  17  lässt 
4z5  mit  den  anderen  Hss.  4  die  Worte  'esset  ut  Theudericus 
cum'  aus.  Doch  scheint  eine  der  besseren  Hss.,  wohl  4a,  die 
Quelle  von  4  z  gewesen  zu  sein.  Wenigstens  liest  4z5  allein 
mit  4a  p.  189,  Z.  18,  richtig  'seductus'^  während  4c»  'sed 
vinctus',  4b2*  'seda  cunctiis'  hat. 


Die  Codices  V. 

5a)  Die  Handschrift  der  Heidelberger  Universitäts- 
bibliothek Palat.  lat.  Nr.  864  saec.  IX,  in  Fol.  f.  134,  stammt  aus 
dem  Nazariuskloster  in  Lorsch,  wie  eine  Hand  saec.  X.  auf 
f.  1  anmerkte:  'Codex  de  monasterio  sei  Nazarii  quod  nomi- 
natur  Lauresham'.  Ihre  weiteren  Schicksale  werden  bezeichnet 
durch  die  auf  das  Vorsatzblatt  geklebte  Vignette,  die  über 
dem  bairischen  Wappen  die  Ueberschrift  trägt: 

'Sum  de  Bibliotheca  quam  Heidelberga 
capta,  Spolium  fecit  et 
P.M. 
Gregorio  XV. 
trophaeum  misit. 
Maximilianus  Utriusque  Bavariae  dux  etc. 
S.  R.  I.     Archidapifer  et  princeps  elector. 
Anno  Christi  CIO  .  lOC.XXIII', 
und  durch  den  auf  f.  1  und  f.  134'  gedruckten  rotheu  Stempel 
'Bibliotheque    nationale'.      Auf   f.   1    linden    sich    eine    Menge 
Federproben. 

F.  T  beginnt  die  Frankengeschicjite  des  Gregorius  von 
Tours  aN  XPI  NOMINE  INCIPIT  PFATIO  GREGOR  TO- 
RONICI  EPISCOPI  PRIMA  (F.  ist  getilgt)  FELICITER. 
Decedente  atque  immo',  Avelche  ois  f.  110'  'Sirailiter  et  rex  ab 
eodem  invitatus  invitatus  (das  zweite  i.  ist  getilgt)  plei'isque  donis 
refertus  abscessit  et  ad  Cavillonensim  urbem  redire  statuit'.  Dies 
ist  der  Schluss  von  Buch  X,  Cap.  28,  der  Ausgaben.  Darauf  folgt 
in  unserer  Hs.  das  letzte  Buch  der  Fredegar'sehen  Chronik 
unter  der  Ueberschrift  'INCIPIUNT  CAPITULA  LIBRI  .X.'. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  321 

Der  Index,  beginnend  'I.  De  bonitate  Gunthchramui  et  eclesia  . 
sei  Marcelli',  hat  nach  Cap.  90  (in  der  Hs.  89)  noch  eine  Fort- 
setzung: '90.  De  Baidechilde  regina  Chlodovechi  et  eins  filiis 
Chlothario,  Childerieo  et  Theuderico  et  de  obitu  Chlodovechi 
—  109.  De  legatione  papae  Gregorii  urbis  Rome  cum  claves 
sancti  Peti'i  vel  de  divisione  inter  filios  suos  seu  de  obitu 
ipsius',  welche  sich,  wie  man  leicht  sieht,  auf  den  Text  der 
Fortsetzungen  bis  Cap.  110  Schluss  bezieht.  Darauf  folgt  unter 
der  Ueberschrift  'INCIPIT  LIBER  DECBIUS'  die  Vorrede 
des  Fredegar,  die  aber  erst  mit  den  Worten  'Transactis  nam- 
que'  beginnt.  Den  Schlussworten  derselben  'finis  gesta  cessavit 
et  tacuit'  schliesst  sich  unmittelbar  der  Text  der  Chronik  an: 
'I.  Gunthramnus  rex  Francorum  cum  iam  anno'  —  f.  130' 
^uterque  interire  fecisset'.  Dann  beginnen  die  Fortsetzungen 
'XCI.  Igitur  Chlodoveus',  die  hier  den  Ausgaben  entsprechend 
in  Capitel  eingetheilt  sind.  Doch  rühren  die  Capitelzahlen 
von  92  ab  bis  an  das  Ende  von  der  Hand  des  Correctors  her. 
Keiner  dieser  Capitelabsätze  ist  vor  den  übrigen  in  irgend 
welcher  Weise  ausgezeichnet.  Die  Fortsetzungen  schliessen 
hier  schon  f.  134'  'sepultusque  est  Parisius  basilica  sancti  Dio- 
nisii  martyres'  mit  dem  Ende  von  Cap.  110.  Auf  den  noch 
freien  Raum  dieser  Seite  schrieb  eine  Hand  saec.  XI.  einen 
Hymnus  auf  den  heiligen  Ulrich  mit  Neumen:  'Hodie  beatus 
Odalricus  a  quo  numquam  remisit  spiritum'  etc. 

Zwei  Hände  haben  sich  bestrebt,  die  sehr  alterthümliche 
Sprache  dieser  Handschrift  nach  dem  Donat  zu  corrigieren: 
eine  gleichzeitige  mit  ganz  ähnlicher  blasser  Tinte  und  beinahe 
mit  denselben  Zügen,  wie  der  ursprüngliche  Schreiber,  hat 
besonders  Abkürzungszeichen  häufig  übergeschrieben,  um  aus 
ungrammatischen  Ablativen  richtige  Accusative  und  dergl.  zu 
machen,  und  zweitens  hat  eine  etwas  spätere  Hand  saec.  X. 
mit  schwärzerer  Tinte  die  Hs.  durchcorrigiert.  Gewöhnlich 
ist  die  alte  Lesart  die  von  den  anderen  und  besseren  Hss. 
beglaubigte,  und  in  diesen  Fällen  wäre  es  zwecklos  gewesen, 
auf  die  Correcturen  irgend  welche  Rücksicht  zu  nehmen.  Diese 
sind  vielmehr  nur  in  den  wenigen  Fällen  notiert  worden,  wo 
wirklich  der  Text  durch  sie  verbessert  wurde. 

Sehr  oft  schreibt  der  Schreiber  der  Heidelberger  Hs.  'ae' 
für  'e',  z.  B.  'utrumquae',  Vallantae',  'orationae',  ja  sogar  'paer- 
turbant'.  Unter  den  Verschreibungen  der  Hs.  ist  hervorzuheben 
die  überaus  häufige  Verwechslung  von  u  und  a:  'Gandoaldi', 
'argetur',  'hamiliare',  'Abbelinas',  'Erpinas'.  Der  Schreiber  hat 
also  das  u  als  offenes  a  gelesen.  Er  schreibt  ferner  'cum'  statt 
'eum'  und  vertauscht  die  Consonanten  n,  r,  s,  p,  f,  wie  die 
Fehler  'solenter  (für  'solerter'),  'cartro'  (für  'castro'),  'iDaucis' 
(für  'faucis')  zeigen. 


322  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

Nachdem  die  Hs.  bereits  durch  Bethmann  stellenweise  ver- 
glichen worden  war,  ist  sie  von  mir  vollständig  benutzt  worden  i). 

5a*)  Der  Codex  der  Pariser  Nationalbibliothek  5921 
saec.  XI.  in  FoHo  stammt  aus  Metz  und  gehörte  späther  Pithou, 
Thuanus  und  Colbert.  Auch  hier  ist  der  Fredegar  dem  Gregor 
angehängt  und  schliesst  mit  Cap.  110  der  Fortsetzungen.  Die 
Handschrift  ist  von  mehreren  Copisten  geschrieben  und  hat 
viele  Correcturen  einer  Hand  saec.  XII.  Auch  sind  zweimal 
am  Rande  grössere  Zusätze  gemacht,  deren  Quelle  die  Gesta 
Francorum  sind.  Der  Codex  ist  von  Bethmann  verglichen,  von 
dem  auch  die  Notizen  über  diese  und  die  folgenden  Hss.  herrühren. 

Dieser  Codex  ist  jedenfalls  eine  Abschrift  des  oben  be- 
schriebenen Palatinus.  Chron.  c.  8  'ad  christianam  legem  bap- 
tizare  fecit'  schrieb  der  spätere  Corrector  von  5  a  zwischen 
'bapt.  fecit'  'Gothos'  über  und  dieses  'Gothos'  hat  5  a*  im  Texte. 
In  den  5  übergeordneten  Hss.  2.  3  und  4  fehlt  'Gothos',  nur 
der  Claromontanus  liest  'omnes  Gothos',  aber  vor  'ad  christi- 
anam'. AVenn  nun  5  a  an  dieser  Stelle  ursprünglich  die  Gothen 
nicht  nannte,  5  a*  sie  zwar  erwähnt,  aber  an  der  unrechten 
Stelle  und  gerade  da,  wo  sie  in  5  a  später  ergänzt  worden 
waren,  so  zeigt  diese  Uebereinstimmung  wohl,  dass  5  a*  aus  5  a 
stammt.  Ebenso  stehen  auch  noch  andere  Correcturen  von  5a 
in  5a*  im  Texte.  Aus  den  Eingangsworten  von  Cap.  38  'Anno 
XVII.  regni  sui'  hat  der  Corrector  von  5  a  'Anno  XVII.  regis 
Theodrichi'  gemacht  und  'Theodrici  regis'  finden  wir  auch  in 
5  a*.  Cap.  42  'cunctis  thinsauris  ....  subiecitur'  schrieb  der 
Corrector  von  5a  'cum'  über  'cunctis';  'cum  cunctis'  hat  aber 
5a*.  Weiter  in  Cap.  45  wird  der  eine  Franke  von  5a  'Chucus' 
genannt,  ganz  in  Uebereinstimmung  mit  der  Lesart  des  Claro- 
montanus 'chu:cus';  der  Corrector  verbesserte  aber  'Hunus' 
und  so  steht  auch  in  5a*.  Endlich  Cap.  110  'Neuster  et  Pro- 
vintiam  praemisit'  hat  5  a  'prefecit',  aber  durch  Correctur  von 
späterer  Hand ;  'prefecit'  finden  wir  nun  auch  in  5  a*,  während 
die  übrigen  Hss.  5  'permisit'  lesen.  Diese  Stellen  zeigen  zur 
Genüge,  dass  5  a*  aus  5  a  abgeschi-ieben  ist,  und  zwar  zu  einer 
Zeit,  als  die  letztere  Hs.  schon  corrigiert  war.  5a*  hat  mithin 
keinen  eigenen  Werth.  Dazu  kommt  noch,  dass  der  Schreiber 
mit  seiner  Vorlage  sehr  Avillkürlich  verfahren  ist,  so  dass  die 
meisten  Varianten  durch  keine  der  übrigen  Hss.  in  irgend 
einer  Weise  bestätigt  werden. 

5b)  Die  Paris  er  Handschrift  9765,  früher  Suppl.  lat.15382), 
saec.  X.  nach  Bethmann,  saec.  IX.  nach  Pertz,  welche  von 
einer  grossen  Hand  geschrieben   ist,   enthält  ebenfalls  Gregor 

1)  Mit  5a  sehr  nahe  verwandt  ist  der  Cod.  Berol.  Quart  Nr.  266, 
saec.  X,  der  auf  2  Blättern  Fragmente  aus  c.  16  —  24.  und  38  —  40.  der 
Chronik  enthält.  2)  Der  frühere  Besitzer  ist  ausradiert. 


Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar.  323 

und  Fredegar  mit  den  Fortsetzungen  bis  Cap.  110.  Wie  im 
Palatinus  schliesst  der  Gregor  mit  'statuit'  im  10.  Buche  Cap.  28. 
Darauf  folgt  'EXPLICIT  LIBER  Villi.  INCIPIT  LIBER  X. 
Transacto  Gregorii  libri  volumine'  die  abgekürzte  Vorrede 
Fredegar's,  der  hier  ein  Register  nicht  vorherzugehen  scheint. 
Die  Vorrede  schliesst  'quo  Gregorius  suum  opus  terminavit' 
('s.  0.  t.'  auf  radiertem  Grunde  mit  etwas  grösserer  Schrift); 
mit  'Gunthchramnus  rex  Francorum'  beginnt  dann  der  Text 
des  Fi'edegar.  F.  110  setzen  die  Fortsetzungen  ein,  die  mit 
den  Worten  'sancti  Dionisii  martiris'  am  Schlüsse  von  Cap.  110 
endigen.     Die  Cap.  96  und  97  fehlen. 

Der  Codex  Avurde  von  Bethmann  eingesehen,  eine  aus- 
zugsweise Vergleichung  der  Fortsetzungen  hat  Pertz  angefertigt. 

5c)  Die  Handschrift  von  St.  Omer  Nr.  706  saec.  XL  in. 
stammt  aus  dem  Kloster  St.  Bertin  und  endigt  schon  am 
Schlüsse  von  Cap.  109  mit  'Expl.  liber  X'.  Der  Codex  hat 
viele  Lücken ;  der  Text  ist  oft  verkürzt  und  abgeändert.  Eine 
Vergleichung  Bethmann's  ist  nicht  mehr  aufzufinden. 

5c*)  Der  Brüsseler  Codex  6439 — 51  stammt  aus  dem 
Kloster  St.  Vaast,  gehörte  später  dem  Jesuitencolleg  in  Brügge, 
und  kam  dann  nach  Antwerpen.  Dies  ist  eine  treue  Abschrift 
der  vorhergehenden  Handschrift,  nur  die  Orthographie  ist  etwas 
abgeändert.  Der  Codex  schliesst  ebenso  wie  5  c  in  Cap.  109 
'Isara  fl.  Expl.  1.  X.  partiuncula.  Inc.  de  gestis  regum  Franc. 
Quo  Karolo  defuncto  Carlomannus  et  Pipinus  fratres  regnum 
adepti  sunt  Francorum.  Karlus  denique  maior  domnus  defunc- 
tus  est  quando'  etc. 

Die  Handschrift  ist  von  Bethmann  benutzt  worden. 

5d)  Die  ehemals  dem  Kloster  St.  Hubert  gehörige  Hand- 
schrift in  Namur  saec.  X.  in  Folio,  sehr  elegant  geschrieben, 
enthält  Beda's  Historia  eccL,  Gregor  und  Fredegar.  Auch  die- 
ser Codex  hat  viele  Willkürlichkeiten,  wie  Bethmann  anmerkt, 
der  ihn  benutzte. 

5e)  Die  Brüsseler  Handschrift  Nr.  9361  saec.  XII.  in 
Folio,  aus  dem  Lorenzkloster  in  Lüttich,  enthält  Gregor  mit 
Fredegar  als  10.  Buch,  Isidori  confl.  virt.,  Vita  S.  Eufrasiae  u.  a. 
Der  Gregor  schliesst  wie  im  Palatinus  'ad  Cavalonensem  urbem 
redire  statuit.  Explicit  liber  VIIIIus  Gregorii  Turonensis  in 
historia  Francorum'  mit  Cap.  28  in  Buch  X.  Darauf  folgt  der 
Fredegar  'Incipit  decimus  non  ab  ipso  Gregorio  compositus. 
Transactis  itaque  Gregorii  libris'  also  ohne  das  Register.  Die 
Fortsetzungen  sind  in  dieser  Handschrift  aus  einem  Codex  der 
4.  Klasse,  wie  ich  oben  zeigte  4ß,  bis  an  das  Ende  geführt, 
während  alle  anderen  Hss.  5  schon  mit  Cap.  110  oder  noch 
früher  abbrechen.     Der  Schluss  des  Fredegar  lautet  'sublimati 


324  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

sunt  in  regno.  Explicit  liber  Xus  historiae  Francorum'.  Der 
Codex  an  und  für  sieh  schon  mehr  überarbeitet  als  copiert, 
ist  später  noch  höchst  willkürlich  cori'igiert  worden.  Einige 
Lesarten  hat  Bethmann  notiert. 

5  f )  Die  W  i  e  n  e  r  Handschrift  Nr.  473  (früher  Hist.  eccl.  90 
und  Ambras.  277)  in  Folio  saec.  IX.  ex.,  enthält  nur  die  Fort- 
setzungen des  Fredegar,  die  sich  hier  an  eine  Ueberarbeitung 
der  Gesta  Francorum  anschliessen.  Der  Codex  beginnt  'Tgitur 
Chlodoveus'  mit  Cap.  91  und  geht  ohne  irgend  welche  Absätze 
und  ohne  Capiteleintheilung  bis  Cap.  110  Schluss  'Sepultusque 
est  Parisius  basilica  sancti  Dionisii  martyris'.  Darauf  folgt: 
'Explicit  historia  rerum  gestarum  Carli  maioris  domus.  Qui 
hello  Vinciaco  habito  Ragemfredum  victum  fugavit.  Et  alia 
quam  plurima  fortiter  et  utiliter  gessit'.  Diese  Clausel  ist  ganz 
in  rothen  Uncialen  geschrieben.  Der  Text  ist  vom  Schreiber 
etwas  geändert;  ausserdem  hat  sich  noch  ein  Corrector  bemüht, 
die  barbarische  Sprache  zu  verbessern. 

Eine  Abschrift  dieses  Codex  ist  von  Pertz  angefertigt 
worden. 

Hierzu  kommen  noch  die  folgenden  Handschriften  der 
Gesta  Francorum,  denen  die  Cap.  107  — 110  des  Fredegar  als 
Fortsetzung  angehängt  sind. 

5x1)  Der  Petersburger  Codex  l.  F.  Otd.  IV.  4.  Auf 
die  Schlussworte  der  Gesta  'nunc  anno  sexto  in  regno  sub- 
sistit'  folgt  f.  32  unter  der  in  rothen  Majuskeln  geschriebenen 
Ueberschrift  'Qualiter  cum  Saxonibus,  Baioariis,  Eludone  duce 
cum  Abdirama  rege  Sarracenorum  pugnavit  et  vincit'  als 
Cap.  LH  das  107.  Cap.  des  Fredegar,  beginnend  'Deinde  Colo- 
niam  urbem  reversus'.  Die  Anfänge  der  folgenden  Capitel 
53  und  54  decken  sich  mit  108  und  109  des  Fredegar.  Cap.  55 
dagegen  beginnt  schon  Ruinart  p.  G77  'Denuo  rebellante  gente 
validissima'  und  schliesst  mit  dem  Ende  von  Cap.  110  der 
Ausgaben  'sepultus  est  in  basilica  sancti  Dyonisii  martyris' 
auf  f.  35.  Diese  drei  Capitel  sind  von  Arndt  abgeschrieben 
worden. 

5x2)  Die  Pariser  Handschrift  Nr.  10911,  früher  Suppl. 
lat.  125  saec.  X'),  welche  ehemals  dem  Baron  Grassier  gehörte, 
enthält  ebenfals  als  Cap.  52—55  der  Gesta  Francorum  die 
Cap.  107  — 110  des  Fredegar.  Bethmann  hat  einige  Lesarten 
ausgeschrieben. 

5x2*)  Der  Codex  der  Giessener  Universitätsbibliothek 
Nr.  254^  saec.  XVIH,  aus  Crassier's  Bibliothek  gekauft,  ist 
wohl  eine  Abschrift  von  5x2;  vergl.  Archiv  IX,  p.  577. 

5x3^  Die  St.-Gallener  Handschrift  Nr.  547  saec.  XI/XII 
beschrieben  von  Pertz,  Archiv  V,  p.  504. 


1)  Nach  'N.  Archiv'  VI,  p.  -185,  saec.  IX. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  325 

Die  nahe  Verwandtschaft  aller  Hss.,  welche  wir  unter 
Klasse  5  vereinigt  haben,  zeigt  sich  äusserlich  darin,  dass 
allen  mit  Ausnahme  der  mit  5x  bezeichneten,  der  Gregor 
vorangeht,  der  hier  schon  mit  Lib.  X,  Cap.  58,  schliesst;  hier- 
auf folgt  als  10.  Buch  das  letzte  Buch  Fredegar's  mit  den 
Fortsetzungen,  die  in  allen')  Codices  5  schon  mit  Cap.  110 
abbrechen.  Nur  eine  von  diesen  Handschriften  habe  ich  selbst 
verglichen ;  die  übrigen  sind  entweder  mit  Auswahl  coUationiert 
oder  gar  nur  eingesehen  worden,  ausgenommen  die  Wiener  Hs., 
die  Pertz  abgeschrieben  hat. 

Mit  diesem  Material  ist  es  unmöglich,  innerhalb  der  5.  Klasse 
die  Hss.  ihrer  Abstammung  und  ihrem  Werthe  nach  anzu- 
ordnen; demgemäss  mag  auch  die  oben  befolgte  Reihenfolge 
der  Verbesserung  bedürftig  sein.  Da  aber,  wie  sich  später 
zeigen  wird,  dieser  Klasse  kein  grosses  Gewicht  beizulegen  ist, 
der  Palatinus,  den  wir  ganz  verglichen  haben,  sowohl  durch 
sein  Alter,  als  auch  ganz  besonders  durch  seine  Vortreflf- 
lichkeit,  die  übrigen  Hss.,  soweit  sie  mir  bekannt  sind,  weit 
überragt,  so  wird  man  genaue  Mittheilungen  über  dieselben 
kaum  vermissen.  Die  wenigen  Varianten  aus  den  anderen  Hss. 
zeigen  übrigens,  dass  der  Palatinus  nicht  die  Quelle  dieser 
sein  kann.  Ruinart  p.  680,  1.  1,  verdirbt  nämlich  5  a  'Biterris' 
in  'in  terris';  'Biterris'  liest  aber  5f,  'Beterris'  5x'.  5f  ist 
offenbar  aus  einer  sehr  guten  Vorlage  geflossen,  doch  hat  der 
Schreiber  im  Einzelnen  sehr  willkürlich  geändert.  So  liest  5f 
p.  681,  1.  3  richtig  'mirifico  atque',  flihrt  dann  aber  fehlerhaft 
'magno  tremorae'  statt  'magnitico  honore'  fort,  Avogegen  5a 
'mirificoque  magnifico  h.'  und  5x*-  ^  'mirifico  magniticoque  h.' 
ändern.  Aehnlich  linden  wir  p.  676,  1.  27,  in  5f  richtig  'prae- 
parat',  wo  5  a.  x'  'properat'  haben,  und  p.  665,  1.  31,  'Ercho- 
noldo',  p.  672,  1.  9,  'Cocia'  in  Uebereinstimmung  mit  den  Gesta 
Francorum,  während  5a  'Erchonoaldo',  'Coacia',  5b  'Erchoaldo', 
'Concia'  schreibt.  In  Gemeinschaft  mit  5a  verdii'bt  5f 'Reolum' 
p.  669,  1.  1,  in  'Regulum'  und  schreibt  p.  676,  1.  30,  'Burdine' 
statt  'Bordine',  wo  5b  'Bundine',  5xi  'Burdone'  und  5c  gar 
'Bm-gundie'  liest.  An  anderen  Stellen  geht  5b  mit  5a:  p.  676, 
1.  22,  ändern  beide  Hss.  'EXHI'  in  'LXLIH',  während  5  c  und 
5x1-  2  'CXIII',  5f  aber  'CCLXV  hat,  welches  letztere  Resultat 
nicht  durch  Verschreiben,  sondern  durch  falsche  Rechnung  er- 
zielt worden  ist.  Ebenso  lesen  5  a.  b  p.  678,  1.  26,  richtig  'in 
sua  ditione',  wo  5xi-  ^  <in  suam  dicionem',  5f  gar  'ad  suam 
ditionem'  ändern.  Doch  ist  auch  5b  im  Einzelnen  höchst 
willkürlich :  statt  'de  viris  strenuis  atque  nobilibus'  p.  672,  1.  39, 
liest  es  'strenuis  de  viris  nobilibus',  für  'praelium'  p.  679,  1. 17, 

1)  Ueber  die  Brüsseler  Handschrift,  welche  allein  die  Fortsetzungen 
vollständig  bat,  haben  wir  oben  gehandelt. 


326  Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

hat  es  'bellum'  u.  a.  mehr.  Dagegen  ist  5  a  diejenige  Hand- 
schrift, welche  bis  in  orthographische  Kleinigkeiten  dem  Origi- 
nale von  5  am  nächsten  kommt.  Die  Eigennamen  sind  hier 
bisweilen  ganz  so,  im  Allgemeinen  wenigstens  ähnlich  ge- 
schrieben wie  in  4a.  Aber  auch  sonst  hat  5  a  manche  alter- 
thümliche  Form  ei'halten.  So  liest  es  p.  667,  1.  13  'pras'  ganz 
ebenso  wie  4  a  für  ^pars',  was  schon  der  Schreiber  von  5  a 
corrigierte.  Doch  ist  diese  corrumpierte  Form  im  8.  Jahrh. 
ganz  gewöhnlich  und  sicher  in  den  Text  zu  setzen. 


Das  Verhältnis  der  HandsehriFtenkiassen. 

Handelt  es  sich  jetzt  darum,  das  Verhältnis  der  fünf  Hand- 
schriftenklassen 1.  2.  3.  4,  5  zu  einander  zu  betrachten,  so  soll 
zunächst  gezeigt  werden,  dass  2.  3.  4.  5  eine  einzige  grosse 
Klasse  bilden,  der  1  als  eine  von  dieser  vollständig  unabhängige 
Hs.  gegenübersteht.  Da  in  5  die  ersten  Bücher  fehlen,  2  aber 
von  dem  letzten  Buche  nur  9  Capitel  hat,  so  müssen  wir  uns 
bei  den  folgenden  Belegen,  soweit  sie  den  früheren  Büchern 
entnommen  sind,  auf  2.  3.  4,  soweit  sie  aus  Cap.  9  bis  Schluss 
des  letzten  Buches  stammen,  auf  3.  4.  5  beschränken,  und 
können  somit  nur  für  die  ersten  Capitel  der  Chronik  alle  Hss. 
zugleich  in  Betracht  ziehen. 

Die  Handschriften  2.  3.  4.  5  haben  eine  grosse  Anzahl 
Corruptelen  gemeinsam :  sie  schieben  Worte  ein,  lassen  andere 
dafür  aus,  haben  dieselben  Umstellungen  und  stimmen  sogar 
an  einigen  Stellen  in  der  falschen  Wortabtheilung  miteinander 
überein.  Hieron.  c.  35  finden  wir  in  1  'Petrus  apostolorum  cum 
primus  —  —  fundassit,  Ilomam  mittetur',  ganz  übereinstim- 
mend mit  Hieronymus,  der  speciell  auch  'cum'  hat;  2.  3.  4  da- 
gegen verwandeln  'cum'  in  'auctor',  wodurch  dem  Nebensatze 
die  Conjunction  entzogen  wird.  Weiter  unten  liest  man  in  1 
vollständig  richtig  und  sinngemäss  'Tracia  ucusque  regnata  in 
provincia  Romana  redigetm-' ;  2,  3.  4  aber  corrumpieren  'Gra- 
ciacus  (Graciagus  3,  Gracia  ueus  4b2*,  Graciaucus  4c2)  qui  regnat 
i.  p.  R.  r.'  und  verwandeln  so  das  Land  in  einen  fabelhaften 
König.  Herculius  Maximianus  wird  Hieron.  c.  42  nach  1  und 
der  Quelle  'a  filia  Fausta'  gestürzt,  nach  2.  3.  4  aber  'a  filia 
facta'.  Hieron.  c.  44  steht  in  1  'omnes  paene  tunc  totus  urbis 
aecle.  —  polluuntur' ;  'paene'  hat  auch  Hieronymus,  2.  3.  4 
dagegen  schaffen  ein  neues  Substantivum,  wenn  sie  'penetudine'3, 
oder  'penitudine'  2.  4  lesen.  Idac.  c.  50  hat  1  richtig  'Wandali 
in  Beteca  per  Valliam  regem  plurimae  sunt  extincti',  wäh- 
rend 2.  3.  4  'regem'  vollständig  auslassen,  und  'per  B.  Valicam' 
umstellen.  Idac.  c.  60  stiftet  Cyrola  einen  Mann  an,  'ut  sc 
caecum  fingerit'.     So  liest  1  richtig;  2.  3.  4  aber  machen  dar- 


Die   Chrouicae   des   sog.  Fredegar.  327 

aus  'ut  secum  f.'  Die  Vorrede  des  Excarpsum  Gregorii  trägt 
in  1  die  Uebersehrift  'Praefacio  Gregorii'  und  wird  erst  in 
2.  3.  4  zu  einer  'Praefatio  Greca',  aus  der  dann  Canisius  auf 
eine  'chronica  Graeca'  geschlossen  hat.  Diese  Vorrede  beginnt 
in  1  ebenso  wie  bei  Gregor  'Decedente  atquae  immo  potius 
pereunti',  in  2.  3.  4  dagegen  'Decedant  eo  atque'.  Auch  der 
Anfang  der  Vorrede  Fredegar's  ist  der  Verstümmelung  nicht 
entgangen.  In  1  lautet  er  'Cum  aliquid  unius  verbi  proprietate 
non  habeo',  woraus  der  wunderbarste  Unsinn  entstanden  ist. 
2  a  schreibt  nämlich 'Cum  ali  qui  dum  iussu  verbi',  2  b  schon 
fehlerhafter  'Cum  aliquid  dum  iusso  verbi',  in  3  finden  wir 
'Cum  aliquidum  iussu  verbi'  und  endlich  in  4  gar  'Cum  ad 
liquidum  iusso  verbi'.  Nur  bei  der  Lesart  von  1  giebt  die 
Stelle  einen  Sinn.  Für  den  Fall  aber,  dass  man  an  der  Rich- 
tigkeit derselben  noch  zweifeln  sollte,  setze  ich  die  betreifende 
Stelle  des  an  der  Spitze  der  Chronik  des  Hieronymus  stehen- 
den Briefes  an  Vincentius  und  Gallienus  hierher,  aus  dem, 
wie  unten  gezeigt  werden  soll,  Fredegar  den  grössten  Theil 
seiner  eigenen  Praefatio  abgeschrieben  hat.  Diese  lautet: 
'Significatum  est  aliquid  unius  verbi  proprietate :  non  habeo 
meum'.  Hierdurch  wird  die  Güte  der  Hs.  1  bestätigt.  Der 
Fehler  in  den  übrigen  Hss.  ist  offenbar  durch  falsche  Wort- 
trennung entstanden  und  dann  durch  die  Conjectur  'iussu'  oder, 
wie  2  b.  4  haben,  'iusso'  verkehrt  rectificiert  worden.  In  dem- 
selben Prologe  lesen  wir  statt  'ob  id  in  priores  his  chronicis', 
wie  1  hat,  in  2  a  'ob  idum  in  p.',  in  3b  'obitum  in  p.'  und  in 
4  noch  mehr  verdorben  'ob(o)ediendum  in  p.'  Weiter  unten 
finden  wir  statt  'consimilis'  in  dem  Satze  'oratoribus  precedentes 
esse  consimilis'  (1)  in  2.  3.  4  'simul'.  Den  Namen  des  Perser- 
königs im  Anfange  von  Cap.  9  'uxor  Anaulfi'  (1)  ändern 
2.  3.  4.  5  in  'Arnulfi'  um,  obwohl  er  im  Index  und  am  Schlüsse 
des  Capitels  nicht  blos  von  1,  sondern  auch  von  den  meisten 
anderen  Hss.  'Anaulfus'  geschrieben  wird.  Die  Worte  des 
Cap.  36  'Paratque  deinde  insidias  moHre'  verderben  3.  4.  5  in 
'Parat  quidem  inde  i.  m.',  während  die  vorangestellte  Lesart 
von  1  auch  die  Quelle  des  Fredegar,  die  Vita  Columbani  von 
Jonas  bestätigt.  Auch  hier  ist  der  Fehler  in  den  Hss.  durch 
falsche  Worttrennung  entstanden.  Solche  ungeschickte  Tren- 
nungen und  Zusammenziehungen  kommen  auch  sonst  in  2.  3.  4 
vor,  während  1  an  diesen  Stellen  richtig  abtheilt.  Hier  einige 
Beispiele.  Hieron.  c.  37  nennt  1  vier  von  Trajan  unterworfene 
Völker  in  Uebereinstimmung  mit  Hieronymus  'Sauroraatus, 
Usroinus,  Arabas,  Busforanos',  dagegen  lauten  die  Namen  in 
2und  4c2  'Sauromatusus  ruinus  .  arabarbus  .  foranus  (arasbarbus 
forasius'  4c2),  in  3  'Sauromaturus  (corr.  'Sauromatus  us')  rui- 
nus .  arabasbus.  foranus'.  In  allen  drei  Hss.  ist  also  die  erste 
Sylbe    des    Namens    'Usroinus'     dem    vorhergehenden    Worte 

Neues  Archiv  etc.      VII.  2'2 


328  Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

angehängt,  und  ausserdem  haben  die  Araber  noch  die  erste 
Sylbe  der  'Busforanus'  erhalten;  doch  corrigiert  der  kundige 
Schreiber  der  Münchener  Hs.  den  letzteren  Fehler.  Ueber  die 
folgende  Stelle  aus  Hieron.  c,  16  möchte  man  sich  wohl  ver- 
geblich den  Kopf  zerbrechen,  wenn  wir  nur  auf  die  Hss.  2.  3.  4 
angewiesen  wären.  Man  liest  nämlich  dort  in  2  'Remus  rutro 
pastoralea  fabeorum  oliduci  occisus',  in  3  *R.  r.  pastoralia  fabe- 
orum  olim  duci  o.'  und  in  4  'R..  r.  pastoralea  fabiorum  oliduce'. 
Dass  in  den  Worten  'fabeorum  oliduci'  kein  anderer  als  Romu- 
lus  steckt,  ersieht  man  aus  1,  wo  die  Stelle  richtig  lautet 
'Remus  rutro  pastorale  a  Fabio  Rumoli  duci  occisus'. 

An  die  falschen  Worttrennungen  schliessen  sich  am  pas- 
sendsten die  Umstellungen  an.  Hier.  c.  32  schreibt  1  'bus  in 
suburbano  ad  arantem  locutus  est'  und  in  dieser  Reihenfolge 
folgen  auch  in  der  Chronik  des  Hieronymus  die  Worte  auf 
einander.  Dagegen  stellen  2.  3.  4  um  'bos  ad  arantem  in  sub- 
urbano locutus  est'.  Aehnlich  ist  das  Verhältnis  Idac.  c.  51, 
wo  die  Gefangennahme  und  der  Tod  des  Litorius  in  1  ebenso 
wie  im  Idacius  'a  Gothis  capetur  et  post  dies  paucos  occidetur' 
erzählt  wird,  während  wir  in  2  'a  G.  p.  d.  p.  occiditur  .  capitur', 
in  3  und  4  'p.  d.  p.  capitur  et  occidetur'  finden.  Die  Worte 
'capitur  et'  waren  offenbar  in  dem  Codex,  aus  welchem  2.  3.  4 
geflossen  sind,  —  dass  jenen  eine  geraeinsame  Hs.  zu  Grunde 
liegt,  wird  man  bereits  erkannt  haben  —  übergeschrieben  oder 
am  Rande  nachgetragen,  wodurch  es  sich  einigermassen  erklärt, 
dass  in  2  'capitur'  erst  nach  'occiditur'  auftaucht,  während  es 
in  3.  4  vorhergeht. 

Den  besten  Beweis  für  die  nahe  Verwandtschaft  der  Hand- 
schriften bilden  die  gemeinsamen  Interpolationen  und  Lücken. 
Von  den  ersteren  sind  nur  wenige  nachweisbar.  Hier.  c.  42 
am  Schlüsse  schreibt  1  'Niceabde  et  Amida  capta  sunt  a  mili- 
tum  60  milia'.  Die  Worte  'a.  m.  60  m.'  hat  Fredegar  dem 
Hieronymus  hinzugefügt,  und  man  muss  gestehen,  zu  niedrig 
hat  er  die  Stärke  des  Heeres  sicher  nicht  angesetzt.  Trotzdem 
genügte  diese  Zahl  den  späteren  Abschreibern  noch  nicht, 
2.  3.  4  schieben  nämlich  übereinstimmend  noch  ein  'quattuor- 
decim'  vor  'sexaginta'  ein.  In  dem  Satze  Idac.  c.  50  'Wandali 
Suaevorum  obsidione  demissa'  schieben  2.  3.  4  zwischen  'obsi- 
dione'  und  'demissa'  ein  unnützes  'eorum'  ein,  welches  in  1 
und  auch  im  Idacius  fehlt.  Weit  zahlreicher  sind  die  gemein- 
samen Lücken,  durch  welche  2.  3.  4  und  5  entstellt  sind.  Es 
fehlen  unter  anderen  die  folgenden  Worte:  Hier.  c.  2  (Canis. 
p.  166, 1.  1)  'annorura  17'.  Hier.  c.  10  Schluss  'ab  Adam  usque', 
Hier.  c.  40  'Tetricus'  vor  'et  Gerubia',  Hier.  c.  41  'scelere', 
Hier.  c.  42  'facta'  zwischen  'Solls'  und  'defectio',  Idac.  c.  51 
'cum  Vandalis'  nach  'Gaisiricus  rex  Wandalorum',  Idac.  c.  57 
(Canis.  p.  189,   1.  48)   'percusso',    Greg.  c.  12   'vidisti    viritate 


Die  Chronicae   des  sog.   Fredegar.  329 

subsistunt.  Haec'  zwischen  'Que  visibiliter'  und  'interpretatio- 
nem  habent'.  Alle  diese  Worte  fehlen  in  2.  3.  4  —  5  hat  diese 
Bücher  nicht,  worauf  wir  oben  hinwiesen  — ,  stehen  aber  in 
1  und  soweit  uns  die  Quellen  des  Fredegar  erhalten  sind,  auch 
in  diesen.  Die  folgende  Stelle  verdient  deshalb  beachtet 
zu  werden,  weil  sie  die  einzige  ist,  für  die  wir  die  Lesarten 
aller  Klassen  notieren  können.  Von  dem  Könige  der  West- 
gothen  Reccared  erzählt  Fredegar  Chron.  c.  8  'et  omnes  Gothos 
ad  christianam  legem  baptizare  fecit';  die  Worte  'et  o.  G.'  hat 
allein  1,  die  übrigen  Hss.  2.  3.  4.  5  lassen  sie  aus.  Für  die 
nächsten  Belegstellen  fehlt  uns  der  Text  von  2,  der  schon  im 
Cap.  9  der  Chronik  abbricht.  Cap,  22  'midtisque  rebus  huius 
eclesiae  tribuens'  lassen  3.  4.  5  das  Verbum  'tribuens'  aus, 
welches  also  nur  1  hat.  Die  schlagendsten  Stellen  enthält  das 
den  Wenden  gewidmete  Capitel  48.  In  der  Beschreibung  des 
Verhältnisses,  in  welchem  die  Wenden  zu  den  Chunen  standen, 
heisst  es  dort  'si  ad  vincendum  prevalebant,  tunc  Chuni  pre- 
das  capiendum  adgrediebant,  sin  autem  Winidi  superabantur'. 
Der  ganze  Nachsatz  des  ersten  Conditionalsatzes  ist  uns  nur 
in  1  erhalten,  3.  4  und  5  lassen  ihn  aus,  ebenso  wie  ihnen 
bald  darauf  in  dem  Satze  'Ideo  Befulci  vocabantur  a  Chunis, 
60  quod  dublicem  in  congressione  certamine  vestila  priliae 
facientes,  ante  Chunis  precederint'  die  Worte  'v.  p.  f.  a,  Ch.  p.' 
fehlen,  die  wiederum  nur  1  bietet.  Alle  diese  Beispiele,  die 
sich  leicht  noch  vermehren  Hessen,  zeigen,  dass  die  Hand- 
schriften 2.  3.  4.  5  eine  grosse  Anzahl  Fehler  und  Lücken  ge- 
meinsam haben.  Dieser  Umstand  beweist,  dass  die  genannten 
Handschriften  aus  einem  Urcodex  x  herstammen,  der  bei  wei- 
tem fehlerhafter  war,  als  die  andere  handschriftliche  Ueber- 
lieferung  des  Fredegar,  welche  uns  in  dem  Codex  1  erhalten  ist. 
Die  Handschrift,  aus  welcher  x  abgeschrieben  war,  war 
in  Cursive  oder  in  einer  flüchtigen  Minuskel  geschrieben.  Dies 
zeigen  einige  Verschreibungen.  So  wird  Hier.  c.  42  'Lactan- 
tius'  in  2  'Laetantius',  in  3  'Letantius',  in  4b 2*  'Letancius'  genannt; 
der  Schreiber  von  x  hatte  also  'c'  als  'e'  gelesen.  Der  Name  des 
Gothenkönigs  'Evarix'  lautet  Greg.  c.  14  in  1  'Aevatrix'  1),  in  2 
und  3  ^  cc .  euatrix',  in  4  'ducento  seuagrus' ;  die  Vorlage  von  x 
hatte  also  das  offene  'aJ,  welches  der  Abschreiber  als  das  Zahl- 
zeichen 'cc'  deutete.  Chron.  c.  8  heisst  der  eine  der  Optimaten 
König  Childebert's  in  1  richtig  'Rauchingus',  in  2.  3.  4  dagegen 
'Pauchingus',   welche  Verschreibung   sich  wohl   nur  durch  ein 

1)  Monod  schreibt  'Cceuatrix';  ist  Cc  ein  oflfenes  a,  oder  sind  es 
zwei  CC?  Im  ersteren  Falle  könnte  man  diese  Stelle  dafür  geltend 
machen,  dass  x  aus  1  stamme,  im  zweiten  würde  die  Verderbnis  der 
übrigen  Hss.  auch  in  1  stehen.  Nach  der  Nachzeichnung,  welche  wir 
Herrn  Delisle  verdanken,  möchte  ich  das  fragliche  Zeichen  für  ein  offenes 
a  halten.     In  unserer  Collation  war  nichts  bemerkt. 

22* 


330  Die  Chronicae  des  60g.  Fredegar. 

Cursiv  -  Exemplar  erklären  lässt.  Hier  hat  zwar  auch  noch  5 
die  correcte  Form  'Rauchingus',  aber  offenbar  erst  durch  Cor- 
rectur  des  Schreibers,  da  die  übergeordneten  Klassen  und  speciell 
4    aus  welcher  5  herstammt,  tibereinstimmend  corrumpieren. 

War  nun  x  eine  Abschrift  von  1   oder   gehen  beide  Hss. 
unabhängig  von  einander  auf  den  Originalcodex  des  Fredegar 
zurück?    Direct  aus  1  könnte  x  Avohl  nicht  abgeschrieben  sein, 
da  1  in  Uncialen  geschrieben  ist,  die  Vorlage  von  x  aber  eine 
Cursivhandschrift  gewesen   sein  muss,   wie  wir  eben  nachge- 
wiesen ')  haben.  Wenn  also  von  einer  Benutzung  des  Claromon- 
tanus  durch  x  die  Rede  ist,  so  könnte  sie  nur  durch  mindestens 
eine  Zwischenstufe   vermittelt   worden  sein.     Es   sind  Gründe 
für  und  gegen  diese  Ansicht  vorzubringen.    Zunächst  stimmen 
1  und  X  in  einer  grossen  Anzahl  Corruptelen   und   offenbaren 
Schreibfehlei-n  überein.     Ich  füge  hier  ein,   dass  ich  für  einen 
grossen  Theil  des  Fredegar  aus  der  4.  Handschriftenklasse  nur 
die  Münchener  Hs.  saec.  XV.  habe,   deren  Schreiber  die  Irr- 
thümer   möglichst  zu  verwischen   gesucht  hat.     Von  2  und  3 
o-iebt  die  letztere  Hs.   am  treuesten   das  Original  wieder,   ob- 
wohl sie  eine  niedrigere  Stufe  in  der  Ueberlieferung  einnimmt. 
Man  wird  sich  daher  nicht  wundern,  wenn  als  Vertreter  von  x 
bisweilen  nur  2  und  3,  bisweilen  sogar  nur  3  vorgeführt  wird. 
Die  meisten  Fehler  finden  sich  naturgemäss  in  den  ersten  von 
Fredegar  ausgeschriebenen  Büchern.      Ein   Theil  mag  durch 
Misverständnis  des  Compilators  entstanden  sein,  andere  Irrthü- 
mer  erklären  sich  durch  Verhören,  falsche  Lesung  der  Vorlage 
und    durch   verkehrte  Wortabtheilung.      Zu    den    ersteren    ist 
wohl  zu  rechnen,  wenn  wir  Hier.  c.  8  statt  'Janus'  vor  'Satur- 
nus  Picus'  in  1  'ANNV,  in  2  ann  V.',  in  3  'aiä  .v.'   und   in  4 
'annis  .V.'  finden,  wenn  Hier.  c.  16  statt  'Remuli'  in  allen  Hss. 
'Limuli'    steht.      Hierhin    gehören    ferner    die    'Alpes    Cottiae' 
Hier.  c.  36,  welche  1  'Alapis  cottidie',  2  'lapis  cotidiae'  und  3.  4 
'lapis  cottldiae'  nennen,  dann  'Srayrna'  c.  37,  welches  in  1  und  2 
'Erairna',  in  3  'Ermirna'  geschrieben  wird.     Hier.  c.  38  macht 

1  aus    dem  'iuris  perito'   des  Hieronymus    einen  'iurisperdeto', 

2  liest  'uiresperditus',  3  'uiresperditus',  4  'iunioris  perditus'.  Die 
Zenobia  heisst  Hier.  c.  40  in  1  'Cui  in  ovia',  in  2.  4  'cui  in 
obvia'  und*in  3  'cui  in  obviam';  weiter  unten  nennen  sie 
alle  Hss.  'Gerubia'.  Valentinian  stirbt  Hier.  c.  46  nach  der 
Quelle  an  der  'apoplexis',  die  1.  2.  4c2  'eproploxia',  3  'epro- 
ploixa',  4b2*  'aproplexia'  nennen.  Greg.  c.  82  lesen  wir  in 
1    'ide    efracto    panem    sanguis    fluxit';    Gregor    hat    für    das 

1)  Oder  stehen  etwa  gerade  an  den  oben  namhaft  gemachten  Stellen 
im  Claromontanus  Cursivbuchstaben?  Unmöglich  wäre  es  ja  eben  nicht, 
zumal  wenn  zufällig  die  betreffenden  Worte  resp.  Sylben  in  dieser  Hand- 
schrift auf  einen  Zeilenschluss  träfen,  wo  der  knappe  Raum  den  Sclireiber 
zu  gedrängterer  Schreibweise  nöthigte.      Vergl.  die  vorhergehende  Note. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  331 

sinnlose   *ide'   'verus    de' ;    die   übrigen    Fredegarhandsehriften 
aber   schliessen  sich  der  Lesart   von  1  an,   wenn  sie  <idiae'  2, 
*idem'  3,  'ideo'  4  schreiben.     Von  Mumraolus  heisst  es  Greg. 
c.  85  'regno  Gunthramni  fuga    delatabetur',   was    aus  Gregor's 
'dilabitur'  entstanden  ist;  doch  schreiben  auch  3.  4  'dilatabitur'. 
Andere  den  Handschriften  1  und  x  gemeinsame  Irrthümer  er- 
klären sich  durch  Verhören.    Dahin  rechne  ich  in  erster  Linie 
die   zweimalige  Verschreibung   'orioi*'   für   'morior'.      So   wird 
Hier,  c.  30  in  L  2.  3  vom  Könige  Ptolemaeus  erzählt,  dass  er 
'oriens'  die  Römer  als  Erben  eingesetzt  habe,   Hier.  c.  40  von 
Claudius  'in  Pannonia  oretur'  (so  1,  'oritur'  2.  4),    Durch  Dictat 
erklärt  es  sich  ferner,  wenn  Rom  Hier.  c.  16  'humani  (humane  3) 
urbis'  in  allen  Hss.  geschrieben  wird.    Von  den  Thermen  des 
Nero  heisst  es  Hier.  c.  36  in  1  'Termas  Neronianas  aedecatae 
sunt';  'aedecate' liest  2,  'aedicte' 3,  'aedicatae' 4b2*  statt  ^aedifi- 
catae',  was  Hier.  c.  38  'aedevectate'  1.  2  ('devectate'  4)  richtiger 
geschrieben   wird.     Hier,  c.  37    hat    1    'in   aeditione   numerum 
mirivecus  fuit',  und  ebenso  lesen  auch  2.  3.  4  'numerum  rairifi- 
cus',    obwohl  es,   wie  wir  aus  Hieronymus  ersehen,  'munerum 
magnificus'    heissen   muss.      Die    Stadt   'Bizabde'   Hier.  c.  42 
nennt  1  'Niceabde',  2  'nece  abda',  3  'nece  abte  (corr,  'de')'  und 
4  'nec(a)e   abd(a)e'.     Für  'Histriae'   linden   wir  Hier.  c.  44   in 
1  und  2   'Isti',   in  3.  4  'Iste'.     Die   Stadt  'Nisibin'  Hier.  c.  45 
schreibt  1    'Mesivin',   2  und  3  'Mesevin',  4c2  'Meseium',  4b»* 
'Miseum'.     Idac.  c.  55   finden  wir  in  1  'Richymeris   uaedorum 
eonsilio  fultus,  fraude  interficetur'.    Aus  'uaedorum'  conjicierten 
2.  3.  4  'Suaevorum',  die  Quelle   des  Fredegar  hat  aber  'invi- 
dorum'  oder   nach  merowingischer  Schreibweise   'invaedorum'. 
Auf  falscher  Lesung  beruhen  die  Vertauschungen  von  'n'  und 
'u',  'm'  und  'ni',  'iu'  und  'm',  'r'  und  's',  't'  und  'c'  und  andere, 
denen  wir  in  1  und  den  übrigen  Handschriften  begegnen.    So 
wird    der    sterbende  Valens    Hier,  c.  48   nach    1,  2  und  3   'ad 
cuiusdam  nillole  casam'  gebracht,  wo  4b2*  'in  illo  loco'  conjiciert, 
während  es  selbstverständlich  'villole'  heissen  muss.    Idac,  c,  55 
finden  wir  statt  'germanum  suum'  in  1  'germano  sonm',  wobei 
ausser  der  Verwechslung  von  'n'  und  'u'  auch  der  Abkürzungs- 
strich vom  Uebel  ist.    Doch  hatte  eben  diese  Fehler  auch  der 
Codex  X,   wie   sich  aus   den  Varianten   'germanoso   nomen'  2, 
'germano  suo  nom^'  3.  40^,  'germano  sonomus'  4  a,  'germano 
sonomur'  4  a*  und  'germanum  suum  nöie'  4b'^*  erkennen  lässt, 
denn  'nomen'  ist  eben  die  irrige  Auflösung  der  Verbindung  'nm' 
in  L  In  der  Vorrede  des  Idacius  schreiben  1.  2.  3  'testis  veritatis 
diu  me  cultus  docet'  für  'divine  c.  d.'.    Ferner  gehört  hierher 
die  Verlesung  'cuiusque'  in  1.  2.  3  Hier.  c.  37  für  'cum  usque', 
wie  Hieronymus  schi-eibt.    'r'  und  's'  sind  vertauscht  Idac.  c.  53, 
wo  statt  'tinsauris',  1  'inrauris',  2  und  4  'in  aures',  3  'in  auris' 
lesen.    Die  Verwechslung  von  't'  und  'c'  treffen  wir  in  'partens' 


332  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

1.  2.  3  für  'parcens'  Idac.  c.  43  und  in  dem  Eigennamen  ^Atri- 
pina'  1.  2.  3  Hier.  c.  37.  Auf  ähnliche  Weise  müssen  die 
Fehler  'ciram'  1.  3,  'cyram'  2,  *cira'  4  statt  'circum'  Hier.  c.  20, 
'tractant'  1.  2.  3.  4  für  Hractarit'  Greg.  c.  78  und  'solus'  1.  2.  3 
statt  'solis'  Hier.  c.  23  erklärt  werden.  Speciell  bei  der  letzteren 
Stelle  hat  wohl  der  Schreiber  eine  Ligatur  angenommen,  wo 
keine  war.  Häufig  haben  die  beiden  Hss.  1  und  x  falsche 
Worttrennung  gemeinsam.  So  theilt  1  ab  'balneabece  anceo- 
rum'  Hier.  c.  7  statt  'balnea  Beceanceorum'  (=  Byzantinorum), 
und  die  übrigen  Hss.  haben  ähnlich  2  'balneabece  hanc  eorum', 
4  'balnea  becce  hac  eorum'.  Hier.  c.  16  trennen  1  und  2  'Saba 
Conbochiri'  statt  'Sabacon  Bocchorim'  und  Hier.  c.  44  liest  1 
'a  Constantinopolitane  si  miro  favore  suscepta'  für  'a  Constanti- 
nopolitanis  m.' ;  2.  3.  4  bringen  denselben  Fehler,  nur  dass  sie 
'se'  für  ^si'  lesen  und  3  überdies  noch  'miro  se'  umstellt.  Durch 
falsche  Trennung  ist  auch  in  der  Vorrede  des  Gregor  der 
Fehler  ^nonnulli  aeres'  1.  3.  4  entstanden;  Gregor  selbst  schrieb 
'nonnullae  res'.  Die  üebereinstimmung  von  1  und  x  erstreckt 
sich  bis  auf  die  fehlerhafte  Interpunction.  Den  Satz  Hier.  c.  41 
'Deoclicianus  —  —  iussit  vestibus  calciamentisque  gemmis 
insiri,  cum  ante  cum  —  salutarentur'  interpungieren  1  und  2 
'gemmis  insiricum,  ante',  welche  Abtheilung  auch  die  Lesarten 
'inricum'  3  und  'insericum'  4  bestätigen.  Hier.  c.  48  'Goti 
funduntur  in  Tracia.  Valens  de  Anciocia  exire  conpulsus'  theilen 
1  und  2  'f.,  in  Tracia  Valens,  de'  ab. 

Beinahe  alle  bisher  vorgebrachten  Belegstellen  für  die 
Üebereinstimmung  von  1  und  x  in  einer  Menge  ganz  offenbarer 
Fehler  sind  den  Büchern  der  Fredegar'schen  Compilation  ent- 
nommen, welche  der  Verfasser  aus  uns  bekannten  Quellen  ge- 
schöpft hat.  Es  ist  hier  also  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlos- 
sen, dass  der  Compilator  selbst  eine  grosse  Anzahl  Irrthümer 
in  den  Text  gebracht,  den  er  jedenfalls  oft  nicht  verstand, 
andere  aus  der  ihm  vorliegenden  Handschrift  des  Liber 
Generationis  und  der  Chroniken  des  Hieronymus  und  Idacius 
mit  herübergenommen  hat.  Solche  Fehler  der  Quellen  müssten 
schon  im  Originalcodex  des  Fredegar  gestanden  haben  und 
könnten  somit  für  das  Verhältnis  zwischen  1  und  x  nichts 
beweisen.  Nur  für  den  Hieronymus  lässt  sich  nachweisen, 
dass  einzelne  Versehen  oder  wenigstens  die  Ansätze  dazu  schon 
auf  die  ILandschriften  des  Kirchenvaters  zurückgehen.  Hier, 
c.  16  finden  wir  in  allen  Fredegarhss.  'obbasili'  für  'ob  asili' 
(seil,  'inpunitate'),  und  wir  würden  uns  nicht  gescheut  haben, 
auch  diese  Stelle  in  den  vorangeschickten  Lidex  der  gemein- 
samen Fehler  von  1  und  x  aufzunehmen,  wenn  nicht  die  Lei- 
dener Hs.  Seal.  14  der  Chronik  des  Hieronymus  ebenfalls 
'obbasili'  hätte.  Eben  dieser  Codex  liest  auch  'Ethaena'  für 
'Aetna',  aus  welcher  Corruptel  offenbar  die  Lesart  des  Fredegar 


Die  Chronicae  des  sog.   Fredegar.  333 

'Atene'  1,  'Athena*  2.  4,  'Atena'  3  Hier.  c.  27  entstanden  ist. 
Gewiss  würde  keine  geringe  Zahl  der  oben  angeführten  Irr- 
thümer  auf  diese  Weise  als  vorfredegarianisch  nachgewiesen 
werden  können,  wenn  wir  Fredegar's  Hss.  der  benutzten 
Autoren  hätten.  Dass  der  Compilator  bisweilen  ganz  sinnlos 
seine  Quellen  ausgeschrieben  hat,  sollen  einige  Beispiele 
zeigen.  Hier.  c.  36  macht  er  aus  den  Worten  'ad  templum 
confluentes'  ein  vollständig  unverständliches  'ad  tempulens'. 
So  liest  1 ,  'ad  tempolinse'  haben  2.  3 ,  'ad  tempolinsi'  4. 
In  dem  letzten  Buche  Cap.  36  wird  von  Columban  erzählt 
'creve.rat  iam  passim  fama  is  civitatis  suae'.  Die  Worte  'is 
civitatis  suae'  geben  gar  keinen  Sinn  und  werden  erst  verständ- 
lich, wenn  wir  die  Vita  des  Jonas,  aus  welcher  das  ganze 
Capitel  geschöpft  ist,  vergleichen.  Dort  steht  an  Stelle  der 
räthselhaften  drei  Worte  'sancti  viri'.  Fredegar  hat  also  die 
Abkürzung  'sciuiri'  falsch  aufgelöst,  ebenso  wie  er  Hier.  c.  34 
das  Compendium  'IHS'  hartnäckig  durch  'ipse'  auflöst,  wobei 
ihn  selbst  der  darauf  folgende  'Christus'  nicht  anficht.  Wie 
leichtsinnig  er  seine  Quellen  ausschrieb,  zeigt  auch  die  folgende 
Stelle  aus  Chron.  c.  36:  'fragor  ex  terrorem  incussit'.  Die 
Praeposition  'ex'  ist  sinnlos  und  würde  gestrichen  werden, 
wenn  wir  nicht  noch  die  Quelle  des  Fredegar  hätten,  in  wel- 
cher 'fragor  exortus  totam  domum  quatiens,  omnibus  terrorem 
incussit'  zu  lesen  ist.  Ein  Autor,  der  so  excerpiert,  wird 
auch  andere  Irrthümer  zu  Stande  gebracht  haben.  Eine  Aus- 
scheidung aller  dieser  Fehler,  die  schon  in  dem  Originalexem- 
plar des  Fredegar  gestanden  haben  müssen,  ist  selbstverständ- 
lich heute  numöglich. 

Es  ist  aber  doch  nicht  zu  zweifeln,  dass,  selbst  wenn  wir 
dies  vermöchten,  immer  noch  eine  Anzahl  Irrthümer  zurück- 
bleiben würden,  die  nur  den  uns  erhaltenen  Fredegarhand- 
Bchriften  ihren  Ursprung  verdanken.  Man  erkennt  dies  auch 
aus  den  selbständigen  Partien  des  Fredegar.  Hier  sind  zwar 
die  Handschriften  im  Vergleich  mit  den  Excerpten  aus  fremden 
Schriften  auffallend  correct,  aber  einige  gemeinsame  Irrthümer 
von  1  und  x  lassen  sich  doch  nachweisen.  Hier.  c.  30  lesen 
wir  in  1  'Post  annos.  Sed  et  ßomani  Grecos  liberos  esse 
iusserunt',  und  ebenso  hat  auch  noch  3  'Sed  et'.  Es  muss 
aber  'sedec'  (=  'sedecim')  heissen,  was  auch  in  den  Text  zu 
setzten  ist,  da  Fredegar  selbst  die  chronologische  Notiz  aus  der 
Chronik  des  Hieronymus  herausgerechnet  hat.  Hier  haben 
also  1  und,  wie  wir  aus  3  sehen,  auch  x  denselben  Fehler, 
den  der  Autor  der  Compilation  unmöglich  begangen  haben 
kann,  und  den  auch  die  übrigen  Hss.  'Post  sexto  decimo  anno' 
2,  'post  annos  XVII'  4  zum  Theil  richtig  corrigieren.  In  dem 
von  Fredegar  verfertigten  Index  zu  dem  Gregor  liest  man 
c.  91 :  'De  temorem  Chilperici  ut  Eternoacum  fugit'.    Von  dem 


334  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

Orte  'Eternoacum'  ist  uns  nichts  bekannt;  ausserdem  steht  im 
Texte    'in    Camaracinsira    cum    thinsauris    —    est    adgressus'. 
Trotzdem    lesen   auch    2    'Aeternoacum',    3    'Eterniaco',   4  b** 
'Eterno  a  quo'.    Im  letzten  Buche  c.  45  finden  wir  die  Worte 
'Defuncto  Clep  eorum  principe'.    Pertz  bemerkt  in  der  Collation 
des  Claromontanus,  dass  das  r  in  'eorum'  radiert  sei,  und  viel- 
leicht b  oder  s  an  dessen  Stelle  gestanden  habe.     Nun  finden 
wir  in  der  That  in  3  'Clepiosom',  in  5  'Clepiosum',  in  4b2*  'Cle- 
pioso'   für   'Clep  eorum'.      1  las   also  'eosum',   x  'iosura'  statt 
'eorum'.    Erklärt  sich  dieser  Fehler  durch  Verschreiben,  so  ist 
der  nächste  nur  auf  ein  Dictat  zurückzuführen.     Weiter  unten 
in  c.  53  steht  nämlich  in  1,   Dagobert  sei  mit  seinen  Leudes 
'nee  :  :  :  clippi^'=°   procul  Parisius'  gekommen   und   habe    dort 
seine  Hochzeit   gefeiert.     Nach   'nee'    ist   'pro'  radiert.     Man 
sieht  also,  der  Schreiber  wollte  'nee  procul'  schreiben,  bemerkte 
aber,   nachdem  er  schon  'nee  pro'  ausgeführt  hatte,   dass   ihm 
der    Ortsname    entgangen    war.      Er    fügte   'Clippiaco'    hinzu 
und  setzte  dann  mit  'procul'  den  Text  weiter  fort.     Nun  fragt 
es  sich   erstens,    ob  er  den  Ortsnamen   überhaupt  richtig  ver- 
standen hatte,    zweitens   aber,   wenn  dies  der  Fall  war,   ob  er 
ihm    noch    vollständig    im  Gedächtnis  war,   als   er   die  Lücke 
bemerkte.      Der   Name    scheint    in    der   That  falsch   zu   sein. 
Cap.  58  wird  nämlich  erzählt,  dass  die  Hochzeit  Dagoberts  zu 
'Romiliacum'  stattgefunden  habe.    Die  Hs.  x  stimmt  aber  völlig 
mit  1  überein:  'neglippiago'  3,  'heclippiaco'  4c'.  ^^  'hinclippiaco' 
4b2*  und  ^clipiato'  5  a.    X  schliesst  sich  mithin  auf  das  engste 
an  1    an,    und   hat   sicher   auch   solche  Fehler   mit   dieser  Hs. 
gemeinsam,  die  unmöglich    von   dem   Verfasser   der   Chronik 
herrühren  können. 

Manches  scheint  direct  dafür  zu  sprechen,  dass  x  aus  1  abge- 
schrieben war.  Zunächst  die  Abkürzungen.  Da,  wo  1  diese  schon 
vorfand,  den  Abkürzungsstrich  aber  irrthümlich  wegliess,  finden 
wir  auch  in  x  keinen.  Hier.  c.  33  schreibt  1  'augy'  statt  'Augustum' 
und  'augi'  lesen  2.  3.  Derselbe  Name  wird  weiter  unten  von  allen 
drei  Hss.  'agus'  abgekürzt.  Ein  ungewöhnliches  Compendium 
für  'dum'  steht  in  1  Hier.  c.  6  'Sed  dm  plurima  egerunt',  und 
diese  Abkürzung  finden  wir  auch  noch  in  4b2*,  dessen  Schrei- 
ber jedoch  an  'Deum'  denkt  und  daher  irrthümlich  'sed  contra 
dm'  liest;  2  dagegen  ändert  'qffi'.  Noch  beweisender  ist  die 
folgende  Stelle  aus  Hier.  c.  41  '19  ann.  Deocliciano  regnante 
quattuor  ecl^  cum  populo,  eodem  iobente,  subversi  sunt'.  So 
liest  1,  und  auch  Hieronymus  hat  'ecclesiae',  die  übrigen  Hss. 
ändern  jedoch  'quattuor  red'  2'  'HH  redum'  3,  'quattuor  redum' 
4,  indem  sie  das  'r'  von  'quattuor'  mit  zu  dem  nächsten  Worte 
ziehen,  'cl'  als  'd'  lesen  und  überdiess  noch  die  Abkürzung  von  1 
falsch  lösen.  Man  sollte  meinen,  diese  Irrthümcr  hätte  der  Schrei- 
ber von  x  nur  dann  begehen  können,  wenn  er  den  Claromontanus 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  335 

copierte.  Greg.  c.  56  'Haec  occansio  filiam  eiecit  de  regnum' 
schreibt  1  flüchtig  'occansi',  ein  Fehler,  den  jeder  Abschreiber 
vei'bessern  musste,  selbst  wenn  er  bei  seiner  Arbeit  an  gar 
nichts  dachte;  und  doch  finden  wir  anch  noch  in  3  ^occansi', 
woraus  erhellt,  dass  die  beiden  Hss.  1  und  x  bis  in  die  minu- 
tiösesten Kleinigkeiten  übereinstimmten.  Ebenso  hat  1  im 
Liber  Gener.  c.  14  'ordenato  incolo  eins  Eliacim',  und  'incollo' 
steht  auch  noch  in  2  statt  des  richtigen  'in  loco'.  Manche 
unberechtigte  Worttrennungen  finden  nur  in  1  ihre  Erklärung. 
Wenn  z.  B.  in  dem  Register  zu  dem  letzten  Buche  c.  37  in 
2.  3  'quas  allosia'  steht,  so  trägt  Avohl  1  die  Schuld  daran,  wo 
die  beiden  Worte  'quasalossia'  zusammengeschrieben  sind;  es 
muss  jedoch  'qua  Salossia'  abgetheilt  werden,  da  'Saloissa'  im 
Texte  steht.  Ebenso  scheinen  einige  Umstellungen  und  Aus- 
lassungen von  X  nur  aus  dem  Claromontanus  erklärt  werden 
zu  können.  Liber  Gen.  c.  6  lesen  wir  in  1  'Paflagonis,  Frigis, 
Achaia,  Thessali,  Macedonis,  Traces,  Misi',  und  diese  Reihenfolge 
hat  auch  die  Quelle  des  Fredegar.  2.  3  dagegen  stellen  'Pafla- 
gonis, Traces,  Frigis'  um.  Wie  Heller  bemerkt,  steht  nun  im 
Claromontanus  'Traces'  gerade  vor  'Frigis',  aber  eine  Zeile 
tiefer.  Liber  Gen.  c.  13  'bellum  agit  ann.  VI  et  postquam 
possedit  terram  vixit'  fügt  2  zwischen  'VI'  und  'et'  die  Worte 
'fiunt  ergo'  ein,  die  wiederum  in  1  gerade  eine  Zeile  tiefer 
stehen.  3  hat  hier  das  sinnlose  Einschiebsel  schon  gestrichen. 
Liber  Gen.  c.  5  'Dividit  autem  inter  Cham  et  inter  Jafeth'  ist 
das  zweite  'inter'  in  1  erloschen  und  fehlt  in  2  und  3.  So 
bestimmt  auch  diese  Stellen  dafür  zu  sprechen  scheinen,  dass 
X  aus  1  abgeschrieben  ist,  so  steigen  mir  doch  eine  Anzahl 
Bedenken  dagegen  auf,  die  ich  nicht  verschweigen  kann. 

Zunächst  verbessert  x  einigeraal  Schreibfehler  des  Claro- 
montanus. Auf  die  grösste  Mehrzahl  dieser  Stellen  wird  aller- 
dings nicht  viel  zu  geben  sein,  da  die  Correctur  sehr  vieler 
Flüchtigkeiten  von  1  so  nahe  lag,  dass  auch  ein  mittelalterlicher 
Schreiber  das  Richtige  finden  konnte.  In  vielen  Fällen  hat 
auch  nur  die  eine  oder  andere  der  aus  x  abgeleiteten  Hss.  die 
richtige  Lesart,  während  die  übrigen  mit  1  übereinstimmen. 
Diese  Stellen  mussten  selbstverständlich  hier  ausgeschlossen 
werden,  da  klar  auf  der  Hand  lag,  dass  die  correcte  Lesart  nicht 
aus  X  stammen  kann.  So  finden  wir  eine  Menge  Corruptelen 
von  1  auch  in  3,  —  welche  Hs.  überhaupt,  wie  wir  schon  her- 
vorhoben, sehr  sorgfältig  geschrieben  ist  — ,  während  2.  4  das 
Richtige  haben.  Von  den  letzteren  Hss.  hat  wieder  4  am 
meisten  corrigiert  und  zwar  ganz  besonders  der  jüngste  Ver- 
treter dieser  Klasse,  der  Münchener  Codex.  Dass  die  aus  x 
abgeleiteten  Hss.  von  den  leichteren  Versehen,  die  wir  im 
Claromontanus  antreß"en,  frei  sind,  wird  uns  nicht  wundern. 
Bisweilen   fehlt  in  1    ein  Buchstabe,   besonders  in  den  Fällen, 


336  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

wo  das  nächste  Wort  mit  demselben  Buchstaben  beginnt,  mit 
dem  das  vorhergehende  schliesst,  (also  'palaci  occidetur'  Hier, 
c.  35,  'diaemperii'  Hier.  c.  40),  aber  auch  mitten  im  Worte 
('Cisalpna',  'hominbus'  Hier.  c.  36,  'interfcetur'  Chron.  c.  88, 
'conpiciendum'  Greg.  c.  87);  oder  es  ist  ein  Buchstabe  zu  viel 
geschrieben  ('consprobans'  Hier.  c.  34).  Hier  ergänzen  alle 
anderen  Hss,  das  Fehlende  und  alle  tilgen  den  überflüssigen 
Buchstaben.  Auch  eine  Anzahl  der  durch  Verhören  entstande- 
nen Irrthümer  haben  sie  nicht.  Während  der  Claromontanus 
liest  'murus  dixit'  Hier.  c.  22,  'aufusti'  Hier.  c.  33,  ^exolis' 
Hier.  c.  36,  'muri  operis'  Hier.  c.  37,  'nonerit'  Chron.  c.  27, 
'occisorunt'  c.  38,  'direxerat'  c.  46,  'apud  asonem',  'inunctum' 
c.  51,  'huius'  c.  61  und  'fecit  coniugium'  c.  54,  wo  von  Godinus 
'regio  timore  perterritus'  die  Rede  ist,  —  haben  die  anderen 
Hss.  richtig,  'duxit',  'augusti',  'et  soHs',  'miri',  moneret',  'occi- 
sorum',  'dilexerat',  'Tasonem',  'iniunctum',  'usus',  ^confugium'. 
Mitunter  irrte  der  Schreiber  des  Claromontanus  dadurch,  dass 
er  seine  cursive  Vorlage  nicht  zu  lesen  verstand.  So  ver- 
wechselt er  's'  und  'r'  in  'Escanum'  Hier.  c.  31,  'extetisat' 
Greg.  c.  43,  'usospaverant'  Chron.  c.  68,  'caera'  Hier.  c.  41, 
'Taro'  Chron.  c.  50;  't'  und  'e'  in  'confenistrant'  Hier.  c.  33, 
'amaneissemus'  Hier.  c.  37,  't'  und  'c'  in  'detradaretur'  (=  'decra- 
daretur'  d.i.  'degradaretur')  Chron.  c.  42;  'cradedisse'  Chron.  c.  56; 
'n'  und  'v'  in  'nonas'  Hier.  c.  44  und  scliliesslich  'ci'  und  'a'  in 
'Spanicim'  Greg.  Index  c.  42.  Auch  in  allen  diesen  Fällen 
folgen  die  übrigen  Handschriften  in  den  Fehlern  nicht  dem 
Claromontanus,  was  bei  der  grossen  Mehrzahl  der  Irrthümer 
auch  nicht  zu  verwundern  wäre,  wenn  1  wirklich  die  Quelle 
von  X  ist,  da  die  Correctur  beinahe  immer  auf  der  Hand 
lag.  In  Betreff  der  von  1  fehlerhaft  geschriebenen  Eigen- 
namen ist  aber  zu  bemerken,  dass  sie  nicht  bloss  an  der  einen 
Stelle,  sondern  öfter,  zum  Theil  unmittelbar  vorher  genannt 
werden,  so  dass  also  ein  Abschreiber  den  Irrthum  leicht  bemer- 
ken konnte.  Schwieriger,  wenn  nicht  unmöglich,  wenn  wir  an 
der  Ansicht  festhalten,  dass  1  das  Original  von  x  ist,  wird 
uns  die  Erklärung  der  folgenden  Stellen.  Im  Liber  Gen.  c.  19 
wird  nach  Aminadab  von  1  ein  'Riaasson'  genannt,  den  2  und 
3  richtig  'Naasson'  schreiben.  Hier  könnte  man  sich  damit 
helfen,  dass  ein  bibelkundiger  Schreiber,  nachdem  er  den 
Namen  des  Vaters  Aminadab  gelesen  hatte,  wohl  aus  seiner 
eigenen  Kenntnis  den  darauf  folgenden  Namen  des  Sohnes 
verbessern  konnte.  Diese  Erklärung  fällt  weg  Hier.  c.  8,  wo 
1  die  corrupte  Form  'Silvivium',  die  übrigen  Hss.  dagegen 
richtig  'Silvium'  haben.  Dagegen  war  wohl  die  Verbesserung 
'salvatoris'  statt  der  Lesart  'salutaris'  von  1  in  der  Verbindung 
'in  passione  salvatoris'  Hier.  c.  34  nicht  ganz  unmöglich  zu 
finden.    Greg.  c.  88  steht  in  1  'ad  quadam  momento  cum  cultris 


Die  Chronicae  des  sog.  Fi-edegar.  337 

pueri  fossam  facerint' ;  'monimento'  hat  aber  richtig  3,  und  die 
übrigen  Hss.  lesen  dem  entsprechend  'monumentu'  und  'monu- 
mentum'.  Am  merkwürdigsten  sind  aber  die  folgenden  Stellen. 
Der  Claromontanus  hat  in  der  Schlusscomputation  des  Hie- 
ronymus  dreimal  'XLX'  statt  'LXL'  für  90.  Maii_liest  nämlich 
dort  Hier.  c.  49 'DCCCXLXVmr/lDCCCXLXVnCCCXLXV;, 
während  die  übrigen  Hss.  stets  richtig  'XC  schreiben  mit 
Ausnahme  von  4b**.  c^,  welche  an  der  ersten  Stelle  'LX'  als 
Zehner  haben.  Schliesslich  noch  ein  Citat  aus  Greg.  c.  23.  Dort 
spricht  Aridius  zu  Gundobad  'Oportet  te  liniri  huius  homines 
feritatem'.  'Lenire  huius'  steht  auch  bei  Gregor;  1  dagegen 
liest  'linis  huiuri'.    Der  Fehler  erklärt  sich  wohl  dadurch,  dass 

Imius 

in  der  Vorlage  'huius'  übergeschrieben  war  'liniri',  und  der 
Abschreiber  es  an  der  falschen  Stelle  einreihte.  3  und  4  jedoch 
haben  richtig  'linire  huius',  während  2  'linire  hu'  schreibt.  Aus 
der  Corruptel  von  2  möchte  man  schliessen,  dass  auch  in  x 
der  Text  an  dieser  Stelle  nicht  in  Ordnung  war,  aber  2  hat 
doch  immerhin  auch  'linire'.  Konnte  ein  mittelalterlicher  Mönch 
diese  und  die  übrigen  Verbesserungen  finden? 

Von  der  Beantwortung  dieser  Frage  hängt  es  ab,  ob  wir 
1  als  die  Urquelle  aller  übrigen  Fredegarhandschriften  ansehen 
dürfen.  Verneint  man  die  Frage,  so  muss  man  wenigstens 
zugeben,  dass  x  aus  einem  dem  Claromontanus  sehr  ähnlichen 
Exemplare  geflossen  ist.  Beide  Hss.  stimmen,  wie  wir  oben 
sahen,  in  sehr  vielen  Fehlern  überein,  die  unmöglich  dem  Autor 
der  Chronik  aufgebürdet  werden  dürfen;  ihre  Quelle  könnte 
folglich  das  Original  nicht  gewesen  sein.  Die  Vorlage  von  1 
war,  wie  eine  Anzahl  von  Irrthümern  zeigte,  in  Cursive  ge- 
schrieben, und  dieselbe  Schriftgattung  ergab  sich  auch  für  die 
Quelle  von  x.  Auch  dieses  Zusammentreffen  würde  zu  der 
Voraussetzung  stimmen,  dass  nicht  x  aus  1,  sondern  beide  aus 
einer  Handschrift  abgeschrieben  sind").  Freilich  würde  auch 
dann  für  die  Textkritik  nur  1  in  Betracht  kommen  können, 
als  die  älteste  und  correcteste  Abschrift  aus  jenem  Cursivcodex, 
da  ausser  den  oben  angeführten  wenigen  Verbesserungen,  zu 
denen  bei  genauer  Durchsicht  vielleicht  noch  einige  andere 
kommen  können,  die  aus  x  geflossenen  Hss.  nichts  Besseres 
bieten,  vielmehr  durch  eine  Reihe  gemeinsamer  Fehler  entstellt 
sind,  von  denen  1  noch  frei  ist.  Hält  man  aber  die  Gründe, 
die  wir  für  die  Annahme  beigebracht  haben,  dass  1  die  Ur- 
quelle unserer  Fredegarüberlieferung  ist,  für  überzeugend  ge- 
nug, so  muss  man  die  besseren  Lesarten  der  anderen  Hss.  auf 
Correcturen  des  Schreibers  von  x  zurückführen.  Dass  dieser 
den   Text   seiner  Vorlage    an    manchen   Stellen    geändert  hat, 


1)  Doch  veigl.  oben  p.  332,  n.  1. 


338  Die  Chronicae    des  sog.  Fredegar, 

steht  fest;  und  welcher  Schreiber  des  Mittelalters  hätte  dies 
nicht  gethan?  Dass  dies  nicht  immer  mit  Glück  geschehen 
ist,  zeigen  die  Fehler  von  x;  nichts  ist  aber  natürlicher,  als 
dass  er  auch  zuweilen  das  Richtige  getroflfen  hat,  ebenso  wie 
wiederum  von  x  übersehene  Irrthümer  einzelne  aus  jener  Hs. 
stammende  Codices  verbessern.  So  schreibt  bei  dem  Tode 
des  Herodes  Hier.  c.  34.  1  'miserabiliter  et  divinae  moreretur', 
und  dies  hatte  auch  x,  da  ^deuna'  3a,  'divino'  4b2*  liest;  2a 
aber  corrigiert  richtig  'digne',  was  wir  auch  im  Hieronymus 
finden.  Glaubt  man  nun,  dass  x  eine  Abschrift  von  1  war, 
so  dürfte  zwischen  diesen  beiden  Hss.  noch  ein  Cursivcodex  an- 
zunehmen sein,  worauf  wir  schon  oben  hingedeutet  haben.  Von 
den  Fehlern  des  Claromontanus  erklärte  sich  ein  Theil  durch 
Verschreiben,  der  andere  durch  Verhören.  Die  zweite  Gattung 
würde  nicht  dagegen  sprechen,  dass  1  die  Originalhandschrift 
des  Fredegar  sei;  man  würde  nämlich  dann  annehmen  müssen, 
dass  der  Autor  sein  Werk  dictiert  habe.  Anders  steht  es  aber 
mit  den  Schreibfehlern,  von  denen  sehr  viele  darauf  hinweisen, 
dass  ein  in  merowingischer  Cursive  geschriebener  Codex  die 
Quelle  war.  Daraus  folgt  doch  wohl,  dass  1  das  Original  nicht 
gewesen  ist. 

Aber  auch  die  übrigen  Hss.  würden,  wenn  1  ihre  Quelle 
ist,  nicht  unbenutzt  zu  lassen  sein.  Erstens  nämlich  hat  man 
im  Mittelalter  den  Fredeger  fast  nur  aus  den  aus  x  abgeleiteten 
Hss.  gekannt,  —  allein  der  Schreiber  der  Metzer  Hs.  scheint 
den  Claromontanus  vor  sich  gehabt  zu  haben  —  so  dass  für 
den  Quellenforscher  die  Varianten  dieser  Hss.  keineswegs  werth- 
los  sind.  Zweitens  aber  ist  an  sehr  vielen  Stellen  die  ursprüng- 
liche Lesart  von  1  nur  aus  2.  3.  4.  5  zu  erkennen,  da,  wie 
schon  oben  gezeigt,  diese  Hs.  durch  eine  Menge  späterer  Cor- 
recturen  und  Rasuren  gelitten  hat,  x  jedoch,  Avenn  es  aus  1 
stammt,  zu  einer  Zeit  abgeschrieben  wurde,  als  der  Text  des 
Claromontanus  von  diesen  noch  unberührt  war.  Dies  sieht 
man  auch  aus  Stellen,  wie  Hier.  c.  8,  wo  'Aetesi'  im  Claro- 
montanus von  2.  Hand  richtig  in  'Aefesi'  geändert  ist,  während 
2  ebenfalls  'Aetesi',  3  ^Aetisi'  hat,  —  und  Hier.  c.  16  .'humani 
urbis'  corrigiert  die  2.  Hand  dem  Sinne  gemäss  in  'Romane  u.'; 
'humani'  lesen  aber  2  und  4,  'humane'  hat  3.  An  anderen 
Steilen  ist  die  ursprüngliche  Lesart  des  Claromontanus  nicht 
mehr  zu  erkennen.  So  finden  wir  Idac.  c.  50  von  Theodosius, 
dem  Sohne  des  Arcadius,  gesagt  'post  obotum  Honori  patruel 
:  :  :  narchiam  tenit',  was  die  2.  Hand  im  Claromontanus  in 
Uebereinstimraung  mit  dem  Idacius  in  'patrui  monarchiam' 
berichtigte.  Aber  was  stand  ursprünglich  an  dieser  Stelle? 
Dies  erkennen  wir  aus  2a.  2  b.  3;  die  erstere  Hs.  liest  nämlich 
^patruae  in  obnarchiam',  2  b  hat  'patrueli  ('1^  ist  später  hinzu- 
gefügt) in  obnarchiam',  und  3  schreibt  'patriae  in  obnarchiem'. 


Die  Chi'onicae  des  sog.  Fredegar.  339 

Es  wird  also  für  1  die  Lesart  'patrueli  obnarchiam'  herzustellen 
sein,  so  dass  x  'patrueli'  in  'patrue  in'  aufgelöst  hat.  Die  Hss. 
der  4.  Klasse  corrigieren  hier  übrigens  schon  alle  'monarchiam'. 
Greg.  e.  55  stimmen  zwar  die  Worte  'eosque  vieit  atque  fuga- 
vit'  mit  der  Quelle  überein,  doch  bemerkt  Waitz,  dass  der 
Claromontanus  *vicit'  erst  durch  Correctur  habe.  In  der  That 
haben  die  besseren  Hss.  hier  eine  ganz  andere  Lesart;  2  liest 
nämlich  'eosque  a  vicinitate  effugavit',  3  hat  'eosque  interfecit 
atque  fugavit',  während  4  die  sinngemässe  Correctur  von  1  hat. 
Offenbar  kommt  hier  die  Corruptel  'vicinitate'  in  2  der  ur- 
sprünglichen Lesart  von  1  am  nächsten,  und  ist  vielleicht 
dem  Texte  Monod's  vorzuziehen,  der  ^civitate'  bietet.  Ein  Blick 
in  die  Handschrift  wird  leicht  zeigen,  welche  von  den  beiden 
Lesarten  die  richtige  ist.    Das  Cap.  80  des  Gregor  beginnt  in 

1  <Defuncto  Narside',  wozu  in  der  Collation  bemerkt  ist,  dass 
das  'N'  erst  der  Corrector  hergestellt  hat.  Dass  'Marside' 
ursprünglich  im  Claromontanus  gestanden  hat,  zeigen  3.  4ci,  die 
gerade  so  lesen,  und  4b2*,  welches  'Marsidae'  hat.  Man  erkennt 
aus  diesen  Stellen,  dass  auch  neben  1  die  übrigen  Handschrif- 
ten einen  gewissen  Werth  haben,  der  sich  selbstverständlich 
noch  bei  weitem  steigert,  wenn  wir  annehmen,  dass  x  nicht 
aus  1  stammt. 

Schliesslich  ist  noch  das  Verhältnis  der  Handschriften  2.  3. 
4.  5  zu  einander  in  Erwägung  zu  ziehen.  Die  letzte  Klasse 
kann  vorläufig  hier  ausser  Betracht  bleiben,  da  sie  eigentlich 
nur  eine  Unterabtheilung  von  4  ist.  Die  übrigen  drei  Gattun- 
gen stellen  sich  im  Grossen  und  Ganzen  so  zu  einander,  dass 

2  als  die  Quelle  von  3,  dieses  als  die  Quelle  von  4  anzusehen 
ist.  Dies  zeigt  schon  der  Inhalt  dieser  drei  Abtheilungen. 
Während  2  von  allen  fremden  Einschiebseln  frei  ist  und  sich 
so  am  meisten  dem  Claromontanus  nähert,  lässt  3  den  Schluss 
des  Liber  Generationis  aus  und  schiebt  dafür  das  Buch  des 
Hilarian  ein,  in  4  aber  fehlt  der  ganze  Liber  Generationis, 
wofür  ausser  dem  Hilarian  noch  die  Historia  Daretis  inter- 
poliert, und  der  Fredegar  bis  z.  J.  768  fortgesetzt  ist.  Schon 
hieraus  erkennt  man,  dass  keine  andere  Combination  in 
Betreff  der  Abstammung  dieser  Handschriften  möglich  ist, 
als  diejenige,  welche  wir  oben  angedeutet  haben.  Demnach 
finden  wir  in  3.  4  eine  Anzahl  gemeinschaftlicher  Corruptelen, 
von  denen  2  noch  frei  ist.  In  der  Zahl  'WCCCCXLVII'  Hier, 
c.  10  setzen  alle  Handschriften  ausser  1  gegen  den  Text  des 
Hieronymus  für  'L'  'C  ein,  3  und  4  ändern  ausserdem  noch 
'W  in  'lir  ab,  während  wir  in  2  richtig  'mille'  finden.  Die 
contrahierte  Form  'vicla'  für  'vincula'  Hier.  c.  25  hat  auch 
noch  2  als  'vecla',  in  3.  4  liest  man  jedoch  schon  'vincla'.  Aus 
den  'Aeoli'  des  Hieronymus  c.  30  macht  der  Claromontanus 
'Eule',  und  so   liest  auch  2;   3  dagegen   ändert    'tale',   woraus 


340  Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

in  4  'tul(a)e'  wurde.  Hier.  c.  34  schreibt  1  ^novellissimam 
civitatein  Caesariam',  wo  die  Quelle  ebenfalls  'nobilissimam' 
hat.  Diese  Form  finden  wir  auch  in  2,  während  3  'novissima', 
4  'novissimara'  corrigiert.  ^Corbanan'  nennen  Hier.  c.  34,  1.  2 
und  die  Quelle  den  heiligen  Schatz  der  Juden,  'Corbam'  aber 
corriimpieren  3  und  4.  Die  Worte  'pars  solo'  Hier.  c.  37 
ziehen  diese  beiden  Handschriften  in  'parsolo'  zusammen,  aber 
nicht  1  und  2.  Greg.  c.  1  ändern  3.  4  'precidens'  in  'prae- 
dicens'  um,  während  2  richtig  'praecidens'  liest.  Die  Stelle 
Greg.  c.  11  'dum  cerneret,  eum  Franci  interficere  conarentur' 
lautet  in  3  und  4  corrumpiert  'd.  c.  cum  F.  eum  i.  c.',  wo 
übrigens  4  'eum'  hinter  'interficere'  stellt.  2  jedoch  stimmt 
hier  ganz  mit  dem  Claromontanus  überein.  Greg.  c.  24  nimmt 
Chlodoveus  die  Herrschaft  Sigyberts  nach  1  'absque  ullo  prilii' 
in  Besitz ;  für  'prilii'  lesen  3  und  4  'predii'  und  'pridie',  dagegen 
hat  2  richtig  'proelio'.  Dem  Claromontanus  folgt  2  bisweilen 
sogar  in  offenbaren  Fehlern.  So  liest  1  Hier.  c.  4  'ab  Olexo 
per  fraidecepti',  und  ebendies  finden  wir  auch  in  2,  während 
3.  4  richtig  'per  fraudem  decepti'  corrigieren.  Aus  diesen  Be- 
legen wird  man  die  Ueberzeugung  gewinnen,  dass  2  in  der 
That  eine  höhere  Stufe  in  der  Ueberlieferung  einnimmt  als  3, 
und  dass  dieses  wieder  mit  4  in  naher  Verwandtschaft  steht. 
Für  2  haben  wir  nur  zwei  Abschriften  des  9.  Jahrh.  aus  einem 
modernisierten  und  noch  dazu  verstümmelten  Codex,  während 
die  Ueberlieferung  der  3.  Klasse  zwar  auch  nur  auf  einer,  aber, 
wie  wir  schon  wiederholt  hervorgehoben  haben,  sehr  sorgfältig 
geschriebenen  Hs.  beruht.  Es  ist  daher  nicht  zu  verwundern, 
dass  wir  bisweilen  in  2  Corruptelen  begegnen,  wo  3  das  Rich- 
tige bietet.  Dieser  Umstand  beweist  nur,  dass  3  aus  keiner 
der  uns  erhaltenen  Abschriften  jenes  der  2.  Klasse  angehörigen 
Decurtatus  stammt,  was  ja  auch  schon  an  sich  unmöglich  ist, 
weil  3  das  letzte  Buch  vollständig  hat. 

Solche  Stellen  sind  die  folgenden.  Hier.  c.  26  liest  1  'Can- 
bisin  qui  et  Nabagodonosor',  und  noch  3  a  hat  'Cambis  inqui 
et' ;  2  a  dagegen  corrigiert  gegen  den  Sinn  'Canbis  inquid'  und 
ebenso  ändert  auch  4  b*=*  'Cambis  inquid'.  Hier.  c.  34  stirbt 
Herodes  nach  1  'morbo  intertutis',  dieselbe  Verwechslung  von 
'c'  und  't'  bietet  auch  3  'intertotis',  wogegen  2  und  4  'inter- 
cutis'  corrigieren.  Von  Avenches  heisst  es  Hier.  c.  36  in  1 
'et  nobelissima  in  Gallea  Cisalpna  atficetur',  und  dem  entspre- 
chend liest  mau  auch  in  3  'adficitur,  während  2.  4c2  'aedificetur', 
4b2*  'edificatur'  ändert,  obwohl  der  Sinn  'efficetur'  erfordert. 
Diese  besseren  Lesarten  von  3  würden  also  in  dem  Umstände 
ihre  Erklärung  finden,  dass  diese  Handschrift  aus  einem  Ver- 
treter der  zweiten  Klase  abgeleitet  ist,  der  correcter  geschrieben 
war,   als   die  uns   erhaltenen   Hss.   2,    und  dem   deshalb   eine 


Die  Chronicae  des  sog.  Predegar.  341 

höhere  Stufe  als  2  anzuweisen  wäre.    Diesen  Codex  wollen  wir 
2*  nennen. 

Ebensowenig  kann  4  aus  dem  noch  vorhandenen  Codex  3 
abgeschrieben  sein ;  auch  hier  muss  man  eine  ältere  Ueberliefe- 
rung  (3^)  von  3  annehmen,  die  der  Lugduno-Vaticanus  nicht 
vollständig  ersetzt.  Ich  brauche  hier  nur  auf  die  Eigenthüm- 
lichkeiten  der  Hs.  3  hinzuweisen,  die  oben^)  bei  der  Chronik 
von  St.  Benigne  genügend  besprochen  worden  sind,  und  von 
denen  die  Codices  der  4.  Klasse  nichts  wissen.  So  setzt  4  die 
Regierungsjahre  der  fränkischen  Könige  in  Uebereinstimmung 
mit  dem  Claromontanus  an,  während  3,  wie  wir  oben  sahen, 
nicht  selten  die  Jahreszahlen  um  1  vermindert.  Die  Chronik 
von  St.  Benigne  geht  hier  mit  3  zusammen,  ist  also  nicht 
direct  aus  dem  Exemplare  3x,  sondern  aus  einer  dem  Lugduno- 
Vaticanus  ähnlichen  Handschrift  abzuleiten. 

Durch  diese  Genealogie  sind  eine  Anzahl  Stellen  nicht  zu 
erklären,  was  dem  nicht  wunderbar  erscheinen  wird,  der  bedenkt, 
wie  viele  Glieder  uns  in  der  Kette  der  Ueberlieferung  fehlen. 
Wenn  2^  die  Quelle  von  2  und  dann  auch  von  3*,  dieses 
aber  das  Original  von  3  und  weiterhin  auch  von  4  ist,  so 
müsste  4  alle  gemeinschaftlichen  Fehler  von  2  und  3  getreu 
wiedergeben.  Dies  ist  aber  in  der  That  nicht  immer  der  Fall. 
So  sind  in  2  und  3  die  ^basilicae'  von  1  und  den  Quellen  des 
Fredegar  zuweilen  in  'ecclesiae'  (vergl.  Idac.  c.  54,  Greg.  c.  10. 
13.  46.  52.  53)  geändert,  während  4  wieder  'basilicae'  hat.  Doch 
ist  hier  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dass,  nachdem  2 
und  3  die  Basiliken  verdrängt  hatten,  4  sie  auf  eigene  Hand 
wieder  hineingebracht  habe.  Die  Uebereinstimmung  von  1  und 
4  gegen  2.  3  würde  mithin  an  diesen  Stellen  auch  in  dem 
Zufalle  eine  Erklärung  finden.  Auch  die  Fehler  von  2.  3, 
welche  auf  falscher  Worttrennung  beruhen,  konnte  4  wohl 
selbst  berichtigen,  also  Hier.  c.  30  'Romanis  amnitas'  (2.  3)  in 
'Romani  Samnitas',  was  auch  1  hat,  ändern  und  weiter  unten 
'duce  recepisse'  2.  3  in  Mucere  caepisse'  corrigieren,  wo  1 
'ducere  cipisse'  (==  'docere  coepisse')  liest.  In  dem  Satze 
Hier.  c.  34  ^Tiberius  ....  comminatus  est  mortem',  wo  2  'com- 
mitatus',  3  'comittatus'  corrumpiert,  ergab  sich  die  richtige  Lesart 
von  4  'comminatus'  ganz  von  selbst.  Schliesslich  schieben  2  und  3 
in  dem  Satze  Chron.  c.  9  'cum  quattuor  pueris,  totidem  puellis' 
vor  'totidem'  ein  'et'  ein,  welches  1  und  4  fehlt,  und  lassen  Hier, 
c.  12  die  Worte  'sive  Remolus'  aus,  die  wenn  ich  ex  silentio 
meiner  Vergleichung  schliessen  darf,  in  4  vorhanden  sind.  Es 
giebt  hier  nur  zwei  Auswege.  Entweder  haben  die  Schreiber  der 
Hss.  2  und  3  jeder  nach  eigenem  Gutdünken  zufällig  dasselbe  'et' 
eingeschoben,   dieselben  Worte  fortgelassen,    und  so  dieselben 


1)  Siehe  S.  289. 


342  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

beiden  Fehler  begangen,  oder  man  rauss  annehmen,  dass  4 
nach  1  corrigiert  ist,  Avas  aber  bei  der  geringen  Zahl  besserer 
Lesarten  nicht  recht  glaubhaft  erscheint.  An  anderen  Stellen 
mag  4  corrigiert  und  so  das  Richtige  getroffen  haben. 

Zum  Schlüsse  ist  noch  das  Verhältnis  von  5  klar  zu  stel- 
len. Diese  Handschriftenklasse  hat  bekanntlich  ebenso  wie  4 
die  Fortsetzungen,  die  aber  hier  nur  bis  Cap.  110  incl.  reichen, 
während  sie  in  4  vollständig  vorhanden  sind.  Eine  Verwandt- 
schaft von  4  und  5  ist  also  offenbar  vorhanden,  es  fragt  sich 
nur,  ob  5  aus  4  oder  4  aus  5  geflossen  ist.  Die  zweite  Mög- 
lichkeit hat  viel  verlockendes  für  sich;  5  würde  dann  die 
ältere  Fassung  repraesentieren,  4  die  jüngere,  Avelche  von 
Späteren  von  Cap.  110  bis  zum  Schluss  fortgeführt  worden 
wäre.  So  hat  sich  auch  Pertz  das  Verhältnis  der  Handschriften 
gedacht,  der  Archiv  VII,  p.  256,  die  Hss.  5  vor  4  stellt,  und 
Breysig  ist  ihm  in  seiner  bekannten  Abhandlung  über  die 
Fortsetzer')  gefolgt,  indem  er  bei  Cap.  111  einen  neuen  Schrei- 
ber einsetzen  lässt.  Ausser  den  Codices  5  bringt  Breysig  auch 
noch  die  Lorscher  Annalen  als  Beweis  für  seine  Ansicht  vor, 
die  ebenfalls  mit  Cap.  110  abbrechen.  Doch  beweist  dieses 
Zusammentreffen  weiter  nichts,  als  dass  der  Verfasser  dieser 
Annalen  einen  Codex  5  ausgeschrieben  hat,  ebenso  wie  andere 
Chronisten  Fredegarhss.  3  und  4  benutzt  haben.  Schon  Ruinart 
hat  mit  Recht  bei  Cap.  110  keinen  Abschnitt  zugelassen,  und 
es  soll  im  Folgenden  noch  näher  begründet  werden,  dass  der 
frühe  Schluss  der  Handschriften  5  in  der  That  für  die  Urheber- 
schaft der  Fortsetzungen  bedeutungslos  ist,  da  nicht  4  aus  5, 
sondern  5  aus  4  abgeleitet  ist.  Die  nahe  Verwandtschaft  von 
4  und  5  bezeugt  unter  anderen  eine  gemeinsame  Lücke  im 
Chron.  c.  11.  Hier  lassen  beide  Klassen  die  Sätze  'Eo  anno 
luna  obscurata  est.  Eo  anno  inter  Francos  et  Brittanis  super 
fluvio  Vicinonia  bellum  est  ortum'  aus.  Doch  unterscheiden 
sich  auch  die  beiden  Handschriftenklassen  sehr  wesentlich. 
Der  Index  zur  Chronik  reicht  in  4  ebenso  wie  im  Claromon- 
tanus  und  in  2.  3  nur  bis  Cap.  90,  während  5  ihn  bis  Capitel 
110  der  Fortsetzungen  fortführt.  Der  darauf  folgende  Prolog 
ist  in  4  vollständig,  beginnt  aber  in  5  erst  mit  'Trasactis  nam- 
que  Gregorii  libri  volumine',  so  dass  also  hier  drei  Viertel  des- 
selben fehlen.  Schon  aus  diesen  Thatsachen  erkennt  man, 
dass  nur  4  die  übergeordnete  Handschriftenklasse  sein  kann. 
Allerdings  muss  man  zugestehen,  dass  5  aus  einer  sehr  guten 
Handschrift  der  4.  Kategorie  abgeschrieben  ist.  Es  kann  dies 
weder  4  b  noch  4  c  gewesen  sein,  da  5  sowohl  von  den  gemein- 
samen Verschreibungen  dieser  beiden  Hss.,  als  auch  von  ihren 
Lücken  frei  ist.  Besonders  in  den  Eigennamen  hat  5  nicht 
selten  bessere  Formen  als  4b  und  4c.     So  nennt  5  das  Thal 


1)  De  continuato  Fredegarii  chronico  p.  35  sqq. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  343 

'Ametegis'  Chron.  c.  45  richig  ^Ametigis',  wo  4  b  'Amegitis', 
4c  'Amegetis'  hat.  Chron.  c.  58  'ab  Amalgario  et  Arneberto 
ducibus'  entstellt  4c  den  Arnebertus  in  'Arneberto',  4b  in 
'Amelberto',  doch  liest  5  a  richtig  'Arneberto',  was  dieselbe 
Hand  in  'Arnepcrto'  abgeändert  hat.  Ebenso  hat  5  Cap.  64 
'captis  cxinde  multis  thinsauris  et  Septem  Aeltiarntis'  die  cor- 
recte  Form  'aelti  arnilis',  während  4b  und  4c  'celti  arnitis'  cor- 
rumpieren.  Chron.  c.  45  'similiter  implisse  deniiscetur'  ändern 
4b  und  4c  das  Perfectum  in  'implere'  um;  'implesse'  liest  aber 
auch  5.  Cap.  47  'Neuster  et  Burgundia  excludebant'  finden 
wir  in  4b.  c  'ßurgundias  cludebant',  während  5a  mit  einem 
Lesefehler  'excladebant'  hat.  Schliesslich  hat  5  zwei  von 
4b  und  4  c  ausgelassene  Sätze  im  Cap.  48  der  Chronik.  In 
4b.  c  fehlen  nämlich  die  Worte  'ut  cum  Chuni  in  exercitum 
contra  gentem  qualibet  adgrediebant,  Chuni  pro  castra  aduna- 
•  tum  illorum  stabant  exercitum'  und  weiter  unten  'si  ad  vin- 
cendum  prevalebant'.  Zu  dem  letzten  Satze  Hess  schon  die 
4  und  5  übergeordnete  Handschrift  3  den  folgenden  Hauptsatz 
weg,  so  dass  der  Nebensatz  in  der  Lvift  schwebt.  Diesen 
tilgten,  wie  gesagt  ist,  4  b  und  4  c,  doch  hat  ihn,  ebenso  wie 
den  vorhergehenden  Satz,  5  a,  nur  dass  es  sich  die  Aenderung 
'se  ad  invicem  praevalebant'  gestattete.  Aus  diesen  Stellen 
ergiebt  sieh  mit  Sicherheit,  dass  5  aus  einer  der  beiden  Hand- 
schriften 4b  oder  4  c  nicht  hergeleitet  sein  kann.  Es  bleibt 
dann  nur  noch  übrig,  dass  4  a  die  Qelle  von  5  ist.  In  der 
That  hat  eine  nachträglich  diu'ch  Hern  Dr.  Mau  angestellte 
Vergleichung  der  oben  angeführten  Stellen  mit  4a  ergeben, 
dass  es  von  den  Irrthümern  und  Lücken  der  Hss.  4  b  und  4  c 
frei  ist:  also  Cap.  45  'Ametegis'  und  'implesse',  c.  47  'exclude- 
bant' liest,  und  die  beiden  Lücken  in  c.  48  mit  ^ut  cum  Cuni 
in  exercitu  contra  gentem  qualibet  adgrediebant,  Cuni  pro 
castra  adunatum  illorum  stabant  exercitum'  und  mit  'se  ad 
invicendum  praevalebant'  ausfüllt.  Besonders  die  letzte  Stelle 
ist  interessant,  da  sie  evident  zeigt,  dass  4  a  die  Quelle  von  5  a 
ist.  Die  Lesart  'invicendum'  für  'vincendum'  ist  während  des 
Schreibens  aus  'invicemum'  corrigiert,  woraus  5  a  'invicem' 
machte.  Für  die  anderen  Stellen  lässt  sich  nicht  mehr  fest- 
stellen, welches  die  Lesart  von  4  a  war,  da  der  Text  des 
eigentlichen  Fredegar  hier  schon  mit  Cap.  51  endigt.  Dagegen 
stimmt  in  den  Fortsetzungen  wieder  5a  bisweilen  nur  mit  4a 
überein.  So  lesen  nur  diese  beiden  Hss.  c.  97  'pras'  (d.  i. 
'pars')  und  'Lauduno',  wo  4b  'Leuduno',  4  c  'Lugduno'  hat,  und, 
während  in  der  Verbindung  'Aglibertum  ac  Reolum'  4  b  und 
4c  'ad'  für 'ac'  einsetzen,  hat  5  a  richtig  'hac'.  Ebenso  finden 
wir  c.  100  'instigante  Ansflede  matrona  socrui  sua'  allein  in  4  a 
und  5  'socrui',  während  4b  'socru',  4c  'socra'  hat,  und  weiter 
unten  'Eratque  ei  uxor  nobilis   et  prudentissima  nomine  Plec- 

Neues  Archiv  etc.     VII.  23 


344  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

trudis'  lassen  4  b  und  4  c  ^nomine'  aus,  doch  liest  5  richtig 
'nomen'.  Diese  Congruenzen  mit  4a  machen  es  im  höchsten 
Grade  wahrscheinlich,  dass  5  aus  4a  geflossen  ist.  Auffallend 
bleibt  jedoch  bei  dieser  Ansicht,  dass  5  an  manchen  Stellen  in 
die  Sonderfehler  von  4c  verfällt.  Cap.  108  'gentem  perfidam 
Saracinorum'  finden  wir  nvu'  in  4c  und  5a  ^perfidem';  c.  302 
'sepultus  est  in  basilica  beati  Arnulfi  confessoris  Mettis  urbe 
sepultus  est'  lassen  4  c  und  5  das  zweite  'sepultus  est'  aus, 
und  ganz  besonders  c.  109  ''fines  rcgni  illius  leudibus  suis  pro- 
batissimis  ....  statuit'  andern  4  c  und  5  'probatissimis'  in 
'pro  beatissirais'  um.  Vielleicht  gehört  auch  die  Lücke  Chron. 
c.  9  hierher:  'ad  beatum  Johannem  episcopum  Constanti- 
nopulem  veniens,  se  unam  esse  de  populo  dixit,  et 
baptismi  gratiam  ad  antedictum  beatum  Johannem 
expetit'.  Nur  in  4  c  und  5  fehlen  die  gesperrt  gedruckten 
Worte,  während  4a  und  4b  hier  keine  Lücke  haben;  doch  ist 
es  nicht  unmöglich,  dass  zwei  Schreiber  von  einander  unab- 
hängig dasselbe  Homoioteleuton  begehen  konnten.  Aber  auch 
abgesehen  von  diesem  Fehler  liegt  die  Uebereinstimmung  von 
5  und  4  c  auf  der  Hand.  Wenn  nun  5  sich  meistens  an  4  a, 
bisweilen  aber  an  4  c  anlehnt,  so  zeigt  diese  Zwitterstellung 
wohl,  dass  es  aus  Conglutination  dieser  beiden  Haudschriften- 
klassen  entstanden  ist,  etwa  in  der  Art,  dass  ein  aus  4  a  abge- 
leiteter Codex  nach  4c  revidiert  wurde.  Dies  möchte  auch 
die  folgende  Stelle  beweisen.  Cap.  109  ziehen  die  Saracenen 
gegen  Karl  'cum  alio  rege  Amormacha  noraine'.  So  nennt 
allein  4  a  richtig  den  Omar  ibn-Chaled;  4c  liest  'Amormagna 
nomen'  und  aus  4a  und  4c  ist  M^ohl  die  Avunderbare  Corruptel 
in  5  'Amor  nomen  machina'  entstanden^  die  noch  ßuinart  im 
Text  hat.  Mit  4a  hat  5  das  'ch'^  mit  4c  das  'n'  in  'machina' 
gemeinsam.  Man  erkennt  zugleich  aus  dieser  Stelle,  dass  auf 
die  Lesart  von  5,  Avenn  sie  nicht  durch  eine  der  anderen  Hand- 
schriften beglaubigt  ist,  wenig  Gewicht  zu  legen  ist. 

Zum  Schluss  der  ganzen  Untersuchung  füge  ich  einen 
Stammbaum  der  Fredegarhss.  hinzu,  der  das  Ergebnis  dem 
Leser  veranschaulichen  wird. 


Die  Chronicae  des  sog.  Predegar. 

1 

I 
7 


345 


(CV)  4c). 


11. 


Die  Ausg-aben. 


Die  Editio  princeps  des  Fredegar  verdanken  wir  Flacius 
Ilyricus,  der  in  'Gregorii  Turonici  Historiae  Francorum  libri 
decem.  Basileae  per  Petrum  Pernam'  1568  p.  1—89  hinter  dem 
Gregor  die  Chronik  mit  den  Fortsetzungen  bis  Cap.  110  als 
11.  Buch  aus  5a  herausgab,  wie  auf  dem  Titel  hervorgehoben  ist: 
'Appendix  item  sive  liberXI,  centum  et  decem  annorum  historiam 
continens  alio  quodam  autore'.  Ueber  die  Handschrift  spricht 
sich  der  Verfasser  in  der  Vorrede  aus:  'Inter  hosce  Ultimos 
scriptores  numeretur  hie  Gregorius  Turonensis,  quem  ego  ideo 
recudi  curavi,  quod  eins  bene  longam  Appendicem  una  cum 
aliquot  ipsius  authoris  antea  deficientibus  capitibus  in  pervetusto 
Codice  reliquo  operi  adiunctara  in  Bibliotheca  S.  Nazarii 
reperi:  unde  ille  postea  in  illustrissimi  electoris  Ottonis  Henrici 
Bibliothecam  translatus  est'.  Die  Ueberschrift  lautet  bei  Flacius 
'Index  libri  XI.  seu  appendicis  ad  Gregorium  additae,  quae 
nunc  primum  accessit'. 

23* 


346  Die   Clironicae  des  sog.  Fredegar. 

Aus  Flacius  stammen  die  folgenden  Ausgaben. 

*Delabarre')  1583  bis  Cap.  110. 

*Gregorii  Turon.  Opp.  Colon.  1583  bis  Cap.  110. 

Sacrae  Bibliothecae  Sanetorum  Patrum  tomus  septimus  ed. 
de  la  Eigne  ed.  II.  Paris  1589  p.  797 — 836.  Der  Fredegar,  der 
auch  hier  nur  bis  Cap.  110  der  Fortsetzungen  geht,  führt  die 
Uebersehrift  'Undecimus  Über,  sive  appendix  historiae  Francorum, 
supplementi  loco  ab  alio  quopiam  Gregorio  Turonensi  adiectus. 

Gregorii  Turonensis  episcopi  historiae  Francorum  libri 
decem.  Ex  bibliotheca  Laur.  Bochelii.  Parisiis  1610  bis 
Cap.  110. 

*Bibliotheca  maxima  Patrum.  Colon.  1618  fol.  VI. 

Maxima  Bibliotheca  veterum  Patrum  et  antiquorum  Scrip- 
torum  ecclesiasticorum  ed.  Lugdun.  1677.  Tom.  XI,  p.  815—830 
bis  Cap.  110.  Die  Uebersehrift  lautet  gerade  so,  wie  bei  Bigne; 
nur  dass  hier  noch  die  Worte  'Autor  huius  appendicis  creditur 
esse  Fredegarius'  darunter  gesetzt  sind. 

Alle  diese  Ausgaben  gehen  direct  oder  indirect  auf  die 
Editio  princeps  zurück. 

Einen  B^ortschritt  bezeichnet  die  Ausgabe  des  Heinrich 
Canisius,  der  im  Jahre  1602  zu  Ingolstadt  in  dem  2.  Bande 
der  'Antiquae  Lectiones'  p.  578 — 729  den  ganzen  Fredegar  mit 
Ausnahme  des  schon  gedruckten  letzten  Buches  und  der  eben- 
falls schon  edierten  Fortsetzungen  bis  Cap.  110  unter  dem 
Titel  'Collectio  Historica  Chronographica  ex  Anonyme,  qui 
Bub  Alexandro  Severe  imperatore  vixit,  Idacio,  Toromacho, 
aliis.  Collectore  Gallo  quodam,  quem  Carole  ]\ragno  supparem 
fuisse  apparet'.  Ueber  die  benutzten  Hss.  spricht  sich  Canisius 
in  der  Epistola  dedicatoria  folgendermassen  aus:  'Ut  autem 
et  eos  nominemus,  quorum  ope  m.  s.  Codices  nacti  sumus, 
habuimus  illos  partim  e  collegio  Societatis  Jesu  Ingolstadii,  par- 
tim ab  Andrea  Schotto  societ.  Jesu  et  ab  admodum  Reu.  Dn. 
Georgio  Lauthero,  viro  in  omni  eruditione  celeberrimo  et  de 
hoc  genere  studiorum  optime  merito'.  Die  von  Canisius  be- 
nutzten Hss.,  der  Codex  minor  (3b)  und  der  Codex  maior  (ih^"), 
stammen  beide  aus  dem  15.  Jahrhundert;  es  ist  daher  nicht 
zu  verwundern,  wenn  seine  Ausgabe  nur  ein  sehr  verzerrtes 
Bild  des  alten  Fredegar  bietet.  Dass  der  Herausgeber  auch 
nicht  die  nöthige  Soi'gfalt  auf  diese  Arbeit  verwandt  hat,  zeigen 
u.  a.  mehrere  ausgelassene  Sätze,  die  beide  Hss.  ergänzen. 

Die  zweite  Ausgabe  der  'Antiquae  Lectiones'  von  Basnage 
Antwerp.  1725,  Bd.  II,  p.  147 — 226  enthält  keinerlei  Verbesse- 
rungen des  Textes. 


1)  Die  mit  einem  Sternchen  versehenen  Ausgfaben  habe  ich  nicht 
gfesehen;  die  Ansicht,  d.iss  sie  aus  Flaeius  abgedruckt  sind,  beruht  also 
bei  ihnen  auf  Vermuthung'. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  347 

Auch  nur  einen  Abdruck  aus  Canisius  lieferte  der  Ant- 
werpener Jesuit  Andreas  Schott,  der  in  der  Hispania  iHustrata. 
Francof.  1608.  Tom.  IV,  p.  160.  185  i) -207  die  Auszüge  aus 
Hieronymus  und  Idacius  bis  zum  Schhiss  des  Buches  heraus- 
gab. Der  Hieronymus  führt  den  Titel  'Chronographia  ex 
Idacio  coUectore  quodam  Caroli  Magni  aequali.  Liber  primus' ; 
der  Idacius  ist  überschrieben  'Chronographia  ex  Idacio.  Col- 
lectore  quodam  Caroli  Magni  aequali.  Liber  11'.  Schott  erzählt 
zwar  in  der  Vorrede,  er  hätte  diese  Bücher  in  Spanien  gefun- 
den 'sie  diu  hi  quidem  a  nobis  in  Hispania  reperti  atque  eruti 
Ingolstadii  primum  lucera  aspexerunt'  und  hebt  ebendort  die 
Verderbtheit  der  Hss.  des  Canisius  hervor  'primumque  edita, 
sed  e  vitioso  codice  ab  Henrico  Canisio  I.  C.  egregio.  Tomo  II. 
Antiquarum  Lectionum',  aber  seine  eigene  Ausgabe  ist  um 
kein  Haar  besser,  als  die  seines  Vorgängers,  weil  aus  dieser 
wörtlich  mit  allen  Noten  u.  s.  w.  abgedruckt.  Das  einzige 
Verdienst  Schott's  ist,  dass  er  die  Capitelüberschriften  wegliess. 
Mit  seiner  Schlussbemerkung  über  die  in  Aussicht  gestellte 
Ausgabe  Goldast's  'Cras  ci'edam,  hodie  nihil'  hat  Schott  Recht 
gehabt;  die  Ausgabe  ist  in  der  That  nicht  erschienen. 

Josephus  Scaliger,  Thesaurus  temporum.  Eusebii  Pam- 
phili  Chron.  Lugdun.  Batav.  1606,  p.  17 — 22  gab  den  Idacius 
aus  der  Sammlung  Fredegar's  bis  zu  den  Worten  des  Cap.  56 
'Postea  ut  supra  gesta  confirmant,  a  Gothis  regnatum  est' 
heraus.  Wie  schon  oben  gezeigt  wurde,  benutzte  Scaliger  den 
jetzt  in  Troyes  befindlichen  Codex  4  a*  in  einer  Abschrift 
Fridrich  Lindenbruch's;  vergl.  p.  22  'Descriptum  ex  Chiro- 
grapho  Friderici  Lindenbruch  Hamburgensis'.  Die  Briefe,  in 
welchen  Scaliger  den  Lindenbruch  um  Uebersendung  des  Idacius 
bat,  sind  noch  erhalten.  Am  27.  October  1601  schreibt  er^): 
'Et  potes  sane,  si  nobis  quam  primum  Idacium  illum  cum 
Marcellino  auctiore  miseris'  und  erneuert  am  13.  Jan.  1602 
seine  Bitte  ^) :  'Monebam  etiam  de  mittendo  Idacii  Chronico  et 
de  editione  Legum  Barbararum,  cuius  iam  gustum  moueram 
amicis,  ad  quos  nuper  scripsi'.  Indessen  hatte  Liudenbruch 
schon  vorher  eine  Abschrift  des  Idacius  an  Scaliger  abgesen- 
det; als  er  nun  das  zweite  Schreiben  erhielt,  schickte  er  in  der 
Voraussetzung,  dass  die  erste  Sendung  verloren  sei,  eine  neue 
Copie  an  seinen  Freund.  So  kam  es,  dass  Scaliger  den  Idacius 
zweimal  erhielt,  wie  er  dies  in  den  beiden  folgenden  Briefen 
an  Lindenbruch  hervorhebt:  'Idacium*)  Tuum  bis  accepi; 
neque  enim  periit,   quod  metuebas'  und  'Bis^)  Idacium  accepi 


1)  Die  Seitenzahl  springt  von  160  auf  185,  ohne  dass  etwas  fehlt. 
2)  Vergl.  Jos.  Scaligeri,  Epistolae.  Francof.  1628,  p.  426,  ep.  213. 
.3)  Ep.  214,  p.  427.  4)  Ep.  215,  p.  428  vom  25.  April  1602.  5)  Ep.  210 
vom  31.  Mai  1602. 


348  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

tuum.     Verebaris    enim,   ne    exemplum    prius    periisset.     Eo 
nomine  gratias  tibi  ago;  quocl  et  feci  ultimis  quas  ad  te  dedi', 

Die  Ausgabe  von  Scaliger  hat  Schott,  Hispania  illustrata IV. 
p.  208 — 212,  hinter  dem  Abdruck  aus  Canisius  wiederholt. 

Die  nächste  Ausgabe  erschien  im  'Corpus  Francicae 
historiae  veteris  et  sincerae.  Hanoviae  1613'  ohne  den  Namen 
des  Herausgebers  auf  dem  Titelblatte,  der  sich  erst  auf  dem 
folgenden  Dedicationsblatte  'Editor  M.  F.'  und  am  Schlüsse 
des  Tractats  über  Einhard  'Marquardus  Freherus'  nennt. 
Zu  dieser  Zurückhaltung  hatte  der  Herausgeber,  wie  wir  unten 
sehen  werden,  allen  Grund.  Von  der  Sammlung  Fredegar's 
ist  in  das  Corpus  p.  90 — 166  die  Historia  Epit.  und  das  letzte 
Buch  mit  den  Fortsetzungen  aufgenommen  worden.  Freher's 
Ausgabe  ist  die  erste,  welche  den  Namen  Fredegar  im  Titel 
führt.  Die  Historia  epit.  ist  nämlich  überschrieben  'Gregorii 
episcopi  Turonensis  excerpta  Chronica  ex  Fredegarii  Sclio- 
lastici  Historia  Miscella'  und  die  Chronik  selbst  führt  den  Titel 
'Fredegarii  Scholastici  Chronicae  über.  Benutzt  ist  für  diese 
Ausgabe  hauptsächlich  der  jetzt  in  der  Vaticana  befindliche 
Theil  des  Codex  3  und  zwar  so  sinnlos,  dass  die  in  der  Hand- 
schrift ursprünglich  ausgelassene,  aber  später  am  Schlüsse  des 
Prologes  zu  dem  letzten  Buche  nachgetragene  Stelle  'In  praesenti 
autem  stilo  ea  tempore'  auch  in  der  Ausgabe  Freher's  am  Ende 
des  Prologes  steht,  weil  der  Schreiber  des  Codex  nicht  durch 
Zeichen  angedeutet  hatte,  wo  diese  Worte  einzufügen  waren. 
Die  späteren  Correcturen  des  Codex  sind  nicht  selten  in  den 
Text  aufgenommen,  wofür  dann  die  alte  und  richtige  Lesart 
am  Rande  steht.  Daneben  ist  selbstverständlich  auch  die 
Ausgabe  des  Canisius  benutzt.  Von  Fred.  c.  56  ab  werden 
bisweilen  die  Lesarten  des  Palatinus  (5  a)  am  Rande  angeführt. 
Während  nun  Freher  den  Palatinus,  der  ihm  für  den  eigent- 
lichen Fredegar  nur  einige  Varianten  geliefert  hat,  namentlich 
aufführt,  wird  merkwürdiger  Weise  des  Codex  3,  der  seiner 
ganzen  Ausgabe  zu  Grunde  liegt,  mit  keinem  Worte  Erwäh- 
nung gethan.  Wie  ist  dieses  sonderbare  Stillschweigen  zu 
erklären  ? 

Wir  haben  schon  darauf  hingewiesen,  dass  der  Codex  3 
ursprünglich  in  dem  Besitze  Goldast's  war.  Dieser  war  durch 
seine  Studien  auch  auf  den  Fredegar  geführt  worden  und  be- 
absichtigte eine  Ausgabe  desselben  zu  veranstalten,  wie  er  selbst 
im  Frankfurter  Messkataloge  angekündigt  hatte »).  Um  diese 
Papiere  bat  ihn  Freher,  der  damals  gerade  an  seinem  'Corpus 


1)  Vergl.  Virorura  Cll.  et  doctorum  ad  Goldastum  epistolae  ex  bibl. 
Thülemarii.  Francof.  et  Spirae  1688,  p.  54,  ep,  XLIV,  wo  Freher  schreibt 
'Idacii,  Fredegarii'.  Unter  dem  Idacius  ist  natürlich  das  betreffende  Buch 
des  Fredegar  zu  verstehen. 


Die  Chronieae  des  sog.  Fredegar.  349 

bist.  Franc'  arbeitete,  in  dem  schon  angeführten  Briefe  vom 
20.  Juli  1601,  und  machte  ihn  zugleich  auf  die  Ausgabe  des 
Canisius  aufmerksam.  Aus  einem  anderen  Bi'iefe')  ersehen 
wir,  dass  Goldast  auch  den  Hilarian  zu  edieren  beabsichtigte. 
Es  scheint,  dass  er  nicht  gewillt  war,  die  Früchte  seiner  Arbeit 
einem  Anderen  ohne  Weiteres  zu  überlassen.  Wenigstens 
Aviederholte  Freher  am  27.  Sept.  1605  seine  Bitte  'Praesertim 
Fredegarii  illa  videre  et  cum  Canisianis  conferre  cuperem'^). 
Erst  aus  Brief  114  vom  15.  Mai  1606  geht  hervor,  dass  Gold- 
ast seine  Schriftstücke  Freher  mitgetheilt  hatte;  er  sollte  dafür 
an  dem  Gewinne  participieren,  auch  sollte  sein  Name  in  der 
Ausgabe  genannt  werden :  'Alias  3)  conditionibus',  schreibt  Fre- 
her, 'facile  adquiesco,  quoad  precium  medii  talei'i  Imp.  per 
singulas  philyras,  et  ut  auctorem  laudem'.  Aus  seinem  Zu- 
sätze ^quod  et  alias  semper  pro  candore  meo  facere  consuevi' 
und  aus  der  folgenden  Vertheidigung  ersieht  man,  dass  ihm 
in  dieser  Hinsicht  Vorhaltungen  gemacht  waren.  Dass  die 
Befürchtungen  Goldast's  nicht  grundlos  waren,  zeigt  der  Um- 
stand, dass  Freher  trotz  des  Abkommens  den  Namen  seines 
Mitarbeiters  im  'Corpus  Francicae  Historiae'  nicht  ein  einziges 
Mal  genannt  hat,  obwohl  er  seine  Papiere  recht  gut  zu  benutzen 
verstand.  Die  Hist.  epit.  und  das  letzte  Buch  der  Chronik 
sind  bei  Freher  vollständig  aus  dem  früher  im  Besitz  Goldast's 
befindlichen  Codex  3  geschöpft,  den  der  Herausgeber  weder  er- 
wähnt, noch  überhaupt  gekannt  zu  haben  scheint;  sie  waren  also 
jedenfalls  von  Goldast  und  nicht  von  Freher  bearbeitet.  Die 
Behauptung  des  letzteren  im  Briefe  372:  'De  Fredegario  quoque 
adhuc  incertus  haereO;  quid  statuam,  quem  quidem  duplo 
tuis  schedis  auctiorem  Bibliotheca  Palatina  habet'  ist  unwahr, 
da  der  Palatinus  nur  um  die  Capitel  90 — 110  der  Fortsetzun- 
gen reicher  ist  als  3.  Diese  Capitel  hat  Freher  auch,  wie  er 
in  der  Note  seines  Corpus  p.  159  gesteht,  aus  dem  Palatinus 
herausgegeben:  'Hactenus  optimus  ille  Codex  Nazarianus  in 
Bibliotheca  Archi  -  Palatina.  Quae  sequuntur  ex  alio  Codice 
Bavarico  non  ita  dudum  edita  Ingolstadii,  hoc  loco  adiici  non 
abs  re  visum'.  Der  Schluss  der  Forsetzungen  von  Cap.  111 
an  ist  folglich  aus  der  Ausgabe  des  Canisius  genommen. 

Die  beste  Ausgabe  hätte  Duchesne  liefern  müssen,  der 
in  'Historiae  Francorum  Scriptores  coaetanei.  Paris  1636,  Tom.  I, 
p.  722—780',  die  Historia  Epit.  und  die  Chronik  mit  den  Fort- 
setzungen herausgab,  wenn  er  nicht  mehr  seinen  Vorgängern, 
Canisius  und  besonders  Freher,  als  den  alten  Mss.  vertraut 
hätte.  Duchesne  benutzte  nämlich  zuerst  den  besten  Codex 
des  eigentlichen  Fredegar  und  zugleich  auch  den  besten 
Codex  der  Fortsetzungen.     Den    ersteren   hat  nach  ihm  nur 


1)  Ep.  XLVI.         2)  Ep.  CIL         3)  Ep.  CCLXXII. 


350  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

noch  Ruinart  vor  sich  gehabt,  den  anderen  hat  seitdem  Nie- 
mand mehr  zu  Rathe  gezogen.  Seine  Hülfsmittel  erwähnt 
Duchesne  im  vorgesetzten  Index.  Zur  Hist.  epit.  bemerkt  er: 
'Editio  Marq.  Freheri  collata  cum  veteri  Cod.  MS.  Bibl.  V.  cl. 
Alexandri  Petavii  Senatoris  Parisiensis'  und  zur  Chronik  setzt 
er  die  Bemerkung  hinzu:  'Omnia  tandeni  accurate  emendata, 
et  plerisque  in  locis  auctiora  facta:  duorum  antiquissimorum 
Codd.  Mss.  ope,  quorum  unus  est  penes  Jacobum  Sirmondum 
Societ.  Jesu  litteris  uncialibus  exaratus,  aHus  optimae  quoque 
notae  servatur  in  Biblioth.  Alex.  Petavii  Regii  Senatoris'.  Der 
Codex  Sirmond's  ist  1,  der  des  Petavius  4  a.  Unergründhch  bleibt 
es,  weshalb  Duchesne  nicht  auch  für  die  Hist.  epit.  1  benutzt  hat, 
statt  die  Frehersche  Ausgabe  mit  4  a  zu  vergleichen.  In  der 
ganzen  Mangelhaftigkeit  seiner  Kritik  zeigt  sich  aber  der  Her- 
ausgeber, wenn  er  die  Worte  des  Fredegar'schen  Prologes  'in 
praesenti  autem  stilo  ea  tempora',  die,  wie  wir  oben  gesehen 
haben,  bei  Fx'cher,  wie  in  der  Handschrift  3,  unter  dem  Texte 
stehen,  aus  einer  seiner  Hss.  an  der  gehörigen  Stelle  ergänzt, 
und  trotz  alledem  jene  Ergänzung  am  Schlüsse  des  Prologes 
stehen  lässt.  Hiernach  erscheint  es  nicht  mehr  wunderbar, 
dass  wir  die  Lesarten  des  Claromontanus  beinahe  öfter  am 
Rande  als  im  Texte  finden,  selbst  da,  wo  Freher,  die  Quelle 
Duchesne's,  ganz  offenbaren  Unsinn  hatte.  Die  Fortsetzungen 
stimmen  wörtlich  mit  Freher  übercin ;  aus  dem  Petavianus  hat 
der  Herausgeber  wohl  nur  die  Clausel  über  die  Autorschaft 
Childebrand's  und  Nibelung's  ausgeschrieben,  deren  Reproduc- 
tion  allerdings  ein  grosses  Verdienst  ist. 

Die  beste  Ausgabe  hat  der  gelehrte  Ruinart  in'Gregorii 
Turonensis  opera  omnia  necnon  Fredegai'ii  Scholastici  Epitome 
et  Chronicum  cum  suis  Continuatoribus.  Paris  1G99'  geliefert, 
der  p.  542  —  703  die  Hist.  epit.  und  Chronik  mit  den  Fort- 
setzungen, sowie  p.  705  fi".  Bruchstücke  aus  den  übrigen  Büchern 
Fredegar's  herausgab.  Ruinart  benutzte  1.  4c'.  5a  und  5a*, 
was  aus  §.  147  seiner  Vorrede  hervorgeht:  ^In  emendando 
autem  Fredegario  codicibus  mauuscriptis  potissimum  quatuor 
usi  sumus.  Primus  ex  illis,  codex  Jacobi  Sirmondi  vulgo 
appellatus,  hodie  in  bibliotheca  Collegii  Parisiensis  Soc.  Jesu 
Ludovici  Magni  asservatur,  qua  nobis  pro  sua  humanitate, 
quantum  libuit  utendum  permisit  R.  P.  Johannes  Harduinus, 
eumque  utpote  auctoris  aetate,  ut  supra  diximus,  scriptum  dili- 
gentissime  de  verbo  ad  verbum  contulimus.  Secundum  habui- 
mus  ex  bibliotheca  lUustrissimi  viri  Boherii,  in  Divionensi 
Senatu  Praesidis  infulati.  Hunc  codicem  cum  editis  primum 
contulit  noster  domnus  Odo  Clergerius  Divione  apud  sanctum 
Benignum;  sed  postea  ipsummet  codicem  corara  vidcre  ac 
evolvere  licuit,  beneficio  Cl.  Viri  De  Boherii  de  Saviniaco, 
qui  patris  et  avi  in  litteras  amoris  non  minus  quam  ceterarum 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar,  351 

dotura  successor,  eum  Parisios  attulit,  nobisque  utendum  com- 
modavit.  Tertiura,  qui  in  bibliotheca  Colbertina  asservatur, 
V.  C.  Stephane  Baluzio  humanissime  concedente  accepimus. 
Quartum  denique  e  L a n  r  e  s  h  a  m  e  n s  i  sancti  Nazarii  monasterio 
in  Vaticanam  bibliothecam  delatum,  cum  editis  contulit  noster 
domnus  Claudius  Stephanotius^  indefessus  studiorum  nostrorum 
adiutor'.  Ruinart  hat  den  Text  einer  genauen  Revision  nach 
dem  Claroraontanus  unterzogen,  und  so  unzählige  Fehler  her- 
ausgebracht. Die  barbarische  Orthographie  hat  er  freilich 
nicht  aufgenommen,  doch  war  dies  zu  seiner  Zeit  auch  nicht 
üblich.  Nicht  ganz  so  trefflich  sind  die  Fortsetzungen.  Hier 
fehlt  ein  ganzer  Satz;  andere  sind  aus  den  Gesta  Francorum 
eingeschoben  oder  berichtigt. 

Aus  Ruinart  sind  die  folgenden  beiden  Ausgaben  abgeleitet. 

Bouquet,  Recueil  des  Historiens  des  Gaules.  Pai-is  1739. 
Tom.  IL  enthält  p.  391 — 460  die  Hist.  epit.  und  Chronik  mit 
den  Fortsetzungen  ausser  der  letzten,  p.  461 — 464  die  Excerpte 
aus  Hieronymus  und  Idacius,  Tom.  V,  p.  1 — 9  die  letzte  Fort- 
setzung. Der  Herausgeber  sagt  selbst  tom.  11,  p.  IX  über  sein 
Verhältnis  zu  Ruinart  'nous  suivons  son  edition,  et  nous  em- 
ployons  ses  Notes'.  Einige  Anmerkungen  hat  allerdings  auch 
Bouquet  hinzugefügt. 

Migne,  Patrologia  latina.  Tom.  71,  p.  573  —  704  ist  ein 
blosser  Abdruck  aus  Bouquet. 

Bruchstücke  enthält: 

Guadet  &  Taranne ,  Gregorii  Turonensis  Hist.  Franc. 
Tom.  IL  hinter  dem  Gregor  die  selbständigen  Partien  der  Hist. 
epit.  aus  Ruinart.  ** 

Es  existieren  zwei  französische  Uebersetzungen : 

L'Histoire  des  Francois  de  S.  Gregoire  evesque  de  Tours. 
Avec  le  Supplement  de  Fredegaire,  ecrit  par  les  ordres  de 
Childebrand  frere  de  Charles  Martel  ed.  Marolles,  Paris  1668. 
Bd.  II,  p.  745  —  876.  Auf  den  Gregor  folgt  das  letzte  Buch 
Fredegar's  mit  den  Fortsetzungen. 

Guizot,  Chronique  de  Fredegaire  traduit  en  langue  fr. 
Paris  1823  (in  Collect,  des  Memoires  II,  p.  163-265). 

In  den  Geschichtschreibern  der  deutschen  Vorzeit  über- 
setzte von  Giesebrecht  Bruchstücke  der  Hist.  epit.  hinter  dem 
Greg-or;  Abel  übertrug  das  letzte  Buch  mit  den  Fortsetzungen. 


XIII. 

Verlorene  Handschriften 

der  Briefe  des  hl.  Bonifatius. 

Von 

A.  IVürnberffer. 


In  sehr  ausgiebiger  Weise  verwendete  Baronius  die  Boni- 
fatiusbriefe  im  9.  Bande  seiner  Annalen,  und  benutzte  dabei 
handschriftliche  Quellen.  Letztere  werden  besprochen  von 
Seiters  (Bonifacius,  der  Apostel  der  Deutschen,  S.  3  ff.),  Jaffe 
(Bibl.  rer.  Germ.  III,  13),  Hahn  (Forsch,  z.  d.  G.  XV,  105  ff.), 
von  Hahn  am  relativ  genauesten  und  ausführlichsten.  Da 
Jedoch  alle  drei  für  ihre  Vermuthungen  keine  handschriftlichen 
Stützpunkte  besassen,  sind  diese  theils  unvollständig  geblieben, 
theils  fehl  gegangen,  wie  ich  im  Nachstehenden  auf  Grund 
meiner  römischen  Bibliothekstudien  zeigen  werde. 

1.  (Das  handschriftliche  Bonifatiusmaterial  des 
Baronius  im  Allgemeinen.)  Baronius  theilt  in  dem  zum 
ersten  Mal  i.  J.  1600  erschienenen  9.  Band  der  Annalen  (ich 
citiere  sie  nach  der  Theinerschen  Ausgabe)  viele  Briefe  von 
und  an  Bonifatius  zum  grössten  Theil  vollständig,  zum  Theil 
nur  in  wortgetreuem  Auszug  mit.  Ausserdem  führt  er  den 
vollständigen  Text  des  Germanicum  I.  und  des  Liftinense  an 
'sicut  ea  in  antiquis  codicibus  et  in  iam  cusis  scripta  reperi- 
mus'  (S.  471  n.  20),  die  erste  unter  Papst  Zacharias  gehal- 
tene römische  Synode  (Ex  bibl.  Vatic.  et  aliis,  S.  485  n.  1), 
das  römische  Concil  gegen  Adelbert  und  Clemens  (=  ep.  50 
nach  der  Jaffe'schen  Ausgabe,  auf  welche  sich  die  Ziffernan- 
gaben bei  den  Briefen  im  Folgenden  durchweg  beziehen)  mit 
der  Bemerkung:  'Exstant  eius  synodi  Acta  in  Vita  Bonifacii 
atque  in  antiquitus  scriptis  codicibus  fidelissime  recensita' 
(S.  541  num.  21),  und  den  27  Capitel  enthaltenden  Decretal- 
brief  des  Papstes  Zacharias  über  die  von  Pipin  gestellten  An- 
fragen (Jaffe  IV,  3),  ex  Bibl.Vatic.  script.  cod.  Conc.  (S.  497  n.  1). 

Für  die  Briefe  benutzte  er  zAvei  Handschriften.  Bei  Mit- 
theilung von  ep.  10  sagt  er,  sie  sei  'int er  alias  nondum 
editas  numerata27,  quarum  duo  nacti  sumus  exem- 
plaria;  alterum  Romse  in  Bibliotheca  S.  Mariae 
super  Minervam  vetustissimum,  sed  nonnihil  men- 
dosum,  alterum  Antonii  Augustini  diligentia  per- 
purgatum'  (S.  265  n.  17).  Betreffend  ep.  59  bemerkt  er: 
'quam    facta    coUatione    diversorum    exemplarium    reddimus' 


356     Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius. 

(S.  510  n.  5),  er  scheint  also  für  dieselbe  noch  andere  Quellen 
als  jene  zwei  Handschriften  gekannt  zu  haben.  Auch  bei 
ep.  107  verweist  er  noch  auf  ein  anderes  Manuscript  mit  den 
Worten:  ^quae  in  aliquibus  codicibus  Appendix  ponitur  ad 
superiorem  ad  eundem  Stephanum  datam:  in  Vaticano  autem 
hac  inscriptione  notatur'  (S.  604  n.  30).  Ep.  24  erhielt  er  von 
Fronte  Duceus,  wie  S.  309  n.  1  augegeben  wird:  'Accepimus 
eas  a  Frontone  Duceo  S.  J.  Professore  viro  Eccl.  Antiq.  stu- 
diosissimo:  qui  exscripsit  (ut  ait)  ex  scripto  codice  Ecclesiae 
Virdunensis,  quo  continentur  concilia  generalia  et  provincialia'. 
Duceus  correspondierte  mehrfach  mit  Baronius,  doch  findet 
sich,  soweit  dieser  Briefwechsel  von  Alberici  gedruckt  ist 
(Vgl.  I,  261.  308,  III,  183.  260.  270),  keine  Andeutung  über 
Zusendung  von  ep.  24.  Baronius  erwähnt  aber  auch  anderwärts, 
z.B.  ad  a.  726  n.  27,  S.  339,  ihm  von  Duceus  zugestelltes 
handschriftliches  Material. 

2.  (Die  zwei  Baronianischen  Hand  Schriften  der 
Bonifatiusbriefe  nach  den  Angaben  der  Annalen.) 
Bai'onius  giebt  bei  33  Briefen,  welche  er  den  Handschriften 
entnahm,  die  Ordnung  an,  in  welcher  sie  sich  folgten.  Durch 
ein  Versehen,  sei  es  des  Autors,  sei  es  des  Druckers,  ist  so- 
wohl ep.  64  wie  ep.  59  mit  der  Nummer  23  bezeichnet.  Nach 
diesen  ausdrücklichen  Angaben  des  Baronius  lässt  sich,  ohne 
Rücksichtnahme  auf  Conjecturen,   folgende  Tabelle  festsetzen. 

1.  Ep.  83.      14.  Ep.  61.      26.'  Ep.  88.      39.  Ep.  103. 

2.  -  15.      —  27.  Ep.  10.      40.  Ep.  101. 

3.  —  16.  Ep.  60.      28.  Ep.  31.      41.  Ep.    57. 

4.  Ep.  53.      17.  Ep.  29.      29.  Ep.  91.      42.      — 

5.  Ep.  54.      18.  Ep.  74.      30.  Ep.  34.      43.  Ep.    71. 

6.  -  19.  Ep.  72.      31.  Ep.  32.      44.      — 

7.  Ep.  11.      20.  Ep.  73.      32.  Ep.  92.      45.  Ep.  84  (und  85). 

8.  —  21.  Ep.  30.      33.      —  46.      — 

9.  —  22.      —  34.      —  47.  Ep.    13. 

10.  Ep.  86.  23.  Ep.  64  35.  Ep.  16.      48.  Ep.    70. 

11.  Ep.  55.          oder  59.  36.  — 

12.  Ep.  56.  24.      -  37.  - 

13.  Ep.  15.  25.      —  38.  Ep.  14. 

Ausser  diesen  Briefen  führt  Baronius  noch  nachstehende 
in  folgender  Ordnung  an:  12.  87.  17.  21.  18.  19.  20.  26.  22.  24. 
25.  27.  28.  35.  36.  37.  38.  42.  43.  44.  47.  52.  48.  49.  58.  105.  63. 
50.  51.  66.  67.  79.  81.  82.  106.  107.  Bei  epp.  87.  105.  106.  107. 
fehlt  eine  genaue  Angabc  der  Quelle,  bei  epp.  47.  48.  50  die 
der  Nummer.  Alle  übrigen  an  zweiter  Stelle  genannten  Briefe 
und  epp.  47.  48.  50  waren  i.  J.  1600,  als  der  neunte  Band 
der  Annalen  erschien,  bereits  aus  der  Othlonschen  Biographie 
des  hl.  Bonifatius,   welche  Surius   in  De    probatis    sanctorum 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  bl.  Bonifatius.     357 

historiis  i.  J.  1579  edierte,  und  aus  der  von  CarafFa  vorbereite- 
ten, von  Antonio  di  Aquino  i.  J.  1591  herausgegebenen  Samm- 
lung der  Epistolae  decretalcs  Summorura  Pontiiicum  bekannt, 
wie  dies  auch  Baronius  bei  den  einzelnen  Briefen  bemerkt. 
Dass  aber  auch  sie  in  den  Handschriften  des  Baronius  ent- 
halten waren,  ist  durchaus  nicht  von  vornherein  auszuschliessen, 
und  dass  eine  jede  der  ersteren  blos  48  Nummern  umfasst 
habe,  ist  nicht  mit  Gewissheit  daraus  zu  folgern,  dass  Baronius 
keine  höhere  Zahl  angiebt.  Er  wählte  aus  den  ihm  vorliegen- 
den Briefen  nur  diejenigen  aus,  die  ihm  für  seinen  Zweck 
passend  erschienen,  und  sagt  nirgends,  dass  der  48.  Brief  auch 
der  letzte  gewesen  sei.  Für  die  mit  Nummern  bezeichneten 
Briefe  konnte  Baronius  nur  seine  Codices  als  Quelle  anführen, 
da  sie  eben  seine  einzige  Quelle  waren;  bei  den  übrigen  lag, 
da  textkritische  Fragen  nicht  im  Vordergrund  standen,  die  Ver- 
weisung auf  die  leichter  jedermann  zugänglichen  Drucke  weit 
näher.  Nicht  gerechtfertigt  ist,  was  Jaffe  (a.  a.  0.  S.  14,  n.  4) 
bemerkt:  'Singulas  quas  Baronius  affert  epistolas  in  utriusque 
codicis  Serie  parem  locum  habuisse  saepius  significat'.  Nur 
bei  epp.  10.  11.  15.  101  giebt  Baronius  an,  dass  sie  sich  in 
beiden  Codices  fänden,  und  auch  bei  ihnen  ist  nicht  gesagt, 
ob  sich  die  Ziffer  auf  beide  Handschriften  oder  nur  auf  die 
eine  beziehe.  Die  unmittelbar  darauf  folgenden  Notizen  Ex 
e  0  d.  cod.  ep.  53  u.  s.  w.  machen  es  im  Gegentheil  wahrschein- 
lich, dass  die  von  Baronius  angegebenen  Nummern  sich  nur 
auf  den  einen  Codex  beziehen;  welcher  von  beiden  dies  war, 
ist  von  vornherein  natürlich  nicht  entscheidbar.  Doch  ist  aus 
den  Worten,  ep.  10  sei  unter  den  noch  nicht  edierten 
Briefen  als  der  27.  gezählt,  zu  schliessen,  dass  Baronius  nur 
die  noch  nicht  edierten  Briefe  zählt,  dass  also  wahrscheinlich 
der  eine  Codex,  dessen  Ziffern  er  angiebt,  nur  noch  nicht 
edierte  Briefe  enthielt,  bezw,  zählte.  Auch  ist  zu  beachten, 
dass  Baronius  nur  von  Handschriften  noch  unedierter  Briefe 
spricht  (quarum,  nämlich  ineditarum  epistolarum,  exemplaria 
nacti  sumus),  dass  er  also  auf  bereits  edierte  Manuscripte  kein 
Gewicht  legte,  und  den  Cod.  Vatic.  gar  nicht  an  dieser  Stelle 
anführte,  obwohl  er  ihn  kannte.  Denn  Caraffa  hatte  ja  den- 
selben für  seine  Ausgabe  der  Papstbriefe  bereits  benutzt.  End- 
lich ist  durch  die  Angabe,  ep,  24  stamme  von  Duceus,  nicht 
ausgeschlossen,  dass  sie  auch  in  den  Handschriften  stand. 
Baronius  erfüllte  mit  dieser,  wie  mit  ähnli,chen,  öfter  in  den 
Annalen  vorkommenden  Angaben  nur  die  Pflicht  höflicher 
Dankbarkeit. 

3.  (Unzugänglich  keit  der  zwei  Handschriften.) 
Serarius  bemühte  sich  vergeblich,  die  von  Baronius  benutzten 
Handschriften  zu  erlangen.  In  seiner  Ausgabe  der  Briefe  des 
hl.  Bonifatius  sagt  er  S.  286 :  ^Harum  s.  Bonifacii  epistolarum 


358     Verlorene  Handschriften  der  Briefe   des  hl.  Bonifatius, 

manuscripta  exemplaria  vidit  duo  Rev""'^  et  Illmus  Baronius 
eoruraque  alterum  in  Gregoriana  Canonici  iuris  correctione 
citatur.  Sed  cum  ex  Italia  in  Germaniam  illa  ut  ederentur 
ab  aliis  invitata  rogataque  intelligerem  neque  ut  venirent  tarnen 
exorari  potuisse,  omnem  ego  quideni  illa  unquam  videndi  -spem 
abieci  simulque  statim  cogitavi,  s\,  quod  olim  monuisse  Plato 
dicitur,  in  Germaniae  nostrae  fundo  ad  cretam  usque  foderemus, 
aliqua  forte  inveniri  exemplaria  posse'.  Ob  die  Schuld  an  den 
Dominikanern,  an  Baronius  oder  sonst  jemandem  lag,  ist  nicht 
bekannt.  In  dem  Briefwechsel  des  Baronius  (mit  Serarius 
a.  a.  0.  I,  303.  Kurze  Notizen  über  Serarius  und  seine  Werke 
eb.  I,  198  not.  a)  ist  die  Angelegenheit  nicht  berührt.  Nach 
Seiters  (a.  a.  0.  S.  3),  Pertz  (Archiv  V,  337),  Jaffe  (a.  a.  O. 
p.  14  n.  4)  und  W.  Arndt's  handschriftlichen  Bemerkungen 
(Hahn  a.  a.  0.  S.  105)  ist  der  dei'einst  in  der  Minervabibliothek 
aufbewahrte  Codex  verloren.  Man  scheint  denselben  in  neuerer 
Zeit  in  der  allerdings  den  Dominikanern  von  S.  Maria  sopra 
Minerva  gehörigen  ßibliotheca  Casanatensis  gesucht  zu  haben, 
indessen  dürfte  er  nie  zu  derselben  gehört  haben.  Zur  Zeit 
der  Abfassung  der  Annalen  bestand  sie  nämlich  noch  nicht, 
Baronius  meinte  also  offenbar  die  Conventsbibliothek  der  römi- 
schen Dominikaner.  Diese  aber  blieb  stets  von  der  Casana- 
tensis separiert  imd  ist  jetzt  in  die  aus  confiscierten  Kloster- 
bibliotheken zusammengesetzte  Biblioteca  Vittorio  Emmanuele 
transferiert.  Gegenwärtig  ist  letztere  wegen  zu  grosser  Unord- 
nung geschlossen  und  aus  demselben  Grunde  war  es  mir  auch 
vordem  nicht  möglich,  in  ihr  nach  dem  Manuscript  Forschun- 
gen anzustellen.  Mögen  vorläufig  die  nachstehenden  Resultate 
meiner  Studien  einen  Ersatz  für  dasselbe  bieten. 

4)  (Benutzung  des  Codex  S.  Mariae  super  Miner- 
vam  durch  die  Correctores  Romani.)  Hahn  hat  bei 
seiner  Untersuchung  völlig  ausser  Acht  gelassen,  dass  der 
Codex  der  Dominikanerbibliothek  bereits  vor  Baronius  gekannt 
und  benutzt  wurde,  nämlich  von  den  Correctores  Romani. 
Wurde  durch  die  kirchenrechtlichc  Bedeutung  einzelner  Acten- 
stücke  der  Correspondenz  des  hl.  Bonifatius  und  ihre  Aufnahme 
in  die  canonistischen  Collectionen')  im  Allgemeinen  das  Inter- 
esse für  die  Bonifatiusbriefe  wach  erhalten,  ein  Umstand,  dem 
wir  wohl  die  Sammlungen  derselben  im  Cod.  Vatic.  1340,  im 
Venet.  und  dem  jüngst  entdeckten  englischen  Codex  2)  ver- 
danken, so  hat  der  kritische  Fleiss  der  Juristen  des  16.  Jahrh. 


1)  Hahn  (Forsch,  z.  d.  G.  XV,  S.  13  und  14)  hat  die  in  der  Capitu- 
lariensammlung-  des  Benedictus  Levita,  wie  die  in  den  Pseudoisidor. 
Decretalien,  Ewald  (N.  Archiv  V)  die  im  Decret  des  Ivo  von  Chartres 
vorkommenden  Bonifatiusbriefe   zusammengestellt.  2)  Vgl.   über  den- 

selben Ewald  im  N.  Archiv  V,  S.  277  ff. 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius,     359 

und  speciell  die  historisch -kritische  Bearbeitung  und  Comnien- 
tierung  des  Decrctum  Gratiani  auf  die  Bonifatiuslitteratur 
einen  besonderen  Einfluss  geübt.  Wegen  der  im  Decretum 
verwendeten  Stellen  aus  epp.  27.  28.  38.  43.  58.  59.  66.  19.  80 
hatten  die  Juristen  überhaupt  an  der  Erhaltung  der  ßonitatius- 
briefe  Interesse.  Die  oft  von  Anselm's,  Burchard's  Ivo's  und 
anderen  kirchlichen  Rechtssammlungen  abweichenden  Citate 
*Gratians  gaben  Veranlassimg,  soweit  als  möglich  auf  die  Les- 
arten der  ältesten,  originalen  Handschriften  zurückzugehen, 
und  waren  Ursache,  dass  man  auch  Bonifatiusmanuscripten 
nachspürte.  Unter  Papst  Pius  IV.  (1559 — 1565)  wurde  eine 
Commission  zur  Emendierung  Gratians  eingesetzt,  die  von  PiusV. 
(1565  —  1572)  ergänzt  wurde  und  den  Namen  Correctores 
Romani  erhielt  >).  Es  gehörten  zu  derselben  die  Cardinäle 
M.  Antonius  Columna,  Hugo  Boncompagnus,  der  spätere  Gre- 
gor XIH,  Alexander  Sfortia,  Guillelmus  Sirletus,  Franc.  Alcia- 
tus,  Guido  Ferrerius  und  Antonius  Caraflfa.  Ausser  ihnen 
gehörten  zu  den  Correctoren  eine  Anzahl  Doctoren,  unter  ihnen 
Michael  Thomasius.  Aus  den  Arbeiten  dieser  Commission 
ging  die  bekannte  Edition  des  Decrets  (Decretum  Gratiani 
emendatura  et  notationibus  ilhistratum  una  cum  glossis,  Gre- 
gorii  XIII.  Pont.  j\Iax.  iussu  editura.  Romae  in  aedibus  populi 
Romani  1582)  hervor,  welche  Richter  von  Neuem  (Leipzig  1839) 
herausgab.  Pag.  VII.  dieser  Ausgabe  findet  sich  ein  'Index 
librorum  qui  variis  ex  locis  sunt  habiti'  und  von  den  Cor- 
rectoren zur  Verbesserung  des  Textes  benutzt  wurden.  Ausser 
den  'Decreti  huius  21  exemplaria  (partim  sine  glossis,  partim 
cum  glossis,  12  quidem  ex  Vaticana,  reliqua  ex  bibliotheca 
Marcelli  P.  II ,  Cardinalium  Vcrcellensis  et  Sirleti ,  Michae- 
lis Thomasii  Ilerdensis,  Achillis  Stathii)  u.  a.  stand  den  Cor- 
rectoren auch  einiges  handschriftliches  JMaterial  aus  der 
'Bibliotheca  B.  Mariae  supra  Minervam'  zu  Gebot,  welche  von 
ihnen  auch  'bibliotheca  Dominicana'  genannt  wird,  z.  B.  in 
Notationes  Correctorum  s.  zu  C.  VII.  9.  1.  c.  17.  Aus  ihr  be- 
zogen sie:  1.  Bonifacii  Martyris  Epistolae.  2.  Gregorii  III. 
Epistola.  3.  Gregorii  IV.  Epistola  ad  universos  Episcopos  per 
Galliam  etc.  4.  Eine  auch  in  der  Vaticanischen  Bibliothek 
vorhandene  T^.idori  collectio  canonum.  5.  Nicolai  I.  plures 
Epistolae.  6.  Eine  unter  das  Pontißcat  P.  Zacharias  fallende 
synodus  Francica.  Leider  ist  aus  den  vorstehenden  Angaben 
nicht  ersichtlich,  ob  die  6  Stücke  der  Dominikanerbibliothek 
in  einem  Codex  standen  oder  in  mehreren  zerstreut  waren. 
Unter  der  synodus  Francica  (n.  6)  ist  wohl  ep.  47  und  unter 
der   Epistola   Gregorii  III.  (n.  2)   ep.  27  (s.  u.)    zu    verstehen 

1)    Vgl.    über    dieselbe    Tlieiner,   Disq.    crit.    append.   I.    und   p.  VJI; 
Richter,  De  eniendationibus  Gratiani  diss.  bist. -crit.  Lips.   1835.   . 
Neues  Archiv  etc.     VII.  24 


360     Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius. 

und  wegen  der  sonst  vorkommenden  engen  Verbindung  der- 
selben mit  den  Bonifatiusbriefen  beide  mit  n.  1  als  einem  Codex 
angehürig  zu  betrachten.  Derselbe  enthielt  wohl  auch,  wenn 
wir  nach  Analogie  des  Pariser  Codex  urtheilen  dürfen,  die 
Briefe  Nikolaus  I.  Par.  3589  A')  (chart.  fol.  saec.  XVII)  um- 
fasst  nämlich  nach  der  von  Hahn  (a.  a.  O.  S.  9!))  mitgetheilten 
Beschreibung  W.  Arndt's  ausser  59  Bonifatiusbriefen  noch  47 
von  Papst  Nikolaus  an  verschiedene  Personen  gerichtete  Briefe. 
Ebenso  nahe  liegt  es,  den  Brief  Gregor  IV.  (827 — 844)  der- 
selben Handschrift  zuzuweisen.  Auch  der  Wiener  Bonifatius- 
codox  (=  Vind.)  enthält  ein  von  diesem  Papst  an  Erzbischof 
Otgar  von  Mainz  gerichtetes  Schreiben  (JafFe  a.  a.  O.  8. 325  ep.  8). 
Eine  Entscheidung  darüber,  ob  die  Isidorische  Sammlung  (n.  3) 
in  einem  zweiten  oder  demselben  Codex  stand,  ist  auch  auf 
dem  Wege  der  Conjectur  schwer  zu  fällen. 

Von  Wichtigkeit  sind  die  Notationes  Correctorum,  welche 
kritische  und  auf  die  benutzten  Quellen  verweisende  Bemer- 
kungen enthalten.  Auch  sie  sind  bislang  für  die  Bonifatius- 
frage  völlig  unverwerthet  geblieben. 

Aus  der  zu  C.  VII.  9.  1.  c.  17,  einem  Citat  aus  ep.  6G,  gemachten 
Bemerkung  s.  geht  hervor,  dass  ep.  66  in  dem  Codex  der  Dominikaner- 
bibliothek stand.  Die  notatio  lautet:  'Prior  pars  huius  capituli  usque  ad 
vcrsiculum:  'Idem  si  entidem' sumta  est  ex  epistola  Zachariae  papae,  cuius 
initium  est:  'Sacris  liminibus',  quae  exstat  Romae  mariuscripta  in  biblio- 
theca  Dominiciina,  quam  etiam  edidit  frater  Laurentius  Surius  in  vita 
b.  Bonifacii,  sed  ex  codico  parura  emendato.  Keliqua  babentur  in  epistola 
ultima  in  tomis  conciliorum". 

Aus  not.  m.  zu  C.  32,  9.  7.  c.  18  (aus  ep.  26)  g'eht  hervor,  dass 
auch  ep.  27  (s.  o.)  in  dem  Codex  der  Dominikanerbibliothek  enthalten 
war:  'Epistola,  ex  qua  capitulam  hoc  acceptum  est,  exstat  impressa  tom.  3. 
Conciliorum  et  manuseripta  in  bibliotheca  monasterii  Dominicanorum'. 

Zu  D.  56.  c.  10  ist  bemerkt:  'In  epistola  (nämlich  59)  B.  Bonifacii 
Martyris  (quae  una  cum  multis  aliis  exstat  manuseripta  in  codice  saepe 
memorato  Bibliothecae  Dominicanae)  leg-itur'  etc. 

Zu  dem  in  C.  11.  9.  3.  c.  104  enthaltenen  Cltat  aus  ep.  79  ist  be- 
merkt: 'Epistola  in  qua  habetur  capitulam  hoc,  edita  est  per  Laurentium 


1)  Vgl.  Archiv  VII,  46,  wo  als  sein  Inhalt  bezeichnet  ist:  Zachariae, 
Gregorii,  Benedict!  et  Nicolai  epistolae  et  nonnuUae  Bonifacii  archiepi- 
scopi  Moguntini.  (Mazarin)  saec.  XVI.'  Ungeachtet  der  Differenz  in  der 
Nnmmerierung,  welche  ja  im  Laufe  der  Zeit  leicht  eintreten  konnte,  halte 
ich  diesen  Codex  für  identisch  mit  dem  von  Sdralek  (Tübiug.  Qu. -Sehr. 
1880  'Die  Briefe  des  Papstes  Nikolaus')  erwähnten  ms.  reg.  3896,  der 
nach  einem  alten  ital.  Codex  copiert  ist,  Briefe  des  Zacliarias,  ein  Schrei- 
ben dea  Nicephorus  von  Coustantinopel  an  Leo  III,  eins  Gregor  IV.  und 
42  Briefe  Nikolaus  I.  enthält  und  in  Beziehung  zu  stehen  scheint  mit  Colbcrt. 
1864,  saec.  IX,  welcher  die  Acten  einer  spanischen  Synode,  die  des  Con- 
cils  von  Chaicedon,  einen  Brief  des  Nicephorus  von  Coustantinopel  an 
Leo  III,  einen  Benedict  lil,  41  Briefe  Nikolaus  I.  und  mehrere  üadrian  II. 
enthält. 


Verlorene  HandscLriftcn   der  Briefe  des  hl.  Bonifalius.      361 

Surium   in    vita  S.  Bonifacii  Leg-.ati  Gcrmaniae    et  Maityris.      Emendatior 
autem   exstat  Roinae  in  Bibliotlicca  monastcrii  Dominicaiii'. 

Bei  den  Citaten  aus  epp.  28.  38.  43.  58.  80  ist  nii-lit  ausdrücklich  be- 
merkt, dass  sie  in  der  Handsclirift  der  Doiiiinikanerbibliothek  vorhanden 
seien. 

Aus  den  Angaben  der  Correctorcn  wissen  wir  also,  dass 
ausser  den  Nikolausbriefen  und  dem  Schreiben  Gregor  IV. 
unter  vielen  anderen  Bonifatiusbricfen  auch  epp.  27.  59.  66.  79 
in  dem  Codex  S.  Mariae  supra  Minervam  (ich  bezeichne  ihn 
im  Folgenden  der  Kürze  wegen  mit  S.  M.)  enthalten  waren, 
eine  Kenntnis,  die  um  so  Avichtigcr  ist,  weil  sie  aus  den  Anna- 
len  nicht  geschöpft  werden  kann. 

5.  (Plandschriftliche  Excerpte  desBaronius  aus 
dem  Cod.  S.  IM.)  Eine  neue,  völlig  authentische  Nachricht 
über  den  Cod.  S.  M.  fand  ich  in  einem  Manuscript  der  Valli- 
cellana')  zu  Rom.  Diese  Bibliothek  besitzt  fast  den  gesammten 
handschriftlichen  Nachlass  des  Baronius^)  imd  unter  diesem  in 
dem  mit  der  Signatur  Q  6  versehenen  Folianten :  'Monumenta 
varia  CoUecta  a  Caesare  Baronio  S.  R.  E.  Cardinale  ex  auc- 
toribus  et  codicibus  Manuscriptis  multarum  bibliothecarum  pro 
augendis  annalibus  ecclesiasticis  iam  scriptis  et  etiam  scriben- 
dis  sive  continuandis',  ein  glänzendes  Denkmal  für  den  dem 
Vater  der  neueren  Kirchengeschichtschreibung  eigenen  Fleiss. 
F.  79  dieses  Codex  stehen:  'Excerpta  ex  Codice  manu- 
scripto  epistolariim  Romanorum  pontificum,  qui 
habetur  in  b i  b  1  i o  t h  e c a  f r a t r u m  p i* a e d  i  c a t o r u m 
Romae  in  monastcrio  S.  Mariae  super  Minervam 
plut.  19  n.  6'.  Die  Excerpte  beginnen  mit  der  Bemerkung: 
'Ex  epistolis  Zachariae  R.  S.  ad  S.  Bonifacium  qua's 
ommisit  Surius  nee  hactenus  impressae'.  'Prima  quae 
incipit:  Suscipientes  sanetissimae'.  Nun  Mgt  ein  Exceipt  aus  ep.  49  und 
auf  dieses  nach  der  Bemerkung  'alia  epistola  eiusdem  Zachariae  non 
impressa  ad  eundem  Bonifacium.  Incipit:  Lcgimus'  ein  Bruclislück  aus 
ep.  48.  An  letzteres  schliessen  sich  Excerpte  aus  epp.  83.  69.  54.  Als- 
dann bemerkt  Baronius:  'Sequitur  illic  epistola  ad  successorem  Zachariae 
Stephanum  P.  P.,  qua  postuhnt  obnixe  comniunionem  Romanae  ecclesiae 
(==  ep.  IOC)  et  haec  alibi  transcripta  in  alio  qnaternione  sup.  et  alia 
epistola  eiusdem  ad  eundem  de  Traiectcnsi  sede  (==  ep.  107)  et  ibidem 
Synodus  Galiicana.  Incipit:  Ejyo  Carlnniannns  dux  et  princeps  (=  ep.  47) 
et  habetur  apud  Surinm.  —  Epistola  Bonifacii  ad  Danielem  episcopum, 
Incipit:  Consuetndo  et  expetit  consilium  ah  co  quid  ag-ere  debeat  in  hoc 
casu',  folgen  Excerpte  ans  ep.  55.  'Exstat  eiusdem  Danielis  ad  Bonifacium', 
folgt  Excerpt  aus  ep.  56.  'Sequitur  alia  eiusdem  Danielis  ad  eundem 
Bonifacium  epistola',  folgt  Excerpt  aus  ep.  15.  'Eiusdem  Bonifacii  epistola 
ad  Hethbertum  archiepiscopum',  folgt  ep.  Gl.  'Ad  Hubertnm  abbatem  de 
iisdem  iste  Bonifacius  scribens',  folgt  ep.  G2.  'et  ad  Herefridum  presbyte- 
rum',  folgt  ep.  60.  'Eiusdem  ad  Acthelbaldum  Regem  Mcrcionum,  ad  quenj 


1)  Vgl.  über  dieselbe  Mabillon,  Mus.  Ita!.  I,  G5,  2)  Vgl.  hierüber 

Laemmer,  Analect.  Korn.  66. 

24* 


362     Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius, 

per  Ceolam  nuntium  munera  transmisit',  folgt  ep.  74.  'Alia  eiusdem  ad 
Nothelmum  archiepiscopum  in  Anglia',  folgt  ep.  30.  'Post  alias  plures  eius- 
dem ad  diverses  epistolas  legitur  ad  ipsum  Aethelbaldum  regem.  Incipit: 
Confitemur  (=  ep.  59).  Illic  exempla  de  Ceolredo  Rege  et  Osredo,  qui 
misere  perierunt;  alibi  in  snp.  quatern.  est  transmissa,  multa  ibi  notatu 
digna  sunt.  Epistola  Winfridi  ad  Eadburgem  abbatissam  ;  haec  illa  Ead- 
burgis,  ad  quam  frequentes  exstant  eiusdem  Bonifacii  epistolae.  Sic  inci- 
pit Epistola;  Beatissimae  virgini',  folgt  ep.  10  bis  zu  den  Worten:  'et 
vivas  angelice'.  Zwischen  der  Ueberschrift  und  dem  Brieftext  steht :  'Win- 
fredus  qui  et  Bonifacius  servus  servorum  dei  in  alia  epistola  haec'.  Nach 
ep.  10  folgt:  'Quantum  humilitatis  praestiterit  ipse  Bonifacius,  iudicat 
epistola  eiusdem  ad  Leobgytiiam',  folgt  ep.  91.  An  diese  reihen  sich 
Excerpte  aus  epp.  34.  32.  16.  23.  14.  103.  100.  84.  85.  105.  70.  Dann 
folgt:  'Habetur  illic  regum  Gothorum  compendio  coUectum 
ehronicon  liis  verbis:  Athanaricus'  u.  s.  w.  Als  im  selben  Codex« 
befindlich  führt  Baronius  noch  an  seine  Excerpte  aus  der 
'Epistola  Nicephori  episcopi  Constantin.  ad  Leonera  R.  pontifi- 
cem.  Sequitur',  heisst  es  weiter,  'epistola  Benedicti  papae  ad 
episcopos  Galliarum  .  .  .  Exstat  eiusdem  epistola  ad  Hincmarum 
Remensem  archiepiscopum.    Sequuntur  epistolae  Nicolai  I.  R.  P'. 

Die  von  Baronius  in  den  Monumenta  excerpierten,  bezw.' 
erwähnten  Briefe  sind  folgende: 

IL 

49.  48.  83.  09.  54.  lOß.  107.  47.  50.  56.  15.  61.  62.  60.  74.  30. 
59.  10.  91.  34.  32.  16.  23.  14.  103.  100.  84.  85.  105.  70'). 

Damit  ist  die  Zahl  der  in  dem  Codex  enthaltenen  Briefe 
natürlich  nicht  erschöpft.  Das  Hauptaugenmerk  des  Baronius 
richtete  sich  auf  die  noch  ungedruckten  Briefe,  und  aiich  von 
diesen  kann  er  solche  ausgelassen  haben,  die  er  nicht  brauchte. 
Dass  ausser  den  sub  H.  genannten  Briefen  auch  epp.  27.  66.  79 
im  Codex  standen,  wissen  wir  aus  den  Notationen  der  Correc- 
toren.  Die  Meinung  Hahns  (a.  a.  O.  S.  105),  epp.  47  und  105 
hätten  nicht  im  Codex  gestanden,  erweist  sich  als  falsch. 
Ebenso  betrachtete  er  mit  Unrecht  epp.  49  und  48  als  nicht 
zum  Cod.  S.  M.  gehörig.  Da  ferner  mit  höchster  Wahrschein- 
lichkeit anzunehmen  ist,  dass  Baronius  die  Briefe  in  derselben 
Ordnung  ausschrieb,  in  welcher  sie  im  Codex  standen,  ep.  49 
aber  ausdrücklich  als  erster  unter  den  Zachariasbriefen  bezeich- 
net ist,  während  ep.  83  an  dritter  Stelle  steht,  die  in  den 
Annalen  als  dritte  genannt  ist,  so  folgt,  dass  die  in  den  Annalen 
angegebene  Nummerierung  nicht  mit  der  Reihenfolge  der  Briefe 
im  Cod.  JS.  M.  identisch    ist.     Von   hoher  Bedeutung   ist,    was 


1)  Fol.  129  finden  sich  Excerpte  aus  Vatie.  1340.  Sie  sind  über- 
schrieben: 'Ex  libr.  antiquor.  caiionum.  Habetur  in  codice  bibliothccae 
Vaticanae'.  Unter  anderem  heisst  es:  'illic  praeter  S.  Bonif.  Ep.  Mogunt. 
!\(\  Gregor,  pp.  et  ad  Zaehariam  exstant  et  aliae  epistolae,  quac  infra 
sub  compendio  adnotantur'.  Auch  aus  epp.  lOG  und  107  finden  sich 
Excerpte. 


Verlorene  Ilandöclu-iften   der  Briefe   des  lil.   Bonifatius.      36o 

wir  aus  den  Excerpten  des  ßaronius  über  den  sonstigen  Inhalt 
des  Cod.  S.  M.  erfahren.  Er  enthielt  also  nicht  blos  Bonifatius- 
und  Nikolausbriefe  und  ein  Schreiben  Gregor  IV,  Avie  wir  von 
den  Correctoren  wissen,  sondern  auch  ein  compendiarisches 
Chronieon  regum  Gothorum  und  Correspondenzen  der  Pä^Dste 
Leo  und  Benedict. 

6.  (Eine  bisher  unbekannte  Abschrift  aus  dem 
Cod.  S.  M.).  a)  Eine  umfassendere  Kenntnis  des  Cod.  S.  M. 
verschafft  Cod.  VaUic.  C  15.  Derselbe  (gr.  4,  saec.  XVI), 
vollständig  paginiei't,  mit  einem  von  späterer  Hand  verfertigten 
Inhaltsverzeichnis  versehen,  enthält  an  erster  Stelle  (c.  1  — 17) 
'80  Canones  concilii  Nicaeni  Latine  redditi  ex  Codice  Arabico'. 
Am  Schluss  derselben  findet  sich  folgende  Bemerkung:  'Hi 
octoginta  canones  Nicaeni  synodi  fuerunt  versi  ex  lingua  Ara- 
bica  et  Arabice  sunt  apud  Ill>""m  Card'*""  Syrletum  a  27.  canone 
usque  ad  80,  qui  liber  fuit  Tuniti  inventus,  cum  fei.  rec.  Caro- 
lus  V.  eam  civitatem  coepit.  Verum  integros  Arabicos  attulit 
Romam  tempore  san.  mem.  Pii  V.  quidam  presbyter  Societatis 
lesu  ex  Alexandria,  cum  in  eam  civitatem  esset  ab  eodem 
Pio  V.  ad  Patriarcham  missus  et  dixit,  se  vidisse  voluraen 
magnum  actorum  Nicaenae  Synodi  Arabice  descriptura,  ex  quo 
omnes  hos  octoginta  canones  descripsit,  qui  collati  cum  Tune- 
tanis  a  27.  usque  ad  finem  valde  concordant '). 

Mich.  Thom.' 

Mich.  Thom.,  sonst  überall  mit  M.  T.  abgekürzt,  kommt 
sehr  oft  in  den  Randbemerkungen  vor.  Seine  Hand  unter- 
scheidet sich  von  der  Schrift  des  Codex,  an  dessen  Herstellung 
mehrere  Hände  ai'beiteten. 

Nach  einem  leeren  Blatt  (f.  18)  folgt  f.  19  laut  Katalog 
'Pars  actorum  concilii  Chalcedonensis';  am  oberen  Theile  des 
Blattes  ist  zu  lesen:  'M.  T.  Videtur  Synopsis  quaedam  concil. 
Chalced.  usque  ad  locum  indicatum  et  postea  sequuntur  varia 


1)  Vgl.  mit  dieser  Bemerkung  folgende  Stelle  aus  Ant.  Augustiui 
Archiepiscopi  Tarraconensis  libri  duo  de  emendatione  Gratiani.  (St.  Balu- 
zius  Tutelensis  emendavit  etc.  Paris.  1760.  S.  243  ff.):  'Et  ex  epistola 
quadam  Gregorii  X.  ad  Regem  Armeniorum  (Im  Index  libr.  etc.  heisst 
es:  Gregorii  X.  Epistola  ad  Regem  Armeniorum  ex  bibl.  Card.  Sirleti ) 
cum  concilium  Lugdunense  indixisset  (quam  manuscriptam  habet  Card. 
Sirletus)  intelligitur,  integrum  Nicaenum  concilium  in  lingua  Armeniorum 
eo  tempore  exstitisse.  Sic  enim  scribit:  'Quia  vero  multipliciter  expedit, 
ut  in  eins  celebratione  concilii  antiquorum  conciliorum  copiam  liabeamus, 
Celsltudinem  regiam  hortamur  et  rogamus  attente ,  quatenus  integrum 
Nicaenum  concilium  et  alia  concilia  quae  habere  diceris  in  Armenica 
littera  cum  aliquibus  peritis  interpretatoribus  nobiscum  ea  qua  poteris 
celeritate  transmitta,s'.  Tuneti  quoque  et  Alexandriae  iuventi  sunt  80 
canones  Arabice  scripti  sub  nomine  huius  concilii,  qui  Romae  in  Arabica 
et  Armenica  lingua  scripti  penes  eundem  Card.  Sirletuni  sunt  et  nupf-r 
in  Latinam  linguam  conversi  sunt  et  impressi'. 


364     Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius, 

trän  scripta  sunt  ex  antiquo  (zwischen  ex  und  antiquo 
ist  codice  übergeschrieben)  s.  Mariae  supra  Minervam 
q u i  f u 0 r a t  C a r.  de  t u r r e c r e in  a t a'.  Am  Rande  der  Rück- 
seite von  f.  39  steht:  'M.  T.  Huc  usque  videtur  pertinere  ad 
synodum  Chaicedonensem'.  Darunter  ist  zu  lesen :  'Quae 
ßequuntur  videntur  referenda  ad  8""  conc"'  contra  monothelitas'. 
An  das  Chalcedonense  schliessen  sich  laut  Katalog  an  'Pars 
actorum  VI.  synodi',  hieran  Pelagii  II.  Epistola  ad  ßenignura', 
worauf  der  Catalogus  Hegum  Gothorura  folgt.  An  letzteren 
reiht  sich  von  f.  45^  bis  f.  131  eine  Reihe  von  Bonifatiusbriefen, 
welche  nicht  nunimeriert  sind  und  die  Aufschrift  'Epistolae 
Zachariae'  tragen.     Es  sind  folgende: 

III. 

52.  m.  70.  81.  82.  40.  48.  83.  60.  78.  53.  54.  106.  107.  11. 
24.  47.  9.  86.  55.  56.  15.  61.  62.  60.  29.  74.  72.  73.  30.  87.  64. 102. 
59.  88.  10.  31.  91.  34.  32.  92.  96.  93.  16.  23.  94.  14.  103.  101.  57. 
15.  71.  100.  84.  85.  99.  13.  105.  50.  70. .  59.  88.  106.  107. 

Aus  den  zahlreichen,  fast  durchgängig  von  der  Hand  des 
M.  T.  geschriebenen  und  grossen  Theils  mit  dieser  Chiffre  ver- 
sehenen Randbemerkungen  theile  ich  einige  wichtigere  mit. 
Arn  Kand  bei  ep.  81  (beginnt  mit  Qualiter)  steht:  'Non  est  tituhis  in  libro 
meo  ant.,  sed  est  epistola  Zachariae  ad  Bouifacium'.  Bei  ep.  83  (beginnt 
mit  Praesens  Lul):  *M.  T.  Nullus  est  titulus  et  non  videtur  Zachariae, 
sed  alieuius  episcupi  vel  presbyteri'.  Bei  ep.  C9:  'M.  T.  Non  est  Zaeliariae 
sed  alicnius  episcopi  vel  presl)yteri  amic-i  Boriifacii  sed  \ix  potest  aliquid 
in  ea  colligi'.  Bei  ep.  78:  'M.  T.  est  alieuius  presbyteri  romnni'.  Ep.  53 
beginnt  mit  'Sumnii.s',  ep.  54  mit  'Venerabilibus',  ep.  106  mit  'Sanetitatis'. 
Am  Rand  bei  letzterer  stellt:  'In  codice  Vaticano  hie  est  titulus:  Domino 
excellentissimo'  etc.  bis  'caritatis  salutem'  (Jaffe  p.  258).  Am  anderen 
Rand:  'Videtur  epistola  Bonitaeii  scripta  Stephano  2"  qui  successit 
Zacariae'.  Ep.  107  ist  mit  der  vorausgehenden  Ep.  lOG  zu  einem  Ganzen 
verbunden  und  beginnt  mit  'Nara  tempore'.  Das  N  in  Nam  ist  in  J  ver- 
bessert =  Jam.  Am  Rande  steht:  'In  eodem  codice  Vaticano  est  altera 
epistola  hoc  titulo :  Venerando  ac  diligcndo  domiio  Apostolatus  privilegio 
praedito  Stephano  p.  p.  Bonifacius  exiguus  legatus  vel  missus  Gcrmanicus 
catholicae  et  apostolicae  ecclesiae  optal)ilem  in  Christo  charitatis  salutem'. 
Darunter  bemerkt  eine  andere  (dritte)  Hand:  'est  postea  pars  coniuncta 
superiori'.  Bei  ep.  11  (l)eginnt  mit 'Piissimis')  steht  am  Rand:  'In  codice 
Vaticano  est  titulus:  epistola  danielis'.  Bei  ep.  24:  'In  Vaticano  est 
titulus:  epistola  Caroli'.  Zwisclien  dem  Schluss  von  ep,  47,  die  vollständig 
ist,  und  dem  Anfang  der  folgenden  ep.  9  ist  am  Rand  von  der  Hand  des 
M.  T.,  aber  ohne  seine  Ciiiffre,  bemerkt:  *Huc  usque  est  in  cod.  Vatic. 
et  post  sequitur  epistola  scripta  Rcgi  Anglorum  et  altera  abbatissae 
Buggan'.  Bei  der  mit  'Carissirao'  beginnenden  ep.  9  fehlen  die  Schluss- 
verse. Ep.  80  liest:  'O  soror  carissima  postquam  nos'.  Ep.  15  ist  an 
erster  Stelle  vollständig.  Ep.  59  reicht  bis  zu  den  Worten  'homini  si 
lucretur'  und  enthält  die  Zusätze  des  Baronius  bezw.  Wilhelm  von  Malmes- 
bury  nicht.  Dieselbe  dritte  Hand,  welche  zu  ep.  107  bemerkt  'est 
postea'  u.  s.  w.,  schreibt  bei  ep  59  am  Rand:  'Iterum  infra  ponitur'.  Die- 
selbe Notiz  steht  wörtlich  bei  ep.  88,  an  deren  Rand  noch  von  zweiter 
(M.  T.)    Hand    geschrieben   steht:    'Huc   usquo    reperitur   in  Cod.  Vatic.'. 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  bl.   Rouifalius.     3G5 

Der  Scliluss  des  Duplicats  von  ep.  15  lautet:  'promptus  queas,  at  eupra 
require  et  ibi  inveiiies  ea  quac  ssq.'.  Am  Rande  schreibt  die  zweite 
Hand:  'est  siipra  cpistola  integra'.  Epp.  84  und  85  bilden,  wie  in  allen 
anderen  Handschriften,  nur  einen  Brief.  Der  Rest  des  Blattes,  auf  wel- 
chem ep.  105  endigt,  dessen  Rückseite  und  das  folgende  Blatt  sind  un- 
beschrieben. Nachher  folgt  ep.  50.  Zu  Anfang  derselben  bemerkt  die 
Hand  des  M.  T.,  welche  auch  ep.  50  schrieb,  aber  ohne  die  Cliiffre:  'Ex 
eodem  codice  S.  Maria  e  supra  Minervam  qui  fuit  Card,  de 
Turrecremata  concilia  duo  Zachariae  et  aliquot  epistolae 
eius'.  Ausserdem  finden  sich  zu  diesem  Briefe  mehrere  ausdrücklich 
mit  M.  T.  bezeichnete  Randbemerkungen.  Das  auf  ep.  50  folgende  Blatt 
ist  leer  gelassen.  Dann  kommt,  von  der  Hand  des  Codexschreibers, 
ep.  70;  sie  reicht  bis  'fornicationem  et  luxuriam'.  In  dem  Absatz:  'Hlud 
autem'  (Jaffe  p.  208),  lautet  der  Text:  'raonasterium  de  potestate  episcopi 
vel  A.bbatis  regere  et  habere  sab  se  monachos',  die  Worte  'et  incipiat 
ipse  vice  abbatis'  fehlen  also.  Von  letzteren  sagt  Baronius  S.  441  n.  2 : 
'Desunt  in  alio  textu'.  Da  Baronius  S.  439  n.  1  von  dem  Codex  spricht, 
dessen  Nummerierung  er  angiebt  und  dieser  nicht  mit  dem  Cod.  S.  M. 
identisch  ist,  muss  unter  dem  alius  textus  letztgenannte  Handschrift  ver- 
standen werden.  Die  Rückseite  des  Blattes,  auf  welchem  ep.  70  endet, 
ist  nicht  beschrieben.  Dann  folgt  ep.  59  bis  'lucretur'.  Auf  derselben 
Zeile  ist  bemerkt:  'Desunt  alia',  am  Rande:  'M.  T.  Acceptae  sunt  ex 
Flandria'.  Hieran  schliessen  sich  epp.  88  und  106.  In  letzterer  ist  un- 
mittelbar mit  dem  Schlusswort  'incuria'  ep.  107,  beginnend  mit  'Nam  tem- 
pore', verbunden.     Auf  ep.  107  folgt  ein  leeres  Blatt. 

Das  nächste  trägt  die  Aufschrift :  'Haec  est  professio  sum- 
morura  Pontificum  de  antiquis  ecclesiae  libris  et  praecipue  ex 
diurno  libro  sumpta'.  Die  Rückseite  des  Blattes,  auf  welchem 
die  professio  endet,  ist  leer  gelassen. 

Auf  dem  folgenden  ist  mit  Uncialen  geschrieben :  'Epistolae 
Nicolai  I.  super  depositione  Kotadi  Suesson.  episcopi',  hierauf  mit 
Cursivschrift :  'Index  epistolarum  quac  in  hoc  volumine  conti- 
nentur',  ein  Titelverzeichnis  von  63  Briefen,  deren  erster  am 
Anfang  verstümmelt  ist,  beginnend  mit:  'omni  remota  occasione 
indesinenter  occurrat'.  Auf  den  Index  folgt  die  Ueberschrift: 
'Decretum  Nicolai  papae'.  Darauf  ist  einiger  Raum  frei  ge- 
gelassen und  gegen  den  Rand  zu  bemerkt:  'M.  T.  Hae  epistolae 
Nicolai  exscriptae  sunt  ex  codice  antiquo  Achillis  Statu'.  Bei 
den  nun  folgenden  Briefen  finden  sich  mehrere  mit  M.  T. 
bezeichnete  Randbemerkungen.  Beim  14.  (gerichtet  'Galliarum 
episcopis  universis  et  principibus',  beginnend  mit  'Regum 
corda')  steht  die  Notiz:  'M.  T.  Omnes  hae  epistolae  Nico- 
lai et  aliorum  exscriptae  sunt  ex  codice  antiquo 
st^^  Mariae  supra  Minervam  qui  fuerat  Cardinalis 
de  Turrecremata'.  Gegen  Schluss  des  Codex  sind  drei 
Blätter  leer  gelassen.  Alsdann  kommt  ein  Brief  Gregor  IV: 
'Dilectissimis  fratribus  universis  coepiscopis  per  Galliam,  Euro- 
pam,  Germaniam  et  per  universas  provincias  constitutis  Gre- 
gorius  servus  servorum  Dei.  Divinis  praeceptis'  u.  s.  w.  bis 
'in    eadem    sapientia.      Deus    vos    memores   nostri   incolumes 


366     Verlorene  Handschriften   der  Briefe   des  hl,  Bonifatius. 

custodiat  fratres  cbarissimi'.  Am  Beginn  des  Briefes  steht: 
*M.  T.  Ex  codice  illo  bibliothecae  Mona  steril  sanctae 
Mariae  supra  Mi  nerv  am'.  Nach  einem  leeren  Blatt  folgen 
drei  Briefe  Papst  Benedict  III. 

b)  Aus  den  zum  Chalcedonense,  ep.  50  und  den  Nicolaus- 
briefen gemachten  Bemerkungen  erfahren  wir^  dass  der  in  der 
Dominikanerbibliothek  aufbewahrte  Codex  dereinst  Eigenthum 
des  C  a  r  d  i  n  a  1  s  T  u  r  r  e  c  r  e  m  a  t  a  war.  Letzterer  stammte 
aus  vornehmer  Familie  und  wurde  i.  J.  1388  zu  Torquemada 
in  Castilien  (DiÖcese  Valencia)  geboren.  Er  trat  frühzeitig  zu 
Valladolid  (Vallisoletus,  Vallis  Oleti)  in  den  Dominikaner- 
orden, ein  Umstand,  welcher  den  üebergang  unseres  Codex 
an  die  Dominikaner  leicht  erklärt,  betrieb  Kirchenrecht  und 
Theologie,  las  zu  Rom  25  Jahre  über  das  Decret,  war  Magister 
s.  Palatii  und  nahm  in  politischer  und  Avissenschaftlicher  Be- 
ziehung eine  hervorragende  Stellung  ein.  Als  Legat  Eugen  IV, 
dem  er  die  Cardinalswürde  verdankte,  hielt  er  sich  von  1439 
ab  einige  Zeit  in  Deutschland  und  auch  in  Mainz  auf,  wo 
damals  die  eine  Einigung  zwischen  Rom  und  Deutschland  an- 
strebenden Fürsten-  und  Ständetage  (1439,  1441)  abgehalten 
Avurden.  Er  war  auch  auf  den  Synoden  von  Costnitz,  Basel 
und  Florenz  thätig  und  schrieb  gegen  Nicolaus  de  Tudeschis 
eine  Summa  ecclesiae.  In  wissenschaftlicher  Beziehung  erwarb 
er  sich  einen  Namen,  weil  er  neben  Nikolaus  von  Cusa  zuerst 
die  Unächtheit  der  Pseudoisidorianischen  Sammlung  ver- 
muthungswcise  aussprach  in  seinem  bereits  erwähnten  Werke 
Summa  ecclesiae  (üb.  II,  cap.  101.  Vgl.  Walter,  K.  R.  §.  96. 
Phillipps,  K.  R.  Bd.  4,  §.  181).  Durch  ihn  erfuhr  das  Decretura 
Gratiani,  zu  welchem  er  auch  einen  grossen  Commentar  (Lugd. 
ap.  Tora,  de  Jonuille  1549.  fol.  voll.  6)  schrieb,  eine  gänzliche, 
systematische  Umarbeitung,  indem  er  dasselbe  in  eine  neue, 
hauptsächlich  nach  den  Decretalensammlungen  eingerichtete 
Ordnung  umgoss.  Dieses  Werk  fand  jedoch  keinen  Beifall  und 
wurde  erst  in  neuerer  Zeit  gedruckt  unter  dem  Titel:  ^Gratiani 
Decretorum  libri  V  secundum  Gregorianos  Decretalium  libros 
titulosque  distincti  per  Joannem  a  Turrccremata,  ordinis  prae- 
dicatorum,  S.  R.  E.  episcopum  cardinalem  Sabinum,  nunc  pri- 
raum  prodeunt  ex  codice  bibliothecae  Barberinac,  praefotione, 
brevibus  schollis  et  quatuor  indicibus  illustrati ,  cura  Justi 
Fontanini  Archiepiscopi  Ancyrani.  Romae  1727'.  Pliillipps 
(K.  R.  Bd.  4,  S.  189)  hält  dasselbe  für  geeignet,  eine  selbst 
unter  den  gegenwärtigen  Verhältnissen  keineswegs  unbrauch- 
bare Uebersicht  über  das  ganze  Decret  zu  gewähren.  (Vgl. 
Walter,  K,  R.  §.  107,  Böhmer  de  varia  decr.  Grat,  fortuna  §.  16). 
Zum  Bischof  von  Sabina  wurde  Turrccremata  am  10.  Mai  1463 
präconisiert  (Garns,  Series  episc).  Er  starb  am  26.  Septem- 
ber 1468  zu  Rom,  wo  er  in  der  von  ihm  restaurierten  Kirche 
S.  Maria  sopra  Minerva  begraben  liegt. 


Verlorene  Handschriften   der  Briefe   des  lil.  Bonifatius.      367 

c)  Zur  Eruierung  des  Besitzers  von  Codex  C  ist  noth- 
wendig,  die  Abbreviatur  Mich,  Thom.  bezw.  M.  T.  aufzulösen. 
Ich  lese  dieselbe  als  jMichael  Thomasius  (Taxaquet,  Maiori- 
censis)  und  verstehe  unter  demselben  den  Bischof  von  Ilerda 
(Lerida),  welcher,  als  Nachfolger  des  Antonius  Augustinus  auf 
diesem  Stuhl,  am  8.  November  1577  präconisiert  wurde  und 
am  9.  Juli  1578  starb  (Gams,  Series  episc).  Er  gehörte,  wie 
bereits  bemerkt,  zu  den  Correctores  Romani  und  war  als  sol- 
cher nebst  drei  anderen  mit  der  Redaction  der  Notationes  zum 
Decret  betraut  (vgl.  Theiner,  Disq.  crit.  app.  I,  p.  5.  XI),  auf 
deren  Wichtigkeit  für  unsere  Frage  ich  schon  aufmerksam 
gemacht  habe.  Für  seinen  Ruf  als  Gelehrter  und  seine  Be- 
theiligung an  den  Emendationsarbeiten  giebt  folgende  Stelle 
aus  einem  an  ihn  gerichteten  Briefe  Zeugnis:  'Cum  simus  ex- 
perti  diligentiam  ac  reconditam  eruditionem  tuam  et  in  aliis 
multis  rebus  et  in  his  quae  alias  pro  emendatione  decreti 
Gratiani  raisisti,  rogamus,  ut  eadem  tua  industria  nos  adiuves 
in  his  locis  inveniendis  ....  et  speramus  tuam  operara  sicut 
in  principio  fuit,  ita  in  absolutione  magni  momenti  futuram' 
(a.  a.  O.  p.  34).  Das  Amt  des  Thomasius  als  Mitglied  der 
Emendationscommission  ermöglichte  ihm  nicht  nur  leicht,  sich 
eine  Abschrift  des  Cod.  S.  M.  zu  besorgen,  sondern  konnte 
ihm  auch  die  Copien  der  arabischen  Recension  des  Nicaenums 
aus  der  Bibliothek  Sirlet's  und  des  einen  Theils  der  Nicolaus- 
briefe aus  der  Bibliothek  des  Achilles  Statius  verschaffen,  da 
auch  die  beiden  letzteren  Bibliotheken,  wie  aus  dem  Index 
librorum  hervorgeht,  von  den  Correctoren  mehrfach  benutzt 
wurden.  Uebrigens  giebt  auch  Antonius  Augustinus  in:  'De 
emendatione  Gratiani  libri  duo'  S.  267  an,  dass  er  ep.  59  in 
bibliotheca  Michaelis  Thomasii  gefunden  habe,  eine  Bestätigung 
dafür,  dass  Thomasius  eine  Handschrift  der  Bonifatiusbriefe 
besass.  Da  in  der  Notiz  zum  Nicaenum  von  Pius  V.  als  von 
einem  bereits  Verstorbenen  die  Rede  ist,  steht  fest,  dass  die 
Revision  des  Codex  zwischen  1572  und  1578  durch  Thomasius 
erfolgte. 

d)  Aus  der  zum  Chalcedonense  gemachten  Bemerkung: 
'Videtur  Synopsis'  u.  s.  w.  geht  hervor,  dass  dieses  selbst  und 
die  folgenden  Dokumente  (sequuntur  varia),  die  synodus  VI, 
Pelagii  II.  Epistola,  der  Catalogus  regum  Gothorum  imd  die 
mit  'Epistolae  Zachariae'  überschriebene  Bonifatiusbriefsamm- 
lung  bis  zu  der  Bemerkung:  'Aeceptao  sunt  ex  Flandria'  aus 
dem  Codex  der  Dominikanerbibliothek  stammen.  Betreffs  der 
Bonifatiusbriefe  könnte  man  dies  bezweifeln  auf  Grund  der  zu 
ep.  50  gemachten  Bemerkung:  'Ex  eodem  codice'  u.  s.  w. 
Letztere,  könnte  man  sagen,  gilt  blos  für  ep.  50  und  vielleicht 
für  ep.  70.  Indirect  ist  also  damit  gesagt,  die  vorangehenden 
Briefe  stammten  nicht  aus  jenem   Codex.     Der  Einwand   ist 


368     Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius. 

aber  nicht  stichhaltig.  Denn  erstlich  ist  im  Codex  C.  durch- 
gehends  die  Benutzung  einer  neuen  Quelle  gewissenhaft  ange- 
merkt, so  beim  Chaicedoncnse,  bei  der  flandrischen  Briefgruppe, 
bei  der  professio,  beim  ersten  Theil  der  Nikolausbriefe.  Wenn 
also  nicht  eine  solche  neue  Quellenangabe  gemacht  wird,  ist 
anzunehmen,  dass  alle  zwischen  einer  ersten  und  unmittelbar 
auf  sie  folgenden  Quellenangabe  stehende  Dokumente  aus  der 
zuerst  genannten  Quelle  entnommen  sind.  Bestätigt  wird  diese 
Behauptung  durch  den  Umstand,  dass  unter  den  zv/ischen  der 
hier  in  Frage  kommenden  ersten  Quellenangabe  (Cod.  S.  M.) 
und  der  zweiten  (Flandria)  stehenden  Dokumenten  eins,  der 
Catalogus  Regum  Gothorum,  nach  dem  Zeugnis  des  Baronius 
in  der  zuerst  angegebenen  Quelle  (Cod.  S.  M.)  enthalten  war. 
Sodann  wird  in  jener  Bemerkung  zu  ep.  50  gesagt,  der  Codex 
habe  ausser  den  Concilien,  unter  denen  Avohl  epp.  47  und  50 
zu  verstehen  sind,  'aliquot  cpistolae  Zachariae'  iimfasst.  Hier- 
mit steht  im  Einklang,  dass  die  ganze  Sammlung  der  Boni- 
fatiusbriefe  in  Cod.  C.  überschrieben  ist:  'Epistolae  Zachariae'. 
Endlich  ist  die  Genesis  jener  Bemerkung  zu  ep.  50  zu  berück- 
sichtigen. In  Cod.  C.  ist  ep.  50  offenbar  erst  später  nachge- 
tragen,  der  Codexschreiber  hatte  sie  ausgelassen.  Dies  beweisen 
die  leer  gelassenen  Blätter  und  die  neue  Schrift.  Thomasius 
trug  sie  nach  und  machte,  um  keinen  Zweifel  über  ihren 
Ursprung  zu  lassen,  jene  Notiz.  Wir  dürfen  also  kein  Beden- 
ken tragen,  die  in  Cod.  C.  vorfindliche  Bouifatiusbriefsammlung 
für  eine  Copie  der  im  Cod.  S.  M.  enthaltenen  zu  erachten. 
Verbindet  man  nun  die  Angaben  der  Correctoren,  des  Baronius 
und  des  Cod.  C,  so  ergiebt  sieh,  dass  Cod.  S.  M.  ausser  den 
Bonifatiusbriefen  noch  Conciliaracten  und  Correspondenzen 
der  Päpste  Benedict  III,  Gregor  IV,  Leo  III,  Nikolaus  I.  und 
Pelagius  II.  enthielt,  dr.ss  Baronius  ihn  also  mit  Recht  einen 
Codex  epistolarura  Romanorum  pontificum  nennen  konnte.  Ob 
er  ausser  den  genannten  noch  andere  Schriftstücke  umfasste, 
ist  mit  Sicherheit  weder  zu  behaupten  noch  zu  läugnen. 

e)  AVas  die  im  Cod.  C.  enthaltene  Sammlung  der  Boni- 
fatiusbriefe  betrifft,  so  besteht  sie  aus  zwei  Theilen,  deren 
erster  aus  dem  Cod.  S.  M.  entnommen  ist,  während  der  zweite 
aus  Flandern  stammt.  Dass  Cod.  S.  M.  nur  die  im  ersten 
Theile  mitgetheilten  Briefe  enthalten  habe,  darf  nicht  angenom- 
men werden;  denn  nach  der  bestimmten  Angabe  der  Correc- 
toren enthielt  er  auch  ep.  27.  Der  Grund  ihrer  Auslassung 
in  Cod.  C.  lag  vielleicht  darin,  dass  sie  schon  aus  der  Othlon- 
schen  Biographie  und  der  Concilicnsammlung  bekannt  war. 
Nun  ist  es  aber  nicht  wahrscheinlich,  dass  ep.  27  allein  von 
den  Gregorianischen  Briefen  in  dem  Codex  gestanden  habe, 
es  liegt  vielmehr  die  Vermutliung  nahe,  dass  derselbe  auch 
die  Briefe  der  beiden  Gregore  bezw.  die  zu  dieser  Correspondenz 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius.     369 

gehörigen  Dokumente,  d.  h.  auch  die  von  JafFe  sogenannte 
kleinere  Bricfsammlung  enthalten  habe.  Diese  blieb  in  der 
Abschrift  weg,  weil  sie  bereits  publiciert  v/ar.  Auf  Grund 
dieser  Vermuthung  erscheint  es  aber  ferner  zweifelhaft,  ob  in 
Cod.  C.  auch  alle  Briefe  der  sog.  grösseren  Sammlung  über- 
gegangen seien.  Vielleicht  sind  auch  von  diesen  bereits  edierte 
weggelassen. 

Thomasius  verglich  Cod.  C.  mit  einer  Vaticanischen  Hand- 
schrift. Diese  ist  offenbar  =  Vatic.  1340.  Denn  letzterer  hat 
in  der  That  die  von  Thomasius  bei  epp.  106.  107.  11.  24  für 
die  Vaticanische  Handschrift  angegebenen  Lesarten  (s.  u.). 
Die  am  Rand  zwischen  ep.  47  und  ep.  ü  stehende  Bemerkung: 
*Huc  usque'  u.  s.  w.  ist  auf  ep.  47  zu  beziehen.  Denn  es  ist 
wahrscheinlicher,  dass  sie  dem  Schluss  des  noch  im  verglichenen 
Codex  enthaltenen  Briefes  als  dessen  Anfang  beigefügt  werden 
sollte,  da  sonst  unklar  geblieben  wäre,  Avic  weit  der  verglichene 
Codex  reichte.  Ep.  47  ist  auch  in  der  That  im  Vatic.  voll- 
ständig erhalten.  Auf  dieselben  folgen  im  Vatic,  nicht  wie 
in  Cod.  C.  ep.  9  — 102,  sondern  ep.  59  u.  88.  Dieser  Sach- 
verhalt stimmt  mit  der  Bemerkung  'et  post  sequitur  epistola 
scripta  regi  Anglorum  (ep.  59)  et  altera  abbatissae  Buggan' 
(ep.  88).  Die  Worte  'hue  usque  est'  u.  s.  w.  beziehen  sich 
natürlich  nicht  auf  sämmtliche  im  Cod.  C.  vorausgegangenen 
Nummern,  sondern  nur  auf  epp.  106.  107.  11.  24.  47,  die 
allein  mit  der  Vaticanischen  Handschrift  collationiert  sind. 
Endlich  harmoniert  die  in  Cod.  C.  zu  ep.  88  beigegebene 
Marginalnotiz:  *Hue  usque  reperitur'  u.  s.  w.  mit  dem  Umstand, 
dass  ep.  88  den  Schluss  des  Vatic.  bildet.  Epp.  106.  107.  11. 
24.  47.  59.  88  sind  allein  beiden  Handschriften  gemeinschaftlich. 

Mit  den  Notizen  des  Thomasius  zu  epp.  106  u.  107  ist 
die  Angabe  des  Baronius  zu  ep.  107  fquao  in  aliquibus  u.  s.  w.) 
zu  vergleichen.  Cod.  C.  enthält  ep.  107  als  Appendix  zu  ep.  106. 

7.  (Beziehungen  Caraffa's  und  Aquino's  zum 
Cod.  S.  M.)  Zu  den  Correctores  Romani  gehörte  auch  der 
am  13.  Januar  1591  verstorbene  Antonius  Caraffa,  S.  R.  E. 
Cardinalis  et  Bibliothecarius.  Die  von  ihm  vorbereitete  Samm- 
lung der  Epistolae  decretales  Suramorum  Pontificum  gab 
i.  J.  1591  Antonio  di  Aqüino  zu  Rom  heraus. 

a)  tom.  H.  (p.  659—698)  derselben  enthält  folgende  Boni- 
fatiusbriefe. 

IV. 

17.  12.  li?.  19.  20.  26.  22.  25.  28.  35.  36.  37.  27.  38.  42. 
43.  44.  58.  67.  51.  52.  49.  48.  63.  66.  79.  80.  81.  82. 

Caraffa  entnahm  die  in  seiner  Sammlung  enthaltenen 
Dokumente,  wie  Aquino  in  der  Einleitung  bemerkt,  'non  solum 
ex  pervetustis  codicibus  Vaticanae  bibliothecae,  verum  etiam 
ex  diversis   ac  longinquis  regionibus  epistolas  a.  S.  demente 


370     Verlorene  Handscliriften   der  Briefe   des  hl.  Bouifatius. 

usque    ad    Gregorium  VII undique    conquisivit'.      Die 

benutzten  Handschriften  sind  fast  durchgängig  nicht  namhaft 
gemacht.  Auch  bei  den  Bonifati usbriefen  findet  sich  nur  die 
Bemerkung:  'Ex  MSC,  die  übrigens  bei  epp.  17.  12.  25. 
35.  36.  37.  27  fehlt.  Es  ist  also  zunächst  nicht  auszumachen, 
ob  CarafFa  nur  einen  oder  mehrere  Codices  hatte,  ob  er  blos 
römische  oder  auch  anderweitig  erlangte  Quellen  benutzte. 
Andererseits  legt  seine  Stellung  als  Bibliothekar  es  nahe,  dass 
er  einen  für  seine  Zwecke  dienlichen  Vaticanischen  Codex 
nicht  werde  unbeachtet  gelassen  haben.  Was  die  Reihenfolge 
der  Briefe  in  der  römischen  Ausgabe  betrifft,  so  darf  aus  der- 
selben kein  Schluss  auf  ihre  Stellung  in  der  dem  Caratfa  vor- 
liegenden Handschrift  gezogen  werden.  Bei  Anordnung  der 
Briefe  waren  für  Caraffa  chronologische  Rücksichten  mass- 
gebend. Aquino  bemerkt  dies  in  der  Vorrede  mit  den  Worten: 
'.  .  haec  editio  ab  aliis  saepe  discrepat,  quoniam  in  hac  epi- 
stolae  iuxta  temporum  seriem  locantur,  in  aliis  vero 
non  semper  ratio  temporum  habetur'.  Endlich  darf  nicht  ver- 
gessen werden,  dass  Caraffa  Papstbriefe  herausgeben  wollte, 
wie  auch  sämmtliche  sub  IV.  aufgezählten  Briefe  unter  diese 
Rubrik  fallen,  dass  also  seine  Quellen  noch  viele  Bonifatiusbriefe 
enthalten  konnten,  die  für  sein  Werk  keine  Bedeutung  hatten. 

Ueber  die  Sammlung  des  Caraffa  handelt  Jaffe  a.  a.  O. 
p.  13  —  14,  Hahn  a.  a.  O.  p.  99.  Pertz  s^jricht  im  Archiv 
(V,  338)  von  dem  noch  jetzt  in  der  Vaticanischen  Bibliothek 
unter  derselben  Signatur  vorhandenen  Cod.  Vatic.  lat.  1340 
(saec.  XIII)  1).  Jaffe  identifieiert  letzteren  mit  der  Handschrift 
des  Caraffa  und  schliesst  aus  des  letzteren  Werk  auf  die  'medio- 
critas  codicis  Vaticani'.  Da  dieser  noch  nicht  genau  beschrieben 
ist,  theile  ich  etwas  Näheres  über  die  in  ihm  f.  346 — 356  ent- 
haltene, nicht  nummerierte  Sammlung  der  Bonifatiusbriefe  mit. 

b)  1.  Ep.  17  'luramentum  Bonifacii'.  2.  Ep.  12  'Ep.  Gregorii  p. 
ad  bonifiicium- presbyteium'.  3.  Ep.  18  'Ep.  eiusd.  ad  presbyt.  seu  dia- 
conosque  ad  cunctos  cbnos'.  4.  Ep.  19  'Item  ep.  Grei^orii  p.  p.  ad  uni- 
versnm  clerum  et  plebeni  thuringie'.  5.  Ep.  20  'Incipit  epistola  Gregorii 
p.  p.'  6.  Ep.  2G  'Item  Greg.  p.  p.  tuiingiuiis'.  7.  Ep.  22  'Ep.  Gregorii 
p.  p.  ad  saxones'.  8.  Ep.  25  'Item  ep.  eiusd.  ad  bonif.  epum'.  9.  Ep.  28 
'Ep.  Gregorii  p.  p.  ad  bonefacium  (so  auch  im  Context)  epum'.  Nach 
deu  Schlussworten  des  Briefes:  'Deus  te  incolumem  custodiat  reverentissime 
frater'  folgt  die  Bemerkung:  'huc  usque  gregorius  a  pmo  secundus  hinc 
gregorius  a  secundo  iunior'.  10.  Ep.  35  sine  lemmate.  11.  Ep.  36  'Ep. 
Gregorii  p.  p.'  12.  Ep.  37  'Item  ep.  beati  gregorii  papae'.  13.  Ep.  27 
'Ep.  eiusdem  ad  bonifac'  Die  Worte:  'reliquo  iinplorafttes  inisericordiam 
dei'  (Jaffe  p.  91)  stehen  am  Rande.  14.  Ep.  38  'Item  ep.  eiusdem  ad 
bonefacium'.  15.  Ep.  42  'Ep.  bonefacii  ad  Zachariam  papam'  bis  'fecunda'. 
16.  Ep.  44  'Ep.  Zachariae  ad  vintam'  (hat  im  Datum  'imperii',  vgl.  Jaffe 


1)    Nach   Pertz    stammt    derselbe    höchst    wahrscheinlich    aus   Nord- 
deutschland. 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  lil.  Bonifatius.     37t 

p.  124  not.  g).  17.  Ep.  58  'Ep.  Zachariae  ad  bonifacium  episcopum*. 
18.  Ep.  67  'Item  epistola  eiusdem  ad  epos'.  19.  Ep.  51  'Eiusd.  ad  bonif.' 
20.  Ep.  89  'Item  ep.  Zachariae  ad  bonifacium'.  21.  Ep.  43  'Ep.  Zachariae 
p.  p.  ad  bonifacium  episcopum'.  22.  Ep.  106  bis  'incuria'  'Ep.  bonifacii 
episcopi  ad  stephanum  papam'.  23.  Ep.  107  beginnt  mit  'Venerando'  u.  s.  w. 
'Nam  tempore'  u.  s.  w.  'Incipit  ep.  eiusdem'.  24.  Ep.  11  'epia  Danielis'. 
25.  Ep.  24  'Epla  Karoli'.  26.  Ep.  47  (das  Germ.  I,  bis  'studeant')  'Epla 
Karolomannl'.  27.  Ep.  47  (das  Lift.,  'modo  autem'  bis  'solidis'):  'De  alio 
synodali  conventu'.  28.  Ep.  59,  schliest  mit  'homini  si  lucretur',  'Item 
epa  bonifacii  archiepiscopi',  enthält  die  Zusätze  des  Baronius  nicht. 
29.  Ep.  88 :    'It.   epla  bonifacii   archiepiscopo'.      Zur    Uebersicht    fasse 

ich  die  Briefe  in  folgender  Tabelle  zusammen, 

V. 

17.  12.  18.  19.  20.  26.  22.  25.  28.  35.  36.  37.  27.  38.42. 
44.  58.  67.  51.  80.  43.  106.  107.  11.  24.  47.  59.  88. 

Nach  dieser  Recension  stimmt  Vatic.  1340  völlig  überein 
mit  der  Venezianischen  Handschrift  (Pertz ,  Archiv  V,  338. 
Vgl.  Jafte  a.  a.  ö.  p.  13  n.  7);  diese  (Marci  bibl.  lat.  169}  ist 
in  Zanetti:  Latina  et  Italica  D.  Marci  bibliotheca  p.  94  be- 
schrieben, aber  ungenau.  Nach  W.  Arndt's  Collation  gab 
zuletzt  Hahn  (a.  a.  O.  p.  98)  eine  vollständige  Beschreibung 
des  Codex,  indem  er  noch  9  von  Zanetti  übergangene  Briefe 
namhaft  macht.  Bei  einem  kurzen  Aufenthalt  in  Venedig  über- 
zeugte ich  mich  von  der  Richtigkeit  der  Arndt'schen  Collation 
und  von  der  Uebereinstimmung  des  sonstigen  Inhalts  der  zwei 
Codices,  von  denen  Vatic.  der  ältere  zu  sein  scheint.  Da  der 
Codex  Montispessulanus  (Montpellier,  vgl.Waitz,  ArchivVII,  193, 
Hahn  p.  98)  n.  3,  von  welchem  n.  13  (saec.  XIV)  eine  Copie 
ist,  (vgl.  a.  a.  O.  p.  195)  dem  Venetus  gleicht,  haoen  wir  drei 
(Vatic.  Venet.  Montisp.)  gleiche  Recensionen  einer  und  dersel- 
ben Briefsammlung,  welche  einige  Aehnlichkeit  mit  den  von 
Othlon  gebotenen  Briefen  hat'). 

c)  Vergleicht  man  Vatic.  1340  mit  der  Carafifa'schen  Edi- 
tion, so  ergiebt  sich,  dass  ersterem  die  von  Caraffa  mitgetheilten 
ep.  52.  49.  48.  63.  66.  79.  81.  82  fehlen.  Hingegen  enthält 
Vatic.  die  von  Caraffa  nicht  mitgetheilten  epp.  106.  107.  II. 
24.  47.  59.  58.  Das  Fehlen  von  epp.  106  und  107  bei  Caraffa 
kann  auffallen,  weil  sie  an  Papst  Stephan  gerichtet  sind.  In- 
dessen ist  zu  beachten,  dass  alle  sub  IV.  aufgezählten  Briefe 
bis  auf  epp.  42  und  79  von  Päpsten  geschrieben  sind,  Caraffa 
also  vielleicht  absichtlich  die  an  Päpste  geschriebenen  Briefe 
ausliess,  wenn  nicht  ein  besonderer  Grund  für  ihre  Aufnahme 
sprach,  wie  bei  epp.  42  und  79,  auf  welche  epp.  43  und  80 
antworten.  Aus  dem  Umstände,  dass  bei  den  in  Vatic.  fehlen- 
den epp.  52 — 82  bemerkt  ist,   sie  seien  aus  einem  Manuscript 


1)  In  allen    drei  Mss.  folgt    auf  die  Bonifatiusbriefe :    'Haec  capitula 
sparsim  collecta  sunt'  etc. 


372     Verlorene  Handschriften   der  Briefe  des  hl.  Bonifatius. 

entnonmien,  folgt,  dass  er  noch  eine  andere  Handschrift  als 
die  Vatlcanisclie  benutzte.  Weil  nun  CarafFa  zu  den  römischen 
Correctoren  gehörte,  welche  den  Cod.  S.  M.  benutzten,  und 
in  Italien  um  jene  Zeit  ausser  diesem  keine  andere  Hand- 
schrift der  Bonifatiusbriefc  genannt  wird,  so  ist  es  wahrschein- 
lich, dass  CarafFa  ep}3.  52 — 82  aus  jenem  Manuscript  entnahm. 
Aus  Vallic.  C  15  wissen  wir,  dass  sie  ausser  ep.  G3  in  dem 
Dominikanercodex  standen.  Bezüglich  ep.  63  ist  anzunehmen, 
dass  sie  auch  im  Cod.  S.  M.  stand,  aber  vom  Schreiber  des 
Cod.  C.  ausgelassen  "wurde. 

d)  In  Avelchem  Grade  Antonio  di  Aquino  an  der  Caraffa- 
schen  Edition  sich  betheiligte,  ist  nicht  bekannt.  Doch  ist 
eowohl  wegen  der  kurzen  Zeit  zwischen  dem  Tode  Caraffa's 
und  dem  Erscheinen  seines  Werkes,  als  aus  dem  Mangel  einer 
gegentheiligen  Mittheilung  in  der  Vorrede  Aquino's  zu  letzterem 
walu'scheinlich,  dass  Aquino  nur  den  Druck  der  bereits  voll- 
endeten Sammlung  besorgte. 

Durcli  Aquino  gelangte  Vati c.  4898  in  die  Vaticanische 
Bibliothek.  Dieses  eine  Bonifatiusbriefsammlung  enthaltende 
Manuscript  trägt  nämlich  am  oberen  Rande  seiner  ersten  Seite 
den  Vermerk:  'L'ult^  di  maggio  1591  D.  Antonio  di  Aquino 
mando  questo  libro'.  Es  gehört,  der  Schrift  nach,  dem  XVI.  Jahrh. 
an  und  enthält  folgende  Briefe: 

VI. 

50.  52.  63.  GG.  79.  81.  82.  49.  48.  83.  69.  78.  53.  54.  106. 
107.  11.  24.  47  (Liftin.  allein)  9.  86.  55.  56.  15.  61.  62.  60. 
29.  74.  72.  73.  30.  87.  64.  102.  .59.  88.  10.  31.  91.  34.  32. 
92.  96.  93.  16.  23.  94.  14.  103.  57.  15.  71.  100.  84.  85.  99. 
13.  105.  70. 

Ep,  50  trWgt  die  Aufschrift  'Relatio  Bonifacii  le/^ati  sedis  Apostolicae 
de  quibusdam  liacreticis  et  illorum  discussio  et  finis',  nach  welcher  der 
Codex  im  Katalogf  unter  Rehitio  aufßi-efülirt  ist.  Am  Rande  von  ep.  50 
stehen  einig-o  biograpliisclie  Notizen  über  Papst  Zacharias.  Ep.  106  be- 
ginnt mit  'Sanctitatis  vestrae'.  Nach  dem  Scliliisswort  'incuria'  beginnt 
auf  einer  neuen  Zeile  ep.  107:  'lam  tempore'.  Ep.  59  reiclit  bis  zu  den 
Worten:  'quid  enim  proderit  ('liomini'  ist  ausgelassen)  si  lucretur*  und 
entliUlt  die  Zusiitze  des  Baronius  nicht.  Das  Duplicat  von  ep.  15  geht 
bia  'convincere  promplus  queas'  (,Jaffd  p.  72),  an  welche  sich  die  liemer- 
kung:  'ut  supra  require  retro  et  ibi  invenies  quae  seqnnntur'  unmittelbar 
anschliesst.  Am  Rande  steht:  'est  S  fol.  31'.  Ep.  70  endet  mit  den 
Worten:  'fornicafionem   et  luxuiiam'. 

Auf  ep.  70  folgt  ein  Brief  des  Bischof  Nicephorus  von 
Constantinopel  an  Papst  Leo,  beginnend  mit  den  ^\^orten:  *In 
Omnibus  sanctissimo  ac  beatissimo  et  consaerificanti  domno 
Leoni  Papae'  u.  s.  w.  Am  Schluss  des  Codex  steht  das  Frag- 
ment jenes  Briefes  Gregor  VI,  welchen  auch  Cod.  C.  15  bezw. 
Cod.  S.  M.  enthält.  Auf  der  letzten  Zeile  des  Blattes  stehen 
noch  die  Worte:  'nostra  posccntibus  suffragia  apostolica  auc- 
toritate'.     Es   sind  ein  oder  mehrere  Folien  ausgefallen.     Die 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius.     373 

Verbindung  der  beiden  letztgenannten  Schreiben  mit  der  Boni- 
fatiusbriefsammlung  zeigt,  dass  Vatic.  4898  ebenfalls  ein  Apo- 
graphon  des  Cod.  S.  M.  ist  und  sein  Verhältnis  zum  Vallic. 
C.  15  bestätigt  diese  Annahme.  Sämmtliche  Briefe  des  Vatic. 
finden  sich  auch  im  Vallic.  in  derselben  Reihenfolge.  Nur 
ep.  50  hat  eine  verschiedene  Stellung.  Ich  habe  jedoch  bereits 
darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  ep.  50  im  Vallic.  erst  später 
nachgetragen  ist.  Ihre  Stellung  im  Vatic.  ist  also  wohl  die, 
welche  sie  ursprünglich  im  Cod.  S.  M.  hatte.  Ferner  fehlt 
dem  Vatic.  die  im  Vallic.  enthaltene  erste  Hälfte  von  ep.  47 
(German.  I)  und  ep.  101,  wogegen  crsterer  um  ep.  63  reicher 
ist  als  letzterer.  Betreffs  ep.  63  sprach  ich  schon  früher  die 
nun  bestätigte  Vcrmuthung  aus,  sie  habe  im  Cod.  S.  M.  ge- 
standen. Die  dem  Vatic.  im  Vergleich  mit  Vallic.  fehlenden 
Nummern  zeigen,  dass  er  ebensowenig  als  jener  eine  voll- 
ständige Abschrift  aus  Cod.  S.  II.  ist. 

e)  Mit  Vatic.  4898  steht  in  sehr  naher  Verwandtschaft  der 
schon  erwähnte  Pariser  Codex.  Diesem  fehlen  die  in  ersterera 
enthaltenen  epp.  49.  47.  13.  105,  während  er  um  ep.  101  reicher 
ist.  Er  enthält  ebenfalls  ep.  63.  Alle  übrigen  Nummern  stim- 
men, auch  in  ihrer  Reihenfolge,  vollständig  überein.  Wegen 
der  hei'vorgehobenen  Verschiedenheiten  kann  keiner  der  beiden 
Codices  ein  Apographon  des  anderen  sein,  vielmehr  erscheinen 
beide  als  aus  einem  dritten  Codex  abgeschrieben,  welcher 
ausser  den  beiden  Handschriften  gemeinsamen  Briefen  noch 
epp.  49.  47.  13.  101.  105  enthielt.  Aus  den  bisherigen  Erörte- 
rungen geht  ohne  Zweifel  hervor,  dass  dieser  dritte  Codex  = 
Cod.  S.  M.  ist  und  die  Verbindung  der  Nikolausbriefe  mit 
der  Bonifatiuscorrespondenz  im  Par.  bestätigt  diese  Annahme. 

Stellen  wir  nun  die  Bonifatiusbriefe,  welche  von  den  Cor- 
rectoren  und  Baronius,  im  Vallic.  C.  15,  Vatic.  4898  und 
Par.  3589 A  als  im  Cod.  S.  M.  enthalten,  angegeben  werden, 
zusammen,  so  ergiebt  sich  folgende  Tabelle: 

VH. 

.  .  27.  .  .  50.  52.  63.  66.  79.  81.  82.  49.  48.  83.  69.  78. 
53.  54.  106.  107.  11.  24.  47.  9.  86.  55.  56.  15.  61.  62.  60.  29. 
74.  72.  73.  30.  87.  64.  102.  59.  88.  10.  31.  91.  34.  32.  92.  96. 
93.  16.  23.  94.  14.  103.  101.  57.  15.  71.  100.  84.  85.  99.  13. 
105.  701)- 

8.  (Verhältnis  des  Cod.  S.  M.  zum  Monacensis.) 
Tabelle  VII.  zeigt  eine  auffallende  Uebereinstimmung  mit  dem 
Inhalt  des  von  Jaffe   nebst  dem  Vind.  und  Carlsr.  benutzten 


1)  Monac.  gehörte  bi.s  z.  J.  1789  der  Martlnkirclie  in  Mainz,  wie 
eine  f.  1  befindliche  Notiz  besagt.  Dieselbe  findet  sich  natürlich  im 
Vatic.  Palat.  571  (f.  2),  582  (f.  2,  welcher  das  Concil  von  Soissons  ent- 
hält und  583  (f.  2),  welcher  ep.  47  enthält. 


374     Verlorene  Handschriften  der  Briefe   des  hl.  Bonifatius. 

Monac.  (^)  (vgl.  Hahn's  Tabelle  zu  S.  96)  i).  Da  wir  über  die 
im  Cod.  S.  M.  wahrscheinlich  enthaltene  sog.  kleinere  Brief- 
sammlung nichts  Näheres  Avissen,  können  wir  den  Vergleich 
nur  betreffs  der  von  ep.  50  an  folgenden  Briefe  anstellen.  Die 
Reihenfolge  derselben  ist  in  beiden  Handschriften  dieselbe,  nur 
schiebt  Monac.  epp.  67.  51.  43.  ein.  Die  in  den  Copien  aus 
Cod.  S.  M.  weggelassenen  Schlussverse  von  ep.  9  fehlen  auch 
im  Monac,  während  sie  im  Carlsr.  und  Vind.  enthalten  sind. 
Der  Schluss  von  ep,  59  ist  in  den  Abschriften  des  Dominikaner- 
codex derselbe  wie  im  Monac.  und  Vind.,  Avährend  Carlr.  den- 
selben erweitert.  Entscheidend  ist  aber  der  Umstand,  dass 
sämmtliche  Copien  des  Cod.  8.  M.  das  Duplicat  von  ep.  15 
an  derselben  Stelle  enthalten,  an  der  es  im  Monac.  steht.  Sie 
gleichen  hierin  dem  aus  dem  Monac.  stammenden  lugolstädter 
Codex  (Monac.  ^)  und  zeigen,  dass  der  Cod.  S.  M.  eben- 
falls aus  der  Münchener  Handschrift  abgeschrieben 
ist.  Gegen  das  umgekehrte  Verhältnis  spricht  der  Umstand, 
dass  im  Monac.  ep.  15  auch  an  zweiter  Stelle  vollständig  ist. 
Im  Vallic.  C.  15  und  Vatic.  4898  ist  das  Duplicat  dieses  Briefes 
gleich  unvollständig.  Hieraus  ist  zu  schliessen,  dass  die  Ab- 
kürzung des  Briefes  bereits  in  ihrem  Original,  dem  Cod.  S.  M., 
erfolgt  war.  Carlsr.  hat  ep.  15  nur  einmal  und  zwar  an  erster 
Stelle,  Vind.  ebenfalls  nur  einmal,  aber  an  zweiter  Stelle.  Die 
dem  Carlsr.  im  Unterschied  von  Mon.  speciell  eigenthümlichen 
Briefe  von  ep.  76  incl.  an  fehlen  dem  Cod.  S.  M. 

Im  Monac.  ist  ein  Blatt  herausgeschnitten  (vgl.  Jaffe  p.  227 
not.  a  und  p.  229  not,  a)  und  in  Folge  dessen  der  letzte  Theil 
von  ep.  81  (von  'te  narrante  prospeximus'  an)  und  der  Anfang 
von  ep.  82  (bis  'vel  cuiuscunque')  nicht  mehr  vorhanden.  Die 
Apographa  des  Dominikanercodex  enthalten  beide  Briefe  voll- 
ständig. Nach  Seiters  (a.  a.  0.  S.  4)  sind  im  Ingolstädter 
Codex  (=  Monac,  ^)  für  das  herausgeschnittene  Blatt  der 
Mainzer  Handschrift  (Monac.  ^)  13  Zeilen  leer  gelassen.  Da 
Monac.  ^  i.  J.  1497  angefertigt  ist  (Seiters  a.  a.  O.,  Jaffe  p.  9 
not.  2),  schliesst  Seiters  mit  Recht,  dass  die  erwähnte  Ver- 
stümmelung des  Münchener  Codex  bereits  vor  diesem  Jahre 
erfolgt  ist.  Da  nun  der  nacli  meiner  Deduction  aus  dem 
]\Ionac.  ^  stammende  Codex  S,  M,  die  beiden  Briefe  vollständig 
enthielt,  muss  er  zu  einer  Zeit  geschrieben  sein,  da  die  Briefe 
noch  in  der  Münchener  Handschrift  standen,  also  vor  d.  J.  1497. 
Mon.  *  wurde  bis  zum  Jahre  1789  in  Mainz  aufbewahrt.  (Jaffe 
p.  9).  Verbinden  wir  mit  diesem  Sachverhalt  den  Umstand, 
dass  Cod.  S.  jM.  dem  Cardinal  Turrecremata  gehfirte  und  dass 
dieser  sich  c.  1499  in  Mainz  aufhielt,  so  ergiebt  sich  mit  grosser 
Wahrscheinlichkeit,  dass  die  Handschrift  damals  in  den  Besitz 

1)   In  derselben  ist  zu  ilndern  :  38.  42.  45.  44. 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius.      375 

des  Cardinais  gelangte.  Es  bleibt  aber  noch  fraglich,  ob  er 
sie  schon  vollendet  vorfand.  Die  Angabe  des  Baronius,  der 
Codex  sei  vetustissimus,  ist  zu  allgemein,  um  aus  ihr  für  das 
eine  oder  andere  ein  stichhaltiges  Argument  zu  schöpfen. 

9.  (Der  Codex  des  Antonius  Augustinus.)  Baro- 
nius nennt  das  zweite  Exemplar  der  Bouifatiusbriefe,  welches 
er  benutzte,  ^Antonii  Augustini  diligentia  perpurgatum'.  Wegen 
der  Bedeutung  des  Augustinus  für  die  uns  beschäftigenden 
Fragen  gebe  ich  im  Folgenden  einige  biographische  Notizen 
über  denselben.  Er  entstammte  aus  der  berühmten  spanischen 
Familie  der  Augustini  und  wurde  zu  Saragossa  i.  J,  1517 
geboren.  Seine  Studien,  die  er  hauptsächlich  in  Padua  und 
Bologna  absolvierte,  erstreckten  sich  auch  auf  die  schönen 
Wissenschaften,  die  Sprachen  und  die  Geschichte.  ^Sine  his 
artibus',  sagte  er,  'eruditisque  unguis,  historiarum  antiquitatis- 
que  memoria  perfectum  Jurisconsultum  evadere  posse  neminem'. 
Einige  Zeit  lebte  er  in  Florenz,  später  in  Rom,  wo  er  unter 
die  sacri  palatii  iudices  aufgenommen  wurde.  Als  Legat 
Julius  III.  ging  er  nach  England,  von  wo  er  1555  nach  Rom 
zurückkehrte.  Am  15.  December  desselben  Jahres  wurde  er 
Bischof  von  Alife  (jetzt  mit  Telese  uniert,  im  ehemaligen  König- 
reich beider  Sicilien,  vgl.  Garns,  Series  episc.  S.  487).  Paul  IV. 
sandte  ihn  nach  Deutschland  zu  Kaiser  Ferdinand,  später 
schickte  ihn  sein  König  Philipp  nach  Sicilien.  Pius  IV.  trans- 
ferierte ihn  am  13.  October  1561  nach  Ilerda  (Lerida).  Mit 
seinem  Bruder  Petrus  wohnte  er  der  Trienter  Kirchenversamm- 
lung bei.  Gregor  XII.  erhob  ihn  zum  Erzbischof  von  Tarra- 
gona  (Tarraco)  am  17.  December  1576,  als  welcher  er  i.  J.  1586 
starb.  Ein  Zeitgenosse  nennt  ihn:  'Perfecti  Jurisconsulti  sie 
et  Episcopi  exemplar'.  (Andreae  Schottii  laudatio  funebris, 
S.  587  in  der  Baluzius'schen  Ausgabe  der  libri  duo  de  emend. 
Grat.  —  S.  628  ff.  s.  seine  Grabschrift,  Naenia  in  obitum  A. 
Augustini,  Judicia  et  Eulogia  doctorum  virorum,  das  Verzeich- 
nis seiner  zahlreichen  Schriften).  Eine  Gesammtausgabe  der 
Werke  des  Augustinus  erschien  Luc.  1767,  seine  Briefe  wur- 
den ediert  Parma  1804  von  Joh.  Andresius.  Das  von  ihm 
herausgegebene  Poenitentiale  Romanum  enthält  Bruchstücke 
von  Briefen  des  hl.  Bonifatius.  (Vgl.  Binterim  K.  G.  I,  623. 
Schulte,  Lehrbuch  d.  p.  K.  R.,  Giessen  1863,  S.  92.) 

Im  Vatic.  3958,  welcher  die  Kataloge  zu  verschiedenen 
Bibliotheken  enthält,  findet  sich  ein  'Index  librorum  ex  Biblio- 
theca  Antonii  Augustini  Archiepiscopi  Tarraconensis  ad  Con- 
ciliorum  et  epistolarum  Pontificiiirum  editionem  pertinentium'. 
Derselbe  enthält  folgende  9  Rubriken:  1.  Graeci  libri  concilio- 
rum  non  editorum.  2.  Latini  libri  non  editi  conciliorum. 
3.  Variae  lectiones  et  exemplaria  antiqua  Conciliorum.  4.  Inter- 
pretationes    variae    Graecorum    Conciliorum.      5.    De    historia 

Neues  Archiv  etc.     VII.  25 


376     Verlorene   Handschriften  der  Briefe  des  hl.  Bonifatius. 

conciliorum.  6.  Epistolae  Pontificura  Romanorum  non  editae. 
7.  Variae  lectiones  et  exemplai'ia  epistolarura  Romanorum  pon- 
tificum.  8.  De  vitis  Romanorum  pontificum  libri  et  variae 
lectiones.  9.  Libri  ecliti  Conciliorum  et  Epistolarum  Pontificum 
Romanorum.  Unter  2.  wird  u.  a.  erwähnt  'Concilium  Romanum 
Zachariae  papae'  und  'Synodus  sub  Pippino  Rege,  liber  anti- 
quus'.  Unter  3.:  'Synodus  Verno  palatii.  Synodus  Suessio- 
nensis  sub  Pippino  Rege.  Synodus  Foroiuliensis  sub  Carolo 
et  Pippino'.  Unter  6. :  'Bonifacii  episcopi  et  mart3ans  epistolae 
ad  Zachariam  et  alios  Pontifices  cum  responsis  eorum  et  alio- 
rum'.  Am  Schluss  des  Katalogs  stehen  folgende  Verse: 
Haec  sint  parva  licet  pro  magnis  accipe  donis: 
Iratum  placeant  munera  parva  Deumi). 

Was  Baronius  mit  dem  Ausdruck  'perpurgatus'  sagen 
wollte,  ist  nicht  klar.  Man  kann  ihn  mit  Jaffe  (p.  13)  aut 
durch  Augustinus  gemachte  Versuche  zur  Verbesserung  des 
Textes  beziehen.  Baronius  spricht  sich  ferner  über  das  gegen- 
seitige Verhältnis  seiner  zwei  Handschriften  nicht  aus.  Jaffe 
hält  den  an  zweiter  Stelle  genannten  Codex  für  ein  Apographon 
des  Cod.  S.  M.,  weil  Baronius  mehrfach  angebe,  die  Ordnung 
der  Briefe  sei  in  beiden  Manuscripten  dieselbe  gewesen.  Da 
letztere  Annahme  aber  unrichtig  ist,  muss  die  Frage  auf  einem 
anderen  Wege  gelöst  werden. 

10.  (Beziehungen  des  Augustinus  zum  Co d.  S.  M.) 
Zuvörderst  ist  in  diesem  Betracht  die  Stellung  des  Augustinus 
zu  den  Correctoren,  v/elche  ja  den  Cod.  S.  M.  zuerst  benutzten, 
ins  Auge  zu  fassen.  Augustinus  sandte  letzteren  laut  Index 
librorum  Briefe  P.  Alexander  II,  eine  Collectio  decretorum 
Roraanorum  Pontificum,  einen  Brief  des  P.  Gelasius  und  eine 
Isidori  Collectionis  canonum  praefatio  alia  a  vulgata.  Er  be- 
schäftigte sich  in  hervorragender  Weise  mit  der  Emendation 
Gratians  inid  legte  die  Resultate  seiner  diesbezüglichen  For- 
schungen in, den  schon  mehrfach  erwähnten  libri  duo  de  emen- 
datione  Gratiani  nieder,  welche  er,  wie  ihr  erster  Herausgeber 
sagt,  ante  Romanam  editionem  (nämlich  des  Decrets)  con- 
scripsit  et  ea  perlecta  censuit  edendos.  Da  ihm  an  den  Boni- 
fatiusbriefen  gelegen  war,  konnte  er  sich  also,  abgesehen  von 
seinem  eigenen  Aufenthalt  in  Rom,  wohl  leicht  eine  Abschrift 
derselben  aus  dem  Cod.  S.  M.  verschaß"en.  Hätte  er  eine 
selbständige  Rccension   der  Briefe   besessen,   so  würde  er  sie 


1)  Derselbe  Codex  enthält  auch  ein  Inventarium  librornm  IMinervae, 
welches  zwei  Werke  des  Turrecremat.'i  (De  conc-eptione  B.  V.  und  Super 
tractatum  de  poenitentia),  aber  keine  Eonifatiushandschrift  erwähnt.  Es 
schliesst  mit  den  Versen: 

Si  vis  Romanae  libros  novisse  Minervae 
Hoc  viso  Icctoque  indice  doctus  eris. 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe   des  hl.  Bonifatius.     377 

ohne  Zweifel  den  Correctoren  zur  Disposition  gestellt  oder 
doch  wenigstens  in  seiner  Schrift  über  die  Eraendation  Gratians 
erwähnt  haben.  Da  nun  keines  von  beiden  der  Fall  ist,  müssen 
wir  annehmen,  dass  die  Handschrift  der  Bonifatiusbriefe,  welche 
in  dem  Vatic.  Bücherverzeichnis  des  Augustinus  und  von  Baro- 
nius  erwähnt  wird,  auf  dem  Cod.  S.  M.  beruht  habe.  Nun 
kannte  Augustinus  aber  auch,  wie  S.  367  bemerkt  wurde,  den 
aus  dem  Cod.  S.  M.  abgeschriebenen  Codex  des  Thomasius. 
Es  wäre  also  möglich,  dass  Augustinus  die  Briefe  nicht  aus 
dem  rümischen  Original,  sondern  aus  der  Abschrift  des  Tho- 
masius entnahm.  Zur  Entscheidung  dieser  Frage  istVallic. 
N.  21  heranzuziehen.  Dieser  (Raccolta  di  Scritture  Spettante 
alle  cose  della  Germania)  enthält  an  erster  Stelle:  'Plne  dell' 
Imperio  Orientale  et  Institutione  dell'  Occidentale  1'  anno  800'. 
Hieran  schliessen  sich  Capitularien  aus  den  Jahren  843,  844 
und  andere  chronologisch  geordnete  Dokumente.  An  38.  Stelle 
steht:  'Sommario  della  Lega  sacra  fra  Cesare  et  la  Polonia, 
31.  marzo  1683'.  Unmittelbar  hierauf  folgt  die  Bonifatiusbrief- 
sammlung.  Die  Blätter,  welche  dieselbe  enthalten,  sind  beson- 
ders geheftet  und  haben  ein  kleineres  Format,  sind  also  nur 
zufällig  mit  den  übrigen  Dokumenten  verbunden  und  gehören 
ihrer  Schrift  nach  dem  16.  Jahrh.  an.  Der  Codex  ist  durch- 
gehends  paginiert.  Bl.  153  oben  links  bemerkt  eine  zweite 
Hand:  ^S.  Bonifacii  Archiepiscopi  Moguntini  de  quo  tom.  9. 
Annal.  p.  11  etc.',  oben  rechts  steht  eine  frühere  Signatur  C*. 
In  der  Mitte  des  Blattes  ist  von  einer  dritten  Hand  folgender 
Titel  geschrieben:  ^S.  Bonifacii  Archiepiscopi  Moguntini,  qui 
antea  Vinfridus  seu  Uuinfridus  uocabatur  epistolae  ad  alios  et 
ahorum  ad  ipsum'.  BL  1.54—160  enthält  ep.  50,  welche  nicht 
numeriert  ist.  Alle  übrigen  Stücke,  mit  Ausnahme  des 
Liftin.,  sind  fortlaufend  beziffert.     Es  sind  dies  folgende: 

VIH. 
[50].  83.  69.  78.  53.  54.  106.  107.   11.  24.  [47  (Lift.)].  9. 
86.  55.  56.  15.  61.  62.  60.  29.  74.  72.  73.  30.  87.  64.  102.  59. 
88.  10.  31.  91.  34.  32.  92.  96.  93.   16.  23.  94.   14.  103.  101. 
57.  15.  71    100.  84.  85.  99.  13.  70.  [24]. 

Ep.  107  (lam  tempore)  schliesst  sich  unmittelbar  an  ep.  106  an,  die 
am  Sehluss  von  ep.  9  stehenden  Verse  fehlen,  ep.  15  endet  mit  den 
Worten  .  .  .  'promptus  queas.  Ut  supra  require  retro  et  ibi  invenies  ea 
quae  sequuntur',  n.  48  =  ep.  70.  Fol.  223  lautet  der  Text  (bei  Jaffe 
p.  205)  'fraternitati  fieri.  Et  episcopos  nostrae  relicitionis  adiiu'ationis  s'' 
Petri  admoneamus.  Praeterea  non  taceo  caritati  vestrae'  u.  s.  w.  fJafi"<^ 
p,  208).  Zu  Petri  ist  links  am  Rande  von  zweiter  Haad  bemerkt:  'Pauli', 
rechts:  'deest  fol.  .1.  vide  infra  sub  hoc  signo  *  et  repone  hie',  eine  dritte 
Hand  fügte  bei:  'pag.  225'.  Am  Schluss  von  ep.  70  Steht:  'Finis 
Deo  m^*^  Virg.  laus'.  Die  Rückseite  des  Blattes,  auf  welchem 
ep.  70  endigt,  ist  leer  gelassen,  auf  dem  folgenden  fnl.  225  steht 
oben  'haec   sunt  reponenda   supi'a'  [von  zweiter  Handj:  'Vide 

25* 


378      Verlorene  Handschriften   der  Briefe   des   hl.   Bonifatius. 

supra  pag.  223'.  [von  dritter  Hand]:  'Adiuratione  s.  Pauli  Apo- 
stoli  admoneainus'  u.  s.  w.  bis  'Praetcrea  non  taceo  charitati 
vestrae',  am  Rande  ist  bemerkt:  'et  ssq.  ut  in  alio  folio'.  Auf 
fol.  227,  das  von  anderem  Papier  ist  und  eine  neue  Schrift 
zeigt,  steht  oben :  'Pertinet  ad  s.  Bonifacium,  de  quo  supra  in 
hoc  volumine'.  Es  enthält  ep.  24,  vielleicht  die  von  Duceus  an 
Baronius  gesandte  Copie;  im  Folgenden  sehe  ich  von  diesem 
Duplicat  ab. 

Die  Numerierung  der  48  vom  Codexschreiber  mit  Ziffern 
versehenen  Briefe  stimmt  mit  den  von  Baronius  gemachten 
Zahlenangaben  (vgl.  Tabelle  l)  vollständig  überein,  indem  ep.  69 
an  die  23,  ep.  59  an  die  25.  Stelle  zu  stehen  kommt.  Die 
Verwechslung  der  Zahlen  23  und  25  ist  leicht  erkläi-lich.  Für 
epp.  47.  48.  50.  105  giebt  Baronius  keine  Ziffern  an,  beruft 
sich  aber  bei  den  drei  ersteren  auf  handschriftliche  Quellen, 
während  105  ohne  Quellenangabe  mitgetheilt  wird.  Im  Cod.  X. 
fehlen  nun  epp.  48  und  105,  während  epp.  47  und  50  nicht 
numeriert  sind.  Die  von  Baronius  angegebene  Reihenfolge 
der  Briefe  (Tabelle  I)  passt  nun  nicht  auf  den  Cod.  S.  M. 
(Tabelle  VII),  sie  muss  sich  also,  da  er  nur  von  zwei  Manu- 
scripten  redet,  auf  den  Codex  des  Augustinus  beziehen,  folg- 
lich ist  dieser  entweder  identisch  mit  Vallic.  N.  21  oder  das 
Original,  aus  welchem  letzterer  abgeschrieben  wurde. 

Vergleicht  man  nun  Vallic.  X.  21  mit  dem  Inhalt  des 
Cod.  S.  M.  (Tabelle  VIT),  so  ergiebt  sich,  dass  Augustinus  in 
seiner  Abschrift  ep.  27.  52.  63.  66.  79.  81.  S2.  49.  48.  105 
aushess.  Für  die  Auslassung  von  ep.  105  findet  sich  kein 
sichtlicher  Grund.  Sie  scheint  nicht  beabsichtigt  zu  sein.  Die 
der  übrigen  aber  war  offenbar  dadurch  veranlasst,  dass  sie 
bereits  aus  der  ConciUensammlung  imd  aus  der  Othlonischen 
Biographie  bekannt  waren.  Hiermit  stimmt  überein,  dass  in 
dem  Vaticanischen  Bücherverzeichnis  des  Augustinus  dessen 
Bonifatiusbriefsammlung  unter  der  Rubrik  noch  nicht  edier- 
ter Papstbriefc  angeführt  wird  und  Baronius  seine  Zahlen- 
angaben ausdrücklich  auf  noch  nicht  gedruckte  Briefe 
bezieht. 

Sämmtliche  Briefe  des  Cod.  N,  sind  im  Cod.  C.  enthalten 
und  zwar  genau  in  derselben  Reihenfolge,  nur  stellt  Cod.  N. 
ep.  .50  vor  ep.  83,  wie  sie  auch  im  Cod.  S.  M.  stand.  Diese 
Stellung  von  ep.  50  im  Cod.  X.  zeigt  mithin  an,  dass  letzterer 
bezw.  der  Codex  Augustinus,  nicht  aus  Cod.  C.,  bezw.  dem 
Codex  des  Thomasius,  sondern  aus  Cod.  S.  M.  abgeschrieben  ist. 

Das  Resultat  der  vorstehenden  Untersuchungen  ist  also, 
dass  der  von  den  Correctoren  und  von  Baronius  benutzte  Codex 
des  Turrecremata,  bezw.  Cod.  S.  M.,  sowie  der  des  Antonius 
Augustinus,  bezw.  Vallic.  N.  21,  der  des  Thomasius,  bezw. 
Vallic.  C.  15,   der  des  Aquino,   bezw.  Vatic.  4898  und  Paris. 


Verlorene  Handschriften  der  Briefe   des  hl.  Bonifatius.      379 

3539  A  ebenso  wie  das  von  Gretser  gefundene  und  von  Sera- 
rius  edierte,  gegenwärtig  in  München  aufbewahrte  Ingolstädter 
Manuscript  Epigonen  des  dem  9.  Jahrb.  angehörigen  dereinst 
Mainzer,  jetzt  Münchener  Codex  sind,  also  nur  eine  Hand- 
scbriftenfamilie  repräsentieren. 

In  umfassender  Weise  wurden  die  Bonifatiusbriefe  ver- 
werthet  in  den  Magdeburger  Centurien.  Matthias  Flacius 
Illjricus  benutzte  nach  dem  Zeugnis  des  Serarius  einen  Ful- 
daer Codex  der  Briefe,  welcher  später  in  Helmstedt  aufbewahrt 
wurde.  Von  Eisenach  aus  beschloss  Flacius  i.  J.  1556  die 
nahe  Bibliothek  zu  Fulda  zu  besuchen,  und  i.  J.  1561 
schrieb  er  an  Nikolaus  Gallus,  dass  er  zum  Nutzen  der 
Kirchengeschichte  den  Mönchen  zu  Fulda  einige  bisher  nicht 
herausgegebene  Codices  abgerungen  habe.  (Vgl.  Preger, 
Flacius  Illyricus  und  seine  Zeit  II,  422).  Wohin  der  Fulda- 
Helmstedter  Codex  gekommen,  ist  nicht  bekannt  und  da  in 
den  Centurien  ebenso  wie  im  Catalogus  testium  veritatis  die 
veröffentlichten  Quellenmaterialien  ohne  Angabe  des  Fund- 
ortes und  meist  nur  auszugsweise  mitgetheilt  sind,  lässt  sich 
aus  denselben  auf  die  Beschaffenheit  der  Handschrift  kein 
Schluss  ziehen.  Möglicher  Weise  ist  der  im  Archiv  f.  ä.  d.  G.VIII, 
223  erwähnte  Wolfenbütteler  Codex  ('Codices  Augustei',  S.  Boni- 
facii  et  aliorum  ad  eundem  litterae  saec.  XVI)  eine  Copie  aus 
der  Handschrift  des  Flacius.  Wenigstens  gingen  aus  dem 
Nachlass  des  Letzteren  165  Manuscripte  durch  Kauf  in  die 
Wolfenbüttler  Bibliothek  über.  (Serapeum,  Zeitschr.  f.  Bibl.- 
Wiss.  1843,  S.  86.  Vgl.  Schulte,  Beiträge  zur  Entstehungs- 
geschichte der  Magdeburger  Centurien  1877,  S.  86.) 

Zum  Schluss  verweise  ich  noch  auf  eine  weitere  Spiir 
verlorener  Bonifatiushandschriften.  Sie  findet  sich  bei  Spelman, 
welcher  epp.  59  und  70  in  den  ersten  Band  seiner  Conc.  orbis 
Brittan.  aufnahm.  Er  fand  sie  in  einem  Codex,  welcher  auch 
das  Conc.  Cloveshoviense  (Hahn  S.  78)  enthielt  Das  Exemplar 
für  letzteres  nennt  Spelman  (S.  255) :  'Vetustum  sane  et  Saxo- 
nicis  interstiuctum  characteribus,  stilo  autem  saepe  male  sano 
et  perplexo,  qui  etiam  (ut  mendosam  taceam  scriptionem)  nee 
in  sententiis  distinguendis  nee  in  puuctis  maioribusve  litteris 
disponendis  ullam  tenuit  legem'.  'Idem',  fährt  er  fort,  'intelli- 
gendum  est  de  epistola  Bonifacii  ad  Cudbertum  data  (=  ep.  70) 
lectorique  notum  cupio,  ut  quae  male  nos  distinximus  suo 
reddat  ai-bitratui'.  Betreffs  epp.  59  und  70  bemerkt  er :  'Fateor 
has  utrasque  in  manuscripto  codice  locum  (uti  crebro  solet) 
post  concilium  (nämlich  Clovesh.)  tenuisse.  Cum  tamen  eas 
tempore  atque  ordine  praecessisse  adverteremus,  nos  historicae 
consulentes  rationi  Baroniique  ducti  auctoritate  primores  eas 
eonstituimus'.  Ferner  scheint  in  jenem  Codex  ep.  70  vor  ep.  59 
gestanden  zu  haben.     Spelman  bemerkt  nämlich:   'Scripsit  et 


380     Verlorene  Handschriften  der  Briefe   des  bl.  Bonifatius. 

idem  Bonifacius  .  .  .  epistolam  ad  Aethelbaldum  (=  ep.  50)  .  .  . 
Hanc  epistolam  quod  tempore  videtur  prior,  primo  dabimus, 
deinde  suam  aliam  ad  Cuthbertum  (=  ep.  70)'  (S.  231).  Am 
Rande  von  ep.  59  giebt  Spehiian  die  Abweichungen  des  Baro- 
nius'schen  Textes  von  den  Lesarten  seines  Codex  an.  So  liest 
letzterer  mit  den  Jaffe'schen  Handschriften:  ^et  Winedi  quod 
est'.  Der  Passus :  'Carolus  quoque  ....  consumptus  est'  ( Jaffe 
p.  175*)  entnahm  er  laut  der  Randbemerkung:  'Haec  adiecimus 
ex  Baronio'  (S.  235)  aus  den  Annalen.  Sein  Codex  entbehrte 
also  derselben.  Nach  den  Worten:  'animae  suae  detrimentum 
patiatur'  (Jaffe  p.  17G)  folgt  bei  Spelman  (S.  236)  der  Schluss 
des  Briefes  in  der  bei  Baronius  und  Wilhelm  von  Malmesbury 
(Gesta  regum  Anglorum,  ed.  Hardy,  tom.  I,  112 — 115,  vgl. 
Jaffe  p.  168  not.  e,  und  p.  176*)  gegebenen  Form:  'quapropter 
fili  .  .  .  .  proficere  optamus',  ohne  eine  Randbemerkung,  so  dass 
es  den  Anschein  gewinnt,  als  ob  der  Spelman'sche  Codex  mit 
der  Recension  des  Textes  bei  Baronius  übereingestimmt  habe. 
Dass  der  Brief  (vgl.  über  denselben  J.  Heinsch,  Die  Reiche 
der  Angelsachsen  z.  Z.  Karl  d.  Gr.,  Breslau,  S.  7  ff.)  in  den 
auf  der  Münchener  und  Vaticanischen  (1340)  Handschrift 
basierenden  Codices  unvollständig  ist,  bedarf  keines  Beweises. 
Der  Schluss  bei  Spelman  und  Baronius  erscheint  ebenso  pas- 
send, wie  der  im  Carlsr.,  höchstens  schliesst  sich  im  letzteren 
der  Satz :  'Nihil  enim  .  .  .  aeternam'  besser  an  das  Voran- 
gehende an. 

Der  Spelman'sche  Text  von  ep.  70  ist  aus  den  Noten  bei 
Jaffe  ersichtlich.  Die  in  dem  englischen  Codex  noch  vorhan- 
denen angelsächsischen  Charaktere  hat  Spelman  am  Rande 
angemerkt.  Der  Schluss  des  Briefes,  welcher  in  den  Jaffe'schen 
Handschriften  fehlt,  findet  sich  nur  noch  in  dem  Giles'schen 
Codex  (Anecdota  Bedae  Lanfranci  et  aliorum  p.  7 — 17.  Vgl. 
Jaffe  p.  200  not.  a,  und  p.  209  not.  o),  welcher  aber,  wie  die 
Noten  bei  Jaffe  zeigen,  mehrfach  von  den  Spelman'schen  Les- 
arten abwich. 

Speimann  benutzte  ein  Manuscriptum  Saxonicum  Petribur- 
gense  (S.  163  u.  a.) ;  er  hatte  einen  Cod.  bibL  Regiae  (S.  188); 
unter  den  von  ihm  für  das  Concil  v.  J.  694  verwendeten  Manu- 
scripten  ist  ebenfalls  eines  'Saxonicis  nonnunquam  interstinctum 
literis'  (S.  191) ;  die  ebenfalls  angelsächsische  Einschiebsel  ent- 
haltende Handschrift  für  das  Clyffer  Concil  v.  J.  824  war  ein 
Cod.  Wigornensis  ecclesi.nc.  Aus  diesen  Angaben  lassen  sich 
jedoch  keine  Schlüsse  auf  den  die  Bonifa tiusbriefe  enthaltenden 
Codex  ziehen. 

Nachtrag-. 

Ueber  den  Cod.  Pommersfold.  2875  (saec.  XVI)  vergl.  Archiv  IX,  537 
und  Hahn  (Forsch.  S.  100),  über  den  Viennensis  Hahn  (a.  a.  0.).  Ep,  53 
steht   im  Vatic.  Talat.  583  f.  53  und   im   Guelferb.  83.  21,  Ms.  Aug.  fol. 


Verlorene  Handschriften   der  Briefe  des  hl.  Bonifatius.     381 

(Vgl.  Jaffe  338  not.  e  und  342  not.  1).  Ueber  jüngere  Hss.  von  ep.  82 
s.  Harttung,  Dip.-histor.  Forsch.  S.  359.  Vgl.  Labbe,  Act.  Conc.  VI,  1438, 
Not.  Sirmondi  zum  Juramentum  Bonifacii :  'Ita  in  Codice  Rhsmensi  et  in 
Pithoeano'.  Im  Archiv  VIII,  774  wird  unter  den  Handschriften  der  König]. 
Bibliothek  zu  Madrid  ein  Cod.  B  12  erwähnt,  welcher  Gregorii  II.  epistolae 
enthält.  Das  ist  jedoch  nur  ein  Druckfeliler  für  Greg.  I,  s.  N.  A.  Vi,  289, 
Bei  einer  neuen  Edition  der  Bonifatiusbriefe  wäre  auch  aufzunehmen  die 
von  Othlon  mitgetheilte  Coufirmationsurkunde  für  Fulda  (Jaffe  p.  500, 
Drouke,  Cod.  dipl.  Fuld.  Nr.  5),  sowie  die  Urkunde  (cartula)  des  hl.  Boni- 
fatius über  die  Grenzen  des  Kloster  Fulda,  mag  beider  Authenticität 
auch  in  Zweifel  gezogen  werden.  Ebenso  verdient  Aufnahme  die  Bestäti- 
gungsurkunde Pippins  für  die  Martinskirche  in  Utrecht  (Will,  Regesten 
n.  94,  und  der  Decretalbrief  des  Papstes  Zacharias  an  Pippin  (Jaffe  IV,  3). 
Ueber  einen  anderen  Brief  dieses  Papstes  s.  N.  Archiv  IV,  172.  Betreffs 
in  jüngerer  Zeit  aufgefundener  Bonifatiusfragmeute  vgl.  meinen  Aufsatz 
im  Mainzer 'Katholik'  (Juli  1881):  'Des  hl.  Bonifatius  Werk  de  unitate  fidei'. 


XIV. 


Miscellen. 


Ueber  die  sogenannte  Abbreviatio  gestorum 
regum  Franciae. 

Von  G.  Waitz. 

Die  unter  dem  oben  angegebenen  Titel  in  ziemlich  zahl- 
reichen Handschriften  i)  vorkommende  Geschichte  der  Franken 
und  späteren  Französischen  Könige,  die  bis  zum  J.  1137  geht, 
ist  eine  Ueberarbeitung  und  Fortsetzung  der  kürzeren  und  nur 
bis  zum  J.  1108  sich  erstreckenden,  die  ich  unter  dem  Titel 
'Historia  regum  Francorum  monasterii  Sancti  Dionysii'  her- 
ausgegeben habe  (SS.  IX,  S.  305  —  406),  weil  sie  in  dieser 
Gestalt  ungedruckt  war,  ohne  bei  einem  an  und  für  sich  nicht 
eben  werthvollen  und  für  Deutsche  Geschichte  nur  geringeres 
Interesse  darbietenden  Werke  die  wenigstens  theilweise  aus 
Bouquets  Ausgabe  bekannten  Erweiterungen  der  späteren 
Recension  anzugeben;  nur  bei  dem  letzten  selbständigen  Theil 
schien  mir  das  von  Belang,  und  durfte  ich  mich  da  mit  dem 
Text  von  Band  XII  der  Scriptores  rerum  Gallicarum  et  Franci- 
carum  genügen  lassen.  Diese  Ausgabe  ist  später  in  einer  ver- 
dienstlichen Abhandlung  (Lair,  Memoires  sur  deux  croniques 
Latines  composees  au  XII  siecle  a  l'abbaye  de  St.  Denis, 
Bibhotheque  de  l'ecole  des  chartes  XXXV,  1874,  S.  543  ff.) 
der  Gegenstand  von  allei'lei  Ausstellungen  geworden,  auf  die  ich 
bisher  unterlassen  durfte  zu  antworten,  da  sie  meist  wenig  zur 
Sache  gehörten.  Die  Frage  aber,  welche  allerdings  eine  gewisse 
Bedeutung  hat,  ob  jenes  Werk  nicht  um  die  Zeit,  wo  es  endet, 
sondern  wenigstens  ein  halbes  Jahrhundert  später,  wie  Hr.  Lair 
meint  (zwischen  1185 — 1214),  abgefasst  sei,  glaubte  ich  um 
so  mehr  zunächst  den  Landsleuten  des  Verfassers  überlassen 
zu  sollen,  da  unsere  bescheidenen  Versuche,  Lücken  in  der 
Kritik  der  Französischen  Geschichtsquellen  auszufüllen,  den 
Verf.   offenbar  -  unangenehm  berührt  haben  2),     Jetzt,  wo   der 

1)  SS.  IX,  S.343;  Delisle,  Melanges  S.  170  N.  Dazu  kommt  Vatic. 
Christ.  946,  Berger,  Notice  S,  26,  2)  S.  545 :    'nous  nous  felicitons  de 

ce  que  l'eruclition  germanique  n'a  pas  pousse  plus  loiu  son  invasion  sur 
un  territoire  qui  est  notre  et  que  nous  devons  toujours,  soit  de'fendre,  seit 
recouquerir'. 


386      lieber  die   sog.   Abbreviatio   gestorum  regum  Franciae. 

gründlichste  Kenner  derselben,  Delisle,  wenigstens  Zweifel 
gegen  die  Richtigkeit  jener  Annahme  geäussert  hat  (Melanges 
paleographiques  et  bibliographiques  S.  190),  wird  es  wohl  auch 
mir  gestattet  sein,  auf  die  Sache  zurückzukommen,  zumal  jene 
Handschrift  des  12.  Jahrhunderts,  auf  welche  Delisle  wieder 
aufmerksam  gemacht,  Leiden  Lat.  20,  mir,  zunächst  für  andere 
Zwecke,  vorgelegen  hat.  Nachdem  diese  als  ein  Codex  er- 
kannt ist,  der  dem  Robert  von  Torigny  angehört  und  mit 
eigenhändigen  Zusätzen  von  ihm  versehen  worden  ist,  kann 
von  jener  Zeitbestimmung  nicht  mehr  die  Rede  sein;  die  Gründe, 
welche  Hr.  Lair  vorgebracht  hat,  um  einen  so  späten  Verfasser 
wahrscheinlich  zu  machen,  erledigen  sich  leicht  in  anderer 
Weise. 

Worauf  es  hier  ankommt  ist  zunächst  etwas  eingehender 
zu  zeigen,  als  es  bisher  geschehen  ist,  wie  die  beiden  uns  er- 
haltenen Recensionen  sich  zu  einander  verhalten,  oder,  um  es 
gleich  bestimmter  zu  sagen,  wie  es  mit  den  'additionibus 
quibusdam'  steht,  auf  die  ich  schon  in  der  Vorrede  zur  Aus- 
gabe (S.  343)  aufmerksam  gemacht  habe.  In  der  That  ist  der 
Text  von  1137  eine  stark  vermehrte  Ueberarbeitung  des  älteren 
von  1108. 

Ich  nehme  zunächst  einige  Beispiele  aus  dem  Theil,  der 
nicht  von  Bouquet  herausgegeben  ist.  Gleich  zu  Anfang  nach 
der  aus  der  Historia  epitomata  entlehnten  Angabe  über  den 
Ursprung  des  Namens  Franken  (S.  395,  Z.  32  nach  'appellati') 
fahrt  der  erweiterte  Text  fort  (ich  will  ihn  B  nennen):  'Alii 
sie  dicunt:  Cum  Valentiniauus  Imperator  Alanos  rebeUantes 
aggressus  adeo  contrivisset,  ut  Meothidas  paludes  eos  expetere 
compelleret  —  ex  Sichambria  egressi  plurima  Germanorum 
oppida  secus  ripas  fluminis  Rheni  pervaserunt.  Quorum 
numerus  cum  primo  suo  adventu  in  Sichambriam  vix  ad  12000 
fuisset,  in  tantam  coaluerunt  gentem,  ut  essent  omnibus  formi- 
dini  et  terrori.  Unde,  sicut  dictum  est,  pretio  suo  sanguinis 
tributo  soluti,  nullum  vectigal  ulterius  solvere  voluerunt,  nee 
fuit  quisquam  qui  eos  jure  belli  posset  redigere  sub  jugo  tri- 
buti':  die  bekannte  Erzählung,  die  auf  die  Gesta  regum  Fran- 
corum  zurückgeht.  Vielleicht  könnte  man  hier  annehmen,  dass 
der  gedruckte  Text  (A)  eine  Abkürzung  sei,  das  vorhergehende 
'ut  quibusdam  placet'  so  deuten,  dass  noch  eine  andere  Erklä- 
rung nachfolgen  solle.  Unmöglich  ist  das  aber  an  einer  ande- 
ren Stelle.  C.  6,  S.  307,  Z.  7  nach  'Guntramus  rex  obiit'  fährt 
B  fort :  'anno  regni  sui  20,  et  Childebertus  nepos  ejus  regnum 
ipsius  eo  concedente  adeptus  est.  Qui  cum  Septem  annis 
regnasset  in  Austria  et  4  in  Burgundia,  decessit,  duos  iilioß 
relinquens  heredes.  Quorum  Thcodebertus  regebat  Austriam 
et  Theodericus  regnum  Guntranni  cum  Brunichilde  avia  eorum', 
nach   Fredegar  c.  16.     Und  weiter   über  die  Westgothischen 


Ueber  die  sog.  Abbreviatio   gestorum  regum  Franciae.      387 

Könige.  Dafür  fehlt  der  Satz:  'Postea  vero  Childebertus  — 
anno  etatis  sue  25'.  Das  Folgende  aber:  'His  diebus  Bruni- 
childis  regina  cum  nepotibus  suis  adhiic  puerulis  Theodeberto 
et  Theoderico  regebat  Gallias;  qui  postea  regnum  Francorum 
inter  se  diviserunt',  was  kürzer  und  ungenauer  das  enthält 
was  jener  Zusatz  ausführt,  ist  beibehalten.  —  Aehnlich  verhält 
es  sich  c.  21,  wo  von  Karl  dem  Kahlen  die  Rede  ist.  In  einer 
längeren  nach  S.  401,  Z.  33  eingeschalteten  Stelle  (Bouq.  VII, 
S.  255)  heisst  es:  'Qui  Karolus  Eomam  apparatu  magno  pro- 
ficiscens,  favore  plebis  totius  imperator  et  augustus  Roraani 
imperii  appellatur'.  In  dem  ursprünglichen  Text,  den  B  bei- 
behalten, folgt  später:  'Qui  post  gloriosara  regni  amministra- 
tionem  ad  sublimium  apostolorum  limina  pergens'  etc. 

Solchen  Einschaltungen,  die  hie  und  da  auch  den  Charakter 
einer  Veränderung  der  Erzählung  annehmen  —  z.  B.  c.  20, 
wo  die  Erhebung  der  'tres  fiHi'  Ludwig  d.  Fr.  in  B  auf  Lothar 
allein  bezogen  wird  —  entsprechen  auch  kleinere  Abweichun- 
gen. C.  11  gegen  Ende  heist  es  von  Dagobert  statt:  'ordinem 
psallentium  .  .  .  instituerat' :  'duos  ordines  ps.';  statt  'Clodo- 
veus'  wird  c.  13  stets  'Ludovicus'  geschrieben;  statt  'missi' 
wiederholt  (c.  11.  16)  'nuncii';  der  Hausmeier  Karl  erhält  c.  14 
den  Beinamen  'Martellus'.  In  einem  Zusatz  zur  Geschichte 
Karl  d.  Gr.,  der  Einhards  Vita  stark  excerpiert,  finden  sich 
ein  paar  auffallende  Entstellungen  oder  doch  Veränderungen: 
'Narbonenses  (ohne  Zweifel  statt  'Navarros')  subjugavit  et 
Bajoarios,  Sclavis  bellum  intulit,  quibus  Dani  et  Sueves  erant 
federati;  sed  hos  omnes  subjugavit,  necnon  et  Hunos,  totam 
etiam  Frigiam  (ohne  Zweifel  für:  'Frisiam')  atque  Brittanniam 
suo  dominatui  subdidit'. 

Diesem  allem_,  was  deutlich  genug  den  späteren  Ursprung 
kundgiebt,  steht  gegenüber  das  Fehlen  der  fabelhaften  Geschichte 
von  Albuinus  dux  Francorum  und  Naimo  dux  Wasconum. 
Hr.  Lair  (S.  572  N.)  ist  zweifelhaft,  ob  es  für  eine  Interpolation 
von  A  oder  Weglassung  von  B  zu  halten  ist,  neigt  aber  selbst 
der  letzten  Ansicht  zu.  Und  wie  die  beiden  Texte  sich  über- 
haupt zu  einander  verhalten,  kann  man  nichts  anderes  anneh- 
men. Diese  Geschichte  überschritt  bedeutend  das  im  allge- 
meinen bei  der  Darstellung  innegehaltene  Mass;  der  spätere 
Bearbeiter  ersetzte  es  durch  einige  mehr  historische,  wenn  auch, 
wie  wir  sahen,   nicht  zuverlässige  Daten  zur  Geschichte  Karls. 

Dies  Verhältnis  der  beiden  Texte  hindert  übrigens  nicht, 
dass  im  einzelnen  der  Leidener  Codex  von  B  manche  bessere 
Lesarten  bringt,  als  die  beiden  von  mir  benutzten  jüngeren 
Handschriften  von  A.  So  ist  mit  Leid.  c.  27  am  Ende  zu  schrei- 
ben: 'corda  principum  Francorum';  vorher  (S.  403,  Z.  19): 
'ante  portam  civitatis',  beides  nach  Vergleichung  mit  der  Quelle, 
dem  Cont.  Aimoini,  richtig,  während  andere  Abweichungen  hier 


388     Ueber  die  sog.  Abbreviatio  gestorum  regum  Franciae. 

keine  Bestätigung  erhalten  (z.  B.  Z.  14:  'reversus  est  propere 
in  patriam  suam'). 

Dass  der  Verfassser  von  B  wie  der  von  A  im  Kloster 
St.  Denis  lebte,  ist  nicht  zu  bezweifeln.  Darauf  weisen,  wie 
die  schon  angeführte  Aenderung  bei  der  Anordnung  Dagoberts, 
auch  die  kleine  Abweichung  des  Ausdrucks  c.  11  hin,  wo 
zweimal  statt  'Dyonisii  Rustici  et  Eleuterii'  geschrieben  wird: 
*D.  sociorumque  ejus',  wovon  ich  den  Grund  nicht  weiss,  wozu 
aber  gewiss  nur  ein  Angehöriger  des  Klosters  Anlass  hatte. 
Dafür  spricht  auch  der  Zusatz  über  das  Begräbnis  des  jungen 
Hugo  im  Kloster  St.  Denis  (S.  404  n.  9),  wie  denn  dasselbe 
in  der  kurzen  Fortsetzung  vom  König  Ludwig  VI.  und  seinem 
Sohn  Philipp  hervorgehoben  wird. 

Man  könnte  die  Frage  aufwerfen,  ob  nicht  derselbe  Autor 
sein  Werk  später  fortgesetzt  und  erweitert,  beziehungsweise 
abgeändert  habe.  Mir  scheint  es  nach  der  Art  der  Abwei- 
chungen nicht  wahrscheinlich,  ohne  dass  ich  geradezu  das 
Gegentheil  behaupten  möchte. 

Mit  dem  Ursprung  in  St.  Denis  —  der  übrigens  so  auf 
der  Hand  liegt,  dass  es  darüber  kaum  eines  Worts  bedurfte ')  — 
ist  nun  Hr.  Lair  ganz  in  Uebereinstimmung,  meint  aber  zeigen 
zu  können,  dass  erst  ein  Autor  aus  dem  Ende  des  12.  Jahr- 
hunderts, dem  er  ein  anderes  grösseres  Werk  vindiciert,  auch 
diese  kürzere  Fassung  der  Fränkischen  Geschichte  entworfen 
habe,  wobei  er  zwischen  den  beiden  Recensionen  nicht  weiter 
unterscheidet.  Sein  Grund  ist  der,  dass  in  einer  Handschrift 
jener  späteren  Zeit,  die  gewissermassen  den  Entwurf  und  zum 
Theil  das  Material  für  die  grössere  Compilation  enthält  (Paris 
12710;  früher  S.  Germ.  1085;  vgl.  über  dieselbe  Arch.  XI,  S.  297) 
einige  Randbemerkungen  vorkommen,  die  sich  mit  diesem 
Werk  berühren.  In  einer  derselben  (f.  G6)  lieisst  es:  'Nam^) 
multis  transactis  diebus  a  ducibus  Dagoberti  jussu  ejusdem 
regis  apud  Ablatona  interfectus  est',  und  gerade  so  in  der 
Hist.  c.  9,  während  in  der  Quelle,  den  Gesta  Dagoberti,  in  längerer 
Erzählung  steht  'ab  Latona  Caballonum  accelerare  properat', 
also   dort  ein  evidentes  I^Iisverständnis  vorliegt.     Es   ist  aber 


1)  Wenn  Hr.  Lair  von  mir  sagt:  'Quelque  savant  franc^ais  l'avait 
bien  soup9onne  avant  lui.  II  l'a  su  et  n'en  a  rien  dit,  donnaut  sa  con- 
jecture  comme  toute  neuve',  so  ist  das  eine  Behauptung',  zu  der  ihn  in 
der  Tliat  nur  eine  eigentliümliche  Art  von  Patriotismus  bewogen  haben 
kann.  Ich  habe  weder  von  einer  neuen,  noch  überliaupt  einer  Conjcctur 
gesprochen,  sondern  einfa&h  die  Thatsache  hingestellt;  was  aber  die 
Note  des  'savant  framjais'  aus  dem  16.  Jalnh.  betrifft,  der  im  Codex  14663 
dieselbe  Bemerkung  gemacht,  so  konnte  Hr.  Lair  aus  meiner  Vorrede 
(S,  343  —  349)  und  Archiv  XI  entnehmen,  dass  ich  diese  Handschrift 
(St.  Victor  419)  nicht  benutzt,  also  auch  jene  Note  nicht  gesehen  habe. 
2)  So,    nicht   wie  Hr.  Lair  drucken  lässt:    'Brunulfus  apud  Ablatona'  etc. 


Ueber  die  sog.  Abbreviatio  gestorum  regum  Franeiae.      389 

in  keiner  Weise  abzusehen,  warum  der  Schreiber  des  Codex 
12710  diesen  Fehler  zuerst  begangen  haben  soll  und  nicht 
der  Autor  der  Historia,  oder  viehnehr,  warum  beide  identisch 
sein  müssen,  da  es  doch  wahrlich  einfach  genug  war,  dass 
jener  die  Worte  aus  dieser  herübernahm.  Ganz  ebenso  verhält 
es  sich  mit  den  Worten:  'atque  pro  hoc  solo  maxime  est  eter- 
naliter  damj^natus'  von  Karl  Marteli.  Sie  bilden  in  der  Historia 
den  Uebergang  von  dem  Excerpt  des  Libelhis  de  majoribus 
domus  (dem  auch  die  Worte:  'Hie  res  ecclesiarum  laicis  tra- 
didit  propter  assiduitatem  bellorum'  angehören,  die  mit  Unrecht 
S,  399  gespeiTt  gedruckt  worden  sind ')  zu  dem  der  Epistola 
syn.  Carisiac,  und  sind  so  ganz  im  rechten  Zusammenhang. 
Der  Schreiber  von  12710  fand  sie  hier  und  übertrug  sie  an 
den  Rand  seines  Codex  zur  Ergänzung  dessen  was  er  aus 
dem  Libellus  genommen.  Und  dass  es  entlehnt,  wird  noch 
besonders  dadurch  erwiesen,  dass  nach  'dampnatus'  in  der 
Handschrift  f.  6'  noch  'etc.'  steht,  was  Hr.  Lair  fortgelassen. 

Diese  Stelle  scheint  selbst  geeignet,  um  zu  zeigen,  welche 
Redaction  der  Schreiber  von  12710  vor  sich  hatte.  Denn 
im  Leidener  Codex  von  B  heisst  es  statt  dessen:  'atque  propter 
hoc  maxime  eternaliter  dampnatus  est'.  (Vielleicht  darf  man 
auch  erwähnen,  dass  hier  in  der  vorher  angeführten  Stelle 
steht:  'ajjud  Ablatonam'). 

Für  dieselbe  Annahme  könnte  man  anführen,  dass  das 
Werk,  um  das  es  sich  handelt,  auch  nicht  über  das  J.  1108 
hinausgeht.  Doch  kommt  dafür  zunächst  in  Betracht,  dass  es 
nur  die  Erweiterung  einer  anderen  bis  zu  diesem  Jahr  geführ- 
ten Geschichte  der  Franken  ist,  die  ich  glaube  dem  Hugo  von 
Fleuri  beilegen  zu  sollen  (a.  a.  O.  S.  342)  und  die  Hr.  Lair 
zu  wenig  als  selbständiges  Buch  beachtet  hat.  Der  von  ihm 
eingehend    untersuchte    und   in   seiner  Bedeutung  gewürdigte 


1)  Sie  finden  sich  auch  in  Hugos  Hist.  eccl.,  wo  ich  sie  auch  habe 
gesperrt  drucken  lassen,  und  keineswegs,  wie  Hr.  Lair  S.  574  sagt,  fälsch- 
lich auf  Ado  verwiesen,  da  die  Raiidnote  sich  deutlich  genug  auf  das 
Folgende  bezieht.  Ebensowenig  glücklich  ist  er,  wenn  er  die  gross- 
gedruckte Stelle  c,  31,  S.  366,  auf  Jordanis  oder  Freculf,  der  diesen  aus- 
schreibt, zurückführen  will,  und  nur  eine  Verwechselung  des  Gothenkönigs 
Theodorich  und  des  Burgunders  Sigismund  annimmt.  Diese  erklärt  wenig. 
Jordanis  weiss  nichts  davon,  dass  die  Frau  Sigismunds  geboren  war  'ex 
sorore  Theoderici  filii  Clodovei' ;  er  lässt  die  Schwester  Theodorichs 
nicht  den  Vandalenkönig  Hunirich,  sondern  Transemund  heirathen;  er 
erwähnt  nichts  von  der  Ehe  einer  dritten  Tochter  sei  es  Theodorichs  oder 
Sigismunds  mit  einem  König  der  Alemannen  Huctricus.  Gemeint  ist  hier 
ohne  Zweifel  der  Hugdieterich  der  Sage,  d.  h.  der  Franke  Theuderich, 
der  wirklich  eine  Tochter  Sigismunds  heirathete.  Die  Stelle  hat  also 
noch  mehr  Bedeutung,  als  ich  annahm.  Hr.  Lair  aber  hätte  gut  gethan, 
in  seinen  Behauptungen  etwas  vorsichtiger  zu  sein.  Es  heisst  bei  uns : 
Blinder  Eifer  schadet. 


390      Ueber  die  sog.  Abbreviatio  gestorum  regura  Franciae. 

Codex^  12710  giebt  eben  nach  diesem  Text  das  Schema  zu 
der  erweiterten  Bearbeitung  i) ,  für  welche  er  die  Historia 
excerpierte. 

Denn,  was  weiter  angeführt  wird,  um  jenem  Autor  auch 
diese  zuzuschreiben,  ergiebt  ebenfalls  nur,  dass  er  sie  benutzt, 
um  zu  anderen  Stücken  seiner  Compilation  Zusätze  oder  Aende- 
rungen  zu  machen,  den  Zusammenhang  unter  den  verschiedenen 
Excerpten  herzustellen.  Ihm  unser  von  seiner  Arbeit  ganz 
verschiedenes  Werk  beizulegen,  ist  auch  nicht  der  mindeste 
Grund  vorhanden.  Die  Quellen  sind  nur  theilweise  dieselben; 
weder  Ado  noch  Hugo  von  Fleuri  oder  die  Historia  Senonensis 
oder  gar  Turpin  sind  in  der  kurzen  Historia  benutzt. 

Es  fehlt  auch  an  jedem  Anhalt,  das  Werk  oder  die  beiden 
Recensionen  des  Werkes  in  eine  andere  Zeit  zu  setzen,  als  auf 
die  der  Schluss  hindeutet.  Es  ist  nichts  in  dem  Text  der 
Historia  enthalten,  was  nicht  am  Anfang  des  12.  Jahrhunderts 
geschrieben  sein  könnte.  Für  das  Vorhandensein  der  erwei- 
terten Recension  ( — 1137)  um  die  Mitte  desselben  giebt  der 
Leidener  Codex  genügendes  Zeugnis;  und  wenigstens  nach 
dem  Tode  Ludwig  VII.  ist  dies  sicher  nicht  geschrieben. 


1)  Von  dieser  weist  Hr.  Lair  ausser  den  beiden  von  mir  (S.  341) 
angeführten  Handschriften  in  Brüssel  und  Rom  eine  dritte  in  Paris  nach 
11793  (St.  Germ.  77),  von  der  ich  übrigens  nirgends  gesagt,  dass  ich  sie 
'avec  un  soin  particulier'  benutzt;  ich  will  mich  lieber  anklagen,  dass  ich 
es  überhaupt  nicht  gethan. 


Liber  annalis   seu  chronicorum  anonymi  autoris, 

(Eusebii  Caesariensis  Cat.)  ab  initio  mundi  usque 

ad  med.  saec.  XIV. 

Von  Dr.  VVidinann  in  Wiesbaden. 

Karl  Herr  manu  bespricht  in  seinem  Werke  'Bibliotheca 
Erfurtina'  (Erfurt.  1863),  S.  59flF.  ein  nicht  unwichtiges  Chroni- 
con  Thuringiae,  welches  sich  in  einer  Papierhandschrift  aus 
dem  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  in  der  kaiserliclien  Hof- 
und  Staatsbibliothek  zu  Wien  unter  Nr.  3375  befindet.  Lam- 
becius  wollte  es  in  seinen  Commentationes  herausgeben; 
von  Gudenus  hat  es  für  seine  Historia  Erfurtensis,  wie  er  selbst 
angiebt,  fleissig  benutzt.  Im  'Archiv'  X,  S.  470  sind  von 
Prof.  Wattenbach  Anfang  und  Schluss  der  einzelnen  Abschnitte 
gegeben,  und  Geh.  Archivar  Hesse  hat  in  der  Zeitschr.  für 
Thüring.  Gesch.  Bd.  IV,  S.  433 ff.  einige  Stellen  der  Chronik 
mitgetheilt.  Die  Handschrift  ist  nur  ein  Fragment  und  zwar 
die  schlechte  Copie  eines  von  Herrmann  als  wahrscheinlich 
verloren  bezeichneten  Originals. 

Es  gereicht  uns  zur  Freude,  mittheilen  zu  |vönnen,  dass 
w^ir  ein  vollständiges  Exemplar  dieser  Chronik  entdeckt 
haben  in  einer  Papierhandschrift  der  Königl.  Landesbibliothek 
zu  Wiesbaden.  Dieselbe  ist  verzeichnet  als  'Liber  annalis  s. 
chronicorum  anonymi  autoris,  (Eusebii  Caesariensis,  Cat.)  ab 
initio  mundi  usque  ad  med.  saec.  XIV.'  Nr.  53.  (S.  'Die  Hand- 
schriften der  Königl.  Landesbibliothek  in  AViesbaden ,  ver- 
zeichnet von  Dr.  A.  v.  d.  Linde,  Bibliothekar'.  Wiesb.  Rodrian. 
1877.  S.  123.)  Sie  besteht  aus  81  Blättern  in  gr.  4»  und  ist 
von  mehreren  Händen  des  15.  Jahrh.  schön  geschrieben.  Der 
Anfang  lautet:  'Cronicam  Eusebij  Cesariensis  hie  in  isto  libro 
conscriptam  atque  eiusdem  historie  ecclesiastice  libros  auctenti- 
cos  affirmant  omnes  ecclesie  doctores  atque  sacrosancta  Romana 
ecclesia  consentit  in  eosdem,  quamvis  narrationis  sue  primo 
libro  tepuerit  et  post  in  laudibus  Origenis  atque  excusacione 
scismatici  unum  conscripsit  librum,    propter  rerum  tamen  sin- 

Neues  Archiv  etc.    YII.  Jb 


392         Liber   annalis   seu   chronicorum   anonymi   autoris   etc. 

gularem  noticiam  qua  ad  instructionem  pertinet  non  usque  quam 
(1.  quaque)  ecclesia  catholica  refutat  dicta  sua'.  Dann  folgt  ein 
Prologus  von  löVa  Zeilen:  'Cum  pia  intencione  pertractarem 
in  corde  meo  —  in  celesti  gloria.  Amen'.  In  Roth  stehen 
dahinter  die  Worte:  'Anno  domini  M^CCCXLV.  hunc 
1  i  b  r  u  m  i  n  c  e  p  i'.  Sämmtliche  Ueberschriften  und  die  Anfänge 
der  Abschnitte  und  Unterabtheilungen  sind  rubriciert.  Nach 
dem  Prolog  folgt  die  Descriptio  der  sieben  Weltwunder, 
schliessend  'Preter  hec  auteni  multa  alia  admiranda  ad  audien- 
dum  patebunt  cuiHbet  legenti  in  hoc  libro'.  Daran  schliesst  sich 
ein  'Epycomum  Eusebii  Cesarien.  in  consequentia:  Moysen 
gentis  hebraice  ductorem  —  in  quo  in  eternum  deo  serviat'. 
Erst  jetzt,  fol.  3,  steht  die  eigentliche  Ueberschrift :  'Incipit 
liber  qui  dicitur  Cronicorum  sive  Annalis'.  Nähere  Inhalts- 
angaben sind  am  Rande  vermerkt.  Grössere  Abschnitte  sind 
durch  folgende  Ueberschriften  bezeichnet:  fol.  48  b.  De  mira- 
bilibus  rebus  quas  vidit  Allexander;  fol.  53.  Divisio  monarchie. 
67  b.  De  nativitate  domini  nostri  Jesu  Christi.  68.  De  origine 
Francorum.  68  b.  Saramunt.  69.  De  origine  Saxonum.  71b.  De 
origine  Thuringorum.  72.  De  ortu  Comitum  Provincialium 
in  Thuringia  etc.  Die  Chronik  beginnt  mit  den  Worten :  'Sex 
diebus  rerum  creaturam  deus  formavit.  Primo  die  condidit 
lucem,  secundo'  u.  s.  w.  und  schliesst  auf  fol.  80  oben  'prela- 
torum  meorum.  Deo  laus  etc'.  Die  zeitlich  letzte  Nachricht 
ist  fol.  79  die  Absetzung  Ludwig  des  Baiern  1327;  sie  endigt 
'quasi  hereticum  condempnavit'.  Danach  kommen  kurze  Notizen 
zur  Kirchengeschiehte  Thüringens,  speciell  Erfurts :  'Anno  dm. 
CCL.  incepit  monasticus  ordo'  u.  s.  w.  —  Auf  f.  80  u.  81  linden 
sich  Zusätze  von  späteren  Schreibern:  1)  18  leoninische  Verse, 
den  Brand  Erfurts  von  1472  betreffend,  mit  demselben  Anfting, 
wie  die  29  Verse  in  Konrad  StoUe's  Chronik  ed.  Hesse  S.  56. 

2)  Extravagantia ,  Nachrichten  zur  Verwandtschaft  des 
landgräflichen  Hauses  Hessen,  Nassau -Dillenburgs  und  Katzen- 
ellenbogens: 'Circa  ä.  d.  MCCCCL.  lantgravius  ludovicus  hassie 
accersitus  ad  imperium  romanorum  abnegavit';  endigt  mit  dem 
Bericht  vom  jähen  Tod  des  Landgrafen  Wilhelm  III.  1500  und 
dem  Uebergang  seiner  Herrschaft  an  seinen  Vetter,  'nepoti 
quem  non  dilexit'. 

3)  Epistola  de  captione  monachi  una  cum  complicibus  suis. 

4)  De  degradaeione  atque  interitu  monachi  in  excidium 
civitatis  conspirati. 

5)  Isti  sunt  articuli  fratris  iohanis  de  wesalia. 

6)  handel  bansen  behem  van  nickelthusen  agnomento  der 
jungelinck  primo  incipit  predicare  u.  s.  w. 

7)  Die  Lehren  der  Hussiten:  Eneas  Senensis  epTis  dilö 
Johanni  cardinali  —  si  iam  contutatum  est.  (sie!) 

8)  Die  letzten  Einträge  aus  den  Jahren  1512  u.  1513  sind 


Liber  annalis   seu   chrouicorum  anonymi  autoris   etc.         393 

an  sich  von  keinem  historischen  Werthe ;  da  sie  aber  Nach- 
richten über  Ereignisse  in  der  Grafschaft  Eynrich  enthahen, 
z.  B.  von  einem  schreckhchen  Hagelschlag-  aus  dem  J.  1513, 
lassen  sie  vermuthen,  dass  der  Schreiber  in  der  Gegend  selbst 
oder  der  Nachbarschaft  weilte.  Dazu  kommt  die  Notiz  2, 
welche  auch  auf  das  Vierherrische  weist.  Die  Zeitbestimmung 
^ad  spacium  rosarii'  kennzeichnet  den  Verfasser  als  einen  Geist- 
lichen.    Möglicherweise  stammt  der  Codex  aus  Arnstein. 

Es  erübrigt  noch  der  Beweis  der  Identität  des  liber  annalis 
mit  dem  von  Herrmann  beschriebenen  Chronicon.  Wenn  die 
Uebereinstimmung  der  Ueberschriften  schon  auf  eine  Verwandt- 
schaft beider  Chroniken  deutet,  so  beweist  ein  Vergleich  der 
im  Archiv  X,  470,  in  der  Zeitschr.  f.  thür.  Gesch.  4,  433 f. 
und  von  Herrmann  a.  a.  O.  mitgetheilten  Stellen  mit  den  ent- 
sprechenden des  cod.  Wiesbad.  zur  Evidenz,  dass  das  Chroni- 
con Thuringie  und  der  uns  vorliegende  Hber  annalis  s.  chroni- 
corum  ein  und  dasselbe  Werk  sind  und  sich  allein  dadurch 
unterscheiden,  dass  jenes  ein  voller  Fehler  steckendes  Frag- 
ment, dieser  dagegen,  der  cod.  Wiesbad.,  ein  vollständiges, 
vortrefflich  erhaltenes,  im  Ganzen,  wenn  nicht  fehlerfreies, 
so  doch  besseres  Exemplar  desselben  ist.  Das  Original 
kann  es  nicht  sein  wegen  der  Schrift,  die  dem  15.  Jahrh.  an- 
gehört. Zudem  findet  sich  auf  f.  28  b.  oben  über  dem  Wort 
'apparet'  eine  fast  verwischte  Note,  welche  auf  das  Original 
hinweist:  'in  libro  oyparet',  insofern  von  Bedeutung,  als 
daraus  wohl  ein  Schluss  auf  die  schlechte  Schrift  oder  die 
Fehlerhaftigkeit  der  Vorlage  gezogen  werden  darf. 

Der  Anfang  des  Wiener  Fragments  'elatus  factus  est  de 
pecunia  (nicht,  wie  Herrmann  hat,  provincia)  illa'  steht  mitten 
in  einem  Satze  unserer  Chronik  f.  67,  der  also  lautet :  'Antonius 
autem  qui  in  Oriente  regnabat  et  Asyam,  Pontum  et  Aflfricam 
tenebat,  Artabanem  regem  Armenie  prodicione  et  dolo  cepit 
vinctumque  argentea  cathena  ad  confessionem  thesaurorum  regio- 
rum  coegit  expugnatoque  opido  in  quo  erant  thesauri  magnam 
copiam  abstulit  auri  et  argenti,  qui  elatus  factus  est  de 
pecunia  illa  et  bellum  Cesari  Octaviano  indixit'  u.  s.  w.  — 
'Egiptus  habuit'.  Auch  die  übrigen  Archiv  X  verzeichneten 
Anfänge  und  Ausgänge  der  Abschnitte  stimmen  aufs  genaueste. 
Doch  ist  die  Jahreszahl  am  Schluss  von  De  nativitate  Domini 
nicht  38,  wie  im  Archiv  steht,  sondern  28.  Der  Kürze  halber 
setzen  wir  die  abweichenden  Stellen  nebeneinander. 

Wiener  Fragment.  |  Cod.  Wiesbad. 

Am    Schluss    von     de    orig.  { 
Francorum:  Merwico.  Merwicus  richtig. 

Saxones      christiani      effectil —  facti   — 
sunt 


26 


394         Liber   annalis   seu   clironicorutn  anonymi  autoris   etc. 


Schluss  der  Chronik: 
Sufficere  jam  credimus  nee 
ultra  procedere  volumus  in  hoc 
libro  licet  raulta  addere  p  o  s- 
semus,  sed  ne  ipsa  prolixitate 
aut  multiplicitate  in  fastidiura 
legentibus  quod  absit  liber  iste 
utatur.  Tanta  autem  tunc 
praetermisimus  quod  liac(!)  que 
scripta  sunt  pauca  respectu 
eorum  quae  obmissimus(!)vide- 
atur.  Hoc  autem  ad  dei 
gloriam  solius  et  legencium 
u  tili  tat  em  protuliuius  nequa- 
quam  propria  deliberacione  et 
presumpcione  sed  consilio  et 
assensu  pi'elatorum  moorura  etc. 

Herrmann  p.  61.  Pertz  470. 
A.  D.  MCCLXXXH.  Catholici 
minerbiara  capiunt  et  obsident  . 
datur,  que  opcio  ut  qui 
V  0 1  u  e  r  u  n  t  heresim  abjurare 
libere  recedant  etc. 
ib. 

Eodem  tempore  almericus  here- 
ticus  de  territorio  carnotensi 
oriundus  constanter  affirmat 

ferner:  A.  D.  CCL  cepit 
monasticus  ordo 
A.  D.  MCXLyn  —  georii  - 
A.  D.  MCCCX  moniales  extra 
portam  krampfendor  resisten- 
tes transposite  sunt  extra  val- 
vara  i  n  u  b  1  u  r  a  1  i  quibus  fratres 
margravi  successerant. 

Hesse,  Ztsclir.  f.  thür,  Gesch. 

4,  433. 
Anno    dni    MCLXXX    lude- 
wicus    —    accersito     quidera 
sacerdote  — 

ut  vix  agnoscerctur  Sed  modi- 
cum  —  (fehlen  die  Worte  verba 
—  ostendit) 
renuit  s  c  i  1  i  c  e  t  (sinnlos)  relictis 


Sufficere  iam  credimus  nee 
ultra  procedere  volumus  in  hoc 
libro  licet  multa  addere  p  o  s- 
semus  (sic!j,  sed  ne  ipsa  pro- 
lixitate aut  multiplicitate  in 
fastidium  legentibus  quod  absit 
liber  iste  vertatur.  Tanta 
autem  tunc  pretermisimus  quod 
hec  que  scripta  sunt  pauca 
respectu  eorum  que  obraisimus 
videantur.  Hec  autem  ad 
dei  gloriam  solius  et  legencium 
utilitates  protulimus  nequa- 
quam  propria  deliberacione  et 
presumpcione  sed  consilio  et 
assensu  prelatorum  meorum: 
Deo  laus  etc. 


d  a  t  u  r  q  u  e  0  p  c  i  0  ut  qui  vo  1  u  e- 
rint  — 


—  Parisius  Almaritus  hereticus 
de    territorio  Tornacensi  — 

—  in  cepit  — 

—  georgii 

—  monialibus  extra  portam 
kranphentore  residentibus,trans- 
posite  sunt  extra  valvam  i  n  p  1  u- 
r  a  1  i  quibus  fratres  m  a  r  i  a  n  i 
successerun  t. 


recht  MCXC. 

—  quod am  — 

—  agnoscerctur  v  e  r  b  a  q  u  e 
patris  filiis  retulit  signa 
ostendit,  sed  modicum  — 
renuit  sed  relictis  richtig. 


Liber  annalis   sevi  chronicorum   anonymi  autoris   etc.         395- 


Anno  1231  —  Erffordensis  pla- 

nissime    explicuit     distingwens 

eam  in  VIII  libellos  quis  ergo 

eam  plenius  legere  voluerit  hos 

octo  libellos  perlegere  curet  — 

Anno  1270 —  in  platea  fullo- 

num    (richtig)    —    horribili 

aspectu 

1277      —      frngium      magna 

habundantia 

1280    —    pro    subsidio    ipsis 

faciendo  —  cum  suis  n  o c tu rn o 

ipsum  marchionem  — 

—  ducentis  —  iacentes  — 
in  Castro  comitis  sifridi  quod 
dicitur  cupen  —  fortuäliter 
Übe  rat  US  est  recessit 

S.  435. 

—  Margareta  Juxta  eins 

—  exempti  gladiis  — 
interius  agitaeione  ceperunt 
ut    sie    ipsam     calefactam 
sanguinem  eius  ad  cutis  super- 
liciera  traherent. 

—  fleubostorais  incidentes  — 
filia  supradicte  triditricis  — 
(Hesse   vermuthete   traditurisj. 

Die  mitgetheilten  Stellen  beweisen  unseres  Erachtens  zur 
Genüge,  dass  das  uns  vorliegende  Exemplar  das  bessere  ist '). 
Ueber  den  Verfasser  der  Chronik  hat  schon  Herrmann  Ver- 
muthungen  aufgestellt.  Wir  wagen  es  nicht,  ein  Urtheil  abzu- 
geben, und  überlassen  dasselbe  besseren  Kräften.  Uns  genügt 
es,  den  Fund  der  Fachwissenschaft  angezeigt  zu  haben. 


—  Erffordensis  qui  pl.  explic. 
distinguens  eam  in  octo  libellos. 
S  i  Quis  — 


—  in  platea  follenum  —  hor- 
ribili s  aspectvt  — 

—  f  rüg  um    — 

—  pro  subsidio  ipsius  fac.  — 
cum  suis  nocturno  tempore 
ipsum 

—  ducentos  —  iacentes  — 
in  Castro  Comitis  kSyflfridi  quod 
dicitur  Eupen  —  fortunali- 
t  e  r  1  i  b  e  r  a  1  i  t  e  r  recessit 

—  cuius  — 
exemptis  gladiis  — 
interius   agitare   ceperunt,   ut 
sie,  ipsa  cale facta,  sangui- 
nem eius  — 

fleubotenis  — 

—  traditricis  recht. 


1)  Nach  einer  neuen  Mittheilung    des  Vfs.  stammt  die  Hs.  vielleicht 
nicht  aus  Arnstein,  sondern  aus   Schoenau  im  Eiurich.  W. 


Aus   Handschriften. 

Von  W.  Wallenbach. 

I. 

Aus  dem  oben,  S.  216,  erwähnten  Münchener  Codex  habe 
ich  jetzt   auch  die  dort  nur  angeführten  Verse   abgeschrieben. 
Zuerst  f.  84  V.  die  Klage  über  eine  mangelhafte  Pi'älatur: 
Hac  prelatura  mihi  cerno  gravamina  plura: 
Est  ibi  pieps  dura,  vix  quodque  jugum  subitura, 
Agricultura  gravis  atque  i)  domestica  cura, 
Lapsaque  structura  vetus  et  breviter  ruitura. 
Est  mea  mens  pui-a,  mulieris  ibi  quia  crura 
Nee  levo  nee  jura  lego :  sunt  mea  mansio  rura. 
Mit   etwas,    wenn   gleich   nur   wenig,   veränderter   Schrift 
folgen  Verse,  die  nicht  unmittelbar  dazu  gehören: 
Huc  breviter  sane  redeas,  o  care  decane, 
Et  modulando  cane  nobiscum  vespere,  mane. 
Hie  residendo  mane:  non  scribitur  hoc  tibi  vane, 
Te  revocant  plane  chorus,  höre  cottidiane. 


Est  oculusque  manus  prelati  quisque  decanus, 
Inrao  manus  dextra :  prior  intus  et  ultimus  extra.  — 
Sic  res  dispensa,  sie  hospes  singula  pensa, 
Ne  nimis  inmensa  tua  devoret  omnia  mensa. 
Sunt  etenim  plura,  quorum  nisi  sit  tibi  cura, 
Fiet  mensura  brevior  tibi  sepe  futtira. 
vSi  domus  in  villa  tibi  sit  grandisve  pusilla, 
Fac  ne  te  stilla  pluvialis  pellat  ab  illa. 
Vis  in  equis,  veste,  famulis  vivas  ut  honeste? 
Li  her  ut  a  peste  sis,  convivarc  modeste. 
Neben  diesen  beiden  letzten  Versen  steht  aber  am  Rande 
von  ganz  ähnlicher  Hand  eine  andere  Version: 
Liber  ut  a  peste  sis,  convivare  modeste : 
Sic  in  equis,  veste,  famulis  plus  stabis  honeste. 


1)  Uebergeschriebeii  'ampl.u'. 


Aus  Handschriften,  397 

Dieser  Umstand  macht  es  wahrscheinlich,  dass  für  diese 
Verse  hier  ein  Autograph  vorliegt.  Weiter  folgen  f.  85  v.  die 
akrostichischen  Verse  an  Bischof  Emcho  von  Freising  (1283 
—  1311): 

De  viridi  leto  tibi  patri  scribo  roseto, 
Ordine  consueto  me  faveasque  peto: 
Me  qui  nunc  presum  clero  nee  ob  id  prope  te  sum  — 
In  cute  si  desum,  mente  tamen  prope  sum. 
5     Non  ero  mox  alibi,  si  dicar  ad  extera  scribi, 
Obligo  meque  tibi,  sum  tuus  hie  ut  ibi. 
Emcho  patrone  fave,  sis  gaudens  liber  et  a  ve, 

Mitto  tibi  suave  carmen  honoris,  ave ! 
Clari  tu  generis,  non  degenerare  videris: 
10          Hospes  honoris  eris,  semper  honesta  geris. 
O  quam  felici  rectore  reguntur  amici 
Nostri  canonici :  laus  tibi  pontifici. 
In  te  sunt  flores  virtutum,  sunt  et  honores, 
Egregii  mores:  hiis  decus  ac  decor  es. 
15     Princeps  es  prudens,  modo  seria  dans  modo  ludens, 
Impia  secludens,  qualibet  arte  studens. 
Stat  bene  vestita  cum  justicia  tua  vita, 

Clara  probant  merita  sie  tua,  quod  sit  ita. 
Omne  quod  est  veri  jus^),  scis  dare,  scis  misereri: 
20         Pacificus  fieri  vis  hodie  quot  hei'i. 

Odis,  nee  grati  sunt,  qui  desunt  pietati: 

Fortis,  scisque  pati,  scis  memor  esse  dati. 
Rector,  prelatis  datur  a  te  gratia  gratis, 
Imber  honestatis  magnificusque   satis. 
25     Si  comedis  ve  bibis,  modus  est  quo  vivere  quibis, 
Id  nee  transibis  potibus  atque  cibis. 
Nil  male  precipitas,  et  verba  superflua  vitas: 

Grata  sit  hec  gravitas,  vult  tua  nobilitas. 
Est  tua  persona  majori  digna  Corona : 
30         Nectat^)  ad  hec  dona  gratia  plura  bona. 
Si  quis  hoc  tale  decus  odit  pontificale, 
Is  stet  ubique  male :  tu  quoque  vive  vale ! 

II. 

Herr  Prof.  Dümmler  machte  mich  in  München  auf  den 
folgenden  merkwürdigen  Bettelbrief  aufmerksam,  welcher  im 
Cod.  lat.  4401  (aus  Benedictbeuern)  auf  der  Rückseite  des 
ersten  Blattes  eingetragen,  aber  stark  abgerieben  und  dadurch 
an  einigen  Stellen  unlesbar  ist.  Der  Name  am  Anfang  ist 
sehr  zweifelhaft  in  seiner  ersten  Silbe;  darüber  steht  von 
jüngerer   Hand   BIVIN.     Der   genannte    Abt    scheint    Ekbert 


1)  oder  'vis'.  2)  Necet  Hs. 


398  Aus  Handschriften. 

von  Fulda  zu  sein,  1048  bis  1058,  von  dem  aber  eine  Pilger- 
fahrt nach  Jerusalem  sonst  nicht  bekannt  ist;  auch  weiss  ich 
die  porta  Symeonis  nicht  nachzuweisen. 

ERBWIN  vocor.  Nil  possura  loqui  cum  lingua,  sed  corde. 
Natus  sum  de  Eingulande.  Ego  sum  exul  propter  voluntatem 
sepulchri  doraini  nostri  Jesu  Christi,  et  exivi  cum  episcopo  de 
mea  regione.  Tunc  maligni  homines  percusserunt  omnes 
meos  milites,  nisi  unum.  Postea  veni  ad  portara  Symeonis; 
illic  me  sumpsit  Hecberdus  Fuldensis  abbas.  Tunc  fui  cum 
eo  multos  dies,  valde  eger  in  omnibus  menbris  meis ;  nihil 
potui  manducare  vel  bibere.  Et  adeo  infirmus  fui,  ut  nemo 
mihi  presentem  sponderet  vitam.  Deinde  tradidit  me  prefatus 
abbas  in  fraternitatem    congregationis   sancti  Bonifacii,    et  hoc 

testimonium  jussit  mihi  scribere,  ea  lege,  ut omnes  qui 

me  vider(int)  clerici  et  laici nomine.    Non  peto 

aurum gratiam  Dei.    Omnes  vos   rogo  qui  bonum 

opus    diligitis,   ut    detis   mihi    pacem   nostri   salvatoris 

usque  constat  voluntatis,  premia  cap.  .  .  .  vitae  celestis.  Et 
notum  sit,  quod  non  possum  manducare  nisi  post  duos  aut 
tres  dies. 

Hxc  xfnk  (Huc  veni). 

III. 

Im  Cod.  lat.  Monac.  4570  aus  Benedictbeuern,  welcher 
Burchards  Decret  enthält,  ist  am  Schluss  (f.  244v.)  von  einer 
Hand  des  12.  Jahrh.  folgendes  Schreiben  Lucius  III.  vom 
2.  Sept.  11 82  nachgetragen,  mit  derUeberschrift'DecretalisLucii'. 

Lucius  (episcopus)  servus  servorum  (Dei)  dilectis  fihis 
.C.  preposito  et  capitulo  Curiensis  ecclesie  Salutem  et  apostoli- 
cam  benedictionem. 

Veniens  ad  nos  .0.  presbiter  ecclesie  S.  Elorini  de  Machis») 
sua  nobis  insinuatione  proposuit,  se  quendam  nobilem  virum 
parrochianum  habere,  cum  quo  multi  milites  ac  servientes  in- 
cendiarii  commorantur,  quorum  quidam  in  extremis  agentes, 
cum  nee  ad  proprium  episcopum  nee  ad  sedem  apostolicam 
possint  accedere,  penitentiam  et  viaticum  petunt  ab  eo;  quod 
cum  eis  propria  non  audeat  auctoritate  concedere,  nos  consulere 
studuit,  quid  sibi  esset  in  talibus  faciendum.  Quoniam  igitur 
tantam  ejus  presbiteri  noticiam  non  habemus,  ut  ei  super  hac 
re  credereraus  esse  scribendum ,  vobis  hoc  committendum  2) 
decrevimus,  per  apostolica  scripta  mandantes,  quatinus  eidem 
denuntietis  ex  parte  nostra  presbitero,  ut  si  aliqui  parrochia- 
norum  suorum  in  extremis  agentes,  corde  contrito  et  humiliato 
ei  voluerint')  confiteri,  satisfactionem^)  eis,  sicut  melius  valet. 


1)  Matsch  im  Vintschg-au,  wo  St.  Florin  geboren  sein  soll.        2)  comi- 
tendum  Hs.  3)  voluerit  Hs.  4)  astisffacionem  Hs. 


Aus  Handschriften.  399 

inponat  atque  salutaribus  reficiens  sacramentis,  ecclesiastice 
tradat  si  decesserint  sepulture.  Quod  si  de  infirmitate  con- 
valiierint,  ad  Komanam  ecclesiam  pro  majori  satisfactione  pre- 
cipiat  laborare. 

Dat.  Velletrl  .IUI.  Non.  Septembr. 

Hierauf  folgt  unmittelbar,  aber  von  etwas  verschiedener 
Hand,  das  folgende  päpstliche  Schreiben,  dessen  Urheber  nicht 
genannt  ist. 

Contra  fratrem  nostrum  .  Episcopum  de  dilapidatione  sui 
episcopatus,  perjuriis,  homicidiis,  temeraria  quadam  absolucione 
qui  in  clericum  manus  cum  gravi bus ')  violentiis  injecit,  et 
illicita  matrimoniorum  divisione  criraine  simonie,  canonici  2) 
Henricus  et  Ulricus  nomine  ad  auditorium  nostrum  transmisere 
iquerelam,  addicientes  quod,  sieut  fama  publica  predicatur,  cum 
monialibus  inhonestam  conversacionem  habet,  et  plura  manifeste 
committit,  (qne  eins)  fame  derogant  et  aliis  pernitiosum  exem- 
plum  indiicunt^).  Quoniam  igitur  talia,  si  veritate  subsistunt, 
non  debent  oculis  coniventibus  pertransiri,  discrecioni  vestre 
per  apostolica  scripta  mandamus  atque  precipimus^),  quatinus 
inquisita  sublato  appellationis  obstaculo  super  his  dihgentius 
veritate,  si  reum  inveneritis  memoratum  episcopum  in  his,  que 
supradicta  sunt,  vel  aliquo  ipsorura  capitulo  quod  ad  suspen- 
sionem  ipsius  sufticiat,  auctoritate  apostolica,  nullius  contra- 
diccione  vel  appellacione  obstante,  sub ')  pena  officii  sui,  auc- 
toritate nostra  suffulti ,  infra  quadraginta  dies  post  haruni 
suscepcionem  ei  spacium  trium  mensium  prefigatis,  infra  quod 
nostro  se  conspectui  representet,  responsurus  ad  hec  que  contra 
eum  enormia  proponuntur,  et  si  fuei'it  opus,  innocentiam  suani 
prout  canonicum  fuerit  purgaturus.  Alioquin  si  prefixo  sibi 
termino  venire  contempserit,  ipsum  extunc  auctoritate  nostra 
denuncietis  esse  suspensum,  et  aliura  sibi  competentem  terra i- 
num  prefigentes,  infra  quem  si  ad  Romanam  ecclesiam  non 
adcesserit,  tunc  ei  appellatione  remota  omnem  ecclesie  proibeatis 
ingressum^)  Cuius  rei  seriem  et  processum  sub  sigillis  vestris 
nobis  curetis  quam  tocius  intimare;  nobis  etiam  nichilominus 
nunciantes,  si  se  maliciose  duxerit  absentandum,  quatinus  ad 
eum  vestra  citatio  (non)  possit')  pervenire.  Verum  si  omnes 
his  exequendis  nequiveritis  Interesse,  tu,  frater  episcope,  cum 
altero  ipsorum  ea  nichilominus  exequeris. 

IV. 

Schliesslich  noch  eine  von  P.  Ewald  mir  mitgetheilte 
Notiz.      So   viele    Handschriften   auch   Fr.   Zarncke    für   den 


1)  m.  et  (oder  con)  grauem  Hs.  2)  canonico,  verändert  in  cano- 

nicus  Hs.  3)  Hier  folgt  'qua    el',    als  Spur    der   vorher    ausgelassenen 

Worte.  4)  precimus  Hs.  5)    o.    ei    sub  Hs.  6)  ingresum  Hs. 

7)  c.  posit  Hs. 


400  Aus  Handschriften. 

angeblichen  Brief  des  Priester  Johannes  an  Friedrich  I. 
benutzt  hat,  das  Material  scheint  doch  noch  nicht  erschöpft  zu 
sein.  Der  in  der  Hs.  L  III  22  saec.  XIV.  der  Bibhothek  im 
Escorial  enthaltene  Text  stimmt  überein  mit  demjenigen,  wel- 
chen Zarncke  (Berichte  der  phil.-hist.  Kl.  der  k.  Sachs.  Ges. 
der  Wiss.  1877,  S.  118 — 133)  nach  der  Hildesheimer  Hs.  ge- 
geben hat,  wenn  auch  nicht  ohne  zahlreiche  Varianten  und 
Umstellungen.  Am  Schluss  aber  heisst  es  hier  (f.  35  v.)  ganz 
abweichend  so : 

Verumtamen  gaudemus  de  felicitate  et  prosperitate  sua  et 
credimus  articulos  fidei  catholice  et  sancte  Romane  ecclesie, 
orationes  predictorum  articulorum  fidei  dicendo  sie:  'Domine 
Jhesu  Christe,  adoro  te  in  cruce  pendentem,  spineam  coronam 
in  capite  portantem;  deprecor  te  ut  ipsa  crux  liberet  me  ab 
angelo  percutienti.  Domine  Jhesu  Christe,  adoro  te  in  cruce 
vulneratum;  deprecor  te  ut  vulnera  tua  sint  remedium  anime 
mee.  Domine  Jhesu  Christe,  adoro  te  mortuum  et  sepullum; 
deprecor  te  ut  mors  tua  sit  vita  mea  in  eternum.  Domine 
Jhesu  Christe,  adoro  te  discedentem  ad  inferos  liberare  capti- 
vos ;  deprecor  te  ut  dimittas  intrare  ibidem.  Domine  Jhesu 
Christe,  adoro  te  salvatorem  meum,  deprecor  te  ut  in  tuo  ad- 
ventu  non  intres  in  Judicium  cum  rae  misero  peccatore,  sed 
antea  peccata  mea  dimittas  priusquam  judices,  ut  possim  audire 
vocem  tuam  sanctam,  quam  lidelibus  tuis  et  omuibus  sanctis 
promisisti,  dicens:  Venite  benedicti  patris  mei!  percipite 
regnum  quod  vobis  paratum  est  ab  initio  seculi.  Amen. 
Explicit  epistola  presbiteri  Johannis. 


Zu  den  carolingischen  Formelsammlungen. 

Von  E.  Dümmler. 


Als  ich  in  dem  ersten  Bande  der  Poetae  latini  aevi  Carol. 
die  Gedichte  Theodulfs  von  Orleans  grossentheils  nach  Sirmonds 
Ausgabe  wiederholte,  entging  mir  leider,  dass  die  5  Distichen 
^Sumito  quae  misi'  (I,  524)  aus  der  Pariser  Hs.  2777  (früher 
Colbert.  3335)  des  9.  Jahrh.  als  Schluss  eines  Briefes  schon 
längst  gleichfalls  von  Baluze  (Miscellanea  VI,  554)  und  von 
De  Roziere  (Recueil  des  formules  p.  1102)  herausgegeben  waren. 
Indem  mir  durch  dies  Uebersehen  das  richtige  Verständnis 
jener  Verse  erschwert  wurde,  war  den  andern  Herausgebern 
die  von  Sirmond  überlieferte  Adresse  unbekannt  geblieben : 
ohne  Zweifel  ist  der  Bi-ief  selbst  ebenfalls  von  Theodulf  an 
den  Abt  Fardulf  von  St.  Denis  (793  —  806)  gerichtet.  Dazu 
stimmt  es  sehr  gut,  dass  die  nämliche  Hs.  (vgl.  Arch,  VII,  43) 
noch  weitere  auf  St.  Denis  bezügliche  Actenstücke  enthält, 
darunter  ein  Schi'eiben  Hadrians  I.  (JafFe  1905),  an  dessen 
Echtheit^  so  wunderlich  sein  Inhalt  auch  lauten  mag,  ich  nicht 
mehr  zweifeln  möchte.  Aus  diesem  gerade  ergiebt  sich,  dass 
Theodulf  spätestens  im  J.  795  Bischof  von  Orleans  geworden  sein 
muss.  In  Bezug  auf  die  in  demselben  Codex  folgenden  Briefe 
übersah  De  Roziere  (III,  225),  dass  2  merkwürdige  Schreiben, 
das  eine  an  einen  Abt,  das  andere  an  den  König  Pippin  (von 
Italien?)  gerichtet,  schon  lange  vor  Teulet,  der  sie  ohne  ge- 
nügenden Grund  unter  die  Briefe  Einhards  aufnahm  (Einhardi 
opp.  II,  150  — 154),  von  Duchesne  zusammen  mit  dem  eben- 
dorther  stammenden  Schreiben  Cathvulfs  an  Karl  veröffentlicht 
worden  waren  (Hist.  Franc.  SS.  II,  664—665),  aber  sie  hatten 
daselbst  durchaus  keine  Beachtung  gefunden, 

IL 

Dem  hochverdienten  Herausgeber  des  ersten  vollständigen 
Recueil  des  formules  verdanken  wir  auch  den  ersten  in  Paris 
1853  einzeln  erschienenen  Abdruck  der  Formeln  der  St.  Galler 


402  Zu   den   caiolingischen   Formelsammlungen. 

Hs.  550.  Dass  in  diesem  Codex  2  Sammlungen,  eine  Mur- 
bacher und  eine  Reiehenauer,  vereinigt  seien,  wurde  von 
E.  de  ßoziere  richtig  nachgewiesen,  da  trotz  aller  Tilgung  der 
Namen  einige  unverkennbare  Beziehungen  auf  beide  Klöster 
stehen  geblieben  waren.  Leider  ist  der  Text')  in  der  nach 
Scherrers  Urtheil  'unsauber  und  inkorrect'  geschriebenen  Hs. 
so  schlecht  überliefert,  dass  er  oft  fast  unverständlich  erscheint 
und  er  weist  eine  Rohheit  der  Sprache  auf,  die  wir  den  Ver- 
fassern dieser  Schriftstücke  selbst  durchaus  nicht  zutrauen 
dürfen.  Einiges  lässt  sich  gleichwohl  noch  näher  bestimmen, 
als  es  in  der  Ausgabe  geschehen  ist.  Wenn  zu  Nr,  27,  Recueil 
Nr.  752,  einer  am  Schlüsse  unvollständigen  Eingabe  des  Klosters 
an  einen  Papst  Gregor,  der  Herausgeber  richtig  bemerkt,  dass 
die  darin  enthaltene  Schilderung  der  Lage  von  Reichenau  an 
die  poetische  Beschreibung  derselben  in  WalahfridsVisio  Wettini 
eiinnere,  so  dürfte  man  dadurch  vielleicht  zu  der  Vermuthuug 
berechtigt  sein,  in  Walahfrid,  der  zweimal  unter  dem  Namen 
Strabus  in  dieser  Sammlung  vorkommt*),  den  Verfasser  jenes 
Schreibens  zu  erblicken.  Roziere  lässt  es  nämlich  für  Gregor  HI. 
bestimmt  sein,  zu  dessen  Zeit  das  Kloster  kaum  erst  begründet 
war:  viel  wahrscheinlicher  ist  es,  an  Gregor  IV.  (827  —  844), 
den  Zeitgenossen  des  Abtes  Walahfrid  (8o8— 840,  842-849), 
zu  denken.  Im  Anschlüsse  hieran  mag  es  nun  vielleicht  auch 
nicht  zu  kühn  sein,  das  aus  der  nämlichen  Hs.  schon  von 
Mabillon  (Anal.  vet.  418,  Roziere  Nr.  831)  entdeckte  Schreiben 
des  Bischofs  Prudentius  von  Troyes  an  einen  befreundeten  Abt 
(sacerdotali  paternoque  culmine  insignito)  auf  Walahfrid  zu 
beziehen,  dessen,  jedenfalls  von  dem  gemeinsamen  Aufenthalt 
am  Hofe  herrührende,  Freundschaft  mit  Prudentius  sich  durch 
ein  Gedicht  an  diesen  erweisen  lässt  (Steinmeyers  Zeitschr.  f. 
Deutsches  Alterth.  XXI,  82  '.  Es  ist  bisher  noch  nicht  bemerkt 
worden,  dass  derselbe  in  der  Reichenauer  Sammlung  noch  ein- 
mal vorkommt:  ein  kurzer  Brief  eines  Abtes  (d.  h.  Walahfrids) 
an  einen  vermuthlich  westfränkischen  Erzbischof  schliesst  mit 
4  Distichen,  Avorin  diesem  ein  Gruss  an  Prudentius  aufgetragen 
wird:  'Ergo  salutetur  vestro  Prudentius  ore'  u.  s.  w.  (Nr.  41, 
Recueil  Nr.  785).    Ebenfalls  auf  Walahfrid  3)  dürfte  ein  anderes 

1)  S,  21  (Nr,  27)  Z.  1  möchte  ich  'per  mare  undisonum'  (für  unaiso- 
num),  Z.  4  'Oceanum'  (für  Orcarinm\  S.  37  (Nr.  55),  Z.  20  'Hattoni 
comiti'    (für    Attoniti    comiti)    leseu    u.  s.  w,  2)    Nr,  47,    48    (Recaeil 

Nr.  773,  790).  Nr.  40  (Rec.  Nr.  783)  ist  'Uli  abbati  et  fratribus  Insula- 
nensibus'    bestimmt.  1)    Da    ich    mich    einmal    zn    Gunsten    Walah- 

frids auf  das  Feld  gewagter  Vermuthungen  begeben  habe,  möchte  ich 
hier  nur  noch  andeuten,  dass  das  von  Eiiihard  (Monum.  Carol.  ed.  Jaffe 
p.  484)  an  einen  Lehrer  und  Caplan  der  Kaiserin  Judith  gerichtete 
Schreiben  sehr  wohl  eben  jenem  gelten  könnte,  dessen  nahe  Beziehungen 
zu  Judith  und  Karl  Ebert  näher  dargelegt  hat  (Berichte  der  phil.-histor. 
Cl.   der  säehs.   Gesellsch.   der  Wissensch.   1878,  S.  102  fl'.). 


Zu  den   carolingischen   Formelsammlungen.  403 

Schreiben  zurückzuführen  sein,  in  welchem  er  noch  als  Mönch 
und  in  jugendlichem  Alter  einen  Mann,  der  zu  ihm  im  Ver- 
hältnis eines  woldwollenden  Lehrers  steht,  um  eine  Unter- 
stützung an  Kleidern  und  an  Pergament  bittet  (Nr.  02,  Recueil 
795):  ein  Gesuch,  das  lebhaft  an  ein  ähnliches  erinnert,  wel- 
ches er  in  Versen  —  auch  dieser  Brief  schliesst  mit  arg  ent- 
stellten Versen  —  seinem  Lehrer  Hraban  von  Fulda  an's  Herz 
legte  fCanisii  Lect.  ant.  VI,  600).  Mögen  daher  in  unsere 
Sammlung  auch  einige  ältere  Stücke  aufgenommen  sein, 
z.  B.  ein  Sehreibon  des  Abtes  l'ctrus  von  Iveichonau  (781 — 78G), 
so  möchte  ich  doch  glaul)cn,  dass  die  Mehrzahl  vielleicht 
einem  Briefbuchc  Wnlahfrids  entnommen,  aber  in  sehr  rohe 
Hände  gefallen  ist.  Dies  gilt  auch  von  einem  sehr  interessanten, 
aber  dunkeln  Briefe  an  einen  (Reichenauer)  Abt,  in  welchem, 
wie  Roziere  richtig  erkannte,  von  dem  J5ürgerkriege  unter 
Ludwig  dem  Frommen  die  Rede  ist  (Nr.  55;  Recueil  Nr.  ßl)9). 
Simson  (Ludwig  der  Fr.  H,  198  n.  8)  hat,  wie  ich  glaube  mit 
Recht,  sich  gegen  das  Jahr  839  erklärt,  an  welches  ich  früher 
dachte,  dagegen  scheint  es  mir  nicht  ausgeschlossen,  statt 
dessen  das  Jahr  8K)  anzusetzen  und  demnach  anzunehmen, 
dass  wir  es  hier  mit  einer  Kunde  von  Verhandlungen  zwischen 
Ludwig  dem  Deutschen  und  seinem  Vater  zu  thun  hätten,  bei 
denen  Lothar  eine  vermittelnde  Rolle  zugedacht  war,  vor  dem 
gegen  jenen  unternommenen  Feldzuge.  Jedenfalls  kann  man 
nur  zwischen  833  und  840  schwanken.  Von  den  übrigen 
Stücken  der  Sammlung  steht  zu  den  obigen  Voraussetzungen 
wenigstens  keines  im  Widerspruch,  sie  haben  meist  nur  cultur- 
geschichtliches  Interesse,  doch  erregt  es  wenigstens  u.  a.  unseren 
Antheil,  dass  eine  Abschrift  von  der  'Istoria  Dictis  de  hello 
üregorum  et  Troianorum'  erbeten  wird  (Nr.  39,  Recueil  Nr.  779), 
dessen  Namen  der  Herausgeber  verkannt  hat'). 

1)  Beiläufig-  sei  noch  erwähnt,  dass  das  Schreiben  Formul.  Salomon  29 
(Roziire  Recueil  800)  auch  in  der  bisher  übersehenen  Münchener  Hs. 
15819  (Sal.  cap.   19)  saec.  XII.  fol.  123  vorkommt. 


üeber  den  Ausdruck:  'Clerici  sunt  quintati'. 

Von  Cornelius  Will.^ 

Wenn  es  auch  nicht  gerade  ein  Moment  von  hoher  ge- 
schichtlicher Bedeutung  ist,  über  welches  einige  von  den  in 
dem  werthvollen  Werke :  'Les  registres  d'Innocent  IV,  publiees 
d'apres  les  manuscrits,  originaux  du  Vatican  et  de  la  biblio- 
theque  nationale  par  Elie  Berger'.  (Paris.  Ernest  Thorin.  1881) 
mitgetheilten  Auszügen  aus  bis  jetzt  unbekannten  Bullen  die 
längst  vermisste  Klarheit  gewähren,  so  glauben  wir  doch  die 
seither  in  den  angesehensten  Quellenwerken  und  Geschichts- 
bearbeitungen variierenden  unrichtigen  Auffassungen  und  gänz- 
lich verfehlten  Erklärungen,  Avelche  sich  um  ein  einziges  mis- 
verstandenes  Wort  gruppieren,  nicht  länger  bestehen  lassen  zu 
sollen. 

In  historischen  Aufzeichnungen  nämlich,  welche  Schött- 
gen  und  Kreysig  in  Diplomataria  et  Scriptores  I,  51  ab  anno 
1083—1309  nach  einem  ihnen  von  Leipzig  zugeschickten,  jetzt 
aber  dort  nicht  mehr  vorhandenen  Codex  herausgaben,  heisst 
es  zum  Jahr  1244:  'Clerici  sunt  qhtati'.  Böhmer  druckte 
dieses  Stück  unter  dem  Titel  'Annales  Moguntinenses'  mit 
Verbesserungen  ab  in  Fontes  II,  250  und  gab  das  Wort  'qntati' 
wieder,  indem  er  die  Anmerkung  hinzufügte :  'mit  einem  ge- 
krümmten Strich  über  den  beiden  ersten  Buchstaben'.  Zum 
drittenmale  erschienen  imsere  historischen  Nachrichten  als 
Annales  Moguntini  in:  M.  G.  SS.  XVII,  1  ff.  und  zwar  nach 
einem  von  der  Hand  Goldast's  geschriebenen  Codex  auf  der 
Stadtbibliothek  zu  Bremen  mit  Benutzung  der  beiden  ange- 
führten früheren  Editionen.  In  dieser  Ausgabe  lautet  nun  die 
fragliche  Stelle:  'Item  1244.  clerici  sunt  communicati'.  Zur 
Erklärung  fügt  Pertz  die  Note  3  an:  'Cives  IMoguntini  hoc 
anno  Idibus  Novembris  cclebre  istud  Privilegium  adepti  sunt, 
quod  apud  Gudenum  Cod.  dipl.  I,  p.  580  sqq.  legitur;  qua 
occasione  fortassc  et  clericos  eins  civitatis  in  conmiunionem 
iterum  rcceperunt'.  Nun  edierte  im  vorigen  Jahre  Ernst  Zais 
in  'Beiträge  zur  Gesch.  des  Erzstifts  Mainz'  (Wiesbaden.  1880) 


Ueber   den  Ausdruck :   'Cleiici   sunt  quintati'.  405 

aus  einem  ehemals  dem  Kloster  Eberbacli  angehörigen,  jetzt 
im  Besitz  des  Vereins  für  nassauische  Alterthumskunde  und 
Geschichtskunde  behndlichen  Sammelband  chronikalischer  Auf- 
zeichnungen eine  'Chronica  de  episcopis  Moguntinis',  welche 
unter  mehreren  offenbar  aus  den  angeführten  Annales  Mogun- 
tinenses  stammenden  und  auf  S.  9  und  10  in  Klammern  ge- 
setzten chronikalischen  Notizen  zum  Jahr  1244  die  Nachricht 
giebt:  'clerici  sunt  quiritati'.  Hierzu  die  Note  1:  'Hs.  qhtati; 
die  Zusätze  von  derselben  Hand,  doch  kleiner'.  Endlich  sei 
bemerkt,  dass  Roth,  Geschichtsquellen  aus  Nassau,  Theil  HI, 
die  nämliche  Chronica  de  episcopis  Moguntinis  und  aus  der  glei- 
chen Handschrift  wie  Zais  ebenfalls  im  vorigen  Jahr  publicierte. 
Er  giebt  in  der  Einleitung  S.  IX  und  X  einige  Notizen  über 
die  Handschrift  und  fügt  zur  Chronik  auf  S.  153  in  einer 
Note  bei,  dass  die  historischen  Notizen  (welche  Zais  in  Klam- 
mern mittheilte),  unten  am  Rande  ständen.  Roth  druckt  aber 
von  diesen  Notizen  nur  diejenigen  zu  den  Jahren  1230  und 
1232  ab,  die  übi'igen  lässt  er  aus,  unter  ihnen  auch  diejenige 
zum  Jahr  1244,  welche  uns  beschäftigt. 

Wie  die  Herausgeber  der  Diplomataria  et  Scriptores,  so 
liess  auch  Böhmer  die  Abkürzung  des  fraglichen  Wortes 
qntati  unaufgelöst.  Die  Vertauschung  desselben  mit  'communi- 
cati'  in  der  Handschrift  Goldast's  beruht  aber  auf  einem  offen- 
baren Irrthum  und  die  durch  Pertz  versuchte  Klärung  dessel- 
ben ist  jedenfalls  für  mislungen  anzusehen.  Am  unglücklichsten 
jedoch  fiel  die  von  Zais  aufgestellte  Conjectur  'quiritati'  aus. 

Wir  haben  es  hier  mit  einem  allerdings  ungewöhnlichen, 
wohl  nach  Analogie  von  'decimare'  gebildeten,  aber  doch  nicht 
misverständlichen  Wort  'quintare'  zu  thun.  Dasselbe  fand 
schon  seine  Erklärung  durch  einige  andere  Quellenberichte. 
So  durch  Menkonis  Chronicon,  M.  G.  SS.  XXHI,  537  (Eodem 
anno  domnus  papa  concessit  Maguntino  primati  et  Coloniensi 
archiepiscopo,  ut  ab  omni  clero  suorum  suffraganeorum  per- 
ciperent  quintam  omnium  proventuum  ecclesiasticorum.)  und 
das  Chronicon  vSampetrinum  in  Geschichtsquellen  der  Provinz 
Sachsen  I,  78  (Eodem  anno  Maguntinus  auctoritate  pape  quin- 
tam redituum  partem  a  clero  exegit.). 

Allein  diese  Angaben  der  Quellen  wurden  noch  jüngsthin 
nicht  für  glaubhaft  erachtet.  Bei  Cardauns,  Conrad  v.  Hostaden, 
S.  21,  Note  6,  findet  sich  nämlich  folgende,  mit  dem  thatsäch- 
lichen  Verhältnis  im  Widerspruch  stehende  Combination:  'Ich 
finde  diese  wichtigen  Vorgänge  nur  bei  Menco  (M.  G.  SS.  XXHI, 
537),  der  sie  nach  der  Verlegung  des  päpstlichen  Hofes  nach 
Lyon  erzählt.  Hier  ist  von  einem  Fünftel  sämmtlicher  kirch- 
lichen Einkünfte  die  Rede,  jedoch  wird  eher  an  den  Zehnten 
zu  denken  sein.  1245,  August  1,  fordert  Innocenz  die  beiden 
Erzbischöfe  auf,  nöthigenfalls  den  Erzbischof  von  Bremen  und 


406  Ueber   den   Ausdruck:   'Clerici   sunt  quintati'. 

dessen  Suffragane  zur  Zahlung  des  Zehnten  an  den  demnächst 
zu  wählenden  König  anzuhalten  (Potthast  26328).  Vielleicht 
beziehen  beide  Nachrichten  sich  auf  dieselbe  Steuer'. 

Dieser  Zweifel  an  der  Wahrheit  der  Ueberlieferung,  dass 
Papst  Innocenz  VI.  dem  Klerus  der  Mainzer  und  Cölner 
Metropolitansprengel  die  Leistung  des  fünften  Theils  eines 
Jahreseinkommen  auferlegt  habe,  sowie  jedes  Bedenken  über 
die  Auflösung  des  W^orts  'qntati'  im  Chronieon  jMog.  muss 
nun  aber  schwinden,  wenn  man  sich  durch  zahlreiche  Bullen 
Papst  Innocenz'  VI.  überzeugt,  dass  derselbe  den  Erzbischöfen 
wirklich  den  fünften  Theil  des  Gesammtertrages  aller  kirch- 
lichen Einkünfte  der  besagten  Metropolitansprengel  während 
eines  Jahres  zuspricht.  Dies  ist  aber  thatsächlich  so.  In  drei 
Bullen  Papst  Innocenz'  IV.  vom  5.  Mai  1244  an  die  Erzbischöfe 
von  Mainz  xmd  Cöln  und  an  den  Bischof  von  Speier,  deren 
Inhalt  Berger,  Les  registres  d'Innocent  IV.  unter  Nr.  654 
aufführt,  heisst  es:  '.  .  .  .  ut  quintani  omnium  ecclesiasticorum 
reddituum  anni  proximi  futuri  in  tota  provincia  Maguntina, 
Spirensi  diocesi  dumtaxat  eccepta,  colligere  valeas  auctoritate 
tibi  presentium  indulgomus'.  Dann  bittet  und  ermahnt  Inno- 
cenz in  Bullen  von  eben  dem  5.  Mai  1241  alle  Bischöfe,  Aebte, 
Prioren  und  die  gesammten  Prälaten   der  Mainzer  und  Cölner 

Metropolitansprengel    und    in    der    Speierer    Diöcese:    ' 

quintam  omnium  redditum  ecclesiasticorum  anni  proximi  futuri 
liberaliter  assignetis'  (Berger  a.  a.  O.  Nr.  655).  Endlich  ertheilt 
Innocenz  durch  Bulle  vom  9.  Mai  1245  den  Bischöfen  und 
dem  Clerus  der  Suffraganbisthümer  von  Mainz  (Berger  a.  a.  O. 
Nr.  1244)  in  verschärfter  Weise  den  Auftrag,  an  den  Erzbischof 
von  Mainz  den  'Fünften'  ungeschmälert  und  gern  zu  entrichten. 

Hiermit  ist  denn  auch  allen  Conjecturen  bezüglich  des 
Ausdrucks  'qntati'  der  Boden  benommen  und  die  Varianten 
'communicati'  in  den  Monum.  Germ.  1.  c.  nach  Goldast's  Hand- 
schrift und  'quiritati'  bei  Zais  müssen  dem  einzig  richtigen 
'quintati'  weichen. 


Nachrichten. 


Der  Vf.  eines  Beitrages  im  1.  Hefte  dieses  Bandes  und 
mehrerer  sorgfältiger  Untersuchungen  über  Geschichtsquellen 
des  14.  Jahrhunderts,  Dr.  Dietrich  Koenig,  Lehrer  an  der 
Hauptschule  in  Bremen,  ist  am  25.  Aug.  1881  durch  einen 
frühzeitigen  Tod  den  Seinigen  und  der  Wissenschaft  entrissen. 
Schon  früher  hatten  wir  den  Tod  des  Accessisten  am  Reichs- 
archiv in  München,  Martin  Mayr,  zu  beklagen,  von  welchem 
im  5.  Band  ein  Aufsatz  gedruckt  ist. 

P.  Ewald  hat  bei  einem  Aufenthalt  in  Spanien  einige 
früher  unterlassene  Arbeiten  in  den  dortigen  Bibliotheken 
nachgeholt. 

Der  in  dem  Bericht  S.  4  in  Aussicht  gestellte  13.  Band 
Script ores  ist  erschienen,  und  von  der  neuen  Bearbeitung 
der  Capitularia  durch  A,  Boretius  die  erste  Hälfte  des 
ersten  Bandes,  bis  auf  Karl  d.  Gr.  inclusive.  —  Von  den  'Ge- 
schichtschreibern der  deutschen  Vorzeit'  ist  der  zweite  und 
letzte  Band  der  Jahrbücher  von  Genua  erschienen,  aus- 
zugsweise übersetzt  von  G.  Grandaur. 


In  der  Hist.  Zeitschr.  XLVI,  493—513  ist  eine  sehr  ein- 
gehende Recension  des  25.  Bandes  der  Script  ores  von 
L.  Weiland  gedruckt.  —  Eine  andere  von  P.  G.  Meier  in 
Einsiedeln  steht  in  den  Wissenschaftlichen  Mittheilungen  aus 
dem  Benedictinerorden  II,  3,  S.  164.  (In  der  Vita  Antonii 
wird  der  Vers  158,  S.  348,  richtig  so  erklärt,  dass  Antonius  als 
27.  Abt  dem  Kloster  vorgestanden.     G.  W.) 

Von  S.  Loewenfeld  bringt  die  Hist.  Zeitschr.  XL VII, 
66 — 73  eine  ausführliche  Recension  von  Winkelmanns  Acta 
Imperii  inedita. 

Neues   Archiv  etc,   VlI.  27 


408  Nachrichten. 

AI  fr.  Holder  lässt  unter  dem  Gesammttitel  'Germani- 
scher Bücherschatz'  eine  Anzahl  Autoren  abdrucken:  1)  Taci- 
tus  Germania;  2)  Einhardi  Vita  Karoli;  3)  Beowulf; 
4)  Otfrid  von  Piper. 

Ein  Vortrag  von  G.  Rinaudo  'delle  fönte  della  storia 
d'Italia  nel  medio  evo'  ist  im  Archive  storico  Lombardo  S.  545  ff. 
abgedruckt  (wobei  leider  die  Deutschen  Namen  recht  entstellt 
sind;  Aschback,  Kock- Sternfeld,  Hohlschütter,  Wattembach), 
auch  die  Literatur  etwas  bunt  durcheinander  aufgeführt  (über 
Einhard  z.  B.  Abel,  Frese,  Gundling,  Hofacher,  Reinhard). 


Von  den  Jahresberichten  der  Geschichtswissen- 
schaft ist  der  sehr  starke  zweite  Jahrgang  (1879)  erschienen. 

Von  L.  Delisle's  grossem  Werke  über  die  Geschichte 
der  Handschriftensammlung  der  Pariser  Nationalbibliothek, 
Le  Cabinet  des  Manuscrits,  ist  der  dritte  und  letzte 
Band  erschienen,  mit  vollständigem  Register  und  begleitet  von 
einem  eigenen  Bande  Facsimiles. 

Von  der  Bibliotheca  Casinensis  ist  der  vierte  Band 
erschienen. 


Die  Acta  Sanctorum  der  BoUandisten  schreiten 
trotz  entschiedener  Misgunst  der  Verhcältnisse  in  neuester  Zeit 
rüstig  fort.  Der  letzte  Band,  Tom.  XH.  des  October,  der  59. 
(resp.  60.  letzter  Edition)  der  ganzen  Sammlung  ist,  wie  man 
sich  erinnern  wird,  1867  publiciert  worden.  Seitdem  ist  dem 
Unternehmen  die  Staatsunterstützung  entzogen;  von  den  sechs 
früheren  Mitarbeitern  sind  nicht  weniger  als  fünf  gestorben, 
wird  der  sechste  durch  Krankheit  an  jeder  Fortsetzung  seiner 
Thätigkeit  verhindert.  Der  XHI.  Band  des  October,  der  zur 
Hälfte  bereits  gedruckt  ist,  und  dessen  Arbeiten  von  dem  erst 
1880,  Nov.  5,  verstorbenen  P.  Remi  de  Bück  fast  zu  Ende 
geführt  sind,  soll  nun  von  den  neuen  drei  BoUandisten,  den 
PP.  G.  Van  Hooff,  J.  de  Backer  und  Ch.  de  Smedt 
noch  im  Laufe  des  kommenden  Jahres  fertig  gestellt  werden. 
Auch  an  dem  folgenden  Band,  dem  ersten  des  November, 
wird  bereits  von  den  genannten  Gelehrten  eifrig  gearbeitet.  — 
Zugleich  zeigt  die  Buchhandlung  der  BoUandisten  (Victor  Palme, 
Paris)  das  Erscheinen  der  Analecta  BoUandiana  an. 
Diese  Analecta  sollen  den  Actis  in  ähnlicher  Weise  zm*  Seite 
stehen,  wie  das  Neue  Archiv  den  Monumenten.  Die  Analecta 
bieten  sowohl  Supplemente  aller  Art  zu  den  vorhergehenden 
Bänden  der  Acta,  als  auch  kritische  Untersuchungen,  Hand- 
schriftenbeschreibungen und  Inedita,  soweit  sich  dies  alles  mit 


Nachrichten.  409 

der  Hagiologie  im  Zusammenhang  befindet.  Auch  Arbeiten 
von  Nicht- Bollandisten  finden  in  den  Analectis  Aufnahme.  Sie 
müssen  lateinisch  geschrieben  sein;  die  Verfasser  erhalten 
100  Separatabdrücke.  —  Endlich  sollen  auch  Generalindices 
zu  den  60  Bänden  der  Acta  demnächst  erscheinen,  sie  werden 
an  Ausführlichkeit  die  Indices  der  einzelnen  Bände  weit  über- 
treffen. —  Wir  können  nicht  umhin,  dies  Alles  mit  Freuden 
zu  begrüssen  und  sprechen  den  Wunsch  aus,  dass  auch  das 
Interesse  der  belgischen  Regierung  sich  wieder  dem  grossen 
Werke  zuwende,  und  damit  den  Bollandisten  besonders  bei 
der  Benutzung  fremder  Handschriften  die  ihnen  so  nothwendige 
und  gebührende  Erleichterung  zu  Theil  werde.  P.  E. 


Eine  Ausgabe  der  Germania  in  Verbindung  mit  dem 
Agricola  mit  erläuternden  Anmerkungen,  die  fleissig  auch  die 
neuere  Deutsche  Literatur  benutzen,  giebt  W.  Fr.  Allen, 
Professor  zu  Madison  an  der  Universität  von  Wisconsin. 
Boston  1881. 


Die  längst  erwartete  Ausgabe  des  Orosius  von  C.  Zange- 
meister ist  erschienen  (Wien  1882). 

Eine  von  der  philos.  Fac.  der  Leipz.  Univ.  gekrönte  Preis- 
schrift von  Paul  Buchholz:  'Die  Quellen  der  Historiarum 
Decades  des  Flavius  Blond us'  enthält  eine  Behauptung, 
welche  sehr  wichtig  wäre,  wenn  sie  sich  erweisen  Hesse,  dass 
nämlich  Blondus  den  Ablavius  gekannt  und  benutzt  habe. 
Da  es  jedoch  ganz  unglaublich  ist,  dass  er  in  diesem  Falle 
ihm  nichts  entnommen  hätte,  was  nicht  schon  im  Jordanis 
steht,  so  werden  wir  anzunehmen  haben,  dass  er  ihm  nur  auf 
diesem  Wege  bekannt  geworden  ist.  (Und  dies  ist  um  so 
gewisser,  da  selbst  die  Worte  des  Blondus  z.  Th.  mit  Jordanis 
stimmen,  auch  der  Autor,  wie  der  Verf.  selbst  wiederholt  be- 
merkt, die  Gewohnheit  hat,  Quellen  zu  eitleren,  die  er  nicht 
gehabt  und  nur  aus  Ableitungen  kennt.     G.  W.). 


In  der  neuen  Ausgabe  seines  Buches:  'Entstehung  des 
Deutschen  Königthums'  bespricht  H.  v.  Sybel  S.  184  bis  208 
ausführlicher  als  früher  das  Verhältnis  zwischen  Jordanis 
und  Cassiodor  und  sucht  die  gänzliche  Unglaubwürdigkeit 
ihrer  tendenziösen  Darstellung  nachzuweisen. 


Herr  Prof.  Godefroid  Kurth  in  Lüttich  hat  uns  eine 
Abhandlung  zugeschickt:  'Deux  biographies  inedites  de  Saint 
Servals.  Publiees  avec  une  etude  critique'  (Liege  1881). 
Die  jüngere  der  beiden  ist  die  von  Heriger  als  Gesta  antiquiora 

27* 


41()  Nachrichten. 

bezeichnete;  beide  beruhen  ausschliesslich  auf  Gregor  von 
Tours,  bei  dem  also  schon  der  erste  Bearbeiter  im  7.  Jahrh. 
Servatius,  nicht  Aravatius,  gelesen  zu  haben  scheint,  mit  einigen 
erweiternden  Ausschmückungen.  Einige  Reste  von  Distichen 
in  der  jüngeren  scheinen  dem  Epitaph  entlehnt  zu  sein.  Es 
ergiebt  sich  also  mit  Sicherheit,  dass  eine  ältere  Quelle  nicht 
bekannt  war;  von  der  fabelhaften  Legende  ist  noch  keine  Spur 
vorhanden.  Hat  nun  durch  die  Mittheilung  dieser  Viten  (die 
Hs.  der  älteren  war  Arch,  XI,  S.  251  beschi-ieben.  G.  W.)  Herr 
Kurth  sich  ein  bedeutendes  Verdienst  um  die  Aufhellung  dieser 
Frage  erworben,  so  bemerken  wir  zugleich  nachträglich  zu  der 
kurzen  Notiz  NA.  IV,  419,  dass  K.  es  sehr  wahrscheinlich 
gemacht  hat,  dass  in  der  Vita  Lamberti  die  wahre  Ursache 
der  Ermordung  in  der  ältesten  Legende  und  von  Gotschalk 
wirklich  aus  Furcht  verschwiegen  ist,  wie  Sigebert  sagt;  er 
stützt  sich  dabei  u.  a.  auf  die  durch  das  neu  aufgefundene  Ms. 
hergestellte  Lesart  bei  Anselm:  'alterius  scripturae  relatio'. 


Eine  Abhandlung  von  Demaison  in  den  'Travaux  de  l'aca- 
demie  nationale  de  Reims'  T.  LXIV.  beweist  nochmals,  dass 
die  Vita  Sigeberti  regis  von  Sigebert  von  Gembloux 
ohne  historischen  Werth  ist.  Die  Revue  historique  XVI,  S.  458, 
der  wir  diese  Notiz  entnehmen,  bemerkt  nicht,  ob  der  Verf. 
die  Schrift  von  S.  Hirsch,  wo  dasselbe  vor  40  Jahren  gezeigt 
und  anderes  eino:ehend  erläutert  ist,  benutzt  hat. 


Prof.  F.  M.  Mayer  in  Graz  hat  der  Wiener  Akad.  eine 
Vita  Hrodberti  vorgelegt,  welche  er  für  die  Q.uelle  des 
Anonymus  de  conv.  Bajoariorum  hält. 


S.  Riezler  untersucht  (SB.  der  Bayr.  Akad.  1881,  S.  247 
—  291)  das  von  Av entin  als  Quelle  angeführte  Buch  von 
'Herzog  Thesseis  Kanzler  mit  Namen  Crantz'  (Stephanus?). 
Er  weist  die  thatsächliche  Benutzung  einer  gleichzeitigen  Quelle 
nach ,  aus  welcher  mit  Hülfe  der  jetzt  zuerst  untersuchten 
Handschriften  Aventins  nicht  unbedeutende  Fragmente  mitge- 
theilt  werden.  Dieselbe  Quelle  ist  benutzt  in  den  SS.  XIII,  236 
gedruckten  Annalen. 

Eine  Leipz.  Diss.  von  Max  Manitius:  'Die  Annales 
Sithienses,  Laurissenses  minores  und  E n h a r t i  F u  1- 
denses'  untersucht  zuerst  die  Sith.,  welche  aus  den  Fuld.  ab- 
geleitet werden,  dann  die  Laur.  min.,  als  deren  Quellen  ausser 
den  Fortsetzungen  des  Fredegar  bis  741,  Laur.  maj.  in  einer 
vorausgesetzten  ersten  Redaction  bis  788,  ältere  Annalen  bis 
768,  von  775 — 800  Lauresh.  nebst  einigen  anderen  Elementen 


Nachrichten.  41 1 

angenommen  werden.  Nach  800  wären  sie  bis  804  selbständig 
fortgesetzt.  Für  die  Ann.  Fuld.  wird  ausser  den  Laur.  min. 
bis  794  eine  Compilation  aus  den  Forts,  des  Fredegar  und 
annalistisehen  Nachrichten  von  spätestens  741  bis  770  ange- 
nommen; dazu  Vita  Steph,  II,  von  757  an  Laur.  ma].  und 
Lauresham.  781  —  793,  Ann.  Einh.  795  —  799  nebst  Transh 
Petri  et  Marceil.  und  Fulder  Aufzeichnungen.  Bis  794  wären 
sie  in  den  Ann.  Einh.  benutzt,  dann  wird  bis  799  das  Ver- 
hältnis umgekehrt;  mit  801  schlössen  die  Ann.  Einh.,  wie  der 
Poeta  Saxo  zeigt.  Als  Vf.  der  Ann.  Fuld.  bis  794  sucht 
M.  Einhard  zu  erweisen,  der  darauf  am  Hofe  die  Laur.  maj. 
von  796  an  fortgesetzt,  zwischen  802  und  806  den  älteren  Text 
umgestaltet  und  dann  weiter  fortgeführt  habe. 

Die  Diss.  ist  gut  gearbeitet  und  erfordert  sorgfältige  Prü 
fang. 

Die  Zeitbestimmung  der  griechischen  Legende  von  H.G  e  o  r- 
gius  von  Amastra  ist  für  die  Geschichte  des  9.  Jahrh.  von 
grosser  Wichtigkeit,  weil  man  daraus  russische  Angriffe  auf 
die  griechischen  Küsten  schon  in  der  ersten  Hälfte  des  9.  Jahrh. 
hat  erweisen  wollen,  im  Zusammenhang  mit  der  Behauptung, 
dass  schon  vor  der  Ankunft  Ruriks  Russen  am  Schwarzen 
Meer  bekannt  gewesen  wären.  Im  Bulletin  de  l'Acad.  Imp. 
de  St.  Petersb.  Tome  V  (1880)  sucht  dagegen  Dr.  W.  von  Gut- 
zeit nachzuweisen,  dass  in  jener  Legende  vielmehr  der  Angriff 
Igors  941  gemeint  sei.  E.  Kunik  aber  erklärt  sich  für  den 
ersten  Angriff  der  Russen,  dessen  Datum  er  in  längerer  Aus- 
führung als  das  Frühjahr  865  bestimmt.  Diese  Untersuchun- 
gen sind  von  grosser  Wichtigkeit  für  die  Gründungsgeschichte 
des  russischen  Reiches,  um  deren  Aufhellung  und  Feststellung 
bekanntlich  E.  Kunik  sich  das  vorzüglichste  Verdienst  erwor- 
ben hat. 

Ch.  Beelte  hat  in  einem  Programm  des  bisch.  Gymn. 
Josephinum  zu  Hildesheim  Thangmar  und  sein  Leben  Bern- 
wards  behandelt,  wobei  er  die  ersten  10  Capitel  als  vor  1013  ge- 
schrieben absondert  und  den  Abschnitt  über  den  Gandersheimer 
Streit  für  jünger  erklärt,  und  nicht  frei  von  Einseitigkeit;  was 
aber  ihm  nicht  zu  verübeln  sei.  In  Bezug  auf  die  Hildesheimer 
Annalen  sind  ihm  die  neueren  Untersuchungen  und  die  Aus- 
gabe von  Waitz  entgangen;  die  Schwierigkeit,  welche  früher, 
als  man  nach  Pertz  an  gleichzeitige  Abfassung  glaubte,  die 
Uebeinstimmung  einiger  Stellen  mit  Thaugmar  bereitete,  ist 
jetzt  hinweg  geräumt. 

Eine  Bonner  Dissertation  von  Panzer  handelt  über  die 
Schrift  des  Wido  von  Ferrara  de  scismate  Hildebrandi. 


412  Nachrichten. 

Nachträglich  bemei'ken  wir,  dass  in  einer  Leipziger  Diss. 
von  1880  von  J oh.  Kroger:  ^Geschichte  Boehmens  von  1041 
bis  1089'  die  Unechtheit  der  Fragmente  des  von  Boczek  an- 
geführten Hildegardus  Gradicensis  ausführlich  nach- 
gewiesen ist. 

In  einer  Hall.  Dissert.  von  1881  (Geschichte  der  Verfas- 
sung Mailands  in  den  Jahren  1075  bis  1117.  Nebst  einem 
Anhang  über  das  Consulat  zu  Cremona)  erweist  Ernst  Ane- 
müller  das  erste  sichere  Vorkommen  des  politischen  Consulats 
in  Mailand  erst  1117,  während  ein  'consulatus  civium',  ver- 
muthhch  als  Finanzbehörde,  schon  früher  vorkommt,  mit  Be- 
nutzung von  Urkunden,  welche  er  dem  Assessor  Wüstenfeld  in 
Göttingen  verdankt.  Ein  Excurs  behandelt  'Landulfus  de 
St.  Paulo  und  seine  Terminologie',  ein  anderer  den  'Werth 
der  Chroniken  des  Galvaneus  Flamma  für  die  Jahre  1075 
— 1117'.  Die  Geringschätzung  derselben  wird  getadelt,  wäh- 
rend doch  eben  diese  Besprechung  kaum  zu  einer  günstigeren 
Ansicht  zu  berechtigen  scheint. 


Im  Archivio  storico  Lombarde  1881,  S.  507,  berichtet 
C.  Cipolla  über  Giesebrechts  Aufsatz  'Zur  Mailändischen 
Geschichtsschreibung'  (Forsch,  z.  D.  G.  XXI ;  vgl.  oben  S.  232). 


In  'Forschungen  z.  D.  Gesch.'  XXI,  3,  S.  429  — 448, 
bespricht  G.  Waitz  'Hermann  von  Tournai  und  die  Ge- 
schichtschreibung der  Stadt  Tournai',  deren  Denkmäler  im 
XIV.  Band  der  SS.  herausgegeben  werden. 

Daselbst,  S.  449  — 494,  theilt  Hans  Prutz  ein  Gedicht 
von  1408  Versen  über  die  Belagerung  von  Accon  mit, 
welches  im  Lager  selbst  zw.  Oct.  1189  und  Juli  1190  von 
einem  Cleriker  des  Erzbischofs  von  Besangon  verfasst  ist. 


Sicard,  Bischof  von  Cremona.  Eine  Studie  zur  Historio- 
graphie des  XIII.  Jahrhunderts,  Inaugural- Dissertation  von 
E.  Komorowski,  Königsberg  1881,  handelt  kurz  über  das 
Leben,  die  Handschriften  (von  denen  der  Verf.  die  Breslauer 
benutzte),   die  Quellen,   aber   in   sehr   unbefriedigender  Weise. 

Im  Kreisarchiv  zu  Amberg  sind,  wie  die  Z.  f.  D.  Alterth. 
XXV,  S.  80,  berichtet,  5  theilweise  zerschnittene  Blätter  einer 
Handschrift  von  Jeroschins  Preussischer  Rcirachronik  ge- 
funden. 


Revue  hist.  XVII,  1,  64—89,  berichtet  O.  Hartwig  aus- 


Nachrichten.  413 

fülu-lich  über  den  Stand  der  Frage  betr.  die  Chronik  des  Dino 
Compagni.  Er  glaubt  die  Benutzung  einer  aus  der  Zeit 
desselben  stammenden  Quelle  annehmen  zu  müssen,  die  aber 
bis  zur  Unkenntlichkeit  entstellt  sei.  Is.  del  Lungo  wird  ge- 
tadelt, dass  er  nicht  die  Ashburnham'sche  Hs.  seiner  Ausgabe 
zu  Grunde  gelegt  habe,  in  einer  Anm.  aber  eine  Notiz  von 
Reumont  angeführt,  nach  welcher  ihm  dieses  vom  Eigenthümer 
derselben  nicht  gestattet  wäre. 


'Christian  Kuchimeis  ter's  Nüwe  Casus  Monasterii 
sancti  Galli'  sind  als  18.  Heft  der  'Mittheilungen  zur  vater- 
ländischen Geschichte',  herausgegeben  von  G.  Meyer  von 
Knonau,  und  damit  seine  Sammlung  der  St.  Gallischen  Ge- 
schichtsquellen abgeschlossen.  Ausser  einer  ausführlichen  Ein- 
leitung und  vielleicht  zu  reichlichen  Anmerkungen  ist  eine 
chronologische  Uebersicht  der  Begebenheiten  in  dem  Zeitab- 
schnitt von  1200  bis  1329  als  besonders  dankenswerth  hervor- 
zuheben. 


Ueber  eine  Französische  Uebersetzung  der  Werke  des 
Bernardus  Guido  von  J.  G olein  im  Cod.  Christ.  697  zu 
Rom^handelt Thomas  in  den  Melanges  d'archeologie  et  d'histoire 
der  Ecole  francaise  de  Rome,  1881,  Juni,  fasc.  3  und  4. 


Die  VI,  641  erwähnte  Schrift  von  Robert  Hoeniger: 
'Der  schwarze  Tod  in  Deutschland'  ist  bei  E.  Grosser  in  Berlin 
(1882)  erschienen.  S.  120  wird  in  Bezug  auf  Johann  von 
Winterthur  wohl  mit  Recht  bemerkt,  dass  der  Nachtrag 
nicht,  wie  G.  von  Wyss  als  möglich  annahm,  später  geschrieben 
sein  kann,  weil  die  Berichte  so  genaue  Zeitangaben  enthalten 
und  sachlich  zusammengehöriges  getrennt  ist,  je  nachdem  er 
die  Nachricht  erhielt,  theils  weil  nicht  die  geringste  Hindeu- 
tung auf  eng  verknüpfte  Begebenheiten  des  J.  1349  vorkommt. 
Angehängt  ist  u.  a.  das  erste  Buch  des  C haiin  de  Vinario 
in  Avignon  über  die  Pest  nach  einer  Danziger  Hs.,  aus  wel- 
cher sich  ergiebt,  dass  die  bisher  allein  bekannte  Ausgabe  von 
Dalechamp  sehr  stark  überarbeitet  ist.  Vermisst  haben  wir 
den  Bericht  eines  Zeitgenossen,  welcher  selbst  die  Krankheit 
überstanden  hat,  in  der  Chronik  des  ungenannten  ital.  Gibel- 
linen  bei  Murat.  SS.  XVI.  Eine  Abschrift  dieser  Chronik  ist 
die  oben  S.  175  unter  22  aufgeführte  Maihinger  Handschrift. 


Von  dem  VI,  210  erwähnten  Rechnungsbuch  des  Grafen 
Heinrich  von  Derby  über  seine  zweite  Reise  1392.  1393 
hat  R.  Pauli  aus  dem  Public  Record  Office  in  London  eine 
vollständige  Abschrift  erhalten  und  macht  daraus  in  den  Gott. 


414  Nachrichten. 

Nachrichten  von  1881,  Nr.  14,   weitere  und  genauere  Mitthei- 
hmgren. 


Der  neulich  ausgegebene  Band  von  den  Chroniken  der 
deutschen  Städte,  Mainz,  erster  Band,  bearbeitet  von  dem  Her- 
ausgeber Prof.  Hegel  selbst,  enthält  eine  bisher  ungedruckte 
Chronik  von  1332 — 1452.  Die  Vorrede  macht  die  erfreuliche 
Mittheilung,  dass  es  auch  gelungen  ist,  die  lange  verraisste,  von 
Böhmer  viel  gesuchte  Mainzer  Bischofschronik  wiederaufzufin- 
den, und  dass  der  2.  Band  ausnahmsweise  auch  diese  lateinische, 
für  die  zweite  Hälfte  des  14.  und  Anfang  des  15.  Jahrhunderts 
sehr  werthvolle  Quelle  zugänglich  machen  wird. 


A.  Bach  mann  veröffentlicht  in  den  Mitth.  d.  Vereins  f. 
Gesch.  der  Deutschen  in  Böhmen,  Jahrg.  19  (1881),  Nr.  4 
einen  Bericht  eines  Augenzeugen  über  den  Prag  er  Aufstand 
von  1483. 


In  der  Zeitschrift  für  Oesterr.  Gymnas.  1880,  S.  16—20, 
hat  Franz  Martin  Meyer  neben  anderen  Documenten 
gleichzeitige  Aufzeichnungen  von  1477  bis  1490  über  die  österr. 
ung.  Verhältnisse  veröffentlicht  aus  einer  Hs.  der  Studienbiblio- 
thek in  Salzburg. 

Von  der  oben  S.  180 — 186  mitgetheilten  Fortsetzung  der 
Füssener  Chronik  vermuthet  Dr.  Baumann,  dass  sie  von  dem 
P.  Gallus  Knöringer  herstamme,  von  welchem  er  in  der 
Bibliothek  des  Litt.  Vereins  129  (Quellen  zur  Gesch.  des  Bauern- 
krieges in  Oberschwaben)  S.  391 — 412  ein  Stück  seiner  Annales 
Faucenses  mitgetheilt,  und  S.  413 — 416  die  Lebensnachrichten 
und  Schriften  besprochen  hat. 


Ueber  die  'Fontes  rerum  Nass  oicarum',  I.  Die 
Geschichtsquellcn  des  Niederrheingaus,  Th.  1 — 3  (Wiesb. 
1880)  von  G.  M.  E.  Roth,  hat  L.  Weiland  eingehend  be- 
richtet in  V.  Sybel's  Hist.  Zeitschr.  XLVI,  327  —  336.  Unter 
mancherlei  wcrthvollen  Mittheilungen,  deren  Benutzung  leider 
durch  unkritische  Methode  erschwert  wird,  finden  sich  (I,  352, 
509)  neue  Bruchstücke  der  verlorenen  Gesta  archiepisco- 
porum  Moguntin  orum;  ausserdem  Bd.  III  chronikalische 
Nachrichten  von  1382 — ^1403,  die  neuerdings  auch  von  Zais 
herausgegebene  (NA.  VI,  465)  Cronica  de  episcopis  Moguntinis, 
Stücke  eines  wichtigen  Traditionscodex  von  Eberbach,  Lieder 
der  h.  Hildegard  aus  der  Wiesbadener  Handschrift.  Der  zweite 
Band  enthält  Urkunden  von  1071  an  zur  Geschichte  des  Nieder- 
rheingaus. 


Nachrichten.  415 

Ueber  die  Monumenta  Poloniae  III  (NA.  VI,  S.  209) 
berichtet  sehr  eingehend  A.  Brückner  in  der  Histor.  Zeit- 
schr.  XLVI,  369-380. 

Die  vom  Grafen  Dzialinski  begonnene  Publication 
'Lites  ac  res  gestae  inter  Polonos  ordinemque  Crviciferorum ; 
supplementum  quo  continetur  causa  inter  Vladislaum  regem 
Poloniae  et  Cruciferos  a.  1320  acta'  ist  von  Dr.  Celichowski 
vollendet. 


Von  der  Ausgabe  der  Werke  des  Dlugoss,  welche  auf 
Kosten  des  Grafen  Przedziecki  erscheint,  ist  im  5.  Bande  das 
Ende  der  poln.  Geschichte  gedruckt.  Es  fehlt  nur  noch  der 
6.  Band  mit  dem  Register,  und  die  Biographie  des  Dlugoss 
nebst  der  Angabe  der  benutzten  Hülfsmittel. 


In  ermüdender  Weitläuftigkeit  und  in  wenig  kritischer 
Weise  bespricht  K.  Rehorn  'die  Chronikenberichte  über 
Bruder  Bertholds  Leben',  Germania  XXVI,  S.  316  ff. 
Fast  unbegreiflich  ist,  wie  jemand,  der  über  mittelalterliche 
Autoren  handeln  will,  nachdem  er  eine  halbe  Seite  lang  sich 
mit  Trithemius  beschäftigt,  schreiben  kann  'Annales  Hirsaug. 
kenne  ich  überhaupt  nicht',  —  das  wichtigste,  längst  gedruckte 
(QK.  Nr.  587),  hundert  Mal  benutzte  Buch  des  vielschreibenden 
Autors !  G.  W. 

Die  Lex  Salica  ist  in  neuerer  Zeit  Gegenstand  mehrerer 
Arbeiten  gewesen.  Ausser  der  NA.  VI,  649  erwähnten  synopti- 
schen Ausgabe  von  Hesseis  und  den  Abdrücken  der  wichtig- 
sten Handschriften  von  Holder  (NA.  V,  235,  VI,  466)  ist  nach- 
träglich zu  erwähnen :  De  Salische  wet  —  Pactus  legis  Salicae 
—  haar  oorsprong,  voortgang  en  werking,  vertaling  en  vertol- 
ting  door  Mr.  F.  J.  E.  van  Zinnicq  Bergmann,  's -Her- 
togenbosch 1877  (der  Text  nach  der  Ausgabe  Eccards,  mit 
Weglassung  der  Glossen).  —  Mit  der  Entstehung  der  Lex 
beschäftigt  sich  eingehend  A.  Schröder,  Die  Franken  und 
ihr  Recht,  Z.  der  Savigny  -  Stiftung  für  Rechtsgeschichte,  Germ. 
Abth.  IL  Band,  und  daraus  besonders  abgedruckt.  Der  Verf. 
vereinigt  hier  früher  zerstreut  gegebene  Untersuchungen  und 
sucht  sie  gegen  erhobene  JEinAvendungen  zu  vertheidigen.  — 
An  der  Entstehung  vor  Chlodovech  in  den  Belgischen  Sitzen 
hält  fest  J.  J.  Thonissen,  der  eine  umfangreiche  Abhandlung 
(398  S.  in  Quart,  besonders  abgedruckt  aus  dem  44.  Band 
der  Memoires  der  Belgischen  Akademie  der  Wissenschaften) 
veröffentlicht  hat:  L'organisation  judiciaire,  le  droit  penal  et 
la  procedure  penale  de  la  loi  Salique.     Bruxelles  1881. 


416  Nachrichten. 

Die  älteren  Rechts  quellen  der  Stadt  Zütphen  sind 
als  zweite  Publication  der  Utrechter  Gesellschaft  zur  Heraus- 
gabe der  altniederländischen  Rechtsquellen  publiciert  u.  d.  Titel: 
'Rechtsbronnen  der  stad  Zutphen  van  het  begin  der  14.  tot  de 
tweede  helft  der  16.  eeuw.  Uitgegeven  door  C.  Pijnacker 
Hordijk,  hoogleeraar.     Haag  1881'. 

Von  Stumpf- Brentano's  'Reichskanzlern'  ist  die  lange 
erwartete  Schlusslieferung  des  3.  Bandes  erschienen,  welche 
die  Acta  inedita  auf  die  Zahl  531  bringt,  und  ausserdem  die 
Vorrede,  sehr  dankenswerthe  Register,  Berichtigungen  und 
Zusätze  und  einige  Kartons  enthält. 


Der  berühmte,  von  der  Oesterreichischen  Regierung  an 
Italien  ausgelieferte  Codex  A st ensis  ist  jetzt  in  den  Atti 
della  r.  acad.  dei  Lincei  1875 — 76.  Serie  seconda  Vol.  5,  Roma 
1880,  gedruckt.  Die  Ausgabe  füllt  4  Bände  in  Quart,  von 
denen  2  und  3  den  Text,  4  die  Register  enthalten,  1  noch  aus- 
steht. Zu  Anfang  des  Textes  steht  ein  Abschnitt:  'Incipit 
aliquid  de  ystoria  civitatis  Astensium',  annalistische  Aufzeich- 
nungen —  1294  (gedruckt  bei  Muratori  XI,  S.  139  als  Chronica 
Astensis,  aus  späterer  Handschrift).  S.  68  folgt:  'Secunda  pars 
de  privilegiis  imperatorum  concessis  comuni  Astensi',  von 
Konrad  III.  an,  die  meisten  bei  Stumpf  Acta  gedruckt. 


Von  den  Documents  inedits  relatifs  ä  l'histoire  de  la  pro- 
vince  de  Namur,  deren  frühere  Abtheilungen  die  Chartulare 
von  Bouvignes  (2  Bände),  Fosses,  Ciney,  Namur  (3  Bände), 
Cousin,  und  'petites  communes'  umfassen,  ist  eine  neue  Ab- 
theilung erschienen:  Cartulaire  de  la  commune  de  Dinant 
recueilli  et  annote  par  Stan.  Bormans,  T.  1  und  2  ( — 1482). 
Namur  1880.  81.  Der  erste  Band  enthält  nochmals  die  merk- 
würdige Urkunde  über  die  Rechte  des  Grafen  zu  Dinant,  dann 
mehrere  Urkunden  des  K.  Albrechts  v.  J.  1299  (auch  gedruckt 
in  dem  Recueil  des  ordonnances  de  la  princij)aute  de  Liege). 


Von  dem  Liv-,  Est-  und  Curländischen  Urkunden- 
buch,  von  dem  F.  G.  v.  Bunge  6  Bände  herausgegeben  hat, 
ist  jetzt  im  Auftrage  der  baltischen  Ritterschaften  und  Städte 
eine  Fortsetzung  erschienen  von  H.  Hilde braud,  der  zu  dem 
Ende  die  umfassendsten  Arbeiten  in  heimischen  und  fremden 
Archiven  ausgeführt  hat.  Der  7.  Band  (Riga.  Moskau  1881. 
608  Seiten  in  Quart)  umfasst  die  Zeit  von  Mai  1423  bis  Mai 
1429.  Er  enthält  wichtiges  Material  für  die  nordische  Geschichte, 
auch  zahlreiche  Urkunden  K.  Siorismunds. 


Nachrichten.  417 

Friedrich  vonWyss  hat  in  der  Zeitschr.  für  schweize- 
risches Recht,  Bd.  17,  mit  einer  Abhandlung  über  die  Reichs- 
vogtei  Zürich  eine  Ausgabe  des  Züricher  Grossmünster- 
Rotulus  verbunden,  welcher  auf  einer  Pergamentrolle  von 
fast  6  Fuss  Länge  ürkundenabschriften  aus  dem  9.  u.  10.  Jahrh. 
enthält. 

In  den  'Forschungen  z.  D.  Gesch.'  XXI,  495  ff.  theilt 
H,  Simonsfeld  Regesten  von  Urkunden  des  Deutschen 
Ordens  in  Venedig  mit,  deren  Aufbewahrung  im  dortigen 
Archiv  M.  Perlbach  entdeckt  hatte;  die  erste  ist  jedoch  von 
Alexander  IV.  und  irrthümlich  Alexander  III.  zuge theilt.  S.  508 
ist  eine  Urkunde  K.  Sigismunds  abgedruckt. 


In  der  Strassburger  Dissertation  von  Hans  von  Kap- 
Herr  (Trübner  1881)  'Die  abendländische  Politik  Kaiser 
Manuels  mit  besonderer  Rücksicht  auf  Deutschland'  wird  S.  156 
— 158  aus  der  Wiener  Hs.  953  der  im  Arch.  X,  549  erwähnte 
Brief  K.  Friedrichs  I.  an  Manuel  mitgetheilt,  derselbe, 
aus  welchem  Albert  von  Stade  SS.  XVI,  349  ein  Stück  in 
seine  Chronik  aufgenommen  hat. 


In  der  Strassburger,  auf  Anregung  Scheffer -Boichorsts 
entstandenen  Diss.  von  Stephan  Stoy:  'Die  politischen  Be- 
ziehungen zwischen  Kaiser  und  Papst  in  den  Jahren  1360  bis 
1364'  (1881)  wird  das  Schreiben  Karls  IV.  an  die  Strass- 
burger vom  12.  Aug.  1361  (Huber  3731)  aus  dem  Original 
mitgetheilt,  und  die  Datierung  verschiedener  kais.  und  päpst- 
licher Schreiben  untersucht.  Es  drängt  sich  dabei  die  Wahr- 
nehmung auf,  dass  auch  hierfür  die  jetzt  ermöglichte  Durch- 
forschung des  Vaticanischen  Archivs  erheblichen  Gewinn^  viel- 
leicht neues  Licht  bringen  werde.  Aus  jener  Zeit  finden  sich 
in  den  überlieferten  Sammlungen  viele  Schulübungen,  und  die 
Authenticität  der  so  arglos  benutzten  Briefe,  welche  zwischen 
Karl  IV.  und  Ludwig  von  Ungarn  gewechselt  sein  sollen 
(Kurz,  Rud.  IV,  S.  377),  dürfte  mindestens  zweifelhaft  sein. 


Von  der  neuen  Ausgabe  vonJaffe's  Regesta  Pontiff. 
Rom.  ist  das  2.  Heft  erschienen,  welches  bis  682  reicht,  be- 
arbeitet von  P.  Ewald. 

Valois  untersucht  in  der  Bibl.  de  l'Ecole  des  chartes 
t.  XLH  (1881),  3.  Heft,  den  Rhythmus  der  päpstlichen 
Bullen,  worin  er  ein  Hülfsmittel  der  Kritik  findet. 

Von    dem   Archidiakonus    Otto    Fischer    in    Kyritz    ist 


i 


418  Nachrichten. 

erschienen:  'Bonifa tius,  der  Apostel  der  Deutschen',  eine 
quellenmässige  Untersuchung  und  Darstellung,  worin  auch  auf 
einige,  namentlich  chronologische  Fragen  in  Betreff  der  Briefe 
eingegangen  Avird.  Die  Auffassung  ist  den  Phantastereien 
Ebrard's  u.  a.  scharf  entgegengesetzt. 


Mit  sorgfältiger  und  umsichtiger  Prüfung  ihrer  handschrift- 
lichen Ueberlieferung  behandelt  F.  Loofs  eine  Reihe  von 
Bonifazbriefen  in  seiner  Inauguraldissertation:  'Zur  Chrono- 
logie der  auf  die  fränkischen  Synoden  des  hl.  Bonifatius  be- 
züglichen Briefe  der  bonifazischen  Briefsammlung'.  Haupt- 
sächlich unterwirft  er  die  vielfach  besprochenen  Datierungsnoten 
eingehender  Erörterung.  Seine  Resultate  sind:  Das  Concilium 
Germanicum  Karlmanns  (Jaffe,  Bonif.  epp.  n.  47)  gehört  zum 
21.  April  743;  für  ep.  48  ist  das  Datum  10.  Kai.  Jul.  744  zu 
verwerfen,  dieser  Brief  ist  von  743,  Sept.  oder  Oct. ;  mit  Hahn 
werden  die  Nummern  59 — 61  zum  Jahre  745  präcisiert;  gegen 
Hahn  und  Dünzelmann  bestätigt  sich  Jaffes  Datierung  von 
ep.  63;  ep.  58  erweise  sich  als  nicht  genau  datierbar  (744  oder 
746,  Juli  1);  ep.  66  ist  in  mehrere  heterogene  Elemente  zu 
zerlegen,  und  während  das  Datum  als  zum  letzten  Theile 
gehörig  sich  halten  lässt,  fallen  die  auf  epp.  67  u.  70  Bezug 
habenden  Stücke  dieses  Briefes  mit  jenen  in  den  Juni  747 ; 
das  Concilium  Liftinense  wird  für  das  Jahr  745  in  Anspruch 
genommen;  ep.  81,  d.  h.  das  Privileg  für  Mainz  als  Fälschung 
verworfen.  Manche  dieser  Thesen  werden,  trotz  der  scharfen 
Deduction  des  Verfassers,  nicht  ohne  Widers^jruch  bleiben. 

P.  E. 

G.  Schepss  hat  in  dem  Programm  der  kgl.  Studien- 
Anstalt  Würzburg  (1881)  'Handschriftliche  Studien  zu  Boethius 
de  consol.  philosophiae'  über  die  oben  S.  177  — 179  erwähnte 
Maihinger  Hs.  veröffentlicht,  worin  auch  auf  die  Fehler  in 
der  Ausgabe  der  Briefsammlung  Fromunds  eingegangen, 
und  einige  verbessert  werden. 


In  der  Zeitschrift  f.  D.  Alt.  XXV,  313-316  veröffentlicht 
C.  P.  Caspari  in  Christiauia  aus  dem  Cod.  Einsidl.  281  eine 
sehr  merkwürdige 'Ho m  i Ha  de  sacrilcgiis',  welche  fälsch- 
lich Augustin  zugeschrieben  ist  und  dem  7.  oder  Anf.  8.  Jahrh. 
angehört ,  eine  sehr  reiche  Aufzählung  der  mannigfaltigsten 
abergläubischen  Gebräuche  in  hcichst  barbarischer  Sprache. 
Dieselbe  wird  auch  mit  anderen  Stücken  in  einem  Bande  kirchen- 
historischer Anecdota  als  Univcrsitütsschrift  von  Christiania 
erscheinen. 

W.   Schmitz    hat  aus    dem    Casseler  Lex.  Tironianum, 


Nachrichten.  419 

Avelches  aus  Fulda  stammt,  das  Schule rlied,  welches  von 
Kopp,  Palaeogr.  crit.  1,  28,  mangelhaft  herausgegeben  und  un- 
beachtet geblieben  war,  als  Festgabe  für  Crecelius  publiciert. 
Es  sind  die  17  ersten  Verse  eines  Abecedai'ius ,  doch  nicht 
ohne  Lücken,  und  von  einem  zweiten  die  ersten  zwei.  Die 
Handschrift  Aveist  sie  dem  8.  Jahrh.  zu,  doch  sind  sie  vielleicht 
viel  älter. 

In  dem  kürzlich  erschienenen  3.  Bande  der  Poetae  latini 
minores  giebt  E.  Baehrens  (p.  240  —  242)  als  Anhang  zu 
den  sog.  Disticha  Catonis  52  Verse  mit  der  Ueberschrift:  'Ex 
Columbano  quae  videntur  Catonis  esse'.  Er  wiederholt 
dieselben  lediglich  aus  der  Ausgabe  von  Canisius,  ohne  zu 
beachten,  dass  diese  Praecepta  vivendi  mit  Benutzung  von 
9  Handschriften  neuerdings  in  den  Poetae  lat.  aevi  Carol.  I,  275 
abgedruckt  sind,  und  dass  ebendaselbst  an  die  Stelle  Colum- 
bans  mit  ungleich  grösserer  Wahrscheinlichkeit  Alcuin  als 
Verfasser  gesetzt  worden  ist.  Zur  Verstärkung  letzterer  An- 
nahme kann  es  noch  dienen,  dass  Hraban,  wie  er  überhaupt 
die  Verse  seines  Lehrers  Alcuin  sich  sehr  unbefangen  aneignet, 
so  auch  besonders  diese  in  den  Gedichten  an  Praeclarus  viel- 
fach ausgeschrieben  hat.  E.  D. 

Bereits  Jahrb.  Heinrichs  II,  Bd.  III,  231  N.  3  habe  ich 
daraufhingewiesen,  wie  mangelhaft  der  von  F.  Schneider 
im  Anhang  zu  seinem  Leben  des  H.  Bardo  1871  publicierte 
Abdruck  der  Versus  ad  picturas  domus  domini  Moguntinae 
veteris  testamenti  et  novi,  Aribone  archiepiscopo  jubente  modu- 
lati'  von  Ekkehard  IV.  von  St.  Gallen  ist.  Die  Berechti- 
gung meines  Tadels  zeigt  die  vortreffliche  neue  Ausgabe  der- 
selben, welche  Dr.  Jos.  Kieffer  im  Programm  des  Grossherz. 
Gymnasiums  zu  Mainz  f.  1881  besorgt  hat:  man  sieht  nun 
erst,  wie  unglaublich  schlecht  der  Schneidersche  Text  war. 
Abgesehen  von  zahllosen  Verbesserungen  sind  fünfundzwanzig 
Verse,  die  ganz  übergangen  waren,  hier  zuerst  gegeben,  ebenso 
die  zahlreichen  Glossen,  die  Schneider  nicht  mit  abgedruckt 
hatte;  die  benutzten  Bibelstellen  weist  ein  fortlaufender  sorg- 
fältiger Commentar  nach.  H.  B. 

E.  Dümmler  bemerkt  zu  derselben  Ausgabe:  v.  1  gehört 
das  übergeschriebene  'et'  vor  'facta'  in  den  Text  und  v.  6 
glaubte  ich  früher  in  der  Lücke  'subacta'  zu  lesen.  Eine  voll- 
ständige Ausgabe  des  cod.  Sangall.  393  wäre  nach  allen  bis- 
herigen Proben  noch  immer  zu  wünschen. 


In  den  Notices  et  Extraits  des  Manuscrits,  XXVIII,  2, 
289—418,  hatte  H.  Haureau  1879  in  sehr  dankenswerther 
Weise   die    bunte  Mischung  von  Versen,    welche  herkömmlich 


420  Nachrichten. 

Hildebert  von  Le  Mans  (er  nennt  ihn  von  Lavardin 
nach  seinem  Geburtsort)  zugeschrieben  werden^  kritisch  gesich- 
tet, mit  Zuziehung  der  Papiere  von  Baluze  und  zahh-eicher 
Handschriften.  Manche  Stücke  sind  berichtigt  abgedruckt, 
andere  neu  hinzugefügt.  In  gleicher  Weise  hat  nun  Haureau 
(XXIX,  2,  231—362,  1880)  auch  den  bekannten  Cod.  Vatic. 
Christ.  344  behandelt,  viele  Stücke  neu  herausgegeben,  über 
den  Unterschied  der  verschiedenen  Serlo  und  Walther  von 
Lille  Untersuchungen  angestellt  und  eine  Fülle  werthvoller 
Bemerkungen  mitgetheilt.  Verkannt  hat  er  u.  E.,  dass  die 
Benennungen  Primas  und  Golias  häufig  nur  generelle  sind, 
und  der  Angabe  des  Salimbene  mehr  Gewicht  beigelegt,  als 
ihr  zukommt,-  ganz  sicher  ist,  dass  die  S.  299  abgedruckten, 
Walther  von  Lille  zugeschriebenen  Strophen  sich  auf  die  von 
Friedrich  I.  aufgestellten  Gegenpäpste  beziehen. 


In  der  in  Rom  erscheinenden  Wochenschrift  'La  Rassegna 
Settimanale'  vom  4.  September  1881  findet  sich  ein  Aufsatz 
von  J.  Pizzi,  in  dem  Commentar  und  Uebersetzung  von  zwei 
griechischen  Gedichten  gegeben  werden,  welche  sich 
auf  die  Belagerung  von  Parma  durch  Kaiser  Friedrich  IL  (1247) 
beziehen.  Dieselben  sind  der  Handschrift  der  Laurenziana 
Plut.  V,  Nr.  X,  pag.  178  entnommen.  Das  eine  dieser  Gedicht- 
chen rührt  von  dem  königlichen  Schreiber  Johannes  von 
Otranto  her,  der  auch  sonst  bekannt  ist;  das  andere  von 
einem  kaiserlichen  Archivbeamten  (jaqioifvloE,)  Georg  von 
Gallipoli,  einem  Priester.  Leider  ist  der  Text  nicht  mitge- 
theilt. —  Eine  übrigens  unbedeutende  Schrift  über  diese  Belage- 
rung von  Parma  ist  1880  in  Parma  von  Raimondo  di  Soragna 
unter  dem  Titel:  'Vittoria.  La  rivolta  e  l'assedio  di  Parma 
nel  1247'  erschienen.  O,  H. 

In  der  Z.  f.  D.  Alterthum  XXV,  S.  71,  veröffentlicht 
E.  Henri ci  aus  der  Handschrift  Arundel  6  des  Brittischen 
Museums  einen  Spruch  vom  Römischen  Reich  aus  dem 
Jahre  1422.  Es  enthält  die  bekannte  Lehre  von  den  4  Her- 
zögen, Markgrafen,  Landgrafen,  Burggrafen  u.  s.  w.  im  Reich. 


XV. 


Die  Chronicae 


des  sogenannten  Fredegar. 


Von 


Dr.  Br.  Krusch. 


II. 


Nanes  Archiv  etc.     VII.  2o 


V  o  r  w  0  r  (. 

Aus  der  Descendenz  der  Hss.  geht  hervor,  dass  die  Samm- 
lung Fredegar's  der  Codex  1  am  reinsten  erhalten  hat.  Nach 
ihm  besteht  dieselbe  aus  den  vier  Büchern: 

1.  Liber  Generationis, 

2.  Cronece  Gyronimi  scarpsum  mit  der  Chronik  des  Idacius, 

3.  Scarpsum  de  cronica  Gregorii, 

4.  Cronece  liber  quartus. 

Den  Schluss  dieses  Codex  bildet  die  Chronik  des  Isidorus, 
über  welche  unten  gehandelt  werden  wird.  Des  Quintus  Julius 
Hilarianus  Schrift  'De  cursu  temporum',  welche  erst  den  Hss. 
der  3.  und  4.  Klasse  einverleibt  worden  ist,  gehört  nicht  zu 
der  ursprünglichen  Sammlung,  und  kann  folglich,  zumal  da 
auch  ihr  Inhalt  wenig  Ansprechendes  bietet,  bei  der  folgenden 
Untersuchung  unberücksichtigt  bleiben. 

Dagegen  durften  die  Fortsetzungen,  welche  erst  in  den 
Hss.  4  und  5  erscheinen,  ihres  hohen  historischen  Werthes 
wegen  nicht  übergangen  werden.  Ihnen  ist  der  Schluss  dieser 
Abhandlung  gewidmet. 

Vorher  wird  der  Keihe  nach  über  die  Abfassungszeit,  die 
Heimath,  die  Quellen  und  die  Sprache  des  eigentlichen  Fredegar 
gehandelt  werden. 


III.   Die  Abfassung^szeif. 

Die  schwierige  Frage,  wann  die  Chroniken  Fredegar's 
verfasst  und  zusammengestellt  worden  sind,  ist  bisher  nur  unter 
der  Voraussetzung  behandelt  worden,  dass  ein  Einziger  der 
Autor  derselben  sei.  Die  Möglichkeit,  dass  ein  Erster  dieses 
historische  Sammelwerk  angelegt,  ein  Zweiter  dasselbe  später 
fortgesetzt  und  vermehrt,  und  Andere  nach  dem  Schlüsse  dieser 
zweiten  Redaction  noch  Stücke  eingeflickt  haben  können,  ehe 
der  Fredegar  die  Gestalt  erhielt,  in  welcher  er  uns  überliefert 
ist,  hat  Niemand  in  Betracht  gezogen.  Freilich  wird  die 
Untersuchung,  wenn  man  auch  diesen  Fall  in  Erwägung 
zieht,   weit  verwickelter,   als   wenn  man  an   der   einheitlichen 

28* 


424  Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

Abfassung  festhält.  Dazu  war  wohl  auch  bei  den  unvollständi- 
gen alten  Texten  die  bezügliche  Kritik  sehr  erschwert,  wenn 
nicht  ganz  unmöglich  gemacht.  Nach  der  neuen  Vergleichung 
der  Hss.  hat  sich  jedoch  herausgestellt,  dass  die  auf  der  alten 
Basis  ausgeführten  Untersuchungen  über  die  Entstehungszeit 
unserer  Chronik  mit  den  handschriftlichen  Resultaten  sich  gar 
nicht  oder  doch  nur  schwer  vereinigen  lassen,  weshalb  es  sich 
empfehlen  wird,  auch  den  oben  erwähnten  Gesichtspunkt  bei 
der  folgenden  Untersuchung  zu  prüfen. 

Das  vorletzte  und  letzte  Cap.  (89.  90)  der  Chronik  behan- 
deln die  Ereignisse  aus  dem  4.  Jahre  des  Chlodoveus  =  ö41  n.Chr. 
Merkwürdig  ist  es  nun,  dass  in  dem  vorhergehenden  Cap.  88 
der  Tod  Otto's,  des  Rivalen  des  Hausmeiers  Grimoald,  unter 
dem  10.  Jahre  Sigiberts  =  642  n.  Chr.  erzählt  wird,  während 
doch  sonst  die  Thatsachen  aus  der  fränkischen  Geschichte 
nach  der  chronologischen  Folge  von  Fredegar  aneinandergereiht 
werden.  Doch  lassen  wir  diese  Incongruenz  vorläufig  bei  Seite; 
man  sieht  jedenfalls,  dass  die  Chronik  bis  zu  dem  J.  642  reicht, 
obwohl  das  J.  641  den  Beschluss  bildet.  Da  nun  das  letzte 
Capitel  die  Ereignisse  sehr  ausführlich  schildert  —  es  ist  das 
längste  des  Fredegar,  wenn  wir  von  den  fabelhaften  Berichten 
absehen  —  und  sehr  genaue  Daten  bi'ingt'),  so  würden  wir 
unverzüglich  zu  der  Annahme  neigen,  dass  in  eben  diesen 
Jahren  der  Verfasser  geschrieben  habe,  wenn  nicht  eine  Anzahl 
anderer  Stellen  dagegensprächen.  Zunächst  wird  unter  dem 
46.  Jahre  des  Chlothar  (623)  c.  48  von  dem  Wendenkönige 
Samo  gesagt:  ^ubi  XXX  et  V  annos  regnavit  feliciter';  Samo 
müsste  mithin  bis  zum  J.  658  regiert  haben.  Wenn  auch  hier 
noch  die  Erklärung  möglich  ist,  dass  der  fränkische  Geschichts- 
schreiber diese  Schilderung  unter  einem  zu  späten  Jahre  seiner 
Chronik  eingereiht  habe  2),  so  greift  doch  eine  zweite  Stelle 
ebenso  weit  über  den  Rahmen  der  Chronik  hinaus,  während 
in  einem  dritten  Capitel  um  11  Jahre  der  Endpunkt  derselben 
überschritten  wird. 

Am  weitesten  wird  die  oströmische  Geschichte  in  Cap.  81 
fortgeführt,  wo  mit  wenigen  Worten  ein  Ueberblick  über 
17  Jahre  byzantinischer  Geschichte  gegeben  wird.  Die  meisten 
dort  angeführten  Thatsachen  werden  durch  die  griechischen 
und  arabischen  Quellen  bestätigt.  Zur  Vergleichung  stelle  ich 
dem  Berichte  Fredegar's  die  Zeugnisse  der  anderen  Geschichts- 
schreiber gegenüber^). 


1)  Vergl.  Brosien  'Untersuchung:  der  Quellen  zur  Gesch.  des  Dago- 
bert I.'  p.  17,  2)  Siehe  unten  p.  435.  3)  Brosien,  der  p.  10.  11 
eine  gleiche  Zusamnienstellung  versucht  hat,  hätte  nicht  Schlosser's  Welt- 
gesch.  (1817),  Anastasius  Biblioth.  und  Georgius  Ilamartolus  als  Zeugen 
anrufen  sollen.  Schlosser  hat  den  Anastasius  benutzt,  Anastasius  den 
Theophanes  übersetzt  und  Georgius  Hamartolus  ihn  ausgeschrieben;  vergl. 
auch  Hirsch,  Byzantinische  Studien,  p.  8. 


Die  Chvonicae  des   sog.  Fredegar. 


425 


Fredegar. 
Eo  anno  Constantinus 


c.  81 
emperatur  moretur 


Constans,  filius  eins,  sub 
tenera  aetate  consilio  senato 
emperio  sublimatur. 


Idem  eius  tempore  gravissime 
a  Sarracinis  vastatur  imperiom. 
Hierusolema  a  Saracinis  capta 
ceterasque  civitates  aeversae ; 


Aegyptus  superiur  et  inferior 
a  Saracines  pervadetur, 


Alexandria  capetur  et  prae-i 
datur ; 


Afreca  tota  vastatitr  et  a 
Saracines  possedetur  paulolum; 
ibique  Gregorius  patricius  a 
Saracinis  est  interfectus. 


Niceph.  Hist.  ed.  deBoor  p.  29 : 

(KwrötavTtvog)  öDfxßaöiXfvöag 
Se  TW  jtciTQL  iVr]  oxToj  xai  el'xoöi, 
xal  ejiißtoiJa  de,  xr]v  ßaöiXeiav 
£Xi  f\]xt^ai  Exaxöv  tqsis,  Ix^Iev- 
Tr]ö8. 

Theophan.  a.  633  (=  641  p. 
Chr.) :  (^  övy'Klrixoc,)  dvsßißaöav 
KcoröTctr  luiövKtoröTarTivoti,  syvo- 
vov  'HQaxAsicu  Ini  Tfjg  cxqx^S« 
Ueber  das  jugendliche  Alter 
vergl.  Niceph.  p.  29. 

Theoph.  a.  627  (=  635  p. 
Chr.):  Tovxio  tw  mt  £jt£öTQd- 
X2V0i,v  Oi'fxaQoe  y.axd  Ua)Mi0XL- 
rT]s,  xal  jtaQaxa&iöas  ti^v  dyiav 
nöliv  SiETf]  xqövov,  JtaQ£>,aߣv 
axitriv  löyto.  Cf.  Elmacinus, 
Historia  Sarracen.  Lugd.  Bat. 
1625  p.  22:  'Anno  16.  Hegirae 

(=  637  p.  Chr.)    Omar 

fei.  mem.  misit  Amrum,  filium 
Alasi,  et  Sergjilum  Hierosoly- 
mara  eamque  obsedit.  Cum 
antem  ad  extremam  angustiam 
redacti  essent,  pacem  petierunt, 

Theophan.  a.  626  (=  634  p. 
Chr.):  6jt?.i^orTat  ot  ^aqay.r]voi 
xax'  AlvüitTov  xal  öDrdx|)arT£g 
xatd  Mavo\)T]A,  jtoÄEfxov,  a.m'kav- 
vovOi  TovTov  ....  t6t8  ol  SttQa- 
xT]vol  E(poQoXöyr]öav.  Vergl.  El- 
macinus p.  23,  a.  18.  Hegirae 
(=  639). 

Elmacinus  p.  24:  'Anno  vige- 
simo  (=  640  p.  Chr.)  capta  est 
Alexandria;  idque  tempore  ora- 
tionis  diei  Veneris,  initio  mensis 
Muharrami,  ut  obsessa  fuerat 
14  menses:  perieruntque  in 
obsidione  eius  23  Muslimorum 
millia'. 

Theophan.  a.  m.  6139  (=  647 
p.  Chr.):  Tco  ö'cfUTw  etei  En;£- 
oxqdxtvoav  SaQaxrjVol  xr\v  'AcpQi- 
y.r(V.  Kai  ovn^aiövxsq,  x(ö  TVQdvvo) 

FQTiyOQLW,     TO'UTOV   TQEJlOröl,     Xttl 


426 


Die   Chronicae    des   sog.  Fredegar. 


xovc,  öw  avxü  KteiroDöi"  xai 
6xoixr\öavrEc,  (poQOus  fx^xd  xüv 
Äcpocov  vmoxqE\\>av.  Elmacinus 
p.  32 :  ^Anno  27  (=  G47  p.  Chr.) 
expugnavit  Africam  Abdalla, 
f.  Saldi,  gubernator  Aegypti, 
occisoque  eius  rege,  opum  eius 
factus  est  dominus'. 
Nam  maxeme  totum  empe-  Theoph.  a.  646  (654) :  Totjtw 
rium  a  Saracines  graveter  fuit  tw  stel  kmoxqdxsvötv  6  Mama?, 
adtritum;  etiam  et  inpostremum  ...  ^0  08  '^aöiltvc,  oijtw  TQOitw- 
emperatur  Constans  constrictus  ödfxsrog  dco^sxai,  xai  xaxaüjtwv 
adque  conpulsis  effectus  est  itartag  aTtknlivOiv  iv  KcovöTarxi- 
Saracinorum  tributarius,  ut  vel  vovitölii. 
Constantinopoles  cum  paucis 
provincies  et  insolis  suae  dieione 
reservaretur. 

Trebus  annis  circeter  —  et 
fertur  adhuc  amplius  —  per 
unumquemque  diem  mille  sole- 
dus  auri  aerarles  Saracinorura 
Constans  emplebat.  Tandem 
resumtis  viribus  Constans  em- 
perium  aliquantisper  recoperans, 
tributa  Saracines  emplendum 
refutat. 

Man  sieht,  im  Grossen  und  Ganzen  stimmt  die  Erzählung 
Fredegar's  mit  den  Byzantinern  und  Ehnacinus  überein.  Einige 
üngenauigkeiten  wird  man  dem  fränkischen  Historiker  gern 
verzeihen,  wenn  er  beispielsweise  auf  Constantin,  dessen  Regie- 
rungsantritt mit  'Eo  anno'  fälschlieh  in  das  J.  639  gesetzt  wird, 
sogleich  Constans  folgen  lässt,  der  erst  nach  seinem  Oheim 
Heracleonas  regierte,  und  die  Eroberung  von  Jerusalem  und 
Aegypten  mit  Alexandrien  unter  eben  jenen  Constans  setzt. 
Dagegen  ist  die  Verwüstung  Afrikas  und  der  Tod  des  Tyran- 
nen Gregorius  richtig  hier  eingereiht;  den  letzteren  bestätigt 
ausser  Fredegar  nur  noch  Elmacinus,  der  den  Gregor  mit 
Recht  'König'  nennt,  da  er  sich  ein  Jahr  vor  seinem  Tode 
vom  byzantinischen  Reiche  losgesagt  hatte  *).  Nach  der  Besitz- 
nahme Afrika's  durch  die  Saracenen  im  J.  647,  die  nur  kurze 


Theoph.  a.  650  (658) :  Toijtw 

Tol    EXei    £ÖX0LXT]&T]     fxsxa^ij   'PlO- 

|iiaiwr  xctl  "AQdßwr  xoii  Mavtov 
itQSößs'uöavxos  ÖLdxrir  dvxaQöiav, 
Iva  x&Xwöir  Tw|LiaL0i9  oi  'ÄQaßsg 
xa-^'  "iQi^iEQav  rofxiöfxaxa  x^^i-ct  xal 
l'jtrtor  xai  SoiiXov. 


1)  Theophanes  a.  G46:  Tou'tm  to}  zxzi  lötccötctöEr  rQt]\6QiOQ  6  itaxqi- 
Kioq  'A(pQiKrJ9  övv  xolc,  'AcpQOig.  In  Uebereinstinimung  mit  dieser  Stelle 
heisst  er  bei  Fredeg-ar  'patricius';  Theophanes  nennt  ihn  später  tÜQavioj. 
Brosien  p.  11  denkt  an  den  Greo^or,  Sohn  des  Theodorus,  der  nach  Theo- 
phanes im  ,T.  G50  als  Geisel  nach  Damascus  gfeschickt  wurde.  Dann 
hätte  der  im  Jahre  647  getödtete  Patricius  von  den  Todten  wieder  auf- 
erstehen müssen. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  427 

Zeit  dauerte,  —  'paulolum'  schreibt  Fredegar,  nach  Theophanes 
zogen  die  Feinde,  nachdem  sie  den  Einwohnern  Tribut  auf- 
erlegt hatten,  wieder  ab  — ,  erzählt  Fredegar,  dass  zuletzt 
sogar  der  Kaiser  tributpflichtig  wurde.  Man  kann  hierbei  an 
das  Jahr  650  oder  an  654  denken.  Im  ersteren  schickte  Con- 
stans  nach  einem  Einfall  der  Araber  in  Isaurien  Gesandte  an 
Muavia  und  Hess  um  Frieden  bitten,  den  er  auch  2  Jahre 
später  erhielt  (o  xal  yeyovsv  £T8l  ß'  Theoph.).  Dann  würde 
aber  die  folgende  Bemerkung  Fredegar's,  dass  Constans  nach 
drei  und  mehr  Jalu'cn  die  Zahlung  verweigert  habe,  nicht  zu- 
treffen, da  der  Kaiser  nach  diesem  Zeiträume  von  den  Saracenen 
gänzlich  geschlagen,  nach  seiner  Hauptstadt  geflohen  war,  wäh- 
rend Fredegar  von  'resumptis  viribus'  spi'icht.  Deshalb  ist 
anzunehmen,  dass  Fredegar  an  der  ersten  Stelle  an  die  Ereig- 
nisse des  J.  654 1)  gedacht  hat  und  die  spätere  Verweigerung 
des  Tributes  mit  der  Gesandtschaft  des  Muavia  im  J.  658 
zusammenhängt,  die  in  die  Zeit  trifft,  als  die  Saracenen  durch 
die  Thronstreitigkeiten  zwischen  Ali  und  Muavia  geschwächt, 
etwaige  Forderungen  des  byzantinischen  Hofes  kaum  abweisen 
konnten.  Den  Erfolg  der  Weigerung  des  Kaisers  will  Fredegar 
später  berichten :  'Quemadmodum  haec  factum  fuissit  aeventura, 
anno  in  quo  expletum  est,  in  ordene  debeto  referam  et  scribere 
non  selebo;  donec  de  his  et  alles  optata,  si  permiserit  Deus, 
perficiam,  uius  libelli  cumta  mihi  ex  veretate  cogneta  inseram'. 
Es  ist  nur  zu  bedauern,  dass  der  Verfasser  dazu  nicht  gekom- 
men ist.  Aus  Theophanes  ersehen  wir,  dass  sich  jetzt  das 
Blatt  wendete,  und  die  Araber  jene  1000  Solidi  täglich  bezahlen 
mussten,  die  früher  Constans  auferlegt  waren.  Fredegar  be- 
richtet also  in  diesem  Capitel  über  Ereignisse  aus  den  Jahren 
641,  635  resp.  637,  634  resp.  639,  640,  647,  654,  658,  und 
zwar   wird    die  Geschichte   des  letzten  Jahres  nur  angedeutet. 

Auch  das  folgende  Capitel,  welches  über  die  Ereignisse  in 
Spanien  handelt,  nimmt  auf  spätere  Vorgänge  Bezug.  Der 
Verfasser  geht  vom  Tode  des  Sintela  (640)  aus,  erzählt  dann 
weiter  die  Vertreibung  seines  Nachfolgers  Tulga  (641) ,  die 
Erhebung  des  Chyntasindus  und  schliesslich,  wie  dieser  bejahrt 
die  Regierung  auf  seinen  Sohn  Richysindus  überträgt  (649)  und 
dann  selbst  hochbetagt  stirbt  (652):  'Chyntasindus  cum  esset 
plenus  diaerum,  fiiium  suum  nomine  Richysindum  in  omnem 
regnum  Spaniae  regem  stabilivit.  Chyntasindus  paenetentiam 
agens  aelymosinam  multa  de  rebus  propries  faciens,  plenus 
senectutae  —  fertur  nonagenarius  —  moretur'. 

Kurz  die  Chronik  des  Fredegar  schliesst  mit  dem  J.  641, 
berichtet  aber   über  Ereignisse   der  Jahre  642.  647.  649.  652. 


1)  Dass    der  Kaiser   tributpflichtig    wurde,    steht  übrigens,    soviel  ich 
weiss,  nur  bei  Fredegar. 


428  Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

654.  658  aus  der  Geschichte  der  Austrasier,  Wenden,  West- 
gothen  und  Byzantiner.  Hieraus  folgt  zunächst  nur,  dass  die 
Capitel  48,  81  und  82  nach  dem  Jahre  641  geschrieben  sind, 
und  es  fragt  sich  nun,  ob  man  dieses  Resultat  auf  die  ganze 
Chronik  übertragen  darf  oder  nicht.  Hiernach  sind  zwei  Lösun- 
gen möglich.  Entweder  der  Verfasser  schrieb  um  658  und 
wurde  durch  irgend  ein  Ereignis,  vielleicht  den  Tod,  an  der 
Fortsetzung  seines  Werkes  verhindert,  oder  er  schrieb  im 
Jahre  641  und  erst  ein  späterer  Ueberarbeiter  hat  um  das  Jahr 
658  das  Buch  erweitert.  Dieser  Letztere  würde  dann,  wie  wir 
aus  der  oben  citierten  Stelle  ersahen,  wiederum  durch  irgend 
einen  Anlass  abgehalten  worden  sein,  'in  ordene  debeto'  die 
Chronik  fortzuführen.  Wunderbar  bleibt  es  jedenfalls,  dass 
Cap.  88  mit  dem  Jahre  642  vor  89  mit  dem  J.  641  steht,  und 
dass  sich  die  Anspielungen  auf  spätere  Ereignisse  gerade  in 
den  Pai'tien  finden,  die  dem  Verfasser  am  fernsten  lagen,  wäh- 
rend die  fränkischen  Erzählungen  davon  frei  sind  i), 

Dass  nun  wirklich  im  Jahre  641  oder  kurz  nachher  die 
Chronik  entstanden  ist,  lehren  die  folgenden  Belege  aus  dem 
Liber  Generationis,  dessen  Schluss  leider  in  der  Ausgabe  des 
Canisius  fehlt.  Auf  das  chronographische  Werk  des  Hippo- 
lytus  folgen  bei  Fredegar  noch  mehrere  Capitel,  die  ihres 
ähnlichen  Lihalts  halber  der  genannten  Schrift  angehängt  wor- 
den sind.  Nämlich  die  jüdischen  Könige  unter  der  Ueberschrift 
'Regnum  Hebreorum',  dann  eine  Computation,  auf  welche  wir 
später  noch  zurückkommen,  hierauf  ein  Papstkatalog  mit  dem 
Titel  'Incipit  not.  de  episcopis  sanctae  ecl.  Romanae,  qui  cui 
ßuccessit  vel  quanto  tempore  fuit'  und  endlich  eine  sehr  kurze 
Chronik  'In  Christi  nomen  liber  chronecorum'.  Der  Papst- 
katalog  schliesst   nun    'Johannis   anno    uno   m.   9.    diebus    18. 

Theuderus' Den  Raum  für  die  Sedeszeit  des  Theu- 

derus  hatte  der  alte  Schreiber  des  Claromontanus  frei  gelassen; 
zu  Karl's  d.  Gr.  Zeiten  hat  erst  Jemand  diese  Lücke  ausgefüllt 
und    zugleich    den    Katalog    bis    zu    Hadrianus    herabgeführt. 

1)  Man  hat  zwar  den  Schluss  von  Cap.  76  'Quod  postea  temporebus 
Sigyberti  et  Chlodoviae  regibus  conservatum  fuisse  constat'  für  die  späte 
Abfassung  des  Fredegar  geltend  gemacht;  aber  ohne  hinreichenden  Grund. 
Die  Worte  weisen  nur  auf  die  Zeit  nach  Dagoberts  Tode  hin,  ohne  dass 
man  anzunehmen  braucht,  der  Schreiber  habe  von  einem  sehr  entfernten 
Zeitpunkte  uni  die  Regierung  der  beiden  Söhne  Dagoberts  zurückgeblickt; 
vergl.  Brosien  p.  10.  Ebensowenig  ist  aus  der  Beschreibung  des  Erchi- 
noald  'Eratque  homo  paciens',  wie  Valesius,  Res  Franciae  II,  p.  449  will, 
zu  folgern,  dass  der  Hausmeier  zu  des  Schreibers  Zeiten  schon  todt  war. 
Denn  ist  es  schon  an  und  für  sich  mislich,  auf  die  Tempora  bei  Fredegar 
Gewicht  zw  legen,  so  kommt  in  diesem  Falle  noch  hinzu,  dass  'Eratque' 
die  stehende  Einleitung  für  diese  Atteste  ist:  c.  80  von  Aega  'Eratquae 
genere  nobele',  Hist.  epit.  c.  23  von  Aridius  'Eratque  iogundus  in  fabulis', 
wo  Gregor  'Erat  enim'  schreibt. 


Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar.  429 

Johann  IV.  regierte  nun  1  Jahr,  9  Monate  und  17  Tage  — 
man  sieht  wie  genau  die  Zahl  mit  der  bei  Fred,  überein- 
stimmt — ,  und  wurde  am  12.  Oct.  642  beigesetzt.  Sein  Nach- 
folger Theodor  I.  erlangte  am  24.  Nov.  642  die  Consecration 
und  wurde  am  14.  Mai  649  bestattet.  Hieraus  folgt,  dass  das 
erste  Buch  des  Fredegar  vor  dem  J.  649,  aber  nach  dem 
24.  Nov.  642  geschrieben  ist.  Noch  genauer  lässt  sich  die 
Zeit  durch  die  auf  den  Papstkatalog  folgende  Chronik  bestim- 
men. Diese  schliesst  nämlich  'Eraglius  ah  31.  Fiunt  ab  Adam 
usque  Aeraglio  imper  regnante  annorum  31  omnes  anni  5649'. 
Die  Weltjahre  sind  schon  von  einer  späteren  Hand  durch 
Radieren  geändert  worden;  es  darf  daher  nicht  auffallen,  wenn 
sie  nicht  stimmen.  Das  31.  Jahr  des  Heraclius  umfasst  die 
Zeit  vom  5.  Oct.  640  bis  zu  dem  4.  Oct.  641.  Da  die  Chronik 
keinen  Nachfolger  des  Heraclius  nennt,  so  ist  sie  kui'z  nach 
641  geschrieben.  Combinieren  wir  dieses  Resultat  mit  dem 
oben  aus  dem  Papstkataloge  gewonnenen,  so  erhalten  wir  als 
Abfassungszeit  des  ersten  Buches  des  Fredegar  das  Jahr  642. 

Denkbar  wäre  wohl  der  Fall,  dass  der  Verfasser,  nachdem 
er  im  Jahre  642  das  erste  Buch  vollendet  hatte,  an  dem  übri- 
gen Theile  seines  Werkes  noch  16')  Jahre  gearbeitet  hätte  und 
trotzdem  nicht  zum  Ende  gekommen  wäre,  aber  wahrscheinlich 
keineswegs,  da  einerseits  die  Arbeit  des  Verfassers  hauptsäch- 
lich im  Excerpieren  bestand,  andererseits  die  Chronik  gerade 
mit  dem  Jahre  641  abbricht,  welches  der  Abfassungszeit  des 
'Liber  primus'  unmittelbar  vorhergeht.  Ich  meine  daher,  der 
Fredegar  ist  642  geschrieben,  und  die  Stellen,  welche  auf  eine 
spätere  Zeit  hinweisen,  sind  um  das  Jahr  658  durch  spätere 
Ueberarbeitung  hineingebracht  worden. 

Zu  dieser  Ansicht  wären  wohl  auch  die  neueren  Forscher, 
welche  sich  mit  diesem  Gegenstand  beschäftigt  haben,  gelangt, 
wenn  die  oben  bezeichneten  Stellen  in  der  Ausgabe  des  Cani- 
sius  gestanden  hätten.  Sie  fehlen  aber,  wie  gesagt,  bei  jenem, 
weil  ihm  für  das  erste  Buch  nur  der  Augustanus  zur  Verfügung 
stand,  welcher,  wie  alle  der  3.  Classe  angehörigen  Hss.,  die 
letzten  Capitel  des  Liber  Generationis  auslässt.  Für  verfehlt 
halte  ich  es  jedoch,  wenn  Andere  von  der  geläufigen  Ansicht 
über  die  Entstehungszeit  des  Fredegar  ausgehen,  und  nun  ein- 
zelne Stellen  des  ersten  Buches  für  verfälscht  erklären  oder 
wohl   gar   das  ganze  Buch   dem  Fredegar  absprechen  2).     Die 

1)  Bei  Brosiens  Ansicht,  der  p.  13  die  Jahre  663  oder  664  als  Ab- 
fassungszeit annimmt,  wären  es  sogar  mehr  als  zwanzig  Jahre.  2)  Monod 
im  Jahrbuch  für  Schweiz.  Gesch.  III,  p.  146 :  'Cette  co'incidence  serait 
etrange,  si,  comme  nous  le  croyons,  le  chroniqueur  a  ete  interrompu  dans 
son  Oeuvre  par  la  mort;  eile  s'explique  parfaitement  (?)  au  contraire,  si 
c'est  un  autre  compilateur,  qui,  copiant  le  recueil  primitif,  y  a  ajoutö 
cette  prämiere  partie  en  conduisant  ses  supputations  chronologiques  jus- 
qu'au  poink  oü  s'arretait  le  dernier  morceau'. 


430  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

Ansicht,  dass  ein  Abschreiber  durch  den  Schluss  der  Chronik 
verführt,  die  Computation  bis  zum  31.  Jahre  des  Heraclius 
im  Liber  Generationis  hinzugerechnet  habe,  ist  gänzHch  unhalt- 
bar. Zuerst  hätte  eine  derartige  Fälschung  gar  keinen  Zvreck 
gehabt,  denn  daran  konnte  doch  wohl  ein  alter  Scribent  nicht 
denken,  dass  man  später  diese  Stelle  zur  Bestimmung  der 
Abfassungzeit  Fredegar's  benutzen  würde.  Zweitens  aber,  was 
sollte  dann  an  der  Stelle  der  31  Jahre  des  Heraclius  gestanden 
haben?  Entweder  nichts,  dann  würde  der  Kaiserkatalog  bis 
zum  Focas  gereicht  haben.  Fredegar  Avürde  also  eine  ältere 
Quelle  ausgeschrieben  haben,  ohne  sie  fortzusetzen,  obwohl  er 
den  Nachfolger  des  Focas,  wie  aus  seiner  Chronik  hervorgeht, 
sehr  wohl  kannte,  imd  obwohl  er  den  Papstkatalog  bis  auf 
seine  Zeit  fortsetzte.  Oder  der  Kaiserkatalog  ging  über  Hera- 
clius hinaus,  etwa  bis  zu  dem  von  Monod  gebilligten  Jahre 
663,  nannte  also  schon  Constantin  und  Constans,  und  dann 
würde  der  vermeintliche  Fälscher  mit  einer  unglaublichen 
Raffiniertheit  die  Kritiker  irrezuführen  versucht  haben,  indem 
er  die  letzten  Kaiser  wegliess  und  gerade  mit  dem  Jahre  641 
den  Katalog  abbrach.  Aber  nicht  blos  den  Kaiserkatalog, 
auch  das  Papstverzeichnis  muss  man  bei  der  Ansicht,  dass  der 
Fredegar  um  663  geschrieben  sei,  für  gefälscht  halten,  da  dieser 
mindestens  14,  vielleicht  sogar  20  Jahre  vor  diesem  Termine 
geschrieben  ist.  Ja  Monod  ist  sogar  noch  weiter  gegangen, 
indem  er  den  ganzen  Liber  Generationis  für  später  zugesetzt 
erklärte.  Ich  glaube,  schon  die  folgende  Stelle  Avird  uns  die 
Gewissheit  verschaffen,  dass  dieses  Buch  von  dem  sogenannten 
Fredegar  seiner  Chronik  absichtlich  einverleibt  worden  ist, 
und  nicht  etwa  zufällig  in  den  Hss.  voransteht  oder  durch 
Interpolation  hineingeschmuggelt  worden  ist.  Lib.  Gen.  c.  5 
steht  in  der  Quelle  (Labbe,  Nova  Bibl.  Mss.  p.  299)  'Cethyn, 
unde  Macedones',  Fredegar  aber  schreibt  'Chetthim,  unde  Tro- 
ciane,  Frigiiae,  Macedones',  schiebt  also  die  Trojaner  und 
Phrygier  ein.  War  nun  Fredegar  über  die  Verwandtschaften 
der  Völker  besser  orientiert  als  der  alte  Hippolyt?  Er  glaubte 
es  wenigstens,  denn  die  Hippolytischen  Macedonier  erinnerten 
ihn  an  seine  Trojanermärchen,  nach  denen  allerdings  Trojaner, 
Phrygier  und  Macedonier  desselben  Stammes  waren.  Aus 
dieser  Quelle  hat  Fredegar  die  alte  Völkertafel  vervollständigt. 

Da  man  mithin  auf  diese  Weise  die  Thatsacho  nicht  ent- 
fernen kann,  dass  der  Verfasser  unserer  Sammlung  das  erste 
Buch  642  schrieb ,  so  finde  ich ,  um  die  Uebereinstimmung 
dieser  Zahl  mit  dem  Schlussjahre  der  Chronik  zu  erklären, 
nur  den  einzigen  probablen  Ausweg,  dass  der  Autor  um  das 
Jahr  642  auch  wirklich  das  Werk  zu  Ende  geführt,  sicher  aber 
nicht  660  geschrieben  hat. 

Eine  schwierigere  Fi-age,  die  aber  nicht  umgangen  werden 


Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar.  431 

kann,  ist  dann,  festzustellen,  was  dem  Verfasser  vom  J.  642, 
was  dem  Ueberarbeiter  vom  J.  660  zuzuschreiben  ist.  Die 
Heimath  unserer  Chronik  ist  bekannthch,  wie  alle  Forscher 
zugeben,  und  zuletzt  noch  Monod  umständlich  ausgeführt  hat, 
Burgund.  Deshalb  werden  die  Jahre  nach  der  Regierungszeit 
der  über  Burgund  herrschenden  Könige  bezeichnet.  So  c.  80: 
'anno  primo  regni  Chlodoviae,  secundo  et  inmenente  tercio', 
c.  83  'Anno  tercio  regni  Chlodoviae  regis'  (640),  c.  89  'Anno 
quarto  regni  Chlodoviae'  (641).  Wenn  die  Zeitangaben  in 
dieser  Weise  unmittelbar  auf  einander  folgten,  so  würde  Alles 
v'ortrefflich  zusammenstimmen;  merkwürdig  ist  es  aber,  dass 
in  c.  87,  welches  ebenfalls  von  dem  J.  640  handelt,  nicht,  wie 
es  der  Verfasser  in  ähnlichen  Fällen  zu  thun  pflegt,  durch  'Eo 
anno'  oder  durch  Wiederholung  des  dritten  Jahres  des  Chlodo- 
veus  die  Zeit  bestimmt  wird,  sondern  durch  'Cumque  anno 
octavo  Sigybertus  regnarit',  und  dass  c.  88  mit  der  Zeitbe- 
stimmung 'Anno  decirao  regno  Sigyberti'  (642)  erstens  von 
der  üblichen  burgundischen  Zählungsweise  abweicht  und  zwei- 
tens an  einer  ganz  falschen  Stelle  steht.  Wir  haben  also  fol- 
gende Reihenfolge  der  Jahresbezeichnungen: 

c.  83.  Anno  tercio  regni  Chlodoviae  =  640. 

c.  87.  Cumque  anno  octavo  Sigybertus  regnarit  =  640. 

c.  88.  Anno  decimo  regno  Sigyberti  =  642. 

c.  89.  Anno  quarto  regni  Chlodoviae  =  641. 

c.  90.  Die  Fortsetzung  von  c.  89. 

Die  Voranstellung  des  Capitels  88  vor  die  Capp.  89.  90, 
sowie  die  von  der  bei  Fredegar  sonst  üblichen  Norm  abwei- 
chende Art,  die  Regierungsjahre  zu  zählen  in  den  Capp.  87.  88 
zeigen  uns,  dass  wir  es  hier  mit  späteren  Einschiebungen  eines 
Mannes  zu  thuen  haben,  der  in  dem  Reiche  Sigiberts,  also  in 
Auster  lebte.  Dass  wirklich  ein  Austrasier  der  von  dem  bur- 
gundischen Verfasser  vom  J.  642  zu  stiefmütterlich  behandelten 
Geschichte  des  Ostreichs  zu  ihrem  Rechte  verholfen  hat,  lässt 
sich  auch  aus  c.  84  scharf  erkennen.  Nachdem  nämlich  Frede- 
gar c.  83  den  Tod  des  neustrischen  Majordomus  Aega  gemeldet 
hat,  flihrt  er  c.  84  fort,  die  Erhebung  des  Erchynoaldus  zu  dem 
Majordomate  'Post  discessum  Aegane'  zu  erzählen.  Hierauf 
folgt  eine  jener  bei  den  Merowingischen  Geschichtsschreibei'n 
so  beliebten  Charakterschilderungen  des  neuen  Majordomus, 
die,  nachdem  ihm  alle  Tugenden  geziemend  zugeschrieben 
worden  sind,  mit  den  Worten  'ab  omnibus  erat  dilectus'  schliesst. 
Und  hieran  reihen  sich  die  bemerkenswerthen  Worte,  die  ich 
vollständig  mittheilen  Avill:  'Igitur  post  discessum  Dagobert! 
regi,  quo  ordine  eiusdem  tinsauri  inter  filius  devisi  fuerant, 
nun  obmittam,  sed  delucedato  ordene  uius  volumine  inseri 
procurabo'.  Der  Schreiber  dieser  Zeilen  will  also  hier  etwas 
einschieben,   nämlich    die  Vertheilung    der  Schätze  Dagoberts. 


432  Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

Die  Worte  'Post  diseessum'  erinnern  an  den  Anfang  des 
Capitels'),  dort  steht  aber  'Aegane'  und  zwar  chronologisch 
richtig,  da  Aega  640  stai-b,  hier  'Dagoberti',  dessen  Tod  c.  79 
zum  J.  637  in  unserer  Chronik  berichtet  wird.  Die  Ein- 
fügung ist  mithin  an  unrichtiger  Stelle  erfolgt;  offenbar  durch 
Uebersehen  des  'Aegane'  am  Anfange  dieses  Capitels.  Betrachten 
wir  nun  die  in  Cap.  85  geschilderte  Theilung  des  Schatzes 
Dagoberts  unter  seine  Erben,  so  fällt  uns  auf,  dass  dieses 
Factum  ganz  und  gar  vom  austrasischen  Standpunkte  geschil- 
dert wird.  Pippin,  heisst  es,  kehrte  nach  Dagoberts  Tode 
mit  den  übrigen  Duces  der  Austrasier,  welche  am  Hofe  Dago- 
berts festgehalten  Avorden  waren,  zu  König  Sigybert  zurück, 
erneuerte  seinen  alten  Freundschaftsbund  mit  Chunibert  und 
regierte  in  Gemeinschaft  mit  diesem  die  Austrasier.  Dann 
forderte  man  die  Königin  Nantilde  und  den  Chlodoveus  auf, 
dem  Sigybert  den  ihm  gebührenden  Theil  von  dem  väterlichen 
Schatze  zukommen  zu  lassen.  Ein  'placetus'  wird  angeordnet. 
Cliunibert  und  Pippin  brechen  nach  Compiegne  auf,  wo  der 
Schatz  'Instancia  Aegane  maiorem  domus',  dessen  Tod  Fredegar 
bereits  Cap.  83  berichtet  hatte,  in  gleiche  Theile  getheilt  wurde, 
so  dass  die  Königin  Nantilde  den  dritten  Theil  erhielt.  Den 
Theil  Sigyberts  brachten  Chunibert  und  Pippin  nach  !Metz, 
wo  er  dem  Könige  vorgelegt  und  inventarisiert  wurde.  Er- 
sieht man  aus  der  ganzen  Schilderung,  dass  sie  von  einseitig 
austrasischem  Standpunkt  niedergeschrieben  ist  —  des  Theiles, 
welchen  der  burgundische  König  Chlodoveus  erhielt,  wird  in 
diesem  Berichte  gar  nicht  gedacht  — ,  so  geht  aus  der  Nach- 
richt über  Aega  hervor,  was  war  schon  oben  bemerkten,  dass 
sie  die  chronologische  Reihenfolge  unterbricht.  Das  folgende 
Cap.  86  setzt  die  austrasische  Geschichte  fort,  von  87  und  88 
haben  wir  schon  oben  gesprochen,  das  eine  enthält  den  Auf- 
stand der  Thüringer  gegen  Sigibert,  das  andere  den  Tod  des 
baiulus  Otto,  des  Nebenbuhlers  Griraoalds. 

Der  austrasische  Bericht  reicht  also  von  Cap.  84  ex.  bis 
Cap.  88  incl.,  umfasst  die  Zeit  von  638  bis  642  und  ist  ein- 
gekeilt zwischen  dem  3.  (640)  und  4.  (641)  Jahre  des  Chlodo- 
veus. Dem  Verfasser  vom  J.  642  spreche  ich  ihn  ab;  erstens, 
weil  er  in  den  Rahmen  seiner  Chronik  nicht  chronologisch 
eingereiht  ist,  zweitens,  weil  die  Regierungsjahre  nach  dem 
austrasischen  Könige  Sigibert  gezählt  w^erden,  und  drittens, 
weil  er  die  burgundischen  Interessen  ganz  und  gar  unberück- 
sichtigt lässt.  Als  ein  Einschiebsel  giebt  sich  der  Passus  durch 
seine  oben  citierte  Einleitung  zu  erkennen,  die  übrigens  mit 
dem  Schlüsse  von  Cap.  81,  welches  den  byzantinischen  Kaiser 
Constans  behandelt,    merkwürdig    übereinstimmt.     In    beiden 

1)  'Post  diseessum  Aegane  Erchynoaldus  maior  domus'  etc. 


I 


Die  Chronieae   des   sog.  Fredegar.  433 

Stellen  will  der  Interpolator  denkwürdige  Ereignisse  nicht 
übergehen  (c.  81  'scribere  non  selebo',  c.  84  ^nun  obmittam'), 
sondern  geliörigen  Orts  (c.  81  'ordene  debeto',  c.  84  ^delucedato 
ordene')  in  dieses  Buch  einschalten  (c.  81  'uius  libelli  .  .  .  inse- 
ram',  c.  84  'uius  voluniine  inseri  procurabo').  Steht  so  das  Cap.  81 
mit  seinen  späten  Notizen  aus  der  byzantinischen  Geschichte 
mit  der  austrasischen  Interpolation  in  einer  engen  Verbindung, 
so  lässt  sich  hinwiederum  auch  zwischen  Cap,  82,  welches  die 
westgothische  Geschichte  bis  zum  Jahre  652  enthält,  und  dem 
Berichte  über  das  Ostreich  ein  Connex  nachweisen.  Eine 
stilistische  Eigenthümlichkeit  beider  ist  eine  ganz  seltsame 
Construction  von  'fertur'.  Cap.  85  heisst  es  nämlich:  'Post 
fertur  anui  circulum  Pippinus  moretur'  und  Cap.  82  ähnlich 
'plenus  senectute  fertur  nonagenarius  moretur'.  Während  sonst 
auch  bei  Fredegar  von  'fertur'  regelmässig  ein  Infinitiv  abhängig 
ist,  wird  es  hier  vollständig  als  Adverb  gebraucht;  man  könnte 
es  mit  'ungefähr'  übersetzen,  obgleich  auch  hierdurch  der  Sinn 
nicht  ganz  wiedergegeben  wird.  Dieselbe  Construction  findet 
sich  überdies  auch  in  dem  Cap.  81:  'Trebus  annis  cerceter  et 
fertur  adhuc  amplius  per  unumquemque  diem  mille  soledus 
.  .  .  emplebat',  so  dass  es  nicht  zweifelhaft  ist,  dass  die  Cap.  81 
und  82  aus  der  Feder  jenes  austrasischen  Schreibers  hervor- 
gegangen sind.  Von  diesen  Erzählungen  reicht  aber,  wie  wir 
oben  gesehen  haben,  die  eine  in  Cap.  82  bis  zum  J.  652,  die 
andere  in  Cap.  81  bis  zum  J.  658.  Unser  Schluss  ist  mithin: 
um  das  J.  658  hat  ein  Ueberarbeiter  (C)  in  Auster  die  bur- 
gundische  Chronik  vom  J.  642  (A)  durch  Einschiebung  von  Be- 
richten aus  der  austrasischen,  griechischen  und  westgothischen 
Geschichte  ergänzt.  Ich  will  nicht  weiter  untersuchen,  welche 
Abschnitte  ausserdem  noch  diesem  Schreiber  zuzutheilen  sein 
mögen ;  in  sehr  vielen  Fällen  wird  sich  wohl  auch  kaum  noch 
constatieren  lassen,  was  der  Burgunder,  was  der  Austrasier 
geschrieben  hat.  Oft  Avird  letzterer  nur  kleine  Bemerkungen 
und  Zusätze  eingestreut  haben,  bei  deren  Ausscheidung  die 
Kritik  bald  jeden  festen  Boden  verlieren  würde.  Bemerkens- 
werth  ist  es  aber,  dass  bereits  Bonnell  darauf  aufmerksam 
gemacht  hat,  dass  die  Hervorhebung  von  Pippin  unter  dem 
J.  613  in  Cap.  40  weniger  seiner  damaligen  Bedeutung  —  er 
wird  bis  zum  J.  624  nicht  mehr  erwähnt  —  als  dem  einseiti- 
gen Interesse,  Avelches  der  betreffende  Schreiber  an  dem  be- 
rühmten austrasischen  Hofmeier  nahm,  zuzuschreiben  sei. 

Auch  der  Nachrichten  des  Cap.  48  über  die  Wenden  und 
ihren  König  Samo  muss  noch  hier  gedacht  werden,  da,  wie 
erwähnt  wurde,  auch  dieses  Capitel  über  den  Schluss  der 
Chronik  hinausreicht.  Der  Schreiber  weiss  sehr  genau,  woher 
jener  Samo  stammte;  'natione  Francos  de  pago  Senonago'  wird 
seine  Herkunft  geschildert,  woraus   sich  vielleicht  ein  Schluss 


434  Die  Cbronicae  des  sog.  Fredegar. 

auf  die  Heimath  des  Verfassers  machen  lässt.  Stimmen  wir 
denjenigen  bei,  die  Soignies  im  Hennegau  darunter  verstanden 
wissen  wollen '),  so  ist  anzunehmen,  dass  der  Berichterstatter 
kein  Burgunder  war.  Der  Stil  in  diesem  Capitel  ist  einzig  in 
seiner  Art:  lauter  unverbundene  Sätze  und  Sätzchen,  in  deren 
jedem  die  beiden  Helden  Sclavi  resp,  Winidi  und  Chuni  resp. 
Avares  je  einmal,  nicht  selten  sogar  zwei  und  dreimal  vor- 
kommen, wie  dies  die  folgende  Probe  zeigt:  'Sarno  —  negu- 
tiantes  adscivit,  —  in  Sclavos  perrexit.  Sclavi  —  contra  — 
Chunis  ceperant  revellare.  Winidi  befulci  Chunis  fuerant  — , 
ut,  cum  Chuni  —  aggrediebant,  Chuni  —  stabant  — ,  Winidi 
vero  pugnabant:  si  praevalebant,  tunc  Chuni —  adgrediebant; 
sin  —  Winidi  superabantur,  Chunorum  auxilio  —  resumebant'. 
Ein  Gegenstück  zu  dieser  im  höchsten  Grade  abgehackten 
und  unbeholfenen  Darstellungsweise  kann  ich  im  ganzen  Frede- 
gar nicht  finden.  Vielleicht  hat  dem  Verfasser  hier  ein  schon 
fertiger  Bericht  vorgelegen,  den  er  seiner  Chronik  zufällig 
unter  dem  40.  J.  des  Chlothar  (623)  eingefügt  hat.  Denn 
Zufall  ist  es  sicher,  dass  wir  den  Wendenartikel  gerade  unter 
diesem  Jahre  bei  Fredegar  finden.  Ausser  einem  langen  Passus 
über  das  Verhältnis  der  Wenden  zu  den  Hünen  werden  in 
dem  genannten  Capitel  die  folgenden  Ereignisse  unter  dem- 
selben Jahre  zusammengehäuft:  der  Aufbruch  Samos  zu  den 
Wenden,  um  bei  ihnen  Handel  zu  treiben,  ihr  Aufruhr  gegen 
die  Hünen,  die  Tapferkeit  Samos  in  diesem  Feldzuge,  seine 
Königswahl  und  zahlreichen  Siege  im  Kampfe  mit  den  Hünen. 
Diese  Ereignisse  können  unmöglich  alle  in  das  J.  623  fallen. 
Was  hat  nun  den  Chronisten  bestimmt,  den  Bericht  an  dieser 
Stelle  einzuschalten,  die  Reise  Samos,  der  Krieg  mit  den  Hünen, 
seine  Königserhebung  oder  die  übrigen  Kämpfe  mit  den  Geg- 
nern? Wir  wissen  es  nicht,  und  vielleicht  hat  es  der  betreffende 
Autor  selbst  nicht  gewusst.  Leider  ist  Fredegar  der  einzige 
Berichterstatter  dieser  Begebenheit,  doch  zeigen  seine  nicht- 
fränkischen Berichte,  welche  sich  durch  andere  Quellen  con- 
trolieren  lassen,  zur  Evidenz,  dass  er  beinahe  stets  in  der  Zeit- 
bestimmung geirrt  hat.  Für  den  vorliegenden  Fall  bietet  das 
zunächst  folgende  Capitel  49  das  lehrreichste  Beispiel.  Es 
beginnt:  'Ipsoque  anno  40.  Chlothariae  Adloaldus  rex  Lango- 
bardorum,  filius  Agone  regi,  cum  patri  suo  succcssisset  in 
regno,  legato  Mauricio  imperatoris  .  .  .  suscepit'.  Durch  'Ipso- 
que  anno'  wird  diese  Begebenheit  in  dasselbe  Jahr  623,  wie 
die  Wendengeschichte  gesetzt,  während  König  Adloald  im 
J.  616  dem  Ago  folgte.  Kaiser  Mauricius  aber  gar  schon  im 
J.  602   getödtet   worden    war.      Wird    man    einen    Geschichts- 

1)  Die  andere  Deutung  Sens  beruht  auf  der  corrupten  Lesart  Aimoin's: 
'Senonico'.  Ledebur's  Hypothesen  in  den  Märkischen  Forschungen  II, 
p.  37  —  4,5  sind  nicht  werth  wiederholt  zu  werden. 


Die   Chronieae   des   sog.  Fredegar.  435 

Schreiber,  dem  man  in  Capitel  49  solche  Irrthümer  nachweisen 
kann,  im  vorhergehenden  Capitel  für  chronologisch  zuverlässig 
halten,  nur  weil  wir  keine  andereren  Berichte  über  die  betref- 
fende Sache  besitzen?  Älir  scheint  es  demnach  durchaus  noch 
nicht  festzustehen,  dass  die  35  Jahre,  welche  Samo  regiert 
haben  soll,  wirklich  vom  J.  623  ab  gerechnet  werden  dürfen. 
Dann  kann  aber  auch  die  Frage,  ob  A  oder  C  diesen  Bericht 
in  die  Chronik  eingefügt  hat,  nicht  entschieden  werden. 

Was  nun  die  Ai-beit  des  Burgunders  vom  J.  642  betrifft, 
so  ist  anzunehmen,  dass  er  einen  Zeitraum  von  circa  60  Jahren 
nicht  durchweg  aus  eigener  Kenntnis  beschreiben  konnte.  Nur 
zwei ')  Quellen  hat  man  mit  Gewissheit  zu  erkennen  vermocht, 
nämlich  burgundische  Annalen  im  Anfange  der  Chronik  und 
die  Vita  Columbaui  des  Jonas  (ed.  Mabillon,  AA.  SS.  II  saec. 
p.  17),  aus  welcher  das  Cap.  36  mit  Ausnahme  des  Anfangs 
und  Schlusses  wörtlich  ausgeschrieben  worden  ist.  Die  alten 
Annalen  begannen  mit  der  Thronbesteigung  Sigismunds,  waren 
reich  an  Naturwundern  (587  Ueberschwemmung  Burgunds, 
590  Mondfinsternis,  592  Sonnenfinsternis,  595  Comet,  599 
Kochen  des  Thuner  Sees,  600  feurige  Garben  am  Himmel) 
und  schlössen  wahrscheinlich  mit  dem  Jahre  603,  da  zu  eben- 
demselben Jahre  die  letzte  Sonnenfinsternis  verzeichnet  wird  2). 
Vom  Jahre  600  an  werden  sie  wortreicher,  ich  weiss  nicht, 
ob  durch  die  Fülle  der  Nachrichten  des  Annalisten  oder  durch 
die  Beredtsamheit  eines  Ausschreibers,  Vielleicht  ist  beides  der 
Fall,  jedenfalls  ist  der  Uebergang  von  den  Annalen  zu  der 
folgenden  Quelle  kein  plötzlicher,  sondern  ein  gut  vermittelter. 
Der  Fortsetzer  nun  vom  Jahre  604  ab  giebt  eine  äusserst  aus- 
führliche Darstellung  —  c.  26  werden  sogar  ganz  bestimmte 
Daten  gegeben  (das  Martinsfest,  Weihnachten)  —  bis  zum 
Jahre  613.  Von  hier  ab  aber  wird  die  Darstellung  wieder 
äusserst  lückenhaft:  614  und  615  weiss  der  Verfasser  gar  nichts 
zu  berichten,  616  hat  er  die  kurze  Notiz,  dass  Chlothar  den 
gerechten  Bitten  der  Burgunder  seine  Zustimmung  gegeben 
habe,  dai-auf  folgen  zwei  sehr  märchenhafte  Capitel  (45  und  46) 
über  die   Langobarden,   618   die  kurze   Nachricht  vom   Tode 

1)  Eine  dritte  will  Dahn  'Könige  der  Germanen'  V,  p.  178  n.  4  in 
dem  Briefe  Sisebut's  an  Caesarius  gefunden  haben;  doch  kann  ich  ihm 
nicht  beistimmen.     Man  vergleiche  : 


Fredegar  c.  33. 
Sisebotus    dicebat   pietate    plenus : 
'Eu  me  misero,    cuius  tempore  tante 
sanguis  humanae  effusio  fietur'. 


2)  Siehe  Brosien  p..  32. 


Sisebuti  ep. 
quod  si  bella  surgant,  si  mucro 
fervidus  in  qualibet  parte  desaeviat, 
si  vita  hominum  tempus  bellicosum 
non  exigat;  quam  opinaris  pro  tantis 
sceleribus,  pro  ingestis  cladibus,  pro 
funestissimis  inlatis  vulneribus  Deo 
reddere  rationem? 


436  Die   Cbronicae   des  sog.   Fredegar. 

der  Königin  Bertatrudis,  619.  620  und  621  fehlen  wiederum, 
622  die  Erhebung  Dagoberts  zum  König  von  Auster  wieder 
mit  wenigen  Worten  und  schliesslich  623  der  Wendenbericht, 
von  welchem  wir  oben  sprachen,  an  den  sich  zu  demselben 
Jahre  zwei  sehr  lange  Capitel  über  die  Langobarden  schliessen. 
Erst  vom  Jahre  624  (Cap.  52)  ab  wird  die  fränkische  Ge- 
schichte wieder  ausführlicher  und  schreitet  Jahr  für  Jahr  fort. 
Fassen  wir  es  kurz  zusammen:  in  dem  Zeiträume  von  613 
— 623  incl.  ist  der  Verfasser  über  seine  heiraathliche  Geschichte 
so  dürftig  unterrichtet,  dass  er  über  die  Jahre  614.  615.  619 
— 621.  623  von  jener  gar  nichts,  in  den  übrigen  aber  nur  sehr 
wenig  zu  sagen  weiss. 

Dazu  kommt  noch  eine  andere  Thatsache,  auf  welche 
Andere  bereits  aufmerksam  gemacht  haben').  Während  bis 
zum  Jahre  613  die  Regierungsjahre  von  einseitig  burgundischem 
Standpunkte  aus  angegeben  sind,  indem  nur  die  Jahre,  welche 
der  betreffende  Regent  über  das  burgundische  Reich  geherrscht 
hatte,  ohne  Rücksicht  auf  seine  Regierung  in  anderen  Theilen 
des  Frankenreiches,  den  Maasstab  'für  die  Zeitbestimmung 
geben,  ist  von  da  ab  die  Methode  befolgt,  dass  auch  die  ausser- 
burgundischen  Regierungsjahre  in  Anschlag  gebracht  werden. 
So  gewiss  es  demnach  ist,  dass  mit  dem  Jahre  613  eine  andere 
Feder  eingesetzt  hat,  so  lässt  sich  doch  darüber  streiten,  wie 
man  sich  das  Verhältnis  dieses  Schreibers  vom  Jahre  613  zu 
dem  burgundischen  Annalisten  vom  Jahre  603  und  dem  Chro- 
nisten vom  Jahre  642  zu  denken  hat.  Hat  der  Autor  vom 
Jahre  613  nur  die  kleinen  burgundischen  Annalen  fortgesetzt. 
oder  ist  ihm  ausserdem  noch  ein  Antheil  an  den  vorhergehen- 
den Büchern  des  Fredegar  einzuräumen?  Mit  anderen  Worten, 
hat  schon  der  Verfasser  vom  Jahre  613  jene  grosse  Com- 
pilation  angelegt,  die  wir  unter  dem  Namen  des  Fredegar 
kennen,  und  ist  diese  von  dem  Verfasser  vom  Jahre  642  nur 
fortgesetzt  und  erweitert  worden,  oder  ist  letzterer  der  Urheber 
jener  Sammlung  und  nahm  er  nur  die  burgundischen  Annalen 
mit  einer  Fortsetzung  bis  zum  Jahre  613  als  Quelle  auf?  Um 
diese  Fragen  zu  entscheiden,  ist  es  nöthig,  auf  die  früheren 
Bücher  des  Fredegar  einzugehen. 

Am  Schlüsse  von  Cap.  24  des  ersten  Buches  hinter  der 
Chronographie  des  Hippolyt  und  dem  später  angehängten 
Artikel  über  die  Hebräerkönige  steht  die  folgende  Computation, 
die  ihrer  ausserordentlichen  Wichtigkeit  halber  hier  eine  Stelle 
finden  soll:  'Ab  Adam  usque  ad  diluvium  ann.  2242.  A  dilu- 
vium  usque  ad  Abraham  anni  942.  Ab  Abraham  usquc  ad 
Moysen  ann.  505.  A  Moysen  usque  ad  Salomonem  et  primam 
aedificationem    templi    anni    479    secundum    minorem,    quem 

1)  Siehe  Brosien  p.  31. 


Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar.  437 

tercius  Regnorum  liber  continet;  nam  iiixta  Judicum  aun.  650. 
A  Salomone  usque  ad  instauratioue  terapli,  quae  sub  Dario 
Persarum  rege  facta  est,  coUeguntur  anni  522.  Porro  a  Dario 
usque  ad  praedieationem  domini  nostri  Jesu  Christi  et  usque 
ad  15.  annum  Tibei'i  prineipes  Ronianorum  explentur  anni  548. 
Itaque  fiunt  siraul  ab  Adam  usque  ad  praedieationem  Christi 
et  15.  annum  Tiberii  anni  5228.  A  15.  anno  Tiberi  prineipes 
Romanorum  et  ab  ipsa  passione  domini  nostri  Jesu  Christi 
usque  ad  Constantinum  et  Rufum  consules  anni  430.  A  Con- 
stantino  et  Rufe  usque  ad  ann.  primum  regni  Sygiberti  regis 
Francorum,  fiHo  Theuderici  regis,  explentur  anni  156.  Itaque 
fiunt  simul  ab  Adam  usque  ad  annum  primum  regni  Sygiberthy 
regis  anni  5815,  NuUa  sit  dubitatio  de  ista  descripcione,  quia 
de  cronica  beati  Eusebii  Caesariensis  episcopi  adsumpta  est 
usque  ad  passionem  domini  nostri  Jesu  Christi;  item  a  passione 
Domini  per  paschale  Victorii  usque  in  tempore  isto  invenies 
veritatem'. 

Bis  zum  15.  Jahre  des  Tiberius  hat  sich  der  Unbekannte 
die  Jahre  aus  der  Chronik  des  Hieronymus  herausgerechnet 
und  zwar,  was  zu  verwundern  ist,  richtig,  denn  der  einzige 
Fehler  in  der  Ansetzung  der  Jahre  von  Salomo  bis  auf  Darius 
(522  statt  512)  fällt,  wie  die  richtige  Consumraation  am  Schlüsse 
zeigt  (5228),  einem  Abschreiber  zur  Last.  Hierauf  recurrierte 
er  auf  die  damals  in  Gallien  gebräuchliche  Ostertafel  des 
Victorius,  in  der  er  bis  zum  Consulat  des  Constantinus  und 
Rufus  (457  p.  Chr.)  430  Jahre  verzeichnet  fand:  'a  duobus 
Geminis  usque  in  consulatum  Constantini  et  Rufi  diligenti 
adnotatione  coUectis  per  quadringentus  XXX  annos'  (Victor. 
Prol.).  Von  diesem  Consulate  aus  zählte  der  Verfasser  ver- 
mittelst eben  jenes  Paschale  des  Victorius  'usque  ad  ann.  pri- 
mum regni  Sygiberti  regis  Francorum,  filio  Theuderici  regis' 
richtig  156  Jahre.  Die  Consummation  der  Jahre  von  Adam 
bis  auf  Sigibert  ist  jedoch  mit  5815  um  eins  zu  hoch  angesetzt. 
Jener  Sigibert  nun,  der  Sohn  Theuderichs  II,  wurde  nach  dem 
Tode  seines  Vaters  im  Jahre  613  von  der  Brunichilde  zum 
König  in  Auster  und  Burgund  eingesetzt,  aber  noch  in  dem- 
selben Jahre  auf  Befehl  Chlothars  II.  ermordet.  Das  Jahr  613  >) 
erhalten  wir  auch,  wenn  wir  zu  dem  Jahre  457  jene  156  Jahre 
addieren.  Daraus  aber,  dass  der  Schreiber  dieser  Zeilen  das 
Jahr  613  den  'annus  primus'  des  Königs  Sigibert  nennt,  geht 
hervor,  dass  er  von  dem  in  demselben  Jahre  erfolgten  gewalt- 
samen Ende  des  jungen  Königs  noch  nichts  wusste.  Wir 
kommen  mithin  zu  dem  Resultate,  dass  die  obige  Computation 
in  eben  diesem  Jahre  613   geschrieben    ist  —  was   man  übri- 


1)  Die  Computation  bestätigt  also,  dass   der  Tod   der  Brunichilde  in 
das  Jahr  613  zu  setzen  ist,  was  Monod  1.   1.  p.  144,  Anm.  2  bestreitet. 
Neues  Archiv  etc.     VII.  29 


438  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

gens  auch  daraus  ersieht,  dass  dieses  Jahr  am  Schlüsse  mit 
'usque  in  tempore  isto'  bezeichnet  wird  —  und  zwar  vor  dem 
Tode  des  Sigibert.  Jedem,  der  mit  dem  Charakter  solcher 
Berechnungen  Bescheid  weiss,  ist  es  klar,  dass  diese  Compu- 
tation,  auf  welche  jetzt  noch  2  Capitel  folgen,  ursprünglich  den 
Schluss  des  Buches  gebildet  haben  muss.  So  finden  wir  auch, 
um  hier  das  nächstliegende  Beispiel  zu  nehmen,  bei  Gregor 
von  Tours,  am  Ende  seines  1.  2.  3.  4.  Buches  und  schliesslich 
am  Schlüsse  seines  ganzen  Werkes  solche  Jahres berechnungen. 
Sehen  wir  uns  nun  die  bei  Fredegar  auf  unsere  Computation 
folgenden  Capitel  näher  an,  so  ist  dies  c.  25,  der  Papstkatalog 
bis  zum  J.  642,  und  c.  26,  die  kleine  Chronik  bis  zum  J.  641. 
Ueber  beide  Stücke  ist  oben  gehandelt  worden :  Sie  sind  Zu- 
sätze jenes  Burgunders,  der  im  Jahre  642  schrieb. 

Wir  haben  also  auch  in  dem  1.  Buche  des  Fredegar, 
ebenso  wie  in  dem  letzten,  einen  älteren  Bestandtheil  entdeckt, 
der  bereits  im  Jahre  613  ausgearbeitet  worden  ist  und  später 
von  dem  Verfasser  aus  dem  Jahre  642  mit  einer  Fortsetzung 
versehen  wurde.  Wir  nennen  den  Schreiber  vom  Jahre  613 
A,  denjenigen  vom  J.  642  B,  und  untersuchen  die  übrigen 
Bücher  des  Fredegar  in  demselben  Sinne. 

Während  bei  dem  Liber  Gener.  und  dem  letzten  Buche 
bisher  noch  Niemand  darauf  aufmerksam  geworden  ist,  dass 
uns  hier  die  Arbeiten  mehrerer  Autoren  vorliegen,  hat  dies 
für  die  Excerpte  aus  Hieronymus,  Idacius  einerseits  und  Gregor 
andererseits  Lüthgen  in  seiner  Arbeit  über  die  fränkische 
Trojanersage  bereits  nachgewiesen  '). 

Zunächst  ist  es  klar,  dass  die  Excerpte  aus  den  Chroniken 
des  Hieronymus  und  des  Idacius  zusammengehören,  so  dass 
sie  einem  Verfasser  ihren  Ursprung  verdanken.  Dies  zeigt 
u.  a.  die  Capitelzählung,  welche  am  Anfange  des  Idacius  nicht 
wieder  mit  eins  beginnt,  sondern  mit  Cap.  50  sich  unmittelbar 
an  den  voraufgehenden  Hieronymus  anschliesst;  dies  zeigt 
auch  das  Fehlen  jeder  Ueberschrift  über  dem  Idacius  und 
schliesslich  der  Umstand,  dass  die  vollständige  Chronik  des 
Idacius  als  Fortsetzung  der  Hieronymianischen  in  den  Hss. 
naturgemäss  der  letzteren  angefügt  war'^).  Das  Excerpt  aus 
Idacius  kann  mithin  von  demjenigen  aus  Hieronymus  nicht 
getrennt  werden,  hat  A  das  Eine  gemacht,  so  wird  ihm  auch 
das  Andere  zuzusprechen  sein.  Dagegen  bildet  das  Scarpsura 
Gregorii  ein  Buch  für  sich  und  kann  ohne  Schwierigkeiten  aus 
der  Compilation  herausgelöst  werden.    Gehen  wir  von  diesem 

1)  L.  meint  freilich  p.  39,  dass  die  Bücher  Hieron.  —  Idacius  bald 
nach  dem  Jahre  563  entstanden  sind.  Das  geht  schon  deshalb  nicht, 
weil  c.  59  der  Tod  Theodorichs  nach  den  Dialogen  Gregors  d.  Gr.  erzählt 
wird.  2)  Wie  in  der  Cheltenhumer  Hs.,  der  einzigen  des  Chronicon 
integrum  Idacii,  die  auf  uns  gekommen  ist. 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  439 

Buche  aus.  Im  1.  Capitel  des  Gregor  linden  sich  zwei  selb- 
ständige Zusätze  des  Fredegar.  Nämlich  zuerst  'Aecium  patri- 
cium  huius  chronici  gesta  laudatur',  mit  Bezug  auf  die  folgende 
aus  Gregor  entlehnte  Beschreibung  des  Aetius,  und  dann  die 
bemerkenswerthe  Stelle  'Cum  inisset  certamen  cum  Chunis, 
que  gessit,  Ydatius  suae  storiae  huius  volumine  narrat'.  Der 
Compilator  beruft  sich  also  hier  in  Betreff  des  Kampfes  des 
Aetius  mit  den  Hünen  auf  die  voraufgehende  Chronik  des 
Idacius.  Die  Originalchronik  des  Idacius  erzählt  aber  so  viel 
wie  nichts  von  den  Thaten  des  Aetius  und  den  Hünen;  erst 
der  fränkische  Epitomator  hat  aus  unbekannter  Quelle  einen 
sehr  langen  darauf  bezüglichen  Passus  (c.  53)  eingeschoben. 
Da  nun  im  ersten  Capitel  des  Gregor  dieser  Bericht  mit  den 
Worten  'Ydacius  —  narrat'  ausdrücklich  jenem  zugeschrieben 
wird,  so  muss  man  entweder  annehmen,  dass  die  Hunenschlacht 
nicht  von  dem  Verfasser  des  Scarpsum  Gregorii  herrührt,  oder 
dass  letzterer  auch  jenen  Artikel  geschrieben  hat,  aber  ein  Be- 
trüger war,  indem  er  seine  Waare  unter  dem  Schilde  des  alten 
Chronisten  verkaufte.  Zu  der  letzteren  Annahme  liegt  uns  kein 
Grund  vor,  dagegen  wissen  wir  schon  aus  den  anderen  Büchern, 
dass  wirklich  verschiedene  Verfasser  für  den  Fredegar  zu  sta- 
tuieren sind.  Diese  Ansicht  wird  auch  durch  das  folgende 
zweite  Capitel  des  Gregor  bestätigt.  'De  Francorum  vero 
regibus'  beginnt  der  Epitomator  mit  den  Worten  Gregors  II,  7 
und  fährt  dann  selbständig  fort  'beatus  Hieronimus  qui  iam 
olym  fuerant  scripsit  —  quod  prius  Virgilii  poetae  narrat 
storia  — ',  worauf  er  die  Fabel  von  der  Herkunft  der  Franken 
von  den  Trojanern  folgen  lässt.  Schon  seit  Aimoin  haben  die 
Gelehrten  darüber  nachgegrübelt,  welche  Schrift  des  Hierony- 
mus  hier  gemeint  sein  möge.  Aimoin  denkt  an  die  Stelle  der 
Vita  Hilarionis  c.  22,  die  Aveiter  nichts  als  den  Namen  Francia 
mit  unserem  Bericht  gemein  hat.  Ihm  ist  Ruinart  gefolgt, 
der  diese  Stelle  (Greg.  opp.  p.  548)  in  der  Note  abdruckt 
Roth  und  Zarncke  dagegen  meinten,  dass  Prosper's  Chronicon, 
die  Fortsetzung  des  Hieronymus,  hier  gemeint  sei;  doch  hat 
Zarncke  selbst  seine  Ansicht  zurückgenommen,  als  er  erfuhr, 
dass  die  Namen  der  Frankenkönige  bei  Prosper  erst  spätere 
Interpolation  seien.  Er  schloss  sich  nun  Wormstalls  Ansicht 
an,  der  in  jenem  Hieronymus  den  Autor  der  fabelhaften 
Cosmographie  des  Aethicus  sieht,  w^elche  sich  in  der  Ueber- 
schrift  als  'Hieronimo  presbytero  dilatus  ex  cosmocrafia'  zu 
erkennen  giebt.  Lüthgen  hat  dagegen  mit  Recht  geltend  ge- 
macht, dass  der  Bericht  des  Aethicus  mit  unserer  Darstellung 
sehr  wenig  gemein  hat,  sich  vielmehr  weit  inniger  an  die 
Gesta  Francorum  anschliesst.  Zugleich  bemerkte  er,  dass  die 
Recension  des  Scarpsum  Gregorii  hier  nur  auf  die  im  Com- 
pendium  des  Hieronymus  gegebene  'Origo  Francorum'  Bezug 

29* 


440 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar. 


nehmen  könne.  Und  in  der  That  wird  die  folgende  Vergiei- 
chung  zeigen,  dass  der  Bearbeiter  des  Gregor  den  voraufgehen- 
den Hieronymus  ausgeschrieben  hat. 


Scarpsura  Greg.  c.  2. 
De  Francorum  vero  regibus 
beatus  Hieronimus,  _  qui 
iam  olym  fuerant,  scripsit 
—  quod  prius  Virgilii  poe- 
tae  narrat  storia  — :  Priamuni 
primum  habuisse  regem;  cum 
Troia  fraude  Olexe  caperetur, 
exinde  fuissent  egressi;  postea 
Frigam  habuisseut  regem ;  be- 
faria  divisione  partem  eorum 
Macedonia  fuisse  adgressa;  alii 
cum  Friga  vocati  Frigiis, 
Asiam  pervacantes,  litoris  Danu- 
vii  fluminis  et  mare  Ocianum 
consedisse;  dinuo  byfaria  devi- 
sione  Eurupam  media  ex  ipsis 
pars  cum  Francionem  eorum 
rege  ingressa  fuisse  Eurupam. 


Pervagantis  cum  uxoris  et 
liberis,  Reni  ripam  occupant 
nee  procul  a  Reno  civita- 
tem  ad  instar  Trogiae 
Hominis  aedificare  conati 
sunt.  Ceptum  quidem,  sed 
inperfectum  opus  reman- 
sit.  Residua  eorum  pars,  que 
super  litore  Danuvii  remanserat, 
eUctum  a  se  Törcoth  nomen 
regem,  per  quem  ibique  vocati 
sunt  Turchi;  et  per  Francionem 
hü  alii  vocati  sunt  Franci. 


Gyron.  Scarps. 


c.  4.  Priamo  primo  regi  ha- 
buerunt;  c.  5  ab  Olexo  per  frai 
decepti  —  exinde  eiecti,  c.  8 
per  ipsa  captivitate  Troiae  — 
egressi;  c. 4  postea  —  habuerunt 
regi  Friga.  Postea  partiti  sunt 
in  duabus  partibus.  Una  pars 
perrexit  in  Macedoniam;  c.  5 
alia  pars,  quae  de  Frigia  pro- 
gressa  est.     c.  6  Asiam  perva- 

cantis super  litore  Danu- 

viae  fluminis  inter  Ocianum  et 
Traciam  —  —  pars  resedit. 

c.  6  Tercia  ex  eadem  origine 

—  —  ingredientis  Euruj^am, 
c.  5  electum  a  se  regi,  Francione 
nomen. 

0.  6  Asiam  pervacantis 

Franci  huius  aeteneris  gressum 
cum  uxores  et  liberes  agebant 

—  ad  Renum  consederunt. 


c.  6  super  litore  Danuviae 
fluminis  —  —  una  ex  eis  ibi- 
dem pars  resedit,  electum  a 
se  —  regem  nomen  Torquoto, 
per  quod  gens  Turquorum 
nomen  accepit.  c.  5  regi  Fran- 
cione nomen,  per  quem  Franci 
vocantur. 

c.  G  semper  alterius  dicione 
negantes,  multo  post  tempore 
cum  ducibus  transaegerunt. 


Multis  post  temporibus  cum 
ducibus  externas  dominationis 
semper  negantes. 

Eigenthümlich  ist  also  dem  Verfasser  des  Scarps.  Greg,  nur 
die  Nachricht,  dass  das  Volk  nach  seinem  Könige  Friga  Erigier 
genannt  -worden  sei  —  eine  Combination,  welche  sehr  nahe 
lag   — ,    und    die    Gründung    einer   Stadt  'ad    instar   Trogiae 


Die   Chronicae  des   sog.  Fredegar.  441 

nominis',  offenbar  die  alte  Colonia  Trajana  (Xanten),  welche 
in  späteren  Zeiten  in  der  That  auch  Troja  genannt  wird;  dns 
übrige  ist  alles  aus  dem  Hieronynius- Berichte,  zum  grossen 
Theil  sogar  -wörtlich  ausgeschrieben.  Dabei  ist  dem  Aus- 
schreiber in  der  grossen  Eile  der  Irrthum  passiert,  dass  er  in 
dem  letzten  Satze  'Multis  post  temporibus  cum  ducibus'  nach 
'd.'  das  Verbum  ünitum  Hransaegerunt'  vergass,  welches  man 
aus  Hieronymus  ergänzen  kann.  Der  König  der  Türken, 
'Torquotus',  welcher,  wie  wir  unten  sehen  werden,  sich  als  der 
römische  Feldherr  'Torquatus'  entpuppt,  hat  in  der  Gregor- 
Recension  den  corrupten  Namen  'Torcoth',  woraus  man  ebenfalls 
die  Priorität  des  Hieronymus -Berichtes  erkennt.  AVenn  in  den 
einleitenden  Worten  noch  des  Dichters  'Virgilius'  gedacht  wird, 
der  vor  Hieronymus  über  die  Frankenkönige  geschrieben 
haben  soll,  so  ist  diese  Notiz  wenigstens  so  weit  von  Interesse, 
als  man  aus  ihr  erkennt,  dass  der  alte  Franke  des  7.  Jahr- 
hunderts den  Namen  des  berühmten  Dichters  gekannt  hat, 
wenn  er  auch  in  Betreff  des  Inhalts  seines  Werkes  sehr  im 
Dunkelen  tappte.  Sicher  ist  die  Hinzufügung  des  Virgilius 
nur  gelehrter  Flitter;  das  Märchen  selbst  ist  dem  Scarpsum 
Gyron.  entnommen,  hat  jedoch  selbstverständlich  nicht  in  der 
Original -Chronik  des  Hieronymus  gestanden,  sondern  ist  erst 
von  dem  fränkischen  Excerptor  eingeschoben  worden  i).  Den- 
noch sagt  der  Bearbeiter  des  Gregor,  der  heilige  Hieronymus 
hätte  dies  geschrieben ;  —  entweder  eine  Lüge,  wenn  Hierony- 
mus-Idacius  und  Gi'egor  von  demselben  Verfasser  sind,  oder 
Hieronymus -Idacius  waren  früher  und  sind  von  dem  späteren 
Gregorbearbeiter  schon  benutzt  worden.  Zu  der  ersten  An- 
nahme liegt  uns,  wie  gesagt,  kein  Grund  vor,  dagegen  haben 
wir  schon  gefunden,  dass  in  der  That  der  Fredegar  nicht  auf 
einen  Schlag  entstanden  ist.  Wir  meinen  daher  mit  Lüthgen : 
für  die  beiden  Bücher  Hieronymus -Idacixis  und  Gregor  sind 
zwei  Verfasser  zu  statuieren,  so  dass  derjenige  des  Hieronymus- 
Idacius  älter  ist  als  der  Gregor- Bearbeiter. 

Die  Zeit,  in  welcher  das  Scarpsum  Gregorii  entstanden 
ist,  glaube  ich  in  folgender  Weise  bestimmen  zu  können. 

1.  Der  Schreiber  desselben  kannte  bereits  den  Tod  der 
Brunichilde  (613)  und  das  Cap.  24  der  Chronik  Fredegar's: 

^---     ^^ -    "^  Fred.  Chron.  c.  42. 

ad  veciosissemum  aequum 
caudam  legare;  ibique  calci- 
bus  et  velocitate  cursus  mem- 
bratim  disrumpetur. 

1)  Man  könnte  annehmen,  dass  Fredegar  schon  ein  durch  die  Trojaner- 
sage interpolierter  Codex  des  Hieronymus  vorlag.  Die  Hs.,  welche  der 
fränkische  Chronist  benutzte,  ist  zwar  verloren;  dagegen  hat  sich  in 
Cheltenham  ein  sehr  naher  Verwandter,  wenn  nicht  Abkömmling  derselben 
wiedergefunden;  und  dieser  Codex  enthält  keine  Spur  von  Trojanermär- 
cben.     Eine  Beschreibung  der  Hs.  werde  ich  unten  geben. 


Greg.  Scarps.  c.  59. 
Haec  vero  aequitum  calci- 
bus  disrumpetur. 


442  Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

2.    Er  benutzte  schon  die  Chronik  Isidor's  (615) 


Greg.  Scarps.  c.  65 
Narsis  patricius  minas  — 
agustae  Sophiae  perterritus  — 
—  Langobardus  a  Pannoniis 
invitans  —  —  Aetaliam  intro- 
duxit. 


Isid.  Chron. 
Narsis  patricius  —  —  Sufiae 
agustae,  lustini  coniugis,  rainis 
perterritus,  Langebardus  a  Pan- 
noniis invitavit  eosque  in  Ita- 
liam  introducit. 


3.  Er  kennt  bereits  den  Ausdruck  'Neptrasiae'  =  Neu- 
strasii,  indem  er  die  Worte  Gregor's  IV,  52  'Veniente  autem 
illo  ad  villam  cui  nomen  est  Victoriacum,  collectus  est  ad  eum 
omnis  exercitus'  durch  'Cumque  Victuriaco  accessisset,  omnes 
Neptrasiae  ad  eum  venientes'  wiedergiebt.  Die  Form  'Nep- 
trasiae' erscheint  aber  in  der  Chronik  erst  c.  62,  welches  über 
das  Jahr  629  handelt. 

Aus  diesen  Stellen  ersieht  man,  dass  die  sogenannte  Hist. 
epit.  1)  unmöglich  von  A  herrühren  kann.  Von  den  beiden 
übrigen  Bearbeitern  des  Fredegar  kann  hier  nur  B  in  Betracht 
kommen,  da  die  fragliche  Schrift  unzweifelhaft  von  einem 
Burgunder  verfasst  ist  2),  während  C  ein  Austrasier  war.  Für 
die  späte  Entstehung  dieses  Scarpsum  spricht  übrigens  auch 
der  Umstand,  dass  c.  11  der  Kaiser  Mauricius  (-|-  602)  zum 
Zeitgenossen  des  Königs  Childerich  (-|-  481)  gemacht  wird. 

Ist  der  Gregor  die  Arbeit  von  B,  so  muss  Hieronymus- 
Idacius  von  A  verfasst  sein,  da  dieses  Buch  älter  ist,  als  die 
Hist.  epit.  Dasselbe  Resultat  erhalten  wir  durch  die  Erwägung, 
dass  A  in  der  von  ihm  benutzten  Hs.  des  Liber  Gener.  auch 
die  Chroniken  des  Hieronymus  und  Idacius  fand,  wie  dies 
der  Cheltenhamer  Codex  zeigt.  Dagegen  wird  zu  prüfen  sein, 
ob  nicht  auch  in  einem  dieser  beiden  Bücher  sich  spätere 
Zuthaten  finden,  und  dies  scheint  bei  dem  Idacius  in  der  That 
der  Fall  zu  sein. 

Auf  den  Schluss  des  Idacius  folgen  bei  Fredegar  noch 
mehrere  Abschnitte,  die  theils  auf  die  Gothische  Geschichte,  theils 
auf  die  Franken,  Wandalen  und  das  oströmische  Reich  Bezug 
nehmen.  Mit  den  Worten  'Temporibus  imperatores  Honoriae' 
beginnen  diese  Appendices,  in  denen  zuerst  von  den  Gothen 
gehandelt  wird.  Bei  der  Gründung  des  Tolosanischen  Reiches 
und  den  auf  Ataulf  folgenden  Königen  beruft  sich  der  Verfasser 
mit  den  Worten  Hit  supra  gesta  confirmat'  auf  den  vorangehen- 
den Idacius,  bei  Theuderich  dem  Grossen  ^natione  Macedonum', 
der  mit  Erlaubnis  des  Kaisers  Leo   die  Herrschaft  übernahm, 


1)  Ich  nehme  hier  die  kurzen  annalistischen  Notizen  aus,  welche  ku 
den  burgundisclien  Annalcn  g^ehören,  die  im  letzten  Buche  ausgfcschrieben 
worden  sind.  Es  lässt  sich  unschwer  erkennen,  dass  aus  dieser  von  A 
vollständig'  ausgezogenen  Quelle  B  nur  die  Nachrichten  in  das  Scarpsum 
aufgenommen  hat,  welche  im  Gregor  fehlten.  2)  Vergl.  Brosien  p.  19. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  443 

weist  er  auf  'huius  libri  gesta'  hin.  Letzteren  unterscheidet 
er  überdies  von  dem  im  Idacius  und  in  dem  eingeschobenen 
Absatz  über  Agecius  erwähnten  Theuderich,  dem  ^^ohne  Theu- 
dors.  Unter  den  'huius  libri  gesta',  in  denen  über  Theuderich 
berichtet  wird,  ist  die  nächstfolgende  höchst  fabelhafte  Vita 
Theuderici  zu  verstehen,  die  bis  zu  dem  Cap.  59  incl.  reicht, 
aber  durch  Cap.  58  mit  einer  Fabel  von  Chlodoveus  und  Alari- 
cus  unterbrochen  wird,  Avelche  mit  der  aus  Gregor  genommenen 
Notiz  über  den  Sieg  des  Chlodoveus  bei  Vouille  schliesst. 
Das  Cap.  59,  in  Avelchem  der  Tod  des  Theuderich  erzählt 
wird,  endigt  mit  der  Wundergeschichte  des  grossen  Gregor, 
dass  ein  Priester  gesehen  habe,  wie  Theuderich  nach  seinem 
Tode  in  die  ^Olla  Vulcani'  hinabgefahren  sei.  Mit  den  Worten 
<in  ollam  ignis'  schliesst  dieser  Bericht,  und  hierauf  steht  in  dem 
Codex  Ciarom.  das  bedeutungsvolle  Wörtchen  'Explicit'.  Auf 
dieses  'Explicit'  folgen  aber  noch  mehrere  Capitel  über  Chrocus, 
Justinian  und  Belisar,  von  denen  das  erste  zum  Theil  wieder 
aus  Gregor  genommen  ist.  Es  sind  nur  zwei  Erklärungsver- 
suche möglich.  Entweder  hat  der  betreffende  Compilator  den 
Hieronymus- Idacius  bis  zum  Schlüsse  zusammengeschrieben 
imd  die  im  Cap.  57.  59  aufgenommene  'Vita  Theoderici'  so 
unverständig  abgeklatscht,  dass  er  sogar  das  'Explicit'  aus 
jener  mit  herübernahm,  oder  der  Hieronymus -Idacius  hat 
ursprünglich  mit  Cap,  59  geschlossen,  und  ein  Späterer  hat 
die  folgenden  Abschnitte  über  Chrocus,  Justinian  und  Belisar 
hinzugefügt,  das  vorhergehende  'Explicit'  aber  zu  streichen 
vergessen.  Wir  hätten  dann  hier  ebenso  wie  im  Liber  Gene- 
rat, und  dem  letzten  Buche,  jene  zwei  Theile,  einen  älteren 
und  einen  jüngeren.  Diese  Annahme  erscheint  mir  auch  des- 
halb wahrscheinlicher,  weil  die  auf  das  'Explicit'  folgenden 
Capitel  mit  den  Gregor  -  Excerpten  stilistisch  übereinstimmen. 
Dazu  ist  in  jenen,  wie  schon  erwähnt  wurde,  ebenfalls  die 
Geschichte  des  Gregor  von  Tours  benutzt,  freilich  auch  in 
dem  in  die  Vita  Theodorici  eingeschobenen  Passus  über  Chlodo- 
veus und  Alaricus,  der  aber  so  augenfällig  die  zusammen- 
hängende Darstellung  der  Gesta  Theoderici  unterbricht,  dass 
es  gar  keinen  Zweifel  leidet,  dass  er  später  eingeschoben  ist; 
vergl.  auch  Thorbecke,  'Gesta  Theoderici' p.  12.  Doch  schliesst 
die  Ansicht,  dass  ursprünglich  mit  jenem  'Explicit'  das  Buch 
geendigt  habe,  die  andere  Annahme  nicht  aus,  dass  Fredegar 
diese  Capitel  aus  schon  vorhandenen  Gesta  herübergenommen  hat. 
Das  bisher  gewonnene  Resultat  ist  mithin  folgendes.  Im 
Jahre  613  hat  der  Bearbeiter  A  das  Sammelwerk  angelegt, 
indem  er  den  Liber  Gener.,  Hieronymus  und  Idacius  auszog, 
und  schliesslich  burgundische  Annalen  aufnahm,  die  er  bis  auf 
seine  Zeit  fortsetzte.  Um  642  hat  ein  Redactor  B  den  beiden 
ersten  Büchern   Zusätze   angehängt,   ein   Excerpt   aus    Gregor 


444  Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

als  drittes  hinzugefügt  und  die  Geschichte  bis  auf  seine  Zeit 
fortgeführt.  Dasselbe  wollte  ein  dritter,  C,  um  658  thun,  kam 
aber  nicht  über  einige  Supplemente  zu  der  austrasischen,  ost- 
römischen und  westgothischen,  vielleicht  auch  wendischen  Ge- 
schichte hinaus. 

Es  bleibt  jetzt  noch  übrig,  die  Grenze  zwischen  A  und 
B  in  der  Chronik  genauer  festzustellen,  für  die  oben  das  Jahr 
613  nachgewiesen  wurde. 

Dieses  für  das  Frankenreich  an  entscheidenden  Ereignissen 
so  reiche  Jahr  umfasst  in  unserer  Chronik  nicht  weniger  als 
6  Capitel.  Es  beginnt  mit  dem  Schlüsse  von  Cap.  38  und 
erstreckt  sich  über  die  Capp.  39.  40.  41.  42.  43  und  den  grössten 
Theil  von  44.  In  diesem  Jahr  starb  der  burgundische  König 
Theuderich,  es  folgte  sein  Sohn  Sigibert,  der  nebst  seinen 
Brüdern  von  Chlothar  gefangen,  noch  in  demselben  Jahr  er- 
mordet wurde.  Hierauf  vereinigte  Chlothar  das  ganze  Fran- 
kenreich. Dass  von  Cap,  43  ab  ein  anderes  Princip  in  der 
Zählung  der  Regentenjahre  beobachtet  ist,  darauf  ward  schon 
oben  aufmerksam  gemacht.  Wunderbar  ist  es  aber,  dass  gerade 
noch  dieses  Capitel  und  der  erste  Theil  des  folgenden,  die 
beide  noch  in  das  J.  613  gehören,  verhältnismässig  ausführlich 
sind,  während  wir  nachher  einer  auffallenden  Dürre  in  den 
Nachrichten  begegnen.  Doch  ist  dabei  zu  beachten,  dass  sich 
die  Begebenheiten  der  Capitel  43  und  44  auf  einem  verhält- 
nismässig kleinen  Terrain  abspielen.  Cap.  43  wird  nämlich 
die  Ernennung  des  dux  Herpo  im  Pagus  Ultrajoranus  an  Stelle 
des  Eudila  erzählt.  Hieran  schliesst  sich  ein  Bericht  über 
einen  gegen  den  von  Chlothar  neu  ernannten  dux  gerichteten 
Aufstand,  an  dessen  Spitze  der  Patricius  Aletheus,  der  Bischof 
von  Sitten  Leudemundus  und  der  Graf  Herpinus  standen.  Der 
dux  Herpo  wurde  das  Opfer  der  Verschwörer,  die  jetzt  sogar 
an  die  Beseitigung  Chlothars  dachten,  der  nach  der  Ermor- 
dvmg  Herpos  viele  Aufständische  hatte  tödten  lassen.  Cap.  44 
kommt  nämlich  der  Bischof  Leudemund  zur  Bertetrude,  der 
Gemahlin  Chlothars,  und  verkündet  ihr  heimlich  auf  Anstiften 
des  Aletheus,  dass  Chlothar  unter  allen  Umständen  in  diesem 
Jahre  sterben  würde;  den  Schatz  sollte  sie  heimlich  nach  Sitten 
bringen  lassen ;  nach  dem  Tode  Chlotliars  aber  würde  Aletheus 
die  Regierung  übernehmen  und  die  Wittwe  Bertetrud  ehelichen. 
Auf  die  Königin  machten  diese  Vorschläge  einen  ganz  anderen 
Eindruck,  als  der  Rebell  erwartet  hatte.  "Weinend  ging  sie 
in  ihr  Gemach,  und  Leudemund  sah  sich  genöthigt  zu  fliehen. 
Der  eigentliche  Anstifter  der  Verschwörung,  Aletheus,  wiu'de 
auf  Chlothars  Befehl  getödtet.  So  endete  dieser  Versuch  der 
Burgunder^  sich  von  der  Herrschaft  Chlothars  zu  befreien. 
Der  Bericht  bei  Fredegar  stammt  offenbar  aus  der  Feder  eines 
Bewohners  des  Pagus  Ultrajoranus.    Nun  wird  sich  zwar  später 


Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar.  445 

herausstellen,  dass  auch  A  in  diesem  Gaue  geschrieben  hat, 
aber  ebenso  war  auch  B  ein  Ultrajoraner.  A  möchten  wir 
die  Autorschaft  wegen  der  mit  Cap.  43  eintretenden  anderen 
Jahreszählung  nicht  beilegen,  B  aber  könnte  recht  wohl  gerade 
über  dieses  Ereignis  seiner  engeren  Heimath  zu  einer  so 
bedeutungsvollen  Zeit  besser  unterrichtet  gewesen  sein.  Doch 
wenn  wir  auch  die  Cap.  43  und  44  (Anfang)  noch  A  zuschrei- 
ben wollten,  die  vorhergehenden  40.  41.  42  hat  er  sicher  nicht 
verfasst. 

Mit  Cap.  40  greifen  zum  ersten  Male  Arnulf  und  Pippin 
in  die  Geschichte  ein.  Chlothar  rückt  in  Auster  ein  'factione 
Arnulfo  et  Pippino  vel  citeris  procerebus'.  Schon  oben  wurde 
bemerkt,  dass  ßonnell  die  Erwähnung  Pippins  an  dieser  Stelle 
als  Anticipation  seiner  späteren  Autorität  ansieht,  und,  Avie 
es  uns  scheint,  auch  mit  Recht.  Cap.  40  wird  zum  ersten 
Mal  der  Ausdruck  'missi'  gebraucht.  Die  Worte  'cernens  se 
vitae  pericolum  habere',  die  c.  40  von  Warnachar  gebraucht 
werden,  kehren  auch  c.  51  wieder:  'Adalulfus  cernens  se 
vitae  periculum  habere',  und  ähnlich  c.  54:  'Godinus  cernens 
suae  vitae  periculum  habere'.  Mit  Cap.  41  erscheinen  zum 
ersten  Mal  die  'Burgundae  farones',  welche  Cap.  44  und  55 
wiederkehren.  Cap.  42  aber  wird  zum  ersten  Male  das  neu- 
strische  Reich  als  'Neptricum'  erwähnt,  welche  Bezeichnung 
erst  c.  47  wieder  erscheint,  aber  in  der  Form  'Neuster'.  Und 
so  wird  es  dann  c.  55  und  56  genannt,  wo  sich  auch  die  Neu- 
strasii  finden,  während  in  c.  47 — 80  beide  Formen  erscheinen ; 
doch  ist  hier  Neptricum  (57.  60.  76.  80)  die  häufigere  (Neuster 
nur  74  und  80).  Dagegen  lässt  sich  der  Volksname  'Neptrasiae' 
ausser  in  dem  Scarps.  Greg,  nur  einmal  nachweisen  (c.  62),  sonst 
wird  gewöhnlich  Neustrasii  gebraucht  (74.  76.  90).  Das  hier 
zum  ersten  Mal  erwähnte  Neptricum  entspricht  somit  dem 
späteren  Theile  der  Chronik,  besonders  den  Capiteln  57  —  80. 
Sehr  genau  kennt  der  Verfasser  von  Cap.  42  die  Herkunft  des 
'Comestaboli  Herpo  de  pago  Ultrajorano  ex  villa  Orba',  ähnlich 
wie  B  c.  90  die  Herkunft  des  comis  palatiis  Bertharius  'de 
pago  Ultrajorano'  bezeichnet.  Das  deutsche  Wort  'graffio'  hat 
c.  42  mit  74  'cum  ducebus  et  grafeonebus'  gemeinsam.  Die 
Ausdrucksweise  'repotans  ei,  eo  quod  decem  reges  Francorum 
per  ipsam  interfecti  fuissent'  erinnert  an  c.  54  'repotans  ei 
estobrum  cum  regina  Sighilde'.  Dass  A  diese  Capitel,  speciell 
42,  nicht  geschrieben  haben  kann,  ersieht  man  auch  daraus, 
dass  es  von  Meroeus  c.  42  heisst  'ubi  plures  post  annos  vixit'; 
dass  der  Verfasser  nach  Chlothars  Tode  schrieb,  geht  aus  der 
Stelle  über  jenen:  'quod  feliciter  post  sexdecem  annis  tenuit' 
hervor.  A,  der  im  J.  613  schrieb,  kann  also  diesen  Abschnitt 
nicht  mehr  verfasst  haben,  man  müsste  denn  annehmen,  dass 
die  obigen  Worte  spätere  Zusätze  sind.     Aber  auch  die  Ver- 


446  Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar. 

schiedenheit  des  Stils  spricht,  wie  wir  eben  gezeigt  haben, 
gegen  die  Autorschaft  A's.  Auffallend  ist  es,  dass  in  der 
Charakterschilderung  Chlothar's  am  Schlüsse  von  c.  42  sich 
manche  Anklänge  an  die  des  Claudius  in  c.  28  finden,  obwohl 
doch  unserer  Ansicht  nach  diese  beiden  Capitel  von  verschie- 
denen Verfassern  sind.  Beide  nennen  ihren  Helden  'pacienciae 
deditus',  in  beiden  Capiteln  wird  er  'litterum  eruditus'  genannt. 
Diese  letztere  Bezeichnung  scheint  uns  über  das  Verhältnis 
der  beiden  Capitel  den  gehörigen  Aufschluss  zu  geben.  'Litte- 
rum eruditus'  in  Cap.  28  ist  offenbar  nur  ein  Schreibfehler 
für  'litterarum  eruditus'  und  wenn  c.  42  derselbe  Fehler  wieder- 
holt wird,  so  hat  eben  der  Verfasser  von  c.  42,  um  seinen 
Helden  mit  Tugenden  gehörig  auszustatten,  sich  in  Cap.  28 
Rath  geholt,  wo  er  auch  den  schönen  Ausdruck  'pacienciae 
deditus'  fand.  Können  diese  beiden  Stellen  nicht  gegen  unsei'e 
Ansicht  sprehen,  so  sind  einige  Ausdrücke  am  Schlüsse  ent- 
schieden für  dieselbe  geltend  zu  machen.  Der  Schreiber  von 
c.  42  sagt  über  Chlothar:  'Venacioneni  ferarum  nimium  assi- 
duae  utens'.  während  A  den  Begriff  'fortdauernd'  stets  durch 
'integra  adsiduetate'  wiedergiebt.  So  wirkt  c.  22  der  Herr 
an  dem  Grabe  des  heiligen  Victor  aus  der  Thebäischen  Legion 
seit  dem  Tage,  wo  dieser  gefunden  wurde,  staunenswerthe 
Wunder  'integra  adsiduaetate';  ganz  ähnlich  geschehen  auch 
die  Wunder  am  Grabe  des  heiligen  Desiderius  'integra  adsi- 
duaetate'. So  reizt  c.  27  Brunichilde  den  Theuderich  zum 
Kriege  gegen  Teudebert  'integra  adsiduetate',  und  ebenso  über- 
legt auch  c,  37  Theuderich  'integra  adsiduetate',  auf  welche 
Weise  er  den  Theudebert  unterdrücken  kann.  Vergleicht  man 
diese  Stellen  mit  der  oben  angeführten  aus  c.  42,  so  wird  der 
Unterschied  klar,  'blasphemare'  am  Schlüsse  von  c.  42  in  der 
Bedeutung  des  französischen  'blämer'  wird  ebenso  c.  80  'tan- 
tummodo  a  plurimis  blaspheraabatur'  gebraucht.  Auf  B  als 
Verfasser  Aveist  dann  noch  die  Bezeichnung  der  Saöne  in  den 
Worten  'usque  Ararem  Sauconnam  fluvium'  hin,  die  in  c.  90 
'per  Ararem  fluvio  qui  quoinomenento  Saoconna'  ihre  Erklä- 
rung finden.  Arar  ist  nämlich  die  alte,  lateinische  Saoconna 
die  neuere  Bezeichnung.  Die  Fülle  gänzlich  neuer  Ausdrücke, 
denen  wir  von  c.  40  ab  begegnen,  die  sprachliche  Verschie- 
denheit von  dem  vorhergehenden  Theile  und  die  Ueberein- 
einstimmungen  mit  dem  Schlüsse  machen  es  mehr  als  wahr- 
scheinlich, dass  A  bereits  mit  Cap.  39  seine  Arbeit  geschlossen 
hat,  indem  er  zuletzt  die  Einsetzung  jenes  Königs  Sigibert 
berichtete,  in  dessen  erstem  und  einzigem  Jahre  er  nacli  der 
Computation  im  Liber  Gener.  schrieb. 

AVio  ist  nun  aber  die  grössere  Ausführlichkeit  in  c.  40.  4L 
42.  43.  44  zu  erklären  gegenüber  der  Dürftigkeit  von  Cap.  44 
(Schluss)  ab?    So  denkwürdige  Ereignisse,  wie  die  Zertrümme- 


Die  Chronicae   des   sog.  Fredegar.  447 

rung  des  Eeiches  Theuderichs,  die  Tödtung  des  jungen  Königs 
Sigibert  und  besonders  der  grausame  Tod  der  Brunichilde,  der 
Antritt  der  Alleinherrschaft  Chlothars  und  die  damit  in  engstem 
Zusammenhange  stehende  Ver<änderung  der  hohen  Regierungs- 
beamten mussten  an  und  für  sich  schon  die  Zeitgenossen  zur 
Aufzeichnung  anregen.  Sicher  wird  da  mancher,  ohne  auch  nur 
daran  zu  denken,  ein  Geschichtsbuch  zu  schreiben,  lediglich 
diese  Facten  dem  Pergament  anvertraut  haben,  wo  sich  gei-ade 
in  einem  alten  Codex  eine  freie  Seite  fand.  Zu  dieser  Ansieht 
wird  man  unwillkürlich  geführt,  wenn  man  auf  die  Appendix 
der  Chronik  des  Marius  einen  Blick  wirft.  Auch  hier  ist 
dieser  wichtige  Abschnitt  aus  der  fränkischen  Geschichte,  die 
Vereinigung  der  drei  Reiche  in  einer  Hand  mit  den  Neben- 
uraständen  geschildert,  freilich  sehr  kurz,  doch  entspricht  die 
Erzählung  von  dem  Tode  der  Brunichilde  dem  Berichte  bei 
Fredegar.  Die  Computation  vor  und  nach  diesem  Absätze 
geht  bis  zum  40.  Jahre  Chlothars  =  623.  Der  Schreiber 
jener  Appendix  benutzte  den  freien  Raum  nach  der  Chronik 
des  Marius,  lun  Excerpte  aus  Isidor  und  schliesslich  jenen 
Bericht  über  den  Antritt  der  Regierung  Chlothars  darauf  zu 
setzen.  Die  Appendix  kann  freilich  nicht  die  Quelle  Frede- 
gar's  sein,  dazu  sind  ihre  Nachrichten  zu  dürftig.  Vielmehr 
scheint  dem  Bearbeiter  B  eine  ausführlichere  Beschreibung") 
der  Einigung  des  fränkischen  Reiches  vorgelegen  zu  haben. 
So  lässt  sich  wenigstens  die  breitere  Darstellung  von  c.  40 — 44 
gegenüber  den  folgenden  dürftigen  Nachrichten  erklären. 

Zum  Schluss  ist  noch  daran  zu  erinnern,  dass  ebenso  wie 
B  dem  Liber  Generationis  von  A  zwei  Capitel  angehängt  hat, 
auch  der  austrasiche  Schreiber  C  die  Chronik  A's  vermehrt 
haben  wird,  durch  Zusätze,  die  sich  nicht  immer  auf  den  ersten 
Blick  als  spätere  Einschiebungen  werden  erkennen  lassen. 
Nur  zwei  Stellen  seien  hier  erwähnt:  c.  36  mit  dem  Auszuge 
aus  der  Vita  Columbani  kann  unmöglich  von  A,  schwerlich 
von  B  herrühren,  da  Jonas  erst  circa  643  schrieb.  Und  der 
Schlusssatz  von  c.  32,  in  welchem  der  Tod  des  heiligen  Desi- 
derius  mit  dem  Untergange  des  Reiches  Theuderichs  in  Ver- 
bindung gebracht  wird,  weist  ebenfalls  auf  die  Zeit  nach  613 
hin.  Aber  würde  man  Gregor's  Frankengeschichte,  wenn  nach 
Verlust  des  Originales  nur  der  Auszug  Fredegar's  auf  uns 
gekommen  wäre,  in  das  7.  Jahrhundert  setzen,  deshalb,  weil 
im  Scarpsum  bereits  der  Tod  der  Brunichilde  berichtet  wird? 

1)  Auf  solche  fliegende  Blätter  hat  bereits  Loebell  im  Gregor  2.  Ausg., 
p.  330,  aufmerksam  gemacht.  Der  grausame  Tod  der  Brunichilde  war 
übrigens,  wie  wir  aus  Sisebut's  Vita  Desiderii  ersehen,  in  dem  Munde 
aller  Zeitgenossen.  Er  schreibt:  'De  cuius  interitu  quae  vulgata  opinione 
comperimus  dicere  non  pigebit'. 


448  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

IV,   Die  Heiniatli  Fredeg-ar's, 

Sind  mehrere  Verfasser  für  die  Compilation  des  Fredegar 
anzunehmen,  so  leuchtet  ein,  dass  man  über  den  Ort,  wo  dieses 
Werk  entstanden  ist,  nicht,  wie  früher  geschehen,  die  Unter- 
suchung zugleich  auf  das  ganze  Werk  wird  ausdehnen  können, 
dass  vielmehr  die  einzelnen  Thelle  der  verschiedenen  Verfasser 
gesondert  zu  behandeln  sind. 

Was  zunächst  den  Grundstock  des  letzten  Buches,  jene 
burgundischen  Annalen  betrifft,  so  erwähnten  sie  zum  Jahre 
591  den  Tod  des  dux  Ultrajoranus  Teudefredus  und  die  Nach- 
folge des  Wandalmarus;  vergl.  c.  13:  'Teudefredus  dux  Ultra- 
joranus moritur,  cui  successit  Wandalmarus  in  honorem  ducati'. 
Ferner  wird  unter  dem  Jahre  604  der  Tod  des  Herzogs  Wan- 
dalmarus und  die  Ordination  des  Patricius  Protadius  erzählt; 
c.  24:  'defuncto  Wandalmaro  duci  in  pago  Ultraiorano  et 
Scotingorum  Protadius  patricius  ordenatur',  doch  bleibt  es 
zweifelhaft,  ob  man  nicht  diese  Nachricht  schon  dem  Fortsetzer 
A  zuschreiben  muss.  Wir  sehen  jedenfalls,  dass  im  ersten 
Theile  der  Chronik  der  Antritt  und  Abgang  der  duces  Ultra- 
jorani  gewissenhaft  verzeichnet  ist.  Dies  zeigt,  wie  ich  meine, 
klar  genug,  dass  der  Schreiber  dieser  Annalen  im  pagus 
Ultrajoranus  ansässig  war. 

Zu  dieser  Beobachtung  stimmt  vortrefflich  das  im  Cap.  18 
erzählte  Kochen  des  Thuner')  See's:  'Eo  anno  aqua  caledissima 
in  laco  Duninse,  quem  Arola  flumenis  influit,  sie  validae 
aebullivit,  ut  multitudinem  pissium  coxisset'.  Ein  so  lokales 
Ereignis  konnte  doch  wohl  nur  einem  Anwohner  jenes  See's 
der  Aufzeichnung  werth  erscheinen.  Demnach  halte  ich  es 
für  festgestellt,  dass  die  im  Anfange  benutzten  Annalen  im 
pagus  Ultrajoranus  in  der  Nähe  des  Thuner  See's  geschrieben 
sind,  doch  weist  wohl  die  Erwähnung  des  Einflusses  des  Arola 
in  den  'lacus  Dunensis'  eher  auf  das  nördhche  als  auf  das 
südliche  Gebiet  hin.  Das  Interesse  für  die  Ultrajoranischen 
Herzüge  theilt  übrigens  dieser  alte  Annalist  mit  Marius,  dem 
Bisehof  von  Avenches,  der  unter  dem  Jahre  573  in  seiner 
Chronik  berichtet:  <Eo  anno  Vaefarius  dux  Francorum  obiit, 
et  ordinatus  est  Theudofridus  in  loco  eins  dux'.  Dies  ist  ohne 
Zweifel  derselbe  Theudofridus,  dessen  Tod  Fredegar  im  Jahre 
591  erziUilt.  Wie  wir  aus  dem  Scarps.  Greg.  c.  68  ersehen, 
schlug  er  im  Jahre  nach  seinem  Amtsantritt  die  Langobarden 
bei  Bex.  Auch  diesen  Einfall  erwähnt  Marius,  doch  wage  ich 
nicht,  an  diese  Congruenzen  die  Hypothese  zu  knüpfen,  dass 
der  Annalist  bei  Fredogar,  ebenso  wie  Marius,  in  Avenches, 
im  pagus  Ultrajoranus  geschrieben  habe. 


1)  Nach  Valesius  II,  p.  495  steht  Duuensis   für  Ebrodunensi-^ ;    dann 
ist  der  Neuchateier  See  gemeint.     So  auch  Jacobs. 


Die  Clironicae   des   sog.  Fredegar. 


449 


Für  die  Heimath  von  A  kommen  zunächst  die  folgenden 
Stellen  aus  dem  Scarps.  Gyron.  in  Betracht,  die  ich  der  An- 
schaulichkeit halber  den  parallelen  Berichten  der  vollständigen 
Chronik  gegenüber  stellen  will. 


Hieron. 
a.  2089.     Vespasianus  Capi- 
toliuni     aedificare     orsus.       In 
Alexandria  facta  seditio. 


a.  2091.      Colossus    erectus, 
habens  altitudinis  pedes  CVII. 


a.  2096.  Romanae  ecclesiae 
secvmdus  constituitur  episcopus 
Anacletus  ann.  XII. 

Titus  morbo  perit  in  ea  villa 
qua  pater. 


Fred.  Hieron.  c.  36. 
Vespasianus  Capitulium  Ro- 
mae  aediticavit.  Germanus 
revellantis  superat  et 
Aventicum  civitatem  aedi- 
ficare praecepit.  A  Tito 
filio  suo  postea  expletur 
et  nobelissima  in  Gallea 
Cisalpina  atficetur.  In 
Alexandria  facta  est  sedicio. 

Coloseos  Romae  erictus, 
habens  altitudinem  pedes  cento 
Septem,  quem  in  nomen  et 
laude  victuriae  suae,  quae 
in  Germania  fecerat,  erixit. 
Romauae  ecl.  secundus  epi- 
scopus Cletus  ann.  XII.  Titus 
universam  Gallileam  cir- 
cuivit  et  Aventeco  civi- 
tate,  quem  pater  inciperat, 
explevit  et  gloriosae,  eo 
quod  eam  diligebat,  orna- 
bit.  Titus  Rom  am  rediens, 
morbo  perit  in  ea  villa  qua 
pater  suus. 

Die  Zusätze  zeigen  zur  Evidenz,  dass  der  Schreiber  ein 
warmes  Interesse  für  die  alte  Stadt  Avenches  hatte.  Die  Für- 
sorge der  Flavier  für  Aventicum  wird  man  im  Allgemeinen 
zugeben  müssen,  diese  beweist  auch  der  Name  der  'Colonia  Pia 
Flavia  Constans  Emerita'.  Dagegen  ist  die  Stadt  sicherlich 
nicht  erst  von  Vespasian  und  Titus  erbaut  worden,  da  bereits 
TacituS;  Hist.  I,  c.  68  zum  Jahre  69  der  Hauptstadt  der  Hel- 
vetier  'Aventicum  gentis  caput'  gedenkt.  Mommsen  hat  mit 
Recht  in  den  'Mittheilungen  d.  antiquar.  Ges.  in  Zürich'  X, 
p.  27,  darauf  hingewiesen,  dass  diese  Nachrichten  nicht  'ex 
auctore  antiquo',  sondern  'ex  incolarum  memoria'  geschöpft 
sind,  und  wir  können  ihm  nur  beistimmen^  wenn  er  wegen 
dieser  Zusätze  den  Fredegar  nach  Avenches  setzt.  Dies  ist 
übrigens  auch  schon  die  Ansicht  von  Hadriauus  Valesius,  Res 
Franc.  II,  p.  446,  die  durch  Brosien  keineswegs  widerlegt 
ist^).     'Die  Gründe  2)   ferner,  auf  die  sich  Valesius  bei  seiner 

1)  So  schon  Monod  p.  152 :  'arguments  insuffisants'.    2)  So  Brosien  p.  23. 


450  Die   Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

Behauptung  stützt,  erweisen  gar  nichts,  lassen  höchstens  ahnen, 
dass  Fredegar's  Heimath  jener  alten  Stadt  nicht  allzu  fern  lag'. 
Also  der  berühmte  Schhiss :  das  Interesse  für  einen  Ort  x  er- 
klärt sich  daraus,  dass  der  Schreiber  in  dem  nicht  allzu  fernen 
y  wohnte.  Brosien  bringt  auch  zwei  positive  Thatsachen  gegen 
Avenches  vor;  er  sagt:  'Aber  in  gleicher  Weise  trägt  er 
(Fredegar)  in  seinem  Auszug  die  Gründung  Lyon's  ein,  nennt 
Arvernia:  tunc  nobilis  Galliarum  urbs'.  Hierzu  könnte 
man  wohl  hinzufügen,  dass  Fredegar  noch  manche  andere 
Stadt  lobt.  Der  Unterschied  zwischen  den  Nachrichten  Frede- 
gar's über  Lyon- Arvernia  und  Avenches  ist  aber  der,  dass 
unser  Historiker  die  ersteren  aus  Hieronymus  abgeschrieben  hat: 


Hieron. 

a.  1992.  Munatius  Plancus 
Ciceronis  discipulus  orator 
habetur  insignis ;  qui  cum  Gal- 
liam  Comatara  regeret,  Lugdu- 
num  condidit. 

a.  1891.  Arverni  nobilissima 
Galliarum  urbs  capta. 


Fred.  Hieron.  c.  33. 
Monacios   Plancos  Ceterones 
discipulos  oratur  insignis  habe- 
tur; qui  cum  Galleam  Comea- 
tam  regerit,  Lugdunum  condedit. 
c.  30. 
Arversia  tunc  nobelis  Gallia- 
rum urbis  capta, 


während  die  Stellen  über  Avenches  selbständige  Zusätze  des 
fränkischen  Chronisten  sind,  eine  Differenz,  die  Brosien  nicht 
bemerkt  zu  haben  scheint. 

Zu  den  oben  gegebenen  beiden  Stellen  über  Avenches 
kommt  noch  eine  dritte  i)  über  die  Verwüstung  dieser  Stadt 
durch  die  Alamannen. 


Hieron. 
a.  2278.     Alamanni   vastatis 
Galliis  in  Italiani  transierunt. 


Fred.  Hieron.  c.  40. 
Alamanni  vastatum  Aventi- 
cura  praevencione,  Wibili 
cuinomento,  et  plurima 
parte  Galliarum  in  Aetalia 
transierunt. 

Während  also  Hieronymus  nur  allgemein  von  der  Verheerung 
Galliens  spricht,  lässt  Fredegar  Avenches  und  den  grössten 
Theil  Galliens  durch  die  Alamannen  verwüstet  werden,  ja  er 
fügt  sogar  den  neuen  Namen  der  Stadt  'Wifflisburg'  —  denn 
dieser  steckt  unzweifelhaft  in  dem  Worte  'Wibili'  —  hinzu, 
imd  da  sollte  man  noch  zweifeln ,  dass  der  Schreiber  in 
Avenches -Wifflisburg  lebte?  Freihch  hat  man  dagegen  einge- 
wandt, dass  Avenches  zerstört  war,  was  ja  auch  Ammian.XV,  11 
bestätigt:   'habent   et   Aventicum    desertam    quidem    civitatem, 


1)  Eine  andere  Stelle  will  Brosien  p.  23  hinzufügen:  'Dem  wollen 
wir  noch  beifügen,  dass  er  Hist.  ep.  c.  68  den  Einfall  der  Sachsen  in 
das  Gebiet  von  Avenches  aus  Gregor  aufnimmt'.  Die  betreft'enden  Worte 
Fredegar's  sind  aus  Gregor  IV,  43  geschöpft  und  handeln  über  das  'terre- 
turio  Avennico',  d.   h.  Avignon. 


Die   Cbrouicae   des   sog.    Fredegar,  451 

sed  non  ignobilem  quondam,  ut  aedificia  semiruta  nunc  quo- 
que  demonstrant',  damit  ist  aber  nicht  ausgeschlossen,  dass  es 
später  wieder  erbaut  wurde.  Wie  hätte  auch  sonst  noch  im 
Jahre  585  ein  Bischof  Marius  dort  residieren  und  eine  Chronik 
schreiben  können?  Der  alte  römische  Name  begann  freilich, 
wie  es  scheint,  schon  im  7.  Jahrhundert  dem  germanischen 
Wifflisburg  zu  weichen. 

Auf  das  Gebiet  von  Avenches  weist  ferner  eine  Nachricht 
vom  Jahre  610  in  Cap.  37  hin :  'His  diebus  et  Alamanni  in 
pago  Aventicense  Ultraiorano  hostiliter  ingressi  sunt;  ipsoque 
pago  predantes,  Abbelenus  et  Herpinus  comitis  cum  citeris 
de  ipso  pago  comitebus  cum  exercito  pergunt  obviam  Ala- 
mannis.  Uterque  falange  Wangas  iungunt  ad  prelium,  Ala- 
manni Transioranus  superant,  pluretate  eorura  gladio  trucedant 
et  prosternunt,  maximam  partem  territurio  Aventicense  incendio 
concremant,  plurum  nominum  hominu  exindem  in  captivitate 
duxerunt;  reversique  cum  predam  pergunt  ad  propriam'.  Die 
Alamannen  fallen  also  in  den  pagus  Ultraioranus  ein,  der  hier 
den  Zusatz  Aventicensis  erhält,  und  die  beiden  Grafen  Abbe- 
lenus und  Herpinus  ziehen  ihnen  entgegen  und  liefern  bei 
Wangen  eine  Sclilacht  'falange  iungunt  ad  prelium'.  Den  Ort 
hat  zuerst  Jahn  II,  p.  396.  414  aus  dem  Ruinart'schen  'wangas' 
herausgefunden;  es  ist  entweder  Wangen  bei  Solothurn,  oder, 
was  wir  vorziehen,  Oberwangen  bei  Bern.  Dass  'iungunt'  von 
Fredegar  intransitivisch  ohne  Object  gebraucht  wird,  hätte 
man  auch  schon  früher  aus  der  parallelen  !S teile  in  Cap.  90: 
'falangis  uterque  —  — •  iungent  ad  prilium'  erkennen  können. 
Mit  der  Niederlage  der  Transjuraner  und  der  theilweisen  Ver- 
wüstung des  ^territurium  Aventicense'  endigt  dieser  Einfall. 

Aus  allen  diesen  Belegen  wird  man  den  Eindruck  gewon- 
nen haben,  dass  der  Schreiber  A  den  Pagus  Ultrajoranus  und 
speciell  Avenches  mit  seiner  Umgebung  ganz  besonders  be- 
rücksichtigt. Wir  stehen  somit  nicht  an,  die  Heimath  dieses 
Bearbeiters  in  dem  alten  Aventicum,  dem  späteren  Wifflisburg, 
zu  suchen.  Auf  den  Einwand  Brosien's  aber,  dass  Fredegar 
dann  'mit  hoher  Wahrscheinlichkeit'  die  Chronik  des  Marius 
hätte  kennen  und  benutzen  müssen,  ist  zu  entgegnen :  erstens, 
dass  aus  dem  Stillschweigen  Fredegar's  nicht  unbedingt  folgt, 
dass  er  den  Marius  nicht  gekannt  hat,  und  zweitens,  dass  es 
im  Mittelalter  durchaus  kein  Unicum  ist,  dass  in  derselben 
Stadt  in  kurzen  Zwischenräumen  zwei  von  einander  unabhängige 
Geschichtswerke  entstehen  i).  Für  den  Fall  aber,  dass  der 
Verfasser  die  Chronik  des  Marius  gekannt,  jedoch  stillschwei- 
gend bei  Seite  gelegt  haben  sollte,  könnten  wir  ihm  nur  Lob 
spenden,    da    die    von    ihm    benutzte    annalistische    Quelle    in 


1)  Ich  erinnere  an  die  Placentiner  Chroniken. 


452 


Die   Clivonicae   des  sog.  Fredegar. 


Marius. 
a.   516.       Hoc    consule    rex 
Gundobagaudus  obiit,  et  levatus 
est  lilius  eins  Segismundus  rex. 


a.  574.  Eo  anno  iterura  Lango- 
bardi  in  Valle  ing-ressi  sunt  et 
Clusas  obtinuerunt,  et  in  mona- 
sterium  sanetorum  Äcaunensium 
diebus  multis  habitaverunt,  et 
postea  in  Baecis  pugnam  contra 
exercitum  Francoriira  commise- 
runt,  ubi  paene  ad  integrum 
interfecti  sunt,  pauci  fuga  libe- 
rati. 


Bezug  auf  die  fränkische  Geschichte ')  bedeutend  reichhaltiger 
war,  als  besagte  Chronik.     Man  vergleiche: 

Fred.  Scarps.  Greg.  c.  33. 

Gundebadi  filius  Sigymundus 
apud    Genavensim    urbem 
villa   Quatruvio   iusso   pa- 
tris  sublimatur  in  regnum. 
c.  68. 

Taloardus  et  Nuccio  du- 
ces  Langobardorum  per  oscula 
in  Sidonense  territurio 
cum  exercito  sunt  ingressi,  ad 
monasterium  sanetorum  Agau- 
ninsium  nimia  facientes  strage. 
Baecis  villa  nee  procul  ab 
ipso  monasterio  et  duces 
et  eorum  exercitus  a  Wiolico 
et  Teudofredo  ducibus 
Gunthramni  sunt  interfecti. 
40tantum  ex  illis  fugaciter 
Aetaliam  remeantur. 

Dazu  kommt  noch,  dass  bereits  Marius  das  Bisthum  von 
Avenches  nach  Lausanne  verlegt  hatte,  seine  Chronik  also  zu 
Fredegar's  Zeiten  in  ihrer  Heimath  recht  gut  schon  nicht  mehr 
vorhanden  oder  in  Vergessenheit  gerathen  sein  konnte. 

Auch  bei  B  lässt  sich  eine  gewisse  Vorliebe  für  den  pagus 
Ultrajoranus  nicht  läugnen.  Er  verfehlt  niemals,  den  Namen 
der  Herzöge  und  Grafen,  welche  aus  diesem  Gau  stammten, 
ihre  Herkunft  beizusetzen.  So  wird  c.  42  die  Brunechilde  von 
Herpo  'comestaboli  de  pago  Ultrajorano  ex  villa  Orba'  vor- 
geführt. Diese  Villa,  jetzt  Orbe  genannt,  liegt  südlich  vom 
Neuchateier  See.  Ebenso  heisst  c.  90,  also  ganz  am  Schlüsse 
der  Chronik,  Bertharius,  der  'citiris  primus'  gegen  den  Patricius 
Willebad  kämpfte,  'comis  palatiis  Francus  de  pago  Ultrajorano'. 
Ueber  ihn  ist  der  Verfasser  sehr  genau  unterrichtet.  Der 
Burgundione  Manaulfus  grollte  dem  Bertharius  und  rückte  zum 
Kampfe  gegen  ihn  aus.  Da  rief  ihm  Bertharius,  weil  er  früher 
sein  Freund,  gewesen  war,  zu:  'Komm  unter  meinen  Schild, 
aus  dieser  Gefahr  will  ich  dich  befreien'.  Nachdem  er  nun, 
um  jenem  zu  helfen,  den  Schild  erhoben  hatte,  stiess  ihm 
Manaulfus  den  Speer  in  die  Brust  und  verwundete  ihn  schwer. 
Als  Chabedo,  der  Sohn  des  Bertharius,  diesen  in  Lebensgefahr 
sah,   eilte  er   so  schnell  als  möglich  zu  Hilfe  und  tödtete  den 

1)  üb  die  üie  langobardische  Geschichte  betreffenden  Zusätze  zum 
Scarps.  Greg,  aus  diesen  Aiinalen  genommen  .sind,  oder  aus  dem  Geschicbts- 
werke,  welchem  die  Sage  von  der  Namengebung  entstammt,  muss  zweifel- 
haft bleiben. 


Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar.  453 

Mörder  sammt  seiner  Begleitung.  Fredegar  fügt  hinzu  'Sic 
Bertharium  suum  genetorem^  ut  fedelis  filius,  prestante  Domino, 
liberabit  a  niorte'.  Die  breite  Ausführung ')  dieser  beiden 
Monomaehien  in  dem  Kampfe  gegen  Willibad  findet  wohl  nur 
darin  ihre  Erklärung,  dass  der  Held  der  Episode  ein  Lands- 
mann des  Schreibers  war.  Wir  fügen  noch  hinzu,  dass  nur 
bei  den  Grafen 2)  aus  dem  pagus  Ultrajoranus  der  Gau,  aus 
welchem  sie  stammten,  angegeben  wird,  während  sonst  die 
Abkunft  nur  als  'fränkisch',  'romanisch'  oder  nach  irgend  einer 
anderen  Nationalität  von  B  bezeichnet  ist.  Eines  Wechsels 
der  Grafen  in  dem  oft  genannten  Gaue  gedenkt  übrigens 
Fredegar  im  c.  43,  wo  es  von  Chlothar  heisst  'Herpone  duci 
genere  Franco  locum  Eudilanae  in  pago  Ultrajorano  instituit'. 
Doch  berichtet  Fredegar  sogleich,  dass  dieser  Herpo  durch 
eine  unzvifriedene  Partei  von  den  pagenses  umgebracht  wurde. 
Ich  schliesse  daher,  dass  die  von  einem  Ultrajoranischen  Chro- 
nisten im  Jahre  613  begonnene  Chronik  des  Fredegar  um  642 
in  demselben  Gaue  einen  Fortsetzer  und  Erweiterer  fand. 

Dass  Fredegar's  Heimath  der  pagus  Ultrajoranus  gewesen 
ist,  hat  schon  Brosien  p.  20  angenommen,  diese  aber  dann 
näher  als  Genf  bestimmt,  welches  gar  nicht  in  dem  genannten 
Gaue  lag 3).  Die  zwei  Stellen,  welche  er  für  diesen  Ort  an- 
führen kann,  sind  Chron.  c.  22,  wo  der  Leib  des  heiligen  Victor 
in  der  Kirche,  'quam  Sideleuba  regina  suburbanum  Genavinse 
construxerat',  gefunden  wird,  und  Scarps.  Greg.  c.  18,  wo  eben- 
falls Saedeleuba  mit  Genf  zusammen  genannt  wird.  Das  ist  ein 
Wunder  und  eine  Sage,  die  für  Genf  geltend  gemacht  werden 
können,  während  für  den  pagus  Ultrajoranus  historische  That- 
sachen  reden.  Auch  Monod  hat  diese  Ansicht  verworfen,  aber 
dafür  Chalon  als  Heimath  unseres  Geschichtschreibers  ange- 
nommen, hauptsächlich  aus  dem  Grunde,  weil  es  das  Centrum 
des  burgundischen  Reiches  war.  Eine  Stadt  wie  Avenches, 
meint  Monod,  lag  von  dem  'theätre  des  evenements'  zu  weit  ent- 
fernt, als  dass  dort  ein  solches  Geschichtswerk  entstehen  konnte. 
Abgesehen  davon,  dass  der  schon  so  oft  angeführte  Marius  in 
ebendieser  Stadt  seine  Chronik  geschrieben  hat,  ist  bei  dieser 
Ansicht  die  vorzügliche  Berücksichtigung  des  pagus  Ultra- 
joranus völlig  unerklärlich,  denn  auch  wenn  man  die  von 
Fredegar  benutzten  Annalen  dort  geschrieben  sein  lässt,  bleiben 
doch  noch  die  Beziehungen  auf  diesen  Gau   in   dem    späteren 

1)  Diese  ist  übrigens  auch  Monod  aufgefallen:  'Enfiu  au  dernier 
chapitre,  les  dangers  courus  par  Berthair«  -ui  etait  du  pagus  Ultrajuranus 
oceupent  une  place  tout-ä-fait  disprOj,3rtionnee  dans  le  recit'. 
Trotzdem  schrieb  aber  Fredegar  in  Chalon.  2)  Von  anderen  Personen 

wird  nur  noch  bei  dem  Wendenkönig  Samo  c.  48  und  bei  Boso,  dem 
Sohne    des  Audolenus,  c.  54,    der  Heimaths-Gau   genannt.  3)  Vergl. 

Monod  1.  1.  p.  154. 

Neues  Archiv  etc.     VII.  30 


454  Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar, 

Theile.  Monod  weiss  sich  allerdings  auch  hier  zu  helfen:  er 
meint,  wenn  der  Schreiber  im  Ultrajoranus  gewohnt  hätte, 
hätte  er  nicht  soviel  Sorge  darauf  verwandt,  die  Herkunft  der 
betreffenden  Personen  zu  notieren;  sein  Interesse  erkläre  sieh 
daraus,  dass  diese  für  ihn  fremde  waren').  Das  dürfte  doch 
nicht  recht  glaublich  erscheinen.  Aus  dem  ersten  Capitel  der 
Chronik,  in  welchem  die  Erbauung  der  Kirche  S.  Marcell 
bei  Chalon  erzählt  ist,  wird  geschlossen,  dass  der  Verfasser 
ein  Mönch  dieses  Klosters  war;  und  da  die  Kirche  unmöglich 
im  Jahre  584,  wie  Fredegar  sagt,  von  Gunthram  erbaut  sein 
kann,  weil  sie  nach  Gregor  V,  28,  schon  im  Jahre  579  existierte, 
so  meint  Monod,  Gunthram  habe  sie  nur  verschönert  ('aedificare 
iussit'  Fred.).  Schliesslich  führt  dei'selbe  Gelehrte  auch  die 
Stelle  des  Prologes  'legendo  simul  et  audiendo  etiam  et  videndo' 
für  seine  Ansicht  an,  indem  er  annimmt,  dass  ein  Geschichts- 
schreiber in  Avenches  sich  nicht  auf  das  'videndo'  berufen 
konnte.  Uns  scheint  es  aber,  dass,  wenn  wir  den  Ausdruck 
Videndo'  so  pressen,  dass  wir  nur  das  physische  Sehen  dar- 
unter verstanden  wissen  wollen,  auch  mit  Chalon  und  dem 
Marcellkloster  nicht  geholfen  ist.  Wenn  heute  die  Bewohner 
der  grossen  Städte  von  den  politischen  Acten  so  viel  wie  nichts 
sehen,  um  wie  viel  mehr  im  7.  Jahrhimdert  ein  Mönch  in  seiner 
Zelle.  'Videndo'  ist  aber  wohl  überhaupt  nur  im  figürlichen 
Sinne  aufzufassen,  so  dass  es  allgemein  auf  die  Ereignisse  geht, 
welche  der  Schreiber  selbst  mit  erlebt  hatte,  im  Gegensatz  zu 
der  Vergangenheit,  über  welche  er  durch  schriftliche  und 
mündliche  Berichte  instruiert  war. 

Hatten  wir  oben  gezeigt,  dass  das  Werk  des  Fredegar 
im  Burgundischen  Reiche,  speciell  im  pagus  Ultrajoranus  ent- 
standen ist,  so  verrathen  doch  einige  Capitel  eine  ganze  andere 
Herkunft.  Es  wurde  bereits  darauf  hingewiesen,  dass  der 
Abschnitt  von  Cap.  84  Schluss  bis  Cap.  88  einen  durchaus 
austrasischen  Charakter  hat  und  offenbar  später  von  einem 
Ueberarbeiter  C  eingelegt  worden  ist.  Pippin  und  nach  dessen 
Tode  sein  Sohn  Grimoald,  der  seinen  Rivalen,  den  bajulus 
Otto  glücklich  beseitigte,  spielen  in  diesem  Theile  die  Haupt- 
rolle,   und   selbst   bei    dem  Feldzuge  gegen   die  Thüringer   in 

1)  Monod  1.  1.  p.  152:  's'il  trouve  interet  k  le  noterj  c'est  qu'ils  sont 
pour  lui  des  etrangers'.  Der  Schluss,  den  M.  aus  dem  Ultrajoranus 
zieht,  dass  der  Verfasser  -westlich  vom  Jura  gewohnt  habe,  ist  unberech- 
tigt, da  dieser  Ausdruck  terininus  technicus  war,  den  sich  nicht  jeder 
nach  seinem  jeweiligen  Aufenthaltsorte  umändern  konnte.  Dass  Gregor 
und  Marius  diesen  Gau  nicht  erwähnen,  zeigt  nur,  dass  die  Bezeichnung 
nach  ihnen  in  Gebrauch  gekommen  ist.  Sie  hat  sich  übrigens  auch  nach 
Fredegar  erhalten,  wie  aus  der  Vita  S.  Wandrigiseli  (ed.  Arndt,  p.  36) : 
'veniens  per  monasterio,  qui  est  constructus  Ultrajuranis  partibus'  und  aus 
den  Fortsetzungen  c.  118:  'Frederico  Ultrajurano  comite'  hervorgeht. 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  455 

Cap.  87  wird  des  Grimoald  und  seiuer  Obhut  über  den  jungen 
König  Sigybert  neben  Adalgyselus  gedacht:  'Grimoaldus  et 
Adalgyselus  ducis  haec  cernentes,  Sigyberti  pericolum  zelantes, 
eum  undique  sine  intermissione  custudinnt'.  Die  Capitel  86 
und  88  aber  beziehen  sich  nur  auf  die  Hausgeschichte  des 
maiordomus  Grimoald.  Wo  schrieb  nun  der  Verfasser?  Darf 
ich  eine  Vermuthung  aussprechen,  für  die  ich  nur  die  Beach- 
tung einer  Hypothese  beanspruche,  so  möchte  ich  den  Ur- 
heber dieser  Geschichte,  deren  Angelpunkt  die  Hausmeier  sind, 
in  Metz  suchen.  So  würde  es  sich  auch  erklären,  dass  die 
ältesten  handschriftlichen  Spuren  unseres  Fredegar  nicht  nach 
Burgund,  sondern  nach  Metz,  der  Metropole  Austrasiens  weisen. 
Zunächst  ist  der  mit  der  Quelle  Fredegar's  auf  das  engste 
verwandte  Cheltenhamer  Codex,  welcher  früher  dem  Collegium 
Claromontanum  und  noch  vorher  Sirmond  gehörte,  nachweis- 
lich eine  Metzer  Hs  i).  Der  älteste  Codex  des  Fredegar  stammt 
ebenfalls  aus  der  Bibliothek  des  Collegium  Claromontanum,  in 
die  er  mit  Sirmond's  Hss.  gelangt  war.  Seine  weitere  Herkunft 
ist  leider  nicht  bekannt.  Schliesslich  weist  die  einzige  Benutzung 
dieses  alten  Fredegarcodex  während  des  ganzen  Mittelalters 
Avieder  auf  Metz,  und  zwar  auf  das  Arnulfsldoster  daselbst  2). 


V.    Die   Quellen. 

Es  ist  nicht  genug  zu  bedauern,  dass,  während  wir  für 
die  weniger  wichtigen  ersten  Bücher  die  Hauptquellen  Frede- 
gars  besitzen,  von  denjenigen  des  letzten  Buches  beinahe  gar 
keine  auf  uns  gekommen  ist.  Von  dem  ersten  Buche  fehlen 
uns  nur  die  Qclellen  für  die  letzten  Capitel,  die  Kataloge  der 
jüdischen  Könige  und  der  Päpste  und  für  die  kurze  Chronik 
bis  Heraclius  in  Capp.  24.  25  und  26.  Bei  dem  zweiten  Buche 
sind  die  Trojanersagen  (c.  4  sqq.),  der  zum  grössten  Theil 
fabelhafte  Bericht  über  die  Schlacht  auf  der  'Campania  Mauria- 
censis'  (c.  53),  die  'Gesta  Theuderici'  (c.  57.  59),  das  Märchen 
von  Chlodoveus  und  Alaricus  (c.  58),  die  Wandalengeschichte 
(c.  60.  61),  die  pikante  Erzählung  von  Justiuian  und  Belisar 
(c.  62)  nebst  manchen  kleineren  Zusätzen  gar  nicht  oder  doch 
nur  stellenweise  durch  den  Anon  Valesii^)  und  besonders 
Gregor  zu  belegen.  Das  dritte  Buc.  hat  ebenfalls  seine  Tro- 
janersage (c.  2),  dann  Sagen  über  die  ersten  fränkischen  Könige, 
besonders   Childerich    (c.  11.   12)   und    Chlodoveus  (c.  18.  21), 

1)  Sirmond  in  Idat.  Chron.  Praef.  schreibt:  'quod  Metis  olim  exscriptum 
arbitremur ;  inde  certe  ad  nos  ex  Monasterio  non  ignobili  nee  obscuro 
pervenerit'.  Ist  dies  das  Arnulfskloster'?  2)  Siehe  oben  p.  258.  3)  C.  59 
werden  auch  Gregor's  Dialoge  citiert. 

30* 


456  Die    Clironicae   des   sog.   Fredegar. 

über  Chrodinus  und  Gogo  (c.  58.  59),  über  die  Langobarden') 
(c.  65)  und  andere  mehr  historische  Zusätze,  deren  Quelle  uns 
fehlt.  Dass  einem  Theile  derselben  ein  burgundisches  Annalen- 
werk  zu  Grunde  gelegen  hat,  ist  wiederholt  bemerkt  worden. 
Zu  den  von  Brosien  p.  22  ausgezogenen  Stellen  sind  noch  die 
Notizen  aus  der  westgothischen  Geschichte  (c.  41.  83)  nachzu- 
tragen, die  gewiss  in  diesen  Annalen  nicht  gefehlt  haben  wer- 
den, wie  sich  ja  ähnliche  kurze  westgothische  Nachrichten 
auch  im  ersten  Theile  des  letzten  Buches  linden.  In  den  ersten 
Büchern  sind  auch  an  zwei  Stellen  wenige  Worte  aus  der 
Chronik  des  Isidor  herübergenommen  (Liber  Gen.  c.  26,  Greg. 
Scarps.  c.  65),  Für  das  letzte  Buch  haben  wir  nur  noch  eine 
Quelle,  die  Vita  Colurabani,  welche  c.  36  ausgeschrieben  ist 2), 
Die  burgundischen  Annalen  aber,  welche  hier  weiter  bis  zu 
dem  J.  603  (c,  24)  benutzt  wurden,  sind  leider  für  uns  verloren. 
Es  wird  jetzt  über  einige  der  uns  erhaltenen  Quellen  und 
das  Verhältnis  der  Chronik  Isidor's  zu  der  Sammlung  Frede- 
gar's  zu  handeln  sein. 

1.  Der  Liber  Generationis. 
Den  grössten  Theil  des  ersten  Buches  des  Fredegar  bildet 
ein  chronographisches  Compendium,  welches  unter  Alexander 
Severus  geschrieben  ist.  Dies  zeigen  der  Schluss  des  Kaiser- 
kataloges  c.  24:  'Alexander  ann.  13,  d.  9',  und  die  Computationen 
in  c.  16:  'et  a  passione  eins  usque  ad  hunc  annum  qui  est 
13.  imperii  Alexandri,  anni  207.  Fiunt  igitur  omnes  anni  ab 
Adam  usque  XIII.  Alexandri  imperatoris  ann.  anni  5238'-^), 
in  c.  17 :  'A  passione  autem  Domini  usque  in  13.  ann.  imp. 
Alexandri  caesaris  ann.  206  servatum  est  pascha,  quo  in  com- 
memorationem  domini  nostri  Jesu  Christi  servatur  a  nobis. 
Fiunt  igitur  omnes  anni  ab  Adam  usque  in  hunc  diem  ann. 
5738',  und  in  c.  18:  'A  Christo  autem  usque  ann,  13,  imperii 
Alexandri  olimpiades  58'.  An  allen  diesen  Stellen  geht  die 
Rechnung  bis  zum  13.  Jahre  des  Alexander  (234/235),  und 
dass  der  Liber  Generationis  auch  in  diesem  Jahre  geschrieben 


1)  Die  Sage  über  die  Herkunft  der  Langobarden  ist  derjenigen  der 
Origo  sehr  ähnlich,  nur  hat  der  gut  christliche  Fredegar  den  heidnischen 
Wodan  in  eine  himmlische  Stimme:  'Fertur  desuper  uterque  falangiae 
vox  dixisse'  verwandelt  und  die  Worte  der  alten  Frea  den  Langobarden 
in  den  Mund  gelegt:  'Tunc  Langobardi  clamassent'.  Mit  der  Origo  berührt 
sich  auch  Fredegar's  Bericht  über  die  Eroberungen  Rothari's  in  c,  71, 
wo  er  freilich  Verwirrung  angestiftet  hat,  dadurch  dass  er  Oderzo  unter 
die    Küstenstädte    mischte.  2)    Ausserdem    wird   c.  66    'Orosiae    liber' 

ano-eführt,  doch  scheint  dies  Citat  auf  einem  Irrthum  zu  beruhen.  Da- 
gegen hat  dem  Verfasser  wohl  bei  der  Stelle  über  die  Burgundionen 
Hieron,  c,  4G  die  ähnliche  Nachriclit  bei  Oros.  VH,  22  vorgeschwebt. 
3)  Es  ist  5738  zu  corrigieren,   wie  richtig  an  der  folgenden  Stelle    steht. 


Die  Chronicae  cies  sog.  Fredegar.  457 

ist,  erhellt  besonders  aus  dem  Citat  aus  c.  16:  'usque  ad  hunc 
annum  qui  est  13.  imperii  Alexandri'.  Aus  dem  Schlüsse  der 
Schrift  ersehen  wir,  dass  der  Verfasser  schon  von  der  Ermor- 
dung des  Kaisers  wusste,  die  im  ]\Iärz  des  Jahres  235  statt- 
fand. Die  Angabe  der  Regierungsdauer  Alexander's  stimmt 
übrigens  auf  das  genaueste  mit  Lampridius  c.  60  überein, 
während  Eutrop  statt  9  nur  8  Tage  ansetzt.  Nach  Ducange's 
Vorgange  hat  nun  Mommsen,  im  Chronographen  p.  595,  diese 
Schrift  dem  Hippolyt  zugeschrieben,  dessen  noch  erhaltener 
Pinax  paschalis  innerhalb  der  Jahre  222 — 237  geschrieben  sein 
muss.  Mommsen  führt  für  diese  Ansicht  eine  Stelle  aus  Syn- 
cellus  an,  nach  welcher  Hippolyt  dem  Joachim,  dem  Sohne 
des  Joachim,  3  Jahre  statt  3  Monate  gegeben  haben  soll ;  und 
so  steht  auch  im  Liber  Generationis  Fred.  c.  15:  ^Post  Joacim 
regnavit  filius  eins  Joacim  ann.  3'. 

Ein  weiteres  und,  wie  ich  glaube,  entscheidendes  Argument 
dafür,  dass  Hippolyt  der  Verfasser  des  Liber  Gener.  ist,  finden 
wir  in  der  Ostertafel  desselben.  Auf  der  rechten  Seite  der 
im  Jahre  1551  bei  Rom  ausgegrabenen  Statue  des  Hippolytus 
steht  eine  Tabelle")  der  i8',  dievom  1.  Jahre  des  Alexander 
Severus  —  sie  beginnt  610X0  A.  BACIA€IAC  AAeSANAPOT 
ATTOKPATOPOC  —  in  sieben  Columnen  von  je  16  Jahren  bis 
zum  Jahre  333  die  Ostervollmonde  anführt.  Es  sind  nämlich 
in  allen  7  Reihen  die  Wochentagsbuchstaben  der  i8',  in  der 
ersten  ausserdem  noch  die  Monatstage  derselben  verzeichnet, 
die  ja  für  die  anderen  sechs  Reihen  ganz  dieselben  sind. 
Ueberdies  sind  aber  noch  einige  Worte  in  die  Columnen  selbst 
eingetragen,  die  hier  vollständig  aufgeführt  werden  müssen,  da 
sie  für  unseren  Zweck  von  Wichtigkeit  sind.  Es  steht  nämlich 
bei  den  Jahren:         

2.  reNecic  xc. 

3.  ezexiAC. 

4.  l6.iCeiAC. 

15.  eSOAOC  KATA  AANIHA. 
17.  eCAPA  KATA  AAMHA  KAI  GN  ePHMW. 
22.  ezeKIAC_KATA  AA  KAI  IbSCeiAC. 
32.  nA0OC  XC. 
35.  IHCOTC. 
55.  IHCOTC  KA.  AA. 

106.  esoAoc. 
108.  eN  ePHM^. 

111.  eCAPA. 

Die  richtige  Deutung  dieser  Worte  gefunden  zu  haben, 
ist  ein  Verdienst  Bianchini's  2),  auf  welches  er  wohl  stolz  sein 


1)     Corpus    Inscriptionum    Graecarum     ed.    Boeckh    IV,    p.    281  sq. 
2)  Vergl.  S.  Hippolyti  Opera  ed.  Fabricius  I,  p.  93  sqq. 


458  Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

konnte,  nachdem  Scaliger  eine  falsche  Lösung  gegeben,  Buche- 
rius  und  Petavius  sich  ihres  Urtheils  enthalten  hatten.  Bian- 
chini  fand  also,  dass  sich  die  oben  angeführten  Nachweise 
auf  die  in  der  Bibel  erwähnten  Passahfeste  beziehen,  auf  welche 
auch  Hippolyt  selbst  in  der  Eingangsformel  mit  klaren  Worten 
hinweist:  €1^6^610  AG  GN  TOIC  nAPWXHKOCm^  KAe6^iC 
CeCHMeiWTAI.  Nun  findet  sieh  auch  im  Liber  Gener.  bei 
Fredegar  c.  16  und  17  eine  Abhandlung  über  die  von  den 
Juden  gefeiei'ten  Passahfeste,  und  zwar  werden  hier  die  Inter- 
valle zwischen  den  einzelnen  speciell  angegeben,  während  wir 
aus  dem  Pinax  des  Hippolyt  nur  herauslesen  können,  in  wel- 
ches Jahr  seines  Cyclus  er  sie  gesetzt  hat.  Bereits  Bianchini 
hat  diese  Notizen  mit  den  Eintragungen  in  die  Ostertafel  ver- 
glichen ;  er  kam  jedoch  zu  dem  Resultate  i),  dass,  wenn  der 
Osterkanon  von  Hippolyt  herrühre,  der  Liber  Generationis 
einen  anderen  Verfasser  haben  müsse.  Diese  Ansicht  beruht 
nicht,  wie  Mommsen  meint,  auf  Bianchini's  seltsamen  Vorstel- 
lungen von  dem  Paschalcyclus,  sondern  darauf,  dass  er  den 
zum  Theil  verdorbenen  Zahlen  des  Labbe  -  Fredegar'schen 
Textes  zu  viel  Gewicht  beilegte  und  auf  seine  eigenen  Be- 
rechnungen der  Distancen  der  einzelnen  Passahfeste  zu  fest 
vertraute.  Nachdem  inzwischen  die  andere  Recension  des 
Liber  Generationis  im  Chronographen  vom  Jahre  354  bekannt 
geworden  ist,  ist  es  möglich,  die  Zahlen  des  Textes  zu  berichti- 
gen und  die  Uebereinstimmung  des  Liber  Generationis  und 
des  Pinax  des  Hippolyt  nachzuweisen. 

Wir  geben  zunächst  den  Text  Fredegar's  mit  den  Varianten 
der  Cheltenhamer  Hs.,  aus  welcher  Labbe  das  Buch  edierte, 
und  mit  denen  des  Chronographen,  bemerken  jedoch,  dass  Labbe- 
Fredegar  nur  als  eine  Quelle  anzusehen  ist,  da,  wie  unten 
gezeigt  werden  soll,  der  eine  Text  aus  dem  anderen  hervor- 
gegangen ist,  doch  so,  dass  die  Handschrift,  welche  Fredegar 
benutzte,  an  manchen  Stellen  besser  Avar,  als  der  Chelten- 
hamensis.  Stimmen  also  diese  beiden  Texte  überein,  so  braucht 
die  Lesart  noch  nicht  die  richtige  zu  sein;  stimmen  dagegen 
beide  oder  nur  eine  von  diesen  beiden  Quellen  mit  der  Recen- 
sion des  Chronographen  zusammen,  so  muss  diese  Lesart  stets 
die  wahre  sein,  da  der  Chronograph  eine  von  Labbe-Fredegar 
vollständig  unabhängige  Uebersetzung  ist. 


1)  Fabricius  p.  115. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar, 


459 


Fredegar. 

AI)  Adam  usque  ad  diluvium  ann. 

A  diluvio  usque  ad  Abraam  anni 

A')  Abraham  vero  usque  quo  exie- 
runt  de  Aegypto,  educente 
eos  Moysi,  quando  et  pascha 
fecerunt,  anni 

Ab  exodo  Aegypti  usque  in 
transitu  Jordanis ,  quando 
Hiesus  pascba  caelebravit, 
sunt  anni     

Ezechias  post  anno  .  .  .  . 
celebrant  pascha. 

Post  Ezechiam  Josias  ann.    . 
pascha  celebravit. 

Post  Josiam  Esdras  ann. 
pascha  caelebravit. 

Post  Esdram  servat  autem  gene- 
ratione  Christi  post  ann.    . 
pascha  fit. 

A  generationem  autem  Chr.  post 
ann.,  cum  passus  est  Domi- 
nus, pascha  celebratur. 

A  passione  autem  Domini  usque 
in  XIII.  ann.  imp.  Alexandri 
caesaris  ann 


2242 
1141 


430 

('42) 
(454) 

(114) 

(108)3) 

563  3) 
30 


206 


Labbe. 
(1145)1) 


41 

(464)  2) 


Chronogr.  I 


(245) 


(531) 
864 

(115) 

(111) 

(562) 


2242 

1141 

(oder 

1142?) 

4B0 


41 

864 

113 
107 

563 
30 


206 


Fiunt  igitur  omnes  anni  ab  Adam 

usque  in  huuc   diem  ann.  .     .        5738  j      5737 

!     (oder 

!  5738?). 

Von  den  Varianten  des  Chronographen  erkennt  man  sofort 
die  Zahlen  245  und  531  als  offenbar  falsch,  die  eine  ist  viel 
zu  niedrig,  die  andere  viel  zu  hoch.  Es  bleibt  dann  nur  noch 
eine  erheblichere  Differenz  der  drei  Quellen;  der  Abstand 
zwischen  Jesu  Nave  und  Ezechias  wird  bei  Labbe  mit  464, 
im  Fredegar  mit  454  und  im  Chronographen  mit  864  Jahren 
angegeben.  Hier  hat  in  der  That  der  (Chronograph  die  richtige 
Lesart,  was  erstens  aus  der  Generalsumme  von  57,38  Jahren 
hervorgeht,  die  sonst  um  400  Jahre  zu  klein  sein  würde,  und 
was  dann  auch  der  sogenannte  Cyprian  zeigt,  der  als  Nach- 
folger des  Hippolytus  vieles  aus  dessen  Canon  herübergenom- 
men hat.  In  dem  Computus  Cypriani^)  heisst  es  nämlich: 
'Ezechias  autem  ab  exitu  ex  Aegypto  usque  in  primum  annum 
regni  sui  post  annos  867  celebravit  pascha'.  Bei  den  übrigen 
Varianten  handelt  es  sich  nur  um  Einer,  und  zwar  hat  mit  zwei 
Ausnahmen  eine  der  Handschriften  stets  das  Richtige.     Ueber 

1)  Die  in  Klammern  eingeschlossenen  Zahlen  sind  unrichtig.  2)  444 
ist  von   1.  Hand    in  464    corrigiert.  3)  Im  Chelteuham.    ist    die    Zahl 

zerstört.  4)  Migne,  Patrol.  lat.  tom.  IV,  p.  1035. 


460  Die   Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

die  eine  Stelle  wollen  wir  unten  reden;  in  der  anderen  wird 
das  Intervall  zwischen  Ezechias  und  Josias  von  Fredegar 
auf  114,  von  dem  Chronographen  auf  115  Jahre  geschätzt, 
während  113  gelesen  werden  muss.  Doch  werden  Fred, 
c.  14  dem  Ezechias  25  Jahre,  Manasses  55,  Amos  2  und  dem 
Josias  31  Jahre')  gegeben,  so  dass  also  die  Summe  hier 
richtig  113  ist.  Wir  gehen  nun  von  dem  13.  Jahre  des 
Alexander  aus,  welches  zum  Theil  noch  in  das  Jahr  235  hin- 
überreicht. Das  Jahr  234  entspricht  dem  13.  des  Hippolyti- 
schen  Kanons,  da  aber  der  Schreiber  den  Tod  des  Kaisers 
schon  kannte,  so  schrieb  er  im  Jahre  235  und  im  14.  seines 
Cyclus.  Von  hier  aus  rechnet  der  Liber  Generationis  206  Jahre 
bis  zur  Passio  Domini.  Da  ein  Umlauf  des  Hippolytischen 
Cyclus  112  Jahre  umfasst,  so  traf  das  Jahr  94  von  der  Passio 
aus  gezählt  wieder  auf  das  14.  des  Kanon,  das  Jahr  80  der 
Passio  war  mithin  das  erste  des  Kanon,  und  die  Passio  selbst 
fiel  auf  das  32.  desselben.  Ebenso  finden  wir  auch  in  dem 
Pinax  des  Hippolytus  bei  dem  Jahre  32  die  Worte  HAÖGC  XC 
notiert.  Ferner  rechnet  der  Liber  Generationis  von  der  Passio 
bis  zur  Generatio  Christi  30  Jahre.  Da  nun  die  Kreuzigung  in 
das  32.  Jahr  des  Cyclus  gesetzt  wird,  so  sieht  man,  dass  die 
Geburt  in  das  zweite  fallen  muss.  Daher  steht  auch  in  dem 
Pinax  bei  dem  2.  Jahre  rSNeCIC  XC.  Von  der  Geburt  Christi  bis 
zur  Passahfeier  des  Esdras  zählt  Fredegar  563  Jahre,  der  Chrono 
graph  562.  Da  die  Geburt  auf  das  2.  Jahr  des  Cyclus  traf,  so 
finden  wir  nach  5  Umläufen  von  112  Jahren,  also  im  3.  Jahre  vor 
Esdras,  wenn  wir  Fredegar  folgen,  im  2.  Jahre  nach  dem  Chrono- 
graphen, wiederum  das  zweite  Jahr  des  Cyclus.  Nach  diesem 
würde  die  Csterfeier  des  Esdras  in  das  111.  Jahr,  nach  jenem 
in  das  112.  Jahr  des  Kanon  treffen.  In  dem  Pinax  des  Hippolyt 
ist  nun  in  der  That  unter  dem  111.  Jahre  GCAPA^)  verzeich- 
net, wodurch  die  Lesart  Fredegar's  bestätigt  Avird.  Ziehen  wir 
nun  diese  vor,  so  ist  bei  der  nächsten  Angabe  eine  leichte 
Aenderung  vorzunehmen.  Den  Abstand  zwischen  Esdras  und 
Josias  giebt  nämlich  Fredegar  auf  108,  der  Chronograph  auf 
111  Jahre  an.  Die  letztere  Lesart  ist  ganz  unmöglich;  dagegen 
würde  108  stimmen,  Avenn  bei  der  vorhergehenden  Berechnung 
die  Angabe  des  Chronographen  (562  Jahre)  die  richtige  ist, 
und  der  Steinmetz  des  Hippolytischen  Kanon  geirrt  hat,  indem 


1)  Gleich  darauf  heisst  es,  Josias  habe  im  18.  Jahre  das  Passahfest 
gefeiert.  Der  Verfasser  hat  also  der  Einfachheit  halber  bei  der  Feststel- 
lung' des  Intervalles  bis  auf  Josias  dessen  Regierungszeit  voll  gerechnet. 
2)  Das  Wort  steht,  wie  man  aus  der  Ausgabe  in  den  Inscriptionen  ersieht, 
ein  wenig  höher.  Fabricius  hat  daher  den  goldenen  Mittelweg  einge- 
schlagen, indem  er  im  griechischen  Texte  den  Esdra  zum  Jahre  110,  in 
der  lateinischen  Uebersetzung  zum  Jahre   111  setzte. 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  461 

er  den  Esdra  um  eine  Linie  zu  hoch  setzte.  Rechnet  man 
aber  mit  dem  gegebenen  Material,  so  ist  statt  der  108  Frede- 
gar's  107  zu  lesen  i),  denn  nur  dann  kann,  wie  man  leicht 
sieht,  die  Passahfeier  des  Josias  in  das  4.  Jahr  gesetzt  werden, 
unter  welchem  sie  im  Pinax  mit  l6kiC6IAC  verzeichnet  wird. 
Dass  der  Abstand  zwischen  Josias  und  Ezechias  113  Jahre 
beträgt,  haben  wir  schon  oben  gezeigt.  Josias  feierte  das 
Passahfest  im  4.  Jahre  des  Cyclus,  113  (112  -j-  1)  Jahre  vor- 
her that  dies  Ezechias  im  3.  Jahre  des  Kanon.  Daher  ist  diesem 
Jahre  im  Pinax  der  Name  6Z6XIAC  beigeschrieben.  Der 
Abstand  zwischen  der  Passahfeier  des  Ezechias  und  des  Jesu 
Nave  wird  allein  von  dem  Chronographen  i'ichtig  mit  864  Jahren 
angegeben.  Den  Ezechias  setzte  tlippolyt  in  das  3.  Jahr  des 
Cyclus,  das  861.  Jahr  nach  Josua  würde  also  das  112.  des 
Kanons  sein,  ebenso  wie  nach  Abzug  von  sieben  112jährigen 
Perioden  auch  das  77.  Jahr  nach  Jesus.  Wir  erhalten  also  für 
die  Passahfeier  desselben  das  Jahr  35  des  Pinax,  zu  welchem 
auch  Hippolyt  den  Vermerk  IHCOYC  gemacht  hat.  Gehen 
wir  nun  endlich  zu  der  Exodus  über,  die  Labbe  41,  Fredegar 
42,  der  Chronograph  gar  531  Jahre  vor  Josua  ansetzt.  Dass 
das  letztere  Datum  ganz  unmöglich  ist,  liegt  auf  der  Hand. 
In  der  Wüste  waren  die  Kinder  Israels  40  Jahre,  dazu  kommt 
ein  Jahr  für  den  Auszug;  man  sieht  also,  dass  an  dieser  Stelle 
die  Lesart  Labbe's  die  richtige  ist.  Fiel  die  Osterfeier  Josua's 
in  das  35.  Jahr  des  Cyclus,  so  war  35  Jahre  vorher  das  112, 
41  Jahre  früher  das  106.  Jahr  desselben.  So  ist  auch  von 
Hippolyt  dem  106.  Jahre  des  Pinax  6S0A0C  beigesetzt  worden. 
Wir  sehen  somit,  dass  die  Angaben  des  Liber  Generationis 
und  des  Hippolytischen  Pinax  nicht  nur  nicht  sich  wider- 
sprechen, sondern  sogar  auf  das  beste  übereinstimmen,  vor- 
ausgesetzt, dass  man  sich  nicht  bios  an  die  zum  Theil  corrupten 
Zahlen  der  Labbe -Fredegarschen  Version  hält,  sondern  auch 
die  Recension  des  Chronographen  mit  zur  Vergleichung  heran- 
zieht. Auch  Bianchini's  Berechnungen  stimmen  mit  Ausnahme 
einer  Divergenz  mit  den  unserigen  überein.  Diese  betrifft  den 
Abstand  zwischen  der  Exodus  und  Ezechias ,  der  bei  uns 
41  -j-  864  Jahre,  bei  Bianchini  793  Jahre,  also  gerade  112  Jahre 
oder  einen  ganzen  Cyclus  weniger  beträgt.  Der  italienische 
Gelehrte  hat  seine  Berechnung  avif  die  andere  von  Hippolyt 
in  seinem  Kanon  notierte  Computation  nach  den  Wochen  Daniels 
gegründet,  auf  die  in  der  Tafel  durch  die  doppelten  Anfährun- 
gen von  Exodus,  Esdra,  Ezechias,  Jesus  mit  den  Zusätzen 
RATA  AANIHA  oder  KATA  AA.  angespielt  wird.  Wir  können 
diese  Rechnung  hier  unberücksichtigt  lassen,  da  sie  an  der 
oben  citierten  Stelle  des  Liber  Generationis  von  Hippolyt  nicht 


1)   Im   Cheltenhamensis   sind  leider  diese  Zahlen  zerstört. 


462  Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

befolgt  worden  ist.  Dass  aber  diese  Grundlage  Bianchini's 
sehr  unsicher  ist,  gesteht  er  selbst  zu  p.  117  'Neeesse  igitur 
est  annos  interpositos  ab  Exodo  ad  Ezechiam  haberi  ex  hisce 
cellulis  iuxta  Danielem  vel  7,  vel  119,  vel  231,  vel  243,  vel 
345,  vel  457,  vel  569,  vel  681,  quod  nemo  dixerit  nulla  idonea 
auetoritate  permotus:  vel  demum  793,  quod  asserimus'.  Bian- 
chini  führt  hier  alle  möglichen  früheren  Fälle  an,  nur  ist  es 
ihm  nicht  eingefallen,  dass  man  auch  112  Jahre  zurückgehen 
und  statt  das  Intervall  auf  793  auch  auf  905  Jahre  im  Sinne 
des  Hippolytischen  Pinax  fixieren  kann.  Da  uns  nun  diese 
Zahl  durch  den  Liber  Generationis  überliefert  ist,  so  stehe  ich 
nicht  an,  die  Annahme  Bianchini's  zu  verwerfen.  Auf  die 
Passahfeier  in  der  Wüste,  die  im  Kanon  Hippolyts  zwei  Jahre 
nach  der  Exodus  im  Jahre  108  mit  6N  6PHMW  angesetzt  ist, 
ist  im  Liber  Generationis  keine  specielle  Rücksicht  genommen 
worden,  offenbar  weil  der  Abstand  von  der  zunächst  vorher- 
gehenden Feier  zu  gering  war. 

Wenn  wir  nun  bedenken,  dass  beinahe  jeder  Kirchenvater 
sich  diese  biblischen  Daten  nach  seiner  Weise  zurechtgesetzt 
hat,  wie  sie  gerade  in  das  von  ihm  befolgte  chronologische 
System  passten,  so  giebt  uns  die  Uebereinstimmung  des  Liber 
Generationis  mit  dem  auf  der  Marmorstatue  des  Hippolyt  be- 
findlichen Osterkanon  den  Beweis,  dass  auch  der  Liber  Gene- 
rationis von  Hippolyt  verfasst  ist.  Als  Gesammtsumme  bis 
zum  Jahre  235  werden  sowohl  bei  Labbe  als  im  Fredegar 
5738  Jahre  angegeben;  doch  erhalten  wir,  wenn  wir  dem  ITrede- 
gar'schen  Texte  folgen,  nach  welchem  der  Abstand  vom  Dilu- 
vium bis  Abraham  1141  Jahre  beträgt,  in  Summa  5737,  bei 
der  Labbe'schen  Lesart  1145  aber  5741  Jahre.  Entweder  man 
ändert  hier  1142,  oder  man  nimmt  an,  dass  sich  flippolyt  im 
Zusammenzählen  geirrt  hat'),  eine  Annahme  die  sich  dadurch 
rechtfertigen  liesse,  dass  die  Labbe'sche  Zahl  1 145  auch  sonst 
im  Liber  Generationis  bezeugt  wird.  Doch  darf  man  dieses 
Zusammentreffen  nicht  für  einen  directen  Beweis  für  Labbe 
halten,  da  die  Zahlen  in  der  fraglichen  Computation  offenbar 
dem  System  des  Ostercyclus  angepasst  sind,  während  sie  an 
den  anderen  Stellen  aus  den  genealogischen  Tabellen  abgeleitet 
werden;  die  älteren  christlichen  Chronologen  aber  in  den 
seltensten  Fällen  sich  die  Mühe  gegeben  liaben,  resp.  im  Stande 
waren,  auch  die  letzteren  mit  dem  Kanon  in  Einklang  zu  brin- 
gen. Von  der  Geburt  Christi  bis  zum  .1.  235  zählte  Hippolyt 
236  Jahre;  nach  ihm  fiel  also  die  Incarnation  1  Jahr  vor  unsere 
Aera.  Bis  zur  Kreuzigung  rechnete  er  206  Jahre,  aus  dem 
einfachen  Grunde,  weil  dadurch  die  Kreuzigung  nach  seinem 
Cyclus    den    kirchlichen  Traditionen   gemäss    auf  Freitag,    den 


1)  Vergl.   Mominseii  1.   1.  p.  594  n. 


Die  Chronicae   des   sog.   Fredegar.  463 

25.  März,  einen  Vollmond,  traf.  Das  Datum  der  Passahfeier 
bei  dem  Auszuge  aus  Aegypten,  welches  wir  im  Chronographen 
finden,  'VIII.  Kalendas  aprilis  luna  XIII.'  stimmt  nicht  mit 
Hippolyt  und  ist  offenbar  ein  späterer  Zusatz,  da  bei  sämmt- 
lichen  anderen  Epochen  im  Liber  Generationis  die  Tage  fehlen, 
und  auch  dieses  Datum  Labbe- Fredegar  auslässt. 

In  dem  Kataloge  der  Schriften  des  Hippolytus,  welcher 
am  Rande  der  Tabelle  der  i5'  in  die  Statue  eingemeisselt  ist, 
finden  wir  zwei  Titel,  die  unsere  Aufmerksamkeit  in  Anspruch 
nehmen.  Es  werden  dort  nämlich  unter  anderen  aufgeführt 
XPOMK^^MV  und  AHOAEISfC  XPONWN  TOT  OACXA  KATA 
ElV  T^  niNAKI.  Dass  der  Liber  Generationis  auch  eine  'Demon- 
stratio temporum  paschae  quemadmodum  in  tabula'  enthält, 
haben  wir  schon  oben  gezeigt,  doch  dürfte  wohl  der  Umstand, 
dass  diesem  Gegenstände  im  Liber  Generationis  nur  zwei 
Capitel  gewidmet  sind,  von  der  Annahme  abhalten,  dass  dieses 
Buch  eben  jene  AITOAGISIC  sei.  Dem  Inhalte  des  Liber  Gene- 
rationis entspricht  mehr  der  andere  Titel  der  Hippolytischen 
Chronik,  unter  welchem  wohl  das  in  Rede  stehende  chrono- 
graphische Compendium  gemeint  sein  mag '). 

Die  Schrift  des  Hippolyt  ist  uns  in  zwei  Recensionen  er- 
halten und  zwar  sind  beide  in  lateinischer  Sprache  geschrieben. 
Der  jüngere  Text  findet  sich  in  der  Chronographie  vom  J,  3542), 
der  ältere  ist  zuerst  von  Labbe  ^)  herausgegeben  worden.  Beide 
Versionen  sind  von  einander  unabhängige  Uebersetzungen  eines 
griechischen  Exemplars,  beide  sind  uns  verstümmelt  überliefert. 
Wir  haben  hier  nur  auf  den  Labbe'schen  Liber  Generationis 
einzugehen,  der  nicht,  wie  man  gemeint  hat,  ein  Abdruck  des 
ersten  Buches  des  Fredegar*)  aus  der  Handschrift  1,  sondern, 
wie  wir  zeigen  werden,  die  Quelle  unseres  Fredegar  ist,  wenn 
man  auch  zugeben  muss,  dass  der  Herausgeber  den  in  dem 
Codex  Claromontanus  des  Liber  Generationis  fehlenden  Schluss 
der  Schrift  stillschweigend  aus  der  derselben  Bibliothek  ange- 
hörigen  Fredegarhandschrift  ergänzt  hat. 

Dass  das  erste  Buch  des  Fredegar  und  der  Labbe'sche 
Liber  Generationis  auf  das  engste  mit  einander  verwandt  sind; 
zeigt  die  wörtliche  Uebereinstimmung.  die  ja  auch  die  Veran- 
lassung war,    dass   man  beide   identificierte.     Eine  Menge  Irr- 


1)  Vergl.  Mommsen  1.  1.  p.  595.  2)  lu  der  Madrider  Hs.  A.  16 

mbr.  fol.  mai.  saec.  XII,  steht  nach  Kuust,  Archiv  VIII,  p.  176,  f.  99 
'Searpsum  ex  cronica  Origenis.  Divisio  terrae'.  Mit  'D.  t.'  beginnt  auch 
der  Chronograph.  Nach  demselben  Gewährsmann  (Archiv  VIII,  p.  216.  227) 
ist  auch  der  griechische  Text  des  Hippolytus  noch  im  Escorial  vorhanden. 
3)  Labbe,  Nova  Bibl.  Mss.  I,  p.  298,  Ducange,  Chron.  Pasch.  Paris  1688. 
App.  p.  413,  Fabricius  S.  Hippolyti  Opp.  I,  p.  49  —  59,  Dindorf,  Chron. 
Pasch.  II,  p.  96,  Migne,  Patrol.  Lat.  tom.  3,  p.  657;  Patrol.  Graeca  tom.  92, 
p.  1041.  4)  Mommsen,  p.  587  n.  1;  Monod,  p.  144  n.  1. 


464 


Die  Chronicae   des   sog.  Fredegar. 


thümer  sind  ihnen  gemeinsam ;  auch  lassen  beide  in  c.  8  des 
Fredegar  zwischen  den  Worten  'Gallorum  autem  Narbonensium 
gentes  et  inhabitationes'  und  'Amaxobi'  dieselbe  Stelle  aus, 
welche  Lücke  sich  aus  anderen  Ableitungen  der  Völkertafel 
ergänzen  lässt.  Ausser  in  dem  Chron.  Paschale  steht  dieser 
Passus  nämlich  noch  in  dem  Barbaras  Scaligeri,  wo  wür  lesen 
'Tallorum  autem  qui  et  Narbudisii  vocantur  gentes  et  acolae 
[sunt  4:  Lugdunii,  Bilici,  Sicanii,  Ednii.  Germanorum  autem 
gentes  et  acolae  sunt  5:  Marcomallii,  Bardunii,  Cuadrii,  Berdilii, 
Ermunduli.  Sarmatorum  autem  gentes  et  acolae  sunt  2] : 
Amaxobii'.  Die  in  Klammern  geschlossenen  Worte  fehlen 
also  sowohl  bei  Labbe  als  im  Fredegar.  Dass  aber  Labbe's 
Hs.  kein  Fredegarcodex  ist,  zeigen  nicht  bloss  eine  Anzahl 
besserer  Lesarten,  sondern  auch  ganz  besonders  die  folgenden 
Stellen,  Fredegar  lässt  bei  den  Flüssen  in  c.  10  zwischen 
'Menor'  (d,  i.  Ismenus)  und  'Rius'  die  Namen  'Erymanthus, 
Alys,  Asopus,  Thermodon,  Erasinus'  aus,  während  der  Labbe- 
sche  Text  hier  keine  Lücke  hat.  Dazu  ist  dieser  von  den 
Interpolationen  des  fränkischen  Chronisten  noch  völlig  frei. 
Ebenso  wie  in  den  späteren  Büchern  hat  sich  nämlich  auch 
im  Liber  Generationis  Fredegar  nicht  enthalten  können,  den 
Text  durch  seine  Zusätze  zu  erweitern ;  die  freilich  hier  weit 
spärlicher  sind,  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  die  Vervoll- 
ständigung der  dürren  Namensverzeichnisse  geographische 
Kenntnisse  vorausgesetzt  hätte,  wie  sie  der  fränkische  Chronist 
des  7.  Jahrh.  nicht  besass.  Die  wenigen  Stellen,  wo  Fredegar 
etwas  hinzuzufügen  gewusst  hat,  stelle  ich  hier  den  entsprechen- 
den Citaten  aus  dem  Labbe'schen  Liber  Generationis  gegenüber. 


Labbe. 
Mosoc,  unde  Illyryci;  Thiras, 
unde    Traces;     Cetthyn,    undc 
Macedones, 

Et  filii  Van:  Elisan,  unde 
Siculi;  Tharsis,  ex  quo  Hiberi, 
qui  et  Tyrreni,  Cithii,  de  quo 
Romani,  qui  et  Latini,  Rodii: 
omnes  XV. 


Nam  et  Sidona  qui  condide- 
runt  et  ipsi  Cananei.  Gadis 
autem  etc. 


Fredegar. 

c.  5.  Moroc,  unde  Yllirici; 
Tyras,  unde  et  Traces;  Cet- 
thin,  undeTrociane,Frigiiae, 
Macedones. 

Et  filii  luvan:  Elisan,  inde 
Siculi ;  Tharsis,  ex  quo  Hiberi, 
qui  et  Tirreni,  Cythii,  de  quo 
Romani,  qui  et  Latini,  Rodi vivi 
(lies  'Rodii  qui'?)  et  Priami: 
omnes  XV. 

c.  8.    Nam   et  a  Sidona  qui 


condederunt    et    ipse    Kananei 
Sidonii;      et     qui     Pannia 
condederunt  et  ipsi  Kana- 
nei.    Gadis  autem  etc. 
Die   ersten  beiden  Interpolationen  des  Fredegar  beziehen 
sich,  wie  schon  oben  bemerkt '),  auf  die  Trojanersage ;  vor  die 
1)  a.  43U. 


Die   Clironicae   des  sog.  Fredegar.  4G5 

Macedonier  setzte  der  fränkische  Historiker  die  Trojaner  und 
Frigier,  da  nach  seiner  im  Hieronymus  und  Gregor  entwickelten 
Ansicht  die  Trojaner  sich  später  in  die  beiden  Völkerschaften 
Macedonier  und  Fi'igier  aufgelöst  hatten.  Wo  aber  die  Tro- 
janer waren,  durfte  auch  ihr  König  Priamus  nicht  fehlen,  aus 
dem  der  Interpolator  einen  Völkernamen  gebildet  hat,  der  ihm 
mit  Eodii  gleichbedeutend  zu  sein  scheint.  Wenn  wir  noch 
hinzufügen,  dass  die  Frigii  nach  der  Trojanersage  die  Vorfahren 
der  Franci  sind,  zu  welcher  Verwandtschaft  ihnen  offenbar  der 
Gleichklang  der  Namen  verhelfen  hat,  so  erkennt  man  deutlich, 
dass  der  Text  an  den  beiden  ersten  Stellen  durch  Fredegar 
erweitert  worden,  und  die  kürzere  Fassung  bei  Labbe  die 
ursprüngliche  ist.  Weniger  klar  ist  der  letzte  Zusatz  im 
Fredegar,  nach  welchem  auch  die  Gründer  von  Pannia,  d.  i. 
Pannonia,  Kananei  gewesen  sein  sollen.  Vielleicht  ist  auch 
diese  Stelle  aus  der  fränkischen  Trojanersage  zu  erklären. 
Gregor  erzählt  nämlich  in  seiner  Frankengeschichte  II,  9  von 
den  Franken:  'Tradunt  enim  raulti  eosdem  de  Pannonia  fuisse 
digressos'  und  auch  in  den  Gesta  Francorum  kommen  die 
Trojaner -Franken  'intra  terminos  Pannoniarum  iuxta  Meotidas 
paludes'.  Wir  sehen  also,  dass  vor  und  nach  Fredegar  die 
Franken  mit  Pannonien  in  Verbindung  gebracht  wurden;  was 
liegt  also  näher,  als  dass  Fredegar  auch  bei  dem  obigen  Zu- 
sätze an  die  fabelhafte  Vorgeschichte  seines  Volkes  gedacht 
hat?  Wunderbar  ist  es  allerdings,  dass  der  Verfasser  in  den 
ausführlichen  Trojanererzählungeu  im  Hieronymus  und  in  der 
Hist.  Epit.  von  Pannonien  nichts  zu  berichten  weiss.  Jeden- 
falls zeigt  aber  auch  die  Vergleichung  dieser  Stelle  mit  dem 
Labbe'schen  Text,  dass  jener  kein  Fredegar  ist.  Wir  haben 
gefunden,  dass  Labbe  und  Fredegar  auf  das  genaueste  über- 
einstimmen, dieser  jedoch  nicht  alle  Fehler  des  Letzteren  hat, 
dazu  auch  von  den  fränkischen  Interpolationen  frei  ist.  Das 
Verhältnis  von  Labbe  und  Fredegar  muss  mithin  dasjenige 
von  Quelle  und  Ableitung  sein. 

Doch  muss  man  zugeben,  dass  Fredegar  eine  andere,  theil- 
weise  bessere  Handschrift  des  Liber  Generationis  ausgeschrie- 
ben hat,  als  die  war,  aus  welcher  Labbe  das  Buch  edierte. 
Dies  zeigen  eine  Menge  Corruptelen  und  Lücken  in  der  Labbe- 
schen  Ausgabe,  die  Fredegar  verbessert  und  ausfüllt.  Viele 
derselben  sind  allerdings  erst  durch  die  Sorglosigkeit  des  Her- 
ausgebers in  den  Text  gekommen.  Manche  Verbesserungen 
hat  der  zweite  Herausgeber  Ducange  in  den  Text  eingeführt, 
doch  theilweise  nicht  aus  dem  Codex  des  Liber  Generationis, 
den  er  übrigens  sicher  zur  Hand  gehabt  hat,  sondern  aus 
unserem  Fredegar,  welchen  er  zur  Vergleichung  mit  heranzog, 
und  zwar  in  der  fehlerhaften  Ausgabe  von  Canisius.  So  sind 
auch  Irrthümer  in  seine  Ausgabe  hineincorrigiert  worden,  die 


466  Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

sich  bei  Labbe  noch  nicht  finden.  Der  Anfang  der  Vorrede 
des  Hippolyt  lautet  bei  Labbe  richtig  'Quoniam  quidem  oportet' 
und  ebenso  haben  auch  die  Fredegarhandschriften  'Quoniam'; 
Canisius  aber  liest  durch  falsche  Auflösung  der  Abkürzung 
'Quando  quidem',  was  auch  Ducange  aufgenommen  hat.  Dieser 
Fall  mahnt  zur  Vorsicht  bei  der  Benutzung  dieser  Ausgabe, 
doch  sind  auf  der  anderen  Seite  freilich  auch  nicht  alle  Fehler 
der  Labbe'schen  Edition  dem  Codex  zur  Last  zu  legen. 

Dies  zeigt  die  Handschrift,  welche  sich,  nachdem  sie  lange 
verschollen  war,  jetzt  in  Cheltenham  wiedergefunden  hat.  Bei 
ihrer  grossen  Wichtigkeit  für  die  Chroniken  Fredegar's  soll 
eine  kurze  Beschreibung  nach  den  Notizen  des  Herrn  Dr.  Vogel, 
welchem  wir  auch  eine  Collation  des  Liber  Gener.  verdanken, 
hier  eingerückt  werden. 

Der  Cheltenham  er  Codex  i)  Philipps  1829  (Meermann 
715,  eine  ältere  Signatur  ist  ]\IL.  73),  saec.  IX  med.  gehörte 
früher  Sirmond,  dann  der  Bibliothek  des  Collegium  Claromon- 
tanum  in  Paris.  Nach  der  bestimmten  Angabe  Sirmond's^) 
stammt  er  aus  Metz  und  nicht,  wie  eine  Eintragung  besagt: 
'credo  olim  fuisse  librum  S.  Maximini  Treveri'  aus  Trier. 
Voran  geht  die  Chronik  des  Hieronymus,  in  die  am  Ende  des 
Textes  und  vor  den  Schlusscomputationen  auf  f.  152'  die  kurze 
Vorrede  des  Idacius  eingeschoben  ist: 

'Hucusque  a  sancto  Hieronimo  et  ipso,  sicut  in  capite 
istius  voluminis  pra^fatio  prima  declarat,  cognomine  Eusebio 
historia  in  aliquantis  Hispaniarum  provinciis  conscripta  reti- 
nentur,  cui  si  quid  postea  subdidit  in  locis,  quibus  deguit, 
certo  stili  studio  declaratur.  Verum  ad  haec  ignarus^),  in- 
dignissimus'*)  omnium  servorum  Dei  Ydatius  servus  lesu  Christi 
Dei  et  domini  nostri,  quae  secuntur,  ab  anno  primo  Theodosii 
augusti,  ut  comperi,  et  disscripsi,  brevi  ante  5)  praefationis 
indicio' «). 

Hierauf  folgen  die  Jahresberechnungen  des  Hieronymus, 
nach  welchen  die  vollständige  Chronik  des  Idad^us  mit  dem 
Prologe  fol.  152'  'YDATIUS  SERUUS  PNI  NinjHÜ  XPI 
UNIUERSIS  FIDELIB.  IN  DNO  NRO  IHU  XPO  ET  SER- 
UIENTIB;  ET  IN  UERITATE  SALUTEM'  beginnt.    Diese 


1)    Eiue    unvollständig-e   Collation    dieser  Hs.  findet  sich  unter  Mont- 
faiTCon's  Papieren  in  dem   Codex  Paris.  Nr.  11909,  fol.  399  a.  2)  Idatii 

Chronicon  ed.  Sirmondus.  Paris  1619.  Praef. :  'integrum  nunc  demum 
indidem  prodit,  unde  nuper  Komae  vulgari  coeptum  est,  ex  antiquo  vide- 
lieet  codice  nostro,  quem  qui  Romanam  cditionem  curavit,  quia  Parisiis 
esse  audiverat,  Parisiensem  appellavit:  nos  Metensem  potius  dicturi 
eramus,  quod  Metis  olim  exscriptum  arbitremur;  inde  certe  ad  nos  ex 
Monasterio  non    ignobili    nee    obscuro  pervenerit'.  3)  'ign.'  corr.  2.  m. 

'Ydatius'  cod.  4)  'indignussimus'  corr.  'indignissimus'  cod.  5)  'latae' 
inseruit  m.  2.  cod.         6)  ':  indicio'  cod. 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  467 

endigt  f'ol.  171'  'prolixo  (corr.  ^prolixu)  est';  die  folgenden 
9  Zeilen  dieser  Seite  und  die  ganze  Seite  172  sind  leer.  Von 
hier  ab  hat  der  Schreiber  des  Codex  zwei  Columnen  eingerichtet, 
was  sich  bei  den  folgenden  Fasten  des  Idacius^  'DESRIPTIO 
CONSULU  EX  QUO  PRIMU  ORDINATI  S  BRUTO  ET 
COLLATINO'  empfahl.  An  diese  schliesst  sich  nach  den 
Worten  'aug  .  Antimio  .  II  .  cons.'  f.  183  auf  der  Rückseite 
desselben  Blattes  mit  einer  rothen  Initiale  der  'LIBER  GENE- 
RATIONIS'  an,  der  am  Schlüsse  verstümmelt  ist,  indem  ein 
Di'ittel  des  letzten  fol.  191  abgerissen  ist.  Die  letzten  erhaltenen 
Schriftzüge  sind  'XIF  am  Ende  von  Cap.  18  bei  Fredegar. 
Die  Fasti  und  der  Liber  Genera tionis  sind  von  der  gleichen 
Hand  geschrieben,  die  am  Schlüsse  etwas  leichter  und  unregel- 
mässiger wird. 

Beide  aus  dieser  Hs.  geflossenen  Ausgaben  gehen  weiter  als 
diese,  ja  haben  sogar  mehr  Capitel  als  die  Fredegar- Ausgabe 
von  Canisius.  Während  nämlich  diese  schon  mit  den  Mace- 
donischen  Königen  (c.  23)  abbricht,  fügen  die  beiden  Heraus- 
geber des  Liber  Generationis  noch  zwei  Listen  der  römischen 
Kaiser  und  der  jüdischen  Könige  hinzu  mit  der  Schlussbemer- 
kung, dass  das  Uebrige  in  der  Handschrift  gefehlt  habe.  Labbe 
und  Ducange  halten  also  das  Buch  auch  so  noch  für  verstüm- 
melt. Die  Fredegarhandschriften  1  und  2  haben  nicht  allein 
die  beiden  letzten  Capitel  Labbe's,  sondern  auch  noch  drei 
weitere  Absätze,  welche  sämmtlich  bis  in  das  7.  Jahrhundert 
hinabreichen  und  daher  unmöglich  von  Hippolyt  herrühren 
können.  Bethmann  freilich  hielt  den  zweiten  Abschnitt,  einen 
Papstkatalog,  der  bis  zum  J.  642  reicht,  für  den  verlorenen 
Katalog  des  Hippolytus,  den  Spätere  weiter  fortgeführt  hätten. 
Aber  man  muss  bedenken,  dass  dieses  Verzeichnis  im  Fredegar 
auf  eine  bis  zum  Jahre  613  gehende  Berechnung  folgt,  die, 
weil  aus  Hieronymus  geschöpft,  selbst  in  ihrem  Grundstock 
nicht  von  Hippolyt  angelegt  sein  könnte  i).  Was  also  die 
Fredegarhandschriften  mehr  haben,  als  die  Ausgaben  des  Liber 
Generationis,  gehört  gewiss  nicht  zu  diesem.  Es  fragt  sich 
nur,  ob  die  beiden  Capitel,  um  welche  Labbe  reicher  ist,  als 
der  Text  des  Canisius,  dem  Hippolyt  zuzuschreiben  sind.  Das 
erste  von  diesen,  welches,  wie  gesagt,  ein  Kaiserverzeichnis 
enthält,  schliesst  mit  Alexander  Severus,  ist  also  sicher  ein 
Theil  des  alten  Liber  Generationis.  Ob  dagegen  der  folgende 
Katalog  der  jüdischen  Könige  Hippolyt  zum  Verfasser  hat, 
diese  Frage  wird  sich  nur  durch  Untersuchung  des  alten,  dem 
Buche  vorausgeschickten  Index  beantworten  lassen. 

Da  der  Index  des  Labbe-Fredegar'schen  Textes  am  Schlüsse 


1)  Dazu   kommt   noch,    dass    der  Papstkatalog   sich    an  die  späteren 
Verzeichnisse  des  6.  und  7,  Jahrh.  anschliesst. 


468 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar. 


verrwirrt  ist,  ist  es  nöthig,  auch  den  Chronographen  zu  berück- 
sichtigen. Ich  stelle  die  beiden  Register  von  den  Perserkönigen 
an  der  bequemeren  Uebersicht  halber  zusammen. 

Chronograph.  j  Fredegar. 

Tempora  regum  Persarum  a;     Regis   Persarum  a   Cyro,   et 
Cyro,  etquisquotannisregnavit.  quis  quod  annis  regnavit. 

Regis  Macedonum  ab  Alexan- 

dro,  et  quis  quod  annis  regnavit. 

Imperatores   Romanorum    ab 

Augusto ,    et   quis   quod   annis 

regnavit. 

Tempore  olympiadum  ab 
Ipito  usque  in  praesentem  olim- 
piadem. 

Nomina  patriarcharum  a  gene- 
ratione. 

Nomina  prophetarum. 


Nomina  patriarcharum  a  gene- 
seos. 

Nomina  prophetarum. 
Nomina  apostolorum. 
Muliei'es  prophetisse. 
Nomina  regum  Hebreorum. 


Mulieres  prophetissae. 
Nomina  regum  Hebreorum  et 


Reges  qui  in  Samaria  regna-:  regum,    qui   in  Samaria  regna- 
verunt,  et  quis  eorura  quot  annos  verunt  supra  decem   tribus,    et 


quis  quod  annis  regnavit. 
Nomina  sacerdotum. 


regnavit. 

Sacerdotum  nomina. 
Nomina  regum  Machedonum 
ab  Alexandi'O,  et  quis  quot  annos 
regnavit. 

Imperatorum  Romanorum 
nomina  a  Gaio  lulio  Caesare  et 
consulibus. 

Nomina  emperatorum  ('epi- 
scoporum'  Labbe)  Romae,  et 
quis  quod  annis  praefuit 

Diese  beiden  Register  weichen  nicht  allein  unter  sich  be- 
deutend ab,  es  stimmt  ausserdem  auch  keines  mit  seinem  Texte. 
Dagegen  harmoniert  der  Index  des  Chronographen  vollständig 
mit  der  Reihenfolge  der  Capitel  im  Texte  von  Labbe-Fredegar. 
Deshalb  ist  die  Anordnung  dieses  Index  sicher  die  richtige, 
zumal  wenn  man  bedenkt,  dass  der  Text  des  Chronographen 
sehr  im  Argen  liegt.  Stellt  man  nun  die  Könige  der  Macedonier 
und  die  römischen  Kaiser  im  Index  des  Fredegar  hinter  die 
Sacerdotes,  so  differieren  die  beiden  Register  noch  in  den  fol- 
genden Punkten.  Fredegar  fügt  die  Olympiaden  hinzu,  lässt 
aber  die  Apostel  des  Chronographen  aus.  Letztere  fehlen  auch 
im  Texte  von  Labbe-Fredegar,  die  Olympiaden  aber  behandelt 
Fredegar  zusammen  mit  den  Perserkönigen  im  Capitel  18.    Sie 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  469 

werden  dort  bis  auf  Severus  berechnet,  sind  also  sicher  schon 
von  Hippolyt  hinzugefügt.  Der  Chronograph  hat  mithin  hier 
eine  Lücke.  Wie  steht  es  nun  aber  mit  dem  letzten  Capitel 
von  Labbe  -  Fredegar  'Nomina  emperatorum',  welches,  wenn 
wir  die  Lesart  des  letzteren  'ernperm'  billigen,  zweimal  vor- 
handen ist  (nämlich  ausserdem  noch  durch  Umstellung  hinter 
den  Königen  der  Macedonier),  wenn  wirLabbe's  'episcoporum'^) 
aufnehmen,  im  Lidex  des  Chronographen  und  im  Text  sowohl 
des  Chronographen  als  auch  der  Labbe- Fredegar -Recension 
fehlt  2).  Dieser  letztere  Umstand,  dass  man  bei  der  Labbe'schen 
Lesart  eine  Ueberschrift  statuiert,  für  welche  kein  Text  vor- 
handen ist,  spricht  für  den  Kaiserkatalog  des  Fredegar.  Die 
Wiederholung  dieser  Ueberschrift  aber  würde  durch  die  Um- 
stellung im  Index  bei  Labbe  und  Fredegar  ihre  Erklärung 
finden.  Nachdem  nämlich  dort  Jemand  die  Könige  der  Mace- 
donier und  römischen  Kaiser  hinter  die  Perserkönige  gesetzt 
hatte,  bildeten  die  Sacerdotes  den  Schluss  des  Registers;  ein 
Späterer,  der  den  Widerspruch  zwischen  diesem  und  dem 
Schluss  des  Textes  bemerkte,  würde  dann  in  dem  guten  Glau- 
ben, dass  hier  eine  Lücke  zu  ergänzen  sei,  die  'Nomina 
emperm'  an  dem  Ende  des  Index  hinzugefügt  haben.  Indessen 
muss  man  zugeben,  dass  der  Ausdruck  'praefuit'  für  die  Kaiser 
nicht  recht  passt,  vielmehr  die  Labbe'sche  Lesart  'episcoporum' 
begünstigt.  Auffallend  bleibt  aber  dann,  dass  der  Chronograph 
diesen  Titel  nicht  hat,  und  dass  der  Text  beider  Recensionen 
von  einem  Papstkataloge  nichts  weiss.  Hiernach  wird  man  es 
mindestens  für  zweifelhaft  halten  müssen,  ob  Hippolyt  seinem 
Compendium  auch  ein  solches  Verzeichnis  beigefügt  hat. 

Jedenfalls  sieht  man,  dass  am  Ende  des  Liber  Cenerationis 
sicher  ein  Kaiserverzeichnis  gestanden  hat,  auf  welches  viel- 
leicht noch  ein  Papstkatalog  folgte.  Bei  Labbe  dagegen  schliesst 
sich  an  die  Imperatoren  ein  Verzeichnis  der  jüdischen  K(>nige 
an,  und  eben  diesen  Abschnitt  hat  auch  Fredegar,  welcher 
dann  mit  der  Computation  bis  zum  Jahre  613  fortfährt.  Gehört 
nun  dieses  letzte  Capitel  Labbe's  zu  dem  Hippolytischen  Liber 
Generationis  ?      Diese   Frage   müssen    wir   aus    zwei   Gründen 


1)  Dieses  Wort  ist  in  dem  Cheltenhum.  nicht  abgekürzt.  2)  Momm- 
sen  glaubt  p.  597,  dass  der  ältere  Theil  des  sog.  Catalogus  Liberianus  die 
Bisehofsliste  des  Hippolytus  ist,  die  im  Liber  Generat.  des  Chronographen 
nur  deshalb  übergangen  worden  sei,  weil  sie  einem  anderen  Theile  der 
Chronographie  einverleibt  werden  sollte.  Dagegen  hat  sich  Döllinger, 
'Hippolytus  und  Kallistus'  p.  67  erklärt.  Auch  die  Kaiserliste  hat  der  Lib. 
Generat.  im  Chronographen  nicht,  giebt  aber  doch  wenigstens  die  Ueber- 
schrift derselben  im  Register,  aus  welcher  hervorgeht,  dass  ein  umfang- 
reicheres Verzeichnis  an  die  Stelle  des  dürren  Gerippes  bei  Hippolyt 
gesetzt  worden  war.  Wie  Mommsen  vermuthet,  ist  dies  die  folgende 
Kaiserchronik. 

Keues  Archiv  etc.  VII.  31 


470  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

verneinen.  Zunächst  steht  dieses  Verzeichnis  der  jüdischen 
Könige  nicht  in  dem  vorangestellten  Index.  Dann  aber 
würde  Hippolyt,  wenn  dieses  Capitel  sein  Eigenthum  wäre, 
die  'Nomina  regum  Hebreorum'  zweimal  behandelt  haben; 
nämlich  erstens  bei  Fredegar  c.  22,  für  welchen  Abschnitt  auch 
der  entsprechende  Titel  im  Index  gilt,  und  dann  an  der  frag- 
lichen Stelle  hinter  den  Kaisern.  Daher  hat  auch  Mommsen 
p.  589  n.  2  den  letzten  Abschnitt  der  Labbe'schen  Ausgabe 
Hippolyt  abgesprochen;  er  vermuthet,  dass  Fredegar  der  Ver- 
fasser ist.  Wie  wir  gesehen  haben,  steht  in  der  That  dieses 
Capitel  auch  bei  Fredegar.  Wie  ist  nun  Labbe ,  der  doch 
den  Codex  Claromontanus  des  Liber  Generationis  benutzte, 
zu  diesem  Fredegarcapitel  gekommen,  welches  in  der  einzigen 
Ausgabe  des  Canisius  nicht  gedruckt  ist?  Offenbar  stammt 
dieser  Abschnitt  aus  derselben  Quelle,  aus  welcher  der  Her- 
ausgeber auch  die  voi'hergehenden  Capitel  stillschweigend  her- 
übergenommen hat.  Wie  wir  nämlich  schon  oben  gesehen 
haben,  ist  der  alte  Claromontanus,  jetzige  Cheltenhamensis,  am 
Schlüsse  defect.  Dies  war  schon  zu  Ducange's  Zeiten  der 
Fall,  der  bemerkt,  dass  der  Codex  nur  bis  gegen  das  Ende 
des  Cap.  18  bei  Fred,  reiche,  und  die  letzte  Seite  zum  guten 
Theile  zerstört  sei.  Sieht  man  sich  nun  die  Ausgabe  Labbe's 
näher  an,  so  findet  man  nach  Cap.  18  mehrere  Sternchen  als 
stumme  Zeugen,  dass  auch  er  den  Codex  in  keinem  besseren 
Zustande  gefunden  hatte.  Ducange  wundert  sich  mit  Recht, 
woher  sein  Vorgänger  den  Schluss  des  Buches  genommen 
habe,  denn  dass  er  nicht  aus  der  Ausgabe  des  Canisius  stamme, 
sah  jener  Gelehrte  sehr  gut.  Jetzt  kann  man  die  Sache  recht 
wohl  entscheiden.  Nachdem  wir  gezeigt  haben,  dass  der  letzte 
Abschnitt  der  Labbe'schen  Ausgabe  nicht  zu  der  Schrift  des 
Hippolyt  gehört,  wird  es  sich  darum  handeln,  ob  nicht  Labbe 
das  Deficit  des  Codex  Claromontanus  des  Liber  Generationis 
aus  dem  früher  derselben  Bibliothek  angehörigen  Codex  des 
Fredegar  ergänzt  hat.  Und  dies  scheint  in  der  That  so  zu 
sein.  Die  Varianten  der  beiden  Texte  sind  äusserst  gering- 
fügig. Positiv  aber  lässt  sich  dies  aus  der  folgenden  Stelle 
beweisen.  Am  Schlüsse  des  Kaiserkataloges  bei  Macrinus  ist 
im  Fredegarcodex  'mens.  2'  übergeschrieben,  aber  von  erster 
Hand,  wie  es  auch  sicher  in  den  Text  gehört.  Diese  2  Monate 
lässt  nun  Labbe  aus.  Hiernach  ist  der  Schluss  der  Labbe'schen 
Ausgabe,  den  auch  Ducange  aufgenommen  hat,  weil  aus  Frede- 
gar abgeleitet,  für  uns  werthlos,  und  man  wird  fernerhin  für 
diesen  Theil  des  Liber  Generationis  nur  den  Fredegar  zu  Rathe 
ziehen  dürfen. 

Hier  noch  einige  AVorte  über  die  beiden  letzten  der  von 
Fredegar  dem  Liber  Generationis  angehängten  Capitel. 

Der  Papstkatalog  in  c.  25,   welcher   bereits   von  Dodwell 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  471 

in  'Opp.  posthiim.  Pearsonii',  London  1688,  p.  222  'e  codice 
Ms.  Bibliothecae  Bodleianae  in  Museo  num.  94'  (s.  ^N.  Arch.'  IV, 
p.  383)  herausgegeben  worden  ist,  ist  dem  Cölner  (ed.  Watten- 
bach, 'Eccl.  Colon,  Codices'  p.  165)  sehr  ähnlich,  mit  welchem 
er  auch  den  Anicitus  auslässt,  an  dessen  Stelle  bekanntlich 
in  der  Filocalischen  Chronographie  eine  Lücke  ist.  Merk- 
würdig ist  es  nun,  dass  auch  Zephyrinus  in  unserem  Kataloge 
fehlt,  der  ebenfalls  in  der  Chronographie  ausgefallen,  aber 
im  Cölner  Kataloge  vorhanden  ist.  Die  Zahlen  stimmen  übri- 
gens beinahe  ganz  genau  mit  denjenigen  überein,  welche 
Duchesne,  'Etüde  sur  le  Liber  Pontificalis'  p.  136,  als  diejenigen 
des  Papstbuches  hergestellt  hat. 

Das  andere  Cap.  26  enthält  eine  vmgeheuer  dürftige  Chro- 
nik, die  beinahe  nur  aus  Namen  und  Zahlen  besteht.  Die 
Ueberschrift  lautet  'In  Christi  nom  Hb  chronecorum'.  Die  ersten 
Zeilen  stammen  aus  Isidor,  und  zwar  ofienbar  aus  dem  Codex 
Claroraontanus  des  Isidor,  wo  der  Text  ähnlich  mit  der  Ueber- 
schi'ift  'Incipit  liber  chronicorum'  beginnt.  Im  Isidor  folgen  dann 
die  Schöpfungstage,  die  Fredegar  in  der  kurzen  Chronik  aus 
dem  Claromontanus  ausgeschrieben  hat,  selbst  mit  dem  Fehler 
'creaturarum'  statt  'creaturam'  in  dem  Satze  'Sex  diebus  rerum 
creaturarura  Deus  formavit'.  Aber  schon  die  Patriarchen 
stammen  nicht  mehr  aus  Isidor,  wie  die  folgende  Stelle  zeigt. 
Isidor.  I  Fredegar. 

Arfaxat  ann.  CLXXXV.  ge-[     Arfaxat  fuit  annorum  135  et 
nuit  Salam.  gen.  Caman.    Facti  sunt  omnes 

,  anni,  quibus  vixit  Arfaxat  465. 

i      Cainan  fuit   annorum  130  et 

Igen.  Sala.      Facti    sunt    omnes 

janni,  quibus  vixit  Cainan,  533. 

Die  Hauptdifferenz    zwischen    den    beiden  Texten   beruht, 

wie   man    sieht,   darauf,    dass  Fredegar  zwischen  Arfaxat   und 

Sala  noch  den  Cainan  einschiebt.    Doch  geht  dieser  Unterschied 

schon  auf  die  Quellen  der  beiden  Autoren  zurück, 

Vulgata  Gen.  X,  24.  j  Septuaginta. 

At     vero    Arphaxad     genuit'      Kai    'AQ(pa^d5    8y£vvr]öe    xov 
Säle,  de  quo  ortus  est  Heber.  jKairav.    xai  Kaivav  &y£VVT]ö£  töv 

|lla?.{>..  Halä  8s  sysrvTjös  Tov'EßsQ. 

Man  ersieht  aus  dieser  Gegenüberstellung,  dass  Isidor  die 
Vulgata,  Fredegar  aber  resp.  eine  seiner  Quellen  die  Septua- 
ginta benutzt  hat.  Die  Itala  kommt  deshalb  nicht  in  Betracht, 
weil  auch  noch  andere  Stellen  der  kurzen  Chronik  auf  ein 
griechisches  Original  hinweisen.  In  dem  Kataloge  der  Perser- 
könige nennt  Fredegar  den  Darius  Nothus  'onothus'  =  6  röS'os, 
dagegen  wird  nTo^-Sfxaiog  6  Swttiq  als  'Tolomeus  Salvatur' 
bezeichnet.    Aus  dem  Griechischen  ist  wohl  auch  die  folgende 

31* 


472  Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar, 

Stelle  ^Astarsersis  etoi  .  di  aü  41'  zu  erklären.  In  ^etoi'  steckt 
jedenfalls  '6TH'  und  in  'di'  (mit  dem  letzten  Striche  von  'etoi'  ?) 
ist  wohl  die  Zahl  MA  verborgen,  so  dass  also  'etoi  .  di'  dasselbe 
sein  würde,  wie  'an  41'.  Der  'Tolomeus  Leporos'  ist  schliess- 
lich kein  anderer  als  Aäyov  viöc,.  Aus  diesen  Stellen  geht 
hervor,  dass  Fredegar  eine  griechische  Chronik,  oder  vielmehr, 
da  kaum  anzunehmen  ist,  dass  der  ungelehrte  Franke  des 
7.  Jahrh.  noch  Griechisch  verstanden  hat,  eine  lateinische 
Uebersetzung  derselben  benutzt  hat.  Die  Quelle  Fredegar's 
haben  wir  nun  leider  nicht  entdecken  können,  doch  ist  es  uns 
gelungen,  eine  griechische  und  daher  von  Fredegar  unabhän- 
gige Ableitung  aus  derselben  aufzufinden.  Das  von  Schoene, 
Hieron.  I,  p.  97  edierte  XPONOrPA^EION  IT2TAN  EK  TMN 
nONHMATP.N  TOT  AHOr  Eni*AI\IOT  APXIEni2K0n0T  ROAEWS 
K6iiN2TANTlAi:  THE  KIDPOT  ist,  wie  schon  Gutschmid  richtig 
bemerkt,  zwischen  867 — 886  geschrieben,  da  der  Kaiserkatalog 
mit  Basilius  schliesst.  Als  eine  chronographische  Zusammen- 
stellung 'Ex  xdv  TcorTjiuxtTtov  xov  äyiov  'Enn^aviov  (saec.  IV.) 
giebt  es  sich  in  der  Ueberschrift  zu  erkennen,  geht  aber  in 
seinem  Grundstock  in  eine  noch  höhere  Zeit  zurück,  da  der 
Kaiserkatalog,  wie  man  aus  dem  Aufhören  der  Ordnungszahlen 
mit  Recht  gefolgert  hat,  ursprünglich  mit  ]Macrinus  schloss. 
Dieser  kurze  Abriss  hat  ganz  denselben  Inhalt,  wie  unsere 
Chronik,  nämlich:  1.  die  Patriarchen,  2.  die  Richter,  3.  die 
jüdischen  Könige,  4.  die  Perserkönige,  5.  die  aegyptischen 
Könige  und  6.  die  römischen  Kaiser;  nichts  mehr  und  nichts 
weniger.  Auch  die  beiden  Texte  stimmen  im  einzelnen  ziem- 
lich genau  überein.  Positiv  beweist  ihre  Zusammengehörigkeit 
die  Bezeichnung  des  vorletzten  Ptolemaeers  als  Sohn  des  Phi- 
lippus :  Chron.  nTo^vffxaiog  6  ^ilinnov,  Fred.  'Tolomeus  de 
Filipo'  statt  xov  «i'i?-a8£?.cpot) ;  ein  Irrthum,  den  ich  in  keiner 
anderen  Liste  gefunden  habe.  Dazu  kommt  noch,  dass  in 
beiden  Schriftstücken  die  beiden  Justine  in  gleicher  Weise 
nach  ihren  Gemahlinnen  zubenannt  werden:  Chron.  "lox'öTLros 
EvcfTi^iag  und  "loröTivog  6  Zocpias,  Fred.  'Justinus  Eufimias' 
und  'Justinus  Subfias',  —  jedenfalls  eine  ungewöhnliche  Art, 
zwei  Männer  gleiches  Namens  von  einander  zu  unterscheiden. 
Im  allgemeinen  wird  man  den  griechischen  Text  für  den 
besseren  halten,  doch  lässt  sich  an  einigen  Stellen  dieser  auch 
durch  Fredegar  ergänzen. 

2.  Hieronymus. 
Das  Hieronymusexemplar,  welches  Fredegar  benutzte,  war 
allem  Anschein  nach  mit  dem  Berner  Codex  nahe  verwandt. 
Wie  dieser,  liest  auch  Fredegar  p.  45  k  der  Scliöneschen  Aus- 
gabe 'Cyrus'  statt  'Tyrus',  p.  65  a  'tribus'  statt  'tribubus'.  Auf 
p.  93  ist  in  der  Berner  Handschrift  die  Reihenfolge  der  Notizen 


k 


Die   Clironicae  des   sog.  Fredegar.  473 

c, — 5  verändert,  indem  auf  a.  'Primus  annus  captivitatis  Hie- 
rusalem'  sogleich  8.  'ludaea  gens  capitur'  folgt,  und  diese  Um- 
stellung fand  auch  schon  Fredegar  vor,  der  'Primo  anno  captive- 
tatis  Hierusalem  in  ludea  capitur'  schreibt.  Hier  stimmt 
übrigens  auch  der  Cheltenhamer  Codex  mit  B.  überein.  Da- 
gegen harmoniert  die  folgende  Stelle  wiederum  nur  mit  dem 
Bernensis.  P.  159  steht  im  Hieronymus  'ludaeorum  regnum 
defecit',  wozu  allein  der  Bernensis  am  Rande  bemerkt  'ludaeo- 
rum  regnum  finitum  est',  und  ähnlich  schreibt  auch  Fredegar 
vor  der  Zerstörung  Jerusalems  'Tunc  ludaeorum  regnum  fini- 
tum est'.  Zeigt  sich  so  an  den  entscheidenden  Stellen  eine 
starke  Hinneigung  zu  der  Berner  Handschrift,  so  sind  doch 
auch  leichtere  Berührungen  mit  den  anderen  Hss.,  hauptsäch- 
lich mit  dem  Cod.  Seal.  14,  nicht  zu  läugnen.  Wenn  beispiels- 
weise Fredegar  den  Aetna  (Canisius  p.  171  1.  29)  'Atene'  nennt, 
so  erinnert  diese  Corruptel  an  die  Lesart  'Ethaena'  im  Seal.  14 
(Schoene  p.  109g).  Im  Hieronymus  p.  123  g  nennt  Fredegar 
den  Coloss  von  Rhodus  'coloseos',  der  Seal,  'coloseus'.  Bei 
einem  Citat  aus  Josephus  sagt  Fredegar  'in  libro  tercio' ;  dieses 
'libro'  hat  aber  einzig  und  allein  der  Codex  Seal,  des  Hie- 
ronymus p.  45  k.  Die  Lesart  'Lucullus  diversis  triumphavit' 
statt  'de  Bessis'  erklärt  sich  am  besten  durch  die  Variante  'de 
vesis'  des  Seal.  p.  135  k.  Dagegen  findet  sich  die  Corruptel 
'Obbasili'  des  Fredegar  statt  'ob  asyli  ausser  im  Seal,  auch 
noch  in  der  Cheltenhamer  Hs.  p.  8Ik,  und  ^blandicias'  statt 
'blanditiam'  p.  147  s  hat  mit  Fredegar  neben  dem  Seal,  auch 
der  Fuxensis.  Mit  der  Handschrift  von  St.  Amand  stimmt 
Fredegar  bei  Canisius  p.  178  1.  51  überein,  wo  er  von  Valerian 
sagt  'ibique  Servitute  mirabile  consenescit'  statt  'miserabili', 
was  ausser  dem  genannten  Codex  die  übrigen  Hss.  des  Hie- 
ronymus bieten.  Uebrigens  giebt  Fredegar  am  Schlüsse  der 
Chronik  die  Summe  der  Jahre  von  Moses  und  Cecrops  ab 
richtig  mit  1890  an,  in  üebereinstlmmung  mit  dem  Voss., 
Cheltenh.  und  Fux.,  während  im  Schoene'schen  Texte  irrthüm- 
lich  1990  steht.  Den  Fredegar  hat  leider  Schoene  für  seine 
Ausgabe  nicht  benutzt,  obwohl  dieser,  wie  wir  gesehen  haben, 
dem  ältesten  Codex  des  Hieronymus,  dem  Bernensis,  zur  Seite 
steht,  an  anderen  Stellen  aber  sichtlich  zu  einer  noch  älteren 
Ueberlieferung,  die  uns  im  Seal.  14  erhalten  ist,  hinüberneigt. 
Ich  will  hier  noch  einige  Bemerkungen  über  die  von 
Fredegar  in  den  Hieronymus  eingeschobene  Trojanersage  hin- 
zufügen. Der  Inhalt  der  Sage  ist  bekanntlich  folgender:  'Die 
Trojanerfranken  hatten  zuerst  den  König  Priamus,  dann  den 
König  Friga.  Sie  theilen  sich  hierauf  in  zwei  Theile,  von 
denen  der  eine  nach  IMacedonien  ging  und  unter  den  Königen 
Philipp  und  Alexander  sich  im  Kriege  durch  Tapferkeit  aus- 
zeichnete.   Der  andere  Theil  zog  aus  Frigien  unter  dem  Könige 


474  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

Francio,  der  dem  Volke  den  Namen  gab,  in  die  Gegend  zwi- 
schen  Rhein,    Donau    und   dem  Meere.     Hier    unterjochte    sie 
später   der   Consul   Pompegius   'seo   et   cum    reliquas   gentium 
nationes,  quae  in  Germania  habitabant'.    Die  Franken  mit  den 
Sachsen  verbündet,  empörten  sich  gegen  Pompegius  und  schüt- 
telten das  römische  Joch  ab.     Dieser  stirbt,  nachdem  er  noch 
sehr   viele  Völker    Spaniens   bekriegt   hatte.      Aus    demselben 
Stamme  sollen  auch  nach  der  Fama  die  Torci  abstammen,  die 
sich    einen   König   Torquotus   gewählt   hatten ,   nach   welchem 
das  Volk  den  Namen  Turqui  erhielt'.     Woher   die  Persönlich- 
keiten des  Philipp,  Alexander,  Consul  Pompegius  und  Torquotus 
stammen,   ist  unschwer  zu  erkennen.     Sie   sind  sämmtlich  aus 
der  Chronik    des  Hieronymus   hergeholt.     Der  Extract  Frede- 
gar's    aus   dieser  Chronik    über  Alexander  d.  Gr.   lautet  c.  27 : 
'Alexander,   filius  Phyliphy  et  Olimpiades,   nascetur'  und  bald 
darauf:  'Alexander  ad  versus  IlHrius  et  Tregas  feliciter  demicans; 
quibus    subversis  in  Persas  arma    conruit   et,   apud  Granecum 
flumen  regi  ducibusque  oppressis,  urbem  Sardis  capit'.    Hierauf 
folgt  bei  Hieronymus  und  Fredegar  die  Notiz  über  den  Consul 
Torquatus:    'Romanorum    consul   Torquatus    filium    suum,    qui 
plures   proelia   hostis  vicerat,   virgis   caesum  secure  percussit'. 
Wir   haben   also    hier    die   drei    Könige   Philippus,    Alexander 
und  Torquatus.     Ebenso   sind   auch  die  Nachrichten  über  den 
Consul  Pompegius  aus  der  Chronik  des  Hieronymus  geschöpft. 
Es  heisst  dort  über   ihn   nach  dem  Auszuge  Fredegar's  c.  31 : 
'Pompegius,    captis    Hierusolimis ,    tributarios    ludaeos    facit. 
Pompegius  secundus  imperatur  appellatur'.    Die  Zahl 'secun- 
dus'  ist  Zusatz  unseres  Franken,  zu  dem  er  sich  für  berechtigt 
hielt,  nachdem  er  vorher  im  Hieronymus  die  Worte  'Lucullus 
primus  Imperator  appellatus  est'  gefunden  hatte.    Soweit  würde 
Alles  stimmen ;  nun  aber  spricht  Fredegar  in  der  'Origo  Fran- 
corum'  von  grossen  Kriegsthaten  des  Pompegius  in  Germanien 
und  dass  er,  nachdem  er  Spanien  bekriegt  hatte,  gestorben  sei. 
Hiervon  steht  selbstverständlich  nichts  bei  Hieronymus.    Aber 
woher  hatte  Fredegar  diese  Nachrichten?    Lüthgen  meint  p.  54, 
dass  ihm  die  Thatsache   von   der  Oberhoheit  der  Römer  noch 
l^ekannt   gewesen    sei.      Dagegen    Ulsst   sich    zeigen,    dass    die 
Ursache  zu  diesen  Nachrichten  in  einem  groben  Misverständnis 
Fredegar's   zu   suchen   ist.     Auf  die   Erhebung    des  Pompejus 
zum   Imperator   folgt   bei   Hieronymus   a.  19.57    zunächst   eine 
Stelle  über  Caesar:  'Caesar  Lusitaniam  et  quasdam  insulas  in 
Oceano    capit'.      Fredegar   hat   nun    diese   und   alle   folgenden 
Berichte   über  Caesar   auf  Pompejus   bezogen,    da   er  glaubte, 
jener    'Caesar'    könne    gar    kein    anderer    als    der    neucreierte 
Imperator  Pompejus    sein.     Damit   man   aber  über  seinen  ge- 
waltigen Irrthum  ja  nicht  in  Zweifel  sei,  hat  er  bei  den  näch- 
sten Extracten  aus  Hieronymus  regelmässig  seinen  'Pompegius' 
hinter  den  'Caesar'  gesetzt.     Bei  ilmi  liest  man  also: 


Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar.  475 

Caesar  Pompegius  Renum  transiens,  Germanus  vastat. 

Caesar  Pompegius  Germanus  et  Gallus  capit. 

So  ist  der  Consul  Pompegius  in  dem  Berichte  über  die 
Herkunft  der  Franken  der  Bezwinger  Germaniens  und  speciell 
auch  der  Franken  geworden.  Der  Tod  des  Pompejus  wird 
von  Hieronymus  unter  dem  J.  1960  berichtet.  Man  sieht  somit, 
dass  die  ganze  historische  Aufputzung  der  Origo  Francorum 
aus  der  Chronik  des  Hieronymus  genommen  ist  —  ein  Grund 
mehr,   diese  Fabeln    nicht  für  fränkische  Volkssage  zu  halten. 

3.  I  d  a  c  i  u  s. 
Die  Anfangsworte  der  Chronik  des  Idacius  bei  Fredegar 
sind  bis  zu  der  Stelle  'divine  cultus  docet  adsertio'  wörtlich 
aus  dem  in  den  Ausgaben  der  Chronik  vorangehenden  Prologe 
genommen.  Von  da  ab  aber  verlässt  Fredegar  den  Text  des 
Idacius,  und  giebt  eine  weit  kürzere  Einleitung,  die  sich  zwar 
in  den  Grundzügen  mit  der  edierten  Vorrede  des  Chronisten 
deckt,  aber  doch  auch  einige  selbständige  Momente  enthält. 
Die  Fortsetzung  lautet  nämlich :  'hucusque  ad  sancto  Hieronimo 
et  ipso,  sicut  in  capite  istius  voluminis  praefatio 
prima  declarat,  cognomine  Eusebio  hestoria  in  aliquantis 
Spaniorum  provinciis  conscripta  retenetur,  cui  si 
quid  postea  subdedit  in  locis^  quibus  decuit,  certo  stili  studio 
declaratur.  Verum  ad  haec  ignarus,  indignissimus  om- 
nium  servorum  Dei  Udacius  servus  Jesu  Christi  et 
Domini  nostri,  quae  secuntur  ab  anno  primo  Theodosi 
agusti,  et  conperet,  descripsi,  brevi  ante  factae  praefa- 
tionis  in  diclo'.  So  Fredegar,  der  mit  der  ausführlichen 
Praefatio  des  Idacius  in  folgenden  Punkten  übereinstimmt. 
Auch  Idacius  giebt  das  Ende  der  Chronik  des  Hieronymus 
an,  welches  oben  nur  mit  ^hucusque'  angedeutet  wird,  auch  er 
nennt  den  Hieronymus  'idem  Eusebius  cognomento'  imd  spricht 
die  Möglichkeit  aus,  dass  sein  Vorgänger  'in  sanctis  quibus 
deguit  Hierosolymorum  locis'  noch  Einiges  der  Chronik  hinzu- 
gefügt haben  könne,  wovon  diejenigen  sicher  wissen  würden, 
die  alle  Werke  jenes  Kirchenvaters,  resp.  Auszüge  daraus  be- 
sässen.  Schliesslich  sagt  auch  Idacius,  dass  er  die  Chronik 
vom  ersten  Jahre  des  Theodosius  ab  aus  schriftlichen  und 
mündlichen  Berichten  fortgesetzt  habe.  Dazu  bringt  Fredegar 
folgende  merkwürdige  Zusätze.  Bei  der  Nachricht,  dass  Hie- 
ronymus den  Beinamen  Eusebius  geführt  habe,  beruft  er  sich 
auf  den  der  Chronik  vorangehenden  Brief  an  Vincentius  und 
Gallienus,  der  allerdings  mit  den  Worten  'Eusebius  Hieronymus' 
beginnt,  in  Fredegar's  Sammlung  aber  nicht  *in  capite  istius 
voluminis'  steht,  da  ihn  der  Compilator  ausgelassen  hat.  Zwei- 
tens bemerkt  Fredegar,  dass  man  die  Chronik  des  Hieronymus 
bis  zum  Tode  des  Valens  (hucusque)  herabgeführt  'in  aliquantis 


476  Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

Spaniorum  provinciis'  besässe,  eine  Nachricht,  die  in  dem 
Munde  eines  Franken  höchst  wunderbar  erscheint.  Schliesslich 
machen  wir  hier  noch  auf  die  Häufung  der  Praedicate  'ignarus, 
indignissimus  omnium  servorum  Dei  Udacius  servus  Christi 
et  Domini  nostri'  aufmerksam,  die  als  Zusätze  Fredegar's  — 
Idacius  sagt  an  den  betreffenden  Stellen  nur  'adiecimus',  'a 
nobis  conscripta  sunt'  —  zusammen  mit  der  ersten  Person 
'descripsi'  im  höchsten  Grade  wunderbar  sind,  während  sie 
von  dem  Autor  selbst  gebraucht  durchaus  nichts  merkwürdiges 
haben  würden.  Ist  nun  der  abgekürzte  Prolog  in  der  Frecle- 
gar'schen  Sammlung  ein  Werk  jenes  Franken,  oder  ist  ein 
Spanier,  vielleicht  Idacius  selbst  der  Verfasser? 

Aufschluss  hierüber  würde  uns  der  Codex  des  Idacius 
geben,  den  Fredegar  benutzt  hat  —  w^enn  er  noch  erhalten 
wäre.  Doch  bietet  einigen  Ersatz  dafür  der  schon  oft  genannte 
Codex  Cheltenhamensis  des  Hieronymus,  Idacius  und  Liber 
Generat.  Diese  wichtige  Hs.  enthält  nun ,  wie  ich  zuerst 
aus  Schoene's  Ausgabe  des  Hieronymus  I,  p.  170  ersah,  nach 
dem  Schluss  des  Hieronymus -Textes  und  vor  den  Compu- 
tationen,  auf  welche  die  vollständige  Chronik  des  Idacius  folgt, 
die  oben  aus  Fredegar  citierten  Worte  'hucusque  —  praefationis 
indicio'  •).  Beide  Stellen  stimmen,  von  geringfügigen  Varianten 
abgesehen,  wörtlich  mit  einander  überein.  An  eine  Entlehnung 
aus  Fredegar  möchte  ich  schon  deshalb  nicht  denken,  weil 
diese  Stelle,  die  übrigens  von  erster  Hand  geschrieben  ist,  auch 
einige  kleine  Verbesserungen  des  Fredegartextes  enthält.  In 
der  Verbindung  ^servus  lesu  Christi  et  Domini  nostri'  schiebt 
der  Cheltenh.  'Dei'  vor  'et'  ein,  und  statt  des  sinnlosen  'et 
conperet'  hat  die  Handschrift  richtig  'ut  comperi  et'.  Daraus 
sieht  man,  dass  Fredegar  den  abgekürzten  Prolog  schon  vor- 
gefunden hat,  den  er  eben  seiner  Kürze  wegen,  nachdem  er 
den  Anfang  aus  dem  vollständigen  Prolog  des  Idacius  ausge- 
schrieben hatte,  in  seine  Chronik  aufnahm.  Oben  hatten  wir 
gesehen,  dass  die  Fassung  der  Epitome  auf  einen  Spanier, 
vielleicht  auf  Idacius  selbst  hinweist,  jetzt  zeigt  sich,  dass 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  dieselbe  bereits  in  dem  Codex 
des  Hieronymus -Idacius  gestanden  hat,  den  Fredegar  benutzte, 
es  scheint  mithin  alles  dafür  zu  sprechen,  dass  Idacius  selbst 
das  Anhängsel  dem  Hieronymus  hinzugefügt  hat  'brevi  ante 
factao  praefationis  indicio',  das  soll  wohl  heissen ,  als  kurze 
Andeutung  der  seiner  Chronik  vorangestellten  ausführlichen 
Praefatio. 

Der  Text  des  Idacius  bei  Fredegar  stimmt  im  ganzen 
mit  dem  von  Sirmond  aus  dem  jetzigen  Cheltenhamensis  her- 
ausgegebenen Chronicon  integrum  überein ;    doch   hat  auch  in 

1)  S.  oben  S.  466. 


Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar.  477 

diesem  Theile  Fredegav  einige  Nachi'ichten  mehr  als  seine 
Quelle.  Bei  diesen  Zusätzen  jedoch  muss  ebenso,  Avie  bei 
denen  des  Liber  Generationis  erst  speciell  untersucht  werden, 
ob  sie  nicht  dem  Verfasser  der  Quelle  angehört  haben  können, 
ehe  wir  sie  Fredegar  zuweisen,  da  der  Text  der  vollständigen 
Chronik  nur  auf  einer  Handschrift  beruht,  die  sicher  nicht 
fehlerfrei,  vielleicht  auch  nicht  ohne  Lücken  ist.  Nicht  in 
Betracht  kommt  hier  der  in  Cap.  53  in  den  Idacius  einge- 
schobene sagenhafte  Bericht  über  den  Einfall  der  Hünen  in 
Gallien  und  die  Schlacht  auf  der  Campania  Mauriacensis,  da 
für  diese  Erzählung  bereits  Gregor's  Frankengeschichte  11,  7 
benutzt  worden  ist.  Die  übrigen  Zusätze  Fredegar's  dagegen 
könnten  sowohl  ihrem  Inhalt  als  der  Form  nach  recht  wohl 
von  Idacius  herrühren.     Es  sind  folgende: 

1.  Ann.  regni  sui  (seil.  'Theodosii')  septemo  decimo  aro- 
matus  Sancti  eclesiae  Laurencii  sepultus  est. 

2.  Ann.  11.  regni  Arcadiae  Martinus  episcopus  sanctus 
et  vir  apostolicus  transit  a  Domino  carne  deposita.  Cuius  vita 
et  mirabilia  quae  fecit  Severus  vir  summus  discipulos  ipsius, 
qui  et  chronicam  alias  quam  haec  sunt  ab  inicio  Genesis  per- 
niciosissime  scripsit. 

3.  Consederunt  Wandali  in  Betaca  an.  54. 

4.  Mense  lunio  in  Gallicia  coruscationem  villae  exuste, 
gregis  ovium  concrematae,  carnis  concise,  pluviae  de  caelo 
mixtae  cadent.  Duo  aduliscentes  carne  in  invicem  soledati 
adhaerentes  sunt  mortui'. 

Besonders  bei  dem  letzten  Zusatz,  der  über  Prodigien  aus 
Gallicien  handelt,  ist  es  klar,  dass  er  nicht  erst  von  Fredegar 
eingefügt  ist,  sondern  schon  in  der  Chronik  des  Idacius  ge- 
standen hat.  Dies  lässt  sich  ausser  von  diesem  Satze  auch 
.noch  von  dem  zweiten  beweisen  vermittelst  der  von  Florez  in 
der  'Espana  Sagrada'  IV,  p.  420 — 427  aus  drei  Hss.  heraus- 
gegebenen kurzen  Chronik  des  Idacius.  Diese  ist  offenbar 
ein  Excerpt  aus  dem  vollständigen  Chronicon,  doch  zeigen 
einige  Stellen;,  dass  dem  Schreiber  ein  ausführlicheres  Exemplar 
des  Chronicon  integrum  als  der  Cheltenhamensis  vorlag.  Gleich 
die  zweite  Nachricht  der  kurzen  Chronik  fesselt  unsere  Auf- 
merksamkeit: 'Beatissimi  Martini  vitam  et  mirabilia  quae  fecit 
Severus  vir  summus,  discipulus  ipsius,  qui  et  chronicon  aliam, 
quam  hie  sanctus  (lies  'sunt'),  ab  initio  Genesis  usque  ad 
sectam  Priscillianistarum  perniciosissimam  conscripsit,exequitur'. 
Diese  Notiz  steht  nicht  in  den  Ausgaben  des  Chronicon  inte- 
grum, dagegen  finden  wir  sie  oben  unter  den  Zusätzen  des 
Fredegar.  Man  könnte  nun  meinen,  dass  Fredegar  die  Quelle 
dieser  Nachricht  sei,  zumal  da  letzterer  noch  von  dem  Tode 
des  Martinus  erzählt,  den  die  abgekürzte  Chronik  verschweigt. 
Aber  dieser  Umstand  erklärt  sich  schon  daraus  hinlänglich,  dass 


478  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

der  Verfasser  des  'Chronicon  pequeno'  überhaupt  nur  ein  kurzes 
Excerpt  der  Chronik  geliefert  hat.  Positiv  spricht  gegen  die 
Annahme,  dass  der  Fredegar  benutzt  sei,  der  Zusatz  des  kur- 
zen Chronicon  'usque  ad  sectam  Priscillianistarum',  auf  welchen 
sich  das  folgende  Adjectivum  'perniciosissimam'  bezieht.  Frede- 
gar, welcher  den  Endpunkt  der  Chronik  des  Severus  ausliess, 
sagt  so,  Severus  ^vir  summus'  habe  seine  Chronik  'perniciosis- 
sime'  geschrieben,  ein  Irrthum,  der  sich  nur  durch  das  Fehlen 
der  Secte  der  Priscillianisten  erklärt.  Man  sieht  hieraus,  dass 
die  Notiz  über  Severus  in  der  kurzen  Chronik  unmöglich  aus 
Fredegar  herstammen  kann,  vielmehr  beide  Texte  sich  so  er- 
gänzen, dass  sie  unabhängig  von  einander  aus  einer  vollstän- 
digeren Chronik  des  Idacius  ausgezogen  sein  müssen,  als  die 
jetzigen  Ausgaben  sind.  Ein  weiterer  Zusatz  der  kurzen 
Chronik  zu  dem  Vulgat -Texte  ist  das  Folgende:  'Era  D.  in 
conventu  Bracarensi  duorum  natorura  portentum  visum  ;  qua- 
tuor  Legionen!  simile  memoratur'.  Vergleicht  man  diese  Pro- 
digien  mit  dem  letzten  Zusätze  des  Fredegar,  und  speeiell  mit 
der  Nachricht  'Duo  aduliscentes  carne  in  invicem  soledati 
adhaerentes  sunt  mortui',  die  dieser  aus  Gallicien  meldet,  so 
sieht  man  sofort  die  Uebereinstimmung.  Auch  hier  ergänzen 
sich  Fredegar  und  das  kurze  Chronicon  gegenseitig.  Fredegar 
hat  noch  Witterungsberichte  mehr,  die  kiirze  Chronik  dagegen 
bestimmt  den  Ort,  wo  die  Zwillinge  gezeigt  wurden,  näher 
und  fügt  ein  ähnliches  Wunder  aus  Leon  hinzu.  Weniger 
bedeutungsvoll  ist  es,  dass,  während  bei  der  Einnahme  Carthago's 
durch  Gaisarich  in  den  Ausgaben  des  Chronicon  integrum 
'Carthago  fraude  decepta'  steht.  Fredegar  und  die  kurze  Chronik 
'Carthago  magna  fraude  decepta'  lesen.  Alle  diese  Stellen 
zeigen,  dass  die  Handschrift,  aus  welcher  die  Ausgaben  des 
Chronicon  integrum  hervorgegangen  sind,  Lücken  hatte,  von 
denen  das  Exemplar,  welches  Fredegar  und  der  Verfasser  des 
gekürzten  Chronicon  benutzten,  frei  war.  Aus  diesem  besseren 
Codex  des  Idacius  stammt  vielleicht  auch  die  Nachricht,  dass 
Theodosius  'aromatus'  in  der  Lorenzkirche  beigesetzt  Avorden 
sei,  die  aber  falsch  zu  sein  scheint ').  Noch  zweifelhafter  ist 
es ,  ob  der  andere  Zusatz  Fredegar's ,  dass  die  Wandalen 
54  Jahre  in  Baetica  gesessen  hätten,  auf  Idacius  zurückgeführt 
werden  darf,  da  die  Zahl  der  Jahre  ganz  falsch  angegeben  ist. 
Diese  beiden  Erweiterungen  stehen  nicht  in  der  kurzen  Chronik, 
die  ja  auch  sehr  vieles  andere  auslässt.  Dafür  hat  sie  eine 
sehr  kurze  Fortsetzung  bis  zu  dem  Langobardenkönig  Alboin. 

4.    Die  Vor  rode  Fredegar's. 
Mit  dem  Umstände,  dass  mehrere  Verfasser  für  die  Samm- 
lung Fredegar's  zu  statuieren   sind,   mag  es  zusammenhängen, 

1)  Sein  Leib   wurde    nach  der  Apostelkirche    in  Constantinopel  über- 
geführt. 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  479 

dass  die  Vorrede  zum  letzten  Buche  oft  dunkel  und  nicht  frei 
von  Widersprüchen  ist.  Zarncke ')  charakterisiert  dieselbe  mit 
den  Worten:  'Freilich  herrscht  in  Betreff  des  Inhalts  ein  so 
unverstcändliches  Durcheinander,  dass  man  sich  aufs  Rathen 
legen  muss,  wenn  man  etwas  verstehen  will,  zumal  in  der 
ersten  Hälfte'.  Was  die  erste  Hälfte  der  Vorrede  anbetriflft, 
so  trug  an  der  Unklarheit  hauptsächlich  Schuld,  dass  man  den 
Worten  Fredegar's  aus  Vernunftgründen  eine  andere  Bedeutung 
unterlegen  rausste,  als  die  sie  wirklich  hatten,  wenn  man  es 
nicht  eben  vorzog,  über  die  heiklen  Stellen  mit  Stillschweigen 
hinwegzugehen.  Fredegar  beginnt  seine  Vorrede  mit  dem 
Hinweise,  dass  er  nichts  Eigenes  hätte,  wenn  es  ihm  nicht 
vom  Höchsten  verliehen  wäre,  und  dass  er  aus  Unbeholfenheit, 
um  einen  kurzen  Satz  auszudrücken,  oft  lange  Umwege  machen 
müsste.  Geben  wir  dies  zu,  so  müssen  wir  doch  schon  bei 
den  nächsten  Worten  unserem  ^Scholasticus'  widersprechen, 
der  so  fortfährt:  'Vernaculum  linguae  huius  verbi  interpre- 
tatur,  absorde  resonat;  si  ob  necessitate  aliquid  in  ordine 
Sermone  mutavero,  ab  interpretis  videor  officio  recessisse', 
d.  h.  'übersetzt  man  das  Eigenthümliche  dieser  Sprache  wört- 
lich, so  giebt  dies  Misklänge;  wenn  ich  gezwungen  etwas  in 
der  stilistischen  Anordnung  geändert  habe,  scheine  ich  von 
meiner  Pflicht  als  Uebersetzer  abgewichen  zu  sein'.  Fredegar 
erklärt  also  in  seiner  Vorrede  mit  klaren  Worten,  dass  er 
übersetzt  habe;  es  bleibt  nur  fraglich,  ob  man  an  deutsche 
oder  griechische  Annalen  denken  soll.  Wir  brauchen  uns  über 
diese  Streitfrage  nicht  weiter  den  Kopf  zu  zerbrechen,  wollen 
es  auch  den  Gelehrten,  die  über  Fredegar  geschrieben  haben, 
nicht  verargen,  wenn  sie  wohlweislich  über  diese  Stelle  nichts 
sagten,  —  der  alte  Franke  hat  nämlich  hier  die  Vorrede  des 
Hieronymus  an  Vincentius  und  Gallienus  ausgeschrieben,  ohne 
zu  bedenken,  dass  die  in  den  betreffenden  Stellen  geschilderten 
Verhältnisse  des  Hieronymus  auf  jeden  eher  als  auf  ihn  passten. 
Wie  sinnlos  Fredegar  ausserdem  noch  einzelne  Worte  aus  dem 
Zusammenhang  herausgerissen  hat,  dürfte  die  folgende  Gegen- 
überstellung zeigen. 

Hieronymus.  j  Fredegar. 

Significatum     est     aliquid       Cum  aliquid   unius  verbi 
unius    verbi     proprietate:  proprietate       non      habeo 


non  habeo  meum  quo  id  effe- 
ram,  et  dum  qua  er  o  im- 
plere  sententiam,  longo 
ambitu  (verborum^)  vix  bre- 
vis  viae  spatia  consummo. 


quod  proferam,  nisi prestitum 
ab  Altissimo  fuerit,  et  dum 
quaero  implere  senten- 
ciam,  longo  ambiatu  vix 
brevis    viae    spatium    con- 


1)  Abhandl.  der  Sachs.  Acad.  d,  Wiss.  1866,  p.  266.         2)  'verboruin' 
lassen  eine  Keihe  Hss.  aus. 


480 


Die   Clironicae   des  sog.  Fredegar. 


Accedunt  hyperbatorum  anf'rac- 
tus ,  dissimilitudines  casuum, 
varietas  figurarum,  ipsum  po- 
stremo  suum  et  ut  ita  dicam 
vernaculum  linguae  genus. 
Si  ad  verbum  interpretor, 
absurde  resonant  (resonat 
APP'),  si  ob  necessitatem 
aliquid  in  ordine  sermone 
mutaverOj  ab  interpretis 
videbor  officio  recessisse. 
Itaque  nii  Vincenti   carissime 


summo. 


Vernaculum  linguae  huius 
verbi  interpretatur  absorde 
resonat;  si  ob  necessitate 
aliquid  in  ordine  sermone 
mutavero,  ab  interpretis 
videor  officio  recessisse. 
Itaque  beati  Hieronimi^  Ydacii 


Auf  das  letzte  aus  Hieronymus  entlehnte  Wort  ^Itaque' 
folgt  die  oft  citierte  Stelle  über  die  von  Fredegar  benutzten 
Quellen  'beati  Hieronimi,  Ydacii  et  cuiusdam  sapientis  seo 
Hysidori  immoque  et  Gregorii  cbronicis  a  mundi  originem 
dilientissime  percurrens,  usque  decedentem  regnum  Gunthramni, 
bis  quinque  cbronicis  huius  libelli  nee  plurima  pretermissa 
siggyllatem  congruentia  stilo  inserui,  quod  illi  sollertissime 
absque  reprehensionem  condederunt'.  Diese  Worte  sind  so 
unklar,  dass  sie  jeder  anders  gedeutet  hat,  und  leider  sehen 
wir  uns  veranlasst,  noch  eine  neue  Interpretation  hinzufügen 
zu  müssen. 

Die  Reihenfolge  der  Bücher  im  Codex  Claromontanus  ist 
bekanntlich:  1.  Liber  Generationis,  2.  Hieronymus  und  Idacius, 
'6.  Gregor,  und  zwar  zuerst  die  Vorrede  desselben,  ebenso  wie 
die  beiden  ersten  Scarpsa  ohne  Buchbezeichnung  im  Titel, 
dann  aber  das  Register  mit  'Liber  Quartus',  4.  die  Chronik 
im  Titel  des  Index  als  'Liber  Quartus',  in  der  Ueberschrift 
der  Chronik  als  'Chronica  Sexta'  bezeichnet,  5.  der  Isidor  als 
'Liber  IIP.  Schiebt  man  nun  im  Sinne  desjenigen,  der  Nr.  5 
als  'Liber  111'  bezeichnete,  den  Isidor  vor  dem  Gregor  ein,  so 
bleibt  immer  noch  die  Buchziihlnng  von  Nr.  4  vollständig  in- 
consequent.  Als  'Chronica  Sexta'  könnte  das  letzte  Buch 
doch  nur  gezählt  werden,  wenn  man  Hieronymus -Idacius  in 
zwei  Bücher  theilt,  aber  dies  verbietet  der  dem  Hieronymus 
vorangestellte  Index,  der  auch  den  Idacius  umfasst.  Die  zweite 
Bezeichnung  als  'Liber  Quartus'  steht,  wie  man  sieht,  mit  der 
thatsächlichen  Aufeinanderfolge  des  Claromontanus  im  Einklang, 
dann  würde  der  Isidor  nicht  zu  der  Compilation  zu  rechnen 
sein,  und  die  Bezeichnung  von  Nr.  3  als  'Liber  Quartus'  im 
Titel  des  Index  würde  von  demjenigen  ausgegangen  sein,  der 
die  Einfügung  des  Isidor  beabsichtigte.  In  der  That  spricht 
Alles  dagegen,  dass  die  Chronik  des  Isidor  zu  der  Fredegar- 
schen  Sammlung  zu  rechnen  ist '). 

1)  Siehe  darüber  unten   S.   484. 


f 


Die  Cbronicae  des  sog.  Fredegar.  481 

Durch  die  verwirrte  Buchzählimg  aber  konnte  sehr  wohl 
Jemand  auf  die  Vermuthung  kommen,  die  am  Schlüsse  des 
Codex  stehende  Chronik  des  Isidor  müsse  als  'Liber  III'  vor 
dem  Gregor  eingefügt  werden,  eine  Vermuthung,  der  man 
dadurch  Nachdruck  verschafft  hat,  dass  man  den  Hysidorus 
auch  unter  die  von  Fredegar  in  seiner  Vorrede  aufgezählten 
Chroniken  aufnahm.  Unter  diesen  ist  die  Chronica  'cuiusdam 
sapientis'  diejenige,  welche  die  verschiedenartigsten  Deutungen 
gefunden  hat.  Morarasen  und  nach  ihm  Brosien  hielten  den 
Anonymus  für  Hippolyt,  den  Verfasser  des  Liber  Generationis; 
dagegen  aber  spricht  die  Stellung  hinter  dem  Idacius.  Des- 
halb scheint  auch  Monod  diese  Annahme  verworfen  zu  haben, 
der  freilich  mit  seiner  Erklärung,  dass  Fredegar  unter  dem 
'quidam  sapiens'  den  Verfasser ')  der  letzten  nicht  aus  Idacius 
genommenen  Capitel  des  2.  Buches  verstanden  habe,  wenig 
Beifall  linden  dürfte.  Einmal  ist  vor  diesen  Anhängen  in  den 
Hss.  kein  Abschnitt  gemacht,  indem  der  Text  nach  dem  Schlüsse 
der  Chronik  des  Idacius  unmittelbar  mit  diesen  sagenhaften 
Erzählungen  fortfährt.  Dann  aber  ist  die  aus  den  verschieden- 
artigsten Quellen  (Gesta  Theoderici,  Gregor  u.  a.)  zusammen- 
getragene Fortsetzung  keine  selbständige  Chronik.  Hätte  sie 
Fredegar  als  eine  solche  angesehen,  so  würde  er  doch  wohl 
durch  eine  Ueberschrift  oder  dergleichen  seine  Ansicht  zum 
Ausdruck  gebracht  haben.  Wunderbar  ist  es,  dass  man  nicht 
auf  den  Gedanken  gekommen  ist,  den  ^quidam  sapiens'  in  der 
Person  desjenigen  zu  suchen,  der  das  letzte  Buch  oder  vielmehr 
den  ersten  Theil  desselben  bearbeitet  hat.  Folgende  Stelle  bringt 
die  Frage  zur  Entscheidung.  Vor  dem  Register  des  letzten 
Buches  und  hinter  dem  Gregor  stehen  im  Ciarom.  die  Worte 
'Incipit  prologus  cuiusdam  sapientis'.  Diese  Ueberschrift 
steht  an  der  unrechten  Stelle,  offenbar  weil  der  Schreiber  des 
Claromontanus  sich  eine  Umstellung  erlaubte,  indem  er  das 
Register  vor  den  Prolog  Fredegar's  setzte.  Jedenfalls  geht  bei 
der  Historia  Epit.  der  Prolog  dem  Index  voraus,  und  dass 
dieselbe  Reihenfolge  ursprünglich  auch  bei  dem  letzten  Buche 
obgewaltet  habe,  lässt  sich  aus  der  einsam  stehenden  Ueberschrift 
schliessen.  Diese  zeigt  nun,  dass  der  Verfasser  des  Fredegar'schen 
Prologes  der  'quidam  sapiens'  ist;  dem  entsprechend  muss  die 
folgende  Chronik,  wenn  nicht  ganz,  so  doch  theilweise,  ebenfalls 
'cuiusdam  sapientis'  sein.  'Quidam  sapiens'  kann  sich  doch 
wohl  der  erste  Autor  selbst  nicht  genannt  haben;  wir  sehen 
also  auch  hieraus,  dass  noch  ein  späterer  Bearbeiter  für  den 
Fredegar  anzunehmen  ist.  Verstehen  wir  nun  unter  dem  'qui- 
dam sapiens'  einen  Vei-fasser  der  letzten  Chronik,  so  stimmt 
auch  die  Reihenfolge  der  Schriften  in  der  Vorrede :  Hieronymus, 


1)  Vergl.  auch  Lüthgen,  Die  Trojanersage  p.  35. 


482  Die   Chronicae  des  sog.   Fredegar. 

Idacius  und  'quidam  sapiens';  dann  aber  folgt  der  Isidor  und 
der  Gregor.  Dass  diese  beiden  Namen  urspriinglich  nicht  hier 
standen,  zeigen  die  unmittelbar  folgenden  Worte  ^a  mundi 
originem  dilientissime  percurrens  usque  decedentem  regnum 
Gunthramni',  die  weder  auf  Isidor  noch  auf  Gregor  passen, 
dessen  erste  6  Bücher  der  Verfasser  nur  gekannt  hat.  Denken 
wir  uns  dagegen  die  Worte  'seo  Hysidori  immoque  et  Gregorii' 
weg,  so  müsste  sich  der  oben  angedeutete  Endtermin  auf  die 
Chronik  'cuiusdam  sapientis',  also  auf  einen  der  Verfasser  be- 
ziehen, die  wir  unter  dem  Namen  Fredegar  verstehen.  Als 
Gunthram  593  starb,  ging  sein  Reich  nach  dem  Vertrage  von 
Andelot  auf  Childebert  über,  nach  dessen  baldigem  Tode  seine 
Sühne  Teudebert  und  Teuderich  Erben  des  Reiches  wurden, 
und  zwar  sagt  Fredegar  von  Teuderich  c.  16 :  'accipit  regnum 
Gunthramni  in  Burgundia'.  Teuderich  starb  im  Jakre  613, 
nachdem  er  noch  vorher  seinen  Bruder  unterworfen  hatte.  Als 
nun  Brunichilde  den  jungen  Sigybert  auf  den  väterlichen  Thron 
erhob,  und  Chlothar  gegen  diese  Regierung  mit  Heeresmacht 
zu  Felde  zog,  mochte  man  wohl  das  Ende  des  Reiches  Gun- 
thrams  als  nahe  bevorstehend  betrachten.  Der  Sieg  Chlothars, 
der  Tod  Sigyberts  und  der  Brunichilde  führten  den  Sturz  des 
Reiches  herbei;  im  J.  613  war  Chlothar  Alleinherrscher.  Dieser 
Zeitpunkt  ist  offenbar  mit  den  Worten  der  Vorrede  'usque 
decedentem  regnum  Gimthramni'  gemeint,  und  dann  ist  der 
'quidam  sapiens'  der  erste  Bearbeiter  der  Fredegar'schen 
Chronik  vom  Jahre  613.  So  zeigt  auch  der  Prolog  Fredegar's, 
dass  mehrere  Redactionen  der  Chronik  zu  statuieren  sind :  der 
Grundstock  rührt  aus  dem  Jahre  613  von  dem  'quidam  sapiens' 
her,  Spcätere  haben  die  Chroniken  des  Isidor  und  Gregor  hin- 
zugefügt, wenn  auch  an  der  unrechten  Stelle,  und  dem  ent- 
sprechend auch  die  Zahl  in  "bis  quinque  chronicis'  corrigiert. 
Zwischen  Isidor  und  Gregor  ist  der  Unterschied,  dass  Ersterer 
in  der  Form  den  Fredegar'schen  Büchern  nicht  entspricht  und 
auch  am  Ende  der  ganzen  Sammlung  steht,  während  Gregor 
in  dieselben  eingereiht  und  auch  äusserlich  den  übrigen  Büchern 
gleich  gemacht  ist.  Die  Einfügung  dieses  ist  daher  wohl  schon 
von  dem  zweiten  Bearbeiter  vom  Jahre  642  vorgenommen 
worden').  Auf  ihn  nimmt  auch  der  Schluss  des  Prologes 
Bezug,  wo  gesagt  wird:  'de  eodem  incipiens  tempore  scriben- 
dum,  quo  Gregori  fines  gesta  cessavit  et  tacuit,  cum  Chilperici 
vitam  finisse  scripsit'.  Der  Schlusstermin  der  ersten  6  Bücher 
des  Gregor  wird  hier  i'ichtig  angegeben,  und  in  der  That 
beginnt  auch  der  Fredegar  mit  demselben  Jahre.  Aber 
man  sehe  sich  das  erste  Capitel  genau  an!  Zum  Jahre  584 
erzählt  der  Chronist,    dass    Gunthram  sehr  glücklich  regierte, 


1)  Siehe  oben  p.  442. 


Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar.  483 

im  folgenden  Jahre  berichtet  er  ausführlich  über  die  Erbauung 
der  Marcellkirche  bei  Chalon  s.  Säone,  'ubi  ipsi  praeciosus 
(seil.  Gunthramnus)  requiescit  in  corpore',  und  erst  mit  dem 
2.  Capitel  beginnt  die  politische  Geschichte  mit  jenen  kurzen 
Annalen.  Offenbar  ist  das  ganze  erste  Capitel  erst  hinzugesetzt 
worden,  um  den  Anschluss  an  den  Gregor  zu  ermöglichen. 

Erklärt  man  den  'quidam  sapiens'  des  Prologes  nicht  für 
Hippolyt,  so  wird  des  Liber  Generationis  unter  den  benutzten 
Chroniken  keine  Ei'wähnung  gethan.  Monod  glaubte  daher 
den  Liber  Generationis  Fredegar  absprechen  zu  dürfen.  An 
anderer  Stelle  haben  wir  jedoch  nachgewiesen,  dass  dieses 
Buch  in  das  fränkische  Geschichtswerk  gehört.  Wie  ist  aber 
dann  das  Fehlen  im  Prologe  zu  erklären?  Der  Liber  Gene- 
rationis trägt  bekanntlich  keinen  Namen  des  Verfassers.  Wäh- 
rend über  den  anderen  Chroniken  die  Namen  des  Hieronymus, 
Ydacius,  Gregor,  über  der  letzten  wenigstens  die  allgemeine 
Benennung  ^cuiusdam  sapientis'  steht,  beginnt  das  erste  Buch 
ohne  jede  Berücksichtigung  des  Autors  'Liber  Generationis  ab 
Adam'.  Dieser  Umstand  hat  es  dem  Verfasser  des  Prologes 
unmöglich  gemacht,  unter  seinen  Gewährsmännern  auch  den 
des  ersten  Buches  zu  erwähnen :  den  Hippolytus  hat  aber  erst 
Ducange  als  Verfasser  der  Generationen  erkannt. 

Nachdem  Fredegar  noch  hinzugefügt,  dass  er  zu  seinen 
Quellen  auch  Zusätze  gemacht  habe,  fährt  er  folgendermassen 
fort:  'Unter  diesen  Umständen  hielt  ich  es  für  nothwendig,  die 
Wahrheit  fleissiger  zu  verfolgen.  Deshalb  habe  ich  mir  in  den 
früheren  Chroniken,  gewissermassen  für  ein  zukünftiges  Werk 
(quasi  quandam  futuro  opere),  alle  Könige  und  ihre  Zeiten  im 
voraus  notiert;  in  der  vorliegenden  Schrift  aber  habe  ich  jene 
Daten  verwerthet  und  der  einzelnen  Völker  Thaten  in  sorgfältig- 
ster Ordnung  aneinandergefügt'.  Zarncke  bemerkt  hierzu  p.  265: 
'Das  klingt  doch  gerade  so,  als  habe  er  die  früheren  Bücher, 
und  zu  denen  würde  die  Chronik  des  Hieronymus  jedenfalls 
gehören,  erst  später  hinzugefügt'.  Brosien  p.  8  n.  2  widerlegt 
diese  Ansicht,  und  weist  darauf  hin,  dass  'futuro  opere'  nicht 
auf  die  früheren  Chroniken  gehen  kann.  Dies  ist  thatsächlich 
richtig  und  wird  ganz  klar,  wenn  man  hinter  'quandam'  das 
fehlende  'materiam'  einschiebt.  Dass  aber  überhaupt  auf  diese 
Stelle  gar  kein  Gewicht  zu  legen  ist,  beweist  der  Umstand, 
dass  sie  Fredegar  Mieder  dem  Hieronymus  nachschrieb,  der 
sie  aus  Eusebius  übersetzte. 


Eusebi  Praefatio. 
Cum  haec  ita  se  habeant, 
necessarium  duxi,  verita- 
tem  diligentius  persequi, 
et  ob  id  in  priori  libello 
quasi      quandam     materiam 


Fredegar. 
Cum  haec  ita  se  habe- 
bant,  necessarium  duxi, 
viretatem  diligencius  in- 
sequi,  et  ob  id  in  priores 
his  chronicis  quasi  quandam 


484  Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar. 


futuroopere  omnium  mihi 
REGNiS  et  tempora  preno- 
tavi.  In  prae-senti  autem 
stilo  ea  tempora  poneiis  et 
Singular  um  gentium  eurio- 
sissimo  ordine  que  gesserant 
coaptavi. 


futuro  operi  omnium  mihi 
regum  tempora  praeno- 
tavi,  Caldaeorum,  Assyriorum 

• — In  praesenti  autem 

stilo  eadem  tempora  contra 
se  invicem  ponens  et  Singu- 
lar um  gentium  annos  dinu- 
merans,  ut  quid  cuique  coae- 
taneum  fuit,  ita  curioso 
ordine  coaptavi. 

Ausser  dem  weggelassenen  'materiam'  ist  noch  die  Ueber- 
gehung  der  Worte  'annos  dinumerans'  für  Fredegar  charakte- 
ristisch; sie  zeigen,  dass  er  den  Hieronymus  nicht  verstanden 
hat.  Jedenfalls  wird  nach  diesen  Ergebnissen  auch  dem  ande- 
ren Theile  des  Prologes,  dessen  Quellen  wir  nicht  kennen,  die 
gebührende  Vorsicht  entgegenzubringen  sein.  Manche  sehr 
schöne  Stellen,  wie  S'elut  purissimus  fons  largiter  fluenta 
manantes',  'Mundus  iam  senescit'  (Sidon.  ep.  VIII.  'mundus 
iam  senescens')  möchten  wir  eher  jedem  anderen  als  Fredegar 
zutrauen. 

5.    Isidor. 

Im  Claromontanus  folgt  auf  das  letzte  Buch  des  Fredegar 
noch  Isidor's  Chronik  unter  dem  Titel  'IN  NOMINE  SANCTAE 
TRINITATIS  INCIPIT  ÜBER  III.  KP^iNNK63P60>M 
SANCTI  ESIDORI  EPISCOPP  f.  170'— 183'i).  Dui-ch  diese 
Ueberschrift  will  sich  also  diese  Chronik  als  das  dritte  Buch 
Fredegar's  zu  erkennen  geben.  Gehört  der  Isidor  in  der  Tliat 
zu  unserer  Sammlung,  so  müsste  man  annehmen,  dass  ein  Ab- 
schreiber ihn  zwischen  Idacius  und  Gregor  übergangen  und 
schliesslich  am  Ende  nachgetragen  hätte,  was  wenig  Wahrschein- 
lichkeit für  sich  hat.  Viel  einleuchtender  ist  es,  dass  irgend  ein 
Späterer  ihn  durch  den  Zusatz  von  'IIl'  hinter  'Liber'  in  die 
Sammlung  einzuschmuggeln  versucht  hat,  offenbar  durch  die 
verwirrte  Bücherzählung  verführt  2),  Fredegar  bezeichnet  näm- 
lich den  Auszug  aus  Gregor  als  viertes  Buch,  während  erst 
zwei  Bücher  (Liber  Gen.  und  Hieron.  -  Idac.)  vorangegangen 
sind.  Aber  auch  wenn  wir  diese  Chronik  hinter  dem  Idacius 
als  drittes  Buch  einschieben,  wird  die  Confusion  noch  nicht 
aus  der  Welt  geschafft,  da  nach  dem  Gregor  auch  das  letzte 
Buch  als  'Liber  Quartus'  bezeichnet  ist.  Im  Gegentheil  scheint 
diese  letztere  Ueberschrift  der  Einfügung  des  Isidor  zu  wider- 
sprechen. 

'  1)  Sie  schliesst  mit  dem  40.  Jalire  Chlothar's:  'Ab  iiiicio  mundi 
usque  quadragensemo  anno  Clilotliacliarii  regis  anu.',  also  mit  demselben 
Jahre    wie    die  Appendix    der  Clironik    des  Marius.  2)  Aus  demselben 

Grunde  hat  ein  Späterer  in  den  Codices  8  vor  dem  Gregor  die  Schrift 
Hilarian's  eingefügt. 


Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar.  485 

Aeusserlich  macht  der  Isiclor  durchaus  nicht  den  Eindruck 
eines  Fredegar  -  Buches.  Schon  der  Titel  'In  nomine  sanctae 
trinitatis  incipit  über  III.  KQwnnKWQCom'  entspricht  ganz  und 
gar  nicht  denen  der  übrigen  Bücher,  da  die  meisten  derselben 
einfach  mit  'Incipit'  beginnen,  ohne  dass  irgend  ein  heihger 
Name  angerufen  wird,  da  ferner  in  allen  übrigen  Titeln  'cro- 
neca'  als  Femininum  gebraucht  wird,  ein  Usus,  den  auch  andere 
Stellen  der  Chronik  als  Fredegarianisch  erhärten.  Ebenso 
fremd  ist  unserem  Autor  die  Spielerei  mit  griechischen  Buch- 
staben. Ich  bemerke  ferner,  dass  alle  übrigen  Bücher  in 
Capitel  eingetheilt  sind  und  einen  Index  an  der  Spitze  haben, 
während  bei  Isidor's  Chronik  beides  nicht  der  Fall  ist.  Schliess- 
lich ist  diese  Chronik  auch  kein  Excerpt  und  hat  auch  keine 
Zusätze  Fredegar's  i),  nicht  einmal  bei  der  Eroberung  Troja's, 
wo  unser  Compilator  sicherlich  die  Gelegenheit  nicht  versäumt 
haben  würde,  seine  fränkischen  Trojanermärchen  anzubringen. 

Aus  alledem  erkennt  man,  dass  das  am  Schlüsse  des 
Claromontanus  stehende  dritte  Buch  kein  Theil  des  Fredegar, 
sondern  eine  gewöhnliche  Isidor-Hs.  ist,  die  auch  bei  der 
Ausgabe  dieser  Chronik  die  gebührende  Berücksichtigung 
finden  wird. 

Derselbe,  welcher  den  Isidor  als  'Liber  IIB  stempelte,  hat 
sich  übrigens  auch  an  anderen  Stellen  unserer  Compilation 
bemerklich  gemacht.  Zunächst  durfte  natürlich  bei  den  in 
der  Vorrede  Fredegar's  genannten  Autoren  der  Hysidorus  nicht 
fehlen,  dann  aber  erinnert  an  jenen  Interpolator  auch  die 
Unterschrift  des  Bildes  auf  f.  23'  ''KF^^NNKwPVM  •  MVATI- 
FAIKHM  HDIDHPUNK  •  HCTWPIAM'  durch  die  Worte 
selbst,  welche  Isidor  von  Eusebius  und  Hieronymus  gebraucht 
und  durch  die  griechischen  Buchstaben.  Schon  Monod  hat 
mit  Recht  vermuthet,  dass  die  Federzeichnung  diese  beiden 
Heiligen  darstelle.  Was  aber  Eusebius  und  Hieronymus  nach 
dem  Papstkataloge  und  vor  der  kleinen  Chronik  des  Liber 
Generat.,  die  mit  keinem  von  beiden  etwas  zu  thun  hat,  sollen, 
ist  unbegreiflich.  Offenbar  hatte  in  der  Vorlage  des  Claro- 
montanus Jemand  eine  aus  irgend  einem  Grunde  freigelassene 
Seite  benutzt,  eine  Probe  seiner  Geschicklichkeit  im  Malen 
der  Nachwelt  zu  überliefern. 

Gehört  der  Isidor  nicht  zu  unserer  Sammlung,  so  ist 
damit  doch  noch  nicht  ausgeschlossen ,  dass  ihn  Fredegar, 
speciell  der  Autor  vom  J.  642,  bereits  gekannt  und  benutzt 
hat,  und  dass  er  ihn  wohl  auch  schon  selbst  an  dem  Schlüsse 

1)  Zweimal  sind  Randg-lossen  in  den  Text  gerathen.  So  folgt  nach 
den  Worten  'Hoc  tempore  regnum  Graecorum  inchoat'  die  Glosse  'nova 
error  gentium'  und  bei  der  Stelle  über  Cecrops:  'Iste  etiara  bovem  immo- 
lans  primus  in  sacrificio  lovem  adorare  praeeepit'  ist  zwischen  'lovem' 
und  'adorare'  die  Glosse  'gesta  gentium'  eingeschoben. 

Neues  Archiv  etc.    VII.  32 


486  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

des  Codex,  in  welchem  seine  Chroniken  standen,  abgesehrieben 
hat,  aber  als  Isidor  und  nicht  als  'Liber  IIF.  In  der  That 
ist,  wie  schon  oben  bemerkt,  der  Anfang  der  kleinen  Chronik, 
die  Schöpfung,  aus  Isidor  ausgeschrieben  und  zwar  wird  selbst 
der  Fehler  des  Codex  Ciarom.  Isid.  'creaturarum'  für  'creatu- 
ram'  getreu  wiedergegeben.  Alles  folgende  ist  aber  aus  einer 
anderen  Quelle  genommen,  die,  wie  ich  schon  nachwies,  die 
lateinische  Uebersetzung  einer  griechischen  Chronik  war.  Vor 
den  Isidorschen  8chöpfungstagen  steht  das  Bild,  und  es  bleibt 
deshalb  zweifelhaft,  ob  nicht  auch  der  Anfang  der  kleinen 
Chronik  erst  von  dem  Maler  zugesetzt  ist.  Eine  andere  Stelle 
hat  dagegen  mehr  Gewicht.  Greg.  c.  65  sind  die  Worte  über 
den  Einfall  der  Langobarden  in  Italien  zum  Theil  aus  Isidor's 
Chronik  geschöpft.  Diese  Benutzung  des  Isidor  lässt  sich, 
wie  schon  gesagt,  auch  mit  der  Ansicht  vereinigen,  dass  das 
am  Schlüsse  des  Claromontanus  stehende  Chronicon  nicht  das 
3.  Buch  Fredegar's  ist. 


VI.    Die  Sprache. 

In  Betreff  der  Sprache  Fredegar's  ist  zunächst  der  gross- 
artigen Verwechslung  der  Vocale  und  Diphtongen  e,  i,  y,  ae, 
oe  auf  der  einen,  o  und  u  auf  der  anderen  Seite  zu  gedenken. 
Die  Beispiele  dafür,  dass  dem  Schreiber  das  Gefühl  für  die 
Verschiedenheit  der  einzelnen  Laute  dieser  beiden  Gruppen 
völlig  abhanden  gekommen  war,  bietet  jede  Seite  in  Masse. 

i  für  e:  Praef. ')  'Latini  interpretatur',  ^sevirissimi  dictan- 
tes',  c.  1  'plinitudinem',  'citeris'  (so  beinahe  stets,  neben  'chithe- 
ris'  25),  c.  9  'repetiret',  'estabehrit',  c.  11  'profetenti  Symoni', 
'condigni',  c.  15  'ostinsa',  'stilla  comitis'  (für  'stella  cometes'), 
c.  16  'Mittensem',  c,  20  'tradedirant',  'duodicem',  c.  31  'aufer- 
rint',  'evicto  navale',  c.  35  'censirit',  'dispicirit',  c.  37  'repetibat', 
c.  40  'dinuo',  c.  41  'citeri  leiidis  timentis',  c.  42  'expetirent', 
'convinerat',  c.  61  'delictus'  (für  'dilectus')  ; 

e  für  i:  Praef.  'memeni',  fbreviatem',  c.  1  'devino',  'merefice', 
'pluremis',  c.  2  'praecipetatus',  c.  4  'interfecetur',  c.  5  'ordena- 
tur'  (so  stets),  'scintellis',  c.  8  'optematis',  c.  9  'emperatorem' 
(sehr  oft),  'omnes  Perseda',  c.  11  'posetam',  'sanctissema',  c.  15 
'demicavit',  c.  IG  'Aurilianes'  (und  öfter),  c.  18  'caledissima', 
c.  19  'ab  Austrasies',  c.  22  'selencio',  c.  24  'morebus',  'inqueren- 
dum',  c.  25  'a  vero  beatissimo',  'suscepetur',  c.  26  'antestites', 
c.  35  'menorem' ; 


1)  Des  letzten  Buches,    auf  welches  sich  auch,    wenn  nichts  anderes 
bemerkt  ist,  die  Capitelzahlen  beziehen. 


Die   Chronicae   des   sog.    Fredegar.  487 

e  für  y:  'senodura'  (c.  1  und  sehr  häufig); 

e  für  ae  überall; 

ae  für  e:  c.  1  ^aelymosinam',  'praeciosus',  c.  9  'paenitus', 
c.  18  'validae  aebuUivit ,  c.  22  'diae'  (öfter),  c.  33  'subaegit', 
c.  38  'aeruptura',  c.  42  'Eudilanae',  'Theudilanae'; 

ae  für  i:  c.  13  'Aetalia'  (so  beinahe  stets),  c.  22  'adsiduae- 
tate'  (sehr  oft) ; 

i  für  oe  regelmässig  in  'prilium'. 

Durch  diese  Vertauschungen  sind  eine  Menge  Declinations- 
und  Conjugations  -  Formen  einander  gleich  gemacht  worden: 
'optematis'  kann  Singular  und  Plural,  'baptizare'  Activ  und 
Passiv  sein. 

Nicht  minder  gross  ist  die  Verwirrung  bei  den  Vocalen 
0  und  u. 

o  für  u:  Praef.  'seo'  (=  'seu'),  c.  1  'iobente'  (öfter),  c.  11 
'tonica',  c.  20  'docatum'  (und  öfter),  c.  22  'robentem',  c.  27 
'locratus  est  inimicus',  c.  28  'iocundus  in  fabolis',  c.  31  'divino 
noto',  c.  38  'lopus',  'ocolus  vester',  'cobicolarium',  'parvolus', 
'de  iam  dicto  docato  Dentelenoe',  c.  40  'indicolo',  'pericolum', 
c.  42  'repotans'; 

und  besonders  in  den  Endungen:  c.  3  'frater  suos'  (und 
öfter),  c.  5  'globus  igneos',  c.  20  'Theudericos',  c.  24  'genere 
Francos',  c.  29  'Vulfos',  c.  62  'adsiduos';  c.  5  'haec   fraos'. 

Man  vergleiche  auch  den  häufigen  Gebrauch  des  Abi.  Sing, 
der  4.  auf  o. 

u  für  o :  c.  1  'sacerdus',  Herriturium',  c.  9  'imperatur'  neben 
'emperatur'  (oft),  c.  18  'alimuniis',  c.  26  'victur',  c.  27  Henturio', 
c.  42  'tutis  procerebus'; 

besonders  im  Acc.  Plur.  der  2,  Declination :  c.  5  'terminus 
transcenderint',  c.  8  ^omnes  Gothus',  c.  13  'super  Langobardus', 
c.  17  'contra  filius',  c.  20  'pagus  et  civitates'  (öfter),  c.  21  'ipsos- 
que  —  deiectus',  'tributarius  faciunt',  c.  35  'per  legatus',  c.  37 
'Alsatius  firmavit',  c.  38  'habetis  amicus  nisi  paucus'. 

Wie  man  sieht,  fallen  durch  diese  Vertauschung  der  Nom. 
Sing,  und  Acc.  Plur.  der  2.  Declination  zusammen. 

Von  den  Consonanten  wird  am  häufigsten  t  mit  c  ver- 
wechselt, wenn  ein  i  darauf  folgt:  c.  1  'institucionis',  c.  7  'secre- 
cius',  c.  11  'devocione',  c.  19  'peticionem',  c.  24  'palacii',  'pocius', 
c.  26  'tercia',  c.  28  'pacienciae',  'amiciciam',  c.  35  'neguciatori- 
bus',  c.  38  'stulticiam',  c.  48  'negucians',  c.  51  'sigrecius',  c.  54 
'graciam',  c.  61  'nequiciae';  selten  umgekehrt:  c.  27  'sagatitate'. 

Ausserdem  kommen   noch   folgende  Vertauschungen   vor: 

für  b  steht  v:  c.  15  'revellare', 

und  p :  c.  29  'concupiua' ; 

für  c  findet  sich  qu:  c.  37  'quoactus', 

g  vor  11 :  Praef.  'fagundia',  'agumen', 

und  s  nach  s:  c.  18  'pissium',  c.  90  'nessio',  und  vor  a: 
Praef.  'sarius';  32* 


488  Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

statt  doppel  c  steht  sehr  oft  einfaches  in  ^eclesia'  (z.B.c.l); 

für  d  wird  t  geschrieben :  c.  28  'gratum' ; 

doch  häufiger  umgekehrt  d  für  t :  c.  10  'capud',  c.  37  'idem- 
que'  (eonstant) ; 

s  wird  durch  x  ersetzt:  c.  5  ^comcx'  (und  öfter), 

und  X  durch  s:  Praef.  'stremitas'  (für  'extremitas'),  c.  42 
^estincti' ; 

vor  X  wird  übrigens  c  zuweilen  eingeschoben:  c.  7  'con- 
iuncxit',  c.  20  'iuncxerunt';  nach  x  s  ausgelassen:  c.  25  'expec- 
tare',  c,  38  'expoliatus'. 

Die  Aspirata  fehlt:  c.  19  'astarum',  c.  27  'ortabatur',  c.  33 
'eu',  c.  8  'pulcerriraam', 

ist  dagegen  überflüssig :  c.  8  'adhunare',  c.  28  'habundans'. 

Schliesslich  erwähne  ich  noch  die  häufige  Schreibung 
^Spania'  (c.  10)  oder  'Espania'  c.  5  und  die  merkwürdige  Meta- 
thesis  'pras'  c.  13.  20  statt  'pars',  welche  sich  übrigens  auch 
in  den  Fortsetzungen  findet.  Der  romanische  Vorschlag  vor 
st  lässt  sich  auch  bei  Fredegar  nachweisen:  c.  9  'estabelirit', 
c.  38  'estrages',  'estratura'. 

Ueber  die  erste  Declination  ist  nicht  viel  zu  bemerken. 
Die  -ae  Endungen  sind  sehr  häufig  in  -e  abgeschwächt,  wofür 
jede  Seite  eine  Menge  Beispiele  liefert.  Selten  lautet  auch 
der  Nom.  Sing,  auf  -ae  aus  'tantae  estrages  .  .  .  facta  est'. 

Bei  der  zweiten  Declination  beginnen  die  -i  Endungen 
bereits  in  -ae  und  -e  überzugehen.  Besonders  der  Genitiv  Sing. 
der  Eigennamen  ist  sehr  häufig  in  dieser  Weise  gebildet:  'filius 
Chlothariae'  (25) ;  ^exercitus  Chlothariae'  (25  und  so  beinahe 
stets);  ^discessum  Protadiae'  (27);  'mortem  Protadiae'  (29); 
'puero  Warnachariae'  (40) ;  'factionem  Warnachariae'  (42) ;  aber 
auch  'parte  imperiae'  (33);  'plenitudinem  consiliae'  (28);  'terri- 
turiae  Catalauninsis'  (42). 

Seltener  ist  dieser  Barbarismus  im  Nom.  Plur. :  'globae 
igneae'  (19);  'leudis  suae'  (27.01);  'filiae  tres,  qui  ad  prosens 
estincti  fuerant'  (42).  Man  sieht,  Söhne  und  Töchter  sind  bei 
Fredegar  nicht  mehr  zu  unterscheiden. 

Auf  -e  endigt  der  Gen.  Sing,  'stubre  (==  'stupri')  gratiam' 
(24),  und  der  Nom.  plur.  'prudentissime  viri'  (Praef.). 

Die  Verwirrung  wird  noch  dadurch  gesteigert,  dass  die 
Neutra  die  männlichen  Endimgen  erhalten:  4iaec  consilius'  (31); 
'iudicius  Dei  (90) ;  'placetus'  (=  'plaeitum'  35  und  öfter)  und 
auch  als  Masculina  behandelt  werden  'usque  doccdentem  regnum' 
(Praef.).  Ihr  Genitiv  lautet  nicht  selten  auf -um :  'monasterium 
sancti  Marcelli  ...  institueionem  (1);  Anno  25.  regnum  (4); 
'huius  vicissitudine  merctum'  (19);  freilich  auch  der  der  Mascu- 
lina 'nisi  cuiusdam  ortolanum'  (27). 

Die  Form  'termenibus'  aber  ist  auch  bei  Fredegar  ein 
Unicum  (Greg.  c.  43). 


Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar.  489 

Die  dritte  Declination  hat  durcli  die  Vertauschung  der 
Vocale  i  und  e  ganz  besonders  zu  leiden  gehabt.  Die  Formen 
für  Nominativ  Sing,  und  Nominativ  und  Accusativ  Phu\  fallen 
dadurch  oft  zusammen ;  ebenso  Dativ  und  Ablativ  Sing,  Bemer- 
kenswerth  ist  besonders  der  Ablativ  von  'nomen',  der  beinahe 
stets  mit  dem  Nominativ  gleichlautet :  'nomen  Caesara'  (9)  ; 
'noraen  Geniale'  (21);  'nomen  Sigebertus'  (21);  'nomen  Teu- 
dericus'  (6) ;  u.  s.  w.  Bei  den  Adjectiven  auf  'er'  wird  der 
Ablativ  auf  o  gebildet  'ordine  pedestro'  (11);  'a  quidam  homini 
paupero'  (19).  Singulare  Formen  finden  sich:  ein  Nominativ 
'flumenis'  (18),  ein  Abi.  -senece'  (Greg.  c.  80  von  'senex')  und 
ein  Gen.  Flur,  'dux  Campanensim'  (14).  Der  'comes  stabuli' 
ist  in  'comestaboli'  contrahiert  und  wird  nicht  decliniert:  'Leu- 
disclum  comestaboli'  (2);  'Aeborinum  comestaboli'  (30);  'Erpone 
comestaboli'  (42).  Aehnlich  wird  'falange'  für  alle  Casus  ge- 
braucht: 'uterque  falange'  (37);  'falange  .  . .  contra  se  priliabant' 
(38).  Ganz  romanisch  ist  die  Form  'capo'  in  der  Phrase 
'capo  truncare'  (Idac.  c.  60,  Chron.  c.  50j. 

Die  vierte  Declination  endlich  beginnt  mit  der  zweiten 
zusammenzufallen.  So  werden  beinahe  regelmässig  die  Abla- 
tive auf  -o  gebildet,  was  vielleicht  in  der  Verschiebung  der 
Vocale  u  und  o  seinen  Grund  hat:  'cum  exercito'  (2  und  sehr 
oft) ;  'iusso  Gunthramni'  (5  und  öfter) ;  'cum  rugeto'  (5) ;  'rito 
barbaro'  (17  und  öfter);  'in  laco  Duninse'  (18);  'instincto'  (21). 
Doch  findet  sich  auch  der  Genitiv  auf  -i:  'in  honorem  ducati' 
(13);  'maior  domi'  (18.26  und  öfter);  'huius  gradi'  (28). 

In  dem  Bestreben  die  Conjugation  möglichst  zu  verein- 
fachen, bemüht  sich  Fredegar  die  Deponentia  ganz  abzuschaffen, 
indem  er  sie  activisch  conjugiert:  'adgredebat'  (39);  'adgrede- 
rit'  (27) ;  'amplexerat'  (61)  ;  'conabat'  (27) ;  'conarint'  (61)  ;  'cona- 
veranf  (15);  'depopulant'  (20);  'mercaverat'  (35);  'revertit' 
(42  als  Praesens);  'ad  eum  revertam'  (9).  Von  einem  der- 
artigen Verbum  activum  wird  dann  auch  ein  Passivum  gebildet: 
'ortabatur  a  leudibus  suis'  (27). 

Von  'revertor'  kommen  auch  die  deponeutialen  Formen 
'revertur'  (5  =  'revertitur')  und  'fuit  reversus'  (42)  vor. 

Auch  lässt  Fredegar  die  archaistische  Form  'fitur'  wieder 
aufleben,  wenn  er  'fietur'  (33)  und  'fiaetur'  (35)  schreibt. 

Sonst  kommen ,  wenn  man  von  den  ziemlich  häufigen 
Barbarismen  'posso'  statt  'possum'  (Greg.  18),  'potebat'  statt 
'poterat'  (33),  'potuissent'  statt  'possent'  (40),  'vellire'  statt 
'velle',  'volestis'  für  'vultis'  (Greg.  11)  absieht,  nur  vereinzelt 
incorrecte  Conjugationsformen  vor,  die  entweder  durch  Aus- 
lassung des  richtigen  oder  durch  Einschiebung  eines  falschen 
Bindevocals  entstanden  sind:  c.  27  'adriperat' ;  c.  11  'custode- 
bant',   c.  22  'repperunt';   c.  38  'odens';   c.  21  'redegiunt';   c.  37 


490  Die  Chronieae  des   sog.  Fredegar. 

*iniebat'.  Der  Inf.  Activi  erscheint  dreimal  in  den  sehr  ge- 
kürzten Formen  'deverte'  (55),  ^conflige'  (64.  90). 

Schliesslich  darf  nicht  übergangen  werden,  dass  bei  Fredegar 
schon  die  ersten  Ansätze  zu  der  modernen  Conjugationsweise 
mittelst  Hilfszeitwort  und  Particip  oder  Infinitiv  erscheinen: 
^pacem  sectans  fuit'  (=  'sectatus  est'  84) ;  ^pollicetur  esset  im- 
plere'  (d.  i.  'impleret'  =  'se  impleturum  esse'  40). 

Die  Praepositionen  werden  mit  dem  Accusativ  und  Ablativ 
construiert;  vereinzelt  kommen  auch  andere  Casus  vor.  Die- 
jenigen, bei  welchen  die  lateinische  Grammatik  den  Accusativ 
verlangt,  haben  sehr  häufig  den  Ablativ  und  umgekehrt. 

1.  Ablativ  statt  Accusativ:  'ad  Aeraclio  imperatore'  (62); 
<ad  Clothario'  (20  und  öfter);  'ad  Dagoberte'  (61);  'ad  Teu 
derico'  (19  und  öfter);  'ad  eodem'  (62)]  'ad  ipso'  (7);  'ad  parte' 
(37) ;  'ad  perfectione'  (5) ;  'ad  prilio'  (25) ;  'ad  propriis  sedibus' 
(oder  'sedebus'  27  und  sehr  oft).  Dagegen  regiert  'ad'  den 
Accusativ  c.  9 :  'baptismi  gratiara  ad  antedictum  beatum  lohan- 
nem  expetit',  wo  es  für  'ab'  mit  dem  Ablativ  steht.  Diese 
Verwechslung  findet  sich  häufig,  'adversus  eodem'  (61);  'contra 
Chlothario'  (41);  'contra  Theudeberto'  (37);  'contra  —  Teude- 
berto  et  Teuderico'  (17);  'in  Thoringia  diriget'  (40);  'veniens- 
que  in  Campania'  (42);  'in  captivitate  duxeruut'  (37);  'in  fuga 
versus'  (26  und  öfter) ;  'in  insula  quedam  exilio  retrudetur'  (24) ; 
'in  monte  vocat'  (38);  'in  regno  —  ingreditur'  (14);  'in  regno 
Chlothariae  vellet  transferre'  (40) ;  'proiecit  in  terra'  (40).  Der 
Ablativ  neben  dem  Accusativ,  dazu  das  Masculinum  neben 
dem  Femininum :  c.  38  'in  unamquemque  parte  videre  prevalet'. 
'inter  Colerinse  et  Sointense'  (35) ;  'inter  Esara  et  Secona'  (20) ; 
'inter  Segona  et  Legere'  (20  und  öfter) ;  'inter  domno  Gun- 
thramno  et  Childeberto'  (7).  Accusativ  und  Ablativ  stehen 
zusammen :  c.  1 1  'inter  Francos  et  Brittanis',  c.  37  'inter  his 
duos  regis'.  'per  Secona  et  Esera'  (20);  'per  duabus  ebdo- 
madis'  (9  und  öfter) ;  'per  omne  exercito'  (42) ;  'per  pede'  (38) ; 
'per  triduo'  (42) ;  'per  universo  Auster'  (40).  Der  Accusativ 
masc.  neben  dem  Ablativ  eines  Neutrums :  c.  38  'per  territurio 
Mittensem',  'super  Protagio  inruunt'  (27) ;  'n.sque  Colonia'  (38) ; 
'usque  mare  et  limite'  (20);  'usque  media  diae'  (13). 

2.  Accusativ  statt  Ablativ:  'a  Persas'  (23);  'a  Chlotharium; 
a  priorem  Chlotharium'  (42);  'a  Theudericum'  (30);  'a  Theuderi- 
cum  et  Clotharium' ;  'ab  exercitum'  (37) ;  'a  viam  bonetatis' 
(61);  'cum  Saxonis,  Thoringus  vel  ceteras  gentcs'  (38);  'cum 
ßrunichilde  et  filius' (40);  'cum  Dagobcrtum'  (61);  'cum  Sigy- 
bertum  filium'  (61);  'cum  filius  —  Sigybertum,  Childebertum, 
Corbum  et  Meroeum'  (39);  'cum  escaritus  utrumque  decem 
milia'  (37) ;  'cum  exercitum'  (26  und  sehr  oft) ;  'cum  istos'  (9) ; 
'cum  predam'  (37) ;  'cum  sexaginta  milia  Persus'  (9) ;  'cum 
trecentus  tantura  viros'  (25).     Der  Accusativ  steht  neben  dem 


Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar.  491 

Ablativ:  c.  4  ^cum  omnes  tliinsauris',  'de  Aetaliam'  (31);  'de 
Burdias'  (38);  'de  Persas'  (9);  'de  Theudelindem'  (34);  'de 
exilium'  (32);  'de  fontes'  (42);  'de  gentem  nobilem'  (27);  'de 
sui  gradus  honorem'  (26) ;  'de  insidias'  (30) ;  'de  regnum'  (42) ; 
'de  lavacrum'  (9) ;  'de  universas  —  provincias'  (38).  Das 
Adjectivuiii  ist  in  den  Ablativ  gesetzt,  das  Substantivura  da- 
gegen in  den  Accusativ :  c.  42  'de  saneto  lavacrum'.  'in  arcam 
argentiam  invenerunt'  (22);  'in  medium  eclesia  designatum 
locum  illum  sanctum  corjDus  adesset'  (22  für  'in  media  ecclesia 
designato  loco') ;  'in  palacium  —  veneraretur'  (24) ;  'in  suam 
civitatem  ei  revelatur' ;  'in  sompnium'  (22) ;  'in  totam  Spaniam' 
(33);  'pro  iustitiae  amorem'  (61);  'pro  ea,  que  facetis'  (25  für 
'iis  quae');  'pro  hoc  malum  gestum'  (32);  'pro  pacem'  (35). 

3.  Andere  Casus  als  Accusativ  und  Ablativ  stehen  nach 
'a';  nämlich  der  Nominativ:  'ab  uterque  exercitus'  (38);  'a  qui- 
dam  per  pede  ad  petram  percutitur'  (38) ;  derselbe  in  Gesell- 
schaft eines  Dativs  der  dritten  und  eines  barbarischen  Dativs 
oder  Ablativs  der  zweiten  Declination :  c,  19  'a  quidam  homini 
paupero';  zuletzt  der  Genitiv  zusammen  mit  zwei  Accusativen 
c.  38  'a  Francorum  ceterasque  gentes'. 

Schliesslich  abundieren  die  Praepositionen  bei  Ortsbestim- 
mungen: 'aTolbiaco'  (38);  'in  loco  ipsius'  (23);  bei  Zeitangaben: 
'in  diem  festi'  (26  für  'die  feste');  'in  tempore  Francorum'  (33); 
und  sonst:  'raultus  iam  de  Austrasius  secumhabens'  (42  'beau- 
coup  de'  für  'multos  iam  Austrasios'). 

Subject  und  Object  werden  von  Fredegar  nicht  immer  in 
den  Nominativ  resp.  Accusativ  gesetzt. 

Das  Subject  steht  im  Accusativ:  'vitam  illorum  instar 
canis  est'  (9) ;  'Persas  —  baptizantur'  (9). 

Das  Object  wird  ganz  gewöhnlich  in  den  Ablativus  gesetzt: 
'puella  accepit'  (37);  'eodem  amplectens  (42);  'divino  amplec- 
tens  amore'  (8) ;  'Brunechilde  delirent'  (41) ;  'quod  ipso  —  ex- 
cepisset'  (42);  'fisco  implere'  (27);  'Mauricio  emperatore  inter- 
fecit'  (23) ;  'ipsoque  pago  predantes'  (37) ;  'Quo  verbo  — 
probavit  eventus'  (38) ;  'eorumque  exercito  g.  trucidavit'  (17) ; 
'Quintrione  in  fugam  vertit'  (14);  aber  auch  in  den  Genitiv: 
'eiusque    nequiciae    gemerint'   (61);    'Dagoberti    consiliose    in- 

struxei'at'  (61);  'promittentes promissionis  huius  veritatem 

(für   'promissionem    hanc    veritate')    subsistere'    (25)    in    einem 
Acc.  c.  Inf.  Satze. 

Die  Adjectiva  und  Participien  richten  sich  in  Betreff  des 
Casus  und  Genus  nicht  nach  ihrem  Substantiv.  Besonders 
gilt  dies  für  die  Fälle,  wo  die  Beziehung  auf  das  Substantiv 
durch  ein  Relativum  vermittelt  wird:  'que  —  fuerat  firmatum' 

(1);  'quos conlocatis'  (8);  'Teudelendae  — ,  quem  habue- 

rat  disponsata'  (34);  'Acta —  quae  —  factae'  (62);  'Cadavera, 
ubi  inclinis   iacerint'  (38).     Aber  auch  sonst,   wenn   das  Sub- 


492  Die   Chronicae    des   sog.  Fredegar. 

stantiv  aus  dem  vorhergehenden  Satze  zu  ergänzen  ist,  '(Cae- 
sara)  fuisset  baptizatus'  (9),  ja  selbst,  wenn  es  dicht  daneben 
steht:  'tantum  —  —  congressionem'  (26);  'multitudo  —  truci- 
datus'  (26).  Dasselbe  gilt  auch  von  den  Pronomina:  'timor, 
quam'  (61);  'hoc  gradum  —   adsumpsit'  (42). 

Ueber  die  Casus  ist  im  einzelnen  zu  bemerken,  dass  statt 
des  Genitivus  subjectivus  der  Ablativ  steht:  'consilio  Aridio 
episcopo  Lugduninse  perfedum'  (32);  'consilio  Austrasiis'  (35); 
'Warnachario  consilium'  (41);  'exercitus  Clothario'  (20);  'fac- 
tione  Agone  regi  et  Teudelindae'  (34);  'factione  Arnulfo  et 
Pippino  vel  citeris  procerebus'  (40) ;  'filius  Authario  rege'  (34) ; 
*iusso  Brunechilde  et  Sigyberto  filio'  (41);  'legatus  Clothario' 
(31);  Clothario  et  Betterico  legataries'  (31);  'saginam  esset 
corpore  adgravatus'  (28) ;  'cum  solatio  Mummolo  et  Desiderio' 
(2) ;  'verbis  Brunechilde  ava  et  Teudilane  gerraana'  (30) ;  oder 
auch  Genitiv  und  Ablativ  zusammen:  'regnum  Theuderici  et 
filius  suis' ;  selten  der  Accusativ :  'aequum  (=  'equi')  caudam'  (42) ; 
•factione  Warnachariae  maiorem  domus'  (42);  'matrimonium 
Agonem'  (34);  'regnum  Chlotharium'  (38). 

Statt  des  Ablativus  causae  und  instrumenti  steht  der  Accu- 
sativ: 'virile  coitum  non  cognovit'  (30);  'huius  senodi  con- 
iunctionem'  (1);  'factionem  aviae'  (30);  'negligenciam  Bosone' 
(=  'negligentia  Bosonis'  10) ;  'preceptum  patris'  (37) ;  'profluvium 
V.  moritur'  (39) ;  'saginam  esset  c.  adgravatus'  (28) ;  selten  der 
Genitiv:  'infirmitatis  gravatus'  (5). 

Ortsbestimmungen  auf  die  Frage  wo  ?  stehen  im  Accusativ, 
mag  mm  die  Grammatik  den  Locativus:  'Anciociam  suscepit' 
(9) ;  'Coloniam  —  presentat'  (38) ;  'Toletum  adhunare'  (8) ; 
oder  den  Ablativus:  'Conbanem  civitatem  latebram  dedit'  (2); 

oder  'in'  mit  dem  Ablativus  verlangen:  'eclesiam,  quam 

ßuburbanum  Genavinse  construxerat'  (22). 

Weit  häufiger  wird  auf  die  Frage  wohin?  der  Ablativus 
gesetzt:  'Antonaco  ascessisset' (40) ;  'Arelao  villa  venisset' (25) ; 
'Aurilianes  (für  'Aurilianis')  ingreditur'  (25) ;  'Cabylonno  disti- 
natur'(38);  'Colonia  perrexit'  (38);  'Genava  perrexisset'  (22); 
'Tholbeaco  pervenit'  (38);  'Tholbiaco  perrexit'  (38);  'Tollo 
civitate  perrexit'  (38).  Dieser  steht  auch  für  'in'  mit  dem 
Accusativ :  'ripa  Segona  —  dirigunt'  (24) ;  'illis  partibus  pro- 
peravit'  (25). 

Für  den  Ablativus  absolutus  steht  sehr  häufig  der  absolute 
Accusativ:  'civitates  ruptas,  ncmi  pluritas  captivorum  —  duce- 
tur'  (20);  'Nasio  castra  ceptum,  Tollo  civitate  perrexit'  (38); 
'caelebrum  eius  capite  acruptum,  amisit  spiritum' (38);  'missos 
—  discurrenteS;  excrcitum  movere  nitebantur'  (40) ;  'cos  totus 
oppressus,  Brunechilde  delirent' (41);  'substituetur  maior  domi, 
sacramentum  a  Clotharium  acceptum'  (42).  Ja  einmal  sind 
sogar  zwei  solche  Accusative  in  einander  geschachtelt:   'Hanc 


Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar.  493 

convenenciam  a  Theudericum  et  Chlotharium,  legatus  inter- 
currentes,  firmatani,  Theuclericus  movit  exercitum'  (37). 

Ueber  den  Satzbau  ist  noch  hinzuzufügen,  dass  die  Parti- 
cipia  von  Fredegar  über  die  Gebühr  begünstigt  werden.  Falsch 
sind  sie  angewendet:  'Legati  —  imperatore  nunciantes,  statim 
ille  —  misit'  (9);  'loco  nominante  Latofao'  (17);  'huius  gradi 
ascensus'  (28) ;  und  besonders  häufig  wird  das  Participium  Fraes., 
durch  ein  abundierendes  'que'  verstärkt,  geradezu  an  die  Stelle 
des  Verbum  finitum  gesetzt:  'Agusta  videns  eam  pulcerrimam, 
suspicans,  ne  ipsa  esset,  —  —  dicensque  eis'  (=  'dixit'  9); 
'Dirigensque  Theudericus  ultra  Renum  post  tergum  Theude- 
berti  ßertharium  cobicularium'  (=  'direxit'  38). 

An  Unbeholfenheit  im  Ausdruck  hat  vielleicht  Fredegar 
das  geleistet,  was  überhaupt  in  diesem  Genre  zu  leisten  war. 
Wenn  in  dem  'purissiraus  fons,  largiter  fluenta  manantes'  doch 
noch  wenigstens  ein  Körnchen  Poesie  zu  finden  ist,  welches 
uns  den  holprigen  Ausdruck  übersehen  lässt,  so  gehören  die 
'plurum  nominum  hominum',  welche  c.  37  in  die  Gefangenschaft 
geschleppt  werden,  jedenfalls  zu  den  kühnsten  Stilblüthen  der 
lateinischen  Literatur.  Die  einfachsten  Adjectiva  und  Adverbia 
werden  von  unserem  Franken  durch  Abstracta  umschrieben, 
denen  womöglich  zur  Verstärkung  noch  ein  Adjectiv  beigefügt 
wird.  Daher  heisst  'sehr  viel'  bei  Fredegar  'pluritas':  'nemi 
pluritas  captivorum  ab  exercito  —  —  exinde  ducetur'  ('nemi' 
=  'nimia'  20);  'plui'etate  eorum  gladio  trucedant  et  proster- 
nunt'  (37).  'Völlig'  wird  durch  'plenitudo'  ausgedrückt:  'ad 
plinitudinem  de  ipso  laudis  canerent'  (1);  'Persas  ad  pleni- 
tudinem  suprascripto  numerato  baptizantur'  (9) ;  'Hebracharius 
ad  plenitudinem  paupertatis  de  rebus  suis  expoliatus  pervenit' 
(12) ;  'pacienciae  deditus,  plenitudinem  consiliae  habundans' ( 28) ; 
und  'fortwährend'  durch  'integra  adsiduaetate' :  'mirae  virtutes 
ex  ipsa  diae  —  —  integra  adsiduaetate  ostenduntur'  (22); 
'Cum  Brunechildis  nepotem  suum  T.  integra  adsiduetate 
monerit'  (27);  'mirae  virtutes  a  diae  transitus  sui  Dominus 
integra  adsiduaetate  ostendere  dignatur'  (32) ;  'Theudericus  has 
iniurias  deinceps  integra  adsiduetate  consilium  iniebat'  (37). 

Die  vorstehenden  Belege  sind  mit  wenigen  Ausnahmen 
dem  ersten  Theile  des  letzten  Buches  entnommen.  Im  all- 
gemeinen werden  sich  dieselben  Abweichungen  von  der  lateini- 
schen Grammatik  auch  in  dem  Schlüsse  der  Chronik  und  den 
übrigen  Büchern  nachweisen  lassen  —  sind  sie  doch  zum 
grössten  Theil  nicht  individuelle  Eigenthümlichkeiten  Fredegar's, 
sondern  dem  ganzen  Zeitalter  eigen  — ,  doch  glaube  ich  unge- 
fähr von  Cap.  64  ab  einige  Sonderheiten  zu  finden,  die  sich 
in  dem  früheren  Theile  der  Chronik  und  den  anderen  Büchern 
gar  nicht  oder  doch  nur  sehr  vereinzelt  nachweisen  lassen. 

Zunächst  wird  von  Cap.  64  ab  das  Demonstrativ-Pronomen 


494  Die  Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

beinahe  stets  'uius':  ^uius  conveneneiae'  (64);  'uius  peticionebus' 
(74) ;  ^uius  filius'  (82) ;  'uius  viciae'  (82) ;  'uius  volumine'  (84) ; 
<uius  P'are  (87);  'hy' :  'hy  duo'  (64);  'Ply  vero  ducis'  (90); 
'hy  duo  Flaoehadus  et  Willebadus'  (90) ;  und  'hys'  geschrieben : 
^de  hys  et  alies  intencionibus'  (68);  'Hys  gestis'  (79);  ^ab  hys 
qui  pviliare  nohierunt'  (90).  Dann  erscheint  in  diesem  Ab- 
schnitte die  Schreibung  'cumtus':  'cumta,  que  —  perpetrave- 
rant'  (78) ;  'cumtis  erat  precellentior'  (80) ;  'cumta  mihi  ex 
veretate  cogneta'  (81);  'dolore  eiusdem  transitus  cumtis  gene- 
ravit'  (85);  'cuuitus  Nantildis  sigillatem  adtragens'  (89);  'et 
cumtis  docebus'  (89) ;  'cumtis  ducibus'  (89). 

Begründen  diese  rein  orthographischen  Eigenthümlichkeiten 
eine  Verschiedenheit  des  zweiten  Theiles  von  dem  ersten,  so 
möchte  ich  die  Ursache  derselben  in  dem  Wechsel  der  Copisten 
suchen.  Im  Claroraontanus  scheint  freilich  bei  Cap.  64  keine 
andere  Hand  einzusetzen;  man  muss  also  annehmen,  dass  dies 
in  der  Quelle  desselben  der  Fall  war.  Mit  unserer  Beobach- 
tung stimmt  übrigens  vortrefflich  überein,  dass  von  Cap.  67 
ab  die  Regierungsjahre  der  fränkischen  Könige  regelmässig  in 
Worten  ausgedrückt  werden,  während  vorher  —  zuletzt  Cap.  59, 
die  dazwischenliegenden  haben  keine  solche  chronologische 
Angabe  —  stets  Zahlzeichen  dazu  in  Verwendung  kamen. 

Aus  den  ersten  Büchern  des  Fredegar  will  ich  als  Spe- 
cialität  nur  die  ganz  romanische  Form  'co'  für  'quo',  'quod' 
hervorheben:  'co  pacto  cor  habens'  (Idac.  c.  57);  'qui  in  hoc 
prilio,  CO  supra  memini'  (Greg.  c.  9) ;  'nomen  Meroveum,  per 
CO  regis  Francorum  postea  Merohingii  vocantur'. 

Fassen  wir  das  ürtheil  über  die  Sprache  Fredegar's  kurz 
zusammen,  so  ist  ihm  ausser  den  Vocalverschiebungeu,  deren 
Anfänge  sich  bis  in  die  ersten  christlichen  Jahrhunderte  ver- 
folgen lassen,  hauptsächlich  die  Bevorzugung  des  Acc.  und 
Abi.  zum  Nachtheil  der  übrigen  Casus  und  die  Häufung  der 
Pai'ticipien  eigen,  die  sogar  die  Verba  finita  vertreten.  Eine 
völlige  Gleichgültigkeit  gegen  die  Flexionsformen  hat  Fredegar 
keineswegs;  denn,  wenn  er  die  Endungen  ganz  beliebig  an 
die  einzelnen  Worte  vertheilt  hätte,  müssten  sich  auch  Formen, 
wie  'Chlotharibus'  für  'Chlotharius',  'omniorum'  für  'omnis' 
finden.  Dies  ist  keineswegs  der  Fall.  Die  Genera  und  ein- 
zelnen Declinationen  werden  zwar  verwechselt,  die  Numeri 
aber  auseinandergehalten.  Auch  darf  man  aus  den  vorstehen- 
den Belegen  nicht  den  Schluss  ziehen,  dass  Fredegar  stets  so 
schreibt;  im  Gegentheil,  trotz  der  vielen  Barbarismen  ist  die 
correcte  Flexion  auch  bei  ihm  durchaus  nicht  selten  zu  finden. 


Die  Chronicae   des   sog.  Fredegar.  495 

VII.   Die  Fortsetzung-en. 

Die  schwierige  Frage  nach  den  Verfassern  der  Fortsetzun- 
gen, welche  der  Chronik  des  sog.  Fredegarius  in  den  bei  Aveitem 
meisten  Hss.  augehängt  sind,  hat  eine  sehr  verschiedene  Be- 
antwortung gefunden.  Ruinart  und  Breysig  i)  nehmen  vier 
Abschnitte  an,  weichen  jedoch  in  den  Grenzen  derselben 
bedeutend  ab.  Während  nämlich  der  Erstere  c.  96  ex.  und 
c.  109  med.  2)  die  ersten  beiden  Fortsetzungen  endigen  lässt, 
verrückt  Breysig  die  Grenzen  auf  c.  109  med.  und  c.  110  ex. 
Hahn  ^)  dagegen  glaubt  einen  Verfasser  für  alle  Fortsetzungen 
statuieren  zu  müssen.  Die  letztere  Ansicht  hat  nur  bei  Monod  *) 
Billigimg  gefunden,  die  deutschen  Gelehrten  haben  sie  dagegen 
aus  Mangel  an  überzeugenden  Beweisen  einstimmig  verworfen. 
Nach  Feststellung  des  handschriftlichen  Textes  sind  wir  an  eine 
neue  Prüfung  dieser  Frage  gegangen  und  zum  Theil  zu  ab- 
weichenden Ergebnissen  gelangt.  Der  Uebersicht  wegen  neh- 
men wir  das  Resultat  vorweg:  Es  sind  nur  drei  Fortsetzungen 
des  Fredegar  zu  statuieren,  indem  die  zweite  und  dritte  Breysig- 
sche  nur  eine  bilden.  Die  folgende  Tabelle  zeigt  die  Differenz 
zwischen  Ruinart,  Breysig  und  mir. 

Ruinart.  Breysig. 

1.  c.  91  — c.  96  ex.      c.  91— c.  109  med.    1.  c.  91— c.  109  med. 

2.  c.  97  — e.  109  med.    c.  109  med.  — c.  110  ex.  „    .^„   ,     .,_ 

Q    if^o   1    11-7      111    117       2.  c.l09med.  — c.ll7ex. 

3.  c.  109  med. — c.  117  ex.  c.  111  —  e.  117  ex. 

4.  c.  118-c.  137.       c.  118  — c.  137.       3.  c.  118  — c.  137. 

Der  erste  Theil  der  Fortsetzungen  von  c.  91 — 107  ist  be- 
kanntlich ein  Excerpt  aus  den  Gesta  Francorum  (c.  43— 52), 
welches  durch  eine  Anzahl  sachlicher  Zusätze  erweitert  ist. 
In  den  ersten  Capiteln  fügt  der  Epitomator  nur  zweimal  'palatii' 
dem  Titel  des  'maiorum  domus'  bei  und  schiebt  bei  dem  Tode 
des  Chlodoveus  c.  91  ^amens  effectus',  bei  dem  des  Chlothar 
c.  93  ^a  valida  febre  corruptus'  ein.  Wenn  wir  dann  noch 
bemerken,  dass  der  Bearbeiter  den  Ebroinus  ^invitum'  in  das 
Kloster  Luxeuil  gehen  lässt,  so  sind  dies  alle  Zusätze  zu  dem 
Texte  der  Gesta  bis  c.  94.  Von  da  ab  werden  die  Interpola- 
tionen zahlreicher  und  auch  reichhaltiger;  sie  sind,  wie  Breysig 
nachgewiesen  hat,  für  die  Geschichte  dieser  Zeit  höchst  wichtig. 
Auf  diese  Einschiebungen  wollen  wir  hier  nicht  eingehen  und 
nur  auf  die  genannte  Arbeit  Breysig's  verweisen.  Von  Wichtig- 
keit für  die  Glaubwürdigkeit  des  Epitomators  ist  die  Art  und 

1)  De  continuato  Fredegarii  chronico  p.  5.  2)  Es    ist    bei    den 

Fortsetzungen  leider  der  Uebelstand  vorhanden,  dass  man  sogar  nach 
halben  Capiteln  citieren  muss,  da  die  von  dem  Schreiber  des  Urcodex 
der  Hss.  5  ohne  jedes  Verständnis  eingeführte  Capiteleintheiluug  in  den 
Ausgaben  leider  beibehalten  worden  ist  (sie  wird  in  der  neuen  Ausgabe 
jedenfalls    an    den    Rand    gesetzt    werden).  3)    Archiv    XI,    S.  821  ff. 

4)  Revue  critique   1873,  p.  152  sqq. 


496  Die  Chronieae  des  sog.  Fredegar. 

Weise,  wie  er  die  Gesta  excerpiert  hat.  Eine  Menge  Aende- 
rungen  des  Textes  der  Quelle  sind  mir  stilistischer  Natur;  so 
schreibt  er  c.  98  statt  'ob  iniurias  patris'  'ob  subplantationem 
patris',  c,  104  für  'instigante  diabulo'  'consilio  inutile  accepto', 
c.  105  für  'amicitias  feriunt'  'foedus  inierunt',  c.  106  statt  'ibi- 
que  maxiraum  dispendium  .  .  .  perpessus  est'  'non  modicum 
i.  p.  e.  damnum'  und  später  statt  'de  sodalibus  suis'  'de  viris 
strenuis  atque  nobilibus'.  ßemerkenswerther  ist  es,  wie  der 
Epitomator  die  Zeitbestimmungen  der  Gesta  behandelt.  Wo 
die  Gesta  von  derselben  Zeit  sprechen i)  'Sub  idem  fere  tempus', 
'Eo  tempore',  'Eo  nempe  tempore',  'Eo  itidem  tempore',  schreibt 
der  Epitomator  Ausdrücke,  die  auf  einen  späteren  Zeitpunkt 
hinweisen  'Post  haec'  c.  102,  'Insecuto  quoque  tempore'  c.  104, 
'Iterato  quidem  tempore'  und  'succedente  tempore'  c.  106.  An 
den  Stellen  aber,  wo  der  Verfasser  der  Gesta  eine  spätere 
Zeitbestimmung  hat,  weist  die  Fortsetzung  auf  Gleichzeitigkeit 
hin :  'vSuccedente  quippe  temporum  curricola'  liest  man  in  der 
Quelle,  'In  illo  itidem  tempore'  im  Fred.  c.  99,  und  'Sequenti 
tempore'  der  Gesta  verwandelt  der  Epitomator  in  'Itidem  tem- 
pore' c.  106.  Man  erkennt  hieraus  die  völlige  Gleichgültigkeit 
des  Fortsetzers  gegen  chronologische  Angaben  imd  sieht,  wel- 
ches Gewicht  in  dem  folgenden  selbständigen  Theile  der  Fort- 
setzung den  Ausdrücken  'Per  idem  tempus',  'In  illis  quippe 
diebus'  u.  s.  w.  beizulegen  ist.  Auch  sonst  sind  dem  Epitomator 
Misverständnisse  nachzuweisen.  An  einer  Stelle  hat  er  die 
Gesta  so  ausgeschrieben,  dass  Niemand  den  Sinn  seiner  Worte 
errathen  kann:  'Carlus  per  missos  suos  ab  Eudone  duce  idem- 
que  praedicto  Chilperico  rege  recepit'  c.  107  ist  aus  dem  Wort- 
laut der  Gesta  entstanden:  'Carlus  anno  insectito  legationem 
ad  Eudonem  direxit  amicitiasque  cum  eo  fecit:  ille 
vero  Chilpericum  regem  cum  multis  muneribus  reddidif. 
Zu  beachten  ist  auch  hier  wiederum,  dass  der  Compilator  die 
Zeitbestimmung  der  Gesta  vollkommen  ignoriert.  Auf  das 
Excerpt  aus  den  Gesta  Francorum  folgt  mit  'His  ita  evulsis' 
der  selbständige  Theil  der  ersten  Fortsetzung. 

Ueber  die  Abfassungszeit  derselben  hat  uns  der  Verfasser 
selbst  Nachricht  gegeben.  Nachdem  er  seinen  Bericht  über 
die  Thaten  Karls  mit  den  Worten  'Victor  cum  pace  remeavit, 
opitulante  Christo  rege  regum  et  domino  dominorum.  Amen' 
geschlossen ,  berechnet  er  unter  der  Ueberschrift  'Curricula 
annorum  actenus  repperiuntur'  dem  Herkommen  gemäss  die 
Jahre  der  Welt  am  Schlüsse  seiner  Schrift,  um  zu  zeigen, 
Avie  viel  Jahre  noch  zum  Jahrtausend  fehlen.  Die  bezügliche 
Stelle    lautet   folgendermassen :    'Ab   Adam    vel   initio    saeculi 

1)  Beiläufig  bemerke  ich,  dass  freilich  diese  chronologischen  Bestim- 
mungen der  Gesta  wenig  zu  bedeuten  haben,  oft  sogar  den  thatsächlichen 
Verhilltnissen  widersprechen. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  497 

usqiie  diluvio  ann.  2242.  A  diluvio  usque  ad  Abraham  ann. 
942.  Ab  Abraham  usque  ad  Moysen  ann.  505.  A  Moysen 
ad  Salomonen!  ann.  479.  A  Salomone  usque  ad  rcediiicationem 
templi  temporibus  Darii  i'egis  Persarum  ann.  512.  A  restau- 
rationem  templi  usque  ad  adventum  domini  nostri  lesu 
Christi  ann.  548.  Gerte  ab  initio  raundi  usque  ad  passionem 
domini  nostri  lesu  Christi  sunt  anni  5228,  et  a  passione  Domini 
usque  isto  anno  praesente,  qui  est  in  cyclo  Victorii  ann.  177.  Kl. 
lan.  die  dominica  ann.  735.  Et  ut  istum  miliarum  impleatur 
restant  ann.  63'.  Das  177.  Jahr  des  Victorischen  Cyclus,  der 
mit  dem  Jahre  560  seinen  neuen  Umlauf  begonnen  hatte,  ent- 
spricht dem  Jahre  736,  zu  welchem  auch  der  Wochentag  des 
1.  Januar  stimmt,  der  sicher  nur  zur  genaueren  Bestimmung 
des  Jahres  aus  einer  Ostertafel  hinzugefügt  ist.  Es  ist  mithin 
die  Annahme  Breysigs  zurückzuweisen,  dass  gerade  Sonntag 
den  1.  Januar  des  Jahres  736  der  Autor  sein  Werk  geschlossen 
hätte.  Die  beigefügten  Dionysischen  Incarnationsjahre  ver- 
tragen sich  weder  mit  der  Rechnung  nach  Victorischen  Pas- 
sionsjahren, noch  mit  der  Consummation  der  Weltjahre,  deren 
unmittelbar  folgendes  Schlussergebnis,  dass  noch  63  Jahre  zum 
Jahrtausend  fehlen,  durch  Addition  der  5228  Jahre  bis  zur 
Passio  und  der  532  -|-  177  Victorischen  Passionsjahre  erzielt 
wurde.  Die  Worte  'ann.  735'  sind  folglich  ein  späterer  Zusatz 
und  zwar  offenbar  desjenigen,  der  schon  in  dem  vorhergehenden 
Satze:  'A  restaurationem  templi  usque  ad  adventum  domini 
nostri  lesu  Christi  ann.  548'  für  die  Passio  des  Victorius  den 
'Adventus'  des  Dionysius  eingeschwärzt  hat,  ohne  zu  beachten, 
dass  dieser  sowohl  mit  der  Zahl  548  als  auch  mit  der  unmittel- 
bar folgenden  Summe  'Certe  ab  initio  mundi  usque  ad  pas- 
sionem domini  nostri'  im  Widerspruch  steht.  Diese  Klausel, 
Avelche  allen  Forschern  bis  auf  Hahn,  der  sie  als  'eingeschoben' 
betrachtet,  als  Grenze  der  ersten  Fortsetzung  gegolten  hat, 
würde  allein  schon  für  die  Bestätigung  der  Thatsache,  dass 
die  erste  Fortsetzung  736  geschrieben  ist,  genügen.  Es  kommt 
aber  noch  ein  anderer  Beweis  hinzu,  den  uns  der  vorletzte 
Satz  des  Gap,  107  liefert,  welcher  theilweise  noch  aus  den 
Gesten  geflossen  ist.  Ich  stelle  die  beiden  Stellen  zusammen. 
Gesta  Franc.  |  Fredegar. 

Franci  vero  Theudericum  —  Quo  mortuo,  Theoderico  rege 
—  regem  super  se  statuunt,  qui  statuerunt  in  sedem  regni,  qui 
nunc  anno  sexto  in  regno  sub-  nunc  locum  solii  regalis  obtenit, 
sistit.  ann.  vitae  simul  prestolat. 

Die  Worte  der  Gesta  'anno  sexto',  welche  auf  das  Jahr  726 
gehen,  hatten  für  den  späteren  Schreiber  keinen  Sinn  mehr, 
deshalb  liess  er  sie  aus.  Bemerkenswerth  ist  es  aber,  dass  er 
das  'nunc  obtenit'  beibehielt  und,  um  den  Leser  ja  nicht  im 
Zweifel  zu  lassen,  die  Worte  'ann.  vitae  simul  prestolat'  hinzu- 


498  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

fügte.  Die  Ausdrucksweise  ist  zwar  etwas  ungefüge,  doch 
kann  der  Sinn  kaum  ein  anderer  sein,  als  dass  der  König 
noch  Lebensjahre  erwartet,  sein  Tod  also  noch  nicht  eingetreten 
war.  Diese  Stelle  zeigt  zur  Evidenz,  dass  die  erste  Fortsetzung 
noch  bei  Lebzeiten  Theuderichs  IV.  geschrieben  ist;  dieser 
starb  aber  im  Jahre  737.  Wir  sehen  also  auch  hieraus,  dass 
der  Verfasser  im  Jahre  736  sein  Werk  beendigt  hat'). 

Mit  'Itemque  quod  superius  praetermissimus'  fügte  dieser 
Fortsetzer  noch  den  Zug  Karls  gegen  die  Frisen  aus  dem 
Jahre  734  hinzu,  den  er  an  der  gehörigen  Stelle  übergangen  hatte. 

Die  Clause!  am  Schlüsse  von  c.  117:  'Usque  nunc  inluster 
vir  Childebrandus  coraes,  avunculus  predicto  rege  Pippino, 
hanc  Historiam  vel  Gesta  Francorum  diligentissime  scribere 
procuravit.  Abhinc  ab  inlustre  viro  Nibelungo,  filium  ipsius 
Childebrando,  itemque  comite,  succedat  auctoritas'  bezeichnet 
Childebrand  den  Onkel  Pippins  als  denjenigen,  der  dieses  Buch 
hat  anlegen  lassen.  Childebrand  liess  ein  Exemplar  der  Com- 
pilation  des  Fredegar  abschreiben ;  docii  hat  sich  der  Schreiber 
nicht  mit  einer  blossen  Copie  begnügt.  Dem  Liber  Generationis 
mit  seinen  dürren  Tabellen  konnte  er  keinen  Geschmack  abge- 
winnen; er  stellte  dafür  die  Schrift  Hilarian's  'de  cursu  tem- 
porum',  v/elche  er  in  seiner  Vorlage  zwischen  dem  Idacius  und 
Gregorius  gefunden  hatte,  an  den  Anfang.  Auch  die  Trojaner- 
sage im  Hieronymus  ist  von  demselben  Redactor  erweitert 
worden,  indem  er  nach  Cap.  3  ein  Excerpt  aus  Dares  Phrygius 
einschob.  Die  Bearbeitung  ist  sehr  frei,  und  es  lässt  sich 
daher  dieses  Stück  zur  Vergleichung  des  Stiles  mit  dem  der 
Fortsetzungen  heranziehen,  worfiber  unten  zu  handeln  sein 
wird.  Doch  scheint  Childebrand  selbst  dieses  Werk  nicht  in 
die  OefFentlichkeit  gegeben  zu  haben,  wenigstens  ist  uns  keine 
Hs.  überliefert,  die  mit  der  Childebrand'schen  Fortsetzung  ab- 
bricht. Alle  Codices  haben  vielmehr  noch  die  weitere  Fort- 
setzung seines  Sohnes  Nibelung.  Es  existieren  nun  noch  eine 
Reihe  anderer  Hss.,  die  mit  Cap.  110  ex.  schliessen.  Dieser 
Umstand  hauptsächlich  hat  Breysig^)  bestimmt,  die  zweite 
Fortsetzung  zwei  verschiedenen  Verfassern  zuzuthcilen  und 
bei  Cap.  110  ex.  einen  Absatz  zu  machen.  Wie  ich  jedoch 
bereits  oben  nachgewiesen  zu  haben  glaube,  sind  diese  Codices 
decurtati  nicht  die  Quelle  der  vollständigen  Hss.,  sondern  aus 
jenen  abgeleitet.  Ihr  früherer  Schluss  mit  Cap.  110  kann  mit- 
hin nur  einen  äusserlichen  Grund  haben,  der  uns  nicht  berech- 
tigt, für  die  folgenden  Capitel  einen  neuen  Verfasser  anzuneh- 
men. Wenn  aber  in  den  kleineren  Lorscher  Annalen  ebenfalls 
nur   bis  Cap.  110  ex.    die  Fortsetzungen   ausgeschrieben    sind, 

1)  Breysig,  De  continuato  Fredegarii  chronico,  p.  9,  hält  Cöln  für 
die  Heimath  des  ersten  Fortsetzers ;  aber  sein  Grund  ist  nicht  stichhaltig. 
2)  1.  1.  p.  36. 


Die   Chionicae   des   sog.   Fredegar.  499 

SO  beweist  dies  nur,  dass  ein  'Decurtatus'  ihre  Quelle  war,  ist 
aber  für  die  Untersuchung,  ob  mit  Cap.  111  ein  neuer  Fortsetzer 
beginnt,  gleichgültig. 

Auch  die  Sprache,  behauptet  Breysig,  wird  nach  Cap.  110 
eine  andere.  Karl,  der  vorher  ^princeps'  genannt  ist,  wird  von 
Cap.  109  med. — 110  'dux'  genannt.  Dieser  Umstand  würde  in 
der  That  beweisend  sein,  wenn  wirklich  von  Cap.  109  med. — 
110  ex.  Karl  'dux',  von  Cap.  111  ab  er,  resp.  seine  Nachfolger 
Pippin  und  Karlmann  anders  betitelt  Avürden.  Nun  erhält  aber 
schon  von  Cap.  109  ex.  an  Karl  das  Praedicat  'princeps',  wel- 
ches dann  Pippin  und  so  auch  Karlmann  mit  einer  einzigen 
Ausnahme  bis  zum  Schlüsse  von  Cap.  117  constant  beigelegt 
wird.  Aus  der  Bezeichnung  'dux'  resp.  'princeps'  kann  daher 
nicht  ein  Beweis  dafür  hergeleitet  werden,  dass  Cap.  110  ex. 
die  zweite  Fortsetzung  abschliesst.  Was  schliesslich  die  Vor- 
liebe für  die  Superlative  betrifft,  die  Breysig  p.  37  als  Eigen- 
thümlichkeit  des  zweiten  Fortsetzers  geltend  macht,  so  giebt 
er  in  Betreff  der  überschwänglichen  Epitheta  ornantia  selbst 
zu,  dass  sie  nur  bis  Cap.  109  ex.  Karl  beigelegt  werden.  Von 
den  übrigen  Superlativen,  die  er  aufführt,  kommen  wiederum 
sieben  auf  Cap.  109  und  nur  einer  ^paschales  ordo  sacratissi- 
raus'  auf  c.  110,  dafür  finden  wir  aber  auch  von  Cap.  110  ex. 
— 117  ex.  einzelne  Superlative,  wie  beispielsweise  c.  117  'ple- 
nissiraa  solutione'. 

Es  ist  somit  aus  der  Sprache  der  zweiten  Fortsetzung 
nicht  der  Beweis  zu  liefern,  dass  mit  Cap.  110  ex.  ein  neuer 
Schreiber  eingetreten  sei.  Da  ausserdem  auch  die  Hss.  für  diese 
Theilung  der  zweiten  Fortsetzung  keinen  Anhalt  geben,  so  ist 
die  Breysig'sche  Ansicht  zu  verwerfen. 

Damit  soll  indessen  nicht  bestritten  werden,  dass  der  An- 
nahme Breysig's  eine  richtige  Beobachtung  zu  Grunde  liegt,  nur 
die  Combination  mit  dem  Schlüsse  der  'Decurtati'  war  verfehlt. 
Die  Sprache  im  Anfang  der  zweiten  Fortsetzung  ist  verschie- 
den von  der  im  Folgenden ;  die  Grenze  ist  aber  nicht  zwischen 
Cap.  110  und  111,  sondern  an  den  Schluss  von  Cap.  109  zu 
setzen.  Während  in  der  ersten  Fortsetzung  Karl  durchweg 
'princeps'  genannt  wird,  erhält  er  mit  Beginn  der  zweiten 
plötzlich  den  Titel  ^dux'  und  wird  nur  so  genannt  bei  Ruinart'), 
p.  677,  2,  p.  678,  6,  p.  679,  ,«  und  33,  bis  uns  am  Schlüsse  von 
Cap.  109,  p.  680,  20?  wieder  'princeps'  begegnet,  welches  dann 
bis  zu  seinem  Tode  sein  stehendes  Attribut  ist.  Vor  den 
Worten  'praefatus  princeps  Carlus'  lässt  sich  nicht  gut  ein 
Abschnitt  machen,  da  in  eben  diesem  Satze  Karl's  Rückkehr 
von  dem  voi'her  beschriebenen  Feldzuge  gegen  Maurontus  er- 
zählt wird.     Man   müsste    also,   wenn   die  Verschiedenheit   der 

1)  Ich  eitlere  stets  nach  der  Ausgabe  Ruinart's,  benutze  aber  den 
revidierten  Text. 


500  Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

Benennung  Karls  verschiedene  Autorschaft  begründet,  weiter 
zurückgehen  und  schon  p.  680,  ,o,  mit  'Denuo  curriculo'  den 
neuen  Schreiber  einsetzen  lassen.  Doch  wollen  wir  weitersehen. 
In  der  ersten  Fortsetzung  heisst  Karl  stets  'Carlus  princeps', 
nur  an  einer  Stelle  Cap.  109,  p.  675,  jg,  wird  er  'egregius  bel- 
lator  Carlus'  genannt.  Zu  Anfang  der  zweiten  Fortsetzung 
erhält  er  jedoch  stets  ehrende  Beinamen,  wie  Cap.  109,  p.  677,  j, 
'sagacissimus  vir  Carlus',  p.  677,  ,,  'strenuus  vir  Carlus',  p.  678,  g 
'vir  egregius  Carlus  dux',  p.  678,  jg  'vir  belligerator  Carlus', 
p.  678,  27  'Victor  igitur  atque  bellator  insignes  Carlus  intrepi- 
dus',  p.  679,  ,8  'Vir  Carlus  dux  triumphator',  p.  679,  33  'cum 
duce  Victore'.  Am  Schlüsse  von  Cap.  109,  p.  680,  ,5,  wird  er 
einfach  'Carlus',  p.  680,  20  'pi'inceps  Carlus'  genannt  und  so  bis 
zu  seinem  Tode.  Pippin  und  Karlmann  heissen  dann  ebenfalls 
nur  'princeps',  und  nur  an  zwei  Stellen  lesen  wir  Cap.  114, 
p.  684,  fl,  von  'piaecelsi  germani'  und  bei  der  Königswahl 
Cap.  117,  p.  686,  ,4,  vom  'praecelsus  Pippinus'.  Der  Abstand 
zwischen  Cap.  109  med.  (mit  Ausnahme  des  Schlusses)  und 
dem  übrigen  Theile  wird  aus  dieser  Zusammenstellung  klar 
geworden  sein. 

Auch  sonst  sind  dem  Schreiber  des  Anfangs  der  zweiten 
Fortsetzung  die  Superlative  sehr  geläufig.  Man  bemerkt  p.677,  ,2 
'Saxonis  paganissiraos',  p.  677,  ,g  'regione  illa  dirissima  vasta- 
vit',  p.  677,  ,9  'gentemque  illam  sevissimam',  p.  678,  2  'urbem 
munitissimam',  ebenso  p.  678,  23,  p.  678,  ,4  'munitissimam  civi- 
tatem',  p.  679,  4  'urbem  celeberrimam',  p.  679,  34  'urbes  famo- 
sissimas',  p.  680,  ,9  'tutissimis  rupibus'.  Mit  Vorliebe  gebraucht 
er  ferner  den  Ausdruck  'partibus',  der  ganz  besonders  dem 
dritten  Fortsetzer  eigen  ist,  sonst  sich  aber  weder  in  der  ersten 
Fortsetzung  noch  in  dem  übrigen  Theile  der  zweiten  findet. 
Mit  dem  dritten  Fortsetzer  berührt  sich  dieser  auch  in  der 
Wendung  'maiores  natu'  p.  677,  4,  p.  679,  j,,  und  schliess- 
lich in  der  ungrammatischen  Wiederholung  des  Verbums.  Aus 
diesen  Beziehungen  möchte  ich  aber  höchstens  auf  die  gleiche 
Bildung  resp.  Barbarei  der  beiden  Autoren  schliessen. 

Wenn  wir  auch  zugeben,  dass  der  Stil  des  Cap.  109 
(vom  Beginn  der  zweiten  Fortsetzung  an)  ein  anderer')  ist, 
als  der  des  übrigen  Theiles  bis  Cap.  117,  —  mir  scheinen  die 
Belege  genügend  zu  sein  — ,  so  würde  daraus  doch  weiter 
nichts  folgen,  als  dass  Childebrand  aus  irgend  welchen  Gründen 
später  einen  anderen  mit  der  Fortführung  der  'Historia  vel 
Gesta  Francorum'  betraut  hat.  Denn  dass  auch  der  Anfang 
der  zweiten  Fortsetzung  durch  Inspiration  Childebrand's  ent- 
standen ist,  zeigt  die  Ausführlichkeit  des  Krieges  gegen  die 
Araber  und   ganz  besonders  die   folgende  Stelle,   die   ich  aus 


1)  So  auch  Monod  1.  1. 


Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar.  501 

diesem  Berichte  heraushebe:  'Ad  contra  vir  egregius  Carhis 
dux  germanum  suum,  virum  indnstrium,  Childebrando  ducem 
cum  reliquis  ducibus  et  comitibus  illis  partibus  cum  apparato 
hostile  diriget'.  Dies  giebt  auch  Breysig  p.  43  für  diesen 
Theil  zu'). 

Was  nun  Hahn's  Ansicht  anbelangt,  dass  die  erste  und 
zweite  Fortsetzung  —  von  der  di'itten  wird  unten  zu  handeln 
sein  —  denselben  Verfasser  haben,  so  sei  hier  nur  auf  eine 
Eigenthümlichkeit  des  Satzbaues  hingewiesen.  Während  der 
Schreiber  der  zweiten  Fortsetzung  grosse  Vorliebe  für  kurze 
coordinierte  Sätzchen  hat,  häuft  der  Oontinuator  vom  Jahre  736 
die  Ablativi  resp.  Accusativi  absoluti.  Dieser  reiht  nicht 
selten  vier,  einmal  sogar  sechs  Sätze  ohne  jede  Copula  und 
ohne  irgend  einen  Zwischensatz  aneinander,  jener  schachtelt 
stets  absolute  Ablative  in  einander,  und  zwar  an  einer  Stelle 
zwei,  an  einer  anderen  sogar  drei,  ohne  jede  Verbindung. 
Beide  Schreiber  gebrauchen  gewöhnlich  'que',  seltener  'atque' 
als  Copula  da,  wo  sie  eine  Verbindung  für  nothwendig  halten. 
Den  Stil  des  ersten  Fortsetzers  charakterisiert  am  besten  ein 
Satz  aus  c.  108  'Eodone  —  recedente;  quo  comperto,  Carlus 
p.,  commoto  exercito,  Liger  f.  transiens,  ipso  duce  E.  fugato, 
praeda  m.  sublata,  bis  e.  a.  ab  his  hostibus  populata,  iterum 
rcmeatur  ad  propria',  während  der  Stil  des  ersten  Schreibers 
der  zweiten  Fortsetzung  durch  die  folgende  Stelle  aus  c.  109 
(p.  678,  1.  28)  illustriert  wird :  'Carlus  —  fluvium  —  transiit, 
G.  fines  penetravit,  usque  N.  Galliam  peraccessit,  ipsam  urbem 
—  obsedit,  —  munitionem  —  instruxit,  regem  —  reclusit, 
castraque  metatus  est  undique'.  Aus  dieser  Zusammenstellung 
erkennt  man  die  Vorliebe  des  einen  für  die  Subordination,  des 
anderen  für  die  Coordination  der  Sätze,  deren  Verbindung  bei 
beiden  Schreibern  sehr  mangelhaft  ist.  Zu  bemerken  ist  hier- 
bei, dass  die  der  Fortsetzung  vom  Jahre  736  angehängte  Nach- 
schrift weit  mehr  zu  dem  Stile  des  zweiten,  als  zu  dem  des 
ersten  Continuators  hinneigt.  Hier  finden  wir  drei  coordinierte 
und  unverbundene  Sätzchen  neben  einander,  ohne  dass  ein 
Ablativus  absolutus  oder  ein  Particip  eingeschoben  ist,  was 
bei  dem  Fortsetzer  vom  Jahre  736  nicht  vorkommt. 

In  Verbindung  mit  der  oben  gemachten  Bemerkung  steht 
der  Umstand,  dass  beide  Fortsetzer  eine  Abneigung  gegen 
relativische  Nebensätze  haben,  doch  finden  wir  diese  Eigen- 
thümlichkeit bei  dem  Fortsetzer  vom  Jahre  736  in  stärkerem 
Maasse  vertreten,  als  bei  seinem  Nachfolger.  Bei  dem  ersteren 
finde  ich  überhaupt  nur  einen  Relativsatz  'quod  dici  dolor  est' 
c.  108  (p.  676,  1.  4),  der  andere  hat  deren  fünf.  Beide  dagegen 
wenden  bisweilen  die  relativische  Satzverbindung  an. 

1)  Dagegen  scheint  mir  seine  Ansicht,  dass  der  Schreiber  ein  Austrasier 
war,  unhaltbar  zu  sein. 

Neues  Archiv  etc.     VII.  33 


502  Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

Der  Unterschied  zwischen  der  zweiten  und  dritten  Fort- 
setzung in  Bezug  auf  Ausführlichkeit  und  Lebendigkeit  der 
Darstellung  ist  bereits  von  Hahn  hervorgehoben  worden,  der 
ihn  allein  auf  die  Verschiedenheit  der  Quelle  zurückführen 
will.  Dass  auch  der  Stil  mit  Cap.  117  ein  anderer  wird,  hat 
Hahn  nicht  bloss  nicht  bemerkt,  er  sucht  sogar  aus  der  Aehn- 
lichkeit  gewisser  stets  wiederkehrender  Wendungen  den  Beweis 
zu  führen,  dass  die  beiden  Fortsetzungen  von  demselben  Schrei- 
ber verfasst  Avorden  sind. 

In  der  dritten,  wie  in  der  zweiten  Fortsetzung,  bildet  Pippin 
den  Mittelpunkt;  Ereignisse,  die  auf  seine  Familie  ein  übles 
Lieht  werfen  könnten,  werden  unterdrückt.  Dieser  Umstand 
kann  aber  unmöglich  dafür  geltend  gemacht  werden'),  dass 
dieselbe  Person  diese  beiden  Theile  niedergeschrieben  habe, 
da  auch  der  Neffe  des  Königs  ebenso  gut  wie  der  Onkel  dafür 
gesorgt  haben  wird,  dass  die  Nachwelt  nur  dasjenige  erfahre, 
was  der  Königsfamilie  angenehm  war  2).  Ebensowenig  kommt 
in  Betracht,  dass  in  beiden  Theilen  die  kirchlichen  Angelegen- 
heiten unberücksichtigt  bleiben,  da  der  Schreiber  ja  immer  an 
seinen  Auftraggeber  gebunden  war,  und  es  nicht  einzusehen 
ist,  warum  Nibelung  ein  grösseres  Literesse  an  der  Entwicke- 
lung  der  fränkischen  Kirche  genommen  haben  soll,  als  sein  Vater. 

Die  Uebereinstimmungen  des  Stils  in  den  beiden  Theilen, 
welche  Hahn  p,  824  sqq.  zusammengestellt  hat,  sind  zum  Theil 
solche,  welche  sich  auch  in  anderen  gleichzeitigen  Quellen,  wie 
den  Gesta  Francorum,  oder  älteren,  wie  Fredegar,  wiederfinden, 
zum  grössten  Theile  sind  es  aber  nur  Aehnlichkeiten  des  Aus- 
drucks, die  man  unmöglich  als  BeM'eise  gelten  lassen  kann 
bei  Schriften,  die  in  so  barbarischen  Zeiten  entstanden  sind, 
wie  die  vorliegende.  Dazu  ist  in  beiden  Theilen  beinahe  nur 
von  Kriegen  die  Rede,  die  sich  alljährlich  in  derselben  Weise 
wiederholten,  was  Wunder,  wenn  wenig  gewandte  Schriftsteller 
stets  nach  demselben  Schema  die  Facten  berichteten.  Es  gilt 
hier  das  Wort  Albert's  von  Stade: 

Vocibus  instare  nos  semper  oportet  eisdem: 
Stei'nuntur,  sternunt,  millia  multa  cadunt. 

Dass  trotz  der  gleichen  Bedingungen,  unter  welchen  die 
beiden  Fortsetzungen  geschrieben  sind,  ihr  Stil  verschieden 
ist,  wird  im  Folgenden  näher  zu  begründen  sein.  Zur  Ver- 
gleichung  wird  auch  hier  und  da  die  erste  Fortsetzung  mit 
herangezogen  werden. 

Zunächst  einige  Lieblingsausdrücke  des  dritten  Fortsetzers. 
Während  das  Lager  von  ihm  richtig  durch  ^castra'  ^)  bezeichnet 

1)  Siehe  Hahn,  Archiv  XI,  p.  822.  2)  Eine  Ausnahme  macht  die 

Nachricht  über  die  Ermordung  Waifars  durch  Pippin  'ut  adserunt'. 
3)  'castra  metatus  est'  c.  120  (p.  689,  39,  690,  23)  und  öfter;  'castra  diri- 
puit'  c.  120  (p.  690,  2,). 


Die   Chronicae  des   sog.  Fredegar.  503 

ist,  nennt  er  die  Festung  'castrus'  c.  126  (p.  096,  5)  'ipse  castrus 
—  captus  atque  succensus  est'.  Doch  kommt  dieses  Wort  nur 
an  der  eben  citierten  Stelle  im  Nominativ  vor,  an  den  übrigen 
müsste  nach  den  Regeln  der  Grammatik  der  Accusativ  stehen, 
der  Verfasser  setzt  aber  stets  den  Ablativ  in  der  Form  'castro' : 
c.  125  (p.  695,  g)  'Claremonte  castro  —  cepit'  und  ähnlich 
c.  129  (p.  697,  45);  c.  129  (p.  697,  3^)  'castro  reparare  iussit'; 
p.  687, 41  'ipso  Castro  Remistanio  —  concessit'.  Besonders 
häufig  findet  sich  'ad  castro'  c.  118  (p.687,  24)?  c.  125  (p.694, 43), 
c.  126  (p.  696,  3)  u.  s.  w.  ^ 

In  der  zweiten  Fortsetzung  liest  man  nur  einmal  'castrum' 
und  zwar  dem  Sprachgebrauche  angemessen  c.  121  (p.  683,  1) 
'Lucca  castrum  diruunt',  dagegen  schreibt  der  erste  Fortsetzer 
einmal  c.  109  (p.  679,  30)  'castro  Blavia  veniens'. 

Die  freiwillige  Unterwerfung  feindlicher  Völker,  sobald  sie 
sahen,  dass  der  König  ihr  Gebiet  mit  Heeresmacht  betrat  und 
Ernst  machte,  bildet  in  der  Chronik  nicht  selten  den  Abschluss 
der  Kriegszüge.  Es  ist  nun  interessant,  die  Ausdrücke,  welche 
in  den  Fortsetzungen  hierfür  gebraucht  werden,  zu  vergleichen. 
Gehen  wir  von  der  dritten  aus.  Als  Aistulf  sah:  'quod  nulla- 
tenus  se  evadare  potuisset',  bittet  er  um  Frieden  'dictiones 
superdicto  rege  Pippino  faciens'  c.  120  (p.  690,  35).  Waiofarius 
bittet  um  Rückgabe  seiner  von  Pippin  eingenommenen  Städte 
mit  dem  Versprechen  c.  130  (p.  699,  19)  'et  postea  ipse  Waio- 
forius  dictiones  sue  faceret'.  Die  Aquitanier  sehen  sich,  als 
Pippin  verwüstend  in  ihr  Land  rückt,  gezwungen,  sich  ihm  zu 
unterwerfen  'dictionis  sue  faciunt'  c.  131  (p.  699,  42).  Remi- 
stanius,  der  Pippin  Treue  gelobt,  stellt  sich  wiederum  auf  die 
Seite  Waiofars  'dictionis  sue  faciens'  c.  133  (p.  700,  27)«  Partei- 
gänger Waiofars  treten  zu  Pippin  über  'dictionis  sue  facientes' 
c.  134  (p.  701,  4s),  und  nach  der  Unterwerfung  ihres  Landes 
kommen  die  Aquitanier  zum  König  'dictiones  sue,  sicut  anti- 
quitus  fuerat,  faciunt'.  Aus  diesen  Stellen  sehen  wir,  dass  der 
stehende  Ausdruck  für  den  Act  der  Selbstunterwerfung  in  der 
dritten  Fortsetzung  'dictionis  sue  facere'  ist. 

Betrachten  wir  nun  die  zweite  Fortsetzung.  Die  Alaman- 
nen  sehen  sich  besiegt,  geben  Geiseln  und  bitten  um  Frieden 
'eorum  se  dicione  submittunt'  c.  111  (p.  683,  ,5).  Die  Sachsen 
bitten,  nachdem  ihr  Land  verwüstet,  um  Frieden  'iure  Fran- 
corum  sese,  ut  antiquitus  mos  fuerat,  subdiderunt'  c.  117 
(p.  684,  43),  und  p.  686,  3  schicken  die  Baiern  nach  einem  neuen 
Aufstande  wieder  Geiseln  'in  eins  dicione  se  subdant'.  In  der 
zweiten  Fortsetzung  sind  folglich  die  Phrasen  'dicione  (resp. 
'iure')  se  subdere'  (resp.  'submittere')  gebraucht;  der  obenbe- 
zeichnete Ausdruck  der  dritten  Fortsetzung  kommt  aber  über- 
haupt weder  in  der  zweiten,  noch  in  der  ersten  vor.  Wunder- 
bar wäre  es,  wenn  derjenige,  welcher  in  der  dritten  Fortsetzung 

33* 


504  Die   Chronicae   des   sog.   Fredegai*. 

stets  'dictiones  sue  faciens'  schrieb,  in  der  zweiten  andere 
Ausdrücke  für  diesen  Begrifif  gehabt  hätte. 

Ein  sehr  beliebter  Ausdruck  der  dritten  Fortsetzung  ist 
ferner  'partibus'  nicht  allein  vor  Länder-  und  Städtenamen, 
sondern  auch  vor  Personen,  so  dass  es  oft  das  blosse  'in'  oder 
'ad'  zu  ersetzen  scheint.  In  dem  Umfange,  wie  hier,  dürfte 
diese  Bezeichnvmg  kaum  irgendwo  anders  angewendet  sein; 
ich  zähle  13  'partibus'  in  der  dritten  Fortsetzung:  c.  118 
(p.687, 26)  ^veniens  —  ad  praefato  rege  ex  partibus  Burgundie'; 
c.  119  (p.(388,  -i)  'partibus  Langobardie  peteret';  c,  120  (p.689, 3,) 
'partibus  Langobardie  —  pergentes';  c.  121  (p.  691,  2:)  'parti- 
bus Aetalie  iutrare  non  sinirenf;  c.  121  (p.  691,  39)  'partibus 
Italiae  —  accesit';  c.  124  (p.  693,  32)  'partibus  Aquitanie  — 
accessit';  c.  119  (p.  688,  ,4)  'partibus  Rome  —  ad  eins  prope- 
raret  adv.';  c,  120  (p.  691,  2)  'partibus  Rome  —  direxit'.  Sogar 
c.  120  (p.  690,  25)  'partibus  Italic  maxime  igne  concremavit'. 
Bei  Personen  finde  ich  es:  c.  120  (p.  690,4,)  'partibus  prae- 
dicto  rege  donat';  c.  121  (p.  692,  ig)  'partibus  rege  Pippino 
dedit' ;  c.  130  (p.  699,  23)  'partibus  praedicto  rege  Pippino  sol- 
vere  deberet';  c.  134  (p.  701,  43)  'fideles  partibus  regis  hac  filiis 
suis  —  esse  debeat'. 

Da  dieser  Ausdruck  auch  sonst  in  dieser  Zeit  üblich  ist, 
so  ist  es  nicht  zu  verwundern,  wenn  wir  ihn  auch  in  der 
zweiten  Fortsetzung  (doch  nur  in  Cap,  109.  110)  vereinzelt  an- 
treffen. Die  eine  Stelle  'ut  a  partibus  imperatoris  recederet' 
c.  110  (p.  680,  33)  dürfte  überdies  kaum  hierher  zu  rechnen 
sein,  da  sie  grammatisch  richtig  ist.  Dagegen  verdienen  die 
drei  anderen  Fälle  hervorgehoben  zu  werden:  c.  109  (p.678,  g) 
'ilHs  partibus  —  diriget',  c.  109  (p.  677,  2)  'partibus  Burgundie 
dirigit'  und  ähnlich  c.  109  (p.  680,  13)  'partibus  Provintie  diri- 
get'. Hiermit  sind  aber  auch  die  Beispiele  erschöpft.  Sonst 
finden  wir  in  der  zweiten  Fortsetzung  bei  Einfällen  in  ein 
feindliches  Land  c.  110  (p.  681,  24)  'Burgundia  dirigunt',  c.  113 
(p.683,  40)  'confinium  Saxonorum  —  inrupit',  c.  115  (p.  684,  19) 
'in  eorum  patria  peraccessit'  und  ähnlich  c.  117  (p.  685;  ,2) 
'eorum  patrias  peraccessit',  und  andere  Ausdrücke. 

Sehr  oft  wird  in  der  dritten  Fortsetzung  auf  frühere  Ereig- 
nisse hingewiesen,  die  mit  den  Vorfällen,  welche  gerade  erzählt 
werden,  in  Verbindung  stehen,  was  auch  schon  Hahn  bemerkt 
hat  (p.  816).  Hier  hat  der  Verfasser  ein  Stichwort,  welches 
er  immer  und  immer  wiederholt,  um  den  Begriff  der  Vergan- 
genheit auszudrücken:  es  ist  'dudum'.  So  lesen  wir  c.  118 
(p.  687,  4)  von  den  Sachsen  'fidem,  quod  praefato  rege  dudum 
promiserant'  mit  Beziehung  auf  ihre  Unterwerfung  im  Jahre 
747.  'Dudum'  bezeichnet  also  hier  einen  Abstand  von  circa 
5  Jahren.  In  demselben  Cap.  (p.  687,  29)  wird  von  Gripho 
gesagt  'quod    dudum    in  Wasconia    —    confugium   fuerat',    ein 


Die    Clironicae   des   sog.   Fredegar.  5C5 

Ereignis,  welches  ungefähr  3  Jahre  vorher  eingetreten  war. 
Aistulph  will  c.  121  (p.  692,  5)  Genugthuung  geben  den  Eiden 
gemäss,  welche  er  im  vorhergehenden  Jahre  geleistet  hatte,  'quod 
contra  praefato  rege  dudum  dederat'.  Cap.  124  (693,  22)  soll 
Waiofar  Busse  leisten  für  die  erschlagenen  Gothen,  'quod  dudum 
Waifarius  contra  legis  ordine  occiserat'.  Von  dem  Grafen 
Blandinus  Avird  c.  125  (p.  694,  jg)  erzählt,  dass  er  'dudum  ante 
anno  superiore  ad  praedicto  rege  —  missus  fuerat',  vnid  c.  134 
(p.  701,  19)  kehren  die  Gesandten,  welche  Pippin  'dudum  ad 
Amormuni  regi  Saracinorum'  geschickt  hatte,  'post  tres  annos' 
zurück.  Diese  Beispiele  zeigen,  dass  die  Bedeutung  'dudum', 
welches  in  der  classischen  Sprache  auf  eine  Vergangenheit  von 
wenigen  Tagen  geht,  hier  auf  ebenso  viele  Jahre  ausgedehnt 
wird,  und  dass  dieses  Wort  dem  Verfasser  der  dritten  Fort- 
setzung eigenthümlich  ist. 

In  der  ersten  Fortsetzung  findet  sich  keine  derartige  Zu- 
rückbeziehung, in  der  zweiten  habe  ich  nur  eine  Stelle  gefun- 
den, die  den  oben  genannten  an  die  Seite  gestellt  werden 
kann.  Cap.  117  (p.  684,  23)  brechen  die  Sachsen  'more  con- 
sueto'  die  Treue,  welche  sie  Karlmann  gelobt  hatten.  Während 
nun  der  dritte  Fortsetzer  in  dem  ganz  ähnlichen  Falle  c.  118 
sagt:  'fidem,  quod  praefato  rege  dudum  promiserant',  wird  hier 
diese  Thatsache  ausgedrückt:  'fidem  quam  germano  suo  pro- 
miserant', also  ohne  jede  Hinweisung  auf  die  Länge  der  Zeit. 
Wenn  der  dritte  Fortsetzer  diese  Partie  geschrieben  hätte, 
würde  er  sicher  sein  'dudum'  nicht  unbenutzt  gelassen  haben, 
da  auch  in  diesem  Falle  ein  mehrjähriger  Zeitraum  seit  der 
vorhergehenden  Unterwerfung  verstrichen  war.  Ich  bemerke 
schliesslicl),  dass  'dudum'  in  der  ersten  und  zweiten  Fortsetzung 
überhaupt  nicht  vorkommt. 

Im  allgemeinen  macht  die  Sprache  des  dritten  Fortsetzers 
den  Eindruck,  als  wenn  derselbe  gar  keine  oder  doch  nur  eine 
sehr  geringe  grammatische  Bildung  erhalten  habe,  selbst  auf 
denjenigen,  welcher  berücksichtigt,  dass  der  barbarische  Stil 
der  merowingischen  Sprache  dem  Schreiber  als  Muster  gedient 
hat.  In  dieser  Beziehung  steht  die  dritte  Fortsetzung  den 
früheren  noch  bedeutend  nach.  Wir  sehen  hier  von  Verwechs- 
lungen der  Casus,  incorrecten  Verbalformen,  Accusat.  absol., 
Sätzen,  die  nur  aus  Participien  bestehen  ohne  irgend  welches 
Verbum  finitum,  ab,  da  sie  allen  Fortsetzungen  eigen  sind  und 
der  Zeit  angehören.  Hervorheben  will  ich  nur  die  zahlreichen 
Wiederholungen  des  Objects,  der  Adverbien,  des  Verbums  in 
anderen  gleichbedeutenden  oder  sogar  denselben  Formen.  So 
finden  wir  doppeltes  Object:  c.  121  (p.  691,  17)  'Hec  Pippinus 
rex  cum  per  internuncios  hoc  audisset',  c.  124  (p.  693,  27) 
Haec  omnia  Waifarius  —  hoc  totum  facere  contempsit',  c.  134 
(p.  701,  35)  'Que  statin!  rex  Uniberto  et  Gislario  comite  Beto- 


506  Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar. 

ricas  civitate  ipso  Remistagniim  in  patibulo  eum  suspendi 
iussit'.  Doppelte  Adverbialbestimmungen:  c.  121  (p.  692,  22) 
*ut  amplius  numquam  —  contumax  esse  non  debeat',  c.  123 
(p.  693,  5)  'amicitias  et  fidem  —  vicinsim  inter  se  promittunt', 
(p.  693,  ,)  'quas  inter  se  mutuo  promisserant',  c.  134  (p.  701,  43) 
*ut  seraper  fideles  partibus  regis  —  omni  tempore  esse  debeant', 
c.  135  (p.  702,  ,5)  'iterura  ad  Sellus  castra  cum  paucis  ad  per- 
sequendum  Waiofarium  eo  anno  iterum  perrexit'.  Aehnlich 
auch  'invitus  coactatus'  c.  124  (p.  693,  30),  'contra  quem  Adha- 
lardus  comis  —  et  Australdus  —  contra  eum  venientes'  c.  128 
(p.  697,  7).  Sehr  anschaulich  wird  aber  die  Verwüstung  Aqui- 
taniens  geschildert  c.  130  (p.  698,  30)  'usque  Hisandonera 
veniens,  unde  maxima  parte  Aquitaniae  plurimum  vinearum 
erat,  coepit  ac  vastavit,  unde  pene  omni  Aquitania,  tam  eccle- 
sias  quam  monasteria,  divites  et  pauperes  vina  habere  con- 
sueverat,  omnia  vastavit  et  coepit'.  Die  beiden  Verba  sind 
also  in  diesem  Satze  nicht  weniger  als  zweimal  zu  lesen,  wäh- 
rend das  Object  sich  sogar  dreimal  findet,  und  zwar  in  der 
Klimax:  'maxima  parte  Aquitaniae',  'pene  omni  Aquitania', 
'omnia'. 

So  schlecht  sind  nun  die  Sätze  in  den  beiden  ersten  Fort- 
setzungen doch  nicht  gebaut,  obwohl  auch  hier  einigemal  Ver- 
bum  und  Object  doppelt  vorhanden  sind.  So  heisst  es  im  c.  102 
von  Drocus,  dem  Sohne  Pippin's,  'et  sepultus  est  in  basilica 
beati  Aniulfi  confessoris  Mettis  urbe  sepultus  est',  von  Karl 
c.  109  (p.  679,  ,9)  'Contra  quos  praefatus  vir  Carlus  dux  trium- 
phator  occurrit,  super  fluvium  Byrra  et  valle  Corbaria  palatio 
occurrit'.  Einmal  "c,  117  (p.  685,  g)  ist  auch  derselbe  Gedanke 
zweimal  ausgedrückt  'iterum  eorum  fide  fefellunt  et  contra 
praefato  principe  eorum  fide  mentiti  sunt',  doch  wird  hier  der 
Pleonasmus  dadurch  gemildert,  dass  im  zweiten  Satze  die  im 
ersten  fehlende  Bestimmung  'contra  praefato  principe'  hinzu- 
gefügt ist.  Constructionen  wie  'hec  —  hoc  audisset'  lassen 
sich  in  den  ersten  beiden  Fortsetzungen  nicht  nachweisen. 

Bei  dem  Verfasser  der  dritten  Fortsetzung  zeigt  sich  im 
Gegensatz  zu  den  vorhergehenden  Partien  eine  ganz  besondere 
Vorliebe  für  Relativsätze.  Ungefähr  funfzigmal  finden  wir  in 
seiner  Schrift  das  Relativpronomen,  darunter,  was  das  merk- 
würdigste ist,  circa  25  'quod'.  Hiervon  ist  22mal  das  'quod' 
grammatisch  falsch  angewendet.  Dagegen  lassen  sich  die  Casus 
obliqui  'cui'  und  'cuius'  nur  je  einmal  nachweisen.  Was  mm 
jenes  'quod'  anbetrifl't,  so  steht  es  für 

'qui':  c.  118  (p.  687,  js)  'Gripho,  quod  —  confugium  fece- 
rat';  c.  121  (p.  692,  ,4)  'thesaurum,  quod  in  Ticino  erat';  c.  124 
(p.  693,  24)  'homines  suos,  quod  —  confugium  fecerant'; 

'quem':  c.  120  (p.  690,  ,3)  'cxercitum  suum,  quod  —  ad- 
duxerat' ; 


Die  Chronicae   des   sog.   Fredegar.  507 

'quam':  c.  118  (p.  687,  3)  'fidem,  quod  —  promiserant' ; 
ähnlich  c.  121  (p.  691,  ,0)  'fidem  suam,  quod  promiserat'  und 
ebenso  c.  133  (p.  700,  25) ;  c.  134  (p.  702;  4)  'legationem  Sarra- 
cenorum,  quod  —  miserat'; 

'quos':  c.  124  (p,  693;  21)  'Gotos  —  quod  —  Waifarius  — 
occiserat' ;  c.  125  (p.  695,  4)  'homines  Waiofario,  quod  —  invenit' ; 
c.  127  (p.  696,  4,)  'oranes  equites  (=  'equos'),  quod  —  adduxe- 
rant' ; 

'quas':  c.  127  (p.  696,  25)  ^custodias,  quod  —  miserat'; 
c.  130  (p.  699,  ,7)  'reliquas  civitatis  —  quod  abstulerat'. 

Für  den  Nominativ  Pluralis  'quae'  wird  ebenfalls  einmal 
'quod'  gesetzt:  c.  131  (p.  699,  29)  'vel  plurimum  nationes,  quod 

—  commorabantur'. 

Neben  diesen  incorrecten  'quod'  bedient  sich  der  Verfasser 
auch  der  regelmässigen  Formen,  am  häufigsten  des  'qui'  (11  mal) 
c.  119  (p.  688,  2.)  'Carlo  —  qui  —  deberet';  c.  125  (p.  694,  j,) 
'Bladino  —  qui  —  missus  fuerat' ;  c.  126  (p.  696,  3)  'ad  castro, 
qui  vocatur' ;  c.  132  (p.  700,  5)  'ad  castro,  qui  vocatur  Gordinis' ; 
c.  128  (p.697,  34)  'multi  qui';  (p.697,  21)  ^plures  qui';  (p. 697,  23) 
'reliqui  qui';  c.  130  (p.  698,  3,)  'Wasconorum,  qui  —  commo- 
rantur';  c.  134  (p.  701,  27)  'myssos  suos  —  qui  —  reciperent'; 
0. 134  (p.  701, 30)  'comites,  qui  —  missi  fuerant';  c.  134  (p.  702, 9) 
^Sarracinos,  qui  —  missi  fuerant' ; 

welches  auch  viermal  fälschlich  das  Fem.  plur.  'quae'  ver- 
tritt: c.  120  (p.  689,  29)  'cum  Stephane  papa  vel  reliquas  natio- 
nes, qui  —  commorabantur  ;  c.  120  (p.  689,  37)  'usque  ad  clusas, 
qui  cognominatui"' ;    c.  124  (p.  693,  ,5)  'res   ecclesiarum  —  qui 

—  sitas  erant';  c.  134  (p.  701,  51)  'per  silvis  qui  vocatur'. 

Auch  'quos'  steht  5 mal  an  der  rechten  Stelle:  c.  121 
(p.  691, 35)  'Langobardos  —  quos  —  i'epperiunt' ;  c.  126  (p.  695, 37) 
'homines  illos,  quos  —  dimiserat;  (p.  695,  42)  'Wascones,  quos 

—  invenit'  und  ebenso  p.  696,  - ;  c.  129  (p.  698,  5)  'omnes 
muros  —  quos  —  reparare  iussit' ;  c.  134  (p.  701,  jg)  'myssos 
suos,  quos  —  misserat' ;  zweimal  dagegen  wäre  'quas'  am 
Platze  gewesen:  c.  121  (p.  691,  10)  'domos,  quos  —  repperit' ; 
c.  124  (p.  694,  ,)  'iustitias,  quos  —  mandaverat'. 

'quem'  wird  dreimal  richtig  angewendet:  c.  128  (p.697,  ,) 
'Chilpingus  —  contra  quem  —  venientes';  c.  130  (p.  699,  3) 
'Plandinus  —  quem  —  ceperat';  c.  134  (p.  701,  3)  'exercitum 
suum,  quem  —  miserat' ;  einmal  aber  statt  des  Plural  'qui' : 
c.  130  (p.  698,  37)    'Wasconorum,    qui   —   commorantur,    quem 

—  vocati  sunt' ; 

'quam'  steht  nur  einmal  grammatisch  correct:  c.  136 
(p.  703,  14)  'Aquitania  provintia,  quam  —  adquesierat' ; 

'quas'  hat  der  Verfasser  zweimal  angewendet,  aber  beide- 
male  grammatisch  unrichtig:   c.  123  (p.  693,  g)  'amicitia,   quas 

—  promisserant  —  sortita  est  effectu';  c.  129  (p.  698,  5)  'omnes 
civitates,  quas  —  erant'. 


508  Die   Chronicae  des   sog.  Fredegar. 

Die  Vorliebe,  welche  der  Verfasser  für  'quod'  hat,  zeigt 
sich  am  deutlichsten  darin,  dass  er  für  den  Acc.  plur.  'quae' 
niemals  die  richtige  Form  setzt,  sondern  stets  'quod',  wie  sich 
überhaupt  die  Form  'quae'  nur  einmal  als  Nom.  plur.  femin. 
nachweisen  lässt:  c.  1.30  (p.  698,  jg)  'villas  publicas,  quae  — 
erant'.  Statt  des  Acc.  'quae'  steht  also  'quod':  c.  119  (p.  689,  3) 
'tributa  vel  munera,  quod  —  requirebanf;  c.  130  (p.  699,  20) 
'tributa  vel  munera,  quod  —  exire  consueverant' ;  c.  121 
(p.  692,  23)  'tributa,  quod  —  dederant';  c.  134  (p.  702,  ,)  'mu- 
nera, quod  —  transmiserat' ;  c.  121  (p.  692,  5)  'sacramenta,  quod 
—  dederat';  c.  125  (p.  694,  35)  'sacramenta,  quod  ei  dederat'; 
c.  124  (p.  693,  2«)  'Haee  omnia  —  quod  —  mandaverat'. 

Nach  'quod'  überwiegt,  wie  wir  gesehen  haben,  die  Form 
'qui'.  Hiernach  mag  der  Schluss  nicht  unberechtigt  erscheinen, 
dass  der  Verfasser  ein  Romane  war,  vielleicht  aus  Aquitanien, 
dessen  Weinberge  er  mit  so  grosser  Wärme  schildert.  Auch 
weiss  er,  dass  die  Wasconen  'Vaceti'  genannt  werden. 

Zur  Vergieichung  sollen  jetzt  die  ersten  beiden  Fortsetzun- 
gen herangezogen  werden.  Hier  ist  nun  das  relative  Pronomen 
überall  correct  angewandt,  ja  es  lässt  sich  sogar  eine  verhält- 
nismässig gründlichere  Kenntnis  der  Sprache  den  Verfassern 
nicht  abstreiten,  die  sich  besonders  in  der  dem  Lateinischen 
eigenthümlichen  relativen  Satzverbindung  äussert,  welche  in  dem 
ersten  Theile  mehr  durchgeführt  ist,  als  im  zweiten,  in  der  dritten 
Fortsetzung  aber  ganz  fehlt.  So  finden  Avir  in  der  ersten  Fort- 
setzung: c.  98  (p.  668,  ,7)  'Quo  facto',  c.  108  (p.  674,  30)  'Quo 
comperto',  c.  107  (p.  674,  §)  'Quo  mortuo',  c.  98  (p.  668,  ,5) 
'quo  perempto'  und  c.  95  (p.  665,  45)  schon  weniger  lateinisch 
'Quo  ingraviscente'.  C.  97  (p.  6GS,  4)  schliesst  sich  der  Satz 
durch  'Qua  in  re'  an  seinen  Vorgänger  an.  Die  relativen  Abi. 
absol.  fehlen  in  der  zweiten  Fortsetzung,  statt  dessen  linden 
wir  die  unlateinische  Verbindung  'Quique  —  pervenientes' 
c.  109  (p.  678,  ,0).  Richtig  sind  dagegen  die  Uebergänge  'Qua 
successione'  c.  116  (p.  684,  29),  'Qua  de  causa'  c.  117  (p.  684,  35), 
'qua  de  re'  (p.  685,  u)  und  'quo  tempore'  ebendaselbst.  Von 
diesen  Dingen  findet  der  Leser  nichts  in  der  dritten  Fortsetzung. 
Wie  schon  gesagt  wurde,  stehen  die  Formen  des  Relativpro- 
nomens in  diesen  Partien  durchweg  mit  der  Grammatik  im 
Einklang.  Während  der  dritte  Fortsetzer  c.  121  'thesaurum, 
quod  in  Ticino  erat'  schreibt,  stilisiert  der  erste  'thesaurus, 
quos  ibi  repperit,  adpraehendit',  wobei  zu  bemerken  ist,  dass 
die  Worte  'thesaurus  adpraehendit'  den  Gesta  Franc,  also  der 
Quelle  angehören.  'Nationes,  quod  —  commorabantur'  steht 
in  der  dritten  (c.  131,  p.  699,  29),  'principes  —  qui  commora- 
bantur' in  der  zweiten  Fortsetzung  (c.  109,  p.  679,  ,2).  Die 
Stelle  der  dritten  Fortsetzung  c,  118:  'fidcm,  quod  —  proraisc- 
rant'  lautet  in  der  zweiten  Fortsetzung  c.  117  (p.  684,  33)  'fidem, 


Die   Chronicae   des   sog.  Fredegar.  509 

quam  —  promiserant'.  Ebenso  liest  man  in  der  dritten  Fort- 
setzung c.  121  'tributa,  quod  —  dederant',  wogegen  der  zweite 
Fortsetzer  richtig  c.  117  (p.  684,  45)  'tributa,  quae  —  prestite- 
rant'  schi'eibt. 

Nach  diesen  Belegen  glaube  ich  es  genügend  festgestellt 
zu  haben,  dass  die  dritte  Fortsetzung  von  einem  der  Lateini- 
schen Sprache  unkundigeren  Manne  geschrieben  ist,  als  die 
Verfasser  der  ersten  und  zweiten  Avaren.  Ich  halte  es  hiernach 
nicht  für  gleichgültig,  dass  wir  in  der  zweiten  Fortsetzung 
c.  114  'provocati  coturno  Wasconorum'  lesen,  dass  c.  116 
Karlmann  'devotionis  causa  inextinctu  succensus'  Mönch  wird: 
Ausdrücke,  die,  Avorauf  Breysig  p.  48  hingewiesen  hat,  haupt- 
sächlich bei  Ovid  vorkommen.  Auch  die  Vocabel  'alveus'  in 
c.  111  'Liger  alveum'  dürfte  hier  anzuführen  sein,  die  bei 
einem  Horaz  und  Virgil  nichts  Auffälliges  hat,  im  Munde  eines 
Fredegar -Fortsetzers  aber  immerhin  bemerkenswert!!  erscheint. 

Die  deutschen  Flussnamen  'Lech'  vmd  'Ignus'  lassen  die 
Vermuthung  aufkommen,  dass  der  Schreiber  des  zweiten  Theiles 
ein  Germane  war^). 

Doch  ist  nicht  zu  läugnen,  dass  sich  in  der  dritten  Fort- 
setzung mehrfache  Anklänge  an  das  letzte  Capitel  (117)  der 
zweiten  finden.  So  nennt  der  zweite  Fortsetzer  c.  117  den 
König  Pippin  'praecelsus'  und  ebenso  der  dritte  in  c.  120.  121. 
129.  135.  Cap.  117  steht  'fidem  quam  promiserant,  mentire 
conati  sunt'  ähnlich  der  häufiger  vorkommenden  Wendung  der 
dritten  Fortsetzung  'fidem ,  quod  promiserant'.  Cap.  117 
(p.  685,  12)  rückt  das  Heer  ^cum  magno  agmine  apparatu  aus, 
wie  auch  Pippin  c.  118  'cum  magno  apparatu  in  das  Feld 
zieht.  Die  Baiern  versprechen  c.  117  'ut  ne  ulterius  rebelies 
existant',  und  ähnlich  gelobt  Aistulph  c.  120  fp.  690,  4,)  'et 
ulterius  —  hostiliter  numquam  accederet'.  Cap.  117  wollen  die 
Sachsen  'plenissima  solutione'  Tribut  geben,  und  ebenso  ver- 
spricht Aistulph  c.  120  (p.  690, 3g),  dass  er  für  seine  ungesetzlichen 
Handlungen  'plenissima  solutione'  büssen  will,  —  ein  Ausdruck, 
der  bei  gleicher  Gelegenheit  c.  121  (p.  692,  9)  wieder  gebraucht 
wird.  Am  wunderbarsten  ist  es  aber,  dass  die  Worte  des 
c.  117  'quievit  terra  a  praeliis  annis  duobus'  ganz  so  c.  121 
wiederkehren. 

Hahn  hat  diese  Uebereinstimmung  des  Cap.  117  mit  der 
dritten  Fortsetzung  wohl  bemerkt:  der  Theil  seiner  Belegstellen 
aus  dem  2.  Theil,  welcher  wirklich  für  die  Identität  des  Ver- 
fassers der  zweiten  und  dritten  Fortsetzung  zu  sprechen  scheint, 
ist  ganz  dem  Cap.  117  entnommen.  Hiermit  bringt  er  den 
engen  Anschluss  des  Cap.  118  an  das  vorhergehende  durch 
'His  transactis'  in  Verbindung;    doch  ist  dies  kein  Beweis  für 


1)  So  Breysig  p.  48. 


510  Die   Chronicae   des   sog.   Fredegar. 

die  Zusammengehörigkeit  der  beiden  Fortsetzungen.  Schliesst 
sich  doch  auch  die  erste  Continnatio  an  den  eigentlichen  Frede- 
gar mit  'Igitur'  an.  Ebenso  wenig  Gewicht  möchte  ich  auf 
die  Worte  'praefato  rege'  im  Anfang  des  c.  118  legen  —  der 
dritte  Continuator  hat  den  Namen  noch  nicht  genannt  — ,  da 
man  doch  wohl  voraussetzen  muss,  dass  der  neue  Schreiber 
wusste,  dass  schon  in  dem  vorhergehenden  Theile  von  Pippin 
die  Rede  war.  Wenn  schliesslich  Hahn  die  Worte  'fidem  quod 
praefato  regi  iam  dudum  promiserant'  (c.  118),  die  sich  auf 
den  im  Cap.  117  erwähnten  Friedensschluss  beziehen,  als  Beweis 
anführt,  so  halte  ich  ihm  die  Stelle  des  c.  117  'quae  Chlotario 
quondam  prestiterant'  dagegen,  welche  auf  Fredegar  c.  74 
Bezug  nimmt  —  ohne  jedoch  einen  anderen  Schluss  daraus 
zu  ziehen,  als  dass  der  zweite  Continuator  die  Chronik  Frede- 
gar's  gekannt  hat,  was  ja,  da  sie  am  Anfang  desselben  Codex 
stand,  nicht  wunderbar  sein  kann. 

Hahn  führt  nun  den  Beweis  dafür,  dass  die  zweite  und 
dritte  Fortsetzung  denselben  Verfasser  haben,  indem  er  den 
Satz  ^Sind  zwei  Grössen  einer  dritten  gleich,  so  sind  sie  auch 
unter  einander  gleich'  auf  die  zweite  (excl.  c.  117)  und  dritte 
Fortsetzung  einerseits,  das  Cap.  117  andererseits  anwendet.  In 
dieser  Weise  kann  man  wohl  das  gewünschte  Resultat  erhalten, 
doch  darf  der  Leser  nicht  die  Seite  umschlagen,  wo  er  die 
Worte  findet,  dass  'c.  117  mehr  Verwandtschaft  mit  dem  Fol- 
genden als  mit  dem  Vorhergehenden  verräth'. 

Wie  ist  nun  diese  Uebereinstimmung  von  Cap.  117  mit 
der  dritten  Fortsetzung  zu  erklären?  ]\Ian  hat  vorgeschlagen, 
die  Clausel  vor  c.  117  zu  setzen,  v>'ozu  man  sich  für  berech- 
tigt hielt,  weil  nur  der  Petau'sche  Codex  dieselbe  hat.  Aus 
dem  Umstände,  dass  sie  in  den  übrigen  Hss.  fehlt,  schloss 
man,  dass  sie  nicht  im  Original  gestanden  haben  könne.  Aber 
abgesehen  davon,  dass  der  Petavianus  in  der  That  an  vielen 
Stellen  allein  die  richtige  Lesart  erhalten  hat,  so  dass  er  mit 
dem  Archetypus  in  engerer  Verwandtschaft  steht,  als  irgend 
eine  der  übrigen  Hss.,  liefern  uns  auch  die  anderen  Hss.  den 
Beweis  dafür,  dass  Cap.  118  eine  neue  Fortsetzung  beginnt, 
indem  alle  ausser  dem  werthlosen  Bruxellensis  nach  Freilassung 
einer  Zeile  mit  grosser  Initiale  das  Capitel  118  beginnen,  wäh- 
rend sonst  der  Text  continuierlich  ohne  irgend  welche  Capitel- 
absätze  (so  auch  bei  Cap.  117)  geschrieben  ist.  Ueberhaupt 
hat  die  Conjecturalkritik  bei  den  Fortsetzungen  Fredegar's 
wenig  Spielraum,  da  der  Petavianus  auf  der  einen,  das  Gros 
der  Hss.  auf  der  anderen  Seite,  durch  keine  gemeinsame 
Zwischenhandschrift  auf  das  Original  zurückgehen. 

Möglich  wäre  es,  dass  der  Schreiber  der  dritten  Fort- 
setzung schon  von  Childebrand  zur  Weiterführung  der  Jahr- 
bücher   herangezogen   worden   wäre   und    bei    Cap.   117    seine 


Die  Chronicae   des  sog.  Fredegar.  511 

Thätigkeit  begonnen  hätte.  Bei  der  Vorcaussetzung-,  class  die 
dritte  Fortsetzung  erst  nach  dem  Tode  Pippin's  verfasst  worden 
ist,  würden  circa  20  Jahre  zwischen  der  Entstehung  des  zweiten 
und  dritten  Theiles  liegen,  wodurch  sich  manche  Verschieden- 
heiten der  Sprache  in  Cap.  117  und  der  dritten  Fortsetzung 
erklären  würden.  Der  Schreiber  müsste  inzwischen,  Avie  Hahn 
annimmt,  alt  geworden  sein.  Doch  kann  ich  in  der  Ausführ- 
lichkeit der  dritten  Continuatio  keine  senile  Geschwätzigkeit 
finden:  es  ist  die  Fülle  der  Nachrichten,  welche  der  Erzählung 
diese  Breite  giebt,  die  wir  somit  mehr  der  'Auctoritas  Nibe- 
lungi'  als  dem  Schreiber  zu  verdanken  haben.  So  finden  wir 
auch  schon  in  der  zweiten  Fortsetzung  eine  sehr  reichhaltige 
Schilderung,  die  sich  von  den  übrigen  dürftigen  Berichten 
scharf  abhebt:  ich  meine  den  Saracenenkrieg  im  Cap.  109, 
an  dem  auch  Childebrand  mit  theilgenommen  hatte,  woraus 
wir  ebenfalls  erkennen,  dass  nicht  der  Schreiber,  sondern  der 
Auftraggeber  Schuld  an  der  grösseren  oder  geringeren  Aus- 
führlichkeit trägt.  Was  aber  schliesslich  den  Stil  anbelangt, 
so  ist  nimmermehr  zu  glauben,  dass  sich  derselbe  in  20  Jahren 
so  verändert  haben  sollte,  dass  derjenige,  welcher  in  seinem 
Mannesalter  die  Relativpronomina  richtig  anzuwenden  verstand, 
also  beispielsweise  'fidem  quam  promiserat',  'tributa  quae  pre- 
stiterant'  schrieb,  später  sich  beinahe  nur  auf  'quod'  und  'qui' 
beschränkt,  und  so  Verbindungen  wie  'fidem  quod  promiserat', 
'tributa  quod  dederant',  zu  Stande  gebracht  hätte;  ferner  dass 
Jemandem  einst  Wendungen  wie  'in  eins  dicione  se  subdere', 
'iure  Francorum  sese  subdere'  geläufig  waren,  während  er  nach 
20  Jahren  nur  noch  ein  constantes  'dictiones  sue  facere',  wo- 
möglich im  Particip  'faciens'  gehabt  hätte.  Ein  derartiger 
Umschlag  der  Sprache  in  deteriorem  partem  könnte  nur  unter 
der  Voraussetzung  statuiert  werden,  dass  das  betreffende 
Individuum  während  jener  Zeit  jeder  geistigen  Beschäftigung 
fern  geblieben  ist,  und  zu  dieser  Annahme  fehlt  jeder  Anhalt. 

Die  vollständige  Unkenntnis  der  lateinischen  Grammatik, 
der  wir  in  der  dritten  Fortsetzung  begegnen,  gegenüber  der 
für  die  Zeitverhältnisse  erträglichen  Sprache  der  zweiten  Con- 
tinuatio zwingt  uns,  für  beide  besondere  Schreiber  anzunehmen. 
Ich  finde  dann  keine  andere  Erklämmg  für  die  Uebereinstim- 
mungen  des  Cap,  117  mit  dem  folgenden  Theile,  als  dass  der 
Verfasser  gerade  dieses  letzte  Capitel  seines  Vorgängers  bei 
der  Abfassung  seiner  Schrift  sich  zum  Muster  genommen  hat. 

So  würde  es  auch  erklärlich  sein,  dass  die  Worte  'quievit 
terra  a  proeliis  annis  duobus'  in  c.  117  ebenso  c.  121  wieder- 
kehren. Denn  nichts  ist  natürlicher,  als  dass  der  neue  Schreiber, 
welcher  mit  c.  118  einsetzte,  sich  zunächst  darüber  orientierte, 
in  welcher  Weise  sein  Vorgänger  die  Jahrbücher  geführt  hatte, 
dass  er  auch  später,    wenn   ihm    der  Ausdruck   fehlte,    in   den 


512  Die   Chronicae  des  sog.  Fredegar. 

vorhergehenden  Blättern  nachsuchte,  ob  schon  ähnliche  Ver- 
hältnisse dort  beschrieben  waren.  Durch  ein  derartiges  Ver- 
fahren mögen  auch  die  obigen  Worte,  die  einem  mittelalterlichen 
Schriftsteller  ganz  besonders  schön  erscheinen  mochten,  in  das 
Cap.  121  gelangt  sein.  Dazu  kommt  dann  noch,  dass  der 
Ausdruck  wörtlich  der  Bibel  entlehnt  ist:  'quievitque  terra  a 
praeliis'  Jos.  XI,  23,  so  dass  die  Möglichkeit  nicht  ausge- 
schlossen ist,  dass  beide  Schreiber  aus  derselben  Quelle  geschöpft 
haben'). 

Die  Frage,  wer  das  Geschichtswerk  zuerst  angelegt  hat, 
welches  aus  den  Chroniken  Fredegar's,  einem  Excerpt  aus  den 
Gesta  Francorum  und  den  Fortsetzungen  besteht,  entscheidet 
nicht  allein  die  Clausel  am  Schlüsse  der  zweiten  Fortsetzung, 
wo  es  von  Cliildebrand  heisst  'hanc  Historiam  vel  gesta  Fran- 
corum scribere  procuravit',  sondern  auch  die  in  den  Hierony- 
mi*s  eingeschobene  Historia  Daretis,  welche  in  einzelnen  Aus- 
drücken an  den  Stil  des  älteren  Schreibers  der  zweiten  Fort- 
setzung erinnert. 

Die  fabelhafte  'Historia  Daretis  Frigii  de  origine  Francorum' 
ist  in  den  Handschriften  der  4.  Klasse  nach  Capitel  3  der 
Ausgabe  des  Canisius  vor  der  kürzeren  Trojanersage  des 
Fredegar  eingeschoben  und  ist  allein  von  Gaston  Paris  in  der 
Romania  1874,  p.  138  — 144  aus  den  Handschriften  4  a*,  4b2 
und  4c'  ediert  worden. 

Der  Text  des  Dares  ist  sehr  frei  behandelt,  unter  anderen 
summiert  der  Franke  die  Zahl  der  Gefallenen  nach  jeder 
Schlacht,  w^lhrend  in  dem  echten  Dares  nur  die  Gesammtzahlen 
der  Todten  am  Ende  des  Buches  angegeben  sind.  Paris  ver- 
muthet,dass  der  Verfasser  unserer  Bearbeitung  ein  vollständigeres 
Exemplar  des  Dares  vor  sich  gehabt  hat,  als  uns  erhalten  ist; 
doch  scheinen  mir  seine  Gründe  nicht  stichhaltig  zu  sein. 
Sicher  ist,  was  Joly  (bei  Paris  p.  130)  hervorhebt,  dass  der 
Bearbeiter  mit  der  Vulgata  mehr  Bescheid  wusste,  als  mit  den 
Classikern.  So  denkt  er  bei  dem  Opfer  der  griechischen 
Könige  an  die  Juden  'diem  festum  lovem  consecraverunt,  sicut 
ludaeis  mos  erat,  Deum  sacrificare  Hierosolima'.  Der  Name 
des  Alexander,  des  Sohnes  des  Priamus,  gab  ihm  Gelegenheit, 
seine  Kenntnis  der  Geschichte  des  Alterthums  zu  zeigen.  Er 
bemerkt  hier  'Alexander  quoque  —  non  ille  Magnus  Macedo 
qui  postea  ortus  fuit,  sed  hie  fihus  Priamo'.  Von  den  Tro- 
janern geht  der  Verfasser  zu  den  Römern  über,  und  schliesst 
mit  Romulus  und  Remus  und  der  Ermordung  des  Amulius. 
Dieser  kürzere  zweite  Theil   der  Historia  Daretis    stammt  aus 


1)  Jedenfalls  waren  beide  Geistliche;  vergl.  auch  Oelsner,  'Jahrbücher', 
p.  453 ;  während  Breysig  1.  1.  p.  58  den  letzten  Fortsetzer  für  einen  Laien 
hält,  weil  er  die  kirchlichen  Angelegenheiten  nicht  berücksichtigt. 


Die  Chronicae  des  sog.  Fredegar.  513 

der  Chronik  des  Hieronymus.  Doch  hat  auch  hier  der  Compi- 
lator  den  Text  der  Quelle  sehr  frei  behandelt.  Den  Aventinus 
Silvius  lässt  er  einen  Krieg  gegen  die  Sabinerinnen  (^Savinas') 
führen,  Procas  Silvius  macht  sich  Istrien  tributpflichtig  und 
verwüstet  die  Insel  Caefalania.  Alle  diese  Feldzüge  hat  sich 
unser  fränkischer  Geschichtscln*eiber  aus  den  Fingern  gesogen  ; 
denn  bei  Hieronymus  liest  man  nichts  dergleichen.  Nach 
Julius  Proculus,  dem  Begründer  der  'gens  lulia',  ist  eine  frän- 
kische Genealogie  eingeschoben,  die  mit  den  Worten  'Adeo  a 
Ferecides  indolem  prepropere  revertamur'  beginnt,  obwohl 
vorher  vom  Ferecides  nicht  die  Rede  gewesen  ist.  Dieser 
zeugte  ^alium  Frigionem',  Frigio  zeugte  'Franco  et  Vasso  ele- 
gantissimis  pueris  atque  efficaces',  die  nach  dem  Tode  ihres 
Vaters  die  HeiTschaft  übernahmen.  Diese  Erzählung  hat  grosse 
Aehnlichkeit  mit  der  des  Ethicus  und  einem  aus  einer  Bonner 
Hs.  im  ^Rheinischen  Museum  für  Jurisprudenz'  1827,  I,  p.  162, 
edierten  Berichte.  In  dem  letzteren,  meint  Paris,  sei  eine  voll- 
ständigere Fassung  benutzt  worden,  als  die  der  Origo  ist '). 

Die  Sprache  der  Origo  ist  in  vielen  Beziehungen  interessant. 
Ich  hebe  hier  die  hauptsächlichsten  Eigenthümlichkeiten  her- 
vor, von  denen  man  eine  Anzahl  in  der  Ausgabe  von  Paris 
vergeblich  suchen  wird,  zum  Theil,  weil  sie  der  Herausgeber 
herauscorrigierte ,  zum  Theil  aber  auch  wohl,  weil  ihm  die 
beste  Handschrift,  der  Vaticanus  4  a,  nicht  zur  Hand  war.  Der 
Schreiber  der  Origo  wiederholt  das  Verbum  ^advenisse  navale 
evectione  Grecorum  exercitum  advenisse  in  terram  suam'.  Die 
Consonantenverbindungen  'rs'  und  'gn'  waren  ihm  unbequem ; 
in  dem  ersten  Falle  hilft  er  sich  durch  Metathesis  ^suprestis' 
statt  'superstes',  'pras'  statt  'pars',  in  dem  zweiten  durch  einen 
Vorschlag  'ad  pugnandum  gignarus',  'Famosissimus  gignarus 
namque',  wo  einige  Handschriften  sinnwidrig  'ignarus'  ändern, 
während  der  Verfasser  'gnarus'  meint.  Fehlerhaft  gebildet  ist 
das  Substantivum  'damnietas'  für  'damnum'  in  der  Verbindung 
'absque  ulla  calumnia  vel  damnietate'.  Das  Perfectum  von  'fleo' 
lautet  in  der  Origo  constant  'flui',  wie  die  folgenden  Stellen 
zeigen:  'fluerunt  Aiacem',  'flueruntque  super  cum  fletu  magno', 
'fluerunt  cum  30  diebus'.  Sehr  merkwürdig  ist  ferner  die 
Verwechslung  von  'obsides'  und  'hospites';  Geiseln  nennt  der 
fränkische  Verfasser  der  Origo  stets  'hospites'.  Er  sagt  also 
'hospites  dederunt  mutuo',  'et  dederunt  invicem  mutuo  hospites', 
'receptis  hospitibus',  'Datis  hospitibus  et  mutuo  acceptis'.  Von 
einigen  Worten  der  Origo  weiss  ich  nicht,  ob  sie  überhaupt 
noch  anderswo  vorkommen,  z.  B.  'leconista',  was  wohl  mit 
'lenocinium'    zusammenhängt,   und   'cunclex'.     Im   allgemeinen 


1)  Sicher  ist  der  grösste  Theil  dieses  Elaborats  aus  der  Gesta  Fran- 
corum  ausgeschrieben. 


514  Die   Chronicae   des  sog.  Fredegar. 

macht  die  Sprache  den  Eindruck,  als  wenn  der  Verfasser  wohl 
das  Gefühl  hatte,  dass  das  alte  Merowingisch  kein  richtiges 
Latein  sei,  aber  in  dem  Bestreben,  es  zu  verbessern,  oft  fehl 
griff,  indem  er  an  die  Stelle  der  barbarischen  Formen  andere 
setzte,  die  richtigen  nur  ähnlich  waren,  oder  solche,  die  an 
sich  correct  einen  ganz  anderen  Sinn  gaben,  und  indem  er 
auch  corrigierte,  was  nicht  zu  corrigieren  war. 

Wie  wir  schon  angedeutet  haben,  berührt  sich  die  Sprache 
der  Historia  Daretis  in  manchen  Dingen  mit  derjenigen  des 
ersten  Schreibers  der  zweiten  Fortsetzung.  Es  fallen  besonders 
einige  Vocabeln  auf,  die  zwar  klassisch  sind,  aber  in  dieser 
Zeit  wenig  oder  gar  nicht  gebraucht  wurden  und  speciell  in 
den  übrigen  Theilen  der  Fortsetzungen  nicht  vorkommen.  So 
steht  in  der  Origo  'Adeo  ad  Ferecides  indolem  prej^ropere 
revertamur'  und  in  c.  109  (p.  678,  1.  11)  'praepropere  ad  eandem 
urbem  pervenientes'.  Der  Verfasser  der  Origo  gebraucht  nicht 
selten  das  Verbum  'coacervare'  z.  B.  'coacerva  mihi  bellatorum 
exercitum',  'navium  multitudinem  coacervatam',  ^navium  quopia 
coacervant'  und  ähnlich  auch  c.  109  (p.  678,  1.  18)  'obsidionem 
coacervat'.  Spätlateinisch  ist  das  Adjectivum  'armatorius', 
welches  ebenfalls  in  den  Fortsetzungen  nur  c.  109  (p.  679,  1.  28) 
'iaculis  armaturiis'  erscheint  und  ebenso  in  der  Origo  'Frigio 
solertissimus  in  robore  armatoria  extitit'.  Ganz  besonders  ist 
hervorzuheben,  dass  der  ältere  Schreiber  der  zweiten  Fort- 
setzung ebenso  wie  der  Verfasser  der  Origo  'hospites'  in  der 
Bedeutung  'obsides'  gebraucht.  Die  Stellen  aus  der  Origo 
sind  bereits  oben  angeführt  worden;  c.  109  (p.  677,  1.  21)  finden 
wir  nun  ebenso  'quam  plures  hospitibus  ab  eis  accepit'.  Hier- 
nach werden  auch  sonst  weniger  beweisende  Uebereinstiramun- 
gen  nicht  unbedeutend  sein.  Der  Verfasser  der  Origo  nennt 
die  Colcher  eine  'gens  valida'  und  ebenso  bezeichnet  der  Fort- 
setzer die  Saracenen:  'Erant  itaque  Colci  gens  valida'  Origo, 
'Denuo  rebellante  gente  valida  Ismaelitarum'  Fred.  c.  109  (p.677, 
1.  24).  Den  Aeneas  nennt  die  Origo  'Famosissimus  gignarus', 
und  der  Fortsetzer  spricht  c.  109  (p.  679,  1.  34)  von  'Urbes 
famosissimas'.  Ebenso  zieht  Priamus  gegen  die  Griechen  'cum 
ostile  apparatu',  und  Karl  schickt  den  Childebrand  gegen  die 
Saracenen  'cum  apparatu  hostile'  c.  109  (p.  678,  1.  10).  In 
der  Origo  heisst  Jason  'vir  egregius',  c.  109  (p.  678,  1.  6)  wird 
Karl  'vir  egregius  Carlus  dux'  genannt.  Alle  diese  Congruenzen 
—  dass  es  nicht  mehr  sind,  daran  ist  wohl  der  ganz  verschiedene 
Stoff  der  beiden  Stücke  und  zweitens  der  geringe  Umfang  ') 
der  Arbeit  des  Fortsetzers  Schuld  —  zwischen  der  Origo 
und   dem   ersten  Theile   der  zweiten  Fortsetzung  zeigen,  dass 


1)  In    der  Ausgabe    von    Ruinart    noch    nicht    zwei    »Seiten    trotz    der 
vielen  Anmerkung-en  und  der  lane-en  Ueberschrift. 


Die  Chronicae   des   sog.  Fredegar.  515 

der  Verfasser  des  letzteren  auch  die  Origo  gesehrieben  und  in 
den  Hieronymus  eingeschoben  hat.  Mithin  ist  diesem  Bear- 
beiter auch  die  erste  Redaction  des  ganzen  Werkes  zuzuweisen. 

Es  steht  somit  fest,  dass  der  Urcodex  unserer  Handschriften 
rnit  Fortsetzungen  (4)  von  Childebrand  veranlasst  worden  ist, 
und  zwar  durch  denjenigen  Schreiber,  welcher  den  ei'sten  Theil 
der  zweiten  Fortsetzung  bearbeitet  hat.  Dann  kann  aber  die 
vorhergehende  Fortsetzung  bis  zum  Jahre  736  nicht  als  weiter- 
geführter Fredegar,  sondern  nur  als  ein  fortgesetztes  Gesten- 
exemplar angesehen  werden,  welches  Childebrand,  resp.  sein 
Copist  schon  vorgefunden  hatte  und  nun  mit  den  Chroniken 
des  eigentlichen  Fredegar  verband.  Dasselbe  mag  auch  schon 
gekürzt  und  mit  den  karolingischen  Zusätzen  J)  versehen  ge- 
wesen sein,  so  dass  später  Childebrand  nichts  weiter  zu  thun 
hatte,  als  den  dürftigen  ersten  Theil  wegzustreichen,  an  dessen 
Stelle  er  die  bedeutend  reichhaltigere  Chronik  Fredegai''s  setzte. 

Selbstverständlich  wird  der  Schreiber,  der  ja  dazu  berufen 
war,  vom  Jahre  736  ab  die  Geschichte  weiter  fortzusetzen, 
auch  in  dem  frühern  Theile  sich  manche  kleine  Aenderungen 
erlaubt  haben,  von  welchen  einige  schon  in  dem  eigentlichen 
Fredegar  sich  nachweisen  lassen,  die  aber,  als  er  auf  seine 
Zeit  kam,  naturgemäss  eingreifender  gewesen  sein  müssen. 
Schon  oben  habe  ich  darauf  hingewiesen,  dass  in  der  Schluss- 
computation  vom  Jahre  736  für  die  'Passio  doraini'  Jemand 
den  'adventus'  eingesetzt  hat  —  und  dies  lässt  sich  mathe- 
matisch beweisen.  Eine  Vermuthung  meinerseits  ist  es  nun, 
dass  derselbe  Scribent  dem  Karl  in  der  Foi-tsetzung  vom 
Jahre  736  zweimal 2)  Epitheta  ornantia  beigesetzt  hat,  von 
welchen  die  Vorlage  nichts  wusste,  ohne  die  er  sich  aber  seinen 
Helden  nicht  denken  konnte. 

Jedenfalls  wird  man  aus  dieser  Untersuchung  erkannt  haben : 

1)  dass  die  Fortsetzungen  nicht  von  einem  Verfasser  her- 
rühren, 

2)  dass  bei  Capitel  110  kein  Abschnitt  zu  machen  ist; 
die  zweite  und  dritte  Breysig'sche  Fortsetzung  also  zusammen- 
fallen, obwohl  zugestanden  werden  muss,  dass  Childebrand, 
der  erste  Urheber  dieses  Werkes,  sich  zuerst  eines  anderen 
Schreibers')  bedient  hat,  als  bei  dem  späteren  Theile. 

1)  Breysig,  De  continuato  Fredegarii  chronico,  p.  34:  'ex  glossis 
exemplari  Gestorum,  quo  continuator  usus  est,  a  viro  rerum  Austrasiarura 
imprimis  perito  adnexis'.  2)  C.  109  'egregius  bellator  Carlus',  c.  108 
'b  elligerat  or'.  3)  Die    stilistische  Verschiedenheit    der  Capitel   109 

und  110  ist,  wie  bemerkt,  auch  Monod,  'Revue  critique'  1873,  p.  152, 
aufgefallen,  der  sie  dadurch  erklären  will,  dass  c.  109  einer  besonderen 
Quelle  entlehnt  ist.  Die  Quelle  ist  aber  in  beiden  Capiteln  die  gleiche, 
nämlich  Childebrand,  nur  die  Schreiber  haben  gewechselt. 


516  Die  Chronicae   des   sog.  Fredegar. 


Bericlitigung-en  und  Zusätze. 

S.  276.  'Aug-ia  maior'  ist,  wie  Herr  Prof.  Dümmler  bemerkt,  Mehrerau. 
Ebenso  ist  S.  278  die  Abkürzung  hinter  'Augie'  mit  'maioris'  aufzulösen. 
3  a  und  3  b  sind  folglich  Mehrerauer  Hss.,  und  aus  diesem  Kloster  mag 
dann  auch  3  stammen. 

S.  313.  Dass  4^^  nicht  aus  4b'  abgeschrieben  sein  kann,  zeigt  auch 
eine  Lücke  von  4  b'  (bei  Ruinart  S.  670,  1.  19  fehlen  hier  zwei  Worte), 
die  durch  4ß'^  ausgefüllt  wird. 

S.  319.  Die  Capitel  110 — 117  der  Fortsetzungen  sind  in  einer  Hs. 
des  Petavius  den  Gesta  Francorum  angehängt  und  als  Appendix  zu  diesen 
von  Duchesne  I,  p.  720  und  Bouquet  II,  p.  572   ediert  worden. 

S.  320.  Die  Gesta  Theoderici  scheinen  auch  in  dem  Codex  S.  Ger- 
main Nr.  77,  saec.  XIII.  hinter  der  Historia  Romana  des  Paulus  zu  stehen 
nebst  einigen  anderen  Bruchstücken  des  Fredegar;   cf.  Archiv VII,  S.  267. 

S.  424.  Die  Jahreszahlen  der  merowingischen  Könige  von  Dagobert 
ab,  die  ich  nach  der  Vulgäransicht  verzeichnet  habe,  sind  um  eins  zu 
niedrig,  wie  ich  noch  an  anderer  Stelle  nachweisen  werde.  Das  Schluss- 
jahr der  Chronik,  das  4.  des  Königs  Chlodoveus,  ist  also  gleich  642/643. 
Mithin  bricht  der  Fredegar  mit  demselben  Jahre  ab,  in  welchem  das 
erste  Buch  verfasst  worden  ist  (vergl.  S,  429). 

S.  425,  Assemannus,  Italicae  historiae  scriptores,  tom.  II,  p,  126  sqq. 
bevorzugt  die  Jahresdaten  des  Elmacinus. 


XVI. 


Einharts  Werke  Lind  ihr  ötil. 


Von 


Max  Manitius. 


Neues  Archiv  etc.     Vil.  34 


I. 

Die  Benutzung'  elassischer  Autoren  in  Vita  Caroli,   Ann.  Laur. 
maj.,  Ann.  Einh«,  Ann.  Fuld.,  Ann.  Laur.  min.,  Transl.,  Eplstolae. 

Dünzelmann  hat  den  richtigen  Weg  gezeigt  i),  auf  welchem 
man  zu  einem  abschliessenden  Urtheil  über  die  Ann.  Lauris- 
senses  majores  gelangen  kann,  den  der  sprachlichen  Analyse. 
Die  historische  Untersuchung  allein  hat  nicht  zum  Ziele  geführt, 
wie  alle  hierauf  bezüglichen  Arbeiten  vor  Dünzelmann  beweisen. 
Nun  ist  schon  lange  bemerkt  worden,  dass  die  Fortsetzung 
der  Laur.  maj.  bis  829  und  die  Ann.  Einharti  mit  Einharts 
Vita  Caroli  in  Sprache  und  Stil  sehr  nahe  verwandt  sind.  Es 
war  daher  geboten ,  diesen  Quellencomplex  der  genauesten 
sprachlichen  Analyse  zu  unterziehen,  und  zwar  in  viel  weiterem 
Umfange,  als  Dünzelmann  dies  gethan  hat. 

Die  Ausgaben  der  Vita  C  von  Pertz  und  Jaffe  haben 
gelehrt,  dass  Einhart  in  dieser  Schrift  fast  völlig  von  der 
Schreibweise  Suetons  abhängig  ist,  Sirason  hat  in  den  Ann. 
Einh.  zu  782  Benutzung  des  Livius  nachgewiesen  ^).  Auch 
Dünzelmann '5)  hat  auf  mehrere  classische  Anführungen  aufmerk- 
sam gemacht.  Schmidt  hat  in  der  Vita  C.  eine  weitgehende 
Benutzung  der  Scriptores  bist.  Augustae  annehmen  zu  müssen 
geglaubt"*);  wir  können  ihm  aber  hier  nicht  beistimmen,  denn 
es  hat  die  Untersuchung  auf  ganz  andere  Autoren  geführt  und 
bei  weitem  die  meisten  der  von  Schmidt  gefundenen  Stellen, 
welche  er  den  Scriptores  bist.  Aug.  zuweist,  sind  nicht  beweis- 
kräftig, sie  beziehen  sich  meist  nur  auf  einzelne  Wörter,  die 
in  der  ganzen  römischen  Litteratur  oft  vorkommen.  Es  galt 
daher,  jenen  Spuren  genauer  nachzuforschen  und  auszugehen 
von  der  Vita  C,  für  welche  Schmidt  den  Nachweis  von  der 
Benutzung  Suetons  fast  vollständig  erbracht  hat. 


1)  Beiträge  zur  Kritik    der    karol.  Aiinalen,    Neues  Archiv  II,  477  ff. 
2)  Forschungen  z.  D.  Geschichte  XIV,   137.  3)  1.  c.  p.  490.  4)  De 

Einharto   Suetonii  imitatore.     Bayreuth.     1880.    Progr. 

34* 


520  Einharts  Werke   und  ihr  Stil. 

Einhart  war  bekanntlich  Laie  und  hat  sich  erst  in  seinen 
höheren  Jahren  kirchhchen  Einflüssen  mehr  hingegeben  i).  Wir 
werden  daher  nicjit  fehlgehen,  wenn  wir  zunächst  die  römische 
Profanliteratur  als  Gegenstand  seiner  Studien  ins  Auge  fassen. 
Ausserdem  ist  die  Vita  C.  ein  historisches  Werk,  Sueton, 
ebenfalls  Historiker,  ist  darin  nachgewiesen,  der  Schluss  auf 
weitere  Benutzung  der  historischen  Literatur  ist  daher  wohl 
berechtigt.  Die  Arbeiten  der  Kirchenväter  jedoch  sind  zum 
Theil  in  gutem,  classischen  Latein  abgefasst  und  auch  die 
Vulgatabibel,  die  Frucht  jener  Studien,  nimmt  daran  Theil. 
Da  nun  die  V^ulgata  im  klösterlichen  Unterricht,  den  ja  auch 
Einhart  genoss,  eine  grosse  Rolle  gespielt  hat,  so  mussten  wir, 
um  sicher  zu  gehen,  alles,  was  classisches  Citat  zu  sein  schien, 
zuerst  daraufhin  prüfen,  ob  es  dem  Latein  der  Vulgata  ange- 
höre. War  das  nicht  der  Fall,  so  konnten  wir  mit  einiger 
Gewissheit  auf  die  antike  historische  Literatur  zurückgehen. 
Und  dies  hat  zu  mannigfachen  Resultaten  geführt,  welche  im 
Folgenden  niedergelegt  sind.  Der  Vollständigkeit  halber  waren 
natürlich  auch  die  Translatio  SS.  Petri  et  Marcellini  ^)  sowie 
Einharts  Briefe  ■^)  zu  ^^ntersuchen ;  hinzugefügt  sind  noch  Laur. 
min.  und  von  Ann.  Fuldenses  der  erste  Abschnitt,  soweit  er 
nicht  blosse  Copie  der  Laur.  maj.  ist.  Wir  erhalten  also 
Vita  C,  Laur.  maj.  von  796 — 829,  Ann.  Einh.,  Ann.  Fuld.  von 
714 — 794,  Ann.  Laur.  min.  Es  ist  dies  derjenige  Theil  karo- 
lingischer  Geschichtschreibung,  welcher  im  engsten  Bezug  zu 
einander  steht.  Dazu  kommen  die  Translatio  und  die  Briefe 
Einharts. 

Um  nun  die  Benutzung  jedes  einzelnen  Autors  im  Zusam- 
menhange darstellen  zu  können,  haben  wir  unsere  Resultate 
nach  den  Autoren  geordnet.  Und  auch  diejenigen  Autoren, 
deren  eifrige  Leetüre  in  jener  Zeit  schon  bekannt  ist,  sind 
hinzugefügt  worden,  nämlich  Orosius  und  Justinus;  denn  es 
sollte  der  Gesamniteindruck  dieser  sehr  intensiven  Benutzung 
nicht  beeinträchtigt  werden,  und  ausserdem  ist  sie  unseres 
Wissens  für  jene  Zeit  im  einzelnen  noch  nicht  nachgewiesen. 
Endlich  kommt  Sueton  hinzu,  weil  er  auch  für  die  andern 
Quellen    ausser    der  Vita  wichtig  ist  und  zu   zeigen  war,   dass 

1)  yg\.  in  einem  Briefe  an  Lupus  von  FerriiTCs  (Lupi  epist.  ed. 
Baluzius,  Autw.  1710,  p.  6):  'Erant  ad  manuin  doctores  egregii  nedum  non 
.spernendi,  verum  omnimodis  audiendi  atque  sequendi,  gloriosus  videlicet 
martyr  Cjprianus,  et  illustrissimi  sacrarum  divinaruni  litterarum  expositores 
Augustinus  atque  Ilieronymus'.  —  Einb.  ep.  8  (ed.  Jaffe,  Bibl.  IV,  p.  446) 
'Credo  enim  prudeutiam  vestram  minime  latere,  quanta  abominatio  sit 
aput  Deum  filius  contumax  et  parentibus  inoboediens;  cum  eum  Deus, 
sicut  in  Deuteronomio  legere  potestis,  per  Moysen  ab  omni  populo  lapi- 
dari    praecepit'.  2i    ed.   G.   Henschen,    Acta  88.  lun.  I,  p.  181  —  206. 

3)  ed.  Jaffe,  Bibl.  IV,  p.  440—486. 


Einhalts   Werke   und  ihr  Stil.  521 

je  nach  Art  der  Darstellung  die  biographischen  Autoren  über- 
wiegen. 

§.  1.     Caesar. 

Vita  c.  6.  aninio   est  proposituni  ( Caes.  B.  G.  VII,  47). 

7.  imperata  facturos  polliciti  sunt,  obsides  qui  imperarentur  daturos 
(B.  G.  IV,  22  seque  ea  quae  iniperasset,  facturos  pollicerentur,  27  obsides 
daturos  quaeque  imperasset  facturos  esse  polliciti  sunt.  II,  3.  85).  id.  c.  10 
A.  Einh.  760.   69.   75.   76.   86.  Laur. ')  819. 

9.  dispositis  praesidiis  (B.  G.  I,  8.  IV,  4).  id.  A.  Einh.  800.  Laur. 
800.  808.  9. 

nox  quae  instabat  (B.  G.  I,  16   et  diem  instare).     id.  Transl.  93. 

direptis  impedimentis  (B.  G.  II,  17).     id.  A.  Einh.   778. 

adiuvabat  in  hoc  facto  (II,  17  adiuvabat  etiam   eorum   consilium). 

extreniam  iunpedimentorum  partem  et  eos  qui  novissimi  agminis  ince- 
dentes  subsidio  praecedentes  tuebantur  (II,  19  post  eas  totius  exercitus 
impedimenta  collocarat;  inde  duae  legiones  .  .  .  totum  agmen  claudebant 
praesidioque  impedimentis  erant). 

adiuvabat  in  hoc  facto  Wascones  et  levitas  armorum  et  loci  in  quo 
res  cerebatur,  situs.  Econtra  Francos  et  armorum  gravitas  et  loci  iniquitas 
per  omnia  Wasconibus  reddidit  impares  (II,  20  Quarum  rerum  raagnam 
partem  temporis  brevitas  et  successus  hostium  impediebat.  His  difficul- 
tatibus  duae  res  erant  subsidio,  scientia   atque  usus  militum  ....). 

armorum  levitas  (B.  G.  V,  34). 

armorum  gravitas  (B.  G.  V,  16). 

iniquitas  loci  (B.  G.  III,  2).     id    A.  Einh.  778. 

10.  expeditionem  mittere  in  .  .  (B.  G.  V,  10,  in  expedit.  misit). 

11.  is  fluvius  dividit  (B.  G.  I,  1    Gallos  ab  Aquit.  Garumna  .  .  .  dividit). 
16.  oceanum  influunt  (B.  G.  IV,  1.  10.  I,  8). 

Ann.  Laur.  maj.  800.    classem  instituit  (B.  G.  V,  11   naves). 

807,  statione  soluta  (B.  G.  IV,  36.  V,  8  naves). 

808,  vallo   munire  (B.  G.  II,  5).     id,  A.  E.   789. 
810.  confluens  (B,  G.  IV,  15). 

816.  quam  maximis  poterat  itineribus  ...  contendit  (B.G.  1, 7.  VII,  9) 

819,  et  noctu  et  interdiu  (B.  G.  I,  8). 

820.  ut  primum  herba  pabulum  iumentis  praebere  potuit  (B.  G.  II,  2 
cum   primum  pabuli  copia  esse  inciperet). 

longe  lateque  (B.  G.  IV,  35). 

822.   sesquipedalis  (B.  G.  IV,  17). 

824.  saniori  usus   consilio  (B.  G.  I,  5   eodem    usi    consilio).     id.  v.   5. 

826.  sine  morarum  interpositione  (B.  G.  IV,  11  tridui  mora  interposita, 
cf.  9);  Transl.  53  sine  ulla  interposita  mora. 

castella  communivit  (B.  G.  I,  8.   cf.  II,  30). 

827.  novarum  rerum   cupidi  (B.  G.  I,  18.  V,  6). 

828.  oertiorem  facere   (B.G.  I,  7.    12.  21    etc.);  Transl.  14. 

Ann.  Einh.  767.  exercitum  a  labore  refecit  (Hirt.  B.  G.  VIII,  1  milites 
hibernorum  quiete  reficere  a  tantis  laboribus,  cf.  III,  5.  VII,  31  exercitum 
ex  labore  refecit). 

iam  prope  aestate  confecta  (B.  G.  VII,  32  iam  prope  hieme  confecta). 

768.  cum  primum  ad  bellum  gerendum  tempus  congrvium  esse  videret 
(B.  G.  VII,  32   cum  ipso  anni  tempore  ad  gerendum  bellum  vocaretur  .  .). 


1)  Laur.  bezeichnet  die  Annales  Laurissenses  majores. 


522  Eiuharts  Werke  und  ihr  Stil. 

769,  tutum  se  ibi  fore  arbitratus  (Hirt.  B.  G.  VIII,  27  nee  se  satis 
tutum  fore  arbitrabatur). 

774.  tripertitum  exercitum  (B.  G.  V,  10). 

777.  in  tantum  se  regis  potestati  permiserunt  (B.  G.  II,  31  se  suaque 
omnia  eorum  potestati  permittere  dixeruut). 

peracto   coaventu  (B.  G.  V,  2). 

778.  magnis  itineribus  ad  eos  ire  contendunt  (B.  G.  I,  10,  38). 

782.  aestatis  initio  cum  iam  propter  pabuli  copiam  exercitus  duci 
poterat  (B.  G.  II,  2  inita  aestate  ....  cum  primum  pabuli  copia  esse 
inciperet), 

784.  equestre  proeliura  (B.  G.  II,  8.  III,  2). 

786.  facinorum  suorum  sibi  conscii  (B.  G.  I,  14  alicuius  iniuriae  sibi 
conseius). 

789.  impetum  exercitus  regii  diu  sustinere  non  valuit  (B.  G.  I,  26, 
diutius    cum    sustinere    nostrorum    impetum  non  possent,  cf.  I,  24.  II,  11). 

795.  anno  superiore  (B.  G.  IV,  38).  id.  756.  61.  Laur.  789.  801.  6. 
7.  9.  tl.   14,  21. 

798.   exercitum  producere  (B,  G.  I,  48). 

Translatio  c.  1.  locus  remotus  ab  .  .  (B.  G,  I,  31  alias  sedes  re- 
motas  a  Germanis). 

10.  iutror.sus  (B.  G.  II,  18.  VII,  22). 

21.  postridie  (B.  G.  V,  10). 

Somit  scheinen  nur  die  Comraentarii  de  bello  G.  benutzt 
zu  sein  und  ein  Vertreter  jener  Klasse  der  Codices  vorgelegen 
zu  haben,  welche  nur  diese  acht  Bücher  enthält. 

§.  2,     Cornelius  Nepos. 

Vita,  praef.  satiusque  iudicavi  (Paus.  5,  Pel.  1.  Ages.  2.  Eum.  6). 
id.  Ann.  Einh,  761.     Transl.  22. 

suberat  et.alia  causa  (Ale,  1). 

c.  2,  qui  et  claritate  generis  et  opura  amplitudine  ceteris  eminebant 
(Milt.  1  cum  et  antiquitate  generis  et  gloria  maiorura  .  .  .  unus  omnium 
maxime  floreret). 

7.  in  suam  redigere  potestatem  (Milt,  4),     id.  A.  Einh.  748, 

10.  qui  .  .  .  ,  dicto  audientes  non  eraut  (Lys.  1;  Dat.  2.  cf,  Ages.  4). 
id.  A.  Einh.  769.  86.    Laur.  816.  26. 

14,  quae  summa  prudentia  atque  felicitnte  gessit  (Milt,  2  neque 
minus  prudentia  quam  felicitate  usus   est).     A,  Einh.  783. 

18.  iam  abhinc  dicere   exordiar  (Pel.  1   de  quo  scribere  exorsi  sumus). 
ex  qua  .  .  .  proereavit  (Dion.  1.   Ep.  6.  Reg.  2).     id.  A.  Einh.  783. 

19.  nuptum   dare  voluit  (Dion.  1.   4). 

24,  lite  cognita  sententiam  dixit  (Milt.  7  causa  cognita  ...  lis  aesti- 
mata  est). 

Ann.  Laur.  806.    paeem  constituere  (Timoth.  3). 

807.  et  alias  .  .  .  quae  nunc  enumerare  longum  est  (Hann.  5  longura 
est  omnia  enumerare  proelia,  cf.  Lys.  2). 

809.  negotio  penitus  infecto  discessum  est  (Milt,  7  infectis  rebus 
discessisset). 

819.  cum  delecta  manu  (Milt.  1,  Hann.  4j. 

820.  hoc  morbo  consumpta  est  (Keg.  2). 
Ann.  Einh.   754,    regia  dignitas  (Milt.  2). 

775,  ex  pacto  discessere  (Milt.  2). 

778.  plerique  aulicorum  (Dat.  5  invidia  aulicorum).  id.  785.  96, 
Transl.  22.  34,   60.   67. 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil.  523 

782.  Is  festinantibus  legatis  consilium  dedit  ....  cuius  consilio 
conlaudato  (Them.  2  deliberantibus  Pythia  respondit  .  .  .  tali  consilio 
probate). 

persuasioni  eins  morem  gereutes  (Dat.  4  rcgis  voluntati  morem  geren- 
diim  putavit,  cf.  Them.  7).     id.  Transl.  35. 

790.  casu  accidente  nocturno  incendio  concrematum  est  (Milt.  7  nescio 
quo  casu  nocturno  tempore  incensus  est). 

801.  luiius  factionis  principes  (Pel.  1   alterius  fact.  princ). 

Fuld,  718.  regem  sibi  constituit  Hlotarium  nomine  non  potestate 
(Reg.  1  Agesilaus  nomine  non  potestate  fuit  rex). 

Unbenutzt  sind  also  geblieben  die  Biographieen  des  Cato 
und  Atticus,  am  stärksten  tritt  die  Benutzung  des  Miltiades 
hervor. 

§.  3.     Livius. 

Vita  c.  6.  in  quem  spes  omuium  inclinatae  (1,25  neutro  inclinata  spe). 

8.  acie  conflixit  (23,  11   ep.  25).     id.  Ann.  Einh.  783. 

9.  saltu  Pyrenaeo  superato  (21,  30).     Ann.  Einh.  773. 
ad  unum  omnes  (21,  42.  I,  18.  II,  50).     id.   Laur.  810. 
novissimi  agmini.s  iucedentes  (22,  30  et  agmine  ineedentes). 

11.  iuncto  foedere  cum  Hunis  (23,  33  foedus  cum  eo  iungit,  cf.  ep.  28). 
id.  c.  15  Transl.  30. 

12.  quae  regis  signa  iussae  sequebantur  (22,  2  tarnen  signa  seque- 
bantur). 

13.  insidiis  oppidanorum  interceptus  (21,  59  per  insidias  intercepti). 
id.  A.  Einh.  799. 

14.  diu  durare  non  potuit  (23,  18  saepe  ac   diu  duratum). 

15.  cum  bis  hello  conflixit  (ep.  30.  52). 

18.  cuius  nomen  modo  memoriae  non  occurrit  (23,  3  qui  primi  me- 
moriae  occurrebant).     id.  Transl.  37. 

20.  mentionem  facere  (21,  13.  18  etc.).     id.  Transl.  1,  A.  Einh.  787. 

post  fraudem  detectam  (22,  43  fraude  detecta).  Laur.  818  fraude 
detecta. 

Ann.  Laur.   801.    navibus  subvehi  (21,  57   quos  naves  subveherent). 

806.  secunda  aqua  navigavit  (21,  28  see.  aqua  deferretur).  A.  Einh. 
790.  791.     Transl.  14.     Laur.  819.  826. 

808.  stativis  per  aliquot  dies  habitis  (22,  9).  id.  810.  815.  A.  Einh. 
779.   780.  791.   794. 

Albiam  ponte  iunxit  (21,  45  ponte  Ticinum  iungunt).      id.   821. 

manu  promptissimos  (II,  33). 

quanta  potuit  eeleritate  (21,  41).  id.  810.  A.  Einh.  775.  783.  786. 
Transl.  3.  26.  93. 

emporium  (21,  57.   24,  7). 

haud  prosperis  successibus  (praef.  fin.  successus  prosperos  darent). 

815.  ruinis  oppressos  (23,  15). 

817.  ad  quos  motus  comprimendos  (I,  60).  id.  A.  Einh.  776;  his 
motibus  ita  compositis,  Vita  c.  12. 

819.  rebus  parum  prospere  gestis  (ep.  13.  47.  97.  98).  parum  digne  827. 
cui  Baldricus  subrogatus  (II,  8,  collegae  subrogando). 

820.  in  ostio  (Sequanae)  (21,  26.  29.  60.   22,  19).     id.  Vita  17. 
824.  rei  novitas  (I,  28.  34.  47). 

in  cuius  locum  Eugenius  subrogatus  (II,  7  nee  collegam  subrogave- 
rant  in  locum  Bruti). 

montani  (21,  32.  33.  34). 


524  Einharts   Werke  und  ihr  Stil. 

829.  sacrosancturn  diem  (II,  33  magistratus).    Transl.  19  s.  thesaurus. 
Ann.  Einh,   742.  iunctis  copiis  (21,35.  23,28). 
756.  intra  paucos  dies  (21,  5.   61). 

758.   commissis  passim  pröeliis  (21,  7   pervastatis  passim  agris). 
ut  rata  esse   deberent  (21,  45  ut  rata  scirent  fore). 
769.  provincialium    animos   concitare  (I,  57   delinire    popularium    ani- 
mos;   22,  13   ad   conciliandos  popul.   animos). 

775.  amne  traiecto   (21,  27). 

776.  praesidio   modico  relicto  (21,  61.  23,  43). 

778.  Hiberus  ainuis  (21,  2.  5). 
amnem  vado  traiciens  (21,  5). 

nullum  aetatis  ....  discvimen  ira  hostis  fecerat  (21,  15  vix  ullum 
discrimen  aetatis  ira  fecerat)  •). 

quorutn  vestigia  secuti  (21,  56   vestigia  cedentis  sequentes). 

779.  de  Haristallio  movens  (21,  39  ex  stativis  movens).    id.  783.  791. 

780.  ad  orientem  itinere  converso  (21,  61  iter  ad  mare  convertit). 
id.   783.  784.    Laur.  800. 

782.  campos  inter  Albim  et  Salam  interiacentes  (21,  30  campum  inter- 
iacentem  Tiberi  ac  moenibus  Romanis),     id.  798.     Transl.  1. 

male   etiam  pugnatum   est  (II,  51).    ep.  63. 

sed  maior  Francis  quam  pro  numero  iactura  fuit,  quia  legatorum  duo, 
comitura  quattuor,  aliorumque  clarorum  atque  nobilium  usque  ad  viginti 
interfecti  (21,  59  sed  maior  Francis  quam  pro  numero  iactura  fuit,  quia 
equestris  ordinis  aliquot  et  tribuni  militum  quinque  et  praefecti  sociorum 
tres  sunt  interfecti). 

rex  Theodone  villa  in  hiberna  concessit  (21,  15  Carthaginem  novam 
in  hiberna  Hannibalem   concessisse,  cf.  21.   23,  18). 

784.  felici  ac  prospero  eventu  (21,  50  prosperum  ac  felicem  ti-ansitum). 
id.  791. 

populabundus  accessit  ad  locum  ....  (ep.  13  populabundus  usque  ad 
urbera  Romam  processit,  cf.  I,  15.  III,  4.  22,  18.  ep.  63). 

785.  cuncta  caedibus  et  incendiis  permiscenno  (eaede  incendioque 
cuncta  complent  II,  17), 

786.  pace  undique  parta  (II,  26,  undique  partae  pacis). 

longe  aliter  faciendum  iudicans  (II,  46,  aliter  longa  evenit).  Trausl. 
4.  7.   18.  • 

788.  qui  per  fugam  evadere  conati  gurgitibus  fluminis    absorbti  sunt. 

(21,  56  cum    alibi    evadere    nequisseut et  qui  flumen    petiere  aut 

gurgitibus  absumpti  sunt)  ^). 

789.  vallo  munivit  et  praesidio  tirmavit  (21,  57  opere  magno  munitum 
et  valido  firmatnm  praesidio;   cf.  21).     Laur.  817. 

Wiltzorum  regulis  (21,  3.   24). 

790.  tempus  terere  (21,  11,  48,  53.   22,  25,  45.  I,  57). 

791.  ibi  subplicatio  {ler  triduum  facta  (22,  1  et  uti  supplicatio  per 
triduum  haberctur). 

795.  in  insidias  incidere  (II,  30). 

798,   cum  iam  ver  adpeteret  (22,  1   iam  ver  adpetebat). 
graviter  commotus  (ep.  58). 

qui  in  eodem  proelio  fuit  et  in  Abodritorum  acie  dextrum  cornu 
tenuit  (I,  27,  hi  et  in  acie  prope  flumen  tenuere  dextrum  cornu,  cf.  22,  45). 

1)  Hier  sind  zwei  C'itate  corapiliert,  cf.  unter  Tacitus  A.  Einh.  778. 
2)  Entweder  hat  der  Autor  falsch  gelesen  (absorbti  für  absumpti)  oder 
der  benutzte  Codex  enthielt  die  Lesart  absorbti  (absorpti). 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil.  525 

799.   equo  sedere   (22,  49). 

Translatio  c.  15.    somno  excitus  (I,  7). 

40,  morbo  implicitus  (23,  40). 

51.  proh  dolor!  (22,  14). 

Die  Benutzung  ist,  wie  hieraus  ersichtlich,  eine  sehr  starke, 
zumal  des  21.  Buches,  Avelchem  die  eingehenden  Kriegs-  und 
Schlachtberichte  der  A.  Einh.  viel  entlehnten.  Wahrscheinlich 
hat  nur  die  erste  und  dritte  Decade  vorgelegen,  denn  die  vierte 
und  fünfte  sind  nicht  benutzt  worden.  Auch  hat  sich  das 
Studium  jener  beiden  Decaden  nur  auf  die  ersten  Bücher  er- 
streckt, indem  wir  nur  Buch  I— III  und  XXI — XXIV  ermit- 
teln konnten.  Die  periochae  dagegen  haben  wohl  vollständig 
vorgelegen. 

§.  4.     Velleius. 

Vita,  praef.  aliorura  praeclara  facta  qualibuscunque  scriptis  inserere 

tarnen    ab    huiuscemodi    scriptione    non     existimavi    teraperandum 

(II,  107,  1  non  tempero  mihi,  quin  tantae  rerum  magnitudini  hoc,  quale- 
cunque  est,  inseram).     Transl.  75  operi  nostro   censuimus  inserenda. 

hominis  optime  de  me  meriti  (II,  64,  1  optime  de  se  merito  viro,  22,  2). 

3,  per  continuos  novem  annos  bellum  gerebatur  (II,  48,  3  belle  autem 
civili  et  tot  quae  deinde  per  continuos  viginti  annos  consecuta  sunt, 
104,  3  per  annos  continuos  novem).  id.  7.  32.  Laur.  815  per  continuos 
quiuque  dies.    Transl.   12  per  continuos  septem   dies,   16.  39. 

uxor    eius    et    filii Italiam   fuga    petiit    et    ...    sub    Desiderii 

patrocinium  se  cum  liberis  contulit  {II,  79,  5  Pompeius  Asiam  fuga  peti- 
vit,  iussuque  M.  Antoni  euius  opem  petierat  .  .  .,  cf.  119,  4  fuga  cum 
alis  Rhenum  petere  ingressus  est)  '). 

7.   et  buc  atque  illuc  (II,  21,  2). 

tractum  per  tot  annos  bellum  (II,  11,  2  tralientis  iam  in  tertium  anuum 
bellum). 

9.  Omnibus  quae  adierat  oppidis  atque  castellis  in  deditionem  acceptis 
(II,  107,  3  Victor  omnium  gentium  locorumque  quos  adierat). 

11.  Baioaricum  deinde  bellum  .  .  .  quod  superbia  simul  et  socordia 
Tassilonis  ducis  excitaverat  (II,  54,  2  quippe  ingens  partium  eius  favor 
bellum  excitaverat  Africum,  cf.  II,  15,  1  mors  Drusi  .  .  .  bellum  excitavit 
Italicum). 

priusquam  provinciam  intraret,  animum  ducis  per  legatos  statuit  ex- 
periri  (II,  87,  3   ante  quam  victorum  experirentur  animum). 

supplex  se  regi  permisit  (II,  37,  8  mox  ipse  supplex  et  praesens  se 
regnumque  dicioni  eius  permisit). 

12.  in  quo  et  Saxones  ....  militabant  (II,  9,  4  qui  Numantino  belle 
eques  militaverat,   .  .  .  militantes,  cf.  II,  125,  1).     id.  A.  Einh.  796. 

28.  magnanimitate  qua  eis  procul  dubio  longe  praestantior  erat 
(II,  6,  1  ingenio   etiam  eloquentiaque  longe  praestantiorem). 

Ann.  Laur.  m  aj.  797.  ad  disponendam  Saxoniam  totura  hiemis 
tempus  impendens  (II,  89,  6  omne  aevi  sui  spatium  impensurum  in  id 
solum  opus).     Laur.  828  totum  hiberni  temporis  spatium  impendit. 

1)  Aehnlich  nur  noch  bei  Caesar  b.  G.  IV,  15  'an  fuga  salutem  petere 
praestaret'.  Einhart  hat  jedoch  hier  sicher  den  Velleius  benutzt,  da  er 
den  numerus  verbi  beibehält,  obwohl  er  richtiger  den  Plural  gesetzt  hätte 
(uxor  et  filii  eius  cum  quibusdam  Francis  .  .  .  petiit). 


526  Einharts   Werke   und  ihr   Stil. 

801.  et  habita  de  eis  quaestione  (II,  4,  6  de  morte  nulla  habita  est 
quaestio). 

808.  nam  licet  Drasconem  .  .  .  loco  pepulisset  (II,  5,  2  pulsas  prae- 
cipiti  loco   cohortis). 

817.  atque  omnes  Italiae  civitates  in  illius  verba  iurasse  (II,  20,  4 
is  (seil,  exercitus)   cum  universus  in  verba  eins  iurassetj, 

818.  qui  nuper  a  Bulgarorum  societate  desciverant  (II,  100,  1  nam 
et  Parthus  desciscens  a  societate  Romana),     id.  Ä.  Einh.  741. 

819.  ad  imperatorera  venire  ac  dicioni  eins  se  permittere  g-estiebat 
(II,  37,  3  pervenit  ad  Pompeium,  mox  ipse  supplex  et  praesens  se  regnum- 
que  dicioni  eins  permisit). 

320.  Feliciore  usus  fortuna  (II,  13,  1  meliore  .  .  iugenio  animoque 
quam  fortuna  usus  est,   cf.  51,  1.   74,  4). 

821.  qui  suffragio  civium  .  .  .  iiifulas  imperii  suscepisse  dicitur 
(II,  17,  3   peteusque  consulatum  paene  omnium  civium  suffragiis  factus  est). 

828.  castris  exuunt  ....  cum  qua  et  proeliam  conseruit  et  quinquies 
.  .  .  fusam  fugatamque  profligavit  (I,  9,  4  is  Persam  ingenti  proelio  fusum 
fugatumque  castris  exuit).     A.  Einh.   798. 

Ann.  Einh.  778.  copiis  quae  de  Francia  ad  eum  eonfluebant 
(II,  55,  2  undique  ad  eum  auxiliis    confluentibus).     id.  Laur.   813. 

756.  vivendi  terminum  fecit  (II,  27,  5  vivendi  finem   habuisset). 

764.  distracto  in  diversa  animo  (II,  114,  1  tanquara  distractissimus 
ille   .  .  .   huic  uno  negotio  vacaret  animus). 

768.  insignia  regni  susceperunt  (I,  11,  1   assumptis  regni   jnsignibus). 

769.  remanentibus  in  ea  transacti  belli  reliquiis  (II,  114,  4  reliquiis 
totius  belli  in  Delmatia  manentibus,   cf.  II,  17,  1). 

ad  nova  molienda  (II,  129,  2   et  nova  molientem). 

cui  eadem  provincia  sorte  obvenerat  (II,  18,  3  sorte  obvenit  Sullae 
Asia  provincia). 

cuius  fidei  se  Hunoldus  committere  non  dubitavit  (I,  9,  4  persuasit  ut 
se  Romanorum  fidei   committeret). 

782.  ut  primo  per  exploratores,  ubi  Saxones  essent,  cognoscerent 
(II,  112,  5  ante  in  hostem  inciderunt,  quam  per  exploratores,  ubi  hostis 
esset,  cognoscerent). 

798.  in  foedifragos  ac  desertores  arma  corripiüt  (II,  85,  3  qui  in 
desertores  saevire  debuerat). 

Translatio  18.  spe  quam  conceperat  frustratus  (II,  21,  2  Cn.  Pom- 
peius  .  .  .  frustratus  spe   continuandi  consulatus). 

Auch  hier,  ist  die  Benutzung  eine  ziemlich  starke,  sie 
bezieht  sich  zumeist  auf  stiHstische  Eigenthümlichkeiten  und 
sekene  Redewendungen.  Jedenfalls  zeugt  sie  von  grossem 
Geschick  in  der  Handhabung  der  lateinischen  Sprache,  denn 
wir  finden  kein  ungeschicktes  Abschreiben,  sondern  der  Autor 
hat  es  verstanden,  das  Entlehnte  in  den  Rahmen  des  Ganzen 
zu  passen,  so  dass  viele  Stellen  nur  mit  Mühe  Aviedererkannt 
werden  können.  Dies  Resultat  nun  dürfte  interessant  für  die 
handschriftliche  Ueberlieferung  des  Velleius  werden ,  da  wir 
doch  wohl  eine  Fuldaer  Handschrift  als  benutzt  annehmen 
können.  Wir  ersehen  wenigstens  daraus,  dass  Velleius  noch 
im  9.  Jahrhundert  in  gutem  Ansehen  stand,  und  dass  er  in 
Deutschland  Aveiter  verbreitet  war,  als  man  bisher  nach  der 
einzigen  Handschrift  des  Beatus  Rhenanus  geglaubt  hat. 


Einharts  AVerke   uud  ihr  Stil.  527 

§.  5.     Curtius  Kufus. 

Vita  c.  13.  obequitantem  et  singulos  hortantein  (II,  10,  4  cumqne 
agmini  obequitaret,  varia  oratione,  iit  cuiusque  animis  aptum  erat  milites 
adloquebatur,  cf.  VIII.  10,  5).     id.  Laur.   813. 

30.  et  exteris  natiouibus  non  minimum  terroris  incussit  (VIII,  10,  5 
itaque  ut  principio  terrorem  incuteret  genti). 

Laur.  797.  ubi  oceanus  Saxoniam  alluit  (IV,  14,  9  terrarum  .  .  .  quas 
oceaiius  liinc  alluit).     id.  A.  Eiuh.  797. 

814.  reparatis  viribus  iterum  eis  bellum  iritulerunt  (IV,  6,  1  ad  repa- 
randas  vires  bellumque  impig-re  renovandum,   cf.  VI,  1,  b). 

Herioldus  rebus  suis  diffidens  (VIII,  2,  27  At  Oxartes  trepidum  diffi- 
dentemque   rebus  suis   Sisimithrem   .  .  .). 

815.  ibique  stativis  triduo  liabitis  (IV,  10, 1  biduo  ibi  rex  stativa  liabuit). 
824.   et    inde    diviso    in    tres    partes    exercitu    .  .  .    (VIII,  1,  1    in  tres 

partes   divisit  exercitum).     id.  A.  Eiub.  787. 

Ann.  Einh.  741.  ad  regnum  ordinandum  ac  provineias  reciperandas 
animos  intendunt  (IV,  6,  1  ad  reparandas  vires  bellumque  impigre  reno- 
vandum intendit  animum), 

775.  quae  eum  transitu  flumiuis  arcere  conabatur  (IV,  9,  7  quibus 
hostem  transitu  amnis  arceret). 

777.  prima  adspirante  veris  temperie  (III,  8,  20  illam  ipsam  fortunam, 
qua  adspirante  .  .  .,  IV,  7,  17  caeli  quoque  mira  temperies,  verno  tepori 
maxime  similis).     id.   779.  83.  91.  800.   Laur.  811.  13.  20.  25.  Transl.  20. 

782.  qui  .  .  .  compererunt,  Saxoues  ...  ad  bellum  Francis  inferendum 
esse  praeparatos,  omissoque  itinere,  quo  ad  Sclavos  ituri  erant  (V,  13,  1 
Alexander  audito  Dareum  movisse  ab  Ecbatanis,  omisso  itinere,  quod 
petebat). 

783.  cuius  funeri  cum  more  solemni  iusta  persolveret  (VI,  6,  19  rex 
.  .  .  funeri  adfuturus  .  .  .  itaque  Philotas  relictus,  ut  iusta  fratri  persolveret, 
cf.  IV,  12,  2j. 

tanta  eos  caede  prostravit  (798  ingenti  eos  caede  prostravit)  (111,11,14 
barbaros  ingenti  caede  prosternunt,  cf.  IV,  15,  10  ingenti  caede  prostratos 
hostes). 

785.  commeatibus  ex  Francia  advectis  (VI,  2,  15  commeatibus  undi- 
que  advectis). 

786.  salubri  consilio  (III,  4,  3.  V,  12,  8).     id.   epi.st.   16. 

789.  castris  in  ripa  positis  amnem  duobus  pontibus  iunxit  (III,  7,  5 
castrisque  motis  et  Pyramo  amne  ponte  iuucto,  cf.  III,  7,  1,  IV,  9,  9.  12). 
id.  Laur.  821. 

797.  qui  ....  illorum  fidei  commissus  est  (III,  13,  6  cuius  fidei  com- 
missa  erat,  cf.  VI,  9,  21). 

Transl  atio  92.  mentis  compos  (III,  5,  4.  6.  15.  VI,  3,  16.  VII,  6,  22). 
AVie  bei  Velleius  erstreckt  sich  die  Benutzung  meist  nur 
auf  den  sprachlichen  Ausdruck,  in  welchem  ja  Curtius  mannig- 
fache Eigenthümlichkeiten  bot. 

§.  ß.     Tacitus. 
Vita  1.    bubus  iunctis  (Germ.    18). 

crine  profuso,  barba  summissa  (Germ.  31  crinem  barbamque  summittere). 
3.  ex  aequo  (Germ.  36). 

7.  quo  (seil,  bello)  nullum   atrocius  (A.  I,  17  bellum  atrox). 
9.  agmine  longo  (A.  II,  5  longum  impedimentorum  agmen). 
est    enim    locus    insidiis    ponendis    oportunus  (A.  II,  5    oportunum   ad 
insidias). 


528  Einharts  Werke  und  ihr  Stil. 

desuper  incursantes  (A.  II,  16   desuper    incurrerent,    ib.  19  incursant). 

11.  Baioariis  ab  Oriente  contermini  (Germ.  36  contermina  gens, 
A.  III,  45   et  Aeduis  contermini).     id.  A.  Einb.  782.     Laur.  823.  24. 

12.  sinus  quidam  ab  occidentali  oceano  orientem  versus  (Germ.  1 
Rhenus  in  occidentem  versus  septentrionali  Oceano   .  .  .). 

Sueones,  quos  Nortmannos  vocamus  (G.  44.  45).     id.  Laur.  813. 
Aisti  (G.  45). 

13.  quot  proelia  in  eo  gesta,  quantum  sanguinis  effusum  sit,  testatur 
vacua  omni  habitatore  Pannonia  et  locus,  in  quo  regia  Kagani  erat,  ita 
desertus,  ut  ne  vestigiuni  quidem  in  eo  humanae  habitationis  appareat 
(Germ.  37  veterisque  famae  lata  vestigia  manent,  utraque  ripa  castra  ac 
spatia,  quorum  ambitu  nunc  quoque  raetiaris  molem  manusque  gentis  et 
tarn  magui  exitus  fidera)'). 

ceterum  incruentum  pene  Francis  hoc  bellum  fuit  (A.  II,  18  magna 
ea  victoria  neque   cruenta  nobis  fuit). 

15.  totumque  Pyrenaei  montis  iugum  et  usque  ad  Hiberum  amnem 
qui  apud  Navarros  ortus  .  .  .  Balearico  mari  miscetur  (G.  1  montis  Ab- 
nobae  iugo,  Rhenus  .  .  ortus  .  .  septentrionali^)  Oceano  miscetur,  cf.  A.II,  6 
donec  Oceano  misceatur)^).  id.  A.  Einh.  792  Pirinei  montis  iugo.  791.  in 
quo  is  Danubio   miscetur,   793   alter  Moeno  miscetur.    Transl.  20. 

lingua  quidem  pene  similes,  moribus  vero  atque  habitu  valde  dissi- 
miles  (Germ.  29.  45  cetera  similes,  45  quibus  ritus  habitusque  Sueborum, 
lingua  Britannicae  proprior). 

20.   ex  concubina  editus  (G.  2  terra  editum). 

23.  sago  veneto  amictus  ...  et  übula  aurea  sagum  adstringente 
(Germ.  13  tegumen  omnibus  sagum  fibula  ....  consertum  .  .  .  sed  stricta). 

super  Vahalem  fluvium  qui  Batavorum  insulam  a  parte  meridiana 
praeterfluit  (A.  II,  6  iusula  Batavorum  ....  apud  principium  agri  Batavi 
.  .   qua  Germaniam  praevehitur  .  .  .   cognomento  Vahalem  accolae  dicunt). 

28.  imperatoris  nomen  accepit  (A.  I,  58  nomenque  imperatoris  auctore 
Tiberio  accepit). 

29.  barbara  et  antiquissima  carmina  quibus  veterura  regum  actus  et 
bella  canebantur  (Germ.  2  celebrant  carminibus  antiquis,  quod  unum  apud 
illos  memoriae  et  annalium  geuus  est,  A.  II,  88  caniturque  adhuc  barbaras 
apud  gentes). 

Ann.  Laur.  800.    concione  vocata  (A.  I,  29.  II,  14). 

802.  venatibus  indulgens  (G.  15  non  multum  venatibus,  21  convictibus 
.  .  .  indulget,  23  si  indulseris  ebrietati). 

808.  popularium  lidci  diffidentem  (A.  II,  1  haud  perinde  nostri  metu 
quam   fidei  popularium   diffisus).    id.  A.  Einh.  748  fidei  Saxonum   diffidens. 

810.  litori  adiacentes  insulas  (cf.  A.  I,  65  adiacerent  vallo,  79  in  ad- 
iacentia  erupturum).     id.  823.  24.     A.  Einh.  784.     Transl.  20.  28. 

castellum  vocabulo  Hohbuoki  Albiae  Huniini  adpositum  .  .  .  a  Wiltzis 
captum  (A.II,  7  ipse  audito  castellum  Lupiae  flumini  adpositum  obsideri  . . .). 

811.  propter  hiemis  asperitatem  (A.  IV,  56  ob  asperitatem  liiemis, 
cf.  Germ.  2   asperam  caelo,  3   asperitas  soni). 

815.  cum  eis  congredi  non  auderent  (A.  II,  25  non  ausum  congredi 
hostem). 


1)  Wörtliche  Entlehnung  findet  hier  nur  wenig  statt,  der  Gedanke 
stammt  aber  entschieden  aus  Tacitus,  er  ist  nur  in  andere  Worte  gekleidet. 
2)  cf.  ad  occidentalem  oceanum,  aquilonalem  ripam,  Laur.  808.  3)  misceri 
=  münden  findet  sich  nur  bei  Tacitus. 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil.  529 

Rhenus  alpinis  imbribus  auctus  praeter  solitum  exundavit  (A.  I,  76 
continuis  imbribus  auctus  Tiberis  plana  urbis  stagnaverat). 

820.  aquis  in  piano  stagnantibus  (A.  I,  76  plana  urbis  stagnaverat). 

Ann.  Einh.  760.  bello  certare  non  ausus  (A.  I,  45  bello  certaturus). 
id.  Vita  9. 

769.  quae  in  sortem  .  .  .  cesserat  (Germ.  36  fortuna  in  sapientiam  cessit). 

778.  genere  imparis  pugnae  inferiores  effecti  sunt  (A.  II,  20  inparem 
pugnam,  21   sed  genere  pugnae   et  armorum  superabantur). 

pari  modo  sacra  profanaque  pessumdata;  nullum  aetatis  aut  sexus  .  .  . 
(A.  I,  51  non  sexus  non  aetas  miseratiouem  attulit:  profana  simul  et  sacra 
.  .  .   solo   aequantur) '). 

784.  venit  in  campestria  Saxoniae  (Germ.  43  pauca  campestrium). 

787.  cum  Romae  ageret  (cf.  A.I,  4  quibus  Rhodi  .  .  .  egerit,  Germ.  17 
iuxta  focum  .  .  .  agunt,  19  ergo  saepta  pudicitia  agunt,  43  ultra  quod 
plurimae  gentes  agunt,  46  ut  Germani  agunt). 

788.  crimine  maiestatis  accusatus  est  .  .  .  maiestatis  reum  .  .  (A.I,  74 
absolvi  reum  criminibus  maiestatis,  II,  50  crimen  maiestatis,  III,  44  maie- 
statis crimine  reum).     id.  792.     Laur.  801. 

multi  etiam  ex  eis  qui  per  fugam  evadere  conati  Danubium  trauare 
voluerunt  (A.  II,  17   et  plerosque  tranare  Visurgim   conantes). 

790.  ne  quasi  per  otium  torpere  videretur  (Germ.  14  si  civitas  .  .  . 
otio  torpeat,  G.  15  per  otium,  id.  A.  I,  31).     id.  Vita  19. 

791.  nam  is  fluvius  inter  Baioariorum  atque  Hunorum  terminos  medius 
currens  (A.  II,  16  is  medius  inter  Visurgim  et  colles).  Transl.  2  inter 
Necearum   et  Moenum  fluvios  medius. 

certus  duorum  regnorum  limes  habebatur  (Germ.  32  eertum  iam  alveo 
Rhenum  quique  terminus  esse  sufficiat).  Vita  c.  7  utrorumque  agros  certo 
limite   disterminaut.     cf.  Lucan.  Phars.  I,  215   certus  limes  distermiuat. 

798.  quicquid  Saxoniae  inter  Albiam  ac  Wisuram  interiacet  (Germ.  46 
quicquid  inter  Peucinos  Fennosque  silvarum  ac  montium   erigitur). 

799.  arraa  ducum  qui  se  dediderant  inscriptis  singulorum  nominibus 
(A.  II,  18  arma  subscriptis  victarum  gentium  nominibus). 

Translatio   58.    casus  obtulerat  (A.I,  28). 

65.  tres  dies  totidemque  noctes  orando  continuare  (Germ.  22  diem 
noctemque  potando  continuare). 

68.   ducere  noctem  (Germ.  11   nox  ducere   diem  videtur). 

Epist.  (Lupi  epist.  ed.  Baluzius,  Antw.  1710,  p.  7)  quid  super  excessu 
carissimae  contubernalis  (Tac.  ab   excessu  divi  Augusti). 

Ann.  Fuld.  772.  Visurgis  (A.  II,  9.  11.  12.  16.  17j.  id.  775. 
Dass  Tacitus  im  9.  Jahrhundert  in  Fulda  gelesen  wurde, 
bezeugt  jene  Stelle  der  A.  Fuld.  zu  852  2)  und  die  Translatio 
S.  Alexandri ,  in  welcher  ganze  Capitel  der  Germania  aus- 
geschrieben sind.  Wir  haben  jedoch  nicht  nur  die  Germania, 
sondern  auch  die  drei  oder  vier  ersten  Bücher  der  Annalen  als 
benutzt  ermitteln  können.  Ein  ähnliches  Resultat  fanden  Avir 
schon  bei  Livius,  dass  nämlich  nur  die  ersten  Bücher  berück- 
sichtigt  wurden.     Dagegen    haben   1.  XI  —  XVI   der   Annalen 

1)  Diese  Stelle  ist,  wie  oben  bemerkt,  compiliert  aus  Liv.  21,  15  'vix 
ullum  aetatis  discrimen  ira  liostis  fecerat'  und  dem  obigen  Citat  aus 
Tac.  A.  1,  51,  2)  M.  G.  SS.  I,  368  super  amnem  quem  Cornelius  Tacitus 
scriptor  rerum  a  Romanis  in  ea  geute  gestarum  Visurgim,  moderni  vero 
Wisaraha  vocant. 


530  Einharts  Werke  und  ihr  Stil. 

und  die  Historien  sowie  der  Dialogus  und  Agricola  nichts  er- 
geben, was  einer  Benutzung  ähnlich  sehen  könnte,  und  es  wäre 
doch  zu  verwundern,  dass  Einhart  die  Biographie  des  Agricola 
für  die  Vita  C.  nicht  ausgebeutet  haben  sollte,  wenn  sie  ihm 
vorgelegen  hättte. 

Es  können  nun  unsere  Resultate  die  jetzt  geltende  Annahme 
über  den  cod.  Mediceus  I.  des  Tacitus  bestätigen,  dass  nämlich 
diese  Corveyer  Handschrift  Abschrift  einer  Fuldaer  saec.  IX. 
ist.  Jedenfalls  spricht  die  sehr  stai*ke  Benutzung  für  das 
eifrige  Studium,  welches  man  dem  Tacitus  zuwandte '). 

Dass  die  Namen  Sueones  und  Aisti  2)  aus  der  Germania 
stammen,  ist  leicht  zu  erweisen.  Es  heisst  in  der  Vita  c.  12 
''Sueones,  quos  Nortmannos  vocamus'.  Einhart  findet  es  also 
für  nöthig,  den  Namen  Sueones  zu  erklären,  er  gebraucht  ihn 
als  Fremdwort.  Sueones  aber  kommen  seit  Tacitus  erst  bei 
Einhart  wieder  vor,  später  bei  Prudentius  Ann.  Bertin.  839 
(SS.  I,  434),  Vita  Anskarii  (SS.  H,  687.  89.  96.  99  etc.).  Das 
Wort  ist  also  im  frühen  Mittelalter  überaus  selten  und  bei  der 
sonstigen  starken  Benutzung  der  Germania  durch  Einhart  liegt 
es  wohl  sehr  nahe,  diese  auch  hierfür  anzunehmen,  zumal  da 
wir  gleich  darauf  das  Wort  Aisti  finden,  welches  in  der  Ger- 
mania auch  in  demselben  Zusammenhange  steht.  Nur  Jordanes 
de  reb.  get.  c.  23  nennt  die  Aesti,  aber  es  ist  unerwiesen,  dass 
Einhart  den  Jordanes  gekannt  hat.  Der  Zusatz  'quos  Nort- 
mannos vocamus'  ist  jedenfalls  entscheidend,  Svieones  muss  ein 
unbekanntes  und  veraltetes  Wort  gewiesen  sein,  sonst  hätte 
Einhart  keine  Erklärung  gegeben.  Wo  Avir  eine  solche  bei 
geographischen  Eigennamen  finden,  können  wir  mit  Sicherheit 
auf  Entlehnung  aus  einem  classischen  Autor  schliessen,  wie 
z.  B.  791  'Reginum  civitas  quae  nunc  Reganesburg  vocatur'; 
Reginum  findet  sich  nur  in  der  tab.  Peutingeriana  und  in  dem 
Itinerar.  Ant.  798  'Baleares  insidae,  quae  nunc  ab  incolis  earum 
Maiorica  et  Minorica  vocitantur'.  Cf.  Liv.  22,  20.  23,  40.  ep.  60. 
Flor.  I,  42.  II,  10.  tab.  Peut.,  Itin.  Ant. 

§.  7.     Suetonius. 
Vita  c.  3.     ant  eo  amplius  (Cal.  15). 
morbo  aqnae  intercutis  diem  obiit  (Ner.  5). 
conditione  praemissa  (Cal.  58). 

4.  explicandas  atque  demonstrandas  (Aug.  9). 
deinde  mores  et  studia  eius  narrando  (Aug.  61). 

5.  omuium   bellorum   quae  gessit  (Aug.  16). 
expeditionem  susceptam  (Tib.  67,  Claud.  17). 


1)  Wie  geschickt  Einhart  hei  der  Benutzung  seiner  Muster  verfahren 
ist  und  wie  sehr  dadurch  das  Auffinden  von  Citaten  erschwert  ist,  zeigt 
besonders  eine  Stelle  der  Transl.  c.  65:  'tres  diem  totideraque  noctes 
orando  continuare';  die  benutzte  Tacitusstelle  heisst:  'diem  noctemque 
potando   continuare  nulli  probrum'.  2)  Vita  c.  12. 


Einhalts  Werke  und  ihr   Stil.  531 

belhim  iiicboatum  (Aug-.  16). 

7.  bellum  interraittere  (Aug.  16). 
pronus  ad  (Tib.  44.  Vit.  14). 
praeceps  ad  (Aug.  47). 

per  se   ducto  exercitu  (Aug.  20).     Laur.  824. 

8.  paucis  interpositis  diebus  (Tib.  26.   Claud.  26). 
hostes  profligati  (Claud.  30). 

hoc    bellum    sumpsit    exordium  (Aug.  10  omnium  bellorum  initium  et 
causam  hinc  sumpsit). 

9.  salvus  et  iucolumis  (Ner.  34).     id.  epist.  11. 

10.  domuit  et  Brittones  (Aug.  21). 

11.  provinciam  regere  (Galb.  8). 

12.  per  se  gesserat  (Aug.  20). 

14.  ductus  belli  (Aug.  21). 

15.  et  eo  amplius  (Cal.  15).     id.  Laur.  813.  17.  21.  28.     Transl.  9. 

16.  auxit  gloriam  (Cal.  6). 
extant  epistulae  (Caes.  56). 

amicitiam  eins  ultro   expetentes  (Aug.  21 ;  cf.  Cal.  14). 
aedes  sacras  —  ut  restaurarentur  (Aug.  30). 

18.  talem  eum  in  tuendo   —    constat  (Caes.  44). 
ceteraque  ad  interiorem  et  domesticam  vitam  (Aug.  61). 
simultates  tulit  (Aug.  62.   Caes.  73.  Ner.  25). 
repudiare  (Caes.  21.   Tib.  35.   Claud.  26). 

in  matrimoniiim  accipere  (Aug.  62.   Claud,  26). 

de  qua  nihil  liberorum  tulit  (Aug.  63.   Cal.  7). 

colebat  cum  summa  reverentia  (Aug.  93). 

exorta  discordia  (Aug.  62). 

divortium  (Aug.  62.   Caes.  6.   Tit.  4). 

cum  iam  tres  nepotes  totidemque  neples  (Aug.  63). 

19.  liberos  censuit  ita  instituendos  (Aug.  64). 
primo  liberalibus  studiis  (Aug.  84). 
lanificio  assuescere  (Aug.  64). 

ex  quibus  amisit  (Aug.  65). 

mortes  minus  patienter  tulit  (Aug.  65). 

ut  eas  et  facile  admitteret  (Aug.  68). 

affinitate  sibi  coniunxerat  (Ner.  35). 

sine  ipsis  cenaret  (Aug.  64). 

numquam  iter  sine  illis  faceret  (Aug.  64). 

se  earum  contubernio  (Aug.  89.  Tib.  14.  56.  Ner.  34). 

20.  gibbo  deformis  (Dom.  18). 

luminibus  orbati  (Ner.  37,  Vesp.  7).     id.  Laur.  818. 

conspirare  contra  (Caes.  80). 

22.  corpore  fuit  amplo  atque  robusto  (Tib.  68). 

statura  eminenti  (Cal.  50).  * 

quae  tamen  iustam  non  excederet  (Tib.  68). 

proceritas  (Vesp.  17). 

oculis  praegrandibiis  (Tib.  68). 

et  vegetis  (Caes.  45). 

canitie  pulchra  (Claud.  30). 

facie  .  .  .  (Tib,  68). 

unde  formae  auctoritas  acquirebatur  (Claud.  30). 

cervix  obesa  (Ner.  51). 

venterque  proiectior  (Tit.  3). 

tamen  haec  ceterorum  —  aequalitas  (Aug.  79). 


532  Einharts   Werke  und  ihr  Stil. 

ineessu  firmo  (Tib.  68  incedebat). 

valiUidioe  prospera  (Caes.  45.  86.  Tib.  68.   Claud.  31.  Ner.  51). 

febribus  corripiebatur  (Caes.  45.   Claud.  31). 

ad  extremum  (Caes.  31). 

UDO  pede  claudicaret  (Aug.  80). 

exercebatur  equitando  ac  venando  (Tit.  3). 

gentilicium  (Caes.  1.   Claud.  25). 

custodes   corporis  (Cal.  55). 

una  lavarentur  (Tit.  8). 

23.  vestitu  patrio  usus  est  (Cal.  52). 
feminalibus  liiieis  induebatur  (Aug.  82). 
tibialia  (Aug.  82). 

constringere  (Cal.  35.   Ner.  34). 

thorace  confecto  hieme  muniebat  (Aug.  82). 

24.  in  cibo  et  potu  temperans  (Aug.  76). 

convivabatur  rarissime,  tunc  tarnen  cum  magno  hominum  numero 
(Aug.  74). 

caena  cotidiana  praebebatur  (Aug.  74). 
inter  cenandum   —   audiebat  (Aug.  74). 
vini  ter  biberet  (Aug.  77). 
post  cibum   —   quiescebat  (Aug.  78). 
poraorum  aliquid  sumens  (Aug.  77). 
quater  —  expergiscendo  (Aug.  78). 
cum  calciaretur  (Vesp.  21). 

25.  erat  eloquentia  (Aug.  84). 
apertissime  exprimere   (Aug.  86). 
edisceudis  peregrinis  Unguis  (Aug.  86). 
orare  sit  solitus  (Tit.  3). 

facundus  (Cal.  53). 

artes  liberales  studiosissime   coluit  (Tib.  70). 

plurimum  et  temporis  et  laboris  impertivit  (Tib.  50). 

26.  adornavit  (Aug.  29.  Tib.  43). 
aeditui  (Aug.  5.  Dom.  1). 
submissim   cantare  (Aug.  74  provocare). 

27.  duxit  antiquius  (Vesp.  8.   Claud.  27). 
polieret  auctoritate  (Caes.  17|. 

29.  perperam   (Dom.  10). 
insigiiire  (Cal.  31). 

30.  auxit  maie.statem   (Aug.  21.  Tib.  10.   Cal.  17). 

febre  correptus  decubuit  (Caes.  49.  Aug.  43.  Claud.  31.  Ner.  47.  Vit.  3). 
id.  Laur.  815. 

septimo   postquam   decubuit   die   (Vit.  3). 

decessit  anno  aetatis  suae   —   liora  diei  (Aug.  100). 

more  solemni  (Aug.  65.  Claud.  21).  id.  A.  Einh.  783.  85.  88.  90.  95. 
Laur.  819.  20.  21.  22.  25.  26.  29.  Transl.  29.  32.  37.  38.  39.  42.  solemniter, 
Vita  c.  2.  3.    Laur.  812.    epist.  1    more  solemni. 

ubi  reponi  deberet  (Aug.  100). 

32.  appropinquantis  finis  complura  fuere  })rodigia  (Cal.  57). 

exortus  solis  (Aug.  5). 

portendere  (Aug.  94.   Galb.  18.  Vit.  18). 

crepitus  fCal.  54.   Claud.  32).    id.  Transl.  32. 

vel  eo  amplius  (Cal.  15).    id.  Laur.  816.  19.    Transl.  26.  29.  39.  48. 

tacta  de  caclo  (Cal.  57).     id.  Laur.  823. 

ictus  fulminis  (Aug.  97).     id.  Laur.  823. 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil.  533 

33.  testamenta  facere  instituit  (Aug.  101). 

breviario  comprehendit   (Aug.  101.   Galb.  12.  Vesp.  21). 

Ann.  Laur.  801.   more  principum  (Aug.  15.  60.   Cal.27).  A.  Einli.  748. 

qui  praesidebat  (Aug.  26.  35.  Tib.  6.   Claud.  7.  Dom.  4).    id.  829. 

811.  farumque  ibi  ad  navigantium  cursus  dirigendos  antiquitus  con- 
stitutam  restauravit  et  in  summitate  eius  nocturnum  ignem  accendit 
(Claud.  20  in  exeniplum  Ale.xandrini  Phari  ut  ad  nocturnos  ignes  cursura 
navigia  dirigerent). 

817.  eatenus  (Tib.  33). 

818.  morbo  invalescente  (Ner.  27.  Aug.  19). 
824.  vice  fungi  (Claud.  35). 

828.  primo   diluculo  (Vit.  15).    id.  Tiunsl.  20. 

Ann.  Einh.  741.    ad  regnum  ordinandum  (Aug.  13.  Galb.  7). 

771.  patienter  tulit  (Aug.  65). 

775.  fraude  circumvenire  (Tib.  65). 

780.  residuum  hiemis  (Galb.  7,  Aug.  73.  Oth.  9.  Vit.  1). 

784.  hoc  loco  nomen  erat  (Oth    9). 

786.  conveniens  esse  arbitratus  (Aug.  10). 

787.  veniam  sibi  dari  deprecatus  (Tib.  36  depreeantibus  veniam  dedit). 

790.  altercatio  et  contentio  (Tib.  2). 

791.  iter  inchoare  (Vit.  10). 

792.  aestatem  agere  (Aug.  71.  Tib.  60.  Vit.  3.  Vesp.  4). 
Translatio  2.    perlegere  (Claud.  41). 

10.  pulvinus  (Tib.  73.   Cal.  12). 

23.  occasione  oblata  (Caes.  73.   Aug.  16). 

cum  magna  veneratione  coluit  (Aug.  93). 

28.   crebrescente  fama  (Caes.  79), 

30.  silentio  suppressus  (Cal.  16.  Tib.  8.   Gramm.  8). 

32.  crepitus  (Cal.  54.   Claud.  32). 

53.  OS  diductum  (Tib.  53). 

rictus  (Claud.  30). 

64.  stips  (Aug.  91.  Cal.  52). 

69.  gibberosus  (Gramm.  9). 

83.  distorquere  (Galb.  21.  Aug.  83.  Dom.  10).    id.  84.  86. 

Epistulae   14.    voti  compos  (Aug.  28.  58.   Cal.  13). 

23.  praesagium  (Ner.  6.   Galb.  6). 

ostentum  (Caes.  32.  77.  Aug.  94.  Galb.  4). 

50.  valetudine  uti  (Tib.  68.   Claud.  31). 

So  hat  sich  die  Benutzung  Suetons  auch  für  die  andern 
Quellen  ausser  der  Vita  C.  ergeben,  freilich  bei  weitem  nicht 
in  dem  Umfange,  wo  es  keine  Biographie  zu  schreiben  galt. 
Besonderes  Studium  Suetons  werden  wir  daher  für  diese 
erzählenden  Quellen  nicht  anzunehmen  haben,  seine  Darstellung 
widersprach  der  annahstischen.  Ob  die  Schrift  de  grammaticis 
et  rhetoribus  benutzt  worden  ist,  kann  mit  Gewissheit  nicht 
erwiesen  werden. 

§.  8.     Florus. 

Vita  c.  4.  et  domi  et  foris  (I,  13  et  foris  et  domi,  17  talis  domi  ac 
foris).     c.  1  vel  domi  vel  foris.    et".  20. 

5.  bellum  .  . .  cito  peragi  ....  bellumque  iam  paene  peractum  (I,  5.  32. 
II,  9.  13. 

7.  quia  Saxones  sicut  omnes  fere  Germauiam  incolentes  nationes  et 
Neues   Archiv  etc.  VII.  35 


534  Einharts  Werke  und  ihr   Stil. 

natura  feroces  et  cultui  daemonum  dediti  (I,  7  Galli  Sennones,  gens  natura 
ferox  moribus  incondita). 

neque  divina  neque  humana  iura  vel  polluere  vel  transgredi  .  .  (I,  39 
humana  omnia  atque  divina  iura  violata  sunt), 

magna  utrimque  animositate,  c.  11  aiiimositas  regis,  c.  13  animosius 
administravit  (I,  11   pertinaciam  animosiorem). 

magnanimitas  regis  (I,  13   ducum  magnanimitatem,  cf,  22).     id.  c.  28. 

8.  et  cum  sine  intermissione  gereretur  (I,  5  adsidue  et  sine  intermis- 
sione  pugnatum  est)  (cf.  Vita  c.  9   cum  enim  assiduo  ac  pene  continuo  . .  .). 

11.  sicque  bello  celerrimus  finis  impositus  est  (I,  18  tandem  bello 
finis  impositus  est),    id.  A.  Einh.  762.    inoboedientiae   769. 

28.   procul  dubio  (I,  22.  24.  II,  11). 

Ann.  Einh.  775.  et  claustra  Italiae  tuentibus  (1,37  Alpes  id  est 
claustra  Italiae). 

775.  primo  statim  impetu,(II,  11,   cf.  9  statim  primo  impetu). 

pulsi  fugatique  sunt  (I,  1.  II,  8,  13).    id.  779. 

782.  spoliaque  diripienda  (I,  1  captum  ac  direptum  est  oppidum, 
spolia  insuper  ...    cf.  8.  13.  23).    id.  783.  88.  96.    Laur.  819. 

nihil  sibi  cunctanduni  arbitratus  (I,  39  nihil  cunctandum  ratus,  cf.  I,  17. 
II,  13). 

784.  ad  reliquias  belli  Saxonici  conficieudas  (I,  34  Asiatici  belli  reli- 
quias  confecit). 

798.  de  manubiis  quas  apud  Olisiponam  civitatem  a  se  expugnatam 
coeperat  (I,  1    de  manubiis  captarum  urbium,  cf.  I,  33). 

800.  litus  oceani  Gallici  perlustravit  (cf.  I,  23  tota  Graeciae  litora 
peragravit,  3o  peragratoque  victor  Oceani  litore).     id.  Laur.  800. 

Ann.  Laur.  810.    terraque  marique  (I,  31). 

828.  ae  nihil  tale  opinantes  transito  fiumine  adorti  (II,  8  ex  exitu 
inviso  nihil  tale  opinantis  ducis  subito  impetu  castra  rapuerunt). 

Dass  Florus  im  Mittelalter  viel  gelesen  wurde,  ist  bekannt, 
und  wir  haben  hier  eine  neue  Bestätigung  der  schon  ermittelten 
Thatsache,  dass  er  vielfach  ausgeschrieben  worden  ist,  z.  B.  von 
Jordanes,  Frechulph  und  Liutprand. 

§.  9.     Justin. 
Vita  c.  1.    administratio  regni  (36,  4). 

2.  dominätum  sibi  vindicare   (2,  10.   3,  2  regnum  sibi  vindicare). 

3.  Francis  imperaret  (cf.  28,  3   illis). 
successio  regni  (9,  2). 

morbo  decessit  (10,  2.  32,  3). 

6.  socius  regni  (15,  4.  39,  4.  41,  6).    Laur.  817  socius  imperii. 
precibus  exoratus  (9,  7.   12,  6.  22,  2). 

7.  Saxonicum  bellum  repetitnm  est  (20,  5  bellum  quod  lue  deserue- 
rant  repetebant). 

9.  quam  maximo  poterat  belli  apparatu  (32,  3  relicto  magno  belli 
apparatu,   cf.  6,  2.  38,  3).    c.  13  longo  maiori  apparatu;  A.  Einh.  761. 

in  summi  montis  vertice  (cf.  24,  8   e  summo  montis  vertice). 

15.  ut  pene  duplum  ei  adiecerit  (1,  2  Aethiopiam  quoque  imperio 
adiecit). 

opera  tarnen  plurima  .  .  .  quaedam  etiam  consummavit  (2,  15  con- 
summando  operi). 

18.   ex  qua  genuit  (2,  4  et  ex  ea  genuit  Hippolytum). 

in  magno  honore  consenuit  (7,  6  privatus  in  exsilio  consenuit,  cf.  1,  2 
in  feminarum  turba).  A.  Einh.  774  in  patriciatus  ordine  atquo  honore 
consenuit. 


Einharts  Werke  und  ihr   Stil.  535 

19.  equitare,  armis  ac  venatibus  exerceri  fecit  (2,  4  sed  armis  equis 
venationibus  exercebant).     Laur.  817. 

20.  aegritudine  simulata  (2,  15  infirmitate  simulata).    id.  A.  Einh.  763. 
harum   coniurationum  .  .  .causa  et  origo  extitisse  creditur  (1,  7  quae 

res  multorum   bellorum   Cyro  causa  et  origo  fuit,   cf.  3,  4). 

23.  ex  pellibus  lutriuis  et  murinis  (2,  2  pellibus  tantura  ferinis  aut 
murinis  utuntur). 

30.  impositoque  capiti  eius  diademate  impei'atorem  et  augustum  iussit 
appellari  (24,  3  capiti  sororis  diadema  imponit  regiuamque  eani  appellat). 
id.  Laur.  miu.  813. 

Ann.  Laur.  800.  mare  piratis  infestum  (40,  2  Syriam  ludaeorum  et 
Arabum  latrociniis  infestam). 

802.  ut  pacem  cum  ea  statuerent  (5,  10  cum  pax  statuta  esset,  25,  1). 

804.  lionorifice  suscipere  iussit  (28,  4  a  quo  honorifice  susceptus). 
id.  A.  Einh.  781.  799.  Laur.  823.  24.  28.  Trausl.  91.  Laur.  min.  799. 

806.  ad  reciperandam  Dalmatiam  (25,  3  reciperandi  regni  spem,  18,  7). 
A.  Einh.  741   ad  provincias  reciperandas. 

808.  exercitum  transponere  (23,  3). 

tunc  temporis  (1,  4.  3,  6.  8,  3.  12,  2.  42,  5).  id.  815.  Transl.  14.  60.  67. 

809.  atque  ipsi  etiam  insidias  parantibus  cognita  illorum  fraude  .  . 
(32,  3  tunc  et  insidiis  circumventum  suspicari  .  .  atque  ita  cognita  fraude), 

in  ditionem  illi  venire  (36,  3  postea  .  .  in  ditionem  Alexandri  Magni 
venere). 

811.  quae  immanitate  frigoris  clausae  fuerant  (2,  1  aliae  rigerent  fri- 
goris  immanitate).    id.  A.  Einh.  763. 

813.  qui  iamdudum  relicta  patria  apud  Sueones  exulabant  (2,  10  qui 
apud  Xerxen  exulabat). 

817.  iunxit  amicitias  cum  filiis  Godofridi  (43,  3  amicitiam  cum  Romanis 
iunxit,  ib.  5). 

819.  prima  congressione  (4,  5.  22,  3.  31,  6.  36,  4).  id.  A.  Einh.  788.  98. 
totam  eam  provinciam  ita  pacavit  (38,  7  qui  totam  pacavit  Asiam). 
regnum  accepturus  (11,  14.  36,4). 

patria  expulsis  (21,  6). 

820.  autumnalis  satio  (cf.  2,  6  frumenti  satio). 

821.  Harioldus  in  societatem  regni  receptus  (43,  1  ut  et  in  societatem 
regni  reciperetur). 

823.  regnum  teneret  (2,  6.   7,  1).     id.  Fuld.  714. 

826.  tanta  virtutum  vis  enituit  (29,  1   magna  iudoles  virtutis    enituit). 

828.  cui  tutela  Corsicae  insulae  tunc  erat  commissa  (4,  2  tutelamque 
eorum  Micytho  commisisset). 

Ann.  Einh.  741.  ad  spem  totius  regni  concitavit  (cf.  3,  1  in  spem 
regni  adductus,  8,  6  sollicitatum  spe  regni,  15,  4  ad  spem  regni  impulsus, 
23,  2.  31,  1). 

747.  sed  ex  placito  discesserunt  (6,  7  atque  ita  veluti  ex  placito 
consensu  a  proelio  disceditur '). 

749.  apud  quem  summa  potestatis  consisteret  (14,  4  si  propositorum 
Antigoni  in  meo   capite  summa  consistit). 

756.  atque  ex  hoc  aegritudine  contracta  intra  paucos  dies  .  .  .  (32,  3 
nam  brevi  post  tempore  morbo  ex  aegritudine  contracto  decessit). 

1)  Der  Annalist  hat  'consensu'  ausgelassen  und  'placitum'  als  Sub- 
stantiv genommen,  indem  er  ihm  den  Sinn  unterlegte,  den  das  Wort  in 
seiner  Zeit  hatte :  Versammlung  und  deren  Beschluss.  Orosius  hat  hier 
'ex  tacito  consensu'  gelesen;  keine  Handschrift  überliefert  'placito'. 

35* 


536  Einharts  Werke   und  ihr  Stil. 

759.  sed  puer  immatura  morte  praeventus  (32,  3  nisi  morte  praeventus 
fuisset).     Vita  14  nisi  festinata  fuisset  morte  praeventus. 

760.  ad  fidem  promissionibus  facieudam  (1,  7  ut  adfirmationi  suae 
fidem  faceret).    cf.  Fuld.  781. 

761.  coactis  uudique  auxiliis  (1,  6   contractis  undique  auxiliis). 

773.  totum  hiberni  temporis  spatium  consnmpsit  (cf.  37,  2  quattuor 
spatium  horarum  consuraebat). 

778.  et  licet  Franc!  Wasconibus  tarn  armis  quam  animis  praestare 
viderentur  .  .  .  tarnen  inferiores  effecti  sunt  (9,  2  Cum  virtute  et  animo 
praestarent  Scythae,  astu  Philippi  vincuntur). 

in  di versa  dilapsus  est  (38,  8  in  diversa  labitur).  Vita  9  in  di versa 
disperguntur;  A.  Einh.  784  in   diversa  fugare. 

792.  atque  ideo  in  necem  regis  conspiraverant  (16,  5  in  necem  tyranni 
conspirantj. 

797.  exercitum  vero  quem  secum  adduxit  per  totam  Saxoniam  in 
hiberna  divisit  (38,  10  exercitum  suum  Antiochus  per  civitates  in  biberna 
diviserat). 

Translatio,  praefatio.    edere  librum  (praef.  volumina). 

20.  apricitas  (36,  3). 

22.  subtilitas  vestis  (38,  8). 

25.  facinus  perpetrare  (27,  1). 

50.  poenas  luere  (8,  1.   12,  2.   16,  2.  27,  3).    id.  52. 

62.  auxilium  implorare  (20,  2.  22,  2.  23,  3.  27,  2.   28,  1). 

Epist.  7.  vos  in  societatera  norainis  et  regni  .  .  .  adsumsit  (10,  1 
in  societatem  facinoris  adsumtos,   cf.  18,  4.  41,  5). 

Laur.  min.  718.  bestes  in  fugam  compulit  (4,  4  et  bestes  in  fugam 
compulit). 

774.  clausae  obseratae  (19,3  obseratis  foribus,  26,  1),  Transl.  58  fores. 
Fuld.  758.  tributum  imposuit  (2,  3).     id.  Laur.  810. 

§.  10.     Orosius. 
Vita  17,    incendio  conflagravit  (VII,  12).    id.  Laur.  813. 
Laur.  maj.  796.    intestina  clade  addictis  (V,  17). 
805.  summa  regni  (II,  2). 

809.  obsidione   diniissa  (II,  19.  III,  13). 

negotio  penitus  infecto  (IV,  20).     A.  Einh.  787.    Transl.  6. 

810.  hello  Venetiam  appetere  (VI,  3). 
acie  congredi  (V,  24). 

824.  pene  usque  ad  internecionem  (III,  12.  18.  V,  15). 

828.  in  fugam  agere  (III,  23.  IV,  9.  20). 

Ann.  Einb.   742.    a  societate   deficere  (VI,  13). 

786.  mira  celeritate  compressit  (VI,  4).    id.  Fuld.  742. 

Translatio   2.    adJutorio  fultus  (III,  1.   IV,  1). 

caelum  grave  (VII,  4). 

Laur.   min.   714.    regnum  obtinere  (VII,  21). 

716.  quae  contiguae  Rheno  sunti)  (I,  2.  II,  18).  id.  Fuld.  716. 
A.  Einb.  772.  74.  Vita  c.  7.  17.  32.  A.  Laur.  820.  22.  24.  Transl.  7.  19.  56. 

730.   coUecta  manu  (II,  1). 

742.  res  novas  molientem  opprimere^)  (VII,  22).  id.  Vita  6.  A.  Einb. 
776.    Laur.  818.    Fuld.  746. 

1)  Findet  sieb  auch  bei  Tac.  A.  II,  60,  jedoch  nicht  mit  dem  Dativ, 
wie  bei  Orosius.  2)  Der  Ausdruck  ist  bei  Sueton  häufig,  steht  jedocli  nur 
bei  Orosius  in  der  Verbindung  mit  opprimere.  Aus  Laur.  min.  gelangte 
er  in  die  Fuld.,  aus  diesen  in  A.  Einb.,  Vita  C.  und  Laur.  maj.  (cf.  Suet. 
Aug.  14.  66.  Tib.  25.  65.  Galb.  11.  Tac.  A.  II,  27). 


Einharts   Werke  und  ihr  Stil.  537- 

759,  fiiga  lapsus  {IV,  4.  V,  4). 

768.  finem   dedit  (II,  18). 

774.  regnum  adeptus  (II,  8.  III,  12.  VII,  6.  21). 

§•    P- 
Soweit   lassen    sich   unsere    Citate    mit   einiger    Sicherheit 

auf  ihren  Autor  zurückführen.    Wir  finden  nun  aber  noch  eine 

grössere    Anzahl    seltener    Redewendungen,    welche    mehreren 

Autoren  entlehnt  sein  können,   wo   der  wirklich   benutzte  sich 

also   nicht   nachweisen  lässt.     Zwei  Gruppen  können  wir  hier 

scheiden : 

1.  Citate,  welche  nicht  auf  Orosius  zurückgehen: 

Vital,  responsa  reddere  (Vell.I,  10.  2.  Liv.1,32.  11,15).  id.  Laur.  824. 

5.  bellum  reparare   (Curt.  V,  7,  2.  Just.  4,  5.   22,  3). 

6.  memoriae  mandare  (Vell.  I,  15,  1.  II,  8,  1.  112,  1.  Suet,  Cal.  8). 
id.  Transl.  praef. 

7.  vix  ullus  annus  exactus  sit  (Caes.  B.  G.  III,  28  exacta  iam  aestas, 
Liv.  II,  40  exacta  aetate).  Laur.  816  duobus  exactis  mensibus.  817.  24, 
Transl.  15,  46.  93, 

ea  conditione  proposita  (Justin.  I,  6.  Suet.  Aug.  32.  Hirt.  B.  G.  VIII,  3). 

8.  paucis  interpositis  diebus  (Suet.  Tib.  26.  Claud.  26.  Vell.  I,  14.  2. 
11,  6,  1),     id,  Laur.  824.  Transl.  65. 

9.  in  deditionem  acceptis  (Caes.  B.  G.  I,  28.  II,  12.  Liv.  21,  5  etc.). 
id.  6,  15.  Laur.  797.  801.  2.  10,     A.  Einh.  741.  43.  44.  48.  67.  78.  79. 

15.  regnum  ampliavit  (Suet.  Caes.  44.  Just.  7,  4,  23,  1). 

16.  adhibens  curam  (Curt.  III,  12,  22.   Suet.  Vit.  5). 

17.  molitus  est  et  classem  (Flor.  I,  5  aedem,  id.  Vell.  I,  11,  5;  15,  3 
theatrum). 

stationibus  dispositis  (Suet.  Tib.  37.   Caes.  B.  G.  V,  16). 

25.  parum  successit  labor  (cf.  Just.  9,  3.  Nep.  Dat.  6). 

28.  fidem    regis    implorare    (Liv.  23,  36,  Curt.  V,  13.  16.  VIII,  1,  47), 

totum  hiemis  tempus  extraxit  (Liv,  22,  15  aestatis  reliquom  extraxit, 
Curt.  VI,  8,  13  biduum  extraxisset,  VII,  8,  2  noctem  vigiliis,  VIII,  2,  6, 
6,  14,  17.   14,  28.  X,  2,  10). 

32,  iaculum  quod  forte  manu  tenebat  (Liv.  22,  1  scipionem  quem 
manu  tenuerat,  Curt.  III,  6,  9  epistolam  manu  tenens,  Suet.  Caes.  8), 

Laur.  799.  post  tot  prospere  gestas  res  (Suet.  Tib.  19.  Vell,  II,  102,  2, 
Liv.  ep.  3,  6.  7  etc.).     id.  A.  Einb.  768. 

800,  adversa  valetudo  (Just.  41,  6.  Suet.  Cal,  14,  Curt.  III,  7,  1,  IX, 
6,  4).     id.  802,  A,  Einh.  800.  Transl.  61, 

801.  coronam  capiti  imponere  (.Just.  15,  3.  18,  2.  Suet.  Caes,  79). 
id.  A.  Einh,  781.  Laur,  min,  800, 

graviter  concussa  est  (Vell,  II,  79,  3.  Just.  30,  4), 
classem  parare  (Liv.  21,  17,   Curt.  X,  2). 

804,  propius  accedere  (Liv.  21,  24.  Caes.  B,  G.  I,  42.  IV,  11.  Nep. 
Milt.  7.  Curt.  V,  11,  4). 

807.  Sardiniam  adpulsi  sunt  (Just.  18,  1.  Vell.  I,  1,  1). 

808,  patria  pellere  (Just.  13,  5.  Nep.  Ar.  1). 

810.   classem  comparare  (27,  1.  2,  Nep.  Ag.  2.   Flor.  I,  18). 
vanissima  spe  inflatus  (Just.  32,3.  Curt.  111,2, 10.  X,  10, 14).  id. Vita  14. 
813.  consorsimperialisnominis  (Tac.A.I,3.  Suet. Tib.  1.  Vell. II,  129, 1). 
eruptioue   facta  (Caes.  B.  G.  III,  3.  5.  6.    Liv.  22,  6,  24,    ep.  17).     id. 
A.  Einh.  776. 


538  Einharts  Werke   und  ihr  Stil. 

815.  ab  incepto  desistere  (Curt.  VII,  1,  15.  VIII,  11,  19,  Vell.  I,  10,  1. 
Flor.  II,  12.  I,  22).     id.  Vita  5. 

817.  rationera  habere  (Suet.  Vit.  8.  Vell.  II,  30,  3.  35,  2).     id.  828. 

de  reditu  desperare  (cf.  Caes.  B.  G.  I,  18,  40.  Liv.  22,  61.  Nep.  Milt.  4. 
Eum.  9).     id.  epist.  4. 

pedestres  copiae  (Caes.  B.  G.  II,  17.  III,  11.  20.  Curt.  IV,  7,  3.  V,  5,  3). 

impositis  firmasse  praesidiis  (Liv.  21,  21.  57.  Just.  VI,  6.  Curt.  III,  7,  2. 
IX,  8,  10). 

arma  deponere  (Caes.  B.  G.  IV,  32.  Vell.II,  16,  4.  Flor.  1,33.  Curt.  IV, 
12,  16). 

819.  se  permittere  gestiens  (Vell.  II,  7,  1.  Just.  2,  9.  7,  6.  8,  3.  21,  1. 
43,  3.   Suet.  Cal.  6).     id.  Transl.  30. 

parva  manu  (Just.  16,  3.   26,  2,  30,  3.  Nep.  Dat.  4). 
venatorius  (Suet.  Augf.  19.  Nep.  Dat.  3). 

820.  proventus  vini  (cf.  Suet.  Claud.  16.  Just.  13,  2).    Epist.  28  mellis. 

821.  navi    impositum  (Suet.  Caes.  66.  Just.  23,  2.  36,  4).     Transl.  39. 
rationem    reddere    (Tac.  A.  I,  6.  Just.  16,  2.  22,  6.  Vell.  I,  3,  2.   Suet. 

Galb.  9). 

824.  gentilicia  perfidia  (Suet.  Caes.  1.  Claud.  25.  Vell.  II,  119,  5). 
id.  825.    Transl.  55. 

826.  poenas  perfidiae  dedit  (Just.  10,  2.  18,  7.  35,  2.  36,  4.  Nep. 
Milt.  3.    Vell.  I,  11,  1.    II,  4,  1.    64,  1.    68,  3.    87,  3.    Flor.  I,  16.    II,  10). 

A.  Einh.  796. 

liumanae  imbecillitatis  tidem  excedere  (Vell.  II,  50,  1.  56,  1  humanam 
fidem   excedere;   cf.  Curt.  III,  13,  11.  V,  6,  9   fidem  excedere). 

827.  animuni  mitigare  (Just.  13,  3.   Curt.  V,  3,  1).    id.  A.  Einh.  760. 

828.  Corsicam  circumvectus  (Just.  11,  9.  Nep.  Tiraoth.  1.  Curt.  IV, 
15,  5.   16,  2). 

829.  ventus  coortus  (Caes.  B.  G.  V,  10.  Flor.  I,  22). 

Ann.  Einh.  743.  iunctis  copiis  (Liv.  21,  35.  23,  28.  Curt.  VIII,  10,  21). 
746.  aliquamdiu  commoratus  (cf.  Liv.  II,  10.  Nep.  Dat.  11).  Transl.  1. 

755.  cum  valida  manu  (Just.  13,  5.  Curt.  IV,  13,  30.  VIII,  2,  22). 
id.  787.    Laur.  819. 

acerrime  pugnatum  est  (Just  11,  14.  Caes.  B.  G.  I,  26.  II,  10.  III,  20. 
IV,  26). 

756.  iureiurando  obstringere  (Caes.  B.  G.  I,  31.  Just.  1,9.  3,4.  5,  11. 
11,  3). 

758.  proelio  pellere  (Caes.  B.  G.  I,  10.  44.  Just.  7,  2.  Vell.  II,  24,  1). 

in  Galliam  se  recepit  (Caes.  IV,  18.  33.  Suet.  Aug.  17.  Tib.  49). 
Laur.  796. 

760.  hello  abstinuit  (Liv.  I,  14.  ep.  48.  Just.  12,  2).   id.  786. 

764.  domi  se  continuit  (cf.  Suet.  Caes.  81.  Galb.  18.  Vell.  II,  44,  5. 
Just.  42,  4). 

768.  aliquantum  temporis  (Liv.  23,  34.   Curt.  X,  2,  10). 

773.  navem  conscendit  (Just.  2,  8.  12.  3,  7.  25,  2.  Nep.  Dat.  4.  Caes. 

B.  G.  IV,  23.  Liv.  24,  3).     id.  Transl.  93. 

multa  moliri  (Vell.  II,  26,  1.  Nep.  Tim.  3). 

774.  dum  haec  in  Italia  geruntur  (cf.  Vell.  II,  37,  1.  Liv.  21,  60.  24,  1. 
Just,  21,  4). 

ad  deditionem  compulit  (Suet.  Aug.  14.  Curt.  VIII,  2,  25.  13,2.  IX.  1, 
19.  23). 

775.  fraude  decipere  (Suet.  Tib.  25.  Just.  VII,  5.  Vell.  II,  69,  1.  82,  3. 
Curt.  VII,  7,  34). 

semisomnos  adorti  (Tac.  A.  I,  51.   Curt.  VIII,  3.  8). 


Einharts   Werke  und  ihr  Stil.  539 

777.  fidem  promissionibus  habere  (Curt.  IV,  6,  12.  31.  VI,  8,  13, 
Just.  1,  13.   24,  5.  Nep.  Dat.  11).    Transl.  5.  57.     Laur.  823. 

778.  spem  concipiens  (Snet.  Tib.  14.  Curt.  IX,  6,  1.  X,  2,  21.  Vell.  II, 
67,  2.    108,  4).     Transl.  25.  65.  G7.  72. 

779.  hostem  propiilsare  (Caes.  B.  G.  I,  49.  Tac.  A.  I,  63). 
in  hiberna  se  recepit  (Hirt.  B.  G.  VIII,  4.   Suet.  Aug.  17). 

780.  res  componere  (.Just.  14,  4.   Suet.  Vit.  9). 

781.  in  fide  permanere  (Suet.  Aug.  21.  Liv.  ep.  78.  81). 
sine  cunctatione  (Tae.  A.  I,  25.  Suet.  Aug.  12). 

785.  cum  expedita  manu  (Nep.  Dat.  6.  Tac.  A.  II,  7.  Curt.  III,  4,  15. 
IV,  3,  1.   7,  3.  V,  1,  5). 

ingenti  clade  adfecisset  (Suet.  Caes.  25.   Curt.  X,  6,  6). 
transacta  hieme  (cf.  Suet.  Cal.  59.  Tib.  11.  Nep.  Them.  9). 
impunitas  (Vell.  II,  3,  3.   125,  2.  Just.  41,  3.  Liv.  II,  1). 

786,  tributarium  facere  (Vell.  II,  38,  5.  Just.  5,  2.  7.  22,  7).  Vita  15. 
Fuld.  737. 

789.  hello  lacessere  (Just.  35,  1.  40,  1.  41,  1.  44,  5.  Vell.  II,  109,  1. 
Curt.  VII,  10,  8).    Vita  12  ineursione. 

792.  morte  multare   (Vell.  II,  12,  6.  Flor.  II,  17.  Nep,  Ep.  8). 

793.  iter  intermisit  (Caes.  B.  G.  I,  26.  41.  III,  13.  Liv.  24,  12). 
navium  capax  (cf.  Tac.  A.  I,  11.  13.  Vell.  I,  16,  2). 

in  cassum  (Tac.  A.  I,  4.  Just.  11,  15.   Liv.  II,  49). 

humore  infectus  (cf.  Tac.  A.  I,  42.  65.  Just.  36,  4). 

egestum  fuerat  (cf.  Tac.  A.  I,  65.  Curt.  V,  1,  29.  VII,  10,  14). 

794.  cum  dimidia  parte  (Suet.  Caes.  41.  42.  Liv.  22,  40). 
iusidias  disponere  (Liv.  23,  1.  Flor.  I,  44). 

800.  Septem  non  amplius  dies  (cf.  Liv.  I,  18,  53.  Vell.  II,  10,  4.   113,  1). 

Translatio,  praef.    in    propatulo   esse  (Liv.  24,  16.  Tac.  A.  IV,  74). 

2.  in  potestatem  venire  (Curt. III,  11,  10.  VIII,  2,28,  11,  2.  Nep.  Dat. 3). 

iter  ingredi  (.Just.  I,  6,  Suet.  Cal.  43.  Galb.  8,  11.  Curt.  III,  13,4. 
IV,  7,  6.  V,  3,  6).    id.  18.  30.  44. 

17.  prima  luce  (Caes.  B.  G.  I,  22.  II,  11.  Liv.  I,  44.  50.  51.  II,  25  etc.). 

25.  pedibus  provolutus')  (cf.  Just.  XI,  9.  Curt.  III,  12,  17.  VIII,  1,  48). 

29.  venerabundus  (Suet,  Cal.  15.  Liv.  I,  16.   Curt.  VIII,  5,  6). 

44.  singillatim   (Caes.  B.  G.  III,  2.  V,  52.   Suet.  Aug.  9). 

46.   gratulabundus  (Suet.  Galb.  19.  Just.  VI,  8). 

53,  vota  persolvere  (Tae.  A.  III,  64.   Curt.  VI,  11,  7). 

67.  paucis  expediam  (Tac.  G.  27  instituta  ritusque  expediara,  Verg. 
Aen.  XI,  314   expediam  et  paucis  docebo). 

85.  moris  est  (Tac.  A.  I,  56.  G.  13,  21.  Vell.  II,  37,  5.  40,  3.   107,  1). 

Epistulae  2.  ssnectute  gravis  (cf.  Curt.  V,  2.  16.  VII,  4,  34  aetate 
gravis,  id.  Liv.  II,  19). 

2.  Citate,  welche  auf  Oro.sius  zurückgehen  können.  Be- 
kanntlich hat  Orosius  für  seine  Weltgeschichte  viele  classische 
Autoren  benutzt,  so  den  Caesar,  Livius,  Tacitus,  Florus,  Justin, 
Sueton,  Eutrop,  und  da  er  diese  zum  Theil  wörtlich  abschreibt, 
andererseits  ihnen  auch  viele  stilistische  Eigenthümlichkeiten 
entlehnt,  so  finden  wir  in  seinem  Stil  eine  grosse  Anzahl  sel- 
tener Ausdrücke,  welche  zum  Theil  auch  in  unseren  karolingi- 


1)  Just.  1.  c.  geuibus  provolutus,   Curt.  1.  c.  pedibus  advoluta,  genibus 
advolutus. 


540  Einharts  Werke  und  ihr   Stil. 

sehen  Quellen  wiederkehren.  Da  nun  Orosius  von  diesen 
sicher  benutzt  ist,  so  kann  man  nicht  entscheiden,  ob  jene 
Stellen  dem  Orosius  entlehnt  sind,  oder  seinen  Quellen,  welche 
wir  ja  auch  in  der  Mehrzahl  für  die  karolingische  Zeit  ermittelt 
haben. 

Vita,  praef.    silentio  praeterire  (Just.  42,  2.  Or.  III,  4). 

6.  longa  obsidione  fatigaverat  (Flor.  I,  7.  Or.  I,  21).  id.  A.  Einh.  774. 
Laur.  802. 

7.  poenam  exigere  (Suet.  Caes.  70.  Just.  21,  4.  Or.  IV,  6). 
multimoda  divisione  (Arum.  Marc.  24,  2.  13.   Or.  VII,  32). 

8.  non  cessatum  a  certamine  (Liv.  21,  8,  11.   Or.  II,  5.  III,  7.  IV,  2), 

9.  proelium    conserere    (Liv.  21,  4.    22,48.    Just.  7,  2.    23,3.    24,5. 

33,  1.  Or.  III,  23.  IV,  3.  8).    id.  A.  Fuld.  782.  Einb.  793.  Laur.  828. 

10.  obsidatus  gratia  (Amin.  16,  27.  18,  15.  23,  7.  25,  24.  Or.  III,  15). 
id.  A.  Fuld.  786.  Einh.  786. 

11.  copiis  undique  contractis  (Flor.  II,  13.  Or.  IV,  6.  VI,  18).  id.  A, 
Einh.  760.  63.  69.  76. 

13.  expeditionem  facere  (Gurt.  VIII,  1,  25.  Or.  VII,  18).  id.  A.  Einh. 
791.   Laur.  812. 

usque  in  id  temporis  (Vell.  II,  4,  6.  80,  2.  Or.  I,  12.  VII,  9). 

14.  piraticam  exercere  (Just.  8,  3.  22,  1.  Or.  III,  12).  id.  A.  Einh.  798. 
vectigalem    facere    (Caes.  B.  G.  IV,  3.    Just.  2,  3.   Or.  I,  14.  III,  18). 

id.  Laur.  808. 

Ann.  Fuld.  772.  hello  aggredi  (Just.  7,  2.  Or.  IV,  6.  V,  14.  24). 
id.  A.  Einh.  772.  75.  89. 

775.  regnum  affectare  (Liv.  I,  46.  35.  II,  7.  Just.  2,  15.  15,  2.  18,  7. 
Or.  IV,  6.  V,  20).    id.  A.  Einh.  769. 

Laur.  797.  regno  pulsus  (Liv.  I,  40.  ep.  47.  107.  Just.  2,  9.  34,2. 
35,  1.  Or.  I,  11.  V,  10.  VII,  17).    id.  808.  13.  14.  26. 

798.  arina  corripere  (Vell.  II,  110,  2.  Flor.  I,  3.  4.  II,  30.  Gurt.  VIII, 
14,  27.  Or.  VII,  35).    id.  A.  Einh.  798.  Laur.  min.  731. 

803.  rem  publicam  regere  (Suet.  Vit.  11.  Just.  5,  10.  Or,  VII,  17). 

807.  proelio  decertare  (Caes.  B.  G.  I,  50.  III,  37.  Vell.  II,  12,  5. 
Or.  VII,  29). 

809.  collecta  manu  (Liv.  I,  5.  Or.  III,  1).  id.  A.  Einh.  747.  Laur. 
min.  780. 

812.  victoriam  adipisci  (Caes.  B.  G.  V,  28.  Vell.I,  10,  3.  Suet.  Aug.  16. 
Or.  VII,  30). 

820.  quid  sibi  facto  opus  esse  .  .  .  (Caes.  B.  G.  I,  42.  Liv.  I,  58.  21,  27. 
Or.  IV,  6.  VI,  15), 

821.  copiam   pugnandi   facere    (Liv.  22,  12.  44.  Vell.  II,  112,  3.  Just. 

34,  1.  Or.  V,  7). 

824.  in    insidias    deducere  (Liv.  ep.  25.  Just.  43,  5.  44,  5.  Or.  V,  18). 

825.  in  quantum  potuit  (Vell.  I,  9,  3.  II,  8,  1.   120,  1.  Or.  VII,  39). 
Ann.  Einh.  741.    regno    potiri    (Liv.  I,  19.    Just.  1,  2.    11,4.  111,1. 

14,  5.  Tac.  A.  II,  3.   Or.  I,  9.  15.  VII,  30). 

755.  manum  conserere  (Liv.  21,  41.  24,14.  Nep.Dat.8.  Ag.  3.  Hann.4. 
Flor.  I,  33.   Or.  II,  9). 

obsidionem  solvere  (Liv.  24,  41.  Curt.  IV,  4,  1.  VI,  6,  34.  Just.  9,  2. 
Or.  II,  12). 

761.  ultionem  exigere  (Just.  1,  4.  9,  6.   16,  1.  Or.  VII,  27.  35). 

hello  premi  (Nep.  Timoth.  3.  Vell.  I,  2,  1.  Just.  9,  2.  16,  1.  21,  3. 
38,  4.  Or.  VII,  25).    id.  789. 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil.  541 

summa  inipeiii  (Caes.  B.  G.  II,  22.  Nep.  Hann.  3.  Dat.  3.  Or.  II,  16). 
id.  Vita  1. 

762.  Aquitaniam  repetere  (cf.  Just.  4,  4.  Suet.  Aug.  17.  Caes.  2.  Tib.  18. 
Or.  II,  14). 

exercitum  in  hiberna  dimittere  (Suet.  Aug.  49.  Or.  VI,  9.  11). 

769.   bellum  transigere   (Suet.  Aug.  13.  Or.  III,  7). 

771.  ex  integro  (Just.  2,  15.  15,  4.  12,  3.  18,  3.  Suet.  Aug.  16. 
Or.  III,  23). 

774.  disperatis  patriae  rebus  (Caes.  B.  G.  II,  24.  III,  26.  Just.  5,  6. 
8,  1.  14,  3.  23,  2.  Curt.  VII,  11,  28.  Nep.  Hann.  8.  Dat.  6.  Vell.  II,  27,  4. 
Or.  II,  16). 

776.  praesidium  expellere  (Nep.  Ep.  10.  Ju.st.  38,  1.  Or.  III,  15). 

782.  in  acie  stare  (Liv.  22,  46.  60.  23,  16.  Curt.  IV,  11,  4.  VI,  19,  30. 
VII,  2,  11.  Or.  III,  23). 

789.  impetum  sustinere  (Caes.  B.  G.  I,  24.  26.  II,  11.  Or.  III,  15). 

798.  in  societatem  recipere  (Vell.  II,  118,  :-i.  Just.  15,  2.  43,  1.  Or.  II, 
17.  III,  23). 

Translatio  2.  fidem  experiri  (Curt.  VIII,  2,  27.  Or.  VI,  15). 
Wir  können  also  hier  den  benutzten  Autor  mit  Sicherheit 
nicht  bestimmen,  aber  wir  haben  doch  Avieder  dieselben  Autoren 
wie  oben  ermittelt.  MerkAvürdig  bleibt  es,  dass  Sallust  nicht 
benutzt  zu  sein  scheint,  trotz  der  anderweitigen  grossen  Be- 
lesenheit, welche  der  schöne  Stil  unserer  untersuchten  Quellen 
voraussetzt. 

§.  12.  Wir  haben  gesehen,  dass  die  römischen  Historiker 
vorzugsweise  für  das  Sachliche  in  der  Geschichtschreibung 
benutzt  wurden,  für  den  Stil  im  allgemeinen  jedoch  ist  Cicero, 
das  Muster  aller  Zeiten,  auch  hier  massgebend  gewesen.  Ein- 
hart stellt  den  Cicero  unverholen  als  sein  sprachliches  Ideal 
hin '),  und  auch  Avenn  uns  jene  Stelle  nicht  erhalten  Aväre,  so 
würden  wir  in  dem  Stil  der  Vita  C.  wenigstens  ein  getreues 
Abbild  des  ciceronianischen  Stiles  erkennen.  Gleich  die  Vor- 
rede ist  recht  antik  abgefasst,  sie  ist  eine  captatio  benevolentiae  ^) 
für  den  Inhalt  des  Buches  und  für  das  scliAA^ache  Vermögen 
des  Autors;  derselbe  bedauert,  dass  ihm  für  die  Darstellung 
so  bedeutender  Ereignisse  nicht  die  tullianische  Beredsamkeit 
zu  Gebote  stehe.  Die  AAärkliche  Leetüre  Ciceros  beweist  dann 
das  Citat  aus  den  Tusculanen,  welches  wohl  kaum  einer  Chre- 
stomathie entlehnt  ist,  sondern  auf  Cicero  selbst  zurückgeht. 
Denn  das  Citat  ist  genau,  Einhart  giebt  das  Buch  und  den 
Zusammenhang  an,  aus  Avelchem  die  Stelle  genommen  ist. 

1)  Vita,  praef.  patererque  vitam  eins,  quasi  qui  numquam  vixerit, 
sine  litteris  ac  debita  laude  mauere,  cui  scribendae  atque  explicandae 
non  meum  ingeniolum,  quod  exile  et  parvum  immo  pene  nulluni  est,  sed 
Tullianam  par  erat  desudare  facundiam.  .  .  .  atque  in  tantam  impudentiam 
proruperim,  ut  illud  Ciceronis  putarem  contemnendum,  quod  in  prirao 
Tusculanarum  libro,  cum  de  Latinis  scriptoribus  loqueretur,  ita  dixisse 
legitur :  Mandare  quemquam,  inquit,  litteris  cogitationes  suas,  qui  eas  nee 
disponere  nee  inlustrare  possit  nee  delectatione  aliqua  adlicere  lectorem, 
hominis    est   intemperanter    abutentis    et   otio    et   litteris.  2)   Cf.  meine 

Dissert.  'Die  Ann.  Sithienses,  Laur.  min.,  Enharti  Fuld.'  S.  44. 


542  Einliarts  Werke   und  ihr  Stil. 

Das  HaujDtergebnis  aus  dem  Studium  des  Cicero  ist  also 
der  elegante  Stil,  der  am  meisten  in  der  Vita  C.  und  den 
Ann.  Einhardi  hervortritt;  weniger  finden  wir  direete  Benutzung 
einzelner  Stellen,  doch  einige  sind  wohl  mit  Sicherheit  zu  er- 
mitteln.    Es  sind  im  ganzen  folgende: 

Vita,  praef.  quanta  potui  brevitate  complexus  sum  (Brut.  3,  14  om- 
nem  rerum  memoriam  breviter  .  .  .   complexus   est). 

operam  impendens  (Verr.  II,  4,  30  operam  et  cui'am  impendere).  id. 
A.  Einh.  780.  Transl.  21    curam. 

Romana  locutio  fcf.  Brut.  74,  258  latina  locutio). 

9.  ubinam  gentium  (Cat.  I,  4). 

Laur.  806.    litteris  mandare  fecit  (Tuse.  I,  3,  6). 

senio  confectus  (Mil.  8.  20). 

Translatio  47.    dilueide  (Or.  23). 

58.  mente  captus  (Acad.  IV,  17). 

64.  ostiatim  (Verr.  II,  4,  24). 

94.  fastidiosus  (Brut.  57,  207.   70,  247). 

invidentia  (Tusc.  III,  9,  10.  IV,  7,  8). 

Epist.  7.  quo  quid  perversius  .  .  excogitari  potest  (Tusc.  V,  17  quo 
quid  potest  dici  perversius). 

Ferner  ist  die  Lectttre  des  Plinius  in  der  Translatio  ent- 
schieden zu  erkennen,  avo  es  galt,  die  Verhältnisse  des  gewöhn- 
lichen Lebens  darzustellen.  Wir  begegnen  daher  mehrfach  der 
Terminologie  des  Plinius,  cf. : 

Transl.  16.  ineffabilis  (praef.  5.   28,  2,  4). 

subsalsus  (21,  29,  103). 

39.  resupinatum  corpus   (9,  30,  48). 

53.  oscitatio  (7,  6,  5.  9,  35,  54). 

56.  afflatus  (3,  5,  6.  20,  19,  8). 

66.   cauterium  (22,  23,  49.   25,  8,  29), 

ustio  (20,  22,  87.  34,  15,  14). 

70.  Spasmus  (30,  12,  36.  32,  8,  29). 

93.  perceleber  (10,  5,  6). 

Endlich  finden  sich  noch  manche  Stellen,  die  den  Dichtern 
entlehnt  sind: 

Vita,  praef.    animus  tulit  (Ov.  Met.  I,  1.  Verg".  A.  IV,  639). 
1.  bubulco  agente  (Ov.  Trist.  III,  12,  30). 

22.  assa  dimittere  et  elixis  assuescere  (Hör.  Sat.  II,  2,  73  simul  assis 
niiscueris  elixa). 

31.  omnium  animis  sedit  (Verg.  Aen.  IV,  15  si  mihi  non  aiiimo  lixum 
immotumque  sederet). 

Ann.  Einh.  772.  morigerum  populum  (Plaut.  Amphitr.  III,  4,  21. 
Cist.  I,  3,  27). 

780.  oportunitas  temporis  arrisit  (Lucr.  II,  32  tempus  arridet). 

Translatio   13.  viam  carpere  (Hör.  II,  6,  93).    id.  56. 

vafer  (Her.  Sat.  II,  2,  131). 

20.  albescente  caelo(Verg.Aen.IV,  586  ut  primum  albescere  lucem  vidit). 

23.  somno  obrepente  (Ov.  Her.  XIX  sed  movet  obrepens  somuus  auile 
Caput). 

27.  rapidus   cursus  (Verg.  Aen.  XII,  683). 

55.  copia  fandi  (Verg.  Aen.  I,  520   data  copia  fandi). 

56.  iter  moliri  (Vergl.  Aen.  VI,  477  inde  datum  molitur  iter). 


Einharts   Werke  und  ihr  Stil.  543 

92.  suramissa  voce  ( Ov.  Met.  VII,  90  auxiliuru  submissa  voce  rogavit, 
Pont.  IV,  3,  41). 

93,  salutifer  (Ov.  Met.  II,  642  totique  salutifer  orbi  cresce  puer, 
Her.  21,  174  salutiferam  opem). 

Schliesslich   scheinen    noch   einige  seltene  Wörter  auf  die 
Kenntnis  des  Vitruv,  Seneca  und  Gellius  hinzudeuten,  cf. : 
Transl.   37.     exuberatio  (Vitr.  I,  4). 
53.   coagraentum  (VIII,  7). 
turricula  (X,  19). 
25.  vafritia  (Sen.  ep.  49,  7). 
35.  uauseabundus  (Sen.  ep.  108  f.   47  med.). 
Ann.  Einh.   775.    foedifraga  gens  (Gell.  19,  7,  5).     id.  798. 
778.  obnubilare  (1,  2,  5). 
799.  aliorsum  (7,  15.   12,  1.   17,  1). 
Transl.  67.   laetabundus  (11,  15). 

§.  13.  Ueberblicken  wir  nun  diese  Kesultate  im  allgemeinen. 
Während  bis  gegen  das  Ende  des  8.  Jahrhunderts  die  Sprache 
der  historischen  Darstellung  das  barbarische  Latein  der  Mero- 
wingerzeit  ist,  finden  wir  in  den  ersten  Jahrzehnten  des  9.  Jahr- 
hunderts ein  fast  fehlerfreies,  schön  stilisiertes  Latein,  dem  wir 
das  Streben  nach  classischen  Mustern  sofort  ansehen.  Man 
wird  dabei  an  den  späteren  Humanismus  erinnert:  fast  alle 
Ausdrücke,  die  sich  nicht  in  den  classischen  Autoren  fanden, 
sind  weggefallen,  Cicero  wird  als  das  Ideal  der  schönen  Schreib- 
weise gepriesen.  Der  unvermittelte  Satzbau  der  älteren  Quellen 
ist  daher  verschwunden,  wir  finden  dem  Stile  Ciceros  nach- 
gebildete, gut  durchgeführte  Perioden.  Jedenfalls  kann  dieser 
völlige  Umschwung  nur  das  Product  bedeutenden  Fleisses  und 
einer  sehr  ausgedehnten  Leetüre  sein,  er  tritt  fast  gleichzeitig 
ein  mit  der  Kaiserkrönung  Karls,  welche  auch  den  Wendepunkt 
in  der  Geschichtschreibung  selbst  bezeichnet.  Der  gebildete 
Franke,  der  dem  Hofe  des  Königs  nahe  stand,  hat  sich  damals 
durch  die  neue  Würde  seines  Königs  entschieden  erhoben 
gefühlt  und  ist  in  nähere  geistige  Beziehungen  zu  Rom,  der 
Mutter  des  Imperiums,  getreten.  Man  hat  daher  die  alten 
Autoren,  welche  die  Grösse  der  einstigen  römischen  Weltmacht 
verherrlichten,  wieder  hervorgesucht,  eifrig  gelesen  und  die 
Ereignisse  der  Gegenwart  sowohl  in  ihrer  Sprache,  als  in  ihrer 
Darstellungskunst  aufgezeichnet.  So  tritt  uns  diese  Geschicht- 
schreibung überall  lobrednerisch  entgegen,  Karl  ist  der  recht- 
mässige Herr  aller  Völker,  jeder  Ungehorsam  ist  wider  göttliches 
Gebot.  Auch  hier  also  hat  die  Erneuerung  des  Kaiserthums 
und  die  eifrige  Sorge  Karls  für  die  Hebung  der  Wissenschaften 
anregend  und  fruchtbringend  gewirkt,  freilich  nur  für  kurze  Zeit. 

Sehen  wir  uns  nun  den  Stil  noch  ganz  im  allgemeinen 
an.  Der  Periodenbau  ist  ciceronianisch,  während  sich  der 
Wortvorrath  und  die  Ausdrucksweise  als  ein  buntes  Gemenge 
aus  den  benutzten  Autoren  darstellt:  Phrasen  aus  Caesar  stehen 


544  Einbarts  Werke  und  ihr  Stil. 

neben    taciteischen,    der    Sprachgebrauch    erscheint    ungemein 
mannigfaltig.  Wir  finden  z.  B.  in  Kriegsberichten  die  Ausdrücke : 

bellum  parare,  comparare,  excitare, 

bellum  oritur,  exoritur, 

bellum  inferre, 

bellum  gerere,  administrare, 

bello  confligere;  confligere, 

pugnam,  proelium  inire ;  proelium,  manum  conserere;  acie  confligere, 
vincere  ;  proelio  pellere,  decertare ;  proelium  committere;  fundere  ac  fugare, 
pellere  ac  fugaro. 

bellum  conficere,  peragere,  transigere,  bello  finem  imponere,  reliquias 
belli  conficere; 

oder:  sine  mora,  sine  dilatione,  sine  cunctatione,  nulla  interposita 
mora,  sine  morarum  interpositione,  nihil  sibi  cunctandum  ratus,  quanta 
potuit  celeritate,  summa  festinatione,  magnis  itineribus  contendere,  quam 
maximis  poterat  itineribus  contendere  etc. 

So  Avirkt  die  Darstelkmg  nie  eigentkch  ermüdend,  obwohl 
zu  vielen  Jahren  ganz  ähnliches  erzählt  wird;  stets  weiss  sich 
der  Autor  neu  und  gefällig  auszudrücken. 

Wenn  wir  nun  unbedingt  zugestehen  müssen,  dass  Einhart 
den  Sueton  bei  der  Abfassung  der  Vita  wenigstens  für  den 
zweiten  Theil  durchgehend  zu  Rathe  gezogen  hat,  so  kann 
sich  das  Verhältnis  bei  den  anderen  Autoren  etwas  anders 
darstellen.  Dann  es  ist  möglich,  dass  man  sich,  wie  Sueton 
Kategorien  für  die  Biographie  angelegt  hat,  solche  für  termini 
technici  herstellte,  welche  den  verschiedenen  Gebieten  entspra- 
chen, die  bei  der  historischen  Darstellung  zu  berücksichtigen 
waren,  z.  B.  für  Staatsverwaltung,  Heer  und  Kriegswesen, 
Königshaus,  Bündnisse  u.  a.  m.,  also  eine  Art  sachlich  geord- 
netes Lexikon,  welches  dann  jfür  den  einzelnen  Fall  benutzt 
wurde.  Es  erscheint  dies  vielleicht  glaublicher  als  die  fort- 
währende Benützung  aller  Autoren,  die  wir  sonst  annehmen 
raüssten,  denn  auf  Reminiscenz  können  so  zahlreiche  Anklänge 
unmöglich  beruhen.  Indess  sicher  lässt  sich  die  Frage  nicht 
entscheiden,  es  kann  auch  dieselbe  Methode  wie  bei  Sueton 
angewandt  worden  sein. 

§.  14.  Durch  das  obige  haben  wir  ermittelt,  welche  römi- 
schen, vorzugsweise  historischen  Autoren  in  den  hervorragenden 
deutschen  Klöstern  zu  Anfang  dos  9.  Jahrhunderts  vorhanden 
waren,  gelesen  und  zur  Geschichtschrcibung  direct  verwendet 
worden  sind,  und  es  gilt  nun,  den  indirecten  Beweis  für  die 
Richtigkeit  dieser  Annahmen  zu  führen.  Wir  können  die 
Mehrzahl  der  von  uns  gefundenen  Autoren  durch  gelegenthche 
Citierung  ihres  Namens  in  den  Schriften  der  ersten  Hälfte  des 
9.  Jahrhunderts  nachweisen  und  aus  diesen  Stellen  geht  her- 
vor, dass  die  damalige  Zeit  sich  eifrig  mit  dem  Abschreiben 
der  Codices  einer  ]\Ienge  von  classischen  Schriftstellern  und 
deren  Leetüre  beschäftigt  hat. 


Einharts   Werke  und  ihr  Stil.  545 

Die  Hauptausbeute  ergeben  uns  hierfür  die  Briefe  des 
Lupus  von  Ferneres,  des  gelehrten  Abts,  der  mit  Einhart  einen 
regen  Briefwechsel  unterhielt  und  ihn  oft  um  Uebersendung 
classischer  Codices  gebeten  hat^).  In  seinen  Briefen  nennt 
er  folgende  Autoren: 

ep.  1.  Horatius  (pag.  1).  Cicero,  rhetorica  (de  inventione) 
3  codd.,  einer  im  Besitz  des  Lupus,  einer  in  Fulda,  einer  im 
Besitz  Einhai'ts.  Cicero,  de  oratore  1.  tres ;  explanatio  in  libros 
Ciceronis;  A.  Gellius,  noctes  Atticae,  sed  et  alii  plures. 

4.  ut  insignis  canit  poeta  p.  Vd  (Vergilius,  eclogae). 

5.  A.  Gellius,  Hraban  lässt  Einharts  Codex  für  Fulda  ab- 
schreiben, p.  23. 

7.  Lupus  ermahnt  den  Reginbert,  fleissig  Vergil  zu  lesen, 
p.  25. 

8.  Priscianus,  Juvencus,  Vergilius.  Adalgard  verbessert 
den  Text  des  Macrobius,  p.  27.  Derselbe  schreibt  Cicero  tus- 
cul.  disput.  ab,  ib. 

10.  Suetonius  Tranquillus,  Josephus^). 

16.  Lupus  bittet  Orsmar  von  Tours  um  die  commentarii 
Boetii  in  Topica  Ciceronis,  p.  35. 

20.  Martialis  p.  40.  Vergilius,  Aeneis,  Georgica.  Josephus, 
Pompeius  Trogus  i.  e.  Justinus. 

32.  Horatius,  p.  64. 

34.  Priscianus,  p.  69.  70.  Vergilius  p.  71.    Livius,  p.  72. 

37.  Caius  Julius  Caesar,  Lupus  erklärt  die  commentarii 
belli  Gallici  für  untergeschoben,  Hirtius  sei  der  Verfasser  der 
übrigen  Bücher. 

62.  Quintiliani  institutionum  oratoriarum  libri  XH;  Lupus 
erbittet  sie  sich  von  einem  Abt  zum  Abschreiben,  p.  104. 

69.  Cicero,  epistulae,  Lupus  collationiert  seinen,  Codex  mit 
dem  ihm  von  Ansbald  übersendeten  5  Cicero,  in  Arato  ( Aratea), 
Lupus  erbittet  sich  den  Codex  von  Ansbald,  um  das  in  ihm 
zu  ergänzen,  M'as  nach  Eigils  Aussage  fehlte,  p.  112. 

74.  T.  Livius,  Lupus  erbittet  ihn  von  Guenilo,  p.  117. 

91.  Suetonii  Tranquilli  de  vita  Caesarum;  Abt  Markward 
soll  nach  Fulda  schicken  und  von  dort  den  Sueton,  welcher 
in  zwei  Codices  getheilt  sei,  holen  lassen,  da  Lupus  ihn  aus 
der  Nähe  nicht  erhalten  könne. 

In  ep.  93  werden  Stellen  aus  Sallusts  Catilina  und  Valerius 
Maximus  citiert,  p.  140. 

1)  Es  scheint,  dass  ihm  Einhart  auf  seinen  Wunsch  einen  Katalog 
seiner  Bibliothek  geschickt  hat,  wie  aus  Lupi  ep.  1  hervorgeht:  'Quos  vos 
habere  arbitror,  propterea  quod  in  brevi  volurainuin  vestrorum  post 
coramemorationera  libri  ad  Herennium  interpositis  quibusdam  aliis,  scriptum 
reperi  .  .  .  .'  (Lupi  abb.  Ferrar.  opp.  ed.  Baluzius,  Antw.  1710,  p.  4).  Sehr 
zu  beklagen  ist,  dass  uns  dieser  Brief  Einharts  nicht  mehr  vorliegt,  da 
seine  Bibliothek  wohl  eine  der  reichhaltigsten  diesseits  der  Alpen  gewesen 
ist.  2)  Natürlich  die  epitome  des  Rufinus. 


546  Einhavts   Werke  und  ihr  Stil. 

103.  Cicero,  de  oratore;  Qumtilianus,  Institut,  orat.  1.  XII; 
Lupus  bittet  den  Papst,  sie  ihm  zu  schicken,  da  er  von  beiden 
nur  Theile  besitze.  Beide  seien  in  einem  Codex  zusammen 
enthalten,  p.  155.  Desgleichen  bittet  er  um  den  Commentar 
zu  Terentius. 

104.  Lupus  ersucht  einen  Reg.  . . ,  ihm  SaUustii  Catihnarium 
et  Jugurthinum  librosque  Verrinarum  zu  übersenden,  dazu  noch 
andere  Codices,  welche  er  entweder  gar  nicht  oder  nur  schlecht 
überliefert  besitze,  p.  156. 

Ferner  finden  sich  in  dem  Katalog')  der  Codices,  welche 
unter  Abt  Hartmut  in  S.  Gallen  geschrieben  wurden:  Josephus 
de  hello  Judaico,  Pompei  excerpta  i.  e.  Justinus,  Gesta  Alexandri 
i.  e.  Curtius. 

In  der  Epistel  Thegans  an  Hatto  ^)  werden  erwähnt  Livius 
und  Cicero,  letzterer  desgleichen  in  Angilberts -^j  carmen. 

In  den  A.  Fuld.  zu  868  und  875*)  finden  sich  die  Aus- 
drücke 'more  Catilino'  und  'more  Jugurthino',  sie  sind  sicher 
ein  Product  der  Leetüre  von  Sallusts  \yerken,  deren  Kenntnis 
der  Autor  auch  bei  dem  Leser  zu  fordern  scheint. 

In  der  Widmung  des  Lupus  vor  der  Vita  S.  Wigberti*) 
heisst  es,  dass  alle  Gebildeten  Livius  und  Sallustius  ganz  genau 
kennen  müssten. 

Einhart  selbst  citiert  in  der  Vorrede  zur  Vita  eine  Stelle 
aus  Cicero's  Tusculanen^)  und  in  einem  seiner  Briefe  (Nr.  56)') 
legt  er  einem  Klosterschüler  eine  schwierige  Stelle  aus  Vitru- 
vius  vor  und  giebt  ihm  zum  richtigen  Verständnis  derselben 
Verg.  Ge.  III,  23-25. 

Die  Ann.  Lauresh.  beginnen  mit  einem  Citat  aus  Oros.  T,  1 
p.  7  ed.  Haverkamp  'Paulus  Orosius  presb.  in  libro  primo 
historiarum  adversum  jjaganos  numerum  annorum  ita  compre- 
hendit  dicens':  cett.  fSS.  I,  p.  22). 

Schliesslich  wird  Fuld.  852*)  Cornelius  Tacitus  genannt: 
'scriptor  rerum  a  Romanis  in  ea  gente  gestarum',  welche  Stelle 
auf  Ann.  1.  IL  hinweist,  da  nur  dort  der  Fluss  Visurgis  erwähnt 
wird. 

Hiernach  sind  für  unsere  Zeit  als  sicher  beglaubigt  fol- 
gende römische  Autoren  anzusehen: 

C.  Julius  Caesar,  Hirtius,  Sallustius,  Livius,  Valerius 
Maximus,  Curtius,  Tacitus,  Suetonius,  Justinus,  Jose- 
phus i.  e.  Rufinus,  Orosius. 

Cicero  (tuscul.  disput. ,  de  rhetorica  (de  inventione), 
de  oratore,  Aratea,  oratt.  Verrinae,  epistulae;  dazu:  Boetii 
commentarii  in  Ciceronis  topica,  explanatio  in  libros  Ciceronis), 
Quintilianus,  A.  Gell  ins,  Donatus,  Priscianus,  Vitruvius. 

1)  Casus  S.  Galli,  SS.  II,  70.  72.  2)  SS.  II,  585.  3)  SS.  II,  394 
vs.  73.  4)  SS.  I,  381.  389.  5)  Mabill.  Acta  SS.  O.  S.  Ben.  III,  1,  673. 
6)  Tusc.  I,  3,  G.         7)  ed.  Jaffe,  Bibl.  IV,  478.         8)  SS.  I,  368. 


Einharts  Werke   udcI   ihr   Stil.  547 

Vergilius,  Horatius,  Martialis,  Juvencus. 
In    diesem    aber   findet   sich   die   Mehrzahl  jener  Autoren 
wieder,  welche  wir  in  den  karolingischen  Quellen  benutzt  fanden. 

II. 

Ann.  Laur.  maj.  von  796—829,  Ann.  Einli.  und  Ann,  Fuld.  bis  794 

sind  i'on  Einhart  verfasst. 

§.  1.  Schon  Pertz  hat  erkannt,  dass  die  Sprache  der 
A.  Laur.  raaj.  zweiten  Theils  und  der  A.  Einh.  mit  der  der 
Vita  C.  Avesentlich  übereinstimmt ').  Darauf  hauptsächlich  hat 
er  die  Hypothese  gestützt,  Einhart  sei  der  Verfasser  beider 
Annalenwei'ke.  Aus  unsern  obigen  Zusammenstellungen  geht 
nun  hervor,  dass  allerdings  die  Sprache  jener  drei  Schriften 
sehr  grosse  Venvandtschaft  zeigt,  es  sind  dieselben  antiken 
Autoren  ganz  gleichmässig  ausgebeutet  worden.  Natürlich 
lehnen  sie  sich  je  nach  dem  darzustellenden  Gebiet  in  verschie- 
denem Umfange  an  sie  an.  In  allen  aber  finden  wir  seltene 
Redensarten,  zuweilen  ganze  Sätze  geschickt  überarbeitet,  auch 
Gedanken  dem  Zusammenhang  entsprechend  in  andere  Worte 
gekleidet,  nirgends  planloses  und  plumpes  Abschreiben,  sondern 
stets  der  Sache  gemäss. 

Die  Vita  C.  hat  ja  einen  anderen  Zweck  gehabt,  als  die 
Annalen,  sie  giebt  uns  ein  allgemeines  Bild  des  Kaisers  in 
grossen  Zügen,  die  Annalen  mussten  auf  die  historischen  Ein- 
zelheiten eingehen.  Die  Vita  im  ersten  Theil  und  die  Annalen 
haben  daher  vorzugsweise  die  darstellenden  Historiker  benutzt, 
der  zweite  Theil  der  Vita  dagegen  die  Biographie.  Ferner 
wurde  der  Periodenbau  in  der  Vita  ein  viel  künstlicherer,  als  in 
den  Annalen,  da  sie  die  Ereignisse  vieler  Jahre  zusammen- 
hängend betrachtete,  die  Annalen  aber,  Jahr  für  Jahr  fort- 
schreitend, dadurch  eine  natürliche  Grenze  für  die  Weitläufig- 
keit der  Darstellung  gesteckt  erhielten.  Endlich  mussten  sich 
die  Annalen  eng  an  das  halten,  was  jährlich  überliefert  ward, 
die  Vita  aber  ging  von  allgemeineren  Gesichtspunkten  aus, 
sie  bezweckte  die  Verherrlichung  des  Kaisers  und  hatte  seine 
grossen  Pläne  und  deren  Erfüllung  schon  voll  und  ganz  vor 
Augen  liegen.  Sie  wurde  erst  nach  dem  Tode  des  Kaisers 
verfasst  und  betrachtete  diesen  schon  in  ganz  anderem  Lichte. 
Sie  hat  daher  mehrfach  ihrem  Helden  andere  Absichten  bei- 
gelegt, sich  nicht  mit  peinlicher  Genauigkeit  an  das  Ueberlieferte 
gehalten  und  oft  eigne  Zuthaten  gemacht,  wie  sie  sich  aus  den 
mit  der  Zeit  geänderten  Anschauungen  ergaben. 

Dies  ist  ein  wichtiger  Factor  für  die  Beurtheilung  der 
Vita  und  ihres  Verhältnisses  zu  den  Annalen,  auf  diesem  Wege 
sind  die  mannigfachen  Abweichungen  zu  erklären. 


1)  Die  Vorrede  zur  Ausgabe  von  Pertz  SS.  I,  124. 


548  Einharts  Werke   und  ihr  Stil. 

Dünzelmann')  hat  nun  aus  stilistischen  Verschiedenheiten 
die  Laur.  maj.  von  801  —  829  dem  Einhart  absprechen  zu 
müssen  geglaubt. 

Gegen  dieses  Beweismittel  ist  Sybel^)  mit  Recht  aufge- 
treten, denn  Dünzelmann  schlägt  sich  mit  seinen  eigenen 
Waffen.  Er  3)  kann  sich  nämlich  nicht  erklären,  wie  man  die 
bedeutenden  stilistischen  Differenzen  zwischen  Vita  und  Trans- 
latio  mit  der  Autorschaft  Einharts  in  Einklang  bringen  könne. 
Also  für  die  Translatio  ist  Einhart  bezeugt,  die  A.  Laur.  maj. 
jedoch,  welche  der  Vita  viel  näher  stehen,  als  die  Translatio, 
spricht  er  ihm  ab  und  unterscheidet  noch  dazu  eine  ganze 
Reihe  Fortsetzer. 

Wir  haben  gesehen,  dass  Einhart  auch  für  die  Translatio 
classische  Muster  benutzt  hat,  sie  treten  jedoch  darin  sehr 
zurück  gegen  Vita  und  Annalen,  mid  noch  mehr  ist  dies  der 
Fall  bei  Einharts  Briefen.  Letztere  erheben  sich  sehr  wenig 
über  das  gewüimliche  Latein  der  damaligen  Zeit.  Doch  das 
darf  uns  nicht  Wunder  nehmen,  es  ist  bekannt,  dass  der  Brief- 
stil fest  normiert  war,  ja  dass  sehr  oft  Formeln  dazu  benutzt 
wurden.  Der  Satzbau  ist  also  in  den  Briefen  ganz  unlateinisch, 
einige  classische  Wendungen  sind  eingestreut,  Reminiscenzen 
von  der  historiographischen  Thätigkeit.  Dass  Einhart  auch 
bessere  Briefe  schreiben  konnte,  wenn  es  galt,  einem  Gelehrten 
gegenüberzutreten,  das  zeigt  der  Brief  an  Lupus*). 

Merkwürdig  ist  allerdings  der  deutsch -lateinische  Stil  in 
der  Translatio.  Diese  Schrift  war  doch  für  die  Nachwelt  be- 
stimmt und  schon  ihr  Inhalt  war  Averth,  in  schöner  Sprache 
geschrieben  zu  werden.  Einhart  hat  Fleiss  darauf  verwendet, 
das  bezeugt  die  immerhin  starke  Anlehnung  an  classische 
Muster.  Der  schlechte  Stil  aber  ist  wohl  so  zu  erklären,  dass 
Einhart  bei  seiner  Geschichtschreibung  eine  sehr  intensive 
Leetüre  der  antiken  Autoren  angestellt  und  fortwährend  ihren 
Stil  mit  peinlicher  Genauigkeit  nachgeahmt  hat,  dass  ihm  aber 
eigentlich  die  Fertigkeit  in  der  Form  ganz  abging.  Wo  er 
sich  daher  nicht  die  Mühe  genommen  hat,  sich  an  Vorbilder 
zu  halten  5),  da  erkennen  wir  seinen  natürlichen  Stil,  welcher 
nur  durch  das  umfassendste  Studium  sich  zu  solcher  Reinheit 
erheben  konnte,  wie  sie  uns  seine  historischen  Werke  bieten. 
Diese  Erklärung  ist  durchaus  natürlich  und  dem  Charakter 
Einhartscher  Schriftstellerei  ganz  angemessen.  Um  die  tief- 
gehende Verschiedenheit  des  Stiles  zu  erkennen,  vergleiche 
man  folgendes: 


1)  1.  c.  S.  483  —  91.  2)  Die  karoliiigischen  Annalen.    Histor.  Zeit- 

schrift N.  F.  VI,  S.  266  f.  3)  1.  c.  S.  498  f.  4)  Lupi  epist  ed.  Baluzius, 
Antw.  1710.  N.  3.  p.  5.  5)  Das  ist  aber  bei  der  Translatio  nnd  in  den 
Briefen  der  Fall,  wir  finden  in  beiden  viel  weniger  Citate  als  in  der  Vita 
und  den  Annalen. 


Einharts   Werke   und   ihr   Stil.  549 

Vita  c.  6.  Karlus  vero  post  inchoatum  a  se  bellum  non  prius  destitit, 
quam  et  Desiderium  reg-em,  quem  longa  obsidione  fatigaverat,  in  deditio- 
nem  susciperet,  filium  eins  Adalgisuni  in  quem  spes  omnium  inclinatae 
videbantur,  non  solum  regno  sed  etiam  Italia  excedere  compelleret,  omnia 
Romanis  erepta  restitueret,  Hrodg-ausum,  Foroiuliani  ducatus  praefectum, 
res  novas  molientem  opprimeret  totamque  Italiam  suae  ditioni  subiugaret 
subactaeque  filium  suum  Pippinum  regem  imponeret.  Italiam  intranti 
quam  difficilis  Alpiura  transitus  fuerit  quantoque  Francorum  labore  invia 
montiuni  iuga  et  eminentes  in  caeluni  scopuli  et  asperae  cautes  superatae 
sint,  hoc  loco  deseriberem,  nisi  vitae  illius  modum  potius  quam  bellorum 
quae  gessit  eventus  memoriae  maudare  praesenti  opere  animo  esset  pro- 
positum. 

Transl.  c.  5.  Vade,  ait,  et  Ratleico  nuntia,  quoniam  in  ecelesia 
quam  modo  vidisti  illa  res  est  recondita,  quam  ille  domino  suo  debet 
adferre.  Et  ideo  det  operam  et  eam  quanto  celerius  fieri  potest,  accipiat 
et  ad  dominum  suum  revertatur.  Cumque  ille  diceret,  quod  nemo  de 
bis  qui  secum  venerant,  in  buiusmodi  re  fidem  dictis  suis  esset  habiturus, 
respondit  et  dixit:  Tu  nosti,  quod  otnnes  qui  tecum  boc  iter  agunt  tibi 
conscii  sunt,  qui  complures  dies  in  febre  tertiana  laborasti  et  nondum 
te  ab  illa  ullam   habuisse  remissionem. 

Epist.  8.  nunc  autem  umiliter  deprecor  pietatem  vestram,  ut  me 
aput  misericordissimum  dominum  meum,  cum  ad  illum  veneritis,  excusare 
dignemini  de  eo,  quod  ad  vos  non  veni.  Dens  testis  est:  quod  de 
infirmitate  mea  nullam  f alsitat em  vobis  scripsi;  et  non  solum  boc,  sed 
etiam,  quod  multa  graviora  sunt  alia  quedam  incommoda,  que  patior  in 
memet  ipso;  de  quibus  nisi  cum  fidelissimo  nullam  possum  habere 
locution  em. 

Ep.  9.  bis  passionibus  affeotus  valde  tristem  ac  pene  omni  iucundi- 
tate  carentem.  duco  vitam,  in  eo  maxime,  quod  timeo,  me  aliubi  quam 
velim  et  aliud  agentem  quam  S.  Chr.  martyribus  servientem  esse  mori- 
turum.  Quapropter  adiuro  vos  et  obtestor  per  b.  Chr.  martyres  M.  et  P., 
ut  pro  mea  parvitate  aput  piissimum  imp.  intercedere  dignemini,  (ne)  mihi 
succensere  velit  pro  eo  quod  illi  sicut  hü  qui  potuerunt,  in  occursura 
non  venissem. 

Und  SO  ist  es  durchgängig.  Die  Verschiedenheit  des 
Periodenbaues  ist  daher  kein  genügender  Grund,  dem  Einhart 
die  Autorschaft  der  A.  Laur.  maj  abzusprechen. 

Wir  haben  also  bis  jetzt  gleiche  Benutzung  derselben 
classischen  Autoren  in  Vita  C,  Ann.  Einh.,  Laur.  maj.  und 
Translatio  gewonnen.  Ferner  ist  der  grössere  Theil  der  ent- 
lehnten Phrasen  wenigstens  den  drei  erstei-en  gemeinsam,  viele 
finden  sich  auch  in  der  Translatio  wieder.  Wenn  also  nicht 
alle  vier  Schriften  von  demselben  Autor  verfasst  wären,  so 
hätte  der  Autor  der  A.  Einh.  und  Laur.  maj.  mit  der  Vita  C. 
und  der  Translatio  dasselbe  Verfahren  anstellen  müssen,  das 
Einhart  mit  seinen  classischen  Mustern  angestellt  hat :  Er  hätte 
die  ganze  elegante  Latinität  Einharts  durch  das  sorgfältigste 
Studium  von  dessen  Schriften  sich  angeeignet  und  in  seine 
Werke  übertragen.  Das  ist  jedoch  durchaus  widersinnig  und 
wird  völlig  unhaltbar,  wenn  wir  das  Folgende  in  unsere  Unter- 
suchung hineinziehen. 

Neues  Archiv  etc.     VII.  36 


550  Einhalts   Werke  und  ihr  Stil. 

§.  2.  Die  Vita  C,  A.  Einh.  und  Laur.  maj.  von  796  an 
zeichnen  sich  vor  allen  anderen  historischen  Schriften  ihrer  Zeit 
dadurch  aus,  dass  sie,  um  es  kurz  zu  sagen,  alle  Verhältnisse 
antikisieren.  Allerorten  begegnen  wir  den  terniinis  technicis  der 
römischen  Heeres-  und  Staatsverwaltung,  der  Kriegführung  und 
des  Hoflebens.  Kaiser  Karl,  sein  Staat,  Volk  und  Heer,  seine 
Beziehungen  zu  auswärtigen  Völkern  und  Fürsten  werden  durch- 
weg mit  dem  römischen  Imperator  und  imperium  identiiiciert. 

Folgende  Stellen  sind  besonders  bezeichnend: 

Vita  c.  1.  nam  et  opes  et  potentia  regni  penes  palatii  praefectos, 
qui  niaiores  domus  dicebantur  et  ad  quos  summa  imperii  pertinebat, 
tenebantur. 

praefectus  aulae. 

publicus  populi  sui  conventus. 

regni  administrationem  et  orania  quae  vel  domi  vel  foris  agenda 
ac  disponenda  erant,  praefectus  aulae  procurabat. 

2.  eundem   magistratuni  administrabat. 
claritate  generis   ceteris  eminebat. 

3.  qui  ex  optimatum  eins  numero  primores  erant  (20.  30.  6). 

4.  et  domi  et  foris. 

5.  per  legatos  inandat. 

se  ipsum   cum  provincia,  cui  praeerat,  eins  potestati  perniisit. 

6.  Foroiuliani  ducatus  praefeetum. 

7.  neque  divin a  neque  humana  iura  poUuere. 

imperata  facturos  polliciti  sunt,  obsides  qui  imperabantur  dederuut. 

8.  functi  sunimis  honoribus. 

9.  quam  niaximo  poterat  belli  apparatu. 
direptis  impedimentis. 

uovissimum  agmen. 
ubinam   gentium. 

11.  animum   ducis  per  legatos  statuit  experiri. 

neque  provincia,  quam  tenebat,   ...  ad  regendum  commissa  est. 

12.  in  quo  et  Saxones  velut  auxiliatores  inter  eeteras  nationes, 
quae  regis  signa  iussae  sequebantur  .  .  .   militabant. 

17.  pontificibus  et  patribus,  ad  qnorum  curam  pertinebant,  ut 
restaurentur  imperavit,  adhibens  curam  per  legatos,  ut  imperata  perficerent. 

stationibus  et  excubiis  dispositis. 

18.  animi  dotes. 
praecipuae  uobilitatis. 

19.  agmen  extremum  ex  Satellit  um  numero  ad  hoc  ordinati  tue- 
bantur. 

cuiquam  aut  suorum  aut  exterorum. 

se  earum  contubernio  carere  non  posse. 

21.  amabat  peregrinos. 
quod  illi  gentilitium   erat. 

22.  regiam   extruxit. 

satellitum   et  custodum   corporis  tnrbam. 

23.  exterarum  gentium  legati. 

24.  convivabatur  rarissime. 

velut  pro  tribunali  sederet,  lite   cognita  sententiam  dixit. 

25.  erat  eloqucntia  copiosus  atquc  cxuberans. 

in  discenda  grararaatica  Petrum  Pisanum  senem  audivit. 


Einbarts   Werke  und  ihr  Stil.  551 

27.  votorum  solvenclorum  et  supplicandi  causa  profectus  est. 

28.  fidem  regis  implor.'ire. 
imperatoris  et  augusti  nomen. 

30.   consortem    sibi    totius    regni    et    iinperialis    Hominis    heredem 
constituit. 

32.  adpropinqnantis  finis   complura  fuere  prodigia. 
tacta  etiam   de   caelo  basilica. 
Ann.  Laur.   maj. 

796.  civili   hello  fatigatis. 
intestina  clade  addictis. 
collectis  exercitibus. 
peragrata  Saxonia. 

797.  in  deditionem  accepta. 
legatum  absolvere. 

798.  totam   Sixoniani  poijulando  peragravit. 
pri mores   Saxonum. 

799.  post  tot  prospere  gestas  res  (819). 

800.  praesidiis  dispositis. 

per  6  grin  or  um   quam   civium   turmis. 
803.   qui  tunc  rem  publica m  regebat. 
806.  in  fidem  recipere. 

809.  se  in   deditionem  illi  venire, 

810.  victores  tribulum  victis  imposuisse. 

per  omnes  imperatori  subiectas  provincias. 

811.  ad  Bononiam  civitatem  niaritimam. 

813.  confluentibus  ad  se  passim  popularium  turmis. 

814.  ad  suscepti  regni  administrationem   cura  conversa. 

816.  quam  niaxirais  poterat  itineribus  ad  imperatorem  venire  contendit. 
conviviis  opipare  celebratis. 

817.  per  legatum  mandavit, 

Italiae  civitates  in  verba  illius  inrasse. 

819.  cui    cura    Baldricus    esset    subrogatus    (824    in    euius    locum 
subrog.). 

auxilio  praetorianorum  protectus. 

praeter  sarcinas  et  spolia  diversi  generis   direpta. 

totam  provinciara  ita  pacavit. 

820.  ut  primum  herba  pabulum  iumentis  praebere  potuit. 

821.  qui  suffragio  civium  et  praetorianorum  militum  studio 
infulas  imperii  suscepisse  dicitur. 

822.  quorum   consilio  et    in   re    familiari    et    in    negotiis  ad    regni 
commoda  pertinentibus  uteretur. 

823.  ad  eum  totius  regni  summa  pertinebat. 
parum   digne  regnum  administraret. 

824.  statum  populi  Romani  iamdudum  quorundam  praesulum  per- 
versitate  depravatum. 

825.  ad  fidem  imperateris  venire  non  dubitavit. 

826.  cura  suis  optimatibus. 

si  eura  sibi  vulgus  regnare  vellet. 

827.  ad  motus  Hispanicae  marcae  componendos. 
novarum  rerum   gentilicia  levitate  cupidi. 

huius  cladis  praesagia  eredita  sunt  visae  multoties  in  caelo  acies. 

828.  rerum   gerendarura  nimis  cupidus. 

cui  tutela  Corsicae  insulae  tunc  erat  commissa. 

829.  qui  eatenus  in  marca  Hispaniae  praesidebat. 
populoque  ad  sua  ire  diraisso.  ßß* 


552  Einhalts    Werke   und  ihi-  Stil. 

Ann.   Einli. 

741.  ad  reg-num  ordiiiandum   et  provincias,    quae  a  Francorum  socie- 
tate  descivetant,  reciperandas. 

742.  illius  provinciae  ducem.    ex  provincia  secedere. 

743.  illius  loci  pr  im  avium. 

757.  primores  ac  maiores  natu  Baioariae. 

760.  spondet  se  imperata  facturum,  obsides  qui  imperarentur  daturum. 

761.  cum  magno  belli  apparatu. 
totius  imperii  summa. 

763.    dimisso  in  hiberna  exercitu. 

767.  exercitum  a  labore  refecit. 

768.  rebus  igitur  aliquot  prospere  gestis. 

769.  pr o vincialium  animos  ad  nova  molienda  concitavit. 
eui  eadem  provincia  sorte  obvenerat. 

proeerum  suorum  pravo  consilio. 

771.  comites  ac  primates,  inter  quos  vel  praecipui  fuere. 

774.  dum  haec  in  Italia  geruntur. 

775.  nam  cum  pabulatores   circa  nonam   diei  horam  reverterentur. 

776.  ad  quos  motus  coniprimendos. 

777.  totum  perfidae  gentis  senatum  ac  populura. 

778.  praecipuam  illarum  partium  civitatem. 
extreniura  agmen  adorti. 

plerique  aulicorum. 

pari  modo  sacra  profanaque  pessumdata.  nullum  aetatis  aut  sexus 
discriraen  ira  liostis  fecerat. 

779.  stativa  per  aliquot  dies  habuit.  in  hiberna  se  recepit. 

780.  vota  solvendi  causa. 

782.   cum  iam  propter  pabuli  copiam  exercitus  duci  poterat. 

ut  primo  per  exploratores  ubi  Saxones  essent,  vel  quid  apnd  eos 
ageretur  cognoscerent. 

accitis  cunctis  Saxonum  priraoribus  de  auctoribus  factae  defectionis 
inquisivit. 

rex  in  hiberna  concessit. 

785.  advectis  ex  Francia  commeatibus. 

unus  aulicorum. 

788.  maiestatis  reiis  —   crimen. 

789.  ceteri  Sclavorum   primores  ac  reguli. 
791.  ibi  subplicatio  per  triduura  facta. 

796.  reliquum  vero  inter  optimales  et  aulicos  ceterosque  in  palatio 
militantes  distribuit. 

797.  qui  tunc  Siciliam  procurabat. 
exercitum  per  totam   Saxoniam  in  hiberna  divisit. 

798.  et  in  Abodritorum  acie   dextrum   cornu  tenuit. 

799.  totam  Brittonum   provinciam  perlustraverat. 

Also  wie  in  der  Vita,  so  werden  auch  in  den  Annalen 
antike  Bezeichnungen  für  deutsche  Verhältnisse  gebraucht,  oft 
in  ganz  sinnentstellender  Weise,  z.  B.  A.  Einh.  763  'dimisso  in 
hiberna  exercitu',  als  ob  der  deutsche  Heerbann  stehende 
Winterquartiere  gehabt,  wie  sie  die  römischen  Legionen  unter 
Caesar  und  den  Kaisern  in  den  Provinzen  hatten.  Zu  769 
heisst  es  'provincialium  animos  ad  nova  molienda  concitavit'; 
es  soll  die  Geneigtheit  der  Provinzen  zum  Aufruhr  gegen  das 
herrschende  Land   hervorgehoben    werden,    ganz   wie   bei   den 


Einharts   Werke  uud  ihr  Stil.  553 

römischen  Provinzen  und  Italien;  'cui  eadeni  provincia  sorte 
obvenerat'  sieht  aus,  als  ol>  Karl  und  Karlmann  beim  Tode 
Pippins  gleich  römischen  Proconsuln  oder  Propraetoren  um 
die  Reichstheile  geloost  hätten.  Von  den  Sachsen  heisst  es  zu 
777  echt  römisch  'senatus  ac  populus',  791  wird  eine  dreitägige 
'subplicatio'  gehalten.  Ueberall  treten  'primores'  und  'proceres' 
hervor,  Laur.  819  und  821  'praetoriani',  821  sogar  'milites'  und 
'cives',  824  der  'populus  Komanus',  796  ein  'bellum  civile', 
Vita  c.  17  'pontifices  ac  patres'.  Eine  solche  Uebereinstimmung 
in  dem  Bestreben,  auf  Kosten  der  Deutlichkeit  römische  Begriffe 
auf  deutsches  Wesen  zu  übertragen,  kann  unmöglich  zufällig 
sein;  und  es  ist  diese  Erscheinung  damals  durchaus  einzig  da- 
stehend, nur  ein  einziger  konnte  in  dieser  gleichmässigen  Weise 
verfahren,  es  ist  eben  Einhart. 

§.  3.  Den  Hauptbeweis  für  unsere  Behauptung,  dass  Ann. 
Einh.  und  Laur.  maj.  von  Einhart  verfasst  sind,  bildet  nun 
die  völlige  Gleichheit  des  Ausdrucks  im  einzelnen,  welche  die 
drei  Schriften  zeigen.  Hier  ist  die  Uebereinstimmung  eine  so 
vollständige,  dass  wir  gezwungen  sind,  A.  Laur.  maj.  von  796 
an  und  A.  Einh.  dem  Einhart  zuzuschreiben.  Alle  andern 
historischen  Werke  Jener  Zeit  kommen  den  Laur.  maj.  bis  795 
viel  näher,  als  Einharts  Werken.  Seine  Ausdrucksweise  steht 
gleichsam  wie  eine  geschlossene  Phalanx  den  andern  literari- 
schen Producten  des  ausgehenden  8.  und  beginnenden  9.  Jahr- 
hunderts gegenüber;  schliesslich  wurden  viele  seiner  Wendun- 
gen und  Ausdrücke  geradezu  typisch  und  erhielten  sich  lange 
Zeit.  Einhart  ist  somit  als  der  Vater  des  guten  historischen 
Stiles  im  Mittelalter  anzusehen,  und  welche  Verehrung  er  ge- 
nossen hat,  das  bezeugt  die  vielfache  Ausbeutung  seiner  Schriften 
bis  in  spätere  Zeiten.  Und  erst  nach  mehreren  Jahrhunderten 
finden  wir  wieder  eine  gewisse  sprachliche  Eleganz  in  der 
Geschichtschreibung,  die  Einhartsche  Sprache  wird  aber  von 
ihr  bei  weitem  nicht  erreicht. 

In  die  folgende  sprachliche  Vergleichung  musste  natürlich 
die  Translatio  hineingezogen  werden.  Es  kommen  hinzu  die 
A.  Fuld.  bis  794,  deren  wahrscheinliche  Abstammung  von 
Einhart  wir  anderen  Ortes  (Die  Ann.  Sith.,  Laur.  min.  Enharti 
Fuld.  Dresden  1881.  S.  44f.)  dargethan  haben.  Sie  bieten 
in  ihrer  Ausdrucksweise  mit  Einharts  späteren  Werken  viel 
Aehnlichkeiten,  auf  welche  aufmerksam  zu  machen,  hier  geboten 
zu  sein  scheint. 

Bei  der  folgenden  Zusammenstellung  sind  die  hier  ver- 
zeichneten Abkürzungen  gebraucht:  E.  =  Ann.  Einh.;  v.  = 
Vita  C. ;  1.  =  Laur.  maj.;  t.  =  Translatio;  ep.  =  epistulae 
Einh. ;  f.  =  A.  Fuldenses. 

E.  diem  obire   741.  .55.  68.  800.    v.   c.  3.    1.  805.  10.  11.  17. 


554  Einharts  Werke  und  ihr  Stil. 

E.  ceteris  minor  natu  741,  81.  80.  maior  natu  768.  69.  81.  86.  1.  maior 
natu  810.  11.  14.  23.  minorem  filium  825. 

E.  ad  spem  regni  concitavit  741.  ad  suscipiendum  bellum  c.  760. 
ad  nova  molienda  c.  769.  ad  defectionem  concitare  782.  ut  bellum  susci- 
perent  coucitarent  788.  iu  odium  excitare  795.  1.  qui  nuntius  imperatorem 
concitavit  810.    ad  bellum  sollicitare  819. 

E.  in  tantum  —  ut  741.  77.  81.  t.  c.  18.  36.  83.  93.  1.  821.  25.  27 
zweimal,  iu  quantum  825. 

E.  sine   dilatione   741.  76.  83.    v.   c.  7.     t.   c.  52. 

E.   exercitu  collecto   741.  47.  82.    1.   796.  98.    f.   730. 

E.  in  deditionem  aceipere  741.  43.  44.  48.  67.  78.  79.  v.  c.  9.  (susci- 
pere  c.  6.  15).    1.  797.  801.  2.  10. 

E.  ad  provincias  reciperandas  741.  1.  ad  reciperaudam  Dalmatiam  806. 

E.  a  Francorum  societate  desciverant  741.  1.  a  Bulgarorum  societate 
desciverant  8l8.  E.  a  Francorum  .societate  defecerant  742.  1.  in  societa- 
tem  recipere  822.    ib.  societatem  facere.    v.  societ.  separare  c.  3. 

E.  ad  regnum  ordinand.  animos  intendunt  741.  ad  persequeudum 
Waif.  animuni  iutendens  768.  ad  capiendum  regnum  anim.  int.  771.  animo 
ad  Saxonicam  expedit.  intento  779.  ad  reliquias  belli  eonficiendas  animo 
intento.  1.  824  ad  expedit.  per  se  facieudam  animo  intento.  E.  oppugna- 
tjoni  intentus  776. 

E.  provincia  741.  42,  46.  62.  69.  88.  94.  99.  v.  c.  5.  11.  13.  16.  1.  799. 
813.  17.  19.  20.  21.  26.    f.   726. 

E.  ferro  et  igni  vastare  742.  61.  72.  74.  78.  89.  91.  98.  1.  809.  19.  22. 
24.  27.    f.  755.  61.  75.  78.  91. 

E.  illius  loci  primarium  743.  praecipuam  illarum  partium  civitatem 
778.  1.  maximam  Smeldingorum  civitatem  809.  E.  primores  757.  60.  75. 
77.  82.  86.  95.  proceres  769.  primates  771.  v.  primores  c.  3.  20.  30.  1.  798. 
806.  8.  9.  11.  13.  15.  19.  22.  23.  f.  primates  Saxonum  782.  t.  proceres  c.  60. 

E.  dimissa  expeditione  745.  saeculari  gloria  dim.  746.  ib.  loco.  ex- 
ercitu 60.  74.  copiis  78.  91.  Aquitania  G9,  oppugnatioue  76.  1.  dimisso 
exercitu  818.  societate  819.  ib.  conventu.  E.  omissa  perfidia  785.  proelio 
94.    itinere  99.    nomine  800.    1.  omissa  oppugnatioue  817. 

E.  et  Pippinus  vacabat  745.  v.  vacare  religiosae  vitae  c,  20.  1.  vena- 
tioni  vacans  805. 

E.  babitura  mutavit  746.  v.  habitu  perniutato  c.  2.  f.  mutato  liabitu 
747.    ib.  religiöse  victurus.    E.  religiöse  vixit  788. 

E.  aliquandiu  commoratus  746.  aliquantum  temporis  moraretur  768. 
per  aliquot  dies  moratiis  est  780.  per  dies  non  paucos  ibidem  raoratus  782. 
per  annos  aliquot  785.  nee  diu  moratiis  786.  paucos  ibidem  dies  moratus 
799.  moratus  ibi  dies  aliquot  800.  ib.  septem  non  amplius  dies  moratus. 
t.  Septem  ibidem  dies  moratus  c.  29.    ibique  aliquamdiu  moratus  c.  2.  93. 

E.  meliori  consilio  746.  salubro  consilium  786.  v.  saniori  usus  con- 
silio   c.  5.    1.  saniori  usus  consilio  825.    t.  salubre  consilium  c.  53.   ep.  16. 

E.  coUecta  manu  747.  1.  collecta  popularium  manu  809.  coli,  manu  815. 

E.  consedit  747.  60.  63.  84.  liiematurus  consedit  94.  96.  in  castris  99. 
castris  positis  86.  97.    1.   consedit  828.    palatio  805.    castris  positis   799. 

E.  ex  placito  discesserunt  747.  ex  pacto  discesseruut  775.  1.  negotio 
iufecto   disces.sura  est  809.    omissa  oppugnatioue   discesserunt  817. 

E.   Saxonum  fidei  diflidens   748.  1.  popularium  fidei  diffidens  809. 

E.  copiis  quae  ad  eum  conflucbant  748,  1.  conflucntibus  ad  sc  popu- 
larium  turmis  813. 

E.  in  suam  redcgit  potestatem.  v.  c.  7.  1.  818.  v.  in  suam  ditionem 
redigere  c.  14.    1.  822. 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil.  555 

E.  ad  Pippinum  perlata  748.  regi  adlata  7G.  regi  adlatum  82.  ad 
eum  perlatum  83.  allatum  est  92.  1.  pcrlatum  est  ad  .  .  .  804.  adlatum 
est  ei  823. 

E.  more  ducum  748.  more  Francorura  750.  more  Francico  57.  67. 
more  autiquorum  priiicipum  801.    1.  801.   more  antiq.  principum. 

E.  per  quos  mandavit  749.  per  legatos  suos  760.  88.  96.  per  legatos 
regis  799.  v.  per  legatos  mandat  c.  5.  per  legatos  statuit  c.  11.  1.  per 
legatos  reducitur  808.  per  1.  uunciavit  15.  id.  19.  per  legatura  mandavit 
817.    per  I.  suggessit  820.    f.  per  legatos  recipit  719. 

E.  summa  potestatis  749.  totius  iraperii  summa  761.  I.  summa  totius 
regni  805.    id.  823.    v.  summa  imperii  c.  1. 

E.  nomine  fungi  750.  1.  legatione  fungi  807.  id.  24.  v.  functi  sum- 
mis  honoribus  c.  8. 

E.  in  civitate  Suessona  750.    1.  apud  Suessonam  civitatem  826. 

E.  obstinatissime  resistere  753.  validissime  758.  frustra  sibi  resistere 
conantem  773.  resistere  conati  sunt  74.  resistere  temptarent  79.  1.  fortiter 
restitissent  817.  pertinacissime  resisteret  827.  f.  imperio  suo  resistentem 
742.    imperio  suo  resistere  conantem   769. 

E.  in  qua  expeditione  .  .  .  interfectus  est  753.  v.  una  tantum  expedi- 
tione  contudit  e.  12.  1.  in  qua  exp.  venit  799.  in  qua  expeditione  .  .  . 
interfectus  est  806. 

E.  a  quo  vel  qualiter  753.  t.  vel  a  quo  vel  qualiter  c.  15.  1.  quid 
vel  qualiter  827. 

E.  suggerens  ei  753,  55.  1.  imperatori  suggererent  816.  per  legatos 
suggessit  820.    t.   c.  29.  58. 

E.  infestatio   753.    id.  1.  805. 

E.  cum  valida  manu  755.  ib.  non  minima  manu,  cum  valida  m.  787. 
1.  parva  manu  aggressus  819.    ib.  cum  delecta  manu.    ib.  cum  valida  manu. 

E.  non  magno  labore  755.  1.  non  multo  labore  813.  non  magno 
1,  816.  18. 

E.  manum  conserere  non  ausus  755.  bello  certare  non  ausus  760. 
1.  cum  eis  congredi  non  auderent  815. 

E.  febre  correptus  755.  v.  febribus  corripiebatur  c.  22.  febre  valida 
correptus  c.  30.    id.  t.  c.  2.    id.  1.  819.  24. 

E.  anno  superiore   756.  61.  95.  id.  1.   798.  801.  6.  7.  9.  11.  14.  21. 

E.  tam  —   quam   756  zweimal.   78.  80.  85.  86.  1.  822.  t.  c.  50. 

E.  exarcbatum  ad  Ravennam  pertinentem  756.  ad  ecclesias  pert.  760. 
ad  rationem  conventus  785.  ib.  ad  rem.  ad  Saxones  789.  v.  ad  regni 
potestatem  pertinere  c.  15.  ad  regni  curam  c.  17.  t.  ad  vigilantium  curam 
c.  31.  ad  illos  60.  ancilla  pertinens  ad  79.  fides  ad  nos  pertinet  90. 
1.  ad  civitatem  801.  ad  quem  eura  p.  817.  ib.  ad  plurimos  res  p.  ad 
ipsius  curam  819.  ad  regni  commoda  822.  ib.  ad  utilitatem  regni  sui. 
ad  legationera  pertineutia  824.  quae  ad  illius  conventus  rationem  per- 
tinebaut  825. 

E.  vivendi  terminum  fecit  756.    v.  vitaeque  termino  prox.  annos  c.  32. 

E.  populi  sui  generalem  conventum  757.  58.  Gl.  63.  64.  65.  66.  70. 
71.  72.  75.  76.  77.  79.  82.  87.  88.  94.  95.  populi  sui  publicum  conventum 
785.  id.  V.  c.  1.  f.  conventum  habere  777.  80.  82.  1.  id.  806.  placitum 
generale  h.  811.  generalem  populi  s.  conventum  h.  812.  13.  14.  15.  17. 
18.  19.  20.  21.  22.  23.  25.  28.  29. 

E.  in  manus  regis  se  commendavit  757.  1.  d.  regi  se  commendavit 
797.    in  manus  illius  se   commendavit  814. 

E.  in  praesentiam  regis  pervenerunt  757.    ad    regis  conspectum  763. 


556  Einharts  Werke   und  ihr  Stil. 

ad  regis  conspectum  adducere  768.  81.  1.  ad  praesentiam  adducti  801. 
in   conspectum  imp.  venire  819.    v.    ad   c.  venire   c.  10. 

E.  commissis  passim  proeliis  758.  1.  confluentibus  ad  se  passim  tur- 
mis  813. 

E.  ut  rata  esse  deberent  758.    v.  ut  distributio  rata  permaneret  c.  33. 

E.  immatura  niorte  praeventus  759.  v.  festinata  fuisset  morte  prae- 
ventus  c.  14.  propter  festinatum  illius   decessuiu   17. 

E.  contractis  undique  copiis   760.  63.  69.    id.  v.   c.  11. 

E.  hello  se  res  exaeturum  760.  se  bello  Wasconiam  ingressurnm  769. 
V.  bello  se  eura  expostulaturum   c.  5. 

E.  bello   certare   760.    v.   c.  9. 

E.  spondet  se  imperata  facturum,  obsides  qui  imperarentur  daturum 
760.  69.  75.  76.  81.  87.  89.    v.   c.  7.  10.  11.    1.  824.  26. 

E.  animura  adeo  mitigavit  760.  1.  ad  mitigandos  Gothorum  animos  827. 

E.  ad  fidem  promissionibus  faciendam  760.  v.  sacramento  fidem 
facere  c.  6. 

E.  satius  tarnen  ratus  761.  v.  satiusque  iudicavi  praef.  t.  satius  esse 
arbitratus  c.  22. 

E.  ultionem  exigeret  761.    v.  poenain  ab  eis  exigeret  c.  7. 

E.  cum  magno  belli  apparatu  761.  v.  quam  maximo  poterat  b.  a. 
c.  9.    cf.  13. 

E.  quaedam  opida  atque  castella  manu  cepit  761.  1.  manu  capti.'^ 
aliquot  castellis  808. 

E.  in  quibus  praecipua  fuere  761.  67.  71.  v.  inter  quos  vel  praecipui 
sunt  c.  12.  15.    1.  inter  quas  praecipua  fuit  814.  23.  26. 

E.   primogenitus  filius   761,    1.  id.  824.  21   primogenitus  imperatoris. 

E.  bello  finem  imponere  cupiens  762.  inoboedientiae  769.  v.  bello 
celerrimus  finis  impositus  est  c.  11. 

E.  pascbalis  festi  soUemaia  762.  sollemne  64.  saera  67.  sollemni- 
tatem  72.  id.  77.  s.  paschale  fe.stum  86.  s.  pasclia  88.  92.  die  sacra- 
tissima  .  .  ad  missarum  solemnia  801.  v.  in  praecipuis  festivitatibus  c.  23. 
28,  1.  sacratissiniura  sanctum  pascha  808.  celebratis  ex  more  missarum 
sollemniis  816.  sacro  paschali  festo  solemniter  celebrato  825.  sacrosanctum 
dominicae  nativitatis  diem   829.    t.  sacrosanctus  thesaiirus  c.  19. 

E.  congruo  tempore  763.  id.  768.  v.  congrua  loca  c.  9.  1.  per  con- 
grua  loca  800.    tempus   congruum  824.    congruo  modo  829. 

E,  in  Franciam  se  recepturus  763.  in  Galliam  se  recepit  794.  782. 
1.  in  Gallias  se  recepit  796. 

E.  aegritudine  simulata  763.    v.  id.  c.  20. 

E.  ulterius  se  venturum  763.  progredi  84.  v.  c.  11  ulterius  commissa. 
ulterius  rennuendum  c.  12.  t.  ulterius  non  contingat  5.  ulterius  appareret 
39.    u.  attingam  43.     u.  redire  noluit  93. 

E.  valida  atque  aspera  hiems  763.  in  ipsa  hiemalis  temporis  asperi- 
tate  786.  1.  biems  prolixa  et  aspera  821.  b.  aspera  valdeque  prolixa  824. 
f.  hiems  valida  et  praeter  solitum  prolixa  764. 

E.  immanitas  frigoris  763.    1.  811.  24. 

E.  dilataque  in  futurum  expeditione  764.  1.  dilatique  per  tot  annos 
adventus  sui  823.  aggredi  distulit  824.  respondere  distulit  826.  v.  c.  20 
mentionem  facere  distuli. 

E.  domi  se  continuit  764.  id.  65.  1.  munitione  castelli  se  suosque 
continuit  819. 

E.  deposito  praesidio  760.  ponere  775.  76.  1.  praesidium  in  ea  posi- 
tum  802.  809.  22. 

E.  nee  non  et  766.  t.  c.  14.  1.  804.  6.  7  (3mal).  22.  27.  28.  29.  v.  c.  27. 


Einharts  Werke   und  ihr  Stil,  557 

E.  cuius  rei  nuntius  767.  78.  82.  93.  99,    1.  814.  24.  26.    f.  755. 

E.  evocato  exercitu  768.  v.  evocatum  ad  se  Hlud.  filium  c.  30.  1.  evo- 
catum  ad  se  filinm  813.  nepotem  814  Adalhardum  821.  quos  ad  hoc 
evocare  iusserat  822.    legatum  ad  se  evocatum  826. 

E.  rebus  igitur  aliquot  prospere  g-estis  768.  rerum  feliciter  gestarum 
778.  V.  summa  prudeiitia  atque  felit-itate  gessit  c.  15.  1.  post  tot  prospere 
gestas  res  799.  rebus  prospere  gestis  811.  parum  prospere  819.  parum 
digne  regnum  administrasset  823.    multa  prudenter  administrasset  827. 

E.  nee  prius   destitit  quam   768.  97.    v.  non  prius  destitit  quam   c.  6. 

E.  aegritudine  decubuit  768.  v.  febre  valida  corroptus  decubuit  c.  30. 
1.  pedum  dolore  decubuit  813.    aegritudine  dee.  815.  21.  24. 

E.  consensu  omuium  Francorum  768.  uno  omnium  assensu  788. 
V.   eunetorum  consilio  c.  30.    1.  summo  omnium  consensu  Francorum  814. 

E.  insignia  regni  susceperuut  768.  victoriae  798.  1.  id.  798.  infulas 
imperii  suscipere  821.    f.  infulas  regni  suscipere  768. 

E.  regnum  inter  se  partiti  sunt  769.  v.  regni  corpus  ex  aequo  parti- 
rentur  c.  3.    regnum  partitus  c.  18. 

E.  conquiescere  non  potuit  769.  in  brevi  conquievit  785.  1.  quicquid 
rebelle  videbatur  conquievit  818. 

E.  regnum  adfectans  769.    f.  potestatem  quandam   748.    regnum   750. 

E.  ad  nova  molienda  769.  multa  raoliri  773.  res  novas  moliri  776. 
id.  V.  c.  6.  1.  id.  8 18.  novarum  rerum  cupidus  827.  cf.  v.  molitus  est  et 
classem  c.  16.    v.  societatem  separare  molientibus  c.  3.  1.  nihil  molitus  820. 

E.  pravo  consilio  ne  id  faceret  irapediebatur  769.  1.  consilio  suorum 
iuhibitus  804.  pravorum  horainum  consilio  817.  morum  pravitas  816. 
perversitate  depravatum  824.    t.  pravos  mores  c.  1. 

E.  fugientem  Huuoldum  persequitur  769.  fugientium  terga  insequi 
775.   82.    f.  fugientes  persequi  717. 

E.  notitia  locorum  769.  78.  ib.  iniquitas  locorum.  v.  loci  iniquitas  c.9. 

E.  tutum  se  ibi  fore  arbitratus  769.  f.  nee  ibi  se  tutum  esse  ratus  750. 

E.  ea  conditione  maudata  769.  v.  ea  conditione  praemissa  3.  pro- 
posita  7.    1.   conditiones  proponere  819. 

E.  si  dicto  sibi  audiens  non  esset  769.  dicto  audiens  non  esset  786. 
v.  dicto  audientes  non  erant  c.  10.  1.  id.  816.  dicto  audiens  non  esset  826. 

E.  neque  inde  privis  digressurum  769.  inde  regredi  775.  88.  97.  Roma 
digrediens  781.  Aquisgrani  d.  800.  t.  inde  digressus  c.  46.  1.  Aquisgrani 
palatio  digrediens  800.    inde  digredi  823. 

E  sine  cuuctatione  769.  81.  nihil  sibi  cunctandum  782.  t.  nihil 
moratus  c.  14.  E.  sine  mora  772.  76.  80.  81.  t.  c.  11.  17.  52.  53.  72.  83. 
91.    laur.  810. 

E.  peracto  propter  quod  illo  profecta  est  negotio  770.  venerat  779. 
t.  peracto  propter  quod  venerat  negotio   c.  2.    illo  e.  23. 

E.  Saxoniam  hello  aggredi  statuit  772.  75.89.  f.  Sax.  hello  aggressus  772. 

E.  siti  confectus  772.  v.  senectute  confectus  c.  30.    t.  aegritudine  c.  67. 

E.  castris  contiguus  772.  terminos  sibi  contiguos  74.  v.  termini  in 
piano  contigui  c.  7.  Germanico  litori  contiguae  17.  basilicae  eontigua  32. 
1.  Foroiuliensibus  paene  contigui  820.  Soraborum  finibus  eontigua  822, 
terminis  Britanniae  contiguam  824.  f.  regiones  Eheno  eontiguas  716. 
t.  cryptam  basilicae  contiguam  c.  7.  viae  nostrae  eontigua  19.  eidem  loco 
contiguus  56. 

E.  terreno  itinere   773.    id.  1.  817.    f.  marino  itinere   755. 

E.  eadem  qua  venerat  via  regressus  773.  89.  eadem  qua  venerat 
velocitate  reversus  76.  via  qua  venerant  reversi  91.  1.  qua  venerat  via 
reversus  826. 


558  Einharts  Werke  und  ihr  Stil. 

E.  diligenti  cura  pertractatis  773.  1.  ad  quod  explorandum  ac  diligenter 
investigandum  823,    ib.  ob  cuius  causam  diligentius  explorandam.    id.  824. 

E.  bellum  sibi  suscipiendum  ratus  773.  sibi  festinandum  iudicans  75. 
Saxoniam  statuit  esse  petendam  7G.  nihil  sibi  cunctandum  arbitratus  82. 
aliter  faciendum  sibi  iudicans  86.  non  sibi  ferendam  ratus  89.  t.  ratus- 
que  sibi  oblata  occasione  utendura  c.  23.  1.  nihil  inconsulte  gerendum 
iudicans  826.    nihil  sibi  ultra  faciendum  ratus  823. 

E.  superatoque  Alpium  iugo  773.  Pirinei  iugo  78.  in  P.  montis  iugo 
92.  V.  saltuque  Pirinei  superato  c.  9.  t-  ipsa  montium  iuga  c.  56.  1.  in 
ipso  Pirinei  iugo  824. 

E.  totum  hiberni  temporis  spatium  consumpsit  773.  per  tot.  hib.  temp. 
spatium  785.  tot.  autumni  temp.  consumpsit  792.  1.  consumptoque  ali- 
quante tempoi-e  809.  consumptisque  ....  40  diebus  824.  totum  hib.  temp. 
spatium  impendit  828, 

E.  dum  haec  in  Italia  geruntur  774.  1.  dum  haec  aguntur  826.  t.  sub 
idem  fere  tempus  c.  41.  49. 

E.  peroportunam  nancti  occasionem  774.  78.  98.  1.  nancti  occasiouem 
819.  21. 

E.  fatigatam  longa  obsidione  774.  v.  longa  obsidione  fatig'averat  c.  6. 
1.  civili  hello  fatigatis  796.  adversa  valetudine  f.  802.  ib.  frequenti  ob- 
sidione fatigata.  adversa  fortuiia  fatigati  807.  assiduis   incursionibus  f.  827. 

E.  quam  ceterae  civitates  secutae  se  regis  potestati  subdiderunt  774. 
quem  ceteri  primores  ac  reguli  omnes  secuti  789.  1.  quem  ceteri  secuti 
non  solum   .  .  .  se  dediderunt  817. 

E.  subacta  et  pro  tempore  ordiuata  Italia  774.  pro  tempore  ordinatis 
atque  dispositis  780.  provinciam  ordinavit  atque  disposuit  788.  rebus 
secundum  tempus  dispositis  789.  rebus  dispositis  799.  v.  subacta  Italia 
c.  6.  1.  ad  disponendam  Saxoniam  797.  ordinatis  .  .  .  rebus  801.  id.  815. 
ordinatis  causis  803.  disposita  pro  temporis  conditione  Saxonia  810.  utili- 
tatibus  pro  temporis  oportunitate  dispositis  816. 

E.  in  patritiatus  ordine  atque  liouore  consenuit  774.  v.  in  magno 
apud  eum  honore  consenuit  c.  18. 

E.  inceudiis  et  direptionibus  cuncta  devastans  774.  82.  cuncta  caedi- 
bus  atque  incendiis  permiscendo  785.  v.  in  quibus  caedes  et  rapinae  et 
incendia  vicissim  fieri  non  cessabant  c.  7.  1.  incendiis  et  direptionibus  in- 
festare  non  cessans  825.    rapinis  atque  incend.   827. 

E.  cum  ingenti  praeda  regressus  est  774.  1.  id.  809.  reversae  sunt  820. 
capta  non  inmodica  praeda  822. 

E.  primo  impetu.  in  piima  congressione  775.88.98.  1.  in  pr.  congr.  819. 

E.  unus  e  primoribus  775.  unus  ex  pr.  795.  1.  unum  de  optimatibus 
805.    unus  de  primoribus  826. 

E.  quanta  potuit  celeritate  775.  83.  86.  potuissent  82.  ib.  summa 
festinatione.  quanta  potuit  instantia  87.  pertinacia  92.  t.  qua  potui  facul- 
tate  c.  1.  quanta  potuerunt  celeritate  3.  26  93.  potuissent  46.  potui  14. 
quanta  potui  instantia  24.    virtute  38.    diligentia  7. 

E.   deficeie  ad  aliqucm  776  zweimal.    1.  806.  8.  20.  27. 

E.  ad  quos  motus  comprimeudos  776.  1.  id.  817.  v.  bis  motibus  ita 
compositis  c.  12. 

E.  occurrerunt  qui  nunciarent  776.    1.  craut  et  qui  dicercnt  823. 

E.  eruptione  facta  776.    1.  id.   813. 

E.  conatus  illa  festinatione  praeverteret  776.  intentionem  regis  prae- 
venisset  786.  v.  praeveuit  hoc  dux  c.  10.  t.  consilio  eorum  praevenire  7. 
adventum  festinando  praevenire  13.  ib.  legatos  Roma  venicntes  praecessit. 
1,  adventum    praeveniens  816.    praecedere  823,    ultionem   praevenire  828. 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil.  559 

E.  prima  veris  adspirante  temperie  777.  79.  83.  91.  800.  t.  c.  20. 
I.  813.  11.  20.  25. 

E.  fidein  promissionibus  habere  777.  t.  fidem  dictis  habere  c.  5. 
ib.  promissis.  1.  fidem  adhibere  pollicitationibus  823,  t.  verbis  fidem  ad- 
hibere  c.  57. 

E.  gentis  senatum  ac  populum  777.  v.  pontificibus  et  patribus  impe- 
ravit  c.  16. 

E.  in  tantum  se  regis  potestati  permisere  777.  v.  se  ipsura  cum  pro- 
vincia  eius  potestati  permisit  c.  5.  supplex  se  regi  permisit  11.  1.  ditioni 
eius  se  permittere  gestiebat  819. 

E.  spem  haud  frustra  concipiens   778.    t.  c.  25.  65.  67.  72. 

E.   extremura  agmen   778.    v.  id.  c.  19.    novissimi  agrainis  c.  9. 

E.  tarn  armis  quam  aaimis  praestare  778.  v.  qua  eis  longe  prae- 
stantior  erat  c.  28. 

E.  g-enere  imparis  pugnae  778.  1.  se  penitus  imparem  819.  v.  red- 
didit  impares   c.  9. 

E.  quos  rex  copiis  praefecerat  778.  quibus  eura  rex  praefecerat  777. 
quibus  Theodericum  praefecerat  791.    1.   alterum  Baioariae   praefecit  817. 

E.  plerique  aulicorum  778.  nnus  aulicorum  785.  inter  optimates  et 
aulicos  796.  v.  praefectus  aulae  c.  1.  t.  secuudum  consuetud.  aulicorum 
c.  22.  sub  ipsis  aulicorum  obtutibus  34.  omnium  aulicorum  60.  apud 
aulicos  67. 

E.  in  diversa  dilapsus  est  778.  in  diversa  fugatis  784.  in  diversa  764. 
in  externa  profecti  741.    v.  in  diversa  disperguntur  c.  9.    t.  ad  sua  redire  43. 

E.  direpta  impedimenta  778.    v.  c.  9. 

E.  vulneris  acceptio  778.  pacatio  87.  1.  irapetratio  816.  ib.  impo- 
sitio.    concessio  819.    cuius  resolutio  821. 

E.  magnis  itineribus  ad  eos  ire  contendunt  778.  1.  quam  maximis 
poterat  itineribus  ad  imp.  venire   contendit  816. 

E.  vana  spe  ducti  779.    vanis  spebus  782.    v.  vana  spe  inflatus  c.  14. 

E.  stativa  per  aliquot  dies  habuit  779.  80.  91.    1.  id.  808.  10.  15. 

E.  temporis  oportuuitas  adridere  (visa  est)  780.  83.  pro  rerum  oportuni- 
tate  799.  ib.  si  oportunitas  eveniret.  1.  oportnuum  tempus  adrisit  814.  arri- 
dente  verua  temperie  825.  oportimum  tempus  814.  15.  temp.  oportunitas  816. 

E.  adridere  visa  est  780.    1.  flagitare  videbatnr  824. 

E.  operam  impendit  780.  800.    v.   praef.  c.  19.    t.   c.  21. 

E.  residuum  hiemis  780.  resid.  portio  786.  1.  reliquum  aestivi  calo- 
ris  821.  reliquum  aestatis  tempus  823.  v.  quod  reliquum  erat  tempor. 
vitae   c.  2. 

E.  electi  ac  directi  in  hanc  legationem  781.  t.  legatos  S.  Rom.  eccl. 
directus  c.  13. 

E.  cor  eius  emollitum  est  781.  v.  ita  domiti  et  emolliti  c.  7.  1.  mol- 
lities  hiberni  temporis  801.    hiemps  moUissima  808.    aeris   emolliti  814. 

E.   de  sua  salute  dubitare   781.    1.   de  reditu  desperare  817. 

E.  nulla  sit  necessitas  781.  1.  id.  827.  quae  rerum  necessitas  flagi- 
tare videbatur  824.  si  necessitas  exigeret  826.  t.  quod  rei  familiaris 
necessitas  postulasset  c.  36.    quaedam  necessitas   compelleret  56. 

E.  cum  iam  propter  pabuli  copiam  782.  1.  ut  primum  lierba  pabulum 
iumeutis  praebere  potuit  820. 

E.  et  audivit  et  absolvit  (legatos)  782.  97.  99.  800.  1.  97.  98.  800. 
802.  6.  11.  12.  14.  17.  21.  24.  27.  29. 

E.  campos  inter  .  .  .  interiacentes   782.  98.    t.   c.  1. 

E.  qui  eis  erant  contermiui  782.  v.  Baioariis  ab  Oriente  contermini  c.  11. 
1.  Alamauniae   contermina  Burgundia  823.    contermini  Bulgaris  824. 


560  Einharts   Werke  und  ihr  Stil. 

E.  contumacium  audaciam  comprimerent  782.  perfidae  gentis  contu- 
maciam compr.  786.  contundendam  perf.  gentis  contumaciam  797.  1.  con- 
tumacium audaciam   comprimere  816.    audaciam  coercere  820. 

E.  spoliaque  diripienda  782.  83.  88.  96.  1.  spolia  diripere  819.  v.  sp. 
sublata  c.  13. 

E.  prout  quemque  velocitas  tulerat  782.  v.  prout  videbatur  c.  1. 
t.  prout  poterant  c.  4.  prout  voluntas  eorum  tulerit  c.  50.  prout  gesta  erant 
c.  67.    1.  prout  videbatur  825.    prout  quisque  nocentior  .  .  .  apparebat  818. 

E.  quo  cum  esset  male  perventum  782.  quo  cum  venisset  86.  cum 
primum  ventum  est  89.  t.  quo  cum  esset  perventum  c.  23.  cumque  eo 
loci  perventum  esset  53.  cumque  perv.  esset  81.  1.  quo  cum  pervenisset 
817.    venisset  824. 

E.  de  auctoribus  inquisivit  782.  a  legatis  inquiieret  787.  1.  famae 
veritatem  inquirere  804.     ad  investigandam  rei  veritatem  823. 

E.  re  perpetrata  782.  83.    v.  id.  c.  9.    1.  823. 

E,  morem  gereutes   782.    t.  id.  c.  36. 

E.  una  die  decollati  sunt  782.    1.  ac   deinde  fuisse  decollatos  828. 

E.  de  omnimoda  defectione  783.  Saxonum  omnimoda  defectio  793. 
1.  omnimoda  defectione  desciverunt  816. 

E.  sicut  dispositum  habebat  783.  Pannoniam  petere  disposuisset  793. 
1.  sicut  dispositum  habebat  822.  sicut  prius  disposuit  823.  sicut  prius 
dispositum  habebat  829.    t.  ire  dispositum  habebat  c.  13.    habent  c.  15. 

E.  more  solemni  783.  85.  88.  90.  95.  v.  c.  31.  (solemniter  c.  2.  3). 
t.  c.  29.  32.  37.  38.  39.  42.    1.  819.  20.  21.  22.  25.  26.  29.    solemniter  812. 

E.  acie  confligere   783.    v.  id.   c.  8. 

E.  adunatis  copiis  783.  v.  Francis  adunati  c.  7.  1.  aduuatis  omnibus 
copiis  824. 

E.   duxit  uxorem   783.    v.   c.  18.    1.  819,  21. 

E.   ex  qua  procreavit  783.     v.  id.   c.  18. 

E.  ex  iugitate  pluviarum  784.  propter  iuges  pluvias  et  terram  nimio 
humore  naturaliter  infectam  793.  1.  propter  iuges  pluvias  et  aerem  nimio 
humore  resolutum  820.    iugitas  pluviarum  821.    t.  ac  iugi  pluvia  c.  18, 

E.  in  Westf.  finibus  sedere  784.  sedens  super  litus  oceani  789.  in 
Baioaria  92.  1.  in  hringo  sedere  796.  trans  Albim  98.  super  Albiam  804. 
super  Albim  806.   in  Venetia  807.   in  Pannonia  827.    in  ripa  Aegidorae  828. 

E.  Albi  atque  Salae  flum.  adiacent  784.  t.  in  campo  adiacente  c.  20. 
adiacentibus  illis  28.  1.  litori  adiacentibus  insulis  810.  regionibus  Rheno 
adiaceutibus  823.    Daciam  Danubio  adiacentem   824. 

E.  —  hoc  loco  uomen  erat  —  784.  v.  —  nam  hanc  provinciam  ea 
gens  tum  incolebat,  —  c.  13.  —  tot  enim  annis  reguaverat  —  c.  15.  etc. 
1.  —  hoc  enim  loco  nomen  —  797.  nomen  elefanto  erat  Abulabaz  802. 
—  hoc  erat  nomen  legato   —   811. 

E.  hieraalis  temporis  asperitas  784.86.    propter  hiemis  asperitatem  811. 

E.  tam  per  se  ipsum  quam  per  duces  quos  miserat  785.  v.  quin  aut 
ipse  per  se  ducto  aut  per  comites  suos  misso  exercitu  c.  7.  12.  1.  vel  per 
se  ipsum  vel  per  legatos. 

E.  ingenti  clade  adfecisset  785.  1.  iucommodo  graviter  affectus  est 
820.    gravi  damno  adfectum  819.     graviter  affecisset  817. 

E.  publicum  populi  sui  con ventum   785.    v.  id.   c.  1. 

E.  fidei  alicuius  se  committere  785.  t.  fidei  alicuius  aliquid  com- 
mittere  c.  22. 

E.  auctores  conspirationis  785.  coniuratioiiis  792.  v.  id.  c.  20. 
1.  factionis  prineipes  801.    auctores  815.    coniurationis  principes  817. 

E.  privatione  luminum   785.    v.  luminibus  orbari  c.  20.     1.  id.  818. 


Einliarts   Werke   und  ihr  Stil.  561 

E.  exilii  deportatione  condemnatis  785.  exilio  religari  788.  depor- 
tari  800.  v.  exilio  deportari  c.  20.  1.  id.  801,  18.  19.  20.  damnari  801. 
condemnari  819. 

E.  in  ultimis  Galliae  finibus  786.  v.  in  extrema  quadam  parte 
Galliae  c,  10. 

E.  tributarius  factus   786.    v.  tributarias  efficeret  c.  15.    f.  id.  737. 

E.  imposituni  sibi  vectigal  786.    1.  tributnm  imponere  810.    f.  id.  758. 

E.  mira  celeritate  compressit  786.    f.  id.  742. 

E.  longe  aliter  iudicans   786.    t.   c.  4.  7.  18. 

E.  Capuam  Campaniae  civitatem  accessit  786.  v.  Capuam  Camp, 
urbem  accessit  c.  10. 

E.  precibus  adnuens  786.  preeibns  abnueudum  787.  v.  imperata 
facere  rennuendum   c.  12.    1.  adnuere  805.  26.     abnuere  809.  10.  12. 

E.  maritima  civitas   786.    v.  id.  c.  15.    1.  809.  11. 

E.  obsidatus  gratia  suseepto  786.  v.  o.  g.  retento  c.  10.  f.  in  obsidatum 
accepit  787. 

E.  intercedere  curavit  787.  liberare  88.  92.  98.  v.  devehenda  curavit 
c.  26.  facere  27.  t.  referre  c.  5.  nuntiare  15.  16.  intimare  17.  33.  cele- 
brare   20.    facere  21.  24  etc.     I.  nuntiare  curavit  819. 

E.  intercedere  apud   787.    1.  801. 

E.  se  maguopere  velle  787.  t.  summopere  c.  27.  1.  summopere  defen- 
dens  823. 

E.  a  fide  discedere  787.    I.  a  fide  deficere  799. 

E.  infecto  pacis  negotio  787.  t.  infecto  negotio  c.  6.  hoc  infectum 
remansit  c.  17.  1.  negotio  penitus  infecto  809.  quod  remansit  infectum 
810.    negot.  remansit  infectum  814.    infecto  pene  negotio  819. 

E.  ad  extremum   787.    t.  c.  17.    1.  819.  ' 

E.  mentionem  facere  787.  96,  v.  c.  20.  t.  c.  1.  12.  14.  22.  47.  48.  91.  93. 

E.  atque  exercitu  in  tres  partes  diviso  787.  1.  diviso  in  tres  partes 
exercitu  824. 

E.  fluvium  qui  Alamannos  et  Baioarios  dirimit  787.  v.  is  fluvius 
Baioarios  ab  Alamannis   dividit.    cf.  c.  15. 

E.  procul  dubio   787.    v.   c.  28.    t.   93. 

E.  sibi  consulere  787.  1.  sibi  consulere  813.  nisi  fugiendo  sibi  con- 
suleret  819. 

E.  maiestatis  reus  capitali  sententia  damnatus  est  788.  reus  maie- 
statis  792.  id.  801.  1.  id.  801.  20,  eadem  sententia  damnati  sunt  801, 
capitali  sententia  damnari  818.  20. 

E.  morti  addictum   788.    1.  intestina  clade  addictis   796. 

E.  monasticae  conversationi  mancipatus  788.  v.  religiosae  c.  manci- 
pata  c.  18.  1.  monasteriis  mancipari  818.  ib.  conversari.  monasticae  con- 
versationi mancipavit  822. 

E.  duobus  exercitibus  comparatis  788.  89.  copiis  91.  1.  ad  classem 
parandam   801.    classe  comparata  810.  15.    copiis  812. 

E.  victi  fiigatique  sunt  788.  1.  victi  ac  fugati  s.  807.  victa  atquo 
fugata  809. 

E.  propria  lingua  789.    propriis  manibus  794.    1.  propria  industria  827. 

E.  amnem  duobus  pontibus  iunxit  789.  1.  Albiam  ponte  iunxit  808. 
flumina  velut  pontibus  iuncta  821. 

E.  vallo  munire   789.    1.  id.   808. 

E.  inposito  praesidio  firmavit  789.    t.  impositis  firmasse  praesidüs  817. 

E.  et  in  sua  numerositate  confidens  789,    v.  paucae  n^^merositatis  c.  1. 

E.  ceteris  —  et  nobilitate  generis  —  longo  eminebat  789.  v.  et 
claritate  generis  et  —  ceteris  eminebant  c.  2.  1.  ceterisque  praeeminens  826. 


562  Einliarts  Werke   und  ihr   Stil. 

E.  Quem  ceteri  .  .  .  secuti  789.    id.  1.  817. 

E.  vicissim   790.    v.  id.   c.  7. 

E.  de  eonfiniis  790.    v.  confinia  c.  15.    1.  801.  4.  13.  17.  28. 

E.  seminarium  et  origo   790.    v.   causa  et  origo  c.  20. 

E.  per  otium  torpere   790.    v.  id.  c.  19. 

E.  secunda  aqua   790.  91.    t.   c.  14.    1.  806.  19.  26. 

E.  vicem  reddere  791.  v.  reddere  94.  v.  vicissitudinem  reddere  c.  7. 
1.  vice  fungi  824. 

E.  Pannoniam   petiturus   791.    v.  Baioariam  petiturus  c.  11. 

E.  inter  Baioariorum  et  Hunorum  medius  currens  791.  v.  fertilissi- 
mos  Hispaniae  agros  secans  c.  15.  t.  inter  Necearum  et  Moenum  fluvios 
medius  c.  2. 

E.  certus  duorum  regnorum  linies  habebatur  791.  v.  certo  limite 
disterminant  c.  7. 

E.  in  quo  is  Danubio  miscetur  791.  Moeno  93.  v.  Balearico  mari 
miscetur  c.  15.    t.   Gaspentia  fluviolus  Moeno  miscetur  c.  20. 

E.  facta  est  haec  expeditio  791.  v.  expeditionem  fecit,  1.  797.  812. 
16.  22,  24.  25. 

E.  sine  omni  rerum  incommodo  791.  1,  absque  ullo  gravi  incommodo 
806.    cum  magno   copiarum  suarum   detrimento  808. 

E.  in  uecem  regis  conspiraverant  792,  1.  in  necem  alicuius  consen- 
tire  823. 

E.  pons  navalis   792.    f.   792.    1.  navali  exercitu  827. 

E.  interdiu  —  noetibus  793.  1.  et  noctu  et  interdiu  819.  sereno  atque 
interdiu  823. 

E.  de  diversis  terrarum  partibus  adlata  sunt  793.  1.  diversarum  rerum 
uuntii  ad   eum  deferuntur  810.    quae  de   diversis  partibus  venerunt  825. 

E.  illius  limitis  custodes  793,  praefectus  Brit.  limitis  99,  v.  Brit. 
limitis  praefectus  c.  9,  1.  Hisp.  limitis  custodes  810.  Nordmannici  817, 
praefectus  Saxonici  limitis  819.  26. 

E.  proelioque  conserto  793.  v.  consertoque  cum  eis  proelio  c.  9. 
1.  cum  qua  et  proelium  conseruit  828.    f.   conserto  cum  eis  proelio. 

E.  cum  alia  medietate  794.    1.   cum  raedietate  799.    ib.   cum  altera  m. 

E.  amissa  victoriae  spe  quam  sibi  paulo  ante  falso  pollicebantur  794. 
V.  ut  sibi  totius  Germaniac  promitteret  potestatem  e,  14.  1.  haud  dubiam 
sibi  victoriam  pollicebatur  827, 

E,  magna  ex  parte   794.  96.    1,  801. 

E.  Romae  Hadriano  defuncto  Leo  pontificatum  suscepit  79G.  f.  Adria- 
nus  ßomae  pontificatum  suscipit  796. 

E.  in  palatio  suo  militantes  796.  v.  in  quo  .  .  .  militabant  e,  12. 
t.   cui  tunc  miiitaveram  c.  2. 

E.  perfidiae  suae  poenas  dedit  796.    1.  id.   826. 

E.  spontanea  deditione  797.  1.  sponte  se  coniunxerunt  808.  vel  iussae 
vel  sua  sponte  823. 

E.  qui  tunc  Siciliam  procurabat  797.  v.  negotia  praef.  aulae  pro- 
curabat  c.  1. 

E,  ob  iustitias  faciendns   798,    1.  ad  iustitias  faciendas   798. 

E.  superbia  elati  798.    I.  secundis  rebus  e.  813.    superbia  e.  819. 

E,  in  societatem  recepti   798,    ],  in  societatem  regni  recepti  821, 

E.  fusi  igitur  fugatique  798.    1.  fusara  fugatamque  profligare  828. 

E.  impune  occidere   798.    1.  i,  versari  819,    vastare  828. 

E.  excaecatus  est  798,    1.  id.  798,  99.  823. 

E,  totidem   798.    1,  807. 

E,  piraticam  exercere  798.  ,v.  c.  14. 


Einharts  Werke  und  ihr   Stil.  563 

E.  erutis  oculis,  lingua  quoque  amputata  799.  v.  erutis  oculis  lingua- 
que  amputata  c.  28. 

E.  vicarium  S.  Petri  799.  f.  Petro  apostolo  et  Stephano  papae 
vicario  756. 

J2.  perfidae  g-entis  instabilitas   799.     v.   eoruin  mutabilitate  c.  7. 

E.  pontificis  praestolatur  adventum  799.  1.  minarum  praestol.  even- 
tum  810. 

E.  de  loco  resiirrectionis  dorn.  799.    v.  locumque  re.surrectionis  c.  16. 

E.  pracsidia  disposiiit  800.    v.   c.  9.    1,  800.  8.  9. 

E.  iter  condixit  800.    1.  id.  800.    pax  811.  28.    eonventus  21.  23.  26. 

E.  laudes  dicendo  800.  t.  Deo  laudes  dicentium  c.  18.  21,  31.  59. 
68.    1.  800.  812. 

E.  coronam  capiti  eins  imposuit  801.  v.  inpositoque  capiti  eins  dia- 
demato  c.  30.  1.  coronam  capiti  eins  imposuit  801.  coronam  illi  im- 
posuit 813. 

E.  imperator  et  Augustus  appellatus  801.  v.  imperatoris  et  augusti 
nomen  accepit  c.  28.  imp.  et  aug.  iussit  appellari  c.  30.  1.  et  regem  ap- 
pellari  iussit  813.    ceteros  reges  appellatos  817. 

E.  huius    factionis  principes  801.    f.  auctoribus  factionis   792. 

t.  nullo  Romanorum  civium  sentiente  c.  8.  ad  notitiam  civium  per- 
venire  c.  12.    1.  civili  hello  fatigatis  796.    sufifragio  civium  821. 

t.  per  continuos  Septem  dies  c.  12,  16.  per  continuum  quinquennium 
c.  39.  V.  per  continuos  novem  annos  c.  3.  triginta  tres  c.  7.  1.  per  con- 
tinuos quinque  dies  815. 

t.  triduo  exacto  c.  15.  post  unum  mensem  exactum  46.  93.  v.  vix 
ullus  aunus  exactus  sit  c.  7.  1.  duobus  exactis  mensibus  816.  sed  nondum 
exacto  817.    paucis  exactis  diebus  824. 

t.  et  eo  amplius  c.  9.  vel  eo  amplius  26.  29.  39.  48.  v.  aut  eo  am- 
plius  c.  3.    vel  c.  32.    1.  et  eo  amplius  813.  17.  21,  28.    vel  816.  19. 

t.  iterum  se  ad  orationem  inclinavit  c.  32,    1.  se  inclinaverat  801. 

t.  et  revera  c.  38.  92,    1.  810. 

t.  natione  Anglus  c.  37.    f.   717. 

t.  gestit  aninius  c.  30.  1.    819. 

t.  ad  versa  valetudo  c.  61.    1.  800. 

t.  parva  temporis  mora  interposita  c.  40.  sine  ulla  interposita  mora 
53.  67.  sine  morarum  interpositione  48.  paucis  interpositis  diebus  65, 
nee  longa  interposita  mora  68.  v.  paucis  interpositis  diebus  c.  8.  I.  id.  824. 
sine  morarum  interpositione  826. 

t.  tunc  temporis  c.  14.  60.  67.    1.  808.  15. 

t.  ad  orientem  respicit  c.  27.    1.  qui  Saxoniam  respicit  808.  813. 

V.  incepto   desistere  c.  5.    1.  815. 

V.  socius  regni  c.  6.    1.  socius  imperii  817.  24. 

V.   ex  parte  non  modica  praef.    1.  id.  829. 

V.  ad  unum  omnes  c.  9.    I.  omnes  usque  ad  unum  810. 

V.  noctis  beneficio  prolecti  c.  9.  1.  auxilio  praetorianorum  protectus  819. 

v.  expeditionem  mittere   c.  10.    id.  1.  801. 

v.  obequitantem  .  .  .   c.  13,    1.  moenibus  obequitare  813. 

V.  incendio   conflagrare  c.  17.    1.  id.  813. 

V.  nationes  perdomuit  c.  15,    1.  id.  813. 

V.  Sueones  c.  12,    1.  id.  813, 

V.  curam   adhibere  c,  16.    1,  id.  817. 

1.  famosissimi  amnes  821.    f.  urbes  famosissimas  736.    v.   praef. 

V.  adversae  fortunae  .  .   c.  19.    1.  adversa  fortuna  fatigati  807. 

V.  non  minimum  terroris  incussit  c.30.  1.  ingentem  timorem  incussit  828. 


564  Einharts  Werke  und  ihr  Stil, 

Man  ersieht  hieraus,  dass  der  sprachliche  Ausdruck  für 
gewisse  Zustände  und  Verhältnisse ,  zumal  insoweit  er  den 
classischen  Autoren  entlehnt  ist,  in  dem  Masse  übereinstimmt, 
dass  es  schwerer  wiegende  Gründe  bedürfte,  als  man  bis  jetzt 
geltend  gemacht  hat,  um  die  Ann.  Einh.  und  Laur.  dem  Ein- 
hart absprechen  zu  können. 

Noch  ein  Zeugnis  für  die  Richtigkeit  unserer  Annahme 
sei  hier  gebracht.  Die  Vita  vind  A.  Laur.  benutzen  die  divisio 
imperii  von  806  (Leg.  I,  140 — 42).  Die  Vita  hat  dieser  entlehnt: 
c.  3  totum  regni  corpus  ex  aequo  partirentur,  praef.  ad  divis. 
1.  c.  p.  140:  totum  regni  corpus  dividentes;  A.  Laur.  806:  ut  sciret 
unusquisque  illorum  quam  partem  tueri  et  regere  debuisset, 
praef.  ib.  quisque  illorum  tueri  vel  regere  debeat  porcionem. 

Einharts  Werke  sind  dann  besonders  in  Fulda  fleissig 
studiert  und  benutzt  worden ;  an  seinem  Ausdruck  und  Sprach- 
gebrauch hat  sich  Rudolf  von  Fulda  gebildet,  dessen  Annalen  oft 
ein  ziemlich  getreues  Abbild  Einhartscher  Ausdrucksweise  geben. 

Man  vergleiche  hierzu: 

831.  filiorum  suorum  animos  concitavit.  A.  E.  769  provincialium  — 
concitavit. 

838.  conventu  generali  habito.    cf.  A.  E.  757  etc. 

839.  cedere  tempori,  V.   c.  5  labori. 

840.  infecto  negotio,  A.  E.  787. 
morbo  invalescente  A.  Laur.  818. 
aegrotare   coepit  viell.  nach  Laur.   768. 
cum  manu  valida  A.  E.  755. 

841.  totum  hiberni  tempus  comsumere  A.  E.  773. 

842.  collecta  orientalium  non  minima  manu  A.  E.  747  u.  755. 
rebus   desperatis  A.  E.  774. 

capitali  sententia  damnare  A.  F,.  788. 

843.  crebris  incursionibus  infestare  V.  c.  12. 
in  locum  alicuius  subrogare  A.  L.  824. 

849.  ad  quorum   motus  comprimendos  A.  E.  776.    A.  L.  821. 
equo  sedens  A.  E.  799. 

850.  in  fidera  recipere  A.  L.  806. 

in  societatem  regni  recipere  A.  L.  821. 
piraticam   exercere  V.  c.  14.    A.  E.  798. 

851.  obsidione  fatigare  V.  c.  6.    A.  E.  774. 

852.  suberant  et  aliae  causae  V.  praef.  u.   c.  7. 

854.  regno  pulsus  A.  Laur.  808     de  stirpe  regia  cf.  Fuld.   751. 

855.  parum  prospere   ducto   exercitu  A.  Laur.  819. 

856.  tributarios  fecit  A.  Einh.  786, 

857.  patria  pulsus  apud  Zistiborum  exulabat.  A.  L.  810  patria  pulsu.s, 
ib,  813  relicta  patria  apud   Sueones  exulabat. 

scribere   distuli  V.  c.  20  mentionem  facere  distuli. 

858.  acie  congredi  A.  L,  810. 

ad  disponenda  regni  negotia  diligentiam  curamque  convertit  A.  L.  814 

et  ad   suscepti   regni   administrationem   cura   conversa. 

861,  res  novas  molitus  e.st  A.  E,  776,     V.  c.  6,    A.  L,  818, 
maiestatis    reus    A,  E.   788.  92.     revera    A.  L,  810,     fraude    decipere 

A.  Einh.  775.    ob   eandem   causam   diligenter  investigandam  1.  823. 


Eiuharts   Werke  und  ihr   Stil. 


565 


A  n  li  a  n  g*. 

Unsere  Annahme,  class  die  Vita  Caroli,  die  Ann.  Laur.  von 
796 — 829  und  die  Ann.  Einh.  von  demselben  Autor  verfasst  sind, 
erfahrt  noch  von  einer  anderen  Seite  die  erwünschte  Bestätigung. 

Wir  sehen  nämlich,  dass  in  allen  drei  Schriften  der  Ver- 
fasser bestrebt  ist,  an  Stelle  der  zu  seiner  Zeit  gebrauchten 
und  zum  Theil  schon  erheblich  veränderten  geographischen 
Eigennamen  die  antiken  zu  setzen.  Also  auch  auf  diesem 
Gebiet  hat  er  sich  an  seine  classischen  Muster  angelehnt,  zum 
Theil  aber  hat  er  hierfür  ganz  besondere  Studien  gemacht. 
Das  ergiebt  sich  mit  voller  Sicherheit  aus  vielen  Stellen.  Denn 
es  werden  nicht  nur  statt  der  üblichen  deutschen  Namen  die 
alten  römischen  gewählt'),  sondern  auch  ganze  Landestheile 
mit  den  technischen  Bezeichnungen  genannt,  welche  zur  Zeit 
des  römischen  Kaiserthums  galten^).  Dass  hierbei  eine  be- 
wusste  Absicht  vorliegt,  erkennen  wir  ganz  deutlich  aus  Ein- 
harts  Ueberarbeitung  der  Laur.  maj.,  den  Ann.  Einh.,  mehrfach 
auch  aus  der  früheren,  den  A.  Fuldenses.  Bei  jedem  geogra- 
phischen Namen,  den  Einhart  in  seinen  Quellen  gefunden, 
scheint  er  nach  dem  antiken  Wort  gesucht  zu  haben;  wenn 
er  ein  solches  nicht  fand,  so  hat  er  wenigstens  dem  deutschen 
Namen  eine  der  lateinischen  Sprache  angemessene  Form  gegeben. 

Diese  geographischen  Kenntnisse  Einharts  sind  nun  zum 
Theil  die  Frucht  seines  eingehenden  Studiums  der  römischen 
Historiker,  zum  Theil  hat  er  aber  auch  zu  diesem  Zweck  die 
i'ömischen  Geographen,  besonders  Plinius  L.  III — IV.  und  Mela 
ausgiebig  benutzt.  So  ist  er  es  gewesen,  der  zuerst  das  Fran- 
kenreich in  seine  alten  Bestandtheile  Gallia  und  Germania 
durchgehend  3)  getrennt  hat:  Gallien  nennt  er  das  Land  links 
des  Rheines,  Germanien  die  rechte  Rheinseite,  und  zwar  so, 
dass  Aquitauia-t)  und  Burgundia  Theile  Galliens,  Saxonia  und 
die  rechts  der  Elbe  liegenden  Länder  Theile  Germaniens  sind*). 
—  Die  in  Betracht  kommenden  Namen  sind  folgende : 


Ann.  Einh. 

Vita  C. 

Ann,  Laur. 

746.  in  Samnio  provin- 

c.  2.   in  Samnium  pro- 

cia  (Flor.  I,  16.  Liv.  22, 

vinciam. 

60). 

771.       super      fluvium 

811.    ad  Scaldim 

flu 

Scaldiam  (ScaldisPlin.IV, 

vium. 

13,28.  17,31.  Caes.B.G. 

VI,  33). 

1)  Cf.  791  Laur.  Reganesburg:  A.  Einh.  Reginum  civitatem  quae  nunc 
Reganesburg   vocatur  etc.  2)    Cf.  Laur.  813    Centumcellae,   Tusciae 

civitas;  Nicaea  provinciae  Narbonensis;  Vita  c.  15  Daciam,  Histriam 
quoque  et  Liburniam  atque  Dalmaeiam;  A.  Einb.  793  Pannoniam  petere. 
3)  Auch  schon  in  den  Fuld.;  cf.  719.  766.  4)  Laur.  815  sed  in  Gallia 

Santones,    civitas  Aquitaniae.  5)  Cf.  V.   c.  15.  18   quae    de    orientalium 

Francorum   Germanorum  videlicet  genta  erat. 

Neues  Archiv   etc.    VII.  37 


566 


Einharts  Werke  und  ihr  Stil, 


773.  Genua  Burgundiae 
civitas  iuxta  Rhodanum 
Sita  (Plin.  III,  5,  7.   Mel. 

II,  72). 

777.  Noviomagum  (An- 
ton. Itin.). 

782.  inter  Albim  (Tac, 
G.41.  Vell.II,  106.  Plin. 
IV,  4,  28.  Mel.  II,  30). 
id.  784.  95.  97.  99. 

780.  Veneti  (Caes.  B. 
G.  II,  34.  III,  9). 

Coriosolitae  (Caes.  B. 
G.  II,  34.  III,  7). 

in  Florentia  Tuscorum 
civitate  (Plin.  III,  5.  8.  9. 
Mel.  II,  60  a  Tuscis). 

Capuam  Campaniae 
civitatem  (Liv.  II ,  52. 
Flor.  1,16.  Mel.  II,  59.60). 

787.  in  Tredentinam 
vallem  (Plin.  111,19.23). 

791.  iuxUi  Coniagenos 
(Mel.  I,  13). 

ad  Arrabonis  fluenta= 
Raab  (Notit.  imper.  Pto- 
lem.  'ÄQaßcör). 

Reginum  civitatem 

quae  nunc  Reganesburg 
vocatur  (Tab. Peut.  Anton. 
Itin.). 

per  Sabariam  (Plin.  III, 
24,  27.    Anton.  Itin.  233 

793.  inxta  Moenum 
fluvium  (Tac.  G.  28.  Plin. 
IX,  15,  17).    id.  790.  95. 

Septimaniam    ingressi 

797.  Barcinona  (Plin 

III,  3.  4.  Mel.  II,  90). 
de  Mauritania  (Plin.  V, 

1,1.  2,  1.  Mel.  I,  25.30) 

Asturiae    atque   Galle- 

ciae     (Plin.    IV,    22,    35. 

III,  3,  4.  IV,  20,  34). 

798.  insulae  Baleares 
quae  nnnc  ab  incolis 
Maiorica  et  Minorica 
vocitantur  (Plin.111,5,1 1) 

Transalbiani  (cf.  Caes. 
B.G.VI,5  Transrhenani). 

799.  apnd  Tarsaticani 
Liburniae  civitatem  (Plin. 
III,  21,  25  Liburnornni 
gens  . . .  Tarsatica.  22,  26 
Liburniae  finis.cf.III, 5. 6). 


e.    16.      Centumcellae      813.  Centumcellas 

civitas  Etruriae    (Anton.  Tusciae    civitatem.     828 
Itin.  Tab.  Peut.  Plin.  III,  üomitibus  de  Tuscia. 
5,  8  in  qua  Etruria  est).; 

c.  10.     Capuam    Cam-j 
paniae  urbem. 


c.  17    alterum    Novio- 


c.  7  Albis. 


806.  Noviomagura  na- 
vigavit,  id  808. 

798.  Albis,  id.  806.  9. 
13.  15.  17.  21. 


805.  inter  Sabariam  et 
Carnuntum  (cf.  Vell.  II, 
109.  Plin.  IV,  12.  25). 

826.  per  Moenum  flu- 
vium.    id.  Transl.  c.  20. 


797.    Barcinona.     820 
comesBarcinonae.  id. 828. 
in  Mauritania. 

797.  Gallaeciae  atque 
Asturiae. 

798.  insulae  Baleares, 
id.  799  (Mel.  II,  124 
Baliares  . .  .  maiores  mi- 
noresque  perhibentur). 


c.  17.   Septimaniae. 


c.  16.  Galleciae  atque 
797.  Asturicae. 

c.  15.  Balearico  mari 
(Plin.  III,  5,  10  maria  .  . 
aut  Baliaricum). 


c.  13.  in  Liburnia  iuxta  799.  iuxta  Tarsaticam 
Tarsaticam  civitatem;  Liburniae  civitatem.  821 
c.  15  Liburniam.  ILiburniae. 


Einhalts   Werke  und  ihr  Stil. 


567 


Vita  Caroli. 
c.  15.  ad  Hiberum  amnem,  qui 
apud  Navarros  ortus  sub  Dertosae 
civitatis  .  .  .  (Plin.  III,  3,  4  Iberus 
amnis  iu  Cantabris  ortus  ....  Der- 
tusani). 

Italiam  totam  qnae  ab  Augusta 
Praetoria  .  .  .  decies  centum  et  eo 
amplius  passuum  milibus  lougitudine 
porrigitur  (Plin.  III,  5,  6  patet  (seil. 
Italia)  longitudine  ab  Alpino  fine 
Praetoriae  Angustae  .  .  .  deciens 
centena  et  viginta   milia  passuum). 

Daciarei  Histriam  quoque  et  Libur- 
niam  atque  Dalmaciam  (Plin.  III,  19, 
23  Histria  .  .  .  Liburniae.  22,  26 
Liburniae  finis  et  initium  Delmatiae  ; 
Flor.  III,  4  Dada). 

ac  Visulam  fluvios  (Plin.  IV,  13,  27 
ad  Vistlam  (al.Visulam)usquefluvium) 

c.  16.  Scottorum  reges  (Amm.  27, 
18.  26,  4.  Claud.  IV  cons.  Hon.  33). 

cum  Aaron  rege  Persarum. 

c.  17.  provinciae  Narbonensis 
(Plin.  III,  4,  5  Narbonensis  provincia, 
IV,  17,  31.  19,  33). 

c.  27.  Alexandriae  atque  Kartagini 
(Plin.  V,  4,  3). 


Ann.  Laur. 
809.    Dertosam    civitatem    in   ripa 
Hiberi    fluminis    sitam    (Mel.    II,    90 
super    ingens  Hiberus  Dertosam    ad- 

tingit) 


806.  legati  Dalmatorum,  ib.  qaam 
Dalmatiae.  id.  809.  821  Dalmatiae 
atque  Liburniae;  in  Histriam. 


812.  Hiberniam  Scotorum  insulam 
(Caes.  B.  G.  V,  13.  Apul.  de  mundo  7). 

801.  legatos  Aaron,  regis  Persaram. 

813,  Niceam  provinciae  Narbonen- 
sis (cf.  Mel.  II,  75.   76). 


828.    inter  Uticara  atque  Kartagi- 
nem  (Plin.  V,  4,  3  Utica  civium  Roma- 
norum  .  .  .   colonia  Carthago). 
801.  iu  Liguriam   (Plin.  III,  5,  7  Liguriae  finis,  111,5,6 


Ann.  Laur 
Ligures). 

apud  Eporediam   (Plin.  III,  17,  21   oppidum  Eporediae). 

805.  in  Vosego  silva  (Caes.  B.  G.  IV,  10.  Plin.  XVI,  39,  76.  817  Vosegi 
saltum,  821. 

806.  dux  Jaderae  (Plin.  III,  22,  26).    id.  821. 

809.  in  Tuscia  Populoniura  civitas  maritima  (Plin.  III,  5,  8  Populonium 
Etruscorum). 

811.  in  Bononiam  niaritimam  civitatem  (Plin.  III,  15,  20.  Mel.  II,  60). 

812.  in  Moesia  provincia  (Plin.  III,  26,  29  provincia  quae  Moesia 
appellatur).     813   de  Moesia. 

815.  de  Carali  civitate  (Mel.  II,  123.  Flor.  II,  6.  Liv.  23,  40). 

818.  Andecavos  civitatem  (Caes.  B.  G.  II,  35.  III,  7.  Plin.  IV,  18,  32). 
per  Ambianos  (Caes.  B.  G.  II,  4.  Plin.  IV,  17,  31). 

Camaracum  (Tab.  Peut.  Anton.  Itin.). 

819.  Confluentem  usque  (Caes.  B.  G.  IV,  15.   Suet.  Cal.  8). 

820.  per  Alpes  Noricas  (cf.  Plin.  III,  24,  27.  25,  28).  Fuld,  723  Norici. 
822.  Brixiae  civitas  (Plin.  III,  19,  23). 

Sisciä  civitate  (Plin.  III,  25,  28). 

trans  Sicorim  fluvium  (Plin.  III,  3,  4  iuxta  quos  Sicoris  fluvius). 

824.  Redonas  civitatem  (Caes.  B.  G.  II,  34.  VII,  75). 

Es  sind  endlich  noch  diejenigen  Namen  aufzuzählen,  welche 
Einhart  in  seiner  Ueberarbeitung  der  Laur.  maj.,  sei  es  nun  nach 
antikem  Muster  oder  nach   seinem  Sprachgefühl  umgestaltete: 

37* 


568 


Einharts  Werke  uucl  ihr  Stil. 


Ann.  Laur.  m  a j. 
746.  in  Serapte  monte. 
761.  ad  Cavalonum  civitatem. 

et  in  Alverno. 

768.  ad  Sanctones. 

770.  Salossa. 
Magontiam. 
773.  Jem;am. 

776.   Niumaga. 
782.  Avari. 
787.  Trianto. 
791.  Rabam. 
Keganesburg. 

793.  Mohin. 


Ann.  Einh. 

in  monte   Soracti. 

ad  Cabillonem  civitatem  (cf.  Caes. 
B.  G.  VII,  42.  90). 

Arvernorum  castella  (Plin.  IV,  19, 
33).     cf.  Laur.  819  Arverni  comite. 

ad  Santonicam  civitatem  (Plin.  IV, 
19,  33). 

Salusia. 

Magontiaci. 

Genuam  Burgundiae  civitatem  iuxta 
Rhodanum  sitam, 

Noviomagum. 

Hunorum. 

Tredentinam  vallem. 

Arrabonis  fluenta. 

ad  Reginum  civitatem,  quae  nunc 
Reganesburg  voeatur. 

Moenus. 

Wir  ersehen  hieraus,  dass  Einhart  ganz  den  Standpunkt 
des  ahen  Römers  angenommen  hatte,  als  er  Geschichte  schrieb : 
alle  Länder  sind  ihm  Provinzen  und  alle  römischen  Provinzen 
bestehen  noch  für  ihn  fort^). 

Ja,  seine  Vorliebe  für  alles  antike  geht  soweit,  dass  er 
mehrmals  ganz  aus  der  Rolle  des  deutschen  Geschichtschreibers 
föUt  und  das  Wort  'barbarus'  für  deutsch  gebraucht;  cf.  Vita 
c.  29  'partim  latinis  partim  barbaris  nominibus  pronunciarentur', 
ib.  'item  barbara  et  antiquissima  carmina  quibu.s  veterum  regum 
actus  et  bella  canebantur,  scripsit  memoriaeque  mandavit'. 
Ferner  ist  der  Satz  c.  15  'deinde  omnes  barbaras  ac  feras 
nationes  quae  inter  Rhenum  ac  Visulam  fluvios  oceanumque 
ac  Danubium  positae  Germaniam  incolunt',  so  gehalten,  dass 
er  ebensogut  von  Tacitus  oder  einem  anderen  Römer  geschrie- 
ben sein  könnte ;  cf.  Vita  praef.  'homo  barbarus  et  in  Romana 
loquutione  perparum  exercitatus'. 

Zu  vergleichen  sind  noch  A.  Fuld. :  723.  Alamanni  et 
Norici.  728.  Aquitaniae  provinciam.  772.  Visurgis,  id.  775. 
782.  missi  Hunorum.  789.  ad  Albim.  791.  Pannoniam  ingressus. 

1)  Es  scheint,  dass  Einhart  nicht  nur  Plinius  und  Mela,  sondern  auch 
eine  Karte  des  orbis  Romanus  vorliegen  hatte.  Denn  mehrere  seiner 
Ortsbestimmungen  und  Ortsnamen  finden  sich  nur  auf  der  Peutingerschen 
Tafel  oder  im  sogenannten  Itinerar  des  Antonius.  Für  Benutzung  einer 
Karte  oder  eines  Itinerars  spricht  besonders  der  Umstand,  dass  Einhart 
vielen  Städtenamen  im  Bereich  des  alten  orbis  den  Namen  der  Provinz 
zusetzt,  cf.  A.  Einh.  746.  Casinum  in  Samnio  provincia,  id.  V.  c.  2. 
773.  Genua,  Burgundiae  civitas.  786.  Florentia,  Tuscoruni  civitas.  CapuH, 
Campaniae  civitas.  799.  Tarsatica,  Liburniae  civitas,  V.  c.  13.  A.  Laur.  809. 
in  Tuscia  Populonium  civitas.     813.  Nicea,  provinciae  Narbonensis. 


XVII. 


Eine  Linibiirg'er  Handschrift. 


Von 


Arthur  VVyss. 


Auf  die  im  folgenden  beschriebene  Hs.  der  gräflich 
Walderdorff  sehen  Fideicominiss- Bibliothek  zu  Molsberg  machte 
mich  zuerst  Herr  Dr.  Rübsam  in  Regensburg  freundlich  auf- 
merksam, da  er  gehört  hatte,  dass  sie  die  Limbm-ger  Chronik, 
mit  deren  Neuherausgabe  er  mich  beschäftigt  wusste,  enthalte. 
Auf  meine  Bitte  hatte  der  Besitzer,  Herr  Graf  Wilderich  von 
Walderdorff,  die  Güte,  mir  die  Einsicht  zu  gestatten.  Enthält 
nun  zwar  die  Hs.  von  der  Limburger  Chronik  nur  einige 
Capitel,  und  auch  diese  nicht  in  so  reiner  Form ,  dass  der 
Text  neben  der  von  mir  aufgefundenen  Braunfelser  Hs.  von 
Erheblichkeit  wäre,  so  bietet  sie  doch  so  viele  bemerkenswerthe 
Stücke,  dass  eine  sorgfältige  Verzeichnung  ihres  Inhaltes  wohl 
am  Platze  schien.  Die  älteren  Limburger  Annalen ,  welche 
sich  hier  finden,  werde  ich  als  dritten  Anhang  meiner  Ausgabe 
der  Limburger  Chronik  bringen.  Anderes  hoffe  ich  später 
mittheilen  zu  können. 

Die  Hs.,  in  altem  Ledereinband,  trägt  die  Nummer  3597, 
ist  auf  Papier,  in  Quart,  auf  476  Blätter  alter  Zählung,  die 
jedoch ,  ohne  dass  etwas  zu  fehlen  scheint ,  von  Bl.  100  auf 
Bl.  201  springt,  von  einer  Hand  des  ausgehenden  15.  und 
beginnenden  16.  Jahrhunderts  geschrieben.  Einzelne  leer  ge- 
bliebene Stellen  und  Blätter  sind  von  späteren  Händen  des 
16.  Jahrhunderts  zu  Einträgen  benutzt.  Die  Hs.  ist  das  Auto- 
graph des  Verfassers  oder  vielmehr  des  Compilators.  Blatt  1 
schreibt  er:  'Genßbeynn  deeth  dieß  buech  billich  heyme,  dan  er 
ynß  hatt  geschreben,  sine  zijtt  do  mit  verdrehen'.  Darunter: 
'Und  were  mir  daß  nit  zugude  will  halten ,  so  lal'ße  ich  ynß 
gott  walden.  W.  S.  W.'  Eine  Hand  des  16.  Jahrhunderts 
bemei'kt  am  oberen  Blattrande:  'Ex  liberali  munificentia  bur- 
gimagistri  Confluentium  civium  Florini  N.  donatus  sum  Guilelmo 
Heckman  scholas.  et  canonico  Limpur.'  und  weiter  unten: 
'Ovidius.  Et  colus  et  fusus  digitis  cecidei'e  remissis'.  Auf  das 
gegenüber  stehende,  auf  den  Einbanddeckel  geklebte  Blatt  hat 
eine  Hand  des  beginnenden  16.  Jahrhunderts,  dieselbe  welche 
die  Blätter  numeriert  hat,  ein  kurzes  Inhaltsverzeichnis  des 
Buches  geschrieben. 


572  Eine  Limburger  Handschrift, 

Johann  Gensbein,  der  Urheber  der  Hs.,  hat  auf  die  Auto- 
rität des  Wetzlarer  Stadtschreibers  Chelius  hin  lange  Zeit  für 
den  Verfasser  der  Limburger  Chronik  gegolten »).  Er  ist 
gerade  hundert  Jahre  jünger  als  jener.  Der  Name  Gensbein 
gehört  einem  Limburger  Bürgergeschlecht  an.  Johann  wurde, 
wie  er  in  der  Hs.  mittheilt,  1444  geboren.  Frühzeitig  trat  er 
als  Schreiber  in  die  Kanzlei  des  Grafen  Philipp  von  Katzen- 
elnbogen,  dem  er  17  Jahre  diente.  1466  war  er  in  Rom. 
1476  wurde  er  Vikar  zu  Oberneisen,  1480  Vikar  des  St.  Pauls- 
altars zu  Limburg.  1504  lebte  er  noch ;  1507  erscheint  eine 
andere  Hand  in  der  Hs.  Noch  zu  Anfang  des  17.  Jahrhunderts 
wusste  man  zu  Limburg  von  seinen  Aufzeichnungen,  und  der 
Limburger  Dechant  Johann  Mechtel  spürte  unserer  Hs.  ver- 
geblich nach 2).  Da  Gensbein  selbst  berichtet,  dass  er  noch 
mehr  Bücher  geschrieben  habe,  so  wird  die  oben  erwähnte 
Angabe  des  Chelius  insofern  begründet  sein,  als  diesem  eine 
von  Gensbein  gefertigte  Abschrift  der  Limburger  Chronik  vor- 
gelegen haben  mag.  Anderes,  Avas  Gensbein  besessen  und 
geschrieben,  hat  er,  wie  er  sagt,  dem  Grafen  Philipp  von  Lei- 
ningen -  Westerburg  überlassen.  Im  gräflichen  Archive  auf 
Schloss  Westerburg,  welches  ich  vor  zwei  Jahren  sah,  fand 
ich  nichts  davon,  und  auch  nichts  von  den  Westerburger  Auf- 
zeichnungen aus  dem  14.— 16.  Jahrhundert,  welche  Mechtel 
kannte  und  die  noch  vor  16  Jahren  von  J.  G.  Lehmann  be- 
nutzt wurden. 

Doch  nun  zum  Inhalt  der  Hs. 

Bl.  2—4':  Erscheinung  Christi  und  der  Engel  bei  Ein- 
weihung der  Kapelle  zu  Einsiedeln  943  exalt.  s.  Crucis.  'LTnd 
[ist]  dief|je  alles  geschriebin  in  der  heymlicheyt  des  heilligen 
sant  Conradt  byschoff  zu  Costantze  in  deme  buech  des  anefanges 
der  hoeffstadt  zu  den  Eynseddeln'. 

Bl.  4':  Verordnung  über  die  Kirchweihe  zu  Einsiedeln 
V.  J.  1464. 

Bl.  5—6:  Limburger  Begebenheiten  1547,  1548,  1552. 
Von  der  Hand  des  Wilhelm  Heckmann,  die  letzte  von  anderer 
Hand. 

Bl.  6':  Notiz,  wie  1501  s.  Annen  Haupt  in  der  Stadt 
Düren  erschien  und  die  Stadt  darüber  mit  dem  Mainzer  Stift 
s.  Stephan  in  Streit  gerieth.    Geschrieben  von  Gensbein  1504. 

Hierauf  folgt  (später  eingeheftet)  ein  Druck:  'Eyn  gantz 
grausamlich  |  vn  erschröcklich  geschieht  eyner  grossen  I  Wasser- 
flut, mit  vmbreissung   der  Brücken  vnd  Heujser,   vnd  ertren- 

1)  'und  meldet  Johannes  (jiensbein,  etwa  Stadtschreiber  zu  Lüraburg', 
in  seiner  alten  geschriebenen  Chronic'  hoisst  es ,  unter  Anführun|^  einer 
Stelle  der  Limburger  Cin'onik,  bei  Chelius,  Kurtze  Beschreibung  der  Stadt 
Wetztlar.  Giessen  1664.  8  <*.  S.  45.  2)  Lympurger  Chronica  bei  Hont- 
heim,  Prodrom,  hist.  Trevir.  II,   1117. 


Eine  Limburger   Handschrift.  573 

ckung  ettliclier  Leut.  Geschehen  |  zu  Marpurg-  der  hauptstadt 
im  Hessenland,  |  an  dem  wasser  die  L6ne  genant,  im  jar,  | 
M.D.Lir.  Holzschnitt.  4".  4  Bl.  Beginnt:  'ANno  tausent, 
fiinfflmndert  jar'.  Endet:  'Wünscht  Henrich  Engel  vii  werd 
war.  I  Getruckt  zu  Marpurg''). 

ßl.  7  steht  nur:  'Scriptum  per  me  Johannem  Gen[3beynn' 
und  darunter:  'W  S  W'^). 

Bl.  7':  Notiz  über  die  Ermordung  des  Limburger  Schult- 
heissen  Petrus  SteyfFoff  1507.  Von  gleichzeitiger  Hand,  nicht 
von  Gensbein. 

Bl.  8:  'Zcu  wyf|3en,  so  wie  daß  man  findet  inn  diefßeme 
buech  etliche  historien,  die  ich  zu  hauflfe  versamelt  habe  und 
uß  anddern  buechern  geschrieben,  dae  mit  ich  myne  zijtt  ver- 
drehen haue.  Deßhalb  ich  eynen  iglichenn  bitten  syne  mir 
zugude  halten  wulie,  so  ich  ynß  in  gutter  meynunge  gethane 
habe  etc.  Aber  ich  haue  gare  fyne  historien  von  den  Romern 
und  anddern  mancher  hande  in  eyne  ander  buech  mit  flief|3e 
geschriebin  ufF  gantze  bogen  bapp;f'rs,  die  man  bie  dief[3erae 
buche  fynden  saill,  daz  gare  lieplich  zu  lesen  yst'. 

Bl.  8 — 13':  Lateinische  Notiz  über  die  Limburger  Stifts- 
kirche V.  J.  1058 ;  dann  lateinische  Limburger  Stiftsannalen 
v.  J.  1289  bis  ins  15.  Jahrhundert,  hier,  theilweise  in  deutscher 
Sprache,  fortgesetzt  von  Gensbein,  der  Nachrichten  über  sich 
selbst  giebt. 

Bl.  14:  'Inicium  a  Constantino  etc.  Otto,  post  Otto  regna- 
vit  tercius  Otto'.  Folgt  eine  werthlose  Notiz  über  die  drei 
Ottonen. 

Bl.  14':  Eingang  eines  Schreibens  des  'Keysers  über  alle 
Keyser'  etc.  Mathias  an  König  Maximilian  v.  J.  1494. 

Bl.  15:  Notiz  Gensbeins  über  seinen  Aufenthalt  zu  Rom  1466. 

Bl.  15' :  Nachricht  über  Stiftung  einer  Singemesse  im 
Georgenstift  zu  Limburg  1466. 

Bl.  16:  'Anno  domini  1497  scriptum  per  me  Johannem 
Genßbeyne  hec  sequentibus.     W.  S.  W.' 

Bl.  16':  Zwei  Limburger  Begebenheiten  1497  und  1507, 
letztere  von  der  Bl.  7'  erschienenen  Hand. 

Bl.  17 — 27:  'Item  ime  jare  1475  yst  soliche  her  naich 
geschrieben  byeslauff  zu  Landeshudt  gesehene  mit  deß  rijchen 
hirtzogen  Siegenmondes  (so!)  sone  und  koniges  doechter  uß 
Polanth  uff  maentag  naich  Martini'.  Ausführliche  interessante 
Beschreibung  der  glänzenden  Hochzeit  Herzogs  Georg  von 
Bayern-Landshut  mit  Hedwig  von  Polen ^). 

1)  Wiederabgedruckt  nach  einer  Abschrift  in  Zeitschr.  f.  hess.  Gesch. 
11.  Landesk.  Neue  Folge  VI,  75 — 79.  2)  Diese  drei  Buchstaben,  die 
ich  nicht  zu  deuten  weiss,  kehren  in  der  Hs.  noch  öfter  wieder.  3)  Meiner 
Erinnerung  nach  —  denn  ich  habe  die  Hs.  nicht  mehr  vor  mir  —  ver- 
schieden von  der  Beschreibung  bei  Westenrieder,  Beiträge  II,   105  ff. 


574  Eine  Limburger  Handschrift. 

Bl.  27' — 38':  Die  Händel  unter  Erzbisehof  Ruprecht  von 
Cühi.  Pfalzgräflicher  Manntag  zu  Oppenheim  1472,  Montag- 
nach  Michaelis;  Tag  zu  Bacharach  1472,  visit.  Mariae  zwischen 
Ruprecht  und  seinem  Domcapitel;  Tag  zwischen  denselben  am 
Königstuhl  und  zu  Lahnstein  1471,  Donnerstag  nach  Egidii, 
sehr  ausführlich.  Gensbein  Avar  als  Sekretär  des  Grafen  Phi- 
lipp von  Katzenelnbogen  mit  auf  diesen  Tagen  und  giebt  Ver- 
zeichnisse der  Theilnehmer. 

Bl.  38':  Nachrichten  über  den  Weinwachs  1473. 

Bl.  39 — 55:  Zusammenkunft  Kaiser  Friedrichs  III,  mit 
Karl  dem  Kühnen  von  Burgund  zu  Trier  1473.  Ausführliche 
Beschreibung  des  Einrittes  und  aller  Festlichkeiten.  'Daz  ich 
Johannes^Genßbeyn  vurg.  gesene  und  mit  gewest  bynne,  von 
handeil  zu  handeil  myme  genedigeu  hern  von  Katzenelnbogen 
und  myner  herschafF  uff  geschrieben  hane  und  muste  und  mir 
diefße  abeschriefften,  wie  sie  alle  her  naich  geschrieben  steet, 
eyns  naich  deme  anddern  folgende  yst,  behalden  hane'. 

Bl.  55—55':  24  Reimzeilen,  Karl  den  Kühnen  betreffend. 
Beginn:  'Als  man  zalte  viertzenhondert  sechßtzigh  und  funffe 
jare  zoich  hertzogh  Karle  von  Burgundien  offinbare'  etc. 

Bl.  55'— 67:  Beschreibung  der  Festlichkeiten  bei  der 
Hochzeit  Karls  des  Kühnen  1468. 

Bl.  67':  'Item  her  naich  folget,  so  wye  hertzoich  Karle 
von  Burgundien  naich  synem  byeschlauff  und  brutlufft  ytzunt 
geschrieben  wijder  in  Franckerijch  zoich.  Her  naich  folget 
von  eyme  zu  dem  anddern  by(5  ane  ende  synes  todes'.  Es 
folgen  19  Reimzeilen,  wie  Karl  1472  nach  Frankreich  zieht 
und  vor  'Beonafß'  und  'Robean'  liegt. 

Bl.  68—68':  Verzeichnis  der  vor  'Deynfelders'  und 'Perif- 
fort'  Erschlagenen  und  Gefangenen. 

Bl.  69:  Karl  zieht  vor  Neuss  (in  Reimen).  Zug  des 
Kaisers  an  den  Rhein. 

Bl.  70' — 72:  Fehdebriefe  des  Kaisers,  der  Kurfürsten  und 
Fürsten  an  Karl  den  Kühnen. 

Bl.  72  —  79:  'Item  her  naich  folget  in  eyme  sproche  gesaste, 
so  wilche  zijtt  der  hoichgebornne  furste  und  her  Herman  lant- 
grave  zu  Hef(]en  von  Collen  in  Nuel]]  getzogen  yst . . . .'  Be- 
ginnt: 'Heiliger  geist,  kome  mir  zu  sture,  erlucht  in  mir  der 
goitheyt  füre,  rüste  mir  myne  vernonffte  zu  samen,  myne 
konste  wirt  von  groben  stamen'  etc.  Endet:  'Als  ich  Bern- 
hardus  Bleyßwyler  liatt  gedieht,  der  mit  andern  bye 
dief|jem  handeil  ist  gewesen,  wie  hie  vorgeschrieben  steet  und 
wyrt  gelesen;  deß  saltu  gantzen  glauben  haben  von  myr,  dan 
yn|]  bye  myme  eyde  alles  geschijdt  ist,  dal]5  sagen  ich  dyr, 
auch  ynß  fursten  und  hern  kondich  yst,  daz  solicher  handeil 
gesehene  yst,  deme  etteln  lantgraffen  und  fursten  zu  eren,  dae 
mit  ich  syne  löpp  meren'. 


Eine  Limburger  Handschrift.  575 

Bl.  79—82:  Zug  des  Kaisers  vor  Köln  1475,  Dienstag 
nach  Maximin.  Verzeichnis  der  Theilnehmer  am  Zuge ,  von 
denen  gesagt  wird:  'hane  ich  mich  defß  erfaren  gehabt  ane 
den  hereholden  lantferer  und  an  den  wappen  erkanth  in  iren 
banner  und  wymfFehi  sie  geforet  und  off  gestachen  haben  in 
dem  her  sie  gelegen  haint'.  Folgt  Aufzählung  der  betheiligten 
Städte. 

Bl.  82—83:  Bericht  über  Scharmützel  zwischen  den  Kaiser- 
lichen und  Herzog  Karl. 

Bl.  83  —  84':  Brief  Johanns  Grafen  zu  Nassau  und  zu 
Breda  an  den  Grafen  von  Katzenelnbogen  aus  dem  Burgun- 
dischen Heere. 

Bl.  85 — 87':  Betheiligung  der  Stadt  Limburg  an  den 
Kriegshändeln;  in  Reimen.  Das  kaiserliche  Heer  zieht  bei 
Limburg  über  die  Lahn;  die  Limburger  müssen  zu  verschie- 
denen Malen  Hülfstruppen  stellen ,  nach  Lins ,  Remagen  und 
vor  Neuss. 

Bl.  88  —  88':  Schi-eiben  Kaisers  Friedrich  an  Graf  Philipp 
von  Katzenelnbogen ,  d.  d.  'im  heher  bye  Nüweß  sampßtag 
naich  s.  Vits  tagh  1475';  verlangt  Zollfreiheit  für  Kriegsbe- 
dürfnisse. Notiz  über  den  zweimaligen  Aufenthalt  des  Kaisers 
zu  Nastätten,  wo  Graf  Philipp  von  Katzenelnbogen  das  Futter 
für  die  Pferde  stellte  und  Gensbein  die  Rechnung  führte. 

Bl.  89—91:  Verschiedenes  zur  Belagerung  von  Neuss. 

Bl.  91 — 96':  Weitere  Schicksale  und  Ende  Karls  des 
Kühnen,  in  Reimen.  Beginnt:  'Zcu  wy|3en  eyme  yederman, 
so  waß  der  hirtzoich  vort  ane  hatt  gedän.  Daß  abetziegen  vor 
Nuyfße  were  ime  eyn  gude  mere,  so  er  doch  in  Lottringen 
gernne  were'  etc.  Endet:  ^Defj]  dan  hirtzogh  Karle  von  Bur- 
gundien  und  byschoff  Rupprecht  nit  haint  bedaecht,  sonder 
sijch  selbs  von  hynnen  haint  braecht  ufß  diefßeme  jamerdale. 
Goit  neme  aller  geleubigen  seien  wäre,  auch  unse  anddern 
helffen  zu  der  ewygkheyt,  amen  sie  in  freuden  ummer  und 
allewege  geseydt'.  Darunter:  'Copiatum  per  me  Johannem 
Genßbeyn,  dan  ynß  gedrugkt  geweest  yst'.  Dazwischen  Bl.  94 
ein  Bericht  über  die  Beute  von  Granson  und  Mortenau;  viele 
Beutestücke  waren  auf  der  Frankfurter  Messe  zum  Verkauf 
ausgestellt,  wo  Gensbein  'mit  seiner  Herrschaft'  sie  selbst  ge- 
sehen hat. 

Bl.  96' — 98:  Verzeichnis  der  vor  Mortenau  Gefallenen  und 
Gefangenen ;  Anekdote  von  dem  Herrn  von  'Kamppenose'  und 
Karl  dem  Kühnen;  Stärke  des  Heeres  vor  Nancy. 

Bl.  98' — 200':  Händel  zwischen  den  Johannitern  auf  Rho- 
dus  und  den  Tüi'ken  1476;  eine  Darstellung,  welche  der  Jokan- 
nitermeister  den  Johannitern  zu  Strassburg  zur  Weiterverbrei- 
tung übersandte. 

Bl.  201-202':  Brief  des  Grosstürken  an  den  Papst  1476. 


576  Eine  Limburger  Handschrift. 

Bl.  202'— 206':  Ausschreiben  des  Kardinalbischofs  Fried- 
rich von  Sabina  über  die  Türkengefahr.     Undatiert, 

Bl.  206' — 209:  Schreiben  des  Königs  Mathias  von  Ungarn 
und  Böhmen  an  Kaiser  Friedrich  über  die  Türkenhändel. 
Undatiert. 

Bl.  209—217':  Einritt  Herzogs  Maximilian  von  Oesterreich 
zu  Gent.     Beschreibung  der  dabei  aufgeführten  Spiele  etc. 

Bl.  218 — 221:  'Der  handel  zo  Präge.  Item  eine  clegelich 
und  erbemlich  (so!)  geschieht  in  der  statt  Präge  in  Bohemen 
von  den  vermaledigtten  ketzern  wiedder  die  Crijsten  gethane 
und  begangen  haben  uff  neeste  mitwochen  naich  sant  Michels 
tag   in   deme  jare  1483  jare   von  Cristi  geburt  zu  schrieben'. 

Bl.  222 — 236:  Beschreibung  des  Reichstags  zu  Frankfurt 
1476,  Sebastiani  (Wahl  Maximilians  zum  Römischen  König). 
Ist  aus  einem  Drucke  abgeschrieben!). 

Bl.  236'— 237':  Weiterer  Bericht  über  den  Frankfurter 
Tag.  Beginnt:  'Item  uff  sontag  Reminiscere  ging  unser  her 
der  keyser  mit  allen  kurefursten  und  ander  fursten  imd  hern 
in  die  pharekirche  zu  sant  Bartholomeus  .  . .'  Folgt  noch  das 
Leichenbegängnis  des  Markgrafen  Albrecht  von  Brandenburg. 

Bl.  238—251':  Druck:  'Coronacö  llluftriffimi  et  fereniffimi 
re  I  gis  maximiliani  archiducis  auftrie  etc.  |  in  rege  romanonf.. 
celebrata  p  principes  |  elcöres  romani  Impij  in  Aquifgrano'.  4o. 

Bl.  252-263.  'Brugk  und  Genth'.  Beginnt:  'Item  saltu 
wyffen,  daß  ime  jare  1488  dief]]er  hernaich  geschrieben  handeil, 
so  wie  diefß  buech  ußwyset,  gesehene  und  sijch  begeben  hatt'. 
Endet  Bl.  260:  'die  königliche  maiesteet  zu  erledigen'.  Es 
folgt:  'Mandatum  apostolicum  et  raalediccio  in  Flemmingos 
propter  detencionem  et  inclusionem  regis  Romanorum'. 

Bl.  263—265:  Einritt  Kaisers  Friedrich  in  Coblenz  auf 
Montag  Tiburtii  et  Valeriani. 

Bl.  265 — 276:  Zug  des  Kaisers  von  Cöln  nach  Aachen, 
wo  Maximilian  aus  der  Brügger  Haft  zu  ihm  kommt,  dann 
nach  Mastricht.  Glänzender  Einritt  in  Mecheln.  Einnahme 
von  Einhoben,  Belagerung  von  Tcrmont  und  der  Stadt  zu 
dem  Damme.  Die  Theilnahme  der  Trierer  und  Limburger 
würd  erwähnt. 

Bl.  277 — 283:  Lied  über  Maximilians  Gefangenschaft  und 
Erledigung.  Beginnt:  'Zcu  deme  ersten  synne  krafft  und 
gunstes  stuer  schenck  ich  deme  werden  adell  zufuer'.  Der 
Text  zeigt  manche  Abweichungen  von  dem  Drucke  bei  v. 
Liliencron,  Volkslieder  II,  233  ff. 
_ 

1)  Hain,  Eepert.  bibliogr.  II,  1,  377  n.  10928.  10929.  Eine  von 
Hain  nicht  gekannte  Ausgabe  besitzt  die  Arcbivbibliothek  zu  Darmstadt 
n.    1135). 


Eine  Limburger  Handschrift.  577 

Bl.  283':  Notiz  über  die  Belagerung  Gents  durch  Herzog 
Philipp  von  Burgund. 

Bl.  284 — 285':  Bündnis  des  Römischen  Königs  Maximilian 
mit  genannten  F'ürsten  gegen  seine  Feinde  in  den  Niederlan- 
den 1489;  Tag  zu  Wesel. 

Bl.  285'— 289':  Hanns  Waidemanns  Händel  zu  Zürich. 
Darin  Bl.  287 — 288',  mit  zahlreichen  Abweichungen  von  dem 
bei  V.  Liliencron  H,  271  gedruckten  Text,  das  Lied  von  Hans 
Waidemann.  Am  Schluss  ist  bemerkt:  'Johannes  Genßbeyn 
braecht  dieljk  gedijcht  zu  der  zijtt  mit  ime  von  Zurche  heyme, 
so  er  zu  Eynsedelln  unser  frauwen  wa()  wallen ;  die  woll  ime 
genedich  wesen,  amen'. 

Bl.  289'— 291 :  Reichstag  zu  Frankfurt.  König  Max  kommt 
von  'Yßenbrugh'  vor  s.  Joh.  Tag  ßapt.  nach  Frankfurt.  Be- 
schlüsse des  Frankfurter  Tages. 

Bl.  291'— 297:  ChronikaHsche  Notizen:  1488  (?)  zwei  fürst- 
liche Hochzeiten  zu  Frankfurt  (Hessen- Brandenburg  (!)  und 
Cleve- Hessen;  Gefangennehmung  des  'bösen  Türken';  Lebens- 
mittelpreise. 1489  Witterung;  Lebensmittelpreise;  Kleidung; 
Münze  der  Stadt  Limburg.  1490  Niederlage  der  Niederlän- 
dischen Söldner  bei  Wasserbillig;  Landzoll  zu  Eis  bei  Lim- 
burg; Reinhards  von  Westerburg  Fehde  mit  der  Stadt  Cöln; 
Tag  zu  Linz  an  der  Donau ;  Fehde  zwischen  dem  Bischof  von 
Lüttich  und  den  von  Arburg;  Tag  der  Kurfürsten  und  der 
Stadt  Cöln  zu  Engers. 

Bl.  297':  Nachricht  über  das  Hospital  zu  Limburg.  Dann: 
'Und  beslief|5en  hiemit  dief|3es  buches  eyne  ende,  so  ich  fort 
ane  geschrieben  habe  in  myne  groifß  buche,  da  fort  ane  such 
etc.  Johannes  Genßbeyn'. 

Bl.  298 — 301:  'Item  dief|]e  hernachgeschrieben  geschieht 
synt  inne  Lottringen  vorbraicht  und  funden  worden  ime  jare 
1453  jare  und  yst  alles  in  gemeltze  ersehenen  und  funden 
worden  zu  eyme  gedechttenifße'.    Beschreibung  von  Gemälden. 

Bl.  301' — 302:  ^Ad  amicissimum  fautorem  Johan  Heckman 
Grebenneckhensem  que  nova  jam  inventa  sunt  ex  vetustissimis 
codicibus'.  Prophezeihung  auf  das  Jahr  1527.  Von  Heck- 
manns Hand. 

Bl.  303  ist  leer. 

Bl.  304:  Philosophisches  Schema  über  die  Folgen  der  Noth. 

Bl.  304':  'Item  her  naich  folget  myne  verwillnunge,  ich 
ghene  Lympurg  permuteret  habe'.  Abschrift  der  betr.  Urkunde 
von  1480. 

Bl.  305 — 306:  Ueber  die  Zahl  Vier  in  den  politischen 
Einrichtungen  des  Reiches :  Das  deutsche  Land  ist  auf  vier 
Säulen  gesetzt :  Könige,  Kurfürsten,  Herzoge  und  Markgrafen ; 
je  vier  Mark-,  Land-,  Burggrafen,  Grafen,  Semperfreie,  Ritter, 
Städte,  Dörfer,  Bauern. 


578  Eine   Limbui-gei'  Handschrift. 

Bl.  306'— 308':  Limburger  Annalen  1318-1497,  theils 
lateinisch,  theils  deutsch. 

Bl.  309 — 310':  Ueber  die  Arten  der  kirchlichen  Messen. 

Bl.  311  ist  leer. 

Bl.  311':  biblische  Räthsel:  'Quis  fuit  mortuus  et  non 
natus?     Adam',  u.  s.  w. 

Bl.  312 — 313':  *De  prima  fundacione  et  construccione 
Treberica  (so!)  urbis  per  Trebetam'.  Beginnt:  'Anno  ante 
urbem  Romam  conditara  1250  urbis  (so!)  Treberis  in  Europa 
prima  civitas'.  Im  Jahr  54  kommt  der  h.  Eucharius  nach 
Trier,  u.  s.  w.  —  'Anno  dominice  incarnacionis  millesimo  cen- 
tesimo  quadragesimo  octavo  domino  Eugenio  tercio  summe 
pontifice  hanc  ecclesiam  et  precipue  summum  altare  ac  sancti 
Mathie  appostoli  per  se  consecrante  Hartwicus  episcopus 
Gebenensis,  qui  cum  jam  dicto  apostolico  venit,  altare  hujus 
cripte  ad  caput  s.  Eucharii  apostolici  viri  positum  in  ho- 
nore  etc.'i). 

Bl.  313':  Grabschrift  Erzbischofs  Baldewin  von  Trier 
'Magnificus  —  siste',  bekannt  aus  Gesta  Trevir.  ^'). 

BL  314—321':  'Historia  von  Trier  und  Mentze'.  Beginnt: 
'Zu  wyssen,  daz  vor  tzietten  fore  eyne  konigh  in  daz  lant 
Asya  obir  mere,  der  hiefß  Pylus'.  Geht  bald  auf  Mainz  über, 
erzählt  u.  a. ,  mit  Benutzung  der  alten  Quellen,  vom  Dom- 
schatze und  von  der  Ermordung  Erzbischofs  Arnold,  schliesst 
mit  Angaben  über  Privilegien,  die  Erzbischof  Sifrit  den 
Zünften  gab. 

Bl.  322 — 323':  Kaiserliche  und  königliche  Privilegien  für 
die  Stadt  Mainz:  a)  König  Wenzel,  d.  d.  'Betteler  1321  (irrig 
statt  1391)  regn.  Boh.  28,  Rom.  16,  mont  nach  nativ.  Marie' 
(Sept.  11).  b)  Kaiser  Ludwig  gebietet  der  Stadt  Mainz,  die 
Pfaffheit  dazu  zu  dringen,  den  seinetwegen  unterlassenen  Gottes- 
dienst wieder  auf  zu  nehmen,  d.  d.  'Norenbergh  ame  erentage 
naich  sant  Lucien  tagh  1338  regn.  25'  (Dec.  15).  c)  König 
Karl,  d.  d.  'Spyer  1348'  ohne  Tag  =  Reg.  Lnper.  VIII,  n.  533. 

Bl.  324—326':  Limburger  Chronik  cap.  26.  61.  106.  149. 
162  (Moguntina  und  Reichssachen  betreffend);  ein  Zusatz  zu 
cap.  149  lasst  den  Mainzer  erkennen)  ^). 

Bl.  326'— 328:  Privileg  König  Wenzels  für  die  Stadt 
Mainz ,  d.  d.  'Betteler  1391 ,  mont.  nach  nativ.  Marie,  regn. 
Boh.  29,  Rom.  16.' 

Bl.  328:  Limburger  Chronik  cap.  198. 

Bl.  328-328':  Theilnahme  Erzbischofs  Konrad  von  Mainz 
an  dem  Reichstag  zu  Niirnberg  1426,  14  Tage  nach  Pfingsten. 

1)  Vg-1.  Goerz,  Mittelrh.  Reg.  I,  567    nr.   20G3.  2)   Bei  Wytten- 

Itach  u.  Müller  II,  269.  3)  Ich    gebe  hier    bereits    die   Capiteleinthei- 

lung,  wie   ich  sie  in  meiner  demnächst  erscheinenden  Ausgabe  der  Lim- 
bnrger  Clironik   durchgeführt  habe. 


Eine  Limburger  Handschrift.  579 

Bl.  328'— 330':  Limburger  Chronik  cap.  12.  53.  54.  74. 
111  (Reichssachen). 

Bl.  330' — 331  :  Kaiser  Sigmund  quittiert  der  Stadt  Mainz 
über  1000  Rheinische  Gulden,  die  sie  ihm  als  Ersatz  für  Nicht- 
betheiligung  am  Römerzuge  gezahlt  hat,  d.  d.  'Baseil  1434, 
donnerst,  nach  Mathias,  regn.  Hung.  47,  Rom.  14,  Imp.  1.' 

Bl.  331 — 331':  Notizen  über  die  Schlachten  bei  Bocken- 
heim (1460,  Ulrichstag)  und  bei  Seckenheim. 

Bl.  331':  Nachricht  über  die  Eroberung  von  Mainz  1462. 

Bl.  332 — 335:  Ausschreiben  Erzbischofs  Diether  von 
Mainz,  d.  d.  'Ayschaffenburgh  Mont.  nach  Dionys.  1462''). 

Bl.  335' — 339' :  Bericht  über  die  Einnahme  von  Mainz 
1462.     Am  Schluss  Verzeichnis  der  Mainzer  Verräther  2. 

Bl.  340  ist  leer. 

Bl.  341  —  343:  Chronikalische,  meist  Mainzer  Nachrichten 
1470—1489. 

Bl.  343':  'Item  fint  man  vort  ane  in  dem  andern  bueche 
vort  ane  die  ergangen  sachen,  her  nach  dieß  bustabe  stene: 
Genßbeynn  W  S  W. 

Bl.  344—349:  'Phaltzgraeff  und  Wonnenbergh'.  Betrifft 
die  1488  entstandenen  Händel  Erzbischofs  Johann  von  Trier 
mit  Kurfürst  Philipp  von  der  Pfalz  und  dessen  Anhänger 
Cuno  von  Winneberg,  Herrn  zu  Beilstein.  Der  Pfalzgraf  ver- 
proviantiert Schaumburg  und  Schadeck :  'deme  naich  der  ettell 
jonglier  Reynhart  von  Westerburg  und  Cone  syne  broder  mit 
dem  von  Ronckell  genant  Johann  in  unfreden  stunden,  du 
auch  in  der  anddern  coroniken  beschrieben  findest,  ich  auch 
geschrieben  hane'  (Bl.  344')-  Schöneck  genommen.  Kriegs- 
leistungen der  Limburger  für  Trier.  Vv'itterung  und  Preise 
1488—1490. 

Bl.  349':  Sterben  zu  Limburg  1490. 

Bl.  350:  Thierische  Misgeburt  zu  Dern  1549.  Von  Heck- 
manns Hand. 

Bl.  351   ist  leer. 

Bl.  352 — 389:  Ausschreiben  Erzbischofs  Johann  von  Trier 
an  alle  Reichsstände,  betreffend  seine  Streitigkeiten  mit  Kurfürst 
Philipp  von  der  Pfalz  wegen  Winneberg,  Beilstein  und  Schön- 
eck, d.  d.  'Covelentze  1488,  aug.  9'. 

Bl.  389':  Titel  Herzogs  Maximilian  von  Oesterreich  als 
ein  Herzog  von  Burgund. 

Bl.  390 — 405:  Druck:  'Antwurt  zu  handthabüg  vnd  |  be- 
haltnuß  d'  romifchen  kungli  |  che  maieftat  eren  vnd  glimpfes'. 
Darunter  ein  Holzschnitt :  König  auf  dem  Throne ,  vor  ihm 
eine  Königin.  4°.  16  Bl.  o.  O.  u.  J.  (1492  wird  darin  erwähnt). 

1)  Bekannt  aus  der  Speierischen  Chronik  bei  Mone,  Quellen  I,  474 
— 475.  2)    Es    steht  in    kürzerer  Form    auch    in    der  Speier.   Chronik 

a.  a.  O.  S.  479. 


580  Eine  Limburger  Handschrift. 

Bl.  406—411:  Druck:  'Di|l  Jft  Kuning  Karlis  von| 
Franc  kr  ich  gebot  mit  bezujgung  oder  proteftacion 
durchi)  I  gantz  ytalien  vnd  wellch  landt  vßgangen.  Mit  | 
fampt  den  Artickelen  des  Vertrags  So  zwiffchen  !  Vnferm 
Heiligen  Vatter  babft  Allexandro  dem  |  vi.  Vnd  künig  Karle 
vö  Franckrich  yetz  yin  negft  |  vergangnen  Jenner  zu  Rom  ver- 
tedingt  Vnd  abe  )  geredt  fyndt'.  Darunter  ein  Holzschnitt: 
Papst  und  König,  eine  Urkunde  haltend.  Am  Schluss:  'Geben 
am  .XV.  tag  des  Jenners  |  im  M.ccccvnd.lxxxxv.  ior'.  4". 
6  Bl. 

Bl.  412—413':  Einzug  Königs  Karl  von  Frankreich  zu 
Rom  1495,  Antonii  und  was  dabei  vorgefallen.  'Und  yst  mir 
dieß  von  Rome  gefchriebin  von  eyme  myme  gutten  frunde'. 

Bl.  413' — 416:  Lateinische  Gedenkverse  über  den  Schmal- 
kaldischen  Krieg  und  über  einen  Brand  zu  Wiesbaden;  gutes 
Weinjahr  zu  Limburg  1540,  schlechtes  15^4.  Alles  von  Heck- 
manns Hand. 

Bl.  416':  'Item  her  naich  folgent  ettliche  historien  von 
Jherusalem  mancher  hande'.  Zunächst  einige  fragmentarische 
Notizen. 

Bl.  417 — 418':  'Item  her  nach  folgent  und  zeugent  sijch 
zwey  keyserthum  und  zwentzigh  crystenliche  konigkrijch,  die 
in  der  gantzen  cristenheyt  syndt  etc.'  Es  folgt  die  Angabe 
der  Entfernung  (Meilenzahl)  von  Nürnberg  nach  Cöln  —  Brügge 
—  London  —  Edinburg,  nach  Frankreich,  Spanien,  Avignon, 
Italien,  Sicilien,  Cypern,  Jaffa,  Jerusalem,  Kairo,  Alexandria, 
Constantinopel,  Bosnien,  Croatien,  Dalmatien,  Ungarn,  Polen, 
Dänemark,  Schweden. 

Bl.  418' — 421 :  unmittelbar  an  das  Vorhergehende  sich 
anschliessend,  Anweisung  für  Jerusalempilger.  Reise  zu  Wasser 
von  Venedig  aus. 

Bl.  421 — 422:  Beschreibung  des  heiligen  Grabes. 

Bl.  422 — 422':  Beschreibung  des  Weges  von  Nürnberg 
über  Land  nach  Jerusalem ,  'als  mir  daß  eyne  Jude  zu  Jheru- 
salem geleuplich  underscheiden  hatt'^). 

Bl.  422' — 425:  'Hier  naich  volgent  die  kirchen  fart  ime 
dale  Mambre  und  Ebreon  und  die  heiligen  stete  zu  Nazareth, 
auch  zu  Baruti  und  Damasco'. 

Bl.  425 — 429:  'Her  naich  steet  geschrieben,  Avelche  cristen- 
liehe  fursten  die  heilligen  stat  Jherusalem  und  daz  heillige 
landt  gewonnen  und  auch  inne  gehabt  haben  und  zu  welcher 
zijt  daz  gesehene  yst,  als  das  zu  Jherusalem  in  deme  closter 
Monte  Syon  in  irrer  liberye  in  irrer  cronica  eygentlichen  be- 

1)  Die  gesperrten  Worte  sind  fetter  gedruckt.  2)  Scheint  aus  der 
1479  unternommenen  Reise  des  Nürnbergers  Sebald  Rieter.  Vgl.  die 
entsprechende  Stelle  bei  Röhricht  und  Meisner,  Deutsche  Pilgerreisen 
S.   112. 


Eine  Limburger  Handschrift.  581 

schrieben  steet.  dar  u|5  ich  yn|j  haue  laj'en  schrieben  und  daz 
verloent  hane,  ich  Philips  grave  zu  Katzenelnbogen'i). 

Bl.  429':  'Zu  wijssen,  so  wie  die  crystenheyt  pleget  zu 
schrieben  naich  Cristus  geburt  tusent  vierhondert  und  Ixxix  jare 
etc. 2),  also   schrieben  die  heyden  naich  Machamets  dode'  etc. 

BI.  429 — 430:  'Hie  nach  folget  eyne  gemeyne  lere,  der 
sijch  eyne  yederman  der  über  mere  faren  wil,  und  auch  suste 
digke  noittorfft  yst,  nach  halden  magh'. 

Bl.  430:  'Auch  saltu  wijfjjen,  daz  ich  umb  der  kortzest 
willen  ofF  gehört  hane  zu  schrieben  igliche  landeschafft  mit 
sampt  allen  heilligen  stetten,  so  wie  die  gelegen  und  gestalt 
synt,  hane  ich  vor  mich  in  schriefften  gelesen  und  verstanden 
....  dan  ich  Johannes  Genßbeyn  nyt  dae  bie  noch  gewest 
bynn,  sonder  diefße  urab  zijt  vordryppe  ußgesucht  und  ge- 
schrieben hane,  etliche  arttickel  hie  geschrieben  steet'. 

Bl.  430'— 435:  Ueber  Balsambereitung  im  Orient;  Nach- 
richten über  Kairo  und  Alexandria.  Am  Schluss:  'Scriptum 
per  me  Johannem  Genßbeyn  de  Limpburg  diotic.  (so  statt 
dioces.)  Ti'everensis,  vicarium  ibidem  altaris  sancti  Pauli'. 

Bl.  435' :  'Item  yst  der  ettel  woilgebornn  Philips  grave  zu 
Katzenelnbogen  und  Dietze  persoenlich  mit  andern  etlichen 
fursten  und  graefFen  und  vome  adell  zum  heilligen  grabe  und 
Jherusalem  gewest,  deme  diefße  her  naich  dinge  alle  kondig 
synt  gewest  und  beschrieben  braecht,  daran  ich  Johannes 
Genßbeyne  dicke  hane  gedaecht,  so  ich  syne  dyner  siebentzen 
jare  bynn  gewesen,  geschrieben  und  gelesenn.  Gott  wolle 
unser  aller  genedigh  wesenn'. 

Bl.  436—444':  Nachrichten  über  das  heilige  Land,  Be- 
schreibung der  einzelen  Gebäude  etc. ,  in  welchen  biblische 
Wunder  geschehen  sind,  sodann  was  von  heiligen  Stätten  die 
einzelen  Mönchsorden  inne  haben. 

Bl.  444'— 447:  'Item  her  naich  folget  etliche  ergangen 
historien  von  deme  gebenedigtten  lande  und  stat  Jherusalem 
in  gedichte  gesaste'.  Beginnt :  'Zcu  Jherusalem  uff  der  heiUigen 
erden  platze'.     Endet:  'Amen  sie  uns  armen    sonder   geseydt'. 

Bl.  447':  Aufzählung  der  Titel  des  Türkischen  Kaisers. 

Bl.  448—457:  'Item  her  naich  folget  vonn  Karalo,  were 
}"fiß  leeßit  der  wirt  froe;  so  waß  er  bie  der  Cristenheit  hait 
gethan,  daz  iindestu  alles  her  naich  geschrieben  stan'.  Es 
folgen  aus  des  Strickers  Karl  dem  Grossen  v.  70 — 76.  126 — 
860  der  Ausgabe  von  Bartsch.  Zwischen  v.  76  und  126  der 
Ausgabe  stehen  die  Zeilen:  'als  due  her  naich  wyrdes  lesen, 
so  wye  sye  synt  gewesen,  von  deme  edeln  konigh  Pyppyne, 
als  daz  von  eren  woil  magh  syne,  daz  irae  eyne  helligh  frauwe 

1)  'ich   —   Katzenelnbogen'  ist  später,    doch  anscheinend   von  Gens- 
hein, beigefügt.      Die  Reise    des  Grafen   fand   1433   statt.     Vgl.  Röhricht 
u.  Meisner  S.  569  n.   115.        2)  Das  Jahr  weist  wieder  auf  Rieters  Reise« 
Neues  Archiv  etc.  VII-  38 


582  Eine   Limburger  Handschrift, 

ZU  wart  gesworn.  Nach  v.  860  steht  (Bl.  457'):  '^HS'by  haue 
ich  ynß  Johannes  Gensbeyn  Lail]kn  blieben  und  yn|i  nit  vortter 
inocht  schrieben,  so  ich  die  buecher  davon  hatte,  waß  diefl^e 
eyue  kleyne  hätte  etc.  Doch  mocht  ich  das  buech  nit  be- 
halten und  solt  ynß  gott  walten,  dan  yn|]  worden  ist  in  kortzer 
frijste  dem  etteln  woilgeborn  jungher  Philips  von  Westerburgh  0, 
der  yn|)  von  mir  haben  wolde,  sonder  alle  ungedulde  die 
historien  zu  lesen,  dwile  das  buech  magh  wesen,  daz  ich  inie 
woil  gönne  und  fare  mit  davon  etc.  Und  sint  funtfe  buecher 
der  hystorien  bie  eyne  ander,  sagent  von  eyme  zum  andern". 
Bl.  458— iG4:  Unbekannte  Dichtung '  über  die  Thaten 
Karls  des  Grossen  und  seiner  Helden.     Beginnt: 

'Der  konigk  Karle  geweldecklijch 

oberwant  aller  wernlde  rijche, 

da|5  Romesche  keyserthum  besaf(3e, 

dye  dutzschen  lande  holtien  daf|). 

er  wart  aller  furstenn  here, 

mit  strj'de  gäbe  wyscheide  ere 

über  qwam  er  alle  die  lande 

meyste  mit  holfle  der  godoshande, 

der  yme  genade  viel  erscheynte, 

so  er  yne  mit  truwen  meynte, 

den  er  ane  bettet  dagh  und  nacht 

und  ermaent  yne  syner  macht. 

deß  gab  er  yme  wytze  und  crafft 

und  gewalt  obir  alle  syne  hgentschaflft. 

zu  erste  er  die  duetzsche  lande  erwan; 

uß  den  köre  er  tzwolffe  mau, 

die  besten  er  haben  möchte, 

dye  ime  zu  syner  hude  dochte, 

dafß  waren  syne  zwene  brüderan 

bede  Rapode  und  Wonneman, 

dar  nae  syne  drye  neben  jungh 

Berwyn,  GunfFrydt  und  Nebilung. 

zcu  den  deth  er  duetzsche  fursten  kyesen: 

Gezeron  genante  herre  zu  Fryerßeu, 

der  siebende  von  Kormynden  Ri'chart, 

der  achte  Oryger  von  Tennemarck, 

der  nuende  Beyers  hirtzoich  Naymis, 

der  zehende  von  Swaben  Gerolt, 

Rynfi-anck  margkgrave  Otto  der  eylfftc  waz  genant, 

der  zwolffte  A5'mont  grave  uß  Flanderlanth. 

der  liebest  under  ine  allen  schone 

waß  Rulant  siner  swester  sone. 


1)  Graf  Philipp  von  Leiningen  -  Westerburg,    geb.   1483,  gest.   1522. 
VgL  Lehmann,  Gesch.  d.  Burgen  d.  bayer.  Pfalz  III,  Tafel  z.  S.  266. 


Eine  Limburger  Handschrift.  Ö83 

Derae  erweite  er  besunder  zwolff  man: 

der  erste  Olyfer  von  Viande, 

von  Remenj)  yrtzbii>choff  Turpyn 

solde  irer  aller  sele  bevverer  syn'  u.  s.  w. 
Schluss:  'Dan  sulte  Karle  langer  gelebet  lian, 

er  hette  viel  nutzes  dinges  gedan: 

alle  richtum  vvolt  er  deylen  gelijche, 

alle  unfruchtbare  wustunge  maclaen  buwelich, 

alle  unfretich  waf|5er  machen  brücken, 

alle  godes  huef|j  laifßen  smucken, 

alle  martstede  überdecken  reyne, 

alle  lantstraii'|]en  understeynen, 

alle  gerichte  u(3  der  schriefFt  ernuwen, 

alle  lantfrede  slolße  buwen, 

alle  rauppgesel'ße  zubrechen, 

alle  boyßheyt  laißen  rechen, 

alle  woledait  thuu  ergetzen, 

alle  schedelich  gewalt  entsetzen. 

Karins  dutzschen  landen 

wolte  haue  daz  bestanden, 

dar  umb  alle  crysten  synen  namen 

billich  ewigliche  sollen  loben,  amen'. 
Es  folgen  Bl.  464'  noch  Notizen  in  Prosa,  wie  Karl  zu 
Ronceval  und  auf  dem  Steine,  auf  welchem  Roland  todt  blieb, 
Kirchen  baute  und  wie  er  ein  reiches  Kloster  stiftete  an  der 
Stätte,  da  er  Rolands  Hörn  fand.  Dann  die  Bemerkung:  'Hie 
hane  ich  schriebens  abgelaifßen,  so  ich  yn(3  beschrieben  habe 
uß  der  maifßen  in  eynem  ander  buchelin,  dafß  ist  selbes  myne'. 
Dann,  etwas  später  zugesetzt:  'Doch  halt  ynß  mir  der  ettel 
woilgeborn  Philips  her  zu  Westerburg,  graeff  zu  Lyningen, 
genomen,  so  ich  ynß  ime  gonde'. 

Bl.  465 — 473:  'Item  her  naich  folget  etliche  frauwen  namen, 
von  den  Johannes  Boccaccius  in  latine  geschriebin  hatt,  das 
dann  doctor  Heinricus  Steynhowel  inn  dutzsche  gesaste  hatt, 
so  wie  die  eyn  unde  nunntzigh  frauwen  regeret  haben,  kortz- 
liche  her  naich  geschriebin  stadt,  wie  woil  ich  daz  gantze 
buche  vor  mir  Johannes  Genßbeyne  gehabt  hane  und  gelesen'. 
Beginnt  mit  Eva,  endet  mit  Nicostrata. 

Bl.  473' — 474:  'Ein  nutzlich  recept  und  artzenei  van 
doctor  marggrafF  Alberich  von  Brandeburchk,  der  hohen  schoel 
auff  dem  Hanenkam  und  landis  Francken  apoteckern,  widder 
die  swermuttichkeidt  und  geprechen  der  armen  edtleudt,  so 
van  denenn  van  Nurnberck  vertriben  seindt'.  Scherzhafte 
Anweisung  zum  Berauben  von  Kaufleuten.  Von  Hand  des 
16.  Jahrhunderts. 
Bl.  475  ist  leer. 

Bl.  475'  folgen  von  derselben  Hand,  welche   die   Inhalts- 

38* 


584  Eine   Limburger  Handschrift. 

übersieht  auf  der  inneren  Seite  des  vorderen  Einbanddeckels 
gemacht  hat,  flüchtige  Notizen  über  den  Tod  der  Pfalzgrafen 
Georg  (1503)  und  Ruprecht  (1504)  und  des  Erzbischofs 
Jakob  von  Trier  (1511),  Darunter:  'Ecce  lignum  crucis 
Maguncia'. 

Es  folgt  noch  ein  leeres  Blatt. 

Nachträglich  bemerke  ich  noch,  dass  statt  der  oben 
S.  571.  573  erwähnten  Buchstaben  WSW  wohl  eher  zu  lesen 
sein  wird  WGW.  Die  Deutung  liegt  dann  nahe:  Wie  Gott 
Will. 


XVIII. 


Miscellen. 


Zwei  unedierte  Briefe  Gregors  I. 

Von  Paul  Ewald. 


Greg-or  I.  ordiniert  auf  Bitten  von  'Clerus,  ordo  et  plebs' 
Johannes  zum  Bischof  von  Ariminuni. 

Gregorius  clero,  ordini  et  plebi  consistenti  Arimino. 

Probabilibus  desideriis  nihil  attulimus  tarditatis.  Fratrem 
iam  et  coepiscopum  nostrum  Johannem  vobis  ordinavimus  sacer- 
dotem.     Et  cetera  secundum  morem. 


Vorstehender  Brief  ist  der  121.  derjenigen  Sammlung  von 
Gregorbriefen,  Avelche  im  Ganzen  200  Briefe  enthält  und  die 
ich  C  nannte.  (Vgl.  Neues  Archiv  III,  464.)  Wurde  er  bisher 
von  den  Editoren  übersehen,  so  kam  es  in  leicht  erklärlicher 
Weise.  Ein  Brief,  welcher  in  der  grossen  Sammlung  R  der 
11.  der  Indictio  XI.  ist  (ed.  Maur.  ep.  III,  11),  giebt  uns  genau 
den  gleichen  Text,  nur  mit  dem  erheblichen  Unterschied,  dass 
in  III,  11  statt  'Arimino'  'Albano'  und  statt  'Johannem'  ^Homi- 
nembonum'  gelesen  wird.  Der  sonst  aber  völlig  identische 
Wortlaut  des  kurzen  Befehls  lenkte  sofort  von  unserm  obigen 
Brief  die  Aufmerksamkeit  ab,  so  dass  auch  selbst  von  den  Mauri- 
nern  nicht  einmal  die  abweichenden  Namensfornien  als  Vari- 
anten zu  III,  11  notiert  wurden.  Durch  dieses  Verfahren  der 
bisherigen  Editoren  wurde  auch  ich  in  den  Gregorstudien  ver- 
führt, den  121.  Brief  in  C  als  III,  11  zu  bezeichnen  (vgl. 
Neues  Archiv  III,  471.  530.  576.  610).  Dass  ich  auf  meine 
Collationen  in  diesem  Falle  nicht  eingehender  zurückging, 
rächte  sich.  Denn  der  von  mir  gelieferte  Nachweis,  dass  alle 
200  Briefe  aus  C  einem  einzigen  Indictionsjahr,  der  Indictio  II. 
angehören,  stiess  gerade  hier  bei  dem  121.  Brief  und  eben  nur 
bei  ihm,  auf  die  grosse  Schwierigkeit,  dass  III,  11  durch  die 
Sammlung  R  als  ein  Brief  des  October  der  Indictio  XL  be- 
stimmt war.  Es  blieb  mir  nichts  übrig  als  eine  Anomalie 
anzunehmen.     Aus  irgend  einem  auch  sonst  in  den  Registern 


588  Zwei  unedierte  Briefe   Gregors  I, 

vorkommenden  Versehen,  meinte  ich  vordem,  sei  wohl  dieser 
frühere  Brief  aus  dem  3.  Pontificatsjahre  Gregors  unter  die 
späteren  seines  9.  Jahres  gerathen  und  dort  wiederholt  worden. 
Wir  sehen  jetzt,  dass  ich  gegen  Schwierigkeiten  kämpfte,  die  in 
Wirklichkeit  nicht  bestehen.  Nichts  hindert,  auch  den  121.  Brief 
von  C,  wie  er  nun  lautet,  der  Indictio  II.  zu  lassen  und  wir 
gewinnen  für  ihn  (vgl.  Neues  Archiv  III,  576)  als  genaues 
Datum  den  Juli  600.  Denn  da  die  Briefe  in  C  in  chrono- 
logischer Reihenfolge  überliefert  sind  und  der  119.  Brief  in  C 
wie  der  124.  sicher  im  Juli  600  stehen,  so  ist  auch  hier  das- 
selbe Datum  geboten.  Jedenfalls  ist  nun  auch  das  Bedenken, 
welches  dieser  einzige  Brief  gegen  die  Richtigkeit  meines 
Nachweises  liefern  konnte,  durchaus  beseitigt.  Ohne  Ausnahme 
entstammt  C  der  Indictio  II. 

Durch  den  Inhalt  dieses  neuen  Briefes  wird  in  erfreulicher 
Weise  unsere  Kenntnis  von  der  Geschichte  Riminis  erweitert 
und  der  sonst  nicht  unterzubringende  Bischof  Johannes  in  dem 
Gregorbrief  XIV,  11*)  unverkennbar  bestimmt. 

Wie  überhaupt  für  die  meisten  Bischofslisten  der  gre- 
gorianischen Zeit,  so  sind  auch  für  Ariminum  die  Angaben 
des  Registei's  Gregors  die  einzigen  Quellen.  Daraus  erfahren 
wir  denn  Folgendes:  Als  Gregor  sein  Pontificat  antritt,  ist  das 
Bisthum  in  Ariminum  unbesetzt.  Ocleatinus,  der  vorgeschlagen 
ist,  wird  von  Gregor  verworfen  und  in  Rom  von  diesem  Castoi'ius 
ordiniert  (I,  57.  58.  VII,  19  'ordinatus  a  nobis').  Castorius 
ist  ep.  II,  12  im  Januar  592  bereits  im  Amte,  aber  sofort  stellt 
sich  ein  körperliches  Leiden  ein,  er  geht  erst  nach  Ravenna, 
dann  nach  Rom;  auch  an  Sicilien  war  für  ihn  gedacht  worden 
(ep.  II,  35).  Während  des  längeren  Verbleibens  in  Rom  wird 
im  März  593  die  Visitation  der  Kirche  von  Ariminum  an  den 
Bischof  Leontius  von  Urbinum  übertragen.  In  den  Briefen 
V,  44.  VI,  45  dauert  dieser  Zustand  fort  und  auch  auf  den 
Nachfolger  des  Leontius  scheint  die  Visitation  übergegangen 
zu  sein.  Denn  wenn  wir  in  ep.  VII,  20  den  sonst  unbekannten 
Bischof  Sebastian  mit  ihr  betraut  finden,  so  ist  es  fast  selbst- 
verständlich, in  ihm  den  neuen  Bischof  von  Urbinum  zu  sehen. 
Es  wird  Mai  600,  bis  sich  endlich  Gregor  dazu  entschliesst, 
wegen  der  aussichtslosen  Krankheit  des  Castorius  und  zwar 
mit  dessen  Zustimmung  zur  Vornahme  der  Wahl  eines  neuen 
Bischofs  in  Ariminum  aufzufordern  (ep.  VII,  19 — 21,  vgl.  Neues 
Archiv  III,  616).  Das  Resultat  dieser  Wahl  ist  dann  der  Bischof 
Johannes,  ihn  ordiniert  Gregor,  um  nicht  länger  die  bischofs- 
lose Zeit  auszudehnen,  sobald  als  möglich  und  schickt  ihn  mit 
obigem  Brief  nach  Ariminum  zurück.  Dieser  Brief  ist  bereits 
im  Juli  600  in  das  Register  eingetragen  worden. 

1)  Ich  citiere  stets  nach  der  Mauriner  Ausgabe. 


Zwei  unedierte  Briefe   Gregors  I.  589 

Nur  noch  einmal  begegnet  uns  fernerhin  der  neue  Bischof 
Johannes.  Gregor  gi'eift  nicht  lange  vor  seinem  Tode  in  einem 
der  letzten  Briefe,  die  uns  von  ihm  überliefert  sind  (ep.  XIV,  11) 
in  die  Wahlangelegenheiten  von  Ancona  ein  und  beauftragt 
damit  einen  Bischof  Johannes.  Es  ist  jetzt  unzweifelhaft,  dass 
dies  auf  den  Bischof  des  benachbarten  Ariminum  geht.  Die 
Mauriner  aber,  welche  ohne  unsern  obigen  Brief  diesen 
Johannes  nicht  näher  ermitteln  konnten,  setzten,  obwohl  sie 
selbstverständlich  den  Bischof  in  der  Nähe  von  Ancona  suchten, 
den  Brief  im  Index  Geographicus  p..  1323  nicht  ganz  richtig 
unter  Picenumi).     Es  muss  Umbrien  sein. 

Wenn  wir  auf  die  Textform  unseres  neuen  Briefes  ein- 
gehen, so  sind  seine  Endworte  bezeichnend  für  die  Eintragung 
in  die  Registerbücher.  ^Probabilibus  desideriis'  etc.  ist  näm- 
lich eine  ältere  Formel,  die  bereits  auf  Gelasius  I.  (492—496) 
zurückgeht.  (Vgl.  Jaffe,  Regesta  Pontif.  2.  Aufl.  n.  675),  Sie 
wurde  unter  dem  Titel:  'Synodale,  quod  accipit  episcopus'  in 
den  Liber  diurnus  (n.  VI.  ed.  Roziere  p.  22)  aufgenommen  und 
war  in  der  päpstlichen  Canzlei  zur  Zeit  Gregors  I.  so  gang 
und  gebe,  dass  alle  weiteren  Verordnungen  an  den  Bischof 
mit  der  Bemerkung  'et  cetera  secundum  morem'  übergangen 
wurden.  Auch  hierin  finden  wir  eins  jener  Indicien,  dass  die 
Briefe  in  C  den  Registerbüchern  entnommen  sind. 

Allen  unsern  Erörterungen  über  den  Ordinationsbrief  des 
Johannes  tritt  jedoch  in  den  Weg,  dass  Tonini  in  seinem 
Werk  'Rimini'  (1856)  II,  179  als  Nachfolger  des  Castorius  von 
Rimini  einen  Bischof  Agnellus  nennt.  Er  beruft  sich  für  ihn 
auf  zwei  Documente,  welche  ihm  aus  einem  Vaticanischen 
Liber  diurnus  bekannt  waren.  Aus  der  Mittheilung  seiner 
Quellen  p.  464.  465  erkennen  wir  leicht,  dass  es  in  der  That 
zwei  Nummern  des  Liber  diurnus  sind,  eben  jenes  Synodale 
und  ferner  die  Cautio  episcopi  (n.  VI.  und  n.  LXXIV  ed. 
Roziere  p.  22  und  146).  Aber  während  im  Liber  diurnus  alle 
Namen  für  Orte  und  Personen  fehlen,  ist  hier  Gregorius,  Ari- 
minum, Agnellus  eingesetzt.  Es  kann  keine  Frage  sein,  wel- 
chem Brief  wir  den  Vorzug  zu  geben  haben.  Für  einen  Bischof 
Agnellus  von  Rimini  ist  nach  obiger  Darlegung  der  Bischofs- 
liste in  der  Zeit  Gregors  I.  absolut  kein  Platz  vorhanden.  An 
den  Angaben  unseres  neuen  Briefes  zu  zweifeln  ist  bei  der 
Art  seiner  Ueberlieferung  unmöglich.  Es  wird  sich  nur  darum 
handeln,  ob  die  Tonini  vorliegenden  Urkunden,  die  dem  be- 
rühmten Vaticanischen  Codex  des  Liber  diurnus  im  dortigen 
Archiv  sicherlich  in  dieser  Form  nicht  entnommen  sind,  aber 
von  deren  Existenz  auch  bereits  Ughelli  (Italia  sacra  II,  418) 
wusste,  so  dass  er  mancherlei  unhaltbare  Notizen  über  Gregor  I. 


1)  XIV,  7  ist  dort  nur  Druckfehler  für  XIV,   11. 


590  Zwei  unedierte  Briefe   Gregors  I. 

und  Agnellus  daraus  ableitete,  eine  Fälschung  sind  oder  ob 
die  Briefe  sich  auf  einen  späteren  Gregor  beziehen.  Und  beide 
Möglichkeiten  springen  dabei  sofort  in  die  Augen.  Wir  linden 
in  der  epistola  VII,  10  im  October  597  einen  Abt  Agnellus 
in  Rimini,  der  in  den  vor-Cloussainville'schen  Ausgaben  des 
gregorianischen  Registers  und  wohl  auch  in  ganz  jungen  Hand- 
schriften fälschlich  als  episcopus  bezeichnet  wird  und  an  diesen 
anknüpfend  kann  recht  wohl  die  Fälschung  gemacht  sein.  Aber 
wir  finden  auch  unter  den  Unterschriften  der  Acten  des  Römi- 
schen Concils  unter  Papst  Zacharias  von  743  (vgl.  MansiXII,381, 
Baronius  ad  ann.  743)  einen  Bischof  Agnellus  von  Ariminum, 
dessen  Pontificat  noch  unter  Gregor  III.  (f  741)  begonnen 
haben  mag.  Der  Vorgänger  dieses  Agnellus  'Narcissus'  wird 
nach  Gams  710  Bischof,  ohne  dass  wir  weiteres  von  ihm  wissen. 
Da  nun  unglücklicher  Weise  grade  diese  Formel  des  Synodale 
ausserordentlich  lange  in  der  päpstlichen  Canzlei  in  Gebrauch 
geblieben  ist  —  noch  unter  Nicolaus  11.  und  Alexander  III.  lassen 
sich  Anwendungen  nachweisen  —  so  würden  wir  darauf  ver- 
zichten müssen,  hier  eine  Entscheidung  zu  treffen,  wenn  nicht 
die  Cautio  episcopi  uns  in  die  Zeit  Gregors  I.  und  somit  zu 
der  Annahme  der  Fälschung  führte.  Garnier  sagt  von  den 
13  Capiteln  der  Cautio  'quae  omnia  fere  Gregoriani  temporis 
disciplinam  sapiunt'.  Und  es  ist  gewiss  etwas  anderes,  eine 
Ordinationsformel  trotz  einiger  unzeitgemässen  Bestimmungen 
in  Gebrauch  behalten,  oder  aber  eine  Cautio,  die  in  allen  ihren 
Theilen  in  eine  frühere  Zeit  gehört,  trotz  ihres  Anachronismus 
vom  neuen  Bischof  ausstellen  zu  lassen.  Doch  wie  man  auch 
hier  über  die  Wahrscheinhchkeit  denken  mag,  es  darf  uns  an 
dieser  Stelle  genügen,  den  Bischof  Agnellus  von  Rimini  für 
die  Zeit  Gregors  I.  unmöglich  gemacht  zu  haben. 

II. 
Gregor  I.    niiurat    auf  Bitten    des  Abtes    und  Prcsbylers 
Vitaliari  dessen    zwei  Kloster  bei  Benevent   unter   päpstliche 
Jurisdiction  und  verleiht  ihnen  Privilegien. 

AEPISTOLA  BEATI  GREGORII  PAPE. 

Gregorius  servus  ser verum  Dei  Vitaliano  religiöse  abbati 
presbytero  inO  duobus  monasteriis  ad  nomen  apostolorum  priu- 
cipis  P.  constructis,  unura  foras  muros  civitatis  Beneventane, 
aliud  in  civitate  diruta  XV"""  railiario  apud  dictam  Beneven- 
tanam  civitatem^). 

Quoniam  3)  semper  sunt  concedenda,  que  *)  rationalibus  con- 
gruunt  desideriis,  oportet,  ut  devotio  conditoris  pie  constructio- 

1)  'in'  fehlt  Hs.  2)  'apud  dicta  Beneventana  civitate'  Hs.  3)  Vor 
Quoniam  steht  'Scitis'.  Dies  ist  sinnlos  und  stört  die  alte,  häufig  benutzte 
Anfangsformel  'Quoniam  semper'.         4)  'qua'  Hs. 


Zwei  unedieite  Briefe   Gregors  I.  591 

nis  oraculis  in  privilegiis  piaestanclis  minime  clenegetur.  Igitur 
quia  postulasti  a  nobis,  quatenus  denominata  monasteria,  quae 
in  loca  suprascripta  Theodora  gloriosa  femina  construxit,  privi- 
legii ')  sedis  apostolicae  infulis  decorentur,  ut  sub  iurisdictione 
sanctae  nostrae,  cui  Deo  aixctore  deserviraus,  aecclesiae  con- 
stituta,  nulli  alterius  aecclesie  iurisdictionibus  submittantur. 
Pro  qua  re  piis  tuis  desideriis  faventes^),  hac»)  nostra  auctori- 
tate,  id  quod  exposcitur  efFectui  mancipamus.  Et  ideo  omnem 
cuiuslibet  aecclesiae  sacerdotem  in  praefjitis  monasteriis  dicti- 
onem^)  qiiamlibet  habere  hac^)  auctoi-itate  praeter  sedem 
apostolicam  prohibemus.  Ita  ut«)  nisi  ab  abbate ')  praefatorura 
monasteriorum  fuerit  invitatus,  nee  missariim  ibidem  sollemp- 
nitatem  quispiam  presuraat  omnimodo»)  celebrare.  Sed  si 
abha  obire  contlngerit,  non  extraneian  sed  fratrum  timim  ex 
congreciatlone  eligentes,  qtiem  aptum  praeviderint,  invitatus 
aepiscopas  ordinettir.  Si  et  idoneum  minime  habuerint,  in- 
quirentes,  uhi  aptum  repperire  potuerint,  et  liunc  eligentes, 
tit  praelatum  ab  eis  invitatus  aepiscopus  ordinäre  debeat; 
iit  profecto»)  iuxta  id,  quod  subiecti  apostolici  privilegii  con- 
sistunt,  inconcusse  dotandus  permaneat,  constituentes  per  huius 
preceptionis  nostrae  paginara  '<>)  atque  interdicentes  omnibus 
omnino  cuiuslibet  aecclesie  presulibus  vel  cuiuscunque  digni- 
tatis  praeditisii)  potestate  sub  omnipotentis  Dei  nostri  iudicio, 
constituti  a  nobis  praefatis  monasteriis  indulti  quolibet  modo 
existere  temerator.     Bene  valete. 


Vorstehendes  Privileg  entnahm  ich  der  Handschrift  XIV, 52 
(fol.  296)  der  Barberinischen  Bibliothek  zu  Rom  (vgl.  Archiv 
XII,  381  imd  Neues  Archiv  III,  154).  Dieser  Codex,  der  die 
Collectio  canonum  des  Cresconius  enthält,  ist  in  das  VIII.  Jahr- 
hundert zu  setzen;  aber  freilich  die  Hand,  welche  das  Privileg 
Gregors  schrieb,  gehört  keiner  so  frühen  Zeit  an.  Dieses 
bildet  einen  Theil  eines  Addidamentum,  welches  um  die  ]\Iitte 
des  XI.  Jahrhunderts  auf  die  letzten  Seiten  der  Handschrift 
nachgetragen  wurde. 

Der  Text  unseres  Privilegs  ist,  wm.  dies  sofort  vorauszu- 
schicken, der  der  Formel  XXXII.  des  Liber  diurnus  fed. 
Roziere  p.  58),  d.  h.  mit  Ausnahme  zweier  Sätze,  die  ich  oben 
durch  cursiven  Druck  ausgezeichnet  habe.  Nach  jener  Formel 
des  Liber  diurnus  habe  ich  denn  auch  den  an  mehreren  Stellen 
corrumpierten  Wortlaut  herstellen  zu  müssen  geblaubt.  Sehen 
wir  nun  hier  von  jenem  cursiven  Zusatz,   der   uns    später  be- 

l)  'privilegiis'  Hs.  2)  'favente'  Hs.  3)  'ac'  Hs.  4)  'dictione'  Hs. 
5)  'hac'  fehlt  Hs.  6)  'ut'  fehlt  Hs.  7)  'nisi  abbas'  Hs.  8)  'om- 

nino' Hs.         9)  'praefecto'  Hs.         10 j  'pagine'  Hs.         11)  'dignitate  prae- 
ditus'  Hs. 


592  Zwei   unedierte   Briefe    Gregors   I. 

schäftigen  wird,  ab,  so  können  wir  aus  der  Beziehung  zum 
Liber  diurnus  zur  Bestimmung  des  Privilegs  wenig  genug  ge- 
winnen. Weder  für  seine  Zeit,  noch  für  seine  Aechtheit. 
Nichts  leichter  als  mit  den  Formeln  des  Liber  diurnus  durch 
Einsetzung  wirklicher  Namen  Fälschungen  vorzunehmen,  wie 
wir  an  einem  lehrreichen  Beispiel  im  ersten  Theil  dieser  Mit- 
theiluug  die  Möglichkeit  sahen,  und  das  gefälschte  Privileg 
dürfte  dann,  in  der  Abschrift  vorliegend,  einem  ächten  zum 
verwechseln  ähnlich  sehen,  und  nichts  misslicher  als  aus  der 
Anwendung  von  Formeln  des  Liber  diurnus  auf  die  Zeit  eines 
Privilegs  schliessen  zu  wollen.  Wissen  Avir  doch,  dass  bis  in 
die  Mitte  des  XL  Jahrhunderts  hinein  das  ursprüngliche  For- 
melbuch  in  der  päpstlichen  Kanzlei  im  praktischen  Gebrauch 
blieb.*)  Wir  müssen  uns  durch  die  Ueberschrift  unserer  Urkunde 
einmal  entschieden  auf  den  beatus  Gregorius,  also  Gregor  I, 
verwiesen,  für  ihre  Critik  nach  anderen  Stützen  umsehen  und 
finden  sie  in  dem  Privileg  selbst  und  in  der  Umgebung,  in 
der  es  in  jenem  Additamentum  zum  Cresconius  auftritt.  Auch 
da  von  verschiedenen  Seiten  hi  die  Gregorianische  Zeit  geführt, 
ist  es  daneben  unsere  Aufgabe,  darzulegen,  dass  eine  derartige 
Exemption,  wie  sie  obige  Urkunde  enthält,  nicht  gegen  die 
Zeit  Gregors  I.  verstösst,  und  auszuführen,  dass  grade  unter 
ihm  alle  Verhältnisse  in  Benevent  für  die  Ausstellung  eines 
solchen  Privilegs  sprachen. 

Auch  ausser  dem  cursiven  Zusatz  ist  das  Privileg  der 
Formel  nicht  völlig  conform;  es  hat  diejenigen  Bestandtheile, 
welche  den  eigentlichen  Unterschied  zwischen  Privileg  und 
Formel  ausmachen,  die  individuellen  Namen  der  Orte  und 
Personen.  Die  Klöster  sind  in  der  Ueberschrift  als  Klöster  bei 
Benevent  bezeichnet,  im  Text  —  und  es  ist  völlig  dem  alten 
Gebrauch  gemäss ,  dass  hier  die  Bezeichnung  zu  Benevent 
als  bekannt  und  selbstverständlich  vorausgesetzt  und  Avegge- 
lassen  ist  —  nur  als  'monasteria  b.  Petri ,  quae  Theodora 
gloriosa  femina  construxit'.  Gleich  hier  ist  es  am  Orte  zu 
erklären,  dass  wir  von  jener  Frau  sonst  nichts  Avissen,  und 
dem  etwaigen  Bestreben  vorzubeugen,  sie  mit  der  Herzogin 
von  Benevent  des  Namens  Theoderata  identificieren  zu  Avollen. 
Freilich  wenn  man  im  Paulus  diaconus  Liber  VL  cap  1.  und 
an  dieser  Stelle  des  Privilegs  Ungenauigkeiten  der  ärgsten  Art 
annehmen  Avollte,  so  wäre  durch  Paulus  damit  der  Beweis  ge- 
liefert, dass  ein  späterer  Gregor  der  Aussteller  des  Privilegs  sein 
müsse.  Immerhin  ist  es  ein  eigenartiger  Umstand,  dass  Paulus 
an  obiger   Stelle   erzählt,    dass   die   Gemahlin   Romualds,    des 


1)  Vgl.  JafTe,  Regesta  Pontiticum  (ed.  1)  3360,  wo  das  Synodale  des 
Xiiber  diurnus  (n.  VI;  ed.  Koziere  p.  22)  von  Nicolaus  II.  1059  —  1061 
zu  Grunde  gelegt  ist. 


Zwei  imedierte  Briefe   Gregors   I.  593 

Herzogs  von  Benevent,  ^foras  muros  Beneventanae  civitatis' 
ein  Kloster  gründete.  Dies  ist  etwa  675  geschehen.  Aber  die 
Herzogin  heisst,  Avie  gesagt,  Theoderata,  und  so  müsste  im  Pri- 
vileg die  Verwechselung  von  Theoderata  in  Theodora  eingetreten 
sein,  und  siejgründet  nach  Paulus  ein  coenobium  ancillarum, 
d.  h.  Paulus  müsste  eine  falsche  Angabe  gemacht  haben,  da  in 
unserm  Privileg  beide  Klöster,  die  einem  Abte  unterstehen, 
sicherlich  Mönchsklöster  sind.  So  scheint  mir  denn  jeder  Bezug 
der  Theodora  zu  jener  Paulusstelle  völlig  abzuweisen  zu  sein. 
Jene  genaue  Bezeichnung  der  Klöster  und  die  ganze  In- 
scription  des  Briefs  —  die  Formel  weiss  überhaupt  nur  von 
einem  Kloster  und  nennt  als  Ueberschrift  einfach  'privilegium' 
—  machen  jedenfalls  einen  der  Zeit  Gregors  I.  günstigen  Ein- 
druck. Doch  ist  Aveder  die  Titulatur  ^gloriosa  femina'  noch  auch 
die  Art  der  Bezeichnung  der  civitas  diruta  am  '15.  Miliarium' 
in  späterer  Zeit  ganz  verschwunden.  Andere  Beispiele  für  beides 
sind  auch  z.  B.  im  Anfang  des  VHI.  Jahrhundert  nicht  selten 
(vgl.  die  Briefe  Gregors  H.  und  Zachariasj  und  nichts  stünde 
im  Wege  trotz  dieser  Merkmale  das  Privileg  dem  H.  oder 
in.  Gregor  zuzuweisen.  Das  Gleiche  gilt  von  der  Cumulation 
der  Klöster  unter  einem  Abt.  Derartige  Verbindungen,  für  die 
in  den  Liber  diurnus  eine  eigene  Formel  (n.  LXXXVH)  auf- 
genommen wurde,  lassen  sich  auch  in  nachgregorianischer  Zeit 
mannigfach  nachweisen,  obwohl  nicht  ausser  Acht  zu  lassen  ist, 
dass  sie  unter  Gregorl.  gerade  besonders  häufig  vorkommen.  Ich 
erinnere  nur  an  Fuscus,  den  Abt  zweier  Neapolitanerklöster 
fepp.  X,  13.  14) ;  an  Adeodatus  der  in  Neapel,  in  Plaia  und 
in  Puteoli  Abt  ist  (epp.  X,  61.  XIII,  2) ;  und  an  Agapitus, 
dem  in  ep.  XI,  72  mehrere  Klöster  verliehen  werden ').  Ebenso 
steht  es  dann  auch  mit  dem  Titel  des  Vitalian.  Er,  den 
wir  sonst  nicht  nachweisen  können,  führt  in  der  Adresse  die 
Bezeichnung  'abbas  (et)  presbyter'.  Die  päpstliche  Canzlei 
hat  in  nachgregorianischer  Zeit  diesen  Doppeltitel  augewandt 
in  etwa  folgenden  Fällen:  Honorius  I.  628  in  Jaffe  1563; 
Theodorus  I.  643  in  JafFe  1590,-  Adeodatus  c.  675  in  Jaffe  1621 ; 
Sergius  I.  c.  701  in  Jaffe  1642  und  in  der  Mitte  des  VIII.  Jahr- 
hunderts in  Jaffe  1775.1781 — 1784;  ja  am  Ende  des  Jahrhun- 
derts Hadrian  I.  in  Jaffe  1882  und  Leo  III.  798  in  Jaffe  1911. 
Danach  passte  die  obige  Bezeichnung  recht  wohl  auch  auf 
Gregor  II.  oder  Gregor  III;  doch  ist  bei  diesen  letzten  Bei- 
spielen zu  bedenken,  dass  sie  fast  alle  auf  St.  Denis  gehen^ 
dass  diese  Privilegien  sämmtlich  verdächtig  sind,  und  dass 
gerade  in  St.  Denis  eine  ganz  eigene  Ausbildung  der  Kloster- 
institutionen durch  die  Klosterbischöfe  aufgekommen  war.  Es 
ist  charakteristisch,   wie    selbst   in  St.  Denis  dieser  Titel  bald 


1)  Vgl.  die  Note  c.  der  Mauriner  zu  ep.  XI,  48. 


594  Zwei  unedierte  Briefe   Gregors  I. 

missverstanden  wurde.  In  den  interpolierten  Text  der  Urkunde 
Stephans  III.  (Jafte  1784)  sind  iiinter  ^Fulrado  amabili  pres- 
bytero  et  (abbati)'  die  Worte  liinzugefügt  'uni  personae',  ein 
Zusatz,  der  doch  wohl  das  Missverständnis  verhüten  sollte, 
zwei  Personen  in  der  Adresse  zu  sehen.  In  nichtpäpstlichen 
Schreiben  habe  ich  den  Doppeltitel  besonders  in  der  ersten 
Hälfte  des  VII.  Jahrhunderts,  in  den  Briefen  Bi*aulios  von  Zara- 
goza gefunden.  Nach  dem  VIII.  Jahrhundert  scheint  sodann 
das  Betonen  des  Presbyteriats  ganz  aufzuhören.  P]s  wurde  in 
späterer  Zeit  selbstverständlich,  dass  der  Abt  zugleich  Priester 
war,  und  vergebens  habe  ich  mich  nach  jüngeren  Beispielen 
umgesehen.  Andererseits  passt  unleugbar  die  Hervorhebung 
des  Presbyteriats  neben  der  Abtswürde  am  allerbesten  in  das 
Zeitalter  Gregors  I.  Wir  finden  in  seinem  Register  eine  ganze 
Reihe  solcher  combinierter  Titel '):  in  Panormus  den  'presbyter 
et  abbas'  Gregorius  (epp.  I,  9.  V.  6)  und  den  'presbyter  abbas' 
Domitius  (ep.  XI,  48);  in  Isaurien  den  'presbyter  et  abbas' 
Helias  (ep.  V.  38) ;  in  Autun  den  'presbyter  et  abbas'  Senator 
(ep.  XIII,  8)  und  den  'presbyter  et  abbas'  Lupo  (ep.  XIII,  10). 
Also  während  in  späterer  Zeit  spärliche  Beispiele,  hier  unter 
Gregor  eine  reiche  Anzahl  von  Fällen.  Vor  seiner  Zeit  hat 
aus  den  Briefen  und  Schriften  des  Augustin,  Hieronymus, 
Sozomenus  etc.  Goussainville  in  den  Noten  zu  ep.  HI,  11  des 
Registers  Gregors  derartige  Titel  gesammelt. 

Zur  Zeit  Gregors  I.  war  nun  je  nach  der  Entwickelung 
und  den  Zeitumständen  die  Lage  in  den  Klöstern  eine  ver- 
schiedene und  eigenartige.  Für  Autun  setzt  das  Privileg  XIII,  8 
geradezu  voraus,  dass  die  Aebte  zugleich  Presbyter  seien. 
Hingegen  hören  wir  für  andere  Klöster  in  der  ep.  V,  3  von 
einem  'diaconus  et  abbas'  und  in  ep.  V,  4  von  einem  'expres- 
bytero  et  abbas'.  Ja  aus  letzerem  Briefe,  der  für  diese  Ver- 
hältnisse mancherlei  Interessantes  enthält,  ersehen  wir,  dass 
dem  Expresbyter  Saturninus  erlaubt  wird,  'curam  et  sollici- 
tudinem  de  monasteriis  habere  vcl  gerere',  d.  h.  doch  Abt  zu 
sein,  während  er  seiner  priesterlichen  Functionen  auch  fernerhin 
beraubt  sein  soll.  Dass  Presbyter  wie  Diaconen  in  den  Klöstern 
sich  fanden,  wissen  wir.  Gregor  lobt  in  ep.  VI,  56  den  Abt 
Stephan,  dass  in  seinem  Kloster  die  Presbyter  und  Diaconen 
und  die  ganze  Congregation  einträchtig  leben.  Aber  die  stän- 
dige Anwesenheit  eines  Presbyters  gehört  keineswegs  zur  noth- 
wendigen  Voraussetzung  in  jedem  Kloster.  Mit  Recht  bemerkt 
Gieseler,  Kirchengeschichte  I,  688  (Aufl.  3),  dass  in  dieser 
Zeit  (Gregors  I.)  manche  Klöster  ganz  ohne  Presbyter  waren. 
So  sahen  wir  oben  den  Expresbyter  Saturninus  als  Abt  ohne 
priesterliche  Functionen;  so  werden  in  epp.  VI,  4().  VII,  43 
'ad  missas  celebrandas'  Presbyter  adhoc  in  die  Klöster  gesandt; 

1)  Vgl.  ep.  III,  53  (VI,  66):  'Atlianasius  Isauriae  inonaeliiis  atque 
presbyter'. 


Zwei  unedierte  Briefe   Gregors  I.  595 

so  sollen  ep.  V,  37  die  Presbyter  der  bischöflichen  Kirche 
von  Neapel,  so  oft  es  nüthig  sei,  im  Kloster  S.  Martin  Messe 
lesen.  In  den  Briefen  VI,  42.  IX,  92  wird  mehreren  Bischöfen 
auf  Bitten  der  Aebte  die  Erlaubnis  ertheilt,  in  den  betreffenden 
Klöstern  'presbyterum,  qui  sacra  missarum  solemnia  celebrare 
debeat,  ordinäre'.  In  ep.  IV,  18  bekommt  der  Abt  einen  Pres- 
byter zugewiesen,  der  auch  im  Kloster  wohnen  soll,  damit  in 
der  mit  dem  Kloster  verbundenen  Kirche  Messe  gelesen  werden 
könne.  In  ep.  X,  2  erlaubt  Gregor  dem  Bischof  von  Neapel, 
eine  Klosterkirche  zu  consecrieren,  ohne  einen  eigenen  Pres- 
byter (presbyterum  cardinalem)  in  ihr  einzusetzen,  'sed  quo- 
ties  missas  degentes  ibi  monachi  fieri  voluerint,  a  dilectione 
vestra  presbyterum  noverint  postulandum'.  Die  Verhältnisse 
liegen  nach  dieser  Reihe  von  Beispielen  so  klar  wie  irgend 
möglich.  Dem  gegenüber  ist  es  nicht  ohne  Grund,  wenn  man 
die  folgende  Stelle  der  ep.  IV,  11:  'Presbyteros,  diaconos 
ceterosque  cuiuslibet  ordinis  clericos ,  qui  ecclesiis  militant, 
abbates  esse  non  permittas,  sed  aut  omissa  clericatus  militia 
monachicis  provehantur  ordinibus,  aut  si  in  abbatis  loco  per- 
manere  decreverint,  clericatus  nullatenus  permittantur  habere 
militiam',  so  gedeutet  hat,  dass  nicht  einem  Weltkleriker,  der 
an  einer  anderen  Kirche  bereits  angestellt  und  gar  nicht  Mönch 
ist,  eine  Abtsstelle  unter  Beibehaltung  seiner  früheren  Würde 
übertragen  werde.     (Vgl.  epp.  I,  42.  V,  1.  VII,  43). 

Auch  der  seltenere  Ausdruck  ^oraculum',  der  im  Text  des 
Privilegs  gebraucht  wird,  fällt  in  Gregors  I.  Zeit.  Oraculum 
(i.  e.  ecclesia,  Oratorium  seu  capella)  finden  wir  bei  Gregor 
in  allen  älteren  Handschriften  der  ep.  XIII,  17,  obwohl  die 
Editoren  das  ihnen  unverständliche  Wort  nach  jüngeren  Manu- 
scripten  in  ^Oratorium'  umwandelten ;  nicht  anders  ist  auch  in 
einer  Fassung  der  Bulle  Stephans  III.  für  St.  Denis  'oraculi' 
durch  'oratorii'  ersetzt  (vgl.  Harttung,  Diplom,  bist.  Forsch. 
S.  84).  Wie  De  Roziere  im  Liber  diurnus  p.  59  zeigt,  ist 
der  Ausdruck  'oraculum'  in  der  Vita  S.  Desiderii  Cadurcensis, 
aber  auch  noch  später  von  Paulus  diaconus  etc.  gebraucht. 
Auch  hier  wäre  aber,  wollte  man  unser  Privileg  Gregor  IL 
oder  III.  zuweisen,  auch  abgesehen  von  dem  späteren  Gebrauch, 
auf  das  Vorkommen  von  'oraculum'  keine  grössere  Bedeutung 
zu  legen,  als  etwa  bei  der  Verwendung  des  Liber  diurnus 
unter  Nicolaus  IL  auf  das  Nennen  der  Heterodoxie  der  Afri. 
Man  behielt  trotz  des  Anachronismus  bei  der  mechanischen 
Wiederholung  der  alten  Formeln  vmpassend  oder  unverständ- 
lich gewordene  Ausdrücke  bei.  Auch  in  grammaticalischer 
Beziehung  ist  das  Wort  'oraculum'  bemerkenswei-th.  Holstenius 
hat  in  seiner  Edition  des  Liber  diurnus  statt  'oraculi':  'oraculum' 
aufgenommen,  indem  er  dabei  nicht  an  das  Gebäude,  sondern 
in    antikem    Sinne    an    einen   Spruch,    eine   Weisung    dachte. 


596  Zwei  unedierte  Briefe   Gregors  I. 

Wahrscheinlich  geht  seine  Lesart  auch  schon  auf  Handschriften 
zurück.  In  ganz  gleicher  missverstandener  Auffassung  ist  statt 
'oraculum' :  'auctoritas'  gesetzt  in  der  Bulle  des  Papstes  Zacha- 
rias  für  Fulda,  in  der  ja  bekanntlich  eben  unsere  Formel  des 
Liber  diurnus  zu  Grunde  liegt.  ^Auctoritas'  statt  ^oraculum'  hat 
dort  der  Text  des  Carlsruher  Codex  und  Othlos  in  der  Vita 
Bonifatii.  Lesen  wir  ferner  oben  in  unserm  Text  'oraculis^ 
wo  an  gleicher  Stelle  im  Liber  diurnus  das  leichter  verständ- 
liche 'oraculi'  steht,  so  möchte  man  wohl  hier  eine  Corruption 
annehmen,  wenn  nicht  zwei  Gründe  dagegen  sprächen.  Zu- 
nächst steht  im  oben  genannten  Fuldaer  Privileg  des  Papstes 
Zacharias  an  gleicher  Stelle  in  der  vorzüglichsten  Ueberliefe- 
rung,  die  der  Editio  Romana  zu  Grunde  liegt,  statt  'oraculi': 
'oraculo'.  Man  kann  dies  so  verstehen,  dass  nicht  'conditor 
piae  constructionis  oracuH'  der  Begriff  ist,  sondern  wie  auch 
in  den  anderen  Fassungen  desselben  Privilegs,  wo  'oraculum' 
durch  'auctoritas'  ersetzt  ist,  'conditor  piae  constructionis'  und 
dass  'oraculo'  als  Dativus  commodi  zu  'minime  denegetur'  be- 
zogen werden  muss.  So  wäre  auch  nach  dieser  Interpretation 
unser  obiger  Text  zu  erklären  und  in  ganz  consequenter 
Weise,  da  von  mehreren  Klöstern  gesprochen  wird,  ist  sodann 
'oraculis'  für  'oraculo'  gesetzt'). 

Endlich  spricht  auch  der  oben  in  Cursive  gegebene  Zusatz 
kein  entschiedenes  pro  oder  contra  aus.  Jedenfalls  verträgt 
er  sich  sehr  wohl  mit  den  sonst  von  Gregor  I.  gegebenen 
Decreten.  In  seinen  eigentlichen  Klosterprivilegien  kommt 
eine  ähnliche  Verordnung'in  epp.  II,  41  und  VII,  12  und  ganz 
besonders  in  epp.  VIII,  15  u.  XII,  24  vor.  Er  bestimmt,  man 
solle  in  erster  Linie  nicht  einen  'extraneus',  sondern  einen 
Angehörigen  der  Congregation  wählen.  Und  da  er  in  ep.  XII,  24 
die  beiden  Candidaten  der  Abts  wähl  aus  dem  betreffenden 
Kloster  verwirft,  so  fährt  er  fort:  'si  vero  ex  sua  congregatione 
aptum  invenire  minime  possunt,  ipsi  sibi  aliunde  eligant  et  is 
quem  elegerint  fiat'.  Wenn  wir  die  Analogie  mit  den  Bischofs- 
wahlen urgieren  dürfen,  so  linden  wir  auch  dort  die  gleiche 
Bestimmung,  dass  im  Nothfalle  man  nicht  aus  der  eigenen 
Ecclesia,  sondern  anderswoher  eine  geeignete  Person  bestellen 
solle  (vgl.  ep.  XIII,  15). 

Nun  dürfte  es  allerdings  auffallen,  dass  gegenüber  dem 
sonstigen  Text  diese  cursiven  Sätze  stilistisch  äusserst  unbe- 
hülflich  und  geradezu  die  Construction  störend  gebildet  sind. 
Nirgends  in  den  Gregorianischen  Briefen  wird  man  dafür  eine 


1)  Genau  ebenso  lautet  der  Passus  in  der  Bulle  Hadrians  I.  für 
St.  Denis,  Jaffe  1886,  wo  auch  'oraculis'  sieh  auf  verschiedene  nionasteria 
bezieht.  Auch  hier  ist,  wie  ich  an  Obiges  anknüpfend  bemerke,  in  einer 
anderen  Fassung  der  Bulle  'oraculis'  einfach  fortgelassen  worden. 


Zwei  unedierte  Briefe   Gregors  I.  597 

Analogie  finden.  Aber  trotzdem  erscheint  es  nach  obiger  Aus- 
einandersetzung nicht  unumgängHch  nöthig ,  die  Sätze  über 
die  Abtswahl  für  eine  ungeschickte  Interpolation  in  die  Formel 
des  Liber  diurnus  zu  halten.  Man  könnte  ebensowohl  anneh- 
men, dass  der  einst  correcte  Ausdruck  der  Kanzlei  von  unserm 
spätem  Copisten  durch  wissentHches  oder  unwissentliches  Aus- 
lassen einiger  Worte  so  abgeändert  ist,  dass  jetzt  eben  nur 
noch  der  iSinn,  nicht  der  wörtliche  Ausdruck  gewahrt  bleibt. 
Und  für  flüchtige  Arbeit  des  Schreibers  fanden  wir  oben 
mehrere  Beispiele  in  den  entstellenden  Fehlern  der  Formel  des 
Liber  diurnus,  für  eigenmächtige  Abänderung  des  ursprüng- 
lichen Textes  zeigt  uns  der  unserm  Privileg  voraufgehende 
Gregorbrief  ein  deutliches  Exempel. 

Und  somit  kommen  wir  zu  dem  zweiten  Indicium,  welches 
wir  aus  den  übrigen  Bestandtheilen  unseres  Additamentum 
gewinnen.  Vor  dem  Privileg  an  Vitalian  steht  fol.  295'  mit 
der  Ueberschrift  'Epistola  beati  Gregorii  papae  ad  Castorium 
Ariminensi  (sie)  aepiscopum'  der  Brief  (II,  41)  Gregors  I.  mit 
dem  Privileg  für  das  Ivloster  SS.  Andreae  et  Thomae  zu  Rimini. 
Im  Ganzen  schliesst  sich  der  vorliegende  Text  von  II,  41  eng 
an  die  Form,  wie  sie  in  das  Lateranensische  Register  eingetragen 
war,  an.  Denn  da  wir  II,  41  unter  den  Gregorbriefen  sowohl 
in  der  grossen  Sammlung  R  wie  auch  in  der  kleinen  P  finden 
und  beide  unabhängig  von  einander  Excerpte  aus  dem  Papyrus- 
register des  Lateran  bieten,  so  kann  über  die  ursprüngliche 
Form  des  Lateranensischen  Regests  in  diesem  Falle  kein  Zweifel 
obwalten.  Von  ihr  weicht  in  starker  Weise  aber  eine  andere 
Gestaltung  dieses  Privilegs  ab  und  diese  ist  meiner  Ansicht 
nach  durch  Abschriften  des  Originales  selbst  uns  überliefert. 
Diese  andere  Form  edierten  die  Mauriner  unter  II,  41  an  zweiter 
Stelle.  Aber  auch  der  Registertext  selbst,  der  im  Wesentlichen 
einen  Extract  des  zweiten  Textes  repräsentiert,  ist  ausser- 
halb der  Briefsammlungen  mit  Interpolationen  auf  uns  ge- 
kommen. In  dem  bekannten  Codex  von  Monte  Cassino  353 
saec.  X,  der  unter  dem  Abt  Johannes  nach  dem  verlorenen 
Original  des  Ignotus  (cf.  Bethmann,  Archiv  XII,  506)  copiert 
ist^  folgt  auf  den  Brief  des  Paulus  diaconus  an  Kaiser  Karl 
auf  fol.  259  der  Gregorbrief  II,  41  in  der  Form  des  Registers, 
aber  mit  eigener  Inhaltsangabe  i)  und  abweichendem  Schluss. 
Die  gleiche  Inhaltsangabe  imd  den  gleichen  Schluss  weist  neben 
dem  Cod.  Barberinus  XI,  64  saec.  IX.  ffol.  118')  auch  unser 
Barberinus  auf.  Schliesst  nämlich  der  Brief  'Hanc  autem  .  .  . 
paginam  ...  a  te  vel  post  te  episcopis  ordinandis  firmam  sta- 
tuimus  illibatamque  servari;  ut  .  .  .  et  monasterium  illud  nullius 

1)  'Ut  abbas    in    monasterio  non    per    episcopnm    aut    per    quemlibet 

exterum    ordinetur,    neque    missa  ab    episcopo    ibi    celebretur,    et  ut  nulli 
ecclesiae  subiciatur'. 

Neues  Archiv  etc.     VII.  39 


598  Zwei   iinedierte  Briefe   Gregors  I. 

alterius  alii,  quam  generali  canonicaeve  iurisdictioni  deserviens 
remotis  vexationibus  ac  eunctis  gravaminibus  divinum  opus 
cum  summa  animi  devotione  perficiat' ,  so  fügen  die  drei 
genannten  Handschriften  hinter  'ordinandis'  'tarn  in  vestra 
civitate,  quam  et  in  cuncto  orbe  terrarum',  hinter  'monasterium 
ilhid'  'cunctaque  in  universis  regionibus  cenobia  constituta', 
hinter  'alterius'  'ecclesiae'  und  endlich  hinter  'opus'  'sub  suo 
abbate  degentes  fratres  .  .  .  perficiant'  hinzu').  Der  dem  Pri- 
vileg für  Vitalian  vorhergehende  Brief  ist  also  in  der  That  ein 
Gregorbrief,  aber  kein  intact  überlieferter.  Er  erweitert  und 
verallgemeinert. 

Hinter  dem  Privileg  für  Vitalian  folgt  mit  dem  Titel  'Ordo 
ex  decretis  sancti  Gregorii  pape'  die  Formel  für  den  Schluss 
päpstlicher  Ellosterbullen :  'Si  quis  autem,  quod  non  optamus 
.  .  .  participem  effici  mereatur',  eine  Formel,  die  von  Gregor  I. 
nur  in  den  Privilegien  für  Autun  in  annähernder  Weise  ge- 
braucht ist.  Ich  möchte  sie  für  jünger  als  Gregor  I.  halten, 
obwohl  sie  doch  schon  im  Liber  diurnus  als  Schluss  von 
n.  LXXXVI.  (ed.  Roziere  p.  219)  bereits  genau  so  vorkommt  2), 

Wir  haben  also  eine  Zusammenstellung  von  päpstlichen 
Briefen  zu  Gunsten  der  Klöster.  Alle  drei  gehen  unter  dem 
Namen  Gregors  I.  Der  erste  ist  sicher  von  ihm.  Der  letzte 
fällt  mindestens  noch  dem  Kreis  des  Liber  diurnus  anheim. 
Es  kann,  wenn  wir  aus  dieser  Umgebung  den  Schluss  auf  das 
Privileg  für  Vitalian  ziehen,  keine  Frage  sein,  dass  es  Gregor  I. 
angehört.  Aber  alle  Analogien  führen  ebenso  zwingend  dahin, 
die  Art  der  Ueberlieferung  als  eine,  die  Intactheit  nicht  in- 
volvierende, anzusehen  3). 

Es  bleibt  uns  übrig,  an  der  Formel  selbst  zu  prüfen,  in 
Aviefern  sie  in  Gregors  I.  Zeit  passt,  und  an  den  Zuständen  in 
Benevent,  in  wiefern  solches  Privileg  zu  dieser  Stadt  in  beson- 
dere Beziehung  zu  setzen  ist. 


1)  Im  Codex  zu  Monte  Cassino  foljgt  auf  den  Schluss  der  Satz:  'H^c 
epistola  requiratur  iu  didascalio',  von  der  gleichen  Hand  saec.  X.  2)  Nur 
hinter  'npfario  ausu  presunipserit'  füg-t  die  Hs.  hinzu :  'aut  aepiscopus  seu 
sacerdotali  vel  quocumque  gradu  aecclesiastice  sit  praeditus  dignitatis  aut 
laicali  magna  parvaque  persona  hac  nostra  auctoritate  contraire  prae- 
sumpserit',  wobei  schon  das  'hac  nostra  auctoritate  (fehlt  'constituta')  con- 
traire' und  die  Wiederhohmg  von  'praesnmpserit'  zeigt,  dass  dieser  Satz 
von  einem   flüchtigen  Interpolator    hineingebracht   ist.  3)  Es    ist  nicht 

ohne  Interesse,  auch  noch  das  darauf  folgende  Stück  des  Additamentum 
in's  Auge  zu  fassen.  Bethmann  bezeichnet  es  (Archiv  XII,  381)  als 
'dictum  Feliciani  Rumensis'.  Es  ist  das  Protokoll  der  Synode  zu  Car- 
thago  von  534  (vgl.  Harduini  Conc.  II,  1177),  auf  der  'Felicianus,  episco- 
pus  Ruspensis'  um  Verhaltungsmassrcgeln  für  das  von  seinem  Vorgänger 
Fulgentiiis  (f  533)  gegründete  Kloster  apud  Ruspeni  bittet.  Auch  hier 
also  ein  Capitel  zur  Klostergeschichte,  welches  auf  frühe  Ueberlieferung 
zurückgeht. 


Zwei   unedicrte  Briefe   Gregors  I.  599 

Der  Liber  diurnus  ist  in  der  uns  vorliegenden  Form  am 
Ende  des  VII.  oder  am  Anfang  des  VIII.  Jahrliunderts  redigiert 
worden.  Ebenso  wird  allgemein  als  feststehend  betraehtet, 
dass  ein  grosser  Theil  seiner  Formeln,  etwa  zwei  Drittel  der 
Gesammtzahl,  aus  der  Zeit  Gregors  I.  stammt.  Unsere  P^ormel 
n.  XXXII.  findet  sich  nun  in  den  beiden  sonst  in  der  Ordnung 
der  Formeln  sowie  auch  hin  und  wieder  in  der  Auswahl  der- 
selben abweichenden  Handschriften  des  Liber  diurnus  (vgl. 
Roziere  p.  CCXXVI  u.  CCXXX)  ganz  im  Anfang  der  Samm- 
lung; in  beiden  steht  vor  n.  XXXII.  das  Responsum,  welches 
fast  genau  ebenso  im  Gregorianischen  Register  vorkommt ;  in 
beiden  folgt  auf  n.  XXXII.  ein  Praeceptum  de  commutando 
loco,  das  in  Inhalt  und  Form  ganz  die  Zeit  Gregors  I.  ver- 
räth,  und  welches,  obwohl  es  im  Register  nicht  auftritt,  sicher- 
lich schon  zur  Gregorianischen  Zeit  existiert  hat.  Wir  sehen, 
dass  die  äussern  Umstände  der  Formel  unserm  obigen  Ergeb- 
nis in  Betreff  des  Privilegs  zu  Hülfe  kommen. 

Hinsichtlich  des  Inhalts  der  Formel  müssen  wir  es  hier 
natürlich  vermeiden,  auf  die  vielfach  behandelte  Frage  über 
das  Privileg  des  Papstes  Zacharias  für  Fulda  einzugehen.  Wir 
können  es,  weil  trotz  der  gleichen  Formel  n.  XXXII,  die 
unserm  Privileg,  wie  dem  Fuldaer  zu  Grunde  liegt,  doch  die 
Frage  eine  grundverschiedene  ist.  Es  handelt  sich  hier  um 
italienische  Klöster,  um  Zustände  zur  Zeit  Gregors  I,  um  Bene- 
vent. Auf  diese  drei  Punkte  müssen  wir  unsere  Aufmerksam- 
keit richten. 

Gregor  I.  nimmt  die  Beneventaner  Klöster  unter  seine 
Jurisdiction.  Unter  wessen  standen  sie  sonst?  Eine  Reihe  von 
Briefen  giebt  uns  darauf  unzweideutige  Antwort.  In  ep.  II,  41 
in  der  abgekürzten  Form  des  Registers  giebt  Gregor  I.  weit- 
läufige Exemptionen,  dem  Bischof  bleibt  eigentlich  nur  das  Recht 
auf  Einladung  des  Abtes  und  nur  auf  diese  hin,  im  Kloster 
Messe  zu  lesen  und  den  von  den  Mönchen  gewählten  Abt  zu 
ordinieren;  dennoch  schliesst  das  Privilegium :  *ut  et  tua  ecclesia 
suo  sit  iure  contenta  et  monasterium  nuUi  alterius  alii,  quam 
generali  canonicaeve  iurisdictioni  deserviens  .  .  .  divinum  opus 
perficiat'.  Ferner  XI,  72:  Gregor  vereinigt  mit  einem  Sorren- 
tiner  Kloster  ein  von  den  Feinden  verwüstetes  in  der  DiÖcese 
von  Nuceria  und  schreibt  dem  Abt  des  ersteren  Klosters: 
'Ipsura  autem  monasterium  sie  tuae  nos  ordinationi  commisisse 
cognoscas,  ut  tamen  iurisdictionem  illic  non  episcopus  Surren- 
tinus,  in  cuius  civitate  monasterium  tuum  est,  sed  Nucerinus 
cuius  est  dioecesis  habeat.  Nam  sie  huius  loci  ordinationem 
disponimus,  ut  tamen  iura  sua  singulis  episcopis  inviolata  ser- 
vemus'.  Trotz  seiner  gegentheiligen  Versicherung  greift  Gregor 
hier  entschieden  in  die  Rechte  des  Bischofs  ein.  Das  ergiebt 
sieh  am   deutlichsten,   wenn  wir  das  folgende  Citat  beachten. 

39* 


600  Zwei   unedierto  Briefe   Gregors   I. 

In  ep.  X,  61  giebt  Gregor  dem  Abt  eines  Neapolitaner  Klosters 
ein  zweites  in  Plaia  mit  der  Bestimmung  'quia  monasterium 
ipsum  (sc.  in  Plaia)  in  Neapolitana  est  dioecesi  constitutum, 
ne  quid  constituere,  quod  absit,  praeiudicialiter  videamur,  volu- 
mus,  ut  quousque  Neapoli  ordinetur  antistes  tuo  Interim  mona- 
sterio  antefatum  monasterium  . .  .  sit  unitum'.  Wenn  der  Bischof 
von  Neapel  ordiniert  sei,  schreibt  er  'maturius  ac  solidius  per- 
tractabimus,  utrum  in  perpetuum  haec  unitio  extendi,  an  tem- 
poralis  esse  debeaf.  Demselben  Abt  giebt  er  im  gleichen  Briefe 
ohne  solche  Klausel  ein  Kloster  in  Pateoli  und  ordnet  an : 
'monachos,  quos  in  monasterio  Puteolis  sito  deputaveris,  sub 
tua  quidera  disciplina,  sed  tarnen  Puteolano  episcopo,  cuius 
dioecesis  est,  non  Neapolitano  noveris  subiacere'.  Ueber  das 
erstere  Kloster  in  Plaia  (in  der  Nähe  von  Neapel)  kommt  es 
in  ep.  XIII,  2  zu  nochmaliger  Erörterung.  Während  die  Mönche 
des  verödeten  Klosters  nämlich  ihre  Vereinigung  mit  dem 
Neapolitaner  Kloster  zu  Rom  betreiben,  macht  der  dort  an- 
wesende Bischof  von  Capua  Opposition  und  behauptet  'locum 
ipsum  olim  monasterio  alii  dioecesis  suae  fuisse  coniunctum  et 
idcirco  minime  in  alterius  ecclesiae  ius  debere  contradi'.  Gregor 
erfährt  dann,  dass  der  Bischof  von  Capua  'nullum  ius  in  prae- 
dicto  monasterio  habere'  und  ordnet  die  Union  der  beiden 
Klöster  an.  Ganz  ohne  Klausel,  von  einem  vorbehaltenen 
Recht  des  Bischofs  von  Neapel  ist  dabei  keine  Rede  mehr. 
Ferner  als  Gregor  ins  Kloster  S.  Theodori  zu  Messina  die  auf 
Sicilien  zerstreuten  Mönche  zusammenbringen  lässt  und  dieses 
der  Leitung  des  Bischofs  Paulinus  von  Taurus,  der  fern  von 
seiner  Bischofsstadt  lebt,  überträgt,  meldet  er  dies  dem  Bischof 
von  Messina:  'ne  te  omisso  aliquid  in  tua  contristeris  dioecesi 
ordinari'.  Als  Gregor  in  ep,  VI,  21  dem  Bischof  von  Otranto 
die  Visitation  von  drei  unbesetzten  Bisthümern  überträgt, 
schliesst  er  seinen  Auftrag:  'Monasteria  autem,  si  que  sunt  in 
earum  parrochiis  constituta,  sub  tua  cura  dispositioneque, 
quousque  illic  fuerit  proprius  episcopus  ordinatus,  esse  con- 
cedimus'.  Nach  Sardinien  schreibt  endlich  Gregor  ep.  IX,  G4: 
'episcopis  loci  ipsius,  sub  cuius  (monasteria)  degunt  moderamine, 
curae  sit  eorum  causas  utilitatesque  disponere'. 

Wir  sehen  aus  allen  diesen  Stellen,  die  sich,  doch  ohne 
wesentlich  Neues  zu  ergeben,  vermehren  liessen,  dass  der 
Diöcesanbischof  ein  ius  oder  auch  eine  cura  dispositioque 
besass.  In  XI,  72,  unserm  obigen  zweiten  Citate,  scheinen 
die  iura  geradezu  als  iurisdictio  bezeichnet  zu  sein.  Dem 
steht  imser  erstes  Citat  gegenüber.  In  II,  41  (1.  Fassung)  soll 
sich  der  Bischof  mit  seinem  ius  begnügen,  zugleich  aber  das 
Kloster  nur  unter  der  generalis  canonicave  iurisdictio  stehen. 
Doch  scheint  hier  eine  Abänderung  des  ursprünglichen  Textes 
stattgefunden  zu  haben.    Die  längere  zweite  Fassung  von  II,  41 


Zwei   unedicrte  Briefe   Gregors   T.  601 

ist  leider  am  Soliluss  lückenhalt,  so  dass  wir  aus  ihr  niclits 
Sicheres  gewinnen  können,  aber  ein  im  Kegister  selbst  neben 
II,  41  eingetragener  Brief  II,  42  setzt  den  Inhalt  des  Privilegs 
dem  Abt  des  betreffenden  Klosters  kurz  auseinander  mit  den 
Worten :  'illa  ei  (episcopoj  iurisdictione  relicta,  ut  in  defuncti 
abbatis  locum  alium,  quem  dignum  communis  consensus  con- 
gregationis  elegerit,  debeat  ordinai'e'.  Da  ist  denn  freilich 
ein  nur  äusserst  geringer  Einfluss,  die  obligatorische  Ordi- 
nation des  von  dem  Kloster  gewählten  Abtes,  unter  dem  stolzen 
Namen  'iurisdictio'  verstanden. 

Was  in  dem  vorliegenden  Falle  von  Bedeutung  ist,  scheint 
durch  das  Vorstehende  klar  gelegt  zu  sein.  Die  Jurisdiction, 
die  eine  cura  (diligentia  disciplinae  in  ep.  III,  G3)  und  eine 
dispositio  einschliesst,  gehört  dem  Diöcesanbischofe  an.  In 
diese  Jurisdiction  hat  Gregor,  obwohl  er  principiell  sie  nicht 
antasten  will,  in  einzelnen  Fällen  eingegriffen,  hat  gegen  sie 
Exemptionsprivilegien  ausgestellt,  die  darin  gipfeln,  dass  dem 
Bischof  die  dispositio  genommen  wird  (nicht  anders  in  VII,  12 
und  VIII,  15).  Auch  in  unserm  Privileg  geht  er  über  das 
Maass  der  sonstigen  Exemption  nicht  hinaus.  Dem  Bischof 
bleibt  in  den  Beneventaner  Klöstern  das  Recht,  auf  den  Ruf 
des  Abtes  hin  im  Kloster  Messe  zu  lesen  und,  wie  in  das 
Privileg  hineingefügt  ist,  den  neu  gewählten  Abt  zu  ordinieren. 
Was  praktisch  die  apostolische  Jurisdiction  zu  bedeuten  hatte, 
ist  daneben  schwer  zu  sagen.  Doch  gehen  wir  auf  diese  ver- 
wickelte Frage  hier  nicht  ein.  Es  genügt,  hervorgehoben  zu 
haben,  dass  die  Anwendung  der  Formel  'Quoniam  semper'  in 
der  Kanzlei  Gregors  I,  nichts  befremdliches  hat.  Nur  hin- 
weisen möchte  ich  daneben  auf  das  Privileg  Honorius  I.  für 
Bobbio  aus  dem  Jahre  628  (Jaffe  1563),  welches  nach  der 
Formel  des  Liber  diurnus  n.  LXXVII  verfasst,  gleichfalls  die 
bischöfliche  Jurisdiction  durch  die  päpstliche  ersetzt.  Dem 
Bischof  bleibt,  genau  so  wie  in  unserer  Formel,  nur  noch  die 
Befugnis,  Messe  zu  lesen  und  auch  das  nur  auf  Einladung  des 
Abtes.  Diese  Bulle  für  Bobbio  ist  meines  Wissens  nie  ange- 
fochten Vv'orden  '). 

Und  trotzdem,  man  würde  beweisen  können,  dass  diese 
Formel  aus  der  Zeit  Gregors  I.  ist,  und  es  würde  sich  doch 
nichts  anders  für  unser  Vitalianprivileg  ergeben  dürfen,  als 
dass  es  in  späterer  Zeit  nach  dieser  Formel  gefäisqlit  sei,  wenn 
wir  in  gleicher  Weise  operieren  wollten,  wie  es  Harttung  in 
den  Diplomatisch -historischen  Forschungen  S.  82.  216  mit  dem 

1)  In  dem  Satze  'sedis  apostolicae  infulis'  nahm  selbst  für  die  Zeit 
des  Papstes  Zaeharias  seiner  Zeit  Eckhart  an  'infula'  Anstoss.  Ohne 
Grund.  Infuhi  in  der  Bedeutung-  von  ornamenta  et  insignia  magistratuum 
ist,  nach  Forcellini,  schon  im  classischen  Sprachgebrauch  und  wird  auch 
übertragen    für  tabella    gesetzt.     Beide  Bedeutungen    würden  hier  passen. 


602  Zwei  unedicrte   Briefe   Giegors  I. 

Privileg  des  Zacliarias  in  der  römischen  Fassung  gethan  hat. 
Die  Formel  n.  XXXII  schliest  in  dem  Druck  bei  De  Roziere 

'existere  temerator,  etc '  und  mit  der  Satztrennung,  wie 

sie  De  Roziere  gab;  ist  auch  in  der  That  der  letzte  Satz  ohne 
Abschluss.  Da  die  Zachariasbulle  ebenso  mit  'existere  teme- 
rator'  endet,  ist  es  nach  Harttung  klar,  dass  sie  ausserhalb 
der  päpstlichen  Kanzlei  den  Liber  diurnus  benutzte  und  sinnlos 
abbrach,  obwohl  man  in  der  Kanzlei  sehr  wohl  wusste,  dass 
ein  beliebiger  Sehluss  der  Formel  noch  angehängt  Averden 
musste.  Harttungs  Beobachtung  zieht  auch  unser  Privileg  in 
Mitleidenschaft.  Wie  es  überhaupt  der  Zachariasbulle  (römi- 
scher Form)  in  seinem  Text  nahe  steht  —  ich  erinnere  an  die 
oben  besprochene  Form  'oraculis'  — ,  so  schliesst  es  auch  mit 
'existere  temerator'  ab ;  freilich  eben  in  dem  letzten  Satze  sonst 
etwas  verkürzt  und  verändert,  so  dass  ein  unbeanstandbarer 
Schlusssatz  entsteht.  Immerhin,  wenn  es  richtig  ist,  dass  im  Liber 
diurnus  überhaupt  noch  ein  beliebiger  Sehluss  erst  angehängt 
werden  sollte,  müsste  es  verdächtig  sein,  dass  unsere  Bulle 
ohne  solchen  erscheint.  Ich  halte  aber  dafür,  dass  De  Roziere's 
Interpunktion  an  dieser  Stelle  keine  richtige  ist,  und  lese  mit 
JafFe  (in  der  Zachariasbulle)  hinter 'interpositione'  keinen  Punkt, 
sondern  ein  Komma  resp.  Kolon,  schliesse  hingegen  den  Satz 
hinter  'temerator  mit  einem  Punkt  ab.  Der  Sinn  ist  auch 
dann  nicht  miszuverstehen.  Folgt  auf  Hemerator  wirklich  'et- 
cetera'  (die  Punkte  sind  zweifelsohne  Zusatz  von  De  Roziere), 
so  verstand  der  Kanzlist  darunter  etwas  dem  speziellen  Briefe 
individuelles,  nämlich  das  Datum,  wie  z.  B.  in  n.  LXXIII  — 
LXXVI    die  luvocatio,   in  n.  LXXIV.  LXXX   die  Subscriptio 

ebenso  mit  'etc '  absehliessen.     Auch   in   den   Privilegien 

n.  XCII — XCV  bezeichnet  das  'etc '  den  Beginn  dessen,  was 

die  Formel  dem  besonderen  Briefe  überlassen  musste.  So  läge 
hier  aber  die  Sache  nach  De  Roziere's  und  Harttung's  Auf- 
fassung nicht.  Sie  lassen  die  Formel  mitten  in  der  schon  ganz 
allgemein  gehaltenen  (Jorroboratio  abbrechen,  in  einem  Satze, 
der  schon  evidenter  Maassen  am  Schlüsse  steht  und  hinter  dem 
im  Context  nichts  individuelles  mehr  zu  erwarten  ist.  Auf 
alle  Fälle  könnte  nur  ein  üblicher  fernerer  Sehluss  sich  an- 
reihen —  man  könnte  ihn,  gerade  ihn,  weil  er  üblich  war, 
auch  abkürzen,  aber  da  würde  es  nicht  'etc.'  heissen,  sondern 
'secundum  morem',  wie  dies  in  der  Formel  n.  VIII  ganz  richtig 
auftritt,  wie  dies  in  der  ausführlichen  Weise  ^et  cetera  secundum 
morem'  mehreren  gekürzten  Briefen  im  Register  Gregors  I.  (vgl. 
z.  B.  den  vorstehenden  Brief  nach  Ariminum)  zugesetzt  ist.  Und 
dieses  Uebergreifen  der  Register  in  den  Charakter  des  Formel- 
buches, die  Wechselwirkung  zwischen  beiden,  kann  uns  nicht 
Wunder  nehmen.  Das  Register  wurde  im  Lateran  von  Beamten 
angelegt,    die    mit   den   Kanzlei -Formeln    vertraut   waren;    sie 


Zwei   unediertti   Briefe    Gregors  I.  603 

kürzten  [die  üblichen  Formeln  cab,  und  in  stärkerem  Grade, 
als  es  der  Liber  dim-nus  thut.  Auch  mit  grösserer  Berechti- 
gung als  dieser,  da  man  zur  Kenntnisnahme  der  Formel  ja 
nicht  das  Register,  sondern  eben  den  Liber  gebrauchte.  Daher 
sind  denn  ^überhaupt  Abkürzungen  von  Formeln  im  Liber 
diurnus  selten.  Im  eigentlichen  Sinne  ist  mir  nur  das  oben 
citierte  Beispiel  von  n.  VIII  bekannt,  und  dies  ist  nur  dadurch 
möglich,  dass  in  n.  VI  die  gleiche  Formel  (nur  mit  kürzerer 
Einleitung)  vorliegt.  Gesetzt  nun  auch  den  nicht  erweisbaren 
Fall,  dass  der  Satz  hinter  'temeratoi-'  nicht  zu  Ende  sei,  dass 
die  Worte  ^et  cetera'  sich  auf  einen  eigentlichen  Schluss  be- 
zögen, es  wäre  nichts  irgend  Avie  Bedenken  erregendes,  wenn 
auch  dieser  gleiche  Schluss  mit  der  Abkürzung  in  das  päpst- 
liche Register,  hier  des  Papstes  Gregor  I,  dort  des  Papstes 
Zacharias  eingetragen  worden  wäre.  Wir  fänden  darin  nur 
ein  neues  Indicium,  dass  die  Ueberlieferung  des  betreffenden 
Briefes  nicht  durch  das  Original,  sondern  durch  das  Register 
auf  uns  gekommen  ist.  Aber  auch  abgesehen  von  dieser  kaum 
haltbaren  Annahme,  scheint  mir  über  allen  Zweifel  erhaben, 
dass  beide  Briefe,  der  Gregors  I.  für  Benevent,  wie  der  des 
Zacharias  für  Fulda,  auf  die  Register  zurückgehen.  In  beiden 
Fällen  dürfen  wir  an  unsere  Briefe  nicht  Ansprüche  machen, 
die  das  Register  nicht  erfüllen  kann.  Der  kanzleimässige  Titel 
fehlt  in  beiden,  in  beiden  ist  das  Datum  fortgelassen. 

Und  wer,  fragen  wir  endlich,  war  in  Benevent  der  Bischof, 
gegen  den  Gregor  I.  die  beiden  Klöster  sicher  stellen  wollte? 
Vergegenwärtigen  wir  uns,  dass  schon  wahrscheinlich  im  Jahre 
571  das  langobardische  Herzogthum  Benevent  gegründet  wurde, 
dass  die  arianischen  Langobarden  auch  nach  dem  Tode  des 
Herzogs  Zotto  unter  Arichis  voll  von  Hass  und  Wuth  gegen 
Italiener  und  Katholiken  waren  (auch  die  'civitas  diruta' 
15  Miglien  von  Benevent  ist  man  geneigt,  auf  diese  kriegeri- 
schen Verhältnisse  zurückzuführen),  so  muss  man  ei'staunt  sein, 
in  diesen  Jahren  eine  äusserst  vollständig  besetzte  Bischofsliste 
für  Benevent  zu  finden.  Es  ist  erfreulich,  dass  solche  histo- 
rische Anomalien  der  Forschung  nicht  Stand  halten.  Die 
Beneventaner  Bischofsliste  zur  Zeit  Gregors  1.  löst  sich  bei 
näherem  Zusehen  in  völliges  Nichts  auf. 

Gams  nennt  der  Vulgärüberlieferung  folgend  in  Bene- 
vent: 585  Felix  II;  591  Linianll;  600  David;  602  Barbaras. 
Hirsch  hat  in  seinem  Aufsatze:  Das  Herzogthum  Benevent 
(Gymnasial -Programm  Berlin  1871)  S.  16  überzeugend  nach- 
gewiesen, dass  die  drei  Bischöfe  Felix,  Linian  und  David  ganz 
unglaubwürdigen  Quellen  entnommen  sind.  Hirsch  sagt  dort, 
von  der  Zeit  der  Eroberung  an  bis  in  die  zweite  Hälfte  des 
7.  Jahrhunderts  hätte  Benevent  überhaupt  keinen  Bischof 
gehabt,    was  er  freilich  nur  dadurch  behaupten  kann,    dass  er 


G04  Zwei   unedieite  Briefe   Gregors  I. 

anniramt,  der  durch  die  Gregorbrief'e  IV,  41  und  XIII,  13 
ausser  Zweifel  gestellte  Bischof  Barbarus  von  Benevent  sei,  aus 
seinem  Bisthum  vertrieben,  damals  vom  Papst  zu  ausserordent- 
lichen Missionen  benutzt  worden.  Aber  in  der  That  finden 
wir  auch  in  diesen  Gregorbriefen  keinen  Beneventaner  Bischof. 
Sicher  nicht  in  ep.  IV,  41,  denn  selbst  nach  dem  Text  der 
Mauriner  wird  die  Visitation  der  Kirche  von  Ortona  einem 
'frater  et  coepiscopus  Barbarus'  übertragen,  ohne  dass  dessen 
Bisthum  genannt  würde,  und  da  Ortona  von  Benevent  ziemlich 
weit  abliegt,  so  zwingt  nicht  allein  nichts,  sondern  wäre  es 
gewagt,  diesen  Barbarus  in  Benevent  zu  suchen.  Aber  die 
älteren  Handschriften  lesen  in  IV,  41  'frater  et  coepiscopus'  ohne 
Namen.  Wie  so  in  jüngere  Handschriften  und  aus  diesen  in 
die  Drucke  der  Name  Barbarus  drang,  ist  äusserst  durchsichtig. 
Der  Brief  XIII,  14  ist  nach  der  gleichen  Formel  wie  ep.  IV,  41 
gearbeitet  (Liber  diurnus  app.  2,  n.  CX ) ;  in  XIII,  14  steht 
der  Name  Barbarus  hinter  'frater  et  coepiscopus';  man  hat  bei 
dem  Verlangen,  einen  Namen  in  IV,  41  zu  haben,  beide  Briefe 
zusammengeworfen  und  Barbarus  aus  XIII,  14  aufgenommen. 
Die  Mauriner  haben  in  anderen  jüngeren  Handschriften  auch 
'Johanni'  statt  Barbaro  gefunden.  Natürlich,  denn  II,  39,  ein 
Brief,  der  ebenfalls  die  gleiche  Formel  hat,  führt  an  der  be- 
treffenden Stelle  hinter  'frater  et  coepiscopus'  den  Namen 
'Johannes'. 

Aber  auch  XIII,  13  ist  zu  beseitigen.  Die  Mauriner  lesen 
den  Titel  dieses  Briefes:  'Gregorius  Barbaro  episcopo  Bene- 
ventano'.  Es  war  auch  schon  vor  Hirsch  aufgefallen,  dass  einem 
Bischof  von  Benevent  in  XIII,  13  die  Visitation  der  Kirche 
von  Panormus  übertragen  wurde.  Auch  hier  lesen  aber  die 
älteren  Handschriften  in  Uebereinstimmung  anders.  Es  heisst 
der  Titel:  'Gregorius  Barbaro  Carinis'.  Carina  liegt  auf  Sicilien 
und  passt  vortrefflich.  Wie  das  Wort  Beneventanus  in  den 
Titel  eingeflrungen  ist,  vermag  ich  bisher  nicht  zu  erklären. 
Aber  es  darf  uns  genügen,  dass  wir  in  Benevent  zur  Zeit 
Gregors  I.  keinen  einzigen  Bischof  nachweisen  können. 

Die  Klöster  des  Vitalian  lagen  bei  einer  von  den  arianischen 
Langobarden  beherrschten  Stadt,  der  Bischof  von  Benevent, 
wenn  es  einen  gab,  war  machtlos  und  ohne  Bedeutung,  die 
Exemptionen  fügen  sich  auch  in  dieser  Hinsicht  der  Zeit  Gre- 
gors I.  am  besten  an. 


Gedichte  aus  Münchener  Handschriften. 

Von  E.  Düminler. 

I. 

Die  Handschrift  der  Münchener  Staatsbibliothek  14436 
aus  St.  Emmeram  in  Regensburg;  stammend,  über  welche  be- 
i'eits  früher  in  dieser  Zeitschrift  gehandelt  wurde  (V,  624), 
enthält  auf  f.  118  v. — 119  r.  eine  bisher  unbekannte  Bearbei- 
tung der  Legende  des  heil.  Emmeram.  Sachlich  ist  die- 
selbe ohne  allen  Werth,  denn  sie  schJiesst  sich  genau,  wenn 
auch  im  Einzelnen  nicht  gerade  sklavisch,  an  Aribo's  Leben 
des  Heiligen  an  (Acta  SS.  ed.  Bollandi  Sept.  VI,  474—477), 
als  Denkmal  der  literarischen  Bestrebungen  jenes  berühmten 
Klosters  dürfte  sie  immerhin  einige  Beachtung  verdienen. 
Abgefasst  ist  unser  Gedicht  in  gereimten  iambischen  Tetra- 
metern, es  scheint  unvollendet  geblieben  zu  sein,  denn  es 
bricht  in  der  Handschrift,  in  der  nichts  fehlt,  ohne  Schluss 
vor  dem  Älartyrium  des  Heiligen  ab.  Aller  Wahrscheinlichkeit 
nach  haben  wir  es  mit  dem  ursprünglichen  Entwürfe  des  Ver- 
fassers zu  thun ,  der  selbst  am  Rande  einige  Zeilen  nachge- 
tragen und  viele  Aenderungen  übergeschrieben  hat,  welche  ich 
durchweg  unter  den  Text  gesetzt  habe.  Als  Zeitpunct  der 
Abfassung  dürfte  hiernach  die  Zeit  des  Schreibers,  d.  h.  das 
11.  Jahrhundert,  anzunehmen  sein. 

(Ajltrix  sanctorum  patria      profudit  Aquitania 
Sanctitate  laudabilem  Emmeramminii  pontificem, 

Quem  ornavit  clarissima        stirpis ')  genealogia, 
Sed  dum  servivit  domino,     nobilior^j  fit  merito. 
5  Mente  formaque  nitidus         habebatur  egreius,; 
(A)dhuc'^)  tenellus  pusio        (a)dherebat  altissimo 
(Et)  benedicta  indoles  (sp)revit  aflfectus  faciles. 

lam  natu  grandiusculus         doctrinam-^j  (hajusit  avidus, 
Ut  per  doctrine  Studium       post  doctor  foret  omnium  ^). 
10  In  verbis  fuit  leppidus  et  Simone  doctiloquus, 

1)  'stirpis'  übergeschr.  2)  'preclarioi'  übeigeschr.  3)  v.   6 — 8 

am    Rande    nachgetragen,    durch    dessen    Beschneiden    einige    Buchstaben 
vernichtet    sind.  4)    'sie  libros'  überg.  5)  verb.  'plurium'. 


606 


Gedichte  aus   Müncheiier  Handschriften. 


In  libris  agiographis 

Et  valde  fuit  perspicax 

Cuius  sacrato  doginate 

Tota  nimirum  Gallia 
15  Qui  fervens  Christi  calicem 

Pro  se  statuto  presule 

Per  viae  diversoria 

Quin  auditorum  pectora 

O  pedes  pacis  baiuli 
20  Vos  speciosos  dixerat 

Transcurso  Hreni  flumine, 

Tandem  per  dei  gratiara 

Tunc  Regina  metropolis, 

Collegit  hunc  pro  hosjoite, 
25  Hie  gloriosus  advena 

Primatis  neenon  populi, 

Peliciente  Norica 

Quam  adire  decreverat, 

Quam  felix  dies  Noricae 
30  Q,ua  ditabatur  presule, 

Tunc  cepit  salus  patrie 

Et  pravitatis  scelere*) 

Predulcis  eins  qualitas 

Reddit  cunctis  amabilem 
3  5   Quae  rudiraenta  fidei 

Per  Vitalem  interpretem 

Mellito  corde  ruetuat 

Et  ut  doctor  benivolus 

Persuadens  in  prudentia, 
40  Omne  quod^)  disputaverat 

Factorum  sanctiraonia 

Ut  quos  verbo  non  caperet 

Cum  late  messem  domini 

Informavit  egreie 
45  Tunc  emersere  tempora, 

Christus  probare  militem, 

En  aceidit,  ut  unica 

Stuprose  pregnans  iieret 

Hec  Outa')  dicta  fuerat, 
50  Persona  quaedam  nobilis, 

Sed  dum  orrerent  scelera 

Confitendum  sufFugerant 

Qui  pio  quidem  animo 

1)  'duciflua'  Hs.  2)  verb.  'hos  propheta  laudaverat  qnos  .  .  ferre 

viderat'  (cf.  Rom.   10,   15).  8)  verb.  'ab   erroris  opere  vol  nientis  tor- 

titiidine'.  4)  'blebem'  Hs.  5)  'quo'  Hs,  6)  Dafür  am  Rande: 

'Catholica   quae   docuit  ex  sacris  seriptis  astniit'.  7)  'Ota'  Hs. 


novae  legis  et  veteris 
et  in  perspectis  efficax. 
fulsit  Pictavis  inclite, 
dilexit  eins  monita. 
potare  per  agoniam, 
dehinc  secessit  peregre. 
dicta  sparsit  dulciflua '), 
scripturae  pavit  nectare. 
latores  euangelii, 
vates  quos  iam  previderat*). 
sed  et  parte  Germaniae, 
venit  ad  Baioariam. 
ignara  nacti  ominis, 
cuius  nunc  viget  munere. 
retentatur  industria 
ne  temptet  ultra  progredi. 
subductus  est  Avariae, 
cum  exulari  ceperat. 
refulsit  illo  tempore, 
fulget  virtutum  iubare. 
viam  virtutis  pandere 
plebem  *)  magnam  convertere. 
vocisque  liberalitas 
votisque  suis  habilem. 
dabat  adleta  domini, 
eins  suggessit  comitem. 
lectu  favum  quem  ceperat, 
gaudet  lucrandis  omnibus. 
querens  in  sapientia 
clara  luce  firmaverat^). 
congessit  exemplaria, 
vel  actu  lucrifaceret. 
purgaret  sorde  vicii, 
neophitos  ecclesiae. 
quo  vellet  per  certamina 
quem  pace  novit  alaci'em. 
Dietonis  ducis  hlia 
famamque  culpa  lederet, 
quam  Öigibolt  obpresserat, 
sed  mecho  despicabilis. 
morti  velut  obnoxin, 
sancto  viro  quod  feccrant. 
condescendebat  proximo 


Gedichte  aus  Rlünchener  Haudschriften. 


GOT 


Et  per  sermones  humiles 

55  'Peccatrix  massa  corporis 
Et  per  plura  facinora 
Sed  delinquentis  crimina 
Sicut  verti  voluerit 
Proinde  consolamini 

60  Dens  pro  peccatoribus 
Absit  timere  aliquem 
Quam  aeterna  supplicia 
Animabus  prospicite 
Ego  pati  desidero 

05  Quapropter  haec  peccamina 
Nobis  tandem  obponite, 
Tunc  consolatos  unice 
Committtens  prece  domino 
Dehinc  migrandi  licitum 

70  Roraam  visendi  gratia 
Permi ssione  principis 
luncta  sibi  catervula 
Cum  instaret  profeecio, 
'Te  carum^)  seire  cupio 

7  5  Sed  te,  mi  frater,  obseero 
Ne  istud  iiraquam  proferas^ 
Insurget  in  me  fervidus 
Siispectae  culpae  gratia, 
Sed  me  cum  poenis  affici 

80  Non  confundaris  animo, 
Et  ne  cuiusque  merita 
Excusans  ^)  gradum  protege, 
Nam ')  poscit  christianitas, 
Qui  se  dedit  pro  plasraate, 

85  Dixit  et  felicissimam 

Qua  complet  legem  domini 
lam  tunc  fama  dedecoris 
Quod  clari  ducis  filia 
Id  cor  commovit  principis 

90  Et  advocatam  turbido 
'Die,  unde  te  iuvenculam 
Aut  quis  adulter  thalamos 
An  generosum  gremium, 
Facis  tu  impurissimum 


sie  consolatur  flebiles: 
est,  eheu,  valde  fragilis 
labat  diatim  misera. 
Christi  delebit  gratia, 
et  peccare  desierit. 
nee  ultra  fas  tristamini, 
venit  salvandis  omnibus. 
plus  mortem  transitoriam, 
omni  fine  carentia. 
digneque  satisfacite : 
pro  vobis  procul  dubio, 
translationis  gratia 
vobisque  sie  consulite'. 
fecit  inde')  recedere 
quod  volvebat  in  animo. 
ducis  rogabat  placitum 
Petri  Paulique  limina. 
callem  rapit  itineris^) 
clientelae  fidissima. 
seni  dixit  Wolflaico: 
venturum  quod  prenuntio, 
tandem  quousque  vixero, 
donec  transactum  videas. 
magni  furoris  impetus 
quam  non  fort-*)  consciencia. 
constet  ceu  nota*)  vicii, 
cum  haec  inmunis  suffero, 
nostri  ledat  infamia, 
compassionem  detege, 
ut  redemptoris  Caritas, 
fructificet  in  homine'. 
gradus  movet  per  semitam, 
mandatis  euangelii. 
hoc  publicavit  populis, 
per  stuprum  foret  gravida. 
pudore  lapsi  germinis  *) 
sie  compellabat^)  animo: 
sie  siel")  habemus  turgidam? 
temeravit  indebitos  ? 
natis  regum  eontiguum, 
lupanare  ludibrium  ? 


1)  verb.   'eos'.        2)  aus  'iteneris'  verb.       3)  verb.  'solum'.        4)  verb. 
'nescit',  5)  'ceu  reum'  verb.  6)  'tunc  pie'  verb.  7)  Für  v.  83 

und  84  steht  am  oberen  Rande  z.  Th.  abg-eschnitten : 
'.  .  .  .   Christi   Caritas  ut  huma(na)   benignitas 
Sic  ferveat  pro  proximo,  ut  adsit  in  pericnlo'. 
8)  verb.  'probro  fucatae  sobolis'.    9)  'compellebat"  verb.  'labat'.    10)  'si  sie'  Hs. 


608  Gedichte   aus  Müncheuer  Handschriften. 

95  Ergo  festina  dicito,  cuius  infleris  Indicro, 

Et  dicj  quis  vim  intulerit   pregnantemque  i)  reddiderit'? 
Tum  pudibunda  pronuba,    stupore  sat  perterrita, 
Dixit  hac  causa  noxium^)  Emmerammum  pontificem. 
Pater  eduxit  gladium  facturus  parricidium, 

100  Si  non  temptassent  propere  hune  3)  milites  surripere. 
Statim  data  seutentia  privavit  illam  patria^ 

Lege  damnans,  Ausoniam   relegavit  in  insulam. 
Ergo  mansit  eo  loci  tenore  sub  exilii, 

Quoad  vita  decederet  culpamque  morte  lueret. 

lOSjErat  Iiuic  magnanimus         frater  fastuqiie  tumidus, 
Lampertus  dictus*)  nomine  altricum ')  auspicamine. 
Hie  egre  ferens  dedecus      sororis,  inconsultius 
Nil  iuris  volens  exequi,       sed  vult  insontem  persequi. 
Scandens  equum  velocius    ireque  cepit  eicius, 

110  Secum  funestos  satrapas      duxit  ultum  iniurias. 
Qui  cum  per  viam  celeres  adhortaretur  milites, 
Ad  Helphendorf  applicuit,  quo  sanctum  fore  comperit. 
At  pontifex  interea  psalmorum  litat^)  munia, 

Horam  decantans  tertiam    mixturus  eucharistiam. 

115  Sed  qui  suevit  purissima     Christo  dare')  libamina, 

Pro  proximo  se  obtulit        et  formam  Christi  suscipit»). 
Tunc  armorum  collisio        scutorumque  commotio, 
Perstrepentes  pre  foribus     produnt  hostiles  impetus. 
Mox  unus  choro  prosilit      scitum,  quis  sie  advenerit, 

120  Et  sancto  clamans  retulit:  'Hostis  te,  pater,  impetif. 
Tunc  omnes  mente  pavida  quesivere  latibula, 
Sparsusque  grex  in  medio  patrem  liquid  periculo. 

IL 

Herr  Dr.  Wilhelm  Meyer  in  München  entdeckte  in  einer 
Tegernseer  Papierhandschrift  ein  zum  Einbände  derselben  ver- 
wendetes Pergamentblatt,  etwa  dem  Anfange  des  12.  Jahrhun- 
derts angehörig,  mit  Bruchstücken  eines  lateinischen  Gedichtes, 
in  welchem  er  sofort  eine  Bearbeitung  der  im  Mittelalter  so 
beliebten  Geschichte  des  jüdischen  Krieges  von  dem  sog. 
Egesippus  (d.  h.  Josephus)  erkannte.  Das  Blatt,  in  2  Spalten 
eng  beschrieben,  ist  in  der  Mitte  durchgeschnitten,  doch  so, 
dass  hier  nichts  weggefallen  ist,  am  unteren  Rande  verkürzt 
(es  mögen  dadurch  je  3 — 4  Zeilen  fehlen)  und  endlich  auch 
am  vorderen  Rande  etwas  verstümmelt.  Hier  konnte  jedoch 
manches  nach  der  Vorlage  mit  ziemlicher  Sicherheit  ergänzt 
werden. 


1)  verb.  'et  pregnantem'.  2)  verb.  'hac  re  culpabilem'.  '^)  'hanc'  Hs. 
4")  verb.  'lambertus  datus'.  5)  verb.  'infausto'.  6)  'laudum  litabat'  verb. 
7)  'deo  ferre'.         8)  'et  potum  Christi  ebibit'. 


Gedichte   aus   Müncliener  Handschriften.  609 

Der  Dichter  bedient  sieh  des  elegischen  Versinaasses  und 
schliesst  sich  so  eng  an  den  Text  des  Egesippns  an ,  dass  er 
nicht  wenige  Ausdrücke  desselben  wörtlich  beibehält.  Das 
gerettete  Bruchstück  umfasst  einen  grossen  Theil  der  in  1.  I, 
c.  44  De  hello  ludaico  überlieferten  Vertheidigungsrede  Anti- 
paters,  des  Sohnes  Herodes  des  Grossen  (p.  44—46  ed.  AVeber, 
Marburgi  18n8).  Daran  schliesst  sich  der  Anfang  des  in  c.  45 
(p.  47  ed.  Weber)  berichteten  weiteren  Verfahrens  gegen  den- 
selben. Die  vorhandene  Ueberschrift  zeigt,  dass  der  Dichter 
die  Eintheiliing  seiner  Quelle  beibehielt.  Wenn  er  deren  Inhalt 
durchweg  mit  der  gleichen  Breite  wie  in  diesem  Stücke  wieder- 
gegeben hätte,  so  würde  sein  Werk  zu  einem  sehr  bedeutenden 
Umfange  angeschwollen  sein.  Wir  besitzen  davon  aber  nur 
177  Verse,  deren  Herausgabe  der  Entdecker  mir  gütigst  über- 
lassen hat.  Die  eingeklammerten  Worte  und  Buchstaben  sind 
theils  von  mir  theils  von  Wattenbach  ergänzt. 

(Ut  t)ua  testantur  verba  notata  mihi. 
(De)  me  quid  timeas,  per  quem  securus  agebas 

(Vitam)?  qui  patris  tutor,  amator  eram? 
5  (An,  p)ater,  ad  facinus  me  dira  coegit  egestas, 

(Quae)  miseros  inopes  furta  docere  solet? 
(Sed  t)antum  dederas,  quod  tempus  in  omne  redundet, 

Copia  plena  mihi  quippe  fluebat  opum. 
(Et  Roi)nam  missus  argento  dives  et  auro, 
10       (Semper)  permansi  tutor  ab  hoste  tuus. 

(Deni)que  Phadarum,  qui  prudens,  fidus  amicus 

(Augu)sti,  rerum  qui  moderator  erat, 
Sylleus  atrox,  tuus  eraulus  et  tuus  hostis, 

(Cont)ra  te  donis  frangere  pronus  erat. 
15  (Hun)c  ita  mutavi,  tibi  sceptri  tutor  ut  esset, 

(Sylle)us  fieret  hostis  iniquus  ei. 
t  detegeret  fraudes  illius  et  herum 

(Insid)ias,  mortem  qui  sitiere  tuam. 
(Nunc  cü)r  ergo,  pater,  mereor  patricida  vocari, 
20       (Per  quem)  suspiras  tutus  ab  hoste  tuo? 
e  asisto,  dum  tractat  iniqua  repello, 

(Qui  n)egat  adduco,  singula  cogo  loqui. 
si  nossem,  patrium  scelus  haud  meditari 

(Et  fru)ctum  sceleris  huius  habere  mihi. 
25  (Si  to)tus  furerem,  ferus  ut  furiens  fera,  totus, 

ut  ferrum,  durus  ut  asper  aper, 

(Ut  le)o  crudelis,  mordens  ut  tygris  iniquus, 

(Utque)  ingens  aspis,  et  Stimulans  ut  apis: 
(Pro  bon)itate  tamen  mihi  coUata  tibi  lenis 

12  'mederator'  Hs.  23  'aut'  Hs.  25  'ferens  fera'  Hs. 


610  Gredichte  aus  Münchener  Handschriften. 

30       (Semper)amans  essem,  semper  et  absque  malo. 
(Non)ullum  tibi  praeferrem,  te  corpore  toto 
(Proteg)erem,  fruerer  semper  amore  tuo. 
(Int)ra  te  clausum,  üeri  si  posset,  haberem 
(Visc)era,  te  retinens  cordis  amore  mei. 
35  (Nobi)libus  me  praetuleras,  matremque  vocasti 
(In  re)gnum,  regni  que  velut  exul  erat, 
(lam  tan)quam  consors  et  non  successor  habebar 

(Imperi)i,  qui  rex  ipse  secundus  eram. 
(O  mis)er  Antypater,  cui  gratia  tanta  bonorum 
40       (Esset),  ut  invidiam  gigneret  illa  tibi. 

(0  quam)  stultus  ego  discedens  patre  relicto : 

(Sic)  datur  insidiis  invidiaeque  locus. 
(Dum  diu  de)moror  pro  patris  amore  salutis, 
(Propria  patri)s  amore  est  mihi  rapta  salus. 
45  ...  .  as)cribam  mihi,  nil  habeo  tamen:  ut  te 
tu)ear,  me  pater  ire  iubes. 

Terrarum  princeps  Caesar  ubique  potens. 
Arbiter  ille  mei  cordis,  me  patris  amantem 
50       Appellans  totum  fecerat  esse  suum. 

Testetur  Caesar  mihi  quod  de  patre  loquebar. 

Cum  mea  vox  apud  hunc  posset  obesse  tamen. 
Sis  testis,  Caesar,  quod  de  causis  aliorum 

Vox  tua  firmabat  iudiciumque  tuum, 
5  5  Qui  tanti  sceleris,  quod  vendicat  a  patre  ceso 

Nomen,  scrutator  verus  et  ultor  eras. 
Ha  mihi  si  praesens  fieret  tuus,  incHte  Cesar, 

Vultus,  sed  jDrocul  est  Roma  thronusque  tuus. 
Nunc  sine  te,  princeps,  abiudicor  a  patre  praesens, 
60       Est  tamen  in  scriptis  quae  modo  gesto  tuis. 
Offero  scripta  patri  tua,  que  metuunt  patricide, 

Que  metuunt  iUi,  quos  sua  culpa  gravat. 
Suscipe  scripta,  pater,  que  producunt  in  aperto, 

Que  cupiunt  tantum  non  latitare  scelus. 
65  Cesaris  hos  apices  lege:  qui  dudum  tuus  ultor 

Exstitit,  instructor  sit  tuus  iste  modo. 
Et  quibus  es  dudum,  pater,  usus,  ut  ultio  detur, 

Utere  niuic  istis,  fiat  ut  inde  salus. 
Defero  scripta  mei  testantia  cordis  amorem, 
70       Que  mihi  direxit  Cesaris   illa  manus. 

Te  regem  magnum  fecit  regis  manus,  ardens 

Inposuit  capiti  cum  dyadema  tuo. 
Hie  prius  odisset,  si  me  similem  didicisset 

Fraterni  sceleris  regius  ille  vigor. 

37  'Concors'  Hs.         44  'amor'  Hs.  69   'Deffero'  Hs.         72  'Inpo- 

nunt'   Hs.  73  'Ille'  Hs.  74   'refris'  Hs. 


Gedichte  aus  Münchener  Handschriften.  611 

75  Sed  me  cognovit  servare  fidem  tibi  caram, 
Frangere  Syllei  pellere  verba  rei. 
Nam  nisi  pugnassera  contra  velut  hostis  in  hostem, 

Verbis  et  rebus  vicerat  ille  reus. 
Do  miser  huic  hodie  penas,  dum  iudicor  absens, 
80       Proque  reo  tanquam  iudicor  esse  reus. 

Queso,  memento,  pater,  quod  non  mare  sponte  subivi, 

Cernebam  foveaSj  furta  patere  michi. 
Me  tarnen  optavi  potius  mandare  periclis, 

Quam  te,  quam  vitam,  quam  dyadema  tuum. 
85  Hoc  doleo,  quod  apud  te  naufragus  exsto,  quod  hostis 
Esse  tuus  videor,  quod  gravor  ore  tuo. 
Naufragium  patiar,  modo  si  patiantur  apud  te 

Naufragiura  scripta  regia  fida  mihi. 
Hos  apices  habeo  testes,  his  testibus  utor, 
90       Est  codex  cordis  arbiter  iste  mei. 

Te  non  inploro,  pie  Cesar,  ut  audiar,  imo 


Sed  me  iussisti  longius  ire,  pater. 
95  Me  velut  incertus  rerum  dubiusque  futuri 

Naufragio  tradis,  dum,  pater,  ire  iubes. 
Promptus  eo  Romam,  perago  tua  iussa,  revertor 

Syllei  Victor,  regia  scripta  fero. 
Ipsa  mei  cordis  elementa  fatentur  amorem, 
100       Ecce  mei  testes  sunt  mare,  terra,  polus. 

Per  mai'e,  per  terras  venio  nil  passus  acerbum, 

Puniri  merui,  si  patricida  fui. 
Me  polus  absolvit,  qui  non  sua  fulmina  misit, 

Nil  nocuere  mihi  grando,  procella,  lapis. 
105  Absolvat  tellus,  quem  non  absorbuit  equor, 

Quem  non  dimersit,  undique  tutus  eo. 
Non  hec  evadit  etiam  qui  non  genitalis 

Est  homicida  patris,  sed  sua  furta  luit. 
Terra  patens  inhians  Abyronque  Dathanque  voravit 
110       Et  tellus  offam  fecit  utrumque  suam, 

Non  tamen  in  mortem  patris  genitalis  iniqui 

Exstiterant  et  eis  terra  noverca  fuit. 
Pulcher  crine  puer  patricida  pependit  adherens 

Ramis,  ne  possit  ad  patris  ire  necem. 
1 1 5  Qui  si  venisset,  patris  invenisset  amorem 

Et  sceleris  veniam  nequicieque  sue. 
Nunc  ad  te  venio,  pater,  et  necdum  pietatem 

Invenio,  fio  naufragus  absque  freto. 
Rex  qui  non  potuit  servare  suum  patricidam, 


80'Pro'Hs.       107'genialis'Hs.       109 'hinians' Hs.       111 'genialis' Hs. 


612  Gedichte  aus  Müncbener  Handschriften. 

120       Ultor  in  actores  ex  pietate  fuit. 

Ast  ego  de  pi'opriis  inimicis  non  mihi  posco 

Vindictam,  nee  eos  aspera  quero  pati. 
Ad  tormenta  reos  nolo  revocare,  lucrentur 
Nequicie  penas  invidieque  sue. 
125  De  penis  aliis  credas,  unum  rogo  de  me. 
Contra  me  penas,  queso,  require,  pater. 
Queso,  pater,  suspende  reum,  fluat  unda  cruoris, 

Qui  solet  ad  celos  crimina  tanta  loqui. 
Pix  ardens,  oleum  fervens,  crux  ardua,  mucro 
130       Pungens,  flamma  voraus  noxia  membra  necent. 
Me,  pater,  absolvis  a  crimine,  si  mihi  pareisj 

Fraude  carere  probas,  si  cruciare  negas. 
Non  ahquis  merito  debet  patricida  vocari, 
Quem  dignum  sohl  morte  perire  putes. 
135  At  si  conpateris  ex  te  genitis  quasi  menbris, 
Non  tua  menbra  scias,  que  vitiosa  notas'. 

Condempnatio  Antypatris  per  productionem 
testium. 
U 

lussu  cuius  adest  Nycolaus,  qui  ratione 

Obviet  Antypatri,  condoleatque  patri. 
Respondens  igitur  cauto  sermone  reflexit 

Ad  veniam  flexos  a  pietate  vires. 
5  Fraterne  necis  invidiam  transfudit  in  illum, 

Rethoricis  phaleris  ista  loquendo  proban(s). 
Quod  si  quos  moveat  pietas,  miseris  mise(reri) 

Condecet,  illorum  qui  periere  dolo; 
Iniusta  de  morte  sua  qui  flendo  requirun(t) 
10       Vindictam  fieri,  morte  perire  reum. 

Si  iudex  hunc  absolvit,  dabitur  domus  omn(is) 

Regia  tormentis  naufragiisque  novis. 
Affines  et  germani  rex  ipse  sakitem 

Cuius  contempsit,  phirima  darapna  ferent. 
15  Ad  pietas  igitur  phaleras  conversus  et  artem 

Rethoricam,  clausit  ordine  multa  bre(vi). 
Verbis  versutis  animas  velut  extrahit  ho(rum), 

Quos  dohis  Antipatri  sustulit  arte  pa(ri). 
Qui  misero  questu  subselh'a  queque  rep(lenmt), 
20       Insontes  claraant  se  periisse  dolo. 

Testibus  ornatis  se  clamant  esse  grava(tos). 

Scripta  referta  dolis  missa  fuisse  patri, 
Que  scripsit,  que  conposuit,  que  legit  in  aur(es) 


135   'qi   raenbris'  Hs.  2   'condnleat'   Hs.  19   'niesero'  Hs. 


Gedichte  aus  Münchener  Haudschvifteu.  G13 

Antypater  patrias  pectore  virus  ale(ns). 
25   Quo  non  mentiri  de  fratribus  ille  putaret, 
Sed  pia  verba  loqui,  dulcia,  plena  fide. 
Nunc  offert  corpus  tormentis,  qui  neque  fratrum 

Tormentis  credens  absque  dolore  fuit. 
Quos  cesos  clausit  in  carcere  vincula  pas(sos) 
30       Ne  cause  presens  esset  uterque  sue. 
In  quos  absentes  etiam  sententia  pene 

Est  data,  cum  positus  esset  uterque  procul. 
Ne  pater  inflecti  posset  pietate,  necatos 
Esse  prius  constat  huius  agente  dolo. 
35  Si  nunc  evadat  reus,  hinc  evadere  paucos 
Credas  istius  furta,  venena,  dolos, 
Quique  rautat  mentes,  qui  dira  venena  suorum 

Spargere  visceribus,  clamquc  nocere  solet. 
Qui  Pheroram,  semper  Herodis  fratris  amicum 
40       Fraternam  fecit  fraude  sitire  necem. 
Adiunctis  aliis  Nycolaus  ad  ista  colorans 

Verba  monens  alios  ora  silenda  v  .  .  .  . 
Querit  ab  Antypatro  Varus,  si  redde(re  veris) 
Vera  velit,  lictis  ficta,  sed  ille  ne(gat). 
45  ...  .  non  ....  rat  hac  una  voce 


37)  'Qui'  Hs.         38)  'Spergere'  Hs.        40)  'fraudem'  Hs.         45)  Das 
erste  Wort  lautete  vielleicht  'Causam'. 


Neues  Archiv  etc.     VIT.  40 


Zur  Characteristik 
des  Cardinais  Humbert  von  Silva  Candida. 

Von  R.  Francke. 


In  dem  Codex  292  (s.  XI)  der  Berner  Stadtbibliothek 
befindet  sich  auf  f.  72  unmittelbar  hinter  einem  Bruchstück 
der  Altercatio  Lanfranci  contra  Beringerium,  und  von  derselben 
Hand  geschrieben,  folgender  Brief. 

Humbertus  Eusebio.  Pro  absente  nostro  papa  et  vene- 
rabili  apostolico  consultationi  tue  breviter  respondeo,  partim 
occupatus  §cclesiastico  negocio  et  privato,  partim  non  permissus 
a  nuncio  tuo.  Doleo  ergo  cordis  ab  imo,  quod  liinc  inde 
veuiat  apostolice  sedi  de  te  non  bona  opinio  et  quos  novos 
partus  immo  dolores  super  nove  hereseos  energia  diceris  catho- 
lic§  matri  jam  post  mille  et  eo  amplius  annos  de  eucharistia 
afferre  et  post  tarn  apertam  et  manifestam  fidei  veritatem  nunc 
demum  antiquum  statum  christianitatis  nubilosis  et  ambiguis 
argumentacionibus  confundere  vel  deflectere.  Si  enim  pru- 
denter  advertisses,  quod  dominus,  qui  te  gcclesie  sue  prefecit, 
non  per  sophystas  seu  aristotelicos,  ^ed  per  simplices  et  idiotas 
^cclesiam  suam  per  omnes  gentes  fundaverit  et  diffuderit,  non 
tot  et  tantos  motus  et  gemitus  viscerum  Christi  super  te  con- 
citasses,  ne  cum  Berengero  tu  (ah  pudet)  stercorianista  dici 
et  agnominari,  sicut  Francigenarura  scripta  que  ad  nos  per- 
venerunt  edocent,  raeruisses.  Quin  etiam  recordare  illius  scripti 
tui  ad  GervasiumJ)  quod  in  manibus  habemus,  in  quo  inter 
alia  quQ  pompatice  declamasti  dixisti:  non  parum  carceri  tuo 
contulisset,  si  nichil  irrationabile,  si  nil  frustrandum  apostolicus 
attemptasset,  quando  non  minus  inconsiderate,  si  pace  illius 
hoc  dici  liceat,  quam  episcopos  reordinaverat ,  Johannis  Scoti 
libellum  concidisset^).     Quod  absit,  ipsura  dominum   nostrum 

1)   1036 — 1055  Bischof  von  Le  Mans.  2)  Lanfranci  libcr  de  cor- 

pore et  sanguine  Domini  (Bibl.  max.  patr.  XVIII,  p.  765  F)  c.  4:  In  qua 
(i.  e.  in  synodo  Vercellensi)  in  audientia  omnium  Joannis  Scoti  über  de 
eucharistia  lectus  est  ac  damnatus. 


Zur  Characteristik  des  Cardinals  Humbert  von  Silva  Candida.      G15 

papam  aliquando  conatum,  ut  reordinasset  saltem  hostiarium 
nedum  episcopum  i).  Porro  si  tibi  visus  est  perperam  aut 
secus  quam  debuit  fecisse,  non  debuisti  inde  summam  sedem 
a  nemine  judicandam  lacessere  nee  in  celum  os  tuum  ponendo 
super  hoc  in  angulis  inter  indoctos  disputare^),  sed  docturus 
aut  docendus  raagistrani  veritatis  adire  vel  consulore,  ne  nota- 
reris  pernicioso  stalte  et  audacis  mulieris  elogio.  Aque  furtiv^ 
dulciores  sunt  et  panis^)  absconditus  suavior,  ast  palam 
arguendo  pacem  faceres.  Nam  satius  est  frustra  lapidem  quam 
verbum  jacere.  Itaquo  stude  non  plus  sapere  quam  oportet, 
et  simplex  predicator  simplicis  veritatis  constitutus  non  mille- 
formis  vel  versipellis,  sed  uniformis  et  planus  populo  Dei  existe, 
ut  cum  apostolo  possis  dicere:  ^Numquid  levitate  usus  sum? 
aut  que  cogito  secundum  carnem  cogito,  ut  sit  apud  me:  est 
et  non?  sed  est  in  illo  est'-»).  Ceterum  quod  requisisti  super 
divortio  vel  repudio,  nichil  aliud  omniuo  sentias  vel  consen- 
tias  aut  doceas,  quam  quod  apostolieam  sedem  consulendo  te 
sentire  scripto  tuo  significasti.  Occidere  enim  uxorem  gra- 
vissimi  est  criminis ,  alteram  vero  vivente  illa  ducere  non 
minoris.  Quisquis  secus  fecerit,  anathema  erit.  Nee  super 
hoc  qu^ras  a  nobis  christianorum  constitucionum  et  legum  de- 
creta  aliqua,  cum  in  promptu  habeas  evangelica  et  apostolica 
oracula  et  catholicorum  omnium  consona  sensa.  Sed  ut  ad  te 
paululum  sermo  redeat,  dominus  noster  papa  tanto  altius  super 
te  zelo  Dei  tabescit,  quanto  vivacius  illud  euangelicum  atten- 
dit:  'Si  sal  evanuerit,  in  quo  salietur?  ad  nichilum  valet  ultra, 
nisi  ut  mittatur  foras  et  conculcetur  ab  hominibus'^).  Michi 
quoque  testis  est  Deus,  quo  modo  recolens  tu^  industrie 
doleam  de  infamia  tua  et  cupiam  te  in  visceribus  Jesu  Christi 
in  seculorum  secula.     Amen. 

Der  Empfänger  dieses  Briefes,  Eusebius  Bruno,  von  1047 
bis  1081  Bischof  von  Angers,  ist  bekannt  als  einer  der  frühe- 
sten Anhänger  und  Beförderer  der  Berengarischen  Lehre  vom 
Abendmahl.  Aber  nicht  allein  durch  diese  Abweichung  von 
der  Kirchenlehre  stand  er  zu  dem  apostolischen  Stuhle  in 
Opposition,  auch  in  anderen  Dingen  zeigte  er  sich  (wenigstens 
eine  Zeit  lang)  keineswegs  als  getreuen  und  gehorsamen  Sohn 
der  Kirche.  13ereits  im  Jahr  1049  hatte  Leo  IX.  ihn  wegen 
des  Verdachtes  der  Simonie  von  seinem  Amte  suspendiert  und 
dadurch  sehr  lebhafte  und  energische  Gegenvorstellungen  von 
Seiten  des  Betroffenen  hervorgerufen.    (Sudendorf,  Berengarius 

1)  Dies  widerspricht  demjenigen ,  was  Berengar  de  sacra  coena 
p.  40  f.  von  der  Stellung  Leos  IX.  und  des  Cardinals  Humbert  zu  den 
sog.  ReOrdinationen  berichtet.  2)  Lanfranc  p.  763  G.  3)  paris  Hs. 

Das  Citat  ist  aus  Prov.  9,  17.  Auf  dasselbe  Capitel  spielt  Humbert  auch 
in  der  Vorrede  zu  der  Schrift  adversus  Simoniacos  an.  4)  Cf.  Corinth  II, 
1,  17—19.  5)  Matth.  5,   13. 

40* 


0)16     Zur  Characteristik  des  Cardiuals  Humbeit  von  Silva  Candida. 

Turonensis  p.  96  und  202).  Dann  gab  die  Fehde  des  Grafen 
Gaufried  von  Anjou  mit  dem  Bischof  Gervasius  von  Le  Mans 
Stoff  zu  neuem  Streite.  Der  römische  Stuhl  nahm  sich  des 
durch  den  Grafen  eingekerkerten  Gervasius  an,  während  Euse- 
bius  die  Partei  des  Ersteren  ergriff.  (Sudendorf  S.  93).  Nun 
kam  noch  die  Berengarische  Sache  hinzu,  in  welcher  der 
Bischof  unverweilt  und  ohne  Rückhalt  sich  gegen  die  Ansprüche 
des  Papstes  erklärte.  Schon  im  Juni  1049,  also  noch  ehe  die 
eigentlich  entscheidende  Sentenz  gefällt  worden  war,  schreibt 
er  einem  Freunde:  'Ceterum  ecclesiae  nostrae  clericum,  Berin- 
ger, totius  erroris,  totius  immunissimum  culpae,  per  immode- 
rantiam  domini  papae  noveris  injustissime  et  sede  apostolica 
indignissime  diffamatum'.  (Sudendorf  S.  204).  Von  den  Ver- 
fechtern der  römischen  Lehre  Avurde  er  nicht  minder  heftig 
bekämpft,  als  Berengar  selber.  So  schreibt  der  Lütticher 
Bischof  Theotwin  in  heller  Entrüstung  an  den  König  von 
Frankreich  von  der  Kunde,  welche  über  die  fränkischen  Grenzen 
gedrungen  sei  und  schon  ganz  Deutschland  erfülle,  dass  näm- 
lich Bruno,  der  Bischof  von  Angers,  und  Berengar  von  Tours 
behaupteten,  der  Leib  des  Herrn  sei  nur  ein  Schatten  und 
eine  Form  des  Leibes ,  dass  sie  die  gesetzlichen  Ehen  auf- 
lösen, ja,  soviel  an  ihnen  läge,  die  Kindertaufe  beseitigen 
wollten  (Bibl.  max.  patr.  XVIII,  p.  531).  Und  Eusebius  selber 
scheute  sich  nicht,  in  einem  Brief  an  einen  Gegner,  von  dem 
er  sicher  keine  rücksichtsvolle  Verschwiegenheit  erwarten 
konnte,  die  Haltung  des  römischen  Stuhles  in  dieser  Sache, 
besonders  die  Verdammung  der  berengarischen  Lehre  zu  Ver- 
celli  als  unvernünftig  und  unüberlegt  zu  bezeichnen.  (Vgl. 
im  obigen  Brief  den  Passus:  non  pai'um  carceri  u.  s.w.).  Ja 
noch  im  Jahre  1062  legte  er  auf  einer  Versammlung  römischer 
Prälaten  zu  Angers,  welche  der  Berengarischen  Sache  durch- 
aus feindlich  gestimmt  war,  ein  entschiedenes  Bekenntnis  für 
dieselbe  ab  (Sudendorf  S.  142  und  220). 

Es  erregt  daher  unser  gerechtes  Erstaunen ,  dass  der 
Bischof  nach  diesem  Jahre  plötzlich  ein  anderes  Gesicht  zeigt. 
Berengar  wurde  um  diese  Zeit  besonders  durch  einen  streit- 
fertigen Kleriker  von  Angers,  Namens  Gaufried,  belästigt, 
welcher  u.  A.  behaiiptete,  die  Schrift  des  h.  Ambrosius  über 
die  Sakramente,  eine  Hauptstütze  der  Berengarischen  Ansicht, 
widerspräche  dem  Evangelium.  (Sudendorf  S.  220).  Berengar 
wünschte  daher  eine  öffentliche  Disputation  mit  diesem  Gegner 
und  wandte  sich  um  Erlaubnis  zu  einer  solchen  an  seinen 
Vorgesetzten,  seinen  Gönner  Eusebius.  Darauf  erfolgte  nun 
(etwa  im  J.  1063)  eine  höchst  überraschende  Antwort.  Euse- 
bius beklagt  es,  dass  der  ganze  Streit  entstanden  ist;  er  lässt 
es  ungewiss,  ob  er  aus  Liebe  zur  Wahrheit  oder  aus  Ehrgeiz 
erregt  worden  sei;    er   spricht  von  einem  der  ganzen  Kirche 


Zur  Cliaracteristik  des  Cardinais  Humbert  von  Silva  Candida.     617 

gegebenen  Aergernis;  er  meint,  dass  die  Sache  durch  3  Syno- 
den in  seiner  Provinz  und  durch  eine  zu  Rom  hinlänglich  ab- 
gethan  sei  —  kurz  er  verweigert  seinen  Beistand  (Staudliu, 
Bereng.  Tur.  in:  Stäudl.  und  Tzschirner,  Archiv  für  alte  und 
neue  Kirchengesch.  II,  1,  55  f.).  Und  von  da  an  hat  er  den 
Berengar  thatsächlich  fallen  gelassen,  bald  hielt  er  es  sogar 
offen  mit  dessen  Feinden  (Sudendorf  S.  146). 

Wie  sollen  wir  uns  diesen  Widerspruch  erklären?  dürfen 
wir  in  dem  Verhalten  des  Eusebius  Nichts  als  ein  Beispiel 
allgemein  menschlicher  Wankelmüthigkeit  und  Unbeständigkeit 
erblicken?  Ich  denke,  der  oben  mitgetheilte  Brief,  welcher 
sicher  nicht  der  einzige  seiner  Art  geblieben  ist,  zeigt  uns 
wenigstens,  wie  gut  die  Curie  diesen  Wankelmuth,  diese 
Schwäche  des  Gegners  zu  benutzen  verstand;  und  gewiss 
haben  wir  allen  Grund  anzunehmen,  dass  der  Cardinal  Hum- 
bert, derselbe  welcher  den  Berengar  zum  Widerrufe  zwang, 
welcher  das  römische  Dogma  gegen  den  Patriarchen  von  Con- 
stantinopel  mit  der  ganzen  Wucht  des  Eiferers  vertheidigte, 
welcher  die  päpstlichen  Ansprüche  bezüglich  der  Bischofs- 
Avahlen  so  consequent  ausgebildet  hat  wie  Keiner  zuvor,  dass 
eben  der  Kardinal  Humbert  auch  den  Bischof  von  Angers 
dem  römischen  Stuhle  unterworfen  hat. 

Der  Brief  selber  bedarf  wohl  kaum  weiterer  Interpretation, 
nur  bezüglich  der  Datierung  bemerke  ich,  dass  er  meiner 
Meinung  nach  in  das  Jahr  1051  zu  setzen  ist.  Offenbar  sind 
die  Gefangennahme  des  Bischofs  Gervasius  (um  1047)  und 
die  Synode  von  Vercelli  (1.  Sept.  1050)  noch  in  frischer  Er- 
innerung. Und  ausserdem  haben  wir  Grund  zu  vermuthen, 
dass  Humbert  sich  gerade  1051  in  der  Lage  befand,  für  den 
ab we senden  Papst  (wie  der  Eingang  des  Briefes  lautet)  die 
Vertretung  zu  führen.  Im  Anfang  dieses  Jahres  schickte 
Leo  IX.  den  Cardinal  mit  noch  einem  anderen  Legaten  nach 
ßenevent,  um  dort  die  Huldigung  für  den  römischen  Stuhl 
entgegenzunehmen.  Nachdem  die  beiden  Gesandten  im  April 
mit  Geiseln  wieder  in  Rom  eingetroffen  waren,  begab  der 
Papst  sich  selbst  nach  Süditalien,  um  von  dem  neugewonnenen 
Gebiet  Besitz  zu  ergreifen.  fSteindorff,  Heinrich  III,  II,  S.  163). 
Dass  in  diese  Zeit  eben  die  Abfassung  unseres  Briefes  falle, 
dafür  können  wir  wenigstens  eine  Art  von  Wahrscheinlichkeits- 
beweis aus  einer  Betrachtung  der  folgenden  Jahre  führen. 
1052  nämlich  finden  wir  Humbert  in  der  Begleitung  des  Papstes 
zu  Regensburg  (Steindorff  S.  183),  1053  ebenfalls  mit  dem 
Papste  zusammen  im  März  zu  Ravenna  (Jaffe,  Reg.  nr.  3259), 
im  Juni  in  Unteritalien  (ib.  nr.  3264).  1054  begab  er  sich 
dann  mit  der  päpstlichen  Gesandtschaft  nach  Constantinopel  (Leo, 
Chron.  Mont.  Gas.  SS.  VII,  686).  Doch  lassen  diese  verein- 
zelten Notizen  natürlich  keine  ganz  bestimmte  Datierung  zu. 


618      Zur  Cbaraeteriotik  des  Cardinais  Humbert  von  Silva  Candida. 

II. 

Auf  fol.   1  b    desselben    Codex   befindet   sich   ein    Gedicht 
zum  Lobe  Humberts,  welches  inhaltlich  ziemlich  werthlos  ist, 
eine  Veröffentlichung   aber  vielleicht   wegen   des  Ortes  seiner 
Aufzeichnung    verdient.      Der    Codex    stammt    nämlich    (vgl. 
Hagen,  CataTogus,  zu  der  Nummer)  aus  dem  Arnulfskloster  zu 
Metz  und  Avurde  um  die  Zeit  des  Abtes  Warinus  geschrieben. 
Jenes  Gedicht  ist  uns  also  ein  zeitgenössisches  Zeugnis  dafür, 
wie  sehr  der  Name  des  Humbert  auch  in  seiner  Heimath,  fern 
von  dem  eigentlichen  Gebiet  seiner  Thätigkeit,  in  Ansehn  stand. 
Humani  factor  generis  Deus  atque  refector, 
Uni  multa  sue  dans  ecclesi^  venerand^ 
Munera,  tres  series  Sublimat  in  hac  potiores 
Bellantum  variis,  fidei  tarnen  unius,  armis. 
5     Ex  quis  precones  sunt  Christi  verba  profantes, 
Rite  sequi  numera  viventes  celibe  vita, 
Tercius  ordo  bono  dat  conjugio  sociatos. 
Vera  vetusque  viros  lex  libertate  potitos 
Sancit,  tres  istos  justos :  Noe,  Daniel,  Job, 
10     Mistice  signantes,  salvandos  iure  fideles, 
Omnes,  qui  mores  horum  fuerint  imitantes, 
Nisu  precipuo  regnum  coli  capiendo. 
Ad  liquidum  supra  serie  resculpere  terna 
Complacuit,  quales  ')  deberent  esse  sequaces. 
15     His  aderit  suboles,  dum  gliscent  ordine  soles, 
Unde  repentino  quedam  sub  tempore  nostro 
Sano  fructifera  fructu  surrexit  oliva; 
Qui  doctor  scitus,  Humbertus  nomine  dictus, 
Unus  erat  comitum  Jesu  prcconia  fantum, 
20     Insitus  aureolo  candelabro  pie  Christo 
Non  aliter  toto,  quam  ductiliter  facricato 
Aptus  hastili  calamus^),  de  cuius  herili^) 
Resplendens  hie  vir  resonabat  verba  salutis. 
Coenobita  prius ;  tum  presulis  ordine  mactus 
25     H^rebat  templo,  cortina  polimita,  vivo, 

In  qua  bis  tinctus  inerat  permaxime  coccus*), 
Effulgens  digne  Christi  quin  fratris  amore, 
Prudenti,  justo,  forti  simul  ac  raoderato. 
Uli  thoracha  deitatis  lex  reverenda 
30     Stamine  quadruplici  texit  virtutibus  almis. 
Cautus  hinc  sevas  heresum  vitare  sagittas, 
Obvius  ex  valido  fidei  prodibat  asilo, 
Protectus  galea  spei,  que  tangeret  astra. 


1)  quales  hü  debere  Hs.  2)  Cf.  Exod.  XXV,   31:  Facies  et  can- 

delabrum  ductile  de  auro,  hastile  ejus  et  calamos.       3)  Cf.  herile  lignum 
crucis.     Ducange  s.  v.         4)  Cf.  Exod.  XXVI,   1. 


Zur  Characteristik  des  Cardinais  Humbert  von  Silva  Caudida.      619 

Aspera  nulla  virum  retinent  aliquodve  sinistrinu, 
3  5     P^'erre  verbi  speram  per  corda  per  ora  meantem. 
Sic  animal  prudens,  evangelizando  recurrens, 
Ardebat  revehi  rotulis  nee  ad  ima  relabi. 
Lucifluum  sederat  ceu  fulgur,  quando  redibat, 
Mentes  illustrans,  operari  lucida  monstrans 
40     Uranici  regni.     Nunc  nunc  pro  talibus  actis 
Sedes  pacificas  eternaque  gaudia  captat. 


Handschriftliches . 

Vou  W.  Watlenbach. 

I. 

Die  im  NA.  VII,  172  unter  Nr.  1  aufgeführte  Maihinger 
Hs.  hat  mir  keine  Ruhe  gelassen,  da  die  darin  vorkommenden 
h.  Zwillinge  und  ihre  Beziehung  zu  Baiern  mir  vollkommen 
räthselhaft  waren.  Herr  Baron  von  LöfFelholz  hatte  die  Güte, 
mir  die  Hs.  (I»  2  (Lat.)  4  o.  6)  zu  schicken,  und  ich  sehe  mich 
dadurch  in  der  Lage,  die  Heiligengeschichte  Baierns  durch 
eine,  wie  mir  scheint,  ganz  neue  Thatsache  bereichern  zu 
können. 

Die  Hs.  ist  aus  dem  12.  Jahrh.  und  sehr  sauber  geschrieben ; 
die  Notizen,  welche  die  Provenienz  betreffen,  sind  sorgfältigst 
ausgekratzt.  Dass  a.  a.  O.  S.  171  das  Ende  der  Vita  Colum- 
bani  als  abweichend  von  ölabillon's  Ausgabe  bezeichnet  ist, 
rührt  nur  daher,  dass  hier  die  Vita  Attalae  folgt,  welche  Ma- 
billon  getrennt  hat.  Der  Vita  Lupi  fehlen  am  Schluss  einige 
Zeilen  der  Ausgabe.  Die  h.  Zwillinge  aber  sind  eigentlich 
Drillinge,  Speusippus,  Eleusippus  und  Meleusippus ;  ihre  Passio 
steht  Acta  SS.  Jan.  17.  Der  Schauplatz  derselben  ist  Kappa- 
docien,  aber  es  folgt  eine  zweite  Erzählung  (Jan.  II,  440 — 444), 
welche  den  Schauplatz  nach  Langres  verlegt;  diese  wird  durch 
eine  Bemerkung  von  Papebroch  (p.  779  ed.  II.)  als  dieser 
Sammlung  unwürdig  bezeichnet.  Sie  ist  es,  welche  sich  liier 
findet,  doch  ohne  den  Prolog,  in  welchem  der  Vf.  Warnaharius 
sie  'Ceraunio  papae'  widmet,  welcher  im  Anfang  des  7.  Jahrh. 
Bischof  von  Paris  gewesen  sein  soll.  Dass  nun  diese  Reliquien 
nach  Ellwangen  gebracht  waren,  wusste  man  aus  der  Vita 
Annonis  (SS.  XI,  483),  aber  ganz  unbekannt  ist,  so  viel  ich 
habe  finden  können,  die  Nachricht  unserer  Hs.  geblieben,  dass 
sie  unter  Abt  Ramuold  (975—1000)  nach  St.  Emmerara  ge- 
kommen sind,  als  Gabe  des  Abts  Winidhar  (978 — 987)  von 
Ellwangen.  Wenn  man  sie  trotzdem,  wie  in  der  Vita  Annonis 
berichtet  wird,  im  11.  Jahrh.  auch  in  EUvvangen  wiederfand, 
so  ist  das  ja  ein  in  den  Reliquiengeschiehten  gar  nicht  seltener 


Handschriftliches.  621 

Umstand.  In  der  Vita  Hariolfi  von  Ermenrich  werden  sie 
gar  nicht  erwähnt.  Die  ^Yorte  aber  lauten:  Isti  martyres 
sancti  quorum  passio  in  presens  retinetur,  tempore  regis 
Pipini  1)  a  beato  Hariolfo,  antistite  urbis  Lingonicg  per  totum 
translati  sunt  ad  limen  Elevangesium^)  ex  prelibata  civitate. 
Cumque  demum  post  tempus  longum  venerabillimus  Radis- 
ponensium  abbas  Ramuoldus  novam  construxisset  ^cclesiam, 
flagitabat  Winidharium  supradicti  loci  abbatem  sanctorum  reli- 
quias  ■^)  transmittere.  Qui  non  audens  mandatum  peticionemque 
tanti  patroni  abnuere,  cum  consensu  fratrum*)  transmisit  devo- 
tissime,  ut  laus  eorum  celebraretur  in  Noricorum  regione. 

IL 
Codex  bibl.  Darmstadt.  749. 

Martene  und  Durand  haben  schon  1724  in  ihrer 
CoUectio  amplissima  I,  625  ein  Schreiben  Ostsächsicher  Fürsten 
veröffentlicht,  in  welchem  diese  gegen  die  sie  bedrängenden 
Wenden  um  Hülfe  bitten,  mit  lebhafter  Schilderung  der  von 
ihnen  verübten  Greuel.  Dieses  Schreiben  hat,  nachdem  es  schon 
1730  von  Schöttgen  und  Kreysig  in  ihre  Diplomatische  Nach- 
lese (I,  553  —  559)  aufgenommen  war,  1733  J.  G.  Hörn  in 
seinen  Commentationes  in  epistolam  etc.  (1733,  4)  wieder  ab- 
drucken lassen,  und  dabei  nachgewiesen,  dass  es  nicht,  wie 
die  ersten  Herausgeber  geblaubt  hatten,  1110  angesetzt  werden 
könne,  zu  1108  aber  vortrefflich  passe.  Später  ist  das  Schreiben 
noch  wiederholt  abgedruckt^),  aber  weil  es  von  C.  P,  Lepsius 
in  der  Geschichte  der  Bischöfe  von  Naumburg  und  von  L.  Giese- 
brecht  in  den  AVendischen  Geschichten  als  unecht  verworfen 
Avar,  ist  es  fast  gar  nicht  beachtet  worden.  Niemand  hat  jedoch 
die  Unechtheit  erwiesen.  Anstoss  hat;  wie  es  scheint,  die 
etwas  seltsame  Auswahl  und  Reihenfolge  der  Adressaten  gegeben 
(auf  welche  aber  ein  Fälscher  am  wenigsten  verfallen  wäre), 
und  der  sonst  völlig  unbekannte  wendische  Götze  Pripegala. 
Allein  wir  haben  so  wenig  sichere  und  genügende  Nachrichten 
über  den  wendischen  Götterglauben,  dass  wir  durchaus  nicht 
berechtigt  sind,  die  Verehrung  dieser,  vielleicht  auf  ein  kleines 
Gebiet  beschränkten  Lokalo-ottheit  oder  die  Existenz  einer  nur 


1)  Eine  ziemlich  g-leicbzeitige  Hand,  welche  die  Hs.  durchcorrigiert 
hat,  machte  daraus  'pippini'.  2)  Sic!  Von  der  zweiten  Hand  'elevuan- 

gesium'.  3)  Dieselbe  schob  hier  'sibi'  ein.  4)  Desgleichen  'eas'  und 

am  Schluss  'per  omnia  secula.  Amen'.  Paläographisch  merkwürdig  ist, 
dass  in  dieser  ganzen  Legende  ein  p  mit  darüber  gesetztem  cursivem  a 
für    'pra'    und    für   'prae'    gebraucht    wird.  5)   1864   von  Gersdorf  im 

Urkundenbuch  des  Hochstifts  Meissen,  Cod.  dipl.  Sax.  Reg.  II.  Haupt- 
theil  I,  43.  Daraus  1867  von  O.  v.  Heinemann  in  Cod.  dipl.  Anhalt.  I, 
137.  1876  auszugsweise  in  v.  Mülverstedts  Magdeb.  Regesten  I,  348;  1877 
in  den  Nachträgen  zum  Mecklenb.  Urkundenbuch  X,  457. 


622  Handschriftliches. 

dort  üblichen  Benennung  zu  leugnen;  es  steht  mit  anderen 
Götternamen  der  Wenden  nicht  besser.  Indem  ich  nun  die 
weitere  Beschäftigung  mit  diesem  Unhold  meinem  CoUegen 
A.  Brückner  überlasse,  bemerke  ich  nur,  dass  die  Ver- 
gleichung  mit  Priapus  und  Belphegor  auf  eine  phallische  Dar- 
stellung zu  weisen  scheint,  da  der  Anklang  der  Namen  allein 
doch  gar  zu  gering  ist.  Ob  übrigens  die  Berichte  über  die 
Unthaten  der  Wenden  alle  richtig  sind,  ist  natürlich  eine  offene 
Frage,  da  nur  die  Behauptungen  der  Sachsen  vorliegen. 

Es  ist  aber  ausser  den  Angaben,  welche  sich  auf  die 
Wenden  beziehen,  auch  sehr  bemerkenswerth ,  was  über  die 
in  Frankreich  üblichen  Veranstaltungen  zu  Gunsten  des  Kreuz- 
zuges gesagt  wird,  und  wie  vollständig  derselbe  hier  als  ein 
französisches  Unternehmen  aufgefasst  wird.  Ferner  die  Auf- 
forderung zur  Einwanderung,  mit  der  so  sehr  hervortretenden 
Lobpreisung  der  Flandrer. 

Gersdorf  ist  a.  a.  O.  für  die  Echtheit  eingetreten,  theils 
weil  für  eine  Fälschung  kein  Grund  zu  erkennen  ist,  theils 
M'cil  einem  Fälscher  schwerlich  die  chronologische  Richtigkeit 
in  der  Zusammenstellung  der  Fürsten  gelungen  wäre,  und  end- 
lich weil  es  sich  in  einer  Handsclirift  des  Westfölischen  Klosters 
Grafschaft  gefunden  hat.  Dieser  Umstand  spricht  auch 
gegen  die  im  Mecklenburger  Urkundenbuch  ausgesprochene 
Vermuthung,  dass  es  ein  nicht  gebilligtes  und  nicht  ausgefer- 
tigtes Machwerk  eines  Sächsischen  Klerikers  sei.  Da  das 
Kloster  im  Kölner  Sprengel  liegt,  ist  das  Schreiben  aller  Wahr- 
scheinlichkeit dadurch  dahin  gekommen,  dass  der  Erzbischof 
von  Köln  es  den  Klöstern  seines  Sprengeis  mittheilte. 

Bei  dieser  Sachlage  ist  es  nun  sehr  erfreulich  und  ver- 
dienstlich, dass  Herr  Dr.  Nolte  (1876)  die  noch  wohlerhaltene 
Handschrift  in  der  Darmstädter  Hofbibliothek  nachgewiesen 
hat  (Cod.  749).  Sie  ist  mir  auf  mein  Ansuchen  bereitwilligst 
zugesandt  worden. 

Die  Handschrift  ist  in  Quartformat,  im  zwölften  Jahr- 
hundert sehr  sorgfältig,  deutlich  und  correkt  geschrieben.  Das 
Pergament  aber  ist  rescribiert.  Koste  älterer  Schrift  biblischen 
und  liturgischen  Inhalts  sind  hier  und  da  lesbar.  Auf  der 
ersten  Seite  steht  'liber  s.  alexandri  in  grascaph'  und  ein  In- 
haltsverzeichnis aus  dem  15.  Jahrhundert;  auf  der  letzten  von 
etwas  älterer  Hand  (saec.  XIII.?)  'liber  sancti  alexandri  mar- 
tiris  amen'.  Auf  der  Innenseite  des  ersten  Blattes  beginnen 
Hrabans  Commentare  zu  den  Büchern  Judith  und  Hester,  deren 
bis  dahin  unbekannte  "Widmungen  Dr.  Nolte  veröffentlicht  hat, 
s.  NA.  IV,  293.     Sie    sind   für  H.  J^rof.  Dümmler  verglichen. 

Hieran  schliessen  sich  BI.  85''  —  >^6^  einige  Definitionen 
von  Orator  etc.  noch  von  derselben  Schreiberhand;  dann  von 
etwas  jüngerer  Hand   und  ohne  Roth,  aber  sehr   correct  und 


Handschriftliches.  623 

deutlich  geschrieben  und  interpungiert,  jener  Brief  des  Adelgoz 
von  Magdeburg  und  seiner  Genossen  (Bl.  86''  —  88'').  Nach- 
dem so  oft  der  alte^  recht  genaue,  aber  doch  nicht  fehlerlose 
Abdruck,  in  welchem  zwei  Sätze  fehlen,  wiederholt  ist,  schien 
es  mir  nicht  überflüssig  zu  sein,  hier  eine  neue  Ausgabe  zu 
geben.     (Beil.  A.) 

Unmittelbar  daran  schliesst  sich,  von  einer  Hand  des 
13.  Jahrhunderts,  der  Bericht  'De  miraculis  S.  Thome',  über- 
einstimmend mit  den  von  Zarncke  (Der  Priester  Johannes, 
1879,  I,  1,  S.  833)  angeführten  abgekürzten  Texten.  Er  füllt 
die  halbe  Endseite  des  11.  Quaternio  und  die  leere  erste  Seite 
des  folgenden,  ist  aber  am  Ende  unvollständig.  Die  folgenden 
Quaternionen  sind  nicht  mehr  gezählt  und  es  beginnt  also  hier 
dem  x\nsehen  nach  eine  neue  Handschrift.  Aber  Material  und 
Schrift  sind  ganz  gleichartig,  und  sie  müssen  gleichzeitig  ent- 
standen und  sehr  früh  verbunden  sein. 

Bl.  89**  — 104''  Vita  Hei nrici  n.  cum  miraculis;  s.  NA. 
IV,  164  und  165,  wo  aber  Z.  10  zu  lesen  ist  'et  res  supra- 
dicta';  vorher  Z.  7  steht  itaq  ohne  Abkürzungszeichen. 

Bl.  105 — 113''  Passio  S.  Ignatii.  'Cum  Traianus  Roma- 
norum suscepisset  imperium'  etc. 

BL  114  — 116''  Passio  S.  Thimonis,  hieraus  abgedruckt 
von  Dr.  Nolte  im  Archiv  für  Oesterr.  Geschichte,  LIV,  4  —  8. 
S.  6,  Z.  3  1.  'a  filiis  eterne  pene',  5  rege,  8  absciduntur, 
23  pre;  S.  7,  Z.  14  profuit. 

Bl.  117  — 124  'De  casu  Theophili',  in  leoninischen 
Hexametern  behandelt.     Anfang: 

Sit  tibi  sola  pia  mediatrix  sancta  Maria 
Quam  constat  vere  prolapsis  posse  favere. 

Bh  124-129  Vita  S.  Pelagiae. 

Pelagi^  vitam  .  per  metrica  carmina  scriptam. 
Lector  miretur  Studiosus  .  ut  hanc  imitetur. 
Urbs  qu^  metropolis  Eraath  fuerat  regionis  etc. 

Bl.  129—136''  Vita  S.  Eufrosinae  virginis: 
Extat  Alexandri  felix  cognomine  magni 
Fastu  non  inopi  tenet  urbs  que  septra  Canopi. 

An  das  Ende  derselben  schliesst  sich  unmittelbar  das 
Epitaphium  Reinaldi  Col.  (ed.  Nolte,  Anz.  d.  Germ.  Mus. 
XXI,  374,  wo  V.  17  zu  lesen  ist  'sibi  que').  Das  erste  Disti- 
chon ist  aber  ausgekratzt  und  an  dessen  Stelle  sind  zwei  gesetzt, 
wie  mir  scheint  von  derselben  Hand,  welche  auch  in  den  vor- 
hergehenden und  folgenden  Versen  geändert  und  nachgetragen 
hat.  Allem  Anschein  nach  ist  der  Urheber  der  Verfasser  selbst, 
und  also  jener  Gevehard,  der  sich  im  folgenden  Stücke  nei:nt. 

Bl.  137 '' — 138  Versus  Gevehardi  ad  Nicolaum 
abb.  Sigebergensem,  herausgegeben  von  Nolte  im  Anz.  XXI, 
375.  376,  vgl.  XXII,  246.    Aber  die  zugesetzten  Verse  gehören 


624  Handschriftliches. 

in  den  Text,  so  wie  umgekehrt  der  drittletzte  Vers  nebst  zwei 
am  Rande  schon  nachgetragenen  ausgekratzt  ist.  Zählt  man 
jene  mit,  so  ist  zu  lesen  v.  4  'quia'  statt  'qui';  v.  13  ist  'est' 
zu  streichen,  v.  19  'est'  statt  'eat',  v.  29  'diceris'  zu  lesen. 

Bl.  138 — 139''  Gevehardi  versus  ad  Wernherum, 
ed.  Nolte  ib.  XXII,  244—246.  V.  37  lies  'Credo  quod  excessit', 
wodurch  Vers  und  Sinn  hergestellt  werden;  v.  46  'jjer  te'  statt 
'pete',  wodurch  der  Vers  verbessert  wird,  Avährend  der  Sinn 
unklar  bleibt. 

Bl.  140  — 142'',  von  etwas  anderer,  aber  kaum  jüngerer 
Hand,  Conventus  Grraschaf.  epistola  ad  Reinaldum 
archiepiscopum,  gedr.  Mart.  Coli.  I,  853. 

Bl.  142''— 143'',  von  anderer  Hand,  Abbatis  G rasch, 
epistola  ad  archiepiscopum,  vermuthlich  auch  an  Rei- 
nald,  ib.  p.  856. 

Bl.  143  **,  vielleicht  von  Gevehards  Hand,  Verse  über  Trier 
und  den  h.  Maternus,  in  Anlehnung  an  die  Gesta  Treve- 
rorura.     Beil.  B. 

Bl.  145  **  — 146,  wieder  von  fester  Schreiberhand  und  mit 
rother  Initiale,  die  Fabelgeschichte  aus  Afflighem,  welche 
wir  Beil.  C.  mittheilen. 

A. 

Adelgozus  Dei  gratia  Magadaburgensis  archiepiscopus'), 
Albuinus  Merseburgensis^),  Walerammus  Nuenburgensis^^^ 
Herewigus  Misnensis,  Hecil  Habelbergensis,  Hartbreth  Branden- 
burgensis-*),  Otto  comes^),  Wicbertus  ß),  Ludowicus  et  universi 
Orientalis  Saxonie  majores  et  minores,  Reginhardo  venerabili 
episcopo  Halberstetensi^),  Erchanberto  Corbejensi  abbati^), 
Heinrico  Poderbrunensi'<>),  N,  Mindensi'^),  Friderico  archi- 
episcopo  Coloniensi  12),  N.  Aquensi  i'') ,  O.  Leodicensii*), 
G.  Lutaringorum  duci»^)  Ruodberto  gloriosissimo  Flandringen- 
sium  comiti'^),  Lamberto  archidiacono,  Berichdoldo  circum- 
spectissimo  preposito,  et  Tanchrado  insigni  philosopho,  et  Omni- 
bus Christi  fidelibus  episcopis,  abbatibus,  monachis,  hereraitis, 
reclusis,   prepositis,    canonicis,    clericis,    principibas,    railitibus, 

1)1107—1119.  2)1097  —  1112.  3)1089  —  1111.  4)  Die  Namen 
sind  richtig,  die  Jalire  nicht  g-enau  bekannt.  5)  Otto  der  Reiche    von 

Ballenstedt,  der  1116  den  grossen  Sieg  bei  Köthen  gewann,  6)  Wiebert 
von  Groitsch,  der  1117  Markgraf  der  Lausitz  wurde.  7)  Vielleicht  der 
Tliüringer,  1056  — 1123,  obgleich  er  nicht  recht  hierher  passt.  Im  Meckl. 
ÜB.   wird  Luderus  dux  vermuthet.  8)  1107  —  1123.  9)  1106  —  1128. 

10)   1084  —  1127.  11)  Der  Sitz    war    streitig    zwischen  Godschalk    und 

Widelo.  12)   1100—1130.  13)  Den  gab   es  nicht.     Hörn  vermuthet 

'praeposito'.  Doch  ist  eher  einfache  Unwissenheit  oder  Gedankenlosigkeit 
wahrsclieinlich.  14)   Otbert  1091—1119.  15)  Gottfried   von  Löwen. 

1106  —  1128.  16)  Robert  II,    1093  —  111.     Die  folgenden  Namen  sind 

unbekannt. 


Handschriftliches.  625 

ministerialibus,  clientibus  omnibusque  majoribiis  et  minoribus, 
dilectionem,  orationem,  et  in  id  ipsum  salutem. 

Multimodis  paganorum  oppressionibus  et  calamitatibus  diu- 
tissime  oppressi,  ad  vestram  suspiramus  misericordiam,  qua- 
tenus  ecclesi^  matris  vestre  nobiscum  sublevetis  ruinara.  In- 
svirrexerunt  in  nos  et  prevalueriint  crudelissimi")  gentiles,  viri 
absqvie  miserieordia  et  de  inhumanitatis  sue  gloriantes  malicia. 
Ecclesias  Christi  ydolati'ia  prophanaverunt ,  altaria  demoliti 
sunt,  et  quod  huniana  mens  refugit  aiulire,  ipsi  non  abhorrent 
in  nos  perpeti'are.  In  nostram  regioneni  sepissime  efFerantur, 
nullique  parcentes  rapiunt,  cedunt,  fundunt,  et  exquisitis  tor- 
mentis  affligunt.  Quosdam  decoUant,  et  capita  deraoniis  suis 
immolant.  De  quibusdam  visceribus  extractis,  manus  abscisas 
et  pedes  alligant,  Christumque  nostrum  suggillantes^):  'Ubi  est 
inquinnt  deus  eorum'?  Quosdam  in  patibulo  sublatos  per- 
mittunt  ad  majores  cruciatus  omni  morte  miserabiliorera  vitam 
protrahere,  cum  vivi  aspiciant  se  per  abscisionem  singulorum 
membrorum  mortificari,  et  ad  ultimum  ceso  ventre  miserabiliter 
eviscerari.  Quam  plures  vivos  excoriant,  et  cute  capitis  ab- 
stracta,  hoc  modo  larvati  in  Christianorum  fines  erumpunt,  et 
se  Christianos  mentientes,  predas  impune  abigunt^),  Phanatici 
autem  illorum  quotiens  commessationibus  vacare  Übet  feriis-*) 
indictis :  'Capita  inquiunt  vult  noster  Pripegala;  hujusmodi 
fieri  oportet  sacrificia'.  Pripegala  ut  aiunt  Priapus  est, 
et  Beelphegor  impudicus.  Tunc  decollatis  ante  prophana- 
tionis  sue  aras  Christianis,  crateras  tenent  humano  sanguine 
plenas^),  et  horrendis  vocibus  ululantes:  'Agamus  inqui- 
unt diem  leticie!  Victus  est  Christus:  vicit  Pripegala  victo- 
riosissimus'.  Hujusmodi  afflictiones  sine  intermissione  vel 
toleramus,  vel  formidamus,  quoniam  eos  semper  progredi,  et 
in  Omnibus  ingemiscimus  bene  prosperari.  Itaque  fratres 
karissimi  tocius  Saxonie,  Francie,  Lutaringie,  Flandrie,  episcopi, 
clerici  et  monachi,  de  bonis  sumite  exemplum  et  Gallorum 
imitatores  in  hoc  etiam  estote.  Clamate  hoc  in  ecciesiis, 
sanctificate  jejunium,  vocate  cetum,  congregate  populum,  annun- 
ciate  hoc  et  auditum  facite,  in  omnibus  terminis  prelationis 
vestre.  Sanctificate  bellum,  suscitate  robustes.  Surgite  prin- 
cipes,  contra  inimicos  Christi  arripite  clypeos.  Accingimini 
filii  potentes,  et  venite  omnes  viri  bellatores.  Infirmus  dicat 
quia  fortis  sum  ego,  quoniam  Dominus  fortitudo  plebis  sue,  ps.  27,  s. 
et  protector  salvationum  Christi   sui   est.     Erumpite   et  venite 


1)  crudelisimi  Hs.  2)  C.  n.  s.  fehlen  in  den  Drucken.  3)  Wenn 
man  das  glauben  darf,  so  ist  es  zu  erklären  durch  die  langen  Haare, 
durch  welche  noch  in  den  Bildern  zum  Sachsenspiegel  die  Sachsen  sich 
von    den    Wenden   unterscheiden.  4)   Früher   unverständlich    'ferus'. 

5)  'crateras  —  plenas'  fehlt  in  den  Drucken. 


626  Handschriftliches. 

omnes  araatores  Christi  et  ecclesie,  et  sicut  Galli  ad  liberati- 
onem  Hierusalem  vos  preparate.  Hierusalem  nostra  ab  initio 
libera,  gentilium  crudelitate  facta  est  ancilla.  Hujus  muri  propter 
peccata   nostra   corruerunt,    sed   ruina   hee   sub   manu    vestra, 

's.  50, 20.  quatenus  lapides  preciosi  omnes  mmü  ejus,  et  turres  Hierusalem 
nostre  gemmis  edificentur.  Plate^  ipsius  sternantur  auro 
mundo,  et  pro  horrendo  sonitu  gentilium  in  conspectu  Pripegale, 
cantetur  in  ea  canticum  letici^,  et  pro  immolatione  de  christiani 
sanguinis  efFusione,    carnem    et  sanguinem    edant  pauperes    et 

's.  11,27.  saturentur,  ut  laudetis  Dominum  qui  requiritis  eum,  vivantque 
in  seculum  seculi  corda  vestra,  ut  non  deficiat  de  ore  vestro 
alleluia  alleluia.  Ad  hoc  bellum  devotas  ofFert  manus  cum  populo 
suo  rex  Dacorum,  et  alii  principes  per  circuitum.  Ipse  etiam 
rex  noster  hujus  belli  auctor,  cum  omnibus  quos  poterit  addu- 
cere  promptissimus  erit  adjutor.  8abbato  in  ebdoraada  rogati- 
onum »)  erit  conventus  noster  Merseburch,  et  ubicunque  in 
Orientali  Saxonia  oportuna  habemus  loca.  Sanctissimi  patres, 
monachi,  heremite  atque  reclusi,  optimam  partem  cum  Maria 
elegistis,  sed  quia  nunc  tempus  ita  exigit,  de  contemplationis 
quiete  cum  Martha  surgenclum  est  vobis,  quoniam  fratribus 
vestris  plurimum  turbatis  cum  Martha,  admodum  necessaria 
est  Maria.     Vobis  loquimur,    immo  in  nobis  Christus   loquitur 

ant.  2,  lo.vobis:  'Surge  propera  amica  mea,  columba"  mea  et  veni'! 
Flores  bone  operationis  apparuerunt  in  terra  principum  nostro- 
rum,  tempus  putacionis  advenit  ydolatrie.  Vox  turturis  audita 
est,  quoniam  casta  mater  ecciesia  ingemiscit  de  ydolatrie  spur- 

uc.11,33.  ciciis.  Nemo  accendit  lucernam  et  ponit  sub  modio,  sed  super 
candelabrum,  ut  qui  ingrediuntur  lumen  videant.  Luceat  lux 
vestra  coram  hominibus  ut  videant  opera  vestra  bona.  Surge 
itaque  sponsa  Christi  et  veni,  sonet  vox  tua  in  auribus  Christi 
fidelium,  quatenus  omnes  ad  Christi  festinent  bellum,  Christi- 
que  militibus  veniant  in  adjutorium.  Gentiles  isti  pessimi 
sunt,    sed  terra   eorum    optima,    carne,    melle,    farina,  '^) 

avibus,  et  si  excolatur  omnium  de  terra  ubertate  proventuum, 
ita  ut  nuUa  ei  possit  coraparari.  Sic  ajunt  illi  quibus  nota 
est.  Quapropter  o  Saxones,  Franci,  Lotaringi,  Flandrigene 
famosissimi,  et  domitores  mundi,  hie  poteritis  et  aniraas  vestras 
salvihcare,  et  si  ita  placet  optimam  terram  ad  inhabitandum 
acquirere.  Qui  Gallos  ab  extremo  occidente  progressos  in 
brachio  virtutis  sue  contra  inimicos  suos  in  remotissimo  trium- 
phavit  Oriente,  ipse  tribuat  vobis  voluntatem  et  potentiam  hos 
affines  et  inhumanissimos  gentiles  subjugare  et  in  omnibus 
bene  prosperari. 


1)  Am  16.  Mai,  wenn  es  1108  war;  am  30.  Mai  1108  stellte  Hein- 
rich V.  in  Merseburg  eine  Urkunde  aus,  welche  mehrere  der  obengenann- 
ten Fürsten  als  Zeugen  nennt.         2)  Lücke  in  der  Hs. 


Handschriftliches.  *  627 

B 

(V)irtus  Assyria  testatur  ut  orthographia, 
Enituit  primo  sub  regum  principe  Nino: 
Condidit  hie  jura,  fuit  illi  belliea  cura. 
Marte  premens  populos,  referens  quam  sepe  triumphos, 
5     Seniiramen  duxit  uxorem,  Ninive  struxit, 
Que  Jone  vati  fuerat  post  causa  pericli, 
Quem  sibi  transmissum  mare  sorbiiit  ut  fugitivum, 
Sed  post  naufragium  piscis  vomuit  redivivum. 
At  votis  rudibus  molitur  prelia  Ninus, 

10     Exercet  tenei'os  usu  virtutis  ephebos. 
Cogit  tyrones  varios  perferre  labores, 
Imbuit  inberbes,  armis  instruxit  inermes, 
Instituit  juvenes,  docuit  pugnare  clieütes, 
Muniri  galeis,  clipeos  portare  lacertis. 

15     Accingi  pharatris»),  adversa  ferire  sagittis, 
Hastas  vibrare,  cum  vexillis  equitare, 
Loricis,  ocreis.  imponere  tegmina  menbris, 
Castra  movere  tubis,  aeiem  deducere  signis. 
Diseunt  inbelles,  belle  teraptare  rebelles, 

20     Et  molles  ense  digitos  torquere  rigente, 

Stringere  mucrones,  et  in  bestes  ire  feroces: 
Cordibus  audaces,  et  viribus  esse  minaces, 
Funda  vel  jaetu,  jaculis,  assultibus,  arcu, 
Et  bene  stratorum  placet  illis  cursus  equorum. 

25     Assuescit  fortis,  contempnere  vulnera  mortis, 
Commoto  feile  satiari  sanguine  velle. 
His  studiis  darum  regnum  fuit  Assyriorum. 
Rex  Ninus  moritur,  aula  regina  potitur. 
Ninus  decessit,  Semiramis  arma  capessit. 

30     Hec  cinxit  muro  Babylonem  non  ruituro, 
Sublimi  cubitis  scriptura  teste  ducentis, 
Et  Caput  hanc  regni  statuit  fore  jure  perenni. 
Ipsa  furore  gravi  dum  sola  parat  dominari, 
Pi'ivignum  patrio  protux-bat  Trebeta  regno. 

35     Trebeta  tam  seve  declinans  arma  noverce, 
Profugus  in  terra  que  nunc  est  Gallia  dicta, 
Nominis  heredem  fundavit  Treberis  urbem. 
Floruit  hec  late  viguit  quia  nobilitate  ^), 
Rebus  abundabat  quia  multis  imperitabat. 

40     Fax  fuit  indulta  Treveri  per  tempora  multa, 
Donec  Romanis  pulsari  ceperat  armis. 
Cesar  et  Augustus  sceptris  et  honore  venustus, 
Pressit  eam  bellis,  quassabat  menia  telis. 


1)  So  die  Hs.         2)  Dieser  Vers    ist   auf   dem  unteren  Rande  nach- 
getragen. 


628  Handschriftliches. 

Belgica  cesareis  cessit  fortuna  tropheis: 
45     Exuvias,  arma,  thesauros,  menia,  castra, 

Tradunt  Augusto,  nil  subtraxere  triumpho. 

Exultat  Roma,  fit  cesaris  aucta  Corona. 

Hoc  circa  tempus  humana  Dens  miseratus, 

Virginis  etern^  decrevit  filius  esse. 
50     Mittitur  a  suramo,  laturus  gaudia  mundo, 

Audivitque  pia  Gabrielis  ab  ore  Maria: 

'8alve  regina  regem  paritura  Maria! 

Ex  te  nascetur,  per  quem  mundus  renovetur'. 

Verbo  concepit,  Salvatorem  generavit, 
55     Fitque  caro  verbum,  sed  quod  fuit  id  manet  ipsum. 

Virgine  virgo  satus,  jacet  in  presepe  locatus. 

Dant  celi  vigilem,  partum  qui  pandat  herilem. 

Pastores  propere  currunt  audita  videre. 

Mysterium  trinum  sunt  munera  terna  magorum: 
60     Aurura,  thus,  myrra,  regnum,  deitas,  caro  passa. 

Hostia  fit  mundo,  pro  quo  datur  hostia  templo. 

Ablue  Jordanis,  quo  te  tangente  bearis. 

Exclamat  Christus,  pro  nobis  in  cruce  fixus: 

'Qui  deus  existo,  cur  ligno  torqueor  isto? 
65     Sed  patior',  dicit,  'quia  me  compassio  vicit'. 

Unguentum  fertis  mulieres,  atque  refertis. 

Vivit  enim  carne,  cuius  flagratis  amore. 

Jam  tua,  Messya,  redeunt  paschalia  festa, 

Nobilis  illa  dies,  in  qua  de  morte  resurges. 
70     Reddc  fidem  rerum,  per  temet  pollicitarura: 

C^los  ascende,  promissa  tuis  bona  mitte. 

Pneumate  sanctifica,  karismate  pectora  firma. 
A  Petro  Treveris,  ut  tradit  fama  fidelis, 

Mittuntur  terni  jacturi  semina  verbi, 
75     Scilicet  Eucharius,  Valerius,  atque  Maternus. 

Ibant  gaudentes,  sed  mors  facit  esse  dolentes. 

Maternus  moritur,  deplangitur  et  sepeHtur. 

Tunc  rediere  duo,  rem  tristem  pandere  Petro. 

Indoluit  Petrus,  fit  eo  suadente  regressus, 
80     Cum  virga  Petri  remeant  qua  tumba  MaternI; 

Fit  fidei  lucrum,  tangit  cum  virga  sepulchrura. 

Miratur  populus,  surgit  de  morte  sepultus. 

Penitet  infernum,   sibi  nil  debere  Maternum. 

Quinquc  quaterdenis  Treveri  post  prefuit  annis, 
85     Cujus  menbra  specus  tot  clauserat  ante  dicbus. 

C 

Res  in  Haffligensi  gesta  est  ccnobio.  Cum  adhuc  esset 
novella  ipsius  ccnobii  plantatio,  et  industria  cujusdam  Gerhardi 
qui  de  latrone   monachus  factus  erat,  septem   vel   paulo  plus 


Handschriftliches.  629 

fratres  illic  adunati  fuissent '),  rebus  quidem  pauperem  sed 
tarnen  religiosara  ducebant  vitam.  Tempore  quodam  cum  ad 
celebrandum  opus  i)ei  pariter  in  oratorio  convenissent,  aspi- 
ciunt  inter  se  subito  duos  cappis  indutos,  qui  cum  orantibus 
orare,  cum  prostratis  prosterni,  et  cum  elevatis  pariter  visi 
sunt  elevari.  Attoniti  monachi  nov^  visionis  auspicio,  abbatem 
advocant,  adjurationibus  eorum  persona  discutiuntur  qui  sint 
vel  unde,  fantasma  sint  an  veritas  inquiruntur.  Unus  eorum 
rem  ordine  pandit:  'Ego  quondam  princeps  regioiiis  hujus  ad 
agendam  militiam  qua  pro  virium  ostentatione  decertatur  evo- 
catus,  laucea  confossus  occubui.  Sed  quia  necessitate  magis 
quam  vohmtate  in  procinctum  exierara,  et  Deo  penitentiam  si 
evasissem  devoveram,  et  buic  ecciesie  vestre  ut  fundaretur  non 
pauca  subsidia  contuli,  salvari  de  penis  per  misericordiam  Dei 
poteram,  si  studiosos  ad  Deum  babuissem  intercessores.  Is 
autem  quem  presto  mecum  cernitis,  comes  erat  Namensis,  qui 
inter  cetera  elemosinarum  opera  quendam  infantukim  in  rupe 
quadam  expositum,  cum  offendisset,  vagientem  miseratus,  nutri- 
cem  sibi  provideri,  et  diligenter  educari,  adultumque  btteris 
erudiri  et  clericum  jussit  fieri.  Qui  nunc  monacbus  factus  ad 
rependendam  vicem  benefactori  suo  pro  eo  devotus  exorat,  et 
jam  dudum  Dens  ilbim  exaudisset,  nisi  ad  impetrandum  unius 
deprecatio  minus  vahiisset'.  Abbas  iterum  an  bec  ita  se  babe- 
rent  conjurationibus  utitur,  et  accepta  rerum  lide,  poUicetur  se 
cum  suis  et  ceteris  omnibus  quibus  id  potuerit  notificare,  per 
XXX.  dies  missis,  vigibis,  j)sabiiodia,  elemosinis,  pro  eis  Domino 
suppbcaturum ;  per  noraen  Domini  hoc  iUis  indicens,  ut  post 
circukim  xxx.  dierum  rursus  se  videndos  exbibeant,  et  quid 
erga  se  geratur  manifestent.  Responsum  ab  bis  est,  hoc  pro 
signo  bberationis  sue  haberi,  si  deinceps  apparere  desierint; 
sin  autem,  in  loco  quo  ad  presens  consistunt  denuo  repperiri. 
Post  collocutionis  verba  disparuerunt;  abbas  promissis  operam 
dat,  decurso  xxx.  dierum  spacio  prestolatur  eventum  rei;  per- 
sonas  non  invenit,  de  bberatione  spirituum  certus  factus,  Deo 
amatori  animarum  gratias  cum  suis  omnibus  egit.  H^c  rela- 
tione  cujusdam  sacerdotis  nomine  Jobannis  de  ipsis  partibus 
advenientis,  et  ibidem  nutriti  et  educati  comperimus. 


1)   1083,  s.  Ciiron.  Afflig.  SS.  IX,  407,  wo  aber  von  dieser  Geschichte 
keine  Spur  ist. 


Neues  Archiv  etc.     VII.  ^^ 


Notizen  von  S.  Eparch  in  Angouleme  und 
S.  Martial  in  Limoges. 

Mitgetbeilt  von  0.  Holder-Egger. 

Im  Archiv  VIII,  574  ff.  ist  der  im  10.  Jahrhundert  von 
vielen  Händen  zusammengeschriebene  Codex  der  Leidener 
Universitätsbibliothek  Voss.  15  genau  beschrieben.  Er  stammt 
aus  dem  Kloster  S.  Martial  in  Limoges,  gehörte  aber  früher 
dem  bekannten  Geschichtschreiber  Ademar  von  Chabannais. 
Denn  dieses  besagt  eine  Notiz  f.  141',  welche  schon  an  der 
angeführten  Stelle  abgedruckt,  aber  in  ihrer  Bedeutung  nicht 
erkannt  ist:  'Hie  est  liber  sanctissimi  domini  nostri  Marcialis 
Lemovicensis  ex  libris  bone  memorie  Ademari  gramraatici. 
Nam  postquam  multos  annos  jDcregit  in  Domini  servitio  ac 
simul  in  monachico  ordine  in  eiusdem  patris  cenobio,  profec- 
turus  Hierosolimam  ad  sepulchrum  Domini,  nee  inde  reversurus, 
multos  libros,  in  quibus  sudaverat,  eidem  suo  pastori  ac  nutri- 
tori  reliquit,  ex  quibus  hie  est  unus'.  Dass  der  hier  genannte 
grammaticus  der  bekannte  Geschichtschreiber  ist,  lehrt  eine 
Stelle  des  Bernardus  Iterii,  der  im  J.  1163  geboren,  1177  in 
das  Kloster  des  h.  Martial  trat,  von  1195  bis  1204  das  Amt 
eines  Unterbibliothekars,  von  1204  bis  zu  seinem  Tode  im 
J.  1225  das  eines  Bibliothekars  seines  Klosters  verwaltete.  Von 
ihm  existiert  eine  sogenannte  Chronik,  eigentlich  eine  grosse 
Anzahl  bunter,  zum  Theil  höchst  interessanter  Notizen,  auf  die 
Blattränder  der  seiner  Verwaltung  übergebenen  Bücher  ge- 
schrieben, von  denen  eine  lautet  (ed.  Duples- Agier,  Chroni- 
ques  de  St.  Martial  de  Limoges  S.  47.  Publ.  der  Societö  de 
l'hist.  de  France;  Excerpte  daraus  SS.  XXVI,  435):  'Anno 
gracie  1034.  obiit  Ademarus  monacus,  qui  iussit  fieri  Vitam 
S.  Marcialis  cum  littcris  aureis  et  multos  alios  libros,  et  in 
Iherusalem  migravit  ad  Christum'.  Ademar  von  Chabannais 
war,  wie  bekannt,  Mönch  zu  St.  Eparch  in  Angouleme  und 
zu  St.  Martial  in  Limoges.  Seine  Schreiberthätigkeit  und  Sorge 
um  Beschaffuntf  von  Büchern  sind  bekannt  >).    Er  führte  seine 


• 


1)    Siehe,    was    darüber    SS.  IV,  S.  107  n.  15,    beigebracht    ist    und 
Diinl^s  -  Aj^'ier  in   der  Vorrede. 


Notizen  von  S.  Eparch  und   S.  Martial.  631 

Geschichten  bis  zum  J.  1028,  in  welchem  er  schrieb,  nnd  man 
nahm  an,  dass  er  bald  nachher  gestorben  sei:  alle  diese  zu- 
sammentrefi'enden  Momente')  erweisen  es  evident,  dass  Duples- 
Agier  Recht  hatte,  wenn  er  in  einer  Note  zu  der  oben  citierten 
Stelle  bemerkt,  dass  der  bekannte  Geschichtschreiber  gemeint 
sei.  Man  hat  also  dem,  was  bisher  über  sein  Leben  bekannt 
war,  die  Fahrt  nach  Jerusalem  2)  und  das  freilich  wohl  nicht 
ganz  sichere  Todesjahr  1034  hinzuzufügen.  Könnten  über  die 
Persönlichkeit  des  ursprünglichen  Besitzers  des  Leidener  Codex 
noch  irgend  welche  Zweifel  obwalten,  so  würden  diese  gehoben 
werden  durch  die  Thatsache,  dass  dieselbe  Handschrift  noch 
im  Ausgang  des  10.  Jahrhunderts  sich  im  S.  Eparchskloster 
zu  Angouleme,  im  J.  1028  oder  kurz  nachher  aber  sich  zu 
S.  Martial  in  Limoges  befand,  also  gerade  während  der  Lebens- 
zeit des  Ademar  von  Chabannais  ihren  Aufenthaltsort  gewechselt 
hat.  Denn  auf  die  Ränder  der  Folien  139  bis  144  derselben 
hat  eine  Hand,  welche  wir  dem  Ende  des  10.  Jahrhunderts 
zutheilen  möchten,  Auszüge  aus  Schenkungs- Urkunden  des 
9.  und  10.  Jahrhunderts  für  das  S.  Eparchskloster  und  einige 
andere  Angouleme  und  dieses  Kloster  betreffende  Notizen  ge- 
schrieben. Auf  den  Rand  von  f  187  ist  aber  von  zweifellos 
anderer  Hand  als  jene  Noten,  eine  Nachricht  vom  J.  1028, 
welche  Limoges  und  das  S.  Martialkloster  daselbst  betrifft, 
beigeschrieben.  Man  Avird  geneigt  sein,  entweder  diese  letztere, 
oder  jene  Noten  von  S.  Eparch  der  Hand  Ademars  selbst  zu- 
zuschreiben, doch  vielleicht  keins  von  beiden  mit  Recht,  denn 
einmal  ist  es  höchst  unwahrscheinlich,  dass  er  im  J.  1028  zu 
Limoges  lebte,  andererseits  weisen  jene  Noten  aus  S.  Eparch 
(die  französische  Form  ist  St.  Cybard)  Sprachfehler  auf,  welche 
man  Bedenken  tragen  muss,  der  Feder  des  grammaticus  Ade- 
mar zuzuerkennen^). 

1)  Sie  lassen  sieh  noch  vermehren.  Denn  wenn  Ademar  in  der  oben 
angeführten  Notiz  'grammaticus'  genannt  wird,  so  passt  dazu  die  Stelle 
aus  dem  Briefe  eines  Gegners  desselben  bei  Mabillon ,  Ann.  S.  Bene- 
dict! IV,  718  (angeführt  SS.  IV,  107  n.  11)  'Ademarus  qui  aliquid  gram- 
maticae  artis  videbatur  scire'.  —  Ferner  Bernardus  Iterii  hat  in  einen 
andern  Codex  (bei  Duples- Agier  S.  47)  folgende  Note  eingeschrieben: 
'Ademarus  monacus  S.  Eparchii  et  S.  Marcialis,  qui  scripsit  multos  .ser- 
mones  de  beato  Marciali,  cum  esset  in  monasterio  prefati  S.  Marcialis, 
expergefactus'  u.  s.  w.  Es  folgt  nun  die  Vision,  welche  Ademar  Hist.III,  46, 
SS.  IV,  136,  selbst  erzählt.  Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dass 
Bernard  au  beiden  Stellen  denselben  meint.  2)  Dazu  muss  ich  bemer- 
ken, dass  die  beiden  dafür  oben  angeführten  Zeugnisse  doch  möglicher- 
weise nur  eins  sind.  Denn  es  ist  sehr  möglich,  dass  die  Bemerkung  in 
Cod.  Voss.  15  von  Bernardus  Iterii  selbst  herrührt,  oder  wenigstens,  dass 
er  sie  gekannt  hat.  3)  Die  Frage,    ob  die  Noten  von  S.  Eparch  von 

Ademar  herrühren  oder  nicht,  wäre  verniuthlich  wichtig  für  die  Kritik 
einer  Stelle,  wo  ein  Arnulf,  angeblicher  Sohn  Königs  Odo,  als  König 
genannt  wird.     Uns  muss  es  genügen,    die   Sachlage   dargelegt  au  haben. 

41* 


632  Notizen  von  S.  Eparcli  und   S.  Martial. 

Die  Urkunden  von  S.  Eparcb,  welche  in  jenen  Marginal- 
noten  excerpiert  sind,  sind  meines  Wissens  sämmtlich  unbe- 
kannt ').  Sie  sind  interessant  genug,  weil  sie  die  sonst  gänz- 
lich uncontrolierbaren  localgeschichtlichen  Nachrichten  des 
Ademar  theils  bestätigen ,  theils  ergänzen.  Namentlich  die 
Genealogie  der  Grafen  von  Angouleme  und  Perigord  und  Vice- 
grafen  von  Marcillac  wird  hier  durch  die  Namen  der  Frauen 
bereichert,  ferner  die  Kenntnis  der  alten  Geographie  von  An- 
goumois ,  Saintonge  und  Perigord  erweitert.  r3en  rechtsge- 
schichtlich interessanten  Auszug  einer  Gerichtsverhandlung  hebt 
besonders  K.  Zeumer  hervor. 

Als  zur  Benutzung  einiger  darin  enthaltenen  Formeln  der 
Leidener  Codex  jüngst  hier  in  Berlin  war,  haben  Zeumer  und 
ich  jene  nicht  immer  leicht  lesbaren,  weil  vielfach  abgeriebenen 
und  sonst  beschädigten,  Noten  abgeschrieben  und  unsere  Lesung 
gegenseitig  controiiert.  Zur  Erläuterung  der  vorkommenden  Per- 
sonennamen habe  ich  Ademar  und  die  übrigen  Autoren  jener 
Gegend  herangezogen,  auch  die  heutige  Benennung  einiger 
(Ortsnamen,  soweit  das  mit  den  zugänglichen  Hülfsmitteln  ohne 
grosse  Mühe  geschehen  konnte,  hinzugefügt 2). 

Tempore    Gunbaldi    episcopi*)    canonici    in    loco    sancti 

139.  Eparch[iiJ    erant.      Villa   Trilliaco*)    pago    Sanctonico    vicaria 

Petracinse  5)  dedit  Guogo")   et   uxor   eins  Noniana  anno  XII  ^ 

regn[ante]  Carole'),  fllio  Ludovici,  et  tempore  Gunbaldi  episcopi. 

Arnaldfus]  *)  Avoltronus  comes  et  Aldealendis ")  uxor  eius 
decimara  ex  venditione  telonei,  quae  omnibus  comitibus  illius  urbis 

retro  reddita  est,  et  friscingas  et  porcos  et  p '<>)  quae  ex 

ipsa  abbatia  solebat  comitibus  reddi,  tempore  Wigonis  abbatis  '^). 

Mansum  in  villa  Cotborno  in  pago  Egol[ismensi]  cum  ser- 
vis,  duos  mansos  in  villa  Claziaco,  villam  Marcardo  cum  man- 
cipiis  dedit  Siguinus  anno  VI.  regn[antej  Ludovico^'-)  rege,  et 
iam  erant  raonachi  ibi  '^j. 

1)  Viele  Chfirtulare  dieses  Klosters ,  darunter  eins  mit  dem  J.  784, 
ein  anderes  mit  815  beginnend,  werden  im  Arcliiv  zu  Angouleme  aufbe- 
wahrt. Vgl.  Catal.  general  des  Cartulaires  des  archives  depart.  et  comm. 
Ein  grosser  Theil  dieser  Urkunden  wird  darin  wohl  erhalten  sein. 
2)  Einige  konnte  ich  dem  schönen  Ortsindex  bei  Cholet,  Cartulaire  de 
l'abbaye    de  St.  Etienne    de  Baigne,    entnehmen.  3)  Bischof  Gunbald 

von  Angouleme  sass  c.  895  —  940,  März  23;  s.  Ann.  Engol.,  SS.  XVT,  486. 

IV,  5.  4)  Wohl  Triae  oder  Trignac,  beide  Canton  Jarnac,  Arr.  Cognac, 
Dep.  Charente.  5)  Perignac,  Dep.  Charente  inft?rieure,  Arr.  Saintes,  Cant. 
Pons.  G)  'Guogo'  in  'Guago'  corrigiert?  7)  Das  ist  wohl  009.  Von 
Karls  zweiter  Thronbesteigung  im  ,1.  898  an  gerechnet.  8)  'Arnald'  Hs. 
Und  so  'us'  sehr  häufig  abgekürzt.  9)  'Aldeatdis'  Hs.  10)  Nicht 
mehr  zu  lesen;  'pecora'?  'pecuniam'?  11)  Wigo  war  c.  973 — [990 
zugleich  Abt  von  St.  Martial  in  Limoges.  Wann  er  die  Abtei  S.  Eparch 
übernahm,  ist  unbekannt.  12)  Damit  kann  nur  Ludwig  IV.  gemeint 
sein.  Das  Jahr  ist  danach  941,  ,Jun.  —  942,  .Tun.  13)  Mönche  kamen 
nach    S.  Eparch    wieder    um    das  J.  940    durch   Wilhelm    Taillefer  Grafen 

V.  Angouleme.     Vgl.  Ademar  III,  24. 


Notizen  von  S.  Eparcli  und   S.  Martial.  633 

Ad  monachos  sancti  Eparchü  in  pago  Eg'ol[ismensi]  unum  f.  iso'. 
mansum   in   villa   Sosiago,    mansum    unum   in   Irciaco,    villam 
Ilcio  in  vicaria  Sancti  Genesii '),  unum  mansum  in  villa  Rode- 
lita  super   Tolveram  '^) ,    vineas    in   villa    Graciago   in    vicaria 
Vosninse  dedit  Ademarus  sacerdos  ex  canonia  sancti  Eparchü. 

Ecclesiam  Nai-ciaco'')  dedit  Ramnulfus  vicecomes^)  et 
Senegundis  uxor  eins  et  villam  Conciso  ^)  anno  incrarnationis] 
Domini  DCCOLXXXVIII. 

Ecclesiam  sanctae  Mariae  in  villa  Eresiaco  in  pago  Sancto- 
nico  cum  terras  ß)  in  circuitu  dederunf)  Odo,  ßernard[us]. 
Mainardfus],  losmarus  tempore  Mainardi  abbatis^). 

Alodum  in  villa  Alamans  in  vicaria  Piliacinse  ^)  in  pago 
Petrug[oricinse]  dedit  ad  monachos  sancti  Ep[archii]  Amalgarius 
reg[nante]  Ludevico  'o). 

Alodum  suum  in  villa  Nant  in  vicaria  Sancti  Genesii  dedit 
Rotbertus  cantor  regn[ante]  Lothario  ad  monach[os]. 

Alodum  in  villa  Cerlis  ^ ' )  in  pago  Egol[ismensi]  in  vicar[ia] 
Noviacinse^^)  dedit Ugo  regn[ante]  Ludovico  monach[is].  S.  Odol- 
ricus  vicecom[es].    S.  Rotberti  legis  docti'^). 

Duos   mansos   in    vicaria  lurniacinsei^)    in   pago  Egol[is-  f   uo 
mensi]  in  villa  quae  dicitur  Sancti  Stephani's)  dedit  Adrald[us] 
et  uxor  eius  Gadulina. 

Ecclesiam  sancti  Cirici  cum  omnibus  pertinentiis  in  pago 
Sanctonico  in  vicaria  Petriacinse  'ß)  in  villa  Capdono  dedit 
Rainald[us]  sacerdos  regn[antej  Lotario,  tempore  Ramnulfi 
abbatisi'). 

Mansum  unum  in  villa  Valle  sive  Floriaco  in  pago  Sancto- 
nico in  vicaria  Capsorcinse '*)  dedit  Benedictus  diaconus  tem- 
pore canonicorum  et  Eliae  episcopi  ^^). 

Alodum  in  villa  Monte  Cautio^")  in  vicaria  Petriacinse 'ß) 


1)  Wohl  St.  Genis  -  de- Hiei'sac,  Arr.  Angouleme ,  Caiit.  Hiersac. 
2)  Die  Touvre,  welche  bei  Angouleme  in  die  Churente  fällt.  Die  Villa 
daran  Ruelle,  5  Kil.  n.  ö.  von  Angouleme.  3)  Nersac  an  der  Charente, 
eiae  Meile  unterhalb  Angouleme.  4)  Von  Marcillac;  s.  Ademar  v.  Cha- 
bannais  III,  20.  SS.  IV,  123.  5)  'c  eise'  Hs.  6)  Später  in  'terris'  ver- 
bessert. 7)  'dedit'  von  derselben  Hand  in  'dederunt'  gebessert.  8)  Er 
war  der  erste  Abt  nach    der  Restauration    der  Mönche;    s.  n.   13    S.   632. 

9)  'piliacse'  Hs.  —  Pillac,  Dep.  Charente,  Arr.  Barbezieux,  Cant.  Aubeterre. 

10)  'Ludov.'  in  'Ludev.'  corrigiert  Hs.  11)  Könnte  auch  'Terlis"  gelesen 
werden.  12)  'noviacse'  Hs.  13)  Der  hier  genannte  Odolricus  ist 
ohne  Zweifel  der  Sohn  Ramnulfs,  den  Ademar  III,  20.  23  nennt.  In 
demselben  Capitel  III,  20  kommt  auch  ein  Rotbertus  legis  doctus  vor,  der 
mit  Ramnulf  auf  die  Burg  Marcillac  gesandt  wird.  14)  'iurniacse'  Hs. 
—  Wohl  Jurignac,  Cant.  Blanzac.  15)  Wohl  St.  Estephe,  Cant.  Angou- 
leme I,  nahe  bei  Jurignac.  16)  'petriacse'  Hs.  17)  Diesen  kennt 
die  Gallia  christ.  II,  1032  nicht.  18)  Könnte  auch  'Capsortinse'  gelosen 
werden.  19)  Sass  vor  862  —  circa  875.  20)  Montchaude,  Arr.  und 
Cant.  Barbezieux. 


634  Notizen   von  S.  Epavcli  und   S.  Martial. 

in   pago    Sanctonico   Raius   sacerdos  et  Ostend')  et  Rotbertus 
et  Ramnulfus,  et  unum  raansum  in  villa  Aclariaco  in  ipsa  vicaria. 
F.  uo'.  Villam    Marendaco    Guillelraus   comes,    filius  Vulgrimni -), 

et  iixor  eins  Rigilindis  et  Teoto  et  Ansbertus,  et  est  in  pago 
Egol[isniensi]  in  vicaria  Vosinensi,  anno  Villi"  regn[ante] 
Carolo  rege  3),  tempore  Gunbaldi  episcopi  et  canonicorum. 

Ecclesiani  sancti  Petri  in  pago  Sanctonico  in  vicar[ia] 
logunzazinse  ■*)  in  villa  Noclaco  5)  Iklegarius  vicecomes  et  uxor 
eins  Terberga.  S.  Giraldi  filii  eins.  S.  Adeberti  monaclii^)  erant. 

Mansura  lohannis  in  villa  Brocia  in  vicaria  lorniacinse '') 
in  pago  Egol[ismensi],  alium  niansum  in  ipso  loco  ubi*)  Sancius 
manebat  et  niansum  Adalgerii  et  mansum  Gauzberti  in  ipso 
loco  et  in  villa  Brogaria  vineas  terras  silvas,  et  in  villa  Castel- 
laria  unum  mansum^  et  in  villa  Monte  Profecto  vineas  terram 
pratum  super  fluvium  Sclipeo,  in  villa  Bassiaco»)  in  vicaria 
Petriacinse  i«)  alodum  dedit  Abo  clericus,  frater  Ramnulfi  abba- 
tis,  tempore  Guigonis  abbatis,  anno  XX.  regn[ante]  Loterio  "). 
F.  141.  Blansos    in    pago    Egol[ismensi]    vel   Sanctonico    in    villas 

Buciaco,  Aunrigo  villa,  Organe  villa,  in  Patrigo  dedit  Stracudius 
presb[yter]  et  reclausus  ad  ecclesiam  sancti  Aredii  ad  lumi- 
naria,  ita  ut  nuUus  de  rectoribus  Sancti  Eparchii  non  vendsere 
nee  donare  nee  alienare  nee  concambiare  possit  anii  XXVI. 
regn[ante]  Carolo  '2). 
F.  ui'.  Tempore   Karoli   minoris    fuit  Arnald[us]    comes  1^)^    filius 

Bernardi.  Karol[usj  regnavit  tempore  Wigonis  abbatis  '•*). 
Tempore  Ludovici  regis  fuerunt  monachi  in  loco  sancti  Epar- 
ch[ii].  Tempore  Loterii  regis  fuit  Mainard [us]  abb[as]  Sancti 
Eparcii.  Tempore  Odonis  regis  fuit  Will[elmus]  comes  Ego- 
l[ismensis]  ^^). 

Cum  resedisset  Vulgrimnus  comes  iEqualisIna  i")  cum  rain- 
burgis  in  mallo  publico,  Austrulfus  i')  sacerdos  canonicus  Sancti 


1)  So  die  Hs.  2)  'uulgrlni'  Hs.  —  Der  Graf  Vulgrim  v.  Ang'ouleme 
starb  a.  886,  Mai  3 ;  s.  die  Ann.  SS.  XVI,  486.  Sein  zweiter  Sohn  Wilhelm 
erbte  von  ihm  die  Grafschaften  Perigord  und  Agen,  wie  Ademar  v.  Cha- 
bannais  III,  20  —  23,  SS.  IV,  122—126  schreibt.  Doch  bezeichnet  ihn 
unser  Mönch  nachher  ausdrücklich  als  Grafen  v.  Angouleme.        3)   d.  i.  906. 

4)  Jonsac     Arrondissementshaiiptstadt      im     Dep.     Charente      infc'rieure. 

5)  Vielleicht  Neuillac,  Cant.  Archiac.  G)  So  die  Hs.  Aber  vor  'mo- 
nachi' ist  wohl  Punkt  zu  setzen.  7)  'iorniacse'  Hs.  8)  Ist  nicht 
genau  zu  lesen.  9)  Wohl  Bassac,  Cant.  Jariiac.  10)  'petriacse'  Hs. 
11)  d.  i.  974.  12)  d.  i.  923.  13)  Mit  dem  Zunahmen  Borracio,  Graf 
von  Angouleme  und  Perigord,  Enkel  des  oben  genannten  Wilhelm,  dessen 
Sohn  Bernhard  war.  S.  Ademar  III,  23.  28;  Gesta  episcop.  Engol.  c.  19, 
Labbe,  Nova  bibl.  II,  253.  14)  Das  kann  nur  ein  grober  Irrtlium  sein 
nach  dem,  was  wir  oben  S.  632  n.  11  über  Wigo  gesagt  haben.  15)  S.  die 
Note  2  oben.  Willelm  Sector-ferri,  der  Sohn  Hilduins,  Enkel  Vulgrims, 
Gr.  v.  Angouleme  regierte  erst  seit  916.  16)  d.  i.  Angouleme. 
17)  'austruftis"  durch  übergeschr.  1  corrigiert. 


Notizen   von   S.  Eparch   und   S.  Martial.  635 

Eparchii  et  prepositus  ipsius  interpellavit  Avegonem,  quia 
mancipia')  Sancti  Eparchii  tulerat  Dodolinane  et  Aldaue  cum 
infantibus  earum  utriusque  sexus  et  retro  se  tenebat  contra 
legem  et  Dei  iustitiam.  Interrogatas  eorum  leges  Austrulfus 
se  Romanum,  Avegus  Salicum  se  dixit^).  Tunc  rainburgi 
interrogaverunt  Avegoni  quid  de  hac  re  respondere  haberct. 
Ipse  dixit,  quia  mancipia  apud  se  retinebat  de  longo  tempore. 
Illi  interrogaverunt,  si  valebat  ipsa  mancipia  per  iustitiam  vin- 
dicare.  Ipse  dixit,  nee  per  hereditatem  nee  per  testimoniura 
valebat  ea  litigare.  Tunc  cum  wadio  predicto  preposito  man- 
cipia coram  omnibus  restituit  cum  sua  lege  et  in  omnibus 
vestituram  dedit.  S.  Karanulfo  vicec.  3)  XII  testes  firmaverunt 
cartam.     Actum  anno  II.  regn[ante]  Carlomanno  *), 

Mansum  unum  in  villa  Baciaco^)  in  pago  Sanctonico,  alium  f.  i42. 
mansum  iuxta   terrarn  Sancti  Pauli   et   de  alio  latere  terram  ") 
Arduini  episcopi  dedit  Gauzbertus. 

Alodum    in    villa    Monte   Mazino    in    vicaria    Rocinacinse  f.  u2' 
Siguinus  presb[yter]  tempore  Mainardi  abbatis. 

Vasnacum  Gauscelmus '),  frater  eius  ßlatheus,  post  obitum 
Odonis  regis,  Carot  regis  *),  tempore  Lanberti  vicecomitis^). 
Linars'**)  dedit  Ranbald[us]  et  uxor  eius  Etolane  regn[ante] 
Oarlomando  rege.  Mansum '')  Rotlandi  in  villa  Ulciaco  in  pago 
Petrag[oricinse]  in  vicaria  Piliacinse '2)  Amalricus  regn[ante] 
Ludovico  rege. 

Unum  mansum  in  villa  Guz  in  pago  Petrog[oricinse]  in 
centena  Berciacense  '■^)  Leuterius  sacerdos.  S.  Fulcherius  vice- 
comes'*)  anno  11"  regn[ante]  Ludovico  regelt). 

Odo  regnTavitl  anno  I.  in  Aquitania  et  in  Francia  IL  anno,  f.  us. 
anno  incrarnationis]  DCCCLXXXVIIII. 

Ebulus  episcopus  Egol[ismensis]  fuit^^)  tempore  Lodoici 
regis.  Oliba episcopus fuit")  tempore  Arnulfi  regis,  filii  Odonis'^). 


1)  Letztes  a  aus  Correctur.         2)   'dix'  Hs.         3)  S.   oben  S.  633  n.  4, 
4)  d.i.  880  — 881.  5)  Wohl  dasselbe,  was  eben  Bassiaco.  6)  Der 

Strich  für  m  über  a  nicht  deutlich;    also  vielleicht  'terra'.  7)  'Gase' 

durch    übergeschr.    v    corrigiert.  8)    So  die  Hs.     Es    ist  zu  verstehen 

'regnante    Carolo'.  9)    Von   Marcillac ,    ältester    Sohn    des  Vicegrafen 

Ramnulf.  Wurde  a.  918,  April  10.  erschlagen.  S.  Ann.  Eng.,  SS.  XVI,  486. 
Adeniar  III,   20.  23.  10)    s    undeutlich.    —    Linars,    Arr.  Angouleme, 

Cant.  Hiersac.  11)  'Mensum'  in  'Mansum'  corrigiert  Hs.  12)  'pilin- 

cse'  Hs.  13)  'cense'  scheint  aus  'cinse'  corrigiert.  14)  Von  Limoges. 

S.  den  Zusatz  zu  Ademar  III,  20  und  Gaufr.  Vos.  I,  41,  bei  Labbe,  Nova 
bibl.  II,  300.  15)  Es  kann  nur  Ludwig  IV.  gemeint  sein.     Also  937, 

Jnn.— 938,  Juni.  16)  A.  951—964,  Jan.  16;  s.  die  Ann.  SS.  XVI,  487. 

17)  Circa  875  —  892,  Sept.  3.  18)   Diesen  sonst  gänzlich  unbekannten 

Arnulf  kennt  auch  Ademar  als  König  (III,  22:  'Odone  obeunte,  regnavit 
pro  eo  filius  eius  Arnulfus  pauco  tempore  et  mortuus  est').  Vgl.  v.  Kalck- 
stein,  Gesch.   d.  franz.  Königthums  I,   481. 


636  Notizen  von   S.  Eparch   und  S.  Martial. 

Tunc  erant  canonici  in  loco  sancti  Eparchii  regn[ante]  ')  Carlo- 
manno curtem  Narciaco  cum  capella  sancti  Severino  tres  mansos 
vestitos  et  IIII"''  apsos  Ramnulfus  2)  et  Senegundis  uxor  eins. 
S.  Vulgrimnus  comes^)  qui  fuit  tempore  Olibae  episcopi. 
S.  Bernardo  com[itis]*).     S.  Willelmo  follo. 

Karol[us]  filius  Ludoici  regn[avit].  Mansum  unum  in 
villagr  nebrosa^)  in  vicaria  Piliacinse  ß)  Arnald[us]  comeSj  filius 
Bernardi  'j. 

Unum  mansum  in  villa  Lupsalco  *)  in  pago  Egol[ismensi] 
in  vicaria  Pedriacinse")  MatfredjusJ  et  filius  eius  Gauzfred[usJ. 
ö.  Bernardi  com[itis]4).     S.  Odolrici  .  .  .  .i"). 

Viilam»')  Marendaco  in  pago  Ego][ismensi]  Willelmus 
comeSj  filius  Vulgrimni,  et  uxor  eius  Rigilindis  et  Theoto  et 
Ansbertus  regn[ante]  Carolo  rege  magno '2),  tempore  Gonbaldi 
episcopi  et  canonicorum. 

Dedic[atio]  ecclesiae  Narciaco  IUI.  Id[us]  Deccembr.'^).  Oliba 
episcopus  dedicavit  eam  anno  inc[arnationis]  DCCCLXXXVII, 
indict[ione]  V'-*).  Dedit  ibi  decimam  ipsius  villae  et  alia  villa 
quae  dicitur  Lintiniacus,  alia  quoque  Floricoi^)  incilii^)  sive 
Paludis")  et  Campaniacus  decimas  harum  villarum  concessit 
ad  ipsam  ecclesiam  quae  est  in  honore  sancti  Petri.  Unum 
mansum  ubi  visus  est  raanere  Adalard[us]  '*')  in  pago  Petro- 
g[oricinse]  in  villa  Virciliaco  's)  dedit  Adrald[us]. 

Das  Folgende  ist  von  jüngerer  Hand  saec.  XL 

Anno  20)  mill[esimo]  XXVIII.  inc[arnationis]  Domini  ordi- 
n[aturj2')archiepiscopus  Burdeg[alensis]  Gotefrid[us]")  VI.  Id[us] 
Septeinb.  apud  Sanctum  Romanum  Blaviae  23).  Ibi  fuit  Wil- 
lelmus dux  Aquitaniae,  Sancius  dux  Wasconiae,  episcopus 
Isimbertus  Pict[avensis] ,  Arnaldus  Petrag[oricensis]  ^*) ,  Islo 
Sanctonficus],  Alduinus  comes  Engol[ismensis].  Ipso  25)  anno 
XV.  Kai.  Decembris  nocte^e)  sabbati  inlucescentis  levatum  est 

1)  So  ohne  Dislinctionszeichen  die  Hs.  2)  S.  oben  S.  633.  3)  S.  über 
ihn    oben    S.   034    n.   2.  4)    Vielleicht    Graf   der   Auvergne    (f    886)? 

5)  So  die  Hs.  6)  'piliacse'  Hs.  7)  S.  oben  S.  634  n.  13.  8)  Kann 
auch  'Lupsalto'  gelesen  werden.  9)  'petriaCse'  Hs.   —    Perignac,    Arr. 

Angouleme,  Cant,  Blanzae.  Verschieden  von  dem  oben  genannten  glelch- 
namigen  Ort.  10)  Für   uns  unlesbar.     Ob  'vicec'?  11)  Ein  Auszug 

aus   derselben  Urkunde  findet  sich  schon  oben  auf  f.  140'.  12)  Nicht 

unter  Karl  d.  Grossen,  sondern  dem  Einfältigen.  13)  So  oder  'dercbr.' 

hat  die  Hs.  14)  Die  V.  ind.  Graeca  und  Bedana  lief  schon  mit  dem 

Aug.  31,  resp,  Sept.  23  d.  J.  887  ab.  Das  J.  887  ist  aber  richtig,  da  in 
diesem  Dec.  10  ein  Sonntag  war.  15)  Ueber  c  ein  Häkchen  in  der  Hs. 
16)  So  oder  'inrili'  zu  lesen.  17)  Ein  Dorf  La  Palud  genannt  liegt  im 
Canton  Angouleme  I.  Ein  anderes  genannt  La  Pallue  Arr.  Cognae, 
Cant.  Segonzac.  18)  'Ad'  aus  Corr.  und  nicht  deutlich,  19)  'ci'  nicht 
deutlich,    kann  auch  ce ,   te,  ti,  u,  a  sein.  20)  Vgl.  Ademar  III,  69. 

21)    'ordin'  Ha.  22)  e  nicht   deutlich.  23)  Blaye  an  der  Gironde. 

24)  Nur  'pe .  .g'  zu  lesen.  25)  Vgl.  Gaufr.  Vos.  I,  10,  bei  Labbe  II,  283. 
26)   te  undeutlich. 


Notizen   von   S.  Eparch  und   S.  Martial,  637 

corpus  beati  Marcialis  apostoli  et  portatum  ad  locum  qui  dicitur 
ad  Montem  Gaudiii)  et  in  sua  ecclesia  positura,  et  haec  est 
translatiü  eius  tercia.  Tereio  vero  die,  noc  est  secunda  sab- 
bati,  quod  est  XIII.  Kai.  Deeembris,  conseerata  est  ecclesia 
Salvatoris  mundi  -)  ab  episcopis  XL  ^)  Altare  Salvatoris  conse- 

craverunt  simul  omnes  et  celebrav[erant]  missam 

Das  Folgende  ist  ohne  Reagenz  nicht  mehr  deutlich  zu 
lesen.  Da  nur  die  Einweihungsfeierlichkeiten  beschrieben  wer- 
den, haben  wir  es  weggelassen. 


1)  Mont-Jovi,  commune   de  Limoges.  2)  Zu  Limoges.  3)  Die 

11  Bischöfe  nennt  Gaufr.  Voss.  a.  a.  O.,  der  eine  ähnliche  Notiz  ausschrieb. 
.Er  giebt  aber  als  Datum  offenbar  irrthümlich  XV.  Kai.  Dec,  indem  er 
den  Tag  der  Translation  des  h.  Martialis  mit  diesem  verwechselt.  —  Vgl. 
auch  Bernard  Iterii  bei  Duples- Agier,  Chroniques  de  St.  Martial  de 
Limoges  S.  46. 


achrichten. 


Die  Centraldirection  hat  einen  schweren  Verlust  erlitten 
durch  den  ganz  unerwartet,  nach  kurzer  Krankheit,  zu  Inns- 
bruck am  12.  Januar  erfolgten  Tod  des  Professors  Karl  Frie- 
drich Stumpf-Brentano,  im  53.  Jahre  seines  Lebens.  Seine 
lebendige  Theilnahme  werden  wir  schmerzlich  vermissen ;  sein 
Andenken  ist  gesichert  durch  die  im  allgemeinen  Gebrauch 
befindlichen  Regesten  und  glücklicher  Weise  war  es  ihm  auch 
noch  vergönnt,  die  Sammlung  der  Acta  Imperii  inedita  durch 
die  oben  S.  416  erwähnte  Schlusslieferung  zum  Abschluss  zu 
bringen. 

Die  kais.  Akademie  der  Wissenschaften  hat  an  seiner 
Stelle  den  Hofrath  Professor  Friedrich  Maassen  zum  Mit- 
glied der  Centraldirection  gewählt. 


Auch  dem  so  vorzeitig  der  Wissenschaft  und  seinen 
Freunden  entrissenen  französischen  Gelehrten  Charles  Graux 
widmen  wir  hier  einen  ehrenden  und  dankbaren  Nachruf,  weil 
er,  obgleich  übrigens  seine  Arbeiten  unserm  Unternehmen 
ferner  standen,  durch  die  Empfehlungen,  welche  er  mit  grosser 
Bereitwilligkeit  und  Liebenswürdigkeit  unserm  Mitarbeiter 
P.  Ewald  mitgab,  demselben  auf  seiner  Spanischen  Reise  sehr 
förderlich  gewesen  ist. 

Als  ^Auctorum  antiquissimorum  Tomi  V  pars  prior'  sind 
Jordanis  Romana  et  Getica  erschienen,  herausgegeben 
von  Th.  Mommsen.  Desgleichen  als  'Diplomatum  Tomi  I. 
pars  secunda    Ottonis  I.  regis  diplomata. 


Die  Octav  -  Ausgabe  des  Widukind  ist  in  neuer  Bearbei- 
tuna:  erschienen  von  G.  Waitz. 


Die  Göttinger  Gelehrten  Anzeigen,  Stück  6  u.  7  vom 
Febr.  1882  enthalten  einen  ausführlichen  Bericht  über  den 
13.  Band  der  Scriptores  von  G.  Waitz.  Desgleichen  Stück  3 
u.  4  eine  Selbstanzeigc  seiner  Ausgabe  der  Capitularia  von 
Boretius. 


Nachrichten.  639 

Tai  Hist.  Jahrb.  III,  1,  89 — 103,  ist  eine  ausführliche,  sehr 
^vnhi\vollende  Besprechung  von  MG.  Dipl.  I,  pars  prior,  von 
W.  Diekamp. 

Von  den  'Geschichtschreiben  der  D.  Vorzeit'  sind  erschienen 
die  Geschichte  der  Weifen  (die  alte  Genealogie  und  der 
Mönch  von  Weingarten  mit  Fortsetzungen,  von  Grandaur, 
und  Widukind  in  neuer  Auflage,  mit  den  verschiedenen 
Versionen  der  Herkunftsgeschichte  und  Abraham  Jakobsons 
Bericht  von  973,  von  W.  Wattenbach. 


Von  dem  Catalogus  codicum  Latinorum  der  München  er 
Bibliothek,  von  C.Halm  und  W.Meyer,  ist  die  4.  Ab- 
theilung des  2.  Bandes  erschienen,  welche  die  Nummern  21406 
bis  27268  enthcält. 

Von  Ul.  Robert's  Inventaire  sommaire  des  mss.  des  biblio- 
theques  de  France  dont  les  catalogues  n'ont  pas  ete  impriraes 
(N.  Arch.  VI,  S.  187,  Anm.  1)  ist  das  zweite  Heft  erschienen, 
das  in  alphabetischer  Ordnung  die  Bibliotheken  bis  Dijon 
aufführt. 


Die  neugestiftete  Gesellschaft  für  Rheinische  Ge- 
schichtskunde giebt  in  einer  'Denkschrift'  eine  Uebersicht 
über  die  sehr  zahlreichen  und  umfassenden  Gegenstände,  deren 
Erforschung,  resp.  Publication  ihre  Aufgabe  bildet.  Beigegeben 
ist  eine  summarische  Zusammenstellung  der  gedruckten  Rheini- 
schen Chroniken  u.  s.  w.  (bis  1500)  von  Dr.  Goecke,  Archiv- 
secretair  in  Düsseldorf.  Auch  von  der  Zeitschrift  der  Gesell- 
schaft (\Yestdeutsche  Zeitschrift  für  Geschichte  und  Kunst) 
ist  bereits  ein  Heft  erschienen. 


Der  lange  erwartete  erste  Band  der  'Archives  de  l'Orient 
Latin,  dessen  einzelne,  früher  ausgegebene  Bestandtheile  hier 
schon  zum  Theil  Erwähnung  fanden,  ist,  mit  einem  umfassen- 
den Register,  ausgegeben  (768  S.  gr.  oct.  Paris,  E.  Leroux  1881). 
Verbunden  damit  sind  die  'Bibliographie  de  l'Orient  Latin  I. 
1878  —  1880'  (76  S.)  und  die  Statuten  der  Gesellschaft,  in  deren 
Namen  der  Graf  Riant  diese   werthvolle  Publication  besorort. 


Von  der  oben  S.  408  erwähnten  Zeitschrift  Analecta 
Bollandiana  ist  das  erste  Heft  ausgegeben.  Es  enthält  für 
unseren  Bereich  eine  Form  der  Vita  Bonifatii  von  Willibald, 
welche  die  Herausgeber  für  seine  ui'sprüngliche  Arbeit  halten, 
während  sie  mir  vielmehr  eine  Ueberarbeitung  zu  sein  scheint; 
ferner   zu   der  Vita  S.  Amoris    den  unbekannten  Prolog,    in 


640  Nachricbten. 

welchem  sich  ein  Diac.  Egebertus  als  Vf.  nennt;  eine  Trans- 
latio  S.  Benedi cti  e  cod.  Neap.  aus  der  Zeit  des  833  gest. 
Fürsten  Sico.  Bei  der  Untersuchung  über  dieses  bemerkens- 
werthe  Ineditum  ist  zu  bedauern,  dass  die  neue  Ausgabe  der 
Scriptores  Rerum  Langob.  von  Waitz  den  Herausgebern  völlig 
unbekannt  war.  Endlich  drei  alte  Vitae  S.  Servatii,  dar- 
unter die  schon  von  Kurth  (oben  S.  409)  herausgegebenen, 
dessen  Ansichten  hier  bekämpft  werden,  nebst  einem  Sermo 
des  Bischofs  Radbod  von  Utrecht. 

In  Wien  ist  "^zur  Erinnerung  an  den  1400.  Todestag  des 
h.  Severin'  von  Prof.  Schembera  ein  etwas  veränderter  und 
vermehrter  Aufsatz  aus  den  Blättern  d.  Vereins  f.  niederüst. 
Landeskunde  von  1871  bes.  abgedruckt:  'Wien  der  Wohnsitz 
und  Sterbeort  des  h.  Severin',  worin  für  die  sog.  alte  Tradition 
eingetreten  wird.  Seine  Argumente  haben  uns  nicht  zu  über- 
zeugen vermocht. 

Von  Adelbert  Matthaei  ist  eine  Hall.  Diss.  (1882) 
erschienen:  'Die  Händel  Otto's  II.  mit  Lothar  von  Frankreich 
(978  —  980)',  worin  vorzüglich  der  betr.  Abschnitt  des  Richer 
geprüft  und  seine  Glaubwürdigkeit  für  diese  Zeit  in  Schutz 
genommen  wird. 

H.  von  Sybel  hat  seine  Geschichte  des  ersten  Kreuz- 
zuges in  neuer  Ausgabe  erscheinen  lassen  (Leipz.  1881)  und 
dabei  auch  die  Untersuchungen  über  die  Quellen  unserer 
Kenntnis  von  demselben  neu  bearbeitet.  Noch  ohne  diese 
neue  Ausgabe  zu  kennen,  hat  Friedrich  Krebs  in  einer 
Münst.  Diss.  (1881)  'Zur  Kritik  Alberts  von  Aachen'  dessen 
1.  u.  2.  Buch  im  Ansehluss  an  B.  Kuglers  Auffassung  einer 
eingehenden  Prüfung  unterworfen.  Indem  er  die  Benutzung 
gleichzeitiger,  aber  unliistorischer  Dichtung  mit  S.  annimmt, 
sucht  er  doch  daneben  für  gewisse  Theile,  für  welche  in  den 
Liedern  kein  Material  vorlag,  Aufnahme  einfacher  und  glaub- 
würdiger Relationen  nachzuweisen,  und  bekämpft  namentlich 
die  völlige  Glaubwürdigkeit  der  Anna  Komnena,  welche  damals 
noch  sehr  jung  war  und  erst  nach  40  bis  50  Jahren  ihr  Werk 
verfasste.  Die  Angabe  Bodemanns,  nach  welcher  man  in  der 
Hannoverschen  Handschrift  einen  vollständigeren  Text  Alberts 
vermuthete,  erweist  er  als  unbegründet. 


Seinen  im  NA.  VI,  639  u.  VII,  230  erwähnten  Untersuchun- 
gen hat  Otto  Doberentz  zwei  weitere  Abschnitte  folgen 
lassen  in  der  Zeitschrift  f.  deutsche  Philologie  XIII,  29—57  u. 
165  —  223.     Die  Erd-  und  Völkerkunde  aus  der  AVeltchronik 


Nachrichten.  641 

des  Rudolf  von  Ems  ist  darin  abgedruckt,  nebst  deren 
Quellen,  namentlich  Honorius,  dessen  Arbeit  sehr  genau 
analysiert  ist,  zurückgeführt  auf  Isidor,  Orosius,  Augustin. 
Solinus.  Die  ErwiÜmung  von  Regensburg  betrachtet  D.  als 
eine  Aufmerksamkeit  gegen  den  Christianus,  welcher  ihn  zu 
seinem  Werke  veranlasst  hat,  und  den  D.  als  Domherr  im 
Regensburger  Nekrolog,  Mon.  B.  XIV,  387  zu  erkennen  glaubt. 
Weitere  Forschungen  liber  die  räthselhafte  Persönlichkeit  des 
Honorius  sind  noch  vorbehalten. 


In  der  Zeitschr.  f.  deutsche  Piniol.  XIII,  338  — 354,  theilt 
Jos.  Schwarzer  aus  der  im  NA.  VI,  515  beschriebenen  Hs. 
eine  merkwürdige  Visionslegende  mit,  deren  Vf.  sich  beruft 
auf  B.  Eberhard  II.  von  Bamberg  (1146 — ^1172),  welcher 
sie  in  einem  ital.  Cluniacenserkloster  (1154)  vernommen  habe. 
Der  Vf.  ist  vermuthlich  der  in  dem  früheren  Aufsatz  nach- 
gewiesene Abt  Enffelhard  von  Langheim. 


Die  Schriften  von  Hillger  und  Schröter  über  Hugo  Fal- 
candus  (IV,  211.  VI,  462)  werden  ausführlich  besprochen  von 
Salin as  im  Archiv! o  storico  Siciliano  VI,  S.  137  ff. 

W.  Ribbeck,  ^Friedrich  I.  und  die  röm.  Curie  in  den 
Jahren  1157 — 1150',  Leipz.  1881,  greift  die  Zuverlässigkeit  des 
Ragewin  heftig  an. 

In  derWürtemb.  Vierteljahrsschrift  f.  1881,  Heft  4,  S.  256, 
macht  J.  Hartmann  die  Gründe  geltend,  welche  für  das 
Biberach  in  Schwaben,  die  eifrig  Staufische  Reichsstadt,  als 
Heimath  des  Chronisten  Burchard  sprechen. 

Prof.  Wiiikelmann  schreibt  uns:  Salimbene  p.  217  er 
zählt  von  dem  1274  zu  Pistoja  lebenden  Minoriten  fr.  Thomas 
de  Papia  unter  Anderem,  dass  er  'multis  annis  minister  pro- 
vincialis  fuit  in  Tuscia:  chronicam  magnam  fecit,  quia  multum 
abundabat  et  erat  prolixus'.  Man  wird,  da  auch  das  Uebrige 
zutrifft,  diesen  Thomas  doch  wohl  für  den  Verfasser  der  in 
M.  G.  SS.  XXII.  gedruckten  Chronik  halten  dürfen,  besonders 
da  letzterer  selbst  sagt,  dass  er  seine  Jugend  in  Pavia  zuge- 
bracht habe. 

In  der  Revue  bist.  T.  XVIII,  1,  186-189,  wird  von  Fran- 
cois  Delaborde  die  Abhandlung  von  Pannenborg  'Zur 
Kritik  der  Philippis'  mit  Anerkennung  besprochen,  am 
Schluss  aber  berichtigt,  dass  das  Akrostichon  der  Anfänge  der 
Bücher  ergiebt:  Philipus  rex  Francorum. 


642  Nachrichten. 

Die  vvisseDscliaftlichen  Studien  und  Mittheilungen  aus  dem 
Benedictinerorden  enthalten  II,  S.  99  —  108  Aufzeichnungen  des 
Abts  Poppo  von  Nieder-Altaich  über  Bedrängnisse  des 
Klosters  im  J.  1226. 


In  den  Forsch,  z.  D.  Gesch.  XXII,  1.  Heft,  S.  233  —  247, 
weist  Roth  von  Schreckenstein  die  gänzliche  Unzuver- 
lässigkeit  der  Erzählung  über  die  Ritterweihe  des  Königs  Wil- 
helm nach,  welche  aus  Joh.  de  Beka  in  das  Magnum  Chroni- 


con  Belgicum  übergegangen  ist. 


Unter  den  Publicationen  der  Preussischen  Staatsarchive 
nimmt  die  Ausgabe  des  sog.  Balduineum,  einer  der  wichti- 
gen vom  Erzbischof  Balduin  von  Ti^ier  veranstalteten  Urkunden- 
sammlungen mit  Nachbildung  der  für  die  Kunst-  und  Cultur- 
geschichte  interessanten  Bilder,  die  sich  zu  einem  grossen  Theil 
auf  den  Römerzug  K.  Heinrichs  VII.  beziehen,  einen  hervor- 
ragenden Platz  ein.  Begonnen  von  dem  verstorbenen  Archiv- 
rath  V.  Eltester,  ist  die  Arbeit  vollendet  vom  Archivsecretär 
G.  Irmer,  der  eine  ausführliche  historische  Erläuterung  hin- 
zugefügt hat  (120  S.  in  Gross -Quart). 

Von  O.  Hartwig 's  Quellen  und  Forschungen  zur  älteren 
Gesch.  der  Stadt  Florenz  (vgl.  VI,  643)  ist  im  Arch.  stör. 
Ital.  T.  IX  (1882)  eine  sehr  eingehende  Recension  von  Cesare 
Paoli  erschienen.  P.  bedauert,  dass  die  handschriftliche  Grund- 
lage der  Editionen  nicht  vollständiger  festgestellt  ist  und  weist 
zu  der  'Chronica  de  origine  civitatis'  einen  neuen  lat.  Text 
nach  im  Cod.  Laurent.  XXVIII,  8. 


O.  Hartwig  hat  seinem  Aufsatz  über  Dino  Compagni 
in  der  Revue  hist.  (s.  oben  S.  413)  eine  Antikritik  der  Be- 
sprechungen jener  Abhandlung  von  Cesare  Guasti  und  Paul 
Meyer  folgen  lassen,  in  der  Zeitschr.  f.  rom.  Philol.  Bd.  V,  Heft  4. 
In  demselben  Sinne  wird  auch  in  der  Revue  hist.  XVIII,  2,  469 
über  jene  y\ngriffe  berichtet.  In  Betreff  der  oben  S.  413 
gegebenen  Notiz  geht  uns  von  H.  folgende  Berichtigung  zu: 
'Die  Angabe  von  Reumont's ,  Lord  Ashburnham  habe  die 
Benutzung  seiner  Handschrift  Herrn  Is.  del  Liuigo  abgeschlagen, 
ist  irrthümlich.  Herr  P.  Meyer  hat  die  Handschrift  in  Ash- 
burnhamcastlo  und  Paris  zur  Vergleichung  gehabt.  Da  sie 
'offre  un  assez  grand  nombre  de  variantes  generalement  peu 
importantes  ...  et  qui  se  retrouvent  dans  toute  wiw.  serie 
d'autres  mss.',  hätte  es  sich  doch  sehr  verlohnt^  die  Handschrift 
nachträglich  abdrucken  zu  lassen,  ganz  davon  abgesehen,  ob 
CS  nicht  angezeigt  gewesen  Aväre,  die  Handschrift  auf  etwaige 


Naclirichtcn.  643 

Interpolationen  u.  s.  w.  sorgfältig  zu  untersuchen.  Dass  ich 
das  Verlangen  gestellt  habe,  eine  abschliessende  Textrecension 
müsse  von  der  einzigen  brauchbaren  Handschrift  ausgehen, 
und  das  besonders  bei  der  so  hart  angegriffenen  sog.  Chronik 
des  Dino  Campagni,  wird  mir  von  Herrn  C.  Guasti  und  Herrn 
P.  Meyer  im  Archivio  st.  Ital.  und  in  der  Romania  mit  den 
denkbar  bittersten  Worten  zum  Vorwurf  gemacht!' 


Prof.  Hub  er  in  Innsbruck  hat  in  einer  Abliandlung: 
Matthias  von  Neuenburg  und  Jakob  von  Mainz  (Arch.  f. 
Oesterr.  Gesch.  LXIII,  S.  239  ff.  und  besonders  abgedruckt), 
veranlasst  durch  die  Schrift  von  Wiehert  (oben  S.  234)  die 
Frage  nach  der  Autorschaft  des  Mathias  auf's  neue  untersucht, 
und  kommt  zu  dem  Resultat,  dass  ihm  die  unter  seinem  Namen 
bekannte  Chronik  wirklich  angehöre,  die  er  zuerst  vielleicht 
mit  dem  J.  1350  abschloss,  aber  bis  1355  führte.  Er  habe 
wahrscheinlich  unmittelbar  darauf  auch  die  Biographie  des 
Bischofs  Berthold  von  Strassburg  verfasst,  Jacob  von  Mainz 
aber  sein  Werk  benutzt  und  mit  anderem  Material  zu  einer 
grössern  Darstellung  verbunden.  'Auch  dieser',  schliesst  er, 
'wird  fortan  unter  den  Geschichtschreibern  des  XIV.  Jahrhun- 
derts eine  achtuno-svv'erthe  Stelluno-  einnehmen'. 


Karl  Grube  bringt  im  Hist.  Jahrb.  IH,  1,49  —  56,  'Bei- 
träge zu  dem  Leben  und  den  Schriften  des  Dietrich  Engel- 
hus',  und  darin  namentlich  aus  einer  Hs.  des  Klosters  Witten- 
burg  (Cod.  Hanov.  XIII,  859)  dankenswerthe  Angaben  über 
sein  Leben. 


In  den  Forsch,  z.  D.  Gesch.  XXH,  1.  Heft,  S.  159—212, 
untersucht  Joseph  Schwarzer  die  uns  erhaltenen  Ordines 
der   Kaiserkrönung,    ihr  Verhältnis    zu    einander    und   die 


Zeit  ihrer  Entstehung. 


In  der  Zeitschr.  der  Gesellschaft  f.  Schlesw.  Holst.  Lauenb. 
Geschichte  XI,  125 — 150,  theilt  P.  Hasse  neue  Fragmente  des 
Lübschen  Rechts  in  niederdeutscher  Sprache  aus  einer  Hs. 
der  Kieler  Universitätsbibliothek  mit. 


Die  von  Thietmar  VII,  5  —  8  berührten  Begebenheiten 
werden  von  H.  R.  v.  Zeissberg  in  den  Mitth.  d.  Wiener 
Instituts  III,  S.  109 — 115,  untersucht,  und  gegen  Ficker  das 
Datum  der  Urk.  Heinrichs  IL  vom  1.  Nov.  1012  (rect.  1014) 
Merseburg,  als  richtig  aufrecht  erhalten. 


Das    Germanische   Museum    verzeichnet   unter    seinen 


644  Nachlichten. 

letzten    Erwerbungen    zwei    Kaiserurkunden   Friedrich  I.    und 
Heinrich  VI. 


In  den  Forsch,  z.  D.  Gesch.  XXII,  1.  Heft,  S.  224—232, 
untersucht  W.  Linde  mann  die  Urk.  XV.  der  Rouleaux  de 
Chiny  über  die  Versprechungen  Otto's  IV.  an  Innocenz  III. 
und  entscheidet  sich  für  das  Jahr  1198. 


In  den  Mitth.  d.  Wiener  Instituts  III,  S.  1—62,  behandelt 
Julius  Ficker  ausführlich  die  fürstlichen  Willebriefe  und 
Mitbesiegelungen,  indem  er  aus  Beispielen  vor  der  Zeit  K. 
Rudolfs  die  Entstehung  dieser  Einrichtung  und  das  beginnende 
Vorrecht  der  Kurfürsten  nachzuweisen  sucht. 


Von  J.  Havet  ist  in  der  Bibl.  de  l'Ecole  des  chartes, 
T.  XLII,  4.  u.  5.  Heft,  und  in  bes.  Ausgabe  (bei  Champion) 
eine  wichtige  und  lehrreiche  Untersuchung  erschienen:  'La 
frontiere  d'empire  dans  l'Argoune;  enquete  faite  par  Rod.  de 
Habsb.  a  Verdun,  en  mai  1288'.  Der  Fluss  Beyme  bildete  die 
Grenze  und  Streitigkeiten  der  beiderseitigen  Unterthanen  wurden 
auf  dem  pons  Virdunensis  verhandelt.  Mitgetheilt  wird  die 
hierauf  bezügliche  Urk.  Rudolfs  (Böhmer  Nr.  957;  und  S.  405  ff. 
der  Bericht  der  von  dem  König  niedergesetzten  Coramission, 
der  bisher  nur  in  einem  Auszug  bei  Calmet  bekannt  war. 


Von  Kopps  Geschichte  der  eidgenössischen  Bünde  ist 
des  5.  Bandes  zweite  Abtheilung  (Ludwig  der  Baier  und  seine 
Zeit  1330  — 1334),  bearbeitet  von  dem  nun  auch  schon  ver- 
storbenen Chorherrn  A.  Lütolf  in  Luzern,  herausgegeben  von 
Fr.  Rohrer,  erschienen.  Wir  können  das  umfangreiche  (688  S.) 
und  gelehrte  V^erk  hier  nur  erwähnen  wegen  der  als  Beilage 
gegebenen  14  Urkunden,  unter  denen  sich  mehrere  K.  Ludwigs 
befinden. 

In  Laibach  hat  Franz  Schumi  ein  'Archiv  für  Heimaths- 
kunde'  in  zwanglosen  Bogen  auszugeben  begonnen,  in  welchem 
auch  die  auf  Krain  bezüglichen  Kaiserurkunden  abgedruckt 
sind. 


Codex  diplomaticus  Salemitanus  wird  von  F.  von 
Weech  in  schöner  Ausstattung  und  mit  vortrefflich  ausgeführten 
Siegeltafeln  herausgegeben.  Die  beiden  bis  jetzt  erschienenen 
zwei  Hefte  (Karlsruhe,  Braun)  reichen  von  1134  bis  1243;  sie 
enthalten  zahlreiche  KU.  in  correctcrem  Abdruck  und  einige 
bisher  unbekannte. 


Nachrichten.  645 

Urkvindenbuch  der  Stadt  Hiidesheira,  herausgegeben 
von  Dr.  Rieh.  Doebner,  (Hildesh.,  Gerstenberg'sche  Buchh., 
1881)  enthält  in  dem  bis  jetzt  vorliegenden  ersten  Theile  (von 
c.  996 — 1346)  eine  Anzahl  neuer  Abdrücke  und  Regesten  von 
Kaiser-  und  Papsturkunden.  Urkunden  Otto's  IV,  Heinrichs(VII) 
und  Wilhelms  v.  Holl.  nach  den  Originalen  abgedruckt  bieten 
Nr.  60.  131.  221;  nach  anderem  handschriftl.  Material  Nr.  67. 
86.  96,  Regesten  von  Kaiserurkunden  meist  ebenfalls  nach  den 
Originalen  Nr.  2.  3.  4.  7.  8.  10.  227.  Papsturkunden  nach  Origi- 
nalen Nr.  14.46. 105.  111.  137.  246.  248,  nach  den  angeblichen 
Originalen  Nr.  57  und  104,  Regesten  von  Papsturkunden  grössten- 
theils  nach  Originalen  Nr.  9. 11.  22.  75.  144.  347.  639.  —  Nr.  209 
u.  548  enthalten  die  Stadtrechte  von  c.  1249  u.  1300.         (Z.) 

Von  dem  oben  S.  240  erwähnten  Pomerellischen  Ur- 
kundenbuch  ist  die  zweite  und  letzte  Lieferung  (bis  1315) 
erschienen.  Der  Herausgeber,  Dr.  M.  Perlbach,  berichtet  in 
der  Einleitung  über  die  in  weitestem  Umfang  herangezogenen 
Archive  und  Urkundenbücher;  Namenregister  und  Glossar  be- 
schliessen  das  Werk. 

Prof.  Karl  Menzel  und  der  Archivar  Dr.  Sauer  in  Wies- 
baden kündigen  einen  Codex  diploraaticus  Nassoicus  an, 
der  in  schöner  Ausstattung  mit  Schriftproben  und  Abbildungen 
von  Siegeln  in  zwei  Bänden  gr.  oct.  bei  J.  Niedner  in  Wies- 
baden erscheinen  wird. 


Nach  einer  Mittheilung  von  O.  Hartwig  hat  der  Herr 
Bormans  für  das  Archiv  von  Namur  in  Lüttich  ein  Chartular 
der  Abtei  Floreffe  erw^orben,  das  auf  237  Pergamentblättern 
452  Urkunden  aus  den  Jahren  1121  bis  1295  enthält.  Geschrie- 
ben  ist  es  von  Gerhard  von  Köln,  Kanonikus  von  Heilissem. 


In  den  Mitth.  des  Wiener  Instituts  III,  S.  63 — 95,  beschreibt 
P.  Willibald  Hauthaler  die  Salzburgischen  Traditions- 
codices des  10.  und  11.  Jahrh.  und  theilt  die  bis  jetzt  unbe- 
kannten Stücke  mit.  Der  Codex  Hartwici  (991 — 1023)  ist  von 
einem  Buchbinder  verarbeitet,  und  es  haben  sich  an  verschiede- 
nen Orten  Fragmente  davon  gefunden ;  der  Codex  Thietmari  II. 
(1025  —  1041)  war  von  Meiller  irrig  Thietmar  L  (873—907) 
zugetheilt. 

Das  älteste  Lehnbuch  des  Hochstiftes  Wirzburg  (aus 
dem  14.  Jahrh.)  ist  herausgegeben  von  A.  Schaff  1er  und 
J.  E.  Brandl  im  Arch.  d.  h.  Ver.  für  Unterfranken  XXIV,  1, 
dazu  Orts-  und  Personenverzeichnis  im  2.  und  3.  Heft. 


Neues  Archiv  etc.  VII-  42 


646  Naclniclitt'n. 

Die  Archivalische  Zeitschrift,  Bd,  VI,  enthält  eine  Abhand- 
King  von  Jul.  v.  Pflugk-Harttung:  'Die  Urkunden  der 
päpstlichen  Kanzlei  vom  X.  bis  XIII.  Jahrhundert',  welche 
auch  in  besonderem  Abdruck  erschienen  ist. 

Von  den  'Registres  d'Innocent  IV',  welche  Elle  Ber- 
ger herausgiebt,  ist  das  dritte  Heft  erschienen,  welches  bis 
zum  Juni  1247  reicht. 

Unter  dem  Titel  'Fonti  della  storia  Basilicatese  al  medio 
evo'  ist  von  Giacomo  Racioppi  erschienen:  ^L'  Agiografia 
di  San  Laverio  del  1162'  (Roma  1881),  eine  sehr  gründliche 
Untersuchung,  in  welcher  der  späte  und  trügerische  Chai'akter 
dieser  Legende  nachgewiesen  wird.  Ob  der  Unterschrift  'Ego 
Robertus  de  Romana  diaconus  scripsi  a.  D.  1162'  irgend  ein 
Werth  beizumessen  ist,  darf  sehr  bezweifelt  werden ;  auch  der 
erste  Theil  der  eigentlichen  Legende  ist  mindestens  stark  über- 
arbeitet, wie  das  zweimal  gebrauchte  Wort  'proclama'  zeigt. 
Von  der  S.  57  angeführten  Inschrift  (Neap.  340)  bemerkt 
Th,  Mommsen,  dass  sie  einem  Ms.  von  1566  entnommen  und 
sicher  älter  als  wenigstens  dieser  Theil  der  Legende  sei,  in 
der  die  gefundenen  Inschriften  verwerthet  sind.  —  Für  unsern 
Zweck  werthvoU  ist  S.  151  eine  Bulle  Stephans  IX.  für  Alfanus 
von  Salerno,  24.  März  a.  1  (1058)  Romae. 

Der  6.  Band  von  Löhers  Archivalischer  Zeitschrift  (1881)  ent- 
hält ausser  der  vorher  erwähnten  Abhandlung  von  Dr.  v.  Pflugk- 
Harttung  über  päpstliche  Urkunden  und  der  Fortsetzung  der 
Regesten  Vatikanischer  Urkunden  zur  Geschichte  Ludwig  des 
Baiern  unter  anderm  den  Anfang  einer  gi'össeren  Arbeit  von 
J.  M.  Neud egger,  Zur  Geschichte  der  Bayerischen  Archive, 
Nachrichten  über  die  Archive  der  Städte  Dillingen  und  Lauin- 
gen im  Schwäbischen  Bayern,  und  den  Schluss  einer  Abhand- 
lung von  Secher,  Archivassistent  in  Kopenhagen,  über  das 
Archivwesen  im  Skandinavischen  Norden ,  wo  ausführliche 
Nachricht  über  die  Dänischen  Archive  und  die  Bestrebungen 
zur  Vereinigung  derselben  in  einem  allgemeinen  Reichsarchiv 
gegeben  wird  (der  mangelhaften  Ablieferung  der  Schleswig- 
Holsteinscheu  Archive  geschieht  keine  Erwähnung). 

Eine  zweite  Serie  der  Regesta  diplomatica  historiae 
Danicae  beginnt  im  ersten  Heft  des  ersten  Bandes  mit  Nach- 
trägen  bis  z.  J.  1349. 


Im  Hist.  Jahrb.  HI,  1,  1—30  untersucht  II.  Grauer t  die 
diplomatische  Ueberlieferung  der  Constantinischen  Schen- 
kung und  weist  als  älteste  Hs.  Par.  2777  saec.  IX.  nach,  aus 


Nacluichtt'u.  647 

welcher  ein  genauer  Abdruck  nebst  Varianten  jüngerer  Exem- 
plare gegeben  wird;  eine  Fortsetzung  ist  in  Aussicht  gestellt. 
Kicht  billigen  können  wir  die  Schreibart  ^XQisto  iliesu',  welche 
keine  richtige  Auflosung  von  'xjJb  itTü'  ist. 

In  den  Mittheilungen  des  Wiener  Instituts  III,  2,  175 — 228, 
untersucht  Karl  Uhlirz  sehr  eingehend  und  sorgfaltig  'die 
Urkundenfälschung  zu  Passau  im  zehnten  Jahrhundert'. 
Er  weist  als  Schreiber  und  Verfasser  der  Fälschungen  einen 
Schreiber  der  k.  Kanzlei  in  Otto's  II.  Zeit  nach,  der  von 
B.  Pilgrim  für  seine  Zwecke  gewonnen  sein  muss;  denn  diesen 
hält  er  mit  Düramlcr,  von  welchem  er  nur  in  wenigen  Punkten 
abweicht,  zweifellos  für  den  Urheber  jener  Fälschungen. 


Sieben  kurze  Brief  form  ein  aus  der  Pariser  Handschrift 
Nr.  528  saec.  IX.  sind  in  der  Bibl.  de  l'ecole  des  chartes  XLIT, 
S.  502  mito-etheilt. 


In  der  Württemb.  Vierteljahrsschrift  f.  1881  untersucht 
der  Pfarrer  Bessert  iu  mehreren  Beiträgen  die  Briefe  des 
Wigo  von  Feuchtwangen  als  Quelle  für  die  Landesgeschichte 
des  Württemb.  Franken. 


Von  dem  Schreiben  des  Bischofs  H.  von  Constanz  betr.  die 
Kreuzpredigt  gegen  die  jMongolen  (Huill.  Breh.  V,  1209)  weist 
Jul.  F  ick  er  in  den  Mitth.  des  Wiener  Inst,  III,  S.  103—109, 
nach,  dass  in  der  zweiten  Hälfte  desselben  Weisungen  des  Erzb. 
von  Mainz  mit  Einschluss  der  Datierung  (25.  April  1241  j 
wörtlich  wiederholt  sind.  ^  ^  -? 

345  ( 

Die  früher  von  Lucian  Müller  aus  einer  Leidener  Hand- 
schrift im  Rheinischen  Museum  1865  herausgegebenen  Versus 
de  alphabeto  cujusdam  Scoti  (vgl.  XXXI,  465)  sind  verbessert 
ediert  und  erläutert  von  Omont  aus  zwei  Handschriften  in 
Paris  und  Chartres,  Bibl.  de  Fecole  des  chartes  XLII,  S.  429. 


Von  H.  Oesterley's  Historisch  geographischem  Worte)- 
buch  ist  die  4.  5.  und  6.  Lieferung  erschienen,  bis  'Neustadt'. 


Director  Krause  in  Rostock  hat  iu  der  Zeitschrift  für 
Schleswig- Holstein -Lauenburgische  Geschichte  ein  lateinisches 
Gedicht  des  Dr.  Bog  er  über  die  Ditmarschenschlacht  von  1500 
mit  dei"  Niederdeutschen  Uebersetzung,  die  sich  in  der  Schwe- 
riner Handschrift  von  Ernst  von  Kirchbergs  Reimchronik  findet 
und  die  er  dem  Tilemann  Heverlingh  aus  Göttingen  zuschreibt, 
mitgetheilt  und  erläutert. 


42'-i 


048  Nachträge   und  Berichtigungen, 

Nachträge  und  Berichtigungen. 
Zum  VI.  ßaiid. 

S.  628.  N.  II.  ist  aus  derselben  Quelle  gedruckt  bei  E.  E.  Gebele : 
'Das  Leben  und  Wirken  des  Bischofs  Hermann  von  Augsburg  1096  —  1133', 
Augsb.  1870,  S.  107. 

S.  629-633.  N.  III.  desgl.  S.  108  —  112.  Daselbst  ist  der  Brictius 
(S.  630)  richtig  auf  den  Nachfolger  des  h.  Martin,  der  ungenannte  Papst 
(S.  631)  auf  Marcellin  bezogen,  und  (Z.  20)  'dealbatus'  gelesen;  in  der 
Hs.  steht  das  'tus'  über  einer  radierten  Stelle. 

Zum  VII.  Band. 

S.  49,  Z.  12  von  oben,  und  S.  59,  Z.  2  von  unten,  ist  46  statt  4  zu 
lesen;   S.  60.  unterste  Z.  der  Anm.  47  .statt  5,  S.  71,  unterste  Z.,  56  statt  14. 

S.  175.  Ueber  N.  22  s.  S.  413.  Eine  andere  Hs.  dieser  Chronik  ist 
im  Brit.  Mu.s.  Addit.  8361,  s.  NA.  IV,  347. 

S.  193,  Anm.  Z.  1   von  unten  1.  'preuacat'. 

S.  194,   Z.  29  1.   'spiritali'. 

S.  225,  Z.  8  1.   18  St.   17. 

S.  227,  Z.  39  'tradet'  1.  'tractet',  wie  L.  Weiland  bemerkt,  der  schon 
SS.  XXIIl.  in  der  Vorrede  der  5Ion.  Epternacensia  auf  diesen  Codex  hin- 
gewiesen, und  S.    15  n.  36   die  2   Schlussverse  mitgetheilt  hat. 

S.  228,  Z.  21   Niehuus  1.  Niehues. 
—       Z.  25  1.   L(at  )  F(o].)  st.  R.  F. 

S.  230,  Z.  31   Tib.  1.  Tilb. 

S.  235,  Z.  39   Strehlinger  1.  Stretlinger. 

S.  237,  Z.  17  Uticensis  1.  Utinensis. 

S.  242,  Z.  38  Coustaut's  1.  Coustant's. 

S.  398,  Z.  3.  Wie  Herr  Dr.  Röhricht  bemerkt,  wird  'portus  Symeo- 
nis'  gemeint  sein;  so  heisst  nämlich  bei  allen  Kreuzzugs  -  Schriftstellern 
dfv  Hafen  von  Antiochia. 

S.  398,  letzte  Z.  astisf.  1.  satisf. 

S.  400,  Z.  5  u.   16   1.  IV.  St.   VI;  Z.  24  1.  reddituum. 

S.  411,  letzte  Z.  Die  Dissertation  von  Panzer  ist  schon  VI,  204  aus- 
fülirlicher  besprochen. 

S.  614,  Z.  9  ist  S^uos'  überliefert,  aber  wohl   in  'quod'  zu  ändern. 

S.  615,  Z.  7  1.  :  anstatt  des  Punktes.     Z.  21    1.   cliristianaruni. 

S.  618.  Wie  Herr  Prof.  Dümmler  bemerkt,  enthalten  die  Verse  das 
Akrostichon:  'Humbertus  monachus  quin  archiepiscop(af)s  almus'.  Bei 
v.  34  u.  35  sclieiiit  durch  eine  Aenderung  der  Verse  das  Akrostichon 
gestört  zu  sein. 

S.  619,  V.  35  ist  'speram  verhi"  in  der  Hs.  durch  Zeichen  umgestellt, 
dadurch  aber  das   Metrum  noch   mehr  verdorben;   v.  38   1.  sed  erat. 


Register, 


Abbreviatio  gest.  Francorura  385  — 
390. 

Äblavius  409. 

Abraham  Jacobsen  639. 

Acta  Sanctorum  408,  639. 

Adam  Brem.  226. 

Adelgozi  Magd,  epistola  623  —  626. 

Ademarus   Caban.   630. 

Aeneas  Silvius  244. 

Afflighem   624.  628. 

Aimoin  226. 

Albertinus  Mussatus   121  —  133. 

Albertus  Aquensis  640. 

Alciiin  242.  419. 

Alexandrill.  epplGO;  Alex.  III.  167. 

Amtenhausen  29. 

Angouleme  630  —  636. 

Anna  Comnena  640. 

Annales  Altab.  230;  Austriae  135  — 
143  ;  Einhardi  228.  411.  519  —  568  ; 
Fuld.  226.  519  —  568;  Imp.  Suevici 
230;  Januenses  407;  Lauriss.  maj. 
228.  519  —  568;  min.  410.  519  — 
568;  Marbac.  22.'S ;  Mediol.  232; 
Ottenbur.  173;  Folon.  236;  Sancti 
Jae.  Leod.   225;  Sith.   410. 

Anselmi  Gesta  epp.  Leod.  73  —  81. 

Augsburg  30.  31.  40. 

Ausonius  4. 

Aventin  230.  410. 

Avitus  4. 

B. 

Baldnineum  G42. 
Benedietbeuern  38.   397. 
Bernardus  Guidonis  413. 


Bernhard  Bleysswyler  574. 

Beuron  30. 

Blaubeuren  30. 

Bonifatii  epp.  196—198.  242.  353— 

381.  418. 
Bonn  15, 
Bullae  pontiff.  Rom.  83—120.   143— 

167.    177.    241  —  243.    398.    399. 

417.  645. 
Burchard  von  Ursperg  641. 


Caesar  521. 

Caesarii  Dial    180. 

Calendar.   Colon.   174. 

Calixti  II,  epp.   198  —  212, 

Capitularia  6.  407    638. 

Cassiodor  409. 

Christiaui  Chron.  Mog.   234. 

Chronica  Astensis  416;  Casin.  174; 
Danielis  232  ;  Karolo  IV.  dedicata 
175.  413.  648;  regia  232.  233.  235. 

Chrouicon  Altinate  4 ;  archiepp. 
Magd.  4;  ducum  Benev,  237;  pon- 
tiff. et  impj).  Fancense  174.  180 — 
186.  414;  Sancti  Petri  Erf.  225; 
Thuring.  391  —  395;  Ursperg,  213 
—  215,  233;  Zwoll.  236. 

Chronik  von  Kempten  236;  Limbur- 
ger 6,  569;  Mainzer  414;  Thürin- 
ger 245. 

Chur  398. 

Cicero  541 — 543. 

Clermont-Ferrand   195.   196. 

Cleve  16. 

Cod.  Ast.  416;  Theodos.  179;  Udal- 
rici  243. 


650 


Register. 


Coeln  15.   17.   174.  245. 

Collatio  canonum   154.   179. 

Concilia  Merov.   6. 

Concil.    Basil.   174;     Constant.  244; 

Later.   174;  Pis,  242. 
Constantin.  Schenkung  646. 
Constanz,  Necrol.  33. 
Cornelius  Nepos  522. 
Crantz  410. 
Curtius  Eufus  527. 

D. 

Dalemil  234. 
Dies.sen,  Necr.  38. 
Dietrich  Engelhus  643. 
Dinant  416. 

Dino  Compagni  413.  642. 
Dinslaken   17. 
Dortmund   240. 
Düsseldorf,  Arch.   11  — 17. 

E. 

Eberhard  II.  v.  Bamberg  641. 

Egebertus   diac.   641. 

Egesippus   609. 

Einhardi  opera  517  —  568;  Ann.  228. 

411;  V.  Caroli  3.  228.   408. 
Ekkehardi  IV.  versus  419. 
Ellwangen  36.   620. 
Emcho  von  Freising  397. 
Emmerich   16. 
Enenkel  6. 

Engelhard  von  Langheim  641. 
Ennodius  4. 
Epistola  s.  Adelgoz,  Alcuin,  Erbwin, 

Frid.  I,  Frid.   Colon.,   Gunzo,  Joh. 

presb.,  Steph.V,  Theodulf,  Urb.II. 
Epistolae    7.   191;     s.   Alex.  II.  III, 

Bonifatii,  Calixti,  Fromundi,  Greg. 

I.  VII.  IX,  Honor.  HI,  Inuoc.  IV, 

Ivonis,    Nicol.  I,    Pasch.  II,    Petri 

Bles.jWalafridi,  Walonis,  Wigonis. 
Epitaphium  Rainaldi  623. 
Erbwini  epistola  398.  648. 

F. 

Fehmarn  238. 

Flavius  Blondus  409. 

Flodoard  4. 

Floreffe  645. 

Florenz  642. 

Florus  533. 

Flos  florum   196. 

Formulao   6.   243.   401-403.   617, 


Fraternitas   175. 

Fredegar  6.   247  —  351.  421—516. 

Freising  397. 

Friderici  I.   epistola  417. 

Friderici   Col.   epistola  192. 

Fromundi  cod.  epist  418. 

Fue.ssen,  Necr.  37;  Chron.  180—186. 

412. 
Fulcherius  Carnot.   196. 
Fulda  397. 
Fultenbach,  Necr.  31. 

G. 

Galvaneus  Flamma  412. 
Genealogia  Ott.   com.  de  Hamerstein 

230;   Welforum   232.  639. 
Gengenbach,  Necr.  32. 
Georg  von   Gallipoli  420. 
Gerhoh  231. 

Gerit  van  der  Schuyren   174. 
Gesta  archiepp.  Mog.  414;  epp.  Came- 

rac.  4;     Franc.    6;     pontifF.    Rom. 

227.   228. 
Gevehardus  Sigeberg.  627. 
Gotfried  von  Hagene  175. 
Gottesfrieden  237. 
Gottesurtheile  238. 
Grafschaft  622—624. 
Gregor  von  Heimburg  244. 
Gregorii  I.   epp.   7.  587  —  604;     VII. 

161  —  164.   243;  IX.  7. 
Gregorius  Turon.  6.   196. 
Guilelmus  Brito  641. 
Gunzonis  epistola   174. 

H. 

Habeis  Nachlass  244. 

Hans  Walderaann  577. 

Heinrich  Derby  413. 

Heriger  226. 

Herimanni  Aug.  Contin.  230. 

Herrn.  Altah.  175;  Gigas  175;  Tor- 
nac.  4.  412. 

Hieronymi  Chron.   196.  472 — 475. 

Hildebertus  Cenom.  420. 

Hildegardus  Gradic.  412. 

Hildesheim   647. 

Hincmar  243. 

Historia  comitum  Angleriae  232;  pon- 
tificalis  231  ;  regum  Franc.  S.  Dio- 
nysii  385—390;  Welforum  639. 

Hohenwart,  Necr.   38. 

Honorü  III.   epp.    7.  242. 


Register. 


(>51 


Honorii  Imago  mundi  230.  C40. 

Hucbaldus  de  calvis  180. 

Hugo  Falcandus  641. 

Humbert  v.  Silva  Candida  614-617. 

1. 

Idacius  475-478. 
Innoceutii  IV.  epp.   645. 
Isidori  Chron.  484—486. 
Isny,  Necr.  35. 
Ivonis  Carnot.  epp.   196. 

J. 

Jacobus  Mogunt.   234.  643. 
Jacobus  Trajecti  236. 
Jeroscbin,  Reimchr.  412. 
Johannes  Birk  236;     de  Beka  642; 

Dlugoss.  415;  Gensbein  571  —  584; 

Saresber.   226.  231;  Vitodur.  413; 

von  Otranto  420. 
Johannis  presb.   epist.  400. 
Jordanes  4.  409.  638. 
Justini  Lippiflorium   230. 
Justinus  534-536. 

K. 

Kaiserchronik  6;   Cölner  235. 
Kaiserurkunden  3.   7.   178.  189.  238 

—  240.    243.    413.   416.  417.  578. 

638.  643—646. 
Karl  der  Grosse,  Gedicht  582. 
Kempten  236. 
Kiel  237. 

Koeniginhofer  Hs.  244. 
Krain  644. 
Kuchimeister  413. 

L. 

Lambert  von  Hersfeld   226. 

Lamberti  Parvi  Ann.  225. 

Landfrieden  237. 

Landrecht,  Fehm.  237. 

Landulfus  de  S.  Paulo  412. 

Lechenich   16. 

Lex  Ribuar.   6;    Romana   Utin.  237: 

Salica   6.  225.  415. 
Libellus  trist,  et  dol.  232. 
Liber  generat.  456  —  472. 
Limburger  Chronik  6.  569  —  584. 
Limoges  630.   636. 
Livius  523  -  525. 
Lucidarius  230. 


Luebisches  Recht,  613. 
Lupus  Ferrar.   226.  545 

M. 

Maihingen  169—186.  620. 
Mailand  232. 
Mainz,  Chron.   414. 
Marchthal,  Necr.  35. 
Maria  Hof,  Necr.  29. 
Marianus  Scottusj  225. 
Marino  Sanuto  43  —  72. 
Martinus  Pol.   174. 
Martyrium  Arnold!  234. 
Mathias  von  Neuburg  234.   643. 
Mela  565. 

Metz  218-224.  618. 
Miltenberg  245. 
Miracula  S.  Thomas  623. 
Molsberg,  Bibl.  571. 
Monachus  Sangall.   228. 
Mongolen  647. 

Nassau  414.  645. 

Necrologia  7.19—41;  S.Emmer.  174. 

Nerses  von  Lampron  232. 

Nicolai  I.   epp.  242. 

Niederaltaich  642. 

Notae  Tiron.  225. 

Novara  239. 

0. 

Ordo  coronat.  imp.   643. 

Orosius  227,   409.   536.  539-541. 

Othochus  230. 

Ottenbeuren,  Necr.  37. 

Otto  Frising.  231. 

Otto   Sanblas.  225. 

Ottokars  Steir.  Reimchr.  6. 


Paris,  Papstbullen  143  —  167. 

Paschalis  IL   epp.    166.   198-212.^ 

Passau  646. 

Passio  Austremonü  195;  Colambae 
172;  Domitillae  172;  Gemiiionim 
620;  Quatuor  Corr.  226;  Quirini 
172;  Thimonis  623. 

Pauli  D.  Hist.  Lang.   228. 

Paulinus  minorita  57      71.; 

Petri  Bles.   epp.   175. 

Philippes  Mousket  5. 

Plinius  565. 


652 


Register. 


Pomerelleu  240.  645. 
Poppo  von  Niederaltaich  042. 
Prager  Aufstand  414. 
Prudentius  402. 

Q. 

Quintare  404—406. 

R. 

Radbod  von  Utrecht  640. 
Ragewin  226.   231.   641. 
Ratiugen  14. 

Recbtsbuch,  Bayr.  176;  deutsches  176. 
Regula  canonicorum   179. 
Reichenau  401  —  403. 
Reirachronik,  Cölner  245. 
Reinald  von  Coln  623. 
Reineri  Leod.  Ann.  225. 
Richer  226.  640. 
Robert  von  Torigny  232. 
Rom,  Bibl.  Vitt.  Em.  245. 
Rudolfus  Fuldensis  564. 

s. 

Saint-Cybard  630  —  636;  Martial  630. 
636;  Pierre  au  raont  Blandin  177. 

Salem  644. 

Sallustius  226. 

Salzburg  645. 

Sanct  Arnulf  in  Metz  218  —  224.  618; 
Emmeram  174.605.  620;  Eparcli 
630  —  036;  Georgen  29 ;  Mang  bei 
Fuessen  171 — 186;  Ulrich  und 
Afra  36. 

Schaffhausen  240. 

Scliwabenspiegel   170. 

Schwyzerchronik  235. 

Scotus  de  alphab.   647. 

Sicardus  Cremen.  412. 

Sidonius  Apoll.   4.   196.   226. 

Siegen   15. 

Sigeberti  V.  Sigeb.  410;  Theoderici 
410. 

Solymarius  243. 

Stadthagen  238. 

Stadtrechte  6.  9—17. 

Stephani  V.  ep.    159. 

Streit  bei  Mühldorf  142. 

Suetonius  530     533. 

Symmachus  4. 

T. 

Tacitu.s  527—530;    Germ.  408.    109. 


Tegernsee  608. 

Theodulfi  epistola  401. 

Thietmar  Mersb.  643. 

Thiofridi  V.  Willibr.   227. 

Thomas  Tuscus  641. 

Translatio  Alexandri  228;   Benedicti 

640. 
Trier  627. 

IJ. 
Urbani  II.   epistola   164. 
Ursberg,  Necrol.  37. 

V. 

Vellejus  525. 

Venantius  Fortun.  3. 

Venedig,  Archiv  417. 

Versus    aevi    Carol.    3.    7.    225;     de 

captaAccone412 ;  deEmchoneFris. 

397;    de    Humberto   618.   648;    de 

Rud.    rege  216;    de    Treveii  627; 

Gevehardi    623;     varii    172.    196. 

233.  396.  419.  420.  605—613. 
Victor  Vitensis   227. 
Vincentii  Spec.  bist.   175. 
Vita  Amoris  639  ;  Antonii  Senon.  407  ; 

Ant.    Vienn.     195;     Benigni    173; 

Bonifatii  039;  Columbani  171.  620; 

Dominici    195 ;     Euch.  Val.    Mat. 

171.     173.     628;     Francisci     195; 

Genofevae   227;     Georgii  Amastr. 

411;   Geraldi  195;  Germani  Autis. 

227;     Guilelmi   Bitur.   195;     Hed- 

wigis  173.    180.   234;   Heinrici  II. 

175.  623;   Ilildegardis  236;  Hrod- 

berti  410;  Lamberti  410;  Laverii 

645;  Ludovici  regis  195;  Lulli  174. 

242;  Lupi  Senon.  171.  620;  Magni 

172;    Majoli   195;     Martialis   195; 

Martini   172;  Meinwerci  226;  Ott. 

Bab.   175;  Petri  conf.  195;   Remi- 

gii   173;  Routperti   172.410;  Ser- 

vatii   173.  409.  640;  Severini  640; 

Silvestri  173;   Stephani  regis  237; 

Suidberti  228 ;  Udalnci  139  —  141. 

171.172;  Vedasti  171;  Willibrordi 

227. 

w. 

VVacli.stafeln  238.   245. 
Walahfrid   402.  403. 
Walonis  abb.   epp.   222. 
Weingarten,  Necr.  34. 
Weisaenau,  Necr.  34. 


Register, 


553 


Weistliiiiner  238. 
Wesel    13. 
Westerburg  572. 
Wido  Ferrar.   411. 
W'idukind   226.   639. 
Wig-onis  epp.   ö72. 
Wiilebriefe   044. 
Wipo   226. 


Wipperfürt   16. 
Würzburg-  6.   645, 


Zeitz,  Bibl.  244. 
Zürich  417. 
Zütphen  416. 
Zwifalten  33.  34, 


1 


DD  Gesellschaft  fUr  llltere 

2  Deutsche  Geschichtsloinde  zur 

G32  Beförderung  einer  Gesamm- 

Bd.7  tausgabe  der  Quellenschriften 

Deutscher  Geschichten  des 

Mittelalters 
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