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Full text of "Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie and Paläontologie"

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Neues Jahrbuch 


für 


Mineralogie, Genlogis u Palasontologie,, 


Gegründet von 
K. €. von Leonhard und H. 6. Bronn, 


und fortgesetzt von 


G. Leunhard und H. B. On, 


n Heidelberg und Dresdeı 


Jahrgang 1873. 


Mit V Tafeln und 5 Holzsechnitten. 


Stuttgärt.\ RS 
E. Schweizerbart’sche Verlagshandlung: I alten.) 
1873. 


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Inhalt. 


I. Original-Abhandlungen. 


Eichwald, E. v.: Ein paar Worte über Trilobiten-Füsse, 
Fühler und Taster (Mit Taf. I) . 

Geinitz, H. B.: über Inoceramen der Kreideformation 

Frenzel, A.: Mineralogisches 

Jentzsch, Alfr.: über die Ursachen der Eiszeit ; 

Sireng, A.: über den Kreislauf der Stoffe in der Natur 

Rath, G. vom: über das en des Leueits. (Mit 
Taf. I) i 

Lasaulx, A. v.: über den Ardennit‘ Le he a 

Höfer, Hanns: Studien aus Kärnten. II. Die Eiszeit in 


Mittelkär nten 
Streng, A.: Nikroskopische Untersuchung | einiger r Porphy- 
rite und verwandter Gesteine aus dem Nahe: Gebiete 
Wibel, F.: Mineralogische Mittheilungen . . . 242, 9 
Zelger: Terebratula vulgaris im Gipskeuper der Trias 
Frankens kr 3. Ser a 
Römer, Ferd.: Geologische Reisenotizen aus der Sierra 


Morena 

Lorejz,. H.: Geognostische Beobachtungen in der alpinen 
Trias der Gegend von Niederdorf, Sexten und Cor- 
tina in Süd-Tirol  . u nd 

Petersen, Th.: Notiz über den Basalt und Hydrotachyiy 
bei Darmstadt . . 

Möhl, H.: Mikromineralogische Mittheilungen“ 

Burkart: über das Vorkommen verschiedener Tellur- Mi- 
nerale in den Vereinigten Staaten von Nordamerika . 

Frantzius, A. v.: die warmen Mineralquellen in Costa- 
rica 

Schr öder, H2: “ Untersuchung “über die Volume onstitution 


einiger Mineralienw#90a.1E 05 oguner) aysr,&, ‚A561, 932 


* 


IV 


Dölter, C.: Bemerkungen über die Tuffbildungen in Süd- 
Tirol ....2 0.00 Dee ne 7 

Sandberger, F.: die Gliederung der Miocän-Schichten 
im schweizerischen und schwäbischen Jura . Et 

Scheerer, Tb.: über die Genesis der Granulite, mit be- 
sonderer Beziehung auf die sächsische Granulit-For- 
mation ee ei ee a. 

Geinitz, Eugen: Versteinerungen aus dem Brandschiefer 
der unteren Dyas von a bei Pillnitz in Sachsen 
(Mit Taf. ID) . 

Frenzel, A.: Mineralogisches 

Naumann, C.: über den jüngeren Gneiss bei Frankenberg 
in Sachsen (mit zwei Holzschnitten) 

Möhl, H.: Mikroskopische Untersuchung einiger Basalte 
Badens (Mil Bat. Ay). 0 

Geinitz, H. B.: Blicke auf die Wiener Weltausstellung 


im Jahre 1818.24, 
Behrens. H.: über das Spectrum des Edelopals (Mit TH. V) 


II. Briefwechsel. 


A, Mittheilungen an Prof, G. Leonhard. 


Cohen, B.: en Mittheilungen aus Griqualand-West . 

Kenngott, A.: Berichtigung über Manganophyll 

Pichler, FT "Spinell im Glimmerschiefer von Sterzing 

Sandberger, Fr.: über seine Herbstreise und Studien "des Tertiär- 
Gebirges; oberdevonische Petrefacten aus Ar Mineralo- 
eisches über Wittichen und Bieber . R wer 

Pichler, Ad.: neues Vorkommen von Sphen in ı Tyrol E 

Zirkel, 'Ferd.: Bemerkung, die nadelförmigen Kryställchen i in den 
Dachschiefern betreffend : 

Zirkel, Ferd.: kündigt sein Werk „die mikroskopische Beschaffen- 
heit der Mineralien und Felsarten“ an . 

Rosenbusch, H.: kündigt sein Werk „Physiographie der petro- 
graphisch wichtigen ? Mineralien“ an . 

Naumann, C.: Nachtrag zu seiner Abhandlung über den Granu- 
lit- Gang bei Auerswalde 3 

Cohen, E.: weitere Mittheilungen aus  Griqualand- -West: Vorkom- 
men der Diamanten . . ers 

Pichler, Ad.: Entdeckung von Resten der Steinzeit in Tyr ol 

Lasp eyres, H.: über die von ihm in den Jahren 1866 bis 1869 
bearbeiteten Blätter der geologischen Karte von Preussen und 
Thüringen; über Krystall- und Constitutions-Wasser; über Ot- 
trelit, Ardennit, Mangangranat, Psilomelan . : N 

Vrba, K.: über den Syngenit . RZ 

Laspeyres, H.: über den Maxit - 

Weisbach, A.: neue Uranerze von Schneeberg 


149 


150 
155 


155 
166 
292 
296 


Cohen, E.: geologische Mittheilungen aus der Transvaal-Republik 

Naumann, C.: die Pseudomorphosen von Malachit nach Atakamit 

Kenngott, A.: Untersuchungen an Dünnschliffen des isländischen 
Obsidian ä 

Doelter, C.: die Augit- -Andesite und Perlite des Tokaj -Eperioser 
Gebirges: Eintheilung der ungarischen Trachyte . am. 

Ottmer, E. J.: Entdeckung des Struvit bei Braunschweig 2 

Gümbel, C. W. C.: Fr. v. Kobell’s Stauroskop auch bei Dünn- 
schliff-Untersuchungen nützlich 3 

Cohen, E.: geologische Mittheilungen über die Goldfelder bei Ma- 
rabastad £ 

Drrasche, R. v.: geologische Mittheilungen “über die Umgebungen 
von Christiania . 

Rath, G. vom: ein Ausflug nach den Schwefelegruben von Girgenti 

Möhl, H.: kleine Beiträge zum Vorkommen des Tridymits, Breis- 
lakits und Sodaliths 3 LTD KRUSE RE IHN 

Pichler, Ad.: Diluvial-Torf bei Innsbruck . 

Loretz, H.: zur Geognosie der Gegend von Niederdorf, 'Sexten und 
Cortina in Südtyrol . 

Rath, G. vom: das Erdbeben von Belluno am 29. Juni 1873 

Cohen, E.: die Goldfelder von Leydenburg . i 

Dra sche, R. v.: Geologisches über Spitzbergen el: 

Kenngott, Ad.: Skolezit, Caleit und Apophyllit bei der Fellinen Alp, 
Maderaner Thal . 3 

Petersen, Th.: Apatit im Osteolith: Skolezit von Poonah 

Doelter, €.: die jüngeren Eruptivgesteine Siebenbürgens 

Loretz, H.: geologische Mittheilungen über Cadore, Fiorentinathal, 
Caprile und Zoldothal, Südtyrol . BR EBR 5 EORERRG MR Ber 

Pichler, Ad.: Geologisches aus Tyrol : } 

Laspeyres, H.: Quarz- Stalactiten mit Quarz- Krystallen ; 

Kenngott, Ad.: einige Berichtigungen, Analysen betreffend 

Scharff, Fr.: Quarz-Krystalle von Poonah . A 


Nies, Fr.: Photographie von Üestracion vi 


B, Mittheilungen an Professor H, B, Geinitz. 


Marcou, Jules: über seine geologische Kartenskizze der Erde und 
geologische Karte der Vereinigten Staaten und von Canada . 

Messikommer, J.: Erfunde in Pfahlbauten . 

Weisbach, A.: Arsenkupfer von Zwickau . 

Heer, O.: die arktische fossile Flora .. . 

Feistmantel, Ottokar: die Kohlen Österreichs auf der Weltaus- 
stellung 

Ooster, A.: die Faunen der Gegend am Thuner See und der Ral- 
ligstöcke 

Schmidt, Fr.: Notiz über die Silurformation am Dniester in Podo- 
lien und Galizien und über Pteraspis Kneri im Besondern 

Zepharovich, V.v.: kündigt den zweiten Band seines mineralogi- 
schen Lexicons für das Kaiserthum Österreich an er 

Römer, Ferd.: Nachruf an Ewald Becker . 

Verbeek: Nummuliten auf Java ; 

Zim ai K. G.: über die alten Harzgeschiebe bei Wernige- 
rode . UST RIITRHBUT.N ZB... AOETE 


Seite 


391 
393 


394 


397 
400 


400 
511 


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63 
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167 
167 
169 
172 
172 
297 


297 


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Gümbel, ©. W.: Coccolithen im Eocänmergel; fehlen dem Tiefsee- 
schlamm der bayerischen Alpen; Untersuchung dichter Kalk- 
steine; Arten der Oolith-Bildung ÜL 

Schmid, E. E.: Mammuth-Skelet im Süsswasserkalk” von Taubach; 
über ae seutellat« 3 

Laspeyres, H.: über das Rothliegende der Provinz Sachsen und 
dessen marinen Ursprung ER 

Römer, Ferp.: Bericht über eine Reise nach Spanien 

Baltzer, A.: Replik, betreffend eine Hypothese über den natür- 
lichen Verkohlungs-Process und die Constitution der Kohlen 

Dana, J. D: Expedition von Marsh in die Rocky Mountains; über 
die Vertebraten aus den Fort Bridger Schichten . ; 

Stoliczka, Ferd.: Reise in den Himalaya . . get.) 

Beckers, Ida v.: Erdbeben bei St. Paulien, Hte. Tome u... € 


Seite 


Stelzner, Alfr.: über seine Reise durch die argentinischen Provin- 


zen San Juan und Mendoza und die Cordillere zwischen dem 31. 
und:33.°.8:.Br.. .. ..  „lsurlaaeh ne a Te 
Stelzner, Alfr.: über die Genesis des sächsischen Granulit 
Eck, D.: über Aspidura scutellata . : 
Frenzel, A.: über den Fundort der Pseudomorphosen von Wismuth- 
spath nach Scheelspath . ER : - 


Mittheilungen des oberrheinischen geologischen Vereins I, 


Knop, A.: über die Nickelerze von Horbach bei St. Blasien im 
Schwarzwald . 

Knop, A.: über das Vorkommen von Petroleum bei Reichartshau- 
sen im Odenwald 

Platz, Ph.. über Petrefacten im bunten Sandstein 


III. Neue Literatur. 
A. Bücher. 


1870: Eberling,K... 


1871: Heer. O., ; Newberryi 7. gi 
Hayden, By: Ä 
Baily, W. H.2 Cox; E. Pi 


1872: Barrande, % Brandt, Al; western 0; ie A; 
Göppert; Issel, Art.; 'Koenen, v.: Koninck, de; 'Ma- 
renzi: Parker, Quenstedt: Ramsay; Reichardt:; Reiss 
und Stübel; Richter, R.; Sadebeck, A.; Schmidt, 1 
Senfter, R.: Stoliezka, were 

en. Max; Ben E; ee 
Pr.v.; Hilgard: Hileer und Nies; Hochstetter, By. 
Kravosl, H.; Loriol, de; Marsh; Nies, Fr.; Sn IRar 
ger, Stoliczka,R.; Stiehler: Studer, B.: Vrba, 
K.: : Vogelgesang; Wiik 3 


Bee J.;, Dames, W.; Daubree; Feistmanie 0.: ok, 


521 


929 
933 


408 
174 
408 
949 


66 


175 


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Seite 
C. W.C.; Göppert; Halenke; Hebert; Hyatt; rue 
Em.; : Marsh, O.; Schlüter; Stoppani ENDE, 305 
Bältzer, IA: De F.W.liossen,..R. X: Bere Shla- 
were in. E 408 
Favre, E.; Hankkan! “. Y:; in: Di an K. i 536 
Artope; Brandt, J. F.; Feistmantel, Öt.; ; Steenstrup, 
J.; d’Aoust, Virlet . . \ I RS 860 
Frantzius, A. v.; Nathorst, HG. 949 
1873: Hessenberg, Fr.; Hull, Ed,; ; Innstädten, vs Knop, A; 
Leonhard, G.; ‚ Mayer, a 67 


Asten, H. v.; Dune: G: Dieffenkisch: Ber Ei. 
SCHET, Ferd.; King, W.: Köhler, Ernst; Marsh: Runge, 
W.; . Würtenberger, Leop. . GR 176 


ende J.; Boricky; Cope, Ed.; otta: B. V.; Greg: 
ner, Herm.; Dawson; Feistmantel; Geinitz, 'H. B.; 
Grassmann, Rob.; Hull, Ed.; Jones, 'R.: Kobell, Fr. v.; 
Kornhuber, A.; Laube, G.; Leonhard, G.; Platz, Ph.; 
Sandberger,F.; Schmidt, Fr.; Serope, Poulett; Streng, 
A. u. Zöppritz, K.; ; Tyndall, AL, Weisbach, A.; Will- 
komm, M.; Winkler, Gl.; . Zepharovich, Nee 306 


rent, ei Boricky; Br N Bürchardt, P. v;, 
Cope, Ed.; DBan3:'J: D.; Doelter, €; Drasche,.R. W.; 
Eberling, C.; Feistmantel, Ot.; Gaudry, Alb.; Hel- 
land, A. u. Münster, E.; Keyserling, Al.; Nöggerath, 

J.; Novak, Ot.; Orth, Alb.; Schalch, Ferd.; Scheerer, 
Th. u. Drechsel, E.; Schrauf, Albr.; Schreiber; Strü- 
ver; Törnebohm; Tschermak, G.; ; Vogt, a 408 


Een, Is.; Bertrand, E.; Bihkn. R.; Cope, Ed.; 
Diana. d. D.; "Daubree; Dechen, H. v. ; Engelhardt, 
H.; Favre, E.; Gaudry, Ä.: Heer, 0.: Efitae, C.; Korn- 
huber, A.; Manzoni, A.; Mayer, K.; Müller, Albr.; Old- 
ham; Pavay, A. v.: Ramsay; Schlotke, J.; Stelzner, 
Alfr.; Suess; Woodrow, J.; ; Würtenberger, Leop.; Ze. 
pharovich, VESVE LE. : 536 


Baltzer, A.; Brauns; Cotta, B. v.; hands: Eoße, 
Ed.: Erdmann, Es; Ehrenberg: Gosselet et Bertaut: 
Groddeck, A. v.; Hofmann, Alfr.; Lundgren, B.; Moi- 
sisovics, E. v.; Perry, J.; Quenstedt, F. A.; Rosen- 
busch, H.; Sandberger, F.; Seebach, K. v.; Silliman, 
B.; Stoll, K.; Süss, E; Williamson; Winkler, T. C. 631 


J. van Binckhorst van den Binckhorst; Fuchs, C. W. 
@,; Beonhard, G.;'L yell, Ch.; Neidig, W.; Barkas, 
Pallister;, Sadebeck, Al.; WAoust, Virlet; Wolf, Fh.; 

. Zirkel, 'F.: . Zaengerle, A. 747 


Elantord, W.; Böttger, O.; Brande, I F.; . döne Ed.: 
Dawson; Dechen, H.-v.; Desor, E.: ; Forsyth- Major: 
Fresenius, KR: Fritzgärtner, IE Fuchs, Abbe Haar- 
mann; Haushofer, K.;, Heim, Alb.: Karsten, 2 Ko- 
ninck, de; Leeds, Alb.: Linnarson; Mojsisovies, E. 
SE Löwig, Er.: Redtenbacher, N: Reuss, Sa- 
debeck, Al.; : Rütimeyer, u: Stache, fi; en 
IE Strehle, A.; Stübel, ALL.: ; Weiss, I. Zepharovich, 

Ä er Beer. 2.888 


VIII 


Seite 
Boeckh, Joh.; Cope, E. D.; Deehen, H.v.; Feistmantel, 
Öt.; Frantzius, A. vw; Genth, F. A.: Hantken, M.v. u. 
Madarasz, 8. E.v. - Hofmann, K.; Lasaulx, A. v.; Mix- 
ber, WG u. Dana, E. S.; Möhl, H.; Nathorst, Alfr.; 
Nies, Fr.; Pfaff, Fr.: Richthofen, Ferd. v.; Sandber- 
ger, F.: Wiebel, K.W. M: : Wake ne u 79:0 


B. Zeitschriften. 


a. Mineralogische, Geologische und Paläontologische. 


Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Wien. 8°. 
[Jb. 1872, VI] 


1872, XXIL No. 4, 8. 3312400 °. '. er 177 
1873, xx 0 1, Tone en ar 
xt. 9,0, 11712908 9 a ee, 


Mineralogische Mittheilungen. Ges. von G. Tschermak. 
Wien. 8°. [Jb. 1872, VL] 


872, Heft 4, S. 199— 265, Taf. VI ee 147 


a ill han Re A 
a 0 0. 683 


Verhandlungen der k.k. seolakiebher Beichsaustadt. 
Wien. 8°. [Jb. 1872, VI] 


1872.00. 15) 83032331 euer. 
„ 16, 323338 \ekiodsa unlaumrnet 
„ailT,t, 339-3581 N. Bush ir 1 

1878, No: 1,82 211B4e sitsatt urn U Er. Ve 
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13, „. 231—246 en: 9 


Balance, ee zur nes der 
Vorwelt. Herausgeg. von W. Dunker u. K. ZırteL. Cassel 8°. 
[Jb. 1872, VII] 


1872, 20. Bd. Re Bra we Se el 
1873, Ei Bd., 1. Lief. ent. ee ee 22 
. Bde; 2,3, Biel 2... 7 FURL We 


Me der Deutschen oito oe GeBellscheft. 
Berlin 8°. vn 1872, VL] 
1872, XXIV, 3, 8. 419—603, Tf. XVI—-XXI ee I. 176 
XXIV, 1 „ 604— 817, ; AXII-RR VIE. BE .. AU 
1873, XXV, 17% 12216, % I—IV eaunste,.h . 539 
XXV,-2, „ 117-355, .„. V—-VII nn ER... 748 


IX 


Bulletin de la Societe geulogsane de France., Paris 8°, 


TJb. 1872, VII] 


1872, No. 6, XXIX, p. 385—480 . 
er 7, XXIX, p. 481—583 . 
XXX, p- 
YNY.p. 117164. 
Nat I 960. Karaee mas Aa ge 
Annales des sciences g6ologiques. Red. par Hebert et 
Milne Edwards. 


I, 
» 5 


1871—1872. IL 3. 


1—117. 


Paris 8°. 


[2 


The Quarterly Journal of che Eealagican ee Tondon 


8°. [Jb. 1872, VIL] 


1872, XXVIIL No. 112, Novb., p. 381—510 

113, Febr, „ 1-9 

114, May, „ 97-317 

115, Aug., „. 317492 

The Geological Magazine, by H. Woodward, J. Mani 2. 
London 8°. [Jb. 1872, 


Be XXX, 


208 
ZR _ 


R. Etheridge. 


1872, Novb., No. 


Dech., 
1873, Jan., 
Febr., 
March, 
April, 
May, 
June, 
July, 


„ 
” 


101, p. 481—576 


102, 


103, 
104, 
105, 
106, 
107, 
108, 
109, 


529—576 

1— 48 
49— 96 
97—144 
145—192 
193 —240 
241—288 
289— 336 


b. Allgemeine naturwissenschaftliche. 


Sitzungs-Berichte der Kais. Akademieder Wissenschaf- 
[Jb. 1872, VII] 

1871, LXIV, 1 u. 2, S. 1—281 

1872, LXV, 1—5, S. 1—427 . 


Sitzungs-BerichtederK. Biyeltscheh Klfdenlie der Wis- 


ten. Wien 8°, 


senschaften. 
1872, 2, S. 107—259 


München 8°. [Jb. 1872, 


Sitzungs-Berichte der utumvhissönschkift lichen ‚Gesell 
schaft Isis in Dresden. Dresden 8°. [Jb. 1872, VII.] 
1872, No. 7— 9, S. 97—135 TE 
5 10-12, ;+186--190 
1— 75 : 
Leopoldina. Amtliches Organ der Ka Le sholdinn- Caro. 
linischen deutschen Akademie der Naturforscher. 


1873, 


Dresden. 4°. 


1872, Heft VII u. VII . 


» Ion 3, „ 


18721873, VIII, No. 4—8 
1873, VIII, No. 


A AU 
IX, 5 


9I—12. 
13—15 . 
1— 4. 


Annalen der Physik und Oheinie. Red. von J. C. Poggen- 
dorff. Leipzig 8°. 
1872, No. 11—12, CXLVIL, 8. 321-635 


[Jb. 1872, VII.] 


Seite 


72 
179 
310 
413 
750 


541 


73 
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543 


71 
412 
634 
951 
951 


68 


1873, No. 1 

„. 3 CXLYHL , 177336 
5, CXLVIN, „ 337.496 

„4 OXUNDII.. 197660 

NH OXLIN 108 


Journal für practische Chemie. Red. von H. Kolbe. Leip- 
zig 8’. [Jb. 1872, VIL.] 
1872, VI, No. 14—16, S. 145—257 
VI, „ 17-20, „ 257—480 


1873, VIL „ en 
VL , An zn 492 I98 
um... 8.0, 922199 
YIl,. „. 25-6, „los pse 
N. 7, „ 289-395 
VIT, ” 8, ” 


Varhandlungen des nafihhiktoris chin eben übt Prens- 
sischen Rheinlande und Westphalens. Herausgegeben 
von €. A. Andrae. Bonn. 8". [Jb. 1872, 69.] 


1871, XXVIIL 1—2. Abhandl. S. 1—263. Corr.-Bl.: 1—124; Sitz.- 
Ber. 1.156 


1872, XXIX, 1. Abhandl S. 198: Chrr) Bl. s. ie _47. Sitz. Be. 
S. 1-80 . 
Abhandimiben des schlesischen Geselaha für ber: 
ländische Cultur. Breslau 8°. [Jb. 1872, 71.] 
1871, S. 1—77 . 5 
Nenn dwierzigster dar esbekicht der schlesischäsi er 


sellschaft für vaterländische Cultur. Breslau 8°. [Jb. 
1872, VII.] 


1871, S. 1—356 


Jahresbericht dds Naskati.cheh vr erdihae Ne 
Wiesbaden 8°. [Jb. 1870, 619.] 
1872, S. 1—496 


Schriften der ech: Skonensnc hen Baht 
in Königsberg. Königsberg 8°. 
1872. Dreizehnter Jahrg. S. 1—88 . 

Schriften der naturforschenden Geneldbchnne Dandie. 
Danzig. 8°. 

1872, IIL, 1, S. 1—226 . : 

Verhandlungen des nainrforschendien eneikfsn in Bein. 
Brünn 8°. [Jb. 1872, IX.] 

1872, X, S. 1—239 
1873, XL, S. 1—212 

Correspondenz-Blatt des zooloriach miner tee 
Vereines zu Regensburg. 26. Jahrg. Regensburg 8". 
[Jb. 1872, VIII] 

1872, S. 1—19 . 

Notizblattdes Vereins für Erdkunde sind zer wöndite a. 
senschaften und des mittelrheinischen geologi- 
schen Vereins. Darmstadt 8°. [Jb. 1872, IX.] 

1872, III. Folge, 11. Heft, No. 121—132. 8. 1—192 


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Seite 


177 
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951 


309 


412 


XI 


Drei und zwanzigster Jahresbericht der Naturhistori- 
schen Gesellschaft zu Hannover. Hannover 8°. 
[Jb. 1872, IX.] 
1871— 1872, S. 1-71 . 
Protokolle des Sächsischen Ingenieur- und Architek- 
ten-Vereins. Dresden 8. 
1873, 8. 1-98 . 


Verhandlungen der tree aeelhehakt in 
Basel. Basel 8°. [Jb. 1872, a 
1873, V, 4. S. 527—703 { 


Jahrbuch des ataehndtorischlen Kandel; in Kärn- 
then. Klagenfurt 8°. 
1873, 11. Heft. S. 1—218 und I—XLVNHI 


Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscon. 
Mosc. 8°. [Jb. 1872, IX.] 
18722, XLV, :p. 295449, 
SERUNVT,  1-241; 
4, XLVI, „ 242—427 . 
1873, 1, DEV, © 1172 : 


Comptes rendus hebdomadaires de seances He Erlnde: 
mie des sciences. Paris 4°. [Jb. !872, IX.] 


1872, 28. Oct. — 2. Dec., No. 18—23, LXXV, p- 973—1564 
9. Dec. — 30. Dec., „ 24—27, LXXV, ,„ 1565—1848 
1873, 6, Janv. — 24. Fevr, „ 1— 8, LXXV], „ 1— 508 
53. Mars — 5. Mai, „ 9-18, LXXVI „ 509-1152 
12. Mai — 2. Juin, „:19—22, LXXVL „ 11553—1372 
9. Juin — 50. Juin, „ 23—26, LXXVI, „ 1373—1423 


7. Juill. — 21. Juill, „ 1-5, LXXVL, „ 1— 224 
28. Juill. — 25. Aout, „ 4— 8, LXXVIL „ 225— 544 
WInstitut. J. Sect. Sciences mathematiques, physiques 
et naturelles. Paris 4°. [Jb.. 1872, IX.] 
1872, 20. Nov. — 25. Dec., No. 1986—1991, p. 369—416 
1873, 1. Janv. — 30. Avr., „ 1— 18, 1-14 
7. Mai — 25. Juin, „ 19— „. 145—208 
Revue des sciences naturelles. Red. par E. Dubreuil et E. 
Heckel. Montpellier et Paris 8°. 
1872, tome I, No. l, p. 1-116 
„2-5, „ 117444 
1822, ,tome TL,uu,-5:1; “ 3— 168: min. 
Archives du Museum dhistoire naturelle de Lyon. 
Lyon 8°. 
1872, tome I, p. 1—35.. . 
The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Maga- 
zine and Journal of Science. London 8%: [Jb. 1872, IX.] 
1872, Oct., No. 293, p. 241-320 alla IE 
Nov.—Deec., „ 294—296 „ 321-480 
1873, Jans —Kebr., x „297-298: 1:1 11-160 
March, 51299, soniay. «1615-240 
April—-May, „ 300—301 „ 241—400 
June, ..,„..302, „ 401—472 
July, 303, 1,88 
Transactions of the Edinburgh Geological Society. 
Edinburgh 8°. 
1872, vol. I, p. 1—147 


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542 
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74 


x 


Natural History Transactions of Northumberland and 
Durham. London 8". 


1872, IV, p. 305—588 


Memoirs of the Boston REICHT: DE Natiral History. 
1871—1872 
The American Jour ia .: science en a ne la an 
and J. D. Dana. New Haven 8°. [Jb. 1872, 


1872, Nov., IV, No. 23, p. 345—424 
Dee. IV -; 24, „ 425—506 . 
1873, Jan. --March, V, „ 25—27, „ 1—242 . 
Apr. May, V, „ 28-29, „ 243—410 . 
June, -V, 5 30, „ 411—49 . 
July, NT = 31, „it 480 
Aug, WE”, 32, 8160 


Sen, N > 33, „ 1612040 
Oct NE 34, „ 241-320 


The American Naturalist. Salem. Mass. 8. Dj 1871, in] 
1870, 9, Nor ner, 
1872, VL No. 1-11, p. 1-70 
ie of the Academy of ee 5 Eh 
ladelphia. Philad. 8°. 
1871, I-IUI . 
1872, I—I . 


Report of the 42. Meeting of the Br eis Assorialkon for 
the Advancement of Science, held at Brighton in Au- 
gust 1872 En RÜEHERE ı DR or u BER >. > 


IV. Auszüge. 
A, Mineralogie, Krystallographie, Mineral-Chemie. 


Hessenberg, Fr.: über Perowskit von Wildkreuzjoch, Pfitschthal 
Rath, G. vom: über die Zwillings-Gesetze des Anorthits 


Kobe 1, Fr. v.: die Mineralien-Sammlung des bayerischen Staates 
Sadebec k, K über Fahlerz und seine regelmässigen Verwach- 
sungen 


Des Cloizeaux: Memoire sur une nouvelle localite d’amblygonite 
et sur la montebrasite, nouveau phosphate d’alumine et de li- 
thine hydrat6 : 

Brezina, Ar.: Entwickelung der Hauptsätze der Krystallographie 
und Krystallophysik 

Hessenberg, Fr.: Kalkspath vom Rödefjord auf Island . 

Rath, G. vom: über zwei Kalknatron-Feldspathe aus dem Ural . 

Vrba: Analysen des Pit von Kalusz und Identität des Kaluszit 
mit dem Syngenit . & & 

Schrauf, Albr.: Aragonit von Sasbach . . 

Lu dwig, E.: über die chemische Formel des Epidot 

Cleve: über das Vorkommen von Cuban in Schweden . 

Weiss: über Quarz-Krystalle aus dem Wallis . I 

Laube, G.: eine Pseudomorphose von Dolomit nach Granat . 


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XI 


Schrauf, Albr: zur Charakteristik der Mineralspecies Rittingerit 

Hessenberg, Fr.: Sphen von der Eisbruckalp, Tyrol . \ 

Schrauf, A.: über Beryll . 

Websky, M.: über die Krystallformen des Pucherit von Schnee- 
berg . :. -. heh 

Arzruni: über den Cölestin von Rüdersdorf und Mokkatam 

Arzruni: über den Einfluss isomorpher PERICHENBER) auf die A 
stallgestalt des Cölestins BFH Aa! 

Hessenberg, Fr.: Axinit von Botallack in Cornwall { 

Rath, G. vom: über einige Leucit-Auswürflinge vom Vesuv . 

Bauer, Max: Hemimorphismus beim Kalkspath 

Vrba, K.: Tridymit als Einschluss in Bergkrystall 

Pisani: über Silberamalgam von Kongsberg RRIIHTE EM 

Laube, G.: arseniksäurehaltiger Uranglimmer (Zeunerit) von Joa- 
chimsthal 

Tschermak, G. die Glimmerkugeln von Hermannschlag in Mähren 

Weisbach, ‘A.: neue Uranerze von Neustädtel bei Schneeberg 

Kobell, Fr. v.: über den neuen Montebrasit von Des Cloizeaux 
(Hebronit) . s | „aut 

Nies, Fr.: über ein Kobalt- haltiges Bittersalz . 

Weiss: über Vorkommen von Zeolithen im Basalt des Limperich- 
kopfes bei Asbach . A RR 

Koninck, L. de: über einige belgische Mineralien ; 

Hamm, P. v. : Analyse des Pennin von Rympfischwäng bei Zermatt 

Rath, G. vom: Tridymit im neapolitanischen Vulkan-Gebiet . 

Nies, Fr.: über Aphrosiderit \ 

Zepharovich, V. v. : „Mineralogisches Lexicon für Österreich“ II 

Kobell, Fr. v.: „Tafeln zur Bestimmung der Mineralien mittelst ein- 
facher au Versuche auf trocknem und nassem Wege.“ 
10. Au S 

Rath, G. vom: Nephelin in dem niederrheinischen Vulkan-Gebiet . 

Schrauf, Albr.: Atlas der Krystallformen des Mineral-Reiches. 4. 
Lie { ER NONE ri 

Schrauf, Albr.: Krystallformen des. Bleiglanz h 

Pusirew sky; b.: Nefediewit, ein neues Mineral ! 

Leuchtenberg, N. v.: über zwei neue Formen an russischen Broo- 
kit-Krystallen > 3 s 2 

"Kokscharow, N. v.: über ein merkwürdiges Exemplar von Gedie- 
gen Kupfer dB RN 

Jeremejew, P.: über die Krystalle des Wolframs im Vergleich zu 
denen des Columbits . 

Kokscharow, N. v.: Malachit- -Pseudomorphosen aus den Turjin- 
schen Kupfergruben Ä ech, 

Kokscharow, N. v.: über einige Formen des Berylis 

Muschketow, J.: über den Wolynit . \ 

Sadebeck, A.: Vorkommen des Scheelits bei Graupen in Böhmen 

Dana, Edw.: über einen Andalusit- -Krystall von Delaware, Pennsyl- 
vania . ME N nn 

Vrha;.&.: Caleit-Stalaktiten von Niemtschitz 

Vrba, K.: Caleit vom Erzberg in Steiermark 

Rath, G. vom: über den Mikrosommit . 

K obell, Fr. v.: über den Kjerulfin, eine neue Mineral- Species von 
Bamle in Norwegen i £ Ne up. 

Kobell, Fr. v.: über den Waenerit £ 

Hessenberg, Fr.: Kalkspath von Andreasberg 


XIV 


Brezina, Arist.: krystallographische Studien über Albit . . 

Strüver: italienische Uebersetzung von Pokorny’s illustrirter Ge- 
schichte des Mineralreiches 

Zepharovich, V. v.: über den Syngenit, ein neues Mineral der 
Salzlagerstätten ; Sun 

Tschermak, G.: Kalisalz aus Ostindien . . 

Brezina,A.: "Bergkrystall von Nächling bei Waidhofen an der Thaya, 
Niederösterreich 

Hilger: über ein Titaneisen von 'abnormer Zusammensetzung 

Pisani: Analyse des Jeffersonit von Franklin . ; 

Sipöcz, L.: Analyse des Jordanit von Imfeld im Binnenthal 

Pisani: Analyse des Arit vom Berge Ar. . 

Brezina, A.: Anatas und Brookit vom Pfitscher Joch in Tyrol 

Schr auf, A.: Krystall-Form des Lanarkit von Leadhills . 

Schrauf, A.: Schröckingerit, ein neues Mineral von Joachimsthal 

Schrauf, A.: die Krystallform des Pharmakoliths 

Sch rauf, A.: die Krystallgestalt des Pseudomalachits i 

Rosenbusch, H.: „Mikroskopische TRSSDETADINN ur petrogra- 
phisch wichtigen Mineralien“ . 

Schrauf, Albr.: über Brookit . 

Scheer er, Th. und Drechsel,. E.: künstliche "Darstellung von 
Flussspath und Schwerspath $ 

Haushofer, K.: über eine mechanische "Trennung zusammenkty- 
stallisirter Körper . 

Boricky: über neue Mineral- Vorkommen in der Gegend von Waltsch 

Sadebeck, Alex.: Gustav Rose’s Elemente der Krystallographie. 
3. Aufl. Berlin 1873 . 

Zirkel, Ferd.: die mikroskopische Beschaffenheit der Mineralien und 
Gesteine. Leipzig! 1873... ; 

Winkler, Cl.: über die chemische Constitution einiger Uran-Minera- 
lien. .. z a uupe 

Friedel, C.: Delafossit, ein neues Mineral . . 

Exner, Fr.: Untersuchungen über die Härte an Krystall- -Flächen . 

Hof mann, Alfr.: über das Chromerz-Vorkommen in Ungarn und 
dessen Aufschliessen . 

Genth, F. A.: Korund, dessen Umwandelungen und vergesellschaf- 
tete Mineralien . 

Drasche, R. y.: über eine pseudomorphe Bildung nach Feldspath 

Fuchs, C. W. C.: guide pratique pour la determination des mine- 
raux, traduit de l’allemand par Aug. Guerout 

Schrauf, Albr.: Mineralogische Beobachtungen V 

Schrauf, Albr., Krystallformen des Binnit . 

Schrauf, Albr.: Krystallformen des Boraeit 5 

Quen stedt, Fr. Aug.: Grundriss der bestimmenden und rechnen- 
den Krystallographie nebst einer historischen Einleitung . 


B. Geologie, 


Knop, A.: Studien über Stoffwandlungen im Mineralreiche, besonders 
in Kalk- und Amphiboloidgesteinen . 

Fuchs, Th.: über eigenthümliche Stör ungen i in den Tertiärbildungen 
des Wiener Beckens und über eine en Pe loser 
Terrainmassen ! E U RERTN „an i 


95 


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XV 


Daubr&e: Untersuchung der Gesteine mit ee neerle Eisen von Grön- 
land 

Stache, G.: der 'Gneiss von Bruneck im Pustertal und über den 
Begriff Centralgneiss . . . 

Senoner, Ad.: General-Register der Bände XI_XX des Jahrbuches 
und der Jahrgänge 1860—1870 der Na der Rn 
schen Reichsanstalt J 

Gätzschmann, M. F.: „die Aufbereitung“ 

Dana, J. D.: Corals and Coral Islands 

Washingtoner Meteorologische Berichte . . 

King, Clarence: United States Geological Exploration of the 40. 
parallel: III. °: 

Diefenbach, Ferd.: Plutonismus und Vulkanismus in der Periode 
von 1868— 1872 und ihre Beziehungen zu den Erdbeben im Rhein- 
gebiet e 

Kravogl, Herm.: Zusammensetzung "und Lagerung des Diluviums 
um Innsbruck . 

Marschall, Carl v. : über die allmähliche Verbreitung und Entfal- 
tung der Organismen auf der Erde Ä 

Marenzi, Franz: en über Geologie oder die Einsturzhypo- 
these . SR Na ee 

Rath, G. vom: der Ätna . 

Whitney: The Owens Valley Earthquake ; 

Stache, Dr. @.: Notizen über das Erdbeben in Wien am 3. Jan. 
18 : near pe 

Poulett Scerope, G.: über Vulkane 

Hauer, Franz R.v.: Geologische Übersichtskarte der österreichisch- 
ungarischen Monarchie REN 

Beust, Const., Freih. v.: die Zukunft des Metallbergbaues i in Öster- 
reich ! 

Tietze, Dr. Em.: Geologische "und paläontologische ‚Mittheilungen 
aus dem südlichen Theil des Banater Gebirgsstockes 

Tietze, Dr. Em.: das Gebirgsland südlich Glina in Croatien 

Geologische Karte von Schweden . 

Geologische Karte von Preussen und den Thüringischen Staaten 

Karten und Mittheilungen des Mittelrheinischen Geologischen Vereins 

Laspeyres, H.: Geologische en aus der Provinz Sach- 
sen . 

Maw, George: Bemerkungen zur Geologie der Ebene von "Maroceo 
und des grossen Atlas b 

Trautschold, H.: das Gouvernement Moskau 


Hummel, David: Apercu de la Geologie du Hallands As. 
Erdmann, E.: Beiträge zur Frage von den Niveauveränderungen 
Schonens 
Jentzsch, Alfr. C.: “über das Quartär der Gegend von Dresden und 
über die Bildung des Löss im Allgemeinen . . 
Haidinger, W. v.: des Herrn Joachim Barrande Systeme Silurien 
du Centre de la Bohöme . im: 
Untchj, G.: Beitrag zur Kenntniss der Basalte Steyermarks 
Meyer, E. v.: über die in Steinkohlen eingeschlossenen Gase . . 
Mauthner, J.: Analyse des Eklogit von Eibiswald in Steyermark 
Schröckenstein, Fr.: vom Czipka-Balkan. . : 
Gurlt, Ad.: Übersicht über das Tertiär-Becken des Niederrheins . 
Gümbel, C. W. C.: Gletscher-Erscheinungen aus der Eiszeit 
Richthof en, Ferd. v.: über den chinesischen Löss . 


Seite 


xVI 


Baltzer, A.: über den natürlichen Verkohlungs-Process 

Köhler, J.: die Eruptivgesteine des sächsischen Voigtlandes 

Dijk, van et Ermeling: Rapport sur le sondage & vapeur pour 
la recherche d’eau potable & Grisee, Ile de‘ Java _. 

Orth, Alb.: Geognostische Durchforschung des Schlesischen Schwemm- 
landes zwischen dem Zobtener und Trebnitzer Gebirge . . 
Streng, A. und Zöppritz, K.: über den basaltischen Vulkan 

Aspenkippel bei Climbach’unweit Giessen 

Volkmar, O.: Analyse des Andesit von Czibles im Gutiner Ge- 
birge im n. Siebenbürgen : : 

Fuchs, €. W. C.: die Insel Ischia NE ea - 

Vo selgesang: geologische Beschreibung der Sectionen Triberg 
und Donaueschingen i 

Geikie, James: über Wechsel des Klima’s während der Glacial- 
Epoche SE 

Hitchcock: die Steinkohlengebiete i in den Vereinigten Staaten. Nord- 
amerika’s . 

Hull, Edw.: the 'Coal-Fields of Great Britain, their history, "struc- 
ture and ressources with notices of the Coal-Fields of other 
parts of the world 

Nies, Fr.: der Kalktuff von Homburg am Main und sein Salpeter- 
Gehalt 

Schalch, Ferd.: Beiträge zur Kenntniss der Trias 'am s. ö. Schwarz- 
wald. 

Hilgard, Eug.: ‘on the geology 'of lower Louisiana and the Salt- 
Deposit on Petite Anse Island z 

Hayden, F. v.: final Report of the U. St. geological survey of Ne- 
braska and portions of the adjacent territories 

Daubre&e: über den Ursprung der sedimentären Gebirgsschichten . 

Hayden, F. v.: preliminary report of the U. St. geological survey 
of Montana and portions of the adjacent territories E 

Sandberger, F.: Weitere Mittheilungen über den Buchonit 

Doelter, C.: über das Muttergestein der böhmischen Pyropen . 

Grassmann, Rob.: „die Erdgeschichte oder Geologie“ } 

Strüver: eine Besteigung der Torre d’Ovarda im Aug. 1872 

Hochstetter, F. v.: die geologischen Verhältnisse des ö. Theiles 
der europäischen "Türkei a  E 

Gibson, J.: die Salz-Ablagerungen des w. Ontario 5 

Mack, GN: geologische Skizze der Argentinischen Republik . 

Dall, w. H.: geologische Bemerkungen über Alaska 

Höbert: Documens relativs au terrain cretace du midi ‚de la 
Franee . ; 

Törnebohm: über die Geognosie der schwedischen Hochgebirge E 

Schreiber, A.: die Boden-Verhältnisse Magdeburgs und der Strecken 
Magdeburg- Eilsleben-Helmstedt . . - 

Koenen, v.: über die Phosphorite der Magdeburger Gegend 

Karten und Mittheilungen des mittelrheinischen geologischen Ver- 
eins. Section Worms von R. Ludwig. . FEN. % i 

Waltenberger, A.: Orographie der Algäuer Alpen Ad: 

Poulett- Serope: die Bildung der vulkanischen Kegel und Krater 

Boricky: über die Anthracide des oberen Silur-Gebietes in Böhmen 
und über den Tachylyt von Klein-Priesen Shen 

Platz, Ph.: das Steinsalz- Lager von Wyhlen . . - 

DE asche, R. v.: zur Kenntniss der Eruptivgesteine 'Steyermarks : 

Doelter, 'C.: zur Kenntniss der quarzführ enden Andesite in Sieben- 
bürgen und Ungarn BER“ - EERTEN| 


XV 


Studer, B.: Gneiss und Granit in den Alpen . . . 

Baltzer, A.: der Glärnisch, ein Problem alpinen Gebirgsbaues 

Lossen, K. A.: über den Spilosit und Desmosit ZinckEn’ = ein Bei- 
trag zur Contact-Metamorphose i ERETE HN! SEE 

Müller, Albr.: über Gesteins- Metamorphismus . 

Dana, Edw.: über die Zusammensetzung der Labradorit- Gesteine 
von Waterville, New-Hampshire . . 

Boricky: über die Alters-Verhältnisse und Verbreitung der Basalt- 
Varietäten Böhmens k 

Berendt, G.: Vorarbeiten zum _ Bernstein-Bergbau im Samlande 

Berendt. G.: Unreifer Bernstein 

Dana, J. 'D.: über einige Resultate der Contraction der Erde durch 
Abkühlung, über den Ursprung der Gebirge und die Natur des 
Bananen gu Sale mn au. OWL 

Seebach, K. v.: das mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 1872. 

Nöggerath, J.: die Erdbeben im Ian in den Jahren 1868, 
1869 und 1870 . . ha 

Platz, Ph.: Geologie des "Rheinthales . . 

Fuchs, C. W. C.: Bericht über die vulkanischen Ereignisse des 
Jahres 1872 we 

Stache, G.: Notizen über das Erdbeben in Wien am 3. Jänner 
an Bi ea 

Suess: Erdbeben in Niederösterreich L 

Sexe: über die Hebung des Landes in Seandinavien . 

Daintree: Bemerkungen über die Geologie der Colonie Queens- 
land... BR 

Bluhme, R.: über die Brunnenwasser der Gegend von Bonn 

Perry, J.: the „eozoon“-limestones of eastern Massachusetts 

Burbank: über die eozonalen Kalksteine des ö. Massachusetts 

Gintl: Beiträge zur Kenntniss böhmischer Braunkohlen 

Stur, D.: H. Rittler’s Skizzen über das Rothliegende der Umge- 
gend von Rossitz 

Burchardi: das Meuselwitzer Braunkohlen-Revier und die Alten- 
burg-Zeitzer Eisenbahn . 

Sheafer: Fortschritt des Anthracit-Verbrauches in Pennsylvanien . 

Schreiber: der Untergrund der Stadt Magdeburg 

Orth, Alb.: der Untergrund und die Bodenrente mit Bezug auf ei- 
nige neuere geologische Kartenarbeiten Ä 

Delesse et de Apart ent: Revue de get pour les annees 
1870 et 1871 STERN, OR BRRSOHN 


0, Paläontologie, 


Loven, S.: Om Echinodeernas bygnad. 

Desor, E.: evolution des Echinides dans la serie esologique et 
leur role dans la formation Jurassique 

Etheridge, R.: eine neue Art fossiler Seutella- artiger Echinoder- 
men von Saffe, N.-Afrika . . 

Meek, F. B.: Report of the Paleontology of Eastern Nebraska 

Walker, Rob.: über eine neue Art FRDIVBERT us und andere fossile 
Fische von Pitcorthie, Fife 

Koninck, L. ©. de: Nouvelles recherches sur les. animaux fossiles 
du terrain carbonifere de la Belgique SE. 

Kr 


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XVII 


Hicks, Henry: über einige unbeschriebene Fossilien der Menevian- 
Gruppe . 

Torell, ©.: Bidray tin Spar agmitetagens geognosi och paleontologie 

Stache, G.: Entdeckung von Graptolithen-Schiefern in den Süd- 
alpen: ... Wr RN Ba a 

Stache, @.: neue Fundstellen von Fusulinenkalk zwischen Gail- 
thal und Canalthal in Kärnthen . . 

Stur, Dr.: vorläufige Notiz über die dyadische Flora der Anthracit- 
Lagerstätten bei Budweis in Böhmen . 

Stur, D.: Inoceramus aus dem Wiener Sandsteine des Inh erer: 
bei Wien 

Farge: über einen mit Einschnitten versehenen Halitherium-Kno- 
chen . 

Karrer, Felix: Dinotherium-Rest aus einem Stollen der Wiener 
Wasserleitung ; 

Marsh, 0. C.: Bemerkung über "einige neue tertiäre und postter- 
tiäre Vögel . . 

Schlüter, Cl.: über die Spongitarien-Bänke ‘der oberen Quadraten- 
und unteren Mukronaten-Schichten des Münsterlandes . *. 
Marsh: über eine neue Unterklasse fossiler Vögel (Odontornithes) 
Marsh: über die gigantischen fossilen Säugethiere aus der Ordnung 

Dinocerata en, 2 0..: 

Loriol, P. de: Description de quelques Asterides du terrain ne&o- 
comien des environs de Neuchatel . 

Dawkins: über die Hirsch-artigen Thiere des Forest-bed von Nor- 
folk und Suffolk ; 

Dawkins: über Tr ochocyathus anglicus, eine neue Art der Madre- 
poraria aus dem rothen Crag . 

Fox, Lane: über die Entdeckung paläolithischer Werkzeuge mit Ele- 
phas primigenius zusammen in dem Themsethal bei Acton 
Bristow: Entdeckung eines Menschen-Skeletes in einer Höhle Ita- 

Hens.. „u. ER 

Lartet und Christy: Reliquiae Aquitanicae +9 

Dawson: Eindrücke und a una von Wasserthieren in car- 
bonischen Gesteinen 

Woodward: über eine neue Spinne aus der Steinkohlen-Formation 
von Lancashire . s 

Carter, J.: über Orithopsis Bonneyii, einen neuen fossilen Krebs . 

Davidson, Th. und King, W.: Bemerkungen über die Gattungen 
Trimer ella, Dinobolus und Monomerella . . 

Barrande, J.: systeme silurien du centre de la "Boheme. 1. part. 
Recherches pal&ontologiques. SRDB: au Vol. I. Trilobites, Cru- 
staces divers et Poissons 

Woodward: Bemerkungen über einige britische paläozoische Cru- 
staceen aus der Ordnung der Merostomata . 

Scudder, Sam. H.: Beschreibung eines neuen fossilen. Schmetter- 
lings aus tertiären Schichten von Aix in Provence . . 

Marsh und Cope: die neuen fossilen Wirbelthiere in den Rocky 
Mountains . 

Gaudry, A.: Betrachtungen über die Säugethiere, welche in Europa 
gegen das Ende der Miocänzeit gelebt haben . Ä 5 

Scudder: fossile Insecten aus den Rocky Mountains 

Kayser, Eman.: Studien aus dem Gebiete des rheinischen Devon. 
II. Die Fauna des Rotheisensteins von Brilon in Westphalen . 

Dewalque, G.: ein neuer Spongit aus dem Eifelkalk von Prüm 

Dames, W.: die Echiniden der nordwestdeutschen Jurabildungen . 


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XIX 


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Dames, W.: Notiz über ein Diluvial-Geschiebe cenomanen Alters 
von "Bromberg re 670 
Ford, S. W.: über einige neue Arten Fossilien aus der Primordial- 
zone oder unteren Potsdam-Gruppe von Rensselaer County, N.-Y. 671 
Brandt, J. F.: über einen krankhaft veränderten Mammuth-Schädel 671 
Major, Forsyth: Materiali per la Microfauna dei Mammiferi qua- 
ternari . . 671 
Sandberger, Fried. : "die Land- und Süsswasser- ‚Conchylien der 
Vorweltt . . 777 
Fritsch, Ant.: über Palaemon eaul, eine neue Crustacee. aus dem 
Polirschiefer von Kutschlin bei Bilniaiann: 777 
Schmidt, Fr.: über die neue Gattung Lopatinia und einige andere 
Petrefacten aus den mesozoischen Schichten am unteren Jenis- 


ee ee ler aan gu. ee 
Jeitteles: die vorgeschichtlichen Alterthümer der Stadt Olmütz 
Sueturer Empehung „. - - . Tanbenmert. Teh.ansnenssslt. 41778 


Gümbel, C. W.: die sogen. Nulliporen (Lithothammium und Dactylo- 
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Stur, D.: Vorkommen einer Palmenfrucht-Hülle im Kreide-Sandstein 

der Peruzer Schiehten bei Kaunitz in Böhmen . . 183 
Mayer, Karl: Systematisches Verzeichniss der Versteinerungen des 

Helvetian der Schweiz und Schwabens . 887 
Stur, D.: Beiträge zur genaueren Deutung der Pflanzen-Reste aus 

dem Salzstock von Wieliczka . . 888 
Novak, O.: über eine neue Isopoden-Gattung aus dem tertiären Süss- 

wasserkalk von Waltsch . . 889 


Memoirs of the Geological Survey of India. "Palaeontologia Indica. 
Cretaceous Fauna of Southern India IV. 1. The Brachiopoda 


by F. Stoliczka . . 839 
Schmidt, Fr.: über die Petrefacten der Kreide-Formation von der 
Insel Sachalin . . 890 
Dawkins: Classification der pleistoeänen Schichten Britanniens und 
des Continents mit Hülfe der Säugethiere . . 891 
Feistmantel, O.: über Fruchtstadien fossiler Pflanzen aus der böh- 
mischen Steinkohlen-Formation . . . 893 
Loriol, P. de: Description des Animaux invertöbres fossiles con- 
tenus dans l’etage n&ocomien moyen du Mont Saleve . . 893 
Loriol, P. de et Gillieron, V.: Monographie palsontologique et 
stratigraphique de Vetage. urgonien inferieur du Landeron . . 895 
Woodward, H.: über eocäne Crustaceen von Portsmouth . . . 89 
Woodward, H.: über einige fossile Reste von Arachniden und My- 
riapoden aus der englischen Steinkohlen-Formation . . 896 
Butler: ein fossiler Schmetterling aus dem Schiefer von Stones- 
1 ENT EB Me 
Stebbing: Bemerkungen über Calceola sandalina RR, 896 


Ehrenberg: Mikrogeologische Studien als Zusammenfassung sei- 
ner Beobachtungen des kleinsten Lebens der Meeres-Tiefgründe 


aller Zonen und dessen geologischen Einfluss . . . 974 
Parker und Rupert Jones: über die Nomenclatur der Foramini- 
feren . . BIN ERS ZNISDE ‚AILEVTS GIS 


Agassiz, Al.: Revision of the Bene IN TEN 978 


IX 


Carruthers, W.: über Halonia Lind]. und Hutt. und Cycloela- 
ME OL IS... ee ee en a 

Feistmantel, O.: Analogie der drei Steinkohlen-Harze Anthra- 
koxen, Middletonit und Tasmannit und ihre vermuthliche Ab- 
stammung . 

Göppert: zur Geschichte des Elenthiers in Schlesien 

Sandberger, F.: über Unio sinuatus Lam. und seine archäolo- 
gische Rolle { 3 

Binney: observations on the structure of fossil plants found in the 
Carboniferous Strata. III. Lepidodendra 

Williamson: on the Organization of the fossil plants of the coal 
measures. I. Calamites.. . 

Quenstedt, Fr. Aug.: Petrefactenkunde Deutschlands 1. "3. "Echi- 
nodermen . . 

Desor, E.: über den Höhlenmenschen , den tertiären "Menschen und 
die Abstammung der Troglodyten BEER. F 


Miscellen, 


Das Gesammtausbringen an Steinkohlen in Sachsen 
Meteoreisen von Neuntmannsdorf in Sachsen . 
„Ihe Murchison Gevlogical Fund“ 

Prestwich, Jos.: Address delivered at the Anniversary Meeting of 
the Geological Society of London, on the 16. Febr. 1872. 

Mammuth-Skelet bei Thale 

Brandt, Alex.: über ein grosses fossiles Vogelei aus der Umgegend 
von Cherson . 

Hauer, Franz R. v.: Geologische Übersichtskarte der österreichischen 
Monarchie . Ä 

Dechen, v.: Geologische und mineralogische Literatur der Rheinpro- 
vinz und der Provinz Westphalen sowie ae angrenzenden 
Gegenden . a ne Se ei ee u 

Grosser Diamant . 

Pierodactylus von Eichstädt (Ib. 1872, 861) kommt nach : Newhaven 

Californische Akademie der Wissenschaften 

Agassiz, L.: gründet eine Schule für Zoologie . . : 

Angelegenheiten der kais. Leop.-Carol. Akad. d. Naturforscher : 

Rhamphorhynchus von Eichstädt in Dresden erworben k 

Me’Kenny Hushes zum Woodwardian Professor der Geologie in 
Cambridge erwählt SE SIE IE SER: 

Schloenbachstiftung . 

Gaudry, Alb.: Museum dhistoire naturelle h 

Willkomm, M. in Dorpat zum Professor der Botanik in Prag er- 
nannt, v. Fritsch im Frankfurt zum Prof. der Mineralogie in 
Halle 2°, S 

Ehrlich, Rn..." "Ober-Österreich in seinen Natur „Verhältnissen 


Nekrologe. 


Somerville, Mary; Sels mir Adam; Ben Ewald; Kind, 
Karl Gotthelf . . 


Seite 


XXI 


Liebig, J. v.; Bensted, W.H.; Leunis. 
Stimpson, W.; Verneuil, E. de , 

Rose, 6. 

Breithaupt, A. 

Naumann, Dr. Carl Friedrich: Reuss, Dr. Aug. Emil v. 


Versammlungen. 


Die 46. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Wies- 
baden vom 18. bis 24. Sept. F 

Association francaise pour an emene des sciences vom 21.8. 
Auerm Lyon... . 

British Association for the advancement of science am 17. Sept. in 
Bradford $ 

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E. Neumann in Freiberg, R. Fuess in Berlin 

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Seite 


336 
448 


784 
984 


448 
448 


448 
448 


672 
672 
184 


Ein paar Worte über Trilobiten-Füsse, Fühler und Taster. 
Von 
Herrn Eduard v. Eichwald. 
(Hierzu Taf. 1.) 


Die vor 2 Jahren gemachte Entdeckung von Bırrınes der 
festsitzenden Füsse und Taster an einem Asaphus in der unteren 
Grauwacke von Canada hat uns einen bedeutenden Schritt weiter 
geführt, um die zoologische Stellung der Trilobiten zu beurtheilen. ' 

Der durch seine zahlreichen Untersuchungen über die Tri- 
lobiten Canada’s rühmlichst bekannte Paläontologe E. Bırrınas hat 
im J. 1870 einen Asaphus platycephalus Stores mit 8 festsitzen- 
den hornigen Füssen und ausserdem die Taster beschrieben und 
abgebildet * und dadurch genügend bewiesen, dass die Annahme 
der Zugehörigkeit der Trilobiten zu der Ordnung der Phyllopo- 
den völlig unstatthaft ist, wie ich diess auch früher schon anzu- 
nehmen gesucht habe. 

Die Abbildungen, die Bırrınss auf den beiden Tafeln gibt, 
sind sehr lehrreich und lassen keinen Zweifel aufkommen, dass 
die 8 Füsse oder vielmehr Beine (legs) aus 5 older 6 hornigen 
Gliedern bestanden, die an ihren Enden etwas verdickt waren; 
sie liegen in regelmässigen Entfernungen von 21, Lin. von ein- 
ander, sind nach vorn gebogen und entspringen wahrscheinlich 
in der Mitte der Brusiseginente in gleicher Entfernung von 21, 
Lin., obgleich die Ansatzpunkte nicht bemerkt werden, da sie 


* E. Bırrınss, Notes on some specimens of lower Silurian Trilobites. 
I. Asaphus platycephalus with some of the legs preserved, in the 
Quart. Jown. of the Geological Soc. London, Vol. XXVI. Nov. I. 1870, 
p. 479, Tab. 31—32. Taf. I, Fig. 1, 2. 
Jahrbuch 1873. \ 


von den ersten Gliedern der Beine selbst bedeckt sind. Ganz 
so sind die 7 Fusspaare der Ligia oceanica gegen die Mitte jedes 
Brustsegmentes befestiget, bestehen aus 4 langen, an den Enden 
etwas verdickten Gliedern, die wahrscheinlich noch in ein fünftes 
Nagelglied, wie im Asapkus, auslaufen. 

Es ist übrigens nicht ganz deutlich, ob die Beine des Asa- 
phus platycephalus sich nach aussen verschmälern und ihre Glie- 
der da feiner werden, wie in der Ligia,. und ob sie wirklich 
nach der innern Seite dicker waren und an der gewölbten Mitte 
der Brustsegmente festsassen. Die Beinglieder dieses Asaphus 
scheinen deutlich drehrund zu sein und auch darin den Beinen 
der Ligia zu gleichen, da sie an anderen Isopoden, wie an der 
Idothea, Serolis, Sphaeroma etwas zusammengedrückt oder ver- 
flacht-rund erscheinen, wie auch das von mir beobachtete und in 
der Lethaea rossica abgebildete Trilobitenbein sich darstellt. 

Dieses Bein, das ich in dem sehr harten, dichten Grauwacken- 
kalkstein von Wesenberg in Esthland fand, ist in meiner Lethaea 
auf Taf. LIl, Fig. 21 a und vergrössert in Fig. 2i b abgebildet; 
ich lasse jetzt eine neue Zeichnung auf Taf. I, Fig. 3* folgen, da 
ich die Versteinerung besser blossgelegt habe; die Glieder sind 
etwas verflacht, wie diess die vergrösserte Fig. 4 und der Durch- 
schnitt Fig. 5 deutlich zeigen; sie sind breit, in der Mitte der 
Seiten etwas vertieft oder eingedrückt und gehen nach unten an 
der äusseren Seile in ein zugespitztes Ende aus: sie verschmä- 
lern sich nach dem oberen Ende immer mehr und scheinen der 
Zahl nach aus 6 Gliedern zu bestehen; in der Form gleichen sie 
den Beinen der oben erwähnten Gattungen der Isopoden und 
können in dieser Hinsicht nur zu ihnen und keinesweges zu den 
Phyllopoden gehören, da wie im Asaphus platycephalus die dreh- 
runden oder etwas verflachten Fussglieder ganz gleich sind, 
was auch die Veranlassung gab, sie Isopoden (i. e. Gleich- 
füssige) zu benennen, während die Phyllopoden wegen ihrer 
breiten häutigen Füsse Blattfüsser genannt wurden; sie unter- 
scheiden sich dadurch von den Amphipoden und Laemodipoden, 
die der Gestalt nach ungleiche Beine besitzen. Was die Be- 


* 8. Taf. I, Fig. 3 in natürlicher Grösse und Fig. 4 sechsmal ver- 
grössert. 


3 


festigung der Füsse des Asaphus an den Brustringen betrifft, so 
ist es an dem Bıruınss’schen Exemplare undeutlich, ob sie wirk- 
lich jederseits von der Mittellinie der Brustringe (the sternal 
groove of the veniral surface Bırr.) wie in der Ligia, oder ob 
sie, wie in der Serolis und dem Asaphus von Esthland, in einer 
runden Öffnung festsassen, die sich an der Unterseite der Brust- 
ringe und ihrer Seitenlappen (lobi laterales, pleurae) für ihre 
Aufnahme findet. Ich habe diese Öffnungen oder Ansatzpunkte 
der Trilobitenbeine schon 1859 gekannt und beschrieben *. In 
der Serolis sieht man diese Öffnungen an der Unterseite des 
Körpers sehr deutlich, und zwar da, wo sich die Seitenlappen 
der einzelnen Brustringe mit ihren Mittelstücken vereinigen, aber 
durch die Naht deutlich getrennt sind. So habe ich sie auch 
auf Taf. LII, Fig. 24a auf der linken Seite des Asaphus Schlot- 
heimi abbilden lassen; etwas verschieden davon habe ich I. ce. in 
Fig. 24b eine kleine runde Öffnung auf dem Abdrucke eines 
hakenförmig gebogenen, aus concentrischen Schichten bestehenden 
Seitentheiles (appendix lateralis), der vielleicht, wie bei der /do- 
thea die hornigen Brutbehälter des Weibchens befestigte, da diese 
zugespitzten Seitentheile ganz und gar von den längsgefurchten 
Seitenlappen verschieden und von ihnen getrennt sind. Ich habe 
diese Abbildung zu Fig. 24 gezogen, bin aber überzeugt, dass 
sie ihres verschiedenen Baues wegen nicht vom Asaphus, sondern 
von einer anderen besonderen Gattung herrührt. Auch wird wohl 
die Fig. 20 auf derselben Tafel LII der Lethaea als sehr spitzes, 
gebogenes Nagelglied nicht zu Asaphus gehören, da die Älnlich- 
keit der Füsse der Aniloera vom Cap der guten Hoffnung mit 
ihr sehr gross ist, 

Was nun den von mir Taf. I, Fig. 3 neu abgebildeten Fuss 
betrifft, so ist diess ohne Zweifel ein Trilobitenschreitfuss, der 
aus 6 Gliedern besteht, die wie in den Isopoden nach dem oberen 
Ende allmählich feiner werden; die ersten Glieder sind etwas 
länger als breit und endigen nach ders vorderen Seite in eine 
feine Spitze. 

Birınss nimmt in semer Abhandlung 4 Längsreihen von 


* Bull. de la Soc. des Nat. de Moscow, bes. Abdr. f. 1855—1857, 
p- 2085—204. — H. Biırrınss nennt sie Panderian organs. 
1 ES 


4 

Schreitfüssen an; ich glaube, dass an den Brustringen, ebenso 
wie an den Bauchringen (die man unnützer Weise Pygidium nennt) 
nur 2 Reihen von Füssen, jederseits nur eine Längsreihe, wie 
bei allen Isopoden überhaupt, vorkommen; sie befestigen sich in 
der Serolis da, wo die Seitenanhänge (appendices laterales) mit 
der Unterseite der Brustringe die Öffnung zu ihrer Aufnahme 
bilden, woran Birrınes (l. c. p. 485) mit Unrecht zweifelt. 

Herr Bırrınes hat (l. e. p. 487, £. 1.) auch deutliche, ge- 
gliederte Taster (palpi) am Asaphus platycephalus beobachtet und 
sie in Verbindung mit der Maxille abgebildet. Der etwas nach 
aussen gebogene Taster besteht aus 7 oder 8 kleinen Gliedern, 
die an einer dreieckigen Maxilla der linken Seite festsitzen und 
diess ihrer Seits wieder an der Oberlippe (labium oder mit Un- 
recht als hypostoma bezeichnet) befestiget ist. Die Mundöffnung 
zeigt sich mithin zwischen den beiden Ästen der Oberlippe, den 
beiden, jederseits liegenden Kinnladen (Maxillae) und der Unter- 
lippe, liegt also im Kopfschilde, wodurch alle Ähnlichkeit mit 
dem Limulus moluccensis verschwindet, dessen Mundöffnung von 
den stacheligen Schenkeln der 5 Paar Brustfüsse als stellvertre- 
tende Kinnladen (Maxillae) und der Ober- und Unterlippe ge- 
bildet wird und daher auch keine gegliederte Taster zeigt, aber 
statt deren ein sechstes Paar Scheerenfüsse an sich sitzen hat. 

Durch die Entdeckung der Taster am Asaphus platycephalus 
von Bırrines sind die Trilobiten dieser Gattung noch genauer als 
zu den Isopoden gehörig bestimmt. 

Endlich muss ich noch der Fühler (Antennae) der Trilobi- 
ten gedenken; ich habe einen derselben auf der Insel Dagö bei 
Hohenholm in einem harten Grauwackenkalkstein mit verschie- 
denen Trilobitenresten beobachtet, jedoch nur lose, so dass ich 
nicht weiss, welcher Gattung das in der Leihaea auf Taf. LII, 
Fig. 23 a,b abgebildete Exemplar angehört. Ich lasse es in 
einer neuen Abbildung auf der hier beiliegenden Taf. I, Fig. 6 
in nat. Gr. und Fig. 7 ‚achtmal vergrössert noch einmal folgen, 
da ich das Stück etwas besser gereiniget und es Fig. 8 von der 
Seite, sowie noch stärker vergrössert Fig. 9 im Durchschnitt dar- 
gestellt habe. 

Der Fühler ist etwas flach, nicht ganz drehrund, besteht aus 
6 Gliedern, die längsgefurcht und der Quere nach in der Mitte 


mit einer unbedeutenden, glatten Erhöhung versehen sind; die 
Glieder stossen nicht ganz dicht an einander und sind an ihren 
Rändern wellig gebogen, was offenbar von den Längsfurchen 
herrührt, die sich als wellenförmige Vertiefungen an den Rändern 
darstellen. Am meisten gleichen diese Fühler denen einiger 
Sphaeromen, die nur sehr allmählich an Grösse nach dem Ende 
hin abnehmen und sich da in feine Cirren verwandeln; ihre Füsse 
sind ebenfalls mit spitzen Nagelgliedern bewaffnet, wie diess von 
mir in der Lethaea abgebildete Nagelglied. Auch ist der von 
mir soeben beschriebene Fühler an seiner Spitze cirrenartig 
verschmälert, wie an den Stenosomen, was noch viel häufiger 
unter den Amphipoden an der Amphithoe und selbst am Gam- 
marus beobachtet wird, in denen die Cirren-artigen Glieder an 
viel grösseren Basalgliedern festsitzen. 

So wie die lebenden Crustaceen in viele, sehr verschiedene 
Ordnungen, Familien und Gattungen zerfallen, so war es auch 
mit den ausgestorbenen Krebsen. der Fall; nur besitzen wir ihre 
Reste nicht so vollständig, dass wir sie gehörig in Ordnungen, 
Familien und Gattungen unterzubringen im Stande sind; es fehlen 
an ihren Resten meist die Fresswerkzeuge, Füsse, Taster und 
vor Allem die Beine und Kiemen, wodurch ihre Systematik sehr 
erschwert und fast unmöglich gemacht wird. Daher müssen wir 
auf künftige Beobachtungen in Canada rechnen, da schon der 
erste Anfang dafür mit so grossem Erfolge von BırLınss gemacht 
worden ist. 

Es ist merkwürdig, dass so selten gut erhaltene vollständige 
Exemplare von Asaphus in Canada beobachtet werden, wenn auch 
der Asaphus platycephalus dort überaus häufig ist; Bırumas hat 
während der langen Zeit, wo er nach ihnen suchte, nur 9 Exem- 
plare mit dem Kopfe, dem Brust- und Bauchschilde gefunden, 
und auch diese haben nur ein paar Mal ansitzende Füsse gezeigt. 
Die Füsse und Fühler, die ich hier aus dem Grauwackenkalk- 
steine von Esthland abbilde, sind immer nur lose, vom Körper 
der Trilobiten getrennt von mir aufgefunden worden. Das war 
auch die Ursache, dass sie nur mit grossem Zweifel als ihre 
Füsse und Fühler angesehen wurden; aber seitdem die Paläonto- 
iogen Englands die verschiedenen Ansatzpunkte am Kopfe und 
an der Unterseite der Brustringe beobachteten, ist es unzweifel- 


6 


haft, dass die Trilobiten Füsse und Fühler hatten, und jetzt haben 
sich die Füsse sogar festsitzend an beiden Seiten des Körpers 
in derselben Zahl 3, wie die Brustringe, gefunden und dadurch 
allen Zweifel an Trilobitenfüssen für immer aufgehoben. Ich habe 
die gegliederten Füsse der Trilobiten schon 1825 in einem Grau- 
wackenkalksteine der Insel Gotland beschrieben (@eognostico- 
zoologicae de Trilobitis observationes. Casani, 1825, p. 40) und 
ihr Vorkommen auch da ausser Zweifel gesetzt. 


Fig. 


D m SI © 


Erklärung der Figuren auf Tafel 1. 


Asaphus platycephalus mit 8 Paar Füssen. Copie aus The Quart. 
Journ. of the Geol. Soc. of London, Vol. XXVI. 

Oberkinnlade desselben mit einem Taster an der Maxilla fest- 
sitzend. 

Der Trilobitenfuss in natürlicher Grösse. 

Derselbe, 6fach vergrössert. 

Derselbe, im Durchschnitt. 

Der Trilobitenfühler in natürlicher Grösse. 

Derselbe, Sfach vergrössert. 

Ein Glied desselben noch stärker vergrössert. 

Durchschnitt desselben. 


Über Inoceramen der Kreideformation. 


Von 


Dr. H. B. Geinitz. 


Unsere Arbeiten über das Elbthalgebirge in Sachsen haben 
vor Kurzem zu neuen Untersuchungen der Inoceramen geführt, 
über die wir schon 1844, S. 148 in diesem Jahrbuche berichtet 
hatten. Seit dieser Zeit ist das damals zur Verfügung stehende 
Material durch die Sammlungen des Königlichen Mimeralogischen 
Museums in Dresden bedeutend vergrössert ‚worden und es haben 
die verschiedenen Publikationen über die organischen Reste der 
Kreideformation unsere Kenntnisse dieser Gattung wesentlich er- 
weiter. Wir haben mit besonderer Vorliebe diese Gattung seit 
einem Menschenalter fast ununterbrochen verfolgt und stellen hier 
das Endresultat unserer neuesten Untersuchungen darüber zu- 
sammen. Eine grosse Reihe von Abbildungen, worauf hier Be- 
zug genommen ist, wird in den nächst erscheinenden Heften des 
Elbthalgebirges I, Taf. 46 und II, Taf. 11—14 veröffentlicht wer- 
den, wo gleichzeitig auch die uns bekannten Fundorte der Arten 
genauer angeführt werden sollen. 


4. JInoceramus striatus MaAnTtELL. 
1822. I. Websteri u. I. striatus MAnt. Geol. of Sussex, p. 216, 217. Tab. 
DIR 
1828. Sowersy, Min. Conch. Tab. 582, f. 3, 4. 
1834-40. Gotpruss, Petr. Germ. I, p. 115. Taf. 112, f. 2. 
I. concentricus Goupr. ib. p. 111 z. Th. Taf. 109, f. Sde. 
T. cordırormis Goupe, ib. p. 113 z. Th. Taf. 110, f. 6a. 
1841. I. concentrieus z. Th. u. I. siriatus, 


€ 


8 


A. Römer, nordd. Kr. p. 61, 62. —? I. Decheni Röm. ib. p. 60. 
Paf.78.»1..10: 

1843. d’Orsıeny, Pal. fr. terr. cret. III, p. 508 z. Th. Pl. 405. 

1844. I. concentricus Gem., im Jahrb. f. Min. p. 149 z. Th. 

1846. Desgl. Gem., Grundr. d. Verst. p. 462 z. Th. Taf. 20, £. 9. 
I. conc. u. I. striatus Reuss, böhm. Kr. IK, p. 24, 25. 

1849. Gein., Quad. Deutschl., p. 174 (excl. I. pictus Sow.). 

1863. Kuxta in Zeitschr. d. deutsch. geol. Ges. p. 727 (excel. I. propin- 


quus). 

1865—68. ? I. propinguus v. Eıchnwauv, Leth. Rossica I, p. 487. Pl. 21, 
1.09: 

1868. GünseL, Geogn. Beschr. d. Königr. Bayern, II, p. 700 u. 756. 


Die Schale ist oval-dreiseitig. hoch gewölbt und mit einem 
mässig grossen, gegen die Axe fast rechtwinkeligen hinteren 
Flügel versehen. Die linke Schale ragt mit ihrem spitzen, nie- 
dergebogenen Wirbel über den kleineren der rechten Schale 
merklich hervor. Die vordere Seite der Schalen ist unter dem 
Wirbel stark eingedrückt, nach unten hin aber gerundet und durch 
ihre Rundung wit dem Unterrande verbunden, wodurch sich diese 
Art im Allgemeinen von I. Brongniarti unterscheidet. 

Ihre Oberfläche ist mit ringförmigen Auwachsstreifen dicht 
bedeckt, welche entweder ‚ziemlich gleichartig oder auch zu un- 
regelmässigen Wülsten vereiniget sind. Eine von dem Wirbel 
nach der Mitte des Unterrandes gezogene Linie oder Axe steht 
ziemlich senkrecht gegen sämmtliche Anwachsstreifen. Nicht 
selten machen sich auf der Oberfläche noch einzelne ausstrahlende 
Linien bemerkbar, was auch bei einigen anderen Arten, wie na- 
mentlich I. latus, der Fall ist. / 
| Es kommen, wie bei allen Arten der Gattung, schmälere und 
breitere Abänderungen vor; die ersteren sind meist stärker ge- 
wölbt, als die letzteren. Als eine der schmalsten Abänderungen 
dürfte I. Dechene A. Röm. aus cenomanem Grünsande von Essen 
a. d. Ruhr zu betrachten sein. | 


Vorkommen: In ihren typischen Formen, oft von 6— 12 cm. 
Grösse überall in dem unteren Quader und zum Theil auch im 
unteren Pläner, was ihrem Vorkommen in cenomanen Schichten 
Frankreichs und anderer Länder sehr wohl entspricht. Verein- 
zelt begegnet man ihnen noch im Mittelquader des Elbthales und 
selbst noch in dem Plänerkalke. Hier sind es indess nur meist 


9 


kleine, spärliche Exemplare, oft Sowersy’s Abbildung gleichend. 
Ebenso eitirt Reuss diese Art aus den verschiedenen Etagen der 
böhmischen Kreideformation; Güuser führt sie als leitend für den 
Regensburger Grünsand an, welcher zum unteren, cenomanen 
Quader gehört; F. Röner fand sie in Schichten von gleichem 
Alter in Oberschlesien, Kunru bei Schmottseifen in Schlesien; A. 
RÖMER citirt sie aus dem Pläner von Sarstedt. Liebenburg und 
Halberstadt; Gorpruss hat Exemplare aus dem unteren Quader 
von Koschütz bei Dresden zu I. concentricus gestellt, die Exem- 
plare von Manseir und Sowersy gehören der unteren Kreide an, 
und Exemplare, wie die von Strehlen, kommen mit Ammoniltes 
perampius zusammen im Plänerkalke bei Colorado City in New- 
Mexico vor. Ob I. propinguus v. Eıcawarn von Khoroschöwo, 
wie man nach der Abbildung vermuthen kann, zu ]. striatus ge- 
hört, kann ohne Einsicht der Exemplare nicht sicher entschieden 
werden. 

2% 1. striato-concentricus Günser, 1868. 

Geogn. Beschr. d. Königreichs Bayern, II, p. 766. 


Nach Güuser schliesst sich diese Art an /. concentricus und 
]. striatus am nächsten an, ist jedoch schmäler, dabei viel höher, 
d.h. aufgeblasener, mit spitzerem, stärker übergebogenem Wirbel 
versehen, als letztere, von schmalen, regelmässig enggestellten, 
spitz zulaufenden concentrischen, wulstigen Erhöhungen und fei- 
nen Streifen bedeckt und nur mit sehr schmalem Flügel seitlich 
verlängert. Von I. concentricus unterscheidet sich diese Art 
durch weniger spitzen Wirbel, der nicht seitlich ausgebogen ist, 
durch grössere Breite und regelmässigere concentrische Wülste. 

Vorkommen: Nach Güuser in Schichten bei Regensburg, 
welche dem Plänerkalke entsprechen, und in dem Baeulitenmergel 
von Luschitz in Böhmen. Obige Beschreibung entspricht Exem- 
plaren aus den Gosauschichten am Glanecker Schlossberge in 
Oberbayern, die Dr. ©. Schneider dort gesammelt hat, und aus 
dem oberen Quadersandsteine des gläsernen Mönchs bei Halber- 
stadt. 


3. I. Geinitzianus SToLIczka. 
Pal. Indica, Cret. Fauna III, Pelecypode, p. 407. Pl. 27, f. 4, 5. 
Die von uns 1843 von Kieslingswalda (Nachtr. z. Char. p. 15. 


Pan 


10 


Taf. 3, f. 12) als I. concentricus beschriebene Form, welche von 
StoLiczka als identisch mit J. @einitzianus aus der südindischen 
Kreideformation betrachtet wird, bildet eine Mittelstufe zwischen 
I. striatus und I. latus. Sie unterscheidet sich von dem ersteren 
durch ihre geringere Wölbung und die fast gleiche Grösse ihrer 
beiden Wirbel, von dem letzteren aber dadurch. dass ihre vordere 
Seite in der Nähe des Wirbels mehr eingedrückt und eine grös- 
sere Strecke weit abgestutzt ist. Ähnliche Formen kommen auch 
in den Gosauschichten am Schlossberge von Glaneck in Ober- 
bayern vor. 


4. I. Brongniarti SoweERBY. 


1768. Austern-Art Wach, d. Naturg. d. Verst. I. 1, p. 142. Tab. D. I **. 
1822. I. Lamarcki Mant. Geol. of Suss. p. 214. Tab. 27, £. 1. 
1. Cuvierv MAnr. 1b. p: 213. Tab. 28, 21.4 
I. Brongniartı Manr. ib. p. 214. Tab. 28, f. 3. 
? I. undulatus Mant. ib. p. 217. Tab. 27, £. 6. 
1828. I. cordiformis und I. Brongmiarti Sow. Min. Conch. Pl. 440, 441, 
f. 2—4. 
1835. Catillus Cuwvvert AL. BRONGNIART, deser. geol. d. env. de Paris, 3. 
ed;:P.628.° Pi. EG LA, IBIE GE 
1839—40. Goupruss, Petr. Germ. I, p. 115. Taf. 111, £. 3. 
1. alatus : GoLDE.,.:p: 116. :; Tat, 112,83. 
I. cordiformis Goupr., p. 113. Taf. 110, £, 6b. 
I. annulatus GoLDe., p. 114. Taf. 110, t. 7. 
I. undulatus GouoFr., p. 115. Taf. 112, f. 1. 
1850. v. STROMBECK, Zeitschr. d. Deutsch. geol. G. XV, p. 121. 
1865—68. I. Humboldti v. EıchwAuo, Leth. Rossica II, p. 495. Pl. 21, £. 9. 


Die Schale ist (ohne Flügel) verlängert-dreiseitig oder oval- 
dreiseitig, je nachdeın ihr Vorderrand mehr oder minder weit 
abgestutzt ist. In der Regel erscheint sie längs ihrer ganzen 
vorderen Seite steil abschüssig. oder senkrecht abgeschnitten, 
zuweilen sogar eingebogen, nicht selten verbindet sich aber der 
Vorderrand durch eine Rundung mit dem Unterrande, was den 
Varietäten I. annulatus und I. undulatus GoıLpr. entspricht und 
die Verwandtschaft mit I. striatus Mant. beurkundet. Der oft 
sehr grosse Flügel ist in der Regel rechtwinkelig und wird durch 
eine meist schnell abfallende Bucht von der Rückenkante der 
Schale geschieden; namentlich tritt diess sehr an den Steinker- 
nen hervor, weniger an jungen Exemplaren des Plänerkalkes. 


il 


Auf die relative Grösse des Flügels ist jedoch kein zu grosses 
Gewicht zu legen. In der Wölbung der Schale zeigt sich eine 
grosse Veränderlichkeit, was auch hier zu breiteren und schmä- 
leren Formen Veranlassung gibt. Schmale und hochgewölbte 
Formen kommen neben breiten und flachgewölbten vor. Sie wird 
von dicken wulstförmigen Anwachsringen bedeckt, auf welchen 
fast blätterige Anwachsschichten regelmässig entfernte Linien 
hinterlassen, Die faserige Schale wird bei dieser grossen Art 
oft mehrere Centimeter dick, besonders in der Nähe des Schloss- 
randes, so dass man oft Bruchstücken von ihr in Mineralien- 
sammlungen als Faserkalk begegnet. Av. Broneniarts Abbildun- 
gen des Catillus Cuvieri können sich füglich nur auf I. Brong- 
niarti beziehen. dORrsıcny gibt hierüber keinen Aufschluss, in- 
dem er Pal. fr. ierr. cret. Il, p. 320 ausspricht, dass er von 
jener Art nur Bruchstücke kenne und sie daher nicht abbilden 
könne; v. STROMBEcK hat sie mit zu I. Cwvieri gestellt. 

An I. cordiformis Sow. u. GOLDF. nimmt man auch ausstrah- 
lende Linien wahr; die Abbildung Taf. 110, f. 6 a bei Gorpruss 
weist mehr auf I. striatus hin, womit d’Orsicnv den I. cordifor- 
mis vereinigei hat. 

I. Humooldti v. Eıcnw. ist ein ganz typisches Exemplar für 
I. Brongniarti. Junge Exemplare mit dicken Anwachsringen 
entsprechen dem I. undulatus, andere sind oft mit weit schwä- 
cheren Streifen bedeckt. 

Vorkommen: I. Brongniarti ist in dem oberen Pläner oder 
Plänerkalke und dem oberen Quadersandsteine des Elbthales un- 
gemein verbreitet und erreicht hier zuweilen 0,5 m Grösse. 
Wir kennen ihn aus keinen älteren Schichten, er reicht auch 
nach anderen Erfahrungen von dem oberen Turon an noch in 
die senonen Kreideablagerungen hinein, wie sein Vorkommen in 
dem Kreidenergel von Osterfeld bei Essen etc. beurkundet. Aus 
dem Plänerkalke von Colorado City in New-Mexico wurde er mit 
Ammonites peramplus etc. zusammen gefunden. 


Ä 5. T. latus Mantetı. 


a. breite Form. 


1822. MAnTELL, Geol. of Suss. p. 216. Tab. 27, f. 10. 
1828. Sowersy, Min. Conch. Tab. 582, £. 1, 2. 
1834—40. Goupruss, Petr. Germ. II, p. 117. Taf. 112, £. 15. 


2 


? I. planus Gouor. Taf. 113, f. 1a. 
1841.- I. latus u. I. tenuwis A. Römer, nordd. Kr., p. 61, 62. Taf. 8, £. 11. 
1843. d’Orzıenv, Pal, fr. terr. eret.; IN, »p. 513... BE. A082 12 
1344. Gem. in Jahrb. f. Min. p. 150 (fälschlich alatus gedruckt). 
1849. Gem., Quad. Deutschl., p. 176 (excl. I. planus). 
1866. ZuirteL, d. Bivalven d. Gosaugeb in d. nordöstlichen Alpen, p. 24 
00,8 Tal, 7; 


b. schmale Form. 


1829. I. pietus Sowerey, Min. Conch. Tab. 604. 
1843. I. tegulatus Geın., Nachtr. z. Char. p. 16. Taf. 6, f. 11. 
I. striatus d’Orsıeny, Pal. fr. t. er: III, p. 509 z. Th. 
I. cuneiformis d’ORe. ib. p. 512. Pi. 407. 
1846. I. picetus Geim., Grundr., p. 463. 
1849. I. striatus Gem., Quad. Deutschl., p. 174 z. Th. 
1870. I. latus F.' Römer, Geol. v. Oberschles., p. 316. Taf. 34, f. 12. 


Das Auszeichnende liegt in der gleichen Grösse beider Scha- 
len, ihren niedrigen, bei der breiten Abänderung kaum vorragen- 
den Wirbeln, unter welchen die Schale an ihrem Vorderrande 
nur wenig eingezogen ist, wodurch sich diese Art von], striaius 
unterscheidet, mit dem sie die Regelmässigkeit der Biegungen 
ihrer concentrischen Anwachsringe gemein hat. Wie bei dem 
letzteren ist ihre ganze Oberfläche mit gleich- oder ungleich- 
förmigen, schwächeren oder stärkeren Anwachsstreifen bedeckt, 
über die nicht selten auch ausstrahlende Linien nach der Mitte 
des Unterrandes hinlaufen (vgl. Zırrers Abb.). 

Wie eine jede Art der Gattung /noceramus, tritt auch diese 
in einer breiteren und schmäleren Varietät auf. Die erstere 
wird gewöhnlich für sie typisch erachtet. Der Schalenumfang ist 
bei ihr kreisrund-rhomboidal, meist eben so breit als lang, ihre 
Oberfläche ist von der Mitte aus ziemlich gleichmässig- und 
schwach-gewölbt und von dem grösseren oder kleineren, stumpf- 
winkeligen Flügel nur durch eine sehr flache Bucht geschieden. 
Exemplare mit einem sehr kleinen, wenn nicht verbrochenen 
Flügel erscheinen in der von Gorpruss als /. planus Mün. Taf. 
113, £ La (nicht 1b) abgebildeten Form. 

Die schmale Form des I. latus, deren richtige Stellung 
zuerst F. Roewer erkannt hat, besitzt einen mehr ovalen Umriss 
und ihre Breite verhält sich zur Länge nahezu wie 2:3. Ein 
mit der Längsaxe der Muschel spitzwinkeliger Schlossrand be- 


13 


grenzi einen schmalen hinteren Flügel. Sie ist etwas stärker 
gewölbt als die breite Form und lässt zuweilen längs ihrer Mitte 
eine flach-wulstförmige, längsgestreifte Erhöhung wahrnehmen, 
Es schliessen sich an diese Form /. pictus Sow. und GEIn. sowie 
I cuneiformis d’Ors. wohl am besten an. 


Vorkommen: J. planus scheint nach Exemplaren aus dem 
Grünsande von Essen und dem unteren Pläner von Plauen ihren 
Ausgangspunkt schon in cenomanen Schichten zu haben, häufiger 
ist sie erst in dem oberturonen Pilänerkalke und in verwandten 
Bildungen in Deutschland, Frankreich und England, man begegnet 
ihr nicht selten in dem oberen Quadersandstein und Quadermer- 
gel von Kreibitz in Böhmen und in den senonen blauen Mergeln 
des Marterberges bei Passau. 


Soweit man nach Abbildungen urtheilen kann, würden sich 
auch die von W. A. Ooster in Protozoe helvelica, 1. Bd. 1869, 
p- 2, 36 u. f. als jurassische Inoceramen der Schweizer Alpen 
beschriebenen und Taf. 1, 2, 12 und 13 als I. Brunneri, I. Fal- 
geri, I. undulatus und I. fuscus unterschiedenen Arten auf brei- 
tere und schmälere Abänderungen des /. latus zurückführen 
lassen, ohne hiermit ihre Identität befürworten zu wollen. 


6. I. labiatus ScaLorn. Sp. 


2768. Ostracit Waren,.d. Naturg. d.-Verst. II. 1, p: 84. Tab. B. 1. 
bb 02,29. 192. Tab, D’X. f. 1 2, 

1813. Ostracites labiatus u. Pinnites diluvianus SCHLOTHEIM in LEONHARD’S 
min. Taschenb. VI, p. 93. 

1820. Mytulites problematicus Scuuoru., Petrefactenkunde, p. 302. 
Pinnites dilwvianus ScHL. eb. p. 303. 

1822. I. mytiloides MAntELL, Geol. of Sussex, p. 215. Tab. 27, f.3; Tab. 
238,1.:2. 

1827. Catillus Schlotheimi Nıusson, Petr. Suec., p. 19. 

1828. I. mytilordes Sow., Min. Conch. Tab. 442. 

1834—40. I. mytiloides GoLdr., P. G. II, p. 118. Taf. 113, £. 4. 
I. propinguus Goupr. ib. p. 112. Taf. 109, f. 9. 

1835. Mytrloides labiatus Ad. BRONGNIART, deser. geol. d. env. de Paris, 
8: edi«p. 151, 622: PL K, LA 

1843. I. problematicus d’Orsıenv, Pal. fr. t. cr. III, p. 510. Pl. 406. 
I. angulosus d’Ors., ib. p. 515. Pl. 408, f. 3, 4. 
(I. angulatus.) 

1844—49. I. mytrloides Gem. im Jahrb. f. Min., p. 151; Quad. Deutschl., 
p. 176. 


14 


1863. Hrgert im Bull. de la Soc. geol. de France, 2. ser., t. XX, p. 620. 
v. STROMBECK in Zeitschr. d. D. geol. Ges. XV, p. 119. 
I. problematieus Dana, Manual of Geology, p. 475, 487. 
1865—68. ? I. ambiguus v. EıchwAun, Leth. Ross. II, p. 493. Pl. 21, f. 8. 
1866. I. mytiloides SCHLÜTER, in Zeitschr. d. D. geol. Ges., p. 61. 
GünseL, in Sitzb. d. k. Ak. d. Wiss. in München, II, p. 169. 
U. S6HLOENBACH, im N. Jahrb. f. Min., p. 311. 
187i. SroLiczkA, Pal. Ind., Cret. Fauna, Pelecypoda, p. 408. Pl. 29, £.1. 
? I. eximius v. EıcHwALD, geogn.-pal. Bem. über d. Halbinsel Man- 
gischlak, p. 192. Taf. 18, 1. 1-4; Taf 19, 3, & 
? I. porrectus v. Eıcnw. eb. p. 191. Taf. 19, £. 2. 
? I. ambiguus v. Eıchw. eb. p. 189. Taf. 20, f. 1-5. 
GEINITZ, in Sitzungsb. d. Isis in Dresden, p. 195. 


Oval bis zungenförmig mit gleichgrossen Wirbeln, die über 
den kurzen und sehr schiefen Schlossrand weit vorragen, unter- 
scheidet sich diese Art im Allgemeinen leicht durch die fast 
spirale Drehung des Wirbels und die sich deutlich aussprechende 
Biegung der ganzen Schale nach hinten. Ihre ganze vordere 
Seite ist gerundet und stark gewölbt, nach hinten dacht sich die 
Schale allmählicher ab, bis sie in den kleinen stumpfwinkeligen 
Flügel verläuft. Ihre Oberfläche ist mit zahlreichen Anwachs- 
ringen und Streifen bedeckt, gegen welche die Axe der Schale 
deutlich gekrümmt ist. 

Die Form dieser Art unterliegt übrigens vielen Schwankun- 
gen, da sowohl breitere als schmälere Abänderungen gewöhnlich 
sind, der Wirbel bald spitzer, bald abgestutzt erscheint, und bald 
mehr nach vorn, bald mehr zurück tritt. Diess gilt besonders 
für junge Exemplare, die in der Regel eine grössere Breite als 
die älteren besitzen und zuweilen in der als I. angulosus (I. 
angulatus) d’Org. beschriebenen Form auftreten. 

I. propinguus Mün., bei Goıoruss Taf. 109, f. 9, kann gegen- 
über der Ansicht von Kunt# * doch nur mit J. labiatus vereiniget 
werden und scheint aus dem Mittelquader von Schönau zu stam- 
men, nicht von Schandau selbst. Es kommt nicht selten vor, 
dass durch Verschiebung der Schalen der eine Wirbel über den 
anderen etwas hervorragt. 

Am nächsten verwandt mit J. labeatus ist die schmale Form 


* Über die Kreidemulde von Lähn, in Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 
1863, p. 727. 


15 


des I. latus, von dem er sich durch stärkere Entwickelung des 
Wirbels und die deutliche Biegung der Schale nach hinten unter- 
scheidet, und mit I. Cuvieri, von welchem I. labiatus durch ge- 
ringere Breite, stärkere Wölbung und seine weit mehr hervor- 
tretenden oft buckelartigen Wirbel unterscheidet. 

Vorkommen: I. labiatus ist das gemeinste Fossil in dem 
Mittelquader und Mittelpläner oder unterturonen Ablagerungen, 
welche H£serr u. A. nach ihm als „Labeatus-Schichten“ bezeich- 
net haben; vereinzelt zeigi er sich noch in dem oberturonen 
Plänerkalke, wo er jedoch schon mehr durch I. Cuvieri vertreten 
wird. Wie in Deutschland, so bezeichnet er in Frankreich ganz 
vorzugsweise die im Liegenden der Schichten mit Micraster cor 
testudinarium befindliche Zone. Diesen Horizont hält er gleich- 
falls bei Colorado City in Neu-Mexico inne, SrtorLiczka erkannte 
ihn in der Ootatoor-Gruppe der südindischen Kreideformation, 
nachdem er durch Dana u. A. schon früher im W. von Missouri 
erkannt worden war. Die von v. Eıcuward als I. ambiguus, T. 
eximius und I. porrectus beschriebenen Arten kommen in einem 
von ihm zum Neokom gerechneten grauen oder schwarzen Kalk- 
steine von Aläska und in dem Sandsteine von Wytkrino bei 
Moskau vor. 


1. I. Cuvieri SOWERBY. 


1828. Sowergy, Min. Conch. Tab. 441, f. 1: 
1834—40. Goupruss, Petr. Germ. II, p. 114. Taf. 111, £. 1. € 
1844. Geinıtz im Jahrb. f. Min., p. 150 (excel. I. planus). 
1849. Geın., Quad. Deutschl., p. 176 desgl. 
1863. v. STROMBEcK in Zeitschr. d. D. geol. G. XV, p. 124 z. Th. 
Nicht: Catillus Cuvierv Au. BRONGNIART, deser. geol. des env. de Paris, 

3226d..1855, p. 028. BL. L,£ A EEK 6,.HT 

Die Schale ist schief-eiförmig-rhomboidal und, wie bei 1]. 
labiatus, deutlich nach hinten gekrümmt, jedoch ist sie weit fla- 
cher gewölbt und besitzt einen kleinen niedergedrückten Wirbel. 
Ihre vordere Seite. ist gerundet, die hintere mit einem schmalen 
stumpfwinkeligen Flügel versehen, der mit der gebogenen Längs- 
axe einen spitzen Winkel bildet. Ihre ganze Oberfläche ist con- 
centrisch gestreift und gefaltet. 

I. Cuviert bei BronenmartT ist auf I. Brongniarti Sow. zu- 
rückzuführen, während d’Orsıeny weder von J. Cuvieri noch von 


46 


I. Brongniarti eine Abbildung gibt. Der Auffassung v. Srron- 
BECK S bezüglich des I. Cuviere lässt sich in ihrer ganzen Aus- 
dehnung nicht beistimmen, da von diesem Autor gleichfalls Exem- 
plare des I. Brongniarti, sowie auch des I. Lamarcki dazu- 
gezogen werden. 

Vorkommen: Die Exemplare aus dem Plänerkalke von 
Strehlen zeigen deutlich den Typus der von Sowersy und GoLD- 
russ beschriebenen Art. Ähnliche kommen schon in dem Pläner 
des Kahnsteines und Steinkuhlenbergs bei Langelsheim im Harze 
vor. Nach Gorpruss ist diese Art häufig in der weissen und 
grauen Kreide in Westphalen und bei Quedlinburg, nach SowErgy 
ist sie gemein in der Kreide von England. 


8. I. planus Münster. 


1834—1840. Goupruss, Petr. Germ. H, p. 117. Taf. 113, f. 1b (nicht 
1 a, der zu I. latus zu gehören scheint). 


Der I. planus aus dem senonen Kreidemergel von Halden 
und Lemförde in Westphalen bildet einen förmlichen Übergang 
von I. Cuvieri zu I. Cripsi, schliesst sich jedoch durch seine 
regelmässigere und stärkere Wölbung noch mehr an den letz- 
teren an, wie auch schon A. Rormer geltend macht, dass J. la- 
tus als eine sehr flache und weniger breite Form des I. Oripsi 
aufgefasst werden könne. 


9. I. Cripsi MantELL. 


1822. MANTELL, @eol. of Sussex,.p, 135. Lab. 27 1ER 

1834—40. Gouvruss, Petr. Germ. I, p. 116. "Taf. 112, f. 4. 

1843. I. impressus, I. regularis und I. Goldfussianus d’Orsıenv, Pal. fı... 
terr. cret. III, p. 515, 516, 517. Pl. 409—411. 

1844. Gemitz im Jahrb. f. Min., p. 151. 

1848—50. I. Goldfussianus, I. impressus und ? I. Cuvieri Kxer, in Har- 
DINGER’s naturw. Abh. III, p. 28. Taf. 5, £. 2. 

1849. I. Oripsi und I. impressus Gein., Quad. Deutschl., p. 178. 

1854. F. Römer, in Verh, d. naturh. Ver. für Rheinl. und Westph. XI. 
p. 146. 

1856. I. sublaevis, I. convexus, I. tenwilineatus und I. fragils HALL und 
Merk, Deser. of New. Spec. of Foss. from the Cret. Form. of Ne- 
braska, p. 386 -388. Pl. 2, f. 1, 2, 3, 6. 

1863. v. STROMBECK, Zeitschr. d. D. geol. Ges. XV, p. 152. 

1866. Zrrreu, die Bivalven der Gosaugebilde in den nordöstlichen Alpen, 
p. 19 (95). Taf. 14, f£ 1—5; Taf. 15, f. IB. 


17 


1871. I. Cripsianus StoLiczka, Pal. Ind., Cret. Fauna III, Pelecypoda, 
2203» Pl. 27,8..1—3: 


I. Goldfussianus GEN. in Sitzungsb. d. Ges. Isis in Dresden, 1871, 
p. 19. 


Mit GoLoruss, F. RoEmER, v. StRoNBEcK und ZitteL fassen 
wir unter dieser Art Formen zusammen, die sich durch ihre 
‚grössere Breite oder ihre quer-ovale Form, die vordere Rundung 
ihrer Schale, einen mässig langen Schlossrand, der an den eben- 
falls gerundeten Hinterrand stumpfwinkelig anschliesst, auszeich- 
nen und die mit ziemlich regelmässigen dicken Anwachsringen 
bedeckt sind. Die fast gleichgrossen niedrigen Wirbel pflegen 
mehr oder weniger von dem vorderen Ende der Schale zurück- 
zutreten, liegen aber zuweilen auch ganz vorn, ähnlich wie bei 
I. angulosus d’Ors. Die Schale ist in ihrer Mitie und nach vorn 
hin stark und ziemlich regelmässig gewölbt und verflacht sich 
allmählich über eine sehr flache Bucht, oder eine von der hinteren 
Seite des Wirbels nach dem Unterrand laufende Furche hinweg 
(var. impressus d’ORe.) nach hinten. 

Durch ihren Umriss tritt diese Art zunächst in Verbindung 
mit I. Cuvieri Sow. und I. planus Mün., woraus sie sich viel- 
leicht entwickelt hat; im Allgemeinen sind die Formen des I. 
Cripsi breiter und stärker gewölbt als jene. 

Eine gleich nahe Verwandtschaft mit I. Cripsi zeigt aber 
auch J. Lamarcki in seiner breiteren Abänderung bei d’Orsıeny 
Pl. 412, der sich von I. Cripsi fast nur noch durch stärkere 
Wölbung und durch eine deutliche Eindrückung unter dem Wir- 
bel an der vorderen Seite der Schale unterscheidet, worauf eine 
Verwandtschaft des I. Lamarcki mit I. siriatus beruhet. 

Unter den von Harr und Merk aus Nebraska beschriebenen 
Formen ist J. convexus dem normalen I. Cripsi am ähnlichsien, 
während J. itenuilineatus einem dünnschaligen Exemplare der 
Muschel mit weiter vorn liegendem Wirbel entspricht, so dass 
er wiederum dem I. angulosus d’Ors. ähnlich wird. 

Sowohl junge Exemplare des I. labiatus als auch des I. 
Cripst können nach den uns vorliegenden Belegstücken in der 
Form des I. angulosus erscheinen und müssen auf die damit zu- 


sammen vorkommenden ausgewachsenen Exemplare zurückgeführt 
werden. 
Jahrbuch 1873. 2 


13 


Vorkommen: Seinen Ausgangspunkt nimmt I. Cripsi aus 
dem unterturonen Mittelquader oder Mittelpläner. ManteıL be- 
schrieb ihn aus dem grey Chalk Marl von Ringmer, Hamsey und 
Offham in England, nicht aus dem Gault, wie von einigen Au- 
toren angenommen wird. Mit Ausnahme sehr vereinzelter Exem- 
plare sind ähnliche breite Formen in Sachsen neuerdings nicht 
beobachtet worden, wohl aber kommen sie häufiger in dem oberen. 
Quadermergel des benachbarten Kreibitz in Böhmen vor, womit 
die senone Etage beginnt. In Ablagerungen von senonem Alter 
ist überhaupt das Hauptniveau für diese Art zu suchen, und sie 
wird hier von den oft blasenförmig aufgetriebenen Abänderungen 
des I. Lamarcki begleitet, so bei Nagorzany unweit‘ Lemberg, 
nach F. Römer mit Belemnitella mucronata zusammen bei Zarno- 
wiec, Karniowice bei Krakau, nach v. Eicuwarnp in: der Krim, bei 
Ssimbirsk ete., nach v. Hagenow in der Kreide von Rügen, ferner 
in dem Kreidemergel von Ilseburg, Blankenburg und Vienenburg 
im Harz, in dem oberen Quadersandstein des gläsernen Mönchs 
bei Halbersiadt, in den westphälischen Kreidemergeln von Dül- 
men, Haldem und Osterfeld bei Essen und nach d’Orsıeny in 
senonen Gebilden Frankreichs. Nach ZırreL ist es eine der ver- 
breitetsten Arten in den Gosaugebilden der nordöstlichen Alpen, 
Storiczka erkannte sie in der Arrialoorgruppe der südindischen 
Kreideformation, BeEyrıcn in Schichten von Afrika, F. Römer in 
Texas. Wie ihr Vorkommen in Nebraska aus den Abbildungen 
von Harr und Merk erhellt, so lässt sich dasselbe nach den uns 
vorliegenden Exemplaren auch für die Umgegend von Colorado 
City in Neu-Mexico verbürgen, wo I. Cripse mit Baculites gran- 
dis Harı u. MEER und anderen Baculiten zusammen durch Herrn 
A. Dirimarsch-Frocon entdeckt worden ist. 


10. I. Lamarckti Parkınson. 


1822. I. Brongniarti MAnTELL, Geol. of Sussex, p. 214. Taf. 27, f. 8. 

1835. Catillus Lamarcki Au. BRONGNIART, deser. geol. des env. de Paris, 
3. ed., D.,0630. EN 1.2.10. B. 

1834-40. ”GoLprvss, Petr. Germ. IL p: 114. Taf. T11, f. 2. 

1843. d’Orsıeny, Pal. fr. terr. eret. IIL,:p: 518. P1:412. 

1844—49. Geinırz im Jahrb. für Min., p. 150; Quad. re p. 174 
(excl. I. Dechent). 

1850. Dixon, @eol. a. Foss. of Sussex, p. 355. Tab. 28, 29. 

1866. Zrrren, d. Bivalven der Gosaugeb. der nordöstl. Alpen, p. 23 (99). 
lafı3a92:70: 


19 


Die etwas schief-ovale Schale, welche theils länger als breit, 
theils aber auch breiter als lang und mehr oder minder schief 
ist, zeichnet sich namentlich durch ihre bauchige Wölbung aus, 
wodurch sie oft blasenförmig aufgetrieben erscheint. Sie ver- 
läuft ın einen mehr oder weniger vorragenden und niedergebo- 
genen Wirbel, an dessen beiden Seiten sie steil abfällt und etwas 
eingedrückt ist. Ihr oft unverhältnissmässig kleiner Schlossrand 
begrenzt einen kleinen stumpfwinkeligen hinteren Flügel, welcher 
oft gänzlich zurücktritt. Die Oberfläche ist mit dieken, wulst- 
förmigen Anwachsringen und concentrischen Streifen bedeckt. wie 
bei J. Brongniarti, womit sie häufig verwechselt worden ist, zu- 
mal dessen als f. annulatus GoLor. beschriebene Varietät ihrer 
Form sich nähert. Von diesen unterscheidet sich I Lamarcki 
durch die mehr ausgesprochene Rundung der Schale, welche nur 
in der Nähe des Wirbels gestört und aufgehoben wird, und durch 
seine weit höhere Wölbung. | 

Ebenso verwandt ist J. Lamarcri mit I. Cripsi, der oft einen 
gleichen Umriss zeigt und in starkgewölbten Abänderungen an- 
getroffen wird. In beiden Arten spricht sich aber sehr deutlich 
eine entgegengesetzte Richtung des Wirbels und der Anwachs- 
ringe aus, welche bei dem ersteren deutlich nach vorn, bei dem 
letzteren deutlich nach hinten gewendet sind. Die Eindrückung 
der vorderen Seite unter dem Wirbel des I. Lamarcki und die 
verhältnissmässig siärkere Wölbung längs der hinteren Fläche 
dieser Art weichen wesentlich ab von der stärkeren Wölbung 
der vorderen und weil schwächeren der hinteren Fläche bei 7. 
Cripst. 

Vorkommen: Diese für obere oder senone Ablagerungen 
der Kreideformaiion bezeichnende Art liegt uns in charakteristi- 
schen Exemplares aus dem Kreidemergel von Nagorzany, Oster- 
feld bei Essen, als Feuersteingeschiebe von St. Acheul bei Amiens, 
aus dem Grünsandsteine von Kieslingswalda im Glatzischen, aus 
dem oberen Quadersandsteine von Waldau bei Görlitz, Tanne- 
berg in Böhmen (durch Herrn Apotheker B. Kınse in Herrnhut 
gefunden) und einigen Brüchen des Elbthales vor, wie von Posiel- 
witz und an dem Schandau gegenüber liegenden Ufer. Zu ihr 
mögen auch Exemplare aus dem senonen Mergel des Marter- 
berges bei Passau gehören, welche unser K. Mineralogisches 


DE 


20 


Museum Herrn Baron v. Srockuem schon seit 1851 verdankt, 
Früher von uns zu J. Lamarcki gestellte Exemplare von Strehlen 
sind auf andere Arten, wie /. siriatus und I. Brongniarti zurück- 
geführt. worden. Die aus England beschriebenen Exemplare, von 
welchen Dixon die beste Abbildung gibt, wurden in der Kreide 
von Norfolk und Sussex gefunden. Das von den Abbildungen 
bei d’Orsıeny und Dixon ziemlich abweichende Exemplar bei Goıv- 
russ fand sich in der grauen Kreide zu Sindinkhausen in West- 
phalen. Es erinnert einigermassen an I. striatus. Ebenso bildet 
I. Lamarcki aus dem Hofergraben im Gosauthale, bei Zirteı, 
eine eigenthümliche Varietät dieser vielgestaltigen Art, die nach 
allen Modificationen sich endlich noch in den I. involutus Sow. 
umgestaltet zu haben scheint. 


Rückblick auf die hier beschriebenen Inoceramen. 


Betrachtet man die Inoceramen der Kreideformation im Geiste 
der Theorie von der Veränderlichkeit der Arten, so reicht ihr 
Stammbaum bis in den Lias zurück. Ohne auf diese älteren 
Formen hier eingehen zu wollen, finden wir den nächsten An- 
knüpfungspunkt für unsere Inoceramen in dem I. concentricus 
Sow. des Gault. Er ist offenbar ein naher Verwandter des 1. 
striatus, jener in cenomanen Schichten, oder im unteren Quader 
vorherrschenden Art. Hier bedurfte es nur einer Verkürzung 
des Wirbels und einer grösseren Ausdehnung des Schlossrandes, 
um jene in diese Art umzuwandeln. Beides scheint in der That 
hier nach jüngeren Schichten hin stattgefunden zu haben, denn 
I. striatus des oberturonen Plänerkalkes hat in der Regel die 
kürzesten Wirbel und den breitesten Flügel. Dagegen haben 
sich in dem I. striato-concentricus GüngEL die ursprünglichen 
Charaktere der Stammart weit besser erhalten. 

Von I. striatus aus entwickeln sich 2 verschiedene Reihen 
in den Formen des I. Brongniarti und des 1. laius. 

Der erstere stellt die vollkommenste Entwickelung der Gat- 
tung in oberturonen Ablagerungen dar, welche noch weit in die 
senonen Bildungen hineinragt. 

I. latus aber, der durch I. Geinitzianus Stor. mit I. striatus 


21 
sehr eng verbunden ist, wird zur Basis für 2 neue Entwicke- 
lungsreihen, deren eine durch breite Form, die andere durch 
schmale Form ausgezeichnet ist. 

An die breite Form des I. latus schliesst sich I. Cuwviert, 
an die schmale Form: J. labiaius unmittelbar an. Der letztere 
bildet wieder in seinen breiteren Abänderungen einen förmlichen 
Übergang nach dem ersteren hin. Immerhin bleibt aber I. la- 
biatus in seiner typischen Form das Hauptiossil für unterturone 
Schichten oder den Mittelquader und Mittelpläner des Elbthales; 
in dem oberturonen Plänerkalke von Strehlen finden sich von ihm 
nur noch spärliche Exemplare. Dagegen hat er sich noch einige 
Geltung in den Kieslingswaldaer Schichten verschafft, während 
er in, diesen analogen Schichten von Kreibitz in Böhmen und 
Marterberg bei Passau nur durch die schmale Varietät des I. la- 
tus vertreten wird. 

Es ist vorher gezeigt worden, wie sich I. Cuvieri Sow. zu 
I. planus Mün. und I. Cripsi Mant. verhält, woraus jedenfalls 
erhellt, dass sich der erstere in den letzieren umwandeln konnte. 
J. Cripsi bezeichnet aber mit seinen Varietäten, wie I. Goldfus- 
sianus und I. impressus d’Ors. ganz vorzugsweise senone Kreide- 
bildung. Der ihn hier begleitende I. Lamarcki und die letzten 
Nachkömmlinge des J. Brongniarti bilden mit J. involutus Sow. 
eine Reihe von Arten, welche auf mannigfache Weise eng mit 
einander verknüpft sind, und mit Entschiedenheit wieder auf 1. 
concentricus zurückweisen. Ihre Beziehungen zu einander lassen 
‘sich annähernd in dem folgenden Schema veranschaulichen: 


I. involutus Sow. | 
Obere Kreide =Z Ss 
nd I. Lamarcki Park. > Nm Cripsti Manr. 
Ober-Quader N N 
(Senon). | | 
TI. planus Mün. 
air ne ee En Se 
Plänerkalk, I. striato-;concentricus N 
Mittel-Pläner IN GüneL. | 
und I. Brongniarti Sow. I. Cuvieri Sow. 
Mittel-Quader N A 
(Turon). N  .. I. labiatus ScaL. 
Unt. Pläner N 7 I. latus Man. 
und | 
Unt. Quader I. striatus Manr. | 
(Cenoman). N 
Gault. > 
I. concentricus Sow. 


a 


Nineralogisches. 


Von 


Herrn Assistent August Frenzel 
in Freiberg. 


Auf Wunsch des Herrn Geh. Commerzienrathes FERBER in 
Gera wurden die nachstehenden chemisch-mineralogischen Bear- 
beitungen einiger Nummern seiner reichhaltigen und schönen 
Sammlung unternommen. Wir beginnen mit dem 


Beraunit. 


Dieses Mineral wurde bekanntlich bis jetzt nur in Pseudo- 
morphosen nach Vivianit von der Eisensteingrube Hrbek bei Sct. 
Benigna im Berauner Kreise in Böhmen bezogen. Herr FERBER 
hat indess ein sehr schönes Vorkommen von Beraunit aus Sach- 
sen, Vater Abraham bei Scheibenberg, erworben, und zwar von 
Dr. Kranz. Letzterer hatte das Stück aus der Sämann schen 
Sammlung in Paris mit angekauft und dem Stücke lag eine alte 
Etiquette bei, wahrscheinlich von FreizsLesen geschrieben, welche 
besagt: „Fasricher brauner Eisenrahm mit braunem Eisenstein, 
aus dem Scheibenberger Bergamtsrevier.“. Ist nun diese Angabe 
richtig, wogegen irgend welche Zweifel nicht vorliegen, so dürfte 
die bei Scheibenberg befindliche und auf Brauneisenstein bauende, 
jeizi aber auflässige Grube Vater Abraham der. Fundort sein. 

Das Stück enthält ziemlich viel Beraunit, welcher auf und in 
Brauneisenerz sitzt, und wenig Kraurit. Der Beraunit bildet blätt- 
rige und concentrisch-strahlige Partien und einzelne Blätichun 


24 


und Stengel laufen in Krystallspitzen aus, welche die Gypsform 
erkennen lassen. Das Mineral hat ein sehr gutes Ansehen, be- 
sitzt hyacinihrothe bis röthlichbraune Farbe und Perlmuiter- bis 
Seidenglanz; das Strichpulver ist gelb. Spec. Gewicht 2,983 
(Temp. 21,0 C.). 

Prarıner hatte schon als Bestandtheile Eisenoxyd, Phosphor- 
säure und Wasser angegeben; eine Analyse ergab dieselbe Zu- 
sammensetzung und zwar procental: 


Eisenoxyd . 54,50 

Phosphorsäure 28,65 

Wasser . 16,55 
99,70. 


Aus dieser Zusammensetzung berechnet sich nach der Reci- 
prokenmethode ein Atomverhältniss von 5,1 :3,0 : 13,8, wofür 
man selzen kann 5:3:14, so dass also die Formel 5Fe,03 
.3P,O, + 14H,O vorgeschlagen werden könnte; diese Formel 
verlangt: 


5Fe,0, . . 800 54,13 
3P.O.un so. Aal 232 
1411;0 .. 252 4 eo 

1478, 100,00, 


was also ziemlich gut mit dem Gefundenen übereinstimmt. - Es 
war schwierig, den Beraunit völlig rein zu erhalten, indem ein 
schwarzer Körper beigemengt war, doch wurde selbstverständlich 
so gut als möglich reines Material zu erlangen gesucht. Bei 
dem Trocknen des Pulvers bei 00° entwich nur eine sehr ge- 
ringe Menge hygroscopisches Wasser; längere Zeit bis nahe zum 
Siedepunkte des Quecksilbers erhitzt, verlor das Mineral 13,20 
Proc. Hydratwasser und das Pulver behielt noch seine schöne 
rothbraune Farbe bei, bei stärkerem Glühen erlitt das Pulver 
noch 3,359 Proc. Verlust, und zwar gingen bei dem Glühen im 
Porzellantiegel 2,i2 Proc. fort und das Pulver wurde schmutzig- 
braun; im Platintiegel endlich entwichen noch 1,23 Proc., wobei 
das Pulver theilweise schmolz, ohne den Tiegel anzugreifen. Zwei 
in dieser Richtung angestellte Versuche ergaben absolut gleiche 
Resultate. Berücksichtigt man dieses Verhalten, so ergeben sich 
durch Rechnung {1 Aeq. Hydratwasser, während 3 Aegq. als ba- 


[} 


28 


sisch gebundenes (Constitulionswasser) gedacht werden können, 
und es liesse sich demzufolge ein Ausdruck formuliren, wie folgt: 
(3Fe,0, . P,O, + 2Fe.,O., 34,0 . 2P;0,) + 11H,0. 

Wenn auch unzweifelhaft der Beraunit von Sct. Benigna eine 
Pseudomorphose nach Vivianit ist — Brrırnaurt beobachtete Kry- 
stalle, die zur Hälfte roth und zur anderen Hälfte blau gefärbt 
waren --, so lässt sich unser Vorkommen schwerlich für eine 
Pseudomorphose ansprechen, vielmehr hat es ganz den Anschein, 
als ob es — gleichwie Kraurit — wohl ein secundäres, doch 
selbstständiges Gebilde sei. 


Arsenglanz. 


Unter diesem Namen begreift man zweierlei Mineralien, beide 
von der Grube Palmbaum bei Marienberg in Sachsen; einmal die 
von Kersten analysirte Varietät mit 97 Arsen und 3 Wismuth, 
durch lebhaften Metallglanz und vollkommene monotome Spalt- 
barkeit ausgezeichnet und zum Anderen unregelmässig gestaltete 
Platten und Knollen, welche letztere noch in neuerer Zeit von 
der Freiberger Mineralien-Niederlage aus, als Arsenglanz unter 
das mineralogische Publikum gelangten. 

Die letztere Varietät zeigt ebensogut als die erstere die 
Eigenthümlichkeit des Fortglimmens nach dem Entzünden, ist je- 
doch nur ein unreines Arsen, wie sich nach einer Analyse her- 
ausstellte, welche, nach Abzug eines unlöslichen Rückstandes, 
ergab: | 


Arsen an. 792;80 
ANUMOR- I 2 ...002,28 
Bisen . .. Wr. 2... 2860 
Niekel „Wet... 2.026 
Schwefel a..=.. x. 106 

98,00. 


vw. Kosert wies schon nach, dass jedes feinzertheilte Arsen 
nach dem Entzünden das Fortglimmen zeigte und vermuthet da- 
her, dass der Arsenglanz keine besondere Species bilde. Letztere 
Vermuthung dürfte jedoch nicht Grund genug haben und im Ge- 
gentheil wahrscheinlich werden, dass dem ausgezeichneten Mi- 
neral eine andere chemische Zusammensetzung zukomme, wofür 
schon das verhältnissmässig niedrige spec. Gewicht 5,3 spricht, 


26 


gegenüber dem spec. Gewicht des Arsens 5,7 und des Wismuths 
9,7. Leider stand uns ächter Arsenglanz nicht zur Verfügung. 


Arsenkupfer. 


Anlässlich eines Vorkommens von Arsenkupfer in Sachsen 
sendete Herr FERBER zur näheren Untersuchung drei Varietäten, 
die von dem Verkäufer als Domeykit, Algodonit und Whitneyit 
etiquettirt waren. 


Als Fundorte waren angegeben: 
I. Domeykit, Grube San Antonio bei Copiapo, Chile. 
II. Algodonit, Lake superior, Vereinigte Staaten. 
II. Whitneyit, Cerro las Paracatas, Cigazuala, Mexico. 


Die Untersuchung ergab, dass alle drei Varietäten einer Spe- 
cies, dem Domeykit angehörten; es wurde nämlich gefunden: 


1 I. IM. 
Spec. Gewicht (Temp. 22°) 6,700 7,207 9937,54 
Kupfer... .. 10,16 72,02 12,99 
Argentina 9225,89 28,29 27,10 
Eisen ? Ei 
Mangan \ a 
Schwefel. . 0,49 _ _ 


Rückstand . 0,45 E= — 
100,49 100,31 100,09. 


8 


Der Domeykit, dessen Zusammensetzung der Formel Cu;As 
entsprechend gefunden wurde, soll hiernach bestehen aus: 


3Cu : ....1908 71,72 
AS... 780 28,28 


265,2 100,00 


Das gefundene Arsen von I verlangt 65,66 Proc. Kupfer, so dass 
also ein Überschuss von 4,5 Proc. Kupfer bliebe; möglicherweise 
enthält aber dieser Domeykit Beimengungen von Arseneisen, ge- 
diegen Kupfer und einer Schwefelverbindung. Auch Ill zeigt eine 
etwas abweichende Mischung und möglicherweise ist auch dieser 
Varietät etwas gediegen Kupfer beigemengt; eine Wiederholung 
der Analyse ergab kein besseres Resultat. 

Die Farbe der drei Varietäten ist auf frischem Bruche zinn- 


27 


weiss bis silberweiss, das lebhaft metallisch glänzende Pulver von 
II (der reinsten Varietät) hellgrau, von Ill dunkelgrau und von I 
grauschwarz. Binnen 24 Stunden laufen sie mit gelber Farbe 
an. Als Begleiter fanden sich gediegen Kupfer, Rothkupfererz, 
Malachit, Quarz und geringe Partien eines reichen radialfasrigen 
Minerals, vielleicht Wavellit. 


o. 


Uber die Ursachen der Eiszeit. 
Von 


Herrn Dr. Alfred Jentzsch 
in Leipzig. 


Herr Professor Prarr hat kürzlich (N. Jahrb. 1872, Heft 
Betrachtungen veröffentlicht über die Veränderung des Klima’s 
durch gewisse astronomische Ursachen, insbesondere über die 
Eiszeit, und dadurch die Discussion dieses so hochwichtigen Ge- 
genstandes von Neuem angeregt. So möchten denn auch mir 
einige Bemerkungen vergönnt sein, die vielleicht dazu dienen 
können, die Natur der hier zu lösenden Fragen näher zu fixiren. 

Bisher hat man sich oft bemüht, lediglich Kälte zu schaffen. 
So sollte das ganze Sonnensystem durch eine besonders kalte 
Region des Weltraumes gekommen sein, eine Annahme, die 
eigentlich schon in Poısson’s Theorie der Erdwärme enthalten ist. 
Vor Allem aber hob man hervor, dass wegen des Vorrückens 
der Nachtgleichen bald die eine, bald die andere Hemisphäre 
einen längeren Sommer und kürzeren Winter habe, demnach auch 
mehr erwärmt werde. Gegen die letztere, von ApuEmar her- 
rührende Hypothese wendet sich nun Herr Prarr, indem er nach- 
zuweisen versucht, dass, da die Wärmestrahlung der Sonne mit 
dem Quadrat der Entfernung, die Geschwindigkeit des Planeten 
aber nur mit der Quadratwurzel derselben abnähme, das Verhält- 
niss gerade das umgekehrte von demjenigen sei, welches Apk£- 
MAR behauptete, demnach diese ganze Erklärung fallen müsse. 
Leider beruht der eine Vordersatz des Herrn Prarr auf einem 
Versehen. Die lineare Geschwindigkeit der Erde nimmt nämlich 


29 


umgekehrt mit der Entfernung von der Sonne, die Winkel-Ge- 
schwindigkeit, auf die es hier lediglich ankommt, aber umgekehrt 
mit dem Quadrat der Entfernung ab, so dass der Betrag der 
Sonnenstrahlung für beide Hemisphären vollständig gleich 
ist, ein Resultat, welches den Astronomen schon seit längerer 
Zeit bekannt war. Auf der nördlichen Halbkugel sind gegen- 
wärtig die Sommer etwas zu lang und in gleichem Maasse 
zu kalt, die Winter zu kurz und in gleichem Maasse zu warm. 

Dann hob man hervor, dass eben dieses Verhältnisses wegen 
die nördliche Halbkugel jetzt weniger Nachtstunden besässe als 
die südliche, resp. als sie selbst vor 12000 Jahren, und dass sie 
demnach früher mehr Wärme durch nächtliche Strahlung verlor. 
Dem ist einfach entgegen zu halten, dass, einen gleich klaren 
Himmel vorausgesetzt, am Tage ebensoviel Wärme ausgestrahlt 
wird als in der Nacht, ja streng genommen sogar etwas mehr, 
der grösseren Wärmedifferenz zwischen Erdoberfläche und Welt- 
raum wegen. Wirkliche Differenzen in der Gesammtwärme einer 
Hemisphäre sind somit noch nicht nachgewiesen. Sie würden 
auch dem geforderten Zwecke gar nicht entsprechen. Ist doch, 
wie Tynparı so treffend gezeigt hat, zur Vermehrung der Glet- 
scher eine recht beträchtliche Quantität Wärme nöthig, um die 
dazu erforderlichen Wasserdampfinengen herbeizuschaffen. Um 
die Vergletscherung der Schweiz zu erklären, hat man vielmehr 
nur einen mächtigen Condensator nöthig, und diesen findet man 
einzig und allein in einer andern geographischen Vertheilung der 
Wärme, 

Mussten schon aus diesem Grunde die bisher erwähnten Er- 
klärungsversuche als verfehlt betrachtet werden, so sind sie es 
aus einem andern Grunde noch weit mehr. Die europäische Eis- 
zeit besteht nämlich keineswegs blos aus einer Vergletscherung 
gewisser Theile Europa’s. Gleichzeitig fand eine Senkung Nord- 
deutschlands, ja des grössten Theiles von Nordeuropa unter den 
Meeresspiegel statt. Genau zur selben Zeit, als Norddeutschland 
eine mit dem Eismeer zusammenhängende Wasserfläche bildete, ' 
und als arktische Strömungen bis in unsere Gegenden drangen, 
genau zu dieser Zeit musste Skandinavien vergleischert sein — 
NB. trotz einer Senkung von mindestens 600 Fuss —, un die 
von jenen Strömungen nach Deutschland geführten Eisberge lie- 


30 


fern zu können. Und noch mehr: wie in den Alpen die Gletscher 
zweimal vorrückten, und sich zweimal zurückzogen, so gilt das- 
selbe vom Meere in Norddeutschland; zweimal drang es bis an 
die deutschen Mittelgebirge hin vor und zweimal sank es wieder 
zurück. Dies kann kein Zufall sein. Es weist unzweideutig dar- 
auf hin: Ein Zusammenhang besteht zwischen dem Untertauchen 
Deutschlands und der Vergletscherung der Alpen; eine dieser 
Erscheinungen hängt von der anderen ab. oder beide sind die 
Wirkung einer gemeinsamen Ursache. Die Art des Zusammen- 
hanges liegt auf der Hand. Wenn man bedenkt, dass jeder skan- 
dinavische Gneissblock im Minimum das Ibfache Volum Eis zum 
Transport beanspruchte — ungerechnet die Mengen eiskalten 
Wassers, welche die Bewegung der Eisberge vermittelten —, 
und wenn man die wahrhaft enormen Massen von Blöcken, Kies 
und anderem nordischen Gesteinsmaterial betrachtet, welche über 
unsere Ebene verstreut sind, so wird man zugeben, dass diese 
Zufuhr nordischer Blöcke eine ganz gewaltige Abkühlung Mittel- 
europas bewirken musste. Und diese Wirkung vertheilte sich 
nicht etwa, wie jetzt auf der südlichen Halbkugel, auf weite Ge- 
biete, im Gegentheil: quer durch Europa hindurch lief von Ost 
nach West die Grenze des Meeres; hier strandeten, wenigstens 
in der ersten, daher auch härteren Eiszeit, die Eismassen, um 
ihren Gesteinsschutt als Kies abzulagern; hier blieben sie liegen, 
bis Sonnenstrahlen und warme Winde sie zu Wasser auflösten. 
Ein Theil derjenigen Wärmequellen, die das besorgien, konnte 
nun nicht mehr verwendet werden, um den Schnee und das Eis 
der Alpen zu schmelzen, dieses musste also mehr und mehr an- 
wachsen. Wichtiger aber als dieser negative Einfluss war der 
positive auf die Vermehrung der Niederschläge. In den südlich 
resp. südwestlich von Europa gelegenen Gebieten fand dieselbe 
Wärmestrahlung statt, wie jetzt, und gleiche Mengen von Wasser- 
dämpfen wurden daher von den S.- und SW.-Winden herbeige- 
führt. Jetzt gelangen dieselben auf einem weiten Gebiete zum 
Niederschlage; damals musste sie ihr grösster Theil in einer 
schmalen Zone am Südrande des europäischen Eismeeres con- 
densiren. Hier und da mochte dies in Form von Regen geschehen, 
und so wässerreiche Flussgebiete entstehen; in Deutschland war 
dies anders. Die Alpen entzogen hier schen damals den über 


31 


sie hinziehenden Winden einen grossen Theil ihrer Feuchtigkeit. 
Gleichzeitig waren die NO.-Winde kalt und mit Feuchtigkeit ge- 
sättigi, sie wären ja über eine Wasser- und Eis-Fläche von OO. R. 
hinweggegangen. In den Alpen mussten sich daher unter der 
Einwirkung dieser beiden Factoren die ohnehin schon bedeuten- 
den Niederschläge noch vermehren und während eines grossen 
Theiles des Jahres zu Schnee gestalten. 

Die Eisberge der norddeutschen Ebene bildeten also jenen 
Condensator, welchen Tyxvarı verlangt. Dieses meteorologische 
Verhältniss ist so klar und selbsiverständlich, dass man es als 
einen wesentlichen Factor der Eiszeit für immer wird festhalten 
müssen. Man wird diesen gewaltigen Factor sogar als 
den einzigen zu betrachten haben, so lange nicht ent- 
weder seine Unzulänglichkeit dureh Zahlen bewiesen, 
oder so lange nicht noch ein anderer unwiderlegbar 
erkältender Einfluss namhaft gemacht wird. 

Eine andere Frage ist die nach der Ursache, die das Sinken 
des Landes bewirkte. Hier sind zunächst von Schmick kosmische 
Anziehungen geltend gemacht worden, welche eine Art von sä- 
eulärer Ebbe und Fluth zu Wege bringen sollten. Pırar hat die- 
ser Hypothese den Boden entzogen (Verh. d. k. k. geol. Reichs- 
anst. 1872, Heft V.). Derselbe stellt eine neue auf, wonach die 
Anhäufung von Eismassen an einem Pole 1) die Wassermassen 
anziehen und so zum Steigen bringen, 2) die Erdrinde nieder- 
drücken soll. Die Wirkung 1) scheint mir mit den Gesetzen der 
Gravitation nicht vereinbar; die Wirkung 2) müsste allerdings 
eintreten, sobald local mächtige Aufschüttungen gebildet würden. 
Pırar denkt sich eine Polarvereisung dadurch entstanden, dass 
in den kurzen aber heissen Sommern, die jetzt auf der südlichen 
Halbkugel stattfinden, die Wasserdünste weiter nach dem Pole 
vordringen, dort als Schnee niederfallen und so diesen vereisen 
müssten. Indess würde durch die Wasserdünste das Klima des 
Poles zu einem milderen gestaltet und so die ganze Wirkung 
wieder aufgehoben werden. 

Diese und ähnliche Hypoihesen, welche eine allgemeine Zu- 
nahme des Wassers am Nordpol zu erklären suchen, fussen wohl 
stillschweigend auf der Thatsache, dass ebenso wie in Europa 
auch in Nordamerika die Eiszeit Spuren hinterlassen hal, und dass 


32 


auch in Nordasien sich eine Senkung nachweisen lässt. Eine der- 
artige zonenweise vertheilte Senkung und Hebung würde aller- 
dings einen kosmischen Einfluss fast zur Gewissheit erheben. 
INB. einen kosmischen Einfluss auf die Vertheilung des Wassers, 
nicht eine allgemeine Abkühlung, die beispielsweise mit dem Auf- 
treten des Mammuths in Sibirien doch gewiss nicht vereinbar ist]. 
Allein welcher Beweis liegt denn vor, dass alle Länder der nörd- 
lichen Hemisphäre, in denen wir das erratische Phänomen beob- 
achten, ihre Eiszeit zugleich hatten? Es fehlt zur Zeit nech 
jeder Anhalt zur Parallelisirung nordamerikanischer und europäi- 
scher Verhältnisse. Und betrachten wir nur Europa, so finden 
wir schon hier Beweise gegen jene Annahme. Während Deutsch- 
land 2 Senkungsperioden hatte, folgert LyeLı aus geognosti- 
schen und pflanzengeographischen Gründen für Grossbritanien 2 
Perioden der Erhebung des Landes über die jetzige Lage und 
eine Periode der Senkung. Ferner scheint die Senkung ver- 
schiedener Punkte Deutschlands von gleicher Breite eine ungleiche 
gewesen zu sein. Vor Allem aber muss geltend gemacht wer- 
den, dass die Verbindung der Meere über die Finländische Seen- 
kette, wie Lovkn nachgewiesen, nur gegen den Schluss der Eis- 
zeit (resp. während der zweiten Senkungsperiode) stattfand. Es 
scheint somit mehr eine Art Klappenbewegung um eine ungefähr 
von NO. nach SW. gehende Linie erfolgt zu sein. Auf alle Fälle 
aber sind die Veränderungen in der Configuration der Continente 
nicht derart, um sie kosmischen Einflüssen zuzuschreiben; sie 
rühren, mindestens zum Theil, von tellurischen Kräften her. Es 
erscheint dringend wünschenswerth, dass gerade diese jugend- 
lichen Veränderungen der Erdoberfläche möglichst genau er- 
forscht, demnach auch möglichst sicher parallelisirt werden. Man 
würde dann nicht allein die Bedingungen, unter denen so viele 
Länder der Erde nach und nach jener wunderbaren Eiszeit ver- 
fielen, klarer erkennen, sondern man würde auch vielleicht das 
Gesetz auffinden, welchem die grossarligen säculären Hebungen 
und Senkungen der Continente folgen, und somit, so paradox 
dies klingen mag, durch das Studium der Eiszeit einen nicht un- 
wichtigen Beitrag zur Theorie des Vulkanismus gewinnen. 
Leipzig, am 3. December 1872. 


Über den Kreislauf der Stoffe in der Natur, * 


Von 


Herrn Prof. A. Streng. 


In der Geologie herrscht seit langer Zeit, seitdem dieselbe 
überhaupt eine Geschichte hat, der Gegensatz zweier Ansichten, 
des Neptunismus und des Plutonismus. Dieser Kampf hat lange 
Zeit die Wissenschaft beherrscht und abwechselnd hat die Eine 
oder die andere Richtung das Uebergewicht, ja unter Umständen 
die Alleinherrschaft an sich gerissen, So war zu WERNERS 

Zeit der Neptunismus, in der Zeit HumsoıLpr’s und Bucn’s da- 
| gegen der Plutonismus herrschend. Als in der neueren Zeit, 
besonders unter dem Einflusse von Gustav Bischor und durch 
die Einführung des chemischen Experiments in die Geologie die 
neptunischen Anschauungen von der Entwicklungsgeschichte un- 
serer Erde einen neuen Aufschwung nahmen, gipfelte der Streit 
vorzugsweise in einer Frage, die mit der Frage des Plutonismus 
und Neptunismus nicht in einer notlhwendigen Verbindung stand, 
in der Frage nämlich, ob die Perioden der Entwicklungsgeschichte 
der Erde, in deren Veylauf sich die geschichteten Formationen 
mit ihren thierischen und pflanzlichen Resten abgelagert haben, 
von einander getrennt worden seien durch grosse epochemachende 
Revolutionen, in denen das gesammie Thier- und Pflanzenleben 
vernichtet und die vorher abgelagerten horizontalen Schichten 


* Eine am 9. Juni 1872 zu Giessen gehaltene akademische Festrede, 


welche wir mit des Verfassers Erlaubniss hier bringen. D. Red. 


Jahrbuch 1873. 5 


34 


gehoben, gebogen und gefaltet wurden, oder ob im Gegentheil 
die Schichten in einem Einzigen ununterbrochen fortschreitenden 
Ablagerungsprocesse von den ältesten Zeiten bis in die Gegen- 
wart sich abgesetzt hätten, ohne durch allgemeine Erdrevolutionen 
gestört worden zu sein. 

Die erstgenannte Ansicht war gegründet auf die discordante 
Lagerung gewisser. als Formationen zusammengefasster Schich- 
tensysteme und die Verschiedenheit der Fauna und Flora in den- 
selben. Das setzt voraus, dass an denjenigen Stellen, wo diese 
Erscheinung stattfindet, die älteren ursprünglich horizontal abge- 
lagerten Schichten durch gewaltsame Ereignisse aus ihrer hori- 
zontalen Lage gedrängt und aufgerichtet wurden, ehe. das jüngere 
Schichtensystem auf jenem sich ablagerte und dass in der. Zwi- 
schenzeit eine Änderung der Fauna und Flora stattfand. Indem 
man diese Änderungen als ein plötzlich auftretendes und schnell 
sich vollendendes Ereigniss auffasste und die durchaus lokale, 
auf gewisse Länder beschränkte discordante Lagerung verallge- 
meinerte, entstanden jene Anschauungen von den periodisch wie- 
derkehrenden allgemeinen Erdrevolutionen, der plötzlichen Erhe- 
bung der Gebirge und einer damit verbundenen Vernichtung alles 
thierischen und pflanzlichen Lebens, dem dann jedesmal neue 
Schöpfungsacte folgen mussten. 

Diese Ansicht, die auf einer mangelhaften Kenntniss der 
geognostischen Verhältnisse beruhte, musste in dem Maasse an 
Boden verlieren, als durch sorgfältige und eingehende Arbeiten 
das Gebiet unserer Kenntnisse immer .mehr erweitert wurde und 
gegenwärtig kann sie als ein gänzlich überwundener Standpunkt 
bezeichnet werden. 

Ganz allgemein hat sich jetzt die Meinung geltend gemacht, 
dass der Absatz der Schichten im Meere ein ununterbrochen fort- 
dauernder Process ist, der nur hie und da gestört werden kann 
durch allmählich vor sich gehende locale Hebungen und Senkungen : 
der Erdoberfläche, dass demnach auch das einmal vorhandene 
organische Leben sich ununterbrochen fortgesetzt hat bis auf die 
Gegenwart; dass zwar stets alte Geschlechter aussterben und 
neue an ihre Stelle treten, dass aber auch dieser Process der 
Umwandlung einer Fauna und Flora in eine andere ein ganz all- 
mählich vor sich gehender ist. 


3) 


Aus dieser durch sorgfältige und zahlreiche Lokalstudien 
gewonnenen Erkenntniss ging nun die Ansicht von der allmäh- 
lichen Entwicklung unserer Erde von dem Unvollkommenen nach 
dem Vollkommneren hervor. Gleichzeitig machte sich unter dem 
Einflusse des Neptunismus noch in anderer Beziehung eine Än- 
derung der Ansichten geltend, wodurch die weitere Kluft zwi- 
schen Neptunismus und Plutonismus zum grossen Theile erfüllt 
wurde. Während man vordem geglaubt hatte, an die Intensität 
der in früheren Zeiten der Entwicklung thätiger Kräfte müsse 
ein anderer weit grösserer Maasstab gelegt werden, wie an die 
in der Gegenwart wirkender, d. h. in früheren Zeiten seien die 
verändernd wirkenden Kräfte mit einer alle unsere Vorstellungen 
weit überschreitenden Stärke aufgeireten, so macht sich jetzt 
immer mehr die Ansicht geltend, dass bei Erklärung früherer 
Zustände und Veränderungen wenn möglich derselbe Maasstab 
angelegt werden müsse, wie bei den gegenwärtigen Naturerschei- 
nungen, dass aber an die Stelle ungemessener Kräfte sehr wohl 
ungemessene Zeiten gesetzt werden könnten, in denen schwach 
wirkende Kräfte grosse Veränderungen hervorzubringen ver- 
möchten. 

Kaum war nun die Geologie der Revolutionen beseitigt und 
die neue Ansicht hatte begonnen, sich Bahn zu brechen, so wurde 
sie auch wieder einer der Zielpunkte der neptunischen Angriffe 
gegen die plutonische Idee. Gerade die allmähliche Fortentwick- 
lung unserer Erde ist eine natürliche Folgerung der plutonischen 
Hypothese; denn diese geht davon aus, dass unsere Erde ehe- 
mals ein feurigflüssiges Sphäroid war, dass dieses sich langsam 
abkühlte und eine feste Rinde erhielt, die von der unterliegenden 
flüssigen Masse oftmals zerrissen und zersprengt, nach und nach 
immer dicker wurde und dadurch den plwtonischen Eruptionen 
immer grössere Widerstände entgegensetzte, so dass erstere 
immer kleinere Dimensionen annahmen und gegenwärtig nur noch 
in Formen vulkanischer Eruptionen sich geltend machen. Dies 
ist der allgemeine Verlauf einer Entwicklung, mit welcher viele 
andere Erscheinungen, wie z. B. die Änderung der Temperatur 
und des Klima’s der Oberfläche und die daraus folgende Ände- 
rung in den Lebensbedingungen der Pflanzen Hand in Hand 
gehen. | Ä 

3* 


36 


Eine solche, der plutonischen Hypothese entsprechende Ent- 
wicklung musste bei.den Neptunisten den entschiedensten Wider- 
spruch hervorrufen. Anfangs setzten sie dieser Entwicklung eine 
andere in neptunischem Sinne gehaltene entgegen, später wurde 
jede Entwicklung in Abrede gestellt und der Satz aufgestellt. alle 
Vorgänge auf unserer Erde bildeten einen seit Ewigkeit bestehen- 
den und bis in alle Ewigkeit fortdauernden Kreislauf, der zwar 
beständig Veränderungen der Erdoberfläche im Gefolge habe, 
aber Veränderungen derselben Art, die sich also fortwährend 
wiederholten. 

Dass ein Kreislauf der Veränderungen auf der Erdoberfläche 
vorhanden ist, kann nicht in Abrede gestellt werden, es fragt 
sich nur, ob derselbe immer genau in sich zurückkehrt oder 
nicht, d. h. ob der Kreis, gleich einem Ringe, ein völlig geschlos- 
sener ist, oder ob die sich wiederholenden Veränderungen einem 
an sich kleinen, aber nach und nach immer grösser werdenden 
Wechsel unterworfen sind, so dass der Kreis der Erscheinungen 
und Veränderungen sich als eine Schraubenlinie darstellen würde. 
In dem letzteren Falle würde mit dem scheinbaren Kreislauf eine 
sehr allmähliche Entwicklung der Verhältnisse auf unserer Erde 
verbunden sein können. 

Es kann hier nicht die Absicht sein, einer Entscheidung der 
Frage, ob Kreislauf oder allmähliche EntwickInng, vorzugreifen; 
dieselbe ist noch nicht spruchreif. Ich habe es mir vielmehr nur 
zur Aufgabe gestellt, an einer Reihe von Beispielen den Kreis- 
lauf der Stoffe auf unserer Erde zu schildern. 

Zu den bekanntesten der hier aufzuführenden Erscheinungen 
gehört der Kreislauf des Sauerstoffs und des Kohlenstoffs. Der 
erstere, ein Gemengtheil der atmosphärischen Luft, kommt durch 
den Athmungsprocess der Land- und Meeresthiere, sowie durch 
den Verbrennungs- und Verwesungsprocess in Verbindung mit dem 
Kohlenstoffe der organischen Substanz, und bildet damit die Koh- 
lensäure der atmosphärischen Luft. Dadurch gelangt also auch 
der Kohlenstoff in den gasförmigen Zustand. Durch den Ath- 
mungsprocess der Pflanzen wird nun ‘der Kohlenstoff der atmos- 
phärischen Kohlensäure wieder in organische Form übergeführt, 
wird ein Bestandtheil der Pflanzen, während der Sauerstoff wie- 
der im freien Zustande in die atmosphärische Luft zurückkehrt. 


31 


Aus der Pflanze, die dem Thiere zur Nahrung dient, gelangt der 
Kohlenstoff in den Organismus der letzteren und wird hier theils 
durch den Athmungs-, theils durch den Verwesungsprocess der 
atmosphärischen Luft als Kohlensäure wieder zugeführt. Hier- 
durch entsteht ein Kreislauf des Kohlenstoffs aus der Atmosphäre 
durch Pflanzen und Thiere wieder zurück in die Atmosphäre, 
ein Kreislauf, der uns zeigt, wie in dem Haushalte der Natur 
Thier und Pflanze sich gegenseitig bedingen. Soviel Sauerstoff 
durch das Thierreich verbraucht wird. ebensoviel wird auch. wie- 
der durch die Pflanzen hervorgebracht. Hieraus erklärt sich auch 
zunächst der im Allgemeinen gleichbleibende Gehalt der atmo- 
sphärischen Luft an Sauerstoff. 

Indessen greifen noch einige andere Processe in diese Verhält- 
nisse in verschiedenem Sinne ein, wodurch unter Umständen eine 
sehr langsame Änderung in dem Gehalte der atmosphärischen 
Luft eintreten könnte. So wird ein Theil der Kohlensäure der 
Luft und damit auch ein namhafter Theil ihres Sauerstoffs durch 
den Verwitterungsprocess der Kalk-Silikate in Anspruch genom- 
men, indem hieraus unter Abscheidung der Kieselerde kohlen- 
saurer Kalk entsteht, der sich in den Gesteinen ablagert und 
dauernd der Luft entzogen wird. Dieser Kohlensäure-Verlust, 
der ein sehr bedeutender ist, wie die mächtigen Ablagerungen 
von kohlensaurem Kalk lehren, die wohl zum überwiegend grössten 
Theile dem ebengenannten Processe ihre Entstehung verdanken, 
wird aber ergänzt und ersetzt durch die aus der Erde an vielen 
Stellen hervortretenden Kohlensäure-Exhalationen und die kohlen- 
säurereichen Quellen, die diese Säure wahrscheinlich dem in tie- 
feren Regionen vorhandenen kohlensauren Kalke entnehmen. 
Ferner wird ein Theil des Sauerstoffs ununterbrochen verbraucht 
zur Oxydation der Eisenoxydul-Verbindungen in den Gesteinen. 
Aber auch diesem Processe steht der Process der Reduction des 
Eisenoxyds und anderer Sauerstoff-Verbindungen in den Gesteinen 
durch organische Substanzen gegenüber, wodurch Sauerstoff in 
Form von Kohlensäure aus den Gesteinen der atmosphärischen 
Luft zugeführt wird. Übrigens wird eine namhafte Menge Koh- 
lenstoff in Form von Braun- und Steinkohle in den Schichten der 
Erdrinde vergraben und dadurch dem Kreislauf der Stoffe ent- 
zogen. Halten sich alle diese in entgegengesetztem Sinne wir- 


38 


kenden Kräfte das Gleichgewicht, dann haben wir es hier mit 
einem vollständigen immerwährenden Kreislaufe zu thun und die 
Zusammensetzung der Luft ist seit ewigen Zeiten eine gleiche 
gewesen und wird es auch in aller Zukunft bleiben. Ist aber 
irgend einer der Processe, von denen der Gehalt der atmosphä- 
rischen Luft abhängig ist, etwas überwiegend über den ihm ent- 
gegenstehenden, dann wird eine sehr langsame und allmähliche 
Änderung in ihrer Zusammensetzung eintreten. 

Einen ähnlichen Kreislauf, wie Kohlenstoff und Sauerstoff, 
erleidet auch der Wasserstoff und Stickstoff, während eine Reihe 
anderer Stoffe, wie Kalk, Phosphor, Schwefel, Kalium, Natrium 
u. s. w. einen Kreislauf zwischen der Ackererde, dem Pflanzen- 
und dem Thierreiche zu durchwandern haben, welches ja nach 
dem Absterben durch Verwesung wieder zu Staub und Asche 
wird. 

Noch bekannter als der Kreislauf des Sauerstoffs und Koh- 
lenstoffs ist derjenige der atmosphärischen Luft und der Ge- 
wässer. Die aus den äquatorialen Meeren verdunsteten Wasser- 
massen gelangen mit der Luft in Dampfforın auf die nördlich und 
südlich vom Äquator gelegenen Continente; indem hier die Luft 
bis unter ihren Thaupunkt abgekühlt wird, vermag sie den ihr 
beigemengten Wasserdampf nicht gelöst zu erhalten; derselbe 
scheidet sich in Folge dessen in Form von Wolken aus, die dann 
ihre Niederschläge über die Continente ergiessen. Die Regen- 
massen dringen nun theils in die Erde ein, theils fliessen sie 
direet in die Bäche und Flüsse und mit diesen wieder dem Meere 
zu. Das in die Erde einsickernde Wasser durchdringt langsam 
die das Wasser überhanpt durchlassenden Schichten, füllt sie an 
und entweicht langsam auf Spalten und Klüften, welche an tiefer 
liegenden Punkten der Erdoberfläche ausmünden. So entstehen 
die Quellen, deren Wasser die Bäche und Flüsse speist. Dem- 
nach gelangt alles Wasser, welches durch die Regen- und Schnee- 
massen dem Lande zugeführt worden ist, durch die Flüsse wie- 
der zurück in das Meer, dem es in Form von Wasserdampf ent- 
nommen war. Dieser Kreislauf des Wassers findet ununterbro- 
chen statt und erstreckt sich über die ganze Erde. Er steht in 
Verbindung mit dem Kreislaufe der atmosphärischen Luft, die ja 
ununterbrochen von dem Äquator nach den Polen und von diesen 


39 


wieder zum Äquator strömt. Dieser sich stets gleich bleibende 
Kreislauf ist auch die Ursache, dass das Niveau der Meeresober- 
fläche stets ein Gleiches bleibt, dass die Masse des Meerwassers, 
so weit unsere Beobachtungen reichen, anscheinend unveränder- 
lich ist. 

Aber der Kreistauf des Wassers ist doch nicht ein so ganz 
einfacher, als es auf den ersten Blick scheint. Würde man näm- 
lich den vom Meere aufsteigenden Wasserdampf untersuchen, so 
würde man finden, dass er fast absolut rein und, abgesehen von 
atmosphärischer Luft, unvermischt ist. Daher enthält auch der 
Regen nur die Bestandtheile der atmesphärischen Luft gelöst. 
Untersucht man aber das Wasser der Flüsse, die dieses Regen- 
wasser dem Meere wieder zuführen, so sieht man zunächst, dass 
es aufgeschlämmte Theile in bedeutender Menge enthält und wenn 
man es chemisch untersucht, so findet man namhafte Mengen 
fester Stoffe in ihm gelöst. Während also reines Wasser von 
dem Meere fortgenommen wird, kehrt unreines Wasser in das- 
selbe zurück, d. h. mit dem Wasser werden Jahr aus, Jahr ein 
grosse Mengen von festen Stoffen theils suspendirt, theils in Lö- 
sung dem Meere zugeführt und es fragt sich zunächst, wie kom- 
men diese Stoffe in das Wasser und dann: was wird im Meere 
aus ihnen. _ 

Untersuchen wir zunächst die mechanisch in dem Wasser 
der Bäche und Flüsse aufgeschlämmten festen Massen, so sind 
dies Produkte der mechanischen Zerkleinerung der Gebirgsarten, 
über welche die Gewässer geflossen sind und die sie nun mit 
sich fortführen. Dahin gehören grobe Gerölle und Sand, die am 
Boden der Flüsse foribewegt werden, und sehr feine feste Theile, 
die im Wasser suspendirt sind und ebenfalls dem Meere zuströ- 
men, Das so mit fortgeführte Material besteht theils aus Kiesel- 
erde, theils aus Thonerdesilikat. Selbstverständlich ist die Masse 
der mechanisch mit fortgeführten Theile abhängig von der Masse 
und von der Schnelligkeit der Bewegung des Wassers. Daher 
wird auch zu Zeiten der Hochfluth die Masse der fortbewegten 
festen Theile grösser sein, wie zu gewöhnlichen Zeiten. So 
führte nach Versuchen von Bıschor der Rhein bei Bonn nach auf- 
fallend trockner Witterung in 100000 Theilen Wasser 1,73, im 
_ Angeschwollenen Zustande über 20,5 suspendirte Theile mit sich. 


40 


_ Das Wasser des Missisippi führt in {00000 Theilen etwa 59 Ge- 
wichtstheile, in einem Jahre etwa 3702 Millionen Cubikfuss fester 
Stoffe dem Meere zu. Der gelbe Strom in China enthält in 
100000 Theilen angeblich die ungeheure Menge von 500 Ge- 
wichtstheilen fester Stoffe und man hat berechnet, dass er in 
Einer Stunde etwa 2 Million Cubikfuss feste Substanz in das 
Meer führt. 

Gelangen nun diese fesien Stoffe mit dem sie tragenden 
Wasser in das Meer, dann hört die Bewegung, durch die sie 
suspendirt erhalten wurden, auf und es beginnt allmählich der 
mechanische Absatz theils unmittelbar an der Flussmündung, 
theils in grösserer Entfernung davon. Das sichtbare Resultat 
dieser Abscheidung ist die Bildung des Flussdeltas, deren allmäh- 
liches Fortschreiten wir beobachten können, denn es sind in hi- 
storischer Zeit an vielen Flüssen ausgedehnte Landstrecken dem 
Meere abgewonnen worden. 

Die Flüsse führen aber auch eine grosse Menge fester Stoffe 
in gelöstem Zustande dem Meere zu, ja die Menge der gelösten 
Theile übertrifft in vielen Fällen die Menge der nur mechanisch 
suspendirten, Die Hauptmasse der in gelöster Form im Fluss- 
wasser enthaltenen ‚Stoffe besteht aus kohlensaurem und schwe- 
felsaurem Kalk und etwas kohlensaurer Magnesia; sehr unterge- 
ordnet ist dagegen der Gehalt an Kochsalz, der nur etwa \ıo 
bis Yıov von dem Gehalte an Kalksalzen beträgt. Die Zusam- 
mensetzung der gelösten Salzmenge ist übrigens bei verschie- 
denen Flüssen sehr verschieden, ja sie wechselt selbst bei Einem 
Flusse je nach Ort und Zeit. So sinkt meist während der Hoch- 
fluth der Gehalt an gelösten Stoffen sehr bedeutend, während die 
Menge der mechanisch aufgeschlämmten wächst. Um nur von 
der Menge der auf solche Weise fortgeführten Stoffe eine Vor- 
stellung zu geben, will ich beispielsweise anführen, dass in 
100000 Theilen das Nilwasser i4 Theile, das Rheinwasser 17 
Theile, das Mainwasser 24 Theile, das Themsewasser 40 Theile 
und das Wasser der Bievre bei Paris 31 Theile fester gelöster 
Stoffe enthält. Die Menge fester Substanz, die der Rhein in ge- 
löster Form alljährlich dem Meere zuführt, übersteigt 1600 Mil- 
lionen Cubikfuss. 

Es fragt sich nun zunächst, woher diese gelösten festen 


A 


Stoffe kommen. Wie schon erwähnt, dringt ein grosser Theil 
des auf die Erde niederfallenden Regenwassers in diese ein und 
kommt an tiefer liegenden Stellen als Quelle wieder zu Tage. 
Auf diesem Wege durch die Gesteine wirkt es lösend auf den 
in gewissen Gesteinen vorhandenen Gyps und durch seinen Ge- 
halt an atmosphärischer Kohlensäure verändernd und zersetzend, 
vor Allem aber auflösend auf den durch die Zersetzung der Kalk- 
silikate entstandenen kohlensauren Kalk und dieser ist es vor- 
zugsweise, der vom Wasser aufgenommen wird.  Ungeheure 
Massen dieses Körpers werden auf diese Weise in einem lang- 
sam und allmählich wirkenden Processe der festen Erde entzogen 
und dem Meere zugeführt. 

Wenn nun auf diese Weise grosse Quantitäten gelöster 
Stoffe durch Einen Fluss dem Meere zuströmen, wie ungeheuer 
gross mag die Menge der gelösten Stoffe sein, die alljährlich 
durch sämmtliche Flüsse der Erde dem Meere zugeführt werden. 
Freilich ist die Masse des jährlich dein Meere zufliessenden 
Wassers gering gegen die ganze Masse des Meerwassers; wenn 
man aber in Erwägung zieht, dass dieses Zufliessen Jahr aus 
Jahr ein statifindet, dass es statigefunden hat nicht nur seit den 
historischen Zeiten, die man auf etwa {0000 Jahre zurückdatiren 
kann, sondern seitdem es einen Gegensatz zwischen Festland und 
Meer gab, also in Zeiträumen, die Mitlionen von Jahren umfassen, 
so wird man sich eingestehen müssen, dass die ganze Masse des 
auf der Erde befindlichen Wassers schon viele Male den Kreis- 
lauf der Gewässer durchlaufen und jedesmal ungeheure Mengen 
gelöster Stoffe dem Meere zugeführt haben muss. 

Aus diesen Betrachtungen ergibt sich, dass in dem Meere 
ein beständiger Concentrationsprocess staltfindet, da ihm bestän- 
dig gelöste Stoffe zugeführt werden, während reines Wasser als 
Wasserdampf entweicht. Die gelösten Stoffe müssen also zurück- 
bleiben und sich nach und nach immer mehr anreichern. Das 
Meerwasser müsste sich also hiernach als eine concentrirte Lö- 
sung derjenigen Stoffe darstellen, die in den Flusswassern vor- 
zugsweise vorhanden sind, es müsste eine möglichst concentrirte 
Lösung von kohlensaurem Kalk und von Gyps sein. Statt dessen 
finden wir, wenn wir das Meerwasser chemisch untersuchen, dass 
es weit davon entfernt ist, eine concentrirte Lösung von Kalk- 


42 


salzen darzustellen, ja es ist geradezu arm an kohlensaurem Kalk 
und auch der Gyps ist nur in kleinen Mengen darin vorhanden; 
dagegen erweist es sich als eine vergleichsweise concentrirte 
Lösung von Kochsalz. Wohin kommen nun die grossen Massen 
von kohlensaurem und schwefelsaurem Kalk, die alljährlich durch 
die Flüsse dem Meere zugeführt werden und wie ist der hohe 
Chlornatrium-Gehalt desselben zu erklären? Eine directe Abschei- 
dung des Kalks durch den Verdunstungsprocess des Wassers ist 
nicht möglich, weil eine solche nur aus einer völlig gesättigten 
Lösung stattfinden könnte. Auch durch Verdunstung der den 
Kalk gelöst enthaltenden Kohlensäure ist eine Abscheidung nicht 
denkbar, weil das Meerwasser sleis freie Kohlensäure enthält. 
Es müssen also andere Processe vorhanden sein, durch welche 
dem Meere kohlensaurer und schwefelsaurer Kalk in demselben 
Maasse entzogen werden, wie ihm diese beiden Stoffe durch die 
Flüsse zugeführt werden. In der That gibt es solche Processe, 
aber sie gehören nicht in das Gebiet der unorganischen Natur, 
sondern hängen auf das Innigste mit der Entwicklung des orga- 
nischen Lebens im Meere zusammen. 

Wenn wir nämlich sehen, dass die grossen Korallenbänke, 
deren Material wesentlich aus kohlensaurem Kalk besteht, seit 
unvordenklichen Zeiten stets gewachsen sind und noch heute 
wachsen, wenn wir sehen, wie Tausende und Millionen von Thieren 
mit kalkiger Mülle beständig entstehen und vergehen, so müssen 
wir schon hier fragen, woher nehmen diese Thiere den zu ihrer 
Schaale nöthigen Kalk? Die Antwort wird sich nun leicht aus 
dem Vorhergehenden ergeben: es ist ein Theil des Kalks, der 
ununterbrochen dem Meere zugeführt wird. Die alten Muscheln 
sterben ab und werden vom Meeresschlamm begraben, eine neue 
Generation entnimmt das zu den Kalkhüllen nöthige Material di- 
rekt oder indirekt dem kohlensauren Kalke, welcher dem Meere 
durch die Flüsse zugeführt wird. 

Untersucht ınan den eigentlichen Bodensatz des Meeres, d. h. 
die am Boden des Meeres sich abscheidenden Sedimente, so findet 
man diese an vielen Stellen, ganz besonders in den grössten 
Tiefen vorzugsweise zusammengesetzt aus kohlensaurem Kalk in 
Form eines ausserordentlich feinen Schlammes. Bringt man diesen 
unter das Mikroskop, so findet man, dass er in seiner Hauptmasse 


43 


aus sehr kleinen Körnern besteht, die durchgehends organischen 
Ursprungs sind, d. h. Organismen sehr niederer Art ihre Ent- 
stehung verdanken. Es sind vorwaltend sogenannte Coccolithen, 
d. h. eigenthümlich geformte, mit organischer Substanz innig ge- 
mengte Kalkkörner; dann ferner Polythalamien , und zwar vor- 
zugsweise Globigerinen, zerriebene Reste grösserer Schaalthiere 
u. s. w. Hieraus ergibt sich, dass durch den Lebensprocess un- 
endlich zahlreicher mikroskopisch kleiner Thierchen, sowie durch 
denjenigen aller grösseren Thiere mit kalkiger Hülle dem Meere 
ununterbrochen kohlensaurer Kalk entzogen und auf dem Boden 
desselben abgelagert wird. Da viele dieser Kalkschaalen Mag- 
nesia-haltig sind, so wird hierdurch auch der Gehalt an kohlen- 
saurer Magnesia im Meerwasser beständig niedergeschlagen und 
eine Ansammlung desselben in ihm verhindert. 

Nun hat man in den kalkigen Absätzen aller älteren For- 
mationen, die früher ebenfalls Meeresablagerungen waren, jetzt 
aber durch Hebung in Festland verwandelt worden sind, nicht 
nur kalkige Muscheln und Korallen, sondern auch jene Gocco- 
lithen und andere kleine kalkige organische Formen, zu den Po- 
lythalamien etc. gehörig, gefunden, die vorwaltend den Meeres- 
schlamm bilden. Derselbe Process der Abscheidung des Kalkes 
durch organische Thätigkeit, den wir noch heute beobachten, hat 
also auch stattgefunden, seitdem überhaupt sedimentäre Bildungen 
vom Meere abgeschieden worden sind, also seit Millionen von 
Jahren. Damit ist die vorher erwähnte merkwürdige und auf 
den ersten Blick räthselhafte Erscheinung erklärt, dass ununter- 
brochen dem Meere Kalksalze zugeführt werden, ohne dass eine 
Zunahme des Kalkgehalts im Meerwasser bemerkbar wäre, 

Es ist vorhin mitgetheilt worden, dass die Flüsse ausser den 
Kalk- und Magnesia-Salzen dem Meere, wenn auch nur in ver- 
hältnissmässig kleinen Mengen, Kochsalz zuführen. Da wir keinen 
Process kennen, durch welchen das Chlornatrium ebenso unun- 
terbrochen abgeschieden wird, wie die Kalk- und Magnesia-Salze, 
so müsste dieser Körper im Meerwasser einer beständigen Con- 
centration unterworfen sein. War also ursprünglich das Meer 
salzfrei, so müsste im Laufe der Jahrtausende durch den bestän- 
digen Process der Verdunstung und die stetige Zuführung neuen 
Materials eine Anreicherung an Kochsalz erfolgt sein und das 


44 


Meer müsste sich als eine verhältnissmässig reiche Kochsalzlösung 
darstellen, was auch in der That der Fall ist. 

Kann nun aber unter solchen Verhältnissen die beständige 
Verdunstung des Meerwassers und die Rückkehr des verdampften 
Wassers durch die Flüsse als ein reiner, sich stets unverändert 
wiederholender Kreislauf betrachtet werden? Für das Wasser mag 
dies der Fall sein, aber dieser Kreislauf hat Erscheinungen in 
seinem Gefolge, die sich, auf den ersten Blick wenigstens, nicht 
als ein besonderer Kreislauf betrachten lassen, die vielmehr 
langsame aber beständig fortschreitende Veränderungen der Erd- 
oberfläche hervorrufen. Vergegenwärtigen wir uns nochmals die 
Wirkung der atmosphärischen Niederschläge auf die Erdoberfläche 
und die oberste Erdrinde, so besteht sie darin, dass ununterbro- 
chen feste Stoffe theils in suspendirter, theils in gelöster Form 
dem Meere zugeführt und zum grössten Theil dort abgelagert 
oder im Wasser angereichert werden. Die hierdurch bewirkten 
Veränderungen sind zwar für unser Auge kaum wahrnehmbar, 
sie sind auch noch*unbedeutend innerhalb der Lebensdauer eines 
Menschen; da aber solche Vorgänge in ungemessenen Zeiträumen 
statigefunden haben, se muss auch ihre Wirkung in diesen Zeiten 
eine ganz ungeheure gewesen sein. 

Man hat berechnet, dass die Summe fester Substanz, die der 
Rhein theils in gelöster, theils in suspendirter Forın seinem Ver- 
breitungsgebiet seit 15000 Jahren entzogen hat, soviel beträgt, 
dass sie, auf dieses gleichmässig ausgehreitet. eine Schicht von 
Einem Meter Höhe bilden würde; in 1'/, Million Jahren würde 
dies gleich einer Schicht von 100 Metern Höhe sein. Durch die 
Erosion des Wassers, welches dem Rheine zugeführt wird. müsste 
also in dieser Zeit von anderthalb Million Jahren das ganze Land 
im Durchschnitt um 100 Meter erniedrigt worden sein. Da die 
abnagende Wirkung des Wassers um so grösser ist, je rascher 
es fliesst, seine Geschwindigkeit aber unter übrigens gleichen 
Umständen von der Neigung des Untergrundes abhängig ist, so 
werden im Allgemeinen die steiler geneigten gebirgigen Theile 
des Rheingebiets vorwaltend dieser Abnagung unterworfen sein, 
die ebeneren Theile aber nur sehr wenig. Es wird sich also die 
erodirende Wirkung des Wassers concentriren in den Gebirgen; 
d. h. nicht die ebenen Gegenden des Flussgebiets, sondern vor- 


45 


waltend die Gebirgsgegenden werden in bedeutend verstärktem 
Maasse @ırch die Erosion erniedrigt; und wenn wir vorhin sagten, 
das ganze Flussgebiet des Rheins sei in 1Y/, Million Jahren um 
400 Meter erniedrigt worden, so gibt dies kein richtiges Bild des 
Vorganges. Wäre das Rheingebiet zu !/3 von Gebirgen, zu 23 
von Ebenen gebildet, dann würde in 11/2 Million Jahren der ge- 
birgige Theil vielleicht um 300 Meter, das ist um ungefähr 
4000 Fuss, im Durchschnitt erniedrigt worden sein. Die Erosion 
in den Gebirgen ist aber noch weit bedeutender, weil ein grosser, 
ja vielleicht der grösste Theil der Zerkleinerungsprodukte eines 
Gebirges schon in der nächsten Ebene abgelagert wird, so dass 
diese sich allmählich erhöht, während das Gebirge sich erniedrigt. 
Wir werden daher die vorhergenannte Zahl von 300 Metern ver- 
doppeln, ja vielleicht verdreifachen können. In der That finden 
wir auch fast in allen Gebirgen die uuzweifelhaftesten Zeugnisse, 
dass ihre Oberfläche durch Abnagung erniedrigt worden ist. 

Auf der andern Seite muss aber durch die festen Stoffe, die 
der Rhein dem Meere zuführt, der Boden desselben sich mit 
Niederschlägen bedecken derart, dass eine dem ganzen Rheinge- 
biete gleichkommende Bodenfläche in 1!/a Million Jahren sich um 
100 Meter im Durchschnitt erhöhen würde. Da aber auch hier 
die Wirkung sich concentriri auf die der Flussmündung nahe ge- 
legenen Theile des Meeres, so wird hier die Erhöhung des Mee- 
resbodens eine weit raschere sein. 

Ueberblicken wir die Wirkung der Gewässer, so ergibt sich, 
dass sie eine im Wesentlichen nivellirende ist. Die Erhöhungen 
des Festlandes, die Gebirge, werden abgenagt, die Ebenen wer- 
den erhöht, die Meerestiefen mit dem fortgeführten Materiale er- 
füllt und so die Gegensätze zwischen Gebirgshöhe und Meeres- 
tiefe nach und nach ausgeglichen. In dem Maasse, wie der 
Meeresboden durch abgelagerte Sedimente erhöht wird, müsste 
auch der Meeresspiegel steigen und die Tiefländer überfluthen, 
die Gebirge müssten immer mehr sich abflachen, kurz die Ober- 
fläche der Erde müsste sich immer mehr der Form eines idealen 
Sphäroids, ohne Hervorragungen und ohne Vertiefungen nähern. 
Hier wäre also- anscheinend kein Kreislauf vorhanden, sondern 
eine sehr langsam fortschreitende Veränderung in Einem Sinne, 


46 


durch welche eine vollständige Umwälzung aller Verhältnisse auf 
unserer Erdoberfläche herbeigeführt werden müsste. "”. 
Indessen die eben geschilderten Natur-Erscheinungen stehen 
nicht vereinzelt da, sie befinden sich in innigster Verbindung mit 
Andern und mit Kräften, die in einem ganz andern Sinne wirk- 
saın sind wie die nivellirend wirkenden Kräfte des Wassers. 
Da, wo man den Stand des Meeres seit langen Jahren sorg- 
fällig beobachtet hat, fand man häufig, dass derselbe sich im 
Laufe der Zeit verändert hat; an dem Einen Orte fand man ein 
allmähliches Zurücktreten des Meeres. au einem andern aber ein 
langsames Vordringen desselben in das Festland. Man hat Be- 
weise dafür, dass die Ursache dieser Erscheinung darin liegt, 
dass an der Einen Stelle das Festland sich sehr langsam und 
allmählich hebt, an der andern Stelle aber sich ebenso langsam 
und allmählich senkt. Man hat nun, indem diese Beobachtungen 
auf viele Küsten ausgedehnt wurden, gefunden, dass dies keine 
lokalen, sondern dass es ganz allgemein verbreitete Erscheinungen 
sind. Zu den allmählich sich hebenden Landstrichen gehören 
Norwegen und das nördliche Schweden, die in einem Jahrhundert 
um einige Fuss sich gehoben haben, die Westküste von England, 
Irland, ein grosser Theil von Frankreich, Syrien, die Ostküste 
von Afrika, die Sunda:Inseln, Neu-Guinea, Neu-Holland. Zu den 
allmählich sinkenden Landstrichen gehört der sädliche Theil von 
Schweden, die Ost- und Südseite von England, die Normandie 
und Bretagne, Dalmatien, Grönland, die Nilmündungen, die Inseln 
des stillen Oceans. Finden solche Hebungen und Senkungen 
‘innerhalb langer Zeiträume statt, dann entstehen aus den Hebungen 
Gebirge, aus den Senkungen Vertiefungen, die vom Meere be- 
deckt werden. Finden die ersteren am Meeresboden statt, so 
verwandelt sich dieser in Festland, während an anderen Stellen 
das Festland durch Einsenkungen vom Meer bedeckt wird. 
Wenn wir nun sehen, dass das Material, aus welchem die 
meisten unserer Gebirge bestehen, ursprünglicher Meeresboden 
war, dass viele Tausend Fuss mächtige Schichtensysteme, das 
Produkt des mechanischen Niederschlags der Meere längst ent- 
schwundener Erdperioden, mit Einschlüssen unzähliger Reste ech- 
ter Meeresthiere, viele Tausend Fuss emporgehoben sind und 
unsere jetzigen Gebirge bilden, dann müssen wir zu der Erkennt- 


47 


niss kommen, dass die Hebungen und Senkungen zu allen Zeiten 
der Erdgeschichte stattgefunden haben. Alle unsere Continente 
sind einstmals Meeresboden gewesen, ja ein und dieselbe Gegend 
war abwechselnd das Eine und das Andere. 

Während also die hoch erhobenen Gebirge durch die Ero- 
sion der Gewässer abgetragen und dem Meere zugeführt werden, 
heben sich andere Landstriche oder hebt sich Meeresboden nach 
und nach so, dass neue Gebirge entstehen. Während der Meeres- 
boden durch Ablagerung fester Stoffe sich hebt, tritt an andern 
Stellen eine Senkung ein, wodurch von Neuem Vertiefungen im 
Meeresboden oder auf dem Festlande gebildet werden. Der Ni- 
vellirungsprocess der Gewässer, von dem wir vorhin sagten, er 
würde die Erde allmälig in ein regelmässiges Sphäroid verwan- 
deln, wird also stets durchkreuzt durch die beständig stattfinden- 
den Hebungen und Senkungen. Was uns vorhin als eine stetige 
Veränderung in Einem Sinne vorkam, stellt sich uns jetzt eiwas 
anders dar, denn die festen Stoffe, welche durch Vermittlung der 
Gewässer dem Meere zusirömen, werden dort abgelagert; dann 
tritt eine Hebung des Meeresbodens ein, wodurch dieser in Fest- 
land verwandelt wird, und nun fängt derselbe Process von Neuem 
an; die Gewässer beginnen ihre abnagende Wirkung an dem neu 
entstandenen Festlande, an den neu erhobenen Gebirgen; kurz 
die wichtigsten festen Stoffe, Kalk, Kieselerde, Thorerde, sind 
einem beständigen Kreislaufe unterworfen. Einmal sind sie Be- 
standtheile eines Gebirges, werden durch die Wirkung der Ge- 
wässer fein zertheilt oder gelöst und dem Meere zugeführt, bil- 
den dann nach ihrer Ablagerung lange Zeit den Meeresboden, 
bis dieser sich hebt, dann werden sie Bestandtheile eines Fest- 
landes, eines Gebirges, von wo sie den Kreislauf von Neuem 
beginnen. Je höher die Schichten gehoben werden, um so stär- 
ker wird auch das Gefälle der das entstandene Gebirge durch- 
strömenden Gewässer sein, um so rascher wird also auch die 
Erosion wirken und bestrebt sein, das Gebirge nach und nach 
abzuschleifen und zu erniedrigen. 

Beiläufig sei hier bemerkt, dass der Kreislauf des Kalks in 
der innigsten Verbindung steht mit demjenigen des Kohlenstoffs, 
denn aus dem abgelagerten kohlensauren Kalke entwickelt sich 
durch gewisse physikalische oder chemische Einflüsse freie Koh- 


48 


lensäure, die in die atmosphärische Luft übergeht und dort ent- 
weder in Sauerstoff und organische Substanz verwandelt oder 
durch Zersetzung von Kalksilicaten in Form von kohlensaurem 
Kalke dem Meere zugeführt und dort abgelagert wird. 

Wenn nun auch für die im Flusswasser mechanisch aufge- 
schwemmten Stoffe, sowie für die gelösten Kalk- und Magnesia- 
salze, dıe durch organische Thätigkeit im Meere zum Absatze 
kommen, ein solcher Kreislauf nachgewiesen ist, so ist das doch 
nicht der Fall für diejenigen Stoffe, für welche wir keinen fort- 
während thätigen Abscheidungsprocess kennen, welche daher im 
Meerwasser gelöst bleiben. Dies gilt vorzugsweise für das Koch- 
salz, welches sich demnach in dem Meere seit den ältesten Zei- 
ten der Erdgeschichte angereichert haben müsste. Hier wäre dann 
doch eine stetige Veränderung in Einem Sinne vorhanden, hier 
wäre kein Kreislauf erkennbar. Dieser Einwand hat seine Be- 
rechtigung, indessen tritt hier an die Stelle eines stetig fort- 
dauernden, ein nur von Zeit zu Zeit statifindender Abscheidungs- 
process des Kochsalzes. Das Studium der jüngsten Vergangen- 
heit unseres Erdballs lehrt uns nämlich, dass wahrscheinlich durch 
die Hebung einzelner Theile des Meeresbodens öfters grössere 
oder kleinere Theile des Meeres von diesem abgetrennt werden. 
Dies war z. B. mit dem kaspischen und wahrscheinlich auch mit 
dem Aral-See der Fall. Das erstere, sowie die in seinem Nord- 
westen zahlreich vorhandenen kleineren Salzseen standen in einer 
von der Gegenwart noch nicht sehr entfernt liegenden Vergangen- 
heit mit dem schwarzen Meere in Verbindung. Haben solche 
abgetrennien Theile eines älteren Meeres nur geringe Zuflüsse, 
die nicht im Stande sind, die verdunstenden Wassermengen zu 
ersetzen, dann tritt ziemlich rasch eine solche Concentration des 
Seewassers ein, dass eine Abscheidung desselben in Form von 
‚Steinsalz statifindet. Beispiele hierfür sind das todte Meer und 
die kleinen Salzseen nordwestlich vom kaspischen Meere. Ähn- 
liche Abscheidungen des Kochsalzes aus Meerestheilen, die von 
dem Weltimeere abgeschnitten worden waren, haben fast in allen 
Perioden der Erdgeschichte stattgefunden und sind die Veran- 
lassung zur Ablagerung der mächtigen und ausgedehnten Stein- 
salzlager gewesen, die wir gegenwärtig kennen und von denen 
Eines eine Mächtigkeit von etwa 3000 Fuss besitzt. Ungeheure 


49 


Mengen von Kochsalz sind dadurch seit den ältesten Zeiten dem 
Meere entzogen worden und werden ihm noch gegenwärlig ent- 
zogen. Dieser Verlust wird langsam aber stetig gedeckt durch 
die beständig dem Meere zufliessenden kochsalzhaltigen Flüsse. 
Ob hier Gewinn und Verlust sich vollkommen ausgleichen, ist 
weder durch Rechnung noch durch Beobachtung zu entscheiden. 
Halten sich beide Processe nicht ganz vollkommen das Gleich- 
gewicht, überwiegt der Eine den Andern um nur Weniges, dann 
muss während des scheinbaren Kreislaufs eine beständige Ande- 
rung in Einem Sinne stattfinden, d. h. der Kochsalzgehalt des 
Meeres muss in sehr langen Zeiträumen allmälich steigen oder 
fallen. Dann hätten wir auch hier keinen eigentlichen Kreislauf, 
sondern eine spiralförmig fortschreitende Veränderung, eine sehr 
allmäliche Entwicklung. 

Man beruft sich, um zu beweisen, dass der Kochsalzgehalt 
des Meeres zu allen Zeiten ein gleicher gewesen sei, auf die 
Thatsache, dass in den ältesten Schichten, die überhaupt thierische 
‚Reste enthalten, nur solche Thiere gefunden werden, die in sal- 
zigem Meerwasser gedeihen; man schliesst hieraus, dass auch 
die Meere jener alten Zeiten salzig gewesen seien. So berechtigt 
dieser Schluss im Allgemeinen ist, so wenig begründet ist die 
Behauptung, dass der Kochsalzgehalt der damaligen Meere ebenso 
gross gewesen sei, wie derjenige der heutigen; er konnte viel- 
mehr namhaft grösser oder kleiner gewesen sein, wie heute und 
hätte doch völlig genügt, um die Meeresthiere zu erhalten, die 
wir jetzt in den Ablagerungen jener Meere finden. 

Ähnlich dem Kreislaufe des Kochsalzes ist wahrscheinlich 
auch derjenige des Gypses, denn mit ersterem werden stets be- 
deutende Mengen des letzieren aus abgetrennten Meerestheilen 
abgeschieden, in Festland verwandelt und später, durch Gewässer 
gelöst, dem Meere wieder zugeführt. Doch erleidet der Gyps 
auf seinem Wege, sowohl im Meere, als auch auf dem Festlande, 
die mannigfaltigsten Veränderungen, so dass es noch nicht mög- 
lich ist den Kreislauf, den er durchwandert, mit Klarheit zu über- 
blicken. 

Aber auch der Kreislauf der Gewässer selbst ist mit einer 


stetigen Veränderung verknüpft, die innerhalb kurzer Zeiträume 
Jahrbuch 1873. 4 


J0 


so unbedeutend ist, dass sie in keiner Weise durch Beobachtung 
gefunden werden könnte; diese Veränderung beruht nämlich auf 
einer langsamen Verringerung des auf der Erdoberfläche circu- 
lirenden Wassers durch einen in grossem Maassstabe vor sich 
gehenden chemischen Vorgang. Dies ist der Process der Um- 
wandlung wasserfreier Gesteine, wie Granit, Gneiss, quarzführen- 
der Porphyr, in wasserhaltige, nämlich vorzugsweise in Thon, 
der aus der Verwitterung jener Gesteine hervorgeht und Wasser 
chemisch gebunden enthält. Dass die auf solche Weise dem 
Kreislauf sich entziehenden, so zu sagen erstarrenden und erhär- 
tenden Wassermassen im Laufe der Zeit sehr bedeutend werden 
können, lehren uns die ungeheuren Thonmassen, die einen gros- 
sen Theil der geschichteten Gesteine zusammensetzen und den 
siebenten Theil ihres Gewichtes chemisch gebundenes Wasser 
enthalten. Es sind also schon namhafte Mengen von Wasser auf 
diese Weise chemisch gebunden und in fester Form abgeschieden 
worden. Der umgekehrte Process, die Umwandlung wasserhalti- 
ger Gesteine in wasserfreie unter Abscheidung von Wasser findet 
zwar auch statt, aber, soweit wir es übersehen können, bei Wei- 
tem nicht in dem Maasse, wie der vorher erwähnte. 

Die angeführten Beispiele mögen zeigen, zunächst, dass die 
Frage, ob die einen Kreislauf bestimmenden einander enigegen- 
wirkenden Kräfte sich vollständig neutralisiren oder nicht, bis 
jetzt noch nicht entschieden werden kann, dann aber auch, dass 
nicht jeder Kreislauf eine in sich geschlossene unabhängig von 
andern sich entwickelnde Erscheinung ist, sondern dass Ein Kreis- 
lauf mit einem oder mehreren andern in der innigsten Verbin- 
dung steht. So bildet das organische Leben den Knotenpunkt, 
in welchem der Kreislauf des Kohlenstoffs und Sauerstoffs einer- 
seits, und derjenige des Kalks andererseits wie die Glieder einer 
Kette in einander greifen. Es zeigt sich hier, welchen hervor- 
ragenden, ja geradezu bestimmenden Einfluss die organische Na- 
tur auf die Entwicklung unserer Erde nimmt, dass also das Thier- 
und Pflanzenleben nicht nur als ein blos zufälliger oder beiläufi- 
ger Theil des Erdganzen in seiner Entwicklung von derjenigen 
der Erde abhängig ist, sondern dass im Gegentheil die letztere 
von der Entwicklung des Thier- und Pflanzenlebens bedingt wird. 
Örganisches Leben und unorganische Natur stehen also in den 


91 


innigsten Wechselbeziehungen und bedingen sich gegenseitig in 
ihrer Entwicklung. | 

Aus dem Angeführten ist zu ersehen, dass es bei dem heu- 
tigen Stande unserer Kenntnisse noch nicht möglich, die Frage, 
ob ewiger Kreislauf oder allmäliche Entwicklung, zu beantworten, 
ohne den Boden der Thatsachen unter den Füssen zu verlieren. 
Nur unermüdliche Forschung wird hier zum Ziele führen, nur 
das redliche Streben, an der Hand der Thatsachen, ohne vorge- 
fasste Meinung das Gebäude der theoretischen Anschauungen auf- 
zurichten, wird uns dahin führen, auch in der Geologie den Ge- 
gensatz der Ansichten und Meinungen auszugleichen und ein Bild 
von der Entwicklungsgeschichte unserer Erde zu entwerfen, wel- 
ches der Wahrheit möglichst nahe steht. 


Brieiwechsel. 


- 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 


Klipdrift. Griqualand-West, den 4. December 1872. 


In meinem letzten Briefe theilte ich Ihnen mit *, dass ich bei Absen- 
dung jener Zeilen gerade mit den Vorbereitungen zu einer Reise per 
Öchsenwagen längs eines Theiles des Orange- und des Vaalflusses be- 
schäftigt gewesen sei. Diese Reise habe ich jetzt beendet, und es wird 
Sie interessiren, Einiges über die in jenen Gegenden auftretenden Gesteine 
und deren muthmassliches Alter zu erfahren. — Sobald man sich dem 
Vaal oder dem mittleren Theil des Orange in der Gegend von Hopetown 
nähert, wird man durch einen vollständigen Formationswechsel überrascht. 
Eine ganz neue Gruppe von Gesteinen tritt auf, welche meist ein so feines 
Korn besitzen, dass man ihnen am Besten, bis genaue Untersuchungen ihre 
mineralogische Zusammensetzung mit Sicherheit erweisen, den Namen 
„Vaalgesteine* beilegt, da sie in dem Flussgebiet des Vaals ihre grösste 
Entwickelung finden. Sie zeigen meist graulichgrüne Farbennüancen, sind 
gewöhnlich feinkörnig bis dicht und gehen häufig in Mandelsteine über. 
Die Mandeln bestehen aus verschiedenen Kieselsäure-Varietäten, Kalkspath 
oder Grünerde, von welchen Mineralien bald nur eines allein, bald mehrere 
oder alle zusammen auftreten. Obgleich die Mannigfaltigkeit der Ausbil- 
dung durch Wechsel der Structur, Farbe und accessorische Bestandmas- 
sen eine sehr bedeutende ist, so stehen doch die verschiedenen Varietäten 
durch Übergänge in einem so innigen Zusammenhang, dass sich wohl spä- 
ter auch eine Zusammengehörigkeit nach der mineralogischen Constitution 
ergeben wird. Nur in der Nähe von Klipdrift tritt eine hinreichend grob- 
körnige Varietät auf, um die Bestandtheile: Hornblende, Plagioklas, Ti- 
taneisen und äusserst wenig Quarz sicher erkennen zu lassen. Diese 
Felsart sieht manchen Dioriten des Elsasses und Odenwaldes täuschend 
ähnlich, ist aber ebenfalls durch Übergänge mit den dichten Gesteinen 


* Vergl. Jahrb. 1872, S. 857. 


33 


verbunden. Man kann demnach vermuthen, dass die „Vaalgesteine“ zum 
grossen Theil wenigstens in die Gruppe der Hornblende-Plagioklas-Ge- 
steine gehören. Ihr Auftreten scheint meist ein deckenförmiges, seltener 
ein gangförmiges zu sein. Adern und Nester von Kieselsäure-Varietäten 
sind sehr häufig. Mit diesen Gesteinen zusammen finden sich Quarzpor- 
phyre in sehr mannigfaltigen Varietäten. Obgleich es mir nie gelang, 
dieselben unzweifelhaft anstehend zu beobachten, so erscheint es mir doch 
sehr wahrscheinlich, dass sie in Gängen auftreten. Sicher ist dies der 
Fall bei einer anderen ausserordentlich schönen Felsart von vorwiegend 
rother oder grüner Farbe, welche in manchen Varietäten nur aus rosen- 
rothem Feldspath und lichtgrünem Epidot, in anderen nur aus Epidot und 
Quarz oder Feldspath und Quarz zu bestehen scheint und hie und da 
Grünerde-, Epidot- oder Quarz-Mandeln aufnimmt. Die „Vaalgesteine“ 
bilden meist flache Höhenzüge und niedrige Plateau’s von so charakteri- 
stischer Form, dass man sich wohl selten aus der Ferne über ihre Natur 
täuscht; besonders unterscheiden sie sich scharf von den Tafelbergen und 
Spitzkopjes der Karooformation. 

An sedimentären Gesteinen sind in dem von mir durchreisten Gebiet, 
abgesehen von sehr recenten Bildungen, folgende zu erwähnen: Quarzit- 
sandstein, Schieferthon und Conglomerate, Kalkstein mit eingelagerten 
Bänken von Nagelkalk, Kalkmergelschiefer, kieseliger Kalkstein und ein 
eigenthümliches schiefriges Quarzgestein, welches man Jaspisschiefer nen- 
nen kann. Da in keinem der Sedimente bisher Petrefacten entdeckt wor- 
den und hinreichende Aufschlüsse selten sind, so ist es nicht leicht, die 
Lagerungsverhältnisse sicher zu erkennen; auch musste ich häufig wün- 
schenswerthe Excursionen unterlassen, um nicht den Zweck meines Auf- 
enthaltes in Süd-Atrika zu weit aus dem Auge zu verlieren. Ich glaube 
für die erwähnten Gesteine folgende relativen Altersverhältnisse annehmen 
zu müssen. Einen Theil der „Vaalgesteine“ haben wir als die ältesten 
Bildungen in diesen Gegenden anzusehen, da sie an einigen Punkten von 
Quarzitsandstein, an anderen von Schieferthon und Conglomeraten über- 
lagert werden, welche vollständig abgerundete Blöcke jener einschliessen. 
Da die Schieferthone und Conglomerate zuweilen im gleichen Horizont 
vorkommen, auch etwa 5 Meilen oberhalb Klipdrift in einander übergehen, 
so muss man sie als gleichalterige Bildungen auffassen, welche je nach 
den localen Verhältnissen zur Ablagerung gelangten. Die im Schieferthon 
eingeschlossenen Blöcke, petrographisch genau mit den „Vaalgesteinen“ 
übereinstimmend, sprechen nicht sehr für die Ansicht von G. W. Stow 
(Zuschrift an die Diamond News vom 5. November 1872), es seien letz- 
tere metamorphisirte Sedimente; denn es müsste die Metamorphose schon 
eine vollendete gewesen sein, als sich die unmittelbar aufruhenden Schie- 
fer absetzten. Bei den häufig sehr verwickelten Verhältnissen würde aller- 
dings eine solche Annahme nicht selten die bequemste Art der Lösung 
sein, aber wenn auch wahrscheinlich viele Gesteine durch spätere Infiltra- 
tionen mannigfach verändert sind, so scheinen mir doch erst eingehendere 
Beobachtungen in einem so ausgedehnten Gebiet vorliegen zu müssen, 


94 


bevor eine definitive Ansicht ausgesprochen werden kann. Vor allem sind 
jedoch bisher vollständig fehlende petrographische Untersuchungen abzu- 
warten. 

Der Quarzitsandstein liegt entweder direct auf den „Vaalgesteinen“ 
oder auf den Schiefern, fehlt jedoch an vielen Punkten ganz. Da eine 
Überlagerung nirgends von mir beobachtet wurde, so ist mir dessen Stel- 
lung nicht ganz klar. Nach freundlichen Mittheilungen von G. W. Srow 
wird er wiederum von Schiefern bedeckt und zeigt einen Fall der Schich- 
ten, welcher auf muldenförmige Lagerung schliessen lässt. Ist diese Be- 
obachtung richtig, so lassen sich die isolirten Höhenzüge von Quarzitsand- 
stein am unteren Vaal und am mittleren Orange leicht erklären, zwischen 
denen es sonst schwierig wäre, einen Zusammenhang zu finden. Jeden- 
falls muss man annehmen, dass der Sandstein früher von grösserer Ver- 
breitung gewesen ist und vor Ablagerung der jüngeren Schichten schon 
theilweise wieder zerstört wurde. Dort wo derselbe fehlt, folgen den Schie- 
fern dunkelgraue, mergelige Plattenkalke mit Einlagerungen von Nagel- 
kalk, ebenfalls vereinzelte grosse Gerölle der „Vaalgesteine“ einschliessend. 
Diese Sedimente besitzen nirgends eine bedeutende Mächtigkeit und sind 
vorzugsweise in der Nähe des Vaals aufgeschlossen. In inniger Beziehung 
zrı den bisher beschriebenen geschichteten Gesteinen stehen wahrscheinlich 
die Hauptmassen der krystallinischen Vaalgesteine, welche jünger sind als 
die. oben erwähnten, wenn sie auch, nach der gleichen petrographischen 
Ausbildung zu urtheilen, wohl derselben grösseren Periode angehören. 
Ganz klar sind die Verhältnisse der mangelhaften Aufschlüsse wegen nicht. 
Jedenfalls habe ich beobachtet, dass „Vaalgesteine* oberhalb Klipdrift 
theils Conglomerate gangförmig durchsetzen, theils Schiefer bedecken und 
bei Eskdale am Orange unter und über mächtigen Bänken von Quarzit- 
sandstein liegen. Vielleicht verhält sich ein Theil der „Vaalgesteine* zu 
den älteren Schiefern umd Sandsteinen wie der in meinem letzten Briefe 
erwähnte „Ironstone“ zu den jüngeren der Karooformation, d. h. bildete 
ursprünglich intrusive Lager, welche später durch die Erosion im Vaal- 
Gebiet entblösst wurden. — Verlässt man den oberen Vaal und schreitet 
in westlicher Richtung fort, so erreicht man ein steil ansteigendes Plateau, 
welches sich bis Griquastadt hinzieht. Dasselbe erhebt sich mindestens 
1200° über dem Vaal, während der Steilrand mehr als 150 englische Mei- 
len weit mit dem Vaal- und Hartfluss parallel läuft. Die unteren Schich- 
ten bestehen aus Mergelschiefern, die oberen aus kieseligem Kalkstein. 
Die Hauptschichten des letzteren sind licht bläulichgrau oder dunkelgrau, 
meist feinkrystallinisch bis dicht und führen in der Nähe von Griquastadt 
reichlich Nester und Lagen von Quarz, Hornstein oder Chalcedon. Wäh- 
rend die Schiefer und Plattenkalke horizontal oder annähernd horizontal 
liegen, senken sich die Schichten des Kieselkalks um ein Geringes nach 
West-Nord-West. Das Plateau ist vom Vaal durch ein Vorland getrennt, 
welches mit mächtigen Kalktuffablagerungen und recenten Conglomeraten 
bedeckt ist, so dass auch hier die untere Grenze nicht aufgeschlossen ist. 
Uber diesem Plateau erheben sich bei Griquastadt die Jaspisschiefer mit 


99 


x 


discordanter Lagerung und bilden die Griquastadt-Hügel, eine Fortsetzung 
der durch das schöne Vorkommen von Krokydolith bekannten Asbestos- 
Mountains. Die Jaspisschiefer sind von rothbrauner, kaffebrauner oder 
ockergelber Farbe und enthalten reichlich, durchschnittlich kaum 1 Milli- 
meter starke Einlagerungen von Eisenglanz und Magneteisen, von welchen 
ersterer wahrscheinlich aus letzterem entstanden ist. Ausserdem finden 
sich sehr häufig Bänder von faserigem Quarz, 1—40 Millimeter breit, von 
weisser oder gelber Farbe, die Fasern senkrecht zur Schieferung stehend. 
Es scheint, als ob hier eine Pseudomorphose von Quarz nach Krokydolith 
vorliegt, da das Auftreten des fasrigen Quarzes genau dasselbe ist, wie 
das des Krokydoliths. Leider konnte ich die Punkte nicht besuchen, wo 
letzteres sich findet. Der Jaspisschiefer ist häufig sehr dünn geschichtet, 
die Lagen sind theils ebenflächig, theils mannigfach gekrümmt oder regel: 
mässig wellenförmig gebogen. Durch die feinen Einlagerungen von Eisen- 
erzen entstehen dann sehr zierliche Zeichnungen. Berücksichtigt man die 
Pseudomorphosen (?) nach Krokydolith, den verschiedenartigen Fall der 
Schichten, welche sich in jeder Lage zwischen der horizontalen und ver- 
ticalen finden, die mannigfachen Faltungen, so ist man wohl zu der An- 
nahme berechtigt, den Jaspisschiefer für ein im Laufe der Zeit vollständig 
umgewandeltes Sediment zu halten. Alle die bisher erwähnten Gesteine 
mit Ausnahme des Jaspisschiefers sind fast überall, wo sie das Oberflächen- 
gestein bilden mit Kalktuff oder rothem Sand bedeckt, ein Umstand, der 
die sichere Erkennung der Lagerungsverhältnisse so ausserordentlich er- 
schwert. Sehr häufig gehen die Kalktuffe in Kalktuff-Conglomerate über, 
welche aus abgerollten Blöcken der meisten der angeführten Gesteine be- 
stehen, verkittet durch Kalktuff. In dem von Griquastadt bis nach dem 
Orange sich erstreckenden breiten Thal schwellen sie zu hohen und aus- 
gedehnten Plateau’s mit steilem Abfall an. Wittern die Blöcke aus, so 
bedecken sie die Oberfläche oft in so grosser Menge, dass man sicher, 
unter ihnen anstehendes Gestein annehmen würde, wenn nicht von Zeit zu 
Zeit ein Wasserriss Aufschluss gewährte. Der Sand variirt etwas an Korn 
und Farbe und enthält häufig mehr oder minder abgerundete, seltener 
scharfkantige Fragmente verschiedener Kieselsäure-Varietäten, deren Ur- 
sprung zuweilen schwierig nachzuweisen ist. Ich werde hierauf vielleicht 
in einem späteren Briefe zurückkommen. 

Die im Vorhergehenden in weiten Umrissen beschriebenen Gesteine, 
äusserst verschieden von denjenigen, welche die ausgedehnten Hochebenen 
des Orange-Freistaates und des nördlichen Theiles der Cap-Colonie bilden, 
scheinen mir nun weit ältere Formationen, als die Karooformation zu re- 
präsentiren. Ich glaube, dass sie sich an die Granite und metamorphischen 
Schiefer anlehnen, die in der Transvaal-Republik und in den Gegenden 
nördlich von Karuman so weit verbreitet sein sollen, und dass sie den 
Rand jenes grossen Beckens gebildet haben, in welchem die Karooforma- 
tion sich absetzte. Dr. Suaw ist geneigt, diese älteren Gesteine als die 
ursprüngliche Lagerstätte der Diamanten anzusehen, aus welchen sie aus- 
gewittert und in tiefer gelegene Pfannen und Flüsse hinabgewaschen seien. 


96 


Diese Ansicht halte ich für eine irrige; es wird vielmehr das Muttergestein 
der Diamanten in weit tiefer gelegenen Gesteinen zu suchen sein, welche 
in den von mir besuchten Gegenden wenigstens nicht an die Oberfläche 
treten. 

Griqualand-West ist ein reichhaltiges Gebiet für spätere eingehende 
Untersuchungen und gewährt durch die Mannigfaltigkeit der Felsarten ein 
weit interessanteres Feld, als die einförmigen Hochebenen der Karoofor- 
mation. Leider erlaubte mir meine beschränkte Zeit nur eine flüchtige 
Reise durch einen sehr kleinen Bruchtheil jener ausgedehnten Länder, und 
Zeit, sehr viel Zeit ist das erste Erforderniss bei geologischen Unter- 
suchungen in Süd-Afrika. Immerhin ist es mir gelungen, ein ansehnliches 
Material für petrographische Arbeiten zu sammeln. 


E. ConHeEn. 


Zürich, den 14. Dec. 1872. 


Bei dem Interesse, welches die Analysen von Glimmer-Arten haben, 
um endlich zu wahrscheinlichen Formeln zu gelangen, welche die Ver- 
wandtschaft in das richtige Licht stellen sollen, erlaube ich mir darauf 
aufmerksam zu machen, dass bei der neuen Species Manganophyll, 
welche L. J. IsELström in diesem Jahrbuche (1872, S. 296) beschrieb, ein 
Berechnungsfehler vorliegt, welcher auf die berechnete Formel Einfluss 
hat. Es wurde nämlich bei der Analyse 3,78 Eisenoxydul gefunden und 
als berechneter Sauerstoff desselben 2,64 angegeben, was nicht richtig ist, 
da 3,78 Eisenoxydul nur 0,84 Sauerstoff enthalten. Dadurch wird natür- 
lich die weitere Berechnung fehlerhaft und eine andere Formel nöthig. 
Nur in dem Falle könnte der Sauerstoff der Kieselsäure dem der gesamm- 
ten Basen gleich gesetzt werden, wenn man den Glühverlust als Wasser 
berechnet und dasselbe zu den Basen zählt, ausserdem auch noch Natron 
neben Kali in der gefundenen Menge 5,51 Alkalien annimmt. Wird nur 
Kali berechnet, so ergeben die Zahlen der Analyse 6,42 SiO,, 3,75 MgO, : 
0,57 CaO, 3,01 MnO, 0,52 FeO, 1,07 A!.0,, 0,59 K,O und 0,89 H,O oder 
6 SiO2, 7,34 RO, 1 Al203, 0,55 K2xO und 0,83 H20. Hieraus folgt der 
Sauerstoff aller Basen —= 11,72 und könnte durch Natron neben Kali noch 
ein Wenig höher ausfallen, um dem der Kieselsäure gleich gesetzt zu 


werden. A. KennGoTT. 


Innsbruck, den 17. December 1872. 


Aus dem Glimmerschiefer bei Sterzing, welcher schon so viele Mine- 
ralien lieferte, habe ich von einem Bauern ein Stück eines thonigen Braun- 
eisenerzes erhalten, welches zahlreiche kleine Lamellen weissen Glimmers 
und Partien eines von Eisenoxydhydrat braungefärbten Quarzes enthält. 
Eingewachsen sind Oktaeder von Spinell, deren Durchmesser 1—2 Linien 
beträgt. Die Oktaeder sind combinirt mit einem Triakisoktaeder, dessen 


97 


Flächen durch oscillirende Combination stark gestreift sind. Es sieht aus 
als wären gleichseitige Dreiecke, den Flächen des Oktaeders entsprechend, 
jedes kleiner als das darunterliegende, treppenweise übereinandergelegt. 
Hie und da lässt sich auch eine Fläche von oo0 erkennen. Die O-Flächen 
zeigen den lebhaftesten Glasglanz in den Diamantglanz geneigt. Die Kry- 
stalle sind im auffallenden Lichte prächtig schwarz; kleine Splitter sind 
halbdurchsichtig bis durchscheinend, von ölgrüner Farbe. Reaction auf 
Chrom war nicht zu bemerken. Dieses schöne Vorkommen ist für die 
Gegend ganz neu; weitere Nachforschungen wären jedenfalls wünschens- 
werth. 
Anoıpn PıcHLEr. 


Würzburg, den 22, December 1872. 


Seitdem ich Sie in Heidelberg gesehen, habe ich meine projectirte 
Reise nach Kleinkems und Basel fortgesetzt und dort in Gesellschaft von 
A. MüLLeR und RürımeyEer sehr angenehme und belehrende Stunden ver- 
bracht. Ebenso kann ich nur aus bester Überzeugung in das Lob ein- 
stimmen, welches von anderer Seite den wissenschaftlichen Anstalten dar- 
gebracht worden ist, die der Fürst von FÜRSTENBERG unter der trefflichen 
Leitung des Hrn. Geh. Hofr. Reumann zu Donaueschingen gegründet hat 
und welche vielen seiner Standesgenossen als voranleuchtendes Beispiel 
dienen könnten. So viel Schönes und Unerwartetes ich aber auch dort 
gesehen habe, so fand ich doch für die Untersuchung der Schwarzwälder 
Erzgänge kein neues Material und habe die Gewissheit, dazu die besten 
überhaupt vorhandenen Stücke benutzt zu haben. 

Von Donaueschingen wurde die Reise nach Messkirch und Mengen 
fortgesetzt, wo die Hrn. Caplan Dr. MiıLLer und Pfarrer Prosst aus Essen- 
dorf zu mir stiessen und mir und meinem Begleiter, Hrn. v. GERICHTEN 
aus Landau die Profile der Tertiärschichten am Tautschbuch und Hoch- 
sträss vorführten, welche Hr. Dr. Mizzer (Württemb. Jahreshefte, 1871. 
Das Tertiär am Hochsträss) absolut naturtreu geschildert hat und welche 
die Gliederung des schwäbischen Tertiärs völlig klar stellen. Ich besuchte 
dann Thalfingen, Steinheim und andere wichtigere Localitäten der Alb, 
sah wiederholt WETZLER’s schöne Sammlung in Günzburg und schliesslich 
in Begleitung des um diese Gegend so sehr verdienten Hrn. FRICKHINGER 
die Umgebungen von Nördlingen. Da ich bereits in einem halben Jahre 
die Resultate dieser Untersuchungen in meiner Monographie dem Publicum 
werde vorführen können, so unterlasse ich heute weitere Mittheilungen, 
obwohl die paläontologische Bearbeitung der von den erwähnten Herrn 
gemachten Sammlungen, welche mir mit grösster Liberalität anvertraut 
wurden, fast vollendet ist. Soeben ist endlich der durch widrige Umstände 
verzögerte Druck der Abtheilung meiner Arbeit, welche das Eocän be- 
handelt, bis zum Calcaire de St. Quen beendist, und wird diese alsbald 
ausgegeben werden, Oligocän und Untermiocän sind im Manuscript fertig 
und werden nicht lange auf sich warten lassen. 


98 


Fortwährend gehen noch reiche Beiträge für Obermioeän, Pliocän und 
Diluvium ein, welche nach Möglichkeit berücksichtigt werden sollen. Von 
ganz besonderem Interesse ist die von meinem trefflichen Freunde Hrn. 
Dr. BueicHer, seit kurzer Zeit medeein major in Oran, gesammelte Suite 
der Schichten von Montpellier, welche durch Rhinoceros megarhinus und 
Mastodon brevirostris charakterisirt werden, ich hätte kaum geglaubt, 
dass in so hohem Niveau noch tropische Formen neben Süd-Europäern so 
stark vertreten sein würden, als es in der That der Fall ist. Soweit ich 
die Fauna bis jetzt kenne, ist sie jener von Hauterive (Dröme) am Ähn- 
lichsten, aber viele dort vorhandene Formen, welche Diluvialen ganz nahe 
stehen, fehlen bei Montpellier und ist also die Kluft zwischen dieser Ab- 
lagerung und den Diluvialen weit grösser. Herr BLeıcHer hat auch Stücke 
einer sehr hübschen, wie es scheint, obercenomanen Süsswasser-Bildung 
bei Connaux (Gard) eingesendet, in welchen ein Paludomus neben Valvata 
und Chara-Kapseln liegt und der neuen Arten aus Ktage de Rognaec und 
Calcaire de Provins sind so viele, dass ich nicht alle in meine Monogra- 
phie aufnehmen konnte. Die, wie man glauben möchte, unerschöpfliche 
Gegend von Montpellier, in welcher alle Formationen dicht an einander 
vertreten sind, hat auch sehr schöne devonische Formen geliefert. Die 
mir von Hrn. BLeıcHer von Cabrieres zugesendeten repräsentiren vorzugs- 
weise das Niveau meines Cypridinenschiefers und zwar zwei Abtheilungen 
desselben. Die unteren Schichten mit verkiesten Goniatiten, namentlich 
@. retrorsus in 4 Varietäten, von welchen amblylobus vorherrscht, führen 
noch Bactrites carinatus, Orthoceras subflexuosum, Camarophoria subreni- 
formis, Oardiola retrostrieta u. s. w., und sind völlig ununterscheidbar von 
den gleichalten Bänken von Weilburg, Nehden bei Brilon und Büdesheim 
in der Eifel. Eine schwärzliche Kalkbank mit Goniatiten, Orthoceras sub- 
flexuosum, Uypridina und zahlreichen Foraminiferen erinnert dagegen leb- 
haft an die Kalke von Altenau am Harze (ebenfalls reich an Foramini- 
feren) und Kirschhofen bei Weilburg. 

Auch hier tritt wieder jene merkwürdige, wiederholt von mir hervor- 
gehobene Beständigkeit der. petrographischen und paläontologischen Cha- 
raktere des Devons zu Tage, die in den Flaserkalken der Pyrenäen, des 
Fichtelgebirgs, Thüringer Waldes und des Rheingebiets so sehr auffällt. 

Da ich doch einmal von Oberdevon rede, so will ich nicht unterlassen 
anzuführen, dass mir auch oberdevonische Arten aus den Schichten des 
Spirifer calcaratus und der Rhynchonella cuboides aus dem Arpatschai- 
Thale (Armenien) zugegangen sind, welche mein früherer Zuhörer Hr. Dr. 
SıEvERS auf seinen kaukasischen Reisen dort gesammelt hat. Asıca (Ver- 
gleichende Grundzüge der Geologie des Kaukasus, S. 78) hat bereits viele 
dort vorkommende Brachiopoden erwähnt und z. Th. sehr schön abgebil- 
det, spricht aber nicht von den zahlreichen Ostracoden, die Herr Sievers 
einsendete, meist Cypridinen (Entomis), welche nicht mit solchen aus dem 
Cypridinenschiefer stimmen, aber auch eine Beyrichia. Auch RıcHTEr hat 
bereits Ostracoden aus gleichem Niveau in Thüringen beschrieben und die 
Kluft, welche bisher zwischen der Fauna der Schichten der Rhynchonella 


59 


cubordes, wo sie als Korallen-Facies entwickelt ist, und jener der Cypri- 
dinenschiefer zu bestehen schien, wird durch diese Funde immer mehr 
überbrückt. Auch aus Nassau würde ich noch manches nicht Uninteres- 
sante in Bezug auf Devon mitzutheilen haben, will es aber lieber für spä- 
tere Zeit aufsparen. 

Unterdessen gehen petrographische und mineralogische Untersuchun- 
gen ihren Gang weiter. Eine grosse Zahl vulkanischer Gesteine, beson- 
ders aus Nassau und der Rhön ist neuerdings geschliffen worden und wer- 
den auch die Analysen fortgesetzt. Von mineralogischen Dingen möchte 
die nachträgliche Entdeckung von Acanthit in fast zolllangen Individuen, 
dann jene von Polybasit neben Sprödglaserz von Wolfach Interesse ver- 
dienen. Auch die s. Z. (Jahrb. 1869, S. 320 f.) von dort beschriebenen, 
mir räthselhaft gebliebenen Pseudomorphosen haben sich in soweit aufge- 
klärt, als ich mich von der Identität derselben mit dem von BREITHAUPT 
als Pseudomorphose von Braunspath nach Anhydrit aufgefassten sächsi- 
schen Vorkommen überzeugt habe. Ich verdanke diese Aufklärung Hrn. 
Professor WeıssAcH, welcher mich hier besuchte. 

Von Kobaltmineralien ist neuerdings der reguläre Speiskobalt von 
Bieber und das rhombische Arsenkobalteisen von demselben Fundorte von 
Hrn. v. GERICHTEN analysirt worden. Specif. Gewicht und Zusammensetzung 
sind ganz verschieden, wie sich das auch früher (Jahrb. 1868, S. 403 u. 
410 f.) für die analogen Körper von Wittichen herausgestellt hatte. Das 
Auftreten des rhombischen Minerals in eigenthümlichen quirlförmigen 
Zwillings-Aggregaten veranlasst mich, es mit dem Namen Spathiopyrit zu 
bezeichnen, da der provisorische Name, rhombisches Arsenkobalteisen, 
denn doch auf die Länge nicht anwendbar ist. Sehr überrascht wurde 
ich bei der Untersuchung des schönen weissen Glimmers, welcher zwischen 
dem dunkelen des Habachthales in Salzburg dünne Zonen bildet, in diesem 
einen bedeutenden Barytgehalt zu finden, wie ihn s. Z. OELLACHER zum 
erstenmale in einem Tyroler Glimmer nachgewiesen hat. Die quantitative 
Analyse wird zeigen, ob das schöne rhombische Mineral des Habachthals 
identisch mit dem Tyroler Barytglimmer ist. Der Smaragd und die schö- 
nen kleinen braunen 'Turmaline des Habachthales sitzen meist im braunen 
Glimmer, doch auch hier und da im weissen oder in einem grünlichen 
Glimmer oder Chlorit, den ich noch nicht untersucht habe. Eine Menge 
anderer Dinge muss ich liegen lassen, bis meine Monographie beendigt 
ist, auch die vielen neuen Beobachtungen, welche sich auf Excursionen im 
Sommer und Herbst für die fränkische Trias ergaben. Die verwüstenden 
Gewitterregen des Juli haben manche neue Aufschlüsse- geliefert und be- 
sonders die Gelegenheit verschafft, die zwischen Muschelkalk und dem 
Hauptsandstein der Lettenkohle gelegenen Schichten Bank für Bank zu 
studiren, was bisher so genau auszuführen nicht möglich war. Das ab- 
gelaufene Jahr war also für mich reich an interessanten und belehrenden 
Erfahrungen, und ich habe nur zu bedauern, dass sie nur allmälich der 
Öffentlichkeit übergeben werden können. 

F, SANDBERGER, 


60 


Innsbruck, den 8. Januar 1873. 


Der Sphen kommt an verschiedenen Orten Tyrols in Glimmerchlorit - 
oder Hornblendeschiefern vor. Einen neuen Fundort und ein neues Mut- 
tergestein kann ich jetzt angeben, nachdem ich die im Laufe des Sommers 
gesammelten Stücke des Granitgneisses vom Brenner durchgemustert. Es 
ist sogenannter Centralgneiss, oder wie ich ihn bezeichnete: Gneiss des 
Phyllites. Er bildet den Kamm des Gebirges zwischen dem Brennerpass 
und dem Thale Pfitsch. Die Kryställchen des Sphen wurden bisher wohl 
nur ihrer Kleinheit wegen übersehen, obschon sie nicht gar selten vor- 
kommen. Ich konnte mit Sicherheit die Flächen (? 32) und oP erkennen; 
die Krystalle sind wohl flächenreicher, . man kann sie jedoch wegen ihrer 
Zerbrechlichkeit nicht ausscheiden. Sie sind braun, halbdurchsichtig, von 
lebhaftem Glasglanz. 

ADoLPH PICHLER. 


Leipzig, den 11. Januar 1873. 


In den im 8. Hefte Ihres Jahrbuchs v. 1872 aufgenommenen Beiträgen 
zur Mikromineralogie erwähnt Herr Dr. v. Lasavıx S. 852 die kleinen, 
braunen, nadeltörmigen Kryställchen, welche von mir in den Dachschiefern 
als constantester und hervorragender Bestandtheil aufgefunden wurden 
(Possenp. Ann. 144, 319), und fügt hinzu, dass er zwar meine Beobach- 
tungen bestätigen, aber sich der Deutung jener Kryställchen als Horn- 
blende nicht anschliessen könne; ebenso heisst es S. 838, dass ich die- 
selben „für Hornblende ansehe.“ Da es darnach den Anschein gewinnen 
muss, als ob ich diese Gebilde in der That ohne Weiteres für Hornblende 
ausgegeben hätte, so sei es mir vergönnt, für diejenigen Leser Ihres Jahr- 
buchs, welchen etwa die betreffende Abhandlung aus PossEnp. Annal. nicht 
zur Hand ist, die darauf bezügliche Stelle mitzutheilen. „Wenn es ge- 
stattet ist, diese Mikrolithen mit einem makroskopisch bekannten Mineral 
zu identificiren, so möchte vielleicht die Annahme, sie gehörten der Horn- 
blende an, am nächsten liegen; doch muss dies vorläufig eine Vermuthung 
bleiben, welche durch keinerlei wesentliche Gründe gestützt erscheint.“ 
Übrigens finden sich in der ganzen Abhandlung die Kryställchen absicht- 
lich und aus guten Gründen niemals als Hornblende bezeichnet. 

Ich bedaure es, dass die starke Zurückhaltung, welche in den eitirten 
Ausdrücken liegt, doch immer noch nicht kräftig und deutlich genug ge- 
wesen ist, um dem Missverständniss des Hrn. Dr. v. Lasauıx vorzubeugen. 


F. ZirKeL. 


Leipzig, den 23. Januar 1873. 


In Ihren freundlichen Zeilen vom 15. d. fordern Sie mich unter an- 
derem auf, Ihnen bald wieder einmal einen Beitrag für Ihr Jahrbuch zu 
senden. Gestatten Sie mir, Ihnen zu berichten, dass ich seit Ende 1871 


61 


mich fast lediglich damit beschäftigt habe, alles das, was überhaupt über 
die mikroskopische Structur und Zusammensetzung der Mineralien und 
Felsarten bekannt geworden ist und sich in sehr zahlreichen Abhandlun- 
gen und Einzelwerken zerstreut findet, zu sammeln, systematisch zu ver- 
arbeiten und daraus ein Werk unter dem Titel: „Die mikroskopische Be- 
schaffenheit der Mineralien und Felsarten“ zu gestalten. Dies Buch wird 
im Frühjahr, mit vielen Holzschnitten ausgestattet, im Verlag von W. 
ENGELMAnN hierselbst erscheinen. Ich habe versucht, das vorliegende Ma- 
terial, welches sich als unvermuthet umfangreich herausstellt, in eine lehr- 
buchsmässige Form zu bringen, da es sich hier um einen Zweig unserer 
Wissenschaften handelt, welcher in der That mit der makroskopischen 
Mineralogie und Petrographie vollständig äquivalent scheint. Neben den 
vorgefundenen Ergebnissen dürfte ich auch mancherlei noch nicht ver- 
öffentlichte Resultate meiner eigenen letztjährigen Studien einflechten. Der 
Structur sowohl der Mineralien als der Felsarten ist ein allgem@in zu- 
sammenfassender Abschnitt gewidmet, der gewissermassen das Destillat 
der bisherigen Untersuchungen enthält. Bei der speciellern Behandlung 
der einzelnen Mineralien wurde ein Hauptgewicht auf die mikroskopische 
Kennzeichenlehre und Diagnostik der häufigern und namentlich der ge- 
steinsbildenden gelegt, um auch dem beginnenden Forscher eine Anleitung 
zur Erkennung an die Hand zu geben. Für diesen ist auch das Ver- 
fahren zur Präparation der Objecte und die ganze Untersuchungsmethode 
zur Sprache gebracht. Ausser der Anatomie wurde auch die pathologische 
Histologie, die moleculare Umwandlung der Mineralkörper und Gesteine 
berücksichtigt. Mancher könnte vielleicht meinen, die Zeit zur Abfassung 
eines solchen Werkes sei noch nicht gekommen; aber schon jetzt haben 
sich, Dank der vielen fleissigen Arbeiter auf diesem Bereich, die Resultate 
so gehäuft, dass selbst dem eingeweihten Forscher die Übersicht über das 
nirgendwo systematisch verarbeitete Material immer schwerer fällt, und 
der Lernende in Verlegenheit ist, wo und wie der Anfang gemacht wer- 
den soll. Bei der versuchten Zusammenstellung springen die zahlreichen 
und bedeutenden Lücken unserer Kenntnisse in die Augen, und auch die- 
ser stumme Hinweis auf dasjenige, was der Erforschung werth und be- 
dürftig ist, mag die Ausarbeitung vielleicht rechtfertigen. Nur ungern 
gibt man eine Arbeit über ein Gebiet aus Händen, worauf noch tausend 
Fragen vorläufig unerledigt sind, von denen man noch immer weitere zu 
lösen trachten möchte; wollte man aber blos dem eigenen Behagen folgen, 
so würde ein solches Unternehmen eben nie fertig werden. 


F. ZiRrKEL. 


Freiburg i B. den 24. Januar 1873. 


Die Methode der Gesteinsuntersuchung bei durchfallendem Lichte hat 
im Verlaufe der letzten Jahre einen ganz ausserordentlichen Aufschwung 
genommen, und der Gewinn, den die Wissenschaft daraus gezogen hat, ist 
wahrlich nicht zu unterschätzen. Indessen hat sich mir in demselben 


62 


Maasse, wie ich selbst gleichen Studien oblag und denen Anderer folgte, 
auch die Überzeugung aufgedrängt, dass die mikroskopische Diagnose der 
Gesteine erst dann auf durchaus sicherem Boden stehen kann, wenn wir 
eine solche für die Mineralien haben werden. Ich habe dieser Über- 
zeugung schon vor Jahren Ausdruck gegeben und die Berechtigung der- 
selben wird Jedermann anerkennen, der die früheren Arbeiten auch der 
bedeutendsten Forscher auf diesem Gebiete mit den jüngeren Arbeiten der- 
selben Forscher vergleicht. Um nur ein Beispiel zu geben, weise ich auf 
die Unsicherheit hin, mit welcher man früher der Frage: Augit oder Horn- 
blende? gegenüberstand und die relative Sicherheit, womit die Entschei- 
dung heute zu geben ist, seitdem TscHERMAK auf die dichroitischen Ver- 
hältnisse beider Substanzen aufmerksam machte. Die Besorgniss, welche 
einer der weitaus bedeutendsten mineralogischen Mikroskopiker vor 10 
Jahren aussprach, das Mikroskop werde wohl über die Structur, nicht 
aber über die Gemengtheile der Gesteine aufklären, hat sich glück- 
licherweise rasch genug als eine unbegründete erwiesen. 

Es schien mir daher, dass der Versuch gemacht werden müsste, mit 
Benutzung aller der makroskopischen Mineralogie zu Gebote stehenden 
Hülfsmittel eine mikroskopische Diagnose der Mineralien zu ermöglichen. 
Ganz besonders aber wurde mir die Nothwendigkeit eines solchen Ver- 
suches fühlbar, als ich in der Lage war, vor einem kleinen Kreise von 
Zuhörern über diesen Gegenstand lesen zu können, eben um dieselben in 
das mikroskopische Studium der Gesteine einzuführen. Diese Lehrthätig- 
keit war, wenn auch nicht die innere Ursache, so doch die äussere Ver- 
anlassung dazu, eine „mikroskopische Physiographie der für die Petro- 
graphie der gemengten krystallinischen Gesteine wichtigen Mineralien“ zur 
Veröffentlichung durch den Druck auszuarbeiten. Dieselbe befindet sich 
bei E. SCHWEIZERBART (E. Koc#) unter der Presse, und wenn nicht unvor- 
hergesehene Verzögerungen in der Anfertigung der Holzschnitte und bei- 
gegebenen Farbentafeln eintreten, werde ich sie bis Ostern der wohlwol- 
lenden Kritik der Fachgenossen empfehlen können. 

In einem allgemeinen Theile werden die Methoden besprochen, wie 
man die morphologischen, physikalischen (besonders optischen) und che- 
mischen Eigenschaften der Diagnose unter dem Mikroskop dienstbar machen 
kann; diesem folgt alsdann in einem speciellen Theile die mikroskopische 
Physiographie der einzelnen Species. 

Bei diesem Versuche verhehle ich mir von vornherein nicht, dass Man- 
ches lückenhaft und mangelhaft ausfallen muss. Im Allgemeinen mag es 
auch wohl noch zu früh für eine derartige Arbeit sein, bei welcher man 
so sehr auf vorhergehende Specialarbeiten angewiesen ist; aber dennoch 
hoffe ich, zumal den jüngeren Kräften, die eben mit hieher einschlagenden 
Studien beginnen, ein nicht ganz unwillkommenes Hülfsbuch zu bieten, 
schon auch deshalb, weil ich auf die genaueste Angabe der betreffenden 
Literatur allenthalben eine besondere Sorgfalt verwendet habe. Sollte 
nicht auch in dem alten Spruche „bis dat qugj ecito dat“ eine Art Entschul- 
digung für die Unzulänglichkeit des Darbietens liegen? — Ganz vorzüg- 


63 


lich ist es auch mein Bestreben gewesen, in dem allgemeinen Theile die 
optischen Eigenschaften und Untersuchungsmethoden, soweit sie sich auf 
das Mikroskop übertragen lassen, in übersichtlicher und anschaulicher 
Weise zu behandeln und darzustellen; — und gerade auf diesem Gebiete 
pflegt der Anfänger die meisten Schwierigkeiten, der Geübtere die schön- 
sten Erfolge zu finden. 

H. Rosenegusch. 


B. Mittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Cambridge, Massachusetts, den 10. December 1872. 


Seit meiner Rückkehr nach Amerika habe ich an einer zweiten Aus- 
gabe meines Versuches einer geologischen Kartenskizze der Erde und 
ebenso an einer geologischen Karte der Vereinigten Staaten und von Ca- 
nada gearbeitet. Diese zwei Karten, deren eine 8 Blätter und die andere 
4 Blätter umfasst, schreiten so weit vor, dass ich hoffe, sie im nächsten 
März beendet zu haben, um sie zur Ausstellung nach Wien schicken zu 
können, wie ich Herrn Director v. HAuEr versprochen habe. 

Acassız ist von seiner Reise wohlerhalten zurückgekehrt und hat unter 
anderen auch Fossilien von der Magellanstrasse mitgebracht, die jedoch 
noch nicht ausgepackt sind. 

Eine grosse militärische Expedition von 800 Soldaten unter dem Be- 
fehl meines Freundes General Stantry hat die Ingenieure begleitet, welche 
beauftragt waren, Pläne für die nördliche Pacific-Eisenbahn aufzustellen; 
sie haben das Land zwischen dem Missouri und Yellowstone river erforscht 
und der General hat mir eine Kiste der während dieser Reise gesammel- 
ten Fossilien überschickt. Die merkwürdigste Localität ist am Ufer des 
Cabin creek, eines Nebenflusses des Yellowstone river, wo zahlreiche cre- 
tacische Fossilien vorkommen. Ich erhielt von dort: Nautilus, Ammonites, 
Scaphites, Baculites und Inoceramus, deren Schale noch ebenso gut er- 
halten ist, wie bei den jurassischen Fossilien von Moskau. 


JuLes Marcot. 


Wetzikon-Zürich, den 13. December 1872. » 


Ich habe dieses Jahr meiner Lieblingsarbeit auf den Pfahlbauten so 
viel es die Zeit und das Wetter erlaubte, bestmöglichst obgelegen. So 
fand ich auch wieder sehr seltene Gegenstände, z. B. ganze Töpfe von 
5—6 Maass Inhalt, prächtige Werkzeuge u. s. w., wie ich denn in allen 
Pfahlbaugegenständen gegenwärtig gut assortirt bin. Ich sehne mich wie- 
der nach der besseren Jahreszeit, um meine Arbeit wieder aufnehmen zu 
können. 

JAcoB MESSIKONMER, 
Antiquar. 


64 


Freiberg, den 3. Januar 1873. 
Arsenkupfer von Zwickau. 


Vor einigen Monaten erhielt ich durch Herrn Bergdirector MENnzEL in 
Zwickau einige Stücke des sogenannten Thonsteinporphyrs zugeschickt, 
der im dortigen unteren Rothliegenden eine mehrere Meter mächtige Schicht 
bildet. Gedachter Porphyr ist derselbe, in welchem schon zu wiederholten 
Malen Bleche gediegenen Kupfers vorgekommen sind. 

Die mir zugeschickten Stücke des Porphyrs liessen nun eingewachsene 
Massen eines metallglänzenden grauen Minerals erkennen, welches dem 
Ansehen nach etwa für Kupferglanz oder Fahlerz gehalten werden konnte; 
doch erschien es nach Untersuchung mit dem Messer für Kupferglanz ent- 
schieden zu hart und für Fahlerz zeigte es zu viel Neigung in’s Milde. 
Diese Wahrnehmung veranlasste mich, meinen Collegen, Herrn Prof. Ta. 
RıcHTER zu bitten, eine Probe vor dem Löthrohr zu untersuchen, welche 
Untersuchung zu der Überzeugung führte, dass man es mit Arsenkupfer 
zu thun habe und zwar, wie eine quantitative Analyse lehrte, mit dem 
Domeykit, der nach der Formel Cu,As zusammengesetzt ist und ihr 


entsprechend enthält 
71,7 Kupfer 


28,3 Arsen. 

Da die verschiedenen Arten des natürlichen Arsenkupfers bis jetzt 
nur in England und Amerika gefunden worden sind, so ist dieses neue 
Vorkommen somit als das erste auf dem europäischen Continent bekannt 
gewordene zu bezeichnen. 

Das Zwickauer Arsenkupfer weicht übrigens in einigen Stücken von 
dem ächten chilenischen ab, und desshalb erlaube ich mir, die akıe 
ristik desselben in dem Folgenden mitzutheilen. 

Glanz: metallisch, im Strich lebhafter. 

Farbe: stahlgrau; oberflächlich auch broncegelb, messinggelb, stahl- 
blau und eisenschwarz und ebenso auf frischen Bruchflächen anlaufend. 

Strich: schwarzgrau. 

Härte: 5 (Apatithärte). 

Gewicht: 6,81—6,91; im Mittel von drei Wägungen 6,84 bei 20° C. 

Tenacität: spröd, doch mit entschiedener Neigung zum Milden, indem 
nicht nur beim Pulverisiren im Achatmörser einzelne glänzende, dünne 
Blättchen entstehen, sondern auch diese durch Hämmern auf dem Ambos 
sich noch stärker ausplatten lassen. 

Bis jetzt kennt man vom Zwickauer Arsenkupfer nur derbe und ein- 
gesprengte Massen dichten oder sehr feinkörnigen Bruches, welche bei 
guter Beleuchtung eine entschiedene Anlage zur Spaltbarkeit, also Kry- 
stallinität erkennen lassen. Rings um einen Arsenkupfer-Einsprengling ist 
das sonst theils chocoladebraune, theils lavendelblaue Gestein bis zum 
Röthlichweiss gebleicht, gerade so, wie es vom gediegenen Kupfer von 
ebendort genugsam bekannt. 

Die Fundstätte selbst liegt im Gebiet des Steinkohlenwerks Brücken- 
berg am rechten Muldenufer, unweit Zwickau. Der Thonsteinporphyr ist 


e 


69 


hier reichlich, 4 Meter mächtig und wurde 1872 beim Absinken des Julius- 
schachtes in einer Teufe von 416 Metern angefahren. 

Was endlich die erwähnten Abweichungen des Zwickauer Domeykit 
‘ vom chilenischen betrifft, so beziehen sich dieselben namentlich auf Farbe 
und Härte, indem für den letzteren zinnweisse Farbe und ein zwischen 
Kalkspath und Flussspath stehender Härtegrad angegeben wird (siehe 
ZinckEen 1837 und DomEyko 1843). ! 

Worin diese Verschiedenheiten begründet, vermag ich nicht zu sagen, 
doch steht soviel nach Prof. Rıcurer’s Untersuchungen fest, dass andere 
Stoffe als Arsen und Kupfer nicht im Zwickauer Erze enthalten sind ; so 
ist insbesondere von Eisen kaum eine Spur vorhanden. 


A. WEISBAcH. 


Zürich, den 22. Januar 1873. 


Es ist Ihnen wohl schon bekannt, dass NoRDENsKIÖöLD im letzten Herbst 
wieder eine schöne Entdeckung gemacht hat, indem er im Eisfiord Spitz- 
bergens in einem tieferen Horizonte, als die miocänen Schiefer, eine ziem- 
lich reiche Flora entdeckt hat, die, wie er glaubt, zur Kreide gehört. Zur 
Zeit habe ich sie aber noch nicht untersuchen können. Auch in Grönland 
wurde letzten Sommer wieder viel gesammelt, so dass die arktische fossile 
Flora immer mehr an Bedeutung gewinnen wird. 

| Oswarp HEER. 


Jahrbuch 1873. 5 


Neue Literatur. 


Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
i beigesetztes *.) 


A. Bücher. 
1872. 


* J. BARRANDE: ÜOrustaces divers et Poissons des depöts siluriens de la 
Boheme. Praque et Paris. 8°. 127. 

* J. BARRANDE: Systeme Stilurien du Centre de la Boheme. Schreiben von 
W. v. Hamınger an Ep. Dörn. (Sep.-Aßdr. aus der „Realschule“ 
No: 4.u. 5.), 8%, 

* An. Branpt: über ein grosses fossiles Vogelei aus der Umgegend von 
Cherson. (Mel. biolog. dw Bull. de ’Ac. imp. des sc. de St. Peters- 
bourg, T. VII.) 

* 0). FEISTMANTEL: über Pflanzenreste aus dem Steinkohlenbecken von 
Merklin: (Verh. d. k. b. Ges. d. Wiss. Prag. 8. »5) 

* A. Frıe: über Palaemon exul, eine neue Crustacee aus dem Polirschiefer 
von Kutschlin bei Bilin in Böhmen. (Verh. der k. b. Ges. d. Wiss.) 
Brae.. 8% 3:8: 

* GÖPPERT: über das Verhältniss der Pflanzenwelt zu der gegenwärtigen 
Witterung. (Breslau, 11. Dec.) 8°. 4S. 

* Art. IsseL: @li esperimenti vulcanicı del Prof. Govını. Genova. 8°. 
25 pP. 

*v. Könen: über die Phosphorite der Magdeburger Gegend. (Sitzb. d. Ges. 
z. Bef. d. ges. Naturw. zu Marburg. No. 10.) 

* 1.G. pe Koninck: Nowvelles recherches sur les animaux fossiles du ter- 
rain carbonifere de la Belgique. I. partie. Bruselles. 4°. 178 p., 
15: 2]: 

* FR.Marenzı: Fragmente über Geologie oder die Einsturzhypothese. Fünfte 
Aufl. Erster Theil. Triest. 8%. S. 188. 

* The Overland Monthly devoted to the Development of the Country. 
San Francisco. ‚8%. Vol. 92 No; 2 u.,>3. 


67 


* W. K. Pırrker a. T. R. Jones: on Nomenclature of the Foraminifera. 
(Ann. a. Mag. of Nat. Hist. vols. 9 a. 10. 

*F, A. Quesstepr: Petrefactenkunde Deutschlands. I. 3. Bd. Echino- 
dermen. 1. Hft. Leipzig. 8°. 112 S. Taf. 62—65. 

Ramsay: the physical geology and geography of Great Britain. With a 
geological map printed in colours. London. 8°. Pg. 349. 

* E. REICHARDT: wie muss ein gutes Trinkwasser beschaffen sein? Jena, 
©ct. 8.108. 

* W. Reıss y A. StÜBEL: Alturas tomadas en la. republica de Columbia en 
los aios de 1868 y 1369. Quito. gr. 8°. Pg. 29. 

R. Rıcuter: Pro memoria. Saalfeld. 15 S. 

* A. SADEBEcK: über Fahlerz und seine regelmässigen Verwachsungen. Mit 
4 Taf. (Abdr. a. d. Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Gesellsch. S. 427 
—464.) . 

* M. Fr. Scumipr: über die neue Gattung Lopatinia u. ein. and. Petre- 
facten aus den mesozoischen Schichten am unteren Jenissei. St. Pe- 
tersburg. 8°. 

R. SENFTER: zur Kenntniss des Diabases, insbesondere des Nassauischen. 
Inaug.-Dissert. Frankfurt a. M. 8°. S. 55. 

* FERD. StoLiczka: Palaeontologia Indica, (retaceous Fauna of Southern 

India, Vol. IV, 1. The Brachiopoda. Calcutta. 4%. 32 p. 7 Pl. 


1873. 


* Fr. Hessengere: Mineralogische Notizen. No. 11. (Zehnte Fort- 
setzung.) Mit 3 Tf. (Aus den Abhandlungen der SENCKENBER@’schen 
Naturforschenden Gesellschaft in Frankfurt aM. Bd. VIII. 4°. S. 35. 

* Epw. Huır: The Coal-Fields of Great Britain, their History, Structure 
and Resources, with Notices of the Coal-Fields of other Parts of the 
world. London. 8°. 499 p. with Maps and Illustrations. 

C. S. v. Innstäpren: allgemeine Orographie. Die Lehre von den Relief- 
Formen der Erdoberfläche. Mit 57 Holzschnitten. Wien. 8°. S. 254. 

* A. Knop: Studien über Stoffwandelungen im Mineralreich, besonders in 
Kalk- und Amphibol-Gesteinen. Mit 5 Tf. Leipzig. 8°. 58. 144. 

G. LEonHarn: Grundzüge der Geognosie und Geologie. 3. Auflage. 1. Lief. 
Leipzig u. Heidelberg. 8%. 144 S. 

* KarıL MAYER: Systematisches Verzeichniss der Versteinerungen des Hel- 

vetian der Schweiz und Schwabens. Zürich. 4°. 35 8. 


B. Zeitschriften. 


1) Sitzungs-Berichte der Kais. Akad. der Wissenschaften. 
Wien. 8% * [Jib. 1872, 941] 
1871, LXIV, 1u. 2; 8. 381. 


Sımoxowirscn: über einige Asterioiden der rheinischen Grauwacke (mit 3 
T£.): 71—123. 


by 


68 


ScHRAUF: Mineralogische Beobachtungen II. (Mit 4 Tf.): 123—206. 
v. Reuss: vorläufige Notiz über zwei neue Foraminiferen-Gattungen: 277-281. 


— 


2) Verhandlungenderk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 
8°. [Jb. 1872, 942.] 
1872, No. 15. (Sitzg. am 19. Nov.) S. 303—322. 
Jahresbericht des Directors Fr. v. Haver: 303—313, 


Eingesendete Mittheilungen. 
A. PEız: aus der europäischen Türkei: 313—314. 


Vorträge. 
E. v. Mossısovics: über die Entdeckung von Ammoniten in der carboni- 
schen Formation Indiens: 314—316. 
G. StacHE: über neue Characeen-Reste aus der oberen Abtheilung der li- 
burnischen Stufe bei Pisino in Istrien: 316—317. 
Literaturnotizen u. s. w.: 317—322. 


1872, No. 16 (Sitzung am 3. Dec.). S. 323—338. 


Vorträge. 
G. StacHE: über die Graptolithen der schwarzen Kieselschiefer am Oster- 
nig zwischen Gailthal und Fellathal in Kärnthen: 323. 
E. Tıierze: Notiz vom Sulzberge bei Kaltenleutgeben: 324—3235. 
— — Bemerkung über die Kalke von Saybusch in Galizien: 325—326. 
K. PıavL: geologische Notiz aus Bosnien: 326—329. 
Einsendungen für die Bibliothek u. s. w.; 329—338. 


3) J. C. PossEnDoRFF: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
80. [Jb. 1872, 942.] 
1872, No. 11, CXLVII, S. 321—480. 
Meteorstein-Fall im Depart. Loire et Cher: 480. 
1872, No. 12, CXLVIL, 8. 481-635. 
RevscH: zur Lehre von den Krystall-Zwillingen: 569-590. 
J. MüLLer: über die optischen Eigenschaften des Gletschereises: 624-627. 


4) H. Kose: Journal für practische Chemie. (Neue Folge.) 
Leipzig. 8°. [Jb. 1872, 943.] 
1872, VI, No. 14 u. 15, S. 145—240. 
Tu. PETERSEn: Untersuchungen über die Grünsteine: 197—227. 
R. SENFTER: zur Kenntniss des Diabases: 227—240. 
1872, VL, No. 16, S. 241—288. 
R. SEnFTerR: zur Kenntniss des Diabases (Schluss): 241 —256. 


2 69 


5) Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der Preus- 
sischen Rheinlande und Westphalens. Herausgegeben von 

C. A. Anprar. Bonn. 8°. [Jb. 1871, 925.] 
1871, XXVIIL, 1—2. Abhandl. S. 1—263. Corr.-Bl.: 1—124. Sitz.- 


Ber. 1—156. 
Abhandlungen.‘ 


Sp. SımonowitscH: Beiträge zur Kenntniss der Bryozoen des Essener Grün- 
sandes (mit Tf. I-IV): 1—71. 

R. Bıvnme: über die Brunnenwasser der Umgegend von Bonn: 233—256. 

H. Heymann: Beobachtungen von Grundwasser-Bewegungen in den wasser- 
durchlassenden Schichten des Rheinthales bei Bonn (mit Tf. V-VID): 
256—263. 

Correspondenzblatt. 

Angelegenheiten der Gesellschaft: 1—8; Nekrologe von WIRTGEN und von 
W. Haminger: 8—22; L. Erkmann: über Erdbeben: 22—24. Bericht 
über die 28. General-Versammlung des Vereins zu Witten a. d. Ruhr; 
v. DER MarcK: über fossile Coccolithen und Orbulinen der oberen 
Kreide in Westphalen: 60—63; Garzus: über das Galmei-Vorkommen 
im Gebiet des Elberfelder Kalkdistrietes: 63—65. G. vom Raru: über 
die letzte Eruption des Vesuvs und über Erdbeben zu Cosenza: 66— 
81. H. v. DecHen: über die Höhlen in Rheinland-Westphalen: 81— 
88. NössErATH: über Kupfererze von Corrorero in Peru-Bolivia; über 
Weissbleierz von Ibbenbühren in Westphalen: 88—89. ScuLürter: über 
westphälische Kreide-Ammoniten: 91. G. vom Rarn: über den Meteo- 
riten von Ibbenbühren: 95. ZırkeL: über die mikroskopische Zusam- 
mensetzung des gewöhnlichen Dachschiefers und Thonschiefers: 95 
—96. Mour: über die Oberflächen-Bildung der Schweiz: 96—99. H. 
v. DECHEN: über die Ausgrabungen in der Höhle bei Balve: 99—112, 


Sitzungs-Berichte. 

G. vom RarH: über Eisenkies-Krystalle von Chichiliana: 10—11; über den 
Feldspath von Bolton und den Oligoklas in den Laven von Mayen und 
Niedermendig: 16—17. Weıss: über Globulite und Longulite: 17. G. 
vom RarH: über einen Zwillings-Krystall von Zinkoxyd; über GERLAcH’s 
Werk „die Penninischen Alpen: 17—18. Weiss: über Pflanzen-Ver- 
steinerungen aus einem Kalkstein Oberschlesiens: 13—19. Weiss: 
paläontologisch - geognostische Untersuchungen des Gebirges auf der 
Südseite des rheinischen Devons: 33—37. ScHLürer: über das Ver- 
hältniss des Ammonites Guadalupae Röm. zum Am. Orbignyanus GEIN. 
und Am. bidorsatus A. Röm.: 37—39. A. v. Lasavıx: über ein von 
DickerrT angefertigtes geologisches Relief des Mont Dore: 42—46. 
BLuHmE: rheinische Dachschieferstücke mit eigenthümlichen Erhaben- 
heiten: 55—54. G. vom Rar#: über die chemische Constitution und 

- Krystallform der Kalknatron-Feldspathe: 78—80. ScHLürtEr: über die 
senonen Cephalopoden von Lüneburg und über Aptychodon ceretaceus 
im Grünsand Westphalen’s: 84—89. H. v. Decuex: über ein errati- 
sches Granitstück von Wullen in Westphalen: 89. G, vom Rarn: über 


w 


a) 


die letzte Eruption des Vesuv und ein Modell des Meteorsteins von 
Ibbenbühren; über die von NorDEnskıöLn mitgebrachten Meteoreisen- 
Massen von Grönland: über Krystalle von Blödit und über Allophan 
von Dehrn: 127—129. A. v. Lasavıx: über Dünnschliffe aus dem 
Atelier von Voısr und HocHszesane in Göttingen: 129. G. vom Rat: 
über Formen des Humit, Gadolinit und Astrakanit: 131. Weıss: über 
ein Zeolith-Vorkommen im Basalt des Limperichkopfes bei Asbach: 
132. A. v. Lasavıx: über sog. Krystallite in natürlichen und künst- 
lichen Gläsern und in vulkanischen Gesteinen: 142. G. vom Rare: 
über die mineralogische und chemische Constitution des am 17. Juni 
1870 in der Gegend von Ibbenbühren gefallenen Meteorsteins: 142 — 
147. Weiss: über Quarz-Krystalle aus dem Wallithale bei Biel in 
Oberwallis: 149. G. vom RırH: über Krystallsystem und die Zwillings- 
Gesetze des Anorthits: 150—151. A. v. Lasaurx: über die Schrift 
von E. Couen: die zur Dyas gehörigen Gesteine des Odenwaldes; Un- 
tersuchungen über die umgewandelten Kohlen des Meissners: 151— 
152. Weiss: über eine bei Hillesheim in der Eifel gefundene Pfeil- 
spitze und über seine fossile Flora der jüngeren Steinkohlen-Forma- 
tion und des Rothliegenden im Saar-Rheingebiete: 152—153. 


6) Sitzungs-Berichte der naturwissenschaftlichen Gesell- 

schaft Isıs in Dresden. [Jb. 1872, 869.] 
1872, No. 7—9, S. 97—135. Taf. 1. 

A. EngELmann: Vorkommen des gediegenen Silbers bei Palomares de Vera 
in Spanien: 97. 

HıLsenndorF: Rhinoceros tichorhinus im diluvialen Kies bei Reisewitz un- 
weit Dresden: 97. 

Geinırz: Fortschritte in der Bearbeitung des „Elbthalgebirges in Sach- 
sent: .98. 

A. v. Reuss: über die Foraminiferen und Bryozoen aus dem mitt- 
leren und oberen Pläner des Elbthales: 99. 

EngELHARDT: über den Kalktuff von Robschütz: 104. 

G. Kremm: über den Burgwall von Coschütz bei Dresden: 110 mit Abbil- 


dung. 
Harrıs: Naturwissenschaftliche Betrachtungen über einige Werkzeug- 
formen: 123. 


Geinırz: Paläontologische Mittheilungen aus dem Mineralogischen Museum 
in Dresden: 125 mit Tafel. (Calamiten-artiger Körper in dem Knoten- 
schiefer von Weesenstein; die älteste Muschel in der Ober-Lausitz ; 
fossile Myriapoden in dem Rothliegenden bei Chemnitz.) 


[a 


7) W. Dunker und K. A. ZımteiL: Palaeontographica. 
[Jb. 1872, 641.] 
20. Bd. 5. Lief. Cassel, Sept. 1872. 
Geimmtz: das Elbthalgebirge in Sachsen. Der untere Quader. V. Brachio- 
poden und re Ss. 145—207. Taf. 34—45. 
20. Bd., 2. Abth:, 2. Lief. Cassel. December 1872. 
Genmitz: das ein se in Sachsen. Der mittlere und obere Quader. 
I. Brachiopoden und Pelecypoden. S. 21—52. Taf. 7—13. 


8) Leopoldina. Amtliches Organ der Kais. Leopoldino-Ca- 
rolinischen deutschen Akademie der Naturforscher. 
Dresden. 4°. [Jb. 1872, 641.) 

Heft VII. 1872. No. 13—15. 

Zur Gründungsgeschichte der Versammlungen deutscher Naturforscher und 
Ärzte: 103. 

Washingtoner Meteorologische Berichte: 109. 

Heft VII. 1872. No. 1—3. 

Die 45. Versammlung deutscher Naturforscher und Ärzte in Leipzig 1872: 

3. 13—24. 


9) Abhandlungen der schlesischen Gesellschaft für vater- 
ländische Cultur. Philosophisch histor. Abtheilung. 1871. Bres- 
law, 1871. 8% .77 8. [9b.' 1871, 400.] 

J. Kurzen: das südwestliche Gebiet der Grafschaft Glatz oder das Gebiet 
des Habelschwerdter Gebirges: 67. 


10) Neunundvierzigster Jahresbericht der schlesischen Ge- 
sellschaft für vaterländische Cultur. Breslau, 1871. 8°. 356 8. 
[Jb. 1872, 213.] 

J. MüLLer: über Veränderungen des Trinkwassers: 29. 

Wessky: über Vorkommen eines Fahlerzes im Zechstein bei Kassel: 32. 

Carsräpr: über das mechanische Wärme-Äquivalent: 32. 

Runge: über das am 22. März bei Inowraclaw im Reg.-Bez. Bromberg er- 
bohrte Steimsalzlager: 37. 

Römer: über die Auffindung eines jurassischen Diluvial-Geschiebes bei 
Strehlen, S. von Breslau: 41; über ein Exemplar von Receptaculites 
bei Rothwaltersdorf: 42; über den Jura von Bartin unweit Colberg: 
43; über Auffindung unterdevonischer Grauwacken bei Niewachöy: 44, 

GrUBE: über die Fauna des Baikalsees: 47. 

GöpperT: über Einwirkung der Kälte auf die Vegetation: 59; zur Erinne- 
rung an LisnE: 68. 

G. StEnzEL: über fossile Palmenhölzer: 71; Nekrolog des Professor MıLpe: 
100, 


12 


11) Jahrbücher des Nassauischen Vereins für Naturkunde. 
Jahrg. XXV u. XXVI. Wiesbaden, 1871 u. 1872. 8°. 496 S. 10 Taf. 
[Jb. 1870, 619.] 

W. Koseıt: Fauna der Nassauischen Mollusken: 1; mit 9 Taf. 

R. Fresenius: Analyse der Victoria-Quelle in Bad Ems: 347. 

Analyse der Römer-Quelle in Bad Ems: 361. 

C. L. Kırscusaum: über sogen. Sternschnuppengallerte: 441. 


—_-. 


12) Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. 
Mose. 8°. [Jb. 1872, 870.] 
1872, 2; XLV, p. 225—449. 
R. HERMANN: dee Untersuchungen über die Verbin, von I|- 


menium und Niobium sowie über die Zusammensetzung der Niob- 
Mineralien: 225—265. 


13) L’Institut. I. Sect. Sciences mathematiques, physiques et naturelles. 

Paris. 4°. [Jb. 1872, 944.] 
1872, 9. Oct.—13. Nov.; No. 1980—1985; p. 321—368. 

VosELGEsang: krystallogenetische Studien über den kohlensauren Kalk: 
327—328; 334—335. 

Van Benepen: über fossile Balaena-Arten: 333—334; 339—341. 

Fıraor: über die fossilen Reste der Hyaena spelaea, welche in der Höhle 
von Lherm (Ariege) aufgefunden wurden: 354—355, 


14) Bulletin de la Societe geologeque de France. [?] Paris. 8°. 

[Jb. 1872, 943.] 
1872, No. 6, XXIX, p. 385-480. 

E. Jovrpy: Orographie des Doler-Jura (pl. I): 385—392. 

P. Gervaıs: fossile Säugethiere aus den DER Tarn-et-Garonne und du Lot: 
392—393. 

Ep. H£sert: über die Kreide-Formation im s. Frankreich: 393—415. 

DE VERNEUIL: über die letzte Eruption des Vesur: 415—421. 

G. Fagre: Beobachtungen über die obere permische Formation des Dep. 
l’Aveyron: 421—425. 

— -— Ausdehnung der Jura-Formation auf dem Plateau der Lozere zwi- 
schen Mende und Langogne: 425—427. 

Tarpr: die grünen Gesteine der Gegend von Spezzia: 427—431. 

Eu. CHELLoNEIX: über die Kreide vom Cap Blanc-Nez: 431—440. 

Levarross: Notiz über die Correlation geologischer und agronomischer 
Karten: 440—446, 

Ev. He£sertT: Undulationen der Kreide im Pariser Becken (pl. IV): 446 
—472, 


13 


H. Dovviz£: über eine Verwerfung bei Vernon (pl. IH): 472—478. 

Benoır: Bemerkungen dazu: 478—479. 

Tovrnov&r: über mehrere bei Ferte-Aleps aufgefundene Zähne von Verte- 
braten: 479—480. 


15) Comptes rendus hebdomadavres des seances de "’Academie 

des sciences. Paris. 4°. [Jb. 1872, 943.] 
1872, 28. Oct. — 2. Dec.; No. 13—23; p. 973— 1564. 

CH. Gran: über das Quartär-Gebiet der Sahara: 1035 —1036. 

Fovgu£: neue Methode der Gesteins-Analyse und deren Anwendung auf 
die Laven von Santorin: 1089—1092. 

Renautr und Granp’ Eury: über Dictyoxylon und seine Charakteristik: 
1197— 1198. | | 

Pısanı: über ein neues Amalgam von Kongsberg: 1274—1275. 

Gaupry: über einen durch Prınarn in Alaska aufgefundenen Zahn von Hle- 
phas primigenius: 1281—1283. 

Pısanı: über ein neues, Mangan- und Vanadin-haltiges Thonerdesilicat von 
Salm-Chateau in Belgien: 1542—1544. 

BLEICHER: über den oberen Jura des Dep. de l’Herault: 1544— 1547. 

Stan. MEuUNIER: Analyse des Meteoriten von Sierra de Chaco: 1547-1552. 


16) The Quarterly Journal ofthe Geological Society. London. 

8%. [Jb. 1872, 870.] 
1872, XXVII, Novb., p. 381—510. 

WhrrseLt: Atolls und Lagunen-Eilande: 381—382. 

Darvns: Glaciale Phänomene in den höheren Gegenden von Yorkshire: 
382—388. 

Mackınros#: Küstenprofil des Geröllethones in Cheshire: 388—392. 

. Braspey: neuere Gletscher-Thätigkeit in Canada: 392—396. 

OÖ. Fısser: Phosphat-Knollen in den Kreide-Ablagerungen von Cambridge : 
396— 397. 

JOHNSON SoLLar: obere Grünsand-Formation von Cambridge: 397—402. 

HErADERSon: die Yarkandale-Expedition 1870: 402—405. 

Boyp Dawkms: Cerviden in den Forest-Schichten von Norfolk und Suffolk: 
405— 410. 

Boyp Dawkıs: Qlassification der pleistocänen Schichten Britanniens und 

des Continents vermittelst der Säugethier-Reste: 410—447. 

Duncan: Trochocyathus anglicus, neue Madreporen-Species aus dem rothen 
Crag (pl. XXVII): 447—449. 

Lase Fox: Entdeckung paläolithischer Geräthschaften mit Elephas primt- 
genius in den Sand-Ablagerungen des Themse-Thales bei Acton: 449 
— 465. 

G. Busk: über die durch Lanz Fox bei Acton und Turnham Green auf- 
gefundenen Thierreste (pl. XXIX): 465—471. 


74 


Tıppeman: Gletscher-Phänomene in Lancashire und den angrenzenden Ge- 
genden (pl. XXX): 471—491. 

GauprrY: Säugethier-Reste in der Drift von Paris: 491—492. 

OrvErTA: Geologie der Umgegend von Malaga: 492—495. 

Geschenke an die Bibliothek: 495—510. 

Miscellen 5—12. 


17) The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Ma- 
gazine and Journal of Science. London. 8°. [Jb. 1872, 944.] 
1872, Oct., No. 293, p. 241-320. 


Königl. Gesellschaft. Mater: über die im Meteoreisen von Augusta 
Co. in Virginien eingeschlossenen Gase: 311—315. 


18) Tramsactions ofthe Edinburgh Geological Society. 
Edinburgh. 8°. 
Vol. U. Part. 1. 1872, p. 1—147. 


Eröffnungsrede des Präsidenten ArcHIBALD. GEIKIE: 1. 

G. Lyon: über Poterioceras pyriforme aus dem Kohlenkalk von Lanark- 
shire: 15. 

Sir R. Murcnisoxn: über die Structur der nordwestlichen Hochländer: 18. 

A. Geikıe: Vergleiche zwischen den Vulkanen in Mittel-Schottland mit 
jenen der Auvergne und der Eifel: 21. 

R. Rıcuarpson: über eine Sandschicht im Geschiebe- Thone von New- 
park: 24. 

W. Lauver Linosavy: über die Goldfelder von Forfarshire: 27. 

J. HENDERson: der Corstorphine Hill bei Edinburgh: 29. 

J. Linx: Bemerkungen über die Sandhügel von Bathgate: 33. 

H. Capeıı: über die Geologie der oberen Steinkohlenformation des Firth 
oMMorth: 39.9 P1. 97. 

Cn. Larworrn: über die untersilurischen Gesteine in der Nähe von Ga- 
lashiels: 46. 

J. Hasweır: über alte Sumpfschichten des Carse of Stirling: 58. 

D. Marsnaun: über die Ursache des Fehlens der Ablagerungen zwischen 
dem Perm und Unter-Silur in den südlichen Hochländern Schott- 
lands: 66. 

W. Linrorp: über die Geschiebe von Budleigh Salterton : 67. 

A. Tayror: Beiträge zum Studium der chemischen Geologie der Bathgate 
Hills: 78. 

A. Tayzor: Geologische Durchschnitte N. von Edinburg: 77. 

S. Mossman: Chromeisenerz, Serpentin etc. von den Shetland’s-Inseln: 79. 

Cu. W. Pracn: über die Geschiebe von Budleigh Salterton: 79. 

G. Lyox: Lepidodendron mit Zapfen von Corstorphine Hill bei Edin- 
burg: 81. 


(0 


W. Grossart: über eine Conifere aus dem Kohlensandstein von Shotts, 
Lanarkshire: 81. 

J. Linn: Verzeichniss der Fossilien aus dem Bathgate-Kalke: 82. 

C. W. Pracn: Spirorbis carbonarius in dem Kalksteine von Burdiehouse 
und eine Fstheria auf Arthur’s Seat: 82. 

H. A. Nıcnousox: über den Coniston-Kalk von Cumberland und Westmore- 
land: 84; über den Zusammenhang der silurischen Ablagerungen des 
nördlichen Englands mit denen im südlichen Schottland: 105. 

H. F. Auexanper: über den Ursprung des Cabook oder Laterit von 
Ceylon: 113. 

R. WALKER: eine neue Art Amblypterus u. a. fossile Fischreste von Pit- 
corthie, Fife: 119. 

A. SoMERYAIL: Sanguinolites üridinoides im Kohlenkalk von Middleton: 
130; Spirifer ovalıs im Kohlenkalk von Mid-Lothian : 151; Strepsodus 
und Rhrzodopsis in der oberen Steinkohlenformation von Edmonstone: 
137 ete. etc. 


19) H. WoopwArD, J. Morrıs a. R. ErHerivee: The Geological Maga- 

zine. London. 8°. [Jb. 1872, 944.] 
1872, Nov., No. 101, p. 481—576. 

Wiırson: die Formen der Thäler und Seebecken in Norwegen: 481—485. 

Aurr. TyLor: Delta-Bildungen und Wechsel des Meeres-Niveau’s während 
der Gletscher-Periode (pl. XI): 485—501. 

Hopxınson: nene Graptolithen-Species aus Schottland (pl. XI): 501—509. 

J. Harz: Verhältnisse der unteren und oberen silurischen Gesteine in den 
Vereinigten Staaten: 509--513. 

Woopwarp: die Sand-Ablagerungen von Midford: 513—516. 

NorDEnsK3JöLD: Bericht über die Expedition nach Grönland. V. Th.: 516 
— 524. 

Notizen u. s. w.: 524—576. 


20) B. Sırııman a. J. D. Dana: the American Journal of science 

and arts. 8°. [Jb. 1872, 944.] 
1872, November, Vol. IV, No. 23, p. 345—424. 

Jos. Le Conte: Bildung der grossen Gesichtszüge (Features) auf der Erd- 
oberfläche: 345. 

J. D. Dana: über den Quarzit, Kalkstein und benachbarte Gesteine in der 
Umgebung von Great Barrington, Berkshire Co., Mass.: 3862. Pl. IV. 

E. Bıtvuınes: Erwiderung auf Prof. Harr's „Reply to « Note on « question 
on Briorüyn: 399: 

O0. C. Marsa: Entdeckung fossiler Quadrumanen in dem Eocän von Wyo- 
ming: 405. 

Derselbe: über eine neue Gattung Carnivoren aus dem Tertiär von Wyo- 
ming: 406. 

Derselbe: über ein neues Reptil aus der Kreideformation: 406. 


16 


Tır. Coan: neue Eruption des Mauna Loa: 406. 
Ros. MALLer: über vulkanische Kräfte: 409. 
M. Jones: neue Beobachtungen in den Bermudas: 414. 


—_ 


21) The American Chemist. New-York, 1872. January—Juni, No. 7 
—12, Pg. 241—276. 

H. Wuorrtz: Lithologie der Gesteine von Palisade Range: 258—259. 

STERRY Hunt: über den Ursprung krystallinischer Gesteine: 291—292. 

Mineral-Welt der Vereinigten Staaten: 345. 

Opuıns: das neue Metall Indium: 424—427. 

NEWBERRY: über amerikanischen Asphalt: 427—428. 

CHANDLER: über Petroleum: 446—448. N 


Auszüge, 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


Fr. HEssengere: über Perowskitvom Wildkreuzjoch, Pfitsch- 
thal. (Mineralogische Notizen, No. 11. 1873. S. 1—9.) Zur Fortsetzung 
seiner Forschungen über den Perowskit * erhielt HrssengEere ein, wenn 
auch sehr kleines, nicht über 10 Millim. langes Bröckchen aus der Ber- 
liner Sammlung, welches aus einem krystallinischen Gestein mit aufsitzen- 
dem Perowskit besteht. Die Perowskit-Kryställchen sind von der zimmt- 
braunen Farbe, wie die früher beschriebenen, bilden eine drusig verwach- 
sene Gruppe, zum Theil in paralleler Stellung. Es gelang HEssENBERG, 
sämmtliche auftretende Formen näher zu bestimmen, und in diesen Pe- 
rowskit-Krystallen die flächenreichsten Combinationen, die man wohl bis- 
her kannte. Sie zeigen nämlich die Combination: 


00000 . 303 . %/20°]s . 20%3 . 20°/2 . 10/30°/2 . 40®/s . o00%/a. 


Die den Habitus der meisten Krystalle beherrschenden Flächen sind 
die drei erstgenannten. Es ist aber nicht der ausserordentliche, unge- 
wöhnliche Flächen-Reichthum, der diese Krystalle (sie müssten bei regel- 
mässiger, vollzähliger Ausbildung 294 Flächen besitzen!) merkwürdig macht, 
sondern die auffallende Unvollzähligkeit im Auftreten der Flächen. Wäh- 
rend das Hexaeder vollzählig auftritt, erscheint das Ikositetraeder nur 
zweimal in zwei Octanten; von den fünf Hexakisoctaedern, die in einem 
Octanten sechsmal auftreten müssten, zeigt sich °/20°/ nur mit drei Flä- 
chen in zwei Octanten; die beiden 20/3; und 203/2 nur mit zwei Flächen 
in einem Öctanten, die beiden !%/30°/2 und 40®/s nur mit einer Fläche in 
einem Octanten; endlich das Tetrakishexaeder nur mit einer Fläche. — 
Eine Zusammenstellung der fünf beim Perowskit beobachteten Hexakis- 
octaeder und ihrer Kantenwerthe ergibt: 


* Jahrb. 1871, S. 640. 


Längste Kanten. Mittle K. Kürzeste K. 
9,0%, 16304915" 1570 3731“ 138048°20° 
204,3 164 54 35 136 23 50 164 54 35 
203/, 169 36 40 134 49 22 159 8 8 
10/,05), 172 44 51 148 52 13 135 23 52 
408/, 170 45 21 153 39 2 132 28 45. 


Um die Richtigkeit seiner Flächen-Bestimmungen noch näher zu be- 
gründen, theilt HEssengerse in einer Tabelle die Ergebnisse von Messung 
und Rechnung mit, die nahe übereinstimmen. 


G. vom Rarn: über die Zwillings-Gesetze des Anorthits. 
(Sitz.-Ber. des naturhist. Vereins d. preussischen Rheinlande und West- 
phalens, XXVIIL, S. 150—151 u. XXIX, S. 33.) Dem Verfasser standen 
durch die Liberalität Scaconr’s über 200 ausgesuchte Anorthit-Krystalle 
der neapolitanischen Sammlung zur Verfügung. Es gibt beim Anorthit 
vier Gesetze der Verwachsung, die sich mit Hülfe der Zwillings- oder 
Drehungs-Axe in folgender Weise definiren lassen: Bei dem ersten Gesetz 
ist dieselbe die Normale zum Brachypinakoid; bei dem zweiten Gesetz die 
makrodiagonale Axe; bei dem dritten die Vertikalaxe; endlich bei dem 
vierten die in der Ebene des Brachypinakoids liegende Normale zur Ver- 
tikalaxe. Bei den Verwachsungen der triklinen Krystalle können begreif- 
licher Weise die Zwillings-Ebene und die Drehungs-Axe nie zugleich kry- 
stallonomische Werthe sein. Bei dem ersten Gesetze ist die Zwillings- 
Ebene eine krystallonomische Fläche, umgekehrt sind bei dem zweiten und 
dritten Gesetz die Drehungs-Axen krystallonomische Linien; bei dem vier- 
ten Gesetz endlich besitzt weder die Zwillings-Ebene noch die Axe einen 
krystallonomischen Ausdruck. Die Zwillings-Krystalle nach dem ersten 
Gesetz sind bekanntlich stets mit dem Brachypinakoid verwachsen, des- 
gleichen die Zwillinge nach dem dritten und vierten Gesetz. Bei denen 
nach dem zweiten Gesetz liegen die Flächen P beider Individuen parallel; 
zuweilen begrenzen sie sich mit einer dieser Fläche parallelen Ebene, 
meist aber bildet sich durch Fortwachsung eine andere Verbindungs-Ebene, 
in welcher nicht homologe Flächen beider Individuen zu eigenthümlichen 
unregelmässigen Kanten zusammenstossen. In mannigfacher Weise können 
sich auch zwei dieser Gesetze in derselben Gruppe combiniren. Für das 
zweite Zwillings-Gesetz, bei welchem die Drehungs-Axe die Makrodiagonale, 
gibt es zwei Modificationen, die beide in der Natur vorkommen. Bei der 
ersten liegt die einspringende Zwillings-Kante M : M zur Rechten, bei der 
zweiten zur Linken des Beschauers, wenn man den Krystall in der nor- 
malen Stellung vor sich hält. Jene erste Modification entsteht dann, 
wenn die Individuen sich mit den oberen P-Flächen (Basis) verbinden; die 
zweite, wenn es mit den unteren P-Flächen geschieht. Besonderes Inter- 
esse gewinnt bei dem vorliegenden Zwillings-Gesetz die Art und Weise, 
wie die Individuen verwachsen. Wie ein Rhomboid, nachdem es um eine 
seiner Diagonalen 180° gedreht worden, mit der ursprünglichen Figur nicht 


19 


congruent, nicht wieder überdeckbar ist, so verhält es sich auch mit den 
basischen Flächen P der beiden gegen einander um die Makrodiagonale 
180° sedrehten Individuen. Das P des oberen Individs tritt an der einen 
Seite ein wenig vor über das P des unteren Individs, während an der an- 
deren Seite sich jenes mehr zurückzieht. Von Wichtigkeit ist die Ermit- 
telung: wie diese Incongruenz der Berührungs-Ebenen sich -ausgleicht. Es 
geschieht durch Fortwachsung, und zwar indem die rhomboidischen Pris- 
men einen der Makroaxe parallelen rhombischen Schnitt besitzen, d.h. 
einen solchen, dessen beide Diagonalen normal zu einander stehen. Die- 
sem Schnitt kommt beim Anorthit fast genau die Formel zu: ®/,'P’'x. In 
dieser Ebene findet die Verwachsung der Individuen bei dem Gesetz der 
Makrodiagonalen statt. 


FR. v. KoseiL: die Mineraliensammlung des bayerischen 
Staates. (A. d. Abhandl. der k. bayer. Akad. der Wissensch. XI. Bd.) 
1872. 4°. 8. 36. Die Gründung der reichhaltigen Sammlung des bayeri- 
schen Staates fällt in das Ende des vorigen und in den Anfang dieses 
Jahrhunderts. Eine Hauptgrundlage bildeten die Erwerbungen gelegen- 
heitlich der Auflösung der bayerischen Klöster (1802), das kurfürstliche 
Naturalien-Kabinet von Mannheim, spätere Geschenke des König Maximi- 
lian I. (1812). In der ersten Zeit ihres Bestehens war die Münchener 
Sammlung, wie Fr. v. Koseıı treffend bemerkt, ein wahres Conglomerat 
ungleichartiger Gegenstände. Erst mit N. Fuchs (1823), welchem der Ver- 
fasser damals als Adjunct zur Seite stand, erfuhr die Sammlung sowohl 
eine geordnetere Aufstellung als von Seiten des Staates mehr Berücksich- 
tigung. (Bis zum Jahr 1821 konnte der Conservator nur über 10 Gulden 
disponiren!) Es boten sich nun in einer Reihe von Jahren günstige Ge- 
legenheiten zum Ankauf verschiedener Sammlungen, die bereits in der In- 
dustrie-Ausstellung (1854) zur Schau aufgestellt waren. Die glänzendste 
Bereicherung erfolgte aber im J. 1858 durch den Erwerb der Sammlung 
des Herzog MaxımıLian von LEUCHTENBERG, welche — 10,000 Stücke zäh- 
lend — an Gehalt die bereits vorhandene bei Weitem übertraf. Was von 
mineralogischen Schätzen der Ural lieferte, hatte diese Sammlung aufzu- 
weisen. — Mit dem J. 1856 übernahm Fr. v. KoserLı das Conservatorium, 
ihm wurde 1860 Frıschmann als zweiter Conservator beigesellt. — Die 
Einzelnheiten, welche über die bayerische Staatssammlung mitgetheilt wer- 
den, sind von hohem Interesse. Die Aufstellung beginnt mit der Species 
Fluorit, welche mit 253 Exempl. von 40 Fundorten vertreten. Von be- 
sonderer Schönheit sind die Aragonite (zumal die jetzt nicht mehr vor- 
kommenden von Leogang), sowie Krystalle des Witherit und Strontianit 
von Leogang. In grosser Auswahl ist Kalkspath vorhanden, mit 700 Exem- 
plaren, darunter die alten berühmten Vorkommnisse von Andreasberg. 
Nicht minder reichlich finden sich die Sulphate (Gyps, Baryt). Fr. v. KosELL 
theilt viele Details über Krystall-Formen mit, wobei er sich, was sehr zu 
billigen, der Symbole Naumann’s bedient, weil sie dem grösseren Theil des 


80 


mineralogischen Publicums verständlich. — Quarz ist mit 600 Ex. vertre- 
ten, darunter prächtige Schaustücke; so z.B. eines von Amethyst von Ober- 
stein mit !/a Zoll grossen Krystallen, das 44 Ctm. Länge und 25 Ctm. 
Höhe misst. — Aus der Granat-Gruppe finden sich in vorzüglicher Schön- 
heit die Uwarowite von Bissersk; die Orthoklase des Urals, darunter einer 
9 Ctm. lang, ein Amazonenstein von 9 Ctm. Länge. In seltener Schönheit 
sind die russischen Smaragde und Topase vorhanden, letztere mit 60 Ex., 
worunter ein 9 Ctm. langer, blaulicher. — Diamant ist in 40, z. Thl. sehr 
gut ausgebildeten Krystallen repräsentirt; viele derselben brachten Spıx 
und Marrıus von ihrer brasilianischen Reise mit. — Auch die schweren 
Metalle sind, wie zu erwarten, reichlich vorhanden. So Gold, eine Masse 
von 270,4 Gramm; Platin, ein Stück von 757 Gramm, ein anderes von 796 
Gramm, mit Chromeisenerz durchwachsen. — Die Fahierze sind mit den 
alten schönen Tyroler Vorkommnissen vertreten; krystallisirter Nickelin, 
P von Sangerhausen. Endlich finden sich sowohl Meteoreisen als Meteor- 
steine in grosser Auswahl von den verschiedensten Fundorten. — Abge- 
sehen von der hohen wissenschaftlichen Bedeutung, welche die Mineralien- 
Sammlung des bayerischen Staates besitzt, sei auch hier schliesslich noch 
auf den enormen Geldwerth derselben aufmerksam gemacht, den Fr. v. 
KoseLL durch einige Beispiele begründet. Ein Platin-Geschiebe von 3,4 
Kilo wurde von dem Herzog von LEUCHTENBERG für 1430 fl. erworben. Ein 
Gold-Geschiebe ist 427 fl. werth, die Suite der Topase von Mursinsk 400 fl. 
Die Rubellit-Stufen von der chinesischen Grenze wurden für 5600 fl. an- 
gekauft. Endlich wird eine Stufe mit Smaragden, 4 Zoll lange, 2 Zoll 
breite Krystalle von Katharinenburg von den as Händlern auf 
10,000 fl. geschätzt. 


A. Sınegeck: über Fahlerz und seine regelmässigen Ver- 
wachsungen. Mit 4 Taf. (Abdr. a. d. Zeitschr. d. Deutsch. geolog. 
Gesellsch. 1872. S. 427—464.) Die vorliegende Abhandlung schliesst sich 
in würdigster Weise an die früheren trefflichen des Verf. über Kupferkies 
und Blende. Es ist mit besonderem Dank zu erkennen, dass SADEBECK 
seine krystallographischen Studien auf solche Mineralien ausdehnte, denen 
man vorher wenig Aufmerksamkeit schenkte. Dies gilt zumal vom Fahl- 
erz. So vielfach dasselbe auch in chemischer Beziehung untersucht wurde, 
ist die krystallographische Literatur über Fahlerz — einige Mittheilungen 
von HESSENBERG und C. Kein abgerechnet — ziemlich dürftig. SADEBECK 
war, wie beim Kupferkies und der Blende, bemüht die beiden Stellungen 
auseinander zu halten und dehnte dies auf die scheinbaren holoedrischen 
Formen aus. Er gelangte dabei zu dem merkwürdigen Resultat: dass die 
Formen zweiter Stellung auch vorherrschend auftreten, während man dies 
bisher nur von den Formen erster Stellung annahm. Ebenso unterwarf 
Sınpereck die Zwillings-Bildung des Fahlerzes einer genauen, Vieles be- 
richtigenden Prüfung. 

1. Allgemeiner Theil. Der Verf. bespricht die Formen des Fahl- 


81 


erzes in Bezug auf seine Stellung. Unter denen 1. Stellung fehlt selten 


2 
das positive Tetraeder, ferner von Triakistetraedern = als das häufigste, 


9/.0,9) 3 
von selteneren == — und u das Deltoiddodekaeder —_ das He- 


_ 


: 303]; 2 
xakistetraeder - — Unter den Formen zweiter Stellung ist das negative 


Tetraeder meist klein, fehlt oft gänzlich; es treten ferner das häufigste 


en = = 3 
Triakistetraeder — nn von Deltoiddodekaedern — und 


>| 
ein Hexakistetraeder — auf. 

In Bezug auf die Zwillings-Bildung ist als Gesetz das herrschende 
des regulären Systems: dass die beiden Individuen eine Fläche von O ge- 
mein haben. Es lassen sich aber aneinander-, ineinander- und durchein- 
andergewachsene Zwillinge unterscheiden. Von einem anderen Gesetz, 
dass zwei Tetraeder mit senkrechten Kanten durcheinander gewachsen, 
konnte SanEseck kein deutliches Beispiel beobachten. — Von vielem In- 
teresse sind die Vergleichungen der Formen des Fahlerzes mit denen der 
Blende. Beim Fahlerz beruht die Hemiedrie wesentlich auf einer verschie- 
denen Ausdehnung und Beschaffenheit der beiden Stellungen; bei der Blende 
tritt der tetraedrische Charakter mehr zurück, aber die Entwickelung der 
Formen ist in beiden Stellungen eine verschiedene. — In der Ausbildung 
der Formen entspricht der Kupferkies sowohl dem Fahlerz als der Blende. 
Es treten Formen auf, die ganz den tetraedrischen Habitus des Fahlerzes 
haben. — Die regelmässigen Verwachsungen des Fahlerzes mit Kupfer- 
kies sind verschieden; entweder beide sind an einander gewachsen oder 
eines von beiden ist auf dem anderen aufgewachsen. Das Gesetz der 
regelmässigen Verwachsung lautet: die Hauptaxe des Kupferkieses fällt 
mit einer Axe des Fahlerzes zusammen oder geht mit ihr parallel. 

IH. Specieller Theil. Die zwei wesentlich unterschiedenen Arten 
der Ausbildung sind die, bei welchen die Formen der ersten Stellung herr- 
schen und solche, bei denen die zweiter Stellung ausschliesslich entwickelt 
ist. — Unter den Vorkommnissen von Krystallen des Fahlerz, bei denen 
nur das Tetraeder erster Stellung auftritt, das andere fehlt, führt Sape- 
BECK zahlreiche auf; z. B. von Kapnik; von Baigori in Navarra; von Mei- 
seberg bei Harzgerode und von Zilla bei Clausthal, beide interessant noch 
wegen der regelmässigen Verwachsungen mit Kupferkies; von Liskeard in 
Cornwall, den vorigen ähnlich; von Dillenburg, Schönborn bei Mitweida. 
— Unter den Krystallen, bei welchen auch das zweite Tetraeder auftritt, 
das erste aber vorherrscht, sind unter andern aufgeführt die von Müsen, 


3]. 
von.Horhausen (durch das stark entwickelte en ausgezeichnet; von Fra- 


mont und endlich von Falkenstein in Tyrol mit vorwaltendem Dodekaeder 
zweiter Stellung, an dem nur das 2. Tetraeder auftritt und das Triakis- 


tetraeder an R 


ui 


Jahrbuch 1873. 6 


82 


In den Schlussbemerkungen zu seiner werthvollen Abhandlung spricht 
SADEBECK wegen der mehrfach beobachteten regelmässigen Verwachsung 
von Fahlerz und Kupferkies die gewiss nicht unbegründete Vermuthung 
aus, dass beide Mineralien zu einander in einer gewissen verwandtschaft- 
lichen Beziehung stehen. Der Name Isomorphie kann für diese Beziehung 
aber nicht in Anwendung kommen. Ein ähnliches Verwandtschafts-Ver- 
hältniss wiederholt sich bei anderen Mineralien, insbesondere bei denjeni- 
gen, welche die Fähigkeit besitzen, mit einander regelmässige Verwach- 
sungen einzugehen, wie die verschiedenen Glimmer, wie Disthen und Stau- 
rolith, Rutil und Eisenglanz. Es scheinen — so schliesst SADEBECK — die 
regelmässigen Verwachsungen ein Fingerzeig zu sein, von einem anderen 
Gesichtspunkte an das Studium der Beziehungen von Inhalt und Form 
heranzutreten. Wenn wir die Formen regelmässig verwachsener Minera- 
lien vergleichen, so bleiben wir auf dem Boden der Thatsachen und ge- 
winnen Anhaltepunkte für die Beziehungen der verschiedenen Krystall- 
Systeme unter einander, welche auf dem Vorkommen in der Natur be- 
ruhen, nicht auf mathematischem Calcul; hoffentlich glückt es, dann auch 
eine Gesetzmässigkeit in den chemischen Beziehungen regelmässig ver- 
wachsener Mineralien aufzufinden. — In einer besonderen Tabelle gibt 
Sınzseck eine Übersicht der beim Fahlerz vorkommenden Formen; auf 
vier Tafeln Abbildungen der von ihm geschilderten Krystalle. 


Des OLoızEAaux: Memoire sur une nouvelle localite d’ambly- 
gonite et sur la montebrasite, nouveau phosphate d’alumine 
et de lithine hydrate. (Separat-Abdruck aus den Ann. de Uhimie et 
de Physique. 4. Serie. D. XXVN. 1872.) Der Verfasser hat auf Grund 
neuerer chemischer Untersuchungen sowohl, als auch speziell von ihm, 
mit bekannter Meisterschaft, ausgeführter, optischer Erforschungen er- 
wiesen, dass das, was man seither theils als Amblygonit, theils als Mon- 
tebrasit betrachtet, vielfach nicht scharf unterschieden, öfters mit einander 
verwechselt hat, allerdings in zwei wohlunterscheidbare Species zerfällt. 
Es wird in der vorliegenden Arbeit eine, soweit es die Natur des Materials 
gestattet, präcise Definition dieser zwei Species gegeben, denen die er- 
wähnten Namen erhalten bleiben und deren wichtigste Fundorte wir an- 
gegeben finden. 

1. Amblygonit, Breırnaupr. Wasserfreie natron- und lithionhaltige 
Varietät. Es gehören hierher: das ältere Vorkommen von Penig, ferner 
die weissen und violetten, blättrigen Massen von Montebras. Analysirt ist 
jenes von BERrZELIUS und RAMMELSBERG, diese sind untersucht von Pısanı, 
KosELL und RAMMELSBERG. Krystallographisch lässt sich von dem Vorkom- 
men von Montebras, was allein dem Verfasser in grösserer Menge zu Ge- 
bot stand, wenig sagen. Es sind nur zwei Spaltungsrichtungen p und m 
bei diesen blättrigen Massen zu beobachten, die unter 105°44‘ zu einander 
geneigt sind; ferner kommen häufig Zwillingsverwachsungen vor. Die 
sichere Feststellung des Systems basirt einzig auf der optischen Bestim- 


83 


mung, welche durch Ermittelung der Orientirung der Hauptschwingungs- 
richtungen gegen die krystallographischen Elemente und durch die um 
den spitzen Axenwinkel zu beobachtende geneigte und gedrehte Dispersion, 
das trikline System erweist. Der Charakter der ersten Mittellinie ist ne- 
gativ. Der Axenwinkel schwankt beträchtlich, so wurde der in Luft aus- 
tretende scheinbare Winkel zu ungefähr 71° und 86° gefunden, die rothen 
Axen erwiesen sich grösser, als die blauen. 

2. Montebrasit, Des Croızeavx. Wasserhaltige, nur lithionführende, 
dagegen natronfreie Art. Analysirt von Pısaxı (vergl. d. Jahrb. 1872, 
p- 875.). Blättriges und krystallisirtes Vorkommen von Hebron (Maine), 
theilweise auch von Montebras; hier in grünlichen, durchscheinenden und 
durchsichtigen Arten, ferner in aschgrauen, schwach durchsichtigen, weis- 
sen, zuweilen auch undurchsichtigen Abänderungen. 

Krystallographisch hat man 3 Spaltungsrichtungen verschiedener Güte: 
p, m, t. 

Bm: =105" 
Di: 150 271560 
p 295 —::89% 890757 

Zwillingsbildungen fehlen. Die schwierig zu ermittelnde Orientirung 
der Hauptschwingungsrichtungen und die beobachteten Dispersionen um 
beide Mittellinien lassen, wie beim Amblygonit, das trikline System er- 
kennen. Man hat um die negative Mittellinie eine horizontale und eine 
geneigte, um die positive eine geneigte und eine gedrehte Dispersion. Der 
wahre, innere Axenwinkel ist nahezu — 90°, da jedoch Schwankungen 
stattfinden, kommt es, dass bald sein spitzer Theil der positiven, bald der 
negativen Mittellinie anliegt, in manchen Fällen auch der Unterschied 
zwischen spitzem und stumpfem Axenwinkel fast völlig verschwindet. Die 
rothen Axen sind, nach directer Messung des Verhaltens um die negative 
Mittellinie, kleiner, als die blauen A 


Arıstives Brezına: Entwickelung der Hauptsätze der Kry- 
stallographie und Krystallophysik. Separat-Abdruck a. d. II. 
Heft d. Min. Mitth. 1872, gesammelt von TscuermAr, p. 125—160. Die 
vorliegende Arbeit hebt in einer Einleitung die Vortheile der Mırner’schen 
Methode, den anderen krystallographischen Bezeichnungsweisen gegenüber, 
hervor und bringt im speciellen Theile die Entwickelung der Hauptsätze 
der Krystallographie und Krystallophysik. 

Fassen wir zunächst den speciellen Theil in’s Auge, so werden in 
dessen erstem Abschnitt, nach dem Vorgange MıLLer’s, die rein geometri- 
schen Verhältnisse der Krystalle, soweit sie zur Combinationsentwickelung 
dienen, behandelt. Der Verfasser ist hier bestrebt, die Grundbegriffe der 
Mitver’schen Bezeichnungsweise zu entwickeln. Er führt das dreizählige, 
beliebige Axensystem ein, definirt die Begriffe: Parameter, Indices und 
schliesst das erste Grundgesetz der Krystallographie, das der Rationalität 
der Indices, an. Die Darlegung der Zonenregeln folgt im Wesent- 


84 


lichen bezweckend, den Anfänger zu befähigen, die Tautozonalität mehrerer 
Flächen eines Formencomplexes prüfen, die Indices einer, zwei Zonen an- 
gehörigen Fläche darstellen zu können. Ein weiterer Abschnitt ist der 
sphärischen Projection gewidmet , und die ganze Darstellung. wird zuletzt 
nicht unwesentlich unterstützt durch einige zum Schluss angefügte prak- 
tische Beispiele. 

Der zweite Hauptabschnitt handelt von der Symmetrie der Krystall- 
systeme. Er ist auszugsweise dem Lehrbuch der Krystallographie von V. 
v. Lang entnommen und führt uns zunächst die Ableitung der Krystall- 
systeme aus dem Gesetze der Rationalität der Indices vor, behandelt dann 
weiter die Eigenschaften der Systeme, stellt namentlich die zur Bestimmung 
derselben nothwendigen Elemente fest. 

Der dritte und letzte Hauptabschnitt, die optischen Verhältnisse der 
Krystalle behandelnd, ist in sofern des Verfassers eigenstes Eigenthum, 
als er darin gezeigt hat, wie sich unter Zugrundelegung der optischen 
Verhältnisse der Krystalle im Allgemeinen, die optischen Verhältnisse der 
einzelnen Krystallsysteme aus ihrer Symmetrie ableiten lassen. Nachdem 
in gedrängter, aber immer präciser Darstellung das Nöthige über Doppel- 
brechung und Absorption gebracht, das Gesetz, nach dem sich die Licht- 
bewegung im Krystalle bestimmt, ausgesprochen ist, geht der Verfasser 
zur Definition der diversen Grundbegriffe, die bei den optischen Verhält- 
nissen der Krystalle in Betracht kommen, über, eine Aufgabe, der er sich 
in eleganter Weise entledigt. Das Verhalten planparalleler Platten, was 
.nun erörtert wird, bereitet auf die Darstellung des optischen Verhaltens 
in den einzelnen Systemen, was sich anschliesst, vor. Auch dieser letzte 
Abschnitt muss, namentlich in Anbetracht der zur Verwendung gelangten, 
einfachen schematischen Zeichnungen als gelungen bezeichnet werden, nur 
wäre vielleicht hier, da das Ganze ja für die Zwecke der Praxis bestimmt 
ist, eine theilweise Erweiterung des Gegebenen, namentlich in Bezug auf 
die nur angedeutete stauroskopische Untersuchung, am Platze gewesen. 
Wir hätten mit um so grösserer Freude diese Vervoliständigung aus der 
Feder des Verfassers begrüsst, als gerade derselbe durch Angabe seiner 
schönen, nach ihm benannten „Brrzıma’schen Doppelplatte“* in so eim- 
schneidender Weise verbessernd auf die stauroskopische Untersuchung ein- 
gewirkt hat. Gern gestehen wir indessen, dass mit noch mehr Rücksicht- 
nahme auf die Praxis, auch die ganze Anlage der Schrift eine andere 
hätte werden müssen. 

Im Allgemeinen können wir der ganzen Arbeit nur volles Lob erthei- 
len, sie ist dem Standpunkt, den sie einnehmen will, entsprechend, gleich- 
mässig, einfach und doch streng gehalten; nach unserer Meinung wird sie 
den Zweck, den ihr Verfasser dabei im Auge hatte, vollständig erfüllen. 

Kehren wir nun zum ersten Theile, zur Einleitung, zurück! Haben 
wir die eigentliche Arbeit von dem allein bei ihrer Beurtheilung zulässi- 
gen Standpunkt, dem der Mırrer’schen Schule, zu betrachten versucht, so 
wird es jetzt ebenso nöthig sein, auf unseren Standpunkt, den der Weıss- 
Naumann’schen Lehren zurück uns zu versetzen. 


85 


Gewiss haben wir es in der Wissenschaft der Krystallkunde auf das 
Lebhafteste zu beklagen, dass der Meinungen, welcher Weg zur Erkennt- 
niss der richtige sei, so viele sind. Aber eine Einigung der verschiedenen 
Methoden wird schwer sein, weil eben jede ihr Gutes hat. Wir sind da- 
her auch nicht der Ansicht des Verfassers, die MıLLer’sche Methode sei 
allen überlegen, hauptsächlich aber desshalb nicht, weil diese Methode aus 
rein mathematischen Gründen öfters das Naturgesetzmässige nicht zum 
Ausdruck bringt. 

Um auf des Verfassers Anschauungen etwas näher einzugehen, sind 
wir der Ansicht, dass kein Grund uns daran hindern sollte, die directen 
Axenausdrücke in unsere Flächenzeichen aufzunehmen und nicht ihre in- 
versen Werthe. Dies fordert das Bedürfniss einer naturgemässen Dar- 
stellung. Für den, der weiter geht, wird es dann, namentlich zu Rech- 
nungszwecken, vielfach zweckmässig sein, inverse Werthe zu brauchen; 
was sollte ihn aber auch hindern, dies zu thun? Etwa der Vorwurf, in 
der Methode nicht völlige Consequenz bewahrt zu haben? Gewiss nicht, 
denn Jeder, der diesen Vorwurf ausspräche, würde damit die Methode 
höher stellen, als das Ziel der Forschung, zu dem jene doch stets nur 
Mittel ist. 

Was die Vortheile der Mınırr’schen Notation zur Bezeichnung der 
Flächen verwickelter Combinasionen anlangt, so ist dieselbe der NAumaAnn’- 
schen Bezeichnung allerdings durch grössere Einfachheit überlegen, aber 
nur scheinbar, denn in Wahrheit sind beide zu complicirt und man wird 
am besten thun, keine, sondern die Buchstabenbezeichnung anzuwenden, 
die am allereinfachsten und am wenigsten den Druckfehlern ausgesetzt 
ist. (Vergl. die völlig übereinstimmende Ansicht von KokscHARow, Vorl, 
über Mineralogie, 1866, p. 33.) 

Ein Nachtheil des MınLer’schen Zeichens ist aber der, dass man durch 
dasselbe nicht auf das Krystallsystem geführt wird, in dem der betreffende 
Körper krystallisirt. Dies wirkt namentlich für den Anfänger störend. 
Hier ist das Naumann’sche Zeichen besser, wenngleich auch dies noch einer 
Vervollkommnung durch Einführung besonderer Hauptbuchstaben, den ver- 
schiedenen Systemen entsprechend, fähig wäre, wie dies BLum geltend ge- 
macht hat. 

Die Auflösung der Combinationen nach der Mırrer’schen Methode ist 
allerdings sehr einfach; in den häufigsten Fällen genügt indessen die QuEn- 
stepr’sche Projectionsmethode durch die Construction völlig und unterstützt 
überdies noch die Anschauung. In complieirten Fällen macht diese gra- 
phische Art der Darstellung zwar noch Nebenrechnungen nöthig, die dann 
aber auch mühelos zu bewerkstelligen sind. Die Vereinfachung, die der 
Verfasser den Zonenpunktformeln, zum Zwecke der Zonencontrole, hat an- 
gedeihen lassen, war naheliegend; immerhin behält das ursprüngliche Ver- 
fahren doch den Werth, dass es, falls die Flächen nicht in eine Zone 
fallen, zeigt, wie die Ausweichung stattfindet, während die allerdings ein- 
fachere Bedingungsgleichung dann nur angibt, dass dem Erforderniss nicht 
genügt werde. 


86 


Der Verfasser ist im Rechte zu behaupten, die zu gleichem Zwecke 
vorgeschlagenen Methoden von Weıss und Naumann seien sehr umständlich. 

Dagegen können wir uns nicht dazu verstehen, die Winkel der Nor- 
malen, anstatt der Winkel der Krystallflächen anzunehmen. Bieten erstere 
auch einige Vortheile, so stösst doch ihre Einführung auf sehr erhebliche 
Schwierigkeiten, namentlich in Rücksicht auf Lehrzwecke. — Am Re- 
flexionsgoniometer wird zwar der Winkel der Krystallflächen durch den 
Winkel der Normalen derselben gemessen, allein, kann man fragen, wie 
verhält es sich mit dem Messen mit dem Anlegegoniometer, durch welche 
Operation doch gerade die Praxis des Anfängers gefördert werden soll? 

Was den Vortheil der Normalenwinkel in Bezug auf ihre directe Ein- 
führung in die sphärische Projeetion und damit in die trigonometrische 
Rechnung anlangt, so kann diese letztere ebenso gut mit den direkten 
Winkeln geführt werden. Man legt dann die sphärischen Dreiecke in den 
betreffenden Krystail selbst, was unmittelbarer ist und noch dazu die zu 
den Berechnungen so nöthige Vorstellungsfähigkeit ausbilden hilft. Über 
den Zonenverband der Gestalten gibt die zur Hand liegende QuENSTEDT’- 
sche Projection den gewünschten Aufschluss. f 

Die sphärische Projecetion hat allerdings den Vortheil, eine begrenzte 
zu sein, was Verfasser gebührend hervorhebt. In dieser Hinsicht ist die 
Linearmethode mit einem Nachtheil behaftet, den wir sehr wohl fühlen, 
allein sie bietet doch auf der anderen Seite wieder der anderen abgehende 
Vortheile. Zuvörderst den einer leichteren Herstellung, dann den der An- 
wendung zum Krystallzeichnen. 

Haben wir sonach, wie wir glauben, doch einige Einwände gegen die 
absolute Vollkommenheit der Miırrer’schen Methode erhoben, so möge 
schliesslich es noch gestattet sein, auf einen sehr wunden Fleck in der 
Anwendung dieser Lehre zurückzukommen: wir meinen auf die MıLLERr’- 
sche Betrachtungsweise des Hexagonalsystems. 

Hier umgeht die rein mathematische Betrachtungsweise MiLLer’s, die 
in diesem System von der Natur gebotene und in Foige dessen zu berück- 
sichtigende Ausbildung, die Weiss so treffend durch sein 3 und 1 gliedri- 
ges System zum Ausdruck brachte. 

Der optischen Axe, dieser so eminenten Richtung, wird bei MıLLErR 
keine Rechnung getragen, als ob der innige Connex zwischen Form und 
physikalischen Eigenschaften nur so bei Seite gesetzt werden könnte. Dies 
ist offenbar naturwidrig, und sind dieser Betrachtung auch Andere, wie 
ScHRAUF, nicht gefolgt. Zu Rechnungszwecken wähle man dessen drei- 
zähliges Axensystem; eine naturgemässe Darstellung wird allein das vier- 
zählige ermöglichen, will man nicht auf Unzuträglichkeiten schlimmster 
Art geführt sein, wie bei der Mıtter’schen Betrachtungsweise es die sind, 
gleichwerthige Flächen holo&drischer Formen, z.B. sechsseitige Pyramiden 
erster Ordnung, zwölfseitige Pyramiden durch verschiedene Symbole aus- 
drücken zu müssen, zusammengehörige hemiödrische Gestalten, also Rhom- 
boöder und Gegenrhomboäder, Skalenoöder und Gegenskalenoäder nicht 
einheitlich darstellen zu können. 


87 


Wie nimmt es sich aus zu schreiben: 
2:00) a  ) 
+ aR — (16.5.5) ‚om (3.34) 
3P3/2 — (2.0.1, 5.2.4) , -4P!s = (8.1.4, 2.1.2) 
und wie verhält sich die Zusammensetzung dieser hexagonalen Indices zu 
den Principien, die für die übrigen Systeme gelten ? 

Ohne in diesem Sinne mehr anführen zu wollen, kann schliesslich noch 
geltend gemacht werden, dass auch vom Gesichtspunkt der Entwickelung 
der Krystallsysteme in eine Reihe immer unsymmetrischer werdender Ge- 
staltencomplexe, die MıtLzer’sche Anschauung im Hexagonalsystem keine 
Berechtigung hat. | 

Unter voller Anerkennung andererseits der vielen unläugbaren Vor- 
züge der Mıtuer’schen Lehre, kann dieselbe denn doch nicht in jeder Be- 
ziehung den seither gebräuchlichen als überlegen gegenüber gestellt wer- 
den. Was zumal die leichtere Fähigkeit anlangt, in die Wissenschaft ein- 
zuführen, haben andere Methoden den entschiedensten Vorzug, wie auch 
der Erfolg bewiesen hat. 

Der Verfasser sagt selbst am Eingange seiner vortrefflichen Arbeit: 

„Unter allen krystallographischen Methoden ist keine so sehr auf die 
Specialisten beschränkt geblieben, als die MitLLer’sche.* 

Wir sind der Ansicht, dass diese Thatsache nicht allein durch den 
vom Verfasser vorgebrachten Grund ihre Erklärung findet, vielmehr Mo- 
mente, wie die vorstehend entwickelten, dabei ebenfalls berücksichtigt wer- 
den müssen. IN 


Fr. Hessengere: Kalkspath vom Rödefjord auf Island. (Mi- 
neralogische Notizen No. 11, 1873, 8. 9—17.) Der Verfasser hat schon 
früher * Kalkspathe aus Island beschrieben. Durch schöne Ausbildung 
und Flächenreichthum sind die neuen Vorkommnisse ausgezeichnet. Sie 
zeigen die Combination: 

R.4AR.1I0OR.R2.R3.R5.o0oP2.*sP2.25R2. —4AR°s. —’jsR?,. 

Eine nähere Betrachtung der einzelnen Formen ergibt Folgendes. R 
erscheint, wie gewöhnlich, nicht glänzend, nur zart matt. 4R zuweilen 
treppig abwechselnd mit 10R; dieses hat bereits Des CLoızeAux angeführt, 
während Zıppr es nicht erwähnt. Die Endkanten von 10R — 61°. — Unter 
den Skalenoedern tritt R3, das häufigste aller Kalkspath-Skalenoeder, mit- 
unter vorherrschend, aber was Flächen-Vertheilung betrifft, sehr unsym- 
metrisch auf. Das eben nicht seltene ?/;R2 (z.B. von Ahrn in Tyrol be- 
kannt) ist ziemlich vorherrschend. Das Skalenoeder R2 gehört hingegen 
zu den seltenen; Haıpineer führte es von Freiberg und Bräunsdorf auf, 
HEssenger6 von Canaria. Das Skalenoeder —4R°/3 ist von besonderem 
Interesse; es gehört zu den am schönsten entwickelten Formen des Islän- 


* Jahrb. 1866, 8. 452. 


88 


der Kalkspathes, wurde zuerst von Des CLoızeaux angeführt, von Arssex- 
BERG an den früher beschriebenen Isländer Kalkspathen, von G. vom RarH 
an den ausgezeichneten Kalkspathen vom Oberen See und vom Nahethal 
beobachtet. — Endlich verdient noch —’ 5R?/3 als ziemlich gross aber ohne 
Glanz auftretend Erwähnung, sowie die Pyramide *;sP2 mit den Endkan- 
ten —= 135°51’32' und Seitenkanten = 97°26‘24‘; sie tritt an dem Islän- 
der Krystall nur einmal auf. 


G. von Rarn: über zwei Kalknatron-Feldspathe aus dem 
Ural. (PogeEnnorFrr Ann. CXLVII, S. 274—278.) Beide Feldspathe brachte 
einst' G. Rose von seiner Reise nach dem Ural mit. 1) Kalknatron- 
Feldspath (Oligoklas) von Schaitansk bei Mursinsk, aus dem grob- 
körnigen Granit, in welchem die rothen Turmaline vorkamen. Der unter- 
suchte Krystall ist wasserhell, zeigt nur eine durch den ganzen Krystall 
gehende Zwillings-Lamelle nach dem Gesetz: Drehungs-Axe die Verticale. 
Spec. Gew. — 2,642. Mittel aus zwei Analysen: 


Kieselsäure . . . . . 63,83 
Thonerde.-. vn. '.7..772,,22398 
Kalkerde . . . ESEL END: 
Macnesiar. 2er en. 2.0200 
KA DE en en ARE 0 
NALLON A 2 NE 5 

7. ER. 


Es ähnelt dieser Oligoklas in seiner Mischung den früher von G. vom 
Rırt# untersuchten Plagioklasen von Niedermendig und aus dem Veltlin, 
und kann betrachtet werden als eine Mischung von 5 Gewth. Albit und 1 
Gewth. Anorthit. — 2) Kalknatron-Feldspath (Andesin) vom Berge 
Uvelka bei Orenburg. Spaltungsstück mit sehr feiner Streifung. Weiss, 
stellenweise röthlich durch kleine Eisenglanz-Partikel. Spec. Gew. = 2,654. 
Mittel aus zwei Analysen: 


Küeselsaures nn ee 
Thonerden.. co. 0.220009 
MWisenoxydl I... ac. 2820,18 
Kalkerdesn menu. re Ee5ß 
Kali Sr SE re Re RONES 
Natron. m a ER 
99,64. 


Dieser Andesin kommt in seiner Zusammensetzung dem vom Monte 
Mulatto bei Predazzo am nächsten, lässt sich aber ebensowenig als eine 
Mischung von Albit und Anorthit betrachten. 


Vrsa: Analysen des Syngenit von Kalusz und Identität 
des Kaluszit mit dem Syngenit. (Lotos, XXII, 1872, S. 211-212.) 
Der Syngenit, über welchen V. v. Zeruarovıch eine Mittheilung machte *, 


* Jehrb. 1872, S. 536. 


89 


wurde von O. VÖLKER im Prager Universitäts-Laboratorium analysirt (V); 
vergleicht man die Resultate dieser Zerlegung mit jener, welche ULLık 
vornahm und welche Rumpr in seiner Beschreibung des Kaluszit anführte 
(I—-IV): 


T. II. LET. IV. V. 
Kalkerde „7. . E71A 17,09 16,76 16,62 16,47 
Rau sun mar 2a aBa0. 872 238,03 
Schwefelsäure . 48,63 48,33 48,35 49,04 
WASSErA.. 0 re 9550 5,46 5,46 5,45 5,81 ° 


so ergibt sich für die Zusammensetzung des Syngenit die Formel: CaO 
50: K2S0ı H20, welche erfordert: 


Kalkerdes 2: 37. 0. 2:9 -481.7:06 
EEE FE ER Al) 
Schwefelsaure, ...220.04875 
Vasser an mr un DENE 1548 


Runpr hielt das Mineral, welches er eingehend untersuchte, für klino- 
rhombisch, und weil Mırzer’s Messungen an künstlichen Krystallen von 
gleicher Zusammensetzung rhombische Form erwiesen, glaubte Rumpr eine 
Dimorphie annehmen zu dürfen, und nannte die ihm vorliegenden Kry- 
stalle nach dem Fundort: Kaluszit. — Es hatte aber v. ZEPHAROVICH wegen 
des optischen Verhaltens das Krystall-System des Syngenit für rhombisch 
erklärt, jedoch mit dem Bemerken, dass man eben die Syngenit-Krystalle 
ohne Prüfung im Polarisations-Apparat ihres constanten klinorhombischen 
Habitus wegen für klinorhombisch halten kann. Auch Tscuermar fand 
die „Kaluszit-Krystalle“* übereinstimmend mit v. Zepuarovich’s Beobach- 
tung rhombisch; die Ebene der optischen Axen parallel mit OP, den schein- 
baren Winkel der optischen Axen für roth 4136‘, für blau 49°45‘. — Da 
an einer Identität des Kaluszit mit dem früher beschriebenen Syngenit 
nicht zu zweifeln, so verliert auch jener Name seine Geltung. 


ALBR. ScHRAUF: Aragonit von Sasbach. (Mineralog. Beobacht. 
IV. A. d. LXV. Bde. d. Sitzb. d. k. Akad. d. Wissensch.) Die auf Klüf- 
ten der Basaltgesteine bei Sasbach vorkommenden Aragonit-Krystalle zei- 
gen nicht den einfachen Zwillings-Habitus der von Werfen, Kamsdorf u. 
a. O., sondern sind der Mehrzahl nach Drillinge der Symmetrie: I, II 
rechts, IV rechts. Sie besitzen ferner einen Flächen-Reichthum, der an 
die Krystalle des Tarnowitzit erinnert. An einem Krystall beobachtete 
ScHRAUF folgende Flächen: 


ooP . ooP&b ..2P& .4P&.2P . 8/sP2 . 6P2 . 10P3. 


Von diesen Flächen war ®'sP2 bisher nur am Tarnowitzit durch WesskYv 
beobachtet worden. Die beiden letztgenannten Pyramiden sind neu. 


E. Lvpowıe: über die chemische Formel des Epidot. (Tscher- 
MAX, Miner. Mittheil. 1872, 3. Heft, S. 187—194.) Um über die Formel 
des Epidot ein genaueres Urtheil zu gewinnen, hat Lupwıs von dem rein- 


90 


sten ihm zu Gebot stehenden Material dieses Minerals eine Untersuchung 
ausgeführt. Es sind dies die schönen, in letzter Zeit vielbesprochenen 
Krystalle von Sulzbach. Das Mittel aus sieben Analysen (deren Gang 
angeführt) ergab: 


Kieselsäurenn- 0.0... 2204.3783 
Thonerdersn. 2.0 2.200%° 0:028.:92263 
Bisenoxydi, ur 27 Beer 215402 
Bisenoxyduir en... 220g, 
Kalkerder ey ee 
Viasser .}. rue EEE 

100,73. 


Da viele Analysen des Epidot von den verschiedensten Fundorten kei- 
nen Wasser-Gehalt angeben, so hat Lupwıc eine Anzahl Epidote von den 
wichtigsten Localitäten auf ihren Wassergehalt geprüft. Sie enthalten 
alle nahezu 2°/, Wasser, welches sie aber erst bei sehr hoher Temperatur 
verlieren. Bemerkenswerth ist noch, dass das beim Glühen der Epidote 
erhaltene Wasser. saure Reaction zeigt von einer geringen Menge Salz- 
säure, die darin gelöst ist. Lupwısc betrachtet die Epidote als Mischun- 
gen der beiden isomorphen Bestandtheile SisAleCasH202s (Aluminium-Epi- 
dot) und SieFesCaıH2026 (Eisen-Epidot). Die chemische Constitution des 
Epidot wird durch die erstgenannte Formel ausgedrückt. 


P.T. Creve: über das Vorkommen von Cuban in Schweden. 
(@eol. Förenis ı Stockholm Förh. Bd. I, S. 105.) 

Diese zuerst aus Cuba bekannte-und von BreıtnAaupr bestimmte Mi- 
neralspecies ist jetzt in zwei schwedischen Kupfergruben, der von Tuna- 
berg und von Kafveltorp gefunden. Der Verfasser theilt drei Ana- 
lysen derselben mit, welche wiederum auf die Formel führen: 

2FeS 
CuS Fe2S3. 


(Tö.) 


Weiss: über Quarz-Krystalle aus dem Wallis. (Sitz.-Ber. 
des naturhist. Vereins d. preuss. Rheinlande und Westphalens. XXVI. 
Jahrg. S. 142.) Die Krystalle stammen aus dem Wallithale bei Biel im 
Bezirk Gombs in Oberwallis. Es ist Rauchtopas mit kappenförmig auf- 
sitzendem Amethyst, beide in paralleler Stellung, etwa an die bekannten 
Scepter-Krystalle der Schweiz erinnernd, wo — wie hier — der obere 
Krystall die Fortsetzung des unteren bildet. Ausserdem zeigen die Ame- 
thyste die durch Zwillings-Bildung hervorgerufene festungsartige Zeichnung 
oder Damascirung der Rhomboeder-Flächen mit den abwechselnd matten 
und glänzenden Flecken so schön, wie die Striegauer und zwar an beiden 
Enden. Es wurde ein Rauchtopas aus dem Milarthale im Tavetsch mit 
dem Walliser verglichen, wo die damastartige Zeichnung auf den Prismen- 
flächen zu sehen ist und diesen einen eigenthümlichen Glanz verleiht. 


91 


Während aber bei den Walliser Krystallen die Zeichnung nur durch ab- 
wechselndes Auftreten von matten und glänzenden Rhomboeder-Flächen, 
die genau in ein Niveau fallen, hervorgebracht wird, gilt das nicht von 
den Prismen-Flächen der Krystalle von Milar: hier sind es sehr steile 
Trapezflächen, welche die Erscheinung bewirken, indem sie in den benach- 
barten Flecken abwechselnd einmal ein wenig nach oben, das andere mal 
eben so nach unten geneigt sind, mit etwa zwei Grad Abweichung von 
einander. Die Berechnung eines Axen-Ausdruckes hiefür hat keinen 
Werth, da natürlich auch die Messung nur approximativ sein kann. Die 
Trapezflächen sind rechts liegende. Bei den Walliser Krystallen, welche 
ebenfalls Damaseirung der Prismen-Flächen zeigen, wird die ähnliche Er- 
scheinung durch steilere Rhomboeder-Flächen hervorgebracht. In allen 
Fällen ist und bleibt das Merkwürdigste das gegenseitige Nivellirungs- 
Bestreben der beiden zu einem Krystall verbundenen Individuen: niemals 
erhebt sich das eine Individuum über das andere, eines bleibt beim an- 
deren in gleichem Niveau. 


G. Lauer: eine Pseudomorphosevon Dolomitnach Granat. 
(Lotos, XXI, 1872, S. 209—210.) Auf den Eisenerzlagerstätten des Erz- 
gebirges spielen Amphibol, in Gestalt von Aktinolith und Granat eine her- 
vorragende Rolle, als Begleiter der Magnetit- und Hämatitzüge. Man findet 
sie allenthalben als Amphibolschieferr — z. B. am Kaff bei Joachimsthal 
—, theils als eklogitartiges Gestein gemengt — z. B. auf der Binger Zeche 
bei Neudek —, zuweilen ersteren als Amianth im Magnetit parallelfaserig 
oder strahlig-sternförmig eingewachsen, zuweilen auch Granat in das 
Magneteisen eingestreut. Umwandlungen des letzteren in Hämatit lassen 
sich oft beobachten. Auf der vorerwähnten Binger Zeche bei Neudek zeigt 
das frische eklogitartige Ganggestein feinen dunkelgrünen Aktinolith und 
massig gehäufte, blutrothe Granaten, welche an und für sich sehr eisen- 
reich sind. Verwitterte Stücke desselben Gesteines zeigen den Amphibol 
in eine matte Seladonit-artige Masse verwandelt, in welcher erdiger Hä- 
matit als Umwandlungsprodukt des Granates liegt. Zu dieser schon länger, 
wenn auch nicht gerade von diesem Fundorte gekannten Umwandlung, 
hatte Lause Gelegenheit eine neue zweite kennen zu lernen, welche often- 
bar jünger ist als die vorerwähnte. Die Hämatitgänge der „Rothen Sudel“ 
bei Orpus werden von Dolomitgängen begleitet, welche ziemlich mächtig 
sind. Dieser im reinen Zustande gelblichweise, gewöhnlich durch Hämatit 
fleischroth gefürbte Dolomit, umschliesst nicht selten amygdaloidische 
Partien, welche aus einem Kerne von krystallinischem, oft sehr lockerem 
Dolomit und einer dünnen Hämatit-Rinde bestehen. Der pseudomorphe 
Charakter gibt sich schon daran zu erkennen, doch ist es schwer die ur- 
sprüngliche Form dazu zu finden. Ein Handstück zeigt jedoch diese Kör- 
per in ihrer ursprünglichen Gestalt wohl erhalten. Es sind dies ziemlich 
grosse Individuen mit ziemlich glatter Aussenseite, welche die Flächen 0 0, 
O sehr schön zeigen und scheinbar aus Hämatit bestehen. Sie gleichen 


92 


in ihrem Aussehen sehr den Umhüllungspseudomorphosen von Hämatit 
nach Fluorit von der Grube Rother Adler bei Johanngeorgenstadt. Die 
Flächen sind mit kleinen runden Glaskopfhöckerchen besetzt, welche auf 
den Kanten nur noch mehr hervortreten. Sprengt man die etwa 0.5 Mm. 
dicke, parallelfaserige Rinde dieses Minerales ab, so kommen darunter 
vollkommene scharfkantige, glattflächige Kerne von Dolomit zum Vorschein, 
welche drusig und hohl, kleine, schön ausgebildete Dolomitkrystalle sehen 
lassen. Der Vorgang, wie sich diese Pseudomorphose bildete, ist nun wohl 
deutlich durch die Beschaffenheit derselben gegeben. Offenbar wurde zu- 
erst eine Umhüllungspseudomorphose von Hämatit nach Granat gebildet, 
unter ähnlichen Verhältnissen wie jene vorerwähnte nach Fluorit. Hier- 
auf wurde die Granatmasse umgewandelt und weggeführt, und der ent- 
standene leere Hohlraum durch mit dem Wasser einsickernden Dolomit 
nach und nach ausgefüllt. Darauf weist eben der Umstand hin, dass die 
Dolomitkörper aussen ebenflächig nur den Abguss der durch den Hämatit 
gebildeten Form des Granates liefern, und sohin von einer directen Um- 
wandlung des Granates in Dolomit auch nicht die Rede sein kann. Bei 
dem Umstande, dass die dünnwändigen Hämatithüllen nur selten in eine 
solche Lage kommen konnten, unversehrt erhalten zu werden und eine 
vollständige Ausfüllung durch Dolomit zu erleiden, erklärt es sich auch, 
warum die meisten derselben nur in jener schwer erkennbaren amygdaloi- 
dischen Gestalt erhalten blieben. 


ALBR. Schraur: zur Üharacteristik der Mineralspecies Rit- 
tingerit. (Mineral. Beobachtungen IV. A. d. LXV. Bd. d. Sitzb. d. k. 
Akad. d. Wissensch.) Bekanntlich wurden 1851 zu Joachimsthal in Gesell- 
schaft von Rothgültigerz, Silberglanz, Bleiglanz, kleine Krystalle eines 
Minerals aufgefunden, welches Zıprr Rittingerit nannte. Als Bestand- 
theile wies derselbe Silber, Schwefel und Arsenik nach. Die Krystallfor- 
men, welche sehr flächenreich, erkannte Scuagvs als klinorhombische mit 
den vorwaltenden Flächen von ooP und OP. — Vor wenigen Jahren kam 
der Rittingerit wieder, aber unter anderen Verhältnissen vor: vereinzelte 
Krystalle in Leberkies fest eingewachsen. Das spec. Gew. des Rittingerit 
bestimmte Scuhraur zu 5,63. Die chemische Prüfung ergab einen Silber- 
gehalt von 57,7 °/,. ausser dem Arsenik und Selen. ScHRAur glaubt, dass 
das Mineral seinem hohen Silbergehalt und nach dem Prisma von nahe 
120° seiner chemischen Formel nach der Gruppe des Stephanit und Poly- 
basit verwandt sei. Die überaus flächenreichen Krystalle sind von tafel- 
artigem Habitus durch vorwaltende Basis; untergeordnet treten verschie- 
dene Hemipyramiden auf, sowie das Prisma ooP = 124° 20’. Zwillinge 
kommen sehr häufig vor nach zwei Gesetzen, indem die Individuen entwe- 
der mit einer Fläche von OP vereinigt, oder mit dem Orthopinakoid. _ 


93 


B. Geologie. 


Studien über Stoffwandlungen im Mineralreiche, beson- 
ders in Kalk- und Amphiboloidgesteinen von Dr. A. Kor, 
Leipzig bei H. Hässer. 1875, mit 5 Tafeln. 

Das vorliegende Werk behandelt in zehn Capiteln und einem Rück- 
blick einen Theil des Gebietes, welches man unter dem Namen des „Me- 
tamorphismus“ zu begreifen pflegt. Mit der Entwickelung der orga- 
nischen Chemie erkannte man mit wachsendem Interesse die Bedeutung, 
welche dieselbe für die Durchbildung geologischer Ideen hat. Es ist zwar 
nicht dasselbe Bereich stofflicher Reactionen, als mit welchen die Geologie 
es zu thun hat, und in Folge dessen kann von den einzelnen Thatsachen 
jener nur selten ein directer Gebrauch zur Erklärung geologischer Erschei- 
nungen gemacht werden; aber da dem organischen Molekül eine viel 
grössere Beweglichkeit seiner Bestandtheile eigenthümlich ist als dem un- 
organischen, so lässt sich die Gesetzlichkeit chemischer Wirkungen an 
jenem leichter erkennen, als an diesem. Die Art und Grösse der Bewe- 
gungen von Atomen im Molekül und von Molekülen und Körpern ist we- 
sentlich abhängig von der Grösse der lebendigen Kraft, oder was dasselbe 
sagen will, von der Temperatur, welche ihnen ertheilt wird. Wie der 
Verlauf der jährlichen Temperaturänderungen in den Organismen, beson- 
ders in den pflanzlichen, eine Reihenfolge von stofflichen Bewegungen und 
von dadurch bedingten Verbindungszuständen der Atome und Moleküle zur 
Folge hat; so müssen auch die der Wärmezustände unserer Planeten von 
den ältesten Zeiten bis auf die heutige, einen Einfluss auf die atomistische 
und molekulare Constitution der anorganischen Substanzen ausgeübt ha- 
ben, wenn dieser auch im Allgemeinen sich für grössere Temperatur- 
Intervalle als bei dem organischen Molekül, geltend macht. Der Verfasser 
stellt demgemäss die plutonistischen und neptunistischen geologischen An- 
schauungen als zwei extreme hin, welche ihre Vermittlung durch einen 
Metamorphismus finden, dessen Wirkungen sich je nach Umständen, d. h. 
je nachdem eine erhitzte Masse abkühlt, oder eine kältere erwärmt wird 
von einem Extrem zum andern continuirlich bewegen. 

Wenn G. BıscHor sich das grosse Verdienst erwarb, die Lehren der 
Chemie im weiteren Umfange für die Erklärung geologischer Phänomene 
in Anwendung zu bringen, so neigte er sich gleichzeitig allerdings einer 
vorwaltend neptunistischen Anschauungsweise zu. Er ging von dem Grund- 
satze aus, dass dieselben Reactionen, welche Körper im chemischen Labo- 
ratorium auf einander ausüben, auch unter gleichen Bedingungen in der 
Natur im Grossen stattfinden müssen. Gewiss ist an sich gegen diesen 
Grundsatz nichts einzuwenden. Nur arbeitet die Natur im Grossen und 
Ganzen auch unter Bedingungen, welche entweder im Laboratorium nicht 
gegeben, oder welche wenigstens mit grossen Schwierigkeiten herbeizu- 
führen sind. Zu diesen Bedingungen ist vor Allem die Gegenwart vun 
Druck zu rechnen, welcher in grösseren Tiefen der Erdrinde durch das 
Vorhandensein von Wasser factisch existirt, und welcher viele Körper, 


94 


besonders das Wasser selbst, befähigt, bei viel höheren Temperaturen als 
sie in den peripherischen Regionen der Erde herrschen, im tropfbar flüs- 
sigen Aggregatzustande zu verharren, und dadurch Reactionen zu vermit- 
teln, welche bei niederen Temperaturen nicht hervorgerufen werden. 
BiscHors chemisch- und physikalisch-geologische Auffassungen können dess- 
halb auch nur Geltung haben für diejenigen Regionen der Erdrinde, welche 
bei niederen Temperaturen und bei niederem Drucke den Wirkungen der 
Atmosphärilien zugänglich sind. Über eine gewisse, durch bestimmte Tem- 
peraturen bezeichnete Grenze hinaus, kehren sich für manche und gerade 
für geologisch sehr wirksame und allgemein verbreitete Körper die che- 
mischen Verwandtschaften um. 

Die Grenzen der Bıscnor’schen Region werden nach dem Verfasser 
bestimmt durch eine chthonisotherme Fläche von 100° ©., welche im Allge- 
meinen in einer Tiefe von etwa 10000‘ anzunehmen ist, und unterhalb wel- 
cher die Kieselsäure die Eigenschaft gewinnt, aus Carbonaten die Kohlen- 
säure auszutreiben, während oberhalb derselben die Kohlensäure befähigt 
ist aus Silicaten die Kieselsäure abzuscheiden. Biıscuor’s Region ist also 
characterisirt durch Bildung von Carbonaten aus Silikaten, die Region des 
Metamorphismus aber durch Bildung von Silicaten aus Carbonaten. Der 
Verfasser entwickelt ferner, wie bei einer Tiefe von 2000—3000’ unter 
dem Meeresniveau ein Druck herrscht, bei welchem die Kohlensäure zu 
einer tropfbaren Flüssigkeit condensirt sein muss und bringt damit das 
Auftreten von Einschlüssen derselben in metamorphischen Gesteinen, sowie 
die Temperaturverhältnisse von Säuerlingen in Zusammenhang. 

Die Veränderlichkeit der Temperatur, unter welcher der metamor- 
phische, oder metasomatische Process seine chemische Thätigkeit entfaltet, 
wird nach dem Verf. bedingt, theils durch die Wärmestrahlung des Pla- 
neten gegen den Weltraum seit den Urzeiten, theils auch durch die säcu- 
laren Dislocationen, denen aliquote Theile desselben unterworfen sind. 
Dieselbe Wirkungsweise schreibt Er auch dem Auftreten von Vulkanreihen 
oder Vulkangruppen, sowohl auf dem Festlande, als auch auf dem Meeres- 
boden an, welche die Gebirgsmassen mit Spalten durchsetzen und während 
langer Eruptionsperioden durchwärmen, wie auch den Sedimenten, in den 
Tiefen der Oceane, in denen das Wasser schwerer beweglich ist und die 
chthonisothermen Flächen tieferer Stationen in höhere Niveaux rücken lassen. 

Es ist bekannt, dass manche Salze in ihren Lösungen bei sich verän- 
dernder Temperatur verschiedene Wassergehalte annehmen; auch dass or- 
ganische Verbindungen in Glasröhren mit Wasser eingeschlossen und über- 
hitzt sich zu neuen Verbindungen umsetzen. Dasselbe thun anch anorga- 
nische Verbindungen unter ähnlichen Verhältnissen, bedürfen über meist 
grösserer Temperatur-Intervalle. So denkt sich der Verfasser auch, dass 
im metasomatischen Processe gewisser höheren und niederen Temperaturen 
auch bestimmte molekuläre Gleichgewichtslagen entsprechen, d. h., dass 
gewisse Mineralien nur bei bestimmten höheren oder niederen Tempera- 
turen entstehen und sich in gewissen Temperatur-Intervallen erhalten kön- 
nen. Specielle Anwendung macht Er von dieser Ansicht auf eine Gruppe 


95 


von Mineralien, welche gerade für die metamorphischen Sedimente von 
hervorragender Bedeutung sind, und welche Er, da sie bezüglich ihrer 
Molekular-Constitution einen gewissen verwandtschaftlichen Zusammenhang 
mit den Amphibolen verrathen, mit dem Namen der Amphiboloide be- 
zeichnet. Zu diesen Amphiboloiden rechnet Er den Granat, Mejonit 
und den in neuerer Zeit von G. vom Rarn, als auf der Grenze zwischen 
dem regulären und quadratischen System stehenden erkannten Leucit, 
ferner Sarkolith, Hnmboldtilith, Idokras, Magnesiaglimmer, Epidot, Spodu- 
men u. A. Manche der Amphiboloide enthalten Wasser und zwar theils 
als Constitutionswasser, theils als Hydrat- oder Krystallwasser, wie z. B. 
Serpentin, Talk, Chlorit und Ripidolith. Nach Analogie des Verhaltens 
vieler Körper kann man annehmen, dass die wasserfreien Amphiboloide, 
welche bezüglich ihrer Zusammensetzung im Wesentlichen mit denjenigen 
Varietäten übereinstimmen, welche aus feuerflüssigen Laven abgescbieden 
sind, auch im metasomatischen Process die höheren Temperaturen reprä- 
sentiren, während die wasserhaltigen, je nach der Festigkeit, mit welcher 
das Wasser im Molekularsystem der Substanzen haftet, auch in dem Maasse 
niedere Bildungstemperaturen zum Ausdruck gebracht haben. Der Über- 
gang der wasserfreien Amphiboloide in wasserhaltige bei sinkender Tem- 
peratur ist häufig in den metamorphischen Gebirgsmassen durch das Auf- 
treten von Pseudomorphosen dokumentirt. 

Unter den Geologen, besonders den Stratigraphen, herrscht im Allge- 
meinen noch die Ansicht vor, dass die metamorphischen Sedimentgesteine, 
wie Hornblendeschiefer, Talkschiefer, Gneus etc., als solche wie sie uns 
augenblicklich erscheinen, zum Absatz gelangt seien. Diese Auffassung 
bekämpft der Verfasser, indem er sich mit Entschiedenheit der anderen 
Auffassung zuneigt, welcher zufolge alle metamorphischen und metasoma- 
tischen Gebilde als Wirkungen der Stoffwandlungen in gewöhnlichen Sedi- 
mentgesteinen anzusehen sind. Er findet die Stützen dieser Auffassung 
ebensowohl in der petrographischen und geologischen Aequivalenz von Ge- 
birgsmassen derselben Formation in der Nähe und Ferne von eruptiven 
Gebirgskernen, als auch in der Einfachheit des chemischen Zusammen- 
hanges, durch welchen die Sedimentgesteine mit den metamorphischen 
Massen verbunden sind, und durch welche die Paragenesis vieler für 
die metamorphischen Gebilde characteristischer Mineralspecies erklärlich 
wird. 

Speciell demonstrirt Verf. das an den Kalkstein- und Dolomitablage- 
rungen, welche gerade in den älteren Formationen, besonders im Über- 
gangsgebirge theilweise oder ganz als Spatheisensteinlager entwickelt sind 
und in dem primitiven Schiefer- und Grenzgebirge als Äquivalente auf- 
treten, welche wesentlich aus Amphiboloiden und Magneteisen bestehen 
und welche die ursprünglich vorhanden gewesenen Kalksteinlagerstätten 
theilweise oder gänzlich verdrängt haben. 

Wenn man, wie es der Verf. thut, den Amphiboloiden die allgemeine 
Formel: 


96 


R,Si,0, 
mR, A1,O, 
nRSi,0, 
ertheilt, in welcher das erste Glied R,Si,O, vorwaltend oder allein aufzu- 


treten pflegt, und wenn man ferner den rhombo@drischen isomorphen Car- 
bonaten die Form 


R,C,0, 

zuerkennt, so ist es in der That leicht chemisch zu begreifen, wie bei 
Temperaturen, welche 100 ® übersteigen aus kohlensauren Kalk-Magnesia- 
Eisenoxydulsalzen durch Austreibung von Kohlensäure vermittelst der 
Kieselsäure die Amphiboloide die Bedingungen zu ihrer Bildung finden 
können. Wenn DaAusrEr bei etwa 400 ° und entsprechendem Druck bei 
Gegenwart von Wasser in geschlossenen Röhren einen Diopsid-ähnlichen 
Pyroxen darstellte, so ist das beiläufig dieselbe Temperatur, bei welcher 
Spatheisenstein sich zu Magneteisen, Kohlensäure und Kohlenoxyd zerlegt. 

Im Übrigen muss auf die z. Th. experimentelle Begründung dieser 
Ansichten des Verfassers auf das Werk selbst verwiesen werden. Diesem 
sind 5 Tafeln beigegeben, welche übrigens besonders und ausdrücklich bei 
der Verlagsbuchhandiung zu bestellen sind. Sie stellen die mikrophoto- 
graphischen Aufnahmen von Feinschliffen aus derben metamorphischen 
Magneteisensteinmassen dar, welche beweisen sollen, dass diese im Allge- 
meinen keine reguläre, oktaädrische Individualisirung bemerken lassen und 
bei sehr dichtem Aussehen mit grossen Quantitäten von Amphiboloiden 
gemengt zu sein pflegen. Die von Herrn Dr. med. B. BEnEckE in Königs- 
berg gemachten Aufnahmen sind durch Lichtdruck (Albertotypie) von 
Jonas und RönmLEr in Dresden vervielfältigt worden, eine Methode, welche 
sich wegen der Treue der objectiven Darstellung allgemeiner, besonders 
aber für Gesteins- und Mineralschliffe empfehlen dürfte. 


Tu. Fucns: über eigenthümliche Störungen in den Tertiär- 
bildungen des Wiener Beckens und über eine selbständige 
Bewegung loser Terrainmassen. (Jahrb. d. geolog. Reichsanstalt 
XXII, 3. Heft, S. 311—329, Tf. XU—XVI). Die eigenthümlichen Stö- 
rungen, welche sich in Textur des Terrains als in den Lagerungsverhält- 
nissen der Tertiär-Bildungen des Wiener Beckens bemerkbar machen, wur- 
den bisher wohl nicht genügend gewürdigt. Dass da, wo Sandschichten 
mit festen Bänken wechsellagern, letztere zerbrochen und mannigfach ver- 
schoben, dass grössere Massen von Belvedere-Schotter völlig isolirt im 
Tegel eingeschlossen getroffen wurden: solche und andere Erscheinungen 
sind wohl ungewöhnlichen Veranlassungen zuzuschreihen. Ts. Fucas hat 
sich durch seine umfassenden Untersuchungen überzeugt, dass es in der 
Natur eine bisher entweder völlig übersehene, oder doch lange nicht in 
ihrer vollen Wichtigkeit erkannte, einzig und allein durch die Schwerkraft 
bedingte selbständige Bewegung loser Terrainmassen gibt, welche in der 


97 


Regel mit einer Faltung der Schichten beginnt, dann in eine förmliche 
Massen-Bewegung übergeht, die bald mehr rollend, bald mehr gleitend, 
nur mit dem Fliessen eines Schlammstromes, oder der Bewegung eines 
Gletschers verglichen werden kann und als deren Resultat die oben ange- 
deuteten Störungen betrachtet werden müssen. — In einer Reihe ausge- 
suchter Beispiele, von erläuternden Profilen begleitet, führt Fucas die 
wichtigsten Formen auf, in denen derartige Störungen auftreten, die alle 
entschieden dafür sprechen: dass sie als spontane, nur durch die allge- 
meine Schwerkraft bedingte Massen-Bewegung anzusehen seien. Aber ein 
anderes, damit verbundenes Resultat ist: dass der Boden, auf dem Wien 
steht, weit entfernt seine, ursprüngliche Regelmässigkeit des Baues bewahrt 
zu haben, vielmehr in seiner ganzen Ausdehnung und bis in bedeutende 
Tiefen hinab durch und durch von Störungen aller Art betroffen. Ja, es 
haben sogar die genauen Untersuchungen von F. KArRER ergeben, dass 
sich der Kanal der Wiener Wasserleitung, so weit er in tertiärem Terrain 
befindlich in seiner ganzen Länge in verschobenen Terrainmassen bewegt. 


DavgREeE: Untersuchung der Gesteine mit gediegenem 
Eisen von Grönland. (Comptes rendus, LXXIV, 1872.) Die bereits 
vielbesprochenen * Meteoriten von Ovifak in Grönland, welche NorDEN- 
SKIÖLD von seiner denkwürdigen Expedition mitbrachte, wurden auch von 
einem der erfahrensten Kenner meteorischer Gebilde, von A. DAUBREE, näher 
untersucht. Es ist besonders eine wie Magneteisenerz aussehende Masse, 


welche DAuBREE einer sehr genauen Analyse unterwarf, die folgendes Re- 
sultat ergab: 


HetallischesitBisensunee 00 Ne tt 0A Eisen im 
Eisen, in Verbindung mit Schwefel, Phosphor und Ganzen 
SAUERSto Me zus. a Tr a BE er 3 71,09. 
GebundenerzIcohlenstofti re ec 2 e500 Kohlenstoff 

IBreierIconlenstot. ar ee ee REG | 4,61. 
Ice RE ET. REIN ERIE ERIETERE IR IECH 
KoDaltaarnsaregr eeneen 
Schwetelrals/Sulphuretses.sess a or es ee 27 
ASCHE TE EN RE Re Te LH 
IEhOSPHOT ea ee a 
S SHISCHUN ERST ER IE, WERE TREE EI F007 
Stiekstoiken 53,7: Han: Salz ans see 10004 
DAWMERSLORIE Sn. A ea Rn ea 
Gonsttutlons-Massernee ee en 1595 
Euyerohiebrischesm Wasser, 0) 0 sense. 20,0l 

ARE Schwefelsaurer Kalk . 1,288 
ösliche Chlorkaleium . . . . 0,039 1,354 
aD Luzern; 1 Chloreisene. 2. +... 0,027 

Chrom, Kupfer . ee ee Ol 
100,00 


In diesem, von dem Verfasser als erster Typus der ihm vorliegenden 
Meteoriten bezeichnet, sind auch noch Troilit und Schreibersit zu erkennen, 


* Vergl. Jahrb. 1872, S. 531; 431. 
Jahrbuch 1873. 7 


98 


so wie ein grünliches Silicat. Der zweite, lithoidische Typus enthält klino- 
klastische Feldspathe, vielleicht Labradorit. 


G. Sracae: der Gneiss vonBruneck imPusterthalund über 
den Begriff Centralgneiss. (Verhandl. d. geolog. Reichsanstalt 1872, 
Nr. 12, S. 251—253.) Bei weitem der grösste Theil der Gesteine, welche 
das Ahrenthal kurz vor seiner Ausmündung in das Thal des Rienzbaches 
durchschneidet, stimmt in so auffallender Weise mit den Gneissgraniten 
und der ganzen Reihe von Flaser- und Schiefergesteinen, welche die Cen- 
tralkette des Zillerthaler Stockes zusammensetzen und die in ihrer Gesammt- 
heit als Centralgneiss bezeichnet werden, überein, dass es nach STACHE 
keineswegs zweifelhaft, dass dieser Complex krystallinischer Schieferge- 
steine petrographisch und geologisch mit der durch Vorwalten granitischer 
Gneisse ausgezeichneten Gneissmasse der Centralalpen zusammengehört. 
Auch tritt bei Bruneck eine bisher wenig beachtete Partie von Dolomiten 
und Kalksteinen auf, durchaus entsprechend der dem Gneiss des Ziller- 
thaler Centralstockes nördlich vorliegenden Kalkzone, wie diese durch ein 
Band krystallinischer Schiefer von der Hauptgneiss-Masse getrennt. In 
beiden Fällen folgen auf die Kalkzone die Thon- und Thonglimmerschiefer- 
Zonen. — Nach seinen Untersuchungen glaubt StacHe. dass der Begriff 
„Centralgneiss“ sich nicht als haltbar erweisen werde. Er führt 
dafür folgende Gründe an: 1) der Complex geschichteter Gneisse, bisher 
als Centralgneiss ausgeschieden, besteht aus petrographisch verschiedenen 
Gesteinen, die jedoch ihre bestimmten Horizonte und Aufeinanderfolge ein- 
halten. 2) Da gerade typische Glieder der Gesteins-Reihe, wie bei Bruneck 
auch an den Flanken der Üentral-Alpen und sogar in nicht grosser Ent- 
fernung von der Kette der südlichen Kalkalpen erscheinen, da ferner 
schon früher StacHE auf der nördlichen Seite der Centralkette ein 
ähnliches Auftauchen von den das oberste Niveau des Centralgneisses ein- 
nehmenden Augengneissen aus dem Thonglimmerschiefer-Gebirge des un- 
teren Zillerthales nachwies, so unterliegt es keinem Zweifel, dass der als 
Centralgneiss bezeichnete Gneisscomplex, den man auf das Gebiet und 
die Linie der centralen Hauptaxe des krystallinischen Centralkörpers der 
Alpen beschränkt wähnte, auch in den seitlichen Falten-Aufbrüchen zu 
Tage tritt; es wird ferner wahrscheinlich: dass auch andere Gmeiss- und 
Granit - Körper der Nord- und Südflanken, sowie der Ost- und West- 
Ausgabelungen der Haupterhebungsaxe des krystallinischen Centralgebirges 
sich als abzweigende Radialwellen, als Faltenkerne ergeben werden, welche 
die Gesteins-Reihen der grossen, in”der Central-Linie liegenden Gneissmassen 
nur unvollständig zeigen. 3) Es scheint Stacue vorzüglich der Umstand, 
dass man nur auf die besonders auffallenden Glieder der centralen Gneiss- 
complexe der Tauern und Zillerthaler Kette Gewicht legte, hingegen die 
begleitenden Glieder zu wenig beachtete, die Ansicht von dem Bestehen 
eines dem Gebiet der Haupterhebungs-Axe allein angehörenden petrogra- 


39 


phisch einfach begrenzbaren „Centralgneiss“ mit einer für den geologischen 


Bau des ganzen Centralgebietes speciellen Bedeutung hervorgerufen zu 
haben. 


ADOLPH SENONER: General-Register der Bände XI—XX. des 
Jahrbuches und der Jahrgänge 1860-1870 der Verhand- 
lungen der geologischen Reichsanstalt. Wien 1872. 4°. S. 221. 
Die zahlreichen Freunde und Besitzer des trefflichen Jahrbuches und der 
Verhandlungen der geologischen Reichsanstalt werden sicher mit Freude 
das vorliegende Register begrüssen. Es ist mit grosser Sorgfalt und Sach- 
kenntniss zusammengestellt, wie Jeder, der über einen beliebigen Gegen- 
stand nachschlägt, sich zu überzeugen Gelegenheit findet. Wer aber die 
Mühe der Ausarbeitung eines guten und zuverlässigen Registers kennt, 
wird die Arbeit SEnonEr’s um so mehr zu schätzen wissen. Die Anordnung 
ist folgende: I. Personen-Register, (S. 1—52). II. Orts-Register, (S. 53—96.) 
III. Sach-Register, (S. 97—131). IV. Paläontologisches Namens-Register, 
(S. 132—221). 


M. F. GäÄTzscHmaAnN: die Aufbereitung. Zweiter Band. Mit vielen 
in den Text eingedruckten Holzschnitten und einem Atlas von 66 Tafeln. 
Leipzig. gr. 8° 1872. Obwohl Referate über in das Bergmännische Fach 
einschlagende Werke dem Zwecke des Jahrbuches ferner liegen, sei doch 
auf eines der umfassendsten und gründlichsten Werke, das die neuere 
Literatur der Bergbaukunde überhaupt aufzuweisen hat, hier aufmerksam 
gemacht. Der Verfasser hat sich die schwierige Aufgabe gestellt, „eine 
übersichtliche, systematische Zusammenstellung aller Theile und Arbeiten 
der Aufbereitung nach ihrem Zweck und Character, nach den dabei zu 
Grunde gelegten Theorien, dem zu deren Verwirklichung befolgten Ver- 
fahren mit den dazu nöthigen und angewendeten Vorrichtungen und Ma- 
schinen unter gehöriger Berücksichtigung des geschichtlichen Ganges der 
Ausbildung derselben zu geben.“ Dass die massgebenden Grundsätze der 
Physik, Mechanik und Hydraulik die gebührende Berücksichtigung finden, 
bedarf kaum der Erwähnung. — Das vorliegende Werk ist, (der erste 
Band in vier Lieferungen von 1858 bis 1865), der zweite Band mit der 
siebenten Lieferung nun vollständig erschienen. Dass eine längere Frist 
für die Ausarbeitung eines so reichhaltigen Werkes nöthig war, lässt sich 
denken. Es entspricht aber auch durch seine Gediegenheit den strengsten 


Anforderungen. — Die Ausstattung macht der Verlagshandlung viele 
Ehre. 


James D. Dana: Corals and Coral Islands. New York, 1872. 
8°. 378 p. Mit vielen Holzschnitten, lithographirten Tafeln und Karten. — 


Derselbe Dana, der unter dreierlei Gestalt die weitumfassendsten Reiche 
7* 


100 


der Natur beherrscht, der Verfasser jener klassischen Riesenwerke über 
Zoophyten und Crustaceen „United States Exploring Expedition“, 
der Verfasser des vollständigsten und gründlichsten Werkes über Mine- 
ralogie „A Öystem of Minerelogy“ und des genialsten Handbuches der 
Geologie „Manual of Geology“, veröffentlicht in diesem neuen Werke die 
auf Korallen und Korallen-Inseln bezüglichen Beobachtungen, welche von 
ihm auf der Erdumsegelung mit der „WilkesExploring-Expedition“ 
während der Jahre 1833—1842 gemacht worden sind. Auf dieser Kreuz- 
fahrt ist Dawa zum Theil dieselben Strecken durchfahren, welche CH. DaArwın 
in den Jahren 1831—1836 mit dem „Beagle“ unter Capitän Fırzroy be- 
sucht hat. Darwın’s berühmtes Werk über Korallen-Riffe erschien in dem 
Jahre 1842, wo auch Dana’s Berichte über denselben Gegenstand schon 
im Manuscripte beendiget war. Beide ausgezeichnete Forscher haben, 
wenn auch in verschiedenen Gegenden, zum grössten Theile wenigstens bei 
ihren Untersuchungen dieselben Resultate gewonnen. 

Mit der bekannten Gediegenheit Dava’s durchgeführt, tritt uns diese 
nicht allein für Fachleute, sondern zugleich für einen weiteren Leserkreis 
bestimmte Schrift in einem ebenso soliden als eleganten Gewande entgegen 
und vermittelt namentlich auch durch ihre vorzüglichen Abbildungen ein 
leichtes Verständniss des hoch interessanten, an und für sich ziemlich 
schwierigen nnd früher vielfach verkannten. Stoffes. 

In dem ersten Kapitel „Korallen und Korallenbildner“ be- 
schreibt Dana Form und Structur der Polypen, wie sie leben und wachsen 
und sich erhalten in einer Welt von Feinden; wie die korallenbildenden 
Arten ihre Korallen abscheiden; wie sie sich vervielfältigen und massen- 
haft anhäufen, in welchem Meere sie gedeihen und unter welchen Be- 
dingungen die Korallengewächse sich entwickeln. 

Dies gilt als Einleitung für den folgenden Theil des Werkes über 
Korallen-Riffe und Inseln, worin eine Schilderung des Wesens und 
der Structur dieser Riffbildungen, der Art ihrer Anhäufung und ihres 
Wachsthumes niedergelegt ist, Ursprung von Canälen und Lagunen in 
Korallenriffen, Vertheilung derselben und ihr geologisches Verhalten be- 
leuchtet wird. 

Cap. I. Korallen und Korallen-Bildner. 
I. Polypen. 
i. Actinoiden, a) welche keine Korallen bilden, b) welche Ko- 
rallen bilden. Classification derselben. 
2. Cyathophylloiden. 
3.Aleyoniden. 
4. Leben und Tod der Korallen in naher Beziehung. 
5. Chemische Bestandtheile der Korallen. 
II. Hydroiden, mit Plumularia, Millepora und Heliopora. 
III. Bryozoen. 
IV. Nulliporen, die zu den Algen gehören. 
V. Die Riff-bildenden Korallen und die Ursachen, welche ihr Wachs- 
thum und ihre Verbreitung beeinflussen. 


r. 
2. 
3. 
4, 
Cap. 1. 


101 


Horizontale Verbreitung nach den Breitengraden. 
Verticale Verbreitung, nach der Tiefe. 

Locale Ursachen, die ihre Verbreitung beeinflussen. 
Wachsthumsverhältniss der Korallen. 

Structur der Korallen-Riffe und Inseln. 


I. Korallenriffe, an den Küsten vorkommend. 


ir 


QO I u Pr m m 


I: 


Allgemeines Bild. 


. Aussen-Riffe oder Grenzriffe (barrier reefs). 

. Meeresbildungen ausserhalb der Grenzriffe. 

. Innen-Riffe oder Fransenriffe (fringing reefs). 
. Kanäle zwischen den Riffen. 

. Strandsandstein. 

. Driftsandstein. 

. Stärke der Riffe. 


Ein gutes Wort für Korallenriffe. 


II. Koralleninseln, isolirt in dem Meere vorkommend, oder Atolls, 
welches Wort Maldivischen Ursprungs ist. 


1. 
2. 


3. 


Gestalt und allgemeines Bild. 
Sondirungen um Koralleninseln. 
Structur der Koralleninseln. 


4. Bemerkungen über mehrere Koralleninseln, wie: die Maldiven, 


Cap. 11. 


die grosse Chagos-Bank, Metia etc., Jarvis’s Insel, Birnie’s und 
Swains Insel; Otuhu, Margaret, Tehu, Washington Isl., Ender- 
bury’s Isl.; Honden oder Henuake; Taiara, Sydney’s, Duke of 
York’s; Fakaofo, Ahii, Raraka, Kawehe; Manhil, Aratica, Nairsa 
oder Dean’s; Florida-Riffe und Keys; Sondirungen zwischen Flo- 
rida-Reefs und Cuba, Bahamas, Salt Key-Bank, Bermuda oder 
Somer’s Inseln. 

Bildung der Korallen-Riffe und Inseln und die Ur- 

sachen für ihre Gestalt. 


I. Bildung der Riffe. 


1: 
2. 
3. 


Ursprung von Korallensand und dem Riffgestein. 
Ursprung der Plattform der Küste. 
Wirkungen der Winde und Stürme. 


IH. Ursachen für VeränderungenderGestaltunddes Wachs- 
thums der Riffe., 


1. 


2. 
3. 
4. 


Bap. IN. 


Aussen- und Innenriffe (Barrier- und fringing reefs). 

Atoll-Riffe. 

Wachsthumsverhältniss der Riffe. 

Ursache für die Entstehung der verschiedenen Arten von Riffen 
und der Atollform der Koralleninseln. 

Ältere Ansichten hierüber. Entstehung der Canäle inmitten 
der Aussenriffe. Die Atolllagune. Das vollendete Atoll, eine 
mit einer Lagune versehene Koralleninsel. 

Geographische Beschreibung der Korallen-Riffe 
und Inseln. 


102 


Cap. V. Über Veränderungen im Meeresspiegel des stillen 
Oceans. 
1. Nachweise solcher Veränderungen. 
2. Senkungen angezeigt an Atollen und Aussenriffen. 
3. Stärke der Senkung. 
4. Periode der Senkung. 
5. Neue Erhebungen im stillen Ocean. 

Cap. VI. Geologische Schlussfolgerungen. 

. Bildung von Kalksteinen. 

. Kalksteinschichten zwischen lebenden Bänken. 

3. Bildung von mächtigen Kalksteinschichten. 

4. Senkungen als wesentliche Ursache hierfür. 

5. Tiefsee-Kalksteine sind selten aus Koralleninseln oder Rifftrüm- 
mern entstanden. 

6. Mangel an Fossilien in den aus Korallenriffen gebildeten Kalk- 
steinen. 

7. Verschiedenheit der modernen Korallenriffbildungen von den älte- 
ren Kalksteinablagerungen. 

8. Verdichtung der Korallenfelsen. 

9. Bildung von Dolomit. 

10. Bildung der Kreide. 

11. Maassstab für das Wachsthum der Kalksteinbildungen. 

12. Kalksteinhöhlen. 

13. Meerestemperatur. 

14. Senkung der oceanischen Koralleninseln. 

Anhang. 1. Geologische Zeiten. 2. Radiaten. 3. Protozoen. 4. Namen 
der Arten in des Verfassers „Aeport on Zoophytes“. 5. Liste der 
eitirten Werke und Abkürzungen. 

Prof. Dana rühmt in Bezug auf den zoologischen Theil des Werkes 
die Unterstützung seines Collegen A. E. VrrrıLn am Yale College, da er 
selbst, wegen seiner anderen Arbeiten, seit 1350 diesen Zweig der Zoologie 
nicht mehr so speciell wie Jener hat verfolgen können. Die musterhaften 
Abbildungen sind zum grössten Theile dem eigenen, oben erwähnten Re- 
port von Dana entnommen, während andere aus Schriften von GossE, Mö- 
BIUS, VERRILL, POURTALES, L. Agassız, A. Acassız, SMITT, EDwArns und 
Haıme, WırKes Harrr etc. zur Ergänzung beigefügt wurden. 

Angeschlossen sind ferner eine isokrynale Karte der Oceane mit iso- 
thermen Linien für die mittlere Temperatur der kältesten Monate, zur 
Illustration der geographischen Verbreitung der Korallen und anderer 
Meeresthiere, eine Karte der Viti-Gruppe oder Feetjee-Inseln und eine 
Karte über den Meeresboden zwischen Florida und Cuba, während zahl- 
reiche andere Kärtchen über die oben genannten Koralleninseln dem Texte 
einverleibt wurden. 

Eine prächtige Buntdrucktafel am Anfange des Werkes nahm Actinien 
auf, mehrere treffliche Steindrucktafeln inmitten des Textes stellen wahr- 
haft paradiesische Zustände 'auf Koralleninseln dar und konnten den Ver- 


De 


103 


fasser vollkommen berechtigen zu seinem „@ood Word for Coral Reefs“, 
die man ja gewöhnt ist, als trostlose Einöden und Bilder des Schreckens 
auf unserer Erde zu betrachten. 

Schliesslich können wir den lebhaften Wunsch nicht unterdrücken, 
dass Dana’s Werk, ebenso wie früher Darwın’s Werk über denselben Ge- 
genstand, recht bald in die deutsche Sprache und noch andere Sprachen 
übertragen werden möge, um es den weitesten Kreisen noch mehr zu- 
gänglich zu machen. 


Washingtoner Meteorologische Berichte. (Leopoldina, VII. 
No. 13 und 14.) —- Das War-Departement der Vereinigten Staaten über- 
sandte der K. Leeopoldinisch-Oarolinischen Deutschen Akademie der Natur- 
forscher eine Probe der von ihm herausgegebenen täglichen meteorologi- 
schen Berichte, die aus den gleichzeitigen Beobachtungen von 70 verschie- 
denen, das ganze Gebiet der Vereinigten Staaten überziehenden Orten 
zusammengestellt und dreimal täglich (Beobachtungszeit 7,35 a. m., 4,35 
p.m. und 11,35 p.m.) veröffentlicht werden. Die Angaben beziehen sich 
auf: Stand des Barometers, dessen Änderung seit 8 Stunden, Thermometer- 
stand, dessen Änderung seit 24 Stunden, relative Feuchtigkeit (in Procen- 
ten), Richtung des Windes, dessen Geschwindigkeit (nach Meilen pro Stunde), 
Druck (nach Pfund auf den Quadratfuss), dessen Stärke nach BrAurorr’s 
Skala, Betrag der oberen Wolkenmassen, deren Richtung, Betrag der un- 
teren Wolkenmassen, Regenmenge in den letzten 8 Stunden, Änderung = 
Flüsse in den letzten 24 Stunden, Beschaffenheit des Wetters. 

Jedes einzelne Bülletin bringt als Beigabe eine Karte, auf welcher 
die wichtigsten meteorologischen Momente graphisch dargestellt sind und 
die eine treffliche und schnelle Übersicht über den jedesmaligen Zustand 
der Atmosphäre jenes Erdstriches gewährt. Ausserdem trägt jede Karte 
noch eine Synopsis über die Witterungsverhältnisse der letzten 24 Stunden 
und eine Aufstellung der „Probabilities“ des wahrscheinlichen Wetters der 
nächsten Zeit. 

Die Überschrift der Berichte lautet: Daily Bulletin. War-Departe- 
ment, Signal Service U. S. Army Division of Telegrams and Reports for 
the bemefit of Commerce. Meteorological Record, Washington, June 15. 
1872. — 

Das War-Departement erbietet sich, seine Berichte den Zeitungen 
unentgeltlich zu liefern, welche dieselben zum Vortheile ihrer Leser zu 
veröffentlichen wünschen, und auch an die Redaction unseres Jahrbuches 
sind Probeblätter derselben gelangt. 


CLARENcE Kıng: United States Geological Exploration of 
the fortieth Parallel. Vol. Il. Mining Industry by J.D. Hasur, 
with Geological Contributions by Cr. Kınc. Washington, 1870. 
4°. 647 p., 57 Pl. and Atlas in Folio, 14 Pl. 

CLARENCE Kıns, welchem im März 1867 von Seiten des General A. ir 


104 


HumpHreEys der ehrenvolle Auftrag wurde, die geologische Erforschung des 
40. Breitengrades in den nordamerikanischen Staaten auszuführen und 
namentlich die daran grenzenden Grubendistriete in Nevada und Colorado 
zu untersuchen, veröffentlicht in diesem Bande die mit Hülfe seiner Assi- 
stenten, und unter diesen in erster Reihe Jauzs D. HasuE, gewonnenen 
Resultate. Es ist dieses Werk in der Staatsdruckerei zu Washington in 
einer opulenten Weise gedruckt und mit zahlreichen Abbildungen ausge- 
stattet worden, welche den grossen Fortschritt des dortigen bergmänni- 
schen Betriebes bis in sein Detail beurkunden. Diese specielle Abtheilung 
des Werkes war besonders Herrn Hasur zuertheilt, während Kme selbst 
mehr die allgemeineren geologischen Beziehungen festgestellt hat. Das 
erste Kapitel behandelt die Vertheilung und die Geologie der 
Grubendistricte, deren Lage auf einer Übersichtskarte der westlichen 
Staaten und Territorien, Pl. 1 des Atlas, zu überblicken ist. 

Das-grosse zwischen den Californischen Gebirgen und dem Felsen- 
gebirge sich ausdehnende Bassin, im Westen begrenzt durch die Sierra 
Nevada, im Osten durch die Wahsatch-Kette, war das Hauptfeld dieser 
Untersuchungen. Ein Durchschnitt von W. nach O. längs des 40. Breite- 
grades gewährt eine gute Einsicht in seinen orographischen Bau. 

Mit plötzlichem Abfall von der Sierra, deren Erhebung hier gegen 
10000 Fuss beträgt, in einen niedrigen Landstrich, welcher die grosse 
Kette 1000 Meilen lang begrenzt und sich nach O. hin in verhältnissmäs- 
sig flache Einöden ausbreitet, wird ihre Oberfläche doch hier und da durch 
abgerissene Gebirgsketten unterbrochen. Von diesem wüsten Niederland, 
dessen mittlere Höhe über dem Meere 4000 Fuss beträgt, steigt das Land 
nach O. hin allmählich auf, wobei seine Oberfläche mit einer Reihe von 
südlich streichenden Gebirgsketten bedeckt ist, die durch trogartige 
Thäler geschieden werden. Wo der 40. Breitengrad den 116. Meridian 
W.L. durchschneidet, gipfelt sich die Erhebung und vermindert sich O. 
von hier zu einem zweiten Gürtel niedriger Ebenen, deren Trockenheit 
mit jener des Nevada-Bassins wetteifert. Diese Wüste von Utah 
erstreckt sich bis an die steile Erhebung der Wahsatch-Kette. Die mitt- 
lere Höhe des ganzen Systemes von Parallelketten, welche von N. nach | 
S. das grosse Bassin durchlaufen, nähert sich 9000 Fuss Höhe, während 
die dazwischen liegenden Ebenen in Nevada und Utah gegen 4000 Fuss 
hoch sind und sich zwischen beiden selbst bis 6000 Fuss hoch erheben. 
In diesen Parallelketten herrschen Schichten von azoischem Alter bis hin- 
auf zu dem Jura vor. Ihren Kern bilden oft granitische Gesteine, wozu 
sich Quarz- und Felsitporphyre gesellen. 

Schon J. D. Wuıtney hat gezeigt, dass die Erhebung und Faltung der 
Sierra Nevada erst nach der Bildung des Lias erfolgt und vor die Bildung 
der Kreidezeit gefallen ist, deren sandige und thonige Schichten ungleich- 
förmig auf den aufgerichteten und metamorphischen Schichten jurassischer 
Schiefer lagern. Nach Kıme gehören alle diese Parallelketten, einschliess- 
lich der Wahsatch-Kette, als der östlichsten Mauer, demselben Erhebungs- 
systeme an, und, während der pacifische Ocean an dem westlichen Ab- 


105 


hange der Sierra’s jenen Saum von Sand und Thon abschied, welcher im 
Laufe der ungestörten Kreidezeit und der Tertiärzeit beträchtlich verdickt 
worden ist, hat der Atlantische Ocean, oder richtiger gesagt, der Ocean, 
welcher das Mississippi-Bassin bedeckt hielt, die Ostseite des Wahsatch 
bespült und eine Reihe cretacischer und tertiärer Schichten dort abge- 
schieden, welche genau mit den Küstenablagerungen des pacifischen Oceans 
correspondiren. Nach Anhäufung dieser Massen bis im die Mioeänzeit hin- 
auf sind auch diese später zu Parallelketten ausserhalb des vorher be- 
schriebenen älteren Gebirgssyste nes gefaltet worden. Die älteren Erhe- 
bungen waren von granitischen Gesteinen, die jüngeren von vulkanischen 
Gesteinen begleitet. 

Die gegenwärtige Expedition hat ihre Arbeiten auf einen Gürtel be- 
schränkt, welcher von Nord nach Säd 100 Meilen weit den 40. Breiten- 
grad begrenzt. Die dort gefundenen Localitäten für edle Metalle scheinen 
auf unter sich parallele Längszonen angeordnet zu sein, was auch der 
vorher bezeichneten Richtung von parallelen Gebirgsketten wohl entspricht. 
Dasselbe gilt auch für das Vorkommen von edlen Metallen in dem ganzen 
Gebiete der Cordilleren überhaupt, worauf zuerst W. P. Brake die Auf- 
merksamkeit gelenkt hat. Die pacifische Küstenreihe im Westen ist be- 
laden mit Quecksilber, Zinn und Chromeisenerz. Der nächst folgende 
Gürtel der Sierra Nevada und Oregon-Cascaden enthält zwei Zonen, eine 
am Fusse sich hinziehende Kette von Kupfergruben und eine mittlere Linie 
von goläführenden Ablagerungen. 

Durch Mittel-Mexico, Arizona, Mittel-Nevada und Central-Idaho geht 
eine dritte Linie von Silbergruben; durch Neu-Mexico, Utah und West- 
Montana führt die Zone der silberführenden Bleiglanzgänge. Im Osten 
endlich breitet sich die wohl begrenzte goldführende Zone von Neu-Mexico, 
Colorado, Wyoming und Montana aus. 

Bei weitem der grösste Theil der Erzlagerstätten tritt entweder in 
den geschichteten metamorphischen Gebirgsarten oder in den älteren Erup- 
tivgesteinen auf, welche der jurassischen Erhebung anheimfallen, während 
andere vielleicht noch reichere, und namentlich silberführende, gänzlich 
den neuen vulkanischen Bildungen der Tertiärzeit angehören. Zu den 
letzteren ist die merkwürdige Comstock lode zu zählen. 

Cap. U. The Comstock Lode. Das nach O. zunächst an die Sierra 
Nevada angrenzende Grubengebiet ist der Washoe-District in den Um- 
gebungen von Virginia City, mit der (omstock lode, worüber neben 
einer sehr ausführlichen Beschreibung Pl. 2 des Atlas und eine Reihe von 
Profiltafeln näheren Aufschluss ertheilen. Die am Granite aufgerichteten 
metamorphischen Schichten der Trias, sowie Syenit werden bedeckt und 
umlagert von vulkanischen Gesteinen, wie Propylit, Quarzpropylit, Ande- 
sit, Trachyt und Basalt, und es sind die silberführenden (omstock-Gänge 
eng an den Propylit gebunden. Diess ist ein Oligoklas-Hornblende-Trachyt, 
welcher an und für sich keine Spur von Silber zeigt. Die unter dem Na- 
men Öomstock Lode bekannte reiche Erzlagerstätte liegt an dem Fusse 
des aus Syenit bestehenden Mount Davidson und an der Grenze der 


106 


Propylite, welche ihn überlagert haben. Ihre Structur wird S. 37 u. f. im 
Detail beschrieben und durch Profile und Karten im Atlas genau erläutert. 
Die gegebenen Darstellungen sind für das Vorkommen und für den Abbau 
solcher jüngeren Erzgänge höchst belehrend. 

Die auf dem Comstock vorkommenden Mineralien sind vorzugsweise: 
gediegen Gold, gediegen Silber, Silberglanz, Polybasit, Stephanit, silber- 
führender Bleiglanz und zuweilen Pyrargyrit. Neben denselben treten 
(Quarz, Pyrit, Kupferkies, Eisenoxyd, Manganoxyd, Sulphate von Kalk und 
Magnesia, Carbonate von Magnesia, Kalk, Blei und Kupfer auf. 

In dem kurzen Zeitraum von 9 Jahren hat die Comstock lode jährlich 
nahezu $ 11,000000 Ausbeute gegeben. 

Cap. III verbreitet sich über die zahlreichen Gruben und den Betrieb 
in der Comstock Lode selbst, wiederum eine für den Bergmann beachtens- 
werthe Darstellung, welche von zahlreichen Abbildungen begleitet ist. 

Cap. IV behandelt ausführlich die Verarbeitung der dort gewonnenen 
Erze, die dort üblichen metallurgischen Processe und dazu verwendeten 
Apparate. 

Cap. V führt den chemischen Theil der dort üblichen Processe durch. 

Cap. VI. Mittel- und Ost-Nevada. S. 295. Die Entdeckung und 
erste Entwickelung der Comstock lode in den Jahren 1859 und 1860 reg- 
ten zu weiteren Nachforschungen in Nevada an, und bald folgte die Ent- 
deckung von neuen silber-produeirenden Gegenden, wie zuerst 1861 in 
Humboldt City, ca. 150 Meilen N.W. von Virginia City, ein Jahr spä- 
ter jene am Reese River. Von diesen Mittelpunkten aus haben sich 
strahlenförmig nach allen Richtungen hin kleinere Aufschlüsse ergeben. 

Man erhält über einzelne der dortigen Gruben, wie Montezuma 
mine, Umgegend von Unionville, der Hauptstadt von Humboldt County, 
den Star-District, Gold-Run etc. in Mittel-Nevada nähere Auskunft. 

Geologische Verhältnisse der Toyabe-Kette, S.O. von Humboldt- 
City, hat S. F. Eumons S. 320 gegeben und eine hierauf bezügliche geo- 
logische Karte des Atlas Pl. 13, sowie eine Reihe Profile auf Taf. 26 des 
Werkes weisen von sedimentären Gebilden Kalksteine, Schiefer und Quar- 
zite der Carbonformation, Granit, Propylit, Quarz-Propylit, Rhyolith und 
quartäre Gebilde nach. Die weit verbreitete Fusulina eylindrica wurde 
auch dort erkannt. 

Der Grubenbetrieb in dem Reese river-Distriete wird S. 349 u. £. 
beschrieben. 

Über die Geologie des im östlichen Nevada gelegenen White-Pine- 
Districtes ertheilt ArnoLp Hasvz 8. 409 u. f. nähere Auskunft, indem 
er auf Pl. 14 des Atlas in dieser Gegend devonische Kalksteine und Schie- 
fer, sowie carbonische Schiefer, Sandsteine und Kalksteine unterschieden 
hat. (Vgl. Merk, Jb. 1871, 93.) Der in sein Gebiet fallende Treasures- 
Park, um welchen sich die wichtigsten bergmännischen Unternehmungen 
gruppiren, liegt in 39°%14' N. Br. und 115°27° W. L. von Greenwich. Es 
kommen hier folgende Mineralien vor: Quarz, Kalkspath, weiss und schwarz, 
Gyps, Flussspath, Baryt, Schwarzmanganerz, Rhodonit, Manganspath, Chlor- 


107 


silber, Bleiglanz, Cerussit, Azurit. Die beiden ersteren werden überall mit 
den Silbererzen zusammen gefunden. Chlorsilber kommt sowohl derb, als 
auch in deutlichen Krystallen vor. 

Die Gruben im Egan Caüon-District sind S. 445 von 8. F. Emmons 
beschrieben worden. 

Cap. VII. Das Kohlenbassin von GreenRiver. 9. 451. Die 
Wahsatch-Kette bildet die Scheidungslinie zwischen den centralen und 
Atlantischen geologischen Gebirgssystemen. Sie war die westliche Grenze 
für die atlantische Kreideformation, die sich anscheinend nie über das 
grosse Bassin erstreckt hat. In der Nähe der Gipfel des Wahsatch von 
9000 Fuss Höhe stellen sich Lager von Kohlen ein, welche der oberen 
Kreideformation oder dem älteren Tertiär angehören, das hier die obersten 
Glieder der Kreide überlagert. Diese kohlenführenden Schichten erschei- 
nen nicht nur im Süden der Uintah-Kette, sondern auch noch an der öst- 
lichen Seite des Green River und verbreiten sich von dort weit durch 
Wyoming Territory und Colorado. Sie scheinen unerschöpflich zu sein, 
da die Kohlenlager auf sehr weite Strecken hin mit 7—25 Fuss Mächtig- 
keit nachgewiesen worden sind, und haben die Aufmerksamkeit der Grün- 
der bereits auf sich gezogen. Über ihre Qualität und chemische Beschaf- 
fenheit wird S. 473 eine Anzahl Analysen veröffentlicht. 

Cap. VIII. Colorado. 8. 475. Colorado besitzt einen Mineralreich- 
thum von verschiedenem Charakter. Besonders reich an Gold und Silber 
besitzt es in Verbindung mit diesen Metallen auch werthvolle Quellen für 
Blei und Kupfer. Seine Kohlenflötze haben eine grosse Ausdehnung und 
werden eine wichtige Basis für Berg- und Hüttenbetrieb abgeben können, 
seine Eisenerzablagerungen sind weit verbreitet und repräsentiren einen 
hohen Werth, während noch hier und da Salz, Gyps, feuerfester Thon 
und andere nutzbare Naturproducte gefunden werden. 

Speciellere Schilderungen des Gold-Districtes in Oolorado folgen im 

Cap. IX, S. 493, begleitet von einer Karte über die Goldregion in 
Cilpin County, woran die wichtigsten Goldgruben in Colorado gebunden 
sind. Im Allgemeinen kommen die dortigen Goldlager in einem graniti- 
schen oder gneissartigen Gesteine vor und behaupten einen hohen Grad 
Parallelismus in ihrer Streichrichtung von W. nach O. oder von N.O. nach 
S.W. Sie sind meist an quarzreiche Gänge gebunden, deren reichere Stel- 
len das Gold mit Eisen- und Kupferkies vermengt enthalten, denen sich 
oft noch etwas Bleiglanz, Zinkblende, Arsenkies etc. beigesellen, oder in 
derbem goldführendem Pyrit enthalten. Eine grössere Reihe der dortigen 
Gruben wird specieller beschrieben, und hierauf die Behandlung der Erze 
in einem besondern Abschnitte S. 547 näher dargelegt. 

Cap. X. Silberbergbau in Colorado. Der am meisten produc- 
tive Silber-Bergbau-Distriet in Colorado ist gegenwärtig der von George- 
town, wo man die ersten Spuren von Silber im Jahre 1859 entdeckt hat. 
Die zahllosen Gänge in diesem Gebirgsstriche sind reich an Silber, ent- 
halten aber nur wenig oder kein Gold. Sie treten wiederum im Granit 
oder Gneiss auf, welcher letztere vorherrscht. Auf Tab. 35 wird ein ge- 


+ 


108 


nauer Durchschnitt eines solchen Ganges der Terrible Mine vorgeführt 
welcher sehr an die Freiberger Vorkommnisse erinnert. Andere Vorkomm- 
nisse sind weiter beschrieben und die Behandlung der Erze wird 8. 606 
durchgeführt, wodurch man namentlich über das dabei festgehaltene Amal- 
gamationsverfahren Belehrung findet. 

Eine andere wichtige Gegend, Snake River region liegt gegen 
18—20 Meilen von Georgetown entfernt und wird besonders in der Nähe 
von Montezuma ausgebeutet. Die zum Waschen der dortigen Erze ge- 
bräuchliche Vorrichtung tritt uns auf Pl. 37 als „John Collom’s Patent 
Ore Washing Machine“ entgegen, und der zur Förderung dienende Hund 
bildet den Schluss des ganzen, mit grosser Sachkenntniss geschriebenen 
Werkes, das nicht verfehlen wird, namentlich in Amerika selbst, den berg- 
und hüttenmännischen Aufschwung zu befördern. 


GC. Paläontologie. 


S. Lovin: Om Echinoideernas byggnad. (Öfversigt af Kongl. 
Vetenskaps- Akademiens Förhandlingar 1871, No. 8, Stockholm.) — LovEn 
schildert den Bau («der Echinodermen in allen einzelnen Theilen ihrer viel- 
gestaltigen Schale und erläutert seine Untersuchungen durch treffliche Ab- 
bildungen. Eine Übertragung dieser wichtigen Abhandlung in eine leichter 
zugängliche Sprache durch den Verfasser selbst würde Vielen höchst will- 
kommen sein. 


E. Dssor: l’evolution des Echinides dans la serie geolo- 
gique et leur role dans la formation Jurassiqwe. Neuchätel, 
1872. 8°. 28 p. 1 Pl. - Wenn allgemeine Schlüsse über das Entwicke- 
lungsgesetz der Echiniden auf Grund der umfassendsten Specialuntersu- 
chungen basiren sollen, so war wohl vor Allen Desor berechtiget, diesel- 
ben zu ziehen. 

Bei Echiniden spricht sich das Gesetz des allmählichen Fortschrittes 
darin aus, dass die in ihrer Entwickeluug am niedrigsten stehenden regu- 
lären Echiniden in der Schichtenreihe der Erdrinde sich am ersten zei- 
gen, zunächst unter der Form der Tesselaten, dann unter der der 
Cidarideen, während die vollkommeneren, die Spatangoiden, in wel- 
chen die bilaterale Form am deutlichsten ausgesprochen ist, zuletzt er- 
scheinen. 

Zwischen diesen Extremen ordnet sich eine Menge von Gattungen und 
Gruppen ein, welche durch vielfache Übergänge eng mit einander ver- 
bunden sind. 

Im Allgemeinen haben die Echiniden seit ihrem ersten Erscheinen in 
paläozoischen Schichten einen aufsteigenden Weg verfolgt, sowohl in Be- 


109 e 


zug auf Zahl, Varietät und Organisation. Zuerst ganz unbedeutend er- 
langt ihre Rolle ein bedeutendes Gewicht von der jurassischen Epoche an. 
Hier blühen sie zuın ersten Male auf, wie diess bei den Crinoideen in der 
Carbonzeit war. Ihre weitere Entwickelung ist aber nicht ein Spiel des 
Zufalls gewesen. Sie war gebunden an alle Veränderungen des Meeres- 
bodens, nicht nur an die grösseren Umwälzungen, welche die Ausbreitung 
und die Grenzen der alten Meere verändert haben, sondern auch an die 
inneren Veränderungen der Gewässer, die auf die Bewohner derselben den 
grössten Einfluss ausüben mussten, sei es durch Veränderungen, sei es 
durch Veranlassung zu Wanderungen der Arten. 


R. Erserıner: eine neue Gattung fossiler Scutella-artiger 
Echinodermen von Saffe, N.-Afrika. (The Quart. Journ. of the Geol. 
Soc. of London, Vol. XX VII. p. 97.) — Eine auf der Reise von Dr. HooKEr 
und G. Maw nach Marocco mitgebrachte neue Form Echinodermen wird 
als Rotuloidea fimbriata Ers. bestimmt und für miocän gehalten. 


F. B. Merk: Report onthe Paleontology of Eastern Ne- 
braska. Washington, 1872. 4°. 248 p., 11 Pl. — Der Verfasser beginnt 
seine Betrachtungen über die Paläontologie des östlichen Nebraska mit 
folgender Bemerkung: „Es gibt wahrscheinlich nur wenige gut unterrich- 
tete Geologen, welche die Ansicht noch festhalten, dass das Vorkommen 
einer sehr ähnlichen, oder selbst einer gleichen Gruppe von Fossilien an 
weit von einander getrennten Localitäten eine vollständig gleichzeitige Ent- 
stehung der Gesteine beweise, worin sie gefunden werden.“ Diess ist schon 
oft auch von Anderen ausgesprochen worden, denen es eben passend er- 
schien, und dennoch hat es sich immer von neuem wieder bestätiget, dass 
die Lehre von den Leitfossilien kein lehrer Wahn ist, und dass sie auch 
in den von einander entferntesten Gegenden für die Bestimmung des re- 
lativen Alters der Schichten einen hochwichtigen Anhaltepunkt gewährt. 
Diese Lehre leistet die grössten Dienste selbst bei einer gegenseitigen 
Vertretung limnischer und mariner Schichtenreihen, wofür in Nebraska ein 
ausgezeichnetes Beispiel vorliegt. * 

Die gegenseitige Vertretung limnischer und mariner Ablagerungen 
reicht durch die ganze Reihe der Carbonformation hindurch bis in die 
obere Dyas. 

Für die limnischen und marinen Parallelbindungen des Unter-Carbon 
bietet die Stellung der Ursa-Stufe Hrerr’s auf der Bäreninsel (Jb. 1871, 
S. 979) ein ausgezeichnetes Beispiel. Die in der Ursa-Stufe eingeschlos- 
sene Flora entspricht genau der ersten Zone der Vegetation im Gebiete 
der Carbonformation, oder der Zone der Lycopodiaceen in Europa 


* GEINITZ, Carbonformatiou und Dyas in Nebraska. Nov. Act. Ac. Leop. Car. Vol. 33. 
Dresden, 1866—1!867. 


110 


und Nordamerika, welche in der Ursa-Stufe der Bäreninsel beginnt und 
in dem Millstone grit abschliesst. Auf der Bäreninsel hat sich diese Flora 
unter dem Kohlenkalke mit vielen grossen Produeten und Spiriferen 
ausgebildet, in anderen Gegenden, wie in Britannien über demselben, je 
nachdem die Schwankungen in dem Niveau des damaligen Meeres ein 
Aufkommen von Vegetabilien auf benachbarten Küstengegenden gestattet 
haben. 


Nach vorläufigen Mittheilungen des Herrn Var. DE MÖLLER in Peters- 
burg lässt sich in Russland eine Vertretung der oberen oder productiven 
Steinkohlenformation, welcher die Zonen der Sigillarien und Farne ange- 
hören, durch Meeresablagerungen von jüngerem Kohlenkalk nachweisen. 
Diess ist in ähnlicher Weise auch in Nebraska der Fall, wo eine, durch 
keine limnischen Bildungen unterbrochene Reihe mariner Ablagerungen 
von dem unteren Carbon an, mit grossen Producten, bis in den Zechstein 
oder die obere Dyas reicht. Die Identität einer grossen Anzahl von Pro- 
fessor Marcov sorgfältig gesammelter Versteinerungen aus der oberen 
Dyas von Nebraska mit jenen aus den permischen Schichten Russlands 
geht aus einem sorgfältigen Vergleiche der einzelnen Arten hervor. Dass 
Herr MEEK sie nicht oder nur theilweise anerkennen will, ist schon Jb. 
1868, S. 218 mitgetheilt worden, worauf wir verweisen müssen. 

In der vorliegenden Abhandlung Meer’s sind alle von GEmITz a. a. O. 
aus Nebraska beschriebenen Versteinerungen und noch andere neuere 
Funde in jenen Gegenden sorgfältig beschrieben und in vorzüglich ge- 
lungenen Abbildungen vorgeführt worden. 

Mit Ausnahme vieler von Geimıtz als neue Arten beschriebener For- 
men, haben die meisten hier andere Namen erhalten, was mehrentheils 
der oft gerügten Annahme entspricht, dass alle auf amerikanischem Bo- 
den gefundene Versteinerungen von europäischen Arten verschieden seien. 


Zur besseren Übersicht sollen diese Arten hier folgen: 


Nach Merk: 


Fusulina ceylindrica FISCHER. 

\ Rhombopora lepidodendroides M. 

I Fistulipora nodulifera M. 
Lophophyllum proliferum M’CHEsnEy. 


Nach Geinmtz: 
Fusulina eylindrica Fischer. 
Stenopora columnanis. 


Oyathaxonia SP. 


Oyathocerinus inflexus. 


Actinoerinus SP. 
Eocidarıs Hallianus. 
Fenestella plebeja. 
Polypora marginata. 
Polypora biarmaca. 
Synocladia virgulacea. 
Productus costatus. 
Productus semüreticeulatus. 


Pr. Orbignyanus u. Pr. horridus. 


Scaphioerinus? hemisphaericus SHuM. 
sp. 

ı Zeaerinus? mucrospinus M’CHEsNErY. 

Eocidaris Hallianus GEın. 

Fenestella sp. 

Polypora submarginata M. 

Polypora sp. 

"Synocladia biserialis SWALLOW. 

Productus costatus. 

Pr. semireticulatus. 

| Pr. longispinus Sow.? 


111 


Nach Gemimz: 
Pr. Flemingi Sow. 
Pr. Canerini M. V. K. 
Strophalosia horrescens M. V. K. 
Pr. punctatus Marr. sp. 
Chonetes mucronata M. 1858. 
Ch. glabra. 
Orthis striato-costata. 
Rhynchonella angulata. 
Camarophoria globulin«. 
Athyris subtilita. 
Retzia Mormonvi Marcov, 1858, 
Spirifer cameratus. 
Sp. plano-convexus. 
Sp. laminosus M’Coy. 
Lima retifera. 
Pecten Missouriensis? SHUM. 
P. neglectus. 
P. Hawni. 
Avicula pinnaeformis. 
Gervillia longa. 
@G. (an Avicula) sulcata. 
Avicula speluncarva. 
Aucella Hausmannı. 
Myalina subquadrata. 
Nucula Beyricht. 
N. subseitula ? 
N. Kazamnensıs. 
Arca striata. 
Schizodus rossicus. 
Sch. obscurus. 
Clidophorus occidentalts. 
Pleurophorus Pallast. 


Astarte Nebrascensis. 
Allorisma elegans. 

A. subcuneata. 
Clidophorus solenordes. 
Dentalium Meekianum. 
Bellerophon carbonarvus. 
B. Montfortianus. 

B. Marcowianus. 
Murchisonia subtaenvata. 


Turbonilla (Loxonema) Swalloviana. 


Serpula (Spirorbis) Planorbites. 
- Pleurotomaria Haydeniana. 


Nach Mexx: 


n Pratteniamwus NORWOOoD. 
Ira pertenuis M. 


Pr. Nebrascensis Owen. 

Pr. punctatus MArT. sp. 

Chonetes gramulifera Owen, 1855. 
Ch. glabra Geın. 

Meekella striato-costata 00x Sp. 
Syntrilasma hemiplicata Hat sp. 
Ihynchonella Osagensis SWALLOW. 
Athyrıs subtilita HALL. 

Retzia punctulifera SHumARD, 1858. 
Spirifer cameratus MoRrr. 

Ip. Pplanoconvexus SHUM, 

Sp. Kentuckensis Suum. 

Lima retifera Suum. 

Avreulopecten occidentalis Suum. 
Aviculopecten neglectus GEIN. SP. 
Av. carboniferus STEVENS SP. 
Avıculopinna americana M. 
Aviceula longa GEIN. SP. 

Avicula? sulcata GEIN. 
Pseudomonotis radialıs PHILL.? sp. 
Myalına? Swallovi M’CHuksnevY. 
M. subquadrata Suum. 

Nucula Beyrichi? v. SCHAUR. 

N. subseitula M. u. H. 

Nuceulana bellistriata var. attenuata. 
Macrodon tenuistriata M. u. W. 
Schizodus curtus M. u. W? 

Sch. Wheeleri SwALL. sp. 
Modiola ? subellvptica M. 
Pleurophorus oblongus M. und 

Pl. occidentalis M. u. H. 
Edmondia? Nebrascensis GEIN. SP. 
Allorisma Geinitzi M. 

A. subeuneata M. u. H. 
Solenopsis solenoides GEIN. SP. 
Dent. Meekianum GEIN. 

Bell. carbonarıus Cox. 

B. Montfortianus N. u. P. 

B. Marcowianus GEIN. 

Orthonema subtaeniata GEIN. SP. 
Aclis Swalloviana GEIN. Sp. 
Straparolus (Euomph.) rugosus HALL. 
Pleur. Haydeniana GeEIN. 


112 


Nach Gemıtz: Nach Mezx: 
Pl. Grayvillensis. DI. Grayvillensis N. u. P. 
Pl Marcouiana. 'Ppı. Marcouiana GEIN. 
Pl. subdecussata. Pl. subdecussata GEIK. 
Murchisonia Nebrascensis.  Murch. Nebrascensis GEIN. 
Orthoceras cribrosum. ı Orthoceras ceribrosum GEıN. 
Oythere Nebrascensis. ‚ Cythere Nebrascensis GEN. 
Cythere Cyclas? Keys. - ‚ Oythere sp. 
Phillipsia sp.  Phillipsia sp. 


Unter einigen S. 239 u. f. von Merk aus den „Upper Coal Measures“ 
von Nebraska beschriebenen Fischzähnen erinnern mehrere wiederum an 
gewöhnliche Formen der unteren Dyas, wie namentlich Diplodus com- 
pressus New»., Pl. 4, fig. 19, eine wahrscheinlich zu Xenacanthus ge- 
hörende Form, welche in gleicher Beschaffenheit in der Nähe von Pilsen 
in Böhmen an der Grenze der Steinkohlenformation in den Brandschiefern 
der unteren Dyas gefunden wird. 

Die Vorkommnisse im Gebiete der Steinkohlenformation in Illinois (Jb. 
1872, 102) weisen mit Entschiedenheit darauf hin, dass Vieles, was man 
heute noch in Amerika zu den „Upper Coal Measures“ zählt, in der That 
schon zur Dyas gehört, deren untere Etage neuerdings mit aller Sicher- 
heit durch die Forschungen von Dawson und Harrınsron auf Prince Ed- 
ward Island aufgedeckt worden ist (Jb. 1872, 439). 

Ob aber der Nachweis des Vorkommens dyadischer Schichten 
in Nordamerika von Europäischen oder Amerikanischen Fachgenossen er- 
folgt, wird hoffentlich kein weiteres Hinderniss sein zur Anerkennung der 
nicht mehr hinwegzuläugnenden Thatsachen. 


Rog. WALKER: über eine neue Art Amblypterus und andere 
fossile Fische von Pitcorthie, Fife (Trans. of the Edinburgh 
Geol. Soc. 1872. Vol. U. Pl. 1, p. 119, mit 1 Taf. Abbild.) — Unter den 
auf den Paraffin-Werken von East Pitcorthie, bei Crail, gesammelten Fisch- 
resten, die sich auf Eurynotus, Rhizodus, G@yrolepis, Acrodus, Ctenacan- 
thus, Centrodus, Helodus, Diplodus, Tristychius, Palaeoniscus, Amblypte- 
rus etc. zurückführen lassen, wird zunächst eine Art als Amblypterus 
anconoaechmodus n. sp. hervorgehoben und nach der Beschaffenheit ihrer 
Kiefern, Zähne, Schuppen u. s. w. als neu unterschieden. 


Über das Krystallsystem des Leueits. 
Von 


Herrn Professor G. vom Rath *. 
(Mit Tafel II.) 


Als ich im Frühjahr 1871 zufolge gütiger Erlaubniss des 
Hrn. Scaccnı einige Tage dem Studium der mineralogischen Samm- 
lung an der Universität zu Neapel widmete, wurde bei Betrach- 
tung der in Drusen gewisser vesuvischer Auswürflinge aufge- 
wachsenen Leucite meine Aufmerksamkeit auf feine, die Flächen 
der Krystalle bedeckende Streifen gelenkt. Einmal auf diese 
Linien aufmerksam, findet man sie vielfach wieder und erkennt 
in ihnen eine fast allgemeiue Erscheinung der aufgewachsenen 
Leucite. 

Erst vor Kurzem bei einer Arbeit über gewisse merkwür- 
dige Leucit-Auswürflinge untersuchte ich jene Streifen, welche 
ich früher für eine blosse Oberflächen-Erscheinung gehalten hatte, 
genauer und erkannte ihren Verlauf, wie derselbe in Figur 1 
angedeutet ist. Die Streifen sind demnach parallel entweder den 
kürzern (den sog. hexaödrischen) Kanten oder den symmetrischen 
Diagonalen der trapezoidischen Flächen. Niemals beobachtete ich 
einen Parallelismus dieser Linien mit den längeren (den sog. 
oktaödrischen) Kanten des Leucitkörpers. 

Auf ein und derselben Fläche bemerkt man nicht nur eine 
einzige Streifenrichtung, sondern häufig zwei, zuweilen auch drei. 


* Aus dem Monatsbericht der Königl. Akademie der Wissenschaften 
zu Berlin. 
Jahrbuch 1873. 5 


114 


Niemals kommen indess vier Liniensysteme auf derselben Fläche 
vor, wie denn die oben angegebenen Richtungen, nämlich parallel 
den kürzern Kanten und der sog. symmetrischen Diagonale, mit 
der grössten Zahl der auf Einer Fläche beobachteten Linienrich- 
tungen übereinstimmen. - Sehr häufig treten die Streifen nicht an 
den Kanten beginnend, sondern in der Fläche hervor und enden 
in gleicher Weise. Wenn ein Streifen hingegen eine Kante er- 
reicht, so endet er hier gewöhnlich nicht, sondern setzt auf der 
angrenzenden Fläche fort. In gewissen Fällen enden die Linien 
auch an den Kanten und überschreiten dieselben nicht. Untersucht 
man nun einen Streifen, welcher über zwei zu einer Kante zusam- 
menstossende Flächen hinwegzieht, etwas näher, so bemerkt man, 
dass derselbe stets in Einer Ebene bleibt, und dass diese Ebene 
— die Form des Leueits als diejenige des regulären Leucito- 
öders vorausgesetzt — parallel der Abstumpfungsfläche der sog. 
symmetrischen Ecken oder mit andern Worten eine Fläche des 
Rhombendodekaöders ist. So liegen z. B. die im rechten obern 
Oktanten unserer Fig. 1 vorherrschenden Streifen in derjenigen 
Dodekaöderfläche, welche die linke obere symmetrische Ecke ab- 
stumpft. Die Ebene der Streifen, welche über i® im diagonaler 
Richtung, über 0° und i* parallel zur Combinationskante dieser 
letztern Fläche laufen, entspricht der Abstumpfungsfläche der 
rechten oberen symmetrischen Ecke. Die beiden langen Streifen, 
welche über die Combinationskante i® : i? fortlaufend auf beiden 
Flächen eine gleiche Lage haben, nämlich parallel den Kanten 
i6:0° und i?:0%, entsprechen derjenigen Dodekaöderfläche, welche 
die vordere obere symmetrische Ecke wegnimmt. Ebenso ver- 
halten sich die kürzeren Liniengruppen auf i? und i?® (parallel 
den Kanten o!:i” und 0?:i?) zur hintern oberen Ecke. In glei- 
cher Weise lässt sich für jeden Streifen, welcher eine Kante 
überschreitet, sogleich die Dodekaöderfläche angeben, in welcher 
er liegt. 

Über die Natur dieser merkwürdigen Linien konnte ich nicht 
in Zweifel bleiben, als ich die betreffenden Krystalle genauer, 
zumal bei Lampenlicht betrachtete. Es ergab sich sogleich, dass 
wir es hier nicht mit irgend welchen nur der Oberfläche ange- 
hörigen Erscheinungen, sondern mit eingeschalteten Zwillings- 
lamellen zu thun haben. Die Streifen haben zuweilen eine sehr 


115 


wahrnehmbare Breite, welche die Beobachtung gestattet, dass 
ihre Oberfläche in einer etwas andern Lage erglänzt, als die 
Fläche selbst, in welcher die Streifen liegen. Betrachtet man 
z. B. die Fläche o! in einer solchen Stellung, dass sie erglänzt, 
so sind die Streifen dunkel. Dreht man nun den Krystall um 
eine Axe parallel jenen Streifen, d. h. der Kante o!:i!, etwa 
um 5°, so erglänzen die Zwillingslamellen, während die Fläche 
selbst dunkel wird. Macht man den Versuch dort, wo die Strei- 
fung in diagonaler Richtung über die Flächen hinzieht, so bedarf 
es einer geringeren, nur etwa 3!/,° betragenden Drehung. Dies 
Alles bietet mutatis mutandis die überraschendste Analogie mit 
den eingeschalteten Zwillingslamellen der triklinen Feldspathe dar. 


Aus obigen Wahrnehmungen folgt mit absoluter Gewissheit, 
dass jene gestreiften Leucite nicht dem regulären Systeme an- 
gehören können; denn eine Zwillingsbildung parallel einer Do- 
dekaäderfläche ist im regulären Systeme unmöglich. Durch- 
schneidet man nämlich ein Ikositetraöder parallel einer Fläche 
des Dodekaäders und dreht um 180°, so können keinerlei aus- 
oder einspringenden Kanten entstehen, Alles kehrt vielmehr in 
die frühere Lage zurück. Um die obige Schlussfolgerung durch 
Messung zu verificiren, prüfte ich — nicht ohne grosse Spannung 
— jene Krystalle und fand, dass solche Kanten, welche bei Vor- 
aussetzung des regulären Systems hätten identisch sein müssen, 
Unterschiede bis zu fast 4° zeigen. 

Das Krystallsystem der aufgewachsenen Leucite ist quadra- 
tisch. Die Leucitform, welche man bisher für ein reguläres 
Ikositetraäöder ansah und Leucitoöder nannte, in der irrthümlichen 
Voraussetzung, unser Mineral krystallisire regulär, ist eine Com- 
bination von einem Oktaöder und einem Dioktaeder (s. Fig. 2*): 


Grundform 0o = (a:a:c), P 
Dioktaeder ı = (!,a.: a Se), AB2. 
Diese beiden Formen stehen immer in einem auffallenden Gleich- 
gewichte mit einander, untergeordnet erscheinen zuweilen: 
* In dieser Figur wurde dem Dioktaöder eine etwas grössere Aus- 


dehnung gegeben, als den Flächen des Oktaöders, um auch äusserlich den 
nichtregulären Charakter mehr zur Anschauung zu bringen. 


8* 


116 


Erstes spitzes Oktaöder u= (Ua: wa:c), 2Px.- 

Erstes quadratisches Prisma m —= (a: a: oo C), ooP. 
Andere Flächen kommen beim Leueit niemals vor. 

Das Axenverhältniss, hergeleitet aus der Messung der Sei- 
tenkante des Dioktaöders i:i — 133° 58°, wird durch fol- 
gende Zahlen ausgedrückt: 

a (Seitenaxe) : c (Verticalaxe) = 1,8998 : 1 oder 1: 0,52637. 
Wäre das System regulär, so müsste unser Fundamentalwinkel 
== 131°49° und das Axenverhältniss des Oktaäders o — 2:1 
sein. Aus dem Axenverhältniss des Leucits berechnen sich fol- 
gende Winkel: 

Endkante von o = 130° 3‘. 
Seitenkante von o = 73 1924‘. 
Neigung der Oktaederfläche o zur Vertikalaxe = 33° 0". 


N „ Oktaöderkante 0 „ a —.52 AM E, 
Endkante von u = 1180 1%. 
Seitenkante ; „ u Jarbbls,, 
Neigung der Oktaöderfläche u zur Vertikalaxe = 430 3131,*. 
K „ Oktaöderkante u „ , 1091205 
Primäre Endkante, X, von i (liegend unter der Oktaöderkante) 
— 1910934 


Sekundäre Endkante, Y, von i (liegend unter der 
Oktaöderfläche) = 146 94,‘. 
Neigung der Kante X zur Verticalaxe = 29024, 
» » NORM zur 5 a 


Die Basis des Dioktaeders besitzt folgende ebene Winkel: 


126° 52°1/, liegend an den Enden der Seitenaxen, 
143 7°/, liegend zwischen den Seitenaxen. 


Diese Basis bietet begreiflicher Weise dieselben ebenen Winkel 

dar, wie die drei durch die oktaödrischen Kanten des Ikositetrae- 

ders (a : 2a : 2a), 202 gelegten Schnitte. Es berechnen sich 

ferner folgende Kanten: 
or A037 

0149 95 

100 

1 = 190 AI, 

: 0° (gegenüber liegend in der Endecke) = 106° 46. 


So see s 


117 


o:i (über u) = 119° 10 

i:i (gegenüber liegend an der Seitenecke) — 110° 49. 

Die Zwillingsbildung des Leucits geschieht nach dem Gesetze 
„Zwillingsebene ist eine Fläche des ersten spitzen Oktaöders, u.“ 
Mit dieser Ebene sind die Krystalle auch verbunden. Die Zwil- 
lingsebene neigt sich gegen die Hauptaxe — 43° 31’ ®/,, gegen 
eine der beiden Seitenaxen — 46° 28° !\,. Der Leucit, von wel- 
chem man bisher glaubte, dass er niemals Zwillinge bilde, ist 
zur Zwillingsbildung sehr geneigt. Es finden sich sehr regel- 
mässige und schöne Verwachsungen zweier Individuen, ferner 
Verwachsungen mehrerer Individuen, endlich polysynthetische Kry- 
stalle, bei welchen in einem Hauptindividuum Lamellen parallel 
den Flächen des ersten spitzen Oktaeders eingeschaltet sind. Ein 
solcher polysynthetischer Krystall, welcher vier Richtungen von 
Zwillingslamellen zeigt, ist als ein Fünfling zu betrachten. 

Die Fig. 3 wird eine deutliche Vorstellung des einfachsten 
Falls der Zwillingsbildung gewähren. Die Gruppe ist in einer 
solchen Stellung gezeichnet, dass die Zwillings- und Verwach- 
sungsebene, welche oben durch einspringende, unten durch aus- 
springende Kanten bezeichnet ist, die Lage der sogenannten Längs- 
fläche besitzt, während die Ebene der beiden Hauptaxen der 
Querfläche entspricht. Die Hauptaxen schliessen den Winkel 87° 
3° Ya ein, welcher durch die Zwillingsebene halbirt wird. Diese 
Zwillingskrystalle gleichen in Bezug auf allgemeine Configuration 
den einfachen Krystallen, so dass, wenn ınan die aus- und ein- 
springenden Kanten übersieht, man sie leicht mit einfachen Kry- 
stallen verwechseln könnte. Eine Ausdehnung der Krystalle pa- 
rallel der Zwillingsebene, wie sie gewöhnlich bei anderen Zwil- 
lingen (z. B. Spinell, Bleiglanz, Diamant etc.) stattfindet, kommt 
beim Leucit nicht vor. 

Je nach der Lage der Zwillingsebene können sechs ver- 
schiedene Kanten an der Grenze der Individuen zum Vorscheine 
kommen. Die Fig. 4, 5 und 6 stellen die drei verschiedenen 
Lagen der Zwillingsebene dar, aus denen sich jene sechs ver- 
schiedenen Winkel ergeben. Die Zeichnungen sind gerade Pro- 
jeetionen auf eine Ebene, parallel einer Fläche des zweiten qua- 
dratischen Primas; die Zwillingsebene erscheint verkürzt zu einer 
verticalen Linie. 


118 


Bei Fig. 4 herrscht das eine Individ so sehr über das andere 
vor, dass dies letztere nur eine aus 2 Flächen o und zwei i 
gebildete Ecke constituirt. Die Zwillingskante i: o beträgt hier 
179° 81/,‘, oben ein-, unten ausspringend. 

Fig. 5 zeigt das eine Individ zwar noch über das andere 
vorherrschend, doch nicht mehr in gleicher Weise. Das weniger 
entwickelte Individ zeigt vier Flächen des Hauptoktaäders. In 
dieser Lage der Zwillingsebene begegnen sich die Flächen i: o 
unter dem Winkel 175° 81/,‘, oben ein-, unten ausspringend. Die 
beiden i i, über welche hier die Grenze in der Richtung einer 
nicht symmetrischen Diagonale läuft, fallen in Eine Ebene. 

Fig. 6 stellt den dritten Fall dar, in welchem die Zwillings- 
ebene den Krystall syminetrisch theilt. Es begegnen sich hier 
die Flächen 0:0 unter dem Winkel 151° 281/,‘, die i:i am un- 
teren Ende unter 141° 453/,‘, während die annähernd in der Rich- 
tung einer symmetrischen Diagonale laufende Zwillingskante i:i 
— 176° 39?],‘, oben ein-, unten ausspringend misst. ha 

An eines der Individuen der Gruppe Fig. 3 fügt sich nicht 
selten ein drittes Individ an, und zwar meist in der Weise, dass 
die Hauptaxe des dritten Individs nicht in der Ebene liegt, welche 
durch die Hauptaxen der beiden ersten Individuen bestimmt ist. 
Die Grenze der zu einer Gruppe verbundenen Individuen wird 
nicht immer durch wohlgebildete Zwillingskanten bezeichnet, son- 
dern zuweilen durch Knickungen und Wölbungen der Flächen. 
In diesem Falle ist es zuweilen fast unmöglich, die Gruppe in 
ihre einzelnen Theile aufzulösen. 

Jetzt erst, nachdem wir die Zwillingsbildung des Leueits 
kennen gelernt haben, wird es uns möglich sein, den polysyn- 
thetischen Krystall Fig. 1 vollkommen zu verstehen. Derselbe ist, 
wie oben schon angedeutet, als ein Fünfling aufzufassen, indem 
nämlich in den herrschenden Krystall nach vier verschiedenen 
Richtungen, entsprechend den vier Flächen des ersten spitzen 
Oktaeders, Zwillingslamellen eingeschaltet sind. Daraus ergibt 
sich, dass drei Streifenrichtungen die grösstmögliche Zahl sind, 
welche auf den Flächen der Grundform erscheinen kann; es 
schneiden nämlich zwei Systeme von Zwillingslamellen eine Ok- 
taöderfläche in parallelen Kanten. Auf den Dioktaöderflächen i 
können steis nur zwei Streifenrichtungen vorkommen, nämlich 


119 


parallel der Combinationskante 1:0 und parallel der fast sym- 
metrischen Diagonale. Es schneiden nämlich zwei Lamellen- 
systeme die betreffende Dioktaäderfläche in parallelen Kanten, 
parallel der fast symmetrischen Diagonale, das dritte System er- 
zeugt eine Streifung parallel der Combinationskante 0 :i; das 
vierte Streifensystem kann nicht zur Erscheinung kommen, weil 
die betreffenden Flächen vollkommen in’s Niveau fallen. So sehen 
wir die Linien auf Fläche i”, indem sie die Seitenkante des Di- 
oktaöders erreichen, plötzlich enden und nicht fortsetzen auf i®. 
Wir begreifen auch, wesshalb auf den Flächen i keine Zwillings- 
linien parallel den secundären Endkanten des Dioktaöders laufen 
können. Solche würden nämlich einer Fläche des quadratischen 
Prismas entsprechen, welcher begreiflicher Weise keine Zwillings- 
ebene parallel gehen kann. 


Zur Vergleichung der gemessenen mit den berechneten Win- 
keln mögen folgende Angaben dienen, welche beweisen, dass 
wenigstens zuweilen die Leucite mit höchster Regelmässigkeit 
gebildet sind. 

Nn.,1.,0! :,0%==.:430® 6° ber. 130%. 35 
0?:0° = 129 58 verwasch. Bild 
il:ı? = 153 98 Fundam. Winkel 
sl — lt 


| 


ji? 1%. =: 133,99 
ee 2A 
eat 23 
in: —,146..:8,, (ber., 1460 91,9 
?:1? — 146 12 


>06 — 146 10 
2.2314 == 110 4% ‚cher. :4,100,49% 


Nr. 2. 8:12 = 131 231, 


16:17 — 131 23 
il: = 146 6 
Nahe 149 9 


7:10 = 146 13 
11:7 = 133 59 
o!:it = 146 36 (ber. 146° 37% 
ol:i? — 146 37 


120 


ol.: i3. (über u). —=,1199. 137 (her ZB 477 
il:i8. —, 98464, (ber. ISA 
Dn..3..32.:1% — 104,23 

il. — 146,6 

2. _ lan, 

01:1! —. 44638 

0,1.::172,—: iG 3a), 
Am Krystalle 1 konnte ausserdem die Zwillingskante 0 :i zwei 
Mal gemessen werden — 175° & und 175° 11° (ber. 1750 81,). 

Die drei gemessenen Krystalle waren aus einer Druse ein 
und desselben Auswürflings abgebrochen, die Flächen waren von 
vorzüglicher Beschaffenheit. Alle aufgewachsenen Leueite gehören 
dem quadratischen Systeme an, und zeigen nicht selten die aus- 
gezeichnetsten Zwillinge wie Fig. 3. Solche Krystalle verdanke 
ich den Herren G. Rose und Scaccui. Nicht alle Leucite schei- 
nen indess genau dieselben Winkel zu besitzen und dieselbe 
Constanz derselben darzubieten, wie diejenigen, welche der gegen- 
wärtigen Mittheilung zu Grunde liegen. Die Deutung der Flächen 
und Kanten mancher Leueitkrystalle wird durch vielfach sich wie- 
derholende Zwillingsbildung oft sehr erschwert, zuweilen fast un- 
möglich gemacht. Man erwäge nur, dass an ein erstes Indivi- 
duum sich vier Nebenindividuen anschliessen können; jedes die- 
ser letzteren wieder drei neue Stellungen, gleichsam dritter Ord- 
nung, vermöge der Zwillingsbildung darbieten kann. Diese zahl- 
reichen Krystalltheile sind äusserlich von derselben oft scheinbar 
einfachen Leucitform umschlossen, an deren Oberfläche man nur 
durch Beobachtung der ein- oder ausspringenden Kanten, von 
Knickungen oder Rundungen der Flächen die Grenzen der Indi- 
viduen verfolgen kann. 

Die eingewachsenen Leucite gestalten keine genauen Mes- 
sungen, und so war es mir nichi möglich, für diese die Verschie- 
denheit der Winkel, entsprechend dem quadratischen Charakter 
des Systems, zu constaliren. Die vom Vesuv bei der Eruption 
von 1845 ausgeschleuderten Krystalle zeigen zwar zuweilen glän- 
zende Flächen, die Reflexbilder derselben sind indess fast immer 
verwaschen oder mehrfach. Sehr häufig bemerkt man stumpfe 
aus- und einspringende Kanten. Diese Krystalle scheinen in 
hohem Grade von polysynthetischem Bau zu sein. 


424 


Angesichts der unerwarteten Thatsache, dass ein Mineral, 
welches bisher als eines der ausgezeichneisten Beispiele des 
regulären Systems galt, jetzt als ein quadratisches gelten muss, 
schien mir der Nachweis der chemischen Zusammensetzung von 
Krystallen aus derselben Druse, welche auch das Material zu 
obigen Messungen geliefert hatte, dringend geboten. Zu der früher 
schon ausgesprochenen (wahrscheinlich irrthümlichen) Vermuthung, 
dass es einen Natronleucit gäbe, gesellte sich in Bezug auf un- 
sere Krystalle der Gedanke, ob vielleicht ein Gehalt an Natron 
die Abweichung vom regulären System bedinge, wie etwa der 
Albit bei gleicher Formel sich auch vom Orthoklas unterscheidet. 
Diese Vermuthung erheischte eine bestimmte Antwort, bevor die 
Frage nach dem Krystallsystem des Leucits als definitiv entschie- 
den gelten konnte. | 

Meine Untersuchung von Krystallen aus derselben Druse, der 
die gemessenen entnommen waren, ergab folgendes Resultat (an- 
gewandte Menge = 0,927 gr.). 

Spec. Gew. 2,479 (bei 23° C.). 


Kieselsäure u 1.., „55,21 
Ichonerdes..4.,:. 23,20 
ale. 2 0.2.0048 
Kal „een. 19,80 
Natrons?, Fo023 3907421 

100,38. 


Das feine Pulver des Minerals war durch Chlorwasserstoff- 
säure vollkommen zersetzbar. Die gefundene Mischung stimnit 
sehr nahe überein mit derjenigen, welche aus der bisher allge- 
mein für den Leucit angenommenen Formel K?0, AI:O?, 4SiO? 
folgt, dieselbe erheischt nämlich: Kieselsäure 54,92; Thonerde 
23,02, Kali 21,96. Die Analyse beweist demnach, dass die auf- 
gewachsenen, dem quadratischen Systeme angehörigen Leueit- 
krystalle keine andere, als die normale Mischung besitzen, und 
es unterliegt desshalb nicht dem geringsten Zweifel, dass auch 
die eingewachsenen, einer genauen Messung nicht fähigen Kry- 
stalle im quadratischen Systeme krystallisiren. 

Mit der neuen krystallographischen Bestimmung des Leueits 
steht nun auch das optische Verhalten mehr im Einklange, als es 
bei der bisherigen Annahme einer regulären Krystallisation der 
Fall war. Aus der Untersuchung, welche wir Hrn. DesCLoizEAaux 


122 


verdanken (Nouv. recherches s. I. proprieies optiques des cri- 
staux, 1867, S. 3--5), folgt, dass der Leucit im polarisirten Lichte 
keineswegs wie ein regulärer Krystall sich verhält. DesCLoizeaux 
sagt: »die Erscheinungen, welche man bei polarisirtem Lichte 
wahrnimmt, sind wesentlich verschieden und wechseln je nach 
der Platte, weiche man der Prüfung unterwirft und nach der Rich- 
tung, in welcher die Platte aus dem Krystall geschnitten ist.“ 
DesCroizeaux erwähnt auch die zahlreichen Streifen, welche im 
polarisirten Lichte erscheinen und es entging seinem Scharfsinn 
nicht, dass diese Streifen „ou fissures“ in der Ebene der Dode- 
kaöderflächen liegen. Hätte ihm nicht gleich allen Fachgenossen 
der reguläre Charakter des Leucits als über jeden Zweifel er- 
haben gegolten, so würde er gewiss jene Streifen als Zwillings- 
lamellen gedeutet und sogleich den wahren Charakter des Systems 
erkannt haben. Jene eingeschalteten Lamellen kannte auch schon 
Bıor und gründete darauf seine Theorie der Lamellarpolarisation. 
Allen, welche mit Hülfe des polarisirenden Mikroskops dünne 
Platten von Leucitgesteinen untersucht haben, sind die eigenthüm- 
lichen Streifen der Leucite wohlbekannt *. Sie sind eine Folge 
derselben Zwillingsbildung, welche wir oben bei den aufgewach- 
senen Krystallen beschrieben haben. 

Die Krystallisation des Leueits kann nun als eine der eigen- 
thümlichsten unter allen Mineralien gelten. Die Zwillingsbildung 
und die Winkelverschiedenheiten schliessen denselben unbedingt 
vom regulären System aus; dennoch nähert er sich diesem letz- 
tern wieder durch sein scheinbares Ikositetraäder, der fast aus- 
schliesslich herrschenden Combination des Oktaöders mit dem 
Dioktaöder 4P2. Dieser dem Regulären sich nähernde Charakter 
des Leucits bestätigt sich auch darin, dass untergeordnet zu den 
Flächen des ersten spitzen Oktaöders diejenigen des ersten qua- 
dratischen Prismas hinzutreten. Eine solche Hinneigung eines 
Systems zu einem andern mit mehr symmetrischem Charakter 
findet sich bekanntlich mehrfach im rhombischen System, wenn 
nämlich ein verticales Prisma mit dem Winkel von nahe 120° 
durch Hinzutreten des Brachypinakoids zu einem scheinbar hexa- 


* F. ZIRKEL (Mikroskopische Structur der Leucite etc. Zeitschr. der 
deutsch. geol. Ges. Bd. XX, S. 97. 1868) hat dieselben genau beschrieben 
und dargestellt. 


123 


gonalen Prisma, ein rhombisches Oktaöder durch ein Brachydoma 
zu einem scheinbaren Dihexaäder ergänzt wird. In ähnlicher 
Weise dürfte demnach die Beziehung des quadratischen Systems 
des Leucits zum regulären aufzufassen sein. 

Der Leucit gesellt sich nun zu der ausgezeichneten Reihe 
quadratischer Mineralien, welche für den Vesuv so charakte- 
ristisch sind, Zirkon, Humboldtilith, Mejonit, Mizzonit, Sarkolith 
und Vesuvian, und steht dem letzteren in Bezug auf die Grund- 
form nahe. Die Grundform des Vesuvians misst nämlich in den 
Endkanten 1299 20° (nach v. ZernarovicH). Unter den zahlreichen 
Combinationsformen des Vesuvians findet sich auch das Dioktaeöder 
(a: Ya :c), 4P2, welches sonst nicht häufig beobachtet wird. 
Wenn beim Vesuvian zur Grundform sich das Dioktaäder 4P2 im 
Gleichgewicht gesellte, so würden wir eine dem regulären Ikosi- 
tetraeder fast gleich verwandte Form erhalten, wie sie der Leucit 
darbietet. 


Über den Ardennit. 


Von 


Herrn Dr. A. v. Lasaulx. 


Im Anschlusse an meine erste Mittheilung über dieses neue 
Mineral, soll hier in Kürze das Ergebniss weiterer analytischer 
Untersuchungen, die ich mit Dr. A. BErTEnDoRFF in Gemeinschaft 
angestellt habe, mitgetheilt werden. Die geringe Kenntniss ge- 
eigneter Methoden zur quant. Bestimmung des Vanadins erhöhten 
die Schwierigkeiten der interessanten analytischen Versuche. Dass 
die bei unsern ersten Analysen angewendete Methode durch Aus- 
ziehen mit kohlensaurem Ammon keine zuverlässigen Resultate 
gebe, hatten wir damals schon erkannt. Erst nach den verschie- 
densten Versuchen haben wir das im Folgenden kurz angedeutete 
Verfahren mit Erfolg benutzt und zuverlässige Resultate erhalten. 
Dass die bei unserer ersten Analyse gefundenen Platinmetalle auf 
die angewandten Gefässe zurückzuführen sind, ist dort schon 
nachträglich bemerkt. Es rührt das daher, dass, wenn auch in 
der salzsauren Lösung nach Abscheidung der Kieselsäure alle 
Übermangansäure zerselzt und das freie Chlor durch Erhitzen 
ausgetrieben war, beim Concentriren der Flüssigkeit nochmals 
Chlor entwickelt wurde, herrührend von der Einwirkung der Va- 
nadsäure auf die Chlorwasserstoffsäure. Es wurde daher später 
nur in Glasschalen eingedampfi. Der von uns eingeschlagene 
Weg war kurz der folgende. Nach Abscheidung der SiO, und 
nach Entfernung einer Spur Kupfer durch Schwefelwasserstoff 
werden Thonerde, Eisenoxyd, Mangan und Vanadin durch Schwe- 


125 


felammon von Kalk und Magnesia getrennt. Der mit Schwefel- 
' wasserstoffwasser ausgewaschene Niederschlag wird in Salzsäure 
unter Zusatz von etwas Salpetersäure gelöst, um die Zersetzung 
des Schwefelvanad zu beschleunigen. Ist alles Eisen in Sesqui- 
oxyd übergeführt, so fällt man mit kohlensaurem Baryt die Oxyde 
des Eisens, der Thonerde und des Vanadins. Durch Filtration 
trennt man das in Lösung gebliebene Manganoxydul und bestimmt 
dieses nach Abscheidung der Baryterde in der gewöhnlichen Weise. 

Der Niederschlag von Thonerde, Eisenoxyd und Vanad, ge- 
mengt mit überschüssigem kohlensaurem Baryi wird in sehr wenig 
Chlorwasserstoffsäure gelöst, der Baryt enifernt und die ganze 
Masse mit salpetersaurem Kali zur Trockne eingedampft; in einer 
Silberschale wird eine Viertelstunde zum Schmelzen erhitzt. Durch 
Behandlung der Schmelze mit Wasser löst sich jetzt vanadsaures 
Alkali, Thonerde und Eisenoxyd bleiben zurück und werden nach 
dem Auflösen in Chlorwasserstoffsäure in der üblichen Weise 
getrennt. Die Lösung des vanadsauren Kali wird mit Essigsäure 
neutralisirt, wobei sie eine intensiv gelbe Farbe erhält und mit 
essigsaurem Bleioxyd gelbes Bleipyrovanadat gefäll. Nach dem 
Auflösen desselben in Salpetersäure und Fällung des Blei’s durch 
Schwefelsäure erhält man beim Eindampfen und Schmelzen im 
Porcellantiegel reine, krystallinisch erstarrende und in Ammon 
ohne Rückstand lösliche Vanadinsäure *. Das Mittel zweier nahezu 
übereinslimmender Analysen ergab die folgende Zusammensetzung: 


SiO, —. 29,74 
A1,0, — 23,50 
Ee&0; = 1,94 

MnO — 25,96 

Ca0 —= 2,04 
MgsO = 3,42 

Vo, = 9,10 

Cu + PO, = Spur 

HO — 4,04 

99,74. 


Das Wasser ist im Ardennit sehr fest gebunden und kann erst 
bei sehr hoher Temperatur und anhaltendem Glühen ausgetrieben 


* Genaueres über Gang und Einzelheiten der analytischen Versuche 
wird in einem der nächsten Hefte der Posep. Ann. mitgetheilt werden, 
worauf hiermit verwiesen wird. 


126 


werden. Eine directe Wasserbestimmung musste daher im Ver- 
brennungsrohre bei sehr hoher Temperatur vorgenommen wer- 
den. Dass das Mangan nur als Oxydul vorhanden sei, davon 
überzeugten wir uns durch die Barreswırr'sche Probe, wonach 
bei Behandlung eines Manganoxydulsatzes mit syrupförmiger Phos- 
phorsäure in der Hitze die Masse farblos bleibt, während die Ge- 
genwart von Manganoxyd eine violette Färbung hervorruft. 

Auch über die Krystallform des Ardennit hat zwischenzeit- 
lich der glückliche Fund eines kleinen, wohlgebildeten Kryställ- 
chens uns Gewissheit verschafft. Herr Prof. vom Rarr hatte die 
Güte, die Messungen an demselben auszuführen. Hiernach kry- 
stallisirt der Ardennit im rhombischen System und zwar ist Grund- 
form ein rhombisches Oktaöder, dessen Axenverhältniss a (Bra- 
chyaxe) :b (Makroaxe) :c (Verticalaxe) — 0,4663 : 1: 0,3139. 
Ferner koınmen noch die folgenden Fiächen an dem Kryställchen 
vor: P, P3},, ooP, ooP?/, &P?2, Po, ooPoo, ooPoo. Spaltung pa- 
rallel &oP&o vollkommen, parallel ocP deutlich, Die Übereinstim- 
mung in der Krystallform mit dem Ilvait ist bemerkenswerth, 
dessen Prisma annähernd auf ein zwar nicht beobachtetes Prisma 
des Ardennits zurückgeführt werden kann *. 

Hiernach dürfte denn auch die chem. Constitution des Ar- 
dennits gedeutet werden. In der That zeigt der Gehalt an Kie- 
selsäure und Thonerde, resp. Eisenoxyd, eine grosse Überein- 
stimmung bei beiden Mineralien, sowie auch der schwer auszu- 
treibende Wassergehalt, auf den beim Ilvait STÄDELER aufmerksam 
gemacht hat. Abweichend ist aber der Gehalt an Manganoxydul, 
resp. Eisenoxydul. Die grösste Schwierigkeit aber für die An- 
nahme des Isomorphismus beider Mineralien bietet der Gehalt an 
Vanad, da die Kenntniss der Krystallformen der Vanadverbindun- 
gen und deren Isomorphien noch vollständig fehlt. 

Immerhin aber liesse sich vielleicht das Aufstellen einer 
Formel rechtfertigen. Die oben angegebenen Zahlen führen ziem- 
lich genau auf folgende Formel hin: 

5(R,0,Si0, . RO. SiO,) + 3RO.VO, + J.aq. 
Darüber müssen aber noch neue Untersuchungen beider Minera- 
lien Licht zu verbreiten suchen. 


* Ausführlicheres auch hierüber in Posen. Ann. 


127 


Der Ardennit scheint auf einem Quarzgange der krystalli- 
nischen Schiefer bei Ottrez vorzukommen. Mit ihm kommen vor: 
Rauchgrauer Quarz, eingesprengt darin Pyrolusit, violette und 
schwarze Manganeisenverbindungen, sowie krystallinische Aggre- 
gate von Albit. In allen ist nicht die Spur Vanad nachzuweisen. 
Das spricht entschieden dafür, dass dasselbe dem Minerale durch- 
aus eigenthümlich ist. 


Zusatz. 


In den Comptes rendus 1872, No. 23 de dato 2. December 
macht auch Pısanı eine Analyse des Ardennit bekannt. Da er 
nicht zu wissen schien, dass ich bereits unter dem 24. Nov. der 
Niederrhein. Ges. für Natur- und Heilkunde das Mineral unter 
obigem Namen vorlegte, schlägt er den Namen Dewalquit vor. 
Über die Priorität des Namens „Ardennit“ kann also kein Zweifel 
sein. Pısanı hat aber die Natur des Minerals gar nicht erkannt; 
seine Analyse ist fast in allen Bestandtheilen sehr ungenau und 
gibt die Zusammensetzung durchaus nicht wieder. Mit dem Ma- 
sonit hat der Ardennit nichts Verwandtes. Der Name, den Pısanı 
vorschlug, muss also wieder verschwinden, denn das Mineral, für 
den er gelten sollte, existirt in der von ihm angegebenen Zu- 
sammensetzung nicht. 


Studiea aus Kärnten. 
Von 


Herrn Professor Hanns Höfer. 


III. Die Eiszeit in Mittelkärnten. 


Bisherige Kenntnisse über die Eiszeit in Kärnten. 


Das lebhafte Interesse, mit welchem ein Theil der Geologen 
schon seit geraumer Zeit dem Studium der Eiszeit in verschie- 
denen Theilen der Erde nachhängt, schuf eine völlige Eiszeit- 
literatur, zu welcher die Alpen beträchtliche Materiale lieferten. 
Und unter den Letzteren sind es wieder mehr die westlichen 
schweizerischen, als die östlichen österreichischen. Ja bekannt- 
lich ging das Interesse der Schweiz an diesen Studien so weit, 
dass sich die erratischen Blöcke daselbst eines besonderen Schutzes 
und eigener Namen erfreuen. Wenn wir in den österreichischen 
Alpen diesbezüglich noch nicht so weit sind, so findet dies seine 
einfachste Erklärung in den räumlich grossen und fachlich ebenso 
mannigfaltigen wie verwickelten Verhältnissen des Studiengebie- 
tes. Trotzdem besitzen wir ganz treffliche und eingehende Ar- 
beiten über die Eiszeit des Salzkammergutes Nordtirols. — Berg- 
rath von Mossısovics und Professor Sımony beschäftigten sich 
mehrfach damit — und viele kleinere Notizen und Abhandlungen, 
zerstreut in den Publikationen unserer k. k. geologischen Reichs- 
anstalt, k. k. Akademie der Wissenschaften, des österreichischen 
Alpenvereines u. a. m. Doch am dürftigsten darin ist Kärnten 


129 


bedacht; nur Srur * und Surss ** erwähnen Moränen in Kärnten. 
Vor eirca zwei Jahren beschäftigte sich TarameıLı *** mit den 
Gletschern der Eiszeit, welche sich in den oberen Theilen des 
Save-, Isonzo- und Drauthales ausdehnten; doch leider ist diese 
Literaturquelle für mich unzugänglich geblieben. Es dürfte so- 
mit kein überflüssiges Unternehmen sein, wenn ich meine seit 
Jahren gepflogenen Studien über die Eiszeit in Mittelkärnten der 
Öffentlichkeit übergebe. 

Fassen wir die häufigsten Wahrzeichen der Eiszeit zusam- 

men, so lassen sie sich in folgende Abtheilungen bringen: 
I. Gletscherschliffe, 
II. Erratische Blöcke, 
II. Moränen. 
A. Grund- 
B. End- Moränen. 
C. Seiten- und Mittel- 

In wieferne ich diese Kriterien einer Kälteperiode in Mittel- 
kärnten sicher constatiren konnte und welche Schlüsse daraus 
sich folgern lassen, möge in der soeben angedeuteten Reihen- 
folge ausgeführt werden. 


I. Gletscherschliffe. 


Bevor man einen natürlichen Gesteinschliff als durch Glet- 
scher bewirkt ansprechen darf, müssen hierüber sorgsame Stu- 
dien angestellt werden, wodurch constatirt wird, dass jede an- 
dere Entstehungsweise ausgeschlossen werden muss. Ich kann 
diese Sorgsamkeit nicht nur bei diesen, sondern bei allen Kri- 
terien der Eiszeit nicht genug empfehlen, indem ich späterhin 
nachweisen werde, wie leicht hierin Verwechslungen und Irr- 
thümer durch sehr ähnliche Erscheinungen, doch durch andere 


* Stur: Über die Ablagerungen des Neogen, Diluvium und Alluvium im 
Gebiete der nordöstlichen Alpen und ihrer Umgebung. Seite 513 der 
Sitzungsberichte der k. k. Akad. d. Wissenschaften. XVI. Bd. 

** Sugss: Studien über die Gliederung der Trias- und Jurabildungen 
in den östl. Alpen. I. Raibl. Im Jahrb. der k. k. geol. Reichsanstalt. 
Bd: XV. 1867. 

»* TARAMELLI, Dr. F., Sulle antiche ghiacciaje nelle valle della Drava, 
della Sava e dell’ Isonzo. In „Atti della Societa italiana di seienze na- 
turali“, Milano. Bd. XUl. 1870. 

Jahrbuch 1873. I 


‚130 


Ursachen bedingt entstehen können. Betreffs der Gletscherschliffe 
von Gesteinflächen ist zunächst und fast ausschliesslich nur eine 
Verwechslung mit Rutschflächen denkbar. Ich suchte desshalb 
die Letzteren insbesondere in Steinbrüchen desselben Gesteines 
auf, an welchen ich Gletscherschliffe gefunden zu haben glaubte. 
Da fand sich an diesen Localitäten bald ein massgebender Unter- 
schied, dass nämlich die Rutschflächen zwar geglättet und zwar 
vorwiegend durch den erhärteten Besteg, welcher eben auch ein 
Product der Reibung ist, ja auch gefurcht (cannelirt), doch nicht 
so scharf geritzt sind, als die eigentlichen Gletscherschliffe, 
welche letzteren mir nicht nur aus der Nähe der Gletscher in 
den Alpen, sondern auch von Spitzbergen und Nowaja-Semlja her 
— die besten modernen Eiszeitbilder — wohl bekannt sind. Alle 
wahren Rutschflächen erscheinen nämlich in dem durchforschten 
Gebiete im senkrechten Durchschnitte auf die Furchungen im All- 
gemeinen wellenförmig und haben selten hie und da schärfer 
eingeschnittene Ritzer. Die Gletscherschliffe hingegen sind selbst- 
verständlich dort, wo sie blossgelegt sind, ohne Besteg, ganz glatt 
polirt, zeigen in kleineren Partien eine mehr ebene Fläche, in 
welcher ganz knapp viele scharfe Ritzer vorhanden sind und 
welche mehr oder weniger tief und breit sind. Überdies sah 
ich auf Rutschflächen niemals mehrere Systeme von Ritzern, 
häufig jedoch an Gletscherschliffen: ferner sind bei letzteren ein- 
geschlossene Quarzwülste, etwas convex hervorstehend, immer 
spiegelglatt, was ich von Rutschflächen nicht sagen kann. Dies 
sind -Unterscheidungsmerkmale, welche, ich möchte sagen, auch 
in Handstüucken den echten Gletscherschliff kennzeichnen. Zu 
diesen gesellen sich noch jene, welche örtlicher Natur sind; hie- 
von seien blos folgende erwähnt. Es springt zum Beispiele eine 
polirte Platte senkrecht zur Richtung der Ritzer um 0,3 mt. zu 
einer tiefer liegenderen ebenfalls geschliffenen Platte. Diese Kante 
ist stets abgerundet und gewöhnlich ganz besonders glatt polirt. 
Ferner findet man sehr häufig die eigentlichen Gletscherschliffe 
selten allein, sondern solche polirte Platten in der Nähe noch 
mehrere; man wird dann bei allen dieselbe Streichungsrichtung 
der Ritzer eingehalten finden. Eine derartige Erscheinung wird 
sodann noch sprechender, wenn man, wie es z. B. mir gelungen 
ist nachzuweisen, die übereinstimmende Streichungslinie der Ritzer 


131 


sowohl auf der Kuppe, als auch auf verschiedenen Punkten ihrer 
Gehänge aufzufinden im Stande ist. Ja die Übereinstimmung ist 
so gross, dass sich auf Meilen weit hin ein gleiches Streichen 
der Ritzer, gewöhnlich übereinstimmend mit dem des Hauptihales, 
nachweisen lässt. Noch sei erwähnt, dass ich in Mittelkärnten 
das Streichen der Ritzer immer nahezu parallel dem Hügel- oder 
Gebirgszuge fand; würde man es mit Rutschflächen zu thun haben, 
so müssten deren Furchungen wohl in den meisten Fällen senk- 
recht zur Streichungsrichtung der Terrainwelle stehen. Alle diese 
genannten Erscheinungen schliessen somit auf das Bestimmteste 
die Entstehung der in Rede stehenden Schliffflächen durch Rut- 
schung aus; hingegen zeigen sie vollständige Übereinstimmung 
mit den recenten Gletscherschliffen, es muss ihnen somit eine 
gleiche Entstehungsursache wie diesen zugeschrieben werden. 
Ich glaubte diese Auseinandersetzungen nicht blos darum zu 
schulden, um in vornhinein jede Vermuthung eines Irrthums in 
meinen Beobachtungen auszuschliessen, sondern auch desshalb, 
um überhaupt die ganze Erscheinung als solche zu kennzeichnen 
und auf etwaige Verwechslungen aufmerksam zn machen. 
Zuerst fand ich die so charakterisirten Gletscherschliffe in 
jenem niedrigen Gebirgszuge, welcher zwischen den beiden Städten 
Villach und Klagenfurt und zwar am Nordufer des Wörther-Sees 
liegt. Er besteht der Hauptsache nach aus verschiedenen Thon- 
schiefern, welche im Grossen betrachtet N.N.W.-wärts verflächen 
und häufig Kalk- und Quarzitlager als accessorische Bestandmas - 
sen enthalten; der hangende Theil dieser Schiefergruppe ist auf 
den Karten unserer k. k. geologischen Reichsanstalt als Carbon 
eingezeichnet, dem ich aus vielfachen Gründen nicht beipflichten 
kann. Im Liegenden des genannten Schiefercomplexes, also in 
der Nähe Klagenfurts, tritt die schiefrige Structur gegenüber der 
massigen immer mehr in den Hintergrund, das Gestein ist von 
reichlich auftretendem Amphibole (Strahlstein) gewöhnlich grün 
gefärbt, hat ziemlich reichlich 1—2‘ auch bis 1” mächtige Quarz- 
adern ausgeschieden, die häufig zur Schichtung parallel sind, und 
wird etwas härter. Ich bezeichne dieses Gestein vor der Hand, 
so lange meine einschlägigen petrographischen Studien nicht be- 
endet sind, als „Kreuzbergelgestein.« Den Namen nahm ich von 
9* 


132 


der Localität, dem Kreuzbergel. welcher Hügel das Ende des 
genannten Gebirgszuges zwischen Villach-Klagenfurt im Osten 
bildet, sich in der unmittelbaren Nähe der letzteren Stadt findet 
und auf welchem bei der Anlage von Spaziergängen u. s. f. die 
schönsten Gletscherschliffe aufgefunden wurden. Die Kuppe ist 
ziemlich flach gewölbt, die Schichten liegen nahezu horizontal. 
und das Gestein ist nicht zu hart. um sich gut poliren und ritzen 
zu lassen, ist aber anderseits wenig zur Zerstörung geneigt, wie 
dies am besten verschiedene Jahrhundert alte Standbilder in Kla- 
genfurt bezeugen. Es sind somit die besten Bedingungen zur 
Entstehung und Erhaltung von Schlifflächen vorhanden. So fand 
ich z. B. in gut geschichteten Gesteinen desselben Gebirgszuges 
westlich vom Kreuzbergel sehr. häufig Rudimente von Gletscher- 
schliffen, insbesondere auf dem Scheitel mehrerer Kuppen; doch 
ist der Schiefer insbesondere der mechanischen Zerstörung durch 
die Atmosphärilien so ausgesetzt, dass es eines geübten Auges 
bedurfte, um sie als Gletscherschliffe zu erkennen. Derartiger 
Fundstellen wird desshalb auch in dem weiteren Verlaufe dieser 
Abhandlung nicht mehr gedacht werden. 

Auf dem Scheitel des Kreuzbergels findet man eine kıeine 
durch alte Steinbrucharbeit bedingte Lache. in deren unmittel- 
baren Nähe sowohl westlich als auch nordöstlich ausgezeichnete 
Gletscherschliffe. Die westliche Platte ist eine Schichtfläche mit 
11° Einfallen nach Stunde 14, und ist auf 3 Klafter Länge und 
2 bis 21), Klafter Breite blossgelegt; überall ist sie polirt und 
vorwiegend nach hora 5 geritzt. An einzelnen Stellen, insbe- 
sondere wenn durch die Platte eine wellenförmige Vertiefung 
geht, schneiden sich die Ritzlinien unter einen Winkel von 195°, 
die Linien pflegen sich über den Scheitel des Winkels hinaus 
nicht fortzusetzen. Die eingelagerten Quarzwülste sind vorzüglich 
geglättet, ebenso die Kante, die abgerundet und geriizt ist am 
Absturze zur Lache. Die zweite Platte, welche von der soeben 
beschriebenen 30 Schritte nordöstlich liegt und wo die Schichten 
mit 20° nach Stunde 17—18 verflächen, ist auf nahezu 5° Länge 
und 3!/,° vom Waldboden unbedeckt, vielfach ausgezeichnet po- 
lirt und nach hora 3 geritzt. wohin auch die Oberfläche der Platte 
mit 6° verflacht. 

Eine kleine Partie von wenigen Quadratfussen fand ich west- 


133 


wärts von dem soeben geschilderten Punkte, bei 200 Schritte 
entfernt, am Wege von hier zur Militärschiessstätte aufgeschlos- 
sen. Sie ist ebenfalls polirt, doch lassen sich die Ritzer nicht 
gut mehr erkennen. Diese Stelle war bis vor Kurzem mit Hu- 
mus bedeckt. unter welchem insbesondere die chemische Zer- 
störung rascher vor sich geht. 

Die Gletscherschliffe am Kreuzbergel fielen schon vor langer 
Zeit unserem verdienstvollen Kärntner Geologen-Veteranen Fr. 
v. Rostuorn auf; als ich diesem meine ersten Funde bezüglich 
der Eiszeit in Kärnten mittheilte, zeigte er mir persönlich die 
beschriebene Localität, was ich hier dankbarst erwähne. 

Von der Mitte Klagenfurts 11000 — nach der Luftlinie ge- 
messen — westwärts liegt das kleine Dorf St. Martin; zwischen 
diesem und dem sehr nahe gelegenen Bahndamme erhebt sich 
ein oben abgerundeter Hügel um wenige Klafter aus der um- 
liegenden Diluvialebene, welcher ebenfalls aus Kreuzbergelschie- 
fer besteht, dessen Schichten durchwegs flach, durchschnittlich 
mit 15°, nach Stunde 16—17 einschiessen und sich nur local 
am Südfusse dieser Kuppe bis zu 30° aufstellen. Überall, wo 
nicht eine Dammerdedecke die Höhe des Hügels der Beobachtung 
entzieht, findet man alle Gesteinsflächen, insbesondere auch die 
Quarzschnüre, ausgezeichnet polirt und erstere durchwegs nach 
Stunde 5—6 geritzt. Ganz vorzüglich ist dies auf einer Platte 
im nordwestlichen Theile des Hügels zu sehen, welche in glei- 
cher Richtung doch etwas flacher (90) als die Gesteinsschichten 
verflächt. — Auch hinter der diesem Hügel nahegelegenen und 
zwar nördlichen Kirchhofmauer dieses Dorfes finden sich ziemlich 
gut erhaltene, polirte Flächen, worin die Ritzer nach Stunde 5 
gerichtet sind. Zur Orientirung sei bemerkt. dass sich hievon 
unmittelbar nach Nord der Gebirgszug erhebt, dessen Ostende 
das Kreuzbergel bildet. 

Verfolgt man den soeben erwähnten Gebirgszug weiter west- 
wärts, so trifft man in einer Entfernung von 15 Meilen das Dorf 
Pörtschach an seinem Südfusse und zugleich am Nordufer des 
reizenden Wörthersee’s. Hinter dem sogenannten Schlosse da- 
selbst zieht sich ein Weg in das Gebirge; an diesem und 20° 
nordwärts von dem genannten Gebäude findet sich der grünliche 


134 


Schiefer, dessen Schichten bei seigerer Stellung nach Stunde 19 
bis 7 streichen, ebenfalls polirt und nach hora 4 geritzt. 

Geht man an dem Südfusse des Gebirgszuges, welcher das 
Nordufer des Wörther-See’s ist, noch weiter westwärts, so ge- 
langt man am Westrande des letzteren zu dem Dorfe Velden; 
von hier aus liegt das Dorf Köstenberg circa eine Wegstunde 
nach N.N.W. In dieser Gemeinde und zwar 800° (Luftlinie) von 
dem letzterwähnten Dorfe findet man wenige hundert Schritte 
nordwärts vom Berge pri Platti eine sehr schöne und grosse 
Schlifffläehe an dem grünen Schiefer, dessen Schichten mit 45 
nach h. 11 verflächen. Das Streichen der Ritzer ist Stunde 4. 

Die bisher erwähnten vier Fundstellen: Kreuzbergel, St. 
Martin, Pörtschach und Velden gehören wie schon mehrfach er- 
wähnt, ein und demselben Gebirgszuge an, welcher sich zwischen 
dem Wörther- und Ossiacher-See west-ostwärts dahinzieht und 
dessen höchster Punkt 2562 Fuss über dem erstgenannten See 
sich erhebt. Wie ich dieser Tage von Herrn stud. R. Canavar 
vernahm, ist es ihm im verflossenen Sommer während meiner 
längeren Abwesenheit geglückt, in diesem Zuge noch mehrere 
schöne Gletscherschliffe aufzufinden. Leider fehlen genauere An- 
gaben und die Schneedecke verhindert es, sie dermalen einzu- 
bringen. Es möge jedoch beweisen, wie reichlich verbreitet in 
dieser Gegend die Gletscherschliffe sind. 

Südlich vom Wörther See liegt der Keutschacher See, 
dessen Ausfluss in den erstgenannten stattfindet. An der Aus- 
flussstelle circa 20° westlich — gegenüber einem Gehöfte — ist 
ebenfalls der Kreuzbergelschiefer auf mehrere Quadraiklafter hin 
polirt und west-ostwärts geritzt. 

Vom Kreuzbergel nach O.N.O. dehnt sich eine Diluvialebene 
aus, welche sich von der grossen Klagenfurt-Bleiburger abzweigt 
und sich gegen St. Veit hinzieht. In der früheren Richtung fort- 
gegangen, steigt aus der genannten Ebene bei Maria-Saal und 
Zollfeld ein schön bewaldeter Gebirgszug sanft gewellt bis zu 
dem Magdalens- oder Helenenberg (bekannt durch die Römer- 
reste) mit 3,331 Fuss an. Schon vor vier Jahren fielen mir bei 
meiner ersten Excursion daselbst die bis zur Spitze reichenden 
Geröllmassen auf, von welchen später gesprochen werden soll. 
Im verflossenen Frühjahre fand ich auf dem Südabhange in der 


135 


Nähe einer Martersäule bei den Bauern Kraus und Wasnıtsch 
eine viele Quadratklafter grosse Fläche von grünen, ziemlich 
festen Tuffen, deren Schichten vielfach gestört sind. Die Ober- 
fläche ist ganz glatt polirt und an einzelnen Stellen nach Stunde 
b—7 geritzt; diese Richtung ist etwas südlicher als das Streichen 
des Terrains, es ist somit auch hier die Erklärung durch Ab- 
rutschung ausgeschlossen, und gleichzeitig auch die geringe Ab- 
weichung der allgemein herrschenden Stunde der Ritzer erklärlich. 
Fassen wir nun all’ die Beobachtungen von den verschieden- 
sten Punkten Mittelkärntens zusammen, so ergibt sich hieraus, 
dass das herrschende Streichen an ebenen Platten Stunde I—b 
ist, und dass es local nach dem Terrainverflächen um ih abweicht. 
Es muss sich also die riesige Gletschermasse, welche ganz Mit- 
telkärnten bis zu seinen höchsten Punkten bedeckte, west- oder 
ostwärts bewegt haben. In Anbetracht dessen, dass die höchsten 
Gebirgszüge in Kärnten auf der Westhälfte liegen und sich die 
Alpen nach Ost stetig mehr erniedrigen, muss es als zweifellos 
hingestellt werden, dass sich der Riesengletscher von 17—18h 
nach 5—6h, also ostwärts vorwärts schob. Er kam somit nach 
Mittelkärnten von Villach, wo sich bekanntlich die beiden Haupt- 
thäler Oberkärntens, das der Drau und der Gail, vereinigen. 


II. Erratische Blöcke. 


In der Bestimmung der Echtheit derselben kann bei weitem 
nicht so leicht ein Irrthum unterlaufen als bei den übrigen Merk- 
malen der Eiszeit; sie waren ja desshalb die Anreger zur Auf- 
stellung der Eiszeit. Wenn man auf einem Punkte ein Gestein 
als grossen eckigen Block findet, welches weder hier ansteht 
noch als Rudiment einer möglicher Weise hier zerstörten Ge- 
steinspartie, noch als hieher herabgestürzt betrachtet werden kann, 
so bleibt uns nach den dermaligen geologischen Kenntnissen keine 
andere Erklärung, als die des Gletschertransportes. 

In Mittelkärnten fand ich an zwei Punkten grosse eckige 
Gneissblöcke, welche alle zuerst genannten Möglichkeiten aus- 
schliessen, und somit als erratisch zu bezeichnen sind. Diese 
befinden sich: 

Auf dem Ullrichsberge, Dieser ist 4500° (nach der 
Luftlinie gemessen) nördlich von Klagenfurt (1,397%) und 3,209‘ 


136 


über dem Meere. Die Schichten fallen hier mit durchschnittlich 
50° nach Nord und sind am Südfusse Thonschiefer, an der Spitze 
Triaskalke, deren geologischer Horizont sich nicht genauer be- 
stimmen lässt. Zwischen beiden schaltet sich an der Ostseite 
des Berges ein rother Sandstein ein, welcher in seinen Hangend- 
schichten einen grünen Schiefer mit Myacites fassaensis und Avi- 
cula venetiana führt und somit zu den Werfner Schichten (Bunt- 
sandstein) gehört. Auf dem sich nach südwestwärts herabziehen- 
den Sattel, wo plötzlich die westliche Fortsetzung des rothen 
Sandsteines abgeschnitten ist, liegen mehrere Gneissblöcke, welche 
alle scharfe Kanten und annähernd cubische Gestalt haben; der 
grösste hievon umfasst nahezu 5 Cubikklafter. Alle diese Blöcke 
bestehen aus ein und demselben Gneisse, aus einem Gemenge 
von Quarz, Feldspath und kleineren weissen Glimmerblätichen 
bestehend, in welchem sich eine parallele Anordnung nicht ver- 
kennen lässt. Überdies ist der Muscovit noch ziemlich häufig in 
anhaltenden Flasern ausgeschieden, mit welchem dann 1" grosse 
Granatkrystalle vorkommen. Es sei nun bemerkt, dass Gneiss in 
der ganzen auch weiteren Umgebung des Berges nirgends an- 
steht. Ferner schliessen die scharfen Kanten der Gmeissblöcke, 
deren Grösse und Lage ein Herschwemmen durch Hochfluthen 
total aus; nach den geologischen Verhältnissen ist es undenkbar, 
dass Gneiss hier einstens anstehend gewesen wäre, und ein Her- 
abstürzen von der Höhe, die aus Triaskalk besteht, ist ebenfalls 
in vorhinein ausgeschlossen. Somit lässt sich für diese Blöcke 
nur eine Erklärung und zwar mit Zuhilfenahme der Eiszeit geben. 

Am Magdalensberg. Am Wege von Ottmanach nach 
St. Donaten zweigt sich am Sattel ein anderer Weg nach ost- 
wärts, also gegen die Spitze des Magdalensberges hin, mit ge- 
ringem Ansteigen ab. An diesem Wege, circa 200 Schritte von 
dem erwähnten Trennungspunkte entfernt, findet man einige 
mehrere Cubikfuss umfassende Gneissblöcke mit scharfen Kanten. 
Der Gneiss ist ziemlich ähnlich jenem vom Ullrichsberge beschrie- 
benen, nur fand ich keine Granaten in ihm. Die ganze Gebirgs- 
gruppe des Magdalensberges besteht nur aus Thonschiefer und 
verschiedenen Triasgesteinen — rother Sandstein, grüne Tuffe 
und dolomitische Kalke —, doch nirgends aus Gneiss, welcher 
letztere erst weiter nordostwärts auf der durch ein breites Thal 


137 


getrennten Saualpe ansteht. Es müssen also auch die in Rede 
stehenden Blöcke auf ihren jetzigen Punkt hergetragen worden 
sein; da dieselben Gründe, wie die bei der früheren Fundstelle 
erwähnten, gegen eine Hochfluthursache sprechen, so bleibt uns 
keine andere Erklärungsweise übrig, als wie die Findlinge als 
erratische Blöcke zu bezeichnen. 

Eigenthümlich ist der Umstand, dass an den beiden erwähn- 
ten Fundpunkten die erratischen Blöcke immer nahezu ganz oben 
am Sattel vorkommen. Es wäre sicherlich wünschenswerth, dies 
bei späteren Studien zu beachten. Verbindet man die beiden 
Fundpunkte, am Magdalens- und Ullrichsberge, mit einer Geraden, 
so ist diese nach Stunde 5, also übereinstimmend mit der Rich- 
tung der Gleischerritzer, und zeigt ebenfalls nach Villach. Da 
es keinem Zweifel mehr unterliegen kann, dass von der letzi- 
genannten Gegend sich die Gletscher herabschoben, so stammt 
der in erratischen Blöcken gefundene Gneiss von Oberkärnten, 
wo er an dem Aufbaue der Gebirgsstöcke am linken Drauufer 
wesentlich betheiligt ist, und in der Nähe von Gmünd in der 
äusseren Gneisshülle vorkommt. Es ergeben sich somit aus dem 
Studium der erratischen Blöcke in Mittelkärnten dieselben Schluss- 
folgerungen, wie aus dem der Gletscherschliffe. 


III. Moränen. 


Wir pflegen dieselben in A) Grund-, B) End- und C) Sei- 
ten- und Mittel-Moränen einzutheilen. Letztere konnte ich bisher 
an keinem Punkte Kärntens nachweisen. Die Endmoränen fand 
ich am Raibler- und Weissenfelser-See und Stur erwähnt sie in 
seiner Eingangs citirten Abhandlung vom Möll- und Malnitzthale 
in Oberkärnten; doch sind alle in bedeutenderer Höhe gelegen 
(Raibler-See 3,090° Seehöhe) und bezeichnen entweder einen 
Stillstand im Rückzuge der einstens tiefer reichenden Gletscher, 
oder sind die Reste einer zweiten jüngeren Eiszeit; ich entscheide 
mich aus mehrfachen Gründen für letztere Annahme. Da die 
erwähnten Fundpunkte von Endmoränen nicht in Mittelkärnten, 
unserem Studiengebiete, liegen, so mögen sie weiters nicht be- 
achtet werden. Endmoränen von der ersten Eiszeit, welche ganz 
Mittelkärnten mit Gletschern erfüllte, dürften in Kärnten kaum 
gefunden werden können. Abgesehen davon, dass die bekannten 


138 


Endmoränen jener Zeit am Südfusse der Alpen, z: B. beim Garda- 
See tiefer liegen als der tiefste Punkt in Kärnten, so müssen 
wir den gesagten Ausspruch schon aus den heimischen Funden 
allein folgern; denn die Gletscherspuren lassen sich bis in die 
Klagenfurt-Bleiburger Ebene nachweisen, welche nahezu das Tiefste 
des Landes bildet. Da sich von hier bergauf bis in bedeutende 
Höhe die Eiszeitreste verfolgen lassen, so musste hier die Glet- 
schermasse eine bedeutende Mächtigkeit besessen haben und 
schob sich von Bleiburg ostwärts nach Untersteiermark u. s. f. 
vor. Wenn wir jedoch in jenen Gegenden, wo wir die End- 
moränen vermuthen, dieselben nicht finden, so erklärt sich dies 
naturgemäss daraus, dass das beim Rückzuge der Gletscher sich 
im grossartigen Massstabe ablagernde Fluthdiluvium dieselben be- 
decken musste, wie wir dies auch wirklich in Untersteiermark 
mächtig entwickelt finden. 

Betreffs der im Hochgebirge vorkommenden sogenannten alten 
Endmoränen möchte ich bei dieser Deutung zur Vorsicht mahnen, 
indem Hochwässer sehr oft eine überraschend ähnliche Erschei- 
nung hervorbringen. Ein solcher Schuttwall entstand z. B. bei 
einem Hochwasser im Jahre 1851 bei Villach (im Südosten von 
Kärnten), von welchem Suess * bemerkt: „einer Moräne nicht 
unähnlich.“ Es verbleiben uns somit nur die Grundmoränen zur 
weiteren Untersuchung, welche sich in Mittelkärnten ziemlich 
reichlich vorfinden. 

Es ist schon lange aufgefallen, dass man an den Berggelän- 
den unseres Centralalpenzuges in Höhen bei 4000 Fuss Gerölle 
findet, deren Gesteine in der unmittelbaren Umgebung nicht, wohl 
jedoch in den südlichen Kalkalpen anstehen. Zur Erklärung ihres 
Hieherkommens nahmen manche Geologen einen gewaltigen Wo- 
genschlag in Folge von Erdbewegungen an, welcher die Gesteine 
des Südens auf die nördlichen Berggelände völlig hinaufpeitschte. 
Abgesehen von aller Kühnheit dieser Hypothese finden wir diese 
höheren Geröllablagerungen von Erscheinungen begleitet, welche 
durch die genannte Erklärungsweise vollends unaufgeklärt bleiben 
und uns ebenfalls zur Annahme alter Gletscher zwingen. Unter- 
sucht man nämlich diesen „Hochschotter“ genauer, so findet man 


* Suess: Über die Äquivalente des Rothliegenden. Sitzb. d. k. k. Aka- 
demie der Wissenschaften, LVII. Bd., I. Abthlg., Seite 261. 


139 


in einer lettigen Grundmasse ohne jede Spur einer Schichtung, 
also ganz unregelmässig, Gerölle von verschiedener Grösse und 
aus verschiedenen Gesteinen bestehend, eingebettet. Die Wei- 
cheren hievon, wie z. B. jene aus Kalk und jene aus einem grü- 
nen serpentinähnlichen Gesteine, sind feiner oder gröber und zwar 
meist nach einer, seltener nach zwei oder mehreren Richtungen 
geritzt. Ferner findet man immer auch zerbrochene Gerölle, wo 
die Bruchfläche ihre scharfen Kanten behielt. Wir haben es so- 
mit hier mit Grundmoränen zu ihun, welche allerorts, z. B. von 
der Schweiz wie von Württemberg mit denselben Eigenthümlich- 
keiten beschrieben werden und für welche ich den Namen „Er- 
raticum“ gebrauche. Ebenso wie in den genannten Gegenden 
sind auch hier diese Geröllablagerungen als sehr fruchtbarer Bo- 
den bekannt, auf welchen sich desshalb unsere Bauernwirthschaf- 
ten in einer sonst ungewohnten Höhe ansiedeln. 

Das Fluthdiluvium hingegen, wie wir es in der Klagenfurt- 
Bleiburger Ebene in verticaler wie horizontaler Richtung colossal 
entwickelt finden, ist durchwegs geschichtet, hat fast immer ein 
sandiges Bindemittel und sandige concordante Einlagerungen, und 
obzwar die Gerölle meist aus denselben Gesteinen wie das Er- 
raticum bestehen, so sind sie niemals geritzt. Der Boden gilt 
bei den Ökonomen als mager und weniger fruchtbar. Scharf 
zeigt sich der Unterschied zwischen Fluthdiluvium und Erraticum 
an der Grenze beider, wie z. B. mehrfach zwischen Klagenfurt 
und St. Veit. So versicherte mich der daselbst ansässige Guts- 
besitzer und Landtagsabgeordnete Herr G. Hock, dass auf seinen 
Grundstücken in der Ebene (Fluthdiluvium) kein Obstbaum ge- 
deike, während wenige hundert Schritte davon auf den sanften 
Gehängen, wo das Erraticum auftritt, derselbe prächtig gedeiht; 
Ähnliches ergibt sich auch für manche anderen Culturgattungen. 

Nachdem im Vorstehenden in grossen Zügen das Auftreten 
der Grundmoränen, welche an vielen Stellen Mittelkärntens die 
sanfteren Gehänge bedecken, skizzirt wurde, so sei von den vielen 
zweier Punkte eingehender gedacht, da hier das Erraticum sehr 
gut aufgeschlossen und massenhaft entwickelt ist. 

Pörtschach beim Ullrichsberge. Von diesem Orte zieht 
sich in der Richtung nach St. Veit, d. i. nach N.N.O., ein sanfter 
Rücken gegen Tauzenberg hin. Überall ist derselbe von frucht- 


140 


baren Feldern bedeckt, und hie und da erhebt sich daraus ein 
2—3 Klafter hoher sanfter und ebenfalls bebauter Kegel, in wel- 
chem, wie auf allen diesen Äckern, geritzte Gerölle häufig vor- 
kommen. An einer Stelle ist auf der Höhe dieses Rückens, wo 
das Gerölle sehr überwiegt, eine Gewinnung desselben zu Schot- 
terungsmaterial eingeleitet und hiedurch ein guter Aufschluss 
geliefert. Das Vorkommen lässt sich wie folgt beschreiben. 

In einer graulichen, lehmigen, seltener wenig sandigen Masse 
liegen grosse und kleine Gesteinsstücke unregelmässig, wie hin- 
eingeknetet, zerstreut. Das Volumen der Grundmasse dürfte ein 
Viertel derjenigen der eingebetteten Gesteinsstücke sein. Unter 
Letzteren fallen zuerst grössere, bis 4 Cubikfuss grosse Blöcke 
auf, welche aus einem festen grünen Thonschiefer (sehr ähnlich 
dem früher erwähnten Kreuzbergelschiefer) oder aus schwarzem, 
völlig dichtem Kalksteine oder auch aus Gneiss bestehen, und 
deren Kanten an vielen Stellen abgerundet oder polirt sind. Die 
Gerölle von der Grösse eines Brodlaibes abwärts bis zu der einer 
Nuss bestehen vorwiegend aus lichtgefärbtem Dolomit, aus röth- 
lichem und grauem bis schwarzem Kalk (Trias®). Hiebei sind 
es die rothen und dunklen Varietäten, welche die Ritzer, meist 
parallel, vortrefflich erkennen lassen. Diese Gerölle sind ent- 
weder vollends rund oder sie haben die Plattenform, jedoch mit 
abgerundeten Kanten, beibehalten. Eine solche graue Kalkplatte 
zeigt an der einen Seite drei Systeme paralleler, oft tieferer 
Ritzer; eine andere von mehr eckiger Form hatte eine gerade 
Kante schräg abpolirt und zeigte daselbst viele parallele Ritzer 
senkrecht auf die Kante. 

Seltener als die Kalke sind unter den Geröllen die Raibler 
Porphyre, welche fast immer ganz abgerundet und polirt, doch 
wegen ihrer grossen Härte fast niemals geritzt sind. Unter die- 
sen Porphyren ist die graue Varietät selten, gewöhnlich nur die 
rothe anzutreffen. Ferner kommt auch noch hie und da ein nicht 
sehr hartes, dunkelgrünes Gestein, dem Serpentine ähnlich, vor; 
dieses ist vollends zu länglichen Geröllen abgerundet, gut polirt 
und fast in jedem Stücke geritzt. Manchmal sind diese Furchen 
nur bei directer Sonnenbeleuchtung oder unter der Lupe und 
zwar als ein System sehr zarier paralleler Linien erkennbar. 

Ich lege auf den Umstand, dass dieser Aufschluss auf der 


141 


Höhe eines langen Rückens liegt. aus der Ursache ein besonderes 
Gewicht, weil hiedurch eine mögliche Täuschung in der Deutung 
der geritzten Gerölle ausgeschlossen wird. ich konnte nämlich 
in einem Gebirgsrücken südöstlich von Klagenfurt, Sattnitz ge- 
nannt, beobachten, dass die in dem daselbst anstehenden Con- 
glomerate vorkommenden Kalkgerölle nach ihrem Loslösen beim 
langsamen Herabrutschen in der sandigen Schutthalde manches- 
mal sehr ähnlich dem Erraticumgerölle geritzt werden. Ich glaube 
auf diese Beobachtung aufmerksam machen zu müssen, damit man 
sich nicht etwa wegen des Fundes eines oder einiger geritzten 
Gerölle verleiten lässt, hierin sofort ein untrügliches Wahrzeichen 
der Eiszeit zu erkennen. 

Südgehänge des Magdalensberges. Es ist zum gros- 
sen Theile mit Erraticum bedeckt; es reicht vom Fusse desselben 
unmittelbar hinter Ottmanach bis völlig unter die Spitze des Ber- 
ges, aus welchem Umstande auch erklärlich ist, dass hier die 
Gehöfte bis zu solcher bedeutender Höhe reichen. 

An einzelnen Stellen ist es mächtiger entwickelt, an anderen 
bedeckt es nothdürftiig das darunter liegende Gebirge, welches, 
wie aus den wenigen Entblössungen zu schliessen ist, grossen- 
theils aus grünen Triastuffen besteht. Die Zusammensetzung 
dieses Erraticums ist übereinstimmend mit jenem von Pörtschach 
beim Ullrichsberge. Auch hier sind es vorwiegend verschieden 
gefärbte Kalke und Dolomite, das erwähnte Serpentin-ähnliche 
Gestein. Gneisse und die Raibler Porphyre, welche das Material 
für die Gerölle lieferten. 

Eigenthümlich ist es, dass man an beiden Fundorten diese 
Übereinstimmung findet. Aus dem Umstande, dass wir unter den 
Geröllen Porphyre finden, welche nur in der Umgebung von Raibl 
(südliche Kalkalpen) vorkommen. kann es keinem Zweifel unter- 
liegen, dass sie durch das Schlitza- und Gailthal mittelst Glet- 
scher nach Mittelkärnten geschafft wurden. Andere Gesteine, und 
da sind es ganz besonders manche Gneisse und die Serpentin- 
ähnlichen, deuten ebenso zweifellos auf Oberkärnten, von wo sie 
durch das Drauthal kamen und sich bei dem jetzigen Villach mit 
der zweiten grossen Gletschermasse vereinten. 

Mächtig aufgeschlossen ist ferner das Erraticum: An der 
Strasse von Villach nach Tarvis und zwar südlich der Gailbrüche, 


142 


am Faaker-See, am höchsten Punkte der Strasse von St. Veit 
nach Treibach und nach einer Mittheilung meines Freundes Custos 
Herrn L. Canavar bei Miklauz. Ich zweifle keinen Augenblick, 
dass sich das Verbreitungsgebiet des Erraticums über ganz Mit- 
telkärnten nachweisen lassen wird. 


Fluthdiluvium. 


Als sich die Gletscher bei eintretender Temperaturerhöhung 
rückwärts zogen, so mussten ihnen gewaltige Wassermengen 
entströmen. Diese wuschen auch grossentheils die Grundmoränen 
weg, trugen die Gerölle in die Thalspalten hinab, welche sie zum 
Theile ausfüllten, und wobei sie sich durch das unregelmässige 
Wetzen zwar weiter abrunden konnten, jedoch hiebei ihre frühe- 
ren Gletscherritzer einbüssten. Die grossen sich durch das Weg- 
schmelzen der Gletscher bildenden Wassermengen waren somit 
auch im Stande, in unseren Thälern so ausgedehnte Diluvial- 
ebenen zu schaffen, wie es z. B. die Klagenfurt-Bleiburger ist, 
wovon sich ein Theil gegen St. Veit abzweigt. Die Gerölle die- 
ser Ebene sind, ihres petrographischen Charakters nach, die- 
selben wie die im Erraticum vorkommenden, nur sind sie, wie 
schon einmal erwähnt, ohne parallelen Ritzer und in Sand, oft 
schichtenweise, gebettet. 


Alter des Fluthdiluviums und der beschriebenen Eiszeit. 


Dass wirklich die Klagenfurter Diluvialebene jünger als das 
Erraticum ist, beweist die directe Beobachtung in der Nähe der 
Bahn zwischen den Stationen Zollfeld und St. Veit, weselbst das 
Erraticum das Fluthdiluvium der Ebene unterieufend zu sehen war. 

Wir haben somit in dem Letztgenannten einen Anhaltspunkt 
zur Bestimmung des Alters der Eiszeit, indem in ihm mehrfach 
Reste von Säugethieren aufgefunden wurden. So wurden in 
jüngerer Zeit gelegentlich einer Drainage Kiefer- und Ober- 
schenkelknochenreste von Bos taurus darin gefunden. Unser * 


* Naturhistorische Bemerkungen über den Lindwurm der Stadt Kla- 
genfurt. Von Fr. Unger, Professor am Joaneum; in Steiermärkische Zeit- 
schrift, Gratz 1840, Seite 75. 


143 


vermuthet, dass der in Klagenfurt schon drei Jahrhundert be- 
wahrte Schädel von Rhinoceros tichorhinus vom Zollfelde stamme. 
Ferner wurde bei St. Veit in einer alten Fluthmarke im Gerölle 
der Schädel mit den Zapfenansätzen eines Steinbockes gefunden, 
welcher nach einer brieflichen Mittheilung des berühmten H. v. 
MEvEr dem Ibex cebennarum angehört. 

Es war somit die in dieser Studie besprochene Eiszeit die- 
sem Zeitabschnitte vorangegangen. Und hält man diese Knochen- 
Funde mit der grossartigen Ausdehnung und mächtigen verticalen 
Entwicklung der alten Gletscher zusammen, so müssen wir zu 
dem Schlusse gelangen, dass wir es im vorliegenden Falle mit 
der ersten, älteren Eiszeit zu thun haben. 


Ä Jüngere Eiszeit. 


Sobald man die grossen Schuttwälle vor dem Raibler See, 
und im Möll- und Malnitzer-Thale als Endmoränen erklärt, wofür 
grosse Wahrscheinlichkeit ist, so hätlen wir hierin die Wahr- 
zeichen der zweiten, jüngeren Eiszeit zu erblicken, deren Ver- 
breitungsbezirk ein unverhältnissmässig kleinerer als jener der 
ersten Eiszeit war. Und da alle diese Moränen höher liegen als 
Mittelkärnten, so müsste dieses zur zweiten Eiszeit vollends Glet- 
scherfrei gewesen sein. 

Stellen wir die erhaltene Altersfolge mit jener der Schweiz * 
und anderer Gegenden in Parallele, so ergibt sich folgendes 
Schema: | 


* Nach: Die Urwelt der Schweiz von OswaLp HEErR, Seite 533. — 
Hiebei wurde die postglaciale Geröllbildung der Schweiz und ihren Äqui- 
valenten: Tuff von Kannstatt etc. etc. und die jüngeren Bildungen nicht 
weiter berücksichtigt, indem man bei jüngeren Ablagerungen in Kärnten 
nur den Unterschied hervorheben könnte, ob in ihnen Steinwerkzeuge oder 
Bronzegegenstände gefunden wurden; nun hiezu liegt wohl noch zu wenig 
Material vor; vielleicht liefern die Torflager noch manche Ausbeute. 


144 


Diluviale Periode. 


Schweiz. Anderwärts. 


| Zweite glaciale Bildung. — Erratische | Lössbildung des Rheingebietes mit Mammuth. — 


Kärnten. 


Zweite Eiszeit. 


3 ; \ : Blöcke. — Moränen. — Schuttwall Zweite continentale Periode Englands. — Glet- 
Moränen beim Raiblersee, im von Aubonne und Morges mit Mam- scher auf den Bergen Schottlands. — Skandina- 
Möll- und Malnitzerthale. | muth. — Alpine Flora im Tiefland. vien gehoben. — Erratische Blockverbreitung. 
Fluthdiluvium der Klagen- | Interglaciale Geröllbildung. — Geschich- | Britische Inseln grossentheils unter Meer. — Ver- 
furt-Bleiburger Ebene mit tetes Diluvium in Utznach und Dürn- breitung nordischer Blöcke. — Skandinavien theil- 
Bos taurus, Rhinoceros ti- ten; Strätlingen am Thunersee. — weise unter Meer. — Bildung des Osars. — Nord- 
chorhinus, Ibex Oebennarum. Erstes Auftreten des Klephas primi- Amerika ebenfalls theilweise untergetaucht. — 

gemius? Laurentian-Formation Desors. 


Schieferkohlenbildung. | 
\ Schieferkohlen von Utznach, Dürnten, 
Wetzikon, Mörschweil, Annecy. EBle- 
phas antiqwus und Rhinoceros Merktr. 
Die Ebenenflora vorherrschend. Waldbett von Norfolk. Kalktuffe von Aysalades 
bei Marseille. 


Erste britische continentale Periode. Schottland von 


Erste Eiszeit. Erste glaciale Bildung. 
Grundmoränen (Erraticum), Gekritzte Steine und Findlinge unter Gletschern bedeckt. 
erratische Blöcke und @e- den Kohlen von Wetzikon. Zeit der Glättung der skandinavischen Felsen. 
steinsschliffe in Mittelkärn- | Unteres Lager von Thonen. Skandinavien Festland und mit Gletschern bedeckt. 
ten. Arctisch-alpine Flora im Tiefland. Amerika. Glättung der Felsen. 


Oberes Neogen. 


Conglomerat von Reutschach, | Pliocen. Norwich-Crag Englands. 
der Sattnitz. 


145 


Klima zur Eiszeit. 


In der Gegenwart finden wir die Kärntner Gletscher auf die 
Gruppe der hohen Tauren, z. B. Grossglockner, Elend u. s. f. be- 
schränkt; sie sind im Abwärtsschreiten begriffen, wie dies am 
besten dadurch bewiesen wird, dass alte Stollenmundlöcher der- 
malen von ihnen bedeckt sind. — Ich finde in einem Verzeich- 
nisse kärntnerischer Höhenmessungen aus der Glocknergruppe 
folgende Angabe: Abschwung des Pasterzen-Gletschers 6,080‘. — 
In der vortrefflichen Abhandlung unseres unermüdlichen Metereo- 
logen Herrn J. Prerrtner *: „Beiträge zur Klimatologie der Al- 
pen“ Klagenfurt mit 1380° und 5,76 R. Durchschnittstemperatur 
angegeben, und Heiligenblut, welches bekanntlich in der Nähe 
des Grossglockners und der Pasterze liegt, mit 4092’ und 4,08° 
R. Aus diesen Angaben rechnet sich eine Temperaturabnahme 
von 0,62% R. bei 1000° Ansteigen zum Glockner. Nach diesem 
Resultate würde sich somit die Durchschnittstemperatur der Pa- 
sterze, in der Nähe des unteren Gletscherendes, mit C++ 2,84°R.) 
ergeben. Es würde somit eine Temperaturerniedrigung von 9,76 
bis 2,34 —= 2,96’ R. nöthig sein, um die Gletscher wie zur ersten 
Eiszeit am Kreuzbergel bei Klagenfurt zu haben. Bei dieser 
Rechnung käme wohl noch ein Umstand zu berücksichtigen, dass 
ein grösseres Gletschergebiet seine untere Grenze immer in der 
Zone einer höheren Durchschnittstemperatur haben muss wie ein 
kleineres; es wäre somit die obige Ziffer der zu einer Eiszeit 
nöthigen Temperaturerniedrigung mit 2,96% R. eher zu hoch als 
zu niedrig gegriifen. Ohne sich einer der vielen Eiszeithypo- 
thesen anzuschliessen, glaube ich, dass der gefundene Zahlen- 
werth es für unnöthig erscheinen lassen dürfte, die Erde kalte 
Weltenräume durchfliegen zu lassen, um die Eiszeit zu erklären. 
Doch Eines scheint mir bei der Erklärung immer noch zu wenig 
berücksichtigt, dass nämlich grössere Niederschlagsmengen auf 
einem Gletschergebiete selbst bei sonst gleichen Verhältnissen 


* Jahrbuch des naturhistorischen Landesmuseums von Kärnten. Her- 
ausgegeben von L. Canavar. II. Jahrgang, 1853. — Die angegebenen 
Durchschnittstemperaturen beziehen sich auf eine Jahresbeobachtung 1848 
bis 1849. Nach längeren Beobachtungsreihen ergibt sich zwar für Klagen- 
furt als grosser Durchschnitt 60° R., doch fehlen mir hierüber die ent- 
sprechenden Mittheilungen von Heiligenblut. 

Jahrbuch 1873. 10 


146 


eine beträchtliche Ausdehnung zur Folge haben müssen. Sollten 
wir denn nicht mit terrestrischen Ursachen bei der Erklärung 
der Eiszeit auskommen ® 

Auf einem anderen Wege findet O. Heer, dass die Schweiz 
nur einer Temperatürerniedrigung von 3,2 R. bedürftie, um die 
Gletscher bis nach Genf ausgedehnt zu haben, welches dann noch 
immer ein Jahresmittel von 4,12°R. hätte. Wir sehen also auch 
hier, dass keine bedeutende Temperaturabnahme vorauszusetzen 
nöthig ist, um die Eiszeit zu erklären. Diese Ziffern lehren uns 
aber auch noch Folgendes. 

Es muss uns befremden, dass wir in den auf die erste grosse 
Eiszeit folgenden Schichten, bei uns also im Klagenfurter Fluth- 
diluvium, Reste von Säugern finden, deren Existenz füglich schon 
zur Eiszeit vorausgesetzt werden muss. Manche Geologen nah- 
men zu der Erklärung dieser Erscheinung Wanderungen dieser 
Thiere an, so dass sie ihre Nahrung vorwiegend im Süden such- 
ten. Wenn auch derartige Wanderungen stets stattgefunden haben 
müssen, so haben doch auch die Alpen innerhalb ihres Gebietes 
noch genugsam Nahrung geboten. Die Temperatur * war nicht 
so niedrig, als dass nicht eine ziemlich reiche Vegetation hätte 
fortkommen sollen, sobald eine Gegend vor dem unmittelbaren 
Erfülltwerden durch einen nachbarlichen Gletscher gesichert ist 
und die sie begrenzenden Höhen sich nicht so hoch erheben, dass 
sich darauf eigene Gletscher erzeugen können. Dies ist nicht 
etwa eine complieirte Annahme, sondern eine Thatsache, wie ich 
sie in Spitzbergen und Nowaja-Semlja oftmals beobachtete, und 
wie sie auch von Grönland gemeldet wird. Ich verweise auf das 


Thierleben dieser Länder. 


Wörther-See zur Eiszeit. 


Zum Schlusse sei noch einer Erscheinung gedacht, welche 
füglich mit der Eiszeit in Verbindung gebracht werden muss. Es 
bildet nämlich die unmittelbare westliche Fortsetzung der Klagen- 
furter Diluvialebene der Wörther-See. Unwillkührlich legt man 


* In der Isotherme —3° ist der Nordosten Europa’s von zusammen- 
hängendem Urwalde bedeckt, in welchem die Lärche auffallend hoch ge- 
deiht, die Fichte den Grundton bildet und Birke und Kiefer häufig in 
Gruppen eingestreut ist. 


147 


sich die Frage vor, wie es denn kam, dass dieses Becken, wel- 
ches bis 44,5 Klafter unter den jetzigen Spiegel reicht, nicht 
ebenfalls bei der Bildung der Klagenfurter Ebene von dem Fluth- 
diluvium erfüllt wurde? Mir war es nicht möglich, eine bessere 
Erklärung zu finden, als sie Desor * über ähnliche Schweizer 
Seen gibt, obzwar sie mich nicht vollends befriedigt. Er weist 
nämlich zuerst nach, dass derartige Schweizer Seen, wie z B. 
der Genfer-, Neuenburger-, Boden-, Wallensee nicht nach der 
Eiszeit entstanden sein können und sagt dann auf Seite 196: 
„Ist aber dieses einmal festgestellt, so müssen die Seen 
während des erratischen Transportes vorübergehend mit irgend 
einer Masse angefüllt gewesen sein, die sie vor dem Andrange 
der Geschiebe geschützt und später verschwunden ist. In der 
Natur kennen wir aber nur einen Körper, dem eine solche Rolle 
zukommen könnte, nämlich das Eis. Wie wir oben gesehen haben, 
ist es wahrscheinlich, dass zu jener Zeit die Seen von Gletschern 
in Beschlag genommen waren, welche den Geröllmassen das 
Weiterschreiten gestatteten, ohne die Seen auszufüllen. Nachdem 
das Eis darauf wieder schmolz, überfluthete das Wasser von Neuem 
die Becken, die Seen gewannen ihre frühere Gestalt, nur dass 
sie jetzt mit einem Gürtel von erratischen Blöcken und Gerölle 
versehen auftreten. Und in der That, es bedarf keiner sehr gros- 
sen Einbildungskraft, sobald man eine grössere Ausbreitung der 
Gletscher zulässt, um die Aargletscher bis zum Brienzer-See zu 
führen, die des St. Gotthards und des Galenstockes bis zum Vier- 
waldstätter-See, oder die Griesgletscher bis zum Langensee, ja 
sogar diejenigen vom ganzen Wallis bis hinab zum Genfer-See.« 


Fassen wir die wesentlichsten Ergebnisse dieser Studie aus 
Kärnten zusammen, so sind sie: 

1) In Kärnten lässt sich eine einstige fast vollständige Ver- 
gleischerung des Landes durch Gletscherschliffe, erratische 
Blöcke und durch Grundmoränen (Erraticum) nachweisen. 
Diese Zeitentspricht den ersten Glacialbildungen der Schweiz. 

2) Der Riesengletscher, welcher ganz Mittelkärnten einnahm 
und eine Mächtigkeit von mindestens 2000° besass, bewegte 


* E. Desor: Der Gebirgsbau der Alpen. 1865. 


10 


3) 


4) 


6) 


7) 


\ 148 


sich westostwärts weiter und bildete sich bei dem jetzigen 
Villach durch die Vereinigung zweier Hauptarme aus dem 
Gail- und Drauthale. 

Es ist zur Erklärung dieser grossartigen Vergletscherung 
Kärntens genügend, eine Temperaturabnahme von kaum 
3° R. anzunehmen; wir dürften hiebei mit terrestrischen 
Gründen vollständig auskommen. 

Das Klima erlaubte zur ersten Eiszeit noch reiches anima- 
lisches und vegetabilisches Leben. 

Durch das Abschmelzen der Riesengletscher bildete sich 
das sog. Fluthdiluvium, welches die Klagenfurt-Bleiburger 
Ebene bildet und Bos taurus, Ibex Cebennarum und Rki- 
noceros thichorhinus führt. Es ist weniger fruchtbar wie 
das Erraticum, welches sich bis zu Höhen von 4000’ hin- 
anzieht und häufig den Grund so hoher Äcker bildet. 

Es ist mit grösster Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass 
die Endmoränen von Raibl, im Möll- und Malnitzer-Thale 
der zweiten Glacialperiode der Schweiz entsprechen. Das 
Verbreitungsgebiet derselben war weitaus beschränkter als 
das der ersten Eiszeit. 

Die Erhaltung des Wörther-Seebeckens lässt sich noch am 
befriedigendsten nach Desor’s Vergletscherung erklären. 


briefwechsel,. 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 


Dresden den 5. März 1872. 


Suum ceuique! Diess war von jeher mein Wahlspruch, in der Wissen- 
schaft wie im Leben. Demgemäss glaube ich zu meiner kleinen Abhand- 
lung über den Granulitgang in Auerswalde nachträglich bemerken zu 
müssen, dass die erste Beobachtung des isolirten Vorkommens von Granulit 
in diesem Dorfe von WILHELM FiscHer im Jahre 1820, bei einer im Auf- 
trage des Oberbergamtes ausgeführten Untersuchung der dortigen Gegend 
gemacht worden ist. Zwar wurde dies im zweiten Hefte der Erläuterungen 
zur geognostischen Karte von Sachsen erwähnt, wo es Seite 11 heisst: 
Die erste Nachweisung des Vorkommens von Granulit in Auerswalde gebührt 
dem Verfasser der geognostischen Arbeit Nr. 68; allein der Name des 
Verfassers findet sich im ersten Hefte der Erläuterungen, $. XXI. 

FiscHER war längere Zeit Bergmeister in Freiberg, und lebt gegen- 
wärtig als Pensionär in Dresden. In der erwähnten Arbeit bezeichnet er 
den Ort jenes Vorkommens als einen „höchst interessanten Punkt“; er 
beobachtete dasselbe in einem (schon damals) ungangbaren Steinbruche, 
wo die gleichförmige Auflagerung des Glimmerschiefers auf dem Granulite 
sehr deutlich zu sehen war. Dieser Steinbruch muss also die hangende 
Grenze des Granulites durchschnitten haben, ist aber jetzt spurlos ver- 
schwunden, und kann nicht tief in das Gehänge eingedrungen sein. 

Noch glaube ich erwähnen zu müssen, dass ausser Pusch und STELZNER 
auch Fırrou unter den Männern genannt werden muss, welche sich um 
die Kenntniss unserer Granulitformation besonders verdient gemacht haben. 

Bei der Besprechung der eruptiven Natur des sächsischen Gra- 
nulites (denn andere sind wohl ganz anders zu beurtheilen), hat sich 
mir abermals die Frage nach der Ausbildung unseres oberen oder jün- 
geren Gneisses in der Gegend von Hainichen und Mühlbach aufge- 
drängt. Am Cunnersdorfer oder Mobendorfer Gneissstocke, den ich in 
der geognostischen Beschreibung der Umgegend von Hainichen ausführlich 


150 


beschrieben habe, ist es mir leider nicht gelungen, irgend entscheidende 
Beobachtungen über seine genetischen Verhältnisse zu der ihn unterteufen- 
den Grauwacke zu machen. Da es jedoch keinem Zweifel unterliegt, dass 
der Mühlbacher Gneissstock eine, wenn auch räumlich getrennte, so doch 
gleichzeitige und gleichartige Bildung mit dem Cunnersdorfer Stocke 
ist, so dürften Beobachtungen an den Grenzen des ersteren auch für die 
Verhältnisse des letzteren entscheidend sein. Indem ich nun meine Notizen 
aus dem Jahre 1833 durchblättere, finde ich ein paar Beobachtungen, 
über welche ich Ihnen nächstens berichten werde, weil sie mir für die 
Beurtheilung der Verhältnisse dieser jüngeren Gneissbildung zu der Grau- 
wackenformation einerseits und der Culmformation anderseits nicht un- 
wichtig zu sein scheinen. 
CARL NAUMANN. 


Klipdrift, Griqualand-West d. 22. Dec. 1872. 


So schwierig es ist für die „Dry Diggings“ die Art und Weise, auf 
welche die Diamanten an ihre jetzige Lagerstätte gelangt sind, unzw eifel- 
haft festzustellen, so leicht ist es, sich bei den „River Diggings“ (Gruben 
am Fluss, in denen die Diamanten durch Waschen gewonnen werden) 
davon zu überzeugen, dass Wasser die bewegende Kraft war, welche die 
Diamanten dort deponirte, wo wir sie noch jetzt finden. Wie klar die Ver- 
hältnisse sind, geht schon daraus hervor, dass die Meisten in ihren An- 
sichten bezüglich der Diamantenvorkommnisse am Fluss übereinstimmen, . 
während die „Dry Diggings“ zu ebenso vielen Theorien Anlass gegeben 
haben, als Veröffentlichungen vorhanden sind. Unsicher dagegen ist auch 
für die „River Diggings“ die Beantwortung der Fragen: Wie waren die 
Verhältnisse zur Zeit der Deponirung der Gerölle? Woher stammen die 
Diamanten’? 


Dass die Diamanten in der That vor ihrer Ablagerung durch Wasser 
bewegt worden sind, dafür sprechen nicht nur die oft sehr deutlichen 
Zeichen einer Abrollung, welche nur an den sogenannten River-Steinen 
beobachtet sind, sondern vor allem das Material, in welchem die Diaman- 
ten eingebettet vorkommen. Dasselbe besteht aus einem mehr oder minder 
eisenschüssigen, lehmigen Sand, aus durchschnittlich etwa Nussgrösse er- 
reichenden, vollständig abgerundeten Geröllen (pebbles), aus flachen Ge- 
schieben mit einem Durchmesser bis zu einem Fuss und aus Blöcken 
(boulders) von sehr schwankender Grösse, die bald vollkommen, bald wenig, 
bald gar nicht abgerundet sind. Die Anordnung ist derart, dass ein Ge- 
menge von Sand und Geröllen die Zwischenräume der Blöcke ausfüllt. 
Ein solches Gemenge wird hier gravel genannt, und diese Bezeichnung 
werde ich der Einfachheit wegen fernerhin benutzen. Öfters tritt auch 
statt des lehmigen Sandes eine zähe, thonige Masse auf, in welcher die 
Gerölle liegen. Die Oberfläche besteht hie und da aus rothbrauuem Trieb- 


151 


sand, der ebenso wie die zuweilen bis zu beträchtlicher Tiefe eindringen- 
den Kalkinfiltrationen von ganz recentem Ursprung ist; beide stehen in 
keinem Zusammenhang mit dem die Diamanten enthaltenden Depositum. 
An Masse herrschen die Blöcke, deren Durchmesser durchschnittlich ein 
bis zwei Fuss gross sein mag, zuweilen aber sechs Fuss erreicht und 
überschreitet, bei weitem vor, und nur an wenigen Punkten schwellen an 
grösseren Blöcken freie Ablagerungen von „gravel“ zu einer erheblichen 
Mächtigkeit an. Eine schichtenweise Anordnung habe ich nie beobachtet ; 
die Blöcke liegen regellos zerstreut, und selbst da wo Ansammlungen 
feineren Materials sich finden, kann man keine Lagen unterscheiden. 
Allerdings trifft man häufig oben einen rothen oder rothbraunen thonigen 
Sand, in der Tiefe einen weissen oder gelblichen an, aber die Trennung 
ist weder eine hinreichend scharfe noch die Reihenfolge eine so constante, 
dass man darauf hin der Zeit nach scharf getrennte Ablagerungen unter- 
scheiden könnte. Stattgefunden haben solche höchst wahrscheinlich, da 
gewisse Tiefen oft gar keine Diamanten enthalten, während über oder 
unter denselben der Grund sehr reich ist. Dem oxydirenden Einfluss der 
Atmosphärilien allein kann man die rothe Färbung in der Nähe der 
Oberfläche nicht zuschreiben, da unter dem weissen, meist stark thonigen 
Sand zuweilen wieder eine dünne rothe Lage folgt. Dort, wo die Arbeiten 
bis zu einer hinreichenden Tiefe fortgesetzt sind, trifft man unter dem 
losen Schutt anstehende Felsmassen , den sogenanten bed-rock. Sie ge- 
hören zu den in meinem letzten Briefe erwähnten „Vaalgesteinen“, und 
zwar meist zu den feinkörnigen Varietäten. Die „Vaalgesteine“ bilden 
übrigens nicht nur die Grundlage aller diamantführender Ablagerungen, 
sondern sind überhaupt in der hier in Betracht kommenden Gegend die 
vorherrschenden anstehenden Gesteine. Nur höchst selten und immer 
untergeordnet findet man noch anstehend Schiefer, Sandstein und Con- 
glomerate. Als „bed-rock“ sind die „Vaalgesteine“ oft sehr zersetzt und 
verändert (rotten-stone), und man hat wohl geglaubt, eine von dem sonst 
vorherrschenden Gestein abweichende Felsart vor sich zu haben. Doch 
lässt sich der Zusammenhang durch Übergänge in frisches Gestein leicht 
rachweisen. Diese Grundlage zeigt nun ebenfalls wieder eine unzweifel- 
hafte Einwirkung des Wassers. Da, wo sie noch gar nicht oder wenig 
von den Atmosphärilien angegriffen ist, findet man sie häufig vollständig 
und gewaschen mit glatter Oberfläche, oder sie enthält zahlreiche becken- 
artige Vertiefungen (pockets), deren glatte Wände wie polirt erscheinen. 
Die Höhlungen sind ‚augenscheinlich dadurch entstanden, dass kleine 
Steine und Sand lange Zeit in wirbelnder Bewegung erhalten wurden, 
nachdem eine zufällige kleine Einsenkung ihre Fortführung verhinderte. 
Derartige Vertiefungen trifft man noch jetzt an Küsten, welche von einem 
schwer zerstörbaren Gestein gebildet werden. Die „pockets“ sind bei den 
Diamantengräbern besonders geschätzt, da in ihnen häufig eine grössere 
Zahl von Diamanten gefunden sein soll. Gerade dadurch, dass man sie 
mit grösster Sorgfalt auskratzt, werden sie der Beobachtung so gut zu- 
gänglich. An manchen Stellen findet man auch Klüfte zwischen den 


192 


Felsen (sluits), die mit „gravel“ angefüllt sind und ebenfalls sehr geschätzt 
werden. In Bezug auf Tiefe und Breite variiren sie ausserordentlich. Da 
sie meist senkrecht auf die Stromesrichtung stehen, so scheint es, als ob 
sie seitlichen Zuflüssen ihre Entstehung verdanken, und die Diamanten 
von letzteren zugeführt derartig deponirt wurden, dass eine Fortschwem- 
mung nicht mehr möglich war. Ja, selbst die Spuren der Wirkung von 
Wasserfällen glaube ich am „bed-rock“ erkennen zu können. Die Beobach- 
tungen werden dadurch sehr erschwert, dass die ausgearbeiteten Stellen 
zur Unterbringung des durchsuchten Materials benutzt werden, so dass 
es immer ein glücklicher Zufall ist, falls man gerade zur Zeit des Be- 
suches einen instructiven Punkt offen findet. Die Mächtigkeit des diaman- 
tenführenden Depositums ist eine sehr verschiedene; zuweilen ist es nur 
oberflächlich, sich wenige Fuss tief erstreckend, zuweilen wird noch nicht 
bei 40 Fuss anstehendes Gestein erreicht; durchschnittlish mag es sechs 
bis zehn Fuss mächtig sein. Unter dem Material der Ablagerungen herrscht 
im Ganzen eine grosse Einförmigkeit. Abgesehen von einzelnen höchst 
untergeordnet auftretenden Gesteinen und Mineralien, welche ich hier wohl 
übergehen kann, bestehen die Blöcke vorzugsweise aus „Vaalgesteinen“, 
seltener aus Quarzitsandstein und Quarzit, die Gerölle aus verschiedenen 
Kieselsäurevarietäten. Von den durch Dr. Suaw (On the geology of the 
Diamond-F'elds of South- Africa. Quart-Journ. of the geolog. soc. February 
1872) mitgetheilten Vorkommnisse beruhen einige sicher auf einem Irrthum. 
Wenn auch allen Diamanten-Fundorten am Vaal gemeinsam ist, dass der 
„gravel* und die Diamanten durch Wasser an ihre jetzige Lagerstätte 
geführt sind, so kann man doch bezüglich der Zeit und Entstehung zwei 
Arten von Ablagerungen unterscheiden. Die einen finden sich in beträcht- 
licher Höhe über dem jetzigen Flussniveau (etwa bis zu 200 Fuss), enthalten 
nur oder in vorwiegender Menge rothbraunen, lehmigen Sand, und oft 
neben abgerundeten Blöcken auch vollkommen scharfkantige oder fast nur 
letztere. Die anderen liegen wenig höher als der jetzige mittlere Wasser- 
stand, so dass sie bei dem im Sommer häufigen Hochwasser zuweilen voll- 
ständig unter Wasser gesetzt werden, bilden gewöhnlich eine kleine Fläche 
längs des Flusses und enthalten wenig mächtigen „gravel.“ Die Blöcke 
sind fast alle vollkommen abgerollt, und die Gerölle liegen in einem licht 
graulich gefärbten, lehmigen Sand, der stellenweise dem sehr ähnlich ist, 
welcher noch jetzt in grosser Menge vom Fluss abgesetzt wird. Die er- 
steren Ablagerungen halte ich für ursprüngliche, primäre, übrig geblieben 
aus der Zeit, als der Vaal noch in der durch den „„gravel* angegebenen 
Höhe lag; die letzteren für renovirte, secundäre, dadurch entstanden, dass 
ein Theil der Ersteren zerstört und das Material gemengt mit recenteren 
Geröllen und Sand am Rande des jetzigen Flussbettes von neuem abge- 
setzt wurde. Die primären Ablagerungen lassen sich nun weiter in sol- 
che unterscheiden, bei denen die grössen Blöcke zumeist abgerundet sind 
und in solche, bei denen sie vorherrschend oder Alle eckig sind. Letztere 
mögen sich durchschnittlich in einem höheren Niveau finden als Erstere, 
und weniger mächtigen „gravel“ liefern. Augenscheinlich sind hier die 


153 


losen, eckigen Blöcke überhaupt nicht transportirt worden, sondern wir 
haben es mit Verwitterungsprodukten in loco zu thun, wie sie noch jetzt 
jeden Hügel längs des Vaals bedecken; zwischen dieselben setzte das 
Wasser den mitgeführten „gravel“ ab. Ähnliches habe ich am jetzigen 
Ufer da beobachtet, wo Felsenriffe durch den Fluss setzen. Die zahlrei- 
chen Klüfte und Zwischenräume der losen Blöcke werden mit einem Ge- 
menge von Sand und abgerundeten Kieseln erfüllt, welches der Fluss beim 
Fallen sicher deponirt zurücklässt, und sollte in späteren Zeiten sein Ni- 
veau bedeutend fallen, so würden die Ablagerungen denen auf der Höhe 
mancher Kopjes (so nennt man hier die Hügel) vollkommen gleich erschei- 
nen. Allerdings sind die Felsen am Vaal jetzt oft spiegelglatt gewaschen, 
da der Fluss dieselben regelmässig bespült, ohne dass jedoch die eckigen 
Umrisse verloren gegangen wären. Diese Erscheinung fehlt auf den er- 
wähnten Kopjes und lässt schliessen, dass das Waser zur Zeit der Depo- 
nirung des „gravels“ nur ausnahmsweise bis zu jener Höhe anstieg. Für 
diese Ansicht spricht auch der Umstand, dass an solchen Punkten von 
mir nie „pockets“ oder tiefe Schluchten zwischen den Felsen beobachtet 
sind. — G. W. Stow (On the diamond gravels of the Vaal-River. Quart. 
Journ. of the geolog. soc. February 1872) hat geglaubt, die grossen Blöcke 
sowie die ungeschichteten Ablagerungen nicht anders erklären zu können, 
als durch die Annahme einer Transportirung durch Eis. Dass die eckigen 
Blöcke wahrscheinlich überhaupt nicht dislocirt sind, habe ich soeben be- 
merkt; für die riesigen, vollständig abgerundeten genügt aber jene Erklä- 
rung keineswegs. Bei dem Transport durch Eis wird die Form der Blöcke 
nicht verändert, und sie mussten desshalb schon vorher Einflüssen ausge- 
setzt gewesen sein, welche die Abrundung bewirkten. Uebrigens erreichen 
die Blöcke nur an wenigen Punkten einen solchen Umfang, dass Wasser 
sie nicht wohl transportirt haben kann, und hier spricht Alles dafür, dass 
dieselben durch fallendes Wasser ihre Form und Politur erhalten haben. 
Eine wahrnehmbare Schichtung ist wohl bei einem so groben Material 
überhaupt nicht zu erwarten. — Falls irgend deutliche Spuren einer Eis- 
zeit während des Absatzes der diamantenführenden Gerölle nachweisbar 
wären, so würde sich an und für sich Nichts gegen die Theorie von Srow 
einwenden lassen, nur theile ich nicht mit ihm die Ansicht, dass sie un- 
umgänglich nothwendig ist. Die einzige von mir beobachtete, für eine 
frühere Eiszeit sprechende Thatsache sind grosse, eckige Blöcke von Quarz- 
sandstein und Gmeiss-Granit auf den Abhängen des kleinen Platbergs bei 
Hebron, ohne dass die Gesteine in der Nähe anstehend zu finden wären. 
Aber selbst wenn man für deren Erklärung eine Eiszeit zu Hülfe nehmen 
müsste, so würde doch ihre Gleichzeitigkeit mit der Bildungsperiode der 
Vaalgerölle speciell nachzuweisen sein. Dammit stimme ich mit Stow 
vollständig überein, dass nicht alle Ablagerungen sich unter Bedingungen 
bilden konnten, welche mit den jetzt vorhandenen vollständig übereinstim- 
men. Mir scheint jedoch die Annahme auszureichen, es habe der Vaal, 
bevor derselbe oder der Orange seinen Durchbruch soweit beendet hatte, 
um eine Eingrabung bis zum jetzigen Flussbett zu gestatten, aus einer 


154 


Reihe unter einander verbundener Seen bestanden. Eine tiefer liegende 
derartige Reihe bildete sich vielleicht ein- oder mehreremale nach theil- 
weise erfolgtem Durchbruch. In die Seen mündeten seitliche Zuflüsse 
mit starkem Fall ein, welche die tiefen Schluchten aushöhlten, die nach 
ihrer Ausfüllung mit „gravel“ jetzt bei den Diamantengräbern so geschätzt 
sind. Es erklärt sich dann leicht, dass sehr ähnlich erscheinende diaman- 
tenführende Ablagerungen (abgesehen von den vorhin als secundär bezeich- 
neten) in so verschiedenem Niveau sich finden, und dass einzelne glattge- 
waschene riesige Blöcke vorkommen können, ohne dass man zu der Annahme 
gezwungen ist, sie wären weit transportirt. Sie mögen durch Wildbäche 
oder Wasserfälle ihre Form erhalten haben. Auch genügt eine seitliche 
Zufuhr zur Erklärung der Thatsache, dass zuweilen Diamantengruben 
einzelne Gerölle führen, welche in den nächstliegenden fehlen. Es wären 
kurz die diamantenführenden Gerölle als in seeartigen Becken erfolgte 
Absätze aufzufassen. Mit Ausnahme einiger weniger Gerölle und Geschiebe 
haben wir den Ursprung des vom Fluss abgesetzten Materials in nicht 
sehr grosser Ferne zu suchen, da dasselbe fast vollständig aus solchen Ge- 
steinen und Mineralien besteht, welche wir in der Nähe anstehend finden. 
Man trifft häufig im Flussgebiet des Vaals einen rothbraunen Triebsand mit 
grösseren Brocken verschiedener Kieselsäurevarietäten vermengt. Dieselben 
entstammen unzweifelhaft den in der Gegend so häufigen Mandelsteinen, und 
zeigen demgemäss schon von Natur meist eine rundliche Form. Es bedurfte 
keiner sehr grossen Nachhülfe des Wassers, um sie in die glattgewaschenen 
„pebbles“ zu verwandeln, welche den grössten Theil der Wäsche bilden. 
Diese Aehnlichkeit mancher Verwitterungsprodukte mit den Flussgeröllen 
macht es zuweilen schwer, wahren Diamantengrund sicher festzustellen, und 
man trifft nicht selten Schürfe an Stellen, wo sich jetzt wenigstens sicherlich 
keine Fluss-Absätze finden. Später nach erfolgtem Durchbruch vereinig- 
ten sich die Seen zu einem Fluss, der sich allmälig bis zu seinem jetzigen 
Bett eingrub; dabei wurden manche älteren Deposita abgespült und um- 
lagert, andere vollständig zerstört und fortgeschwemmt. 

Bezüglich des Ursprungs der am Fluss gefundenen Diamanten habe 
ich seit der ersten Mittheilung meine Ansicht nicht geändert, sondern 
glaube, dass derselbe auf Vorkommnisse gleich denen der „Dry Diggings“ 
zurückzuführen ist. Die Kessel wurden zerstört, die Diamanten in den 
Vaal hinabgeschwemmt und gemeinschaftlich mit den Flussgeröllen abge- 
setzt. Es ist allerdings eine Thatsache, dass man weniger gelbe Steine, 
Bort- und Spaltungsstücke in den „River Diggings“ findet als in den mei- 
sten „Dry-Diggings“; aber gelbe Steine und Bort kommen eben so selten 
in Bultfontein vor, und Spaltungsstücke konnten leicht durch den Trans- 
port noch mehr zerkleinert und weiter fortgeschwemmt werden, wenn 
überhaupt die zerstörten Kessel solche in grösserer Zahl enthielten. Je- 
denfalls sind Spaltungsstücke weniger widerstandsfähig als intacte Kry- 
stalle.. Welche Ansicht man auch über den Ursprung der Diamanten in 
Süd-Afrika hegen mag, immer wird man für die „Dry-Diggings“ und „Ri- 
ver-Diggings“ einen gleichen annehmen müssen. Wenigstens glaube ich 


159 


nicht, dass sich die hier weit verbreitete Ansicht, es sei die Qualität der 
sogenannten River-Steine eine ganz andere und weit bessere als die der 
übrigen, bei einer genauen Untersuchung bestätigen wird. 

E. CoHen. 


Innsbruck, 27. Jan. 1873. 


In verschiedenen Gegenden Tirols hat man bereits zahlreiche und 
schöne Reste der Broncezeit entdeckt, aus der Steinzeit lag bis jetzt nichts 
sicheres vor. Zu Seefeld zwischen Scharniz und Zirl entdeckte jüngst einer 
meiner Zuhörer, der Franziskanermönch PFTER JuLıvs im Torfmoore einen 
behauenen Balken, der unmittelbar unter der Torfschichte auf der soge- 
nannten Alm lag. Von der gleichen Stelle besitzt ein Priester daselbst 
eine Bernsteinperle. Unlängst wurde nördlich von Innsbruck auf der Hoch- 
fläche der Hungerburg ober dem Mavzr’schen Steinbruche beim Abräumen 
des Lösses, der über den Diluvialschotten liegt, etwa in der Tiefe von 
drei Fuss, ein Steinkeil gefunden. Derselbe ist länglich oval, oben zuge- 
spitzt unten scharf schneidig. Seine Länge beträgt etwa 13 Ctm., die 
grösste Breite etwas über 4 Ctm. Bearbeitet wurde er auf einem rauhen 
Schleifsteine, wie sie unsere Carditaschichten genug bieten. Er besteht 
aus dem graulichgrünen zähen Schiefer von der Härte 3—4, der an ver- 
schiedenen Punkten der Centralalpen vorkommt, es sind ihm Körner von 
Magnetit eingesprengt. Im Innthale bin ich diesem Schiefer bisher nicht 
begegnet; ich habe ihn nur in der Gegend von Mauls, einer uralten Cul- 
turstätte mit römischen Denkmalen, und zwar etwas nördlich im engen 
Sengesthale gefunden. 

ADoLF PICHLER. 


Aachen, den 27. Februar 1873. 


In meiner letzten brieflichen Mittheilung an Ihr Jahrbuch (vergl. 
dasselbe 1872, S. 619 ff.) sprach ich die Hoffnung aus, in diesem nun 
schon zu Ende gehenden Winter meine schon länger abgebrochenen Ar- 
beiten über die Eruptivgesteine der Pfalz wieder aufzunehmen und 
soweit als möglich zum Abschluss zu bringen, falls es meine anderen 
Pflichten nur irgend gestatten sollten. Kurze Zeit nachher, als wir in 
Bonn auf der Versammlung der deutschen geologischen Gesellschaft uns 
zuletzt trafen und sprachen, erfuhr ich aber schon, dass ich in diesem 
Winter jene Arbeit vorzunehmen nicht Zeit finden würde, indem mir die 
Directoren der preussischen geologischen Landesuntersuchung,, Herren 
Bryrıcn und HAUvcHEcoRNE die Mittheilung machten, der Druck der von 
mir in den Jahren 1866 bis 1869 bearbeiteten Blätter der geologischen 
Karte von Preussen und Thüringen, im Speciellen der Umgegend von 
Halle a./S. sei soweit vorangeschritten, dass ich im Winter die Correcturen 
zu erwarten und die zugehörigen Texte zu bearbeiten hätte. Diese geo- 


156 


gnostischen Karten, die mich so lange beschäftigt haben, sind einmal die 
drei Sectionen Gröbzig, Zörbig und Petersberg nördlich von Halle, 
die einen kleinen Theil des bekannten grossen Kartenwerkes bilden wer- 
den, und andermal eine grosse „abgedeckte“ d. h. von den alluvialen, 
diluvialen und tertiären Bedeckungen befreit-gedachte Karte der Gegend 
nördlich von Halle a./S., um darauf die älteren, technisch nicht unwich- 
tigen und wissenschaftlich so interessanten Formationen des Steinkohlen- 
gebirges und Rothliegenden mit dessen Porphyren in Zusammenhang und 
in Uebersicht zur Darstellung zu bringen. 

Die drei genannten Sectionen umfassen einen Theil des grossen nord- 
deutschen Diluvialsees und zwar einen Theil, welcher der Küste nahe 
gelegen haben muss. Sie bringen desshalb vorherrschend Diluvium zur 
Darstellung, das vielfach von den Thalalluvionen bedeckt wird und aus 
dem alle älteren Bildungen entweder inselartig hervorragen oder durch 
die Thalauswaschungen an den Gehängen und Sohlen der Thäler später 
herausgewaschen worden sind. Die älteren und zugleich interessanteren 
und besonders technisch wichtigeren Formationen erscheinen zu Tage, 
also auch auf den Karten, welche nur ein Bild der Erdoberfläche geben 
sollen, ganz zerstückelt in hunderte von kleinen, oft kaum auftragbaren 
Fetzen, jeder vom anderen durch Diluvium und Alluvium getrennt, so dass 
Niemand, der nicht lange über die Karten studirt hat, oder der die Ge- 
gend nicht schon kennt, einen Zusammenhang zwischer den isolirten Par- 
tien herausfinden kann. Trotzdem ist aber ein solcher und zwar immer 
noch ein ziemlich einfacher und regelmässiger nach und nach zu ermög- 
lichen gewesen, wobei allerdings die unterirdischen Aufschlusspunkte durch 
Bergbau oder Bergbauversuche (Schürfe, Bohrlöcher, Schächte u. s. w.) 
eine wesentliche Erleichterung und grössere Sicherheiten boten. Damit 
nicht jeder Besucher dieser Gegend oder jeder Beschauer dieser Karten 
von Neuem wieder die Mühe hat, den Zusammenhang der älteren Bildun- 
gen der Steinkohlenformation und des Rothliegenden mit den Porphyren, 
— die zum allergrössten Theile nördlich von Halle die Unterlage des 
Tertiärs und Diluvium bilden, und die wegen des darin seit Jahrhunder- 
ten umgehenden und für die nähere Umgegend nicht unwichtigen Stein- 
kohlenbergbaues das Hauptinteresse erregen, — zusammen zu suchen, hat 
sich die genannte Direction der preussischen geologischen Landesunter- 
suchung wie immer leicht und gerne bereitfinden lassen, diese ältesten 
Formationen, welche mit Recht seit dem Ende des vorigen Jahrhunderts 
die Aufmerksamkeit unserer Geologen (FREIESLEBEN, v. VELTHEIM, F. Horr- 
MANN, L. v. Buc# u. s. w.) und Bergbeamten auf sich gezogen haben und 
ferner noch fesseln werden, in ihrer ganzen Verbreitung nördlich von 
Halle auch ausserhalb der drei genannten Sectionen nämlich noch z. Thl. 
auf den Sectionen Cönnern, Wettin und Landsberg in ihrem Zusammenhange 
mittelst der genannten, abgedeckten Karte graphisch zur Anschauung zu 
bringen. Die bekanntlich nur sehr kurzen Erläuterungen zu den Sec- 
tionen werden sich ganz besonders auf die in ihnen zur specialisirten Dar- 
stellung gekommenen diluvialen und alluvialen Bildungen erstrecken, weil 


157 


diese etwa 80—-100%, der Erdoberfläche dort einnehmen. Die Darstellung 
der älteren Bildungen musste natürlich dadurch in Manchem leiden. Des- 
halb habe ich die hier auftretenden Bildungen jünger als das Oberroth- 
liegende und älter als das Diluvium eingehend in den „geognostischen 
Mittheilungen aus der Provinz Sachsen“ (Zeitschrift der Deutschen geolo- 
gischen Gesellschaft, XXIV, S. 265 ff.) bearbeitet und eine eingehende, 
umfangreiche Monographie der Bildungen älter als die Zechsteinformation 
wird den Text zu der abgedeckten Karte ausmachen, der alle Abende die- 
ses Winters mich an den Schreibtisch fesselte, bis ich ihn vor wenigen 
Tagen dem Handelsministerium übergeben konnte. 

Wegen der Bedeutung des Diluvium und Alluvium für die Gegend von 
Halle, besonders in Bezug auf die Landwirthschaft, die nur an wenigen 
Orten in einer solchen Entwickelung steht wie in der Provinz Sachsen, 
sind diese zwei Formationen auf den Karten zur specialisirtesten Darstel- 
lung gebracht worden, einmal um zu zeigen, was eine geologische Karte 
in dem Maassstabe 1 : 25,000 zu leisten vermag und zweitens um einer 
anderen, aber an demselben Orte und zu gleicher Zeit mit meinen Unter- 
suchungen thätigen Richtung den Beweis zu liefern, dass detailirte und 
in grossem Maassstabe ausgeführte geologische Karten, bei denen allen 
Bildungen gleiche Rechte gewährt werden, die einzig richtigen Bodenkar- 
ten auch für die landwirthschaftlichen Interessen entweder schon direct 
sind oder deren Basis bilden müssen, auf der mit leichter Mühe jeder stu- 
dirte Landwirth seine agronomischen Specialitäten auftragen und weiter 
entwickeln kann. Thatsachen sprechen dafür, dass dieser Beweis zum 
Theil auch durch meine Arbeiten geführt worden ist; die vor den letz- 
teren begonnenen Bodenkarten der Umgegend von Halle sind, wie es scheint, 
nicht zu Ende geführt worden. 

Es sind Beispielsweise auf dem Blatte Petersberg die diluvialen Ab- 
sätze in drei Abtheilungen zur Darstellung gekommen: 

1) unteres Diluvium: Sand und Kies, 

2) mittleres „ : Geschiebelehm, 

3) oberes 5 : Löss. 

Es verbindet somit dieses Diluvium das Harzer- und Thüringische Di- 
luvium (Sand und Kies, darüber Löss) mit dem märkischen (Sand und Kies, 
darüber Geschiebelehm). Im Alluvium derselben Section sind sogar 13 
theils geognostische, theils petrographische und genetische Unterschiede 
graphisch dargestellt worden. In Bezug auf die Bearbeitung des achtfach 
gegliederten Tertiärs, der 13mal gespaltenen Triasbildungen, und der fünf- 
farbigen Zechsteinformation verweise ich auf die genannte Arbeit in der 
geologischen Zeitschrift. 

Wer auf der Section Petersberg die grosse Anzahl und Gliederung 
von Formationen, ihre Zerrissenheit, ihre Bedeckung mit jüngeren schüt- 
tigen Massen sieht und erwägt, dass allein 24 Glieder ohne grösseren oder 
jeden Zusammenhalt sind, sich also an den Gehängen und im Ackerboden 
leicht mengen können, wird es begreiflich finden, dass ich zur Bearbeitung 
dieser einen Section zwei Sommer verwenden musste. Dafür ist aber die- 


158 


selbe auch für alle Gebirgsbildungen der Schlüssel für viele Quadratmei- 

len der Nachbarschaft nach allen Himmelsgegenden hin, weshalb ich auch 

alle darin gemachten Beobachtungen veröffentlicht habe oder zu publiciren 

im Begriff stehe, da mit meiner Berufung nach Aachen meine Untersu- 

chungen in der Provinz Sachsen abgebrochen und Andern überwiesen wer- 

den mussten. Die genannten älteren Gebirgsglieder finden also vorzüglich 
auf der abgedeckten Karte (90 Cm. breit, 75 Cm. hoch) eine graphische 

Darstellung. Discordant auf einem grosskrystallinischen Porphyr 

(der sog. ältere oder untere) liegen unter sich vollkommen concordant: 

1) ein flötzleerer Sandstein, den man lediglich aus petrographi- 
schen Gründen nur der Steinkohlenformation zuweisen kann, 

2) die obere produktive Steinkohlenformation, welche in 
allen Beziehungen vollkommen den Ottweiler-Schichten von E. Weıss 

im Pfälzisch-Saarbrückenschen entspricht, 

3) das Unterrothliegende. 

a. Zone der Quarzsandsteine und Kieselconglomerate, 

b. Ein oder mehrere Lager (Oberflächenergüsse) von Orthoklas- 
porphyr — bisher für Melaphyr gehalten. 

c. Zone der Thonsteine und Arkosen (Feldspathsandsteine nach 
Warmnorz in der Pfalz) — die sog. Thon- und Grandgesteine der 
Bergleute. Sie sind zum grössten Theile aus dem Orthoklaspor- 
phyr gebildet worden, der bisher nur in der Umgegend von Löbe- 
jün bekannt geworden ist. 

Dieses gesammte Unterrothliegende ist früher von Geognosten 

und Bergbeamten noch zur Steinkohlenformation gezogen worden. 

Das Mittelrothliegende oder die Mausfelder Schichten, meist 

intensivrothe Sandsteine, Sandsteinschiefer, Schieferletten mit schmalen 

Einlagerungen von Kalkstein und mit mächtigen Bänken von lich- 

teren Mühlsteinsandsteinen und Hornquarzconglomeraten. Südöstlich 

der Linie Wettin nach Löbejün fehlt das Mittelrothliegende; es liegt 
dort unmittelbar über dem Unterrothliegenden ein 

5) kleinkrystallinischer Porphyr (der sog. obere oder jüngere) 

ebenfalls als ein Oberflächenerguss in der Zeit zwischen Mittel- und 

Oberrothliegendem. 

Alle Sedimente zwischen den beiden (Quarz-) Porphyren bilden die 

v. VELtHeım’sche Zwischenformation, die er dem Rothliegenden be- 

kanntlich zuzählte. 

6) Das Oberrothliegende oder die Zone der Porphyrconglomerate, 
7) Zechsteinformation und Trias-Glieder. 

Der grosskrystallinische Porphyr bildet sowohl nördlich als auch öst- 
lich von Halle je eine grosse, stockartige, noch niemals unterteufte Masse 
von nahezu elliptischer Basis und zugleich die Kerne von zwei grossen 
Sätteln der darüber liegenden Sedimente mit den Lagern der zwei Erup- 
tivgesteine. Diese nördlichen und östlichen halleschen Hauptsättel sind 
durch eine grosse von SW. nach NO. streichende Mulde getrennt. Die 
sehr interessanten und oft schwierigen Lagerungsverhältnisse des nörd- 


= 


159 


lichen Sattels sind im Detail auf der abgedeckten Karte zur Darstellung 
gebracht und durch 16 theils projectirte, theils den Grubenrissen entlehnte 
Profile in den wichtigsten und verwickeltesten Gegenden erläutert worden. 
Der grosse Maassstab der Karte gestattete sogar die graphische W ieder- 
gabe der hauptsächlichsten bergbaulichen Aufschlüsse des dortigen z. Th. 
Jahrhunderte alten Steinkohlenbergbaues, wodurch die Karte dem Letz- 
teren recht nutzbringend zu werden verspricht. Zugleich gewinnt dadurch 
die Wissenschaft. So müssen Technik und Wissenschaft sich gegenseitig 
unterstützen und fördern. 

Dem erläuternden Texte zu der abgedeckten Karte wird ausser einer 
Reihe von Holzschnitten ein in denselben Farben ausgeführtes Übersichts- 
blatt im Maassstabe von 1 : 200,000 beigefügt werden, das den Zusam- 
menhang der auf der Hauptkarte dargestellten Formationen und ihrer 
Lagerung mit denen weiter nach W. im Mansfeld’schen bildlich wieder- 
geben soll. 

Ich hoffe, dass diese Arbeiten, die mich seit 1866 beschäftigt haben, 
den Fachgenossen bald im Drucke vorgelegt werden können. 


Bei den Untersuchungen der Gesteine in der halleschen Steinkohlen- 
formation und dem Unterrothliegenden wurde sehr oft meine Aufmerksam- 
keit auf ein berggrünes, steinmarkartiges Mineral gelenkt, das mit keinem 
bekannten Minerale ganz übereinstimmen wollte. Kürzlich entschloss ich 
mich deshalb zu einer Analyse, die es mir schon jetzt wahrscheinlich 
macht, in dem Minerale ein noch unbekanntes wasserhaltiges Singulosilicat 
zu ermitteln. Die Untersuchung des Minerals und der Vergleich mit den 
bekannten Mineralien ist aber noch nicht abgeschlossen, deshalb ihr Re- 
sultat noch nicht spruchreif. Bei der Bestimmung des sog. Wassergehal- 
tes, besser gesagt des Wasserstoffgehaltes, wurde ich auf ein eigenthüm- 
liches Verhalten in der Abgabe des Wassers aufmerksam, was sich auch 
ergab, als ich Versuche darüber anstellte, bei welcher Temperatur sich 
der Wasserstoff mit Sauerstoff verbindet, um als Wasser zu entweichen. 
Diese bis jetzt noch flüchtigen Versuche will ich nun mit aller Sorgfalt 
für eine ganze Reihe Wasserstoff-haltiger Mineralien und Substanzen, be- 
sonders krystallisirter, anstellen, da, soviel ich in Erfahrung habe bringen 
können, noch niemals im Zusammenhange diese Frage zur Beantwortung 
gekommen ist. Die dazu nöthigen Apparate habe ich mir zwar z. Th. 
schon bestellt, allein es wird noch einige Zeit vergehen, bis sie fertig sind 
und namentlich bis die Thermometer durch wiederholte Erhitzung so con- 
stant geworden sind, um sie nach dem Vergleiche mit einem Luftthermo- 
meter mit Sicherheit gebrauchen zu können. Die Temperaturen über 300 
Grad werde ich durch Metalle und Metalllegirungen bestimmen, deren 
Schmelzpunkte bekannt sind. Glauben Sie nicht, dass bei diesen Ver- 
suchen manches Interessante herauskommen kann für die Ansicht über 
die Constitution wasserstoffhaltiger Substanzen, denn die Begriffe hygro- 
scopisches oder mechanischgebundenes Wasser, Krystallwasser, Halhydrat- 


160 


wasser, basisches Wasser, Constitutions-Wasser u. s. w. scheinen mir noch 
gar nicht genug geklärt zu sein, können es unter Umständen aber durch 
die beabsichtigten Untersuchungen, die gerade für die Mineralien von In- 
teresse sein müssen, werden. 

Die Unterscheidung des sog. Krystallwassers vom Constitutionswasser, 
die noch immer so Gang und Gäbe ist, und die oft ganz willkürlich be- 
nutzt wird, um in concreten Fällen der Substanz eine unserm schemati- 
sirenden Verstande wiünschenswerthe, einfache Formel zu geben, dürfte 
wohl, wie das auch schon von anderen Seiten wahrscheinlich gemacht wor- 
den ist, nicht mehr aufrecht zu halten sein. Das sog. Krystallwasser ist 
und bleibt, wenn es auch früher und bei geringeren Temperaturgraden 
als das sog. Constitutionswasser der Substanz bei ihrer Zersetzung ent- 
zogen werden kann, ein wesentlicher Bestandtheil der Constitution der be- 
treffenden Substanz, mithin Constitutionswasser. Denn entzieht man einer 
Substanz das sog. Krystallwasser theilweise oder ganz, so hört sie che- 
misch, morphologisch und physikalisch auf, diese Substanz zu sein; sie 
wird eine andere, denn sie bekommt eine andere Zusammensetzung, eine 
andere Krystallform und ganz wesentlich andere physikalische Eigenschaf- 
ten, und behält nur noch einige mit der früheren Substanz gemeinsamen 
Eigenschaften (Reactionen). Der einzige, bisher für wesentlich gehaltene 
Unterschied zwischen Krystall- und Constitutionswasser ist der, dass das 
Erstere früher und bei niedrigerer Temperatur auszutreiben ist als das 
Letztere. Es handelt sich also nur um ein Früher oder Später, um ein 
Weniger oder Mehr. Ein Theil Wasser oder Wasserstoff muss nun aber 
doch im Fortgehen den Anfang machen; das zeigt sich ja auch bei allen 
andern flüchtigen Bestandtheilen einer zusammengesetzten Substanz; ich 
brauche nur an den Schwefel in den verschiedenen Schwefel-Verbindungen 
oder an das Arsen in den Arsen-Verbindungen zu erinnern. Das Eisen- 
bisulfuret FeS2 (Schwefelkies und Markasit) gibt bei relativ niedriger Tem- 
peratur fast die Hälfte des Schwefels ab und wird Fe,S, oder Fe,S, (Mag- 
netkies), dem man wieder Schwefel entziehen kann, so dass das Eisen- 
sulfuret FeS entsteht, dem man den letzten Schwefel nur dadurch ent- 
ziehen kann, dass man ein anderes Element an seine Stelle treten lässt. 
Man könnte also mit gleichem Rechte von Krystall- und Constitu- 
tions-Schwefel reden, was doch niemals geschehen ist und wird. Aus 
meinen vorläufigen Untersuchungen darf ich bei den in Angriff genomme- 
nen Beobachtungen wohl mit Sicherheit erwarten, dass das sog. Constitu- 
tionswasser, d.h. das Wasser, welches erst bei höherer Temperatur über 
300 Grad ausgetrieben wird und an feuchter Luft von der Substanz nicht 
wieder aufgenommen werden zu können scheint, ganz ähnlich austritt als 
das sog. Krystallwasser, welches bei langsam steigender Temperatur in 
bestimmten, von dieser abhängigen Intervallen, also periodisch oder ruck- 
weise austritt. Ich will nun bei einer Reihe von Substanzen ermitteln, 
wie viel Wasser und bei welcher Temperatur nach und nach austritt, und 
wie viel von jeder Menge an feuchter Luft wieder aufgenommen wird. 
Mit sehr isolirten Ausnahmen an künstlich dargestellten Salzen, welche 


161 


in diesem Sinne von einigen Chemikern in Bezug auf ihr Krystallwasser 
untersucht worden sind, leiden nämlich alle Wasserbestimmungen an Mi- 
neralien und Kunstprodukten an einem gemeinsamen Hauptfehler, der zum 
Theil die Ursache gewesen sein dürfte, dass man in Bezug auf das che- 
misch gebundene Wasser so künstliche und, wie mir scheinen will, so 
wenig naturentsprechende Unterschiede gemacht hat. Man hat nämlich 
meist nur bestimmt, wieviel Wasser zwischen den zwei Temperaturgraden 
x und y ausgetrieben werden kann. In den meisten und in allen älteren 
Fällen bestimmte man die Wassermenge nicht einmal direct durch Wä- 
gung des im Chlorcaleiumrohre aufgenommenen Wassers, sondern nur 
indirect durch den Glühverlust, der durch gleichzeitigen Austritt anderer 
flüchtiger Bestandtheile der Substanz oder durch Aufnahme von Sauer- 
stoff in vielen Fällen ganz wesentlich von der direet bestimmten Wasser- 
menge abweichen muss, auch wenn man den angedeuteten Fehlerquellen 
Rechnung zu tragen bestrebt ist. Dazu kommt es, dass bei allen Wasser- 
bestimmungen die Temperaturen x und y viel zu weit entfernt lagen. 
Meist wählte man als erste Temperatursteigerung 100° oder 110° C. und 
dann die ganz bedeutungslosen: schwaches und starkes Erhitzen, schwache 
und starke Rothgluht, Gelbgluht, Weissgluht u. dgl. mehr. Die besseren 
und neueren Untersuchungen nehmen in der Regel auch nur 100, selten 
50° auseinanderliegende Temperaturgrade bis 300° und dann kommen die 
genannten unsicheren, höheren Temperaturbestimmungen. Meine Unter- 
suchungen sollen unter 300 Grad ganz genau alle Grade bestimmen, bei 
denen Wasser austritt und dann ermitteln, wieviel Procent und ob an 
feuchter Luft wieder aufnehmbar. Für die Temperaturen von 300 Grad 
bis 1000 Grad will ich durch Auswahl passender und in ihrem Schmelz- 
punkte genau bekannter Metalle oder l.egirungen mir ein Pyrometer con- 
struiren, das möglichst nahe und gleichweit von einander liegende Tem- 
peraturgrade angibt. Die Voruntersuchungen stellen ein Gelingen dieser 
Bestimmungen in Aussicht. Wenn auch im Laufe derselben durch die 
dabei gemachten guten und bösen Erfahrungen der Gang der Untersu- 
chungen noch mehrfach abgeändert werden dürfte, so werde ich doch dazu 
folgende Methode einschlagen. Die Untersuchungen gehen: von möglich 
einfachsten Salzen aus, die man in allen Beziehungen so viel wie möglich 
schon kennt und untersucht hat, ferner von möglichst reinen, krystallisir- 
ten und durchsichtigen Substanzen des Mieralreiches. Um zu erfahren, 
wie viel hygroscopisches, d. h. mechanisch gebundenes Wasser das Mine- 
ral enthält, welches ja bei der dazu nöthigen Temperatur aus dem Mine- 
rale entweicht, ohne jede chemische oder physikalische oder morphologi- 
sche Veränderung zu verursachen, muss ich zuerst die Temperatur er- 
mitteln, der ich das Mineral aussetzen darf, ohne eine Spur chemisch ge- 
bundenes Wasser (sog. Krystallwasser) zu verlieren, was man unter dem 
Mikroskope an den gleichzeitig eintretenden physikalischen Veränderungen 
(an Verminderung der Durchsichtigkeit, Änderung des Glanzes, moleku- 
laren Umlagerungen, Spaltungen, Rissen u. s. w.) wird ersehen können. 
Jahrbuch 1873. 11 


162 


Zu diesen Beobachtungen wird sich der bekannte, von H. VogELsAn« in 
Delft construirte, äusserst zweckmässige, galvanisehe Erhitzungsapparat 
für Mikroskope, der Temperaturen bis zu 220 Grad anzeigt, ohne Zweifel 
mit Vortheil verwenden lassen. Bis nahe zu dieser so ermittelten Tem- 
peratur wird dann das Mineralpulver erwärmt und das hygroscopische 
Wasser bestimmt. Dann kommt es mit dem Pyrometer innerhalb eines 
Erwärmungsapparates mit Thermometer bis 320 Grad C. in ein aus die- 
sem Apparate herausragendes Erhitzungsrohr von schwer schmelzbarem 
Glase mit dem nöthigen Anhange von Apparaten zum Auffangen des Was- 
sers, zur Erzeugung eines wasserfreien und möglichst kohlensäure- und 
sauerstoffarmen Luftstromes u. s. w. Sobald das Thermometer über 300 
Grad den Dienst versagt, kann der Erhitzungsapparat ohne Unterbrechung 
der Operation ausgeschaltet und durch Bunsen’sche Brenner nach Bedürf- 
niss ersetzt werden. Der Apparat wird ferner so eingerichtet, dass zu 
Jeder Zeit die Erhitzung unterbrochen werden kann, um Wägungen und 
Beobachtungen über Wasseraufnahme der Substanz an feuchter Luft vor- 
nehmen zu können. 

Nach genügenden Erfahrungen an durchsichtigen und krystallisirten 
Substanzen wird man auch alle anderen wasserhaltigen, krystallinischen, 
amorphen Mineralien und Gesteine auf diese Weise untersuchen können. 


‚Auch wird sich die Methode und der Apparat zur Ermittelung der Aus- 


trittstemperatur und Menge anderer flüchtiger Bestandtheile anwenden 
lassen. Wenn ich auf keine unerwarteten Schwierigkeiten bei der Aus- 
führung stosse, hoffe ich Ihnen bald Resultate dieser Untersuchungen mit- 
theilen zu können. Bis dahin bitte ich Sie, diese vorläufige Mittheilung 
in Ihr Jahrbuch aufnehmen zu wollen. Einen dritten Punkt möchte ich 
aber heute noch zur Sprache bringen, der mich in der letzten Zeit eben- 
falls interessirt und beschäftigt hat. Die interessante Entdeckung des 
Ardennit von Seiten des Herrn v. Lasausx in Bonn gab mir nämlich un- 
längst Veranlassung, in dem hiesigen naturwissenschaftlichen Vereine, der 
nicht lange nach Eröffnung des hiesigen Polytechnikum von meinen Col- 
legen WürLuner, LanpoLr und mir bei den geistigen Elementen in Aachen 
in Anregung gebracht wurde und seit 2 Jahren unter zahlreicher und 
eifriger Betheiligung aller naturwissenschaftlich-gebildeten Beamten, Ärzte, 
Privatgelehrten, Industriellen, Bergbeamten u. s. w. besteht, emen Vortrag 
zu halten über das Vorkommen des Mangan in der Natur im Allgemei- 
nen und im Speciellen über dasjenige in unserer belgischen Nachbarschaft 
im Dumont’schen Terrain ardennais. Ausser den häufigen, von Dumonxt 
in seinen Arbeiten Memoire sur les terrains ardennmais et rhenan mehrfach 
erwähnten Braunsteinen und ausser dem oligiste manganesifere (DEWALQUE, 
Prodrome d’une description geologique de la Belgique, p. 23) ist der Ar- 
dennit in dem systeme salmien des genannten terrain schon das dritte in- 
teressante Manganmineral. Am längsten bekannt ist der Ottrelit, den 
ich in einer früheren Mittheilung an Sie (dieses Jahrbuch 1869, S. 339 £. 
und Zeitschr. der Deutsch. geolog. Gesellschaft, XXI, 1869, S. 487 ff.) als 
einen wasserhaltigen Eisenoxydul-Manganoxydul-Glimmer charakterisirt 


163 


habe, allerdings mit einigen, von den anderen Glimmerarten etwas ab- 
weichenden physikalischen Eigenschaiten. 

Deswegen und besonders wegen der abweichenden Härte, Elasticität, 
Spaltbarkeit und Krystallform sprach bekanntlich Herr G. Rose sein Be- 
denken aus, den Öttrelit zu den Glimmern zu stellen. Beide Ansichten 
hat Herr Naumann in der neuesten (8.) Auflage seiner Elemente der Mi- 
neralogie S. 449 erwähnt. Es bot sich mir deshalb jetzt die Gelegenheit 
von selbst, meine frühere Ansicht wieder zu prüfen und die Einwände 
dagegen reiflich zu bedenken. Wenn ich das, was man bis jetzt von dem 
Öttrelit hat ermitteln können, mir vergegenwärtige, es mit den Eigen- 
schaften der Glimmerarten vergleiche und in Erwägung ziehe, 1) dass die 
Härte bei verschiedenen Varietäten derselben Mineralspecies sehr verschie- 
den sein kann, 2) dass sie von den Cohäsionszuständen der Moleküle, also 
auch von dem Spaltbarkeitsgrade abhängig ist, 3) dass in Betreff der 
Elastieität, ebenfalls einer Function des Molekularzustandes der Substänz, 
wie gewöhnlich so auch als mineralogisches Kennzeichen, nur die schein- 
bare Elasticität in Betracht gezogen wird, die wesentlich auch von der 
Form, der Structur und der Spaltbarkeit der Substanz abhängig ist, 4) dass 
der Grad der Spaltbarkeit an Wichtigkeit gegenüber der Art der Spalt- 
barkeit ungemein zurücksteht, da er bekanntlich selbst bei verschiedenen 
Varietäten derselben Species, bei verschiedenen Individuen derselben Art, 
ja sogar bei demselben Individuum — selbstredend bei gleichwerthigen 
Richtungen — oft ziemlich verschieden und z. Th. noch verschiedener sein 
kann als zwischen Ottrelit und den andern Glimmerarten, 5) dass die ver- 
schiedene Krystallform bis jetzt noch niemals entschieden hat gegen die 
Vereinigung von Arten zu einer Gruppe, 6) dass, wenn man eine hexago- 
nale Glimmerart mit einer rhombischen in eine Gruppe stellt, auch eine 
monokline die dritte im Bunde sein kann, falls wirklich die Angaben von 
SENARMONT, HESSENBERG und DescLoIzEAux über die Krystallform des Bio- 
tit, Muscovit und Ottrelit schliesslich die richtigen sein sollten — so komme 
ich wieder zu meiner Ansicht zurück, und halte den Öttrelit für einen 
Mangan-Eisenoxydul-Glimmer. Das zweite Manganmineral und zwar in 
denselben Schichten der oberen Etage des systeme salmien bei Salm-Chä- 
teau nicht weit von Ottrez entdeckte im verflossenen Jahre L. L. pr Ko- 
NINCK in Lüttich, Sohn des bekannten Paläontologen. Dasselbe findet sich 
mit Ottrelit zusammen und ist ein Mangangranat (Spessartin). Die 
Mittheilung darüber scheint nur in der Academve royale de belgique Ze 
serie, t. XXXIII, No. 4, avril 1872 erschienen zu sein, und da diese in 
Deutschland selten zugänglich ist, dürfte die Kenntniss dieses Spessartin 
bei uns ziemlich beschränkt geblieben sein. Ich schliesse dieses wenig- 
stens aus dem Umstande, dass ich in Ihrem Jahrbuche von 1872 keine 
Notiz darüber in den mineralogischen Auszügen habe finden können. Ich 
darf deshalb wohl Sie und manche Leser Ihres Jahrbuches auf diesen 
Spessartin aufmerksam machen, denn er verdient es, da er eine weit rei- 
nere Zusammensetzung hat als die Granaten von Aschaffenburg im Spes- 


sart, Haddam in Connecticut, Pfitsch, denn er entspricht fast vollständig 
117 


164 


der Zusammensetzung eines idealen Manganthongranates (Mn,Al,Si,O,,), 
indem er nur 1,98° , F,O, und 4,49°/, FeO enthält. Die selten über ein 
Millimeter grossen Krystalle zeigen die Form &O und eine röthlichgelbe 
bis blassbraune Farbe. Als mir Herr pr Koxmcek diese Mittheilung machte, 
sprach ich ihm die Vermuthung aus, es möchten sich in demselben Schich- 
tencomplexe noch andere interessante Manganmineralien finden, eine Ver- 
muthung, die so nahe lag, aber’ von ihm als höchst unwahrscheinlich be- 
zeichnet wurde, da er die dortige Gegend so gründlich durchforscht habe, 
die aber sich trotzdem sehr bald durch die interessante v. Lasaurx’sche 
Entdeckung des Ardennit von Ottrez als begründet erwies. 

Unter diesen Umständen werden Sie es ganz natürlich finden, dass 
ich ein Manganmineral aus derselben Gegend näher zu untersuchen an- 
fing, welches ich in der Mineraliensammlung des Polytechnikum, aus der 
Sack’schen Sammlung stammend, fand, als ich aus derselben für den ge- 
nannten Vortrag Belegstücke heraussuchte. Bei diesem Minerale lagen 
nun 2 Etiquetten, eine alte mit dem Bemerken: „dichtes Braunsteinerz, 
Lager im Schiefergebirge bildend zwischen Salm-Chäteau und Ottrez“ und 
eine neue von Sack’s Hand bei der Abgabe der Sammlung hinzugelegt: 
„phosphorsaures Mangan von Limoges.“ Zeigte das derbe, flachmusche- 
lige, pechschwarze, undurchsichtige, dichte, ziemlich harte Mineral auch 
keine Spur von Spaltbarkeit, so erinnerte trotzdem das äussere Ansehen, 
namentlich der Fettglanz, etwas an Triplit; aber keine Spur Phosphorsäure 
war zu ermitteln. Auch zeigte mir ein frischer, eisen- bis bläulichschwar- 
zer, matter bis schimmernder Bruch u. s. w. bald, dass es Psilomelan, 
und die alte Etiquette die richtige sei. Als ich im Spectralapparate er- 
mitteln wollte, ob es ein Kali- oder Baryt-Psilomelan wäre, überraschte 
mich neben ganz mattem Kaliumspectrum die leuchtende Lithiumlinie, ob- 
wohl die Flamme dem blossen Auge nur die Natriumfärbung zeigte. Bei 
der Reichhaltigkeit und Zerstreuung unserer heutigen mineralogischen Li- 
teratur und bei meinem schlechten Gedächtnisse waren mir die v. KosEr’ 
und A. Frexzer’schen Mittheilungen über Lithion-haltige Manganerze nicht 
in Erinnerung, deshalb hielt ich die Beobachtung eines Lithionpsilomelan 
neben den beiden andern Arten momentan für neu und prüfte deshalb 
sofort eine Reihe von Psilomelan der verschiedensten Gegenden spectro- 
scopisch, um zu ersehen, ob auch andere Psilomelane als der belgische 
Lithion enthielten. Die Beobachtungen, die ich dabei machte, werde ich 
nächstens in einer Untersuchungsreihe über Psilomelane, wenn die Ana- 
lysen fertig geworden sind, näher bekannt machen und beschränke mich 
heute nur auf die Mittheilung, dass von 16 untersuchten Psilomelanen die 
von Trochenberg bei Tarnowitz, Aarbacherzug im Freiengrunde, Grube 
Bollenbach bei Herdorf, Hollertszug, Grube Kaltenborn bei Eiserfeld, Ei- 
senzeche bei Eiserfeld im Siegen’schen unmittelbar als salzsaure Lösungen 
das Lithiumspectrum für sich allein oder meist neben Kalium zeigten. Im 
weiteren Verlauf dieser Beobachtungen wurde ich wieder auf die Mitthei- 
lungen von FRENZEL und v. KoseLL aufmerksam. Meine Untersuchungen 
sind nun aber doch nicht ganz vergeblich gewesen, denn sie beweisen, 


165 


dass Lithion-haltige Manganerze häufiger und weiter verbreitet sind, als 
die Arbeiten von KoserL und FRENZEL erwarten liessen. 

Die Beobachtung der genannten Herren, dass Manganerze von der- 
selben Grube oder Örtlichkeit sich bei diesen unmittelbaren Prüfungen im 
Spectralapparate öfters bald lithionhaltig, bald frei davon zu erweisen 
scheinen, habe auch ich zu machen Gelegenheit gehabt, damıt ist aber 
noch nicht bewiesen, dass die letzteren wirklich Lithion-frei sind, denn 
v. KoseLL hat auf das eigenthümliche Verhalten lithionhaltiger Mineralien 
bei unmittelbarer Prüfung im Spectroscope aufmerksam gemacht. Grössere 
Mengen einer Substanz mit Spectrum verdecken leicht die Spectrallinien 
kleiner Mengen anderer Substanzen, besonders in den kleineren Apparaten 
für chemische Laboratorien. So zeigte ein Psilomelan von Kaltenborn bei 
Eiserfeld im Siegen’schen nur das Kupfer- und Kaliumspectrum, während 
ein anderer derselben Grube neben viel schwächerem Kupferspectrum nur 
die intensive Lithiumlinie zeigte. Nach Abscheidung der Chloralkalien und 
Behandeln derselben mit Äther-Alkohol fanden sich in Letzterem auch 
grössere Mengen Kali und Natron neben Lithion. Überhaupt wird es auch 
wohl Natron-Psilomelane geben, denn die Natriumlinie ist oft intensiv 
stark, verblasst niemals, selbst wenn die Probe noch so lange in der 
Flamme bleibt, und manche Psilomelane zeigen bei unmittelbarer Betrach- 
tung ihrer salzsauren Lösung im Spectroscope nur die Natriumlinie, kein 
Kupfer, Baryt u. s. w. Barytpsilomelane erkennt man schon sofort nach 
dem Auflösen in möglichst wenig Salzsäure daran, dass sie namentlich 
beim Erkalten farblose Kryställchen von Chlorbaryum ausscheiden; bei 
einem Psilomelan von Bleifeld bei Zellerfeld im Harze waren aber auch 
diese Krystallbildungen Chlorblei. 

Diese Lithion-haltigen Manganerze nur wegen dieser stets geringen 
Menge von Lithion mit einem besonderen Namen Lithiophorit zu be- 
legen, wie es BREITHAUPT und FRENZEL gethan haben, möchte ich für be- 
denklich halten, besonders wenn man sie wie FRENZEL nicht als ein selbst- 
ständiges Mineral, sondern als Gemenge betrachtet. Die in Verbindungen 
von Schwermetallen so seltenen und auffallenden Elemente, Kalium, Li- 
thium, Barium, das häufige Vorkommen solcher Mangan-Verbindungen in 
oft so gleichem chemischen, mineralogischen und geognostischen Habitus, 
und zugleich ihre weite Verbreitung an so entlegenen Orten und unter 
den gewiss mannigfaltigsten Bildungsbedingungen möchten mich fast glau- 
ben lassen, dass derartige Manganerze selbstständige Arten sind. Die 
Fortsetzung dieser Untersuchungen wird das hoffentlich ermitteln ; vor der 
Hand muss ich diese Mittheilungen und Ansichten nur als vorläufige zu 


betrachten bitten. 
H. Laspeyres. 


Nachschrift. 
Aachen, den 8. März 1873. 


Nach Abfassung der obigen Seiten und bei weiterem Verfolg der Un- 
tersuchungen über das Wasser in den Mineralien habe ich die Arbeit über 


166 


Krystallwasser von v. KoseLL in PosGEnnporrr’s Annalen CXLI, 1870, 
S. 446 gefunden und natürlich mit grösstem Interesse gelesen, da seine 
Auffassung dieser Frage zum Theil bis in das Kleinste mit der meinigen 
übereinstimmt. Ich wollte deshalb zuerst diesen Theil der obigen Mit- 
theilungen kassiren, um theilweise Wiederholungen in der Literatur zu 
vermeiden. Schliesslich bin ich aber davon zurückgekommen, einmal, weil 
diese Frage ein grosses Interesse hat, zweitens, weil ich unabhängig und 
durch ganz andere Beobachtungen zu ihrer Prüfung geführt wurde als 
v. KoseLL, ferner weil doch nicht alle Mittheilungen von mir sich mit 
denen von Herrn v. Koserı vollständig decken und schliesslich weil sie 
begründen sollen, weshalb ich die genaueren Bestimmungen des Wassers 
in Mineralien und seiner Austrittstemperaturen auszuführen beabsichtige. 
Der Obige. 


Prag, den 5. März 1873. 


In dem jüngsten Hefte Ihres Jahrbuches erwähnten Sie auf S. 88 
meinen Bericht über die Analysen des Syngenit von Kalusz und die Iden- 
tität des Kaluszit mit dem Syngenit in der Zeitschrift Lotos, November- 
Heft 1872. Ich habe diesen Bericht zu einer Zeit geschrieben, als die 
Untersuchungen noch nicht zu Ende geführt waren, und beeile mich nnn, 
die dort angeführten, zum Theil leider falschen Angaben, zu berichtigen. 
Die Syngenit-Krystalle sind, wie von ZEPHARoVIcH ausdrücklich betonte, 
stets monoklin ausgebildet, im Polarisations-Apparat zeigen dieselben aber 
ein Axenbild, das entschieden für das rhombische System zu sprechen 
“ schien, welche Annahme bei noch nicht abgeschlossenen Messungen um 
so begründeter schien, als die Krystalle des künstlich dargestellten Kalk- 
Kali-Sulphates von MiıLLer und von Lane sowohl in optischer als auch 
krystallographischer Beziehung als rhombisch erkannt wurden. Nachdem 
Prof. von ZEPHAROVICH seine, an 16 meist ausgezeichneten Krystallen vor- 
genommenen Messungen zum Abschluss gebracht, ergab sich, dass diesel- 
ben nicht rhombisch gedeutet werden können. Eine genaue optische Un- 
tersuchung stellte, übereinstimmend mit den Messungen, das monokline 
System ausser Frage. Ich habe aus meinem Krystall zwei Lamellen 
parallel der Symmetrie-Ebene geschnitten und nach 180° Drehung mit 
ooP co an einander gekittet. Wären die Krystalle rhombisch, so müssten 
diese beiden Lamellen im polarisirten Lichte in jeder Lage gleichmässig 
hell oder dunkel sein; nachdem jedoch eine kleine Differenz der Hellig- 
keit beohachtet wurde, war nun auch in optischer Beziehung der Beweis 
des monoklinen Systemes dargethan. Eine genaue Messung ergab die 
Neigung der einen Elasticitätsaxe zur vertikalen Prismenkante im Mittel 
von 16 Messungen gleich 2%51° für weisses, und 2°46° für Natrium-Licht. 
Der Charakter der Doppelbrechung ist, wie auch von Lane und [scHEr- 
maK beobachteten, negativ; die Ebene der opt'schen Axen ist senkrecht 
auf ©Yoo — nicht wie Rumpr angibt, die Symmetrie-Ebene; — die spitze 
Bissectrix liegt im stumpfen Winkel und schliesst mit der Normale auf 


167 


oc Foo 2°51° mit der Klinodiagonale 1651‘ ein. Der Beweis, dass die 
Bissectrix nicht senkrecht auf Foo steht, wie TscHERMAK angegeben 
hat, ist leicht zu führen. Zwei Krystalle in paralleler Stellung mit oPoo 
übereinander gelegt, zeigen ein Axenbild, welches dem eines einzigen gleich 
ist: dreht man jedoch die obere Platte um 180°, so löscht sich, ‚wegen 
nicht zusammenfallender optischer Hauptschnitte der horizontale dunkle 
Querbalken, und es entsteht ein combinirtes Axenbild; da ja die optischen 
Axenebenen der beiden Individuen sich unter 5°42° schneiden. Die mir 
vorliegenden Präparate und Krystaile des Laboratoriums-Produktes zeigen 
ein gleiches combinirtes Axenbild, und es unterliegt wohl keinem Zweifel, 
dass auch dieses künstlich dargestellte Salz monoklin krystallisirt und 
die Krystalle als natürliche Zwillinge nach &T0o verwachsen vorkom- 
men. Rumpr führt das spec. Gew. = 2.25 an; ich habe es im Mittel 
dreier, mit mehr als 2 Gramm mit grösster Sorgfalt im Pyknometer 
mittelst Benzol (von 0.8835 Dichte) ausgeführten Wägungen gleich 2.603 
bei 17'!/,°C. gefunden. Professor von ZEPHARoVIcH hat eine ausführliche 
Abhandlung über diese so interessante Substanz, welche wiederholt zu 
Täuschungen sowohl in krystallographischer als optischer Hinsicht Ver- 
anlassung gegeben, der kais. Akademie in Wien vorgelegt, welche wohl 
in kurzer Zeit in den Sitzungsberichten derselben erscheinen wird. 
Dr. K. Vr»a. 


B. Mittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Wien, den 14. Januar 1873. 


Seit einigen Wochen befinde ich mich an der k. k. geologischen Reichs- 
anstalt in Wien. Wie Ihnen bekannt ist, veranstaltet die geologische 
keichsanstalt für die Weltausstellung eine Collectiv-Ausstellung, für welche 
ich in der Abtheilung der Kohlen aller Formationen Oesterreichs thätig 
bin. Es wird eine eigene Kohlenkarte (Vorkommen- und Circulationskarte) 
angefertigt, es werden Musterstücke der einzelnen Kohlenvorkommen auf- 
gestellt und so viel als möglich die statistischen Daten gesammelt, zum 
Behufe einer künftigen Abhandlung über mineralische Brennstoffe im 
Oesterreichischen Kaiserstaate. 

OTTOKAR FEISTMANTEL. 


Bern, den 27. Januar 1873. 
„Seit bald 15 Monaten bin ich mit einer neuen Ordnung und vor- 
läufigen Bestimmung der im Berner Museum seit so vielen Jahren ange- 
häuften Versteinerungen aus den Schweizer Alpen beschäftigt, welche meine 
ganze Zeit in Anspruch genommen hat und noch mehrere Monate erfor- 
dert, um sie zu vervollständigen. 


168 


Bei dieser Gelegenheit kommt manches interessante Stück zum Vor- 
schein, welches unbeachtet bei Seite geschoben und vergessen war, auch 
später bekannt gemacht werden kann. 

In den letzten Tagen kamen mir nun die Faunen der Gegend am 
Thuner See, und die der Rallystöcke bei Marlyn unter die Hände. Sie 
veranlassen mich, Ihnen einige kurze Bemerkungen zu der Notiz von E. 
Favre im Dezemberheft 1872 des Archives der Sc. phys. & nat. de Ge- 
neve (mit Profilzeichnungen) mitzutheilen. 

Herr FAvrE stützt sich darin auf die gegenwärtige Lage der 
Schichten der oberen Einsattelung der Gebirgsspitze (in seiner Fig. 1 
mit Spitzfleck bezeichnet), um meine Bestimmungen der Obernkreide- 
schicht des Opetengrabens und der aus der Höhe darüber herabstürzenden 
Blöcke im Rallyholz zu verdächtigen, indem er diese (seine Marlyn- 
schiefer) als tertiären Alters annimmt. 

Dieser Ansicht widersprechen aber die seitdem aufgefundenen Petre- 
facten. — Es liegen vor: 

Aus den anstehenden Schichten des Opetengrabens: eine 
Aporrhais (Rostellaria) varicosa A’ORBIENY, Pal. fr. t. eret. II, Taf. 210, 
fig. 6 mit theilweise noch guterhaltener feiner Sculptur und den bezeich- 
neten Wulsten. 

Aus den von Oben herabstürzenden Blöcken: ein Ammo- 
nites Bravaisianus, W’OrsIeny, Pal. fr. t. eret. I, Taf.:91, Fig. 5—4. Nur 
die Hälfte ist vorhanden; der Kiel ist scharf, die Seiten-Höcker auf den 
Rippen etwas weiter aus einander (wie bei A. Carolinus derselben Tafel), 
so dass die der inneren Reihe auf die inneren Windungen im Nabel sehr 
deutlich hervortreten. 

Ausden Winkelnder Oberen Einsattelung von Herrn Favrr’s 
Profil: ein Abdruck (2 bis 3 Zoll lang) eines Baculites durch Sculptur 
und Spuren der Lobenzeichnung (wenn auch verwittert) nur mit B. anceps 
(bei d’Orsıeny, Pal. fr. t. cret. 1, Taf. 139) stimmend. — Ausserdem sind 
an dieser Stelle von Tscnan, welcher Herr E. Favre dahin geführt hat, 
noch einige schlechterhaltene Sachen dem Berner Museum geliefert wor- 
den, welche mit den von mir vom Opetengraben in der Protozoe Helvetica 
II. beschriebenen zu stimmen scheinen. Dieser obere Theil ist petrogra- 
phisch etwas verschieden von der unteren Schicht am Opetengraben und 
der Rallyholzblöcke; er enthält viel mehr Glimmertheilchen, ist rauh 
anzufühlen in der Verwitterung; die unteren dagegen sind in der Verwit- 
terung sanft anzufühlen, ein mehr mergelig-thoniger Schiefer. Ein freund- 
schaftlicher Briefwechsel über diesen Gegenstand ist mit Herrn E. FAvreE 
eingeleitet, da dieser auf seiner schon bei der letzten Versammlung der 
Allgem. Schweizergesellschaft für die Naturwissenschaft vorigen Jahres 
vorgetragenen Ansicht, und seiner letzten obenerwähnten Notiz, nicht mehr 
so stark zu bestehen scheint, möchte dieses bei der Anzeige zuletzt im 
Jahrbuche, im Interesse des Verfassers selbst, zu berücksichtigen sein. 

Aus dem von Herrn Favre erwähnten und (etwas abenteuerlich ein- 
gezeichnet) sogen. Chatelkalle an der Dallefluh (beim Gypsstock) 


169 


liegen mir vor: ein deutlicher Abdruck eines Ammonites biplex und ein 
dickes Stielstück des sehr bezeichnenden Apioerinus polycyphus Mer. 
(Letnaea Bruntrutana von THuRrMmAnNn und Erarton, Taf. 49, Fig. 6); die- 
ser Theil ist auch weiter nordwestlich, am Abhang beim sogenannten 
Boduna, wiedergefunden, mit Aptychus curvatus, SIEBEL (siehe meine Üepha- 


lopodes des Alpes de la Suisse, Taf. 5). 
Dr. A. Ooster. 


30. Januar 
St. "sbi Va 
t. Petersburg den weh 
Notiz über die Silurformation am Dniestr in Podolien und Ga- 


lizien, und über Pteraspis Kneri im Besonderen. 


Die Nachrichten über das Vorhandensein petrefaktenreicher obersilu- 
rischer Schichten am Dniestr in Podolien und Galizien hatten schon lange 
in mir den Wunsch rege gemacht, diese Schichten aus eigener Anschauung 
kennen zu lernen, namentlich da es nach den bisherigen Angaben nicht 
gelungen war, die Scheidung in eine obere und untere Gruppe, entspre- 
chend dem Wenlock und Ludlow Englands daselbst durchzuführen und 
ich schon früher in einem andern Gebiet, auf der Insel Gotland, diese 
Scheidung hatte durchführen können *, die früher von verschiedenen Sei- 
ten geläugnet wurde, jetzt aber von den schwedischen Geologen an- 
erkannt ist. 

Schon im Jahr 1856 hatte ich eine hübsche silurische Sammlung aus 
Podolien gesehen, die Hr. Czekanowskı von dort mitgebracht hatte. Leider 
blieb die Bearbeitung derselben unvollendet, aber auch UzEKANOWsKI war 
schon zu dem Resultat gekommen, dass eine Wenlock- und Ludlowgruppe 
am Dniestr zu unterscheiden sei, was von dem ausführlichsten Bearbeiter 
des Podolisch-silurischen Gebiets, Hrn. MaLzwskt (in seiner Magister-Dis- 
sertation, Kiew 1865, in russischer Sprache), der nur einen Theil der Cze- 
KANoWSKI’schen Sammlungen, nicht aber seine Resultate kannte, wiederum 
geläugnet wurde, Die reichhaltigsten Angaben über die galizische Silur- 
formation finden wir in der kurzen Notiz von Prof. Frrp. Römer „über 
die diluvialen Schichten der Gegend von Zalescezyki in Galizien“ im Jahr- 
buch 1862, p. 327. Die Übereinstimmung mit den obersilurischen Schich- 
ten Schottlands und Englands wird hervorgehoben, eine genauere Bestim- 
mung des Niveau’s aber nicht versucht. 

Im August und September (des verflossenen Jahres 1872 unternahm 
ich nun im Auftrage der kaiserl. mineralogischen Gesellschaft in St. Pe- 
tersburg eine Reise nach Podolien und Galizien, um das Silursystem am 
Dniestr zu studiren und namentlich die Frage zu entscheiden, ob dort eine 
Scheidung in eine Wenlvuck- und Ludlowgruppe durchzuführen sei, woran 


* Beitrag. zur Geologie der Insel Go:land, im Archiv für die Naturkunde von Finn-, 
I:sth- und Kurland. I. Serie. Bd. LI, 1859. 


170 


ich übrigens nach den oben erwähnten Mittheilungen Herrn CzEekAwowskr's 
nicht zweifelte. 

Ich musterte zunächst die reichhaltigen Sammlungen aus dem podo- 
lischen Silurgebiet im Universitätsmuseum zu Kiew, wo die Sammlungen 
des Prof. Frormartow und der Hrn. Marewskı und CzEekanowskı aufbe- 
wahrt werden, und ging dann nach Kamenetz-podolsk, in dessen Umge- 
bung ich einige Tage zubrachte, da die Ufer des Smotricz reich an petre- 
faktenreichen Entblössungen sind. Von dort ging ich nach Iwanetz am 
Dniestr und diesen Fluss zu Boot hinab bis Uschitza, wo die silurischen 
Kalklager, die allein Petrefakten enthalten, aufhören. Von hier ging ich 
zu Lande über Kitaigorod wiederum nach Kamenetz-podolsk und dann 
schon über Okopa nach Galizien. Während der Fahrt von Okopa bis 
Zalesezyki sammelte ich an mehreren Stellen unterwegs und hielt mich 
dann einige Tage in den reichhaltigen Umgebungen von Zalescezyki auf. 
Den Rückweg machte ich über Skala und Gusjätin bis an die Eisenbahn- 
station Troskurow, von wo ich wiederum über Kiew und Moskau nach 
Petersburg zurückkehrte. Von Zalesezyki aus hatte ich eine Exeursion 
nach Krakau gemacht, und die galizisch-silurischen Sammlungen im dor- 
tigen Museum mir angesehen. 

Meine Resultate sind nun kurz folgende: 

Der grösste Theil der von mir untersuchten und in Sammlungen ken- 
nen gelernten Lokalitäten gehört der Ludlowgruppe an und die Ähnlich- 
keit mit den höchsten silurisc;en Schichten von Oesel und Gotland ist 
eine so grosse, dass wir die Dniestr-Schichten unbedingt als eine Fort- 
setzung der baltisch-silurischen anzusehen haben. Zwei Facies in der Lud- 
lowgruppe des Dniestr lassen sich unterscheiden: die Podolische, zu der 
die Umgebung von Kamenetz-podolsk und die Gegend bis zum Grenzfluss 
Ibrucez gehört nebst dem auf der galizischen Seite dieses Flusses gelegenen 
Skala, und die galizische, die in der Umgebung von Zalesezyki entwickelt 
ist. Die podolische Facies ist reich an Korallen, namentlich Stremato- 
poren, Helioliten und ZLabechia conferta, ausserdem sind Huomphalus ala- 
tus, Lucina prisea, Pentamerus galeatus als besonders charakteristische 
Fossilien zu nennen. Das Gestein ist Korallenkalk und dünn geschich- 
teter gelber Kalkmergel, unter dem meist petrefaktenleere Schieferthone 
liegen. Die galizische Facies ist dur:h dünne Kalkplatten, die mit Schiefer- 
thonen wechseln, gekennzeichnet. Eine Überfülle von Tentaculiten (T. 
ornatus und tenuwis), Leperditia baltica af. und Bivalven (Orthonota ro- 
tundata Sow., Pterinea retroflexa u. s. w.) ist vorhanden. Einzelne Schil- 
der von Pteraspis finden sich nicht selten. Worauf ich aber besonderen 
Nachdruck legen will, ist, dass in der Umgebung von Zalesezyki den Fluss 
aufwärts nach Uscieczka zu auf den petrefaktenreichen Kalkplatten rothe 
Sandsteine liegen, die durchaus conform gelagert sind und vorzugsweise 
Pteraspis enthalten, nebst einigen Resten von Pterygotus und deutlichen 
andern Fischresten, Knochenplatten mit sternförmig verzierten Tuberkeln, 
die wir nur zu den bekannten Fischgeschlechtern des alten rothen Sand- 
steins Asterolepis (Pterichthys) oder “occosteus bringen können. 


171 


Wir hätten also in Galizien oberhalb Zalesczyki einen ebensolchen 
allmählichen Übergang aus den obersten silurischen ‚Schichten in die un- 
tersten des alten rothen Sandsteins, wie er uns im westlichen England, 
in Herefordshire geschildert wird (s. Silurie, Ausgabe von 1867, p. 243 ff.). 

Wie sich diese Übergangsschichten zu den andern devonischen Schich- 
ten, die in Galizien entwickelt sein sollen, verhalten, habe ich nicht ver- 
folgen können, und müssen wir das den einheimischen Geologen überlassen. 

Soviel kann ich aber jetzt sagen, dass die Ansicht des Grafen Key- 
SERLING, dass der Übergang aus dem obersilurischen in’s devonische ein 
viel allmählicher ist, als aus dem untersilurischen in’s obersilurische, durch 
meine Beobachtungen bestätigt wird. In Esthland habe ich die Suz. von 
ober- zu untersilurisch immer ganz scharf gefunden. 

Noch halte ich es für meine Pflicht hervorzuheben, dass ich die ersten 
devonischen Knochenschilder von -Usineczke im Museum zu Krakau ge- 
sehen habe. Bei der Rückkehr an den Dniestr habe ich mich selbst mit 
ihrer Lagerstätte bekannt gemacht. 

Die untere Abtheilung der obersilurischen Gruppe ist am Dniestr 
viel weniger entwickelt. Ich kenne nur zwei getrennte Lokalitäten, die 
ich mit Sicherheit dem Wenlock zuschreiben kann. Deutliche Unterlage- 
rung unter Ludlowschichten habe ich nicht beobachtet. Einmal sind es 
die grauen Mergel bei Studenitza und Kitaigorod in Podolien, an der 
Westgrenze der dortigen silurischen Kalksteine, die durch eine Menge von 
Spirifer radiatus Sow., Orthis elegantula, Leptaena transversalis und an- 
dern deutlichen Wenlockmuscheln ausgezeichnet sind. Das andermal das 
Thal der Niklawa in Galizien von Uot-Biskupje bis Borsezow, wo lockere 
grünlichgraue Mergel anstehen, in denen ebenfalls Leptaena transversalıs, 
Orthis elegamtula, ©. hybrida, Strophomena pecten, 8. filosa und einige 
wie es scheint neue Formen zu finden sind. Auch am Dniestr selbst, bei 
Babinze, habe ich diesen Mergel anstehend gefunden, in dem sich vortreff- 
lich sammeln lässt, da man die einzelnen Muscheln ohne Anwendung des 
Hammers aus (em lockeren Gestein herausnehmen kann. 

Was nun das interessanteste Petrefakt Galiziens, den Pteraspis Kneri 
betrifft, so sind darüber verschiedenartige Ansichten geäussert worden. 
Kner und mit ihm EıcuwAanp bringen ihn zu den Cephalopoden, Kuxt# zu 
den Crustaceen und die englischen Forscher und mit ihnen Prof. F. Rö- 
MER zu den Fischen, in die Nähe von Üephalaspis. Mir liegt ein schönes 
Material vor, und darnach kann ich mich nur zur Fischnatur des Pteraspis 
bekennen, wie sie von LAnkEster und Hvxtey auseinandergesetzt ist. Dass 
Scaphaspis und Pteraspis zusammengehören, das hatte ich schon früher 
angenommen, da die beiderseitigen Schilder ganz gleichartig gezeichnet, 
sowohl in England als in Galizien immer zusammen vorkommen. KuxrH 
hat nun «iese Annahme zur Gewissheit erhoben; aber warum soll dess- 
wegen Scaphaspis ein Schwanzschild sein? ist es nicht viel natürlicher, 
ihn als einen Bauchschild anzusehen, ähnlich wie ein solches bei Pterich- 
thys und Coccosteus (s. Panper’s Placodermen, t. 4) vorkommt. Die kleinen 
länglichen Schilder, die Kunt# erwähnt, lassen sich wohl besser mit den 


72 


analog geformten Leibesschildern von Cephalaspis vergleichen, als mit 
Leibesgliedern von Trilobiten. Wenn auch noch keine deutlichen Knochen- 
lacunen in den Schildern von Pteraspis nachgewiesen sind, so erinnert 
seine mikroskopische Structur doch viel mehr an Cephalaspiden, nament- 
lich meine Gattung T’remataspts (s. Verhandlungen der Petersb. mineralog. 
Gesellschaft, 1866) als an Trilobiten, deren Schalen, wie ich mich selbst 
überzeugte, eine homogene Masse bilden. 
Mag. Fr. Schuipt, 


Prag, den 19. Febr. 1873. 


Ich freue mich, Ihnen anbei den zweiten Band meines Mineralogi- 
schen Lexicon’s für das Kaiserthum Österreich vorlegen zu 
können. Im vollkommenen Anschlusse an den 1859 erschienenen Band 
(Jb. 1860, 616), gibt das Werk nun, unter stetem Hinweis auf die Litera- 
tur, eine Übersicht der auf österreichische Mineralien sich beziehenden 
Forschungen, welche aus dem Zeitraume 1790--1872 vorliegen. Dass ich 
mich in vielen Fällen einer Kritik nicht entziehen konnte, versteht sich 
von selbst; Sie werden vielleicht auch finden, dass eine nicht geringe Reihe 
von für das Lexicon unternommenen Untersuchungen ihren Platz gefun- 
den, sowie dass wichtige, bisher nicht veröffentlichte Beiträge von Fach- 
männern eingereiht wurden. Der Abschluss dieser recht mühevollen und 
langwierigen Arbeit gewährt mir nun wohl einige Befriedigung, da ich 
hoffe, den Forschern eine brauchbare Grundlage für eingehende Studien 
geliefert zu haben. 

v. ZEPHAROVICH, 


Breslau, den 30. Februar 1873. 


Am 7. Februar starb in München am Nervenfieber Dr. EwaLn BECKER, 
Assistent am paläontologischen Museum in München. Da er, einziger Sohn 
eines hiesigen Kaufmanns, hier in Breslau unter Wessky’s und meiner 
Leitung seine Studien gemacht und mir seitdem stets eine freundliche An- 
hänglichkeit bewahrt hatte, so war mir sein plötzlicher Tod besonders 
schmerzlich. Gewiss hätte man, wenn ihm ein längeres Leben beschieden 
gewesen wäre, sehr tüchtige wissenschaftliche Leistungen von ihm erwar- 
ten dürfen. Er gehörte zu den wenigen unter den jüngeren Männern un- 
serer Wissenschaft, welche noch die verschiedenen Disciplinen derselben 
umfassen. Von seiner krystallographisch-mineralogischen Bildung, für 
welche er durch gründliche mathematische Studien vorbereitet war, geben 
seine werthvollen Aufsätze über die Mineralien iın Granit von Striegau 
und über Quarzkrystalle von Baveno Zeugniss. In den letzten Jahren 
hatte er sich vorzugsweise paläontologisch-geognostischen Studien zuge- 
wendet. Eine grössere Arbeit über die Korallen von Nattheim, mit wel- 


173 


cher er seit länger als einem Jahre beschäftigt war, sollte ihm den Ein- 
tritt in die akademische Lehrthätigkeit eröffnen. Er hat nicht die Genug- 
thuung gehabt, sie vollendet zu sehen. Glücklicher Weise hat Zırreu ihren 
Abschluss und ihre Herausgabe übernommen, so dass dem Verstorbenen 
sein Verdienst und der Wissenschaft der Vortheil seiner Arbeit gesichert 
bleibt. Mit verhängnissvoller Auswahl der Besten hat der Tod die Reihen 
des jungen Nachwuchses unserer Wissenschaft in den letzten Jahren ge- 
lichtet. ScuLöngach, KuntH und BECKER — drei bessere konnten wir nicht 


verlieren. 
FERD. RoENMER. 


\eue Literatur. 


l 
Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Sehriften durch ein deren Titel 
beigesetztes *. 


A. Bücher. 
1811. 


* O0. Hser: Förutskickade anmärkningar öfter Nordgrönlands Kritflora ete. 
(K. Vetensk. Ak. Förh. No. 10, p. 1175.) 

* J. S. NEwWBERRY: Geological Survey of Ohio. Report of Progress in 1370. 
8°. Columbus, 568 p. with Maps of grouped. sections. 

* Proceedings of the Academy of Natural Sciences of Philadelphia. 8°. 
Part. I—II, p. 1—3572. 17 Pl. 

1202 

* ARZRUNI: über den Cölestin von Rüdersdorf und Mokkatam (1 Tf.) und 
über den Einfluss isomorpher Beimengungen auf die Krystall-Gestalt 
des Cölestins. (Abdr. a. d. Zeitschr. d. Deutschen geolog. Gesellsch. 
XXIV. 3. Heft. S. 477—492. 

* Max Bauer: Mineralogische Mittheilungen. (Württemb. Naturw. Jahresh. 
XVII. .p. 246,2 Taf 1) 

* E. BERTRAND: Note sur un nowveau gisement de Leadhillite. 8. 3 p. 

* Bericht über die 29. und 30. Vers. des Comite’s für die deutsche Nord- 
polexpedition in Bremen. 

* Communication on the Discovery of new Rocky Mountain Fossils. (Meet. 
of the American Philos. Soc. Dec. 20. 

* GöPPERT: Zur Geschichte des Elenthiers in Schlesien. (Extr. aus d. Sitz. 
f. nat. Cult. in Schles. am 18. Dec. 

* Fr. v. Hauer: Geologische Übersichtskarte der Österreichisch-ungari- 
schen Monarchie. Bl. No. IV. Ost-Karpathen. Mit Erläuterungen 
in 8°. Desgl. Farben-Schema. 

* Eve. W. Hırcarn: on the Geology of Lower Louisiana and the Salt De- 
posit on Petite Anse Island. Washington City. 4°. 34 p. 

* A. Hırser und Fr. Nies: der Röth Unterfrankens und sein Bezug zum 


175 


Weinbau. S. 11. (Sep.-Abdr. a. d. Mittheilungen aus d. agricultur- 
chemischen Laboratorium in Würzburg von A. Hıneer und Fr. Nıks.) 

* F. v. HocustErTer: die geologischen Verhältnisse des östlichen Theiles der 
europäischen Türkei. Wien, 1872. (Jahrb. d. k. k. geol. R.-A. XXII. 
4. p. 331—388.) Mit Karte und Profilen. 

* Herm. KravosL: Zusammensetzung und Lagerung des Diluviums um 
Innsbruck. Mit 1 Prof. (Sep.-Abdr. a. d. naturw.-medic. Zeitschr. f. 
Berlahr. 1802, 8°. 8.18. 

* P. pe LorioL: Description de quelques Asterides du terrain neocomien 
des environs de Neuchätel. (Mem. de la Soc. nat. de Neuchatel. T. V. 
Dee); 40. 19.9.,2 Pl 

* 0. C. Marsa: Preliminary deseription of new Tertiary Reptiles. (Amer. 
Journ. of sc. a. arts. Vol. IV. Oct. 

O0. €. Marsu: Notice of a new species of Jinosaurus, Discovery of 
Fossil Quadrumana in the Eocene of Wyoming, Notice of a New 
Reptile from the Cretaceous. (Amer. Journ. of sc. a. arts, Vol. IV, 
Oct. a. Nov.) 

= Memoirs of the Boston Society of Natural History. 4°. Vol. 
I. P. 1. No. 2 a. 3. Boston, 1871—1872, p 29—154; P. 2. No. 1. 
Boston. p. 155-202. 

* Fr. Nies: über Aphrosiderit. S. 12. 

* Fr. Nıes: über ein Kobalt-haltiges Bittersalz. S. 25. 

* Fr. Nırs: der Kalktuff von Homburg am Main und sein Salpeter-Gehalt. 
S. 12. (Separat-Abdrücke aus den Mittheilungen des agriculturchemi- 
schen Laboratoriums in Würzburg.) 

* Proceedings ofthe Boston Society of nat. Hist. 8°. Vol. XII, 
p. 369—435; Vol. XIV, p. 1—224. 

* FRID. SANDBERGER: die Land- und Süsswasser-Conchylien der Vorwelt. 
6.—8. Lief. S. 16i—256. Taf. 21—32. Wiesbaden. 4°. 

* ForD, Stouiczra: Oretaceous Fauna of Southern India. Vol. IV. 2. The 
Cliopoda. Caleutta. 4°. 34 p.,3 Pl. 

* Aus. GuIL. STIEHLER: Palaeophytologiae statum recentum exemplo Mono- 
cotyledonearum el Dicotyledonearum amgiospermarum gamopetalarum 
manifestum factum. P. 1. Monocotyledoneae in statu fosseli. Fol. 
156 S. 

* B. Stuper: Gneiss und Granit der Alpen. (Zeitschr. d. Deutsch. geol. 
Ges. PX 931..2 Bat... 21.) 

* K. Vrea: Mittheilungen aus dem mineralogischen Museum der Universi- 
tät Prag. Mit'IL If. 'S. 7. 

* VOGELGESANG: Geologische Beschreibung der Umgebungen von Triberg 
und Donaueschingen. (Sectionen Triberg und Donaueschingen der to- 
pographischen Karte des Grossherzogthums Baden.) Mit zwei geolo- 
gischen Karten und zwei Profiltafeln.. Herausgegeben von dem Han- 
dels-Ministerium. Carlsruhe. 4°. S. 133. | 

* F, J. Wıık: Meddelanden beträffende finska mineralier. (Fin. Vet. Soc, 
Förh.) 8°. p. 26—42. Pl. 11. 


176 


1873. 


*H. v. Asren: Über die in südöstlicher Umgegend von Eisenach auftre- 
tenden Felsitgesteine. Heidelberg. 8°. 378. 1 Taf. 

* G. Dewangue: Rapport seeulaire sur les travaux de la classe des scien- 
ces. Sciences minerales. Bruxelles. 8°. Pg. 90. 

* FeRD. DierrensAcH: Plutonismus und Vulkanismus in der Periode von 
1868—1872 und ihre Beziehungen zu den Erdbeben im Rheingebiet. 
Auf Grund der neuesten Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung 
und mit Berücksichtigung von mehr als tausend Erdbeben und Vulkan- 
Ausbrüchen dargestellt. Darmstadt. 8°. S. 110. 

* Fern. Fischer: Leitfaden der Chemie und Mineralogie. Mit 175 in den 
Text eingedruckten Abbildungen. Hannover. 8°. S. 187. 

* W. Kıne: on the structure of a rock from Ceylon. (Geol. Mag. Jan. 
p. 1—6.) 

* Jon. Aus. Ernst KÖHLEerR: die Eruptivgesteine des sächsischen Voigt- 
landes. Reichenbach. 8°. 808. 

* 0). C. MarsH: on a New Subeclass of Fossil Birds (Odontornithes). Amer. 
Journ. of Sc. a. Arts, Vol. IV. Febr. 

* WILHELM Runge: die Mineralogie in der deutschen Volksschule. Erster 
mineralogischer Unterricht in Schule und Haus. Mit 14 Illustrationen 
in Holzschnitt. Breslau, kl. 8°. S. 96. 

* LEOP. WÜRTENBERGER: neuer Beitrag zum geologischen Beweise der Dar- 
wın’schen Lehre. (Ausland No. 1.) 


B. Zeitschriften. 


1) Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 
Berlin. 8°. [Jb. 1872, 728.] 

1872, XXIV, 5; S. 419—603; Tf. XVI-XXI. 
A. Aufsätze. 

G. Rose: über ein grosses Granitgeschiebe aus Pommern, nebst einigen 
Bemerkungen über die Eintheilung der Trachyte in HumsoLpr’s Kos- 
mos: 419—427. 

A. SaneBEcK: über Fahlerz und seine regelmässigen Verwachsungen (Taf. 
XVI-XIX): 427—465. 

E. Lupwıe: über die chemische Formel des Epidots: 465—477. 

ArRzRUNI: über den Cölestin von Rüdersdorf und Mokkatam (Taf. XX): 
477—484. 

— — über den Einfluss isomorpher Beimengungen auf die Krystall- 
gestalt des Cölestins: 484—493. 

Scaccar: durch Sublimation entstandene Mineralien, beobachtet bei dem 
Ausbruch des Vesuvs, April 1872; im Auszug mitgetheilt von J. Rork: 
493—505. 

-— — vorläufige Notizen über die bei dem Vesuv-Ausbruch April 1872 

“ gefundenen Mineralien; im Auszug mitgetheilt von J. Rora: 505--507. 


177 


H. VosELsans: über die Systematik der Gesteinslehre und die Eintheilung 
der gemengten Silicatgesteine: 507—545. 

ScaccHı: über den Ursprung der vulkanischen Asche. Im Auszuge von 
C. RammELsgeRe: 545—549. 

C. RamMmELspgERG: über die chemische Natur der Vesuv-Asche des Aus 
bruchs von 1872: 549—551. Bi 

B. STuDer: Gneiss und Granit der Alpen (Tf. XXI): 551—558. 

W. TRENKNER: die Juraschichten von Bramsche, Wester-Cappeln und Ib- 
benbühren: 558—589. 

FERD. RorMER: über das Vorkommen von Culm-Schichten mit Postidono- 
mya Becher: auf dem Südabhang der Sierra Morena in der Provinz 
Huelva: 589—593. 

B. Briefliche Mittheilungen. 

Von Küsrn und A. Kor: 593—595. 


C. Verhandlungen der Gesellschaft. 
Vom 1. Mai bis 3. Juli 1872: 595—603. 


2) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Wien. 8. 
[Jb. 1872, 941.] 

1872, XXIL, No. 4: S. 331—400. 

FERD. v. HocHstETTER: die geologischen Verhältnisse des östlichen Theiles 
der europäischen Türkei; mit einer geologischen Karte in Farben- 
druck (XVI) und einer Tafel (XVII). Zweite Abtheilung: 331—389. 

FR. v. Hauer: Geologische Übersichtskarte der österreichischen Monarchie: 
339—400. 


3) G. Tscuermar: Mineralogische Mittheilungen. Wien. 8. 

[Jb. 1872, 942.] 
1872, Heft 4. S. 199—265, Tf. Vl. 

C. W. C. Fvcns: die Insel Ischia: 199—239. 

Franz BABANEK: zur Kenntniss der Minerale von Eule in Böhmen: 239 
—241. 

J. Burkart: über den Guadalcazarit: 241—245. 

M. Wesskr: über die Krystallform des Pucherit von Schneeberg (Tf. IV): 
245— 238. 

J. Nıepzwienzekı: Andesit von St. Egidi in Süd-Steyermark: 253—257. 

Analysen aus dem Laboratorium von E. Lupwıe: 257—263. 

Notizen. Nachtrag zur Mittheilung über Staurolith — Mineral-Vorkom- 
men bei Reichenau — Kupferschaum von Prein — die Glimmerkugeln 
von Hermannschlag in Mähren — Fundort des Milarits — Kupfer 
von Graupen in Böhmen: 263—265. 


Jahrbuch 1873. 12 


178 

4) Verhandlungenderk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 
8°. [Jb. 1873, 68.] 

1872, No. 17. (Sitzg. am 17. Dec.) S. 339—358. 

Vorgänge an der Anstalt: 339—340. 

Eingesendete Mittheilungen. 

D. Srur: Pflanzen-Reste von Vrdnik in Syrmien: 340—341. 

— — Beiträge zur Kenntniss der Lias-Ablagerungen von Hollbach und 
Neustadt in der Gegend von Kronstadt in Siebenbürgen : 341—347. 

Vorträge. 

F. FoOETTERLE: das Vorkommen von Asphalt am Colle della Pece bei Pofi- 
Castro in Mittelitalien: 347—351. 

E. v. Mossısovics: über die tektonischen Verhältnisse des erzführenden 
Trias-Gebirges zwischen Drau und Gail: 351—353. 

C. v. Haver: Harzkohle von Johannesthal in Krain: 353 - 354. 

Einsendungen an die Bibliothek u. s. w.: 354—358. 

1873, No. 1. (Sitzung am 7. Jan.). S. 1—24. 
Eingesendete Mittheilungen. 

D. Stur: Vorkommen einer Palmenfrucht-Hülle (Zepidocaryopsis West- 
phaleni) im Kreide-Sandstein der Peruzer Schichten bei Kaunitz in 
Böhmen: 1—3. 

D. Srur: über ein neues erst kürzlich entblösstes Vorkommen von Basalt 
an der Station Dassnitz bei Königsberg in Böhmen: 3—4. 

Vorträge. 

C. DöLrtEer: Geologische Notizen aus Südtyrol: 4—6. 

D. Srur: Beiträge zur genaueren Deutung der Pflanzenreste aus dem Salz- 
stock von Wieliezka: 6—10. 

C. v. Hauer: die Bausteine aus den Brüchen des Freiherrn CarL v. SuTT- 
NER bei Zoglsdorf in Niederösterreich: 10—13, 

G. Strache: Notizen über das Erdbeben in Wien am 3. Januar: 13—18,. 

Einsendungen u. s. w.: 18—24. 


5) J. C. PossEnndorrr: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
8%, [Jb. 1873, 68.] 
1873, No. 1, CXLVII, S. 1—176. 
J. Roru: über die Temperatur-Beobachtungen in dem Bohrloch bei Speren- 
berg unweit Berlin: 168—171. 


6); H. KoLse: ‚Journal für. practische (Chemie "Lemrig., ‚8% 
[Jb. 1875, 68.] 
1872, VI, No. 17—1S, 8. 257—385. 
1872, VI, No. 19—20, S. 386—480. 
E. v. MEvER: Untersuchung der aus einigen Saarkohlen stammenden Gase: 
389—416. 


— 


179 


7) Verhandlungen des naturhistorischen Vereins der Preus- 
sischen Rheinlande und Westphalens. Herausgegeben von 
C. A. Anprar. Bonn. 8°. [Jb. 1873, 69.] 
1872, XXIX, 1. Abhandl. S. 1—98. Corr.-Bl.: S. 1—47. Sitz.-Ber. 
S. 1-80. 
Correspondenzblatt. 
Angelegenheiten der Gesellschaft: 1—98. 


Sitzungs-Berichte. 

SCHAAFFHAUSEN: über zwei ältere Funde anthropologischer Überreste aus 
der Balver Höhle: 18—21.” A. v. Lasauıx: über petrographische Stu- 
dien an den vulkanischen Gesteinen der Auvergne: 30—33. G. vom 
Rırn: über Anorthit, über die Zusammensetzung des Humit von Neu- 
kupferberg in Schweden; legt mikroskopische Präparate des Xantho- 
phyllit vor; über den 1. Bd. der Memorie per servire alla deserizione 
della carta geologica d’Italia: 34—35; DE Koninck: über Analysen 
einiger belgischen Mineralien: 42—43. A. v. Lasavıx: über Gletscher- 
spuren im Mont Dore: 42—46. Weiss: Schluss seiner Flora der jüng- 
sten Steinkohlen-Formation und des Rothliegenden; über eine neue 
Steinkohlen-Pflanze, (ingularia: 76—79. 


8) Schriften der physikalisch-ökonomischen Gesellschaft 
zu Königsberg. Zwölfter Jahrgang. Königsberg. 4°. 
1871. 1.—2. Abtheilung. 
Aus. MüLLEer: über drei in der Prov. Preussen ausgegrabene Bärenschädel 
(II Tf.): S. 1—23. 
Bericht über die geognostische Untersuchung der Provinz Preussen. 
Dreizehnter Jahrgang. Erste Abtheilung. 
1872. S. 1—88. 


9) Schriften der naturforschenden Gesellschaft in Danzig. 
Neue Folge. Dritten Bandes erstes Heft. Danzig. 8°. 
1872. 8. 1—226. 


Kasıskı: das Gräberfeld der Persanziger Mühle: 1—32. 
A. MeneE: über eine in Bernstein eingeschlossene Mermis: 1--2. 


10) Bulletin de la Societe geologique de France. [2] Paris. 8°. 
[Jb. 1873, 72.] 
1872, No. 7, XXIX, p. 481—583. 


Tournovör: über mehrere bei Ferte-Aleps aufgefundene Zähne von Ver- 
tebraten: 481—484. 
Tournov£r: über einige oligoväne Conchylien der Gegend von Rennes (Ille- 
et-Vilaine): 484. 
12° 


180 


A. GARNIER: die nummulitischen Schichten von Branchai und Allons (Bas- 
ses-Alpes): 484—492. 

Tovrnov£r: über die von GARNIER gesammelten tertiären Fossilien aus den 
Basses-Alpes (pl. V—VIO): 492 —514. 

HesBertT und Bayan: Bemerkungen hiezu: 514-520. 

Tournov£r: Nachtrag hiezu: 521—527. 

— — die fossilen Auriculiden der Faluns: 527—529. 

Aus. CHaptıs: über im oberen Mergel aufgefundene Gebeine: 529—530. 

MunNtER-CHALMAS: die neuen Gattungen Bayanoteuthis und Belopterina: 
530—531. 

Tarpy: die Hügel von Turin: 531—541. 

—  — der miocäne Gletscher des Pariser Beckens: 541-547. 

— — die miocänen, pliocänen und quartären Perioden in Oberitalien: 
547—560. 

— —. Theorie der Gletscher-Periode: 560—569. 

Jacqguvor: der nutzbare Boden, als Antwort auf die Notiz: von LEVALLoIS 
‚über geologische und agronomische Karten: 569—583. 


11) Comptes rendus hebdomadaires des seances de "Academie 
des Sevences. Baris. 4%... [Jb. 1873, 73] 
1872, 9. Dec. — 30. Dec.; No. 24—27; LXXV, p. 1565-1848. 
A. LEYMERIE: über eine turonische Colonie in der Senon-Gruppe von Saint- 
Martory (Pyrenäen): 1642—1643. 
Dausr£er: über einen bei Bandong auf der Insel- Java am 10. Dec. 1871 
gefallenen Meteoriten: 1676— 1678. 
P. Fıscuer: über einige von Pınarr von Alaska mitgebrachte fossile Reste: 
1784— 1786. i 
CHANTRE: über die Fauna des Lehm von Saint-Germain am Mont Dore 
und über die quaternäre Fauna des Rhone-Beckens überhaupt: 1786 
— 1788. 
12) L’In stitut. T. Seet. Sciences mathematiques, physiques et naturelles. 
Paris; 4% [)b#1873, 72:] 
1872, 20. Nov.—25. Dec.; No. 1986—1991; p. 369—416. 
Cu. Gran: die Gletscher im Westen der Vereinigten Staaten: 381—383. 
SAuvAgE: über die Gattung Steneosaurus: 396. 
Dvucker: über fossile Reste von Pikermi: 405—406. 
J. Geikıe: Wechsel des Klima’s während der Gletscher-Periode: 406-407. 


13) E. DusrveiL et E. HeckeL: Revue des sciences naturelles. 
Montpellier et Paris. S°. 
1872, tome I. No. 1. Pg. 1—116. 
Bıeicner: Geologische Studien in der Gegend von Montpellier (pl. IV): 
63— 74. | 


181 


14) The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Ma- 

gazine and Journal of Science. London. 8°. [Jb. 1873, 74.] 
1872, Novb., No. 294, p. 321—400. 
1872, Decb., No. 295, p. 401—480. . 

Hurrox: die Hebungen und Senkungen der Erde: 401—414. 

Geologische Gesellschaft. Damrrer: über die Geologie von Qüeens- 
land: 474—476. 

1872, Dech. (Suppl.), No. 296, p. 481—548. 

Geologische Gesellschaft. Wnrmsere: über Atolls; Dakvyns: Glet- 
scher-Phänomene im Hochland von Yorkshire; Mackıntosn: Küsten- 
profil des Geröllethons von Cheshire: W. BLrAspeLr: neuere Gletscher- 
Thätigkeit in Canada; O. Fisher: Phosphat-Knollen in der eis von 
umseclne. 541—543. 


15) H. Woopwarp, J. Morrıs a. R. ErHeriver: The BRENNT Maga- 

zine. London. 3°. [Jb. 1873, 75.] 
1872, Dec., No. 102, p. 529—576. 

J. CARTER: neue Kruster aus dem Grünsand (pl. XII): 529—532. 

ScUDDER: neue Fliegen von Aix, Provence: 532—533. 

Lapwortn: neue Untersuchungen über die schwarzen Graptolithenschiefer 
im s. Schottland: 533—536. 

ALLPORT: mikroskopische Structur der plutonischen Gesteine Arrans: 536 
—545. 

W. CARPENTER: Temperatur und physische Beschaffenheit der Inland-Seen: 
545—551. 

Notizen, Miscellen u. s. w.: 551—576. 


16) B. Sırııman a. J. D. Dana: the American Journal of science 

amd arts. ‚8... |Jb. 1873, 75.] 
1872, December, Vol. IV, No. 24, p. 425—506. 

E. W. Hırsarn: Boden-Analysen und ihr Nutzen: 434. 

J. D. Dana: über den Quarzit, Kalkstein u. s. w. in der Nähe von Great 
Barrington, Berkshire Co., Mass.: 450. 

J. LE Coxte: Theorie der Bildung grosser Züge der Erdoberfläche: 460. 

Epw.S. Dana: über einen Krystall von Andalusit, von Delaware, Co., Pa.: 
473. 

C. T. Jackson: Analyse des Meteoreisens von Los Angeles, California: 495. 


Auszüge. 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


Fr. Hessensere: Sphen von der Eisbruckalp, Tyrol. (Minera- 
log. Notizen, No. 11, 1873, S. 21.) Der ergiebige Fundort hat in letzter 
Zeit wieder schöne Sphen-Krystalle geliefert und zwar Zwillinge und ein- 
fache auf einer Stufe neben einander. Die Zwillinge, nach dem gewöhn- 
lichen Gesetze verbunden, zeigen die Combination: OP. ?/;£2.ooP.!,P 
.Poo.Pxo.'/,Poo.—2%2.?/,P*,. Unter diesen Formen sind zwei sehr 
seltene, nämlich die letztgenannte und ',P. Der Habitus der Krystalle 
ist tafelartig durch vorwaltende Basis; sie gewähren aber einen ungewöhn- 
lichen Anblick, weil das eine (obere) Individuum gegen das andere sehr 
zurückgeblieben ist. Hessensere hat die Krystalle wie sie sind und wie 
sie eigentlich sein sollten, dargestellt. — Sehr merkwürdig ist nun, dass 
die mit ihnen vergesellschafteten einfachen Sphen-Krystalle, obwohl bei 
gleicher, grasgrüner Farbe eine bedeutende Verschiedenheit zeigen.. Sie 
erscheinen in der Combination: Poo.OP.>,Too. 2,82 ..'%),;P!%, . ooP 
.Poo. Y,$oo. Offenbar sind sie gleichzeitiger Entstehung mit den Zwil- 
lingen. — Hrssengere macht noch auf die interessante Thatsache aufmerk- 
sam, dass es ihm gelang, an anderen Sphenen die Flächen des Orthopina- 
koids zu beobachten, d. h. diejenigen Flächen, welche bei der von ihm an- 
genommenen Grundform die Kante von 133052'34' des Prismas ooP ab- 
stumpfen. — Da sich in letzter Zeit die Zahl der bekannt gewordenen 
Flächen der Species Titanit sehr vermehrt hat und ausserdem von den 
Autoren verschiedene Grundformen adoptirt, so dürfte den Mineralogen 
die neue vervollständigte Tabelle, welche Hrssexsgere mittheilt, sehr will- 
kommen sein. In neben einander folgenden Vertikalreihen sind die Tita- 
nit-Flächen verzeichnet. 

A. In Naumanw’schen Symbolen, mit C = 94057'38' und Orthodiag. a; 

Klinod. b; Hauptaxe ce — 2,541122 : 1: 1,539438. 

B. In den in seinen „Mineral. Notizen“ gebrauchten Buchstabenzeichen, 
die für die älteren Flächen meist schon von G. Rose eingeführt. 


183 


C. In WurwerL-MiLter’schen Symbolen, wobei abc = h kl, Grundform 
dieselbe wie in A. 

D. In Weıss’schen Axenschnittformeln mit Reduction der Hauptaxe © 
auf 1. 

E. In DescrwoızrAux’schen Symbolen, wobei als Grunddimensionen C —= 
60a: bi: ce = 132508: 1:1,32006. 

F. In denjenigen Navmann’schen Symbolen, welche der DzscLoızzeAaux’schen 
Grundform entsprechen. 

G. In Naumann’schen Formeln unter Annahme von Dana’s Grundform, 
welche man aus der Grundform von DescLoizEAvx erhält, wenn man 
die von letzterem angenommene Hauptaxe halbirt; daher Dana’s Grund- 
dimensionen: C = 60° 17’ a:b:c = 1,32508 : 1: 0,566003. 


A. Schraur: über Beryll. (Mineral. Beobachtungen IV. S. 19—22.) 
Die reichhaltige Flächen-Tabelle des Beryll, über welchen wir bekanntlich 
NAUMANN, v. KOKSCHAROW, FR. HESSENBERG, G. vom RATH, DESCLOIZEAUX und 
d’Accuıarnı interessante Beobachtungen verdanken, hat ScHrAur durch 
einige neue Formen vermehrt. Als Grundform adoptirt er die von v. Kox- 
SCHAROW angenommene, bedient sich für seine Bezeichnung der älteren 
Buchstaben Naumann’s. Die von ScHRAUF beschriebenen (und abgebildeten) 
Krystalle stammen der eine wahrscheinlich von der Takowaja, andere von 
Nertschinsk. Die neuen Flächen sind: 

2.D.5R, 12P2,.P%), und 24P>.,. 

Die vom Beryll bekannten Flächen belaufen sich, nach der von ScHRAUF 

zusammengestellten Tabelle, auf dreissig. 


M. Wesskv: über die Krystallformen des Pucherit von 
Schneeberg. (G. TscuermAak, Mineral. Mittheil. 4. Heft, S. 245—252, 
mit 1 Taf.) Diese neue Species wurde von WeısgacH entdeckt und von 
FRENZEL beschrieben *. Eine eingehendere krystallographische Schilderung 
des durch seine chemische Zusammensetzung merkwürdigen Minerals 
— BiVO, schien sehr erwünscht. Um so willkommener ist daher die vor- 
liegende, gründliche Arbeit Wessky’s. Derselbe erhielt durch WeısBacH 
und Brezına eine Anzahl Krystalle des Pucherit, welche er mit bekannter 
Sorgfalt einer näheren Untersuchung unterwarf, deren Hauptresultate fol- 
gende. Das Krystall-System des Pucherit ist unzweifelhaft orthorhombisch, 
wie bereits FREnzEL angab. In den Combinationen dominiren das Makro- 


doma 2P&o, die Makropyramide P2, sowie Brachy- und Makropinakoid. 
Es ist aber die von Wesskrv gewählte Aufstellung eine andere, als die 
von FREnzEL. Dem geübten Blick Wrsskv’s entging nämlich die Ähnlich- 
keit, welche die Formen des Pucherit mit denen des Brookit 
zeigen nicht, wie solches aus nachfolgender Zusammenstellung ersicht- 


* Vergl. Jahrb. 1872, S. 97 u. 514. 


184 


lich. Unter Zugrundelegung der von N. v. KokscHArow angenommenen 
Aufstellungsweise des Brookits, jedoch mit der Axen-Bezeichnung nach G. 
Rose (d. h. a = halbe Brachydiagonale, b = halbe Makrodiagonale, c — 
halbe Hauptaxe), führten die von Wessky unternommenen Abmessungen 
des Pucherits auf das Axen-Verhältniss a: b: c = 1,167843 : 1,065400 : 1, 
gegenüber dem von N. v. KokscHarow für den Brookit festgestellten: 
a:ib.:'c1==.0,89114: 1,05889 1. 


Aufstellung des Pucherit Aufstellung des Pucherit analog Brookit 
nach FRENZEL. nach N. v. KoKScHAROWw. 
an bile= 3 u I 

0,532700 : 1: 2,335686 1,167843 : 1,065400 : 1. 
ooP = 2Pxo 
Px —— 11,°o 
P2 —_ P2 
OP — ooPco 
ooPxo — ooP&o 
1.760 = PX. 


In besonderen Tabellen theilt Wessky die Resultate seiner Messungen 
und Berechnungen mit und macht schliesslich darauf aufmerksam, dass 
sich die Formen des Pucherit und Brookit vergleichen lassen, wenn man 
P beim Niobit - P2 beim Brookit, PX bei Niobit -- '|,P5o beim Brookit, 
3P&o beim Niobit = 2P&X beim Brookit parallelisirt. Es hat nämlich 

P beim Niobit: Endkanten 151° 0° u. 104010‘ 
P2 beim Pucherit: 145020‘ u., 98025’ 
beim Brookit: 139.37, u. 1010 3. 

Setzt man beim Niobit die Axenschnitte (2a: b:c) analog P2 beim 
Brookit, so ist das Verhältniss der Axen-Einheiten 

au:chbr.2c 
1,47574 : 1,21598 : 1 am Niobit gegen 
1,6784 :1,06540:1 am Pucherit 
0,89114 : 1,05889 : 1 am Brookit. 


Arzrunı: über den Cölestin von Rüdersdorf und Mokka- 
tam. (Zeitschr. d. Deutsch. geolog. Gesellsch. 1872, XXIV, 3. S. 477-483. 
1 T£.) 1) Der CGölestin von Rüdersdorf kommt im blauen, dichten 
Muschelkalk vor, auf Klüften und in Drusen, mit Kalkspath, Octaedern 
von Eisenkies und mit Markasit. Die Farbe ist blaulich, röthlich bis 
bräunlich; doch gibt es auch farblose und sogar verschieden gefärbte, 
deren Hülle blaulich, deren Kern röthlich oder braunlich. Die Krystalle 
lassen zwei Typen unterscheiden. Der eine ist durch das Vorwalten von 
OP mehr tafelartig, der andere mehr pyramidal. Arzruxı beobachtete 
folgende Flächen: OP, glatt, zuweilen nach der Makrodiagonale gereift; 
Po meist glatt; !".P&o glatt oder schwach nach der Makrodiagonale ge- 


reift; ooP gewöhnlich glatt; P2 tritt bei den meisten Krystallen auf, wäh- 


185 


rend P selten allein erscheint, fast immer mit P2 zusammen. — Seltener 
sind die Flächen ooP2, ' ‚Po, "/,P&o, «Po und endlich die für den Cö- 
lestin neue Form: 2P. — Arzrunı führte zahlreiche Messungen aus; er 
fand für ooP — 104°10‘, für !/,P&o© = 10123‘ und gibt das Axenverhält- 
niss: a:b:c —= 0,77895:1:1,27530. 2) Cölestin von Mokkatam. 
Obwohl das Vorkommen des Cölestins in Egypten bereits erwähnt wurde *, 
ist über die Krystalle bisher nichts bekannt gewesen. Dieselben sind meist 
nach der Brachydiagonale gestreckt und erreichen zuweilen 5 Zoll Länge 
bei 1 Zoll Breite. Sie haben eine schöne hellgelbe Farbe. Arzrunı be- 
obachtete folgende Formen: OP, ooP, !..Px, /,P&, PX, P2 (klein), führte 
mehrere Messungen aus und fand unter andern für ooP - 104°2', für 
Pxo — 10411‘. Für den Mokkatamer Cölestin berechnet sich das Axen- 
verhältniss zu: a:b:c —= 0,78244 : 1: 1,28415. 


Arzrunsı: über den Einfluss isomorpher Beimengungenauf 
die Krystallgestalt des Cölestins. (A. a. 0. S. 484—492.) Die 
bisherige Ansicht, welche besonders AurrrAcH ** in seiner werthvollen 
Monographie des Cölestins näher bespricht: dass ein gewisser Barytgehalt 
auf die Winkel des Cölestins Einfluss ausübe, erwies sich als unbegründet. 
Arzrunı ınacht zunächst darauf aufmerksam, dass ein Theil der Analysen 
des Cölestins entweder aus älterer Zeit stammen, oder dass solche an 
faserigen Abänderungen des Minerals angestellt wurden. Arzkrunı führte, 
um über die Frage zu entscheiden, Analysen von sechs von ihm, Wesskv 
und AUERBACH gemessener Üölestine aus, nämlich von: 


Fundort >0, Sr Ua S. 
Rüdersdorf . . 52685 46,715 0,39 = 99,639 
Girgenti . . . 52,542 46,842 0,472 = 99,856 
Bristol. . . . 52,609 47,206 0,071 = 99,886 
Mokkatam . . 52,566 47,230 0,269 = 100,065 
Pschow SIR 0 3A 47,426 0,247 = 100,016 
Erie-See . . . 523770  46,9%6 "0,157 = 99,853. 


Demnach bedingt der Calcium-Gehalt die Verschiedenheit der Krystall- 
gestalt und die Abweichungen der Winkel von ihrem normalen Werthe. 
Es kommen hiebei aber noch zwei Fragen in Betracht. Die erste ist das 
Calcium, als Calciumsulphat, dem Strontiumsulphat für isomorph zu halten ? 
Weil das Caleiumsulphat in veränderlichen Verhältnissen das Strontium- 
sulphat ersetzt, glaubt Arzrunı einen Isomorphismus des Anhydrit mit 
Cölestin nicht ganz in Abrede stellen zu dürfen mit Rücksicht auf die an 
den Andreasberger Anhıydrit-Krystallen beobachteten Formen. Die zweite _ 
Frage lautet: lässt sich ein einfaches Gesetz über die Beziehungen der 
Menge des Calcium zu der Zu- oder Abnahme des Winkels anführen ? 
Stellt man die Axen-Verhältnisse der verschiedenen Cölestine und ihren 
Caleium-Gehalt zusammen, wie folgt: 


* Vergl. Jahrb. 1870, S. 104. 
** Jahrb. 1870, S. 349. 


186 


Fundort. Axen-Verhältniass. Caleium-Gehalt 
auch: ec in p.Ct. 
Erie-See.. . . . 0,76964 : 1: 1,25506 _ 0,157 
Rüdersdorf . . . 0,77895 : I 1,27530 0,239 
erreugrund ı.  naasoh: [Hann ai 
BOX He RER ERS 
Siciien . . . . 0,78035 ! I  1,28236 0,472 
Dornburg . . . 0,78082 : 1  1,28311 _ 
Bristol . . . . 078165: 1 1,28468 0,071 
Mokkatam . . . 0,78244 : L 1,28415 0,269 
Pschow . . . . 0,78750 : 1  1,28300 0,247. 


Demnach ergibt es sich: dass kein einfaches Gesetz zwischen Calcium- 
Gehalt und Winkel-Änderung besteht. Gror# machte schon früher darauf 
aufmerksam, dass die Wirkung der Beimischung eines gewissen Antheils 
einer isomvrphen Verbindung sich in den drei irrationalen Axen nicht 
proportional, in complicirterer, anscheinend unregelmässiger Weise äussert. 
— Arzrunı gibt am Schluss seiner trefflichen Arbeit noch die von ihm 
befolgte analytische Methode an. 


Fr. Hessengers: Axinit von Botallack in Cornwall. (Minera- 
logische Notizen. No. 11. 1873. S. 30-35.) Der Axinit hat in den letz- 
ten Jahren mehrere ausgezeichnete Mineralogen, wie G. vom RATH, SCHRAUF 
und Wessky beschäftigt. Auch Hessengere bringt einige neue Beobach- 
tungen über Axinit aus Cornwall, reiht aber daran noch sehr wichtige 
Betrachtungen über die Formen und Aufstellung dieses Minerals. Für die 
Bezeichnung der Flächen seiner Figuren bedient er sich der schon von 
Havy und Neumann gebrauchten Buchstaben. Es gelang HEssEeNnBER6, zwei 
neue Formen aufzufinden. Das Symbol der einen ist, wenn man die Auf- 


stellung von G. vom Rare adoptirt — 9P’9, während dieselbe bei der von 


Scuraur vorgeschlagenen Grundform das Symbol = ooP'3 wird. Die zweite 
neue Form erhält im ersten der genannten Fälle das Symbol ®/,P*/,, im 
zweiten — !,'P. Zum richtigen Verständniss dieser Symbole sei daran 
erinnert *, dass die drei beim Axinit gewöhnlich dominirenden Flächen: 
pP, 5.u 
OP bei Schraur = 2,P,©0 bei G. vom Rarn. 
Pe, » ooP , „ 

RUN = B 2) D) ooP' ” „ 

HEssengerG theilt Wessky’s Meinung: dass Zeichnungen nach G. vom 
Rarn’s Aufstellung gegenüber der Schraur’schen den Vorzug einer leich- 
teren Verständlichkeit und Vergleichbarkeit mit dem natürlichen Aussehen 
der meisten Axinit-Krystalle besitzen, hält aber andererseits eine Einfach- 
heit in den Axenschnitten, wie sie durch SchrAur’s Grundform gewonnen 
ist, für einen wesentlich mit zu erstrebenden Vortheil, sowohl in theore- 
tischer wie in praktischer Beziehung. Es lassen sich aber — so bemerkt 
HEssENBERG — beide Vortheile vereinigen: die zweckmässige Stellung der 


p 
= 


I ll 


* Vergl. A. SCHRAUF: Axinit und Sphen. Jahrb. 1871, S. 410. 


187 


Axinit-Krystalle mit der breiten Seite dem Beschauer unverkürzt zuge- 
wendet in vom Rarn’s Zeichnungen und die grösste Einfachheit der Zeich- 
nungen. Man erreicht dies, wenn man die SchrAur’schen Parameter an 
und für sich beibehält und nur ihre Bedeutung als Axen, also ihre Auf- 
stellung wechselt. Nimmt man nämlich Scuravr’s Makrodiagonale b als 
Hauptaxe c, so wird dessen Brachydiagonale a zur Makrodiagonale b und 
dessen Hauptaxe c zur Brachydiagonale a. Das Ergebniss dieses Ver- 
fahrens ist eine Signatur von gleicher Einfachheit wie die von SCHRAUF 
selbst eingeführte, dabei aber eine Richtung der neuen Axen, welche mit 
der Aufstellung des Axinits bei vom RarH stimmt, dabei aber gestattet, 
dessen Zeichnungen unverändert beizubehalten. In Folge einer solchen 
Axen-Stellung haben die von ScHRAuUF gerechneten Grunddimensionen nur 
folgende veränderte Beziehungen zu erhalten. Brachydiagonale : Makro- 
diagonale : Hauptaxe = 0,86415 : 1: 1,15542. — Nach dieser Aufstellung 
gibt HEssENBERG nun ein vollständiges Verzeichniss der beim Axinit bis 
jetzt beobachteten Flächen, mit den vergleichenden Symbolen von NAUMANN, 
Weıss, MiıLLerR und den von verschiedenen Autoren gebrauchten Buch- 
staben. Die Zahl der bekannten Flächen belauft sich auf 42. An den 
zum grösseren Theil schon von Havy und Neumann herrührenden Buch- 
staben-Bezeichnung G. vom Raru’s hat Hrssengere trotz des Wechsels der 
Grundform nichts geändert. Sehr richtig und treffend bemerkt HEssENBERG 
— und möchten doch alle Mineralogen seine Worte beach- 
ten —: wie bequem und vortheilhaft der Gebrauch von Buchstaben des 
Alphabets, ohne symbolische Bedeutung zur Bezeichnung für concrete Flä- 
chen concreter Mineralien ist, hat wohl Jeder selbst erfahren. Wenn man 
diese Buchstaben einfach empirisch, conventionell ohne alle symbolische 
Nebenbedeutung, dabei aber unabänderlich verwendet, ist dieses 
Verfahren der neutrale Boden, das gemeinschaftliche Mittel 
gegenseitigen Verstehens zwischen allen Denen, welche ausserdem 
im Gebrauche verschiedenartiger Symbolik und verschiedenartiger Grund- 
formen auseinander gehen. Man verliert aber diesen Vortheil, sobald man 
den Buchstaben die Bedeutung von Symbolen unterlegt, indem man ein- 
zelne unter ihnen, z. B. a, b, c, m, n, o systematisch auf bestimmte Flä- 
chenarten der Krystall-Systeme bezieht. Scheint es nun einen eigenen 
Reiz zu haben, für dieses oder jenes Mineral eine neue Grundform auf- 
zusuchen, und glaubt nun Jeder in diesem Falle sein neues Hauptprisma 
mit m, seine basische Fläche mit c bezeichnen zu müssen, so geräth die 
ganze bisher zur Vorstellung und zum Gemeingut gewordene Buchstaben- 
sprache in Verwirrung; ein 'Theil wird vertauscht, ein anderer belassen 
und dabei die Discussion auf’s Bedauerlichste erschwert. Es scheint dess- 
halb räthlich, auch bei jedem Vorschlag einer neuen Grundform oder jeder 
gewechselten Aufstellung doch immer den Flächenarten die altgewohnten 
nicht symbolischen, sondern empirisch eingebürgerten Buchstaben zu be- 
lassen. 


188 


G. vom Rarn: über einige Leucit-Auswürflinge vom Vesuv. 
(PosGEndorRFF Ann. CXLVI, S. 265—272.) Der Leueit bildet nicht nur 
die Laven, sondern erscheint auch in Auswürflingen der Somma und zwar 
theils in Kalk-Blöcken, theils in Sanidin-Aggregaten. Für den ersten die- 
ser Fälle führt uns G. vom Rar# ein denkwürdiges Beispiel an. Ein etwa 
10 Ctm. grosses Kalkstück, in dessen hellgrauer Grundmasse Körner von 
Kalkspath, kleine Octaeder von Spinell und Periklas hervorragen, enthält 
viele rundliche Hohlränme, welche Leucite einschliessen, und zwar fest- 
gewachsen oder ringsum frei. Diese Leucite sind höchst auffallend durch 
eine weisse, strahlige Rinde, die aus kleinen Prismen besteht und die bis 
2 Mm. Dicke erreicht. G. vom Rats führte, soweit es das spärliche Ma- 
terial gestattete, eine Analyse der weissen, strahligen Rinde aus, deren 
Gew. —= 2,608. 


Kieselsäure . . ... 415] 
Nhonerdes.. 7.2 u 
Kalkerde . . . ENGL DSG 
Mienestans. satz. ES ger 07 
Verlust (Alkalien) ... . ...181 

100,0. 


Diese Analyse zeigt, dass die strahlige, seidenglänzende Hülle Davyn 
oder Cavolinit ist. Das kalkige Muttergestein der von Davyn bedeck- 
ten Leucite wurde ebenfalls näher untersucht. Dasselbe besteht aus 60,7°/, 
in Essigsäure löslichen und 39,5°,, unlöslichen Theilen. Der erstere er- 
wies sich als eine Verbindung von 86,5 kohlensaurem Kalk mit 15,5 koh- 
lensaurer Magnesia. Die in Essigsäure unlöslichen Bestandtheile zeigten 
sich unter dem Mikroskop als ein Gemenge farbloser Theile: Quarzsand, 
grüne Oktaeder von Periklas, schwarze von Spinell, etwas Magneteisen. 
Die Analyse ergab: 


Magneteisener A. Ken el 
Kieselsäurei it. WIaR. 24 3 0838:6 
Thonerde rn nr. OT 
Macgnesiap.. u Na 
Kisenoxydule. . nu. 2 
Tor 


Die Thonerde ist verbunden mit Magnesia und Eisenoxydul als Spi- 
nell, die überwiegende Menge der Magnesia bildet mit etwas Eisenoxydul 
den Periklas, während die Kieselsäure wohl unverbunden vorhanden. — 
In einem anderen Beispiele bildet die Kalkmasse eine bis 4 Ctm. dicke 
Schale um einen birnförmigen, 6 Ctm. langen Kern von Leueit. Die Leu- 
cit-Substanz ist reichlich von schwarzem Augit durchwachsen. Im Innern 
befindet sich ein mit Krystallen von Augit und Leueit ausgekleideter Hohl- 
raum. Auf der Grenze zwischen Kalkhülle und Leucit-Kern finden sich 
viele Granat-Krystalle.. Der Leucit-Kern wird von einer radialfaserigen 
Zone umgeben, deren Strahlen um so reiner, je näher sie dem Leucit, 
während sie nach aussen sich in den Kalk verlaufen. Die Farbe dieser 
Fasern ist grünlich, ihr spec. Gew. = 2,703, ihre Zusammensetzung: 


189 


Küeselsaugeisni ku: are. 93,6 
Bhonenden a. zn. a nl 
Bisenoxydul mn 0. 2 m. ra DA 
TEE a a 
Masmesiaina u nu aa 
Verlust (Alkaien) . . . 113 


100,0. 


Das faserige Mineral, welches als Contact-Bildung zwischen der Kalk- 
schale und dem Leueit erscheint, dürfte als Biotit zu betrachten sein. 
Jedenfalls bietet die Verbindung des Leucits mit dem Kalk viel Räthsel- 
haftes. Als eigentliches Muttergestein des Leucits kann man den Kalk 
wohl nicht betrachten. — Ein Sanidin-Gestein des Vesuv enthält viele 5 
bis 20 Mm. grosse Leucite, an denen als Merkwürdigkeit ihre Umhüllung 
mit Sanidin auffällt. Die Grundmasse des Gesteins stellt ein feinkörniges 
Gemenge dar von vorwaltendem Sanidin, schwarzer Hornblende, braunem 
Granat und wenig Magneteisen. Die Leucite sind weiss und mit einer 
feinen Hülle kleiner, aber scharf ausgebildeter Sanidine bekleidet. Bricht 
man einen Leucit aus dem Gestein heraus, so bleibt der grössere Theil 
der Sanidin-Hülle als eine Druse mit zierlichen Krystallen zurück. Diese 
kleinen Sanidine sind fest mit der Gesteinsmasse verwachsen, und eine 
reinere Ausscheidung aus der Grundmasse. Doch auch die herausgelösten 
Leucite sind mit feinen Sanidinen bedeckt. Genaue Betrachtung mit der 
Lupe lehrt, dass die Sanidine fest auf der Leucitmasse aufgewachsen sind 
und dass die letztere an ihrer Oberfläche in zahllosen kleinen Krystallen 
ausgebildet ist, die eine nahezu parallele Stellung besitzen. Diese höch- 
stens 1 Mm. grossen Leueit-Krystalle sind trefflich ausgebildet und zeigen 
die charakteristischen Zwillings-Streifen. In einem mikroskopischen Dünn- 
schliffe, der Leueit, seine Umhüllung und die Grundmasse durchschneidet, 
sieht man überall Leucit und Sanidin scharf geschieden. Zur Erklärung 
dieses merkwürdigen Vorkommens bemerkt G. vom Rıru: die gerundeten 
grossen Leucit-Krystalle hatten, als sie sich zu bilden begannen, eine von 
der typischen etwas abweichende Mischung, etwa 55,96°/, Kieselsäure, 23,0 
Thonerde, 21,04 Kali. Diese geringe Abweichung von der Normal-Mi- 
schung bot in chemischer Hinsicht die Möglichkeit, dass sich "/ıo Sanidin 
und °ıo Leucit bildeten; denn eine in diesem Verhältniss stehende Mi- 
schung würde die genannte Zusammensetzung zeigen. Es spaltete sich 
demnach die im Vergleich zur normalen Leucit-Mischung etwas zu kiesel- 
säurereiche Substanz in ”ıo Leucit und '/ıo Sanidin, ein Verhältniss, wie 
es annähernd bei den Sanidin-umrandeten Leueit-Körnern zutreffen mag. 
Der durch seine Sanidin-Schale ausgezeichnete Leueit besitzt eine normale 
Mischung, wie nachfolgende Analyse zeigt. Spec. Gew. = 2,468. 


RiteSelsaune er en 5n58 
Rhonerde..iie #3 110. 22338 
Kalkerde klaut 85.0526 
Kallan. A ae et 11295 
Natron yes el eo 


100,2. 


190 


Einmal aufmerksam auf jene Umrandung der Leucite durch Sanidin 
wird man dieselbe Erscheinung, wenn auch nicht immer in so ausgezeich- 
neter Weise, in manchen ähnlich zusammengesetzten Blöcken wieder finden. 


Max Baver: Hemimorphismus beim Kalkspath. (Zeitschrift 
d. Deutsch. geolog. Gesellsch. 1872, 397—400.) Hemimorph ausgebildete 
Krystalle waren bisher vom Kalkspath nicht bekannt. Der beschriebene 
stammt von Andreasberg, ist von säulenförmigem Habitus, indem das erste 
Prisma vorwaltend in Combination mit dem zweiten auftritt. An dem einen 
Ende ist nur die basische Fläche vorhanden mit der für die Andreasber- 
ger Krystalle charakteristischen milchweissen Färbung. Am anderen Ende 
erscheinen die Flächen des Stammrhomboeders, sehr untergeordnet die des 
zweitspitzen Rhomboeders und eines Skalenoeders und die basische Fläche. 
Das Skalenoeder ist ein neues: —®??/26R!?/.. — Da hemimorphe Krystalle 
die Eigenschaft der Pyroelectricität zu zeigen pflegen, so wurde der Kalk- 
spath in dieser Beziehung von Max BAvER untersucht; es ergab sich aber 
keine Spur von Pyroelectriecität. 


K. Vrea: Tridymit als Einschluss in Bergkrystall. (Lotos, 
Dec.-Nr. 1872.) Unter den mannigfachen Vorkommnissen des Tridymit 
dürfte unstreitig das als Einschluss in Bergkrystall eines der merkwürdig- 
sten sein. Vr8A beobachtete solches in einer senkrecht zur Axe geschnit- 
tenen Bergkrystall-Platte der Prager Universitäts-Sammlung von unbekann- 
tem Fundort. Die Quarzplatte hat die Form eines Trapezes, dessen längste 
Seite 5,6 Ctm., die kürzere Parallelseite 2,3 Ctm. und die Höhe 3,8 Ctm. 
beträgt, ist vollkommen rein und wasserklar, nur gegen die längste Kante 
zu wird dieselbe von drei grösseren und mehreren kleineren Klüften durch- 
setzt, die in kleinen Entfernungen von einander parallel den Rhomboeder- 
Flächen verlaufen und die schalige Bildung des Krystalls markiren. Es 
sind nun die drei grossen Kluftflächen mit mikroskopischen Kryställchen 
von Tridymit so dicht besetzt, die einzelnen Quarzschalen aber durch ein- 
gestreute Flöckchen, deren Menge gegen die Mitte der Schale hin ab- 
nimmt, getrübt. Betrachtet man eine solche trübe Stelle unter dem Mi- 
kroskop, so löst sich dieselbe schon bei 120maliger Vergrösserung in ein 
zierliches Aggregat von Tridymit-Täfelchen auf. Diese sehr kleinen, 0,15 
Mm. nur selten überschreitenden, sehr scharf contourirten, sechsseitigen 
Täfelchen lassen die Prismenflächen, die basische Fläche und bei stärkerer 
Vergrösserung die Flächen einer, die Combinations-Kanten beider Formen 
abstumpfenden Pyramide erkennen. Neben den zierlichsten dachziegel- 
artigen Gruppirungen kommen wirtelförmig sich durchkreuzende, keilför- 
mig gestaltete Individuen vor, ohne Zweifel Zwillinge. — Da die Tridymit- 
Kryställchen nur den schalenförmigen Theil der Platte erfüllen, an den 
Klüften so dicht gehäuft sind, dass diese fast undurchsichtig, während ihre 
Menge gegen das Innere der Schale hin abnimmt, so ist es klar, dass die 


191 


Bedingungen, unter welchen der Absatz von Tridymit-Kryställchen und 
Quarz erfolgte, alternirend eintraten. 


Pısanı: über Silberamalgam von Kongsberg. (Comptes rendus, 
LXXV, No. 21, p. 1274—1275.) Pısanı erhielt unlängst schöne Silber- 
Krystalle, welche im J. 1871 zu Kongsberg gefunden wurden. Der grös- 
sere derselben zeigt vorwaltendes Hexaeder mit Octaeder und erreicht fast 
1 Ctm. Er ist von matter silberweisser Farbe. Ein kleinerer Krystall 
neigt sich in seiner Farbe mehr in’s Gelbliche. Sowohl von dem grösseren 
(1) wie von dem kleineren (2) führte Pısant Analysen aus; das Mittel aus 
beiden ergab (3): 


1. 2. 3. 
Silber, 2. „= 9596. : 94,94 95,10 
Quecksilber. . . 4,74 5,06 4,90. 


Hiernach die Formel AgısHg. 

Von einem schon längere Zeit in seiner Sammlung befindlichen Silber 
von Kongsberg im Cubooctaeder krystallisirt ergab die Analyse Pısanı’s: 
86,3 Silber und 13,7 Quecksilber. Es scheinen demnach zu Kongsberg 
zwei Amalgame des Silbers vorzukommen, von denen die eine, reicher an 
Quecksilber, dem Arquerit entspricht, die andere ärmer an Quecksilber ist 
und vielleicht eine neue Species darstellt, für welche Pısanı den Namen 
Kongsbergit vorschlägt. 


G. Lause: arseniksäurehaltiger Uranglimmer (Zeunerit) 
von Joachimsthal. (Lotos, XXI, 1872, S. 210.) Die von WeIsBAcH 
ausgesprochene Vermuthung *: dass unter dem Kupferuranglimmer (Chal- 
kolith) auch anderwärts Zeunerit versteckt sein möge, fand G. LausE durch 
ein Vorkommen von der Geisterhalde bei Joachimsthal bestätigt. Er er- 
hielt Krystalle von Uranglimmer von seltener Schönheit in der Form OP 
.P.ooP, mit basischer Spaltbarkeit, smaragdgrün. Eine annähernde Un- 
tersuchung durch GintL ergab in denselben Uranoxyd, Kupferoxyd, Ar- 
seniksäure, Wasser, also die Zusammensetzung des Zeunerit wie sie C. 
WINKLER ermittelte. 


G. Tscuermak: die Glimmerkugeln von Hermannschlag in 
Mähren. (Mineral. Mittheil. 1872, 4. Heft, S. 264—265.) Die Glimmer- 
kugeln haben zwischen 2,5 und 7,5 Ctm. als grössten Durchmesser und 
erscheinen immer etwas abgeflacht. Die äusserste Rinde besteht aus Bio- 
tit-Blättchen, die normal gegen den Radius des Knollens gestellt sind. 
Der Biotit hat einen optischen Axenwinkel von etwa 12° und dunkelbraune, 
im verwitterten Zustande fast messinggelbe Farbe. Unter der Biotit-Schichte 
findet sich eine höchstens 1 Ctm. dicke concentrische Lage eines grünlich- 


* Vergl. Jahrb. 1872, S. 206. 


192 


weissen faserigen Minerals, dessen Fasern den Radien des Knollens pa- 
rallel laufen. Das Mineral ist Anthophyllit, welcher Spaltbarkeit nach 
einem Prisma von 55°, ferner nach der Querfläche zeigt. Blättchen pa- 
rallel der genannten Fläche zeigen, dass eine negative Mittellinie senk- 
recht auf eben dieser Fläche steht und dass der scheinbare Axenwinkel 
bezüglich der Mittellinie grösser als 90° sei. Die Ebene der optischen 
Axen ist parallel den Spaltungskanten und senkrecht auf der Querfläche. 
In der Löthrohr-Flamme schmilzt das Mineral nicht. Die qualitative Un- 
tersuchung gab vorwaltend Kieselsäure und Magnesia, ferner Eisen und 
wenig Thonerde. Unterhalb der Anthophyllit-Schicht liegt der Kern, der 
wieder aus Biotit-Blättchen besteht, die in der äussersten Lage ungefähr 
normal gegen die Radien des Kernes gestellt sind. Dieser Biotit gleicht 
völlig jenem der Rinde, hat im frischen Zustande tiefbraune Farbe, aber 
der Axenwinkel ist kleiner, bis zu 5°. Die Zusammensetzung dieses Bio- 
tits dürfte demnach eine etwas andere sein als die des äusseren. Zwi- 
schen der Anthophyllit-Schicht und dem Biotit-Kern lagert zuweilen eine 
seladongrüne Schichte, welche sich wie ein Gemenge von Talk und Chlorit 
verhält, und da die Reste der Spaltbarkeit auf einen Diallagit schliessen 
lassen, so ist wohl das Zersetzungs-Product eines solchen Minerals vor- 
handen. In der vollständigen Ausbildung der genannten Knollen hat man 
also drei concentrisch gelagerte Schichten und einen Kern, also von aus- 
sen nach innen: Biotit, Anthophyllit, Talk, Biotit. Dass hier eine Um- 
wandelung vorliegt und dass die verschiedenen Mineralien aus der Um- 
wandelung eines einzigen hervorgegangen, ist nicht zu bezweifeln, aber 
bis jetzt nicht zu ermitteln aus welchem Mineral. 


B. Geologie. 


FeErD. Dierrengacn: Plutonismus und Vulkanismus in der 
Periode von 1868—1872 undihre Beziehungenzuden Erdbeben 
im Rheingebiet. Darmstadt, 1873. 8°. S. 110. Der Verf. war bestrebt, 
in seiner reichhaltigen Arbeit, die sich auf die Ergebnisse der wissen- 
schaftlichen Forschung neuester Zeit wie auf die Berücksichtigung von 
mehr als Tausend Erdbeben und Vulkan-Ausbrüchen stützt, auf den inni- 
gen Zusammenhang hinzuweisen, welcher zwischen Erdbeben und vulka- 
nischen Eruptionen stattfindet. Weit entfernt davon in Abrede zu stellen: 
dass gewisse Erdbeben durch Einsturz unterirdischer Hohlräume hervor- 
gerufen werden können, glaubt DierrengacH ‚hingegen alle jene Erdbeben, 
die sich über einen grossen Theil der Erdoberfläche verbreiten, die in 
synchronistischen Beziehungen zu einander stehen und welche mit einer 
gesteigerten vulkanischen Thätigkeit zusammenfallen, auf eben diese That- 
sachen zurückführen zu müssen. Die rheinischen Erdbeben bieten dem 


193 


Verf. Beweise und Beispiele für seine Ansicht. — Nach einigen Bemer- 
kungen über die geognostische Beschaffenheit des mittelrheinischen Gebie- 
tes führt DierrengAcH die chronologische Vertheilung der rheinischen Erd- 
beben in den Jahren 1868--1372 auf, bespricht sodann insbesondere den 
hessischen Erdbeben-Schauplatz. Daran reihen sich Bemerkungen über 
Synchronismus der Erdbeben, über die Ausbrüche des Vesuv. Auch die 
Richtung und Bewegungs-Geschwindigkeit der Erdbeben wird besprochen 
und durch mehrfache Beispiele und Beobachtungen näher begründet. Ebenso 
hat der Verf. mit vieler Sorgfalt die seither bekannten Thatsachen über 
Vertheilung der Erdbeben über die verschiedenen Theile der Erde und 
ihr Auftreten in den verschiedenen Zeiten des Jahres zusammengestellt, 
sowie alle jene Beobachtungen, die einen Einfluss des Mondes auf die 
Erdbeben wahrscheinlich machen. Einen besonderen Abschnitt von DiEF- 
FENBACH’sS Schrift bildet das sehr vollständige Verzeichniss der vom 30. 
Oct. bis 19. Nov. 1869 in Grossgerau stattgehabten Erdstösse (von WIENER 
und FRANK aufgestellt), sowie das Verzeichniss sämmtlicher zur Kenntniss 
gekommenen vom 1. Jan. 1869 bis 1. Oct. 1872 stattgehabten Erdbeben, 
nebst einer vergleichenden Übersicht der Vulkan-Ausbrüche während der 
genannten Periode. Den Schluss des Werkes bildet eine Schilderung der- 
jenigen Erscheinungen, welche die Erdbeben zu begleiten pflegen. 


Herm. KravosL: Zusammensetzung und Lagerung des Dilu- 
viums um Innsbruck. (Sep.-Abdr. a. d. naturw.-medic. Zeitschr. f. d. 
Jahr 1872, S. 13.) Die diluvialen Ablagerungen Tyrols haben bisher wenig 
Beachtung gefunden. Der Verf. hat sich daher die dankenswerthe Auf- 
gabe gestellt, die in den Umgebungen von Innsbruck besonders entwickel- 
ten näher zu untersuchen. 1) Diluvium des Gebirges um Innsbruck. Bis 
zu 3000 F. Höhe ansteigend, aus Gerölle-Massen bestehend mit sandigen 
und thonigen Zwischenlagen. Das oberste Gerölle um Innsbruck und das 
Innthal hinab besteht aus gröberem Material, wie das untere. — 2) Dilu- 
vialschlamm (Löss). Nicht über einen Fuss mächtig über dem Diluvial- 
schotter liegend. Die Lehmlager bei Hötting und am Geroldsbach dürften 
dahin gehören. 3) Terrassendiluvium. Wenige Flüsse der Alpen existir- 
ten zur Zeit des Diluviums in ihrer heutigen Form. Einer dieser wenigen 
war der Inn. Bei ihm sind die Geröllemassen der Hochebene in directer 
Verbindung mit dem Diluvium des Innthales und einigen seiner Neben- 
flüsse. Diese Art des Diluviums triftt man im Gebirge zwar über dem 
höchsten Wasserstand, aber in Thälern, die noch jetzt von einem Fluss 
durchlaufen werden. Die Gewässer müssen damals höher angestaut oder 
weniger tief eingeschnitten gewesen sein; vielleicht war beides der Fall. 
4) Hochgebirgsschotter findet sich an freien Bergabhängen oder auf Jö- 
chern in bedeutender Höhe, wo keine Gewässer in der Nähe sind. So 
z. B. bei St. Magdalena im Hallthale an einer steilen Kalkwand ein ziem- 
lich mächtiges Kalkconglomerat. Auf der Höttinger Alpe bei Innsbruck 


in einer Höhe von 5000' Gerölle-Ablagerungen aus Amphiboliten bestehend 
Jahrbuch 1873. 13 


194 


5) Gletscher-Überreste und erratische Blöcke. Im Wippthale bei Dienzens, 
dann Obernbergthale, im Sellrain und an andern Orten sind Moränen nach- 
gewiesen. — Über die Lagerung des Diluviums, welches vorzugsweise auf 
Phyllit seine Stelle einnimmt, theilt Kravoseı verschiedene Beobachtungen 
mit, die durch ein Profil näher erläutert werden. Der Schluss der kleinen 
Abhandlung enthält ein Verzeichniss der im Diluvium um Innsbruck auf- 
gefundenen Mineralien und Gesteine. 


CARL von MARSCHALL: über die allmähliche Verbreitung und 
Entfaltung der Organismen auf der Erde. (Vortrag gehalten im 
naturwissenschaftl. Verein zu Carlsruhe. _Carlsruhe 1872. S. 18.) Bei 
seiner Arbeit über die Eiszeit * ward v. MaArscHaAuL veranlasst, den Ver- 
änderungen, welche die klimatischen Verhältnisse der Erdoberfläche er- 
fahren haben, genauer nachzuforschen und gelangte dabei zu einer Ansicht 
über die Entwickelung und Verbreitung der Organismen, die zwar nicht 
neu ist, jedoch noch nie in ihrem Zusammenhange mit genügender Schärfe 
ausgesprochen wurde. — Diese Ansicht hat den engen Anschluss alles 
Organischen an die anorganische Natur zur Voraussetzung und ihre Aus- 
führung bezweckt zugleich den Nachweis, dass die geologischen und pa- 
läontologischen Verhältnisse und Thatsachen nicht im Widerspruche stehen 
mit der neueren Lehre von der successiven Entwickelung der höher orga- 
nisirten Formen aus den niedriger stehenden Organismen. Wie bekannt 
nimmt die Temperatur der Erde nach ihrem Innern hin zu, und da kein 
Grund vorliegt zur Annahme einer Wärmequelle, welche die nach Aussen 
abfliessende Wärme ersetze, so sind wir zu dem Schlusse berechtiget, dass 
die Erde vormals in viel heisserem Zustand gewesen sein müsse. Hiermit 
stimmen denn auch die paläontologischen Thatsachen überein. Es muss 
aber auch die Temperatur an der Oberfläche in der Polarzone wegen der 
schwächeren Besonnung rascher abgenommen haben als in der gemässigten 
Zone und hier wiederum rascher als in der heissen Zone. Am frühesten 
wird sich ohne Zweifel die Polarregion belebt haben, da hier zuerst die 
Temperatur so tief sinken musste um organischen Keimen die Entwicklung 
zu gestatten, während ihr hierin die gemässigte und heisse Zone erst später 
nachfolgten. Allein schon wegen des Umstandes, dass sich alsbald eine 
Temperaturdifferenz unter den verschiedenen Breitezonen geltend machte, 
kann niemals eine gleichförmige Thier- und Pflanzenweit 
über den ganzen Erdkreis verbreitet gewesen sein, wohl 
aber werden in früher Zeit, wo die Temperaturverhältnisse sich noch 
wenig differenzirt hatten, die Faunen und Floren sich 
näher gestanden — geringere Mannigfaltigkeit gezeigt — 
habenalsspäter,unddie Verbreitungsgebietedereinzelnen 
Gattungen und Arten von grösserem Umfang gewesen sein. 
Da sich organische Keime zuerst in der Polarzone entwickelten, könnte 
man annehmen, dass von da alles Leben ausgegangen sei, dass von hier 


* Vergl. Jahrbuch 1871, S. 518. 


195 


die Organismen sich jeweils, im Verhältniss der Abkühlung der Erdober- 
fläche, nach niedereren Breiten gezogen und daselbst diejenigen Modifika- 
tionen erfahren hätten, welche durch die veränderten äusseren Verhältnisse 
bedinet waren. Wenn man aber bedenkt, dass, abgesehen von der 'Tem- 
peratur, manche für alles Organische wichtige Factoren, wie insbesondere 
die Jahreszeiten und die Vertheilung von Tag und Nacht, in den verschie- 
denen Regionen wesentlich verschieden sind, so dürfte die Annahme ange- 
messener erscheinen , dass die einzelnen Zonen theils selbst- 
ständig eine Thier- und Pflanzenwelt entwickelten, theils 
entsprechendeFormen höheren Breitenentlehnten und den 
Verhältnissen gemäss modificirten, und dieses Letztere um so 
“mehr als die einzelnen Zonen bezüglich unserer Frage nicht scharf be- 
gränzt sind, sondern sehr successiv in einander übergehen. Selbst der 
entschiedenste Darwinianer muss, mindestens einen doppelten Herd des 
Örganischen anerkennen, denn er wird nicht behaupten wollen, dass z.B. 
die südliche Polarzone gewartet habe sich zu beleben, bis ihr durch die 
Vermittelung aller zwischenliegenden Regionen aus dem höchsten Norden 
Organismen zugetragen wurden. Schon wegen dieses zweifachen Herdes 
werden wir unter gleichen Breiten in Nord und Süd keine 
identische Fauna und Flora erwarten dürfen. Wohl werden 
aber die sich entsprechenden Breiten der heissen Zone, woselbst die Thier- 
und Pflanzenwelt der nördlichen und südlichen Hemisphäre sich vielfach 
berührte und mischte, in dieser Beziehung eine grössere Uebereinstimmung 
zeigen als die gemässigten Zonen der beiden Erdhälften, wie denn auch 
die arktischen und antarktischen Floren und Faunen sich verhältnissmässig 
nahe stehen in Folge der grossen Gleichförmigkeit der klimatischen Ver- 
hältnisse der beiden Polarregionen. Wegen der bevorzugten Bedeutung, 
welche die Temperatur für den organischen Process hat, werden wir füg- 
lich annehmen dürfen, dass die Fauna und Flora jeweils eine der Tem- 
peratur entsprechende gewesen sein müsse. Nun war aber diese Ent- 
wickelung und Entfaltung, wenn auch im grossen Ganzen doch für die 
einzelnen Zonen, keine so vollkommen stetige (wie sie durch Curven 
dargestellt ist), sie war vielmehr vielfachen — jedoch schwachen — Schwan- 
kungen unterworfen. Dieselben wurden hervorgerufen durch die periodi- 
schen Veränderungen der Schiefe der Ekliptik, der Excentricität der Erd- 
bahn, des Winkels der Erdaxe mit den Axen der Ekliptik und durch den 
Wechsel in der Vertheilung von Land und Meer. Was die drei zuerst 
genannten Factoren betrifft, so alteriren dieselben die mittlere Temperatur 
nur sehr wenig, vertheilen diese aber in veränderlicher Weise unter die 
Jahreszeiten und verschieben einigermassen das Verhältniss von Tag und 
Nacht. Einen grösseren und allgemeineren Einfluss dürfte ohne Zweifel 
eine extreme Vertheilung von Land und Meer auf das Thier- und Pflan- 
zenleben zu üben vermögen. Ist nämlich die heisse Zone von Land ent- 
blösst, so wird viel Wärme latent und die mittlere Temperatur der Erd- 
atmosphäre muss sinken, ist im Gegentheil in den Äquatorialgegenden viel 


‘Land concentrirt, so wird die Temperatur der Atmosphäre steigen; ist die 
13 * 


196 


Hauptmasse des Landes auf der nördlichen Erdhälfte vereiniget, — ein 
Verhältniss das gegenwärtig in gewissem Grade vorhanden, — so wird 
deren Temperatur auf Unkosten der südlichen Hemisphäre erhöht werden 
und umgekehrt. Ein Wechsel von solchen entschiedenen Extremen wird 
jedoch — wenn überhaupt — nur höchst selten stattgehabt haben. Es 
konnten sich wohl solche Schwankungen in späterer Zeit, als bereits die 
Erkaltung der Erdoberfläche eine langsamere geworden war, eher bemerk- 
bar machen denn früher. Aber wenn auch die Entwickelung des Orga- 
nischen bezüglich der einzelnen Zonen leichten Schwankungen unterworfen 
war, so war sie doch im grossen Ganzen eineder successiven 
Erkaltungder Erdoberfläche und Atmosphäreentsprechend 
langsame, stetige. Jeweils nach sehr langen — wohl meh- 
rere Millionen von Jahren umfassenden — Zeiträumen 
musste die Thier- und Pflanzenwelt der verschiedenen Zo- 
nen eine veränderte Physiognomie angenommen haben und 
insbesondere sämmtliche Arten durch andere ersetzt sein. 

Mit dieser Anschauungsweise scheinen nun auf den ersten Anblick 
manche geologische Erscheinungen im Widerspruch zu stehen, wenigstens 
werden dieselben durch jene nicht erklärt. Es zeigen nämlich die ein- 
zelnen Schichten keine ununterbrochene — aus organisch sich unmittelbar 
aneinander anschliessenden Gliedern bestehende — Kette von fossilen 
Resten, vielmehr sind überall die bedeutendsten Lücken bemerkbar; auch 
überlagern sich Schichten und Formationen oftmals unmittelbar, welche 
sehr verschiedene Petrefacten in sich schliessen, während die dieselben um- 
schliessenden Massen ebenfalls unter sich sehr differiren; und endlich be- 
zeugen die organischen Einschlüsse der oberen — also jüngeren Schichten 
nicht selten, dass sie im Leben einem Medium von höherer Temperatur 
angehört haben als diejenigen der tiefer liegenden älteren Schichten, was 
mit der successiven Erkaltung der Erde im Widerspruch zu sein scheint. 
Allediese Erscheinungen erklärensichaber genügend durch 
die Niveauveränderungen. Wie in der Gegenwart haben sich näm- 
lich unverkennbar auch in früheren Zeiten einzelne Gebiete erhoben, wäh- 
rend andere sich senkten, und es dürfte selbst die Reaction des Erdinnern 
nach Aussen damals eine grössere Intensität gehabt haben als in der Jetzt- 
zeit. Diese Niveauveränderungen stören einerseits die durch die langsame 
Erkaltung der Erde bedingte successive Evolution der Organismen im 
Bereich der betreffenden Erdräume, tragen aber andererseits wesentlich 
zur Verbreitung und Vermannigfaltigung derselben bei. Während ein 
Gebirge durch Hebung zu vielleicht alpiner Höhe ansteigt, wird ein Tief- 
land successiv ebenfalls den Gebirgscharacter annehmen und seine bishe- 
rige Thier- und Pflanzenwelt — den veränderten Verhältnissen gemäss — 
gegen eine andere vertauschen. Inzwischen wird der seichte Meeresboden 
sich über das Wasser erhoben haben und an die Stelle der Meeres-Fauna 
und Flora eine dem herrschenden Klima und der Bodenbeschaffenheit ent- 
sprechende Landes-Fauna und Flora getreten sein. Wo aber neue 
Formen unvermittelt erscheinen — und dies dürfte die fast 


197 


ausnahmslcse Regel sein — ‚sind sieentlehnt, und wenn wir 
dieselben bis zu ihrem Ursprung verfolgen könnten, wür- 
den wir unssicherlich überzeugen, dass sieihre Entstehung 
einem äusserst langsamen Entwickelungs-Prozess zu ver- 
danken haben. Hieraus ist ersichtlich, dass die Schichten, welche 
sich während dieser langsamen Erhebung theils durch Nie- 
derschläge, theils durch Anschwemmungen gebildet haben, 
inverticaler Richtungeinezahlreiche Reihe unvermittelter 
Gattungen und Arten enthalten werden, und zwar in unserem 
Beispiel die oberen — also jüngeren — Schichten Organismen tropischer 
Natur, während die tiefer liegenden älteren Schichten, nicht tropische — 
wenigstens nicht spezifisch tropische. — Hätte statt einer Erhebung eine 
Senkung stattgehabt, so würde die Reihenfolge der Schichten und ihrer 
Einschlüsse eine ähnliche, jedoch in umgekehrter Ordnung, sein. So lang- 
sam nun auch solche Niveauveränderungen vor sich gehen, so nehmen die 
einzelnen doch nur einen verhältnissmässig kleinen Theil der seit Ent- 
stehung der Erde verflossenen Zeit in Anspruch, und es dürfte daher 
mancher Erdstrich bereits öfters auf diese Weise auf- und 
abgewogt sein und demgemäss einen mehrfachen Wechsel 
von z. B. tropischen und nicht tropischen — in dem oben be- 
zeichneten Sinne — Organismen in vertikaler Richtung zu er- 
kennen geben, und diess: obgleich die Temperatur der At- 
mosphäre an Ort und Stelle inzwischen vielleicht keine be- 
deutendere Veränderung erfuhr, als durch die fortschrei- 
tende Erkaltung der Erde bedingt war. Es wird während 
solcher Terrain-Schwankungen manche Quelle der Niederschläge und 
Anschwemmungen versiechen und manche sich neu eröffnen. Es hat daher 
nichts Erstaunliches, wenn Schichten oder Formationen, 
welche sich unmittelbar berühren, sehr verschiedene orga- 
nische Reste beherbergen, während auch dieselben einschliessenden 
Massen sehr abweichender Art sind. Solche Erscheinungen waren es aber 
vorzugsweise, welche man früher glaubte nur durch Annahme gewaltiger, 
über grosse Erdräume verbreiteter Katastrophen und erneuter Schöpfungs- 
acte im Bereiche des Organischen erklären zu können. Zu deren Erklä- 
rung bedarf es keiner Voraussetzung einer öftern, wesentlichen und ver- 
hältnissmässig raschen Temperaturveränderung der Erdatmosphäre. Neh- 
men Niveauveränderungen grosse Dimensionen an, so werden sie ganze 
Continente und ausgedehnte Meere bald zu vereinigen, bald zu isoliren 
vermögen; demnach werden sie zur Verbreitung der Gattungen und Arten 
wesentlich beigetragen und dem organischen Leben erhöhte Bewegung 
geben; denn mit der grösseren Verbreitung werden ohne Zweifel auch die 
äusseren Bedingungen einer reicheren und mannigfaltigeren Entfaltung 
des Organischen gegeben sein, und diess vielleicht um so mehr, wenn zeit- 
weise eine nicht zu lange Isolirung hinzutritt. Jedenfalls wird durch Iso- 
lirung die Differenzirung der Organismen wesentlich beschleunigt werden. 

Ueber die nachtheiligen Folgen einer ungewöhnlich langen Isolirung 


198 


kann uns das Schicksal Australiens belehren. Wäre dieses Land auch 
nur mit einer der grossen, in seinem Nordwesten gelegenen indo-malaii- 
schen — Inseln früher in Verbindung gestanden, so müsste seine Thier- 
und Pflanzenwelt eine ganz andere Physiognomie, einen minder eigenthüm- 
lichen Character tragen, und weit grösseren Reichthum zeigen. Ein 
Continent von der Grösse des australischen Festlandes ist 
sicherlich geeignet, eine reiche und mannigfaltige Fauna 
und Flora zu beherbergen und zu ernähren, ohre alle Be- 
dingungen in sich zu vereinigen um eine solche selbständig 
zu entwickeln. Wo immer wir — im Gegensatz zu Australien — eine 
ungewöhnlich reiche Thier- und Pflanzenwelt antreften, können wir mit 
Sicherheit schliessen, der bezügliche Erdstrich habe vormals einem aus- 
gedehnten Continente angehört. Ihre reiche Flora und Fauna verdanken 
eben jene indo-malaiischen Inseln sicherlich ihrer einstigen Vereinigung 
mit dem grossen asiatischen Continent, vielleicht in Verbindung mit einem 
reichen, vielfach wechselnden Schicksal. Niveauveränderungen wirken auch 
‚dadurch indireet auf die Art der Verbreitung und Entwickelung der Or- 
ganismen, dass sie die Richtung der Meeresströmungen alteriren, welche 
die in ihnen suspendirt enthaltenen organischen Keime fernen Räumen 
zuführen und zugleich für die klimatischen Verhältnisse, selbst ausge- 
dehnter Gebiete, von so hoher Bedeutung sind. Ähnlich dürfte auch .der 
Umstand wirken, dass die beiden Hemisphären abwechselnd für Jahrtau- 
sende den Winter in der Sonnenferne haben. Während eines solchen 
langen Zeitraums producirt die bezügliche Erdhälfte grössere Gletscher- 
massen, wodurch dem Meeresspiegel eine vermehrte Eis- und Schmelz- 
wassermenge zugeführt und sein Niveau erhöht wird. Die Folge ist ein 
vermehrter Abfluss des Wassers nach (der entgegengesetzten Hemisphäre 
und eine mehr oder weniger veränderte Stärke und Richtung der Meeres- 
strömungen mit allen ihren Consequenzen. Wird z. B. — wie zu erwarten 
— der Golfstrom einst durch verstärkte Strömungen aus dem Norden nach 
dem südlichen Europa abgelenkt, welche wesentliche Temperaturabnahme 
muss alsdann das nördliche Europa erfahren ? 

Endlich wirken Niveauveränderungen, von selbst mässiger Ausdehnung, 
besonders wenn sie einen Wechsel von Land und Meer veranlassen, auf 
die Natur der Luftströmungen zurück, welche in ihren Wirkungen sich 
den Meeresströmungen nähern. Mit dem Erscheinen und vorzugsweise 
mit der höheren Entwickelung des Menschen trat ein neues, nicht zu un- 
terschätzendes Agens der reicheren Entfaltung des Organischen auf, indem 
derselbe theils unwillkürlich, theils in Verfolgung seiner egoistischen 
Zwecke sehr zur Verbreitung gar mancher Pflanzen und Thiere beiträgt, 
während er allerdings auch anderseits manche Gattungen und Arten, 
welche seinen Absichten im Wege stehen, der Vernichtung entgegenführt. 


Markgraf Franz Marenzı: Fragmente über Geologie oder die 
Einsturzhypothese. 5. Aufl. 1. Th. Triest, 1872. & 1888, # Taf. 


299 


— Der Verfasser bezeichnet sich selbst als einen Laien, beansprucht 
jedoch den Vertretern der bis nun geltenden geologischen Systeme gegen- 
über die Anerkennung seiner zum Theil sehr originellen Ansichten. Ihm 
erscheinen „alle bisherigen geologischen Hypothesen, welche auf der Lehre 
einer Alterskette der Petrefacten begründet waren, als im höchsten Grade 
gewagt und als ganz unverlässlich.“ (Vgl. erstes Fragment, Zusammen- 
hang der Geologie mit der Astronomie und mit der Physik, S. 32.) 

Das zweite Fragment behandelt die astronomisch-physikalische Hy- 
pothese der Erdbildung; das dritte die Folgen des ursprünglich feuer- 
flüssigen Zustandes der Erde für die erste Ablagerung ihrer Bestand- 
theile; das vierte die Eiszeit, von welcher der Verfasser kein Freund 
ist. „Gebirgshebungen und Eiszeit, heisst es Seite 64, entbehren 
beide jeder wissenschaftlichen Grundlage und können daher nicht die Aus- 
gangspunkte exacter Beweisführungen sein.“ „Die Natur kennt für Er- 


scheinungen, welche Folgen der Schwerkraft sind, nur die Bewegung 


nach abwärts“ (8. 66). 

Das fünfte Fragment bezieht sich auf die nähere Bestimmung des 
Wärme- und des Volumen-Verlustes der Erde; das sechste beleuchtet 
den Einfluss des Centralfeuers der Erde auf die Bewegungen und auf die 
Bildungen der Erdoberfläche. Im siebenten Fragment, die Einstürze 
im Innern der Erde, gelangt die Hypothese des Verfassers zur vollen 
Entwickelung, wenn es S. 92 heisst: ... . „alle Gebirge der Erde, die be- 
kannten und noch unbekannten Hochländer aller Welttheile, die Sand- 
wüsten Asiens und Afrika’s und überhaupt alle Festbildungen, an welchen 
die Spuren einstiger Meeres-Überspülung sichtbar sind, seien im Allge- 
meinen nicht durch Hebung, sondern durch Einsturz der anliegenden 
Festbildungen entstanden. Ja selbst den thätigen Vulkanen, sie mögen 
nun nur einzelne hohe Berge oder lange Bogenlinien zahlreicher oceani- 
scher Inseln bilden, können wir keine eigene Bildungskraft zuschreiben, 
sondern müssen dieselben nur für Ergebnisse und für naturgemässe Wir- 
kungen von Einsturzbewegungen erklären.“ Das achte Fragment blickt 
auf den Mond und die Ringe des Saturn, das neunte untersucht Vulcane 
und Erdbeben, das zehnte ist der Steinkohle und dem Steinsalz gewid- 
met. „Ob es jemals möglich sein werde, das relative Alter der verschie- 
denen, bald oberflächlicher, bald tiefer liegenden Salzwerke näher zu er- 
gründen, lassen wir als eine uns fern liegende Frage ganz dahin gestellt 
sein“ (S. 143). — Die Wissenschaft ist glücklicher Weise weiter vorge- 
schritten, als der Verfasser in dieser Beziehung glaubt. — In dem elften 
Fragmente treten die Wirkungen der Volumen-Verminderung der Erde auf 
die Verbreitung der Meere vor Augen, wobei auch Hebung und Senkung 
ganzer Continente und Änderungen in der Lage der Erdachse besprochen 
werden. Das zwölfte Fragment, die organische Schöpfung, kämpft gegen 
Darwinianismus, entwickelt die Ansichten des Verfassers über die natür- 
liche Metamorphose, die Wiege des Menschengeschlechtes, die Chronologie 
der organischen Schöpfung, wendet sich gegen den Ursprung des Men- 
schen vom Affen und schliesst mit dem Glauben. 


200 


In einem Epiloge werden alle diese fragmentarischen Bemerkungen 
in eine kurze Übersicht zusammengefasst, und diesem Epiloge folgt noch 
ein Schluss. 

Dass Graf Marenzi’s Fragmente auch ihr Publikum und zwar ein 
recht ansehnliches gefunden haben, beweist schon die fünfte Auflage, in 
der sie erschienen sind. 


G. vom Raru: der Ätna. Bonn, 1872. 8%. 33 8. Mit Ansicht des 
Ätna von Catania im April 1869. — Diese Schrift ist dem trefflichen Ätna- 
forscher , Professor OrAzIo SILvEstkı in Oatania gewidmet und theilt uns 
in anziehendster Weise die Eindrücke mit, welche der durch seine Lage 
wahrhaft schöne und erhabene Vulkan in der Ferne und Nähe auf einen 
der gediegensten Mineralogen und Geologen ausgeübt hat. Sie wird in 
den weitesten Kreisen den Anklang finden, den sie verdient. 


Wurmner: The Owens Valley Earthquake. (The Overland 
Monthly devoted to the development of the Country. San Francisco, 1872. 
Vol. 9, No. 2, p. 130, No. 3, p. 266.) — Das Erdbeben vom 26. März 
1872, das sich mindestens über zwei Drittheile des Staates Californien 
oder 100,000 Miles und über einen grossen Theil von mindestens 50,000 
DMiles des angrenzenden Staates Nevada verbreitet hat, folgte insbeson- 
dere der Axe der Sierra Nevada in einer Länge von 500 Miles mit einer 
Breitenausdehnung gegen diese Längsaxe von 300 Miles. Der erste Stoss 
erfolgte plötzlich und war am stärksten, ihm folgten während des ganzen 
Tages noch mehrere nach und Nachwirkungen dieses heftigen Erdbebens 
wurden im Owen’s Valley in Californien noch bis zum 23. Mai verspürt. 

Unter den geologischen Wirkungen, welche dadurch herbeigeführt 
wurden, sind besonders hervorzuheben: Spaltenbildungen im Boden und 
Gesteine, Niveauveränderungen in verschiedenen Theilen des Owen’s Val- 
ley, in welchem die Beobachtungen am genauesten festgestellt worden sind, 
Veränderungen von Wasserläufen, Ansammlungen von Wasser an früher 
davon befreiten Stellen und ähnliche Erscheinungen. 

Der Berichterstatter knüpft an diese specielleren Schilderungen noch 
allgemeine Folgerungen über die Natur der Erdbeben überhaupt und ihren 
innigen Zusammenhang mit den vulkanischen Erscheinungen. 


Dr. G. Stacne: Notizen über das Erdbeben in Wien am 3. 
Jan. 1873. — Das hier besprochene Erdbeben wurde kurz vor 7 Uhr 
Abends an vielen Punkten in Wien und in dessen näherer und weiterer 
Umgebung verspürt und hat um so mehr interessirt, als ähnliche Erschei- 
nungen in Wien nur äusserst selten wahrgenommen worden sind. 


201 


G. Povrerr Scropz: über Vulkane. Nach der zweiten verbesser- 
ten Auflage des Originals übersetzt von G. A. v. Kröpen. Berlin, 1872. 
8°. 473 S. Mit 65 Holzschnitten und einer lithographirten Ansicht. — 
Die Übersetzung obigen Werkes konnte in keine besseren Hände gelegt 
werden, als in die eines Mannes, der seit nun fast 40 Jahren den Gegen- 
stand mit Interesse verfolgt hat, wie viele seiner früheren Commilitonen, 
die durch die von Frırprıcn Horrmann in Berlin in den Jahren 1834 und 
1835 gehaltenen Vorträge über Erdbeben und Vulkane dafür begeistert 
wurden. Sie alle haben mehr Pietät und Hochachtung für die beiden er- 
habenen Forscher, LeoroLp v. Buch und ALEXANDER v. Humsoıor bewahrt, 
als viele Andere, die, wie PouLrrr Scrorz, von beiden Männern festge- 
stellte Thatsachen und gewissenhaft abgeleitete Schlüsse oft in unwürdi- 
ger Weise bekritteln, ja leider begeifern. v. Kıöpen hat in der Vorrede 
und in verschiedenen Anmerkungen vielfach gezeigt, wie verfehlt oft die 
Angriffe waren, welche gegen die Lehre von den Erhebungskrateren, 
an welchen P. Scrore seinen Hauptanstoss nimmt, und manche andere 
Ansichten jener Männer, gerichtet sind. v. KLönpen verhält sich dem Werke 
von P. Sckopz gegenüber ungefähr so, wie es Bronn in der Übersetzung 
des Werkes von Cu. Darwın, über die Entstehung der Arten, 1863, letz- 
terem Autor gegenüber gethan hat. Nur fand Bronx bei seiner Kritik 
der Lehre von Darwın keine Gelegenheit, ähnliche leidenschaftliche Er- 
güsse, wie sie in dem Werke von Scropr vorkommen, zu rügen. 

Abgesehen hiervon ist die Schrift von PovLerr Scropr über Vulkane 
ein für das Studium der Vulkane sehr wichtiges Werk, worin man die vielsei- 
tigste Belehrung findet und welches durch seine zahlreichen im Texte 
eingedruckten Ansichten von Vulkanen aus allen Theilen der Erde den 
Gegenstand zugleich auch populär macht. 

Einer Finleitung folgt als zweites Kapitel: eine Übersicht der vul- 
kanischen Thätigkeit, als drittes: Phänomene der gewöhnlichen sub- 
a6ralen Eruption, als viertes: Untersuchung der vulkanischen Phäno- 
mene, als fünftes: Anordnung der zerstückelten Auswürflinge, als sech s- 
tes: Ausfluss und Anordnung der Lava, als siebentes: Mineralische 
Eigenschaften und Zusammensetzung der Laven, als achtes: Vulkanische 
Berge, als neuntes: über die Kratere der vulkanischen Berge, als zehn- 
tes: Submarine Vulkane, als elftes: Vulkan-Systeme, als zwölftes: 
Beziehung der plutonischen zur vulkanischen Thätigkeit, und als Anhang: 
ein beschreibendes Verzeichniss der Vulkane und vulkanischen Bildungen. 

Es sei schliesslich das Werk von P. Scropr in der hier vorliegenden 
Übersetzung durch G. A. v. KLöpen auf das angelegentlichste empfohlen ! 


Franz R. v. Hauer. Geologische Übersichtskarte der öster- 
reichisch-ungarischen Monarchie nach den Aufnahmen der k.k. 
geologischen Reichsanstalt in dem Maassstab von 1: 576,000. Blatt No. IV. 
Ost-Karpathen. Wien, 1872. Mit Text in 8°. Jb. 1871, 306. — Die nord- 
östliche Ecke von Ungarn, dann Ostgalizien und die nördlicheren Theile 


202 


der Bukowina umfassend, bringt dieses Blatt der trefflichen Übersichts- 
karte den östlichen, von NW. nach SO. streichenden Theil der Nordkar- 
pathen, einen kleinen Theil der im Süden an dieselben stossenden ungari- 
schen Ebene, endlich die östliche Hälfte des weiten galizischen Tieflandes 
zur Anschauung. Es kommt auch auf ihr der scharfe Gegensatz zwischen 
den zum südeuropäischen Gebirgssysteme der Karpathen gehörigen Ge- 
bilden und jenen, die weiter nördlich als Unterlage der das galizische 
Tiefland ausfüllenden Diluvial- und Alluvialgebilde auftreten, in voller 
Klarheit zum Ausdruck. | 

Als ältere Sedimentgebilde im Gebiete der ostgalizischen Ebene 
sind unterschieden: 

Silurformation, Devonformation, Kreideformation, in wel- 
cher letzteren schon LızL Grünsand, wahrscheinlich von ecenomanem Alter, 
und senonen Kreidekalk und Mergel unterschieden hat, die in der Gegend 
von Lemberg und Nagorzany namentlich durch ihre prächtig erhal- 
tenen Versteinerungen seit langer Zeit das Interesse der Paläontologen 
gefesselt haben. 

Die Neogentertiärschichten der Bukowina, die auch weiter- 
hin nach Osten in die Moldau fortsetzen, bestehen der Hauptsache nach 
aus sarmatischen Schichten. 

Schon am östlichen Ende des Blattes III dieser Karte (Jb. 1871, 306) 
gibt sich theilweise die veränderte Richtung zu erkennen, welche der Haupt- 
zug der nördlichen Karpathen, nachdem er in dem Meridian des Tatra- 
stockes den Scheitel des nach Norden gewendeten Bogens erreicht hat, 
nunmehr nach SO. einschlägt. In dem auf Blatt IV dargestellten Gebiete 
gelangt diese Richtung zum vollen Ausdruck. 

Die geologische Zusammensetzung dieses Gebietes ist verhältnissmäs- 
sig einfach, Karpathensandstein mit vereinzelten, der Jura- und Kreide- 
formation angehörigen Klippen in der nordöstlicben Hälfte, und Trachyt 
mit seinen secundären Gebilden, Breccien, Tuffen, dann jüngere Tertiär- 
ablagerungen in der südwestlichen Hälfte; nur hart am südöstlichen Ende 
des Zuges im oberen Theissgebiet, NO. von Szigeth, erscheinen noch die 
äussersten Ausläufer des grossen krystallinischen Massives, welches, und 
zwar gerade hier in Verbindung mit älteren Schichtgesteinen, in dem Sie- 
benbürgen nach NO. abschliessenden Gebirgswall auftritt. 

In dem Tieflande im Süden der Karpathen hat man es, ab- 
gesehen von einzelnen Inselgruppen, nur mit Ebene oder ganz niedrigem 
Hügelland zu thun, das aus Diluvial- und Alluvialgebilden besteht. 


1. Coxst. Freih. v. Beust: die Zukunft des Metallbergbaues 
in Österreich. (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. XXII, p. 1.) — Nach 
umsichtigen allgemeinen Betrachtungen, welche für jeden Metallbergbau 
selten, der in civilisirten Ländern unternommen wird, gibt der mit dem 
Wesen des Erzbergbaues so vertraute Verfasser eine Skizze von den Me- 
tallvorkommnissen in der westlichen Reichshälfte, mit besonderer Bezie- 


203 


hung auf solche Punkte, welche dermalen ganz auflässig sind oder doch 
nur sehr schwach betrieben werden. Es handelte sich besonders darum, 
aufmerksam zu machen auf das, was möglicherweise das Object lohnender 
Unternehmungen werden könnte. 

Es steht völlig ausser Zweifel, dass Böhmen ausser der Production 
von Pribram sehr ansehnliche Mengen von Silber und Blei, auch wohl von 
Zink, Schwefelkiesen und Kupfer, vielleicht selbst Gold produciren könnte; 
der ehedem so bedeutende Zinnbergbau liegt fast ganz darnieder. In den 
Alpenländern könnte vor Allem die Zinkproduction einen grossen Auf- 
schwung nehmen; von den berühmten alten Kupferbergbauen Tirols, 
Salzburgs und Steiermarks ist kaum ein schwacher Nachklang noch 
übrig. Auch die Silber- und Bleierzeugung in Tirol und Steiermark, welche 
heute fast Null ist, wäre einer sehr ansehnlichen Steigerung fähig, ebenso 
wie die Erzeugung der silberarmen u.d silberleeren Bleie in dem nörd- 
lichsten Theile des Alpengebietes und in Kärnten. Der durch den Betrieb 
vieler Jahrhunderte kaum vernutzte Goldbergbau der Salzburger und Kärnt- 
ner Hochalpen wartet noch beständig der Hand, die ihn im heutigen Sinne 
erst lebensfähig machen und ihm einen würdigen Platz unter den Metall- 
bergbauen Europa’s anweisen solle. Endlich ist in den Alpenländern, na- 
mentlich in Steiermark und Salzburg, ein solcher Reichthum an Schwefel- 
kiesen vorhanden, dass derselbe nur der Berührung durch Eisenbahnen 
bedarf, um für jene nur denkbare Schwefelsäurefabrikation das schönste 
Material zu liefern. 

Im Jahre 1869 betrug der Gesammtwerth aller und jeder Hüttenerzeug- 
nisse in der westlichen Reichshälfte nicht mehr als 5,224,741 fl. 43 kr. 
exclus. des Eisens, nämlich: 

21,574 fl. 48 kr. für Gold, 
1,658,076 fl. 31 kr. „ Silber, 
7 


654,651 fl. 75 kr. „ Quecksilber, 
! 510,602 fl. 43 kr. „ Kupfer, 
19,208 fl. 38 kr. „ Kupfervitriol, 
340,136 fl. 11 kr. „ Bleiglätte, 
1,012,880 fl. 22 kr. „ Blei, 
8,216 fl. 76 kr. „ Nickel, 
48,065 fl. 485 kr. „ Zinn, 


3300 ’HNFASKEIr," Zink, 
13,238 fl. 50 kr. „ Wismuth. 
33,839 fl. — kr. „ Antimon, 
127071. 86°kr."Hjr Arsen! 
118,249 fl. 81 kr. „ Schwefel, 
164,500 fl. — kr. „ Eisenvitriol, 
74,503 fl. — kr. „ Urangelb, 
173,748 1.50 kr, 'Alaun: 
5.224,741 fl. 48 kr. 
Es wird betont, dass es eine der Jetztzeit würdige Aufgabe wäre, mit 
inren riesenmässigen technischen Hülfsmitteln jene von uralter Zeit her 


204 


als wichtig und vielversprechend bekannten Bergwerke aus den höchsten 
Alpenregionen in einen tieferen Horizont herunterzuziehen, wo dann alle 
Bedingungen für einen constanten erfolgreichen Betrieb geboten sind. 

Besonderes Interesse scheint uns bei dem grossen, nicht zu befriedi- 
genden Bedarf an Nickel der S. 22 erwähnte Zug von Kobalt- und 
Nickelerzen zu verdienen, den man von Brixlegg in Tirol in genau west- 
östlicher Richtung auf eine Länge von ca. 25 Meilen bis Schladming in 
Obersteiermark verfolgen kann, und es verdient noch erwähnt zu werden, 
dass man das Vorkommen von Kobalt und Nickel auch in Oberwallis und 
in den Dauphin6er-Alpen kennt und dass es scheint, als finde eine Art 
staffelförmiger Gruppirung der dahin gehörigen Erzzüge statt, vermöge 
deren dieselben in der Richtung von W. nach O. immer weiter nordwärts 
vorrücken; vielleicht ist auch das bekannte und weitaus bedeutendste Ko- 
balt- und Nickelvorkommen von Dobschau in Ungarn als ein Glied dieser 
Kette zu betrachten. 


2. Über die Streichungslinien der Hauptgangzüge in den nicht un- 
garischen Ländern der österreichisch-ungarischen Monarchie hat sich Herr 
Freih. v. Beust in einer besonderen Abhandlung verbreitet (Jahrb. d. k. 
k. geol. Reichsanst. XXIL, p. 143.) 


[2] 


3. Die Eisenstein-Lagerstätten der Steyrischen Eisen-Indu- 
striegesellschaft bei Eisenerz hat Franz v. Hauer neuerdings eingehend 
geschildert (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. XXIL, p 27.) 


4. Über Dislocationen im Pribramer Erzreviere, vgl. F. 
Poserxy im Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. XXI, p. 229. 


Dr. En. Tıietze: Geologische und paläontologische Mitthei- 
lungen aus dem südlichen Theil des Banater Gebirgsstockes. 
.(Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. XXII, p. 35. Taf. 2—9.) — In einem 
vorläufigen Berichte über die geologischen Verhältnisse der Gegend um 
Berzsaszka (— Bersaska) und Swinitza weist der Verfasser das Vorkom- 
men Krystallinischer Schiefer und älterer Schiefergebilde, Granit und Sye- 
nit, Glieder der Steinkohlenformation aus der Zone der Farne, SW. von 
Eibenthal, nach, ferner Serpentin und Gabbro, Gesteine der Dyas und 
Trias, Lias, Dogger, Tithon und Neokom, Aptien oder Gargasmergel, obere 
Kreide mit Inoceramus labiatus ete., Tertiärschichten, jüngere Porphyre 
und Trachyte, unter welchen eine Abänderung als Nevadit von v. RıcHr- 
HOFEN unterschieden wird, und quartäre Bildungen. 

Es ergibt sich aus diesen Mittheilungen und einigen daran schliessen- 
den Bemerkungen zur Tektonik des besprochenen Gebirges, wie geologisch 
vielgestaltig dieses Gebiet ist, während zwei paläontologische Beigaben 


205 


dazu das weitere Interesse noch auf sich ziehen. In der ersten wird eine 
grössere Reihe von Liaspetrefacten von Bersaska beschrieben, 
unter ihnen auch der spitz-kegelförmige Zahn eines Wirbelthieres, Taf. 2, 
fig. 7, aus dem grünen Tuff der Muntjana, und von Mollusken zahlreiche 
bekannte und neue Arten. 

Die zweite Beigabe behandelt die Ammoniten des Aptien von 
Swinitza, das von Tiıerze in einem hellgrauen, seltener grün gefärbten, 
nicht sehr mächtigen, durch Verwitterung und Tagfeuchtigkeit weich wer- 
denden Mergel erkannt worden ist, der oberhalb der Kirche von Swinitza 
über den grauen, kalkigen Neokomschichten lagert. 

Der Verfasser beschreibt daraus: 

Ammonites Rouyanus d’Ore., A. Velledae Mıcn., A. Charrierianus 
d’Ore., A. Melchioris n. sp., seinem Freunde Dr. MeLcnıor NEUMAYR zu 
Ehren genannt, A. Tachthaliae n. sp., A. portae ferreae n. sp., A. bicur- 
vatus MıcuH., A. strangulatus d’ORB., A. quadrisulcatus d’ORB., A. Annibal 
Coquann, A. Greventanus n. sp., A. striatisuleatus u. A. Trajani n. sp. 


Dr. Em. Tırrze: das Gebirgsland südlich Glina in Croatien. 
(Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanst. XXII, p. 253.) — Verfasser kommt in 
diesem schätzbaren Berichte unter Anderem wieder auf die Pflanzenreste 
von Tergove zurück, welche nach Stur zu der Steinkohlenformation, nicht 
zur Dyas gehören. Wichtiger als diese wissenschaftliche Streitfrage ist 
der Bergbau von Tergove, worüber man gleichfalls hier einige Mitthei- 
lungen erhält. Von sedimentären Formationen, die auf dem krystallini- 
schen Grundgebirge ruhen, werden in jenem Gebirgslande von ihm her- 
vorgehoben: Steinkohlenformation, unproductiv, wenn auch der oberen Etage 
angehörend, Glieder der Trias, oberes Eocän oder Oligocän, Neogen und 
quaternäre Ablagerungen. Unter den jung eocänen Eruptivgesteinen wird 
S. 277 namentlich ein mit Lherzolith und Dunit nahe verwandter Olivin- 
fels beschrieben, während S. 280 einige trachytische Gesteine als Rhy o- 
lith und Lithoidit aufgeführt werden. 


Geologische Karte von Schweden. Stockholm, 1870-1872. -- 
(Jb. 1871, 950.) — Die unter Orro Toreır’s Leitung ausgeführte grosse 
geologische Karte von Schweden in dem Maassstabe von 1 : 50,000 ist seit 
unserem Berichte darüber wiederum durch folgende Blätter bereichert 
worden: 

No. 42. Engelsberg von Orro GumarLiıus. 

No. 43. Salsta von A. L. Tu. PrrTeRsson. 

No. 44. Rydboholm von Epvarp ERDMAnN. 

- No. 45. Hörningsholm von M. SToLpE. 
Zu jedem dieser Blätter ist 1 Heft Erläuterungen beigegeben. 


206 


Geologische Karte von Preussen und den Thüringischen 
Staaten im Maassstabe von 1:25,000. Herausgegeben durch das 
K. Preussische Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. 
Berlin, 1870—1872. — Es sind von diesem in grossartigem Maassstabe 
angelegten Kartenwerke, dessen Leitung den Herren Professor Dr. BEyRıc# 
und Oberbergrath HaucHzcorne übergeben worden ist, bis jetzt erschienen: 


Erste Lieferung: 


Section Zorge, geogn. aufgen. durch E. BeYrich, 
„x ‚Benneckenstein,i!, n „.  E. Beyrıc# u. C. Lossen, 
Hasselfelde, = s „ €. Lossen, 
5 Ellrich, = ; „  E. Berrıch, 
„.. Nordhausen, a 5 »„ -E. Berrica u. H. Eck, 
> Stollberg, > „.. E. Beyrıca u. (0. Lossen. 
Zweite Lieferung: 
Section Buttstedt, 5 A »„ EE. Schmp. 
„ Rosla, ” „ D) ” 
„ " Magdala, » 2) » „ 
„ Eckartsberge, ) ” „ D) 
” Apolda, ” ” ” ” 
„ Jena, „ 2) ” ” 
Dritte Lieferung: 
Section Worbis, 5 & „  K. v. SEEBACH, 
„ Bleicherode, 5 5 ae 3 ba dic:s, 
” Hayn, ” „ „ ” 
SRENdE-Orschla, 5 5 „Roy. (DERBACH: 
rk Gm. Beeuta. © = „  K. GIEBELHAUSEN, 
» Immenrode, is 5 0 ER Re 


Jedem dieser Blätter ist ein Heft Erläuterungen des Verfassers bei- 
sefügt, die wie die Karten im Verlage von J. H. Neumann in Berlin er- 
scheinen. 


Karten und Mittheilungen des Mittelrheinischen Geolo- 
gischen Vereins. Darmstadt, 1871—72. (Jb. 1871, 658.) — Der mittel- 
rheinische geologische Verein veröffentlicht im Anschluss an die früheren 
in dem Maassstabe von 1: 50,000 bearbeiteten geologischen Specialkarten 
des Grossherzogthums Hessen und der angrenzenden Landesgebiete, die 
Section Biedenkopf, bearbeitet von RupoLpu Lupwis. Dem erklärenden 
Texte sind ebenfalls sehr instructive Profile beigefügt. 


H. Laspeyres: Geologische Mittheilungen aus der Provinz 
Sachsen. (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. XXIV, p. 265. Taf. 12.) — 
Der Verfasser beginnt seine schätzbaren Mittheilungen mit einigen Notizen 

1) über die Zechstein-, Buntsandstein- und Muschelkalk- 

formationen in der Umgegend von Halle a. d. Saale. 


207 


Wenn aber S. 268 ausgesprochen wird: 

„Das Kupferschieferflötz zwischen Döblitz und Brachwitz folgt direct 
auf dem zu Grauliegendem oder Weissliegenlem umgewandelten Oberroth- 
liegenden“, so möchten wir doch zu bedenken geben, dass diese Worte 
nicht wörtlich zu nehmen sind, indem das Oberrothliegende als eine lim- 
nische Bildung sich nicht in das Weissliegende als eine Meeresbildung 
umwandeln, sondern nur durch dasselbe vertreten lassen kann. 

2)über die Tertiär- oder Braunkohlenformation, welche 

als horizontale Decke die geneigten älteren Sedimente discordant 
überlagert. 

Die specielle Untersuchung dieser wichtigen Ablagerungen führt den 
Verfasser S. 321 zu einer Parallele zwischen den von ihm besprochenen 
Tertiärablagerungen mit einigen anderen in der Provinz Sachsen, in An- 
halt und in der Mark Brandenburg. Bei einem Vergleiche der von PLerr- 
neR für die Mark Brandenburg aufgestellten Reihenfolge mit der von Las- 
PEYRES in der Gegend N. von Halle für die Provinz Sachsen aufgestellten 
Gliederung hat sich folgende Parallele ergeben: 


Mark nach PLErTxer. | Sachsen nach LaspEyrks. 
1. Sandlager (Glimmersand ?). 1. Sandlager (Formsand oder Glim- 
mersand). 
2. Septarienthon. 2. Septarienthon. 
3. Formsand (mit Lettenlagen). 3. Magdeburger Sand TEN 


4. Hangende Flötzpartie (drei Flötze 4. Obere Flötzgruppe (meist nur ein 
mit Formsandmitteln). Flötz). 

5. Lettenlager und Kohlensand. 5. Stuben- oder Quarzsand mit tho- 

nigen (Letten-) Lagen. 

6. Liegende Flötzpartie (meist vier |6. Untere Flötzgruppe (1- 6 Flötze 


Flötze mit Kohlensandmitteln). mit Stubensandmitteln). 
7. Kohlensand (als unmittelvares Lie- | 7. Knollensteinzone (d.h. Stubensand 
gendes). mit oder ohne Knollenstein). 


8. Unterlage bis jetzt nirgends in a | 8. Kapselthon. 
Gruben aufgeschlossen (Thon ?). 


Der Verfasser hat mit dieser Abhandlung über die Braunkohlenfor- 
mation der Gegend N. von Halle 

1) einen wichtigen Beitrag zur positiven Kenntniss des Tertiärs in 

Norddeutschland geliefert durch die von ihm bei Bearbeitung der 
Sectionen Petersberg, Gröbzig und Zörbig der grossen geologischen 
Karte gesammelten Beobachtungen; 

2) durch die daran geknüpften Vergleiche den Beweis geführt, dass 
die Gegend N. von Halle für das Studium und die fernere, beson- 
ders kartographische Bearbeitung der Tertiärformation von der Pro- 
vinz Sachsen den Ausgangspunkt und Schlüssel bilden muss; 
durch die Vergleiche des Tertiärs in der Provinz Sachsen mit dem 
in der Mark Brandenburg an einem neuen Falle gezeigt, dass auch 
ganz junge Schichten und Schichtensysteme eine ebenso weit aus- 


3 


m 


208 


haltende und sich gleichbleibende Beschaffenheit aufweisen können, 
wie diejenigen älterer Formationen. 


GerorsE Maw: Bemerkungen zur Geologie der Ebene von 
Marocco und des grossen Atlas. (The Quart. Journ. of the Geol. 
Soc. of London, 1872. Vol. XXVII, p. 85. Pl. 3.) — Über die Geologie 
der Berberei ist noch sehr wenig bekannt. G. Maw, welcher den Vorzug 
hatte, den Dr. Hooker auf seinem botanischen Ausfluge in diese schwer 
zugänglichen Gegenden zu begleiten, theilt hier Ansichten mit von jenen 
flach abgestutzten Tafelbergen in der Ebene von Marocco, die dort als 
„Camel’s Back“ bezeichnet werden, ferner von dem Kamme des grossen 
Atlas im Süden von Marocco, 12,000 bis 13,000 Fuss hoch, und gibt einen 
geologischen Durchschnitt längs der Ebene von Marocco bis zur Wasser- 
scheide des grossen Atlas. Die ihm bekannten geologischen Erscheinun- 
gen werden im Folgenden summarisch zusammengefasst: 

1) Die ältesten Gesteine sind die in den Bergketten entwickelten metamor- 
phischen Gebirgsarten N. von der Stadt Marocco, wo sie den nörd- 
lichen Rand der Ebene bezeichnen. 

2) Porphyrite und porphyritische Tuffe des Atlas bilden den Rücken 
der Atlaskette, deren Alter noch unbestimmt ist. 

3) Senkrecht aufgerichtete Glimmerschiefer von Djeb Tezah im Atlas, 
S.W. von Marocco, werden von eruptiven porphyritischen Gängen 
durchsetzt. Ihr relatives Alter ist keineswegs festgestellt. 

4) Wir kommen nun zu einer langen Periode der Denudation, welche 
die Atlaskette erlitten hat vor Ablagerung des rothen Sandsteines 
und Kalksteines in den Thälern und Hügeln ihres Abhanges. 

5) Die Ablagerung, über der sich jetzt die Ebene von Marocco aus- 
breitet, von cretacischem rothem Sandstein und Kalk (vielleicht auch 
von Schichten miocänen Alters), hat zunächst die vorhandenen Thä- 
ler in den älteren Porphyriten des Atlas ausgefüllt. 

6) Dioritartige Gesteine, welche Porphyrit und seine Tuffe durchdrun- 
gen haben, mögen eine weitere Erhebung der Atlaskette begleitet 
haben, indem sie die Schichten der rothen Sandsteine und Kalke 
gleichzeitig störten. 

7) Eine weitere lange Periode der Denudation hat auch diese Schich- 
ten getroffen und von ihnen in der Maroceischen Ebene jene Tafel- 
berge ühriggelassen, die über das gewöhnliche Niveau der Ebene 
hervorragen. 

8) Ein späterer Ausbruch rother Porphyrite durch die Schichtenreihe 
der Ebene mag gleichzeitig erfolgt sein mit der Eruption der rothen 
Porphyrgänge von Djeb Tezah im hohen Atlas. 

9) Einer posteretacischen Eruption durch die rothe Sandstein- und Kalk- 
stein-Reihe ist eine Reihe von Gängen basaltischer Mandelsteine zu- 
zuschreiben. 

10) Die neuesten Veränderungen beginnen mit der Bildung riesiger Blöcke 


209 


in den Schichten, welche den nördlichen Abfall des Atlas-Plateau 
bis zu 3900 Fuss Höhe moränenartig begrenzen. 

11) Die Bildung von Moränen in dem oberen Theile der Thäler des 
Atlas beginnt in der Höhe von 5800 Fuss und breitet sich an den 
Felsen der Atlaskette bis 7000—8000 Fuss Höhe aus. 

12) Bildung einer Ebene hinter solchen Moränen in 6700 Fuss Höhe. 

13) Rückschritt und Aufhören der Gletscher in der Atlas-Kette, auf 
welcher jetzt nicht einmal ewiger Schnee liegt. 

14) Erhebung der Küstenlinie um mindestens 70 Fuss. 

15) Eine schwache Senkung der Küstenlinie ist noch jetzt mit Anhäu- 
fung ausgedehnter Ablagerungen von Dünensand bei Mogador ver- 
bunden. | 

16) Die Bildung einer tuffartigen Kruste fast über der ganzen Ebene 
von Marocco durch schnelie Verdampfung des aus den darunter 
lagernden kalkigen Schichten aufsteigenden Wassers, wodurch blät- 
terige Lagen von Kalkspath entstehen, schreitet noch gegenwärtig fort, 


H. TrautscHhoLp: das Gouvernement Moskau. (Zeitschr. der 
Deutsch. geol. Ges. 1872. XXIV, p. 361. Taf. 13, 14.) — Die Kais. Mi- 
neralogische Gesellschaft in Petersburg hat seit dem Jahre 1866 durch 
ihre Mitglieder eine Reihe von Untersuchungen ausführen lassen, welche 
vorzugsweise die geologische Kartirung Russlands zum Zwecke haben. Es 
sind seit jener Zeit die Gouvernements Petersburg, Twer, Moskau und 
Kasan durchforscht und die betreffenden geologischen Karten entworfen 
worden. 

Mit der Aufnahme des Gouvernements Moskau wurden ATERBACH und 
TrautscHoLn betraut. Den Ersteren, welchem die Untersuchung des nörd- 
lichen Theiles des Gouvernements oblag, ereilte der Tod noch vor Vollen- 
dung der Arbeit, so dass dem Letzteren, für welchen ursprünglich nur 
der südliche Theil des Gouvernements bestimmt war, die Beendigung der 
ganzen Arbeit übertragen wurde. 

Die Schriften über die geologische Aufnahme Russlands werden unter 
dem Titel: „Materialien für die Geologie Russlands“ veröffent- 
licht, leider nur in russischer Sprache, welche den meisten Fachge- 
nossen unzugänglich ist. Nur die Abhandlung TravrscHoLp’s über den 
südöstlichen Theil des Gouv. Moskau ist in den Verhandlungen der Mi- 
neralogischen Gesellschaft zu Petersburg noch in deutscher Sprache ge- 
druckt, alles Spätere über diesen Gegenstand dagegen in russischer Sprache. 

Der Verfasser bricht S. 362 eine Lanze für die Veröffentlichung wis- 
senschaftlicher Arbeiten in der Muttersprache, wodurch nicht allein dem 
überall zum lebhaftesten Ausdrucke gelangten Nationalgefühle Rechnung 
getragen werde, sondern die wissenschaftlichen Arbeiten im Inlande selbst 
mächtig gefördert würden, hofft jedoch, dass in der Zukunft die Über- 
setzer von Originalarbeiten eine ähnliche Rolle spielen werden, wie die 


Abschreiber vor Erfindung der Buchdruckerkunst. 
Jahrbuch 1873. 14 


210 


Ohne in jene mittelalterliche Zeit uns zurückversetzen und die Er- 
richtung einer Zunft von Übersetzern befürworten zu wollen, em- 
pfehlen wir nur allen werthen Fachgenossen, die den Beruf fühlen, in 
versiegelten Sprachen zu schreiben, dem praktischen und nachahmens- 
werthen Beispiele zu folgen, das in verschiedenen schwedischen und spa- 
nischen Werken durchgeführt worden ist, den in der Originalsprache ge- 
schriebenen Werken einen wenn auch nur kurzen Extract in einer den 
Männern der Wissenschaft leichter zugänglichen Sprache, sei es der deut- 
schen, französischen oder englischen, beizufügen. 

Dass diess am besten und erfolgreichsten von dem Autor selbst ge- 
schehe, beweist TRAutscHoLD durch seinen hier niedergelegten Extract 
über die geologischen Verhältnisse des kouvernements Mos- 
kau. Sämmtliche Schichtencomplexe, welche innerhalb dieses Gouverne- 
ments zu Tage treten, lassen sich in 4 Gruppen zusammenstellen, in so- 
fern sie zum Bergkalk, zum Jura, zur Kreide und zu den eluvialen Bil- 
dungen gehören. Bergkalk bleibt demnach, abgesehen von dem Devoni- 
schen und Silurischen, in welche nur der Bohrer hinabgestiegen ist, die 
sichtbare Grundlage aller übrigen Bildungen. 

Die tiefste Schicht des Moskauer Bergkalkes, die bei Sserpuchof zu 
Tage tritt, gehört dem mittleren Bergkalke an. Im Allgemeinen ist aller 
Bergkalk des Gouvernements Moskau jüngerer Bergkalk, aber schon bei 
Sserpuchof, an der Grenze des Gouv. Tula, treten die mittleren Schichten 
auf, und der genannten Stadt gegenüber, auf dem rechten Ufer der Oka, 
findet sich schon der untere Bergkalk mit Productus giganteus in massi- 
gen Lagern entwickelt in denselben, die weiter nach S. und SW. die Un- 
terlage für die Steinkohlen Mittelrusslands abgeben. Auf dem jüngeren 
Bergkalk lagert keine Steinkohle, wenigstens ist bis jetzt nur an dem 
rechten Ufer der Nara ein unbedeutendes Nest Kohle zwischen Bergkalk 
und Jura aufgefunden. 

Auf den Bergkalk folgt im Gouv. Moskau unmittelbar Jura, und 
zwar nicht Lias, sondern mittler oder brauner Jura. 

Die Kreideablagerungen des Gouvernements sind die nördlich- 
sten, die überhaupt im europäischen Russland nachgewiesen sind. Es sind 
theils Festlandbildungen, theils Meeresabsätze. Sie scheinen sich auf Gault, 
oberen Grünsand und untere weisse Kreide zurückführen zu lassen. 

Alles, was die Meeressedimente im Gouv. Moskau bedeckt und was 
man bisher unter den Namen Alluvium und Diluvium zusammengefasst 
hat, ist nichts als der ausgesüsste und geschlämmte Rest jener Meeres- 
absätze, der Kreide, des Jura, des Bergkalks; es sind die in Lehm und 
Sand verwandelten Mergelthone, glaukonitischen Sande der genannten For- 
mationen. Der Verfasser hat desshalb dieses an Ort und Stelle gebildete 
Product der Auswaschung Eluvium genannt zum Unterschied von Di- 
luvium und Alluvium, mit welchen Ausdrücken man immer den Begriff 
des Transports von fernher verbindet. 

Es kommen natürlich innerhalb des Eluviums noch andere Gebilde 
vor, wie Süsswasserkalk, Lignitmoor, Torf, Sumpferz, erratische Blöcke, 


a1 


Geröll ete., aber der Hauptsache nach ist die Decke der Meeresabsätze 
nur Eluvium. 

Dieser Extract ist von einer geologischen Karte des Gouvernements 
Moskau und von einer Schichtentabelle begleitet, auf welcher die wichtig- 
sten Leitfossilien mit aufgenommen worden sind. 


Davın Hummer: Apercu de la Geologie du Hallands As. (Öf- 
versigt af Kongl. Vetenskaps-Ak. Förh. 1871. No. 5, p. 585—613. I-VIH. 
Tab. 12, 13.) — Der in schwedischer Sprache geschriebenen Abhand- 
lung ist ein Resume in französischer Sprache angehängt, welches Ver- 
fahren man zur Nachahmung dringend empfehlen kann. Unter dem Namen 


„HAallands Äs“ versteht man eine schmale Kette im nordwestlichen Scho- 
nen, die wie eine Grenzmauer die niedrigen Gegenden von Schonen und 
Halland scheidet und nach Ost hin ihre grösste Höhe von 226 m. über 
dem Meere erreicht. 

Die Höhenverhältnisse des ganzen Landstriches sind auf einer geolo- 
gischen Karte im Maassstabe von 1: 125,000 durch Niveaucurven und ge- 
eignete Schraffirungen sehr gut hervorgehoben. 

Das vorherrschende Gestein ist ein röthlicher Gneiss, der häufig mit 
Hornblendeschiefer wechselt und mit dem Magneteisenerz-führenden 
Gneisse oder „Jerngneis“ in Schweden übereinstimmen mag. 

N.N.-Ost von Torekow begegnet man einem grauen, quarzigen Sand- 
steine, welcher Diplocraterion parallelum Tor. und Scolithus errans Tor. 
enthält und zur cambrischen Gruppe gehört. Neuere Bohrungen haben 
in der Ebene von Barkakra, N. von Engelhom, kohlenführende Schichten 
nachgewiesen, welche wahrscheinlich zum Lias gehören. 

In dem Gneisse und jenem alten Sandsteine treten Gänge von Hype- 
rit auf. 

Das Studium der quartären Gebilde hat das Vorhandensein noch an- 
derer Gebirgsarten dort nachgewiesen, wie Bruchstücke von Alaunschiefer, 
Lias und Kreide. 

Unter dem Titel: „Uharpente geologie“ sucht Hummer den Nachweis 


zu führen, dass die Bildung des Hallands As in ihrer Gesammtheit zwei 
Epochen angehört, deren erstere vor, die letztere nach der cambrischen 
Periode fällt. 

Von besonderem Interesse sind die dort auftretenden quaternären 
Gebilde, deren Reihenfolge mehrere Durchschnitte auf Taf. 12 fest- 
stellen lassen. Man unterscheidet von unten nach oben: diluvialen ? Sand, 
eckigen Kies (offenbar Moräne), Rollkies, Gletscher-Sand und Thon, post- 
glacialen Sand und Alluvialthon (svämlera). 

Ausser den krystallinischen Gesteinen haben gewisse Schichten der 
Kreideformation einen wesentlichen Beitrag zu diesen Ablagerungen ge- 
liefert. 

14= 


212 


Sämmtliche dort zu beobachtenden Erscheinungen weisen auf alte Glet- 
scher hin. Die Ablagerungen des Gletschersandes bei Grefvie zeigen, dass 
sich das Meer dort 90 m. über seinem jetzigen Niveau befunden habe. 


Noch in der gegenwärtigen Epoche ist die Gegend von Hallands As 
einer Hebung unterworfen. 


E. Erpmann: Beiträge zur Frage von den Niveauverände- 
rungen Schonens. (Geol. Förenis ı Stockholm Förh. Bd. I, S. 95.) 

Auf mehrere festgestellte Thatsachen gestützt hat man es schon längst 
als abgemacht angesehen, dass der südlichste Theil von Schweden, Scho- 
nen, im Hinuntersinken begriffen sei, während umgekehrt die nördlichen 
Gegenden der Scandinavischen Halbinsel sich emporheben. Es ist auch 
unbestreitbar, dass eine Senkung, selbst in geschichtlicher Zeit, in Schonen 
stattgefunden hat; der Verfasser bezweifelt jedoch, dass dieselbe noch an- 
dauert. Mehrere Beobachtungen an den Uferterrassen der Westküste 
scheinen dagegen noch eine schwache Hebung in der jüngsten Zeit anzu- 
deuten. (Tö.) 


C. ALFR. JEnTZscH: über das Quartär der Gegend von Dres- 
den und über die Bildung des Löss im Allgemeinen. (Inau- 
gural-Dissertation.) Halle, 1872. 8°. 99 8. Taf. 1. — Der fleissigen 
Arbeit des Dr. A. Jentzsch im Jahrb. 1872, p. 449 über die Gliederung 
und Bildungsweise des Schwemmlandes in der Umgegend von Dresden ist 
diese neue, letztere wesentlich ergänzende Arbeit schnell gefolgt, welche 
einem Jeden um so leichter zugänglich geworden ist, als sie in der Zeit- 
schr. f. ges. Naturw. in Halle, 1372, Bd. 40 aufgenommen worden ist. 


W. v. Haminser: des Herrn JoacHhım BARRANDE Systeme Silu- 
rien du Centre de la Boheme. (Schreiben von W. v. HAıDıngErR an 
En. DörL. „Realschule“ No. 4 und 5, 1872.) — Bereits am Weihnachts- 
abende des Jahres 1870 hatte Haıınser diese Anzeige von BARRANDE’S 
classischem Werke beendet, doch konnte diese letzte Arbeit von ihm erst 
nach seinem Tode veröffentlicht werden. Da die Leser des Jahrbuches 
mit BarrAnDe’s Meisterarbeiten, über welche Haıinger hier eine Übersicht 
gibt, vertraut sind, beschränken wir uns darauf, wörtlich das zu wieder- 
holen, was HAıineer über die Colonien sagt. 

„BARRANDE hat während seiner Arbeiten gefunden, dass manche For- 
men in den Faunen tieferer Schichten sich zeigen, die sodann wieder in 
den unmittelbar darauf folgenden nicht gefunden werden, aber in noch 
höheren in grösserer Entwickelung auftreten. Er bezeichnete die ersteren 
durch den Ausdruck der „Colonien“. 

Ein jüngerer eingeborener, geologischer Forscher in Prag, Herr Prof. 
Jon. Krescı, hatte vertrauend auf Beobachtungen in der Umgegend die 
Erscheinungen erklären zu können geglaubt, wenn er dieselben gewissen 


213 


Verwerfungen der Schichten zuschrieb. Derselbe hatte sich im Sommer 
1859 als Volontär Herrn Bergrath M. V. Lıroın von der k. k. geologi- 
schen Reichsanstalt angeschlossen, und berichtete an diese nun in seiner 
Ansicht. Aber er hatte in der That bei seiner vorgefassten Meinung von 
den Grundlagen der BarrıAnpde’schen Erfahrungen, welche dieser doch so 
gerne zuvorkommend mittheilte, nicht hinlänglich Kenntniss genommen. 
Im nächsten Jahre (1860) erhielt Herr Bergrath LiroLp den Auftrag, bei 
dem auffallenden Gegensatze, eine oder die andere der Colonien einer ge- 
nauen Untersuchung zu unterziehen. Ungeachtet der nun folgenden Ein- 
sprüche von Seite Barranpe’s hatte sich LiroLp vollständig den Ansichten 
Kreser’s angeschlossen und sie mit solcher Bestimmtheit behauptet, dass 
bei einem erneuerten Einspruche BarrıAnpe’s auch ich veranlasst war, über 
die Entwickelung der von einander abweichenden Ansichten ein Wort zu 
sagen. Mein Bericht gibt die Literatur der einzelnen Mittheilungen bis 
zu jener Zeit. Zum Schlusse hatte ich noch Herrn Barranpe’s hohes Ver- 
dienst uneingeschränkt anerkannt, „wie immer“ die „endliche Ausgleichung“ 
der „gegenwärtigen Verschiedenheiten unserer Ansichten“ sich stellen 
würde. 


Ich darf mich hier um so mehr kurz fassen, als freilich erst nach 
langen Jahren, auch von den Gegnern, Herren Kreseı und LiroLp, der 
Versuch, die Colonien durch Dislocationen zu erklären, vom ersteren als 
„nicht haltbar“ erkannt wird, der letztere aber erklärt, dass seiner An- 
sicht durch die neuen Auffassungen des Herrn Krescı die wesentlichste 
Grundlage entzogen wird. Beide, diese Erklärungen enthaltenden Schrei- 
ben werden in den angeführten Orten in den Verhandlungen durch ent- 
sprechende, höchst wohlwollende Empfangsbestätigungen zur Kenntniss 
genommen. Es darf mir wohl gestattet sein, den Wunsch auszusprechen, 
Herr Oberbergrath LiıroLn hätte damals in etwas mehr unabhängiger Weise 
sich nicht den Ansichten des Herrn Krescı so leichthin bequemt. Es wäre 
mir dadurch schon damals beschieden gewesen, den Fortschritt der Kennt- 
niss durch Herrn BARRANDE gewonnen, einfach freudig anzuerkennen, was 
nun erst meinem Nachfolger im Amte, Herrn Franz R. v. Hauer gegönnt 
war. 


In dem Werke: „Defense de Colonies* IV. 1870, widmet Hr. BarrınDE 
unter andern einen eigenen Abschnitt „Parww aux Colonies“ S. 79 ganz 
einer solchen Zusammenstellung der sämmtlichen Vorgänge, und zwar, 
man muss diess zugestehen, in wahrhaft grossmüthiger Weise. Es ist ihm 
wohl zu gönnen, dass er noch selbst diese Befriedigung genoss.“ 


214 


G. Paläontologie. 


L. @. ve Konmek: Nouvelles recherches sur les animauz 
fossiles dw terrain carbonifere de la Belgique. I. Bruxelles, 
1872.47. 178..p.,.15. BE 

Wer mit der paläontologischen Literatur nur einigermaassen bekannt 
ist, weiss auch zu schätzen, wie wesentlich Professor L. @. DE Koxınck 
durch seine 1842—1844 veröffentlichte „Description des animaux fossiles“, 
durch seine 1847 folgenden „ZRecherches sur les anımaux fossiles“ und 
weitere Arbeiten die damals noch in ihrer Kindheit begriffene Wissenschaft 
gefördert hat. Seit ihrem Erscheinen ist eine lange Reihe von Jahren 
vergangen, in welchen der vortreffliche Forscher zum grossen Bedauern 
Aller, die seine wichtigen Arbeiten kannten, geschwiegen hat. Dass er 
den lieb gewonnenen Studien treu geblieben und die Riesenfortschritte der 
Paläontologie unterdessen auf das aufmerksamste verfolgt hat, lehren die 
vorliegenden Blätter, denen hoffentlich recht bald noch weitere folgen 
werden. 

Die Veranlassung zu denselben gab eine grössere Anzahl Versteine- 
rungen aus der Carbonfiormation, welche Ep. Dvroxt in den Umgebungen 
von Dinant entdeckt hat und in dem unter seiner Direction stehenden Mu- 
seum der Naturgeschichte in Brüssel aufbewahrt. 

L. pe Konmck, der sich ihrer Untersuchung unterzogen hat, nahm 
Veranlassung, alle seit 1842—1852 von ihm aus carbonischen Schichten 
Belgiens überhaupt beschriebenen Arten von Neuem zu revidiren und ihre 
Bestimmungen und Synonymik mit den neuesten Fortschritten der Wissen- 
schaft in Einklang zu bringen. 

Der vorliegende erste Theil des neuen Meisterwerkes behandelt: 

Cl. 1. Polypi Lam. 
Ord. 1. Zoantharia. 
Sect. I. Rugosa M. Epw. u. H. 

1. Fam. Cyathophyllidae. 

Gen. Lonsdaleia M’Coy, 1 Art, Axophyllum M.E. u. H., 3 sp., Litho- 
strotion Lwvo, 4 sp., Diphyphyllum Loxsp., 1 Art, Olisiophyllum Dana, 
4 sp., Campophyllum M. Epw. u. H., 2 sp., Uyathophyllum GoLDF., 2 sp., 
Hadrophyllum M. Evpw. u. H., 1 Art, Lophophyllum M. Epw. u. H., 4 sp., 
Pentaphylium pe Kon., 2 sp., Menophyllum M. Epw. u. H., 1 Art, Phry- 
gnophyllum ve Kon., 1 Art, Amplexus Sow., 10 sp., Zaphrentis Rar., 19 
sp., Duncania ve Kon., 1 Art. 

2. Fam. Cyatharonidae. 

Gen. Cyathaxonia MicH., 2 sp. 

3. Fam. Petraiadae DE Kon. 

Gen. Petraia Müxn., 1 Art. 

II. Tabulata M. How. u. H. 
Fam. Favositidae. 
Gen. Rhizopora or Kon., 1 Art, Syringopora GouLpr., 4 sp., Emmon- 


219 


sia M. Epw. u. H., 1 Art, Michelinia pe Kon., 4 sp., Favosites, Lam., 2 
sp., Beaumontia M. Eow. u. H., 1 Art, Monticulipora d’OrB., 2 sp. 
II. Tubulosa M. Epw. u. H. 
Fam. Auloporidae. 
Gen. Aulopora GoLpF., 1 sp., Cladochonus M’Coy, 1 sp. 
IV. Perforata M. Evw. u. H. 
Fam. Madreporidae. 
Gen. Palaeacıs J. Hame, 2 sp. 


V. .Apora M. Eow. u. H. 

Fam. Fungidae. 

Gen. Mortieria ve Kon., 1 Art. 

Anhang: Tetragonophyllium problematicum. 

Es sind im Ganzen hier 80 Arten beschrieben, deren geographische 
Verbreitung in Belgien und andern Ländern noch in einer tabellarischen 
Übersicht am Schlusse des Heftes zusammengestellt ist. Sämmtliche Ab- 
bildungen sind in nachahmenswerther Weise ausgeführt. 


Henry Hıcks: über einige unbeschriebene Fossilien der Me- 
nevian-Gruppe. (The Quart. Journ. of the Geol. Soc. of London, Vol. 
XXVIH, p. 175. Pl. 5—7.) — (Vgl. Jb. 1872, 553.) — Unter den hier 
beschriebenen Arten befindet sich eine neue Trilobitengattung Carausva, 
während T. R. Jones S. 183 noch über zwei Entomostraceen aus den 
cambrischen Schichten von St. David’s, Leperditia Hicksi Jox. und Ento- 
mis büprestes Sauter, und den Jugendzustand eines Trilobiten (Larval 
Trilobite?) beschreibt. 


0. ToreıLL: Bidraytill Sparagmitetagens geognosi och pa- 
leontologi. (Lunds Umiwv. Arsskrift. T. IV.) 40 p., 3 Tab. — Der 
Name Sparagmit ist von Ozapayua, Bruchstück, abgeleitet. Die Spa- 
ragmitetage Kyerrurr’s, welche in dem mittleren Skandinavien einen 
weiten Flächenraum einnimmt und sich auch nach Schonen verbreitet, ent- 
spricht nach Tore der Longmynd-Gruppe Lyrır’s, oder der cam- 
brischen Zone im neueren Sinne, und der Regio fucoidarum ANGELIN., 
welche auf dem Gneisse ruhen. 

Deutlicher wird diess in einer späteren Schrift von Toren: Petrifi- 
cata Suecana Formationis Cambricae (Lunds Univ. Arsskrift. T.. gl 
1869) ausgesprochen, wo die britannischen Schichten mit schwedischen 
Schichten in der nachstehenden Tabelle verglichen werden: 


RR 
N na 


Britannien. 


St. Davids, South Wales. 


Andrarum etc., Schonen. 


Schweden. 


Upper Menevian 
Cambrian Group. 
L Auvr. 
(Lower 
Silurian Harlech 
MurchH.) Group 
| (Fossili- 
2 ferous 
= Series.) 
Lower 
Cambrian. 
Longmynd 
Group. 


Sub 


Black Slate Series. 


Upper Grey Series. 


Purple a. Red Sandstones. 


Yellowish a. Greenish Sand- 


stones ? 


Red a. Purple 
Sandstones. 


Olivengreen 
Sandstones. 
Conglomerates. 


stratum incognitum. 


Strata Faunae 
primordialis 


Harlech 
vel 

Long- 

mynd. 


Agn. laevigati 
strata. 
Selenopleurae str. 
Paradoxidis Davidis 
str. 
Paradoxidis Hicksi 
str. 


Paradoxidis Wahlen- 
bergi str. 


Saxum arena- 
ceum. 
Scolithum et 
Diplocra- 
terion 
continens. 
Arkose. 


Saxa primigenia. 


Kinnekulle etc., | 
Westgothland. 


Agnosti laevigati 


strata. 
Selenopleurae 


str. 


' Naxum arena 


continens 


Saxa primige 


str, 


(Noch unbekannt.) 


Paradoxidis Hicksi 


(Noch unbekannt.) 


Saxum arenaceum, 
Fwucoides 
continens. 


ceum, 


Eophytum 


nia. 


21% 


Jener „Saxrum arenaceum, Fucoides continens“ enthält namentlich 
Fucoides antigquus Ber. und den auch in Thüringen wohlbekannten Fu- 
coides eircinnatus Ber. (Chondrites eirc. GEm., Phycodes cvirc. Rıcsrer) und 
würde nach Mvrcnuiıson sich mehr an die untersilurische Menevian-Gruppe, 
als an die eigentliche cambrische Gruppe anschliessen. 


In der erstgenannten Schrift beschreibt TorELL aus der älteren Ko- 
phytum-führenden Sandsteinzone, welche er der unteren cambrischen Gruppe 
gleichstellt: 

1) Arenicolites gegas Tor. von Cimbrishamn in Schonen, 

2) Scolithus linearis Hau, 

3) Cordaites? Nilsson: Tor. von Gladsax im östlichen Schonen, 


4) Eophyton Linnaeanum Tor. von Billingen und Lugnäs in West- 
gothland, sowie aus einem untersilurischen Sandstein von dem Ringsjön- 
See in Schonen, 


5) Spuren von Würmern oder Algen von Lugnas, und es werden die 
Spuren der ältesten Organismen auf schwedischem Boden durch Abbil- 
dungen veranschaulicht. 


In der zweiten Abhandlung Torrıı's sind sämmtliche bis dahin in 
diesen Ablagerungen in Schweden unterschiedenen Arten zusammengesteltt 
worden, und zwar: 

A. Petrificata incertae sedis. 

Cruziana dispar Lins. sp. (Rhysophycus dıspar) Linnarsson. 

Oruziana? orbicularıs n. Sp. 

Lithodietyon fistulosum n. g. et sp. 

B. Plantae. 

Palaeophycus tubularıs Haıı, Fucordes antiquus Ber., F. cırcinnatus 
.Ber., in der oberen Sandsteinzone. 

Archaeorrhiza tuberosa n. g. et SP., 

Halopoa imbricata et H. composita n. g. et sp., 

Cordaites? Nilssoni Tor. 

Eophyton Linnaeanum Tor. u. FE. Torelli Lins. 

i C. Animalia. 
a) Spuren von Würmern, Crustaceen oder Mollusken. 

Psammichnites n. g. mit 

Ps. gigas Tor. (früher als Arenicolites gigas Tor. aufgeführt), 

Ps. Gumaellii n. sp., 

Ps. impressus n. sp. (oben als Spuren von Würmern oder Algen be: 
zeichnet), und 

Ps. filiformis n. sp. 

b) Coelenterata. 

Protolyellia princeps n. g. et sp. 

c) Echinodermata. 

Spatangopsis costata n. 8. et sp. 


218 


d) Vermes. 

Micrapium erectum n. g. et Sp. 

Spiroscolex n. g. mit 2 Arten, unter welchen eine früher als Areni- 
colites spiralis Tor. unterschiedene Form, 

Scolithus linearıs Ha, Sc. errans n. sp. und 

Se. pusillus n. SP., 

Monocraterion tentaculatum n. 8. et Sp., 

Diplocraterion n. g. mit 2 Arten, welche mit, früher als Arenicola 
oder Arenicolites beschriebenen Formen grosse Ähnlichkeit zeigen. 


e) Mollusca. 
Lingula monilifera Lins., L. favosa Lins. u. L. sp. 


G. SrachE: Entdeckung von Graptolithen-Schiefern in den 
Südalpen. (Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. No. 11. 3. 234. No. 16. 1872, 
p. 323.) — Auf einem Durchschnitte, welchen Bergrath STAcHE von 
Uggowitz im Fellathale über den Sattel W. vom Osternig-Berge nach Vor- 
derberg im Gailthal machte, zeigte sich eine nicht sehr breite Zone von 
schwarzen Schiefern, welche stellenweise ganz voll sind von graphitisch- 
oder silbergrauen, meist matt glänzenden Graptolithen. Es wurden einige 
dieser Graptolithen, unter denen sich Monographus Proteus Ba. u. a. be- 
kannte Arten befanden, in Dr. Stacur’s Auftrag durch Dr. Neumayr schon 
in der Versammlung der deutschen Geologen in Bonn im September 1872 
vorgelegt. 


G. Stacnz: neue Fundstellen von Fusulinenkalk zwischen 
Gailthal und Canalthalin Kärnthen. (Verh.d.k. k. geol. Reichs- 
anst. 1872. No. 14, p. 283.) — Es ist dem genauen Beobachter gelungen, 
auch das Vorkommen von Fusulinenkalk auf dem Durchschnitte von Ug- 
gowitz im Canalthale über den Sattel des Osternigg nach Vorderberg im 
Gailthale, sowie auf dem Strassendurchschnitte zwischen Arnoldstein und 
Tarvis an mehreren Stellen zu entdecken, worüber StacuE hier nähere 
Auskunft ertheilt. Besonders häufig scheint Fusulina robusta MEER dort 
zu sein, Ä 


Dr. Stur: vorläufige Notiz über die dyadische Flora der 
Anthracit-Lagerstätten bei Budweis in Böhmen. Verh. d. k. 
k.-geol. Reichsanstalt 1822. No. 8.) — Nach Czızer’s früheren Untersu- 
chungen besteht die anthracitführende Ablagerung im NO. von Budweis 
von oben nach .unten aus: 

1) Rothbraunen, sehr mächtigen sandig-thonigen Schiefern, Thonen, 
mit stellenweise auftretenden Kalkknollen. Mächtigkeit 100 Klafter. 

2) Grauen und schwarzen sandigen Schieferthonen, welche in ihrer 
unteren Abtheilung das Anthracitflötz von 1—4 Fuss führen. Mächtigkeit 
40—50 Klafter. 


219 


3) Lichtgraue, feste, feldspathreiche Sandsteine, wechselnd mit grün- 
lichen, gefleckten, thonigen Schiefern. Mächtigkeit 60 Klafter. 

Eine ‚neue sorgfältige Untersuchung der in diesen Ablagerungen ge- 
fundenen Pflanzenreste hat ergeben, dass die Anthracitformation von Bud- 
weis der Dyas angehöre. 

Mit Vergnügen ersieht man zugleich aus den hier gegebenen Mitthei- 
lungen Srtur’s, dass er damit beschäftigt ist, sämmtliches Material, das in 
den Sammlungen der k. k. geologischen Reichsanstalt aus der Steinkoh- 
len- und Dyas-Flora Böhmens, Mährens, Schlesiens, Galiziens und Nieder- 
Österreichs aufgestapelt ist, zu einer grossen Sammlung zu vereinigen und 
aufzustellen, einer Sammlung, welche sicher auch zur Entscheidung wich- 
tiger technischer Fragen, welche die kohlenführenden Ablagerungen be- 
rühren, eine hohe Bedeutung erlangen wird. — In No. 10 dieser Verhand- 
lungen, S. 213 wird auch von O. Feıstmanter das dyadische Alter der 
Ablagerungen bei Budweis und Chobot bestätigt und diese Gegend durch 
eine Kartenskizze und ein Profil erläutert. 


D. Stur: Inoceramus aus dem Wiener Sandsteine des Leo- 
poldsberges bei Wien. (Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. 1872. No. 
14, p. 295.) — Für die Sicherstellung des Alters des Wiener Sandsteines 
ist es von besonderem Werthe, dass auch das schon (Jb. 1872, 771) er- 
wähnte vom Director Franz v. HAuER aufgefundene zweite Stück eines 
Inoceramus aus dem Wiener Sandsteine des Kahlenberges, welches bisher 
vermisst wurde, wieder vorhanden ist. Die Original-Etiquette lautet: Ino- 
ceramus, Wiener Sandstein, Leopoldsberg. 


FargEe: über einen mit Einschnitten versehenen Halithe- 
rteum-Knochen. (Bull. de la Soc. geol. de France, T. XXVIIL, p. 265. 
Pl. 2.) — Das hier beschriebene und gut abgebildete Knochenfragment 
stammt aus den miocänen Ablagerungen von Chavagnes-les-Eaux im Dept. 
Maine-et-Loire, welche zahllose Zähne des Carcharodon megalodon um- 
schliessen. Wie schon DELFoRTRIE die auf tertiären Knochen beobachte- 
ten Einschnitte und Kritzel, auf welche bis jetzt allein die Annahme von 
dem tertiären Alter des Menschen beruhet, den Angriffen der harten und 
spitzen Zähne von Haifischen zugeschrieben hat, so lässt sich diese natur- 
gemässe Erklärung wohl auch auf die verschiedenen Einschnitte an die- 
sem Knochen anwenden. Herr FarsEe sucht zunächst nur zu beweisen, 
dass sie nicht von einer menschlichen Hand herrühren. Nach BELERAND 
hat man neuerdings in dem Walde von Fontainebleau gleichfalls eine grosse 
Anzahl von Halitherium-Knochen aufgefunden, von denen viele mit ähn- 
lichen Streifen versehen sind. 


220 


Fenıx Karker: Dinotherium-Rest aus einem Stollen der 
Wiener Wasserleitung. (Verh. d. k. k. geol. Reichsanstalt. 1872. 
No. 15, p. 268.) — Im Stollen No. 4 des Wasserleitungscanales zwischen 
Liesing und Perchtoldsdorf ist ein ziemlich gut erhaltener, an 3 Fuss 
langer Unterkiefer eines Dinotherium aufgefunden worden, das zu D. Cu- 
viert zu gehören scheint. Er lag in einem sehr festen, compacten, gelb- 
lich-braunen Sande, welcher der sarmatischen Stufe angehört, 3—4 
Klafter unter Tag, und es sind die dazu gehörenden Reste zur Restauri- 
rung vorläufig an das k. k. Hofmineraliencabinet abgeliefert worden. 


0. C. Mars#u: Bemerkung über einige neue tertiäre und 
posttertiäre Vögel. (The Amer. Journ. Vol. IV. 1872, p. 256.) — 
Aus der unteren Tertiärformation von Wyoming lehrt uns Marsn neue 
Formen von Vögeln kennen, wie: Alethornis n. gen. mit 5 Arten, Uintor- 
nıs.n. gen. mit 1 Art, Catarractes affinıs n. sp. 2 neue Arten Meleagris 
und Grus proavis n. Sp. 


Miscellen. 


Das Gesammtausbringen an Steinkohlen in Sachsen betrug 
im Jahre 1871 = 56,616,380 Zollcentner. 


Es produeirten 
die Werke bei Dresden 12,133,212 Zollcentner. 
5; 5 „ Zwickau 40,151,673 a 
zn s „ Lugau 4,331,495 2 


Von dieser Gesammtproduction fielen 73,30 Proc. dem Eisenbahntrans- 
porte zu. — 


Der Braunkohlenverkehr mit den Österreichischen Staatsbahnen, 
der Aussig-Teplitzer und der Dux-Bodenbacher Bahn: 

Im Jahre 1871 kamen von 

der Aussig-Teplitzer Bahn 9,513,875 Otr. 

den Österr. Staatsbahnen 124,200 Ctr. 

der Dux-Bodenbacher Bahn 111,545 Ctr. 
in zwei Richtungen im directen Verkehre auf die Sächsischen Staatsbah- 
nen und zwar mit 9,617,135 Zollcentner über Bodenbach und mit 132,485 
Zolleentner über Warnsdorf. 

Von diesem eingeführten Kohlenquantum verblieben 4,388,095 Zoll- 
centner auf den unter Sächsischer Staatsverwaltung stehenden Stationen, 
der andere Theil von 5,361,525 Zollcentner ging auf die Leipzig-Dresde- 
ner Eisenbahn, theils zum eigenen Bedarf, theils zur Weiterführung nach 
anderen Bahnen, 


221 


Das Gewichtsquantum der transportirten Braunkohlen betrug 8,54°/, 
der auf den Staatsbahnen beförderten Güterlast und 15,48°/, aller Wagen- 
ladungsfrachten (Statist. Bericht über den Betrieb der Kön. Sächs. Staats- 
u. Privat-Eisenbahnen im Jahre 1871. Dresden, 1872, p. 290 u. 304,), 


Meteoreisen von Neuntmannsdorf in Sachsen. Prof. Gemıtz 
zeigt in No. 303 des Dresdener Journals, am 31. December 1372, die 
Auffindung eines neuen Meteoriten an. Der Obersteiger, Herr B. ScHRet- 
TeR in Berggiesshübel war der glückliche Finder eines rundlichen Blockes 
einer 25 Pfund schweren gediegenen Eisenmasse, welche mit Magnet- 
kies gemengt ist. Das Eisen ist blätteriges, weiches Eisen, das nach 
Untersuchung des Dresdener Chemikers Herr @. E. LIcHTENBERGER 94,50 
Proc. Eisen und 5,351 Proc. Nickel enthält. Herr LicHTENBERGER bemerkt 
in einem Briefe an GEisıtz unter dem 27. Dec. 1872 ausdrücklich in Be- 
zug auf dieses Eisen: Es enthält ausserdem namentlich keine Kohle, kein 
Mangan, Uran oder Kobalt, und sämmtliche Reactionen waren so bestimmt 
und sicher charakteristisch, dass ich die Richtigkeit des Resultats völlig 
vertreten kann. 

Der nur 2 Fuss tief unter der Rasendecke zum Vorschein gelangte 
Block kann nach der Beschaffenheit seines Eisens und seinem Gehalte an 
Magnetkies nur für einen wirklichen Meteoriten erklärt werden, der vor 
bereits längerer Zeit bei Neuntmannsdorf niedergefallen und beim längeren 
Liegen unter der Rasendecke mit einer Oxydhaut und Diadochit bedeckt 
worden ist. Es ist dieses seltene Stück von dem Kön. Mineralogischen 
Museum in Dresden erworben worden. 


„Ihe Murchison Geological Fund“. In seinem letzten Willen 
hat der verewigte Sir Roperıck J. MurcHıson der Geologischen Gesellschaft 
in London die Summe von 1000 &. mit der Bestimmung vermacht, dass 
die jährlichen Zinsen davon zur Förderung der geologischen Wissenschaft 
Verwendung finden, sei es durch Unterstützung einzelner Arbeiten oder 
durch Honorirung hervorragender Leistungen. Gleichzeitig soll eine Mur- 
chison-Medaille von Bronze für die letzteren ausgegeben werden. 

Ein Nekrolog von Sir Roprrıck Impry MurcHIıson wurde von J. 
Prestwich als Präsident der geologischen Gesellschaft von London gegeben 
(The Quart. Journ. of the Geol. Soc. 1872. Vol. XXVII, p. XXIX). 


Jos. Prestwich: Address delivered at the Anniversary Mee- 
ting of the Geological Society of London, on the 16. Febr. 
1872. (The Quart. Journ. of the Geol. Soc. Vol. XXVII, p. XXIX—XC.) 
— Unter den schweren Verlusten, welche die Wissenschaft im Allgemeinen 
und die geologische Gesellschaft in London im Besonderen während des 


222 


letzten Geschäftsjahres betroffen haben, werden unter anderen hervorge- 
hoben: 

Sir RopErıck Impry Murchison, geb. zu Tarradale in Ross-shire 1792, 

gest. d. 22. Oct. 1871; 

Wırıam LonspALe, geb. 1794, gest. d. 7. Mai 1871; 

Sir Joun HERscHEL, geb. zu Slough, 1792, gest. d. 11. Mai 1871: 

GEORGE GROTE, geb. in Beckenham, 1794, gest. im Juni 1871; 

RoBERT CHAMBERS, geb. in Peebles, 1802, gest. im März 1871; 

Rev. Wırı. VENABLES VERNON HArcouURT, geb. 1789, gest. im April 

1871 zu Nuneham; 

GEORGE Tate, geb. in Alnwick, 1805, gest. im Juni 1871; 

A. Krıru Jonnston, gest. im Sommer 1871; 

C. B. Rose in Yarmouth, geb. 1790, gest. d. 29. Jan. 1872; 

CHARLES BABBAGE, geb. im Dec. 1792, gest. im October 1871; 

JAMES DE CARLE SOWERBY, geb. 1787, gest. im August 1871; 

EpovArn LArTET, geb. 1801 in En Poucouron in Süd-Frankreich, gest. 

im Januar 1871: 

Pıoro Savı in Pisa, geb. 1798, gest. im Mai 1871; 

W. Ca. v. Haipineer, geb. in Wien, 1795, gest. im März 1871. 

Allen diesen hervorragenden Männern der Wissenschaft sind von dem 
Präsidenten Prestwıcu ehrende Worte der Erinnerung nachgerufen wor- 
den. — Der weitere Theil dieser Anrede gibt eine gedrängte Übersicht 
über die neueren Fortschritte der Wissenschaft. 


Mammuth-Skelet bei Thale. — Der „Weimarischen Zeitung“ 
No. 1, 1873, ist folgende Notiz entnommen: In den Gutsforsten des Frei- 
herrn vox DEM BuscHE-STREITHORST bei Thale am Harz fanden am 20. Dec. 
v. J. die Arbeiter, welche in dem daselbst belegenen Gypsbruche an dem 
Wege von Thale nach Suderode beschäftigt sind, beim Abräumen einer 
aus Lehm und Mergel bestehenden Erdschicht das Skelet eines Mammuth, 
welches nach Lage der Knochentheile eine ungefähre Länge von 15 Fuss 
und Höhe von 9 Fuss gehabt hat. Besonders hervorzuheben sind 4 grosse 
gut erhaltene Backzähne, deren jeder 7 Pfund wiegt, 2 stark gekrümmte 
Stosszähne von 5 Fuss Länge, welche leider zerbrochen, ebenso wie viele 
der riesigen Knochen, theilweis beim Ausgraben. Diese Überreste befan- 
den sich 5 Fuss unter der Oberfläche, an einer Stelle, wo in früheren 
Zeiten schon ein bedeutender Abraum stattgefunden hat. 


Aırx. BrAnpt: über ein grosses fossiles Vogelei aus der 
Umgegend von Cherson. (Mel. biolog. tires du Bull. de l’Ae. im». 
des sc. de St.-Petersbourg, T. VIII, p. 730.) — Ein im Besitze des Guts- 
besitzers Ssemen DoBRowoLsky befindliches Ei* soll bereits vor ungefähr 
15 Jahren im Cherson’schen Kreise im Dorfe Malinowka in einem ehe- 
maligen Flussbette, einer sogen. „Balka“ gefunden worden sein, wo es 


223 


durch Frühlingswässer aus einem rothbraunen bröcklichen Lehmboden, 
unter welchem krystallinischer Gyps lagert, emporgeführt und schwimmend 
aufgefangen wurde. Seine Gestalt ist sehr regelmässig elliptisch und zeigt 
eine grosse Ähnlichkeit mit den Strausseneiern, deren grösste Exemplare 
ihm jedoch noch nachstehen. Der Längsdurchmesser beträgt 13 cm., der 
Querdurchmesser 15 cm., der Längsumfang 52 cm., der Querumfang 46 cm. 
Das Volum wurde auf annähernd 2200 cub. cm. berechnet, so dass der 
Inhalt des Eies sich ungefähr auf den von 40 bis 44 Hühnereiern mitt- 
lerer Grösse schätzen lässt. Die Oberfläche zeigt, namentlich unter der 
Lupe, eine ganz leicht rauhe oder höckerige Beschaffenheit und an man- 
chen Stellen unregelmässige seichte Schrammen, sowie tiefe, wie mit einer 
stumpfen Nadel erzeugte Grübchen. Die Färbung ist vorwaltend gelbbraun. 
Die Dicke der Schale ist nicht ermittelt. 

Da seine ganze Beschaffenheit auf einen straussartigen Vogel hin- 
weisen dürfte, so wird dasselbe von Ar. Branpr als Struthiolithus cherso- 
nensis bezeichnet. Der für dasselbe geforderte Preis von 1000 Rubel hat 
seinen Ankauf für ein Museum bis jetzt noch verhindert. 


Franz R. v. Haver: Geologische Übersichtskarte der öster- 
reichischen Monarchie. (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt. XXI, 
p. 149—228.) — Diese Blätter, welche zur näheren Erläuterung der vielen 
Localnamen und zur raschen Orientirung bei Benutzung der Druckschrif- 
ten der k. k. geologischen Reichs-Anstalt dienen sollen, enthalten in alpha- 
betischer Reihenfolge die für einzelne Sediment-Formationen oder Forma- 
tions-Glieder des Gebietes der Karte in Anwendung gebrachten Localnamen 
oder Specialbenennungen mit kurz gefasster Charakteristik und Literatur- 
nachweisungen. 

v. Hauer hatte diese mühevolle Zusammenstellung bereits vollendet, 
als die in ihrer ganzen Anlage sehr analoge vortreffliche Arbeit Stuper’s, 
„Index der Petrographie und Stratigraphie der Schweiz und ihrer Umge- 
bungen“, Bern 1872, veröffentlicht wurde. Trotzdem wird auch v. HAvEr’s 
Arbeit namentlich den Besitzern der werthvollen Übersichtskarte sehr will- 
kommen sein. & 

v. Dec#en: Geologische und mineralogische Literatur der 
Rheinprovinz und der Provinz Westphalen sowie einiger 
angrenzenden Gegenden. (Bonn, 1872. 8°. 948. — Die sehr um- 
fangreiche Literatur ist chronologisch und innerhalb der einzelnen Jahre 
alphabetisch geordnet. Sie beginnt mit dem Jahre 1755 und schliesst mit 
dem Jahre 1870. Der Verfasser hat mit dieser mühevollen sorgfältigen 
Zusammenstellung allen Fachgenossen einen grossen Dienst erwiesen, was 
bereits in der allgemeinen Versammlung der Deutschen geologischen Ge- 
sellschaft im September 1872 in Bonn, welcher sie gewidmet war, seinen 
Ausdruck gefunden hat. 


224 


T 


Mrs. Mary SoMERVILLE, jene im Gebiete der Mathematik, physikali- 
schen Geographie und anderen Zweigen rühmlichst bekannte Dame, starb 
am 1. December 1872. Ihr Geburtsjahr ist wahrscheinlich 1780. (The 
American. Journ. 1873. Vol. V, p. 241.) 


Reverend Apım Sepewick, Woodwardian Professor der Geologie an 
der Universität zu Cambridge, einer der ältesten Geologen, welcher die 
Wissenschaft in ausgezeichnetster Weise gefördert hat, verschied im 88. 
Lebensjahre am 27. Januar 1873. Er war zu Dent in Yorkshire im Juni 
1784 geboren. (T'he Geol. Mag. 1373, No. 104, p. 96 und the Amer, Journ., 
March, 1873, p. 242. 

Dr. phil. EwaLn BEckER, Assistent an der K. paläontologischen Samm- 
lung des Staates in München ist am 7. Febr. 1873 dem Nervenfieber er- 
legen. 


Am 9. März ist auch KArı GortHELF Kınd, der Meister im Fache des 
Bohrwesens, aus dem Leben geschieden. Er wurde als Sohn einer säch- 
sischen Bergmannsfamilie in der Nähe von Freiberg am 7. Juni 1801 ge- 
boren und musste schon mit dem 12. Jahre zum Schlägel greifen und in 
die Grube einfahren. Seine hohen Verdienste um das Bohrwesen sind 
allen Fachleuten bekannt. 


Mineralien-Handel. 


B. Stürtz, vormals H. Hrymann, empfiehlt seine wissenschaftliche und 
technische Mineralien-Handlung in Bonn, Wilhelmstrasse No. 25, in einem 
„Verzeichniss vorräthiger Mineralien, Gebirgsarten, Petrefacten und Mo- 
delle.“ "Bonn,”1873. 8. 19; 


Mikroskopische Untersuchung einiger Porphyrite und ver- 
wandter Gesteine aus dem Nahe-Gebiete. 
Von 


Herrn Prof. A. Streng. 


Nachdem ich in einer früheren Arbeit die Palatinite des 
Nahe-Gebiets mikroskopisch untersucht hatte, schien es mir wün- 
schenswerth, auch die übrigen der Formation des Rothliegenden 
angehörenden krystallinischen Gesteine jener Gegend einer mikro- 
skopischen Prüfung zu unterwerfen, deren Resultate im Nach- 
stehenden mitgetheilt werden sollen. 

Über die Lagerungsverhältnisse dieser Gesteine habe ich 
schon in der eben erwähnten früheren Arbeit Bemerkungen ge- 
macht und dabei einigen Bedenken gegen die intrusive Natur 
dieser den Schichten des Rothliegenden zwischengelagerten Ge- 
steine Ausdruck gegeben in der Hoffnung, dadurch meinen Freund 
LASPEYRES zu veranlassen, aus dem reichen Schatze seiner Er- 
fahrungen einige ganz bestimmte Beispiele aufzuführen und zu 
beschreiben, aus denen die intrusive Natur der Palatinite etc. un- 
widerleglich hervorginge. Leider hat sich Laspevres * nur mit 
mehr allgemein gehaltenen Bemerkungen begnügt und die spe- 
cielleren Mittheilungen der Zukunft vorbehalten. Ich musste es 
desshalb mit lebhaftem Danke begrüssen, dass Weıss ** eine 
Reihe von höchst interessanten Beispielen veröffentlicht hat, welche, 
wie mir scheint, die Verhältnisse völlig klarlegen. Ein Blick auf 
die beigefügte Zeichnung muss jeden Zweifel an der intrusiven 


* Dieses Jahrbuch 1372, p. 619, Brief an Professor LEONHARD. 
** Dieses Jahrbuch 1872, p. 862. 
Jahrbuch 1873. 15 


226 


Natur der betreffenden krystallinischen Gesteine beseitigen. Mein 
Zweck ist damit erreicht; denn ich hatte nicht die Absicht, die 
Ansichten von LaspEyrEs durch andere zu ersetzen, sondern ich 
wünschte nur, einige Punkte schärfer und eingehender begründet 
zu sehen. Indem nun Weıss die Lagerungsart jener Gesteine 
klar gestellt hat, sind auch meine Bedenken gegen die Alters- 
folge theilweise hinfällig geworden, um so mehr, als gerade hier- 
über auch Lasreyres sich eingehender in seinem Briefe an Pro- 
fessor LEONHARD geäussert hat. 

Bevor nun die neuerdings untersuchten Gesteine geschildert 
werden, muss ich noch ein Versehen bekennen. dessen ich mich 
meinem Freunde TscHernak gegenüber schuldig gemacht habe. 
In meiner früheren Abhandlung habe ich gesagt, TscuEeruar führe 
das Verhalten des Enstatits (Bronzits) vom Radauthale nach 
Wessky's Angaben als ein von andern Bronziten abweichen- 
des an und gründe darauf die Berechtigung, diesem Minerale den 
Namen Protobastit zu erhalten. Dies sei aber in sofern ein Irr- 
thum, als Wesskys Angaben sich gar nicht auf den Protobastit 
bezögen, sondern auf den kalkreichen Diallag aus dem Gabbro. 
Nun habe ich übersehen, dass TscHermar, indem er Wesskv's 
Angaben als auf den Protobastit bezüglich anführt, neben diesen 
seine eigenen Beobachtungen zu Grunde legt, die an einem Exem- 
plare gemacht wurden, welches, wie mir TscHEruak mittheilt, ich 
selbst ihm übersandt und als Protobastit bezeichnet hatte. Nach 
diesen Untersuchungen liegt nun auch bei diesem kalkarmen Pro- 


tobastit die Ebene der optischen Axen in ooP&, d.h. parallel der 
Abstumpfung der stumpfen Säulenkante und senkrecht zur Haupt- 


spaltfläche Po. Auf dieser Fläche steht auch die Bisectrix 
senkrecht, d.h. dieseibe fällt mit der makrodiagonalen Axe zu- 
sammen. Hiernach würde nun allerdings dieses kalkarme Mine- 
ral optisch ein ähnliches Verhalten zeigen, wie der von WeBsky 
untersuchte kalkreiche Diallag, der aber selbst von dem Verhal- 
ten anderer Diallage so wesentlich abweicht, dass man ihn für 
rhombisch halten könnte. Beide Mineralien müssten demnach von 
denjenigen, zu denen sie bisher gestellt worden sind, getrennt 
werden. Ehe dies geschieht, möchten doch wohl erneute ver- 
gleichende Untersuchungen uöthig sein, denen sich hoffentlich 
TschErmAK unterziehen wird. 


227 


Unter den von mir mikroskopisch untersuchten Gesteinen 
sind namentlich die Porphyrite besonders berücksichtigt, da ver- 
muthet werden konnte, dass sie Übergänge theils in die Palati- 
nite, theils in die Quarzporphyre darbieten würden, eine Ver- 
muthung, die sich in der That bestätigt hat. 

i. Quarzporphyr von Münster am Stein bildet hohe 
Felsen am Wege von Münster nach Theodorshall. In einer vor- 
waltenden sehr feinkörnigen, fast ‘dichten, hellröthlichbraunen, 
schimmernden Grundmasse liegen Körner von bräunlichem Quarz 
und Kryställchen von Feldspath, die ziemlich stark glänzend sind 
und fast durchgängig Orthoklase darstellen, nur einige sehr klare 
und glänzende kleinere Krystälichen erscheinen gestreift, sind 
also triklin. Sehr selten stellen sich einzelne Glimmerblätichen 
ein. 

Unter dem Mikroskope erkennt man in einer körnigen Grund- 
masse Einlagerungen von: 

a) Sehr vereinzelten grösseren, scharf aber unregelmässig 
begrenzten Körnern von Quarz, in denen nur wenige fremde 
Einschlüsse sichtbar sind, wie z. B. feine Apatitnadeln und kleine 
rundliche mit brauner Substanz erfüllte Poren. Dieselbe braune 
Substanz ist auch auf den das Mineral durchziehenden Spalten 
ausgeschieden. 

b) Orthoklas-Krystallen, theils von geraden, theils von aus- 
und einspringenden Linien begrenzt. Sie sind so unrein, so er- 
füllt mit einer hellgefärbten aber undurchsichtigen, nach Einer 
Linie geordneten Einlagerungen (hellgraue Körnchen und lang- 
gezogene Läppchen), dass die Krystalle selbst im Dünnschliff 
undurchsichtig erscheinen. 

ec) Geradlinig und mitunter sehr scharf begrenzten kleineren 
Einlagerungen von triklinem Feldspathe, die ziemlich reichlich 
vorhanden sind. 

d) Selten sind kleine undurchsichtige Körnchen oder Blätt- 
chen, vielleicht von schwarzem Glimmer, vielleicht auch von Mag- 
neteisen. 

Die Grundmasse selbst besteht aus einem Aggregate von 
meist monoklinem, selien triklinem Feldspath und Quarz, in des- 
sen feinen Poren zuweilen bei sehr starker Vergrösserung ein 


bewegliches Bläschen sichtbar ist. Dazwischen liegen mehr ver- 
Ä 15 * 


228 


einzelt theils grüne Kryställchen von stark dichroskopischer Horn- 
blende, theils fast undurchsichtig dunkelbraune Körnchen und 
Läppchen, die wahrscheinlich Zersetzungsprodukte der Hornblende 
sind. Endlich erscheinen noch hie und da feine Apatitnadeln. 

2. Ortihoklasporphyr vom Fusse des Unterhäuser 
Berges an der Nahe. In einer rothbraunen, dichten Grund- 
masse liegen Kryställchen von Orthoklas, die aber nicht mehr 
frisch erscheinen, sehr vereinzelt Quarzkörnchen und Blättchen 
eines Glimmer-ähnlichen Minerals. Unter dem Mikroskop sieht 
man in der krystallinischen Grundmasse folgende Mineralien ein- 
gelagert: 

a) Grössere rundliche Krystalle von Quarz, völlig klar und 
farblos. In ihnen befinden sich Einlagerungen, welche die For- 
men des Quarzes zu besitzen scheinen. Indessen sind sie wohl 
mit fremder Substanz erfüllt, denn selten nur erscheinen sie völ- 
lig klar, gewöhnlich enthalten sie neben klarer Substanz ein 
schwarz punktirtes, rundes, unbewegliches, einen grossen Theil 
des Raumes erfüllendes Kügelchen ; oder sie sind mit hellgrauer, 
körniger Masse erfüllt. Mitunter liegen auch bräunlichgrüne 
Läppchen darin. Ferner finden sich in dem Quarze Apatitnadeln 
sowie zahlreiche, sehr kleine, rundliche oder eckige Poren mit 
und ohne Bläschen, die letzteren theils fest, theils beweglich, so 
dass viele dieser Hohlräume mit einer Flüssigkeit erfüllt sein 
müssen. 

b) Vereinzelte Feldspathe ohne Streifung aber sehr unrein, 
indem sie mit kleinen, nur durchscheinenden hellgrauen Läppchen 
und Körnchen fast völlig erfüllt sind, so dass sie im auffallenden 
Lichte weiss erscheinen. Es sind dies wohl Zerseizungsprodukte 
des offenbar verwitterten monoklinen, vielleicht auch triklinen 
Feldspaths. En 

c) Seltener sind kleinere Krystalle von hellgrüner, fasriger, 
stark dichroskopischer Hornblende, die aber oft fast ganz undurch- 
siehtig ist, wenn sie von dunkelbraunen, undurchsichtigen, kör- 
nigen Zersetizungsprodukten entweder nur umrandet oder fast 
völlig erfüllt ist. Kleine Fetzen dieser Hornblende sind auch 
zuweilen den Feldspathen beigemengt. 

d) Vereinzelte, undurchsichtige Kryställchen, wahrscheinlich 
von Magnet- oder Titaneisen. 


229 


Die Grundmasse selbst besteht aus einem Aggregate von 
vorwaltendem Orthoklase, zwischen welchem seltener erkennbar 
trikliner Feldspath, ferner zahlreiche dunkelbraune Läppchen und 
Körnchen von umgewandelter Hornblende sichtbar sind. Quarz- 
körnchen finden sich nur vereinzelt, häufiger erscheinen sehr feine 
Apatitnadeln. Das Gestein ist hiernach ein Quarzporphyr wie 
No. 1. 

3. Porphyrit vom südlichen Fusse des Gienberges 
am Wege vom Bahnhofe nach Waldbökelheim. In einer dichten, 
dunkelbraunen Grundmasse liegen kleine Krystalle eines triklinen 
Feldspaths, der indessen nicht mehr frisch ist; seltener sind Kry- 
stalle von schwarzer Hornblende sichtbar, die aber meist so stark 
zersetzt sind, dass ihre Umrisse nicht mehr scharf erscheinen. 
Kleine, metallisch glänzende Körnchen (Magnet- oder Titaneisen) 
sind hie und da sichtbar; an Einer Stelle auch ein kleines, pris- 
matisch entwickeltes, von ebenen Flächen (Spaltflächen ?) begrenz- 
tes, lebhaft metallisch glänzendes Kryställchen von grauschwarzer 
Farbe. Einige der Verwitterungsrinde nahe liegende Feldspathe 
waren theilweise mit einer sehr weichen, hellgrünen Substanz 
erfüllt. 

Unter dem Mikroskope sieht man folgende Einlagerungen in 
der krystallinischen Grundmasse: 

a) Grössere Krystalle von wahrscheinlich triklinem Feld- 
spathe, die aber grossentheils mit einer hellbräunlichen, körnigen 
Masse erfüllt sind, so dass die reine klare Feldspathsubstanz 
nur lückenweise und als schmaler, scharf begrenzter Rand her- 
 vortritt und die Streifung sehr häufig verdeckt wird. Auch Apa- 
titnadeln stellen sich hie und da ein. 

b) Kleinere Krystalle von fast völlig umgewandelter Horn- 
blende. Die umwandelnde Substanz besteht aus einem Aggre- 
gate fast undurchsichtiger, dunkelbrauner, meist eckiger Körn- 
chen; sie herrscht so vor, dass nur selten die eigentliche Horn- 
blendesubstanz mit braungelber Farbe hervortritt. 

c) Seltener finden sich grössere Ausscheidungen eines Ag- 
gregats von Quarzkryställchen, die unmittelbar neben einander 
liegen und sich gegenseitig in ihrer Ausbildung gestört haben. 
In ihnen finden sich zunächst Einschlüsse anscheinend mit den 
Umrissen des Quarzes. die mit einer hellen Substanz erfüllt sind, 


230 


in der einige dunkle, sehr kleine Körnchen und ziemlich dunkle, 
körnige Bläschen liegen. Ferner erkennt man in dem Quarze 
helle, theils gerundete, theils eckige Einlagerungen mit ein oder 
mehreren schwarzen Pünktchen, dann dunkelgrünbraune, unregel- 
mässige, fast undurchsichtige Läppchen, endlich sehr kleine Mag- 
neteisenkryställchen. Ausserdem finden sich aber auch einer- 
seits sehr dünne, farblose Apatitnadeln, andererseits .breitere, 
hellgrüne, durchsichtige, längliche Kryställchen mit rechteckigem 
Querschnitt, wobei aber die Ecken oft abgestumpft sind, so dass 
ein länglich achtseitiger Querschnitt entsteht (Augitmikrolithen?). 
Die zahlreichsten Einlagerungen finden sich an der Berührungs- 
stelle zweier Quarz-Individuen. 

Die Grundmasse besteht aus einem nicht deutlich individua- 
lisirten aber krystallinischen Aggregate von Feldspath, an welchem 
Streifung nicht erkennbar war. Dazwischen liegen zahlreiche 
kleine Fetzen, Körnchen oder Pünktchen von umgewandelter Horn- 

blendesubstanz. Vielleicht bestehen übrigens manche von diesen 
_ Körnchen aus Magnet- oder Titaneisen. 

4) Grauer, Tridymit-haltiger Porphyrit in der Nähe 
des Bahnhofes von Waldbökelheim, am Südfusse des Gien- 
berges. Das Gestein, welches ich in früheren Arbeiten * be- 
schrieben und als einen den quarzfreien Orthoklasporphyren nahe- 
stehenden Porphyrit bezeichnet hatte, ist merkwürdig durch die 
zahlreichen in seinen Drusenräumen auskrystallisirten Tridymite. 
Ausserdem enthält es in der Grundmasse eingelagert Krystalle 
eines Feldspaths und zersetzter brauner Hornblende. 

Unter dem Mikroskope sieht, man in der Krystallinischen 
Grundmasse folgende grössere Ausscheidungen: 

a) Zahlreiche, nach Einer Richtung in die Länge gezogene, 
scharf und geradlinig begrenzte Krystalle von triklinem Feldspath, 
deren Zwillingsstreifung nur sehr selten nicht erkennbar war. 
Sie enthalten zahlreiche, graue, körnige, durchscheinende Läpp- 
chen, die meist parallel einer Seitenlinie des Krystalls geordnet 
sind. Im auffallenden Lichte erscheinen diese Läppchen, die wohl 
Zersetzungsprodukte des Feldspaths sind, weiss gefärbt. Sehr 
selten liegen undurchsichtige schwarze Körnchen darin, die zu 


* Dieses Jahrb. 1872, p. 265 und Tscnermar’s Mineralog. Mittheil. 
1871, p. 47. 


231 


rechtwinklig sich schneidenden Linien gruppirt sind und wohl aus 
Magneteisen bestehen. Auch kleine Läppchen zersetzter Horn- 
blende, ferner dünne, farblose Nadeln (Apatit?) und endlich kurze, 
dickere, hellgrüne, durchaus klare Säulchen mit pyramidaler En- 
digung sind ausgeschieden. Die letzteren sind nicht fasrig oder 
dichroskopisch wie Hornblende, sie widerstehen der Einwirkung 
concentrirter Salzsäure, so dass man sie wohl für Augit-Mikro- 
lithen wird halten können. 

b) Ebenfalls ziemlich zahlreiche Krystalle von Hornblende. 
Dieselbe besitzt meist regelmässige, der Krystallform dieses Mi- 
nerals entsprechende Umrisse, während die Substanz selbst eine 
tiefgreifende Umwandlung in ein Aggregat undurchsichtiger oder 
nur schwach dunkelbraun durchscheinender Körner und Läppchen 
erlitten hat. Dieselben liegen dicht aneinander und erfüllen meist 
wie eine Wolke den ganzen Hornblendekrystall. und nur selten 
ist ein innerer Kern von Hornblendesubstanz erhalten geblieben, 
der dann gewöhnlich braun und gelb, seltener hellgrün gefärbt 
ist und durch sehr feine Spältchen parallel der längeren Seite 
des Durchschnitis fasrig und zugleich auch dichroskopisch er- 
scheint. Nur höchst selten fehlt bei kleineren Krystallen die 
braune, körnige Substanz gänzlich. Im auffallenden Lichte er- 
scheint die letztere braun gefärbt. 

c) Vereinzelte schwarze, undurchsichtige, in auffallendem 
Lichte metallisch glänzende Blättchen mit geradlinigen, vier- oder 
sechseckigen Umrissen. Es ist dies wohl Magnet- oder Titan- 
eisen. Vorwaltend sitzt es zwischen den zersetzten Hornblenden. 

Quarz fehlt gänzlich. 

Die makroskopisch in Hohlräumen vorkommenden Tridymite 
sind beim Schleifen sämmtlich zerstört, auch konnte ich in drei 
Dünnschliffen nichts auffinden, was der von ZirkEL gelieferten 
Abbildung * des Tridymit ähnlich gesehen hätte. Dagegen fan- 
den sich weisse, durchscheinende, unregelmässig begrenzte Täfel- 
chen sehr zahlreich in der Grundmasse zerstreut, die sich be- 
sonders bei auffallendem Lichte durch ihre schmutzigweisse Farbe 
sehr deutlich von den benachbarten Mineralien abheben, während 
sie im durchfallenden Lichte den Eindruck eines Aggregats klei- 


* Dieses Jahrb. 1870, p. 823. Tafel VII. Fig. 20 und 21. 


232 


ner Körner machen. Als ich nun einige der makroskopischen 
weissen Tridymit-Kryställchen für sich unter das Mikroskop brachte, 
erschienen sie als eine weisse, schwach durchscheinende, zucker- 
körnige Masse, die zwischen gekreuzten Nikols hell punktirt er- 
schien, ähnlich wie dies bei krystallinischen Aggregaten der Fall 
ist, Es wäre desshalb möglich, dass die in der Grüundmasse ein- 
gelagerten weissen, unregelmässigen Körnchen und Täfelchen 
auch aus Tridymit bestehen, etwas bestimmtes lässt sich indessen 
darüber nicht sagen. 

Offenbar sind die im Porphyrit makroskopisch vorkommenden 
Tridymite nicht aus Einem Gusse gebildet, sondern jeder Ärystall 
scheint ein Aggregat ven Krystallkörnchen zu sein; daher auch 
die weisse Farbe, der geringe Glanz und die matte Oberfläche, 
sowie die bröckliche Beschaffenheit des Minerals. Auch bei ei- 
nigen andern Tridymit-Vorkommnissen ist mir dieses Verhalten 
schon auffällig gewesen, so dass man sich der Vermuthung nicht 
erwehren könnte, der Tridymit sei eine Pseudomorphose, wenn 
dieses Mineral nicht anderwärts so durchsichtig und glänzend 
vorkäme, dass über seine Selbstständigkeit kein Zweifel obwalten 
kann. Ich hoffe übrigens, demnächst neues Material zu erhalten, 
um die Frage zu entscheiden, ob die im Porphyrite vorkommen- 
den Tridymit-Kryställchen auch wirklich aus Tridymit-Substanz 
bestehen, oder ob hier eine Pseudomorphose von Quarz nach 
Tridymit vorliegt. 

Die Grundmasse selbst besteht bei diesem Porphyrite aus 
einem kleinkörnigen Aggregate von Feldspathen mit unregelmäs- 
sigen Läppchen zersetzter Hornblende, einzelnen Augit- (?) Mikro- 
lithen und den eben erwähnten zahlreich eingestreuten weissen, 
unregelmässigen Täfelchen und Körnchen. Ob der Feldspath tri- 
klin ist oder nicht, lässt sich nicht erkennen. 

5) Brauner Porphyritvon demselben Fundorte wie 
No. 4. Auch dieses Gestein ist schon früher in seinem makro- 
skopischen Verhalten beschrieben worden. In einer rötblich- 
braunen Grundmasse liegen röthlich gefärbte, meist triklin er- 
scheinende Feldspathe und sparsam eingestreute zersetzte Horn- 
blenden. Auch hier sind in Drusenräumen Tridymite vorhanden, 
die aber die Hohlräume meistens fast ganz erfüllen, so dass 
wenig von der Krystallform sichtbar ist. 


233 


Unter dem Mikroskope finden sich in der krystallinischen 
Grundmasse folsende Einlagerungen: 

a) Zahlreiche, scharf und geradlinig begrenzte Krystalle von 
lediglich triklinem Feldspathe, der ebenso wie in No. 4 mit kör- 
nigen Zersetzungsprodukten erfüllt ist. Es finden sich darin fer- 
ner dünne längliche und etwas diekere kurze Säulchen von hell- 
grünlicher Farbe, die der Einwirkung der Salzsäure widerstehen 
und desshalb wohl als Augite betrachtet werden können. Es 
fanden sich aber auch in Einem Feldspathe regelmässig sechs- 
seitige, durchsichtige Tafeln, die zu mehreren anscheinend pa- 
rallel auf einander lagen. Da sie ganz von Feldspathmasse um- 
hüllt waren, so konnte nicht ermittelt werden, ob sie zwischen 
gekreuzten Nikols gefärbt erscheinen oder nicht. Möglicher Weise 
bestehen sie aus Tridymit. 

b) Hornblende von derselben Beschaffenheit wie in No. 4; 
nur liegen hier auch Augitmikrolithen und durchscheinende weisse 
Tafeln, die vielleicht für Tridymit gehalten werden könnten, in 
der theilweise in braune, körnige Massen umgewandelten Horn- 
blende. 

c) Sowohl in der Grundmasse, als auch in den zersetzten 
Hornblenden liegen undurchsichtige, metallisch glänzende, quadra- 
tische oder dreiseilige, oder symmetrisch sechsseitige Tafeln von 
Magnet- oder Titaneisen. — Quarz fehlt auch hier vollständig. 

Die Grundimasse ist ähnlich wie diejenige des vorgenannten 
Gesteins, nur enthält sie die weissen, durchscheinenden Täfelchen 
in geringerer Zahl. Übrigens waren auch hier die in Drusen- 
räumen vorkommenden Tridymite beim Schleifen herausgebrochen. 

In einer früheren Abhandlung glaubte ich, in den ausge- 
schiedenen Feldspathkrysiallen der beiden tridymithaltigen Ge- 
steine neben Kalknatronfeldspath noch Orthoklas annehmen zu 
müssen, wodurch beide Gesteine in die Gruppe der quarzfreien 
Orthoklasporphyre oder zwischen diese und die Porphyrite ge- 
stellt werden mussten. Die mikroskopische Untersuchung hat nun 
gelehrt, dass Orthoklas in porphyrartig eingelagerten Krystallen 
nicht vorhanden und wohl nur auf die Grundmasse beschränkt 
ist. Der von Laspeyres für die dortigen Porphyrite gefundene 
etwas hohe Kieselerdegehalt (65,8°,,) findet vielleicht in dem 


234 


Vorhandensein von Tridymit seine Erklärung. Beide Gesteine 
sind also normale Porphyrite. | 

6) Porphyritim Thale unterhalb Bokenau anstehend. 
In einer dichten, bräunlichgrauen Grundmasse liegen Krystalle 
von grünlichgrauem, meistens gestreiftem, ziemlich frischem Feld- 
spath, der oft in fast ringsum entwickelten Krystallen mit vor- 


waltendem oP und rs. aber untergeordnetem ooP vorkommt, 
von schwarzer Hornblende, meist in kleineren Individuen, deutlich 
spaltbar, lebhaft aber fast metallisch glänzend und schwarz oder 
dunkelgrün. >tärker zersetzte Hornblenden sind theils dunkel- 
braun, theils graugrün gefärbt. An einer einzigen Stelle an dem 
ganzen Handstück fand sich ein hellgrünes Krystallkorn von etwa 
2m Länge und 1""” Breite eingesprengt, welches zwei nicht stark 
hervortretende, anscheinend ungleichwerthige, rechtwinklige Spalt- 
flächen und im Übrigen muschligen bis unebenen Bruch zeigte: 
es war mit hellgrüner Farbe stark durchscheinend und machte 
zuerst den Eindruck von Olivin, da es aber ziemlich leicht schmelz- 
bar war und rechtwinklige Spaltflächen besass, so kann es nur 
ein augitisches Mineral gewesen sein. Diese Vermuthung wird 
nun noch gestützt durch die mikroskopische Untersuchung, welche 
Folgendes ergab: 

In einer feinkörnigen Grundmasse liegen grössere Krystalle 


von 
a) Feldspath, der sich meist durch seine Streifung als triklin 


erkennen liess. Aber nur ein schmaler, scharf begrenzter Rand 
besteht aus reiner Feldspathsubstanz, das Innere ist völlig erfüllt 
mit hellgrauen, unregelmässigen Körnern, vermischt mit bräun- 
lich-gelben Lappen oder Läppchen. die nicht dichroskopisch er- 
scheinen und vielleicht aus augitischer Substanz bestehen. An 
Einer Stelle war auch in dem Feldspathe ein klares, unregel- 
mässig begrenztes Quarzkörnchen. 

b) Hornblende, welche theils am Rande, theils in ihrer gan- 
zen Masse in die mehrfach erwähnte dunkelschwarzbraune, fast 
undurchsichtige und körnige Substanz umgewandelt ist, die wie 
eine Wolke das Mineral umhüllt oder völlig erfüllt. Die noch 
unzersetzten Theile der Hornblende sind braun durchscheinend, 
deutlich dichroskopisch und fasrig durch feine Längsspältchen. 

c) Augit oder Diallag von hellgelblichgrüner Farbe, wenig 


239 


dichroskopisch, nicht fasrig. Übrigens ist dieses Mineral nicht 
immer scharf von der Hornblende zu unterscheiden, ja mitunter 
scheint Ein Individuum theilweise aus Augit, theilweise aus Horn- 
blende zu bestehen. | 

Die Grundmasse selbst besteht aus einem Aggregate von 
triklinen Feldspathleistchen, untermischt mit umgewandelten Horn- 
blendekryställchen und Augitläppchen, sowie Augitmikrolithen. 
Die Feldspathe sind vorherrschend und liegen häufig parallel, in- 
dem sie sich dabei un die grösseren Einlagerungen herumziehen. 
Oft aber sind sie völlig regellos gruppirt. Zwischen diesen Ge- 
mengtbeilen ist nun noch eine nicht individualisirte aber durch 
das optische Verhalten krystallinisch erscheinende Grundmasse 
erkennbar, die vielleicht aus irgend einem Feldspathe besteht. 

Apatitnadeln sind selten, Quarz fehlt gänzlich; dagegen sind 
die bei No. 4 beschriebenen durchscheinenden weissen, unregel- 
mässig begrenzten Täfelchen und Körnchen ziemlich zahlreich 
vorhanden. 

Das Gestein ist offenbar ein Porphyrit, der aber durch das 
Vorhandensein eines augitischen Minerals den Übergang zu den 
Palatiniten vermittelt. 

D Dunkler Porphyrit aus dem Thale unterhalb Bo- 
kenau, lose umherliegend. In einer dichten, dunkelgrau- 
grünen, fast schwarzen Grundmasse liegen Krystalle von dunkel- 
graugrün erscheinundem, in dünnen Stückchen aber hellgrünlich- 
grauem, nicht sehr stark glänzendem Feldspathe, der meist von 
scharfen, stärker glänzendem Rande umgeben ist und dessen 
Krystallflächen auch hier zuweilen sichtbar sind, und von schwar- 
zer, lebhaft glänzender, deutlich spaltbarer Hornblende. Auch 
hellgrüne Augite scheinen vereinzelt vorhanden zu sein, sind 
aber nicht mit Sicherheit zu erkennen. 

Unter dem Mikroskope sieht man in einer krystallinischen 
Grundmasse als Einlagerungen: 

a) Feldspathe genau wie in No. 6. Zuweilen bildet das In- 
nere eine anscheinend fast zusammenhängende Masse, die unge- 
mein scharf gegen den völlig klaren, durchsichtigen Rand absetzt; 
gleichwohl laufen die Zwillingsstreifen gleichförmig durch die 
ganze Masse hindurch. Zwischen gekreuzten Nikols treten dann 
zahlreiche Flecken mit den Farben des reinen Feldspathrandes 


236 


auch aus dem inneren Theile hervor. Mitunter besteht auch das 
Innere aus einem zusammenhängenden Lappen eines grünen, 
wenig dichroskopischen Minerals, vielleicht des Angit oder eines 
Lersetzungsproduktes desselben. Dünne, kurze, in Säuren un- 
lösliche Nadeln im Innern der Feldspathe oder auch in dein rei- 
neren Rande können wohl als Augit-Mikrolithen gedeutet werden. 
Da an einigen Exemplaren die Zwillingsstreifung durchaus fehlt, 
so würde die Anwesenheit von Orthoklas nicht ausgeschlossen 
sein. 

b) Dunkelbraune und dunkelgrüne, meist nur wenig durch- 
scheinende Krystalle von Hornblende. Dieselben sind nach Einer 
Richtung in die Länge gezogen, gefasert und von Längsspalten 
zerrissen, die meist mit schwarzer Substanz erfüllt sind. Auch 
hier ist der Rand in eine dunkelbraune, körnige Masse umge- 
wandelt. 

c) Längliche Krystalle eines sehr hellbräunlichen oder hell- 
gelblichgrauen, fast farblosen Minerals, mit nur wenig. Einschlüs- 
sen (längliche Poren mit körnigen, dunkeln, unbeweglichen Ku- 
geln). Das Mineral ist nicht dichroskopisch und erscheint fast 
stets mit einem mehr oder weniger scharf begrenzten, graugrü- 
nen Rande, der auch auf unregelmässigen Querspalten die Masse 
des Minerals durchsetzt. Es ist offenbar ein Umwandlungsprodukt. 
Iın polarisirten Lichte zeigt die unveränderte Masse beim Drehen 
des Einen Nikols lebhaften Farbenwechsel. Beim Behandeln mit 
concentrirter Salzsäure tritt keine Veränderung ein, während der 
grüne Rand sich langsam zersetzt. Die Umrisse sind selten regel- 
mässig (dann entsprechen sie einer Combination von Säule und 
pyramidalen Endflächen), gewöhnlich sind sie mehr oder weniger 
lappig aus- und einspringend. Ausnahmsweise war übrigens auch 
ein scheinbar quadratischer Querschnitt sichtbar mit abgestumpf- 
ten Kanten, entsprechend ooP, oPoo und oPx des Augit. Auch 
hier kann diese Einlagerung nur für ein augitisches Mineral ge- 
halten werden. 

d) Schwarze Körnchen oder Blättchen von Magnet- oder 
Titaneisen sind selten vorhanden. 

Die Grundmasse selbst besteht vorwaltend aus einem Ag- 
gregate eines anscheinend triklinen Feldspaths, zwischen welchem 
zersetzte und körnig umgewandelte dunkelbraune bis schwarze 


237 


Hornblendeläppchen und ‚unregelmässige Fetzen von graugrünem, 
verändertem Augit, sowie klare Augitmikrolithen umherliegen. 
Dünne lange Nadeln sind vielleicht als Apalit zu deuten. 

8) Hellbräunlichgrauer Porphyrit, im Thale unter- 
halb Bokenau lose umherliegend. Hellbräunlichgraue Grund- 
masse, in welcher regelmässige Krystalle von wenig glänzendem 
hellbräunlichem, triklinem Feldspath wie in No. 6 und i, ferner 
lang säulenförmige Krystalle von braunschwarzer, deutlich spalt- 
barer, nicht stark glänzender Hornblende, deren Längenaxen meist 
parallel liegen, eingelagert sind. Die Grundmasse ist durchzogen 
von zahlreichen, sehr unregelmässigen, kleinen Hohlräumen, die 
ausgekleidet sind mit einer oberflächlich hellgrünlichweiss und 
erdig erscheinenden, auf dem Bruche aber dunkelgrünen und 
radialfasrigen Substanz (vielleicht Chlorit-artig) mit fast nierenför- 
miger Oberfläche. Das Gestein ist offenbar der zersetizenden 
Wirkung der Gewässer stark ausgesetzt gewesen. 

Unter dem Mikroskope ist dies Gestein dem vorhergehenden 
sehr ähnlich, denn hier wie dort finden sich scharf umrandete, 
im Innern sehr unreine trikline Feldspathe, hell- bis dunkelgrüne 
oder braune, in eine Wolke dunkler, körniger Zerseizungspro- 
dukte eingehüllte Krystalle von stark dichroskopischer Hornblende; 
seltener sind dagegen kleine Läppchen eines hellgrünen, nicht 
dichroskopischen, wahrscheinlich augitischen Minerals und endlich 
selten Körnchen von Magnet- und Titaneisen. 

Auch die Grundmasse besteht hier vorwaltend aus anschei- 
nend triklinem Feldspath nebst zwischengelagerten hellgrünen 
Augit-Läppchen und Augit-Mikrolithen, die selbst in diesen mit- 
unter ausgeschieden sind. Ausserdem liegen noch zahlreiche, 
grau durchscheinende, körnige Läppchen umher. 

9) Quarzhaltiger Palatinit vom Fusse des Welsch- 
berges, nahe an der Burgspohnheimer Mühle; das ist derselbe 
Fundort, den LaspeyrEs auf p. 877 seiner Abhandlung angegeben 
hat. In einer dichten, grauschwarzen Grundmasse liegen spar- 
same Krystalle von triklinem Feldspath und von schwarzem au- 
gitischen Minerale. Das Gestein ist dünn plattenförmig abge- 
sondert, auf den parallelen Klüften sind hie und da Krystalle von 
Quarz ausgeschieden, während der innere Theil der Kluft von 


weissem, körnigem Kalkspath erfüllt ist; meist sind aber die 


238 


Trennungsflächen ganz mit Quarz ausgefüllt und verkittet. Auf 
-dem Querbruche erkennt man deutlich, dass nicht allein eine 
durch Kluftflächen hervorgebrachte plattenförmige Absonderung 
vorhanden ist, sondern dass auch die dazwischen liegenden Ge- 
steinsmassen mit parallelen, heller und dunkler gefärbten Sirei- 
fen versehen sind, die eine verschiedene Mineralmischung vor- 
ausselzen. 

Unter dem Mikroskope erkennt man in der Grundmasse fol- 
gende Einlagerungen: 

a) Triklinen Feldspath in farblosen, schmalen Leisten, in 
welchen hellbläulichgrüne, unregelmässige Läppchen von Diallag 
zahlreich eingelagert sind neben wenigen hellen Kügelchen und 
Körnchen. 

b) Hellgelblichgrunes augitisches Mineral (Diallag) nur schwach 
dichroskopisch und zwischen gekreuzten Nikols Anlage zur ver- 
worren-fasrigen Textur zeigend. 

Die krystallinisch-körnige Grundmasse ist lagenweise geord- 
net; jede Lage ist von der benachbarten durch die Korngrösse 
oder die relativen Mengenverhältnisse der sie zusammensetzen- 
den Mineralien verschieden. Je zwei Lagen sind häufig durch 
eine dünne zusammenhängende Schnur von Quarzkörnchen von 
einander getrennt oder vielmehr mit einander verkittet. Die 
grösseren Binlagerungen liegen meistens mit ihrer Längenaxe 
den Gesteinslagen parallel. Der diese letzteren trennende Quarz 
ist farblos und durchsichtig. Aus der Grundmässe ragen häufig 
feine Apatitnadeln in ihn herein. Ferner liegen in ihm zahlreiche 
Poren von mannigfacher Gestalt; indessen sind dieselben nur sel- 
ten mit einer Flüssigkeit nebst beweglichem Bläschen erfüllt; ob 
die übrigen mit einer flüssigen oder festen Masse angefüllt sind, 
war nicht zu erkennen. Die Grundmasse selbst besteht aus mehr 
oder weniger feinkörnigem Gemenge von triklinem Feldspath und 
augilischem Minerale ; nur sehr vereinzelt erscheinen kleine, bräun- 
lichgrün gefärbte, stärker dichroskopische Läppchen, die vielleicht 
als Hornblende zu deuten sind, aber jedenfalls einen sehr unter- 
geordneten Gemengtheil bilden. Magnet- und Titaneisenkörnchen 
kommen nur sehr vereinzelt vor; amorphe Glasmasse fehlt gänz- 
lich; dagegen sind zahlreiche graue Körnchen und dunkle, bei 
auffallendem Lichte gelblichweiss erscheinende Punkte sichtbar. 


239 


Lispeyres hat dieses Gestein zu den Porphyriten gestellt, 
weil er ganz vereinzelt Hornblende darin erkannt und einen Kie- 
selerdegehalt von 6.3,69”/, gefunden hat. Nach der mikroskopi- 
schen Untersuchung kann ich den Einen Gemengtheil nur für 
Diallag halten, wenn ich auch das vereinzelte Vorkommen von 
Hornblende nicht zu leugnen vermag. Der hohe Kieselerdegehalt 
lässt sich auf die Anwesenheit der Quarzschnüre zurückführen, 
die sich als nachträgliche Ausfüllungen von Klüften erklären las- 
sen, d. h. dem Gesteine ist Kieselerde zugeführt worden und 
seine ursprüngliche Zusammensetzung ist wohl eine basischere. 
Ich glaube desshalb, dieses Gestein zu den Palatiniten stellen zu 
dürfen und zwar zu denjenigen, welche durch einen geringen 
Hornblendegehalt den Übergang zu den Porphyriten vermitteln. 


In den vorstehend beschriebenen Gesteinen kommen also 
monokline und trikline Feldspathe, Quarz, Hornblende, wahrschein- 
lich auch Augit, meist auch Apatit aber nur wenig Magnet- oder 
Titaneisen vor. Die. Feldspaihe sind gewöhnlich sehr unrein, 
theils erfüllt mit Zersetzungsprodukten, theils mit fremden Sub- 
stanzen. Eigenthümlich ist der frische, stark glänzende, an Ein- 
lagerungen freie Rand mancher trikliner Feldspathe, während das 
Innere mit fremder Substanz erfüllt oder stark zersetzt ist. Der 
Quarz zeigt die auch anderwärts in ihm vorkommenden Einschlüsse, 
unter denen die kleinen, unregelmässig geformten Poren zum 
Theil mit beweglichen Bläschen besonders charakteristisch sind. 
Die Hornblende ist ausgezeichnet durch die grosse Zahl feiner 
Längsspältchen, die ihr ein fasriges Aussehen ertheilen und durch 
ihre Neigung von Aussen nach Innen mit undurchsichtigen, brau- 
nen, körnigen Zersetzungsprodukten erfüllt zu werden, in die sie“ 
wie eine Wolke eingehüllt erscheint. Mehr vereinzelt tritt bei 
den zu den Porphyriten gerechneten Abänderungen ein anschei- 
nend augitisches Mineral in etwas grösseren Ausscheidungen her- 
vor, während eine grosse Zahl feiner Mikrolithen, die vielleicht 
demselben Minerale angehören. in der Grundmasse sowohl wie 
in den grösseren Einlagerungen verbreitet ist. Die Anwesenheit 
von Tridymit in der Grundmasse selbst ist zweifelhaft, dasjenige, 
was möglicher Weise dafür gehalten werden könnte, findet sich 


240 


nur in den eigentlichen Porphyriten; dagegen sind die kleinen, 
unregelmässigen Drusen mancher echter Porphyrite mit Tridymit- 
Kryställchen ausgekleidet oder völlig erfüllt. 

Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass die ‚beschriebenen 
Gesteine eine Reihe bilden, deren Eines Endglied aus quarz- 
führendem Porphyr besteht, welcher Quarz, Orthoklas, Kalknatron- 
feldspath und wenig Hornblende enthält, dass durch Verminderung 
des Quarzes und des Orthoklas Übergänge (No. 3 ist z. B. ein 
quarzhaltiger Porphyrit) in die aus Kalknatronfeldspath und Horn- 
blende bestehenden Porphyrite gebildet werden (No. 4 u. 5). Dass 
ferner durch Aufnahme eines augitischen Minerals und durch das 
allmähliche Zurücktreten der Hornblende Übergänge in die Pa- 
latinite herbeigeführt werden, die daun das andere Endglied der 
Reihe bilden. Die Porphyrite No. 6, 7 und 3 aus dem Bokenauer 
Thale sind augithaltige Porphyrite, No. 9 ist ein Palatinit, in wel- 
chem sich vereinzelte Hornblenden finden. In allen diesen Ge- 
steins-Abänderungen, soweit sie nicht den Palatiniten selbst an- 
gehören, spielen Magnet- und Titaneisen eine nur untergeordnete 
Rolle. 

Das was sich also schon aus der allmählichen Abnahme des 
Kieselerdegehalts von den Quarzporphyren bis zu den Palatiniten 
als wahrscheinlich ergeben hatte, hat auch in dem allmählichen 
Wechsel der mineralogischen Zusammensetzung seine Bestätigung 
gefunden. 

Aın Schlusse meiner früheren Abhandlung (p. 388) habe ich 
noch kurz berichtet über ein ınerkwürdiges Gestein, welches in 
Form eines schmalen Ganges den Palatinit in Niederkirchen durch- 
setzt. Dasselbe ist nicht porphyrartig ausgebildet, sondern bildet 
ein mittelkörniges Aggregat von röthlich gefarbtem Feldspath, 
der sich meist als triklin erweist, mit kleinen Mengen eines grü- 
nen, etwas zersetzten Minerals. Die mikroskopische Untersuchung 
hat nun ergeben, dass das Gestein ein Aggregat von Feldspath- 
krystallen ist, die unter dem Mikroskope theils als triklin, theils 
als monoklin erscheinen, d.h. beide Mineralien unterscheiden sich 
von einander durch Nichts als durch die Streifung, denn sie sind 
gleich gefärbt und enthalten die gleichen Einlagerungen. Sie sind 
nämlich erfüllt von braun gefärbten Wolken, Körnchen und sehr 
feinen Läppchen, so dass das Mineral selbst braun gefärbt er- 


241 


scheint. Diese Einlagerungen sind meist geordnet parallel einer 
Linie, welche zu den Seitenkanten schiefwinklig steht. Auch 
dünne Apatitnadeln kommen in den Feldspathen vor. Da die Strei- 
fung der triklinen Feldspathe dann nicht sichtbar ist, wenn die 


Krystalle annähernd paraliel ooPoo geschliffen sind, und da ferner 
die Menge der Einlagerungen so gross ist, dass die Streifung 
dadurch verdeckt werden könnte, so ist es wahrscheinlich, dass 
auch die ungestreiften Exemplare Kalknatronfeldspathe sind. Mehr 
vereinzelt finden sich nun auch hellgrüne bis dunkelbraune, nicht 
parallelfasrige Krystalle, die zwar eiwas dichroskopisch sind, meist 
aber so wenig, dass sie wohl kaum als Hornblende gelten kön- 
nen. Noch seltener sind unregelmässig geformte, undurchsich- 
tige, schwarze Körner, wohl von Magneteisen. Merkwürdiger 
Weise sind nun hier die Zwischenräume zwischen den Feldspathen 
völlig ausgefüllt mit Quarz, in welchem sehr zahlreich kleine, 
unregelmässig geformte Poren zum Theil mit beweglichen Bläs- 
chen vorhanden sind. Daneben liegen aber auch mitunter rund- 
liche, mit dunkler, körniger Masse erfüllte Einschlüsse in dem 
Quarze, und hie und da bemerkt man auch in ihm sehr feine 
Apatitnadeln. 

Das Gestein besteht demnach aus einem körnigen Gemenge 
von Kalknatronfeldspath (und Orthoklas?), Quarz und einem wahr- 
scheinlich augitischen Minerale. Es steht dadurch den Palatini- 
ten sehr nahe, unterscheidet sich aber von ihnen ganz wesentlich 
durch den beigemengten Quarz und die krystallinisch-körnige 
Entwicklung ohne Porphyr-Struktur. 

Giessen, den 31. März 1873. 


Jahrbuch 1873. 15 


Mineralogische Mittheilungen. 


Von 


Herrn Dr. F. Wibel 


in Hamburg. 


1. Kalkuranit im Phosphorit von Caceres. 


Durch Herrn En. Güssrereın, den Besitzer der bekannten 
grossen Superphosphat-Fabrik in Hamburg, erhielt unser städti- 
sches Museum vor einiger Zeit eine Reihe schöner Phosphorite, 
u. A. auch einige Stücke, welche den Grenzgebirgen zwischen 
der spanischen Provinz Caceres und Portugal entstammten und 
desshalb als »portugiesische“ bezeichnet waren, ohne mit Sicher- 
heit die Lage der Gruben auf letzterem Gebiet angeben zu können. 

Die Hauptmasse des Gesteins, der Phosphorit, besitzt im 
Wesentlichen das Aussehen des gewöhnlichen Extremadura-Phos- 
phates, ist jedoch weniger gefärbt, sondern meist ganz weiss. 
Nur stellenweise finden sich zwischen der Eisblumenartig-krystal- 
linischen Masse Absonderungen von Eisenoxydhydrat und 
Mangan-Dendriten. In geringem Umfange erscheint auf Kluft- 
flächen und in kleinen Drusenräumen auskrystallisirt Quarz, und 
ob einige übrigens höchst unbedeutende schwärzliche Ausfüllun- 
gen der letzteren wirklich aus Asphalt oder ähnlichen Materien 
bestanden, konnte bis jetzt durch analytische Prüfung noch nicht 
festgestellt werden. Dagegen sind Krystalle von Apatit in ganz 
ausserordentlicher Menge dein Gesteine eingesprengt. Dieselben 
erreichen eine Grösse bis zu mehreren Gentimetern, sind von 
weisser, grauer und blauer Farbe, enthalten viel Fluor und bieten 


243 


in ihren Formen fast ausschliesslich die dicktafelförmigen Com- 
binationen von oP.oP.P.cooP?. Sie besitzen eine ausgezeich- 
net schalenförmige Structur, dergemäss man oft auf der Basis 
eines Krystalles das Übereinanderwachsen von grauen, weissen 
und blauen Schalen beobachten kann. Beim Zerschlagen der 
Handstücke springen sie aus der Phosphorit-Grundmasse sehr 
leicht heraus und hinterlassen in derselben einen so spiegelglat- 
ten Abdruck ihrer Flächen, dass man zu der Vermuthung ge- 
drängt wird, sie seien primär gebildet und die Grundmasse selbst 
erst später um sie abgelagert worden. Für diese Genesis mag 
auch die grünlich-gelbe, bisweilen blättrig-krystallinische 
Masse von Bedeutung sein, welche sich sowohl an den Abson- 
derungsflächen der Apalite gegen die Grundmasse, als auch zwi- 
schen den Krystallschaien der ersteren in wechselnder, immer 
aber sehr geringer Dicke vorfindet. Sie scheint gemäss dem 
Verhalten vor dem Löthrohr und gegen Säuren ein Caleiumsilicat 
zu sein. 

Von besonderem Interesse an dem vorliegenden Phosphorit 
ist nun unzweifelhaft das zwar sparsame, aber sehr deutliche 
Vorkommen von Kalkuranit. Man findet die bis ca. I" gros- 
sen Krystalltäfelchen der bekannten tetragonalen (rhombischen?) 
Combination (oP .P. oP.) selten einzeln, meist zusammengewach- 
sen, sowohl mitten in der Phosphorit-Masse als auch an den 
Grenzflächen der Apatit-Krystalle. Eine bestimmte Beziehung zu 
einer der beiden Substanzen liess sich nicht erkennen. Ihre 
Farbe variirt zwischen der charakteristischen gelbgrünen und 
einer lebhaft gras- bis smaragdgrünen; die Prüfung ergab jedoch 
auch in letzteren keinen Kupfer-Gehalt, soweit dies bei der klei- 
nen Menge bestimmt zu werden vermag. Ebenso blieb anderer- 
seits eine Prüfung der obenerwähnten grünlichgelben Masse auf 
Uran, zu welcher deren Färbung veranlasste, erfolglos. 

Meines Wissens ist der vorliegende der erste Fall eines 
Auftretens von Uran-Salzen in Phosphoriten und liefert daher, 
von Anderem abgesehen, wohl auch neue Anhaltspunkte für die 
Entscheidung der Frage über deren Ursprung und Bildung. Wenn 
bereits Reıcnarnr und Stein für die Phosphorite Nassau’s einen 
rein mineralischen Auslauge- und Abscheidungsprocess feststell- 


ten, so wird für die vorliegenden „portugiesischen“ schon durch 
16 


244 


jenes Uran-Mineral die Vermuthung auf einen organischen Ur- 
sprung ganz ausgeschlossen. Denn Uran ist bis jetzt noch nie- 
mals in Organismen und deren Zersetzungsprodueten nachgewie- 
sen worden, und eine etwaige spätere Infiltration desselben in 
die bereits gebildete Phosphorit-Masse wird durch das geschil- 
derte Vorkommen völlig unannehmbar gemacht. Dagegen wissen 
wir, dass krystallinische Gebirgsarten nicht nur Phosphorsäure, 
sondern auch Uran in kleinen Mengen enthalten können, wie es 
ja neben den früher bekannten Vorkommnissen des Kalkuranit's 
auch durch die neuerdings beobachteten Einsprengungen des 
Uranophan im Granit von Rohrlach in Niederschlesien bezeugt 
wird. 

Nicht nur die Seltenheit der Uran-Mineralien überhaupt, son- 
dern gerade die genetische Bedeutung verleiht vorstehender Be- 
obachtung einiges Interesse wohl auch für weitere Kreise. 


2. Gold von Vancouver-Insel und West-Africa. 


Einem in Victoria auf Vancouver-Insel ansässigen Deutschen, 
Herrn L. LöweEngerg, verdanke ich die Einsendung diverser Mi- 
neralien und Versteinerungen aus dorligen Gegenden. Die Samm- 
lung ist jetzt in den Besitz unseres naturhistorischen Museums 
übergegangen, und nimmt in ihr eine prächtige kleine, 26,7 Grm. 
schwere Stufe gediegenen Goldes den ersten Rang ein. Sie zeich- 
net sich namentlich durch einen recht schönen, ca. 7®® langen 
Goldkrystall aus, der ein in einer Axenrichtung prismatisch ver- 
zerries Rhombendodekaeder (oo0) darstellt, wie sie G, Rose auch 
vom Ural beschrieben hat. Da von diesen nördlichen Goldfund- 
stätten West-America’s, deren geognostische Beschaffenheit in- 
dessen ganz wit den Galifornischen übereinzustimmen scheint, 
noch keine Analyse vorliegt, so theile ich dieselbe hier mit. 

Das spec. Gewicht der nicht geschmolzenen Probe betrug 
bei 220 C. Wassertemperatur — 18,50. 

Die Untersuchung ergab: 


- 


Gold, 0.0... 91,00Un 
Sübene nen N GG Su 
Kupfer) man. %E. 2008 
Bisen:.. dA nd OD 


100,00. 


245 


Quecksilber, Blei und andere Metalle waren nicht vorhanden. 

Das für einen Gold-Gehalt von 91,86%, scheinbar hohe spec. 
Gewicht (18,5) darf nicht überraschen, da sich aus einem Blicke 
auf die bekannten Analysen anderer Gold-Vorkommnisse die re- 
lative Unabhängigkeit Beider von einander sofort ergibt. 

Zum Vergleiche sei hier noch des früher von meinem Vater, 
K. Wiser, analysirten Goldes von der Westküste Africa’s gedacht, 
zumal seine Untersuchungen (Abhandl. des Naturw. Vereins zu 
Hamburg, I. Bd. 2. Abth. 1852, S. 87—-108.) weder in RaumEıs- 
BERGS Mineralchemie noch in den Handbüchern Dana’s u. A. Aul- 
nahme gefunden haben. Er bestimmte: 


Westafricanisches 
a) Körnergold. b) Staubgold. c) Waschgold. 
il 2 1 2 3 (aus einen fleischfarbigen Thon 
Sp. Gew. 14,63 16,20 Ben a Wir der Gegend von Elmina) 

Gold 9.289,40: 87,91 97.23 96,40 92,03 97,81 
Silber‘. .......10,0% 11,40 2ylel,..1,2,004...5,82 2,19 
Kupier, . 0.53. 0,69 — = 2,15 — 

100,00 100,00 100,00 100,00 100,00 100,00. 


Andere Proben des Körnergoldes mit ca. 4,15 und 25%, 
Kupfer und wechselnden Mengen von Zink (bis 17,31°/,). Zinn 
und Blei ergaben sich als Verfälschungen durch Messing, wel- 
chen Industriezweig die Eingeborenen bis tief in das Innere hin- 
ein mit grosser Verschmitztheit betreiben. 


3. Über Zusammensetzung und Bildung der Kupferlasur (Azurit). 


Fast sämmtliche bekannt gewordene Analysen des Azurit 
zeigen eine mehr oder minder beträchtliche Abweichung der ge- 
fundenen und der nach der Formel Cu3C20 + H2O berechne- 
ten Zusammensetzung, und zwar ist stets zu wenig Kohlensäure 
(0,1—1,56%,) und zu viel Wasser (0,24--1,28%/,) gefunden wor- 
den. Die Ursache dieser Differenzen im Hinblick auf eine ge- 
legentlich geäusserte Bildungsweise des Minerales festzustellen, 
war die erste Veranlassung zu nachstehenden analytischen Un- 
tersuchungen, bei welchen mich Hr. stud. med. Em Tünseı hülf- 
reich unterstützte. 

Als Material diente ein Stück derb-krystallinischen Azurit’s 
aus Sibirien, möglichst rein von Muttergestein und frei von bei- 


246 


gemengtem Malachit. Die Analyse desselben ergab nach sorg- 
fältigem Trocknen über Schwefelsäure und bei 100° und nach 
Abzug von 4,06°/, unlöslicher Beimengungen (Eisenoxyd, Kiesel- 
säure etc.): 


gefunden berechnet‘ 
3CuO. . . 69,66 69,21 
2002; ,4,%.,24:26 25,96 
H2O 1°... 46:08 5,23. 


Auch bei diesem Stücke zeigten sich also gleichartige Ab- 
weichungen, wie die Eingangs erwähnten. Es soll indessen so- 
fort bemerkt werden, dass sich schliesslich als Ursache derselben 
nicht die vermuthete Gegenwart eines für die Constitution be- 
achtenswerthen besonderen Körpers ergab, sondern dieselbe ledig- 
lich in der Verunreinigung auch der Lösung mit Thonerde, Ei- 
senoxyd, Kalk und Kieselsäure erkannt werden muss. Letztere 
Substanzen wurden nämlich thatsächlich in der Lösung des Mi- 
nerals in Salpetersäure nachgewiesen, aber ihrer Gleichgültigkeit 
wegen nicht quantitativ bestimmt. Derselbe Umstand dürfte je- 
doch auch die Differenzen der früheren Analysen zur Genüge 
erklären. 

Ehe ich aber zu diesem Entscheide gelangte, schien es mir 
immerhin möglich, dass vielleicht ein übrigens ja leicht zu über- 
sehender Gehalt an Ammoniak jene Abweichungen veranlasst 
habe, der natürlich die Menge des Glühverlustes erhöhen und 
dadurch den relativen Gehalt an Kohlensäure erniedrigen musste. 
Diese Vermuthung gründete sich auf zwei Umstände. Einmal ist 
gelegentlich, wenn ich nicht irre zuerst von SEnFT, die Bildung 
des Azurits aus Kupfer-Lösungen auf den Einfluss Stickstoff-hal- 
tiger Materien zurückgeführt worden, und zweitens gibt es ja 
bekanntlich eine grosse Reihe von Kupfer-Salzen, welche ihre so 
charakteristische wie intensive blaue Färbung in der That einem 
Gehalte an Ammoniak verdanken. In Verknüpfung dieser beiden 
Momente schien es mir wirklich der Prüfung werth, ob denn in 
dem Azurit Ammoniak entweder als eigentlicher Bestandtheil 
oder aber als Überrest der bei seiner Entstehung gegenwärtigen 
Stickstoff-haltigen Material aufzufinden sei. 

Es wurden zu dem Zwecke nun wiederholt 23—23 Grm. 
des Minerals in einer Verbrennungsröhre andauernd erhitzt und 


247 


die flüchtigen Producte in frisch destillirter Salzsäure aufgefangen, 
Immer aber gab letztere beim Eindampfen und Zusatz von Platin- 
chloerid so geringe Spuren von Platinsalmiak, dass man dieses 
Ammoniak dennoch als Verunreinigung der Säure selbst ansehen 
muss. Mit Bestimmtheit lässt sich daraus entnehmen, dass der 
Azurit kein Ammoniak enthält, und es verliert somit auch jene 
Hypothese für seine Bildung eine entgegengeseizten Falls sehr 
gewichtige Stülze. 

Bei diesen Versuchen bildete sich aber ein Sublimat von 
Eisenchlorid, welches einen bisher nicht vermutheten Gehalt an 
Chlor andeutete. In der That geben denn auch 15.383 Grm. 
des Minerales bei der Bestimmung auf nassem Wege — 0,0048 
Grm. Chlorsilber = 0,005°,, Chlor. Ein solcher, in unserem 
Falle freilich sehr geringer Chlor-Gehalt kann um so weniger 
überraschen, als neuerdings in verschiedenen Kupfer-Mineralien 
eine Beimengung von Oxychlorkupfer (Atacamit etc.) beobachtet 
worden ist. Zur Aufklärung obenberührter Differenzen reicht er 
aber wegen seiner Kleinheit nicht aus. 

Wenn nach dem Ergebniss vorstehender Versuche die SENFT'- 
sche Vermuthung über die Bildung unseres Minerals ziemlich un- 
wahrscheinlich wurde, und wenn es auch sonst bisher kaum ge- 
lungen ist, dieselbe künstlich und vor unseren Augen sich voll- 
ziehen zu lassen, — so richtete ich jetzt mein Bestreben gerade 
hierauf. Es freut mich, im Nachfolgenden eine künstliche Dar- 
stellung des Minerales beschreiben zu können, welche so einfach 
in ihren Bedingungen, wie lehrreich in ihrem Verlaufe ist und 
wohl kaum bezweifeln lässt, dass wir in ihr ein klares Abbild 
der Genesis desselben auch im Mineralreich besitzen. 

Es wurden kleine Stücke grobkörnig-krystallinischen Marmors 
in eine Digestionsröhre aus starken böhmischen Glase gebracht, 
darüber eine Schicht mässig starker Lösung von schwefelsaurem 
Kupfer gegossen, dann zugeschmolzen und endlich ca. 24 Stun- 
den auf etwa 1900—190° erhitzt. Beim Herausnehmen der Röhre 
aus dem Luftbade zeigten sich die Marmor-Stücke mit einer schön- 
grünen Hülle überzogen, während die übrigens klare Flüssigkeit 
völlig entfärbt war. Ich glaubte natürlich nichts anderes, als den 
auf diesem Wege leicht darstellbaren und auch von mir schon 
mehrfach bereiteten Malachit erhalten zu haben, und stellte dess- 


248 


halb die Röhre uneröffnet bei Seite. Nach etwa achttägigem 
Stehen begannen sich kleine Gypskrystalle abzuscheiden; nach 
mehreren Wochen hatten sich dieselben ansehnlich vermehrt, und 
während ihre Menge im Laufe der nächsten Monate immer mehr 
wuchs, dagegen die Flüssigkeit innerhalb der Röhre fast völlig 
verschwand, wurden auf dem grünen Malachit-Überzug der Mar- 
mor-Stücke anfangs kleine, tiefdunkelblaue Wärzchen sichtbar, 
welche allmählich zu einer stellenweise ganz compacten Hülle 
sich vereinigten. Nach ungefähr drei viertel Jahren wurde die 
Röhre geöffnet, wobei sich keine Spannung von freier Kohlen- 
säure offenbarte, und der blaue Körper geprüft. So leicht sein 
Charakter als Kupfer-Carbonat festgestellt werden konnte, so un- 
möglich zeigte es sich, eine genügende Menge desselben in einer 
hinreichenden Reinheit von dem unterlagernden Malachit und 
Marmor für eine quantitative Analyse zu erlangen. Obschon ich 
also auf diesen endgültigen Nachweis verzichten muss, stehe ich 
doch nicht an, den Körper als künstlich dargestellten Azurit zu 
betrachten. Die schöne Farbe sowohl als die Thatsache, dass 
jene Wärzchen schon bei mässiger Vergrösserung deutlich als 
Krystallaggregate erscheinen, geben, wie ich glaube, genügenden 
Anhalt. 

In ähnlicher Richtung, wie bei vorstehendem Versuche, hat, 
so viel ich weiss, nun Desray * dasselbe Ziel zu erreichen sich 
bemüht. Durch Einwirken von Kohlensäure unter hohem Druck 
(10—14 Atm.) auf gewöhnliches grünes Kupfer-Carbonat oder 
auf Malachit konnte er keine Entstehung von Kupferlasur bewir- 


ken. Dagegen gelang ihm dies, indem er Stücke von Kreide, __ 


festem, salpetersaurem Kupfer und Wasser in eine Glasröhre ein- 
schloss. wo dann (ohne Erhitzen) zunächst ein grüner Überzug 
auf der Kreide erschien, der aber in diesem Falle ein basisches 
Kupfernitrat war, und allmählich aus demselben blaue krystalli- 
nische Warzen von Azurit hervorgingen. In der Röhre herrschte 
durch Entwicklung der Kohlensäure ein Druck von 3—4 Atm. 
Gegenüber dieser früheren Darstellung lassen sich die Vor- 
züge unseres Versuches gar nicht verkennen. Erstens schmiegt 
er sich den natürlichen Verhältnissen weit mehr an, weil er von 


* Jahresber. f. Chemie, 1859. S. 214 £. 


249 


der Umbildung des schwefelsauren Kupfersalzes ausgeht, sodann 
zeigt er deutlich die innige genetische Beziehung des Azurit zu 
dem Malachit, worauf Desray ganz hatte verzichten müssen, und 
welche um so wichtiger ist, als ja auch in der Natur beide Mi- 
neralkörper fast immer vergesellschaftet erscheinen, endlich aber 
bezeugt er in anschaulichster Form die Bedeutung der Wasser- 
entziehung bei jener Umbildung sowie den Weg, auf welchem 
eine solche bewirkt werden kann. | 

Wenn es sich nämlich jetzt um die nähere Einsicht in den 
Vorgang selbst handelt, so ist dieselbe der obigen genauen Schil- 
derung des Verlaufes unseres Versuchs leicht zu entnehmen. 
Durch Wechselwirkung von Kalkstein und Kupfersulfatlösung in 
höherer Temperatur und bei gesteigertem Druck bilden sich Ma- 
lachit, schwefelsaurer Kalk und Kohlensäure. Trotzdem aber 
Wasser zugegen ist, muss der schwefelsaure Kalk als Anhydrit 
in demselben gelöst sein; sonst müsste er entweder schon wäh- 
rend des Erhitzens oder doch jedenfalls beim Abkühlen der Röhre 
auskrystallisiren, zumal sich später zeigt, dass seine Menge ziem- 
lich beträchtlich ist. Da er aber erst ganz allmählich enisteht, 
ohne dass an eine Verdunstung des Lösungsmittels durch die 
Röhrenwandungen oder dessen Aufsaugen durch den Marmor zu 
denken ist, so bleibt keine andere Erklärung, als dass eben gar 
nicht Gyps präformirt vorhanden ist, sondern sich erst ganz lang- 
sam in der Kälte aus dem Anhydrit und Wasser bildet. 

Diese erste Phase des Vorganges lässt sich in folgenden 
Schema gut veranschaulichen: 
1) 2CuSO4 + 2CaCO3 + H20 = (Cu2COı + H20) + 2CaSO4 -+ COa. 

Malachit 

Sobald nun die Röhre sich abkühlt, beginnt der Anhydrit 
seine Umbildung in Gyps unter Aufnahme von Wasser. welches 
er schliesslich, wenn alles übrige verbraucht ist, dem Malachit 
entzieht, auf den ja zugleich auch die noch immer vorhandene, 
in starker Spannung befindliche Kohlensäure einwirkt. So geht 
denn entsprechend dem immer geringer werdenden Wasser fort- 
schreitend die Bildung des Azurit aus dem Malachit vor sich: 

2) 3(Cu2C04 + H20) + CO2 — H30 — 2%(Cu3C207 + H20) 
Malachit | Azurit 


250 


und findet ihre Grenze dann, wenn keine Kohlensäure mehr vor- 
handen. Dies hat sich ja auch beim Öffnen der Röhre gezeigt. 

Auf Grund dieser vor unseren Augen sich vollziehenden und 
theoretisch vollkommen klaren Entstehung würde man zu dem 
verallgemeinernden Entschlusse berechtigt sein: 

Der Azurit bildet sich aus Malachit durch Kohlen- 
säure-Aufnahme und Wasser-Abgabe bei Gegenwart 
gespannter Kohlensäure und eines Wasser-entziehen- 
den Mittels in gewöhnlicher Temperatur. 

Dass diese Bedingungen im grossen Laboratorium unserer 
Erde bestanden haben und noch bestehen, dürfte nur von Weni- 
sen bestritten werden, und somit auch die Entwicklungsgeschichte 
unseres Minerales im Sinne unseres Versuches geringen Wider- 
spruch finden. Auf einige Bedenken will ich mir selbst erlauben 
aufmerksam zu machen, freilich nur um sie in ihrer Bedeutung 
abzuschwächen. 

Von verschiedenen Forschern ist Azurit an alten, im Erd- 
boden gelagerten Bronzen beobachtet worden *. Sofern sich die 
Identität dieses Carbonates mit dem mineralischen Azurit als 
zweifellos ergeben sollte, würde allerdings für dessen Entstehung 
kaum obige Anschauung gelten können. Allein da es stets sehr 
verschiedenartige Wege zur Erzeugung eines und desselben Kör- 
pers geben wird, so möchte ich auch meine Bildungstheorie kei- 
neswegs für eine universelle angesehen wissen, sondern ausdrück- 
lich erklären, dass ich sie nur für die meisten der mineralischen 
Vorkommnisse für zutreffend erachte. 

Gerade hiergegen wird aber vielleicht von anderer Seite ein 
Einwand erhoben, der auf den ersten Blick nicht unwichtig er- 
scheint. Wir kennen die schönen Pseudomorphosen des Malachit 
nach Lasur von vielen Fundorten, hingegen solche von Lasur 
nach Malachit gar nicht. Man hat daraus mit vollstem Rechte 
abgeleitet, dass sich Lasur verhältnissmässig leicht in Malachit 
umwandle, indem sie Kohlensäure verliere und Wasser aufnehme. 
Es ist dies auch unter dem Einfluss der Tagewässer leicht be- 
greiflich; allein man scheint mir sehr viel zu weit zu gehen, 
wenn man daraus schliessen will, dass nun überhaupt und überall 


* S, darüber meinen Aufsatz: Jahrb. 1865, S. 400. Auch €. W.C. 
Fuchs, künstl. dargest. Mineralien, 1872, S. 124 führt neue Belege an, 


251 


der Azurit ein primäres Product gegenüber dem Malachite sei. 
Denn einmal wird jene unanfechtbare Thatsache keineswegs durch 
die Annahme einer vorherigen Bildung des Azurit aus Malachit 
unter anderen äusseren Verhältnissen irgendwie allerirt, zweitens 
erklärt sich das Fehlen von Azurit-Pseudomorphosen nach Mala- 
chit zur Genüge aus der Seltenheit der Krystalle des Letzteren, 
und drittens offenbaren zahlreiche Stufen der gemeinsam auftre- 
tenden beiden Mineralkörper bei genauerer Besichtigung zweifel- 
los eine Entstehung im Sinne unserer Theorie. Vor mir liegende 
Handstücke aus Siberien (Kolywan), Chessy, Saalfeld ete. lassen 
für mich keinen Zweifel, dass an ihnen der Malachit ein primäres, 
der Azurit secundäres Gebilde sei. 50 bin ich überzeugt, dass 
bei weiterem Forschen alle etwaigen aus dem paragenelischen 
Verhalten abgeleiteten Bedenken mehr und mehr schwinden wer- 
den, und hoffe, die so oft aufgeworfene Frage nach der Ent- 
stehung des schönen Minerales in gewisser Weise befriedigend 
beantwortet zu haben. Befriedigend wenigstens gegenüber dem 
vollen Verzichte, zu welchem noch G. Biscnor (Chem. Geol. 2. 
Aufl. II, S. 788) sich gezwungen sieht, indem er die Entstehung 
der Kupferlasur geradezu für ein Räthsel erklärt. 


Terebratula vulgaris im Gipskeuper * der Trias Franken's. 


Herrn Inspector Zeiger 


in Würzburg. 


Das Thal des Maines verdankt, gleichwie die meisten Fluss- 
thäler, seine Entstehung. von seinem Ursprunge an, bis zu dessen 
Austritt aus dem bunten Sandsteine des Spessarts oberhalb Aschaf- 
fenburg, nahezu durchgängig einer Erosion. 

Ganz vorzüglich springt diese Erscheinung aber auf jener 
Strecke des genannten Flussgebietes da in die Augen, woselbst 
der Gipskeuperrücken, welcher sich dermalen als ein relativ schma- 
ler Rücken desselben quer über das Mainthal legt, an einer star- 
ken Einsattelung dieses Gebirgszuges an der Grenze des Steiger- 
waldes mit den Hassbergen. zwischen Eltmann und Hassfurth, am 
Ende der Postpliocän-Periode, durchbrochen wurde und in Folge 
der Mainthalbildung durch Erosion, diesseits des genannten Gips- 
keuper-Rückens von Hassfurth an, thalabwärts der Gipskeuper bis 
zum heutigen Steilrande des Steigerwaldes längs des von Nord- 
ost nach Südwest ziehenden Kammes dieses Steilrandes, der Art 
hinweggespült und gegen Süden und Südost zurückgedrängt wor- 
den ist, dass in der heutigen Thalsohle. welche vor der post- 


“ Die Etymologie des Wortes Gips ist deutschen und nicht griechi- 
schen Ursprunges, dies bezeugen die Ortsnamen, welche an Gipslagern 
liegen, als: Iphofen, Ipsheim, Ipesheim etc. und namentlich aber der Um- 
stand, dass man in der Volkssprache dieses Mineral nie Gips, sondern 
stets Ips nennen hört, daher wohl auch nicht Gyps, sondern Gips zu 
schreiben wäre. 


233 


pliocänen Fluthung vom Gipskeuper überdeckt war, Lettenkohlen- 
keuper in den verschiedensten Etagen vom Grenzdolomit abwärts 
bis zur Bairdien-Bank, theils mehr, theils weniger, sowie die 
obersten Etagen des Muschelkalkes im eigentlichen Sinne, diese 
jedoch nicht tiefer als bis incl. der wulstigen Kalke mit Pano- 
paea musculoides d’Ors. und Hyaecites elongatus v. ScuLoTH., nur 
einige Fuss unter der Ackerkrume, welche auf der Strecke zwi- 
schen Hassfurth und Kitzingen, ja selbst noch bis unterhalb Karl- 
stadt, aus krystallinischen Geschieben des Maines, und nahezu 
ganz reinem Quarzsande, theils mehr, -theils weniger mit Humus 
vermischt besteht, zu Tage treten, während theils Semionotus- 
Sandstein, theils auch, doch seltener Stubensandstein, die Höhen 
des ganzen genannten Keuperzuges an dessen Steilrande bekrönen. 

' Sehr häufig steht auch in der Thalebene die so charakteri- 
stische Grenzbank zwischen Leitenkohlenkeuper und Muschelkalk 
im eigentlichen Sinne, die Bairdienbank nämlich, in den verschie- 
densten ihr eigenthümlichen Modificationen sogar, an vielen Or- 
ten an. 

Auf der mehrerwähnten Strecke dieser Thalebene, vorzüglich 
aber auf dem Plateau der rechtseitigen Thalwand derselben, finden 
sich Stellen, an denen Oasen-artig die untersten Etagen des Gips- 
keupers, bestehend aus den diesen so charakterisirenden bunten 
roihen und meergrünen Mergeln, mit dazwischen liegenden dich- 
ten, licht rauchgrauen krystallinischen Mergelbänken, mit Corbula 
keuperina und Bleiglanz selbst bis zur Bank der schiefrigen Mo- 
dification dieser, mit Estheria minuta abgelagert, als von der hier 
ehemals während der postpliocänen Periode statigefundenen Strö- 
mung verschont geblieben, gefunden werden; ja selbst die untern 
Schichtengipse, welche als zu technischen Zwecken sehr tauglich 
befunden werden, daher auch sehr gesucht sind, und somit für 
diese Zwecke in den Steinbrüchen ausgebeutei werden, lagern 
auf der genannten Hochebene der rechtseitigen Thalwand, wie 
dies unter andern ganz vorzüglich bei Opferbaum im sog. Mahl- 
holz bei einer solchen Gipskeuper-Oase der Fall ist. 

Diese Oasen des Gipskeupers sind in den verschiedensten 
Grössen und Formen theils mehr theils weniger weit vom Steil- 
rande des von Nordost nach Südwest ziehenden Gipskeupers die- 
sem gegenüber in nördlicher und westlicher Richtung entfernt, 


254 


und es treten solche mainabwärts als die letzten solcher Ablage- 
rungen nordwestlich von Rottendorf zwischen diesem Dorfe und 
Lengfeld, dann sogleich hinter Lengfeld nordöstlich von hier, am 
sog. „blauen Berge“ auf, an welch’ letztgenannter Stelle ich sehr 
schöne Pseudomorphosen nach Kochsalz in dünnschiefrigen, ganz 
homogenen, licht rauchgrauen Mergeln, welche ca. 10 Fuss über 
dem Grenzdolomite des Lettenkohlenkeupers ihre bathrologische 
Stelle haben, fand, was wohl der erste Fund dieser Art in der 
Trias Unterfrankens, meines Wissens, sein dürfte, daher ich nicht 
anstehe, das Vorkommen dieser Pseudomorphosen bei dieser Ge- 
legenheit hier hiemit zu publiciren. 

Eine solche Gipskeuper-Oase befindet sich auch in südöst- 
licher Richtung von Rottendorf, sogleich hinter Effeldorf (Eisen- 
bahnstation Dettelbach). in der sog. „Giebelsau“; sie wird von 
der von Würzburg nach Kitzingen führenden Eisenbahn durch 
einen Einschnitt durchfurcht, wodurch der Einblick in ihre Lage- 
rungsverhältnisse seiner Zeit recht gut gestattet war. Von die- 
sem Bahneinschnitte nur Weniges und zwar rechts der genann- 
ten Eisenbahn, von Rottendorf und Kitzingen entfernt, ist eine 
gerade nicht unbedeutende Verfallung des Terrains wahrzuneh- 
men, bis zu welcher Strecke die ebengenannte Gipskeuper-Oase 
reicht und zwar noch zum Theil überdeckt. Hier beginnen über 
dem Grenzdolomit des Lettenkohlenkeupers ganz normal die bun- 
ten Mergel, wechsellagernd mit solchen, in welchen Gips in dün- 
nen Plättchen jene netzförmig nach allen Richtungen hin durch- 
setzt, und der dichten, licht-rauchgrauen krystallinischen Mergel- 
bank mit Corbula keuperina, bis endlich circa 20 bis 25 Fuss 
über dem Grenzdolomite eine sehr dichte, schmutzig lichtgelbe, 
sandige, mittelst Kalkspathpartikelchen gebundene, bisher in die- 
sem Horizonte noch nirgends beobachtete Mergelbank sich ein- 
stellt, welche den Abschluss gegen das Ausgehende bildet, so 
dass weiter nach Oben alle weiteren höheren normalen Schichten 
des Gipskeupers fehlen, und in jener Bank die Lösgebilde, sammt 
der Ackerkrume, eingesackt erscheinen. 

Diese Bankiistes nun, in welcher ich die deutlich- 
sten. unverkennbarsten Reste der Terebratula vulga- 
ris v. SchLot#, gebettet entdeckte. 

Ich glaube, dass das Auftreten dieses Brachiopoden in die- 


259 


sem Horizonte von grossem geologischem Interesse sein dürfte, 
da meines Wissens Terebratula überhaupt aus diesem Horizonte 
der Trias im Allgemeinen bisher noch ganz unbekannt ist, indem 
Terebratula schon vor dem Beginne des Letienkohlenkeupers, 
also schon jenseits der Grenzbank zwischen Lettenkohlenkeuper 
und Muschelkalk im eigentlichen Sinne, nämlich der Bairdienbank, 
als ganz aus der Trias entschwunden, angenommen ist. 

Besonders häufig, ganze Bänke erfüllend, erscheint Terebra- 
tula noch einmal ganz oben an der Grenze gegen den Leitten- 
kohlenkeuper. in einer unter dem Namen Trigonodus-Kalk be- 
kannten, erst in der Nähe Würzburgs beginnenden Modification 
des Muschelkalkes im eigentlichen Sinne, um sofort hierauf aus 
der Trias, wie bereits angenommen, ganz zu verschwinden, da- 
her die Entdeckung derselben im gedachten Horizonte des Gips- 
keupers wie bemerkt wohl von um so grösserem geologischem 
Interesse sein dürfte. 


Geologische Reisenotizen aus der Sierra Morena. 
Von 


Herrn Geh. Bergrath Ferd. Roemer 


in Breslau. 


Ich habe die Monate October und November v. J. zu einem 
kurzen Ausfluge nach Spanien benutzt. Das ist für den Süden 
von Spanien — und dieser war mein Reiseziel — eine vortreff- 
liche Jahreszeit zum Reisen, und erwies sich in diesem Jahre 
besonders günstig. Mit Ausnahme von drei Regentagen war das 
Wetter während der ganzen Zeil meines Aufenthalts vortrefflich. 
Wolkenloser Himmel und eine Temperatur wie bei uns im Juni 
oder Juli. Auf der kalten Hochebene von Castilien war das frei- 
lich anders. Hier trafen wir bei Avila auf der Nordseite des 
Guaderama-Gebirges am 10. October schon Schnee und in Madrid. 
wenn auch nicht Schnee, doch sehr unfreundliche und kalte Wit- 
terung, welche durchaus nicht zu längerem Verweilen einlud. 
Trotz des kurzen Aufenthalts nahm ich mir doch die Zeit zu 
einem Besuche des naturhistorischen Museums. Die mineralo- 
gisch-geologische Abtheilung hatte sich seit dem Jahre 1864, in 
welchem ich sie schon gesehen, nicht sehr erheblich vervoll- 
kommnet. Die Mineraliensammlung ist, von einigen grossen Schau- 
stücken abgesehen, sehr mässig. Man vermisst namentlich Mi- 
neralien aus Mexico und den südamerikanischen, früheren spani- 
schen Colonien, welche bei der langen Herrschaft der Spanier 
über diese Länder man gewiss in schönen Suiten hier vertreten 
zu finden erwarten dürfte. Die Sammlung von Meteoriten enthält 


257 


einige bemerkenswerthe Stücke. Das grösste ist ein nach der 
beiliegenden Etiquette bei Molina in der Provinz Murcia am 24. 
December 1858 bei Tagesanbruch gefallener, 114 Kilogramm 
schwerer Stein. Er gehört daher zu den grössten bekannten 
steinartigen Meteoriten. Die paläontologische Sammlung besitzt 
in dem 1789 bei Buenos Ayres gefundenen berühmten Skelet des 
Megatherium giganteum ein Prachtstück von hohem Werth. Aber 
alles Übrige ist unbedeutend und verdient kaum eine nähere Be- 
sichtigung. In ganz Spanien existirt keine Sammlung spanischer 
Petrefakten, welche sich mit der von E. ve Verneum in Paris auf 
seinen wiederholten Reisen in Spanien zusammengebrachten an 
Vollständigkeit und wissenschaftlichem Werth auch nur entfernt 
vergleichen liesse. 

Eine 22stündige Eisenbahnfahrt brachte mich von Madrid 
nach Sevilla. Hier lernte ich durch die Güte des Professors Don 
Antonio Macnanpo y Nunez die vorzugsweise durch seine Be- 
mühungen gegründete mineralogische Sammlung in der Universi- 
tät kennen. Sie ist nur klein, aber ich sah doch manches für 
mich Interessante. Dahin gehört ein fast vollständiger 6 Pfund 
schwerer Meteorstein, welcher nach der nebenliegenden Etiquette 
im Jahre 1866 am 6. December Morgens um 11 Uhr in der Ge- 
meinde Elgueras im Distrikte Cangas de Onis in der Provinz 
Oviedo gefallen ist. Ferner Exemplare von Terebratula diphya 
aus der Nähe von Cordova, beweisend, dass die durch diese Mu- 
schel bezeichnete Schichtenfolge, deren nähere Niveau-Bestimmung 
deutsche und französische Geognosten in jüngster Zeit so viel- 
fach beschäftigte, sich von Rogoznik in der Tatra durch das ganze 
südliche Europa bis in die Südwestecke des Continents verfolgen 
lässt. Ein werthvolles Stück der Sammlung ist ferner ein im 
Diluvium von Almodovar del rio, westlich von Cordova, gefun- 
dener, schön erhaltener Unterkiefer von Elephas (Euelephas) ar- 
meniacus FaLcoxer. Die Artbestimmung des Stücks ist durch 
Farconer selbst geschehen, der zu dem Zwecke nach Sevilla ge- 
kommen war. Bis dahin war die Art nur aus der Gegend von 
Erzerum in Armenien bekannt gewesen. 

‘Von Sevilla wendeten wir uns nach Huelva, der Hauptstadt 
der den westlichsten Theil von Andalusien bildenden gleichnami- 


gen Provinz. Eine Eisenbahn fehlt hier noch, und der gegen 12 
Jahrbuch 1873. 17 


258 


deutsche Meilen lange Weg war in der Diligence zurückzulegen. 
Sobald man aus dem ungemein fruchtbaren breiten Thale des 
Guadalquivir die westlichen Thalgehänge hinansteigt, erscheinen 
graue Mergel und Reste der pliocänen Tertiär-Bildung, welche 
das ganze Thal des Guadalquivir bis oberhalb Cordova ausfüllt 
und den Beweis liefert, dass dieses ganze Guadalquivir-Becken 
in der jüngeren Tertiärzeit ein von der Sierra Morena einerseits 
und von den Gebirgszügen von Ronda und von Jaen andererseits 
begrenzter, tief in das Festland hineingreifender Meerbusen war. 
Das ganze zum Theil sehr fruchtbare Wein- und Oliven-reiche 
Hügelland zwischen Sevilla und Huelva wird durch diese Tertiär- 
Schichten gebildet. Nur bei Niebla treten im Bette des Rio Tinto 
steil aufgerichtete schwarze Thonschiefer zu Tage, welche von 
rothen Mergeln und diese wieder von weissen Kalksteinen in fast 
wagerechten Schichten überlagert werden. Diese Thonschiefer 
sind hier der südlichste Ausläufer der weiter nordwärts auf dem 
Südabhange der Sierra Morena weit verbreiteten Gesteine. Bei 
Huelva selbst sind die aus grauen Thonen und Sanden bestehen- 
den Tertiär-Schichten an den Wänden des gegen fünfzig Fuss 
hohen steilen Abhanges, mit welchem hier das Land gegen die 
Bai hin abfällt, deutlich aufgeschlossen. Die Schichten sind mit 
wohl erhaltenen Versteinerungen erfüllt. Ich sah darunter nur 
bekannte Arten der italienischen Subapenninen-Bildung, wie na- 
mentlich Pecten cristatus, Natica miüllepunctata, Dentalium ba- 
dense Parrsch (D. striatum Lam.) u. s. w. Die Aufschlüsse der 
Schichten waren jetzt um so deutlicher, da man beschäftigt war, 
einen Theil des steilen Abhanges hinter der Stadt abzutragen, 
um das Material zur Auffüllung eines zur Anlage eines Eisen- 
bahnhofes bestimmten Terrains am Hafen zu gewinnen. Die Stadt 
Huelva, welche der nicht bedeutenden, nur 8000 bis 10,000 be- 
tragenden Einwohnerzahl ungeachtet in neuerer Zeit als Ver- 
schiffungsplatz der namentlich nach England ausgeführten Erze 
der an metallischen Schätzen reichen Provinz, und ausserdem 
auch von Südfrüchten eine ansehnliche commercielle Bedeutung 
erlangt hat, ist an dem aus der Sierra Morena kommenden Flusse 
Odiel, der bis hierher für Dampfschiffe und kleinere Segeischiffe 
schiffbar ist, sehr günstig gelegen. Der Anblick des Flusses ist 
freilich nicht gerade schön. In viele Arme verzweigt fliesst er 


259 


zwischen diesen unabsehbaren Sumpfflächen, die zur Fluthzeit vom 
Wasser zum Theil überschwemmt sind. Das Wasser ist hier 
übrigens schon ganz salzig. Das bewies uns eine hausgrosse 
vierseitige Pyramide von Seesalz, welches man während des Som- 
mers hier in flachen Gräben gewonnen und so zum Verkauf auf- 
geschichtet hatte. Auch bei Cadix hatte ich auf meiner früheren 
Reise solche Salz-Pyramiden gesehen, und noch an mehreren 
anderen Punkten der Südküste von Spanien wird in gleicher Weise 
Seesalz gewonnen. Wenige Kilometer unterhalb Huelva vereinigt 
sich, kurz vor seiner Mündung in das Meer, der Odiel mit dem 
Rio Tinto, der ebenfalls in der Sierra Morena und zwar bei den 
berühmten nach ihm benannten Kupferminen entspringt. Gerade 
an der Vereinigung liegt auf einer vorspringenden, steil abfallen- 
den Landecke das verlassene Kloster La Rabida, mit dessen Ge- 
schichte Corumgvus’ ruhmreicher Name in bedeutsamer Weise ver- 
knüpft ist. Hierher kam Corunsus zufällig im Jahre 1486 als 
unbekannter Wanderer, fand bei dem Prior des Klosters, Juan 
PEREZ DE MARCHENA, nicht nur gastliche Aufnahme, sondern auch 
eine so eifrige Förderung seiner Weltentdeckungs-Pläne, dass 
nur dieser und im Besonderen seiner Fürsprache bei der Königin, 
deren Beichtvater er gewesen, es zu danken ist, wenn CoLumBus 
endlich nach langen vergeblichen Bemühungen sein grosses Un- 
ternehmen ausführen konnte. Palos, die unbedeutende Hafenstadt, 
von welcher er mit seinen drei kleinen Schiffen absegelte, und 
wo er auch bei seiner Rückkehr landete, liegt ganz in der Nähe, 
kaum 4 Kilometer entfernt, am Rio Tinto, Jetzt freilich ist das 
Kloster verödet, Mönche und Prior sind fort und der Kloster- 
garten bis auf eine einzelne schöne Dattelpalme verwüstet. Auch 
das Klostergebäude selbst würde wohl wie so viele andere Klö- 
ster in Spanien seit der im Jahre 1836 erfolgten allgemeinen 
Aufhebung derselben, längst eine vollständige Ruine geworden 
sein, wenn nicht der bis zu der letzten politischen Umwälzung 
in Sevilla lebende Herzog von Monrensier durch Ausführung der 
nöthigsten Reparaturen und durch die Einsetzung eines Wächters 
sich um die Erhaltung des historisch denkwürdigen Gebäudes 
verdient gemacht hätte. 

In Huelva hatten wir bei den hier als Kaufleute angesiedel- 


ten deutschen Landsleuten und im Besonderen bei dem deutschen 
re 


260 


Consul, Herrn W. Sunpnem, die liebenswürdigste und gastfreund- 
lichste Aufnahme gefunden. Als ich dann meine Reise in das 
Innere des Landes antreten wollte, fand ich in der Person des 
Herrn Tueopvor Brum, eines seit Jahren in Spanien lebenden deut- 
schen Berg-Ingenieurs, den angenehmsten und kundigsten Reise- 
begleiter. Ich wollte zunächst das grosse Erzlager von Tharsis, 
welches in den letzten Jahren durch die Grossartigkeit seiner 
Ausbeute Aufsehen erregt hat, besuchen. Dasselbe liegt gegen 
40 Kilom. NNW. von Huelva in der Sierra Morena. Wir be- 
nutzten um dahin zu gelangen die von der Englischen Gesell- 
schaft lediglich zu dem Zweck des Erz-Transportes mit einem 
Geldaufwand von angeblich 500,000 & erbaute Eisenbahn, welche 
Huelva gegenüber mit einer langen, weit in den Hafen hinaus- 
gebauten Landungsbrücke (Pier) endigt, auf welcher die erzbela- 
denen Waggons ihren Inhalt unmittelbar in die Dampischiffe ent- 
laden, durch welche der Transport nach England bewirkt wird. 
Mit einem aus leeren Erzwagen bestehenden Zuge, auf welchem 
wir die einzigen Passagiere waren, gelangten wir durch das von 
der Küste sanft ansteigende, fast ganz unangebaute Hügelland 
nach Tharsis und durch einen 380 Meter langen Tunnel auch 
gleich mitten in die Grube.- Das ist ein wunderbar überraschen- 
der Anblick, der sich hier darbietet. Man befindet sich im Grunde 
einer ungeheuren, von 120 Fuss hohen senkrechten Wänden ein- 
geschlossenen steinbruchartigen Vertiefung. Der obere 20 bis 
25 Meter hohe Theil der Wände besteht aus lebhaft ziegelrothen 
Thonschiefern. Darunter folgt in scharfem Contrast der Farbe 
eine grünschwarze Masse. Das ist das Erzlager. In einer Länge 
von 500 Meter und in einer horizontalen Breite von 00 bis 
150 Meter ist dasselbe hier blossgelegt. Wie weit es in die 
Tiefe niedergeht, ist unbekannt. Mit einem in der Sohle des 
gegenwärtigen Tagebaus niedergebrachten Schachte fand man in 
40 Meter Tiefe das Erz noch von gleicher Beschaffenheit. Die 
grösste Lebendigkeit herrscht in dem Tagebau. Hunderte von 
Arbeitern sind mit dem Abräumen des die Bedeckung des Erz- 
lagers bildenden Thonschiefers, mit dem Sprengen oder Losbre- 
chen des Erzes und mit dem Beladen der Wagen beschäftigt. 
Sucht man sich nun, nachdem man den allgemeinen Eindruck 
dieses merkwürdigen Schauspiels in sich aufgenommen hat, von 


261 


den geologischen Verhältnissen des Erzlagers eine nähere Dar- 
stellung zu verschaffen, so erkennt man Folgendes: das herr- 
schende Gestein der ganzen Gegend sind steil aufgerichtete, von 
Ost nach West streichende dunkle Thonschiefer. Diesen ist das 
Erzlager in solcher Weise gleichförmig eingelagert, dass es bei 
gleichem Streichen von Ost nach West und bei steilem, 70° bis 
80° betragenden Einfallen gegen Süden im Hangenden wie im 
Liegenden durch die Thonschiefer gleichmässig begrenzt wird. 
Auch die Bedeckung des Erzlagers nach oben wird durch Thon- 
schiefer gebildet. Die Thonschiefer, welche sonst in dem Gebiete 
schwarz oder dunkelgrau sind, zeigen sich in der Nähe des Erz- 
lagers enlfärbt und sind theils weisslich, theils ziegelroth. 


Das Erzlager selbst besteht aus feinkörnigem oder dichtem 
Schwefelkies mit einem zwischen 2 bis 12 Proc. schwankenden 
Kupfergehalt. Im frischen Zustande des Erzes ist der Kupfer- 
Gehalt mit dem Auge gar nicht erkennbar. Beim Liegen an der 
Luft verräth er sich aber bald durch den Überzug von erdigem 
Malachit, der sich auf der Oberfläche des Stücks bildet. Häufig 
ist das Erz auch schwarz durch einen Überzug von pulveriger 
Kupferschwärze. Dann pflegt es zugleich porös und mehr oder 
minder zersetzt zu sein. Sehr selten kommt Bleiglanz in dem 
Erze vor. Ich fand nur eine kleine Druse mit erbsengrossen, 
würfelförmigen Krystallen. Auch kleine aber glänzend glatte 
Krystalle von Vitriolblei (Anglesit) sammelte ich in einigen klei- 
nen Stufen. Nach oben wird das Erzlager von grossen Blöcken 
von dichtem Brauneisenstein bedeckt. Die Grenze desselben 
gegen das Erzlager ist auffallend scharf und wagerecht. Die 
Blöcke reichen zum Theil bis zur Oberfläche und ragen als Fel- 
sen über dieselben vor. Die meisten anderen Schwefelkies-Lager 
in diesem Theile der Sierra Morena sind von einem solchen 
„Eisernen Hute“ von Brauneisenstein, welcher sich augenschein- 
lich aus der Zersetzung des Erzes gebildet hat, bedeckt, und all- 
gemein hat wohl derselbe zu der Auffindung der Erzlager geführt. 


Die gegenwärtige Gewinnung beträgt gegen 30,000 bis 40,000 engl. 
tons per Monat, da die ganze Länge des Erzlagers durch Schächte und 
Bohrlöcher zu mehr als 1 Kilometer ermittelt ist, so erscheint auch bei 
einer so bedeutenden Gewinnung ein ausreichender Erzvorrath noch für 
eine längere Reihe von Jahren gesichert. Der grössere Theil des gewon- 


262 


nenen Erzes wird nach England verschickt, um dort zunächst für die Dar- 
stellung von Schwefelsäure verwendet zu werden, während man die Rück- 
stände nach einem neuen Verfahren auf Kupfer und Eisen verarbeitet und 
so alle Bestandtheile des Erzes benutzt. Ein geringerer Theil des ge- 
wonnenen Erzes wird an Ort und Stelle geröstet, ausgelaugt und zur Dar- 
stellung von Cement-Kupfer benutzt. Ein ungeheurer Flächenraum in der 
Nähe des Erzlagers ist mit den rauchenden Rösthaufen bedeckt und mei- 
lenweit ist die über denselben aufsteigende Rauchsäule in das Gebirge 
hinein sichtbar. Gegen 40,000 engl. tons des Erzes befanden sich augen- 
blicklich nach Angabe des dirigirenden Beamten in der Röstung begriffen. 
Die Erzhaufen bedürfen zu ihrer Entzündung nur einer dünnen Unterlage 
von Uistus-Gesträuch. 

Die grossartige und gewinnbringende Ausbeutung des Erzlagers be- 
steht übrigens erst seit einigen Jahren. Die französische Gesellschaft, 
welche früher das Erz nur unterirdisch abbaute und dasselbe nur für die 
Darstellung von Cäment-Kupfer benutzte, hatte durchaus nicht ähnliche 
Erfolge aufzuweisen. Erst als die Ausbeutung des Erzlagers in die Hände 
der englischen Gesellschaft überging, begann mit der Einrichtung des 
grossartigen Tagebaus und mit der Ausfuhr des Erzes nach England die 
gegenwärtige Aera des glänzendsten Erfolges. 


Zur Einrichtung des Tagebaus war man zum Theil durch die Stö- 
rungen veranlasst, welche zahlreiche alte Baue der Römer in dem Erz- 
lager dem regelmässigen unterirdischen Abbau entgegenstellten. Dass 
diese alten Baue wirklich von den Römern herrühren, wird durch die 
häufige Auffindung von Münzen und von zahlreichen Geräthen römischer 
Arbeit bewiesen. Auch Wasserräder und ausgezimmerte Schächte römi- 
scher Arbeit haben sich bis auf den heutigen Tag erhalten. Uns wurde 
namentlich ein sehr kunstgerecht ausgezimmerter Schacht von römischer 
Arbeit gezeigt. Die Römer suchten hier natürlich nur das Kupfer, da 
der Schwefelkies für sie werthlos. Sie wussten die kupferreicheren Par- 
tien des Erzstocks aufzufinden, und bauten nur diese ab. Weite, dom- 
artige Höhlungen, von deren Decke Fuss-lange und zum Theil Centner- 
schwere Stalaktiten von Kupfervitriol herabhingen, sind zurückgeblieben, 
wo sie diese reicheren Erzpartien fortgenommen haben. Ausgedehnte 
Schlackenhalden bei der Nähe des Erzlagers bezeugen ausserdem die lange 
Zeiträume hindurch fortgesetzte Ausbeutung des Erzlagers durch die Rö- 
mer. Übrigens ist Tharsis nicht etwa der Name einer Ortschaft, sondern 
die Benennung des das Erzlager umgebenden Berglandes. Erst seit eini- 
gen Jahren ist aus den Häusern, welche die Gesellschaft zur Unterbringung 
der gegen 4000 Köpfe betragenden Arbeiter-Colonie erbauen liess, ein an- 
sehnlicher Flecken erwachsen. 


Von Tharsis begaben wir uns nach der Mangangrube Risco 
Bacco bei dem nur wenige Kilometer von Tharsis entfernten 
Städtchen Alosno. Das Grubengebäude liegt auf einem Hügel, 


263 


von welchem man die Gegend ziemlich weit übersieht. Auf einem 
benachbarten Hügel breitet sich das Städtchen Alosno aus. Un- 
weit desselben beweist ein junger, üppig wachsender Pinien-Wald, 
dass das Klima dem Baumwuchs keineswegs hinderlich ist, und 
dass es nur des Schutzes der jungen Pflanzungen durch Einfrie- 
digung bedarf. um sie gedeihen zu lassen. Im Thale wird durch 
eine Quelle ein kleiner Orangengarten bewässert. Sonst ist das 
umgebende Hügelland unbebaut und überall mit den 3 bis 4 Fuss 
hohen Stauden von Cistus ladaniferus, dieser eigentlichen Cha- 
rakterpflanze des ganzen Südabfalls der Sierra Morena dicht be- 


wachsen. 


Die Manganerze bilden Nester oder unregelmässige Lager, welche in 
ihrem Vorkommen an das Auftreten von mächtigen, durch Eisenoxyd roth 
gefärbten und zum Theil in rothen Jaspis übergehenden Quarzlagern, 
deren Ausgehendes in der Form von mauerartigen Felskämmen auf der 
Höhe des Bergrückens hervortritt, in der Art gebunden, dass sie in den 
Quarzlagern selbst, oder auf der Grenze derselben gegen die Thonschie- 
fer, welche in der ganzen Gegend das herrschende Gestein bilden, sich 
finden. Das herrschende Erz ist ein dichter oder feinfaseriger Pyrolusit. 
Selten kommen deutlich bestimmbare kleine Krystalle vor. Durch Auf- 
bereitung wird das Erz zum Theil von der anhängenden Bergart befreit. 
Die Grube Risco Bacco gehört wie mehrere andere derselben Gegend dem 
deutschen Handlungshause Sunpszım und Dortsch in Huelva. Das Vor- 
kommen der Erze ist überall ganz ähnlich. Nächst den kupferhaltigen 
Schwefelkiesen sind die Manganerze das wichtigste Mineral-Produkt der 
Provinz Huelva. Gegen 40,000 engl. fons Manganerze werden jährlich in 
Huelva nach England, Frankreich und Deutschland verschifft. 


Die Thonschiefer, welche in der ganzen Gegend das herr- 
schende Gestein bilden, wurden bisher für silurisch gehalten. So 
sind sie namentlich auch auf der vortrefflichen geologischen Karte 
von Spanien von E. pe VeErneum und E. Corzomg bezeichnet. Als 
ich meinen landeskundigen Begleiter, Herrn Tueovor Brum fragte, 
ob ihm kein Vorkommen von Versteinerungen in den Thonschie- 
fern bekannt sei, führte er mich an eine Stelle am nördlichen 
Ausgange des Städtchens Alosno, wo ich zu meiner nicht ge- 
ringen Überraschung die Schichiflächen des stark zerklüfteten 
blaugrauen Thonschiefers mit den deutlich erhaltenen Schalen 
von Posidonomya Becheri in dichter Zusammenhäufung bedeckt 
fand. Das ganze Vorkommen der Muschel gleicht so durchaus 
demjenigen in Nassau, in Westphalen und am Harz, dass man 


264 


sogleich beim ersten Blick die Überzeugung gewinnt, dass man 
hier dasselbe Fossil aus einer Ablagerung gleichen Alters vor 
sich hat. Während in Belgien und in Frankreich die Art nicht 
bekannt ist, erscheint sie hier in der südwestlichsten Ecke von 
Spanien mit allen Merkmalen des deutschen Vorkommens wieder. 
Auch Avicula lepida GoLor. und Pecten Münsteri H. v. Meyer, 
zwei gewöhnliche Begleiter der Posöidonomya Becheri in den 
Schiefern der Culm-Bildung Nassau’s und Westphalen’s, wurden 
mit Sicherheit erkannt. Auf dem Rückwege von Alosno nach 
Huelva fand ich Posedonomya Becheri auch an der Eisenbahn- 
station Medio millar in einem Einschnitte der Bahn. In Huelva 
erhielt ich sie ferner von einem noch einige Kilometer weiter 
südlich gelegenen Punkte, bei der grossen Eisenbahnbrücke, der 
sogenannten Meca-Brücke. Nach der mündlichen Mittheilung des 
Bergingenieurs Savapı endlich ist sie auch viele Meilen weiter 
westlich an der Laja, auf deın linken Ufer des Guadiana, gefun- 
den worden. So ist ihr Vorkommen jedenfalls über ein ansehn- 
liches Gebiet auf dem Südabfalle der Sierra Morena verbreitet 
und für eben dieses Gebiet die Zugehörigkeit der Thonschiefer 
zu der Culm-Bildung, der den Kohlenkalk vertretenden eigen- 
thümlichen Facies des älteren Steinkohlengebirges erwiesen. 
Nach einer zweitägigen Rast in Huelva brachen wir von 
Neuem zu einem Ausfluge auf. Dieses Mal waren die berühmten 
Kupfergruben von Rio Tinto das Reiseziel. Dieselben liegen 60 
Kilom. nordöstlich von Huelva in der Sierra Morena. Bis zu dem 
Städtchen Valverde del Cammino konnten wir wieder eine Erz- 
eisenbahn benutzen, die Buitron-Bahn, welche von San Juan del 
Puerto, dem Punkte, wo der Rio Tinto für kleinere Fahrzeuge 
schiffbar wird, über Valverde nach Buitron, einem einige Kilo- 
meter nördlich von Valverde gelegenen kupferhaltigen Schwefel- 
kieslager führt und für den Transport des Erzes an die Küste 
erbaut ist. Die Strecke von Valverde bis Rio Tinto ist dagegen 
zu Pferde zurückzulegen. Eine Strasse existirt nicht. Es ist ein 
elender Saumpfad, der ohne alles Zuthun von künstlichem Wege- 
bau lediglich durch die Tritte des Saumthiers selbst gebildet ist. 
An einigen Stellen ist er halsbrecherisch genug, und nur dem 
sicheren Schritte der Pferde des Landes, welche auf so schlech- 
ten, felsigen Pfaden zu gehen gewohnt sind, hat man es zu 


269 


danken, wenn man ohne Unfall über dieselben gelangt. Und 
doch ist der Weg als das einzige Communicationsmittel zwischen 
Valverde und der zahlreichen Arbeiterbevölkerung am Rio Tinto 
und den höher im Gebirge gelegenen Ortschaften nicht ohne 
Wichtigkeit. 

Gleich nachdem man die letzten Häuser von Valverde hinter 
sich hat, befindet man sich in vollständiger Wildniss. Jeder An- 
bau hört auf. So weit man sehen kann, ist das durch unzählige 
kleine Thäler in einzelne gerundete Bergkuppen zerschnittene 
Land mit den drei bis vier Fuss hohen Stauden von Cistus la- 
daniferus bedeckt. Die eigenthümliche graugrüne Farbe seines 
Laubes ist die Farbe des Landes. Nach ihr wäre die Sierra 
Morena (moreno, braunschwarz) viel passender benannt, wenn 
überhaupt die Benennung nach der vorherrschenden Färbung bätte 
gewählt werden sollen. Das ist jedoch ursprünglich nicht der 
Fall gewesen, sondern die gegenwärtige Benennung ist aus einer 
Corruption von Mons Marianus entstanden *. Myrien (Myrtus 
communis var. latifolia), Pistacien (Pistacia lentiscus) und immer- 
grüne Eichen (Quercus coccifer) sind nächst dem Cistus ladanı- 
ferus die gewöhnlichsten Sträucher. 

In den Thälern ist längs der Wasserläufe die Vegetation 
artenreicher und üppiger. Oleander-Gebüsche wechseln in dem 
Bette der Bäche selbst. An den Abhängen bildeten mannigfache 
immergrüne Sträucher ein dichtes Gebüsch. Unter denselben ge- 
währten die Stauden des Erdbeerbaums (Arbutes unedo), gleich- 
zeitig die zierlichen, Maiblumen-ähnlichen weissen Blüthen und 
die Erdbeer-artigen, rothen Früchte tragend, einen reizenden 
Anblick. 

Durch solches Land führt der einsame Weg stundenlang fort. 
Einige Maulthiertreiber, welche Fische von der Meeresküste in 
die höheren Theile des Gebirges gebracht und als Rückfracht 
Kastanien geladen hatten, und einige „Guardias civiles“ (Gens- 
d’armen), waren die einzigen Personen, welche uns im Laufe von 
mehreren Stunden begegneten. Die Guardias civiles sind dem 
Reisenden stets eine angenehme Erscheinung, nicht blos wegen 


* Vergl. Diez: Ethymolog. Lexicon der roman. Sprachen, Bonn 1861, 
Vorrede, p. XXV. 


266 


ihrer sauberen und stattlichen äusseren Erscheinung, sondern als 
Bürgen für die persönliche Sicherheit in dem menschenarmen 
Lande. Dank dieser vorzüglichen Truppe ist das früher auch in 
Andalusien so allgemein verbreitete Räuberunwesen in den letz- 
ten Jahren fast ausgerottet. 

Nach einem vierstündigen Ritt traten wir in eine Zone von 
lichiem Eichenwald ein. Es sind immergrüne Eichen mit süssen, 
essbaren Früchten (Quercus ballota L.). Die Eicheln waren ge- 
rade reif. Heerden schwarzborstiger Schweine thaten sich an 
ihnen gütlich, und die Schweinehirten waren beschäftigt, die noch 
nicht abgefallenen Früchte mit langen Stangen von den Bäumen 
abzuschlagen. Übrigens werden diese Eicheln wegen ihres an- 
genehmen Geschmacks auch von Menschen gern gegessen, und 
die Landleute bieten den Reisenden dergleichen an, wie ınan bei 
uns Nüsse anbieten würde. Diese Essbarkeit der spanischen 
Eicheln war schon im Alterthume bekannt. SrrAaBo und Prinius 
erwähnen dieselbe und theilen mit, dass ganze Stämme der alten 
Iberer vorzugsweise von ihnen lebten, indem sie Brot oder Ku- 
chen aus denselben bereiteten. 

Mit dem Betreten des Eichenwaldes änderte sich auch die 
geognostische Beschaffenheit des Bodens. Während bis dahin 
dunkele, von zahllosen, zolldicken, weissen Quarzadern durch- 
zogene Thonschiefer. ihre alte Bedeckung, mit Diluvium das herr- 
schende Gestein gebildet hatten, trat jetzt ein dunkeler Grünstein 
auf. Kugelig abgerundete Blöcke des Gesteins lagen überall an der 
Oberfläche umher. Dies Gestein gleicht ganz dem Diabas der 
Oberharzer Grünsteinzüge. Wie dieser ist er theils dicht, theils 
krystallinisch-körnig. theils mandelsteinartig. 

Auch die gleichförmige, im Fallen und Streichen überein- 
stimmende Lage des Grünsteins in, den Thonschiefern ist ganz 
wie am Harze. Das sieht man noch deutlicher bei einem klei- 
nen, nur {0 Fuss breiten Grünsteinzuge, welcher weiter nord- 
wärts folgt. Völlig scharf und geradlinig von Ost nach West ist 
hier die Begrenzung des Lagers gegen den einschliessenden, 
steil aufgerichteten Thonschiefer. 

Sobald man aus dem Eichenwald hervortritt, sieht man in 
der Entfernung den ganz kahlen und felsigen Rücken des Salo- 
mon-Berges, an dessen Fusse die Gruben von Rio Tinto liegen, 


267 


in intensiv ziegelrother Färbung als eine weithin leuchtende, auf- 
fallende Erscheinung über das flachere Bergland hervorragen. 
Man denkt nach Bergform und Färbung unwillkürllich an einen 
Vulkan. Die Täuschung wird noch grösser, wenn man sich dem 
Orte Rio Tinto noch mehr nähert und endlich einen niedrigen 
Rücken überschreitend denselben plötzlich unmittelbar vor sich 
sieht. Man steht am Rande eines mehrere hundert Fuss tiefen 
und über einen Kilometer langen Thales, dessen nördlicher Ab- 
hang von den Häusern und Hütten der etwa 800 Einwohner zäh- 
lenden Bergstadt Rio Tinto eingenommen wird. Im östlichen 
Hintergrunde des Thales erhebt sich ein gegen 100 Meter hoher, 
auffallend regelmässig kegeltörmiger Hügel (La Vacca). von wel- 
chem Rauchwolken und schwefelsaure Dämpfe aufsteigen, die das 
ganze Thal erfüllen und oft für das Athmen beschwerlich. Da- 
bei sind die Wände des Thales kahl und von lebhafter, ziegel- 
rother Färbung. Hier ist der Krater des Vulkans! So würde 
der Laie unwillkürlich bei diesem Anblick ausrufen. Und doch 
ist das nur Täuschung. Kein vulkanisches Gestein ist hier vor- 
handen. Thonschiefer ist, wie in dem ganzen umgebenden Ge- 
birgslande, die herrschende Gebirgsart. Die rothe Färbung rührt 
von mächtigen Eisenstein-Massen, welche dem Thonschiefer auf- 
gelagert sind, und der Rauch steigt von den zahlreichen Röst- 
haufen des Erzes auf. 

Wir fanden bei dem dirigirenden Bergwerksbeamten Don 
Joagum GonzarLo Tarın, dem wir empfohlen waren, freundliche 
Aufnahme. Diese Gastfreundschaft war freilich auch sehr noth- 
wendig, denn die erbärmliche Fonda hätte uns wohl einen sehr 
traurigen Aufenthalt geboten. Freilich war auch die Wohnung 
des Herrn Tarın, obgleich ein Regierungsgebäude, keineswegs 
glänzend, sondern befand sich in sehr verfallenem Zustande. Mehr 
oder minder war das auch ıit den übrigen Gebäuden des Ortes 
der Fall. Dasselbe erscheint überhaupt nicht sehr einladend zu 
längerem Verweilen. Die völlige, durch die schwefelsauren Dämpfe 
bewirkte Abwesenheit jeder Vegetation, selbst des kleinsten Gras- 
halms oder Mooses, lässt dasselbe schon öde genug erscheinen. 
Zahlreiche schwarze Schweine, frei in den Strassen umherlaufend, 
tragen nicht zur Reinlichkeit derselben bei. Weht der Wind aus 
Osten von den Rösthaufen her, so ist die ganze Stadt von er- 


268 


stickenden Dämpfen erfüllt. Alle Nahrungsmittel der Bevölkerung 
müssen aus grösserer Entfernung herbeigeführt werden. Die- 
selbe besteht übrigens auch ausschliesslich aus den bei dem Berg- 
bau und in den Hütten beschäftigten Arbeitern und Beamten. 

Den felgenden Tag nach unserer Ankunft benützten wir. um 
uns zunächst eine allgemeine Vorstellung von den geognostischen 
Verhältnissen, unter denen das Erzlager auftritt, zu verschaffen. 

Das herrschende Gestein der ganzen Gegend, dem auch das 
Erzlager untergeordnet ist, ist Thonschiefer, der hier zwar keine 
Versteinerungen enthält, nach seinem ganzen Verhalten aber dem- 
jenigen gleicht, welches bei Alosno und an anderen Punkten 
Posidonomya Becheri enthält und also der Culm-Bildung zugehört. 
Mehr oder minder mächtige Lager von Grünstein und Quarzpor- 
phyr, im Streichen von Ost nach West und in dem Fallen mit 
dem Thonschiefer übereinstimmend, sind dem letzteren einge- 
lagert. Der Quarzporphyr ist meistens schieferig, gelblichgrau 
und von wenig ausgezeichneter porphyrischer Structur. Die in 
der dichten Grundmasse ausgesonderten Orthoklaskrystalle sind 
klein und in der Farbe wenig von derjenigen der Grundmasse 
unterschieden. Zuweilen gleichen diese Porphyre auffallend den 
durch H. v. Dec#en beschriebenen schieferigen Quarzporphyren 
an der Lenne in Westphalen. Die spanischen Geologen haben 
zwischen diesen Porphyren und den Erzlagern von kupferhalti- 
gem Schwefelkies einen wesentlichen Zusammenhang, in der Art, 
dass das Vorkommen der Erzlager an das Auftreten der Por- 
phyre gebunden sei. zu erkennen geglaubt. Allein diese Annahme 
ist nicht haltbar. Bei einigen der Erzlager. wie namentlich bei 
demjenigen von Tharsis *, fehlen die Quarzporphyre durchaus. 
Bei anderen ist ihr Vorkommen in der Nähe der Erzlager offen- 
bar zufällig. Dies scheint mir auch von einem nicht sehr mäch- 
tigen Lager des Porphyrs bei Rio Tinto zu gelten. 

Die ganze Gegend von Rio Tinto überragt der 542 Meter . 
hohe ** Cerro Colorado (Rother Berg). Es ist ein rauher, fel- 


* Zwischen Tharsis und Alosno ist ein durch einen alten Steinbruch 
aufgeschlossenes Lager von schieferigem Quarz-Porphyr vorhanden, aber 
das Erzlager selbst ist im Hangenden wie im Liegenden lediglich durch 
Thonschiefer begrenzt. 

** Nach Angabe der Karte: (arta geografico-minera de la provincia 
de Huelva por el Iugeniero 1° del Cuerno nacional de minas D. Joagum 


269 


siger Rücken, der aus durch Brauneisenstein verkitteten Bruch- 
stücken von Thonschiefer und Quarz besteht. Ungeheure Massen 
von losen Blöcken von Brauneisenstein bedecken namentlich den 
nördlichen Abhang des Rückens. Es ist ein dichter, mit vielen 
Höhlungen erfüllter Brauneisenstein. In den Höhlungen ist der 
Brauneisenstein kleintraubig und zum Theil mit lebhaften Farben 
bunt angelaufen. Ziegelrother, durch Eisenoxyd gefärbter Thon, 
erfüllt zum Theil die Höhlung. Dadurch erscheint der Eisenstein 
überhaupt, namentlich von Weitem gesehen, ziegelroth, und die 
Täuschung liegt nahe, ihn für Rotheisenstein statt für Brauneisen- 
stein zu halten. Hunderttausende von Tonnen des vortrefflich- 
sten Eisensteins liegen hier lose auf der Oberfläche umher. Au- 
genscheinlich ist der Eisenstein auch hier wie bei Tharsis der 
Eiserne Hut des Erzlagers. 


Längs des Nordabhangs des Bergrückens finden sich unzählige Pin- 
gen von alten Schächten der Römer und noch weiterhin unabsehbare, 
Hunderte von Morgen bedeckende mächtige Schlackenhaufen, auf einen 
durch lange Zeiträume in grossem Umfange betriebenen Bergbau hinwei- 
send. Dass dieselben wirklich von Arbeitern der Römer herrühren, wird 
durch römische Münzen und steinerne Grabdenkmäler mit römischen In- 
schriften, welche in den Schlackenhaufen selbst gefunden wurden, bewiesen. 

Der folgende Tag wurde der Untersuchung des Erzlagers selbst ge- 
widmet. Dasselbe ist in allen Beziehungen demjenigen von Tharsis ähn- 
lich, nur noch viel grossartiger. . Es ist wahrscheinlich das grösste über- 
haupt auf der Erde vorhandene Schwefelkies-Lager. Der Kupfergehalt ist 
wie bei Tharsis schwankend und variirt zwischen !2 bis 25 Proc. und 
kann im Mittel zu 5 bis 8 Proc. angenommen werden. Erst seit etwa 40 
Jahren findet ein regelmässiger Abbau des Erzlagers statt. Derselbe er- 
streckt sich aber keineswegs über die ganze Ausdehnung des Erzlagers, 
sondern während das ganze Erzlager eine Länge von 2!/a2 bis 3 Kilom. 
hat, so ist bis jetzt nur ein 800 Meter langer Abschnitt desselben durch 
den Bergbau in Angriff genommen. In 8 über einander liegenden Stock- 
werken findet der Abbau statt. Unter Führung eines intelligenten Berg- 
beamten besuchten wir sämmtliche Stockwerke. Überall fanden wir die 
Erzmassen wesentlich übereinstimmend. Die südliche Begrenzung des 
Lagers wird überall in scharfer Begrenzung durch Thonschiefer, der hier 
gebleicht und zersetzt ist, gebildet. Die nördliche Grenze des Lagers ist 


GoxzaLo Tarın publicada bajo los auspieios de la diputacion provincial. 
I 

1870. Ba 

870. Escala de 200,000 


gewordene, in Huelva käufliche Karte, ist namentlich durch die genaue 
Angabe der verschiedenen Erzlager und Gruben wichtig. 


Diese in Deutschland wohl nur wenig bekannt 


270 


in der Grube nicht erkennbar. Die Strecken endigen hier überall, wo die 
alten Baue der Römer anfangen. Dieselben bestehen zum Theil in mäch- 
tigen Festungen mit domartigen Gewölben, von deren Decke ellenlange 
und centnerschwere blaugrüne Stalaktiten von Kupfer- und Eisenvitriol 
herabhängen. 

In der tiefsten, der achten Sohle (piso), sind die Bauten am ausge- 
dehntesten. Hier ist auch die Mächtigkeit des Lagers am grössten. Sie 
beträgt 140 Meter. In dieser Länge ist eine horizontale Strecke quer 
gegen das Streichen in der reinen Erzmasse aufzuführen. 


Die angegebenen Daten genügen, um eine Vorstellung von 
der ungeheuren Masse des Erzes, welche die Natur hier ange- 
häuft hat, zu geben. Auch für den grossartigsten Betrieb ist hier 
für eine unbestimmte Zeitdauer ein unerschöpflicher Erzvorrath 
vorhanden. 

Bis jetzt ist die Gewinnung des Erzes eine verhältnissmäs- 
sig geringe gewesen, und das Erz nur für die Gewinnung des 
Kupfers durch den Cämentirungs-Process benutzt. Am 4. Febr. 
dieses Jahres ist aber das ganze Erzlager durch die spanische 
Regierung an ein Consortium von deutschen und englischen Kauf- 
leuten verkauft worden, und nun wird ein viel grossartigerer 
Abbau des Erzlagers stattfinden. Man wird einen grossartigen 
Tagebau wie bei Tharsis einrichten und wie von dort das Erz 
nach England und Deutschland verschiffen und es zunächst für 
die Bereitung von Schwefelsäure benutzen, und demnächst aus 
den Rückständen das Kupfer gewinnen. Es ist kaum daran zu 
zweifeln, dass dieses Unternehmen in gleicher Weise erfolgreich 
wie bei Tharsis sein wird. Die Masse des Erzes ist jedenfalls 
ungleich grösser als dort. 

Von Rio Tinto kehrten wir auf demselben Wege über Val- 
verde nach Huelva zurück, in hohem Grade durch das Gesehene 
befriedigt. Dass die Römer Spanien nicht mit Unrecht das me- 
tallreichste Land am Mittelmeer nannten, dafür ist auch der Erz- 
reichthum der Provinz Huelva besonders beweisend. 


Geognostische Beobachtungen in der alpinen Trias der 
Gegend von Niederdorf, Sexten und Cortina in Süd-Tirol. 


Von 


Herrn Dr. H. Loretz 


in München. 


Der Inhalt der folgenden Blätter bezieht sich auf ein Gebiet, 
dessen Umgrenzung ungefähr durch die Orte: Welsberg und In- 
nichen im Pusterthal, Auronzo im Venetianischen, und Cortina im 
Ampezzothal bezeichnet ist, welches somit nördlich an das Pu- 
sterthal, nordöstlich an das Sextenthal stösst. Eine erschö- 
pfende und gleichmässige Behandlung der geognostischen Ver- 
hältnisse dieser Gegend ist hier nicht beabsichtigt; einzelne Theile 
des Gebietes und gewisse geognostische Formationsabtheilungen 
werden eingehender betrachtet als die übrigen. In einer aus- 
führlicheren Arbeit gedenke ich die hier gegebenen vorläufigen 
Resultate wieder aufzunehmen und dieses Gebirge als geogno- 
stisches Ganze im Zusammenhang zu behandeln. 

Es sind vorwiegend die Schichten der alpinen Trias, 
welche diese Gebirgslandschaft bilden. Jüngere Schichten be- 
decken nur einen an Ausdehnung nicht bedeutenden Theil. 

Zur Unterlage haben die Triasgebilde das ältere Phyllit- 
oder Thonglimmerschiefergebirge, welches nördlich vom 
Pusterthal der grossen alpinen Mittelzone angehört; und nord- 
östlich vom Sextenihal dem Schiefergebirgzug, der sich bei In- 
nichen und weiterhin östlich, nur durch das Pusterthal getrennt, 
an die Mittelzone anschliesst und eine südöstliche Richtung ein- 


272 


schlägt. Die Grenze zwischen Schiefergebirge und Trias verläuft 
einerseits von Innichen aus westlich, und zwar bis Toblach im 
Pusterthal, und weiterhin allmählich mehr und mehr auf dessen 
Südseite; andererseits von Innichen aus südöstlich längs dem 
Sextenthal und seiner jenseitigen Verlängerung in's Venetianische, 
stets auf der nordöstlichen Seite des Thals sich haltend. Die 
Schichten des Schiefergebirges fallen an der Grenze südwestlich 
ein, und die Triasschichten legen sich ebenso fallend auf. 

Längs der Grenzlinie sieht man allenthalben das Triasgebirge 
mit steilen, unten bewaldeten, oben in Wiese und Weide gele- 
genen, ansehnlichen Gehängen beginnen; diese sind aber nur die 
Vorstufe zu weit höheren, felsigen Dolomitwänden, deren vorderste 
schon den Hintergrund des Pusterthals und Sextenthals bilden. 
Folgt man den Querthälern in’s Innere des Triasgebirges, so sieht 
man, dass Dolomit, und zwar geschichteter, heller, krystal- 
linischer Dolomit. das weitaus vorherrschende, petrographi- 
sche Element im Aufbau der hangenden Partien ist, man kommt 
aus einer Dolomitlandschaft in die andere. 

Eine genauere Beobachtung ergibt zunächst die ziemlich con- 
stant bleibende Gliederung der untersten Triasschichten, welche 
jene Vorstufe bilden; sie ergibt ferner, dass sich in dem Dolo- 
mitgebirge selbst, wenigstens stellenweise, verschiedene Stufen 
oder Etagen über einander unterscheiden lassen, welche nicht 
nur in der Configuration des Gebirgs hervortreten, sondern auch 
durch gewisse zwischengelagerte Schichtenzüge von nicht dolo- 
mitischer Natur getrennt werden. Wären diese trennenden La- 
gen in ihrem petrographischen und paläontologischen Charakter 
im Fortstreichen constant, so würde sich die Gruppirung der 
Dolomite, welche wie gesagt die Hauptmasse der Trias ausmachen, 
unschwer bewerkstelligen lassen. Das ist aber nicht der Fall, 
und daraus erwächst für einen ansehnlichen Theil des Gebietes, 
bei der petrographischen Ähnlichkeit der Dolomite und dem Man- 
gel an bezeichnenden und wohlerhaltenen Petrefakten in ihnen, 
eine grosse Schwierigkeit sicherer Trennung. 


Die Stufen der alpinen Trias, welche sich in diesem Gebirge 
unterscheiden lassen, sind im Allgemeinen folgende: 

a) Conglomerat, Sandstein und thonig-schiefrige Lagen, entsprechend 
der Buntsandsteingruppe. 


213 


b) Dolomitische, mergelige Schichten, Rauchwacken und Gyps. 

ec) Kalkbänke, untermischt mit grauen und rothen Schiefern, zusammen 
einen ziemlich mächtigen Complex bildend, der nur undeutliche Petrefak- 
ten führt, und noch unter dem eigentlichen Muschelkalk liegt; er ent- 
spricht, da der alpine Muschelkalk dem ausseralpinen obern Wellenkalke 
gleichsteht, zusammen mit b) etwa den dolomitischen Lagen des Röth und 
der untersten Abtheilung des ausseralpinen Wellenkalkes. (Es sind dies 
v. RıeHTHoren’s „Seisser* und „Campiler“ Schichten.) 

d) Alpiner Muschelkalk, der indess nur stellenweise als Petrefakten- 
kalk mit charakteristischen Muschelkalkformen entwickelt ist, dagegen 
grossentheils eine dolomitische Facies zeigt. 

e) Dunkle Tuffmergel mit Tuffsandsteinen und Kalken, aphanitischen 
Lagen, Pietra verde etc. (Halobia Lommeli und Posidonomya Wengensis). 

f) Mergelige, oolithische, breccienartige, mit kleinen Organismenresten, 
Korallen ete. erfüllte Lagen. (St. Cassianartige Gebilde.) 

Zu e) und f) ist aber zu bemerken, dass beide Stufen stellenweise 
durch eine Dolomitpartie getrennt auftreten; ferner, dass sich die Tuf- 
schichten selbst schon seitlich in Dolomitpartien verlieren können, wie dies 
näher ausgeführt werden wird. 

g) Eine mächtige Dolomitentwicklung, lokal durch grossoolithisches 
Gefüge des Dolomits ausgezeichnet. 

h) Eine Wiederholung der St. Cassianartigen Gebilde, zugleich mit 
rauchwackigen Lagen, bunten Mergeln, Steinmergeln und Gyps, über dem 
Dolomit g). 

Es ist möglich, dass h) den sog. „rothen Raibler Schichten“ entspricht, 
und dass e) bis h) die Schichtenreihe von den untersten Halobiaschichten 
bis zu den rothen Raibler Schichten, bei St. Cassian, im Ganzen genommen 
und mit Abweichungen im Einzelnen, repräsentirt. 

i) Mächtige Dolomitstufe, welche wahrscheinlich dem „Hauptdolomit“ 
entspricht. 

k) Dichte, helifarbige, wohlgeschichtete, dickbankige, mächtig ent- 
wickelte Kalke, ohne Petrefakten, welche auf der Geol. Übers.-Karte der 
Österreich. Monarchie, Bl. 5, als unterer Jura bezeichnet sind. In den 
hangendsten Partien schliessen sie mit Diphyakalken ab, auf welchen noch 
ein kleiner Fleck noch jüngerer Gebilde ruht. Das System k) bedeckt nur 
den kleinern Theil des Gebietes. 


Wie schon angedeutet, fehlen übrigens die Zwischenschich- 
ten der Tufi- und St. Cassianartigen Gebilde in einem Theile des 
Gebiets, wodurch sich eine, bis in den Muschelkalk hinabgrei- 
fende. höchstens durch steinmergelige Lagen unterbrochene, Do- 
lomitfolge ergibt: und zwar scheinen mir Anzeichen vorzuliegen, 


dass die einzelnen Theile dieser Dolomitfolge als die entspre- 
Jahrbuch 1873. 18 


274 


chenden Zeitäquivalente der an andern Stellen abwechselnd do- 
lomitischen und nicht dolomitischen Gebirgsstufen aufzufassen sind. 

Es lassen sich in dieser Beziehung zwei Gebietstheile unter- 
scheiden, deren Grenze ungefähr durch den Verlauf der Thal- 
spalte der Ampezzanersirasse bezeichnet ist. Westlich davon 
können Abtheilungen in dem dolomitischen Gebirge recht gut 
unterschieden werden; weit weniger östlich. 

Wir betrachten zunächst etwas eingehender den erstern Ge- 
bietstheil: derselbe ist nördlich begrenzt durch das Pusterthal 
von Toblach bis Niederdorf und den sich westlich anschliessen- 
den Welsberger Berg, und erstreckt sich von da aus nach Süden. 
Er schliesst sich im Westen unmittelbar an ein Gebiet an, wel- 
ches in dem Werk: Geognostische Beschreibung der Umgegend 
von Predazzo, St. Cassian und der Seisser Alpe in Südtirol, von 
F. Freiherrn v. Rıcuruoren, Gotha 1860“ seine ausführliche geo- 
gnostische Darstellung gefunden hat. 

Von dem weiter östlich liegenden Gebietstheil sollen vor- 
zugsweise die unteren triasischen Gruppen, welche sich längs 
des Sextenthals und weiter in’s Venetianische hinziehen, einer 
näheren Betrachtung unterzogen werden; um zum Schluss noch 
einige Bemerkungen über die nähere Umgebung von Cortina hin- 
zuzufügen, welches etwas weiter südlich, ganz in höhern triasi- 
schen Stufen gelegen ist. 


Gegend von Niederdorf. 
Reihenfolge der alpinen Triasschichten vom Pusterthal über den 
Saren- uud Badkofel, und den Dürrenstein zum Hochgaisl. 

Die östliche Grenze bildet die Ampezzanersirasse, die west- 
liche das Pragser Thal. Der zusammenhängende Dolomitzug des 
Sarenkofels bei Toblach und des Badkofels bei Niederdorf 
einerseits, und !‘, Stunde weiter südlich der Dolomit des Dür- 
renstein, theilen diese Strecke orographisch wie geognostisch 
in übereinander liegende Stufen. Das Einfallen der Schichten ist 
allgemein südsüdwestlich. 

Das Phyllitgebirge, welches sich östlich von Toblach auf die 
Nordseite des Pusterthals beschränkt, tritt hier auch auf die 
andere Thalseite über; der Phyllitstreifen der Südseite ist bei 
Toblach soeben in der Thalsohle bemerkbar und hebt sich dann 


275 


westwärts, an Breite und Höhe gewinnend, stets mehr heraus, 
so dass er im Süden von Niederdorf die vorderste Terrasse des 
Golserbergs, d.i. der Vorhöhen vor dem Badkofel bildet. Auf 
den Phyllit folgen die untersten Glieder der Trias; bei Toblach 
fast in der Thalsohle anhebend; bei Niederdorf, dem obigen ent- 
sprechend, auf der Höhe des Golserbergs. 

Man findet hier zunächst das Conglomerat des Buntsand- 
steins, den aus Thonglimmerschiefer- und Quarzfragmenten zu- 
sammengekitteten sog. Verrucano, bald gröber, bald feiner; dann 
Bänke des eigenilichen rothen und bunten Sandsteins, und 
mehr dünnschiefrige und mergelige, bunte Lagen, zum Röth ge- 
hörig. In Wasserrissen, westlich und östlich vom Bad Maistadt, 
‚ist dieser Complex mehrfach aufgeschlossen. Bemerkenswerth 
sind rothe, thonige Bänke, ganz erfüllt mit dickeren und dün- 
neren Wülsten, deren Masse sich vom Gestein nicht unterscheidet, 
deren Form ein fast vegetabilisches Ansehen hat; es treten diese 
Bänke ziemlich im Liegenden des Complexes auf. — Spuren von 
Kupfererz.-— Pflanzenreste mit verkohlter organischer Substanz 
habe ich an dieser Localität zwar nicht, wohl aber an vielen 
anderen Orten in den oberen Lagen dieser Gruppe beobachtet. 
Petrefakten finden sich nicht. Der Buntsandstein bildet hier am 
unteren Rand der Triasgebilde einen vorspringenden Rücken, der 
namentlich gegen Toblach zu sich deutlich von den nach oben 
zu folgenden Schichtengruppen abhebt. 

Es folgt nun ein Complex, in dem man folgende Gesteine 
findet: dolomitische Mergel; dolomitische, breccienartige und 
löcherige Rauchwacken; schwarze, bituminöse Kalke und Mergel- 
kalke, die sehr oft mit Kalkspathadern durchwachsen sind, noch 
mehr aber dadurch sich auszeichnen, dass sie auf verwitterten 
Oberflächen eine Unzahl von Durchschnittsfiguren kleiner Orga- 
nismen, besonders Foraminiferen, erkennen lassen. Ihre Ver- 
witterungsfragmente sind so charakteristisch und leicht wieder- 
zuerkennen, dass sie für diesen Horizont leitend werden. Son- 
stige Petrefakten finden sich nicht, oder nur in undeutlichen 
Durchschnitten und Abdrücken. Diese Gruppe ist bei Toblach 
ziemlich stark entwickelt und reicht bis zu einer beträchtlichen 


Höhe an dem Gehäng hinauf, welches sich hinter dem niedrigen 
18 * 


276 


Rücken des Bunt-Sandsteins erhebt. Weiter westlich. in der Nähe 
des Pragser Thals,. hat die Mächtigkeit etwas abgenommen. 

Es folgt nach oben eine noch mächtigere Schichtengruppe. 
welche mit der vorigen, hier wie an den meisten Localitäten, in 
demselben Gehänge liegt. oder auch nur wenig gegen jene zu- 
rückspringt. Man findet in dieser Gruppe folgende Gesteine: 
graue Kalkbänke, plattenförmig geschichtet, oder mit mehr 
oder weniger wulstigen Schichtflächen; graue Schiefer, bald 
mehr mergelig, bald mehr schieferthonig und thonschiefrig aus- 
gebildet, mitunter durch grösseren Kieselsäuregehalt ziemlich fest 
und hart; rothe Schiefer, oft mit glimmerreichen Schichtungs- 
flächen, wie die grauen Schiefer bald mehr mergelig, bald härter, 
undeutliche Myaciten-Abdrücke auf den Schichtflächen nicht 
selten. Die Reihenfolge dieser - Gesteine ist derart, dass sie bald 
mit einander in unregelmässiger Weise alterniren. und so Kalk- 
bänke, rothe und graue Schiefer dicht auf einander liegen, bald 
jedoch auf grössere Strecken die eine oder andere Art allein 
herrscht. Untergeordnet treten einzelne, sehr charakteristische, 
röthliche Kalkbänke von oolithischem bis lumachellartigem Gefüge 
in diesem Complex auf. 

Was die geognostische Stellung dieser Gruppe, ihre Paralle- 
lisirung mit ausseralpinen Trias-Etagen betrifft, so reicht ihre 
Petrefaktenführung an dieser Localität. wie auch durchgängig in 
der ganzen Gegend, kaum hin. um sichere Bestimmungen und 
Vergleichungen vorzunehmen. Die organischen Reste beschränken 
sich meist auf undeutliche Myaciten-artige Abdrücke, und kleine 
Gasteropoden, welche allerdings nicht selten dicht gedrängt auf- 
treten, und so eine für diese Gruppe charakteristische Erschei- 
nung abgeben: aber ausserdem dass sie an sich indifferente For- 
men sind, auch durchweg einen schlechten, verwischten Erhal- 
tungszustand zeigen. Man erkennt indess in diesem Schichten- 
complex, der sich mit grosser Constanz und mit gleichbleibenden 
Eigenschaften auf weite Erstreckung verfolgen lässt, sofort die 
Schichten wieder, welche in der Bozener Gegend in besseren 
Profilen und auch mit deutlicherer Petrefaktenführung zu finden 
sind, und von v. Richtnoren als »Seisser“ und „Campiler“ Schich- 
ten bezeichnet wurden. 

Ihre Parallelisirung mit ausseralpinen Schichten ist im All- 


21 


gemeinen dadurch gegeben. dass der nach oben folgende alpine 
Muschelkalk dem obern ausseralpinen Wellenkalk gleichsteht. Die 
zunächst unterlagernde, besonders hervorgehobene, dolomitisch- 
mergelige Gruppe mit den Foraminiferenkalken etc., welche ihrer- 
seits nach unten in den thonigen Röthschiefer der Bunt-Sandstein- 
gruppe übergeht, erinnert an die ähnlichen Gesteine, welche sich 
im ausseralpinen Gebiet ganz in gleicher Lage einstellen; ‘wenn 
sich auch nähere Beziehungen, aus Mangel an gut erhaltenen 
Petrefakten, hier nicht herstellen lassen. 

An sehr vielen Stellen, und so auch in der Richtung von 
Toblach nach dem Sarenkofel. wie von Niederdorf auf den Gol- 
serberg und Badkofel, befindet man sich nach Überschreitung der 
vorigen Schichtengruppe auf einem Absatz des Gehänges, und 
findet nun weiter aufwärts wesentlick andere Gebilde. Soviel 
sich bei der verwachsenen Bodenbeschaffenheit erkennen lässt, 
liegen unmittelbar auf den letzten rothen, noch in die vorige 
Gruppe gehörigen Schiefern, dolomitische und dolomitisch- 
mergelige Lagen, welche nun die ganze folgende Stufe bilden. 
Die hier auftretenden Gesteine sind: spröde, leicht in eckige und 
parallelepipedische Stücke brechende mergelige, mehr oder min- 
der dichte Dolomite, sehr stark vertreten; mehr poröse und löche- 
rige Dolomitmergel und Rauchwacken; reinere, mehr weiss-kry- 
stallinische Dolomitbänke. Sehr bemerkenswerth ist in diesen 
Lagen das Auftreten der sog. Nulliporen oder Daktyloporen, 
genauer Gyroporellen*. Sie erscheinen bald sparsamer, bald 
in grossen Mengen zusammengedrängt. Ohne Zweifel vertheilen 
sie sich ungleich; einzelne Bänke sind überreich an diesen Or- 
ganismen, ein wahres Haufwerk derselben, was besonders von 
gewissen, ziemlich rein krystallinischen Dolomitbänken gilt; doch 
kommen die Foraminiferen auch in den mehr mergeligen Lagen, 
oft zahlreich, vor. Die Verwitterungsverhältnisse sind wohl von 
Einfluss auf das mehr oder minder deutliche Hervortreten der 
Daktyloporen. Auch bleibt ihre Häufigkeit im Fortstreichen der 
Schichten durchaus nicht gleich. Die reichste Localität, die mir 
in jenen Gegenden vorkam, ist der Abhang vor dem Sarenkofel. 


* 8. GümsEL, die sog. Nulliporen, Zithothamnium und Dactylopora, 
und ihre Betheiligung an der Zusammensetzung der Kalkgesteine, nebst 
Tafeln. Abh. d. K. Bayr. Ak. d. W. II. Cl. XI. Bd. 


278 


In demselben Horizont auf dem Golserberg vor dem Badkofel 
z. B. ist ihre Menge nicht so gross. 

Die in Rede stehenden dolomitischen Schichten folgen sich 
in beträchtlicher Mächtigkeit continuirlich bis zu einer Höhe, wo 
sich vor den eigentlichen, zusammenhängenden Steilwänden des 
Saren- und Badkofels eine Verflachung des Terrains hinzieht; vor 
dem Badkofel verstärkt sie sich zu einer tieferen Einsenkung 
zwischen der Steilwand und den rückwärts liegenden Dolomit- 
bänken des Golserbergs. Im Zusammenhang steht dieser Ter- 
rainabschnitt mit besonders leicht zerstörbaren, dünngeschichte- 
ten, in kleine Stückchen zerfallenden, dolomitischen Lagen, die 
in dieser Zone auftreten. Ein etwas höherer derartiger Streifen 
ist theilweise noch im unteren Theil der Steilwand bemerkbar. 
Grossentheils ist jedoch durch die Verrollung vor den Wänden 
das Terrain verdeckt und einer näheren Untersuchung schwer 
zugänglich, ein Umstand, der hier besonders unangenehm wird. 
Es finden sich nämlich gerade in dieser Höhe, scheinbar als Ein- 
lagerungen in die dolomitisch-mergelige Gyroporellen-reiche Zone, 
Petrefakten führende Kalke und Hornsteinkalke, mit 
grauen, schiefrigmergeligen Zwischenlagen, auch Hornsteindolo- 
mite. Was von diesen Kalken etc. sichtbar ist, erscheint in Form 
kleiner, isolirter Auflagerungen in der Höhe der erwähnten Ter- 
rainverflachung: der ursprüngliche Zusammenhang und die Fort- 
setzung seitwärts, vor- und rückwärts sind durch die Abschwem- 
mung, sowie durch die vor den Steilwänden hinziehende Ver- 
rollung verwischt. 

Die hier aufgefundenen Petrefakten sind geeignet, einen 
geognostischen Horizont zu bestimmen. Es sind folgende: 

Ein in Mergel eingebackenes, in Hornstein verwandeltes Ammoniten- 
fragment, welches nach der Entfernung des Mergels mit Säure die meisten 
Charaktere des Ammonites Studeri Hav. zeigte, und, wenn auch nicht die- 
sem selbst, doch einer sehr nah stehenden Art angehört. (Vor dem Sa- 
renkofel.) 

Fragmente von Ammoniten (Ceratiten), welche in Bezug auf Rip- 


pen, Knoten und Loben auf den Ammonites Ottonis * hinauskommen, be- 
züglich der Involubilität zum Theil mehr dem Ammonites antecedens ** 


* BEYRICH, über einige Cephalopoden aus dem Muschelkalk der Alpen. 
Abh. d. phys. Cl. d. W. d. K. Ak. Berlin 1866. T. TV, f£. 1. 
#* BEYRICH 1. c. -&T..IV, 2,3; 


279 


gleichen; ebensolche, welche Verwandtschaft mit den genannten und mit 
Ammonites binodosus Hav., T’huilleri Orr. zeigen, ohne gerade mit einer 
dieser Arten zusammenzufallen. (Auf dem Golserberg.) 

Rihynchonella \cf.) semiplecta Münst. sp. (s. Lause, Fauna der Schich- 
ten von St. Cassian. T. XIV, £. 1.). (Vor dem Sarenkofel.) 

Terebratula angusta ScHLoTH. etwa in der Form, wie sie in QuENSTEDT, 
Brachiopoden, Tab. 47, f. 84 abgebildet ist. 

In den Petrefaktenkalken des Golserbergs sehr häufig, oft dicht ge- 
drängt an einander sitzend. 

Fragmente, dem Anschein nach von Spiriferen (Golserberg). 

Lima lineata SCHLOTH. sp., scheint auf dem Golserberg häufig. 

Lima striata noch etwas an lineata erinnernd. 

Einige mehr indifferente Formen, Gervillia sp., Myacites sp., nicht 
gut erhalten, und schlecht erhaltene Gasteropodenreste (Golserberg). 

Die Ammoniten kommen auf dem Golserberg mit den übrigen Petre- 
fakten zusammen vor. 

Die angeführten ammonitischen Formen bezeichnen mit Be- 
stimmtheit alpinen Muschelkalk. Sie gehören einem oberen 
Cephalopodenhorizont an, im Gegensatz zu dem durch Ceratites 
Cassianus u. a. bezeichneten tieferen des unteren Wellenkalks, 
resp. Röths *. Terebratula angusta ist bekanntlich ebenfalls für 
alpinen Muschelkalk bezeichnend; von den ausseralpinen Muschel- 
kalketagen gehört sie jedenfalls mehr einem hohen Niveau im 
Wellenkalk, als oberem Muschelkalk an. 

Ohne Zweifel repräsentiren aber diese durch Cephalopoden- 
und Brachiopodenführung ausgezeichneten Petrefaktenkalkbänke 
für sich allein nicht den alpinen Muschelkalk, sondern wir haben 
eine vorwiegend dolomitische Entwicklung desselben. Die 
Petrefakten- und Hornsteinkalke bilden nur geringe Einlagerungen 
in den noch weiter aufwärts unveränder\ fortsetzenden dolomi- 
tischen Schichten. Wie einerseits die an Masse ganz zurück- 
tretenden Kalkbänke vorzugsweise durch Cephalopoden und 
Brachiopoden charakterisirt sind, so ist andererseits der an 
Masse sehr vorwiegende Dolomit in hohem Grade durch den 
reichlichen Einschluss der Gyroporellen ausgezeichnet **. 


Beide kommen bei Rüdersdorf im untern Muschelkalk (Wellenkalk) 
vor. (Verh. d. K. K. geol. Reichsanst. 1873, Hft. 1.) 

* y. Hauer, die Cephalopoden der unteren Trias der Alpen. Sitzber. 
der math. nat. Cl. d. K. Ak. d. W. Wien. Bd. 52. 1865. 

** Dass wenigstens der unter den Bänken mit Muschelkalkpetrefak- 


280 


Am Sarenkofel lassen sich die Schichten, welche über der 
Petrefaktenkalk-Zone folgen, genauer beobachten. Wir sehen hier 
wieder ganz dieselben Dolomite, wie schon unter jener Zone. 
Sowohl petrographisch als auch in Bezug auf die Gyroporellen, 
welche hier noch reichlicher auftreten und besser herauswittern, 
herrscht Übereinstimmung. Nur wenig im Hangenden jener Pe- 
trefakten- und Hornsteinkalke und -Dolomite fanden sich auch 
im Dolomit selbst Crinoidenstielstücke, ähnlich Encrinus 
liliiformis und unbestimmbare kleine Schnecken. Die an Fora- 
miniferen reichen Dolomitbänke lassen sich noch eine ansehnliche 
Strecke aufwärts verfolgen. Das Gestein wird, wo die eigent- 
liche Steilwand beginnt, fester und dichter, die Gyroporellen neh- 
men an Menge ab, ohne indess ganz aufzuhören; wenn man dem 
Pfadübergang zwischen Sarenkofel und Badkofel folgt, der über 
den Kamm dieses Dolomitzugs führt, so sind bis oben hin noch 
welche zu finden. Der ganze, durch das Auftreten der Gyro- 
porella charakterisirte dolomitische Complex, welcher schon eine 
beträchtliche Strecke unter den Petrefakten führenden Kalken an- 
fing und oberhalb derselben fortsetzt, macht, wenn zunächst nur 
diese Localität ins Auge gefasst wird, den Eindruck eines nah 
verbundenen Ganzen, welches sich als dolomitisch entwickelter 
alpiner Muschelkalk auffassen lässt, insofern nämlich die eigent- 
lichen Kalkbänke mit Petrefakten nur ganz untergeordnet darin 
auftreten. 

Hr. Oberbergrath GünseEr hatte die Güte, aus dem von mir 
gesammelten, Daktyloporen enthaltenden Dolomit Dünnschliffe her- 
stellen zu lassen und dieselben bezüglich der Art dieser Fora- 
miniferen näher zu untersuchen. Nach seiner Mittheilung ent- 
halten sämmtliche Präparate, welche vom Sarenkofel, und zwar 
theils aus den Dolomitbänken unter den Petrefaktenkalken, theils 
aus den letztere wieder überlagernden Dolomitbänken herrühren, 
dieselbe Form, nämlich die Gyroporella pauciforata Güms. (8. 
GünseL, die sog. Nulliporen etc. Abh. d. bayr. Ak. d. W. 2. Cl. 


ten lagernde Gyroporellen-Dolomit in den alpinen Muschelkalk einznreihen 
ist, geht auch daraus hervor, dass er ohne Zweifel dem entspricht, was 
v. RIiCHTHOFEN für wenig weiter westlich gelegene Gegenden „Mendola- 
dolomit“ nennt, und dass dieser selbst schon stellenweise von „Virgloria- 
kalk“, d.i. ebenfalls alpinem Muschelkalk unterlagert wird. 


281 


11. Ba. 1. Abth. S. 44.). Dieselbe Form ist auch in dem Dolo- 
mit enthalten, der an benachbarten Localitäten in derselben Zone 
auftritt. 

Auf der Kammhöhe zwischen Sarenkofel und Badkofel an- 
gekommen, hat man den ersten grössern Gebirgsabschnitt hinter 
sich. Nach Süd fällt der Blick sogleich auf die Dolomitwand 
des Dürrenstein. Dieselbe bezeichnet, wie früher schon bemerkt, 
kaum 2 Stunde weiter südlich die nächste Hauptstufe im Ge- 
birgsbau. Von dem Standpunkt fällt das Terrain, ganz im Ge- 
gensatz zu dem schroffen Absturz auf der Nordseite nach Süd 
sanft ab, ungefähr in dem Fallwinkel der Dolomitbänke; und nach 
einer kurzen Strecke abwärts gelangt man auf einen sich bis zum 
Dürrenstein erstreckenden Rücken, in Alpweide gelegen, der sich 
östlich gegen die Ampezzanerstrasse zu in die Schlucht des Sart- 
bachs abwärts zieht, westlich in das Pragser Thal sich hinab er- 
streckt. 

- Untersucht man die Schichten, welche diesen Terrainabschnitt 
bilden näher, so zeigt sich die Gesteinsfolge verschieden, je nach- 
dem man sich auf der Seite des Abfalls in’s Pragser Thal hält, 
oder auf der Höhe, oder auch weiter östlich, gegen das Sartbach- 
thal zu. Indem wir auf dieses eigenthümliche Verhalten weiter 
unten zurückkommen, sei zunächst nur die Rede von dem west- 
lichern Theil, der sich in's Pragser Thal hinabzieht. Man findet 
hier, im Hangenden des Dolomitzugs des Saren- und Badkofels 
Gesteine, welche gegen den Dolomit sehr abstechen: es sind 
dunkle, theils dichte, und dann oft an kryptokrystallinische, apha- 
nitische Augitgesteine erinnernde, theils mehr sandsteinige oder 
tuffartige Gesteine, schwarz, dunkelgrün, graugrün von Farbe; 
wenn auch mitunter scheinbar an’s Massige grenzend, doch fast 
immer deutlich geschichtet in dickeren und dünneren Bänken und 
schiefrigen Lagen. Der petrographische Charakter dieser Schich- 
tengruppe ist ein so bestimmt ausgeprägter, dass man die zu- 
gehörigen Gesteine, auch in kleinen Fragmenten, überall leicht 
wiedererkennt. Paläontologisch ist diese Gruppe durch das Auf- 
treten der Halobia Lommeli Wıssu. bezeichnet, nächst welcher 
auch die Posidonomya Wengensis Wıssu. als Leitversteinerung 
hervorzuheben ist. Beide fanden sich, wenn auch nicht in der 
Strecke zwischen Sarenkofel und Dürrenstein, doch in der west- 


282 


lichen Fortsetzung. Ausserdem ist das sehr häufige Vorkommen 
kohliger Pflanzenreste zu bemerken, die sich jedoch hier 
stets auf Fragmente von Blättern und Stengeln beschränken, und 
zu einer nähern Bestimmung unzureichend sind. — Man erkennt 
in diesen Schichten sofort jene Sedimentärtuffe, Tuffsand- 
steine, Tuffschiefer etc., deren weite Verbreitung in den 
weiter westlich liegenden Gegenden von Wengen, Seisser Alp etc. 
aus dem Werk von v. Rıchtsoren und den andern darauf bezüg- 
lichen Beschreibungen bekannt ist. 

So viel sich erkennen lässt, füllen nach der Seite des Prag- 
ser Thals zu diese Schichten den Raum zwischen dem Dolomit 
des Badkofels und dem Fuss des Dürrenstein, und grenzen vor 
letzterem an Dolomit, resp. Schutt, über welchem, am Beginn der 
eigentlichen Steilwand, eine KalkmergelZone folgt. 

Schon von weitem fällt nämlich am untern Rand der Steil- 
wand des Dürrenstein ein mauerartiger Streifen auf, der sich 
durch seine dünnere Schichtung und seine Verwitternngsfarbe 
deutlich von den aufruhenden Dolomitmassen unterscheidet. Die 
ersten Fragmente, die man aufliest, zeigen ein neues Element 
im Schichtenbau, von durchaus charakteristischen Eigenschaften. 
Es sind vorzugsweise Mergelkalke und Mergel, theils oolithisch, 
theils mehr breccienartig aus kleinen Gesteinsfragmenten und 
Trümmern von Muschelschalen verkittet; darin zerbrochene Ci- 
daritenstacheln, Crinoidenstielstückchen u. dgl., das Ganze gelb- 
lich verwitternd und nur im verwitterten Zustand die Structur 
deutlich offenbarend. Man überzeugt sich gleich, dass man es 
hier mit einer Schichtenzone zu thun hat, nach Art der St. Cas- 
siankalke, wie sie aus den Beschreibungen verschiedener Au- 
toren bekannt sind. 

Die Lagerungsverhältnisse der St. Cassian-artigen Mergel- 
kalke am Dürrenstein sind bemerkenswerth., Hat man, vom 
Sarenkofel herkommend, den erwähnten Terrainrücken auf seiner 
Höhenlinie überschritten, so gelangt man vor der Dürrenstein- 
wand gerade in die Zone der St. Cassian-artigen Mergel hinein, 
nachdem man unmittelbar zuvor eine Dolomitpartie überschritten 
hat. Nach Westen zieht die Mergelzone unter der Dürrenstein- 
wand weiter: auf eine gewisse Erstreckung hin ist ihre Unter- 
lage verrollt und unsichtbar; nur an dem westlichen Bergvor- 


283 


sprung, der sich in's Pragser Thal hineinzieht, ist die Auflage- 
rung der Mergelschichten auf Dolomit zu erkennen. Noch 
deutlicher sieht man diese Auflagerung von unten aus dem Thal. 
Ein Fortsetzen der Mergel im östlichen Theil der Dürrenstein- 
wand ist nicht zu bemerken. Dagegen sieht man dieselben Mer- 
gel als dünne Decke auf dem Flodinger Rücken liegen, welcher 
sich vor dem östlichen Theil der Dürrensteinwand hinzieht: der- 
selbe besteht unten ganz aus Dolowit, ragt bis zur Höhe der 
St. Cassian-artigen Mergelzone des Dürrenstein auf, und ist oben 
mit einer südlich geneigten Abflachung versehen, die jene Decke 
trägt. Zwischen diesem Rücken und der östlichen Dürrenstein- 
wand liegt eine stark verrollte Einsenkung, welche sich nach der 
Ampezzaner Strasse zu in die Schlucht des Klausbachs hinab- 
zieht. Man könnte hier auf den Gedanken kommen, dass man 
es mit einer zurückgesunkenen, ursprünglich zum Dürrenstein 
gehörigen Partie zu thun habe: in welchem Falle jene Mergel- 
decke auf dem Flodinger jedoch ein Theil solcher St. Cassian- 
artigen Bildungen wäre, welche erst über der Wand des Dürren- 
stein, also weit höher, folgen: ich bin indess nicht dieser An- 
sicht, sondern halte diese Mergelschicht für die Fortsetzung der 
liegendsten Partie jener Mergelzone, welche am Fuss der west- 
lichen Dürrensteinwand hinzieht. Das immerhin auffallende Feh- 
len der Mergelzone in der östlichen Dürrensteinwand lässt sich, 
da auch keine Senkung der letztern vorzuliegen scheint, durch 
die Annahme erklären, dass an dieser Stelle wirklich ein Aus- 
keilen der Mergelschichten in südlicher Richtung stattfand, wie 
denn auch nach Osten, jenseits der Ampezzanerstrasse, eine Fort- 
setzung fehlt. — Die St. Cassian-artige Mergelzone des Dürren- 
stein ist, wie aus dem Obigen hervorgeht, von den Tuffschichten 
des Pragser Thals durch eine Dolomitpartie getrennt. 

Was die organischen Einschlüsse der St. Cassian-artigen 
Zone am Dürrenstein betrifft, so finden sich solche besonders auf 
der westlichen Seite, im hintern Pragser Thal. Jene Zone ist 
nämlich im westlichen Theil des Berges, durch Abschwemmung 
der auflagernden Dolomitmassen, auf eine grössere Erstreckung 
freigelegt, und dabei durch einige Sprünge oder Senkungen, so- 
wie durch Abrutschungen mehrfach aus ihrer ursprünglichen 
Lage gekommen, Es haben sich beträchtliche Geröllanhäufungen 


284 


dieser Gesteine gebildet, welche in Folge langdauernder Verwit- 
terung ihre petrographische Structur und die organischen Ein- 
schlüsse erkennen lassen. Man findet eine ganze Reihe petro- 
graphisch verschiedener Varietäten dieser Mergel und Kalke, 
welche alle aus dieser Zone stammen, besonders charakteristisch 
und stark vertreten sind die mit oolithischem Gefüge. Auch 
Korallenkalkbänke sind dabei. Von den hier gesammelten Petre- 
fakten stimmt ein Theil mit St. Cassianpetrefakten, welche in Dr. 
G. Lause's Werk: »Die Fauna der Schichten von St. Cassian“ 
abgebildet sind, ungefähr überein. Manches liess sich indess nicht 
ganz identifiziren, oder wich wenigstens durch grössere Dimen- 
sionen ab. Folgendes wurde hier gesammelt: 

Ammonites sp. Kleine, flache, ziemlich evolute Form, mit schwachen, 
aber deutlichen Rippen. Nicht zu identifiziren. 


Terebratula sp. Ziemlich grosse, flache Form, an T. vulgaris erin- 
nernd *. Nicht zu identifiziren. 


Turbo cf. Epaphus, Läuse. — ? Macrochilus Sandbergeri, Lause. — 
Trochus sp. — Cerithium sp. — Chemnitzia sp. — Dentalium cf. arctum 
Pichaı. E 

Macrodon cf. strigilatum Münsrt. 

Crinoidenstielglieder von: Encerinus gramulosus Mü. — Pentacrinus 
tyrolensis Lauge. — Pentacrinus cf. Fuchsii Läuse. 

Cidaritenstacheln: Cidaris Braunü Desor. — Cidaris dorsata Braun. 


— (Cidarıs Hausmanni Wıssn. 

Fragmente kleiner Cidaritenschalen. 

Korallen und Spongitarien. 

Es ist wohl möglich, dass in dieser Zone St. Cassian-artiger Mergel 
mehr als ein paläontologischer Horizont enthalten ist. Dies zu erkennen 
ist jedoch dadurch erschwert, dass die organischen Einschlüsse an den 
Stellen, wo das Gestein frisch ansteht, noch nicht deutlich hervortreten, 
sondern erst nach längerem Verweilen in den Geröllanhäufungen, wo sich 
in Folge der Steilheit der Gehänge die meisten Gerölle sammeln. 


So wahrscheinlich es ist, dass in der Reihenfolge der Ge- 
steine von dem Dolomitzug des Saren- und Badkofels bis zu dem 
Dolomit der Steilwand des Dürrenstein, über jenen oolithischen 
Mergeln und Korallen-führenden Kalken, verschiedene Horizonte 
liegen, welche mit andern alpinen Localitäten zu vergleichen 
wären, so wenig sind die Terrainverhältnisse der Feststellung 


* Zeiet auch eine gewisse Ähnlichkeit mit Waldheimia Münsteri 
d’OrB. sp., Lause 1. c. T. XI, £. 12. 


285 


! 


solcher Anhaltspunkte günstig. Namentlich läge eine Vergleichung 
mit den analogen Gebilden der Gegend von Wengen und St. Cas- 
sian nahe. Die Gesammtmächtigkeit des Complexes scheint dort, 
nach den geognostischen Beschreibungen jener Gegend, eine noch 
weit beträchtlichere zu sein, als hier. Wie dort, liegt aber auch 
hier die Hauptmasse der St. Cassiangebilde an der oberen Grenze. 

Es ist nun sehr bemerkenswerth, dass jener Terrainrücken, 
welcher sich von der Südseite des Saren- und Badkofels in süd- 
licher Richtung bis zum Dürrenstein erstreckt, wie schon anve- 
deutet, auf seiner Kammlinie und weiter östlich, eine andere und 
zwar mannigfalligere Gesteinsfolge zeigt, als auf dem westlichen 
Abfall in's Pragser Thal. 

Hält man sich auf der Höhe und geht gegen den Dürren- 
stein zu, so überschreitet man folgende Reihe: zunächst die 
schwarzen, tuffartigen Schichten; bald aber hebt sich eine Dolo- 
mitkuppe heraus, und dicht vor derselben trifft man gelb verwit- 
ternde Kalkmergel, ganz ähnlich wie jene St. Cassian-artigen am 
Dürrenstein. Die Dolomitkuppe fällt gegen das Pragser Thal zu 
schroff ab, indem die westliche Fortsetzung abgekürzt ist und 
nun ein Haufwerk von Blöcken und Geröll bildet. Südlich von 
der Dolomitkuppe streichen wieder dunkle Tuffschichten durch, 
und hat man diese überschritten, so folgen wieder gelbliche Kalk- 
mergel und abermals eine aus Dolomitbänken bestehende Kuppe. 
Diese letztere liegt nun schon ganz nah vor der Dürrenstein- 
wand, und gehört der oben schon besprochenen grösseren Dolo- 
mitpartie an, welche das unmittelbare Liegende der grossen St. 
Cassian-artigen Zone des Dürrenstein bildet. Die zuletzt über- 
schritiene Tuffpartie scheint sich östlich sehr bald ganz auszu- 
keilen; die andere jedoch, welche auf den Dolomit des Badkofels 
folgt, lässt sich noch eine grössere Strecke östlich abwärts in 
die Schlucht des Sartbaches verfolgen; hört dann aber auch auf, 
indem die Dolomitbänke, nördlich vom Sarenkofel, südlich von 
Flodinger her, nahe zusammentreten; so dass schon an der Am- 
pezzaner Strasse keine Tuffschichten mehr bemerkbar sind. 
Ebensowenig scheinen jene isolirt auftretenden Partien von gelb- 
lich-oolithischen Kalkmergeln im Streichen auszuhalten. Das Ter- 
rain ist auch hier der genauen Verfolgung dieser Verhältnisse 
nicht besonders günstig. 


286 


Soviel ist indess ersichtlich, dass hier ein mehrfaches Ein- 
greifen von Tuff- und Kalkmergelschichten in Dolomit und um- 
gekehrt stattfindet. Man befindet sich allem Anschein nach auf 
einer, rechtwinklig gegen die Streichrichtung verlaufenden Grenz- 
linie, auf deren östlicher Seite die erstgenannten Schichten sich 
bald zwischen den dolomitischen Partien verlieren, so dass diese 
schon im Thal der Ampezzaner Strasse und darüber hinaus, allein 
herrschen; während umgekehrt auf der westlichen Seite die Tuff- 
schichten prävaliren. 

Wie erwähnt bricht die erste Dolomitpartie, welche auf den 
Dolomit des Badkofels im Hangenden folgt, nach West plötzlich 
ab, und dies ist wohl so zu erklären, dass durch die raschere 
Zerstörung der umgebenden Tuffschichten das westlichste Ende 
jener Dolomitpartie seinen Halt verlor und zusammenstürzte. Ganz 
dasselbe wiederholt sich aber bei dem weit mächtigeren Dolo- 
mitzug des Saren- und Badkofels selbst. Es ist in der That 
sehr auffallend, wie der letztere Berg, von: Westen betrachtet, 
ganz dasselbe Bild in grösserem Maassstab darstellt, wie jene 
zunächst im Hangenden folgende viel geringere Dolomitpartie. 
Der Badkofel endigt nach West im Pragser Thal wie abgeschnit- 
ten, und den Fuss des Absiurzes umgibt ein grosser verwachse- 
ner Schuttkegel. Was man nun westlich, also in der Fortsetzung 
des Streichens des Dolomits vom Saren- und Badkofel findet, ist 
kein Dolomit mehr, sondern eben jene dunkeln aphanitischen etc. 
Tuffe. Auch hier scheint ein rasches Auskeilen des Dolomitzugs 
nach Westen, und, durch die weit schnellere Abschwemmung der 
anstossenden, leicht verwitternden Tuffe bedingt, ein Einstürzen 
des westlichen dolomitischen Vorsprungs stattgefunden zu haben. 
Der Gesammteindruck, den diese eigenthümlichen Lagerungsver- 
hältnisse, diese Erscheinung des gegenseitigen Auskeilens von 
beiden Seiten her, auf den Beobachter machen, ist der, dass nach 
West und Ost zeitlich äquivalente, wenn auch petrographisch noch 
so sehr verschiedene Bildungen vorliegen; dass die Bedingungen 
der Gesteinsablagerung nach diesen entgegengesetzten Richtungen 
sehr verschiedene und wechselnde waren, so dass östlich von 
einer gewissen Grenze fast nur Dolomit, westlich gleichzeitig mit 
diesem, nebst oolithischen Kalkmergeln vorwiegend tuffartige 
Sedimente abgelagert wurden, in der Art, dass die beiderseitigen 


287 


Ablagerungen in der Gegend jener Grenze sich auskeilen und 
abwechselnd über einander greifen. Wie sich in dieser Ablage- 
rungsfolge etwaige paläontologische Horizonte von weiterer alpi- 
ner Verbreitung vertheilen, kann, in Ermangelung von Petrefak- 
ten, vorderhand wenigstens nicht angegeben werden. Finden sich, 
wie nach dem Obigen sehr wahrscheinlich, in der rein dolomiti- 
sehen Ablagerungsfolge weiter östlich, jenseits der Ampezzaner 
Strasse, die Zeitäquivalente der dunkeln Tuff-artigen Sedimente, 
so ist es übrigens von vorn herein fraglich, ob dieselben orga- 
nischen Reste beiderseits zu erwarten sind, eben wegen der Ver- 
schiedenheit der Ablagerungsbedingungen und des Ablagerungs- 
produktes. 

Das Auskeilen des Dolomits des Saren- und Badkofels findet 
allem Anschein nach in der Art statt, dass die Tuffschichten im 
weiteren Verlauf nach Westen als Hangendes jener untern Do- 
lomitpartie auftreten, welche über den rothen Schiefern des alpi- 
nen untern Wellenkalks (Campiler Schichten) beginnt, und mit 
den Hornstein und Muschelkalkpetrefakten führenden Kalken endet. 
Wenn diese Kalke noch weiter westlich entwickelt sind, werden 
sie gerade, oder ungefähr wenigstens, an den Beginn der tufl- 
artigen Schichten zu liegen kommen. Die bewaldeten und ver- 
wachsenen Gehänge sind einer durchgreifenden Untersuchung 
über diesen Punkt hinderlich, doch liegen Anzeichen vor, dass 
sich dies wirklich so verhält, wovon weiter unten mehr *. 

Hält man an der Ansicht fest, dass die Dolomitmasse des 
Saren- und Badkofels noch alpinen Muschelkalk repräsentire, so 
könnte das nach West eintretende Lagerungsverhältniss auf den 
ersten Blick als eine Art Discordanz aufgefasst werden, so, dass 
zeitlich nicht äquivalente Bildungen neben einander zu liegen 
kämen. Mit Berücksichtigung aller oben berührten Punkte scheint 
es jedoch wahrscheinlicher, dass zeitlich äquivalente oder unge- 
fähr äquivalente, im übrigen sehr heterogene Bildungen im Strei- 


* Es scheint sogar, dass die Tuffschichten sich noch ein Stück weit 
zwischen Golserberg und Badkofel einschieben, also zum Theil direct in’s 
Liegende der Haupt-Dolomitpartie des letztern kommen; ich habe diese 
Stelle nicht mehr besichtigt. Sie würden dann in dem schluchtartigen Ein- 
riss zwischen Golserberg und Badkofel im Streichen auf jene spröden, 
mergelig-dolomitischen Lagen folgen, die am Fuss der Steilwand liegen. 


288 


chen auf einander folgen. Hieran könnte sich nun wieder die 
Annahme knüpfen, den Dolomitzug des Saren- und Badkofels nicht 
mehr als alpinen Muschelkalk, sondern, den untersten, dunkeln 
Tuffschichten parallel zur obern Trias zu stellen, insofern man 
dieselbe ınit den untersten Tuffschichten beginnen lässt. Da in- 
dess die Grenze zwischen unterer und oberer alpiner Trias nicht 
ganz fixirt zu sein scheint, und eine gewisse Zusammengehörig- 
keit der untersten Halobiaschichten und obersten Muschelkalk- 
schichten unbestreitbar ist, — wenn man sich daran erinnert, 
dass Fälle vorliegen, wo Muschelkalkpetrefakten in dem Bereich 
der Halobia Lommeli angehörige Schichten hinaufgehen, dass eine 
Halobia im ausseralpinen Muschelkalk vorkommt, und dass petro- 
graphische Übergänge oder Wechsellagerung gerade in diesem 
Niveau von vielen alpinen Localitäten berichtet wird; — so wird 
sich auch die über den Muschelkalkbänken liegende grössere Do- 
lomitpartie des Saren- und Badkofels desswegen noch nicht zur 
obern Trias stellen lassen, weil sie den untersten tuffartigen 
Schichten parallel liegt; es scheint vorderhand angemessener, sie 
noch als höhere Etage beim dolomitisch entwickelten alpinen 
Muschelkalk zu lassen *. 

Wir waren in der Betrachtung der Schichtenfolge bis zu der 
St. Cassian-artigen Zone gelangt, welche sich unter der Steilwand 
des Dürrenstein hinzieht. 

Die nächst höhere Stufe ist durch diese Steilwand selbst 
bezeichnet. Man hat hier einen festen, krystallinischen oder kry- 
stallinisch-drusigen geschichteten Dolomit vor sich. In dem Ge- 
röll desselben, welches vor dem östlichen Theil der Steilwand 
herzieht und die Thalschlucht des Klausbachs erfüllt, finden sich 
ziemlich viele, von Chemnitzien-artigen Schnecken her- 
rührende, mit Bitterspathkryställchen ausgekleidete Hohlräume von 
nicht unbeträchtlicher Grösse; deutliche Dachsteinbivalvenkerne 
habe ich nicht bemerkt, nur auskrystallisirte Hohlräume, die von 
solchen oder ähnlichen Formen herrühren mögen. Ausserdem 
ist ein eigenthümlich gross-oolithisches Gefüge des Dolo- 


* Die Identität der Gyroporellenform in der Haupt-Dolomit-Partie des 
Sarenkofels mit der in der untern Dolomit-Partie (unter den Petrefakten- 
kalken) spricht ebenfalls für Zusammengehörigkeit; wie schon weiter oben 
bemerkt. Auch Encrinus cf. kliiformis kommt in der obern Partie vor. 


289 


mits zu bemerken, welches viele Handstücke an der erwähnten 
Localität zeigt, und welches sich weiter westlich in dem Dolomit 
des Rauchkofels am Pragser Wildsee noch mehr entwickelt zeigt; 
wo zu derselben Etage gehörige Dolomitbänke durchstreichen. 
Das Dolomitgeröll am Klausbach kann übrigens zum Theil schon 
von der zunächst rückwärts liegenden Dolomitpartie herrühren, 
welche dem Flodinger angehört. 

Ganz im Gegensatz zu dem schroffen Absturz Hach Nord 
und Nordost flacht sich der Dürrenstein oben mit nur 20 — 30’ 
nach Südwest, also im allgemeinen Schichtenfall, ab. Es ist das 
eine Wiederholung der Erscheinung, die ınan schon auf der Süd- 
seite des ersten Dolomitzugs (Sarenkofel) beobachtete. Hetero- 
gene Schichten von leichter zerstörbarem Stoff lagern oder lager- 
ten auf dem Dolomit, und liessen, wo sie der Abschwemmung 
anheimfielen, freigelegte Dolomitschichtflächen zurück. Eine solche 
ist mit höchster Wahrscheinlichkeit die erwähnte Abflachung auf 
der Rückseite des Dürrenstein. Kommt man, den Pfad aus dem 
Pragser Thal hinauf verfolgend, an den Rand derselben, so fallen 
hier gleich die ersten anstehenden Schichten auf, durch ihren 
vom festen krystallinischen Dolomit abweichenden Charakter; es 
sind ziemlich dünn und plattig geschichtete, dichtmergelige Do- 
lomite, dann erdig mergelige, rauchwackenartige Lagen, dazwi- 
schen auch wieder mehr krystallinische. Ähnliche Schichten finden 
sich in wenig höherer Lage in dem Rücken, der sich längs des 
Südwestraumes der Terrainabflachung wieder heraushebt. Die 
Hauptmasse der ehemaligen Auflagerung jedoch muss durch Ab- 
schwemmung zerstört sein. Nur an einzelnen Stellen, in einer 
Senkung aın Nordwest-Ende haben sich Theile von ihr erhalten. 
Man findet daselbst anstehend: bunte Mergel. ähnlich den ausser- 
alpinen bunten Keupermergeln, graue Steinmergel mit Gyps, und 
namentlich auch aus Trümmern von Muschelschalen, Cidariten- 
stacheln etc. verkittete, z. Th. oolithische Lagen. Es gelang auch 
hier nicht, charakteristische Petrefakten zu finden. 

Die rothen und bunten Mergel erinnern an die Schichten, 
welche in den Beschreibungen der weiter westlich gelegenen 
Gegenden vom Schlernplateau und aus der Umgebung von St. 


Cassian unter dem Namen der rothen Raibler (oder Torer, auch 
Jahrbuch 1873. 19 | 


290 


Corbulaschichten) erwähnt werden*. (Ähnliche Schichten wieder- 
holen sich bei Cortina d’Ampezzo.) Die Lagerungsverhältnisse 
sprechen nicht dagegen, dass man sich hier auf diesem Horizont 
befindet; diese rothen Schichten würden dann von den Tuff- und 
St. Cassian-artigen Schichten des Pragser Thals durch eine mäch- 
tige Dolomitbildung, die des Dürrenstein, getrennt auftreten, wo- 
durch weiter die richtige Stellung der letztern erleichtert würde, 
doch bleibt Bestätigung durch Petrefakten zu wünschen. 
Westlich und südwestlich von dem erreichten Standpunkt er- 
hebt sich die grosse, felsige Bergmasse des Hochgaisl (Geisler- 
spitz); ihre zunächst gelegenen Partien steigen unmittelbar aus 
der Terrainverflachung des Dürrenstein auf. Man hat hier die 
nächstfolgende höhere Etage zu suchen und befindet sich, sobald 
man die Steigung erreicht, in einem neuen Dolomitcomplex, wel- 
cher mit grosser Wahrscheinlichkeit dem „Hauptdolomit“ („un- 
tern Dachsteinkalk*) entspricht. Von diesem Dolomit hebt sich 
der oberste Theil des Berges, schon aus der Entfernung gesehen, 
als besondere Partie ab, deren untere Grenze indess nicht überall 
gleich scharf markirt erscheint. Hat man das Berggehänge bis 
zu dieser Höhe, stets über Dolomit weg, erstiegen, so folgen auf 
den Dolomit, wie es scheint, ohne anderweitige Zwischenlagerung, 
mächtige Bänke eines dichten, auf dem Bruch matten, weisslichen, 
gelblichen, röthlichen, oder auch roth marmorirten Kalkes, wel- 
cher sich durch seine petrographische Beschaffenheit, wie durch 
die runden Verwitterungsformen seiner dicken Bänke und seiner 
Fragmente sofort von dem unterlagernden Dolomit unterscheidet. 
Es gehört dieser Kalk einer mächtigen Auflagerung an, welche 
den Geislerspitz bildet, und sich dann noch weiter westlich und 
südwestlich erstreckt. Petrefakten sind in diesem Kalk, so weit 
ich ihn verfolgt habe, nicht, oder nur in ganz ungenügenden 
Spuren zu entdecken. Aus diesem Grunde kann ich über die 
Zutheilung dieser Schichten zu Trias, Lias oder Jura, und dar- 
über, ob die petrographische Grenze zwischen Dolomit und Kalk 
mit einer paläontologischen zusammenfällt, keine Ansicht äussern **. 


* S. Srur: Eine Excursion in die Umgegend von St. Cassian. Jahrh. 
d. K. K. geol. Reichsanst. 1868. 

** Die Beschreibung, welche v. RıcHtHoren (l. c. S. 227, 228) von der 
weiter westlich gelegenen Gebirgslandschaft der Fanisalpe gibt, passt auch 


291 


Als jüngste Gebilde des ganzen Gebirgssystems sind, wie 
schon die geol. Übers.-Karte der österr. Monarchie, Bl. 5, angibt, 
die Schichten zu bezeichnen, welche etwas weiter westlich, bei 
der Alpe La Stuva auf jene Kalke folgen; es sind helle Crinoi- 
denkalke mit Rhynchonellen und Terebrateln, und über diesen 
rothe Diphyakalke, in denen ich Terebratula diphya Col. sp., Te- 
rebratula triangulus Lam., Ammonites (Phylloceras) ptychoicus 
Quenst., Ammonites (Phylloceras) cf. ptychosioma BENEcKE, Am- 
monites (Perisphinctes) cf. colubrinus? Reın., Ammonites (Limo- 
ceras) Sp. und einige weniger gut erhaltene, wahrscheinlich Phyl- 
locerasarten, fand. 


ganz auf die in diesem Kalkcomplex liegende Hochfläche westlich vom 
Hochgaisl und südlich vom Seekofel. Auch v. Ricutuoren erwähnt den 
Mangel an Petrefakten. — Zu bemerken ist, dass in dem Kalkcomplex an 
einzelnen Stellen, wenn auch ganz untergeordnet, doch auch wieder Dolo- 
mitbänke auftreten, welche völlig dem untern Dolomit gleichen. 

Auf der geol. Übers.-Karte der österr. Monarchie, Bl. 5, ist die er- 
wähnte Auflagerung als unterer Jura eingetragen. 


(Sehluss folgt.) 


19* 


Briefwechsel. 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 


Aachen, den 18. März 1873. 


Meinen ergebensten Dank sage ich Ihnen für Ihren gefälligen Brief 
am 10. d. Mts. und für den in denselben eingelegten Separatabdruck der 
„Note sur un nouveau gisement de Leadhillite par M. E. BErTRAnD“, die 
mir bisher unbekannt geblieben war. Nach längerem Suchen ermittelte 
ich die Zeitschrift (Bulletin de la societe chimique de Paris, 1873, T. XIX. 
No. 1, p. 17), in der diese Mittheilung zum Abdruck gekommen war, denn 
der Separatabdruck enthielt nur die Angabe der Druckerei. 

Sie erwarten über diese „Note“ eine Meinungsäusserung von mir und 
erhalten deshalb dieselbe in Folge dem sobald als mir möglich war, für 
Ihr Jahrbuch. 

In der ersten Hälfte seiner Mittheilung berichtet Herr BErTRAnD, dass 
er in der Umgegend von Iglesias auf Sardinien den Leadhillit aufgefunden 
habe; jedoch ohne Angabe der näheren Umstände, ich vermuthe deshalb 
nur, in den oberen Sohlen der dortigen Bleiglanzgänge. Da aus diesen 
das Bleisulphat (Anglesit) und das Bleicarbonat (Cerussit) schon länger 
bekannt sind, kann das nichtsdestoweniger interessante Vorkommen von 
Bleisulphocarbonat (Leadhillit) nicht überraschen. Die von H. BERTRAND 
nachgewiesene, fast völlige Übereinstimmung dieses Leadhillit in chemi- 
scher und physikalischer Beziehung mit dem von Leadhills in Schottland 
und besonders mit der von BERZELIUS und STROMEYER für dieses Mineral 
daraus abgeleiteten Formel 3PbO ..CO, + PbO.SO, ist bemerkenswerth. 
Um so auffallender bleibt aber unter diesen Umständen, dass Herr BEr- 
TrAnD das Volumgewicht des sardinischen Minerals bei 14° [C.?] zu 6,60 
ungefähr bestimmt hat, während sich für das schottische immer nur 6,266 
bis 6,435 angegeben findet. Diesen Widerspruch sucht H. BERTRAND durch 
den Umstand zu erklären, dass das sardinische Mineral veränderte, mehr 
oder minder opake Stellen zeige, welche in der Hitze decrepitiren und 
etwas Wasser enthalten, während es sonst durchsichtig, ohne Wasser und 


293 


nicht decrepitirend sei. Die vollkommen durchsichtigen Stellen wählte er 
zur chemischen und optischen Analyse, die veränderten zur Bestimmung 
des Volumgewichtes. 

Eine Ansicht über die Art und Weise der Veränderung hat H. Ber- 
TRAND nirgends bestimmt ausgesprochen; es scheint jedoch aus mehreren 
Stellen der „Note“ hervorzugehen, dass er sich das Mineral durch Was- 
seraufnahme verändert vorstellt. Dadurch kann aber eine Substanz mit 
ungefähr 81°/), von dem schweren Bleioxyd nicht schwerer, sondern nur, 
wenn auch kaum merklich, leichter werden (z. B. Anhydrit 2,3—3 und 
Gyps mit ca. 21°/, H,O = 2,2 bis 2,4). Danach scheinen mir zur Erklä- 
rung dieses abweichenden Volumgewichtes allen zwei Fälle möglich zu 
sein: 

1) entweder ist die opake, also optisch nicht untersuchte Substanz 
kein Leadhillit, sondern ähnlich wie in Schottland ein dazwischen gewach- 
senes rhomboä@drisches Bleisulphocarbonat (Susannit), das bekanntlich das 
höhere Volumgewicht 6,55 hat, also nahezu dasjenige des sardinischen 
trüben Minerals, oder 

2) ist das Letztere ein Gemenge von Leadhillit mit Maxit (Bleihydro- 
sulphocarbonat), dessen Volumgewicht ich zu 6,874 * ermittelt habe. 

Bei dieser zweiten Annahme erklärt sich nicht nur das abweichende 
Volumgewicht, sondern auch der geringe Wassergehalt und das Decrepi- 
tiren, welches der Maxit, wie ich erwähnt habe, in hohem Maasse zeigt. 

Bei dem beschränkten Materiale, was Herrn BERTRAND für die Unter- 
suchungen zur Disposition gestanden zu haben scheint, hätte er, wie ich 
es bei meinen Untersuchungen des Maxit aus dem nämlichen Grunde zu 
thun gezwungen gewesen war, an demselben Stücke zuerst die optischen, 
dann die anderen physikalischen und schliesslich die chemischen Eigen- 
schaften ermitteln sollen. 

Unter diesen Umständen musste es mich wohl überraschen, dass Herr 
BERTRAND in der zweiten Hälfte seiner Mittheilung die erste zum Aus- 
gangspunkte eines Versuches wählt, es wahrscheinlich zu machen, der 
Maxit von Sardinien sei keine zur Selbstständigkeit berechtigte Mineral- 
species, sondern nur ein veränderter Leadhillit. 

Nachdem man im sardinischen Bleierzdistricte Anglesit, Cerussit und 
Maxit kannte, war die Auffindung des Leadhillit, ich möchte sagen, fast 
nur noch eine Frage der Zeit und des Suchens, aber doch in keiner Weise 
ein allgemeiner, irgendwie zwingender Grund, die Selbstständigkeit eines 
Minerals in Zweifel zu stellen, das nach allen Beziehungen mit Ausnahme 
der Krystallform ** und des Brechungsvermögens bekannt ist und als 
Art anerkannt werden muss. Um einen Vergleich zu gebrauchen: der 
Gyps, der so häufig durch Umwandlung (Wasseraufnahme) aus Anhydrit 
entstanden ist, aber nicht immer zu sein braucht, hörte doch mit der Auf- 
findung dieses Letzteren nicht als selbstständige Art auf! Ich gebrauche 


* Journal für praktische Chemie. V. 1872, S. 470 ff. und LEoxHARD 
und Gemitz, Jahrbuch für Mineralogie u. s. w. 1872, S. 407 u. 508 ft. 
** Das Krystallsystem ist optisch als rhombisch zu ermitteln gewesen. 


294 


absichtlich diesen Vergleich, weil ich ihn schon früher heranzog, um in 
Bezug auf manche Eigenschaften den Maxit dem Leadhillit gegenüber zu 
charakterisiren, ohne aber dadurch irgendwie einräumen zu wollen, der 
wasserhaltige Maxit müsse aus dem wasserfreien Leadhillit lediglich durch 
Aufnahme von Wasser entstanden sein. Denn, wenn der Maxit keine ur- 
sprüngliche Bildung wäre — was ja immerhin möglich sein könnte, obwohl 
es mir unwahrscheinlich ist — sondern aus dem Leadhillit durch Umwand- 
lung sich gebildet hätte, so wäre nicht nur eine Aufnahme von Wasser 
von Seiten des Leadhillit nöthig gewesen, sondern auch, wie ich nachher 
mit Zahlen belegen werde, eine Aufnahme von Bleioxyd und Schwefelsäure 
sowie eine Abgabe von Kohlensäure. 

Die speciellen Gründe, die Herr BERTRAnD zu seiner Beweisführung 
heranzieht, will ich kurz wiederholen und zugleich erörtern. 

Sein erster Grund ist die grosse Übereinstimmung der physikalischen 
und vor Allem der optischen Eigenschaften des Leadhillit und Maxit mit 
Ausnahme des Volumgewichtes, was ich schon in meinen früheren Arbei- 
ten hervorgehoben hatte. Dass beide Mineralien negativ doppeltbrechend 
sind, einen kleinen, nahezu gleichen Winkel der optischen Axen haben, 
und dass dieser für rothes Licht kleiner ist als für blaues (p<v), kann 
bei so nahe sich stehenden Bleisalzen nicht befremden, da andere Blei- 
verbindungen ebenfalls negativ sind (z. B. Cerussit, Bleizucker), p<v 
haben (z. B. Bleizucker, Anglesit) und kleine Axenwinkel besitzen (zB. 
Cerussit). Hervorzuheben ist hierbei aber noch der Umstand, dass man 
ein sicheres Urtheil über die Identität der wirklichen Axenwinkel, auf die 
es doch allein ankommt, nicht hat, da man nur die scheinbaren kennt und 
bei Unbekanntschaft der Brechungsexponenten, die ja verschieden sein 
können, die wahren nicht berechnen kann. Nahezu die gleiche Härte, 
vollkommene Durchsichtigkeit und Farblosigkeit, den diamantartigen Fett- 
glanz auf den Bruch- und den diamantartigen Perlmutterglanz auf den 
Spaltungsflächen ersten Ranges besitzen ferner ebenfalls andere Blei- 
salze. 

Der zweite Grund, das oben erörterte Volumgewicht des sardinischen 
und schottischen Leadhillit sowie des Maxit, kann nach dem Gesagten gar 
nicht in das Gewicht fallen, weil die Bestimmung der Schwere des sardi- 
nischen Leadhillit ganz zweifelhaft genannt werden muss. Dazu kommt 
noch, dass das Volumgewicht des sardinischen Leadhillit —= 6,60 dem des 
schottischen, im Mittel — 6,35 immer noch etwas näher steht als dem- 
jenigen des Maxit —= 6,97. 

Dass der wasserhaltige Maxit soviel schwerer als der wasserfreie 
Leadhillit ist, liegt nach dem oben Gesagten nicht am Wasser, sondern 
einmal wohl in den anderen molecularen Zuständen, ferner in dem höheren 
Gehalt an Schwefelsäure und Bleioxyd, sowie drittens in der geringeren 
Menge an Kohlensäure. 

Den dritten Grund sucht Herr Bertranp in der chemischen Zusam- 
mensetzung beider Mineralien, die er für wenig verschieden hält. Zum 
Belege für diese Ansicht stellt er die Analysen des 


295 


Maxit = 81,912 PbO 8,082 CO, 8,140* SO, 1,866 H,O — 100 
u. des Leadhillit — 80,800 „ 11,950 „ 72350 „ — „=10 
‚zusammen. Die Differenz beider beträgt mithin 


PbO + 1,112%/, 
CO, — 3,868°), 
SO, + 0,890°|, 
H,O + 1,866, 


und ist für Analysen, die durch einfaches Molecular-Verhältniss und 
durch Controle bis auf kleine Abweichungen in der zweiten oder gar 
erst dritten Decimalstelle als zuverlässig sich erweisen **, nach meinem 
Dafürhalten so bedeutend, dass von einer wenig verschiedenen Zusam- 
mensetzung in keiner Weise gesprochen werden kann. Die chemische 
Verschiedenheit fällt bei procentiger Gewichtsangabe noch nicht einmal so 
auf als bei einer Angabe des Molecularverhältnisses der beiden Minera- 
lien an den 3, resp. 4 Stoffen, da deren Moleculargewichte so sehr ver- 
schieden sind. 
Es enthält der 


Maxit 18 Mol. PbO. 9 Mol. CO,. 5 Mol. SO,. 5 Mol. H,O, der 
Leadhillit 4 „ NUN. EEE ER 


oder auf gleiche Anzahl von Bleioxydmolecülen gebracht: 


Maxit 36 Mol. PbO. 18 Mol. CO,. 10 Mol. SO,. 10 Mol. H,O 
Peru: 6 - 5... 27," ., I — ‚also die 
ne  ., ,.„, —. ,  „—-])*,. +10, „dürden 
Maxit. 

Hätte Herr BERTRAnD diese soeben von mir geltend gemachten Punkte 
erwogen und in meinen früheren Mittheilungen über den Maxit nicht über- 
sehen, dass dieses Mineral in allen Theilen ganz wasserklar und durch- 
sichtig ist, so dass jede, nicht an der Oberfläche zerkritzte Lamelle zu 
den optischen Untersuchungen brauchbar gewesen ist, so wäre er, glaube 
ich, gewiss niemals, selbst ohne Kenntniss des Maxit mit eigenen Augen, 
zu der Ansicht gelangt, dass der Maxit vielleicht ein Leadhillit sein könne, 
der noch mehr durch Wasseraufnahme verändert sei als der mehr oder 
weniger opake von Sardinien, den er zur Bestimmung des Volumgewichtes 
genommen hat; denn in diesem Falle müsste der Maxit ganz undurchsich- 
tig sein, was erst, ähnlich wie beim Gypse, unter starker Decrepitirung 


* Herr BERTRAnD gibt irrthümlich 8,114°/, an. 


** z. B. Maxit/’; Differenz 

I. gefunden: kleinste grösste 
81,912 PbO 8,082 CO, 8,140 SO, 1,866 H,O 

II. berechnet: | 0,00 0,028 
81,918 PbO 8,081 CO, .8,163 SO, 1,838 H,O 


Leadhillit III. gefunden: 
80,74 PhO 12,12 CO, 714 SO, _ 

IV. berechnet: | 0,060 0,170, 
80,80 PbO 11,95 CO, 7,25 SO, u 


296 


und Austritt von allem Wasser bei etwa 280° C., also bei seiner Zer- 
setzung, eintritt. “ H. LaAsPpErRes. 


Freiberg, den 7. April 1873. 
Vor einigen Wochen erlaubte ich mir, Ihnen eine im Freiberger Jahr- 
buch abgedruckte Notiz, neue Uranerze von Schneeberg betreffend, zuzu- 


schicken *. | 
In dieser Notiz ist ein in schönen, eigelben, haarförmigen Krystallen 
auftretendes Uranerz erwähnt, welches nach Dr. CLEMmEns WInKLER’s Ana- 


lyse besteht aus: 


Kohlensaurem Kalk . . 2... 583 
Kebaltexydul. uf Set a 
Kupferoxyd ae 
Eisenoxydhydrat (Brauneisenerz) 2,6 
IHranexsydiN. ns AR. 
Kieselsäure . .. „.'.7. 2. 28 
Arsensäure .. 2% a, er 
Wasser 424% „O3 SaeR- uerde 

971. 

Aus dieser Analyse leitete Dr. WınkLEer die Formel ab: 
i Sın2 


In derselben Notiz wurde auf die grosse äussere Ähnlichkeit des Kör- 
pers sowohl mit dem Uranophan (Wessky 1853) als mit dem Uranotil 
(Borıcky 1870) hingewiesen, und desshalb auch bis auf Weiteres von Ein- 
führung eines besonderen Namens für denselben abgesehen, zudem die 
Reinheit der analysirten Probe zu wünschen übrig gelassen hatte. 

Da nun inzwischen der Körper auf der Grube in grösserer Menge und 
in reinerer Beschaffenheit aufgefunden worden ist, so sind zwei neue Ana- 
lysen mit möglichst reinem Material, dessen specifisches Gewicht ich vor- 
her zu 3,87 (3° Ceus.) bestimmte, angefertigt worden. WınKLer fand: 


Kalkerde . . 5,13 5,49 
Uranoxyd . . 63,93 62,84 
Eisenoxyd ; 

mn x oo er 

Kieselsäure . . 13,02 14,48 

Wasser . . . 14,55 13,79 

99,66 99,48. 

Borıcky fand aber in seinem Uranotil von Wölsendorf: 

Kalkerde "., .,... U 
Uranexyd”._. . . 6286 
Kieselsäure. . . . 13,78 
Wasser. . . . By 
99,98. 


* Siehe weiter unten: Auszüge. G.L. 


297 


Die Übereinstimmung dieser Analyse mit den beiden obigen lehrt, dass 
das Schneeberger Mineral mit dem Uranotil ident ist, eine Identität, die 
ich schon seit December 1871 vermuthet und auch damals dem Bergver- 
walter der Grube „Weisser Hirsch“, Herrn R. TrösER gegenüber ausge- 


sprochen hatte. 
{ A. WeEIsBAacH. 


B. Mittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Fort van der Capellen, Sumatra’s Westküste, 10. März 1873. 


Es war mir interessant, in diesem Jahrbuche, 1872, S. 865 zu lesen: 
dass Herr T. Rup. Jones in einem Steingeräth von Java Nummuliten auf- 
gefunden hat. 

Diese Angabe von Nummuliten der Insel Java ist aber nicht die erste. 
Sie sind schon angeführt worden von: 

JUNGHURN in seinem „Java“, deutsche 2. Ausgabe 1857, Bd. III, Seite 
. 64, 87 und 203. (Nummuliten bei Tanglar, Preanger, Regentschappen.) 
P. van Disk, Verslag der boringen naor kolen in Djokjokarta. Tyd- 


schrift v. Nyverheid en Landbouw in N. Indie. Band XIII, Seite 167 
bis 205, 

und P. van Disk, Geol. beschryving der Residentie Djokjokarta. Jaar- 
boek van het Mynwezen in N. Oost-Indi&. Band I. 1872. Seite 149—192. 
(Nummuliten in Djokjokarta.) 

Auch soll eine Kalkbank im Kidul-Gebirge, südlich von Klaten, Num- 
muliten enthalten (nach schriftlicher Mittheilung des Herrn Dr. C. F. A. 
SCHNEIDER). 

Ein grosser Theil der tertiären Ablagerungen von Java zeigt ferner 
eine auffallende Ähnlichkeit mit den unzweifelhaft eocänen Ablagerungen 
auf Borneo. 

Ich hoffe, dies später ausführlich nachzuweisen, wenn ich endlich da- 
zu kommen werde, meine Untersuchungen auf Borneo zu veröffentlichen, 
was mir bis jetzt, meiner sehr vielen dienstlichen Beschäftigungen wegen, 
geradezu unmöglich war. 

Ein anderer grosser Theil der tertiären Schichten von Java ist aber 
jedenfalls nicht eocän, sondern jünger; diese letzteren sind besonders stark 
an der Nordküste der Insel entwickelt. 

R. D. M VERBEER, 
Bergingenieur auf Sumatra. 


Hamburg, den 27. März 1873. 


Ein Aufsatz von Herrn Dr. SchrEiser im Juli-Heft des J. 1872 von 
Gıeser’s Zeitschrift für die gesammten Naturwissenschaften (das mir lei- 


298 


der erst vor Kurzem zu Gesicht gekommen ist), veranlasst mich wieder, 
Sie mit einer Zuschrift zu belästigen. Der Herr Verfasser veröffentlicht 
darin nämlich interessante Beobachtungen „über alte Harzgeschiebe bei 
Wernigerode“, insbesondere im Flussbette der Holzemme und steinernen 
Renne (die auch mir nicht unbemerkt geblieben sind, und worüber ich im 
Neuen Jahrbuche für Mineralogie etc., Jahrg. 1868, Hft. 2 einige Bemer- 
kungen mitgetheilt habe). 

Herr Dr. SchrEiser sagt: „der Weg von der steinernen Renne bis 
zum Gasthof zum Hohenstein führt durch ein an mächtigen Geschieben 
reiches Thal. In dem 5—8 Meter breiten Flussbette erfüllt die Hochfluth 
höchstens die 3 Meter tiefe Rinne; die Geschiebe, welche bis über 5 Me- 
ter Höhe über dem Boden des jetzigen Flussbettes in grosser Menge und 
von gewaltigem Umfange abgelagert sind, weisen auf ein mindestens fünf- 
mal breiteres Flussbett hin, die zum Theil 2 Meter im Durchmesser hal- 
tenden Geschiebe lassen auf bedeutende Wassermassen schliessen. Auf 
der Strecke vom Silbernen Mann bis zum Südende von Hasserode erschei- 
nen dieselben an mehreren Stellen in der Mitte des Thales werderartig 
aufgeschichtet. Ähnlich stellen sich die Verhältnisse im Drangethale dar. 
Die Granitstöcke des Hohenstein und der Höhne sendeten ihre Granit- 
blöcke hieher. Unmittelbar am Eingange zu dem Steinbruch der Dümm- 
kuhle bis 5 Meter Höhe über dem Boden des jetzigen Flussbettes liegen 
Granitblöcke, welche 1 Meter im Durchmesser halten. Während die Breite 
des jetzigen Flussbettes 7 Meter beträgt, misst das Thal, so weit die Ge- 
schiebe verstreut liegen, 47 Meter. Die vom Grunde des Flussbettes aus 
gerechnete 5 Meter hohe Aufschichtung lässt sich auch weiterhin das Thal 
hinab verfolgen. — Aber nicht nur am Rande des Harzes, sondern noch 
weit über die Bucht hinaus, welche die Muschelkalkrücken des Huy und 
Hackel bilden, lassen sich die Diluvialgeschiebe des Harzes in dem früher 
breiteren Flussbette der Holzemme nachweisen.“ — So weit die für mich 
in Betracht kommenden interessanten Mittheilungen des Herrn Verfassers. 

Mich konnten nämlich diese Mittheilungen nur in der früher ausge- 
sprochenen Ansicht bestärken, dass die Verstreuung und Aufschichtung so 
gewaltiger Felsmassen nur der Wirkung eines Gletschers zuzuschreiben 
sei. Betrachten wir die gewaltigen Granitblöcke, welche im Flussbette der 
Holzemme, und namentlich bei der steinernen Renne, mehrfach über ein- 
ander geschoben, oft in der kühnsten schwebenden Lage zu den reizenden 
Katarakten Veranlassung geben, ohne verhältnissmässig abgerundet zu. 
sein, so kann man sich unmöglich denken, dass diese Blöcke bis zum Aus- 
gange des Thales durch Wasserfluthen, und wären es auch die mächtig- 
sten, fortgeschoben und über einander hinweggehoben werden konnten. 
Woher sollten auch so reissende Wasserfluthen kommen? Da sich bis zum 
Hohenstein und dem Rennelenberg, und selbst bis zum Brocken hinauf, 
kein Becken findet, das als ein entleertes Seebecken angesehen werden 
könnte, und selbst die Thalmulde zwischen dem Rennelenberg und den 
Hohenklippen, beim Molkenhaus und der Hölle, zeigt nirgends Spuren des 
Durchbruchs eines Seebeckens. Diese mit grossen, glatt abgeschliffenen 


299 


Geschieben bedeckte Thalmulde spricht vielmehr dafür, dass von hier aus, 
wie aus einem Circus, ein Gletscher, dem Thale der Holzemme folgend, 
herabgestiegen sei, und die mächtigen Geschiebeblöcke bis zum Ausgange 
des Thales fortgetragen habe. Dazu kommt, dass, wie ich schon am a. O. 
nachgewiesen habe, im untern Flussthale die von Herrn Dr. ScHREIiBER als 
werderartig aufgeschichteten Granitblöcke das Thal mehrfach quer durch- 
schneiden, gleichsam wie aus Granitblöcken künstlich aufgebaute Quer- 
. dämme, und da wo sich bei Hasserode das Thal zu einem weiten Busen 
öffnet, solche werderartig aufgeschichtete Granitblöcke einen Halbkreis 
bilden, welche, im Zusammenhange gedacht, die Endmoräne eines Glet- 
schers darstellen möchten. Endlich auch spricht eine solche werderartige 
Aufschichtung von Granitblöcken längs der rechten Seite des Thales unter 
dem Silbernen Mann für eine von dem Gletscher zurückgelassene Seiten- 
moräne. 

Die Beschreibung der Lagerungsverhältnisse, Grösse und Höhe der 
Geschiebe und ihrer Ablagerung im Flussthale der Holzemme und beson- 
ders der steinernen Renne, wie sie von Herrn Dr. SCHREIBER naturgetreu 
gegeben ist, muss bei unbefangener Betrachtung der Annahme widerspre- 
chen, dass Wasserfluthen solche Wirkungen hervorbringen könnten, son- 
dern meine Ansicht bestätigen, dass dieses nur durch Eis geschehen konnte, 
wir also hier die Wirkung eines Gletschers der Eiszeit vor uns sehen; 
wie sich überhaupt am Brocken mehrfach Spuren früherer Gletscherwir- 
kung zeigen. Dr. K. G. Zimmermann. 


München, den 10. April 1873. 


I. Coceolithen im Eocänmergel. 


Der Reichthum an organischen Überresten in den alpinen Eocänabla- 
gerungen ist eine bekannte Thatsache. Dahin gehören auch die berühmt 
gewordenen zahlreichen Versteinerungen des Kressenbergs, welche mit 
Ausnahme der Foraminiferen, Korallen, Bryozoen, Crinoiden, Brachiopo- 
den und der Monomyarier leider meist nur als Steinkerne vorkommen und 
daher sehr schwierig zu bestimmen sind. Doch unterliegt es keinem Zwei- 
fel, dass die sie beherbergenden Schichten ein genaues Zeitäquivalent des 
Pariser Grobkalks, der Schichten mit Cerithium giganteum darstellen. 
Da diese Versteinerungen auf mehreren sandig-mergeligen Eisenoolith- 
flötzen sich finden, welche behufs ihrer Verhüttung in einem sehr aus- 
gedehnten Bergbau gewonnen werden, so erklärt sich daraus die grosse 
Menge, welche seit v. Münster’s Zeiten aus diesen Eisenerzflötzen ge- 
sammelt und fast in alle Sammlungen versendet wurde. Im Hangenden 
dieser Erzflötze, jedoch noch zu demselben Schichtensystem gehörig, lagern 
mehrere Kalkbänke, die einen hohen Grad von Politurfähigkeit be- 
sitzen, wegen ihrer Zusammensetzung aus einer erstaunlichen Menge klei- 
ner, verschieden dunkel und hell gefärbter organischer Überreste geschlif- 


300 


fen das ungefähre Aussehen von Granit annehmen, daher Granitmarmor 
oder Neubeuerer Marmor genannt werden. Ihre Foraminiferen habe ich 
in der Abhandlung (Abh. d. bayer. Ak. d. Wiss. II. Cl. Bd. X. 2. Abth. 
1868) beschrieben, mehr als 150 Arten von Bryozoen harren noch der Be- 
schreibung. 

Zwischen den einzelnen Erz-, Sandstein- und Kalkbänken liegen, die 
Hauptmasse der ganzen Bildung ausmachend, grünlich-graue, ziemlich feste 
Mergel, welche bei den Bergleuten unter der Bezeichnung „Stockletten“ 
bekannt sind. Sie galten bisher, da sie grössere Versteinerungen fast nie 
oder sehr selten einschliessen, fast für versteinerungsleer. Erst in 
neuester Zeit wurde meine Aufmerksamkeit auf den Einschluss von sehr 
kleinen Foraminiferen in diesem Mergel hingelenkt, und eine eingehende 
Untersuchung hat mich belehrt, dass sie kleinste Arten von Foraminiferen, 
namentlich von Globigerinen, Plecanien, Cristellarien und Ro- 
talien, in erstaunlicher Menge in sich schliessen, welche leicht der Be- 
obachtung sich entziehen. Was aber dieses Ergebniss noch besonders 
interessant machte, war die Entdeckung unendlich zahlreicher, sehr gut 
erhaltener Coccolithen von 3 verschiedenen Grössen, welche, wie es 
scheint, neben den thonigen krumösen alle häutig körnigen Flecken, aus 
welchen das Gestein besteht, den Kalkgehalt desselben und wahrscheinlich 
auch seine Mergelnatur bedingt. Bei der ungemein grossen Häufigkeit 
dieser organischen Bestandtheile schien es mir nicht ohne Interesse, nach 
einer möglichst genauen Methode die Menge der organischen Einschlüsse 
— wenigstens annäherungsweise zu bestimmen. 

Ich fand nun, dass ein Kubikmeter dieses Eocänmergels oder Stock- 
lettens enthält 

5 Milliarden Foraminiferen und 
800 Billionen Coccolithen! 

Die Ziffern mehrerer von einander unabhängiger Bestimmungen schwan- 
ken um diese Grössen, die als Annäherungswerthe Geltung gewinnen dürf- 
ten. Welch’ eine erstaunliche Betheiligung des Organischen am Aufbau 
der Schichtgesteine unserer Erdrinde! 

Um diese Mengen gehörig zu würdigen, sei hier noch das Profil er- 
wähnt, aus welchem sich die Häufigkeit des Vorkommens der Mergel und 
ihrer Mächtigkeit entnehmen lässt. Das Profil umfasst nur den kleinen 
Theil der Eocänschichten, welche die Eisenerzflötze am Kressenberg ent- 
halten, während das ganze System nach dem Hangenden bis zum Flysch 
und bis zum Liegenden, dem Belemnitellenmergel, noch eine weitere grosse 
Ausdehnung besitzt. Wir geben das Profil vom Hangenden zum Liegenden: 

Hangendes: Flysch. 

Zwischenschichten zwischen Flysch und dem zuerst auf- 

geschlossenen Stockletten nach Schätzung mindestens 


mächtig, meist aus mergeligen Schichten bestehend . 500 Meter. 
Stockletten (Mergel mit Foraminiferen) im Achthaler Tief- 
stolen lea: LTR SRTERRENN EUER FEEROT .EI, 


Nummulitenkalk (Granitmarmor) . . . x 2 2 20. IT, 


301 


Stockletten. . . . a a near 8 Meter. 
Nummulitenkalk nor. ee ae Bl, 
Stockletten. . . . nr 0. 
Grauer, ae ndstein se BO: „ 
Röthlicher, Nummuliten-reicher Sekten im en Rn 
Erstes dunkelfarbiges Erzflötz (sog. Ulrichflötz) ER 
Grauer, mergeliger Liegendsandstein mit Nebenflötz . an 
Gelber Sandstein 1365. 
Stockletten . 3 rg 
Graugrüner, eonischer Sändstein i 26. ©; 

(Es folgt dann eine Reihe von Schichten, weiche dur : 

viele dem Streichen der Schichten fast nahe parallel 

verlaufende Verwerfungen mehrfach dieselben Gesteins- 

lagen wieder bringen bis zum sog. Christophflötz, wahr- 

scheinlich die Fortsetzung des Ulrichflötzes.) 

Vom Christophflötz in’s Liegende folgt: 

Graugrüner Sandstein in verschiedenen Varietäten . . 35 „ 
Stockletten . . . . BR Re. Sell SE 
Rother Sandstein mit einem ofhen Erzflötz . BEE ER DRS 
Graugrüner Sandstein mit rein schwarzem Erzflötz . . 85 ,„ 
Stockletten . . . . 50m 
Graugrüner Shridetbin be einem Vehwärden Erzilötz, 

Achenthaler Seits Sigmund-, Kressenberger Seits Max- 

iz, DUREET Verne N a a LE 
Stockletten . . . he 4 
Röthlicher Sahaktem kat dem nen Iosenikilötz a ae ea 
Sandig mergelige Schichten . . . a a Lt 
Stockletten mit einzelnen Zutächeilladeh USER a ER 
Dann kommt wieder eine Region mit einem Erzflötz ' von 

schwarzer Farbe (Emanuel) und einem von rother Farbe 

(Ferdinand), wahrscheinlich eine Wiederholung der 

Max- und Josephflötze, zusammen . . . .....50 „ 
Baulener sandstein "00.00. ERDE IRRE SUNG 
Grauer, mergeliger Sandstein . A el a ze 
Stockletten. . . . DREIER NS0HF 95 
Gelblicher, lockerer Sand nik Sändsterh BR BONSRONSUNDONAZFS 


Aschenschiehten bis zum Belemnitellenmergel unbekannt 200 

Man sieht daraus, welch’ grossartigen Antheil diese Röriminiterek: 
und Coeccolithen-führende Mergel an der Zusammensetzung der alpinen 
Eocänstufe nehmen. Diese Beobachtung hat auch ihre praktische Seite. 
Das Vorhandensein von Coccolithen in Mergelablagerungen ist als sicherer 
Beweis ihrer Entstehung im Meere anzusehen. Dadurch gewinnen wir ein 
Hilfsmittel — wenn auch vielleicht nur für die lockeren, tertiären Abla- 
gerungen — um bei Zwischenschichten mit Meeresconchylien in Mitten 
von Süsswasserschichten beurtheilen zu können, ob die Meeresthierreste 
bloss eingeschwemmt sind, oder ob die sie beherbergenden Ablagerungen 


302 


aus einer Überdeckung durch Meeresfluthen entstanden sind. Zur ersteren 
Art gehört das Vorkommen von marinen Arten in unserer oberoligocänen 
Molasse, während die obere Meeresmolasse eine directe Überdeckung mit 
Meereswasser voraussetzen lässt. 


II. Coceolithen fehlen in dem Tiefseeschlamm unserer Alpen- 
see’n. 


Bei dieser Gelegenheit erwähne ich auch die Untersuchung der schlam- 
migen Ablagerungen am Grunde unserer Gebirgsseen, zu welcher der 
strenge Winter 1871/72 passend benützt werden konnte, weil damals die 
Seen mit einer dicken Eisrinde überzogen waren, welche die Operationen 
der Schlammgewinnung wesentlich erleichterte. Durch die gefällige Be- 
sorgung des damaligen Salinen-Inspectors Lausmann in Berchtesgaden er- 
hielt ich in noch ganz nassem Zustande Proben aus der vermuthlich gröss- 
ten Tiefe des Königsee’s und zwar I) vom sog. Mitterling aus 183°/,, 
Meter Tiefe, II) aus der Nähe des sog. Echo’s aus 185 /,, M. Tiefe, und 
III) von einer Stelle zwischen dem Kessel und Bartholomae aus 181"), oo 
M. Tiefe. Die sämmtlichen Proben verhielten sich fast ganz gleich, sie 
stellten einen fast plastischen, stark kalkhaltigen, mit vielen organischen 
Theilchen untermengten Schlamm dar, der ausgetrocknet ähnlich dem 
Strassenkoth zusammenhält und eine lichtgraue Farbe annimmt. Bei wei- 
tem das meiste Organische gehört Holzsplitterchen und Pflanzentheilen an, 
die in einen torfartigen Zustand übergegangen sind, das Holz ist lignit- 
artig braun. Man bemerkt ausser Holzsplitterchen Theile von Moosen 
(Dieranum, Hypnum), von Charen und den Wasserpflanzen, welche an 
seichteren Stellen im See oder an dessen Ufern wachsen, Vergebens habe 
ich nach Coccolithen gesucht; ich fand und zwar nicht sehr häufig — nur 
Diatomeen oft noch mit grünlichen Körnchen, namentlich Gaillionellen, 
sehr selten Naviculen, Coscinodiscen, Eunotien. Dazu kommen Fragmente 
von Wasserthieren. Die Hauptmasse des Unorganischen besteht aus Kalk, 
Dolomit- und Thontheilchen. Wenn man erstere durch verdünnte Säuren 
wegnimmt, letztere abschlämmt, so bleiben aber auch noch zahlreiche Körn- 
chen und Schüppchen zurück, welche theils aus Quarzsand und Eisenthon, 
wie sie in den rings anstehenden sandigen Gebilden und den rothen Mar- 
morkalken vorkommen, bestehen, theils aber auch als Hornblende, Chlorit 
und Glimmer sich zu erkennen geben. Letztere stammen zweifelsohne 
aus den Centralalpen, von wo sie durch die häufig herrschenden Südwinde 
in Form von Staub in die Kalkalpen verweht werden, wie denn die Pflan- 
zenerde auf den Platten unserer Kalkalpen durchweg dieselben Urgebirgs- 
bestandtheile in Staubform enthalten. 


III. Untersuchungsart der dichten Kalksteine. 


Über die Entstehungsart vieler Sedimentgebilde herrscht noch ein gros- 
ses Dunkel. Bezüglich der kalkartigen Gesteine geben Dünnschliffe und 
das Mikroskop in nicht wenigen Fällen unerwartet günstige Aufschlüsse. 


303 


In zahlreichen, scheinbar versteinerungsleeren Kalken konnte ich mittelst 
Dünnschliffen die Anwesenheit zahlreicher Foraminiferen und Ostracoden 
feststellen, namentlich wenn ich die Schliffe nicht zu dünn durch directes 
Schleifen herstellte, und durch Nachätzen mittelst verdünnter Säure nach- 
zuhelfen versuchte. Ich muss hier noch eines Hilfsmittels gedenken, das 
ich in neuerer Zeit oft mit grossem Vortheil in Anwendung gebracht habe, 
nämlich die Verwandlung des Kalksteins durch sehr langsames und ganz 
allmählich gesteigertes Glühen zwischen Kohlen in Ätzkalk, wodurch selbst 
die dichtesten Varietäten kreideweich werden und sich nun sehr leicht be- 
arbeiten lassen, nachdem man den Ätzkalk wieder durch längeres Liegen 
in einer Atmosphäre von Kohlensäure in kohlensauren Kalk übergeführt 
hat. Das gelingt leicht, wenn man die gebrannten Stücke unter eine Glas- 
glocke mit Ölabschluss bringt und durch ein Chlorcaleiumrohr entwässerte 
Kohlensäure einleitet, bis der Kalk keine Kohlensäure mehr aufnimmt, 
d.h. bis das Niveau des Öls sich gleich hält. Die einzige Gefahr ist das 
Zerspringen und Zerklüften grosser Stücke, und hiergegen hilft nur lang- 
sam gesteigertes Erwärmen. Es gelingt auf diese Weise, selbst Schloss- 
theile von Muscheln herauszupräpariren, eine im dichten Kalk höchst müh- 
same Arbeit! Freilich ist es hierbei schwierig, die organischen Einschlüsse 
von dem umhüllenden Nebengestein zu unterscheiden, da das Ganze gleich- 
mässig weiss geworden ist. Oft hilft ein Antränken mit einer schwach 
gefärbten, sehr verdünnten Auflösung von Canadabalsam in Äther, um die 
Grenzen zwischen den organischen Einschlüssen und der Gesteinsmasse 
wieder deutlicher zu machen. Ich hoffe, dass bald bei keinem paläonto- 
logischen Museum mehr eine chemisch-mechanische Werkstätte fehlen wird, 
um darin Durchschnitte, Dünnschliffe, Ausätzungen, Schlämmungen, Calci- 
nirungen etc. herzustellen und vorzunehmen! 


IV. Arten der Oolithbildung. 


In Folge häufiger Dünnschliffuntersuchungen habe ich zwei sehr dif- 
ferente Arten von Oolithbildungen kennen gelernt. 


Die eine ist die bekannte, welche dadurch vor sich geht, dass sich 
um ein Körnchen eine Mineralausscheidung (Krystalltheilchen oder amor- 
phes Klümpchen) oder um ein Fragment eines organischen Körpers scha- 
lenförmig Rinde um Rinde anlegt, wie im Erbsenstein von Karlsbad. Diese 
Bildung ist eine exogene von Innen nach Aussen. Ich nenne die dadurch 
entstandenen Oolithe daher Extoolith. 


Im Gegensatz damit steht eine zweite Bildungsart, die namentlich 
häufig bei Eisenoolith, wohl auch bei Kalkoolithen vorkommt. Sie besteht 
aus einer blasenartigen Hülle, welche entweder hohle Oolithkörnchen le- 
fert, oder durch Substanzinfiltration nach Innen ganz oder theilweise meist 
mit krystallinischer Masse sich ausfüllt. Für diese Oolithe will ich die 
Bezeichnung Entoolithe vorschlagen. Sie zeichnen sich meist schon 
äusserlich durch eine mehr Walzen-, Bohnen- oder Tonnen-förmige Gestalt 
aus, während die Extoolithe vorherrschend kugelrund gestaltet sind. Es 


304 


ist dabei nicht ausgeschlossen, dass die Blasenoolithe nicht äuch einer wei- 
teren Überrindung zur Grundlage dienen könnten; es finden sich dann 
beide Bildungsweisen vereinigt und man erkennt diess daran, dass solche 
Oolithkörncher! nach Aussen aus concentrischen Schalen bestehen, im In- 
nern hohl oder durch krystallinisch ausgebildete Substanz erfüllt sind (Di- 
morphoolithe). Die zweite Art der Oolithbildung hat ihr Analogon in einer 
gewissen Art von Niederschlägen, die man zuweilen bei chemischen Ana- 
lysen erhält, wobei die Ausscheidung des Niederschlags in Mohnform bis 
Erbsen-grossen Bläschen erfolgt. Man hat das Erzeugen solcher Aus- 
scheidungen nicht in der Hand, und ich habe die Bedingungen, unter wel- 
chen sie erfolgen müssen, noch nicht feststellen können. Soviel scheint 
mir sicher, dass solche Oolithbildung im Grossen erfolgt ist durch Erguss 
unterirdischer, vielleicht sehr reicher Mineralwässer in’s Meer. 


C. W. GünmsEL 


Neue Lileraiur, 


—._ 


Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
beigesetztes *. 


A. Bücher. 
1872, 


J. Bryce: the geology of Arran and the other Olyde Islands; with an 
account on the botany, natural history and antiquity. Glasgow und 
London. 8°. 

* W. Damzs: die Echiniden der nordwestdeutschen Jurabildungen. (Zeit- 
schrift d. D. g. G. p. 93—137, 615—648.) 

* DAUBREE: des terrains stratifies, consideres au point de vue de l’origine 
des substances qui les constituent et du tribut que leur ont apporte 
les parties internes du globe. (Bull. de la Soc. geol. de France, 2. 
ser. ti. 28, p. 363.) 

* Q. FeistmAnten: über Fruchtstadien fossiler Pflanzen aus der böhmischen 
Steinkohlenformation. I. Equisetaceae u. Fiilices. (Abh. d. k. böhm. 
Ges d. Wiss. VI. Folge. 5. Bd.) Prag. 4%. :57°8.,’6 Taf. 

*C. W. C. Fuchs: L’Isola d’Ischia. Monografia geologica. (Carta geo- 
logica dell’ Isola d’Ischia alla scala di 1: 25,000.) Estratto dal vol. 
II delle memorie del Regio Comitato geologico. Firenze. 4°. Pg. 58. 

* GÖPPERT: zur Geschichte des Elenthiers in Schlesien. Schles. Ges. f. 
nat. Cult. in Breslau, 18. Dec.) Sep.-Abdr. 

Anton HALENKE: Beiträge zur Chemie der Dolomite. Inaug.-Dissertation. 
Erlangen. 8°. S. 38. 

* HeBerT: Documents relatifs au terrain cretace du midi de la France. 
2° part. (Bull. de la Soc. geol. de France, t. XXVII, p. 137.) 

* A. Hyatt: Fossil Oephalopods of the Museum of Comparative Zoology 
Embryology. Cambridge. 8°. 

* Jaarboek van het Mijnwezen in Nederlandsch Oost-Indie. Eerste Jaar- 
gang. Tweede dee. Amsterdam. 8°. 232. 

* Ilustrated Catologue of the Museum. of Comparative Zoology, at Har- 
vard College. No. VII. Revision of the Echini. By ALEXANDER Agas- 


sız. P. I-IIl. Cambridge. 4°. 378 p., 19 Pl. 
Jahrbuch 1873. 20 


306 | 


* Karten und Mittheilungen des Mittelrheinischen Geologischen Vereins. 
Section Worms, von R. Lupwıs. Darmstadt. Mit Erläuterungen in 8°. 

* Em. Kayser in Berlin: Studien aus dem Gebiete des Rheinischen Devon. 
III. Die Fauna des Rotheisensteins von Brilon in Westfalen. (Zeitschr. 
d. Deutsch. geol. Ges. 1872, p. 653. Tf. 25 - 27.) 

* 0. C. Marsa: On a New Sub-class of Fossil Birds aeshen). 
(Amer. Journ. of Sc. a. Arts, Vol. V.) 

* SCHLÜTER: über einen fossilen Stomatopoden vom Libanon. Miedereh 
Ges. f. Nat. u. Heilk. in Bonn, 16. Dec. 1872.) Sep.-Abdr. 

* A, Stopranı: Paleontologie Lombarde. Livr. 49—50. IV. Ser. 5—6. 
(MENEGHINI, Lias superieur, p. 49—80. Pl. 12—16. App. Pl. 5.) 


1873. 

* JoacHIM BARRANDE: Systeme silurien dw centre de la Boheme. 
I. Partie. Recherches paleontologiques. Supplement au Vol. I. Tri- 
lobites, Orustaces divers et Poissons. 8%. 647 p. 35 Pl. 

* BorickY: über die Anthracide des oberen Silurgebietes in Böhmen. (Sitzb. 
d. k. b. Ges. d. Wiss. in Prag, 10. Jan.) 

* Epw. D. CopE: on some eocene Mammals, obtained by HayDEn’s Geolog. 
Survey of 1872. (Americ. Phil. Soc. 8°. 6 p.) 

— — on the Short footed Ungulata of the Eocene of Wyoming. (Amer. 
Phil. Soc. 21..Eebr.) 8%. 37 p., 4 Pl. 

— — onthenew Perissodactyles from the Bridger Eocene. (Amer. 
Phil. Soc. p. 1.) 

* CopE: über Loxolophodon cornutus, einen gehörnten Proboscidier von 
Wyoming und seine Verwandten. (Ac. Nat. Sc. Philadelphia, 28. Febr.) 
Sep.-Abdr. 

* B. v. Corra: die Laurionfrage. Wien. (Selbstverlag des Verf.) 8°. 32 8. 

* H. CÜREDNER: die geologische Landesuntersuchung des Königreichs Sach- 
sen. Leipzig. 8°. 11S. 

* HERM. COREDNER: Vorschläge zu einer neuen Classification der Gesteine. 
Leipzig. 8%. 128. 

J. W. Dawson: Impressions and. Footprints of Aquatic Animals and 
imitative Markings, on Carboniferous Rocks. (Amer. Journ. Vol. V.) 

* O. FeistmanteL: Analogie der drei Steinkohlenharze: Anthrakoxen, Midd- 
letonit und Tasmanit und ihre vermuthliche Abstammung. (Verh. d. 
k. k. geol. R.-A. No. 5.) 

-- — über die Permformation zwischen Budweis u. Frauenberg. (Sitzb. 
d. k. b. Ges. d. Wiss. Prag. S. 1—19.) 

* H. B. Gemmtz: das Königliche Mineralogische Museum zu Dresden. Dres- 
den: 8%. 958. 2 Tat. 

* Rog. GRASSMANN: die Erdgeschichte oder Geologie. Stettin. 8°. S. 273. 

Epw. Horn: the coal-fields of Great Britain, their history, structure and 
ressources with notices of the coal-fields of other parts of the world. 
With maps and, ilustrations. Third. edition, revised and enlarged. 
London. 8°. Pg. 499. 


307 


5 Tu. R. Jones: Reliquwiae Aguwitanicae, being Contributions to the Archae- 
ology and Palaeontology of Perigord. P. XI. Febr. 

* Fr. v. KoserL: Tafeln zur Bestimmung der Mineralien mittelst einfacher 
chemischer Versuche auf trocknem und nassem Wege. Zehnte ver- 
mehrte Auflage. München. 8°, S. 108. 

* A. KoRNHUBER: über einen neuen fossilen Saurier aus Lesina. (Abh. d. 
k. k. geol. R.-A. V. 4.) Wien. 4°. p. 75—90. . Tf. 20, 21. 

* Gustav C. Lauge: aus der Vergangenheit Joachimsthals. Prag. 8°. 39 8. 

G. LEonHAarn: Katechismus der Mineralogie. 2. Aufl. Leipzig. 8°. 119 8. 
mit 150 Abbild. 

* Pu. Prarz: das Steinsalzlager von Wyhlen. Mit 3. Tf. Carlsruhe. 8°. 
S. 47. 

— — Geologie des Rheinthales. Mit 2 Tf. Carlsruhe. 8°. S. 61. 

* FR, SANDBERGER: über Steinsalz und seine staatswirthschaftliche Bedeu- 
tung. (Vortrag geh. am 19. Dec. 1872 zu Würzburg.) 8%. 128. 

* F. SANDBERGER: über Unio sinuatus Lam. und seine archäologische Rolle. 
(Malakozool, Blätter, XX, p. 95.) 

* Mag. Fr. Scumipr: über die Petrefacten der Kreideformation von der In- 
sei Sachalin. (Mem. de !’Ac. imp. des sc. de St. Petersbourg, T. XIX. 
N. 3.) St. Pötersbourg. 4%. 378. 8 Taf. 

*G. PovLert Scrope: die Bildung der vulkanischen Kegel und Krater. 
(Aus dem Quart. Journ. of the Geol. Soc. vom Januar 1859, unter 
Ubermachung des Verfassers übersetzt von C. L. Griızsgacna. Berlin. 
8. 628. 

* A. STRENG und K. Zörrrırz: über den basaltischen Vulkan Aspenkippel 
bei Climbach, unweit Giessen. (0. H. Ges. f. Nat. u. Heilk. Bd. 14. 
30 8. 1 Taf.) 

J. Tynparı: das Wasser in seinen Formen als Wolken und Flüsse, Eis 
und Gletscher. Mit 26 Abbildungen in Holzschnitt. 1. Bd. der inter- 
nationalen wissenschaftlichen Bibliothek. Leipzig. 8°. 8. 228. 

* A. WrissacH: neue Uranerze von Neustädtel bei Schneeberg. Sep.-Abdr. 
31.4 308. ‘ 

* M. Wırrkomm: der botanische Garten der Kais. Universität Dorpat. Dor- 
Bat. . 82... 1798. 

* CLEM. WINKLER: über die chemische Constitution einiger neuer Uran- 
mineralien. (Journ. f. prakt. Chemie, Bd. 7, S. 1.) 

* VIoToR R. v. Zepuarovicn: Mineralogisches Lexikon für das Kaiserthum 
Österreich. 2. Bd. (1858—1872.) Wien. 8%. 436 S. 


B. Zeitschriften. 


1) Sitzungs-Berichte der k. Bayerischen Academie der Wis- 
senschaften. München. 8°, 
1872, 2. Heft. S. 107—3259. 
F. SAnDBERGER: Bemerkungen über Einschlüsse in vulkanischen Gesteinen : 
172—177. 
20 * 


308 


F. SANDBERGER: vorläufige Bemerkungen über den Buchonit, eine Felsart 
aus der Gruppe der Nephelingesteine: 203—209. 
Günger: Gletscher-Erscheinungen aus der Eiszeit: 223—256. 


2) Verhandlungenderk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 
8°. [Jb. 1873, 177.] 
1873, No. 2. (Sitzg. am 21. Jan.) S. 25—44. 

Eingesendete Mittheilungen. 
AcH. DE ZıGno: Reste von Sirenoiden gefunden in Venetien: 25—26. 
F. v. Vukorisovic: Rude bei Samabor in Croatien: 26 - 30. 
F. Poserny: Bemerkungen über Stassfurt: 30—31. 
D. Sıur: H. RırıLer’s Skizzen über das Rothliegende in der Umgegend 

' von Rossitz: 31—36. 
Vorträge. 
R. v. DrascHE: über die Eruptivgesteine Steyermarks: 36. 
A. PAarzrA: Untersuchung zweier feuerfester Thone aus dem Moräutscher 
Thale in Krain: 36—37. 
A. REDTENBACHER: die Cephalopoden der Gosau-Formation: 37—38. 
E. Tierze: über das Graphit-Vorkommen bei Kunstadt in Mähren: 38—40. 
Einsendungen u. s. w.: 40—44. 
1875, No. 3. (Sitzung am 4. Febr.). S. 45—60. 

Eingesendete Mittheilungen. 
E. Tıerze: das Braunstein-Vorkommen von Gewitsch in Mähren: 45—46. 
A. JentzscHh: Auffindung von Pfahlbauten in der Elster bei Leipzig: 46-47. 


Vorträge. 
H. Worr: das Gyps-Vorkommen von Grubach bei Golling im Kronlande 
Salzburg: 47—49. 
PauL: Petroleum-Vorkommen in Nordungarn: 49—51. 
Notizen u. s. w.: 51—60. 
1873, No. 4. (Sitzung am 18. Febr.) S. 61—78. 
Prrz Anton: die Maritzathal-Bahn: geologische Profile aus der europäi- 


schen Türkei: 61—62. 
Vorträge. 


G. TscHerMmaAR: die Zone der älteren Schiefer am Semmering: 62—63. 

F. FoetterLe: das Kupfer- und Eisenerz-Vorkommen bei Ferriere in der 
Prov. Piacenza: 65--68. 

OTTOKAR FEISTMANTEL: über die innige Beziehung der Steinkohle- zur Perm- 
formation in Böhmen: 68—69. 

Notizen u. s. w.: 69—78. 

1873, No. 5. (Sitzung am 4. März.) S. 79—102. 
Eingesendete Miheilunpene 

0. FeEistmanteL: Analogie der drei Steinkohlenharze: Anthrakoxen, Midd- 

letonit und Tasmanit und ihre vermuthliche Abstammung: 79—84. 
Vorträge. 
R. v. DrascHe: über eine pseudomorphe Bildung nach Feldspath: 84. 


309 


F. Poserny: die sog. Röhrenerze von Raibl: 84—87. 

C. v. Hıver: über das Vorkommen verschiedener Kohlenarten in einem 
und demselben Kohlenflötze: 87—89. 

O. Lenz: Geologische Mittheilungen aus dem Baranyer Comitat: 89—90. 

Notizen u. s. w.: 90—102. 


3) J. C. PogsEnnorFF: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
8%, [Jb. 1873, 177.] 
1873, No. 2, OXLVIII, S. 177—336. 
R. Herzann: über die Zusammensetzung des Olivins und Serpentins von 
Snarum: 329—333. 


4) H. Kouse: Journal für practische Chemie. Leipzig. 8°. 
[Jb. 1873, 177.) 
1873, VII, No. 1, 8. 1—48. 
Cr. WINKLER: über die chemische Constitution einiger Uran-Mineralien: 
1—14. 
Fr. v. KoseLL: über den neuen Montebrasit von DesCLoızeAux (Hebronit); 
45—48. 


5) Sitzungs-Berichte der naturwissenschaftlichen Gesell: 

schaft Isis in Dresden. [Jb. 1875, 70.) 
1872, No. 10—12, S. 137— 190. 

Les sepultures ovoides oder die Vonnes von Beaugency (Loiret): 137. 

MenwaAıp: über den archäologischen Congress in Brüssel: 139. 

A. BaLtzer aus Zürich: Geologie des Glärnisch: 143. 

ENGELHARDT: über die Tertiärflora von Göhren in Sachsen: 144. 

Geinitz: über die Inoceramen des Quaders und Pläners im Sächsischen 
Elbthalgebirge: 145. 

C. Wırnermı: über Versandungen in Australien: 146. 

ZÖLLNER: über die Natur der Kometen (Referat): 149. 

Kremm: über Venezuela: 161. 

H. Ackermann: über Tiefseeforschungen: 168. 


6) Verhandlungen des naturforschenden Vereinesin Brünn. 
X. Band, 1871. Brünn, 1872. 8°, 239 8. 7 Taf. [Jb. 1872, 748.] 
A. Makowsky: über den Salzberg bei Aussee im Salzkammergute: 32. 


7) Correspondenzblatt des zoologisch-minerälogischen Ver- 
eines zu Regensburg. 26. Jahrgang. Regensburg, 1872. 8°. 
194 S. [Jahrb. 1872, 420.] 

A. F. Besnarp: die Mineralogie in ihren neuesten Entdeckungen und Fort- 
schritten in den Jahren 1870 und 1871: 18—49. 


310 


S. Cressm: über den Einfluss kalkarmen Bodens auf die Gehäuse- 
schnecken: 50. 

— — die Planorben Südbayerns: 58. 

L. v. Ammon: die Räuberhöhle am Schelmengraben: 121. 

Ein Beitrag zur Regensburger Juraformation: 138. 


— 


8) Bulletin dela Societe geologiquede Frrance. 3.ser. Paris. 8°. 
[Jb. 1873, 178.] 
1873, I, No. 1, p. 1—-116. 


NORDENSKJÖLD: Expedition zum Nordpol: 6—7. 

A. Davıv: über den Tsche-Kiang: 7—8. 

Tomseck: Bericht über die geologische und paläontologische Beschreibung 
des oberen Jura im Dep. Haute-Marne: 8—24. 

G. FAgre: neue Methode um die Wirkungen zwei einander folgender He- 
bungen zu vereinigen: 24—27. 

DE RosemontT: über den Vulkan am Cap Ail: 27—31. 

Tu. Esray: über einen von H£gerr erwähnten Irrthum von Macnan in des- 
sen Arbeit über das Albien der französischen Pyrenäen; und über die 
jurassische Insel Mas-de-l’Air bei Villefort: 31—37. 

Meney: über die n.-ö. Umgebung des Tertiärbeckens von Paris: 40—60. 

Bvvisnier: Bemerkungen hiezu: 60—61. 

H&£serT: über das Alter der tithonischen Stufe und der Zone des Ammo- 
nites polyplocus: 61—66. 

Bayan, TomBeck und Buvisnier: Bemerkungen hiezu: 66—79. 

G. CorrzAv: über die jurassischen Seeigel der Schweiz: 79—87. 

CH. Gran: Gletscher-Spuren in Algier: 87—88. 

—  — Beschreibung der glacialen Formationen in den Vogesen, im El- 
sass und Lothringen: 83—116. 


9) Comptes rendus hebdomadaires des seances de "’Academie 
des sciences. Paris. 4°. [Jb. 1873, 179.] 
1873, 6. Janv. — 24. Fevr.; No. 1—8; LXXVI, p. 1—508. 


SAnson: über Zquus der quaternären Periode: 55—57. 

RovvirLe: über den oberen Jura im Dep. Herault: 59—60. 

STAN. MEUNIER: Untersuchungen über Entstehung der Meteoriten: 107-111. 

P. Fıscuer: über die Jura-Formation auf Madagascar: 111—114. 

Pısanı: Analyse des Lanarkit von Leadhills: 114—116. 

— — Analyse des Jeffersonit von Franklin in New-Jersey: 257—238. 

— — Analyse des Arit vom Berge Ar (Basses-Pyrenees): 239 —240. 

G. ve SarorTA: über die unter der Asche des erloschenen ‘Vulkan von 
Cantal vorkommenden fossilen Pflanzen und Folgerungen aus dieser 
Entdeckung auf die Flora im mittleren Frankreich während der plio- 
cänen Periode: 290--294. 


311 


L. Smir#: über einen Meteoriten-Fall, den man im J. 1862 im s. Afrika 
beobachtete, nebst Bemerkungen über Enstatit von Dausr£Er: 292-297. 

Des Cro1zeAvx : Notiz über die Bestimmung der Dimensionen der Grund- 
form des Amblygonit: 319—322. 

Locarr: Vorkommen menschlicher Gebeine in den Knochen-Breccien von 
Corsica: 379—381. 

QUATREFAGES: Alter der Anthropoliten auf Quadeloupe: 381—383. 

Rivik&kE: vorhistorische Station am Cap Roux: 449—453. 


10) E. DusrueiL et E. HEcKkEL: Revue des sciences naturelles. 
- Montpellier et Paris. 8°. [Jb. 1873, 179.] 
1872, tome I. No. 2—3. Pg. 117—444. 
Baupon: Beschreibung einer Oliva (0. antiqua BauD,) aus dem unteren 
Sand des Pariser Beckens (pl. IX): 290—292. 
Guinarp und BLEICHER: neues Diatomaceen-Lager im Quartär-Gebiet von 
Rom: 315—319. 
BLEICHER: geologische Studien um Montpellier; Übergang des Jura in die 
Kreide (pl. X): 319—325. 


11) Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. 
Mosc. 8°. [Jb.. 1873, 72.] 
1872, 3; XLVL p. 1—241. 
H. TraurscHonn: die geologische Karte des Gouvernements Kiew: 125-129. 
R. Hermann: Untersuchungen über die Verbindungen des Tantals: 153-187. 
M. Ansıape: Notiz über die Phosphat-Knollen im Dep. Tarn-et-Garonne: 
235—241. 
12) Archives du Museum dHistoire naturelle de Lyon. T.], 
livr. 1. Etudes sur la station prehistorique de Solutre, Saone-et-Loire. 
Lyon, 1872. 4°. 35 p., 7Pl. 


13) The Quarterly Journal of the Geological Society. London. 

2. Jh. 1873,..73.] 
1873, XXIX, Febr., No. 113, p. 1—9. 

GrREGoRY: Entdeckung von Zinnerz in Queensland: I—5. 

Urrıc#: Zinnerz-Vorkommnisse in Neu-England und Neu-Südwales: 5-11. 

SoLzas und Jukes BRownE: über die im oberen Grünsand von Cambridge 
eingeschlossenen Gesteins-Fragmente: 11—16. 

ALLEYNE NIcHoLson: Geologie der Thunder-Bay und der Shabendowan Erz- 
districete am Lake Superior :. 16—24. 

Dawson: Beziehungen der angeblichen Kohlenpflanzen der Bären-Insel zur 

 paläozoischen Flora Nordamerika’s: 24—25. 
Woopwarp: eocäne Kruster von Portsmouth (pl. I—-II): 25—31. 


312 


WoonpwArnp: neuer Trilobit vom Cap der guten Hoffnung: 31-33. 

HintLe: ausgedehnter Erdschlipf bei Glenorchy, Tasmanien: 33—39. 

Hicks: die Tremadoc-Gesteine von St. Davids, S.-Wales und ihre fossilen 
Reste (pl. III—V): 39—52. 

Fisuer: Phosphat-Knollen in der Kreide von Cambridge (pl. VD): 52—63. 

Sorzas: Ventriculites im oberen Grünsand von Cambridge: 63—70. 

Meyer: Notiz über das Profil von Punfield: 70-76. 

Soas: Coprolithen des oberen Grünsand: 76—81. 

Geschenke an die Bibliothek: 81—%6. 


— 


14) The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Ma- 

gazine and Journal of Science. London. 8°. [Jb. 1873, 180.] 
1873, Jan., No. 297, p. 1—80. 
Febr., No. 298, p. 81—160. 

Geologische Gesellschaft. Souzas: über den oberen Grünsand von 
Cambridge; G. Henderson: über die auf der Yarkand-Expedition be- 
obachteten Schlammvulkane; Boyp Dawıns: die Cerviden der Forest- 
Schichten von Norfolk und Suffolk; Boyp Dawkıns: auf die Säugethiere 
gestützte Classification Britanniens und des Continents: 148—152. 


15) H. WoopwaArp, J. Morrıs a. A. Eruerinee: The Geological Maga- 

zine. London. 8°. [Jb. 1873, 180.] 
1875, Jan., No. 103, p. 1—48. 

Woopwarp: über fossile Insecten: 1—2. 

BuTLer: Fliegen-Reste aus dem Schiefer von Stonesfield (Tf. 1): 2—4. 

Woopwarp: alte Steingeräthe aus Grossbritannien (Tf. II u. HI): 4—11. 

Tınppeman: ältere Ablagerungen in der Victoria-Höhle, Settle, Yorkshire: 
11—16. 

Moryxeux: Vorkommen von Kupfer- und Bleierzen in den bunten Conglo- 
meraten: 16—19. 

Kıne: mikroskopischer Charakter der Gesteine von Ceylon: 19—25. 

St. MırcHerL: biographische Notizen über Joun FarEy: 25—27. 

Notizen u. s. w.: 27—48. 


16) B. Sızuıman a. J. D. Dana: the American Journal of science 

and arts. 8° [Jb. 1873, 180.] 
1875, January, Vol. V, No. 25, p. 1—80. 

A. E. VerrILL: kurze Beiträge zur Zoologie. No. XXIII. Resultate der 
neuen Schleppnetzfischungen an der Küste von Neu-England: 1. 

J. W. Dawson: Eindrücke und Fährtenabdrücke in carbonischen Gestei- 
nen: 16—24, mit Abbildungen. 

J. D. Dana: über den Quarzit, Kalkstein und damit zusammen vorkom- 
mende Gesteine in der Nähe von Great Barrington, Mass. Fortsetzung: 
47, mit Karte. 


313 


C. A. Wirte: über die östliche Grenze der Kreideformation in Jowa: 66. 
J. Mvir: über Gletscher in Californien: 69, 


1873, February, Vol. V, No. 26, p. 81—762. 


J. D. Dana: über Quarzit, Kalkstein u. a. Gesteine in der Umgegend von 
Great Barrington, Berkshire Co., Mass.: 84. (Fortsetzung.) 

A.E. Verrını: Resultate der neuen Schleppnetz-Expeditionen an der Küste 
von Neu-England: 98. 

J. Lawrence Smita: Beschreibung des Meteoreisens von Victoria, gefallen 
1862 in Süd-Afrika: 107. 

O0. C. Mars#: über die gigantischen fossilen Säugethiere aus der Ordnung 
der Dinoceraten: 117. Pl. 1, 2. 

T. F. Gresory: über Zinn-Entdeckungen in Queensland: 137. 

Cox: über einen neuen in Indiana gefundenen Meteoriten: 155. 

0. C. Marsa: über eine neue Unterklasse fossiler Vögel, Odontornithes: 161. 


1873, March, Vol. V, No. 27, p. 163—242. 


J. D. Dana: über Glacial- und Champlain-Zeiten in Neu-England: 198, 217. 
S. W. Fornp: über einige neue Arten Fossilien aus der Primordialzone 
oder Potsdam-Gruppe von Rensselaer county: 211. 


Auszüge. 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


A. WeEıssach: neue Uranerze von Neustädtelbei Schneeberg. 
(Freiberger Jahrbuch.) Im Sommer des Jahres 1871 ward auf der Kobalt- 
grube „Weisser Hirsch“ zu Neustädtel und zwar auf dem Walpurgis Fla- 
chen ein Erzanbruch gemacht, der in der Hauptsache aus Uranpecherz 
und gediegen Wismuth bestand. Mit oder vielmehr auf diesen Erzen er- 
schienen aber noch einige andere Mineralkörper, die WEısBAcH von Berg- 
verwalter R. TRÖGER zur Besichtigung vorgelegt und später zur Unter- 
suchung übergeben wurden. Letztere führte zu der Überzeugung, dass 
man es mit bisher gänzlich unbekannten Specien zu thun habe, für welche 
Weıspach die Namen Trögerit, Walpurgin, Zeunerit, Uranospi- 
nit und Uranosphärit wählte. — Die chemische Untersuchung der 
Körper übernahm Dr. CL. WınkLer, nach dessen Analysen sich für die 
ersten drei der soeben aufgeführten Specien folgende empirische Formeln 
ergaben: 


Trögerit ÜÄsH" 


Walpurgin BiPÜSAs?H10 
Zeunerit GutrÄsH" 
welche Formeln erfordern: ex 
Trögerit Walpurgin Zeunerit 


Uranoxyd . . 65,9 22,6 55,9 
Wismuthoxyd — 60,7 — 

Kupferoxyd . — = TR 
Arsensäure . 17,6 12,0 22,4 
Wasset,:-..5./.165 4,7 14,0 


Es stellten sich also alle drei Specien als Arseniate und zwar als 
Hydroarseniate heraus, theils von Uran allein (Trögerit), theils noch 
von Wismuth (Walpurgin) oder von Kupfer (Zeunerit). Bisher waren 
von den einfachen Uransalzen in der Natur nur Carbonate und Sul- 
fate nachgewiesen; vom Zeunerit kannte man die analoge Phosphor- 


315 


verbindung (Cu DE 13:0) schon längst unter dem Namen Kupferuranglimmer, 


Ohne Zweifel sind alle drei Körper Zersetzungsproducte, zu denen Uran- 
pecherz, gediegen Wismuth und Speisskobalt das Material lieferten, wäh- 
rend andererseits Sauerstoff und Wasser aus den Tagewässern hinzutraten. 
Vom Uranospinit und Uranosphärit sind die quantitativen Analy- 
sen noch nicht beendigt; doch ist soviel gewiss, dass ersterer wesentlich 
aus Kalkerde, Uranoxyd, Arsensäure und Wasser besteht, letzterer aus 
Wasser, Uranoxyd und Wismuthoxyd. Anlangend die mineralogische Cha- 
rakteristik, so bestehen die am meisten hervorstechenden Merkmale in 
Folgendem: 

Trögerit: citrongelbe Krystalle des monoklinen Systemes, durch 
Herrschen des Klinopinakoids schuppenförmig, am meisten an Heulandit- 
krystalle erinnernd und wie diese auf den klinopinakoidischen Flächen 
perlmutterglänzend. 

Walpurgin: von Farbe meist pomeranzgelb, honiggelb und wachs- 
gelb, doch auch strohgelb. Die Krystalle sind spanförmig und besitzen 
den Habitus der gewöhnlichen Gypskrystallisation. Die grösstausgedehn- 
ten Flächen werden zwar wie beim Trögerit ebenfalls vom Klinopina- 
koid gebildet, doch zeigen sie nicht den Glanz der Perlmutter, vielmehr 
einen demantartigen Fettglanz. Die in’s Freie ragenden Krystallenden 
erscheinen oft sägeförmig ausgezahnt. 

Zeunerit: Smaragdgrüne, bisweilen auch apfelgrüne Krystalle von 
pyramidalem, sowie von tafelförmigem und schuppenförmigem Charakter, 
gebildet von Prisma, Basis und einer sehr spitzen tetragonalen Pyramide. 
Die basischen Flächen glänzen perlmutterartig und entsprechen der Rich- 
tung einer vollkommenen Spaltbarkeit. Hiernach ist der Zeunerit mit 
dem gewöhnlichen Kupferuranglimmer (Torbernit) nicht nur chemisch 
analog zusammengesetzt, sondern auch mit ihm isomorph und isoklastisch. 
Beide sehen sich täuschend und zum Verwechseln ähnlich. 

Uranospinit: Zeisiggrüne, schuppige Krystalle quadratischen oder 
rectangulären Querschnitts; jedoch nicht dem tetragonalen, sondern nach 
optischer Untersuchung dem rhombischen Systeme zugehörig. Die Blätter- 
durchgänge laufen mit der Ebene der Schuppen parallel und besitzen trotz 
der Vollkommenheit der Spaltung wenig Neigung zum Perlmutterglanz. 
Muthmasslich gehört dieser Uranospinit ebenfalls in die Familie der 
sogenannten Uranglimmer, und dürfte die dem Kalkuranit (Autunit) ent- 
sprechende Arsenverbindung sein. 


Uranosphärit: Pomeranzgelbe, auch eigelbe Warzen, welche ober- 
flächlich rauh oder feindrusig, sowie von mattem oder schwach sammet- 
artigem Glanze sind. Unter dem Mikroskop löst sich die drusige Ober- 
fläche in ein Aggregat spitzpyramidaler Kryställchen auf, die wie die 
Stacheln eines Igels aus jenen Warzen hervorragen. Im Bruch bemerkt 
man Fettglanz, sowie eine im Grossen concentrisch schalige Structur, im 
Kleinen eine versteckt radial-kurzfasrige. — Alle fünf Specien erscheinen 
pulverisirt in etwas lichteren Farben, der Härte nach stehen sie zwischen 


316 


Gyps und Kalkspath. Die Eigengewichte endlich sind im Mittel vieler 
Bestimmungen bei 9° Crıs. folgende: 


Trögset ja 2 
Walpurgin -.......= =.,..3;64 
Zeunerit, :., 1.5 eu ac ar 19,38 
Uranespinit ..,,. ; 8,45 
Uranosphärit . . . 6,36. 


Es ist also unter ihnen Trögerit die leichteste, Uranosphärit die 
schwerste Specie. 

Rücksichtlich der Succession erscheinen Walpurgin und Trögerit 
im Allgemeinen als die ältesten Gebilde, dann folgt Uranosphärit, hier- 
auf Zeunerit und zuletzt Uranospinit; auch hat Weısgac# eine regel- 
mässige Verwachsung zwischen Trögerit und Zeunerit beobachtet, so 
zwar, dass Basis des letzteren mit Klinopinakoid des ersteren parallele 
Richtung hat, sowie eine Queraxe des Zeunerit mit einer Axe (Haupt- 
axe) des Trögerit gleichlaufend ist. Auch mit Uranospinit tritt Zeu- 
nerit in regelmässigem Verbande auf, in der Art, wie dies schon früher 
von BREITHAUPT zwischen den beiden längst bekannten Uranglimmern (Tor- 
bernit und Autunit) beobachtet worden. Ausser Quarz, Brauneisen- 
erz, Urangummierz, Hypochlorit, Kobaltblüthe und schwarzem Erdkobalt 
ist von Begleitern noch ein in schönen eigelben, haarförmigen Krystallen 
auftretendes Uranerz zu erwähnen, welches nach Dr. WInKkLEr’s Analyse 


ein Hydrosilicat des Uranoxyds von der Formel U Si H? darstellt; die- 


selbe erfordert 
74,8 Uranoxyd, 


15,7 Kieselsäure 
9,5 Wasser. 


Dieser Zusammensetzung nach schliesst sich das fragliche Uranerz 
dem von Wessky 1853 als Specie aufgestellten Uranophan von Kupfer- 
berg in Schlesien oder dem Uranotil von Wölsendorf in Bayern (BorıckY 
1870) an, doch unterscheidet es sich von ihnen theils durch einen um etwa 
6 Procent niedrigeren Wassergehalt, theils durch Mangel an Kalkerde, 
von welcher jene beiden gegen 5 Procent enthalten. In physikalischer 
Hinsicht aber stehen sich die drei Körper ausserordentlich nahe, weshalb 
WeısgacH bis auf Weiteres von Einführung eines besonderen Namens für 
das Schneeberger Uransilicat absehen zu müssen glaubt. Das Eigengewicht 
des Körpers ist annähernd 4,4, und dem relativen Alter nach steht er 
zwischen Uranosphärit und Zeunerit. — Zwei Wochen nach Nieder- 
schrift des Vorstehenden erhielt WeıssAc# von Dr. WINKLER einen Brief, 
in welchem er ihm mittheilte, dass Uranosphärit und Uranospinit 
nach den Formeln 


u... 0.0. 


U: Bi H® und 


zusammengesetzt seien. 


317 


Hiernach enthalten: 


Uranosphärit Uranospinit 
Uranoxyd .. 52,7 57,2 
Wismuthoxyd . 42,4 _ 
Kalkerde. . . — 5,6 
Arsensäure . . — 22,9 
Wasser. 2.,.40..,40 14,3. 


In der That ist also der Uranospinit das dem gewöhnlichen Kalk- 
uranit (Autunit) correspondirende Arseniat. 


Fr. v. Kosesı: über den neueren Montebrasit von DesCwor- 
zEAux (Hebronit). (Sitzungsber. d. k. bayer. Akad. d. Wissensch. Sitzg. 
v. 4. Jan. 1873.) DesCLorzeaux hat neuerdings den Namen Montebrasit 
auf die wasserhaltige Art des Amblygonit übertragen *, so dass nun zwi- 
schen einem älteren und jüngeren Montebrasit zu unterscheiden. Fr. v. 
KoseLL schlägt daher vor, den Namen Montebrasit überhaupt fallen zu 
lassen und das wasserhaltige Fluorphosphat von Montebras und Hebron 
als Hebronit zu bezeichnen. Koseıı hatte Gelegenheit, einen Hebronit 
von Auburn in Maine näher zu untersuchen. Diese Varietät färbt die 
Löthrohrflamme stark rothgelb, so dass der wenn auch geringe Gehalt an 
Natrium das Roth des Lithiums verändert. Der Hebronit von Auburn und 
ebenso der von Paris in Maine phosphoresciren erwärmt ziemlich stark 
mit graulichem Licht. Das spec. Gewicht des Hebronit von Auburn ist 
— 3,06. Die Analyse ergab: 


Phosphorsäure . . 49,00 
honerde, .. ...x ... 827,00 
Tithaum, 00.00. .....0,J4 
Natrium... ..a...20,29 
Pluor: x... .0.020...2.250 
Wasser... .. . es 450 
100,23. 


Eine Vergleichung mit der Mischung des Amblygonit zeigt, dass die 
Differenzen wesentlich die Fluoride und den Wassergehalt betreffen. Die 
Formel des Hebronit wäre demnach: 3(Al.O, . P,O,) + Li,Fl, + 2H,0. 
Da die Analysen des Hebronit von Hebron, von Montebras und von Au- 
burn den Wassergehalt übereinstimmend geben, kann solcher nicht als ein 
zufälliger angesehen werden. Die Verschiedenheit des Spaltungs-Winkels 
zwischen Hebronit und Amblygonit beträgt zwar nach DesCLoizEAux nur 
44‘, hingegen ist nach diesem ausgezeichneten Forscher das optische Ver- 
halten beider Mineralien ein durchaus verschiedenes. Beim Amblygonit 
ist die Dispersion der optischen Axen für die rothen Strahlen grösser wie 
für die tioletten; beim Hebronit verhält es sich umgekehrt. Fr. v. KopzLL 
glaubt den Hebronit nicht als einen in Zersetzung begriffenen Amblygonit, 


* Vergl. Jahrb. 1873, 82. 


318 


sondern als eine selbständige Species betrachten zu müssen. Der Hebro- 
nit von Hebron und von Auburn wird von röthlichem Lithionglimmer be- 
gleitet. 


Fr. Nies: über ein Kobalt-haltiges Bittersalz. (HıusEr und 
Nies: Mittheilungen aus dem agriceulturchemischen Laboratorium zu Würz- 
burg.) Die Mineralien-Sammlung der Universität Würzburg bewahrt aus 
älterer Zeit eine Reihe von mit dem Namen „Zinkvitriol“ bezeichneten 
Substanzen, die eine so auffallende Ähnlichkeit mit Bittersalz zeigen, dass 
sie zu einer näheren Untersuchung auffordern. Es sind Aggregate schnee- 
weisser, seideglänzender Nadeln sowie stalactitische Partien, angeblich von 


Schemnitz und Herrengrund. — Das Mittel aus mehreren Analysen ist: 
Schwefelsäure. . . 32,56 
Magnesia . . . . 15,57 
Kobaltoxydul . . . 0,44 
Manganoxydul . . 0,42 
Kupferoxyd . . . 048 


Wasser (bei 1500) . 42,83 
Rest des Wassers . 7,70 
100. 

Dass der aus der Differenz bestimmte Rest noch Wasser sei, unter- 
liegt wohl keinem Zweifel, da reines Bittersalz bei 150° C. ebenfalls nur 
6 Äquivalente seines Wassergehaltes (43,90°;,) verliert, während das letzte 
Äquivalent (7,32°/,) erst bei viel höherer Temperatur (210°) entweicht. Es 
berechnet sich demnach die Zusammensetzung des Salzes aus: 


Schwefelsaurer Magnesia . . . 46,71 
Schwefelsaurem Kobaltoxydul . . 0,90 
Schwefelsaurem Manganoxydul . 0,89 
Schwefelsaurem Kupferoxyd . . 0,96 
Wasser... 2.208 u at 
100. 


Das von Nies untersuchte Mineral von Herrengrund stellte Stalactiten 
dar bis zu 6 Cm. Länge, im Innern blassrosenroth und durchscheinend, 
äusserlich mit einem mehligen, weissen oder apfelgrünen Beschlag. Die 
sehr deutliche Spaltungs-Richtung setzt durch den ganzen Stalactiten un- 
unterbrochen hindurch, der also aus einem einzigen Individuum besteht. 
Eigenthümlich ist aber, dass die Längsaxe der Stalactiten in dem basi- 
schen Hauptschnitt liest und mit der Brachydiagonale (nach welcher die 
Spaltbarkeit anzunehmen) einen Winkel von etwa 30° bilde. Es müssen 
die Individuen, welche die Stalactiten bilden, in besonderer Weise verzerrt 
sein. — Nies discutirt nun sehr eingehend die Analysen der wasserhalti- 
gen Sulfate der Magnesia, des Kobaltoxyduls, des Nickeloxyduls, Eisen- 
oxyduls (Tauriseit), Kupferoxyds (Pisanit), Manganoxyduls (Fauserit) und 
des Zinkoxydes. Für diese Gruppe der Vitriole lässt sich als morpholo- 


319 


gischer Charakter rhombisches Krystall-System, als chemischer gleicher 
Wasser-Gehalt (7H,O) bezeichnen. Im Hinblick auf das Verhalten in er- 
höhter Temperatur zerfällt die Gesammtmenge des Wassers in drei Theile; 
in ein sehr lose gebundenes Äquivalent. in fünf Äquivalente, die bei er- 
höhter Temperatur entweichen und in ein letztes, das als „Halhydrat- 
wasser“ sehr fest haftet. Verhältnisse, weiche sich etwa durch folgende 
Formel ausdrücken lassen: 
11 
An + 5H,0 + ag. | 
Dieser so charakteristischen Reihe würde eine zweite dimorphe im 
monoklinen System parallel laufen; von natürlich vorkummenden Species 
nur den Eisenvitriol (Melanterit) enthaltend, von künstlich dargestellten 
den Kobaltvitriol und die entsprechenden klinorhombischen Modificationen 
des Zirk- und des Magnesiavitriols, vielleicht auch des Nickelvitriols. 
Kupfervitriol würde dann eine besondere — sowohl durch Krystall-System, 
als durch chemische Formel (5H,0) — charakterisirte Gruppe bilden. 


5 


Weiss: über Vorkommen vonZeolithenimBasaltdes Lim- 
perichkopfes bei Asbach. (Sitz.-Ber. des naturhist. Ver. d. preuss. 
Rheinlande und Westphalens. XXVII Jahrg. S. 132—153.) In den Bla- 
senräumen dieses Basaltes finden sich Phillipsit, Natrolith, Apophyllit, 
auch Pektolith als Zersetzungs-Product und Kalkspath. Der Phillipsit 
ist von nicht gewöhnlicher Grösse, fast von der des Harmotoms; der Ap o- 
phyllit, überhaupt in den rheinischen Basalten selten, sehr klar, farblos 
oder bräunlich, von dem tafelartigen Habitus der Fassathaler Krystalle 
in der Combination: OP.P .ooPoo. Die Mineralien kommen öfter zu- 
sammen im nämlichen Blasenraum vor, und man erkennt dann gut ihre 
Altersfolge. Von den drei Zeolithen ist dann Phillipsit stets das älteste, 
dann folgt Natrolith und nachher Apophyllit, von Natrolith zuweilen durch- 
spiesst. Kleine braune Kalkspath-Krystalle werden von Phillipsit einge- 
schlossen. Spuren der secundären Zeolith-Bildung lassen sich deutlich 
verfolgen. Es zeigt sich nämlich zunächst um den Blasenraum eine Zone 
porösen, zersetzten Basaltes, die deutlich von dem anderen, frischeren 
Basalt absticht. Diese Zersetzungs-Zone ist gut mit der secundären Mi- 
neral-Bildung in Zusammenhang zu bringen, die Zeolithe sind offenbar aus 
einem Theile der Basaltmasse hervorgegangen. Apophyllit, der am leich- 
testen lösliche Zeolith, hat sich zuletzt krystallinisch ausgeschieden. 


L. ve Koniser: über einige belgische Mineralien. (Sitz.-Ber. 
des naturhist. Vereins der preuss. Rheinlande und Westphalens, XXIX, 
S. 42—43.) 1) Bornit oder Buntkupfererz kommt in der Nähe von 
Vieilm-Salm auf Quarz-Gängen vor. Die Analyse ergab, dass derselbe der 
Formel Cu,FeS, entspricht. — 2) Granat findet sich bei Salmchateau in 


320 


einem Damourit-Glimmerschiefer. Die Granaten sind klein, gewöhnlich 
undeutlich im Dodekaeder krystallisirt und lassen sich leicht aus dem 
Gestein herauslösen. Sie gehören der als Spessartin bezeichneten Ab- 
änderung an und enthalten über 37°, Manganoxydul. (In krystallogra- 
phischer Beziehung ist dies in sofern beachtenswerth, als die sog. Spes- 
sartine entweder 202 oder 202.000 zeigen. 


P. v. Hınm: Analyse des Pennin vom Rympfischwäng bei 
Zermatt. (G. TscHERMAK, Mineral. Mittheil. 1872, 4. Heft, S. 260.) Die 
im Laboratorium von E. Lupwıs ausgeführte Analyse ergab: 


Kieselsäure. . . . 33,71 
Thonerde . . ..... 1255 
Kisenoxyd'..'. . 3202 74 
Eisenoxydull . . . 3,40 
Magnesia . . . . 34,70 
Kalkerde . .„: . 0,66 
Wasser”... .... 1...12297 

100,03. 


Von Interesse ist besonders der Nachweis beider Oxyde des Eisens. 


G. vom Rarn: Tridymit im neapolitanischen Vulkan-Ge- 
biete. (PoGGENDoRFF Ann. CXLVII, S. 280, Anm. 2.) Trotz vieler Nach- 
forschungen wollte es G. vom Rark nicht gelingen, den Tridymit im Nea- 
politanischen aufzufinden. Endlich gelang es demselben, das Mineral in 
den Auswürflingen der vesuvischen Eruption von 1822 nachzuweisen. Die 
Blöcke bilden ein Gemenge von sehr feinkörniger Textur, das sich unter 
der Lupe in Sanidin, Granat und Augit auflöst. Zahlreiche Drusen sind 
bekleidet mit Krystallen von Sanidin und Granat. Auf den Sanidin-Kry- 
stallen sitzen zu kugeligen Partien zusammengehäuft sehr kleine hexago- 
nale Täfelchen, die durch ihr Verhalten vor dem Löthrohr als Tridymit 
erkannt wurden. Diese Gruppen hexagonaler Täfelchen zogen schon vor 
zwanzig Jahren Scaccar’s Aufmerksamkeit auf sich. In seinen Bemer- 
kungen über die durch Sublimation entstandenen Silicate der Somma und 
des Vesuvs (vergl. J. Rors, der Vesuv, S. 383) heisst es bei Beschreibung 
des Sanidin: in demselben Gesteine sieht man noch weisse Kügelchen von 
höchstens 1 Mm. Durchmesser, die wahrscheinlich aus sehr kleinen Feld- 
spath-Krystallen zusammengesetzt sind, da man bei einigen die gewöhn- 
liche sechsseitige Tafel des Feldspath erkennt. Das abweichende Aus- 
sehen dieser Kügelchen, die immer auf anderen Krystallen aufsitzen, rührt 
wohl von einer etwas verschiedenen Bildungs-Weise her; sie sind das 
Product der letzten Sublimationen. 


Fr. Nies: über Aphrosiderit. (Sep.-Abdr. aus HıLser und Nies, 
Mittheil. a. d. agriculturchem. Laboratorium in Würzburg.) FR. SANDBERGER 


321 


stellte bekanntlich 1847 die Species Aphrosiderit auf. In seiner Analyse 
des von der jetzt auflässigen Grube „Gelegenheit“ bei Dillenburg stam- 
menden Minerals ist der Eisengehalt nur als Oxydul berechnet. Nırs 
führte in Hırsrr’s Laboratorium eine Analyse des Weilburger Aphrosi- 
derits aus, deren Gang genau angeführt. Dieselbe ergab (1) und auf 100 
unter Ausscheidung des kohlensauren Kalkes als Verunreinigung berech- 
net (2): 


1 2, 
Kieselsaure, '; .' ....,98,67 24,63 
bionende, #1... 24496 25,25 
Eisenoxydi.,: . 2.2.04 1817 8,50 
Eisenoxydul . . ...., 29,41 30,61 
Maemesta..n . 2 hy Bud 1,82 
Kalkerde, 2.2." \ ,.5°128 — 
Kohlensäure‘... 1,01 — 
NVassen. ar... 14.,2708,83 9,19 

98,38 100. 


Die beiden Analysen des Aphrosiderit vom nämlichen Fundort, die 
ältere von SANDBERGER, die neuere von Niss, differiren so sehr von einan- 
der, dass aus ihnen keine zuverlässige Formel für das Mineral abgeleitet 
werden kann. — Die übrigen als „Aphrosiderit“ oder als „Aphrosiderit- 
ähnlich“ von anderen Autoren bezeichneten Mineralien entziehen sich einer 
Diseussion wegen der unvollkommenen Bestimmung der Oxydations-Stufen 
des Eisens. Diejenigen, bei denen eine getrennte Bestimmung des Eisen- 
oxyduls und Eisenoxyds stattfand, sind vom Aphrosiderit specifisch ver- 
schieden. Dagegen ist es wahrscheinlich, dass derselbe mit BREITHAUPT’S 
Thuringit identisch ist. — Nach einer Mittheilung SanDBERGER’s kommt 
neuerdings der Aphrosiderit ausgezeichnet auf der Grube Allerheiligen am 
Kanoneck bei Weilburg vor. 


B. Geologie. 


G. Unsens: Beiträge zur Kenntniss der Basalte Steyer- 
marks. (Mittheilungen des naturwissenschaftl. Vereins für Steyermark. 
Jahrg. 1872, S. 47—60.) In der Nähe des Badeortes Gleichenberg erheben 
sich aus dem Gebiete der tertiären Ablagerungen basaltische Gesteine. 
Der eine dieser Basalte ist bei Weitendorf, 2!/, Meilen s. von Graz durch 
Steinbrüche aufgeschlossen, zeigt plattenförmige, auch kugelige Absonde- 
rung, tief schwärzlichgraue Farbe und eine gleichmässig dichte Textur. 
Nur mit der Lupe sind Feldspath- und Olivin-Krystalle zu erkennen. — 
Eine andere Basalt-Partie erscheint innerhalb der miocänen Ablagerungen 
beim Marktflecken Klöch; ein dichter Basalt und Basalttuff treten hier in 
Wechsellagerung auf, während über ihnen eine Basalt-Breceie auftritt, be- 


stehend aus Brocken eines porösen, schwammigen Gesteins, cämentirt durch 
Jahrbuch 1873. 21 


322 


eine rothbraune, wackeartige Masse. Untchs hat mehrere Analysen aus- 
geführt (deren Gang genau angeführt), nämlich 1) vom Basalt von Wei- 
tendorf; 2) vom dichten Basalt von Klöch und 3) die schwammig poröse 
Masse (Basaltlava) von Klöch untersucht. Die Mittel aus seinen Ana- 
lysen sind: 


T. 2. 3. 
Kieselsäure . . 54,08 42,76 44,15 
Transäure. .... 1,44 1,83 0,84 
Phosphorsäure . Spur 0,88 0,83 
T'honerde: 2::... 2.316589 11,57 15,41 
Eisenoxyd . . . 11,62 16,94 20,85 
Eisenoxydull . . 418 3,90 2 
Kalkerde . . . 49 2,22 4,54 
Magnesia . . . Spur 2,10 8,56 
Kali... Ewa 3.25 0,31 
Natron. Was 1,96 10,62 4,48 
Wasser. „umer® 361 4,23 — 


100,50 100,30 100,17. 

In der Zusammensetzung der beiden ersten Gesteine fällt der geringe 
Gehalt an Kalkerde und Magnesia auf. Aus Dünnschliffen des ersten, 
Weitendorfer Basaltes ergibt sich, dass rechteckige Formen von Feldspath 
in mannigfacher Durchkreuzung die Hauptmasse des Gesteins bilden; neben 
ihnen treten noch Olivin-Krystalle und Körnchen von Magneteisen auf; 
ferner braune Kryställchen und feine Nadeln, wohl von Augit. Zwischen 
den Feldspathen ist eine amorphe, farblose Grundmasse zu erkennen. Die ' 
Olivin-Krystalle haben eine intensiv bouteillengrüne Farbe und zeichnen 
sich durch grosse Reinheit und Frische aus. — Prrers — welcher die 
mikroskopische Untersuchung ausführte — erklärt, die Analyse berück- 
sichtigend, den Basalt von Weitendorf für einen Feldspath-Basalt, und 
zwar für einen solchen, die mit glasiger Grundmasse versehen sind und 
als Hauptbestandtheil einen der kieselreicheren Feldspathe besitzen. — 
Der dichte Basalt von Klöch unterscheidet sich von dem Weitendorfer nicht 
allein in chemischer Beziehung, sondern auch durch seinen Mineral-Be- 
stand, wie die mikroskopische Untersuchung lehrte. Es zeigt sich ein 
gleichkörniges Gemenge von farbloser, das Licht doppelt brechender Sub- 
stanz und von opaker, in welcher viele, theils makroskopische Krystalle 
liegen; dieselben lassen unter dem Polarisations-Mikroskop die schönsten 
Farben dünner Plättchen und in den auf die Tafelfläche senkrechten Durch- 
schnitten deutliche polysynthetische Zusammensetzung erkennen. Weder 
Augit- noch Olivin-Krystalle treten aus dem körnigen Gemenge hervor, 
wohl aber Gruppen feiner Nadeln, die als Apatit zu deuten sein dürften. 


Ernst v. MEyER: über die in den Steinkohlen eingeschlos- 
senen Gase. Inaug.-Diss. Leipzig. 8°. 1872. S. 42. Die Gase der 
meisten Kohlen zeigen sich analog den bereits sorgfältig untersuchten 


323 


Grubengasen zusammengesetzt. Während aber bei diesen der Stickstoff- 
Gehalt mehr zurücktritt, erreicht er in vielen der von v. Meyer unter- 
suchten Gasen eine beträchtliche Höhe, ohne dass der Sauerstoff- 
Gehalt zunähme. Mit Recht glaubt der Verf., dass ein Theil des in den 

Kohlen enthaltenen Stickstoffes noch aus der Bildungs-Periode der Kohlen, 
während der übrige aus der Luft stammt, die später hinzugetreten. Es 
ist der Stickstoff-Gehalt in den meisten der von v. MEYER untersuchten 
Gase auch noch desswegen von Interesse, weil er die Eigenschaft der Stein- 
kohlen zu erkennen gibt: Sauerstoff an sich zu fesseln und zur 
Oxydation zu verwenden. — Im Allgemeinen enthielten die frischen 
Kohlen mehr Gas, als die verwitterten; bei den Zwickauer Kohlen tritt 
diese Differenz besonders hervor. Bei den westphälischen war eine Ab- 
nahme des Gehaltes an Grubengas unverkennbar, während gleichzeitig die 
"Kohlensäure zugenommen hat, wenn auch nicht entsprechend dem ver- 
schwundenen Grubengas. Durch die geognostische Lagerung, d.h. durch 
die Alters-Verhältnisse der Kohlen bedingte Differenzen sind in den ein- 
geschlossenen Gasen nicht gefunden worden, und die Vermuthung, dass 
Kohlen der jüngsten Flötze die meisten Gase enthalten könnten, wurde 
durch die Untersuchung nicht bestätigt. Hingegen ist es auffallend, dass 
in der Zusammensetzung der Gase, welche Kohlen des nämlichen Flötzes 
angehören, zuweilen Verschiedenheiten obwalten. 


J. Mautuner: Analyse des Eklogit von Eibiswald in Steyer- 
mark. (G. TscHErRMAR, Mineral. Mittheil. 1872, 4. Heft, S. 261.) Das 
untersuchte Gestein besteht aus einem körnigen Gemenge von Granat, 
Omphaeit, Hornblende und wenig Quarz. Der Granat enthält Einschlüsse 
verschiedener Art, welche um das Centrum der Krystalle gehäuft. Die in 
dem Laboratorium von E. Lupwie ausgeführte Analyse (die erste von 
einem Eklogit) ergab: 


Kieselsaure .& .. 5013 
ihonerde ........1084 
Eisenoxyd . . . : 13,02 
Masnesia -; »... 46 
Kalkerde ..... '.. ..12,85 
Natron: 7... , 239 
Kaltern... ee 
99,32. 


FRANZ SCHRÖCKENSTEIN: vom Czipka-Balkan. (Jahrb. d. k. k. geol. 
Reichsanst. XXII, p. 234. Taf. 11.) — Auf einem Situationsplane werden 
die kohlenführenden Schichten südlich von Radiewce in Bulgarien aufge- 
zeichnet und zwei Profile weisen ihre Lagerungsverhältnisse zwischen Ka- 


manarna, Selce und Ksanlyk, sowie zwischen Gabrowa-Czipkabalkan und 
>= 


324 


Ksanlyk nach. Die Kohlen-Vorkommen wurden als der Steinkohlenforma- 
tion angehörend erkannt, und sie lagern auf krystallinischem Schiefer- 
gebirge, das von syenitartigen und Porphyrgängen durchsetzt wird. Die 
unteren Glieder der Steinkohlenformation sind als Quarzit und Kalkschiefer 
ausgebildet, die oberen als kohlenführende Sandsteine und Schiefer mit 
bauwürdigen Kohlenlagern. Darüber folgen ein lichter Dolomit, stellen- 
weise auftretend und wieder sich auskeilend, und rother und gelber Sand- 
stein, der letztere zum "Theil mit Kohlenflötzen, welche von Dolomit und 
Kalkstein bedeckt werden. Der Verfasser erkennt in diesem Schichten- 
complexe über der Steinkohlenformation Glieder der Dyas, die theils 
dem Rothliegenden, theils dem Zechsteine entsprechen mögen, und es wird 
hohes Interesse gewähren, das Auftreten der Dyas in dem Balkan bald 
auch durch deutlichere organische Überreste sichergestellt zu sehen. 


Dr. Av. Guru: Übersicht über das Tertiärbecken des Nie- 
der-Rheines. Bonn, 1872. 8%. 47 S. 1 Karte. — Eine der Deutschen 
Geologischen Gesellschaft gewidmete lehrreiche Abhandlung, welche be- 
zweckt, in gedrängter Kürze eine Übersicht der über die Tertiärablage- 
rungen des Nieder-Rheines bisher gemachten Beobachtungen zusammenzu- 
stellen. 

Das Tertiärgebirge des Niederrheins erfüllt ein grosses Becken, das 
gegen SW., S. und O. durch das ältere Gebirge begrenzt, gegen W. und 
N. hin offen ist und sich aus der Gegend von Aachen über Eschweiler, 
Düren, Zülpich, Euskirchen, Rheinbach bis Sinzig jenseits der Aar, dann 
um das Siebengebirge herum über Siegburg, Bensberg, Gladbach bis jen- 
seits Düsseldorf erstreckt. Ausser diesem Hauptbecken kommt es in einem 
Nebenbecken vor, das von dem ersteren gänzlich getrennt ist, in der Nähe 
von Neuwied und des Laacher See’s, ein paar ganz isolirte kleine Mulden 
aber finden sich in der Gegend von Dhaun in der Eifel. 

Die der Literatur über diesen Gegenstand folgende Darstellung be- 
schränkt sich auf die Beschreibung des Vorkommens in dem grossen 
Becken, da jenes Nebenbecken schon ausführlich durch Herrn v. DECcHEN 
beschrieben worden ist. 

Fauna und Flora des niederrheinischen Tertiärbeckens, welche be- 
kanntlich sehr reich und mannichfaltig sind, wurden vom Verfasser am 
Ende der Abhandlung übersichtlich zusammengestellt. 


C. W. GümsseL: Gletschererscheinungen aus der Eiszeit. 
(Gletscherschliffe und Erdpfeiler im Etsch- und. Innthale.) Sitzb. d. k. 
Akad. in München, 1872, 6. Juli, p. 223 u. f.) — Zw den örtlichen und 
specielleren Erscheinungen der Eiszeit im Gebiete der Etsch und des Inn 
gehören namentlich auch die bei Meran hauptsächlich mächtig angehäuf- 
ten Glacialschuttmassen, die aus mehr oder weniger abgerundeten Ur- 
gebirgsfelsstückchen bestehen, welche wirr durcheinander gelagert sind. 


329 


Daran knüpft Günser folgende Bemerkung: „Die früher in ununterbro- 
chenem Zusammenhange an die Gehänge angelehnten Schuttmassen bei 
Schloss Tirol, wie bei Auer, sind später durch tiefe Erosionsschluchten 
mit fast senkrechten Wänden durchschnitten worden. Die durch die Ein- 
wirkung des Regens stets der Zerstörung unterworfenen, fortwährend ab- 
bröckelnden Wände gestatten einen klaren Einblick in die Beschaffenheit 
des Glacialschuttes und zeigen ausserdem in Folge der Einwirkung des 
atmosphärischen Wassers und kleinerer Rinnsale jene eigenthümlichen 
Formen, welche unter der Bezeichnung Erdpfeiler eine so grosse Be- 
rühmtheit erlangt haben. In der That ist der Anblick solcher oft haus-, 
selbst kirchthurmhoher, bald schlankkegelförmiger, bald unregelmässig 
pyramidaler, säulen- oder pfeilerartigen Erdmassen, welche hier vereinzelt, 
dort wie Orgelpfeifen dicht an einander gedrängt und an die hohe Seiten- 
wand angelehnt sich erheben, ein ebenso ungewöhnlicher, wie überraschen- 
der, obwohl die Erscheinung an sich im Kleinen fast in jedem sandigen 
Hohlweg sich wiederholt. Den Augen des Laien kommen diese Erdpfei- 
ler oder wie sie in der Umgegend von Botzen genannt werden, die Erd- 
pyramiden, als wahre Weltwunder vor. Die grossen Felsblöcke, welche 
theils hutförmig auf den Spitzen der Pfeiler aufgesetzt erscheinen, theils 
mitten aus denselben weit vorspringen, verstärken das Abentheuerliche 
dieser Erdformen und wiederholen neben dem oft grossartigen Felsenmeer 
der bereits ausgewaschenen und herabgestürzten Riesenblöcke am Fusse 
der Pfeiler das Schauerliche der sogenannten Teufelsmühlen. Natürlich 
verändert sich dieses groteske Bild so zu sagen täglich, indem das Regen- 
und Rinnenwasser unaufhörlich seine Angriffe erneuert, selbst gewaltige 
Erdpfeiler endlich unterspült, zu Fall bringt und dafür neue schafft. In- 
dem nämlich das Regenwasser über die ursprünglich ungetheilten Wände 
der Schuttmassen herabläuft, schlämmt es mechanisch die feinen Sand- 
theile und den Gletscherschlamm aus und bewirkt dadurch, dass das sei- 
nes Bindemittels und seiner Stütze beraubte gröbere Haufwerk nach und 
nach herabstürzt. 

Anders gestaltet sich diese Wassereinwirkung, wenn sich derselben 
ein grösserer Block oder auch vielleicht ein Rasenstück, selbst eine Baum- 
gruppe an der Oberfläche hemmend in den Weg stellt. Dann üben diese 
der darunter befindlichen Schuttmasse gegenüber einen Einfluss, wie ein 
Regenschirm aus. Sie schützen diese vor der zerbröckelnden Abnagung 
des Wassers, und während ringsum oder doch auf einer Seite die Schutt- 
masse weggewaschen wird und zerfällt, bleiben je nach dem Umfang und 
der Gestalt des schützenden Deckelsteins oder Rasenstückes unter dem- 
selben bald kegel-, bald pyramidenförmige Erdpfeiler, einzeln oder grup- 
penweise je nach der ursprünglichen Vertheilung der grösseren Blöcke 
erhalten. Von imposanter Höhe sieht man diese Pfeiler oft 200 Fuss hoch 
etwas oberhalb der zum Schloss Tirol führenden Brücke und unterhalb 
Schloss Auer, viel grossartiger als die vielgerühmten Erdpyramiden bei 
Lengmoos unfern Botzen. Am grossartigsten, aber nur einseitig ausge- 


326 


mn 


bildet, sind die Pfeiler an der Steilwand, auf deren Spitzen gleichsam die 
Burg Tirol aufgebaut ist. 


FerpD. v. Rıcntuoren: über den chinesischen Löss. (Verh. d. 
k. k. geol. Reichsanst. 1872. No. 8.) — Der im nördlichen China sehr weit 
verbreitete Löss gleicht genau unserem deutschen Löss. Er ist gelb, zer- 
reibt sich zu sehr feinem Pulver, von dem ein Theil Sand ist, ist stark 
kalkhaltig, sehr porös, von feinen, häufig mit Kalk ausgekleideten Röhr- 
chen durchzogen, enthält Mergelknauern in wechselnder Menge, führt Ge- 
häuse von Landschnecken, auch Knochen von grösseren Thieren und ist 
durchaus ungeschichtet; d. h. keiner seiner Bestandtheile hat eine Nei- 
gung zu horizontaler Anordnung. In unmittelbarer Nähe des Gebirges 
sind Bänke von Löss durch Lagen von Gebirgsschutt geschieden. Der 
Löss ist sehr fruchtbar und beherbergt Millionen von Menschen, die in 
dicht bevölkerten Gegenden in Höhlen im Löss leben. 

Über die Entstehung des Lösses äussert sich v. RıcHrHoren in folgen- 
der Weise: Er ist kein Meeresabsatz, keine Süsswasserablagerung, es lässt 
sich die für den rheinischen Löss aufgestellte Gletscherschlammtheorie auf 
ihn nicht anwenden, sondern ein subaerisches Gebilde. Die Haupt- 
factoren für seine Bildung waren: Verwitterung der Gebirge, Wind, 
Wasserüberspülungen und Vegetation. 

Ein weiterer Beitrag zu dieser Theorie wird von Dr. $rur in No. 9, 
1872 derselben Verhandlungen S. 184 gegeben. 


Dr. A. Bautzer: über den natürlichen Verkohlungsprocess. 
(Vierteljahrsschr. d. Zürcher naturf. Ges. 1872. 23 8.) — Über diese Ab- 
handlung geht uns von competenter Seite folgende Bemerkung zu: Auf 
Grund der bei Reactionen auf aromatische Säuren auftretenden Umsetzungen 
wird eine Erklärung für den Vermoderungsprocess als Grundlage der Braun- 
und Steinkohlenbildung versucht, die, unter Einführung chemischer Struc- 
turformeln darauf hinauskommt, dass Sumpfgas, Kohlensäure und Wasser 
hierbei als die hervorragendsten Zersetzungsproducte neben dem Ver- 
moderungsrückstande selbst auftraten. So verdienstlich derartige Leistun- 
gen sind, so weit entfernt zur Zeit uns die Annahme ihrer ÖConsequenzen 
von der Wahrheit, wenn zumal Demjenigen, welcher derartige Hypothesen 
versucht, das literarische Quellenmaterial über den bearbeiteten Gegen- 
stand zum Theile fremd geblieben ist. Aus dem von dem Verfasser Mit- 
getheilten ergibt sich, dass ihm die Existenz des Werkes über die Stein- 
kohlen Deutschlands und anderer Länder Europa’s und alle 
an dasselbe sich reihenden Arbeiten der letzten 6 Jahre vollständig un- 
bekannt sind, sonst würde ihm die grosse Mannichfaltigkeit der Stein- 
kohlen nicht entgangen sein und er würde erkannt haben, dass sich die 
graphische Wiedergabe der chemischen Zusammensetzung der fossilen 
Brennstoffe, wie solche von FLEck sowohl in dem oben genannten Werk, 


327 


und zumal-in seinen späteren Arbeiten (Dinsuer’s polytechnisches Journal, 
1866) versucht worden ist, so lange empfiehlt, und für die Beurtheilung 
der verschiedenen Kohlensorten nach ihrer technischen Verwerthbarkeit 
besonders praktisch herausstellt, als uns nicht durch ganz bestimmte che- 
mische Vorgänge der volle Werth der von BALtzEr versuchten Structur- 
formel geboten ist. Nach Hinwegnahme dieses von dem Verfasser ge- 
machten aber nicht gelungenen Versuches bietet allerdings die Arbeit nichts 
Neues, wohl aber steht zu erhoffen, dass es Ersterem gelingen werde, 
durch recht vielseitiges Studium der europäischen Kohlensorten und durch 
Auffindung charakteristischer Umsetzungserscheinungen derselben, der che- 
mischen Formel im Sinne seiner Arbeit eine Berechtigung auf dem noch 
chemisch wenig erforschten Gebiete zu verschaffen. 


Dr. J. A. E. Könter: die Eruptivgesteine des sächsischen 
Voigtlandes mit Berücksichtigung einiger angrenzenden Vorkommnisse, 
Reichenbach, 1873. 8%. 80 S. — Wir haben zu wiederholten Malen Ge- 
legenheit gehabt, zu bemerken, wie der Verfasser als Oberlehrer an der 
Realschule zu Reichenbach bemüht ist, die in der Nähe seines Wohnortes 
zur Geltung gelangten naturwissenschaftlichen Verhältnisse und Erschei- 
nungen nach verschiedenen Richtungen hin zu ergründen und öffentlich 
Rechenschaft darüber zu geben. Kaum kann es für einen Lehrer der 
Naturwissenschaften eine bessere Verwendung seiner freien Zeit. gehen. 
Dieses Schriftchen behandelt die Eruptivgesteine des sächsischen , ‚Ygigtr 
landes wiederum in einer praktischen, namentlich für Lehrzwecke, geeig- 
neten Weise, und zwar: die granitischen Gestejneqmik, (ranit,; Porphyt- 
artigem Granit, Halbgranit oder Greisen, Turmalinfels.,‚Topasfels,. ‚ferner 
die verschiedenen Porphyre, Gr ünsteing Ph Norik,, ‚Diabas, Aphanit 
und ihren versteinerungsführenden Tuffen,, Diaba,sıpor BAyr yr der Mela- 
phyrgruppe mit Oligoklasporphyr. und Angitporphyrs, und, ‚ie ‚ba sallı 
schen Gesteine.  ‚uotellliwiev moruanye wodortsbrorıs usKh_sih 

Allgemeinen Bemarkyngen, über, die verschiedenen (ruppen, über, Ent; 
stehungsweisg ,Venhzeitung, Umgrenzung und, yelatiyes, Alter , derselh lb 
solgen ‚die ‚Nanistäten ‚im ‚hebiete des ‚Yoigtlandes, ihre; Bergformen, ‚die 
Ant ährgp Nerwiktsnung nnd Agnsetzung, die.Beschreibung des EB  Nötr 
voxgehenden Bodens, als Träger. „nrganispher; N Ki En 
minegalagischen, Einsehlüsse, ,, Kr FEDER ’ „Be Ra ranbit Haue len, Mel Per 
ainze]nan. Sichiekem „„ Bearbeitung „und ‚Verwendung, „haben, gigichfalls, Ber 
achtung erfahren, o;Reght. erwünsght,, Ist; munter „A nderem, aller DAR 
Verf. xonudem Hopasfalsnides. Schmegkansteins im Sphanker, Walde 
mistheilt, yp.sich.üheral.zeigt, wie sasgfältig, vom; Verfasser die einschla- 


sende, Literatur, benützt „und, was meuerdings, oft, unterlassen, Wird, 
angeführt hat. 


aruldanstos MDarmolosn 
uadorrgolosn sh 9X 193r. an st ılatz coılslaw fi „er ee nah rl 


oc Bo Hay, DURIEh Tonhn BR Rappori,.sun Le LES OMARTE NB- 
ASAT, BP MAı La aeg che Math Ass Aura IR: 


328 


Batavia, 1872. 4°. 119 p. avec Atlas in Fol. — Im Auftrage des Nieder- 
ländischen Ministeriums der Colonien ist bei Grissee auf Java an der Meer- 
enge von Madura ein artesischer Brunnen von 747 Meter Tiefe gebohrt 
worden, mit dessen Ausführung P. van Disk als Bergingenieur und Major 
J. P. ErmELıne betraut waren. Der erstere behandelt in dieser Schrift 
den geologischen, der letztere den technischen Theil des Unter- 
nehmens. Dazu dienen geologische Karten und Profile auf Pl. IH 1 u. 
2, die von den Alluvionen bis zum unteren Tertiär herabreichen, und 2 
Tafeln, Pl. I: und ll mit photographischen Abbildungen der bei dieser 
Bohrung gefundenen Versteinerungen; 12 andere Tafeln enthalten Details 
über den technischen Theil der Bohrung selbst, die mit dem Freifallbohrer 
durchgeführt worden ist. 

In dem ersten Theile der Schrift gibt van Disk unter anderen eine 
Beschreibung sämmtlicher bis zu 747 m. durchschnittener Gebirgsschichten 
mit den darin vorkommenden organischen Überresten, über welche letztere 
er sich am Schlusse noch specieller verbreitet. 


. 


Dr. AuLgert OrRTH: Geognostische Durchforschung des Schle- 
sischen Schwemmlandes zwischen dem Zobtener und Treb- 
nitzer Gebirge, nebst analytischen und petrographischen Bestimmun- 
gen, sowie einer Übersicht von Mineral-Gestein- und Boden-Analysen. 
Vom landwirthschaftlichen Verein zu Breslau gekrönte 
Preisschrift. Berlin, 1872. 8°. 361 S. — Das Interesse an einer 
Wissenschaft wird stets ein um so allgemeineres sein, je mehr ihre Re- 
sultate sich in der Praxis verwerthen lassen und von dieser auch wirk- 
lich verwerthet werden. Dies hat sich in neuester Zeit wieder -sehr deut- 
lich bei den Berathungen über die Herstellung einer neuen geologischen 
Karte des Königreiches Sachsen in dem Maassstabe von 1: 25,000 her- 
‚ausgestellt, wozu die im Januar 1872 tagenden Kammern mit Freuden 
die dazu erforderlichen Summen verwilligten, da die Königliche Staats- 
regierung nicht nur im Interesse der Wissenschaft, sondern auch der 
Land- und Forstwirthschaft, des Verkehrs und zahlreicher Zweige der 
technischen Betriebsamkeit handeln wolle, wenn sie Einleitung zur Bear- 
beitung einer neuen geologischen Karte trifft. In früheren Zeiten hat die 
Geologie vorzugsweise dem Bergbau gedient und zu seinen gegenwärtigen 
Resultaten verholfen; in neuerer Zeit, wo das Ingenieurwesen durch An- 
lagen von Eisenbahnen, Tunneln u. s. w. zu einer so hohen Geltung ge- 
langt ist, hat auch wiederum die Geologie in sehr vielen Fällen wesent- 
liche Dienste geleistet, was man wohl zuerst in England richtig zu wür- 
digen verstand, wo der verstorbene Captain BoscAwEN IBBETSON längere 
Zeit mit der Function betraut war, alle neueren Eisenbahndurchschnitte 
geologisch aufzunehmen. 

In den Maassen, in welchen sich in neuester Zeit die geologischen 
Studien gerade den jüngsten Erdschichten zugewendet haben, ist aber auch 
der Landwirth für ihre Resultate empfänglicher geworden, und das Ver- 


329 


langen nach guten Bodenkarten tritt von dieser Seite immer mehr und 
mehr hervor. 

FırLLov’s Arbeiten über diesen Gegenstand in Sachsen haben bereits 
einen guten Grund hierfür geschaffen. Bei Berathung über die neue geo- 
logische Karte von Sachsen schlug die in der zweiten Kammer erwählte 
Deputation daher vor: „die Kammer wolle im Verein mit der ersten 
Kammer 
A. bei der hohen Staatsregierung beantragen: 

1) mit Bearbeitung einer geognostischen gleichzeitig die einer boden- 
kundigen Karte über die Beschaffenheit der tragbaren Oberfläche 
Sachsens zu verbinden, 

2) über deren Anfertigung Begutachtungen von Sachverständigen der 
geognostischen und bodenkundigen Wissenschaften einzufordern, und 

B. den durch die Anträge unter 1 und 2 in dieser Finanzperiode ent- 
stehenden Mehraufwand aus den verfügbaren Beständen zu entnehmen 
und seiner Zeit zu verrechnen.“ (Bericht der zweiten Deputation der 
zweiten Kammer (Abth. A.), eingeg. am 31. Jan. 1872.) — (G.) — 

Die vorliegende Schrift von Dr. Orta, Professor an d. K. Universität 
und am landwirthschaftl. Lehrinstitut zu Berlin, ist ein trefflicher Weg- 
weiser zur Orientirung über alle die Anforderungen, welche die Land- 
wirthschaft an die Geologie zu machen hat, und in gleicher Weise ein 

Sporn für einen rationellen Landwirth, die von der Geologie gewonnenen 

und noch zu gewinnenden Resultate sorgfältig zu studiren und mit Um- 
sicht zu nützen. 

Die reiche Fülle des von ihm dargebotenen Materials ist in folgender 
Weise geordnet: 

Einem umsichtigen allgemeineren Vorberichte folgt die Geognosti- 
sche Durchforschung des zwischen dem Zobtener und Treb- 
nitzer Gebirge befindlichen schlesischen Schwemmlandes. 
Unter-Schwemmland begreift er wie gewöhnlich Diluvium und Alluvium. 

In der hierzu gegebenen Einleitung werden Verwitterungsverhältnisse 
der krystallinischen Gesteine, Methode der Bodenuntersuchungen u. a. 
wichtige Gegenstände Decker 

Bei den als Sand und Kies abgeschlämmten \ Materialien werden fol- 
sende Grössen festgehalten: 

feinsandig (incl. Staubsand) . 0,05 — 0,25 mm. 


mattelsandig” =... -.. . 029...2.D.. 
srobsandig . . 0,57 31,0), 
sehr, grobsandig (Grand) 0 
Kies; über = ..,, 3,0 mm. 


Der erste Abschnitt, 8. 12 : eh eine kurze Übersicht über die 
Schwemmlandsbildungen in - Norddeutschland; 

der zweite, S. 21, beschreibt die verschiedenen Formen des Schwemm- 
landes zwischen dem Zobtener und dem Trebnitzer Gebirge; 

der dritte, S. 56, bietet eine Zusammenstellung der Lagerungsver- 
hältnisse und der hauptsächlich bezeichnenden Eigenthümlichkeiten, woran 


330 


die verschiedenen Formen des Schwemmlandes erkannt und wodurch sie 
unterschieden werden können; 

in einem vierten Abschnitte, S. 67, wird der Einfluss der geognosti- 
schen Gliederung auf die Zusammensetzung der Ackerkrume und des Un- 
tergrundes dargethan, hierzu dienen 85 abgedruckte Profile von Oberkrume 
und Untergrund. 

Die eingehende Kenntniss von beiden bis auf grössere Tiefe macht es 
leicht, die Massregeln zu finden, wodurch verändernd auf die Substanz des 
Grund und Bodens und meliorirend eingewirkt werden muss. Die Wissen- 
schaft hat hier die Leuchte zu sein, welche auch die oft dunkel und un- 
bedeutend scheinenden Schichten unter der jährlich vom Pfluge bewegten 
oberen Schichte ihrem Wesen und ihrem Werthe nach zu erhellen vermag. 

Ein fünfter Abschnitt, S. 93, gibt die Resultate der pedologischen 
Untersuchung der charakteristischen Bodenarten zwischen dem Zobtener 
und 'Trebnitzer Gebirge, nebst Erläuterungen über Eigenthümlichkeit und 
Vorkommen. 

Hier .ist eine grosse Reihe mechanischer Analysen mit petrographi- 
schen. Bestimmungen von 89 verschiedenen Fundorten zusammengestellt, 
die aus dem Sandboden, lehmigen Sandboden, sandigen Lehnm- 
boden, Lehmboden, Thonboden (z. Th. aus der Tertiärformation), 
Mergelboden und Humusboden desDiluviums und Alluviums stammen. 

Der sechste Abschnitt, S. 181, bietet eine Zusammenstellung von 
Analysen von Mineralien, Gesteinen und ihren Verwitterungs- und An- 
schwemmungs-, resp. daran geknüpften Neubildungsproducten, nach ver- 
schiedenen älteren und neueren Autoren. Es soll von diesen 327 verschie- 
denen Analysen und Untersuchungsreihen nur die Tuarr’sche Ackereclas- 
sification (Beispiele an Bodenarten) wiedergegeben werden, da auch in 
dem N. Jahrbuch auf diese Classification mehrfach Rücksicht genommen 
worden ist. 


Thon Sand | Kalk Humus 
| Proc. | Proc. | Proc. | Proc. 
| 
Klasse I. Starker, reicher, in jeder Hin- | 
sicht fehlerfreier Boden. | | | 
1) Niederungsboden. Humoser Thon-, | | 
humoser Mergel- und thoniger, am besten | | 
mergeliger Humusboden. | 
Beispiele: | | | 
u u 
Bi a RE a el > 6a 
einig). seriell are cz 8 B ode , 
Aa. oe ee 12 
3 £ 4 nat we a 
2) Höhenboden. Reicher Thon-, reicher | Pas To 
Thon- und Lehmmergelboden. | 1 
a a INN Se a ggdsuens sah! 
Bi 2 geunnsarinasaun. 2 V Bolaehee, 
BASERERKONIE oberandstend Flle bas- 92binNäd 


331 


d. 
e 


Klasse II, ist eine Abstufung von Kl. 1. 
Beispiele des Höhenbodens: 


Klasse X. Geringster Sandboden. 


ai: . | 85a 
biäa-, al 
EEE MERRE PERE Yc 
Klasse III. Lehm und sandiger Lehmboden, 
meist mit etwas Kalk, zureichendem Hu- 
mus. 
SEE . || 44 
hr. .|| 41 
CAR. . | 35 
der. . || 30 
a arena Dane 6 
Klasse IV. Thoniger Boden, nicht durch 
Humus genugsam kräftig und gelockert. 
a. . || 80 
b. . || 85 
C. 1 7m 
ne 0... 88 
Klasse V. Sandiger Lehm mit 1'/a—3 Proc. 
Humus. 
ask . || 25 
D.i }- .| 21'a 
Ce: . | 16!/a 
dei. ae Ne 1. 
Klasse VI. a) Thonboden mit wenig Humus, 
oft nass, sauer, undurchlassend. 
ae . || 86 
b. . 1 90 
ee SE NOMER N 
VI. b) Lehmiger Sand, gewöhnlich | 
mit wenig Humus. 
an... .|| 24 
br: . || 19!a 
Rad. Karen. rinbl „HToo 
Klasse VII. Lehmiger Sand mit mehr Sand 
und weniger Humus als Kl. VIb. 
3, .. 2012 
Da le ae :t, nel 
‚Klasse VIII. Reicher Sandboden. | 
ar be a Au. il: A RRL| 
b. (Humus adstringirend) Ki) 
Klasse IX. Sand mit wenig Humus (drei- 
jähriger Roggenboden). 
BER! ; 5 
b. 


Thon 


Proc. 


Sand | Kalk Humus 


Proc. 


| 


[0 


Proc. | Proc. 


332 


Von ganz besonderem Interesse ist der siebente Abschnitt des Wer- 
kes, S. 347, Rückblick und Folgerungen für den praktischen Ackerbau. 
Der mit seinem Stoffe so vertraute Verfasser gibt hier treffliche Winke 
für die Ameliorisirung des Bodens, die allerdings nur in den Händen des- 
sen zur vollkommenen Geltung kommen können, der auch in dem Felde 
der Naturwissenschaften mehr bewandert ist, als diess noch jetzt oft der 
Fall ist. Hierzu kann namentlich der Geolog von Fach wesentlich mit- 
wirken. Wir schliessen mit des Verfassers Worten: Die Förderung der 
Bodencultur und Bodenproduction gehört sowohl zu den wichtigsten Auf- 
gaben der Einzelwirthschaft als des Staates. Denn die Landwirthschaft 
ist das erste allgemeinste und wichtigste Gewerbe seiner Bewohner, 


C. Paläontologie. 


Dr. Cr. Avs. ScuLörter: über die Spongitarien-Bänke der obe- 
ren Quadraten- und unteren Mucronaten-Schichten des Mün- 
sterlandes. Bonn, 1872. 8%. 38 S., 1 Taf. — Diese der. Deutschen 
geologischen Gesellschaft zu ihrer allgemeinen Versammlung im September 
1872 in Bonn gewidmete Arbeit enthält neue Studien des geschätzten Pa- 
läontologen über die in Westphalen so mannichfach ausgebildete Kreide- 
formation. Sie begreifen die unteren und oberen senonen Ablagerungen, 
welche vom Verfasser in 

Sandige und mergelige Schichten mit Belemnitella quadrata, 

I., Sandige Schichten mit Scaphites binodosus, 

II., Mergel mit Becksia Soekelandt, 

Kalkig-thonige Schichten und Mergelsandsteine mit Belemnitella mu- 
cronata, 

II., Helle kalkig-thonige Mergel mit Lepidospongia rugosa zerfallen. 

Aus der ersten dieser drei Zonen wurden folgende fossile Reste ge- 
wonnen: 

Callianassa antiqua Orro, Podocrates Dülmensis Becks, Hoploparia 
heterodon Scuuür., Enoploclytia heterodon SchLür., Ammonites bidorsatus 
A. Röm., A. Dülmensis Schuür., A. pseudogardenı ScHuür., A. obscurus 
ScuLür., Scaphites inflatus A. Röm., Sc. binodosus A. Röm., Orioceras cin- 
gulatum Schuür., Baculites cf. Knorrı Desm., Nautilus Westphalicus n. 
sp., Belemnitella quadrata Buammv., Natica acutimargo A. Röm., Pleuroto- 
maria sp., Turritella sexlineata A. Röm., Ostrea armata GoLdr., Exogyra 
laciniata Nırss., Vola quadricostata Sow., Pecten cf. arcuatus Sow. (wahr- 
scheinlich P. curvatus Grin. d. R.), Lima canalifera GoLor., Inoceramus 
Oripsi Mant., In. cf. Lingua GouLpr., Modiola n. sp., Trigonia limbata 
d’OrB., Crassatella arcacea A. Röm., Goniomya designata GoLDFr., Phola- 
domya caudata A. Röm., Anatina cf. lanceolata Geın., Bryozoen , stellen- 


333 


weise sehr häufig, verschiedene Echinodermen, namentlich Cardiaster gra- 
nulosus GOLDF. sp. etc. — Spongien sind in diesen Schichten unbekannt. 
— Von den genannten Arten treten nur 6—7 mit in die folgende Zone 
über: Bel. quadrata, Amm. obscurus, Inoc. Cripsi, Goniom. designata, 
Crassatella arcacea?, Apioerinus elliptieus und Oardiaster granulosus. — 
Die Zone I enthält, wie man sieht, im Allgemeinen die Fauna, wie sie bei 
Kieslingswalda im Glatzischen, bei Kreibitz in Böhmen und am Salzberge 
bei Quedlinburg an der Basis des oberen Quadersandsteines angetroffen 


wird. 
(H. B. G.) 


Aus der zweiten Zone werden aufgeführt: 


Coeloptychium agaricoides GOLDF., Ü. cf. incisum A. Röm., Ü. lobatum 
GoLpr., 0. suleiferum A. Röm., Camerospongia cf. monostoma A. Rön., C. 
eximia n. SP., ©. megastoma A. Röm., Becksia Soekelandi Sontür., hier 
durch schöne Abbildungen erläutert, Cribrospongia Decheni GoLDF. Sp., 
Ooscinopora infundibuliformis Goupr., C. Murchisoni A. Röm., Pleurostoma 
expansum A. Röm., Apiocrinus ellipticus, Echinocorys vulgaris BREYN 
(= Ananchytes ovata Lam.), Cardiaster gramulosus GoLDF. Sp., Hemiaster 
Regulusanus d’ORB., Brissopsis minor Scuuör., Ostrea vesiceularis Lam. häufig, 
Vola quinquecostata Sow. häufig (während V. quadricostata hier nicht 
mehr vorkommen soll), Lima semisulcata Nıuss., L. granulata Nıuss., Ino- 
ceramus Oripst Manr., Belemnitella quadrata, selten, Ammonites Lettensts 
Scurür., A. obscurus ScHLür., Ancyloceras retrorsum SCHLÜT. etc. 

Desey’s Gyrolithen-Grünsand bei Aachen entspricht ohne Zwei- 
fel diesem Niveau. 


Aus der dritten hier in das Auge gefassten Zone der unteren Mucro- 
naten-Schichten oder der Zone der Lepidospongia rugosa, welche ScHLÜüTER 
hier genauer beschrieben und abgebildet hat, werden hervorgehoben: Coe- 
loptychium agaricoides GoLDF., Ü. cf. incisum A. Röm., C. lobatum GoLpF., 
C. suleiferum A. Rönm., Camerospongia fungiformis GoLDF. sp. und ÜCame- 
rospongia megastoma A. Röm., Oribrospongia micromata A. Rön. sp., C. 
longiporata Pusch sp., Coscinopora infundıbuliformis GoLDF., Retispongia 
ODeynhausi GoLDF., Cupulospongia Mantelli GoLpr., einige Anthozoen, fer- 
ner Diplotagma altum ScHLür., Phymosoma Könige Des.!, Echinocorys 
vulgaris BREYN und E. granulosus SchLür., Offaster corculum GoLDF. Sp., 
Mieraster glyphus ScHuür., Epiaster gebbus Lan. sp., Cardiaster maximus 
SchLür., Brissopsis brevistella ScHLür., Crania Parisiensis DEFR., Terebra- 
tula obesa Sow., Ostrea vesicularıs Lam., Vola quwinquecostata Sow., an- 
geblich häufig, Pecten trigeminatus GoLpr., P. membramaceus Nıuss., P. 
cretaceus Nyst, Lima semisulcata Nıuss., L. gramulata Nıuss., Inoceramus 
Cripst Mant., überall in der Belemnitellenkreide, Avicula coerulescens 
Nıuss., Cardıum (Pholadomya?) decussatum Goupr., Pholadomya Esmarki 
PuscHn, Neaerea caudata (Borbula caudata) Nıuss., Panopaea beaumonti 
Min. (= P. Jugleri A. Rön.), Trochus granulatus GoLpr., Ammonites 
Coesfeldvensis ScHLür., A. Stobaei Nıuss., A. costuwlosus ScHLür., A. pata- 
giosus SchLür., A. obseurus ScuLür., Scaphites gibbus SCHLüT., Se. spiniger 


334 


Scurür., Hamites obliquecostatus Scauör., H. rectecostatus SchLüör. und Be- 
lemnitella mucronata SCHLOTH. 

Von den genannten Organismen sind für die unteren Mucronaten- 
schichten wahre Leitfossilien: Amm. Coesfeldiensis, A. patagiosus, Scaph. 
gibbus, Trochus granulatus, Pecten cf. striatissimus, Micraster glyphus, 
Cardiaster maximus, Phymosoma Koenigi, Cupulospongia Mantelli und 
Lepidospongia rugosa, indem sie nicht allein hier zuerst auftreten, sondern 
auch durch Häufigkeit des Vorkommens und Deutlichkeit ihrer Charaktere 
sich auszeichnen. 


O0. C. Marsa: über eine neue Unterklasse fossiler Vögel 
(Odontornithes). (Amer. Journ. of Science a. Arts, 1873. Vol. V.) — Der 
wichtigen Entdeckung ausgestorbener Vögel mit biconcaven Wirbeln (Ich- 
thyornidae) durch Mars# in der Kreideformation von Kansas wird jetzt 
noch das Vorhandensein von Zähnen an einem Typus derselben nach- 
gewiesen, woraus sich der neue Vogeltypus Odontornithes (oder Aves den- 
tatae) ergibt, welche noch mehr als bisher die Lücke zwischen Vogel und 
Reptil ausfüllen. 


OÖ. C. Marsa: über die gigantischen fossilen Säugethiere 
aus der Ordnung Dinocerata. (Amer. Journ. of Sc. a. Arts, Febr. 
1873, Vol. V, p. 117. Taf. 1, 2.) — Unter den vielen ausgestorbenen 
Säugethieren, welche in tertiären Schichten der Rocky Mountains entdeckt 
worden sind, gibt es kaum merkwürdigere Formen, als jene aus dem Eocän 
von Wyoming. Dieselben gleichen an Grösse dem Elephant und nähern 
sich in ihren Gliedmassen überhaupt den Rüsselthieren, ihr Schädel bietet 
jedoch eine merkwürdige Vereinigung von Charakteren dar. Er ist lang 
und schmal und trägt 3 getrennte Paare von Hörnern. Sein Scheitel ist 
stark vertieft und an seinem Seiten- und Hinterrande erheben sich ein 
enormer Kamm. 

Die typische Art der Gruppe ist Tinoceras anceps MArsu, 1872, wel- 
ches 1871 von ihm als Titanotherium anceps beschrieben worden ist. 

In dem folgenden Jahre benannte Corr einen Praemolar, wahrschein- 
lich derselben Thiergruppe: Loxolopholon semicinctus, während Leipy im 
August 1872 für ihre Reste die Namen Uinthatherium robustum und Üin- 
tamastix atrox aufstellte. Später schlug CorE dafür den Gattungsnamen 
Eobasileus vor *. | 

Man erhält hier von Marsa eine genauere Beschreibung nebst Abbil- 
dungen des wohlerhaltenen Schädels von Dinoceras mirabilis Marsk in "/s 
und ';s natürl. Grösse, welcher hiernach bis 76 cm. Länge erreicht hat. 
Auf demselben vertheilen sich die 3 Hornpaare der Art, dass ein Paar 
kurzer Hörner auf dem Nasenbeine, ein Paar längerer über dem Eck- 


* Vgl. Eow. D. Core: on the new Perissodactyles from the Bridger 
Eocene (Read before the American Phil. Soc. 1873.) 


335 


zahne und die grössten auf dem Kamme des Hinterhauptes gesessen haben. 
Das Thier ist ferner durch zwei riesige Eckzähne ausgezeichnet, die aus 
dem Oberkiefer gegen 22 cm. lang herabragen, während obere Schneide- 
zähne fehlen. In dem Kiefer sind 6 kleine Praemolaren zu zählen, wäh- 
rend wirkliche Backzähne nicht beobachtet wurden. 


P. oe LorioL: Description de quelques Asterides du terrain 
neocomien des environs de Neuchätel. (Mem. Soc. Sc. Nat. de 
Neuchatel. T.,V. Dec. 1872.) 4°. 19 p.,2 Pl. 

Dem Neokom aus den Umgebungen von Neuchätel entstammen die 
meist prächtig erhaltenen Seesterne, welche hier als Astropecten Desori 
DE Lor., A. porosus Ac., Coulonia neocomiensis DE Lor. und Rhopia prisca 
beschrieben werden. Unter ihnen ist von ganz besonderem Interesse (ou- 
lonia neocomiensis wegen ihrer unverkennbaren Ähnlichkeit mit Stellaster 
Schulzei Corra u. Reich in Geitmz, Elbthalgeb. II, 1, p. 15. Taf. 5, fig. 3, 
4 aus dem oberen Quadersandstein des sächsischen Elbthales. 


ö Miscellen. 


Grosser Diamant. — Ein Diamant von 288!2 Karat Gewicht und 
vom reinsten Wasser, wurde am 6. Nov. 1872 bei Waldeck’s placer am 
Vaal river in Süd-Afrika durch Rosgerr SpauLoıne’s Genossenschaft ge- 
funden. Er besitzt 1'/s Zoll Durchmesser und hat die Gestalt eines un- 
regelmässigen Octaeders. (The Amer. Journ. of sc. a. arts, April, 1873, 
P.:313.) 


Der Jb. 1873, S. 861 erwähnte Pierodactylus mit wohlerhaltenen Flug- 
häuten aus dem lithographischen Schiefer von Eichstädt ist für den an- 
sehnlichen Preis von 2000 fl. rhein. für Yale College in Newhaven, Conn. 
angekauft worden und bereits an seinen neuen Bestimmungsort abgegangen. 


Die Californische Akademie der Wissenschaften hat von Herrn James 
Lick ein prachtvolles Grundstück in der Stadt San Francisco im Werthe 
von 100,000 Dollars zum Geschenk erhalten, worauf unter gewissen Be- 
dingungen ein Gebäude für die Akademie erbaut werden soll. (The Amer. 
Journ. of sc. @. arts, Vol. V. No. 28, p. 321.) 


L. Asassız, der seine ganze Zeit auf die Vergrösserung und Berei- 
cherung seines berühmten Museums verwendet, erhielt jüngst von einem 


336 


reichen Kaufmann in New-York eine Insel im Werthe von 100,000 Dollars 
und 50,000 Dollars bar, um dort eine praktische Schule für Zoologie, 
ähnlich der von Neapel in Italien zu begründen. (Briefl. Mitth. von J. 
Marcov.) 


{\ 


Justus v. Liesie ist am 18. April 1873 in München seiner schweren 
Krankheit, einer Lungenentzündung, erlegen. Er wurde bekanntlich am 
12. Mai 1803 zu Darmstadt geboren. 


Wir haben ferner den Verlust von WırLıam HArDIng BENSTED, welcher 
am 2. April 1873 im Alter von 71 Jahren in der Nähe von Maidstone ver- 
schieden ist, zu beklagen. 


Am 30. April 1873 ereilte der Tod den Domvicar und Professor der 
Naturgeschichte am Josephinum in Hildesheim, Jonannes Leunss, geb. 1802 
in Mahlerten bei Flildesheim, einen Mann, der durch seine vortrefflichen 
Lehrbücher der Naturgeschichte ein wahrer praeceptor Germantiae in na- 
turwissenschaftlicher Beziehung geworden ist. 


Berichtigungen. 


Seite 168, Zeile 5 von oben lies: Ralligstöcke bei Merligen statt: Rally- 
stöcke bei Marlyn. 
5 5 Se „. Spitzfluh statt: Spitzfleck. 
“ 5 un a, Ne „ Ralligholz statt: Rallyholz. 
n 5 ER „ Merligenschiefer statt: Marlynschiefer. 
5 4 a ig „.. bezeichnenden statt: bezeichneten. 
Riedl, e „. .Ausdem Winkel statt: Ausden Winkeln. 


” ” 
N 2 araß: un „.  Ralligholzblöcke statt: Rallyholzblöcke. 
A 2 ur ge „.. Chatelkalke statt: Chatelkalle. 
BU ES & „ Kalk statt: Theil. 
R 5 Da a „ Bodmi statt: Boduna. 
® = PER EURE „ . GIEBEL statt: SIEBEL. 
Tr ya We As: ÖOSTER stath; Dr, N Oosuer- 


Geognostische Beobachtungen in der alpinen Trias der 
Gegend von Niederdorf, Sexten und Cortina in Süd-Tirol. 


' Von 


Herrn Dr. H. Loretz 


in München. 


(Schluss.) 

Reihenfolge der alpinen Triasschichten längs des Thales von 
Schmieden und St. Veit und des Pragser Wildsee’s. 
Nachdem der Aufbau der Schichten in dem ersten Gebiet in 

kurzen Zügen angegeben ist, betrachten wir dieselbe Schichten- 

reihe in dem westlich anstossenden, nur durch das Pragser Thal 
getrennten Gebiet. Wir verfolgen zu diesem Ende das Thal von 

Schmieden und St. Veit aufwärts in westsüdwestlicher Rich- 

tung und sodann den sich anschliessenden Gebirgseinschnitt des 

Pragser Wildsee’s in südlicher Richtung; da das allgemeine Ein- 

fallen der Schichten ein südsüdwestliches bis südwestliches ist, 

so führt der bezeichnete Weg erst schräg und allmählich, dann 
die Schichten ziemlich rechtwinklig schneidend und schneller, 
steis von liegenderen zu hangenderen Schichten. 

Über die allgemeine Configuration des Gebirges ist folgendes 
vorauszuschicken. Im Thal von Schmieden und St. Veit bilden 
den Hintergrund der rechten Thalseite die zusammenhängenden 
Delomitwände der Zwölferspitze und des Herstein, welche 
die Fortsetzung des Dolomitzugs des Dürrenstein sind: vor den- 
selben ziehen als weit niedrigere Vorstufen die ältern triasischen 
Schichten hin. Die linke Thalseite dagegen wird gebildet von 


einem Bergrücken, der gegen den Ausgang des Thals noch in 
Jahrbuch 1873., 22 


338 


den Schichten des Phyllitgebirges liegt, und in der Richtung thal- 
aufwärts die Triasschichten eine nach der andern enthält, bis an 
die Dolomitsteilwand der Hochalpe. Diese gehört wieder dem- 
selben Dolomitzug an, wie Dürrensiein, Zwölferspitze, Herstein, 
von welch’ letzterem sie durch das Thal bei St. Veit getrennt 
ist. Die Bänke dieses Dolomitzugs sind zugleich die ersten, die 
man am Pragser Wildsee zu Thal treten sieht. 

Im untern Verlauf des Thals von Schmieden und St. Veit 
trifft die Thalausweitung gerade mit dem Complex des alpinen 
Buntsandsteins zusammen. Auch von den hangenderen Schichten 
hat die Erosion noch etwas weggenommen, so dass die untersten 
Schichten am Berge südlich vom Dorf Schmieden in den Bereich 
des untern alpinen Wellenkalkes fallen, So gut es das unweg- 
same und verwachsene Terrain gestattet, lässt sich nun in der 
Richtung von Schmieden auf die Zwölferspitze folgende 
Gesteinsfolge beobachten. 


a) Unterer alpiner Wellenkalk, ein steiles Berggehäng bildend. Vor- 
zugsweise sind hier die rothen Schiefer mit den undeutlichen Myaeciten- 
abdrücken vertreten, dazwischen kommen röthliche und graue Kalkbänke 
mit dem oben schon angeführten so charakteristischen, theils mehr oolithi- 
schen, theils mehr lumachellartigen Gefüge vor. 

b) Dolomit, den obersten Theil des Gehänges bildend und z. Th. stark 
in Felsen anstehend. Er entspricht nach Lagerung und petrographischer 
Beschaffenheit jenem Dolomit, welcher im ersten Profil, vor dem Saren- 
kofel über den letzten rothen Schiefern beginnt, bis zu den Petrefakten- 
kalken reicht und in Menge die Daktyloporen enthält. Letztere wurden 
zwar an vorliegender Lokalität nicht beobachtet; indess scheint, wie be- 
merkt, der Reichthum an diesen Einschlüssen im Fortstreichen der Schich- 
ten zu variiren, und die Lagerungsverhältnisse zeigen deutlich, mit was 
man es hier zu thun hat. Da der Haupttheil des Dolomitzugs des Saren- 
und Badkofels im Pragserthal durch die Tuffschichten gleichsam abge- 
schnitten wird, und sich westlich nicht fortsetzt, so folgen hier, vor der 
Zwölferspitze, die bekannten dunkeln Tuffschichten gleich auf jene untere 
Dolomitpartie. Die Petrefakten- und Hornsteinkalke, welche vor dem 
Sarenkofel auf der untern Dolomitpartie liegen, wurden hier nicht be- 
merkt, sie sind vielleicht nur durch den Waldboden verdeckt. Dagegen 
zeigten sich bald über dem Beginn der folgenden Gruppe, nämlich der 
Tuffschichten, graue, mit Hornstein verwachsene Kalke auf einer kleinen 
Fläche entblösst, welche indess keine Petrefakten ergaben. 

c) Dunkle Tuffschichten. Nach Überschreitung des Dolomits befindet 
man sich auf der Höhe der Vorterrasse vor dem weiter vorwärts liegen- 
den höhern Gebirge. Hier gelangt man alsbald auf die bekannten tuff- 


339 


artigen Schichten. In der Richtung nach der Steilwand der Zwölferspitze 
verfacht sich zunächst das Terrain und sinkt dann muldenförmig ein, um 
allmählich wieder in die Verrollung vor den Steilwänden und diese selbst 
überzugehen. Die Analogie dieser Lokalität mit der Strecke zwischen 
Sarenkofel und Dürrenstein tritt sofort hervor. Die Tufischichten reichen 
bis unter die Verrollung, wo sie sich verlieren. 

d) St. Cassianartige Zone. Man sieht eine solche, als gelblich ver- 
witternde Mergelkalke, am Fuss der Steilwand der Zwölferspitze, ähnlich 
wie jenseits des Pragserthals am Dürrenstein, hinziehen. Sie ist grössten- 
theils verrollt und verwachsen. Ob auch hier zwischen ihr und den Tuff- 
schichten eine Dolomitpartie lagert, lässt sich, der Terrainbeschaffenheit 
wegen, nicht mit Sicherheit entscheiden, keinenfalls könnte eine solche hier 
von erheblicher Mächtigkeit sein. 

.e) Dolomit der Zwölferspitze, als Fortsetzung des Dürrensteins jen- 
seits des Pragser Thals. 


Man hat somit vom Thal bei Schmieden bis an die Zwölfer- 
spitze in den Hauptzügen dieselbe Reihe wie vom Pusterthal an 
den Dürrenstein, doch mit der Abweichung, dass die mächtige 
Dolomitpartie, welche dort die Steilwand des Saren- und Badkofels 
bildet, hier wegfäll. Dadurch wird die ganze Reihe räumlich 
stark verkürzt, und die Steilwand der Zwölferspitze mit ihrem 
schon einem hohen Niveau angehörigen Dolomit erscheint dem 
Phyllitgebirge (Welsberger Berg) sehr genähert. 

Es ist nun interessant, das Berggehänge derselben Thalseite 
weiter thalaufwärts noch einmal oder mehrmals zu untersuchen, 
um das Verhalten des Dolomits des alpinen Muschelkalkes im 
weitern Verlauf zu erkennen. Es müsste dieser Dolomit, gemäss 
dem Winkel zwischen allgemeinem Schichtenfall und Thalrichtung 
nicht weit thalaufwärts in die Thalsohle herabtreten. Allein das 
ist nicht der Fall; und untersucht man das Gehäng näher, so 
stehen überall plattenförmige, graue Kalkbänke, untermischt 
mit grauen Schieferlagen an. Schon im ersten Seitenthal, 
welches auf das zuletzt erörterte Profil folgt, reichen solche Bänke 
bis an die Tuffschichten, ohne Dolomit dazwischen. Ebenso bleibt 
ınan stets in diesen grauen Kalken, wenn man dem Hauptthal 
folgt, und dann an einem weiter thalaufwärts gelegenen Punkte 
das Gehäng bis zu den nun schon weiter herab getretenen Tuff- 
schichten überschreitet. Der dolomitische Repräsentant des alpi- 
nen Muschelkalks ist nicht mehr zu finden, er erscheint im Fort- 


streichen durch eine Kalkbildung ersetzt. Petrographisch be- 
22 * 


340 


trachtet erinnern diese Kalkbänke ganz an diejenigen, welche, 
wie früher bemerkt, schon im alpinen Äquivalent des untersten 
und untern Wellenkalks (Seisser und Campiler Schichten) auf- 
treten; namentlich auch das Vorkommen grauer, thonig- oder 
sandig-mergeliger, oft glimmerreicher Schiefer, bald mehr, bald 
weniger entwickelt, in Abwechslung mit den Kalkbänken ist die- 
ser obern Zone mit jener untern gemeinsam. Beide Zonen wür- 
den, wenn sie an einem und demselben Gehänge auf einander 
folgten, in einander verfliessen. Das ist nun hier nicht der Fall, 
denn man befindet sich schon im Hangenden der rothen Schiefer, 
welche das Berggehäng südlich von Schmieden bilden, und diese 
rothen Schiefer wiederholen sich aufwärts, zwischen den grauen 
Plattenkalken, nirgends mehr. Die Lagerungsverhältnisse weisen 
eben darauf hin, dass dieser Complex von Plattenkalken mit 
Schieferzwischenlagen, wenigstens in seiner Hauptmasse, die Stelle 
einnimmt, die weiter östlich der Dolomit einnahm, und dass beide 
abweichend entwickelte Facies dessen sind, was den alpinen 
Muschelkalk repräsentirt: soweit letzterer nicht auch noch einen 
Theil der, den Dolomit, wie den Plattenkalk überlagernden Tufi- 
schichten in sich begreift. was wahrscheinlich ist. Die Grenz- 
partie zwischen den grauen plattigen Kalken und den Tuffschich- 
ten, die sich weiter thalaufwärts aufgeschlossen findet, verdient 
in dieser und mehrfacher Beziehung noch eine nähere Betrach- 
tung *. 

Man findet hier, vom Liegenden zum Hangenden, zunächst 
noch die grauen Kalkplatten und die sandig-mergeligen Schiefer: 
letztere öfters mit eingelagerten Kalkknollen und Kalkwülsten, 
aber auch mit ziemlich zahlreichen, kohligen Pflanzenresten, die 
freilich für eine nähere Bestimmung zu schlecht erhalten sind. 
Es mengen sich nach oben dünne Bänke einer graugrünen, leicht 


* Interessant ist auch das Vorkommen von Cölestin in diesen grauen 
Plattenkalken. Ein derartiges Handstück zeigte sich ganz mit diesem 
Mineral imprägnirt. Eine Seite ist durch die Verwitterung angegriffen, 
der Cölestin wieder z. Th. verschwunden, und dadurch eingeschlossene 
Daktyloporen von verschiedener Form zum Vorschein gekommen. Ge- 
wisse Theile der organischen Form scheinen durch dieses Mineral ersetzt 
gewesen zu sein; was nach dem Auswittern desselben noch übrig ist, 
braust mit Säure. 


341 


verwitternden Gesteinsmasse ein, deren Zusammensetzung und 
sonstige Beschaffenheit sie durchaus schon als zu den Gesteinen 
der Tuffschichten gehörig kennzeichnet; kalkige Knolleneinlage- 
rungen in diesen Bänken erinnern wieder mehr an die nämliche 
Erscheinung weiter unten. Zwischen diesen sich öfter wieder- 
holenden tuffartigen Lagen treten immer noch graue bis dunkle 
Kalkbänke ein, mit Kalkspath und stellenweise mit Hornstein; sie 
werden dann eine Strecke weit allein herrschend, um dann einer 
ansehnlichen Entwicklung von ganz schwarzen, bituminösen, sehr 
plattenförmigen, ziemlich dünnen Kalkbänken Platz zu machen. 
Ausgezeichnet sind die letztern durch die Hornsteinlagen, 
welche parallel mit der Kalkmasse verwachsen sind, so dass ge- 
wöhnlich jede Bank aus mehreren Lagen Kalk und Hornstein be- 
steht; auch kommt in ihnen Kalkspath in Adern und in Drusen- 
räumen als Skalenoöder krystallisirt vor. Die Bänke werden 
durch dünne Lagen eines schwarzen, leicht verwitternden Mergels 
getrennt. Man ist hier schon in den Bereich des tuffartigen Com- 
plexes eingetreten. Weiter hinauf nehmen die eben erwähnten 
dunkeln Mergelzwischenlagen an Umfang zu und bilden nun die 
Hauptmasse des Complexes, in welche von Strecke zu Strecke 
härtere Bänke eingelagert sind. 

Man hat hier also nicht eine scharf markirte Grenze, son- 
dern einen successiven Übergang der kalkigschiefrigen Aus- 
bildung des alpinen Muschelkalkes in die Tuffschichten; der Über- 
gang macht sich zunächst wohl durch das Auftreten der kohligen 
Pflanzenreste bemerklich, dann aber auch durch Einmischung 
petrographischer Elemente der Tuffabtheilung, wobei namentlich 
an die schwarzen Mergel und die parallel mit den Bänken ver- 
wachsenen Hornsteinlagen zu denken ist. welch’ letztere sich 
weiter oben recht häufig wiederholen. 

Sehr beachtenswerth für die eben beschriebene Übergangs- 
region ist das Auftreten von Ammoniten. Wenn auch nicht 
mit Genauigkeit die Stelle im Profil angegeben werden kann, aus 
der die hier ganz in der Nähe aufgefundenen Ammonitenreste 
kommen, so ist doch soviel sicher, dass sie aus Kalkbänken stam- 
men, welche eben in dieser geognostischen Zone liegen. Die 
Fragmente treten zahlreich genug auf, um hier von einem Ge- 
phalopodenhorizont zu reden. Der Erhaltungszustand ist in- 


342 


dess meistens für nähere Bestimmung zu schlecht. Was sich an 
einigermassen brauchbaren Exemplaren fand, kommt auf Folgen- 
des hinaus: 

Ammonites (Ceratites) sp. Die Vergleichung mit Ammonites Ottonis, 
Buc# (Beyvrıc# ]. c. Tab. IV, f. 1.) zeigt sehr viel Analogie, ohne dass 
sicher identifizirt werden könnte. Die Loben lassen die Ceratitenform er- 
kennen. 

Ammonites (Ceratites) sp. Fragment, zeigt sowohl mit Ammonites bi- 
nodosus Hav. als mit Ammonites Thuilleri Orr. grosse Ähnlichkeit. 

Ammonites (Ceratites) sp. Fragment, stimmt mit keiner der betreffen- 
den Abbildungen, Loben Oeratiten-artig. 

Ausserdem verschiedene unbestimmbare Formen in Fragmenten. — 
Fragment eines gerippten Brachiopoden. — Pecten cf. discites SCHLOTE. SP. 

Die angeführten Formen stehen z. Th. den weiter oben aus 
den Petrefaktenkalken vom Golserberg namhaft geinachten sehr 
nah. Die Petrefakten kommen an beiden Lokalitäten in den ober- 
sten Lagen von Bildungen vor, welche sich im Schichtenverlauf 
allem Anschein nach als gleichwerthig darstellen, und der Hori- 
zont dürfte insofern derselbe sein. Allerdings ist die Facies 
verschieden, dort dolomitisch, hier kalkig-schiefrig und aufwärts 
in Tuffschichten übergehend. An letzteren Lokalitäten scheinen 
die Gephalopoden zu prävaliren. 

Die Hauptmasse des Tuffeomplexes, welcher hier auf die 
schwarzen, mit Hornsteinlagen verwachsenen Plattenkalke folgt, 
wird von einem dunkelbraunen bis schwarzen Mergelschiefer ge- 
bildet. Derselbe ist der Verwitterung und Abschwemmung in 
hohem Grade unterworfen, so dass das ganze Profil vielfach ein- 
gerissen und verstürzt erscheint. Eingelagert finden sich in den 
Mergel in kürzeren oder längeren Abständen: Bänke eben jenes 
schwarzen Plattenkalkes; graue Kalkbänke; leicht verwitternde 
Sandsteinbänke; kieselsäurereichere Lagen mit der Schichtung 
parallel eingelagerter Hornsteinmasse, wodurch auf dem Querbruch 
ein gebändertes Aussehen bewirkt wird, solche Lagen kehren 
sehr häufig wieder und sind für die Gruppe charakteristisch; 
schwarzgrüne oder graugrüne Bänke einer dichten, aphanitischen 
Masse, welche beim Verwittern von zahlreichen Sprüngen durch- 
zogen wird und dann zerfällt; lebhaft grün gefärbte, theils mehr 
sandsteinartige, theils mehr dichte, kieselige Lagen, vielleicht piedra 
verde; nach oben mehr braun verwitiernde dünnschiefrige Mergelete. 


343 


Zwischen der obern Grenze dieser Abtheilung und der noch 
weiter oben beginnenden Dolomitsteilwand des Herstein ziehen 
sich, in ansehnlicher Mächtigkeit auf einander geschichtet, die 
Bänke der St. Cassian-artigen Zone hin, als Fortsetzung derselben 
Lage, deren Auftreten am untern Rand der Zwölferspitze und 
des Dürrenstein bemerkt wurde. Die untere Grenze gegen die 
Abtheilung der Tuffschichten ist durch Geröll verdeckt, und ebenso 
ihre obere gegen den Dolomit. Das steile Gehäng verhindert 
hier das Herauswittern der charakteristischen Petrefakten, indem 
alles zu schnell von den Wasserfluihen hinuntergeschwemmt wird; 
im anstehenden Gestein gelang es bei mehrmaligem Auf- und Ab- 
untersuchen nicht, etwas Deutliches zu erhalten. 

Gehen wir nun zur Betrachtung der Verhältnisse auf der 
linken Seite des Thals von Schmieden und St. Veit über. 
Sie lassen sich am besten auf dem Bergrücken übersehen, der 
den Welsberger Berg mit der Hochalpe verbindet. Man 
hat hier, auf dem Kamm selbst sich haltend, ein deutliches Profil. 
Die Schichtenreihe vom Phyllit an aufwärts bis zur Steilwand der 
Hochalpe ist in einer Folge hinter einander, meist gut aufge- 
schlossen, während man sonst in der ganzen Gegend nur unter- 
brochene, z. Th. stark verwachsene Profile zu sehen bekömmt. 

Man überschreitet hier: 

1) Phyllit (Thonglimmerschiefer) des Welsberger Berges. 

2) Conglomerat und rothe Sandsteinbänke, den hier nicht mächtigen 
alpinen Buntsandstein bildend. 

3) Dolomitische, graue, spröde Mergel, Rauchwacken, schwarze Fora- 
miniferenkalke. 

4) Übergang aus 3, in graue Kalkbänke; graue plattige Kalke und 
zuletzt graue Schiefer mit undeutlichen Muschelabdrücken. 3 und 4 bilden 
in Folge der grösseren Festigkeit des Gesteins einen vorspringenden Rücken. 

5) Graue Schiefer und rothe Schiefer mit glimmerreichen Schicht- 
flächen; röthliche Kalkbänke mit oolithisch-Jumacchellartigem Gefüge, in 
denen die Reste kleiner Gasteropoden zu erkennen sind. 

6) Mergelige, graugelbe, schiefrige und plattige, auch kurz und knollig 
brechende Kalkschichten mit kleinen Schnecken, Kalkmergelschiefer mit 
Kalkspath; bildet wieder einen etwas mehr sich heraushebenden Rücken 
im Profil, nach mehreren kleineren. 

7) Rother Boden, rothe Schiefer; dann auf einige Schritte Wechsel- 
lagerung zwischen rothen, schon etwas dolomitischen und weissgrauen, 
dolomitischen, dünnen Lagen, beim Beginn einer starken und hohen Stei- 


gung. 


344 


3 bis 7 erkennt man leicht wieder als diejenige Partie der alpinen 
Reihe, welche dem ausseralpinen Röth und untersten Wellenkalk ent- 
spricht; die Gesteine sind ganz dieselben, wie an allen übrigen Punkten 
ihres Auftretens in diesen Gegenden. Insbesondere bemerkt man auch 
hier das Vorkommen der schwarzen Kalke mit Foraminiferen 
nahe der untern Grenze gegen den Buntsandstein; die röthlich oolithi- 
schen Kalkbänke mit Resten kleiner Schnecken; das wiederholte Auf- 
treten der charakteristischen rothen Schiefer. Die Petrefaktenführung 
beschränkt sich auch hier auf schlecht erhaltene Reste. 


Es beginnt nun eine starke und beträchtliche Steigung, auf welche 
eine Strecke weit Verebnung, dann ein kurzer, etwas verwachsener Abfall 
folgt. Diese Strecke enthält: 

8) Weissliche und graue, rauhe, dolomitische Lagen, zuerst dünn- 
geschichtet, dann auch dickere Lagen; z. Th. sind sie porös, was meist 
wohl von dem Auswittern eingesprengten krystallinischen kohlensauren 
Kalkes herrührt. 

9) Spröd brechende, graue, rauhe Dolomite in dickern Bänken; die- 
selben, zu weissen, kleinen Stückchen zerfallend, z. Th. porös. 

10) Im obersten Theil der Steigung und weiterhin petrographisch die- 
selben Dolomite mit Daktyloporen. Diese Foraminiferen treten hier 
nicht so massenhaft und schön ausgebildet auf, wie vor dem Sarenkofel. 
Es ist aber wesentlich dieselbe Form Gyroporella pauciforata Güms. 


Bis hierher ist die Entwicklung der Schichtenreihe ganz dieselbe wie 
vor dem Sarenkofel; im alpinen Muschelkalk tritt hier wie dort eine petro- 
graphisch ganz gleiche Dolomitbildung ein, ausgezeichnet durch dieselbe 
Foraminiferenform. Dies ist um so mehr zu beachten, als auf der andern 
Thalseite die Dolomitbildung auf eine gewisse Erstreckung hin ausfällt, 
wofür dort ein Complex von Kalk- und Schieferlagen eintritt. 

Im Profil folgen nun weiter aufwärts, abermals in starkem, anhalten- 
dem Ansteigen, gegen die Steilwand der Hochalpe zu: 

11) Dunkle Kalke mit Petrefakten; Muschel- und Schnecken-Durch- 
schnitte, Crinoidenstielstücke, Brachiopoden. Sändig-mergelige Lagen 
mit kohligen Pflanzenresten dazwischen. 

12) Dolomitisch-mergelige graugelbe Schiefer. 

13) Knollig und eckig aus dicken Bänken brechende und zerfallende 
Kalkmergel und Kalke mit Brachiopoden und anderweitigen Petrefakten; 
Schiefer wie in 12) dazwischen. 

14) Die dolomitisch-mergeligen Schiefer, oft mit Glimmer, wieder vor- 
herrschend, oben mitunter conglomeratisch; Pflanzenspuren. 

15) In feine Blättchen zerfallende Mergelschiefer, durch eine kurze 
Unterbrechung in der Ansteigung bezeichnet. 

11 bis 15 bilden petrographisch und paläontologisch eine zusammen- 
gehörige Gruppe von erheblicher Mächtigkeit. Namentlich ist hier das 
Auftreten der Brachiopoden zu bemerken. 

Die Steigung setzt zunächst wieder weiter fort, worauf bis zur Steil- 


345 


wand eine ziemlich ebene Strecke folgt, in der sich die härteren und wei- 
cheren Lagen indess markiren und man sieht auf diesem Weg: 

16) Plattig oder eckig zerfallende Dolomite, mit Kieselmasse durch- 
wachsen; auch schiefrig-plattig zerfallende Dolomite mit der Schichtung 
parallel verwachsenen Hornsteinlagen. 

17) Mehr krystallinisch glänzenden oder körnigen Dolomit; dazwischen, 
durch Vertiefungen im Terrain bezeichnet, weichere dolomitische Lagen, 
gelblich verwitternd und bröcklig zu dolomitischen Mergelknollen und 
-plättchen zerfallend; diese weicheren Lagen am stärksten unmittelbar vor 
der Steilwand entwickelt. 

16 und 17 bilden wieder einen zusammengehörigen dolomitischen Com- 
plex von beträchtlicher Mächtigkeit; Petrefakten wurden im Gegensatz 
zur vorigen Gruppe hier nicht mehr gefunden. | 

18) Dolomit-Steilwand vor der Hochalpe, welche sich als Fortsetzung 
des Zuges Dürrenstein, Zwölferspitze Herstein darstellt. 

Die petrefaktenführende Gruppe 11—15 ist nun etwas näher zu be- 
trachten. Die aufgefundenen Petrefakten sind: 

Von Ammoniten nur Spuren. 

Spiriferina fragilis SCHLOTH. SP. 

Terebratula angusta SCHLOTH. 

Terebratula (Waldheimia) vulgaris ScHLOTH. sp. Im Allgemeinen läng- 
liche, gestreckte Formen, grosse und kleine Klappe hochgewölbt. 

Verschiedene Spiriferenformen, die zu keiner. Abbildung und Be- 
schreibung passen, und wahrscheinlich neu sind. 

Pecten discites SCHLOTH. Sp. 

Pecten cf. inaequistriatus GOLDF. 

? Aviceula cf. Venetiana Hav. 
Entrochus cf. Enerwmus lilüformis. 
Einige indifferente kleme Gastropoden. 


Die verzeichneten Formen weisen wieder unzweideutig auf 
Muschelkalk hin. Übrigens tragen auch in der äussern Er- 
scheinung diese Petrefaktenkalke den Charakter eines ächten 
Muschelkalkes an sich. Handstücke von dunkelem, späthig-krystal- 
linischem Ansehen, mit Spiriferina fragilis, Pecten discites, Muschel- 
schalen- und Crinoidenstiel-Durchschnitten sind von entsprechen- 
den Stücken aus dem Würzburger Muschelkalk nicht zu unter- 
scheiden. Der Reichthum an organischen Resten ist in manchen 
Bänken ein sehr grosser. Nicht nur die als späthiger Kalk sich 
abzeichnenden Crinoidenreste, sondern auch die Muschelschalen, 
z. B. die von Pecten, erfüllen das Gestein oft ganz. Besonders 
zahlreich treten auch die Brachiopoden, die Gattung Spirifer 
vorwiegend, auf, und liegen in manchen Handstücken dicht zu- 


346 


sammen. Freilich wittert nur das Allerwenigste gut heraus. Die 
Brachiopoden gehen von den untersten Bänken bis zu hoch- 
gelegenen hinauf, nur in den obersten, wo indess die Peirefak- 
tenführung überhaupt nachlässt, sind mir keine mehr aufgefallen. 
Bei ihrem so zahlreichen Auftreten könnte man hier geradezu 
von einem Brachiopodenhorizont im alpinen Muschelkalk 
reden. | 

Zu einer nähern Parallelisirung mit ausseralpinem Muschel- 
kalk sind in den aufgefundenen Formen keine neuen Daten ge- 
geben. Terebratula angusta und Spiriferina fragilis werden von 
vielen Orten aus alpinem Muschelkalk angeführt. Was die als 
wahrscheinlich neu bezeichneten Brachiopodenformen betrifft, so 
behalte ich mir eine Beschreibung und Abbildung derselben vor. 
Dass sich bei wiederholtem Suchen auch Cephalopoden ergeben 
werden, scheint mir nach aufgefundenen Spuren kaum zweifelhaft. 

Ein Vergleich der Schichtenfolge im vorliegenden Profil mit 
der vor dem Sarenkofel, resp. Badkofel, zeigt zunächst grosse 
Übereinstimmung von unten aufwärts bis zu dem Punkt, wo die 
Petrefaktenbänke beginnen. Die dolomitischen Lagen des alpinen 
Muschelkalks, welche zwischen den obersten rothen Schiefern und 
den Petrefaktenbänken liegen, sind ganz in gleicher Weise ent- 
wickelt. Die Petrefakten-führenden Muschelkalkbänke selbst tre- 
ten jedoch hier weit mächtiger auf als dort, und die Überein- 
stimmung in den organischen Resten beschränkt sich vorläufig 
auf Weniges. (Terebratula angusta, und wahrscheinlich einer 
der als neu angeführten Spiriferen). Die über den Petrefakten- 
kalken aın Sarenkofel nochmals mächtig auftretenden Dolomit- 
bänke mit massenhaften Daktyloporen fehlen hier, dagegen ist 
die Abtheilung mit den Petrefakten stärker entwickelt. Zwar 
folgen auf letztere auch hier Dolomitschichten, No. 16 und 17 
des Profils; allein diese dürften weniger dem Dolomit, der die 
Steilwand des Sarenkofels und Badkofels bildet, als vielmehr schon 
einer höhern Stufe entsprechen. 

Um ihrer Stellung näher zu kommen, ist zu beachten, dass 
die Steilwand, No. 18, ihrer Lage nach die obere Grenze bildet, 
bis zu welcher die Tuff- und St. Cassian-artigen Schichten über- 
schritten werden müssen, wenn sie überhaupt hier nicht ganz 
fehlen. Dass sie als solche, d. h. in ihrer charakteristischen 


Jan 


Gestalt fehlen, ist allerdings nicht zu verkennen; die so bezeich- 
nenden Gesteine aus dieser Gruppe, dunkelbraune Mergel mit 
Sandstein und aphanitischen Lagen, oolithische Cardita-Gesteine 
etc. sind auf dieser Thalseite nirgends zu bemerken, während 
man sie auf der andern Thalseite und weiter östlich normal ent- 
wickelt antraf. ‘Dieser Contrast befremdet aber weniger, wenn 
man sich vergegenwärtigt, dass beim Übergang von jener Thal- 
seite auf diese überhaupt schon Abweichungen hervortreten, welche 
weiter zurückgreifen. Wir hatten. drüben graue Plattenkalke mit 
Schieferzwischenlagen, die in den hangendsten Schichten mit Tuf- 
fen wechsellagern und Ammoniten führen, den Lagerungsverhält- 
nissen entsprechend, als alpinen Muschelkalk aufgefasst; 
während diesseits, nach Lagerung und Petrefakten, sowohl die 
Dolomite mit Gyroporella, als die ihnen aufgelagerten Brachio- 
poden-reichen Bänke als Repräsentanten des alpinen Muschel- 
kalkes gelten müssen. Diese Abweichung ist kaum geringer 
als jene, welche sich ergibt, wenn die dolomitische Gruppe 16 
und 17 als im Fortstreichen petrographisch veränderte Stellver- 
treter resp. Zeitäquivalente der Tuff- und St. Cassian-artigen 
Schichten aufgefasst wird. Zu wünschen bleibt allerdings eine 
Bestätigung durch Auffindung bezeichnender Petrefakten. — Petro- 
graphisch können die unter 16) und 17) angeführten Hornstein- 
lagen im Dolomit an die zahlreichen Hornsteine und überhaupt 
kieselsäurereichen Lagen erinnern, welche in den normal ent- 
wickelten Tuffschichten vorkommen ; auch könnte man sich denken, 
dass die zunächst unter der Steilwand der Hochalpe hinziehende 
Zone besonders weicher dolomitischer Mergel (oben unter 17) 
dem Auftreten der Kalkmergelzone unter der Steilwand des jen- 
seitigen Dolomitzuges entspräche. — Die Veränderlichkeit im Strei- 
chen der Schichten, wie sie dem Beobachter hier entgegentritt, 
erinnert lebhaft an die Verhältnisse, welche im ersten Profil aus 
der Partie zwischen Sarenkofel und Dürrenstein beschrieben wur- 
den, und die darauf hinauskamen, dass die Tufl- und St. Cassian- 
artige Zone im Streichen nicht aushält, sondern sich zwischen 
Dolomitpartien verliert, welche ihr also zeitlich gleich zu stehen 
scheinen. 

Es empfiehlt sich ferner an dieser Stelle, den Blick etwas 
weiter westlich zu richten und die Verbindung mit Gegenden zu 


348 


suchen, welche schon auf der v. Rıcntuoren’schen Karte (a. a. O.) 
dargestellt sind. Jenseits des wenige Stunden weiter westlich 
gelegenen Ennaberger Thals treten die charakteristischen 
Tuffschichten und die St. Cassiankalke wieder stark entwickelt 
auf. Wahrscheinlich stellt die dolomitische Gruppe 16 und 17 
eine Art Verbindung dar, zu diesen westlicheren Tuffschichten 
hin, insofern sie stratigraphisch an deren Stelle liegt. v. Rıchr- 
HOFEN erwähnt (a. a. ©. S. 209 u.) aus diesem Niveau unter dem 
nördlichen Abfall der Dreifingerspitz, welche die Fortsetzung 
der Hochalpe bildet, ein isolirtes Wiedererscheinen der 
Tuffe mit St. Cassianpetrefakten, welches in demselben Sinne zu 
deuten sein wird. Aus eigener Anschauung kann ich über das 
Verhalten weiter westlich nicht berichten. 

Die Lagerungsverhältnisse sprechen dafür, dass die petre- 
faktenreichen und insbesondere Brachiopoden-führenden Kalkbänke, 
No. 10 u. flgd. des letzten Profils, ungefähr in dasselbe Niveau 
fallen, wie auf der andern Thalseite die Cephalopoden-führende 
Übergangspartie zwischen Muschelkalk und tuffartigen Schichten. 

Sandigmergelige Zwischenlagen mit kohligen Pflanzenresten sind 
_ überdies beiden Zonen gemein. Der Unterschied in der Art der 
Petrefakten fällt allerdings auf; vielleicht verringert er an noch 
etwas durch wiederholte Nadhılorsehlingeie 

Fassen wir das, was die Profile bezüglich des alpinen Mu- 
schelkalks dieser Gegend gezeigt haben, zusammen, so ergibt 
sich, dass derselbe theils in einer dolomitischen, theils in 
einer kalkig-schiefrigen Facies auftritt; dass erstere durch 
das zahlreiche Erscheinen der Gyroporella pauciforata Güns., 
letztere durch das Auftreten von Brachiopoden und Cepha- 
lopoden ausgezeichnet ist; dass diese verschiedenen Entwick- 
lungsweisen in demselben Profil auf einander folgen können; und 
dass die Petrefaktenzonen, von welchen an den verschiedenen 
Lokalitäten nur je eine beobachtet wurde, nach den Lagerungs- 
verhältnissen zu schliessen, sich wahrscheinlich gleichgeordnet 
stehen, zeitlich ungefähr äquivalent sind; wiewohl letzteres sich 
nicht mit aller Strenge beweisen lässt und die organischen For- 
men an den verschiedenen Lokalitäten eine gewisse Abweichung 
zeigen, soweit die bisherigen Funde reichen. 

Erwähnt sei noch, dass ich in dieser Gegend eine Reihenfolge, wie 


349 


sie v. RICHTHOFEN für viele Strecken des weiter westlich liegenden Gebietes 
angibt: Seisser und Campiler Schichten, Virgloriakalk, Mendoladolomit, 
nicht, wenigstens nicht deutlich, beobachtet habe. Mir schien hier meist 
auf die letzten Campiler Schichten, die in der Regel aus rothen Schiefern 
bestehen, gleich Dolomit zu folgen, ohne Muschelkalk (Virgloriakalk) da- 
zwischen; und wo allenfalls der untere Complex oben mit grauen Kalken 
abschloss, gelang es nicht, Muschelkalkpetrefakten in denselben zu finden. 
Übrigens ist der „Virgloriakalk“ auch weiter westlich nicht überall ent- 
wickelt. Vgl. auch Jahrb. d. K. K. Reichsanstalt. 1868, S. 527 ff, Sıur: 
„Eine. Excursion in die Umgegend von St. Cassian“, wo hervorgehoben 
wird, dass der Virgloriakalk an der Nordwand der Solschedia gegen die 
Geisterspitzen zu nur westlich auftritt, östlich dagegen fehlt. Ob der von 
mir beobachtete Petrefaktenkalk, welcher über alpinem Muschelkalk-Do- 
lomit liegt, dem „Buchensteiner Kalk“ der westlicheren Gegenden in sei- 
nem Niveau entspricht, wage ich nicht mit Sicherheit zu entscheiden. 
Halobia Lommeli habe ich in jenen Petrefaktenkalken nicht gefunden; die 
ammonitischen Formen waren meist Ceratiten, dem Ammonites Aon oder 
Trachyceras-Arten glich keine; die übrigen Formen waren z. Th. typische 
Muschelkalkformen. Vielleicht liegt ein Zwischenhorizont vor, zu dessen 
Vergleichung mit anderweitigen alpinen Lokalitäten noch weiteres, gut 
erhaltenes Material, namentlich Ammoniten, zu finden bleibt. — Der Do- 
lomit mit Gyroporella paueiforata entspricht v. Rıcuruoren’s „Mendola- 
dolomit.* 


Es erübrigt noch Einiges hinzuzufügen über die Fortsetzung des zu- 
letzt beschriebenen Profils in die höhern Etagen der Trias. Die Schichten 
des nächst folgenden dolomitischen Complexes, welcher seiner Lage nach 
die Fortsetzung des Zugs vom Dürrenstein zum Herstein ist, werden am 
leichtesten unten im Thal beobachtet, da, wo der Pfad dem Pragser Wild- 
see entlang, von Nord nach Süd ganz in diese Dolomitmasse hineinführt. 
Die Bänke des sich von der Hochalpe südöstlich abzweigenden Rauch- 
kofels treten längs des Weges südsüdwestlich einfallend, eine nach der 
andern herab, während man auf der andern Seite des See’s die Dolomit- 
pänke des Hersteins und des sich südlich anschliessenden Rosskofels,. in 
ihrem Verlauf von oben bis zum Wasserspiegel übersieht. Der Dolomit 
ist im Allgemeinen weiss, krystallinisch, bald mehr dicht, bald mehr fein- 
körnig und drusig oder in’s breccienartige gehend, die Hohlräume mit 
Bitterspathkryställchen bekleidet. Sehr bemerkenswerth ist das an vielen 
Bänken hervortretende oolithische Gefüge, meist grossoolithisch, wel- 
ches sich auf dem frischen Bruch durch rundliche Hervorragungen und 
runde oder längliche, sich von der Grundmasse abhebende Flecke zu er- 
kennen gibt. Damit stehen im Zusammenhang wellenförmige, in der Rich- 
tung der Schichtung verlaufende Zeichnungen, und rund oder länglich con- 
centrisch angeordnete Figuren, welche auf den verwitterten Durchschnitten 
vieler Bänke zu beobachten sind. Nicht alle Lagen zeigen jedoch dieses 
Gefüge in gleich ausgeprägter Weise; bei sehr dichter Structur verliert 


350 


es sich oft so gut wie ganz. Die erwähnte Gesteinsbeschaffenheit ist sehr 
ähnlich derjenigen, welche an dem’ Wettersteinkalke der Nordalpen auf- 
tritt. — Daktyloporen treten kaum deutlich hervor. Mitunter finden sich 
auch Durchschnitte kleiner gekammerter Gehäuse; weiter im Hangenden, 
in den Bänken des Rosskofels, kommen Dachsteinbivalvenkerne vor. 

Eine kurze Strecke vom südlichen Ende des See’s steigt die gewaltige 
Steinmasse des Seekofels auf; seine obere Hälfte gehört schon denselben 
wohlgeschichteten, mächtigen Kalkbänken an, welche auch die obere Partie 
des Hochgaisls bilden, und über die früher schon einiges erwähnt wurde. 
In der Schlucht zwischen Seekofel und Rosskofel vom Pragser See aus 
aufsteigend gelangt man an die untere Grenze jener Kalkbänke. Der zu- 
nächst darunter gelegene Dolomit müsste den „Hauptdolomit“ repräsen- 
tiren, während man längs des See’s noch die nächst tiefere Dolomitstufe 
hatte. Eine Trennung dieser Dolomite durch Schichten von anderer Na- 
tur, die den auf dem Dürrenstein beobachteten entsprächen, macht sich 
indess hier nicht in auffallender Weise bemerklich. 


Gegend von Sexten. 


Wir wenden uns zu der Gebirgspartie, welche sich als öst- 
liche Fortsetzung, jenseits des tief eingeschnittenen Thals der 
Ampezzaner Strasse an das im ersten Profil skizzirie Gebirge 
anschliesst. Die nordöstliche Grenze des Territoriums wird ge- 
bildet durch den Verlauf des Pusterthals von Toblach bis Inni- 
chen, des Sextenthals von Innichen bis auf die Passhöhe des 
Kreuzbergs und die jenseitige Fortsetzung des Padolathals bis 
Comelico resp. S. Stefano und Auronzo im Venetianischen. Auf 
der Nordostseite des Thalverlaufs erhebt sich das Phyllitgebirge, 
auf der Südwestseite steigt der aufgelagerte Schichtenbau der 
Trias auf, wieder mit südsüdwestlichem und südwestlichem Ein- 
fallen. 

Wenn man in diesem Theil des Triasgebirges die Schichten 
von unten nach oben mustert, so findet man in den untersten 
Gruppen grosse Analogie mit den Verhältnissen des westlich an- 
stossenden Gebirges. Anders in den höhern Gruppen. Hier folgt 
Dolomit auf Dolomit, und die so leicht kenntlichen Tuff- und St. 
Cassian-artigen Zonen treten nicht trennend dazwischen. Von 
der ersten Dolomitstufe an ist daher die Gruppirung sehr er- 
schwert. 

Schon im Thal der Ampezzaner Strasse macht sich ein Her- 
abtreten der oben auf den westlich anstossenden Höhen sehr wohl 


351 


charakterisirten Tuffe und St. Cassian-artigen Lagen nicht be- 
merkbar, wie das bei unverändertem östlichem Fortgehen der 
Fall sein würde; man sieht nur Dolomit auf Dolomit, rechts und 
links Wände bildend, folgen. Weiter oben wurde schon ange- 
führt, wie die Tuffschichten und die oolithischen Mergel, welche 
zwischen Sarenkofel und Dürrenstein liegen, sich gegen Osten 
allem Anschein nach zwischen Dolomit verlieren, ohne das ge- 
nannte Thal zu erreichen. 

Es fragt sich nun, ob die Dolomite der verschiedenen Etagen 
sich petrographisch oder durch ihre Einschlüsse so weit unter- 
scheiden, dass darauf hin eine Trennung und Gruppirung vor- 
genommen werden könnte. Dies scheint nun nicht, oder doch 
in nur unzureichendem Grade der Fall zu sein. Es kann hier 
etwa an den Einschluss von Foraminiferen, von Dachsteinbivalven 
und andern Petrefakten, an verschiedenes petrographisches Ge- 
füge gedacht werden, wie denn z.B. jenes eigenthümliche gross- 
oolithische Gefüge sich in der That auf eine gewisse Zone im 
Dolomit zu beschränken scheint. Bei allen vorkommenden Un- 
terschieden dürfte jedoch eine genauere Grenzbestimmung schwierig 
bleiben. Namentlich ist der Mangel an grössern, charakteristi- 
schen Petrefakten hinderlich. Der Dolomit in seinem körnig kry- 
stallinischen, löcherig porösen Zustand ist der Erhaltung orga- 
nischer Formen nicht günstig. Von den vielen auskrystallisirten 
Hohlräumen, mit denen dieses Gestein durchzogen ist, mögen 
manche von Organismen herrühren; manchmal sind sie sichtlich 
auf Dachsteinbivalven oder ähnliche Formen zurückzuführen. Doch 
selbst, wenn gut erhaltene Dachsteinbivalven-Steinkerne häufiger 
wären, als sie sind, würden sie ihrer grossen vertikalen Verbrei- 
tung wegen kein genügendes Mittel zur Gruppirung abgeben. 

Bemerkenswerth sind mehrfach auftretende Einlagerungen 
von Steinmergeln im krystallinischen Dolomit dieser Gebirgs- 
partie. Sie unterscheiden sich durch ihr dichtes Gefüge, ihre 
dünnere Schichtung und leichtere Zerstörbarkeit, auch durch ihre 
manchmal etwas bunte Farbe vom eigentlichen Dolomit, der die 
Haupimasse des Gebirges bildet. Ihre Lage ist auch nach er- 
folster Abschwemmung in der Configuration der Berge noch er- 
sichtlich. Es scheint fast, dass diese Steinmergeleinlagerungen 
einer bestimmten Zone angehören, die mit besser charakterisir- 


352 


ten und Petrefakten-führenden Schichten anstossender Gebirgs- 
theile in Zusammenhang gebracht werden kann, so dass sich 
hieraus ein weiteres Hülfsmittel zur Unterscheidung der Dolomite 
ergeben könnte. 

Schon v. Rıchnruoren hat in den weiter westlich gelegenen 
Gegenden auf die Erscheinung aufmerksam gemacht, dass stellen- 
weise Tuffe und St. Cassianschichten fehlen, und eine Dolomit- 
bildung schon in tiefem Niveau beginnen und ohne deutliche Un- 
terbrechung durch einen grossen Theil der alpinen Trias anhal- 
ten kann, so z. B. auf der Westseite des Schlern. Ebenso greift 
im Gebiet östlich von der Ampezzaner Strasse die Dolomitbildung 
weit nach unten, und beginnt schon im Muschelkalk, wie aus dem 
Folgenden hervorgeht. 

Bei Toblach wird das Berggehäng der Südseite des Puster- 
thals durch den Einschnitt der Ampezzanerstrasse bis unten hin 
unterbrochen und setzt dann nach Osten so fort, wie es zunächst 
westlich aus dem Thal bis zum Kamm des Sarenkofels aufsteigt. 
Man sieht die Schichtengruppen der untersten Trias als steil aus 
dem Pusterthal aufsteigende. bewaldete Gehänge, die oben in hoch- 
aufragende. zerrissene Dolomitwände (Neunerkofel) übergehen, 
östlich weiterzieben; von unten bis oben sichtlich die Wieder- 
holung der Verhältnisse am Sarenkofel. In der That findet man 
in der Richtung von Innichen auf die Gantspitze (den höchsten 
Punkt des Neunerkofels) die einzelnen Stufen im Wesentlichen 
ganz so wie dort. Diese Verhältnisse bleiben sich im weitern 
südöstlichen Verlauf der untern Trias ganz gleich. Der vorderste, 
mehr oder minder terrassenförmig aufgebaute Gebirgsabhang der 
alpinen Trias ist ein und derselbe Zug, durch das Sextenthal und 
weiterhin nach Auronzo im Venetianischen. Der Thalsohle zu- 
nächst liegen i. d. R. die obersten Schichten der Buntsandsiein- 
gruppe, deren unterste Bänke noch auf die jenseitige Thalseite 
fallen. Darauf der alpine Röth und untere Wellenkalk mit sei- 
nen dolomitischen, kalkigen und schiefrigen Gesteinen, eine steile 
und ansehnliche, meist bewaldete Terrasse bildend. dann, etwas 
zurücktretend, hohe zackige und zerrissene Dolomitwände. Die- 
ser ganze vorderste Dolomitwall, dessen höchste Punkte durch 
die Gantspitz, Schusterspitz (eigentlich Gsellknoten), Rothwand- 
spitz Col dei Bagni und Mie. Najaruola bezeichnet sind, stellt 


353 


sich als die Fortsetzung des Dolomitzuges des Saren- und Bad- 
kofels dar; von den Lagerungsverhältnissen dieses Dolomitzuges 
ausgehend, müssen wir es vorläufig als unentschieden hinstellen, 
ob jene Dolomitwände noch ganz als Repräsentant alpinen Mu- 
schelkalks aufzufassen oder vielleicht schon eine Stufe höher hin- 
aufzusetzen sind. So viel ist ersichtlich, dass die Dolomitbildung 
schon im alpinen Muschelkalk beginnt, und dass dessen Abgren- 
zung nach oben nicht scharf hervortritt, weil die Dolomitbildung 
eontinuirlich bleibt. 

Wie bemerkt, sind die vordersten Steilwände über der Un- 
terlage gewöhnlich etwas zurückgesetzt. An dieser Stelle, am 
Beginn der Steilwand, ist die Zone jener spröden, rauhen, oft 
etwas erdigen und rauchwackigen Dolomitlagen, welche an den 
früher beschriebenen Lokalitäten die Hauptlagerstätte der daktylo- 
porenreichen Bänke bilden. Letztere machen sich indess nicht 
überall in demselben Grade bemerklich. wie schon oben bemerkt 
wurde. Vor dem Schusterspitz (resp. Gsellknoten) kommen sie 
in dieser Lage vor. Die starke Verrollung vor den Steilwänden 
pflegt eine genaue Untersuchung gerade dieser Schichtenpartie 
zu vereiteln. Es kann daher nicht befremden, wenn sich etwa 
hier eingelagerte Petrefakten führende Kalke dem Blick entziehen: 
ihr Vorhandensein ist, nach den oben beschriebenen Stellen zu 
urtheilen, nicht unwahrscheinlich, wenn sie auch mehr den Cha- 
rakter im Streichen nicht aushaltender Einlagerungen, als den 
einer constant durchgreifenden Schicht haben dürften. 

Südlich von Auronzo scheint sich jener vorderste Dolomit- 
wall des Sexten- und Padola-Thals nicht fortzusetzen. Dagegen 
mögen solche Verhältnisse eintreten, wie sie aus dem Schmiede- 
ner Thal angeführt wurden. Gleich südlich von Mte. Malone und 
Campiviei bei Auronzo, welche aus „Seisser und Campiler“ Schich- 
ten bestehen, treten im Valderino die charakteristischen dunkeln 
Tuffgesteine wieder auf, und der weitere Verlauf in südsüdwest- 
licher Richtung ist nach der Geol. Übers.-Karte d. Österr. Mon. 
Bl. 5 der, dass Cassianer und Partnachschichten von Guttenstein- 
kalk und Werfener Schiefer unterlagert werden, was wohl auf 
die Lagerungsverhältnisse vor der Zwölferspitze und dem Her- 
stein hinauskommt. 


Es mag hier bemerkt werden, dass in dem ganzen Terri- 
Jahrbuch 1873. 23 


354 


torium, welches hier betrachtet wird, mehrere Beispiele vorkom- 
men, wo Veränderungen im Streichen, resp. Übergänge in eine 
verschiedenartige aber zeitlich äquivalente Entwicklung mit Thal- 
spalten mehr oder weniger genau zusammentreffen, in der Art 
also, dass die Schichtenfolge auf der einen Seite mit der auf der 
andern nicht ganz stimmt. Wenn sich dies häufiger wiederholt, 
so liegt hierin vielleicht eine Andeutung über sehr weit zurück- 
reichende Ursachen der Thalbildung, der Entstehung von Rissen 
bei der Hebung des Schichtensystems. 

Was diejenige Gruppe der untern alpinen Trias betrifft, 
welche den ausseralpinen Schichten vom Röth bis untern Wellen- 
kalk gleichsteht, so kann man auch hier, im Sextenthal u. s. f. 
zwei Untergruppen oder Stufen unterscheiden. 

Obere Stufe. Sie reicht bis an die erwähnte Terrain- 
verflachung, wo die erdigmergeligen Dolomite vor den Steilwän- 
den beginnen. Sie zeigt sich immer wieder zusammengesetzt 
aus den grauen, plattenförmigen, und auf den Schichtflächen oft 
wulstigen, nicht selten kalkspathreichen, oder auch mit Schiefer 
durchwachsenen Kalken; den grauen, bald mehr mergeligen, bald 
thonig-sandig-glimmerreichen, mitunter mehr kieseligen, auf den 
Schichtflächen öfters mit algenarligen Wülsten bedeckten Schie- 
fern, und den charakteristischen rothen, oft glimmerreichen Schie- 
fern; von Strecke zu Strecke sind .allenthalben die bekannten 
röthlichen oolithisch-lumachellartigen Kalkbänke eingelagert. Diese 
‘ Gesteinsarten beschränken sich nicht auf ein bestimmtes Niveau. 
und wie sie in der Richtung von unten nach oben mit einander 
wechseln, so zeigen sie sich auch im Streichen wechselnd. Sie 
bilden entweder jedes für sich mehr oder minder mächtige Com- 
plexe, oder sie liegen auf kurze Erstreckung mit einander wech- 
selnd; nur die röthlich-oolithischen Kalkbänke scheinen immer 
isolirt zwischen den andern zu liegen. Die Petrefaktenführung 
bleibt stets eine sehr mangelhafte Im Allgemeinen herrscht 
Armuth an Versteinerungen, strichweise sind dann auch wieder 
einzelne Schichtenpartien mit organischen Resten stark erfüllt, 
aber Alles unkenntliche, verwischte Abdrücke. Folgendes ist das 
kurze Verzeichniss der einigermassen bestimmbaren hierhergehö- 
rigen Sachen, welche ich aus der ganzen Gegend von Niederdorf 
und Sexten gesammelt habe: 


399 


Posidonomya Clarai Emmr. Nur wenige schlecht erhaltene 
Fragmente. — Hyophoria ovata, BENEcKE, geog. pal. Beitr. Bd. 2, 
Hft. 1, S. 12. — ?Myophoria orbieularis Br. BENEcKE l. c. 5. 42. 
? Hyophoria sp. Verwischte Abdrücke, ähnlich Myophoria fallax, 


SerBach, Weimar. Trias. Taf. 1. — Trigonia-artige Abdrücke in 
rothen Schiefern. — ? Gervillia sp. — Myacites fassaensis Wıssm. 
Häufig in den rothen Schiefern. -— Myacites sp. div. Abdrücke 


ziemlich häufig vorkommend. — Rissoa (Natica) Gaillardoti LErkr. 
sp. (v. Scuaurors, Krit. Verzeichn. d. Verstein. d. Trias i. Vicen- 
tin. S. 334, 337). — Rissoa cf: turbo, v. ScHAaurota, ]. c.“T. II, 
f. 4. — Kleine Gasteropoden, nach Art der Rissoen in v. ScHAU- 
rork |. c. T. II oder Benxecke 1. c. T.1, £. 13, manchmal in den 
Kalkbänken in Menge zusammen. 

Eine Trennung dieser Schichten in „Seisser und Campiler“ 
Schichten, wie sie v. Rıc#tuoren für weiter westlich gelegene 
Gegenden annimmt, ist für dieses Territorium schwierig durch- 
zuführen. Einmal fehlt es zu sehr an guten Profilen und an 
Petrefakten. um eine untere, etwa durch Posidonomya Clarat, 
und eine obere, etwa durch Ceratites Cassianus und Nautscella 
costata bezeichnete Abtheilung abzusondern. Sodann gehen auch 
die Gesteine peirographisch zu sehr durch einander. Den Schluss 
nach oben machen sehr oft die rothen Schiefer, an manchen Stel- 
len liegen jedoch auch graue, platlige Kalke zu oberst. Conglo- 
merate, wie sie in der Bozener Gegend nahe der obern Grenze 
auftreten, habe ich hier nicht beobachtet. 

Untere Stufe. Diese zunächst auf die obersten Buntsand- 
steinlagen folgende Schichtenreihe wird hier wegen ihrer über- 
wiegend dolomitischen Nalur und einiger charakteristischer, sehr 
constanter Lagen als besondere Untergruppe aufgeführt. Bei v. 
Rıc#THorEn ist sie nicht besonders ausgeschieden, sondern mit zu 
den Seisser Schichten gezogen, wie aus der Stelle S. 49 u. seines 
Werkes hervorgeht. 

In der Gegend von Sexien etc. isi. dieser Complex sowohl 
stark als charakteristisch entwickelt und an zahlreichen Punkten 
aufgeschlossen. Man findet hier folgende Gesteine: rauhe, mer- 
gelige, dolomitische Lagen, poröse Dolomitmergel, löcherige, 
scharfkantige Rauchwacken, fein zerblätternde Gypsmergel und 
Gyps, schwarze bituminöse Kalke mit Kalkspath: diese letztern, 

23 * 


356 


wie auch zugehörige dunkle, schiefrige Mergel sind erfüllt von 
Foraminiferen und z, Th. auch Bryozoen, deren Umrisse 
auf verwitterten Flächen sichtbar werden; ausserdem weissen, 
krystallinischen Dolomit, den höhern Dolomiten durchaus gleichend. 

Bei Sexten sind u. a. folgende Profile in dieser Zone zu 
beobachten: 


Hangend: Obere Stufe, Graue Kalkbänke und Schiefer. 


Löcherige, poröse , Poröse Rauchwacken, Graue, raucherdige, dolomi- 
Rauchwacken, ' z. Th. sehr gypshaltig. tische Mergel, z. Th. dicht 
gypshaltig. ‚Schwarze Kalke mit mit Figuren von Foramini- 
Fein zerblätternde | Foraminiferen. '  feren bedeckt. 
Gypsmergel mit | Dichte dunkle Stein- | Fein zerblätternde Schiefer- 
Gyps. mergel. ı 'thone mit Eisenoxydhydrat- 
| ' klumpen, wahrscheinl. gyps- 
ı haltig. 
GraueKalkeu. Schiefer. Graue Kalke und Schiefer. 
Weisser krystallini- Weisser krystallinischer Do- 
Thalschutt. scher Dolomit.  Jomit. 
Intensivrothe, glimme- Rothe und grünliche Sand- 
rigthonige Sandstein- steinschiefer und thonige 
schiefer, dazwischen Lagen. 
ı grünliche dergl. Lagen Sandsteinbänke mit kohligen 
Röth). ı Pflanzenresten. 
Thalschutt. ' Thalschutt. 


| 


Unter den angeführten Gesteinen sind besonders die Fora- 
miniferen-führenden schwarzen Kalke für diese Gruppe 
sehr bezeichnend und leitend. Sie fehlen nirgends und verrathen 
sich, wo sie nicht anstehend zu erblicken sind, doch durch ab- 
gewitterte Fragmente, auf denen die Durchschnitte der einge- 
schlossenen Organismen hervortreten. So sind sie von Auronzo 
bis zu dem oben erläuterten Profil vor der Hochalpe zu verfolgen. 
Noch in der Bozener Gegend sind in diesem Horizont ganz ähn- 
liche Gesteine vertreten. In den Profilen bei Sexten treten die 
schwarzen Foraminiferenkalke und Mergelschiefer besonders stark 
hervor und sind ungemein reich an jenen kleinen Organismen. 

Stark entwickelt trifft man sie, abgesehen von allen zwischen- 
liegenden Punkten (z. B. Kreuzberg), auch wieder bei Auronzo: 
so an dem direkten Weg von da nach Padola, dann am Ausfluss 
des Diebbabaches, und auf der südlichen Thalseite am Ausgang 
des Socostabaches, sie stehen hier mit steil aufgerichteten, ver- 


397 


bogenen Schichten an. Abgesehen von dem Reichthum an Fora- 
miniferen, nebst Bryozoen, scheinen grössere deutliche Petrefak- 
ten selten zu sein. 

Nächst diesen schwarzen Kalken und Schiefern ist nicht mın- 
der bezeichnend für die in Rede stehende Gruppe das Auftreten 
von Gyps. Nicht so constant im Fortstreichen, ist er doch an 
vielen Stellen bemerkbar und mitunter ziemlich mächtig. Die 
leichte Zerstörbarkeit dieser Substanz mag ihr Verschwinden von 
vielen Aufschlusspunkten verursacht haben; auch die den Gyps 
einhüllenden Mergel zerfallen durch die Verwitterung leicht zu 
kleinen Blättchen und werden weggeschwemmt, so dass der Mangel 
an Constanz im Streichen vielleicht mehr ein scheinbarer als 
wirklicher ist. Westlich von Sexten ist er mir nicht aufgefallen, 
doch ist kein Zweifel, dass er durch Schutt und Vegetation ver- 
deckt vielfach noch aufgeschlossen werden kann. Weiter west- 
lich wird sein Auftreten auf der Karte v. Rıcntuoren’s öfters be- 
merkt. Bei Sexten und weiter östlich, am Kreuzberg. bei Padola 
(Comelico), bei Auronzo stehen die Gypsmergel wiederholt an. 
Namentlich treten sie in der Nähe des letztgenannten Ortes stark 
hervor: so am Ufer des Anziei, Auronzo gegenüber; der obere 
Lauf des Diebbabaches. nördlich von Auronzo, ist eine in den 
Gypsmergel und die benachbarten Schichten tief und weit ein- 
gerissene Schlucht. 

Zu beachten ist ferner das Auftreten von weissem kry- 
stallinischem Dolomit schon in dieser tiefgelegenen Gruppe 
der alpinen Trias. Es ist an einigen Stellen, in Folge der Ter- 
rainverhältnisse allerdings schwer mit Sicherheit zu sagen, ob 
man es mit in diesem Niveau anstehendem, oder aus höherer 
Lage herabgekommenem Dolomit, oder mit beiden zugleich zu 
thun hat; dagegen lässt sich an ziemlich vielen Punkten in der 
Nähe von Sexten das Anstehen des weissen, krystallinischen, 
drusigen Dolomites in diesem Horizont mit Sicherheit erkennen. 
Derselbe unterscheidet sich in nichts von den höhergelagerten 
Dolomiten. Westlich von dem Thal der Ampezzaner Strasse tritt 
dieser unterste Dolomit nicht auf; doch schon wenig weiter öst- 
lich, zwischen Toblach und Innichen, kann man ihn in geringer 
Mächtigkeit constatiren. Noch an den Gehängen südlich von 


f 


398 


Sexten ist die Mächtigkeit nicht beträchtlich, z. Th. sogar sehr 
gering, ‘sie scheint dagegen nach Osten merklich zuzunehmen. 

Was die Aufeinanderfolge der Gesteine dieser Gruppe be- 
trifft, so bleibt sie sich, ebenso wie bei der vorhergehenden, 
höhern Gruppe, nicht überall ganz gleich. Meist trifft man unten, 
zunächst den obersten, schiefrig-Ihonigen Lagen des Buntsand- 
steins, weissen Dolomit und über diesem Rauchwacken und Gyps- 
mergel, sowie schwarze Foraminiferen-Kalke und Mergel. Es 
trifft sich indess auch, dass auf die obersten Buntsandsteinlagen 
gleich Gypsinergel, oder an andern Orten, dolomitische und poröse 
Mergel zu liegen kommen. Ferner schieben sich an vielen Orten 
graue Kalke und Schiefer ein, ganz dieselben, welche in der nächst 
höhern Stufe mit den rothen Schiefern so mächtig werden. Die 
Grenze nach oben ist daher öfters nicht scharf. 

In der äussern Configuration des Gebirges tritt diese Gruppe, 
den Lagerungsverhältnissen ganz entsprechend, an vielen Stellen 
als unterste, mehr oder minder deutlich markirte Stufe an dem 
gewöhnlich hohen und steilen Gehäng auf, welches von den Schich- 
ten des alpinen Röthdolomits und untern Wellenkalkes gebildet 
wird; und zwar zeigt sich jene Stufe häufig in eine Reihe klei- 
ner, aufwärts verlaufender Rücken gelrennt, was vielleicht mit 
der leichten Zerstörbarkeit des Gypsmergel zusammenhängt. 

Man könnte für die Gegend von Sexten u. s. w. diese untere 
dolomitische Stufe auch den „untern, dolomitisch-mergeligen Com- 
plex“ nennen, insofern durch diesen Ausdruck bloss der Unter- 
schied in der Lage und die Ähnlichkeit in der Gesteinsbeschal- 
fenheit hervorgehoben werden soll, im Vergleich zu derjenigen 
Zone, welche am Fuss der vordersten Dolomitsteilwände hinzieht. 
Hier nämlich wiederholen sich z. Th., wie schon erwähnt, häufig 
verrollt, öfters aber auch noch als grauer, dünngeschichteter 
Streif aus der Ferne kenntlich, dolomitisch-poröse Mergel, Rauch- 
wacken etc. Doch die schwarzen, bituminösen Foraminiferen- 
kalke und die Gypsmergel bleiben jener untern Zone eigerthümlich. 

Buntsandsteingruppe. Über die oberste, Röth-artige 
Partie des Buntsandsteins ist nicht viel zu bemerken. Sie ist 
immer durch dünne, rothe und grünliche oder graue, bald mehr 
sandsteinige, bald mehr thonige, glimmerreiche Schiefer vertreten 
und in der Regel von unbedeutender Mächtigkeit. — In Bänken 


359 


geschickteter Sandstein, thonig glimmerig, oft mit Feldspathkörn- 
chen, auch kieselig und fester, meist roth, auch graugrün, grün 
und gefleckt, bildet die Hauptmasse der mittlern Abtheilung, die 
indess nicht scharf begrenzt ist. und in der sich übrigens auch 
schiefrige wie conglomeratarlige Lagen finden. Gegen den Röth 
zu tritt in dieser Abtheilung eine Reihe von Bänken auf, welche 
mit kohligen Pflanzenresten ganz erfüllt sind. Diese Zone 
scheint ganz durchgreifend zu sein. man kann ihr Vorhandensein 
an vielen Punkten constatiren. So dicht gedrängt die vegetabi- 
lische Masse auch liegt, so finden sich doch keine wohlerhaltenen, 
bestimmbaren Formen. Ebenfalls in oberer Lage, dem Röth nahe, 
findet man graugrüne oder grünlich und röthlich gefleckte Bänke, 
mit Mangan-braunen Flecken, welche sehr an den fränkischen 
Chirotherium-Sandstein erinnern. Nicht selten liegen auch in 
solchen Bänken in Masse gelbe. thonige Mergelknollen einge- 
bettet. Ferner ist des Vorkommens von Kupfererzspuren in 
dieser Lage Erwähnung zu thun. — Ganz ebenso charakterisirte 
Sandsteinbänke kommen ganz in demselben Niveau in der Gegend 
von Bozen vor. 

Gegen die untere Grenze besteht die alpine Buntsandstein- 
gruppe vorwiegend aus Conglomeratbänken. Die Bestandtheile 
des Conglomerates sind grössere und kleinere Fragmente des 
unterlagernden Phyllits (Thonglimmerschiefers), und Quarzbrocken 
oder -Geschiebe, das Ganze durch feinzerriebenes Thonglimmer- 
schiefermehl noch inniger verkittet. Auch der Quarz rührt offen- 
bar aus dem Schiefergebirge her. In der Nähe der untern Grenze 
pflegt das Conglomerat aus sehr grossen Brocken zu bestehen; 
weiter oben etwas weniger grob zu sein. Die obere Grenze 
gegen die Sandsteinbänke ist keineswegs scharf. Conglomerate 
gehen noch weiter aufwärts, und umgekehrt kommen schon nahe 
dem Phyllit sandsteinartige und thonige Bänke, wie schiefrige 
Zwischenlagen vor. Leiztere bestehen ohne Zweifel wieder aus 
fein zerriebenem Schieferschlanm, welcher nun eine Art rege- 
nerirten Schiefer bildet. Ursprünglich haben alle phyllitischen 
Bestandtheile des Conglomerates ihre eigenthümliche grünliche 
Farbe, was sich bei jedem frischen Anbruch zeigt. Nur durch 
Oxydation, welche durch den feingeriebenen Zustand dieser Ge- 
mengtheile begünstigt wird, nehmen sie die charakteristische, 


x 


360 


eisenoxydrothe Farbe an, welche die Conglomeratfelsen schon aus 
grosser Entfernung leicht kenntlich macht. 

Die Auflagerung des Conglomerats auf das Phyllitgebirge 
lässt sich an mehreren Stellen, auf der rechten Seite des Sexten- 
thals zwischen Innichen und Sexten beobachten. Mächtige, sehr 
grobgefügte Bänke des erstern liegen unmittelbar auf dem letz- 
tern. Nahe dieser Grenze kann- man auch hier die früher, von 
einer andern Lokalität schon erwähnten, runden, etwa finger- 
dicken und dünnern stengelartigen Gebilde bemerken, welche 
rothe, thonige Bänke erfüllen, und selbst aus derselben Masse 
bestehen. — An vielen Stellen in diesem Horizont habe ich ver- 
geblich nach Pflanzenabdrücken gesucht, welche über ein, vielleicht 
höheres als triasisches Alter des Conglomerats hätten Aufschluss 
geben können. - 

Schon am Ausgang des Sextenthales, wo das Conglomerat 
stark ansteht, liegen die untern Bänke auf der rechten Thalseite, 
und weiter aufwärts ist die Thalsohle so eingeschnitten, dass 
stellenweise nur noch der Röth, oder auch dieser nicht mehr 
auf dieselbe Thalseite zu liegen kommt, wo die Triasgebilde sich 
erheben. 

Phyllit. (Thonglimmerschiefer.) Nur wenige Worte 
seien über die Unterlage der im Vorstehenden betrachteten alpi- 
nen Trias hinzugefügt. Der der grossen Tiroler Mittelzone an- 
gehörende Phyllit, wie er in der Nähe von Niederdorf auftritt, 
ist ein ächt schiefriges, dunkel, meist grünlich gefärbtes, in glatte, 
glänzende, dünne Blätter spaltbares, oft seidenglänzendes Schie- 
fergestein. Das allgemeine Einfallen seiner Schichten ist hier 
Südwest, Südsüdwest. Der Phyllit der rechten Sextenthalseite 
und weiter in's Venetianische hinein ist petrographisch ganz das- 
selbe Gestein und sein Zug ist nur durch den Einschnitt des 
Pusterthals von Innichen bis einige Stunden weiter östlich von 
dem übrigen Phyllitgebirge getrennt. Bei Vierschach treten auf 
beiden Seiten des Pusterthals Kalkzüge im Phyllit auf, von petro- 
graphisch ganz ähnlichem Kalk. Ebensolche bilden den Kamm 
der Silvella und Königswand und die Masse des Mte. Melino (Ros- 
sekor auf der Karte) südlich vom Kartitschthal. Leider zeigen 
sich diese Kalke ganz petrefaktenleer, so dass man über ihr Alter 
im Ungewissen bleibt. 


361 


Auf der Höhe des Phyllitgebirgzuges bei Sexten und bei 
Padola ist nordöstliches Einfallen der Schichten zu beobachten. 
Dies dürfte mit der Lage in Verbindung zu bringen sein, welche 
dieser Zug in dem nordöstlich anstossenden Kartitschthal gegen 
die Triasschichten der Lienzer Gegend einnimmt. 

Erwähnenswerth ist noch das stellenweise hohe Hinaufrei- 
chen vereinzelter Conglomeratmassen, — Reste ehemaliger all- 
gemeiner Bedeckung — auf dem Phyllitgebirgzug im Sextenthal 
und seiner südöstlichen Verlängerung. Bei Padola gehen solche, 
z. Th. sehr ausgedehnte Reste über den Kamm bis auf den jen- 
seitigen Abhang gegen das Digonethal zu. 


Nähere Umgebung von Cortina. 

Während in der Nähe des Pusterthals und Sextenthals vor- 
zugsweise die untern triasischen Gebirgsstufen den Gegenstand 
der Betrachtung bilden, hat man sich in der Umgebung von Cor- 
tina nur mit den höhern und höchsten Gruppen dieser Formation 
zu beschäftigen. 

Cortina d’Ampezzo, drei Meilen vom Pusterthal, in dem sich 
hier erweiternden, ungefähr nordsüdlich verlaufenden, von der 
Boita durchströmten Ampezzanerthal, liegt auf Schichten, welche 
petrographisch mit jenen dunkeln, tuffartigen Gesteinen überein- 
stimmen, deren Auftreten im Pragser und Schmiedener Thal oben 
angeführt wurde. Diese Schichten bei Cortina sind dieselben, 
welche weiter westlich bei Wengen, St. Leonhard, St. Cassian 
und Buchenstein grosse Flächen einnehmen, und auf der Karte 
'v. Ricntnoren’s als „Sedimentärtuffe und Wenger Schichten“ ver- 
zeichnet sind; sie stehen, die sog. Strada Jde 'tre sassi entlang, 
von Buchenstein her bis Cortina in direkter, sichtbarer Verbin- 
dung. Vom Standpunkt Cortina aus betrachtet, kommen sie von 
Westen her in schmalen Zuge, fast rechtwinklig auf die Rich- 
tung des Ampezzothales, durch die Einsattelung zwischen Monte 
Tofana im Norden und Monte Nuvulau, Cima di Fermin im Süden, 
senken sich aus der Einsattelung in die Thalsohle und verschwin- 
den rings um Cortina unter derselben; sie bilden hier den tiel- 
sten Horizont für das umgebende Gebirge. 

Der erwähnten Gebirgseinsenkung im Westen entspricht eine 
ähnliche im Osten, zwischen der Cristallogruppe, nördlich, und 


362 


der Masse des Sorapiss; südlich. In diese beiden Einschnitte 
zieht sich fast in Form zweier schiefen Ebenen aufsteigend die 
Thalausweitung Cortina’s zusammen; und indem sie zugleich nach 
Nord und Süd in die Spalte des Ampezzothales verläuft, zerfällt 
das ganze Gebirge ringsum in vier Gruppen. welche sich nach 
Nordwest, Nordost, Südost, Südwest als stufenförmig aufgebaute 
Dolomitmassen erheben, und mit ihren vordersten Steilwänden 
an die Thalweitung herantreten. In dieser letztern folgen von 
innen nach aussen übereinander gelagert Schichten von grossen- 
theils nicht dolomitischer Natur, zwischen denen jedoch wieder 
ächte Dolomitlagen und verwandte Gesteine liegen. Ihre äusser- 
sten Lagen gehen in die Steilwände über. 

An allen Gehängen ist ein bergeinwärts gerichtetes Einfallen 
der Schichten bemerkbar, welche also auf der Nordwest-Seite 
nordwestlich u. s. [. von Cortina wegfallen; dabei ist jedoch, 
wenigstens in der nördlichen Hälfte, das allgemeine Einfallen der 
Gebirgsschichten auf grössere Erstreckung betrachtet, ein nörd- 
liches bis nordöstliches. 

Was nun zunächst die Tuffschichten bei Cortina betrifft, so 
findet man hier ganz dieselben charakteristischen dunkeln Ge- 
steine, wie sie früher erwähnt wurden. Mit diesen zusammen 
liegen an kleinen organischen Resten (Cidaritenstacheln, Muschel- 
fragmente etc.) reiche Mergelkalke und Kalksandsteinbänke. Der 
Zug dieser Schichten markirt sich durch schwarzen, welligen 
sumpfigen Wiesenboden; sie zeigen sich, wo sie entblösst sind, 
zerstört und durcheinander geschwemmt. Es scheint, dass die 
St. Cassian-arligen Mergel hier z. Th. in die Tuffschichten selbst 
eingelagert vorkommen, was im Pragser und Schmiedener Thal 
nicht beobachtet wurde. Auf die Tuffe, welche, wie gesagt, die 
mittelste und tiefste Lage einnehmen, folgt ringsum, ihnen auf- 
gelagert. noch in der Thalweitung Dolomit. Derselbe erreicht 
nirgends eine relativ bedeutende Mächtigkeit. Im ganzen nörd- 
lichen und östlichen Theil der Thalweitung ist er in dem sanft 
ansteigenden Terrain wegen des gleich zu erwähnenden Verfalls 
seiner Gehänge wenig markirt, steht jedoch öfters an; westlich 
und noch mehr südwestlich bildet er steiler ansteigende Gehänge. 
Zwischen den Bänken dieses weissen bis grauen, ıneist dicht 
krystallinischen Dolomits finden sich vielfach Bänke eines matten, 


363 


dichten, röthlichen, grünlichen oder gefleckten, spröden Stein- 
mergels eingelagert. Derselbe verwittert ziemlich. leicht und 
liefert dabei einen rothen, bläulichen oder grünlichen, überhaupt 
bunten, thonigmergeligen Boden, der auffallend an ausseralpine 
bunte Keupermergel erinnert. Die dolomitischen Gehänge ge- 
rathen an den Stellen. wo solche Steinmergel liegen, leicht in 
Verfall. und zwischen den weissen Dolomitblöcken macht sich 
dann der rothe und bunte Boden auf grosse Entfernung bemerk- 
lich. In dem weisskrystallinischen Dolomit eben dieser, auf die 
Tuffsehichten folgenden Dolomitstufe kommt Megalodon triqueter 
Wurr. sp. vor; zahlreiche Sieinkerne dieser Dachsteinbivalve sind 
besonders an einer Stelle des erwähnten Doloimitgehängs im 
westlichen Theile des Thals zu finden. Auch Megalodon com- 
planatus Güms. scheint in vereinzelten‘ Exemplaren mit vorzu- 
kommen. Die Steinmergel zeigen sich dagegen versteinerungs- 
leer. Megalodon £riqueter findet sich übrigens auc!ı in den wei- 
ter aufwärts folgenden Dolomitstufen. 

Als nächst höhere Stufe legen sich rings um jenen Dolomit, 
der auf die Tuffschichten folgt, wieder Schichten von nicht do- 
lomitischer Natur an: sie bilden im Allgemeinen den äussern 
Rand der Thalweitung vor den Steilwänden: auf der westlichen 
Seite sind sie weniger. auf der östlichen mehr entwickelt. Man 
findet in dieser Zone namentlich folgende Gesteine: St. Cassian- 
arlige Mergelkalke, z. Th. oolithisch und gelb verwitternd, mit 
kleinen organischen Gebilden, z. B. Cidaritenstacheln und deren 
Trümmern; dunkle, schwarzen Boden erzeugende Mergel; starke 
Bänke eines festen, braunverwitternden Kalksandsteins. der z. Th. 
mit kleinen organischen Figuren durchwachsen ist. und auf ab- 
gewitterten Flächen den weissen, scharfen Quarzsand hervortre- 
ten lässt: starke Bänke eines dichten grauen Kalkes, stellenweise 
mit faustgrossen, Megalodon-artigen Steinkernen erfüllt, die sich 
indess von den eigentlichen Dachsteinbivalven durch die leichter 
eingedrückte, nicht mit scharfem Kiel abgesetzte hintere Seite 
unterscheiden; graugrüne Sandsteine, welche namentlich von der 
südöstlichen nach der südlichen Thalseite zu entwickelt sind. Ob- 
schon in dieser Zone stellenweise eine beträchtliche Menge or- 
ganischer Reste beisammen liegt, unter denen auch Pfilanzen- 
spuren zu erwähnen sind, bleibt es doch meist bei Fragmenten, 


364 


und gut erhaltene Sachen scheinen selten zu sein. Ausser Ci- 
daris dorsala Braun, Leda cf. sulcellata Wıssm. und Turbo sp. 
(Fragment eines Abdrucks) fand ich in dieser Zone Halobien- 
Abdrücke (cf. Moussoni), welche indess etwas isolirt lagen, so 
dass sich ihre Ursprungsstelle nicht recht ermitteln liess. 

Die Grenze zwischen dem Dolomit der vordersten Steilwände 
und den zunächst vor denselben herziehenden Schichten ist nicht 
scharf. Und zwar sind es wiederholte Steinmergel-Einlagerun- 
gen, ganz den eben beschriebenen gleichend, welche einen Über- 
gang in der Art vermitteln, dass sie noch in den tiefern Theilen 
der Steilwände auftreten, und durch ihren Verfall an verschie- 
denen Stellen Terrassen bewirken, bis nach oben der eigent- 
liche Dolomit herrschend wird. Sie verbinden diesen Dolomit 
in gewisser Weise noch mit den unterlagernden Schichtengrup- 
pen, was besonders an solchen Stellen hervortritt, wo durch ge- 
ringere Entwicklung der zuletzt erwähnten Kalke, Sandsteine 
und oolitbischen Mergel etc., der zunächst über den dunkeln Tuff- 
schichten liegende, Dolomit dem obern Dolomit nahe gerückt er- 
scheint. 

Auf der nordöstlichen Thalseite tritt auch Gyps in dieser 
Übergangszone am Fuss der Steilwände auf. Man findet auf die- 
ser Seite folgende Reihe von unten nach oben: Tuffschichten ; 
Dolomit; dann die Kalksandsteine und Kalkbänke, Mergel mit 
Cidaritenstacheln ete., welche Gruppe hier ein ziemlich ausge- 
dehntes Wiesenhügelterrain einnimmt; nach oben sind in derselben 
Steinmergel und Dolomit eingelagert; dann folgen nochmals jene 
braunverwitternden Gesteine (hier Pflanzenspuren); hierauf eckig- 
knollig zerbröckelnder Dolomit mit Gypsmergeln; Steinmergel; 
eine Wiederholung des zuletzt genannten Dolomits (ohne Gyps); 
Übergang (wahrscheinlich durch Steinmergel vermittelt) in die 
Steilwand des Crepo di sumelles. 

Diese Steilwand, sowie überhaupt die am meisten in den 
Vordergrund tretenden Steilwände ringsum sind nicht von be- 
deutender Höhe und erscheinen mehr nur als Vorstufen zu den 
dahinter etwas zurückspringend aufsteigenden Dolomitmassen. 
Noch über der Wand des Crepo di sumelles wiederholen sich 
im Ost von Cortina oolithische und breccienartige, Cidariten- 
stacheln, Pentacrinusstielglieder etc. führende Mergelkalke. Zu- 


365 


gehörige Rauchwacken und dolomitische Mergel liegen auf der 
Höhe Paderon im untern Theil der Steilwände des Cristallo ein- 
gelagert, dessen Dolomit mit Wahrscheinlichkeit zum „Haupt- 
dolomit“ zu stellen ist. Es ist fast zu vermuthen, dass solche 
Lagen sich in diesem Niveau am Gebirge ringsum wiederholen. 
Die hochaufgethürmte Felsmasse der Croda Malcora, in ‘deren 
Geröll an der Strasse von Cortina nach S. Vito zahlreiche Stein- 
kerne von Megalodon triqueter, mitunter auch Hohlräume von 
Turbo-artigen Schnecken (u. a. Turbo cf. solitarius BENECKE) vor- 
kommen, ist gewiss auch Hauptdolomit, und erscheint gegen die 
die Thalweitung bei Cortina abschliessende Dolomitwand des Cre- 
pedel etwas zurückgesetzt. 

Was die Deutung der Schichtenfolge bei Cortina betrifft, so 
muss man an die Verhältnisse anknupfen, wie sie aus der wenig 
weiter westlich gelegenen Umgebung St. Cassians durch die Be- 
schreibung von v. Rıchtuoren und Stur a. a. OÖ. bekannt sind. 
Auf der Karte v. Rıcnruoren’s ist die Folge: Sedimentärtuffe und 
Wenger Schichten, Schlerndolomit, Raibler Schichten (resp. Torer 
Schichten) vom Set Sass her in fortlaufendem Zuge bis Cortina 
verzeichnet, eine Folge, welche wohl auf die oben angeführte 
Reihe der Schichten um Cortina hinauskommt. Insbesondere 
erinnern die bei Cortina auftretenden rothen und grünlichen Stein- 
mergel sehr an die ähnlichen Gesteine, die vom Set Sass, wie 
auch von andern Lokalitäten westlich von Cortina, aus dem Ho- 
rizont der sog. „rothen Raibler“ (Torer-, Schlernplateau-Schich- 
ten) angeführt werden. 

Zu beachten bleibt die mehrfach übereinander sich wieder- 
holende Einlagerung dieser bunten Mergel bei Cortina, die schon 
in dem Dolomit beginnt, der zunächst auf die dunkeln Tuffschich- 
ten folgt und zugleich Megalodon triqueter führt. Es scheint 
hieraus hervorzugehen, dass die liegendsten Schichten bei Cor- 
tina etwa den höchsten Wenger und St. Cassianer Schichten ent- 
sprechen, dass der sog. Schlerndolomit hier nur schwach, viel- 
leicht gar nicht mehr, entwickelt ist, und dass dagegen gleich 
Dolomit-Übergänge und -Vorstufen zum Hauptdolomit auftreten, 
zwischen denen sich anfangs noch Gebilde wiederholen, die viel- 
leicht in ihrer Gesammtheit den sog. rothen Raibler Schichten 


366 


entsprechen, während die im Hintergrund aufsteigenden gewalti- 
gen Dolomitmassen den eigentlichen Hauptdolomit bilden würden. 

Mehrfache Beobachtungen in dem fast rein dolomitischen Ge- 
birge östlich von Cortina, gegen Sexten und Auronzo zu, über- 
gehend, behalte ich mir vor, auf diesen Gegenstand zurückzu- 
kommen, um verschiedene im Vorstehenden nur kurz erwähnte 
oder gar nicht berührte Partien dieser Gegenden eingehender zu 
besprechen, und die geognostischen Verhältnisse des Ganzen, wo- 
möglich durch Profile und Karte erläutert, zur Darstellung zu 
bringen. 


Mineralogische Mittheilungen. 


Herrn Dr. F. Wibel 


in Hamburg. 


4.* Der Fasergquarz vom Cap — eine Pseudomorphose nach 
Krokydolith. 

Unläugbar ist es eine ebenso interessante wie auffallende 
Thatsache, dass der ausgezeichnet phanerokrystallinische Quarz 
bisher so gut wie gar nicht in deutlich fasrigen Aggregaten 
bekannt geworden ist. Blicken wir auf die grosse Zahl der im 
gleichen oder in anderen Krystallsystemen auftretenden Mineral- 
körper, welche zugleich in fasriger oder stängliger Form er- 
scheinen (Caleit, Turmalin etc.) und berücksichtigen wir, dass der 
prismatische Habitus des Quarzes ja gerade die Bildung solcher 
Aggregate wesentlich begünstigt. so muss unser Staunen noch 
beträchtlich wachsen. 

Ausser dem von Krarrorn ** zuerst beschriebenen Faser- 
quarz vom Cap, den derselbe wie alle von ihm beschriebenen 
südafrikanischen Mineralien durch den berühmten Reisenden Lich- 
TENSTEIN erhalten hatte, sind nur wenige andere ähnliche Vor- 
koimmnisse in der mineralogischen Literatur verzeichnet. Krar- 
ROTH selbst nennt noch WERneER'S dickfasrigen Amethyst und einen 
radialstrahligen Quarz aus der Nähe von Angers in Frankreich: 
an diese reihen sich die in neuerer Zeit von G. TschErwar und 


* 8. 3. Heft, S. 242. 
** M. H. Krarrota, Beiträge z. chem. Kenntniss d. Mineralkörper. 
rets.  Ba-ıVE 3.883: 


368 


G. Rose * zur Sprache gebrachten fasrigen Quarze in Thon- 
schiefern von Ligneuville, Recht und Wissenbach. Während aber 
erstere Funde kaum Berücksichtigung, vielleicht sogar Zweifel 
an der Echtheit ihres Charakters gefunden haben, sind die letz- 
teren offenbar eine so geringfügige und lokale Bildung, dass es 
ganz begreiflich wird, wenn bisher und in Zukunft die verschie- 
denen mineralogischen Handbücher unter Faserquarz eben nur 
jenes südafrikanische von Kraprorn bekannt gemachte Vorkommen 
verstehen und anführen. Auch dieses kann aber als mineralo- 
gische Seltenheit bezeichnet werden; wenigstens wäre es sonst 
kaum erklärlich, dass es bei seinem hervortretenden Charakfer 
und bei der wunderlichen oben berührten Räthselfrage nicht schon 
längst eine verdiente Berücksichtigung erfahren hätte. Dem gegen- 
über darf ich es wohl einen glücklichen Umstand nennen, zu der 
Untersuchung einer grösseren Reihe verschiedenartiger Stücke 
des Minerals befähigt zu sein, welche mit der Sammlung meines 
Vaters jetzt in den Besilz unseres vaterstädtischen naturhistor. 
Museums übergegangen sind. | 

Es werden zwar die nachfolgenden Bemerkungen die letzte 
Ursache, warum der Quarz keine fasrigen Massenaggregate bildet, 
nicht darlegen, aber sie werden —- so hoffe ich — mit Evidenz 
beweisen, dass auch das einzige bisher als ein solches angesehene 
Vorkommen kein ursprüngliches, sondern ein pseudomorphes Pro- 
duct sei. Damit sind wir der Lösung des eigentlichen Räthsels 
wenigstens in soweit näher gerückt, als wir nicht mehr die Sel- 
tenheit, sondern das absolute Fehlen dieser Aggregatform zu 
erklären haben. Jenes würde nur durch eine volle Berücksich- 
tigung aller inneren und äusseren Verhältnisse möglich sein, 
während uns dieses auf einen wirksamen inneren, in der physi- 
kalischen Beschaffenheit der Masse selbst beruhenden Grund hin- 


weist. 
A. Brauner Faserquarz. 


Die vorliegenden Stücke stammen der Etikette zufolge vom 
Orange-Fluss. Krarrorn bezeichnet die Ostseite des Grootrivier- 
spoorts als Fundort seines Stückes. Alle haben den gleichen 
äusseren Habitus. Begrenzt von zwei parallelen Lagen eines 


* Sitzungsber. d. Wiener Akadem. d. W. [2] XLVI, 488. Zeitschr. 
d. D. Geol. Ges. Bd. XVI (1864), S. 595 und XVII (1865), S. 68. 


369 


dunkelbraunen, stark kieseligen Eisensteins, welche höchstens 1 
Cim. dick sind und einen von 1,5 Ctm. bis 3 Ctm. schwanken- 
den Abstand von einander zeigen, liegt die schön hellbraune 
(„licht haarbraune“ bis zimmetfarbige) fasrige Masse, meist in 
schönster Reinheit, nur bisweilen von gewöhnlichem braungefärb- 
tem Quarze unregelmässig unterbrochen. Ihr Gefüge ist fein- 
fasrig, jedoch fast stets compact, nicht locker, so dass es zu den 
Seltenheiten gehört, wenn man Asbest-artige Einschlüsse findet. 
Die Fasern sind meist geradlinig und vollkommen parallel, sel- 
tener gebrochen und noch seltener stetig gekrümmt; gegen die 
dunkelen Saalbänder haben sie eine nahezu gleiche Neigung. An 
den verschiedenen vor mir liegenden Handstücken schwankte der 
spitze Winkel von 56 —73°, der stumpfe von 107—124°. 

In der Richtung der Fasern ist das Mineral leicht zu stäng- 
ligen und splittrigen Stücken zersprengbar; schwieriger und nur 
bei dünnen Massen lässt sich der splitterige Querbruch herstel- 
len. Der Strich ist schön hellbraun. Härte = 6—7. 

Sein spec. Gewicht bei 15° ist — 3,03. 

Auf der Längsfläche, den Fasern parallel, zeigt das sonst 
undurchsichtige Mineral einen schönen Seidenglanz und senk- 
recht zur Faserrichtung einen eigenen Lichtschein. 

Vor dem Löthrohr ist es unschmelzbar und gibt keine Flam- 
menfärbung; im Röhrchen geglüht wird es unter Entweichen von 
viel Wasser dunkel rothbraun. Die Phosphorsalz-Probe zeigt nur 
Eisen und Kieselsäure. 

Mit Salzsäure andauernd behandelt lässt sich sowohl an grös- 
seren Stücken, wie auch im Pulver sämmtliches Eisen extrahiren; 
es bleiben dort die reinen weissen Stücke, hier zarte Faser- 
fragmente gleicher Farbe zurück; ein deutlicher Beweis, dass 
hier nur ein Gemenge vorliegt. 

Die genaue qualitative Analyse des aufgeschlossenen Kör- 
pers, bei welcher mir in dieser wie in den anderen Prüfungen 
einer meiner Schüler, Hr. stud. med. F. Nerısen hülfreiche Hand 
leistete, ergab neben Eisenoxyd und Kieselsäure als Hauptbestand- 
theilen Spuren von Thonerde und Phosphorsäure; andere ge- 
fundene Spuren von Magnesia, Kali und Natron rührten von den 
angewendeten Aufschlussmitteln (kohlens. Kali-Natron und Chlor- 


calcium) her. 
Jahrbuch 1873. 24 


370 


Die quantitative Analyse der bei 1250 getrockneten Substanz 
führte zu folgenden Werthen: 


SiO, . 57,46 

Fe,O, 37,56 

H,0 . 5,15 
100,17. 


Berechnet man das Eisenhydrat, so bleibt zwar ein kleiner 
Überschuss von Wasser, lässt aber zweifellos erkennen, dass 
hier Göthit (Fe _O,.H.O) als Pigment vorhanden ist. Man er- 
hält dann 


SORT ae Wer 
FEIOR AROMA 
Bol hang. N 

100,17. 


Mit Zugrundelegung der mittleren spec. Gewichte für Quarz 
— 2,6 und des Göthit = 4,0 tergibt sich danach das bereclinete 
spec. Gew. unseres Körpers — 3,16. während das gefundene 
—, 3.05 war. 

Aus allen diesen Thatsachen erhellt, dass unser Mineral 
ein Gemenge des reinen weissen Faserquarzes mit Gö- 
thit ist, welcher letztere auch wirklich durch Säuren entfernt 
werden kann. 

Ebensowenig lässt sich an seiner Identität mit dem Faser- 
quarze Krapromms zweifeln. Die physiographische und gerade 
so charakteristische Natur beider Körper stimmt vollkommen über- 
ein. Dagegen muss ich allerdings bekennen, dass die Angaben 
jenes Forschers bez. des spec. Gewichtes, des chemischen Ver- 
haltens und der quantitativen Zusammensetzung ganz unglaublich 
von den meinigen abweichen. Krarrorn gibt das sp. Gew. — 2,65, 
kein Wasser, 98,50 SiO, und 1,50 Fe,0.. Bedenkt man, dass 
gerade er die Farbe des Minerales »lichte haarbraun“ nennt. so 
begreift man in der That nicht. wie dieselbe durch einen so 
geringen Eisen-Gehalt hervorgerufen sein soll, und noch weniger. 
dass dieses Eisen kein Hydrat gewesen wäre. Aus Gründen, die 
später kurz berührt werden, glaube ich denn auch annehmen zu 
dürfen, dass hier eine Zahlenverwechslung mit einer anderen 
Mittheilung Kraprorn's, welche in jenem Werke unmittelbar auf 
die Beschreibung des Faserquarzes folgt und den „Blaueisenstein“ 
vom Cap betrifft, vorliegt. Dort hat er nämlich für das spec. 


371 


Gewicht = 3,2 und für die Analyse die Zahlen: SiO, = 30: 
BE 05,60: NO = 0 welche also; 
vom Kalk und Natron abgesehen, den unsrigen sehr viel näher 
stehen. 

B. Blauer Fasergquarz. 

Unter den im Obigen beschriebenen Stücken fand ich nun : 
eines, welches in allen übrigen äusseren Charakteren vollständig 
mit jenen übereinstimmte, aber merkwürdigerweise statt einer 
braunen eine dunkelgrünlich-blaue Fasermasse zeigte, welche nur 
stellenweise in's Bräunliche überging. Die übrigens dunkelbraunen 
Saalbänder gleicher Masse wie oben halten eine Dicke von 0,2 
—0,6 Ctm. und einen Abstand von 5,5 Ctm. Auch hier traf man 
nur selten Asbest-artig lockere Faserpartien, während die übrige 
Masse noch compacter war und sich daher auch schwieriger den 
Fasern parallel spalten liess. Die Fasern selbst sind mässig ge- 
krümmt und zeigen eine Neigung gegen die Grenzflächen von 
48—60° und 120—132°, 

Das vorliegende Mineral gibt keinen Strich, hat eine H, 
— 7--8 und ein spec. Gew. b. 150 = 2,69. 

Auf der Oberfläche ist der Seidenglanz fast völlig in Fett- 
glanz übergegangen, auch fehlt der früher erwähnte bewegliche 
Lichtschein. In dünnen Bruchstücken ist es kantendurchscheinend. 

Vor dem Löthrohr zeigt es sich stellenweise und an Spitzen 
oder Kanten zu einem schwärzlichen Glase schwer schmelzbar 
und bietet zugleich eine deutliche Natron-Färbung der Flamme, 
Im Röhrchen erscheint kein Wasser; das bläulich-weisse Pulver 
in grösseren Massen geglüht wird schön rosenroth. Phosphor- 
salz weist nur Eisen und Kieselsäure nach; Borax gibt die Eisen- 
oxydul-Perle. 

Mit Salzsäure und Königswasser wird auch bei längerer 
Behandlung grösserer Stückchen keine wesentliche Veränderung, 
am allerwenigsten aber eine Extraction des färbenden Körpers 
bewirkt. Das sehr feine Pulver wird durch beide Säuren äus- 
serst langsam unter Abscheidung von flockiger Kieselsäure an- 
gegriffen. Immerhin war es auf diesem Wege unter gleichzei- 
tiger Anwendung des Kohlensäure-Stromes möglich, nachzuweisen, 
dass fast alles Eisen als Oxydul, nur sehr wenig als Oxyd gegen- 
wärtig sei. 

24 * 


372 


Die qualitative Prüfung ergab neben dem Eisenoxydul und 


Kieselsäure ferner Spuren von Thonerde und Natron, etwas mehr 
Kalk, 


Die Ergebnisse der quantitativen Analyse sind: 


DIOR, ee. sro 
a De 157 
Be u 
N20. . .. . nicht bestimmt 
Glühverlust (H,O) 
direkt 0,57 
Dazu wegen Oxydation 
des mer ,.0.002. 019 
0,76 
939,85, 


Da nun, wie erwähnt, stets eine kleine Menge Eisen als 
Oxyd zugegen war, so muss die Correction für den Glühverlust 
resp. Wasser-Gehalt eine etwas zu grosse Zahl geben. während 
das Defieit an 100,0 unbedenklich für Natron angenommen wer- 
den kann, welches ja in der Löthrohrflamme deutlich auftrat. 

Die anfängliche Vermuthung, dass das Pigment dieses un- 
zweifelhaft wieder als echter Faserquarz anzusprechenden Mine- 
rales etwa Eisenphosphat wäre, wurde durch die äusserst schwie- 
rige Extraction mittelst Säuren und durch das Fehlen der Phos- 
phorsäure als unwahrscheinlich zurückgedrängt. Es blieb nur 
die Annahme übrig, es sei ein bläuliches, Natron-haltiges Eisen- 
oxydul-Silicat die färbende Substanz, und dieser Schluss führte 
mich neben einer Reihe anderer Gesichtspunkte gerade auf den 
Krokydolith,. Dann erscheint nicht nur die Farbe unseres Faser- 
quarzes, sondern auch sein Natron- und Wasser-Gehalt, sowie 
die oben betonte lokale Schmelzbarkeit v. d. L. und die schwie- 
rige Zersetzbarkeit mit Säuren vollkommen erklärt. Allerdings 
wird das Pulver beim Behandeln mit Schwefelammonium ge- 
schwärzt, allein eine Gegenprobe mit Krokydolith ergab dieselbe 
Erscheinung auch bei diesem. Es darf somit wohl als hinreichend 
begründet anerkannt werden, wenn ich das vorliegende blaue 
Mineral als ein Gemenge von Faserquarz mit Kroky- 
dolith neben etwas Eisenhydrat und Kalksilicat betrachte. Um 
einen ungefähren Einblick in das Mischungsverhältniss zu ge- 
winnen, sei hier die selbstverständlich nur. approximative Be- 


373 


rechnung angeführt, welche sich mit Zugrundelegung der be- 
kannten Zusammensetzung des Krokydolith und obiger Analyse 
ergibt: 


Quarz =°....0 2.2: 
Krokydolith '.!'. .ı»/..0215 
Eisenhydrat et. . . 10 

100,0. 


Im Anschlusse hieran sei nun noch erwähnt, dass mancherlei 
Gründe dafür sprechen, der von Krarrorn (a. a. O. 8. 237) be- 
schriebene und bereits oben kurz genannte „Blaueisenstein“ sei 
im Wesentlichen mit unserem blauen Faserquarze übereinstim- 
mend. Zwar scheint bei jenem das charakteristische Merkmal, 
die Faserung, gefehlt zu haben, allein auch an unserem Stücke 
ist dieselbe weniger scharf hervortretend als bei dem braunen 
Faserquarze, und es wäre daher wohl denkbar — nach unseren 
späteren Erörterungen sogar sehr begreiflich —, dass dieselbe 
an anderen Stücken noch mehr verschwände. Andere kenn- 
zeichen. z. B. Farbe, Härte, Verhalten v. d. L. u. s. w. stimmen 
dagegen wieder ziemlich mit den unsern. Wenn aber spec. Ge- 
wicht und analytische Zahlen vollkommen von letzterem abwei- 
chen, so ist schon früher darauf hingewiesen worden, dass und 
aus welchen Gründen hier höchst wahrscheinlich ein Irrthum 
Krarrorn s in den Angaben vorliegt. Wenigstens zeigen wieder- 
um seine Zahlen für spec. Gew. (= 2,65), Kieselsäure (98,5) 
und Eisenoxyd (1,30) seines braunen Faserquarzes ganz nahe 
Werthe mit den von mir für das blaue Mineral gefundenen. Viel- 
leicht existiren die Belegstücke Krarrorn’s noch in der Berliner 
Sammlung und werden bei erneuter Prüfung über die Richlig- 
keit dieser Vermuthung eine bündige Entscheidung geben lassen. 
Hausmann * und nach ihm alle anderen Handbücher identificiren 
einfach den Krarrorn’schen Blaueisenstein mit Krokydolith selbst, 
wozu allerdings die Analyse und gewisse Charaktere naheliegende 
Gründe bieten. Allein die Thatsache, dass seine Analyse des 
braunen Faserquarzes offenbar unrichtig ist. und der Umstand, 
dass manche Kennzeichen weniger übereinstimmen, erweckten 
bei mir im Verein mit den vor mir liegenden Stücken begründete 
Zweifel an dieser Auffassung. 


* Hausmann, Hdb. d. Miner. (1847) I, S. 743. 


* 


374 


Der im Folgenden versuchte Einblick in den genetischen 
Zusammenhang zwischen braunem und blauem Faserquarz einer- 
seits und Krokydolith andererseits wird, wie ich glaube, diese 
Berechtigung noch erhöhen. 


C. Der Faserquarz — eine PseudomorphosenachKrokydolith. 


Noch ehe mir das Stück blauen Minerales zu Gesicht ge- 
kommen war, hatte der Anblick der verschiedenen braunen Faser- 
quarze in mir die Überzeugung erregt. dass hier eine vortreff- 
liche Pseudomorphose und zwar nach Krokydolith vorliege. Und 
in der That, wer in der Lage ist, zwei Stufen beider zum Ver- 
gleiche vor sich zu sehen, wird darüber bei dem ausgesprochen 
charakteristischen äusseren Habitus keinen Augenblick zweifelhaft 
bleiben. Der echte, Asbest-artige Krokydolith hat ganz wie unser 
brauner Faserquarz eine plattenförmige Ausdehnung, hervorge- 
rufen durch die parallele Begrenzung desselben Quarz- und Eisen- 
reichen Mineralgemenges. An einem Stücke Krokydolith vom 
Cap fand ich die Dicke der Saalbänder = 0,3 Ctm., ihren Ab- 
stand — 1,1 Ctm., während die Proben unserer Quarze dafür 
schwankende Werthe von 0,1—1 Ctm. und 1,5—9,5 Ctm. geben. 
In vollständig übereinstimmender Weise liegen bei beiden Kör- 
pern zwischen diesen Grenzplatten die parallelfasrigen Massen, 
auch bei dem Krokydolith keinesweges nur geradlinig, sondern 
ebenso bisweilen gebrochen und gekrümmt. Noch überraschen- 
der und also entscheidender ist ferner die Gleichheit der Nei- 
gungswinkel dieser Fasern gegen die Grenzflächen. Hausmann 
gibt dafür beim Krokydolith die ungefähren Grössen 74° und 
106°, während unsere Stufe dieselben Schwankungen von 50— 71° 
einerseits und 109—130° andererseits zeigte. Bei den Faser- 
quarzen lagen die Grenzen zwischen 485—73° und 107—132. 
Wenn dagegen die zarten, feinen Fasern des Krokydoliths an 
unseren Faserquarzen zwar vorwiegend in eine compacli-fasrige 
Masse umgewandelt erscheinen, so ist dem gegenüber auf die 
thatsächliche Beobachtung zu verweisen, dass auch innerhalb der 
letzteren einzelne noch vollkommen Asbest-fasrige Einlagerungen 
aufgefunden sind. 

Immerhin und trotz aller dieser Analogieen hätte die völlige 
Abwesenheit des Eisenoxyduls in den braunen Faserquarzen, des- 


375 


sen ursprüngliches Vorhandensein ja Voraussetzung für die Auf- 
fassung ihrer pseudomorphen Natur war, auffallen können. In- 
sofern nun wird der Nachweis des blauen Faserquarzes. welcher 
bei unverkennbar gleichem äusseren Charakter doch wesentlich 
nur Eisenoxydul, ja nach unserer Darlegung direkt Krokydolith 
enthielt, von überzeugender Beweiskraft, zumal sich auch in ihm 
Asbest-artige Einschlüsse deutlich nachweisen liessen. 

Bedenkt man endlich noch, dass auch der bis jetzt fast 
einzige Fundort des echten, Asbest-artigen Krokydolith derselbe 
ist, wie derjenige unserer Faserquarze, namlich der Orange-Fluss 
Süd-Afrika’s. so kann wohl in Wahrheit der Schluss als unbe- 
stritten gelten, der in dem Faserquarze eine Pseudomor- 
phose nach Krokydolith erblickt. 

Von diesem sicheren Standpunkt aus fällt nun die Deutung 
des metamorphischen Processes nicht schwer und wird durch 
Vergleichung der Zusammensetzungen leicht geboten. 


Asbest-artiger Brauner Blauer 
Krokydolith vom Cap Faserquarz Faserquarz 
nach STROMEYER *. F. Wieser. F. WisEL. 
SiO, — 50,81 57,46 97,27 
Fe0 = 33,88 entspr. Fe,0, 37,56 FeO 1,67 
Mn0 = 0,17 37,62 Fe,O, — —_ 
MeO = 2,32 _ — 
Ca0, =. 0,02 — 0,15 
Na.0 = 7,03 — 0,15 
HH =, 5,58 zb 0,76 
99,81 100,17 100,00. 


Es kann darnach für den braunen Faserquarz als Haupt- 
umwandlungsprodukt keinem Zweifel unterliegen, dass der Vor- 
gang in einer gewissermassen gleichzeitigen Zersetzung der Kro- 
kydolith-Masse, Auslaugung des Natrons, der Magnesia etc. und 
Oxydation sowie Hydratisirung des vorhandenen Eisenoxyduls 
bestand. 

Etwas mehr Schwierigkeiten scheint die Erklärung des blauen 
Faserquarzes zu bereiten. Wenn es schon als auffällig angeführt 
wurde, dass das braune Mineral eben gar kein Eisenoxydul mehr 
enthält, so dürfte es noch merkwürdiger erscheinen. dass das 
blaue Mineral bei sonst ja völlig erhaltener Structur einerseits 


* STROMEYER in PossEnnD. Annal. XXIII, S. 153. 


376 


nur so wenig unveränderten Krokydolith (etwa 2,5%/,) und an- 
dererseits auch gar kein oder sehr wenig Eisenoxydhydrat (kaum 
1° ,) aufweist, obschon letzteres von mir soeben als das Haupt- 
produkt der Metamorphose bezeichnet und auch in dem braunen 
Faserquarz nachgewiesen ist. 

Der Grund für diesen nicht unwichtigen Umstand muss, 
wenn anders unsere Auffassung richtig sein soll, in dem meta- 
morphischen Process selbst liegen. Und in der That wird der- 
selbe in folgenden Momenten zu finden sein. 

Aus einem Vergleiche der Constitutionen des Krokydolith 
und des braunen Faserquarzes ersieht man sofort, dass die 33,889], 
FeO des ersteren genau den 37,96%, Fe,O, des letzteren ent- 
sprechen. Damit ist nun zweifellos angedeutet, dass wirklich 
kein Eisenoxydul als solches weggeführt, sondern sämmtliches in 
loco oxydirt und als Göthit (Fe,O H 0) abgelagert worden ist. 
Daraus folgt aber weiter, dass die Circulation der zersetizenden 
Flüssigkeiten und der Zersetzungsprodukte eine sehr langsame 
gewesen sein muss, da es gegentheils nicht begreiflich wäre, 
wenn dann kein Eisen mit fortgeführt worden sei. Wenn wir 
also den metamorphischen Vorgang für den braunen Faserquarz 
noch genauer dahin präcisiren, dass er zwar ein vollständig, aber 
nur sehr langsam umwandelnder gewesen ist, so wird dadurch 
zugleich der nicht weniger bedenkliche Einwand gehoben, wie es 
komme, dass die so zarten Fasern des Krokydolith einer so tief- 
greifenden Zersetzung unterliegen konnten, ohne vollständig ihre 
Form einzubüssen und eine dichte, structurlose Quarz-Masse zu 
liefern. 

Dem gegenüber hat man sich zu vergegenwärtigen, welche 
Ergebnisse eine grössere Intensität (Schnelligkeit) desselben Pro- 
cesses liefern wird. Da dieselbe unter sonst gleichen Verhält- 
nissen wesentlich auf einer schnelleren Einwirkung grösserer 
Mengen von zerseizenden Flüssigkeiten beruht, so muss noth- 
wendig auch eine umfangreichere Fortführung der Zersetzungs- 
produkte, also auch des Eisenoxyduls, resp. Oxyds eintreten, und 
somit schliesslich je nach der absoluten Zeitdauer der Einwir- 
kung überhaupt als Endprodukt ein Quarz mit wechselnden Men- 
gen von noch unzerseiztem Krokydolith und von (immerhin aber 
kleinen Mengen) Eisenoxyd zurückbleiben. Im Allgemeinen wird 


377 


dabei freilich die Erhaltung der Structurformen leiden. Ist der 
Process ein nicht übermässig beschleunigter, so wird die Fase- 
rung der primären Krokydolith-Masse zwar weniger deutlich, aber 
immerhin noch gut erkennbar sein. Dies ist der Fall bei dem 
von uns oben beschriebenen blauen Faserquarze. dessen mehr 
compacte Beschaffenheit nunmehr auf das Beste durch vorstehende 
Erklärung in Ursache und Genesis verständlich wird. 

Wenn hingegen die Intensität der Zersetzung noch mehr 
zunimmt, so muss selbstverständlich eine Grenze erreicht werden, 
bei welcher die Erhaltung der Form eine Umöglichkeit ist. Und 
wird diese überschritten, so tritt uns jetzt als Educt nur noch 
derber, structurloser Quarz entgegen, welcher durch eingeschlos- 
senen annoch unveränderten Krokydolith mehr oder minder blau 
gefärbt ist. Man sieht, dass sich hier ganz von selbst die Er- 
klärung bietet nicht nur für die „blauen Quarze“ des Salzburgi- 
schen, Mähren’s etc., sondern auch für den »Blaueisenstein“ Krar- 
ROTH Ss, sofern meine früher gegebene Vermuthung über denselben 
sich bestätigen sollte. Alle diese Substanzen treten jetzt in einen 
innigen genetischen Zusammenhang, indem sie sich als graduell 
verschiedene Produkte eines und desselben Umwandlungsprocesses, 
eines und desselben Mineralkörpers, Krokydolith, darstellen. 


Es sei nun zum Schlusse gestattet, die Ergebnisse - vor- 
stehender kleinen Untersuchung, sowie deren Bedeutung nach 
verschiedenen Richtungen übersichtlich zusammenzustellen. 


1) Der schon von Krarroru beschriebene braune Faserquarz 
ist ein Gemenge von reinem weissen Faserquarz ınit aus- 
ziehbarem Göthit (Fe,0,H.0). Der blaue Faserquarz ist 
ein Gemenge wesentlich von weissem .Faserquarz mit Kro- 
kydolith. 


2) Beide Arten des Faserquarzes sind Pseudomorphosen nach 
Krokydolith, und zwar ist der braune das Produkt eine 
vollständigen und langsamen, der blaue dasjenige einer un- 
vollständigen und schnellen Umwandlung. 


3) Der Faserquarz liefert demnach ein so ausgezeichnetes Bei- 
spiel einer Pseudomorphosenbildung nach einem mikrokry- 


378 


stallinischen, fasrigen Mineral, wie es in gleicher Schönheit 
wohl bisher noch nicht beobachtet ist. 


4) In gleicher Weise bietet der Faserquarz ein vorzügliches 
Beispiel der an sich so seltenen Pseudomorphosen von Quarz 
nach einem zusammengesetzten Silicat, also einer vollstän- 
digen Zerlegung eines solchen bei gleichzeitiger Erhaltung 
der Form. 

Unter den bekannten Afterbildungen ähnlicher Art sind diejenigen 
des Quarzes nach Granat (Brum, Pseud. S. 315), Augit (Ibid. III, S. 49.), 
Hornblende (Ibid. S. 58, IH. S. 51), Fassait (BLum, d. Jahrb. 1864, S. 41), 
Orthoklas (G. TscHermaK, d. Jahrb. 1864, S. 73) und Glimmer (Revuss in 
Bıscuor, Chem. Geol. II, S. 884) entweder als überhaupt noch fragliche 
oder doch als minder deutliche und hervortretende zu bezeichnen. Die- 
jJenigen nach Heulandit (Brum 1, S. 11), Stilbit (Ibid. I, S. 12 u. II, S. 10) 
und Apophyllit (G. TscHermAaX, d. Jahrb. 1864, S. 73) ragen schon hin- 
sichtlich ihrer Vollkommenheit mehr hervor, während unter Allen wohl 
der bekannte Haytorit, d. i. Chalcedon nach Datolith (BLum, S. 56. II, 
S. 49), in der Trefflichkeit der Nachbildung unserem Faserquarz gleich- 
steht. 

9) Die „blauen Quarze“, welche an einigen sonstigen Fund- 
stätten des Krokydolith (Golling in Salzburg. Rudka in 
Mähren, s. Kenncort, Min. Forsch. 1860, S. 57) als dessen 
Begleiter erscheinen, dürften nicht blos mit letzterem Mi- 
neral gefärbte primäre Quarze sein, sondern gleichfalls 
secundär aus einer unvollständigen, aber sehr rapiden Zer- 
setzung des Krokydoliths selbst herrühren. 

Dasselbe gilt vielleicht für den „Blaueisenstein“ KLaprotH s. 


St 


6) Bezüglich der Faserquarz-Vorkommnisse in den Thonschie- 
fern von Ligneuville, Recht und Wissenbach herrscht zwi- 
schen G. Rosr und G. Tschermak eine Meinungsverschieden- 
heit, indem Letzterer dieselben (wenigstens das von Recht) 


für pseudomorph erklärt, was Ersterer bestreitet. 


Da ich diese Vorkommnisse nicht aus eigener Anschau- 
ung kenne, vermag ich natürlich kein Urtheil in dieser 
Frage abzugeben. Allein es dürfte doch vielleicht die in 
Vorstehendem bewiesene Thatsache. dass auch der afrika- 
nische Faserquarz eine Pseudomorphose ist, eine Entschei- 
dung zu Gunsten der Tschernarschen Meinung als wahr- 
scheinlich in Aussicht stellen. 


379 


7) Mit dem Nachweise der pseudomorphen Natur des Faser- 
quarzes vom Cap ist nun endlich auch das letzte, gute Bei- 
spiel einer ursprünglich fasrigen Aggregatform des Quarzes 
als hinfällig zu betrachten. Wie im Eingang dieser Arbeit 
hervorgehoben, müssen wir in der That als objectiv und 
unläugbar festgestellt anerkennen, dass dieses so prächtig 
krystallisirende und vorwiegend prismatisch ausgebildete 
Mineral bis jetzt nicht nachweisbar in Faseraggregaten er- 
scheint, somit auch wahrscheinlich nicht darin auftreten 
kann. Mochte man früher den Grund dafür in der zu- 
fälligen Gunst äusserer Entstehungsverhältnisse vermuthen, 
so wird man sich jetzt sagen müssen, dass derselbe in der 
inneren, molekularen Beschaffenheit des Quarzes zu suchen 
sei, wofür vielleicht eine übersichtliche Betrachtung der 
fasrig oder stänglig aufgefundenen, übrigens phanerokry- 
stallinischen Mineralien Anhaltspunkte bietet. 
Möglicherweise gibt vorstehende Arbeit den Anstoss zu wei- 

teren Forschungen in dieser gewiss nicht uninteressanten Richtung. 


Nachtrag zu der Mittheilung über Faserquarz vom Cap — eine 
Pseudomorphose nach Krokydolith. 


Nachdem vorstehende Mittheilung bereits abgesandt war, erhielt ich 
die von Herrn Mechanikus R. Furss in Berlin freundlichst angefertigten 
Dünnschliffe der beiden Varietäten. Bei ihrer Prüfung fand ich die obigen 
aus der chemischen Untersuchung entnommenen Folgerungen vollkommen 
bestätigt. 

Der braune Faserquarz zeigt auf Längs- wie Querschliff eine voll- 
ständige und ziemlich gleichmässige Imprägnation mit dem Eisenoxyd- 
hydrat; jede einzelne Faser erscheint mehr oder minder braun gefärbt. 
Es beweist dies bestens, dass hier kein ursprünglich rein weisses Mineral 
mit späterer Zwischenlagerung des Pigmentes vorliegt. Belehrender noch 
‘ waren die Dünnschliffe des blauen Minerales, welche überhaupt wegen der 
geringeren Spaltbarkeit der Masse viel vollkommener dargestellt werden 
konnten. Auf dem Längsschliff sieht man in einer weissen, homogenen 
Matrix die theils rein blauen, theils schon bräunlichen Fasern mit schar- 
fen Rändern in verschiedenem Abstand wie Durchmesser parallel neben 


380 


einander, und dem entsprechend zeigt der Querschliff eine mit zahlreichen 
dunklen Punkten bestreute schneeweisse Substanz, einem Firnfelde ver- 
gleichbar, aus weichem einzelne Felsbrocken herausragen. Die weisse- 
Masse ergibt sich im Polarisationsapparat als doppeltbrechend mit leb- 
haftem Farbenspiel. Diese Wahrnehmungen entsprechen ganz der früheren 
Deutung, wonach das blaue Mineral aus reinem Quarz mit Einschlüssen 
von fast unveränderten Krokydolith-Fasern besteht. 


5. Krystallisirter Baryt im rothen Schieferletten Helgoland’s 
nebst Untersuchungen über die Genesis seiner Krystalldrusen. 

Wenn die neueren interessanten Beobachtungen °L. MEYN's 
und A. Lasarn’s * abermals den Blick vieler Geologen auf jenes 
kleine und doch so merkwürdige Eiland gelenkt haben werden, 
so sei es gestattet, hier eine Wahrnehmung niederzulegen, welche 
in genetischer Beziehung nicht ganz werthlos mir erscheint und 
gleichfalls unsere nordische Felswarte Helgoland betrifft. 

Schon in einer früheren Arbeit ** habe ich etwas ausführ- 
licher das beachtenswerthe Vorkommen des gediegenen Kupfers 
und seiner Erze in den sedimentären Gesteinen der Insel be- 
sprochen, ohne jedoch mehr als Wahrscheinlichkeitsgründe für 
die dort gegebene genetische Erklärung desselben mittelst der 
Eisenoxydul-Theorie gehabt zu haben. Die Art des Auftretens 
ist wesentlich verschieden, je nachdem ein grobkörniger grauer 
Sandstein oder der rothe, feinkörnige Schieferletten (Thonmergel) 
das Muttergestein bildet. Dort erscheinen Gediegen-Kupfer, Roth- 
kupfer, Schwefelerze etc. in derberen, grösseren Stücken einge- 
schlossen, welche zwar auch eine deutlich erkennbare Zersetzung 
in Joco durch Färbung des Sandsteines verrathen, aber doch 
häufig noch ziemlich unverändert erhalten sind. In dem rothen 
Letten dagegen treten die Kupfererze wesentlich nur innerhalb 
der allbekannten und allverbreiteten Stufen mit Kalkspath- und 
Malachit-Drusen auf, die oft mit lebhafter Farbenpracht die Hel- 
goländer Nationalfarben (grün, weiss, roth) wiedergeben, während 
Gediegen-Kupfer, Rothkupfer und Kiese zu den selteneren und 
spärlichen Einschlüssen gehören. Da aber gerade hier die dün- 
nen, zarten Anflüge des gediegenen Metalles offenbare Beweise 


* L. Meyn, Zur Geologie der Insel Helgoland, 1864. A. Lasarp, 
Zeitschr. d. D. Geol. Ges. 1869, S. 574 ff. 
** F, Wise, Das Gediegen-Kupfer und Rothkupfererz. 1864, S. 152 ff. 


31 


für ihre Bildung an dieser Stelle liefern und jegliche Vermuthung 
auf einfach detritischen Ursprung ausschliessen, so muss das letzte 
Vorkommen von besonderer Wichtigkeit für die Aufklärung über 
die jener Bildung zu Grunde liegenden Processe werden. 

Im Verfolg des Gedankens, dass auch im vorliegenden Falle 
innerhalb der Drusen kiesige Kupfererze als primäre existirt 
hatten, suchte ich nach Zeugen dafür und zwar zunächst nach 
Sulfaten. Trotz der grossen Verbreitung jener Stufen in Museen, 
trotz zahlreichen Besuches der Insel durch Fachgenossen waren 
bisher solche Sulfate (als Gyps, Cölestin etc.) wohl als Schnüre 
‚im Letten, aber nicht als Begleiter des Kalkspath, Malachit, Kie- 
selkupfer ete. in den Drusenräumen aufgefunden worden. Nach 
sorgfältigster Durchmusterung vieler Stücke theils bei längereın 
Aufenthalte auf der Insel, theils in Sammlungen, ist es mir in- 
dess gelungen, das Auftreten des Baryt in deutlichen Krystallen 
nachzuweisen. 

Der Baryt erscheint in unmittelbarer Verwachsung mit den 
Rhomboedern des Caleits, bald, wiewohl seltener, in Krystallen 
von mehr als 3" Grösse, bald in ausserordentlich kleinen Blätt- 
chen, welche das bisherige Übersehen leicht begreiflich machen. 
Der Habitus der Krystalle ist durchweg durch Vorwalten des 
Brachypinakoids tafelförmig und gleicht demjenigen von Schen- 
nitz; an grösseren Individuen war die Combination ooP& . Pxo 
. ooP sehr gut zu erkennen. 

Die Bedeutung dieser Wahrnehmung liegt nun meiner An- 
sicht nach wesentlich darin, dass man gestützt auf den leichten 
und feinen chemischen Nachweis des Baryums ein weiteres Mittel 
besitzt. die Bildung jener Drusenausfüllungen genauer zu ver- 
folgen. Freilich wird dies zuvörderst eine vollständige chemische 
Untersuchung des Muttergesteins u. s. w. nothwendig machen, 
über welche ich augenblicklich noch nicht verfüge, die ich viel- 
mehr in Gemeinschaft mit der Analyse der übrigen Helgolander 
Gesteine hoffentlich bald zu geben beabsichtige, allein schon die 
bisherigen Ergebnisse gestatten gewisse und unerwartete Schluss- 
folgerungen. Unter Mitwirkung eines meiner Schüler, Hrn. stud. 
phil. E. Zacharıas, habe ich vor Allem nach qualitativ-chemischer 
Richtung den Beweisen nachgespürt, ob und in wie weit die vor- 
liegenden schönen Drusenausfüllungen durch Infiltration von aussen 


382 


entstanden seien oder nicht. Wer die Handstücke nur oberfläch- 
lich ansieht, dürfte kaum Bedenken tragen, sich sofort für jenen 
in so tausenden Fällen zutreffenden Bildungsweg zu entscheiden. 
Erst eine gründlichere Betrachtung erweckt Zweifel. Im Allge- 
meinen besteht der Charakter dieser Drusen in einer deutlich 
wahrnehmbaren Aufeinanderfolge von vier Schichten: zu äusserst 
der rothe Lettien, als das eigentliche Drusengewölbe, dann eine 
die gesamte Höhle ziemlich gleichmässig umgebende Zone eines 
grauen Letiens, der unzweifelhaft aus dem rothen hervorgegangen 
ist, darauf die grünen Schichten des Malachit und Kieselkupfers 
und endlich nach dem Centrum zu die Krystallausscheidungen 
des Caleits und Baryts. Besonders auffallend und die Erklärung 
durch Infiltration erschwerend ist das Auftreten der grünen 
Zone, die zwar in Sehr verschiedener Dicke, aber doch nie feh- 
lend den Hohlraum umrahmt. Denn ihre Beziehung zu den Aus- 
füllungen ist ebenso unverkennbar, wie ihr naher Zusammenhang 
mit dem rothen Letten, und da die chemische Prüfung im Letz- 
teren nur Eisenoxyd, in ersterer wesentlich Eisenoxydul nach- 
weist, so ist also „offenbar ınit der Bildung jener ausfüllenden 
Mineralien ein Reductionsprocess verknüpft gewesen, welcher das 
Eisenoxyd der rothen Seitenwände in Eisenoxydul des jetzt grauen 
- Gesteines umgewandelt hat. Dass aber bei einer einfachen In- 
filtration nicht nur keine Oxydation, sondern sogar eine Reduc- 
tion hätte eintreten können, läuft so ziemlich allen Anschauungen 
darüber schnurstracks entgegen. 

Hiezu kommen jetzt aber noch die aus der chemischen Un- 
tersuchung hervorgehenden direkten Gegenbeweise. Eine schlichte 
Abscheidung der Drusenmineralien durch Infiltration, d. h. eben 
durch Auslaugung des Nebengesieins, setzt unläugbar voraus, dass 
in letzterem die zu jener Bildung erforderlichen Hauptsubstanzen, 
in unserem Falle also Calcium, Baryum, Kupfer, in irgend einer 
Form und wenn auch kleiner Menge vorhanden seien. Hier bietet 
sich ein entscheidendes Kriterium. 

Ungefähr 15 Gramm des rothen Lettens wurden, nachdem 
sie vorher durch Behandeln mit: Wasser von den imprägnirten 
Bestandiheilen des Meerwassers völlig befreit waren, zunächst 
mit Ammoniak auf etwa eingesprengte darin lösliche Kupfer-Salze 
geprüft, jedoch mit negativem Erfolge. In der darauf hergestell- 


383 


ten Säure-Lösung fand sich zwar eine kleine Spur von Kupfer, 
die-aber so gering war, dass sie vermuthlich von etwas beige- 
mengtem grauem Letten herrührte, der sich später als sehr Kupfer- 
haltig erwies. Der in Salzsäure unlösliche Rückstand gab beim 
Aufschliessen wiederum keinen wahrnehmbaren Gehalt an Kupfer. 
Das Vorhandensein von Calcium wurde bei diesen Analysen in 
mannigfacher Form festgestellt; nicht nur kohlens. Kalk. sondern 
auch schwefels. Kalk und, was bemerkenswerth ist, phosphors. 
Kalk sind in reichlicher Menge in dem rothen Mergelthon ent- 
halten, dessen übrige Hauptbestandtheile sich als Kieselsäure, 
Eisenoxyd, Thonerde und Magnesia ergaben. 

Trotz aller angewendeten Aufmerksamkeit gelang es in- 
dessen nicht, in der doch ziemlich beträchtlichen Menge Origi- 
nalsubstanz auch nur einen Minimal-Gehalt von Baryum nachzu- 
weisen. Bei der Schärfe der Reaction darf man demnach wohl 
annehmen, dass letzteres Element thatsächlich in dem rothen Ge- 
steine fehlt. 

Wollte man also auch bezüglich des Kupfers wegen der 
nicht absolut sicheren Entscheidung die Möglichkeit einer ein- 
fachen Infiltration beibehalten, so wird die Abwesenheit des Ba- 
ryuns dieselbe doch geradezu zurückweisen, und im Zusammen- 
hang mit der oben berührten Schwierigkeit einer Erklärung für 
die graue Zone wird man sich gezwungen fühlen, einen anderen 
Weg für die Entstehung der Drusen auszudenken. 

In der That dürfte derselbe auch nicht allzuferne liegen, 
wenn man nur die Idee an den centripetalen Vorgang einer In- 
filtration aufgibt. Nehmen wir an, es seien in den Drusen ur- 
sprünglich Knollen von kiesigen Kupfererzen aller Art in Be- 
gleitung von Baryum-Mineralien vorhanden gewesen, so wird eine 
als selbstverständlich anzunehmende Zufuhr von Wasser eine 
Vitrioleseirung einleiten. Hiezu ist aber die Gegenwart von 
Sauerstoff unerlässlich, und sofern das Tagewasser nicht reich 
genug war, wird eben das Eisenoxyd des Nebengesteins einen 
Theil desselben unter gleichzeitiger Umwandlung in Eisenoxydul 
und so die graue Zone geliefert haben. Die innige Beziehung 
derselben zu diesem endogenen Vorgange wird nicht nur durch 
die unmittelbaren Contactverhältnisse, sondern namentlich auch 
durch ihren nachgewiesenen reichlichen Gehalt an Kupfer be- 


384 


kundet. Die so in erster Phase entstandenen Sulfate des Kupfers, 
Eisens, Calciums und — soweit es nicht von vornherein als sol- 
ches zugegen gewesen -- des Baryums wurden nun theils durch 
den gleichzeitig mit dem Wasser eingeführten kohlens. Kalk zu 
Carbonaten (Malachit und Eisenoxydul-Carbonat) umgesetzt und 
entweder, wie der Malachit, abgelagert oder mit dem gebildeten 
Gyps fortgeführt, theils aber zugleich mit dem vorhandenen Über- 
schuss des Calciumcarbonats in Krystallen abgeschieden (Baryt). 
Vielleicht entspringt der Gyps-Gehalt des Letiens aus diesem 
mehr centrifugal zu nennenden Processe. 

In dieser Weise scheinen sich mir alle beobachteten That- 
sachen in einen natürlichen und einfachen Zusammenhang zu 
stellen, der jedenfalls weit geringere Schwierigkeiten für das 
Verständniss bietet, als die Idee einer gewöhnlichen Infiltration. 
Der Gegenstand unserer Betrachtung ist an und für sich nicht 
hervorragend genug, um für die Erledigung aller noch möglichen 
Einreden und Bedenken noch mehr Raum beanspruchen zu dür- 
fen; allein ich möchte nicht unerwähnt lassen, dass ein grosser 
Theil derselben an ihrem Gewichte einbüsst, wenn man berück- 
sichtigt, dass alle diese Vorgänge in unserem Gesteine möglicher- 
weise unter höheren Temperatur- und Druckverhältnissen sich 
vollzogen. Dies von Vornherein von der Hand zu weisen liegt 
keine Berechtigung vor; vielmehr würde dann auch die gelegent- 
liche Ausscheidung von Gediegen-Kupfer und Rothkupfererz durch 
Wechselwirkung des Eisenoxyduls auf die Kupfersulfat-Lösung 
noch leichter begreiflich sein. 


Notiz über den Basalt und Hydrotachylyt des Rossberges 
bei Darmstadt. 


Von 


Herrn Dr. Th. Petersen. 


Eine im Herbst vorigen Jahres in Gesellschaft des Herrn 
Bergrath StEeın von Wiesbaden und des Herrn Steinbruchbesitzers 
ALErELD von Ober-Ramstadt ausgeführte Excursion nach dem 
Rossberge bei Darmstadt gab mir Gelegenheit, neues Material 
von dem früher von mir beschriebenen Hydrotachylyt* zu sam- 
meln und mehrere neue Beobachtungen an jenem merkwürdigen 
Basaltrücken zu machen, womit, nachdem unterdessen auch einige 
einschlägige Analysen ausgeführt wurden, um so weniger von 
mir zurückgehalten werden darf, als sich inzwischen auch Rosen- 
BUSCH ** über diesen Gegenstand geäussert hat. Wir verdanken 
demselben schätzenswerthe Beiträge zur Kenntniss des Rossberg- 
Basaltes und Hydrotachylytes. Unaufschiebbare organisch-che- 
mische Arbeiten sind die Veranlassung, dass vorliegende kleine, 
meine früheren Mittheilungen ergänzende Arbeit während mehrerer 
Monate zurückgelegt werden musste. Ich fasse mich so kurz wie 
möglich, da, wie ich vernehme, auch Mörı den Rossberg-Basalt 
eingehender zu behandeln gedenkt. 

Eine kleine Stunde nördlich von der Eisenbahnstation Ober- 
Ramstadt erhebt sich unser Berg aus dem Rothliegenden. Über 
dessen breiten Rücken in östlicher Richtung voranschreitend, ge- 


* Jahrb. 1869, 32. 
*: Ebend. 1872, 614. 
Jahrbuch 1873. 


189) 
[6 


386 


langt man bald zu einem Basaltaufschluss, wo das Gestein im 
höchsten Grade zersetzt und mit oft ganz weissem Osteolith in 
Adern reichlich erfüllt ist. Ich verzeichnete bereits früher den 
hohen Phosphorsäuregehalt des Rossdorfer Basaltes, offenbar von 
eingemengtem Apatit herrührend.. Für die von mir aufgestellte 
Ansicht, dass die sog. Osteolithe ebensowohl Apatit-reichem Ba- 
salt wie die nassauischen Phosphorite Apatit-reichem Diabas ent- 
stammen, kann man keine schönere Belegstelle sehen, um so 
mehr, als das zerseizte Gestein den grössten Theil seiner Phos- 
phorsäure verloren hat. Ich fand in einer weissen, bei 100° 
getrockneten Probe dieses Osteolithes, von dem neuerdings meh- 
rere hundert Centner zu technischen Zwecken ausgebeutet wur- 
den, 34,7°/, PsO,, entsprechend 75,7%, Caleiumorthophosphat. 

Weiter östlich enthält das weniger zersetzt6 Gestein reich- 
lich eingestreut in bunten Farben schillernden Olivin. 

In dem grossen Steinbruch an der Nordseite des Berges 
ist der Basalt verhältnissmässig am frischesten, hier auch in 1 
bis 1!/, Fuss dicken Säulen abgesondert, deren Köpfe bienrosig 
zu Tage treten. In dieser Gegend wird der Hydrotachylyt ge- 
funden. Ebenfalls fand ich daselbst auf derselben Excursion einen 
schön bouteillengrünen, sehr pelluciden, leicht zerspringenden 
knolligen Glaseinschluss von Härte 5—6 (CHydrotachylyt ca. 3.) 
namentlich einen solchen, ca. 2 Zoll im Durchmesser besitzenden 
ellipsoidischen von 2,924 Vol.-Gew. inmitten ganz frischer Ge- 
steinsbruchstücke oberer Lage, welcher wohl dem Tachylyt zu- 
gerechnet werden darf, doch nicht sonderlich leicht schmelzbar 
ist und von Salzsäure schwierig zerlegt wird. Er schleift sich 
sehr gut (Hydrotachylyt zerspringt dabei leicht), ist ganz homogen 
und frei von Ausscheidungen. Mit Hydrotachylyt zusammen habe 
ich ihn nicht beobachtet. Die Analyse desselben, welche die Ver- 
schiedenheit beider Substanzen sehr deutlich zeigt, stelle ich un- 
mittelbar neben einige Analysen ächter Tachylyte von anderen 
Fundorten und Beobachtern, auch neben diejenige des Hydro- 
tachylytes. 


387 


Tachylyte. 
———— N — |Tachyly-! Hydro- 


isch tach t 
Boben- Säsebühl a acyy 
Sababurg Glas. 
hausen Mö SCHNEDER- 
Mon. AL. | grann. |Mossberg |Rossberg 
PETERSEN. | PETERSEN. 
Spee, Gew... .......|ı 12686 2,757 | 2578 2,524 2,130 
| | 

Kieselsäure . . . | 51,08 54,93 55,74 66,42 47,52 
Bitansaurer. ..... 1,24 0,28 0,31 1,13 
Thonerde ... ... || 26,88 19,86 | 12,40 13,07 17,35 
Kisenoxyd . . . . 4,27 3,68 Jıs 16 | 3.66 4,36 
Eisenoxydul . . .| 78383 64 | 3,05 
Manganoxydul . . 0,31 0:06, 0:40,19 Spur 0,26 
Magnesia es 2,07 2.16. 592 1,30 4,07 
Kae aa 8 6,27 7,28 1,19 1,85 
Nomen, ......|3,6,12 3,14 3,88 6,09 2,38 
ea 0,73 0,60 7,36 4,63 
Phosphorsäure . . 0,05 0,04 | 
Chlor. 2% | Spur 
Fluor SR | Spur | 
Wassen „1... 0,78 2,16 2,73 0,73 12,90 

101,38 | 9929 | 101,80 | 100,13 99,50 


Tachylytische Gläser von verschiedenen Gesteinen müssen 
natürlich auch eine verschiedene Zusammensetzung zeigen. Der 
hier vorliegende Glasfluss stellt einen Übergang von Tachylyt zu 
Obsidian vor und hat seine Helligkeit und Pellucidität offenbar 
der geringen Menge von Eisen und dein Reichthum an Alkalien 
zu verdanken. Auffallend ist der hohe Kieselsäuregehalt (der 
Basalt selbst führt nur ca. 40%, SiO,), welcher sofort zu der 
Annahme drängt, dass ein, vor Beendigung der Mischung inner- 
halb der -erst später zu krystallinischem Basalte erstarrten Lava 
ausgeworfenes kieselsäurereiches Gesteinsglas vorliegt. 

An derselben Stelle beobachtete ich ferner grössere und 
kleinere Einschlüsse zersetzter Tachylytsubstanz, undurchsichtig, 
weiss bis gelblich oder grünlich, stellenweise zerfressen, auch 
wohl bräunliche, tachylytische Kerne führend. Sie enthält viel 
hygroskopisches Wasser. Die Analyse derselben ergab nach dem 
Trocknen bei 110°: 


25 * 


388 


Kieselsäure . . . 62,43 

(einschl. ein wenig TiO, 
Thonerde 1.0... 17,12 
Eisenoexyd .,.,. .-1.1,82 

(einschl. ein wenig FeO) 
Manganoxydull . . Spur 
Magnesia ‘ >... 7.2.2068 
Kalkar. s 288: 7.080 
Natron eo 
Kalın.. . a2: .. "a88 
Wasser Pu 2. We 
99,30. 


Mit den tachylytischen Einschlüssen kommen, wie schon 
früher von mir hervorgehoben, zeolithische Bildungen häufig zu- 
sammen vor. Ich habe von mitgebrachtem Hydrotachylyt eine 
neue Wasserbestimmung ausgeführt und (nach vorhergegangenem 
Trocknen bei 110°) ebensoviel wie früher gefunden, muss daher 
an der Eigenthümlichkeit dieses Minerals, beziehungsweise glasig 
amorphen Gesteines festhalten. Mit Palagonit hat der Hydro- 
tachylyt nichts zu thun. 

In meiner ersten Abhandlung wurde, allerdings nicht klar 
genug, gesagt, der Hydrotachylyt verdanke seine Bestandtheile 
vorzugsweise der Feldspath- und Olivinsubstanz des Basaltes. In 
diesem Punkte bin ich ganz der Ansicht von Rosengusch und halte 
diese Substanz durchaus nicht für eine richtige Neubildung, son- 
dern einfach für später veränderten Gesteinsfluss. RosEnsusch 
verbreitet sich in seiner Arbeit weiter über die Gemenglheile 
des Rossdorfer Basaltes, in welcher Beziehung mir nun auch 
Einiges als Ergänzung meiner ersten Abhandlung vorzutragen 
obliegt. So schreibt mir SAnDBERGER im Anschluss an seine früher. 
eitirte Mittheilung * schon am 19. November vorigen Jahres das 
folgende: 

„Ich bin auch heute noch** für die Schliffe derselben An- 
sicht, den Apatit ausgenommen, dessen kleine spiessige Krystalle 
ich ohne entsprechende kleine Sechsecke, die ich damals nicht 
fand, zu bestimmen nicht wagte. Neuerdings hat nun Rosensusch 


* Jahrb. 1869, 37. 

** Mit den früheren Worten war nur gesagt, was ich sicher bestim- 
men konnte, nicht aber, dass keine anderen Mineralien mehr in dem Ge- 
menge vorhanden seien. 


389 


in dem Gestein Nephelin angegeben und mit vollem Rechte. Ob- 
wohl es mir auch heute noch so wenig als früher gelungen ist; 
an 3 Schliffen des Gesteins Krystall-Umrisse desselben zu sehen, 
so lösen doch die Stückchen von grosskörnigen Ausscheidungen, 
welche Sie-mir zur Untersuchung geschickt haben, jeden Zweifel. 
Aus denselben habe ich Nephelin mit seinem charakteristischen 
Feitglanze in erbsengrossen, nur theilweise bereits in opaken 
strahligen Mesotyp übergehenden Körnern isolirt, welche alle che- 
mischen Eigenschaften des Minerales zeigen. Das Gelatiniren des 
feinkörnigen Gesteins würde für sich allein jedenfalls nicht für 
Nephelin beweisen, da dasselbe reichlich Chrysolith enthält, also 
schon desshalb gelatiniren muss. Auch der Apatit durchspickt 
in 2 Mm. langen Nadeln Augit, Titanmagneteisen und Nephelin 
dieses Gemenges und konnte ebenfalls isolirt werden. Mit den 
von Rosengusch als. Hauyn und Melilith interpretirten Mineralien 
des Gemenges ist es mir gegangen, wie ihm mit dem in meinen 
Schliffen allerdings seltenen, aber äusserst deutlich gestreiften 
und ganz in normaler Weise polarisirenden triklinischen Feld- 
spath. Ich habe sie nicht gefunden, bin aber weit entfernt, zu 
behaupten, dass sie in seinen Schliffen nicht existiren; häufig sind 
sie gewiss nicht. In einem eben angefertigten Schliff des Ge- 
steins von der Nordseite des Berges ist Nosean nicht selten; er 
erscheint ganz in derselben Weise wie im Nephelinit des Katzen- 
buckels. Ich möchte das Mineral daher nicht zum Hauyn stellen, 
da ich diesen Namen nur für hellblaue, durchsichtige Körner ge- 
brauche. 

Bei dieser Gelegenheit will ich ferner bemerken, dass ich 
für den Tachylyt vom Säsebühl meine früher * gemachten An- 
gaben sämmtlich aufrecht erhalten muss, namentlich die ausge- 
zeichnete, jener des Pechsteins von Zwickau durchaus analoge 
Fluidal-Structur, die ja aber in Stücken, die von anderen Stellen 
der gleichen Localität genommen sind, durchaus nicht in identi- 
scher Weise zu existiren braucht.“ 

Mönr, welcher sich mit den hessischen Basalten fortwährend 
beschäftigt, theilte mir neuerlich mit, dass er in dem Schliff vom 
Rossberger Basalt ebenfalls deutlichen Plagioklas, aber spärlich, 


* Jahrb. 1871, 622. 


390 


wie Leucit, ferner Melilith, Glimmer und Hauyn beobachtet, dass 
letzterer aber stellenweise ganz fehle. 

Bezüglich der von Rosensusch beredeten, in meiner früheren 
Zusammenstellung aufgeführten 46,36 Proc. Feldspathsubstanzen 
(Annäherungswerth) brauche ich nach meiner Bemerkung im 
vorigen Jahrgang dieses Jahrbuches * höchstens noch hinzuzu- 
fügen, dass jene Feldspathsubstanzen sich nunmehr in Nephelin, 
einen Plagioklas, Leueit, Melilith und Hauyn oder Nosean auf- 
lösen lassen. 

Der Basalt des Rossberges ist nach dem, was bis jetzt dar- 
über bekannt geworden, durch seine Gesteinsmischung, nämlich 
Augit, Olivin, Nephelin, Titanmagneteisen, Apatit, einen plagio- 
klastischen Feldspath, Leucit, Glimmer, Melilith, Hauyn oder No- 
sean, sowie Calciumcarbonat (letztere zurücktretend oder nur 
stellenweise) nicht minder interessant wie durch seine Einschlüsse 
(namentlich obsidianartigen Tachylyt und Hydrotachylyt) und Zer- 
setzungsprodukte (namentlich Osteolith und Zeolithe). 


* Anm. p. 586. s 


Briefwechsel. 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 


Pretoria, Transvaal-Republik, den 23. Januar 1873 *, 


Seit einiger Zeit ist auf den Diamantenfeldern vielfach von den Resten 
einer alten Stadt die Rede gewesen, welche in der Nähe von Bloemhof 
gefunden wurden. Einzelne Notizen mögen in deutsche Blätter überge- 
gangen sein. Auf meiner Reise nach den Goldfeldern bei Maraba’s Stad 
(etwa unter 23° 40° südlicher Breite und 29° 40° östlicher Länge von Green- 
wich) habe ich Gelegenheit gehabt, den Fundort zu besuchen, und es wird 
für Sie von Interesse sein, einige Notizen über das Vorkommen zu erhalten. 

Die betreffende Örtlichkeit liegt etwa drei englische Meilen vom Vaal- 
fluss und eben so weit von der Hauptstrasse, welche von Klipdrift nach 
Potchefstroom führt, ungefähr in der Mitte zwischen Christiana und Bloem- 
hof. Da Christiana nur aus wenigen Häusern besteht und auf den Karten 
noch nicht angegeben ist, so pflegt die Gegend von Bloemhof gewöhnlich 
als Fundort genannt zu werden. Dicht bei demselben liegt eine grosse 
Salzpfanne, nach der die Farm „Saltpan“ heisst. Bei Untersuchung der 
Örtlichkeit und der zahlreichen dort ausgegrabenen Stücke kam ich zur 
Überzeugung, dass hier nicht künstliche Machwerke, sondern Naturpro- 
dukte vorliegen. Dunn sprach schon vor einiger Zeit diese Ansicht in 
einer Zuschrift an eine Cap-Zeitung aus, ohne Gründe anzuführen. Er 
fand wenig Glauben, besonders wohl, weil ihm seit seiner Wind-Theorie, 
bezüglich der Diamanten nicht viel Zutrauen mehr geschenkt zu werden 
scheint. Doch hat er diesmal nach meiner Ansicht wenigstens Recht ge- 
habt. Es lässt sich nicht läugnen, dass in der Umgrenzung der Stücke 
zuweilen eine solche Regelmässigkeit herrscht, dass man dieselben unbe- 
dingt für Ornamente halten wird, falls nur wenige auserwählte Exemplare 
zur Ansicht vorliegen. Diese bestehen dem Anschein nach aus einem: 
dichten, bläulichen oder gelblichen kieseligen Kalkstein, welcher am Rand 
mit einem Cäment umgeben ist, aus dem man die Ornamente gebildet hat. 


* Verspätet, weil der Brief unterwegs liegen blieb. 


392 


Es wurden Theile von Kirchenfenstern, Säulen, Grabsteinen etc. erkannt. 
Die Stücke sind flache Scheiben von sehr verschiedener Form und Grösse 
(oft 2/, Meter lang, !, Meter breit) und meist nur an einem kleinen Bruch- 
theil der Peripherie erhalten, an den übrigen Stellen ausgebrochen. Die 
flachen Seiten sind meistens ganz frei von dem sogenannten Cäment und 
zeigen zuweilen durch Glättung, Furchen etc. deutlich die Einwirkung 
fliessenden Wassers. Man nahm an, dass die Reste nach dem vollstän- 
digen Zerfallen der Gebäude abgerollt seien. Ich halte diese Gebilde nun 
aus folgenden Gründen für Naturprodukte: 

1) Die Stücke liegen in einem Schiefer, der allerdings stark zerfallen 
ist, aber scheinbar wenigstens gewundene Lagen erkennen lässt und den 
Eindruck macht, als befände er sich auf primärer Lagerstätte. Der Auf- 
schluss war nicht sehr günstig und die mir gegebene Zeit zu kurz, um 
Nachgrabungen anzustellen. Letztere, mit Kritik gemacht, müssen meiner 
Ansicht nach die Frage leicht entscheiden. Hoffentlich geschieht dies durch 
Dr. Horup, der allgemeiner naturwissenschaftlicher und geographischer 
Forschungen wegen nach Süd-Afrika gekommen ist und die Absicht hat, 
sich einige Zeit bei der Saltpan aufzuhalten. 

2) Der sogenannte Cäment, welcher den kieseligen Kalkstein umgibt, 
ist kein Cäment, sondern eine Verwitterungsrinde des Kalksteins. Der 
kohlensaure Kalk ist oberflächlich ausgelaugt und dadurch entsteht eine 
rauhe, kieselsäurereiche Rinde. An der Oberfläche scheint sie allerdings 
oft vom Kern scharf getrennt zu sein, zerschlägt man aber ein Stück, so 
beobachtet man einen allmählichen Übergang. 

3) Die Stücke finden sich über einen beträchtlichen Raum zerstreut 
und könnten schwerlich von einem Gebäude, sondern müssten von einem 
bedeutenden Ort herstammen. Es wäre aber im höchsten Grade auffallend, 
wenn von allen Gebäuden nur die mit Ornamenten versehenen Bausteine 
übrig geblieben, alle übrigen aber, sowie jegliche sonstige Andeutungen 
eines früheren Wohnsitzes spurlos verschwunden wären. Denn ausser 
diesen Steinen ist trotz vieler Nachgrabungen nie Etwas gefunden worden, 
was an das Werk von Menschenhänden erinnern könnte. 

4) Wenn auch die Form der sogenannten Verzierungen bei gut er- 
haltenen Stücken eine gewisse Übereinstimmung zeigt, so lässt sich doch 
kein bestimmter Plan erkennen. Beim Ergänzen der zerbrochenen Stücke 
erhält man stets eine verschiedene Umgrenzung. 

5) Zusammengehörige Stücke sind nie gefunden worden. 

6) Die linsenförmige Gestalt, welche häufig deutlich zu erkennen ist, 
stimmt mit der vieler Coneretionen überein. 

Ich glaube nun, dass in der That concretionsähnliche Bildungen vor- 
liegen, die sich vor dem Absatz des Schiefers, in welchem sie jetzt ein- 
gebettet vorkommen, in anderen Schichten bildeten. Aus diesen wurden 
sie ausgewaschen, abgerollt, und nachdem sie ihre jetzige Form erhalten 
hatten, im Schiefer eingebettet. Gegen eine Bildung in situ spricht der 
Umstand, dass meist Fragmente gefunden. werden. Eine gewisse Regel- 
mässigkeit in der Form der Peripherie beobachtet man auch bei anderen 


393 


" Concretionen, wie z. B. bei den Marlekor- und Lauka-Steinen. Sie scheint 
darauf hinzudeuten, dass ein und dieselbe Kraft die Steine in gleichmässig 
wirbelnder Bewegung erhielt. An vielen Stücken fehlt übrigens die Hülle 
des sogenannten Cäments ganz, so dass nur glattgewaschene Kalkstein- 
schollen vorliegen. Von Manchen hört man die Ansicht aussprechen, es 
seien von Wasser geformte Kalkstücke von passender Gestalt ausgewählt 
und mit Cäment umgeben worden, doch scheinen mir die oben angeführten 
Gründe genügend zu sein, um auch diese Erklärung unhaltbar zu machen. 
E. CoHen. 


Dresden, den 21. Mai 1875. 
Theresienstrasse 18. 


Im ersten Hefte seiner Mineralogischen Mittheilungen vom Jahre 1873 
beschreibt TscHErMmAR die interessanten Pseudomorphosen von Malachit 
nach Atakamit aus Bogoslowsk, welche sich nicht nur durch die Grösse 
ihrer Dimensionen, sondern auch durch die glatte und glänzende Beschaf- 
fenheit ihrer Flächen auszeichnen. Um den metasomatischen Process zu 
erläutern, durch welchen der Atakamit in Malachit verwandelt wurde, 
vergleicht TscHermAX die im Sinne der modernen Chemie, unter Voraus- 
setzung vierwerthigen Kupfers, construirten Schemata der Zusammensetzung 
beider Mineralien, und erhält so das Resultat, dass Chlorwasserstoff aus- 
geschieden, und dafür Kohlensäure aufgenommen wurde. 

Genau dasselbe Resultat erhalten wir aber auch, wenn wir, unter Be- 
nutzung der alten dualistischen Formeln, diejenige des Atakamites etwas 
anders schreiben, als es gewöhnlich geschieht. Die in der gewöhnlichen 


Formel 

CuC1? + 3(CuO . H?O) 
enthaltenen Elemente lassen sich nämlich auch in der Weise gruppiren, 
dass schliesslich die Formel 

2CuO + CIH + H?O 
herauskommt; vergleicht man diese mit der bekannten Formel des Mala- 
chites: 

2Cu0O + CO? + H?O 
so erkennt man sofort, worin die Umwandlung bestanden hat, wenn Ata- 
kamit in Malachit übergegangen ist. 

Diese schönen Pseudomorphosen von Bogoslowsk wurden übrigens 
schon im Jahre 1837 von G. Rose genau und ausführlich beschrieben, 
ohne dass es jedoch damals möglich war, ihre Formen als diejenigen des 
Atakamites zu erkennen. Seine Beschreibung ist auch in dem bekannten 
Werke von Brum über die Pseudomorphosen des Mineralreiches (S. 216) 
aufgenommen worden. Aus einem am 19. September 1872 in der Kaiser- 
lichen Akademie der Wissenschaften’ zu St. Petersburg gehaltenen Vor- 
trage meines Freundes N. v. Kokscuarow ergibt sich, dass derselbe, durch 
v. ZEPHAROVICH auf die grosse Ähnlichkeit mit den australischen Atakamit- 
krystallen aufmerksam gemacht, zuerst durch genaue Messungen die Iden- 
tität der Krystallformen nachgewiesen, und sonach die von G. Rose be- 


394 


schriebenen Malachit-Pseudomorphosen zuerst als solche nach Atakamit 
erkannt hat. 

Die fortwährend nasskalte Witterung hat mir bis jetzt noch nicht er- 
laubt, meine vor 40 Jahren aufgezeichneten Beobachtungen über den Mühl- 
bacher Gneiss zu revidiren, um Ihnen dann berichten zu können, dass 
dieser Gneiss höchst wahrscheinlich als eine eruptive Bildung zu betrach- 
ten ist, welche nach der silurischen Formation abgelagert wurde; da- 
gegen zeigt er zur Culmformation solche Verhältnisse, welche beweisen, 
dass er als festes und starres Gestein an ihr heraufgeschoben wurde. Die 
zur Erläuterung dienenden Holzschnitte erhalten Sie zugleich mit dem 
Manuscripte des Textes, sobald mir das Wetter geognostische Excursionen 
möglich gemacht haben wird; denn allerdings wünschte ich die betreffende 
Gegend nochmals zu begehen, bevor ich meinen Bericht an Sie abgehen 
lasse, weil seit 40 Jahren durch Anlagen von Strassen, Steinbrüchen u.s.w. 
manche neue Aufschlüsse geliefert worden. sein können. 

Die Schlusslieferung meines Lehrbuches der Geognosie wünsche und 
hoffe ich noch vor Ablauf des Jahres vollenden zu können, obgleich manche 
andere Beschäftigungen und Verpflichtungen hemmend dazwischen treten ; 
ich bemerke dies nur, damit das Buch nicht abermals todt gesagt wird, 
wie dies bald nach der Erscheinung der dritten Lieferung der Fall war. 

0. Naumann. 


Zürich, den 30. Mai 1873. 


Da ich früher in diesem Jahrbuche (1870, S. 529) Dünnschliffe eines 
Obsidian vom Hekla auf Island beschrieb, so will ich in Kürze die Re- 
sultate mittheilen, welche mir die Beobachtungen an einigen Dünnschliffen 
eines anderen isländischen Obsidian ergaben. 

Ich kaufte die Dünnschliffe von den Herren Voıst und Hocusesang in 
Göttingen. 

Eine kleine Probe des Obsidian, welche sie mir beigelegt hatten, zeigte, 
dass der in Dünnschliffen blassgelbe Obsidian schwarz, glasartig glänzend 
und an den Kanten ein Wenig durchscheinend mit gelblicher Färbung ist 
und glatte, muschlige Bruchflächen hat. Mit freiem Auge sieht man in 
der schwarzen Glasmasse kleine, weisse, glasartig glänzende Theilchen 
eingesprengt, die unter der Lupe nicht krystallinisch erscheinen, obgleich 
sie es sind und bei dieser Betrachtung wegen der Durchscheinheit des 
Obsidian an den Kanten ringsum einen gelblichen Saum zeigen. Da und 
dort sieht man vermittelst der Lupe sehr kleine, vollkommen kuglige Hohl- 
räume, welche auf ihrer Innenfläche wie der Obsidian glänzen. In zwei 
solchen dicht aneinander liegenden Blasenräumen sieht man eine metallisch 
glänzende Substanz als Ausfüllungsmasse, welche nach der Aussenfläche 
einen gelblichen Stoff vermuthen lässt. Mit einer feinen Nähnadel ange. 
stochen erweist sich die metallische Masse als geschmeidig, weich und 
silberweiss. Eine chemische Prüfung derselben versuchte ich nicht, unter- 
liess es auch vorläufig, eine solche vornehmen zu lassen, sondern begnüge 


395 


mich, um die Substanz als Thatsache zu erhalten, sie nur wie ich sie fand 
zu beschreiben. 

Durch diese Beobachtung erschien mir der Obsidian so wichtig, dass 
ich die fünf Dünnschliffe davon sogleich genau studirte. Sie haben deut- 
liche Fluidalstructur, sind blassgelb und durchsichtig. Sie enthalten zu- 
nächst eine erhebliche Zahl kleiner, im Durchschnitte fast immer kreis- 
runder Hohlräume, deren Kugelform bei den nicht angeschnittenen 
vollkommen ist. Sie haben meist scharf begrenzte Ränder der Durch- 
schnitte. Selten sieht man kleine, bräunlichschwarze, undurchsichtige 
Kugeln eingeschlossen, welche bis 0,04 Millimeter Durchmesser erreichen, 
auch kleiner bis sehr klein sind. Sie sind ringsum mit überaus zahl- 
reichen, in der Dicke nicht messbaren haarförmigen, bräunlichschwarzen 
Kryställchen besetzt, welche geradlinig, sehr selten gekrümmt sind. Die 
Länge derselben erreicht nahezu den Halbmesser der Kugeln, aus denen 
sie ausstrahlen. An einem Schliffe ist ein Streifen zahlreicher Kugeln zu 
sehen, welche sämmtlich ohne diese haarförmigen Kryställchen erscheinen, 
scharf begrenzt sind, dagegen aber einen undurchsichtigen schwarzen Kern 
und eine braune, durchscheinende, relativ dicke Hülle zeigen. In der Nach- 
barschaft dieser feinen Zone brauner und im Inneren schwarzer Kugeln, 
zwischen denen auch äusserst kleine bis kaum messbare schwarze Kugeln 
liegen, sieht man eine eigenthümliche Gruppe krystallinischer Gebilde, 
welche als Ganzes dem freien Auge als dunkler Streifen erscheint. Jedes 
einzelne Glied dieser Gruppe ist ein dünner, nadelförmiger, schwarzer 
Krystall, welcher der Länge nach auf beiden Seiten mit äusserst feinen, 
kurzen Nadeln besetzt ist, welche unter einander parallel laufen, wie bei 
der Fahne einer Feder, mit der Achse einen Winkel von etwa 60° bilden 
und gegen das Ende der Achse hin an Länge gleichmässig abnehmen. 
Diese federartigen Zwillingsgebilde sind in grosser Zahl angehäuft und 
bilden den mit freiem Auge erkennbaren dunkelbraunen Streifen. Seitlich 
davon ist eine isolirte Gruppe weniger so gefiederter Nadeln zu sehen, 
deren längste bis 0,1 Millimeter lang sind und die Bildungsweise sehr 
deutlich beobachten lassen. 

Ausser diesen Einschlüssen sieht man einige mehr oder weniger lang- 
gestreckte, ovale bis cylindrische Ausscheidungen, welche nach Aussen in 
überaus viele lange und feine nadelförmige farblose Krystalle auslaufen, 
die so als peripherischer Überzug einer feinkörnigen, gelblichweissen Masse 
erscheinen, innerhalb welcher viele kuglige Blasenräume liegen. Diese 
Gebilde erscheinen zum Theil als die weissen, im Eingange erwähnten ein- 
gesprengten Theilchen. Solche Nadeln erscheinen auch in kleinen Grup- 
pen sich nach allen Richtungen durchkreuzend ohne Kern, welcher bei 
den zuerst erwähnten wahrscheinlich durch dieselbe Substanz erzeugt wird 
und feinkörnig wegen der vielfachen Durchwachsung erscheint, da keine 
Grenze des Kernes gegenüber den ausstrahlenden Nadeln bemerkbar ist. 
Auch vereinzelt sind solche Nadeln zu sehen, welche bei kaum messbarer 
Dicke eine Länge von 0,3 Millimeter erreichen. Die Nadelcomplexe bilden 
aber nicht allein die weissen im Obsidian eingesprengten Partien, sondern 


396 


es werden in den Schliffen auch mit freiem Auge erkennbare weisse Flecke 
gesehen, welche unter dem Mikroskope als farblose Einschlüsse ohne be- 
stimmte krystallographische Conturen erscheinen, sofort an Feldspath er- 
innern, unter gekreuzten Nicols hell und blassblau erscheinen, wie die 
Sanidintafeln im schwarzen, schillernden Obsidian vom Ararat, viele Risse 
haben, aber nicht die geringste Spur von Zwillingsstreifung zeigen, wenn 
auch bisweilen geradlinige parallele Sprünge sichtbar sind. Sie enthalten 
viele kleine runde, ovale oder unregelmässige Hohlräume. In einem der 
Schliffe fanden sich dagegen bei einander eine Anzahl sehr scharf be- 
grenzter, langer, leistenförmiger, farbloser Orthoklas-Krystalle, welche 
bei ihrer verschiedenen I. age die verschiedensten’Durchschnitte, zum Theil 
vollkommen quadratische, zeigen. Unter gekreuzten Nicols verhalten sie 
sich wie farblose Orthoklase in anderen Obsidianen, nur sind diese hier 
wesentlich durch die Basis- und Längsflächen gebildet und in der Rich- 
tung der Längsachse sehr lang gestreckt. Der Durchmesser der quadra- 
tischen Durchschnitte steigt bis 0,01 Millimeter, ihre Länge dagegen konnte 
bis 0,15 Millimeter gemessen werden. In ihrer Nachbarschaft sind viele 
sehr kleine schwarze Kugeln zu sehen, dabei eine grössere, welche peri- 
pherisch von vielen ausserordentlich kleinen umgeben ist. 

Ferner fanden sich noch, aber selten, eigenthümliche Drillings- 
krystalle, deren ich in den fünf Schliffen 13 sah. Die einzelnen In- 
dividuen sind doppeltpfriemenförmig (vielleicht sehr spitz pyramidal), durch- 
sichtig und blass blaulichgrün. Je drei Individuen durchkreuzen sich ganz 
regelmässig rechtwinklig und stellen ein tesserales Achsenskelet dar, woran 
die einzelnen Halbachsen rasch an Dicke abnehmen, die pfriemenförmige 
Gestalt erzeugen. Diese Drillinge, welche bei der verschiedensten Lage 
sehr gut die Verwachsung studiren lassen, haben nahezu dieselbe Grösse, 
indem die einzelnen Individuen durchschnittlich 0,015 Millimeter lang sind. 

Schliesslich fanden sich noch in einem der Dünnschliffe an einer Stelle 
höchst merkwürdige Gebilde, welche trotz ihrer Mannigfaltigkeit doch eine 


VER mL 
AAN 
BULL LORURE) 
LION 


= 


a 
gewisse Übereinstimmung zeigen. Sie sind mehr oder weniger dunkelbraun 
je nach der Grösse, und eine Idee von ihrer Gestaltung geben die Figuren 
a und b. Sie sind hohl und stellen kuglige bis cylindrische linear gereihte 


397 


Hohlräume dar, deren Zwischenwände bei der Reihung der kleinen bis- 
weilen unsichtbar sind, so dass die linearen Reihen wie Stäbchen nur einen 
gekerbten Rand zeigen. In den beiden Gruppen ce und d sind sie radial, 


und einzelne solche Stäbchen geradlinig am Rande, oder setzen wieder in 
Blasenreihen sich fort. Bei der wechselnden Lage sieht man bisweilen 
kreisrunde Durchschnitte. Die Grösse ist sehr verschieden, die grössten 
haben eine Dicke von 0,1 Millimeter. An diesen sieht man deutlich ein 
braunes Pigment an den Wänden, welches dann nicht cohärent die Wan- 
dungen bedeckt, sondern mit unregelmässigen Rissen durchzogen ist. 

A. KEnneort. 


Wien, den 3. Juni 1875. 


In einigen Tagen gedenke ich Wien zu verlassen, um mich in das 
westliche Siebenbürgen zu begeben, woselbst ich mich mit dem Studium 
der jüngeren Eruptivgesteine, von denen ich bereits eine Abtheilung, die 
der Dacite oder quarzführenden Andesite beschrieben habe (erscheint 
im 2. Hefte von Tschermar’s Mittheilungen), befassen werde. Überhaupt 
beschäftige ich mich seit meiner Ankunft in Wien mit der Untersuchung 
der ungarisch-siebenbürgischen Trachyte. Vor kurzer Zeit bin ich aus 
dem Tokaj-Eperieser Gebirge im nordöstlichen Ungarn zurückgekehrt, 
und habe bereits begonnen, die Gesteine desselben mikroskopisch und che- 
misch zu untersuchen; gestatten Sie mir, Einiges darüber mitzutheilen; 
wohl wenig Gebirge mögen eine solche Mannigfaltigkeit der Varietäten 
aufzuweisen haben, wie diese. 

Die Augit-Andesite, welche, wie aus meinen Untersuchungen 
hervorgeht, sehr verbreitet sind in den ungarisch-siebenbürgischen Tra- 
chytgebirgen, bilden dort einen Zug von circa 13 Meilen, der nur im süd- 
lichen Theile von den sauersten Gesteinen der Trachytgruppe, den Rhyo- 
lithen, durchbrochen wird. Diese Augit-Andesite sind dicht, von schwarzer 
Farbe, oft ist die Grundmasse ganz pechsteinartig, selten sind Augit-Aus- 
scheidungen, die Feldspathe sind sehr klein, nur bei den verwitterten Ge- 
steinen treten sie deutlich hervor; unter dem Mikroskop im Dünnschliffe 


398 


sieht man, dass der Augit sehr häufig ist, Hornblende dagegen fehlt ganz 
oder ist nur spurenweise vorhanden; in den Umgebungen von Czervenitza, 
südöstlich von Eperies, bilden diese zersetzten Gesteine das Muttergestein 
des Opals; einige Opalvarietäten finden sich auch an verschiedenen andern 
Punkten, so z. B. bei Telkibanya. 

Die Amphibol-Andesite sind nur wenig verbreitet, es sind meist 
schwarze Gesteine mit dichter und vorherrschender Grundmasse, kleinen 
gelblichen Feldspathausscheidungen und grünlichschwarzen Hornblende- 
säulen, unter dem Mikroskope sieht man, dass neben der Hornblende stets 
auch Augit auftritt. In der Tokajer Gegend finden sich eigenthümliche 
Gesteine, welche ausgeschiedenen Plagioklas, Hornblende und Quarz ent- 
halten; mit den typischen Daciten Siebenbürgens haben sie gar nichts 
gemein, ihre Grundmasse, welche fast stets vorherrscht, ist ganz dicht; 
die Feldspäthe haben eine Grösse von 1-—4mın und sind Plagioklase, Horn- 
blende und untergeordnet Augit treten auch auf. In einem Gesteine von 
Tokaj fand ich nur Plagioklas, untergeordnet Sanidin, Quarz und Augit 
ausgeschieden, wir hätten es also mit einem quarzführenden Augit-Ande- 
sit zu thun, bis jetzt waren solche aus Ungarn und Siebenbürgen nicht 
bekannt, die chemische Untersuchung dieses Gesteines und des ausgeschie- 
denen Feldspathes dürfte vielleicht einiges Licht auf die Zusammensetzung 
dieses Gesteines werfen. 

Nördlich von Eperies findet sich eine kleine Partie von Amphibol- 
Andesit, dieselbe ist von grünlichgrauer Farbe und enthält zahlreiche 
Hornblende-Ausscheidungen, in einem derselben fand ich braunrothe Gra- 
naten. 

Eigentliche quarzfreie Trachyte scheinen nicht vorzukommen, es dürf- 
ten wohl alle Sanidin-Trachyte des Tokaj-Eperieser-Gebirges zu der Rhyo- 
lith-Gruppe gehören. Letztere Gesteine durchbrechen im südlichen Theile 
des Gebirges die Augit-Andesite. Es sind sowohl hyaline Gesteine, Perlite, 
Bimssteine, Lithoidite, Obsidiane, als auch krystallinische, porphyrartig 
ausgebildete Quarztrachyte. 

Von besonderem Interesse ist der Perlit, derselbe tritt an zwei 
Punkten auf; im Telkibanyer Gebiete und in den Umgebungen von Szantö. 
Selten ist die normale Perlitvarietät (Perlite testace, Brupant), welche ich 
nur im Thale südöstlich von Telkibanya beobachtete, die häufigeren Va- 
rietäten sind der porphyrartige und sphärolitführende Perlit; nicht selten 
hat der Perlit schiefrige Textur, in der Tokajer Gegend bei Mäd enthält 
der Perlit Obsidianbruchstücke; der Obsidian findet sich überhaupt nur in 
Findlingen. Von grosser Wichtigkeit sind die vielfachen Übergänge des 
Perlites in den Bimsstein und in den Lithoidit ; sehr schön treten die Ver- 
hältnisse im Osvathale und am Grüezer Pass, dessen geologische Verhält- 
nisse schon früher durch RıcutHorex trefflich beschrieben wurden, hervor. 
Andererseits geht auch der Bimsstein, dessen reinere Varietäten ebenfalls 
nicht sehr häufig sind, in Obsidian-artige und in lithoidische Massen über. 
So zeigt sich der Zusammenhang des Perlits mit Bimsstein, Lithoidit, Ob- 
sidian wie kaum in einer anderen Gegend, sowohl in geologischer als auch 


399 


in petrographischer Beziehung. In den Perliten als auch in den Rhyo- 
lithen zeigen sich jene von RıcHtHorrn beschriebenen eigenthümlichen Bil- 
dungen: die Lithophysen. 

Von ächtem Lithoidit ohne Krystallausscheidungen findet sich ein Bei- 
spiel bei dem Dorfe Borli in der Gegend von Lator-Aljo-Ujhely, das Ge- 
stein durchbricht daselbst den Verrucano. Es hat ein eigenthümliches 
geschichtetes Aussehen, was besonders bei grösseren Felsmassen sehr auf- 
fällig ist. 

Krystallinische Quarztrachyte kommen an einigen Punkten vor, sie 
enthalten Quarz, Orthoklas, untergeordnet Plagioklas, auch etwas Biotit. 

Einen eigenthümlichen gebänderten Rhyolithtuff fand ich bei Gelegen- 
heit einer Excursion in die Gegend von Nagy-Mihaly bei Liszna an den 
Ausläufern des Vihorlat-Gebirges, es enthält dieses Gestein sehr schöne 
kleine blutrothe Granaten (Trapezoeder). 

Schliesslich gestatten Sie mir noch eine Bemerkung über die Einthei- 
lung der ungarischen Trachyte. RiıcHtHoren, der diese Gesteine zuerst 
ausführlicher behandelt, hält vor Allem das geologische Moment, die Al- 
tersverhältnisse, als erstes Eintheilungsprincip aufrecht; die Vergleichung 
mit den bekannteren deutschen und italienischen Gesteinen wird dadurch 
sehr erschwert. Um eine gute Eintheilung der Trachyte zu geben, ist vor 
Allem eine genaue Erforschung und Beschreibung derselben nothwendig, 
zuerst wird es gut sein, einzelne Gebirgszüge näher zu durchforschen, 
später oder gleichzeitig müssen aber andererseits auch die mineralogisch 
zusammengehörigen Gesteine zusammengefasst werden; eine solche Arbeit 
wird natürlich eine grosse Zeit verlangen; vorher wäre es jedoch unklug, 
neue Eintheilungstheorien aufstellen zu wollen. Eine Eintheilung nach 
Feldspathen wäre schon desswegen von wenig Bedeutung, weil nach der 
allgemein anerkannten Theorie TscHermar’s Oligoklas, Labrador, Andesin 
keine Species, sondern nur Stellen einer continuirlichen Reihe von Mi- 
schungen sind. Ich habe bis jetzt stets nach dem Vorgange TscHERMAR’S 
die ungarisch-siebenbürgischen Trachyte mit den von Rorz aufgestellten 
Typen zu vergleichen gesucht, und es lässt sich dies wenigstens im Gan- 
zen und Grossen ziemlich gut durchführen. Darnach hätten wir zwei 
Reihen Andesite und eigentliche Trachyte, welche je wieder in quarzfreie 
und quarzführende zerfallen. Die Sanidin-Oligoklas-Trachyte Zırker’s und 
Ror#’s sind in diesen Gesteinen mit den Sanidin-Trachyten zu vereinigen 
und bilden keine besondere Abtheilung. Für die sauersten Glieder der 
Trachyte wende ich den Rıchr#oren’schen Namen Rhyolith an und be- 
greife darunter auch die hyalinen Glieder, welche mit den übrigen eng 
verbunden sind. Den Namen Quarztrachyt gebrauche ich nur für die kry- 
stallinischen Gesteine. Für die Beschreibung der einzelnen Gesteine sind 
vorstehende Abtheilungen vorläufig ganz genügend. 


Dr. C. DoELTER. 


400 
Braunschweig, den 12. Juni 1873. 


Gestatten Sie mir, Ihnen zunächst eine kurze Mittheilung über ein 
neues Vorkommen des Struvits zu geben, indem ich hoffe, dass dieselbe 
sowohl für Sie als für die Leser des Jahrbuchs nicht ohne Interesse sein 
wird. 

Am heutigen Tage erhielt ich von Herrn Professor C. Unpe ein Stück 
Modererde übermittelt, in welchem das bezeichnete Mineral — wie eine 
angestellte Untersuchung ergab — sich befand. Das Vorkommen ist ein 
ähnliches wie solches von anderen Orten: eine (vielleicht seit Jahrhunder- 
ten) verschüttete Düngergrube, welche jetzt bei Gelegenheit der Funda- 
mentirung eines neuen Tempels der hiesigen jüdischen Gemeinde aufge- 
funden wurde. 

Das Mineral findet sich in 5—10mm grossen bräunlichen Krystallen, 
die durch Vorherrschen der Fläche ooPoo tafelartig erscheinen und zum 
grössten Theile hemimorph ausgebildet sind. Sollte eine genauere Be- 
trachtung besondere krystallographische Eigenthümlichkeiten darbieten, so 
werde ich mir erlauben, Ihnen davon Nachricht zu geben. 


E. J. Ortmer, Dr. philos. 


München, den 15. Juni 1873. 


Die guten Dienste, welche das durch Prof. v. Kor erfundene Stau- 
roscop für die Unterscheidung der optisch ein- oder zweiachsigen Minera- 
lien leistet, macht es wünschenswerth, dasselbe auch für die Untersuchung 
von Mineralzusammenhäufungen, wie sie sich in den krystallinischen Ge- 
birgsarten ergeben, in Dünnschliffen verwenden zu können, natürlich mit 
all’ der Vorsicht, welche derartige optische Prüfungen ja ohnehin uner- 
lässlich machen. 

Ich habe dies auf eine sehr einfache Weise mir dadurch möglich ge- 
macht, dass ich an einem mit der Polarisationsvorrichtung versehenen Mi- 
kroskop auf das Okular zwischen dieses und den Analysator in einer dreh- 
baren Hülse gefasst eine senkrecht zur Hauptachse geschnittene Kalk- 
spathplatte einfüge. Eine solche Vorrichtung ersetzt nicht nur das Stauro- 
scop, sondern gestattet in vielen Fällen dieselben prachtvollen Farben- 
ringe, dunklen oder hellen Kreuze und hyperbolische Streifen und deren 
Veränderung beim Drehen an mikroskopisch kleineren Krystalltheilchen 
zur Wahrnehmung zu bringen, wie sie sich bei makroskopischen Minera- 
lien hervorbringen lassen. Nur empfiehlt sich für diese Zwecke, mässig 
dünne Gesteinsschliffe anzuwenden. 

Dr. C. W. GünseL. 


401 


B. mMittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Jena, den 20. Mai 1873. 


_ Vielleicht ist Dir bereits aus thüringischen Local-Blättern die Nach- 
richt von der Auffindung eines ganzen Mammuth-Skelets im Süsswasser- 
kalke von Taubach zugegangen. Taubach liegt eine Stunde oberhalb 
Weimar. Der Taubacher und der Ehringsdorf-Weimarer Süsswasserkalk 
gehören ursprünglich zu einer Ablagerung zusammen, welche erst nach- 
träglich durch den etwa 60‘ tiefen Ilm-Einschnitt von einander getrennt 
wurden. Den Fund habe ich vollständig, soweit er bis zum Juni vorigen 
Jahres ausgebracht war, für das hiesige Museum erworben. Er bietet zwar 
noch lange kein vollständiges Skelet, aber doch wohl so viele zu einem 
Skelete zusammengehörige Knochen, wie bisher in Deutschland auf einmal 
nieht gefunden wurden. Sie rühren nach ihrer Grösse von einem unge- 
“ wöhnlich alten oder starken Thiere her. Die Mahlzähne lassen bestimmt 
Elephas antiquus FALKONER erkennen, der überhaupt auch bei uns, wie 
in England, entschieden häufiger vorkommt als E. primigenius. Neben 
E. antiquus ist unter den innerhalb eines Raumes von etwa 6 Meter 
Länge, 3 Meter Breite und 2 Meter Tiefe dicht neben einander gefundenen 
Knochen am häufigsten vertreten Rhinoceros tichorrhinus vielleicht in einer 
kleineren Abart; dann der Reihe nach Bos primigenius, Equus fossilis, 
Ursus spelaeus, Cervus elephas und Sus scrofa ferus. Die Conchylien- 
Fauna desselben knochenführenden Kalktuffs ist durchaus variant. 

Die Abhandlung von H. Eck über Rüdersdorf und Umgegend wirst 
Du in Erinnerung an die Anfänge Deiner geologisch-paläontologischen 
Thätigkeit mit demjenigen Interesse gelesen haben, welches ihre erschö- 
pfende Gründlichkeit und Genauigkeit in Anspruch nimmt. — Den gene- 
tischen Zusammenhang zwischen Schaumkalken und oolithischen Kalken 
finde ich darin (S. 78) nicht so apodictisch hervorgehoben, wie ich es nach 
vorher mündlich erhaltenen Andeutungen erwartet hatte. Daran hat Herr 
E. wohlgethan! In Thüringen wenigstens sind die vielfach ausgestülpten 
Hohlräume des Schaumkalks im unteren Muschelkalke wesentlich anders 
geformt, als die Oolith-Körner des oberen Muschelkalks. — Die Bemerkung 
Herrn Ecr’s zu Aspidura scutellata (= Ophiura scutellata GoLDF.) (S. 84): 
„Das Citat von f. 7, t. 4 aus Schmiw’s „die geognostischen Verhältnisse 
„des Saalthals bei Jena zu dieser Art bei v. Auszrrı, „Überblick über die 
„Jrias“, S. 60, beruht wohl auf einem Irrthum“, hätte mich schon längst 
zu einer Erörterung veranlassen sollen. Die citirte von mir gegebene 
Abbildung und diejenige, welche v. Hasenow in: „Palaeontographica, Bd. 1, 
S. 21, t. 1, f. 1, unter dem neuen Namen Aspidura Ludeni gegeben hat, 
beziehen sich nämlich auf dasselbe Original. Meine Abbildung ist 3mal, 
die Hasznow’sche 4mal vergrössert. Mir war das Original nur unter der 
Bedingung überlassen, nichts daran zu präpariren, also auch nicht die 
von etwas Mergel verdeckte Mitte der Rückenscheibe zu reinigen; v. Ha- 


GENOw war dasselbe zu freier Verfügung überlassen worden. Herr Eck 
Jahrbuch 1873. 26 


402 


würde die Identität des Originals wohl kaum übersehen haben, wenn die 
Hasrnow’sche Abbildung nicht Rechts und Links verkehrt zeigte, auch 
das Licht fällt von Rechts ein. Meine Abbildung und Beschreibung wurde 
im Jahre 1846 veröffentlicht, die Hasrnow’sche im Jahre 1852. Zunächst 
also irrte v. Hagenow mit der Behauptung, der vorliegende Seestern sei 
noch nicht beschrieben. Die Entscheidung darüber, ob Aspidura Ludeni 
eine von A. scutellata verschiedene Art sei, oder nur ein verschiedener 
Erhaltungs-Zustand derselben Art, überlasse ich den Paläontologen vor 
Fach. Das besprochene Exemplar stammt aus der Umgegend von Jena, 
ohne dass weder Fundort, noch Horizont genauer angegeben werden könnte. 
Nach der Beschaffenheit des Gesteins und nach den begleitenden Verstei- 
nerungen ist der letzte wahrscheinlich allerunterster Wellenkalk, den ich 
früher als die Cölestinschichten bezeichnete, jetzt als untersten oberen 
Kalkschiefer. Das einzige Exemplar von A. scutellata, welches ich später 
erhielt, und zwar ein sehr viel unvollkommeneres, widerspricht wenigstens 
dieser Annahme nicht. Dasselbe wurde auf einem Geröllstücke des Für- 
stenbrunnen-Thals gefunden, dessen Sohle noch in Röth eingeschnitten ist, 
und an dessen Gehängen nur unterer Muschelkalk ansteht, so dass das 
Geröllstück wenigstens nur diesem letzten angehört haben kann. 
E. E. Schmp. 


Aachen, den 20. Mai 1873. 


Für die gefällige Zusendung Ihres Berichtes über meine in der Zeit- 
schrift der Deutschen geologischen Gesellschaft, XXIV, S. 265 ff. abge- 
druckten geologischen Mittheilungen aus der Provinz Sachsen in Ihr Jahr- 
buch für Mineralogie u. s. w. 1873, S. 206 ff. sage ich meinen ergebensten 
Dank. 

Ihre darin enthaltene Bemerkung: 

„Wenn aber S. 268 (der genannten geologischen Mittheilungen) aus- 
gesprochen wird: „Das Kupferschieferflötz zwischen Döblitz und Brach- 
witz folgt direct auf dem zu Grauliegendem oder zu Weissliegendem um- 
gewandelten Oberrothliegenden“, so möchten wir doch zu bedenken geben, 
dass diese Worte nicht wörtlich zu nehmen sind, indem das Oberrothlie- 
gende als eine limnische Bildung sich nicht in das Weissliegende als eine 
Meeresbildung umwandeln, sondern nur durch dasselbe vertreten lassen 
kann,“ 
veranlasst mich zu der ergebensten Erwiderung, dass ich nichts desto 
weniger jene oben citirten Worte ebenso wörtlich genommen sehen möchte, 
als sie es gemeint sind, und zwar aus folgenden Gründen: 

Die früher ganz allgemein und, wie es scheint, auch jetzt noch weit 
verbreitete Ansicht über das sog. Weiss- oder Grauliegende der Dyas- 
oder Permformation im Mansfeldischen, am Südharze und im Thüringi- 
schen ist die, dass die mit diesem Namen belegte, mehr oder weniger 
lichtgraue Schicht oder Schichtengruppe über dem eigentlichen Rothliegen- 
den und unter dem. Kupferschieferflötze der Zechsteinformation an allen 


403 


Orten des genannten geographischen Gebietes dieselbe Bildung, derselbe 
geognostische und paläontologische Horizont sei. 

Aus Ihrer Bemerkung darf ich nun wohl schliessen, dass diese An- 
sicht auch heute noch die Ihrige ist. Dieselbe findet auch in allen Lehr- 
büchern der Geognosie ihren Ausdruck, selbst in dem jüngsten, in den 
Elementen der Geologie von H. CrEDNER in Leipzig. 

Die Annahme einer solchen Identität des Weissliegenden an allen 
Orten wurde bekanntlich Veranlassung zu einer mehrfach erörterten Con- 
troverse, nämlich ob das Weissliegende ein oberstes Glied des Rothliegen- 
den, oder ein unterstes der Zechsteinformation sei. Der im Mansfeld’schen 
zwischen Wettin, Friedeburg, Mansfeld, Eisleben und bis Sangerhausen 
hin beobachtende Geognost fasste es in der Regel als Ersteres, der am 
Südharze, von Steina bei Sachsa bis Sangerhausen, sowie am Kyffhäuser 
untersuchende dagegen als Letzteres auf; und Beide hatten Recht. Dar- 
aus folgt, dass die vorgefasste Meinung einer Identität nur eine unbe- 
gründete sein kann. In der eben gedachten Weise erging es Herrn Brry- 
Rich bei seinen geognostischen Kartirungen in der Gegend von Ifeld und 
Nordhausen und mir bei der Aufnahme der geognostischen Karte von Preus- 
sen und den thüringischen Staaten im Mansfeld’schen und bei Wettin. 

Genau bekannt mit den Mansfeld’schen Verhältnissen in Bezug auf 
das Weissliegende als ein oberstes, umgewandeltes Glied des Oberroth- 
liegenden lernte ich im Sommer 1868, während mehrtägiger Touren mit 
Herrn Beyrıca, als derselbe seine Untersuchungen der Zechsteinformation 
am Südrande des Harzes zum Abschluss brachte, das dortige Weisslie- 
gende zwischen Steina und Nordhausen kennen und zwar unzweifelhaft als 
ein unterstes Glied des Zechsteins, aber auch ebenso unläugbar als eine 
petrographisch und stratigraphisch vollständig vom Mansfeld’schen Weiss- 
liegenden verschiedene Bildung. 

Es wurde mir sofort klar, dass zwei ganz verschiedene, nur in dem- 
selben Niveau liegende Schichtencomplexe deshalb und wegen der Zufällig- 
keit ihrer gleichen Farbe mit demselben Namen belegt worden seien. Da 
nun der Namen „Weiss- oder Grauliegendes“ als ein technischer Ausdruck 
der Mansfelder Bergleute aus dem Erzreviere zwischen Wettin und San- 
gerhausen — die dortigen „Sanderze“ entsprechen noch vollkommen dem 
Mansfeld’schen weiss oder grau gewordenen Oberrothliegenden — in die 
geognostische Literatur eingewandert ist, muss man ihn, vorausgesetzt dass 
man ihn nicht ganz aufgeben will, wozu ja nicht der geringste Grund vor- 
handen ist, für den Mansfelder-Schichtencomplex beibehalten und folglich 
für die nicht äquivalenten grauen Schichten unter dem Kupferschiefer von 
Sangerhausen bis Steina, um fernere Missverständnisse zu vermeiden, einen 
andern Namen wählen. 

Diesem Grundsatze bin ich bei meinen geognostischen Arbeiten in der 
Provinz Sachsen gefolgt, er fand deshalb in der oben citirten Arbeit nur 
einen kurzen Ausdruck, weil das Mansfeld’sche Weissliegende als oberstes 
umgewandeltes Glied des dortigen Rothliegenden erst in meiner Mono- 


graphie der Steinkohlenformation und des Rothliegenden in der Gegend 
26 * 


404 


N. von Halle a/d. Saale, weiche die königliche geologische Landesanstalt 
von Preussen mit einer grossen „abgedeckten“ Karte herauszugeben in 
Begriff steht, eine eingehende Besprechung und Beschreibung erfahren wird, 
auf die ich Sie hiermit zu verweisen mir erlaube. 

Dass ich mit dieser Ansicht nicht vereinzelt dastehe, können Sie aus 
den Erläuterungen zur geologischen Specialkarte von Preussen und den 
thüringischen Staaten (Blatt Ellrich S. 6 ff., Blatt Stolberg S. 15 ff. und 
Blatt Nordhausen 8. 13 ff.) ersehen. An allen diesen Stellen spricht sich 
Herr BeyricH, der wissenschaftliche Leiter der preussischen geologischen 
Aufnahmen und zugleich der beste Kenner der norddeutschen geognosti- 
schen Verhältnisse und ganz im Speciellen des östlichen und südlichen 
Abfalles des Harzes in folgender Weise aus: 

„Das letzte Glied des Rothliegenden, der Walkenrieder Sand, besteht 
auf dem Blatte Ellrich aus einem lockeren, röthlich oder lichtgrau ge- 
färbten Sande, der sich in seiner östlichen Fortsetzung auf dem Blatte 
Nordhausen in einen lockeren, dünn geschichteten Sandstein umändert. Er 
ist am besten als Unterlage des Zechstein-Conglomerats bei Appenrode in 
der Nähe der Kirche zu beobachten und verschwindet beim Vorwerk 
Königerode.“ 

„Die Zechsteinformation ist in eine untere, mittlere und obere Abthei- 
lung getheilt worden. Die untere Abtheilung besteht aus dem Zechstein- 
- Conglomerat, dem Kupferschiefer und dem Zechstein. Das Zechstein-Con- 
glomerat ist eine selten über 3 Fuss, höchstens etwa 6 Fuss mächtige Ab- 
lagerung eines grandigen oder conglomeratischen Gesteins, welches Gerölle 
von zersetzten Grauwacken von Ei- bis Faustgrösse und sparsame Quarz- 
gerölle, aber nie Gerölle von Eruptivgesteinen des Rothliegenden ein- 
schliesst. Es bildet am südlichen Harzrande von Steina bis Sangerhausen 
ebenso wie im Kyffhäusergebirge die nie fehlende Unterlage des Kupfer- 
schiefers. Der Name ersetzt die älteren Benennungen des Grauliegenden 
oder Weissliegenden, die im Mansfeldischen und anderwärts mehrfach auch 
obersten, dem Walkenrieder Sande zu vergleichenden Schichten des Roth- 
liegenden beigelegt wurden.“ 

Obwohl keine Formation von Deutschland, ja sogar von der ganzen 
Erde, länger, besser und genauer untersucht und Schicht für Schicht be- 
kannt wurde als die Zechsteinformation am O.- und S.-Abfalle des Harzes 
direct und indirect durch den Jahrhunderte alten, darin umgehenden Kupfer- 
schieferbergbau, obwohl sich deshalb die bedeutendsten Geologen und Berg- 
kundigen aller Zeiten mit ihr eingehend befassten und zugleich eine reiche 
Literatur über alle ihre Glieder seit dem vorigen Jahrhundert schufen, 
obwohl von hier also unser geognostisches Wissen über diese Formation 
ausgegangen ist, verbreiteten doch erst die Berrıcn’schen Untersuchungen 
des letzten Jahrzehnts ein ganz klares Licht über die Harmonie dieser 
Formation in allen Theilen. Alle früheren Arbeiten enthielten Lücken. 
Dunkelheiten und Widersprüche unter einander. Der beste Beweis dafür 
ist z. B. die: verschiedene Auffassung des Weissliegenden. 

Unter diesen Umständen bleibt es wohl auffallend, dass so klare, so 


409 


einfache, so interessante Resultate des gründlichsten und mühsamsten 
geognostischen Forschens bisher so wenig allgemeine Verbreitung und An- 
erkennung unter den Fachgenossen gefunden haben *. 


Die Verhältnisse der Zechsteinformation in Thüringen sind mir von 
eigenem Ansehen her nicht bekannt, ich kann deshalb nicht näher auf sie 
eingehen. Wir besitzen jedoch über einzelne Theile derselben bekannt- 
lich sehr schöne, neuere Untersuchungen von Tu. Liege **, aus denen mir 
hervorzugehen scheint, dass die dortigen Schichten an der Grenze des Roth- 
liegenden und Zechsteins denen am Südharze ganz analog sein dürften. 
Das thüringische, gelbe und weisse Weissliegende über dem eigentlichen 
Rothliegenden entspricht wohl dem Walkenrieder Sande von Bryrıcu und 
dem Mansfeld’schen Weissliegenden, d.h. ist nichts anderes als etwas um- 
gewandeltes, d. h. entfärbtes und kalkhaltig gewordenes, oberstes Roth- 
liegendes. Der darüber folgende „conglomeratische Zechstein“ von LiEBE 
stimmt petrographisch vortrefflich mit BEyrıc#’s Zechsteinconglomerat über- 
ein und ist das tiefste Glied der Zechsteinformation, das im Mansfeld’schen 
d.h. von Sangerhausen nach NO. zu vollständig fehlt. Dass eine marine 
Fauna, wie in dem thüringischen Zechsteinconglomerat, in dem des S.- 
Harzes fehlt — Beyrıc# gibt wenigstens keine Erfunde von Fossilien an 
— kann in keiner Weise befremden; es ist wenigstens kein zwingender 
Grund, an der marinen Bildung der ganzen Zechsteinformation irgend wo 
und irgend wie zu zweifeln. In Bezug auf diese stimme ich Ihnen ganz 
bei. Das Rothliegende aber, wie Sie in Ihrer Bemerkung thun, für eine 
limnische Bildung zu erklären, dafür ist, glaube ich, in ganz Deutschland 
und auch ausserhalb schwerlich eine paläontologische oder geologische 
Beobachtung anzuführen. Ich kenne darin nirgends — und ich habe mich 
in den letzten Jahren viel mit dem deutschen Rothliegenden befasst — 
eine unzweifelhaft limnische Versteinerung, denn die legitiınationslosen 
Allerwärts-herumtreibenden, die sog.Unionen, Anodonten, Anthracosien u. s. w. 
kann man nicht als solche betrachten, im Gegentheil, diese sprechen mehr- 
fach, wo sie sich finden, für eine marine Bildung, denn sie kommen be- 
kanntlich in Westphalen im produktiven Steinkohlengebirge vor, wohin, 
wie in England, selbst in die Mittel zwischen den Kohlenflötzen sich die 
marine Fauna des Culm noch zieht. Eine ganz entsprechende Beobach- 
tung wurde unlängst hier durch Herrn J. Brıssen in der benachbarten 
produktiven Steinkohlenformation gemacht, aus welcher die sog. Unionen 
einzeln und in Masse schon lange bekannt sind. Beim Auffahren des 
Stollen für die Aachener Wasserleitung beobachtete nämlich Herr Beısseu 
in mehreren Schieferthonschichten des unteren produktiven Steinkohlen- 
gebirges, ziemlich weit aber noch im Hangenden des flötzleeren Sandsteins, 
der hier direct auf dem Kohlenkalksteine liegt, zahllose meist kleine Pro- 
ductus mit 5—10 Cm. langen Stacheln, Crinoiden, Bellerophon, Leda, Te- 


* Vergleiche CREpnEr, Elemente der Geologie, S. 364 ff. 
** Zeitschr. der Deutsch. geolog. Gesellschaft VII, 406 ff. IX, 407 ft. 


406 


rebratula u. s. w., also unzweifelhaft Bewohner des tiefen Meeres*. Ob 
diese marinen Reste hier sowohl wie in Westphalen und England in den- 
selben Schichten wie die sog. Unionen sich finden, kann ich Ihnen nicht 
mit Gewissheit sagen, auf jeden Fall finden sie sich hier und in West- 
phalen in mehr oder weniger benachbarten Schiehten. Ich kann deshalb 
in den meisten Fällen und überall da, wo nicht Beweise des Gegentheils 
vorliegen, die meines Wissens noch nirgends ganz zweifellos geführt sein 
dürften, in der Carbonformation nur marine Sedimente erblicken. Dabei 
können ja immerhin, wenn man das gerne annehmen will, die Steinkohlen- 
flötze, auch einzelne andere Schichten Land- oder Sumpf- oder Süss- resp. 
Brackwasser-Bildungen gewesen sein. Durch die genannten marinen Er- 
funde wird es nun höchst wahrscheinlich, dass die vermeintlichen Unionen 
Meeresthiere (Cardinien, Thalassiten) sind, wofür sie ja auch schon früher 
von ausgezeichneten Paläontologen erklärt worden sind. Auch die Fische 
der obersten produktiven Steinkohlenformation (z. B. Ottweiler, Wettin 
u. s. w.) sind dann als Seefische anzuerkennen, wofür ja auch sonst noch 
Vieles spricht, besonders ihre nahe Verwandtschaft mit den Fischen des 
Kupferschiefers, den doch auch Sie für ein marines Sediment zu halten 
scheinen. 

Hat man nun nicht allen Grund, das dazwischen liegende Rothliegende, 
in seinen unteren Gliedern mit ganz analogen oder z. Th. gleichen Fischen 
und „Unionen“ auch für marin zu halten? Diese Auffassung auch ferner 
beizubehalten, werden Sie mir deshalb nicht verargen können **. 

H. LasPpEyRes. 


NWachschrift. 


Scheint es doch, nach diesen Bemerkungen des geehrten Collegen, als 
ob FREIESLEBEN’s geognostischer Beitrag zur Kenntniss des Kupferschie- 
fers, Freiberg, 1807—1815, gar nicht existire. Das Weissliegende wird 
von FREIESLEBEn namentlich Bd. I, p. 27 und Bd. Ill, p. 238 u. f. zum 
ersten Male sehr genau charakterisirt und mit aller Bestimmtheit als das 
unterste Glied der Zechsteinformation hingestellt, und es wird 
zugleich vor einer Verwechselung mit den weissen sandigen Schichten des 
Rothliegenden gewarnt. 

Hiermit, sowie mit den von Prof. Senrt geltend gemachten Gründen 
für die Zusammengehörigkeit des Weissliegenden zur marinen Zechstein- 
formation, steht auch meine Auffassung des Weissliegenden, welche be- 
sonders in der „Dyas“ II, p. 229 etc. Ausdruck gefunden hat. Ich kann 
nur bedauern, wenn von einem officiellen Vertreter der Wissenschaft Ver- 
wechselungen des Weissliegenden mit oberen Schichten des Rothliegenden 
von Neuem gutgeheissen werden. 

Beyrıc#H’s Zechsteinconglomerat bezeichnet recht gut die ge- 
wöhnlichste Abänderung des Weissliegenden, doch kann dieser Name den 


* Vergl. Protokolle der naturw. Gesellschaft in Aachen, Sitzung 16. 
Oct. 1871 u. 8. Jan. 1872. Vorträge von BEısseL und LaAsPpEYRES. 
** Vergl. QuEnsTEDT, Epochen der Natur. S. 442. 


40% 


älteren Namen „Weissliegendes“ nicht ganz ersetzen, da das letztere nicht 
immer eine Conglomeratbildung ist, sondern noch manche andere Gesteins- 
abänderungen umfasst (vgl. FREIESLEBEN und Dyas). — 

Die Gründe, welche Prof. Laspryres für die marine Entstehung der 
Steinkohlenformation und des Rothliegenden hier anführt, beruhen im 
Wesentlichen auf dem zufälligen Vorkommen einzelner Meeresthiere darin, 
während er auf die reiche Landflora sowohl in der Steinkohlenforma- 
tion als in der Dyas keine Rücksicht genommen hat. Da diese Verhält- 
nisse schon in der „Geologie der Steinkohlen Deutschlands“, 1865, S. 189, 
261 etc. von mir erläutert worden sind, so bedarf es wohl nicht, hier 
wiederum darauf einzugehen. Was aber in Bezug auf die Lagerungsver- 
hältnisse der Steinkohlenformation und des Rothliegenden, namentlich auch 
über die gegenseitige Vertretung der marinen Zechstein- 
formation und des limnischen oberen Rothliegenden, von 
NAUMANN, v. GUTBIER und mir wiederholt geltend gemacht worden ist, hat 
wenigstens die Anerkennung sehr vieler Fachgenossen gefunden. 


Dresden, den 1. Juni 1873. 
H. B. GemImtz. 


Neue Literatur. 


Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
beigesetztes *. 


A. Bücher. 
1570. 
* CARL ELBERLING: Undersoegelser over nogle danske Kalktufdannelser. En 
af det Kongelige Danske Videnskabernes Selskab prüsbeloennet Af- 
handlıng. Kjoebenhavn. 8°. Pg. 58, 2 tb. 


18571. 

* F. V. Haypen: Karte von Theilen von Idaho, Montana und Wyoming- 

Territories. 
1872. 

* A. BALtzer: der Glärnisch, ein Problem alpinen Gebirgsbaues. Zürich. 
4°. 100 S. mit Karte, Profiltafeln u. s. w. 

* Geologıska Föreningens i Stockholm Förhandlingar. Bd.1. No.7-10. 

* F. V. Hayden: Final Report of the U. St. Geol. Surv. of Nebraska and 
portions of the adjacent Territorves. Washington. 8°. 264 p. 1 Map, 
11,23. 

*G. Kıem: Krystallographische Mittheilungen I. (Besond. Abdr. a. d. Ann. 
d. Chemie und Pharmacie. 166 Bd. S. 179—201. 1 Tf. 

*K. A. Lossen: über den Spilosit und Desmosit Zınckens, ein Beitrag zur 
Kenntniss der Contactmetamorphose. (Abdr. a. d. Zeitschr. d. Deutsch. 
geolog. Gesellsch. XXIV, IV.) 

* Mittheilungen aus dem chemischen Laboratorium von Dr. Hınsrr, Her- 
ausgegeben von A. HıugEr und Fr. Nies. Mit 2 Tf. Würzburg. 8°. 
S. 94. 

* S. A. SEexE: on the rise of land in Scandınavia. Christiania. 4°. Pg. 17. 

* P. W. SHEAvER: Progress of the Anthracite Coal Trade of Pennsylvania. 
1 Blatt. 

1873. 

* G. BERENDT: unreifer Bernstein. (Schrift. d. phys.-ökon. Ges. Jahrg. XIII. 

Hit. 2, p. 133.) 


409 


* G. Berenor: Vorarbeiten zum Bernsteinbergbau im Samlande. (Ebenda, 
p. 1—8.) 

* E. BErTRAnD: Note sur la forme cristalline du Leucophane. (Ann. des 
mines, tome III. 1873. 1 pl.) 

* Borıcky: über neue Mineralvorkommen in der Umgegend von Waltsch. 
(Sitzb. d. k. b. Ges. d. Wiss. in Prag.) 

Derselbe: über die Altersverhältnisse und Verbreitung der Basaltvarietä- 
ten Böhmens. (Sitzb. d. k. b. Ges. d. Wiss. in Prag.) 

* Arıst. Brezina: krystallographische Studien über Albit. (Sep.-Abdr. a. 
G. TscHErMAR Mineral. Mittheil. 1. Heft. 1 Tf.) 

*P. v. Burcuarpr: das Mauselwitzer Braunkohlenrevier und die Altenburg- 
Zeitzer Eisenbahn. Altenburg. 8°. 36 S. mit Karte. 

*E. D. CorE: on some of Prof. Marsmw’s Critieisms. (American Natura- 
sa Nol2I VER :May.).48%:#+3200p,,:2° DI: 

* Epw. D. Core: on the Flat-clawed Carnivora. (American Phil. Soc., 
Anzt4), 8. 29p,2Pl. 

* Epw. D. CopE: on the Primitive Types of the Orders of Mammalia Edu- 
cabilia. (Amer. Phil. Soe., April 18.) 8%. Sp. 

*J. D. Dana: on some Results of the Earth’s Contraction from cooling, 
including a discussion of the Origin _of Mountains, and the nature of 
the Earth’s Interior. Part. I. (Amer. Journ. of Se. a. Arts, Vol. V. 
June.) 

* C. DoELTER: über das Muttergestein der böhmischen Pyropen. (Sep.-Abdr. 
a. G. TscHEermAR, Mineral. Mittheil. 1. Heft. 

* R. v. DrascHz: zur Kenntniss der Eruptivgesteine Steyermarks. (Sep.- 
Abdr. a. G. TscHernmax, Mineral. Mittheil. 1. Heft.) 

* CARL ELBERLING: Undersögelser over nogle danske Kalktufdannelser. KJö- 
benhavn. 8°. 266. 2 Tab. 

* Ort. FEISTMANTEL: über die Permformation zwischen Budweis und Frauen- 
berg. (Sitzb. d. k. b. Ges. d. Wiss. in Prag. 

* Derselbe: über die Steinkohlenablagerung bei Brandau im Erzgebirge. 
(Sitzb. d. k. b. Ges. d. Wiss. in Prag.) 

* Ans. GauprY: Museum d’Histoire naturelle. Cours de Pal£eontologie. 
Panis!& 819 p. 

* Amund Herrann et E. B. Münster: Forekomster af Kise v visse skifere 
i Norge. Med 3 plancher og flere traesnit. Christiania. 4%. Pg. 97. 

* ALEXANDER KEYSERLING: Polypodiacea et Cyatheacea Herbari Bungeant. 
Lipsiae. 4%. 74p. 

* J. Nöserratu: Beiträge zur Geschichte der Bergknappen. Sep.-Abdr. 
*Or. Noväar: über eine neue Isopoden-Gattung aus dem tertiären Süss- 
wasser-Kalk von Waltsch. (Sitzb. d. k. b. Ges. d. Wiss. in Prag.) 

* Aus. OrTH: der Untergrund und die Bodenrente mit Bezug auf einige 
neuere geologische Kartenarbeiten. Sep.-Abdr. 8°. 

* Ferp. Schach: Beiträge zur Kenntniss der Trias am südöstlichen Schwarz- 
walde. Inaug.-Dissert. Nebst einem Atlas, enthaltend 36 Profile auf 
12 Tafeln und 5 Tabellen. Schaffhausen. gr. 8°. S. 109. 


410 


* TH. SCHEERER und E. Drec#seL: künstliche Darstellung von Flussspath 
und Schwerspath. (Journ. f. prakt. Chemie, 1873. Bd. 7, S. 63.) 

* ALBR. SchRAur: Atlas der Krystall-Formen des Mineralreiches. IV. Lie- 
ferung. Tf. XXXII—XL. Wien. 4°, 

SCHREIBER: der Untergrund der Stadt Magdeburg. (Abh. d. Naturw. Ver. 
zu Magdeburg.) 8°. 

* STRÜVER: una salita alla Torre d’Ovarda. Roma-Torino-Firenze. 8°. 
Pg. 74. 

* A, E. TÖRNEBOHM: über die Geognosie der Schwedischen Hochgebirge. 
Stockholm. 8°. 608. 1 Karte. 

* G. TscHErMmAK: Felsarten aus dem Kaukasus. (Min. Mitth. 2, p. 107.) 

* G, TscHERMAK: über Atakamit. (Min. Mitth. 2, p. 107.) 

Carr Vosrt: Lehrbuch der Geologie und Petrefactenkunde. Dritte ver- 
mehrte und gänzlich umgearbeitete Auflage. In zwei Bänden. Zwei- 
ter Band. Vierte Lieferung. (Schluss des Werkes.) Braunschweig. 
82.092889. 


B. Zeitschriften. 


1) Sitzungs-Berichte der Kais. Akad. der Wissenschaften. 
Wien. 8°. [Jb. 1873, 67.] 
1872, LXV, 1-3; 8. 1—124. 
Prıwozsık: über die Veränderung der Bronce durch langes Liegen in der 
Erde: 81—87. 
— — ein Beitrag zur Bildung von Schwefelmetallen: 87—93. 
1872, LXV, 4—5; S. 125—427. 


2) Verhandlungenderk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 
8°. [Jb. 1873, 308.] 
1873, No. 6. (Sitzg. am 18. März.) S. 103—118. 
Eingesendete Mittheilungen. 


O. Feistmanter: über die Mischflora der Böhmisch-Broder Ablagerung: 
105— 103. 

E. Tietze: ergänzende Bemerkung über die Liasfauna von Bersaska: 105 
— 107. 

Vorträge. 

C. DoeLter: zur Kenntniss der Dacite und quarzführenden Andesite Sie- 
benbürgens und Uugarns: 107. 

Eon. v. Mossısovics: zur Geologie des Rhäticon: 107—108. 

O. FeistmanteL: geologische Stellung und Verbreitung der verkieselten 
Hölzer in Böhmen: 108—112. 

Einsendungen u. s. w.: 112—118. 

1873, No. 7. (Sitzung am 1. April.). 8. 119—140. 
Vorgänge an der Anstalt: 119—121. 


441 


Eingesendete Mittheilungen. 

F. J. Wırk: Vergleich der kryställinischen Gesteine im südlichen Finn- 
land mit jenen der Centralalpen: 121—123. 

O. FEisTMANTEL: über die heutige Aufgabe der Phytopaläontologie: 123-128. 

Vorträge. 

F. KArRER: zur Kenntniss der Tertiärbildungen des Wiener Beckens: 
128—129. 

F. GRoEGER: Skizze über die Gesteins-Verhältnisse im südlichen Afrika: 
129—136. 

Notizen u. s. w.: 136— 140. 


3) G. TscuermarX: Mineralogische Mittheilungen. Wien. 8°. 

[Jb. 1873, 177.] 
1873, Heft 1. S. 1—49, T£. 1. 

R. v. DrascHe: zur Kenntniss der Eruptivgesteine Steyermarks: 1—13. 

D. DoELTErR: über das Muttergestein der böhmischen Pyropen: 13—19. 

Ar. Brezina: krystallographische Studien über den Albit (mit T£f. I): 19-29. 

Analysen aus dem Laboratorium von E. Lupwis: 29—35. 

E. Lupwıc: über den Atakamit: 35—39. 

G. TschEermaK: über Atakamit: 39—43. 

Notizen: Nachtrag zu der Abhandlung über Ischia. — Ardennit, ein neues 
Mineral. — Bustamit von Rezbanya. — Mineral-Vorkommen im Ober- 
hellersbachthal. — Die Krystallform des Kaluszit und Syngenit ge- 
nannten Minerals. — Diallag in quarzführendem Porphyr. — Anatas 
und Brookit vom Pfitscher Joch in Tyrol: 43—49, 


4) Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 

Berlin. 8°. [Jb. 1873, 176.] 
1872, XXIV, 4; S. 604—817; Tf. XXII—-XXVIL. 
A. Aufsätze. 

A. v. Groppeck: Mittheilungen aus der Region des Oberharzer Diabas- 
zuges zwischen Osterode und Altenau: 606—615. 

W. Dames: die Echiniden der nordwestdeutschen Jurabildungen (Tf. XXI 
—XXIV): 615—649. 

C. RAMMELSBERG: die Zusammensetzung des Epidots und Zoisits: 649-653. 

Eman. Kayser: Studien aus dem Gebiete des rheinischen Devon (Tf. XXV 
—XXV]): 655—697. 

— — neue Fossilien aus dem rheinischen Devon (Tf. XXVII-XXVI]): 
687 — 701. 

K. A. Lossen: über den Spilosit und Desmosit Zıncken’s, ein Beitrag zur 
Kenntniss der Contact-Metamorphose: 701—787. 


B. Briefliche Mittheilung. 
Von Lüssren: 787—793. 


C. Verhandlungen der Gesellschaft: 793—817. 


412 


5) J. C. Posernvorrr: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
8°, [Jb. 1873, 309.] I Ä 
1873, No. 3, CXLVII, S. 337—496. 
A. ScHRAUF: zur Lehre von den Krystall-Zwillingen: 488—490. 


—_ 


6) H. Kouse: Journal für practische Chemie. Leipzig. 8". 
[Jb. 1873, 309.] 
1873, VII, No.2, S. 49-96. 


Fr..v. Koseıt: über den neuen Montebrasit: 49-50. 

— — zur Frage über die Einführung der modernen chemischen For- 
meln in die Mineralogie: 50—57. 

TH. ScHEERER und E. DrecHseL: künstliche Darstellung von Flussspath 
und Schwerspath: 63—75. 


7) Leopoldina. Amtliches Organ der Kais. Leopoldino-Ca- 
rolinischen deutschen Akademie der Naturforscher. 
Heft VIII. 1872—1873. No. 4-8. [Jb. 1871, 73] 
Das neue Adjunkten-Collegium: 58. Mit Karte von Deutschland zur Dar- 
stellung der Adjunktenkreise. 


8) W. Dunker und K. A. ZırteL: Palacontographica. 
23. Bd. 1. Lief. Cassel, 1873. 4%. [9b. 182, 2] 


Cur. Lürken: über die Begrenzung und Eintheilung der Ganoiden: 1—54. 

W. von DER MArcK: neue Beiträge zur Kenntniss der fossilen Fische und 
anderer Thierreste aus der jüngsten Kreide Westphalens, sowie Auf- 
zählung sämmtlicher seither in der westphälischen Kreide aufgefun- 
denen Fischreste: 55—74. Taf. 1, 2. 


9) Notizblatt des Vereins für Erdkunde und verwandte Wis- 
senschaften und des mittelrheinischen geologischen 
Vereins. Darmstadt. 8°. [Jb. 1872, 528.] 

1872, III. Folge, 11. Heft, No. 121—132..8. 1—192., 


R. Lupwie: die Dachschiefer von Laurenburg-Balduinstein an der Lahn 
und von Caub-Lorch am Rhein: 53—65. 

—  — geologische Notizen aus der Section Dieburg: 65—67. 

E. Lertermann: Vorkommen von Flussspath im Baryt von Klein-Umstadt: 
176. 


413 


10) Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. 
Mose.;, 8°.. [Jb.,1873, 311.] 
1872, 4; XLV, p. 242—427. 
A. KryLorr: recherches geologiques dans le gouvernement de Kostroma: 
362— 380. 


11) Bulletin dela Socviete geologiquede France. 3. ser. Paris. 8°. 

[Jb. 1873, 310.] 
185,5 No. 2, p. 111. 

Janneraz: Conductibilität der krystallisirten Körper durch die Wärme und 
der Erdschichten durch den Schall: 117—119. 

G. Srepnanesco: Quartär-Gebiet von Rumänien und über tertiäre und quar- 
täre Säugethiere: 119—123. 

Aus. GaupryY: über den von Pınarp in Alaska gefundenen Zahn von KHle- 
phas primigenius: 1235 — 124. 

Ta. EsrAay: Kimmeridge bei Pillas unfern Nyons (Dröme): 124—126. 

C#. V£ELAam: Oxfordien und Neocomien bei Pillas: 126-132. 

Tu. Esray: geognostische Beschaffenheit des von der Eisenbahn von Chau- 
peauroux nach Alais durchschnittenen Gebietes: 132 — 134. 

N. pE Mercry: über den Kieselthon: 134—156. 

DE LAPpARENT: Bemerkung hiezu: 156—137. 

SauvagE und Rıscaux: über einige Echinodermen des oberen Jura von Bou- 
logne (pl. I): 137—142. 

Aus. GAupryY: über die von ÜHAERETIS und EnGELHARD in den Donau-Pro- 
vinzen gesammelten fossilen Knochen: 142—143. 

E. Cuantrke: Fauna des Lehm von St. Germain-au-Mont-d’Or: 143— 148. 

pE LorıoL: über den oberen Jura in der Schweiz und Deutschland : 146 
— 148. 

Cu. Veram: Bemerkung hiezu: 148 150. 

Mever: über das Plateau von Othe (Aube- und Yonne-Dep.): 150— 164. 


12) Comptes rendus hebdomadaires des scances del’ Academie 
des sciences. Paris. 4°. [Jb. 1873, 510.] 
1873, 3. Mars — 5. Mai; No. 9—18; LXXVI, p. 509—1152. 
GAuprY: über von OELERT zu Louverne (Mayenne) gesammelte quaternäre 
Fossilien: 657—659. 
Cr. Grap: Existenz des Menschen während der Gletscher-Periode im EI- 
sass: 659—662. 
Gorczix: Vorkommen fossiler Säugethiere bei Lapsista in Macedonien: 
720—721. 
G. Fagre: über die Zeit der Hebung des Berges Lozere: 890—893. 
GossELET und BErRTAUT: Kohlenformation im Bas-Boulonnais: 969—970. 
Rıvıöre: Entdeckung eines menschlichen Skeletes aus der paläolithischen 
Epoche in den Höhlen von Baousse-Rousse, genannt Grotten von Men- 
tone: 1027—1031. 


414 


A. Gaupry: Geologie des Berges Leberon: 1ü96— 1099. 
J. Resovx: Vorkommen des Zlephas priscus im quaternären Gebiet von 
Paris: 1145—1146. 


13) L’Institut. I. Sect. Sciences mathematiques, physiques et naturelles. 

Paris. 4°. .[Jb. 1873, 1803 
1873, 1. Janv.—30. Avr.; No. 1—18; p. 1—144. 

Tırvs Coan: über eine neue Eruption des Mauna Loa: 15—16. 

St. Mevnıer: Entstehung der Meteoriten: 19—21. 

pu Bus: Dickhäuter aus dem Crag von Anvers: 72—74. 

C#. Gran:-Existenz des Menschen während der Gletscher-Periode im ElI- 
sass: 94— 9%. 

OvstaLer: über einige fossile Species von Thysanopteren: 109—111. 


14) The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Ma- 

gazine and Journal of Science. London. 8°. [Jb. 1873, 312.] 
1873, March, No. 299, p. 161—240. 

GER SBABEDE Gesellschaft. M. Duncan: Trochocyathus anglicus aus 
dem rothen Crag; Lane Fox: paläolithische Geräthe mit Elephas pri- 
migenius bei Acton und Ealing; Busk: über die von Fox aufgefunde- 
nen Thierreste; Oxox: Beweis für die Existenz von Eismassen im n. 
Lancashire; ALs. Gaupry: über die Dickhäuter in der Drift von Paris: 
232—235. 


15) H. WoopwaArp, J. Morrıs a. A. ErHERIDGE: The Geological Maga- 

zine. London. 8°. [Jb. 1873, 312.] 
1873, Febr., No. 104, p. 49— 96. 

J. Geikır: Theorie der zeitlichen Wanderungen: 49- -54. 

Nıc#orson: Beschreibung neuer Röhren bewohnender Anneliden (pl. IV): 
54—57. 

Stessine: Notizen über Calceola sandalina (pl. V): 57—62. 

Daxyss: über die Drift in Derbyshire und Yorkshire: 62—64. 

DE Raxce: über Blei-, Zink- und Eisenerze im n.-w. England (1. Theil): 
64— 74. 

Marrt: über Erdbeben: 74—81. 

Notizen u. s. w.: 81—96. 


16) B. Sırııman a. J. D. Dana: the American Journal of science 
and arts. 83° [Jb.- 1873, 313.] 
1873, April, Vol. V, No. 28, p. 245—324. 
C. G. Rockwonp: Bemerkungen über neuere Erdbeben: 260. 
T. Sterry Hunt: über einige Punkte in dynamischer Geologie: 264. 
R. D. Irvıne: über das Alter der metamorphischen Gesteine von Portland, 
Dodge County, Wisconsin: 282. 


415 


A. W. Chase: über das Kalkborat von Oregon (Cryptomorphit ?): 287. 
H. €. Yarrow: Erforschungen im Westen des 100sten Meridians: 290. 
W. D. Moore: über Fährten in Carbongesteinen des westlichen Pennsyl- 
vanien’s: 292. 
O0. C. Marsn: nachträgliche Bemerkungen über die Dinoceraten : 293. 
LESQUEREux: über das Alter gewisser Schichten von Wyoming, welche 
Haypen für tertiär, andere für cretacisch halten: 308. 
Grosser Diamant, am Vaal river in Südafrika gefunden: 313. 
1873, May, Vol. V, No. 29, p. 3235—410. 
Jos. LE ContE: über einige alte Gletscher der Sierras: 325. Pl. 5. 
J. D. Dana: über den Ursprung der Gebirge: 347. 
J. Gisson: über die Salzablagerungen des westlichen Ontario: 362. 
W. M. Gase: Bemerkungen über die Insel Curacao: 382. 
N. P. Hınz: Pechblende und Tellurgold in Colorado: 386. 
O0. C. Marse: Notiz über neue tertiäre Säugethiere: 407. 


Auszüge, 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


V. v. Zepnarovion: Mineralogisches Lexicon für das Kai- 
serthum Oesterreich. I. Bd. 1858—1872. Wien, 1873. 8°. S. 436. 
Die Erwartungen, mit welchen wir dem, vom Verfasser bereits in einer 
brieflichen Mittheilung * angekündigten Werk entgegen sahen, sind noch 
um ein Bedeutendes übertroffen worden. Der Umfang, welchen der vor- 
liegende zweite Band erreicht hat, zeigt zunächst in sehr erfreulicher Weise, 
welche Förderung die topographische Mineralogie im österreichisch-unga- 
rischen Staate erfahren hat. Nicht wenig haben dazu die von der geolo- 
gischen Reichsanstalt geleiteten geologischen Aufnahmen beigetragen. Sie 
sind es, welche eine beträchtliche Zahl neuer Mineralien und neuer Fund- 
orte, eine vielseitige Erweiterung der paragenetisch und geologisch inter- 
essanten Daten altbekannter Vorkommnisse lieferten. Nicht minder sind 
es aber die eigenen Forschungen von V. v. ZEPHAROVICH, welche 
seit dem Erscheinen des ersten Bandes Österreichs mineralogische Lite- 
ratur und besonders die Kenntniss der Krystallformen vieler 
Mineralien um ein Bedeutendes erweiterten; wie die vortrefflichen Arbei- 
ten über Epidot, Vesuvian, Anglesit z. B. beweisen. Wenn der Verfasser 
im ersten Bande ** bestrebt war, den strengsten Anforderungen zu ge- 
nügen, so gilt dies in noch weit höherem Grade von dem zweiten, in wel- 
chem derselbe mit grösster Vollständigkeit sämmtliche neueste Erfahrun- 
gen, die sich auf österreichische Mineralien beziehen, aus dem Zeitraume 
von fünfzehn Jahren zusammengestellt hat. Die Art und Weise die- 
ser Zusammenstellung ist es aber, die dem Werke — neben seiner 
Vollständigkeit — den hohen Werth verleiht: krystallographische, physi- 
kalische, chemische und paragenetische Verhältnisse erfuhren eine gleich- 
mässige Berücksichtigung. Was die ersteren betrifft, so begrüssen wir 
hier mit Freude wieder die Naumann’schen Symbole, die sich wie keine 
andern eignen, uns die Krystall-Formen eines Minerals in gedrängter 


* Vergl. Jahrb. 1873, S. 172. 
** Jb. 1860, 616. 


417 


Kürze vorzuführen. Dass V. v. Zepuarovich Im zweiten Bande die Ana- 
lysen österreichischer Mineralien mehr berücksichtigte, wie im ersten, ist 
gewiss Vielen erwünscht, um so mehr, da in letzter Zeit auf diesem Ge- 
biete Bedeutendes geleistet wurde, wie die zahlreich ausgeführten Analy- 
sen in den Laboratorien der Reichsanstalt, von E. Lupwıe unter anderen 
beweisen. — Die sehr vollständigen Literatur-Angaben bieten Allen, die 
noch eingehendere Studien machen wollen, Gelegenheit zu weiterer Belehrung. 


Fr. v. KoseLr: Tafeln zur Bestimmung der Mineralien mit- 
telst einfacher chemischer Versuche auftrockenem und 
nassem Wege. Zehnte vermehrte Auflage. München 1873. 8°. S. 108. 
Wenn irgend ein Buch seine grosse Brauchbarkeit bewährt hat, so sind 
es Fr. v. Koseır’s Tafeln zur Bestimmung der Mineralien. Die vorlie- 
sende zehnte Auflage bezeugen dies in glänzendster Weise, nicht weniger 
als die Übersetzungen in verschiedene Sprachen. (So weit es uns bekannt, 
sind zwei englische, zwei russische, drei französische und eine italienische 
Übersetzung erschienen.) Plan und Gang des Buches sind zu bekannt, 
um noch einer Besprechung zu bedürfen; es ist nur beizufügen, dass der 
Verf. bereits in der neunten Auflage über 100 Species aufgenommen hatte, 
auch in der zehnten wieder 40 neue Species einreihete. Das Ziel, nach 
welchem Fr. v. KosELL strebte, „die Bestimmung eines Minerals von dessen 
vollkommener Ausbildung und Reinheit, und von der Geschicklichkeit des 
Bestimmers möglichst unabhängig zu machen,“ wird durch sein vortreff- 
liches Werk mehr und mehr erreicht: der Mineralog lernt die chemische 
Characteristik immer besser würdigen und dadurch genauer und vollstän- 
diger bestimmen, als es sonst der Fall war. Fr. v. KogeLLn macht noch 
die Lehrer der verschiedensten Anstalten darauf aufmerksam, dass es 
zweckmässig ist, die Proben in klein geschlagenen Stücken (das dabei 
fallende Pulver wird durch ein Blechsieb abgesiebt) in nummerirten Glä- 
sern zu den Übungen herzugeben. Es wird dabei kein Material ver- 
schwendet und können auch zu dergleichen Proben sonst unbrauchbare 
Doubletten einer Sammlung verwendet oder das Material von einer Mine- 
ralien-Handlung bezogen werden *. — Die seit der vorigen Auflage bekannt 
sewordenen Reactionen auf Wismuth und Phosphorsäure haben vielfache 
Anwendung gefunden und sich zur Charakteristik der betreffenden Species 
als vorzüglich brauchbar bewährt. 


G. vom Rara: Nephelin in dem niederrheinischen Vulkan- 
Gebiet. (PoGsENDoRFF Ann. OXLVII, S. 273.) Der Nephelin gehört zu 
denjenigen Gesteins-bildenden Mineralien, welche trotz ihrer nicht geringen 
Verbreitung doch nur selten in Drusen auskrystallisirt sind. Es gelang 
G. vom Rarn, das Mineral in zwar kleinen (bis 1 M.M.) aber deutlichen 


* Das „Heidelberger Mineralien-Comptoir“ von L. Bıarz liefert stets 
‚gutes Material. D. Red. 


Jahrbuch 1873. 27 


418 


Krystallen ooP.OP im Trachyt des Lohrberges aufzufinden. Am n.-w. 
Abhange dieses Berges, der höchsten Trachytkuppe des Siebengebirges, 
zwischen dem basaltischen Oelberg und der doleritischen Löwenburg sich 
erhebend, wurde ein Steinbruch angelegt, bei dessen Besuch G. vom RarH 
drusenähnliche Klüfte des Gesteins dicht mit kleinen Nephelin-Krystallen 
bedeckt fand. Begleiter des Nephelins ist Tridymit, welcher bisweilen den 
hexagonalen Prismen des ersteren Minerals zur Unterlage dient. Das 
Lohrberger Gestein gehört zu den Sanidin-Oligoklas-Trachyten oder der 
sog. Drachenfelser Varietät; enthält indess Sanidine in geringerer Menge 
und Grösse der Krystalle als das typische Drachenfelser Gestein. Der 
Nephelin ist nun im niederrheinischen Vulkan-Gebiet in vierfacher Weise 
des Vorkommens bekannt: 1) in Sanidin-Blöcken von Laach; 2) in der 
Lava von Mayen, Niedermendig, Herrchenberg, Hannebach; 3) im Dolerit 
der Löwenburg und 4) auf Klüften des Trachytes vom Lohrberg. 


ALBR. ScHrkAuUF: Atlas der Krystall-Formen des Mineral- 
reiches. IV. Lieferung. Wien 1873. Tf. XXXI—XL. Die vorliegende 
vierte Lieferung ist der dritten * rasch gefolgt und wird von allen Mine- 
ralogen mit Freude begrüsst werden, da jedes Heft dieses wichtigen und 
gediegenen Werkes eine Fülle neuer Thatsachen bringt. Schon ein flüch- 
tiger Blick genügt, um sich zu überzeugen, dass fast jede der abgehan- 
delten Species eine Bereicherung erfahren hat, die meisten aber einer völ- 
ligen Umarbeitung unterzogen wurden. — Die in der vierten Lieferung 
enthaltenen Mineralien sind: Baryt (mit 44 Formen), Barytocaleit, Beryll 
(15 Formen), Beudantit (4 Formen), Bieberit, Binnit (5 Formen), Bismuthin, 
Bleiglanz (mit 16 Formen), Blödit (3), Bombiccit, Borax, Boracit (6), Bor- 
nit, Botryogen, Bournonit (mit 21 Formen), Braunit, Breithauptit, Brew- 
sterit, Brochantit (mit 10 Formen), Bromyrit, Brookit (mit 17 Formen), 
Brushit, Caledonit (4 Formen), Calomel (mit 8 Formen). — Über einzelne 
dieser Species soll eingehender berichtet werden. 


Auer. SchrAur: Krystall-Formen des Bleiglanz. (Atlas der 
Krystallformen des Mineralreiches. 4. Lief.) ALpr. SchrAuF beschreibt und 
bildet ab folgende 16 Combinationen des Bleiglanz. 

1) 0.36036.. 12012. Mit Flussspath, Derbyshire. 

2) 0.000.117/,0%,. Die von C. Kuren beschriebene ** Form von 

Dillenburg. 
3) ©.0000.303.0003. Von verschiedenen Fundorten beobachtet. 
4) 20.00000.0. England (Grey und Lerrsom bilden bereits diese 
Combination ab, ohne einen näheren Fundort anzugeben). 

5) 20.°/,0. Von Oberlahr in Rheinpreussen. 

* Über den Inhalt der dritten Lief. vergl. Jahrb. 1872, 534. 
**. Vergl. Jahrb. 1870, 313. 


| W 
419 


6) 0.000x0.000.20.°/,0. Mit Eisenspath und Quarz vom Pfaf- 
fenberg bei Neudorf; ohne die letztgenannten Flächen auch von 
Devonshire, Feistritz in Steiermark und vom Harz. 

7) 0.000%0.000.20.804. Angeblich von Neudorf. 

8) 0000.00 .0003 . 202. 30%,. Von Dillenburg. 

9) 0000. */,0*/, . 404. Ebenfalls von C. Krem beschriebene Com- 
bination von unbekanntem Fundort. 

10) 000009 . o00 . 3/,0°%/, .0. Von Rossie, New-York. 

11) %/,0%, .12012 . 36036. Angeblich von Freiberg. 

12) &0%0.0.5,0.000.°/,0.40.303. Von Freiberg. 

13) ©0x.0.20.30. Fundort nicht angegeben. 

14) 20.0. Unregelmässig ausgebildete Form von Diepenlingen bei 

Stollberg. 

15) ©0000 und 16) O .o0000 als Zwillinge, Zwillingsfläche O. 

Man kennt also jetzt von dem Bleiglanz ausser Hexaeder, Octaeder 
und Dodekaeder: das Tetrakishexaeder 0003; neun Ikositetraeder: 36036, 
12012, /,0°>/,, 606, 404, 303, 202, */30%,, °/;0°/,; vier Triakisoctaeder : 
/,0, a0, 20, 30, 40 und zwei Hexakisoctaeder: 30%/, und 804. 


Im letzterschienenen Bande der „Verhandlungen der Kaiser- 
lich-russischen Mineralogischen Gesellschaft zu St. Pe-» 
tersburg“ (2. Serie, VII. Band, St. Petersburg 1872) sind folgende Auf- 
sätze enthalten: 


1) Magister A. Dırrmar. Paläontologische Notizen. Über ein neues 
Brachiopoden-Geschlecht aus dem Bergkalk (deutsch). 

2) P. Pusırzwskv. Nefediewit, ein neues Mineral aus Nertschinsk. 

3) Dr. A. Scuravr. Über den Axinit vom Onega-See (deutsch). 

4) N. BarsBor pe Marny. Geologische Untersuchungen in den Gou- 
vernements Kiew, Podolien und Volynien. 

5) A. Krnncort. Über die Zusammensetzung des Cancrinit (deutsch). 

6) S. K. H. Herzog NicorLas von LEUCHTENBERG. Über zwei neue For- 
men an. den Krystallen des russischen Brookits.” 

7) N. v. Koxscnarow. Über Weissbleierz, vorzüglich aus russischen 
Fundorten. - 

8) N. BARBoT DE MarnvY. Geologische Untersuchungen im Riasan’- 
schen und einigen anderen Gouvernements. 

9) N. Barsor DE Marnv. Über das Vorkommen von Granit am Don. 
10) G. Romanowsky. Notiz über die Geologie der Krim. | 
11) J. Sımrzow. Geologische Notizen über das Simbirsk’sche Gouver- 

nement. 

12) N. v. Kokscuarow. Ein merkwürdiges Exemplar von gediegenem 
Kupfer von Bogoslowsk, aus der Mineraliensanımlung S. K. H. des 
Herzog N. von LEUCHTENBERG. 

13) F. Scmumr. Über die neue Gattung Lopatinia nu ige andere 


420 


Petrefakten aus den mesozoischen Schichten am unteren Jenissei 
(deutsch). | 
14) K. Jurkıewirsch. Eichen-Urwald im Lublin’schen Gouvernement. 
15) P. JEREMEJEw. Wolfram-Krystalle im Vergleich zu denen des 
Columbits. 

16) N. v. Kokscuarow. Pseudomorphosen von Malachit aus den Tur- 

jinschen Kupfergruben im Ural. 

17) N. v. KoxscHarow. Über einige Krystallformen des Berylis mit 

sehr complicirten krystallographischen Zeichen. 

18) J. Mvschkerow. Über Wolynit. 

Hier liegt die Absicht vor, nur über diejenigen Arbeiten kurz zu re- 
feriren, die in russischer Sprache erschienen sind und deren Inhalt 
ein mineralogischer ist. Da v. KorscHarow’s Arbeit über das Weiss- 
bleierz schon früher in deutscher Sprache veröffentlicht worden ist und 
den Lesern des „Jahrbuchs“ bereits bekannt ist, so wird sich gegenwär- 
tige Besprechung allein auf die Aufsätze: 2, 6, 12, 15, 16, 17 und 18 er- 
strecken. 


P. Pusırewsky: Nefediewit, ein neues Mineral. Das dem Stein- 
mark sehr ähnliche, amorphe Mineral, kommt im Kalksteine neben Fluss- 
spath vor. H. = 1,5; G. = 2,335,‘ bei 180°C.; Bruch mnsehlie- "Rarbe 
weiss in’s Rosenrothe, undurchsichtig, an den Rändern durchscheinend. 

vBeim Anfühlen ist das Mineral etwas fettig. In Wasser gehen 0,2%, in 
Lösung, die eine alkalische Reaction zeigt, wobei das Mineral in Stücke 
zerfällt; über Schwefelsäure gibt es Wasser ab (bis 11,13°%,, in 22 Tagen). 
An der Luft zieht die getrocknete Probe wieder Wasser an. Auf 250° C. 
erhitzt, verliert es 19,13°/,, darauf noch 4,73° „ seines Gewichtes, wenn es 
bis zum Schmelzen erhitzt wird. In Säuren kaum löslich. Obwohl die 
Analysen von einander sehr abweichende Zahlen ergaben, deren Mittel 
am Nächsten mit der Formel H,MgAl,Si,O,, in Einklang gebracht werden 
können (den Na-Gehalt, der die alkalische Reaction des wässrigen Aus- 
zuges bedingt, hält P. für einen zufälligen und zieht denselben daher bei 
der Berechnung seiner Analysen nicht in Betracht) neigt sich P. „ihrer 
Einfachheit wegen“ zur Annahme der Formel H,MgAl,Si,O,,, die noch 
mehr von den Analysen abweicht. Zum Schluss spricht sich P. entschie- 
den aus gegen die Identificirung des Nefediewits mit irgend einem der von 
DeE=CLo1zraux unter „produits d’alteration et melanges“ bezeichneten Mi- 
neralien, da diese letzteren Mg als zufällige Beimengung enthalten, wäh- 
rend dieselbe beim ersteren als wesentlicher Bestandtheil betrachtet wer- 
den muss, und schlägt daher vor, den Nefediewit als besondere Species 
aufzunehmen. 


Herzog NıcoLAs von LEUCHTENBERG: über zwei neue Formen an 
russischen Brookit-Krystallen. Die untersuchten Krystalle stam- 
men aus dem Uraler Goldsande, zeichnen sich durch ihre lang-prismatische 


und flache Ausbildung aus und zeigen die Combination: %/,P, Pp2, 1/,P2, 


a21 


1/,Poo, YsPoo, ooP, ooP7, oP. Von diesen Flächen sind '/,P2 und ooP7 
neu. Erstere, an drei Krystallen beobachtet, ist glatt und glänzend, wäh- 
rend das Prisma ooP7, das blos an einem Krystalle vorkam, eine starke 
Verticalstreifung zeigt. Messungen sind keine angegeben. 


N. v. KoxscHuarow: über ein merkwürdiges Exemplar von 
gediegen Kupfer etc. Es ist eine aus der Privatsammlung 8. K. H. 
des Herzogs N. von LEUCHTENBERG stammende 18 Cm. lange und 11 Cm. 
breite Stufe, die blos aus Zwillingskrystallen — Zwillingsfläcke = 0 — 
besteht und am vorherrschenden o000 noch O und XxO zeigt, denen noch 
die Flächen eines Tetrakishexaeders sich gesellen. (Da die Krystalle nicht 
gemessen werden konnten, so ist es unentschieden geblieben, ob diese 
Flächen dem Tetrakishexaeder 00° „ oder 0002 angehören. Alle Indivi- 
duen sind in parallelen Reihen in drei unter 120° sich schneidenden Rich- 
tungen gelagert und berühren einander mit den Flächen 000. Die Stufe 
besitzt ein Gewicht von über 4 Pfund. 


P. Jeremssew: über die Krystalle des Wolframs im Ver- 
gleich zu denen des Columbits. P. JEREMEJEw berichtet über Mes- 
sungen, die er an Wolframkrystallen von Adun-Tschilon angestellt hat und 
vergleicht die gewonnenen Werthe mit denen von Schravr am Columbit 
beobachteten und, indem er auf die jüngsten Arbeiten RAmMELSBERG’s über 
die Tantal- und Niob-Mineralien hinweist, in denen er einen Beweis für 
die „Isomorphie in der chemischen Zusammensetzung“ des Tantalits und 
Niobits mit der des Wolframs erblickt, hält er es nicht für unwahrschein- 
lich, dass der Columbit ebenfalls dem monoklinen Systeme angehöre. Ver- 
fasser hebt besonders hervor, dass die an beiden Mineralien beobachteten 
Winkelabweichungen diejenigen nicht überstiegen, die an Wolframkry- 
stallen verschiedener Fundorte gewonnen worden sind (!) — An den Kry- 
stallen von Adun-Tschilon beobachtete J. zwei neue Flächen: —Y,Pxo 
und —!/,#oo. An einem Zwillingskrystall (nach ooT’oo) war deutlich der 
von den beiden oP-Flächen gebildete einspringende Winkel zu sehen. 


N. v. Koxscnarow: Malachitpseudomorphosen aus den Tur- 
jin’schen Kupfergruben etc. Die 5 Cm. Länge und 1 Cm. Dicke er- 
reichenden Krystalle häufen sich zu fächerförmiger Gruppirung an. Die 
Flächen der Prismenzone sind glänzend, während die Endflächen meist 
matt sind. Von Aussen sind die Krystalle mit einer weissen erdigen Masse 
bedeckt, die sich aber leicht ablösen lässt. Im Innern bestehen sie aus 
feinstrahligem Malachit. An manchen Stellen ist die Ausfüllung keine 
vollständige, aber vom ursprünglichen Minerale ist nirgends eine Spur zu 
sehen. K. gelang es nicht nur die Prismenzone, sondern auch die End- 
flächen zu messen, und die Vergleichung der erhaltenen Werthe führten 
ihn zur Annahme, die Pseudomorphosen seien aus Atakamitkrystallen ent- 


standen. Die Krystalle zeigten die Flächen 2P2, Poo, ooP, ooP2 und ooPxc. 


422 


N. v. Koxscnarow: über einige Formen des Beryllsetec. Ein 
im Privatbesitze des Herzogs N. v. LEUCHTENBERG befindlicher, aus dem 
Dorfe Mursinka (Bezirk Ekatherinburg) herstammender 2 Cm. langer und 
6 Mm. dicker farbloser Beryll ist zum Gegenstande der Untersuchung ge- 
worden. Er zeigte anliegend an die Flächen der Pyramide 2P2 (s) je zwei 
Flächen von einer dihexonalen Pyramide (d). Aus den Messungen zweier 
d-Flächen zu s, ergab sich der Index °3/, ‚P’3/,„, womit auch die Winkel- 
werthe d: M (ooP) übereinstimmen, während die Winkel, die die beiden 
anderen d-Flächen mit den anliegenden M-Flächen bilden, einerseits zum 
Index ?/,,„P*?/,,, andrerseits zu !%P!®%,, führen. K. vermuthet daher, 
dass die beiden letzten d-Flächen zwei verschiedenen dihexagonalen Py- 
ramiden angehören. 


J. MuscauXetow: über den Wolynit. Mit diesem Namen bezeich- 
net Ossowsky ein porphyrartiges Gestein, das er zuerst in der Umgegend 
des Dorfes Michailowka, am Ufer des Grosdowitz in Volynien beobachtet 
hat. Nach Mvschkrrow, der das Gestein näher untersucht hat, besteht 
es im Wesentlichen aus dunkler bis schwarzer Hornblende und einem tri- 
klinen Feldspath; als secundäre Gemengtheile treten Magneteisen und 
Schwefelkies auf. Das porphyrartige ist durch den Feldspath bedingt. 
Die Hornblende erscheint in unregelmässig gruppirten Aggregaten von 
nadelförmigen Krystallen und ist nach ihrem Habitus und ihrer deutlichen 
Spaltung nach der Längsrichtung im Dünnschliffe bestimmt worden. Der 
Feldspath, der einer Analyse unterworfen wurde, ergab das Sauerstoff- 
verhältniss SiO, : R,O, : (R“, R‘,) O = 1: 2,61: 7,29, welches, wenn man 
den theilweise zersetzten Zustand des Minerals in’s Auge fasst, auf Oligo- 
klas hindeutet. Zur Stütze dieser Annahme führt M. Analysen von G. 
Rose, vom RATH, STRENG, DELESSE, NAUMANN und GIRARD an, die an un- 
zweifelhaften Oligoklasen angestellt worden sind und auch einige Abwei- 
chung zeigen. Der Feldspath zeigt eigenthümliche Zusammenhäufungen, 
die an diejenigen des Kugeldiorits erinnern (M. hebt hervor, dass diese 
Anhäufungen beim Wolynit, nicht wie beim Kugeldiorit sich der Kugel- 
gestalt nähern, sondern mehr elliptisch sind!) — M. zählt den Wolynit 
zum Porphyrit und erklärt sich gegen das Auseinanderhalten des letzteren 
und des Dioritporphyrs; „wenn auch diese beiden Gesteinsarten geogno- 
stisch verschieden sind, brauchen sie petrographisch nicht auseinander- 
gehalten zu werden, da das petrographische System sich hauptsächlich auf 
die mineralogischen und physikalischen Eigenschaften der Gesteine basirt.“ 
Zum Schluss bemerkt M.: der Name Wolynit würde dann nur aufrecht 
zu erhalten sein, wenn die erwähnte Kugelanordnung des Feldspathes für 
das Gestein charakteristisch ist — im entgegengesetzten Falle würde der 
Name zu streichen sein und das Gestein zum Porphyrit zu stellen. 


Möge zum Schluss noch Folgendes aus den Protokollen der Sitzungen 
im Jahre 1871 angeführt werden. Es ist die Publication von Analysen 
von Kalk-Thonerde-Epidoten aus der Gegend vom Kontschsee im Gouver- 


423 


nement Olonetz in Aussicht gestellt worden, an denen N. Kuuısın beschäf- 
tigt ist. 

TH. SAwWTScHEnKow legte in der Sitzung vom 9. März eine Arbeit vor 
über ein neues Princip zur Construction von chemischen Formeln der Si- 
licate. Diese Arbeit wird auch im Drucke erscheinen. 

P. JEREMEJEw machte die Mittheilung, dass er am Vesuvian vom Ural 
die neue Fläche °’/,P, und an finnländischen die ebenfalls neue Fläche 
2/;Poo gefunden hat. 

M. Norrz sprach von der Auffindung zwei neuer Gruben im Ural — 
die eine unweit der Achmatow’schen, die andere in der Nähe der Schi- 
schim’schen Grube — in denen Vorkommnisse von Epidot, Sphen, Perows- 
kit, Klinochlor, Spinell, Granat, Apatit, Magneteisen, Vesuvian und zweier 
noch unbekannten Mineralien bemerkenswerth sind. 


A. Saveseck: Vorkommen desScheelitsbei@Graupenin Böh- 
men. (Zeitschrift d. Deutsch. geolog. Geselfsch. NXIV, 3 (1872), S. 595 
—596.) Der Scheelit ist im Sommer 1871 auf einem zwischen 20 und 24 
Zoll mächtigen Gang aufgefunden worden, welcher vorwaltend aus Quarz 
. mit Zinnerz und Wolframit besteht. Die Krystalle des Scheelit zeigen die 
von Vielen als Grundform angenommene Pyramide (Endk. 108°), sitzen 
auf Quarz-Krystallen in Gesellschaft von Flussspath-Hexaedern;; letztere 
haben vielfach auf dem Quarz quadratische Eindrücke hervorgerufen (sog. 
Babylonquarz). Beim grössten Krystall ist die Hauptaxe 6 Mm. lang; es 
ist ein Juxtapositions-Zwilling nach der Fläche des zweiten Prisma. 


Epwarn Dana: über einen Andalusit-Krystall von Dela- 
ware, Pennsylvania. (American Journ. IV. Dec. 1872.) Der von 
Upper Providence stammende Krystall wird von Epw. Dana zweimal ab- 
gebildet; das einemal um den Krystall in seiner theoretischen Form zu 
zeigen, das anderemal mit allen seinen an Hemimorphismus erinnernden 
Unregelmässigkeiten. Im ersteren Falle erscheint er in der Combination: 


ooP.ooP2.ooP®o&.OP.P&o.P&&.P.2P2. Aber an dem wirklichen 
Krystall treten das Makrodoma und Makroprisma nur je einmal auf, ebenso 
die Pyramiden. — Epw. Dana hatte Gelegenheit, noch andere Krystalle 
vom nämlichen Fundort (deren einer 7 Pf. wog) zu untersuchen und auf- 
fallende Verschiedenheiten in den Prisma-Winkeln zu beobachten. Die 
regelmässige Spaltbarkeit nach den Prisma-Flächen ist vorhanden; manche 
der Krystalle zeigten eine eigenthümlich faserige, andere eine strahlige 
Structur. 


K. Vrea: Calcit-Stalaktiten von Niemtschitz. (Lotos, Dec. 
1872.) Der im devonischen Kalke betriebene Limonitbergbau von Niemt- 
schitz bei Boskowitz in Mähren führte in letzter Zeit zur Entdeckung 
mehrerer Föhlen, welche zum Theil durch ihren Reichthum an prächtigen 


Ara 


Caleit-Stalaktiten bemerkenswerth sind. Der Boden mancher dieser Höhlen 
ist mit einer 2--3 Fuss mächtigen Lage von Limonit bedeckt, während 
die First die schönsten Kalkstalaktiten zieren. Andere Höhlen enthalten 
kein Erz und sind ganz mit Tropfsteingebilden ausgekleidet. Enge Klüfte 
im Kalkstein werden ganz von einem porösen Limonit ausgefüllt, welcher 
in seinen Hohlräumen Calcit-Krystalle der Form —2R beherbergt. V. v. 
ZEPHAROVICH * beschreibt dieselben wie folgt: „Aus der Eisenerzgrube zu 
Niemtschitz stammen merkwürdige Stalaktiten, welche jenen aus der cu- 
baischen Höhle Bellamar sich anreihen, an Schönheit sie aber noch über- 
treffen dürften. Es sind individuelle, schwach konische oder cylindrische 
Zapfen, die durch ihre wasserklare Masse und glatte, glänzende Ober- 
fläche zunächst an Eisstalaktiten erinnern. Ihre Spitze wird von zumeist 
spiegelnden, ‚ebenen oder nur wenig gewölbten Krystallflächen gebildet, 
ich beobachtete 4R. — 2R. R oder auch —2R allein. Auf der konischen, 
. absatzweise leicht eingeschnürten Oberfläche der Zapfen treten hie und da 
ebene, rundlich begrenzte oder langgestreckte Tangentialflächen auf, welche 
zum Theil dem 4R, zum Theil dem ooR angehören. Im Inneren der voll- 
kommen pelluciden, nur ausnahmsweise von seichten Spaltklüften durch- 
setzten Stalaktiten sind nirgends Anzeichen eines offenen oder geschlosse- 
nen Canales zu sehen; an einem 3\, Zoll langen, fast regelmässig eylin- 
drischen Exemplare aber verläuft seiner ganzen Länge nach eine offene 
Rinne, ohne Zweifel einst ein innerer Canal, der durch Auflösung der 
Oberfläche des Cylinders später blossgelegt wurde. In den anderen Zapfen 
mag der innere Canal mit klarem Caleit gänzlich erfüllt worden sein, die 
besondere Glättung und der Glanz der Oberfläche sind aber wohl auch 
bei ihnen durch ein Lösungsmittel bewirkt worden. Der grösste der mir 
vorliegenden Tropfsteine, ebenfalls durch —2R zugespitzt, misst 8 Zoll 
Länge, seine Oberfläche ist theils auffallend geglättet, theils zart damas- 
eirt, stellenweise aber auch tiefer angeätzt; an der Anwachsstelle flügel- 
artig erweitert, übergeht er gleich den kürzeren Zapfen, in ein radial- 
dickstängliges Aggregat, die Stängeln senkrecht auf die stalaktische Axe 
gerichtet. Auf den Breitflächen eines 6'/, Zoll langen, 3—5 Zoll breiten 
und 2 Zoll dicken Tropfsteinbruchstückes zeigen sich Anhäufungen von 
Caleit-Kryställchen.*“ — Vrsı hat versucht, den unteren Theil eines der 
schönsten Stalaktiten in dreifacher Grösse möglichst naturgetreu darzu- 
stellen. Derselbe ist wasserklar und nur an wenigen Stellen, namentlich 
dort, wo er von seichten Spaltklüften durchsetzt wird, etwas getrübt. Un- 
ten durch 4R. — 2R. R begrenzt, geht er an seinem oberen Ende in ein 
radialdickstängliges Aggregat über, dessen äusserste Stängeln ziemlich 
stark werden und einen blattartigen Fortsatz zusammensetzen. Seine Ober- 
fläche ist glatt, stark glänzend und mit vielen theils dem ooR, theils dem 
4R, gehörigen Tangentialflächen versehen. An einem 8'/, cm. langen, durch 
—2R zugespitzten Exemplare fand sich auf dem oberen, durch eine Spalt- 
fläche begrenzten Ende eine 1,6 mm. lange und 0,8 mm, breite Öffnung, 


* Mineralogisches Lexicon für das Kaiserthum Österreich. II. Bd. S. 82. 


: 425 

die einem Canale angehört, welcher sich in der Richtung der stalaktiti- 
schen Axe 3,2 cm. tief verfolgen lässt. Neben den eben beschriebenen 
Tropfsteinen kommen auch ganz einfache, gleichfalls individuelle, halb- 
pellucide Röhrchen mit meist damascirter Oberflache vor, die bei einer 
Dicke von 0,5 cm. oft eine Länge von 10 cm. erreicken; sie haben einen, 
meist ganz offenen und verhältnissmässig sehr weiten Canal, mit welchem 
wie bei den früher besprochenen Stalaktiten die krystallographische Axe 
zusammenfällt. Ähnliche individuelle Stalaktiten wie jene von Niemtschitz 
kommen in der kleinen Höhle im Punkwathale vor und sind, obzwar 
weit weniger schön, desswegen von hohem Interesse, weil sie uns eine 
ziemlich gute Vorstellung von dem Entstehen derartiger individueller Ge- 
bilde geben. Zunächst sind es durchscheinende, gelblich- oder bräunlich- 
weisse, individuelle cylindrische Röhrchen, ganz jenen aus der Niemt- 
schitzer-Höhle ähnlich; ihr Canal ist sehr weit, und wenn das Röhrchen 
die cylindrische Form beibehalten hat, ganz offen und glatt. Jene stalak- 
titischen Gebilde hingegen, deren Canal entweder ganz oder doch zum 
Theil geschlossen ist, haben die inneren Wandungen desselben mit winzig 
kleinen Rhomboederchen bedeckt; gleichzeitig haben sich aber auch äus- 
serlich knospige Gestalten angesetzt, wodurch eine mehr konische Form 
des Stalaktiten bedingt wird. In vielen Fällen kann man das ursprüng- 
liche Röhrchen im Querbruche an seiner Durchsichtigkeit und Individua- 
lität erkennen, wogegen die äusserlich abgesetzte knospige Lage meist 
milchweiss, trüb und radialstänglig erscheint. Ist die Bildung noch mehr 
vorgeschritten, so sieht man den ganzen Canal mit einem Aggregat klei- 
ner Caleit-Rhomboederchen erfüllt, die sämmtlich in paralleler Stellung, 
die krystallographische Axe senkrecht zur stalaktitischen gerichtet, ver- 
wachsen sind; jedes derselben ist wohl mit einem Stängel zu vergleichen, 
welche die gewöhnlichen Tropfsteine zusammensetzen. Werden nun auch 
die letzten Zwischenräume zwischen den einzelnen Kryställchen durch reine 
Caleitmasse ausgefüllt, so entsteht ein vollkommen individueller Stalaktit. 
Die äussere, trübe, faserig abgesetzte, knospige Zone scheint sich später 
gleichfalls zu individualisiren, was sich an zwei der vorliegenden Exem- 
plare genau verfolgen lässt. Die Niemtschitzer-Stalaktiten mögen wohl 
einem ähnlichen Processe ihre Entstehung verdanken, der aber dennoch 
insoferne abweichend gewesen sein musste, als die krystallographische 
Axe des, den Tropfstein darstellenden Individuums, parallel und nicht senk- 
recht zur stalaktitischen Axe verlauft; auch ist der Canal in dem Niemt- 
schitzer Stalaktiten innen vollkommen eben und es scheint somit, dass bei 
den, gewiss aus sehr reiner Lösung durch concentrische Lagen sich ver- 
grössernden Gebilden, die Lagerung der sich absetzenden Moleküle durch 
die bereits abgesetzten beherrscht wurde. Die Tropfsteine aus der Höhle 
im Punkwathale zeigen keine Zuspitzung des unteren Poles durch Kry- 
stallflächen. 


426 


K. Vrsa: Galcit vom Erzbergin Steiermark. (A. 2.0.) V. 
v. ZEPHAROVICH sagt in seinem mineralogischen Lexicon*: „Am Erzberge 
bei Eisenerz fanden sich in neuester Zeit Vierlingsgruppen, welche gleich 
jenen von der Insel Elba nach —!/,R zusammengesetzt zu sein scheinen. 
Es sind weisse halbpellucide stehend aufgewachsene —2R bis '/, Zoll frei 
aufragend, die auf jeder ihrer drei oberen Flächen, ein in Zwillingsstel- 
lung hervorragendes —2R tragen. Die —2R-Flächen sind glatt und ge- 
wölbt oder ziemlich stark parallel ihren Mittelkanten, federbartähnlich, 
gefurcht. Bei manchen Gruppen wird unterhalb jeder der drei, aus dem 
centralen Individuum vortretenden —2R, eine Reihe von solchen in pa- 
ralleler Stellung sichtbar: zuweilen hat sich aber den weiter vorstreben- 
den seitlichen Krystallen wieder eine grosse Anzahl von kleineren —2R, 
ebenfalls nach —'/,R, seitlich angeschlossen. Der ganze zierliche Aufbau 
gewinnt dann das Ansehen eines baumähnlichen Gebildes, von dessen Mit- 
telstamme nach drei Richtungen Hauptäste sich erstrecken, die selbst wie- 
der nach drei Seiten Zweige aussenden. Solche vielfach gegliederte Grup: 
pen erheben sich auf einer dicken Kruste feinfaserigen weissen Aragonites 
über Limonit; die einfacher gebauten Vierlinge gehen nach abwärts über 
in ein grobkörniges Calecit-Aggregat, welches ebenfalls Limonit als Unter- 
lage zeigt.“ Die Flächen der Krystalle sind wie oben erwähnt stark ge- 
bogen oder parallel den Mittelkanten eines Rhomboeders federbartartig 
gefurcht. Im ersten Falle entsprechen dieselben, wie man sich leicht durch 
Absprengen einer Polkante oder der stellenweise sehr untergeordnet auf- 
tretenden R-Flächen überzeugen kann, dem —2R und übergehen nach 
unten in das —4R; im letzteren Falle kommt das —4R allein vor und die 
federbartartige Riefung wird bedingt durch ein Skalenoeder, welches sich 
mit dem —4R oseillatorisch combinirt hat. Der Umstand, dass zwischen 
zwei in Zwillingsstellung sich befindlichen Rhomboedern stets ein oder 
mehrere Individuen in nicht paralleler Stellung eingekeilt sind und die 
Spaltflächen selbst gekrümmt erscheinen, macht eine sichere Bestimmung 
des Winkels zweier Spaltflächen unmöglich; die durchgeführten Messungen 
an zwei Zwillingen variiren um mehrere Grade. Nachdem sich die Mes- 
sung zweier Spaltflächen als ganz unzuverlässig erwies, wurde eine nur 
sehr approximative Messung des einspringenden Winkels zwischen den 
beiden Zwillingsindividuen vorgenommen. Diese ergab den Winkel zwi- 
schen den beiden —2R nahe 94 Grad, jenen hingegen zwischen den —4R 
nahe 68 Grad. An den Krystallen von Elba, deren Spaltflächen einen 
Winkel von 52Y, Grad bilden, würde derselbe 92° betragen und die bei- 
den —4R einen Winkel = 66° 50° erfordern. 


* 8, 74. 


427 


B. Geologie. * 


A. STRENG und K. Zöpprıirz: über den basaltischen Vulkan 
Aspenkippel bei Climbach unweit Giessen. (Sonderabdr. a. d. 
14. Jahresbericht d. Oberhessischen Gesellsch. für Natur- und Heilkunde. 
S. 80. Mit einer geolog. Karte: !/, Kilom. im Massst. von 1: 5000.) Der 
bisher unbekannte Vulkan Aspenkippel liest am w. Rande der zu- 
sammenhängenden, vom Vogelsberge bis an das Lahnthal sich erstrecken- 
den Basalt-Decke. Es überlagert dieser Basalt, wo Aufschlüsse vorhanden, 
die oligocänen und miocänen Ablagerungen. In den Umgebungen von Clim- 
bach ist vorwaltend die Basalt-Formation vertreten, zu der auch noch ba- 
saltische Tuffe und Schlacken-Agglomerate gehören, sowie eine unter- 
geordnete, den Tuff bedeckende, mit Basalt-Fragmenten versehene und 
durch Dysodil-Lager ausgezeichnete Bildung, welche tertiär oder quartär. 
Der Basalt bildet das s. und sw. von dem Vulkan gelegene Plateau. Er 
bildet eine dunkelblauschwarze, dichte Masse, in der Olivin- und Augit- 
Kryställchen liegen. Unter dem Mikroskop erkennt man, dass eine sehr 
feinkörnige, aus triklinem Feldspath, Augit und Magneteisen bestehende 
Grundmasse vorhanden, in der einzelne Stellen mit glasiger amorpher Sub- 
stanz erfüllt sind. In dieser Grundmasse liegen: helle, grössere Krystalle 
von umgewandeltem Olivin, ein körniges Aggregat darstellend ; Plagioklas- 
Krystalle; kleine Augite und farblose Einschlüsse, die theils mit amorpher, 
theils mit entglaster Substanz erfüllt. Blasiger Basalt, in den dichten 
übergehend, findet sich am s. Theil des Kraters. Er ist von bräunlich- 
oder hellgrauer Farbe, sehr zersetzt, enthält zahlreiche runde, meist hohle, 
wie glasirte Blasenräume, oder mit einer hellen Substanz überzogen. Die 
Schlacken-Agglomerate treten an der ö. Seite des Kraters in grossen Mas- 
sen auf. Sie bestehen aus Basalt-Brocken, durch Tuff verkittet. Zwischen 
den Basalt-Fragmenten liegen Bruchstücke von Buntsandstein und ein 
amorphes, braunes, wachsglänzendes Mineral, das an Palagonit erinnert, 
aber sich von diesem durch sein nicht gelatiniren mit Säure alsbald unter- 
scheidet. Eine Analyse des Minerales, dessen spec. Gew. — 1,777, ergab: 


Kieselsäure.. . . + 36,80 
TEhonerde 3m": wir A3;6T 
Bisenoxyd: .wa#i422312,9 
Kalkerde:#..»nzrnizr 307 
Magnesia sam! nah +3,38 
Kalrwipın as ass, 1 
Nabronstrer3 ri ir: 22610562 
Massen on... %L35;02 

100,84. 


* Den geehrten Einsendern von Werken oder Separat-Abdrücken geo- 
logischen Inhalts diene zur Nachricht, dass das Material sich sehr ange- 
häuft und zunächst die älteren Einsendungen zu erledigen sind. Doch 
sollen wo möglich alle bis Anfang Juni eingelaufenen Schriften in den 
nächsten 3 Heften besprochen werden. D. Red, 


428 


Es ist dieses Mineral, dessen hoher Wassergehalt besonders merk- 
würdig, wie schon bemerkt, dem Palagonit sehr ähnlich, erinnert aber 
auch an Bol. — Weil viele Basalt-Fragmente des Agglomerates ein pech- 
steinähnliches Ansehen besitzen, lag die Vermuthung nahe, dass sie mit 
dem fraglichen Mineral imprägnirt seien. Die mikroskopische Untersuchung 
ergab: dass eine aus Plagioklas, Augit und Magneteisen bestehende Grund- 
masse vorhanden, in der aber amorphe Substanz mit Sicherheit nicht zu 
erkennen; demnach die Ursache des Pechglanzes nicht ermittelt. In der 
Grundmasse sind zu unterscheiden: helle Krystalle von den Formen des 
Olivins, aber umgewandelt; Plagioklase, Augite und eigenthümliche, ver- 
schieden gestaltete Einlagerungen, die farblos oder gelb mit einem Rand 
umgeben, an Palagonit erinnern. — Die basaltischen Tuffe sind deutlich 
geschichtet und liegen fast horizontal. Sie bestehen aus Fragmenten von 
dichtem oder porösem Basalt, von Buntsandstein und Quarz, denen sich 
Krystalle von Hornblende und Augit, sowie Körner der palagonitischen 
Substanz beigesellen: Alles durch ein Bindemittel verkittet, das ebenfalls 
palagonitisch scheint. — Basaltischer Tuff bildet das Liegende der unter- 
halb Climbach nur lokal auftretenden Dysodil-Schicht, die von einem san- 
digen Lehm bedeckt wird. Es gehört diese Dysodil-Schicht einer ziemlich 
neuen Zeit an, sie ist entweder pliocän oder diluvial, aber keineswegs 
oligocän, wie man früher glaubte. Nach den bis jetzt vorhandenen Auf- 
schlüssen ist anzunehmen, dass ein die Unterlage des Basalts bildender 
tertiärer Kalk das älteste Gestein; darauf ruht Basalt, auf diesem wahr- 
scheinlich der Basalttuff, den die Dysodil-Schicht bedeckt. Der Aspenkip- 
pel stellt sich als ein wohl ausgebildeter basaltischer Vulkan dar, welcher 
gegen das Ende der Tertiärperiode in Thätigkeit war. Die vulkanische 
Thätigkeit hat sich auf den Auswurf von losem Material beschränkt. Um 
zur Oberfläche zu gelangen, musste aber der Basalt Devon- und Kulm- 
formation, Buntsandstein und Tertiär-Ablagerungen durchbrechen. Es ist 
daher der Herd der vulkanischen Thätigkeit tief unter der Oberfläche zu 
suchen. Der Aspenkippel, welcher keinen Lavenstrom aufzuweisen hat, 
dürfte weniger als ein selbständiger Ausbruchspunkt, vielmehr als Parasit 
am Rande eines grossen Basaltvulkans zu betrachten sein. Die vorlie- 
gende Abhandlung wird, wie oben bemerkt, von einer schön ausgeführten 
Karte begleitet. Die topographische Aufnahme und Zeichnung führte 
ZorpprRiTz, die geologische Aufnahme A. StrRene aus. Von letzterem ist 
bald eine grössere Arbeit: mikroskopische und chemische Untersuchung 
der Basaltgesteine des Vogelsberges zu erwarten. 


O. Vorzmar: Analyse des Andesit von Czibles im Gutiner 
Gebirge im n. Siebenbürgen. (G. TscuermAk, Mineral. Mittheil. 1872, IV, 
S. 261.) Das untersuchte Gestein gehört zu den Pyroxen-Andesiten; ent- 
hält in einer dichten, grünlichgrauen Masse grosse Plagioklas-Lamellen 
und hellgrüne Säulchen von Diallagit. Spec. Gew. = 2,773. Chem. Zus.: 


429 


Kieselsäure . . . 56,56 
Ahonerde. ... 7 1.7: 921,67 
"Risenoxyd.;...,. .or 22,41 
Eisenoxydul;, ....- -..,,2,3% 
Manganoxydul . . Spur 
Maonesia,| .. 2.90, 0219 
Kalkerde °.:\ %....”...8,58 
Ga re 7 
Natmon.s WA var). 2,58 
Wasser 2. 21,84 
Kohlensäure . . . 0,37 

00,99. 


C. W. C. Fucus: die Insel Ischia. (Mineral. Mittheil. ges. von 
G. TscHERMAK, 1872, 4. Heft, $. 199—239.) Die vorliegende Arbeit ist 
das Resultat mehrjähriger Forschungen des Verfassers, der sich um die 
Kenntniss vulkanischer Gesteine so bedeutende Verdienste erworben. Sie 
bietet eine höchst interessante Schilderung der merkwürdigen Insel, welche 
Fuchs mit Recht die „Perle“ in der ganzen Umgebung des Golfes von 
Neapel nennt. Nach einer physikalisch-geographischen Skizze von Ischia 
folgt eine geognostische Beschreibung der Insel mit ihren wichtigsten Lo- 
calitäten, wie Epomeo, an welche sich eine Übersicht der historischen 
Eruptionen reiht, sowie eine sehr gründliche Petrographie von Ischia nebst 
zahlreichen, von Fuchs ausgeführten Analysen der trachytischen Gesteine, 
die sich durch die auffallende Übereinstimmung in ihrer Zusammensetzung 
auszeichnen. Die Hauptresultate seiner Forschungen hebt Fucas in der 
geologischen Geschichte der Insel in folgender Weise hervor. Geognosie 
und geschichtliche Überlieferung vereinigen sich, um uns einen klaren Blick 
in die Vergangenheit und in die Entwickelung des Vulkans von Ischia zu 
gewähren. Am wenigsten verbürgt ist die Erklärung der Uranfänge des- 
selben. Sicher ist es, dass es submarine Eruptionen waren und wahr- 
scheinlich ist es, dass sie in gleicher Weise stattfanden, wie in den letzten 
Jahren an einem anderen Trachyt-Vulkan des Mittelmeeres, der Insel 
Santorin. Bei den auf dem Meeresboden erfolgenden Lava-Ergüssen wurde 
die erhärtete Decke durch den fortwährenden Nachschub neuer Lava ge- 
hoben, bis die Dicke der Lava-Schicht ein weiteres Aufsteigen von Däm- 
pfen und Lava verhinderte. Dadurch steigerte sich allmählich die Ex- 
pansionskraft der Dämpfe, bis dieselben die Lava durchbrachen, Schlacken 
und Asche emporschleuderten und auf dem Rücken der Lava einen Schlacken- 
oder Tuffkegel mit Krater aufbauten, der nun als der eigentliche Vulkan 
erschien. So ist die Insel Georgios I. bei Santorin entstanden und wahr- 
scheinlich der älteste Theil von Ischia. Unten liegt auch hier ein mäch- 
tiges Lager von Lava aus dichtem, schwarzem Trachyt bestehend, welches 
überall, wo die steilen Küsten an der Südseite der Insel entblösst sind, 
sichtbar wird. Darauf erhebt sich der Tuffkegel des Epomeo mit dem 


430 


grossen Hauptkrater. In diesem Zustande fuhr der Epomeo fort, als sub- 
mariner Vulkan thätig zu sein. Die Laven ergossen sich besonders nach 
Süden und die Bimsstein-Lapilli und die trachytische Asche wurden als 
regelmässige Tuffschichten von dem Meere auf den Strömen abgelagert. 
Der Epomeotuff wurde indess an seiner Oberfläche, so weit er von dem 
Meere bedeckt war, zersetzt, und es entstanden Sedimente, welche Reste 
der im Meere lebenden Thiere einschlossen. Später wurde der ganze Vul- 
kan gehoben und erschien als Insel über der Meeresfläche. Die Petre- 
facten-führenden Sedimente sind Beweis für den ehemaligen submarinen 
Zustand, und aus den Species ergibt sich, dass die submarine Periode in 
der Diluvial-Zeit lag. Da diese Sedimente bis zu einer Höhe von etwa 
1400 F. an dem Epomeo hinaufstreichen, so ergibt sich, dass die Insel 
einst mindestens bis zu dieser Höhe vom Meere bedeckt war oder um 
ebensoviel gehoben wurde. — Die geschichtliche Zeit beginnt erst lange 
nach der Hebung der Insel. Die erste Eruption, deren die Überlieferung 
gedenkt, fand am Montagnone und Lago del Bagno statt. Später ereig- 
nete sich die Eruption, wodurch der grosse Strom des Marecoco und Zale 
ergossen und die Colonie der Syracusaner zerstört wurde. Als Zeit der- 
selben lässt sich etwa das Jahr 470 v. Cur. angeben. Der Rotaro scheint 
durch eine furchtbare Eruption zwischen 400 und 352 v. CHr. entstanden 
zu sein. Dann erfahren wir erst wieder im J. S9 v. CHR. von einem Aus- 
bruch. Spätere Eruptionen sollen noch zwischen 79—S1 n. Car., zwischen 
133—161 und zwischen 2854—305 n. CHR. eingetreten sein. Nach tausend- 
jähriger Ruhe ereignete sich der letzte Ausbruch im J. 1302, wodurch der 
Lavenstrom, Arso genannt, entstand. Seitdem gibt sich die vulkanische 
Thätigkeit nur noch in Erdbeben und einer den Boden der Insel erhitzen- 
den Gluth zu erkennen, so dass das in demselben eirculirende Wasser als 
Dampfquelle oder Therme wieder hervorbricht. Die heissen Quellen führen 
die Auslaugungs-Producte der Gesteine von Ischia gelöst mit sich. Dar- 
unter ist auch Chlornatrium vorhanden, welches auf die grosse Rolle hin- 
weist, welche die Sublimationen dieses Salzes bei den Eruptionen spielten. 
— Die Laven des Vulkans gehören zu den trachytischen, wurden jedoch 
zur Zeit ihres Ergusses mehr oder weniger modificirt. Auch dabei spielte 
das Chlornatrium, ebenso wie andere Sublimationen, eine bedeutungsvolle 
Rolle, indem es die chemische Zusammensetzung der Lava basischer machte 
und zur Bildung neuer Mineralien, z. B. des Sodaliths, Veranlassung gab. 
Die Erstarrung der Laven erfolgte theils in vollkommen glasartigem, theils 
in einem sehr ausgebildet krystallinischen Zustande, in welchem nur noch 
wenig von dem Magma vorhanden ist. Darum sind in dieser Beziehung 
alle möglichen Stufen und Übergänge in der Entwickelung auf Ischia an- 
zutreffen. — Eine grössere Arbeit von Fuchs über Ischia ist in italieni- 
scher Sprache erschienen *. Dieselbe wurde durch Vermittelung des Co- 
mitato geologico gedruckt und wird von einer schönen geologischen Karte 
der Insel begleitet. 


* Vergl. Jahrb. 1873, S. 305. 


431 


VoGELGESANG: geologische Beschreibung der Sectionen 
Triberg und Donaueschingen. (Dreissigstes Heft der „Beiträge 
zur Statistik der inneren Verwaltung des Grossherzogthums Baden“.) Mit 
zwei geologischen Karten und zwei Profiltafeln. Carlsruhe 1872. 4°. S. 133. 
Der Verfasser der vorliegenden Arbeit ist den Lesern des Jahrbuches be- 
reits bekannt durch seine vortreffliche Beschreibung des Kinzigthaler Berg- 
baues sowie durch die gemeinschaftlich mit ZrrreL ausgeführte Unter- 
suchung der Umgebungen von Möhringen und Mösskirch * als ein gründ- 
licher Kenner der geognostischen Verhältnisse des Schwarzwaldes und der 
angrenzenden Regionen. — Die auf den geschilderten Gebieten auftreten- 
den Formationen ordnet der Verfasser in folgender Weise. 


A. Gebirgsland des Schwarzwaldes. 


I. Alte krystallinische Silicatgesteine. 
1. Gneiss. 
2. Granit. 
3. Ältere Porphyre. 
a. Quarzfreie. b. Granitartige. c. Quarzführende. 
4. Hornblendegesteine. 
5. Serpentin. 
II. Jüngere krystallinische Silicatgesteine. 
6. Jüngere Porphyre. 
a. Quarzporphyre. b. Oligoklasporphyrit. 
III. Erzgänge. 
IV. Flötzbildungen. 
7. Rothliegendes. 
8. Schwarzwald-Sandstein. 


V. Älteres und jüngeres Alluvium. 
Schwarzwald-Gerölle. Schwarzwaldlehm. Felsschutt. 
Torf der Hochmoore. Flussalluvionen. 


B. Schwäbisches Stufenland. 


l. Erste Stufe. 
9, Oberer Buntsandstein. 
10. Wellenkalk und Wellendolomit. 
11. Salzgruppe. 
12. Hauptmuschelkalk. 
13. Trigonodusdolomit. 
II. Zweite Stufe. 
14. Lettenkohle. 
15. Bunte Mergel mit Gyps. 
16. Schilfsandstein. 
17. Stubensandstein und rothe Thone. 


* Vergl. Jahrb. 1866, 231 und 1868, 490. 


432 


Ill. Dritte Stufe. 
18. Schwarzer Jura. Lias. 
a. Unterer. b. Mittlerer. c. Oberer. 
19. Brauner Jura. 

a. Opalinusthon. b. Schichten des Ammonites Murchisonae, 
Sowerbyi und Humphriesianus. c. Parkinsoni-. und Va- 
rvans-Schichten. d. Macrocephalus- und Ornatus-Thon. 

20. Weisser Jura. 

a. Unterer weisser Jura. 

IV. Älteres und jüngeres Alluvium. 

21. Schwarzwald-Gerölle. 
22. Lehm und Letten. 
25. Torf. 

24. Flussalluvionen. 

Die Sectionen Triberg und Donaueschingen gehören zu den interes- 
santesten des badischen Landes. Sie umfassen das Quellengebiet des zweit- 
grössten Stromes Europa’s, der Donau, umgeben von den Wiegen des 
Neckars und anderer Zuflüsse des Oberrheins. Orographisch wie geo- 
logisch zerfällt das geschilderte Terrain in zwei Theile. 
Der eine — auf der Section Triberg dargestellt — bietet ein 
Bild des „Urgebirges“, bestehend aus den ältestenkrystalli- 
nischen Silicat-Gesteinen. Der andere Theil, die Section 
Donaueschingen, enthält ein Stück des schwäbischen Stu- 
fenlandes: in mannigfachem Wechsel erscheinen die &lie- 
der der Trias- und Jura-Formation. Die Vermittelung der geo- 
logischen und landschaftlichen Gegensätze beider, des Gebirgs- und des 
Stufenlandes, übernimmt der Buntsandstein, der landschaftlich dem ersteren, 
geologisch dem letzteren angehört. 

Das Gebirgsland wird zuerst in nördlicher dann in östlicher Richtung 
von der Wasserscheide der zwei grössten deutschen Stromgebiete durch- 
zogen. Die Entfernungen des Rheinthales einerseits, andererseits des Do- 
nau-Sammelbeckens von dieser Wasserscheide sind fast gleich; nicht aber 
. die Höhenunterschiede. Das Rheinthal (850°) liegt 2650, das Sammel- 
becken der Donau bei Donaueschingen (2250‘) nur 1250° unter dem die 
Stromsysteme trennenden Gebirgskamm von 3500‘ mittler Höhe. Die Folge 
dieser Höhendifferenz ist, dass die Gewässer der Rheinseite mit der Aus- 
gleichung ihres Gefälles noch beschäftigt sind, während die der Donau- 
seite solche bereits vollendet haben: daher auf jener Seite mannigfaltigere 
Entwickelung der Thalsysteme, starke Convexitäten der Thalsohlen, auf 
dieser Einförmigkeit in der Thalgestaltung, Concavität der Thalsohlen. 

Gneiss nimmt den hervorragendsten Antheil an der Zusammensetzung 
des -Gebirgslandes. Unter seinen zahlreichen Abänderungen sind die fla- 
serigen und körnig-schieferige; mehr örtlich und mit den genannten Ab- 
änderungen durch die mannigfachsten Übergänge verbunden, treten körnig- 
streifige, körnig-schuppige, körnig-flaserige Abänderungen auf, ferner cor- 
nubianitartige, porphyrartige und Hornblendegneisse auf. Letztere bilden 


433 


den Übergang zu den Amphiboliten, welche als Hornblendeschie- 
fer, als meist quarzhaltige Glimmerdiorite und aphanitische 
Gesteine erscheinen. _ Petrographische Beschaffenheit, Übergänge in 
Gneiss, die ganze Art des Verbandes mit letzterem lassen es nicht be- 
zweifeln, dass alle diese Gesteine nicht allein als untergeordnete Einla- 
gerungen, sondern eben nur als besondere Ausbildungs-Formen 
des Gneisses zu betrachten sind, in welchen der Glimmer durch 
die ihm genetisch verwandte Hornblende, der Orthoklas ganz oder theil- 
weise durch einen triklinen Feldspath ersetzt wird, der meist Oligoklas, 
welcher ja auch in den gewöhnlichen Gneiss-Abänderungen einen häufigen 
Bestandtheil bildet. Nicht selten stellt sich auch in diesen Gesteinen ein 
Gemenge von Orthoklas und Oligoklas ein, oft in einer Art regelmässiger 
Verwachsung: — Die vorzugsweise dem südwestlichen Theile des Gebietes 
angehörigen Dioritgesteine werden in den Umgebungen von Simons- 
wald und Vöhrenbach durch Glimmerporphyre vertreten, deren mit 
Glimmer verwebte Grundmassen sich zum Gneiss verhalten, wie die fein- 
körnig- oder feinschuppig-krystallinischen Substrate der Quarzporphyre zu 
den feinkörnisen Abänderungen des Granits, Manche Abänderungen, und 
zwar gerade diejenigen, welche äusserlich gewissen Melaphyren nahe zu 
stehen scheinen, gehen ganz unzweideutig aus granitischen und cornubia- 
nit-artigen Gneissgesteinen hervor; andererseits genügt eine geringe Ver- 
dichtung des Kornes, viel geringer als man sie im grobkörnigen Granit 
an umschriebenen Stellen als eine gewöhnliche Erscheinung beobachtet und 
die Ausscheidung freier Kieselsäure, von der sie selten ganz frei, um die 
Brücke zwischen ihnen und den Quarzporphyren herzustellen, zu denen 
sie auch räumlich in einer nahen Beziehung zu stehen scheinen. 

Die Quarzporphyre, bald vereinzelt auftretend, bald gruppen- 
weise in einer grösseren Anzahl gang- und stockartiger Vorkommnisse des 
Gneisses Einförmigkeit unterbrechend, lassen sich in keiner Weise von 
denen des Granit-Gebietes unterscheiden und schliessen sich an den Granit 
in zwei Abänderungen eng an; in der granitartigen von feinkörniger Grund- 
masse mit seltenen Einsprenglingen an den feinkörnigen Granit, in der 
Abänderung als Granitporphyr mit feinkörniger krystallinischer Grund- 
masse und zahlreichen, oft grossen und gut ausgebildeten Krystailen von 
Quarz, Orthoklas und Glimmer an den porphyrartigen Granit. — Ein 
Wechsel von feinkörnigem Granit und Quarzporphyr (meist 
granitartigem Porphyr oder Granitporphyr) bezeichnet gewöhnlich 
die Grenzregion zwischen Gneiss und Granit. Letzterer bildet 
in dem Gebiet zwei grosse, geschlossene Massen, das Triberger und das 
Eisenbacher Massiv. Dieses schliesst sich an die grosse Granit-Partie des 
südlichen Schwarzwaldes an und setzt nördlich nach dem oberen Kinzig- 
gebiet fort, vielfach durch jüngere Bildungen unterbrochen; jenes erstreckt 
sich über das Kinzigthal bis nach Schapbach und Rippoldsau, wo es unter 
der Buntsandstein-Decke des Kniebis verschwindet. In petrographischer 
Beziehung sind beide Massivs etwas verschieden ausgebildet. Der Eisen- 


bacher Granit wird durch rothe Farben und die beständige Anwesenheit 
Jahrbuch 1873. 28 


434 


weissen Muscovits charakterisirt. Beiden Typen untergeordnet sind nahezu 
gleichmässig ausgebildete mittelkörnige, klein- bis feinkörnige sowie por- 
phyrartige Abänderungen. Die petrographischen Übergänge und die Ver- 
band-Verhältnisse lassen aber alle diese krystallinischen Silicat- 
gesteine des Gebietes — wenn nicht des Schwarzwaldes überhaupt — 
als blosse Structur-Erscheinungen eines und desselben Mi- 
neral-Gemenges, nicht als selbständige Gebirgsglieder von 
verschiedenem Alter betrachten. Die meisten sog. jüngeren 
Porphyre dürften als stark verkieselte ältere Porphyre anzusehen sein. — 
Erzgänge sind im Allgemeinen selten. Silber- und Bleierze führende 
finden sich im Gneiss bei Vöhrenbach und Kirnach, Rotheisenstein- und 
Manganerz-Gänge von geringer Längen-Erstreckung und Mächtigkeit, aber 
zu ganzen Zügen vereinigt im Granit der Umgebungen von Hammereisen- 
bach und Kirnach sowie im Gneiss bei Vöhrenbach. 

Das Gebirgsland unseres Gebietes trägt eine grössere Zahl vereinzel- 
ter Ablagerungen des Rothliegenden, deren gleichförmige Ausbildung 
schliessen lässt, dass alle diese Lappen nur die Theile einer ursprüng- 
lich zusammenhängenden Decke seien. Die untere Abtheilung 
besteht aus grobkörnigen Sandsteinen und Conglomeraten mit rothen und 
violetten Sanden und Thonen, die nur im nördlichen und östlichen Theile 
entwickelt aus harten, hellfarbigen, stark verkieselten Arkosen und Brec- 
cien in Verbindung mit sog. jüngeren Porphyren. Die sehr ungleichen 
Niveau’s, in welchen die verschiedenen Ablagerungen auftreten, zeigen an, 
dass nach dem Absatz der Arkosen bedeutende Dislocationen den Schwarz- 
wald betroffen haben. Das obere Rothliegende erscheint nirgends in un- 
mittelbarer Auflagerung auf dem unteren, wohl aber in concordanter La- 
gerung stets unmittelbar unter dem Schwarzwald-Sandstein, und da es 
Gerölle der Arkose des mittleren Rothliegenden umschliesst, dürfte sein 
Absatz von dem. des letzteren durch eine lange Periode getrennt gewesen 
sein. Vielleicht lässt sich dasselbe als eine Parallel-Bildung des unteren 
Zechsteins auffassen. 

Der Schwarzwald-Sandstein vermittelt landschaftlich den Über- 
gang des Gebirgslandes in das Stufenland. Er ist in zwei Gliedern ent- 
wickelt, von denen das untere, aus Conglomeraten, Kiesel- und Tigersand- 
steinen bestehend, die dem Gebirge zugekehrte Stirn zusammensetzt, wäh- 
rend das obere, die aus bunten Thonsanden mit Dolomit-Nestern und 
Karneol-Schnüren bestehende sog. Zwischenbildung erst etwas becken-ein- 
wärts auf der moorigen, sanft geneigten Hochfläche zur Ausbildung ge- 
langt. Der obere Buntsandstein ist abweichend über dem Schwarzwald- 
Sandstein gelagert, während er petrographisch und durch gleichförmige 
Lagerung mit den untersten Gliedern der Muschelkalk-Gruppe verknüpft ist. 

Der orographische Charakter des Stufenlandes und die hydrographische 
Entwickelung des gesammten Donau-Quellen-Netzes ist bedingt einerseits 
durch den Parallelismus der kettenartig hintereinander liegenden Stufen 
des Muschelkalkes, Keupers und Jura’s und die relative Höhe der ein- 
zelnen Stufen, andererseits durch den östlichen Schichtenfall im Allge- 


435 


meinen und das Vorhandensein zweier Schichtensättel im Besonderen, von 
denen der eine an der Stelle des jetzigen Neckar-Ursprungs, der andere 
im Donaueschinger Becken sich befindet, welches eben dadurch so lange 
als natürlicher Wasser-Sammler diente und auf dessen Sohle sich die Zu: 
flüsse vom Gebirge regulirten, bis die den Verschluss des Beckens bildende 
Jura-Stufe durch Erosion tief genug ausgenagt war, um den Austritt der 
Gewässer in das schon zur Tertiärzeit geöffnete Donauthal zu ermöglichen. 
Letzteres verlief ursprünglich durch das jetzige Aitrach- und Wutachthal 
bis an die Ostabhänge des Feldberges, der die beiden Hauptquellen der 
Gutach vom Feldsee aus, der Haslach von den alten Seebecken bei Lenz- 
kirch entsendete. Nachdem aber, wohl am Ende oder kurz nach dem 
Schluss der Tertiärzeit der Rheinspiegel in Folge des Durchbruches des 
Riegels bei Königswinter sich beträchtlich tiefer gelegt hatte und dadurch 
die hydrographischen Verhältnisse am Südabfall des Schwarzwaldes sich 
wesentlich umgestalteten, erfolgte auch die Durchsägung des rechten Ge- 
hänges der alten Wutach (Donau) und die Ablenkung dieses Gewässers 
bei Blumberg in das Rheinsystem, so dass nunmehr das Quellen-Gebiet 
der Donau an den Briglirain und Kesselberg verlegt wurde, während ur- 
sprünglich das Überreich des diese Zuflüsse sammelnden Donaueschinger 
Beckens in das Neckarthal, also in das Rheingebiet ablief. ’ 

Die das Stufenland zusammensetzenden Gruppen der Trias und des 
Jura tragen sehr vollständig das Gepräge der schwäbischen Ent- 
wickelung. Von den Gliedern des Muschelkalkes ist das der Anhydrit- 
und Salzgruppe in bedeutender Mächtigkeit und technisch hoch- 
wichtiger Ausbildung vorhanden (Dürrheim); die Lettenkohle meist durch 
jüngere Bildungen verdeckt. Von den einzelnen Abtheilungen des Keu- 
pers hat der Gyps seiner Zeit in Folge einer Verwechselung mit dem 
Gyps der Anhydrit-Gruppe zur Auffindung des Dürrheimer Steinsalzlagers 
geführt, und war und ist zum Theil noch, ebenso wie Stubensandstein und 
Schilfsandstein, Gegenstand der Gewinnung. 

Die breite Fläche des Lias hat durch die glückliche Mischung, welche 
die Beschaffenheit seiner Gesteine der Ackerkrume verleiht, die östliche 
Baar zu einer Kornkammer des Landes gemacht. In paläontologischer 
Beziehung ist die früher aus dem oberbadischen Jura nicht bekannte Aus- 
bildung der Schichten des Ammonites planorbis im unteren 
Lias von Pfohren und jener des Ammonites asptidordes im 
oberen braunen Jura bei Gutmadingen hervorzuheben. 

Von den Quartär-Bildungen des Gebietes gehören die Ablage- 
rungen von Schwarzwald-Geröllen in der Schichten-Einsenkung bei Donau- 
eschingen und bei Rietheim sowie einzelne Torflager ganz unzweifelhaft 
der Diluvialperiode an. Die übrigen Ablagerungen von Geröllen, plasti- 
schem Thon, Lehm und Letten und die meisten Torfmoore entziehen sich 
einer schärferen Alters-Bestimmung, weil sie das Product von Absätzen 
und Vorgängen sind, die sich in gleicher Weise in früherer wie in spä- 
terer Zeit wiederholt haben und lokal noch fortdauern. Nichts deutet 


übrigens an, dass in dieser ganzen Periode der Neuzeit irgend welche 
38% 


436 


gewaltsame Ereignisse das Gebiet betroffen haber, und selbst die Anhäu- 
fungen von Felsschutt, die in grossartigster Weise in den Gebieten des 
Gneisses, Granits und Schwarzwald-Sandsteins angetroffen werden, sind 
keineswegs auf Erschütterungen, sondern auf den langsamen, ruhigen Vor- 
gang der Verwitterung zurückzuführen. 


JAMES GEIKIE: über Wechsel desKlima’s während der Gla- 
cial-Epoche. (Geol. Mag. Vol. 8 u. 9.) London, 1872. 8°. 69 S.) — 
Nach Veröffentlichung dieser Abhandlung in dem „Geological Magazine“ 
sind die Arbeiten von Törnesoam über Schweden (Jb. 1872, 80) und einige 
andere Arbeiten erschienen, auf welche der Verfasser in der gegenwärti- 
gen Ausgabe Rücksicht genommen hat. | 

GEIKIE unterscheidet bei den Schottischen Glacial-Ablagerungen drei 
Gruppen. 

Untere Gruppe: Till* und Geschiebethon **, mit Zwischenschichten 
von Kies, Sand, Thon, Schlamm und Moder, stellenweis mit arktischen 
Schalthieren, zuweilen mit Säugethierresten und vegetabiler Substanz. 

Mittlere Gruppe: Haufen von ungeschichteten oder roh geschichte- 
ten erdigen, sandigen und thonigen Massen mit zahllosen eckigen Blöcken 
und Trümmern, Schichten von Kies, Sand, Ziegelthon, silt (Schlamm) und 
mud (Moder) (mit arktischen und nordischen Muscheln in den marinen 
Districten). Die Sand- und Kiesschichten nehmen oft die Form von Kames 
an, öfters die von Terrassen oder des Strandes. Erratische Blöcke (auf 
Eis transportirt). i 

Obere Gruppe: Moränen. 

Die Bildung des schottischen Till mit seinen zwischengelagerten 
Schichten bezeichnet einen langen Zeitraum, während dessen wiederholte 
Veränderungen des Klima’s stattgefunden haben. 

Sie weist zunächst auf entschieden arktische Verhältnisse hin. 

Die Zwischenlagerungen von Silt, Thon, Sand und Kies mit Land- 
pflanzen und Säugethierresten, an einigen Stellen aber mit marinen Con- 
chylien, zeigen hingegen, dass die arctische Kälte, welche die Gegend mit 
einer Eisdecke bedeckt hat, nicht blos einmal, sondern wiederholt, längere 
Zeit hindurch milderen Verhältnissen gewichen ist. 

So weit man jetzt urtheilen kann, hat keine dieser interglacialen Pe- 
rioden sich eines wärmeren Klima’s erfreuet, als das in den Waldzonen 
der höheren Breiten Nordamerika’s jetzt. 


* Unter dem Namen Till fasst Geikıe ungeschichtete, mehr oder 
weniger zähe Thonablagerungen zusammen, welche mit polirten und ge- 
ritzten Steinen reich beladen sind und die ältesten glacialen Ablagerungen 
bezeichnen. 


** Der schottische Geschiebethon (boulder-clay), welcher von dem Till 
unterschieden wird, wurde höchst wahrscheinlich dort abgesetzt, wo die 
alten zusammenstossenden Gletscher in das Meer eintraten zu einer Zeit, 
wo die Eismassen durch Schmelzung im Rückschritt begriffen waren. 


437 


Dem gänzlichen Verschwinden der grossen Eisdecke folgte eine milde 
oder gemässigte Periode. Wahrscheinlich hatten 'sich die Gletscher weit 
von dem Meere zurückgezogen, bevor eine Senkung des Landes begann, 
hier und da den Boden bedeckend mit den losen Trümmern ihrer End- 
moränen. 

Während dieser Senkung des Landes erfolgte die Bildung jener „Ka- 
mes“ von Sand und Kies. Zu jener Zeit existirten noch keine oder nur 
wenige schwimmende Eisblöcke in den dortigen Meeren. 

Erst als die Senkung beträchtlicher ward, traten auch die Gletscher 
wiederum in das Meer ein, und durch Eisberge und Küsteneis wurden Ge- 
steine und ihre Blöcke über den Meeresgrund zerstreut und an die Ge- 
hänge und Gipfel jener Kames geführt, die man in den muschelführenden 
Thonen noch antrifft. 

Die Thone mit arctischen Schalthieren gehören der Periode einer neuen 
Erhebung des Bodens an. 

Die nachfolgenden Veränderungen deuten eine allmähliche Verbesse- 
rung des Klima’s bis zu der gegenwärtigen Zeit an. 

Es ist auffallend, wie übereinstimmend im Allgemeinen die durch 
 GEIKIE für Schottland gewonnenen Erfahrungen mit jenen durch andere 
selbstständige Forscher in anderen sehr entfernten Gegenden erreichten 
stehen. Dies tritt am besten bei einem Vergleiche mit den schweizerischen 
Glacial-Ablagerungen hervor. 

1. Dem schottischen Till mit seinen Zwischenlagern entsprechen 
die Grundmoränen oder tiefen Moränen der Schweiz, in bei- 
den Ländern intensive glaciale Bedingungen anzeigend. 

2. Moränenschutt und die daran schliessenden 3. Kames von 
Sand und Kies bezeichnen hier ‚wie dort das Rückschreiten der grossen, 
weit verbreiteten Gletscher. 

4. Der schottische Ziegelthon (Brick-clay) mit arctischen und nordi- 
schen Schalthieren und erratischen Blöcken, sind die Vertreter der Morä- 
nen, die in der Schweiz die älteren Glacialablagerungen bedecken und auf 
ein neues Vorschreiten der Gletscher hinweisen. 

5. Thalmoränen (Valley moraines) in Schottland und die neueren 
Moränen der Schweiz bezeichnen dort das letzte, hier ein periodisches 
Zurückziehen der Gletscher. 


In einer ganz ähnlichen Weise lässt sich nach A. E. TörNEBoRM in 
Schweden unterscheiden: 


1. Unterer und oberer Till, zum Theil mit unterlagerndem Sand. In- 
tensive Eiszeit mit milderen Zwischen-Perioden. 
2. Moränenschutt. 


0 
3. Asar von Sand und Kies, welche mit jenen Kames in Schott- 
land oder Eskers in Irland in vielen Beziehungen übereinstimmen. 


4. Thone mit arctischen Schalthieren und erratischen Blöcken. Neues 
Vorschreiten der Gletscher. 


5. Moränen, durch Rückschreiten der Gletscher gebildet. 


438 


Am Schlusse seiner interessanten Abhandlung stellt der Verfasser in 
einer Tabelle noch alle jene, zwischen Alluvium und Crag von Norwich 
fallende, Ablagerungen der Glacialzeiten in den verschiedenen genauer 
untersuchten Ländern zusammen, fasst die während ihrer Entstehung vor- 
herrschenden Verhältnisse auf und gibt zugleich Nachweise über die Ver- 
breitung der verschiedenen Thiere und Reste der menschlichen Thätigkeit. 

In letzterer Beziehung soll nur bemerkt werden, dass das Renthier 
unter den Höhlen-Ablagerungen der paläolithischen Zeit vermisst wird, 
während es in dieser Tabelle erst in der postglacialen Zeit neben den 
Pfahlbauten und Kjökken-möddings aufgeführt wird. 


C. H. Hırcacock: die Steinkohlengebiete in den Vereinig- 
ten Staaten Nordamerika’s. (The Geolog. Mag. 1873. Vol. X, 
p. 99.) — Bauwürdige Steinkohlenlager sind in den Vereinigten Staaten 
auf 8 Distrikte vertheilt: 

1. Das Bassin von Neu-England, in Massachusetts und Rhode 
Island 750 Quadrat-Miles einnehmend. Die Kohle ist ein graphitartiger 
Anthracit, der in mehreren Hochöfen Verwendung findet. Man kennt dort 
gegen 11 Flötze, am besten in Portsmouth, R.-I., aufgeschlossen, deren 
grösste Mächtigkeit 23 Fuss beträgt. 

2, Der Pennsylvanische Anthracit, als das wichtigste Kohlen- 
gebiet der Vereinigten Staaten. Mit Einschluss des halb-anthracitischen 
Broad-Top von 24 Quadrat-Miles, nehmen 5 getrennte Bassins gegen 434 
Quadrat-Miles ein. Die Zahl der verschiedenen Kohlenflötze variirt nach 
der Tiefe des Bassins zwischen 2 und 25. Sie erreichen ihre grösste Mäch- 
tigkeit von 207 Fuss bei Pottsville, während diese im Mittel nach H. P. 
Rogers nur 70 Fuss beträgt. 

3. Das Appallachische Becken, eine Area von 63,475 Quadrat- 
Miles einnehmend, von Pennsylvanien bis Alabama reichend, nur mit wirk- 
licher (sogenannter bituminöser) Steinkohle. Man schätzt ihre Mächtigkeit 
in Pennsylvanien auf 40 Fuss bei 12,220 Quadrat-Miles, man kennt in 
Maryland 32 zwischen 1 bis 14 Fuss mächtige Kohlenflötze auf 550 Qua- 
drat-Miles, in West-Virginien 24 mit 51 Fuss Gesammtmächtigkeit auf 
16,000 Quadrat-Miles, in Ohio wies J. S. Newserrry 10 bauwürdige Flötze 
nach, in Tennessee sind 7 Flötze mit 14 Fuss. Gesammtstärke bekannt, 
in Alabama sind auf einem Raume von 9000 Quadrat-Miles ähnliche Ver- 
hältnisse wie in Tennessee. 

4. Das Michigan-Bassin, von etwa 6,700 Quadrat-Miles Grösse, 
mit 11 Fuss (im Maximum) Kohle. 

5. Das Illinois-Bassin, welches 51,000 Quadrat-Miles einnimmt, 
mit Einschluss von Illinois, Indiana und West-Kentucky. In Illinois, wo 
die Steinkohlenlager sich über einen Raum von 41,500 Quadrat-Miles ver- 
breiten, schätzt WOorTHEn ihre mittlere Mächtigkeit 35 Fuss, in Indiana, 
bei einem Flächenraum von 6,500 Quadrat-Miles, beträgt sie nach Cox 31 
Fuss, und in West-Kentucky kennt man 11 Kohlenflötze. 


439 


6. Das Missouri-Bassin, das grösste von allen, mehr als 100,000 
Quadrat-Miles umfassend, von Jowa bis Texas verfolgt. 

In Jowa hat es Prof. Wirtz über 25,000 Quadrat-Miles gross ge- 
funden. Er scheidet dasselbe in drei Abtheilungen, jede ca. 200 Fuss stark, 
deren zwei unteren die bauwürdigen Lager enthalten, und zwar 8 Fuss 
etwa in der zweiten, während die obere Abtheilung nur 20 Zoll Kohlen 
führt. 

Nebraska enthält nach F. V. Havven 3,600 Quadrat-Miles der oberen 
Steinkohlenformation; 


in Missouri schätzt Swarznow den Steinkohlen-führenden Raum auf 
27,000, und in Kansas auf 17,000 Quadrat-Miles, doch sind bei 2000 
Fuss Gesammtmächtigkeit nur gegen 20 Kohlenflötze von wenigen Zollen 
bis 6 Fuss Stärke vorhanden. 


Aus Arkansas beschreibt D. D. Owen zwei Kohlenflötze, welche 5 
Fuss Dicke erreichen und sehr brauchbar sind. 


Aus dem Gebiete der Indianer ist über die Kohle so gut wie nichts 
bekannt. 


7. Das Texas-Bassin, von Dr. B. F. Scuumarp auf 5000 Quadrat- 
Miles Grösse geschätzt, enthält bei Fort Bilknop Flötze von 4 Fuss Stärke. 


8. Auch in Arizona wurden durch G. K. GiLsErRT bei Camp Atage 
Steinkohlen entdeckt. 


Im Ganzen ist hiernach die Steinkohlenformation über einen Flächen- 
raum von 230,659 Quadrat-Miles verbreitet, wobei alle nicht zur wirk- 
lichen Steinkohlenformation gehörenden Kohlen hier ausgeschlossen sind. 
Manche der letzteren haben indess gleichfalls eine hohe Wichtigkeit er- 
langt, wie die triadischen Kohlen Virginiens, die cretacischen 
Kohlen der Territorien im Westen des Missouri, sowie die in Californien 
und in Alaska etc. aufgespeicherten Kohlen. 


Epwarp Hrıı: The Coal-Fields:of Great Britain, their Hı- 
story, Structure and Resources, with Notices of the Coal- 
Fields of other Paris of the World. 5. ed. London, 1873. 8°. 
499 p. With Maps and Illustrations. — 

Unter den vielen ausgezeichneten Geologen Englands hat sich in neuerer 
Zeit keiner so eingehend mit dem Studium der Steinkohlenformation be- 
schäftigt, als der gegenwärtige Director der geologischen Landesunter- 
suchung von Irland, Epwarp Hvrr. Seine zeitgemässe Behandlung der 
Steinkohlenfelder Grossbritanniens, deren dritte, sehr vermehrte Auflage 
mit vielen Karten und Abbildungen hier vorliegt, ist dem Andenken von 
Sir R. J. MvurcHıson gewidmet, welcher zu den wichtigen Arbeiten des 
Verfassers zunächst mit Veranlassung gegeben hat. 


Im Wesentlichen behandelt das Werk die im Parlamente wiederholt 
und noch neuerdings vielseitig besprochene Frage über die Erschöpfung 


440 


der britischen Kohlenfelder. Der Verfasser geht, entsprechend dem heu- 
tigen Stande der Technik, bei seiner Schätzung der noch abbauwürdigen 
Steinkohlenlager nicht über 4000 Fuss Tiefe hinab, 


Der erste Theil des Werkes enthält Fragmente aus der Geschichte 
der Steinkohlenindustrie, Bemerkungen über die organischen Reste aus der 
Pflanzen- und Thierwelt, welche in der Steinkohlenformation begraben 
liegen und an ihrer Entstehung einen wesentlichen Antheil genommen 
haben, und ein Kapitel über die Bildung der Steinkohle. 

Der zweite Theil, S. 82 u. f. verbreitet sich in 30 Kapiteln über die 
Ausdehnung, Lagerungsverhältnisse und überhaupt den Charakter der ver- 
schiedenen Kohlendistriete in England, Schottland und Irland, welche durch 
eine Übersichtskarte der britischen Kohlenfelder, 12 nette Specialkarten 
über die einzelnen Distriete und eine Anzahl von Profilen erläutert 
werden. 


Bei einem jeden Distriete wird eine Übersicht über die Reihenfolge 
der Gruppen und Schichten der Steinkohlenformation mit ihrer Total-Mäch- 
tigkeit und der Anzahl der bauwürdigen Kohlenflötze und deren Mächtig- 
keit gegeben, woran sich Bemerkungen an die in ihrem Bereiche vorkom- 
menden Fossilien knüpfen, und es schliesst ein jedes dieser Kapitel mit 
einer Berechnung über die noch vorhandenen abbauwürdigen Vorräthe des 
hochwichtigen Materials. 


Die dem 50. Kapitel einverleibten nachstehenden Tafeln bezeichnen 
die Mengen von gewinnbarer Kohle bis zu 4000 Fuss Tiefe theils in sicht- 
baren, theils in verdeckten Steinkohlenfeldern von Grossbritannien und 
Irland und zwar für alle bauwürdige Kohlenflötze von 12 Zoll Stärke an 
und darüber. Der Verfasser bedauert, dass diese von den Kön. Commis- 
sären vorgenommenen Schätzungen nicht lieber bis zu 2 Fuss Stärke als 
Minimum herabgegangen sind, und hält daher für nöthig, von den in den 
Tabellen angeführten Zahlen 5 Procent abzuziehen. 


44 


A. Sichtbare Kohlenfelder der Britischen Inseln. 


Commissar | Betrag von Kohle in ge- 
und | | Name setzmäss. Tons bis zur Tiefe 
en, |No. des | von 4000 Fuss und nach 
| SU NE erfahrungsmässigen Ab- 
Besichts- ..| Steinkohlenfeldes. AB 
| | 
|} S. | South. Wales... 32,456,208,913 
Katar’, | | 
3. „ Diermson | 2 | Forest of Dean 265,000,000 
10 2 Brusewicn| 3 | Bristol ... ; STR 20 4,218,970,762 
9. „ Woonuouse #| Warwickshire . AN 458,652,714 
8. „ HarıLev | 5 | South Staffordshire. . . | 
i ı 6 | Coalbrook Dale u. Forest | : 
D) D) N | of Wyre 1,906,119,768 
n 5 X \-Olee Iulls en. 2 2 02 >. \ 
Ser SW oonHouse|. 8 | Leicestershire: . ..'.“. 836,799,7 
1. „ Dicrinson | 9 | North Wales . a 2.005'000/00 000 
x E | 10 | Anglesea . | 5,000,000 
7.° , "DILLION ı 11. | North Staffordshire. . . | 3,825, 188, 105 
6. „ Dickınson | 12 |, Lancashire und Cheshire l nn “ a 
9. „ Woopnovse| 13 Midland. 18,172,071,433 
a | 14 | Black Burton. . . | 70,964,011 
d. FORSTER 4 $| Northumberland und Dur- ae 
an 15] ne | .10,036,660,236 
4. „ Forster | 16 | Cumberland | 405,203,792 
| Schottland. | 
12. „ GEDDES 17 | Edinburgh . | 2,153,703,360 
3 | 18 , Lanarkshire 2,044,090,216 
| ale 11785.507.080 
| 2 Ayrshir 785,3 
ä 21 , East Lothian . ’ 86,849,880 
5 22 | First of Forth | 1,800,000,000 
5 23 | Dumfriesshire | 358,173,995 
i 24 | West Lothian | 127,621,800 
A 125 | Perthshire. . ..... ., 109,895,040 
ae 26 | Stirlingshire Ar 106,475,463 
5 27 | Glackmannanshire . . .ı 87,563,494 
e 28 | Dumbartonshire . a 48,618,320 
3 29 venitewshirem en 2 25,881,285 
5 30 | Argyleshire | 7,223,120 
5 31 | Sutherlandshire . | 3,500,000 
5 32 | Roxburghshire | 70,000 
; Irland. | 
Prof. Jukes und | | 
Prof. Hvıı 33 | Ballycastle (Antrim Co.) . 16,000,000- 
IsskulaTyrone;s. «. Be 6,300,000 
. | 35 ! Leinster (Queens Co.) RE 77.580.000 
ia | 36 | Tipperary . . 25,000,000 
5 | 37 | Munster (Clare etc.) 20,000,000 
a \ 38 | Connaught . RI 10,800,000 


" 90,207,285,398. 


442 


B. Verdeckte Kohlenfelder. 


GUrERBEETEE 


Distriete. | Unter UMiles. Tons. 
Warwickshire. . . A Permian 73 | 2,165,000,000 
Warwickshire, S. v. Kingsbury .. 0. New Red 3 150,000,000 
Warwick shire, N. v. Atherstone . . | New Red 6 179,000,000 
Leicestershire, Moira-Distriet \ . Permian 15 1,000,000,000 
Leicestershire, Coleorton-Distriet. . | New Red 25—28 .790,000,000 
District zwischen Warwickshire und Permian 

South Staffordshire Coal-felds . . |u. New Red.! 116 | 3,400,000,000 
District zwischen d. 8. Staffordshire- | | 
u. Shropshire Kohlenfeldern . . 5 ' 195 | 5,800,000,000 


Zwischen d. South Staffordshire und | | 
Coalbrookdale Coalfields und den 
Cheadle- u N. Staffordshire Kohlen- 


feldern . . & a 200 | 4,580,000,000 
0. Denbigshire Coal-held . . * 50 | 2,489,000,000 
W. und S.W. -Rand des North-Staf- 

fordshime Coal-f. . ... 3 50  1,500,000,000 
Cheshire..Wsy: Rerridge 0... Permian | 9 62,000,000 

u. New. Red 

Cheshire, zwischen Woodford fault u. 

Denton a s 36 1,790,000,000 
Lancashire, O. u. W. von Manchester r 17 30 350,000,000 


Lancashire, W. von Ecceles u. Stret- 
ford nach Prescorr, Runcorn und 


HaAue -on- the Mersey A 5 130 .| 3,883,000,009 
The Wirrell, the Mersey u. Gegend | 
nach Norden BE New Red | 216 | 3,000,000,000 
Yorkshire, Derbyshire u. Nottingham- Permian | 
shire . . u. New Red 900 23,082,000,000 
Valeoßkden, . .. .... 2 Permıan 40 | 1,593,000,000 
InglelonsussBurton. .-, | eg 33,000,000 
Seyern-Thal . 2.2.2... 202 aullaNeurotke, 6 ds -400,000,000 
Mergel | 
Irland, Tyrone (nach Prof. Hvın) . | New Red | 2400 , 27,000,000 
Acer 


ES a > 
56,273,000,000. 
Bringt man von diesen 90,207,000,000 Tons in sichtbaren Kohlen- 


feldern 
und 56,273,000,000 Tons in verdeckten Kohlen- 
Sa.. 146,480,000,000 feldern 
für Kohlenflötze unter 
2 Fuss Stärke 5 proc. — 7,524,000,000 in Abzug, so 
verbleiben 139,156,000,000 Tons zur Gewinnung übrig, 


die bei einem gleichen Verbrauche wie im Jahre 1870 von 110,000,000 
Tons für 1260 Jahre aushalten würden. 

Kann auch eine solche Rechnung nicht massgebend sein, so wird sich 
doch nach diesen Feststellungen das Publikum über den gefürchteten 
Mangel an Kohlen vollkommen beruhigen können. 

In Bezug auf die Boghead-Kohle wird S. 276 mitgetheilt, dass sie 
18—20 Zoll mächtig auf einer Sohle von feuerfestem Thon ruhe mit 


443 


Stigmaria ficordes und überlagert werde von bituminösen Schieferthonen 
oder auch von Kohleneisenstein (black band), worin Meeresconchylien wie 
Diseina, Lingula, Oonularia, Axinus und Anthracoptera. 

Der dritte Theil des trefflichen Werkes gibt einen Überblick über 
das Steinkohlenvorkommen in anderen Ländern Europa’s und den übrigen 
Welttheilen, wobei der Verfasser sich auf die verschiedenen Quellenwerke 
sehr gewissenhaft bezogen hat. 

Cap. I, S. 350 behandelt die Steinkohlenfelder Europa’s, Cap. II, 
8. 352, die von Indien, Cap. III, S. 362, die von China, Australien und 
Neu-Seeland und Afrika, Cap. IV, S. 388, die britischen Besitzungen in 
Nordamerika, Cap. V, S. 396, die Kohlenfelder der Vereinigten Staaten, 
Cap. VI, S. 410, die von Südamerika und Cap. VII, S. 416 gibt einen Über- 
blick über die jährliche Production von Kohle in den verschiedensten Ge- 
genden. ‘Diese betrug in 


Grossbritannien und Irland (1870). . . 110,431,192 Tons. 
Amerika, Vereinigten Staaten (1865) . . 14,593,659 , 
5 britischen Besitzungen . . . 1,500,000 „ 
Beankreich (1870), 3... .....2.. 04 ....%-6,550,000>:„ 
BE leem Meco. 0. 5, 10.350,000, ;., 
Mennschland (180)... . . .......23.316.238 
Österreichischem Kaiserstaat (1862) . . 4,552,500  „ 
its en. (len) 775,000 ,„ 
Spanien (1862). u.a u as: 388,950  ,„ 
kusslandi(18062) .. 3.0... 203. es 150,000 „ 
Polen (1862)... IE EN DER 112,500... , 
Britisch Indien (1868) . KERN . 364933, 05 
Japan, China, Borneo, Australien (ea) } 3,000,000 „ 
Mexico, (EBU0) 4. 28. seen leise 1,000,000 , 
Ober (1870) . ei. 1,000,000 


Die Menge der in Wersschland im id 1870 producirten Bra unkchle 
wird vom Verfasser zu 6,116,521 Tons angenommen. 

Der vierte Theil, S. 422 u. f., untersucht die Frage, warum es nicht 
thunlieh sei, in einer grösseren Tiefe als 4000 Fuss, die Kohlen abzubauen. 
Dem stellt sich zunächst die Zunahme der Temperatur nach dem Innern 
der Erde entgegen, welche für 60 Fuss Tiefe’l1 Grad Fıur. beträgt, fer- 
ner Schwierigkeit bei der Ventilation etc. 

Der fünfte Theil, S. 459 u. f., ist der physikalischen Geologie der 
Carbongesteine esidnnet und hebt als instructives Beispiel die Verände- 
rungen hervor, die in den Lagerungsverhältnissen der britischen Kohlen- 
ablagerungen und der sie bedeckenden Formationen im Laufe der Zeiten 
erfolgt sind. Hebungen und Denudation haben dabei eine grosse Rolle 
gespielt. 


444 


C. Paläontologie. 


W. B. Dawkıns: über die Hirsch-artigen Thiere des Forest- 
bed von Norfolk und Suffolk. (The Quart. Journ. Geol. Soc. Lon- 
don. Vol. 28, p. 405.) — Eine für England und wie es scheint überhaupt 
neue Form fossiler Hirsche, die in dem Forest-bed von Norfolk entdeckt 
wurde, ist Cervus verticornis Dawr., dessen Geweihstangen sich nament- 
lich durch die schnelle Niederbiegung eines cylindrischen Augensprossen 
(brow-tyne) auszeichnen. Er unterscheidet sich von ©. ewryceros (Mega- 
ceros hibernicus) ferner durch eine weniger entfernte zweite Sprosse und 
eine geringere Ausbreitung der handförmigen Verzweigung des Endes. 
Andere in dieser Wald-Schicht vorkommende Hirscharten sind: (ervus 
Polignacus, welcher auch in pliocänen Schichten des Mont Perrier bei 
Issoire vorkommt, (. Sedgwicki FALCONER, Ü. euryceros (megaceros), ©. (me- 
gaceros) earmutorwm LAusEL, den man im Pliocän von St. Prest bei Char- 
tres entdeckt hatte, sowie C. elaphus und Ü. capreolus. 

Dieses Zusammenvorkommen deutet darauf hin, dass jenes Forest-bed 
mehr zu der ersten Stufe des Pleistocän (oder Diluvium), als zu dem 
Pliocän gehört, wofür auch die Gegenwart des Mammuth darin noch spricht. 


P. M. Dıweins: über Trochocyathus anglicus, eine neue Art 
der Madreporarıa, aus dem rothen Crag. (The Quart. Journ. 
Geol. Soc. London, Vol. 28, p. 447. Pl. 28.) — 

Eine im rothen Crag von Suffolk entdeckte Koralle von nahezu halb- 
kugeliger Form bot Veranlassung zu erneuten Untersuchungen der ober- 
tertiären Korallen Englands, welche 6 Arten repräsentiren: 

Sphenotrochus intermediws Mün. sp., Trochocyathus anglieus Dunc., 
Flabellum Woodi En. u. H., Oryptangia Woodi Em. u. H., Balanophyllia 
calyculus Woop und Solenastraea Prestwicht Dune., von welcher letzteren 
neue Abbildungen veröffentlicht werden. 


A. Lane Fox: über die Entdeckung paläolithischer Werk- 
zeuge mit Flephas primigenius zusammen in dem Themse- 
thale bei Acton. (The Quart. Jowrn. Geol. Soc. London, Vol. 28, p. 449.) 
— In den untersten Schichten der unmittelbar auf dem Londonthon ruhen- 
den Kies- und Sandablagerungen, deren genauere Profile durch Holzschnitte 
veranschaulichet werden, sind in der Nähe von Acton unweit Kew ver- 
schiedene Steingeräthe mit Säugethierresten zusammen gefunden worden, 
welche G. Busk in einem Anhange p. 465 näher beschrieben hat. 

Die in dem Kies der Hoch-Terrasse gefundenen Überreste gehören zu 
Bos, Ovis, Equus und Elephas?, jene in dem der mittleren Terrasse wei- 
sen, mit Ausnahme von 1 bis 2, auf grösseres Alter hin. Die wirklich 
fossilen Knochen gehören zu Rhinoceros hemitoechus, Equus caballus, Hip- 
popotamus major, Bos taurus (primigenmius), Bison priscus, Cervus clacto- 


445 


niensis (Browni), (. elaphus, O. tarandus, Ursus ferox priscus? (U. pris- 
cus) und Elephas primigenvus. 


H. W. Brısrow: Entdeckung eines Menschen-Skeletes in 
einer Höhle Italiens. (The Geol. Mag. Vol 9, p. 272 mit Abbildung 
u. 368. — Das in der Höhle von Baouss6-roussce, nahe der Eisenbahn 
von Mentone nach Vintimille aufgefundene, ziemlich wohlerhaltene Skelet 
eines Menschen wurde in Begleitung von Steingeräthen, Nadeln aus Kno- 
chen und Säugethierresten in einem trockenen Erdreiche angetroffen. Mit 
Feststellung der diesen interessanten Fund eines wahrscheinlich vorhistori- 
schen Menschen betreffenden Thatsachen wurde von Seiten der französi- 
schen Regierung E. Rıyızre betrauet, welcher der Akademie der Wissen- 
schaften zu Paris darüber Bericht erstattet hat. Die in der Nähe des 
Skeletes vorhandenen Thierreste vertheilen sich nach Rıvıkre und Dr. 
S£n£cHAL auf folgende Arten: Felis spelaea, Ursus spelaeus, U. arctos?, 
Canis lupus, Erinaceus, Rhinoceros, Equus, Sus scrofa, Bos primigenius, 
Cervus alces, ©. canadensis, 0. sp., ©. capreolus, Capra primigenia? GER- 
vaıs, Antilope rupicapra, Lepus sp., während das Renthier ebenso in der 
Höhle von Mentone wie in anderen Höhlen Italiens zu fehlen scheint. 
Ebenso fand man neben den Feuersteinmessern und einer Nadel aus dem 
Radius eines Hirsches durchbohrte Schneidezähne des Hirsches und Schnecken 
(Nassa neritea) vor. 


Ep. Larrter and H. Onristy: RBeliquiae Aquitanicae. Edited by 
Tu. R. Jones. Part. XL, p. 141—156, 133—144. A. Pl. 33—34; B. Pl. 19 
—22. (Jb. 1871, 204.) — Die Fortsetzung dieses schönen Werkes hatte 
durch den am 28. Januar 1871 erfolgten Tod von EpovArn LArTET eine 
längere Unterbrechung erfahren, sie schreitet jetzt wieder rüstig vor unter 
Mitwirkung von Lovis LArRTET, ALpH. MiıLnE-EpwArps und SAavvagE. Der 
letzt erschienene Theil führt Abbildungen von Steinmessern mit Nadel- 
bohrern von Mentone und Les Eyzies in Dordogne vor, enthält geschicht- 
liche Bemerkungen über das Renthier und Hippopotamus von AL. O. Ax- 
DERSON und von E. Larrer und Mittheilungen über die Methode des Feuer- 
schlagens und Entzündung des Schwamms in der Steinzeit. Unter den 
Abbildungen verschiedener Schnitzereien auf Knochen und Geweihstücken 
fällt namentlich das Bild eines Steinbocks (Capra ibex L.) auf Ren- 
thiergeweih von Laugerie Basse auf. 


J. W. Dawson: Eindrücke und Fährtenspuren von Wasser- 
thieren ete. in carbonischen Gesteinen. (The American Journ. 
of se. a. arts, 1873. Vol. V, p. 16.) — 

Die zuerst in dem Potsdam-Sandstein in Canada aufgefundenen Fähr- 
tenspuren, welche als Protichnites Owen beschrieben worden sind, ebenso 
Olimactichnites und BRusichnites werden auf Fusseindrücke von Crustaceen 


446 


zurückgeführt; insbesondere hat Protichnites Ähnlichkeit mit jenen des 
amerikanischen Limulus (Polyphemus occidentalis). Die von Dawson be- 
schriebenen Fährtenspuren aus der Steinkohlenformation von Nova Scotia 
entsprechen mit hoher Wahrscheinlichkeit carbonischen Crustaceen, wie 
Belinurus, Phillipsia etc. . 
Dieser Art sind Protichnites carbonarius Daws. und Diplichnitis oe- 
nigma Daws., während Protichnites Acadicus Daws. durch ihre wieder- 
holte Gabelung gewiss mehr an Algen als an Fussspuren erinnert. Ob 
Rabdiechnites Dawson, mit seinen geraden oder gebogenen halbeylindri- 
schen Formen, die oft mit einer Längsrinne versehen sind, Fussspuren 
oder Pflanzenstengeln entsprechen, mögen wir nicht entscheiden. Dawson 
macht selbst auf ihre Ähnlichkeit mit Eophyton TorELL aufmerksam. — 
Auch kommen in der Steinkohlenformation von Neu-Schottland G@uilielmi- 
tes-artige Körper vor. — Bei den verschiedenen Ansichten, die über die 
Natur von Guwilielmites erhoben worden sind, machen wir darauf aufmerk- 
sam, dass die ausgezeichnetsten Exemplare des Guilielmites permianus 
GEN. aus dem unteren Rothliegenden im Dresdener Museum aufbewahrt 
werden, namentlich auch die in den „Leitpflanzen“ des Rothliegenden, 
1858, abgebildeten. G. 


H. Woopwarp: über eine neue Spinne aus der Steinkohlen- 
formation von Lancashire. (The Geol. Mag. Vol. IX, p. 385. Pl. 9.) 
— Die neuerdings in einer Eisensteinniere von Lancashire entdeckte Spinne 
zeigt grosse Ähnlichkeit mit jener von Scupper aus der Steinkohlenforma- 
tion von Grundy Co., Illinois, als Architarbus rotundatus beschriebenen 
Art (WorTHEN, @Geology amd Palaeontology of Illinois, Vol. III, p. 568), 
und wird Architarbus subovalis H. Woopw. genannt. Sie bildet ein Binde- 
glied zwischen den Phalangiden und Phryniden. 


J. Carter: über Orithopsis Bonneyi, einen neuen fossilen 
Krebs. (The Geol. Mag. Vol. IX, p. 529.) — Die Notiz bezieht sich auf 
einen in dem oberen Grünsand von Lyme Regis und in dem Gault von 
Folkestone aufgefundenen Cephalothorax eines mit Portunus nahe ver- 
wandten Krabben, der noch speciell mit Necrocarcinus tricarinatus, einem 
anderen in dem Grünsande von Lyme Regis vorkommenden Braoigpnzen, 
verglichen wird. 


Miscellen. 


Kais, Leop,-Carol, Deutsche Akademie der Naturforscher. 
Zur Abwehr. 


Seit längerer Zeit bemüht sich Herr Geh. Hofr. L. REICHENBACH in 
Dresden, durch gehässige Druckschriften, durch Ansprüche, die er auf die 


AAN 


Habe der Akademie geltend zu machen vorgibt, durch Ankündigung an- 

geblich von ihm vorgenommener Abänderungen der Verfassung der Aka- 

demie und durch fingirte Ernennung von Mitgliedern und Functionären, 
die der Verhältnisse weniger kundigen Naturforscher und das grössere 

Publikum irre zu führen und zu dem Glauben zu verleiten, als sei er Prä- 

sident der Kais. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher. 

Herr L. ReıcHensacH hat indess gegenwärtig keine andere Stellung 
und besitzt keine anderen Rechte, als jedes andere Mitglied unserer Aka- 
demie. 

Neuerdings hat Hr. Dr. Epvarv Reıch, z. Z. in Rostock, angeblich 
von REICHEnBACH zum Mitgtiede und Director ephemeridum ernannt (ein 
früheres, durch den $. 22 der Statuten vom 1. Mai 1872 definitiv aufge- 
hobenes Amt), aber bald mit seinem vermeintlichen Auftraggeber zerfallen, 
seinerseits die Absicht öffentlich ausgesprochen, die Akademie umzuge- 
stalten. 

Herr Dr. Ep. Rrıca ist indess nicht einmal Mitglied unserer Akademie. 
Indem wir dieses unbefugte Gebahren hiermit zunächst zur öffentlichen 

Kenntniss bringen, behalten wir uns übrigens gegen dasselbe alle weiteren 

Schritte vor. 

Das Adjuncten-Collegium der Kais. Leop.-Carol. Deut- 
schen Akademie der Naturforscher 

im Mai 1873. 

Dr. Beun. Dr. Au. Braun. Dr. J. Victor Carus. Dr. En. Fenzr. Dr. 
R. Fresenius. Dr. H. B. Gemimz. Dr. J. Gerrach. Dr. H. R. Gorr- 
PERT. Dr. F. v. HocHsSTETTER. Dr. G. Karsten. Dr. H. Luschka. Dr. 
J. NOEGGERATH. Dr. A. SCHROETTER. R. v. KrısteLui. Dr. L. SEipeL. 
Dr. R. Vırcnow. Dr. FRIEDR. WOoEHLER. 


Zum Stellvertreter des Präsidenten der Kais. Leop.-Carol. Deutschen 
Akademie der Naturforscher, Dr. Brns, ist von dem Adjuncten-Collegium 
der Akademie 

Prof. Dr. Auzx. Braun in Berlin erwählt worden. (Leopoldina, 
Hft. VIII. No. 9 u. 10. Dresden, Mai 1873.) S 


In neuester Zeit ist auch das K. Mineralogische Museum in Dresden 
in den Besitz eines Pterodactylus aus dem lithographischen Schiefer von 
Eichstädt gelangt. Das Exemplar, an welchem die wesentlichen Skelet- 
theile, wie Kopf, Theile des Halses und Rumpfes, Arme und Beine erhal- 
ten sind, lässt selbst noch den Abdruck einer Flughaut erkennen, welche 
der allerdings weit deutlicher ausgeprägten an dem Exemplare von New- 
haven (Jb. 1872, S. 861 und 1873, S. 335) ganz analog ist. Beide Exem- 
plare gehören zu der Gattung Rhamphorhynchus und sind, wie es scheint, 
dem Rh. Gemmingi v. Mey. zunächst verwandt. Man hat es dem hoch- 
herzigen Interesse eines Freundes unseres Museums, Herrn Commerzien- 


448 


rath Max Havscniup in Dresden zu verdanken, dass dieses Exemplar zu- 
gleich mit einem prächtig erhaltenen Homeosaurus Maximiliani v. Mey., 
dem K. Mineralogischen Museum in Dresden zugeführt worden ist. 


Als Nachfolger des verstorbenen Professor Srpewick ist am 20. Febr. 
1875 Tuomas Me’Kennv Huscues zum Woodwardian Professor der Geologie 
an der Universität Cambridge erwählt worden. 


Versammlungen. 


Einladung zur 46. Yersamm!unz deutscher Naturforscher und Ärzte. 
Nach Beschluss der in Leipzig abgehaltenen 45. Versammlung deut- 

scher Naturforscher und Ärzte findet die diesjährige Versammlung in 

Wiesbaden und zwar vom 18. bis 24. Szptember statt. 

Die unterzeichneten Geschäftsführer erlauben sich die Vertreter und 
Freunde der Naturwissenschaften und Mediein zu recht zahlreicher Be- 
theiligung freundlichst einzuladen. 

Die Versendung der Programme findet im Juli statt. 


Wiesbaden, im Juni 1873. 

Dr..R. Fresenius. Dr. Haas sen. 

Die „Association frangaise pour Vavancement des sciences“ wird am 
21. bis 28. August in Lyon tagen. 

Die British Association for the Advancement of Science wird ihre Ver- 
sammlung am 17. September 1873 in Bradford unter dem Präsidium 
von James Prescorr JouLE abhalten. 

Die geologische Gesellschaft von Frankreich hält ihre dies- 
jährige ausserordentliche Versammlung in Roanne ab, wo man sich am 
31. August treffen wird 


T 


Dr. WiırLıam Srımpson, Museums-Director und Secretär der Akademie 
der Wissenschaften in Chicago, ein begeisterter Forscher (vgl. Jb. 1872, 
447), verschied am 26. Mai 1872. Er war am 14. Febr. 1832 in Cam- 
bridge, Mass. geboren. (The American Naturalist, 1872, p. 444 u. 505.) 

Purtippe Epovarp POULLETIER DE VERNEUIL, geb. den 13. Febr. 1805 
zu Paris, verschied am 29. Mai 1873. Den hohen; allgemein bekannten 
Verdiensten um die Paläontologie, die sich der wahrhaft edle, ebenso 
bescheidene als wohlwollende, unermüdliche Forscher erworben hat, wurde 
von Davgr£e in einer Sitzung der Akademie der Wissenschaften in Paris 
am 1. Juni 1873 ein Nachruf gewidmet. 


——Z—<—&s—e——— 


Mikromineralogische Mittheilungen, 


Von 
Herrn Professor H. Möhl 
in Cassel. 


NB. ‘Die bei den Gesteinen stehenden, mit Härte bezeichneten Zah- 
len, beziehen sich auf eine von mir angenommene, und bei nahe 4000 
Dünnschliffen consequent durchgeführte Scala von 1—-10. Die Zahlen 
drücken den Widerstand gegen das Abschleifen aus. An der unteren 
Grenze stehen Perlite, Chloritschiefer etc., an der oberen die quarzreichen 
Gesteine. Die Basalte bewegen sich im Allgemeinen zwischen 6 und 8. 
Jeder Beschreibung geht eine kurze Diagnose voraus. 


1) Hauynbasalt vom Kreuzberg i. d. Rhön. H. = 17. 


Kleinkrystallinische, aus Sanidin, Augit, Magnetit, Hauyn und 
Nephelinglas gebildete, prächtig fluidale Grundmasse, mit mikro- 
porphyrischen Einbettungen von Titaneisen, Nosean, Augit, Horn- 
blende, Magnetitkornaggregaten und makroporphyrischen von 
Sanidin. 

Grossentheils 0,15mm ]., 0,02mm breite, völlig farblose, rechteckige 
Leisten,. dazwischen aber auch vielfach grössere bis O,4nm ]., 0,045mm 
breite, sowie endlich ein wahres Gewirre ebenso gestalteter, klarer Mikro- 
lithe, die bis zu 0,008mm Länge herabsinken, von denen die grösseren aus- 
nahmslos, die mittelgrossen nicht selten eine erst im polarisirten Lichte 
bemerkbare, scharfe Längsmittellinie haben und nach dieser beim Drehen 
der Ocularnikols in zwei verschieden gefärbte Hälften zerfallen, also Karls- 
bader Zwillingen eines monoklinen Feldspaths angehören, sind mindestens 
zu 40°/, vorwaltend. 

Zwischen den Feldspathleisten liegen nun spärlich 0,03 bis O,lmw 


lange, bald kurz gestauchte, bald schmale, schmutzig oliven- bis gelblich- 
Jahrbuch 1873. 239 


450 


grüne, recht scharf umrandete, durch kleine Magnetitpartikelehen und 
Mikrolithe verunreinigte Augitkryställchen, von denen viele deutliche Zwil- 
linge darstellen; dagegen weit reichlicher ebenwohl recht scharfe Magne- 
titkryställchen von 0,004 bis 0,02mm Dicke; endlich reichlicher als Augit 
Hauynkrystalle von 0,02 bis 0,06mm Dicke, eingestreut. Die letzteren er- 
scheinen gleich häufig in quadratischen als hexagonalen Durchschnitten, 
haben ein recht scharf markirtes, sich rechtwinklig kreuzendes, im Mittel- 
punkt dichteres, nach dem Rande verlaufendes Strichnetz, einen theils 
noch stahlblauen Duft, grösstentheils aber eine licht und lebhaft rostrothe, 
wie mit Eisentinktur getränkte Färbung. Der sehr schmale Rand ist 
jederzeit klar und ungefärbt. 

All die erwähnten Gemengtheile liegen eingebettet in einer 
völlig klaren, bald mehr, bald weniger hervortretenden Glasmasse, 
— die indess nach ihrem (in grösseren Flecken) bläulichen und 
lehmgelben streifenweisen Polarisiren, sowie den oft putzenweise 
aggregirten Mikrolith- und Magnetiteumulationen innerhalb rund- 
licher klarer, bei gekreuzten Nicols dunkler Flecken nicht amor- 
phes Glas sein kann, sondern als Nephelinglas * zu deuten ist 
— und bilden damit in ganz ausgezeichnete Rluidalstruciur zu- 
sammengedrängt, die Gesteinsgrundmasse. In Gemeinschaft mit 
der Fluidalstructur ist die Grundmasse noch recht schön wolkig 
und flammig, durch flockig streifenweise Anreicherung des Mag- 
netits und der Feldspathmikrolithen, gegenüber den lichteren Par- 
tien mit grösseren Feldspäthen und weniger Magnetit. 

Nicht selten erscheinen Hauynkryställchen, sowohl Quadrate 
als Hexagone in der Richtung der Fluidalstruciur langgestreckt 
und mehrere derselben liegen sich fast, oft auch wirklich be- 
rührend, hinter einander, wodurch dann wahre quergegliederte 
Stäbe entstehen. 

Innerhalb der Grundmasse liegen mikro- und makroporphy- 
rische Einbettungen, von denen erstere reichlich, letztere nur 
sehr zerstreut und auch nur bis 6mm gross sind. 

Zu den mikroporphyrischen gehören: 

I) Titaneisen in mehr oder weniger regelmässigen Sechs- 


* Bei einer grossen Zahl, namentlich sächsischer und böhmischer Ba- 
salte habe ich den Übergang dieser Nephelinglasmasse in gut ausgebildete 
Nephelinkrystalle vielfach beobachtet, sowie gefunden, dass all solche Ba- 
salte die am meisten und besten gelatinirenden sind, also die Bezeichnung 
Nephelinglas (nicht zur krystallinischen Selbstständigkeit gelangte Nephe- 
linsubstanz) wohl gerechtfertigt erscheint. 


451 


ecken von 0,08 bis O,4mm Breite und unregelmässigen, durch 
Aggregation entstandenen Lappen. Die Substanz ist entweder 
wie mit Nadeln durchstochen, sehr fein licht punktirt oder aus 
feinen schwarzen Paralielstrichen (Tafelquerschnitten) zusammen- 
gesetzt. Ausser einigen Hauynkryställchen umschliesst Titaneisen. 
keinen anderen Gemengtheil. 

2) Nosean. Dieser erscheint in sehr scharfen und regel- 
mässigen Hexagonen von im Mittel O,imm, ausnahmsweise auch 
einmal von 0,76mm Diagonale, sowie in Quadraten und durch An- 
einanderreihung entstandenen rechteckigen quergegliederten Stä- 
ben oder sehr lang gestreckten Sechsecken. Die Krystalle haben 
einen schmalen, rasch nach Innen verwaschenen dunklen Rand, 
von dem aus ein einziges Parallelsystem sehr feiner, oft nur aus 
Punkten oder Strichelchen zusammengesetzter Striche verlauft, 
zwischen denen äusserst feine schwarze Körnchen und Bläschen 
fleckig als Puder oder bläulicher Duft eingestreut sind. Viele 
Krystalle haben auch einen rauchbraunen Hauch. Nicht selten 
sind Noseankrystalle dem Titaneisen angeheftet oder von letz- 
terem halb umschlossen. 

Noseane dieser Beschaffenheit, namentlich stabförmig ver- 
längerte Krystalle, habe ich bis jetzt nur in dem Noseanphonolith 
von Kleinortheim, im Hauynbasalt des Ripbergs bei Raudnice und 
in der Lava des Perlenkopfs beobachtet, hin und wieder auch 
wohl im Gestein vom Schorenberg und Heilingskopf, während 
die der meisten anderen bekannten Laacher Noseangesteine bei 
dunklem Rande im lichteren Innern ein doppeltes oft rudimen- 
täres Strichpunktsystem, die der meisten böhmischen ete. Nosean- 
phonolithe gewisser Gesteinsvarietäten vom Ostabhang des Katzen- 
 buckel, vom Kaiserstuhl etc. einen Zonenaufbau bei lichtem Rande 
haben. 

3) Augit, sowohl in recht scharfen 0,2mm, als auch bis 
0,6mm, grossen Krystallen mit Zonenlinirung und parallel diesen 
Mikrolitheinschlüssen, recht pellucider, licht bräunlich zeisiggrüner 
Substanz. wenig zersprungen, nur selten Nosean oder Magnelit 
umhüllend, sowie auch in bis 3mm grossen, gerundeten, wie ab- 
geschmolzen aussehenden Körnern von gleichfalls recht pelluei- 
der, fast grasgrüner Substanz, die vielfach zersprungen ist und 

29 * 


452 


sowohl krystallinische Grundmasse gänzlich umschliesst, als auch 
vom Rande aus, in Spalten eingedrungen, einklemmt. 

4) Hornblende in einigen nicht scharf krystallinisch um- 
randeten 1.6mm ]., 0,7mm breiten Stäben von licht rossbrauner, 
beim Drehen über dem Objectivnicol in tief schwarzbraun über- 
gehender Farbe, völlig rein, pellucid, wenig parallel längsrissig 
und mit einer schmalen Magnetitkornschale. 

9) Magnetitkornaggregate als lange Stäbe oder rund- 
liche Flecken, die jedenfalls, nach den einschliessenden Rudimen- 
ten, die Schalen von Hornblende darstellen. 


Nicht selten bemerkt man Aneinanderlagerungen von Augit, 
Hornblende, Nosean und Titaneisen zu grösseren Flecken. 

6) Sanidin in sehr scharfen, bis {,8mm ].. 0,5mm breiten 
Rechtecken und noch längeren, dabei schmäleren wasserhellen 
Stäben. Letztere zeigen, wie die der Grundmasse, die auf Zwil- 
linge deutenden Polarisationserscheinungen, auch setzen die viel- 
fachen Quersprünge gegen die Mittellinie (Zwillingsebene) ab. 
In zwei Rechtecken ist eine ganze Gruppe etwas gerundeter, 
0,02 bis 0,05mm dicker Hauynkrystalle eingeschlossen, von denen 
einige ein recht scharfes, sich rechtwinklich kreuzendes, Strich- 
system, die meisten, mit oder ohne Strichnetz, eine zarte homo- 
gen schön lavendelblaue Färbung haben. Solche schön blaue 
Hauyne kommen innerhalb der Grundmasse nur selten vor. 

7) Die grössten (makroporphyrischen) Einschlüsse werden 
von reichlich zersprungenen gerundeten Sanidinen gebildet, die 
in wasserheller Substanz Hauyn, Magnetit und Grundmasse um- 
schliessen, längs vieler Sprünge eingedrungene ockergelbe, ho- 
mogene oder zu niedlichen Dendriten ausgeflossene Eisenfärbung 
zeigen. 
Finden sich mehrere grössere porphyrische Einlagerungen 
nahe bei einander, so ist die Einzwängung, das Auseinanderlau- 
fen, vor jedem Einschluss das Aufstauen und Tangiren der kry- 
stallinischen Grundmasseelemente überaus prächtig. 

Zu bemerken ist noch, dass die Schliffe von Scherben ver- 
schiedener Handstücke nicht durchaus gleiche Beschaffenheit zei- 
gen. In einigen namentlich fehlen der Grundmasse die grösseren 
Feldspathleisten, so dass Mikrolithe derselben, die Magnetitkry- 


453 


ställchen etc. ein äusserst feinkrystallinisches Grund-Gewebe be- 
dingen. 
Olivin fehlt gänzlich, auch von Apatit ist nichts zu bemerken. 


Der hier beschriebene Basalt findet sich am besten aufgeschlossen 
nördlich vom Kloster, besonders am NO.-Abhang unmittelbar den Tuff 
überlagernd. Er zeigt ebenflächig plattenförmige Absonderung und auf 
dem flachmuschligen Bruche ein aphanitisches Aussehen, das nur unter- 
brochen wird durch die spärlichen grösseren porphyrischen Einlagerungen. 

Der höher am Berge anstehende und auf dem Plateau, sowie am SO.- 
Abhang in grossen Blöcken umherliegende Basalt ist von durchaus anderer 
Beschaffenheit. Gleichviel, ob compact oder mehr oder weniger leicht in 
eckige Körner zerfallend, hat er eine fein krystallinische, aus vorwalten- 
dem bräunlichen Augit, farblosen Plagioklasmikrolithen, Magnetit und 
farblosem Nephelinglas gebildete Grundmasse mit reichlichen porphyri- 
schen klaren, nur randlich grünlich oder bräunlich gelb serpentinisirten, 
ausserdem reinen, wenig zersprungenen, an grossen Spinellkryställchen 
reichen Olivinkrystallen. 


Der durch seine vielen, theils gut krystallisirten, theils ge- 
rundeten und mit einer scharf abgesetzten lichten Rinde um- 
schlossenen, lauchgrünen Augite bekannte Tuff enthält ausser ver- 
schiedenen anderen Gesteinsbrocken auch Knollen des oben be- 
schriebenen, ihn überlagernden Basaltes, sowie plattig schiefrige 
Phonolithbrocken. Letztere verdienen insofern Beachtung, als sie 
mit keinem anderen Rhönphonolith übereinstimmen. 

Die Grundmasse wird von wasserhellem, fleckig zart grau- 
gelb bestäubtem Nephelinglas gebildet, in welchem nur selten 
krystallinische Form bemerkbar ist, während dasselbe im polari- 
sirten Lichte deutlich in krystallinische, fluidal geordnete Recht- 
ecke, grössere und kleinere Leisten zerfällt. Dieser Nephelin- 
grund wird von wirr, aber locker durcheinanderliegenden 0,06mm 
langen, licht gelbgrünen Augitkryställchen und zahllosen, gleich- 
artigen Mikrolithen durchsetzt und ist gleichmässig locker durch- 
säht von 0,01 bis 0,03mm dicken Magnetitkryställchen. Die nicht 
reichlichen porphyrischen Einlagerungen bestehen in Titaneisen- 
lappen, Nosean, Sanidin und grossen lauchgrünen (an Dampfporen 
reichen) Augitkrystallen, von derselben Beschaffenheit wie im 
Basalte. 

Bemerkenswerth ist, dass besonders an den Rändern der 
grösseren Sanidine Aggregationen meist 0,02mm breiter Tridymit- 


454 


schuppen * von gleicher Beschaffenheit wie in den Siebengebir- 
ger, Ungarischen eic. Trachyten vorkommen. 

Einige grosse Augitkrystalle mit rauchbrauner. Randzone 
und grasgrünem Centrum haben schöne Zonenliniirung. Einige 
grosse Sanidine sind von feinen geraden Apatitnadeln reichlich 
durchsetzt. Ä | 

Hornblende ist in makroporphyrischen Einschlüssen bemerk- 
bar, doch erhielt ich bis jetzt leider nur Magnetitkornaggregate, 
als Reste derer Umhüllungsschalen in den Schliffen. 

Dieser Basalt dürfte als ein ächtes Mittelglied zwischen 
Basalt und Phonolith zu betrachten sein, ebenso wie 3 sächsisch- 
böhmische Basalte (beschrieben: Basaltigaea Saxon. No. 86, 91 
und 111. 

Ausser dem erwähnten Vorkommen habe ich in Rhönbasal- 
ten nur noch Hauyn spärlich in dem mit einer äusserst feinen 
Mikrolithgrundmasse ausgestatteten Basalte gefunden, der als Gang 
im Muschelkalk des Landeckerberges ©. von Hersfeld aufsetzt. 


2) Hauynbasalt und dessen Einschlüsse vom Rossberge bei 
Darmstadt. 


Seit mehreren Jahren mit der Untersuchung der Hessen-Darmstädti- 
schen Basalte beschäftigt (deren Resultate Kartensectionenweise in dem 
Notizblatt des Mittelrhein. geol. Vereins veröffentlicht werden), habe ich 
eine dem nächsten Jahresberichte des Offenbacher Vereins für Naturkunde 
einzuverleibende Arbeit, mit Farbentafeln, über die sämmtlichen, im Main- 
thale auftretenden, in vielfacher Beziehung höchst interessanten Basalte, 
Trachyte etc. verfasst. Um nicht vorzugreifen, habe ich desshaib das 
Vorkommen des Hauyn im Rossberger Basalte nicht veröffentlicht, obwohl 
ich denselben sowohl in dem von Hornstzın im J. 1866 zu seiner Arbeit 
über die Anamesite angefertigten (seit Jahren in meinem Besitze befind- 
lichen) Schliffe, als auch in dem von SANDBERGER gelegentlich erhaltenen 
Materiale in reichlicher Menge fand. Auch fand ich das in PETERsEN’s 
Besitz befindliche Material sehr hauynreich, so dass wir also in der aus- 
gezeichneten Analyse desselben die Analyse von Hauynbasalt haben. Ich 
führe dieses desshalb an, weil der Hauyn sehr ungleich vertheilt ist, so 
dass man sogar völlig hauynfreie Schliffe erhalten kann, gleichwie im Ge- 
stein vom Hamberg bei Bühne. 


* Tridymit enthält noch der trachytische, an Titanit sehr reiche, Pho- 
nolith vom Calvarienberge bei Poppenhausen und der gröber krystallinische 
Phonolith eines kleinen Hügels N. vom Giebelrain. bei Dittershausen (beide 
i. d. Rhön) der ausser Nosean auch noch recht charakteristischen Hauyn 
und etwas Glimmer führt. 


455 


Da nun inmittelst Rosengusch eine Mittheilung über das Rossberger 
Gestein etc. (Jahrbuch 1872, S. 614 etc.) gebracht hat, sehe ich mich ver- 
anlasst, einen kurzen Auszug oben erwähnter Arbeit hier zu geben, durch 
welchen Rosensuscn’s Beobachtungen theils bestätigt, bzw. vervollständigt 
werden, in welchem anderntheils, auf umfassenderes Untersuchungsmate- 
rial gestützt, etwas abweichende Schlussfolgerungen gezogen sind. 


a..Der Basalt. H. =6—-6,5. 

Grobkrystallinische aus Augit, Nephelin und Hauyn, spär- 
licher aus Glimmer, Melilith und Leueit gebildete Grundmasse mit 
porphyrischen Einlagerungen von Augit und Olivin. 

Licht grünlich rauchbraune, nur zerstreut schmutzig grün- 
lich gelbe, recht pellucide, grösstentheils recht scharf ausgebil- 
dete Augitkrystalle von 0,25mm abwärts bis 0,04dmm Länge und 
!/a bis !,2 Breite, in längeren schmalen oder kurzen gestauchten 
Formen, wirr und regellos durcheinander, machen zu 40, stellen- 
weise sogar zu noch mehr %, das Gesichtsfeld aus. Über grös- 
sere Flächen hinweg schliesst der Augit so innig aneinander, 
dass gar keine oder nur sehr kleine zerstreute lichte Lücken 
übrig bleiben, während der Magnelit in punktförmigen Körnchen 
neben kleinen Dampfporen die Augitkryställchen reichlich erfüllt, 
und die sehr locker eingestreuten Magnetitkrystalle von 0,02mm, 
vorherrschend im Mittel von 0,05mm, doch auch reichlich bis 
0,18mm Dicke ebenwohl ganz vorwiegend auf die Augit-reichen 
Partien beschränkt, die grösseren von Augit-freien Flecke aber 
fast gänzlich frei davon sind. 

Der Magnetit zeigt niemals die in den meisten Basalten zu 
beobachtenden Eigenschaften, sondern bildet mehr oder weniger 
regelmässig sechseckige und durch Aggregirung von Sechsecken 
entstandene vielgestaltige Lappen, die stets wie äusserst fein mit 
Nadeln durchstochen licht punktirt sind. Bei dem Ätzen des 
Schliffs wird aus dem Magnetit ein Liniengerippe, welches wie 
ich früher glaube nachgewiesen zu haben * darauf deutet, dass 
derartige Magnelite aus Titaneisentäfelchen gebildet werden, denen 
die Magneteisenkryställchen zwischengeklemmt sind. In vielen 
sächsischen Basalten ** ist sogar eine räumliche Trennung von 
Titan- und Magneteisen zu bemerken, indem hier Flächen ganz 


* Gesteine der Sababurg etc. 
** Basaltigaea Saxontensis, erscheint demnächst in der Nova Acta. 


456 


durchsetzt sind von recht derben schwarzen Trichitstrichen, die 
der Salzsäure widerstehen, woselbst Magneteisen gänzlich fern 
bleibt, während im übrigen Basalte das Magneteisen in schönen 
Kryställchen reichlich eingemengt ist und sich ‚wegätzen lässt. 

Die kleinen sowohl, als auch grössere, bis fmm Jang aus- 
gedehnte Lücken zwischen den Augiten werden von wasserheller, 
nur stellenweise leicht graugelb bestäubter Nephelinsubstanz erfüllt. 

In einigen Schliffen stellt sich die nur wenig zersprungene 
Nephelinsubstanz als Nephelinglas dar, indem erst die Polarisa- 
tionserscheinungen den Unterschied von amorphem Glasresiduum 
darthun, in anderen dagegen deutet nicht allein die Gliederung 
der Nephelinmasse durch gerade, Recht- und Sechsecke um- 
schliessende Linien, sondern auch die Anordnung von Staub, 
Dampfporen, Magnetit und Mikrolithen zu centralen Cumulationen 
in den Hexagonen, die Einlagerung von Mikrolithen längs den 
Rechteckkanten auf aneinandergelagerte Nephelinkrystalle, endlich 
ist hin und wieder auch ein recht scharfer bis 0,035mm langer 
Krystall zwischen den Augiten bemerkbar. 

In Schliffen von Gestein aus den oberen Partien sind die 
Nephelinflecke randlich fein fasrig zeolithisirt. 

Der Apalit in wasserhellen, nur vereinzelt graugelben, ge- 
raden, quergegliederten Nadeln von bis 0,2mm Länge, 0,006mm 
Dicke wurde nur sehr vereinzelt innerhalb der Augitpartien be- 
merkt, während er die Nephelinglasflächen wirr und reichlich 
durchspickt. Nur in wenigen Nadeln waren die (einer zerstück- 
ten Thermometerquecksilbersäule ähnlichen) dunklen Längsein- 
schlüsse bemerkbar. 

Einige gerundete bis 0,07mm grosse glashelle Flecke mit 
einem in der Mitte zwischen Centrum und Peripherie herum- 
laufenden Kornkränzchen sind unzweifelhafte Leucite (den Leu- 
citen der Vesuvlaven am ähnlichsten). | 

In einigen Schliffen gar nicht, in anderen dagegen nicht 
spärlich, aber doch innen zerstreut, findet sich Melilith. Derselbe 
ist immer durch seine lebhaftere, grünlich gelbe, in trüb citro- 
nengelb spielende Farbe, den abgerundet rechteckigen Umriss 
und die schöne blaue Farbe zwischen gekreuzten Nicols zu er- 
kennen, während ich nur an wenigen deutliche Längsrisse be- 
merken konnte. 


457 


Ähnlich verhält es sich mit dem Glimmer, der zwar in allen 
Schliffen, aber bald mehr, bald weniger reichlich vorhanden, vor- 
zugsweise zwischen Augit steckt. Er bildet Blättchen mit bald 
recht scharf krystallinischer, bald höckriger Umrandung von 0,03 
bis 0,08mm Breite, von lebhaft honiggelber (beim Drehen des 
Präparats über dem Objectivnicol), in tief nussbraun übergehen- 
der Farbe und sehr pellucider Beschaffenheit. Hin und wieder 
sind mehrere recht scharf sechsseitige Blättchen mit verschiede-- 
ner Queraxenlage aggregirt, wie die verschiedene Färbung und 
Farbenänderung zeigt. 

Hin und wieder zeigen sich innerhalb der Nephelinpartien 
lauchgrüne, pellucide, bis graugrün trübe Flecke, die bald, wie 
zart verwachsen, in den Nephelin verlaufen, bald scharf abgesetzt 
sind und dann längs der Peripherie eine erst beim Drehen der 
Öcularnicols bemerkbare zart fasrig krystallinische Faser-Bildung 
zeigen. Die grüne Substanz, jedenfalls ein Zersetzungsproduct, 
verhält sich meistens wie amorph, oft ist aber auch eine durch- 
aus wirr körnig fasrige Tendenz nicht zu verkennen. Solche 
grüne Umwandlungsproducte, die leicht unter Gelatiniren zerstör- 
bar sind, zeigen viele Nephelinbasalte. Am prächtigsten sind sie 
unstreilig in einem sächsischen Basalte (Eisenbahndurchschnitt 
zwischen Heinewalde und Grossschönau . Basaltigaea No. 117), 
dessen Dünnschliffe schon mit blossem Auge reichlich grün ge- 
fleckt erscheinen. 

Der Hauyn, wie bereits oben bemerkt, ebenso ungleich ver- 
theilt, als in dem ganz analog zusammengeseizten Gestein vom 
Hamberg bei Bühne, bildet Durchschnitte von 0,05 bis 0,3mm, 
Dieselben haben höchst selten krystallinische, 6- oder dseitige 
Umrisse, sondern meistens gerundete oder verlängerte Formen. 
Er erscheint in 2 verschiedenen Ausbildungen. Entweder sind 
die opaken, schwarzen Körnchen mit dem dazwischen befindlichen 
stahlblauen, oder auch rostfleckigen Hauch im Centrum gehäuft, 
nach dem völlig farblosen Rande zart verwaschen verlaufend und 
oft so locker eingestreut, dass fast eine Ähnlichkeit mit central 
bestäubten Nephelinquerschnitten stattfindet, wie dieses die Hauyne 
im Basalt vom Rosenberg und Hamberg (Habichtswald) in dem 
vom Schafberg bei Baruth (Lausitz) und viele in dem vom Salz- 
berg bei Sohlan (Böhmen) zeigen; oder gegen einen oft nur äus- 


458 


serst schmalen Rand scharf abgesetzt, ist die Körnermasse aus- 
sen amı dichtesten, nach innen zu, zart verlaufend, lockerer. 
Letztere nur enthalten Rudimente von Strichnetzen. In einigen 
recht regelmässigen Hexagonen zeigte sich ein feiner lichter, auf 
die Mitte der Seitenkanten laufender Achsenstern, keinenfalls aber 
zeigt ein Krystall die ausgezeichneten Formen, wie im Basalte 
von Neudorf oder Bramberg (Erzgebirge) oder die concentrischen 


Zonen wie im Basalte vom Ripberg bei Raudnic. 

All die erwähnten Mineralien können als die Bestandtheile 
der sonach grobkrystallinischen (im mikroskopischen Sinne) Grund- 
masse betrachtet werden. Aus derselben treten porphyrisch hervor: 

1) zahlreiche, gewöhnlich nur bis 0,9mm lange, doch aus- 
nahımsweise auch bis 1,8mm grosse Augite, namentlich die 
grösseren mit gerundetem oder stumpfeckigen, wie abgeschmol- 
zen aussehenden Umriss. Diese haben meistens gleiche Färbung 
mit denen der Grundmasse, während andere durch ihren choco- 
ladebraunen Ton, Zonenliniirung, Mikrolitheinschlüsse parallel der 
Zonen und parallele Spaltenrisse recht auffallen. Gewöhnlich ist 
die Substanz sehr verunreinigt durch Dampf und Steinporen, 
Einschlüsse von Magnetit, Glimmer, Olivin, seltener Hauyn und 
Grundmassepartikeln. 

2) Augitaugen. Die für die Basalte im Erzgebirgisch- 
Schlesischen Zuge bezeichnenden, wahrhaft pfauenaugenartig her- 
vorleuchtenden Zusammenrottungen grosser, oft fast farbloser 
Augitkrystalle in prächtiger Flächenausbildung mit zwischenge- 
klemmter Nephelinsubstanz oder bei glasreichen Basalten mit sehr 
trichitreichem Glase, durch eine sehr kleinkrystallinische dunklere 
Ring-Zone vom eigentlichen Basaltgrunde getrennt, fand ich bis- 
lang ausserhalb dieses Zuges nur im Basalte des Galgenbergs 
bei Hering, in einem Rhönbasalt (Giebitzenhöhe) und in dem vom 
Rossberg. Die Augitaugen erreichen in letzterem einen Durch- 
messer von bmm; die dieselben constituirenden Krystalle eine 
Länge von 0,3mm, Die Substanz derselben ist sehr klar, fast 
farblos, nur bei schiefem Schnitt an Seiten- oder Endflächen cho- 
coladebraun. Ausser einigen — negativen Augitkryställchen ent- 
sprechenden — Glas- oder Steinporen von 0,04mm Länge mit 
fixem Bläschen enthalten dieselben keine Einschlüsse. 

3) Olivin am reichlichsten, und zwar in meist gut aus- 


459 


gebildeten, theils kurzgestauchten, theils langgezogenen Krystallen 
von 0,1 bis über {mm Länge. Noch grössere sieht man vielfach 
auf den Gesteins-Bruchflächen. Der überwiegend grössere Theil 
der Olivine ist nur ganz schmal längs der Ränder und der Sprünge 
sraugrün fasrig serpentinisirt, während die übrige Substanz völlig 
frisch, wasserhell, reich an Dampfporenschnüren, weit seltener 
Flüssigkeitsporen von nur 0,002mm Dicke lebhaft vibrirender Li- 
belle ist, hin und wieder Grundmasseeinschlüsse und besonders 
reichlich recht scharfe und grosse (bis 0,006mm) Spinellchen * 
enthält. 

Andere, besonders kleine Olivine dagegen sind bis auf kleine 
frische Flecke in eine schmutzig gelblich oder bräunlich oliven- 
grüne, körnige (mosaikarltig polarisirende) Masse verwandelt und 
nur längs der Sprünge zeigen sich diese von klarer, pellucider, 
meergrüner, im polarisirten Lichte querfasriger Serpentinsubstanz 
eingefasst. Nicht selten sind solche Olivine wahrhaft von kleinen 
Magnetiten garnirt. (In einem sächsischen Basalte von Hertigs- 
walde, Basaltigaea No. 29, ist diese Erscheinung an grossen, in 
radialfasrige Kügelchen umgewandelten Olivinen so allgemein und 
auffallend, dass sie früher Veranlassung gab, diesen Basalt als 
mit Körnern von Trappeisenerz durchsetzt zu beschreiben.) 

Schliesslich erwähne ich noch des triklinen Feldspath, den 
auch PETERSEN und SANDBERGER beobachteten. Ich habe in dieser 
Beziehung zu constatiren, dass ich denselben nur in einem ein- 
zigen meiner Schliffe als wenige Leisten von 0,0Smm L., 0,02mm 
Breite mit scharfer feiner Längsliniirung und Farbenstreifung 
aufzufinden vermochte. 

Jedenfalls gehört trikliner Feldspath zu den grossen Selten- 
heiten. Als Gegenstück kann der Basalt von Stolpen dienen, an 
welchem eben so ausgezeichneter Leucitbasalt, als auch ausge- 
prägter glasreicher Plagioklasbasalt vorkommt, ohne äussere Er- 
kennungszeichen. 

* Da wo dieselben bei vollständiger Zersetzung der Olivine ausge- 
waschen werden, wie z. B. in dem Tuffmantel am Höllekopf bei Lippe 
und der Tornburg (beide im Westerwald), Seeberg im Habichtswald, Don- 
nerbrunnen und Kratzenberg bei Kassel, finden sie sich unversehrt im 
Grusse und lassen sich auch chemisch bestimmen. Die grössten und schön- 


sten mit Zonenaufbau sah ich im höchst Apatit-reichen Plagioklasdolerit 
vom gr. Zschirnstein (Sachsen. Basaltigaea No. 22. Taf. II, fig. 9.). 


460 


Bis Decimeter lange unregelmässige Hohlräume sind aus- 
gekleidet mit Magnesia- oder Kalkcarbonat. In einer fand ich 
die kleintraubig. höckerige blassgraugelbe Wandbekleidung von 
eisenhaltigem Dolomit, bedeckt mit wasserhellen Kugelaggregaten 
von Kalkspathkrystallen im ersten stumpferen Rhomboeder —'!/>R, 
parallel der kürzeren Diagonale zart gestreift. 


b. Die*Einschlüsse. 
a) Hydrotachylyt. H. = 2—3. 

Der von Tu. PETERSEn benannte und chemisch untersuchte 
Hydrotächylyt * findet sich innerhalb der starken senkrechten 
Basaltsäulen gänzlich eingeschlossen, Knollen von bis (dem Dicke 
bildend. Die Substanz ist entweder schmutzig dunkelgrün bis 
schwarz und fast matt. beim Erhitzen sich bräunend und zer- 
knisternd oder dunkel wachsgelb, wachsglänzend, einerseits in 
lederbraun, andererseits in Jauchgrün verlaufend, namentlich nach 
dem Contact hin sehr rissig,. woselbst dann im gelben, die Sprünge 
als dunkelgrüne Linien auffallen, im grünen aber die Sprung- 
flächen mit einer äusserst zarten, perlmutterschillernden, lichter 
grünen Haut bekleidet sind. Diese Haut, die zum Theil mit Mag- 
netkieskörnchen erfüllt ist, wird beim Betupfen mit Salzsäure so- 
fort ohne Brausen gebleicht und stellt dann ein zarles, leicht 
ablösbares Blättchen dar. welches im Löthrohr ohne Schmelzen 
weiss emaillartig wird, in der Sodaperle sich auflöst. 

Für sich im Mikroskop betrachtet, stellen die zarten Häute 
ein Durcheinander bis 0,03mm breiter, scharf und sehr regel- 
mässig sechsseitiger, schwach buntfarbig polarisirender Blättchen, 
innerhalb einer amorphen (Opal) Masse, dar, die sonach wohl 
als einen Kieselsäureüberzug in der Form von Tridymit zu deu- 
ten sein dürften. 

Die von einem anderen Handstück abgelösten Häutchen 
zeigen ein anderes Verhalten, nämlich die von der Säure nur 
wenig verletzten enthalten in amorpher, wahrscheinlich opalartiger 
Substanz zahllose scharfe 0.03—0,04mm breite Hexagone und 
zugehörige Rechtecke, während die von der Säure gänzlich ge- 
bleichten, in eben solcher Substanz dieselben Sechs- und Recht- 
ecke aber als Löcher enthalten, wie die durch das Einkitten 


* Jahrbuch 1869, S. 33 etc. 


461 


darin sitzen gebliebenen Luftblasen (welche beim Erwärmen und 
Verschieben des Präparats sich verändern und andere Lage er- 
halten) beweisen. Hier würde die Zwischenhaut also durch von 
Nephelinkryställchen erfüllte Opalmasse gebildet sein. 

Basaltstücke mit Tachylytnestern, die seit Jahren auf der 
Halde gelegen, zeigen die Trennungshäute wie ein Netzgerippe 
vorstehend, den Tachylyt in eine schwarzgrüne, leicht zerkrümelnde 
' Masse verwandelt (Chlorophaeit?). 

Der Hydrotachylyt setzt gegen den Basalt scharf ab, welch 
letzterer am Contact völlig unverändert, höchstens etwas gebräunt 
erscheint. Theils unmittelbar am Contact, theils gänzlich im In- 
nern umschliesst der Hydrotachylyt theils platte langgestreckte, 
ellipsoidische, theils völlig runde Kugeln von I bis 3em Länge, 
deren Oberfläche glatt und stark glänzend erscheint. Dieselben 
zeigen beim Zerschlagen eine bläulichweisse, durchscheinende, 
theils derbe, theils im Mikroskop krystallinisch-blättrige Substanz 
von der Härte — 4, sp. Gew. — 2,2, die theils unter Gelatiniren, 
theils unter Abscheidung flockiger Kieselsäure in Salzsäure lös- 
bar, vor dem Löthrohr zu weissem Email schmelzbar ist und 
beim Betupfen mit Cobaltsolution schön blau wird. Die Ausfül- 
lungsmasse für stilbit zu halten wird noch evidenter dadurch, 
dass beim Zerschlagen einer Kugel diese einen Hohlraum zeigte, 
aus welchem unzweifelhafte Stilbitkrystallblätter mit den Flächen 
ooPoo, ooPxo, Pc und OP, an einem auch 2P herausfielen. In 
dem Hohlraum einer anderen Kugel war ein schwach brausendes 
Pulver, das winzige Rhomboeder darstellt und nach der charak- 
teristischen Magnesiareaction für Bitterspaih zu halten ist. Eine 
Kugel hatte einen unmerklich in die Zeolithsubstanz verlaufenden, 
an einer Stelle der Oberfläche mit der umgebenden Masse zu- 
sammenhängenden Kern von Hydrotachylyt. Ein anderer Ellip- 
soid endlich war ganz hohl und auf der Innenwand mit kurzen, 
wahrscheinlich dem Mesolith angehörenden Zeolithnädelchen be- 
deckt. 

Um nun die optischen Eigenschaften des Hydrotachylyts un- 
tersuchen zu können, wurde mindestens a Kubikdecimeter präch- 
tigen Materials zerschlagen, ohne günstiges Resultat. Die Sub- 
stanz schleift sich natürlich bei der geringen Härte sehr gut, 
allein bei dem Aufkitten entweicht jedenfalls Wasser. Sobald 


462 


der Schliff fast O,fmm Dünne erreicht hat, reibt er sich ab oder 
zerbröckelt. Nur in 2 Fällen erhielt ich ungefähr [Jem grosse, 
gute Schliffe, die aber bei dem Umkitien auf den Objectträger 
in Splitter zersprangen und was das schlimmste ist, während vor- 
her noch völlig pellucid, jetzt hornartig trübe erscheinen. Nach 
einer Menge von Versuchen, ohne Wärmeanwendung durch alko- 
holische Harzlösungen die Herstellung von Präparaten zu erzie- 
len, glaube ich in einer Lösung von Mastix in Aceton das Mittel 
zum Kitten gefunden zu haben, welches befriedigende Resultate 
für derartige wasserreiche Substanzen liefert. 

Ein solcher Schliff zeigt eine völlig homogene, sehr pellu- 
cide Glasmasse von blass schwärzlichgrüner oder mehr lauch- 
grüner, in farblos übergehenden Farbe, wie zart bepudert durch 
schwarze Pünktchen. Die Sprünge sind stets lichter und beider- 
seits zur Tachylytsubstanz hinein garnirt durch kleine Pusteln und 
Knäuel schwarzer Körnchen, Kreischen, Porenbläschen, zuweilen 
umrandet von einem sehr schmalen, lichten Höfchen. Nur sehr 
selten bemerkt man ein freiliegendes, stabförmiges Kryställchen, 
welches am ehesten für Feldspath zu erachten ist. Nicht selten 
ist der ganze Schliff Malachit-artig zart wolkig, durch ungleiche 
Vertheilung der opaken dunklen Pünktchen. Mehrere Schliffe 
enthalten rundliche, vielgestaltige Einschlüsse, die theils farblos, 
theils trüb bepudert, von dunkleren krummen Linien durchzogen 
erscheinen. Die klare Masse zeigt theils die Polarisation des 
Nephelin, theils die rhombische Liniirung des Kalkspaths. Die 
Hydrotachylyimasse verlauft franzig und flattrig in dieselbe, löst 
sich endlich in Körnchen und Staub auf und bildet auch der- 
gestalt die erwähnten durchziehenden dunklen Linien. Längs des 
Contacts ist der Hydrotachylyt an einigen Stellen auf 0,15mm 
Breite ganz erfüllt mit einem Gewirre eigenthümlicher, 0,02mm 
langer, 0,006mm breiter, an _den schmalen Seiten abgerundeter 
krystallinischer lichterer Körperchen, die bei gekreuzten Nicols 
im dunklen Grunde nur schwach leuchtend noch bemerkbar sind. 

Eine Hydrotachylytknolle enthielt einen wallnussdicken, durch 
und durch gefritteten Quarziteinschluss, um welchen der Tachylyt 
deutlich kugelschalig blältrig, mit weissen (mit Salzsäure brau- 
senden) conforınen Caleittrennungshäuten gewickelt ist. 

Einige andere Knollen aus den höheren Theilen des Bru- 


463 


ches, woselbst die Basaltsäulen bereits in kugelschalige Trümmer 
zerfallen, verdienen besondere Aufmerksamkeit. 

Die eine derselben enthält einen etwa faustdicken ellipso- 
idischen . Einschluss von Quarzhärte, muschligem Bruche und 
schwachem Fetiglanz. Auf der Bruchfläche lassen sich deutlich 
stärker fettglänzende, licht bläulichgraue verwaschen begrenzte 
Quarzkörner, von mehr gelblich oder bräunlich grauer matterer 
Zwischenmasse, und nach der Peripherie hin kleine, weisse, derbe 
Knöllchen einer zeolithischen Masse, endlich frische dunkelschwarz- 
grüne, fast glasglänzende Tachylyteinsprenglinge unterscheiden. 

Der Dünnschliff zeigt im Mikroskope das Bild eines stark 
gefritteten nicht eigentlich geschmolzenen Sandsteins. Die Quarz- 
körner sind stark zersprungen, mosaikartig polarisirend; die aus 
dem Bindemittel und Abschmelzen der Sandkörner entstandene 
Zwischenmasse bräunlich und lichter flammig wolkig oder rund- 
lich marmorirt, streifen- und putzenweise erfüllt mit dendritisch 
aggregirten Magnetitkörnchen. Kreisrunde, kurzfranzige, strahlige, 
opake Partikel werden oft von lichten Höfchen eingefasst. Kry- 
stallinische Neubildungen im Zwischenglas, wie sie wirklich ge- 
schmolzen gewesene, äusserlich fast ganz tachylytisch aussehende, 
Sandsteine zeigen (Rosenbühl, Alpstein, Blaue Kuppe, Franzosen- 
küppel bei Ob. Ellenbach, Stahlberg und Braunsberg bei Kassel, 
Otzberg bei Hering, Beulstein im Spessart, Calvarienberg bei 
Fulda ete., namentlich aber Steinberg bei Breuna im N. Habichts- 
wald) oder zusammengeschmolzene künstliche Lehmsteine, und 
die vorwaltend als Nephelinchen zu deuten sind, finden sich nur 
in dem Schliff einer Contactscherbe, nicht im Innern. 

Darf eine Vermuthung über die Abstammung des Einschlusses aus- 
gesprochen werden, so möchte ich denselben, seiner ganzen Beschaffenheit 
nach, als Sandstein aus dem Grauliegenden ansehen. 

Im Hinblick darauf, dass der Basalt des Rossberges im Rothliegen- 
den steht und höhere Schichten fehlen, muss ich der eben gemachten Ver- 
muthung das Befremdende nehmen. 

Es kommen in Basalten und den sie begleitenden Tuffen nicht nur 
Einschlüsse vor von Gesteinen aus der Tiefe, sondern auch solchen weit 
höherer, jetzt gänzlich in unmittelbarer Nähe fehlender Abtheilungen. So 
z. B. bricht der Basalt des Franzosenküppels im oberen Rothliegenden 
(braune Mergelsandsteine und Schiefer) hervor, enthält aber in den Tuffen 


unveränderte, im Basalte gebrannte und anderweit veränderte Kupfer- 
schiefer- und Buntsandsteinstücke; der Basalt vom Schwarzbiegel (N. Ha- 


464 


bichtswald) setzt in der mittleren Abtheilung des Wellenkalks auf und 
enthält in den Tuffen eisenschüssige Liassandsteine mit Gryphaea ceymbium, 
Pentacrinites basaltiformis etc., schwarze Belemnitenschiefer und Kalk- 
brocken, in denen einer meiner Zuhörer einen kleinen Ammoniten fand. 

Sollte es sich durch mehr Material unzweifelhaft machen lassen, dass 
ler Sandstein wirklich aus höheren, als den jetzt zu Tage stehenden 
Schichten stammt, so würde Lupwıg’s Ansicht * gegenüber, — den Ross- 
berg als einen Lavastock anzusehen, der nebst der Umgebung von Anfang 
an fast seine jetzige Gestalt gehabt — das schöne v. HocHstErter’sche 
Bild ** hier ein eclatantes Beispiel — des im bauchig erweiterten Krater- 
schlunde innerhalb der noch weit höher aufragenden, jetzt entfernten Se- 
dimente, erstarrten Lavamasse — haben. 

Die den Sandsteineinschluss umhüllende Hydrotachylytmasse ist con- 
centrisch schalig durch conforme Caleithäute getrennt, im Innern noch 
frisch, nach Aussen aber fast vollkommen in matten, kaum kantendurch- 
scheinenden, graulich ledergelben Bol verwandelt. Stücke der äussersten 
Rinde kleben an der Zunge, geben beim Anhauchen Thongeruch, zerfallen 
rasch im Wasser, haben nur eine Härte von 1,5 bis 2, werden beim Glühen 
härter, schmelzen aber noch etwas an den Kanten zu einer weissen, schau- 
migen Schlacke. Ächter Bol soll vorkommen, ist von mir aber nicht auf- 
gefunden worden. 

Knollen, welche in der die Klüfte zwischen den Basaltsäulen ausfül- 
lenden Basalterde und Grus stecken, enthalten noch äusserlich das Netz- 
gerippe der Trennungshäute, zwischen denen und im Innern aber der 
Hydrotachylyt bis auf geringe Reste in eine zerreibliche, weisse, gelbliche 
oder. blass apfelgrüne, stark mit Salzsäure gelatinirende Zeolithmasse ver- 
wittert ist. 3 


3) Tachylyt. H. = 7—8. 


Eine andere Knolle aus dem Hangenden enthält einen klei- 
nen linsenförmigen Einschluss von kleinkörnigem Enstatitfels?, 
der kleine Partikelchen von Magnetkies führt, und eine grössere 
ebendaher, einen fast handgrossen gefritteten Sandsteineinschluss. 

Die umhüllende Tachylytmasse ist hier völlig verschieden 
von aller seither beschriebenen. Sie umgibt den Einschluss eben- 
wohl blättrig-schalig, ist fest damit verschmolzen, theils lebhaft 
honigbraun, theils lauch- und bouteillengrün, sehr stark glas- 
glänzend auf flachmuschligem Bruche, hat eine Härte von 6, ein 
sp. Gew. von 2,525, und ist selbst in 2mm dicken Scherben fast 
vollkommen durchsichtig. Nahe dem Contact mit dem Einschluss 


* Text zu Section Dieburg S. 69 der geol. Specialkarte des Grossh. 
Hessen. 


** Jahrbuch 1871, S. 476. 


465 


enthäli sie zahlreiche bis erbsdicke stark glasglänzende weisse 
Perlen einer im Innern von einem Randpunkte aus strahligen 
Zeolithmasse (Ausfüllungen ehemaliger Dampfporen), sowie weit 
‚grössere dichte Zeolithnester, die conform der Umhüllung platt 
gedrückt, wenn nicht ganz erfüllt im Hohlraum ein weisses Car- 
bonatpulver enthalten, dessen Partikel im Mikroskope keine kry- 
stallinische Form zeigen. 

Der lauchgrüne Tachylyt, welcher hier fremde Einschlüsse 
schalig umhüllt, kommt ausserdem in faustdicken Knollen in dem 
schon sehr zersetzten Tuff bzw. 'Rapillimantel vor, der die Auf- 
lagerung des Basaltes vom Grundgebirge des Rothliegenden trennt; 
einmal wurde er auch als Einschluss einer Basaltkugel aus der 
oberen Bedeckung gefunden und zwar, was sehr bezeichnend ist, 
zunächst umgeben von einer ca. {em dicken Hydrotachylytschale. 

Die Knollen sind reichlich zersprungen. die feinen Sprünge 
durch blass bläulichgrüne, der Einwirkung von Salzsäure wider- 
stehenden, also auch wohl kieseligen Häute verkittet. : Der Ta- 
chylyt selbst schmilzt in dünnen Splittern zu einem nicht blasi- 
gen schwarzen etwas magnetischen Glase, wird in der Phosphor- 
salzperle noch schwerer als der Sababurger Tachylyt aufgenom- 
men, löst sich langsam und nicht vollständig in Salzsäure (grös- 
sere Splitter, neben solchen von Hydrotachylyt hatten 14 Tage 
in kalter Salzsäure gelegen und waren nur stark gebleicht, wäh- 
rend der Hydrotachylyt nur noch als leicht zerrührbare Gallerte 
von der Form des Splitters existirte). Der ausgezeichnet her- 
stellbare Dünnschliff zeigt ein völlig amorphes, blass bouteillen- 
grünes bis fast farbloses Glas, das jeglicher Einlagerungen bzw. 
Ausscheidungen zu entbehren scheint. (Im Jahre 1869 erhielt 
ich zuerst dieses Gestein, bereits als Tachylyt bezeichnet von R. 
Lupwie aus der Darmstädter Sammlung.) PETERSEn hat neuer- 
dings eine Analyse dieses Tachylyts (wie ein mir mitgetheiltes 
Gesteinstück beweist) ausgeführt. Endlich ist noch ein Tachylyt 
aufzuführen, welcher in wallnussdicken Knollen in dem eben er- 
wähnten Tuffmantel steckt. 


Die etwas drusig poröse Substanz hat eine Härte von 5—6, schwärz- 
lich leberbraune Farbe, schwachen harzartigen Glanz, muschlig-splittrigen 
Bruch und ist nur kantendurchscheinend. 

Der Dünnschliff zeigt entweder ein caffeebraunes bis farbloses, durch 

Jahrbuch 1873. 30 


466 


ungleiche Vertheilung von kleinen Magnetitpünktchen wolkig geflammtes 
amorphes Glas; oder dasselbe ist durchgängig in 0,03 bis 0,05mm dicke 
granatoödrische aneinanderschliessende Bröckchen zersprungen, woselbst 
dann schwache Farbenerscheinungen auftreten. 

Die ganze Masse wird nach allen Richtungen hin von einem wahren 
Netze äusserst dünner bis 0,02mm dicker, langer, gerader Apatitnadeln 
durchspickt, während ausserdem noch zahlreiche bis 0,06mm dicke Apatit- 
nadeln reichlich vorkommen. N 

Letztere sind stets aus mehreren Individuen zusammengesetzte Bün- 
del, deren Theile entweder in verschiedener Weise aggregirt, fest ver- 
bunden oder etwas gegeneinander verschoben, durch Tachylytmasse ver- 
kittet sind, da die Krystalle bei Wegnahme dieser Trennungsmasse genau 
in einander passen würden. Viele Krystalle haben die charakteristischen 
(ehiastolithartig) Einschlüsse, andere sind nicht ganz geschlossen, indem 
der Kern durch eine Seite des 6eckigen Querschnitts hindurch mit der 
umgebenden Tachylytmasse zusammenhängt. 


In einigen Präparaten ist das Tachylytglas theils granato- 
edrisch zersprungen, theils verschiedenartig feinfasrig, mit Zonen- 
structur, umgewandelt. Unbekümmert um diese Veränderung wird 
dasselbe von höchst feinen, langen geraden, gekrümmten, spin- 
nenartig combinirten wasserhellen Nadeln durchzogen, die nicht 
selten ein äusserst dichtes Gewirre bilden und so dünn sind, dass 
man erst bei wenigstens 1U00maliger Vergrösserung die zwei 
Begrenzungslinien nicht mehr als eine einzige wahrnimmt. Aus- 
serdem kommen blassgrüne fein querfasrige keulenförmige und 
gerade, längsgestreifte,, polarisirende Nadeln vor, die wohl der 
Hornblende angehören dürften, da die Ähnlichkeit mit Theilen 
der prächtigen Farrenkraut-, Blumenkohl- und Schilf-ähnlichen 
Hornblendeaggregaten im Pechstein von Arran sehr gross ist. 

Endlich fallen in diesem Tachylyt besonders reichliche was- 
serhelle, äusserst scharf begrenzte Ausscheidungen auf, in Quer- 
schnitten von 0,002 bis zu 0,05mm und geraden säulenförmigen, 
bis 0,39mm langen Längsschnitten. Erstere zeigen eine rechteckige 
Form mit abgestumpften Ecken, oft vollkommene Achtecke und 
in der grössten Mannigfaltigkeit unvollendete nicht geschlossene, 
verschieden, aber immer gesetzmässig, verwachsene und aggre- 
girte Gestalten mit Tachylyteinschlüssen. Sie polarisiren schwach 
farbig, die Längsschnitte, welche oft Längskanten und Flächen 
(bei schiefer Lage auch Querschnilte) erkennen lassen ebenfalls. 
Am ehesten möchte ich diese Krystalle für rectangulär ausge- 


46% 


bildete orthoklastische Feldspäthe halten, bei denen ©Px und 
ooP überwiegend, 2Poo nur untergeordnet entwickelt ist, nament- 
lich da die Querschnitte eine schöne rechtwinklige Spaltbarkeit 
nach den ersteren Flächen, der Basis und des Klinopinakoids 
zeigen, und da, wo Krystalle nicht durchgeschnitten, sondern von 
einer Tachylythaut bedeckt vorliegen, bei schiefer Beleuchtung 
Endflächen zu erkennen sind, die der Lage nach ooP und P ent- 
sprechen. 


Beiläufig sei erwähnt, dass ich aus den unteren Teufen des 
Anamesitbruchs i. d. Teufelskaute bei Kesselstadt ein Handstück 
mit einem grossen, langgestreckten Einschluss, den Hornstein als 
Nigresecit bezeichnete, und der wiederum die Umhüllung von steng- 
lichem Sphärosiderit bildet, geschlagen habe. 

Der Nigreseit, jetzt dunkel colophoniumbraun, zeigt im Mi- 
kroskop eine gänzlich amorphe, von Ausscheidungen etc. freie, 
blass gelblich kaffeebraune bis farblose Masse. Ausserdem habe 
ich von diesem Handstück diejenigen Scherben zu Präparaten 
gemacht, welche auf der angeschliffenen Fläche dunkle, weiche 
Fleckehen zeigten. Letztere blieben bis zum Ablösen des fer- 
tigen Schliffs erhalten, sprangen aber dann ausnahmslos aus, 
während auch sie bei Klebmittel unter Wärmeausschluss unver- 
sehrt erhalten blieben. 

Indem ich auf die Beschreibung des mikroskopischen Bildes 
vom Anamesit in ZırkEi’s „Basaltgebilde S. 144 etc.“ verweise, 
möchte ich derselben nur noch zufügen, dass sich dieselbe auf 
Anamesite der höheren Lagen bezieht, dass Apatit unzweifelhaft 
vorhanden ist, auch Sanidin nicht fehlt und dass selbst die fri- 
schesten Gesteine zum grossen Theil cavernös sind. 

In den Schliffen aus den Unterteufen ist es anders. Hier 
sind nicht nur alle höher vorhandenen leeren Poren ausnahms- 
los mit Nigrescit erfüllt, sondern derselbe ist auch ausser in 
Nestern durch das Gestein putzenweise vertheilt. 

Der Nigrescit als Porenausfüllung zeigt sich nicht verschie- 
den von in Umbildung begriffenem Glas. Er stellt eine lebhaft 
licht rothbraune amorphe Masse dar, die selbst in den kleinsten 
Fleckchen, je nach der Aussencontour ein oder mehrere Kerne 


von sirahliger Textur (Sphärosiderit?) haben. Neben den Nigre- 
30 * 


468 


scitflecken sind die veränderten bekannten Zwischenklemmungs- 
glasfleckchen mit Trichiten etc. vorhanden, auch ist das oft nur 
geringe Umwandlungsproduct der Olivinkrystalle völlig verschie- 
den davon. 

Hiermit dürfte also die von Hornsteın mitgetheilte Beobach- 
tung bestätigt sein: der Nigrescit durchdringt das ganze Gestein, 
ist oben ausgelaugt, unten noch vorhanden, und weder als Me- 
tamorphose des Glasreciduums noch des Olivins zu betrachten. 
Jedenfalls stellt er eine aus dem Basaltmagma ausgeschiedene 
amorphe Masse, neben dem gewöhnlichen Glas, dar, die, weil von 
eigener chemischer Mischung, der Metamorphose bzw. Auslaugung 
früher als ein anderer Gesteinsbestandtheil anheim fiel. Endlich 
möchte die Sphärosideritbildung und die Bildung der bekannten 
Steinheimer amorphen Silicate in naher Beziehung zu ihm stehen. 

Möglicherweise dürfte bei dem Plagioklas-Anamesit der 
Steinbahn bei Siegburg ein anderweiter Aufschluss erfolgen, da 
dort prachtvoll strahlige Sphärosideritmassen als Einklemmungs- 
partikel vorkommen, Siehe darüber auch „Zirker, Basaltgebilde etc. 
S. 147 etc.“ 


Wirft man nun die gewiss interessante Frage nach dem 
Ursprung des Hydrotachylyt auf, so dürfte man der Lösung an * 
der Hand der geologischen Thatsachen wohl näher kommen als 
ohne Berücksichtigung der das Vorkommen begleitenden Umstände. 

Das Vorkommen des ächten Tachylyts und des Hydrotachy- 
Iyts ist ein durchaus verschiedenes. 

Die in Deutschland bekannt gewordenen Fundorte von Ta- 
chylyt habe ich genau durchforscht. Ächter Tachylyt kommt nie 
im Basalte selbst vor, sondern als Knollen in den begleitenden 
Tuffen ete. (Säsebühl, Sababurg, Böddiger, Kirchhain, Gethürms, 
Giessen, Bobenhausen, Büdigheim, Hof im Westerwald ete.) oder 
als glasige Kruste von doleritischen Bomben und Strömen mit 
allmählichem Übergang (Hopfenberg bei Schwarzenfels) oder scharf 
abgesetzt (Nezeiti etc.), oder als Contactschale schmaler Gänge 
in wahrscheinlich vor der Lavaausfüllung erst durch Dämpfe er- 
hitzter Klüfte, ein Vorgang, der Ähnlichkeit haben dürfte mit dem 
Eingiessen flüssigen Roheisens in heisse, statt in kalte Schalen 
(Reinhards und Morles in der Rhön, Island, Schweden ete.). 


469 


Ebenso kommt auch das im Obigen als Tachylyt bezeichnete Ge- 
stein am Rossberg nicht im Basalte selbst, sondern in den be- 
gleitenden Massen, der Hydrotachylyi dagegen in Knollen mitten 
in den compacten Basaltsäulen vor. 

Kleinere Einsprengungen durch das Gestein, wie bei dem 
Nigreseit konnte ich trotz sorgfältigen Suchens wohl an Hundert 
von Scherben nicht auffinden, muss also nothgedrungen unter- 
stellen, dass entweder Rosensusch so glücklich war, einen höchst 
seltenen Ausnahmefund zu thun, oder dass sich seine Mittheilung 
auf die grüne Nephelinglasmetamorphose beziehen lässt. 

Es liegt nahe, den Hydrotachylyt aus dem Tachylyt direct 
abzuleiten. Das ganze Vorkommen des Tachylyts, dessen oft 
blasige, sogar schwammige Beschaffenheit (besonders bei Giessen 
und Sababurg) dürfte dafür sprechen, denselben als vom Vulcan 
ausgeschleuderte, rasch erstarrte, daher glasig gebliebene Lava- 
tropfen zu betrachten, die uns in den später zu Tuff gewordenen 
Aschenmassen erhalten geblieben sind *. 

Solche Tropfen, zum Theil in die Lava gerathene fremde 
Gesteinsbrocken umhüllend, können in den Krater zurückgefallen 
und hier nach kürzerer oder längerer Zeit in die dem Erstarren 
nahe Lava eingesunken sein. 

Bei Hohofenschlacken kann man sich leicht überzeugen, 
dass bereits erstarrte Schlackentropfen in flüssiger Schlacke nie- 
dersinken, ohne wieder umgeschmolzen zu werden. 

Es wäre dann nur noch weiter anzunehmen, dass zwar die 
Basaltlava die Tachylyiknollen nicht umschmolz, wohl aber dass 
dieselben unter hohem Drucke von Wasserdämpfen durchdrungen, 
gleichsam hydratisirt wurden, an Gewicht und Härte einbüssten, 
während endlich im Laufe der Zeit in den Blasenräumen sich 
mancherlei Zersetzungsproducte, namentlich Stilbit und Carbonate 
bildeten, während andererseits die Zersetzung den Weg der Bol- 
bildung einschlug. 

Den Hydrotachylyt von Olivinfelsknollen abzuleiten, glaube 
ich absprechen zu müssen, da der Rossberger Basalt ausgezeich- 
nete frische Olivinknollen mit krystallinischer Spaltbarkeit in Menge 
enthält, in den oberen Regionen aber der Olivin dem gewöhn- 
lichen Weg der Zersetzung unterlegen ist **. 


* Gesteine der Sababurg S. 44 etc. 
** Ich habe aus der, an Broncit reichen, gegen 5 Meter dicken Olivin- 


ATO 


Übrigens bemerke ich noch, wenn ich mich auch für brau- 
nes Glas, welches in vielen Basalten zwischen den krystallinischen 
Gemengtheilen steckt, selbst in grösseren freien Flächen erfüllt 
mit Trichiten, Borstenknäueln, farrenkrautähnlichen Gebilden etc. 
(letztere besonders schön im Basalte des grossen Winterbergs 
in Sachsen. Basaltigaea No. 15, Taf. II, fig. 3) vorkommt, des 
Ausdrucks tachylytisches Glas zu bedienen pflege, ich dasselbe 
doch nicht mit Tachylyt identificire. Dieses Glas, von unbekann- 
ter Zusammensetzung, ist wohl der Mutterlauge auskrystallisirter 
Salzmenge zu vergleichen, während Tachylyt ein glasiger Basalt 
selbst ist, wenn auch die zuerst ausgeworfenen Tachylyte eine 
andere Zusammensetzung haben können, als die noch längere 
Zeit im Wogen (Fluidalstructur) also auch Mischen begriffene 
später krystallinisch erstarrte Basaltmasse desselben Eruptions- 
punktes. 


Wollte man, auf den Anblick des Dünnschliffs, der im vorliegenden 
Basalte keine wesentlichen Verschiedenheiten zeigt, je nachdem der Ge- 
steinssplitter parallel oder senkrecht zur Säulenachse geschlagen war, eine 
approximative Taxation der Gesteinsmischung versuchen, so würde sich 
unter Mitbenutzung der aus PErErsen’s Analyse von ihm selbst abgeleite- 
ten Zahlenwerthe für Olivin, Magnetit und Apatit ergeben, dass besteht 


die Grundmasse aus: Augit —= 36 
Nephelin 
und dessen Umwandlungsproducte = 26 
Titan-Magnetit —= 4,86 
Chlor-Apatit = 3,24 
Hauypnp = 5 
Leueit 
Glimmer?= 22 
Plagioklas 
die porphyrischen Einschlüsse aus: Augt = 5 
Olivin — 17,60 
100 


eine Schätzung, die mit Hülfe chemischer Rechnung etwas corrigirt, dem 
wahren Bestande nicht allzufern stehen dürfte. 


felsmasse, die ich zuerst 1854 beschrieb (abgedruckt mit Abbildungen in 
Band VII der Haller Naturforschenden Gesellschaft 1863), wallnussdicke 
opake Körner herausgearbeitet, von denen Dünnschliffe und chemische 
Reactionen die Übereinstimmung mit Serpentin, Dunit etc. darthun. Glei- 
ches ist an den Olivinfelskugeln zu beobachten, die sich an zahlreichen 
Punkten unserer Basaltterritorien oft so massenhaft finden, dass Basalt 
nur die schwache Umhüllung ist, 


471 


3) Nephelinbasalt, mit körnig entglaster Grundmasse aus der 
kleinen Schneegrube. H. = 6,5—7. 

Fleckige, aus farblosem Glase, Augit, Magnetit und etwas 
Glimmer gebildete Grundmasse, mit porphyrischen Einlagerungen 
von Augit, zum Theil serpentinisirten Olivin und theilweise in 
Harmotom verwandelten Nephelin. 


Der Basalt, welcher als ca. 20m mächtiger Gang an der 
Westseite der kleinen Schneegrube im Granit des Riesengebirges 
aufsetzt, hat das Interesse für sich, dass er nach Karstens Be- 
stimmung in 1460m Meereshöhe, die in Deutschland am höchsten 
aufragende Basaltmasse ist. 

Nach vielen vergeblichen Bemühungen bin ich auf directem 
Wege in den Besitz von 3 recht frischen Stücken gelangt, und 
dürfte daher die Mitiheilung der Gesteinsbeschreibung hier einen 
Platz finden. 

Licht lederbraune, höchstens 0,05mm lange, 0,02mm breite 
Augitkryställchen, nebst einer unendlichen Menge bis zur winzig- 
sten Kleinheit herabsinkender und dann fast farblos erscheinender 
(im polarisirten Lichte kaum noch farbig leuchtender) Augit- 
mikrolithe, ferner eine ebenwohl unendliche Menge nur punkt- 
förmiger Magnetitkörnchen, gegen welche die zerstreuten, im 
Mittel 0,02mm dieken Magnetitkryställchen schon mikroporphy- 
risch auffallen, liegen eingestreut in einem völlig wasserhellen, 
amorphen Glasgrund, mit dem sie die Grundmasse bilden. 

Das Charakteristische liegt in der Vertheilung, indem die 
Magnetitkörnchen bald möglichst dicht zusammengerottet, rund- 
liche lichtere, an Magnetit ärmere, 0,08mm grosse Flecke um- 
schliessen, die bald mehr Glas, bald mehr Mikrolithe, sowie hin 
und wieder vereinzelte, lebhaft honigbraune, höchstens 0,03mm 
grosse Glimmerblätichen erblicken lassen. so dass solche gefleckte 
Partien einige Ähnlichkeit mit manchen Leucitbasalten haben; 
bald über grössere Flächen gleichmässig dicht. über andere lockerer 
verbreitet eingestreut sind, so dass das Bild der Körnchen ent- 
glaster Grundimasse, wie im Basalt vom Smolnik bei Kremnitz 
erscheint. 

In der Grundinasse sind porphyrisch eingelagert: 


472 


1) in reichlicher Menge bis 0,2mm, nur spärlich bis 0,6mm 
lange, blass castanienbraune, reine Augitkrystalle, 

2) gut krystallisirte, 0,08 bis 0,6mm grosse Olivine, die 
vielfach zersprungen, im Innern recht rein, frisch und klar, längs 
der Ränder und der Sprünge aber schmutzig olivengrün quer- 
fasrig serpentinisirt sind. Die charakteristischen Spinellchen zei- 
gen sich zwar reichlich, sind aber höchstens 0,003mm dick. 

In einem der grössten frischen Olivine zeigte sich der 
Durchschnitt einer 0,05mm dicken, scharf umrandeten Kugel, deren 
malachitgrüne, unregelmässig rissige, wolkige, pellucide Substanz 
einer amorphen Masse angehört. Ihre grosse Ähnlichkeit mit 
Hydrotachylyt machte eine chemische Prüfung wünschenswerth, 
der leider das betreffende Präparat zum Opfer fallen musste, da 
die Substanz sich in Salzsäure rasch löste, gleichwie auch der 
Glasgrund und die noch zu erwähnenden Nepheline unter Gela- 
tiniren leicht zerstört wurden. In einem anderen Olivin waren 
von solch grüner Substanz nur die Ränder erhalten geblieben, 
da der grössere Theil, nach dem Schleifen noch vorhanden, beim 
Umkitten aussprang, was ebenwohl auf Hydrotachylyt deutet. 

3) Nephelin in vielen bis über imm grossen, unregel- 
 mässig umrandeten Flecken. Gewöhnlich ist das Innere noch 
frisch und klar, während der Rand solcher Flecke in 0,02mm 
dicke Zeolithnadeln von rhombischem oder einem den Harmoiom- 
zwillingen entsprechenden kreuzförmigen Querschnitt mit schmutzig 
grüner, pulveriger Zwischensubstanz verwandelt ist, wie dieses 
in vielen Nephelinbasalten, namentlich schön in dem der Pflaster- 
kaute der Fall ist; oder der ganze Fleck ist von Zeolithnadeln 
durchsetzt, oder längs des Randes erscheint nur ein schmaler, 
wie graugrün bepuderter Streifen, und im klaren Innern sind feine 
Mikrolithe nebst Magnetitkörnchen und Glimmerblättchen einem 
scharfen rechteckigen Zonenaufbau conforım eingelagert, oder end- 
lich das klare Innere enthält Cumulationen sehr scharfer, frischer, 
bräunlich ölgrüner Augitkryställchen. 

Da oft solche unzweifelhafte Nephelinflecke gleichsam als 
von jedweden Einlagerungen freie Flecke des Grundmasseglases 
erscheinen, so dürfte wohl eine nahe Beziehung zwischen Ne- 
phelin und Grundmasseglas bestehen, obwohl letzteres gerade 
nicht als Nephelinglas gedeutet werden kann, da dasselbe bei 


AN3 


gekreuzten Nicols gleichmässig dunkel wird und beim Drehen 
des Präparats auch bleibt, was bei den Nephelinflecken eben nicht 
der Fall ist. 

Von Feldspath ist keine Spur vorhanden. In einem der 
Handstücke war ein kleiner Graniteinschluss, von dem etwas in 
einem Dünnschliff erhalten blieb. Der Graniteinschluss verlauft 
wie abgeschmolzen in den Basalt, der Feldspath ist milchig trübe, 
der Glimmer geschmolzen und wie mit tachylytischer Substanz 
vereint, der Quarz in Körnern sehr stark zersprungen und mit 
Magnetitkörnchen erfüllt; im Basalte endlich nahe dem Contact 
liegen einige 0,imm Jange, 0,03mm breite Sanidinzwillingskrystalle. 

Ein ähnliches, noch schöneres Contactverhältniss zwischen 
Basalt und Granit beobachtete ich früher bei mehreren sächsi- 
schen Basalten, auch bei einem Stück vom Buchberg im Isergebirge. 


Nachschrift. 


Als das Voraufgehende bereits vor längerer Zeit zum Druck ein- 
gesandt worden war, erhielt ich von meinem werthen Freunde TH. PETER- 
sen ein selbst geschlagenes Handstück, durchzogen von einer !/2 bis 2m 
starken, grob doieritisch kKrystallinischen Ader. Diese erinnert mich leb- 
haft an die Adern von Nephelinit, welche bei Meiches die aphanitischen 
Nephelinbasaltblöcke in gewundenen feinen Linien bis zu 4m Dicke durch- 
ziehen und deren ich eine ganze Anzahl präparirte, da der Nephelinit an 
und für sich zum Schleifen zu wenig Zusammenhang hat. Gleiches gilt 
von den doleritischen Adern und dem Dolerit vom Hohegras im Habichts- 
wald, Rebbes am Meissner, Taufstein bei Heubach (Südl. Rhön) etc. 

Wie schon das Handstück, mehr noch der Dünnschliff beim Durch- 
sehen zeigt, geht der Basalt ohne scharfe Grenze in die Ader über. Die- 
selbe wird in überwiegender Menge von Nephelin gebildet, der theils 
scharf rechteckig, begrenzte, theils von der Begrenzung der anderen Ge- 
mengtheile unregelmässig umrahmte Flächen von bis 16mm Länge ein- 
nimmt. Er hat eine schmutzig gelbe Farbe, Fettglanz und zeigt sich im 
Mikroskop theils noch ausserordentlich frisch und farblos, theils schmutzig 
graugelb, sehr fein und zart parallel-längsfasrig, welch letztere Partien 
mit scharf rechteckiger Begrenzung ruinen- und ‚zinnenartig in die fri- 
schen hineinragen. (Dieselbe Umbildung, wie sie die ebenwohl am Hand- 
stück graugelben Nepheline im Nephelindolerit, der den Leueitbasalt hin- 
ter dem Schreckenstein bei Aussig durchsetzenden Gänge, zeigen.) Fast 


474 


gleiche Flächenräume nimmt Nephelin ein, der am Handstück und Dünn- 
schliff milchweiss erscheint, im Mikroskop sich als ein von zahlreichen 
Punkten auslaufendes, sehr feines radialstrahliges, prachtvoll bunt polari- 
sirendes Faseraggregat von Zeolith erweist. In den oft noch frischen 
Centralpartien ist klarer Nephelin mit krystallinischer Begrenzung und 
farblosen Mikrolithnädelchen-Einschlüssen. Sehr häufig hat diese Zeolith- 
masse einen Drusenraum, in welchen die völlig wasserhellen bis 1,4mm 
langen, 0,05mm dicken Kryställchen hineinragen, zum Theil büschelig aus- 
einanderfahrend. Unter dem Mikroskop zeigen dieselben rhombische Säu- 
len mit flacher Pyramide ooP.P, fast stets noch mit dem Brachypinakoid 
ooPXx. Bei dem Betupfen mit Salzsäure tritt am Grunde der Krystall- 
büschel eine lebhafte Gasentwickelung ein, worauf Oxalsäure einen weis- 
sen Niederschlag brachte (von eingemengten Calcitpartikelchen wahrschein- 
lich herrührend). Bei hierauf folgender Erwärmung des Objecttisches löst 
sich der Zeolith rasch unter Gelatiniren. Vor dem Löthrohr ist er schmelz- 
bar, ohne sich zu krümmen und zeigt Thonerde, und Natronreaction ist 
also Natrolith. 


Der Augit nimmt, vom Basalte aus, immer grössere Dimensionen 
an, bis zu Leisten von 8mm Länge, 2mm Dicke, von schwarzer Farbe, 
kleinmuschligem Bruche, lebhaftem Glanze. Er ist mehr oder weniger 
gut krystallinisch begrenzt, oft, besonders die schmalen Leisten, stern- 
förmig gruppirt, theils licht gelbbraun, dunkler umrandet, theils tief grün- 
lichbraun, theils bräunlich schwarzgrün durchscheinend, recht pellucid, 
reichlich quer zersprungen und im Gegensatz zu den porphyrischen Au- 
giten der Basaltgrundmasse grösstentheils frei von Dampfporen. 


Der Magnetit, auf der Bruchfläche des Handstücks deutlich blättrig, 
ist zwar zerstreut, bildet aber immer bis 6mm grosse Durchschnitte, die 
Aggregationen hexagonaler Tafeln darstellen, wie zerhackt aussehen und 
oft von feinen, farblosen Linien durchzogen werden, die unter 120° zu- 
sammenstossen. Die nach Behandlung mit Salzsäure und Zinn beobach- 
tete Titanreaction spricht für Titaneisen, ebenso wie in vielen grobdoleri- 
tischen Gesteinen immer der Fall ist. Hin und wieder steckt zwischen 
den Gemengtheilen ein theils scharf hexagonal, theils verschwommen be- 
gsrenzter, schmutzig bräunlich graugelb in Zonen dichter und lockerer be- 
stäubter bis 0,12mm dicker Krystall, der dem regulären System angehört 
und — schon wegen der grossen Ähnlichkeit mit Krystallen im Katzen- 
buckler Gestein — nur für Nosean gehalten werden kann. Der Apatit 
durchspickt nicht nur als feine lange Nadeln reichlich alle anderen Ge- 
mengtheile (ausser Nosean), sondern er erlangt ausserdem, ebenwohl in 
grosser Menge, Dimensionen von 12mm Länge und 0,2mm Dicke, wie kaum 
im Löbauer Gestein. Die äusserst grellen, modellscharfen, hexagonalen 
Querschnitte zeigen oft eine lockere, centrale Bestäubung, seltener, die 
charakteristischen Einschlüsse, die in den reichlich quergegliederten Längs- 
schnitten wie eine zerstückte Thermometersäule aussehen und aus dunklen 
Staubkörnchen bestehen. 


475 


Die wenigen, auch bis 3mm Jangen Olivinkrystalle sind recht scharf 
krystallinisch umrandet, nur wenig graugrün querfasrig, mit intensiv gras- 
grünen pelluciden Flecken, serpentinisirt; im sehr frischen, glashellen 
Innern reich an Streifen feiner Dampfporen und ziemlich erfüllt mit bis 
0,02»m dicken braunen Spinellchen. 

Die, ebenso wie im Löbauer Gestein, gegen die grossen Titaneisen- 
lappen recht abstechenden, scharf quadratischen, schwarzen, nur 0,06 bis 
0,08mm grossen Durchschnitte dürften wohl auch hier dem Picotit ange- 
hören. 

Die von der Ader aus im Basalte streifig und flammig fortziehende, 
sowie isolirt davon in grösseren Lücken hervortretende Nephelinsubstanz, 
ist wie in der Ader theils fein parallelfasrig, theils sphärolithisch radial- 
fasrig zeolithisirt. 

Glimmer in recht scharf hexagonalen, nur 0,05wm breiten, sehr leb- 
haft gelbroth bis feuerroth durchsichtigen Blättchen ist nur spärlich inner- 
halb der Ader sichtbar. 

Besondere Erwähnung verdienen noch recht auffallende, weisse, fast 
imm dicke Kügelchen, die sich ausbröckeln lassen, vor dem Löthrohr un- 
schmelzbar sind, mit Kobalt schön blau werden, demnach für Leueit zu 
halten sind. In einigen Dünnschliffen zeigten sie sich vor dem äussersten 
Dünnschleifen als milchweisse, trübe Flecke, brachen aber dann aus. 


Über das Vorkommen verschiedener Tellur-Minerale in 
den Vereinigten Staaten von Nordamerika. 


Von 


Herrn Geheimen Bergrath a. D. Dr. Burkart. 


Tellur-Minerale, welche früher nur von der Grube Savo- 
dinskoy am Altai und von einigen Gruben in Ungarn und Sieben- 
bürgen bekannt waren, sind in den letztverflossenen 25 Jahren 
an mehreren Punkten, und im vorigen Jahre noch an einem neuen 
Fundorte, in den goldreichen Revieren der Vereinigten Staaten 
von Nordamerika aufgefunden worden. Auf dem atlantischen 
Abhange des Felsengebirges ist vorzugsweise nur Tetradymit 
vorgekommen, während auf dem pacifischen oder westlichen Ab- 
hange dieses Gebirges mehrere andere, zum Theil neue Tellur- 
Verbindungen aufgetreten sind, wie aus’ der nachfolgenden ge- 
drängten Übersicht dieser Tellur-Minerale hervorgeht. 

Dr. C. J. Jackson war der erste, welcher im Jahr 1848 
das Vorkommen von Tellurerzen in den Vereinigten Staaten von 
Nordamerika wahrnahm und zwar in einem Minerale von der 
Grube Whitehall in Spotsylvania county (Kreis) von Virginia, auf 
der Ostseite des Felsengebirges (vergl. Sıruıman etc. American 
Journal of Science and arts etc. (Il Series), Vol. 6, S. 188 und 
Vol. 10, S. 75). Es findet sich dort ein Tellur-Mineral sowohl 
auf Quarzgängen im Glimmerschiefer, als auch in letzterem selbst, 
stets mit Gediegen-Gold, meistentheils als Überzug desselben, in 
dünnen, leicht spaltbaren, biegsamen aber nicht elastischen Blätt- 
chen, von lebhaftem Metallglanz und von blei- bis stahlgrauer 


477 


oder dem blättrigen Graphit ähnlicher Farbe. Jackson hielt das 
Mineral Anfangs für Blättertellur, fand aber bei näherer Unter- 
suchung desselben vor dem Löthrohr, dass es aus Wismuth, Tel- 
lur, Schwefel und einer Spur von Selen bestehe. Da aber Co- 
LEMAN FISHER jr. bei einer weiter unten aufgeführten Analyse 
angeblich desselben Minerales, anstatt des von Jackson darin ge 
fundenen Schwefels, einen bedeutenden Selen-Gehalt erhielt, so 
nahm letzterer Veranlassung, das noch in seinem Besitz befind- 
liche Material des Tellurerzes von Whitehall-Grube von Neuem 
zu analysiren. Die Analyse Jacksons von 1 Gramm ausgesuch- 
ter Schüppchen ergab (Amer. Journ. (ID. Vol. 10, S. 78): 


Aiemuth: oz. 22, 58:80 
2 Ve ae er 15, 
Schwefel 137° EIpik. Mir Buu8i6h 
Gold, Eisenoxyd etc. . . 2,70 

100,20, 


woraus Jackson nach Abzug von 2,70), Beimengungen in 100 
Theilen berechnete: 


RL Re A Ri 

Beller isiınmasenınz 52” 3549 

SEwelel.. 02. 
100,00, 


so dass hiernach das von Jackson untersuchte Mineral als Tetra- 
dymit oder als das dazu gehörige Schwefel-Tellurwismuth von 
Rannersgers (vergl. dessen Handbuch der Mineralchemie. S. 4) 
zu betrachten sein würde. 

Nach einer ferneren Angabe von Jackson sind die Tellur- 
erze von Whitehall-Grube mit einem Minerale bekleidet, welches 
er als ein gelbes Wismuthoxyd bezeichnet und nicht für ein Car- 
bonat hält, weil es nicht mit Säuren braust. 

Cozeman Fisher jr. erhielt durch Professor R. S. Mc’Curroch 
eine kleine Menge angeblich des von Jackson untersuchten Tel- 
lur-Minerals von Whitehall-Grube in Virginia, welches er einer 
Analyse unterwarf. Dieselbe ergab (Am. Journ. (ID, Vol.7, S. 282). 


Micmptl 2 0.24... 85465 
Belun 250.0. 1 ,20..,2..85.60 
SEIEHEIERSEBE 2 2780 40.81 
Eisen und Kieselerde . . 5,11 


100,34 


478 


oder nach Abzug von 5,11%, Beimengungen: 


Wismuth, Mt a RR 
Tellurasıı. Sei er BZIE 
Selen „aufs® ad ud 
100,00, j 


so dass hiernach das von Fıs#Er untersuchte Mineral von White- 
hall-Grube sich von dem von Jackson analysirten Tellurerz unter- 
scheiden und als das Selen-Tellurwismuth von RAmMELSBERG 
(a. a. O. S. 5) erweisen würde. 

F. A. Gentu hatte schon in 1850, etwa 5 engl. Meilen von 
Washington-Grube in Davidson Co., Nord-Carolina, Tetradymit 
entdeckt, welcher sich dort mit Gold, Kupferkies, Magneteisen- 
stein, braunem Hämatit, Epidot. Quarz etc. findet. Das Mineral 
zeigt sich in schuppigen und blättrigen Partien, von prächtigem 
metallischem Glanz und zwischen blei- und stahlgrauer Farbe. 
Seine Härte ist = 1,9; sein spec. Gew. = 7,237 (bei (9 Cei.). 

Die nahe an der Oberfläche erhaltenen Stücke des Minerals 
waren zum grossen Theil schon oxydirt und eine vorherige Ab- 
sonderung der zu untersuchenden noch unveränderten Schüpp- 
chen daher geboten. Die vorgenommene Analyse ergab: 


Wäismuth:: +... ı.-1%.....2.0- ao 
Mellur......... 2.024. 20038.850 
Schweleh. „ii... , 8. dus Del 

100,458 


und ausserdem eine Spur von Selen (Am. Journ. (ID. Vol. 16, S.81). 

Durch dieses Resultat fand sich GEntH veranlasst, eine Wie- 
derholung der Analyse des schon von FissEr zerlegten Minerals 
vorzunehmen und über das Ergebniss seiner Untersuchung zu 
berichten (Am. Journ. (ID), Vol. 19. S. 15). Prof. Me’Cvrroch 
hatte noch einen Rest desselben Materials, von welchem Fıs#Er 
einen Theil zu seiner Analyse benutzt hatte, aufbewahrt und die- 
sen Rest zur Untersuchung an Gentu übergeben. Die erhaltenen 
Stücke waren verschiedener Art: sie bestanden zum Theil aus 
Tetradymit, verbunden mit Quarz und Gold, zum Theil aus gross- 
blättrigem Tetradymit, dessen Blätter zuweilen einen Durchmes- 
ser von einem. Zoll erreichten und in verwittertem Glimmer- 
schiefer eingewachsen waren. „Der letztere“, sagt GEnTtH, „kam 
unzweifelhaft von der Grube Tellurium, Fluvanna Co. in ‚Virginia 
und ist das von Fısner untersuchte Mineral; der erstere ist wahr- 


479 
scheinlich von demselben Fundorte, kann aber auch wohl von der 
Grube Whitehall herrühren, “ 


Bei der vorgenommenen Analyse erhielt GeEntH für das 
Mineral: 


A) von Tellurium-Grube B) von Whitehall-Grube 
nn ee en 
Wismuth . 53,07 53,78 51,56; Wismuth, nicht ermittelt 
Tellur .:. 48,19 47,07 49,79; Tellur . 46,10 
Selen ... Spur Spur Spur; Schwefel 0,57 


so dass hiernach also in keinem der beiden untersuchten Minerale 
ein wägbarer Gehalt von Selen vorhanden ist und das Mineral 
von Tellurinm-Grube als Tellurwismuth zu betrachten sein 
würde. 

Ob unter diesen Verhältnissen anzunehmen, dass das von 
Fisher untersuchte Mineral nicht, wie er angegeben, von White- 
hall-Grube, sondern, wie GEntHu ausdrücklich anführt, von Tellu- 
rium-Grube ist und die Analyse von Fıs#er keine weitere Be- 
rücksichtigung verdient oder aber, ob die Angaben von Fisher 
bezüglich des von ihm untersuchten Minerals in ihrem vollen 
Umfang als richtig anzunehmen sind, muss hier unentschieden 
bleiben. Es dürfte jedoch kein genügender Grund vorliegen, an 
der Richtigkeit der Angaben Fisner’s zu zweifeln, während hin- 
sichtlich des von Mc’CurLoc# aufbewahrten Materials es auffallend 
erscheint, dass dasselbe Minerale zweierlei Art enthält und auch 
Gensu darüber zweifelhaft ist, ob beide Arten von Tellurium- 
Grube sind oder aber nicht etwa das eine von Whitehall-Grube ist. 

RAuMELSBERG hat die Angaben von Fisner als richtig an- 
genommen und in seinem Handbuch der Mineralchemie unter Te- 
tradymit auch Selen-Tellurwismuth (S. 5.) aufgeführt, während 
Dana vergl. dessen: A System of Mineralogy. Descriptive Mi- 
neralogy, 5. Ed., p. 31) nach GEntH annimmt, dass das von FishER 
analysirte Mineral von Fluvanna Co. (Tellurium-Grube) herrührt 
und die Analyse von Fısser unberücksichtigt lässt, weil Gent in 
den von ihm untersuchten beiden Mineralen keinen wägbaren 
Selengehalt nachgewiesen hat. Letzteres hält Gentu auch noch 
in einer späteren Äusserung (4m. Journ. (ID, Vol. 45, S. 306) 
aufrecht, und es würde danach auch das Vorkommen von Selen- 
Tellurwismuth auf der Whitehall-Grube zu bestreiten sein. 

Ausserdem hat GEnTH auch an verschiedenen Punkten von 


au 


480 


Cabarras county in Nord-Carolina Tetradymit aufgefunden, und 
zwar auf den beiden Gruben Phönix und Boger, wo dieses Mi- 
neral in kleinen, nicht über !/32 Zoll grossen, bleifarbigen Schup- 
pen oder Blättichen mit Gediegen-Gold und Eisenkies im Quarz 
eingewachsen und eingesprengt auftritt (Am. Journ. (ID), Vol. 19, 
S. 16 und Vol. 45, S. 317). Gentu hat das Mineral von Phönix- 
Grube aber erst später, zugleich mit einem ähnlichen Tellurerz, 
welches J. L Kreınscumipr in den Goldseifen von Highland im 
Montana-Territerium in grauen metallischen Blättchen, von wel- 
chen einige die Seitenflächen einer sechsseitigen Säule zeigten, 
aufgefunden und in 1867 an Genın übersendet hatte, einer Ana- 
Iyse unterworfen. 
Diese Analysen ergaben für das Mineral 


I) von Montana II) von Phönix-Grube 
Quarz 2... 10,78 Kupfer‘; ..:...,4.0412,P.C. 

Eisenoxyd. 0,90 Eisen 2, 2...0:54 
Wismuth . 50,43 Wismuth . :. 2.5070 
Tellur . . 44.90 Tellur.. . .. » 5008 
Schwefel . keinen Schwefel . . . 5,01 
100,01 100,00. 

Gentu bemerkt dabei, dass das Verhältniss zwischen Wis- 

muth und Tellur in I beinahe = ! : 3, die entsprechende Formel 


also BiTe, sei und dieser Tetradymit sich daher jenem, von Flu- 
vanna Co. in Virginia und von Field’s Grube in Georgia anschliesse. 
Bei II habe sich eine kleine Beimengung (admixture) von Eisen- 
kies gefunden, und da der dem nachgewiesenen Eisengehalt ent- 
sprechende Schwefel in letzterem = 0,61 betrage, so bleibe für 
den Schwefelgehalt des Tetradymits = 4,40%, übrig, und da fer- 
ner das Verhältniss zwischen Schwefel, Tellur und Wismuth — 1 
:2,03:1 sei, so ergebe sich für II genau die Formel BiS, — 2BiTe.. 

GENTH verwirft die weiter oben angeführten beiden Analy- 
sen von Jackson und von Fisher, die erstere weil er sie für un- 
richtig in der Ermittelung des Schwefelgehaltes des untersuchten 
Minerals hält, die letztere weil er, wie schon angeführt, bei einer 
Wiederholung der Analyse des von Fısser analysirten Minerals 
"keinen wägbaren Selengehalt darin gefunden hat. Er glaubt da- 
her mit Rücksicht auf die übrigen vorliegenden Analysen des 
Tetradymits von den andern Fundpunkten, dass dieses Mineral 
zwei verschiedene bestimmte Zusammensetzungen und dem Tetra- 


481 


dymit von Fluvanna County und von Fields-Grube mit jenem von 
Montana die Formel BiTe., jenem von Davidson County und von 
Phönix-Grube aber die Formel BiS, + 2BiTe, entspreche. 

RAunELSBERG (a. a. 0. S. Au. f.) unterscheidet 4 Varietäten 
des Tetradymits und zwar A, Tellurwismuth und B, Schwefel- 
Tellurwismuth, in Übereinstimmung mit der Ansicht von GENTH 
und ferner: C, Selen-Tellurwismuth, das von Fisser analysirte 
Mineral aus Virginia, sowie D, Schwefel-Selen-Tellurwismuth aus 
Brasilien nach Damour, während Gent# bemerkt, dass das Mineral 
(Bornite) von San Jose in Brasilien eine nochmalige Untersuchung 
erfordere, bevor sein wahrer Bestand angegeben werden könne 
(a. a. O. Vol. 45, p. 318), lässt es aber zweifelhaft, ob er unter 
dieser Benennung das von Dauour untersuchte Mineral begreift. 
Da er dasselbe jedoch bei der Besprechung des Tetradymits von 
Phönix-Grube anführt, so kann wohl hier das von mehreren Mi- 
neralogen mit dem Namen Bornit bezeichnete Buntkupfererz nicht 
gemeint sein. 

Auch C. U. Suerarn führt einige nordamerikanische Fund- 
punkte von Tetradymit an. In der Mitie des Chestatee river, 
vier engl. Meilen östlich von Dahlonega, Lumpkin Co., im Staate 
von Georgia, war ein reiches Gold-Vorkommen im Hornblende- 
Gneis entdeckt und zugleich mit dem Golde eine grosse Menge 
eines blättrigen, weissen, in Farbe und Glanz dem Zinn ähnlichen, 
massigen Minerals aufgefunden worden, welches man theils für 
Silber, theils für Platin hielt, Surrarp aber als Tetradymit er- 
kannte, da er ein ähnliches Mineral schon vorher von der Pascoe- 
Grube in Cherckee Co. und auch von einem andern Orte bei Van 
Wort in Polk Co., beide gleichfalls im Staate von Georgia, er- 
halten hatte (Am. Journ. (ID), Vol. 27, p. 39). 

SueraRrD bemerkt, dass der Tetradymit vom Chestatee river 
im Gneisse, aber auch eingesprengt im körnigen weissen Kalk- 
stein vorkommt und in beiden von Gediegen-Gold begleitet ist. 
Er beschreibt ihn als ein schönes metallisches Mineral, meisten- 
theils von grossblättrigem, bisweilen dem Körnigen sich nähern- 
dem Gefüge, welches bei Behandlung vor dem Löthrohr einen 
starken Selengeruch entwickelt. Ausgebildete Krystalle des Mi- 
nerals hatte er nicht erhalten. 

Nach C. T. Jackson fand sich auf Field’s-Grube .bei Dahlo- 


Jahrbuch 1873. 31 


482 


gena in Georgia auf einem in den am ‚Chestatee river auftreten- 
den Hornblendenschiefern aufsetzenden Quarzgange, in Begleitung 
von Gediegen-Gold und goldhaltigen Eisenkiesen, ein Mineral in 
dickblättrigen Massen von krystallinischer Structur, welches, wie 
Talk und Glimmer, sich leicht in dünne Blätter spaltet, an den 
Fingern leicht abfärbt und in Glanz und Farbe gut polirtem Stahl 
gleicht. Seine Härte ist = 2,25, zwischen Gyps und Kalkspath, 
dem erstern jedoch näher stehend; sein spec. Gewicht — 7,642 
(bei 18° Ger.). Vor dem Löthrohr auf Kohle behandelt, schmelzt 
das Mineral unter Entwickelung eines weissen Rauches und Selen- 
geruch. Es gab in der Analyse 


Wasmatli © „Imait MR, PS EEE 
Bellar Sta 212102.2.10 4A DET AEE FIED 
Selen 2:.h,.23d32303sH el Jade 
mechanische Beimengung von Gold . . 0,60 

98,86 


aber keinen Schwefel, welcher auch durch besondere Versuche 
nicht nachgewiesen werden konnte. Das Mineral wurde von 
Jackson als Bornit (Bornite) (2) bezeichnet (Am. Journ. (I), Vol. 
27, S. 366), damit aber, bei dem von ihm nachgewiesenen hohen 
Wismuth- und mangelndem Schwefelgehalt. wohl ebenso wenig 
wie von GEnTH das von mehreren Mineralogen mit diesem Namen 
bezeichnete Bunikupfererz gemeint. 

Später zeigte GEnTH, dass Jackson bei der vorgedachten 
Analyse nicht richtig verfahren, daher ein unrichtiges Resultat 
erhalten habe und dass das Mineral, ebenso wie jenes von Flu- 
vanna Co. in Virginia, ein Wismuth-Tellurid sei (Mining Ma- 
gazine (ll. Series) I, S. 358 und Am. Journ. (I), Vol. 31, S. 368), 
welches auch eine wiederholte Analyse von Davıp M. Barca be- 
stätigte (Am. Journ. (Il), Vol. 35, S. 99). 

Die Untersuchung des Minerals von Field’s-Grube durch 
GeEntu ergab in zwei Analysen für dessen Zusammensetzung: 


Wismuth. . . 50,83 50,97 
Rellür_ 1.4 ..22:17:48,22 47,25 
Selen, .. .u..12, ,Snur Spur 
Kupfer... ,’ 0.06 0,06 
Hisen. mr 10,87 0,25 
Goldquarz etc... 0,72 0,80 


100,00 99,33, 


483 


welches mit dem Resultate der Analyse Gentu’s des Tetradymits 
von Tellvrium-Grube in Fluvanna Co. ziemlich nahe, aber nicht 
mit der Zusammensetzung des Bornits übereinstimmt, 

Barcn machte zwei Analysen des ihm zu diesem Zweck von 
Jackson übersendeten Minerals von Field’s-Grube. Er erhielt bei 
denselben 


Wismuth . 51,46 51,57 und berechnete daraus 52,00 p.C. 
dellur.; .. ;. ‚48,96, . 48,73 48,00 „ 
99,72 100,30 100,00. 


Einen wägbaren Selengehalt hat Bauch nicht gefunden und 
das Mineral richtig als Tellurwismuth bezeichnet, während 
Jackson (a. a. O. Vol. 35, S. 99 in der Note) bemerkt, dass er 
bei seiner Analyse des Minerals das Wismuth vor dem Tellur 
und damit auch einen Theil des Tellurs gefällt, dadurch also ein 
zu grosses Gewicht von Wismuthoxyd, aber ein zu kleines Ge- 
wicht von Tellur erhalten habe. 

Dieses sind die Fundorte, an welchen auf dem atlantischen 
Abhange Tellurerze, nach GEntu nur in einer Species, dem 
Tetradymit, aber in zwei Varietäten, dem Tellurwismuth und dem 
Schwefel-Tellurwismuth, bekannt geworden sind. 

HErum. CrEDner bestätigt das Vorkommen von Tellurerzen 
an zwei der vorerwähnten Fundpunkte in den atlantischen 
Staaten Nordamerikas. Er sagt (vgl. Neues Jahrbuch für Mi- 
neralogie etc. von LEONHARD und Geinitz, Jahrg. 1867, S. 443), 
dass Tetradymit sowohl in den, in einer schmalen linsenförmigen 
Zone von Chloritschiefer auftretenden goldhaltigen Quarzausschei- 
dungen am Chestatee river bei Dahlonega, als auch in den, im 
Hornblendeschiefer auftretenden linsenförmigen Quarzschmitzen 
der Bolin Fields-Vein in demselben Flussthale, 3 engl. Meilen von 
Dahlonega, vorkomme und erwähnt ferner auch (vergl. Zeitschr. 
der Deutschen geologischen Gesellschaft, Band 18, S. 83), dass 
Tellurerze auf den Lagerstätiten der Tellurium-Grube in Virginia 
sich finden. 

Auf dem westlichen Abhange des Felsengebirges sind 
seit der Aufnahıne des dortigen Bergbaubetriebes auf Gold mehrere 
Tellur-Minerale, nach Gentu darunter auch einige neue, vorge- 
kommen. Die erste Nachricht über dieses Vorkommen gab Prof. 


W. P. Brake, welcher in der Academy of Natural Science of 
3L* 


484 


Cakfornia über das Vorkommen von Tellursilber (Hessit) aus der 
Nähe eines Goldseifens bei Georgetown, in Eldorado Co. des 
Staates Californien berichtete (Am. Journ. (I), Vol. 23, S. 270). 
Er erhielt ein dem Silberglanz ähnliches derbes Stück ohne alle 
Gangart mit eingeschlossenem Gediegen-Gold, welches an einigen 
Stellen über die Oberfläche des Stückes hervorragte. Das Mi- 
neral war blättrig ohne irgend eine Spur von Krystallisation, 
dunkler von Farbe als der Hessit von der Grube Savodinskoi am 
Altai, konnte wie Blei mit dem Messer zerschnitten werden und 
zeigte eine metallisch glänzende Oberfläche; seine Härte war 
— 2 der Skala von Mohs. 

| Auch in dem in den Reports upon the Mineral Resources 
of the United States by J. Ross BrowneE and J. W. Tayror for 
1866 (Washington, 1867) enthaltenen Verzeichniss der vorzüg- 
lichsten Mineralien Californien’s von J. W. Brake ist p. 210 das 
Vorkommen von Tellurerz und Gold auf den Gruben Melones und 
Stanislaus, einige englische Meilen südlich von Carson Hill, Ca- 
laveras Co. in Californien, aufgeführt. Nach dieser Angabe wurde 
dort ein sehr schönes Stück Gediegen-Gold mit Tellurerz ver- 
bunden auf einem 6 bis 18 Zoll mächtigen Gange, in einer Tiefe 
von 200 Fuss unter Tage gewonnen. Dieses Tellurerz ist von 
Zinn-weisser Farbe und nicht blättrig, wie der Tetradymit von 
Field’s-Grube. 

Schon vorher hatten aber MATHEwson und Cn. A. STETTEFELDT 
in einem Berichte über die Gold- und Silbergruben von New- 
Melones auf das Vorkommen vieler Tellurerze auf der Stanislaus- 
Grube aufmerksam gemacht (Berg- und Hüttenmännische Zeitung, 
24. Jahrg. (1865), p. 374 und Neues Jahrbuch für Mineralogie etc. 
Jahrg. 1866, p. 93). Nach diesem Berichte setzt dort im meta- 
morphischen Schiefer, welcher von Serpentinmassen begleitet ist, 
ein Quarzgang auf, welcher beinahe aus N. in S. streicht, mit 
75” gegen Osten einfällt und ausser Gediegen-Gold auch Tellur- 
erze in Begleitung von goldreichen Schwefelkiesen nebst Spuren 
von Bleiglanz und Kupferkies führt. STETTEFELDT sagt, dass das 
reichste Tellurerz vorzugsweise aus Sylvanit oder Schrifterz von 
stahlgrauer Farbe und Metallglanz bestehe, damit aber auch ge- 
ringe Mengen von Tellurblei oder Altait vorkommen, und sich 
durch zinnweiss#e Farbe und lebhaften Glanz auszeichne. 


485 


Auch Gumo Küster beschrieb in der Mining and Scientific 
. Press of San Francisco vom 20. Mai 1865 das Haupt-Tellurerz 
der Melones-Grube und betrachtet dasselbe. als eine neue Species 
von Tellurgoldsilber (Telluride of silver-gold) von 9 bis 9,4 im 
spec. Gewichte, welches zufolge eines Löthrohrversuches aus 


Tellur "0.0.0. #05,A0 
Silber) SOWIE RNAO,CO 
Geld: nein... 2524,80 

100,80 


bestand. In einer späteren Mittheilung sagt Küster (Berg- und 
Hüttenm. Zeitung, 25 Jahrg. (1866), S. 125), er habe auf dieser 
Grube weder Sylvanit noch Altait gesehen, ausser dem Tellur- 
goldsilber, dem Haupt-Tellurerz, aber noch Tellursilber, Gediegen- 
Tellur, Kupfernickel, Eisenkies und Gediegen-Gold wahrgenommen. 

In der Sitzung der Academy of Natural Science of Cali- 
fornia vom 2. December 1867 sprach auch Prof. B. Sırııman über 
das Vorkommen von Tellurerzen an drei neuen Fundorten und 
zwar: auf der Grube Golden Rule auf dem Muttergange bei Po- 
verty Hill, Tuolumne Co. in Californien, wo ähnliche Erze wie auf 
Melones-Grube in schmalen, den Schiefer durchsetzenden Quarz- 
gängen sich finden; sodann auf der Grube Rawhide Ranche und 
auf der Grube Reist am Wisky Hill, in derselben County und auf 
dem Muttergange, wo Sır.ıman einen sehr kleinen Krystall von 
Hessit gefunden hatte. 

Auf einer der Gruben am Angels Camp fand Sırııman gleich- 
falls ein blättriges Tellurerz, ohne aber näheren Aufschluss über 
das Vorkommen desselben zu geben. 

GEnt# erhielt von verschiedenen Personen ein ziemlich rei- 
ches Material der eben erwähnten Tellurerze des Westabhanges, 
namentlich auch eine kleine Menge von ganz reinem Altait, von 
Petzit und von Calaverit von der Grube Stanislaus sowie der bei- 
den ersteren von der Grube Golden Rule, und wurde dadurch in 
den Stand gesetzt, dieselben einer sorgfältigen Untersuchung zu 
unterwerfen. Aus seinen Angaben über das Resultat dieser Un- 
tersuchung (Am. Journ. (U), Vol. 45, S. 310 u. £.) dürfte Folgen- 
des hervorzuheben sein. 


Die Tellurerze der. Stanislaus-Grube kommen in talkigen 


486 


und chloritischen Schiefern vor, zusammen mit Quarz, Dolomit, 
Apatit, einem Uran-Mineral, Titaneisen, Eisenkies, Kupferkies, so- 
wie wenig Bleiglanz, Blende und Gediegen-Gold. Keines dieser 
Minerale bildet grössere Partien im Quarz oder Dolomit; sie fin- 
den sich im Allgemeinen nur fein vertheilt und so mit einander 
gemengt, dass GEnTH es in den meisten Fällen schwierig fand, 
die nöthige Menge zu einer Analyse davon auszusondern. 

a) Petzit und Hessit. Unter allen bis jetzt bekannten 
Tellurerzen des Staats Californien scheint dasjenige Tellursilber 
(Hessit), in welchem ein grosser Theil des Silbers durch Gold 
ersetzt ist, das Tellurgoldsilber oder Petzit, am häufigsten zu sein. 
Die Exemplare dieses Minerals, welche Gent# von den beiden 
Gruben Stanislaus und Golden Rule erhalten, zeigten keine kry- 
stallinische Structur, einen deutlichen muscheligen Bruch, Metall- 
glanz und eine zwischen dunkel Stahlgrau und Eisenschwarz 
schwankende Farbe; das Mineral war bisweilen bunt angelaufen, 
gebräch, weich, in der Härte = 2,5, im spec. Gewichte = 9 bis 
9,4 (nach Küster) und eisenschwarz im Strich. 

Die Analyse des Petzits ergab nach Abzug der Beimengung 
von Quarz: 


von Stanislaus-Grube; von Golden Rule-Grube; 
14 2. 3. (Küster) 4. 5. 
Gold. „125,568. 3,125,70.,1-24,80 25,60 24,97 
Silber. . 41,938 42,36 40,60 ‚41,86 40,87 
Tellur. . 32,52 31,94 35,40 () 32,68 34,16 
100,00 100,00 100,80 100,14 100,00, 


welches der Formel AuTe + 3AgTe entspricht. Die untersuch- 
ten Minerale enthalten daher mehr Gold als der Petzit von Na- 
gyag, dürfen aber darum nicht als besondere Species betrachtet 
werden, weil das Gold in diesem Tellur-Mineral das Silber in 
verschiedenen Mengen ersetzen kann. 

Es findet sich auf der Stanislaus-Grube ausser dem Petzit 
jedoch auch Hessit, welcher gar kein Gold oder nach Küster doch 
nur eine sehr kleine Menge von Gold enthält, von dunklerer Farbe 
als das erste Mineral ist und in der Gangart fein eingesprengt, 
oft auch zwischen den Spaltungsflächen des Dolomits erscheint. 
Der Hessit der Stanislaus-Grube ist fast stets mit andern Tellur- 
verbindungen, sowie mit Quarz, Dolomit und Gediegen-Gold ge- 


487 


mengt, so dass GEnTH es schwierig fand, sich die zu einer Ana- 
Iyse erforderliche Menge desselben in reinem Zustande zu ver- 
schaffen. Die Analyse I des reinsten Hessits, nach Abzug von 
4,22%, Gediegen-Gold und 2,990), Quarz und Il eines weniger 
reinen Exemplars, nach Abzug von 6,00%, Gediegen-Gold und 
22,60%, sonstiger Beimengung ergab für 


T U. 
Gold... %.....3,28 3,22 
Silber . .. 46,34 55,60 
Blei 2 „10.165 _ 
Nickelilt. 14,72 1,54 
Tellur,s%.2,,,44,45 39,64 

100,43 100,00. 


Hieraus berechnei GEntn, dass die Zusammensetzung des 
analysirten Gemenges 


unter 1. LI. 
aus 78,11 92,82 Hessit 
4 2,67 — Altait und 
„on 20/03 6,55 Melonit bestanden habe. 


Auf Stanislaus-Grube findet sich aber auch die Varietät des 
Hessits, welche ganz frei von Gold ist, da sich bei der Auflösung 
eines mit unreinem Altait und mit Melonit verbundenen Exem- 
plars desselben in Salpetersäure kein braunes Gold abschied. 

b) Altait. Derselbe findet sich, wie schon STETTEFELDT 
angeführt hat, ebenfalls auf der Grube Stanislaus und auch in 
geringer Menge mit Petzit auf der Grube Golden-Rule. Der Altait 
unterscheidet sich leicht durch seine zinnweisse, etwas in das 
grünlich Gelbe spielende Farbe von den übrigen Tellurerzen, und 
läuft bronze-gelb an. Er hat deutliche, bisweilen hexagonale 
Spaltbarkeit, ausserordentlich starken Metallglanz, grauen Strich 
und Härte = 3. 

Die Analyse zweier Stücke ergab für einen ganz reinen 
Altait (I) nach Abzug von 1,03°%), Quarz und für einen weniger 
reinen Altait (II) nach Abzug von 1,96%, : 


I. I. 
Blei. ...1s1460,71 47,84 
Silben. +... ..10 11407 11,30 
Goldi.... . 0,26 3,86 
Tellur 1.0903. 37,00 


99,48 100,00, 


488 


so dass die Analyse nach Berechnung ein Gemenge: 


für AH fün 
von. Altait‘ ..... .. 3905 77,42 
von Hessit . 02520 23,11 


ergibt. Bevor GEntHu das Exemplar des reinen Altaits der vor- 
stehenden Analyse erhalten, hatte er ein anderes Stück desselben 
Minerals von der Stanislaus-Grube zerlegt und dabei sehr inter- 
essante Resultate erlangt. Nachdem er das reinste Material aus- 
gewählt, die Carbonate durch verdünnte Chlorwasserstoffsäure 
entfernt und den Rückstand vollständig gewaschen hatte, wurde 
letzterer pulverisirt und der leichtere Theil fortgeschlämmt. Der 
schwerere Theil gab dann nach rue von 8,00%, Gediegen-Gold 
und 3.45%), Quarz: 


Silber . . 44,49 welches an Tellur 26,36 erfordert 
Blei: 4,..2,.5218,37 5 N, 10,89 5 
Tellur.,2...32,.14 

37,25, 


so dass das analysirte Gemenge 70,85°/, Hessit und 29,26%, Al- 
tait enthielt, welches um so auffallender war, als das Material 
verhältnissmässig rein und einen weil grössern Procentsatz Altait 
zu enthalten schien. Doch hält Gent# noch weitere Untersuchun- 
gen für nothwendig, um zu entscheiden, ob es ein Silber-Tellurid 
oder Blei-Tellurid mit der weissen Farbe und der hexaedrischen 
Spaltbarkeit des Altaits gebe. 

c) Gediegen-Tellur. Hinsichtlich desselben bemerkt 
GEnTH, dass die Erze, welche er von Higgins erhalten, kleine 
Flecken eines Minerals enthielten, welche Gediegen-Tellur sein 
dürften. Er beobachtete aber nur eine mikroskopische Menge 
von graulichweisser Farbe. 

Nach Küster findet sich Gediegen-Tellur auf Stanislaus- 
Grube. Dass die vorgedachten graulichweissen Flecken dazu ge- 
hören möchten, ist aus den Resultaten der Analyse der leichten 
Waschabgänge der vorhergehenden Untersuchung gefolgert wor- 
den. Sie enthielten 94,23%, Quarz und andere unlösliche Sub- 
stanzen, aber kein Gold, und 5,77°/, Tellur-Minerale, welche die 
nachfolgende Zusammensetzung zeigten: 

Silber 30,75, welches 18,23 Tellur erfordert u. — 48,98° „ Hessit geben würde. 
Blei . 26,94 5 16,66 , > „ 43,60%, Altaıt , 5 


Tellur 42,31 
100,97 34,89, 


489 


so dass ein Überschuss — 7,42 Tellur bleibt, welcher im ge- 
diegenen Zustande darin enthalten sein dürfte. Dies hält Gentn 
mit Rücksicht auf das geringere specifische Gewicht dieser Sub- 
stanz für um so wahrscheinlicher, als auch die Analyse des Me- 
lonits einen kleinen Überschuss von Tellur ergibt, welches seiner 
Ansicht nach ebenfalls einer Beimengung von Gediegen-Tellur 
angehören dürfte. 

d) Melonit. Nach Gentu ebenfalls ein neues hexagonales 
Mineral, Ni,Te, (9). Er nahm eine mikroskopische, aber voll- 
ständige sechsseitige Tafel wahr; doch ist das Mineral gewöhn- 
lich undeutlich körnig und blättrig; sehr vollkommen basisch- 
spaltbar, von Metallglanz, von röthlich-weisser Farbe gleich Wis- 
muth, selten bräunlich angelaufen und dunkelgrau im Strich. Vor 
dem Löthrohr in einer Glasröhre behandelt, gibt das Mineral ein 
Sublimat, welches unter Zurücklassung eines grauen Rückstandes 
in farblose Tropfen schmilzt. Auf Kohle behandelt, verbrennt das 
Mineral mit bläulicher Flamme, gibt einen geringen weissen Be- 
schlag und einen graulichgrünen Rückstand, aus welchem man 
in der innern Flamme mit Soda ein graues magnetisches Pulver 
von Nickelmetall erhält. Es ist in Salpetersäure, welche dabei 
grün gefärbt wird, auflöslich und lässt bei dem Abdampfen ein 
weisses krystallinisches Pulver tellurischer Säure zurück. 

Der Melonit scheint eins der seltensten Tellurerze von Sta- 
nislaus-Grube zu sein, da nur eins von den an GEntH gelangten 
Exemplaren desselben genügendes Material zu einer Analyse dar- 
bot und selbst dieses mit einer geringen Menge von Hessit, Al- 
tait und wahrscheinlich Gediegen-Tellur gemengt war. Die Ana- 
Iyse ergab nach Abzug von 22,22°%), Quarz und 3,26%, Gedie- 
gen-Gold: 


Silber 4,08, welches 2,42 Tellur erfordert u. daher 6,50°/, Hessit darstellt 


Blei mol en 45 7 Alta 

Nickel 20,98 ,„ 68297 „ "5 9:89,25%), Melonit „ 

Tellur 73,43 2,29°/° Ged. Tell. „ 
99,21 Zu. 


Das Nickel aller Analysen Gentu’s enthielt nur so viel Ko- 
balt, als erforderlich war, um eine Boraxperle sehr leicht blau 
zu färben. 

Nach vorstehender Analyse sowohl als auch nach den bei- 


490 


den weiter oben angeführten Analysen des Hessits, scheint die 
Formel des Melonits Ni,Te, zu sein, und obwohl die hexagonale 
Gestalt besser mit der Formel NiTe übereinstimmen und den 
Melonit hiernach in die Gruppe von Millerit, Pyrrhotin, Greeno- 
ckit etc. gehören würde, so hält es Gentu doch nicht für wahr- 
scheinlich, dass das Mineral ein Gemenge von Gediegen-Tellur 
und NiTe ist, weil es dann etwa Us Gediegen-Tellur enthalten 
würde. Das zur Analyse verwendete Material zeigte aber bei 
starker Vergrösserung nur eine geringe Menge dunkel gefärbten 
Hessits, während alle anderen Partikel eine röthliche Färbung 
hatten, ohne dass auch nur die geringste Beimengung eines grau- 
lichweissen Minerals wahrzunehmen war. 

Die der Formel Ni,Te, entsprechende Zusammensetzung des 
Melonits würde sein: 


ONE on 
sye... 0190 ge 
251 100,00. 


e) Calaverit. Dies ist gleichfalls ein neues Mineral, 
AuTfe,, welches GEnt#k jedoch nur einmal, und zwar mit Petzit, 
an einem Stück von Stanislaus-Grube beobachtet hat. Das Mineral 
war massig, ohne Krystallinische Structur; weich, Härte unter >, 
von Metallglanz, von bronzegelber Farbe, gelblichgrau im Strich 
und von unebenem Bruch, dem unvollkommen Muscheligen sich 
nähernd. Vor dem Löthrohr auf Kohle behandelt, verbrennt das 
Mineral mit bläulichgrüner Farbe und gibt Goldkörnchen von hoch- 
gelber Farbe. Salpetersäure färbt es dunkler und scheidet Gold 
ab. In Königswasser löst es sich auf unter Absonderung einer 
geringen Menge von Chlorsilber. Das für die Analyse bestimmte 
Material erschien bei bedeutender Vergrösserung vollkommen rein 
und gab nach Abzug von 1,45%, für Quarz bei I: 


IE II. 
Golde  ... 4040 40,92 
Silber. 2 3190 3,08 
Tellur. =. .2:55,89 56,00 


100,11 100,00. 

Mit dem Calaverit vergesellschaftet und häufig damit ver- 
bunden (mixed) ist Petzit. Obgleich das zu vorstehender Ana- 
Iyse verwendete Material vollkommen rein erschien, so rührt der 
grösste Theil des angegebenen Silbers doch wahrscheinlich von 


491 


einer Beimengung von Petzit her, und nur ein kleiner Theil des- 
selben vertritt einen Theil des Goldes, weil, wenn man den gan- 
zen Silbergehalt mit der ihm entsprechenden Menge von Gold 
(41,70 : 25,35) als Petzit betrachten wollte, beide Analysen doch 
nur etwa 970, geben würden. Das Verhältniss zwischen Gold 
und Tellur ist nach Abzug des dem Petzit angehörigen Silbers) 
—= 1:d4,2 oder fast = 1:4, und die wahrscheinlichste Formel 
des Calaverits ist daher AuTe,, welches im reinen Zustande für 
dessen Bestand 

Ara. 2.0,.,08,/04970%; 4847 

Pers 2.286 55,53 geben würde. 

Eine Vergleichung der Analysen des Calaverits und des 
Sylvanits von Siebenbürgen führt GEntn zu sehr interessanten 
Folgerungen und zu der Annahme, dass das Gelberz nur ein un- 
reiner Calaverit sei (Am. Journ. (ID), Vol. 45, p. 315 u. f.). Seine 
nähere Erörterung bezüglich der Analysen des Sylvanits glauben 
wir aber hier übergehen und auch hinsichtlich der Äusserungen 
Kenneorr’s darüber auf dessen Mittheilung in dem Neuen Jahr- 
buch für Mineralogie ete., Jahrg. 1869, S. 722 u. f. verweisen 
zu dürfen. 

f) Montanit, ein weiteres neues Mineral, durch Oxydation 
des Tetradymits gebildet, von der Formel BiO,TeO,HO (oder 
2HO). GeEntH erkannte dieses Mineral zuerst bei der Untersuchung 
des Tetradymits von Highland in Montana, und benannte es nach 
diesem Territorium. Schon bei der weiter oben angeführten 
früheren Analyse des Tetradymits von Davidson Co. in Nord-Ca- 
rolina, der zum grössten Theil oxydirt war, hatte Gentn wahr- 
genommen, dass sich bei der Behandlung des oxydirten Minerals 
mit Chlorwasserstoffsäure Chlor entwickelte und ein Theil des 
Tellurs daher in tellurige Säure umgewandelt wurde. Bei einer 
späteren Analyse des freilich nicht ganz reinen vorhandenen Ma- 
terials ergab sich denn auch zweifellos, dass das Mineral von 
Davidson Co. ident mit dem Montanit ist. Tellursäure fand sich 
darin nicht vor. Auch das von Jackson auf der Grube Whitehall 
in Virginia beobachtete geibe Wismuthoxyd (Am. Journ. (ID, 
Vol. 10, S. 78) dürfte nach Gentu wahrscheinlich dasselbe Mi- 
neral sein. 

Der Montanit ist nicht krystallisirt, zeigt aber doch stellen- 


492 


weise noch die schuppige Structur des ursprünglichen Tetradymits 
und ist in Wirklichkeit eine Pseudomorphose nach letzierem, auf 
welchem er einen Überzug bildet. Er ist erdig, weich, matt bis 
wachsglänzend, gelblich bis weiss von Farbe und undurchsichtig. 
Vor dem Löthrohr reagirt, das Mineral wie Wismuth und Tellur 
und gibt, in einer Glasröhre erhitzt, Wasser. 

Die von GeEntHk ausgeführten Analysen ergaben für den 


Montanit: 
von Highland in Montana; von Davidson Co. in N.-Carolina. 
Fe ee Gi EEE on EEE 


IK I. IH. 
a: 0. 0. 
Eisenoxyd ... 0,56 1,26 0,32 
Bleioxyd ... .... . :; 0,39 — — 
Kupferoxyd. . — 1,04 1,08 
Wismuthoxyd . 66,78 6,85 68,78 6,29 71,90 7,37 
Tellurige Säure 26,83 7,30 25,45 7,05 23,90 6,51 
Wasser: all.» 5,74 3,47 2,86 
100,50 100,00 100,00. 


Das Sauerstoff-Verhältniss zwischen Wismuth-Tritoid und 
telluriger Säure ist sehr nahe = 1: 1, doch ist es noch unent- 
schieden, ob der Montanit ein oder zwei Atome Wasser enthält, 
und es müssen spätere Untersuchungen hierüber entscheiden. 

Die Zusammensetzung des reinen Minerals würde aber ent- 


weder: 
BiO,, TeO0,+ HO oder BiO,, TeO,+ 2HO sein, 


also: BiO, 234 70,69 BiO, 234 68,82 
TeO, 88 26,60 Te0, 88 25,88 
HO) 9 2,71 2HO 18 5,30 

331. 100,00 340 100,00. 


In der Versammlung des amerikanischen Vereines der Berg- 
werks-Ingenieure zu Pittsburg im October vorigen Jahres (1872) 
machte A. Eırers von New-York Mittheilung über einen neuen 
Fundort von Tellurgoldsilber oder Petzit, ein Mineral, wel- 
ches auf der Grube Red Cloud im BEreTem Gold Hill, Boulder 
Co. in Colorado vorgekommen ist. 

In diesem Revier wurde schon früh Gold gewonnen und 
zwar, so lange die nahe an der Oberfläche zersetzten Erze an- 
hielten. mit günstigem Erfolge. Als man aber auf den Gängen 
die Eisen- und Kupferkiese erreichte, vermochte man das Erz 
vermittelst der Pochwerke nicht mehr mit Vortheil zu gute zu 


493 


machen, und der Bergbau erlitt einen fühlbaren Rückschritt. von 
welchem er sich auch noch nicht erholt hat. Das Gold dieses 
Reviers findet sich in Granitgesteinen, welche bisweilen als wahrer 
Granit, oft aber auch als Syenit und zuweilen als Gneiss auftre- 
ten, in der Nähe der Gänge aber mehr oder weniger verändert 
sind. Die goldführenden Gänge streichen alle NO. -SW., sind 
aber in ihrem Einfallen sehr verschieden von einander, indem 
dasselbe vom nordwestlichen durch das Seigere in das südöst- 
liche Einfallen übergeht. In den früher betriebenen Gruben führ- 
ten die Gänge im Quarz als Gangart Eisen- und Kupferkiese, so- 
wie kleine Mengen von Bleiglanz und Blende, nebst Gold, nie- 
mals aber, so weit bekannt, Teliurerze. Auf dem in diesem 
Revier im Sommer 1872 in Angriff genommenen Gange der 
Grube Red Cloud zeigten sich dagegen Tellurerze häufig, indem 
sie fast die Hälfte der im Quarz vorkommenden Erze bilden. Die 
ersten Mollstücke dieses Ganges, dessen Ausgehendes von 10 bis 
12 Fuss mächtiger Dammerde und Gerölle bedeckt ist, wurden 
in der Münze zu Denver probirt und zeigten einen aussergewöhn- 
lich hohen Gold- und Silbergehalt, der Erstaunen erregte. Man 
brachte hierauf etwa 5 Tons (100 Ctr.) lose Stücke vom Gang- 
ausgehenden (surfage rock) zu einem grössern Versuche nach 
dem Probirwerk von Schirmer, wo EıLers das Erz zuerst sah und 
beim Zerschlagen der Stücke ein unzersetztes Mineral fand, wel- 
ches er für Sylvanit hielt. 

Bei dem tieferen Niederbringen des Schachtes der Grube 
Red Cloud zeigte sich, nach den ferneren Angaben von EırErs, 
das unzersetzte Erz häufiger, und ScHirmer nahm Veranlassung, 
Proben des stahlgrauen, weichen, so goldreichen Minerals an 
Gent# in Philadelphia zu senden, welcher das Mineral für Petzit 
erklärte. Eine Analyse dieses Minerals der Grube Red Üloud ist 
bis jetzt nicht bekannt geworden, doch soll GENTk mit einer sol- 
chen beschäftigt sein, während Eırers bei einer vorläufigen Un- 
tersuchung des Minerals vor dem Löthrohr sich überzeugte, dass 
es aus Tellur mit einem hohen Gehalt an Gold und Silber bestand. 

Das Erz von der Grube Red Cloud verdankt seinen hohen 
Werth weit mehr dem Vorkommen des reichen Tellur-Minerals, 
als dem in der Gangmasse einbrechenden Gediegen-Golde. Die 
Gangmasse ist kein reiner Quarz, sondern soll auf der einen 


494 


Seite des fast auf dem Kopfe : stehenden Ganges aus einem Ge- 
menge von Quarz und halbzersetztem Feldspath (2), auf der an- 
dern Seite aber aus dunkel gefärbtem Quarz bestehen. Die Tellur- 
erze kommen vorzugsweise in dem zuerst bezeichneten Theile 
der Gangmasse vor, während in dem andern Theile Eisenkiese, 
zuweilen in Begleitung von geringen Mengen von Bleiglanz und 
Kupferkiesen, vorwaltend sind. Alle diese Erze sind jedoch in 
der Gangmasse sehr zertheilt, so dass, wenn sie durch einen 
Schmelzprozess zu gute gemacht werden sollten, vorher eine Con- 
centration der Erze erforderlich sein würde. Da hierbei aber 
wegen der beim Pochen der Erze erfolgenden Zertheilung des 
Petzits in dünne Blättchen und deren Fortführung durch das 
Wasser, wie solches auch bei gewissen Silbererzen und dem Ge- 
diegen-Gold geschieht, unzweifelhaft ein grosser Verlust entstehen 
würde, so müsste die nasse Aufbereitung vermieden und das 
Verschmelzen der Erze. in Gemeinschaft mit den in der Nähe der 
Grube vorkommenden goldreichen Eisenkiesen zur Darstellung 
von Stein erstrebt werden. 

Auf dem im Schachte, in 30 Fuss Teufe unter Tage, 6 Fuss 
mächtigen Gange hatte sich das Erz in der gegen NO. aufge- 
fahrenen Strecke bei einer Länge derselben von 12 Fuss bereits 
auf weniger als 2 Fuss Mächtigkeit zusammengedrückt und in 
dem übrigen Gangtheile eine grünlichblaue Thonmasse sich an- 
gelegt. Die gewonnenen und bereits versendeten Erze waren 
sehr reich, da ein Posten derselben von 5 Tons (a 20 Ctr. per 
Ton) in der Probe 200 Dollars Gold, ein anderer Posien Erz von 
6 Tons aber 400 Dollars Gold per Ton ergeben hatte. Der Reich- 
thum der Erze ergibt sich aber am besten aus einer Reihe von 
Proben, von welchen hier nur einige aufgeführt werden mögen. 
Sie ergaben einen Werth: 


1) aus Erzen von Mollstücken per Ton: an Gold= 1416,51 Doll. 
an Silber= 320,37 „ 

zusammen = 1736,88 

2) aus Erzen von der Oberfläche per Ton: an Gold = 19652,62 

an Silber= 2282,40 

zusammen — 21935,02 

3) a. Erzen aus 10° Teufe, m. einigem Petzit, per Ton: an Gold —= 16638,31 

an Silber —= 9304,00 

zusammen —25942,31 


BD. SE: SENT NDR SE 


495 


4) aus Erzen aus 25’ Teufe, mit Petzit, per Ton: an Gold = 5663,68 Doll. 
an Silber— 2851,16 „ 
zusammen 8517,84 „ 

und 5) Erze aus 50 Fuss Teufe per Ton: an Gold — 7240,26 „ 
an Silber— 3425,61 „ 
zusammen — 10665,86 „ 

In der Nachbarschaft von der Grube Red Cloud sind in der 
neuesten Zeit noch einige andere Gänge aufgeschlossen worden, 
welche Tellurerze in solcher Menge führen, dass eine Gewinnung 
derselben sich: reichlich lohnt. 

Ausserdem führte Dr. Hunt in einem sehr interessanten, in 
der Versammlung des amerikanischen Institutes von Bergwerks- 
Ingenieuren am 20. Februar 1873 zu Boston gehaltenen Vor- 
trage über die geologische Geschichte der Metalle einen ferneren 
neuen Fundpunkt von Tellurerzen an (The Engmeering and Mi- 
ning Journal, Vol. XV, No. 9, p. 131). 

Er bemerkte, dass die in den Huron-Gesteinen der Appa- 
lachischen Region von Canada auftretenden Gold- und Silbererze, 
ebenso wie die sie begleitenden Kupfererze, von gleichem Alter 
mit den Gebirgsschichten seien und dass, nach den ihm darüber 
zugegangenen Mittheilungen, das Gleiche von den reichen Lager- 
stätten von Edelmeltallen gelte, welche vor Kurzem in Verbindung 
mit Tellurerzen in den genannten Gesteinen am Shehando- 
wan-See, nördlich vom Obern-See, aufgefunden worden seien. 
Welche Tellurerze hier auftreten, sowie über deren Zusammen- 
setzung gibt Hunt keinen näheren Aufschluss. 


Die warmen Mineralquellen in Costarica *. 
Von 


Herrn Dr. A. v. Frantzius. 


Es ist eine bekannte Thatsache, dass die meisten warmen 
Quellen in der Nachbarschaft thätiger oder erloschener Vulkane 
vorkommen, und es lag daher nahe, die Ursache ihrer höheren 
Temperatur von der in der Tiefe der Erdoberfläche noch vor- 
handenen glühendflüssigen Lava jener Vulkane abzuleiten. Die 
Erfahrung hat jedoch auch gelehrt, dass es Quellen von sehr hoher 
Temperatur gibt, die weit entfernt von vulkanischen Herden, im 
Gebiete grosser Ablagerungen von basaltischen und trachytischen 
Gesteinen liegen, wo die Ursache jener hohen Temperatur uns 
nicht so handgreiflich entgegentritt wie dort. Da dieselben aber 
auf grösseren Dislocationsspalten der Erdkruste hervorbrechen, 
so lässt sich auch hier ihre hohe Temperatur auf Ereignisse erup- 
tiver Natur zurückführen, die, wenn auch in weit entlegener geo- 
logischer Vergangenheit, aus grosser Tiefe des Erdinnern her- 
aufgewirkt haben. Endlich aber gibt es auch Quellen von hoher 


* Die nachfolgenden Mittheilungen sind zwar schon im Jahre 1862 
ihrem wesentlichen Inhalte nach veröffentlicht worden; da dieselben aber 
irrthümlich in einer Zeitschrift für praktische Heilkunde (Preussische 
Medicinalzeitung 1862, No. 14--16) abgedruckt worden sein sollen und 
diese überdies so wenig verbreitet ist, dass sie selbst mir noch nie zu Ge- 
sicht gekommen ist, der Inhalt jener Mittheilungen aber wohl eher für 
Naturforscher und Reisende Interesse hat, so hoffe ich, dass dieselben 
durch die Veröffentlichung in diesem Blatte denjenigen Kreisen zugänglich 
gemacht werden, für welche sie ursprünglich bestimmt waren. 


497 


Temperatur, die mitten in sogenannten plutonischen Felsarten 
hervorbrechen, und auch in Costarica finden sich, wie wir sehen 
werden, eine nicht geringe Zahl solcher Quellen im Bereich von 
Syenit- und Dioritgebirgen. Da nun aber neuerdings an vielen 
Orten die eruptive Natur auch der plutonischen Gesteine zweifel- 
los nachgewiesen ist, so fehlt uns auch hier nicht eine genügende 
Erklärung für die hohe "Temperatur der Quellen. 

Ob die in Costarica vorkommenden warmen Quellen aber 
der einen oder der anderen jener drei Abtheilungen angehören, 
ist nicht immer leicht zu entscheiden, da manche derselben sich 
ganz in der Nähe der Grenzlinie befinden, wo die ausgebreiteten 
trachytischen Lavaergüsse der Vulkane (Turialba, Irazu, Barba, 
Poas und Miravalles) sich an die aus Diorit und Syenit bestehen- 
den Gebirgsmassen des Aguacate-, Candelaria- und Dotagebirges* 
anschliessen. 

Berücksichtigen wir diese verschiedene Natur der warmen 
Quellen Costarica’s, so lassen sie sich wohl als Fortsetzung der 
merkwürdigen Reihe warmer Mineralquellen betrachten, die A. 
v. Humgoror ** in Venezuela in einer Ausdehnung von 150 Meilen 
vom Vorgebirge Paria bis Merida antraf. Die warmen Quellen 
Costarica’s beginnen zwar 13 Längengrade weiter westlich; lie- 
gen hier aber genau unter demselben Breitengrade, 10° N. Br., 
auf einem Streifen, der parallel mit diesem sich in einer Aus- 
dehnung von 30 Meilen von Osten nach Westen erstreckt. 

Weitaus die meisten dieser Quellen finden sich im Grunde 
tiefeingeschnittener enger Gebirgsschluchten, entweder am Ufer 
des Flusses, oder sogar von diesem überströmt, so dass sie nur 
während der Trockenzeit bei niedrigem Wasserstande sichtbar 
werden. 

Auch in Costarica bestätigt sich die an anderen Orten ge- 
machte Erfahrung, dass die am tiefsten gelegenen Quellen die 
wärmsten zu sein pflegen, während die höher gelegenen eine 
verhältnissmässig niedrigere Temperatur zeigen. Die höchste mir 
bekannte Temperatur, welche 55,6° R. betrug, zeigte eine Quelle 


* S, meine Karte von Costarica. PETErmann’s Geogr. Mittheilungen. 
1869. Heft III, Taf. 5. 
** S, A. v. Humsorpr, Reisen in den Äquinoctialgegenden (Havr). 
Stuttgart 1860, Bd. II, 298 fi. 317 u. Bd. IV, 371 u. 372. 
Jahrbuch 1873. 32 


498 


die sich ungefähr 800 par. F. über dem Meere befand, während 
eine etwas über 4000 par. F. hoch gelegene nur 23,20 R. zeigte. 
r Leider ist von den vielen warmen Mineralquellen, von denen 
ich während meines mehrjährigen Aufenthalts in Costarica Kunde 
erhielt, und deren Gesammtzahl sich auf mehr als 30 beläuft. 
nur das Wasser einer einzigen, nämlich der von Aguacaliente 
bei Cartago, einer genauen chemischen Analyse unterworfen wor- 
den. Die Analyse dieses Wassers wurde im Jahre 1858 von 
dem verstorbenen Grafen F. G. v. ScHAFF6OTSCH ausgeführt und 
lieferte das folgende Resultat. Das specifische Gewicht des Was- 
sers betrug 1.0022 und es enthielt in 16 Unzen 19,74 Gran 
(wasserfreie) Salze. Diese bestanden aus: 


Schwefelsaur. Kai. . . . 115 
Schwefelsaur. Natron . . . 4,78 
Ghlornatrium = 22... ..0.22...080698 
Kohlensaur. Natron . . . L11 
Kohlensaur. Kalk 72. 2722 398 
Kohlensaur. Magnesia . . 0,86 
Kieselerde:3" "09. ey rc gez 
Verlust a), none Re. Tipmnnte 
19,74 Gran. 


Ausserdem enthielt das Wasser freie Kohlensäure, jeden- 
falls über 2,35 Gran, aber im eingesendeten Wasser nicht be- 
stimmbar. 

Wahrscheinlich ist das Wasser der meisten Quellen ähn- 
lich zusammengesetzt wie das der Quelle von Aguacaliente. Was 
wenigstens den vorherrschenden Gehalt an Kochsalz betrifft, so 
verräth derselbe sich auch bei anderen Quellen ohne chemische 
Analyse, weil an denjenigen Stellen, an welchen das Wasser 
stagnirt und während der Trockenzeit schnell verdunstet, dünne 
Salzkrusten gebildet werden. Dieses Umstandes wegen haben 
die Mineralquellen in Costarica auch eine praktische Wichtigkeit 
erhalten. Da das Vieh nämlich gerne solche Stellen aufsucht, wo 
Salze ausgeschieden werden, so schätzen die Viehzüchter die- 
jenigen Weideplätze besonders hoch, in deren Bereich sich solche 
Mineralquellen befinden. 

Die Viehzucht gehört in Costarica zu den wichtigsten Er- 
werbzweigen, und da man den Nutzen des reichlichen Salz- 
genusses für das Gedeihen des Viehes sehr wohl kennt, der Ver- 


499 


brauch des Kochsalzes demgemäss ein sehr bedeutender ist, die 
Production desselben in den Salinen der Küste aber für den Be- 
darf nicht ausreicht, so dass grosse Mengen ausländischen Salzes 
eingeführt werden müssen, so wird man es erklärlich finden, 
weshalb den Salzausscheidungen der Mineralquellen ein so hoher 
Werth beigelegt wird. 

Die Costaricaner scheinen diese praktische Wichtigkeit der 
Mineralquellen ihres Landes aber schon seit sehr früher Zeit 
erkannt zu haben; denn schon seit jeher sind viele dieser Quellen 
ihres Salzgehaltes wegen nur unter dem Namen der „Salitrales“ 
bekannt gewesen. Solche Salitrale sind aber auch für die Jäger 
von Werth, da sich vieles Wild des Urwaldes, namentlich Rehe 
und Tapire, bei nächtlicher Zeit dort einfindet, um Salz zu lecken, 
so dass es in mondhellen Nächten leicht ist es zu erlegen. 

Die Salzgewinnung in den Salinen der Küste gehört in den 
Tropen bekanntlich zu den ungesundesten Beschäftigungen, da 
nichts so sehr die Entstehung der bösartigen Küstenfieber be- 
günstigt als die Ausdünstungen des am flachen Meeresstrande 
von der glühenden Sonnenhitze erwärmten und stagnirenden Meer- 
wassers. Dass man daher von jeher begierig war Steinsalzlager 
im eigenen Lande zu entdecken, liegt auf der Hand. Leider ist 
dieser Wunsch bis jetzt noch nicht erfüllt worden: diejenigen 
Hoffnungen aber, welche man vor mehr als hundert Jahren in 
dieser Beziehung in Costarica hegte, haben sich als völlig un- 
begründet herausgestellt. In einem Berichte vom Jahre 1756 
behaupten nämlich zwei Missionäre, welche von Esparza aus in 
nördlicher Richtung in das Gebirge eindrangen, sie hätten ein 
Salzlager (mineral de Sal) entdeckt; welches jedoch trotz allen 
Bemühungen späterhin niemals wiedergefunden wurde. Als ich 
im Jahre 1860 die warme Quelle an der Barranca kennen lernte 
und untersuchte, überzeugte ich mich bald, dass die Angaben der 
Missionäre über das „mineral de Sal“ genau auf diese Stelle 
passten, und dass sie sich offenbar nur durch die auf dem Ge- 
stein abgesetzten Salzincrustationen hatten zu der Annahme ver- 
leiten lassen, dass sie ein Salzlager entdeckt hätten. Dass bei 
dem verhälinissmässig geringen Kochsalzgehalt des Wassers den- 
noch so reichhaltige Ausscheidungen dieses Salzes angetroffen 


werden, hat darin seinen Grund, dass der während der trockenen 
32° 


900 


Jahreszeit anhaltende trockene Nordostwind, sowie die nicht 
unbedeutende Trockenheit der Luft * bei der dem Klima eigen- 
thümlichen hohen Temperatur die Verdunstung in hohem Grade 
begünstigen, wobei noch zu berücksichtigen ist, dass während 
der ganzen regenlosen Jahreszeit die auf dem Gestein sich ab- 
setzenden Salzkrusten sich allmählich immer anhäufen ohne, wie 
es während der Regenzeit der Fall ist, von den Regengüssen 
weggewaschen zu werden. 


Ob das Chlornatrium sich bei allen Quellen findet, müssen 
ausgedehntere chemische Untersuchungen feststellen. Auffallend 
war es mir, dass die Efflorescenzen der Quelle von San Cristobal 
bei der qualitativen Analyse keine Spur von Chlornatrium oder 
einer anderen Chlorverbindung zeigten, sondern nur schwefel- 
saure Salze. 


Dass aber der Gehalt an Chlornatrium, der zwar nach der 
obigen Analyse die übrigen Mineralbestandtheile bei Weitem über- 
trifft, die Annahme von Steinsalzlagern im Innern der Erde kei- 
neswegs rechtfertigt, bedarf wohl kaum noch eines besonderen 
Nachweises. Sämmtliche lösliche Mineralverbindungen der Säuer- 
linge sind nicht als solche einfach aus dem Gestein ausgelaugt, 
sondern durch chemische Zersetzung der im Gestein enthaltenen 
Silicate entstanden, wozu der grosse Antheil an Kohlensäure und 
die hohe Temperatur derselben sie ganz besonders befähigt. 
Ebenso verhält es sich mit den Chlorverbindungen, nur dass diese, 
wenn sie auch fast in keiner Quelle fehlen, in weit geringerer 
Quantität vorhanden sind. Sämmtliche mir bekannten Quellen 
Costarica’s kommen, wie wir gesehen haben, direct aus vulkani- 
schem oder plutonischem Gestein; nirgends aber gibt es dort 
ausgedehnte, mächtige Sedimentärablagerungen, in welchen Stein- 
salzlager enthalten sein könnten. Zwar fehlen Sedimentärablage- 
rungen in Costarica nicht gänzlich, doch finden sich dieselben, 
meistens der jüngsten Tertiärzeit angehörig, nur als schmale 
Säume, welche sich längs der Küste am Fusse der Gebirge hin- 


* In Alhaguela betrug die Dunstsättigung der Atmosphäre nach 
meinen Beobachtungen im April 1854, am Ende der Trockenzeit, nur 55 
p.C., während sie im October desselben Jahres, am Ende der Regenzeit, 
93 p.C. betrug. 


” 


01 


ziehen und an einigen offenen Thalbildungen sich auch ‚weiter in 
das Innere des Landes hineinerstrecken. 

Nicht eine der vielen Quellen enthält aber so grosse Men- 
gen von Kochsalz, dass sie im entferntesten auf den Namen einer 
Soolquelle Anspruch machen könnte. 

Nächst dem Chlornatrium sind es die schwefelsauren Salze, 
welche unter den mineralischen Bestandtheilen der warmen Quel- 
len Costarica’s am meisten vorherrschen, und unter diesen ist es 
das schwefelsaure Natron und das schwefelsaure Kali. In der 
Nähe der Quellen findet man zwar noch andere schwefelsaure 
Verbindungen, z. B. bei Desamparados den schwefelsauren Kalk 
in Gestalt von Gypskrystalldrusen, die sich lose in der oberen 
Humusschicht finden; indessen sind sowohl der Gyps, als auch 
der Alaun und das schwefelsaure Eisenoxydul, welche in der 
Nähe mancher Quellen sogar in solcher Menge angetroffen wer- 
den, dass die Orte davon ihren Namen erhalten haben *, wohl 
nur als ein Ergebniss späterer Zersetzungen zu betrachten und 
sind nicht als solche in dem Wasser der Quellen enthalten. 

Kohlensaure Salze, welche uns die chemische Analyse der 
Quelle von Aguacaliente zeigt, werden sich gewiss wohl auch in 
allen übrigen nachweisen lassen, da bei den meisten Quellen der 
Gehalt an freier Kohlensäure ein sehr bedeutender ist. Das Ent- 
weichen dieses Gases, welches in einigen gleichmässig, in an- 
deren periodisch erfolgt, hat Veranlassung gegeben, dieselben in 
Costarica „hervideros“, d.h. Kocher zu nennen, wobei man von 
der falschen Ansicht befangen war, das Wasser sei im Sieden 
begriffen. Da nun aber auch bei manchen Quellen von nicht sehr 
hoher Temperatur reichliche Kohlensäureentwickelung staitfindet, 
so erregt es bei den Eingeborenen Verwunderung, dass trotz des 
vermeintlichen Siedens ein in den Sprudel hineingethanes Ei nicht 
gesotten wird, was bekanntlich nur bei einer Temperatur erreicht 
wird, die mindestens 48,3 R. beträgt, und die nur bei drei der 
von mir untersuchten Quellen übertroffen wird. 

Auch der Gehalt an kohlensaurem Kalk scheint sich in vie- 
len Quellen, und in einigen vielleicht in noch weit grösserer 
Menge als in der von Aguacaliente zu finden, was die umfang- 


* Rio del Alumbre im Candelariagebirge, Paso del Alumbre am Rio 
Grande bei San Pablo u. a. m. 


% 


502 


reichen Kalkablagerungen in der Nähe der Ausflussmündungen 
vieler derselben unzweifelhaft darthun. Als solche sind zu er- 
wähnen die Quellen von Navarro, von San Cristobal, die am Ma- 
chucaflusse und die an der Barranca, wogegen man bei vielen 
andern keine Spur davon antrifft. 

Obgleich der starke Gehalt an alkalischen Salzen und ihre 
hohe Temperatur viele dieser Quellen ganz besonders zu Heil- 
quellen empfiehlt, so hat man dennoch in Costarica nur in sehr 
beschränktem Maasse davon eine Anwendung gemacht. Die Quelle 
von Aguacaliente, kaum eine Stunde von Cartago, der früheren 
Hauptstadt des Landes, ist fast die einzige, die man in dieser 
Weise benutzt. Sie wurde ehemals von den einsichtsvolleren 
Spaniern mit einer gemauerten Einfassung umgeben, von der jetzt 
aber nur noch wenige Steine übrig geblieben sind. Noch auf- 
fallender ist es, dass man für die bequeme Benutzung der bei 
Desamparados befindlichen Quelle, die ebenfalls nur eine Stunde 
von der jetzigen Hauptstadt San Jose entfernt liegt, Nichts ge- 
than hat. Die Kranken, welche die Quelle benutzen wollen, fahren 
daher in den landesüblichen zweirädrigen Ochsenkarren, deren 
Räder aus massiven Holzscheiben bestehen, bis in die Nähe der 
Quelle, woselbst sich der Kranke oder die Kranke zu der am 
Rande eines Sumpfes gelegenen Quelle begibt, sich entkleidet 
und unter freiem Himmel in das warme Wasser halb eingetaucht 
und in hockender Stellung den ausserhalb des Wassers befind- 
lichen oberen Theil des Körpers mittelst der im Lande gebräuch- 
lichen Schalen vom Flaschenbaum, hier Guacales genannt, über- 
schüttet. Die Wohlhabenderen lassen das warme Wasser nach 
einem in der Nähe befindlichen Bauernhause tragen und baden 
sich dort in Ermangelung einer Badewanne in einem hölzernen 
Troge, der sonst zur Zuckerfabrikation benutzt wird, oder in einem 
alten Zinkkasten, der einstmals einem Pianoforte aus Europa beim 
überseeischen Transporte zum Schutze gegen die Feuchtigkeit 
diente. 

Ich habe bei der nachfolgenden Aufzählung der einzelnen 
Quellen absichtlich eine möglichst genaue Angabe der Örtlich- 
keiten beigefügt, damit spätere Reisende, welche die von mir 
begonnenen Untersuchungen zu vervollständigen Willens sind, die 
einzelnen Quellen mit Leichtigkeit auffinden können. Ich werde 


903 


bei der Aufzählung derselben mit den im Südosten des Landes 
liegenden beginnen und der geographischen Lage entsprechend 
weiter nach Nordwesten bis zu den in Guanacaste vorkommenden 
fortschreiten. Bemerkenswerth ist es, dass viele Quellen, reihen- 
weise neben einander liegend, Gruppen bilden, und dass diese 
Reihen sich von Osten nach Westen parallel den Breitengraden 
‚ hinziehen, was wohl zu der Annahme berechtigt, dass diese Reihen 
dort vorhandenen weit ins Innere der Erdrinde eindringenden 
Dislocationsspalten entsprechen. 

1. Wenn man in einem Canoe den Jurquinfluss eine Tag- 
reise weit flussaufwärts fährt, und dann auf dem rechten Ufer 
eine Viertelstunde landeinwärts geht, so gelangt man an eine 
tiefe Gebirgsspalte, welche anfangs 60 Fuss, weiterhin nur noch 
9 Fuss breit ist; hier befindet sich die heisse Quelle, welche sich 
mit einer vom Berge herabkommenden kalten vermischt. Die 
dort ansässigen Blancoindianer benutzen dieselbe zu Heilzwecken, 
jedoch nur während der Trockenzeit, weil der Zufluss des kalten 
Wassers um diese Zeit viel geringer ist. 

Die Indianer benutzen das Bad besonders gegen Hautkrank- 
heiten und chronische Geschwüre. Die Vorbereitungskur besteht 
darin, dass der Patient während 24 Stunden nichts geniessen 
darf, dann erhält er Affenfleisch, in ungesalzenem Wasser ge- 
kochte unreife Maiskolben (hilotes) und als Getränk dünne Was- 
serchocolade. Beim Baden setzt sich der Kranke auf eine Art 
Bank, die aus Stangen gebildet ist, weiche der Quere nach in 
der Felswand angebracht werden und hält, je nach dem Sitz des 
Übels die Füsse, Hände oder auch das Gesicht, gewöhnlich eine 
Stunde lang in das zwei Fuss tiefe Wasser, dann wird er auf 
ein aus frischen Bananenblättern zubereitetes Lager gebracht, 
wobei der eiternde Theil frei liegen muss. Zuweilen wird das 
Quellwasser auch getrunken und dann soll es stark abführend 
wirken. 

2. Weiter westlich soll an den nördlichen Abhängen des 
Pico Blanco im Thale des Flusses Uren, in der Nähe des India- 
nerdorfes Bribri, ebenfalls eine heisse Quelle vorkommen. 

3. Am Fusse des Dotagebirges bei Hato viejo, 4 Leguas 
von Terraba entfernt, finden sich in einer Schlucht, die sich in 
das Hatoviejo-Thal öffnet, drei bis vier warme Quellen, und weiter 


904 


flussabwärts, ehe sich die Schlucht in das genannte Flussthal 
öffnet, ein Salitral. Auch in dieser Quelle findet Gasentwickelung 
statt; ihr Wärmegrad ist der Art, dass man die Hand nur kurze 
Zeit im Wasser halten kann. In der Nähe sollen sich Kalk- 
absonderungen finden. | 

4. Im Thale des Rio Macho, dessen unterer Lauf unter 
dem Namen des Reventazon bekannt ist, befindet sich in der Vieh- 
haciende des verstorbenen Generals Montero auf einer gegen 
den Fluss zu etwas geneigten Ebene eine ganze Anzahl von 
Quellen. Das heisse Wasser, welches hier (1860) 40 bis 44,70R. 
erreicht, quillt unter Steinen und Baumwurzeln hervor und setzt 
beim Verdunsten an den Steinen Salzkrusten ab. Ich fand hier 
die von andern Beobachtern auch in vielen heissen Quellen an- 
derer Länder beobachtete dunkelgrüne Oscillatorie, die fast in 
keiner der übrigen warmen Quellen fehlte, und die bei der hohen 
Temperatur an den Ausflussöffnungen ebenso üppig zu vegeliren 
pflegt, als weiter stiromabwärts in dem kühleren Wasser. 

9. Einige hundert Schritte östlich von dem Convents- 
gebäude von Orosi in einer kleinen Vertiefung des ebenen Thal- 
grundes quillt eine heisse Quelle mit bedeutender Gasentwicke- 
lung aus dem Boden hervor, deren Wasser (1859) die Temperatur 
von 41,2° R. besass. Schon in einiger Enifernung nimmt man 
einen eigenthümlichen Geruch wahr. Obgleich das Wasser an- 
scheinend geschmacklos war, so zeigten die aus demselben her- 
vorragenden Steine einen schwachen Anflug von Salzkrystallen. 

6. Unmittelbar am Fusse der Berge, die das Thal von Orosi 
im Süden umschliessen, quillt einige hundert Schritte vom Con- 
ventsgebäude eine lauwarme Quelle. mit starkem Wasserstrahl 
hervor, deren Temperatur (1859) 27,60 R. betrug, über deren 
Mineralgehalt sich jedoch nichts sagen lässt, da Niederschläge 
nicht vorhanden sind, und das Wasser völlig geschmacklos ist. 
Wegen der angenehmen lauwarmen Temperatur wird diese Quelle, 
die in einem natürlichen Becken entspringt, vielfach zum Baden 
benutzt. 

7. Eine halbe Stunde von Orosi entfernt kommen bei der 
Hacienda Navarro am linken Ufer des gleichnamigen Flusses zwei 
lauwarme Quellen hervor, die ungefähr IV0 Schritte von einan- 
der entfernt sind. Das Wasser der östlichen hatte (1859) 25,8°R. 


909 


In dieser Quelle scheint sämmtliche Kohlensäure an Kalk gebun- 
den zu sein, da keine Gasentwickelung zu bemerken ist; dagegen 
finden sich am Fusse des aus dioritischem Gestein bestehenden 
Abhanges, aus weichem sie hervorquillt, bedeutende Kalksinter- 
ablagerungen; am gegenüberliegenden Ufer des Flusses steht ein 
graublauer, muschelhaltiger Kalkstein an, der durch einen Stein- 
bruch aufgeschlossen ist. 

8. Eine kleine Stunde von Cartago entfernt, am rechten 
Ufer des Aguacalienteflusses, befindet sich die schon oben er- 
wähnte Quelle von Aguacaliente, deren chemische Analyse oben 
mitgetheilt wurde. Sie quillt in unmittelbarer Nähe des Fluss- 
ufers, am Fusse eines Kalksteinhügels nahe bei einem Steinbruche 
hervor. Die Temperatur des Wassers dieser Quelle zeigte bei 
verschiedenen Messungen 40° R. 

9. Südwestlich von Cartago, in der Richtung nach dem 
Indianerdorfe Tobosi, findet sich mitten in einer trichterförmigen 
Vertiefung, auf der Savana grande de Coris eine warme Quelle, 
und nahe dabei eine Stelle, welche den Namen „Salitral“ führt. 

10. Eine starke Meile östlich von San Jose findet sich in 
der westlich vom Orte Tresrios gelegenen Kaffee-Plantage von 
Manuel Carazo eine lauwarme Quelle mit Gasentwickelung; ihre 
Temperatur zeigte (1859) 23,20 R. 

11. Es folgt jetzt die schon oben erwähnte in der Nähe 
von San Jose beim Dorfe Desamparados befindliche Quelle. Sie 
entspringt unmittelbar am Rande eines Teiches, der sich in eine 
sumpfige Wiese verliert, hart am Fusse eines niedrigen aber 
steilen Felsabhanges aus grünsteinarligem Gesteine. Die Tem- 
peratur dieser Quelle betrug im Mai 1859 37° R., im Juni 1860 
36,9° R. Steine und Blätter, die aus dem Wasser hervorragten, 
waren zum Theil mit Salzkrystallen bedeckt. 

Während wir die letztgenannten Quellen (4—11) füglich 
als solche ansehen müssen, welche auf der in der Einleitung er- 
wähnten Grenzlinie zwischen den vulkanischen und plutonischen 
Gebirgsmassen hervorbrechen, so liegen die nachfolgenden (12 
— 22) von dieser Grenze so weit entfernt und in Mitten der sye- 
nitischen und dioritischen Gebirge, dass wir sie in einer beson- 
deren Gruppe zusammenstellen können. 

12, Am Südabhange des im Candelariagebirge sich erheben- 


506 


den Cerro Bustamante fand ich (1861) am rechten Ufer des Par- 
ritaflusses, 000 Schritte von den Wohnungen entfernt, die den 
Namen Boca Dota führen, eine warme Quelle von 29,3° R. Eine 
nahebei vorkommende kalte Süsswasserquelle zeigte nur 13,60 R.. 
welches annähernd der mittleren Ortstemperatur entspricht. Das 
Wasser der warmen Quelle zeigte zwar keinen wahrnehmbaren 
Salzgeschmack, doch kommen Rehe und Tapire, sowie auch das 
in der Nähe weidende Rindvieh dorthin, um von dem stehenden 
Wasser zu lecken. 

13. Die interessanteste der mir bekannten warmen Quellen 
Costarica’s ist die von San Cristobal. Ihrer Lage nach, nur vier 
Leguas von San Jose entfernt. in einem gesunden und milden 
Klima, etwas hoch gelegen, eignet sie sich mehr wie jede andere 
zu einer Heilquelle. Auch durch den Wasserreichthum, die hohe 
Temperatur und den bedeutenden Mineralgehalt übertrifft sie die 
andern Quellen und würde daher sowohl zum Baden als auch 
zum Trinken sehr geeignet sein. 

Ich habe diese Quelle zu drei verschiedenen Malen besucht, 
zweimal im Jahre 186! und das letztemal im Jahre 1865 in Be- 
gleitung des Professors K. v. SEEBACH aus Göttingen. Die Quellen 
von San Cristobal befinden sich am westlichen Ende der Ort- 
schaft dieses Namens zu beiden Seiten eines Baches, der in einer 
engen Thalschlucht fliessend sich in einiger Entfernung mit dem 
Candelariaflusse vereinigt. Der ganze Abhang jener Schlucht be- 
steht ans einem eigenthümlichen dichten, schlackenartigen Ge- 
stein. Längs des Bachufers kommen an vielen Stellen warme 
Quellen zum Vorschein, unter welchen sich drei durch ihre hohe 
Temperatur besonders auszeichnen. 

Die mittlere derselben quillt brodelnd mit periodischer Gas- 
entwickelung an einer mit schneeweissen Salzkrystallen bedeck- 
ten Kalkwand hervor. Das Wasser hatte einen schwach salzigen 
Geschmack und zeigte 1861 53,4 bis 54° R., im Jahre 1865 
54,40 R. 

Weiter östlich in einer Entfernung von 50 Schritten quillt 
Wasser von geringerer Temperatur (1861) 45" R., (1865) 47’ R., 
ebenfalls mit Gasentwickelung hervor; doch fehlen hier die Kalk- 
ablagerungen. Diese Quelle sucht das Vieh besonders auf. 

Westlich von der Hauptquelle finden sich andere, welche 


907 


nur wenig Kalksinter absetzen; man findet hier alte zerfallene 
Kalkkegelreste, welche darauf hindeuten, dass der Kalkgehalt die- 
ser Quelle früher reichlicher vorhanden war als jetzt. Die dunkel- 
braune Ockerfarbe, ringsum den Ausflussöffnungen, deutet auf 
Eisengehalt des Wassers, Die Temperatur desselben fand ich 
(1861) 50 bis 53° R., (1865) nur 49,4° R. ’ 

Ungefähr S00 Schritte weiter flussabwärts sollen noch mehr 
warme Quellen vorhanden sein, die an einer Stelle ein Salitral 
bilden. Das süsse Wasser des Baches, welches an denjenigen 
Stellen, an welchen sich die warmen Quellen in ihn ergiessen, 
über weisses, stufenartig gebildetes Kalksintergestein fliesst, zeigte 
stets dieselbe Temperatur, 15,4° R. An einem guten Ernior- 
schen Aneroidbarometer, den Prof. v. Seesach bei sich hatte, las 
ich einen Luftdruck von 25. 3,05 Engl. Z. bei 80° F. des In- 
strumentes ab. 

14. Am linken Ufer des Flusses Atarrazü, etwas unter- 
halb der Stelle, an welcher er sich mit dem Candelariaflusse ver- 
einigt, findet sich am Fusse des Berges Bustamante, an der Nord- 
seite desselben, in dem bei dem Orte los Frailes gelegenen 
Grundstücke vom verstorbenen Santos Leon eine lauwarme Quelle. 

15. Noch weiter westlich davon finden sich am linken Ufer 
des Rio Grande am Fusse desselben Berges viele warme Quellen, 
die sich zu einem stehenden Wasser sammeln, welches den Na- 
men Salitral del Rayo führt. 

16. Eine Legua weiter westlich von der soeben genannten 
Quelle strömt nahe beim Flusse eine warme Quelle mit starkem 
Strahle hervor und ergiesst sich sogleich in den Rio Grande; sie 
heisst Aguacaliente del Gangrejal. | 

17. Am Südabhange des Bergzuges, welcher die Wasser- 
scheide zwischen dem Thale von Pacaca und dem des Rio Grande 
de Pirris bildet, finden sich in der Nähe des Ortes Puriscal, etwas 
südlich von San Rafael in einer Schlucht des Rio viejo, zwei 
Sprudel von heissem Wasser, welches einen so hohen Wärme- 
grad besitzen soll, dass man ein Ei darin sieden kann. In der 
Nähe soll sich Kochsalz und Alaun finden. 

18. Am Zusammenflusse des Virilli mit dem Rio Grande 
soll eine warme Quelle vorkommen, in deren Nähe sich auch ein 
Salitral befindet. 


908 


19. Zwei Leguas nördlich von Esparza am Ufer des Bar- 
rancaflusses finden sich die oben erwähnten von den Missionären 
aufgefundenen warmen Quellen, welche zu der Annahme von dem 
Vorhandensein eines Alineral de Sal Veranlassung gaben. Sie 
werden jetzt nach einigen von den ehemals hier wohnenden In- 
dianern herrührenden Steinwällen Aguacaliente de la Trinchera 
genannt. 

Am rechten Ufer des östlichen Armes der Barranca, eine 
viertel Legua oberhalb der Vereinigungsstelle mit dem westlichen 
Arme, trifft man am Fusse eines aus grünsteinartiger Gebirgs- 
masse bestehenden Abhanges Kalksinterablagerungen an, welche 
weit in den Fluss selbst hineinragen. Ungefähr 20 Schritte vom 
Ufer entfernt stehen daselbst in einer sumpfigen Stelle einige 
kleine, 3 bis 4 Fuss hohe Kegel aus weisser Kalkmasse, aus 
deren ockergelb gefärbter Spitze periodisch sehr heisses Wasser 
mit Gasentwickelung hervorsprudelt und über die Kegel hinab- 
rinnend allmählich die Vergrösserung derselben bewirkt. Rings 
umher quillt auch an mehreren anderen Stellen heisses Wasser 
aus dem Boden hervor. Die Temperatur dieses Wassers, wel- 
ches einen schwach salzigen Geschmack besitzt, betrug (1860) 
an einer Stelle 55,6° R.. an andern nur 40 bis 48° R. Die Steine 
sind an vielen Stellen, namentlich in der Nähe der Ausfluss- 
öffnungen. mit Salzkrystallen bedeckt, weshalb auch hier Rind- 
vieh und Thiere des Waldes sich einfinden. um das Salz zu lecken. 

20. An den Quellen des Machucaflusses im Aguacategebirge, 
11/a Leguas nördlich von San Mateo am Ufer des Baches Yurro 
amarillo, gibt es mehrere heisse Quellen, in deren Nähe sich 
Kochsalz absetzt. Auch finden sich hier bedeutende Kalkmassen 
in Gestalt von Tropfstein, der mittelst eines Steinbruches ausge- 
beutet wird. Auch kommt hier Alaun und Mangan vor. 

21. An derjenigen Stelle des Rio Grande, an welcher die 
durch diesen Fluss getrennten, sich gegenüberliegenden Ortschaf- 
ten Santo Domingo und San Pablo den Verkehr miteinander mit- 
telst eines Nachens unterhalten, und die den Namen Paso del 
Alumbre führt, sah ich am rechten Ufer eine Menge warmer 
Quellen hervorbrechen, von denen die wärmste (1861) 52,8° R., 
eine andere 48,2° R. zeigte; bei einem späteren Besuche (1866) 
fand ich als höchste Temperatur nur 48,9° R. Auf der linken 


509 


Seite des Flusses befindet sich nahe der Landungsstelle eine 
andere lauwarme Quelle von 35° R. Auf dem rechten Ufer ist 
der Salzgehalt so bedeutend, dass der Ufersand einen deutlich 
wahrnehmbaren salzigen Geschmack besitzt. Auch hier kommt 
das Vieh herbei, um an den von der Quelle benetzten Felsblöcken 
zu lecken. 

Aus den ziemlich steilen Felsabhängen, zwischen denen der 
Rio Grande in einem tiefer eingeschnittenen Bette strömt, treten, 
gleichwie zwei mächtige Stützmauern, jederseits aus dem diori- 
tischen Haupigestein Felsvorsprünge hervor, die offenbar ehe- 
mals, bevor der Fluss hier sein tiefes Bett einschnitt, eine breite 
fortlaufende Gangausfüllung bildeten. Dass das Hervorbrechen 
der warmen Quellen mit diesem eruptiven Vorgange in Verbin- 
dung steht, ist desshalb sehr wahrscheinlich, weil diese Gang- 
ausfüllung aus demselben Gestein besteht, wie das bei der Quelle 
von San Üristobal beobachtete. Es ist ebenfalls ein schlacken- 
artiges, stark zerklüftetes Gestein von quarziger Natur, dessen 
Hohlräume und Spalten viel Eisenocker und Schwefelkies ent- 
halten. 

22. Auf einer der von der Hydrographic office heraus- 
gegebenen englischen Seekarten: Centralamerika, Westcoast. 1838 
u. 1840 sheet IV. finden sich beim Hafen Caldera, unmittelbar 
am Meeresufer, am nördlichen Abhang des kleinen dort befind- 
lichen Berges heisse Quellen (hot springs) angegeben. 

Die nachfolgenden warmen Quellen befinden sich in so ge- 
ringer Entfernung von dem Vulkane Miravalles, dass wir wohl 
anzunehmen berechtigt sind, ihre hohe Temperatur sei durch die 
noch nicht gänzlich erloschene vulkanische Thätigkeit des ge- 
nannten Vulkans bedingt. Im Nordosten desselben kennen wir 
bis jetzt nur zwei, an der Südwestseite aber weit mehr. 

23. Am oberen Quellgebiet des Rio Pocosol, eines Neben- 
flusses des San Juan, sollen warme Quellen vorhanden sein. Au- 
zeoles nennen die Mexikaner die buntfarbigen Ablagerungen der 
Schlammvulkane; vielleicht ist der Name Pocosol eine Verstüm- 
melung des mexikanischen Wortes; denn po heisst oben, auzeoles 
nennt man aber auch die warmen Quellen selbst. 

24. Nach glaubwürdigen Mittheilungen (von PEpro NELSon, 
der viele Jahre am San Carlosflusse ansässig war) soll ebenfalls 


510 


wie die vorige Quelle mitten im Urwalde, einige Leguas südlich 
von derselben und 6 Leguas flussaufwärts von derjenigen Stelle 
entfernt, an welcher sich die La Fortuna in den Penablancafluss 
(einen Nebenfluss des San Carlos) ergiesst, eine warme Quelle 
vorhanden sein, deren Wasser eine so hohe Temperatur besitzt, 
dass die hineingesteckte Hand die Hitze nicht erträgt. Die Stelle 
liegt unmittelbar am Ufer des Penablancaflusses, und wird bei 
hohem Stand des Wassers von diesem ganz bedeckt. Ablage- 
rungen von Kalksinter sind hier nicht vorhanden. 

25. In südöstlicher Richtung vom Städtchen Las Canas in 
der Provinz Guanacaste finden sich an den Quellen des Flusses 
Avangares einige warme Quellen und Salitrale ($. Gaceta oficial 
de Costarica, No. 111, Junio 1 de 1861). 

26. Ganz nahe an der Mündung des ebengenannten Flusses 
finden sich am Fusse des steilen Ufers, welches von den unter 
dem Namen Pajaro und Coyolito bekannten Höhen zum Golf von 
Nicoya abfällt, da wo sich das Flüsschen la Palma mit jenem Flusse 
vereinigt, einige warme Quellen. 

27. Die heisse Quelle bei Bagaces wurde im Jahre 1864 
von Prof. v. SEEBAc# besucht, der darüber folgendes sagt: „Etwa 
3 Leguas von Miravalles, halbwegs nach Bagaces, trifft man vier 
kleine Häuser, den Salitral. — Von Salitral aus besuchte ich die 
U, Legua weiter östlich gelegene heisse Quelle, welche zu dem 
Namen Salitral veranlasste. Sie bricht nur schwach aus dem 
Bimsstein hervor und besitzt 56,80 R., während der benachbarte 
Bach 22° R. zeigte. Ihr Wasser schmeckt nur wenig salzig; 
Kalksinter-Niederschläge lassen vermuthen, dass ihr Hauptbestand- 
theil doppelt-kohlensaurer Kalk ist, doch sind auch Ausschwitzun- 
gen von Steinsalz nicht selten.“ (S. PErErmanns Geogr. Mitthei- 
lungen, 1865. Prof. K. v. SeEBAch, Reise. durch Guanacaste.) 

28. In nordwestlicher Richtung von Liberia soll sich auf 
der Hacienda la Cueva eine warme Quelle befinden. 


Briefwechsel. 


A. Mittheiluingen an Professor G. LEONHARD. 


Pretoria, den 16. März 1873. 


Vor einigen Tagen bin ich von den Goldfeldern bei Marabastad* nach 
Pretoria zurückgekehrt und ich beeile mich Ihnen einige flüchtige Notizen 
zukommen zu lassen. Leider war bei meiner Anwesenheit Alles noch in 
einem so ungeordneten und wenig fortgeschrittenen Zustand, dass sich die 
Zukunft der Goldfelder noch jeder sicheren Berechnung entzieht. Diesem 
Umstand ist es theilweise mit zuzuschreiben, dass die Berichte in den 
hiesigen Zeitungen sich so ausserordentlich widersprechen , grösstentheils 
trägt jedoch wohl die Verfolgung von Privatzwecken die Schuld. Bezüg- 
lich der geognostischen Verhältnisse werde ich mich auf die Goldfelder 
beschränken, da mir der Bau vom Transvaal einstweilen noch sehr un- 
»]ar ist. Zu einer selbst oberflächlichen Erforschung dieser Republik be- 
darf es einer weit längeren Zeit und einer besseren Ausrüstung, als sie 
mir zu Gebote stand; auch war jene keineswegs der Zweck meiner Reise. 
Vielleicht bin ich nach meiner Rückkehr auf die Diamantenfelder im Stande, 
Ihnen noch eine kurze Mittheilung zuzusenden, da ich durch die Wahl 
einer anderen Route Gelegenheit haben werde, einen neuen Theil vom 
Transvaal kennen zu lernen. 

Von Pretoria kommend tritt man etwas hinter dem vor einigen Jahren 
von den Kaffern zerstörten Dorf Potgieters Rust in das Gebiet eines mäch- 
tigen Systems metamorphischer Schiefer. Das Fallen und Streichen wech- 
selt sehr, wie es bei den vielfach gewundenen, gefaltenen und gestauchten 
Schichten auch nicht anders zu erwarten ist; doch lässt sich im Grossen 
ein Streichen von Ost nach West verfolgen. Die Schichten stehen meist 
sehr steil; das Failen (vorwiegend nördlich, zuweilen östlich oder west- 
lich) schwankt zwischen 35° und 90°. Genaue Messungen waren der un- 


* Marabastad liegt nach den neuesten Messungen unter 23° 58° 15‘ 
S. Br. und 29° 34‘ 30“ Ö. L., Eersteling, das jetzige Centrum der Arbei- 
ten, unter 24° 6° 51° S. Br. und 29° 31° Ö. L. 


3.12 


genügenden Aufschlüsse wegen nicht möglich. In petrographischer Be- 
ziehung sind die Gesteine so mannigfaltig, wie es meistens bei stark meta- 
morphisirten Schichten der Fall zu sein pflegt. Als Endglieder einer durch 
Übergänge vielfach verknüpften Gesteinsreihe lassen sich bezeichnen: Talk- 
schiefer, Chloritschiefer, Glimmerschiefer, Thonschiefer, Amphibolschiefer, 
Sandstein-ähnliche Gesteine und eine sehr charakteristische Felsart von 
grosser Verbreitung, der sogenannte Calico-rock, welcher von abwechseln- 
den Lagen verschiedener Quarzarten und Eisenerze gebildet wird. Mei- 
stens sind die einzelnen Lagen nur sehr dünn, am Yzerberg (Eisenberg) 
jedoch, dessen obere schroffe Partie ganz aus diesem Gestein besteht, 
schwellen die Eisenerze stellenweise beträchtlich an und werden von den 
Kaffern verarbeitet. Sie bestehen vorzugsweise aus Brauneisenstein und 
Lepidokrokit, welche Mineralien wahrscheinlich aus Magneteisen hervor- 
gegangen sind. Hie und da treten zwischen den Schichten der metamor- 
phischen Gesteine mittelkörnige Diorite mit kuglig-schaliger Absonderung 
auf. Dieselben sind sowohl petrographisch als den Lagerungsverhältnissen 
nach so scharf von Ersteren getrennt, dass ich sie unbedingt für intrusive 
Gänge halte. Auch scheinen sie zuweilen abweichend von den Schiefern 
zu streichen. Die Grundlage des Systems der metamorphischen Schiefer 
wird von Granit gebildet, welcher auf dem Weg von Eersteling nach Ze- 
bedeli’skraal sich mehrfach in Kuppen erhebt. Der Granit ist bläulich- 
grau, meist kleinkörnig und besteht aus lichtem Feldspath und Quarz und 
dunklem Magnesiaglimmer. Diorite, genau mit den oben erwähnten über- 
einstimmend, scheinen auch im Granit gangförmig aufzutreten. Ist diese 
Beobachtung richtig, so wäre sie ein entscheidender Beweis für den in- 
trusiven Charakter des Diorits. Dieser ältere Granit ist scharf zu trennen 
von solchen Gesteinen, welche zuweilen eine granitähnliche Structur an- 
nehmen und mit zur Reihe der metamorphischen Gesteine gehören. Dis- 
cordant überlagert werden die Schiefer von einem sehr harten und festen 
Sandstein, der von sehr weiter Verbreitung im Transvaal ist, oft quarzit- 
ähnlich wird und den man daher meist als Quarzit angeführt findet. Die- 
ses Gestein ist auf der neuesten Karte von PETERMANN als Unter-devonisch 
bezeichnet; nach wessen Beobachtung oder Angabe ist mir nicht bekannt. 
Doch zweifle ich nicht daran, dass hier sehr alte Formationen vorliegen. 
Im Süd-Westen folgen dann harte Kieselkalke, reich an Lagen und Ne- 
stern verschiedener Quarzvarietäten. Der Kalkstein lagert dem Sandstein 
auf und ist dem der Kaap in Griqualand-West (s. frühere Mittheilung) 
sehr ähnlich. Im Süden der Transvaal-Republik treten nun ebenfalls Ge- 
steine auf, welche mit diesem Kieselkalk in jeder Beziehung so genau 
übereinstimmen, dass man kaum zweifelhaft sein kann, es liege dieselbe 
Formation vor; aber es ist mir bisher noch nicht gelungen, mir ein klares 
Bild von den Lagerungsverhältnissen in den weiten zwischenliegenden Ge- 
bieten zu verschaffen *. 


* In den mit der letzten Post erhaltenen Reisenotizen von A. HüBNER 
(Geognostische Skizzen aus Südost-Afrika; PETERMANN, geograph. Mitth. 
Bd. 18. Heft 11. 1872.) habe ich mich vergebens nach Angaben umge- 


513 


Als goldführend sind nun bisher nur solche Quarzgänge nachgewiesen, 
welche in den metamorphischen Schiefern aufsetzen; die zahlreichen Gänge 
im Granit scheinen kein Gold zu enthalten. Die Quarzgänge folgen über- 
all, wo es sich sicher feststellen lässt, dem Streichen der Schiefer. Dem- 
gemäss erstrecken sie sich meist von Ost nach West. Streichen die Schie- 
fer local Nord-Süd, so ist dies auch beim Quarz der Fall (Mont Mare). 
Ein sehr interessanter Punkt findet sich in der Nähe von Eersteling. Hier 

läuft ein goldführendes Riff (Pigg’s Riff) h. 12; folgt man dem Riff nach 
_ Süden, so hört es plötzlich auf und die Schiefer streichen nun Ost-West. 
Leider ist der Aufschluss sehr ungenügend. Der Quarz ist sehr wechselnd 
in seinem äusseren Erscheinen; er ist bald sehr compact, fest und rein, 
bald voller Hohlräume, leicht zu zerbröckeln und reich an Ablagerungen 
von Eisenoxydhydrat; er ist bald weiss und fettglänzend, bald bläulich- 
grau und glasig; zuweilen enthält er reichlich Gesteinseinschlüsse (Mont 
Mare). Selbst in einem und demselben Riff sind die physikalischen Eigen- 
schaften des Quarzes nicht stets die gleichen. Auch das Auftreten des 
Goldes ist an den einzelnen Fundorten verschieden; im „Button’s Reef“ 
bei Eersteling findet man leicht Stücke, welche sichtbares Gold enthalten, 
ja einzelne sind fast ganz mit grösseren zusammenhängenden Partien be- 
deekt; im Riff des Mont Mare bei Marabastad ist das Gold in so feinen 
Partikelchen eingesprengt, dass es selten gelingt, ein Schüppchen mit un- 
bewaffnetem Auge zu entdecken. Da die Maschinen erst in mehreren Mo- 
naten an Ort und Stelle sein werden, so lässt sich über den Ertrag noch 
Nichts feststellen. Die bisherigen Ermittelungen bezogen sich stets auf 
ausgewählte Stücke, wie auf einen Durchschnitt der ganzen etwa 3 Fuss 
mächtigen Gangmasse. Die Hauptfragen: wird das Riff in der Tiefe aus- 
halten und wird sich Gold continuirlich auf der ganzen bekannten Er- 
streckung des Riffs (ca. 2!/, Meilen) finden, können erst entschieden wer- 
den, wenn die Arbeiten weiter fortgeschritten sind. Bis jetzt wird nur an 
2 Punkten Quarz gefördert, und die grösste erreichte Tiefe beträgt 30 
Fuss. Ausser Gold habe ich im Quarz noch Eisenkies, Kupferkies, Ma- 
lachit, Silberglanz oder stark silberhaltigen Bleiglanz und Eisenglanz be- 
obachtet, doch stets nur in kleinen Mengen. 

Neben dem Riffgold findet sich nun in der ganzen Gegend Aliuvial- 
sold zerstreut, wenn man mit diesem Namen Gold bezeichnen kann, wel- 
ches augenscheinlich nur eine sehr geringe Strecke von dem Punkt aus 
gewandert ist, an dem es sich ursprünglich im Quarz eingewachsen fand. 
Man trifft es überall an; sowohl auf den Höhen und Abhängen der Hügel, 
als am Rande der Bäche, aber eben weil es sich fast überall findet, ist 
es selten in einigermassen erheblicher Menge angesammelt. Besondere 


sehen, welche irgend ein Licht auf die Lagerungsverhältnisse werfen. 
Hüsner scheint geneigt, die Sedimente im Norden vom Transvaal der Ka- 
' rooformation zuzuzählen, einer Formation, der man bisher Alles in Süd- 
Afrika einzureihen liebte, dessen Stellung unklar ist, gerade wie Petro- 
graphen leider auch jetzt noch zuweilen Gesteine von unbekannter Zusam- 
mensetzung bei den „Grünsteinen“ unterbringen. 

Jahrbuch 1873. 33 


514 


Anzeichen für Gold fehlen vollständig; doch ist dasselbe hier wie an den 
meisten Fundorten mit Magneteisen reichlich vergesellschaftet. Unter dem 
ausgewaschenen Gold fand ich Blättchen eines lichten Metalls, die jedoch 
so winzig waren, dass sie sich ohne Hülfsmittel jeder Bestimmung ent- 
ziehen. Ich vermuthe, dass Platin vorliegt, eine Annahme, die durch das 
an einer Stelle beobachtete Vorkommen von Serpentin an Wahrscheinlich- 
keit gewinnt. In vielen Fällen wurde das Gold in Klumpen bis zu einer 
Unze schwer aus Rissen und kleinen Vertiefungen ausgekratzt, nachdem 
ein heftiger Regen die geringe Menge von Zersetzungsprodukten weg- 
gewaschen hatte, welche die senkrechten Schieferschichten bedeckte. Auf 
diese Weise eingeklemmtes Gold kann natürlich erst nach vollständiger 
Zerstörung der hervorragenden Schieferpartien weiter transportirt und 
zusammengewaschen werden. So viel steht fest, dass bisher das Suchen 
nach alluvialem Gold noch Keinem gezahlt hat, und ich glaube auch nicht, 
dass Hoffnung vorhanden ist, in der Nähe von Eersteling und Marabastad 
sogenannte „leaders“ zu finden, d.h. jetzige oder ehemalige Wasserläufe, 
in denen das Gold zusammengewaschen ist und sich auf grösseren Strecken 
hin verfolgen lässt. Meine Gründe hierfür sind folgende: 

1) die Terrainbeschaffenheit ist ungünstig; in Folge der welligen Ober- 
fläche werden die Zersetzungsprodukte der Riffe nach den verschiedensten 
Richtungen entsendet. 

2) Der Wasserlauf ist ein sehr ungeregelter; die meisten Wasserrisse 
führen nur kurze Zeit im Jahr Wasser, viele nur auf wenige Stunden 
nach einem der seltenen Regen, und der Lauf des Wassers verändert sich 
sehr häufig. In Folge dessen findet keine gleichmässige Schlemmung statt, 
sondern es werden bisweilen grosse zusammenhängende Erdmassen auf 
einmal fortgeschlemmt und an einer anderen Stelle als Gesammtmasse 
deponirt. 

3) Es fehlen daher wirkliche alluviale Ablagerungen fast ganz; ge- 
wöhnlich tritt das feste Gebirge entweder direct zu Tage oder ist nur mit 
einer geringen Zersetzungsschicht bedeckt, welche der nächste Regen fort- 
führen mag. 

4) Das Gold findet sich noch sehr nahe seiner ursprünglichen Lager- 
stätte, und konnte sich daher noch nicht in grösserer Menge ansammeln; 
für diese Ansicht spricht die wenig abgerundete Form, das häufige Ver- 
wachsensein mit Quarz und das seltene Auftreten von Feingold. 

Hierzu kommt noch der Übelstand, dass an vielen günstig erschei- 
nenden Stellen der Wassermangel ein Arbeiten überhaupt verhindert. Lies- 
sen sich die sogenannten sluiceboxes überall anbringen, so möchten noch 
manche Punkte einen genügenden Ertrag, wenn auch keine grossen Reich- 
thümer abwerfen. | 

Da übrigens die metamorphischen Schiefer schon in beträchtlicher 
Menge zerstört worden sind (die ersten Sandsteinbänke am Frank’s Kop 
liegen 1000—1200 Fuss über Eersteling), so muss eine sehr bedeutende 
Menge Gold schon aus den Quarzriffen ausgewittert sein, falls Letztere, 
wie wohl anzunehmen ist, die Schiefer ganz durchsetzten und auch in den 


915 


oberen Teufen goldführend waren. Das in der Gegend von Eersteling und 
Marabastad vorhandene Gold entspricht jedenfalls dieser hypothetischen 
Menge nicht, und es wäre wohl möglich, dass sich erst in grösserer Ent- 
fernung,, etwa in nordöstlicher oder südöstlicher Richtung, reichere allu- 
viale Ablagerungen fänden. Zur Untersuchung so ausgedehnter Gebiete 
bedarf es jedoch einer grossen Anzahl Menschen, und die Gespenster des 
Kaffernkrieges, des Löwenfeldes und des Fiebers, verbunden mit ungün- 
stigen Nachrichten, und der grossen Schwierigkeit, sich Lebensmittel zu 
verschaffen, haben bisher nur Wenige veranlasst, die Goldfelder zu be- 
suchen. Einige der jetzt dort anwesenden Goldwäscher beabsichtigen 
allerdings beim Eintritt des Winters noch einen letzten Versuch zu machen 
und weiter nach Norden vorzudringen, aber der Misserfolg so weniger, 
würde die Frage noch nicht entscheiden. Eine grössere Aussicht auf Er- 
folg möchte die Untersuchung der Quarzriffe haben, doch herrscht bei den 
Goldgräbern eine so geringe Zuversicht in die Gesetze der Republik, dass 
sie fürchten, es möchten von ihnen nach mühseligen und kostspieligen 
Arbeiten gefundene Riffe den Besitzern der Farm als Eigenthum zuge- 
sprochen werden. Es liegen wenigstens Fälle vor, dass Gesetze mehr zum 
Vortheil Einzelner als der grossen Menge geändert wurden. Schliesslich 
will ich noch bemerken, dass hier vor einigen Tagen die Nachricht an- 
gelangt ist, es seien bei Lydenburg sehr reiche alluviale Ablagerungen 
gefunden worden; doch ist die Bestätigung erst abzuwarten. Einstweilen 
ist es Keinem zu rathen, die Goldfelder bei Eersteling des Gelderwerbes 
wegen zu besuchen, es sei denn, dass er beabsichtige, grössere Summen 
an die Erforschung noch unbekannter Theile derselben zu verwenden. 
E. CoHEn. 


Tromsö, den 24. Juni 1873. 


Ich befinde mich soeben auf einer Reise durch das petrographisch so 
ungemein interessante Norwegen und gedenke in wenigen Tagen einen 
Ausflug mit einem dazu eigens von mir gemietheten Schiffe nach Spitz- 
bergen zu machen. 

Seit 15. Mai weile ich schon in diesem herrlichen Lande. Ich brachte 
gegen 4 Wochen in der klassischen Gegend von Christiania zu und wurde 
hier in meinen wissenschaftlichen Bestrebungen durch Herrn Professor 
Ta. KJERTLF auf das freundlichste unterstützt. Genannter Gelehrte gab 
mir eine Reihe von Excursionen an, auf welchen ich sowohl die wichtig- 
sten Gesteine der Gegend von Christiania als auch ihr geologisches Vor- 
kommen studiren konnte. Herr Professor K3JERULF unternahm selbst mit 
mir zu einigen bei Kongshaven bei Christiania gelegenen prachtvollen 
Riesentöpfen, welche er einer genauen Untersuchung unterzogen hatte, 
einen Ausflug. Dieselben befinden sich an dem Meeresufer im Gneisse; 
es sind deren gegen 8, kleine und grosse, einige von ihnen messen über 
5 Fuss im Durchmesser und sind im Innern schön spiralförmig gewunden. 


Herr Professor KyeruLr verlegt das Alter dieser „Jaettegryder“ in die 
33* 


516 
Eiszeit, wo sie durch die von Wasserfällen bewirkte kreiselnde Bewegung 
von Steinen ausgehöhlt wurden. Die meisten dieser Töpfe sind voll von 
Rollsteinen verschiedener Grösse, bestehend aus Gesteinen, die erst in 
ziemlicher Entfernung von Christiania auftreten. Doch nicht allein im 
Niveau des Meeres, sondern auch in Höhen von 100 Fuss machte mich 
in dieser Gegend Professor KJERULF aufmerksam auf Riesentöpfe. 

Von Christiania aus machte ich Ausflüge nach dem Gjer-See, längs 
dessen Ufer ich die schönsten Granitgänge sowohl als auch die ausge- 
zeichnetsten Gletscherschliffe, beides im Gneisse, beobachten konnte, weiter 
besuchte ich die schönen Profile durch Silur, Devon, Quarzporphyr, Augit- 
gestein und Feldspathporphyr am Brakernäs Aas bei Drammen und am 
Kroftekollen. Den zahlreichen Grünsteingängen in der Umgebung von 
Christiania schenkte ich die grösste Aufmerksamkeit. Ferner besichtigte 
ich die berühmten Bergwerke bei Kongsberg, Kragerö und Arendal. Bei 
ersteren zwei Lokalitäten richtete ich mein besonderes Augenmerk auf die 
in der Nähe vorkommenden zahlreichen Gabbrokuppen. 

Von Christiania aus nahm ich den Weg über das Dovrefjeld nach 
Trondhjem, einem sowohl durch seine interessanten geologischen Verhält- 
nisse als auch durch seine landschaftlichen Reize wahrhaft klassischen 
Wege. In der Nähe von Laurgaard am Logen-Elv untersuchte ich die 
bekannte „Rostenbreccie*, über deren Ursprung einst die Meinungen so 
getheilt waren. Das Liegende dieser Breccie sind mächtige Quarzschiefer, 
reichlich mit grünem Talk durchzogen, mit Streichen nach h. 6 und Fallen 
nach Nord. Auf ihnen lagert concordant die Breceie. Das Muttergestein 
ist eine grüne, chloritartige Masse, in welcher nun die vollkommen zu 
Rollsteinen abgerundeten Quarze, Granite und Gneisse liegen. An eine 
„Ausscheidung“ der Geschiebe aus der Muttersubstanz ist gar nicht zu 
denken, da dieselben vollkommen scharf. von letzterer sich abheben und 
keinerlei Übergänge zu bemerken sind. Die „Breccie“ ist ein wahres durch 
chloritartige Substanz cämentirtes Conglomerat. Nahe an der Auf- 
lagerung auf den Quarzschiefer sind die Geschiebe noch klein und spär- 
lich, und es wiegt das chloritartige Muttergestein vor, doch schnell wer- 
den die Geschiebe stets grösser und grösser und nehmen Dimensionen bis 
weit über Kopfgrösse an. 

Die „Breccie“ bildet nach meinen Beobachtungen einen einseitigen 
nach oben gerichteten Fächer, dessen nördlicher Theil der grössere ist. 
Weiter gegen Norden, längs des Logen Elv, tritt dann wieder nördliches 
Fallen ein und die Breccie geht langsam durch allmähliches Abnehmen 
der Einschlüsse in krystallinische Gesteine über. 

In Trondhjem hatte ich Gelegenheit, einige sehr interessante Erschei- 
nungen in dem dort westlich von der Stadt gelegenen Protogingneiss zu 
beobachten; ich hoffe bei meiner Rückkehr besonders die in der Nähe 
auftretenden Gabbro’s genauer zu studiren; doch drängte jetzt die Zeit, 
um nach Norden zu kommen, da nur die Monate Juli und August einer 
Fahrt nach Spitzbergen günstiges Wetter bringen. 

Ich schiffte mich darum schon am 18. in Trondhjem ein und gelangte 


917 


nach 4tägiger herrlicher Fahrt hieher. Mein Schiff, „Polarstjernen“, Ka- 
pitän Simonsen, ist ein guter Segler und wird bei günstigem Wetter mich 
in wenigen Tagen an die ersehnten Küsten bringen. Ich gedenke mich 
in Spitzbergen gegen 6 Wochen aufzuhalten und meine Aufmerksamkeit 
hauptsächlich den dortigen Hyperstheniten zuzuwenden. 

Ich werde bei meiner Rückkehr Ihnen eine briefliche Mittheilung über 
meine Reise machen *. Dr. RıcHAarD v. DRASCHE. 


B. Mittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Breslau, den 12. Juni 1873. 


Ich war im März dieses Jahres einige Tage in Lissabon und habe 
dort unter Cosra’s, eines liebenswürdigen alten Herrn, Führung, die unter 
seiner Leitung stehende geologische und paläontologische Sammlung in 
der Polytechnischen Schule gesehen. Diese in einer Reihe grosser und 
gut beleuchteter Säle zweckmässig aufgestellte Sammlung ist sehr sehens- 
werth und für die wenig bekannten geologischen Verhältnisse von Portu- 
gal sehr lehrreich. Es ist übrigens weniger eine Lehrsammlung der Po- 
lytechnischen Schule, als vielmehr eine die Belegstücke für die Aufnahme 
der geologischen Commission von Portugal ((ommissäo geologica de Por- 
tugal) Sammlung. Sie ist geologisch nach den einzelnen Formationen ge- 
ordnet und man gewinnt durch ihre Durchsicht einen bequemen Überblick 
über die in Portugal überhaupt vertretenen sedimentären Bildungen. Die 
silurischen Gesteine sind durch eine umfangreiche Suite schön erhal- 
ten, von Trilobiten aus der Gegend von Oporto vertreten. Es sind die 
Formen der mitteleuropäischen Silur-Zone, wie sie in Böhmen und im 
westlichen Frankreich entwickelt ist. Dalmamia socialis, der‘ bekannte 
Trilobit des. Sandsteins von Wesela kommt hier ebenso wie in Böhmen 
vor. Ein fusslanger, schön erhaltener Asaphus fiel mir durch seine be- 
deutenden Dimensionen auf. Ausserdem sind deutliche Graptolithen-Schie- 
fer vorhanden. 

Silurisch sind auch die Schichten, in welchen die verschiedenen For- 
men der räthselhaften Gattung Bilobites vorkommen, von welchen auch 
aus den silurischen Schichten des westlichen Frankreichs, namentlich der 
Umgegend von Rennes und unter der Benennung Oreziana durch d’ORBIGNY 
Arten aus Bolivia beschrieben worden sind. 

Viel weniger bestimmt ist die devonische Abtheilung des älteren Ge- 
birges durch Versteinerungen vertreten. Ein langgeflügelter Spirifer und 
eine vielleicht mit Spirifer cultrijugatus identische Art derselben Gattung 
war fast das Einzige, was deutlicher erkennbar war. 


* Dieselbe wird den Lesern des Jahrbuches sehr an sein. 
SIT, 


918 


Das Vorhandensein des ächten Kohlengebirges wird dagegen 
durch eine alle bezeichnenden Pflanzenformen der Kohlenperiode enthal- 
tende Flora aus der Gegend von Oporto und Coimbra unzweifelhaft nach- 
gewiesen. Diese Pflanzen sind in einer der durch die Geologische Com- 
mission veröffentlichten Arbeiten durch Gones (Vegetals fosseis. Primero 
opusculo. Flora fossil do terrens carbonifero por BERNARDO ANToNXIo Go- 
MES. Lisboa, 1865.) beschrieben und abgebildet worden. Von den 67 dort 
aufgeführten Arten ist die grosse Mehrzahl mit bekannten Arten aus an- 
deren europäischen Kohlen-Bassins identisch, und nur 10 sollen dem Lande 
eigenthümlich sein. Die Erhaltungsart dieser Pflanzen gleicht derjenigen 
aus dem Kohlengebirge der Alpen und namentlich Savoyen’s. Die Blatt- 
Substanz der Farrenkräuter ist in halbmetallisch schimmernde Anthraecit- 
Häutchen von silbergrauer Farbe umgewandelt, welche sich auf der dunkeln 
Fläche der Schiefer deutlich abheben. Eine deutliche Entwickelung des 
Kohlenkalks scheint dagegen in Portugal zu fehlen. Wenigstens ist in 
dem Museum die Fauna desselben nicht aufgestellt. An einem kleinen, in 
schwarzem Kalk versteinerten Goniatiten aus Algarvien erkannte ich je- 
doch deutlich die Loben des Goniatites sphaericus. Das deutet auf das 
Vorhandensein von Kohlenkalk oder Culm in jenem südlichsten Theile 
von Portugal. Es wurde schon an einer anderen Stelle von mir bemerkt, 
dass das Fortsetzen der in der Provinz Huelva in Spanien in weiter Ver- 
breitung nachgewiesenen, durch Posidonomya Becheri bezeichneten Culm- 
Bildung in die angrenzenden Theile von Portugal wahrscheinlich sei. 

Die Trias-Formation ist nur durch rothe Sandsteine vertreten, 
deren nähere Altersbestimmung bei dem völligen Mangel organischer Ein- 
schlüsse bisher nicht möglich gewesen ist. Dagegen ist die Jura-Forma- 
tion in allen ihren Abtheilungen durch deutlich erhaltene Fossilien nach- 
weisbar. 

Das Vorhandensein der durch Radiolites bezeichneten Kreide-Forma- 
tion in der Nähe von Lissabon ist eine der am längsten bekannten, die 
Geologie des Landes betreffenden Thatsachen. Es ist ein dichter, weisser 
Kalkstein, welcher als Baustein und Pflasterstein überall in der Haupt- 
stadt Verwendung findet. Dieser Kalkstein und Basalt sind die herrschen- 
den Gesteine des wunderbar zerschnittenen Hügellandes, auf welchem Lis- 
sabon gelegen ist. Der Basalt hat durchaus das Ansehen wie das Gestein 
in Deutschland erscheint. Neben dem so schön auf einer Anhöhe am Meere 
gelegenen Königlichen Schlosse von Belem schlug ich Olivin-führende Hand- 
stücke des Gesteins, welche solchen von den hessischen oder rheinischen 
Basalten zum Verwechseln gleichen. Lissabon ist der äusserste südwest- 
liche Ausläufer der grossen, das mittlere Europa durchziehenden Zone 
basaltischer Durchbrüche, welche andererseits gegen Nordosten in dem 
Annaberge bei Cosel in Oberschlesien ihren äussersten Endpunkt hat. Auf 
der pyrenäischen Halbinsel und in Frankreich sind die Basaltpunkte frei- 
lich sehr vereinzelt und durch weite Zwischenräume getrennt, und erst in 
der Eifel beginnt eine dichtere Aneinanderreihung derselben. 

Jüngere Tertiär-Schichten verbreiten sich zu beiden Seiten des Tajo 


319 


über einen ausgedehnten Flächenraum. Sie enthalten zahlreiche, wohl er- 
haltene Petrefacten. Die Gasteropoden dieser Schichten sind durch Costa in den 
Publikationen der geologischen Commission von Portugal (Gasteropodes 
des depöts tertiaires du Portugal par Pereira da Costa. Lisbonne. Hft. I, 
1866. Heft II, 1867) bereits beschrieben und abgebildet worden. 

Von besonderem Interesse war mir eine auf den Beobachtungen der 
geologischen Commission beruhende und durch Costa zusammengestellte 
geologische Übersichtskarte von Portugal in grösserem Massstabe, welche 
mir Herr Costa vorlegte. Leider ist diese Karte bisher nur im Manu- 
script vorhanden und zu ihrer Publikation in nächster Zeit ist auch nur 
wenig Aussicht vorhanden. Die Thätigkeit der geologischen Commission 
ist nämlich schon seit einiger Zeit suspendirt, weil die nöthigen Geld- 
mittel zur Fortführung der Arbeiten durch die gesetzgebende Versamm- 
lung verweigert worden sind. Im Interesse der Wissenschaft, sowie auch 
im Interesse der Entwicklung der materiellen Hülfsmittel des Landes kann 
man nur wünschen, dass ein Unternehmen, welches unter verständiger 
Leitung mit verhältnissmässig beschränkten Mitteln in wenigen Jahren so 
Bedeutendes geleistet hat, auch weiter fortgeführt werde. 

FERD. RoEMmEr. 


Öberrheinischer geologischer Verein *. 


Der oberrheinische geologische Verein constituirte sich in einer ersten 
vorberathenden Versammlung am 17. August 1871 zu Bad 
Rothenfels im Murgthale. Gegenüber der Thätigkeit, welche sich am 
Nieder- und Mittelrhein auf naturwissenschaftlichem, besonders geologi- 
schem Gebiete bereits entfaltet hat, hielten die Mitglieder der Versamm- 
lung es für geboten, die Kräfte der oberrheinischen Gebiete Deutschlands 
zu gemeinsamer Erforschung zunächst der geognostischen Verhältnisse 
anzuregen und damit eine wesentliche Lücke auszufüllen, welche sich in 
neuerer Zeit besonders dadurch fühlbar macht, dass die meisten Staaten 
Deutschlands eine organisirte geologische Landes-Aufnahme bereits durch- 
führen; unser Grossherzogthum Baden sich aber in dieser Beziehung noch 
in den elementarsten Anfängen befindet. 

Die zweite Versammlung wurde am 25. März 1872 in Heidelberg, 
die dritte am 24. Aug. 1872 zu Gernsbach im Murgthale und die vierte 
am 7. April 1873 zu Carlsruhe abgehalten. 

In dieser vierten Versammlung hielt zunächst Herr Hofrath R. Bun 
einen eingehenden Vortrag über die Stellung, welche der Verein der geo- 
logischen Landes-Untersuchung gegenüber einzunehmen habe, wie wünschens- 
werth es sei, dass bei so wichtigen Unternehmungen eines Staates eine 
Gleichförmigkeit in der Veröffentlichung der geleisteten Arbeiten unter 
sich und mit den im Gange befindlichen allgemeinen deutschen beobachtet 
werde, und wie nothwendig es sei, dass die Fachmänner der drei Hoch- 
schulen Baden’s in irgend einer Form bei der Ausführung derselben be- 
theiligt seien. 

Der Präsident des Grossherzogl. Handelsministeriums, Herr Tursan, 
welcher als Mitglied dem Verein beigetreten war, machte diesem die mit 
grosser Befriedigung aufgenommene Mittheilung, dass von der König]. 
Preussischen Regierung aus eine Anregung an die Grossherzogl. Badische 
ergangen sei und dass Diese selbst von der Nothwendigkeit des gleich- 


* Das Jahrbuch wird von nun an von Zeit zu Zeit die Verhandlungen 
dieses Vereins bringen. GEE, 


324 


förmigen Anschlusses an das Deutsche Unternehmen durchdrungen, den 
besten Willen für eine rasche Durchführung derselben besässe. Die Frage, 
um die es sich jetzt handele, sei in Folge dessen lediglich eine finanzielle. 
Zur Lösung dieser sei die Zustimmung des Landtags erforderlich, welcher 
in diesem Herbst wieder zusammentritt. ° 

Prof. Kor zu Carlsruhe hielt alsdann einen Vortrag „über die 
Constitution und Bedeutung der Nickelerze von Horbach 
bei St. Blasien im Schwarzwalde“ 

Prof. Prarz zu Carlsruhe „über neue Funde von Petrefacten 
im rothen Sandstein des Pfinzgebietes.“ 

Prof. Souncke knüpft an ein bewegliches Modell, welches die Mole- 
kularconstitution der Krystalle versinnlicht, Bemerkungen über eine Arbeit, 
mit welcher Er augenblicklich beschäftigt ist, und welche die Begelmässig- 
keit der Punct-Vertheilung im Raume allgemeiner zur Darstellung bringt, 
als die früher von Ihm nach Bravaıs bearbeitete. 

Hofrath Brum aus Heidelberg spricht über ein von Prof. BEneEckeE bei 
Wiesloch gefundenes Conglomerat aus dem oberen Keuper, welches aus 
Sandsteingeschieben zusammengesetzt ist, deren peripherische Regionen 
durch kohlensauren Kalk verfertigt sind. 

Prof. Knop über das Vorkommen von Petroleum bei Reichartshausen 
im Odenwalde. 

(Für die folgenden Vorträge sind die Herren Verfasser selbst verant- 
wortlich.) 


Über die Nickelerze von Horbach bei St. Blasien im Schwarz- 
walde. 
Von A. Knor. 


Bei Horbach, Amt St. Blasien, kommt eine theilweise bis ganz ser- 
pentinisirte Gneus-Einlagerung vor, welche durch das Auftreten einge- 
sprengter Nickelerze seit Anfang dieses Jahrhunderts die Aufmerksamkeit 
der Metallurgen in Anspruch nahm. Bezüglich des Abbaues dieser Nickel- 
erze entnehme ich der Darstellung von Dr. J. SchrL, im 23. Hefte der 
Beiträge zur Statistik der inneren Verwaltung des Grossherzosthums Ba- 
den, p. 75 ff. die folgenden Notizen: 

Der Erzstock wurde zuerst in den Jahren 1803 bis 1806 durch den 
Factor Lr3rrecHht PavL aus Sachsen zu Sehwarzenbach im Wehrathale 
auf Vitriol zu Gute gemacht. Bergrath F. A. WaALcHnEr lernte das Erz- 
‘vorkommen im Jahre 1829 an Ort und Stelle kennen und nahm 1847 wei- 
tere Schürfversuche vor, welche das Lager im Mittel zu 5 Lachter Mäch- 
tigkeit ergaben. Er erkannte in dem Nickelerze einen Magnetkies mit 
4!/, Proc. metallischem Nickel, während Mour in Coblenz 5 bis 9 Proc. 
Nickel darin fand. Der letztere Gehalt soll sich indessen nur auf aus- 
erlesene Stücke beziehen, denn in den gepochten Erzen wurde der Nickel- 
gehalt nur zu 2,1 bis 2,8 Proc. bestimmt. Im August 1848 mit einem 
Grubenfelde belehnt, verkaufte Waucnner dasselbe im Mai 1852 an Ober- 
bergrath SCHWARZENBERG und Fabrikant H. Preirrer in Cassel, welche es 


922 


in Betrieb nahmen und im Jahre 1857 pro Tag 38 bis 46 Centner Erze 
förderten. Ende 1859 wurden die Arbeiten wieder eingestellt. Die Grube 
„Friedrich August“ fiel in’s Freie. 1861 liess sich Handelsmann A. €. L- 
ReınHarDT mit derselben belehnen, welcher den Betrieb 1864 wieder auf- 
nahm. 

Auf einer geognostischen Excursion mit meinen Zuhörern, zu Pfingsten 
des Jahres 1869, lernte ich die Horbacher Erzlagerstätten aus eigener 
Anschauung kennen und nahm ausgesuchte Proben des Nickelerzes mit 
nach Carlsruhe, um sie als Untersuchungs-Objecte für Practicanten im 
mineralogischen Laboratorium des Poiytechnicums zu verwenden. 

In Set. Blasien war eine Nickelhütte erbaut worden, welche Herrn 
MOoLDENHAUER zu Cassel gehörte und von Herrn Dr. Leo dirigirt wurde. 
Diesem verdanke ich noch vortreffliche Erzproben und Hüttenproducte. 
Bei der Verhüttung der Nickelerze erzeugte sich eine so grosse Menge 
von schwefliger Säure, dass die benachbarten Waldungen stark verwüstet 
wurden. Der Besitzer der Hütte wurde deshalb in Processe verwickelt, 
welche den Weiterbetrieb sehr in Frage stellten. Es ist mir nicht be- 
kannt geworden, ob nach dem Tode des Herrn MoLDEnHAUER der Hütten- 
betrieb eingestellt worden ist, oder nicht. 

Das Nickelerz von Horbach wird als ein nickelhaltiger Magnetkies | 
bezeichnet. Es wirkt auf die Magnetnadel retractorisch, ist von metalli- 
schemHabitus und besitzt eine tombackbraune, in’s Stahlgraue sich ziehende 
Farbe. Die Farbe ist dunkler, als beim eigentlichen Magnetkies; der 
Strich schwarz. Härte zwischen 4 und 5. 'Spec. Gew. = 4,43. 

Es scheint nur Eine unvollkommene Spaltungsrichtung vorhanden zu 
sein, auf deren Flächen das Mineral einen lebhafteren metallischen Schim- 
mer wahrnehmen lässt, als auf den Bruchflächen. 

In den serpentinisirten Gneusmassen, besonders in den mit braunem 
und dunkelgrünem Magnesiaglimmer erfüllten, ist das Erz in unregelmäs- 
sig gestalteten Knollen eingesprengt und von Kupferkies begleitet, welcher 
stellenweise körnige Aggregate von Eisenglanz umschliesst. 

Zur Analyse wurde nur ausgesucht reines Material genommen. Durch 
Beobachtung mit der Lupe und vermittelst des Mikroskopes, in letzterem 
Falle auf polirten Schliff-Flächen im reflectirten Lichte, konnte die Ab- 
wesenheit des Kupferkieses im Nickelerze nachgewiesen werden. Die von 
dem Assistenten am mineralog. Cabinet, Herrn Gustav WAGNER aus Carls- 
ruhe ausgeführten Analysen ergaben keine Spur eines Kupfergehaltes. In 
vier verschiedenen Proben wurde gefunden: 


I. iii: IH. IV. Mittel. 
Schwefel 45,897 46,07 45,68 * 45,87 
Eisen . 41,94 41,62 42,15 42,15 41,96 
Niekel ...11,52 12,44 * x 11,98 
99,33 100,13 99,81. 


* nicht bestimmt, 


923 


Diese Resultate stimmen sehr annähernd mit dem Äquivalentverhält- 

niss Fe,Ni,S,;, welches erfordert: 

35 = 00 45,9 

Fe, = 448,0 42,8 

Ni: 217,6 11,2 

10456 99,9 
und welches das Horbacher Nickelerz als eine isomorphe Mischung von 
4FeS, + NiS, 

erscheinen lässt. Aus dem gepulverten Erze konnte mit Schwefelkohlen- 
stoff kein freier Schwefel ausgezogen werden. 

Es ist eine auffallende Thatsache, dass übrigens unter den Schwefel- 
metallen bis jetzt die reinen Sesquisulfurete als in der Natur vorkommend 
noch nicht aufgefunden worden sind. Die natürlichen Schwefelmetalle 
sind entweder Monosulfurete oder niedrigere Schwefelungsstufen, Verbin- 
dungen derselben mit Sesquioxyden oder Bisulfurete. Die Zusammen- 
setzung der Horbacher Erze ist desshalb für die Mineralogie neu, und 
desshalb erlaube ich mir das Mineral mit dem Namen 

Horbachit 
zu bezeichnen. Indessen scheint die Zusammensetzung der Horbacher 
Nickelerze keine constante zu sein. Schon früher hat Herr Hofrath Fı- 
SCHER zu Freiburg eine Probe dieser Erze an RAmmELsBEeRG in Berlin ge- 
sandt, welcher dieselbe analysirte und bei einem spec. Gew. von 4,7 aus: 


Schwefel" ;. ... =. "40,03 

Kisenralf naar air 55596 

Nickels?. A. 3 mir3/86 
99,85 


zusammengesetzt fand *. RammELsgere bemerkt dazu, dass das analysirte 
Mineral mit Strahlstein verwachsen gewesen sei; während das von 
WAGNER analysirte in solchen Serpentinvarietäten vorkommt, die mit Ma- 
gnesiaglimmer übermengt sind. Dieser Umstand lässt die Vermuthung zu, 
dass in verschiedenen Zonen der Erzlagerstätte von Horbach die Zusam- 
mensetzung der Nickelerze variiren kann, eine Vermuthung, welche durch 
das Verhalten der Schwefelmetalle gegen sauerstoffführende Gewässer eine 
Unterstützung findet. Es wird unten weiter davon die Rede sein. _ 
Die Deutung des Horbachits, als eine Mischung von Eisen- und Nickel- 

sesquisulfuret wird unterstützt durch das specifische Gewicht desselben 
von 4,43. RammELsBerg fand (Pose. Ann. OXXI, p. 369), dass die spec. 
Gewichte der Schwefelungsstufen des Eisens unabhängig von den relativen 
Mengen der Bestandtheile seien; denn das spec. Gew. des Bisulfuretes 
(Schwefelkies) ist grösser als das des Sesquisulfuretes, das des Sesqui- 
sulfuretes aber geringer, als das des Monosulfuretes. 

Schwefelkies spec. Gew. = 5,0 —5,2 

Nickelfreie Magnetkiese — 4,56—4,58 


” ” 


Nickelhaltige Magnetkiese „ „= 4,60—4,67 


* Poss. Ann. CXXI, p. 361. 


924 


Troilit (Eisensulfuret) spec. Gew. — 4,78—4,81 
Künstliches Eisensulfuret „ „. = 477-4,67 
Eisensesquisulfuret künstlich — A 


Horbachit —= 4,43. 


Eisen und Nickel pflegen zu der isomorphen Gruppe der Magnesium- 
Metalle gerechnet zu werden. Es ist deshalb wohl gerechtfertigt, um eine 
Vorstellung von dem Verhältnisse zu erlangen, in welchem der Horbachit 
zu seinen Verwandten sich befindet, ihn mit denjenigen Eisen- und Nickel- 
sulfureten zu vergleichen, welche in der Natur vorkommen. Es gehört 
dahin der Troilit, welcher bis jetzt nur in Meteoriten gefunden wurde 
und aus Eisenmonosulfuret = FeS besteht. Ferner der Millerit = NiS, 
der von SCHEERER analysirte Eisennickelkies von Lillehammer in Nor- 
wegen (= 2FeS + NiS) und der Magnetkies, welcher in seiner Zu- 
sammensetzung von RAMMELSBERG* schwankend befunden wurde, aber Ab- 
weichungen zeigt, die um die Gleichgewichtslage Fe,S, oscilliren. Diesem 
Magnetkiese ist nicht selten eine Nickelverbindung isomorph beige- 
mengt, welcher zufolge der Kies von Klefva in Smaland einen Gehalt von 
3,04 Nickel besitzt; der von Modum 2,80 Proc., von Gape Mine (Penns.) 
5,59 Proc., von Hilun in Norwegen 3,16 Proc. Nur die Varietäten von 
Inverary und von Craigmuir-mine in Schottland enthalten grössere Nickel- 
mengen, nämlich bezw. 11,17 und 10,01 Proc. Nickel bei Schwefelgehalten 
von 37,50 und 37,99 Proc. bei 49,97 u. 50,87 Proc. Eisen (Phil. Mag. IV. 
XXXV. 174. Dana, Syst. of Min. 5. Aufl., p. 803). 

Die von RAnMELSBERG * analysirten Magnetkiese verschiedener Fund- 
orte lassen sich auf die Formeln: Fe,S,, Fe,S,, Fe,S;, FegS,, und Fe,oS;1 
zurückführen, allgemein auf die Form: FenSn + 1. RaumELssere bemerkt 
dazu: „von diesen: fünf Formeln hat man nach Berzeuıvs’ Vorgange bis- 
her die zweite, Fe,S, angenommen, und auch nach den hier mitgetheilten 
Versuchen ist kein Grund vorhanden, eine andere vorzuziehen, es wäre 
dann die dritte, Fe,S,, worin das einfache Verhältniss von Sulfuret und 
Sesquisulfuret von 6 At. und 1 At. liegt. In keinem Falle aber darf man 
sich, wie ich glaube, an die Extreme I und V halten und ebensowenig in 
diesen verschiedenen Formeln den Beweis sehen, dass die Magnetkiese 
verschieden zusammengesetzt sind; denn nach den Analysen würde man 
ja annehmen müssen, dass zu Bodenmais Fe, ,S, , (H. Rose), Fe,S,, (SCHAFFE.) 
und Fe,S, (Ramm.) vorkämen, was wohl Niemand behaupten wird.“ — Die 
Schwankungen in der Zusammensetzung der Magnetkiese hat RAammELs- 
BERG selbst constatirt, eine Erklärung derselben aber meines Wissens nicht 
versucht, vielmehr sich gegen die Auffassung des Grafen ScHAFFGOTSCH 
(p. 354. d. a. A.) ausgesprochen, welcher zufolge es Magnetkiese von ver- 
schiedener Zusammensetzung gebe, in denen Eisensulfuret und Sesquisul- 
furet in verschiedenen Verhältnissen verbunden seien. 

Wenn die Analysen von H. Rose, SCHAFF6OTSCH und RAMMELSBERG 
richtig sind, so ist damit constatirt, dass zu Bodenmais auf derselben La- 


* Poss. Ann. CXXI, p. 360. 


525 

gerstätte Magnetkiese von verschiedener Zusammensetzung vorkommen. 
Die Richtigkeit dieser Analysen zu controliren ist allerdings schwer, weil 
es sich um sehr geringe Differenzen der Bestandtheile handelt; denn für 
die Formeln 

Fe, Fe,  Fe,S,; werden folgende Quantitäten von 
Eisen . . 61,40 61,16 60,00 und 
Schwefel . 38,60 38,84 40,00 


verlangt; dass überhaupt aber auf derselben Lagerstätte scheinbar gleiche 
Mineralien verschieden zusammengesetzt sein können, dafür liefert das 
Vorkommen von Horbachit neben dem von RAuMELsBERG analysirten 
Nickelerze derselben Lagerstätte einen entschiedenen Beweis. Dasselbe 
ist auch bezüglich des Vorkommens von Magnetkies auf den Lagerstätten 
von Bodenmais möglich. 

Nehmen wir einmal an, die Reihe der verschiedenen Magnetkiese 
unterordne sich wirklich der allgemeinen Formel: Fen Sn -+ 1 und begin- 
nen wir diese Reihe mit dem Gliede, für welches n = 1 ist, so erhalten 
wir, wenn wir Eisen durch Nickel isomorph vertreten zulassen: 

1) Fe S, (Schwefelkies, Markasit). 
2) Fe,S, (Horbachit). 
3) Fe,S, (analog dem Nickelwismuthglanz (Ni, Bi), S,. Kobaltkies 


Co,S,, Kupferkies (Fe,€u) S,)- 


4).... Fe,S, (Magnetkies von Treseburg am Harz, von R. als 
Brauneisenstein-haltig verworfen). 

5) Fe,S, (noch nicht gefunden). 

6) Fe, S;, 

7), Me, S; 

8) Fe, S, ) (analysirte Magnetkiese). 

I Ee, Sa 


10) Fe,0S41 


oo) FeS (Troilit, mitunter auch Nickel-haltig), 


d. h. eine Reihe von Verbindungen des Schwefels mit Eisen (und Nickel), 
welche mit dem Bisulfuret beginnt und sich bis in’s Unendliche dem Ver- 
hältniss FeS nähert. Die Anfangsglieder dieser Reihe sind zum grossen 
Theile wirklich in der Natur vorhanden; im Troilit ist das Endglied der- 
selben verkörpert. Die Glieder, welche über No. 10 hinaus liegen, dürf- 
ten unmöglich nachzuweisen sein, weil die Differenzen im Gehalte der Be- 
standtheile innerhalb der Grenzen der methodischen Fehler liegen. 

Eine solche Auffassung des Zusammenhanges, in welchem eine Anzahl 
von Mineralien steht, die sich unter den gemeinschaftlichen Gesichtspunkt 
Fe,Sn + 1 bringen lassen, ist eine rein arithmetische. Doch kann sie in 
sofern von Bedeutung sein, in wiefern sie geeignet ist, zu einer natur- 
gemässen Interpretation Veranlassung zu geben. 

Unter den Gliedern der aufgeführten Reihe sind es die folgenden, 
welche Verbindungsverhältnisse darstellen, wie wir sie analog auch bei 


526 


anderen Körpern antreffen, nämlich 1) FeS,, 2) Fe,S,, 3) Fe,S, und 4) FeS. 
Man kann zu ihnen wenn man will, auch etwa noch Fe,S, oder vielleicht 
Fe,S, (= 6FeS + teS,) rechnen. Alle übrigen Glieder zeigen keine so 
einfachen Verbindungsverhältnisse. 

Complicirtere Verbindungsverhältnisse lassen sich auf mehrfache Weise 
deuten; sie sind bedingt durch isomorphe Mischung verschieden zusam- 
mengesetzter Glieder, durch Gemenge ungleicher Zersetzungs- oder Um- 
wandlungsproducte, durch Substitution eines Moleküls durch ein anderes 
von ungleicher Zusammensetzung aber von gleichem chemischem Wirkungs- 
werth etec., ganz abgesehen von den Fällen, welche durch mechanische 
Beimengungen während der Bildung eines Minerales hervorgerufen werden. 

Im vorliegenden Falle kann, da es sich nur um Verbindungen von 
Schwefel und Eisen (oder Nickel) handelt, von einer Substitution keine 
Rede sein. Entweder sind die Änderungen in der Zusammensetzung des 
Schwefeleisens erklärlich durch isomorphe Mischungen von FeS mit höheren 
Schwefelungsstufen, oder sie sind ungleichwerthige Umwandlungsproducte. 
Isomorphe Mischungen anzunehmen von FeS,, Fe,S, oder Fe,S, mit FeS 
liegt kein Grund vor. Wenn Schwefelkies regulär krystallisirt und es 
wahrscheinlich ist, dass auch die Verbindung Fe,S,, nach Analogie mit 
Kobaltkies, demselben Systeme angehört, die Krystallform von Fe,S, aber 
noch vollkommen unbekannt ist; wenn ferner FeS nur als Hüttenproduct 
in isomorpher Mischung mit €uS regulär krystallisirend bekannt ist, so 
ist wohl eine Übereinstimmung der Form vorhanden, aber nicht die Ana- 
logie in der atomistischen Constitution der Moleküle, welche die Eigen- 
schaft des Zusammenkrystallisirens bedingt. 

Die Ansicht, dass die Magnetkiese in ihrer verschiedenen Zusammen- 
setzung ungleiche Umwandlungsstufen einer Grundverbindung seien, ge- 
winnt durch das Verhalten, welches die Eisensulfurete und verwandte 
Verbindungen unter verschiedenen Bedingungen zeigen, sehr an Wahr- 
scheinlichkeit. Die höchste bekannte Schwefelungsstufe des Eisens ist das 
Bisulfuret, in der Gestalt des Pyrites und Markasites. Künstlich 
kann er sowohl auf trockenem Wege, wiewohl bei verhältnissmässig nie- 
drigen Temperaturen, als auf nassem erzeugt werden. Sein Vorkommen 
in der Natur ist streng gebunden an das von reducirenden organischen 
Substanzen oder an solche Orte, an denen Schwefelverbindungen, wie 
Schwefelwasserstoff, Schwefelalkalimetalle etc. entweder überschüssig vor- 
handen sind oder fortwährend entstehen. Wo man seine natürliche Bil- 
dung verfolgen kann, tritt als erste Bildungsstufe das durch Fällung von 
Eisenoxydulsalzen mit löslichen Schwefelverbindungen erzeugte Eisen- 
monosulfuret auf, welches später den Schwefelverbindungen noch ein 
Atom Schwefel entzieht, um sich in Bisulfuret zu verwandeln. Wie auch 
diese Entziehung von Schwefelmetall vor sich gehen mag, ob sie als eine 
Oxydation des Schwefelwasserstoffs oder Schwefelalkalimetalls, oder als 
Austreibung des freien Wasserstoffs aus ersterem zu denken ist oder auf 
eine andere Weise, jedenfalls ist auch die Vorstellung berechtigt, dass 
Eisenmonosulfuret theilweise oxydirt wird und der abgeschiedene Schwefel 


527 


sich auf einen anderen Theil des Schwefeleisens wirft, um Bisulfuret zu 
erzeugen. Es ist möglich, dass diese Art der Zersetzung eine successive 
Bildung aus dem Monosulfuret durch die Stufen des Magnetkieses, 
des Sesquisulfuretes bis zum Bisulfuret zur Folge hat. Als die 
Zwischenstufe zwischen nickelhaltigem Magnetkies und Bisulfuret würde 
der Horbachit zu betrachten sein, welcher in gewissen Zonen der Erz- 
lagerstätte fixirt ist, während andere Regionen derselben andere Verbin- 
dungsstufen führen. 

Die Veränderlichkeit der Zusammensetzung der Horbacher Eisen- 
Nickelsulfurete gibt sich in auffallender Weise zu erkennen, wenn man sie 
der oxydirenden Wirkung der Atmosphäre, bei Gegenwart von Wasser, 
aussetzt. Horbachit gepulvert und feucht gehalten lässt schon nach kur- 
zer Zeit ein grünes Filtrat entstehen. Beim Trocknen des angefeuchteten 
Pulvers effloresciren grüne Krystallisationen, welche fernerhin die ganze 
angewandte Masse verfestigen. Mit warmem Wasser ausgelaugt, findet 
man in der Lösung schwefelsaures Eisenoxydul und schwefelsaures Nickel- 
oxydul. 

Bei den grossen Schwierigkeiten, mit denen der Betrieb der Nickel- 
hütte zu St. Blasien, besonders mit Beziehung auf die massenhafte Ent- 
wickelung von schwefliger Säure, zu kämpfen hatte, musste es von In- 
teresse sein, zu untersuchen: ob das eben angedeutete Verhalten des Hor- 
bachits gegen die Atmosphärilien nicht etwa geeignet wäre, lie Horbacher 
Erze auf nassem Wege aufbereiten und zu Gute machen zu können. Die 
Vortheile, welche ein solches Verfahren hätte, sind einleuchtend, sie be- 
stehen in 

1) Ersparung an Brennmaterial, 

2) Ersparung an Maschinen, h 

3) dem Ausweichen von Processen, wegen Verwüstung der benachbar- 

ten Wälder. 

Versuche, welche ich im mineralogischen Practicum unseres Polytech- 
nicums im Kleinen darüber anstellte, führten zu Resultaten, welche ein 
Gelingen der Methode der nassen Aufbereitung ausser Zweifel stellen, 
vorausgesetzt, dass sie von einem erfahrenen Metallurgen ausgeführt wird. 

Verschiedene Proben des Horbachits wurden in verschiedener Weise 
behandelt. Die Proben A und B waren feingepulvert und wurden 
auf das Filtrum eines Glastrichters gebracht; alsdann angefeuchtet und 
von Zeit zu Zeit ausgelaugt. Das Filtrat wurde in einem Becherglase 
aufgefangen. Die Probe C bestand aus einem Häufchen etwa erbsen- 
grosser Stücke, welcher auf ein Gewebe von Platindraht gelegt, so weit 
in ein flaches Gefäss gesetzt wurde, dass der Wasserspiegel ihn berührte 
und feucht hielt. Die Probe D bestand aus einem Gemenge feineren und 
gröberen Materiales, wie es zufällig von verschiedenen anderen Versuchen 
übrig geblieben war. Sie wurde übrigens wie die ersten drei behandelt, 
nur durch längere Zeit hindurch. Das Filtrat von 


328 


A. gab nach 10 Tagen nur 18,86 Grm. Horbachit: Nickel 0,203 u. Eisen 0,046. 
B. „ >. ” ” 5,05 „ » » 0,058 » » 9,080. 
04 Hreskın ” „ 11,167 „ ” „ 0,049, „0,0196. 
Binsk. „.»4 Wochen 1,1511, 5 „90209591 5,12: 0,064: 


Rechnet man den Nickelgehalt des Horbachits in runder Zahl zu 12 
Proc., so enthalten die Proben 


au Nekeas a) a a 
B) ” b) 0,6 Br verloren 5 9,7 

: : gehaltes durch 
e. „ .0,049.:°, in obigen ) „ 0,44 an 
Di 10.205° 05%) Zenen Wo 2 gung. 


Das Verhältniss des im Filtrat enthaltenen Eisengehaltes zum Nickel- 
gehalt stellte sich folgendermassen heraus: 


Eisen Nickel 


In A. 1.2 44 
B. 1, 2.056 
C. a 22) 
D. 1.02.89 


Die nasse Aufbereitung des Horbachits geschah bei gewöhnlicher Zim- 
mertemperatur; also bei etwa 18° C. Es folgt aus den mitgetheilten Re- 
sultaten: 

1) dass Horbachit unter der gleichzeitigen Wirkung von atmosphäri- 
scher Luft und Feuchtigkeit merklich oxydirt wird und Eisen- und 
Nickelvitriol bildet, 

2) dass das Nickelsulfuret rascher oxydirt wird, als das Eisensulfuret, 

3) dass die Vitriolescenz des Erzes im Zustande feiner Vertheilung 
rascher vor sich geht, als bei der Form grösserer Stücke. 

Bedenkt man nun, dass nach der angegebenen sehr einfachen und 
rohen Methode der nassen Aufbereitung ein 12 Proc. Nickel führender 
Horbachit in 10 Tagen pro Otr. 1,08 Pfund, also pro 100 Otr. nahe 1 Ctr. 
gediegenes Nickel in der Form von Nickelvitriol liefern muss, so scheint“ 
es kaum zweifelhaft, dass bei der steigenden Nachfrage nach Nickelmetall 
für die Ausprägung deutscher Reichsmünzen, wie auch für die Argentan- 
Industrie, der Horbacher Bergbau einen neuen Aufschwung erfahren muss. 

Allerdings scheint der Nickelgehalt von nahe 12 Proc. der höchste 
zu sein, welcher bis jetzt in den Horbacher Erzen nachgewiesen wurde. 
Dafür ist aber auch die Methode der neuen Aufbereitung in der Anlage 
sehr billig und bereits in einer Weise vervollkommnet, welche, wie es 
‚scheint, Nichts zu wünschen übrig lässt. Diese Methode verdanken wir 
E. Kopp in Turin (jetzt in Zürich), der dieselbe ausführlich im Moniteur 
scientifigue *, Aug. 1870, p. 705 (im Ausz. Dineter’s Polyt. Journ. Jahrg. 
1871, p. 400. Polyt. Centralblatt, 1870, p. 1426) beschrieb, und welche 
wesentlich darin besteht, dass den feuchten Erzhaufen Eisenchlorid oder 


* Neues Verfahren zur Verarbeitung schwefel-, antimon- und arsenik- 
haltiger Kupfer-, Blei-, Nickel- und Silbererze auf nassem Wege. 


529 


Kochsalz mit etwas Schwefelsäure zugesetzt wird. Durch Reduction des 
Eisenchlorids zu Chlorür, sowie durch Einwirkung der zugesetzten oder 
auch durch Oxydation der Erze erzeugten Schwefelsäure wird Chlorwas- 
serstoff frei, welcher fortwährend energisch auf die Schwefelverbindungen 
zersetzend wirkt. Korr empfiehlt diese Methode besonders mit Rücksicht 
auf solche Gegenden, welche ein warmes Klima und Mangel an Holz und 
Kohlen haben. Ein Erz von sehr complexer Natur, welches ungefähr 67 
Proc. Gangart (45 Schiefergestein mit etwas kohlensaurer Kalk- und Talk- 
erde und 22 Schwerspath), 17,2 Schwefelblei, 1,2 Antimon, 0,9 Arsenik, 
13 Schwefeleisen und 0,002 bis 0,004 Silber enthielt, war nach 6 Wochen 
bei einer Temperatur von 30 bis 40° C. und bei einem Zusatze von 15 
Proc. Kochsalz und 5 Proc. Eisenchlorid fast vollständig zersetzt. 

Es ist einleuchtend, dass diese Methode ihre naturgemässe Verwen- 
dung bei den Kupferkieslagerstätten Südafrika’s finden wird; denn in den 
holzarmen aber heissen Regionen von Klein-Namaqualand und Damara- 
land hat man von den mächtigen Lagerstätten nur die reichen Erze des 
Hutes abgebaut und den Kupferkies liegen lassen, weil er den Transport 
nach der Walfisch-Bay und von da nach England nicht mehr lohnt *. 


Über das Vorkommen von Petroleum bei Reichartshausen im 
Odenwald. 


Von A. Knor. 


Es ist den Geognosten bekannt, dass der Elsass und das Gross- 
herzogthum Baden eine grosse Ähnlichkeit ihrer geognostischen Consti- 
tution erkennen lassen. Das eine Land erscheint gewissermassen als das 
Spiegelbild des andern. Dem Scharfblicke ELıe pe BErAumonT’s entging es 
nicht, dass die geognostischen Verhältnisse des Rheinthales, mit dem 
Schwarzwald einerseits und den Vogesen andererseits, sich ungezwungen 
so auffassen lassen, dass nach, oder während einer allgemeinen Erhebung 
des westlichen Europa nordsüdlich streichende Spaltensysteme entstanden, 
auf denen allmählich die davon durchsetzten Gebirgspartien sich in die 
Tiefen senkten. Auf derartige Senkungen führen wir unsere rheinischen 
Erdbeben selbst der neuesten Zeit zurück. Die stehen gebliebenen Lip- 
pen des einst zusammenhängenden Plateau’s, nachdem sie durch Verwit- 
terung und Erosion ihr jetziges Relief angenommen haben, erscheinen nun 
in der Form jener beiden Gebirge. An den zu- und abgewandten Ab- 
hängen derselben wiederholen sich im Grossen und Ganzen dieselben geo- 
logischen Erscheinungen. Wir finden beiderseits die den Granit über- 


* Vgl. „Über die Kupfererzlagerstätten von Klein-Namaqualand“ ete. 
von A. Knor. Jahrb. f. Min. 1861, p. 513 ff. 
Jahrbuch 1873. 34 


930 


lagernden jüngeren Formationen terrassenförmig an den, dem Rheinthale 
zugewandten Abhängen in verschiedenen Tiefenstufen, und endlich unter 
dem Rheinkies verschwindend. Nur stellenweise erheben sich aus den 
Alles nivellirenden Geschiebemassen der Thalebene einzelne Bergzüge, 
deren Rücken aus Jura-Kalk besteht, welcher von mächtigen Lössablage- 
rungen bedeckt ist (Thuniberg bei Freiburg) und der vulkanische Kaiser- 
stuhl. Am Fusse des Schwarzwaldes sehen wir aus geradlinig und nord- 
südlich verlaufenden Spalten die Thermalquellen von Rothenfels, Baden- 
Baden, Hub und Erlenbad entspringen und in analoger Weise am Fusse 
der Vogesen die von Niederbronn, Bad Sultz, Rosheim und Chätenois. Die 
abgewandten Abhänge sind bezeichnet einerseits nach Schwaben, anderer- 
seits nach Lothringen durch Zonen von Formationen, welche von den älte- 
sten bis zu den jüngsten sich in symmetrischer Weise wiederholen. 

Es war schon lange bekannt, dass der Elsass reich an bituminösen 
und Petroleum-führenden Ablagerungen ist, welche bei Bechelbronn, 
Sultz unter dem Walde, Lobsann undSchwabweiler abgebaut 
wurden und zum Theil in neuerer Zeit wieder in Betrieb genommen wor- 
den sind. In auffallender Weise scheinen diese Petroleum-führenden und 
bituminösen Schichten an die Grenzen der Trias, besonders des Muschel- 
kalks, gegen andere Formationen gebunden zu sein. Es liegt desshalb 
die Vermuthung nahe, dass auch auf Badischer Seite Verhältnisse vor- 
handen seien, welche auf eine Ausbeute von Erdöl hoffen lassen. Es sind 
jedoch bis jetzt hier nur wenige Andeutungen davon bekannt geworden. 

Bei Neuenheim in der Gegend von Heidelberg wurde im Jahre 
1859 ein 80 Fuss tiefer Schacht abgeteuft und von diesem aus bis zu 500 
Fuss Tiefe ein Bohrloch niedergebracht, welches Todtliegendes von rother 
und weisser Farbe, Dolomitknollen, Erdöl, Porshyr und Granitbrocken in 
regelloser Folge durchsenkte *. „Das Auftreten von Erdöl hat in dieser 
Gegend schon öfters Veranlassung zu Versuchsarbeiten gegeben, ohne 
dass eine genaue Erforschung der geognostischen Verhältnisse voraus- 
ging.“ 

Zu Nussloch, zwischen Wiesloch und Heidelberg soll einer münd- 
lichen Mittheilung zufolge Petroleum im Keller eines Bauernhauses zu 
Tage getreten sein. Bei Grötzingen, %, Stunde nordöstlich von Dur- 
lach, am Ausgehenden des Pfinzthales in das Rheinthal lagert Muschel- 
kalk auf buntem Sandstein, welcher Gesteinswechsel am rechten Pfinzufer 
durch einen Steinbruch vortrefflich aufgeschlossen ist. Dicht unter dem 
Muschelkalk sind verticale Klüfte des bunten Sandsteins Zoll-mächtig mit 
einer Asphalt-artigen Substanz ausgefüllt, welche als Verharzungsproduct 
früherer Petroleum-Quellen aufgefasst werden kann. 

Ein sehr interessantes Vorkommen von Petroleum, wiewohl entfernter 
vom Rhein, wurde im Anfange des Jahres 1871 bei Reichartshausen 


* Brum, in Verh. d. naturhist.-med. Vereins zu Heidelberg. II. 1, p.3. 
Vergl. auch: E. Cosex: Die zur Dyas gehörigen Gesteine des südl. Oden- 
waldes. Heidelb. 1871, p. 72 und 74. 


531 


im Odenwald, zwischen Mosbach und Heidelberg, in der Nähe der Eisen- 
bahnstationen Helmstadt und Aglasterhausen, entdeckt. Reichartshausen 
liegt an der Grenze des, den südöstlichen Fuss des Odenwaldes bedecken- 
den bunten Sandsteins und der Muschelkalkzone, welche von Würzburg 
über Heilbronn nach Carlsruhe hinzu, in der Richtung von NO. nach SW. 
verläuft. Die Höhen östlich und südlich von dem Orte werden von bitu- 
minösem Muschelkalk eingenommen, während die Thaleinhänge sich zum 
grössten Theile im bunten Sandsteine befinden. Auf dem Wasser des 
kleinen, durch Reichartshausen fliessenden Baches bemerkten Waschfrauen 
eine irisirende Fettschicht. Nachforschungen ergaben, dass diese im Keller 
des Bäckermeisters ScrıLLiıne ihren Ursprung hatten und führten anfangs 
zu der Meinung, dass diesem ein Petroleumfass zerplatzt sei, welches sei- 
nen Inhalt in den Bach ergossen habe. Indessen hatte Meister SCHILLING 
ein solches Fass nie in seinem Keller. Der Boden des Kellers bestand 
aus festgetretenem rothen Schieferletten, wie er dem Röth der oberen 
Buntsandsteinformation eigenthümlich ist. Unmittelbar nach dem Erd- 
beben, welches im Amfange des Jahres 1871 den Odenwald, besonders auch 
die Umgebung von Reichartshausen erschütterte, hatten sich in jenem 
Lettenboden des Kellers feine Risse gebildet, aus welchem Wasser mit 
Petroleum hervorquoll. Bäckermeister ScHiLLıns grub an den nassen 
Stellen Löcher iu den Boden, welche sich alsdann füllten und wiederholt 
ausgeschöpft wurden. Auf der Oberfläche des so gewonnenen Wassers 
setzte sich eine starke Schicht von Petroleum ab und ScHiLLing gewann 
so eine ziemliche Quantität, mehrere Liter, des Öls. 


Das Gerücht von der Petroleumquelle zu Reichartshausen verbreitete 
sich rasch in der Umgegend. Wagen mit leeren Fässern fuhren heran, 
deren Besitzer unter Verwandtschaftsversicherungen hofften, für einige 
Jahre ihren Bedarf an Petroleum decken zu können. Indessen, nachdem 
der Rahm von der Quelle abgeschöpft worden war, zeigte sich die Menge 
zu Tage tretenden Petroleums nur noch sehr spärlich, und unter, den Ent- 
täuschten fand das Gerücht vom zerplatzten Petroleumfasse wieder neue 
Nahrung. 


Bäckermeister ScHILLınG wandte sich zur Begutachtung des Falles an 
Grossherzogliches Handelsministerium, welches mich im März 1871 be- 
auftragte, die Verhältnisse, unter denen das Petroleum hervorbricht, zu 
untersuchen und darüber Bericht zu erstatten. 


Die Untersuchungen führten zu folgenden Resultaten: 


Durch Nachgrabungen im Keller bis auf festes Gestein, welches bei 
etwa 3 Fuss Tiefe erreicht wurde, konnte bestätigt werden, dass das Pe- 
troleum-führende Wasser aus nordsüdlich verlaufenden verticalen Klüften 
des bunten Sandsteins hervordrang. Von drei gegrabenen Löchern lieferte 
das erste 18,2 Liter, das zweite 7,4 und das dritte 5,9, zusammen 31,5 
Liter Wasser mit nur wenig Petroleum in 24 Stunden. Die Ölschicht war 
so dünn, dass sie mit den zu Gebote stehenden Hülfsmitteln nicht ge- 

34 x 


932 


messen werden konnte. Die Temperatur der drei Quellen betrug über- 
einstimmend 5,6° C. (am 24. 25. und 26. März 1871). 

Aus dieser Temperatur der Quellen folgt, dass das Wasser aus nicht 
grosser Tiefe entspringt, sondern seinen Ursprung innerhalb derjenigen 
Zone hat, welche den jährlichen Temperaturschwankungen ausgesetzt ist, 
und eine ungefähre Tiefe von 60 Fuss hat. Da die bunte Sandsteinfor- 
mation in jenen Gegenden von grosser Mächtigkeit ist, ausserdem das 
Rothliegende darunter noch vorhanden, so müsste, falls das Vorkommen 
von Petroleum seine Existenz der Steinkohle verdankte, diese sich in sehr 
grosser Tiefe befinden. Veranschlagen wir diese nur zu 3000 Fuss, so 
müsste das Wasser, welches aus ihr emporsteigt, annähernd eine Tem- 
peratur von 50° C. haben. Kohlensäure entwickelte sich aus dem Wasser 
unter gewöhnlichen Bedingungen nicht. Es ist daher wahrscheinlich, dass 
das Wasser mit Erdöl aus dem Muschelkalk stammt, aus diesem, oder 
vielleicht aus besonderen Lagerstätten in ihm das flüssige Bitumen aus- 
laugt und auf Klüften durch den bunten Sandstein filtrirt. Von Interesse 
ist, dass nach der Aussage des Herrn ScHiLLıng in seinem Keller sich nie- 
mals Ratten oder Mäuse, welche bekanntlich das Erdöl, Theer und der- 
gleichen Substanzen scheuen, aufgehalten haben. 

Seit 1871 scheint die Menge Petroleum, welche die Quellen lieferten, 
nur unbedeutend gewesen zu sein, bis im Januar dieses Jahres (1873) sich 
wieder grössere Quantitäten einstellten. Bäckermeister ScHiLLıne brachte 
mir von dem neuen Ausbruch einige Flaschen voll des Wassers mit Öl, 
von welchem ich durch Abschöpfen und Filtration durch ein mit Wasser 
genässtes Filter etwa 1 Kilogr. reines Erdöl darstellen konnte. 

Das rohe Petroleum von Reichartshausen ist von vortrefflichen Eigen- 
schaften. Es ist nahezu farblos, nur wenig gelblich und schön blau fluo- 
rescirend. Es führt, wie das auch von den Varietäten aus dem Elsass 
hervorgehoben wird, keine leichten Kohlenwasserstoffe und ist in Folge 
dessen nicht leicht entzündlich. Es beginnt zu sieden bei nahe 100° C. 
und gibt bis 180° nur wenig eines farblosen Destillates; viel zwischen 180° 
und 280°, fast noch farblos. Von 280° bis 300° fängt dasselbe an hellgelb 
zu werden und hinterlässt endlich einen Rückstand von kaffeebrauner 
Farbe, der beim Erkalten theilweise krystallinisch, zu einem mit feinen 
Blättchen erfüllten Magma erstarrt (Paraffin ?). 

Auf Grund der Erfahrung, dass Petroleum sehr häufig an Steinsalz- 
führende Formationen gebunden ist, und in Folge dessen mit Chlornatrium- 
haltigem Wasser austritt, musste es von Interesse sein, auch das Wasser 
der Petroleumquellen von Reichartshausen auf seine Bestandtheile zu prü- 
fen. Es standen mir zur Untersuchung nur etwa 2 Liter dieses Wassers 
zur Disposition, von denen 1,5 Liter direct zur Prüfung verwendet wur- 
den. Die folgende Analyse macht keinen Anspruch auf chemische Ge- 
nauigkeit, sie soll nur annähernd eine Vorstellung von der Qualität des 
Wassers geben; denn ich konnte wegen der geringen Menge desselben 
nur Vorversuche anstellen, die es wünschenswerth erscheinen lassen, dass 
die feinere Analyse von einem geübten Chemiker ausgeführt werde. 


933 


Das Wasser filtrirt, hinterliess ausser röthlichem Thonschlamm eine 
‘organische, Baregin-artige Substanz. Das klare Filtrat wurde eingedampft 
und ergab folgende Resultate, welche auf 10 Liter =: 10000 CC. berechnet 
worden sind: 


10000 CC. Wasser enthielten: Rückstand bei 110° getrocknet 30,84 Grm. 
5 „  wessoeoluht 27,94 
Glühverlust 2,90 Grm. 


27,94 Grm. festen, geglühten Rückstandes zerfielen durch Behandlung mit 
destillirtem Wasser in 2 Theile, nämlich in 

A) einen unlöslichen von 5,41 Grm. 

B) einen lölichen von 22,53 Grm. 


Der unlösliche Theil A. von 5,41 Grm. enthielt: 


Kohlensauren Kalk. . . . 2,92 Grm. 
Kohlensaure Magnesia. . . 159 „ 
Kohlensaures Manganoxydul 0,25 „ 
Kohlensaures Eisenoxydul . Spuren 
Kseselsaure .., .. 1....3....025, 5 
Summe 5,37 Grm. 


Der lösliche Theil B. von 22,53 Proc. bestand aus: 


Chlornatrium . . 15,4 Grm. 
Chlorkalium. . . 28 ,„ 
Summe 18,2 Grm. ünd einem Rest nicht näher 
bestimmter Substanzen von AB es 


Summe 22,5 Grm. 


Das Wasser, mit welchem das Petroleum von Reichartshausen zu Tage 
tritt, ist also ein kaltes Mineralwasser, welches an Concentration den 
Thermalwassern von Baden-Baden nahe kommt. 


Über Petrefacten im bunten Sandstein. 
Von P. Pıarz. 


Die Zeit des bunten Sandsteins ist für die Geologie des Oberrhein- 
gebiets von besonderer Bedeutung, einmal durch die grosse Ausdehnung 
und Mächtigkeit der Ablagerungen dieser Periode, und sodann durch die 
bedeutenden Veränderungen innerhalb derselben, welche die Bildung des 
Rheinthals sammt den es beiderseits begleitenden Gebirgen bewirkten. 

Schichtungs- und Gesteinsverhältnisse zeigen deutlich, dass während 
der ganzen Periode der Ablagerung dieser ungeheueren Sandmassen, welche 
nur von zerstörten Granit- und Gneisgebirgen abstammen können, eine 
langsame Senkung stattfand, welche nur lokal im oberrheinischen Gebiet 
durch die Erhebung der beiderseits das Rheinthal begrenzenden Gebirge 
unterbrochen wurde, 


934 


Die untere, bei weitem mächtigste Abtheilung der Formation (der 
Vogesensandstein, über 1000 Fuss mächtig), ist ein Product stark beweg- 
ten Süsswassers: in ihm fehlen mit dem Kalk und Kochsalz die Meeres- 
thiere gänzlich. Auch die Hauptmasse der oberen Abtheilung: die fein- 
körnigen, dickgeschichteten, rothen Sandsteine, welche in den Umgebungen 
von Karlsruhe, im Elsass, der Pfalz und im Maingebiet das geschätzteste 
Baumaterial liefern, kann nur als Süsswasserbildung angesprochen wer- 
den; sie enthält nur Pflanzenreste, welche von den höheren bewaldeten 
Gegenden in die versandeten Niederungen eingeschwemmt wurden. 

Erst am Schlusse der Buntsandsteinperiode war die Senkung des Bo- 
dens bis zum Meeresniveau fortgeschritten, und nun drang das Meer, wohl 
von Süden her, wo der bunte Sandstein der Alpen in fast allen Schichten 
Meeresthiere enthält, in das Gebiet ein, durch seinen Kalk- und Salzgehalt 
das Leben, die Entwicklung der triasischen Fauna ermöglichend. 


Die längst bekannten reichen Fundstätten von Sandsteinpetrefakten 
liegen im Elsass und der Pfalz, bei Sulzbad und Zweibrücken. Auf der 
rechten Rheinseite wurden dieselben zuerst in den Umgebungen von Em- 
mendingen, und vor Kurzem auch in ziemlicher Verbreitung im Pfinz- 
gebiet zwischen Durlach und Pforzheim gefunden. Auf dem rothen Thon- 
sandstein liegt hier an manchen Stellen statt des gewöhnlichen rothen 
Schieferthons ein mürber, rostgelber Sandstein mit dolomitischem Binde- 
mittel in dünnen Schichten, welche zusammen nur 2—4 Fuss Mächtigkeit 
erreichen. Dieser Sandstein ist in der Regel nur in Gräben anstehend zu 
finden, liegt jedoch häufig in Bruchstücken auf den Ackerfeldern und wird 
dort häufig auf Haufen zusammengeworfen, mitunter auch als — freilich 
schlechtes — Schottermaterial gebraucht. 


In dem Sandstein sind nur die Abdrücke der Schalen, diese aber mit 
grosser Deutlichkeit, erhalten, öfters von einem schwachen Brauneisen- 
steinanflug gefärbt. Bis jetzt wurde in Baden gefunden: 


Terebratula vulgaris v. SCHLOTH. 
Myophoria vulgaris v. SCHL. 
= ovata GOLDF. 

Pecten discites v. SCHL. 

„  Albertii GoLDF. 
Lima striata v. SCHL. 
Gervillia socialis v. SCHL. 
Hinnites comtus GIEBEL. 
Enerinus sp. (Stielglieder). 


Die Fauna unterscheidet sich von der des unmittelbar überlagernden 
Wellendolomits durch das Vorkommen von Myophoria vulgarıs und Lima 
striata, welche erst in den unteren Muschelkalkschichten wieder auf- 
treten. 


In den Schieferthonen des Röth wurde kürzlich in der Gegend von 
Singen (im Pfinzthal) Zstheria Germari Beyr. in reichlicher Menge ge- 
funden, 


939 


Das Auftreten dieser Fossilien bezeichnet somit einen bedeutsamen 
Abschnitt in der Geschichte der Erdbildung: den Wiedereintritt des Meeres 
in ein weites, sicher seit der paläozoischen Zeit verlassenes Gebiet. Diese 
Thatsache verknüpft die muschelführenden Sandsteine auf das Engste mit 
den darüberliegenden kalkigen Schichten des Muschelkalks. Die Grenz- 
linie zwischen dem Buntsandstein und dem Muschelkalk sollte daher na- 
turgemäss unter die muschelführenden Sandsteine gelegt werden, wo sie 
die Gebilde heterogener Entstehung, nämlich Süsswasser- und Meeres- 
bildungen, scharf scheidet. Dass in den ältesten Meeresschichten noch 
der schon an Ort und Stelle befindliche Sand das Material zur Schichten- 
bildung lieferte, die ältesten. Meeresschichten also in der Substanz iden- 
tisch mit den jüngsten Süsswasserbildungen sind, erscheint für die syste- 
matische Trennung von geringerer Bedeutung. 


Neue Literatur, 


Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
beigesetztes *. 


A. Bücher. 
1872. 

*E. Favre: Revue des travaux relatifs a la Geologie de la Suisse. Ge- 
neve., 8. 54. p.,.1 Bl. 

* E. FAvre: Note sur la Geologie des Ralligstöcke (au bord du Lac de 
Thoune). Dec. 8°. 19 p,1 Pl. 

* Max von Hantken: die geologischen Verhältnisse des Graner Braun- 
kohlen-Gebietes. Mit einer geolog. Karte. (Mittheilungen aus dem 
Jahrbuch der kön. ungarischen geologischen Anstalt. I. Bd. 1. Heft. 
Pest. 4°. 8. 147. 

*0O. Heer: über die Braunkohlen-Flora des Zsily-Thales in Siebenbürgen. 
Mit 5 Tf. (Mittheil. aus d. Jahrb. der k. ungarisch. geolog. Anstalt. 
I Bd 1. Tier), ALS, 25. 

* Kırı Horrmann: die geologischen Verhältnisse des Ofen-Kovacsier-Ge- 
birges und Ant. Koc#: geologische Beschreibung des Sz.-Andrä-Visse- 
grader und des Piliser-Gebirges. (Mitth. a. d. Jahrb. d. k. ungari- 
schen geolog. Anstalt. I. Bd. 2. Heft.) 4°. S. 149—290. 


1873. 


* Isınor Bachmann: der Boden von Bern. Geognostische Skizze entworfen 
aus Auftrag der städtischen Sanitätscommission. Mit 2 lithogr. Taf. 
Bern. 4°. S. 30. 

* E. BERTRAND: Note sur la forme eristalline dw Leucophane. (Extr. des 
Annales des mines tome III.) 

*R. Bıum: Lehrbuch der Mineralogie (Oryktognosie). Erste Abtheilung. 
Vierte verbesserte und vermehrte Auflage. Stuttgart. 8°. S. 256. 

*E. D. Core: on the Östeologie of the Extinct Tapiroid Hy- 
rachyus. (Amer. Phil. Soc. Apr. 18.) 

*E. D. Core: on the Primitiwe Types of the Orders of Mammalıa Edu- 
cabiia. (Amer. Phil. Soc. Apr. 18. 8°. 8p.) 


937 


 *J. D. Dana: on some results of the earth’s contraction from cooling, in- 
eluding a discussion of the origin of mountains and the nature of the 
earth’s interior. (From American Journ. Vol. V. June.) Pg. 21. 

* DAUBREE: Discours prononce aux funerailles de M. DE VERNEUIL. (Ac. 
des se. 4. juin.) 4°. 11 p. 

*H. v. Decuex: Erläuterungen zur geologischen Karte der Rheinprovinz 
und der Provinz Westphalen sowie einiger angrenzenden Gegenden. 
Zweiter Band. Erster Theil. Geologische und Mineralogische Lite- 
ratur der Rheinprovinz und der Provinz Weßtphalen. Bonn. 8°. S. 93. 

*H. Enseisarpt: die Tertiärflora von Göhren. Ein neuer Bei- 
trag zur Kenntniss der fossilen Pflanzen des Königreichs Sachsen. 
(Act. d. K. Leop. Car. Ac. d. Naturf. Vol. 36.) Dresden. 4°. 428. 
Taf. 8—13. 

*E. Favre: sur quelques travausz relativs a une nouvelle classification des 
Ammonites. 19 p. 

* ERNEST FAvRE: Revue geologique Suisse pour l’annee. Geneve, Bale, 
Lyon. 8°. 74p.,2Pl. 

* Ars. GauDRY: Üonsiderations sur less Mammiferes, qui ont vecu en Eu- 
rope & la fin de l’epoque miocene. Paris. 8°. 44 p. 

*(. W. GümseL: Geognostische Mittheilungen aus den Alpen. I. Das 
Mendel- und Schlern-Gebirge. (A. d. Sitz.-Ber. d. Akad. d. Wissensch. 
373.. 88: 

* OswaLp HEER: ARNOLD ESCHER VON DER LintH. Lebensbild eines Natur- 
forschers. Zürich. 8°. 385 S. mit Porträt. 

* A. Heızann et E. B. Münster: Forekomster af Kise i visse Skifere ı 
Norge. Christiania. 4°. 97p. 3 Pl. 

* Carı Hmtze: krystallographische Untersuchungen über Naphtalin-Deri- 
vate. Inaug.-Dissert. Berlin. 8°. S. 22, 

* A. KornHuBER: über einen neuen fossilen Saurier aus Lesina. Mit 2 
lith. Taf. (Abhandl. der geolog. Reichsanstalt. Bd. V, Heft 4) 4. 
Ss. 75—R. 

* A. Manzont: Il Monte Titano i suoi- Fossili. Firenze. 8°. 45 p., 1 Tav. 

* Kırı MayvErR: Systematisches Verzeichniss der Versteinerungen des Hel- 
vetian der Schweiz und Schwabens. Zürich. 4°. S. 35. 

* Arge. MÜLLER: über Gesteins-Metamorphismus (Sep.-Abdr.). 

Oıpuam: Memoirs of the Geological Survey of India. Creta- 
ceous Fauna of Southern India, Vol. IV.3. The Echinodermata, 
by FERD. StoLıczka. Calcutta. 4°. 59 p., 7 Pl. 

* Arexıs von Pavay: Geologie Klausenburgs und seiner Umgebung. Mit 
7 lith. Tafeln und mehreren Holzschnitten. (Bes. Abdr. a. d. I. Bde. 
der „Mittheilungen aus dem Jahrbuch d. königl. u. geolog. Anstalt“.) 
Pest. gr. 80. 8551-442. 

* A, C. Ramsar: Institution royale de la Grande-Bretagne. (La Revue 
scientifique de la France et de ?’Etranger. 14. Juin. 

JuL. SchLotke: Krystallographie. Stereoskopische Darstellung einer Reihe 
der wichtigsten Krystalle, der Combinationen derselben. Hamburg. 8°. 


938 


* ALFR. STELZNER: Discurso imaugural de la Aula de Mineralogia en la 
Unwersidad de Cordoba pronunciado el 29de Abril de 1873. Cor- 
doba. 4°. 

* Surss: Erdbeben in Nieder-Österreich. (Wiener Abendpost, No. 141.) 

* James WooDRow: an examination of certain recent assaults ou Physical 
Science. Columbia, S. C. 8%. 53 p. 

* LEOP. WÜRTENBERGER: Neuer Beitrag zum geologischen Beweise der DAr- 
wın’schen Theorie. Sep.-Abdr. aus Ausland, No. 1, p. 6. 

* v. ZEPHAROVICH: über den Syngenit. (Sitzb. d. k. Ak. d. Wiss. in Wien, 
März.) 


B. Zeitschriften. 


1) Sitzungs-Berichte der Kais. Akad. der Wissenschaften. 
Wien. 8°. [Jb. 1873, 410.] 


1872, LXV, 1.—5. Heft; S. 1—291. 


BovE: über die Mächtigkeit der Formationen und Gebilde: 105—119. 

TscHERMAK: die Meteoriten von Shergotty und Gopalpur (mit 4 Tf.): 122 
— 147. 

v. ETTInGsHAusen: über Castanea vesca und ihre vorweltliche Stammart 
(mit 17 T£.): 147—164. 

BovE: über geologische Chronologie: 171—189. 

Süss: über den Bau der italienischen Halbinsel: 217—225. 

SCHRAUF: Mineralogische Beobachtungen IV. (1 Tf.): 227—253. 

v. Reuss: Paläontologische Studien über die älteren Tertiär-Schichten der 
Alpen. III: 270—274. 


2) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Wien. 8°. 
[Jb. 1873, 177.] 

1873, XXIII, No. 1; S. 1—116; Tf. I-IV. 

Fr. Nor#: über die Bedeutung von Tiefbohrungen in der Bergölzone Ga- 
liziens (Tf. I—-I): 1—19. 

Tu. Fuchs: Beiträge zur Kenntniss fossiler Binnenfaunen (Tf. II—IV): 
19—26. 

Eu. Tierze: Geologische Darstellung der Gegend zwischen Carlstadt in 
Croatien und dem nördlichen Theil des Canals der Morlacca. Mit be- 
sonderer Rücksicht auf die hydrographischen Verhältnisse jener Ge- 
gend und die Karstbildung im Allgemeinen: 26—71. _ 

Fr. v. Hıver: Geologische Übersichtskarte der österreichischen Monarchie. 
Blatt VIII. Siebenbürgen: 71—116. 


- 539 


3) Verhandlungenderk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 
8°. [Jb. 1873, 411.] 
1873, No. 8. (Sitzg. am 15. April.) S. 141-158. 


Eingesendete Mittheilungen. 

C. W. GümseL: Mikroskopische Untersuchung alpiner Triaskalke und Do- 
lomite: 141 — 144. 

M. Nevmayr: Tenuilobaten-Schichten und Astartien im Schweizer Jura: 
144—147. 

G. Strache: neue Petrefactenfunde aus Istrien: 147—149. 

J. Worpric#: über neue Fundorte von Mammuth-Knochen: 149. 

Epm. v. Mossısovics: die Bedeutung der Rheinlinie in der geologischen 
Geschichte der Alpen: 149—151. 

D. Stur: Pflanzenreste aus dem Hangenden des oberen Flötzes der Stein- 
kohlen-Mulde von Bras bei Radnitz in Böhmen: 151—153. 

Literatur-Notizen u. s. w.: 153—158. 


4) Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 

Berlin. 8°. [Jb. 1873, 411.] 
1873, XXV, 1; S. 1—16; Tf. I—IV. 
A. Aufsätze. 

Ars. Hem: der Vesuv im Apr. 1872 (Tf. I—-IV): 1—53. 

©. RAammELSBERG: über die Zusammensetzung des Stauroliths: 53—59. 

— — über den Amblygonit: 59—66. 

W. Daues: Notiz über ein Diluvial-Geschiebe cenomanen Alters von Brom- 
berg: 66—71. 

W. Reıss: über eine Reise nach den Gebirgen des Iliniza und Corazon 
und im Besonderen über eine Besteigung des Cotopaxi: 71—96. 

C. RammELsBERG: über den Herschelit und Seebachit: 96--102. 


r B. Briefliche Mittheilungen 
Von Ta. Worr und G. vom Rarn: 102—111. 
C. Verhandlungen der Gesellschaft: 114—116. 


5) J. C. PossEnnorrr: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
8°. [Jb. 1873, 412.] 
1875, Ergänzungsband. S. 1—176. 
C. Pape: Bestimmung der optischen Constanten des Kupfervitriols: 35 
—58. 
H. SCHROEDER: Untersuchungen über die Volumen-Constitution fester Kör- 
per: 58—85. 
1873, CXLVIH, S. 497—660. 
G. Rose: über das Verhalten des Diamants und Graphits bei der Er- 
hitzung: 497—526. 


940 


6) H. Kouse: Journal für practische Chemie, Leipzig. 8°. 
{Jb. 1873, 412.] 
1873, VII, No.3, S. 97— 104. 
H. Laspeyres: Bemerkungen über den Maxit und Leadhillit aus Sardi- 
nien.: 127—132. 
1873, VII, No. 4; S. 145--192. 
K. Havusnorer: über die mechanische Trennung krystallisirter Körper: 
147—153. 
Tu. Petersen: über den Basalt und Hydrotachylyt von Rossdorf bei 
Darmstadt: 153—158. 


7) Sitzungs-Berichte der naturwissenschaftlichen Gesell- 

schaft Isis in Dresden. [Jb. 1873, 309.] 
1873, .No. 128, 8.127. 

ALFR. JEnTzscH: über einen Pfahlbau in Sachsen: 1. 

GEmmmz: über einen Pterodactylus mit erhaltener Flughaut: 3, 8; über 
Versuche nach Steinkohlen in der unteren Dyas bei Weissig, O. von 
Dresden; über einen neuen Meteoreisenfund bei Neuntmannsdorf in 
Sachsen und Mittheilungen über das Vorkommen, die Beschaffenheit 
und Entstehung der Meteoriten überhaupt: 4; über die neuesten 
Entdeckungen des Prof. Marsh in Newhaven: 8; Vorlage einer von 
ihm zusammengestellten Tafel über die Verwandtschaft der Inoce- 
ramen in dem sächsischen Elbthalgebirge: 34. 

E. ZscHau: über Flussspath und Scheelit vom Fürstenberge bei Schwarzen- 
berg: 7. 

O. SchnEiDER: über ähnliche Vorkommnisse im Riesengrunde im Riesen- 
gebirge: 7. 

Köster: über die im sächsischen Voigtlande vorkommenden Gasteropoden 
und Conchiferen: 25. 

MEHnwALD: neue vorhistorische Funde: 48. . 

v. KIESENWETTER: zur Geschichte der Zoologie: 56. 

Geinitz: Bemerkungen zu CREDNER’s Schrift: die geologische Landesunter- 
suchung des Königreichs Sachsen, Januar 1873: 68. 


8) Comptes rendus hebdomadaires des seances del’ Academie 

des sciences. Paris. 4°. [Jb. 1875, 413.] 
1873, 12. Mai— 2. Juin; No. 19—22; LXXVI, p. 1153-1372. 

BouvssinsausLt und Damour: über die Ursache des Anschwellens vom Ob- 
sidian bei erhöhter Temperatur: 1158—1165. 

(JUATREFAGES: über die Racen fossiler Menschen und die Race von Can- 
stadt: 1313—1317. 

Fovgu£: Resultate der Analysen der Geyser-Quellen der Insel San Miguel: 
1361—1364. 


541 


9) H£sert et Mınne Enwarns: Annales des sciences geologigues. 

tome Il, No. 3. [Paris. 8°.) 
1871—1872. 

Dvcrost und LorrEr: über die vorhistorische Station von Solutr&e: 1—34. 

BRANDT: neue Untersuchungen über die in den Höhlen des Atlas aufge- 
fundenen Säugethiere: 1—26. | 

MıLne Epwarps: Beobachtungen über die Thiere, welche die Höhlen in 
Sibirien bewohnten: 1—4. 

E. SauvagE: über die fossilen Fische des Kreide-Gebiets der Sarthe: 1-45. 


10) The Quarterly Journal of the Geological Society. London. 

8°. [Jb. 1873, 311.] 
1873, XXIX, May, No. 114, p. I-LXXVIH u. 97—316. 

Verhandlungen der Gesellschaft: I-LXXVIN. 

Jupp: die Secundär-Gesteine von Schottland, nebst Notiz von Davınson über 
die Brachiopoden (pl. VII—VIII): 97—198. 

CAmpBELL: über die Vergletscherung von Irland: 198—225. 

SAMUEL SHARP: die Oolithe von Northamptonshire: 225—303. 

Geschenke an die Bibliothek: 303 - 316. 


11) H. WoopwArp, J. MorrIs a. A. ETHERIDGE: The Geological Maga- 
zine. London. 8°. [Jb. 1873, 414.] 
1873, March, No. 105, p. 97—144. 
Price: Neue Species von Rostellaria aus dem Gault (Tf. VI): 97—98. 
A. PuızLies: verkieselte Hölzer aus Californien: 98—99. 
Hırcucock: Kohlengebiet der Vereinigten Staaten: 99—102. 
‚LeBouR : über Staurolith, in Verbindung mit Metamorphismus: 102— 104. 
WoopwaArn: über angebliche Reste von Arachniden und Myriopoden aus 
dem englischen Kohlengebirge: 104—112. 
Young: über die carbonischen Species von Ortomia: 112—113. 
Notizen über die Classification englischer Gesteine: 115—115. 
Notizen, Correspondenzen u. s. w.: 115—145. 
1873, April, No. 106, p. 145—192. 
CARRUTHERS: über Halonia und Cyclocladia (pl. VII): 145—132. 
Fr. Schmidt: Notiz über Pteraspis Kneri: 152—153. 
Ep. Hvır: Mikroskopische Structur der Limericker Trapp-Gesteine (pl. 
von: 153—161. 
GARDNER: Notiz über die Gattung Rostellaria aus dem Gault: 161— 163. 
O. Fısuer: über Gletscher-Thätigkeit und gehobene Küsten: 163—166. 
PercevaL: Nachtrag zu den in Somersetshire vorkommenden Mineralien: 
166. 
Notizen, Correspondenzen u. s. w.: 166—192. 


542 


12) The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Ma- 

gazine and Journal of Science. London. 8°. [Jb. 1873, 414.] 
1873, April, No. 300, p. 241—320. 

Geologische Gesellschaft. Grescoryr: Entdeckungen von Zinnerz- 
Lagern in Queensland; ULrıca: über das Vorkommen von Zinnerz in 
Neu-England; SoLLas und JuKkEs-BRownE: Gesteins-Fragmente im obe- 
ren Grünsand von Cambridge: 311—314. 

1873, May, No. 301, p. 321 - 400. 

Geologische Gesellschaft. AuLrvne NıcHoLson: Geologie der Thun- 
der Bay und des Shabendowan-Distriets an der n. Küste des Lake 
Superior; Dawson: über die angeblichen Kohlenpflanzen der Bären- 
Insel und deren Beziehungen zu der paläozoischen Flora von Nord- 
amerika; WoopwArDp: eocäne Kruster von Portsmouth; und über einen 
neuen Trilobiten vom Cap der guten Hoffnung; WınTLE: grosser Erd- 
schlipf bei Glenorchy, Tasmanien: 391 —394. 


13) B. Sırıman a. J. D. Dana: the American Journal of science 

and arts. 8° [Jb. 1873, 415.] 
1873, July, Vol. VI, No. 31, p. 1—80. 

J. D. Dana: Einige Resultate der Contraction der Erde durch Abkühlung. 
IH. Über den Zustand des Erdinnern. III. Metamorphismus: 6. 

B. Sıruıman: über das Meteoreisen von Shingle Springs, Eldorado Co., Ca- 
lifornia: 18. 

A. R. Leens: Beiträge zur Mineralogie: 22. 

H. A. Cuase: Indianische Grabhügel an der Küste von Oregon: 26. 

A. WincHhELL: das Diagonal-System in der physikalischen Gestaltung von 

- Michigan: 36. 

C. G. Rockwoop: Bemerkungen über neue Erdbeben: 40. 

Nekrolog von Apım SEDGWwIcK: 45. 

A. W. Chuase: über die Bergwerke des Klamath-River: 56. 

C.H. Hırcacock u. W. P. BLakE: Geologische Karte der Vereinigten Staaten: 64. 


14) The American Naturalist, a popular illustrated Magazine of 
Natural History. Salem, Mass. Peabody Academy of science. 8°. 
[Jb. 1871, 171.] : 

Vol. V, April — December 1871. No. 2—12. 

Ein Herd aus der jüngeren Steinzeit: 88. 

Devongesteine im Amazonenthale: 121. 

Morrıs: Ursprung der Diamanten: 122. 

Ca. Fr. Harır: Brasilianische Felsen-Inschriften: 139. Pl. 2—10. 

P. R. Hoy: Dr. Koc#’s Missourium : 147. 

Grabhügel und ihr Inhalt: 155. 

N. S. Suazer: Physikalische Grundzüge des Appalachischen Systems und 
der Atlantischen Küste bei Cape Hatteras: 178. 


543 


W. H. Brewer: Animalisches Leben in den Rocky Mountains: 220. 

CH. Fr. Harrr: die alten indischen Thongeräthe von Maraj6 in Brasilien: 259, 

Entdeckung von Mastodon-Resten bei Mott’s Corners bei Ithaca, N.-Y.: 314. 

Entdeckung eines Schädels des Moschusochsen in Utah: 315. 

L. LESQUEREux: über die Erhaltung der fossilen Pflanzenreste in der Stein- 
kohlenformation Nordamerika’s: 340, 

W. J. Hays: über die Reihe einiger Thiere Amerika’s zur Zeit der Ein- 
wanderung des weissen Menschen: 387. 

P. M. Duncan: Leben in grossen Tiefen: 393. 

Ta. STERRY Hunt: die Geognosie der Appalachians und der Ursprung der 
krystallinischen Gesteine: 451—509. 

Eus. W. Hırsarn: Geologie des Golfs von Mexico: 514. 

Ta. GıwL: Charakteristik der Hauptgruppen der Säugethiere: 526. 

Epw. S. MoorE: über die Verwandtschaften der Anomia: 533. 

L. S. Bursank: Eozoon canadense in dem krystallinischen Kalke von Mas- 

sachusetts: 535. 
B. Pzrry: über den Eozoon-Kalk von Ost-Massachusetts: 539. 
C. SwarLow: Bemerkungen über die geologische Karte und Gesteins- 
durchschnitte von Missouri: 541. 

Ca. WartestevY: der grosse Grabhügel am Etawah River bei Cartersville 
in Georgien: 542. 

C#. WeirtesLevY: alte Stein-Inschriften in Ohio: 544. 

E. T. Cox: westliche Steinkohlenlager und Indiana-Kohle: 547. 

E. D. CorzE: über die ausgestorbenen Schildkröten in der Kreideformation 
von New-Jersey: 562. 

E. D. Core: Beobachtungen über die systematische Verwandtschaft der 
Fische: 579. 

G. H. Perkms: über die Geoden von Illinois: 698. 

Das Peabody-Museum für amerikanische Archäologie und Ethnologie: 705. 

NEWBERRY: die Drift-Periode: 729. 

Die Mammuthhöhle und ihre Bewohner: 739. 

Ursprung der niedrigsten Organismen : 779. 


J. 
G. 


Auszüge. 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


G. vom Rarn: über den Mikrosommit. (Sitzungsber. d. k. preuss. 
Akad. d. Wissensch. 1873, 8. 270—273). Mit dem Namen Mikrosommit 
bezeichnete Scaccaı ein von ihm zuerst in den Auswürflingen der Vesuv- 
Eruption von 1872 beobachtetes Mineral („Oontrib. mineralog. Incendio 
Vesuviano“. Attı R. Acc. Nap. Sett. 1872 und „Note sopra alcume specie 
mineralog.“ Bendiconto R. Acc. Nap. Ott. 1872). Scaccar theilt über 
diese neue Species Folgendes mit: „Krystallform hexagonal, Prismen be- 
grenzt durch die Basis. Sehr klein, so dass 20 Kryställchen etwa 1 mgr. 
wogen. Mit Rücksicht auf ihre Form könnte man sie dem Nephelin zu- 
zählen; doch scheint es mir nicht, dass sie mit diesem Mineral zu ver- 
einigen sind. — Sie unterscheiden sich nämlich vom Nephelin durch eine 
zuweilen vorkommende eigenthümliche Gruppirung in Büscheln und mehr 
noch in chemischer Hinsicht durch ihren Chlorgehalt. Eine qualitative 
Prüfung des in Chlorwasserstoffsäure löslichen Minerals ergab Kieselsäure, 
Thonerde, Kalk, Kali, Natron, Chlor und Schwefelsäure. Ob die beiden 
letzteren, deren Menge etwa 6 Proc. — für jeden dieser Stoffe — gefun- 
den wurde, zur Constitution des Minerals gehören, dürfte einem Zweifel 
unterliegen, da es sehr schwierig ist, die Kryställchen rein auszusuchen.“ 
So weit die Mittheilungen des hochverdienten neapolitanischen Mineralogen. 

Unter den von Hrn. ScaccHı mir verehrten vesuvischen Auswürflingen 
der Eruption vom 26. April 1872 waren auch solche, welche in den Dru- 
sen Mikrosommit als neugebildetes Mineral enthielten. Derselbe findet 
sich in den beiden Arten der bei der letzten Eruption aus dem grossen 
Schlunde im Atrio ausgeschleuderten Blöcken, den monolithischen — welche 
aus einem einzigen Fragmente alter poröser Sommalaven bestehen — und 
den conglomeratischen — dies sind locker verbundene Lavabruchstücke 
nebst losen Augitkrystallen —. Beide Arten von Bomben pflegen von 
einer dünnen Schale neuer Lava umschlossen und verbunden zu sein. Bei 
den monolithischen Blöcken erfüllen die durch Sublimation entstandenen 
Neubildungen — Leucit, Sodalith, Mikrosommit, Augit, Hornblende, Eisen- 


_ 


545 


&lanz — die Poren, bei den Conglomeraten die Zwischenräume der ein- 
zelnen Stücke und Krystalle. 

Der Auswürfling, aus welchem die zur Untersuchung verwandten Kry- 
ställchen stammen, war monolithisch, eine röthlichbraune, alte Leucitlava. 
Die bis erbsengrossen Leucite sind in der für diese Blöcke der Eruption 
von 1872 charakteristischen Weise zersetzt; die Augite scheinbar unver- 
ändert. Die Poren beherbergen ausser Mikrosommit nur noch Eisenglanz. 
Die Prismen des neuen Minerals sind ausserordentlich klein. Nur das 
Interesse, welches dieselben wegen ihrer Bildung durch Sublimation er- 
weckten, konnte den Aufwand an Zeit rechtfertigen, welche das Aussuchen 
von etwa 1500 Kryställchen, im Gewichte von Y/,, Gramme aus dem grob- 
gepulverten Gesteine erheischte. 

Krystallsystem hexagonal. Die Formen prismatisch, durch die matte 
Findfläche begrenzt. Die Kanten zwischen dem Prisma und der Basis zu- 
weilen durch ein Dihexaöder abgestumpft. Gemessen die Neigung des 
Dihexaöders zum Prisma = ca. 111°50‘. Daraus das Verhältniss a (Sei- 
tenaxe) : c (Verticalaxe) — 2,88: 1. 

Dihexaöder-Endkante = 158° 34° (ber.) 
Dihexaeder-Seitenkante = 43 40 „ 

Die angegebenen Axenwerthe und Winkel sind nur als Annäherungen 
zu betrachten. Die Flächen des Prisma’s tragen eine verticale Streifung ; 
dieselben sind zuweilen fast gerundet, farblos, wasserhell. Härte etwa 
gleich Feldspath. Spec. Gew. —= 2,60 (bei 15° C.). Nur schwierig v. d. 
L. schmelzbar. Selbst bei heftigem Glühen tritt kein Gewichtsverlust ein. 
In Chlorwasserstoffsäure wie in Salpetersäure zersetzbar unter Abscheidung 
gallertartiger Kieselsäure. Die salpetersaure Lösung gibt mit salpeter- 
saurem Silber eine starke Fällung von Chlorsilber. Zunächst wurden durch 
eine qualitative Prüfung sämmtliche von ScaccHı angegebenen Bestand- 
theile bestätigt. Die Analyse, zu welcher nur etwa !/,, Gr. reinster Sub- 
stanz zur Verfügung stand, ergab: 


Kieselsäuren.. :... 2. 330 
honerde ... 37... 1290 
Kalle m ia ga 110 
Kalte. ar 
Natron. 8, 3 N ERNNET 
Ohler- Hu 2 2 
Schwefelsäure ... 17 

022 


Denken wir uns das Chlor mit Natrium (9,1 C1 + 5,9 Na verbunden, letz- 
teres entsprechend 8,0 Proc. Na,O), so vermindert sich der Überschuss der 
Analyse auf 2,2 Proc., und wir erhalten neben 5,9 Na noch 0,7 Proc. Na- 
tron. Die in der Analyse angegebene Natronmenge wurde in Gemeinschaft 
mit dem Kali als Sulfat gewogen und durch Subtraction des aus dem Pla- 
tinsalze berechneten Kali’s bestimmt. Es ist deshalb in hohem Grade 


wahrscheinlich, dass der Gehalt an Natron etwas zu hoch gefunden und 
Jahrbuch 1873. | 35 


546 


dass dies Alkali ausschliesslich mit Chlor zu Chlornatrium verbunden ist. 
- - Die Sauerstoffmengen der Kieselsäure (18,0) und der Thonerde (= 13,5) 
verhalten sich nahe wie die Zahlen 4:3, so dass dieser Theil der Mi- 
schung = Al,O, + 28i0,, wie bei Sodalith, Nosean und Hauyn. Der 
Mikrosommit enthält wie der Hauyn in isomorpher Mischung Kalk und 
Alkali und stellt demnach ein Halbsilicat von Thonerde, Kalk, Kali dar, 
verbunden mit Chlornatrium und einer kleinen Menge von schwefelsaurem 
Kalk. 
Die wahrscheinliche Formel ist folgende: 


a K,O f 
3.020 ( Al:O 28i0, + NaCl + 11,020, SO,. 


Derselben würde folgende Mischung entsprechen: 


Kieselsäure. ......  ..../950 
Thonerde'. .... „1.2.52 283 
Kalk... een 
Kali. 2. aeg 
Natrium... ae 05 
Chlor. 2 ers 
Schwefelsäure . . . 17 
100,0. 


Der Mikrosommit verbindet die Sodalithgruppe mit dem Nephelin, 
welch letzterem das neue Mineral in seiner Krystallform nahe steht. In 
der That stimmt das stumpfste der am Nephelin bekannten Dihexaäder 
nahe überein mit dem Dihexaöder der neugebildeten vesuvischen Prismen, 
deren Entstehung durch eine Einwirkung der mit Chlornatrium beladenen 
vulkanischen Dämpfe auf die Leucite (Kali, Thonerde) und die Augite 
(Kalk) der Lava zu erklären ist. Wir begegnen demnach hier einem neuen 
Beispiele der Mitwirkung des Meersalzes bei der Mineralbildung vulkani- 
scher Processe. 


FR. v. KoseıL: „über den Kjerulfin, eine neue Mineral- 
species von Bamle in Norwegen.“ (Sitzungs-Ber. d. bayer. Akad. 
d. Wissensch. v. 1. März 1873.) Es ist an Fr. v. KoserLı von Apotheker 
C. N. Rope zu Porsgrund in Norwegen durch Vermittelung des Dr. Wırr- 
STEIN ein Mineral zugeschickt worden, welches RopeE als eine neue, wesent- 
lich aus phosphorsaurer Magnesia bestehende Species bestimmt und Kje- 
rulfin (nach dem norwegischen Mineralogen und Geologen KJERULF) ge- 
tauft hat. Es kommt zu Bamle in Norwegen vor; derb mit unvollkom- 
mener, fast nur bei Kerzenlicht bemerkbarer Spaltbarkeit nach zwei Rich- 
tungen, welche annähernd einen rechten Winkel zu bilden scheinen. Der 
Bruch ist uneben und splittrig. Es ist fettglänzend (gleicht manchem 
Eläolith) von blassrother Farbe, in dünnen Stücken durchscheinend. Das 
spec. G. ist 3,15. Die Härte 4—5. Erwärmt zeigt es schwache Phos- 
phorescenz mit weisslichem Schein. V.d. L. schmilzt es ziemlich leicht, 


547 


etwa 3., mit etwas Blasenwerfen zu einem kleinblasigen Email. Das feine 
Pulver wird von concentrirter Salzsäure in der Wärme leicht aufgelöst, 
etwas weniger leicht von Salpetersäure. Mit Schwefelsäure entwickelt es 
Flusssäure und scheidet beim Auflösen schwefelsauern Kalk ab. Das Re- 
sultat der Analyse (deren Gang genau angegeben) durch Fr. v. KosELL war: 


Ehospkossäure . 20.0. 142,22 
Masmena, ...... 00. ....3700 
Kalkedert. la, 2 56 = 5,4 "Calcium. 
Natron mit etwas Kali . . 156 = 1,16 Natrium. 
HUNDEN Male, NEE RN IN > 
üeselender .ı..) eu sinemstssat 4550 
Thonerde mit Eisenoxyd . . 5,40 


Spur von Schwefelsäure . . — 


Der wesentliche Theil der Mischung ist mit Reduction von Kalk und 
Natron: 
für 100 Theile 
Phosphorsäure . 42,22 — 46,62 


Masnesia . . .. 37.00 40,86 
Oaleium 2. . ... 540-5196 
Narsıume ro. =... 1,10% — 1598 
Kluom yo... 24080 —, 4,28 


90,56 — 100,00. 
Daraus ergibt sich die Formel 
2Mg°# + CaFl, ein kleiner Theil Ca durch Na vertreten. 
Nach dieser Formel berechnet sich: 


Phosphorsäure . . 47,17 
Magnesia 22°... 33,88 5 
Calcium) "3. a7, 1:1206;64 
Ehrorsar: 2: Werne 
100,00. 


Wirtstein, welcher das Mineral auch analysirte, ist zu einer ähn- 
lichen Formel gelangt. Der Kjerulfin steht in der Mischung dem 
Wagnerit sehr nahe, doch enthält dieser mehr Fluor und kein oder 
sehr wenig Calcium. Die salzsaure, etwas concentrirte Lösung des Kje- 
rulfin gibt mit Schwefelsäure sogleich ein starkes krystallinisches Präcipi- 
tat von Gyps, während vom Wagnerit kein oder erst nach einiger Zeit 
ein Präcipitat erfolgt. 


FR. v. Kosern: „über den Wagnerit.“ (A. a. O.) Der Wagnerit 
ist von Fuchs zuerst als eine eigenthümliche Species erkannt und analy- 
sirt worden. Später hat RammELsgere die Analyse nach einer correcteren 


Methode wiederholt. Die Analysen gaben: e 
35 


2 


548 


Fucus.  RAMMELSBERG. 
Fluor 6,17 9,36 
Phosphorsäure 41,73 40,61 
Magnesia . 46,66 46,27 
Kalkerde . _ 2,38 
Eisenoxydul . 4,50 4,59 
Manganoxydul . 0,45 — 

99,51 103,21. 


Aus der Analyse von Fuchs hat v.. KosELL die Formel MgFfl + Mes# 
abgeleitet und ist diese auch von RAMMELSBERG für Seine Analyse ange- 


nommen worden. 


Danach ist die Mischung: 


Fluor. 19793 
Phosphorsäure 43,82 
Magnesia 37,04 
Magnesium . 7,41 
„100,00. 


Die Untersuchung des Kjerulfin, der dem Wagnerit sehr nahe steht, 


Es diente 


veranlasste v. KoBELL, auch diesen noch einmal zu analysiren. 
dazu ein Exemplar, welches Lerrson vom Fundort (Radelgraben bei Wer- 
fen im Salzburg’schen) selbst geholt und freundlichst übergeben hatte. Es 
war ein derbes Stück mit parallel verwachsenen, stark nach der Länge 
gestreiften Prismen. An ein paar kleinen Flächen konnte ein Winkel von 
120°—121° annähernd gemessen werden, auch unvollkommene Spaltbarkeit 
nach diesem Prisma war bemerkbar. Levy gibt den Winkel zu 120°25‘ 
an und auch ein anderes Prisma von 90°25‘, welches von Fucus erwähnt 
ist (mit etwa 94°). Spaltbarkeit nach letzterem Prisma, welche Fuchs an- 
gibt, konnte man nicht bemerken. Fr. v. KoseLL fand auch die Schmelz- 
barkeit des Minerals nur 3,5 oder etwas höher liegend, FucHs bezeichnet 
es als sehr schwer schmelzbar. Seine Probe war von rosenrother Farbe 
und verändert der etwas höhere Gehalt an Eisenoxyd vielleicht den Schmelz- 
grad. Die feinpulverisirten Proben lösten sich in Salzsäure, Salpetersäure 
und Schwefelsäure bei anhaltendem Kochen vollkommen auf. Das Resul- 


tat der Analyse war: 


Phosphorsäure . 40,30 
Magnesia 32,18. 
Kalkerde 2,24 = Calcium 1,6 
Natron mit etwas Kali 5,12 = Natrium 3,5 
Eisenoxyd 8,00 
Thonerde 1 
Fluor . 10,00 
Wasser 0,50 
100,05. 


Das Eisenoxyd ist zu einem kleinen Theil auf Oxydul zu redueiren. 
Die wesentliche Mischung ist, Kalk und Natron als Caleium und Natrium 
gerechnet: 


949 
für 100 Thle. 
Phosphorsäure . . ... 40,30 45,70 
Mamesnar.2 N u. NEE 37,18 
Natrium 000 5 und. 4340 3,97 
taleimmm 2.24... 2%... 1560 1,81 
Bier... 2a, e..210,00 11,34 


88,18 100,00. 

Nimmt man das Calcium als isomorphen Vertreter von Natrium, so 
passt für die Mischung nahezu die Formel 2Mg3? + REI?, speciell für 
obige Mischung 32 h 

2Mg°? + 77, Na | m2, wonach in 100 Thle. 


'/, Ca 
Phosphorsäure . . 44,10 
Maenesiamı.t...°, 72% 310.27 
Natsium 2... 2 700 °..4,16 
@aleum Hr. EN DT 
Bluonite. ae 80 


100,00. 


Nach den neueren Zeichen ist für Na das Doppelatom Na zu setzen. 
A. Streng hat an den Feldspäthen die Vertretung von Ca und Na, wie 
sie schon früher angenommen wurde, speciell nachgewiesen *. Es ist nach 
ihm eine polymere Isomorphie, und das ist allerdings der Fall, wenn 
man sich auf die neueren Mischungsgewichte bezieht, mit den älteren ist 
es monomerer Isomorphismus 

2Na Ca Na (Ca 
e 4093: =) 

Weder Fucns noch RAmMELSBERG haben einen Alkaligehalt im Wag- 
nerit angegeben, und geht aus der Beschreibung ihrer Analysen hervor, 
dass sie auch nicht nach einem solchen gesucht haben. Es ist dann ein 
Übersehen des Alkali bei solchen Verbindungen um so leichter möglich, 
als deren Analysen ohnehin statt eines Verlustes gewöhnlich einen Über- 
schuss geben. 


Fr. Hessengere: Kalkspath von Andreasberg. (Mineralog. 
Notizen, No. 11, S. 17.) Das Exemplar besteht ganz aus Kalkspath von 
zweierlei Generation: einem älteren, isabellgelben, trüben, darüber einen 
jüngeren, farblos, fett-, fast glasglänzend. Der ältere zeigt bis 1, Zoll 
grosse, wenig frei stehende Krystalle: R3.R; über ihnen sitzen die jün- 
geren Krystalle auf, theils vereinzelt, theils gruppirt. Diese jüngeren 
Krystalle zeigen nun ein neues Skalenoeder —°/,R!’/,,, an welchem an 


* Jahrbuch für Mineralogie 1865, p. 433. Später hat Srrene diese 


Vertretung auf die Atomgruppen Ca2 Al und Na2 $i2 bezogen. Jahrb. 
1871, p. 601. 


0 


äusserster Spitze das Rhomboeder seiner Mittelkannten —”,R auftritt. 
Für das neue Skalenoeder sind die berechneten Kanten-Winkel von X 
— 95043'32" von Y = 163028'6' und von Z —= 10996387 Für das Rhom- 
boeder — '/,R ist die berechnete Endkante =- 9527'30". 


Arıstıdes Brezina: Krystallographische Studien über Albit. 
(G. TscHerMmAr, Mineral. Mittheil. 1875. Heft 1, S. 19—28.) Ein dem Ba- 
venoer Zwillings-Gesetz des Orthoklas analoges wurde von Weıss am Al- 
bit entdeckt und durch Neumann beschrieben. Die Auffindung eines aus- 
gezeichneten derartigen Zwillings -Krystalles auf einem Handstück von 
Schmirn in Tyrol gab Gelegenheit zu vorliegender Mittheilung. Die Flä- 
chen-Beschaffenheit ist die gewöhnlich beobachtete: die Prismen-Flächen 
polysynthetisch gestreift durch Zusammensetzung nach M, P und n mit 
schwachen schildförmigen Unebenheiten bedeckt, y glatt und glänzend, die 
Flächen x stark aus ihrer normalen, mit yP tautozonalen Lage gedreht 
und zwar auf bezüglich der Zwillings-Ebene symmetrische Weise. — Das 
Zwillings-Gesetz wurde in erster Näherung durch die Tautozonalität von 
MeP MeP und die nahezu erreichte Coineidenz von nn bei gleichzeitiger 


Symmetrie bezüglich einer die Kante PM abstumpfenden Fläche bestimmt. 
Bei der Veränderlichkeit der Winkel des Albit im Allgemeinen, welche 
durch die Zwillings-Bildung noch vergrössert wird, sowie den noch hin- 
zukommenden Fehlern der Siegelwachs-Abdrücke und der Schwierigkeit 
der Messung an den oft sehr kleinen Flächen-Stücken kann eine Differenz 
zwischen Rechnung und Messung nicht auffallen; es sind vielmehr die ge- 
messenen Werthe als Bestätigung des angenommenen Zwillings-Gesetzes 
anzusehen. Um jedoch vollständige Sicherheit zu geben, hat BrezımaA mit- 
telst Methode der kleinsten Quadrate das Zeichen der Zwillingsfläche er- 
mittelt, und es möge seine meisterhafte Ausführung überhaupt als ein 
Beispiel für derartige schwierige Berechnungen dienen. 


Strüver: Italienische Übersetzung von Pororny’s „illustrir- 
ter Geschichte des Mineralreiches“ 8°. 128 Seiten Text und 
199 Holzschnitte. Der Mangel eines für den Schulgebrauch passenden 
italienischen Lehrbuches der Mineralogie und Geologie veranlasste den 
Verfasser, das namentlich in Österreich viel verbreitete und benützte Buch 
von Pokorxy in italienischer Sprache zu bearbeiten. Die neue Bearbei- 
tung enthält zahlreiche theils der Anpassung an’ die italienischen Verhält- 
nisse bedingte, theils aus prineipiellen Rücksichten angebrachte Verände- 
rungen und Verbesserungen. Der letzteren Klasse gehört die veränderte. 
Eintheilung der Gesteine, und die Definition der Krystallsysteme nach den 
Symmetrieverhältnissen statt nach Axen; der ersteren Kategorie fällt die 
Ersetzung der in Pokorny’s Buch zum Schlusse gegebenen geologischen 
Beschreibung der Umgebung von Wien durch diejenige der Gegend von 


& 


991 


Turin zu. Die ganze Einrichtung des Buches in Verbindung mit der hüb- 
schen Ausstattung mit vielen Holzschnitten lassen dasselbe als recht zweck- 
mässig für den elementaren Unterricht erscheinen. 


B. Geologie. 


Fr. Nies: der Kalktuff von Homburg am Main und sein 
Salpeter-Gehalt. (Sep.-Abdr. a. Hıraer und Nies „Mittheilungen aus 
dem agriculturchemischen Laboratorium zu Würzburg.“ S. 12.) Der Kalk- 
tuff nimmt auf Buntsandstein seine Stelle ein und zeigt in verschiedenem 
Niveau ein verschiedenes Ansehen. Zunächst auf Buntsandstein liegt ein 
etwa 2 M. mächtiger Tuffsand, reich an Landschnecken; auf ihn folgt eine 
Pflanzen-führende Schicht, darüber ein Conferventufl. Die organischen 
Reste sind nach SAnDBERGER’s Bestimmungen folgende: Pflanzen: Scolo- 
pendrium offteinarum Smiru, Phragmites communis Trın., Alnus glutinosa 
Gärrn., Salix caprea L., Fagus sylvatica L., Carpinus Betulus L., Quer- 
cus pedunculata Eur., Acer pseudoplatanus L., Cornus sangwinea L. und 
Petasites officinalis MorncH,. Thiere: Umio batavus Lam. und T, sinuatus 
Lam., Limnmeus ovatus Drar., Clausilia biplicata Monrt., Cl. dubia Drar., 
Suecinea putris L., Bulimus montanus Drar., Helix arbustorum MüÜLL., 
H. fruticum MiLı., H. hispida L., H. hortensis Müur., H. lapierda MüL., 
H. obvoluta Müır., H. pomatia L., H. strigella Lam., Hyalina nitidula 
Drap., Oervus capreolus L., Sus scrofa L. — Neben seinem Reichthum an 
organischen Resten gewinnt aber der Kalktuff noch durch das Vorkommen 
von Kalisalpeter Interesse, dessen schneeweisse Krystallisationen die Hohl- 
räume des Tuffes durchziehen. Der Kalktuff enthält sehr verschiedene 
Mengen von Salpeter, ausserdem noch Gyps, Bittersalz, Kochsalz. Um 
ein annäherndes Urtheil über den mittleren Salpeter-Gehalt des Gesteins 
zu erlangen, untersuchte v. GERICHTENn Material, das durch Mengen von 
sehr verschiedenen Proben erhalten war; es ergab der wässerige Auszug 
bei 100° getrocknet 2,70°/,. An Salpeter reichere Stücke wurden von 
BERGMANN untersucht, indem er eine Art Rohlauge darstellte, deren Zu- 
sammensetzung in 100 Theilen: 1,60 Kalkerde, 0,32 Magnesia, 3,18 Schwe- 
felsäure, 87,29 Salpeter und 7,61 Wasser nebst organischer Substanz. 
Rechnet man den Kalk als Gyps, die Magnesia als Bittersalz, so stimmt 
die durch die beiden Basen geforderte Menge Schwefelsäure gut mit der 
gefundenen; es lässt sich demnach als zusammengesetzt betrachten aus 
87,29 Salpeter, 2,59 Bittersalz, 5,14 Gyps, 4,98 Wasser nebst organischer 
Substanz. Dies würde beinahe ein Pfund Salpeter im Kilo ausmachen. 
Was die muthmassliche Entstehung des Salpeters betrifft, so bemerkt Nies: 
das Vorkommen des Salpeters in den Hohlräumen des Kalktuffes, das 
Fehlen des Kali’s im Gesteine, der Mangel an Kalk im Salpeter, das Alles 
lässt beinahe unabweisbar den Gedanken an eine spätere Infiltration, zeit- 
lich getrennt von der Bildung des Kalktuffes, aufkommen. Dann waren 


992 
es vielleicht kalireiche Wasser, welche dem höher gelegenen Röth ent- 
stammt die durch die Oxydation der organischen Substanz entstandenen 
Nitrate in das Kalisalz verwandelten und in den präexistirenden Kalktuff 
infiltrirten. 


} 


FERDINAND ScHALCH: Beiträge zur Kenntniss der Triasam süd- 
östlichen Schwarzwalde. Inaug.-Dissert. Mit einem Atlas, enthal- 
tend 36 Profile auf 12 Tafeln und 5 Tabellen. Schaffhausen, 1873. 8°. 
S. 109. Seitdem der hochverdiente Begründer des Namens „Trias“ sein 
letztes Werk veröffentlichte (1864), ist die Kenntniss dieser Formation in 
Deutschland insbesondere durch SAnDBERGER’s treffliche Untersuchungen in 
den Umgebungen von Würzburg in ein neues Stadium getreten. Der Ver- 
fasser der vorliegenden Arbeit hatte bereits einen Theil des Materials zu 
solcher gesammelt, als ihm die Resultate von SAnDBERGER’s Forschungen 
bekannt wurden und ihn veranlassten, sich nach Würzburg zu begeben, 
um dort unter der Leitung SANDBERGER’sS die fränkische Trias genauer zu 
studiren. Dass dies vom günstigsten Einfluss auf vorliegende „Inaugural- 
Dissertation“ war, bedarf keiner weiteren Worte und nur eines Blickes in 
die Arbeit selbst: SchauLch macht durch dieselbe seinen Namen auf das 
Vortheilhafteste bekannt und füllt die Lücken in der Kenntniss der süd- 
deutschen Trias um ein Wesentliches aus. — Das Gebiet, welches sich 
der Verf. für seine Forschungen wählte, wird im Süden durch das Rhein- 
thal begrenzt, östlich durch den Jurazug des Randen und seiner Ausläu- 
fer, nördlich durch eine in der Nähe von Donaueschingen auf der Wasser- 
scheide zwischen Donau und Wutach (resp. Rhein) durchgezogene Linie 
und westlich vom Ostabfall des Schwarzwaldes. Der Verf. schildert die 
einzelnen Glieder der Trias in ansteigender Ordnung. Der Betrachtung 
der Unterabtheilungen lässt er einige der Hauptprofile vorangehen, sucht 
auf Grund dieser Profile und die in den einzelnen Schichten vorkommen- 
den Versteinerungen eine Eintheilung seiner Gegend festzustellen; geht 
alsdann auf eine Vergleichung mit den gleichalterigen Schichten anderer 
Gegenden, besonders von Würzburg ein und fügt noch nähere Angaben 
über die Verbreitung der einzelnen Abtheilungen bei. Als Anhang ist eine 
sehr vollständige Übersicht der Fauna der Trias des südöstlichen Schwarz- 
waldes beigegeben. — Wir müssen uns versagen, bei einem so reichhal- 
tigen Werke, wie das vorliegende, auf Einzelheiten einzugehen, insbeson- 
dere auf die zahlreichen (36) Profile, welche mit ausserordentlicher Sorg- 
falt und Genauigkeit entworfen, daher sehr lehrreich sind; wir müssen 
uns vielmehr beschränken, aus den fünf Tabellen die Hauptresultate her- 
vorzuheben. (Auf diesen Tabellen führt Scuavcr an: die Haupt- und Un- 
terabtheilungen der Trias; deren Gesteins-Beschaffenheit und Mächtigkeit; 
die Petrefacten und wichtigeren Aufschlüsse am s.ö. Schwarzwald; endlich 
die gleichzeitigen Bildungen der Umgebung von Würzburg nach Saxp- 
BERGER’S, NıEs’s und seinen eigenen Beobachtungen.) 


993 


Allgemeine Gliederung der Trias am s.-ö. Schwarzwald nach 


SCHALCH. 


IV. Keuper. 
b) Obere Abtheilung. 


I. 


6. Bunte Mergel über dem Stubensandstein. 9,00 M. mächtig. 

5. Stubensandstein. 1,60—2,50 M. 

4. Bunte Mergel zwischen dem Stubensandstein und dem dolo- 
mitischen Kalkstein. 3,00—6,41 M. 

3. Dolomitischer Kalkstein (Gansinger Schichten). 0,45—7,70 M. 

. Bunte Mergel zwischen dem dolomitischen Kalkstein und dem 
Schilfsandstein. 1,50—6,94 M. 

1. Schilfsandstein. 5—11,10 M. 


[06) 


/ 
/ 


a) Untere Abtheilung. 


Gruppe des Keuper-Gyps. 35—40 M. 


Lettenkohle. 


© 


HD 


Grenzdolomit. 1,00—2,25 M. 
Lettenkohlensandstein und Estherien-Schichten. 3,91—5,87 M. 
Unterer Dolomit mit Bonebed. 


II. Muschelkalk. 


1. 


1. 


. Oberer Dolomit. 9,00 M. 

. Oberer Plattenkalk. 7 M. 

. Rogenstein. 3,60—7,25 M. 

. Enerinitenfreier Plattenkalk. 16,00--19,20 M. 
. Encrinitenkalk. 


Anhydrit-Gruppe. 44—60 M. 
Wellenkalk-Gruppe. 


. Bituminöser Wellenmergel. Schichten der Myophoria orbicularıs. 


10 M. 


. Gruppe zwischen Wellenmergel und Spiriferina-Bank. 8,25 M. 
. Spiriferina-Bank. 0,07—0,11 M. 
. Gruppe zwischen der Spiriferina-Bank und den Schichten des 


Veratites Buchü. 7,5—10 M. 


. Schichten des Ceratites Buchii. 14,50 M. 
. Bleiglanz- oder Dentalien-Bank. 0,25 M. 


Wellendolomit zwischen Dentalien-Bank und Röth. 5 M. 


Buntsandstein. 
2. 


IE 


Röth. 7—10 M. 
Vogesen-Sandstein, in der Oberregion die Karneol-Schicht. 7-20M. 


Eus. W. Hıncarn: on the Geology of Lower Louisiana and 
the Salt Deposit on Petite Anse Island. (Smithsomian Contribu- 
tions to Knowledge.) Washington City, 1872. 4°. 34 p. — Über die (Jb- 
1869, 247) schon erwähnte mächtige Salzablagerung von Petite Anse an 
der südlichen Küste von Louisiana an der westlichen Seite des Mississippi- 
Delta’s sind hier genauere Daten niedergelegt, welche durch Karten und 


994 


Durchsehnitte in erwünschter Weise ergänzt werden. Eine geologische 
Karte über die an dem Ausflusse des grossen Stromes gelegenen Län- 
dereien, weist cretacische, eocäne, post-eocäne und quartäre Bildungen 
nach, welche letztere das Salzlager unmittelbar überdecken. 


F. v. Hayden: Final Report of the U. St. Geological Survey 
of Nebraska and Portions ofthe adjacent Territories. Was- 
hington, 1872. 8°. 264 p. 1 Map, 11 Pl. — (Jb. 1873, 109.) — Mit die- 
sem Berichte schliessen die wichtigen Untersuchungen des Professor F. 
v. Hayden in einem Gebiete ab, welches durch seine paläontologischen 
Beziehungen zu Europa ein höheres Interesse für uns gewonnen hat. Die 
Hauptresultate dieser Untersuchungen sind auf einer beigefügten grossen 
geologischen Karte von Nebraska und Dakota und angren- 
zenden Länderabtheilungen niedergelegt, auf welcher mit besonderen Far- 
ben unterschieden werden: 1) Granitische und metamorphische Gesteine, 
2) Potsdam-Sandstein, 3) Carbongesteine, 4) Permian, 5) Trias und Jura, 
6) Kreideformation, 7) Ft. Union-Gruppe, 8) White River-Gruppe. Die 
ersteren erscheinen nur an den Black Hills, wo sie den Potsdam-Sandstein 
umlagern. An den letzteren schliessen sich hier und im westlichen Theile 
des Gebietes carbonische Gesteinsschichten an; die permische Gruppe ist 
nur in dem östlichen Gebiete von Nebraska und Kansas, namentlich an dem 
alten Fundorte Smoky Hill hervorgehoben, während sie nicht bis an den 
Missouri hin angenommen wird; Kreideformation und jüngere Bildungen 
nehmen den grössten Flächenraum ein. Auch Prof. Hıypen scheuet sich 
noch, das Vorhandensein der Dyas (Permian) bei Nebraska-City etc. an- 
zuerkennen und bezeichnet jene Ablagerungen entweder als carbonisch 
oder permo-carbonisch. 

Der Haupttheil des Berichtes enthält den Report über die Paläon- 
tologie des östlichen Nebraska, von F. B. Merk, der, auch als 
Separatabdruck erschienen, schon Jb. 1873, 109 besprochen worden ist. 


Davsree: über den Ursprung der sedimentären Gebirgs- 
schichten. (Bull. de la Soc. geol. de France, 2. ser. t. XXVII, p. 305 
— 363.) — Dausr£e betrachtet die sedimentären Ablagerungen hier mit 
Rücksicht auf den Ursprung ihrer Bestandtheile und den Beitrag, den sie 
‚vom Innern der Erde aus erhalten haben. Zur Lösung der hierbei in 
Betracht kommenden Fragen, welche an jeden Geologen täglich heran- 
treten, ist u. a. schon von, Fer». SEnFr in seiner Schrift:' „Der Steinschutt 
und Erdboden nach Bildung, Bestand, Eigenschaften, Veränderungen und 
Verhalten zum Pflanzenleben, Berlin, 1867“ ein schätzbarer Beitrag ge- 
liefert worden. Wir freuen uns, dass diese Verhältnisse nun auch von 
Davpr£e näher beleuchtet worden sind. Nach specieller Untersuchung der 
verschiedenen sowohl von aussen und namentlich von der krystallisir- 


999 


ten Erdrinde, als von innen abzuleitenden Materialien gelangt er zu fol- 
genden Schlüssen: 

Das Meer, wie gross auch sein ursprünglicher Salzgehalt gewesen sein 
mag, hat nicht mit einem Male alle Körper aufnehmen können, die daraus 
zur Bildung der Gesteinsschichten abgeschieden worden sind. Einerseits 
hat die granitische Erdrinde nach und nach die Materialien geliefert, die 
theils durch Zertrümmerung, theils durch Zersetzung entstanden sind; 
anderseits hat das Meer im Laufe der verschiedenen geologischen Perioden 
Substanzen aus jenen Tiefen erhalten, aus welchen eruptive Gebirgsarten 
und verschiedene Bestandtheile der Erzgänge herausgeführt wurden. Das 
Meer hat diese Substanzen mechanisch und chemisch verarbeitet und zu 
seinen mannichfachen Producten und Niederschlägen verwendet. 

Gleichzeitig scheinen diese Zuführüungen von innen her grossentheils 
auch durch Infiltrationen von Gewässern vermittelt worden zu sein, welche 
später aus den tieferen Regionen wieder emporgestiegen sind und zwar 
beladen mit Substanzen, die von ihnen dort gelöst oder mit fortgerissen 
worden sind. Solche Erscheinungen treten noch täglich hervor an heissen 
Quellen und vulkanischen Exhalationen. Sie weisen auf eine innere Cir- 
culation des Wassers hin, eine „circulation souterraine et profonde*, die 
bis in die ältesten Perioden zurückreicht. Viele gasförmige und gelöste 
Stoffe müssen die granitische Erdrinde auch in tiefen Spalten durchdrun- 
gen haben, sie erreichten die Erdoberfläche durch eine Art Transspiration 
oder Transsudation, mit sich führend eine gewisse Menge der inneren Erd- 
wärme. Die Wichtigkeit der Rolle aber, welche die höhere Temperatur 
im Innern der Erde auf die Bildung der letzteren und noch immer auf 
die Reactionen des Erdinnern auf ihre Oberfläche ausüben, wird von dem 
viel erfahrenen Dausr£r mit allem Rechte von Neuem hervorgehoben. 


F. V. Hayden: Preliminary Report ofthe U. St. Geological 
Survey of Montana and Portions of adjacent Territories. 
Washington, 1872. — (Jb. 1872, 327.) — Unter den vielen interessanten 
„Reports“, welche über die geologische Durchforschung der Vereinigten 
Staaten Nordamerika’s veröffentlicht worden sind, beanspruchen wenige 
ein so allgemeines Interesse als dieser. Prof. HaAypen gibt in ihm eine 
sehr genaue Schilderung des unter dem 1. März 1872 als öffentliches Na- 
tionaleigenthum der Vereinigten Staaten erklärten Yellowstone Park 
mit seinen schönen Seen und Bergen, wundervollen Wasserfällen, heissen 
Quellen, Geysern und anderen merkwürdigen Verhältnissen. Zahlreiche 
Ansichten führen uns die Berg- und Thalformen, Wasserfälle und hoch- 
aufsprudelnden Quellen vor Augen, während Specialkarten, die an ver- 
schiedenen Stellen eingefügt sind, uns in die Gegenden versetzen, die einen 
unendlichen Reiz auf einen jeden Naturfreund ausüben müssen. 

Part. I. Das erste Kapitel, p. 13, „Von Ogden, Utah, nach Fort 
Hall, Idaho“ behandelt von Neuem die Geologie zwischen Omaha und 
dem bekannten Salzsee; 


996 


Kapitel 2, p. 27, die Gegend von Fort Hall, Idaho nach Fort Ellis, 
Montana, mit basaltischen Tafelbergen in dem Snake River Bassin, die an 
den in der Geschichte der Wissenschaft berühmten Scheibenberger Hügel 
erinnern, mit granitischen Teufelsmühlen bei Wild Cat Canon, metamor- 
phischen Schichten ete., wie sie in Deutschland nicht seltene Erscheinun- 
gen sind. 

Kap. 3 führt die Überschrift: Fort Ellis — Mystic Lake — Quelle des 
Gallatin — Trail Creek — Crow Agency and First Caüon, Exit of the 
Yellowstone; 

Kap. 4, p. 59. First Caüion — Snowy Range — Emigrant Peak-But- 
lers Ranch — Second Caüon — Devil’s Slide-White Mountain — Hot 
Springs etc. 

Eine Karte, S. 64, lässt die heissen Quellen der weissen Berge am 
Gardiner’s River überblicken, deren Abstammung S. 73 durch ein ideales 
Profil S. 73 erläutert ist und deren eigenthümlich gestaltete natürlichen 
Fassungen in anderen Abbildungen vor Augen treten. 

Das 5. Kapitel, S. 81, führt uns in den Grand Caüon mit seinen 
Wasserfällen und heissen Quellen und den Yellowstone See, auf Wyo- 
ming Territory ein; & 

Kap. 6, S. 101, schildert den Landstrich zwischen dem Yellowstone 
Lake und den Geyser-Bassins an dem Fire-Hole River, überall 
durch Karten und zahlreiche Ansichten die seltenen und prachtvollen Er- 
scheinungen darlegend. 

Kap. 7, S. 131, führt uns von diesem reichen Beobachtungsfelde hin- 
auf nach Pelikan Creek und hinab nach East Fork zu Bottler’s Ranch. 

Kap. 8, S. 139, behandelt Fort Ellis, Three Forks, Jefferson Fork, 
Beaver Head Canon und Medicine Lodge Creek. 

Kap. 9, S. 151, bezieht sich auf die Strecke von Fort Hall nach 
Soda Springs, Bear-River und Bear-Lake, nach Evanston an der Union 
Pacific-Eisenbahn. 

Kap. 10, S. 162, ist ganz speciell dem „Yellowstone National 
Park“ gewidmet, dessen geographische Begrenzung eine beigefügte Karte 
genau anzeigt. Er umfasst einen Flächenraum von 35,575 OMiles (Vgl. 
The American Journal of science a. arts, 1872, Vol. III. April). 

Daran schliesst als Kap. 11, S. 165, ein Bericht von A. CO. PrALe über 
die Mineralien, Gebirgsarten, heisse Quellen etc. dieser Territorien, worin 
zum Vergleiche auch Geysergebilde von anderen Gegenden aufgenommen 
worden sind. 

Part. II des Werkes enthält den Bericht des Prof. ©. Tuomas über 
die Agriculturquellen dieser Territorien. ‘In demselben ver- 
breitet sich Kap. 1, p. 210, über allgemeine geographische Verhältnisse, 
Kap. 2, p. 227, besonders über das grosse Bassin, in dessen Gebiet 
ja der grosse Salzsee und Utah-See fallen. 

Kap. 5, p. 257, wendet sich dem nördlichen Theile des Salzsee-Bas- 
sins und den Snake-River Ebenen zu, Kap. 4, p. 248, dem Territorium 
von Montana; Kap. 5, p. 269, ist specielleren Agriculturzwecken gewidmet. 


557 


Part. III. Paläontologie, p. 281, mit wichtigen Beiträgen von Lroö 
LESQUEREUX: 

1) Aufzählung und Beschreibung der fossilen Pflanzen, welche bei den 
unter Direction von Dr. F. V. Haypen stehenden Landesuntersuchungen 
1870 und 1871 gewonnen worden sind; 

2) Bemerkungen über die cretacische Flora; 

3) die tertiäre Flora Nordamerikas ; 

Epw. D. Core: über die Geologie und Paläontologie der Kreideabla- 
gerungen in Kansas. 

1) Allgemeine Skizze des alten Lebens, S. 318, 

2) Geologie, S. 324, 

3) Synopsis der Fauna, S. 327, 

4) über die fossilen Wirbelthiere der Wahsatch-Gruppe, S. 350; 

Jos. Leipy: über die fossilen Wirbelthiere der älteren Tertiärforma- 
tion von Wyoming, S. 353, und 

F. B. Merk: vorläufige Übersicht der auf Dr. Haypen’s Erforschungs- 
Expedition im Jahre 1871 in Utah und Wyoming-Territorien gesammelten 
Versteinerungen, mit Beschreibung einiger neuen Arten, 8. 373. 

Part. IV, p. 379 u. f. enthält Zoologie und Botanik, welche beide 
Wissenschaften gleichfalls durch jene erfolgreichen geologischen Expedi- 
tionen, für welche die Regierungen in rechter Würdigung ihres hohen 
praktischen Werthes keine Opfer scheuen, wesentlich gefördert worden sind. 


G. Paläontologie. 


Ta. Davipson u. W. Kıns: Bemerkungen über die Gattungen 
Trimerella, Dinobolus und Monomerella. (The Geol. Mag. Vol. 
IX, p. 442.) — Genannte Gattungen werden. in der besonderen Familie 
Trimerellidae zusammengefasst, welche den Linguliden am nächsten 
steht. Die bisher unterschiedenen Arten sind folgende: 

Trimerella grandıs BiLLinss, acumınata Bırr., Lindströmi Dar, Bul- 
lingst Da, Ohioensis MEEx, Dallı Dav. u. Ka. Wisbyensis Dav. u. Ke.; 

Dinobolus Conradi Harn, Canadensis BırLL., Galtensis BırL., David- 
Son‘ SALTER, transversus SALT.. Woodwardi SAaLr., magnifica BILL. ; 

Monomerella Walmstedti Dav. u. Ke., prisca BıLı. und orbicularıs 
Bırr., welche sämmtlich der Silurformation angehören. 

Sie werden von den Verfassern noch genauer bezeichnet werden. 


JoACHIM BARRANDE: Systeme silurien du centre de la Boheme. 
1. Part. Recherches paleontologiques. Supplement au Vol. 1. 
Trilobites, Orustaces divers et Poissons. Praque et Paris, 1872. 
A0 XXX. 647 p., 35. Pl. — (db, 1871, 962) - 

Der erste Theil des vorliegenden stattlichen Bandes bezieht sich auf 


558 


Trilobiten, von welchen Barranor 94 neue Arten beschreibt, während zu 
58 von ihm schon früher beschriebenen neue Bemerkungen gegeben wer- 
den. Es folgen dann S. 149 allgemeine Bemerkungen über die Elemente, 
welche den Panzer der Trilobiten zusammensetzen und ihre Entwickelung. 
Daran schliesst der Verfasser S. 275 die verticale Verbreitung der Trilo- 
biten in dem böhmischen Silurbecken, ferner S. 327 eine Parallele zwi- 
schen der Entwickelung der Trilobiten und Cephalopoden in der Silur- 
formation Böhmens. 

Es ist über diesen hochwichtigen Theil, sowie über den zweiten 
Theil, S. 363 u. f., Prüfung der paläontologischen Theorien durch die 
Wirklichkeit, schon 1871 ein Auszug im Jahrbuche gegeben worden; hier 
finden wir 8. 421 noch ein Postseriptum pour les Trilobites. Mars, 1872, 
worin Trilobiten-Eier beschrieben und Pl. 35 abgebildet sind. 

Der dritte Theil dieses Bandes behandelt S. 433 u. f. die anderen 
Crustaceen in den silurischen Faunen Böhmens, welche nicht zu den 
Trilobiten gehören. Darunter sind: 

Phyllopoden aus den Gattungen Ceratiocaris M’Cov, Pl. 18, 19, 
21, 26, 31—35, Aptychopsts BARR., Pl. 53, mit Aptychus-artigem Panzer, 
Oryptocaris BARR., Pl. 25, 27, 31 und Pterocaris Barr., Pl. 25; 

Östracoden mit den Gattungen: Aristozoe BArRR., Pl. 22, 23, 24, 
27, Beyrichia M’Cov, Pl. 26, 27, 34, Bolbozoe BArr., Pl. 24, 27, 31, Calli- 
zoe BaRR., Pl. 22, Caryon Barr., Pl. 25, Oytheropsis M’Cov, Pl. 24, 25, 
Elpe Barr., Pl. 26, Entomis Jones, Pl. 24, 25, Hippa Barr., Pl. 26, Le- 
perditia M. Rovauut, Pl. 23, 25, 27, 34, Isochilina Jox., Pl. 23, 34, Oro- 
zoe Barr., Pl. 24, 31, Primitia Jon. et Horı, Pl. 24, 26, 27, 34 und Zo- 
nozoe BARR., Pl. 25; 

Eurypteriden mit den Gattungen: Pterygotus Ac., Pl. 17, 18, 21, 
34 und Eurypterus DekAy, Pl. 26, 34; 

Cirrhipeden mit den Gattungen: Plumulites Barr. (= Turrilepas 
H. Woopwarp), Pl. 20, 35, Anatifopsis Barr., Pl. 26, 27, 31; und 

Crustaceen von unsicherer Stellung mit der Gattung Bactropus 
Birr., DI. 21 sete. 

Der gelehrte Autor begnügt sich nie mit einer Beschreibung der Gat- 
tung und Art, er führt uns immer den ganzen Schatz seiner reichen 
Erfahrungen in zoologischer und geologischer Beziehung vor, die auf diese 
altehrwürdigen Formen Bezug haben und veranschaulichet diess durch 
Schrift und Bild, oft in exacter tabellarischer Form, oft in mühevollen 
Parallelen und durch die gelungensten Abbildungen. 

Ein vierter Theil, S. 603, zieht eine Parallele zwischen den paläo- 
zoischen und tertiären Faunen, eine höchst willkommene Gabe dieses Mei- 
sters. Der Unterschied zwischen Sonst und Jetzt kann nicht schärfer her- 
vortreten, als in diesen Entwickelungsepochen unserer Mutter Erde, und 
wir können uns nicht versagen, Barranpe’s Tabelle hier wiederzugeben. 


559 


OL691 


009 
08 
0081 


009 


009 
08 
0095 
0089 


04 


04 
OL 
081 
0061 
008. 
081 


066 
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auung 


0068 | 0108 
007 005 
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009 004 
0082| 008 
007 006 
07 07 
00T | 0061 
0058 0098 
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8 07 
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D . . . . D U9I99SUTJ 
D . . . 9U9SLA 
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oe - 9Ioroangg 


560 


Der fünfte Theil, S. 621 u. £., ist den Resten von Fischen in der 
Silurformation gewidmet, nicht nur denen von Böhmen, sondern auch jenen 
von England, Russland, Schweden und Norwegen, Harz und Nordamerika. 


Böhmen beherbergt in der mittleren 2, in der oberen 5 Arten, 
England ” ” ” ” l, ” ” ” 1 1 ” 
die Insel Oesel 5, a: DD 
der Harz ” ” ” ” 2 ” 
Nordamerika ” ” ” » 1 hr) » ” 4 ” 
Sa. 4, 64  „ 


Alle böhmischen Arten sind speciell beschrieben und abgebildet. Sie 
vertheilen sich auf die Gattungen Asterolepis, Coccosteus, Otenacanthus 
und G@ompholepis. 

Wir freuen uns, dass inmitten der grossen politischen Ereignisse der 
Wissenschaft dieses neue Denkmal der Beharrlichkeit und Aufopferung 
eines der gediegensten Forscher gerettet worden ist und wünschen nichts 
lebhafter, als dass es dem Autor vergönnt sein möge, sein ganzes monu- 
mentales Werk über die Silurformation Böhmens zu einem gleich au 
lichen Ende zu führen. 


H. Woopwarn: Bemerkungen über einige britische paläo- 
zoische Crustaceen aus der Ordnung der Merostomata. (The 
Geol. Mag. Vol. IX, p. 433. Pl. 10.) — 

Verfasser hat in den Kreis seiner Untersuchungen nachstehende Ar- 
ten gezogen, worüber er meist neue Abbildungen veröffentlicht: 

1) Hemiaspis limuloides H. Woopw., aus dem unteren Ludlow von 
Leintwardine; 

2) Hemiaspis speratus SALTER, MS., ebendaher ; 

3) Hemiaspis horridus H. Woopw., aus Wenlock-Schiefer von Dudley; 

4) Hemiaspis Salweyi SALTER, aus Unter Ludlow von Ledbury; 
aus der Unter-Ordnung Xtphosura; 

5) Bellinurus Königianus H. Woopw., aus der Steinkohlenformation 
von Dudley; 

6) Prestwichia Birtwelli H. Woopw., aus der Steinkohlenformation von 
Cornfield Pit bei Padiham in Lancashire. 

Aus demselben Steinkohlen-Schachte stammt auch die von WoopwARD 
als Architarbus subovalis neuerdings beschriebene Spinne. 


Sam. H. Scupper: Beschreibung eines neuen fossilen Schmet- 
terlings aus tertiären Schichten von Aix in Provence. (The 
Geol. Mag. Vol. IX, p. 532.) — Aus den an Insecten reichen Schichten 
von Aix wird wiederum ein Satyrites Reynesüi beschrieben und abgebildet, 
der seine nächsten lebenden Verwandten in Indien zu haben scheint. 


Untersuchungen über die Volumconstitution einiger Mi- 
neralien, 


Von 


Herrn Director H. Schröder. 


$. 1. In einer Reihe von Abhandlungen über die Volum- 
theorie in PossEenporrr s Annalen der Physik und Chemie, welche 
mit fortlaufenden Nummern versehen sind, habe ich die beobach- 
teten Dichtigkeiten oder specifischen Gewichte vieler Elemente 
und Verbindungen gesammelt, und ihre wahrscheinlichsten Werthe 
abgeleitet. No. 1 bis 105 findet sich im Bd. 106, S. 226 bis 
265; No. 106 bis 197 im Bd. 107, S. 113 bis 147. No. 198 
bis 226 im Supplementband VI, S. 58 bis 85. Wo ich neben 
das Volum eines Körpers eine Nummer einschalte, bezieht sie 
sich auf die entsprechende Nummer jener Abhandlungen, unter 
welcher das betreffende Volum abgeleitet ist. Ich bezeichne der 
Kürze wegen das Molecül mit m, die Dichtigkeit mit s und das 
Molecularvolum mit v. Als Formeln sind die neueren Molecular- 
formeln (O0 = 16, C = 12, Ca = 4 u. s. w.) angewendet, und 
als Moleculargewichte stets diejenigen genommen, welche in dem 
neuesten Jahresberichte der Chemie zu Grunde gelegt sind. Die 
theoretischen Betrachtungen, auf welche ich mich zu beziehen 
habe, findet man loco cit. ausführlich entwickelt. 


A. Tremolith und Diopsid (Hornblende und Ausit). 


$. 2. Die für die Untersuchung der Volumconstitution des 


Tremoliths und des Diopsids zu beachtenden Beobachtungen sind: 
Jahrbuch 1873. 36 


962 


a. Calciummetall= Ca m—-40. v= 254 (118 u. 
222). 

b. Kalk= (a0. m=56b. Es ist beobachtet: s — 3,179 
Bouizac; s —= 3,161 Karsten: s = 3,180 Fırnor; s = 3,08 bei 
3%9 Le Roscer und Dumas. Im Mittel s = 3,150 und hiemit 
v_— 1408 

c. Periklas u. Bittererde = Mg0. m = 40. Reguläre 
Octaäder. Für natürlichen Periklas, der immer etwas eisenhaltig 
ist, ist s —= 3,75 ScaccHı; S —= 3,674 Damour. Für künstlich in 
Krystallen dargestellten fand EgBELmEn s —= 3,636. Für im Por- 
cellanofen geglühte Magnesia fand H. Rose s = 3,644. Im Pla- 
tintiegel nur mässig geglühte Magnesia gab noch s — 3,613; sie 
war also schon nahe völlig in Periklas übergegangen. 

Mit dem von H. Rose gemessenen wahrscheinlichsten Werthe 
stv AN, 

d. Kieselsäure als Quarz = SiO,. m = 60. Die Dich- 
tigkeit des Bergkrystalls ist beobachtet s = 2,652 bei 3°,9 im 
leeren Raum, LE RogEr u. Dumas. Cm. SaıntE CLAIRE DEVILLE fand 
s —= 2,642 bis 2,668, i.M. s = 2,656 bei 4°. TuEoDOR SCHEERER 
(P. A. Band 67, 123) hat das specifische Gewicht des reinen 
Bergkrystalls in 9 auf 3 Ziffern beinahe völlig übereinstimmen- 
den Wägungen zu s = 2,655 bei 14° R. bestimmt. F. Graf SchArr- 
sorsch bestimmte für den Quarz (P. A. 68, 154) im Mittel aus 
vielen Bestimmungen s — 2,653 bei 13° R. H. Rose (P. A. 108, 
S. 6) fand für Bergkrystall vor und nach dem Glühen s — 2,65. 
Aus allen vorstehenden Beobachtungen ergibt sich für den Quarz 
übereinstimmend s = 2,65 u. v = 22,6. 

e. Wollastonit = C(Ca0,Si0,; m = 116. Monoklin. 
v= 40,4 (44). Mit Augit nicht isomorph. 

f. Enstatit = MgSO,; m = 100. Von DEScLOIZEAUx wegen 
seines optischen Verhaltens für rhombisch gehalten. Enstatit vom 
Berge Zdjahr in Mähren ist in der Hauptsache als reine kiesel- 
saure Bittererde zu betrachten, und hat s = 3,10 bis 3,13 i. M. 
s — 3,125 Kenseort. EpeıLmen hat Magnesia-Pyroxen künstlich 
dargestellt und fand s = 3,161. Auch P. HaurErEuILLE stellte ihn 
künstlich dar und fand s = 3,11. Im Mittel ist s = 3,132 und 
v— 31,9. Mit Hautereuıe’s Messung ist v —= 32.2. 

$. 3. Es ist nun hier zunächst bemerkenswerth, dass sich 


563 


das Volum des Wollastonits als reine Summe der Volume von 
Kalk und Quarz ergibt. 
Yol. 020° — 17,8 (8. 2b.) 
„810, 22,0.45R 2208) 
Vol. Ca0,SiO, — 40,4 genau wie beobachtet (44). 

Ebenso ist das Volum des Enstatits nahe gleich der Summe 
der Volume von Periklas und Quarz, denn 

} Volum MeO — 11.0.8. 7.€). 
310, = 22.6.(8. 2d.). 
33,0. 

Beobachtet ist 31,9 bis 32,2, und es ist hier eine kleine 
- relative Contraction nicht zu misskennen, auf die ich an anderer 
Stelle zurückkommen werde. 

$.d. Tremolith und Strahlstein, welche Hornblende- 
form haben, ergeben die merkwürdige Thatsache, dass ihr Vo- 
lum sich sehr nahe als reine Summe der Volume der 
Componenten, nämlich der Volume von Kalk, Periklas 
und Quarz herausstellt. 

Die hierher gehörigen Beobachtungen sind: 

a. Thonerdefrei und eisenfrei ist nur der Tremolith vom 
St. Gottihardt, in strahligen, farblosen, durchsichtigen Krystallen, 
welche nach dem Hornblendeprisma deutlich spalten. Er hat nach 
RammELsBERG Ss — 2,930 und die Zusammensetzung Ca0,SiO, 
+ 3Mg0,Si0,. Hiefür ist m = 416 und v = 142.6. 

b. RammeELsgerG hat auch den von BonnspoRrrr für die reinste 
Hornblendevarietät angesprochenen Tremolith von Gulsjö in 
Wärmland analysirt. Wenn man von 0,84°%), FeO und 0,149), 
Fluor absieht, ist die Verbindung 2Ca0,Si0, + SMgO,SiO,; m 
— 132. Ranmmeısgere fand s = 3,003 und hiemit v — 243.8. 

$. 3. In isomorphen Verbindungen sind die gleichartigen 
Bestandtheile, wie ich 1. c. vielfach nachgewiesen habe, mit glei- 
chem Constitutionsvolum enthalten. Setzt man nun im Tremolith 
das Kalksilicat mit dem Volum 40,4, wie im Wollastonit voraus, 
so ergibt sich für MgO,SiO, aus den beiden Verbindungen in 
S.2: 


aus a. Ca0,SiO, + 3MgOSIO — 142,6 
Ca0,sı0, = 40,4 
N 3M80,Si0, — 192,2 

36 * 


964 


aus b. 2Ca0,Si0, + SMgOSiO, —= 243,8 
2Ca0,Si0,;, = 80,8 
5Mg0,Si0, — 163,0 
im Mittel also 8Mg0,Si0, —= 102,2 + 163,0 = 265,2 
u. Mg0,Si0, = 33,2 
das ist aber nach $. 3 das Volum von Periklas + Volum 
Quarz. 

$.6. Der Diopsid hat die Form des Augits, und ist die 
Verbindung Ca0,SiO, + Mg0,SiO,. Er ist auch seiner Volum- 
eonstitution nach vom Strahlstein wesentlich verschieden, denn 
er enthält das Kalksilicat mit einem Volum, welches 
demjenigen des Magnesiasilicats sehr nahe steht. 

Die hierhergehörigen Beobachtungen sind: 

a. Diopsid von Gulsjö in Wärmland ist nach Raunsıs- 
BERGS Analyse die Verbindung Ca0,SiO, + Mg0,5i0,; er enthält 
nur 0,94°),: FeO; ist daher sehr rein: m — 216: s - 3,249 
RANMELSBERG u. hiemit v = 66,5. 

b. Diopsid von Brasilien von s — 3,37 hat nach Kussın 
1,20%, FeO; v = 641. 

c. Im smaragdgrünen, als wesentlicher Gemengtheil des 
Lherzoliths auftretenden, Diopsid von s — 3,28 fand Damour 
53,63 SiO,; 20,37 CaO; 12,48 MgO; 8,52 FeO; 4,07 Al,O. und 
1,30 CrO,. Er ist daher sehr unrein. Sieht man hievon ab, so 
berechnet sich v = 65.9. Das wahrscheinlichste Volum des Di- 
opsids ist das von RAnmmELSBERG beobachtete v — 66,9. 

Man sieht sofort, dass dies etwa das doppelte Volum 
des aus dem Strahlstein abgeleiteten und aus den Componenten 
berechneten Volums des Magnesiasilicates ist. 

Während daher im Strahlstein von Hornblendeform 
das CaO mit seinem Volum als Kalk = 17,8 sich findet, ist das- 
selbe im Diopsid von Augitform mit einem Volum enthalten, 
welches von dem des Periklases = 11,0 nur wenig verschie- 
den sein kann. 

6. 7. Nach Vorstehendem unterscheiden sich Di- 
opsid und Strahlstein oder Augit und Hornblende, 
welche frei von Eisenoxyd und Thonerde sind, durch 
die Volumconstitution der darin enthaltenen Kalkerde. 
Auf die Untersuchung der Volumconstitution der Eisenoxyd-hal- 


969 


tigen und Thonerde-haltigen Augite und Hornblenden näher ein- 
zugehen, muss ich mir vorbehalten. 

Es stimmt das obige Resultat auch mit dem krystallogra- 
phischen Verhalten überein; denn für die Constitution der echten 
monoklinometrischen Pyroxene (Augite) ist nach DescLolzEAUxX 
ein gewisser grösserer Kalkgehalt von 10 bis 14°), nothwendig; 
wo er fehlt, ist die Krystallform niemals die des Augits. 

Die vorstehende Auffassung der Volumconstitution von Au- 
git und Hornblende wird wesentlich unterstützt dadurch, dass sich 
‚diejenige des Chrysoliths als eine der letzteren ganz analoge 
erweist. 

B. "Chrysolitbe: 

$. 8. Der Chrysolith, und zwar der Magnesia-Chry- 
solith oder Olivin, der Tephroit oder Manganchrysolith 
und der Fayalith oder Eisenchrysolith, und der aus jenen 
zusammengesetzte Monticellit sind rhombisch isomorph. 

Die hiehergehörigen Beobachtungen sind: 

a. Weisser Olivin, Magnesiachrysolith, Peridoto bianco, 
(Levys Forsterit) vom Vesuv, Monte Somma, rhombisch krystal- 
lisirt, enthält (P. A. 109, 568) nach Ramneısgerg’s Analyse nur 
2,33%, FeO, also auf 41 Mol. Me,Si nur I Mol. Fe, Si, ist also 
fast reiner Magnesia-Olivin; m — 140: s = 3,243 RammELSBERG: 
v— 43,2. Mit Rücksicht auf den Eisengehalt, 1 At. auf 41 At. 
Magnesium und Fe,Si — 49,3 gesetzt ($. 9.). berechnet sich 
noch genauer v = 43,3. 

b. Für wasserhellen Chrysolith aus der Eifel mit 1°), FeO 
fand TscyErmak s = 3,227; womit v —= 43,4 und mit Rücksicht 
auf den Eisengehalt v —= 43,5 bis 43,6. 

c. Olivin aus dem Serpentin von Snarum in Norwegen, nur 
2,39%/, FeO enthaltend, hats — 3,22 Herıann (P. A. 148, 330); 
1 At. Fe,Si auf 41 At. M8,Si; m — 9944; v — :1846.0.>Al. 
Fe,Si — 49,3 gibt 41 Mg,Si = 1796,7 u. Me,Si — _ u38. 

d. Gentu analysirte Olivin von Webster, Jackson County. 
Nordcarolina, in 2 Varietäten; s = 3.280 u.s = 3,252 i.M. s 
— 3,266 GeEnTtH; im Mittel fen he Analyse enthaltend 49,15 
Mg0; 0,41 NiO; u. 7,35 FeO; also genähert 12 Mol. Mg, Si auf 
I Mol. Fe, Si. "Für diese 13 Mol. ist m = 1884 u. v = 376,9. 
At. Fe,Si = 49,3 bleibt für Mg, Si das Volum v = 44.0. 


966 


e. Damour fand für den als Gemengtheil im Lherzolith auf- 
tretenden Olivin v = 3,38 u. 43,13 MgO:; 13,73 FeO und 1,60 
MnO. Nimmt man Mangan und Eisen zusammen, so ergeben sich 
nahe genau 5Mg,Si auf 1Fe,Si, dann ist m = 904: und v 
— 367, ‚7, u. für Mg,$Si berechnet sich v = 43,1. 

f. W. June hat frischen Olivin aus dem Basalt von Unkel 
bei Oberwinter von s = 3,19 untersucht, u. gefunden FeO = 8,63 
NiO = 0,44 u. MgO = 31,31. Vernachlässigt man den Nickel- 
gehalt, so kommen 7,8 Mol. Mg,Si auf 1 Mol. Fe,$i. Nun ist 
m — 129.6 u. v = 406,3 u. hieraus Ms, Si — 45,8. 

g. Chrysolith vom Hekla; s = 3,226 bei 17° Gent#. Ent- 
hält 49,31 MgO; 6,93 FeO; 0,32 NiO. Vernachlässigt man den 
Nickelgehalt, so kommen 13Mg,$i auf iFe,Si. m = 2024; 
v= 627,5, also für Mg,Si v 443. 

h. Olivin von Syssersk am Ural enthält nach Beck u. Herman 
43,30 Mg und 17,52 FeO. Sonst keine fremden Bestandtheile: 
s — 3,39 bis 3,43 i.M. s = 3,41. Enthält also 4,45 Mg,S$i 
auf 1Fe,Sii m —= 827; v— 242,7 u. hieraus Mg, Si = 43,5. 

i. Chrysolith, Olivin. Chrysolith von Bolton, Massachu- 
seits, s — 3,21 Brusn, enthielt nach der Analyse von Brusk 34,44 
Mg0, 1,47 FeO, 0,85 Ca0. Ist also sehr rein. m — 140; v 

— 43,6 und mit Rücksicht auf den Eisengehalt 43.8. 

Das Volum von Mg,Si ist daher zu 43,5 bis 45,8 beob- 
achtet. Im Mittel ist v = 44.0. 

$.9. Tephroit, Manganchrysolith = "Mn, Si, m = 202, 
hat nach Breırkaupr s — 4,06 bis 4,12. Im Mittel s = 4,09; v 
— 49,4. Er ist mit Kalk und Magnesia immer gemengt vorge- 
kommen. | 

Die reinste Sorte ist der Tephroit von Stirling Hill in Sparta. 
s — 4,1 Brus#; enthält nur etwa 4°), FeO,MgO, CaO u. ZnO bei- 
gemengt; u. v—= 49,2. I.M. hat Tephroit das Volum v = 49,3. 

$. 10. Fayalith, Eisenchrysolith, hat nach Dana 
s—= 4,11 bis 4,14. m = 202. v = 488. Fayalith aus dem 
Pegmatit der Mourne-mountains in Island enthält nach Deıesse 
nur 3,07 MnO u. 0,30 MgO; ist also sehr rein. s = 4,006 De- 
LESSE u. hiemit v = 50.4. I. M. v= 49,6, das ist gleich dem 
Volum des Tephroits. Im Mittel ist das Volum von Tephreoit u. 
Fayalith = 49,4 beobachtet. 


967 


$. 11. Monticellit vom Vesuv; isomorph mit Chrysolith, 

hat nach RammeLsgere Ss = 3,119 und die Zusammensetzug Ca, Si 
+ 7%Mg,, /,Fe,Si:; ist also 1 Mol. Ca,Si in Verbindung mit 
5 At. Mol. Chrysolith; m = 320; v = 102,6. 

$. 12. Es ist nun sofort ersichtlich, dass das Volum des 
Magnesiachrysoliths gleich der Summe der Volume der 
Componenten, nämlich von Quarz und Periklas, ist; denn hiernach 
berechnet sich: 

2 Vol. Periklas = 2: 
Vol. Quarz = 226 
u Vol. 2Mg0,Si0, — 44,6 
beobachtet ist 43,2 bis 45,8, i. M. 44,0 ($. 8). 

$. 13. Für den Eisen- und Manganchrysolith, d. i. für 
den Fayalith u. Tephroit war v=49,1 ($. 9 u. 10). 

Nimmt man auch darin die Kieselsäure als Quarz an, so 
ergibt sich: 

2(Fe,Mn)O,SiO, = 49.6 
SiO, = 22. 6 
2(Fe,Mn)O = 27,0 
(Fe,Mn)O —= 13.3. 

Es ist dies offenbar das Volum des dem Periklas entspre- 
chenden regulären Eisenoxyduls und Manganoxyduls. Das erstere 
ist nicht beobachtet. Für das Manganoxydul = MnO, m = 71, 
hat Rammeısgere beobachtet s = 3,91, womit v = 13,9, welches 
Volum vielleicht noch etwas zu gross ist, da das Manganoxydul 
- kaum ohne theilweise höhere Oxydation und dadurch Erniedri- 
gung seiner Dichtigkeit zu erhalten ist. 

Die Volume der Chrysolithe ergeben sich daher als Sum- 
men der Volume der regulären Oxyde MgO, FeO, MnO und des 
rhomboödrischen Quarzes. 

$. 14. Für den von RammeErsgere untersuchten Monticel- 
lit vom Vesuv ergibt sich nun: 

vol. Ca,Si + «Mg, Si + Fe, Si = 102,6 
b Y/aFe, Si — 62-1 X 49,6 
96,4 
ab /Mg; Si — 44,0 
bleibt Vol. Ca,Si— 537,9 
zieht man hievon Volum Quarz — 27,6 ab. so erhält man 


968 


2630,80, == 91,9 
Si. , = 22.6 
2Ca0,— 395 

u: Vol. ‚GaO — 17,1 

das ist aber das beobachtete Volum des Kalks, und es ist 

daher auch der Kalk im Chrysolith mit seinem na- 
türlichen Gonstitutionsvolum enthalten. 


C. Willemit. 

$. 15. Willemit = 2Zn0,Si0.. m = 222, ist hexagonal, 
dem Chrysolith nicht isomorph. 

Die Beobachtungen sind: 

a. Willemit vom Busbacher Berg bei Stolberg (7. B. 47, 
48. P. 1173). Er ist von Monxsem analysirt und enthält 26,90%, 
SiO,; 72,91 ZnO und 0,35 Fe,O,; ist daher sehr rein. 

Für den krystallisirten fand Monsem s = 4,18. 

Für den dichten s = 4,02 bis 4,16. 

Hiermit ergibt sich v = 33,1 bis 55,2, i. M. = 54.2. 

b. Willemit CTroostit) von New Jersey enthält nach Her- 
mann 26,80%, SiO,; 60,07 ZnO; 9,22 MnO; 2,91 MgO, 1,00 Glüh- 
verlust. s = 4,02; v = 55,2. Ist viel weniger rein. 

c. Apfelgrüner Willemit von Mine Hill (Sussex, New Jer- 
sey) enthält nach Mıxrer 66,80 ZnO; 5,73 MnO; 0,06 FeO; eine 
Spur MgO. s= 4,16 Mıxrer. 

d. Honiggelber, ebendaher, enthält 57,83 ZnO; 12,59 MnO; 
0,62 FeO; 1.14 MgO. s—=4,11. Ist also ebenfalls viel minder rein. 

Der wahrscheinlichste Werth ist der von MonkEım bestimmte 
v nd 

$. 16. Das Volum des hexagonalen Zinkoxyds ZnO ist sehr 
übereinstimmend beobachtet zu 14,3. Setzt man das Zinkoxyd 
mit seinem Volum im Willemit voraus, so ergibt sich 

2Zn0,Si0, —= 94,2 
27110256 = BS 
für SiO, der Rest 25,6. 

Es ist dies das Volum des Tridymits, mit welchem die 
Kieselsäure in vielen Silicaten enthalten ist; worauf ich dem- 
nächst zurückkommen werde. 

Mannheim, 4. Juni 1873. 


(Fortsetzung folgt.) 


Bemerkungen über die Tuffbildungen in Süd-Tirol. 


Von 


Herrn C. Doelter. 


Bei meinem vorjährigen Aufenthalte in Süd-Tirol war mir 
Gelegenheit geboten, die interessante Reihe der älteren und me- 
sozoischen Eruptivgesteine an Ort und Stelle zu besichtigen. 
Durch die trefflichen Schilderungen RıchtHoren’s *, später durch 
die detaillirten petrographischen und chemischen Untersuchungen 
TscHERMAK Ss ** und in neuester Zeit LEnBERGS*** sind diese Ge- 
steine zu den bekanntesten Tirols geworden; einige Beobachtun- 
gen, welche sich besonders auf die Tuffbildungen jener Gesteine 
beziehen, mögen hier in Kürze mitgetheilt werden. 

Die Tuffbildungen Süd-Tirols gehören zwei geologisch und 
petrographisch verschiedenen Gesteinen an. Wir unterscheiden 
Quarz-Porphyrtuffe 
Augit-Porphyrtuffe. 

Die Quarzporphyrtuffe gehören nach aller Wahrscheinlich- 
keit der Dyas an, sie sind alle gleichzeitig mit dem Grödner 
Sandstein gebildet, der jetzt von der Mehrzahl der Geologen } 
zur Dyasformation gerechnet wird. Die Secundärgebilde des 
Quarzporphyrs sind zumeist Conglomerate und Breccien:; Tuffe 


* Geognostische Beschreibung der Umgegend von Predazzo, St. Cas- 
sian und der Seisser Alpe. Gotha, 1860. 
** Porphyrgesteine Österreichs, gekrönte Preisschrift. Wien, 1869. 
*** Zeitschrift der deutschen geologischen Gesellschaft. Jahrg. 1872. 
2. Heft. 
+ Suess, Über die Äquivalente des Rothliegenden. 


970 


treten nur an wenigen Punkten auf, so bei Seiss und Cartelbratt 
und im Grödnerthal. Richtnoren hat diese Bildungen sowie die 
nicht selten zu beobachtenden Übergänge in den Grödner Sand- 
stein genau beschrieben. 

Eine viel grössere Ausdehnung als diese Bildungen nehmen 
die Tuffe des Augitporphyrs ein, welche diesen grossen Theil 
der klassischen Dolomitgegend Süd-Tirols bedecken. 

Rıchtnoren * unterscheidet zweierlei Tuffbildungen des Au- 
gitporphyr's: 

1) Sedimenttuffe. 

2) Eruptivtuffe. 

Tschermak ** unterscheidet ebenfalls primäre und secundäre 
Tuffbildungen, erstere sind diejenigen, bei deren Entstehung das 
Wasser mitgewirkt hat, bevor die Massen völlig fest waren, letz- 
tere sind echt klastische Gesteine. 

Die Unterscheidung dieser Tuffbildungen ist sehr wichtig, 
während die Sedimenttuffe von den Eruptivtuffen sehr leicht zu 
trennen sind, so gehört die Unterscheidung der Eruptivtuffe von 
den eigentlichen Augitporphyren zu den schwierigsten Aufgaben. 
Beispielsweise kann man die im oberen Fassathale auftretende 
Augitporphyrgruppe aufführen: Rıchtuoren betrachtet diese als 
aus Eruptivtuff bestehend, während späterhin Kuırsteiın *** da- 
gegen Einwendungen gemacht hat. 

Es scheint mir, als hätte Freiherr v. Rıcntnorex in diesen 
Punkten den Primärtuffen zu viel Ausdehnung gegeben; besonders 
am Sasso di Mezzodi an der Padoa-Spitze ist nur wirklicher Au- 
gitporphyr zu finden, der allerdings bei der Verwitterung etwas 
tuffartig aussieht und was durch die hie und da eintretende 
schalenförmige Absonderung noch bestärkt wird; ein Dünnschliff 
überzeugt jedoch Jeden, dass man es mit normalem Augitporphyr 
und nicht mit Tuffen zu thun hat; das dichte, schwarzbraune 
Gestein enthält nur sehr kleine Augitausscheidungen. Häufig sind 
bis 2mm im Durchmesser führende Olivinbrocken. Nicht selten 
führt es Heulandit, wie das Gestein des benachbarten Dria le Palle. 


* ]oc. cit. p. 200. 
*7.Ioc. ci. p. 147. ; 
*** Beiträge zur geologischen und topographischen Kenntniss der öst- 
Jichen Alpen. II. Band. 1871. 


971 


Unter dem Mikroskop im Dünnschliff wird es unzweifelhaft, 
dass hier normaler Augitporphyr vorliegt. Unter den ausgeschie- 
denen Mineralien herrscht der Plagioklas vor, im polarisirten 
Licht einfarbig erscheinende Durchschnitte, welche man als Sa- 
nidine zu deuten hat, sind weit seltener. Augit in blassgelben 
Durchschnitten ist häufig, Magnetitkörner sind regelmässig in der 
Grundmasse, welche etwas umgewandelt ist, zerstreut. Olivin 
findet sich in grössern Körnern. 

Eine Analyse dieses Gesteins, welches ich am Fedaja-Pass, 
in der Nähe der italienischen Grenze sammelte, wurde im Heidel- 
berger Laboratorium von Herrn Err ausgeführt; dieselbe ergab: 


BIOS. 0. 53,17 
ANGER. 1307 
Be59, 2020.24. 2:8112 
BeO... uns 442 
a0... ,488 
MO. ....0.22.18 
RS: 0020 .0028,58 
N2,0: 322 
H,O. Han 98,91 
BO. 0008 ed 

99,66. 


Bei der Schwierigkeit der Unterscheidung der Primärtuffe 
von den eigentlichen Augitporphyrtuffen dürfte eine Trennung 
auf geologischen Karten dennoch kaum sehr zweckmässig sein; 
die verschiedenen Übergänge lassen sich sehr leicht erklären, 
wenn man auf die Bildungsweise dieser Gesteine zurückkömmt; 
im Momente der Eruption und während der Erkaltung erlitten 
die verschiedenen Gesteine mechanische Umwandlungen durch das 
dampfförmige Eindringen des Wassers, durch die Zerreissung 
und Zertrüämmerung der zähen, geschmolzenen Masse; je nachdem 
solche Einwirkungen an den einzelnen Punkten stärker oder 
schwächer waren, blieben die fraglichen Gesteine dem normalen 
Augitporphyr mehr oder weniger ähnlich. 

Ein anderes nicht zu unterschätzendes Moment ist auch die 
später eintretende Auslaugung der betreffenden Gesteine, welche 
eben von verschiedenen Punkten ungleich gewirkt hat und da- 
durch verschiedene Übergänge von Augitporphyr zu ihren Tuffen 
vorgebracht hat. 


972 


Gänzlich getrennt von diesen Primärtuffen sind die Sediment- 
tuffe, welche erst viel später nach der Erkaltung der Wasser 
entstanden; diese weite Flächen bedeckenden Bildungen sind sehr 
genau von RicHtHorEn beschrieben worden, und haben wir seinen 
Schilderungen hier nichts hinzuzufügen. 


Pietra Verde. 

Unter diesem Namen werden von den italienischen Geologen 
in den Südalpen sehr verschiedenartige Tuffbildungen verstanden: 
hier sollen nur jene eigenthümlichen Bildungen näher betrachtet 
werden, welche in Süd-Tirol an zwei Orten im Buchensteiner 
Thal bei Andraz am Monte Frisolet und in der Nähe von Wengen 
auftreten. Über ihre mineralogische und chemische Zusammen- 
setzung ist bis jetzt so viel wie gar nichts bekanni. Nach RıcHr- 
HOFEN * ist an jedem der beiden genannten Punkte eine senk- 
rechte Verwerfung eines grossen Schichtencomplexes von mehr 
als 1000° zu betrachten. Die ältere Trias, die Buchensteiner und 
Wenger Schichten sind an beiden verworfenen Theilen gleich- 
mässig entwickelt: während darüber auf dem tiefen Augitporphyr 
mit Eruptivtuffen lagert; auf dem höheren jedoch unmittelhar 
Pietra Verde. Daraus schliesst Rıcntnoren, dass die Verwerfung 
mit der Eruption des Augitporphyrs verbunden war und dass die 
Ablagerung der Pietra Verde auf der Höhe des inselartig erho- 
benen Theiles gleichzeitig mit der eruptiven Thätigkeit in der 
Verwerfungsspalte erfolgte: er glaubt, dass die Pietra Verde als 
ein chemisches Sediment mit Einschluss feiner mechanischer Zer- 
setzungsproducte zu betrachten ist. 

Es mag nun allerdings die Ablagerung der Pietra Verde 
mit der Eruption des Augitporphyrs zusammenfallen. einen mi- 
neralogischen Zusammenhang hat dieses Gestein mit dem Augit- 
porphyr und seinen Secundärbildungen, wie dies aus Nachfolgen- 
dem ersichtlich sein wird. nicht. 

Die dichte, harte, kaum vom Stahl ritzbare Masse von lauch- 
grüner Farbe, splittrigem Bruch, ist vollkommen homogen. Kry- 
stallausscheidungen nicht bemerkbar: oft sind die Gesteine dünn- 
plattig geschichtet, an andern Punkten dagegen wenig oder gar 
nicht. 


* loc. cit. 8. 90, 


973 


Sehr grosse Ähnlichkeit hat dieses Gestein mit dem Tuffe 
von Raibl, der nach TschEermaX s * Untersuchung sich als Mela- 
phyrtuff erwies; jedoch gibt die chemische Untersuchung ein ganz 
verschiedenes Resultat. 

Unter dem Mikroskop im Dünnschliff lassen sich Fetzen 
eines grünen, nicht weiter bestimmbaren Minerals, Bruchstücke 
von Sanidin, seltener von Plagioklas und einige hervortretende 
Partien einer das Licht nicht polarisirenden Masse erkennen. Von 
dem Thudaer Tuff unterscheidet sich das Gestein dadurch. dass 
in jenem sehr viele Feldspathkrystalle ausgeschieden sind, auch 
ist das genannte grüne Mineral in jenem viel häufiger. 

Da auf dem Wege der mikroskopischen Untersuchung nur 
wenig Resultate zu erzielen waren, schien die chemische Ana- 
Iyse allein noch irgend einen Aufschluss über die Natur des frag- 
lichen Gesteins zu geben: von mir ausgesuchtes Material vom 
Monte Frisolet bei dem Dorfe Andraz im Buchensteiner Thal stam- 
mend, wurde im Heidelberger Universitätslaboratorium durch gütige 
Vermittelung des Herrn Assistenten Dr. P. Schriovpe analysirt; die 
Analysen ergaben: N, 


I. II. 
SiO,.: 7. 68,95 69,10 
ALO.-... . 10,44 10,50 
Ber03 2.3. 7.081,30 _ 
eo. 75.5182 3,97 
E29: an .5,07 4,62 
Med. ....2..,°. 1,47 1,04 
0 eg 
= | 7,15 
N3307..° .....0=214 \ 
0.2... 72... 2,6,60 IR 
OR (6 
99,49 99,61. 


Aus dieser Analyse geht hervor, dass wir es hier unmög- 
lich mit einem Augitporphyr oder Melaphyriuff zu thun haben 
können, der hohe Kieselsäuregehalt weist jedenfalls auf einen 
Porphyrtuff hin; in unmittelbarer Nähe von Wengen und Andraz 
findet sich allerdings gar kein Quarzporphyr, indess ist dennoch 
die Gegenwart desselben nicht unwahrscheinlich; irgend ein Zu- 


* Porphyrgesteine Österreichs, p. 108. 


974 


sammenhang mit den Augitporphyren und deren Tuffbildungen 
scheint mir auch stratigraphisch nicht zu existiren, petrographisch 
hat die Pietra Verde ebenfalls nichts mit dem Augitporphyrtuff 
zu thun. Sie als ein chemisches Sediment dahinzustellen, dürfte 
ebenfalls sehr gewagt sein. Am wahrscheinlichsten bleibt also 
die Bildung aus Porphyr, der hier nicht aufgeschlossen ist, klei- 
nere Partien dieses Quarzporphyrs kommen übrigens an verschie- 
denen Orten in nicht allzugrosser Entfernung von den genannten 
beiden Punkten vor. 


Nachtrag. Ein Ausflug nach Wengen, weichen ich nach 
Vollendung dieser Arbeit machte, überzeugte mich, dass die dor- 
tige Pietra Verde überhaupt älter als der Augitporphyr ist, mit- 
hin nicht aus diesem entstanden sein kann; ich werde darüber 
später berichten. 


Die Gliederung der Miocän-Schichien im schweizerischen 
und schwäbischen Jura. 


Von 


Herrn Prof. F. Sandberger *. 


Die tiefsten meerischen Ablagerungen bei Delsberg, welche 
über Basel in unmittelbarem Zusammenhange mit jenen des Main- 
zer Beckens stehen **, sind Kalksandsteine und blaue Thone mit 
Natica crassatina, Nystü, Cerithium Boblayei, conjunctum, Pleu- 
rotoma Selysiü, Venus incrassata, Lucina tenuistria, Ostrea cal- 
hfera, cyathula u. s. w. Auf sie folgen bunte Mergel mit weis- 
sem Glimmer, schwarze Mergel mit Chara Meriani, Helix rugu- 
losa, Planorbis cornu, declivis, Cyclostomus antiquus, graue und 
bunte Mergel und Molassesandstein mit Cinnamomum polymor- 
phum, dann bunte, zuweilen pisolithische Kalke mit Helix Ra- 
mondi und rugulosa und endlich harte weisse Kalke mit den- 
selben Helix-Arten, dann Helix sublenticula und Limneus pachy- 
gaster. Mit diesen schliesst das Untermiocän nach oben ab und 
wird bei Corban, im Val de Tavannes, bei Undervelier u. s. w. 
von Molassesandstein mit Ostrea crassissima , Pecten palmatus, 
opercularis, Turritella triplicata u. s. w. bedeckt, auf welchen 
bei Corban und Vermes *** die obermiocänen bunten Mergel und 
rothen Sande mit Melania Escheri, Melanopsis Kleinii, Neritina‘ 


* Aus dessen in Publikation begriffenem Werke: Land- und Süss- 
wasser-Conchylien der Vorwelt. 8. 357 ff. 
’#* SANDBERGER, Oonchyl. Mainz. Tert. Beck. S. 414 u. a. a. 0. 
tk GREPPIN, Jura bernois et districts adjacents. Bern, 1870, p. 186. 


976 


crenulata, Helix carinulata, Testacella Lartetii u. s. w. folgen, 
an anderen Stellen und getrennt von ihnen aber Vogesengerölle 
und Sande mit Dinotherium und mehreren Conchylien, die GrEPr- 
pin * für älter hält und zwischen den bunten Mergeln und dem 
Sandstein mit Ostrea crassissima einreihen möchte. -Indessen ist 


dies ein Irrthum, da in allen sonstigen miocänen Becken die Di- 


notheriensande stets die oberste Stelle einnehmen. 

An der schwäbischen Alb ist, die Bohnerze mit Lophiodon 
(Land- u. Süssw.-Conchyl. S. 236) und mit Palaeotherium (das. 
S. 283), sowie den Kalk von Arnegg mit -Sirophosioma anom- 
phalus (das. 5. 354) ausgenommen, die wegen ihres isolirten 
Vorkommens keine directen Beziehungen zu anderen Ablagerun- 
gen erkennen lassen, keine vormiocäne Tertiärbildung bekannt. 
Das Miocän beginnt dort auf der ganzen Linie von Hoppetenzell 
bei Stockach ** bis Dillingen *** mit sehr mächtigen Kalk- und 
Mergel-Bänken, die besonders in den Profilen von Berg bei Ehin- 
gen und Thalfingen bei Ulm sehr deutlich in drei Abtheilungen 


gegliedert erscheinen. Die untere besteht aus reinweissen, gelb- 


lichweissen oder bei gleichmässiger Imprägnirung mit Bitumen 
blaugrauen dolomitischen f Kalken, oft von pisolithischer Structur, 
die nur stellenweise unten ganz von Pflanzenresten (Carex und 
Cyperus) in aufrechter Stellung ausgefüllte Bänke enthalten (Die- 
tingen, Beven, Riedlingen). Sie führen Helix Ramondi, rugulosa, 
oxystoma, Archaeozonites subangulosus. Clausilia Escheri, Pla- 
norbis cornu var. subteres. Cyclosiomus bisulcatus u. a. Dann 
folgen leberbraune, graue und grünliche Mergel und harte Mergel- 
kalke, die gegen Osten, d. h. in der Richtung des grossen baye- 
risch-schweizerischen Molasse-Beckens zwischen Jura und Alpen 


* GREPPIN 1]. c. p. 182 suivv. 

** ScHisL, Tertiär- u. Quartärbildungen am nördl. Bodensee und im 
Hegau, S. 21 f. Geolog. Beschreib. der Section Stockach. Carlsruhe, 1859, 
S. 16 £. 

*** MiıLLer, Das Tertiär am Hochsträss. Inaug.-Diss.. Württemb. 
Jahresh. 1871, S. 272. Ich habe die entscheidenden Profile in seiner 
Gesellschaft im Herbst 1872 selbst gesehen. 

+ Der in grossen Steinbrüchen bei Berg unweit Ehingen abgebaute 
unterste Rugulosa-Kalk enthält nach v. GERICHTEN abgesehen von anderen 
Bestandtheilen 83,37°/, kohlensauren Kalk und 11,35 kohlensaure Magne- 
sia, also 7 Äq. CaÜ gegen 1 Mg. 


IR 


bei Gamerschwang und Donaurieden Quarzsand aufnehmen und 
in sandige Mergel übergehen. Helix rugulosa kommt in ihnen 
‘noch häufig vor, H. Ramondi nur sehr selten. Die gemeinsten 
Arten sind Planorbis cornu, declivis, Euchilus gracile* und Sphae- 
rium pseudocorneum. Auch Bänkchen mit zahlreichen Charen 
fehlen dieser ächten Sumpfablagerung nicht (Hoppetenzell, Thal- 
fingen ete.). Noch höher begegnet man in dem Thalfinger Pro- 
file schneeweissen Gesteinen von Kreide-ähnlichem Habitus, der 
sogenannten Süsswasserkreide, welche in der Ulmer Gegend weit 
verbreitet ist und an ziemlich vielen Orten zu technischen Zwecken 
gegraben wird. Thalfingen und Eckingen sind bis jetzt die reich- 
sien, namentlich von WETZLER im Grossen ausgebeuteten Fund- 
orte aber auch bei Pappelau, Allewind, am Wege von Arnegg 
nach Ermingen ist diese Abtheilung nach den von MiLLer und 
OrrEL mitgetheilten Suiten entwickelt. Die häufigsten Arten sind 
Helix crepidostoma **, osculum, brachystoma ***, Patula gyror- 
bis, Clausilia antiqua, Archaeozonites subverticillus, Omphalo- 
sagda subrugulosar, auch Glandina antiqua ist nicht selten. Im 
Ganzen finden sich 44 Arten, von welchen 7 in der unteren Ab- 
theilung, 5 in der iittleren allein bekannt und 2{ der oberen 
eigenthümlich sind. Dazu kommen noch bei Eckingen ff und 
Ulm zahlreiche Wirbelthiere, während solche in den tieferen 
Schichten meines Wissens noch nicht gefunden worden sind. Un- 
ter diesen fehli Anthracotherium gänzlich, und neben den als 
Seltenheit auch schon aus dem Öberoligocän (Land- u. Süssw.- 
Conch. d. Vorwelt, S. 337) erwähnten Rhinoceros minutus, in- 
eisivus, Hyotherium Meissneri, Palaeomery& medius und Micro- 
iherium Renggeri treten hier der didelphische Oxygomphius, Am- 
phicyon intermedius, Anchitherium aurelianense, Tapirus helve- 
ttcus, Chalicomys Eseri u. a. neue Thierformen auf, welche meist 
auch in höhere Miocän-Schichten aufsteigen. Mastodon fehlt in- 


* Land- u. Süssw.-Conchyl. d. Vorwelt, Taf. XXI, fig. 4. 
** daselbst Taf. XXI, fig. 10. 
»** daselbst Taf. XXI, fie. 13. 
r daselbst Taf. XXI, fig. 17. 
17 H. v. Meyer i. Jahrb. f. Miner. 1865. S. 219. 
111 Fraas, Geogn. Karte von Württemberg, Bl. Ulm, S. 14. Quenxsteor, 
Bl. Blaubeuren, S. 13 £. 
Jahrbuch 1873. 37 


Ber 
= 


Fk ee Rn Er BE ET RE EN a ee Ve Ta ie 
= Em Bu EN RE = 


— en er are de armen. 


578 


dess in der Fauna noch, und Geweihe von Wiederkäuern wurden 
nach ausdrücklicher Versicherung WETzLer’s nie gefunden, die 
Palaeomeryx-Arten sind also sicher keine Cerviden, und von den 
mit ihnen von Fraas u. A. identificirten ächten Cerviden von 
Steinheim und Günzburg u. s. w. ganz verschieden. Diese Schich- 
tenfolge wird nun an sehr vielen Stellen von dem „ Graupen- 
sand« überlagert, dessen Zusammenhang mit den versteinerungs- 
reichen Schichten von Ermingen durch Muszer, wie ich mich selbst 
überzeugte, mit voller Sicherheit nachgewiesen worden ist. Die 
merkwürdig gleichmässig abgerollten Körner von der durchschnitt- 
lichen Grösse grober Hagelkörner (Graupeln) rühren sämmtlich 
aus weiter Entfernung her und sind höchst wahrscheinlich De- 
tritus krystallinischer Gesteine * der Alpen. Es unterliegt daher 


keinem Zweifel. dass das Meer von Süden in die bisher nur von 


Süsswasser-Sümpfen erfüllte Niederung eingedrungen ist. Die 
sämmtlichen Meeressande von Giengen, Dischingen, Ermingen, 
Jungingen, Günzburg u. s. w. gehören dieser über Baltringen, 
Stockach u. s. w. nach Bayern und der Schweiz fortsetzenden 
Ablagerung an, welche dort den Namen Muschelsandstein (Hel- 
vetien C. Mayer) führt. Von den zahlreichen bei Ermingen von 
Hrn. WETzZLEer gesammelten Arten mögen die folgenden erwähnt 
werden, da ich sie selbst untersuchen konnte: Ostrea cerassissima 
Lan., giengensis ScnLoth., Pecten solarium Lan., opercularis L. 
sp., palmatus Lan., pusio L. sp., Mytilus aquitanicus Mavy., Arca 
Fichteli Desn., turonica Dus., Pectunculus glycimeris L. sp., Car- 
dita Jouanneti Basr., Chama gryphina Lanm.. Cardium discrepans 
Basr., edule L., hians Broceni, multicostatum Brocchı, turonicum 
Mary., Cytherea pedemontana Ac., Venus Brocchü Desn., clathrata 
Dvs., multilamella Lam.,. Haidingeri Hoern., umbonaria Lan., Ta- 
pes helvetica May., ulmensis May., vetula Bast., Panopaea Me- 
nardi Desn., Psammosolen strigilatus L. sp.. Pholas rugosa Broccni, 
Fissurella graeca Derr., Turritella Desmaresti Basr., triplicata 
Brocchi var., turris Bast., Proto cathedralis Broxen. sp., Natica 
Josephinae Rısso, saucatsensis May., Cancellaria Westiana GRar., 
Cerithium Dwuboisü Horrn., lignitarum Eıchw., papaveraceum 
Basr., pietum Derr., Zelebori Hoern., Fusus burdigalensis DEER., 


* Besonders reichlich kommen solche vor, welche auf quarzreiche 
Glimmerschiefer als ursprüngliches Gestein schliessen lassen. 


i 579 


Murex ceraticulatus Broccnı, Pleurostoma calcarata Grar., Ficula 
condita Bronen. sp., Buccinum reticulatum L., mirabile Grar., 
Aneillaria glandiformis Lam. Als Bewohner von Brackwasser- 
Sümpfen in der Nähe des Meeres sind 2 Cyrenen (C. ulmensis 
May. und ©. swevica n. sp.), sowie mehrere der angeführten Ce- 
rithien, z. B. ©. (Pyrazus) Duboisii Hoern. zu betrachten. Dass 
auch Strandbewohner nicht gefehlt haben, ist durch Auricula ob- 
longa Dus. (grosse Form) und Alexia pisolina Desn., die als 
Seltenheiten vorgekommen sind, bewiesen. Auf die in Folge der 
sehr brüchigen Beschaffenheit der Schalen nicht sicher bestimm- 
baren und auf die neuen Arten von Ermingen gedenkeich nicht 
einzugehen, da sie von C. Mayer genauer beschrieben werden 
sollen, welchem für Vergleichungen wohl das ausgezeichnetste 
Material zur Seite sieht. Ich habe ebensowenig nöthig, die Glie- 
derung der schwäbischen Mollasse in die drei von Mayer ange- 
nommenen Abtheilungen näher nachzuweisen, obwohl mir viele 
Data dafür zu Gebote stehen. Erwähnen will ich nur, dass die 
von ihm in seiner neuesten wichtigen Abhandlung * mit Recht 
besonders hervorgehobenen Bryozoen - Schichten vom Bodensee 
an längs dem Rande der Alb ebenso deutlich als eigene mittlere 
Abtheilung der Meeresmollasse zu erkennen sind, wie in Frank- 
reich und Oberitalien. Was in Schwaben zunächst über dem 
Graupensande liegt, ist also obermiocän. Da aber von da nur 
noch brackische und reine Süsswasserbildungen auftreten, so ist 
es keineswegs leicht, diese mit den Meeres-Absätzen in anderen 
Theilen Europa’s exact zu parallelisiren. Statt der blauen mee- 
rischen Mergel von Baden bei Wien, Lapugy und Saubrigues 
(Etage turonien C. May.) finden sich am Hochsträss (MiLLer a. 
a.0. S.2.5) zunächst über dem Graupensand 4,2 Mtr. „Pfosand “ ** 
und Thon ohne Petrefacten mit einer kohlehaltigen Schicht und 
dann unmittelbar Bänke voll von Cardium (Monodaena) sociale, 
solitarium, friabile, Unio Eseri u. a. Formen, unter denen auch 
schon Dreissenia amygdaloides und clavaeformis, aber noch als 


* Systematisches Verzeichniss der Versteinerungen des Helvetian der 
Schweiz und Schwabens. Zürich, 1873. S. 3f. Leider sind die in Schwaben 
vorkommenden Arten nicht in einer eigenen Spalte aufgeführt. 

** Keiner, eisenschüssiger und glimmerreicher Sand von schmutzig 
grünlich-brauner Farbe. 

31 


580 


Seltenheiten vorkommen, die indess in den höheren Bänken herr- 
schend werden und die Cardien vollständig verdrängen. Bei 
Hüttisheim liegt in dieser Region eine Bank voll von Tapes Part- 
schi C. May. Eine mit weissen Schalen von Dreissenia clavae- 
formis angefullte Schicht, die auch vereinzelt Neritina eyrtoscelis 
Kr., Melanopsis imipressa, Dreissenia amygdaloides, Hydrobia 
semiconveza n. sp. * führt, bildet eine gute Grenze nach oben. 
Dann folgen petrefactenarme grüne Thone und glimmerreiche 
Sandsteine (3,85 Mtr.), bunte Thone mit zahlreichen Hydrobien 
(semiconvexa und conoidea Krauss), Limneen, Planorbis cornu, 
Helix-Arten, (H. sylvana, involuta), Melania Escheri entsprechend 
den oberen Schichten des Profils bei Kirchberg an der Iller **, 
aber ohne die dort auftretenden Bänkchen mit Fischen. Diese 
Cardien-, Dreissenien- und Hydrobien-Schichten sind von Kirch- 
berg an durch die erfolgreichen Bemühungen Werzıer’'s bis Hüt- 
tisheim und Leipheim (Jungholz) nach Osten verfolgt worden 
und auch die tiefsten, bereits im Niveau der Donau gelegenen 
Schichten des Profils von Reissenburg bei Günzburg scheinen zu 
ihnen zu gehören. Mit ihnen schliessen die Brackwasser-Schich- 
ten am Hochsträss ab, welche sehr wahrscheinlich dem unteren 
Obermiocän (Tortonien C. May.), aber nicht den Cardien- und 
Congerien- (Dreissenien-) Schichten des Wiener Beckens ent- 
sprechen, mit dessen Cardien und Dreissenien keine der hier 
gefundenen Arten übereinstimmt. Dann folgt am Hochsträss, be- 
sonders schön an dem von mir mit Hrn. Dr. MürLer besuchten 
Fundorte Hausen ob Allmendingen entwickelt, aber an der Alb 
und nach Osten und Norden auch über den mittelfränkischen 
Theil des Jurazuges verbreitet, ein ächter, meist sehr hell ge- 
färbter, oft mergeliger Süsswasserkalk, der sog. Sylvestrina-Kalk 
der württembergischen Geologen. Dieses Niveau erscheint an 
der Alb stets in der Form eines in bedeutender Höhe über dem 
des Rugulosa-Kalkes gelegenen zweiten Plateau’s, und ist daher 
in topographischer Beziehung gleich wichtig, wie in geologischer, 
wo es die Vollendung der Aussüssung des schwäbischen Busens 
des Mollassemeeres characterisirt. Es ist aber als Kalk nur am 


* Bisher als Hydrobia ventrosa Mont. sp. (Paludina acuta Lam.) 


aufgeführt. 
** Tser in Württemb. Jahresh. IV. S. 258. V. 8. 151. . 


581 


Rande der Jurazüge entwickelt, dagegen nach Südosten gegen 
die Alpen hin überall als sandiger Mergel. Leitversteinerungen 
sind Helix sylvana Kırın, H, Leymeriana Novrer, H. inflexa 
Kreın (non Martens), H. carinulata Kırın, Azeca loxostoma KuEın 
sp., Cyelostomus conicus KıEın, ©. consobrinus C. May. M. S.; 
weit seltener sind Wasserschnecken, Melania Escheri, Planorbis 
cornu var. Mantellı, Limneus dilatatus u. a. Melanopsis Klein 
kommt schon vor, ist aber am Hochsträss in diesem Niveau meist 
sehr selten und nur am Deutschhof (Tautschbuch) häufig. Über 
dem „Sylvestrina-Kalk“ folgen in dem 1872 von Hrn. MiLLer und 
mir begangenen Profile bei Altheim (Tertiär am Hochsträss, S. 
17 .): 1) Mergel und Thone mit weissen Knollen (4 Mtr.), 2) do- 
lomitische Platten mit Planorben (PI. Mantelli und laevis) ca. 1,2 
M., 3) grüne Letten und Mergel ohne Petrefacten 4,6 M., 4) röth- 
licher Steinmergel mit Limneus delatatus, Planorbis Mantelli, lae- 
vis,? Anodonta, Ancylus deperditus, Cyclostomus conicus, 3) Pflan- 
zenkalke 7 M., 6) rothe schiefrige Kalke mit denselben Planor- 
ben, Limneen und Ancylus, wie in 4, dann 7) der Melanopsis- 
Kalk 1—3 M. Es ist dies weisser erdiger Kalk mit vielen z. 
Th. trefflich erhaltenen Petrefacten, unter welchen sich die äus- 
serst häufige Melanopsis Kleinii Kurr und Neritina cerenulata 
Kıeın besonders auszeichnen, dann Cyclostomus conicus KıEın, 
Helix malleolata Sınpe, n. Sp., scabiosa SAnDB., osculina SANDB., 
sparsisticta Sanpe., Patula euglyphoides* Sınpe., Azeca locostoma 
KrLEın sp., Planorbis Mantelli, Glandina sp. Endlich schliesst das 
- Profil auf der Höhe über Altheim mit kohleführendem Thon und 
glimmerigem (Pfo-) Sande mit Blöcken von Jurakalk ab, welcher 
auf der durch Gewässer stark angenagten und unregelmässig 
welligen Oberfläche der Melanopsis-Kalke lagert. Nur in der 
oberen Hälfte dieses Sandes sind Trümmer von Helix-Schalen zu 
bemerken. Welches Alter dieser Ablagerung zukommt, muss 
einstweilen dahingestellt bleiben, jedenfalls ist sie nicht diluvial, 
sondern vermuthlich noch obermiocän. 

In den eben geschilderten Kalken mit Helix malleolata und 
Melanopsis Kleinii sind im württembergischen Theile der Alb 
Wirbelthiere noch nicht gefunden worden, wohl aber im südlich- 


* Land- u. Süssw.-Conchyl. d. Vorwelt. Taf. XXIX, fig. 1. 


982 


sten badischen am Thalsberge bei Engelswies unweit Mösskirch. 
Neben Limneus sp., Melania Escheri, Melanopsis Kleiniüi und Ne- 
ritina crenulata * finden sich dort folgende von H. v. Meyer be- 
stimmte Wirbelthiere: Chalicomys Jaegeri Kıup, Anchitherium 
aurelianense Cuv. sp., Dorcatherium vindobonense v. Mey., Pa- 
laeomeryx Bojani id.. P. Kaupi id., Rhinoceros (Aceraiherium) 
incisivus Cuv., R. minutus id., Mastodon (Trilophodon) angusti- 
dens Cuv. Bemerkenswerth ist ferner das Vorkommen von Cin- 
namomum polymorphum, Glyptostrobus europaeus, Lastraea sty- 
riaca Ung. sp. und der sonst nur von Oeningen bekannten Süss- 
wasserkrabbe, Telphusa speciosa v. Mey. Mit der im obersten 
kreideartigen Kalke von Eckingen vorkommenden Fauna hat die 
von Engelswies nur Anchiütherium aurelianense und die Rhino- 
ceros-Arten gemein, die übrigen Arten sind in den Untermiocän- 
Schichten des schwäbisch-schweizerischen Mollasse-Gebietes un- 
bekannt, namentlich Mastodon angustidens, welcher indess von 
Süss aus solchen des Wiener Beckens angegeben wird. 

Im Donauthale liegen, wie bereits erwähnt, dem allgemei- 
nen flachen Fallen der Schichten nach SO. entsprechend, noch 
bei Leipheim genau-die gleichen Cardien- und Dreissenien-Schich- 
ten, wie bei Altheim und an sonstigen Orten des Hochsträss, bei 
Günzburg aber fallen sie schon unter das Niveau des Flusses, 
und die tiefsten bei Reisensburg entwickelten Bänke scheinen 
den obersten direet unter dem sog. Sylvestrina-Kalke gelager- 
ten Hydrobien- Schichten zu entsprechen **,. Dann folgt dort 
grauer Steinmergel mit Helix sylvana, Limneus dilatatus und 
Planorbis Mantelli, nur 1° bayer. m., bräunlichgrauer sandiger 
Mergel, an der Basis reich an Unio flabellatus, mit Melania 
Escheri. Planorbis Mantelli, Helix sylvana, Schildkröte, Krokodil, 
Chalicomys Jaegeri, Fischwirbeln 81° 3” bayer. m. und auf die- 
sen Sandzapfensand (Pfosand), gelblichbrauner, glimmerreicher 
Sand mit vielen härteren zapfenartigen Concretionen. Er enthält 
ebenfalls nur an der Basis reichlich Petrefacten, nämlich Melania 


* Schitz, Tertiär- und Quartär-Bildungen am nördl. Bodensee u. im 
Hegau, S. 23 ff. VoszLeesans und ZırreL, Geol. Beschreibung der Um- 
gebungen von Möhringen und Mösskirch. 1867, S. 42. 

** Ich habe dieses von WETZLER sehr genau aufgenommene Profil 1869 
selbst untersucht. Die beiderseitigen Resultate stimmen völlig überein. 


983 


Escheri, Melanopsis Kleinü, Limneus dilatatus , Planorbis Man- 
telli, Helix sylvana, Neritina crenulata, Unio flabellatus GoLDr., 
U. Mandelslohi Dkr., Fischwirbel, Schildkröten aus der Familie 
der Emyden und Trionyciden, Krokodil, Andrias sp., Vogelreste, 
Stephanodon mombachensis v. Mey., Chalicomys Jaegeri Kaur 
(E) *, ©. Eseri v. Mevy., Mastodon angustidens Cuv. (E), Rhino- 
ceros Sp., Sus wylensis v. Mey., Hyotherium Sömmeringi Cuv., 
medium v. Mey., Anchitherium aurelianense Cuv. (E), Dorcathe- 
rium gunlianum v. MeEy., D. Naui Kıur, Cervus (Prox) spp., Pa- 
laeomeryz minor v. Mex., P. Scheuchzeri id., P. pygmaeus id., 
P. Bojani id. (E). Die bis jetzt aufgeführte Schichtenreihe glaube 
ich mit voller Sicherheit als Äquivalent des Kalkes mit Helix 
sylvana und Melanopsis Kleinii betrachten zu dürfen, da alle 
characteristischen Arten übereinstimmen, doch stellt Reisensburg 
eine fluviatile Facies dar, die natürlich sowohl in ihrer petrogra- 
phischen Beschaffenheit als in der Fauna Abweichungen von einer 
gleichzeitigen limnischen am Fusse eines reinen Kalkgebirges 
zeigen muss. Darüber folgen feine weissgraue blätterige Mergel 
mit vielen Pflanzenresten, welche nach Heer ** nur solche For- 
men enthalten, die auch bei Oeningen und Locle (Canton Neu- 
chatel) vorkommen, ca. 20° mächtig, und schliesslich loser, gelb- 
licher, eisenschüssiger Sand ohne Petrefacten. Da an der Donau 
bei Ingolstadt und Neuburg als oberste Tertiärbildung Dinothe- 
rien-Sand liegt, welcher auch bei Locle und Delsberg über dem 
Pflanzenmergel mit der Oeninger Flora folgt, so ist es höchst 
wahrscheinlich, dass auch der oberste Sand von Günzburg diesem 
Niveau entspricht. Bis jetzt wird dasselbe allgemein als oberste 
Miocän-Schicht angesehen und darf wegen seiner enormen Ver- 
breitung in Mittel- und Süd-Europa als eines der ausgezeichnet- 
sten geologischen Niveau’s betrachtet werden. 


* Die auch im Kalke von Engelswies gefundenen Säugethiere sind 
durch (E) bezeichnet. 
** Flora tert. Helvet. III, p. 286. 


Briefwechsel. 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 


Ein Ausflug nach den Schwefelgruben von Girgenti. 
Von Herrn Professor G. vom Rarn. 


Bonn, den 1. August 1873. 

Um von Catania nach Girgenti zu gelangen, verfolgte ich die grosse 
palermitanische Strasse bis zur Station Sta. Caterina, wo sich der Weg 
nach Caltanisetta und Girgenti abzweigt.. Bis Leonforte (78 Kilom. von 
Catania) konnte die Eisenbahn benutzt werden, welche sogleich, nachdem 
sie den Bahnhof von Catania verlassen, in einem langen Tunnel das Ende 
des grossen ätnäischen Lavastroms von 1669 durchbricht. Die Bahn durch- 
schneidet dann die durch ihre Fruchtbarkeit so berühmte Piana di Ca- 
tania, die einzige Ebene von grösserer Ausdehnung, welche Sicilien be- 
sitzt, 35 Km. von O. nach W., 15 von N. nach S. messend. Dieselbe wird 
gegen Süd begrenzt durch das altvulkanische Gebiet von Militello und 
Palagonia, gegen West durch sanft ansteigende tertiäre Höhen, gegen 
Nord durch den breiten Fuss des Ätna, gegen Ost durch das Meer. Die 
Flüsse Gurna longa und der Bernstein-führende Simeto, welche nahe ihrer 
Mündung sich vereinigen, durchströmen die catanische Ebene. Der wasser- 
reichere Simeto wird durch den Schnee des Ätna genährt. Als ein un- 
geheures flaches Gewölbe erheben sich die untern und mittleren Gehänge 
des Riesenvulkans, la Montagna in Sizilien genannt, auf einer nahe kreis- 
förmigen Basis von 40 Kilom. Durchmesser. Deutlich erkennt man die 
niedere, aber steile Terrasse, welche die sanften Ätnagehänge gegen die 
Piana sowie gegen das Simetothal begrenzt. Jene Steilterrasse, auf deren 
Rande die Städte Misterbianco, Paternö, Biancavilla, Aderno liegen und 
welche über Fasano gegen Aci reale fortsetzt, bezeichnet die älteste Bil- 
dung des Vulkans, welche aus geschichteten Tuffen sowie (unter letzteren 
hervortretend) aus pliocänen Thon- und Mergelschichten, reich an Resten 
mariner Mollusken, bestehen. Einige Kastellfelsen z. B. bei Sta. Ana- 
stasia sowie bei Paternö erinnern an die gleiche Felsgestaltung (Dolerit) 


= 


985 


bei Aci Castello. Das Thal des Simeto, in welches die Bahn aus der 
Ebene von Catania eintritt, ist breit, von sanften Höhen begrenzt; die 
Städte und Flecken liegen weitab von der Bahn. Auf der rechten Seite 
des Simeto, unfern des hochliegenden Centorbi, welches jetzt wieder den 
Namen der alten Sikulerstadt Centuripe angenommen hat, liegen die am 
meisten gegen Ost vorgeschobenen Schwefelgruben. 

Die schwefelführenden Schichten Siziliens gehören bekanntlich dem 
Tertiär an und zwar nach der Ansicht des Hrn. MorrvrA (Sulla forma- 
zione tertiaria nella zona solfifera della Sicilia; Memorie R. comitato geo- 
logico d’Italia Vol. I, 1871) dem Miocän. Über einen sehr grossen Theil 
der Insel ist die Schwefelformation verbreitet, indem sie sich von Gibellina 
(Prov. Trapani) im Westen bis Centuripe (Prov. Catania) im Osten, und 
vom südlichen Fusse der Madonie- und Nebrodi-Gebirge durch die ganze 
Inselmitte bis an das afrikanische Meer erstreckt. Die grösste Länge 
dieses Schwefelgebiets von OÖ. bis W. beträgt 160 —170 Kilom., die grösste 
Breite 85—90. Innerhalb dieses sehr grossen Gebiets ist indess die 
Schwefelformation keineswegs überall vorhanden; sie bildet vielmehr ge- 
trennte Partien, welche gruppenweise zusammenliegen. So drängen sich 
die Gruben besonders dicht und reich zusammen um Üenturipe, Villarosa, 
Caltanisetta, Sn. Cataldo, Serradifalco, Delia, Sommatino, Roccalmuto, 
Grotte, Comitini, Favara, Cattolica, Lercara (Prov. Palermo). Während 
an manchen Stellen das Fehlen der Schwefelschichten an der Oberfläche 
durch eine Bedeckung jüngerer Tertiärschichten zu erklären ist, ist an 


andern Orten durch Denudation die Schwefelformation zerstört und fort- 


geführt worden; endlich mag auch die Schwefelbildung nicht an allen 
Orten jenes Gebiets vorhanden gewesen sein, und vielleicht die ursprüng- 
liche Bildung in mehr oder weniger isolirten Becken stattgefunden haben. 
Die geologische Constitution des in Rede stehenden Gebiets ist bereits 
durch Fr. Hormann dargelegt worden, dessen Berichte und Karte, bearbeitet 
durch Hrn. v. DEcHeEn, noch immer die Grundlage unserer geologischen Kennt- 
niss Siziliens sind. Als ein wesentlicher Fortschritt sind vorzugsweise die treff- 
lichen Arbeiten Sesvenza’s über die Provinz Messina zu bezeichnen, welche 
indess keine Schwefellagerstätte besitzt. In grossen Zügen ist die geologische 
Bildung unseres Gebiets unschwer aufzufassen, im Einzelnen stellen sich indess 
wohl die grössten Schwierigkeiten dar. Das Relief der Insel, ein wahres 
Chaos von Hügeln und Bergen, gibt eine Andeutung der ausserordent- 
lichen Störungen, welche dort den Schichtenbau betroffen haben. Ein sol- 
ches Gewirre von Bergen, wie es die Inselmitte von Sizilien bietet, möchte 
sich kaum in einem anderen Theile Europa’s wiederfinden. Es verlangt 
zu seiner Erklärung vielfach wiederholte Hebungen, theils localer, theils 
allgemeinerer Art, Verwerfungen, Senkungen, Denudationen. 

Die ältesten Gesteine des angegebenen Gebiets sind Macigno-ähnliche 
Sandsteinschichten, welche, auf dem Gneiss und Schiefer des Cap Calava 
und Cap Tindaro ruhend, das Plateau „Bosco di Caronia“ (über 1000 m. 
hoch) zusammensetzen. Auf diesen Sandsteinen ruhen Mergelschichten, 
nach Hormann täuschend den Keupermergeln gleichend. Die Grenze beider 


986 


Bildungen wird zufolge der Hormann’schen Karte durch eine Linie bezeich- 
net, welche von Centuripe gegen WNW. nach Mezzojuso, südlich Palermo, 
gezogen wird. Diese Mergel bilden eine, im Mittel 15 Kilom. breite Zone, 
welche sich von der Catanischen Ebene bis zum Fusse des Monte S. Giu- 
liano (dem alten Eryx) unfern Trapani erstreckt. In der Gegend von Cal- 
tanisetta verbindet sich die genannte Mergelzone mit einer grossen Partie 
desselben Gesteins, welche den grösseren Theil der Provinz Girgenti con- 
stituirt. Versteinerungen scheinen weder in den Sandstein- noch in den. 
Mergelschichten bisher aufgefunden zu sein. — Auf ihnen ruhen nun Kalk- 
steine, welche ihren Versteinerungen nach theils der Jura-, theils der 
Kreideformation angehören. G. G. GEMELLARO (Prof. in Palermo) wies in 
den Kalkgebirgen, welche Palermo umringen, Naticiden und Neritiden 
nach, durch deren Auffindung die Zugehörigkeit der Schichten zum weis- 
sen Jura bewiesen werde. Ein sicher bestimmter Kreidehorizont wurde 
durch Auffindung von Petrefakten in den Madonie-Bergen, deren Bestim- 
mung wir Hrn. Menxesninı verdanken, nachgewiesen. Es sind namentlich 
die folgenden, der mittleren Kreide angehörigen Arten: Ammonites Rho- 
tomagensis, Arca Deletrei, Pecten Devauxj, Janira tricostata, Ostrea co- 
nica, O. Overwegi u. a*. Schichten von gleicher petrographischer Be- 
schaffenheit und mit denselben Versteinerungen wurden durch SEGUENZA 
bei Bova und Brancaleone in Calabrien, sowie in der Prov. Constantine 
durch Coguanp nachgewiesen. In Bezug auf die Jura- und Kreide-Schich- 
ten Siziliens darf an die Worte Hormann’s erinnert werden: „Alle Glieder 
der Jura- und Kreideformation stellen sich in Sizilien, wie überhaupt in 
Italien, als zusammengehörend dar; sie sind nur nach den Versteinerun- 
gen zu trennen, nicht nach ihren Lagerungsverhältnissen.“ (Fr. Hormann, 
Übers. d. geognost. Verhältnisse Siziliens in Karsren’s Archiv, Bd. XII.) 

Das Eocän kündigt sich durch Nummuliten-führende Kalke an, welche 
an sehr vielen Orten des Schwefelgebiets bekannt sind. Einige der bereits 
von Hormann angeführten Punkte sind: unfern Centorbi, bei Nicosia, am 
nordwestlichen Abhange der Madonie, bei Lercara, Cammarata, am Mte. 
S. Calogero bei Sciacca, unfern Cattolica, zwischen Girgenti und Grotte, 
an der Maccaluba, zwischen Castrogiovanni und Caltascibetta u. a. O. In- 
nig verbunden mit den Nummulitenkalken erscheint ein eigenthümlich 
löcheriger Kalkstein, Klippen- oder Riffkalk, dessen Felsen, bald rauhe 
Kämme, bald ruinen- oder thurmähnliche Gestalten bildend, für den land- 
schaftlichen Charakter des mittleren und südlichen Sizilien eine besondere 
Bedeutung hat. Dieser Klippenkalk bildet in einem grossen Theil des 
Schwefelterritorium, namentlich in den Provinzen Caltanisetta und Gir- 
genti, das Tiefste. 

Auf dem löcherigen Kalkstein ruhen, wohl meist mit sehr unregel- 
mässiger Begrenzungsfläche, weisse Foraminiferen-Mergel, eine marine 
Bildung. Diese lichten, gewöhnlich feinerdigen Mergel, führen den Lokal- 


* SEGUENZA, Sul cretaceo medio dell’ Italia meridionale (lettera). Atti 
Soc. Ital. d. scienze naturali. Vol. X. Fasec. 11. 


987 


namen Trubi. Über denselben liegt häufig eine wenig mächtige Schicht 
von Polirschiefer, ein Tripel, mit vielen Fischabdrücken, höchst wahrschein- 
lich ein Süsswassergebilde. Darüber folgt die schwefelführende Schicht, 
ein kalkiger Mergel von bald mehr thonigem, bald mehr kalkigem Cha- 
rakter, zuweilen auch ein Kalkstein. Darauf ruhen gewöhnlich colossale 
Gypsmassen, welche wiederum von Foraminiferen-Mergeln, den oberen 


Trubi, bedeckt werden. — Diese ganze Schichtenfolge zwischen den un- 
teren und den oberen Trubi soll nach Mortura’s Ansicht dem Miocän an- 
gehören. 


Es folgen bläulichgraue Thone und gelbe Muschelbreccien, das Plio- 
cän. Diese jungen Gebilde, reich an organischen Einschlüssen, welche 
zum grössten Theil noch jetzt lebend an den sicilischen Küsten sich fin- 
den, bedeckten gewiss ursprünglich das ganze südliche Sizilien und ringsum 
die Küsten. Die pliocänen Schichten bilden zwei grössere Massen, eine 
östliche und eine westliche. Jene von Caltanisetta bis Vittoria einerseits, 
und von Terranuova nach Caltagirone andererseits reichend. Die west- 
liche nimmt die ganze Westspitze der Insel, jenseits einer von Sciacca 
nach Trapani gezogenen Linie, ein. Ausser diesen beiden grösseren bildet 
das Pliocän viele kleinere inselartige Partien; so bei Girgenti, zwischen 
Centuripe und Leonforte, Castrogiovanni ete. Das genauere Studium der 
Höhenverhältnisse der pliocänen Muschelbreccie gewährt ein ausserordent- 
liches Interesse, weil hier die Beweise für bedeutende Hebungen und De 
nudationen vorliegen. Während die gelben Mergel z. B. bei Girgenti in 
sanfter Neigung bis etwa 330 m. emporsteigen, bilden sie in horizontaler 
Schichtenlage das von Steilabstürzen umgebene, fast 1000 m. hohe Plateau 
von Castrogiovanni. Die zerstückten Pliocänplatten, welche in diesem 
Theile der Insel die Höhen krönen, verrathen deutlich, dass sie ehemals 
im Zusammenhange standen. Ohne lokale Hebungen lassen sich solche 
hochragenden Terrassenberge wie derjenige, auf welchem die eben ge- 
nannte Stadt ruht, nicht erklären. 

Nach dieser allgemeinen Übersicht über die geologische Beschaffenheit 
des Schwefelgebiets kehren wir wieder an den Simeto zurück. Die Bahn 
tritt unfern Biancavilla in das Thal des Salsoflusses, welcher aus dem 
Sandsteingebirge von Nicosia herabkommt und wohl zu unterscheiden ist 
von dem bei Licata mündenden Flusse gleichen Namens. Beide verdanken 
ihren Namen dem Salzgehalt. Der östliche Salso entnimmt denselben 
der Lagerstätte westlich von Nicasia.. „Das weisse und grobkörnige 
Steinsalz liegt in Trümmern und Knoten im Thon, ganz unregelmässig 
vertheilt* (Hormann). Das Steinsalz Siziliens gehört der Tertiärformation 
an (wie auch dasjenige Calabriens und Toskana’s); eine genaue und sichere 
Altersbestimmung liegt indess bis jetzt noch nicht vor. In seiner oben 
genannten Arbeit rechnet MorrurA die salzführenden Thone und die Stein- 
salzmassen zum unteren Miocän, während er sie in den Zusätzen und Be- 
richtigungen zu jener Arbeit (Memorie, T. II) dem oberen Eocän zurech- 
net. Nach MorrvrA liegen die salzführenden Schichten stets unter der 
eigentlichen Schwefelformation. Unzweifelhaft ist dies meistens der Fall, 


588 


wie es auch aus den Andeutungen Hormann’s hervorgeht. Nach der An- 
sicht E. Srönr’s indess, welcher seit einer Reihe von Jahren einer Unter- 
suchung der Schwefellagerstätten um Grotte und Comitini sich widmet, 
sollen die Salzablagerungen ziemlich gleichzeitig mit den Schwefellager- 
stätten sein, letztere Süsswasser-, jene marine Gebilde. Steinsalz ist in 
Sizilien sehr verbreitet, von Nicosia und Sperlinga im NO. bis Cattolica 
im SW. Ähnlich den Vorkommnissen von Gyps und Schwefelgestein, bildet 
auch das Salz getrennte Partien, deren bedeutendste sich westlich von 
Nicosia, nördlich von Villarosa, um Castrogiovanni, bei Roccalmuto, bei 
Cattolica u. a. O. befinden. Die Concurrenz des in den Salzgärten ge- 
wonnenen, sowie des ansländischen Salzes haben in Verbindung mit der 
unvollkommenen Communication im Innern der Insel einer erfolgreichen 
Gewinnung des Steinsalzes bisher entgegengestanden. Es wird nur in 
der Nähe der Gruben und zu äusserst geringen Preisen verkauft. 

Unfern S. Filippo d’Argiro verlässt die Bahn das Salso-Thal, durch- 
schneidet ein aus Jüngsten Tertiärschichten (pliocäner Muschelbreccie und 
gleichaltrigen Thonen) bestehendes Gebiet und tritt bei Leonforte in das 
obere Dittaino-Thal. Jene Tertiärpartie bildet ein isolirtes, von O. nach 
W. gestrecktes, von ('enturipe bis Leonforte reichendes Plateau, welches 
2586 F. (Hormann) erreichend, mit steilen Felsrändern gegen die Thäler 
des Salso und des Dittaino abstürzt. Bei Leonforte, nahe der Grenze der 
Provinzen Catania und Caltanisetta, erreichte die Bahn ihr vorläufiges 
Ende. Vor uns gegen SW. erblicken wir, etwa 12 Kilom. fern, unge- 
wöhnliche Berggestalten, die beiden Stadtberge von Castrogiovanni und 
Calascibetta, durch eine schmale Senkung verbunden, über welche jetzt 
die Strasse und durch welche hindurch bald die Bahn den Westen mit 
dem Osten der Insel verbinden wird. Vom Fusse des Ätna bis zum Ober- 
laufe des Dittaino herrschen Höhen von wenig ausgezeichneten Formen: 
um so mehr überraschen die genannten hochragenden Berge, von denen 
namentlich derjenige zur Linken, das Stadtplateau von Castrogiovanni, 
vielleicht die grossartigste Stadtlage Europa’s, einen ausserordentlichen 
Anblick gewährt. Ringsum laufende, verticale Felswände begrenzen die 
erhabene Stadtfläche, welche sich 925 m. üb. M. etwa 500 m. über das 
umliegende Hügelland erhebt. Das ist das altberühmte Enna, der hohe 
„Nabel der Insel“ (Diodor), welche als uneinnehmbare Feste eine so grosse 
Rolle in der Geschichte Siziliens gespielt hat. Das Plateau von Castro- 
giovanni, auf dessen Gipfel, der Rocca di Cerere, der berühmte Deme- 
ter-Tempel lag, ist eine isolirte, hoch erhobene, horizontale Tertiärplatte, 
eine Muschelbreceie mit zahlreichen Ostreen und Pectineen. Die Stadt mit 
20 Tausend Einwohnern ist die höchstbewohnte in Sizilien. Während der 
grössere Theil der Insel von der Sonnengluth versenkt ist, erfreut sich 
Castrogiovanni erfrischender Kühle. Unfern des Tempels der Demeter 
sollen sich in einer Höhle Knochen grosser Säugethiere (Hlephas und 
Hippopotamus) gefunden haben. -— Calascibetta liegt nur etwa 21,, Kilom. 
fern gegen N., auf einem spitzen Berge (874,5 m. h.), dessen Gipfel gleich- 
falls aus pliocäner Muschelbreccie besteht. Die Senkung, welche beide 


589 


Stadtberge trennt, wird durch graue Thonschichten, der Basis jener gelben 
Muschelbreceie, gebildet. Durch diese Schichten wird jetzt der Bahntunnel 
gebrochen. Die Strasse steigt bis etwa 800 m. empor, bis unmittelbar an 
die Steilabstürze der gelben Muschelbreccie von Castrogiovanni. Die Sta- 
tion nahe der Höhe heisst Misericordia, vielleicht wegen der fürchterlichen 
Beschaffenheit des steilen Wegs. Auf der Passhöhe öffnet sich eine weite Aus- 
sicht über das centrale Sizilien bis hin zur fernen, hohen Kalkpyramide 
des Monte di Cammarata (1578 m. h.), 8 d. M. fern. So weit man blickt, 
ist Alles Berg und Thal, nicht die kleinste ebene Fläche. Dies gebirgige 
Land ist mit Ausnahme weniger felsiger Bergkämme bis Ende Juni eine 
einzige Weizenflur, nach der Erndte eine fast vegetationslose, verbrannte 
Fläche. Die Flecken (Dörfer gibt es hier eigentlich nicht) sind durch 
weite Entfernungen getrennt, ungemein volkreich. Auf Strecken von 10 
bis 15 Kilom. trifft man in diesem Theile Siziliens kaum Eine mensch- 
liche Wohnung. Die Bebauung und Besiedelung dieses Landes sind gänz- 
lich verschieden von den gartengleichen Ätnafluren. — Von der Höhe Ca- 
strogiovanni’s geht es tief hinab in’s Morrethal, eines Nebenflusses des 
südlichen Salso, und wieder hinauf nach Villarosa, dessen Nähe sich (wie 
überhaupt der Umkreis der Flecken und Städte) durch einen Wald von 
Fruchtbäumen ankündigt. Das Gebiet Villarosa’s ist besonders reich an 
Schwefelgruben; es erscheinen an den Höhen umher die charakteristischen 
röthlichen Halden der Calcaroni, der Schwefelöfen. Jenseits Villarosa 
sinkt die Strasse steil hinab in das Thal des Salso oder Fiume grande, 
welcher, nur wenige d. M. von der Nordküste am Monte Gallina ent- 
springend, zum südlichen Meere gewendet, die Insel in eine westliche und 
eine östliche Hälfte scheidet. Dieser bemerkenswerthe Lauf hat dem Flusse, 
Himera meridionalis, als Staaten- und Völkerscheide im Alterthume Be- 
deutung gegeben. Schroffe Sandsteinschichten bilden das Flussthal, wo 
die Strasse dasselbe überschreitet. Über Höhen und Senkungen erreicht 
man das tiefe Thal des Fiume di Petralia, eines Nebenflusses des Salso, 
Jenseits desselben liegt hoch am Wasserscheider zwischen den Flüssen 
Himera und Platani der Flecken Sta. Caterina, wo die Strasse nach Cal- 
tanisetta sich von der Hauptlinie Catania-Palermo abzweigt. Die Calta- 
nisetter Strasse folgt jenem Wasserscheider und hält sich in einer, den 
Osten und Westen der Insel weit überschauenden Höhe von 550 bis 650 
m. . Nachdem man den Wald von Fruchtbäumen um Sta, Caterina ver- 
lassen, dehnen sich wieder unübersehbar die Weizenfluren aus, ohne Fel- 
dertheilung, über Thäler und Höhen hinweg., Die Fruchtbarkeit des Bo- 
dens scheint ausserordentlich zu sein. Eine dunkle (zwischen Caltanisetta 
und S. Cataldo schwarze, fast pechähnliche) Erde von grosser Mächtig- 
keit bedeckt Kalk, Mergel und Schieferschichten. Durch Verwitterung 
der unterlagernden Schichten allein kann diese sicilische Ackererde nicht 
gebildet sein. Mit den, von unermesslichen Weizenfluren bekleideten Thal- 
und Höhenformen bilden einzelne colossale ruinenartige Felsen von gelb- 
lichweissem, löcherigem Kalksteine (s. oben) einen seltsamen Gegensatz. 
Auf dem ganzen Wege von Sta. Caterina bis Caltanisetta (22,5 Kilom.) 


Dr Ze ae 


590 


verliert man den Ätna kaum aus den Augen. Die unteren Gehänge des 


90 Kilom. entfernten Bergs sind verborgen und nur das im April noch 


schneebedeckte, obere Berggewölbe sichtbar. Einen unvergesslichen An- 
blick gewährte es, als der ferne, schön und symmetrisch gebaute, im Abend- 
roth leuchtende Vulkan genau in die Lücke der beiden (22,5 Kilom. fer- 
nen) Städteplateau’s von Calascibetta und Castrogiovanni trat, beide an 
Höhe überragend. Gegen West schliessen die weite Landschaft der Berg 
von Camarata (1578 m.) und die Spitze von Sutera. Die Strasse hebt sich 
nun, bevor sie Caltanisetta erreicht, an einem ostwestlich streichenden 


Bergrücken, dem Monte S. Giuliano, empor. Die Stadt liegt am südlichen. 


Gehänge dieser Höhe, in sehr fruchtbarer, baumreicher Umgebung, mit 


freier Aussicht gegen Süd auf das Thal des Himeraflusses. Der Mte. S. 


Giuliano, sowie die im N. und O. der Stadt sich erhebenden sanften Höhen 
bestehen aus gelber, pliocäner Muschelbreceie. Dass Caltanisetta der Mit- 
telpunkt eines reichen Schwefelgebiets ist, erkennt man sogleich an den 
fast zahllosen schwefelbeladenen Carretti, welche die Strassen beleben und 
sich theils zur Stadt hin, theils gegen den Hafen von Licata bewegen. Die 
wichtigsten Schwefellagerstätten unfern Caltanisetta sind bei S. Cataldo, 
bei Serradifalco, Delia, Sommatino, Montedoro; nahe der Stadt liegen 
die Gruben Trabonella und Tumminelli. Diese letztere weist nach Mor- 
rura folgendes Schichtenprofil (Fallen gegen Süd) auf, von unten nach 
oben: salzführende Mergel (miocän), Polirschiefer (tripoli) mit Fischen 
(oberes Miocän), kalkiger und dolomitischer Mergel, Polirschiefer mit Re- 
sten von Fischen und Insekten, schwefelführende Schicht, Gyps, Mergel 
mit Kalkblöcken, Foraminiferen-Mergel, pliocäne Mergel, Kalktuffe, plio- 
cäne Sande. Vier Kilom. ostnordöstlich von der Stadt finden sich Salsen, 
die Maccaluben von Caltanisetta, Terrapilata genannt. Im Juli 1856, als 
C#. Ste-CLAIRE DEVILLE den Ort besuchte, stellte die Terrapilata einen 
flachen aus Thon gebildeten Kegel dar, dessen Durchmesser ungefähr 150 
m. Aus wenig zahlreichen, nur einige ctm. im Durchmesser haltenden 
Öffnungen floss eine spärliche Menge salzigen Wassers aus, durch welches 
in unregelmässigen Intervallen Blasen brennbaren Gases aufstiegen (Ss. 
Comtes rendus de l’ Academie des Sciences, t. XLUI, 18. aoüt 1856). Nach Erd- 
beben soll die Zahl und die Heftigkeit der kleinen Schlünde sich ver- 
mehren. Eine andere Maccalube ist an der Örtlichkeit Xirbi, 6 Kilom. 
nordwestlich von Caltanisetta, eine Senkung von 4 bis 5 m. Durchmesser 
im Thonterrain; umher liegen grosse Blöcke von Hippuritenkalk. Jene 
Depression ist mit salzigem Wasser gefüllt, aus welchem reichlich, doch 
in unregelmässigen Zwischenräumen, brennbares Gas emporsteigt. DEVILLE 
erwähnt das Vorkommen einer bituminösen Substanz im Thone, welcher 
die Einfassung des Kessels bildet. Eine der Aufmerksamkeit späterer 
Reisender besonders würdige Örtlichkeit, einige Kilom. von Caltanisetta 
fern, ist der Capo Arso genannte Hügel. Der Überlieferung zufolge sollen 
dort früher Feuererscheinungen beobachtet worden sein, auch sollen sich 
Schlacken und Laven daselbst finden (?). Vielleicht ein Grubenbrand ? Die 
weite, gartengleich bebaute Thalmulde von Caltanisetta, welche in ihrer 


591 


nördlichen Hälfte aus pliocänen Schichten besteht, wird gegen West durch 
Höhen von Kalkstein und Mergeln begrenzt. Jenseits derselben verschwin- 
det das Plioeän. Die weissen, feinerdigen Mergel des Miocäns bilden vor- 
zugsweise die Thalmulden, während auf den Höhen oft rauhe und schroffe 
Kalkfelsen hervortreten. Sn. Cataldo und Serradifalco sind reich an Schwe- 
felgruben. Für die Grube Stincone, nördlich von Serradifalco gibt MorturA 
von unten nach oben folgendes Profil an: Thonmergel, Polirschiefer, schwe- 
felführende Schicht, Gyps, feinerdige Mergel, sog. Trubi, mit Foramini- 
feren. Nördlich von S. Cataldo umschliessen die Thone eine Steinsalz- 
lagerstätte, auf welcher die Saline Trabona baut. Die salzführenden Thone 
werden bedeckt von Gypsmassen. Von den rauhen, kahlen Höhen um 
Serradifalco führt die Strasse im rechten Winkel umbiegend allmälig ab- 
wärts nach Canicatti, einer Stadt von mehr als 20 Tausend Seelen. Diese 
Städte sind nur ein Haufwerk gleichgestalteter, fast würfelförmiger Häu- 
ser, deren Farbe sie kaum vom Boden und Felsen unterscheidet; das Häu- 
serconglomerat zieht sich, ohne das Relief des Bodens zu ändern, über 
Höhen und Senkungen hin: so bemerkt man aus der Ferne diese Städte 
kaum. Zwischen Canicatti im Thale des Naroflusses und Roccalmuto siehi 
man zur Rechten nördlich der Strasse einen aus löcherigem Kalkstein be- 
stehenden rauhen Bergkamm, den Monte Castellazzo. Das salz- und 
schwefelreiche Roccalmuto liegt in einer flachen Mulde, in der Nähe eines 
Quellarms des Platan. Um Roccalmuto herrschen weisse, feinerdige 
Mergel, mit reineren Thon- und Gypsmassen abwechselnd. Nördlich der 
Stadt zieht sich mit ostwestlicher Richtung der Höhenzug Cannatone hin, 
dessen östliches Ende durch einen Zufluss des Platani durchbrochen wird. 
In der Tiefe dieser Schlucht und mehr noch weiter nördlich (in der Rich- 
tung auf Bompensieri hin) tritt Steinsalz hervor, während an den mittleren 
Abhängen von Cannatene reiche Schwefellagerstätten vorhanden sind. Die 
Zusammensetzung des genannten Höhenzugs ist von unten nach oben fol- 
sende: a) Löcheriger Kalkstein, im Grunde des Thals und am südlichen 
Fusse des Hügels anstehend, b) weisse Infusorienmergel und Polirschiefer 
mit zahlreichen Fischresten, c) feinerdige, kalkige Mergel — die untern 
Trubi —, d) schwefelführende Kalke und Mergel, e) kompakte Gypsbänke, 
bis 65 m. mächtig, f) feinerdige, kalkige Mergel — die oberen Trubi. — 
Dies ganze System streicht ostwestlich und fällt mit etwa 30° gegen Nord 
ein. In der mittleren Höhe des Hügelzugs Cannatone zieht eine lange 
röthliche Halde hin, die Spur zahlreicher Calcaroni, in denen das hier ge- 
wonnene Erz ausgeschmolzen wurde. Die Schwefelgruben von Roccal- 
muto, namentlich Cimicia, liefern sehr schöne Drusen von Schwefelkry- 
stallen. Von hier stammen die merkwürdigen Schwefelzwillinge (Zwillings- 


ebene eine Fläche Px), welche ich in der XI. Forts. meiner Mineralog. 
Mitth. (PossEnnorrFr’s Ann. Erg.-Bd. V, Heft 3) beschrieb; ferner die selt- 
samen tetra&drischen Krystalle, gebildet durch die abwechselnde Ausdeh- 
nung der Flächen von !/,P; sowie die eigenthümlichen Krystalle mit Fort- 
wachsungen (grosse, ältere Krystalle von dunkelgelber Farbe mit parallel 
gestellten kleinen lichtgelben Oktaödern bedeckt etc.), welche auf das 


an 


ah 


592 


Deutlichste eine successive Ausbildung der Schwefelkrystalle, wie sie nur 
durch Abscheidung aus Lösungen erfolgen kann, beweisen. 

Das von Thonschichten eingeschlossene und mit solchen wechselnde 
Steinsalz von Roccalmuto ist von grosser Reinheit, in Schichten gesondert. 
Ich erhielt aus jener Grube durch Prof. Sesvenza ausgezeichnet schöne 
Würfel von 1 etm. Kantenlänge. Daselbst finden sich zuweilen, auf den 
Krystallen des Steinsalzes aufgewachsen, rhombische, arragonitähnliche 
Krystalle von schwefelsaurem Kali-Natron (Arkanit), vergl. deren Be- 
schreibung a. a. O. An keinem andern Punkte der Welt haben sich bis- 
her ähnliche Krystalle von Arkanit gefunden wie zu Roccalmuto. — Der 
Weg nach Grotte führt theils über Thonschichten, theils über feinerdige 
Kalkmergel. "Etwas südlich der Strasse treten mächtige Gypsmassen her- 
vor. Bald zeigt das Gestein ein mittelkörniges, marmorähnliches Aggre- 
gat, bald besteht es aus handgrossen Krystallen. Wo diese, oft grosse 
Sphäroide bildenden Gypsmassen hervortreten, ist der Boden im Gegen- 
satze zu dem umliegenden Lande äusserst steril. Der Gyps wird dort 
allgemein statt des Kalks zum Mauern benutzt und zu dem Zwecke in 
Öfen gleich den Kalköfen gebrannt, wozu ein Strohfeuer genügt. — 

Auch das Gebiet von Grotte ist sehr reich an Schwefel. Das Städt- 
chen, in welchem ich freundschaftliche Aufnahme und vielfache Belehrung 
bei Hrn. Direktor EmıL Stönr fand, liegt am westlichen Gehänge eines 
flachen Höhenzugs. An den das Thal von Grotte gegen Westen begren- 
zenden Höhen erblickt man überall die charakteristische röthliche Färbung 
der in den Calcaroni gebrannten Schwefelerze, der sog. Cenesi. Die Schich- 
tenfolge in der Umgebung von Grotte ist folgende: Die ältesten zu Tage 
gehenden Bildungen gehören dem Eocän an, es ist ein löcheriger Kalk- 
stein, welcher Hippuriten, Nummuliten und Orbituliten enthält, und in 
klippenartigen Felsen an manchen Stellen im Grunde der Thäler empor- 
ragt. Darüber lichte, feinerdige Mergel voll Foraminiferen (die unteren 
Trubi). Es folgt häufig eine nur wenig mächtige Schicht von Polirschie- 
fer, Tripoli, mit vielen Fischabdrücken, ein Süsswassergebilde. Darauf 
ruhen die schwefelführenden Schichten: bald mehr thonige, bald mehr 
kalkige Mergel. Dieselben werden bedeckt von colossalen Gypsmassen, 
darüber häufig nochmals Foraminiferen-Mergel (die oberen Trubi). Alle 
genannten Schichten, von den untern Trubi beginnend, gehören nach Mor- 
rura dem Miocän an. Eine Bestimmung der mikroskopischen Organismen 
sowohl der Trubi von Cattolica als des Polirschiefers von Caltanisetta ver- 
danken wir EHRENBERG (Geogn. Beob. Ital. u. Siz. v. Hormann, KARsTEN’s 
Archiv, Bd. XIII, p. 501—503; 1839; abgedruckt in MorrurA’s Schrift: 
Formazione tertiaria nella zona solfifera della Sieilia. Die Fische, welche 
der Polirschiefer in grosser Menge einschliesst, gehören nach MorrturA 
vorzugsweise der Species Lebias crapicaudus an. Auch Leueiscus Oenin- 
gensis soll vorkommen, ebenso Insekten — Libellula doris. — Zu einem 
50 mm. langen, 18 mm. breiten, schwer bestimmbaren Fischabdruck aus 
den gleichen Tripelschichten von Caltanisetta (welchen ich Prof. SıLvestkı 
verdanke) machte Prof. TroscHeL die Bemerkung, dass er wohl identisch 


593 


mit Rhodeus latior von Oeningen sein könne. Wie die Schichten von In- 
fusorienschiefer, so sind auch die schwefelführenden Schichten eine Süss- 
wasserbildung. Das Vorkommen von Fischen in den Schwefelmergeln 
liefert hierfür den Beweis. Ich verdanke Hrn. Stöur mehrere solche vor- 
trefflich erhaltene Fischreste. Das Gestein zeigt einen mehrfachen Wech- 
sel von (bis 5 mm. mächtigen) Schwefellagen und (1—2 mm. dicken) Mer- 
gelschichten, welche regelmässig und ebenflächig alterniren. Auf der durch 
Mergel gebildeten Ablösungsfläche des Stücks liegen die vortrefflich er- 
haltenen, bis 60 mm. grossen Fische. Prof. TroscHeL bestimmte ein Exem- 
plar aus den schwefelführenden Schichten der Grube Cimicia mit Wahr- 
scheinlichkeit als Lebras crassicaudus Acass. Poiss. foss. V, p. 56, pl. 41, 
fig. 11, 12, indem er hinzufügt: „Acassız ist selbst zweifelhaft, ob die 
Fische, welche er als Lebias beschreibt, wirklich in diese Gattung und in 
die Familie der Cyprinodonten gehören. Zähne hat er nicht beobachtet; 
auch an dem vorliegenden Exemplare sind keine Zähne erhalten. Es 
scheint wohl, dass das Exemplar zu Lebias gehört, und dann ist es ZL. 
crassicaudus. — Nach Acassız soll die Schwanzflosse sehr klein und ab- 
gerundet sein. Nach seinen Abbildungen scheint das betreffende Exem- 
plar nicht recht vollständig gewesen zu sein. Unser Exemplar hat die 
Schwanzflosse sehr gut erhalten. Sie hat 28 oder 29 Strahlen, die sich 
verästeln. Mehrfach liegen dünne Strahlen zwischen dickeren. Wenn man 
bloss die dicken zählt, beschränkt sich die Zahl auf 21. Die Rückenflosse 
beginnt vor der Afterflosse und scheint 10 Strahlen gehabt zu haben. Die 
14strahlige Afterflosse beginnt hinter der Mitte der Rückenflossenbasis. 
Von Bauchfiossen ist Nichts zu sehen. Von Brustflossen ist nur an dem 
minder gut erhaltenen Abdrucke ein Theil erhalten, der aus zarten Strah- 
len besteht. — Das Asassız’sche Original-Exemplar von Fig. 12, welches 
mit dem unsrigen am meisten stimmt, stammt aus den Gypsmergeln von St. 
Angelo, 3 Mgl. von Sinigaglia und befindet sich zu Heidelberg in LEONXHARD’s 
Sammlung. — Die Schuppen sind sehr gut erhalten: gross, cycloidisch. — 
Leicht möglich, dass dies eine andere Art ist.“ 

Um die Gewinnung des Schwefelerzes kennen zu lernen, besuchte ich 
eine, einige Kilom. westlich von Grotte liegende Grube. Der Weg führt zunächst 
in ein flaches Thal hinab, dann über einen sanften Höhenzug, an welchem 
Calcaroni-Halden bemerkbar sind. Der Boden besteht hier aus Thonmer- 
gseln von einer so plastischen Beschaffenheit, dass es nach anhaltendem 
Regen fast unmöglich ist, vorwärts zu kommen. Diese Beschaffenheit des 
Bodens ist für manche Gegenden Siziliens und Calabriens eine wahre Geis- 
sel. In der trocknen Jahreszeit reisst dieser Boden in weiten Spalten auf, 
welche die Wege und Bahndämme zerreissen und fast nicht auszufüllen 
sind. Die Winterregen füllen jene Spalten mit Wasser, wodurch auch die 
unterlagernden Massen plastisch werden, und Abrutschungen und Erdfälle, 
die berüchtigten „Frane“, erzeugen. Die Umgebung der Schwefelgrube 
zeigt sanft gerundete Terrainformen, nur in der Ferne werden die küh- 
neren Berggestalten von Cammarata und Sutera sichtbar. An den um- 


liegenden, 50 bis 100 m. hohen Gehängen sieht man eine grosse Zahl von 
Jahrbuch 1873. 38 


994 


Stollenmündungen, welche zu Schwefelgruben führen. Ringsum an den 
kahlen Höhen die röthlichgrau gebrannten Steine aus den Calcaroni. 
Hier werden die schwefelführenden Mergel von einer etwa 60 m. mäch- 
tigen Gypsmasse bedeckt, durch welche ein flacher Schacht unter etwa 
50° bis 55° führt, dessen Sohle zu einer rohen Treppe ausgehauen ist. 
Da die Luft kühl war, so stieg aus der Grubenöffnung ein weisslicher, 
leichter Dampf empor, fast ausschliesslich Wasserdampf mit einer äusserst 
geringen Beimengung von Schwefelwasserstoff (agru genannt). Das Hin- 
absteigen auf der überaus engen, steilen Strecke war nicht ohne Schwierig- 
keit. Um auf den schlüpferigen, hohen, schmalen Stufen nicht auszuglei- 
ten, musste man mit den Händen stets Decke und Wände zu berühren 
trachten. Bald sahen wir in dem infernalischen Loche, aus jäher Tiefe, 
Lichter uns entgegenschimmern. Es war eine Reihe von Knaben, welche 
fast nackt, laut keuchend und stöhnend, schweisstriefend, mit vor äusser- 
ster Anspannung zitternden Sehnen emporstiegen oder vielmehr sich em- 
porquälten, schwere mit Schwefelerz gefüllte Säcke auf Kopf und Rücken 
tragend. Einen jammervolleren, unwürdigeren Anblick habe ich kaum je 
wahrgenommen, als diese armen Knaben mit äusserster Kraftaufbietung ihre 
schwere Bürde durch das abscheuliche kaminartige Loch hinaufschleppend. 
Mindestens zwanzig Millionen Centner Schwefelerz werden auf diese elen- 
dige Weise in einem Jahre durch Knaben und Jünglinge in Sizilien aus 
der Tiefe zu Tage geschleppt. Allzu oft nur führt die Verwendung der 
Knaben in den Schwefelgruben zu ihrem körperlichen und sittlichen Ver- 
derben. Von 100 jungen Männern aus der Klasse der Grubenarbeiter, 
welche in Caltanisetta zur Aushebung gelangen, wurde ein gutes Drittel 
wegen körperlicher Übel, welche augenscheinlich von der Grubenarbeit 
herrührten, als untauglich zurückgewiesen. (Nach PAropı in ‚Statistica 
del Regno d’ Italia. Industria mineraria (1868). Distretto di Caltanisetta 
p. 265— 5352.) Diesen Tausenden von sicilianischen Knaben ist noch kein 
Retter erstanden. 

Auf jener Grube steigen die Knaben im Laufe einer Tagesschicht 
16 bis 18 Mal aus einer Tiefe von etwa 65 m. empor. Die schwetel- 
führende Schicht besitzt dort eine Mächtigkeit von 1 bis 5 Mtr. Es 
ist ein mit Schwefeladern in allen Richtungen durchzogener thoniger 
Mergel, welcher auf schwefelfreiem grauem Letten ruht und von einer 
eben solchen (dünneren) Schicht bedeckt wird. Die Temperatur vom Ort 
war etwa 35° R., erschien indess wegen der Feuchtigkeit der Luft bei- 
nahe unerträglich. Ein sehr schwacher Geruch nach schwefliger Säure 
machte sich bemerkbar. Hier arbeiten die Picconieri, und zwar wegen 
der Hitze nackt, oder nur mit einer kleinen Schürze bekleidet. Das Schwe- 
felgestein ist von so weicher Beschaffenheit, dass es mit einer grossen axt- 
ähnlichen Haue losgeschlagen wird. Die Grube war fast bis zur Wassersohle 
abgebaut und erheischt alsdann, um eine weitere Förderung zu ermög- 
lichen, die Anlage eines tiefen Stollens. — Die Zahl der sizilianischen Schwe- 
felgruben übersteigt 600, von denen indess nur etwa die Hälfte jetzt be- 
baut wird. Auch von dieser sind nur etwa 50 von grösserer Bedeutung. 


595 


Die meisten Gruben liegen in Gruppen beisammen, von denen in der Pro- 
vinz Girgenti namentlich zu erwähnen sind: Roccalmuto, Grotte, Comitinj, 
Aragona, Favara, Cattolica. Die Schwefellagerstätten sind gewöhnlich 
nicht von grosser Ausdehnung und scheinen nicht in unmittelbarem Zu- 
sammenhang zu stehen. Der Schwefel bildet eine Imprägnation der Schich- 
ten von Mergel und Kalkstein, indem er entweder in unregelmässigen 
Schnüren und Adern erscheint, oder in 1 bis 2 mm. mächtigen Straten mit 
den Gesteinsschichten alternirt, oder auch 1 bis 8 ctm. dicke rundliche 
Coneretionen bildet. Von besonderem Interesse ist unter diesen verschie- 
denen Arten des Vorkommens jenes, in welchem der Schwefel regelmässig 
mit dem Gesteine alternirende Straten bildet, „struttura foriata* genannt, 
s. MorturA a. a. O. p. 73. Zweifach ist diese Str. for., indem entweder 
dichter Kalk in etwas stärkeren und Schwefel in dünneren Straten alter- 
nirt, oder an die untere Grenzebene- des dichten Kalks eine Schicht kry- 
stallinischen Kalks sich einschiebt — Skalenoeder oder spitze Rhombo- 
äder, welche ihre Anwachsstellen am dichten Kalk haben, während der 
Scheitel gegen die Schwefelschicht gewendet ist. Zwischen den Krystallen 
und dem Schwefel ist zuweilen ein leerer Raum. Die einzelnen Straten 
haben eine Stärke bis zu einigen cm. Die Mächtigkeit dieser Lagen in 
ihrem häufig wiederkehrenden Wechsel bleibt oft sehr constant und deutet 
auf einen gleich regelmässigen Wechsel in den Bedingungen der Schwefel- 
abscheidung; man könnte fast an die wechselnden Jahreszeiten denken. 
— Die schönen Krystalle des Schwefels sind nicht häufig, auf der Grube 
Stretto z. B. kommen sie gar nicht vor, um so schöner und reichlicher 
indess auf Cimicia bei Roccalmuto. Stets kommen sie in Drusen, „Gar- 
bere“, vor. In Begleitung des Schwefels findet sich, doch in wenig aus- 
gezeichneten Krystallen, Kalkspath, seltener, indess in herrlichen Kry- 
stallen, Cölestin. Aragonit kommt namentlich auf den Gruben von Catto- 
lica vor, zuweilen in mehrere Zoll grossen polysynthetischen Krystallen, 
deren Ausbildung ganz an diejenigen von Herrengrund in Ungarn erinnert. 
Diese Krystalle von Aragonit ändern sich zuweilen in Kalkspath um; es 
lagern sich — in unregelmässiger Stellung — eine Menge von Kalkspath- 
rhomboedern auf den grossen Aragonitkrystall, während der letztere in 
seinem Innern hohl und zellig erscheint. Es ist dies dieselbe merkwür- 
dige Umwandlung, welche auch von den Aragoniten von Herrengrund, so- 
wie an denen unserer rheinischen Basalte bekannt ist. — Schwerspath 
scheint auf den Schwefellagerstätten nur selten vorzukommen. MorrurA 
erwähnt desselben nicht; Paropı sagt, Schwerspath kommt selten in Kry- 
stallen, hingegen nicht ganz selten in nierenförmigen Massen vor. Eine 
merkwürdige stalaktitische Bildung aus den Gruben von Grotte erhielt ich 
zur Bestimmung von Herrn Srönr. Der Kern dieses Stalaktiten besteht 
aus concentrischen Lagen von Kalkspath (wie bei den gewöhnlichen Kalk- 
stalaktiten). Auf dieser etwa 1 Dem. dicken Axe bilden unregelmässig 
gruppirte Schwerspath-Tafeln eine bis 2 und 3 ctm. dicke Umhüllung. Die 
Grösse der Schwerspath-Tafeln beträgt 3 bis 10 mm; ihre Form ist ähn- 
38* 


596 


lich der Fig. 3 bei Naumann, El. d: Min. 8. Aufl. S. 247, eine Combination 
von EB — ooPoo, o—= Po, d— ooP2 und 1= ooP4. 

In den Gruben von Roccalmuto umschliessen die schwefelführenden 
Schichten zuweilen fossiles Holz, dessen Stämme bis 30 etm. Dicke er- 
reichen. Dies Holz ist von vortrefflicher Erhaltung. Hr. Prof. HaAnsteın, 
welchem ich einen von Herrn Stöhr mir verehrten, im schwefelführenden 
Mergel liegenden etwa 10 ctm. dicken Stamm zeigte, erklärte denselben 
für ein weiches Laubholz „von dem Anscheine nach nicht hohen Alter“ 
und fügte die Vermuthung hinzu, es möchte vielleicht ein Feigenstamm 
sein. Nach Morrurı kommen zu Roccalmuto auch fossile Blätter vor, 
welche eine Bestimmung demnach sehr erleichtern würden. 

Die Lage der schwefelführenden Schichten ist selten horizontal, viel- 
mehr gewöhnlich geneigt mit einem Einfallen von 25° bis 50°, doch kom- 
men streckenweise auch Neigungen von 65° bis 70° vor, welche indess 
bald wieder geringerem Fallen weichen. Die ausserordentliche Unregel- 
mässigkeit der Schichtenlage in diesem Tertiärgebiet scheint sich auch in 
dem Relief dieses Theils der trinakrischen Insel zu offenbaren. — Die 
Mächtigkeit der Schwefellagerstätte ist sehr verschieden und schwankt 
zwischen 30, ja 35 m. und 1 m. und selbst weniger. Wo die Mächtigkeit 
bedeutend ist, da ist die schwefelführende Etage durch taube Mittel, „Par- 
timenti*, deren Mächtigkeit indess kaum 1 m. erreicht, in mehrere Ab- 
theilungen geschieden. 

Eine der reichsten Lagerstätten, die Solfara grande bei Sommatino, 
25 Kilom. ssw. von Caltanisetta, besitzt nach der Angabe des Ingenieur Morıs 
(s. MorturA) eine Gesammtmächtigkeit von 30 bis 35 m. Fünf Partimenti, 
deren Dicke zwischen '/, und ®/, m. schwankt, theilen die schwefelführende 
Schichtenmasse in 6 Abtheilungen, deren Mächtigkeit zwischen 2 und 8!J, 
m. beträgt. Eine Stärke der schwefelreichen Schicht von 1!/, m. bezeich- 
net im Innern der Insel die Grenze der Bauwürdigkeit, während nahe am 
Meere in der Umgebung von Girgenti und Cattolica wegen der geringeren 
Transportkosten selbst Schichten von weniger als 1 m. Mächtigkeit zu- 
weilen mit Vortheil abgebaut werden. Nach Paropr sind jene Partimenti 
sehr unregelmässig, indem sie sich spalten, auskeilen, zuweilen auch sehr 
flache, linsenförmige Massen bilden. Zufolge demselben genauen Kenner 
des Schwefelgebiets von Caltanisetta bildet gewöhnlich Gyps das Hangende 
des Schwefelgesteins, weniger häufig Mergel. Zuweilen findet sich der 
Gyps auch als Liegendes. Wenn, wie es zuweilen geschieht, das Schwefel- 
gestein zwischen Gyps eingeschlossen ist, so bildet dasselbe nicht wirk- 
liche Schichten, sondern mehr linsenförmige Massen von kurzer Erstreckuns. 
Zuweilen besteht sowohl das Hangende als auch das Liegende aus Mergel, 
welcher bald mehr thonig, bald mehr kalkig ist. 

Aus den Angaben Paropr’s geht hervor, dass der mittlere Schwefel- 
gehalt des in Sizilien gewonnenen Schwefelgesteins 12,5 Proc. ist. Das 
Ausbringen schwankt übrigens zwischen 25 und 8 Proc. Enthält das Ge- 
stein weniger als 6 Proc. Schwefel, so deckt es die Kosten der Gewinnung 
und des Ausschmelzens nicht mehr (PH. SCHWARZENBERG, Technol. d. chem. 


997 


Prod. S. 11). Die Erze der Grube Stretto gaben im J. 1872 ein Ausbrin- 
gen von 23!/, Proc., das Ausbringen der Erze von Felicia war im gleichen 
J. 18,6 Proc. — Sizilien erzeugte im J. 1871 etwa 150 Millionen Kilogr. 
Schwefel (vielleicht °/,, der gesammten Production der Erde), und diese 
Production ist in stetiger Zunahme begriffen. Eine Reihe schwerer Miss- 
stände trägt die Schuld, dass dieser einzig dastehende natürliche Reich- 
thum nicht segensreicher auf das Land und seinen Wohlstand einwirkt. 
Einer der wesentlichsten Übelstände liegt wohl darin, dass in Sizilien das 
Eigenthum der Oberfläche nicht losgelöst werden kann von demjenigen 
der unterirdischen Schätze, dass demnach dort kein Bergregal besteht. In 
der That, da das Schwefelgestein an zahlreichen Orten zu Tage ausging 
oder nur durch wenig mächtige, lockere Schichten bedeckt war, so konnte 
der Grundeigenthümer mit Vortheil die Lagerstätte ausbeuten *. Dieser 
Thatsache ist es unzweifelhaft zuzuschreiben, dass der Schwefel kein Regal 
ist. Die Mittel des Grundbesitzers reichen indess zum Betriebe der Grube 
nicht mehr aus, wenn die Schwefelschicht in grössere Tiefe hinabsinkt 
oder gar die Wassersohle erreicht wird. Ein gewinnbringender Betrieb 
könnte unter solchen Umständen nur dadurch erzielt werden, dass mehrere 
benachbarte Grundbesitzer sich verbänden oder ihre Gruben einem Ein- 
zigen in Pacht gäben. Einer jeden Vereinigung dieser oder ähnlicher Art 
widerstrebt indess der misstrauische Sinn der Sizilianer, indem jeder glaubt, 
von dem Andern übervortheilt zu werden. Da demnach die Mittel des 
Eigenthümers zur Ausbeutung der unter seinem Besitzthum liegenden 
Schwefellager nicht ausreichen, so gibt er die Grube einem Unternehmer 
auf eine bestimmte Anzahl von Jahren im Pacht gegen einen Antheil am 
gewonnenen Schwefel. Diese Verpachtung heisst Gabella und die dem 
Eigenthümer zu liefernde Schwefelmenge bildet den Estaglio, welcher ge- 
wöhnlich zwischen 20 und 30 Proc. schwankt. Mit je geringeren Kosten 
der Abbau verbunden, je näher dem Meere die Grube gelegen ist, einen 
um so höheren Estaglio kann sie tragen. Kleine Gruben im Innern der 
Insel werden wohl zu einem Estaglio von 10 Proc. in Gabella gegeben, 
während Stretto den ungeheuren Estaglio von 36 Proc. zahlen muss. Die 
Dauer der Gabella schwankt meist zwischen 4 und 10 J. und zerfällt zu- 
dem gewöhnlich in zwei Hälften, deren erste unbedingt bindend für beide 
Theile ist (anni di fermo), während der Pächter den Vertrag für die zweite 
Hälfte (anni di rispetto) kündigen kann. Um nicht von dem Pächter (Ga- 
bellotto) in Bezug auf das geförderte Erz und den daraus gewonnenen 
Schwefel getäuscht zu werden, pflegt der Eigenthümer einen Aufseher auf 
der Grube zu halten, ohne doch auf diese Weise mit Sicherheit den Zweck 
zu erreichen. „Häufig ist die Verwaltung der Schwefelgruben Nichts als 
ein organisirter Diebstahl, sei es dass man das fertige Erzeugniss stiehlt 
oder der Diebstahl während des Verlaufs der Darstellung geschieht. Man 
stiehlt den Schwefel in der Grube, von den Calcaroni, während des Trans- 


* Die folgenden Angaben sind vorzugsweise der trefflichen Arbeit 
PaAropr’s entnommen, a. a. O. 


998 


ports zur Marine, woselbst Käufer gestohlenen Schwefels sich befinden“ 
(Parodi). Die kurzen Pachtzeiten, die ungenügenden Mittel und Kennt- 
nisse der Unternehmer machen es erklärlich, dass der Bau der Gruben 
fast immer ein sehr unvollkommener, in gar vielen Fällen nichts Anderes 
als ein Raubbau ist. Fast immer wird die Grube verlassen, wenn sie das 
Niveau des Grundwassers erreicht. Kleinere Wasserzuflüsse werden in 
Thonkrügen gesammelt und in gleich beschwerlicher Weise wie die Erze 
zu Tage geschleppt. 

Bei der Aufsuchung der Schwefellagerstätten spielt der „Briscale“ eine 
Hauptrolle, ein mürber Gyps, ein Zersetzungsprodukt des schwefelführen- 
den Kalks oder Kalkmergels.. Wenn das Schwefelgestein lange der Ein- 
wirkung der atmosphärischen Luft und Feuchtigkeit ausgesetzt wird, so 
vermindert sich allmählich der Gehalt an Schwefel. Derselbe wird oxy- 
dirt; die Schwefelsäure zersetzt den Kalkstein und bildet jene eigenthüm- 
liche Art von Gyps: dies ist der Briscale, dessen Vorkommen das sicherste 
Anzeichen eines Schwefellagers ist. Einen weniger bestimmten Anhalt 
gewähren schwefelwasserstoffhaltige Quellen, da diese die Schwefelverbin- 
dung auch in bedeutender Entfernung aufnehmen können. Im Allgemei- 
nen ist der Schwefel mit dem Gyps verbunden, so dass schon allein das 
Vorkommen des Gypses die Nähe des Schwefels wahrscheinlich macht. An 
allen auf der Horrmann’schen Karte angegebenen Gypspartien finden sich 
auch Schwefelgruben. Um die Lagerstätte zu erreichen, geht man mit fla- 
chen Schächten nieder. Weder horizontale Stollen, noch verticale Schächte 
werden angewendet, erstere nicht weil man glaubt mittelst derselben die 
Lagerstätte nicht schnell genug zu erreichen. Die Schächte vermeidet 
man, um keiner mechanischen Mittel zur Förderung zu bedürfen. Zudem 
fehlt Holz, wie zur Zimmerung, so zur Fahrt. Die Sohle der geneigten 
Schächte wird zu einer Treppe gehauen, deren Stufen die ganze Breite 
einnehmen (Scaloni sani), wenn die Neigung nicht über 45° beträgt. Ist 
dieselbe bedeutender, so werden zwei Treppen neben einander gehauen, 
deren Stufen alterniren (Scaloni rotti). Die Arbeiter setzen abwechselnd 
den Fuss auf die eine oder die andere Treppe und steigen fast wie auf 
einer Leiter empor. Der Abbau der Schwefelschicht geschieht durch den 
sog. Pfeilerbau, wobei ein sehr beträchtlicher Theil der Erzmasse zur 
Sicherung des Baues stehen bleibt. Um die Pfeiler später zu gewinnen, 
verdünnt man sie mehr und mehr, bis, meist unvorhergesehen, ein Ein- 
bruch der Decke erfolgt. Den gestürzten und zertrümmerten Massen lässt 
man Zeit, um festeren Zusammenhalt zu gewinnen, führt dann durch die- 
selben Stollen und flache Schächte, um an die Pfeiler zu gelangen. Wenn 
zwei schwefelführende Schichten über einander liegen, ist auch der Pfei- 
lerbau ein doppelter. Bei dem Fehlen von Grubenplänen und der Unbe- 
kanntschaft mit der Markscheidekunst geschieht es gewöhnlich, dass die 
Pfeiler der oberen Sohle denjenigen der unteren nicht entsprechen. Fügt 
man zu obigen Andeutungen noch die Erwägung, dass das Gestein sehr 
häufig morsch und brüchig ist, so können die zahlreichen Unglücksfälle 
durch Verschüttung nicht Wunder nehmen. Werfen wir noch einen Blick 


599 


auf. die Lage der Grubenarbeiter. Die eigenthümliche Bewohnung des 
Landes, nicht in nachbarlichen Dörfern, sondern in meilenweit entfernten 
volkreichen Flecken bewirkt es, dass die Mehrzahl der Gruben weit ent- 
fernt von menschlichen Wohnungen sind. Weder Eigenthümer noch Un- 
ternehmer halten es für Pflicht oder Bedürfniss, den Arbeitern ein schützen- 
des Obdach zu errichten; und so schlafen sie während der guten Jahres- 
zeit im Freien, dem nässenden Thaue ausgesetzt, während des Winters in 
der Grube selbst, und so nicht nur bei Tage, sondern auch in der Nacht 
unter der Gefahr der Verschüttung. „In Erkrankungsfällen finden die 
Unglücklichen weder Beistand bei ihren Gefährten noch bei den Vorge- 
setzten. Die armen Hinterbliebenen jener in den Gruben Verunglückten 
sind dem äussersten Elende ausgesetzt, selten nur erlangen sie ein kärg- 
liches Almosen von den Unternehmern, deren Sorglosigkeit und Habgier 
sie der Ernährer beraubt.“ „Die sittliche Erziehung und der Unterricht 
der Arbeiterklasse ist gänzlich vernachlässigt. Weder Abendschulen für 
Erwachsene, noch Tagesschulen für die Kinder. Keine Sparkassen, kei- 
‚nerlei Anregung zu irgend einer Association gegenseitiger Hülfeleistung“ 
(Parodi). Die unausbleibliche Folge dieser Missstände liegt nur allzuklar 
vor Augen: In den Schwefelgruben entwickelt sich eine in jeder Hinsicht 
verwahrloste, zu Verbrechen geneigte Bevölkerung. Die Gruben gewähren 
eine Zuflucht den Übelthätern der ganzen Insel. So ist der ausserordent- 
liche natürliche Reichthum vielleicht mehr eine Quelle des Unheils als des 
Segens für das Land. 

Die Darstellung des Schwefels geschieht in Sizilien noch allgemein 
durch Ausschmelzen des Gesteins in den Calcaroni, wobei durch Verbren- 
nung eines Theils des Schwefels die nöthige Hitze zum Schmelzen des 
übrigen Theils geliefert wird. Der flüssige Schwefel sickert zu Boden und 
fliesst in die zu seiner Aufnahme bestimmten Formen ab. Zum Bau eines 
Calcarone wählt man den Abhang eines Hügels. So stützt sich die Mauer 
des cylindrischen Ofens hinten gegen das Erdreich, während sie vorne 
halbkreisförmig vorragt. Der Durchmesser dieses Baues schwankt zwi- 
schen 6 und 13 m., die Höhe beträgt nur einige m. Die Sohle des Ofens 
bekommt eine doppelte Neigung, vom Hügel nach aussen, und von den 
Seiten zur Mitte hin, so dass der schmelzende und niederträufelnde Schwe- 
fel sich an einer Stelle sammelt und dort nach dem Durchstich der Aus- 
senwand zum Abfluss gelangt. Der Boden wird wie eine Tenne festge- 
stampft. Der Innenraum wird nun mit Schwefelgestein gefüllt, indem theils 
die grossen Stücke, theils die aus dem Grubenklein (Sterri) geformten 
Kuchen (Panotti) verwendet werden. Das Klein kann nämlich nicht ohne 
Weiteres zum Füllen des Calecarone gebraucht werden, weil dasselbe zu 
dicht geschichtet, dem geschmolzenen Schwefel (Olio) keinen Durchlass 
gewähren würde. Es werden demnach die Sterri mittelst Wasser in Kör- 
ben zu rundlichen Klumpen von Y, bis /, m. Durchmesser geformt. Nach- 
dem der cylindrische Hohlraum gefüllt, werden die Stücke des Schwefel- 
gesteins zu einem den Mauerkranz überragenden Kegel, der Colmatura, 
aufgethürmt; dieser dann mit den ausgebrannten Stücken einer früheren 


600 


Schmelzung, den sog. Cenesi, bedeckt. Der Inhalt eines Calcarone wird 
nach „Casse“ berechnet. Die Cassa ist ein parallelepipedischer Erzhaufen 
von 1,5 m. Länge und Breite und 0,775 m. Höhe. Das Gewicht der Cassa 
beträgt annähernd 3200 Kilogr. Der Inhalt eines Calc. kann zwischen 
50 und 500 Casse schwanken. Bei der Füllung des Ofens lässt man meh- 
rere verticale Kanäle frei, welche theils zur Entzündung, theils bei Beginn 
der Operation zur Unterhaltung des Brandes dienen. Die Entzündung 
geschieht dadurch, dass man brennende Holzstücke oder Strohfeuer in 
jene Kanäle wirft. Wenn die Masse im Innern in Brand gerathen, so 
wird sorgsam von aussen jede Öffnung verschlossen und der Prozess (wel- 
cher je nach der Grösse des Ofens 2 bis 4 Wochen dauert) von beson- 
deren Aufsehern (den Arditori) überwacht, welche die aus ausgeschmol- 
zenen Stücken bestehende Decke (Camicia) der Colmatura bald erhöhen, 
bald vermindern. Das eigenthümliche Verhalten des Schwefels bei höherer 
Temperatur erheischt jene sorgsame Überwachung. Bekanntlich schmilzt 
der Schwefel bei 115° C. Bis zu einer Temperatur von 160° ist die Masse 
dünnflüssig, sie wird aber bei noch höherer Wärme zähflüssig, indem sie 
sich zugleich rothbraun färbt. Bei 230° ist der Schwefel so zähflüssig, 
dass man ihn kaum aus dem Gefässe ausgiessen kann, bis bei 250° die 
rothbraune Masse wieder dünnflüssig zu werden beginnt. Es folgt aus 
diesem Verhalten für das Ausschmelzen des Schwefels in den Calcaroni, 
dass wenn die Temperatur zu hoch steigt, auf zweifache Weise ein Ver- 
lust entsteht, indem emerseits ein ansehnlicher Theil des Schwefels ver- 
brennt, und andrerseits die rothbraune zähflüssige Masse. nicht zur Sohle 
durchsickert, sondern grossentheils im Erz zurückbleibt. Am gewinnreich- 
sten ist demnach der Gang des Ofens, wenn die Temperatur nicht unter 
115° sinkt und nicht bis 230° steigt. Ein Verlust kann auch dadurch ent- 
stehen, dass die Mauerung Risse bekommt, in welche der Schwefel ein- 
sickert und verloren geht. Der Calcarone hat an der Vorderseite eine 
Öffnung (etwa !/, m. breit, ®/, m. hoch), „la Morte“ genannt, welche mit 
einer leichten Mauer geschlossen wird. Diese Mauer besitzt mit Thon 
verstopfte Löcher, welche, wenn der flüssige Schwefel hinter der Morte 
sich angehäuft hat, durchstochen werden. Der abfliessende Schwefel be- 
sitzt eine dunkle Farbe zum Beweise, dass wenigstens in einem Theile 
des Ofens die Temperatur sich derjenigen nähert, bei welcher die Masse 
viskos wird. Der Schwefel fliesst in hölzerne Gefässe, „Gavite“ genannt, 
deren Boden und Wandungen vorher mit Wasser befeuchtet werden, da- 
mit die Schwefelkuchen, „Balate“, sich besser ablösen. Tausende von klei- 
nen buntgemalten Carretti (zweiräderigen Wagen) mit diesen Balate be- 
laden, beleben die Strassen des mittleren und südlichen Sizilien. 

Bei dem sizilianischen Grubenbau und der Darstellung des Schwefels 
werden demnach nur die an Ort und Stelle zur Verfügung stehenden Mittel 
und Kräfte angewendet. Kein Holz zur Zimmerung, keine mechanischen 
Vorrichtungen zur Förderung, keine Kohle zum Ausschmelzen. Wenn- 
gleich es bisher nicht gelungen ist, den Calcarone durch ein anderes Ver- 
fahren zu verdrängen, so sind die grossen Nachtheile und Verluste des 


EEE en eo 


601 


bisherigen Ausschmelzens doch unleugbar. Denn da der Selbstkostenpreis 
des Rohschwefels auf der Grube (1872. Stretto bei Grotte) 10'/, Fes. für 
100 Kilogr. beträgt, so consumirt man ein Brennmaterial, welches minde- 
stens doppelt so theuer ist als die englische Kohle in Italien. Dazu kommt 
der bedeutende Verlust, welcher in den Calcaroni entsteht. Nach einer 
ungefähren Berechnung würden zum Ausschmelzen eines Gesteins, welches 
aus 25 Proc. Schwefel, 70 Proc. Gesteinsmasse. 5 Proc. Wasser besteht, 
5 Proc. Schwefel erforderlich sein, d. h. der fünfte Theil der vorhandenen 
Menge (nach Paropı). Indess lehrt die Erfahrung, dass die höchste Aus- 
beute, welche ein Calcarone ergibt, 70 Proc. des ganzen Schwefelgehalts 
beträgt. Gewöhnlich ist indess das Ergebniss ein noch weit ungünstigeres, 
so dass der Schmelzverlust in den Üalcaroni etwas über 50 Proc. beträgt. 
Ein fernerer Nachtheil des heutigen Schwefelofens beruht in dem freien 
Entweichen der für die Vegetation so verderblichen schwefligen Säure. Um 
diesen Schaden einzuschränken, gebietet das Gesetz, dass die Calcaroni 
nur vom 1. August bis 1. Januar brennen dürfen. Nach dem Einbringen 
der Erndte kann nämlich die schweflige Säure keinen nennenswerthen 
Nachtheil ausüben. Für die Industrie ist es freilich ein grosser Nach- 
theil, dass die Öfen nur während fünf Monaten brennen dürfen. Es häu- 
fen sich in Folge dessen grosse Erzvorräthe an, welche monatelang den 
zersetzenden Einflüssen der Winterregen ausgesetzt sind. Alle diese That- 
sachen tragen dazu bei, den Gewinn auf ein sehr geringes Maass zu be- 
schränken. Folgende Angaben werden über die Produktion und den dar- 
aus erzieiten Gewinn einen Anhalt gewähren. Eine Grube bei Grotte lie- 
ferte im J. 1872 2070 Casse (a 3200 Kilogr.) Schwefelerz. Die Menge des 
daraus erzeugten Schwefels betrug 19253 Cantari (a 80 Kilogramm) oder 
-- 1540240 Kilogr. Es ist dies annähernd der hundertste der auf Sizilien 
producirten Schwefelmenge. Der Selbstkostenpreis eines Cantars Schwefel 
stellte sich 1872 für jene Grube einschliesslich der Fracht bis Porto d’Em- 
pedocle bei Girgenti auf 9°), fre.; während der Verkaufspreis == 10 frec. 
37 cent. betrug. Der Gewinn dieser Grube würde sich also auf etwas 
über 11'/, Tausend frc. stellen. — Einer jeden Verbesserung in Bezug auf 
Bergbau und Darstellung des Schwefels werden sich grosse Schwierigkei- 
ten entgegenstellen, welche vorzugsweise in den Eigenthumsverhältnissen 
und in den socialen Zuständen des Landes ihren Grund haben. Fast alle 
sizilianischen Gruben werden auflässig, wenn die Baue die Wassersohle 
erreichen. Wie viel Schwefelerz noch in der Tiefe, ist nicht zu schätzen. 
Um Baue in grösserer Tiefe zu ermöglichen, wäre vor Allem die Anlage 
von Wasserlösungsstollen nöthig. Solche Arbeiten würden indess eine As- 
sociation vieler Grubenbesitzer oder die Vereinigung einer grösseren Zahl 
von Gruben in einer Hand erheischen. Dies zu ermöglichen, müsste die 
Gesetzgebung zu Hülfe kommen. Ohne eine Änderung der bestehenden 
Zustände wird trotz ihres ungeheuren natürlichen Reichthums die Insel 
durch die Concurrenz anderer Länder, welche die Schwefelsäure aus Kie- 
sen darstellen, schwer beeinträchtigt werden. Der erneute Aufschwung 
der sizilianischen Gruben ist wesentlich der allgemeinen Anwendung des 


602 


Schwefels als Schutz gegen die Rebenkrankheit im südlichen Europa zu 
verdanken. 


Auf der Reise von Grotte nach Girgenti besuchte ich unter gütiger 
Führung des Hrn. E, Sröur die berühmte, doch in ihrer schlummernden 
Thätigkeit dem Rufe nicht entsprechende Maccaluba, welche zwischen Gir- ° 
genti und Aragona liegt, 11 Kilom. von ersterer, 7 von letzterer Stadt 
entfernt. Südwestlich von Grotte führt die Strasse an einem colossalen, 
ca. 40 m. hohen ruinenartigen Fels vorbei, welcher in der sanften Thal- 
mulde plötzlich emporspringt. Es ist jener Klippenkalk, welcher das Un- 
terlagernde der schwefelführenden Schichten bildet. Das Land nimmt einen 
flachwelligen Charakter an. Der südliche Horizont wird dureh einen 
Höhenrücken begrenzt, welcher den Anblick auf das Meer verdeckt. Es 
ist dies die merkwürdige, hochaufgerichtete, isolirte Pliocän-Partie von 
Girgenti. Bald verliessen wir die Strasse und wanderten durch tief er- 
weichten Ackerboden und über weite Flächen brachliegenden Landes, 
welche von den flachen Erosionsthälern des S. Biagio-Flusses durchschnit- 
ten werden. Nur gegen Nord stellen sich scharfe Bergformen dar, die 
Kalkfelsen, Diti di S. Biagio genannt und in grösserer Ferne der Pic von 
Sutera. Das Terrain der Maccaluba ist eine äusserst flache, schildförmige 
Wölbung, deren Basis wir zu etwa 500 m. Durchmesser schätzten, bei 
einer Höhe von etwa 15 m. Diese flache, gerundete, fast ganz vegeta- 
tionslose Bodenschwellung besteht aus Schlamm und Thon, und trägt zahl- 
reiche kleine, kaum 1 m. hohe Thonhügel, aus deren Gipfel unter Ent- 
wicklung von Kohlenwasserstoffgas eine sehr kleine Menge schlammigen 
salzigen Wassers abfliesst. Die Öffnungen, aus denen Wasser und Gas 
entweicht, sind nur 1 oder wenige Centim. gross; das Aufsteigen der ent- 
zündlichen Gasblasen ist rhythmisch, in kurzen oder etwas längeren Inter- 
vallen. Viele dieser kleinen Kegel waren bei unserem Besuche unthätig 
oder nur in äusserst geringer Thätigkeit, indem nur in langen Intervallen 
einzelne Gasblasen die kleine Salzwassermenge, welche die Krateröffnung 
theilweise füllte, in Bewegung setzte. Das Maximum der Thätigkeit zeigte 
sich (April 1872) in einem mit Salzwasser gefüllten flachen Becken von 
3 m. Durchmesser. Während dieser kleine Teich an mehreren Stellen 
durch beständig aufsteigende Gasblasen in wallender Bewegung war, floss 
ein sehr kleiner Bach aus demselben ab. Zahlreiche auf dem Maccaluben- 
Hügel zerstreute kubikfussgrosse Blöcke von Sandstein und Mergel ver- 
rathen, dass von Zeit zu Zeit sich hier eine weit intensivere Thätigkeit 
entwickelt. Der letzte heftige Paroxysmus der Maccaluba von Girgenti 
ereignete sich bekanntlich am 29..Sept. 1777. Nach einer Analyse Sır- 
VESTRI’S zeigte das Gas der genannten Maccaluba (gesammelt am 24. Aug. 
1866) folgende Mischung: Sumpfgas (CH.) —= 91,84. Wasserstoff — 7,65. 
Kohlensäure — 1,63. Sauerstoff = 0,41. Stickstoff = 0,51. 

In einer Entfernung von 37,5 Kilom. (Luftlinie) von dem Schlamm- 
yulkan Girgenti’s gegen NW. liegt auf dem Gebiete der Gemeinde Palazzo- 


603 


Adriano (Prov. Palermo), unfern Bivona, eine wenig bekannte Maccalube, 
welche vom 23. Dec. 1871 bis zu Anfang Jan. 1872 einen heftigen Aus- 
bruch zeigte. Es war dies das Ereigniss, welches ausserordentlich über- 
trieben, von allen Zeitungen als der Ausbruch eines neuen Vulkans in- 
mitten der Insel berichtet wurde, dessen Feuer Fluren und Dörfer ver- 
heeren sollte. Der Ingenieur A. Grrons, welcher am 27. Dec. an Ort und 
Stelle war, fand mehrere Salsen gleich den oben geschilderten. Eine der- 
selben erregte namentlich die Furcht der abergläubischen Bevölkerung, da 
in ihrer kraterähnlichen Öffnung (0,6 m. im längeren, 0,3 im kürzeren 
Durchmesser) mit ausserordentlicher Heftigkeit in Folge der reichlichen 
und ununterbrochenen Gasentwicklung das schlammige Salzwasser auf- 
wallte. Das Wasser war kalt, das Gas leicht entzündlich, mit schwachem 
Lichte leuchtend; es wurde ein Geruch von Schwefelwasserstoff wahrge- 
nommen. Das umliegende Terrain besteht aus Thon, Mergel und Kalk. 
Unfern der genannten Maccaluba befindet sich eine aus Kalkstein ent- 
springende schwache Petroleum-Quelle, welche täglich etwa 1 Liter Öl 
liefert (vgl. SILvESTRI, Sopra un supposto nuovo cono vulcano della Bicılia, 
Atti Acc. Gioenia. Serie III, Vol. V). 


Kleine Beiträge zum Vorkommen des Tridymits, Breislakits und 
Sodaliths. 


Kassel, den 5. Juli 1875. 


Nachdem ich durch G. v. Raru’s sehr bestimmt bezeichnete Fundorts- 
angabe, Po6sEnD. Ann. 135, S. 447, geleitet, in den Klüften zwischen gros- 
sen porphyrischen Sanidinen und der Grundmasse des Sanidinoligoklas- 
trachyt der Perlenhardt und des Drachenfels den Tridymit neben Berg- 
krystall beobachtet, fand ich auch genügend Gelegenheit, das Mineral 
-mineralogisch zu studiren und einige seiner chemischen Eigenschaften: 
Auflösung in der Soda- und Boraxperle, sowie in kochender concentrirter 
Sodalauge, dagegen Unlösbarkeit in der Phosphorsalzperle zu beobachten. 
Nachdem ich ferner auf Grund von F. Zırker’s trefflicher Charakteristik 
in den Dünnschliffen eben dieser Trachyte, der Hornblendeandesite von 
der Wolkenburg und dem Stenzelberge, sowie in allen von ZIRKEL nam- 
haft gemachten ungarischen Gesteinen (entnommen aus einer aus 67 Num- 
mern bestehenden Suite, die ich der Liberalität der K. K. geol. Reichs- 
anstalt verdanke) endlich auch in der Lava vom Mont d’Or den Tridymit 
aufgefunden und kennen gelernt hatte, wurde derselbe noch mehrfach be- 
obachtet, worüber ich mir die folgenden kurzen Mittheilungen zu machen 
erlaube. 

Vorerst sei noch bemerkt, dass in einem Dünnschliff des Trachyts 
von der Perlenhardt durch einen grossen Sanidin und die Grundmasse ein 
feiner Sprung setzt, der reich erfüllt mit den struppigen Tridymitaggre- 
gaten im Innern des Sanidins eine demselben fast centrale, 0,64wm lange, 
0,4nm breite Anhäufung von recht regelmässigen Tridymitkryställchen 


Zur 


604 


bildet. In der röthlichen, an lebhaft rothen Eisenglanzblättchen reichen 
Gesteinsvarietät vom Stenzelberg scheint der Tridymit weit häufiger und 
grösser ausgebildet zu sein, als in der lichtgrauen. 

1) Die von allen, bis jetzt von mir beobachteten, Trichitaggregaten so 
wesentlich verschiedenen Bildungen in einem Rhönbasalte veranlassten 
mich der Druck eines Vesuvgesteins * (Mte. Olibano bei Puzzuoli) Breis- 
lakit zu entnehmen und in Balsam eingekittet zu untersuchen. Am Grunde 
der Breislakit-Büschel fanden sich abgebrochene Köpfe tafelförmiger lauch- 
grüner Augitkrystalle, Sanidin und sehr scharf hexagonale 0,06m breite 
Täfelchen von Tridymit. Das Gestein ist ein Sanidinoligoklastrachyt. Die 
ausgezeichnet fluidale, durch feine Oligoklasleisten, Augitkörner, selbst 
kleinen Magnetitkörnern und zierlichen Eisenglanzaggregaten hervorge- 
brachte Strömung der Grundimasse wird auffallend unterbrochen durch die 
Tridymitaggregate, welche theils am Rande der porphyrischen Sanidine 
und Augite sitzen, vorzugsweise aber da aufgestapelt sind, wo mehrere 
Augitkörner gedrängt bei einander liegen. 

2) In dem Dünnschliff eines granitischen Gemenges (Etikette: Aus- 
würfling S. v. F. Antigola bei miglis 161. Gemenge von Granat, bläulichem 
Feldspath, Quarz und Glimmer), welches aus gerundeten, über 1m dicken, 
blass pfirsichblutrothen, sehr stark zersprungenen Granaten, sowie eben- 
solchen farblosen Granaten (wahrscheinlich mit Quarz verwechselt), einem 
höchst fein, einem anderen weit breiter gestreiften triklinen Feldspath und 
Sanidin, sowie lebhaft weingelbem bis tief braunrothen Glimmer besteht, 
fanden sich an den Trennungsklüftchen von Granat und Feldspath Tridy- 
mitschuppenaggregate. Drusen enthält der kleine Gesteinsbrocken, dem 
ich einen Splitter entnahm, nicht, sondern er dürfte wohl ähnlich wie die 
Olivinknollen im Basalte einen Einschluss repräsentiren, vielleicht eben 
jener granatführenden Lava, in der @. v. Rar# den Tridymit in Drusen 
auskrystallisirt auffand. 

3) Ein kleiner Lavabrocken enthielt in einer Druse, ausser kleinen 
weissen Pusteln eine 2,5um dicke Kugel (wahrscheinlich allein wegen die- 
ser abgeschlagen. Etikette: Vesuv, geschmolzener Analeim). Unter der 
Lupe zeigte sich die Kugel sehr fein facettirt, zugleich aber, dass die Fa- 
cetten eher als aufsitzende Blättchen, denn als Köpfe von radialen Kry- 
stallstrahlen anzusehen sein möchten. Da mir die Untersuchung der Ku- 
gel lohnender erschien als ihr Besitz mineralogischen Werth haben konnte, 
brach ich sie aus. Die Stücke unter dem Mikroskop bei auffallendem 
Lichte untersucht zeigten denn auch. dass die Facetten die zierlichsten 
bis O,lmm breiten hexagonalen Blättchen mit Pinacoid, schmalen Prismen 
und einer deren Combinationskante sehr fein abstumpfender Pyramide dar- 
stellen. Auf dem erwärmbaren Objecttisch mit Salzsäure behandelt, zer- 
fiel der Kugelkörper allmählich in radiale Prismen, löste sich unter Ge- 
latiniren auf, während die Blättchen abfielen. Nach mehrfachem Abziehen 


* Alle die hier erwähnten Vesuvgesteine gehören der Sammlung an, 
die PrıLıprı aus Italien mitgebracht. 


605 


der gelatinösen, die Beobachtung störenden Masse, mit der Pipette, Er- 
neuerung derselben durch frische Säure, waren die Blättchen am Uhr- 
gläschen deutlich zu beobachten. Nach sorgfältigem Ausspülen, Trocknen 
und Zusatz von Flusssäure waren sie alsbald verschwunden, also nur für 
Tridymit zu halten. Das Gestein ist ziemlich zähe und zeigt in dunkel- 
grauer, schwach schimmernder Grundmasse reichliche porphyrische Ein- 
lagerungen von ölgrünem, stark glasglänzendem Augit, in den kleinen 
Höhlungen entweder radialstrahlige Zeolithbündel oder wasserhelle isolirte 
kleine Analcime. 

Im Dünnschliff besteht die Grundmasse vorwiegend aus wasserhellem 
amorphen mit schwarzen Pünktchen und farblosen Mikrolithen reich er- 
füllten Glas, in dem locker eingestreut blass grünlichgelber Augit, theils 
honiggelber und gelbbrauner, theils grünlichbrauner Glimmer, fein und 
reich liniirte trikline Feldspathleisten, aber auch nur in 2 Hälften farbig 
wechselnde Sanidinleisten und Magnetit liegen. Die porphyrischen Augite, 
zum Theil gut umrandet und mit reicher Zonenliniirung versehen, erschei- 
nen licht bräunlichgrün. Hin und wieder bemerkt man innerhalb der 
Grundmasse Aggregate von farblosen Schüppchen, die zwar bei Weitem 
nicht so als in den bekannten Trachytgesteinen, doch immer nicht wohl 
anders, denn als Tridymit zu deuten sind. 

4) Die lichtgrauen Titanit-, Hauyn- etc. reichen Trachytbomben, welche 
am Laacher See im Bimssteintuff stecken, haben eine aus äusserst zarten 
Sanidinnädelchen gebildete höchst zierlich fluidale Grundmasse (ähnlich 
der Maudher Bimssteine). Die Elemente der Fluctualaggregation umflies- 
sen nicht nur die vielen kleinen Poren und porphyrischen Einlagerungen, 
sondern statt deren recht gut ausgeprägte Tridymitaggregate, die recht 
regelmässig gebildete hexag. Täfelchen von bis 0,018mm Breite enthalten. 
In einem losen Trachytblock, der ein sehr lockeres Aggregat grosser Kry- 
stalle bildete und am Wege vom Lacher See nach Niedermendig zer- 
schlagen wurde, waren auch auf den Sanidinen sitzende 'Tridymitgruppen 
zu beobachten. 

5) In dem Trachyttuff am Städterain bei Schackau in der Rhön, in 
welchem eine ganze Collection fremder Brocken als Einlagerungen vor- 
kommt, finden sich auch bis !: m dicke Blöcke eines Trachyts, der in 
Drusen reichlich Breislakit, Tridymit, Augit, Glimmer und Magneteisen 
enthält. Die zu Rosetten angeordneten Zwillings- und Drillingsverwach- 
sungen, sowie ganze Zwillingsgruppen mit der scharfen Kante angewach- 
sen, ferner dünne hexagonale Täfelchen oder keilförmige mit einer Spitze 
ansitzende Zwillinge sind hier ungemein schön und reichlich, so dass auch 
die chemische Prüfung wiederholt werden konnte. (Ob diese Localität als 
Fundort des Breislakits bereits bekannt ist, vermag ich nicht zu entschei- 
den, da mir im Augenblicke die sehr zerstreute Literatur unseres fleissi- 
sen Rhöndurchforschers GuTgERLET nicht zur Verfügung steht. Die braun 
durchscheinenden haarförmigen, höchstens 0,014wm dieken, an 3 bis 4m 
langen Breislakitkrystalle sind fast ausnahmslos inkrustirt mit den zier- 
lichsten, lebhaft hochroth durchscheinenden Eisenglanzblättchen, zwischen 


ee 2 20m dee 


EN Mi 


606 


denen nicht selten auch Tridymitklättchen längs des Haares angeheftet 
sind.) 

Das Gestein ist ein Sanidin-Oligoklastrachyt. Die Grundmasse wird 
aus grossentheils zu Fächer- und vielstrahligen Sternen, weniger fluidal 
angeordneten schmalen, farblosen Feldspathleisten, die grösstentheils dem 
Sanidin, weit spärlicher fein gestreiftem Oligoklas angehören, gebildet. 
Dazwischen liegen grünliche Augitkörner, recht scharfe Magnetitkryställ- 
chen, lappige und dendritische Aggregationen von grell rothem, pellucidem 
Eisenglanz, sowie vereinzelt recht nette Eisenglanzhexagone, vereinzelt 
grössere Lappen von ledergelbbraunem, oft etwas grünlichem Glimmer, 
endlich aber ausgezeichnet schöne Tridymitaggregate, die gewöhnlich in 
die Länge gezogen, nicht selten bis O,4mm Ausdehnung haben und Schup- 
pen von 0,03"m Breite enthalten. - Die reichlichen porphyrischen Gemeng- 
theile sind grosse Sanidine, die, recht scharf begrenzt, oft Zonenlinürung 
haben, hier frei von Einschlüssen, im Kern dagegen von, der Hauptachse 
parallel, langgestreckten Dampfporen erfüllt sind. Eine am Rande eines 
Sanidins sitzende Tridymitgruppe steht durch eine schlauchartige Verbin- 
dung mit einer andern Gruppe innerhalb des Sanidins in Verbindung. Dass 
Sanidine in der peripherischen Vollendung durch Tridymitgruppen gestört 
sind, so dass letztere leicht vom Rande aus umschlossen wurden, war 
mehrfach zu beobachten. Porphyrische Oligoklase sind spärlich, dagegen 
ist es nicht selten, dass ein grosser Sanidin einen scharf begrenzten gros- 
sen Kern oder kleinere Krystalle von sehr fein und scharf gestreiftem 
Oligoklas umschliesst. 

Wohl die schönsten Tridymitaggregate birgt ein eigenthümliches Ve- 
suvgestein (Etikette; Plattig abgesondert. Hauynlava. Javalato. Lazio.). 
Das Gestein ist nächst dem Hauynphonolith — von Campanario auf Palma 
mit Nephelinsanidingrund und grossem Reichthum an Titanit, Augit, Horn- 
blende, Apatit etc. — das schönste Hauyngestein, welches ich kenne. 

In einer durchaus leucitischen Grundmasse bilden Augit, etwas Sani- 
din und sehr kleine Hauyne die fluidalen Zwischenelemente, während por- 
phyrisch massenhaft sehr reine, prächtig blaue Hauyne (einige mit schar- 
fen Strichnetzen, viele auch mit lockeren Porenreihen), Augite mit Leucit- 
Hauyneinschlüssen, Hornblende, Sanidin und sehr zerstreuten, aber bis 
10mm dicken Leuciten einliegen. Die Tridymitaggregate um die grossen 
Sanidine etc. herum nehmen den grössten Flächenraum ein, den ich bis 
jetzt irgendwo bemerkt habe. Die einzelnen Schuppen sind selten regel- 
mässig sechsseitig, sondern mehr oder weniger verzerrt, mit scharf vor- 
und einspringenden Ecken. 

Dagegen birgt ein grosser Sanidin eine Einlagerung, deren Blättchen 
an Regelmässigkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Die Blättchen sind 
so dünn und klar, dass man bei der geringsten Änderung der Vocaldistanz 
die Contouren des einen durch die der über- und unterliegenden hindurch- 
sieht. Daneben liegen dann auch sternförmige Partien, deren Elemente 
bei schwacher Vergrösserung die Gestalt vom Längsdurchschnitt eines 
Kahns haben, sowie Sterne höchst feiner Nadeln. Starke Vergrösserung 


607 


(Zeichnungs-Vergr. X 1000) lehrt, dass dieses die keilförmigen Zwillinge 
sind, von denen man entweder die Seitenansicht oder die von der scharfen 
Kante aus hat. 

Ich möchte dieses Gestein, welches äusserlich und mikroskopisch 


wesentlich anders aussieht als Hauynporphyr, einen Hauynphonolith mit 
Leueitgrundmasse nennen, ebenso wie wir in einigen Laacher Gesteinen 
Noseanphonolith mit Leucitgrundmasse haben,. wogegen die böhmischen, 
Hegauer ete. Noseanphonolithe mit Nephelin-Sanidingrundmasse sind, denen 
auch viele Hauynphonolithe entsprechen. 

6) Mit dem Suchen nach Sodalith beschäftigt, um dieses Mineral als 
Gesteinsgemengtheil mikroskopisch kennen zu lernen, fand ich ein Lava- 
stück (Etikette: Vesuvlava von 72 mit moosförmigem Chlorkupfer und 
Sodalith). Mehrere flache Drusenräume, wahrscheinlich Spaltklüfte, sind 
ganz bedeckt mit wasserhellen Sodalithgranato@dern, vereinzelten, nur mit 
einem Ende hervorragenden Sanidinkryställchen, dann aber vorzugsweise 
mit wasserhellen und weissen, äusserst dünnen Täfelchen, die alle zu °®,, 
frei hervorragen. Mit nicht sehr starker Loupe besehen, erscheint die 
Drusenwandung wie zerhackt, während stärkere Vergrösserung oft die 
regelmässigsten hexagonalen Täfelchen zeigt. Hin und wieder stecken 
sehr kleine, braunockrig bezogene Octaederchen (Magnetit oder Rothkupfer- 
erz?), sowie noch kleinere nelkenbraune, durchscheinende Körnchen (Gra- 
nat?) dazwischen. An einzelnen Stellen sind die Drusenkryställchen gleich- 
mässig mit eimer glasglänzenden, smaragdgrünen, durchscheinenden Sub- 
stanz überzogen. Die geringe Menge derselben liess mich von chemischer 
Prüfung abstehen, die auch wohl überflüssig sein dürfte, als die bekannte 
peinliche Gewissenhaftigkeit meines verehrten ehem. Lehrers PaıLippi für 
richtige Diagnosceirung bürgt. Wünschenswerth wäre sie mir immer ge- 
wesen, da ScaccHt das Vorkommen des Atacamit am Vesuv zweifelhaft 
macht. Ein abgebrochenes Kryställchen zeigt übrigens die grüne Substanz 
als sehr kleine, sich kaum berührende Rosetten, ähnlich den Apotheeien 


608 


von Lecanorenkrusten, mit einem dunklen verschwommenen Mittelfleck, 
einer kugelstrahligen, innern Bildung entsprechend. In Salzsäure löste 
sich der Überzug alsbald, und eine andere Probe mit Ammoniak betupft 
wurde nach kurzer Zeit so bleich, dass die Umrisse der Pusteln nur noch 
schwer zu sehen waren. Nachdem ich mich durch Behandlung mit kochen- 
der Salzsäure von der Unveränderlichkeit der abgeschabten harten Blätt- 
chen überzeugt und dieselben als optisch einaxig erkannt, kann ich sie 
nur für Tridymit ansehen. 

Das Gestein ist übrigens eine Leucitlava. Die klaren rundlichen Leu- 
cite mit Mikroiithnadel- nicht Körnchen-Kränzchen werden durch ein Ge- 
wirre von Sanidinleisten, Augit, Glimmer, schönem Melilith und Magnetit, 
sowie Gruppen von Tridymitschuppen auseinandergehalten. Makropor- 
phyrisch sind nur grosse lauchgrüne Augite eingelagert. Sodalith wurde 
nicht gefunden. 

7) Glücklicher war ich bei einer anderen lichtgrauen, sehr drusigen 
Lava. Die Auskleidung der Drusen besteht theils aus platt aufliegenden, 
lebhaft glasglänzenden, theils frei hervorragenden, durchsichtigen, farb- 
losen, hexagonalen Schuppen (auch Tridymit), während bis 2um grosse 
braune Glimmerblätter, Sodalithgranatoöder und einzelne Krystalle oder 
kugelige Gruppen von Gismondin (worauf sich allein die Etikette: Vesuv- 
lava mit Gismondin und Sodalith bezieht) hervorragen. Kleine Drusen 
sind ausserdem von, für die Loupe gelblichweissen, feinen, geraden Nadeln 
durchsponnen. Unter dem Mikroskop zeigen letztere stets einen schwar- 
zen, fadenförmigen Kern, um welchen die lichte Substanz gleichsam nur 
eine Schale bildet, wie zahlreiche Nadeln zeigen, an denen der Kern ein 
Stück hervorragt, oder an Stellen, wo die Nadeln wahrscheinlich mit der 
Pincette gedrückt waren, mit abgebröckelter Schale ununterbrochen fort- 
setzt. Es wäre möglich, dass hier inkrustirter Breislakit vorliegt, und 
dass die oft recht soliden Kerne in Apatitnadeln auch irgend einem fadi- 
gen Mineral und nicht blosser Grundmasseeinschlüsse (wie in den meisten 
Fällen unzweifelhaft ist) angehört. Zwischen den Nadeln lagen abgeris- 
sene, sicher Tridymit angehörende Blättchen. 

Der Gesteinsdünnschliff hat das Aussehen eines Leucitgesteins. Die 
grossen, gerundet achtseitigen, wasserhellen Krystalle theils vereinzelt, 
theils zu mehreren unmittelbar aneinandergedrängt, werden und bleiben 
bei gekreuzten Nicols total dunkel, entbehren aller den Leucit characte- 
risirenden Einlagerungen und sind nur mit äusserst feinen Dampfporen 
erfüllt, die in Linien angeordnet, da wo sie weniger zahlreich sind, sich 
kreuzen. Ausserdem sind granatoedrische feine Spaltungslinien nicht sel- 
ten. Die umgebende Grundmasse ist ein fluidales kleinkrystallinisches 
Aggregat von Augit, Magnetit, Glimmer, kleinen und grösseren triklinen 
Feldspathleisten und etwas angegriffenen Olivinkrystallkörnern. Porphy- 
risch lauchgrüner Augit. Hexagonale farblose Blättchen nur zu wenigen 
aggregirt, wurden nur spärlich beobachtet. 

8) Ein phonolithartiges Gestein (Etikette: Leucitophyr, Kern im zer- 
setzten Leucitophyr, Gang im Tuff. Vesuv. Weg von Sessa nach Rocca 


609 


monfina), welches ich nur als Leueit-führenden Hauynphonolith bezeichnen 
kann, enthält in der klaren Grundmasse zahlreiche Aggregate sehr regel- 
mässig hexagonaler Blättchen, mitunter höchst zierliche Verwachsungen, 
wie sie Glimmer so häufig zeigt, die auf Nephelin — der ausser dem 
glasigen, bläulich polarisirenden Magma (Nephelinglas?) krystallinisch nicht 
vorhanden ist — gar nicht zu deuten sind und wohl nur Tridymit ange- 
hören können. 

Porphyrisch Augit, Sanidin, reichlich Hauyn mit ausgezeichnet schar- 
fen Strichnetzen und kleine Magnetitkryställchen. 

Bis jetzt habe ich Tridymit nur in 2 Phonolithen bemerkt; nämlich: 

a) Ein Gestein von Tenerifa vom Südabhang des Circus bei Fuente 
agria hat eine aus wasserheller Nephelinsubstanz bestehende, ungefähr 
wie ein ausgetrockneter Schlammboden sehr reichlich zersprungene Grund- 
masse, in der nur stellenweise Sanidinleisten fluidale Büschel bilden, in 
der ausserdem reichlich bei schwacher Vergrösserung rundliche und ver- 
zerrte Flecke sich scharf abheben, die sich bei starker Vergrösserung und 
besonders im polarisirten Lichte nur als Tridymitaggregate deuten lassen. 
Die reichlichen porphyrischen Einlagerungen bestehen in scharfen wasser- 
hellen Sanidinkrystallen, welche stets den Mittelpunkt von Glimmer oder 
flatterig büscheligen, höchst feinen, smaragdgrünen Augitnadelaggregaten 
abgeben, ähnlich wie die Einlagerungen in gewissen Tachylyten stets flat- 
terig etc. scharf umrahmt sind. 

b) In einem Nosean des Noseanphonoliths von Olbrück ist eine grosse 
von aussen her umschlossene Einlagerung der Leucit-Nephelingrundmasse, 
die einige recht scharf ausgeprägte Tridymitaggregate birgt. 

9) Der an grossen, stark umgewandelten Leuciten etc. reiche, dünn- 

plattige Noseanleueitophyr von Ober-Wiesenthal im Erzgebirge enthält in 
dem farblosen Nephelinglasgrund charakteristische Tridymitaggregate. 
(Specielle Beschreibung des durch die schönen Apatite, Titanite ete. sehr 
interessanten Gesteins in meiner Basaltigaea Saxoniensis No. 134.) 
- 10) Nachdem SAnDBERGER im grobdoleritischen Plagioklasbasalt vom 
Frauenberg, vulgo Taufstein, W. Heubach in d. südl. Rhön den Tridymit 
über Bergkrystall beobachtet, fand ich denselben nicht nur hier, sondern 
auch in den gleichbeschaffenen. ebenwohl in losen Blöcken umherliegenden 
Gesteinen auf dem Hohen Gras im Habichtswalde, gleichfalls einmal mit 
Bergkrystall. Dünnschliffe glückten noch nicht, wegen des losen Krystall- 
verbandes. 

11) In den Sprüngen abgerundeter Quarzkörner der verglasten Sand- 
steine vom Otzberg bei Hering und Calvarienberg (hier haben die Quarz- 
körner oft noch 0,6wni Dicke) wurden zierliche Tridymitaggregate aufge- 
funden. Ebenso bestehen die höchst dünnen, weissen Verwitterungshäute 
der Buchitsäulen aus amorpher Kieselsubstanz mit den schönsten Tridy- 
mitblättchen. (Bereits im Druck: Basalte etc. des Mainthales. Offenb. 
Ver. f. Naturkunde.) 

Unter einer Suite der mannigfaltigsten Quarze aus den Diamantwasch- 


werken vom Cap finden sich theils platte, theils recht regelmässig gebil- 
Jahrbuch 1873. i 39 


610 


dete Bergkrystalle (wahrscheinlich aus Drusen), deren Kopfende wasser- 
klar, deren Grundende dagegen weiss und opak ist. Zwischen beiden Ex- 
tremen ist die Substanz wolkig, ungefähr so, wie Kieselgallerte in einem 
Reagensglas aufsteigt. Ein platter Krystall wurde so weit angeschliffen, 
dass die Oberfläche nicht mehr stören konnte. Es zeigt sich, dass die 
trüben Wolken aus Tridymitaggregaten bestehen. Ich werde suchen dünne 
Präparate herzustellen, um die Formen, die eine grosse Manmnigfaltigkeit 
versprechen, besser zu studiren. Sprungklüfte in einem grösseren Krystall 
sind mit so zierlichem Tridymit ausgekleidet, dass eine Zeichnung davon 
das treueste Bild der bekannten Eisenglanzaggregate von Elba, Vesuv etc. 
abgeben würde. 

Über die Einlagerung von Tridymitschuppen in den Trennungshäuten, 
welche die Hydrotachylytknollen vom Rossberg durchziehen, habe ich be- 
reits berichtet. 

12) Bereits A. Knor erwähnt in seiner klassischen chemischen Un- 
tersuchung des grobdoleritischen Nephelinbasaltes von Meiches (N. Jahrb. 
1865, S. 682) der Kieselsäureinkrustationen. Namentlich die, die Drusen 
durchkreuzenden bis 0,5mm dicken Apatitnadeln zeigen: solche, oft korallen- 
artig pustulösen Inkrustationen. Da die ausgebrochenen Apatitnadeln für 
die mikroskopische Untersuchung zu dick waren, wurden sie in Säure ge- 
löst und der Rückstand als Tridymitschuppen erkannt. Wenn übrigens 
v. Kuiırsteın ein @Gehlenitartiges Mineral als Gemengtheil erwähnt, den 
andere ausgezeichnete Forscher nicht fanden, so waltet hier nicht ein Be- 
obachtungs-, sondern ein leicht möglicher und unserer heutigen Forschung 
gegenüber auch sehr verzeihlicher Deutungsfehler ob. Das aphanitische 
Basaltgestein nämlich — mit welchem das doleritische eng verknüpft ist 
und von denen sowohl ersteres in letzterem, als umgekehrt letzteres in 
ersterem Adern bildet, die bis zu Im Dicke herabsinken — ist, wie viele 
Vogelsbergsbasalte charakterisirt durch Olivin, der neben ausgezeichnet 
scharfen Krystallen auch gestauchte und stabförmig verlängerte Formen 
zeigt. Dieser Olivin ist im Dünnschliff kirschgelb, kirschroth bis intensiv 
braunroth, dabei noch recht pellucid. (In dem grossen an 50m tiefen und 
wohl an 80m in den Berg eingedrungenen Bruch am Losenberg N. Gedern 
ist der Olivin im Kern der unteren mächtigen Blöcke ebenso roth als in 
Rollbrocken von Tag, und bei Meiches stammt unser Material ja auch aus 
der Tiefe eines Schachtes.) 

Es greifen nun die Olivinkrystalle nicht nur aus dem Basalt in die 
Doleritader hinein, sondern dieselben gehören auch zum Gemenge der Do- 
leritader selbst und greifen, wie alle andern Gemenstheile, in den Basalt 
ein. Im Dolerit selbst ist Olivin allerdings sehr selten, doch habe ich ihn 
mehrmals als grünlich olivenbraune, fettglänzende, längliche Körner be- 
obachtet. Möglich, dass sich die Deutung von KLırstein’s auch auf grau- 
lich lederbraunen Glimmer bezieht, der im Basalte nicht selten ist, den 
ich selbst aber im Dolerit noch nicht sah. Der Basalt, welcher an der 
Todtkirche sowie S. und W. von Meiches ansteht, ist übrigens so durch- 
aus verschieden von dem mit dem Dolerit verbundenen und in nächster 


611 


Nachbarschaft anstehenden, dass, wenn überhaupt von Ganggestein hier 
die Rede ist, so wird der Gang aus einem aphanitischen Nephelinbasalt 
mit doleritischer Kernpartie gebildet, und nicht der bekannte grobkrystal- 
linische Nephelinit bildet einen Gang. Zu demselben Schlusse gelangt man 
an den übrigen Punkten bei Ulrichstein, Kölzenhain und Hartmannshain. 

13) In einem kleinen Drusenraum des Löbauer grobdoleritischen Ne- 
phelinbasaltes fand ich die denselben durchziehenden Apatitnadeln gleich- 
sam verklebt durch eine weisse kleinhöckrige Masse, die dem Ganzen ein 
zerfressenes Aussehen verlieh. Vorsichtig ausgebrochen, mit Säure be- 
handelt, ergab sich der Überzug wie im Meicheser Gestein als Tridymit- 
aggregate. Bei dieser Gelegenheit wurde auch Sanidin als Drusenmineral 
sicher constatirt, den ich ausser unter den fluidalen Elementen der Zwi- 
schenklemmungsmasse, zwischen den grossen Gemengtheilen nicht aufzu- 
finden vermochte. 

14) Auf der Innsbrucker Naturforscherversammlung machte ich Mit- 
theilung über ein interessantes Vorkommen beidendig ausgebildeter bis 3mm 
langer Bergkrystalle an den Kluftwänden von Gyps der Anhydritregion 
bei Lamerden a. d. Diemel, durch Vergleichung des quarzreichen liegen- 
den mit dem fast quarzfreien hangenden Thon des Gypsstocks erklärt als 
Auslaugungsproduct etc. (Tageblatt 13869, S. 179). Eine weitere Unter- 
suchung lehrt, dass ausserdem die Kluftwand einen zarten Überzug hat, 
dessen spiegelnde Schuppen sich sogleich durch ihre Härte von etwaigen 
Gypsspiegeln unterscheiden lassen. 

Sie wurden nach chemischer und optischer Prüfung für Tridymit er- 
kannt. 


Die Entdeckung des Tridymits, — sein Vorkommen für sich, neben 
Quarz oder innerhalb amorpher Kieselsubstanz, in Sprüngen von Quarz 
selbst, sein Auftreten als unzweifelhaft primärer Gesteinsgemengtheil, die 
auf sehr verschiedene Entstehungsweise schliessen lässt, — gewinnt immer 
mehr an Tragweite. Hat doch schon der glasige Untergrund vieler Ba- 
salte und Phonolithe, der sich bald als gänzlich amorphes, bald als ver- 
schiedenartig entglastes Magma, bald, nach den Übergängen zu urtheilen, 
als Nephelin oder Leucit im nicht krystallinisch individualisirten Zustand 
herausstellt, neue Gesichtspunkte eröffnet, wie viel mehr muss der Tridy- 
mit als reine Kieselsäure die vom chemischen Standpunkt aus vollzogenen 
Interpretationen modificiren. Ob sich Tridymit in Phonolithen findet, hoffe 
ich in Kurzem mittheilen zu können, wo ich, nach Vollendung einer Un- 
tersuchung sämmtlicher Ober-Lausitzer Basalte (gleichwie der sächsischen 
in den Vorjahren) meine jetzt nahe 600 Nummern betragende Phonolith- 


sammlung durchmustern werde. 
H. Mösr. 


612 


Innsbruck, den 24. Juli 1873. 


In der Nähe der Kettenbrücke bei Innsbruck wurde von mir bereits 
früher ein mächtiger Streifen von Diluvialtorf entdeckt. Eine sehr in- 
structive Entblössung des Terrains fand heuer bei einem Neubau statt. 

Wir geben das Profil. Zu unterst — etwa 20 Fuss über dem gegen- 
wärtigen Niveau des Inn — begegnet man blauem, thonigem, sehr glim- 
merreichem Sand, nach oben ist er mit etwas Geröll und Wurzelresten 
verschiedener Art untermischt. Dann folgt zwei Fuss mächtig eine Schicht 
von Torf; ich fand in derselben Reste von Phragmites, einer Birke und 
Coniferen. Der Lehramtscandidat JuLıus GRENLIcH entdeckte auch noch 
Kohlenreste und Holzstücke mit deutlichen Spuren von Bearbeitung. Wir 
dürfen also annehmen, dass diese Gegend schon in der Diluvialzeit be- 
wohnt war, was übrigens auch der Fund des Steinbeiles im Löss bei der 
Hungerburg bestätigt. Dann folgt wieder eine Lage Sand und Geröll mit 
Wurzeln, etwa 1 Fuss mächtig, dann wieder eine Lage Torf von 2—3 
Zoll, dann wieder Sand mit Geröll und Wurzeln, etwa !/, Fuss; Torf 1 
Zoll, schliesslich grober Schotter mit Rollstücken aus den Central- und 
Kalkalpen. Dieser Schotter setzt die Hügel und Terrassen im Innthal 
zusammen. Wir haben auf diesem Terrain das alte Ufer des Inn zu su- 
chen, der damals wohl das ganze Innthal von einer Berglehne zur andern 
ausfüllte. Dr. An. PıcHLEr. 


Cortina, den 12. August 1873. 


Zur Geognosie der Gegend von Niederdorf, Sexten und Cortina 
in Südtirol. 

Ein wiederholter Besuch der Gegend in Süd-Tirol, über welche ich 

kürzlich in Ihrem Jahrbuch geognostische Mittheilungen machte („Geogno- 


" stische Beobachtungen in der alpinen Trias der Gegend von Niederdorf, 


Sexten und Cortina in Süd-Tirol“) setzt mich nunmehr in den Stand, von 
Ort und Stelle aus einige Berichtigungen sowie diejenigen Ergän- 
zungen zu geben, welche zu einem zusammenhängenden geognostischen 
Bilde der alpinen Trias erwähnter Gegend nöthig sind. 

Es sei zunächst bemerkt, dass die Gliederung der Trias, wie sie v. 
RıcHTHoFEn, -- hauptsächlich auf das Normalprofil Pufler Schlucht — Schlern 
basirt — für das westlich anstossende Gebiet entwirft, auch für die Ge- 
gend von Niederdorf etc. Gültigkeit hat; so dass man die dort aufgezähl- 
ten Glieder auch hier im Allgemeinen ohne Schwierigkeit wiedererkennen 
kann. 

Auf das Schiefer- (Phyllit-) Gebirge der Centralzone gelagert, umzieht 
zunächst als unterste Stufe der alpine Buntsandstein die Ränder des 
Triasgebirges. Auf ihn folgt die Zone der zum alpinen Röth gehörigen 
dolomitischen Mergel, besonders ausgezeichnet durch einen durchgreifen- 
den Zug von Gypsmergeln und schwarzen Foraminiferenkalken. 
Es folgt eine mächtige Entwicklung kalkiger, mergeliger und schiefriger 


613 


Gesteine, welche v. RıcHtnoren in „Seisser“ und „Campiler“ Schichten 
theilt (und welche nach Hrn. Gümszr’s Untersuchungen — S. Geogn. Mit- 
theil. aus den Alpen, I. Mendel und Schlerngebirge, Sitz.-Ber. der Bayer. 
Ak. d. W. 1873 — etwa dem ausseralpinen Wellendolomit und 
tiefern Wellenkalk entsprechen. 

In fast ununterbrochenem Zuge lässt sich diese Gesteinsfolge als un- 
tere Vorstufe am höher aufsteigenden Triasgebirge von Enneberg (St. Vi- 
gil) gegen Toblach und weiter bis Auronzo verfolgen. Nur im Thal Aus- 
ser-Prags, bei Schmiden, sind diese Triasglieder durch Überschiebung bei 
der’ Gebirgserhebung grösstentheils unter die jetzige Thalsohle gerathen, 
so dass die Phyllitgrundlage am Thalausgang mit den „Campiler“ Schich- 
ten, weiter thalaufwärts sogar mit noch höhern (den „Wengener“ Schich- 
ten) fast unmittelbar in Contakt kommt. — Meine frühere Angabe, dass 
zwischen den Dolomitmergeln, Gypsen und Foraminiferenkalken des alpi- 
nen Röth auch weisser, krystallinischer Dolomit vorkomme, Kann 
ich nicht aufrecht halten; aus höhern Lagen herabgebrochene Dolomit- 
schollen treten an manchen Stellen der Gegend von Innichen etc. so mit 
obigen Gesteinen zusammen, dass Täuschungen vorkommen können. — Der 
Gesteinscomplex der plattigen Kalke, grauen und rothen Schiefer etc., 
welche den „Seisser und Campiler“ Schichten entsprechen, erreicht oft eine 
auffallende Mächtigkeit. Da jedoch Faltungen und Biegungen nachweisbar 
sind (z. B. bei Toblach), so stellt sich die wahre Mächtigkeit entschieden 
geringer heraus. — Dass die Grenzlinien dieser und der folgenden Com- 
plexe grössere Thalrisse (z. B. den der Ampezzaner Strasse, des Anziei- 
thals) nicht als continuirliche Curven, sondern gebrochen, überschreiten, 
ist fast selbstverständlich, indem die durch Risse getrennten Gebirgspar- 
tien den schiebenden und hebenden Kräften gesondert unterlagen. 

Es folgt nun nach oben eine dolomitische Gebirgsabtheilung; sie be- 
ginnt mit spröden, plattigen, bituminösen, dolomitischen Lagen, welche oft 
eine ansehnliche Mächtigkeit erreichen; dazwischen liegen zellige Rauch- 
wacken und nach oben folgen weisse, krystallinische, in Bänken geschich- 
tete Dolomite, erfüllt mit der Foraminiferenspecies @yroporella pauciforata 
Güms. v. RıcHTHorEn lässt auf seine „Campiler“ Schichten den „Virgloria- 
kalk“, auf diesen den „Mendola-Dolomit“ folgen. Letzterer bedeutet das- 
selbe wie der „Dolomit mit Gyroporella pauciforata.“ (Ausführliches dar- 
über in der erwähnten Abhandlung des Hrn. GümseL.) Die erwähnten 
plattigen, bituminösen Dolomite mit Rauchwacken, welche ich allenthalb 
zunächst unter dem Gyroporella-paueiforata-Dolomit fand, ohne dass in- 
dess eine scharfe Grenze zwischen beiden zu ziehen wäre, dürften ohne 
Zweifel den Virgloriakalk (= Recoarokalk) vertreten. Petrefakten fand 
ich in denselben nicht (höchstens Crinoidenreste); auch v. Rıcutnoren be- 
zeichnet seinen Virgloriakalk der westlich angrenzenden Gebiete als meist 
petrefaktenleer. 

Diese, besonders durch den Gyroporella-paueiforata-Dolomit ausge- 
zeichnete Abtheilung liegt überall dem erwähnten Zug der tiefern Trias- 
schichten vom Enneberg bis Auronzo auf. 


614 


In meinem frühern Aufsatz erwähnte ich das Vorkommen von Horn- 
stein und Muschelkalk-Petrefakten führenden Kalken am Sarnkofel, Gol- 
serberg, bei St. Veit und vor der Hochalpe, und stellte es als noch nicht 
sicher hin, ob diese Vorkommnisse unter sich und mit dem „Buchenstei- 
ner Kalk“ v. Rıcwruoren’s gleichstünden. Diese Übereinstimmung findet 
nun in der That statt. Wir haben in den erwähnten Kalkbänken eine 
durch Cephalopoden und Brachiopoden ausgezeichnete alpine Muschelkalk- 
bildung (= v. RıcHTtHoren’s Buchensteiner Kalk), welche in die untersten 
Partien der auch in vorliegender Gegend entwickeiten „Wengener Schich- 
ten“ (Halobien-Schichten) zu stehen kommt (und mit diesen dem ausser- 
alpinen obern Muschelkalk correspondirt, wenn man das Auftreten sehr 
ähnlicher Halobien dort wie hier zu Grunde legt). 

An den erwähnten Lokalitäten treten nun in der That untere Wen- 
gener Schichten und Muschelkalkbänke sehr nah zusammen. So im Pragser 
Thal, wo auf den beim Bad Prags zu Thal tretenden @yroporella-Dolomit 
Pflanzenreste führende Schiefer folgen, welche schon zu den Wengener 
Schichten zu rechnen sind, und in die sich bald Hornsteinkalke einschal- 
ten, während in höherer Lage, auf dem Golserberg Bänke mit Muschel- 
kalkpetrefakten mit jenen Schiefern zusammentreten; während ferner zwi- 
schen Golserberg und Badkofel sich typische Wengener Schiefer mit Ha- 
lobia Lommeli von W. her einschieben, folgen östlich, im Streichen, vor 
dem Sarenkofel -in derselben Zone Hornsteinkalke und Kalke mit Muschel- 
kalkpetrefakten. — Ferner liegen auch die aus dem Thal von St. Veit 
erwähnten Schichten mit Muschelkalk-Cephalopoden (besonders Ceratiten) 
im Bereich der untern Wengener Schichten. Meine Darstellung der La- 
gerungsverhältnisse an dieser i okalität ist irrthümlich und muss hier be- 
richtigt werden. Die Sache verhält sich keineswegs so, dass der Complex 
von Plattenkalken, sandig mergeligen, Pflanzenreste führenden Schiefern, 
plattigen und knolligen Hornsteinkalken, in welchen Complex die Cepha- 
lopodenbänke fallen, im Streichen auf den @yroporella-paueiforata-Dolomit 
folgt, und diesem also gleichwerthig wäre: sondern, in Folge eines durch 
die Schlucht des Dennabaches bezeichneten Bruches ist der erwähnte Com- 
plex des obern Muschelkalkes (Buchensteiner Kalkes), der nach oben mehr 
und mehr mit ächten Tuffschichten wechsellagert und die Wengener Schich- 
ten eröffnet, neben den weiter östlich anstehenden G@yroporella-pauciforata- 
Dolomit zu liegen gekommen, dessen westliche Fortsetzung nebst allen 
tiefer liegenden Triasschichten unter die Thalsohle versenkt ist. 

Was endlich das Profil betrifft, welches vom Welsberger Berg nach 
der Hochalpe geht, so ist auch die von dort beschriebene, stark entwickelte 
und durch zahlreiche Brachiopoden ausgezeichnete Muschelkalkabtheilung, 
welche auf den @yroporella-Dolomit folgt, als Buchensteiner Kalk = oberer 
alpiner Muschelkalk zu bezeichnen und zugleich in die untern Wengener 
Schichten zu stellen. Letztere sind allerdings an dieser Lokalität keines- 
wegs sehr hervortretend und massenhaft vorhanden; wohl aber ergab sich 
bei einer Revision der Stelle, dass zwischen den Muschelkalkbänken, schon 
von unten an, ausser Pflanzenreste führenden Schiefern, zurücktretend 


615 


auch unzweifelhafte Wengener Schiefer liegen und ausserdem tuffige und 
conglomeratische Lagen vorkommen, welche vollkommen mit solchen über- 
einstimmen, die im Thal Ausser-Prags und Inner-Prags in dem untern 
Wengener Schichtencomplex auftreten. — Die Übereinstimmung der Ent- 
wicklung des alpinen Muschelkalks der Niederdorfer Gegend mit der von 
v. RıcHtuoren gegebenen Eintheilung ist hiernach sicher. 

Die gesammte Abtheilung, welche derselbe als „Sedimentärtuffe“ be- 
zeichnet, und welche in diesem Sinne genommen den ganzen Complex: 
Buchensteiner Kalke, Wengener Schichten, Cipitkalk, St. Cassianschichten, 
nebst den zwischendurch auftretenden, so mannichfaltig und oft so mäch- 
tig entwickelten ächten Tuffschichten in sich begreift — ist in dieser Weise 
nur in einem kleinen Theil unseres Gebietes vertreten; in einem Zug, der 
von den Höhen zwischen Sarenkofel und Dürrenstein durch Innerprags 
und Ausserprags reicht und mit dem Pragser Wildsee abschneidet. 

Als Ergänzung und Berichtigung zu dem, was ich über das Profil 
zwischen Sarenkofel und Dürrenstein angeführt habe, muss hinzugefügt 
werden, dass die Einschaltungen von St. Cassianähnlichen Kalken und 
dolomitischen Kalken, die dort in der hinter dem Sarenkofel folgenden 
Reihe von Wengener Schichten und Tuffschichten vorkommen, wahrschein- 
lich als integrirende Theile dieser Gruppe der „Sedimentärtuffe“ und als 
Repräsentanten des „Cipitkalk* anzusehen sind, dem sie auch petrogra- 
phisch gleichen; leider fehlen die Petrefakten, um mit andern alpinen und 
ausseralpinen Bildungen Vergleiche anstellen zu können. Die eigentlichen 
St. Cassianschichten liegen erst am Fuss der Steilwand des Dürrenstein. 
Das entsprechende Terrain in Ausser-Prags bietet wegen mangelhafter 
Aufsehlüsse zu wenig Vergleichs- und Anhaltspunkte. 

Weiter westlich, nämlich von der Hochalpe nach dem Enneberg ist 
die Entwicklung der in Rede stehenden Triasabtheilung von der in Prags 
abweichend, wie ich dies in meinem frühern Aufsatz schon erwähnte, wenn 
auch etwas weniger abweichend als es auf den ersten Blick schien. Wäh- 
rend zwischen dem stark entwickelten obern alpinen Muschelkalk (Buchen- 
steinerkalk) zurücktretend Wengener Schichten und tuffige Schichten lie- 
gen, welche bis zu einem gewissen Punkte aufwärts sich mehren, folgen 
von da an dolomitische und Kalk-Schichten, z. Th. sehr hornsteinreich, 
während die eigentlichen Tuffe, abweichend von der gewöhnlichen Ent- 
wicklung, bis auf Spuren verschwinden. Einzelne dieser Kalkbänke erin- 
nern an undeutlich ausgebildete St. Cassian- resp. Cipit-Kalke, und viel- 
leicht hat man diesen ganzen Theil des Profils als Repräsentanten der 
Cipitkalkbildung aufzufassen, welcher hier auf Kosten der sonst stark 
zwischengelagerten Tuffe fast ausschliesslich hervortritt. Die im Normal- 
profil am Schlern (wie auch bei Prags) im Hangenden folgenden eigent- 
lichen St. Cassianschichten sind an der in Rede stehenden Lokalität nicht 
vorhanden, wenigstens konnten sie an dem einzigen, günstig aufgeschlos- 
senen Punkte zwischen Enneberg und Ausser-Prags, nämlich auf dem 
Bergrücken N. von St. Veit, nicht nachgewiesen werden. Nur weichere, 
dolomitische und mergelige Schichten, sowie Spuren St. Cassianartiger und 


616 


tuffiger Gesteine finden sich dort, zunächst unter der (Schlerndolomit-) 
Steilwand der Hochalpe. 

Östlich von Prags, oder eigentlich im ©. der Ampezzaner Strasse fehlt 
die ganze Triasabtheilung der „Sedimentärtuffe“ mit ihren charakteristi- 
schen Gliedern, worauf wir, nach Besprechung des Schlerndolomites, zu- 
rückkommen. 

Schlerndolomit. Wie im Normalprofil der Seisseralp lässt sich in 
unsrer Gegend, im Hangenden der zuletzt besprochenen Triasschichten, 
mit Sicherheit eine mächtige Dolomit-Stufe erkennen, welche der von v. 
RıcHtHoren als „Schlerndolomit“ überall bezeichneten Triasstufe vollkom- 
men entspricht. Es ist im Allgemeinen ein weisser, sehr krystallinischer, 
zuckerkörniger, meist sehr poröser, drusiger, und von auskrystallisirten 
Hohlräumen durchzogener Dolomit, der sich in dieser Weise an allen Or- 
ten seines Auftretens wiederholt und wiedererkennen lässt, wenn natür- 
lich auch genug petrographische Modifikationen vorkommen, welche von 
dieser, als typisch anzusehenden Beschaffenheit abweichen. Mitunter ist 
übrigens die petrographische Ähnlichkeit mit dem Dolomit des Schlern- 
berges eine vollkommene. Dass der Schlerndolomit in Bänken geschichtet 
ist, lässt sich an sehr vielen Stellen unsrer Gegend mit der grössten Deut- 
lichkeit erkennen; wo es weniger hervortritt, liegt es wohl nur an der 
grossen Dicke der einzelnen Bänke, bei mangelnden, petrographisch ab- 
weichenden Zwischenlagen, wodurch natürlich in den meist sehr zerrisse- 
nen Wänden die Schichtungslinien verwischt werden. Petrefakten-Stein- 
kerne finden sich nicht, namentlich keine deutlichen Megalodon-Kerne (ab- 
weichend von der höhern Dolomitstufe). Wohl finden sich, und das ist 
geradezu charakteristisch für den Schlerndolomit, in Menge, eigenthüm- 
liche, herzförmige Hohlräume, welche in ihrer Form mehr oder weniger 
an Dachsteinbivalvenumrisse erinnern. Diese Hohlräume sind aber immer 
auskrystallisirt, wodurch die Form undeutlich und verzerrt erscheint, und 
es fehlen deutliche Steinkerne. Ferner kommen im Schlerndolomit, in 
gewissen Lagen ganz constant, zahlreiche Chemnitzienartige Schnecken, 
oder vielmehr deren (ebenfalls auskrystallisirte) Hohlräume vor, oft eine 
beträchtliche Grösse erreichend. Ein weiteres Kennzeichen ist das sich 
in zahlreichen Bänken, an allen Orten des Vorkommens wiederholende, 
eigenthümlich oolithische Gefüge, welches in höchst ähnlicher Weise im 
Wettersteinkalk der Nordalpen vorkommt, und besonders auf verwitterten 
Flächen ausgezeichnet hervortritt. 

Ihre obere Abgrenzung findet die Gebirgsstufe des Schlerndolomits 
durch einen Complex kalkiger, sandiger, St. Cassianartiger, steinmergeli- 
ser etc. Gesteine, welche auch in unsrer Gegend der obersten Lage des 
Schlerndolomites ganz so wie auf dem Schlernplateau bei Bozen die 
sog. rothen Raibler Schichten aufruhen, und diesen durchaus ent- 
sprechen ; wobei jedoch gleich bemerkt werden mag, dass sie hierorts durch 
Verstürzung bei der Gebirgserhebung, oder durch spätere Abschwemmung 
mehr oder weniger wieder verschwunden sind und sich daher dem Blick 
nicht überall mit gleicher Deutlichkeit darbieten. 


617 


Den Zug des Schlerndolomites in unserem Gebiete betreffend, fassen 
wir zunächst das Gebirge zwischen Einneberg und Ampezzanerstrasse in’s 
Auge; überall hebt sich hier diese Dolomitstufe deutlich von den tiefern 
Triasschichten ab, namentlich ist sie (ausgenommen an der Ampezzaner- 
strasse selbst) stets von der tiefern Dolomitstufe im alpinen Muschelkalk, 
dem Gyroporella-pauciforata-Dolomit getrennt. Vom Enneberg angefangen 
gehören dem Schlerndolomit an: Col dai Latsch, Dreifingerspitz, Hochalpe, 
Rauchkofel und Herstein (am Pragser Wildsee), Zwölferspitze, der Dürren- 
stein und dessen südliche Fortsetzung (Strudelköpfe) bis Schluderbach an 
der Ampezzanerstrasse. — Südlich von den drei erstgenannten Bergen 
bezeichnet das Grünwaldthal und seine SW. Fortsetzung (Lerchwaldthal) 
einen Bruch, der den nach $. folgenden Hauptdolomit etwas versenkt und 
von dem Schlerndolomit getrennt hat, so jedoch, dass einzelne Partien 
des Schlerndolomites noch südlich vom Grünwaldthal zu liegen gekommen 
sind. Die Hochflächen jener Berge (Dreifingerspitz, Hochalpe) mit Ein- 
schluss des südlich vom Jochübergang nach St. Vigil liegenden Theiles 
(Damber-? Böden) stellen ungefähr die obersten Lagen des Schlerndolomits 
dar, und würden somit dem „Schlernplateau“ entsprechen, wenn nicht spä- 
tere Abschwemmung die nach der Gebirgserhebung vielleicht noch auf- 
ruhenden Schichten des obern St. Cassian (=- „Schlernplateau“* —= rothe 
Raibler Schichten) entfernt, ja auch noch tiefe Schluchten in den “chlern- 
dolomit selbst eingerissen hätte. Nur wenige Trümmer jener Schichten 
haben sich im Grünwaldthal erhalten, wohin, als in den Hebungsriss, wohl 
auch ein Theil bei der Hebung verstürzt war. 

Am Pragser See erscheint die obere Grenze des Schlerndolomites in 
Folge der Hebungsvorgänge etwas nördlich verworfen, denn während am 
Südende des Sees der Südabhang des Rauchkofels etwa die obere Grenze 
bezeichnet, setzt dieselbe jenseits in der Kluft zwischen Herstein und Ross- 
kofel fort, um in derselben Weise hinter der Zwölferspitze weiter zu ziehen. 
Der Dolomitschutt verdeckt in dieser Kluft die Gesteine des obern St. 
Cassian völlig. Weiter, nach SO., ist durch das hintere Pragser Thal, 
den Kaserbach, die Einsenkung zwischen Dürrenstein und Hochgaisl, und 
das Seelandthal bis Schluderbach der Sprung zwischen Schlerndolomit und 
höherem Dolomit (Hauptdolomit) angedeutet, in welchem die Lage des 
„Schlernplateaus“ und die den „rothen Raibler* — „Schlernplateau-Schich- 
ten“ entsprechenden Gesteine zu suchen sind,. soweit letztere noch vor- 
handen. Die SW-Abdachung des Dürrenstein entspricht somit durchaus 
dem Schlernplateau, von dem die Repräsentanten der rothen Raibler Schich- 
ten, bis auf Spuren, abgeschwemmt sind. Grössere Reste derselben (Gyps- 
mergel, Steinmergel, St. Cassian-Cardita-Gesteine) haben sich in dem Wie- 
senterrain erhalten, welches die Einsenkung, gegen den Hochgaisl zu, er- 
füllt; abwärts im Kaserbachthal mischen sich ihre Fragmente mit denen 
des untern St. Cassian, welches ebenfalls mehrfache Dislokationen erfahren 
hat. — Die in meinem frühern Aufsatz von den St. Cassianlagen des Dür- 
renstein namhaft gemachten (im Schutt gesammelten) Petrefakten dürften 
theilweise dem obern St. Cassian zuzuschreiben sein. — Auf der Seeland- 


-618 


alp, gegen Schluderbach zu, finden sich ferner zahlreiche Fragmente, 
welche in den ausgewitterten Petrefakten namentlich eine Korallen- und 
Schwamm-Facies des obern St. Cassian (Schlernplateauschichten) dokumen- 
tiren; nebenbei Conchiferen, Gasteropoden, Terebrateln, Spuren von Am- 
moniten. — Ganz in derselben Weise setzen die fragmentarischen Reste 
jener Schichten jenseits der Ampezzanerstrasse, in der Fortsetzung der- 
selben Bruchspalte, nämlich im Misurinathal fort, wo sie nur von den öst- 
lich angrenzenden Schlernplateau-Lagen abgeleitet werden können. 
Anders nun als in dem Gebirge zwischen Enneberg und Ampezzaner- 
strasse, verhält sich der Schlerndolomit in dem Gebirgsdreieck Toblach, 
Schluderbach-Misurina, Auronzo. Wir finden hier denselben Aufbau der 
Trias wie auf dem Westabhang des Schlern bei Bozen, wo die ganze 
Gruppe, welche v. Rıc#tnoren innerhalb der „Sedimentärtuffe“ begreift, 
fehlt. und somit der Schlerndolomit mit dem Dolomit des alpinen Muschel- 
kalkes (= Gyroporella-paueiforata-Dolomit) unmittelbar zusammenstösst. 
An vielen Stellen, wo der Schutt nicht Alles zudeckt, lässt sich in 
diesem Gebiete über dem untern alpinen Muschelkalk, also über den „Cam- 
piler“ Schichten, iängs dem untern Rand der vordersten Dolomitsteilwände 


eine durch ihre dünnere Schichtung und graue Färbung von dem höhern, - 


massigen Dolomit sich abhebende, nach oben in denselben übergehende 
Zone wahrnehmen: in welcher wir die weiter oben als „Virgloriakalk“ 
und „@yroporella-pauciforata-Dolomit“ erwähnten und näher beschriebenen 
Theile des alpnen Muschelkalkes haben. Auch kommen hier noch, 
aber wie es scheint nur ganz untergeordnet und gegen jene Gruppen zu- 
rücktretend, Hornstein und Petrefakten (Crinoiden, Muscheldurchschnitte) 
führende Kalklagen vor, welche den obern alpinen Muschelkalk (Buchen- 
steinerkalk) andeuten. Der höher folgende Dolomit ist seiner Lage und 
Beschaffenheit nach durchaus ächter Schlerndolomit und endet, nachdem 
er eine grosse Mächtigkeit erreicht hat, auch hier in einer Zone, die dem 
„Schlernplateau“ gleichgestellt werden muss; welche also hier den ersten 
festen und durchgehenden Horizont über dem Muschelkalk abgibt; wäh- 
rend wir in den tiefern Schlerndolomitpartien Zeitäquivalente der Wenge- 
ner, Cipit und St. Cassian-Schichten sehen, ohne deren Grenzen durch den 
eontinuirlichen Dolomitaufbau fortziehen zu können. 

Wie bemerkt, steigen die vordersten Dolomitsteilwände in diesem Ge- 
biete aus der Muschelkalkzone auf, ohne scharf markirte Grenze, 
da auch jene vorwiegend dolomitisch entwickelt ist. Merkwürdig ist nun, 
wie weit stellenweise der von @yroporella paucıforata erfüllte Dolomit 
aufwärts reicht. Dies scheint weiter östlich weniger stattzufinden; an der 
Ampezzanerstrasse jedoch reicht Dolomit mit @yroporella paueiforata weit 
in’s Hangende, bis sich aus ihm der typische Schlerndolomit entwickelt; 
so dass jedenfalls ein beträchtlicher Theil des zackigen Neunerkofels bei 
Toblach aus Dolomit mit @yroporella paueiforata besteht. Auch der gegen- 
überliegende Sarenkofel ist bis in seine hangendsten Bänke von dieser 
Daktylopore erfüllt, welche noch weiter südlich bis in den Flodinger tort- 
setzt, also eine Lage erreicht, welche weit im Hangenden des eigentlicheu 


619 


obern alpinen Muschelkalkes liest. (Oder sollte vielleicht nur eine der 
Gyroporella pauciforata sehr ähnliche Species vorliegen?) — Die eigen- 
thümlichen Lagerungsverhältnisse des Saren-Badkofel-Zuges, in deren Han- 
sendem und Liegendem Wengener Schichten auftreten, in der Art, dass 
sie sich ganz um letztern Berg am Westabhang herumziehen, wofür ich 
keine Erklärung durch Dislocation gefunden habe, sind schon früher von 
mir erwähnt worden. 

Die „Schlernplateauzone“, welche den Schlerndolomit überall oben ab- 
schliesst, ist in diesem Theile unseres Gebietes nicht durch oolithische, 
St. Cassian- und Cardita-Gesteine, sondern nur durch bunte Steinmergel 
vertreten. Bei dem Mangel an Petrefakten in demselben könnten Zweifel 
entstehen, ob ihre Gleichstellung mit den wirklichen Schlernplateauschich- 
ten gerechtfertigt sei; allein der Umstand, (lass der unterlagernde Dolo- 
mit sich in jeder Beziehung als ächter Schlerndolomit, mit den weiter oben 
hervorgehobenen charakteristischen Merkmalen, sowie der nach oben fol- 
gende als ächter Hauptdolomit verhält, — sowie das Weiterziehen der 
erwähnten Steinmergel in westlichere Gebirgsgebiete, wo sie in Gemein- 
schaft mit andern, Petrefakten führenden Gesteinen die Schlernplateau- 
schichten vertreten und sich den typischen Rothen Raibler Schichten pe- 
trographisch wie paläontologisch nähern, lässt hier wie dort keinen Zwei- 
fel darüber, dass wir eine, lokal zwar variable, aber durchgreifende Z wi- 
schenbildung zwischen Schlern- und Hauptdolomit überall vor- 
handen finden. — Vielfach sind in dem in Rede stehenden Gebirgsdreieck 
diese Steinmergel in Folge ihrer leichten Zerstörbarkeit späterer Ab- 
schwemmung verfallen; der plateau-, resp. ebenflächige Abschluss jedoch, 
den in diesem Falle die Schlerndolomitberge meist noch bewahrt haben, 
gibt einen deutlichen Fingerzeig über die „Schlernplateauzone.“ 

Dem Schlerndolomit gehören hier an: die Dolomitmassen auf der Ost- 
seite der Ampezzanerstrasse, von Toblach bis Val Popena bassa und Mi- 
surina bei Schluderbach (mit Ausnahme der noch Gyroporella pauciforata 
führenden nördlichsten Theile); ferner der ganze Dolomitstock des Schu- 
sters;, das Gebirge an der O- und S-Seite des Fischeleinthals und seine 
Fortsetzung SO. und S. bis zum Anzieithale (Auronzo); das Gebirge zwi- 
schen Val Marson, Bimbianco-Misurina und Anziei, nämlich Monte Cam- 
poduro, Cadini und Campedelle; und endlich die von den genannten Berg- 
zügen umschlossene innerste Partie des in Rede stehenden Gebirgsdrei- 
eckes (Basis der Drei Zinnen etc... Die Lage des Schlernplateau’s finden 
wir: in dem Plateau-artigen Abschluss jener innersten Partie, welcher in 
seinen verschiedenen Theilen die Namen: Toblacher Platte, Innicher Rie- 
del, Sextnerböden, Rienzböden, Lavaredosattel etc. erhalten hat; in dem 
Plateau des Mte. Piano: in der Abflachung des Birkenkofels und deren 
SO-Verlängerung gegen das Innerfeldthal, sowie in der S-Abflachung des 
Sehusterstockes (Schusterplatte). Die vielfachen, verschiedene Richtungen 
befolgenden Brüche, welche bei der Hebung entstanden, und durch welche 
das Gebirge in zahlreiche, gegen einander verschobene Partien zerfallen 
ist — (eine Erscheinung, durch welche der ganze Gebirgsbau dieser Ge- 


620 


genden in seiner jetzigen Gestaltung bedingt wird) — mussten bewirken, 
dass auch die ursprünglich zusammenhängende Zone des „Schlernplateau“ 
nunmehr in vielen getrennten, gegen einander verschobenen und durch die 
spätere Abschwemmung bedeutend redueirten und modifieirten Theilen auf- 
tritt. Der grösste und noch am meisten Zusammenhang aufweisende die- 
ser Plateau-Theile ist derjenige, welcher sich im Centrum des Gebirgs- 
dreiecks, in nicht viel von der Horizontale abweichender Lage um die 
Drei Zinnen herumzieht; wobei die muldenförmige Einsenkung der Schlern- 
plateauzone bemerkt werden mag, welche, wie man vom Mte. Piano aus 
wahrnimmt, in Übereinstimmung mit dem allgemeinen Schichtenfall in 
NNO.—SSW.-Richtung von der Schusterplatte unter den Drei Zinnen nach 
Mte. Campedelle und den Cadini hinüberzieht; so zwar, dass am S-Ende 
letztgenannte Bergspitzen durch Abschwemmung der obersten Lagen schon 
etwas unter dem Schlernplateau-Niveau liegen und in bekannter Weise 
der Auflösung in einzelne Pfeiler verfallen sind, während am N-Ende die 
Niveaudifferenz zwischen Schusterplatte und Toblacher Platte wohl durch 
einen zwischendurchgehenden Bruch ihre Erklärung findet. 

Von denjenigen Theilen des „Schlernplateau’s“, wo sie nicht durch 
noch auflagernde Hauptdolomitreste geschützt werden, sind die Repräsen- 
tanten der Rothen Raibler oder Schlernplateauschichten, die Steinmergel, 
durch Abschwemmung meistens entfernt, und man findet nur mehr ihre 
Unterlage, ausgedehnte, stark von der Erosion (Karnfelder) angegriffene 
Dolomitflächen. Stellenweise haben sich jedoch Reste der Steinmergel- 
decke frei erhalten (so besonders in dem Strich zwischen Schwalbenkofel 
und Toblacher Platte; auf dem Lavaredosattel ete.). Es ist bei der leich- 
ten Zerstörbarkeit der Steinmergel begreiflich, dass sie, nebst den auf- 
ruhenden Hauptdolomitpartien vorzugsweise von den äussern Gebirgsthei- 
len verschwunden sind, deren Schichten eine stärkere Neigung besitzen. 

Hauptdolomit. Wie im Profil Seisser Alp-Schlern, so lagert auch 
in unsern Gegenden über den Repräsentanten der Schiernplateauschichten 
eine mächtige Dolomitbildung, die des Hauptdolomits. Es entspricht der 
Natur der Sache, und ist im Vorstehenden auch schon mehrfach ange- 
deutet worden, dass ein, zwischen zwei mächtige Dolomitstufen (Schlern- 
und Hauptdolomit) durchgehender gelagerter, wenig mächtiger Complex, 
der meist aus Gesteinen von grösserer Weichheit und Zerstörbarkeit, dem 
Dolomit gegenüber, besteht, bei der Aufrichtung und Zertrennung des Ge- 
birges ganz besonders afficirt werden musste; und dass gerade auf der 
Basis dieser Zone die unter- und überlagernden Gebirgstheile gegenseiti- 
gen Verschiebungen ausgesetzt waren. Die Zone des „Schlernplateau’s“ 
und der „Schlernplateauschichten“ ist daher auch, abgesehen von dem 
petrographischen und noch mehr paläontologischen Interesse ihrer Ge- 
steine, in der Gestaltung des Gebirgsbaues von grosser Bedeutung, und 
gibt eine scharfe Grenzscheide zwischen Schlerndolomit und Hauptdolomit 
ab, welche Dolomitstufen in Folge aller angeführten Momente sich meist 
schon aus der Ferne als getrennte Gebirgsglieder zu erkennen geben. 

Abgesehen davon bestehen indess noch durchgreifende Unterschiede 


621 


zwischen beiden Dolomiten. Im Gegensatz zu den oben angeführten cha- 
rakteristischen Merkmalen des Schlerndolomites ist der Hauptdolomit zu- 
nächst durch den häufigen und immer wiederkehrenden Einschluss von 
deutlichen Megalodon-Kernen, und zwar Megalodon triqueter WULF. sp. 
wie Megalodon complanatus Güms. gekennzeichnet. Sind auch sicherlich 
zahlreiche Hauptdolomitbänke frei von diesem Petrefakt, so weisen andere 
dasselbe in desto grösserer Menge auf, so dass Megalodon auch in dieser 
Gegend ais Leitpetrefakt für den Hauptdolomit anzuführen ist. Petro- 
graphisch unterscheidet sich der Hauptdolomit vom Schlerndolomit durch 
seine meist viel dichtere, oft steingutartige oder steinmergelige Beschaffen- 
heit (wie denn geradezu Übergänge in Steinmergel vorkommen); welche 
durch einen fortgesetzten, dem Dolomit beigemischten Niederschlag thoni- 
ger, oft etwas gefärbter Substanz erklärlich ist (der erste und hauptsäch- 
lichste Absatz derselben fiel in die Periode der Schlernplateau-Schichten 
und Steinmergel). Hieraus erklärt sich auch die meist noch viel deut- 
lichere, platten- und tafelförmige Schichtung des Hauptdolomits, im Ver- 
gleich zu dem reinern krystallinisch-homogenen Schlerndolomit. Es ver- 
steht sich, dass stellenweise der Hauptdolomit dem Schlerndolomit petro- 
sraphisch sehr ähnlich werden kann. An Mächtigkeit stehen sich beide 
Dolomitstufen vielleicht gleich; mächtige Gebirgsstöcke bestehen aus Schlern- 
dolomit, andere, ebenso mächtige aus Hauptdolomit. 

Das Hangende des Hauptdolomits wird hier gebildet von einem eben- 
falls mächtigen Complexe wohlgeschichteter Kalkbänke, deren Alter wegen 
mangelnder, resp. unzureichender Petrefakten noch unbestimmt gelassen 
werden muss. Der Zug dieses Kalkes geht, soweit es unser Gebiet be- 
trifft, aus dem obern Enneberg (Rauthal) durch den Mt. Sella (Senneser 
Kopf), Seekofel, Hochgaisl (Rothwand), Colfreddo, Croda d’Ancona, Col 
Veggei und Vallon bianco, und umfasst eine der Trias aufgelagerte Scholle 
jüngerer Schichten, welche bis über den Diphyakalk und Biancone hinaus- 
gehen, und deren Verhältnisse hier vorerst unberücksichtigt gelassen 
werden. 

Was nun den Zug des Hauptdolomits betrifft, so fassen wir wieder 
zunächst den Gebirgstheil in’s Auge, der zwischen Enneberg und Ampez- 
zanerstrasse gelegen ist. Zwischen Col dai Latsch und dem südlich vor- 
liegenden Kalkgebirge lässt sich ein schmaler, bei der Gebirgshebung 
wahrscheinlich z. Th. versenkter Hauptdolomitstreifen deutlich unterschei- 
den, der vom Rauthal aufsteigend den sog. Kreppeskofel bildet, zwischen 
Lerchwaldthal und Senneserkopf weiter östlich zieht und den untern Nord- 
abhang des Seekofels enthält. Vom Pragser Wildsee aus weitergehend 
umfasst er den ganzen Rosskofel und das Gebirge zwischen Zwölferspitze 
und Welsberger Rossalp. Aus dem Hintergrund des Pragser Thales sieht 
man die Auflagerung der Kalke des Hochgaisls auf vorspringenden Pfei- 
lern des Hauptdolomits, der in seinen untersten, östlichen Partien durch 
den in den Schlernplateauschichten erfolgten Bruch sichtlich etwas ver- 
stürzt und dislocirt ist. Die untere Hauptdolomitgrenze zieht dann weiter 
am Kaserbach hinauf, dann in der Einsenkung SW. vom Dürrenstein hin, 


622 


und im Seelandthal nach Schluderbach hinab: während seine obere Grenze 
von der Welsberger Rossalpe an den N.- und O.-Gehängen des Hochgaisls 
unter der Rothwand und über Col freddo und Croda d’Ancona, am S.-Hang 
her geht, um bei Peutelstein die Ampezzanerstrasse zu erreichen und dann 
weiter westlich zu ziehen an den Gehängen der oben schon genannten 
Berge. Die Grenze des Hauptdolomits gegen den aufgelagerten Kalkcom- 
plex pflegt nicht scharf hervorzutreten. An vielen Punkten stellen sich 
an ihr breceienartige Bänke mit eisenoxydreichem Bindemittel ein. 

Ganz anders nun tritt der Hauptdolomit in dem Gebirgsdreieck Tob- 
lach, Schluderbach-Misurina, Auronzo, auf. Von der ursprünglich auch 
hier vorhandenen, zusammenhängenden Hauptdolomitdecke sind nur mehr 
geringe, zerstreute Trümmer vorhanden, während alles übrige, hauptsäch- 
lich bedingt durch die leichte Zerstörbarkeit der unterlagernden Stein- 
mergel, verschwunden ist. Als solche, in ihrer äussern Erscheinung aller- 
dings z. Th. noch sehr stattliche Hauptdolomit-Ruinen sind zu bezeichnen: 
die Drei Zinnen, der Paternkofel, der castellartige Aufsatz des sog. Mor- 
genkofels, und verschiedene andere in diesem Bereich liegende kleine Kup- 
pen (deren Namen schwer zu fixiren sind); dann aber auch der zusammen- 
hängende oberste Theil des Pull- und Schwalbenkofels, an welch letzterem 
sich der Hauptdolomit in Folge von Brüchen bis zum sog. Wildgraben 
hinabzieht, auf Steinmergeln ruhend. Die unter diesen, stets sehr schön 
geschichteten Hauptdolomittrümmern liegenden Schlernplateauschichten, 
oder Steinmergel sind vielfach durch Schutt verdeckt, nicht selten aber 
auch deutlich zu erkennen. 

Als Ergänzung zu den Verhältnissen des besprochenen Gebirgsdreiecks 
noch ein paar Worte über das Anzieithal. Von Osten her sind hier, 
bei Auronzo, die einzelnen Triasglieder auf beiden Thalseiten gegen ein- 
ander verschoben; so dass, während Mte. Campiviei und Malone den be- 
kannten Gesteinen des alpinen Röth und untern Wellenkalks angehören, 
erst im Thal Valle di Rin, am Ostgehäng von Mte. Rosiana die Fort- 
setzung der am Ostgehäng von Mte. Najarnola in’s Thal tretenden Mu- 
schelkalkzone (Virgloriakalk, G@yroporella-paueiforata-Dolomit) wieder ein- 
setzt. Dieselbe setzt dann, abgesehen von ihrem, auch südöstlichen Wei- 
terziehen im Valderino, durch Val Pian di Sera fort, wo wieder typische 
Buchensteiner Kalke, Wengener Schiefer und Tuffschichten hinzutreten: 
diese Triasschichten ziehen sodann am N.-Gehäng des Anzieithals unter 
Mte. Campoduro nach W. weiter, und namentlich finden sich auch hier 
wieder in der vollständig entwickelten Reihe der Sedimentärtuffe die „Ci- 
pitkalk“-Einlagerungen vor. Auf die nördlich einfallenden Schichten folgt 
in normaler Weise der Schlerndolomit von Campoduro und Cadini. 

Verhältnisse bei Cortina d’Ampezzo. Beginnen wir hier mit 
dem Gebirgsstock des Cristallo, welcher in seiner Hauptmasse durchaus 
dem Hauptdolomit angehört. Wir erblicken in diesem Gebirgstheil wieder 
eine, durch tiefeingreifende Brüche von den ringsum liegenden Partien der 
Triasschichten getrennte und gegen dieselben stark verschobene Masse. 
So nahe auch im Val Popena und Misurina der Dolomit des Cristallo und 


625 


der östlich benachbarten Berge zusammentreten, so sind doch der erstere 
als Hauptdolomit, der letztere als Schlerndolomit unverkennbar; und es 
ist daher anzunehmen, dass jener Thalzug einen Bruch bezeichnet, wel- 
cher die westliche Fortsetzung des östlich anstossenden Schlerndolomits 
versenkt hat. 

Die ganze Gebirgsscholle des Cristallo besitzt ein nördliches Einfallen ; 
während an ihrem Nordrand die tiefsten, anstehenden Schichten noch dem 
Hauptdolomit angehören, liegen dieselben am Südrand viel höher, woher 
es kommt, dass daselbst, an den Tre Croci, sowie in den von da östlich 
und westlich sich hinabziehenden Thälern die den Hauptdolomit des Cri- 
stallo unterteufenden Schichten, nämlich Schlernplateauschichten entblösst 
sind, welche nach W. und O. in ganz gleicher Weise die terassenförmig 
aufgebaute Basis des Cristallo-Dolomites darstellen. Ob in der Tiefe von 
Val buona unter dieser Basis noch Schlerndolomit aufgeschlossen ist, habe 
ich bei der sehr waldigen Beschaffenheit dieses Terrains noch nicht aus- 
zumitteln vermocht; westlich, nach Cortina hinab, ist es sicher nicht der 
Fall, die tiefsten hier anstehenden Schichten auf der Seite des Cristallo 
sind noch Schlernplateauschichten, und zwar den tiefern Lagen derselben 
angehörig. — Mancherlei interessante Wahrnehmungen lassen sich, be- 
sonders auf der N.- und NO.-Seite des Cristallo machen: so die ausge- 
zeichnete Schichtung des Hauptdolomits, die oft durchgreifende Zerklüf- 
tung der Bänke quer gegen die Schichtung, die damit in Verbindung 
stehende Auflösung der Gebirgsmasse in Pfeiler und Nadeln, deren Axe 
meist quer gegen die Schichtung steht, die Einreissung tiefer Erosions- 
thäler, die Bildung eisenoxydreicher Dolomitbreceien in jenen Klüften und 
Spalten etc. 

Ehe wir das Gebirge im NW. von Cortina, nämlich Tofana und La- 
gazuoi, nebst der ihm südlich vorliegenden Gebirgsterrasse des Nuvulau 
besprechen, — muss als Berichtigung zu meinem frühern Aufsatz gesagt 
werden, dass Cortina nicht auf irgendwelchen, der Reihe der Sedimentär- 
tuffe und eigentlichen St. Cassianschichten (unter dem Schlerndolomit) an- 
gehörigen Schichten liegt, wie dort auf Grund der Verzeichnung in der 
v. Rıcaruorzn’schen Karte angegeben wurde, -- sondern dass es Schichten 
des obern St. Cassian (Schlernplateauschichten) sind, welche hier, von W. 
herabkommend, bei Cortina zu Thal treten. Die tiefste Triasstufe, welche 
hier überhaupt zu Tage kommt, ist der Schlerndolomit (in der sog. Crepa 
und weiter W. und SW. von Cortina). Der von mir a. a. O. erwähnte 
Dolomitstreifen westlich und nordwestlich, innerhalb der Thalweitung, wel- 
cher Megalodon triqueter führt, ist wahrscheinlich nur herabgebrochener 
Hauptdolomit, allenfalls, doch weniger wahrscheinlich könnte es innerhalb 
der Schlernplateauschichten selbst auftretender Dolomit sein. Auf der öst- 
_ liehen Thalseite kommt dagegen innerhalb der Thalweitung bis zu den 
vordersten Steilwänden überhaupt kein anstehender Dolomit (wo nicht ver- 
einzelte herabgebrochene Partien) vor. Nur nach W—SW. tritt, wie be- 
merkt, eigentlicher Schlerndolomit an das Thal heran. 

Verfolgt man die sog. Falzargo-Strasse westwärts von Cortina, so er- 


624 


kennt man längs ihrer N.-Seite, wie schon v. RıcHTHorEn erwähnt, unter 
der Hauptsteilwand der Tofana bald eine starke dolomitische Vorstufe, die 
sich westwärts unter der weniger sichtbaren Lagazuoikette noch mehr her- 
aushebt. Diese dolomitische Vorstufe stellt sich als ächter typischer Schlern- 
dolomit heraus, wofür sie auch v. RıcHtHuoren nimmt. Zwischen ihr und 
der Tofanasteilwand liegt eine terrassenförmig abgestufte Zwischenbildung 
(weiter westlich liegt sie frei auf dem Schlerndolomit auf), der Repräsen- 
tant der Rothen Raibler-Schlernplateauschichten. Die Steilwand der To- 
fana (wie des Lagazuoi besteht aus wohlgeschichtetem typischen Haupt- 
dolomit, mit zahlreichen Megalodon-Kernen. Die obersten Lagen der 
Schlernplateauschichten, bunte, namentlich rothe Steinmergel ziehen in der 
Basis des Travernanzesthales zwischen Tofana und Lagazuoi nördlich hinab 
und erfüllen den ganzen Thalgrund mit ihrem intensiv gefärbten Verwit- 
terungsboden. — Man sieht von der Falzargo-Strasse die Bänke der er- 
wähnten Schlerndolomitvorstufe, der Schlernplateauschichten und des Haupt- 
dolomits bergeinwärts nach N., zugleich aber anch östlich gegen Cortina 
hinab einfallen. 

Von 8. tritt.an die Falzargo-Strasse mit demselben Einfallen die ziem- 
lich eben abgedachte Oberfläche des Monte Nuvulau heran; als isolirtes 
Dolomitmassiv erhebt sich auf derselben der Mte. Averau, sowie die klei- 
nern Trümmer der sog. Cinque Torri. Begibt man sich auf den Nuvulau, 
so bestätigen bald vereinzelte Reste von Schlernplateauschichten, bunte 
Steinmergel, St. Cassianartige Kalke, Sandsteine, sowie petrographisch den 
eigentlichen „Rothen Raibler Schichten“ vom Schlern und der Mendola bei 
Bozen sehr nahe stehende Gesteine die Vermuthung, dass man sich auf 
der Abdachung des Nuvulau wieder in der Zone des Schlernplateau be- 
findet, und dass Averau etc. Hauptdolomitreste darstellen. Der bedeu- 
tendste Rest der Schlernplateauscnichten befindet sich da, wo die Nuvu- 
lau-Abdachung auf der Passhöhe Falzargo ganz an die Strasse herantritt; 
man sieht hier die Strasse sich nach Buchenstein hinabwinden zwischen 
Schlerndolomitabstürzen, im S. Nuvulau, im N. Sasso di Stria, und erst 
unter diesen Dolomitwänden können Sedimentärtuffe und eigentliche St. 
Cassian-Schichten zu suchen sein. 

Es ist hiernach klar, dass die Falzargo-Strasse einer Bruchlinie folgt, 
längs welcher das „Schlernplateau“ auf der Südseite um den Höhenbetrag 
der Schlerndolomitwand auf der Nordseite tiefer gelegt ist; sowie ferner, 
mit Berücksichtigung des Einfallens nach Ost, dass es nur Schlernplateau- 
schichten sein können, welche unter der Tofana bei Cortina herabkommen. 
(Schon etwas über der Höhe der sog. Crepa nämlich treten die Schlern- 
plateauschichten an die sich weniger steil senkende Strasse heran und 
erfüllen von da ostwärts den Raum zwischen Strasse und Tofanawänden, 
je weiter ostwärts gegen Cortina, desto mehr verstürzt.) 

Am sog. Col dei bos, an der SW.-Ecke der Tofana lässt sich die Glie- 
derung der Schlernplateauschichten näher beobachten. Ein vollständig 
aufgeschlossenes Profil ist es leider auch nicht, was hier vorliegt; die 
Combination der Beobachtungen an dieser und an einigen benachbarten 


625 


Lokalitäten ergibt folgendes. Die Schlernplateauschichten der Gegend von 
Cortina lassen eine Dreitheilung erkennen. 

1) Untere Abtheilung. Auf die obersten Lagen des Schlerndolo- 
mits folgen gewöhnlich noch rauhe, steinmergelige, oder breccienartige und 
erdige, öfters graugrüne etc. Dolomitlagen, die untere, ziemlich mächtige 
Abtheilung eröffnend, welche enthält: Kalkbänke, St. Cassianartige Kalke 
und Carditagesteine mit St. Cassian-Petrefakten, Korallen- und Schwamm- 
Kalke, oolithische Kalke, Kalksandsteine und eigentliche Sandsteine (die 
z. Th. sehr grobkörnig sind und Eisenkiesel u. del. Brocken umschlies- 
sen), Sandsteinbänke erfüllt von Muschelschalen, Cidaritenkeulen, St. Cas- 
sianpetrefakten etc.; sodann auch, besonders wie es scheint nach oben, 
weichere, schiefrige Mergel ete. Interessant ist besonders auch eine Folge 
von Kalkbänken in dieser Abtheilung, welche ganz mit einer Megalodon- 
species erfüllt sind (gute Exemplare waren nicht zu bekommen); in den 
weichern Mergeln muss die in meinem frühern Artikel erwähnte Halobra, 
wahrscheinlich sp. nov. liegen, die sich bei Cortina fand. Die Mächtigkeit 
der gesammten Abtheilung mag 200‘ ca. betragen. 

2) Mittlere Abtheilung. Sie ist ganz dolomitischer Natur; aus 
weichern, steinmergeligen Lagen, entwickelt sich ein fester, rauher, meist 
grauer Dolomit, oft etwas sandig; nach oben kommen auch Rauchwacken- 
artige Lagen vor (sehr wahrscheinlich auch stellenweise Gyps). Diese 
Abtheilung mag etwa die Hälfte der Mächtigkeit der vorigen erreichen. 

3) Obere Abtheilung. Sie wird von Steinmergelbänken gebildet, 
welche grau, bläulich, grünlich und röthlich von Farbe sind; der Verwit- 
terung sind sie sehr ausgesetzt und erzeugen einen bunten, namentlich 
eisenoxydrothen Boden, der den ausseralpinen Keupermergeln vollkommen 
gleicht. Megalodon-Kerne kommen auch hier schon vor. Diese Stein- 
mergelbänke reichen oft noch durch Wechsellagerung bis in die Haupt- 
dolomit-Steilwände hinein. Mächtigkeit bedeutend, scheint das Doppelte 
der untern Abtheilung erreichen zu können. 

Es versteht sich, dass die hier gegebene Zusammensetzung der Schlern- 
plateauschichten zunächst nur für die nähere Umgebung Cortina’s (Tofana) 
gültig ist und auf grössere Entfernungen hier Modifikationen erleiden 
wird. Indess möchte dieser hier vorkommende Aufbau so ziemlich alle 
Elemente umfassen, welche auch weiterhin in diesen interessanten Schich- 
tencomplex eintreten. 

Wenden wir uns von Cortina südöstlich, so finden wir vor der im 
Hintergrund aufsteigenden zur Sorapiss gehörigen Hauptdolomitmasse, aus 
dem Thalgrund aufwärts noch Schlernplateauschichten, welche obige An- 
ordnung erkennen lassen. Zu unterst namentlich die Sandsteinbänke der 
untern Abtheilung (die hier bei Cojana gewonnen und als Baustein benutzt 
werden), darauf die dolomitische, mittlere Stufe, dann bunte Steinmergel. 
In ähnlicher Weise baut sich die Vorstufe unter dem Cristallo auf, wenn 
auch Abweichungen im Einzelnen vorkommen. 

Das südwestlich aufsteigende Gebirge habe ich noch nicht näher un- 


tersucht. Wahrscheinlich liegt hier ein sich gegen Cortina neigendes 
Jahrbuch 1873. 40 


626 


Schlerndolomitmassiv vor, über dessen Schlernplateauzone sich noch ver- 
einzelte Hauptdolomitpartien erheben, und welches terrassenförmig abge- 
stuft erscheint, — wohl in Folge von Brüchen. 

Die Trennung des durchweg in Schichten aufgebauten Triasgebirges 
durch Hebungsrisse in einzelne Schollen, deren gegenseitige Verschiebung, 
namentlich in vertikaler Richtung, und die wichtige Rolle, welche bei die- 
sen Vorgängen, sowie bei der später folgenden Erosion der Zone des die 
beiden mächtigen Dolomitstufen, Schlerndolomit und Hauptdolomit, tren- 
nenden „Schlernplateauschichten“ zukam, sind, wie aus dem Vorstehenden 
hervorgeht, Momente von hervorragendem Einfluss auf die jetzige Gestal- 
tung dieser Gebirge. 

In einer spätern Mittheilung hoffe ich Einiges über benachbarte Ge- 
biete hinzufügen zu können. Dr. H. Lorerz. 


B. Mittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Replik, betreffend eine Hypothese über den natürliehen Verkoh- 
lungsprocess und die Constitution der Kohlen. 


Zürich im Juli 1873. 


Im dritten diesjährigen Hefte dieser Zeitschrift findet sich eine ab- 
weisende Kritik eines von mir herrührenden Aufsatzes über den natür- 
lichen Verkohlungsprocess, aus welcher ich ersehe, dass der Kritiker mich 
unvollständig verstanden hat. Es handelt sich hier um ein tlıeoretisches 
Problem und um die Anwendung der Prineipien der neueren organischen 
Chemie auf einen Fall der Geologie. Daher glaube ich — weniger con- 
servativ wie der Kritiker — noch eine Lanze für die aufgestellte Ansicht 
brechen zu müssen. Übrigens verwahre ich mich gegen die Unterschie- 
bung, als wollte ich eine fertige Theorie über die Constitution der Kohlen 
aufstellen, welche von ihrer grossen Mannigfaltigkeit in der präcisen 
Sprache chemischer Formeln Rechenschaft gäbe oder gestattete, praktisch 
unmittelbar verwerthbare Schlüsse zu ziehen. Wie ferne liegt noch die 
Zeit, wo man jede wichtigere Kohlenart in der Hauptsache als ein Gemeng 
(durch den Grad der Condensation unterschiedener) chemischer Verbin- 
dungen formulirt haben wird. 

In meinem erwähnten Aufsatz hatte ich die Absicht, die bisherige (oft 
als feststehend betrachtete) Ansicht der Lehrbücher über die Constitution 
der Steinkohlen auf ihre Grenzen zurückzuführen und ihr eine andere Hy- 
pothese zur Seite zu stellen, „welche im Wesentlichen darauf hinausläuft, 
die Vorstellung von der Constitution der Kohlen mit den modernen An- 
schauungen der organischen Chemie in Übereinstimmung zu bringen.“ 

Da nun der Kritiker leider nur in allgemeinen Behauptungen sich 
ergeht und weder eine Widerlegung durch Thatsachen noch einen theo- 


627 


retischen Einwurf gegen meine Hypothese bringt, so behaupte ich nach 
wie vor, dass die Steinkohlen vorwaltend aus complicirten (der aromati- 
schen Reihe organischer Körper angehörenden) Verbindungen bestehen ; 
dass diese Kohlenverbindungen Abkömmlinge der höheren Glieder der Ben- 
zolreihe sein dürften, und dass das in einer Reihe von Lehrbüchern ent- 
haltene Axiom, die Steinkohlen seien vorwaltend Kohlenstoff mit einem 
Bitumengehalt, eine unbewiesene, Thatsachen weit weniger vollständig er- 
klärende Hypothese ist als die obige. 

Hat denn Jemand den reinen Kohlenstoff (wie ihn ScruLze durch Ein- 
wirkung von P auf CO, darstellte) aus Steinkohlen durch Extraction der- 
selben erhalten? Oder genügt die schwarze Farbe bereits, um den Koh- 
lenstoff als solchen zu constatiren und von condensirten Kohlenstoffver- 
bindungen zu unterscheiden ? 

Das Wort Bitumen ist zwar umfassend und vielsagend, wird auch als 
Adjectivum (bituminöse Gerüche, Hölzer, Kalksteine etc.) mit Vortheil ver- 
werthet, allein wo bleibt der begriffliche Inhalt? 

Sollte es daher so unberechtigt sein, an Stelle eines Wortes, welches 
verbraucht ist und dehnbar wie Gummi elasticum, eine rationelle Vorstel- 
lung zu setzen, welche die Thatsachen erklärt und mit der neueren Che- 
mie in Übereinstimmung steht? 

Diese Hypothese gibt Rechenschaft von den manchfachen, der aroma- 
tischen Reihe angehörenden natürlichen wie künstlichen Zersetzungspro- 
dukten der Kohlen; sie macht die langsame Metamorphose der letzteren, 
welche durch eine Reihe von Veränderungen am Kohlenstoffgerüst der 
complicirten Kohlenverbindungen (pag. 13 meines Aufsatzes) erfolgt, ver- 
ständlich: sie erklärt die bei fortschreitender Verkohlung zunehmende Un- 
empfindlichkeit gegen Reagentien. 

Ein Missverständniss ist es übrigens, wenn der Kritiker meint, ich 
versuche die Erklärung der Kohlenbildung „auf Grund der bei Reactionen 
auf aromatische Säuren (sic) auftretenden Umsetzungen;“ auch kommt 
meine Auseinandersetzung nicht darauf hinaus, dass bei der natürlichen 
Verkohlung schliesslich CO,, H,O und CH, entstehen, sondern ich strebte 
eine Vorstellung darüber an, durch welche Veränderungen der Kohlen- 
verbindungen (Bitumen) diese Endprodukte sich bilden und wie jene Ver- 
bindungen constituirt seien. 

Wenn der Kritiker mir Literaturunkenntniss vorwirft, so erlaube ich 
mir die Frage, was er denn in diesem vorwiegend theoretischen geo- 
logisch-chemischen Problem über die Constitution der Kohlen für andere 
Gesichtspunkte aufzuführen weiss. Kennt er vielleicht schon Trennungs- 
methoden für die die Kohlen constituirenden Verbindungen oder gar Be- 
ziehungen derselben zu chemischen Verbindungen von bereits bekannter 
Structur — oder gibt es überhaupt einen andern Weg, um das Problem 
der Constitution der Kohlen zu lösen? Eines macht er namhaft, es soll 
mir „die grosse Mannigfaltigkeit der Kohlen“ entgangen sein. Son- 
derbar! gerade diese Mannigfaltigkeit ist es, die nur durch Structurfor- 


meln im Sinn der heutigen organischen Chemie begreiflich wird. 
40 * 


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628 


Eigenthümlich erscheint es, dass der Kritiker, indem er die genannte 
Hypothese verwirft, auf die von FLeck in dem vorzüglichen Werk „Die 
Steinkohlen Deutschlands und anderer Länder Europa’s von Geinıtz, FLEcK 
und Harrıs“ gegebene graphische Darstellung der Kohlen nach ihrer tech- 
nischen Verwerthbarkeit hinweist. Dieses graphische Tableau soll einst- 
weilen (auf die Lehre vom disponibeln und nicht disponibeln Wasserstoff 
gegründet) der genannten Hypothese vorzuziehen sein. Wo in aller Welt 
ist nun aber in FLEcX’s vorzüglichen Arbeiten über die Kohlen eine Theorie 
der Constitution derselben enthalten? Freck spricht sich nur bei- 
läufig und mit »grosser Vorsicht über diesen Punkt aus. Wenn FLeck * 
äussert, der nicht disponible Wasserstoff könne als chemisch gebundenes 
Wasser in Rechnung gebracht werden oder (a. a. O.) er sei durch den 
Sauerstoff der Kohle selbst oxydirt; und wenn er * von gebundenem im 
Gegensatz zu disponiblem Wasserstoff redet, so scheint der Kritiker frisch- 
weg daraus zu entnehmen, dass der nicht disponible Wasserstoff in Form 
von H,O und NH, in den Kohlen präexistire, allein an andern Orten *** 
bezeichnet Fıeck mit disponibelem Wasserstoff nur den durch den vor- 
handenen O und N beanspruchbaren. will aber dem wirklichen Sach- 
verhalt (d. h. also doch der Frage nach der Anordnung der Atome im 
Molecül nicht vorgreifen. 

Will der Kritiker in den Kohlenverbindungen fertig gebildetes Hydrat- 
wasser annehmen, so verweise ich ihn auf die gesammte neuere organische 
Chemie, mit der diese dualistische Auffassung in Widerspruch steht. Ich 
habe auf der 14. Seite meiner Abhandlung, ausgehend von der verschie- 
denen Oxydirbarkeit des Wasserstoffs und Kohlenstoffs in den Kohlen, 
ferner gestützt auf Analogien aus der organischen Chemie, diese Elemente 
in lockerer und fester Bindung angenommen; weitere Speculationen wür- 
den einstweilen allzusehr in der Luft stehen. Ich bleibe dabei, dass wenn 
überhaupt eine Vorstellung über die Constitution der Kohlen beliebt, die 
genannte die angemessenste sein dürfte, und competente organische 


.» Chemiker werden vielleicht mit derselben eher einverstanden sein wie der 


Kritiker. 

Von Interesse ist die von ScuuLze j veröffentlichte Beobachtung, dass 
aus Kohle durch Oxydation vermittelst Übermangansäure in alkalischer 
Lösung eine Säure entsteht, die dann als Mellithsäure (O,(COOH),) erkannt 
wurde. Diese Säure ist aber ein Abkömmling des Benzols. Da sie in 
Braunkohlenlagern auftritt, so entsteht sie auch bei der natürlichen Ver- 
kohlung. Scnuzze zeigte ferner, dass diese Säure auch aus reinem Koh- 
lenstoff entsteht, den er durch Glühen von Holzkohle im Chlorstrom oder 
durch Reduction von CO, durch P erhielt. Demnach können (was noch. 
nicht bewiesen ist) die Steinkohlen doch Kohlenstoff als solchen enthalten, 
allein es ist wahrscheinlich (Mellithsäure in Braunkohlenlagern), dass die 


* Die Steinkohlen Deutschlands etc.. Il, p. 232. 
’°* DINGLER’sS polyt. Journal 1866, Band 180, p. 416. 
sk T)INGLER’S polyt. ‚Journal 1866, Band 180, p. 463. 
+ Berichte der deutschen chem. Ges. 1871, p. 802 und 806. 


629 


Kohlenverbindungen des Bitumens ebensogut oder besser wie der Kohlen- 
stoff Mellithsäure bei der Oxydation liefern. Das Benzolderivat Mellith- 
säure wurde sogar aus Graphit erhalten, es ist demnach der Kohlenstoff 
in dieser reinen Form doch nicht so unangreifbar wie ich vermuthete. 
Dr. A. BALtzER, 
Privatdocent d. Geologie. 


Newhaven, Conn. July 1, 1873. 


Prof. Mars# hat eine neue Excursion in die Rocky mountains unter- 
nommen mit 10—12 Studirenden. Er wird sich nach den Mauvaises terres 
in der Nähe des White River wenden, die seit langer Zeit nicht besucht 
worden sind, weil der Charakter der dortigen Indianer eine militärische 
Bedeckung nothwendig macht; hierauf in die Gegend von Fort Bridger 
etc. Die Vertebraten aus den Fert Bridger-Schichten gehören nach Marsh, 
Core und Leipy zu dem Eocän, während die Kohlenschichten dieser Ge- 
gend nach MarsnH cretacisch sind. In Verbindung mit einigen dieser Koh- 
lenschichten fanden MarsH und CorE Dinosaurier-Reste und MEER Inoce- 
ramen, worauf sich dieser Schluss gründet. Im Gegentheil weist LEsquE- 
REUx den eocänen Charakter der dortigen Pflanzen nach. Die Kohlen- 
formation von Utah und angrenzenden Territorien ist stark und an einigen 
Stellen steil aufgerichtet; und die Fort Bridge-Schichten, welche die fos- 
silen Fische und über denselben die Säugethierreste enthalten, liegen un- 
gleichförmig und nahezu horizontal auf den Kohlenschichten. 

JamES D. Dana. 


Murree, Pungab d. 13. Juli 1873, 


Meine Sehnsucht, Freunde und Arbeitsgenossen in Europa zu besuchen 
und die rasenden Fortschritte in Naturwissenschaft an Ort und Stelle zu 
berathen, ist zwar für diesmal vereitelt, aber eine andere Gelegenheit hat 
sich geboten, viel Erfahrung und gutes Material zum Studiren zu sammeln. 
Ich verlasse übermorgen diese Bergstation. Wir reisen über Kaschmir, 
Ladak und den ganzen Himalaya nach Larkaud und Aksu, bleiben hier 
über den Winter, und wenn möglich sollen wir über Badakschan, Kafıri- 
stan und Kabul nach Indien zurückkehren. Wenn wir den letzten Theil 
der Reise durchführen, soll es eine der schönsten geologischen Excursio- 
nen sein, die ich mir wünschen kann. Ich freue mich sehr auf dieses voll- 
ständig neue Land. Wir hoffen, Ende December nächsten Jahres wieder 
in Caleutta zu sein und im Jahre 1875 werde ich Ihnen hoffentlich einen 
Besuch in Dresden abstatten. Mein geologisches Material wird gewiss 
nicht unbedeutend werden, obwohl ich mich mehr auf Beobachten als auf 
Sammeln verlegen muss. Die Mission hat namentlich, oder vielleicht ganz 
und gar nur einen commerziellen Zweck. ich begleite dieselbe als Natur- 
forscher, wobei mir meine früheren Arbeiten zu Gute kommen. Ausser 


ne mern ten nen Den 


un 


630 


mir gehen noch 6 Officiere mit. Wir nehmen nur eine kleine Bedeckung, 
denn das Land ist, wenigstens jetzt, vollkommen ruhig. 
FERD. STOLICZKA. 


Chäteau de la Roche lambert pres St. Paulien, Hte.-Loire, 
d..13:- An. 1873. 

Ich muss Sie von einem Erdbeben in Kenntniss setzen, welches hier 
die Aufmerksamkeit aller Geologen lebendig in Anspruch nimmt. In der 
Nacht vom 8.—9. August wurden am Puy 2 Uhr Morgens heftige Erd- 
stösse bemerkt. Die Schwingungen, von N. nach S. sich fortziehend, hiel- 
ten mehrere Sekunden lang an, doch erfolgte kein Einsturz der Gemäuer. 

Aus dem Vivarais wird berichtet, dass die Erderschütterungen sich 
ununterbrochen dort wiederholen. 

Mr. Meyer, Architeete du Puy, der von einer Amtsreise aus dem Dept. 
de S. Ardeche zurückkehrte, erzählte mir, dass ihn dort das starke Frd- 
beben 3 Uhr Nachts geweckt habe. In einem Dorfe, Chäteauneuf, sind 2 
Häuser vollkommen zusammengebrochen, und beinahe alle bereits ge- 
borsten. Die Einwohner des Örtchens halten sich ängstlich versammelt 
im Freien und fürchten sich, in ihre Wohnungen zurückzukehren. Ein 
dort befindlicher Teich, der seit undenklichen Zeiten sich in dem dort er- 
loschenen Krater gebildet, war gänzlich verschwunden; ein schwarzes, 
sumpfiges Wasser tritt jetzt von Neuem an seine Stelle. 

Ina von BoxBERG. 


\eue Literatur. 


Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
beigesetztes *. 


A. Bücher. 
1873. 

*E. Erpmann: Jakttagelser öfver Moränbildningar och deraf betäckta 
Skiktade Jordlager i Skane. Med 6 lith. taflor. Stockholm. 8°. 

* E. Erpmann: Fossila ormbunkar funna i Skanes stenkolsförande forma- 
tion. (Aftryk ur Geol. Fören. För. I, No. 11.) 

A. Barzzer: der Glärnisch, ein Problem alpinen Gebirgsbaues. Geo- 
logische Monographie über einen Gebirgsstock der ostschweizerischen 
Kalkalpen. Mit 1 Karte, 1 Profiltafel, 6 Lithographieen und 15 Holz- 
schnitten. Zürich. 4°. S. 100. 

* Bericht über die 35. Generalversammlung des Naturwiss. Ver. für 
Sachsen u. Thüringen in Eisleben, am 21. und 22. Juni 1873. 
(Zeitschr. f£. d. ges. Naturw. Bd. 41.) 

* Dav. Brauns: der obere Jura im Westen der Weser. Marburg. 8°. 
45.8. 

*B. v. Corra: Formations-Tabelle zu S. 82 der Geologie der Gegenwart. 

*S. Cuavannes: Note sur le gypse et la cargneule des Alpes vaudoıses. 
(Bull. Soc. Vaud. sc, nat. XL. 69. Bull. 109.) 

* Epw. D. Copz: Palaeontological Bulletins. Nos. 1—13 (Sep.-Abdr. 8°.). 

*E. Erpmann: die Ausstellung der geologischen Landes - Untersuchung 
Schwedens auf der Weltausstellung in Wien 1873. Stockholm. 8°. 
S. 54. 

* OHR. GoTTFR. EHRENBERG: Mikrogeologische Studien über das kleinste 
Leben der Meeres-Tiefgründe aller Zonen und dessen geologischen 
Einfluss. _ Berlin. 4. 598 S., 12 Taf. u. 1 Karte. 

* GosseLer et Berraut: Etude sur le terrain carbonifere du Boulonnais. 
8°. Sep.-Abdr. 27 p. Mit Karte und Profilen. 

* A. v. GropDEcK: Erläuterungen zu den „Geognostischen Durchschnitten 
durch den Oberharz.“ (Zeitschr. f. Berg-, Hütten- u. Salinen-Wesen. 
Bd. XXI.) 11 S. 1 Taf. 


632 


* Arrr. Hormann: über das Ohromerz-Vorkommen in Ungarn und dessen 
Aufschliessen. Inaug.-Diss. Rostock. 8°. 8. 18. 

* Bernm. LUNDGREN: om nagra väzter fran den Stenkolsförande Forma- 
tionen i nordvestra Skane. (Lunds Univ. Arsskrift. Tom IX. 4°. 8p. 

* Epm. v. Mossısovics: Beiträge zur topischen Geologie der Alpen. 3. Der 
Rhätikon (Vorarlberg). (Jahrb. d. k. k. geol. R-A. XXI. Bd. 2. Hft.) 
Wien. 8°. p. 137—174. M. Karte u. Profilen. 

* Epm. Mossısovics v. Mossväar: das Gebirge um Hallstatt, eine geo- 
logisch-paläontologische Studie aus den Alpen. I. Th. (Abh. d.k.k. 
geol. R.-A. Bd. VL) Wien. 4°. 82 S. 32 Taf. 

* Joun B. Perry: the „Eozoon“ Limestones of Eastern Massachusetts. 
(Proc. Boston Soc. of Nat. Hist. Apr. 1871.) 8°. 7p. 

* Fr. Aug. Quenstept: Grundriss der bestimmenden und rech- 
nenden Krystallographie Mit in den Text eingedruckten 
Holzschnitten und 8 Tafeln. Tübingen. 8°. 8. 443. 

*H. Rosensuscn: Mikroskopische Physiographie der petro- 
graphisch wichtigsten Mineralien. Ein Hülfsbuch bei mikro- 
skopischen Gesteinsstudien. Mit 102 Holzschn. u. 10 Taf. in Farben- 
druck. ‘Stuttgart. 8%. 98.398 

* FRIDOLIN SANDBERGER: die Land- und Süsswasser-Conchylien der Vorwelt. 
9. u. 10. Lief. Wiesbaden. 4°. S. 257—352. Taf. 3336. 

* Kart v. SersacH: Das mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 
1872. Leipzig. 8°. 192'8., 2 Karten, 3 Taf. 

* B. Sıruıman: on the Meteorie Iron found near Shingle Springs, Eldorado 
County, Cal. (The Amer. Jowrn. of sc. a. arts, Vol. VI. July. 

* Kırı Storr: Aufklärung zu den Schätzungen der zu dem Vermögen der 
Pest-Mätraer Bergwerks-Union gehörenden Bergwerke u. s. w. Pest. 
8°. 38 S., 1 Karte. 

* E. Suess: über den Aufbau der mitteleuropäischen Hochgebirge. 1 Bl. 

* W. C. Wiruiamson: on the organisazion of the Fossil Plants of the Coal- 
Measures. P. V. Asterophyllites. (Proc. Royal Soc. No. 145. 

* T. C. Winkter: le Plesiosaurus dolichodeirus du Musee Teyler. Haar- 
lem. Se\.15.p.,"t Tab. 

* 32. Versamm]. des Comite’s für deutsche Nordpolfahrten, am 2. Juli. 8°. 


B. Zeitschriften. 


1) Verhandlungen derk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 

8°. [Jb. 1873, 539.] 
1873, No. 9. (Sitzg. vom 20. Mai.) 8. 159—174. 
Eingesendete Mittheilungen. 

J. Mırcov: über eine zweite Ausgabe der geologischen Karte der Erde: 
159-165. 

F. Krıter: über die am 19. Jan. dieses Jahres in Rom verspürten Erd- 
stösse: 165 --- 166. 


633 


©. DoeELrer: vorläufige Untersuchung von Dolomiten und Kalksteinen aus 
Tyrol: 166—168. 
Vorträge. 
OrpsAam: die geologische Karte des Salt Range in Pendschab: 168—170. 
F. Posernv: zur Geologie der Erzlagerstätten von Raibl: 170—172. 
C. DozLter: die Trachyte des Tokay-Eperieser Gebirges: 172—173. 
Einsendungen u. s. w.: 174. 


1873, No. 10. (Sitzung am 17. Juni.) 8. 175--194. 


Eingesendete Mittheilungen. 

E. v. Mossısovics: das Gebirge um Hallstatt, eine geologisch-paläontolo- 
gische Studie aus den Alpen. I. Die Mollusken-Fauna der Zlambach- 
und Hallstätter-Schichten. 1. Heft: 175—178. 

Ta. Fucns: einige Bemerkungen zu Cn. Mayer’s „Verzeichniss der Ver- 
steinerungen des Helvetian der Schweiz und Schwabens“: 178—180. 

R. HELMHACKER: ein neues Diatomaceen-Lager bei Tabor: 180—181. 

E. Tietze: die älteren Schichten bei Kappl in den Karawanken: 181-184. 

E. Tietze: über ein neues Gyps-Vorkommen am Randgebirge des Wiener 
Beckens: 184— 185. 

Vorträge. 

J. Szaso: über eine neue Methode, die Feldspathe auch in den Gesteinen 
zu bestimmen: 185—192. 

Einsendungen u. s. w.: 192— 194, 


2) G. TscHermaX: Mineralogische Mittheilungen. Wien. 8°. 

[Jb. 1873, 411.] 
1873, Heft 2. S. 51-140. 

C. DoerLter: zur Kenntniss der quarzführenden Andesite in Siebenbürgen 
und Ungarn (Tf. IN: 51— 107. 

C. W. C. Fuchs: über die vulkanischen Ereignisse des Jahres 1872: 107 
— 117. 

H. FıscHer: über das sog. Katzenauge und den Faserquarz: 117—125. 

R. v. DrascHe: über eine pseudomorphe Bildung nach Feldspath: 125 
—129. 

Analysen aus dem Laboratorium von E. Lupwie: 129—131. 

WartnHA: über die Zusammensetzung des Jordanits: 151— 132. 

Sıröez: Bemerkungen zur vorstehenden Notiz: 152—155. 

Notizen. Gewältigung eines grossen Nephrit-Blockes. Kalisalz aus Ost- 
indien. Bergkrystall von Nächling bei Waidhofen an der Thaya, Nie- 
derösterreich. Krystallform des Lanarkits von Leadhills. Schröckin- 
gerit, ein neues Mineral von Joachimsthal. Die Krystallform des Phar- 
makoliths. Zeunerit mit Uranotil von Joachimsthal. Die Krystall- 
sestalt des Pseudomalachits: 135—140. 


634 


3) J. C. Poesenvorrr: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
8°, [Jb. 1873, 539.] 
1873, CXLIX, No. 5. 8. 1—128. 


J. Sırks: die Krone des Nordlichtes: 112—119. 


4) H. Kouse: Journal für practische Chemie. Leipzig. 8°. 
[Jb. 1873, 540.] 
1875, VII, No. 5 u. 6, S. 193— 288. 
Fr. v. Kosern: über den Kjerulfin, eine neue Mineralspecies von Bamle 
in Norwegen: 272—275. 
Fr. v. KoseLL: über Waenerit: 275—278. ; 
H. Laspeyres: Hydrophylit, ein neues Mineral der Pinitgruppe: 278-288. 


5) Leopoldin«a. Amtliches Organ der Kais. Leopoldino-Ca- 
rolinischen deutschen Akademie der Naturforscher. 
Heft VII. No. 9—12. [Jb. 1873, 412.] 


Das Adjuncten-Collegium: Zur Abwehr: 65. (Vgl. Jb. 1873, 446.) 

Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten: 66. 

Justus von Liesiıs, Nekrolog: 67. 

Die afrikanische Gesellschaft: 78. 

JOHANNES LEunıs, Nekrolog: 832. 

Jahresbericht der Commission zur wissenschaftlichen Untersuchung der 
deutschen Meere in Kiel für das Jahr 1871: 91. 


6) Zweiundzwanzigster Jahresbericht der Naturhisteorischen 
Gesellschaft zu Hannover- Hannover. 8". [Jb. 1872, 641.] 
18711872, SI 7L. 


C. STRUCKMANN: über die fossile Fauna des hannoverschen Jura-Meeres: 
39271: 


7) Protokolle des SächsischenIngenieur- und Architekten- 
Vereins. Dresden, 1875. 8%. 988. 


A. Nase: die Hauptmomente der Entwickelungsgeschichte der Gradmes- 
sungen: 24—56. 

Oberingenieur L. Neumann: über Zerdrückungsversuche an sächsischen 
Elbsandsteinen: 56—66. 

Bergdirector OrpE: über die Entwickelung des Zwickauer Kohlenbergbaues 
in den 10 Jahren 1862 bis 1871: 86—95. 


639 


8) H. WoopwaArp, J. Morrıs a. A. Eruerinvee: The Geological Maga- 

zine. London. 8°. [Jb. 1873, 541.] 
1873, May, No. 107, p. 193—240. 

Epw. Hvır: Mikroskopische Structur der irischen Granite (pl. IX): 193 
— 196. 

ArtrorT: Tertiäre und paläozoische Trapp-Gesteine: 196—198. 

J. Anıms: die Sarson-Steine von Berkshire und Wiltshire: 198—202. 

Rıckerts: über Faults, Klüfte und Krümmungen : 202--208. 

Rupert Jones: die jurassischen Foraminiferen der Schweiz: 208—214. 


9) The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Ma- 

gazine and Journal of Science. London. 8°. |[Jb. 1875, 542.] 
1873, June, No. 302, p. 401—472. 

Geologische Gesellschaft. Hicks: die Tremadoc-Gesteine bei St. 
Davids, S. Wales; O. Frsuer: Phosphat-Knollen in der Kreide von 
Cambridgeshire; SorLras: Ventriculitiden im oberen Grünsand von Cam- 
bridge: 460—462. 


10) Natural History Tranmsactions of Northumberland and 
Durham. Vol. IV. P. 2. London, 1872. 8°. p. 505-588. Pl. 12 
—21. — 

Ausany Hancock: Beschreibung eines Kieferstückes von Anthracosaurus 
Russeli, mit Bemerkungen über Loxonema und Archichthys: 385. 
pl. 12. 

Derselbe: Bemerkungen über Dipterus und Utenodus und ihre Verwandt- 
schaft mit Üeratodus Forsteri Krerrtr: 397. Pl. 13, 14.- 

A. Hancock u. Tu. Artuev: über Pleurodus Rankiniu, 2 neue Arten Pla- 
tysomus und ein neues Amphicentrum etc. aus den Steinkohlenlagern 
von Newcastle: 408. Pl. 15, 16. 


11) Memoirs of the Boston Society of Natural History. Bo- 
ston, 1871—1872. 4°. — Für paläontologische Vergleiche sind drei 
hier niedergelegte Monographien von Bedeutung, auf die wir noch 
besonders verweisen: 

Epw. S. MoorE: über die ersten Gerüste der Terebratulina septentrionalıs. 
Voll. P. 1. No. 2, p. 29-398 Ta 2° 

Eruiorr Coves: über die Osteologie und Myologie von Didelphys virginı- 
ana. Vol. II. P. 1. No. 3, p. 41-154. 

A. S. Paorarp: über die Entwickelung des Limulus polyphemus. Vol. U, 
B. I. No.*E. p.21552. 202 Tatra: 


636 


12) B. Sırrıman a. J. D. Dana: the American Journal of science 
and arts. 8° [Jb. 1875, 542.] 

1873, June *, Vol. V, No. 30, p. 411—494. 

J. Brus#: über einen compacten Anglesit von Arizona: 421. 

D. Dana: über einige Resultate der Contraction der Erde durch Ab- 
kühlung, einschliessend eine Besprechung über den Ursprung der Ge- 
birge und die Natur des Erdinnern: 423. 

J. H. Eaton: über die Beziehungen des Sandsteines, der Conglomerate 
und des Kalksteins von Sauk County zu einander und zu dem Azoi- 
schen: 444, 

. LEcoxtE: über die Bildung der Gestalt der Erdoberfläche: 448. 

W.. Power: Bemerkungen über die geologische Structur eines Distric- 

tes N. des Grand Caüon von Colorado: 456. 

A. E. VerriLL: über die Mollusken von Europa und des östlichen Nord- 
amerika: 465. 

D. Warner: Vorkommen der Trias in British Columbia: 473. 

OÖ. ©. Marsa: über neue tertiäre Säugethiere, Tillotherium, Brontotherium 

und Hlotherium: 485. 


G. 
J. 


N 


Er 


13) Proceedings ofthe Academy of Natural Sciences of Phi- 
ladelphia. 8. 
Part. I—IlI. 1871. (Philadelphia, 1871—1872.) 


OÖ. C. Marsu: über einen Zahn einer neuen Art Lophiodon aus dem Mio- 
cän von New-Jersey: 9. 

Leipy: Reste von Mastodon americanus und Equus pacificus aus Califor- 
nien: 50. 

F. B. Merk: Beschreibung von neuen Arten wirbelloser Fossilien aus car- 
bonischen und devonischen Gesteinen in Ohio: 57—93. 

Leipy: über einige ausgestorbene Schildkröten von Wyominz Territory: 
102, 154. 

OÖ. C. Mars#: über einige neue Reptilien und Fische aus der Kreidefor- 
mation und Tertiärformation der Rocky Mountains: 103. 

Leipy: Ueberreste von Mastodon «americanus und Fqwus in Nord-Caro- 
lina: 113. 

Leipy: Überreste ausgestorbener Säugethiere in Wyoming: 113. 

Lsipy: über die Granaten von Green’s Creek, Delaware Co.: 155. 

F. B. Merk: Beschreibungen neuer Arten Fossilien aus Ohio und anderen 
westlichen Staaten und Territorien: 159. 

F. B. Merk: über einen neuen Brachiopoden (Lingulella Lamborni MEEk) 
aus den bleiführenden Gesteinen der Grube La Motte in Missouri: 
185 mit Abbildungen. 

Leıpy: Bemerkungen über Palaeosyops von Wyoming: 197. 


* Der Inhalt des Juli-Heftes steht bereits S. 542. 


637 


Lripdy: Bemerkungen über Mastodon aus Californien und Anchitherium 
von Jefferson Fork am Missouri: 198. 

Lrıy: Bemerkungen über fossile Wirbelthiere von Wyoming: 228; über 
einige ausgestorbene Nagethiere: 230. 

Leipy: über Mineralien von Mount Mica: 245. 

Leipy: über Fossilien von Oregon: 247. 

Core: über fossile Reptilien aus der Kreideformation des westlichen Kan- 
sas: 297. 

T#. D. Ranp: Bemerkungen über Feldspathe u. s. w. von Philadelphia und 
Umgegend: 299. 

F. B. Merk: Beschreibung neuer westlicher paläozoischer Fossilien aus 
der untersilurischen Cineinnati-Gruppe von Ohio: 308—336. 


an 
5 
N 


‚Bi 


Auszüge, 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


V. v. Zep#arovicH: über den Syngenit,einneues Mineral der 
Salzlagerstätten. (Sitzber. der k. Ak. d. Wiss. 67. Bd. 1873.) Es 
war bereits Gelegenheit, dieses Mineral, welches vor etwa drei Jahren zu 
Kalusz in Ostgalizien, an einer gegenwärtig verstürzten Stelle in Steinsalz- 
Drusen angetroffen wurde, zu erwähnen. Die erste Nachricht über das 
Vorkommen gab Zeruarovich im Juni vorigen Jahres*, nachdem durch 
einige vorläufige Messungen und optische Beobachtungen und eine im 
Laboratorium der Prager Universität ausgeführte Analyse die wichtigsten 
Eigenschaften des neuen Minerales sicher gestellt schienen: er nannte 
dasselbe Syngenit, um an die Verwandtschaft seiner Substa..z mit jener 
des gleichfalls auf den Salzlagerstätten heimischen Polyhalites zu erinnern. 
O. VöLKer’s Analyse ergab nämlich die Zusammensetzung des als Labora- 
toriums-Produkt längst bekannten Kalk-Kali-Sulfates, CaSO, . K,SO, . H,O, 
welches sich von dem Polyhalit nur durch den Abgang des Magnesium- 
Sulfates unterscheidet. Auf den ersten Blick haben die wasserhellen, 
lamellaren Syngenit-Aggreyate eine grosse Ähnlichkeit mit Gyps, welcher 
gleichfalls häufig in Steinsalz-Drusen erscheint, von dem sie sich jedoch 
alsbald durch Härte und Spaltbarkeit unterscheiden. K. Vrsa hatte zwei 
Exemplare davon, unter der Bezeichnung „Sylvin“ von Kalusz ** in EgEr’s 
Mineralienhandlung in Wien erworben und war es ihm nicht entgangen, 
dass das begleitende Mineral, ein von Gyps verschiedenes sei. In seiner 
ersten Notiz über den Syngenit erwähnte ZrpuarovicH bereits, dass die 
Krystalle desselben und die als rhombisch beschriebenen, künstlich dar- 
gestellten Krystalle des Kalk-Kali-Sulfates nahezu ident, dass die ersteren 
aber durch einen constant monoklinen Habitus ausgezeichnet seien, so dass 


* Jahrb. 1872, 536; 1873, 88: 

** Ausser dem fälschlich als Sylvin bezeichneten Steinsalz, wurde 
gleichzeitig wirklicher Sylvin acquirirt und durch eine Verwechslung der 
Proben die erste, irrige Angabe über das Vorkommen des Syngenit mit 
Sylvin veranlasst. 


639 


man sie ohne Prüfung im Polarisations-Apparate, als entschieden mono- 
klin bestimmen müsste. Die auf ihrer Tafelfläche liegenden Syngenit-Kry- 
stalle zeigen nämlich im Polarisations-Apparate unmittelbar, zwei symme- 
trische Ringsysteme, welche ganz jenen rhombischer Substanzen gleichen, 
mit einer anscheinend auf der Tafelfläche normalen Bissectrix. Eine voll- 
ständigere, optische Untersuchung zeigte aber nachträglich, dass die Syn- 
genit-Krystalle, ungeachtet ihrer scheinbar rhombischen Ringfignren, mon 0- 
klin seien, wie dies auch vollkommen ihrem morphologischen Charakter 
entspricht; überdies hatte sich auch nach Abschluss der Messungen er- 
geben, dass eine Beziehung der Syngenit-Formen auf ein rechtwinkliges 
Axensystem unstatthaft sei. Nach diesen Erfahrungen war eine neuer- 
liche Prüfung der Krystalle des Laboratorium-Produktes wünschenswerth 
geworden; ZEPHAROVIcH’s Messungen an einigen künstlich dargestellten 
Krystallen des Kalk-Kali-Sulfates, welche er V. v. Lane und F. ULrIcH 
verdankt, erwiesen, dass dieselben gleichfalls monoklin seien, wie dies zu- 
erst auch A. BrezımAa aus dem Verhalten ihrer Zwillinge im Polarisations- 
Apparate erschlossen hatte. Im Laufe des zweiten Halbjahres 1872 folgte 
der Pubiication der ersten Nachricht über den Syngenit eine Abhandlung 
von J. Rumpr über dasselbe Mineral, welches von ihm „Kaluszit“ genannt 
wurde. Die Formen desselben wurden als monoklin beschrieben, die Sub- 
stanz von F. Uruık als ident mit dem Kalk-Kali-Sulfate der Laboratorien 
erwiesen. Da aber für die künstlich dargestellten Krystalle das rhom- 
bische System angegeben war, und die morphologische Übereinstimmung 
derselben mit dem Kaluszer Mineral von Runpr übersehen wurde, nahm 
er einen Dimorphismus der genannten Verbindung an, womit auch die 
stark differirenden Angaben über das Eigengewicht des „Kaluszit* und 
Syngenit im Einklang zu stehen schienen. TscHErMAK zeigte aber, dass 
‚, die Krystalle des „Kaluszit* in ihren Winkeln mit jenen der Labora- 
toriums-Krystalle nahe übereinstimmen, dass sich dieselben im Polarisations- 
Apparate wie rhombische Substanzen verhalten und dass demnach der 
„Kaluszit* mit dem von Zeruarovich bereits früher Syngenit genannten 
Minerale ident sei; auch erwähnte TscHErMaR, dass sich Rumpr mit der 
rhombischen Auffassung der Krystalle einverstanden erklärte. Auf die 
vorerwähnte Differenz in den Eigengewichts-Bestimmungen wurde hierbei 
nicht eingegangen. Eine wiederholte Gewichtsbestimmung des Syngenit 
ergab aber, dass die zuerst mitgetheilte Zahl auf einem Rechnungsfehler 
beruhe; aus drei in ihren Resultaten fast übereinstimmenden Versuchen 
Vrea’s ergab sich schliesslich G —= 2,60, und dürfte demnach die abwei- 
chende Angabe Rumpr’s (G — 2,25) auf einem Fehler beruhen. Nachdem 
somit die von Rumpr angenommene Dimorphie des Kalk-Kali-Sulfates nicht 
besteht, verliert auch die Bezeichnung „Kaluszit“ ihre Berechtigung und 
hat für das Mineral der ältere Name Syngenit einzutreten. — Achtzehn, 
grösstentheils ausgezeichnete Krystalle, lagen Zeruaroviıca zur Ermittlung 
der krystallographischen Elemente vor. Sie erscheinen stets als nach der 
Hauptaxe langgestreckte, schmale Täfelchen mit vorwiegendem Orthopina- 
koide, im Allgemeinen mit rectangulären oder lanzettförmigen Umrissen. 


640 


Einer der schönsten Krystalle ist 14 mm. hoch, 2 mm. breit und Y, mm. 
dick; meist zeigen sich feine Nadeln, zuweilen aber bis 5 mm. breite und 
1 mm. dicke Tafeln, die bis 10 mm. Höhe erreichen. Derartige vollkom- 
mene, wasserhelle Individuen sind stehend und meist einzeln aufgewach- 
sen-in den weiteren Zwischenräumen der lamellaren, in’s Geradschalige 
übergehenden Syngenit-Aggregate, welche zuweilen in ansehnlichen Mas- 
sen, in Steinsalz-Drusen derart auftreten, dass die Entstehung der beiden 
Minerale als eine gleichzeitige erkannt wird. In einer fragmentaren Par- 
tie eines solchen Aggregates sind die einzelnen Individuen 10 em. hoch und 
5 cm. breit; ihre Tafelflächen, wie auch jene der grösseren Krystalle sind 
stets mehr weniger stark vertical gefurcht, während auf den übrigen zahl- 
reichen Flächen der Prismenzone die Furchung zuweilen zurücktritt oder 
auch gänzlich fehlt. Die flächenreichen Enden der Krystalle sind glatt, 
falls sie nicht erodirenden Einflüssen ausgesetzt waren. ZEPHAROVICH hat 
die von Rumpr gewählte Aufstellung der Syngenit-Formen, bei welcher das 
Spaltprisma als ocP bezeichnet ist, beibehalten, sie gewährt auch den Vor- 
theil, die Winkel-Analogien mit den Gyps-Flächen in ihrer geläufigsten 
Bezeichnung hervortreten zu lassen. Unter den beobachteten Formen sind 
folgende die häufigsten: ooPoo.00ofw.oP.ooPf4.wR3.00R2.xP. 
oof2.—Pxo.P00.2700.200.P 2P. Aus den relativ am sichersten 
bestimmten Neigungen: 

ooP3 : ooRfoo = 156° 6’ 

oP :ooPoo = 104 — 

Foo : ooPfoo — 100 38 
welche Mittelwerthe aus 33, 7 und 11 Messungen sind, ergibt sich als 
Längenverhältniss der Klinodiagonale (a), Orthodiagonale (b) und Haupt- 
axe (c) 

a:b.:c ==:1,3699: 2: 0838, 
und der Winkel der Axen 
ac = 76" 0‘. Die Krystalle sind vollkommen 

spaltbar nach .oxT00 und nach ooPf. Es wurde bereits früher erwähnt, 
dass die durch das vorwaltende ooPfoo tafeligen Krystalle, auf dieser 
Fläche im Polarisations-Apparate liegend, unmittelbar die beiden Axen- 
bilder zeigen. welche in symmetrischer Gestaltung und Farbenvertheilung 
ganz jenen rhombischer Substanzen gleichen. Es hat diese Erscheinung 
bei der ersten Bestimmung des Krystallsystemes irre geführt. Der Nach- 
weis, dass sich der Syngenit auch optisch wie monokline Körper ver- 
halte, ist sehr einfach. Besitzt das Polarisations-Instrument unterhalb des 
Analyseurs ein centrirtes Fadenkreuz, so fällt der die beiden Ringsysteme 
durchziehende dunkle Balken bei keiner Lage des Krystalles in den Mit- 


telpunkt des Fadenkreuzes; er erscheint etwas seitlich oder oberhalb des-_ 


selben, und in einer diametralen Lage, wenn der Krystall um die Normale 
des Orthopinakoides um 180° gedreht wurde. Es kann demnach die Bis- 
sectrix nicht mit der Normale auf Poo coineidiren. Legt man 2 Kry- 
stalle, einen gegen den andern um 180° in obiger Weise gedreht, mit ihren 
oP&o Flächen übereinander, so zeigt sich eine Combinations-Figur aus 


641 


den Ringsystemen der beiden einzelnen Individuen. Die gleichen com- 
binirten Ringsysteme sieht man auch, wie BrEzına zuerst beobachtet hatte, 
in den natürlichen Zwillingen des künstlich dargestellten Kalk-Kali-Sul- 
fates. Die Ebene der optischen Axen ist parallel der Orthodiagonale. Um 
die Lage der Elasticitäts-Axen zu bestimmen, wurde aus einer hohen Syn- 
genit-Tafel eine Platte parallel der Symmetrie-Ebene geschnitten, dieselbe 
quer getheilt und die beiden Hälften, um 180° gedreht, mit ooPoo anein- 
ander gefügt. Ein solcher künstlicher Zwilling zeigt sehr deutlich, dass 
die optischen Elasticitäts-Axen in den beiden Hälften nicht parallel sind. 
Der Winkel, den dieselben an der Zwillings-Ebene einschliessen, ist nach 
Vrsı für weisses Licht — 5° 42‘, für gelbes Licht = 5° 32‘. Eine „hori- 
zontale Dispersion“ zeigt sich nicht in den Ringsystemen. Die Dispersion 
der optischen Axen ist hingegen beträchtlich, p/ v. Der scheinbare Win- 
kel der Axen ist nach Vrsa für Roth —= 41° 55‘, für Blau — 46° 22‘. Die 
Substanz ist optisch negativ. Das spec. Gew. des Syngenit ist 2,603 im 
Mittel dreier Wägungen im Piknometer bei 174,°C. Die Härte ist 2,5. 
Ueber die chemische Constitution des Syngenit liegen die Un- 
tersuchungen von F. Uruık in Graz und von O. VÖLKER in Prag vor. Die 
Resultate der Analysen sind die folgenden: 
1; 2. 3 4. 5. 
dal 17,14; 2 1709, 16,675 .16,62..:116,97 
K,0.,728,57 .. 28,53.:28,40..,128,72. 1,28,03 
SO, 48,63 4833 48,35 49,04 
H,O: 550° 546.546 545. 5,81 
ULrık (Nr. 1- 4) hat in den Proben 3 und 4 auch Chlornatrium (in 3 
betrug die Menge desselben 1,42 Proc.) und VÖLKER (Nr.5) 0,46 Proc. 
Magnesia nachgewiesen. 
Die Substanz ist demnach CaSO,.K,SO,.H,O deren Zusammen- 
setzung erfordert: 
CaO 56 17,06 
K,0 94,2 28,70 
330, 206020. 2748.75 
H20 18 5,48 
In der Flamme des Bunxsex’schen Brenners wird das Mineral trübe, 
färbt die Flamme violett und schmilzt leicht zu einer wasserklaren, nach 
dem Erkalten weissen, wenig glänzenden Perle, mit krystallinisch-feinkör- 
niger Textur. Im Kölbchen decrepitirt die Probe heftig, gibt Wasser ab 
und schmilzt nach längerem Glühen zu einer milchweisen Masse. Von 
Wasser wird das Mineral leicht angegriffen. Wird die polirte ooPoo 
Fläche eines Krystalles mit einem in Wasser getauchten Pinsel wiederholt 
überstrichen, so zeigen sich auf derselben unter dem Mikroskope bald 
regelmässige Erosionsfiguren, die sämmtlich parallel der Prismenkante ge- 
richtet sind. Wird eine fein gepulverte Probe mit destillirtem Wasser 
übergossen, umgeschüttelt und rasch filtrirt, so enthält das Filtrat bereits 
eine ansehnliche Menge der Substanz in Lösung. Die klare Flüssigkeit 


wird beim Erwärmen trübe von abgeschiedenem Gyps. Es sind beiläufig 
Jahrbuch 1873. 41 


1? 


642 


400 Theile Wasser erforderlich, um 1 Theil Syngenit zu lösen; die Lös- 
lichkeit entspricht somit jener des Gypses. 


G. TschermaXk: Kalisalz aus Ostindien. (Mineral. Mittheil. 1873, 
2. Heft S. 136.) Eine Neuigkeit, welche hier durch die diesjährige Welt- 
ausstellung bekannt wurde, ist die Auffindung von kalisalzhaltigen Schich- 
ten in den Mayo Mines in der Salzkette (Salt range) im Norden des Pend- 
schab. T. OrLpuam, welcher die sehr interessante Ausstellung ostindischer 
Mineralprodukte veranlasste und leitete, hat bereits in einem Vortrage, 
welcher in den Verhandlungen der geolog. Reichsanstalt abgedruckt ist, 
über die geologische Stellung des Steinsalzes in jenem Gebirge eine Mit- 
theilung gemacht, aus der zu entnehmen ist, dass diese Steinsalzbildung 
der Silurformation zugerechnet wird und demnach als die geologisch älteste 
unter den bekannten Salzablagerungen erscheint. In der letzten Zeit wurde 
man in dem genannten Salzwerke auf ein Salzvorkommen aufmerksam, 
welches durch seine Härte auffiel und bei genauerer Untersuchung durch 
Warr# einen bedeutenden Gehalt an Magnesia und Kalium erkennen liess. 
Von diesem Vorkommen sind nun in der Ausstellung Stücke enthalten, 
welche ein weisses oder röthliches körniges Gemenge von Sylvin, Steinsalz 
und Kieserit darstellen. Der Sylvin und das Steinsalz sind sogleich durch 
die Spaltbarkeit und die Flammenreaction zu erkennen. Der Kieserit, 
welcher in Körnern auftritt, die im Maximum 12 mm. Durchmesser haben, 
ist farblos und zeigt die vom Hallstädter Mineral angegebene Härte und 
Spaltbarkeit. Stellenweise erscheint der Kieserit auch dicht. Der Was- 
sergehalt wurde zu 12,99 Proc. bestimmt, was mit dem berechneten von 
13,04 übereinstimmt. Da der Kieserit an feuchter Luft sich in Bittersalz 
verwandelt, werden die Stücke, welche aus jenem Gemenge bestehen, an 
der Oberfläche ganz locker und liefern eine beständig abfallende Rinde. 
Manche Stücke bestehen sehr vorwaltend aus Sylvin. 


A. Brezına: Bergkrystall von Nächling bei Waidhofen an 
der Thaya. Niederösterreich. (A. a. O0. 5.156.) Von diesem Fund- 
orte kam kürzlich an das Museum eine grössere Suite Bergkrystalle, zum 
Theil lose, zum Theil in Krystallgruppen; dieselben, welche fast durch- 
gehends die Ausheilung verbrochener oder in der Ausbildung gestörter 
Partien zeigen, sind wasserhell bis graulichweiss, vielfach durch fremde 
Beimengungen verunreinigt und zeigen herrschend das gewöhnliche Prisma 
mit dem Dihexaäder (©R.-+R.—.R); die losen Krystalle gehen an einem 
Ende gewöhnlich in eine grosse Anzahl kleiner Spitzen aus, welche durch 
das Dihexaöder und an einigen Individuen nebstdem durch die holoedrisch 
auftretenden Gestalten (P2 und P®/,) gebildet werden; die letzteren zwei 
Gestalten besitzen immer starkglänzende, gegen die anliegenden Dihexaöder- 
flächen zu gekrümmte Flächen. Unter den Krystallgruppen ist nament- 
lich eine hervorzuheben, welche die Spuren der Ausheilung besonders- 


643 


deutlich zeigt; einer ihrer Krystalle trägt an drei nebeneinanderliegenden 
Dihexaöderkanten die holoedrisch entwickelten y Flächen, an zwei ab- 
wechselnden Ecken nebstdem das Trigonoöder s = 2P2. 


Hırser: über ein Titaneisen von abnormer Zusammen- 
setzung. (Sitzungsber. d. phys.-medicin. Societät zu Erlangen. Sitzung 
v.28. Juli.) v. GERICHTEN analysirte ein Titaneisen, welches wegen seiner 
von den bisher bekannten Constitutionsverhältnissen abweichender Zusam- 
mensetzung Interesse verdient. Das Material ist von einem prachtvollen 
Titaneisenkrystalle genommen, der sich ohne nähere Angabe des Fund- 
ortes in dem mineralogischen Cabinete der Universität Würzburg befindet, 
wohin er aus dem Nachlasse von STRECKER gelangte. Bezüglich des Fund- 
ortes dürfte daher auch Norwegen festzuhalten sein. Nırs wird genaue 
krystallographische Messungen über dieses Prachtexemplar speciell ver- 
öffentlichen, weshalb hier nur über die Resultate der quantitativen Ana- 
lyse referirt werden soll. Zur Analyse wurden Stücke verwandt, frei von 
Silicatbeimengungen, sowie von jeder Zersetzung. Die qualitative Analyse 
zeigte die Abwesenheit von Magnesia, Kieselsäure etc.; nur Titansäure, 
Eisenoxyd und Spuren von Eisenoxydul waren vorhanden. 

Die quantitative Analyse ergab: 


Titansäure (TiQ,) == 46,42°,, 
Kisenoxyd (Ke,0,) = 52,67°,, 
Drsenoxydul (PeO) —- 1,07%, 

100,16 °/,. 


Da nun die kleine Menge von Eisenoxydul als ganz unwesentlich zur 
Constitution des Titaneisens betrachtet werden darf, besonders da nicht 
die geringste Spur von Magnesia nachgewiesen werden konnte, so wäre 
das Verhältniss zwischen Fe,O, : TiO, = 1:1,70=3:5,1, die Formel 
demnach: (Fe,O,)’ (TiO,)’”. Das Verhältniss ändert sich kaum, wenn man 
das gefundene Eisenoxydul auf die entsprechende Menge Titansäure be- 
rechnet und dieses titansaure Eisenoxydul als vielleicht secundäres Pro- 
dukt vom Ganzen abzieht, und die Titansäure mit Eisenoxyd auf 100 be- 
rechnet. Dagegen wird es etwas schwankend, zieht man blos Eisenoxydul 
von der Gesammtmenge ab und berechnet dann auf 100, indem hier eher 
das Verhältniss 4:7 als 3:5 annehmbar erscheint. Viel berechtigter tritt 
dagegen die Annahme 3:5 hervor, wenn man das Oxydul auf Oxyd be- 
rechnet, indem sich hier statt 3: 5,1, wie oben, das Verhältniss 3 : 5,04 
ergiebt, mithin die oben erwähnte Formel (Fe,O,)’ (TiO )?’ die meiste Be- 
rechtigung hat. Des Vergleiches halber seien nachstehend die Constitu- 
tionsformeln von Titaneisen mitgetheilt, so weit dieselben nach den vor- 
handenen Analysen aufgestellt sind. 

RAMMELSBERG unterscheidet 3 Hauptklassen: 


1. FeO, TiO, 
IE .eO |. 
1/,MgO ) nur 


41* 


al 


644 


II. FeO 
mMnO } TiO, + nFe,O,. 
MgsO 
Hievon abweichend sind bekannt: 
1) ein Titaneisen von Harkau bei Chemnitz, von Hrssrz untersucht, mit 
der Formel: (Fe,O,), (TiO,),, 
2) ein Titaneisen von RAMMELSBERG beschrieben - Iserin mit der For- 
mel: (FeO, TiO,), + (Fe,0,, TiO,3), 
3) ein Titaneisen von Unkel am Rhein, von RAmmELsBERG beschrieben, 
Eisenoxyduloxyd enthaltend, von der Zusammensetzung: 2(FeO, 
TiO,) + 3(FeO3, Fe,0,?). 


Pısanı: Analyse des Jeffersonit von Franklin. (Comptes 
rendus, LXXVI, 237.) Die in den Sammlungen vorhandenen Jeffersonite 
scheinen gewöhnlich in einem gewissen Stadium der Zersetzung begriffen, 
an Ecken und Kanten abgerundet. Neuerdings erhielt Pısanı von Frank- 
lin in New-Jersey grössere krystallinische Partien bis zu 1 Cent. im Durch- 
messer von diesem Mineral, welche er einer näheren Untersuchung unter- 
warf... H. — 5,5. G. — 3,63. Chem. Zus: 


Kieselsäure. .. . — 49,95 
T'honerde" 2. „..2.. »-0,85 
Kalkerde ... ..."27 25,55 
Manganoxydul . . 10,20 
Eisenoxydul . . . 891 
Magnesiat Ns 
Zinkoxyd !' I RNNE 10T 
Verlust". yes 
101,57. 


Es enthält dieser Jeffersonit mehr Zinkoxyd als die bisher analysir- 
ten. Da er nicht zersetzt, so kann er gleichsam als Typus des Jeffersonit 
betrachtet werden. 


L. Sıröoz: Analyse des Jordanit von Imfeld im Binnen- 
thal. (G. TscnermaK, Mineral. Mittheil. 1873, 1. Heft S. 29.) Der Jor- 
danit war bisher nur krystallographisch, aber nicht chemisch näher unter- 
sucht; um so erwünschter daher die im Laboratorium von E. Lupwıs durch 
Sıröez ausgeführten Analysen, deren Gang genau angegeben. 


Arsenik:... .. .124.12,78 12,86 
Blei. Hamas. 2. 20000809,99 68,95 
Schwefel... ......:18.18 18,13 


100,95. 99,94. 
Die Zusammensetzung des Jordanit wird demnach durch die Formel 
As,Pb,S,. ausgedrückt. 


645 


Pısanı: Analyse des Arit vomBergeAr. (A.a.0.) Vor einiger 
Zeit beschrieb BERTHIER ein Mineral aus den Basses-Pyrenees vom Habi- 
tus des Nickelin, dessen Zusammensetzung 53,0 Arsenik, 27,8 Antimon, 
33,0 Nickel, nebst kleinen Quantitäten Eisen und Schwefel. Des CLoizeAvx 
fand ein ähnliches Mineral am Berge Ar, am Fusse des Pic de Ger, fünf 
Stunden von Eaux-Bonnes, das von Apım Aarit genannt wurde. Es ist 
das nämliche, welches BERTHIER beschrieb. Der Arit ist amorph, hat die 
Farbe des Breithauptit, spec. Gew. — 7,19. Die Analyse ergab: 


Schwefel... 3. 1.r.4,...1,7 

Arseniks ..., ......0.000110 

ANGMON ra. 48,6 

Nickel... 4... 7.3.34: 

i ZmG nn. ZA 
101,5. 


Das Mineral ist demnach nur als eine Varietät des Breithauptit zu 
betrachten. Es findet sich auf einem Gang, begleitet von Blende, Blei- 
glanz, Ullmannit und Quarz. 


A. Brezına: Anatas und Brookit vom Pfitscher Joch in 
Tyrol. (A.a. 0.8.49.) Das Wiener Museum erhielt kürzlich ein grosses 
Handstück von Gneiss, das an der einen Seite mit Krystallen von Periklin 
und Chlorit bedeckt, an vier Seiten oberflächlich angegriffen ist. Drei der 
letzteren sind mit Krystallen von Anatas und Brookit besäet. Das Vor- 
kommen des Anatas und Brookit ist für Pfitsch neu; das des Brookit für 
Oesterreich überhaupt. Die Krystalle des Anatas sind ockergelb bis leber- 
braun, durchscheinend, bis 2,5 mm. lang; die kleineren Individuen zeigen 
ausschliesslich P, die grösseren untergeordnet nach OP, an einem tritt 
noch eine stumpfere Pyramide, vielleicht \/,P, auf. — Der Brookit bildet 
morgen- bis, ziegelrothe, durchsichtige bis durchscheinende papierdünne 
Tafeln, deren Höhe und Breite bis 1,5 mm. Die herrschende Fläche 


ooP6o zeigt die characteristische Streifung; untergeordnet treten ooP?2 
und eine Pyramide auf. 


A. Scuhraur: Krystallform des Lanarkit von Leadhills, 
(G. TscHermarR, Min. Mittheil. 1873, 2. Heft.) Die Krystallgestalt des La- 
narkit hat BRookE und später Gres zu bestimmen versucht. Die Winkel- 
angaben dieser genannten Autoren sind aber theils unvollständig, theils 
unrichtig. Nach Schraur’s Messungen ist das vollkommen genaue Para- 
metersystem dieses Species: Monoklin, 

a:b:.c= 0,868113 : 1: 1,383634— 7 — 91° 49. 

Beobachtet wurden die Flächen: oPoo; oP; Y,Poo; !Y.P10; "/,,.7/; 
383; 2Y10. OP ist Ebene der vollkommenen Spaltbarkeit. 


ee 


en ME 


en 
BEE 


A, 
Ai) 


ee er - 


ET T 
RRURM 


646 


A. Schrauvr: Schröckingerit, ein neues Mineral von Jo- 
achimsthal. (A.a. 0. S. 137.) Herr Sectionschef ScHRöckıngEr hatte 
an SCHRAUF eine Suite von Mineralien des Fundortes Joachimsthal zur 
Durchsicht übergeben. Auf mehreren Handstücken dieser Colleetion findet 
sich ein neues, kalkhaltendes Uranoxydcarbonat. Für dieses neue Mineral 


‚hat Schraur den Namen „Schröckingerit“ vorgeschlagen. Die Characteri- 


stik ist folgende: Das Mineral krystallisirt in kleinen dünnen sechsseitigen 
Tafeln von schwarzem, fast perlmutterähnlichem Glanze. Diese zarten, 
circa 1 mm. grossen Krystallblättchen sitzen zu kuglichen oder flocken- 
ähnlichen Gestalten dicht zusammengehäuft auf Uranpecherz. Ihre Farbe 
ist ein lichtes Grünlichgelb, zwischen Schwefelgelb und Zeisiggrün schwan- 
kend. Das Mineral enthält kaum nachweisbare Spuren von Schwefelsäure. 
In der Glühhitze wird der Schröckingerit ähnlich dem Liebigit orangeroth. 
Der Glühverlust entspricht dem Gesammtverluste an Kohlensäure und Was- 
ser und beträgt 36,7 Proc. Neben Uranoxyd wurde eine geringe Quantität 
von Kalk aufgefunden. Unter dem Mikroskope lässt sich die Krystallform 
bestimmen. Die Gestalt des Minerales ist ähnlich der des Glimmers. Pris- 
matische, sechsseitige Tafeln, begrenzt durch die Flächen: oP>o und 
ooP. Eine optische Hauptschwingungs-Ebene steht senkrecht auf oPoo, 
daher der Annahme des prismatischen Krystallsystems gerechtfertigt. Der 
Winkel am ist 58%,°. Der Schröckingerit unterscheidet sich somit in 
allen Eigenschaften von den bisher bekannten Urankalk-Carbonaten. Die 
Krystallgestalt des Voglit ist wesentlich von der des Schröckingerits ver- 
schieden. Nach ScHhraur’s mikroskopischen Beobachtungen ist der Winkel 
der Grenzflächen an den Voglitblättehen 73—80° und eine optische Haupt- 
schwingungsaxe ist circa 36" gegen eine dieser Flächen geneigt. 


A. Schraur: die Krystallform desPharmakoliths. (A. a. ©. 
S. 138.) Seit den Beobachtungen Haıpınser’s von 1825 sind keine neueren 
Messungen über Pharmakolith veröffentlicht. ScHraur hatte Gelegenheit, 
genauere Messungen anzustellen, da ihm Herr Sectionschef ScHRöCcKINGER 
einige prachtvolle Stufen von Joachimsthal zur Verfügung stellte. Es zeigte 
sich, dass die bisherigen Winkelangaben in einzelnen Fällen bis zu '/,° 
von der Wahrheit entfernt sind. Das vollkommen genaue Parameterver- 
hältniss. ist: 

Monoclin: a: b: c = 0,613727 : 1: 0,362226 — n —= 96° 46?/3'. Beob- 
achtete Flächen: oofoo Hauptspaltungsfläche; Yoo; oP; #3; —3P3;,. 


A. Schravr: die Krystallgestalt des Pseudomalachits. 
(A. a. ©. S. 139.) Allen bisherigen Angaben über die Krystallgestalt des 


‚Pseudomalachites liegen jene Winkel zu Grunde, welche Haıpınser 1825 


für diese Species angegeben hat. Aus diesen Winkeln folgt aber eine 
Isomorphie mit Brochantit. Auch die bisher gezeichneten Formen stimmen 
nahe mit der Gestalt des von ScarAur beschriebenen Königin überein. Die 


647 


Messungen an Krystallen von Pseudomalachit vom Fundorte Ehl ergaben 
aber vollkommen differente Resultate. Sie lassen es als zweifelhaft er- 
scheinen, ob überhaupt die früheren Messungen Haıpineer’s auch wirklich 
an Pseudomalachit ausgeführt wurden. Obgleich die Krystalle nicht voll- 
kommen scharf spiegeln, so lässt sich doch mit grosser Genauigkeit das 
folgende Resultat ableiten: 

Beichsi a4: b: ec — 21938:1:1,1463 — Z —= 90 307 = AT’ = 885%. 
Beobachtete Flächen: ooPoo; woPoo; oP; P'; ‚P; °/,'P°,,; /,P,3; ‘P'oo; 
v‚P,oo; ‚P'oo; ooP'; oc’P. 

Die Flächen &P‘, &o'P und ooPoo herrschen vor. Beobachtet wurden 
Juxtapositions-Zwillinge, deren Zwillingsaxe normal auf dem Brachypina- 
koid ist. Die Neigung der Hauptschwingungs-Ebene zur Normale auf 
ocPoo ist 70°, womit die Angaben Des CuoizEaux’s übereinstimmen. Die 
untersuchten Krystalle liessen neben Phosphorsäure wohl Arsensäure aber 
kein Vanadin erkennen. Ihre Dichte ist 4,34. Der Wassergehalt gegen 
8,0 Proc. Sie können daher auf die Formel: 5CuOP,O, -+ 3CuOH,0, 
welche Ranneusserg für Phosphorocaleit, Dana für eine Subspecies Pseudo- 
malachit angibt, zurückgeführt werden. 


B. Geologie. 


F. SANDBERGER: Weitere Mittheilung über den Buchonit. 
(Sitzungsber. d. bayer. Akad. d. Wissensch.) Für ein bisher nicht als 
selbstständige Felsart ausgeschiedenes vulkanisches Gestein hat Sanp- 
BERGER * den Namen Buchonit vorgeschlagen und die Mittheilung einer 
vollständigen quantitativen Analyse in Aussicht gestellt. Es wurde dazu 
die mittelkörnige Varietät vom Calvarienberge bei Poppenhausen auf der 
Rhön gewählt, deren spec. Gew. 2,85. Sie lässt als Bestandtheile erken- 
nen: Nephelin, z. Th. schon in Natrolith übergehend, Hornblende, das 
a. a. O. näher charakterisirte glimmerähnliche Mineral, Magneteisen, tri- 
klinen und orthoklastischen Feldspath, Apatit, Augit. Von Salzsäure wird 
ein grosser Theil derselben (40,73 °/,) unter sehr deutlicher Abscheidung 
gallertartiger Kieselsäure zersetzt. Dieser verhält sich daher zu dem 
nicht zersetzbaren wie 2:35, während C. GmELIN für das Gestein von Sins- 
heim das Verhältniss 3:4 gefunden hat. In dem von der Behandlung mit 
Salzsäure bleibenden Rückstande ist nach Entfernung der Kieselsäure 
durch kohlensaures Natron Hornblende, äusserst wenig Augit, wasserheller 
orthoklastischer Feldspath und wenig trüb gewordener nicht mehr gestreif- 
ter (triklinischer) zu erkennen. Die quantitative Analyse wurde von 
E. v. GERICHTEN ausgeführt und ergab: 


* Jahrb. 1872, 743. 


648 


# 


1. InSalzäure 2. InSalzsäure 3. Gesammt- 
löslicher Theil unlöslich. Theil Resultat. 


auf 100 ber. desgl. 
Kieselsäure... ., .... .,,89,19 54.64 45,84 
Phosphorsäure. . . . 2,50 _ 0,66 
Pisenoxyd. . 72.201080 14,46 14,32 
Thonerde, 2... 2..222°898% 10,68 10,18 
Euisenexydul:. 2: 2.14.56 2,34 6,42 
Kalk ei. oe. .0r028 08 7,15 8,40 
Masnesia .. nu. Te 0,44 1,47 
Kallıgaheit: Saar aulgerın2.16 5,25 3,56 
Natton a}. tes Ines. n12408 5,04 8,77 
Wasser ir anf senken 2520 _ 1,21 


101,23 

Eine Berechnung der Analyse auf die einzelnen Bestandtheile ist noch 
nicht ausführbar, da weder die Zusammensetzung des Glimmers, noch die 
der Hornblende bekannt ist, was für dieselbe unerlässlich wäre. Die ge- 
ringe Menge der Magnesia und der hohe Eisengehalt des Rückstandes 
beweist übereinstimmend mit der früher ausgesprochenen Vermuthung, dass 
nicht sogenannte basaltische, sondern eine Hornblende von hohem Eisen- 
und Alkali-Gehalte im Gesteine vorkommt, welche dem Arfvedsonit und 
der im Zirkonsyenit von Brevig auftretenden ähnlich ist, die vom RAn- 
MELSBERG untersucht wurde. Orthoklas hat sich aber im Rückstand in be- 
deutend grösserer Quantität gefunden, und ist jedenfalls ein wesentlicher 
Bestandtheil dieser Varietät. Trotz der mineralogisch abweichenden Zu- 
sammensetzung der Gesteine ist das Gesammt-Resultat der Analyse des 
Buchonits jenem sehr ähnlich, welches Rosensusc# für den porphyrartigen 
Nephelinit vom Katzenbuckel erhielt *. € 


C. DoeL 1er: über das Muttergestein der böhmischen Py- 
ropen. (Mineral. Mittheil. v. G. TscHermar, 1873, 1. Heft, S. 13—18.) 
Die bekannten böhmischen Pyropen finden sich in der Gegend von Bilin 
im Mittelgebirge. Einer der Fundorte ist die Umgebung des Dorfes Me- 
ronitz. Nach Reuss, welchem wir eine nähere Beschreibung dieser Gegend 
verdanken, sind dieselben in einem thonigen Conglomerat enthalten, wel- 
ches ausserdem noch die verschiedensten Gesteine, wie Granit, Granulit, 
Gneiss, Glimmerschiefer, Plänermergel, Serpentin , Opal umschliesst. Die 
beiden letzteren Felsarten enthalten Pyropkörner. Da keines der Gesteine 
anstehend in der Nähe getroffen wird, so lässt sich nicht bestimmen, wel- 
ches das Muttergestein der Pyropen war, Reuss entscheidet sich für den 
Serpentin, als das gewöhnliche Muttergestein des Pyrops. Auch Hock- 
STETTER ist derselben Ansicht. Es blieb aber immerhin noch zu entschei- 
den, ob der Serpentin nicht selbst aus einem anderen Gesteine hervor- 


* Vergl. Jahrb. 1869, 487. 


649 


segangen, und durch welche Umwandlungen dieses so häufig zu der opal- 
artigen pyropeuführenden Masse wurde, welche sich an demselben Orte 
findet. Man kann die pyropführenden Gesteine von Meronitz in zwei 
Gruppen trennen, in Serpentine und opalartige Gesteine, . welche beide 
durch Übergänge vielfach verbunden sind. Die Farbe des Serpentins ist 
eine dunkelgrüne, das Gefüge ist körnig. Er besitzt einen flachmusche- 
ligen Bruch, seine Härte ist ungefähr 3. Der Opal tritt in dünnen Adern 
als weisse glänzende Masse auf und umzieht sehr häufig die Pyrope. Die 
opalartigen Gesteine haben eine weissgelbe bis grüngelbe Grundmasse, 
welche stellenweise ins Pistaciengrüne übergeht. Sie besteht aus dem 
deutlich erkennbaren Opal von grüner Farbe, muscheligem Bruch und be-' 
deutender Härte und dem immer nur untergeordnet auftretenden Serpentin 
von hellgrüner Farbe, an seiner geringen Härte erkennbar. Der Opal ist 
an manchen Stellen rein ausgeschieden und hat alsdann eine bläulichweisse 
Farbe mit deutlichem Fettglanz. Meist ist er jedoch mit Serpentin ge- 
mengt, wodurch seine grüne Färbung hervorgerufen wird. Mitunter zeigt 
das Gestein eine gelbbraune Farbe, welche von beigemengtem Eisenoxyd- 
hydrat herrührt. Die Pyrope, welche in dieser Grundmasse eingestreut 
liegen, haben einen Durchmesser von 1--5 mm.; ihre Farbe ist blutroth, 
sie zeigen Glasglanz, sind durchscheinend bis durchsichtig, und haben voll- 
kommen muscheligen Bruch; sie zeigen öfters Risse, meist sind sie frisch. 
Sämmtliche Gesteine brausen mit Säuren. Die Serpentine enthalten kleine 
dünne Adern von Kalkcarbonat. Magnesiacarbonat muss auch vorhanden 
sein, da man nach längerem Aetzen mit verdünnter Salzsäure beim Er- 
wärmen ein erneutes Brausen wahrnimmt. Um die Ächtheit des Pyrops 
zu constatiren, wurde der Chromgehalt desselben dadurch nachgewiesen, 
dass nach dem Schmelzen mit etwas Soda und Salpeter in der essigsauren 
Lösung durch essigsaures Bleioxyd eine Fällung bewirkt wurde. Für sich 
schmilzt das Mineral ziemlich schwer, was ebenfalls ein Kennzeichen des 
Pyropes ist. Die mikroskopische ‚Untersuchung der harten gelbgrünen 
opalartigen Gesteine bestätigte die vorher erwähnten Beobachtungen. Oli- 
vin ist nur selten noch zu erkennen. Carbonate sind in der ganzen Masse 
vertheilt, was besonders bei Ätzung eines Schliffes mit Essigsäure und mit 
Salzsäure ersichtlich wird. Bei Behandlung mit Salzsäure wurde ein star- 
kes Brausen in den Rissen des Pyrops beobachtet. In den Dünnschliffen 
von Serpentin war Olivin in allen Fällen zu sehen. Besonders bei einem 
Schliffe eines wenig opalisirten Gesteins war die Olivinstructur deutlich zu 
erkennen; auch Spuren eines diallagähnlichen Minerals wurden beobachtet. 
Es zeigte ein anderer, wenig veränderter Serpentin von dunkelgrüner 
Farbe, aus der Sammlung der geologischen Reichsanstalt, nur wenig Oli- 
vin; sehr gross war hier die Menge des Magneteisens. Diese Gesteine 
enthalten alle nur wenig Opal._Zur Bestätigung der erhaltenen Resultate 
wurde eine chemische Analyse eines der harten grünen, von Opal impräg- 
nirten Gesteine ausgeführt. Der Pyrop wurde vorher sorgfältig durch 
Ausklauben entfernt. In Salzsäure ist das Gestein nur zum Theil löslich, 
mehr jedoch in kochender Kalilauge. Die Analyse ergab: 


650 


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WO Wagen Yan, lu 3608 

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s 100,94. 


Aus der Analyse geht hervor, dass der Opal vorwiegt. Der Kalk ist 
als Carbonat vorhanden, möglicherweise auch in Verbindung mit Magne- 
sia-Carbonat als Dolomit. Über die Entstehung des Serpentins wurden 
vielfache Hypothesen aufgestellt. SAnpsERGER wies den Zusammenhang | 
des Olivinfelses mit Serpentin an mehreren Orten nach und beanspruchte | 
für solche Serpentine die Entstehung aus Olivin, obgleich er auch an- | 
nimmt, dass Serpentine aus anderen Gesteinen entstehen können. TscHER- 
N MAK zeigte durch mikroskopische Untersuchungen, dass in vielen Serpen- | 
| tinen die Structur des ursprünglichen Olivinfelses noch deutlich zu erken- 
K| nen ist, und wies nach, dass Übergänge von Serpentin nur in solche Ge- | 

steine stattfinden, welche den Olivin als Gemengtheil enthalten. Somit | 
wäre die Entstehung des Serpentines aus Olivin in sehr vielen Fällen | 
festgestellt. Ob er auch aus anderen Gesteinen entstehen kann, bleibt | 
unentschieden. Mit Ausnahme der Pseudomorphose noch Olivin sind Je- 
doch alle andern angeführten Pseudomorphosen noch zweifelhaft. Was 
unser bisher betrachtetes Gestein betrifft, so kann über seine Entstehung 
aus Olivinfels kein Zweifel herrschen. Unter dem Mikroskope erkannten 
wir deutlich die Structur des Olivinfelses, fast alle Schliffe enthielten noch | 
Spuren von Olivin. Dazu kömmt noch, dass Pyrop bis jetzt nur im Olivin- | 
hi fels beobachtet ist, so dass wir wohl mit SANDBERGER annehmen Können, | 
dass alle pyropenführende Serpentine aus Olivin entstanden sind. Bei der | 
Umwandlung des Olivins in Serpentin wird Magnesia frei, diese wird durch 
Kohlensäure aufgenommen und als doppeltkohlensaure Magnesia wegge- 
N führt; wir finden sie im Serpentin als Magnesit wieder. Der Olivinfels 
| enthält meist auch noch etwas Pyroxen; wie erwähnt, erkannten wir un- 
| ter dem Mikroskope in einem Schliffe Spuren eines diallagähnlichen Mi- 
nerals. Auch dieses musste der Umwandlung unterworfen sein. Die Koh- 
lensäure entzog ihm Kalk und bildete Caleit, dessen Gegenwart in unseren 
Gesteinen wir nachgewiesen haben. Wo Lösungen von doppeltkohlensaurer 
Magnesia und von kohlensaurem Kalk auf einander einwirken, kann auch 
Dolomit gebildet werden. Das im Diallag und Olivin enthaltene Eisen- 
| oxydul gibt das Material ab zur Bildung von Magneteisen, welches in den 
A Meronitzer Serpentinen ziemlich reichlich enthalten ist. Das so häufige 
Vorkommen von Magnesit und Dolomit im Serpentin erklärt sich auf diese 
Weise. Was die Bildung der opalartigen Gesteine betrifft, so glauben wir 


651 


ihre Bildung einfach dadurch erklären zu können, dass diese Veränderung 
den in der Umwandlung zu Serpentin begriffenen Olivinfels betraf. Dass 
Opal öfters in Serpentinen sich findet, ist bekannt. In der Umgebung 
von Meronitz mussten kieselsäurereiche Gewässer sehr häufig sein, dies 
beweist das Vorkommen von verschiedenen Opalvarietäten, welche in die- 
ser Gegend allenthalben gefunden werden. Diese Quellen blieben nicht 
ohne Wirkung auf den Olivinfels. Wir wiesen in diesen veränderten Ge- 
steinen einen bedeutenden Gehalt an Kalk und Magnesiacarbonat nach. 
Magneteisen ist wenig oder gar nicht in ihnen enthalten. Der grosse Ge- 
halt zu Eisenoxydul, den die Analyse nachwies, führte uns nothwendiger- 
weise zur Annahme, dass auch Eisenoxydulcarbonat vorhanden ist. Die 
Bildung dieser Carbonate geschieht aus Olivin auf die Weise, welche wir 
bereits angegeben haben, zugleich mit der Serpentinbildung. Dabei ging 
jedoch noch ein ganz anderer Process vor sich. An Stelle des durch die 
Kohlensäure der Gewässer weggeführten Olivins und der Carbonate trat 
Opal, durch welchen das ganze Gestein imprägnirt wurde. Der Serpentin 
blieb dabei unverändert. Die vollendeten Serpentingesteine konnten nur 
wenig oder gar nicht umgewandelt werden, da nur die in denselben ent- 
haltenen, leicht löslichen Carbonate weggeführt und durch Opal ersetzt 
werden. Der wenig veränderte, eben in der Umbildung begriffene Olivin- 
fels dagegen wurde fast vollständig zerstört. Die Pyrope blieben bei die- 
sen Umwandlungen unverändert. Dass viele der opalisirten Gesteine noch 
srössere Mengen von Carbonaten enthalten, während der Olivin ganz zer- 
stört ist, lässt sich wohl dadurch erklären, dass durch die Zersetzung des 
Olivinfelses grosse Massen von Magnesia und Kalk an die Kohlensäure 
gebunden, so dass schliesslich die Carbonate nicht mehr weggeführt wur- 
den, sondern sich an Ort und Stelle absetzten. 


Rosert Grassmann: dieErdgeschichte oder Geologie. Stettin. 
8°. 1875. S.275. Nach einer kurzen historischen Einleitung beginnt der 
Verf. sein gründliches Werk mit allgemeinen Betrachtungen über die Be- 
schaffenheit der Erde, ihre Gestalt und Grösse, ihrer physischen und 
chemischen Eigenschaften. (Von dem Grundsatze ausgehend, in einem 
deutschen Buche wo möglich alle Fremdwörter zu vermeiden, hat Grass- 
MAnN eine Anzahl neuer Namen gebraucht, wie z. B. für Meteorsteine 
Himmelssteine, für Meteoreisen Himmelseisen, für das Meteorsilicat Him- 
melsbasalt u. a.) Was die chemischen Eigenschaften der Erde betrifft, so 
bildet der Kern derselben ein Meer feuerigen Erzes von einem Raumgewicht 
über 5,68; es ist dies Eisen. Über dem Erzmeer der Erde wogt ein Lava- 
meer, auf welchem die Schale der Erde schwimmt. In ihren unteren 
Schichten ist die feste Schale der Erde aus demselben Gesteine gebildet, 
welches das Lavameer erfüllt; der Unterschied beruht nur darin, dass dies 
Gestein in der Erdschale bereits erstarrt. Diejenigen Massen der Erde, 
welche an die Oberfläche treten, zeigen eine andere Zusammensetzung; in 
ihren oberen Lagen wird die Erdschale aus Granit und anderen Urgesteinen 


652 


gebildet, welche Grassmann als die „Granitschale* der Erde bezeichnet, 
während die Schale der Erde in ihren obersten Lagen aus Flötzen, d. h. 
aus unzweifelhaft aus Wasser abgesetzten Schichten gebildet wird. Auf 
der festen Schale der Erde lagert das Wassermeer der Erde, dessen Tiefe 
im Mittelmeer der ganzen Erde 2400 Meter beträgt. Über der ganzen 
Erde endlich wogt das Luftmeer der Erde mit dem Druck einer Luftsäule 
oder einer Wassersäule von 101/, M. Wasser. Dass die Erde nicht immer 
in dem Zustande war, wie gegenwärtig, beweisen viele Thatsachen. Die 
sog. Abkühlungs-Gesetze der Erde werden von dem Verfasser in sehr ein- 
gehender Weise, mit möglichster Benutzung der Hülfsmittel jetziger Wis- 
senschaft besprochen. -- rAssmanNn beginnt nun die eigentliche Geschichte 
der Erde mit jener Zeit, als solche noch flüssig war und über 1500° C. 
hatte und theilt die ganze Geschichte der Erde in vier Zeiträume, näm- 
lich: 1) die Schalengeschichte oder Urgeschichte, d.h. die Zeit, 
da sich unter dem Einfluss eines gewaltigen Meeres die Urgesteine der 
Erde bildeten. Es ist dies die Zeit der Zelllosen, in welcher es noch 
keine zelligen Wesen, keine Pflanzen und Thiere gab. 2) Die Hügel- 
geschichte oder Übergangsgeschichte, d.h. diejenige Zeit der 
Erde, als die ersten Hügel auf dem Lande hervortraten, als die ersten 
Schichtgesteine, die Übergangs-Gesteine sich bildeten. Es ist die Zeit 
der Marklosen und Wirbellosen. 3) Die Gebirgsgeschichte, 
d. h. die Zeit der Erde, als die Gebirge auf der Erde emporstiegen, als 
die Secundär-Ablagerungen sich bildeten und die Nichtsauger auf der Erde 
lebten. 4) Die Alpengeschichte, d.h. die Zeit der Erde, als die Al- 
pen oder Hochgebirge der Erde emporstiegen, die Zeit, in welcher die 
Tertiärgebilde sich niederschlugen und Säugethiere die Erde bevölkerten. 
— GrAssMmAnN bringt nun den ersten Zeitraum, die Urzeit in drei Ab- 
schnitte, nämlich: die Dunstzeit, von 1500° bis 376° C., in welcher über 
der Erdschale ein gewaltiges Dunstmeer von Kohlensäure und Wasser- 
dunst. Die Erde erscheint von Aussen gesehen als Dunststern. Der 
zweite Abschnitt umfasst die Meereszeit, von 376° bis 121° C., in wel- 
cher gewaltige Wassermassen auf die Erde niederströmten, solche mit einem 
unermesslichen Meere kohlensauren Gewässers bedeckten, aus dem kein Land 
hervorragte. Die Erde erscheint von Aussen gesehen als Meeresstern. Mit 
dem dritten Abschnitt, der Inselzeit, steigen Felsen als Inseln aus dem 
Meere hervor; Regen strömen auf diese Inseln nieder, zertrümmern die 
Gesteine in losen Schutt und bereiten die Erde zum Wohnsitz der Pflan- 
zen vor. Die Erde erscheint von Aussen gesehen als Inselstern. In der 
Meereszeit der Erde nun beginnt das niederfallende, Kohlensäure-haltige 
Wasser in die Spalten der erkaltenden Erdschale einzudringen, es beginnt 
die gewaltige Einwirkung auf letztere: es fängt an eine Granitschale durch 
den Einfluss des Meeres sich zu bilden. Die Kohlensäure des Gewässers 
raubt den an Basen reichen kieselsauren Salzen der Erdlava (welche in 
ihrer Zusammensetzung den basaltischen Gesteinen entspricht) einen Theil 
ihrer Basen, verbindet sich mit denselben zu doppeltkohlensauren Salzen, 
die sich später als einfache Salze niederschlagen. Mächtige Lager von 


Kalk, Dolomit u. a. Gesteinen sind das Resultat dieses Vorganges. Statt 
der Lava bleiben an Basen arme Gesteine, in welchen freie Kieselsäure 
und doppeltkieselsaure Salze. Der Verf. weist speciell tabellarisch nach, 
was durch die Kohlensäure aus der Lava ausgezogen werden kann, was 
nicht, wie demgemäss die Bildung von Granit, Porphyr vermittelt wird. 
Es haben demnach beide Gesteine nicht ursprünglich die Erdschale ge- 
bildet. Wie sie aus der Lava hervorgegangen, wird von dem Verf. ein- 
gehend vom chemisch-mineralogischen Standpunkte besprochen. — Wäh- 
rend der Inselzeit der Erde, in welcher zahlreiche Inseln den Fluthen des 
Meeres entsteigen, ist das Luftmeer immer noch ein Kohlensäuremeer; 
erst gegen Ende der Inselzeit ist die gesammte Kohlensäure des Luftmeeres 
verbraucht und in den kohlensauren Gesteinen niedergelegt. Die ersten 
geschichteten Gesteine, welche sich zur Inselzeit bilden, zeigen ein von 
den späteren Bildungen abweichendes Verhalten. Das in den Spalten der 
Erdschale rinnende Wasser ist nämlich noch reich an Kohlensäure. Das 
Luftmeer enthält im Anfang der Inselzeit noch 1454, am Ende noch 423 
Meter Wasserdruck an Kohlensäure; es entführt dem Innern der Schale 
reiche Massen kohlensaurer Salze: zumal der Magnesia, des Kalis und 
Natrons. Diese starken Basen, welche zu der Kieselsäure eine grosse 
Verwandtschaft haben, rauben den kieselsauren Salzen des Kalkes und 
Eisens die Kieselsäure. Kieselsaure Magnesia, Natron und Kali bilden in 
den Quellen 'Auflösungsmittel, welche den granitischen Schutt mit neuen 
kieselsauren Verbindungen versehen und diese Ablagerungen von neuem 
zu einem krystallinischen Gestein, zu Gneiss umbilden. — In dem zweiten 
Buche, welches die Geschichte der Erde zur Zeit der Pflanzen und Thiere 
behandelt, geht der Verfasser, was tie Bildung der Schichten zu eben 
dieser Zeit betrifft, von dem Satz aus: alle Stoffe der geschichteten Ge- 
steine sind aus den Urgesteinen der Erde, aus dem Granit oder Porphyr 
einerseits, aus den kohlensauren Urgesteinen andererseits entnommen. 
Es lassen sich für die Bildung der Schichtgesteine nach GrAssmann fol- 
sende Gesetze aufstellen. Alle Stoffe der Schichtgesteine: Kalk, Lehm 
und Sand stammen aus demselben Gesteine und zwar schliesslich aus dem 
Urgesteine her und werden nur beim Verwittern des Gesteins gesondert, 
indem der eine Theil auflöslich, der andere nicht, der eine schwemmbar, 
der andere grobkörnig, nur in schnellströmendem Wasser beweglich; alle 
drei Gesteine werden gleichzeitig, nur an verschiedenen Orten unter ver- 
schiedenen örtlichen Bedingungen abgelagert. Alle Sandstein-Schichten 
waren zur Zeit der Ablagerung ihrer Körner Theile des Festlandes; alle 
Kalkschichten und ein grosser Theil der Thonschichten waren Meeres- 
grund. Alle Sandstein-Schichten weisen in dem chemischen Verhalten ihrer 
Körner die Einflüsse eines an Sauerstoff reichen Luftmeeres, alle Kalk- 
schichten die Niederschläge eines an Auflösungen reichen Wassermeeres 
nach. Alle Sandstein-Schichten enthalten in ihren Versteinerungen die Ab- 
drücke von Pflanzen, alle Kalkschichten die Ablagerungen versteinerter 
Fische und Schalthiere. Das Festland bildete nur lose Erde, kein Gestein. 
Alle Sandsteine haben ihre Körner vom Festland erhalten, sind aber erst, 


ja 


1 


654 


nachdem sie unter die Oberfläche des Meeres gesunken, durch den Kitt, 
den sie aus den Quellen im Meere erhielten, in Sandsteine umgewandelt. 
Der Schiefer hat seine Körnchen vom schwemmbaren Lehm und der Kohle, 
seinen Kitt von den Quellen im Meere erhalten; er bildet jährlich eine 
Jahresschicht. — Auch die Hebungen und Senkungen zur Zeit der Pflan- 
zen und Thiere bespricht der Verf. und hebt hinsichtlich der Pflanzen- 
und Thiergeschichte der Erde folgende Sätze hervor: Jede Pflanzen- oder 
Thierart, welche im späteren Zeitabschnitte eine andere unvollkommenere 
Abart derselben Gattung aus dem früheren Zeitabschnitt ersetzt, ist aus 
letzterer durch den Einfluss der veränderten Wetter- und Boden-Verhält- 
nisse hervorgegangen. Die Grösse der Abweichungen zwischen den beiden 
Abarten entspricht im Ganzen der Länge des Zeitraumes, welcher zwischen 
den Zeiten verflossen ist, da die beiden Arten auf der Erde lebten. Die 
verschiedenen Zeiträume in der Erdgeschichte, die Bildung der Kohlen- 
und Steinsalz-Lager, die währenddem stattfindenden Hebungen bespricht 
GrRASSMANN ebenfalls sehr eingehend. Mit der Gletscher-Geschichte be- 
schliesst der Verf. seine Erdgeschichte; sobald der erste Mensch die Erde 
betritt, beginnt auch für die Erde eine neue Zeit: die Zeit des Menschen- 
lebens und der Staaten-Bildung. 


Eine Besteigung der Torre d’Ovarda im August 1872. 
Turin 1873. 74 Seiten 8° und 1 Tafel. Die Schrift enthält die Beschrei- 
bung und die wissenschaftlichen Resultate einer von dem Grafen St. Ro- 
BERT und den Professoren STRÜVER, Gras und Lessona unternommenen 
Besteigung der Torre d’Ovarda, einer 3072 m. hohen, westl. von Turin bei 
Useglio gelegenen Bergspitze. Wir finden in verschiedenen Abschnitten 
von den einzelnen Theilnehmern an der Expedition touristische Schilderung 
nnd Aufzeichnung der zoologischen, botanischen und geologischen Beobach- 
tungen. Die letzteren, von Prof. StrRüvEr verfasst, enthalten eine kurze 
Einleitung über die Unterschiede von metamorphischen Gesteinen den sedi- 
mentären und krystallinisch-massigen gegenüber und über die gangbarsten 
Hypothesen über deren Bildung. Dann folgt eine Schilderung der Gesteine, 
welche die Torre d’Ovarda und ihre Umgebung zusammensetzen und von 
Gastarpı der Laurentinischen Formation zugerechnet werden. An dem 
Aufbau des Gebirges nehmen einerseits in mächtigen Bänken brechende 
Gneisse, deren Structur bisweilen granitisch oder porphyrisch wird, an- 
dererseits die „Zona delle pietre verdi“ Antheil, welch letztere der „Schie- 
ferhülle der Nordalpen“ zu entsprechen scheint, und von Glimmerschiefer, 
dünnschiefrigem Gneiss, grünen Schiefern, Kalkglimmerschiefer, Serpen- 
tinen u. s. w. gebildet ist. Dieser letzteren Zone der Pietre verdi gehört 
die Torre d’Ovarda an; dieser Berg ist von grünen Schiefern gebildet, 
welche aus einem grünen, dem Protogynit ähnlichen Mineral, und von klei- 
nen Körnern eines weissen Plagioklases gebildet ist. 

Wir möchten das vorliegende Werk unseren Alpenvereinen zum Mu- 
ster empfehlen, deren Publicationen nur zu oft die wissenschaftlichen Be- 


655 
# 
obachtungen bei Alpenreisen ausser Acht lassen und bisweilen in reine 
Schilderungen von Terrainschwierigkeiten und der zu deren Überwindung 
entwickelten Klettergewandtheit ausarten. 


Dr. Ferro. v. Hocusterter: die geologischen Verhältnisse 
des östlichen Theiles der europäischen Türkei. II. (Jahrb. d. 
k. k. geol. R.-A. XXII. 4. p. 331. Taf. 16. 17.) — Vgl. Ib. 1871. 316. — 
Verfasser bezeichnet zunächst die erheblichen Schwierigkeiten, welche ihm 
bei Anfertigung der hier beigefügten „Originalkarte der Central- 
Türkei nach Aufnahme vom Jahre 1869 entworfen und geologisch aus- 
geführt von FERDINAnD von HocHstErter 1870, im Maassstabe von 1:420,000* 
entgegengetreten sind, und schildert hierauf unter 

V. die Central-Türkei oder das Vitos-Gebiet. Die Schrift- 
steller des Alterthums erwähnen als die Hauptgebirge Rumelien’s den 
Bertiskus, Skardus, Orbelus, Skomius oder Skombrus, die Rhodope und den 
Haemus. Schon GrisesAacH hat überzeugend nachgewiesen, dass der Bertis- 
kus Straso’s den albanischen Alpen entspreche, der Scordus oder Skardus 
aber dem heutigen Schardagh. Der Haemus ist der Balkan, die Rhodope 
führt heute noch denselben Namen, und es bleiben somit nur noch Orbelus 
und Skomius übrig, wovon der erstere gewöhnlich mit den höchsten west- 
lichen Erhebungen der Rhodope, mit dem Perim- und Rilo-Dagh, der letz- 
tere mit dem Vitos identificirt wird. 

Der Vitos erhebt sich in der Mitte zwischen dem Balkan- und Rilo- 
Gebirge, recht eigentlich im Herzen der Türkei. Die gewaltige Syenit- 
masse, aus der er aufgebauet ist, steigt auf fast kreisrunder Basis, einem 
Vulkankegel ähnlich, aus der Ebene von Sofia bis zu einer Meereshöhe 
von 2300 Meter empor. An diesem, den imponirendsten Eindruck machen- 
den Gebirgsstocke mit seinen Ausläufern haben die vier Hauptstromgebiete 
der europäischen Türkei, die Marica, die Struma, der Isker und die Mo- 
rava (wenigstens durch einen ihrer Hauptnebenflüsse, die Nisava) ihren 
Knotenpunkt. Ebenso stossen hier im Herzen von Rumelien vier Gebirgs- 
systeme: der Balkan, das rumelische Mittelgebirge, die Rhodope und die 
obermösischen Gebirge zusammen und bedingen die mannichfaltigste Boden- 
gestaltung und geologische Zusammensetzung. Altkrystallinisches Schiefer- 
gebirge mit Syenit- und Granitstöcken bildet die Unterlage einer in ihren 
ältesten Gliedern, wahrscheinlich triadischen Schichtenreihe, die in mächtig 
entwickelten, z. Th. vielleicht jurassischen Kalkmassen von alpinem Cha- 
rakter gipfelt, und unterbrochen ist von Augitporphyren, von Ablagerungen 
der Kreideperiode und von jungtertiären Kohlenbecken, während die die- 
sem Gebiete angehörigen Ebenen und Thalbecken von Sofia, Dubnika und 
Radomir noch in posttertiärer Zeit von Süsswasserseen erfüllt waren. 

Ein Holzschnitt auf S. 354 gibt eine Ansicht des Vitos von Sofia aus. 

v. HocHsTETTER berichtet genauer über den Syenitstock des Vitos, über 
die Eisenindustrie von Samakow, über das krystallinische Mittelgebirge 
zwischen dem Vitos und dem Rilo-Dagh, die mesozoischen Schichtgebilde 


656 
E) 
im Westen und Südwesten des Vitos, wobei ein Durchschnitt längs der 
Strasse von Köstendil nach Radomir, ein zweiter aus dem Filipovei-Thale 
beim Babska Han gute Aufschlüsse ertheilen; über das subbalkanische 
Eruptionsgebiet des Lülün- und Vitos-Gebirges und das Braunkohlenbecken 
von Tschirkva am westlichen Fusse des Vitos. — Unter 

VI. behandelt der Verfasser die obermösischen Gebirge und 
das obere Moravagebiet, mit seinen zahlreichen Rhyolith- und 
Trachyt-Durchbrüchen. 

In einem Anhange werden noch einige Bemerkungen über das in der 
südwestlichen Ecke der geologischen Übersichtskarte dargestellte Gebiet 
zwischen Üsküb und Salonik in Macedonien beigefügt, sowie 

VI. Verzeichniss von Höhen im östlichen Theile der 
europäischen Türkei, S. 365—383. Die auf Taf. XVII gegebenen 
Profile durch den Karadscha Dash von Dr. M. E. WEIısEr er- 
gsänzen das Bild der europäischen Türkei, das v. HocHSTETTER wiederum 
in genialer Weise entworfen hat. 


Joun Gisson: die Salzablagerungen des westlichen Onta- 
rio. (The American Journ. of sc. a. arts, Vol. V. p. 362.) — Das Ver- 
breitungsgebiet der salzführenden Ablagerungen in Ontario erscheint nicht 
sehr gross und auf das östliche Ufer des Huron-See’s beschränkt, wiewohl 
man schliessen muss, dass es sich auch unter dem Huron-See selbst aus- 
dehne. Die Hauptlagerstätte des Salzes scheint in die zum oberen Silur 
gehörende Salina- oder Onondaga-Gruppe zu fallen, da man in mehreren 
Bohrlöchern, von welchen Gıgson 8 näher beschreibt, der mitteldevonische 
„Corniferous limestone* und obersilurische Tentaculitenkalk (Lower 
Helderberg-Gruppe von VAnuxEm), welcher über der Salina-Gruppe lagert, 
durchsunken worden sind, bevor man das Steinsalz erreichte. Das letztere 
ist bereits an 100 Fuss tief durchsunken worden, eine Mächtigkeit, die 
bisher noch in keiner anderen Gegend Amerika’s bekannt worden ist. 


Dr. @. A. Maack: Geologische Skizze der Argentinischen 
Republik. (Proc. Boston Soc. of Nat. Heist. Vol. XUI. p. 417.) — In 
kurzen Zügen entwirft Dr. Maack nach eigener Anschauung ein Bild über 
die geographische, orographische und hydrographische Beschaffenheit der 
Argentinischen Republik mit ihrer ausgezeichneten Pampas-Formation, deren 
Charakter schon Darwın (Jb. 1863. 872) treffend gezeichnet hat. Diese 
diluvialen Gebilde werden meist von einem feinen alluvialen Sande „Pampa 
Sand“ bedeckt und von tertiären Schichten unterlagert. Schliesslich wird 
noch des Vorkommens jener grossen Meteoreisenmassen in den nördlichen 
Ebenen, welche den Namen „el Gran Chaco“ führen, gedacht. 


657 


W.H.Darr: Geologische Bemerkungenüber Alaska. (Proc. 
California Acad. Vol. IV. p. 30.) — Wir lenken nachträglich die Blicke 
auf diesen Vortrag über Alaska, den der Verfasser unmittelbar nach sei- 
ner Rückkehr von dort 1868 in San Francisco gehalten hat. Er ist von 
einer Karten-Skizze begleitet, verbreitet sich über die Topographie, Vege- 
tation und Thierwelt und die dort herrschenden Gebirgsformationen. — 
Eine weitere Area von azoischen Schiefern und vulkanischen Gesteinen, 
Gesteine der Carbonzeit, tertiäre Gebilde, und solche von postpliocänem 
Alter, Gold und andere Mineralien werden hervorgehoben, Ethnologie und 
Clima sind von ihm beleuchtet worden; nur vermisst man in Daur’s Be- 
richt jede Andeutung über Glieder der Kreideformation, welche nach En». 
v. Eıcnwarp (Jb. 1872, 657) auch in Alaska nicht fehlen. 


H£EBeRT: Documents relativs au terrain ceretace du midide 
la France. 11. (Bull. de la Soc. geol. de F'rance, 2.ser. T.XXIX, p.393.) 
— Vgl. Jb. 1872, 758. — An die frühere Mittheilung über das untere 
Neokom in dem südlichen Frankreich schliesst Prof. H£BERT einen neuen 
Durchschnitt von Bedoule nach Ceyreste an, in welchem das obere Neo- 
kom (Htage aptien d’Ors.), glaukonitische Kreide und ein Theil der Hip- 
puritenkalke entblösst worden sind. 

Da in jeder dieser drei Etagen Schicht für Schicht mit den darin ge- 
fundenen Versteinerungen genauer verfolgt worden ist, so bietet auch diese 
Arbeit des geschätzten Verfassers wiederum Gelegenheit zu Parallelen mit 
anderen Ländern. Man findet namentlich in der dort aufgeschlossenen 
Etage der glaukonitischen Kreide eine Anzahl Formen wieder, welche 
auch in Deutschland für den unteren oder cenomanen Quader bezeichnend 
sind. — Sehr erwünscht ist ferner der von H&£sBErT p. 405 gegebene Durch- 
schnitt in der Schlucht von Clars, W. von Escragnolles in der Provence, 
wo sich über compaktem Jurakalke die neokome Etage und der Gault, 
dann eine mächtige Reihe der glaukonitischen Kreide und darüber Sand- 
stein mit Zxogyra Columba verfolgen lassen. 


A. E. Törnesonm: über die Geognosie der Schwedischen 
Hochgebirge. (Bihang till k. Svenska Vet. Akad. Handlingar. Bd.1. 
No. 12. 8°. 59 S. 1 Karte.) Stockholm, 1873. — Die geologische Landes- 
Untersuchung Schwedens, deren Hauptaufgabe, die Herstellung genauer 
Detail-Karten über die fruchtbareren und dichter bevölkerten Theile des 
Landes, keine grösseren Opfer den in praktischer Beziehung so wenig 
versprechenden Hochgebirgsgegenden zu bringen gestattete, konnte erst im 
J. 1868 diese zum-Gegenstande einer Übersichts-Aufnahme machen. Diese 
ist seitdem jährlich nach Kräften weitergeführt worden und zwar haupt- 
sächlich in den westlichen Theilen von Jemtland und Herjeädalen 
und den nordwestlichen von Dalarne (Dalekarlien), somit das südlichste 


Drittheil der Hochgebirgsgegenden Schwedens umfassend. 
Jahrbuch 1873. 


lin 
It 


. 


2 


658 


Dieses Gebiet bildet in geognostischer Hinsicht ein ziemlich gut ab- 
geschlossenes Ganze, und da es zugleich als eine ziemlich vollständige 
Musterkarte der Formationen, die das Hochgebirge im Allgemeinen auf- 
bauen, betrachtet werden kann, ist eine Übersichtskarte darüber von hohem 
Interesse. Als der an den Aufnahmen am meisten Betheiligte hat Törne- 
BOHM eine solche bearbeitet, die hier in dem Maassstabe von 1: 1000000, 
nebst schätzbaren Erläuterungen, separat veröffentlicht wird, und — Dank 
dem Verfasser — in der den meisten Fach®enossen leicht zugänglichen 
deutschen Sprache. Zu einer umfassenderen Darstellung der Geologie des 
nördlichen Schwedens sind noch mehrjährige Arbeiten nöthig. 

Der Verfasser ist bei Entwerfung dieser Karte bemüht gewesen, die 
srossen geognostischen Grundzüge zusammenzufassen und sie in einem 
deutlichen und übersichtlichen Bilde zusammenzustellen, was ihm besonders 
auch mit Hülfe zahlreicher in den Text verwebter Profile vollkommen ge- 
lungen ist. Er hat dabei nicht versäumt, seine Untersuchungen auch auf 
die angrenzenden Theile von Norwegen auszudehnen, da es sich zeigte, 
dass in mehreren Beziehungen die Verhältnisse an der Reichsgrenze von 
beiden Seiten etwas verschieden aufgefasst worden waren. Es wurde ihm 
dabei klar, dass die Bauart des norwegischen Hochgebirges im Ganzen 
mit der des schwedischen übereinstimmt und dass dieselben Gesetze dort 
wie hier walten. 

Die massigen Gebirgsarten nehmen an dem Bau des Hochgebirges nur 
in geringem Maasse Theil, indem sie hauptsächlich ausserhalb der Gebiete 
der grossen sedimentären Gebilde, die dort herrschen, auftreten. TÖRNE- 
BOHM hat auf seiner Übersichtskarte davon unterschieden: älteren und jün- 
geren Granit, Porphyr, Porphyrit, Diabas, Hyperit und Serpentin. Be- 
sonders mannichfaltig sind die Eruptivgesteine in Dalarne. Die geschich- 
teten Gesteine der Hochgebirge sind theils rein klastischer Natur, wie 
Sandstein, Conglomerat und Sparagmit, theils mehr oder weniger meta- 
morphisch, wie Quarzschiefer, Glimmerschiefer, Hornblendeschiefer und 
Gneiss. In keiner derselben sind bis jetzt Versteinerungen gefunden wor- 
den, wesshalb die Bestimmung ihres geologischen Alters, in soweit diess 
gegenwärtig möglich ist, von der Ermittelung des Verhältnisses abhängen 
muss, in welchem sie zu den einzigen fossilführenden Ablagerungen, die 
hier bekannt sind, stehen, nämlich den silurischen Kalksteinen und Thon- 
schiefern, die theils um den grossen Binnensee Storsjö ein ausgedehntes 
Territorium bilden, theils auch als kleine isolirte Partien an mehreren 
Orten vorkommen. 

Verfasser beschreibt specieller das Sandstein-Gebiet Dalarne’s und die 
nächsten Umgebungen desselben. Die silurischen Gebilde, das Quarzit- 
und Schiefer-Territorium der südlicheren Hochgebirgsgegenden, mit der 
Sevegruppe und Köligruppe, und die älteren Gebilde und Eruptivgesteine. 

Er wirft ferner Blicke auf die lappländischen Hochgebirgsgegenden 
und zieht Parallelen zwischen der Seve- und Köli-Gruppe und deren nor- 
wegischen Äquivalenten, woraus nachstehendes Schema hervorgehen dürfte: 


659 


Das centrale Das nördliche 
Norwegen Schweden 
nach KJERULF. nach TÖRNEBOHM. 


Das Tromsö-Amti Finmarken 
nach PETTERSEN. nach Dauur. 


Te 


Sandstein und Das obere 
Conglomerat. Gaisa-System. 


Das Trondhjemer 


Schiefergebiet um Dev Ehonaghiefer 


den DovreFjeldund . _... und Thonglimmer- Schiefer 
im östlichen Theile Die Köligruppe. IR = BR u Frapalt 
des Trondhjem Fjord und des in Bescades? - 
Mauken. 


Stiftes. 


7 Die jüngere Glim- 
Die Etage des merschiefergruppe. 
ft old. its. | Die Sevegruppe. | 

Höifjeld-Quarzits. pp Die obere Cola 


Das untere 
Gaisa-System. 


gruppe? 
Das Raipa- 
| System. 
Silurische Gebilde Die untere sen; 
Das Dietyonema- | inel. d. Primor-| Goldagruppe. [Schwarzer Kalk- 
Schiefer-Feld. al se: stein, Alaun- 
| schiefer. 
Die Sparagmit- { Cambrischer x 
’ZIE. 
Etage. Quarzit. | | Haare 


Dr. A. SchrREBER: die Bodenverhältnisse Magdeburgs und 
der Strecken Magdeburg-Eilsleben-Helmstedt, Eilsleben- 
Schöningen. (Abh. d. Naturw. Ver. zu Magdeburg, II. Magdeburg, 
1870.) 8°. 2838. ] Tafel. — Das älteste Glied der bei Magdeburg anstehen- 
den Gesteine sind die an dem Krökenthore unter den Wallmauern an- 
stehenden Felsmassen, sowie die Pflanzenreste-führenden Grauwackenstein- 
brüche der Neustadt, welche der Region des Culm angehören. Diese ver- 
dienen vor Allem eine monographische Bearbeitung, wozu sich vielleicht 
der geehrte Verfasser noch entschliessen wird (d. R.). Darüber lagert ein 
rother Sandstein, welcher den Baugrund des Doms und einiger Häuser am 
Südende des Breitenwegs bildet. Wegen seiner grossen Verbreitung hat 
der auf ihn folgende Tertiär-Grünsand für Magdeburg eine ganz be- 
sondere Bedeutung. Die darin aufgefundenen Versteinerungen lassen ihn 
mitteloligocän erkennen. Derselbe trägt als Decke eine /,—2 Fuss 
mächtige ockerige, an manchen Stellen fest verkittete Schicht, welche reich 
an fremdartigen Geschieben ist, mit deren Bildung die Eipashe des Dilu- 


660 


viums eröffnet worden ist. Über ihr liegt ein ziemlich mächtiger, weisser 
Sand, der noch von regellos durcheinander geworfenen Lagen von Thon, 
Kies und Sand überlagert wird. 

Der stürmischen Zeit, in welcher das Grundgebirge sich ablagerte und 
Wanderblöcke von Norden her aufnahm, folgte die Periode des ruhigen 
Lehm-Absatzes, welcher den Schlussstein der Diluvialzeit im N., W. und 
S. Magdeburgs bezeichnet. Nach Bildung der Lehmschicht wurde die 
Magdeburger Gegend zugleich mit der ganzen Norddeutschen Ebene trocken 
gelegt und es setzten sich endlich die unter dem Namen Alluvium be- 
kannten Schichten ab. 

Der Verfasser schliesst an diese Abhandlung eine andere S. 17 über 
die Bodenverhältnisse im Westen Magdeburgs auf der Linie Mag- 
deburg-Eilsleben-Helmstedt und Eilsleben-Schöningen, auf welchen Strecken 
auch Glieder des Lias und der Trias durchschnitten wurden. 

Die Sedimente des Tertiärmeeres beiMagdeburg werden 
von Dr. SCHREIBER im 3. Hefte derselben Zeitschrift, Magdeburg 18372, 
S. 21, genauer beschrieben. Der Verfasser beschreibt zugleich einige dar- 
aus entnommene Lunuliten, unter anderen L. microporus Röm., welcher 
Taf. 2 abgebildet wird. Er wendet sich dann, S. 27, noch den Boden- 
verhältnissen zwischen Magdeburg und Burg zu, die er durch 
ein Schichtenprofil erläutert. 


# 


Dr. v. Korsex: über die Phosphorite der Magdeburger Ge- 
gend. (Sitzb. d. Ges. z. Bef. d. ges. Naturw. zu Marburg, No. 10. 1872.) 
— Seit Kurzem wird am Gehlberge, etwa ‘/, Meile SW. von Helmstedt 
im Braunschweigischen, ein Lager von Phosphoritknollen, fälschlich Ko- 
prolithe genannt, ausgebeutet. Dasselbe liegt, nur wenige Zolle mächtig, 
in einem grünen glaukonitischen Sande, dessen Alter v. Kornen als unter- 
oligocän festgestellt hat. Ganz ähnliche Phosphoritknollen, mit gleicher 
dunkelbrauner Farbe im Innern, ebenfalls mit unteroligocänen Versteine- 
rungen finden sich auch an ein Paar Punkten der Magdeburger Gegend 
in dem glaukonitischen Sande, nämlich bei Wolmirsleben bei Egeln und 
bei Osterweddingen, im Abraum des Steinbruches am Wege nach Sülldorf. 
Man darf annehmen, dass diese Phosphoritknollen sich erst nach der Ab- 
lagerung des Sandes in dem letzteren gebildet haben. 


Karten und Mittheilungen des Mittelrheinischen Geolo- 
gischen Vereins. Section Worms, von R. Lupwıe. Darınstadt, 1872. 
Mit Text in 8°, 41 S., 3 Taf. — (Jb. 1871, 658.) — Mit der vorliegenden 
Section, welche in der Folge der Veröffentlichungen des mittelrheinischen 
geologischen Vereins das 17. Blatt der treiflichen geologischen Special- 
karte bildet, erscheint die geologische Bearbeitung des Grossherzogthums 
Hessen in ihren Haupttheilen als vollendet, indem die noch fehlenden Sec- 
tionen der Grossherzoglich Hessischen Generalstabskarte, 14 an der Zahl, 


661 


nur als Randblätter derselben zu betrachten sind, welche zum bei Weitem 
grösseren Theile oder, seit den Territorialveränderungen im Jahre 1866, 
ihrem ganzen Inhalte nach Gebiete anderer Bundesstaaten umfassen. Dem 
mittelrheinischen geologischen Vereine gereicht es zur hohen Ehre, dieses 
kostspielige Kartenwerk in das Leben gerufen und rühmlichst durchgeführt 
zu haben, dessen einzelne Sectionen sämmtlich von einem erläuternden 
Texte begleitet werden. 


A. WALTENBERGER: Orographie der Algäuer Alpen. Augsburg, 
1872. 4°, 20 S. 2 Karten. — In diesen Blättern ist die orographische Be- 
schreibung eines Theiles der nördlichen Kalkalpen-Zone der deutschen 
Alpen niedergelest. Es wurden zum leichteren Verständniss hierzu zwei 
sehr instructive Karten angefertiget, von welchen die erste die ganze Al- 
gäuer Gruppe in horizontaler, die zweite in verticaler Projection darstellt. 
Der Verfasser beginnt mit geognostischen Betrachtungen über die Central- 
Masse der Selvretta, das Oberlechthaler Gebirge, den Bregenzer Wald und 
die Algäuer Alpen, führt in einer Eintheilung der Algäuer Alpen die Cha- 
rakteristik der einzelnen Glieder durch, wendet sich dem Hauptzuge der 
Algäuer Alpen und seinen Nebenästen zu, verbreitet sich über die hypso- 
metrischen Verhältnisse der Algäuer Alpen, über Thalbildungen und hy- 
drographische Verhältnisse, gibt eine vergleichende Orographie der Kalk- 
alpen-Zone und schliesst mit einem Abschnitte über Nomenklatur. 

Aus dem Zusammenhalte der verschiedenen hypsometrischen Daten 
werden folgende allgemeinen Schlüsse gezogen: 

1) Die Kalkalpenzone zwischen Bodensee und Salzach hat ihre bedeu- 
tendsten Gipfelerhebungen in der Mitte und zwar in der Wetter- 
steingruppe, die geringsten relativen Gebirgserhebungen in der West- 
gruppe (Algäuer Alpen und Oberlechthaler Alpen), die grössten 
relativen Höhen dagegen im Osten in der Berchtesgadener Gruppe. 

2) Die höchsten Erhebungen werden in dem westlichen Theile der 
Kalkalpenzone von Dolomit, im mittleren Theil von Wetterstein- 
kalk, im östlichen Theil vom Dachsteinkalk gebildet, 

3) Die Thäler sind am tiefsten im östlichen Theile eingeschnitten, 
während im westlichen Theile die absolute Erhebung der Thäler 
durchschnittlich eine grössere ist. 

4) Das ganze Kalkalpengebiet zwischen Iller und Salzach zeigt sohin 
nebst dem Vorlande der schwäbischen und südbayerischen Hoch- 
ebene eine Hauptabdachung zur Donau und von der schwäbischen 
Hochebene an zugleich eine Abdachung nach NO. 

5) Wie die Dolomitbildungen den Ober-Iler- und Lechthaler Alpen 
ihren eigenthümlichen Charakter aufdrücken, der sich in der gan- 
zen Zone bis zur Salzach in gleicher Weise nicht wieder findet, so 
ist auch der Algäuer Gruppe noch die bedeutende Erhebung der 
älteren Molasse (Nagelfluh) eigenthümlich. Die Nagelfluhbildungen 
erlangten im ganzen Kalkalpenzuge nicht jene bedeutende Empor- 


662 


richtung und den scharf ausgeprägten Charakter, wie wir diess in 
der Gruppe des Rindalphorns im Algäu sehen. 

6) Eine Bergformation, die der Algäuer Gruppe fast ausschliesslich 
angehört, ist die des Schrattenkalkes und der Unterkreidegebilde 
(Neocomien), welche im mittleren und östlichen Theile der Kalk- 
alpenzone nur mehr unbedeutende Höhen zusammensetzten. 

7) Dagegen sind die breiten Massengebirge mit ihren Hochplateau’s 
und eigenthümlicher Umgürtung mit Felsmauern, wie sie der Dach- 
steinkalk bildet (Reuteralpe, Untersberg, Steinernes Meer u. s. £.), 
nur in der östlichen Gruppe zu finden, während die kahlen Zacken 
und Gräte des Wettersteinkalkes noch in den Thannheimer Gebir- 
gen auftreten. 


G. PouLett Scrorpe: die Bildung der vulkanischen Kegel und 
Krater. Berlin, 1873. 8°. 62 Ss. — (Vgl. Jb. 1873, 201.) — Es ist leicht 
begreiflich, dass sich PouLETT ScropE durch die von G. A. v. KLönEn aus- 
geführte deutsche Übersetzung seines Werkes über Vulkane, worüber 
S. 201 berichtet wurde, sehr unangenehm berührt finden muss. Er hat 
diesem Gefühle hier Ausdruck gegeben, wenn er in der Vorrede, p. IV, 
ausspricht: „Mein unglückliches Buch hätte kaum in weniger freundliche 
Hände fallen können.“ 

Die vorliegende Schrift ist eine unter Überwachung des Verfassers 
von C. L. Griessach bewirkte Übersetzung von P. Scrope’s Abhandlung 
aus dem Quarterly Journal of the Geological Society vom Januar 1859, 
versehen mit mehreren Zusätzen und Holzschnitten. 

Ihr Inhalt ist folgender: 

1) Das Recht des Verfassers, die Widerlegung der auf Kegel und 
Krater angewendeten „Erhebungstheorie* zu unterwerfen. 

2) Die Meinungen der ersten Geologen über den Ursprung der vulka- 
nischen Berge. 

3) Die „Blasen-Theorie“. Definition. 

4) A. v. HumsoLpr’s Beschreibung des Vulkan’s von Jorullo. 

5) Dessen Irrthum in den Erscheinungen des Jorullo; sie reihen sich 
unter die gewöhnlichen Ausbrüche. 

6) L. v. Buc#’s Erhebungstheorie auf Teneriffa, den Ätna, Vesuv etc. 
angewendet. Ä 

7) Entwickelung dieser Theorie durch E. pe Braumont und Durr£xor. 

8) Die Frage gestattet keinen Ausgleich. 

9) Erste Einwendungen gegen die Erhebungstheorie. Inconsequenzen 
und Abweichungen der Anhänger derselben unter sich. 

10) Nicht behauptbare Unterschiede zwischen Erhebungs- und Erup- 
tionskegeln. 

11) Erhebung eines Vulkan’s mit dem sternförmigen, durch einen plötz- 
lichen Stoss auf eine Glasplatte erzeugten Bruch durch E. pe BEAUMoNT 
verglichen. Sein Irrthum. 


663 


12) Die ringförmig antiklinale Schichtung der vulkanischen Kegel ist 
mit ihrer Erhebung unvereinbar. 

13) Der recente Ursprung des Monte Nuovo von Dvrr&£xoy, L. v. Buch 
und Anderen geläugnet. 

14) Ursache der Entstehung der Kegel und Krater der phlegräischen 
Felder. 

15) Gleicher Ursprung der Somma und des Vesuv. Unrichtigkeit der 
Annahme von L. v. Buch und HumsoLor, dass der Vesuv seit dem Jahre 
79 sich weder in der Form noch Grösse verändert hat. 

16) Unrichtigkeit des Schlusses, dass Laven an steileren Abhängen 
als solchen von 5° Neigungswinkel nicht erstarren können. Lava kann 
selbst zur verticalen Säule werden. 

17) Die Trachytkuppeln im Innern einiger Krater. Ihr Ursprung. 

18) A. v. HumsoLor’s Irrthum über den Ursprung der trachytischen 
Kuppeln von Süd-Amerika. 

19) Ihre wirkliche Entstehungsart. 

20) Die Erhebungstheorie, irrthümlich auf die grossen Vulkane Cen- 
tral-Frankreichs angewendet. 

21) Die vulkanischen Krater; unrichtige Begriffe der Anhänger der 
- Erhebungstheorie. 

22) Ihre wirkliche Entstehungsart. 

23) Der Ausbruch des Vesuv im J. 1822 vom Verfasser beobachtet. 

24) Vergleich dieses Ausbruches mit anderen, deren Ausbruch hefti- 
ger war. 

25) Ausbruch des Vesuv im J. 79, von L. v. Buc# schlecht aufgefasst. 

26) Das eingebildete Untersinken des Gipfels von Vulkanen. 

27) Ausnahmsfälle. 

28) Concentrische Krater; Gesetz der abweichenden Entleerung und 
Auffüllung der Krater. 

29) Seltsame Irrthümer der Anhänger der Erhebungstheorie. 

30) Wiederholung. — Die Theorie der blasenförmigen Erhebung ist 
gegen die Gesetze vulkanischer Thätigkeit nicht behauptbar. 

31) Die gewöhnlichen Erscheinungen während der Ausbrüche sind ge- 
 nügend, um die Gestalt, die Bauart und die Bildung eines jeden vulkani- 
schen Berges zu erklären. 

32) Theilweise Hebung vulkanischer Kegel durch die Ausfüllung in- 
nerer Spalten mit eindringender Lava. 

33) Die Erhebungstheorie gewinnt nicht durch die Annahme einer 
allgemeinen Hebung der umgebenden Distrikte. 

34) Schluss. 


Borıcky: über die Anthracide des oberen Silurgebietesin 
Böhmen und über den Tachylyt von Kl.-Priesen. (Sitzb. d. k. 
böhm. Ges. d. Wiss. 1873. Jan.) — Das Vorkommen der Anthracide im 
unteren Silurgebiete Böhmens beschränkt sich auf das des Anthracit an 
wenigen Punkten der Etage D. d, Barranne’s und der Etage D. d.. 


Lil 


664 


Weit häufiger ist das Vorkommen der Anthracide im oberen Silur- 
gebiete und zwar vornehmlich in den petrefaktenreichsten Schichten des- 
selben, in Barrınpe’s Etage E. Es handelt sich jedoch hier nicht um 
bauwürdige Lager von Anthraecit, sondern nur um kleinere, oft schuppig- 
körnige Ausscheidungen in den Zwischenräumen von Analcim- und Caleit- 
Drusen, in den Höhlungen silurischer Versteinerungen, in knolligen Con- 
cretionen etc. 

Der Verfasser bespricht ferner eine schwarze perimorphe, einem me- 
chanischen Gemenge von Anthracit und Ozokerit gleichende Substanz, die 
mit HELMHACKER’s Valait völlig übereinstimmt, worin er neuerdings auch 
kleine Partien von reinem Ozokerit und Hatchettin entdeckt hat. 
Er gelangt zu dem Schluss, dass der Hatchettin blos die reine, deut- 
licher krystallinische Varietät des Ozokerit darstelle. 

Der Ozokerit von Hrubschitz schmilzt bei 76° C. und der Hatchettin 
von derselben Localität bei 78° C. 

Auch Erdöl und Bergtheer sind in den an thierischen Petrefac- 
ten sehr reichen Kalksteinlagern des oberen Silurgebietes keine Seltenheit 
und zwar vorzugsweise in dem körnigen, röthlich-weissen Marmor der 
Etage F, doch ist ihre Menge stets gering. 2 

Aus dem Vorkommen und den von Borıcky entwickelten genetischen 
Verhältnissen kann man folgern: 

1) dass der Anthracit, Ozokerit, Hatchettin, Bergtheer und Erdöl des 
Silurgebietes in Böhmen thierischen Ursprungs sind; 

2) dass aus der organischen Substanz, welche die silurischen Kalk- 
steine imprägnirt, beim Umkrystallisiren der letzteren meist nur 
Anthracit, selten Anthracit und Ozokerit oder Bergöl und Bergtheer 
als Residuum verbleibt; 

3) dass der Hatchettin aus dem Ozokerit entsteht und vermuthlich nur 
die reine, deutlicher krystallinische Varietät desselben darstellt. — 

Tachylyt von Klein-Priesen. Am linken Abhange des Klein- 
Priesener Thales treten zahlreiche, meist 2—3’ breite Gänge eines nosean- 
reichen Trachytbasaltes im trachytischen Phonolithe auf; und neben die- 
sen durchziehen die Felswand sehr schmale Basaltgänge, die sich in man- 
nichfachen Richtungen durchkreuzen und verzweigen. Die Wandungen 
dieser schmalen Basaltgänge, welche als Tachylyt-Basalte bezeichnet 
werden, sind häufig mit bräunlich-schwarzen, etwa 3—4 Linien dicken, 


‘stark glasglänzenden, jedoch vom Basalte nicht deutlich geschiedenen, 


sondern in denselben allmählich übergehenden Krusten bedeckt, die sich 
im polarisirten Lichte als amorphe Substanz, als Tachylyt erweisen. 


665 


G. Paläontologie. 


Über die Entdeckungen der neuen fossilen Wirbelthiere 
inden Rocky Mountains durch Prof. O. ©. Marsn und Prof. Epw. 
D. Corz. (Vgl. Jb. 1872, 106, 983, 984, 990; Jb. 1873, 334 u. Jb. 1872, 
107, 335, 336, 439, 982. 


Welche wichtigen Thatsachen die von Yale College in Newhaven 
ausgehenden Entdeckungsreisen in das Felsengebirge bereits ergeben haben, 
beweisen die fast unglaublich erscheinenden Entdeckungen der sehr gros- 
sen Zahl (ca 200) neuer Wirbelthiere, die Prof. Marsu auf seinen Aus- 
flügen in der dortigen Kreide- und Tertiärformation entdeckt hat. Prof. 
Mars# ist auch in diesem Jahre wieder mit einer Anzahl seiner Schüler 
an diese Fundstätten gegangen und wird sicher viel des Neuen wieder 
erringen. Wir haben im Jahrbuche schon mehrere Mittheilnngen. über 
seine Entdeckungen gegeben, andere sollen hier angedeutet werden, wobei 
es zweckmässig erschien, auch das Datum zu bemerken, wenn Separat- 
abdrücke davon bei der Redaction des Jahrbuches in Dresden eingegangen 
sind. Es schien dies nothwendig, weil theilweise ziemlich gleichzeitig von 
einem anderen ausgezeichneten Forscher, Prof. Epw. D. Core dieselben 
Thierreste unter anderen Namen beschrieben worden sind, wenn wir auch 
den Streit über Priorität zwischen beiden geschätzten Autoren unseren 
amerikanischen Collegen überlassen müssen. 

1) ©. C. MarsH: über eine neue Art Tinoceras; über einige merk- 
würdige fossile Säugethiere; über einen neuen und merkwürdigen fossilen 
Vogel, Ichthyornis dispar (Amer. Journ. of se. a. arts, Vol. IV. Oct. 1872. 
— Eing. d. 17. Oct. 1872). 

2) Derselbe: vorläufige Beschreibung neuer tertiärer Reptilien (Amer. 
Journ. of sc. a. arts, Vol. IV. Oct. 1872. — Eing. d. 24. Jan. 1875): Thi- 
nosaurus paucidens n. gen. et sp., Th. leptodus, Th. crassus, Th. grandis, 
Th. agilis, Glyptosaurus princeps, Oreosaurus vagans n. gen., Thinosaurus 
stenodon n. gen., Glyptosaurus brevidens, Gl. rugosus, Gl. ocellatus, Oreo- 
saurus lentus, O. gracilis, O. microdus, O. minutus, Tinosaurus lepıidus, 
Iguanavus exilis n. gen. und Limnosaurus ziphodon n. gen. 

3) Derselbe: Mittheilung über die Entdeckung neuer Fossilien in 
den Rocky Mountains, bei der Versammlung der Amerikanischen Philo- 
sophical Society, am 20. Dec. 1872. — Eing. d. 22. Jan. 1873. 

4) Derselbe: Entdeckung fossiler Quadrumanen in dem Eocän von 
Wyoming; Notiz über eine neue Gattung Carnivoren aus dem Tertiär von 
Wyoming, Oreocyon latidens n. gen.; über ein neues Reptil aus der Kreide- 
formation, Colonosaurus Mudgei n. gen. (The Amer. Journ. of sc. a. arts, 
Vol. IV. Nov. 1872. — Eing. d. 23. Jan. 1873. 

5) Derselbe: über eine neue Unterklasse fossiler Vögel (Odontor- 
nithes) mit Tchthyornis dispar ; über die gigantischen fossilen Säugethiere 
aus der Ordnung Dinocerata. (The Amer. Journ. of sc. a. arts, Vol. V. 
Febr. 1873. — Eing. d. 6. Febr. 1873.) — Jb. 1873, 334. 


666 


6) Derselbe: Fossile Vögel aus der Kreideformation Nordamerika’s. 
(The Amer. Journ. of sc. a. arts, Vol. V. March, 1873.) 

7) Derselbe: Nachträgliche Bemerkungen über die Dinocerata. (The 
Amer. Journ. of sc. a. arts, Vol. V. April, 1873. — Eing. d. 21. Apr. 
1873.) 

8) Derselbe: Notiz über tertiäre Säugethiere: Orohippus agilis, Co- 
lonoceras agrestis n. gen., Dinoceras lucaris, Oreodon oceidentalis, Rhino- 
ceros annectens und Rh. Oregonensis. (The Amer. Journ. of sc. a. arts. 
Vol. V. May, 1873. — Eing. d. 23. Mai 1873.) 

9) Derselbe: Fortsetzung: Tillotherium hyracoides n. gen., Bronto- 
therium gigas n. gen., und Elotherium erassum. (The Amer. Journ. of 
sc. a. arts, Vol. V, June 1873. — Eing. d. 19. Juni 1873.) — 

1) Epw. D. Core: über neue Perissodactylen aus dem Bridger Eocän: 
Palaeosyops fontinalis, Bathmodon, Pleurodira etc. (American Phil. Soc. 
1873. — Eing. d. 26. Febr. 1873.) 

2) Derselbe: über die kurzfüssigen Ungulaten aus dem Eocän von 
Wyoming. (American Phil. Soc. Febr. 21, 1873. -- Eing. d. 4. April 
1873.) Verfasser unterscheidet 4 Gattungen Dinoceraten: Loxolophodon 
Core, Eobastleus Copz, Uintatherium Leıpy und Megaceratops Leipy. Das 
genauer beschriebene- Lo.xolophodon cornutus CopE, 1872 (Eobasileus cor- 
nutus Core, 1872) stinnmt nach den hier gegebenen Abbildungen wohl mit 
Dinoceras mwrabilis Marsu (Jb. 1873, 334) überein. (Vgl. The Amer. 
Journ. Vol. V, p. 511.) Ferner beschreibt CorE hier Arten von Bathimo- 
don Core und Metalophodon Core. 

3) Derselbe gibt eine Notiz über die vorher Genannten in der Ver- 
sammlung der Acad. Nat. Sc. in Philadelphia, d. 28. Febr. 1875. — Eing. 
d. 20. März 1873. 

4) Derselbe: über einige eocäne Säugethiere, erhalten durch Harv- 
pEn’s geologische Untersuchungen, 1872 (Amer. Phil. Soc. 1873. — Eing. 
den 4. April 1875): Hyopsodus paulus Leıwy, Mevcrosyops vicartus Cope, 
Antiacodon pygmaeus C., A. furcatus n. sp., Orotherium sylvaticum Leıpy, 
O. vasaccıense C., Tomitherium rostratus C., Notharetus longicaudus C., 
Triacodon aculeatus C., Viverravus parvivorus C., Paramys lepiodus C., 
P. undans Marsu, Palaeosyops diaconus n. Sp., Hyrachyus implicatus n. 
sp., H. princeps Marsn etc. | 

5) Derselbe: über die platt-klauigen Carnivoren aus dem Eocän von 
Wyoming (Americ. Phil. Soc. April 4, 1873. — Eing. d. 17. Mai 18735): 
Es werden beschrieben Mesonyx Cops mit M. obtusidens, Synoplotherium 
Core, 1872, dessen ausgezeichnete Art, $. lanius Core auch in Abbildun- 
gen vorliegt. 

6) Derselbe: über die Urtypen der Ordnungen der Mammalia edu- 
cabilia (Amer. Phil. Soc. April 18, 1873. — Eing. d. 25. Mai 1873). Es 
werden unter diesem Namen @Quadrumanen verstanden, welchen Core To- 
mitherium rostratum und Anaptomorphus aemulus beigesellt. 

7) Derselbe: über die Osteologie des ausgestorbenen tapirartigen 
Hyrachıus Leiwy (Americ. Phil. Soc., April 18 1873. — Eing. d. 7. Juni 


667 


1873). Der Verfasser weist die Unterschiede dieser eocänen Form aus 
Wyoming von Tapirus und Lophiodon nach. 

8) Derselbe: über einige Kriticismen des Prof. Mars# (American 
Naturalist, Vol. VII, May 1873. — Eing. d. 29. Mai 1873): Loxophodon 
cornutus Core ist hier von Neuem beschrieben und abgebildet. 

9) Derselbe: Palaeontological Bulletins, No. 1—13 umfassend, — 
eing. d. 2. Aug. 1873. 

a. Beschreibungen einiger neuen Vertebraten aus der Bridger Gruppe 
des Eocän, veröffentlicht am 29. Juli 1872. 

b. Zweiter Beitrag dazu, veröff. am 3. Aug. 1872. 

c. Dritter Beitrag dazu, veröff. am 7. Aug. 1872. 

d. Über die Existenz der Dinosaurier in den Übergangsschichten von 
Wyoming Territory, veröff. d. 12. Aug. 1872. 

.e. Telegramm, beschreibend ausgestorbene Rüsselthiere von Wyoming, 
veröft. d. 1 . Aug. 1872. 

f. Bemerkungen über neue Wirbelthiere aus den oberen Gewässern 
von Bitter Creek, veröft. d. 20. Aug. 1872. 

g. Zweite Notiz darüber, veröff. d. 22. Aug. 1872. 

h. Über eine neue Vertebraten-Gattung aus dem nördlichen Theile des 
Tertiärbeckens des Green River, veröff. d. 12. Oct. 1872. 

i. Beschreibungen neuer ausgestorbener Reptilien aus dem eocänen 
Bassin des oberen Green River, in Wyoming, veröff. d. 12. Oct 1872. 

k. Bemerkungen über die Geologie von Wyoming, veröff. im Decem- 
ber 1872. 

l. Über 2 neue Perissodactylen aus dem Bridger Eocän, veröff. d. 31. 
Jan. 1873. 

m. Über. einige ausgestorbene Säugethiere, erhalten durch Havpex’s 
geolog. Untersuchungen, publ. d. 8. März 1873. 

n.sÜber einige Kriticismen des Prof. Marsn, veröff. im April 1873. 

0. Über einige neue ausgestorbene Säugethiere aus dem Tertiär der 
Ebenen, Aelurodon mustelinus n. sp., und Aceratherium megalodus n. SP. 
— Eing. d. 9. Aug. 1873. 


As. Gaupry: Betrachtungen über die Säugethiere, welche 
in Europa gegen Ende der Miocänzeit gelebt haben. Paris, 
1873. 8°. 44 8. — Die bedeutenden Arbeiten des Verfassers über die 
fossilen Thiere des Pikermi (Jb. 1868, 113) und des Mont Leberon in Vau- 
cluse (Jb. 1872, 981) haben vielfache Beweise für die Veränderlichkeit der 
Arten der höheren Thierwelt während der Miocänzeit geliefert, sie boten 
aber auch bei der reichen Fülle des Stoffes, den diese Ausgrabungen an 
das Licht förderten, dem scharfsinnigen und umsichtigen Forscher man- 
nichfache Gelegenheit zu anderen Bemerkungen über die Thierwelt dieser 
Epoche dar. 

$. 1 der vorliegenden Abhandlung weist die grosse Entwickelung der 
Pfilanzenfresser gegen Ende der Miocänzeit nach. Dieser Zeit entsprechen 


668 


die Faunen am Pikermi in Griechenland, Baltavar in Ungarn, Le&- 
beron in Vaucluse und Concud in Spanien, welche eine Anzahl der 
Hauptformen, wie Machaerodus cultridens, Hyaena eximia, Hipparion 
gracile, Tragocerus amaltheus, Gazella deperdita etc. mit einander gemein 
haben. 

$, 2 weist nach, dass die Säugethiere gegen Ende der Miocänzeit die 
Ansicht befestigen, dass die höheren Geschöpfe eine grössere Veränder- - 
lichkeit zeigen als die niederen. 

$. 3. So weit man nach den Säugethieren urtheilen kann, lässt sich 
das obere Miocän in zwei Unteretagen theilen. 

Das durch die Arbeiten von Kıvp bekannte Lager von Eppelsheim 
enthält neben Arten, welche denen von Pikermi und Leberon gleichen, 
manche davon sehr abweichende. Der Verfasser weist nach, dass es etwas 
älter sei, als das von Pikermi, Leberon, Baltavar und Concud. Er charak- 
terisirt hierauf die verschiedenen Faunen in Frankreich von dem oberen 
Pliocän herab bis in das untere Eocän. 

&. 4. Das Studium der miocänen Säugethiere stützt «ie Hypothese, 
dass die Trennung der verschiedenen Etagen oder Unter-Etagen haupt- 
sächlich auf einer Wanderung (deplacement) der Faunen beruhe. 

$. 5 handelt über die analogen Säugethierformen, welche denen des 
oberen Miocän vorausgegangen und gefolgt sind; an vielen überzeugenden 
Beispielen aber wird in 

$. 6 über die Unterscheidung der Rassen und Arten der Säugethiere, 
welche am Ende der Miocänzeit gelebt haben, nachgewiesen, wie die gegen- 
wärtige Fauna nur eine Fortsetzung der älteren Faunren sei. 


Sım. H. Scupper: Fossile Insecten aus den Rocky Mountains. 
(The American Naturalist, Vol. VI. November, 1872, p. 665.) — Nachdem 
schon vor einigen Jahren durch Prof. Dexton Spuren tertiärer Insecten 
in der Nähe der Vereinigung des Green- und White River in Wyoming 
Territory entdeckt worden waren, haben die Nachforschungen von F. C. 
A. Rıcuarvson und Dr. HAypen nahe an 40 Arten fossiler Insecten in ana- 
logen Schichten der Felsengebirge zum Vorschein gelangen lassen, welche 
Scupper vorläufig in ihre verschiedenen Ordnungen verweist. Eine ge- 
nauere Beschreibung derselben steht zu erwarten. 


EmanveL Kayser: Studien aus dem Gebiete des Rheinischen 
Devon. II. Die Fauna des Rotheisensteins von Brilon in 
Westphalen. (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1872, p. 653. Tf. 25-27.) 
— (Jb. 1872, 668.) — Die ausgezeichneten Rotheisensteine, welche zwi- 
schen Brilon und Giershagen in Westfalen vorkommen, treten als Contact- 
lager zwischen Diabasen oder Schalsteinen und devonischem Kalkstein 
auf, von welchem letzteren sie ein Umwandlungsproduct darstellen. Wir 
verdanken dem Verfasser eine eingehende Beschreibung der reichen Fauna 


669 


des Briloner Erzes, aus der sich entnehmen lässt, dass ihr Alter mit der 
oberen Grenze des mitteldevonen Stringocephalen-Horizontes zusammen- 
fällt. Unter 60 daraus beschriebenen Arten, deren Verbreitung in unter-, 
mittel- und oberdevonen Ablagerungen auch durch eine Tabelle nachge- 
wiesen ist, erkennt man neben vielen alten bekannten auch einige neue 
Arten, wie namentlich die eigenthümliche Scoliostoma serpens E. K., Pte- 
rinea Brilonensis, Ihynchonella Beyrichi etc. — An diese Abhandlung 
schliesst der thätige Verfasser S. 691 eine zweite: über neue Fossilien 
aus dem Rheinischen Devon, unter welchen Amplexus irregularis 
n. sp., Microcyclus Eifliensis n. sp., Productus sericeus v. Buch, Camaro- 
phorva tumida n. sp. und vor allem Spirophyton Eifliense n. sp. von be- 
sonderem Interesse sind. 

Von der letzteren zu den Fucoiden gehörenden Gattung hat J. Haıı 
in Nordamerika 4 Arten unterschieden: Sp. cauda-galli VAnuxEm von der 
oberen Grenze des Unterdevon, Sp. velum Van. aus der Hamilton-Gruppe, 
Sp. typus Harn aus der Hamilton- und Chemung-Gruppe und Sp. crassum 
Harz von der Basis des Kohlengebirges. Verfasser ist geneigt, auch die 
von R. Lupwıs als Buthotrephis radiata beschriebene Pflanze aus dem 
Dachschiefer von Sinn im Nassauischen (Jb. 1871, 214) zu Spirophyton 
zu rechnen. 


G. Dewaugur: ein neuer Spongit aus dem Eifelkalke von 
Prüm. (Bull. de ’Ac. r. de Belgique, 2. ser. t. XXXIV. No. 7. juillet 
1872.) — Ein von F. Römer (Jb. 1848, p. 680. Taf. 9, f. 1.) als Blumen- 
bachium meniscus aus obersilurischem Kalke von Tennessee beschriebenes 
Fossil wurde 1854 von ihm zur Gattung Astraeospongium erhoben (Bronn, 
Leth. geogn. 3. Aufl. 1. 2, p. 156. Taf. VI, £f. 1). Eine zweite Art dieser 
hexactinen Spongie beschrieben MEEK und WorTHEN als A. Hamiltonensis 
aus der Hamiltongruppe von Illinois (Geol. Surv. of Illinois, Vol. III, 
p. 419. Pl. 10, f. 6) und wandelten passend den Namen Astraeospongrum 
in Astraeospongia um. Diesen reihet DrwALQUE hier eine dritte Art, die 
er in der Sammlung des Prof. Krörszes in Prüm entdeckte, als A. meni- 
scioides n. SP. an. 


W. Dames: die Echiniden der nordwestdeutschen Jurabil- 
dungen. (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1872, p. 615. Taf. 22—24.) — 
Vgl. Jb. 1872, 985.) — Seiner trefflichen Arbeit über die regulären Echi- 
niden schliesst Damrs als Nachtrag zunächst noch Beschreibungen von 
Stomechinus gyratus As. sp. und Pedina aspera Ac. an, worauf er sich 
den symmetrischen Echiniden zuwendet: Pygurus Blumenbacht Koch 
u. DuUNKER Sp., P. Royerianus Corr., P. pentagonalis PuiLL. sp., P. ju- 
rensis Marcov, P. Hausmanni Koch u. Dunk. sp., Echinobrissus elunteu- 
laris Linwyp, EP. orbicularis PriLL. sp., E. scutatus Lam. sp., E. dimidia- 
tus Puııı. sp., E. planatus A. Rorm. sp., £. n. sp., E. Bauweri n. sp., 


670 


Pygaster umbrella Ac., P. humilis n. sp., Holectypus eorallinus d’Ore. 
und Collyrites bicordata LEsKE Sp. 

Mit den genauen und klaren Beschreibungen wetteifern die vorzüg- 
l'chen, von C. Laur gezeichneten und lithographirten Tafeln. Von allge- 
meinstem Interesse sind die Schlussbemerkungen des Verfassers: Die Ver- 
theilung der Species in den einzelnen Schichten ergibt sich für den nord- 
westdeutschen Jura in durchaus mit anderen Juraablagerungen analoger 
Weise. Im Lias treten ausschliesslich reguläre Echiniden auf. Selten 
finden sich ganze Körper, aber Stachelreste sind fast in allen Schichten 
beobachtet. Im braunen Jura fehlen in Norddeutschland die Echiniden 
fast ganz. Nur die weit verbreiteten Stacheln der Cidaris spinulosa A. 
Rön. und ihrer Verwandten füllen die Schichten mit Ammonites coronatus 
und die sie oben und unten begrenzenden Ablagerungen. Ausserdem er- 
scheinen Echinobrissus celunicularis und orbieularis in den Macrocephalen- 
schichten und im Cornbrash. Im weissen Jura nimmt die Zahl der Spe- 
cies und Individuen plötzlich sehr zu. Im unteren weissen Jura erschei- 
nen: Collyrites bicordata, Echinobrissus scutatus; viel wichtiger als diese 
werden im eigentlichen Coralrag: Cidaris florigemma PsirL., Pseudodia- 
dema mamillanum A. Röm. sp. und hemisphaericum Lam. sp., Acrosalenia 
decorata HaımE sp., Echtmobrissus planatus, Pygurus Blumenbachi, Haus- 
mann und pentagonalis, Pygaster umbrella, Holectypus corallinus, da sie 
nicht nur in Norddeutschland, sondern auch in England und Nordfrank- 
reich weit verbreitet sind. Ebenso treten im nordwestdeutschen Kimme- 
ridge als gute Leitformen Pygurus Royerianus und jurensis auf. 

Aus den auf einer Tabelle zusammengestellten Beobachtungen ergibt 
sich eine sehr grosse Übereinstimmung in der Echinidenfauna der nord- 
französischen und englischen Juraformation einerseits und der nordwest- 
deutschen anderseits: als Gesammtresultat seiner vergleichenden Beobach- 
tungen aber hebt Dames die volle Bestätigung der zuerst von Hrn. v. SEE- 
BACH genauer nachgewiesenen Thatsache hervor: dass während des Ab- 
satzes der Liasschichten zwischen dem nordwest- und süddeutschen Jura 
eine grosse Übereinstimmung hinsichtlich der Fauna geherrscht habe, dass 
dieselbe, wenn auch nicht mehr so markirt, während der Bildung der 
Schichten des braunen Jura vorhanden gewesen, dass dieselbe aber wäh- 
rend der Ablagerung des weissen Jura völlig aufgehört habe, so dass man 
eine totale Trennung beider Absatzgebiete supponiren muss. Die Über- 
einstimmung mit dem englischen Jura dagegen ist in allen seinen Gliedern 
deutlich, wenn sie sich auch im braunen Jura mehr verwischt; besonders 
auffallend aber ist sie in den Coralrag-Absätzen beider Gebiete. 


W. Damzes: NotizübereinDiluvial-Geschiebe cenomanen 
Alters von Bromberg. (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. XXV, p. 66.) 
— Überreste cenomanen Alters waren bisher unter den Diluvialgeschieben 
der norddeutschen Ebene noch gänzlich unbekannt (vgl. auch F. RormEr 
im Jahrb. 1863, 752.). Dames weist unter den Geschieben bei Bromberg 


A Zn 


671 


das Vorkommen von Ammonites Coupei Ber., Turrilites costatus Lam. und 
Pecten opercularis Sow. nach, von welchen die beiden erstgenannten vor- 
zügliche Leitfossilien für das Cenoman in Deutschland und Frankreich 
sind. Das Ursprungsgebiet für diese Funde ist noch nicht bekannt. 


S. W. Fornp: über einige neue Arten Fossilien aus der Pri- 
mordialzone oder unteren Potsdamgruppe von Rensselaer 
county, N.-Y. (The Amer. Jowrn. No. 27, Vol. V. 1873, p. 211.) — Die 
an das Licht gezogenen Organismen sind Archaeoeyathus? Rensselaerieus 
n. sp., Obolella nitida n. sp., Scenella retusa n. sp. und Hyolithes Em- 
monst n. SPp., wovon auch Abbildungen gegeben sind. 


JoH. FRiEDR. Branpr: Bemerkungenübereinen merkwürdig 
krankhaft veränderten Mammuthschädel. Moskau, 1871. 4°. 4S. 
1 Taf. — Unter mehreren Mammuthschädeln des Museums der Kais. Aka- 
demie der Wissenschaften in St. Petersburg befindet sich ein wohlerhal- 
tener 4!/a Fuss langer. Derselbe stellt nicht nur einen der grössten bis 
Jetzt bekannten Mammuthschädel überhaupt vor, sondern zeigt noch an- 
dere beachtenswerthe Eigenthümlichkeiten. Seine Stosszähne waren sehr 
ungleich entwickelt, indem der rechte mehr als um die Hälfte kleiner als 
der linke erscheint. Diesen Verhältnissen reiht sich noch der asymetrische, 
sehr nach links verschobene Nasentheil an, und mit der Asymetrie des 
Schädels treten noch Veränderungen anderer Knochen auf der rechten 
Seite des Schädels in Verbindung. Alle Verhältnisse deuten auf ein aus- 
gedehntes langes Knochenleiden hin, woran das Thier bereits in seiner 
Jugend gelitten haben mag, vielleicht in Folge der beschädigenden Gewalt 
des Stosszahns eines anderen Mammuth oder des Hornes eines büschel- 
haarigen Nashorns. 


C. J. Forsyru Masor M. D.: Materali per la Microfauna dei 
Mammiferi quaternart. J. Myodes torquatus Paur. (Attı della Soc. 
ü. di Sc. nat. Vol. XV, 21 p., 1 Tav.) — Eine im Hohlenstein in Schwaben 
von Prof. CaArELLını aufgefundene Zahnreihe war die Veranlassung zu die- 
ser Abhandlung, in welcher die Zähne des Myodes torquatus PaLL. var. 
hudsoniensis rec. von Labrador mit lebenden Exemplaren von der Wolga 
und Fossilien vom Hohlenstein verglichen werden. Wir finden neben die- 
sen Abbildungen noch solche der lebenden Arvicola glareolus SunD., Arv. 
amphibius Desm. und des Ütenodactylus Massoni GRAY. 


672 
Miscellen. 


Schloenbachstiftung. Der k. Salinen-Ober-Inspecetor ALBERT 
SchtLoensach in Liebenhall bei Salzgitter in Hannover hat unter dem 10. 
März 1873 Herrn Hofrath v. Haver als Director der k. k. geol. Reichs- 
anstalt in Wien ein Capital von 12,000 fl. mit der Bestimmung übergeben, 
dasselbe gewissermassen als ein Vermächtniss seines viel zu früh dahin- 
geschiedenen Sohnes Dr. URBAN SCHLOENBACH zu betrachten und den Zins- 
ertrag davon zu einem Reise-Stipendium für ein Mitglied genannter An- 
stalt oder einen ihr sonst nahe stehenden Geologen zu verwenden. 


Aı®. Gaupry: Museum d’Histoire naturelle Cours de Pa- 
leEontologie. lecon d’owerture. Paris, 1873. 8°. 19 p. — Die erste Vor- 
lesung, welche Gaupry nach Übernahme der Professur für Paläontologie 
an dem Museum des Jardin des plantes gehalten hat, bietet die Haupt- 
momente in der Geschichte dieses Lehrstuhls, womit ja die Geschichte der 
Paläontologie in Frankreich innig verknüpft ist. Cuvier gilt als ihr Be- 
gründer, ein anderer Professor des Museums, BLAINVILLE, führte den Na- 
men „Palaeontologie* ein. 1853 wurde der Lehrstuhl für Paläontologie 
am Museum geschaffen, und ALcıpE d’Orgıcny zum Professor ernannt. Ihm 
folgte nach seinem Tode Graf d’Arcuıac Desmiers de Saint-Simon, dessen 
Nachfolger EpovArD LARTET ward, welcher am 28. Januar 1871 verschied. 
Es wird mit aller Pietät und in gedrängten Zügen hervorgehoben, was 
die Wissenschaft dieser edlen Trias verdankt, an die sich der gegenwär- 
tige Vertreter der Paläontologie an dem berühmten Museum auf das Wür- 
digste anreihet. 


Verkauf. 


Die Herren Voısr und Hochszsans, Mechaniker und Präparateure in 
Göttingen veröffentlichen ein Verzeichniss der Gesteine, von welchen sie 
Dünnschliffe vorräthig haben. 

In ähnlicher Weise empfiehlt Herr Mechaniker E. Neumann in Frei- 
berg in Sachsen seine Dünnschliffe von Gesteinen und Mineralien. 

Auf die vorzüglichen von Herrn Mechaniker R. Furss in Berlin, Was- 
serthorstr. No. 46, angefertigten Dünnschliffe ist schon Jb. 1872, 877 hin- 
gewiesen worden. 

Zu krystallographischen Studien sind Anfängern besonders 60 oder 
130 Stück Krystall-Modelle, geordnet nach Naumanv’s Krystallo- 
graphie, geschnitten von JuLıus WENZEL in Freiberg, zu empfehlen, welche 
von dem Verfertiger direct oder von der Königl. Mineralien-Niederlage 
der Bergakademie zu Freiberg (Sachsen) hilligst bezogen werden können. 


—s— 


Über die Genesis der Granulite, mit besonderer Be- 
ziehung auf die Sächsische Granulitformation. 


Von 


Herrn Professor Th. Scheerer. 


Die specifischen Granulite bilden eine, durch petro- 
graphische Beschaffenheit scharf charakterisirte Gesteinsklasse, 
welche weder den Gneusen noch den Graniten untergeordnet, 
wohl aber ersteren beigeordnet werden kann. Wesentlich aus 
einem sehr feinkörnigen Gemenge von Feldspath und Quarz be- 
stehend und durch Einmengung von Granat (mitunter auch von 
Cyanit) ausgezeichnet, pflegen sie, ungeachtet ihrer charakteristi- 
schen Glimmerarmuth, den Typus der Paralleistruktur und daher 
den Charakter eines geschichteten Gesteines an sich zu tragen. 
In dieser Beziehung sind sie daher den Gneusen an die Seite 
zu stellen, und als glimmerleere oder doch sehr glimmerarme 
Gneuse zu betrachten, in denen der fehlende Glimmer durch Gra- 
nat vertreten wird. 

In Folge dieser markirten petrographischen Beschaffenheit 
hatte man die specifischen Granulite von den Gneusen unterschie- 
den, noch bevor sich herausstellte, dass sie von letzteren auch 
wegen ihrer geognoslischen Verhältnisse zu trennen seien. Be- 
sonders durch die exacten und umsichtigen Forschungen eines 
Naumann ergab sich das eruptive Auftreten der Sächsischen Gra- 
nulite mit einer Evidenz, die von einigen dagegen erhobenen 
Zweifeln kaum getrübt werden konnte *, Immerhin jedoch mögen 


* A. STELZNER, Untersuchungen im Gebiete des Sächsischen Granulit- 
gebirges. Dieses Jahrbuch 1871, S. 244—249. Die Entgegnung NAumann’s 
Jahrbuch 1873. 43 


a 


674 


“ 


die Ansichten über die Granulitgenesis nicht bei allen betreffen- 
den Forschern zu einem Abschluss gelangt sein. Unter solchen 
Umständen sei es gestattet, zur Entscheidung hierüber noch eine 
dritte Modalität herbeizuziehen, die chemische Constitution 
der Granulite. 

Nach Beendigung meiner Arbeit über „die Gneuse des 
Sächsischen Erzgebirges und verwandte Gesteine“ *, welche ich 
auf besondere Veranlassung unseres damaligen Oberberghaupt- 
mann, Freiherrn v. Brust, unternommen hatte, wurde von dem- 
selben die chemisch analytische Untersuchung der Sächsischen 
Granulite in Anregung gebracht und mir übertragen. Meinem, 
dem K. Sächsischen Oberbergamte darüber erstatieten ersten Be- 
richte (v. 5. August 1866) ist der grössere Theil der folgenden 
analytischen Daten entnommen. Einige andere Analysen stammen 
aus neuester Zeit. Die untersuchten Gesteine waren meist von 
den Herren Akademie-Inspector STELZNER (gegenwärtig Professor 
zu Cordova, Buenos-Ayres) und Bergamis-Assessor FÖRSTER an 
den Fundstätten gesammelt worden; einige derselben stammten 
von meinen eigenen Excursionen in das Sächsische Granulitgebiet. 
Die Ausführung der Analysen, im chemischen Laboratorium der 
Bergakademie, geschah auf dieselbe Art und unter Beobachtung 
derselben Vorsichtsmassregeln, wie ich solche bei früheren Ge- 
steins-Analysen in Anwendung brachte **, 

Die Untersuchungen würden eine grössere Ausdehnung er- 
langt haben und gleichwohl früher zur Publication gelangt sein, 
wenn nicht eine chronische Augenkrankheit, die mich im Jahre 
1867 befiel, meine Forscherwirksamkeit fast gänzlich paralysirt 
hätte. Dies möge das Lückenhafte einer Arbeit entschuldigen, 
in welcher wenigstens Anhaltspunkte für künftige, ausgedehntere 
Forschungen geboten werden. | 

Als eines der Haupt-Ergebnisse dieser Untersuchungen ist 


hierauf in dessen Abhandlung: Über den Granulitgang von Auerswalde. 
Ebendaselbst 1872, S. 911—929 (nebst einer geognostischen Karte). 
* Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Bd. 14, S. 23 
—150. Als besonderer Abdruck bei Arthur Ferıx in Leipzig erschienen. 
»= Man sehe hierüber S. 164—166 meines Aufsatzes „Über die che- 
mische Constitution der Plutonite“ in der Festschrift zum 100jährigen Ju- 
biläum der K. Sächsischen Bergakademie zu Freiberg, 1866. 


679 


zuvörderst hervorzuheben, dass die Granulite, in Betreff ihrer 
chemischen Zusammensetzung, den Gneusen hinreichend nahe 
stehen, um in dieselben Abtheilungen gebracht zu werden wie 
letztere. Wir haben daher eine Parallelisirung der Gra- 
nulite mit rothen, mittleren und grauen Gneusen 
(oberem, mittlerem und unterem Plutonit) auszuführen. Wie ich 
früher nachgewiesen habe, wird die chemische Constitution die- 
ser Gneusarten durch folgende chemische Formeln und daraus 
abgeleitete Sauerstoff-Verhältnisse, Silieirungsstufen und procen- 
‚tale Kieselsäuregehalte ausgedrüc ku on 


Oberer Plutonit. Mittlerer Plutonit. Unterer Plutonit. 
(Rother Gue)) (Mittlerer Gneus) (aber Gneus) 


m a 


Chemische Formel | (R)? Si3 m ( sis SET + 2(R) Si (R) Si 
Sauerstoff-Verh. % 


(R): Si 1:45 1:3,75 1:3 
Silieirungsstufe 1,5 Br 25 BEIUT ER 5 
Procentaler Kiesel- VE EEE NURRDIRR ol 

säure-Gehalt: 76--74 71—69 66—64 
im Mittel: 75 70 65 


—— 


Die analysirten specifischen Granulite zeigten folgende 
äussere Charaktere und waren von beibenannten Fundorten, 

1) Röthlicher Granulit von Penig (Höllmühle). In 
einer feinkörnigen eurilischen Grundmasse sind zahlreiche kleine 
Krystalle und Körnchen von rothem Granat eingewachsen. Von 
Glimmer keine Spur bemerkbar. 

2) Graulich fleischrother Granulit von Neudörfchen 
(Steinbruch am rechten Zschopauufer, nahe oberhalb Neudörfchen 
und der Mitweidaer Brücke). Von ähnlicher Beschaffenheit wie 
der vorige, doch lassen sich darin durch das bewaffnete Auge 
hier und da Quarz- und krystallinische Feldspath-Körnchen unter- 
scheiden. Blassrother Granat. 

3) Graulich weisser Granulit von Limbach (Klaumühle). 
Euritische — feinkörnig bis dichte, splittrig brechende — Grund- 
masse, worin, ausser vereinzeltem blassrothem Granat, Körnchen 


* In demselben Aufsatze 8. 167, sowie ferner in „Vorläufiger Bericht 
über krystallinische Silicatgesteine des Fassathales“ u. s. w.; dieses Jahr- 
buch 1864, S. 385—412. 


43 * 


St Eh Br Ze 


676 


und kleine Partien eines problematischen schwarzen Minerals 
vorkommen, welche die Ursache der graulichen Farbe des Ge- 
steins sind. Auch im vorhergehenden Granulit 2 liessen sich 
bereits Spuren eines solchen schwarzen Minerals beobachten. 


4) Grauer Granulit von Penig (Steinbruch unmittelbar 
hinter der Gasfabrik, am rechten Ufer der Zwickauer Mulde). 
Euritische Grundmasse mit Granat-und schwarzem Mineral, ganz 
ähnlich wie im Granulit 3. Doch tritt das schwarze Mineral (wie 
wir dasselbe einstweilen bezeichnen wollen, ohne dadurch in allen 
Fällen Identität zu behaupten) im Granulit 4 häufiger auf, wodurch 
zum Theil dessen dunkeigraue Farbe bedingt wird. 

5) Dunkelgrauer Granulit von Burgstädt (Steinbruch 
südlich davon, an dem von Kienhaide nach Herrenhaide führen- 
den Wege). Die blau- bis schwarzgraue Grundmasse feinkörnig 
bis dicht, im Grossen flachmuschlig, im Kleinen splittrig brechend. 
Braune Granatkörnchen und schwarze Glimmerschüppchen, zum 
Theil mit Andeutungen von Parallelstruktur sind darin eingewach- 
sen. Die dunkle Färbung des Gesteins scheint wesentlich von 
fein vertheiltem schwarzem Mineral herzurühren. Srrızxer be- 
zeichnet Jiesen Granulit als einen besonders charakteristi- 
schen und an vielen Orten vorkommenden. 


6) Lichtgrauer Granulit von Neudörfchen; von derselben 
Localität wie der Granulit 2, innerhalb der vom Mitweidaer Gra- 
nit umschlossenen Granulit-Insel*. Die ziemlich feinkörnige Grund- 
masse lässt Körner von Quarz und krystallinischem Feldspath er- 
kennen. Granatkryställchen liegen darin zerstreut; hier und 
da gewahrt man auch Schüppchen von tombakbraunem Glimmer 
nebst Spuren vom schwarzen Mineral. 

7) Graulich weisser, schiefriger Granulit (Schiefri- 
ger Normal-Granulit Förster s) von Steina bei Hartha. Der erste 
von den hier betrachteten specifischen Granuliten, bei welchem 
der Charakter eines geschichteten Gesteines durch eine, selbst 
im kleinsten Handstück wahrnehmbare Parallelstruktur ausgeprägt 
erscheint. Durch die Loupe gewahrt man, dass seine Grund- 
masse aus parallel gestreckten Partien von Quarz und Feldspath 


* Nach STELZNER keine Halb-Insel, wie irrthümlich auf der geogno- 
stischen Karte von Sachsen, Sect. XIV angegeben. 


677 


besteht. Körnchen von braunem Granat, stellenweise auch 
Schüppchen von tombakbraunem und schwarzem Glimmer, sind 
darin eingewachsen. Nach Förster's Beobachtungen ist dieses 
Gestein der verbreitetste aller specifischen Granulite; 
mit Gneusgranulit (8) und Trappgranulit (D) macht es gemeinsam 
den bei Weitem grössten Theil des Sächsischen Granulitgebietes 
aus. 


Die procentale chemische Zusammensetzung dieser 7 Granulite ist, 
nach den Analysen meines früheren Assistenten Herrn Dr. Rusz, folgende: 


Oberer Plutonit. 


1: 2. 3. 
Kieselsäure . . . . 76,33 75,80 75,46 
ihonerde. . .. ...... 12,89 12,09 12,09 
Bereuaxyd 29.0 2.2,35 2,42 3,75 
Kalkerde. . ... 08 1,4557 11,88 
Masnesa .. . . 035 0,38 0,66 
Bu. 07 4,27 3,96 
Bern. 0... 2.00. 0 — 2,12 2,46 
Biiger 2.0... 0,22 0,39 0,25 


00,18 99,52 99,85. 


Mittlerer Plutonit. 


4. 5, 6. TV 
Kieselsäure . . . 72,97 71,25 73,47 73,37 
Thonerde . . . 12,69 14,28 14,86 14,09 
Eisenoxyd .._.,.....4,55 4,32 3,64 3,31 
Kalkerde. . . . 2,33 2,84 1,62 1,54 
Magsnesia . . . 0,83 0,92 0,67 0,76 
Bee. 3,46 3,02 3,95 4,25 
Natron rt, 1%, 3,16 2,76 1,80 2,49 
Wassers... 0,13 0,16 0,21 0,27 


99,92 99,55 100,22 100,08. 


Die aus den Analysen sich ergebenden Sauerstoffverhältnisse (R) : Si 
und die daraus abgeleiteten Silicirungsstufen sind: 


* Die geringen Mengen von Eisenoxydul, welche in diesen Granuliten 
vorhanden sind, wurden nicht näher bestimmt. 


678 


= Sauerstoff-Verhältniss: Silicirungsstufe: 

= 

S | Q 

5] gefunden normal Differenz {gefunden | normal Differenz 
1. A TA 1:4,50 |) + 0,24 1,58 1,50 + 0,08 
21 .1:4,64 h 011 1,55 201 005 
a a “ —- 0,03 1,49 h = 
Ale 1:53,93), elesiza |. 27 018 1,31 1,25 1 0,06 
5.1 1:83,56 5 = 019 1,19 R — 0,06 
6. 1:33 1 —+ 0,08 1,28 = 1 00 
7% 1: 3,90 5 + 0,15 1,30 3 + 0,05 


Die speeifischen Granulite sind hiernach theils dem oberen 
Plutonit (rothen Gneus), theils dem mittleren Plutonit (mittleren 
Gneus) beizuordnen, während es an Granulit-Repräsentanten des 
unteren Plutonit (grauen Gneus) zu fehlen scheint. Jedenfalls 
treten Granulite der letzteren Art (mit Kieselsäuregehalten von 
64—66 Procent) weit seltener und in geringerer Verbreitung auf, 
als jene beiden kieselsäurereicheren Klassen. Dass sie nicht ganz 
fehlen, wird bereits durch einige Vorkommnisse dargethan. So 
findet sich bei Ehrenberg im Zschopauthale ein grauschwarzer 
Granulit, dessen Kieselsäuregehalt 65,4 Procent beträgt; und in 
einem ebenfalls schr dunklen, grauschwarzen Granulit von Wald- 
heim wurden 69,9 Proc. Kieselsäure nachgewiesen *. Letzterer 
enthält, neben vielem Granat auch etwas tombakfarbenen Glim- 
mer; ersterer dagegen Granat ohne Glimmer, während seine 
dunkle Farbe von feinvertheiltem schwarzem Mineral herzurühren 
scheint. Parallelstruktur ist in ihm nicht wahrzunehmen, wohl 
aber in dem glimmerhaltigen Granulit von Waldheim. 

Vor der Hand müssen wir unsere näheren Betrachtungen 
auf die sieben analysirten Grantulite beschränken. An den an- 
geführten Analysen lassen sich einige Eigenthünmlichkeiten in der 
chemischen Constitution wahrnehmen, die besonders hervortreten, 
wenn man die Granulit-Analysen mit denen entsprechender Gneuse 
vergleichend nebeneinanderstellt. Wir wählen die Granulite von 
Neudörfehen (2) und Penig (4), und stellen ersterem meine Ana- 
Iyse eines normalen oberen Plutonit ** und letzterem die eines 
normalen mittleren Plutonit *** zur Seite. 


* Siehe die oben citirte Festschrift S. 194. 
** Zeitschr. d. D. Geol. Ges. Bd. 14, S. 76. 
*** Ehendaselbst S. 46. 


679 


@ 


Normaler 
Granulit 2. oberer Plut. 


Kieselsaufe ... ..75,80 75,14 
Bhranerde .... .......1209 13,25 
isenoxydr Ir. 2 10249 1,24 
Eisenoxydul ..... — 0,72 
Manganoxydul . . Spur 0,08 
Kalkerde,  . ... .. .... 1,45 0,60 
IMasmesian .. u... 0,38 0,39 
NE ee 4,86 
Natron ts ARIEEB 122 2,12 
Wasser. u: in. 00,39 0,89 
99,52... 99,89. 
Normaler . 
Granulit 4. mittlerer Plut. 
Kieselsäure . . 72,97 72,36 (inclue. 0,94 Ti) 
Thonerde . . . 12,69 11,30 
Eisenoxyd . . 455 — 
Eisenoxydul . . — 4,23 (inclus. Te) 
Manganoxydul . Spur 0,48 r 
Kalkerde . .. .. 2,35 3,02 
Masnesia . . . 0,63 1,07 
Rally... >... 846 3,54 
Natsant.i- °.. .. 9,16 2,39 
BMeasser rt... '.. 0:18 1,40 
99,92 100,29. 


Die grossen Mischungs-Ähnlichkeiten, einerseits zwischen 
dem Granulit 2 und dem oberen Plutonit und andererseits zwi- 
schen dem Granulit 4 und dem mittleren Plutonit, lassen um so 
auffallender den erheblichen Unterschied in den Wasser- 
gehalten hervortreten. Im Granulit 2 sind 0,90 Proc. und im 
Granulit 4 sogar 1,27 Proc. Wasser weniger enthalten als in 
den entsprechenden Plutoniten. Dies kann auf keinem zufälligen 
Umstande beruhen, denn alle bisher analysirten Granulite zeigen 
diesen charakteristischen Wassermangel. Bei den Granuliten 1—3 
beträgt der durchschnittliche Wassergehalt 0,29 Proc. und bei den 
Granuliten 4—7 nur 0,19 Proc., während die durchschnittlichen 
Wassergehalte normaler oberer und mittlerer Plutonite respective 
gegen 1 Proc. und 1,5 Proc. betragen. Dieser Wassermangel 
der Granulite ist eine einfache Folge ihres fast gänzlichen Glim- 
mermangels. Die Glimmerarten sind im Wesentlichen die ein- 


650 


zigen wasserhaltigen Gemengtheile plutonischer Silicatgesteine. 
Wo sie fehlen, fehlt auch der Wassergehalt; der vollkommen 
frische, chemisch unveränderte Zustand des Gesteins vorausgeselzt. 
Ob jener geringe Wassergehalt in Granuliten, welche absolut 
glimmerleer zu sein scheinen, gleichwohl von zerstreuten Glim- 
merpartikein herrührt, die sich dem Auge des Beobachters ent- 
ziehen, oder ob er — wenigstens zum Theil — in einer an- 
gehenden Verwitlerung des Feldspaths seine Ursache hat, lässt 
sich unmöglich mit Sicherheit ausmachen. Doch darauf kommt 
es hier nicht an, sondern nur auf jene erhebliche Differenz 
zwischen den Wassergehalten der Granulite und normalen Plu- 
tonite.e. Um uns die Glimmer, als die eigentlichen Wasserträger, 
vor Augen zu führen, citire ich hier aus meiner früheren Arbeit 
zwei Beispiele * von der chemischen Zusammensetzung des Glim- 
mers im oberen Plutonit. 


Kieselsäure. . . 50,77 51,80 
Titansäure .....-.' 10530 — 
Thonerde a. ... 2689 25,78 
Eisenoxyd: .. '.  =28 5,02 
Eisenoxydul . . 3,60 2,25 
Manganoxydul. . — 0,41 
Kalkerde 7;.;.. 2,2005 0,23 
Magnesays. . .: 0:89 2,12 
Kalizz. 2.2, 2... 1058 6,66 
Natron arts 1,22 
Wasser, +1. 7...,540 4,79 
100,24 100,33. 


Auch der Glimmer des mittleren Plutonit besitzt einen sol- 
chen Wassergehalt, ebenso der des unteren Plutonit **. 

Durch diese thatsächlichen Verhältnisse werden wir zur 
Annahme geführt: es seien die Granulite aus den Gneusen 
(Plutoniten) durch einen umbildenden Process hervor- 
gegangen, welcher das chemisch gebundene Wasser 
aus letzteren entfernte. Dass dieser Process in einer mehr 
oder weniger vollkommnen Umschmelzung, mindestens in einer 
Erhitzung bis zur Massen-Erweichung bestand, lässt sich aus dem 
Auftreten des krystallinischen Granates schliessen, welcher, als 


* Zeitschr. d. D. Geol. Ges. Bd. 14, S. 63. 
** Ebendaselbst S. 56 und 70. 


681 


wasserleeres Mineralgebilde, aus dem wasserhaltigen Glimmer 
hervorgegangen ist. 

Die Entstehung von Granat aus entwässertem Glimmer kann 
man leicht aus der chemischen Zusammensetzung beider Minera- 
lien herleiten. Die Granaten mit der allgemeinen Formel 

R>Si + .BSi 
konnten ihre Bestandtheile aus den Glimmern entnehmen, wobei 
sich, je nach der Zusammensetzung des Glimmers, zugleich Feld- 
spath und Cyanit oder doch eines dieser Mineralien bildete. Ge- 
wisse dunkle Magnesiaglimmer weisen sogar direet auf Granat 
hin, indem sich ihre Formel 

Ry:Si + RSi 
nur durch den Wassergehalt des ersten Gliedes von der Granat- 
formel unterscheidet*. Bei anderen dieser Magnesiaglimmer, von 
der Formel D “.. 220 000 
ı(R)’Si + 3RSi 
liegt die Granalbildung nicht erheblich ferner. Weniger einfach 
ist sie bei den kieselsäurereicheren Kaliglimmern herzuleiten; 
doch immer ist dies möglich durch Annahme von gleichzeitiger 
Entstehung der oben genannten Mineralien, zum Theil auch durch 
Zuziehung eines anderen Umstandes, der sogleich von uns be- 
trachtet werden soll. 

Bei mehreren Granuliten, namentlich bei den Granuliten 3 
bis 6, haben wir eines schwarzen Minerals von problemati- 
schem Charakter gedacht, dessen fein vertheilte Einmengung we- 
sentlich zur mehr oder weniger dunklen Färbung dieser Gesteine 
beiträgt. Mitunter scheint es weiter nichts zu sein als eine dunkle 
bis schwarze Granatmasse: oft aber lässt sich dies nicht erken- 
nen. Unzweifelhaft jedoch hängt seine Entstehung ebenso nahe 
und direet mit der Umbildung des Glimmers zusammen, wie die 
Bildung des Granates. In manchen Fällen dürfte daher das schwarze 
Mineral ein Zersetzungsrest des Glimmers sein, welcher — 
seines Eisenreichthums wegen — weder im Granat, Feldspath 
noch Cyanit, ein chemisches Unterkommen zu finden vermochte, 
und sich vielleicht als amphibolitische Masse ausschied. 


* Zeitschr. d. D. Geol. Ges. Bd, 14, S. 62. 
** Ebendas. S. 59. 


682 


Da das in den Glimmern enthaltene Wasser die Rolle 
einer Base spielt 3# = 1R) und somit einen berechtigten 
Factor in der chemischen Constitution und chemischen Formel 
der Glimmer und der Plutonite bildet, so ist erklärlich, 
warum die aus der Analyse gefundenen Sauerstoff-Verhältnisse 
und Silicirungsstufen fast sämmtlich einen Überschuss an Kiesel- 
säure (Mangel an Basen) zeigen. Wird das den Glimmern zu- 
kommende Wasser hinzugerechnet, so fällt dieser Basenmangel 
fort. 

Wenn wir uns für die hier angeregte Bildungsart der Gra- 
nulite entscheiden, sind wir genöthigt anzunehmen, dass jene — 
theilweise oder völlige — Austreibung des Wassers ungehin- 
dert durch Druck habe vor sich gehen können. In den älte- 
sten (plutonischen) geologischen Perioden war dieser hindernde 
Druck stets vorhanden. Ihm eben haben wir die, durch wasser- 
haltige Mineralien, namentlich Glimmer, ausgezeichneten krystal- 
linischen Silicatgesteine zuzuschreiben. In den neuesten (vulca- 
nischen) geologischen Perioden ist dieser, Druck — wenigstens 
in der Nähe der Erdoberfläche — nicht mehr vorhanden gewesen. 
Daraus können wir schliessen: die Zeit der Umwandlung der 
Gneuse in specifische Granulite falle in eine neuere geologische 
Periode. Ob wir ein bestimmtes pluto-vulcanisches oder rein 
vulcanisches Gestein als umwandelndes Agens ausfindig machen 
werden, wird sich erst zeigen, nachdem wir in dem Gebiete un- 
serer Granulitformation weitere Umschau gehalten haben. 


In dem Sächsischen Granulitgebiet — wie es nach Nau- 
MAnn’s instructiver Darstellung, rings von einem abwärts fallen- 
den wallförmigen Schiefermantel umgeben ist — trelen, ausser 
den so eben von uns betrachteten specifischen Granuliten, 
hauptsächlich noch folgende andere Gesteinsarten auf. A) Gneus- 
Granulite (und Granulit-Gneuse), d.h. die mehr oder weniger 
feinkörnigen und glimmerführenden, meist aber noch granat- 
haltigen Gesteine, welche Übergangsstufen zwischen Granulit und 
Gneus bilden. B) Gneuse (und Gneus-Granite). C) Granite 
(nebst Granulit-Granit, Granit-Granulit und dem körnigen Normal- 


683 


Granulit Förster s). D) Trappgesteine, sogenannte Trapp- 
granulite (nebst Gabbro). h 

A. Gneus-Granulite (und Granulit-Gneuse). Von diesen 
wurden analysirt: 

8) Graulich weisser, schiefriger Gneus-Granulit 
von Steina bei Hartha. Von dem schiefrigen Normal-Granulit 7 
wesentlich nur durch den deutlicher wahrnehmbaren Glimmer ver- 
schieden. An anderen Orten noch glimmerreicher auftretend und 
dadurch den Übergang in Gneus vermittelnd. Wohl ebenso 
verbreitet wie der Granulit 7. 

9) Dunkelgrauer Granulit-Gneus von Neudörfchen 
(Steinbruch am rechten Zschopauufer). Glimmer und Granat 
treten noch deutlicher auf als im vorhergehenden. Doch scheint 
auch schwarzes Mineral beigemengt zu sein. Gehört wie der 
Granulit 6 zu der vom Mitweidaer Granit umschlossenen Granu- 
lit-Insel. 

Oberer Plutonit. 


8. 

Kneschanre, 72... . 7260 
Bhonerde. . ...:. 72.2. E84 
Eisenoxyd (oxydulhaltig) . 2,66 
Kalkerde 54293, 90501 0573 
Magnesia ... 22.202.003 
Kal. ara CoHa 2478582 
Natronuren ine en 223 
NVasser. man, KERN TS 1075 

100,02. 

Mittlerer Plutonit. 3 

Kaeselsäure . . . .'. . 7503 
Bhonerde, ; ., . . upsupikss 
Eisenoxydul (oxydhaltig) . 6,50 
Balkerde.. .::. ».. 2: Sehean237 
Masmesia ..ı. = 2 1.8 rk 
Ball, 2 ..,.;,:3 „oa 
also... 02 en 
RVASSER 2.022080 en 

99,98. 


Die aus den — von Dr. Ruse und Dr. Prörss ausgeführten 
— Analysen abgeleiteten Sauerstoff-Verhältnisse (R) : Si und 
Silicirungsstufen sind: 


684 


Sauerstoff-Verhältniss: Silieirungsstufe: 


= 

S F | I | 

5 |gefunden normal , Differenz |gefunden | normal Differenz 
81 1.2.4535. |1.:450..|, 010 1,45 1,50 .|. —-.0,05 
9. |1:398 | 1:53,75 | + 0,88 1.33 1.25 + 0,08 


Diese Gneus-Granulite, gleich den specifischen Granuliten, 
schliessen sich also ebenfalls dem oberen Plutonit (rothen Gneus) 
und dem mittleren Plutonit (mittleren Gneus) an. Dass es jedoch 
auch unter ihnen nicht ganz an Repräsentanten des unteren Plu- 
tonit (grauen Gneuses) fehlt, dafür spricht z. B. das Vorkommen 
eines gneusähnlichen (von einem Granitgange durchsetzten (Gneus- 
Granulites von Waldheim, dessen Kieselsäuregehalt 66,3 Procent 
beträgt. 

B. Gneuse. Von diesen, im Granulitgebiet nur sparsam 
-—- und selten mit ganz normalem Charakter — auftretenden Ge- 
steinen wurden analysirt: 

10) Gneus-Granit (sogenannter Steinaer Granit) von Steina 
bei Hartha, wo er in mächtigen Massen zwischen Glimmerschie- 
fer auftritt. Enthält rothen Feldspath und schwarzen Glimmer, 
und trägt mehr den petrographischen Charakter eines Gneuses 
als den eines Granites an sich. 

11) Röthlich grauer Gneus vom Zusammenfluss der 
beiden Striegisbäche. Etwas granathaltig. 


Mittlerer Plutonit. 


10. 
Kieselsäure. ., :.. .7.52.02770488 
Thonerde ZU HH El 
Eisenoxydul . . .. . : 29308 
Kalkerde »:.. 2.22.20 
Masmesia.. ... 2-2... 28 
Kali ur A, 
Natron „en lae sr nr 
WVASSer Ei re 


685 


Unterer Plutonit. 


11. 

Kieselsäure .. ;. +... 2965,63 
Matansäure ..... .... 0020,32 
Phonerde "HR ON MAREDT 
Bisenoxyd +... 7.2722 
Bisenoxydul . ...... ,.ea2201 
Kalkerde:...’.. .. 204816 
Maonesiars... u.a... 206, 
al rn... kenn) ERNOAS 

Natron. en een an Non 
Masser.. urn. a2. 01082 
99,91. 


Da bei der Analyse 10 (von Dr. Prörss) das Alkali nicht 
näher bestimmt wurde, lässt sich nur aus dem Kieselsäuregehalt 
— 70,88 Proc. auf einen mittleren Plutonit schliessen. Das Sauer- 
stoff-Verhältniss und die Silicirungssiufen des Gneuses 11 sind: 


Sauerstofi-Verhältniss: Silieirungsstufe: 


Differenz gehinden nor | Tikferehz 


| 
| 
| 
| 


in | normal 


— en 


| 
| 
| 

1). | 1:2,90 | 1: 3,00 | — 0,10 1,00 0:03 


Hier haben wir also einen fast normalen grauen Gneus im 
Granulitgebiet, allein in Betreff seiner geringen Verbreitung nur 
von untergeordnetem Interesse. 

C. Granite. Da diese Gesteine eine wichtige Rolle im 
Granulitgebiete spielen, so wurden mehrere derselben analysirt. 

12) Rother Granit von Mühlau bei Burgstädt. Nach sei- 
nem äusseren Charakter irrthümlich für eine blosse Varietät des 
Mitweidaer Granit (13) gehalten. 

13) Rother Granit (Mitweidaer Granit) aus einem Stein- 
bruch zwischen Waldheim und Schönberg. Auch unter der Be- 
nennung „Granulitgranit“ bekannt. In zahlreichen Gängen 
das ganze Granulitgebiet durchziehend und durch- 
schwärmend. 

14) Graurother Granit (Berbersdorfer Granit), zwischen 
Berbersdorf, Böhrigen und Arnsdorf in grosser Verbreitung 
auftretend, und in den, das Granulitgebiet umgeben- 
den Schiefermantel eindringend. 


686 


Oberer Plutonit. 


14. 


70,43 
15,45 


12. 
Kieselsäure . 74,07 
Thonerde . i 12,79 
Eisenoxydul (srl 1,63 
Kalkerde . i 0,64 
Magnesia . 0,27 
Kali 6,45 
Natron 3,03 
Wasser 0,70 
99,58. 
Mittlerer Plutonit, 
a. up 
Kieselsäure . 70,97— 70,65 
Thonerde 14,25 —14,26 
Eisenoxydul 3,00— 3,10 
Kalkerde 1,27— 1,23 
Magnesia 0,50— 0,64 
Kali 4,03— 4,38 
Natron 4,29— 3,88 
Wasser 0,80— 1,17 


99,41—99,31 


99,45. 


2,66 
1,47 
0,68 
4,83 
3,30 
0,64 


Aus diesen Analysen (12 von Dr. Prörss, 13,a und 14 von 
Dr. Ruse und 13,b von Herrn Löscher) ergeben sich die Sauer- 
stoff-Verhältnisse und Silieirungsstufen: 


dd pe ed fund 


2.35 


Sauerstoff-Verhältniss: 


Silicirungsstufe: 
gefunden | normal Differenz gefunden normal | Differenz 
me | | 
:441 |1:450 | —- 0,09 1,47 1450.,|. 20.03 
een = 0105 199° 1° 1755 | = 003 
: 8,77 2.80.08 le ae rin! 
55 5 — 0.20 18 ch 4 ken 70T 
| | 


Es bestätigt sich dadurch die Erfahrung, dass vorzugsweise 
obere und mittlere Plutonite als Granit erscheinen, während 
der untere Plutonit selten aus seiner Gneusform herauszutreten 


pflegt. 


D. Trappgranulite. 
bereits oben bemerkt, 


Diese Gesteinsklasse, welche, wie 
mit schiefrigem Normal-Granulit (7) und 


Gneus-Granulit (8) weitaus den grössten Theil des Granulitgebie- 


687 


tes bildet, umfasst Gesteinstypen, die, bei aller äusseren Ähnlich- 
keit, einen verschiedenen chemischen Charakter besitzen. Nach 
den bis jetzt hierüber vorhandenen Analysen scheint sich jedoch 
besonders ein chemischer Typus geltend zu machen, von wel- 
chem uns die folgenden Gesteine Zeugniss ablegen. 

15) Dichter Gabbro von Böhrigen bei Rosswein. 

16) Gabbro von. Mahlitzsch, an der dortigen Eisenbahn 
anstehend. 

17) Hypersthenit von der Höllmühle bei Penig. Grob- 
körnig, mit scharf gesonderten Gemengtheilen. 

18) Trappgranulit von Hartmannsdorf. 

19) Trappgranulit von der Klaumühle bei Limbach. Mit 
dem specifischen Granulit 3 in scharf gesonderten Platten wech- 
sellagernd. 


15. 16. 17. 18. 19. 
Kieselsäure . . . ......50,54 49,45 48,85 49,73 49,95 
erde ....1.5 12,90. 010098 1945. .12,81..; 13,95 
Eisenoxyd (-oxydul) . . . 16,73* 13,26 9,06 18,61 17,74 
Bee. 95 ar‘ 1143, 1037 
ee Rn Silent 7,91 
EEE N N NOBR = _ = — 
Natron ee. 2,59 1 2 Mes — 
Wasser... 45. i Us _ 1,02 — _ _ 


10082 99,59 100,00 99,69 99,99 


Diese chemischen Zusammensetzungen stehen einander im 
Wesentlichen so nahe (alle geben Sauerstoff-Verhältnisse R:Si 
— 1 :1,49--1,36) und zeigen so grosse Ähnlichkeit mit der che- 
mischen Constitution von Gabbro- und Hypersthenit-Gesteinen an- 
derer Fundorte, sogar bis auf die charakteristische Alkali-Armuth, 
dass hier wohl kaum ein Zweifel über gleiche Beschaffenheit und 
gleichen Ursprung der Trappgesteine 15—19 obwalten kann. 

Allein unter dem dunklen Mantel der Trappgranulite sind 
auch noch andere, meist höher silicirte Gesteine verborgen, zu 
deren genauerer Erkenntniss es bis jetzt noch sehr an analyti- 
schen Untersuchungen gebricht. Nur als einstweilige Belege für 
diese Thatsache mögen folgende Analysen hier einen Platz finden. 


* inclusive 2,238 Manganoxydul. 
** aus dem Verlust bestimmt. 


N 
| 


688 


20. 21. 22. 

2. b. 
Kieselsäure . . . 54,06 60,47  68,15—-68,30 
Thonerde . . . 16,52 14,58 17,00--16,97 
Eisenoxyd (-oxydul) 10,59* 10,67 10,29—10,12 ** 
Kalkerde. . . . 11,35 6,75:  166— 1,63 
Magnesia . . . . 427 3,80  1,33— 1,21 
Kali: a6 un 058 229 _ 1,20— 1,38 
Natron ® re. 27.7 285 1.31 0,50— 1,46 


100,32 99,77 100,13 101,07. . 


(20) Trappgranulit von einem Felsen am linken Zschopau- 
ufer oberhalb Ringethal, nach Analysen von Dr. DreekseL und 
Herrn Reıc#er: (21) Trappgranulit aus einem Steinbruch zwischen 
Tanneberg und Öbercrossen, analysiri von Dr. Rusr; (22) Trapp- 
granulit von Nieder-Rossau (Steinbruch oberhalb der Kirche), 
analysirt von den Herren Aruın JuneE und Ost. 

Durch äussere Charaktere lassen sich diese Trappgranulite 
von den vorigen nicht unterscheiden. Sie bestehen alle aus einem 
feinkörnigen Gemenge von vorherrschenden schwarzen und unter- 
geordneten lichteren bis weissen Partikeln. Während der schwarze 
Gemengtheil bei den Gabbro- und Hypersthenit-Gesteinen ein 
Ausgit ist, dürfte derselbe bei den höher silieirten Trappgranuli- 
ten als ein Amphibolit in Anspruch zu nehmen sein. 

Es führt uns sicher zu keinen thatsächlichen Bestätigungen. 
wenn wir bei allen krystallinischen Silicatgesteinen gewisse ein- 
fache Typen der chemischen Zusammensetzung postuliren. Be- 
sonders bei den Eruptivgebilden. und namentlich bei den neueren 
und neuesten derselben, muss diese Gesetzmässigkeit zahlreiche 
Ausnahmen erleiden. Im vorliegenden Falle liegt der Gedanke 
nahe, dass die zuletzt betrachteten Trappgranulite vielleicht Ge- 
mische seien von Gabbro-Hyperstheniten mit anderen Gebirgs- 
arten, oder zum Theil auch umgeschmolzene Schiefergesteine. 
Durch die schöne Arbeit von J. FikEnschEr *** lkiennen wir die 
chemische Zusammensetzung mehrerer Gesteinsmassen, welche 


* inclusive 1,26 Manganoxydul. 
** inclusive 0,47 Manganoxydul und Titansäure. x 
’»>°* Untersuchungen der metamorphischen Gesteine der Lunzenauer 
Schieferhalbinsel. Preisschriften der Fürstl. Jablonowskischen Gesellschaft 
zu Leipzig, 1867. 


689 


in dem, das Granuliigebiet umgebenden Schiefermantel eine her- 
vorragende Rolle spielen. Dass dieser Schiefermantel früher un- 
ser ganzes Granulit-Territorium bedeckte, steht ebenso fest, wie 
es wahrscheinlich ist, dass auch er der Umschmelzung so wenig 
entging als die unter ihm ruhenden Gneuse. 

Wir wählen von den Fikenscher’ schen Analysen die folgen- 
den aus: 


Kieselsäure . . . . 64,87 67,70 64,30 
Eonerde sanieuss, mar 188 ,01.1707 als 
Bisenoxydul.... .....;,..6,13 5 6,06 
Manganoxydul . . . 0,49 0,30: ,, 0,33 
Nalansäaure, . . .... 168 1,22 1,56 
Kalkerde .. 20. 0.00 0,47 0,29 
Magnesia WW.) 20222 2,10 - 2,02 
Kal u 2,89 2,90 
Narren: nme, 06B 0,40 0,34 
Massen 2. 2... 4020... 2:60 4,88 


01,54 99,86 100,79. 


Die erste dieser Analysen betrifft den Urthonschiefer 
von Penna, die zweite den Thonschiefer aus dem Selgegrund 
bei Wechselburg, und die dritte den bekannten Garbenschiefer 
von ebendaher. Der Glimmerschiefer dieser Gegend hat fast 
genau dieselbe Zusammensetzung. Denken wir uns aus diesen 
Gesteinen das Wasser entfernt, und berechnen wir das Eisen- 
oxydul (um es mit unseren obigen Analysen zu vergleichen) als 
Eisenoxyd, indem wir zugleich die kleinen Mengen von Mangan- 
oxydul und Titansäure hinzurechnen, so ergibt sich eine mittlere 
Zusammensetzung in runden Zahlen: 


geschmolzener Trapp- 


Schiefer: granulit: 
Kieselsäure 1... .0...2...8,:68 68 
Ahonerde ıı. 0... ..0 018 17 
Eisenoxyd (Mn, fi). 8 10 
Kalkerde u. Magnesia . 3 3 
Kali u. Natron 3 2 
100 100. 


Die danebengesetzte Zusammensetzung des Trappgranulites 
22 stimmt dann so nahe mit der des geschmolzenen Schiefers 
überein, dass unsere obige Annahme berechtigt erscheint. Sind 


aber Schiefermassen durch Gabbro-Hypersthenit-Eruptionen ge- 
Jahrbuch 1873. 44 


690 


schmolzen worden, so können möglicherweise auch Mengungen 
von beiden geschmolzenen Gebilden stattgefunden haben. Ob die 
Trappgranulite 20 und 21 diesem Umstande ihre Entstehung ver- 
danken oder von anderen Eruptivgesteinen herzuleiten seien, kann 
nur durch forigesetzte Untersuchungen ermittelt werden. 


Nach den vorstehenden Ergebnissen erscheint es kaum 
nöthig, die Genesis der Granulite vom chemischen Gesichtspunkte 
aus noch eingehender zu beleuchten. Die Granulite geben sich 
uns als umgeschmolzene — und dadurch mehr oder weniger 
ihres chemisch gebundenen Wassers beraubte — Gneuse zu er- 
kennen. Doch wurden von diesem Umschmelzungs-Process, so- 
weit wir aus unseren bisherigen Untersuchungen im Sächsischen 
Granulitgebiet schliessen können, vorzugsweise die hier besonders 
verbreiteten rotihen und mittleren Gneuse (oberer und mittlerer 
Plutonit) betroffen. Als umschmelzendes Eruptivgestein — oder 
als Gestein, welches zugleich mit den Granuliten eruptiv wurde 
— können wir nicht den Granit betrachten, obwohl er das Gra- 
nulitgebiet in zahlreichen Gängen durchschneidet und durch- 
schwärmt. Wir müssen die Zeit der Umschmelzung in einer weit 
neueren geologischen Periode suchen, wie solche durch das Auf- 
treten der Trappgranulite, d. h. namentlich der Gabbro- und Hy- 
persthenit-Gesteine im Granulit-Territorium, bezeichnet wird. Ob 
noch andere neuere Eruptivmassen hierbei mitwirkend waren oder 
nicht, jedenfalls findet Naumann’s, vom rein geognostischen Stand- 
punkte aus gewonnene Ansicht der Granulit-Genesis in der che- 
mischen Constitution dieser Gesteine ihre vollste Bestätigung. 


Versteinerungen aus dem Brandschiefer der unteren Dyas 
von Weissig bei Pillnitz in Sachsen. 


Von 


Eugen Geinitz 
in Dresden. 


(Hierzu Tafel III.) 


Das Vorkommen von Brandschiefer in der Nähe des Dorfes 
Weissig bei Schönfeld, an der Strasse von Dresden nach Bautzen, 
hatte schon in früheren Jahren mehrmals Veranlassung zu Ver- 
suchen nach Kohlen gegeben, welche jedoch alle bald wieder 
aufgegeben wurden. Nach längerer Pause wurde nun im vorigen 
Jahre ein neuer Versuch unternommen und am Fusse des Hut- 
berges, auf der östlichen Seite des Dorfes, einige Hundert Schritt 
hinter der Kirche, ein neuer Schacht gegraben, in welchem man 
bis auf 27 Ellen Tiefe die Schichten des Brandschiefers durch- 
schnitt. Leider wurde der Schacht sehr bald verzimmert, so dass 
man später die Schichtung nicht mehr beobachten konnte. Nach 
Angabe des dabei betheiligten Herrn Stanpruss in Weissig fielen 
die Schichten zuerst ziemlich steil, wurden aber in grösserer 
Tiefe fast horizontal liegend angetroffen. Auch über die Längen- 
und Breitenausdehnung der Schichten lässt sich bis jetzt keine 
genaue Auskunft geben. 

Nach Durchschneidung einer versteinerungsarmen Conglo- 
meratschicht bei 19 Ellen Tiefe kam man bald wieder auf den 
ursprünglichen, festen und oft an Glimmerblättchen reichen Schie- 


fer. Im März 1873 gab man endlich das fruchtlose Unternehmen 
44 * 


692 


vorläufig wieder auf, nachdem man bei 27 Ellen Tiefe die untere 
Grenze des Brandschiefers noch nicht erreicht hatte. 

Mit diesem kaufmännisch unvortheilhaften Versuche wurde 
doch der Wissenschaft ein grosser Dienst geleistet, indem hier- 
bei eine Menge dyadischer Versteinerungen zu Tage gefördert 
wurden, welche von um so grösserer Bedeutung sind, als bis 
jetzt nur noch wenige und unscheinbare Überreste von früheren 
dortigen Versuchen her in den Sammlungen zerstreut waren. 
Die meisten hiervon wurden für das K. Mineralogische Museum 
in Dresden gewonnen, so dass hier ein guter Überblick über das 
Gesammtvorkommen ermöglicht ist. Durch die Güte meines Va- 


ters wurde mir die Bestimmung dieser Überreste überlassen, 


deren Resultate im Folgenden zusammengestellt werden, sollen. 
In mehreren fraglichen Punkten wurde hierbei die Unerfahrenheit 
des Anfängers freundlichst durch die Erfahrungen des Meisters 
belehrt, was ich dankbar zu erwähnen nicht unterlassen kann. 
Die reiche Literatur über den Gegenstand lässt eine weitere Be- 
schreibung der Arten überflüssig erscheinen; bei den Citaten sind 
ausser „GEInITz, Dyas“ meist nur noch die Werke von GörrERT, 
Weiss und Schimper angeführt. 


A. Thiere. 
Cl. Fische. 


1. Acanthodes gracılis BEYRICH Sp. 


1857. Acanthodes gracilis F. RÖMER in Zeitschr. d. D. geol. Ges. Bd. 9, 

p. 51, tab. 3. 

1861. Desgl. Gemirz, Dyas. I, p. 21. 

Das Vorkommen der winzigen Schuppen und der charak- 
teristischen Flossenstachel (45mm Länge) bestätigt das Dasein 
auch dieses Leitfossils für die untere Dyas im Weissiger Brand- 
schiefer. 


2. Ichthyocopros, von länglich-ovaler Form; nicht näher be- 
stimmbar. 
Cl. Insecten. 
1. Blattina Weissigensis Eus. Grin. — Taf. II, fig. 1. 


Ein Flügel mit Abdruck, gefunden von Herrn Polytechniker 
R. Leumann. Die gute Erhaltung des Flügels ermöglicht eine 


693 


genaue Vergleichung mit den schon beschriebenen Blattiden- 
flügeln, wobei schliesslich die Aufstellung einer neuen Art er- 
forderlich wurde. 

Das gewölbte Rückenfeld besitzt 8--9, der Begrenzungs- 
ader parallel laufende Adern, von denen die zweite gabelt, wäh- 
rend alle anderen einfach sind. Es wird nach Innen durch eine 
starke Falte begrenzt. Das bis in die Hälfte der Flügellänge 
reichende Randfeld, welches nur !/, der gesammten Breite’ein- 
nimmt, besitzt 6—8, an unserem Exemplare undeutliche Adern, 
von denen die meisten gabeln. Das Innenfeld wird durch 
eine Ader gebildet, von der sich zunächst 3 Adern abzweigen, 
deren ersie wieder zweimal gabelt. Hierauf gabelt die Haupt- 
ader selbst in 2 Äste, von denen der äussere sich wieder theilt, 
der innere aber durch seine plötzliche Biegung nach 
innen und weitere dreifache Theilung den Raum für das Mittel- 
feld etwas beeinträchtigt und zur Seite drängt. Das Mittelfeld 
besteht aus 2 Hauptadern, die am Grunde vereinigt und durch 
eine scharfe Falte hervorgehoben sind; die innere gabelt sich 
nach folgendem Gesetze: Ihr erster, nach aussen gerichteter Zweig 
gabelt sich nach der Spitze zu in 3 Theile, der zweite gabelt 
einfach, der dritte gar nicht. Die äussere Hauptader des Mittel- 
feldes entsendet an den äusseren Rand 7 Adern, von denen nur 
die erste gabelt. 

Der ganze Flügel ist 19mm lang und bmm breit, ist über- 
all von fast gleicher Breite, oben abgerundet und zeigt nament- 
lich die Adern des Mittelfeldes sehr scharf ausgeprägt. Der äus- 
sere Rand besitzt eine schwache Wölbung, welcher eine ebenso 
schwache Einbuchtung des Innenrandes entspricht. Unter der 
Loupe sieht man eine gekörnte Oberfläche. 

Diese Art hat einige Ähnlichkeit mit Blattina anaglyptica 
GERrnAR (Verstein. d. Steinkohlengeb. von Wettin und Löbejün, 
p. 84, tab. 31, fig. 4), von welcher sie sich aber durch die ge- 
ringe Grösse, durch das kürzere und schmälere Randfeld, sowie 
durch die verschiedene Gabelung des Mittelfeldes unterscheidet. 
Ferner zeigt Bl. Weissigensis einige Ähnlichkeit mit der von 
Herrn Dr. GoıdEngere im Neuen Jahrbuch 1869, p. 158, tab. III, 
f. 1 beschriebenen Blattina leptophlebica, unterscheidet sich aber 
hiervon durch die geringe Zahl der Adern im Rückenfeld (8—9, 


694 


während Bl. leptophlebica deren 12 hat) und dadurch, dass hier 
die zweite Ader gabelt, während dort die achte und neunte sich 
theilen; ferner sind hier die Seitenadern des Vorderrandes im 
Mittelfelde (bis auf die erste) einfach, während dort fast alle 
gabeln. Gemein haben beide Arten, dass das Randfeld kaum die 
Hälfte der Flügellänge erreicht. Eine dritte Art, welche von 
GoLDENBERG zwischen die beiden genannten gestellt wird, die 
Blattina affinis GoLoe., weicht noch mehr von Bl. Weissigensis ab- 


2. Blaitina cf. anthracophila Geru. — Taf, II, fig. 2. 
1848. GeRMmAR in: Münster, Beiträge z. Petr. Heft V, p. 92, tab. 13, £. 3. 


Zwei Exemplare (von denen eines im Besitz des Herrn R. 
Leumann), welche zwar kleiner sind als das von Prof. GrRrMmAR 
beschriebene, aber deren Nervalur doch, soweit sich nach dem 
unvollständigen Original Germars und nach dem Erhaltungs- 
zustande unserer Exemplare urtheilen lässt, mit dieser Art über- 
einstimmt. Namentlich die 5 ersten einfachen Seitenadern 
des Innenfeldes und die plötzliche Umbiegung der Hauptader des- 
selben Feldes, sowie die ungetheilten Nerven des Rückenfeldes 
stimmen in beiden Arten überein. An unseren Exemplaren las- 
sen sich auch feine Queradern erkennen. 

Mit Blattina flabellata Gern. (a. a. ©. tab. 13, fig. 4 und 
GERMAR, Verst. von Wettin und Löbejün, tab. 31, f. 5) stimmen 
unsere Stücke wegen des Randfeldes nicht überein, welches dort 
erst fast am Ende des Vorderrandes ausläuft, während es hier 
nur die Hälfte der Flügellänge einnimmt und viel schmäler ist. 


3. Ein Flügelrest, Taf. II, fig. 3. 


Von der Länge von 17mm und der Breite von bmm, Das 
Ende eines Flügels, an welchem 5 parallele Adern, die ein- oder 
mehrmals gabeln, zu sehen sind. Sie verlaufen gegen die Spitze, 
ohne sich umzubiegen, was eine Ähnlichkeit mit dem häutigen 
Theile des Oberflügels einer Wanze (wie von Pachylis) zeigt. 
Auch mit Fulgorina Klieveri GoLdengere (N. Jahrb. f. Min. 1869, 
p. 166, tab. 3, f. 13) lässt sich ein Vergleich ziehen. Die glan- 
zende Oberfläche ist aus polyedrischen Zellen zusammengesetzt. 


695 


B. Pflanzen. 


I. Classe. Acotyledones. 


1. Fam. Fungt, Pilze. 


Gyromyces Ammonis Göpr. 
1862. Geinırz, Dyas. I, p. 133, tab. 35, f. 22a, 
Kleine Exemplare in der Blatifläche des Cordastes Ottonis 
und anderer Arten eingewachsen. 


2. Fam. KEquisetaceae, Schafthalme. 


1. Calamites infractus v. GUTBIER. 
1862. Gemutz, Dyas. II, p. 134, tab. 25, f. 2. 

Ein siebengliedriges Stammstück. Zwei Wirtel des Frucht- 
standes, analog der Fruchtähre des Cal. approximatus oder Volk- 
mannia arborescens STERNBERG, Vers. einer Flora der Vorw. 1, 
p. 52, tab. 14, f. 1. Diese haben auch grosse Ähnlichkeit mit 
den von R. Lupwıs, Palaeontogr. X, tab. II, f. 1—4 abgebildeten 
Calamitenfrüchten aus dem Spatheisenstein von Hattingen an der 
Ruhr. Vgl. auch O. Feıstmanter, über Fruchtstände foss. Pflan- 
zen, Prag 1872, tab. 6, f. 1. 


2. Calamites cf. cannaeformis ScuL. 
1855. Gemırz, Verstein. d. Steinkohlenf. in Sachsen, p. 5, tab. 14. 
Bruchstück eines Stammes, ohne Gliederung. 


3. Fam. Asterophyllitae, Sternhalme. 


1. Asterophyllites spicatus v. GUTB. 
1862. Geinırz, Dyas. II, p. 136, tab. 25, f. 5, 6. 
‚Sehr schöne, beblätterte Zweige, nicht häufig. 


2. Annularia carinata v. GuTs. 
1858. Gemıtz, die Leitpflanzen des Rothliegenden, p. 9. 
1862. Gem. Dyas. II, p. 136. 

In allen Abänderungen, lang- und kurzblättrig, mit starkem 
und schwachem Nerv, vorliegend; auch eine Fruchtähre, welche 
der von Annularia longifolia Bronen. analog gebildet ist. Die 
ganze Entwicklung der A. carinata erscheint spärlicher, sowohl 
durch eine geringere Anzahl, als auch durch die schmälere Form 
ihrer Blätter. Der hauptsächliche Unterschied zwischen A. cari- 


nme 
ar 


696 


nata und A. longifolia, welcher auf der Stärke des Hauptnerven 
beruht, lässt sich hier nicht durchführen, da die verschiedensten 
Übergänge stattfinden; die spärliche Beschaffenheit der Blätter 
aber und eben das Vorkommen im Rothliegenden sprechen dafür, 
dass sämmtliche Formen der A. carinata zugewiesen werden 
müssen. 


4. Fam. Filices, Farne. 


Bei dem Weissiger Vorkommen ist die Ihatsache von In- 
teresse, dass fast alle Farne, und auch fast alle übrigen Pflanzen, 
im fructificirenden Zustande vorgefunden werden. 


1. Schizopteris fasciculata v. GUTB. Sp. 


1843. Schizopteris Iycopodioides v. GUTBIER, Gaea von Sachsen, p. 73. 

1849. Sphenopteris fascieulata v. GUTBIER, Verst. des Rothlieg., pag. 10, 
tab 6,1. 89 

1849. Sphenopteris Zwickaviensis v. Gurs. ebendas. tab. 3, f. 1, 2. 

1858. Hymenophyllites faserculatus Geinıtz, Leitpflanzen d. Rothl., p. 10. 

1862. Desgl. Gein., Dyas. II, p. 137. 

1869. Schizopteris fasciculata Geın., im N. Jahrb. f. Min., p. 458. 
Mehrere Wedel in der Form der Abbildungen bei v. Gur- 


BIER, Verst. d. Rothl., tab. 6, f. 8, 9 und tab. 3, f. 1, 2. 


2. Sphenopteris Suessi GEIN. 
1869. N. Jahrb. f. Min., p. 459, tab. 5, f. 3—7. 


Fragment eines Fiederchens, sehr ähnlich dem von Val Trom- 
pia in Fig. 6 abgebildeten, nur wenig schmäler und dadurch der 
Sphenopter:s dissecta Broneniart (Veg. foss. I, p. 183, pl. 49, 
f. 2, 3) sich nähernd. 


3. Sphenopteris erosa Morris. 


1845. MurcHıson, VERNEUL U. KEvserLinGe, @£eol. de la Russie d’ Europe. 
Vol. ID: P1@, 223 a,b. 

1849. Sphenopteris erosa v. Guts., Verst. d. Rothl., p. 11, tab. 8, f. 8. 

1849. Sphenopteris dichotoma v. Gurs., ebendas. p. 11, tab. 8, 7. 


Das Ende eines Fieders. 


4. Sphenopteris Naumanni v. Gurs. — Taf. II, fig. 4. 


1858. Geın., Leitpfl. d. Rothl., p. 9. 


1869. Sphenopteris (Cheilanthides) Naumanni GuTB., SCHIMPER, Pal. veg. 
I, p.: 380. 


In mehreren Exemplaren vorliegend. 


697 


9. Hymenophyllites furcatus Bet. sp. 
1828. Sphenopteris furcata, BRoNGNIART, Veg. foss. I, p. 179, pl. 49, f. 4, 5. 
Fragmente eines fructificirenden Wedels mit deutlich ge- 
flügelter Rhachis, wodurch diese Art von Sphenopteris Suessi 
GEN. aus der unteren Dyas von Val Trompia unterschieden ist. 


6b. Hymenophyllites Gützoldi v. GuTsB. sp. 
1849. Sphenopteris Gützoldi v. GUTBIER, Verst. d. Rothl., pag. 9, tab. 3, 
f. 3—5. 
1858. Hymenophyllites Gützoldı Geinitz, Leitpfl., p. 10. 


Ein fructificirendes Fiederende. 


1.2 Hymenophyllites semialatus Geın. 
1858. Geın., Leitpfl., p. 10, tab. 1, f. 4. 


Diese Art wird von Prof. Weiss (Fossile Flora der jüng- 
sten Steinkohlenformation und des Rothliegenden im Saar-Rhein- 
Gebiete 1869-72, p. 75, tab. 6, f. 1— 11) als gelappte Varietät 
von Callipteris conferta betrachtet. Sehr häufig. 


8. Odontopteris cristata v. GutB. 
1849. v. GuTBIER, Verst. d. Rothl., p. 14, tab. 5, f. 10. 
1858. Geiz, Leitpfl., p. 11. 
Vielleicht auf verkümmerte Formen der Sphenopteris Nau- 
manni zurückzuführen. Nicht häufig. 


9. Odontopteris obtusiloba Naumann. 
1862. Gem., Dyas. II, p. 137, tab. 28 und 29. 
1869. Od. obtusiloba ScHimPER, Paleont. vegetale I, p. 458. 
1869—1872. Od. obtusa Weiss, foss. Flora im Saar-Rhein-Gebiete, p. 36, 
tab. 2, 3b (nicht BRoNeNIART). 

Die parallele Stellung der Nerven in den Fiederchen von 
Od. obtusa Av. Bronentart, Hist. des Veg. foss. I, p 255, pl. 78, 
f. 3, 4, weicht von der mehr radialen in Od. obtusiloba wesent- 
lich ab, wesshalb schon Naumann und v. Gursier diese dyadische 
Art von jener carbonischen trennten. 

In allen verschiedenen Zuständen vorkommend. An frueti- 
fieirenden Fiederchen zeigt sich ein ähnlicher schmaler Saum aın 
Rande, wie bei Callipteris conferta,, zwischen den Nerven aber 
treten Reihen von sehr kleinen Fructificationen auf. 


698 


10. Callipteris conferta STERNBG. SP. 
1825. Neuropteris conferta Stsc., Flora d. Vorwelt. IV, p. 17. 
1833. Ders. ebendas. V und VI, p. 75. 
1862. Oyatheites confertus Geinırz, Dyas. II, p. 141, tab. 27, £. 1, 8. 
1869. Callipteris conferta SCHIMPER, Pal. veg. I, p. 466. 
1869—72. Alethopteris conferta Weiss, Foss. Flora, p. 73, tab. 6 und 7. 

(Mit vollständiger Synonymik.) 

Von Neuropteris unterschieden durch die herablaufenden 
Fiederchen, von Alethopteris Gö. durch ihre andere Fructification, 
welche bei Alethopieris der unter Asterocarpus Gö. beschriebene 
Zustand ist, bei Callipteris aber nach Weıss randlich, wie bei 
Pteris 

Ob man die auf manchen Fiederchen von Call. conferta 
vorkommenden, unregelmässig zerstreuten Punkte für Pilze (Er- 
eipula Caliipteridis ScHinpER), oder für andere Organe ansehen 
soll, ist noch zweifelhaft (vergl. Weıss a. a. O. p. 78 und Geı- 
nırz im N. Jahrb. f. Min. 1870, p. 375). 

Ziemlich häufig bei Weissig und in ausgezeichneten Exem- 
plaren, an die sich nach der Ansicht von Prof. Weıss auch Hy- 
menophyllites semialatus Gen. anschliessen lässt. Ganz ähnliche 
Abänderungen, wie diese, bewahrt das K. Min. Museum in Dres- 
den auch von Lodeve in Frankreich. 


11. Neuropteris sp. 

Nur 1 Fiederchen liegt von Weissig vor, das keine nähere 
Bestimmung zulässt. Vergl. aber Neur. postcarbonica GünßEL, 
1859, Beiträge zur Flora der Vorwelt (Denkschr. der Regens- 
burger botan. Ges. 1860, p. 102, fig. 3. 


12. Dietyoperis Brongniarti v. GUTE. 
1835. Diet. Brongniarti v. GurTsIer, Abdrücke und Verst. des Zwickauer 
Schwarzkohlengeb., p. 68, tab. 11, £. 7, 9, 10. 
1869. ebens. ScHimper, Pal. veg. I, p. 617. 


Ein nicht sehr deutliches Fiederchen von der länglichen, 
stumpfen Form, wie a. a. O. fig. 7 aus dem Brandschiefer von 
Weissig. Man hat diese Art bisher nur in der Steinkohlenfor- 
mation gefunden (vergl. Geınırz, d. Verst. d. Steink. in Sachsen, 
p. 23, tab 28, f. 4, 5). Fiederchen einer anderen Dictyopteris 
wurden auch in der unteren Dyas von Zbejsov in Mähren ent- 
deckt, 


u a — BEER 
nn TE  — EEE ET St EEE En er er. ran 


699 


13. Cyatheites arborescens SCHLOTH. Sp. 


1862. id. Geinitz, Dyas. II, p. 140. 
1869. Pecopteris (Oyatheites) arborescens (ScHL.) BRONGT., SCHIMPER, Pal. 
veg. I, p. 499. 
1869— 72. Oyathocarpus arborescens Weıss, Foss. Flora, p. 85. 
Meist fructificirende Fieder, z. Th. vielleicht auch von €. 
Candolleanus Bronen. herrührend. Doch ist eine deutliche Ga- 
belung der Seitennerven nicht zu erkennen. Ziemlich häufig. 


Id. Alethopteris gigas v. GUT». 
1858. id. Geinttz, Leitpfl., p. 12, tab. 1, f. 2, 3. 
1869. AI. gigas ScHimpER, Pal. veg. I, 557. 
Häufig, theils auch fructifieirend, mit verdicktem, glatten 
Rande der Fiederchen und den Fruchthäufehen des Asterocarpus. 


15. Alethopteris pinnatifida v. GuTB. Sp. 


1858. id. Geiz, Leitpfl., p. 13. 
1869— 72. Asterocarpus pinnatifidus Weıss, Foss. Flora, p. 93. 


Dazu gehören auch einige Fiederstücke, deren Fiederchen 
denen des Cyatheites oreopteroides Gö. und Cy. densifolius Gö. 
(Görrert, Perm. Form., p. 120, tab. 17) täuschend ähnlich wer- 
den und von dem unteren Theile des Wedels stammen. Sehr 
häufig und in ausgezeichneten Exemplaren. 

16. Alethopteris? sp. 

Mit linealischen Fiedern und linealischen, stumpfen Fieder- 
chen von 25mm Länge und dmm Breite, die mit der ganzen Basis 
aufsitzen und zarte, zweifach gabelnde Seitennerven besitzen, 
welche von dem starken Mittelnerv unter spitzem Winkel aus- 
gehen. Einige Ähnlichkeit mit Callipteris affinis Gö. (GörperT, 
Perm. Form., p. 105, tab. 13, fig. 1, 2) ist nicht zu verkennen. 


5. Fam. Lycopodiaceae, Bärlappe. 
4. Walchia piniformis ScHLOTH. SP. 
1858. Gemırz, Leitpfl., p. 17, tab. 2, f. 10—13 u. 1862, Dyas II, p. 143. 


In grosser Menge, wie überall in ähnlichen Schichten, auch 
bei Weissig, zusammen mit den charakteristischen Fruchtschup- 
pen (Geim., Dyas. Il, tab. 31, f. 5—10), welche Walchia zu den 
Lycopodiaceen verweisen, 


Kr ERTL gen en 


100 


2. Walchia filiceiformis SchL. sp. 
1858. Geın., Leitpfl., p. 17 und Dyas II, p. 144, tab. 31, £. 2. 

Liegt nur in wenigen verkümmerten Exemplaren vor. Das 
spärliche Auftreten dieser Art und die verschiedenen Übergänge 
zwischen beiden Arten, die man an einzelnen Exemplaren beob- 
achten kann, dürften vielleicht dazu berechtigen, die Walchia 
filieiformis nur für eine Varietät oder verkümmerte Form von 
Walchia piniformis zu halten. 


3.2? Cardiocarpus triangularis GEIN. 
1862. Cardiocarpon triangulare Gem. Dyas. II, p. 145, tab. 31, f. 12-15. 

Ausser den auf Walchia piniformis zurückzuführenden Frucht- 
schuppen, die in dem Brandschiefer von Weissig sehr häufig vor- 
kommen, liegen ihnen ähnliche Fruchtschuppen vor, welche die 
doppelte Grösse (15mm Länge) erreichen und an ihrer Basis tief 
ausgebuchtet oder herzförmig geflügelt sind. Sie nähern sich am 
meisten dem Cardiocarpus triangularıs. 

4, Sigillariostrobus bifidus Gein. 1873. — Taf. II, fig. 5, 6, 7. 

Lanzettförmige Fruchtblätter (oder Lepidophyllen), die an 
ihrer Basis eine ovale oder rhombische Kapsel (oder Basalschuppe) 
einschliessen, mit 2 Längsstreifen versehen sind und an ihrem 
oberen schmalen Ende in zwei divergirende spitze Zipfel aus- 
laufen. 

Es liegen aus dem Brandschiefer von Weissig drei Exem- 
plare vor, die in ihrer Form und Beschaffenheit etwas variiren. 

Fig. 5 mit rhombischer Kapsel oder Basalschuppe und ohne 
deutliche Längsstreifen; 

Fig. 6 mit einer ovalen Kapsel oder Basalschuppe, welche 
den Blattnarben der Sigillaria oculaia ScnLorn. und Sig. Uortei 
Ber. nicht unähnlich ist und 2 neben einander liegende längliche 
Punkte besitzt, welche dem Durehgangspunkte der beiden Nerven 
(oder Längsstreifen) der blattartigen Bractee entsprechen mögen; 

Fig. 7 zwei schmälere, neben einander liegende Exemplare 
mit länglich-ovaler Kapsel (oder Basalschuppe) und zwei scharf 
ausgeprägten Blattstreifen (oder Nerven). 

Es scheint, dass man dieses Lepidophyllum auf das Frucht- 
blatt einer Sigillaria zurückführen müsse, die selbst mit Sig. 
Danziana Geıin. in Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. 1861, Bd. XIII, 


701 


p. 693. Taf. 17, fig. 1, aus der unteren Dyas von Klein-Schmal- 
kalden in naher Beziehung stehen kann, und es wurde daher zu 
Sigillariostrobus Schinper gestellt. 


III. Classe. Dieotyledones. 
6. Fam. Üycadeae. 
1. Pterophyllum Cottaeanum v. Guss. Taf. III, fig. 8, 8a. 
1835. id. v. GutBıER, Verst. d. Zwickauer Schwarzk., p. 72. 
1849. id. Ders. Verst. des Rothl., p. 21, tab. 7, £. 7. 
1862. id. Geimıtz, Dyas. 11, p. 146, tab. 33, £. 1. 

Unterer Theil des Blattes, mit 8 Seitenblättchen. Die Sei- 
tennerven biegen sich sehr bald rechtwinklig um und theilen sich, 
so dass weiterhin auf 5mm Breite 10 Nerven kommen. Der Arten- 
unterschied, welcher auf der „schmalen Spindel“ beruht, muss 
natürlich wegfallen, da weiter nach oben hin die ‘Spindel eines 
jeden Wedels sich verschmälert, während sie doch im unteren 
Theile des Blattes eine beträchtliche Breite einnehmen kann. So 
besitzt unser Exemplar eine Breite von 7/mm, Das regelmässige 
Zusammenfliessen der Fieder an der Spindel ist nicht zu beob- 
achten, vielmehr erscheinen in diesem unteren Theil dieselben 
verschoben und zerrissen, so dass man zuweilen glauben könnte, 
das tief zerrissene Blatt einer T’aeniopteris vor sich zu haben. 


2. Pierophyllum blechnoides Sanos. Taf. II, fig. 9, 9a. 

1864. F. SANDBERGER, Flora der oberen Steinkohlenformat. im badischen 
Schwarzwalde, Verh. d. Natw. Ver. zu Karlsruhe, I, p. 5, tab. 2. 
Sowohl in der Stellung, als in der Form der einzelnen Lap- 

pen und in der Art der Nervation stimmt der Abdruck eines 

Pterophyllum von Weissig mit dem in der oberen Steinkohlen- 

formation im Schwarzwalde häufigen Pierophyllum blechnoides 

Sanpe. überein. Die einzelnen Lappen schwanken zwischen 35 

und 42mm Länge und 6 und 12mm Breite, während die breite, 

längsgestreifte Spindel in einer Länge von Jömm aus der Breite 
von dmm in 2mm Br. übergeht. 7—3 starke Blattnerven ent- 
springen unter spitzem Winkel aus der Spindel und biegen sich 
bald allmählich, bald plötzlich rechtwinklig um, meist gleich am 

Grunde sich in zwei oder mehrere Äste theilend, welche sich 

nach der Spitze zu gewöhnlich noch spalten, so dass zuletzt 25 

bis 28 parallele, feine und dicht gedrängte Nerven zu zählen sind. 


EIETLITETTT ETER 


702 


Die Nerven der schmäleren Fieder theilen sich weniger oft als 
die der breiteren, ebenso zeigen die Nerven am Rande eine 
grössere Einfachheit. | 


* 


7. Fam. Noeggerathieae. 


1. Noeggerathia palmaeformis Gö,. 
1862. Gein., Dyas. II, p. 152. 
Zahlreiche breite, vereinzelte Blätter, mit ihren zarten, 
scheinbar einfachen Nerven. Dabei auch 2 Exemplare der nach 
GEinıtz dazu gehörigen Frucht. 


Rhabdocarpus Bockschianus Gö. 


1855. GeEmmıTz, Verst. d. Steink. Sachsens, p. 42, tab. 22, f. 8, 9. 
1864—65. GörpeErT, Perm. Form., p. 157, tab. 22, f. 1, 2, tab. 21, f. 2b. 
1869. ScHImPER, Pal. veg. II, p. 217. 

Prof. Weiss zählt diese Blätter als Cordaites palmaeformis 
zu der folgenden Gattung (Foss. Flora im Saar-Rhein-Geb., p. 199). 


2. Cordaites principalis GERN. Sp. 
1855. GeEiırz, Verst. d. Steinkohlenform. in Sachsen, p. 41, tab. 21, f. 1 

— 16. 

Sehr deutliche Exemplare der grossen Blätter mit 8—9 fein 
linirten Streifen auf ömm Breite. Sehr gewöhnliche Form. Da- 
mit zusammen kommen bei Weissig auch die als 

Carpolithes (Cyclocarpus) Cordai GEin. 
beschriebenen Früchte dieser Art vor. — Vergl. GEmi1Z, Dyas. 
NP TM. 


3. Cordaites Ottonis GeEın. 
1862. Geinttz, Dyas. II, p. 148, tab. 35, f. 1, 2. 

Blätter mit etwa 10 Streifen auf Jmm Breite. Wird von 
Prof. Weiss vielleicht mit Recht als Varietät des Cordaites prin- 
cipalis betrachtet (Weiss, a. a. ©. p. 200). Allerdings gleichen 
mehrere der in der Wetterau mit Cordaites Ottonis zusammen 
vorkommenden und zu Cyclocarpon Ottonis gezogenen Früchte 
(Geıin., Dyas. II, p. 150, tab. 34, f. 6, 7) sehr denen des zu Cor- 
daites principalis gehörigen Cyclocarpon Cordai ; dagegen kom- 
men bei Weissig auch die etwas längeren und mehr eirunden 
Früchte vor, welche zuerst als Cardiocarpon Ottonis GEın. (Leitpfl. 
des Rothl., tab. 2, f. 17, 18) abgebildet worden sind. 


703 


4. Cordaites Roesslerianus GeEıin. 
1862. Gemizz, Dyas. U, p. 149, tab. 35, f. 5. 

Reste der dicknervigen Blätter, mit 5—6 Nerven auf je Jmm 
Breite. Die dazu gehörige Frucht ist noch nicht festgestellt; es 
ist jedoch nicht unmöglich. dass sie dem Cardiocarpon reniforme 
GEin. (Leitpfl., tab. 2, f. 15, 16 und Dyas II, tab. 31, f. 16) ent- 
spricht, welches auch im Brandschiefer von Weissig nicht fehlt. 


8. Fam. Coniferae. 


1. Pinites Naumanni v. GUTB. 
1849. v. GutBIerR, Verst. d. Rothl., p. 25, tab. 11, f. 9. 

Die gegen 3Jem langen Nadeln stehen paarig zusammen an 
einem mit quincunxialen Narben bedeckten Stengel. Allerdings 
nicht sehr deutlich. 1 Exemplar. 

Hierzu gehört wahrscheinlich ein Körper, der als Samen 
der Art betrachtet werden kann. 


2. Schützia anomala Geın. 
1865. Schützia anomala Geintrz, N. Jahrb. f. Min., p. 525, tab. 6. 
1864—65. id. GörpErRT, Foss. Flora d. perm. Form., p. 161, tab. 23 u. 24. 
& Dietyothalamus Schrollianus GÖPPERT, ebenda, p. 164, tab. 24, 
f. 4, 5 (Antheren-tragende Kätzchen der Sohnibee 

Mehrere Überreste, nach Prof. Geinırz zur Schützia anomala 
gehörend. Von den weiblichen Kätzchen oder Zapfen liegen 
mehrere vor, von den männlichen, antherentragenden ein Exem- 
plar, welches der Abbildung Görrerr's Tab. 25, fig. 1 am näch- 
sten kommt. 

Es sind durch diese Untersuchungen eines sehr reichen 
Materiales aus dem Brandschiefer von Weissig gegen 33 ver- 
schiedene Arten fossiler Pflanzen nachgewiesen worden, von wel- 
chen zwei Drittheile bisher nur in der unteren Dyas beobachtet 
wurden; 10 Arten sind dagegen schon aus der Steinkohlenfor- 
mation bekannt, und zwar: ; 

1. Calamites cannaeformis ScnL. sp., wovon nur 1 Bruchstück 
vorliegt; ’ 
Annularia longifolia Ber., bei Weissig zweifelhaft. 


2 
3.  Hymenophyllites furcatus Ber. sp., nur in 1Exemplar vorliegend; 
4. Odontopteris obtusiloba Naum., die von einigen Autoren auch 


aus der Steinkohlenformation citirt wird; 


1. 


704 


Dictyopteris Brongniarti Gure., nur in einem Fiederchen 
von Weissig bekannt; 


 Cyatheites arborescens Schr. Sp., ebenso häufig in der un- 


teren Dyas wie in der oberen Steinkohlenformation. 
Walchia piniformis Schr. sp., in der Steinkohlenformation 
äusserst selten, dagegen in der unteren Dyas überall ge- 
mein; 

Noeggerathia palmaeformis Gö. und Rhabdocarpus Bock- 
schianus Gö. u. BE. als dazu gehörige Frucht. 

Cordaites principalis GErm. sp. und Cyclocarpus Cordai 
Gein. als die dazu gehörige Frucht. 

Pterophyllum blechnoides SAND». 

In neuerer Zeit hat man den Versuch bei Weissig in ver- 


grössertem Massstabe wieder aufgenommen, doch ist bis jetzt 
ausser einem Exemplar von Blattina Weissigensis Eve. GEIN. noch 
nichts Beinerkenswerthes wieder gefunden worden. 


Fig. 


V Fig. 


Fig. 
Fig. 
“ Fig. 
i Fig. 


Fig. 


Erklärung der Abbildungen. 


1. Blattina Weissigensis Eve. Grin. Vergrösserter Flügel, dessen 
natürliche Grösse das darunter befindliche Kreuz angibt. Aus dem 
Brandschiefer der unteren Dyas von Weissig. 


2. Blattina anthracophila Germ. Flügel in dreifacher Grösse, eben- 


daher. 


3. Insectenflügel, ebendaher, in doppelter Grösse. 
4. Sphenopteris Naumanni Guts., ebendaher. 


5—7. Sigillarvostrobus bifidus GEın., ebendaher. 


8. Pterophylium Cottaeanum Gurs. Unterer Theil des Blattes. A das 


mit a bezeichnete Blättchen vergrössert. Ebendaher. 
9. Pterophyllum blechnoides Sanpe., ebendaher. A das mit a bezeich- 
nete Blättchen vergrössert. 


Brielwechsel,. 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 


Das Eräbeben von Belluno, am 29. Juni 1873. 
Von Prof, G. vom Rara in Bonn. 


In der Geschichte der Erdbeben wird dasjenige, welches am genann- 
ten Tage einen sehr grossen Theil der Alpen, der lombardisch-veneziani- 
schen Ebene sowie der süddeutschen Hochebene erschütterte, eine hervor- 
ragende Stellung einnehmen. Eine Beschränkung. der zerstörenden Wir- 
kungen auf einen engen Raum bei grosser Ausdehnung des Erschütte- 
rungsgebiets; die ausserordentliche Heftigkeit der Stösse im centralen 
Gebiete; die merkwürdige Ungleichmässigkeit der Erdbebenwirkungen auf 
nachbarlichen Bodenstellen; die dem ersten zerstörenden Stosse folgenden, 
während vieler Wochen fast täglich auftretenden Schwankungen, — be- 
zeichnen die wesentlichsten Züge der Katastrophe. Es handelt sich um 
ein Erdbeben, welches fernab von Vulkanen und vulkanischen Gesteinen 
eine annähernd kreisförmige Bodenfläche bewegte, dessen Erschütterungen 
die ganze Breite der Alpenkette überschritt. — Mit Rücksicht auf die 
äusserst spärlichen Nachrichten, welche über das Erdbeben bisher zu uns 
gelangt sind, mögen die folgenden Mittheilungen, so unvollständig sie auch 
sein mögen, nicht unwillkommen sein. 

Belluno liegt (416 m. üb. M.) im Thale des Piave, eine d. M. unter- 
halb des Punktes, wo dieser Fluss seinen nordsüdlichen Lauf gegen Süd- 
West verändert, indem zugleich das Thal, bis dahin ein spaltenähnliches 
Querthal, sich in ein Längenthal verwandelt. Von den hohen Dolomit- 
gebirgen um Cadore zwischen steilen, oft senkrechten Felswänden herab- 
strömend, tritt der Fluss bei Capo di Ponte (oder wie der jetzige Name 
heisst, Ponte delle Alpi) in ein weites, von sanfteren Berggehängen ein- 
geschlossenes, muldenförmiges Längenthal. In der Gegend von Feltre (31/, 
d..M. von Belluno) endet jene Thalmulde und der Piave tritt wieder in 
eine Querschlucht ein, welche ihn bis zur venezianischen Ebene begleitet. 


Die grosse Querschlucht des obern Piave von Cadore herab bis Ponte delle 
Jahrbuch 1873. 45 


706 


Alpi setzt mit gleicher Richtung als eine Gebirgslücke fort bis Ceneda 
und Serravalle (welche Städte sich zur Feier der Neugestaltung Italiens 
zu Einer Stadt „Vittorio“ verbunden haben). Dieser südliche Theil des 
grossen nordsüdlichen Querthals ist mit einer Reihe von Seen, darunter 
der bedeutendste der Lago di Sta. Croce, gefüllt. Durch dies Thal von 
Sta. Croce, der natürlichen Fortsetzung des oberen Piavethals, soll einer 
in der Gegend von Belluno allgemein verbreiteten Sage zufolge der Piave 
ehemals seinen Lauf genommen haben. Gewaltige Ber&stürze sollen die 
Thalsohle bei der Cima di Fadalto erhöht und den Fluss genöthigt haben, 
seinen Lauf zu ändern. Eine Untersuchung der Umgebungen des genann- 
ten See’s und besonders der wasserscheidenden Höhe von Fadalto würde 
ergeben, ob jener Sache eine Thatsache zu Grunde liegen kann, oder ob 
sie lediglich aus der befremdlichen Wahrnehmung entsprungen ist, dass 
ein Fluss den scheinbar vorgeschriebenen l auf verlassend, plötzlich seine 
Richtung ändert. Der Abfluss des Sta. Croce-See’s, der Fluss Rai, ver- 
einigt sich unfern Ponte delle Alpi mit dem Piave. So umfliessen Rai und 
Piave eine flachgewölbte, von Süd nach Nord sich erstreckende Vorhöhe, 
auf welcher die Orte Cugnan, Quantin, Sassai liegen. Diese flache Boden- 
wölbung, welche von den Erschütterungen nur wenig betroffen wurde, 
trennt die beiden vorzugsweise verheerten Distrikte von Belluno und Al- 
pago. Unter letzterem Namen begreift man ein etwa 1 d. @.-M. grosses 
flachhügeliges, von etwa 15 Tausend Menschen bewohntes Gebiet, welches 
sich nördlich und nordöstlich vom See ausbreitend, im Norden und Osten 
von einem Gebirgshalbkreis umschlossen wird. Im Distrikt Alpago, wel- 
cher zu den dichtbevölkertsten in den Alpenländern gehört, offenbarte das 
Erdbeben seine höchste Intensität. 

Belluno bezeichnet ungefähr die Mitte einer sehr regelmässigen Mulde 
von Schichten des ältesten Tertiärs (Nummnliten-Formation). Die grosse 
Axe dieser Mulde erstreckt sich von Feltre bis zur nordöstlichen Grenze 
des Distrikts Alpago und misst etwa 6 d. M. Die Breite beträgt etwa 2 
d.M. Die Nummulitenschichten werden ringsum von einem schmalen, nur 
am südwestlichen Ende der Mulde breitern Bande von Schichten der obern 
Kreide (Scaglia) umschlossen. Unter denselben treten, zu hohen Gebirgen 
emporsteigend, gegen Ost, Nord und West Kalkschichten der Juraforma- 
tion, gegen Süden Rudistenkalk hervor (s. die geolog. Übersichtskarte der 
österreich. Monarchie von Fr. v. Havrr, Blatt V). So entspricht das Ge- 
hänge der das weite Thal von Belluno-Feltre umgebenden Höhen der 
Schichtenlage. Ist man aus den engen Felsenschluchten und Thalkesseln 
(mit horizontalen Schichtprofilen der verticalen Felswände) um Primolano 
heraufgestiegen und hat man den hohen, kegelförmigen Berg von Arten 
hinter sich, so öffnet sich plötzlich die Aussicht im jenes schöne Längen- 
thal. Wahrhaft typisch ist die Gestaltung der nördlichen Bergkette. Ihr 
Streichen gegen Nord-Ost bis zum Durchbruch des Piave bei Ponte delle 
Alpi, dann umbiegend gegen Ost und Süd-Ost und so das eocäne Hügel- 
land von Alpago umfassend. Alle diese schöngestalteten Höhen wenden 
ihre breiten oft glatten Schichtflächen dem Innern der Mulde zu. Jene 


707 


nördliche Kette jurassischen Kalksteins ist durch Querthäler und -schluch- 
ten in mächtige Bergpyramiden zerschnitten, von denen mehrere eine grosse 
Regelmässigkeit zeigen. Durch jene Gebirgseinschnitte werden die da- 
hinter liegenden Dolomite mit ihren thurmförmigen Felsen sichtbar. Eines 
der grossartigsten Gebirgsthore ist dasjenige, aus welchem der Piave bei 
Ponte delle Alpi in das eocäne Gebiet eintritt. Der westliche Pfeiler die- 
ses Riesenthors wird durch den Mte. Serva gebildet, dessen Schichten- 
masse gegen SO. fälit, der östliche Pfeiler ist der Mte. di Soccher oder 
Mte. Dolada, dessen mit ungeheuren Felsstürzen bedeckte Schichtflächen 
gegen S. neigen. Der Piave hat in die eocänen Schichten eine breite steil- 
wandige Rinne, deren Sohle etwa 20 bis 30 m. unter der Thalfläche liegt, 
eingeschnitten. Unstät und ungestüm fliesst das Wasser in jener zuweilen 
a bis !/, Miglie (60 — 1 Grad) breiten Rinne, deren Steilwände theils 
eocäne Kalk- und Mergelschichten, theils feste Bänke von Diluvialgeröllen 
entblössen. Die Stadt Belluno ruht vorzugsweise auf festem diluvialem 
Conglomerat und bedeckt einen schmalen gegen SO. gerichteten Vorsprung 
der hohen Thalebene zwischen Piave und dem sich hier in denselben er- 
giessenden Ardo. Das Stadtplateau stürzt 20 bis 30 m. fast senkrecht 
(namentlich gegen SW.) zur Kiesebene der Flüsse ab. Hier liegt auf Fluss- 
geröllen längs des schmalen Ufersaumes die Unterstadt, die sog. Sobborghi, 
welche von den verheerenden Wirkungen des Erdbebens beinahe verschont 
blieben. Während in Belluno die „Hälfte aller Häuser stark beschädigt 
wurde, litt in gleicher Weise nur der zehnte Theil der Häuser in den Sob- 
borghi. 

Es mögen zunächst, bevor ich über die Erdbeben-Wirkungen zu Bel- 
luno und Alpago berichte, einige Mittheilungen (vorzugsweise der Augsb. 
Allgem. Zeitung entnommen) hier wiedergegeben werden, aus welchen die 
Verbreitung der Erschütterungen und ihr Charakter in der peripherischen 
Zone erhellen. Von München heisst es 29. Juni: „Heute Morgen vor 5 
wurden hier zwei Erdstösse in unmittelbarer Aufeinanderfolge gefühlt. 
Schläfer und Mobiliargegenstände wurden in Bewegung gesetzt, besonders 
im Mittelpunkte der Stadt, in der Nähe der Frauenkirche. Die Urtheile 
über die Richtung der Erschütterungen sind abweichend, indem dieselbe 
theils von SW.--NO., theils von N.—S. angegeben wird. Auch in Augs- 
burg wurden die Stösse gefühlt.“ Vom Oberlech wird berichtet, „dass 
gegen 5 Uhr eine kleine Bewegung der Erde die Morgenschläfer auf- 
weckte. Unmittelbar darauf rollte es von SW.—O. im Innern der Erde 
so heftig, dass im Freien stehende, nicht befestigte Gegenstände umfielen, 
die Fenster heftig klirrten, die Hausgeräthe wankten. Das Schwanken 
war namentlich in den obern Stockwerken der Häuser erschreckend. Dauer 
kaum mehr als 1 Sekunde. Die Erschütterung bewegte keineswegs alle 
Gebäude, indem oft die nächstgelegenen neben den Betheiligten ganz un- 
behellist blieben, was namentlich bei den vor dem Städtchen Füssen be- 
findlichen, zerstreuten Häusern der Fall war. Während die zu ebener 
Erde Wohnenden den ganzen Vorfall weniger oder theilweise gar nicht 


wahrnahmen, schien in den höhern Stockwerken maucher Häuser Alles 
45 * 


708 


drunter und drüber zu gehen.“ Aus Tegernsee „Getöse während 1!/, Min. 
Der See zeigte eine heftige Bewegung. Richtung der Erschütterung von 
NO.—SW. Bei Abwinkel am Seeufer bildete sich ein 4 F. breiter, mehr 
als 3 Klafter langer Riss.“ Ähnliche Beobachtungen liegen vom Achensee 
vor. Aus Verona wurde berichtet: „Heute gegen 5 Uhr zwei Erderschüt- 
terungen, von denen namentlich die zweite (22 Sek. dauernd) besonders 
heftig war. Einige Häuser beschädigt.“ Nach Mittheilungen aus Wien 
wurde die Erschütterung gefühlt im südwestlichen Theile von Kärnthen, 
in ganz Istrien und dem Venetianischen, desgl. in Riva am Gardasee. Zu 
Görz soll die Bewegung, deren Richtung von NW.—SO. angegeben wird, 
15 Sek. gedauert haben, während im Allgemeinen die Dauer auf 6 Sek. 
geschätzt wurde. In Ischl zählte man 6 Stösse. Auch in Salzburg die 
Bewegung gefühlt. In Battaglia, am östlichen Fusse der Euganäen wurde 
zugleich mit dem Erdbeben ein donnerartiges Getöse vernommen, ein Ein- 
fluss auf die berühmten Thermen nicht bemerkt. 

Auf einer Wanderung von Kufstein über den Krimler Tauern und 
Fassa nach Trient, sowie auf der Reise von Triest durch Krain, Kärnthen 
und Steiermark nach Linz hörte ich, dass auf den angegebenen Linien, 
in den Thälern und auf Höhen, überall das Erdbeben vom 29. Juni, 5U. 
Morg. gefühlt worden ist. Über die Richtung der Wellenbewegung war 
keine sichere Nachricht zu erlangen. Der um die Kenntniss Kärnthen’s 
sehr verdiente Hr. Fern. SEFLAND, welcher das Erdbeben in Klagenfurt 
beobachtete, berichtete mir, dass weder vor noch nach demselben irgend 
eine meteorologische Störung sich gezeigt habe. Die Magnetnadel sei zwar 
heftig bewegt gewesen, doch nur in Folge der mechanischen Erschütterung, 
eine Einwirkung auf den regelmässigen täglichen Gang der Nadel sei nicht 
hervorgetreten. Ebensowenig habe das Barometer irgend eine Verände- 
rung gezeigt. Eine Beobachtung in Bergwerken scheint in Folge der Zeit 
des Ereignisses in der Sonntagsfrühe nirgend vorzuliegen:; wenigstens waren 
meine Nachfragen in Raibl, Bleiberg, Hüttenberg u. a. O. vergeblich. — 
Die erste Beschädigung in Folge der Erschütterung sah ich in Cavalese 
(Fleims), einen Mauerriss, doch der einzige im ganzen Ort. Weder in 
Trient, noch in Valsugana bemerkte ich eine Spur des Erdbebens, des- 
gleichen keine Spalte oder Mauerriss in den Dörfern westlich von Feltre. 
In letzterer Stadt zeigte man mir an einigen wenigen Häusern der öst- 
lichen Seite unbedeutende Risse, während sonst in der Unter- und Ober- 
stadt nicht die geringste Beschädigung zu bemerken war. Die Erschüt- 
terungen waren hier indess schon recht stark empfunden worden. Von 
Feltre kommend sah ich die erste grössere Zerstörung in Baldeniga (1'/, 
d. M. südwestlich von Belluno); es war hier an einem einzeln stehenden 
Hause ein Kamin gegen SW. herabgestürzt und zahlreiche grosse Spalten 
in den Mauern entstanden. Das Fortschreiten der Bewegung wurde hier 
mit Bestimmtheit als von NO. gegen SW. angegeben. In Belluno selbst 
fand ich kein Haus ohne Risse und Spalten, sehr viele waren im Inter- 
esse der öffentlichen Sicherheit niedergelegt worden, mehrere Häuser und 
eine Kirche waren sogleich total zusammengestürzt. Die Mehrzahl der 


709 


Gebäude war durch Balken gestützt und so vorläufig vor dem drohenden 
Einsturz gesichert. Da in Belluno die Erde fast vollkommen zur Ruhe 
gekommen war, oder die Erschütterungen nur mit äusserst geringer In- 
tensität sich wiederholten, so hatte man allgemein mit dem Wiederaufbau 
und Herstellung der Gebäude begonnen. Nie sah ich in einer Stadt eine 
ähnliche Thätigkeit von Maurern, Steinmetzen und Zimmerleuten. An 
jedem Hause wurde gearbeitet; überall waren Spalten auszufüllen, Mauern 
und Kamine, Ballustraden, Balkone, Gesimse neu aufzuführen. Überall 
sah man die aus dem Loth gewichenen Mauern mit schweren Eisenstan- 
gen befestigt. — Von der Stärke der Erschütterungen mögen folgende 
Thatsachen Zeugniss geben. Belluno besass einen schönen, von PALLADIO 
gebauten Dom mit einem 70 m. hohen Thurm, welcher in etwa *, seiner 
Höhe mit einer zierlichen Ballustrade kleiner Säulen geschmückt war, und auf 
seiner Spitze einen 5 m. hohen: geflügelten, aus Bronce gefertigten Engel 
trug. Jene Säulenreihe stürzte zum grössten Theile herab. Auch löste 
sich ein mächtiger, etwa 2m. grosser Gesimsstein und zermalmte ein armes 
Weib, welches aus der Kirche fliehend sich gerettet glaubte. Jener bron- 
cene Engel hatte Stand gehalten, denn ein mächtiger verticaler Eisenstab 
verbindet die Bildsäule mit dem kupfernen Thurmdach. Die Flügel aber 
waren herabgeworfen, statt ihrer zeigte der Engel nur die beiden seinen 
Schultern angehefteten 53 m. langen Eisenstäbe, über welche ehmals mit- 
telst langer Scheiden die Flügel geschoben waren. Der Engel blickte 
gegen NO., in der Richtung von welcher die gewaltige Bewegung über die 
Stadt hereinbrach. Die schweren Flügel wurden von den etwas aufwärts 
gerichteten Stäben abgeschoben und hinuntergeschleudert, während gleich- 
zeitig der Engel sich etwas um seine verticale Axe gegen N., angeblich 
um etwa 20°, drehte. Drehende Bewegungen sind vielfach vorgekommen, 
wie alsbald in Bezug auf Alpago zu erwähnen sein wird. Den Chor der 
Kathedrale sah ich herabgestürzt. Unter den Trümmern lagen, so erzählte 
man, die Kirchenschätze begraben und zerstört. Dieser nun zu Boden 
liegende Theil der Kirche scheint übrigens schon etwas baufällig gewesen 
zu sein, so dass derselbe für den Gottesdienst abgesperrt war. Vor der 
Kathedrale stand eine kleine Kapelle, Madonna delle Grazie; diese wurde 
so vollständig zerstört, dass man sie gänzlich niederlegen musste. Schwere 
Beschädigungen erlitt auch der nahe Palast der Präfektur. Von aussen 
zwar zeigte dies schöne, im venezianischen Style aufgeführte Gebäude 
wenig Schaden, doch im Innern waren alle Mauern furchtbar zerrissen 
und klafften in breiten Spalten. Desgleichen war ein alter Thurm, gleich- 
falls am Domplatze, so sehr zerspalten, dass man jeden Augenblick seinen 
Einsturz befürchten konnte. Unfern davon, nahe der Porta Dante, zeigte 
man mir die Stelle des Hauses Crepadoni, durch dessen Einsturz drei 
schlafende Kinder erschlagen, während die Mutter verwundet aus den 
Trümmern gezogen wurde. Besonders verheerend zeigte sich das Erdbeben 
in der westlichen Vorstadt, dem Corso Garibaldi; hier war eine Reihe von 
Häusern in Trümmer geworfen worden. Einen interessanten Beweis der 
Stärke der Erschütterung sah ich im Garten des Hauses Due Torri. Als 


710 


Zierde stand dort eine etwa 1?/, m. hohe Steinverzierung von vasenähn- 
licher Form, welche oben mit einer Kugel von !/, m. Durchmesser endete. 
Die Kugel ruhte auf einer halsähnlichen Einschnürung von 65 mm. Stärke 
und war mit dieser durch einen eisernen Stift verbunden. Das Ganze 
solide aus Kalkstein gehauen. Durch die Erschütterung wurde die Kugel 
von dem bauchigen Körper abgeschleudert und die 65 mm. dicke Ein- 
schnürung zerbrochen. 

Das Erdbeben bewies vorzugsweise an hohen Bauwerken seine zer- 
störende Kraft. Des Thurms der Kathedrale geschah bereits Erwähnung. 
Eine ganze Reihe von Kirchthürmen schleuderten ihre Spitze herab, so 
S. Piero in Belluno; der Campanile von Nogare, "/, d. M. nordöstlich der 
Stadt, verlor seine Spitze, desgleichen die Kirchthürme von 8. Liberale und 
S. Piero in Campo ('/, d. M. nordöstlich von Belluno). Der Campanile 
von Cusighe (*, d.M. nördlich von B.) warf seine Spitze ab, tödtete zwei 
Frauen, verwundete sechs. Auch in Oavarzano ('/, d. M. nordwestlich von 
B.) zeigte sich die Kraft des Stosses an der Thurmspitze. Es fiel nämlich 
von derselben die Kugel herunter. Auch in Conegliano, 4 M. südlich von 
B., am Saume der venezianischen Ebene, fiel die den Kirchthurm krönende 
Ballustrade herab; es war dies zugleich fast die einzige Spur, welche das 
Erdbeben in Conegliano zurückgelassen *. 

Durch mancherlei Erkundigungen war ich in Belluno bestrebt, genaue 
Nachrichten über die Erschütterungen einzuziehen. Doch stellte sich so- 
gleich heraus, dass genaue und vergleichbare Zeitbestimmungen weder in 
der Stadt noch in der Umgebung vorliegen. Solche gewaltige Katastro- 
phen, welche den Einsturz vieler Häuser bewirken und das Leben aller 
Bewohner einer augenscheinlichen Gefahr aussetzen, sind zu wissenschaft- 
lichen Beobachtungen weniger geeignet als klemere Bebungen. Es befand 
sich in der Stadt ein neu, wenngleich noch nicht vollständig eingerichtetes 
meteorologisches Observatorium. Doch konnte es in diesem Falle keine 
Dienste leisten, da alle Instrumente vollständig zerstört wurden. Die fol- 
senden Angaben verdanke ich theils den mündlichen Mittheilungen des 
Prof. Domenico Marrısı, theils entnahm ich sie der von Hrn. GVERNIERI 
herausgegebenen officiellen Zeitung „la Provincia di Belluno.“ 

Am 29. Juni um 5 Uhr Morgens (die Angaben schwanken, ob einige 
Minuten vor, oder nach 5 Uhr) wurden die Bewohner der Stadt durch eine 
heftige Erschütterung erschreckt. Dieselbe war von einem lauten Dröhnen 
und Donnern begleitet, welches theils über-, theils unterirdisch vernommen 
wurde. Nach Gvernıerı begann dies donnerartige Dröhnen schwach und 


* Wie verschieden die Wirkungen der Erdbeben sind, erkennt man 
wohl auch aus Folgendem. Während bei Belluno alle jene Kirchthürme 
ihre Spitzen abwarfen, und also offenbar die Erschütterung mit der Höhe 
der Gebäude sich vervielfältigte, „schauten [bei dem mitteldeutschen Erd- 
beben, 6. März 1872] zu Komotau die auf einem sehr tief fundamentirten, 
140 F. hohen Walzwerkschornsteine arbeitenden Kaminbauer erstaunt auf 
das Wogen der beängstigten Menge in der Tiefe herab, indem sie selbst 
in ihrer Höhe gar Nichts gefühlt hatten.“ S. v. SezsacH, Das mitteldeutsche 
Erdbeben vom 6. März 1872. S. 20, 


al 


nahm in erschreckender Weise zu, es soll dem Erdbeben eine oder einige 
Sekunden vorangegangen sein. Die erste, die zerstörende Erschütterung 
soll 15 (nach Marrmı 20) Sekunden gedauert haben, eine in Folge des 
Schreckens vielleicht zu bedeutende Schätzung. Die Bewegung von 0. gegen 
W. oder von NO. gegen SW. fortschreitend, begann undulatorisch. Der 
wellenförmigen Schwingung folgten suffultorische Stösse, dann endete diese 
fürchterliche Erschütterung mit einer unregelmässigen Mischung beider 
Bewegungsarten, so dass es den unglücklichen Bewohnern schien, sie wür- 
den im Kreise herumgeschleudert. Nach einigen Angaben sollen auch zu 
Beginn des Bebens verticale Stösse empfunden worden sein. 20 Min. nach 
jener ersten Erschütterung blieb die Erde ruhig, dann folgte eine zweite 
eleichfalls starke, undulatorische Schwingung, deren Dauer 5 bis 6 Sek. 
Dem zweiten folgte nach 10 Min. ein dritter Stoss von kurzer Dauer; 
gegen Mittag empfand man einen vierten Stoss. In den folgenden Wochen 
bis gegen Ende August, der Zeit meiner Anwesenheit in Belluno, wieder- 
holten sich die Stösse fast täglich mit abnehmender Stärke; man zählte 
nur 5 bis 6 erdbebenfreie Tage. Im Durchschnitt empfand man während 
der ersten acht Wochen 5 Stösse innerhalb 24 Stunden. Fast immer waren 
die Erschütterungen von Rombi begleitet. Gegen Ennde August waren die 
Stösse so schwach geworden, dass sie von Einigen bemerkt wurden, von 
Andern nicht. — Die erste Erschütterung war es allein, welche die Ver- 
wüstungen in Stadt und Umgebung bewirkte. In Belluno blieb kein Haus 
ohne Beschädigung; ein Viertel aller Häuser wurde in dem Maasse zer- 
stört, dass man sie niederlegen musste; ein zweites Viertel war in solcher 
Weise beschädigt, dass eine Wiederherstellung möglich war. Die andere 
Hälfte der Gebäude blieb von schweren Beschädigungen verschont. — Das 
Schauspiel, welches die Stadt unmittelbar nach dem Erdbeben darbot, wird 
im officiellen Giornale mit folgenden Worten geschildert. „Die schreck- 
lich erweckten Menschen sprangen von ihrem Lager auf, und rannten wie 
sinnlos durch Haus und Gassen. Das Geschrei der Frauen und Kinder 
mischte sich in das Getöse der einstürzenden Mauern. In vielen Zimmern 
fiel Gebälk und Decke herab. An manchen Häusern stürzte die Haupt- 
mauer auf die Strasse; desgleichen eine sehr grosse Zahl von Kaminen, 
Balkonen, Gesimsen, Ballustraden etc. Die Mauern und Thürpfeiler vieler 
Zimmer wichen aus dem Loth und machten ein Öffnen der Thüren un- 
möglich, wodurch der Schrecken der so eingeschlossenen Menschen den 
höchsten Grad erreichte. Schnell sammelten sich die Geretteten auf die 
freien Plätze, wo sie wochenlang die Nächte zubrachten, während ein an- 
derer Theil der Bevölkerung die Stadt verliess und auf dem Lande Zu- 
flucht suchte“. Über die Zerstörungen und Beschädigungen in Belluno 
gibt folgende aus officiellen Quellen geschöpfte Zusammenstellung Auf- 
schluss; 


112 


Gemeinde Belluno 


Häuser los 


| 


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BE ea eo 0 ame ya ser 22 ee 
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Iren EEE Sr nr 7 IR DE TRETEN SRAHAHERSS | De Tore: Zain Sr ee == nn 
Stadt Belluno | | | 
(Cittä) . ..|,4679| 406| 5068 8| 110 139 | 251105,459| 4| 7 
Unterstadt (Sob- | | | | 
borghi) . . | 1761) 358) 242 — 2 27. vorge et 
Vorstädte (Fra- | | | | 
zioni aggre- | | | | 
gate). . . 1003714701260. 15 66 | 243 | 669) 52312 4 19 
nn 11647712254 2010 23 | 178 | 403 |1139]157771 8 126 


Von Kirchen wurde in der Stadt 1 zerstört, 7 beschädigt; in den Vor- 
städten 4 zerstört, 21 beschädigt. Die bemerkenswertheste Thatsache, 
welche aus dieser Zusammenstellung erhellt, ist die bereits oben ange- 
deutete weit geringere Beschädigung der an den Flussufern des Piave und 
Ardo sich hinziehenden Häuser der Sobborghi, im Vergleiche zu der 30 
m. höher auf festem Grunde liegenden Stadt und der Vorstädte. Es er- 
innert diese Thatsache an die gleiche Wahrnehmung bei den cosentini- 
schen Erdbeben 1854 und 1870. Auch dort wurde das hoch und auf festem 
Fels ruhende Kastell weit stärker beschädigt als die auf schmalem Saume 
längs der Flüsse Crati und Busento sich hinziehende Stadt. Bei dem 
schrecklichen calabrischen Erdbeben von 1783 hat man allerdings mehr- 
fach die scheinbar entgegengesetzte Erfahrung gemacht, dass nämlich die 
auf Fels liegenden Städte und Dörfer weniger litten, als die, deren Un- 
terlage lockere Schichten und lose Massen waren. Indess wurden in die- 
sem letzteren Falle die Beschädigungen vielfach nicht allein direkt durch 
die Stösse, sondern durch die Abrutschungen des Bodens veranlasst. 

Der- Schauplatz stärkster Verwüstung war, wie bereits oben angedeu- 
tet, nicht Belluno, sondern das Territorium der Gemeinden von Alpago, 
jenes etwa 1 d. Q.-M. grosse eocäne Hügelland, welches gegen Nord und 
Öst von einer hohen, aus Jurakalk bestehenden Bergkette umschlossen 
wird. Die Erschütterung äusserte ihre zerstörende Kraft vorzugsweise in 
dem knieförmigen Thalzuge von der Höhe .Fadalto über den See von Sta. 
Croce, Alpago, Ponte delle Alpi, Belluno. Die Dörfer Cugnan, Roncan, 
Quantin, Sossai, welche auf der Bodenwölbung zwischen Piave und Rai 
liegen, litten fast keinen Schaden, während viele Häuser des Dorfes Vi- 
some, im Piavethal, !., M. südwestlich Bellunas, zerstört wurden. Längs 
der Strasse von Belluno nach Alpago und dem See von Sta. Croce, welche 
jenem gebogenen Thalgrunde folgt, beobachtet man sehr zahlreiche Ver- 
wüstungen und — was wohl das Überraschendste — sehr viele Unter- 
brechungen in der Verwüstungszone. An der Brücke Veneja, !/, M. nord- 


%43 


östlich von B. 'war ein über 1 m. grosser wohlgefügter Stein der Brücken- 
mauer hinab und in den Fluss geschleudert worden. In der Nähe von 
Fadalto ist die Strasse streckenweise durch eine etwa 1 m. hohe Mauer 
geschützt, deren Krönung aus grossen, halbeylindrischen, wohlgemauerten 
Steinen besteht. Diese Steine waren fast alle gelockert und an einzelnen 
Punkten herabgeworfen. An den steilen, der Schichtenlage entsprechen- 
den Felsflächen des Mte. Serva oder di Cusighe zeigte man mir viele 
weisse frische Bruchstellen, welche von gefallenen Felsstücken herrührten. 
Über 500 grosse Steinblöcke sollen, vom Mte. Pascolet herabgestürzt, auf 
der am See von Sta. Croce hinführenden Strasse gelegen haben. Es ist 
dies ein sehr gefährlicher Berg, dessen stürzende Steine beständig die 
Strasse bedrohen. In Ponte delle Alpi sah ich kein Haus ohne Beschä- 
digung. Einige Häuser waren zerstört, mehrere stark beschädigt. Die 
Strasse überschreitet den Piave und erreicht, nur etwa '/, M. fern, die 
schöne neue Kirche von Cadola. Diese liess nicht die geringste Beschä- 
digung, nicht einen einzigen Mauerriss erkennen, und bot ein auffallendes 
Beispiel der Verschonung mitten im Zerstörungsgebiet. Die gegen NO. 
nur '/, d. M. fernen, am Abhange des Mte. Dolada liegenden Orte Soccher 
und Arsie wurden zum grösseren Theil zerstört. — Bei la Secca trennt 
sich von der Conegliano-Strasse der in das Alpago-Gebiet führende Weg. 
Das niedere hügelige Plateau Alpago wird von mehreren zum See flies- 
senden Bächen durchschnitten, welche breite, wenig tiefe, doch zum Theil 
steilwandige Thäler in die eocänen Schichten geschnitten haben. Die zahl- 
reichen Dörfer liegen theils in den Thalebenen, theils auf dem Plateau. 
In der Ebene und den Thälern liegen Bastia, Puos, Farra, Cornei u. a. 
Auf dem niedern Plateau oder auf den Gehängen: Sitran, Valzella, Torch, 
Garna, Tignes, Villa, Pieve mit Torres und Quers, Plois und Curago, Co- 
denzan, Chies, Borsoi, Lamosano, Tambre mit Tambruz, Spert u. a. 
Weder die Häusergruppe la Secca, noch das Dorf Bastia war in nen- 
nenswerther Weise beschädigt. Sitran auf der Höhe unmittelbar über Ba- 
stia hatte nur wenig gelitten. Puos (!/, d. M. nordöstlich von den beiden 
genannten Dörfern) lag zum grösseren Theile in Ruinen und bezeichnete 
einen derjenigen Punkte, welche am heftigsten durch die Erschütterung 
betroffen. Das verschonte Bastia und das zerstörte Puos liegen beide in 
der Ebene auf Alluvionen. Der Anblick des Dorfs verrieth sogleich, dass 
hier das Erdbeben mit weit grösserer Kraft gewüthet, als in Belluno; nur 
wenige Häuser standen mit zerrissenen Mauern noch aufrecht, die Mehr- 
zahl waren Ruinen, einige nur noch Steinhaufen. Der freistehende Cam- 
panile war gänzlich zusammengestürzt, desgleichen die eine Hälfte der 
Kirche. Die Mauern der Häuser wurden über die Strasse geworfen und 
machten unmittelbar nach dem Erdbeben diese ungangbar. Zur Zeit mei- 
nes Besuchs war der Schutt zur Seite geräumt,’ die verödeten Strassen, an 
denen statt der Häuser nur Ruinen standen, machten einen Jammervollen 
Eindruck. Fast überall war Dach und Balkenwerk heruntergestürzt. 
Während in Belluno bereits die regste Bauthätigkeit herrschte und die 
Menschen in. die wiederhergestellten Wohnungen zurückgekehrt waren, 


114 


lag in Puos noch Alles in Trümmern. Die den Einsturz drohenden Häu- 
ser hatte man niedergelegt, aber noch keinen Stein wieder aufgemauert; 
denn noch hatte sich die Erde nicht beruhigt, und fast an jedem Tage 
wiederholten sich die mit einem Rombo begleiteten Erschütterungen. Ei- 
nige der merkwürdigsten Erdbebenwirkungen, welche ich in Puos sah, 
waren die folgenden. 

Die Quadern, aus welchen lose übereinandergelegt, einige Thorpfeiler 
bestanden, waren gegen einander um eine verticale Axe gedreht, so dass 
die Ecken der etwa 40 ctm. Kantenlänge messenden Blöcke ungefähr 1 
bis 2 Finger breit gegen einander gedreht, erschienen. Bei einem Pfeiler 
war die Drehung der Cuben in gleichem Sinne, bei dem andern lagen zwi- 
schen rechts- auch links gedrehte. Die merkwürdigste rotatorische Ver- 
schiebung sah ich in einem Garten. Dort war ein kleiner, vierseitiger 
Pavillon, und in dessen Mitte, auf cylindrischer Säule ruhend, ein schwerer 
viereckiger Steintisch, dessen Platte 6 ctm. dick, 90 ctm. im Quadrat. Diese 
Platte, welche ehemals parallel zu den Seiten des Pavillons gerichtet war, 
war jetzt um reichlich 15° in der Richtung des Sonnenlaufs gedreht, zu- 
gleich auf dem Fusse und dieser auf der Basis etwas excentrisch ver- 
schoben. Diese gedrehte Tischplatte erinnerte mich lebhaft an die be- 
kannten Obelisken vor dem Kloster des h. Bruno zu S. Stefano del Bosco 
in Calabrien, 1783 (s. Naumann, Lehrb. d. Geog. II. Bd. S. 189) *. Wäh- 
rend man früher geneigt war, solche drehende Bewegungen durch wirk- 
liche rotatorische Schwingungen der betreffenden Punkte der Erdoberfläche 
zu erklären, ersann MALLET eine weit sinnreichere und einfachere Erklä- 
rung, zufolge welcher eine Rotation zweier auf einander liegender Steine 
durch eine gewöhnliche undulatorische Schwingung dann hervorgebracht 
wird, wenn der Haftpunkt oder Punkt der grössten Reibung beider Kör- 
per nicht mit dem Schwerpunkt zusammenfällt. Die ausserordentliche 
Kraft der Erschütterung in Puos wurde durch das Wegschleudern einer 
schweren Deckplatte von einem Thorpfeiler besonders bewiesen. Der Pfei- 
ler war 2!/, m. hoch; die Deckplatte, welche angeblich 2 Centner wog, 
war 4 met. weit gegen West fortgeschleudert. Der Deckstein eines an 
der gegenüberliegenden Gartenmauer befindlichen Pfeilers war nach Ost 
geschleudert. Es begreift sich leicht, dass beide Wurfrichtungen Folge 
derselben Bodenwellen sein können. Folgende Schilderung des Erdbebens, 
wie ich sie von einem der Dorfbewohner (DavipeE Davıa) erhielt, darf wohl 
hier eine Stelle finden. „Es war am Peter- und Paulstage, um 5 Uhr 
Morgens; ich war gerade aufgestanden, während meine 6 Kinder noch zu 
Bette lagen, da fing die Erde zu beben an, erst einige Sekunden wellen- 
förmig, dann auf- und niederstossend, fürchterlich, nun vermischten sich 
beide Bewegungen und es war als ob wir umgeschwungen würden. Ein 
furchtbar rollendes Donnern, vermischt mit Detonationen, wie von Kano- 
nenschüssen liess sich zugleich vernehmen. Es schien das Donnern so- 


* Vgl. auch das treffliche Werk von K. v. Sersac# über das mittel- 
deutsche Erdbeben vom 6. März 1872, besonders S. 19—22. 


N 


115 


wohl unter als auch über uns zu dröhnen. Da fiel die Vorderwand un- 
seres Hauses auf die Strasse; ich sah das Zimmer plötzlich geöffnet. Ich 
stürzte auf die Betten der Kinder und griff so viel ich deren fassen konnte, 
die Ubrigen Gott befehlend. Unser Schlafzimmer lag zwei Treppen hoch. 
Mit drei Kindern in den Armen kam ich glücklich über die obere, noch 
hängende Treppe herab. Dann sprang ich sogleich auf die Strasse hin- 
unter, auf den Trümmerberg, welchen die einstürzende Wand gebildet 
hatte. Eine dichte Staubmasse umhüllte Alles und hinderte zu sehen. Ich 
hörte das Einstürzen der Häuser, das Geschrei der Menschen, theils laut, 
theils gedämpft von solchen, welche unter den Trümmern lagen.“ Ein 
Mann, welcher den Kirchthurm hatte fallen sehen, berichtete, dass der- 
selbe, zuerst gegen West, dann gegen Ost, dann wieder gegen West schwin- 
gend, umgestürzt sei. Von Interesse war auch die Erzählung eines Man- 
nes, welcher berichtete, er habe, im Bette liegend, die Blicke auf das 
Fenster gerichtet. Die Kirche sei ihm nicht sichtbar gewesen. Da plötz- 
lieh, in Folge der wellenförmigen Bewegung der Erde, sei das Dach der 
Kirche ihm sichtbar geworden, um im nächsten Augenblicke wieder zu 
verschwinden. Alsbald sei auch das Gebälk seines Zimmers eingestürzt. 
In Puos wurde die Richtung der Bewegung von O. nach W. oder von SO. 
nach NW. angegeben. Übereinstimmend wurde versichert, dass die Er- 
schütterung wellenförmig begonnen habe, dann auf- und niederstossend 
geworden und schliesslich beide Arten der Bewegung sich combinirt hätten. 
Vom 29. Juni bis zum 20. Aug. verging in Puos kein Tag ohne Beben. 
Vom 20. bis 24. Aug. trat die erste Ruhe ein. Am 25., 26. und 27. wur- 
den indess wieder Stösse empfunden. Der Rombo, welcher fast immer die 
Stösse begleitet, war meist einem rollenden Donner, zuweilen indess auch 
fernen Kanonenschüssen vergleichbar. Ein Beobachter versicherte, einmal 
ganz bestimmt den Rombo vor dem Stosse vernommen zu haben; ein An- 
derer hatte auf freiem Felde einen Rombo gehört, dem keine Erschütte- 
rung gefolgt sei. 


Sehr verschieden waren in den benachbarten Alpago-Dörfern die Wir- 
kungen des Erdbebens, wobei eine Abhängigkeit, sei es von höherer oder 
tieferer Lage, sei es von tertiärem Boden oder neueren Alluvionen, nicht 
nachzuweisen sein möchte. Wie Puos wurden theils zerstört, theils stark 
beschädigt: Farra, Borsoi, Torres, Quers, Plois, Curago, Codenzan. Weni- 
ger beschädigt wurden: Tignes, Villa, Pieve, Tambre, Tambruz, Chies, 
Garna, Sitran. a) 

Keinen nennenswerthen Schaden litten Bastia, Cornei, Torch. Die 
officiellen Berichte ergeben für die Alpago-Gemeinden folgende Verluste: 


Obdach- 
Häuser los 

TI en 
| 5 |8 |5 SE S°&s8e53552 35 es 
Gemeinden: | © | = | 3 Sg kr 82287 5% 0: S|ı= 85 
I1234> en su Oo sy Es te) Sr Er E12 125 
En 
een er 

ze Dee en 
PontedelleAlpi! 4802| 590 489 7 | 20 167 1295 — — —— 
Pieve d’Alpago | 2323| 333) 426 42 | 51 |...832 1, 266 521331 
Chies d’Alpago | 1948 272. 443 44 | 65 307 | 27 518: 76 410 
Puos d’Alpago | 1832| 280 329 44 61 180 ° 44 9011401114 
Farra.d’ Alpago | 2040 407 405 24 | 60 | 9247. 74| 969) 178 12 
Tambre. . .! 2078| 293. 322) 43 23 212 44) 407| 72, &— 
15033 1975 2414204 | 280 ı 1445 | 4853061 498/33,57 


Ausserdem wurden 7 Kirchen zerstört, 53 beschädigt. 

Auch Veränderungen der natürlichen Erdoberfläche wurden an einigen 
Stellen durch das Erdbeben hervorgebracht. So bildete sich bei Puos ein 
etwa 1 m. breiter, mehrere 100 m. langer Erdspalt, welcher sich indess 
bald wieder vollkommen schloss. Seine Richtung soll ostwestlich gewesen 
sein. Bei la Secca zerriss der etwas sumpfige Boden, und aus den Ris- 
sen drang schlammiges, Schwefelwasserstoff-haltiges Wasser hervor. Im 
nördlichen Theile des Alpago-Distrikts entstand zwischen Lamosano und 
Chies ein bedeutender Erdschlipf, welcher eine Fläche von mehr als 1 Q.- 
Kilom. umfasste. Die Quelle des Dorfs Arsie (Gemeinde Ponte delle Alpi), 
welche aus anstehendem Kalkstein des Monte Dolada entspringt, sowie 
eine zweite Quelle bei Soccher, welche eine Mühle treibt, versiegten un- 
mittelbar nach der ersten Erschütterung, um mit Schlamm beladen nach 
einer Viertelstunde wieder zu erscheinen. Auch auf dem Besitzthume des 
Baron GErA versiegte eine Quelle nach dem Erdbeben und erschien nach 
einiger Zeit von Neuem an einem 3 m. entfernten Punkte. Ohne Zweifel 
sind ähnliche Einwirkungen bei sehr vielen Quellen vorgekommen. 


Auf dem Wege nach Conegliano beobachtete ich noch an manchen 
Punkten Spuren heftigster Erschütterungen Sta. Croce, am Südende des 
See’s gelegen, hatte sehr gelitten, fast alle Häuser zerrissen und gestützt. 
Ein kleines Heiligthum südlich des Dorfs war bis auf eine Mauer gänz- 
lich niedergeworfen. Auf der Höhe Fadalto muss die Erderschütterung 
ausserordentlich heftig gewesen sein. Mehrere Häuser ganz eingestürzt, 
andere Ruinen; doch in unmittelbarer Nähe (wenige hundert Schritte) ein 
Haus fast ganz unbeschädigt. Dann wieder auf eine weite Strecke die 
niedrige, wohlgebaute Strassenmauer gelockert und theilweise zerstört. In 
Vittorio sah ich keine Spuren der Erdstösse. In Conegliano beschränkten 
sich die Spuren auf wenige Punkte, eine Thurmkrönung war herunter- 
gestürzt und eine Säulen-Ballustrade. Besonders beklagenswerth war das 
Unglück von S. Maria di Feletto, ”a d. M. westlich von Conegliano. Es 
stürzte hier das Gewölbe der bereits baufälligen Kirche ein und erschlug 


1417 


38, verwundete 19 Menschen, welche zum Morgengottesdienst versammelt 
waren. | 

Meine Erkundigungen in Puos waren auch dahin gerichtet, ob man 
vor der letzten Katastrophe häufiger im Alpago-Distrikte Bebungen der 
Erde wahrgenommen. So erfuhr ich, dass man zwar seit 4 bis 5 J. nicht 
die leiseste Bewegung gefühlt habe, dass aber vordem kleine, unschäd- 
liche Stösse nicht selten vorgekommen seien. Ein ziemlich starker Stoss 
im September 1856 hatte sich der Erinnerung der Menschen fest einge- 
prägt. Ein alter Mann erinnerte sich mit Bestimmtheit, dass im Jahre 
des russischen Feldzugs, 1812, am 25. October, zwischen 5 und 6 U. Mor- 
gens ein heftiger Erdstoss die Kamine herabgeschleudert und Mauern ge- 
spalten habe. — Es möge hier auch eines Erdbebens gedacht werden, 
welches vor mehr als einem halben Jahrtausend das Venetianische, Kärn- 
then, Krain etc. heftig erschütterte. In der Geschichte der Stadt Belluno 
von Gior6Io Pınont (Venezia 1607) heisst es: „Am 25. Januar, 5 Uhr (ita- 
lienische Zeit; also kurz vor Mitternacht) des J. 1348 war ein fürchter- 
liches Erdbeben, wie ein solches seit Menschengedenken nicht vorgekom- 
men. Kirchen, Thürme, Häuser stürzten ein, viele Personen wurden ge- 
tödtet. Besonders schrecklich waren die Verwüstungen in Frianl; es stürzte 
unter andern ein der Palast des Patriarchen zu Udine. Es wurden die 
Kastelle S. Daniele, Tolmezzo, Vensone und andere zerstört. In Venedig 
wurde der Canal grande trocken gelegt und viele Paläste umgestürzt. In 
Kärnthen fanden mehr als tausend Personen ihren Tod.“ Es ist dies das- 
selbe Erdbeben, welches den verhängnissvollen Bergsturz auf der steilen 
südlichen Seite des Dobratsch oder der Villacher Alp veranlasste. „Die- 
ser Bergsturz gehört, so unbekannt er ist, zu den fürchterlichsten Erschei- 
nungen dieser Art, und der grosse Bergsturz am Rossberge erscheint un- 
bedeutend gegen diesen. Zwei Märkte und 17 Dörfer wurden begraben, 
das Gailthal zu einem See gedämmt und nur mit Mühe konnte sich der 
Fluss eine Bahn durch die Trümmer brechen; noch jetzt sumpft das Thal 
aus dieser Ursache. Noch oft stösst man auf Häuser und in ihnen auf 
Gerippe“ (ScHAaugAcH, die deutschen Alpen. V, S. 70). 

Das jüngste Belluneser Erdbeben war an einzelnen Punkten vielleicht 
von nicht geringerer Intensität als die furchtbare Katastrophe in Cala- 
brien vom J. 1783. Während aber diese letztere auf einer Strecke von 
mehr als 10 d. M. von Monteleone und Mileto bis Reggio und Messina 
alle Städte und Dörfer in Trümmer warf, sind die eigentlichen Zerstö- 
rungen von Belluno (wenn wir absehen von der bereits früher den Ein- 
sturz drohenden Kirche S. Maria di Feletto und der Thurmspitze von Co- 
negliano) auf einen engen Raum von nur 2 d.M. Durchmesser beschränkt. 
Kaum möchte ein anderes Erdbeben ein gleich enge umgrenztes Zerstö- 
rungsgebiet bei einer sehr grossen Erschütterungsfläche (von mindestens 
4500 d. Q@.-M.) darbieten. Vielleicht dürfen wir aus dieser Thatsache 
schliessen, dass das Centrum des Erdbebens von Belluno in nicht sehr 
grosser Tiefe gelegen habe. 

Schliesslich sei mir noch die Bemerkung gestattet, dass vorstehende 


718 


Mittheilungen nur einige Reisewahrnehmungen zur Kenntniss bringen soll- 
ten; ein wissenschaftlicher Bericht konnte nicht in meiner Absicht liegen. 
Möchte sich die Hoffnung erfüllen, dass wir, sei es von italienischer, sei 
es von österreichischer Seite, eine wissenschaftliche Bearbeitung des Erd- 
bebens von Belluno erhalten nach dem Vorbilde der Arbeiten über das 
grosse Neapolitanische Erdbeben von 1857 von R. MaıLer, über das mit- 
teldeutsche Erdbeben vom 6. März 1872 von K. v. SEEBACH, u.n. a., da- 
mit ein in Bezug auf seine Ursachen noch dunkles Phänomen der dyna- 
mischen Geologie allmälig aufgehellt werde. 


Leydenburg, den 22. Juni 1873. 


Die bedeutende Aufregung, welche die neuentdeckten Goldfelder von 
Leydenburg hervorriefen, veranlasste mich, statt direct nach Europa zu- 
rückzukehren, wie es meine Absicht gewesen war, noch einen Ausflug 
nach denselben zu unternehmen. Es hiess „payable goldfields are opened“ 
und ein Jeder könne leicht 3—5 Thlr. per Tag erwerben. Da auf den 
Diamantfeldern bei der Tiefe der Gruben, der schwierigen und kostspieli- 
gen Bearbeitung, dem ungenügenden Zuzug von Eingeborenen, den niedri- 
gen Diamantenpreisen und dem theuren Leben ein sicherer Erwerb stets 
schwieriger wird, so war eine solche Nachricht, durch öffentliche Berichte 
und Privatmittheilungen in den Zeitungen vielfach bestätigt, natürlich äus- 
serst willkommen und wurde auf das Bereitwilligste geglaubt. Ich schenkte 
derselben, was die Reichhaltigkeit anbetrifft, allerdings wenig Glauben; 
denn während meines einjährigen Aufenthaltes in Süd-Afrika habe ich viel- 
fach Gelegenheit gehabt zu erfahren, wie unzuverlässig südafrikanische 
Nachrichten sind. Trotzdem beschloss ich die Gegend zu besuchen, theils 
um die dortigen Verhältnisse mit denen von Marabastad zu vergleichen 
(denn an dem Vorkommen von Gold war nicht zu zweifeln), theils weil 
ich jedenfalls Gelegenheit haben würde den gebirgigsten Theil der Trans- 
vaal-Republik kennen zu lernen. 

Bei meiner Ankunft fand ich, dass in der That Gold über eine grosse 
Strecke Landes hin vorkommt, dass aber die bisher gefundene Menge eine 
sehr unbedeutende ist. Der Wahrheit gemäss lässt sich nur behaupten: 
„Goldfelder sind entdeckt worden und es bedarf noch des Nachweises, ob 
eine Bearbeitung lohnend sein wird oder nicht.“ Die Weise, in welcher 
die neuen Goldfelder angepriesen wurden, kann man nur als einen unver- 
antwortlichen Schwindel bezeichnen, da durch dieselbe Manche veranlasst 
wurden, ihre letzten Mittel zur Herreise zu verwenden. Solchen, welche 
senügende Mittel besitzen einige Monate auf die praktische Untersuchung 
der Gegend zu verwenden, ist ein Besuch der Goldfelder nicht direct ab- 
zurathen. Möglich ist es natürlich, dass bis jetzt noch unbekannte Stel- 
len sich ergiebiger erweisen, doch muss ich aufrichtig sagen, dass mir 
eine sehr grosse Aussicht nicht vorhanden zu sein scheint. Immer- 
hin muss man ohne eingehende Untersuchungen (und zu solchen fehlte 


719 


mir die Zeit) vorsichtig mit seinen Ansichten sein, um so mehr, als Süd- 
Afrika schon einmal — durch die Diamantfelder — die Geologen voll- 
ständig überrascht hat. Einige Punkte scheinen übrigens genügend reich- 
haltig zu sein, um im grossen Massstab von einigen Wenigen bearbeitet 
Aussicht auf Erfolg zu bieten. 

Bis jetzt wird nur an zwei Punkten praktisch gearbeitet; auf der 
Farm Geelhoutboom * am Watervalrivier und auf der Farm Hendricks- 
daal, drei Meilen westlich vom Spitzkop. Geelhoutboom liegt etwa 42 
Meilen nordöstlich, Hendricksdaal etwa 30 Meilen östlich von Leydenburg; 
beide Punkte sind 22 Meilen von einander entfernt. Ausserdem wurde im 
Thal des Blyde rivier und an verschiedenen anderen Punkten Gold ge- 
funden, so dass die Ausdehnung des Goldfeldes eine bedeutende ist. 

Auf der Farm Geelhoutboom wird das Gold gewöhnlich zwischen grobem 
Kies gefunden. Nur die kleineren Gerölie sind vollkommen abgerundet, 
die grösseren Gesteinsbruchstücke sind meist eckig oder rundlich durch 
Verwitterung. Sie bestehen aus flachen Schieferschollen, sandigen Schie- 
fern, Quarzit-Sandstein und Diorit; sehr spärlich tritt Quarz auf mit gros- 
ser Tendenz zur Entwickelung von Krystallen. Der rothbraune Sand, 
welcher die Oberfläche bildet und 1—6 Fuss mächtig ist, enthält sehr 
wenig Gold und wird nur selten verarbeitet. An einigen Punkten trifft 
man unter dem Kies einen rothen, fetten Thon, der nur so lange ver- 
waschen wird, als er noch einige Gerölle enthält. Man hat ihn noch nicht 
durchsunken, doch würde man wahrscheinlich sehr bald auf anstehendes 
Gestein stossen. An anderen Punkten (meist näher am Fluss, als die 
vorigen) wird der die Gerölle verkittende Sand in der Tiefe nur schwach 
thonig und es folgt dann anstehendes Gestein, bald ein fester, harter, 
glattschiefriger, sandiger Schiefer, bald ein dunkelblauer, weicher Schiefer- 
thon. Beide streichen etwa Nord-Süd und fallen nach Westen; sie liegen 
theils fast horizontal, theils fallen sie bis zu 50°. Die Verhältnisse va- 
riiren beträchtlich, sogar innerhalb geringer Entfernungen. Wenn das 
Thal enger wird, fehlt der reine Sand an der Oberfläche meist gänzlich 
und man stösst dann gleich unter. der schwachen Humusschicht auf Ge- 
rölle. Da, wo ein Bach einmündet, trifft man auch ziemlich mächtige un- 
geschichtete Conglomerate. Mit dem Gold vergesellschaftet findet sich in 
srosser Menge Magneteisensand und zu Brauneisenstein umgewandelter 
Eisenkies; ausserdem local gediegen Blei in kleinen Körnern oder unregel- 
mässig gestalteten Stücken. Da die Gegend früher sehr wildreich war, 
so glaube ich, dass das Blei vom Kugelgiessen der Jäger herstammt, welche 
am Ufer des Flusses lagerten. In der Nähe kommen auch einige wenig 
mächtige Quarzadern vor, welche nach dem Zermalmen und Waschen 


* Der Farm Geelhoutboom ist von den Engländern nach einer reichen 
Goldmine in Australien der Name Bendigo beigelegt worden. Einstweilen 
hat sie sich noch nicht ihrer Namensschwester würdig erwiesen. Die Mei- 
len sind englische und wurden mit dem Pedometer gemessen. Einige der 
Punkte sind auf der neuesten Prrernann’schen Karte von Süd-Afrika an- 
gegeben (PETERM. geogr. Mitth. 1872, Tf. 21). 


720 


Spuren von Gold geliefert haben sollen. Eine derselben, kaum zwei Zoll 
breit, hat als Salband einen weichen, thonigen, weissen Sandstein, der so 
reich an Eisenkieskrystallen ist, dass sie fast die Hälfte der Masse bilden *. 

Beim Spitzkop ist das meiste Gold im Bette eines starken Baches 
gefunden worden. Die Ablagerung unterscheidet sich von denen auf Geel- 
houtboom-Farm nur dadurch, dass der Boden unter dem Sand meist tho- 
niger ist und grosse von den Höhen hin abgefallene Blöcke enthält, welche 
das Arbeiten ausserordentlich erschweren. Diese Blöcke sind zum Theil 
Sandstein, der an den Abhängen ansteht, zum Theil Quarz und Hornstein. 
Letztere stammen aus dem ein höheres Niveau einnehmenden Kieselkalk 
und repräsentiren dessen schwer verwitternde Lagen, welche zusammen- 
brachen, nachdem der Kalk fortgeführt war. Auf die Gerölle folgt ein 
licht perlgrauer, milder Schiefer, der meist vollständig zu Thon zerfallen 
ist und das Grundgebirge bildet. Zwischen dem sehr goldarmen Ober- 
flächen-Sand und dem Kies liegen häufig Lagen oder Nester einer theils 
braunschwarzen, wadartigen, theils bläulichschwarzen, vivianitähnlichen 
erdigen Masse. Die das Gold begleitenden Mineralien sind dieselben wie 
am Watervalrivier, doch findet man kein Blei. 

Es ist in diesen Gegenden nicht leicht, die Lagerungsverhältnisse so 
sicher zu erkennen, dass kein Zweifel übrig bliebe. Wahrscheinlich ist 
die Reihenfolge der Sedimente dieselbe, wie bei Marabastad: unten Schie- 
fer, darauf Sandsteine und schliesslich Kieselkalk mit Quarz und Horn- 
steinlagen. Die Schiefer zeigen nur eine geringe Mannigfaltigkeit; es sind 
meist Schieferthone oder nah Verwandte von den verschiedensten Fär- 
bungen, zuweilen verkieselte Schiefer. In der Nähe von Leydenburg bei 
der Potlood (Graphit) spruit sind sie sehr kohlig und sollen sich zu echten 
Graphitschiefern entwickeln. In der Nähe der Goldgruben ist die Schie- _ 
ferformation wenig aufgeschlossen, an anderen Punkten, besonders zwi- 
schen Spitzkop und Leydenburg tritt sie in bedeutender Mächtigkeit zu 
Tage. Der Sandstein ist in den unteren Lagen ein sehr fester Quarzit- 
Sandstein, der local conglomeratartig wird, in den oberen wird er zuwei- 
len kaolinig und mürbe. Der Kieselkalk ist genau derselbe wie der in 
meinem letzten Briefe von Eersteling erwähnte und wie dort reich an 
Höhlen. Der obere Theil des Spitzkop besteht aus demselben. In allen 
drei Formationen trifft man in grosser Meng9 Lager, Kuppen oder Gänge 
dioritischer Gesteine. Die Lagerungsverhältnisse sind sehr unregelmässig, 
so dass es scheint, als wenn die Sandsteine und Kieselkalke zur Ablage- 
rung gelangten, nachdem die Oberfläche der Schiefer schon mannigfach 
umgestaltet war. Aber auch später haben noch Hebungen bei seitlichem 
Druck stattgefunden, wie die unteren Schichten des Kieselkalks nachwei- 
sen, welche in der regelmässigsten Weise wie aneinandergereihte Keller- 
gewölbe gebogen sind. Jedenfalls ist die Thatsache sicher, dass man die 
jüngeren Formationen in sehr verschiedenem Niveau trifft, ohne dass das 


* Auf der Farm Geelhoutboom wurde der grösste Goldklumpen ge- 
funden, den Süd-Afrika bisher aufzuweisen hat. Er wiegt 1'%/,, Unze. 


721 


Fallen eine entsprechende Erklärung lieferte. Quarzgänge setzen nun so- 
wohl in den Schiefern als im Sandstein auf, doch ist über eine Goldfüh- 
rung der Letzteren noch nichts bekannt. Sollte hier (wie es mir für Ma- 
rabastad wahrscheinlich erscheint) nur die Schieferformation der ursprüng- 
liche Träger des Goldes sein, so sind keine grossen Quantitäten zu er- 
warten, da an den Punkten wenigstens, wo bis jetzt gearbeitet wurde, die 
Erosion noch nicht weit fortgeschritten ist. Es erklärt sich dies leicht 
aus der horizontalen Lage der Schichten. Bei Marabastad stehen die 
Schichten vertikal, die Atmosphärilien können leicht eindringen und die 
Verwitterung ist dort eine weit stärkere. Doch erscheint hier die Schiefer- 
formation für das vorhandene Gold nicht als hinreichende Quelle, und ich 
glaube daher, dass auch der Sandstein goldhaltige Gänge führte. 

Noch mehr als es bei Marabastad der Fall war, fehlen in diesen Ge- 
genden irgend erhebliche alluviale Ablagerungen, und auch hier wie dort 
scheint das Gold nicht weit von dem Punkte aus gewandert zu sein, an 
dem es sich ursprünglich im Gestein eingewachsen fand. Dafür spricht 
wenigstens, dass man das Gold auf einem Hügel unweit des Flusses meist 
zellig, in Blättchen, drahtförmig und zuweilen mit Quarz verwachsen, !/, 
Meile stromabwärts schon sehr fein und abgerundet, und noch weiter nur 
in sehr geringer Menge findet. Nach dem, was bis jetzt bekannt ist, und 
nach den geringen Aufschlüssen urtheilend, kann man wohl sagen, dass 
die flache Stellung der Schiefer, die geringen alluvialen Ablagerungen und 
das Fehlen bedeutender Quarzgänge als nicht sehr günstige Anzeichen zu 
betrachten sind. Man muss wohl annehmen, dass das Gold zumeist aus 
dem oberen zerstörten Theil von Quarzriffen herstammt, welcher ja der 
reichste zu sein pflegt. Doch es bleibt noch ein grosses Gebiet für die 
Forschung übrig, in welchem Spuren von Gold an vielen Punkten nach- 
gewiesen sind. 

Schliesslich will ich noch einige allgemeine Bemerkungen über den 
Bau vom Transvaal hinzufügen. Soweit meine Beobachtungen reichen, 
scheint mir die Annahme einer wellenförmigen Lagerung für die meta- 
morphischen Schichten nothwendig. Dieselben treten in solcher Ausdeh- 
nung auf, dass ihre Mächtigkeit bei der steilen Stellung eine ganz unge- 
wöhnlich grosse sein würde. Bei wellenförmiger Lagerung würde man 
dieselben Schichten an weit entfernten Orten wieder treffen. Wahrschein- 
lich waren dann die höchsten Punkte vor Ablagerung der jüngeren Sedi- 
mente schon zerstört und die Oberfläche war in Folge von Erosion und 
Hebungen eine höchst unregelmässige. Nimmt man ferner an, dass ein- 
zelne grosse Mulden sich zu verschiedenen Zeiten unter Wasser befanden, 
so kann man wenigstens meistens für die Unregelmässigkeit in der Reihen- 
folge der Sedimente und in dem Niveau, welches sie einnehmen, eine Er- 
klärung finden. Ob die Schiefer der hiesigen Goidfelder zu den oft wohl 
charakterisirten metamorphischen Schiefern zu rechnen sind, ist mir einst- 
weilen noch unklar. Für ausführlichere Erörterungen muss ich erst die 
einzelnen Beobachtungen kartographisch zusammenstellen. 


Auffallend ist es, dass ich nirgends Gesteine aus der Basalt- oder 
Jahrbuch 1873. 46 


122 


Trachytgruppe beobachtet habe, obgleich Basalt von Einigen (wenn ich 
mich nicht irre auch von HüsxEr) angeführt wird. An einigen wenigen 
Punkten, so am Dorpriver in der Nähe von Leydenburg, habe ich dichte 
Gesteine gefunden, welche zwar basaltähnlich aussehen, aber ihrer Lage- 
rung nach so innig mit Dioriten verknüpft sind, dass sie sicher zu dieser 
Gesteinsgruppe gehören. Der einzige mir bekannte Punkt, an dem man 
die Wirkung vuleanischer Kräfte annehmen muss, ist die Salzpfanne, etwa 
30 Meilen nördlich von Pretoria. Dieselbe liegt tiefer als die umgebende 
Ebene und ist von einem ununterbrochenen Ringgebirge aus Granit um- 
geben, welches sich einige Hundert Fuss über dem Spiegel des See’s er- 
hebt. Ich habe bei einigen Reisenden die Angabe gefunden: „Der See ist 
jedenfalls vulcanischen Ursprungs. da die Umgegend unzweifelhafte vul- 
canische Produkte aufweist.“ Es ist dies vielmehr so auszudrücken: „Der 
See ist jedenfalls vulcanischen Ursprungs, obgleich die Umgegend auch 
nicht die geringsten Spuren vulcanischer Produkte aufweist“. 

Nach meiner demnächst erfolgenden Rückkehr hoffe ich baldigst Musse 
zu finden, um Ihnen eingehendere Untersuchungen über die petrographi- 
schen und geognostischen Verhältnisse Süd-Afrika’s mittheilen zu können. 

E. CoBEN. 


Tromsoe, den 3. Sept. 1873. 


Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen hiermit den versprochenen Bericht * 
über meine geologische Excursion nach Spitzbergen gebe, von der ich am 
27. August glücklich zurückgekehrt bin. 


Am 30. Juni verliess ich mit meinem Reisebegleiter Herrn F. PETRIcH 
mit dem Schiffe Polarstjernen den Hafen von Tromsö und steuerte dem 
Norden zu. Durch stets widrigen Wind und Windstille aufgehalten, kamen 
wir erst am 16. Juli früh im Bellsund in Spitzbergen an. 

Am 10. Juli kamen wir in 75055‘ N. B. während eines SW.-Sturmes 
in Treibeis und entrannen nur mit genauer Noth einer Zertrümmerung 
unseres Fahrzeuges; wir mussten der grossen Treibeismassen wegen sogar 
unsern Cours wieder in die Nähe von Bären-Eiland zurücknehmen. 

Im Bellsunde besuchte ich die Recherche-Bay, in deren Umgebung 
sich die tiefsten Glieder der von Prof. NoRDENSKJÖLD als Hecla-Hook-For- 
mation bezeichneten Schichtenreihe vorfinden. Dieselben bestehen aus 
chloritischen und manchmal den Taunus-Gesteinen sehr ähnlichen Schie- 
fern. Nicht weit südlich vom Eingange in den Bellsund beobachtete ich 
ein Kohlenlager. Als Hangendes: Sandstein und derbes Quarz-Conglome- 
rat mit eingesprengten Kohlenbrocken und Kohlenschmitzen, als Liegendes 
Letten. Das Kohlenflötz selbst ist gegen 2° mächtig, gebildet von einer 


* Vergl. Jahrb. 1873, 517. 


723 


schönen Schwarzkohle. Dieses Flötz scheint übrigens nur ein losgerisse- 
ner Theil der mehr im Innern des Fjordes vorkommenden Tertiärforma- 
tion zu sein, da ringsherum sich Gesteine der Hecla-Hook-Formation be- 
finden (die Hecl.-H.-Formation ist nach Prof. NoRDENSKIÖLD wahrscheinlich 
devonischen Alters). 

Im Bellsunde traf ich mit Prof. NorpensksöLn, dem Leiter der im 
Winter 1572—73 in Spitzbergen überwinterten schwedischen Nordpol-Ex- 
pedition zusammen, welcher auf der Rückreise nach Schweden begriffen 
war. Wir machten zusammen einige für mich sehr lehrreiche Excursio- 
nen. Wir besuchten die Axelö, eine langgestreckte, den Eingang zur Van- 
Mijen-Bay versperrende Insel, welche aus senkrechten Kalk- und Feuer- 
steinschichten des Bergkalkes besteht. Eine Unzahl von Bergkalk-Ver- 
steinerungen (Product., Spirifer, Euomphal., Korallen etc.) konnte hier 
gesammelt werden. Ferner machten wir einen Ausflug zu dem der Axel 
gegenüberliesenden Friethof-Gletscher, welcher bekanntlich erst seit dem 
Jahre 1860 so weit herabrückte. Als Prof. NorDENSKJÖöLD Spitzbergen im 
Jahre 1558 zum erstenmale besuchte, war noch an seiner Stelle ein aus- 
gezeichneter” Hafen. 

Vom Bellsund fuhren wir mit unserem Schooner zum Eisfjorde. Hier 
besuchte ich mit Prof. NorvEnskJöLp die Kreidepflanzen enthaltenden 
Schichten am Cap Staratschin, sowie die tertiären, Taxodien enthaltenden 
Lager an der Green-Harbour-Bay. Die Triasformation am Cap Thordsen 
studirte ich eingehend. In den in dem dortigen Schiefer häufig vorkom- 
menden grossen Kalkknollen fand ich prachtvolle Cephalopoden- und Con- 
chylienreste, Mein Begleiter hatte sogar das Glück, das recht wohl er- 
haltene Skelet eines Wirbelthieres (Saurier?) in einem dieser Knollen zu 
entdecken. Die Triasschichten am Cap Thordsen werden von zwei Lagern 
von Hyperit durchsetzt, welche in prachtvollen sechsseitigen Säulen abge- 
sondert ist. Im Nordfjorde, der nördlichsten Abzweigung des Eisfjordes, 
untersuchte ich die die beiden Arme dieser Bay trennende Landzunge und 
fand in dem hier prachtvoll gegliederten Bergkalke, welcher sich durch 
schöne Alabaster-Lagen auszeichnet, reichliche Versteinerungen. Beinahe 
hätten wir aber im östlichen Arme des Fjordes unser Schiff verloren, da 
es von Eis auf den Grund getrieben und umgeworfen wurde. Glücklicher- 
weise wurde der starke Schooner nicht beschädigt. 

Mit dem Boote machte ich ferner einen Ausflug bis zum Ende der 
Klaas-Byllen-Bay. Dieselbe besteht am Eingange aus schwach nach SW. 
fallenden Bergkalkschichten, welche anfangs von steil stehenden, sich spä- 
ter als mit schwachem Fallen nach NW. umwendenden rothen Sandstein- 
lagen der Hecla-Hook-Formation unterlagert sind; in der Adventbay be- 
suchte ich die hier auftretende Juraformation, fand einige schöne Verstei- 
nerungen und beobachtete in den die Juraformation überlagernden Ter- 
tiärschichten einige hübsche Kohlenflötze. 

Durch den beinahe vollkommenen Mangel einer Vegetation sowie durch 
die Wirkungen des Frostes ist der Bau der Gebirge im Eisfjorde auf das 


Schönste entblösst. Meilenweit kann man die einzelnen Lagen und Schichten 
46 * 


124 


längs den kahlen Abhängen verfolgen. Die durchschnittliche Regel in 
diesen Gegenden ist: Streichen nach SO., NW., schwaches Fallen nach SW. 

Vom Eisfjord aus fuhr ich mit meinem Schiffe zur Magdalenenbay, 
westlich bei Prinz Carls Vorland vorüber. Ich landete auf dieser Insel 
mit dem Boote an zwei Punkten. Die Berge in der Nähe von Sorte Pint, 
dem einen von mir besuchten Punkt, bestehen aus nach h. 11 streichenden 
und nach Ost fallenden chloritischen Schiefern und körnigen Kalken. Er- 
stere bilden den ungemein scheerenreichen Küstenrand und stehen beinahe 
senkrecht. Ich zweifle nicht, dass diese Gesteine ebenfalls der Hecla- 
Hook-Formation angehören. 

Der zweite von mir besuchte Punkt auf Prinz Karls Vorland liest 
unter 78°46' n. B. 

Er ist ausgezeichnet durch 2 am Eingange eines breiten sich nach 
OSO. erstreckenden Thales sich erhebende Felspyramiden. Die Berge 
bestehen aus schwarzen. mit festen Adern durchzogenen Hecla-Hook-Kal- 
ken, welche an der Spitze der Pyramiden von einem schönen groben Quarz- 
conglomerat überlagert sind. 

; Die Umgebung der Magdalenenbay ist von Gneissen und Gneiss-Gra- 
niten gebildet. Den Gneissen sind oft Kalk- und Quarzschichten einge- 
lagert, in denen viele Mineralien (Granat, Titanit, Chondrodit, Idokras etc.) 
oft sehr schön auskrystallisirt vorkommen. Hier wie auch an den öst- 
lichen Küsten der Smeerenburg-Bay sieht man die merkwürdige, vollkom- 
men deutliche Kraterform der Berge, worauf schon NoRDENSKJÖLD aufmerk- 
sam gemacht hat. Die Kraterwände sind meistens gegen das Meer zu 
offen und gestatten dann oft einem mächtigen Gletscher den Ausgang in 
die See. 

Die Entstehung dieser Kratere zu erklären mag schwer fallen. Kei- 
nenfalls ist aber dabei an einen vulkanischen Akt zu denken, da Nor- 
DENSKJÖLD auch in den aus Quarziten bestehenden Bergen der Wydie-Bay 
solche Formen beobachtete. 

Schliesslich machte ich noch einen Ausflug zur nordwestlichsten Spitze 
Spitzbergens, zur Amsterdamö (79°45‘). Die östlichen Theile der Amster- 
damö und Danskö bestehen aus ausgedehnten Flachländern, bedeckt von 
Massen Treibholz und erratischen Blöcken. Dieselben gehören Gesteinen 
an (Graniten, Syeniten, krystallin. Schiefer), welche meist vollkommen von 
den an den Küsten von Spitzbergen anstehend .angetroffenen verschieden 
sind. Auch auf den Gansinseln im Eisfjorde, welche aus schon in Säulen 
abgesondertem Hypersthenit bestehen, konnte ich ebensolche erratische 
Blöcke S—10‘ über dem höchsten Wasserspiegel finden. 

Mit ihnen zusammen kamen nebst Unmassen von Treibholz Walfisch- 
skelette und die noch schön blauen Schalen von Mytilus edulis vor, einer 
in Spitzbergen nicht mehr lebenden Conchpylie. 

Die vielen erratischen Blöcke von an den Küsten von Spitzbergen nie 
anstehend vorkommenden Gesteinen, mögen uns ein Zeichen sein, dass das 
Innere dieser grossen Insel aus plutonischen und krystallinischen Schiefer- 
Gesteinen bestehe, abweichend von den an der Küste vorkommenden. 


125 


Am 14. August traten wir die Rückreise nach Norwegen an. Die von 
mir projectirte Fahrt in den Storfjord musste der ungünstigen Eisver- 
hältnisse halber aufgegeben werden. 

Am 21. August langten wir in Hamerfest an. 

Dr. Rıcuarp v. DRASCHE. 


Zürich, den 4. Sept. 1873. 

- Vor einigen Tagen erhielt ich von Herrn Caplan Furserr in Bristen 
eine Anzahl zusammengehöriger Exemplare zur Ansicht geschickt, welche 
‚neuerdings im Maderaner-Thale gefunden wurden, und da sich daran Apo- 
phyllit vorfand, welcher bisher noch nicht in der Schweiz gefunden wurde, 
so theile ich Ihnen dies mit. Die an den Stücken beobachteten Minerale 
sind zum Theil recht schön ausgebildet, besonders Skolezit und Caleit. 
Der Skolezit bildet bis über einen Centimeter lange farblose nadelförmige 
Krystalle, die ausser der klinorhombischen Pyramide an den Enden der 
Prismen bisweilen noch die Längsflächen zeigen. Sie sind als Bekleidung 
einer Gesteinsoberfläche vorhanden, doch das Gestein selbst, wahrschein- 
lich Diorit, nicht zu erkennen, sondern nur aus anhängenden Theilen zu 
erschliessen. Als Begleiter sind gut ausgebildete Caleitkrystalle zu er- 
wähnen, 4R.oR, die auch noch andere Gestalten in Combination unter- 


geordnet zeigen, doch nicht durchgehends, nämlich ooR, Roo, mR und 
ein Skalenoeder, wogegen ein 4 Centimeter hoher und 5 Centimeter dicker 
Krystall die Combination oR.B5 zeigte. Die Calecitkrystalle sind grau- 
lichgelb bis honiggelb, einzelne an einer Seite grünlichgelb durch chlori- 
tischen Einschluss, durchscheinend bis halb durchsichtig und auf den Ba- 
sisflächen zum Theil trigonal getäfelt oder trigonal gestreift. Die Skole-. 
zitnadeln durchdringen bisweilen die Calcitkrystalle, doch finden sie sich 
auch auf Caleit. Als ein zweiter Begleiter ist farbloser bis weisser, durch- 
sichtiger bis durchscheinender Stilbit zu bemerken, der zum Theil gut aus- 
gebildete Krystalle oP& . ocoP&o . PX. oP .. 2P‘ bildet, während die grös- 
seren zwischen den Skolezitnadeln versteckt und undeutlich sind. 

Der Apophyllit ist weiss, durchscheinend und wenig glänzend, stellen- 
weise durch Verwitterung etwas angegriffen; die bis 5 Millimeter dicken 
und hohen Krystalle oP..ooP&o.P oder oP. P.ooPoo auf Skolezit auf- 
sewachsen und zum Theil von den Nadeln desselben durchwachsen. An 
dem oben erwähnten grossen Calcitkrystalle 5R . oR sind wenige Skolezit- 
nadeln angewachsen, ausserdem Orthoklas, Rauchquarz, Epidot, Chlorit 
und Byssolith zu bemerken, welcher letztere an anderen Exemplaren, 
welche besonders Skolezit, Caleit und Stilbit zeigen, an der unteren, vom 
Gestein abgelösten Fläche filzartig verwebt erscheint. Chlorit, welcher da 
und dort aufliegende Schüppchen bildet, zeigte sich an einem Exemplare 
an blassem Rauchquarz als eine etwas über 2 Centimeter messende Kugel. 
Dieselbe liess an der Oberfläche und an einer angebrochenen Stelle keine 
centrische Bildung erkennen, sondern besteht aus kleinen mit einander 
verwachsenen Chloritschuppen. Als Begleiter ist hier Orthoklas in der 


726 


x 
Combination ooP . ooP3 . ooP&o . ooP& . P’&o. °/,P'&.oP zu sehen, neben- 
bei einige Titanitkryställchen, ein farbloser, dicktafeliger Apatitkrystall 
und im Quarz eingewachsener Epidot *. A. KeEnnsorT. 


B. Mittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Cordoba, im Juni 1873. 

In der Zeit von Ende November 1872 bis Anfang April 1873 habe 
ich auf einer zweiten grösseren Reise die argentinischen Provinzen San 
Juan und Mendoza und die Cordillere zwischen dem 31. und 
33.° S. Br. in mehr oder weniger genereller Weise durchforschen können. 
Von Cordoba aus fuhr ich zunächst nach San Juan, miethete mir hier 
12 Maulthiere und kreuzte nun zunächst die Cordillera de los Patos, ver- 
weilte dann 14 Tage in Santiago und Valparaiso, ging über die Cumbre 
und Uspallata nach Mendoza zurück, dann wieder nach San Juan und in 
den Norden dieser Provinz. Endlich kreuzte ich die südliche Fortsetzung 
der Famatina-Kette und ritt durch die Pampa nach Cordoba zurück. Im 
Nachfolgenden gestatte ich mir, die wichtigsten geologischen Resultate 
dieser Reise zusammenzustellen. Ich werde dieselben, der besseren Ueber- 
sicht wegen, nicht nach ihrer zeitlichen Aufeinanderfolge besprechen, son- 
dern nach geographischen Gebieten gruppiren und beginne da zunächst 
mit denjenigen Gebirgen, die sich zwischen Cordoba und San Juan, als 
langgestreckte Rücken aus der Pampa erheben. Man kann sie füglich die 
Pampas-Gebirge nennen. Zu ihnen gehören, von O. nach W. zählend, 

sdie aus 3 Parallel-Kämmen bestehende Sierra de Cordoba, die Sierra de 
los Llanos mit der Sierra de Ullapes als ihrer südlichen Fortsetzung, dann 
die kleine Sierra de Chepe, die Sierra de la Huerta, oder, wie sie vielfach 
genannt wird, die Sierra de los minas (die südl. Verlängerung der Fama- 
tina-Kette), endlich die Sierra de Pie Palo, welche letztere, unmittelbar 
östlich der Stadt San Juan gelegen, den Westrand der Pampa bildet. 

Alle diese Sierren streichen im Allgemeinen NS. und überragen die 
Ebene, welche sich in ungemessenen Flächen zwischen ihnen ausbreitet, 
etwa: 1200-2000 m.; die meisten dieser Ketten ziehen sich ausserdem 
mindestens über ein oder zwei Breitegrade hinweg. Geologisch stimmen 
sie im Wesentlichen völlig mit einander überein; sie bestehen nämlich fast 
durchgängig aus alten krystallmischen Schiefern, insonderheit aus zahl- 
reichen Varietäten von grauem Gneiss. Mit demselben wechsellagern aber, 
in breiteren Zonen, oder in wenig mächtigen Bänken, allenthalben Horn- 
blendeschiefer und gabbroartige, bald körnige, bald schiefrige Gesteine, 
während sich lokal (Ostabhang der westlichen Sierra von Cordoba) auch 
Thonschiefer anlagern. Zu den erstgenannten krystallinischen Schiefer- 


* Als Fundort ist, nach späterer Mittheilung des Verf. vom 14. Sept. 
der schattige Wichel über der Fellinen-Alp, hinter dem Bristenstock an- 
zuführen. 


727 


gesteinen und an der Wechsellagerung derselben in der unzweifelhaftesten 
Weise theilnehmend, gesellen sich ausserdem noch krystallinische Kalk- 
steine (Cordoba, Huerta und Pie palo). Dieselbe Schieferformation habe 
ich auf meiner vorjährigen Reise in den Sierren von Tucuman, Catamarca 
und Rioja kennen gelernt; aber auch östlich der Haupt-Pampa trifft man 
sie wieder an, in den Gebirgen der Provinz Buenos-Ayres und östlich des 
La Plata in Uruguay. Bei Montevideo habe ich die wechsellagernden 
Gneisse, Glimmerschiefer und Hornblendeschiefer selbst studiren können 
und für die nördlich von Montevideo gelegenen Landstriche besitzen wir 
Darwın’s Schilderungen, der hier die krystallinischen Schiefer ebenfalls in 
Wechsellagerung mit Kalksteinen constatiren konnte. 

Sieht man von der nördlichen Breitenerstreckung nach Brasilien ganz 
ab, so occupirt die in Rede stehende Formation schon innerhalb der argen- 
tinischen Republik und der Banda oriental einen Flächenraum von 9 Brei- 
ten- und 14 Längengraden; oder zum wenigsten ist sie so ziemlich das 
Einzige, was sich innerhalb dieses Territoriums beobachten lässt. Über 
14 Längengrade hinweg wechsellagern also bei steilem Einstellen NS. 
streichende Schichtensysteme und Bänke krystallinischer Schiefer und Kalk- 
steine! Ich denke, es ist dann nicht Bequemlichkeit, sondern zwingende 
Nothwendigkeit, wenn man einen derartigen Schichtencomplex als eine 
metamorphische Formation auffasst. 

Da ich mich jedoch hierüber in einer anderen kleinen Arbeit, welche 
ich dieser Tage an Herrn TscHermak senden werde, etwas weiter aus- 
sprechen will, so sei an dieser Stelle, und fortfahrend in meiner Bericht- 
erstattung, nur noch erwähnt, dass Durchbrüche von Eruptivgesteinen, 
speciell solche von Graniten, Quarzporphyren, Trachyten und basaltischen 
Gesteinen in allen Pampasgebirgen sich finden, ohne jedoch innerhalb der- 
selben irgend welche bedeutendere Entwickelung zu gewinnen. 

Immerhin ist der Nachweis dieser Durchbrüche in den Sierren von 
Cordoba und Rioja, Tucuman und Catamarca nicht ohne Interesse, da man 
in allen älteren Beschreibungen nur zu oft angegeben findet, dass nament- 
lich die letzten 3 der genannten Eruptivgesteine östlich und ausserhalb 
der Cordillere nicht mehr angetroffen würden. Gegenüber ihrer massen- 
haften Entwickelung in der Cordillere ist allerdings ihr Vorkommen in 
den Pampassierren nur ein insulares; aber dass die gewaltigen Eruptions- 
gebiete der Cordillere ihre Vorpostenketten weit nach Osten hin entsendet 
haben, das unterliegt, wie gesagt, keinem!Zweifel. Noch in der Sierra von 
Cordoba finden sich Durchbrüche von Quarzporphyren und trachytische, 
dem Gneisse aufgesetzte Kegelberge. 

Es wurde schon erwähnt, dass sich zwischen den besprochenen Ge- 
birgsketten die westlichen Ebenen der Pampas ausbreiten; zwischen Cor- 
doba und San Juan sind es namentlich mit Wald bedeckte Ebenen, deren 
Einförmigkeit nur an zwei Stellen durch „Salinen“ unterbrochen wird, das 
sind weit ausgedehnte, NS. streichende Bodendepressionen, fast ohne alle 
Vegetation und nur mit weissen Salzefflorescenzen bedeckt. Bald hoffe ich 
sie ausführlicher schildern zu können. 


128 


Endlich findet sich noch im Gebiete der Pampassierren eine Sandstein- 
Conglomerat-Formation, die sich gewöhnlich nur an dem Fusse der ein- 
zelnen Sierren als schmaler Saum und mehr oder weniger stetig entwickelt 
hinzieht, um dann alsbald unter die lehmig-sandige Pampasdecke unterzu- 
tauchen. Unter derselben ist sie offenbar eingelagert in die undulirte 
Oberfläche der älteren Schieferformation. 

Obwohl fast nirgends in dieser namentlich durch rothe Sandsteine 
charakterisirten Formation Versteinerungen aufgefunden werden konnten, 
so scheint es mir doch nicht wahrscheinlich zu sein, dass sie d’ORBIGNY’sS 
Guarani entspricht, d. h. der tiefsten Etage der argentinischen Tertiär- 
formation. Schon auf meiner vorjährigen Reise konnte ich im Thale von 
S. Maria (Catamarca) eine ähnliche, und hier Bivalvenabdrücke zeigende 
Formation nachweisen, deren Sandsteine mit Conglomeraten wechsellager- 
ten, in denen sich Trachyt-Geschiebe fanden (Jahrb. 1872, 635); auch auf 
der diesjährigen Exkursion konnte ich an mehreren Stellen, namentlich 
in der Provinz San Juan, Geschiebe von unzweifelhaftem Hornblende- 
Trachyt aus Conglomeraten herausschlagen, die mit rothen oder gelben 
Sandsteinen wechsellagerten. 

Sonach scheint das Guarani, das d’OrBIenY zunächst für die argen- 
tinische Provinz Corrientes feststellte, dann aber auch NW. der Pampas 
in den bolivianischen Provinzen Chiquitos und Moxos nachwies, auch weit 
nach Süden hin sich auszudehnen, wenn es hier auch weitaus zum gröss- 
ten Theile durch das Diluvium der Pampas der direkten Beobachtung 
entzogen ist. ; 

Auch zwischen den beiden westlichsten Pampassierren, zwischen der 
Huerta und dem Pie palo findet sich eine Sandstein-Conglomerat-Forma- 
tion, indessen konnte ich hier als Gerölle des Conglomerates nur die Ge- 
steine der benachbarten Sierren, d. i. Gneiss und alte krystallinische Schie- 
fer erkennen. Hiernach würde die Stellung dieser Sandsteinschichten eine 
ziemlich unbestimmte bleiben. Da es mir indessen vergönnt war, mehr 
dem Südende der Sierra de la Huerta, bei den Mareyes, eine reiche Beute 
an Pfianzenabdrücken zu machen, die hier in Glimmersandsteinen auftre- 
ten, welche mit Schieferthonen und schwachen Kohlenflötzen wechsellagern, 
so wird hoffentlich bald ein Urtheil darüber abgegeben werden können, ob 
auch hier Guarani oder ob eine ältere Formation vorliegt. 

Unmittelbar westlich, beziehentlich nördlich der Stadt San Juan be- 
ginnen, wiederum in NS. Längsausdehnung, andere parallele Gebirgsket- 
ten, diesmal dichter an einander gedrängt, welche sich als die zweite 
Vorkette der Cordillere bezeichnen lassen. Es sind die zwei Sierren 
von Zonda, diejenigen von Villicum, Gualilan, Guaco und Jachal. Alle 
diese Gebirge, wiederum hohe und rauhe Ketten, bestehen fast durchgängig 
aus plattigen Kalksteinen, die lokal von mächtigen Dolomiten begleitet 
werden, die das Hangende der betreffenden Formation zu bilden scheinen. 
Die Kalksteine zeigen mehrfach die wunderbarsten Knickungen und Fal- 
tungen ihrer Bänke (Quebrada de Zonda und Talacastra): ausserdem 
stellen sich im Kalkstein wie im Dolomite zahlreiche Knollen oder Lagen 


ee Mn nn U 


129 


dunkelfarbiger Hornsteine ein, die nach mehrfachen Andeutungen wohl als 
alte Schwammlagen aufzufassen sind. Es sei nebenbei bemerkt, dass die 
scheinbar ganz homogenen Hornsteine des Dolomites eine Unzahl kleiner 
und ringsum ausgebildeter Dolomitrhomboederchen einschliessen, wie Dünn- 
schliffe in der prächtigsten Weise erkennen lassen. Offenbar haben sich 
die Kryställchen inmitten einer schwammigen oder gelatinösen Masse ent- 
wickelt. 

Wichtiger ist, dass ich in der eben erwähnten Kalksteinformation an 
6 Lokalitäten, die innerhalb einer 30 geogr. Meilen langen NS. Linie lie- 
gen, mehr oder weniger zahlreiche Versteinerungen sammeln konnte (Tri- 
lobiten, Orthoceratiten, Euomphaleen und verschiedene Brachiopoden), von 
welchen einzelne Formen mit den im vorigen Jahre in der Sierra Fama- 
tina-Angulos gefundenen identisch sind (Jahrb. 1872, 632 u. 634). Die 
paläozoische Formation ist also östlich der Famatinakette, namentlich aber 
westlich derselben, zwischen ihr und der Cordillere, als ein mächtiges NS. 
streichendes Band entwickelt; man kann sagen, sie bildet den äussersten 
Saum der Cordillere, und wenn dieses Verhältniss auch nicht ein ganz un- 
erwartetes ist (FÖTTERLE in PETERMAnN’s Mittheil. 1856, 190), so dürfte 
doch der positive Nachweis seiner Existenz ein allgemeineres Interesse 
erwecken. Innerhalb der argentinischen Republik entspricht die Zone von 
Kreide-Formation, die FÖTTERLE in seiner Karte eingezeichnet hat, nach 
Verlauf, Breite und Situation ziemlich genau der ersten paläozoischen Vor- 
kette der Cordillere. 

Wie übrigens die Formation der älteren krystallinischen Schiefer auch 
westlich der Hauptcordillere wieder auftritt, die sogenannte Küstencordil- 
lere bildend, so scheint es nach gefälligen Mittheilungen, die mir kürzlich 
Herr Domevko machte, auch nicht unwahrscheimlich zu sein, dass unsere 
paläozoische Formation am Pacifico nachgewiesen werde. Die Bestätigung 
dieser Ansicht, die Herr Donzyko vorläufig nur auf die Gesteinsanalogie 
gründet, die zwischen argentinischen , trilobitenführenden Schiefern und 
Anderen der chilenischen Küstenprovinzen existirt, würde von höchstem 
‘Interesse sein, indem durch sie in der bestimmtesten Weise bewiesen wer- 
den würde, dass zur Trilobitenzeit noch kein der heutigen Cordillere ent- 
sprechendes Gebirge existirte. 

Westlich der versteinerungsführenden Kalkgebirge folgen nun in der 
Breite von San Juan zwei mächtige Parallelketten, diejenigen des Para- 
millo und von Tontal. Sie streichen wiederum von Nord nach Süd und 
vereinigen sich im Süden zu der Sierra von Mendoza-Uspallata. Dieses 
neue Gebirgssystem lässt sich als die erste Vorkette der Cordillere 
bezeichnen und es besteht im Wesentlichen aus grauen, grünen oder vio- 
letten 'Thonschiefern, die gewöhnlich mit Bänken graugrüner, quarziger 
Gesteine wechsellagern. Burnkiıster hat die letzteren recht passend Grau- 
wacken genannt. Diese Gesteine sind wohl unzweifelhaft das Liegende 
der soeben besprochenen Kalkformation; ich fand in ihnen nur an einer 
einzigen Stelle undeutliche Versteinerungen, nämlich am Ostabhang der 
Paramillo-Kette, woselbst Schieferthone, die undeutliche Pflanzenreste füh- 


% 


730 


ren, mit den Thonschiefern wechsellagern; kleine Kalkriffe, die sich 
schanzenartig am östlichen Fusse dieser Sierra hinziehen und in denen 
lokal Brachiopodenbrut zu beobachten war, sind die westlichsten Repräsen- 
tanten der zweiten Vorkette. 

Innerhalb der Kalkstein-Thonschiefer-Ketten fehlt es wiederum nicht 
an Quarzporphyr- und Trachyt-Durehbrüchen, sowie an An- und Einlage- 
rungen rother und gelber Sandsteine; ja die letzteren ziehen sich sogar 
aus den Längsthälern hoch in das Gebirge hinauf, so dass z. B. die höch- 
sten Felsenzacken der Paramillo-Kette (der Cerro de las Cuevas), der eine 
absolute Höhe von etwa 3000 m. haben dürfte, aus weithinleuchtenden 
Sandsteinen besteht. 

Besonders interessant sind einige Trachyt-Durchbrüche im Gebiete der 
Vorketten; ich will nur drei specieller erwähnen, mit dem nördlichsten, 
d. i. mit dem vom Gualilan beginnend. Hier durchsetzt ein wahres Netz- 
werk von Gängen das kleine, aus Orthoceratiten führenden Kalksteinen 
bestehende Gebirge, welches durch seine goldhaltigen Gänge weithin be- 
kannt ist. Die Trachyte sind ausgezeichnete Quarz-Hornblende-Gesteine, 
mit bis 1 cm. grossen Quarzdiploedern, die zu tausenden in dem die kahle 
Sierra bedeckenden Gneisse gesammelt werden können. Anderseits ist als 
interessant hervorzuheben, dass die Gänge in Bezug auf die paläozoischen 
Schichten theils Lager-, theils Quergänge sind, bei übrigens ganz analoger 
petrographischer Beschaffenheit. Mehrfach schliessen sie Kalkfragmente 
ein, und bilden mit denselben z. Th. wahre Breceien. 

Ein anderer Trachytdurchbruch findet sich westlich San Juan, in der 
Sierra von Zonda, durch lichtfarbige glockenförmige Kegel sich scharf von 
dem düsteren Thonschieferhintergrunde der Sierra abhebend. Wiederum 
sind es Hornblende-Trachyte und ihr Vorkommen erhält ein besonderes 
Interesse dadurch, dass sie Schollen von rothem Sandstein und Conglome- 
raten überflossen und so vor der Zerstörung geschützt haben, dadurch 
aber beweisen, dass diese Sandsteinformation, die anderweit in der Nähe 
der Cerros blancos — so heissen die Trachytkegel von Zonda — nicht 
mehr nachgewiesen werden kann, ehemals eine allgemeinere Verbreitung 
gehabt haben muss. Noch weiter südlich endlich, in der Sierra Mendoza- 
Uspallata, gewinnen trachytische und basaltartige Gesteine eine sehr be- 
deutende räumliche Entwickelung. Der Centralstock der genannten Sierra 
besteht aus Thonschiefern mit eingelagerten Grauwackenbänken, aber öst- 
lich (Mendoza), südlich (am Cerro Cacheuta) und westlich (bei Uspallata) 
lagern sich mächtige Sandsteine an, die namentlich im Süden und Westen 
von zahlreichen Eruptivgesteinen durchbrochen sind. Bald sitzen trachy- 
tische Gesteine gangförmig auf, bald haben sich tuffartige oder mandel- 
steinartige Massen derselben deckenförmig ausgebreitet, um wieder von 
Sandstein überlagert zu werden, an anderen Orten finden sich mächtige 
Stöcke basaltartiger Gesteine als Durchbrüche des Sandsteines, der in ihrer 
Nähe (Agua de la Zorra) zahlreiche, verkieselte und vielfach noch vertikal 
stehende Baumstämme einschliesst, die schon von Darwın beobachtet wur- 
den, aber ein weit grösseres Verbreitungsgebiet haben, als früher ange- 

© 


731 


nommen wurde. Der Sandstein selbst ist bis jetzt für Tertiär gehalten 
worden und seine innige Verknüpfung mit jüngeren Eruptivgesteinen lässt 
diese Annahme sehr berechtigt erscheinen. Ihre Bestätigung oder even- 
tuell ihre Berichtigung wird dieselbe hoffentlich in dem Studium der Ver- 
steinerungen finden, die ich sowohl bei Uspallata, als an 4 Punkten des 
Ostabhanges, nahe Mendoza, sammeln konnte, und welche ausser verein- 
zelten Ganoidenschuppen, fast nur aus Schalen einer grossen Cypridine 
bestehen, die man bei flüchtiger Betrachtung für eine Posidonomya-artige 
Bivalve halten könnte. Diese organischen Reste finden sich mit seltener 
Ausnahme lediglich in bituminösen Schiefern, die auf ihrer Oberfläche eine 
eigenthümliche lichtblaugraue Verwitterungsfarbe annehmen. Zwischen 
Uspallata und dem Agua (de la Zorra, dann auch längs des Gebirgsabhan- 
ges bei Mendoza sind sie besonders zu studiren; sie wechsellagern mit den 
Sandsteinen. Während es mir nur an zwei Lokalitäten nahe Mendoza 
(bei Challao und an der Punta de la Laja) glückte, Pflanzenreste zu fin- 
den (unter anderen schilfartige Stengel, die schon Burmeister in seiner 
Reise I. 248 erwähnt, aber wohl irrthümlich als Calamiten-artige Gewächse 
deutete) und während diese Pflanzenreste immer nur im Sandstein oder in 
plastischen Thonen auftreten, die mit jenem wechsellagern, ist der bitu- 
minöse Schiefer, an allen Lokalitäten, an welchen ich ihn sah, im wahr- 
sten Sinne des Wortes erfüllt von jenen Süsswasserkrebsen, so dass kaum 
eine andere Auffassung als diejenige zulässig ist, den Bitumengehalt der 
Schiefer als ein Destillationsprodukt dieser Geschöpfe anzusehen. Dass 
dieser Bitumengehalt sehr beträchtlich ist, geht unter Anderem daraus 
hervor, dass im Gebiete der Schiefer, wie z. B. am Cerro de Cacheuta, 
auch Erdölquellen sich finden, deren Ausfluss, an der Luft erhärtend, den 
Boden weithin mit asphaltartiger Decke bedeckt haben. 

Westlich der Tontal-Uspallata-Kette erhebt sich, jenseits eines Hoch- 
thales, oder, wie bei Uspallata, jenseits einer Hochebene, die Cordillere, 
zu deren Betrachtung ich mich nun wende. Dieselbe scheint nach meinem 
Dafürhalten auch zwischen dem 51. und 55. Grad ein mächtiges Hoch- 
plateau zu bilden; von Uspallata aus nach Westen schauend, sieht man 
wunderschön die steil ansteigenden, und oben horizontal abgegrenzten 
Felsenwände. Der Plateaucharakter ist nur in dieser südlichen Breite 
durch zahlreiche Thaleinschnitte weniger rein erhalten. Nach Osten flies- 
sen der Rio de San Juan und der von Mendoza, nach Westen der Rio 
Putaendo und der Aconcagua ab und die Quellgebiete dieser 4 Flüsse bil- 
den vielverzweigte Felsenschluchten im Centrum der Cordillere, so dass 
tiefeingreifende Erosionen die Monotonie der Hochebene zerstört haben, 
die sich weiter im Norden präsentirt, zumal der Patos- und der Cumbre- 
Pass nur in Thälern hinführen, so dass der Reisende lediglich bei der 
wenige Minuten andauernden Überschreitung der centralen Schneide und 
nur für einen Moment einen weiteren Überblick über die Gebirgsconfigura- 
tion erhalten kann. Übrigens reitet man nur tagelang in hochwandigen 
Thälern hin, deren Gehänge entweder nackte Felsenwände oder gigantische 
Schutthalden zeigen. Diese letzteren, genau vom Anblick von Gruben- 


132 


halden, haben theilweise nach Aneroidmessungen eine Höhe von über 
1000 m. Um ein noch deutlicheres Bild zu geben, sei erwähnt, dass man 
z. B. auf dem von S. Rosa de los Andes über die Cumbre und Uspallata 
nach Mendoza führenden Passe ganz allmählich in dem Aconcagua-Thale 
aufwärts reitet, bis zum letzten Gehöfte, Juncal. Hier bricht man früh 
auf, ersteigt den Kamm, der die Gewässer des Pacifico von denen des At- 
lantico scheidet, auf schneckenartig sich windenden Wegen, um oben an- 
gelangt, alsbald wieder in das Thal des Rio de Mendoza hinabzureiten, in 
welchem man schon zeitig am Tage das erste argentinische Haus, die 
Estancia und Telegraphenstation (!) bei der Puenta del Inca erreicht. Von 
den Schneiden aus, oder durch bie Öffnung eines Seitenthales hinein und 
hinaufschauend in die wunderbar grossartige Gebirgswelt, sieht man dann 
wohl plötzlich schneebedeckte Bergspitzen. Am Grossartigsten fand ich 
den Blick vom Espinazito, d.i.-vom Passe der Cordillera de los Patos aus. 
Zu den Füssen liegt noch das Quellgebiet des Rio de San Juan, von roth- 
leuchtenden Sandsteinwänden eingerahmt, und in majestätischer Ruhe von 
den weissen Spitzen des Aconcagua umgeben. Aber da man selbst schon 
über 4000 m. hoch steht, so fällt es schwer, sich zu vergegenwärtigen, 
dass man einen der höchsten Punkte unserer Erde (6834 m. nach Pıssıs) 
vor sich hat. Doch genüge an dieser Stelle diese skizzenhafte, topogra- 
phische und landschaftliche Schilderung. 

Die Cordillere, die eigentliche Centralkette, zeichnet FÖTTERTE in sei- 
ner Karte als Porphyr-Plateau ein, aber in der That ist der geologische 
Bau weit complicirter, als es hiernach scheinen könnte. 

Ich habe die Cordillere von San Juan aus nach Chile über die Patos 
und die Cuesta del Cuzco, von Chile aus rückwärts über die Cumbre ge- 
kreuzt. Da der letztere Pass schon durch Darwın beschrieben worden 
ist, so wollte ich anfänglich lieber irgend einen anderen, bisher unbekann- 
ten Rückweg wählen, entschied mich aber doch schliesslich für die Cumbre, 
namentlich um zu sehen, wie Darwın’s und meine Beobachtungen in Ein- 
klang zu bringen sein würden. Ehe ich in dieser Beziehung näher auf 
das Sachliche eingehe, drängt es mich hier, die bewundernswerthe Ge- 
nauigkeit und Sorgfalt zu constatiren, mit der Darwın beobachtet und be- 
schrieben hat. Sicherlich ist ihm kein Gesteinswechsel, kein mächtigerer 
Gang, kein sonst auffälliges Verhältniss entgangen. Aber anderseits muss 
ich ebenso unumwunden erklären, dass mir seine Deutung der beobach- 
teten Gesteine, seine Interpretation der Lagerungsverhältnisse und seine 
Entwickelung von bestimmten Hebungsaxen mehrfach als durchaus irrig 
und unannehmbar erscheinen. Denn Quarzporphyr und Feldspathtrachyt 
hat er nicht von einander getrennt, ebensowenig quarzhaltige Andesite von 
echten Graniten zu unterscheiden gewusst. Mögen vorläufig diese allge- 
meinen Bemerkungen genügen; aber dieselben schienen mir nothwendig zu 
sein, um die gänzlich veränderte Auffassung zu rechtfertigen, die die tol- 
genden Zeilen in Bezug auf wichtige Thatsachen zu erwähnen haben 
werden. 

Bei dem leider so ungenügenden Zustande der Cordilleren-Karten, der 


133 


keinem auswärtigen Leser dieser Zeilen das Aufsuchen von einzelnen 
Thälern, Bergen oder Pässen gestatten wird, die sonst speciell genannt zu 
werden verdienten, glaube ich in diesem vorläufigen Bericht meine Be- 
merkunrgen genereller abfassen und auf das Folgende beschränken zu 
sollen. 

Die Cordillere hat, geologisch gesprochen, eine centrale granitene Axe, 
wobei einstweilen dahin gestellt bleiben muss, ob dieselbe stockig ent- 
wickelt, oder ob sie nur durch einzelne grössere Granitstöcke repräsentirt 
ist. Unzweifelhaft ist jedoch, dass Granit in ziemlich bedeutender Weise 
an dem Ostabhang der Patos (Espinazito-Kette) und östlich der Cumbre 
(Mendoza-Pass) vorhanden ist. Nach Korngröbe, Farbe des Feldspathes, 
nach Vorhandensein oder Fehlen grösserer porphyrartiger Orthoklas- 
krystalle und nach lokalem Auftreten von Turmalinbeimengungen ist das 
Gestein an verschiedenen Punkten petrographisch different, aber sein Auf- 
treten ist, wofern wir überhaupt der mineralogischen Zusammensetzung 
eines Gesteines ihren Werth zugestehen, nicht zu läugnen. Südlich der 
von mir bereisten Pässe scheint echter Granit, nach Darwin, in .der Por- 
tillo-Kette mächtig entwickelt zu sein; und dass er «uch nördlich der Patos 
einen wichtigen Antheil an der Zusammensetzung der Cordillere nimmt, 
beweist mir eine reiche Musterkarte petrographisch differenter Granit- 
seschiebe, die ich im Norden der Provinz San Juan, im Rio de Jachal und 
da sammeln konnte, wo derselbe aus der Cordillere heraustritt. Im vorigen 
Jahre beobachtete ich ausserdem Granitgeschiebe in der Quebrada de la 
Troya und bei Fiambala im Norden von Catamarca, so dass ich auf Grund 
direkten und indirekten Nachweises angeben kann, dass echter Granit zum 
wenigsten innerhalb des 27',—33!/,° S. Br. in der Cordillere auftritt. 

Lokal, wie bei Punta de Vaca (Rio de Mendoza), lehnen sich zunächst 
an den Granit dichte Gneisse und thonschieferartige Gesteine an, was 
auch Darwın (Geological Observations on South America 194) schon be- 
obachtet hat; indessen ihre räumliche Entwickelung ist nur sehr unter- 
seordneter Natur. 

In bedeutendem Maassstabe ist dagegen das granitische Centrum von 
Quarzporphyren durchbrochen und zwar derart, dass diese letzteren in 
und neben dem Granit einen bedeutenderen Raum einnehmen, als jene 
selbst; so in der Espinazito-Kette (Rio blanco und colorado, Rio de la 
Lena), vor allen Dingen aber in deren südlicher Fortsetzung (Thal des 
Rio de Mendoza zwischen Puente del Inca und Uspallata). 

Das Gestein ist ungemein varietätenreich; bald roth, braun oder 
schwarz, bald gleichförmig, bald breccienartig mit verschieden gefärbten 
Elementen, bald von dichter, bald von fluidaler Struktur, an anderen Orten 
auch an kleinen concretionären kugligen Bildungen; anderseits ‚bildet es 
bald hohe Felswände in massiger Zerklüftung, bald einzelne, viel ver- 
zweigte Gänge, bald ist es bankartig zerklüftet, bald wieder entschieden 
tuffartig entwickelt; aber bei aller Mannigfaltigkeit der Gesteinsnatur und 
des Auftretens ist es überall und jederzeit durch Quarz- und Feldspath 
charakterisirt, die in krystallinischen Körnern oder in Krystallen einge- 


- 134 


wachsen sind, bald vereinzelter, bald zahlreicher. Einzelne Gesteinsvarie- 
täten lassen sich von den sächsischen, thüringischen oder von denen Süd- 
Tyrols schlechterdings nicht unterscheiden. 

Die massenhafte Entwickelung des Quarzporphyres, sein Varietäten- - 
reichthum und das oftmals deutliche, schon von Darwın beobachtete gang- 
artige Auftreten der einen Varietät in einer anderen, alles das spricht 
dafür, dass die Eruptionsepoche des Quarzporphyres längere Zeit ange- 
dauert und währenddem mancherlei Modificationen erfahren hat. Dass 
ausserdem das Eruptionsgebiet mindestens dieselbe Erstreckung hat, als 
die centrale granitene Axe, ergibt sich aus den petrographisch ganz aus- 
serordentlich mannigfaltigen und zahllosen Quarzporphyrgeschieben, die 
man im Rio von Jachal (Norden von San Juan) und bei Fiambala (Norden 
von Catamarca) sammeln kann. 

Ein besonders interessantes und offenbar dem Quarzporphyr zuzu- 
rechnendes Gestein ist dasjenige, welches bei der Puenta del Inca die als- 
bald zu erwähnenden Juraschichten abzuschneiden scheint. Es ist dunkel- 
schwarz, sehr feinkrystallinisch und homogen, sehr zäh und fest. Mit 
blossem Auge lässt sich nichts daraus machen, aber Dünnschliffe zeigen, 
dass es eine sehr feine Breccie, eine Micro-Breccie ist, an welcher Quarz 
den vorhersschenden Antheil nimmt. Auch unterhalb der Punta de Vaca 
findet man das Gestein wieder und muss sich hüten, es bei oberflächlicher 
Betrachtung mit dem am genannten Orte anstehenden und sehr feinkör- 
nigen, dunkelgrauen Gneiss zu verwechseln; besonders auffällig waren mir 
an dieser zweiten Stelle seines Vorkommens Geschiebe oder geschiebe- 
artige Concretionen bis zu Hühnereigrösse, die in der dunklen Grund- 
masse inneliegen und scheinbar aus demselben Material wie diese be- 
stehen. 

An die centrale Axe altkrystallinischer Eruptivgesteine lehnt sich nun 
im Osten die Juraformation an. 

Wenn man, von Osten herkommend, im Thale des Rio de la Lena, in 
die Cordillere eingetreten und in der steilansteigenden Schlucht zwischen 
Granit- und Quarzporphyrfelsen nach dem etwas über 4200m. hohen Pass 
des Espinazito hinaufgeritten ist, so erreicht man nahe der Grenze des 
ewigen Schnees, auf der Schneide selbst, feine Conglomerate, Sandsteine 
und Kalksteine, und findet in ihnen die ersten Macrocephalen und canali- 
culaten Belemniten. 

Reitet man dann auf steilem Pfade den Westabhang. hinab, so über- 
zeugt man sich alsbald, dass flacher oder steiler einfallende jurassische 
Schichten das ganze Gehänge von der Schneide an bis zu dem 800 met. 
tiefer gelegenen Thalkessel aufbauen. 

Diese Thatsache veranlasste mich, am Fusse des Westabhanges 3 Tage 
lang mein Zelt aufzuschlagen, um zu studiren und zu sammeln, und ge- 
lang es mir, etwa 50—60 differente Species, zum Theil in prächtigem 
Erhaltungszustande zu erhalten. Da mein hochverehrter Freund, Herr 
Prof. ZırteL, in der zuvorkommendsten Weise eine Untersuchung dieser 
Ausbeute versprochen hat, die von dieser einen Stelle eine artenreichere 


135 


Fauna bietet, als sie bisher aus der ganzen Cordillere bekannt war, so 
kann ich mich hier auf die Angabe beschränken, dass am Espinazito, wie 
an älter bekannten chilenischen Lokalitäten, offenbar liasische und juras- 
sische Schichten zugleich auftreten. Amaltheen-artige Ammoniten sprechen 
für jene, macrocephale und opalinus-artige Formen, sowie Belemnites cana- 
liculatus für diese. 

Reich entwickelt sind vor allen Dingen Bivalven, Trigonien, Phola- 
domyen, Panopaeen, Astarte und Monotis; sie sind in leider seltenen Fäl- 
len so vollkommen verkieselt, dass man mit Säure die Schale und ihr 
Schloss in brillanter Weise bloslegen kann. 

Eine Ähnlichkeit zahlreicher Formen mit solchen des europäischen 
Jura ist unverkennbar. Leider muss ich aber selbst den Werth meiner 
Sammlungen abschwächen; denn es ist mir nicht möglich gewesen, die 
vorhandenen mannigfachen Schichten zu gliedern und die in jeder einzel- 
nen derselben auftretenden Fossilien getrennt zu halten. Denn das Ter- 
rain ist so alpin grossartig, von Nevados umringt, so wild durchschluchtet 
und so reich an steilen, unnahbaren Felswänden, dass ich mich in der 
Hauptsache darauf beschränken musste, meine Sammlung aus den Blöcken 
herauszuschlagen, die die zahlreichen Schneewässer herabführen. Dabei 
darf nicht vergessen werden, dass ich mit meinen Dienern und Maulthie- 
ren Tagereisen weit von jeder menschlichen Wohnung entfernt war. Glück- 
licher Weise begünstigte wenigstens gutes Wetter meine Exkursionen; nur 
an einem Tage gab es etwas Schneegestöber. Unter allen Umständen aber 
kann und muss der Espinazito als eine der reichsten und schönsten Fund- 
stätten jurassischer Versteinerungen der Oordillere bezeichnet werden. Auf 
dem Rückweg aus Chile über die Cumbre traf ich die Juraformation zum 
zweiten Male bei der Puente del Inca an, d. i. südlich vom Espinazito. 
Hier ist das Profiliren leichter, aber leider ist diesmal der Erhaltungs- 
zustand der Versteinerungen sehr ungünstig. Die Schalen sind so innig 
mit Kalkstein verwachsen, dass man fast nur Querschnitte und Stein- 
kerne sammeln kann; nur eine Mergelschicht strotzt von Gryphäen, die 
sich gut herauslösen. 

Die Juraformation der Incabrücke ist schon durch Darwın bekannt, 
aber ihre Profilirung durch denselben weicht etwas von meinen Beobach- 
tungen ab; offenbar haben wir das über 500 m. hohe Gehänge an ver- 
schiedenen Stellen erklettert. 

Genüge hier einstweilen das Folgende. 

Wenn man auf der Inca-Brücke steht und das steile, rechte Thal- 
gehänge betrachtet, so erkennt man leicht, dass dasselbe aufgebaut ist 
aus einem System verschiedenfarbiger Schichten, die bald felsig und klip- 
pig, bald flach abgeböscht ausstreichen (Kalksteine und Mergel etc.). Den 
höchsten Theil des Gehänges, der vom Thale aus sichtbar ist, bildet eine 
besonders mächtige Bank, die durch lichte Farbe und massige oder etwas 
säulenförmige Zerklüftung ausgezeichnet, deutlich in die Augen fällt. 
Thalaufwärts zieht sie sich noch lange Zeit über den tieferliegenden Schich- 
ten und, wie es scheint, conform mit denselben, hin. Das Material dieser 


736 


Schicht oder Bank ist schon an abgestürzten Riesenblöcken zu studiren: 
es ist ein andesitisches Gestein. Erklettertt man nun das Gehänge — 
stellenweise ein etwas beschwerliches Unternehmen — so hat man zu- 
nächst Kalksteine und Mergel; dann folgt eine mächtige Zone von Marmor- 
bänken, und in dieser trifft man, parallel eingelagert, ein gegen 10 m. 
mächtiges Lager von genau demselben andesitischen Gestein, welches die 
ganze Schichtenreihe krönt. Jenes wird zunächst wieder durch Marmor 
überlagert, dann folgt ein grüner Mandelstein, hierauf und mächtig ent- 
wickelt, Conglomerat, über diesem die etwa 100 m. mächtige andesitische 
Hauptbank, nur noch von etwas rothem Sandstein überlagert. Damit hat 
man das Plateau erreicht, das dann von weiter zurückliegenden Bergen 
noch heträchtlich überragt wird. 

Der Parallelismus zwischen den Juraschichten und den andesitischen 
Bänken ist so eminent, dass an und für sich Darwm’s Ansicht ganz ge- 
rechtfertigt erscheint, nach welcher hier eine Wechsellagerung von juras- 
sischen Schichten mit submarinen Laven stattzufinden scheint. 

Auffällig wäre nur die grosse petrographische Übereinstimmung dieser 
Eruptivmassen mit den mitten im Trachyttuff aufsetzenden Andesiten, von 
welchen ich später zu sprechen habe; und auch das befremdet, dass in 
dem Conglomerate über den beiden ersten krystallinischen Gesteinsbänken 
nur Gerölle des Mandelsteines, nicht aber solche des tieferen Andesit- 
lagers beobachtet werden können. Trotz angestrengtem Suchen und Klet- 
tern war mir dies unmöglich. So viel ist aber schon jetzt sicher: eine 
Wechsellagerung von Quarzporphyr und Juraschichten findet auf keinen 
Fall statt; sondern die porphyrischen Gesteine sind dem Andesit äusserst 
verwandt. Wie man ausnahmsweise noch triadische Granite und Syenite 
kennt (Nachzügler), so müsste man also, wenn man Darwmw’s Auffassung 
beipflichtet, an der Inca-Brücke jurassische Eruptivgesteine annehmen, die, 
in umgekehrter Weise, Vorläufer der weit jüngeren trachytischen Haupt- 
formation wären. An und für sich wäre das vielleicht. befremdend, aber 
doch gewiss nicht unmöglich oder unvereinbar mit unseren Anschauungen. 
— Indessen man wird zu einer gänzlich anderen Interpretation der Ver- 
hältnisse genöthigt, wenn man auch auf diejenigen Beobachtungen Rück- 
sicht nimmt, die am Espinazito angestellt werden können, und auf welche 
ich bisher, um die Darstellung nicht zu complieirt zu machen, keine Rück- 
sicht genommen habe. 

Ich muss den Leser bitten, mich nochmals von Osten her auf den 
Espinazito zu begleiten. Wenn die Granit- und Quarzporphyrbasis schon 
zu unseren Füssen liegt, und die ersten Schneeflecken überschritten sind, 
erreicht man, noch unterhalb des Passes, mächtig entwickelte Sandsteine, 
hier noch ohne alle Versteinerungen. Es wäre möglich, dass dieselben 
nicht jurassische sind, aber das würde an sich nicht viel ändern, wie das 
unmittelbar Folgende beweist. 

In diesen Sandsteinen findet sich, scheinbar ganz regelmässig einge- 
lagert, eine mächtige Bank von Hornblendetrachyt. Ihr Centrum besteht 
aus grauem Gestein mit reichlichen Hornblendenadeln und weissen trikli- 


137 


nen Feldspathkrystallen;, an der Sandsteingrenze aber wird das Gestein 
dicht und zeigt sich dem Streichen der Grenze parallel farbig gebändert. 
Weiter hinauf folgt wieder Sandstein, und nun in demselben das Lager 
eines basaltähnlichen, olivinhaltigen Gesteines. Wiederum Sandstein, hier- 
auf der Pass mit seinen Macrocephalen und anderen jurassischen Formen. 

Vom Westabhang des Passes aus nach diesem zurückblickend, sieht 
man deutlich, wie sich von der Höhe herab, zwischen den (hier unzweifel- 
haften) Juraschichten und ihnen parallel ein mächtiger Lagergang von 
Hornblendetrachyt herabzieht; jenem erstbeobachteten in seiner Gesteins- 
natur ganz gleich. 

Neben der Ein- und Wechsellagerung liegen nun hier aber auch un- 
zweifelhafte Durchbrüche des Hornblendetrachytes vor; der schneebedeckte 
Kegel, der sich unmittelbar neben dem Passe erhebt, scheint ganz daraus 
zu bestehen und unten überragen den Thalkessel zahlreiche kleinere tra- 
chytische Hügel, rings von Jura umgeben. 

Am westlichen Fusse des Nevados findet man ausserdem noch dünn- 
plattige Trachyttuffe anstehend. 

Nach alledem kann es keinem Zweifel unterliegen, dass am Espina- 
zito, trotz der-z. Th. scheinbaren Ein- oder Wechsellagerung, dennoch 
lediglich jüngere Trachyte vorliegen, die die Juraformation theils in kleinen 
oder grösseren Kegeln durchbrochen, theils in der Form intensiver Lager- 
gänge sich zwischen ihre Schichten eingedrängt haben. Das Verhältniss 
ist also dem ganz analog, welches oben bereits für die Orthoceratiten- 
führenden Kalksteine von Gualilan und für die dortigen Quarztrachyte zu 
schildern war. 

Auf Grund dieser Thatsachen geht mir nun aber auch über die Ver- 
hältnisse an der Inca-Brücke kein Zweifel mehr bei; ich glaube vielmehr, 
dass man auch hier lagerartige Gänge eines jüngeren trachytischen Ge- 
steines innerhalb des Schichtencomplexes der Juraformation aufzuneh- 
men hat. 

Damit wird nun freilich für die beiden von mir untersuchten 
Lokalitäten die Annahme hinfällig, dass die Juraformation der Cordil- 
lere mit Porphyren wechsellagern soll, eine Annahme, die sich auf Grund 
. der Schilderungen von Darwın, DomEyko, Forses, Pıssıs u. A. als allge- 
mein gültig entwickelt hat und welche in alle geographischen und geologi- 
schen Lehrbücher eingedrungen ist. 

Ich selbst habe ihr noch in meinem vorjährigen Berichte Glauben ge- 
schenkt (N. Jahrb. 1872, p. 634). In wie weit diese Annahme für die Cor- 
dillere des nördlichen Chile und für diejenige von Peru und Bolivia gültig 
ist, muss zukünftiger Forschung anheimgestellt bleiben; hier, wo ich nur 
eine Berichterstattung über meine letzte Reise beabsichtige, würde es mich 
zu weit führen, wenn ich mich auf eine Kritik jener älteren Angaben ein- 
lassen wollte. 

Nur zwei auf diese Angelegenheit bezügliche Thatsachen, die ich con- 
statiren konnte, müssen noch hervorgehoben werden. Zuerst nämlich die- 


jenige, dass die Conglomerate der Juraformation, die mit versteinerungs- 
Jahrbuch 1873. 47 


138 


führenden Schichten wechsellagern und welche z. Th. selbst versteinerungs- 
führend sind (Espinazito), ausschliesslich oder vorwiegend aus Geröllen 
von Quarzporphyr bestehen, während Gerölle der in die Juraschichten 
eindringenden trachytischen Lagergänge darin absolut nicht aufzufinden 
waren. Es kann schon hiernach keinem Zweifel unterliegen, dass in der 
Cordillere zwischen dem 31. und 33.° s. Br. der Quarzporphyr älter ist als 
die Juraformation. Die letztere lagert sich an die centrale Granit-Quarz- 
porphyrkette an. Anderseits muss ich auf die ganz ausserordentliche Ana- 
logie aufmerksam machen, welche zwischen denjenigen krystallinischen 
Gesteinen besteht, die als Stöcke und Lagergänge im Gebiete der Jura- 
formation auftreten und zwischen jenen anderen, die in den paläozoischen 
Ketten, in den altkrystallinischen Schiefern der Pampasgebirge und in dem 
mächtigen Wall von Trachyttuffen auftreten, von welchem alsbald die 
Rede sein wird. 

Es erscheint mir dringend nothwendig, dass ähnlich exakte Beobach- 
tungen auch aus der übrigen Cordillere erst abgewartet werden, ehe man, 
wie dies leider geschehen ist, für den gesammten Gebirgscoloss eine all- 
gemein gültige Entwickelungsgeschichte aufstellt. 

Ehe ich weiter gehe, möge nur noch eine Bemerkung über die räum- 
liche Entwickelung der Juraformation in der Cordillere Platz finden. 

Es ist namentlich durch die verdienstlichen geographischen Arbeiten 
von Pıssıs constatirt worden, dass die Kammlinie oder die Linie der höch- 
sten Cordillerenberge nicht mit der Wasserscheide zwischen dem atlan- 
tischen und pacifischen Ocean zusammenfällt, sondern dass sie östlich der- 
selben liegt. In dem von mir untersuchten Gebiete bestätigt der Acon- 
cagua, der höchste Berg der südlichen Cordillere, diese Thatsache, denn 
er liegt etwa 2 Tagesritte östlich der Wasserscheide. Andere analoge 
Fälle führt Pıssıs zur Genüge an. Die geologische Centralaxe der Üor- 
dillere fällt nun ihrerseits weder mit der orographischen, noch mit der 
hydrographischen Längsaxe derselben zusammen; sie schlängelt sich viel- 
mehr über diese beiden Linien in einer eigenthümlich gekrümmten Curve 
hinweg. Um dies zu erkennen, genügt es, die Fundstätten jurassischer 
Versteinerungen der Cordillere, die man zur Zeit kennt, auf einer guten 
Karte zu verfolgen. Man findet dann, von S. nach N. vorschreitend, dass 
sich dieselben anfangs westlich der Wasserscheide befinden (Chiloe, las 
Damas); dann nehmen sie die Wasserscheide selbst ein (Maipu, Piugnenes), 
greifen nun östlich über dieselbe hinüber (Puente del Inca, Aconcagua, 
Espinazito), um sich dann weiter nördlich wieder der Küste des Pacifico 
zu nähern (Huasco, Manflas, Juntas, Carracoles etc.). 

Nach CorsineAu waren 21 Fundorte jurassischer Versteinerungen be- 
kannt, die sich vom 25.—42.° S. Br. erstreckten; aber nimmt man dazu 
noch die Angaben v. Brc#’s, Darwın’s und BURMEISTER’s, so zieht sich die 
Formation vom Feuerland und der Maggelansstrasse an, d. h. vom 50.° 
S. Br. wenigstens bis Peru (10° S. Br.), um sich dann über Indien nach 
Europa weiter verfolgen zu lassen. 

Aus diesen flüchtigen Angaben ergibt sich wieder einmal die wahr- 


739 


haft colossale räumliche Entwickelung, welche für alle südamerikanischen 
Formationen so äusserst charakteristisch ist; aber das eclatanteste Bei- 
spiel für dieses Verhältniss liefert wohl die dritte Hauptformation der Cor- 
dillere, zu deren Betrachtung ich mich nun zu wenden habe, d. i. die 
Trachyt-Formation. Denn ihr kommt, zum wenigsten an der Tages- 
oberfläche, die Hauptrolle zu. 

Wenn man, von Osten nach Westen gehend, die Juraformation des 
Espinazito oder auch die der Inca-Brücke überschritten hat, stösst man 
bald, und zwar in beiden Fällen noch östlich der Wasserscheide, auf die 
Trachytformation; dort im Valle hermoso, hier zwischen der Puente del 
Inca und der Cumbre und von nun an bestehen die scheidenden Rücken 
selbst und dann der ganze, gegen 3000 met. hohe Westabfall der Cordil- 
lere durchgängig aus trachytischen Eruptionsprodukten. Einige kleine 
Fetzen von Sandstein, die man an einigen wenigen Stellen mitten im 
Trachytgebiet antrifft, können diese Angaben nicht beeinträchtigen. Und 
nicht genug mit dem Gesagten; denn auch das ganze bergige Vorland der 
Cordillere, bis Santiago de Chile, scheint vorwiegend trachytisch zu sein. 
Leider habe ich diese letzterwähnte Strecke von San Felipe an mit dem 
Dampfwagen durcheilen müssen und konnte daher erst bei Santiago wie- 
der einige der trachytischen Kegelberge untersuchen, die hier, in und nahe 
bei der Stadt, die schöne breite Thalebene schmücken. 

Die Gesteine der Trachytformation sind im Wesentlichen zweifacher 
Natur. Tuffartige Massen, bald homogen, öfter breccienartig oder con- 
glomeratartig, dominiren. In groben Bänken geschichtet bauen sie die Ge- 
hänge in ermüdender Einförmigkeit auf, Trotz des freilich oft nur dürf- 
tigen Pflanzenwuchses, der die letzteren bedeckt, sieht man deutlich den 
Verlauf der Bänke an dem leistenartigen Hervortreten einzelner festerer 
Sehichten, die mit leichter zerstörbaren wechsellagern. Der Rio de Pu- 
taendo, der sich vom Portezuelo del Valle hermoso nach W. hinabzieht, 
ist innerhalb der Cordillere zwischen hohen, steilwandigen und düsteren 
Tuffwänden eingeengt; erst kurz oberhalb S. Antonio treten die Gehänge 
zurück und aus der wilden Hochgebirgsschlucht wird ein dichtbelebtes und 
reichgesegnetes Culturthal. 

Ganz ebenso ist es mit dem Rio de Aconcagua zwischen Juncal (am 
westlichen Fusse der Cumbre gelegen) und los Andes. Namentlich ober- 
halb der chilenischen Grenzwache (Guardia del Rio colorado) kann man 
am rechten Thalgehänge die buntscheckigen Tuffe (Darwın’s purple and 
greenisch porphyritic clay-stone conglomerats) trefflich studiren. Hier sei 
auf die Schilderung derselben in den Geolog. observations on South- Ame- 
rica verwiesen. Zwischen der neuen und der alten Guardia sieht man aus- 
serdem mehrfach die flachen abgeböschten Tuffbänke der linken Thalwand 
mit säulenförmig zerklüfteten Platten oder Decken eines dunklen, festeren 
Gesteins wechsellagern, in unnahbaren Höhen, aber dennoch wundervoll 
klar und deutlich. Echte Conglomerate, der die älteren Beschreiber viel- 
fach erwähnen, scheinen sich erst in dem westlichen Cordillerenvorlande 


(näher der alten Küste?) in und mit den breccienartigen Tuffen einzu- 
47 * 


740 


stellen. Unterhalb der Station Llaillai sind sie so mächtig und grob ent- 
wickelt, dass man sie vom vorbeisausenden Zuge aus beobachten kann. 

Die Mächtigkeit dieser gewaltigen Tuffmassen anzugeben, "erscheint 
mir deshalb eine missliche Sache, weil sie zwar sehr oft, aber doch nicht 
durchgängig horizontal gelagert, stellenweise sogar (Westabhang der Cum- 
bre) auffällig gestört sind. Ebenso unbestimmt muss ich die Angaben über 
die Lage der Eruptionscentren lassen, die zur Bildung der Tuffmassen die 
Veranlassung geben. Hier, wie in so vielen anderen Punkten, bleibt dem 
Specialstudium noch vieles übrig. 

Ausser den bankförmig abgelagerten Tuffen finden sich nun auch zahl- 
reiche trachytische Eruptivmassen, welche als grössere oder kleinere Stöcke 
und als vielverzweigte Gänge die Tuffe durchbrechen und durchadern. 
Bald sind es Darwın’s quarzhaltige Andesite, bald ausgezeichnete Horn- 
blendetrachyte mit hellfarbiger Grundmasse, bald wieder feine krystalli- 
nische Feldspathtrachyte von grüner, brauner oder rother Gesammtfarbe 
mit zahlreichen inneliegenden kleinen Feldspathkryställchen, oder es sind 
feinkörnige grünschwarze Gesteine, mit grossen und reichlich eingewach- 
senen leistenartigen Krystallen eines weissen triklinen Feldspathes, der 
oft mehr oder weniger in Pistazit umgewandelt ist. Wieder an anderen 
Orten setzen dunkelfarbige, blasige Gesteine auf, oft mit Kalkspath oder 
Zeolithen in ihren Blasenräumen. Aber mit wenigen Ausnahmen kennen 
wir alle diese Gesteine schon aus der östlichen Cordillere und ihren Vor- 
ketten, wie auch aus den Pampassierren, nur dass sie jetzt häufiger auf- 
treten. Die Dimensionen der einzelnen Stöcke und Gänge bleiben dagegen 
auch jetzt noch ziemlich beschränkt, zum wenigsten gegenüber den gigan- 
tischen Dimensionen der Tuffe. 

‚Es mag zweckmässig sein, an die eben gegebene Skizze der 3. Haupt- 
formation der Cordillere und zurückblickend auf die andern beiden zuvor 
erwähnten, hier noch einige Bemerkungen einzuschalten. 

Zunächst möchte ich die Aufmerksamkeit auf die höchst interessante, 
vielleicht sehr naturgemässe Analogie lenken, welche die zwei mächtigsten 
Eruptiv-Formationen der Cordillere, die Quarzporphyre und die Trachyte, 
in Rücksicht auf die verschiedene Ausbildung ihrer Gesteine zeigen. In 
beiden Gebieten finden sich Stöcke oder Gänge krystallinischer Gesteine, 
in beiden buntfarbige Breccien und Tuffe, in beiden auch — wenn schon 
im Quarzporphyrgebiet nur selten — conglomeratiscne Bildungen. Dieser 
Umstand und der andere, dass die chilenischen Geologen gewöhnt sind, 
alle Gesteine, die eine Grundmasse mit inneliegenden Krystallen haben, 
Porphyre zu nennen (die unzweifelhaftesten Hornblende- oder Sanidintra- 
chyte nicht ausgeschlossen), diese beiden Umstände haben offenbar bis jetzt 
eine Verwechslung, oder, richtiger ausgedrückt, eine Vermengung und Zu- 
sammenfassung von an und für sich ganz verschiedenen Dingen bewirkt. 
Und doch ist mit den elementarsten petrographischen Kenntnissen die 
Schlichtung so leicht. Nur der quarzhaltige Andesit macht einige Schwie- 
rigkeit; insorderheit ist das Gestein des grössten mir bekannten Andesit- 
stockes, desjenigen zwischen der neuen und alten chilenischen Grenzwache 


741 


im Juncal-Thale so täuschend dem Granit ähnlich, dass man oft versucht 
wird, es wirklich für Granit zu halten. Aber bei einiger Aufmerksamkeit 
und bei gleichmässiger Berücksichtigung der verschiedenen Varietäten, die 
in einander übergehen, kann die Deutung nicht zweifelhaft sein, ganz ab- 
sesehen von dem geologischen Gesammtvorkommen. Der erwähnte Ande- 
sit-Stock ist derjenige, welchen Darwın in seinem zweiten Profile mit y 
bezeichnet. 

Eehte Quarzporphyre kommen dagegen auf der chilenischen Seite der 
von mir bereisten Cordillere ganz bestimmt nicht mehr vor. 

Ich fühle nur zu wohl, welches grosse Vertrauen ich für meine An- 
saben beanspruche, indem ich die Cordilleren-Gesteine in der vorstehenden 
Weise gliedere und ihnen eine Deutung gebe, die in vielfacher Beziehung 
neu und vielfach abweichend ist von derjenigen, die frühere Reisende ent- 
wickelt haben: Reisende, die zu den besten Beobachtern und zu Sternen 
erster Grösse in anderen Wissensgebieten gehören. Dieses Gefühl tritt 
um so stärker hervor, als ich über ein Gebiet zu berichten habe, das lei- 
der noch zu den von Geognosten am wenigsten besuchten gehört, so dass 
Dritte kaum etwas anderes thun können, als die bezüglichen Referate ent- 
weder auf Treu und Glauben zu acceptiren oder sie zu ignoriren. Um 
Fachgenossen, die an der Sache Interesse nehmen, die Möglichkeit der 
Prüfung meiner Auffassung wenigstens etwas zu erleichtern, sei daher be- 
merkt, dass ich in diesen Tagen eine kleine Sammlung typischer Cordil- 
leren-Gesteine an Herrn Professor ZırkEu für das Leipziger Museum sen- 
den werde. Dort können die Stücke eingesehen werden. 

Noch eine zweite Bemerkung drängt sich unwillkürlich auf. Wenn 
man nämlich die grossartige Entwickelung der Trachytformation einmal 
kennt, und sich erinnert, dass dieselbe fast unmittelbar an die Jurafor- 
mation angrenzt, wahrscheinlich auch dieselbe überlagert, so erscheinen 
nun auch die früher besprochenen kleinen intrusiven Lagergänge trachy- 
tischer Gesteine in den jurassischen. Schichten in einem ganz anderen und 
weniger befremdlichen Lichte. Mag auch die specielle Erklärung ihres 
Auftretens an weit entlegenen Punkten und in ganz verschiedenen For- 
mationen eines und desselben Gebietes noch mancherlei Schwierigkeiten 
bieten, — im Hinblick auf die gigantische Ausdehnung der dem Jura be- 
nachbarten Eruptivformation sind sie doch nur verschwindend kleine Apo- 
physen der letzteren. 

Ich wünschte meine Berichterstattung, zumal sie schon sehr lang ge- 
worden ist, hier schliessen zu können; aber — ich möchte sagen, leider 
— habe ich noch zweier Gesteinsbildungen zu gedenken, die an dem Cor- 
dillerenbau nicht unbeträchtlichen Antheil nehmen und deren scharfe Deu- 
tung mir dennoch nicht möglich war. 

Es sind das rother Sandstein und Gyps. 

Nach DArwın’s Darstellung gehören beide der Juraformation an; aber 
ich muss offen gestehen, dass es mir nicht geglückt ist, für diese Auffas- 
sung irgend welche andere Thatsache ausfindig machen zu können, als 
die theilweis nahe Nachbarschaft. 


142 


Die Sandsteinformation findet sich zunächst in der Cordillera de los 
Patos, wie in der der Cumbre, zwischen der Juraformation und den Tra- 
chyten, an beiden Orten ein mächtiges, grell leuchtendes Felsengebiet bil- 
dend, zwischen dem hier und da reine und blendend weisse Gypsberge 
auftauchen. Die nackte Oberfläche der letzteren ist durch Erosion mit 
vielfach sich verästelnden Rinnen und Furchen der Art bedeckt, dass die 
Gypsfelsen, aus einiger Entfernung gesehen, einem erstarrten Wellen- 
meere oder einer herabsprudelnden Cascade verglichen werden könnten. 

Einzelne kleine Sandsteinschollen, die offenbar der hier in Rede stehen- 
den Formation angehören, finden sich, wie schon erwähnt, vereinzelt mit- 
ten im Trachytgebiet. Es sind offenbar Fragmente, die durch den Trachyt 
bedeckt und conservirt, später aber durch tiefeinschneidende Thalbildun- 
sen der Beobachtung wieder zugänglich geworden sind. 

Dass diese rothen Sandsteine, die sich in mächtiger Entwickelung 
westlich des Jura hinziehen, ihn z. Th. überlagernd, dem letzteren selbst 
zuzurechnen seien, erscheint mir unwahrscheinlich ; theils wegen ihres ein- 
förmigen lithologischen Charakters, der von dem der kalkreichen Jura- 
formation so abweichend ist, theils auch wegen des absoluten Mangels von 
Versteinerungen, der diese Sandsteine auszeichnet und sie, leider in sehr 
ungünstiger Weise, von der angrenzenden Juraformation unterscheidet. 

Anderseits werden die Sandsteine mehrfach, bes. deutlich im Valle 
hermoso, von Trachyttuffen conform überlagert, und nächstdem sind sie 
an allen Orten mit reichlichen Efflorescenzen bedeckt. Sie sind so reich 
mit schwefelsaurer Magnesia imprägnirt, dass einzelne ans ihnen ent- 
springende Wässer nur mit Widerstreben getrunken werden können. 


Alle die hier erwähnten Umstände lassen die Sandsteinformation der 


Cordillere denjenigen Sandsteinen völlig analog erscheinen, deren, ich 
möchte sagen, allgegenwärtige Verbreitung in den Vorketten der Cordil- 
lere und in den Pampasgebirgen ich oben erwähnt und von denen ich 
nachzuweisen gesucht habe, dass sie wenigstens zum Theil tertiär sind. 
Ich bin daher geneigt, auch diese Sandsteine der Cordillere für tertiär zu 
halten. 

Für ihre Gypseinlagerungen fänden sich dann Analogieen in den Pam- 
pasgebirgen, wie z. B. in der Sierra de los Angulos (la Rioja) und in der 
Sierra von San Luis. 

Was mich aber noch viel mehr bestimmt, diese Ansicht aufrecht zu 
erhalten, ist ein Blick auf die geographische Verbreitung, beziehentlich 
auf den höchst wahrscheinlichen stetigen Zusammenhang, der zwischen 
den Cordilleren-Sandsteinen und denen der östlichen, ausserandinen Gebiete 
besteht. Denn nicht nur im Centrum der Cordillere, zwischen dem Jura 
und dem Trachyt, stellen sich die Sandsteine ein, sondern sie lehnen sich 
auch an den Ostabhang der Cordillere an (zwischen Barreal de Callingasta 
und dem Espinazito) und sie nehmen ausserdem, so weit ich aus der Ent- 
fernung erkennen konnte, einen wesentlichen Antheil an der Cordillere del 
Tigre, d. i. an einem, von der Hauptcordillere nach NO. sich abzweigen- 
den Arm. Dadurch kommen sie aber nach Osten hin in unmittelbaren 


743 


Zusammenhang mit den ausserandinen Sandsteinen, insonderheit mit denen 
von San Juan und mit denen der Mendoza-Uspallata Kette, während sie 
anderseits von der Cordillere del Tigre aus mit dem andinen Vorkommen 
in Verbindung zu stehen scheinen durch Vermittelung einer ehemaligen 
tiefen Einsenkung oder Unterbrechung in der granitenen Centralaxe, wel- 
cher heute ungefähr der Lauf des Rio de los Patos oder der Oberlauf des 
Rio von San Juan entspricht. 

Indessen ohne eine Kartenskizze, deren Ausarbeitung noch nicht voll- 
endet ist, kann ich dies nicht deutlicher machen. Genüge daher, an dieser 
Stelle auf die Möglichkeit, ja ich glaube sagen zu dürfen, auf die hohe 
Wahrscheinlichkeit eines direkten Zusammenhanges zwischen den andinen 
und ausserandinen rothen Sandsteinen hingewiesen zu haben. Die Unter- 
suchung der Versteinerungen von Mendoza und Uspellata, die Sie, Herr 
Professor, freundlichst zugesagt haben, dürfte daher auch von entscheiden- 
dem Einfluss auf die Deutung der Cordillerensandsteine sein. 


Ich bedauere, wie gesagt, meinen Bericht einstweilen damit schliessen 
zu müssen, dass ich das Vorhandensein einer mächtig entwickelten For- 
mation constatire, ohne doch Bestimmteres über dieselbe angeben zu können. 


Aber wie könnte man auch, trotz aller schätzbaren Vorarbeiten, ver- 
langen, durch einen zweimaligen Ritt über die Cordillere einen klaren Ein- 
blick in alle ihre geologischen Verhältnisse zu erlangen. 


Tausende von Fussen hohe Felswände bauen sich aus regelmässigen 
Schichtenwänden auf; oft sind die einzelnen Bänke durch wunderlich grelle 
Farben in der deutlichsten Weise von einander geschieden. Ein gewalti- 
ser Gang durchsetzt das ganze Schichtensystem in haarscharfer Abgren- 
zung; so klar und deutlich liegt alles vor dem Beobachter — es ist wahr- 
lich keine Übertreibung — wie die Kreidestriche eines Profiles an der 
schwarzen Wandtafel eines geologischen Auditoriums. 


Aber noch ist man im Anstaunen versunken, vielleicht calculirt man 
schon, in welcher Felsenschlucht man hinaufklettern will, das Alles näher 
zu studiren, allen ÄAthmungsbeschwerden zum Trotz, die sich in diesen 
Höhen einstellen — da kommt auch schon der Arriero herbeigeritten und 
mahnt zum Aufbruch und zur Eile. „Die Sonne geht schon auf die Neige 
und wir haben noch 6 Stunden bis zum nächsten Wasser- und Futterplatz 
zu reiten, an dem uns die vorausgeschickte Tropa erwartet. Vor Dunkel- 
heit kommen wir nicht mehr hin, das ewige Steineklopfen am Vormittag 
hat Sie wieder einmal zu lange aufgehalten.“ Was bleibt in solchem Falle 
anders übrig, als noch einen letzten Scheideblick auf das herrliche Profil 
zu werfen, den Hammer in die Satteltasche zu stecken und dem armen 
Maulthiere unwillig die Sporen zu geben. 


Nicht ohne Grund schliesse ich meine Zeilen in dieser Weise. Es wird 
dadurch der skizzenhafte Charakter am besten und am wahrsten gekenn- 
zeichnet, den die vorstehenden Beobachtungen an sich tragen müssen, und 
nur der durch ihre Dimensionen grossartigen Einförmigkeit und Einfach- 
heit der Cordilleren-Geologie habe ich es zu danken, wenn es mir trotz 


744 


alledem vergönnt gewesen ist, einige wichtige neue Thatsachen constatiren 
zu können. 

Speciellere Schilderungen, Profile u. a. m. füllen meine Notizbücher. 
Hoffentlich kann ich sie einmal bearbeiten. Welche Fülle von Material 
vorliegt, können Sie ja wohl nach dem Vorstehenden ahnen. 

ÄLFRED STELZNER. 


Cordoba, Argent. Republ. den 1. August 1873. 


Endlich habe ich die wichtigste Literatur durchsehen können, die sich 
während meiner Cordilleren-Reise hier angesammelt hatte; ich finde unter 
derselben im Jahrbuch für 1872 (910 ff.) einen Aufsatz Herrn Naumann’s, 
in welchem diejenigen Ansichten über die Genesis des sächsischen Granu- 
lites zu entkräften versucht werden, welche ich Ihnen für den Jahrgang 
1871 (244 ff.) in gedrängter Weise mitgetheilt hatte. 

Ich muss offen gestehen, dass mich die Mittheilungen Herrn Naumann’s 
zu einer Änderung meiner Ansichten nicht veranlassen können, denn es 
will mir scheinen, als seien die von ihm geschilderten Phänomene auch 
einer anderen Deutung als derjenigen fähig, welche zu Gunsten der erup- 
tiven Entstehung des Granulites spricht. 

Dies dürfte namentlich von den fragmentähnlichen Glimmerschiefer- 
massen im Granulite gelten, während der Granulitgang von Auerswalde 
— den ich sehr wohl kenne und dessen Darstellung auf meiner Karte mit 
der von Herrn Naumann gegebenen ziemlich gut übereinstimmt — meiner 
Ansicht nach doch zu dürftig aufgeschlossen ist, um eine besonders zwin- 
sende Beweiskraft ausüben zu können. Mehrfach ist er durch Lehm und 
Ackererde bedeckt und an andern Stellen kann man ihn lediglich nach 
einzelnen im Erdboden liegenden Fragmenten construiren. 

Sodann aber erlaube ich mir daran zu erinnern, dass dieser Granulit- 
gang unmittelbar auf der Grenze des Granulites gegen den Schiefermantel, 
also in einer Form liegt, welche durch höchst auffällige mechanische Stö- 
rungen des Schichtenverlaufes (Biegungen, Faltungen, Stauungen) allent- 
halben charakterisirt ist. Oft und in deutlicher Weise kann man beob- 


achten, wie benachbarte Granulitschichten selbst in einander eingezwängt 


worden sind. 

Aber so gern ich alles das noch ausführlicher darlegen möchte, so 
sehr gebricht es mir gerade jetzt an der hierzu nöthigen Zeit, da alle 
meine freien Stunden der Bergung und Bearbeitung meines jüngsten Reise- 
materiales gewidmet sein müssen. 

Indessen habe ich, wie ich Ihnen schon schrieb, wenigstens diejenige 
Gelegenheit benutzt, welche mir durch die Zusammenstellung einiger mi- 
neralogischen Mittheilungen aus der argentinischen Republik für Herrn 
TscHERMAK geboten war, um eine Widerlegung der wichtigsten Einwände 
Herrn Naumann’s zu versuchen. 

Wenn dies lediglich in der Form von Anmerkungen geschehen ist, so 


745 


bitte ich dies mit dem soeben angegebenen Grunde entschuldigen, nicht 
aber so auslegen zu wollen, als hätte ich durch diese mehr beiläufige Form 
das hohe Gewicht unterschätzen wollen, welches die Arbeiten Herrn NAuv- 
MANN’s jeder Zeit beanspruchen werden. 

Mit Rücksicht auf die an mich ergangene Aufforderung, meine Unter- 
suchungen über das sächsische Granulitgebiet in extenso zu veröffentlichen, 
erlauben Sie mir wohl die folgende Bemerkung. 

In derselben Zeit, in welcher jene Untersuchungen ihrem Ende ent- 
gegengingen, keimte bereits der Gedanke. zu einer Neubearbeitung der 
geognostischen Karte von Sachsen. Es erschien deshalb aus mehreren 
Gründen zweckmässig, die Publikation meiner Arbeit bis dahin zu ver- 
schieben, wo sie als Erläuterung zu der neuen Karte von Sachsen würde 
erscheinen können. 

Da der inzwischen erfolgte Wechsel meines Arbeitsgebietes dies sehr 
erschweren würde und da ich anderseits soeben von competentester Seite 
erfahre, dass das Granulitgebiet einer der ersten Distrikte sein wird, welche 
von der inzwischen zur Thatsache gewordenen neuen Landesaufnahme be- 
arbeitet werden sollen, so glaube ich nunmehr, von einer ausführlichen 
Publikation meiner bezüglichen Arbeiten absehen und mich auf den Wunsch 
beschränken zu können, dass die von mir entworfenen Karten und Be- 
richte, deren Originale in Freiberg deponirt worden sind, meinem Nach- 
folger gute Dienste leisten möchten. 

Meine Untersuchungen im sächsischen Granulitgebiet begann ich übri- 
gens als ein treuer Anhänger der von Herrn Naumann entwickelten An- 
sichten. Aber bald tauchten Zweifel an der eruptiven Entstehung des 
Granulites bei mir auf, der Art, dass ich schon meinen ersten, 1865 an 
das damalige Kgl. Oberbergamt eingereichten Aufnahmsbericht nicht bes- 
ser zu schliessen wusste als mit einem Citate, welches ich den „Beiträgen 
zur Kenntniss Norwegens“ von Naumann (l. 241) entlehnte und mit wel- 
chem ich auch meine heutigen Zeilen beenden will. 

Nach einer Aufzählung derjenigen Phänomene, welche der Anschau- 
ung von der eruptiven Natur des Granulites günstig zu sein schienen, 
hatte ich schon damals auf die scharf ausgesprochene Wechsellagerung 
mineralogisch und chemisch ganz verschiedener Bänke aufmerksam ge- 
macht. „Fast wird man da — so sagte ich — zu der Ansicht gedrängt, 
dass unser Granulit ein metamorphisches Sedimentärgebilde sei.“ Und 
dann fuhr ich fort: 

Ich gestehe gerne zu, dass es mir schwer fällt, den Haupttheil mei- 
ner Arbeit damit zu beschliessen, dass ich Zweifel gegen eine Lehre aus- 
spreche, die durch eben so treffliche als zahlreiche Gründe wahrscheinlich 
gemacht worden ist, die in einem unserer besten und erfahrensten Geolo- 
gen ihren wärmsten Vertheidiger gefunden hat und für die ich selbst neue 
Beweise zu liefern versuchte. 

Indessen ich kann nur Naumann’s eigene Worte zu den meinigen machen. 

„Gegen mich selbst den Opponenten spielend, habe ich diese mit mei- 
„nen früher ausgesprochenen Andeutungen gewissermassen streitende An- 


746 


„sicht dargestellt, nicht weil ich sie unbedingt für die wahre halte, son- 
„dern weil es mir Pflicht des Beobachters scheint, alle Reflexionen, auf 
„welche ihn die Combination seiner Anschauungen führen, mitzutheilen, 
„zumal wenn sie nicht einzelne Punkte, sondern ganze Regionen betreffe 


„und anerkannte Analogieen für sich haben.“ 
ALFRED STELZNER. 


Stuttgart, den 10. September 1873. 


Die Erörterung, welche Herr Schmıp (auf Seite 401 im Jahrgange 1873 
dieser Zeitschrift) an die in meiner Abhandlung über Rüdersdorf, S. 84, 
zu Aspidura scutellata zugefügte Bemerkung: „Das Citat von f. 7, t. 4 
aus SCHMID und SCHLEIDENS „Die geognostischen Verhältnisse des Saalthals 
bei Jena“ zu dieser Art bei v. Auserri, Überblick über die Trias, S. 60, 
beruht wohl nur auf einem Irrthum“, geknüpft hat, kann nur einem Miss- 
verständnisse ihren Ursprung verdanken. Am angeführten Orte zählt Herr 
v. ALsertı als Versteinerungen der schwäbischen Trias auf: 1) Aspidura 
scutellata Buum. sp., 2) Aspidura Ludeni Has. Zu ersterer rechnet der- 
selbe die f. 7, t. 4 in Schmp und SCHLEIDENS „Die geognostischen Verhält- 
nisse des Saalthals bei Jena“, zu letzterer die Hasrnow’sche f. 1, t. 1 in 
Palaeontographica, Bd. I. Gerade weil mir bekannt war, dass sich die 
Figur des Herrn Schmiıp auf dasselbe Original bezieht wie diejenige HAsE- 
now’s, erklärte ich es, wie die oben eitirte Stelle meiner Arbeit ausspricht, 
für einen Irrthum des Herrn v. AuLserrı, die Figur des Herrn Scuuiv nicht 
auf Aspidura Ludeni, sondern auf Aspidura seutellata zu beziehen. Wie 
also Herr Scumip dazu kommt, denjenigen Irrthum des Herrn v. ALBERTI 
(nämlich die Identität der Originale übersehen zu haben), welchen ich durch 
die angeführte Stelle berichtigte, in Folge dieser Berichtigung mir unter- 
zuschieben, ist völlig unverständlich und wird auch dann unverständlich 
bleiben, wenn eine künftige Untersuchung des Originals der Aspidura Lu- 
deni ihre Zugehörigkeit zu Aspidura scutellata erweisen sollte, welche 
Frage Herr Scumıp den Paläontologen von Fach zur Entscheidung über- 
lässt. 

Den von mir a. a. O. S. 78 nicht bloss bestimmt hervorgehobenen, 
sondern erwiesenen genetischen Zusammenhang zwischen Schaumkalken 
und oolithischen Kalken habe ich keine Veranlassung, hier nochmals zu 
besprechen, da Herr ScHmiıp den von mir mitgetheilten Beobachtungen 
keine Thatsachen entgegengestellt hat. 

Ich benutze die Gelegenheit, schliesslich zu erklären, dass die erst 
kürzlich im Jahrg. 28 (1872) der württembergischen naturwissenschaftli- 
chen Jahreshefte als eine vom Königl. Polytechnicum in Stuttgart gekrönte 
Preisschrift abgedruckte Arbeit des Herrn Schempp über den schwäbischen 
Keuper, welche fast nur bereits Gedrucktes, vielfach wörtlich, wiedergibt, 
nicht von mir beurtheilt worden ist. H. Eck. 


; Neue Literatur. 


Dis Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
beigesetztes *. 


A. Bücher. 
1873. 

J. van BINCKHORST VAN DEN BinckHoRST: Monographie des Gasteropodes 
et des ('ephalopodes de la craie superieure du Limbourg, suivie d’une 
deseription de quelques especes de crustaces du meme depöt ceretace. 
Bruxelles-Leipzig. 1873. 4°. Pg. 44. Tab. VII. 

*C. W. C. Fucus: Guide pratique pour la determination des minerauz, 
traduwit de V’allemand par Aus. Gurrour. Paris. 8°. Pg. 147. 

G. Leon#sarn: Grundzüge der Geognosie und Geologie. Dritte 
vermehrte und verbesserte Auflage. Zweite Lieferung. Leipzig und 
Heidelberg. 8°. S. 145—336. 

C#. LyeıLn: The geological evidences on the antiquityof Man; 
with an outline of glacıal and postertiary geology, and remarks of 
origin of species with special reference to Mans first appearance on 
the earth. Fourth edition, revised. London. 8%. Peg. 572. 

* W. Neimise: Geologische Elemente, enthaltend einen idealen Erddurch- 
schnitt sowie die Geschichte der Erde nach den fünf geologischen Ent- 
wickelungs-Perioden mit genauer Angabe der Eruptionen, Systeme und 
Formationen, Charakteristik der Systeme und Verzeichniss der orga- 
nischen Überreste (Versteinerungen). Heidelberg. 

Ta. Paruister BarKas: Illustrated guide to the fish, amphibian, repti- 

han and supposed mammalian remains of the Northumberland carbo- 
niferous strata. ‘London. 8°. Peg. 117 and folio atlas. 

* ALEXANDER SADEBECK: Gustav Rose’s Elemente der Krystallogra- 
phie. Dritte Auflage. Neu bearbeitet und vermehrt. Mit neun lithogr. 
Doppeltafeln. Berlin. 8°. S 181. 

* Vırzer d’Aoust: Les Origines du Nil. (Extrait du Journ. des Mondes.) 
Paris. 8%. Peg. 12. 

* Teoporo Worr: Uronica de los fenomenos volcanicos e terremotos en el 


748 


Ecuador, con algunhas noti cias sobre otros parses de la America cen- 
tral y meridional, desde 1533 hasta 1797. Quito. 4°. Pe. 60. 

F. Zme&er: Die mikroskopische Beschaffenheit der Mine- 
ralien und Felsarten. Mit 205 Holzschnitten. Leipzig. 8°. S. 502. 

Max ZarnsERLE: Lehrbuch der Mineralogie unter Zugrundlegung 
der neueren Ansichten in der Chemie für den Unterricht an techni- 
schen Lehranstalten, Realschulen und Gymnasien. Mit 209 in den 
Text eingedruckten Holzschnitten und einer geognostischen Tafel in 
Farbendruck. Braunschweig. 8°. S. 160. 


B. Zeitschriften. 


1) Zeitschrift der Deutschen geologischen Gesellschaft. 
Berlin. 8°. [Jb. 1875, 539.] 
1873, XXV, 2; S. 117—355. 
A. Aufsätze. 


G. vom Rırn: Geognostisch-mineralogische Fragmente aus Italien. IV. Theil 
(Tf. V u. VD): 117—249. 

©. STRUCKMANN: Notiz über das Vorkommen von Homoeosaurus Maximi- 
liani v. Mey. in den Kimmeridge-Bildungen von Ahlem unweit Han- 
nover (Tf. VII): 249—256. 

E. Weiss: vorläufige Mittheilung über die Fructuationen der fossilen Ca- 
lamarien: 256—266. 

C. RımmeLsgerg: über die gegenseitigen Beziehungen und die chemische 
Natur der Arsen- und Schwefelarsenmetalle im Mineralreich: 266-282. 

C. RAMmMELSBERG: Untersuchung einiger natürlichen Arsen- und Schwefel- 
Verbindungen: 282—286. 

A. v. Lasavıx: über die Eruptivgesteine des Vicentinischen: 286—340. 

K. v. Sersacn: über fossile Phyllosomen von Solenhofen (Tf. VIII): 340 
— 347. 

B. Briefliche Mittheilungen. 
Von F. RormeEr, G. v. HELMERSEN: 347— 3580. 
C. Verhandlungen der Gesellschaft: 350—355. 


2) Verhandlungenderk.k.geologischen Reichsanstalt. "Wien. 
8°. [Jb. 1873, 633.] 
1873, No. 11. (Bericht vom 31. Juli.) 8. 195—214. 
Eingesendete Mittheilungen. 


D. Stur: Braunkohlen-Vorkommnisse in dem Trachyt-Gebirge an der oberen 
Marol in Siebenbürgen: 195—197. 

D. Srur: eine bemerkenswerthe Ablagerung im Hangenden der Congerien- 
Schichten: 197—198. 

Pıvr: über einige neuere Braunkohlen-Aufschlüsse in Croatien: 198—200. 


749 


J. Kapavr: eine Höhle im Berge Mnich bei Rosenberg in Ungarn: 200 
— 201. 
Einsendungen u. s. w.: S. 201—214. 


3) J. ©. PossEnDoRFF: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
8%. [Jb. 1873, 634.] 

1873, Bd. VI (Ergänzungs-Band). S. 177—336. 

G.vonRarn: Mineralogische Mittheilungen. (Zwölfte Fortsetzung.) 65. Über 
das Krystallsystem des Leucits. 66. Chemische Zusammensetzung der 
in den Vesuv-Auswürflingen durch Sublimation vorhandenen Krystalle 
von Augit und Hornblende: 241—262. 

FR. v. KogELL: zur Frage über die Einführung der modernen chemischen 
Formeln in die Mineralogie: 318—325. 


4) H. Korsze: Journal für practische Chemie. Leipzig. 8°. 
[Jb. 1873, 634.] 
1873, VII, No. 7, 8. 289—395. 
H. Laspeyres: Hydrophylit, ein neues Mineral der Pinit-Gruppe: 289-295. 


5) Jahrbuch des naturhistorischen Landes-Museums in Kärn- 

then. Klagenfurt. 8°. 
1873, Eilftes Heft. S. 1—218 und I-XLVIM. 

J. PRETTNER: das Klima Kärnthen’s: 1—212. 

G. A. Zwanziger: Sphenozamia Augustae Zwer., ein Oycadeen-Wedel-Ab- 
druck von Raibl in Kärnthen: 212—218. 

J. Prermnmer: Tabellen über die meteorologischen Beobachtungen zu Kla- 
senfurt Dez. 1871 bis Nov. 1872 und F. SertLanp: magnetische Decli- 
nations-Beobachtungen v. Dec. 1871 bis Nov. 1872: I-XLVII. 


6) Verhandlungen der naturforschenden Gesellschaft in 
Basel. Basel. 8°. [Jb..1872, 84.] 
1873, V, 4. S. 527—703. 
Ep. HagengacH: Versuche über Fluorescenz: 570—584. 
ALBR. MÜLLER: über einige neue Erwerbungen des mineralogischen Mu- 
seums: 591—618. 
Aısr. MüLLer: über Gesteins-Metamorphismus: 618 — 647. 


7) Bulletin de la Societe Imp. des Naturalistes de Moscou. 
Mosc. 8°. [Jb. 1873, 413.] 
1873, 1; XLVI, p. 1—172. 


750 


8) Bulletin dela Societe geologiquede France. 3. ser. Paris. 8. 

[Jb. 1873, 413.] 
1873, I, No. 3, p. 165—260. 

DE Limur: über Gieseckit, Kersanton und Lithologie der Umgehung von 
Vannes: 166—169. 

Jannettaz: Bemerkungen dazu: 169 —170. 

Farsan: über die Stelle, welche im Jura von Bas-Bugey die Zone des Am- 
monites tenuilobatus einnimmt (pl. II): 170—176. 

Cogvannp: Beschreibung der Etage garumnien und der Tertiär-Gebilde der 

Gegend von Biot und Antibes: 176—193. 

DE MERcFY: über den Thon mit Kiesel: 193—196. 

Bayan: Studien in der Sammlung der Ecole des mines über neue oder wenig 
bekannte Fossilien: 196—199. 

CHAPER: über Plagioptychus Coquandi: 199—201. 

Gaupry: über die fossilen Thiere vom Berge Leberon: 201 - 203. 

Esrav: über die agronomische Karte des Rhöne-Dep.: 203 — 206. 

Tovrxovär: über das Miocän, mit Rücksicht auf die geologische Karte von 
Gers: 207—210. 

LArTET: Alter der Faluns von Armagnac: 210—212. 

DE SAPORTA: über die pliocäne Flora mit Rücksicht auf die Beobachtungen 
von Rames im Cantal: 212—232. 

Locarp: über die Knochen-Breccien der Gegend von Bastia: 232—236. 

— — Fauna der Tertiär-Ablagerungen von Corsiea: 236 —242. 

L£ymErıE: Stellung und Beschaffenheit der devonischen Marmore im Lan- 
guedoc: 242-250. 

pE RovviLLE: permische Formation im Herault-Dep.: 250—252. 

JANNETTAZ: thermische Eigenschaften der Krystalle: 252—254. 

GAvDRY: quartäre fossile Reste, gesammelt von Oehlert bei Louverne 
(Mayenne): 254—257. 

Esrav: Stratigraphie von Chabrieres bei Digne: 257—259. 

CorrEav: über die Gattung Tetracidaris (pl. IH): 259— 260. 


9) Comptes rendus hebdomadaires des seances del’ Academie 
des sciences. Paris. 4°. [Jb. 1873, 540.] 
1873, 9. Juin — 30. Juin; No. 23—26; LXXVI, p. 1371—1616. 
Ca. MEne: über den Phosphorsäure-Gehalt in Koprolithen und Phosphat- 
Knollen: 1419— 1420. 
En. JanserAz: ein zweibasisches Bleisalz aus dem Ariege: 1420— 1423. 
1873, 7. Juill.— 21. Juill.; N. 1—3; LXXVI, p. 1—224. 
DesCLoizEAUX: ALBR. SCHRAUF über die Krystallformen des Lanarkit aus 
Schottland: 64—66. 
W. oe FonviEeLLE: Näheres über das Erdbeben vom 29. Juni: 66—68. 
DrLAasE: über die Eisenerze des Dep. Ille- und Vilaine: 110—111. 
DavsrReEr: Mittheilung eines Briefes von NoRDENsKJöLD: 187—190. 


5 


FRIEDEL: über eine natürliche Verbindung der Oxyde des Kupfers und 
Eisens und über die Darstellung des Atakamit: 211—214. 


10) L’Institut. I. Sect. Sciences mathematiques, physiques et naturelles. 

Paris. 4°. [Jb. 1873, 414.] 
1873, 7. Mai—25. Juin; p. 145—208. 

A. Gaupry: über Fossilien vom Berge Leberon (Vaucluse): 155. 

St. Mrvnıer: Bestimmung und Classification der Meteoriten im mineralo- 
gischen Museum: 161—162. 

Quarrerases und Hany: „Crania ethnica. Les ordres des races humaines“ : 
185—186. 

Van Benepen: Entdeckung neuer fossiler Fische bei Brüssel: 188. 

Van BENEDEN: über einen fossilen Vogel aus dem Rupelthon, der identisch 
scheint mit einem noch lebenden: 197. 


11) H. WoopwArD, J. Morrıs a. A. Eruerivdee: The Geological Maga- 

zine. London. 8°. [Jb. 1873, 635.] 
1873, June, No. 108, p. 241—288. 

Ray LAnkEsTER: ein neues Genus Holaspis sericeus aus den devonischen 
Fisch-Schichten (pl. X): 241—245. 

CLiırton Warp: über Spalten-Bildung in Felsen: 245—248. 

OÖ. Fis#er: über Bildung der Berge: 248—262. 

J. Ror£: weitere Notizen über Krinoiden (pl. XI): 262—268. 

Sorzas: Foraminiferen und Schwämme des oberen Grünsand von Cam- 
bridge: 268274. 

Notizen u. s. w.: 274—288. 

12) B. Sıruman a. J. D. Dana: the American Journal of science 
and arts. 8° [Jb. 1873, 636.] 

1873, August, Vol. VI, No. 32, p. 81—160. 

J. D. Dana: über einige Resultate der Contraction der Erde durch Ab- 
kühlung. IV. Feuerige Ausbrüche, Vulkane: 104. 

B. SırLıman: Mineralogische Bemerkungen über Utah, Californien und Ne- 
vada, nebst Beschreibung des Priceit: 126. 

S. W. Forp: über die Vertheilung der Fossilien in der unteren Potsdam- 
Gruppe bei Troy, N.-Y.: 134. 


13) The American Naturalist, a popular illustrated Magazine of 
Natural History. Salem, Mass. Peabody Academy of science. 8°, 
[Jb. 1873, 542.] 

Vol. VI, Jan. — Nov. 1872. No. 1—11, p., 1—720. 

L. Asassız: Tiefsee-Fischungen betreffend: 1, 58. 

Geologie der Phosphat-Schichten von Süd-Carolina: 55. 


152 


J. W. Foster: die Gebirge von Colorado: 65. 

J. G. HEnDERson: die frühere Verbreitung des Büffels: 79. 

Ca. C. Assor: das Steinalter in New-Jersey: 144, 199, mit vielen Abbil- 
dungen. 

E. D. Corz: über die Wyandotte-Höhle und ihre Fauna: 406. 

WırLıam Srtmmpson 7: 444 u. 505. 

N. S. SpaLer: über die Geologie der Insel Aquidneck und der benachbar- 
ten Theile der Küste der Narraganset-Bucht: 518, 611. 

Ası Grar: Sequoia und ihre Geschichte: 577. 

CH. Fr. Hartr: über das Vorkommen von Gesichtsurnen in Brasilien: 607. 

Kenntniss des Petroleum-Vorkommens im letzten Jahrhundert: 638. 

J. G. Henderson: Bemerkungen über die als „Plummets“ bezeichneten 
Reste der Ureinwohner: 641. 

S. H. Scupper: Fossile Insecten aus den Rocky Mountains: 665. 

Epw. D. Corr: das geologische Alter der Kohle von Wyoming: 669. 

— — die eocäne Gattung Synoplotherium: 695. 

Merkwürdige indianische Steingeräthe: 69. 

Über den Boomerang: 701. 


Auszüge, 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


H. Rosenseusch: Mikroskopische Physiographie der petro- 
graphisch wichtigen Mineralien. Ein Hülfsbuch bei mikroskopi- 
schen Gesteinsstudien. Mit 102 Holzschnitten und 10 Tafeln in Farben- 
druck. Stuttgart, 1873. 8°. S. 398. — Der Verf. hat bereits in einer 
brieflichen Mittheilung in diesem Jahrbuche bei der Ankündigung seines 
Werkes die Motive, welche ihn bei der Ausarbeitung leiteten, die Aufgabe, 
welche er sich gestellt, näher auseinandergesetzt *. Rosensusch hat, wie 
es uns scheint, seine Aufgabe sehr glücklich gelöst. Diese Aufgabe ist 
eine doppelte: zunächst den Anfänger mit den Hülfsmitteln der mineralo- 
gischen Mikroskopie bekannt zu machen; dann aber demselben eine ge- 
nane mikroskopische Diagnose der Mineralien zu geben, die Gesteine bil- 
dend auftreten. Letztere war aber nur dem möglich, welcher sich wie 
Rosexgtsc# schon längere Zeit mit mikroskopischen Forschungen beschäf- 
tigt, die nöthige Erfahrung erworben hat. — Das vorliegende Werk zer- 
fällt demgemäss in zwei Theile. Der erste oder allgemeine untersucht die 
Methoden, nach welchen wir die morphologischen, physikalischen und che- 
mischen Eigenschaften der Mineralien in der Mikroskopie verwerthen kön- 
nen. Es werden — nach einer kurzen historischen Einleitung sowie einer 
genauen Beschreibung des Beobachtungs-Materials — nun die drei Classen’ 
der Eigenschaften in sehr eingehender Weise besprochen, zumal die phy- 
sikalischen und unter diesen, wie begreiflich, die optischen. Der Verf. hebt 
ihre grosse Bedeutung für die Erkennung der Mineralien unter dem Mi- 
kroskop hervor. Seine überaus klare Darstellung, unterstützt durch viele 
schematische Zeichnungen, lassen nicht verkennen, dass Rosengusch auf 
dem schwierigen Gebiete der Mineral-Optik recht heimisch ist. Wir ver- 
weisen hier besonders auf die Untersuchung im polarisirten Licht. — Was 
die chemischen Eigenschaften betrifft, macht der Verf. darauf aufmerksam, 
dass es zwei Wege gibt, um solche der mikroskopischen Untersuchung 


* Jahrb. 1873, 61. 
Jahrbuch 1873. 48 


ll 


754 


anzupassen. Der eine besteht darin, dass man das feinste Pulver des 
Minerals oder Mineral-Gemenges, nachdem es mit Canada-Balsam angerührt, 
der mikroskopischen Betrachtung unterwirft, oder letztere unmittelbar am 
Dünnschliff anstellt, nachdem dieser mit den betreffenden Reagentien be- 
handelt, um so die geringere oder grössere Ausdehnung der chemischen 
Einwirkung beobachten zu können. Der Verf. hat schon früher darauf 
aufmerksam gemacht, wie die mikroskopische Methode wesentlich verbes- 
sert wird durch eine Verbindung mit der mikrochemischen Untersuchung, 
und zu diesem Zweck einen eigenen Apparat construirt *. — Der zweite 
oder specielle Theil des vorliegenden Werkes umfasst die eigentliche Be- 
schreibung der Mineral-Species, wie sie sich unter dem Mikroskop dar- 
stellen. Rosexngusch geht von dem richtigen Grundsatz aus, dass eine mi- 
kroskopische Diagnose der Gesteine erst dann möglich, wenn eine solche 
für die Gesteins-bildenden Mineralien vorhanden. Dieselben werden nach 
ihren optischen Eigenschaften classificirt. Es ist sowohl die Art der Be- 
schreibung der Mineralien eine ausgezeichnete, wie auch die Auswahl eine 
geeignete: sie geben dem Anfänger ein klares und getreues Bild der für 
die Petrographie der krystallinischen Gesteine wichtigsten Species. — Eine 
sehr schätzbare Beigabe des RosenguschH’schen Werkes bildet die reiche 
Literatur, die nicht allein dem einzelnen, abgehandelten Gegenstand bei- 
gefügt, sondern am Schlusse noch vollständig zusammengestellt ist; dem 
Anfänger wie dem Fachmann sicherlich gleich willkommen. — Es ist in 
diesen Blättern sonst nur unsere Aufgabe, über den Inhalt der Bücher zu 
berichten; hier wird es aber zur Pflicht, auch der Ausstattung rühmend 
zu gedenken, welche dem Verleger zur Ehre gereicht. Der zahlreichen 
Holzschnitte im optischen Theil wurde schon erwähnt. Die zehn Tafeln 
in Farbendruck gehören zu den schönsten die wir gesehen; sämmtliche 
nach Original-Zeichnungen des Verfassers bringen eine sehr getreue, ob- 
Jective Wiedergabe des mikroskopischen Bildes. 


ALBR. ScHraur: über Brookit. (Atlas der Krystall-Formen des 
Mineralreiches. IV. Lief.) Nach den neuesten Untersuchungen des treff- 


lichen Wiener Krystallographen ist der Brookit monoklin mit prismati- 


schem (d. h. rhombischen) Habitus. Optisches Schema: für rothes Licht 
ca DoPoo = 0°; für violett cb ooPoo —= 0%. Die durchsichtigen Varie- 
täten zeigen daher eine der monoklinen Symmetrie entsprechende Disper- 
sion und Kreuzung der Axenebenen. Der monokline Character des Broo- 
kits erklärt die vollkommene Isomorphie mit Wolframit; wie bei diesem 
lassen sich mehrere Typen unterscheiden. I. Typus. Monoklin. Axen- 
Verhältniss a: b:c = 0,340269 : 1: 1,0926735. n — 9035°/,‘'. Dahin ge- 
hören Krystalle von Tavistock, von Chamouni: es kommen auch Zwillinge 
vor, Zwillings-Axe senkrecht auf dem ÖOrthopinakoid. Krystalle flächen- 
reich, Orthopinakoid vorwaltend. II. Typus. Monoklin. a:b:c = 0,84693 


* Jahrb. 1871, 914. 


n 755 


:1:0,93795. 7 = 90°39'20. Krystalle von Ulster County; auch hier Zwil- 
linge nach dem genannten Gesetz. II. Typus. a:b:c = 0,841419 : 
1: 0,943441. 7 — 90°6'30. Dahin gehören zum grösseren Theil die von 
früheren Autoren als rhombisch beschriebenen Formen, Vorerst muss es noch 
unentschieden bleiben, ob holoedrisch monokline oder Zwillings-Krystalle 
vorliegen. Es wurden zwei Zwillingsverwachsungen constatirt; Drehungs- 
axe senkrecht zu ooPxx (Wales) und Drehungsaxe senkrecht zu OP (Russ- 
land). Scaraur bildet von dem Brookit 16 Formen ab, meist flächenreiche, 
und stellt noch den Arkansit und Eumannit zum Brookit. 


TH. SCHEERER und E. DrecuseL: künstliche Darstellung von 
Flussspath und Schwerspath. (Journ. f. prakt. Chem. Bd. 7, 
8.63 ff.) Fluorcalcium in krystallisirter Gestalt ist, soweit bekannt, 
auf künstlichem Wege bisher nicht erzeugt worden. Die wichtige Rolle, 
welche der Flussspath in vielen, namentlich auch in gewissen Freiberger 
Erzgängen spielt, veranlasste einige Versuche über künstliche Flussspath- 
bildung. Sowohl gepulverter Flussspath, als amorphes Fluorcaleium zei- 
gen sich bei stärkerer Glühhitze löslich in gewissen geschmolzenen Chlor- 
metallen, besonders in Chlorcaleium, Chlorkalium und Chlornatrium, sowie 
in Gemischen dieser Salze. Bei derartigen Zusammenschmelzungen in 
einem Platintiegel über dem Gasgebläse bildete sich bei möglichst ver- 
zögerter Abkühlung krystallisirtes Fluorcalecium, welches durch Auskochen 
der Schmelze durch Wasser gesondert erhalten wurde. Dasselbe bestand, 
wie die mikroskopische Untersuchung zeigte, grösstentheils aus tessera- 
len Krystallskeletten, gebildet durch rechtwinklig an einander ge- 
fügte Zweige, jeder Zweig aus an- und über einander gewachsenen Ok- 
ta&ädern bestehend, deren Hauptaxen unter sich und mit den drei Zweig- 
richtungen parallel liefen; ganz wie solche Gebilde bei andern tesseralen 
Stoffen bekannt sind, namentlich beim Kupfer, Silber, Salmiak, Alaun. 
Hier und da waren auch isolirte, ringsum ausgebildete Oktaäder 
bemerkbar. Nirgends aber liessen sich Hexaöder entdecken, nicht einmal 
als Combinationen an Okta&ödern. Was auf trocknem Wege nicht gelang, 
Flussspath in seiner gewöhnlichen Krystallform darzustellen, suchten die 
Verf. auf nassem Wege — zum Theil mittelst Überhitzung unter hohem 
Dampfdruck — zu erreichen. Es gelang dies in verschiedenem Grade 
durch folgende Methoden. Eine Auflösung von saurem Kieselfluorcaleium 
(bereitet durch Lösen krystallisirten neutralen Kieselfluorcalciums und Ab- 
filtriren des allmählich ausgeschiedenen basischen Salzes) wurde mit etwa 
dem gleichen Volum einer mässig verdünnten, neutralen Chlorcalcium- 
solution versetzt. Die gemischte Flüssigkeit, welche einen beträchtlichen 
Überfluss an Chlorcaleium im Verhältniss zum Kieselfluorcaleium ent- 
hielt, zeigte erst nach einigen Stunden Spuren von Trübung. Sie wurde 
in einer zugeschmolzenen Glasröhre während 10 Stunden bis auf eine 
Temperatur von etwa 250° erhitzt. Nach dem Erkalten und Öffnen der 
Röhre, sowie nach Entfernung der darin enthaltenen Finseighen sammt 

4 


156 


dem losen — meist aus amorphem Kieselsäurehydrat bestehenden — Nie- 
derschlage, wurde die Röhre mit Wasser mehrmals ausgespült und längere 
Zeit behandelt, um jeden löslichen Stoff völlig zu entfernen. An der so 
gereinigten und durch Erwärmung wieder getrockneten Röhrenwandung 
gewahrte man, selbst schon bei mässiger Vergrösserung mittelst der Loupe, 
sehr scharf ausgebildete Krystalle. Einige derselben hatten Oktaäder- 
Form, andere waren Combinationen von Oktaäöder und Hexa- 
eder, letztere Gestalt jedoch niemals für sich auftretend. An den gröss- 
ten dieser Krystalle erreichten die Kanten eine Länge von 0,07 Mm. — 
Wiederholungen dieses Versuchs gaben anfangs kein so günstiges Resul- 
tat, bis sich herausstellte, dass zum vollkommnen Gelingen eine Tempera- 
tur von nicht unter 240° erforderlich sei. Schöne und ausserordentlich 
zahlreiche Krystalle bildeten sich bei einer fast 250° erreichenden Tem- 
peratur. Ein höherer Hitzgrad hatte leider stets das Explodiren dieser 
Glasröhren zur Folge, obwohl sie aus schwer schmelzbarem Kaliglas be- 
standen und 3 Mm. Wanddicke bei kaum 14 Mm. Durchmesser im Lich- 
ten besassen. Dagegen ist es nicht nothwendig, jene filtrirte saure Solu- 
tion von Kieselfluorcaleium anzuwenden, sondern es genügt, krystallisirtes 
(neutrales) Kieselfluorcaleium in fester Gestalt in die Röhre zu bringen 
und Chlorcaleiumlösung darauf zu giessen. Dann wird die Röhre so zuge- 
schmolzen, dass etwa ein Drittel ihres Innern mit Luft erfüllt bleibt, im 
Kanonen-Apparat allmählich bis auf 250° erhitzt, einige Stunden in dieser 
Temperatur erhalten und darauf langsam abkühlen gelassen. Die gebil- 
deten Flussspathkrystalle sitzen so fest an der — vollkommen durchsichtig 
gebliebenen — Röhrenwandung, dass keine Gefahr vorhanden, sie beim 
wiederholten Ausspülen der Röhre wegzuwaschen. Die Verf. erhielten auf 
diese Weise so zahlreiche Krystalle, dass die Röhrenwandung stellenweise 
mit kleinen Oktaädern dicht inkrustirt war. Die meisten derselben 
hatten etwa 0,02 Mm. Kantenlänge; darunter kamen aber einzelne grös- 
sere mit Kantenlängen bis zu 0,08 Mm. vor. Der chemische Hergang bei 
dieser gegenwärtigen Zersetzung der genannten beiden Salze lässt sich 
folgendermassen auffassen: 


3CaF + 2SiFs 9CaF 
6CaCl ! — ! 28i0, 
6Ho 6HEI 


Als Zersetzungsprodukte werden also Fluorcaleium (Flussspath), 
Kieselsäure (in Gestalt von Kieselsäurehydrat) und Chlorwasser- 
stoffsäure gebildet. — Nachdem es gelungen war, Flussspath als Zer- 
setzungsprodukt zu erzeugen, versuchten die Verf. Flussspathkrystalle auf 
einfacherem Wege darzustellen: aus einer Solution von Fluorcaleium in 
Wasser. Frisch bereitetes amorphes Fluorcaleium ist in Wasser nicht 
ganz unlöslich. Eine solche Solution gab beim Verdunsten sowohl über 
Schwefelsäure im Exsiccator als im Vacuum, keine deutlich erkennbaren 
Krystalle bei 100facher linearer Vergrösserung, deren sich die Verf. meist 
bei ihren Versuchen bedienten. Selbst bei 600facher Vergrösserung blieb 
es ungewiss, ob einige als hexaädrische Gestalten erscheinende Gebilde 


797 


wirklich diesen Charakter besassen. Als dagegen amorphes Fluorcaleium, 
mit schwach durch Salzsäure angesäuertem Wasser übergossen, in einer 
zugeschmolzenen Glasröhre während 10 Stunden bis auf 240° (einem 
Dampfdruck von etwa 32 Atmosphären entsprechend) erhitzt wurde, er- 
hielten die Verf. zahlreiche, sehr scharf ausgebildete Krystalle, allein nur 
Okta&der (meist mit Kantenlängen von 0,02 Mm.) an denen Hexaöder- 
Flächen mit Sicherheit nicht erkannt werden konnten. -- Schwefel- 
saurer Baryt zeigt, trotz seiner ausserordentlichen Schwerlöslichkeit in 
Wasser, grosse Neigung zum Krystallisiren auf nassem Wege; denn alle 
Niederschläge desselben scheinen aus mikroskopischen Krystallen zu be- 
stehen, oder sich wenigstens sehr bald darin umzuwandeln. Etwas grös- 
sere Krystalle erhält man durch Anwendung besserer Lösungsmittel. Die 
durch ‚höhere Temperatur gesteigerte Löslichkeit des schwefelsauren Baryts 
in Wasser kann ebenfalls zur Krystallbildung desselben benützt werden. 
Eine stark verdünnte Chlorbaryumlösung mit etwas überschüssiger Schwe- 
felsäure versetzt und während 12 Stunden bis auf 245° erhitzt, gab be- 
deutend grössere — theilweise zu Gruppen verwachsene — Krystalle, als 
sich durch Fällung unter gewöhnlichen Umständen bildeten. Von beson- 
derem Interesse erschien es, da Flussspath und Schwerspath in 
Gängen so oft neben einander vorkommen, solche nachbarlichen Ge- 
bilde künstlich hervorzurufen. In dieser Absicht wurden die folgenden 
Versuche angestellt. Fluorcalecium und schwefelsaurer Baryt. 
Es liess sich vermuthen, dass schwefelsaurer Kalk (Gyps) und Fluorbaryum 
unter gewissen Verhältnissen zersetzend auf einander einwirken würden, 
und dass dadurch schwefelsaurer Baryt (Schwerspath) und Fluorcaleium 
(Flussspath) entstehen müssten. Es wurde zunächst ein Gemenge von 
1 Äquivalent Fluorbaryum und 1 Äquivalent wasserfreiem schwefelsaurem 
Kalk mit einer grösseren Quantität K6l + Na€Cl im Platintiegel zusam- 
mengeschmolzen. Nach Behandlung der Schmelze mit Wasser blieb ein 
krystallinisches Pulver ungelöst, in welchem das bewaffnete Auge meist 
nadelförmige Gebilde gewahrte, aber nichts was auf tesserale Gestaltung 
bezogen werden konnte. Die Nädelchen erwiesen sich unter dem Mikro- 
skop im polarisirten Lichte als optisch zweiaxig. Durch Anwendung des 
nassen Weges suchten die Verf. zu einem unzweideutigeren Resultate zu 
gelangen. In eine unten zugeschmolzene Glasröhre wurde etwas Fluor- 
baryum geschüttet, durch Salzsäure angesäuertes Wasser daraufgegossen 
und dann ein Stück krystallisirter Gyps (Marienglas) mittelst eines Pla- 
tindrahtes und Platinblechs so angebracht, dass dasselbe möglichst ent- 
fernt vom Fluorbaryum gehalten wurde. In der nun auch an dem ande- 
ren Ende zugeschmolzenen und horizontal in den Kanonen-Apparat ge- 
legten Glasröhre befanden sich also am einen Ende Fluorbaryum und am 
andern Ende Gyps, beide unter der Wasserschicht. Nach 10stündigem 
Erhitzen bis auf etwas über 240° und langsamer Abkühlung, waren über- 
aus zahlreiche prismatische Krystalle entstanden; nirgends aber 
liess sich eine Spur vor tesseralen Gebilden entdecken. Soviel stand also 
Jedenfalls fest, dass hierbei kein Flussspath erzeugt worden war. Die 


758 


prismatischen Krystalle besassen verschiedenen Habitus, und zwar liessen 
sich folgende drei Arten leicht von einander unterscheiden. 1) Lange 
sechsflächige Prismen (zum Theil über 1 Mm. lang bei nur 0,005—0,01 Mm. 
Dicke), an denen mitunter eine dachförmige Zuspitzung deutlich bemerk- 
bar. Sie ergaben sich bei näherer Prüfung als Gypskrystalle.. Durch 
längeres Behandeln mit salzsäurehaltigem Wasser wurden sie allmählich 
vollständig gelöst, während die beiden andern Arten der Krystalle unver- 
ändert zurückblieben. 2) Kurze Prismen (meist von ungefähr 0,03 Mm. 
Länge bei 0,01 Mm. Durchmesser), welche sich als rhombische Krystalle 


von der Form &oP.oP.ooPoo auffassen liessen. Ihre grösste Dimension 
befand sich in der Richtung der Makrodiagonale. Dieser ganze Habitus 
unterstützt die Vermuthung, dass es Anhydritkrystalle waren, dann frei- 
lich ausnahmsweise ohne die fast stets an denselben auftretenden Flächen 


ooPxo. 3) Kleine nadelförmig spiessige Krystalle. Da es nicht möglich 
war, diese letzteren beiden Arten der Krystalle von einander zu sondern, 
so konnte nur das Gemenge derselben chemisch untersucht werden. Dabei 
ergaben sich wieder Schwefelsäure, Flusssäure, Baryterde und Kalkerde 
als Bestandtheile.. Da es sich hiernach zu bestätigen schien, dass eine 
chemische Doppel-Verbindung von schwefelsaurem Baryt und Fluorcalcium, 
nicht aber jedes dieser Salze für sich, gebildet worden war, suchten die 
Verf. diese befremdende Thatsache noch unzweifelhafter darzulegen. Dies 
konnte vermittelst Anwendung des Princips der verlangsamten Krystall- 
bildung geschehen, wodurch wohl grössere Krystalle jener fraglichen Ver- 
bindung zu erhalten. Eine U-förmig gebogene Glasröhre, an welcher das 
Mittelstück verhältnissmässig lang und von grossem Durchmesser war, 
wurde mit Wasser gefüllt und an ihrem einen Ende mit Fluorbaryum, an 
ihrem anderen Ende mit Gyps beschickt; derartig, dass diese von Filtrir- 
papier umhüllten Salze lockere Pfropfe in beiden Röhrenschenkeln bilde- 
ten. Das ins Wasser eintauchende Filtrirpapier bewirkte das Feucht- 
werden und allmähliche Auflösen der Salze. Die so gebildeten Lösungen 
senkten sich in den lothrecht stehenden Röhrenschenkeln und trafen im 
Mittelpunkt sehr langsam und verdünnt zusammen. Während wochen- 
langer Zeit setzten sich an der Röhrenwandung beträchtliche Mengen von 
Krystallen ab, zu mehr oder weniger grossen Gruppen vereint, alle aber 
— wegen der geringeren Löslichkeit des Fluorbaryums im Vergleich mit 
der des Gypses — beträchtlich näher an der Lösungsquelle des erstge- 
nannten Salzes als an der des zweiten. Als diese (in Wasser völlig un- 
löslichen) Krystallgebilde unter dem Mikroskop betrachtet wurden, boten 
sie einen durchaus anderen Anblick dar, als die des vorbeschriebenen 
Versuchs. Weder nadelförmige noch andere prismatische Krystalle waren 
bemerkbar. Dagegen zeigten sich überaus zahlreiche Krystallskelette — 
— viele von schönster Tannenbaumform — mit schiefwinklig angelegten 
Zweigen und mit Zuspitzungen, die auf keine tesserale Gestalt zu 
ziehen waren. Ferner gab es tafelförmige Gestalten, und darunter von 
einer beilförmigen Art, wie sie für gewisse Schwerspäthe charakteristisch 


759 


ist. Alle diese Gebilde gingen durch Zwischenstufen in einander über, 
gehörten also einer und derselben Substanz an. Dass diese für Schwer- 
spath zu halten sei, erscheint um so unbedenklicher, als sich zugleich 
unzweifelhafte Flussspath-Krystalle (mit Kantenlängen bis zu 0,04 Mm.) 
gebildet hatten, fast alle in scharfkantigster Hexa&äder-Form. Meist 
waren sie den Schwerspathkrystallen aufgewachsen, zum Theil sassen sie 
auch einzeln und in kleinen Gruppen in der Nähe derselben. Bei ge- 
steigerter Vergrösserung (bis zum 300fachen) zeigten sich manche Schwer- 
spathkrystalle — tannenbaumähnliche Gebilde wie beilförmige Tafeln — 
ganz übersäet von unregelmässig darüber ausgestreuten kleinen Hexa- 
ödern. Die chemische Analyse dieses Krystall-Gemenges ergab, wie vor- 
auszusehen, schwefelsauren Baryt und Fluorcaleium als alleinige Bestand- 
theile. — In Betreff des verschiedenartigen krystallinischen Typus der 
dargestellten Flussspathkrystalle verdient es schliesslich als ein Erfah- 
rungsresultat hervorgehoben zu werden: dass langsame Entstehung, 
in Verbindung mit niederer Temperatur, die Hexa&der-Bildung begün- 
stigt, während schnelle Entstehung, in Verbindung mit hoher Tem- 
peratur, auf Oktaöder-Bildung hinwirkt. 


K. Hausuorer: über eine mechanische Trennung zusam- 
menkrystallisirter Körper. (Journ. f. prakt. Chem. Bd. 7. S. 147 ff.) 
Wenn 'man ein Gemenge verschiedener zusammenkrystallisirter Körper 
mechanisch soweit zerkleinern könnte, dass die einzelnen Theilchen ver- 
schiedene Substanz repräsentirten, so wäre es bei Körpern, deren Gemeng- 
theile wesentliche Unterschiede im spec. Gewichte zeigen, leicht, sie dureh 
Schlämmen zu zerlegen und selbst in dem Falle, dass nur ein kleiner 
Theil des Pulvers soweit zerkleinert wäre, wie angenommen ist, müssten 
die Produkte des Schlämmens Unterschiede in der chemischen Zusammen- 
setzung nach einer a priori bestimmbaren Richtung hin zeigen. Darauf 
gründen sich die Versuche, welche zunächst mit einem Siderit von Loben- 
stein vorgenommen wurden. Die Analyse dieses Minerals, welches voll- 
kommene Individualisation und Spaltbarkeit zeigte, ergab: 

76,84 kohlensaures Eisenoxydul 

20,75 kohlensaure Magnesia 

0,81 kohlensaure Kalkerde 

1,69 kohlensaures Manganoxydul, 
somit eine Zusammensetzung, welche sich einerseits für den vorliegenden 
Zweck vorzüglich eignen musste, andererseits aber auf eine ziemlich ein- 
fache Constitutionsformel führt, da das Eisenoxydulcarbonat gegen die 
Summe der übrigen Carbonate sich genau verhält wie 7:3. — Eine grös- 
sere Menge davon — etwa 200 Grm. — wurde fein gepulvert, durch ein 
Tuch gebeutelt, das Feinste mit etwa !/, Lit. ausgekochten destillirten 
Wassers aufgeschlämmt und durch Absitzenlassen und Abgiessen des noch 
suspendirten Theiles in 6 Sedimente getrennt. Diese wurden alle zugleich 
bei 110° getrocknet, gewogen, in Schwefelsäure gelöst und auf ihren Ge- 


760 


halt an Eisenoxydul titrirt. Die mit aller möglichen Sorgfalt ausgeführte 
Operation ergab nicht die geringste Verschiedenheit im Resultat; Nr. 1 
entfärbte genau soviel von der stark verdünnten Chamäleonlösung wie 


Nr. 6 und alle zwischenliegenden. Die Folgerung liegt nahe, dass man 


es mit einer homogenen Substanz, einer geschlossenen chemischen Verbin- 
dung zu thun hatte. Dies negative Resultat hielt HavsHorer nicht ab, 
weitere Versuche anzustellen. Ein sogenannter Ankerit von Eisenerz in 
Steyermark — ebenfalls rein und gut spaltbar — gab bei der Analyse 
folgende Resultate: 


75,01 kohlensaure Kalkerde 


4,13 kohlensaures Eisenoxydul 
11,11 kohlensaure Magnesia, 


welche Zusammensetzung weder einem normalen Ankerit, noch überhaupt 
einer einfachen Formel entspricht. Die durch den gleichen Abschläm- 
mungsprocess gewonnenen fünf Sedimente wurden gelöst und titrirt und 
enthielten 


I. 4,16 Eisenoxydulcarbonat 


II. 4,16 R 
II. 4,10 x 
IV. 4,08 is 
V. 4,04 h 


zeigten also einen successive abnehmenden Gehalt an Eisenoxydulearbonat, 
woraus ohne Zweifel geschlossen werden darf, dass dasselbe wenigstens 
zum Theil mechanisch beigemengt war und vermöge seines höheren spe- 
cifischen Gewichtes in den ersten Sedimenten in grösserer Menge nieder- 
fiel als in den späteren. In den ersten zwei Absätzen zeigt sich kein 
wesentlicher Unterschied. Es ist zur Erklärung dieser Thatsache wohl 
der Umstand ausreichend, dass die ersten Sedimente sich sehr rasch ab- 
setzen und in den wenigen Secunden ihrer Bildung die immerhin noch ge- 
ringen Unterschiede des spec. Gewichtes kaum zu einer Trennung genügen, 
überdies die ersten Sedimente auch das Gröbste enthalten und deshalb 
nicht zur Separation geeignet sein können. HavsHorrr macht darauf auf- 
merksam, dass die ans Brscnor’s Lehrbuch der chemischen Geologie in 
andere Lehr- und Handbücher übergegangene Angabe über die Trennbar- 
keit der isomorphen Carbonate des Caleiums und Magnesiums, besonders 
der sogenannten unfertigen Dolomite durch verdünnte Essigsäure neuer 
experimenteller Belege bedarf. Es ist HAusHorER wenigstens in dem vor- 
liegenden Falle nicht gelungen, eine Trennung des Caleinmearbonates von 
den übrigen Carbonaten des Ankerites zu bewerkstelligen, obwohl das er- 
stere aller Wahrscheinlichkeit nach selbstständig vorhanden war und ob- 
wohl sehr verdünnte Essigsäure ohne Erwärmung angewendet wurde. Es 
löste sich bei der Einwirkung derselben zwar im Verhältniss mehr Kalk- 
erde als von den übrigen Basen, allein es löste sich Eisenoxydul und 
Manganoxydul ebenfalls und zwar in Mengen, welche kein bestimmtes 


761 


Mengungsverhältniss angaben. 2 Grm. Ankerit, in verdünnter Essigsäure 
gelöst, hinterliessen 1,1020 Rückstand; dieser bestand aus 

0.0170 Eisenoxydul- | 1,5 p.C. 

0,1777 Manganoxydul- }; carbonat oder: 16,1 „ 


0,9073 Kalkerde- BIN 4% 
während die in Lösung gegangene Menge von 0,8980 Grm. aus 
0,0087 Eisenoxydul- 0,96 p.C. 
0,0630 Manganoxydul- } carbonat oder: 7,01 „ 
0,8263 Kalkerde- 99,01 a;, 


bestand. Mag nun auch das Magnesiumcarbonat im Dolomit sich anders 
verhalten, so ist es jedenfalls wünschenswerth, dass, ehe man der ange- 
gebenen Scheidung der Carbonate durch Essigsäure die Geltung eines 
Lehrsatzes einräumt, genaue Untersuchungen mit besonderer Rücksicht 
‘auf die Dauer der Einwirkung, auf den Concentrationsgrad und die rela- 
tive Menge der Essigsäure angestellt werden. Der krystallisirte wasser- 
helle Dolomit von Traversella, welcher nach HAvsHorEr aus 


53,85 kohlensaurer Kalkerde 
36,98 kohlensaurer Magnesia 

8,49 kohlensaurem Eisenoxydul 
0,50 kohlensaurem Manganoxydul 


besteh? und sich auf die Formel des normalen Dolomit beziehen lässt, 
konnte durch Schlämmen nicht zerlegt werden. Sechs Sedimente, welche 
auf dem vorgezeichneten Wege erhalten worden waren, zeigten sowohl bei 
der Titrirung als bei einer controlirenden Analyse nur solche Unterschiede 
in der Zusammensetzung, welche auf Rechnung der analytischen Fehler- 
quellen zu stellen sind und keine stetige Ab- oder Zunahme erkennen 
lassen. Im Anschlusse an diese Untersuchungen und in gleicher Absicht 
prüfte HavsHorer das Verhalten des Staffelit von Limburg im Nassauischen. 
Dieses merkwürdige Mineral, welches von PETERSEn analysirt wurde, löst 
sich in verdünnter Salz- oder Salpetersäure schon bei mässiger Erwärmung 
vollständig auf und zwar unter einer bis zuletzt gleichbleibenden Entwick- 
lung von Kohlensäure. Es ergab sich eine Zusammensetzung: 


92,76 Calciumphosphat und Fluorcalcium 
7,19 Caleiumcarbonat, wenig Wasser und Sika von Chlor. 


Es wurde nach der angegebenen Methode durch Schlämmen in sechs 
Sedimente getheilt, diese zugleich bei 110° getrocknet und je 1 Grm. in 
verdünnter Salzsäure :bei ca. 50° gelöst. Aus den klaren Lösungen wurde 
sämmtlicher phosphorsaurer Kalk durch einen geringen Überschuss von 
Ammoniak gefällt, bis nahe zum Kochen erwärmt, rasch filtrirt und mit 
heissem Wasser nachgewaschen. Der phosphorsaure Kalk wurde getrock- 
net, geglüht und gewogen, im Filtrat wurde der Controle wegen in 1., II. 
und VI. der Kalk als oxalsaures Salz gefällt und als schwefelsaurer ge- 
wogen. Die analytischen Resultate waren: 


762 


Sediment Calciumphosphat Calciumearbonat Summe 

T. 93,18 6,72 99,90 

HI. 92,87 7,09 99,96 
III. 92,67 _ - 
IV. 92,35 ie = 
V. 92,15 a Bi 

v1. 92,10 7,78 99,88 


Die Unterschiede sind wohl nur sehr gering, allein doch grösser, als 
dass sie in die Grenzen der analytischen Fehler fallen könnten, und zu- 
dem wieder in einer ununterbrochenen Progression, welche der Voraus- 
setzung, dass der specifisch schwerere phosphorsaure Kalk sich in den er- 
sten Sedimenten mehrt, in den letzteren vermindert, vollkommen entspricht 
und es wahrscheinlich macht, dass das Mineral ein Gemenge ist. Die 
Mengung muss jedoch eine äusserst innige sein; denn das Calciumcarbonat 
wird durch Essigsäure auch aus dem feinsten Pulver nicht ausgezogen. 
Die Moleküle desselben scheinen von den Molekülen des Phosphates voll- 
ständig umschlossen und dadurch vor der Einwirkung der Säure geschützt 
zu sein. Havsuorer vermuthet aus dem spec. Gewichte des Minerals 
(= 3,16), dass das Caleiumcarbonat in der Modification Aragonit in dem 
Minerale enthalten ist. Durch anhaltendes aber nicht zu starkes Glühen 
konnte ein grosser Theil der Kohlensäure ausgetrieben werden; dann 
reagirte die Substanz alkalisch und Kalkerde wurde durch Wasser aus- 
gezogen. Das abfiltrirte Mineralpulver wurde noch einmal geglüht und 
wieder konnte Caleiumoxyd durch Wasser ausgezogen werden und so ein 
drittes Mal. Die Mengen des ausgezogenen Kalkes wurden jedoch succes- 
sive kleiner und betrugen zusammen etwa nur zwei Dritttheile des Cal- 
ciumcarbonates, welches die Analyse ergeben hatte. Es ist bei dem Glühen 
des Pulvers wohl kaum zu vermeiden, dass der kaustisch werdende Kalk 
mit dem Phosphat kleine Mengen von basischem Salz bildet und dann 
natürlich in Wasser unlöslich wird. — Auch dieses Verhalten des Mine- 
rals lässt sich dahin deuten, dass der Staffelit ein Gemenge sei, wofür 
übrigens das äussere Ansehen und das Verhalten gegen Säuren durchaus 
keinen Anhaltspunkt gibt. Es geht aus der vorliegenden Untersuchung 
hervor, dass es krystallisirte Gemenge isomorpher und heteromorpher 
Körper gibt, und dass solche, deren Zusammensetzung einfache stöchio- 
metrische Verhältnisse zeigen, mit Wahrscheinlichkeit für geschlossene 
chemische Verbindungen angesehen werden können. 


Borıcry: über neue Mineralvorkommen in der Umgegend 
von Waltsch. (K. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. zu Prag, Sitzg. v. 
21. Febr. 1873.) Die Umgegend von Waltsch war seit langem als der 
Fundort schöner Hyalithe (vom Berge Wilir und von der hohen Lauer, 
nordwestlich von Waltsch) und des stängligen und faserigen, blass viol- 
blauen, röthlichen und gelblichweissen Aragonit bekannt. Von Interesse 
ist aber das Vorkommen von Apatit. Die kleinsten, vereinzelten oder 


763 


gehäuften Kryställchen desselben (circa ! „—1"' 1.) sind schwach pellucid 
und glasglänzend; die grösseren (bis 6‘ ].) haben eine schneeweisse oder 
graulichweisse Farbe, sind impellucid, matt oder schwach perlmutterglän- 
zend, doch pflegen im Inneren derselben und in der Mitte der basischen 
Flächen schwach grünlichweisse, durchschimmernde Partien bemerkbar zu 
sein. Durch Hervortreten winzig kleiner, meist der Hauptachse parallel 
aggregirter Krystallsäulchen scheinen ihre Seitenflächen sehr stark gerieft 
zu sein; hiedurch erscheint auch die basische Fläche mehr weniger krumm- 
fächig und drusig, so dass die meisten Kryställchen (Aggregate) fassähn- 
lichen, garbenähnlichen oder wulstförmigen Gebilden ähneln. Es erschei- 
nen die krystallinischen Apatitüberzüge sehr häufig in Gesellschaft des 
Hyalith. In den meisten Fällen bildet eine Druse von zarten Apatit- 
kryställchen die tiefste Lage; hierauf folgen abwechselnde Hyalith- und 
Apatitlagen und die jüngsten pflegen die halbkugelförmigen und fein trau- 
bigen Gebilde zu sein, welche aus Apatit und Hyalithschalen oder aus einem 
innigen Gemenge beider Minerale bestehen und sich durch ein opalartiges 
Aussehen auszeichnen. Es wurde im Laboratorium von Sararik durch 
K. Preis eine Analyse ausgeführt, zu welcher nur reine Fragmente der 
Krystalldrusen ausgesucht wurden. 
Das Ergebniss dieser Bestimmung in °/, war folgendes: 


/o 
Phosphorsäure = 36,86 


Kalkerde — 53,83 Spec. Gew. — 3,083. 
Thonerde en! 

. ae ’ ; 
Kieselerde 


Legt man die gefundene Gewichtsmenge der Phosphorsäure der Be- 
rechnung des reinen Apatit und der Beimengungen zu Grunde, so er- 
gibt sich: 


Sauerstoffverhältnisse 
P,O, = 36,86 20,%7..— 9, %,4,154 | 


3Ca0 — 43,58 12,46 — 3 X 4,154 \ 87,19 %/, Apatit. 
1,.Ca —= 3,46 | Ä 
UEH 3,29 
Hiedurch ergibt sich 
für die Analyse ein 
Überschuss von 
an 6 1 7 
nr B age nl diesst BER 9,66°/, kohlensaurer Kalk 
Als weitere Beimen- 
gungen sind durch die 
Analyse bestimmt: 
AO, hd die vermuthlich in 
SiOo, (| 7 © 0 Verbindung mit Was- 
ser als Hydrate auf- 
treten. 


6A 


Es besteht das untersuchte Mineral aus 87,19°%;, chlorfreier und fluor- 


hältiger Apatitsubstanz und aus 9,66°/, kohlensaurem Kalk; es stimmt 


also mit dem Staffelit überein. 

Perimorphosen des Hyalith nach schalig-faserigen 
Apatitkrusten. Auf den Hyalithlagen des Waltscher Basaltes kommen 
auch nieren- und traubenförmige Krusten vor, die theils aus abwechseln- 
den, dünnen, concentr. Schalen von Apatit und Hyalith bestehen, theils 
concentrisch schalige und zugleich mehr weniger deutlich strahlige Ge- 
menge beider Minerale darstellen. Offenbar rührt diese Texturausbildung 
nur von dem Apatit her, dem die Hyalithpartikeln in den erwähnten Tex- 
turrichtungen eingelagert sind. Nach Zerstörung des Apatit behält der 
Hyalith die angenommene schalig-strahlige Textur, wird jedoch schwam- 
mig porös. Auf völlig frischen dünnen Hyalithlagen des Waltscher Basal- 
tes breitet sich eine circa "/, dicke, graulichweisse, schwammig-poröse 
Hyalithkruste (von nierenförmiger, jedoch zerfressener Oberfläche) aus, an 
deren Querbruch die schalig-strahlige Textur sehr deutlich hervortritt. 
Auf anderen Stücken konnte — bei allmählicher Zerstörung der Apatit- 
schalen — die stufenweise Ausbildung dieser Hyalithform verfolgt werden. 

Perimorphosen von Hyalith nach Arasonitkrystallen. 
Bekanntlich hat v. Reuss die strahlig aggregirten Hyalithnadeln als Pseudo- 
morphosen nach Natrolith beschrieben. Beim Zerbrechen einiger dieser 
Hyalithnadeln, in denen meist scharf begrenzte — zuweilen mit einer 
lockeren bräunlichen Substanz theilweise gefüllte -- Hohlräume mit sechs- 
eckigem Querschnitte wahrzunehmen sind, schienen Borıcky die Winkel- 
maasse als mit Natrolithquerschnitten nicht übereinstimmend. Und in 
der That ergaben einige Messungen, dass die Winkel denen des Aragoni- 
tes sehr nahe stehen, dass an der Bestimmung der Hyalithnadeln als Peri- 
morphosen nach Aragonit — der in ähnlichen Aggregatformen in basal- 
tischen Gesteinen recht häufig ist — kein Zweifel obwalten kann. Die zu- 
weilen recht langen Nadeln der strahligen Aggregate sind an der Ober- 
fläche rundlich geflossen und höckerig, ihre Hohlräume jedoch ebenflächig 
und scharfkantig. — Die Substanz, aus der Apatit und Hyalith ihren Ur- 
sprung nehmen und die ohne Zweifel ein Ausscheidungsprodukt des Ba- 
saltes ist, stellt eine gelbliche und bräunliche, bröcklige und ziemlich weiche, 
muschlig brechende und schwach wachsglänzende Masse dar, welche die 
Blasenräume und Höhlungen des zersetzten Basaltes mandelartig ausfüllt. 
Wo sie fehlt, da sind die Wandungen der Cavitäten mit ihren Edukten, 
dem Hyalith und Apatit bedeckt. Nach qualit. Untersuchung ist sie 
wesentlich ein Gemenge von amorpher Kieselerde mit Apatitsubstanz. 

Comptonit, Phillipsit und Chabasit in Drusenräumen 
des Leucitnephelinbasaltes südwestl. von Waltsch. Inden 
Drusenräumen des in der Umwandlung vorgeschrittenen Leueitnephelin- 
basaltes von Waltsch finden sich mehre von anderen Punkten des böhm. 
Basaltgebietes wohl bekannte Minerale. Der GOomptonit erscheint in 
kleinen, beinahe farblosen, zu Drusen vereinigten Kryställchen, die nach 
unten in faserige Massen übergehen. Die Krystalle stellen die gewöhn- 


769 


liche Combination >oPxo . ooPoo . ocoP mit dem sehr stumpfen Makrodoma 
von 177° 35‘ dar. Der Oomptonit bildet dünne, gelblich- und graulich- 
weisse Krystalldrusen, die stellenweise mit einem äusserst zarten, dünnen, 
traubenförmigen, meist zu Limonit umgewandelten Stilpnosideritüberzuge 
versehen sind und auf denen kleine, vereinzelte Phillipsit-Krystalle auf- 
sitzen. Dieselben, circa 1’ l. und !.‘ br., sind theils farblos, theils 
schwach milchig oder graulichweiss getrübt, glasglänzend und häufig an 
beiden Enden ausgebildet. Die zarten, netten Kryställchen stellen die wie 
einfache Krystalle erscheinenden, vollkommenen Durchkreuzungszwillinge 


mit coincidirenden Hauptachsen der Combination coPoo . o0Pwo . P dar, wo- 
bei die sehr stumpfe Kante, welche die Pyramidenflächen in zwei Felder 
theilt, zumeist schwach, aber dennoch deutlich zu sehen ist. Ausser den 
mit Comptonit und Phillipsit versehenen fanden sich in der erwähnten 
Mineralsuite zwei mit jenen völlig übereinstimmende Basaltstücke vor, 
deren Drusenräume mit winzig kleinen, zu Drusen dicht zusammengehäuf- 
ten Chabasit-Krystallen ausgekleidet waren. Diese, meist Durchkreu- 
zungszwillinge von R., sind stellenweise fast farblos, gewöhnlich (von Li- 
monit schwach imprägnirt und hiedurch) gelblich oder bräunlich gefärbt und 
in verschiedenen Graden pellueid. Ihre Flächen sind meist spiegelnd glatt, 
seltener federartig gerieft. Zwischen denselben fand sich ein winzig klei- 
ner Phillipsitkrystall vor, der von ganz kleinen Chabasitkryställchen be- 
deckt war. Es besteht somit die paragenetische Reihenfolge: a) Compto- 
nit, b) Phillipsit, ec) Chabasit. Osteolith. Analog dem Vorkommen bei 
Schönwalde unweit Böhm. Friedland, finden sich auch in den festen Basal- 
ten von Waltsch mehre Zolle dicke Platten von Osteolith vor, die sich in 
dünne parallele Schalen spalten lassen. . Die Substanz derselben, weiss 
oder gelblichweiss, von feinerdigem Bruche, besteht wesentlich aus basisch 
phosphorsaurem Kalke, mit etwas kohlensaurem Kalke gemengt und ist 
ohne Zweifel ein Zersetzungsprodukt des im Basalte enthaltenen Apatites. 
Eine Probe von 3,8 Gr. ergab das spec. Gew. — 2,831. 


Phosphate der basaltischen Tuffe. In seiner Abhandlung 
„über die Verbreitung des Kali und der Phosphorsäure in böhmischen 
Gesteinen“ hat Borıcky den verhältnissmässigen Reichthum böhmischer 
Basalttuffe an phosphorsaurem Kalke erwähnt und namentlich hervorge- 
hoben, dass in den Tuffen „zuweilen Ausscheidungen des basisch phos- 
phorsauren Kalkes, mit kohlensaurem Kalke gemengt, als graulich-, 
grünlich- oder gelblichweisse, poröse, feinerdige Massen 
vorkommen, die in Nestern und Adern von mehreren Zollen bis über 
einen Fuss mächtig, die Tuffe durchsetzen.“ Ausserdem kommen zuweilen, 
einzelnweise in den Tuffen eingebettet, röthliche (Heischrothe), röthlich- und 
gelblichweisse, compakte Knollen von glatter, schwach fettglänzender und 
röthlichweisser Oberfläche vor, deren matte, flach muschlige Fragmente 
sich fettig anfühlen, an der Zunge haften und eine starke Phosphorsäure- 
reaktion geben. Während das Innere mehrer Knollen ziemlich gleich- 
artig erscheint, bestehen andere aus lichter (gelblich- oder röthlichweiss) 


766 


und dunkler (fleischroth) gefärbten Partien oder auch aus, durch Äderchen 
einer erdigen Substanz getrennten, scharfkantigen Stücken. Die lichten, 
schwach gelblich- oder röthlichweissen Partien haben ein erdiges Aussehen 
und erinnern an dichten Phosphorit, während die fleischrothen Partien in 
den äusseren Merkmalen mit Bol übereinstimmen. Die Härte der Knollen- 
fragmente = 2—3, das spec. Gew. der dunklen, röthlichen Fragmente (mit 
6 Gr. bestimmt) = 2,749; das der lichten röthlichweissen (mit 7 Gr. b.) 
—2,990. Es hat K. Preıs eine partielle quantitative Analyse sowohl der 
lichten, als auch der fleischrothen Fragmente vorgenommen. 
Die Analyse ergab in ®,.: 
für die fleischrothen 


für die lichten Fragmente 

Phosphorsäure — 34,09 29,49 
Kalkerde — 52,13 43,70 
Magnesia = 1.23 nicht bestimmt 
a 0,54 3,90 
Eisenoxyd 
Unlöslicher 

Rückstand = 0,83 9,74 
Glühverlut = 4,64 7,66 
Kohlensäure == nicht bestiınmt 29,49 somit erübrigt für die nicht 
bestimmten Be- 

standtheile«:.. =,;i;; 6,54 5,51 

100. 100. 


B. Geologie. 


Pu. Pıatrz: das Steinsalzlager von Wyhlen. Karlsruhe 1873. 
3.47. Mit 3 Taf. Die südwestliche Ecke des Schwarzwaldes, in welchem 
Wyhlen liegt, wird zumal von Trias-Gesteinen gebildet, nur am westlichen 
Rande von jüngeren Formationen überlagert. Die Schichten der Trias 
sind bis zum oberen Dolomit des Muschelkalkes in ununterbrochener Folge 
im ganzen Raum zwischen Schwarzwald und Jura abgelagert worden. 
Jetzt vorkommende Unterbrechungen des Zusammenhangs sind durch spä- 
tere Dislocationen veranlasst. Keuper und Jura, die nördlich vom Rhein 
nur vereinzelte Ablagerungen bilden, treten südlich vom Rhein in grosser 
Verbreitung und Mächtigkeit auf. Die Bildung des Beckens, welches die 
Trias-Gesteine erfüllen, hängt zusammen mit der grossen Hebung des 
Schwarzwaldes in der Zeit des Buntsandsteins. Innerhalb dieses Beckens 
setzten sich die Schichten der Trias in horizontalen Lagen ab; es bildeten 
sich geschlossene Meeresbecken, innerhalb welcher sich die aufgelösten 
Stoffe, besonders Gyps und Kochsalz durch Verdunstung ablagerten. Eine 
darauf angeschwemmte mächtige Thonlage schützte sie gegen Wiederauf- 


167 


lösung, als das Meer wieder das ganze Terrain bis zum Fusse überdeckte, 
der obere Muschelkalk sich ablagerte. Von bedeutendem Einfluss auf die 
Boden-Gestaltung waren die grossen Bewegungen am Schluss der Tertiär- 
zeit. Die allgemeine Hebung, welche Alpen und Jura, Vogesen und 
Schwarzwald auf ihre jetzige Höhe brachte, versetzte auch das Triasland, 
zwischen Schwarzwald und Jura, also zwischen Waldshut und Basel in 
höheres Niveau, es bildete sich ein Plateau von etwa 520 M. Höhe. Gleich- 
zeitig entstand aber auch eine Spalte, die in n. w. Richtung das Plateau 
durchsetzend, bedeutende Verwerfungen hervorrief und das ursprünglich 
horizontale Plateau in zwei Theile getheilt. Der westliche Theil enthält 
das Salzlager von Wyhlen. Die Lagerung ist hier eine muldenförmige. 
Die Schichten bilden ungefähr !/, einer Kugelschale, deren, Mittelpunkt 
zwischen Wyhlen und Schweizerhall liegt. Im tiefsten Theil der Mulde 
liegen die Schichten horizontal. (Verschiedene vom Verf. entworfene Pro- 
file zeigen in anschaulicher Weise die Spalte und ihre Wirkungen.) An 
die Schilderung der Lagerungs-Verhältnisse reiht Prarz Mittheilungen über 
die Bohrversuche, die in jenen Gegenden (auf Badischem und Schweizer 
Gebiet) angestellt wurden und im J. 1821 begannen. Die Versuchsarbei- 
ten bei Wyhlen fingen 1863 an. (Taf. III enthält zahlreiche, sehr genaue 
Profile der Bohrlöcher der oberrheinischen Steinsalzlager). Es ergibt sich 
aus diesen Profilen, dass die Zusammensetzung der mittlern Etage der 
Muschelkalk-Formation, wie solches auch anderwärts der Fall, eine sehr 
wechselnde. Der Gyps erreicht in den Bohrlöchern von Wyhlen eine be- 
deutende Mächtigkeit, bis 55 M. — Die Erbohrung von festem Steinsalz 
bei Wyhlen fand am 31. Jan. 1866 statt. Über die ungefähre Ausdehnung 
des Salzlagers theilt PLarz mehrfache Beobachtungen mit. Die Mächtig- 
keit des Lagers (die Zwischenmittel eingerechnet) beträgt bei Schweizer- 
hall 18,6 M., bei Wyhlen 24,0° M.; die Entfernung 648M. Auf diese Er- 
streckung nimmt von S. nach N. die Mächtigkeit des Salzes um 5,4 M. 
zu, also auf 1000 M. um 853 M. Es nimmt die Mächtigkeit nach N. 
rascher ab, als nach S. und der Durchschnitt des Salzlagers in dieser 
Richtung ist ungefähr linsenförmig. — Der nördlich des Rheines gelegene 
Theil des Salzlagers bildet ein Kreissegment, dessen Sehne 3300 M., des- 
sen Pfeilhöhe 900 M., dessen Radius 1725 M. beträgt. Die Fläche des 
Salzlagers auf badischem Gebiet berechnet sich demnach zu 97,5870 Hec- 
taren. Nimmt man nur eine durchschnittliche Mächtigkeit von 9 M. an, 
so enthält das Gebiet eine Masse von 8782830 Cubikmeter oder 715,638000 
Centner. Das Salz des oberrheinischen Beckens gehört zu den besonders 
reinen; es ist fast ganz frei von Chlormagnesium. Prarz glaubt, dass 
diese Reinheit, verbunden mit der eigenthümlichen körnigen Structur dar- 
auf hindeutet, dass das Salz in grösseren Krystallen gebildet wurde, als 
loses Haufwerk einige Zeit lang der auflösenden Wirkung zudringender 
Gewässer ausgesetzt war, welche die Krystalle theilweise und die leicht- 
löslicheren Bestandtheile völlig auflösten. 


168 


R. v. DrascHhe: zur Kenntniss der Eruptivgesteine Steier- 
marks. (G. Tscuermak, Min. Mittheil. 1873, 1. Heft, S. 1-12.) Ein 
grosser Theil der zu beschreibenden Gesteine wurde mit den verschieden- 
artigsten Namen belegt, wie Basalt, Diorit, Leutschit, Grünstein, dann 
Feldstein- und Hornstein-Porphyr, Hornfels u. s. w.; auch war man lange 
Zeit der Meinung, dass der grösste Theil der hieher gehörigen Gesteine 
triassischen Alters sei, und zwar gleichalterig mit den Werfener Schiefern. 
Erst Srur verlegte nach eingehenden Untersuchungen ihr Alter in die Ter-. 
tiärzeit. Im oberen Quellgebiete der Sann erhebt sich an der Grenze von 
Steiermark und Kärnten das gegen 5000 Fuss hohe Smrkouz-Gebirge, im 
Norden von ihm abfallendem, sogenannten „Tonalit-Gneiss“ mit westöst- 
lichem Streichen begrenzt. Dieses Gebirge scheint wohl die grosse Erup- 
tionsstelle gewesen zu sein, aus welcher sich die Laven und Tuffe nach 
Süden und Südosten verbreiteten. Seine höchsten Theile bestehen aus 
Augitandesiten, mehr gegen die Niederungen zu treten Hornblende-Ande- 
site auf. Die Tuffschichten am Südabhang des Gebirges wechseln mit La- 
gern von Eruptivgesteinen und erreichen nach Srtur eine Mächtigkeit bis 
gegen 2500 Fuss. Gegen Osten zu nehmen die Tuffe nun immer mehr an 
Mächtigekeit ab, auch die Eruptivmassen treten, nachdem sie bei Wöllan 
und St. Galizien als Quarz-Andesit und Hornfelstrachyt noch mächtig ent- 
wickelt sind, in immer mehr vereinzelten Kuppen theils in den triassischen 
Gebilden, theils eng mit Tuffen verknüpft. als Lager in den Tertiärschich- 
ten auf, welche sich in langen Armen von Croatien und Ungarn aus in die 
älteren Gebilde der Alpen erstrecken. Nachdem die Kette von Eruptiv- 
Gesteinen sich stets in westsüdwestlicher Richtung gehalten hat, verschwin- 
det sie in Kuppen aufgelöst endlich in Croatien. Die Linie, welche dieser 
Zug von Eruptivgesteinen bildet, wird durch die Orte St. Nicolai, Schön- 
stein, Wöllan, Neukirchen, Hohenegg, St. Egidi, Hl. Kreutz, Rohitsch, Kra- 
pina bezeichnet. Sie durchschneidet ganz Steiermark von der kärntischen 
bis zur croatischen Grenze in einer Ausdehnung von beiläufig 14 Meilen. 
Südlich von Hohenegg bemerkt man noch drei kleinere Parallelzüge von 
Hornfelstrachyt, der eine übersetzt bei Cilli, der zweite bei Tremmersfeld, 
der dritte und südlichste bei 'Tüffer den Sannfluss. 

1) Diallag-Andesit von Smrkouz im Laufengraben. Die- 
ses Gestein findet sich auf den höchsten Punkten des Smrkouz-Gebirges 
vor. Es ist ein dunkelbraunes Gestein, ziemlich feinkörnig, zahlreiche, 
lichtbräunliche Feldspathe von 1 Mm. Länge sind im Gesteine sichtbar. 
Ausserdem bemerkt man mit der Loupe kleine Krystalle eines tiefgrünen, 
blättrigen Minerals. Im Dünnschliffe zeigt das Gestein deutliche Plagio- 
klase, erkenntlich durch ihre Zwillingsstreifung, in grosser Menge, ferner 
erkennt man ein blassgrünes Mineral mit schiefer Orientirung der Haupt- 
schnitte gegen die Begrenzungsimien und mit sehr deutlichen Spaltungs- 
durchgängen. Vielleicht Diallag. Zwischen den Krystallen findet sich eine 
grüne, structurlose serpentinartige Substanz, gemengt mit kleinen Plagio- 
klasen, in grosser Menge, vielleicht ein Zersetzungsproduct aus Olivin; 
nebst dem bemerkt man Körner von Magneteisen. 


769 


2) Hornblende-Augit-Andesit von Osloberg, nördlich 
von Prassberg. Kommt in Lagern und Gängen in grosser Menge im 
Tuffe südlich des Smrkouz-Gebirges vor. Es ist ein Gestein von dunkel- 
grauer Grundmasse mit häufigen eingesprengten, nadelförmigen Feldspä- 
then, an denen die Zwillingsstreifung deutlich erkennbar und mit bis 3 
Mm. grossen Hornblendekrystallen von schwärzlichgrüner Färbung. Ein 
Dünnschliff dieses Gesteines zeigt schön dichroitische Hornblende, Plagio- 
klase in grosser Menge und Augitkrystalle mit Zwillingsbildung. Die Au- 
eitkrystalle zeigen übrigens oft recht deutlich die Spaltbarkeit nach dem 
Prisma, auch sind oft blos die Spaltungslinien nach der einen Prismen- 
fläche bemerkbar, so dass man leicht versucht wäre, das Mineral für 
Diallag zu halten. 


3) Andesit von Sagai am Südabhäng des Wotschberges, 
unweit der Eisenbahnstation Pöltschach. Ein graulichgrünes, 
anscheinend ziemlich frisches Gestein von splittrigem Bruche. In der fein- 
körnigen Grundmasse finden sich zahlreiche, bis 4 Mm. grosse grünliche, 
wachsglänzende Plagioklase ausgeschieden. In der Grundmasse sieht man 
deutlich Magneteisen in grosser Menge, auch enthält die Felsart ziemlich 
viel Kupferkies eingesprengt. Im Dünnschliffe bemerkt man allsogleich, 
dass das Gestein schon bedeutende Umwandlungen erlitten hat. Die Pla- 
gioklaskrystalle sind meistens schon ohne Einfluss auf das polarisirte Licht, 
sie liegen zerstreut in einer grünen, vollkommen structurlosen amorphen, 
mit Magneteisen gemischten Grundmasse, welche wohl das Zersetzungs- 
product eines Minerals aus der Augit-Hornblende-Reihe sein mag und da 
bemerkt man noch im Dünnschliff Kalkspath. 


4) Augit-Andesit von Videna bei Rohitsch. Ein dunkel- 
braunes bis schwarzes dichtes basaltähnliches Gestein mit zahlreich ein- 
gestreuten lichtbraunen Plagioklasen. Ferner sind noch in der Grundmasse 
aingesprengt zahlreiche, zu kleinen Nestern vereinigte tombakbraune, bis 
I Mm. lange schön spaltbare Säulchen und hie und da kleine schwarze 
gut ausgebildete Augitkrystalle. Ein Dünnschliff dieses Gesteines zeigt in 
einer feinkrystallinischen, mit kleinen Plagioklasen durchspickten Grund- 
masse viel Plagioklas mit schöner Zwillingsstreifung und Augit. Einige 
Krystalle des letzteren Minerals sind Zwillinge nach dem Orthopinakoid. 
Ferner erkennt man längliche Durchschnitte eines hellbraunen, metallartig 
perlmutterglänzenden Minerals, das deutliche Spaltungsdurchgänge parallel 
seiner grösseren Ausdehnung hat. Senkrecht zu dieser Richtung ist das 
Mineral oft zerrissen und in die Spalte dringt eine gelblichgraue amorphe 
Masse, wohl ein Zersetzungsproduct. In der Löthrohrflamme ist das Mi- 
neral fast unschmelzbar. Die optischen Hauptschnitte dieses Minerals sind 
stets parallel und senkrecht zu seiner Längsrichtung, man hat also Grund, 
das Mineral als rhombisch zu erklären und nach seinen physikalischen 
Eigenschaften als Bastit zu bestimmen. 

5) Quarz-Hornblende-Andesit von Wöllan. Mitten aus dem 


Jahrbuch 1873. 49 
h ' 


li 


770 


Tuffgebiete ragt bei Wöllan eine Kuppe eines schönen, durch Steinbrüche 
gut aufgeschlossenen Gesteins auf. Auf dem höchsten Punkte dieser Kuppe 
steht das Schloss Wöllan. In einer grünlichgrauen, ziemlich dichten Grund- 
ınasse liegen Krystalle von Quarz, Orthoklas, Plagioklas und Hornblende. 
Der Quarz ist in 5 bis 7 Mm. grossen Krystallen fest in der Grundmasse 
eingewachsen. Er ist rissig und zerbröckelt leicht, die sechsseitigen Durch- 
schnitte sind stets gut sichtbar. Die Feldspäthe sind weiss oder grünlich- 
weiss bis zu 4 Mm. Länge, die meisten zeigen Zwillingsstreifung, einige 
aber nicht. Die Hornblende, welche unter den Einsprenglingen der sel- 
tenere Bestandtheil, ist schwarz, von ausgezeichneter Spaltbarkeit und oft 
bis 8 Mm. lang. Nach der Häufigkeit ordnen sich die Einsprenglinge fol- 
gendermassen: Feldspath, Quarz, Hornblende; Magnesiaglimmer in mehr 
zersetzten Stücken, auch sieht man manchmal durch das Gestein kleine 
Adern von Milchquarz ziehen. Ein Dünnschliff dieses Gesteines löst die 
Grundmasse in ein Gemenge von Plagioklas und Hornblende auf. Die 
Quarzkrystalle enthalten grünliche amorphe Masse eingeschlossen. Inter- 
essant sind in einem Dünnschliff dieses Gesteins die Quarzkrystalle. Die- 
selben sind in Hunderte von Stücken zersprengt und zwischen die Bruch- 
stücke, die regellos umherliegen, ist die Grundmasse eingedrungen. Man 
kommt bei der Beobachtung dieses Dünnschliffes leicht auf die Vermu- 
thung, dass die erumpirende Masse schon fertige Quarzkrystalle in sich 
einschloss, dieselben durch die Hitze zersprangen und hierauf noch flüssige 
Grundmasse in sie eindrang. Die Feldspathe zeigen sich im Dünnschliff 
grösstentheils als Plagioklase mit wenig Orthoklas. Von diesem Andesit 
führte Drasche eine Analyse aus im Laboratorium von E. Lupwie: 


Kieselsäure °. 3», 109, 06509 
Thonerde." "07 9710,82 
Eisenoxyd 2 ER 
Bisenoxydul' "9 350 

1. Kalk ul, bar eier ie 
Magnesia ti Re 
Natron ol aeN2. RE a 02395 
Kal mar a ee EN 
Glühverlust u. 27007 
100,83. 


Das sp. G. wurde zu 2,57 bestimmt. 


6) Rother Hornfelstrachyt von Tüffer. Dunkelrothe felsi 
tische Grundmasse von grosser Härte und splittrigem Bruche, hie und d 
mit grünlichen Flecken, und vollkommen zersetzte, höchstens 1 Mm. gross 
Feldspäthe als spärliche Einsprenglinge. Eine Analyse gab folgende 
Resultat: 


[de 


Kieselsäure, ..,...04 14 :2.,34581,67 
khonerde::. so. ode 
Bisenaxyd..,... Kunert 
Kalk nu, ee OT 
Maonesia ta — 
Kal use ah 
NAatLong 0 iasih rs ara 
Glühverlast \... 1.2... 2.0.0.2 70,31 

100,84. 


Der Kieselsäure-Gehalt ist hier aussergewöhnlich gross, der hohe Kali- 
gehalt beweist die Gegenwart eines orthoklastischen Feldspathes. 

7) Grüner Hornfelstrachyt von Tüffer. Ein vollkommen 
dichtes, dunkelgrünes Gestein von grosser Härte und muschligem Bruch; 
dünne Splitter des Gesteines sind durchscheinend; das Aussehen ist ganz 
das eines Petrosilex, der Glanz ist matt. Unter dem Mikroskope zeigt 
das Gestein selbst bei stärkster Vergrösserung ein unentwirrbares Kry- 
stallgemenge, mit einzelnen grünlichen Hornblende- oder chloritartigen 
Partien. 

Die Analyse gab folgendes Resultat: 


Kieselsäure. . 2.2.0... me, 17.74 
Ahonerde,. an... 9,49 
Bisenoxyd. 0.1.2.2... 42,29 
Kalle 20. 0 une eu 1594 
Maonesia..... ......0..0% 30,06 
ale a ae re: + 08 
NAatwOn: 2. 3.200 8 eure san 20 
Glübyerlust, :.. .....- 2..05.02.1,19 

(00,95. 


Das spec. Gew. wurde zu 2,75 bestimmt. 


8) Quarztrachyt von Cernolitza. Südlich von der Eisenbahn- 
station St. Georgen an der Strasse nach, Monpreis erhebt sich hinter dem 
Orte Cernolitza aus dem Alluvium eine Hügelkette, welche von der Strasse 
durchschnitten wird. Sie besteht aus eruptivem aber durch und durch 
verwittertem Gestein von lichtröthlicher, fast erdiger Grundmasse. Im ganz 
frischen Zustande mag sie wohl einen felsitischen Habitus haben. In der 
Grundmasse sind deutlich ausgeschieden Quarz und Feldspathkrystalle. 
Die Quarzkrystalle sind bis höchstens 2 Mm. gross, fest in der Grund- 
masse eingewachsen. Die Feldspathe sind 3—5 Mm. lang, doch vollkom- ı 
men zu Kaolin zersetzt. Durch die Grundmasse ziehen kleine Quarzadern. 
Jm Dünnschliffe zeigt sich die merkwürdige Erscheinung, dass die Grund- 
masse sich bedeutend um die Quarzkrystalle verdichtet, so dass jeder 
Quarzkrystall von einer dunklen Zone umsäumt scheint. Die Natur der 
Feldspathe sowie Grundmasse konnte wegen zu weit vorgeschrittener Zer- 
setzung nicht erkannt werden. — R. v. Drascne hat in vorliegender Ar- 


beit einen sehr schätzbaren Beitrag zur Kenntniss der krystallinischen 
g* 


112 


Gesteine Steiermarks geliefert: Gesteine eines tertiären Eruptivgebietes, 
welche sich durch ihre merkwürdige petrographische Ähnlichkeit mit Ge- 
steinen der älteren Formationen auszeichnen. Es kann uns darum wenig 
wundern, dass ein grosser Theil dieser Gesteine bis vor Kurzem stets als 
triassisch bezeichnet wurde, und muss zugleich ein neues Beispiel geben, 
wie die Verhältnisse, unter welchen Gesteine sowohl in früheren als spä- 
teren Perioden erumpirten, stets die gleichen, die chemischen Gesetze stets 
dieselben waren. 


C. DorLter: zur Kenntniss der quarzführenden Andesite 
in Siebenbürgen und Ungarn. (G. Tschermak, Mineral. Mittheil. 
1873, 2. Heft, S. 51—106, mit 1 Tf.) Vorliegende treffliche Abhandlung 
stützt sich auf ein sehr reiches Material, das dem Verfasser zu Gebot 
stand und von Diesem mit Fleiss und Einsicht benutzt wurde: 200 Hand- 
stücke der Wiener Sammlungen; etliche 90 Dünnschliffe. — C. DoELTER 
bespricht zunächst in einer Einleitung die Gesteine der Trachyt-Familie, 
alsdann sehr eingehend die Bestandtheile der quarzführenden Andesite. 
Hierauf folgt Classification und Beschreibung der letzteren. Die Resultate 
seiner Forschungen stellt DoELTER am Schluss seiner Arbeit in folgender 
Weise zusammen. Die als Dacite oder ältere Quarztrachyte bezeichne- 
ten Gesteine Siebenbürgens und Ungarns gehören denjenigen Gliedern der 
Trachytfamilie an, welche man als Andesite zu bezeichnen pflegt; wenn 
man unter diesem Namen solche Trachyte versteht, welche wesentlich aus 
triklinem Feldspath, untergeordnetem Sanidin und Amphibol, Pyroxen oder 
Biotit bestehen. Die meisten sind Amphibol-Andesite, seltener kommen 
Biotit-Andesite vor, Quarz-Andesite mit vorherrschendem Augit sind wohl 
bis jetzt aus Ungarn und Siebenbürgen nicht bekannt. Ob alle im Vor- 
hergehenden als quarzführende Andesite angeführten Gesteine auch geo- 
logisch den Daciten entsprechen, das heisst: ob sie stets ältere Quarz- 
trachyte sind, wie dies von Stacne für einige unter ihnen festgestellt wurde, 
bleibt hier für die einzelnen Fälle weiteren Forschungen überlassen. Be- 
standtheile der so definirten Gesteine sind: Plagioklas, Sanidin, Quarz, 
Hornblende, Biotit, Augit, Magneteisen, Apatit. Als secundäre Bildungen 
treten auf: Epidot, Chlorit, Pinitoid, Eisenkies. Nephelin scheint nicht 
vorhanden zu sein, es liess sich wenigstens nirgends seine Anwesenheit 
mit Sicherheit feststellen. Tridymit wurde weder makroskopisch noch im 
Dünnschliff unter dem Mikroskope beobachtet. Der bei weitem vorherr- 
schende Bestandtheil ist stets der trikline Feldspath, der eine sehr va- 
riable chemische Zusammensetzung hat, meist aber in die Andesinreihe, 
hie und da auch in die Labradorreihe zu stellen ist; der Kieselsäure-Ge- 
halt dieses Plagioklases schwankt zwischen 60 Proc. und 53 Proc. Sani- 
din ist ein stets vorhandener Bestandtheil der ungarisch-siebenbürgischen 
Quarz-Andesite, tritt aber in sehr verschiedener Quantität auf; in wenigen 
Fällen steigt die Orthoklasmenge bis zum dritten Theil des Gesammtfeld- 
spathes; meist ist fünf- bis sechsmal mehr Plagioklas als Orthoklas vor- 


173 


handen; die Sanidinmenge ist übrigens oft bei sonst nahe verwandten Ge- 
steinen eine sehr verschiedene; eine Trennung der sanidinreicheren etwa, 
als Sanidin-Oligoklastrachyte zu bezeichnenden Gesteine von den übrigen 
ist daher unstatthaft. Unter den ausgeschiedenen Feldspathkrystallen findet 
sich nur sehr wenig Sanidin. Quarz ist ebenfalls in wechselnder Menge 
vorhanden; derselbe tritt sowohl in Körnern als auch in Krystallen auf; 
in den meisten Fällen findet er sich nur in grossen Körnern, nicht aber 
als mikroskopischer Gemengtheil der Grundmasse, in einigen Gesteinen 
dürfte derselbe vor der Erstarrung des Gesteines in der feurig-flüssigen 
Masse proexistirt haben. In vielen Fällen tritt neben den sehr häufigen 
Hornblende-Krystallen auch untergeordnet Augit auf, höchst selten sind 
Gesteine, in denen ebensoviel Augit als Hornblende vorkommt, nie jedoch 
herrscht der Augit vor. Biotit, stets als makroskopischer Bestandtheil, ist 
fast immer und in grosser Menge vorhanden. Die quarzführenden Horn- 
blende-Andesite lassen sich der Structur nach in drei Gruppen eintheilen, 
granito-porphyrische, porphyrische und trachytische; die verschiedenen 
Abtheilungen zeigen grosse Unterschiede untereinander. Es reihen sich 
noch einige Gesteine an, welche nur sehr wenig Quarz, 4—6 Proc., ent- 
halten; dieses Mineral erscheint in solchen Felsarten, welche den Über- 
gang zu den quarzfreien Andesiten vermitteln, als accessorischer Gemeng- 
theil. Die Grundmasse unserer Gesteine scheint in den meisten Fällen 
gänzlich krystallinisch zu sein; nur in wenigen Gesteinen dürften noch 
Überreste einer glasigen Grundmasse vorhanden sein, mit Sicherheit lässt 
sich diese jedoch nirgends nachweisen. Bemerkenswerth ist, dass der sonst 
meist porphyrartig auftretende Sanidin in der Grundmasse viel reichlicher 
als unter den makroskopischen Einsprenglingen vorhanden ist. Quarz ist 
nur selten als Gemengtheil der Grundmasse zu beobachten, Magnetit da- 
gegen ein viel verbreiteter Gemengtheil desselben. In wenigen Fällen 
dürften die verschiedenen Glieder einer Gesteinsgruppe eine so wechselnde 
chemische Zusammensetzung haben, wie gerade die unseren; so schwankt 
beispielsweise der Kieselsäuregehalt zwischen 57 und 69 Proc., es hängt 
dies ebensoviel von der Quarzmenge, als auch von der geringen oder be- 
deutenden Beimengung der basischen Mineralien ab; allein aus dem Kie- 
selsäuregehalt lässt sich über die vorhandene Quarzmenge kein Schluss 
ziehen, dies beweist das Gestein vom westlichen Gehänge des Berges Hajtö 
bei Nagyag, das bei einem Kieselsäuregehalt von nur 58 Proc. 10 bis 14 
Proc. Quarz enthält. Der Thonerde- und Eisenoxydgehalt ist auch ein 
verhältnissmässig sehr schwankender, der Eisenoxydulgehalt aber stets 
ein geringer. Bei frischen Gesteinen ist der Natrongehalt dem Kali- 
gehalt etwas überwiegend, wenn trotzdem einige Analysen viel mehr Kali 
als Natron aufweisen, so ist eben zersetztes Material verwandt worden, 
oder die Bestimmung der Alkalien war eine mangelhafte; dass solche Ana- 
lysen unmöglich richtig sein können, glauben wir in verschiedenen Fällen 
nachgewiesen zu haben. Der Zersetzung sind die meisten unserer Ge- 
steine sehr stark unterworfen, jedoch zeigen sich wesentliche Unterschiede 
bei den durch die Structur differirenden Gruppen. Die grosskörnigen gra- 


774 


nito-porphyrischen und porphyrischen Gesteine sind am meisten der Zer- 
setzung unterworfen, die kleinkörnigen, porösen trachytischen Gesteine 
widerstehen sehr lange der Verwitterung. Durch die Umwandlung der Mi- 
neralien bilden sich Chlorit, Epidot, Pinitoid, Kaolin, Eisenkies, wahr- 
scheinlich auch Magnetit. Als Endresultate der Zersetzung bilden sich 
vielmals weisse, gebleichte, weiche kreideartige Massen, in denen nur noch 
Quarze sichtbar sind; einige dieser Zersetzungsproducte, wie die bekann- 
ten Gesteine von Verespatak, Boicza, Rodna, sind durch ihre Goldführung 
bemerkenswerth. Die Verbreitung der quarzführenden Andesite ist keine 
grosse. Die Haupt-Eruptionsgebiete sind das Vlegyasza-Gebirge und das 
siebenbürgische Erzgebirge; vereinzelte Durchbrüche kommen in der Rod- 
naer Gegend, im Vihorlat Gutin-Gebirge und einigen anderen Punkten 
Ungarn’s vor; die Gesteine von Prevali in Kärnten und einige mexika- 
nische Trachyte scheinen den unserigen ebenfalls nahe zu kommen. 
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, dass Quarz in sehr verschieden- 
artigen Trachyten und mit sehr verschiedenen Mineralien zusammen 
vorkommt. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einigen Fällen der Quarz 
nur als zufälliger Bestandtheil vorhanden ist, nicht aber wie die übrigen 
Mineralien aus der geschmolzenen Masse sich ausgeschieden, wird dadurch 
grösser. Dass durch vorliegende Untersuchungen die Gesetze der Mineral- 
Association nicht bestätigt werden, bedarf keiner Erwähnung; das Zu- 
sammenvorkommen von Quarz mit Andesin und Labrador, von Quarz mit 
Augit, von Augit mit Sanidin und Hornblende, von Labrador und Sanidin 
dürften in der That jene Gesetze wenig unterstützen. Auffallend bleibt 
in unseren Gesteinen die Einfachheit der mineralogischen Zusammen- 
setzung, das Fehlen der accessorischen Bestandtheile, die schwankende 
chemische Zusammensetzung und die grösseren Verschiedenheiten in dem 
Habitus bei gleicher qualitativer mineralogischer Zusammensetzung. 


B. Studer: Gneiss und Granit der Alpen. (Zeitschr. d. Deutsch. 
geol. Ges. Bd. XXIV, p. 551. Tf. 21.) — Seitdem pe Savssure und Pınt 
sich über die Structur der gneiss-granitischen Centralmassen der Alpen 
stritten, jener die Stratification derselben als sedimentäre Schichtung, die- 
ser als Zerklüftung und Schieferung erklärte, ist die Geologie über diese 
Frage zu keiner abschliessenden Entscheidung gelangt. Besonders auch 
die nach oben auseinander tretende Fächerstellung am Montblanc, St. 
Gotthard und an anderen Centralmassen ist ein nicht gelöstes Räthsel ge- 
blieben. Im Einklange mit der schon 1846 in einem Briefe an Prof. MaAr- 
TIns ausgesprochenen Ansicht Stuper’s sagt ein anderer gründlicher Ken- 
ner der Alpen, Herr vom Raru, am Schlusse seiner Beobachtungen im 
Quellgebiete des Rheines (Zeitschr. der Deutschen geol. Ges. XIV. 1862): 
Der Schichtenfächer des St. Gotthards kann nicht etwa als eine Mulde 
aufgefasst werden, auch kann es Niemandem einfallen, denselben etwa als 
ein aufgebrochenes Gewölbe vorzustellen, dessen riesiger Sattel zerstört 


7115 


wäre, und spricht sich nach Widerlegung noch anderer Erklärungen zuletzt 
dahin aus, der Schluss sei unabweislich, dass die Tafelstructur des cen- 
tralen Gneisses keine wahre Schichtung sei. Andere Ansichten haben 
Lory, A. Favre und Dr. Hzım über diese Erscheinungen geltend gemacht, 
welche Stuper an mehreren Profilen der genannten Forscher näher be- 
leuchtet. Er gelangt hierbei wiederum zu dem Schluss, dass die Stratifi- 
cation des Gneisses in den Schweizer Hochalpen nicht als Schichtung auf- 
zufassen sei, dass Pını gegen DE SAaussurE Recht behalte, und dass von 
granitischen und gneissischen Kalken und Schichtengewölben hier nicht 
die Rede sein könne. 


Dr. A. Bauszer: Der Glärnisch, ein Problem alpinen Ge- 
birgsbaues. Zürich, 1873. 4%. 100 S. Mit 1 Karte, 1 Profiltafel, 16 
Lithographien und 15 Holzschnitten. — Der Verfasser überliefert eine 
geologische Monographie über einen der imposantesten und vielleicht com- 
plieirtesten Gebirgsstöcke der ostschweizerischen Kalkalpen. 


Sein Bestreben, durch eigene Anschauung eine sichere Grundlage zu 
erhalten, geht am besten daraus hervor, dass seine Coloration nichts ent- 
hält, was er nicht selbst, oft wiederholt, gesehen und geprüft hat. Es 
setzen aber die vielmauerig sich aufthürmenden Abstürze des Glärnisch 
der Untersuchung ungewöhnliche Hemmnisse und Schwierigkeiten entgegen, 
deren Überwindung dem jugendfrischen und wissensdürstigen Verfasser 
zur besonderen Ehre gereicht. 


Politisch gehört der Glärnisch zu dem Canton Glarus, orographisch 
ordnet er sich einer der nördlichen alpinen Randketten ein, geographisch 
gehört er zur nördlichen Nebenzone der Kalkalpen, isolirt betrachtet ist 
der Glärnisch ein Massen- und Plateaugebirg, welches nach N. und SO. 
steil abstürzt, nach W. sich i. A. terrassenförmig abdacht. Diese Ver- 
hältnisse veranschaulichet am besten die beigefügte geologische Karte. 


Besonders lehrreich ist die S. 6 u. f. gegebene Schilderung der äus- 
seren Architectur undOÖrnamentik, wozu die geschickte Hand des 
Verfassers eben so gelungene als instructive Ansichten als Holzschnitte 
geliefert hat. 


In dem Schichtensysteme des Glärnisch, S. 18 u. f. werden als 
älteste Glieder der, wahrscheinlich dem Rothliegenden entsprechende Ser- 
nifit und mit dem Zechstein parallelisirte Röthikalk aufgeführt, wor- 
über bunte Schiefer und Quarzit als Vertreter der Trias gelten. Über 
diesen lagern liasische Schichten, mittler und oberer Jura, die älteren Glie- 
der der Kreideformation (Valengien, Neocomien, Urgonien — Aptien, Gault 
oder Albien) und der senone Seewerkalk, welchem eocäne Nummulitenkalke 
und Flysch folgen, die hier und da noch von Quartärbildungen, wie dilu- 
vialen Schuttmassen glacialen Ursprungs und von alluvialen Geröll- und 
Schutthalden überdeckt werden. 


Alle diese Bildungen sind eingehend beschrieben und die in denselben 


716 
vom Verfasser selbst gefundenen Petrefacten, nach den Untersuchungen 
von Dr. C. Maverr, aufgeführt worden. 

In einem besonderen Abschnitte über nutzbare Mineralstoffe, S. 53, 
wird auch des alten Bergbaues am Glärnisch gedacht. 

Die Hauptaufgabe, die sich der Verfasser gestellt hat, ist in dem Ca- 
pitel IV. Innere Architektur, 8.35 u. f. gelöst. Ausgehend von den 
Lagerungsverhältnissen im Kanton Glarus, erläutert Dr. Bautzer hierauf 
den Gewölbbau der Kalkalpen im Allgemeinen mit ihren C- und S-förmigen 
Biegungen, welche in den lithographirten Ansichten vom Isarthal nach der 
Babergalp hinauf, Taf. I. p. 45, ferner an der vielbesuchten Axenstrasse, 
Taf. II., und am Glärnisch selbst, p. 45, durch schöne Abbildungen ver- 
anschaulichet sind. 

Er unterscheidet aufrechte, geneigte und liegende Gewölb- 
systeme, und es gilt ihm der Glärnisch gerade als Repräsentant eines 
liegenden Gewölbsystemes mit seitlichen Luftsätteln, was er durch 6 Quer- 
und 2 Längenprofile durch den Glärnisch beweist. 

Die Kreidedecke des Glärnisch ist von einem System S-förmiger Bie- 
gungen (liegenden Gewölben) gebildet. Die S-förmige Biegung ist ein in 
den Alpen bekanntes, aber in so grossartigem Maassstab wohl noch nir- 
gends beobachtetes Phänomen. Dass dieser Bau nicht schon früher er- 
kannt wurde, lag daran, dass die Biegungen äusserlich nicht nachweisbar 
sind. ‘Ihre Annahme beruht auf der Combination vieler einzelner, rings 
um den Berg beobachteter, früher nicht bekannter Thatsachen. 

Ein Erklärungsversuch für die liegende Stellung der Glärnischgewölbe 
gipfelt in der Annahme eines ursprünglich geneigten Systems, Stauung 
desselben durch das ehemalige nördliche Randgebirge und Überschiebung. 

Dem Abschnitte über den Bau des Glärnisch in Beziehung zu den be- 
nachbarten Gebirgsmassen ist S. 56 ein Querprofil beigefügt, welches die 
grosse Glarner Doppelschlinge zwischen Linth- und Vorder-Rheinthal (nach 
den Beobachtungen A. EscHER Vox DER Lixtw’s) und ihr Verhältniss zum 
Glärnisch darstellt. 


Der Verfasser hat es nicht unterlassen, unter V. S. 60 die geologische 


Geschichte des Glärnisch und seines Gletschers zu entwickeln; dann folgen 
unter VI, S. 71: Geognostische Belege zu den Profilen und eine Zusam- 
menstellung der aneroid-barometrisch bestimmten Höhen, wozu die An- 
wendung des GorLpschum’schen Aneroidbarometers zu geognostischen 
Untersuchungen besonders empfohlen wird. 

Literarische Nachweise und Bemerkungen über frühere geologische 
Untersuchungen am Glärnisch und das Verhältniss der vorliegenden Arbeit 
zu ihnen führen den Nachweis, dass Dr. BALtzer hier noch ein sehr wei- 
tes, zum grossen Theile geologisch ununtersuchtes Feld vorgefunden hat. 
Die von ihm hierbei gewonnenen Hauptresultate, die sich auch auf chemische 
Verhältnisse beziehen, sind noch in einem Rückblicke S. 96 zusammen- 
gestellt worden. 


Man darf dem Verfasser zum Abschluss dieser mühsamen Arbeit - 


Glück wünschen und es ist nur zu bedauern, dass der Mann, welcher die 


17 


erste Anregung zu ihr gegeben hat und dessen Andenken sie gewidmet 
ist, ARNOLD ESCHER voN DER Linta, diesen Ausdruck eines dankbaren 
Schülers nicht mehr selbst entgegenehmen konnte. 


CG. Paläontologie. 


Dr. Frın. SanpsereER: die Land- und Süsswasser-Conchy- 
lien der Vorwelt. 6. bis 8. Lief., p. 161—256. Taf. 21—32. — (Jb. 
1872, 777.) — In diesen Lieferungen folgen: 

E. Die Binnen-Conchylien der untereocänen Braunkohlenbil- 
dungen, 8. 177, 

XI. die Binnen-Mollusken der Obereocän-Schichten, 8. 197, und 
zwar 

A. der Sables de Cwise-Lamotte und des Londonthons, S. 199, 

B. des Grobkalks im Pariser Becken, S. 206, 

C. der Süsswasserbildungen vom Alter des Grobkalks am Oberrhein 
und in Frankreich, S. 219, 

D. der Äquivalente des Grobkalks in Nord-Italien, 8. 237, 

E. des Brackwasser-Kalkes der Ralligstöcke bei Thun in der 
Schweiz, S. 247. 

Die bisher erschienenen Tafeln sind sämmtlich mit Sachkenntniss und 
Treue von Herrn F. ScHLoTTERBEcK ausgeführt, und von der rühmlichst 
bekannten Verlagshandlung, C. W. Kreıwer in Wiesbaden, vorzüglich aus- 
gestattet worden, wie dies einem derartigen Meisterwerke würdig ist. 


Ant. Frirscn: über Palaemon exul, eine neue Örustacee aus 
dem Polirschiefer von Kutschlin bei Bilin. (Sitz. d. math. nat. 
Classe der böhm. Ak. der Wiss. 23. Febr. 1872.) — Die Entdeckung des 
näher beschriebenen Seekrebses in einer Süsswasserablagerung, worin man 
bisher nur gewohnt war, Süsswasserfische und Landpflanzen anzutreffen, 
nöthiget zu manchen Erwägungen über die Erklärung dieser Erscheinung. 

Die jetzige Schöpfung bietet uns einige Beispiele, welche dieses Räth- 
sel zu lösen helfen. Bei der Erhebung der Continente bleiben kleine Bin- 
nenseen übrig, die mit der Zeit ihren Salzgehalt verlieren. Die Seethiere, 
die daselbst geblieben waren, sind zum Theil untergegangen, zum Theil 
haben sie sich an das Süsswasser gewöhnt. So findet man jetzt die Gat- 
tungen Idothaea, Sphaeroma und Gammarus in den süssen Gewässern Tos- 
kana’s und Mysıs in den schwedischen Landseen. Auch die Adelsberger 
Grotte hat in ihren Gewässern einen blinden Palaemon: Troglocharis 
Schmidti. Interessant ist, dass eine neuerdings von Or. Novak bei Waltsch 
entdeckte Crustacee sich auch mehr den Meeresasseln als den Landasseln 
nähert, und es ist dies also das zweite Beispiel, dass sich in den tertiären 


718 


Süsswasserablagerungen Böhmens Gattungen finden, die sonst in der Regel 
nur im Meere leben. 


Mag. Fr. Schumipt: über die neue Gattung Lopatinia und 
einige andere Petrefactenausden mesozoischenSchichten 
am unteren Jenissei. St. Petersburg, 1872. 8°. 13 8., 1 Taf. — Nach 
neueren Untersuchungen einiger Jenissei-Petrefacten, welche der Verfasser 
mit Graf KEyserLıne gemeinschaftlich unternahm, fühlt er sich gedrungen, 
für Pectunculus Petschorae F. Schmipr vom unteren Jenissei und Pectun- 
culus Petschorae Keys. von der unteren Petschora die neue Gattung Lo- 
patinia aufzustellen, welche eine Mittelstufe zwischen Pectunculus und 
Cueullaea darstellt. Die erstgenannte Art wird Lopatinia Jenisseae n. 
sp., die letztgenannte Lop. Petschorae Keys. sp. genannt. Der Gattungs- 
name ist Herrn J. Lorarın zu Ehren gewählt. 

Indem der Verfasser ferner den früher als Inoceramus neocomiensis 
d’Ors. bezeichneten Inoceramus (Jahrb. 1872, 981) für identisch hält mit 
In. Geinitzianus SToLiczkA, findet er eine neue Bestätigung seiner An- 
sicht vom Kreidealter des anstehenden Inoceramen-Gesteins vom unteren 
Jenissei. 


J. H. JEıtteres: die vorgeschichtlichen Alterthümer der 
Stadt Olmütz und ihrer Umgebung. Wien, 1872. 8°. 95 S.,1 Taf. 
— In dem 1. Bande der Mittheilungen der anthropologischen Gesellschaft 
in Wien (Wien, 1871), p. 217 und 258, hat der Verfasser die ersten Nach- 
richten über vorhistorische Ansiedelungen von Olmütz und Troppau ge- 
geben, die er nicht höher hinaufsetzt, als in das erste oder zweite Jahr- 
hundert vor Christi Geburt. Auch wurden von ihm an dieser Stelle die 
dort gefundenen Alterthümer beschrieben und mit dem Plane von Olmütz 
auf einer Tafel zusammengestellt. Es waren theils Thongefässe, die aus 
freier Hand, und solche, die mit der Töpferscheibe gefertiget worden sind, 
Wirtel und kleinere Thonsachen, bearbeitetes Hirschgeweih, ein Metacar- 
pus vom Pferd, wahrscheinlich als Schlittschuh gebraucht, Knochenbeile 
u. s. w., Steinmesser, Steinhämmer und Steinbeile, das Endstück einer pri- 
mitiven Hirtenflöte aus Holz und mehrere Broncegegenstände. In der 
vorliegenden Abhandlung, einem Separatabdrucke aus den Mitth. d. an- 
throp. Ges. in Wien, Bd. 2, werden die Reste aus dem Pflanzenreiche und 
aus dem Thierreiche beschrieben. 

Von den ersteren ist bemerkt, dass die vorgefundenen Pfähle von der 
Stieleiche (Quercus pedunculata) herrühren, ausserdem fanden sich 
Stücke von Birkenholz mit Rinde vor und sehr zahlreich waren die 
Schalen von Haselnüssen. Unter den grösseren Mengen verkohlten 
Getreides wurden der kleine Pfahlbauweizen (Triticum vulgare an- 
tiquorum HEER) und Roggen (Secale cereale L.) erkannt, welcher letztere 
in den Schweizer Pfahlbauten zu fehlen scheint. Verfasser meint, dass 


7179 


unser cultivirter Roggen von Secale anatolicum Boıss. abstamme. Von 
der Rispenhirse traf man zahlreiche Körner an. 

Unter den thierischen Resten zeigten sich sehr viele Schalen von 
Unio pietorum Lam., sowie hier und da Schalen fossiler Muscheln, Con- 
gerien und Ostrea edulis. Ebensuwenig fehlten recente Meeresschnecken 
und eine Koralle. Vögel sind durch einen Schädel des Haushuhns ver- 
treten, Säugethiere durch den Edelhirsch (Cervus elaphus L.), Dam- 
hirsch (Cervus dama L.), Kaninchen (Lepus ewniculus L.), Wildschwein 
(Sus scrofa ferus L.), Torfschwein (Sus serofa palustris Rürm.), Haus- 
schwein (Sus scerofa domesticus) „Torfrace*, Pferd (Equus caballus L.) var. 
Eguiferus GmELIN u. Parzas, Rind (Bos taurus L.) Primigenius-Rasse Rü- 
sım. und Brachyceros-Rasse Rürım. „Torfkuh“, Schaf (Oves aries L.), Bär 
(Ursus arctos L.), Torfhund (Canıs familarıs minor CANESTRINI) und 
den Hund der Broncezeit (Canıs matris optimae JEITTELES). Nach 
dem Verfasser stammt der Torfhund von Canıs Sacalius (= Lupus au- 
reus Gray, (Canis aureus Avcr.) ab. Der Schädel des Hundes der 
Broncezeit unterscheidet sich von jenem des „Torfhundes“ (d. i. des 
Hundes der Steinzeit), einmal durch bedeutendere absolute Grösse; 
während die Schädellänge an der Basis beim Torfhund zwischen 130 mm. 
und 152 mm. schwankt, beträgt sie beim Broncehund 171—189 mm. und 
misst selbst bei einem abnorm kleinen Individuum noch 162 mm. Dabei 
ist die Schnauze weit mehr zugespitzt, der Gaumen nicht blos länger, son- 
dern auch bedeutend schmäler, besonders in seinem hinteren Theile, das 
Profil des Schädels viel flacher und sanfter ansteigend als beim Torfhund, 
die Hirnkapsel weniger gewölbt etc. Sein Schädel besitzt überhaupt die 
grösste Ähnlichkeit mit dem des amerikanischen Prairie-Wolfs (Canis la- 
trans Say). Der Verfasser hat viel Mühe und Sorgfalt auf die genaueren 
Messungen der einzelnen Überreste des Canis matris optimae und der an- 
deren Thiere verwendet, wie überhaupt die ganze Arbeit durch Liebe zur 
eigenen Mutter und zu dem Stoffe getragen wird. 

Auch ein menschliches Skelet wurde mit Resten des Broncehundes, 
der Torfkuh, des Torfschweins ete. in Olmütz zu Tage gefördert. Sein 
Schädel stimmt sehr nahe mit einem von Baer beschriebenen Schädel aus 
einem Grabhügel der Broncezeit auf Seeland überein. Eine genauere Be- 
schreibung dieser Schädel ist von Prof. SCHAAFHAUSEN zu erwarten. 


C. W. Gömser: die sogenannten Nulliporen (Lithothamnium 
und Dactylopora) undihre Betheiligung ander Zusammensetzung 
der Kalkgesteine. II. Die Nulliporen des Thierreichs (Dacty- 
loporideae) nebst Nachtrag zum ersten Theile. (Abh. d. k. bayer. Ak. d. 
W. 2. Cl. XI. Bd. 1. Abth.) München, 1872. 4°. 60 8. Taf. D. 1—4. — 
(Jb. 1871, 958.) — 

Verfasser stellt die Dactyloporideen zu den Foraminiferen und 
gibt für sie folgende Diagnose: 

Gehäuse kalkig, aus porcellanartig dichter Masse bestehend, von cy- 


180 


lindrischer oder tonnenähnlicher Form (abgesehen von abgelösten Ringen 
oder Segmenten) mit einem innern eylindrischen, ursprünglich mit Sarkode 
erfüllten Hohlraume ohne Kammer-artige Querwände in der Mitte, am 
Embryonalende (unten) geschlossen (in Folge von Abreibung oder Zerstö- 
rung der Schale häufig geöffnet), nach oben offen, zusammengesetzt aus 
einzelnen, vertical aufeinander liegenden, dadurch zu einer Röhre verbun- 
denen Ringen oder Ringsegmenten, welche auch so fest zusammengewach- 
sen sein können, dass man sie einzeln nicht mehr zu unterscheiden im 
Stande ist, und daher das Gehäuse rein röhrenförmig gebaut erscheint. 
Die einzelnen Ringe oder die diesen entsprechenden Theile des Gehäuses 
bestehen aus einer grösseren Anzahl von innigst mit einander verwachse- 
nen Kammerabtheilungen, von welchen jede entweder einen Hohlraum in 
sich schliesst (Kammerhöhlung) oder auch massiv ohne Höhlung aufgebaut 
ist. Im ersten Falle führen schlauchartige Kanälchen von der Kammer- 
höhlung in die innere Haupthöhlung, während zwischen den Ringen und 
Kammern zahlreiche weite, stets einfache, nicht verzweigte, geradgestreckte 
Kanälchen in radialer Richtung vom inneren Hohlraume bis zur Aussen- 
fläche des Gehäuses verlaufen und hier in grubenförmigen Vertiefungen 
ausmünden. In einzelnen Arten finden sich neben den Kammerhöhlungen 
noch sackförmig erweiterte gecundäre Höhlungen oder auch an ihrer Stelle 
ein Hohlring, von welchem aus dann zahlreiche Kanälchen in divergiren- 
der Richtung, oft büschelförmig, oder wie die Finger an der Hand gestellt, 
aber nie sich verzweigend, bis zur Aussenfläche ausstrahlen, während 
gleichzeitig kurze Kanälchen die Verbindung mit dem inneren Hohlraum 
herstellen. Bei anderen Arten sind weder Kammerhöhlungen, noch Neben- 
höhlungen ausgebildet, oft sind sogar die Ringe bis zum Unkenntlichen 
verwachsen und es bleiben nur die von dem inneren Hohlraum zur Ober- 
fläche radial verlaufenden Kanälchen als gemeinsame Charaktere der Fa- 
milie übrig. 

Nach den besonderen Verschiedenheiten in der inneren Structur zer- 
fällt die Familie der Dactyloporideen in folgende Genera: 

A. Formen mit Kammerhöhlungen. 

Haploporella und Dactyloporella. 
B. Formen ohne Kammerh®hlungen. 
Thyrsoporella, Gyroporella, Uteria Mich. 

Bei der Beschreibung der Arten war die Hauptaufgabe des Verfassers 
auf die Schilderung der in den älteren Kalksteinbildungen eingeschlosse- 
nen Formenreihe der Gyroporellen gerichtet, welche früher als Nulli- 
poren bezeichnet wurden, wie 

G. anmulata ScHArH. sp. in den dem Wettersteinkalk analogen Kalk- 
und Dolomitbildungen der nördlichen und südlichen Kalkalpen durch den 
ganzen Zug derselben von der Schweiz bis nach Ungarn, 

G. cylindrica n. sp. (Uylindrum annulatum Eck) aus dem Muschel- 
kalk von Oberschlesien, 

@. triasina v. SCHAUROTH Sp. (Chaetetes? triasina v. SCHAUR.) im alpi- 
nen Muschelkalk von Rearco, u. a. 


781 


Als sogenannte Nulliporen des Pflanzenreiches werden nach- 
träglich beschrieben: 

Lithothamnium palmatum (Nullipora palmata) GoLpr., aus der fran- 
zösischen Kreide und der Gosau, 

Lith. racemosum (Millepora racemosa) Goupr. aus der Mastrichter 
Kreide, und m 

Lith. Goldfussi n. sp. (Ceriopora polymorpha GoLpor, Petr. Germ. p. 34. 
Taf. 10, fig. 7, = Palmipora polymorpha A. Röm.) aus dem cenomanen 
Grünsande von Essen. 

Die Tafeln sind mit natürlichen und vergrösserten Darstellungen von 
des Verfassers eigener Hand erfüllt und bezeichnen von Neuem das Talent 
und die Arbeitskraft des hochgeschätzten Verfassers. 


Ta. OrLpsam: Memoirs of the Geological Survey of India. 
Palaeontologia Indica. Oretaceous Fauna of Southern In- 
dia. Vol. IV, 3. The Echinodermata, by Fern. SroLiczka. Cal- 
cutta, 1873. 4°. 57 p., 7 Pl. — Die Echinodermen der südindischen 
Kreideformation, von welchen SroLıczkA 42 Arten beschreibt, gehören zu- 
meist den charakteristischen cretacischen Gattungen an, Hemiaster, Epi- 
aster, Cardiaster, Holaster, Catopygus, Botriopygus, Stigmatopygus, Cas- 
sidulus, Nucleolites, Echinoconus, Holectypus, Salenia, Mieropedina, Pseu- 
dodiadema, Orthopsis und Cidaris, neben welchen eine Ophiura, ein Pen- 
tacrinus und 2 Marsupites auftreten. Nach Abrechnung von 5 nicht sicher 
bestimmbaren Arten verbleiben unter ihnen 36, von welchen 10 an die 
Ootatoor-Gruppe und 26 an die Arrialoor-Gruppe gebunden sind. 

Von ersteren scheinen 4 mit europäischen Arten identisch zu sein, 
namentlich Oidaris hurudo SoRIGNET, Ö. vesiculosa GoLDF., Ü. subvesiculosa ? 
d’Orz. und ©. Faringdonensis? WricHT; unter den Arten der Arrialoor- 
Gruppe stimmen Echinoconus conicus BREYN. (— Galerites albogalerus), 
Cidaris sceptrifera Mant., Marsupites Millerı Mant. und wahrscheinlich 
auch Mars. ornatus MıLL. mit europäischen Arten überein. Alle anderen 
Arten scheinen Indien eigenthümlich zu sein, wenn sie auch theilweise 
nahe Verwandtschaft mit den aus Europa beschriebenen Arten erkennen 
lassen. 


Ta. Oronan: Memoirs of the Geological Survey of India. 
Palaeontologia Indica. ÜOretaceous Fauna of Southern In- 
dia. Vol. IV, 4. The Corals or Anthozoa, with notes on the Spon- 
ges, Foraminifera, Arthrozoa and Spondylozoa, by FErD. Sto- 
Lıczka. Caleutta, 1873. 4%. 70 p., 12 Pl. — 

Die ceretacischen Ablagerungen Südindiens haben 57 Arten Anthozoen 
geliefert, von denen die bei weitem grössere Anzahl, 42, in den tiefsten 
Schichten, oder der Ootatoor-Gruppe, auftritt, während die beiden Jüngeren 
Gruppen, die Trichonopoly- und Arrialoor-Gruppen verhältnissmässig arın 


782 


an Korallen sind. Es sind nur wenige dieser Arten nach StoLiczka’s Un- 
tersuchungen mit europäischen Arten identisch: Trrochosmilia wnflexa Rss. 
in der Trichonopoly-Gruppe und in den Gosauschichten, T. tuba Frourx- 
TEL in der Ootatoor-Gruppe und in turonen Schichten Frankreichs, Astro- 
coenia decaphylla Mic#. in der Trichonopoly- und Arrialoor-Gruppe, so- 
wie in turonen Schichten von Bains-de-Rennes (Corbieres) und in den Go- 
sauschichten, Isastrea Morchella Rruss, Trichonopoly-Gruppe und Gosau- 
schichten, Latimaeandra (Maeandrastrea) concentrica Rss., Ootatoor-Gruppe 
und Gosauschichten. 


Unter den Spongiozoen begegnen wir der in Europa weitverbrei- 
teten Siphonia piriformis GoLpF. in der Ootatoor-Gruppe, unter den Fo- 
raminiferen dem Orbitoides Fiaujasi DeErR., welcher in der Kreide von 
Mastricht, Aachen und Rügen häufig ist, in der Arrialoorgruppe. 


Unter den Würmern führt uns der Verfasser die in oberturonen 
und untersenonen Schichten Deutschlands so gewöhnliche Serpula filifor- 
mis Sow. b. Fitton und Serpula gordialis Senn. oder $. Plexus Sow. aus 
der Arrialoor-Gruppe vor; von Crustaceen werden nur einige Spuren 
hervorgehoben; unter Fischen aber, von welchen Sir PnıLip EGERToN die 
grössere Anzahl beschrieben hat, zeigen sich einige mit europäischen Ar- 
ten im vollen Einklang: Ptychodus latissimus Ac., Corax pristodontus As., 
während andere mit jenen wenigstens die grösste Ähnlichkeit zeigen wie 
Vorax incisus Es. mit Cor. heterodon Rss , Otodus marginatus Es. mit 
Ot. appendiculatus Ac., Odontaspis constrietus Es. mit Oxyrhina angusti- 
dens Rss. und Enchodus serratus Es. mit Odontaspis (Lamna) raphio- 
don Ac. 

Schliesslich wird des Zahns eines Megalosaurus gedacht, welchen 
BLAnForD früher in den Arrialoor-Schichten bei Cullmoud gefunden hat. 

Durch diese Blätter aber wird das von SroLıczkA schon früher ge- 
wonnene Resultat für die Parallelisirung jener drei unterschiedenen Grup- 
pen der südindischen Kreideformation von Neuem erhärtet. 


Die Ootatoor-Gruppe oder die Zone der Ammonites rostratus und 
Rotomagensis, Inoceramus labiatus, Gryphaea subauriculata (= columba) 
und Terebratula depressa, gilt ihm als Äquivalent für den Upper Green- 
sand und Chalkmarl, für das Cenoman oder die Tourtia, für den unteren 
Quader und unteren Pläner. 


Die Triechonopoly-Gruppe, oder Zone der Amm. peramplus, 
Pholadomya caudata, Modiola typica, Gryphaea. diluviana und Rhyncho- 
nella compressa, entspricht nach ihm dem Lower Chalk, Turon und Mit- 
tel-Quader. 


Die Arrialoor-Gruppe, als Zone der Nautilus danieus, Amm. 
Ootacoodensis, Exogyra pectinata, E. ungulata, Gryphaea vesiculosa, Ino- 
ceramus Oripsi und Crania Ignabergensis, wird als obere Kreide, Senon 
oder Ober-Quader aufgefasst. 

Es ist schon in Gezinırz, Elbthalgebirge I. 5, p. 147 hervorgehoben 
worden, dass Inoceramus labvatus in Europa für den Mittelquader bezeich- 


783 


nend ist, nicht für die cenomanen Ablagerungen, während umgekehrt 
Rhynchonella compressa hier an die letzteren gebunden zu sein scheint. 

Wir können aber unsere Berichte über SroLiczkA’s Bearbeitung der 
Kreideformation Süd-Indiens nicht abschliessen, ohne ihm selbst und dem 
Director der geologischen Landesuntersuchung Thomas OLDHam gegenüber 
die allgemeinste Anerkennung und den Dank aller Fachmänner auszu- 
sprechen wegen der Schnelligkeit, womit diese gediegenen Monographien, 
welche jetzt 4 starke Bände füllen, durchgeführt und den wissenschaft- 
lichen Kreisen zugänglich gemacht worden sind. 


Dr. A. KornHuuBer: über einen neuen fossilen Saurier aus 
Lessina. (Abh. d. k. k. geol. Reichsanst. V. 4.) Wien, 1873. 4". p. 73 
—90. Taf. 20—21. — In einem lichten, schwach gelblichgrauen, matten, 
dichten und dünnplattigen Kalke der Insel Lessina in Dalmatien wurden 
1869 und 1870 zwei Platten mit Resten eines neuen Reptils aufgefunden, 
welche den Gegenstand dieser Abhandlung bilden. Eine derselben ist in 
die Sammlung der k. k. geologischen Reichsanstalt übergegangen. Sie zeigt 
das Knochengerüst des Reptils in der Ansicht von oben, doch ist vom 
Kopfskelet nichts mehr vorhanden ; die andere Platte enthält das Skelet 
des Kopfes, des aus 9 Wirbeln bestehenden Halses und das Rückenstück 
der Wirbelsäule bis zur Sacralregion, zum grössten Theile auch die zu- 
gehörigen Rippen, so dass sich beide in einer wunderbaren Weise ergän- 
zen. Der Verfasser führt den Nachweis, dass der Saurier von Lesina in 
das Genus Hydrosaurus WasL. gehört und beschreibt es mit grosser Ge- 
nauigkeit als A. lesinensis n. Sp. 

Den damit zusammenvorkommenden Fischen nach, unter welchen Ch:i- 
rocentrites microdon HEckEL, eine mit Spathodactylus neocomiensis PıcTET, 
wenn nicht idente, so doch am nächten stehende Form, am häufigsten ist, 
gehört der Kalk von Lesina wahrscheinlich der unteren Kreideformation 
und zwar dem oberen Neokom an. 


D. Stur: Vorkommeneiner Palmenfrucht-HülleimKreide- 
sandstein der Peruzer Schichten bei Kaunitz in Böhmen. 
(Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1873, p. 1.)— In den pflanzenführenden Schich- 
ten des unteren Quaders von Kaunitz oder den Peruzer Schichten in Böh- 
men, welche den Niederschöna-Schichten in Sachsen entsprechen, haben 
sich Pflanzenreste gefunden, die mit Dammara albens Ste. grosse Ähn- 
lichkeit zeigen. Bei genauerer Untersuchung erkannte sie Stur als die 
Fruchthüllen von Palmenfrüchten aus der Abtheilung Lepidocaryinae MART. 
und beschreibt sie nun als Lepidocaryopsis Westphaleni n. g. et sp. 


784 


Miscellen. 


Dr. Morırz WıLLkoun, Staatsrath und Universitätsprofessor in Dorpat, 
wurde zum Professor der systematischen Botanik und zum Director des 
botanischen Gartens an der Prager Universität ernannt. 


Dr. v. Fritsch in Frankfurt a. M. folgt dem Rufe als Professor der 
Mineralogie und Geognosie an die Universität Halle.a. S. 


{y 


Am 22. Sept. 1873 verschied zu Freiberg der K. S. Professor der Mi- 
neralogie an der Bergakademie zu Freiberg und Oberbergrath a. D. un- 
ser Dr. JoHann August FRIEDRICH BREITHAUPT. 


Eine Blitzröhre zu verkaufen. 


Wir lenken die Aufmerksamkeit auf eine sehr gut erhaltene Blitz- 
röhre von 2,65 Meter Länge, welche 1856 durch Gustav.FiIEDLER bei Losch- 
witz ausgegraben worden ist. Dieselbe ist Eigenthum der Frau Mınna 
SEIDEL in Stolpen, Sachsen, und soll mit 3 Glaskästen, worin sie befestigt 
ist, für 60 Thlr. verkauft werden. (D. R.) 


Berichtigungen. 


S. 517 ist Zeile 18 v. o. vor „Sammlung‘‘ noch: enthaltende einzuschalten. Auf 
derselben Seite, weiter unten muss es heissen statt „erhalten von Trilobiten“: erhaltener 
Trilobiten; und Zeile 6 v. u. statt Creziana lies Cruziana. 

S. 570, Zeile 1 v. oben lies Castelruth statt Cartelbrati. 

S. 573 unten statt H,O = 6,60 lies 0,60. 


Mineralogisches. 


Von 


Herrn August Frenzel 
in Freiberg. 


Bei der Bearbeitung eines „Mineralogischen Lexicon für das 
Königreich Sachsen“ hatten sich verschiedene mineralogische und 
-—— da die bekannten Analysen sächsischer Mineralien mitgetheilt 
werden sollen — auch chemische Untersuchungen nothwendig 
gemacht. 

Ein Theil dieser letzteren dürfte vielleicht auf. ein allge- 
meineres Interesse Anspruch machen können, und ich erlaube 
mir desshalb im Nachstehenden einige solcher Arbeiten — in 
bunter Reihenfolge — bekannt zu geben. 

Ich beginne mit einem sehr alten Vorkommen, dem Wer- 
nerschen 
| Weisskupfererz 
von def Grube Lorenz Gegentrum zu Halsbrücke bei Freiberg. 
Von diesem Mineral war eine nähere Bestimmung noch nicht ge- 
geben. Während dasselbe im vorigen Jahrhundert in grösserer 
Menge vorgekommen ist, scheint man in diesem Jahrhundert keine 
Spur gefunden zu haben; übrigens hat besagte Grube auch län- 
gere Zeit gelegen, FRrEIESLEBEN berichtet (Oryktogr. v. Sachsen, 
15. 129), dass ältere Mineralogen Arsenikalkies mit 20 Procent 
Kupfer und Blank Kupfer Miner mit 14 Proc. Kupfer von Lorenz 
Gegentrum beschrieben haben, welche Vorkommnisse wohl nichts 


anderes als Weisskupfererz gewesen seien. Allerdings hat das 
Jahrbuch 1873. 50 


786 


Weisskupfererz im Äusseren Ähnlichkeit mit Arsenkies, die Ana- 
Iyse ergab jedoch nur Spuren von Arsen. 

Die Freiberger Sammlung besitzt nur ein grösseres Exem- 
plar, das Weisskupfererz mit Kupferkies und einem erdigen Mi- 
neral im Gemenge zeigt. Herr Prof. Weıssach hatte die Güte, 
eine Partie davon zur Untersuchung abzugeben. Es war nun sehr 
schwierig, reines Material zur Analyse zu erlangen, und es musste 
jedes einzelne Bröckchen zuvor unter der Loupe auf seine Rein- 
heit geprüft werden. Eine so vorgerichtete Probe ergab — nach 


Abzug eines unlöslichen Rückstandes — folgende Zusammen- 
setzung: 
Kupfer . ...2 2. 21095 
Eisen%i 3 2a 2 0 
Kobalt. „sale ua... 201 
Schwefel ° .. .„. .....,44.85 
98,64. 


Fasst man die gefundenen Metallgehalte zusammen, so be- 
rechnet sich ein Äquivalent-Verhältniss der Metalle zum Schwefel 
wie 2: 2,98, wofür man also fast genau die Formel R,S, erhält, 
d. i. eine Verbindung, welche zwischen Kupferkies und Eisenkies 
die Mitte hält, welcher Umstand nicht ohne Interesse sein dürfte. 

Das Mineral zeigt silberweisse bis lichtstahlgraue Farbe, 
feinkörnige bis dichte Structur, ist spröd, hat Härte 6 und schwar- 
zen Strich. Leider konnten Spaltungsverhältnisse und spec. Ge- 
wicht nicht mit wünschenswerther Genauigkeit ermittelt werden. 

In der derben feinkörnigen oder dichten Masse finden sich 


. ziemlich häufig einzelne kleine hellglänzende und glaitflächige 


Partien eingeschlossen, die ohne Zweifel die Tendenz des Mine- 
rals zur Krystallbildung veraugenscheinlichen. 


2. Pikropharmakolith. 


Bei den Gruben Junge hohe Birke und Kröner zu Freiberg 
wurde schon seit längerer Zeit eine Pharmakolithbildung beob- 
achtet. Das in der Regel schneeweisse, kleintraubige und nieren- 
förmige, oder in kleinen, büschel- und sternförmig gruppirten 
haarförmigen Kryställchen auftretende Mineral zeigt in selteneren 
Fällen auch blaue Farben, welche durch hinzutretendes Kupfer- 
oxyd hervorgerufen werden. ; 

Es konnte nur von der weissen Varietät die chemische Zu- 


787 


sammensetzung ermittelt werden, welche wie folgt gefunden 
wurde: 


a b 

Arsensäure.. . . ‚4093 48,14 
Halkkerde . .: .. .: 25, 
Magnesia ... .. 373 
Wasser: .. .. .: .. 24.01 
100,44. 


Diese Mischung ist genau dieselbe, welche schon früher von 
STROMEyER von einem Riechelsdorfer Vorkommen -— das er Pikro- 
pharmakolith nannte — angegeben wurde. Dem Pikropharma- 
kolith kommt die Formel 5CaO . 2?As,O, + 12H,0O zu und diese 
verlangt: 

2As,0, 460 48,11 
5Ca0 280 29,29 
12H,0 216 22,60 

956 100,00. 

Bei i00° verliert das Mineral 13 Proc. Wasser. 

Wenn bisher die Selbstständigkeit des Pikropharmakoliths 
angezweifelt wurde, so dürft@ wohl dieses neue Freiberger Vor- 
kommen die Zweifel heben. 

Die Krystallform dürfte monoklinisch sein. Unter dem Mi- 
kroskop lassen einzelne haarförmige Kryställchen die Form der 
Kobaltblüthe erkennen, breite rectanguläre Säule mit schiefer 
Endfläche. : 

Während die blauen Varietäten gewöhnlich auf Kupferkies 
sitzen, finden sich die weissen auf Gneiss und selbst an der 
Grubenzimmerung. Die Erzgänge bei Junge hohe Birke führen 
viel Arsenkies und Kalkspath, ersterer ist zeitweilig Gegenstand 
besonderer Gewinnung gewesen. 


3. Arseneisensinter. 


Von derselben Grube (Junge hohe Birke) nahm ich bei einer 
Befahrung eine Substanz mit, die, in der Grube noch weich und 
butterartig, über Tage sehr bald erhärtete. Dieselbe verrieth 
schon in der Grube einen Kupfergehalt, denn die Zscherperklinge, 
mit welcher das butierartige Mineral vom Gestein abgeschabt 
wurde, bekam einen Überzug von metallischem Kupfer. Nach der 
Erhärtung zeigte das Mineral blassolivengrüne Farbe, farblosen 

50 * 


788 


Strich und dichte Beschaffenheit, Kalkspathhärte, spec. Gewicht 
2,398 (18° C.). 
Die chemische Zusammensetzung wurde wie folgt gefunden: 


Arsensäure ... .. ..... 220:53 
Schwefelsäure .. .. . . 2esdssA 
Eisenoxydii 2272. 00 
Kupferoxyd WiE:.. .. . .0120,94 
Wasser '. 2 „aloe 
98,74. 


Bei 100° entweichen 15,56 Proc. Wasser. 

Das Mineral ist mithin ein Arseneisensinter und gleichfalls 
ein Oxydationsproduct des Arsenkieses. Es löst sich leicht in 
kalter Salzsäure; Wasser zieht einen Theil der Schwefelsäure 
und sämmtliches Kupferoxyd aus, letzteres ist daher als Vitriol 
im Mineral enthalten und das Mineral hat auch einen eklig vitrio- 
lischen Geschmack. 

Auf Junge hohe Birke kommt auch der bekannte braune 
Arseneisensinter vor. 


4. Melanglanz. 


Von diesem wichtigen Mineral kennt man wohl durch H. 
Roses und Kerı's Analysen die chemische Zusammensetzung, 
allein eine sächsische Abänderung war bis jetzt noch nicht unter- 
sucht worden, und die Freiberger Gruben liefern bekanntlich die 
ausgezeichneisten Varietäten. Dass Kıarrorn und BRANDES nicht 
Freiberger Melanglanz, sondern Eugenglanz analysirt hatten, war 
schon von Breınaupr im Jahre 1829 (Scuwec. Journ. 55. 300) 
ausgesprochen worden. 

H. Rose betrachtete die Mischung der Formel 6Ag,S.Sb,S, 
entsprechend und einige Mineralogen haben diese Schreibweise 
angenommen, die Analysen entsprechen jedoch besser der Formel 
J9Ag,S . Sb,S;. 

Eine Abänderung von der Grube Gesegnete Bergmanns- 
hoffnung bei Freiberg — langsäulenförmige Krystalle, spec. Ge- 
wicht 6,28 (18° C.) — entspricht gleichfalls letzterer Formel. 

Es sind a die gefundenen und b die nach 5Ag,S . Sb,S, 
berechneten Bestandtheile: 


789 


a b 
Silber . ..... 6864 68,36 
Antimon. . .... „19,26 15,44 
hi Schwefel . . . 16,49 16,20 


100,89 100,00. 
Die Krystalle lösten sich ohne Rückstand auf und enthiel- 
ten weder Arsen, noch Kupfer und Eisen. 


9 Kerolith und Limbachit. 


Der Kerolith kommt in Sachsen mehrfach vor, er findet sich 
in den Blasenräumen der Melaphyr-Mandelsteine von Zwickau, im 
Melaphyr des plauenschen Grundes, in einigen Kalksteinlagern, 
sowie in den Serpentinen von Zöblitz und Limbach. Die letzteren 
Abänderungen, die als Ausfüllungen der Klüfte des Serpentins 
auftreten, unterscheiden sich sowohl von dem eigentlichen (schle- 
sischen) Kerolith, als auch wieder unter einander durch ihre che- 
mische Zusammensetzung sehr wesentlich, so dass man diese 
Vorkommnisse nicht einer Mineralspecies zuzählen kann. Wie 
verschieden solche als Kerolith bezeichnete Mineralien zusammen- 
gesetzt sind, erhellt aus folgender Zusammenstellung. Es ist a 
der Kerolith von Frankenstein (Analyse von Maar), b Kerolith- 
ähnliches Mineral von Zöblitz (Analyse von Meırine) und c Ke- 
rolith-ähnliches Mineral von Limbach: 


a b c 
Kieselsäure . ... . 37,95 47,13 42,05 
ehmmerde ii... 12,18 2,97 19,56 
Eisenoxydul. . . . — 2,92 1,46 * 
Magnesia . . . ...1802 36,13 25,61 
Wasser 2.75.92 81:00 11,50 12,54 


99,15 100,25 101,00. 
Für diese Mischungen sind die folgenden Formeln berech- 
net worden: 
a 4(MsO . SiO,) + AL,O, . SiO, + 15H,0 
b 6MgO .SiO, -H- 10H,0 
c 3MgO .28Si0O, + Al,O, . SiO, + 3H,0. 
Wenn nun, wie Naumann (Elem. d. Min. 8. Aufl. 352) be- 
merkt, auch bei amorphen und porodischen Substanzen eine be- 
stimmte chemische Constitution als Bedingung der specifischen 


* Eisenoxyd. 


790 


Identität geltend zu machen ist, so dürfte wohl bei vorliegenden 
äusserlich sich ähnelnden Mineralien, die so bestimmt verschie- 
dene Mischung die Nichtidentität derselben genüglich beweisen. 
Das Limbacher Mineral — das man Limbachit, sowie auch das 
Zöblitzer Vorkommen nach seinem Fundort benennen könnte — 
zeigt in Dünnschliffen unter dem Mikroskop eine dichte apolare 
Grundmasse, in welcher nur stellenweise sternförmig strahlige 
und polarisirende Partien wahrgenommen werden können. 

Der Limbachit tritt in schwach fettglänzenden derben Mas- 
sen von graulich- bis grünlichweisser Farbe auf, ist wenig spröd 
und hart, hängt nicht an der Zunge und hat das spec. Gewicht 
2,395. 
Es sind a die nach der Formel 3MgO . 2SiO, + ALO, 
.SiO, + 3H,0 berechneten Werthe, b und c zwei Analysen- 
Resultate: 


a br 00:6 
Kieselsäure . . . . 39,38 41,42 42,03 
Thonerde . . . . .. 22,54 22,09 19,56 
Eisenoxyd . . . . — nicht best. 1,46 
Magnesia. . . . ...26,26 23,67 25,61 
Wassen . - 11,82 12,47 12,34 


100,00 99,65 101,00. 

Die Analysen beziehen sich auf bei 100° getrocknetes Mi- 
neralpulver, bei welcher Temperatur übereinstimmend 4,4 Proc. 
Feuchtigkeit entwichen. 

6. Kornit. 


Hier haben wir eine Bildung vor uns, die nicht den Mi- 


neralien, sondern den Gesteinen angehört. In den meisten Lehr- 


büchern wird übrigens der Kornit gar nicht erwähnt. BRrEITHAUPT 
gibt in seinem Vollst. Handb. d. Min. 3. 609 an, dass der Kornit 
auf Kieselsäure, Kalkerde und Eisenoxydul reagire. 

Eine quantitative Analyse liess die Nichthomogenität erken- 
nen, es wurde nämlich gefunden: 


Kieselsäure.... . ... ...2... 8100 
Thonerde - 1% Ar Rgels 
Eisenoxyd uni ne rg 
Kali, af: es van De 
Wasser ... ........So lo 


98,54. 


191 


Aus dieser Analyse dürfte man auf ein Gemenge, aus Quarz 
(Hornstein) und Orthoklas eiwa bestehend, schliessen. Unter dem 
Mikroskop erkennt man auch bei stärkerer Vergrösserung — bei 
schwacher Vergrösserung erscheint die ganz dichte Grundmasse 
noch gleichartig — in einer farblosen Grundmasse zahlreiche 
Körner und Nädelchen eingeschlossen, 


t. Erlan. 


Gehört gleichfalls den Gesteinen an. Der Erlan tritt be- 
kanntlich auch gang- und lagerartig auf. Aus der Analyse C. 
GueLıns wollte schon BErzeLius ein Gemenge erkennen. In der 
That nimmt man auch unter dem Mikroskop mindestens vier Mi- 
neralien wahr, darunter deutlich Quarz, Feldspath und Granat. 


8. Beilstein. 


Der Beilsiein vom Ochsenkopf bei Schwarzenberg, woselbst 
er ein Lager im Glimmerschiefer bildet, in welchem auch der 


bekannte Smirgel vorkommt, ist homogen und polarisirt das Licht; 


man findet nur stellenweise einzelne lichtgrüne Körner, von denen 
ich nicht bestimmt zu sagen vermag, welchem Mineral sie an- 
gehören, eingeschlossen. 


9. Eulytin und Agricolit, 


Den Eulytin, dieses ausgezeichnete Mineral, kennt man bis- 
her nur von Schneeberg. Die in manchen Lehrbüchern enthal- 
' tene Angabe, dass das Mineral auch zu Bräunsdorf vorgekommen 
sei, ist eine irrthümliche, wie ich schon an andrer Stelle (Journ. 
f. pr. Chem. Il. 4. 361) mitgetheilt habe. Dagegen ist uns nun 
ein neuer Fundort erschlossen worden, nämlich Johanngeorgenstadt. 

Der Johanngeorgenstädter Eulytin zeigt im Äusseren solche 
Abweichungen von den bekannten Schneeberger Vorkommnissen, 
dass er von allen, denen das Mineral zu Gesicht kam (FErBER, 
Gror#, Weıssach, Zschau), nicht für Eulytin anerkannt, vielmehr 
dem Felsöbanyit und Kapnieit ähnlich gefunden wurde. Zschau 
etiquettirte: Bleigummi von Johanngeorgenstadt. Um so über- 
raschender war die gleiche chemische Zusammensetzung mit Eu- 
Iytin, und ınan möchte der Vermuthung Raum geben, dass der 
Eulytin-Substanz 2Bi,0, . 3Si0, Dimorphie zukomme. 


92 


Während der Schneeberger Eulytin im der Regel erkenn- 
bare Krystallformen von nelkenbrauner Farbe zeigt, bildet der 
Johanngeorgenstädter kleine Kugeln, die sich unter der Loupe 
in eine Gruppe vollkommen abgerundeter Kryställchen auflösen: 
diese Kugeln sind weingelb, farblos und vollkommen wasserhell. 

Es wäre nicht möglich gewesen, diese Kugeln auf ihren 
Inhalt zu prüfen, wenn nicht Herr Zscuau Alles, was in seiner 
Hand sich davon befand, zur Disposition gestellt hätte. Ich er- 
laube mir, an dieser Stelle Herrn Zscnau für solche seltene Li- 
beralität besten Dank zu sagen. 

Eine Analyse ergab den Inhalt der Kugeln, wie folgt: 


Kieselsäure......:.... 6,.1667 
Wismuthoxyd “7.2247 2081,33 
Bisenoxyd,, „© ..5.., 2.22.2030 

99,39. 


Diese Mischung steht ganz im Einklang mit den Resultaten 
der Analysen G. vom Ratu's. Genannter Forscher fand nämlich 
die Zusammensetzung der Formel 2Bi,0, . 3SiO, entsprechend, 


welche verlangt: 
3Si0, 180 16,8 
2Bi,0, 928 83,75 
1108 100,00. 


v. Rırn hat, wie früher auch Kersten, im Schneeberger 
Eulytin phosphorsaures Eisenoxyd gefunden. Es war mir nicht 
möglich, in der ausgewogenen äusserst geringen Menge Eisen- 
oxyd die Phosphorsäure nachzuweisen, die Abwesenheit dieser 
Säure kann ich deswegen nicht behaupten. Eisenoxyd enthalten 
jedoch auch die wasserhellen Kügelchen, denn eine dergleichen 
zeigte in salzsaurer Lösung bei Zusatz von Rhodankalium schwach- 
rothe Färbung. 

Die kleinen Kugeln sitzen auf Quarz — der mitunter ın 
Pseudomorphosen nach Baryt auftritt —, andre mit vorkommende 
Mineralien sind ferner Wismuth, Wismuthocker und Chloanthit. 

Nachdem ich Vorstehendes längst niedergeschrieben, erhielt 
ich durch Hrn. Prof. Gror# die Mittheilung, dass das von mir 
analysirte Mineral optisch doppelibrechend, also nicht tesseral sei. 
Ich prüfte sofort hierauf ein Stückchen einer Kugel und fand 
Grorn’s Angabe richtig. In einem zweiten Briefe theilte GroTH 
mir güligst mit, dass unser Mineral monoklin krystallisire und 


193 


wohl Atelestit sei, da der Winkel der Basis gegen die Vertical- 
axe 110° betrage. Grorn sandte mir gleichzeitig ein interessan- 
tes Stück (aus der Prrı’schen Sammlung, die im vorigen Jahr 
von der Universität Strassburg angekauft wurde), welches gemein- 
schaftlich Eulytin in Triakistetraedern und das monokline Mineral 
in Halbkugeln von radialfasriger Structur zeigte, zur Ansicht. 
Der Eulytin sah weingelb, die Halbkugeln waren farblos. Berg- 
meister Perı hatte etiquettirt: „Atelestit von Johanngeorgenstadt.“ 
Wir haben somit ein neues Beispiel des Zusammenvorkommens 
dimorpher Mineralien, wie wir das Zusammenvorkommen von Ar- 
gentit und Akanthit, Pyrit und Markasit, Rammelsbergit und Chlo- 
anthit, Anatas und Brookit, Melanterit und Tauriscit, Quarz und 
Tridymit u. s. w. schon kennen. Auch zu Schneeberg kommen 
beide Mineralien — von brauner Farbe — gemeinschaftlich vor. 
FerBErR sendete mir früher einmal ein Schneeberger Vorkommen, 
das neben den Krystallen des Eulylin auch concentrischfasrige 
Kugeln führte, welche letztere als „Arsenwismuth“ bezeichnet 
waren. Eine Prüfung auf den Inhalt dieser Kugeln mit einer 
äusserst geringen Quantität vorgenommen, war nicht entscheidend: 
ohne Zweifel hatten wir auch hier die zweite Form der Eulytin- 
Substanz vor uns. 

Es war nun noch die Frage nach der Zusammensetzung des 
Atelestit zu beantworten. Der Atelestit ist bis jetzt immer so 
selien gewesen, dass überhaupt etwa nur einige Gramm davon 
vorhanden sein dürften. Um so dankbarer müssen wir es Hrn. 
Prof. Weissacn anerkennen, welcher die Güte hatte und mir das 
beste Stück der Freiberger Sammlung zur Verfügung stellte. Das 
Exemplar trug ziemlich viel der winzigen Kryställchen, auf Bis- 
mutoferrit sitzend und von etwasKobaltblüthe begleitet; die Haupt- 
masse bestand aus Speiskobalt und Quarz. Ich entnahm dem 
Stücke 57,5 wmilgr., brachte diese in ein Glaskölbehen mit sehr 
langem Halse und erwärmte vorsichtig. Es entwickelte sich etwas 
Wasser und viel arsenige Säure, die sich in kleinen Octaedern 
im Halse ansetzie. Der Rückstand löste sich sehr leicht in Salz- 
säure, 1,5 mllgr. Quarz blieben zurück. In die Lösung wurde 
Schwefelwasserstoff geleitet und Schwefelwismuth ausgefällt, letz- 
teres mit Salpetersäure oxydirt, das Oxyd mit kohlensaurem Am- 
moniak gefällt, ausgewogen 32 mllgr. Wismuthoxyd. Das Filtrat 


194 


vom Schwefelwismuth wurde eingedampft und oxydirt, Ammoniak 
schlug phosphorsaures Eisenoxyd nieder, dieses wog 7 milgr. 
Das Resultat ist demnach folgendes: 


Wismuthoxyt® . TATEN SokmNer,’ = von sarnne: 
Phosphorsaures Eisenoxyd 7 „ =1325%0 , 
Verlustussin. Karen up —=,38035. 


. PEETE 
56 mllgr. 100,00. 


Der Wassergehalt dürfte unwesentlich sein, der Atelestit 
ist in der Hauptsache arsenigsaures Wismuthoxyd. 

Das monokline Mineral ist demnach ein neues, und es sel 
mir erlaubt, dem am 21. Oct. 1555 zu Chemnitz verstorbenen, 
bekannten sächsischen Arzt und Mineralogen GEoRG AsRrıcorLa ein 
kleines Denkmal zu setzen und das Mineral ihm zu Ehren Agri- 
colit zu nennen. . 

Als näheren Fundort des Johanngeorgenstädter Agricolit 
wird, die Grube Vereinigt Feld angegeben. Der glas- bis dia- 
mantglänzende Agricolit dürfte gar nicht so selten sein und sich 
in mancher Sammlung unter Eulytin finden. Bereits war ich so 
glücklich, Krystalle des Agricolit zu finden. Das Dresdener Mu- 
seum — Herr Prof. GeEinıtz gestatlete mir freundlichst die Be- 
nutzung der betreffenden Vorkommnisse — enthält neben den 
braunen Schneeberger Eulytinen auch zwei Exemplare des Johann- 
georgenstädter Vorkommens. Diese letzteren Vorkommnisse füh- 
ren gleichfalls Eulytin und Agricolit. Das eine Exemplar trägt 
nur Kugeln, dagegen das zweite Krystallgruppen, die sich zwar 
auch der Kugelform nähern, jedoch noch die Flächen der ein- 
zelnen Krystallindividuen erkennen lassen. Der Gruppirung, so- 
wie starken Rundung der einzelnen Individuen wegen lassen sich 
dieselben schwer bestimmen. Neben den Krystallkugeln finden 
sich concentrischfasrige Partien, und die einzelnen Fasern zeigen 
im polarisirten Lichte bunte Farben. Vielleicht wird es mir mög- 
lich, bald noch Näheres über den Agricolit mittheilen zu können. 


10. Gilbertit. 


Der Gilbertit der sächsischen und böhmischen Zinnerzgänge 
ist sonderbarer Weise bisher ein so ziemlich unbekanntes Mi- 
neral geblieben und doch tritt er in ziemlicher Häufigkeit und 
ausgesprochener Selbsiständigkeit auf. Allerdings findet er sich 


795 


nicht in 'messbaren Krystallen, und das ist wohl die Ursache die- 
ser Zurücksetzung. 

Der Gilbertit bildet zwei merklich von einander abweichende 
Varietäten. Die eine von grünlich- bis gelblichweisser Farbe, 
durchscheinend, tritt in derben Partien von dichter bis Krystalli- 
nisch körnigblättriger Structur auf; glas- bis fettglänzend; Härte 
1, spec. Gew. 2,69—2,72. Sie findet sich auf allen Zinnerzgän- 
gen zu Altenberg, Ehrenfriedersdorf, Geyer, Pobershau, Zinnwald 
und Schlaggenwalde. Das Mineral bricht mit Zinnerz, Wolframit, 
‚Molybdänglanz, Flussspath ete. ein; es drängt sich in alle Zwi- 
schenräume der Zinnerz- und Wolframitpartien und lässt sich 
beim Zerschlagen sehr leicht aus den Höhlungen herausnehmen, 
in solchem Falle zeigt es immer glänzende Contactflächen, zu- 
weilen auch Abdrücke der Parallelstreifen des Wolframit; selbst 
als Einschluss in Wolframitkrystallen fand es sich. Es bildet 
Pseudomorphosen nach Topas (Ehrenfriedersdorf, Schlaggenwalde, 
Pobershau). Die Substanz dieser Pseudomorphosen ist bisher in 
der Regel als „Steinmark“ bezeichnet worden und sie hat auch 
wirklich grosse Ähnlichkeit mit manchem Kaolin der Zinnerzgänge, 
namentlich dem Altenberger — welche Vorkommnisse gleichfalls 
als Steinmark oder selbst als Speckstein, des fettigen Anfühlens 
wegen, bezeichnet werden —; während der Kaolın zu Staub pul- 
verisirt werden kann, lässt sich der Gilbertit nur zu kleinen 
Blättchen zerstossen. 

Analysirt wurde eine Abänderung von Ehrenfriedersdorf (a) 
und eine von Pobershau (b): 


a b * 
Kieselsäure . . . 48,96 48,10 
Thonerde . . . . 30,96 32,30 
Eisenoxydul . . . 2,24 3,30 
Kalkerde . . . . 0,26 0,40 
Magnesia,; !. '..-. .44.1,97 1,12 
Kal, u. e.. ae 10,02 
Netron® ... 0.001168 —_ 
NOLTE, re. 2. 1,04 0,81 
Wasser tn, In MIN 4,09 


99,38 100,14. 
Beide Abänderungen enthielten ausserdem Spuren von Man- 
gan. Das bei 100° getrocknete Mineralpulver verlor sein Was- 
ser erst bei hoher Temperatur, wesswegen dasselbe wohl als 


796 


basisches Wasser zu betrachten sein dürfte. Das Mineral schmilzt 
in kleinen Splittern vor dem Löthrohr zur Kugel und färbt die 
Flamme schwach röthlichgelb. 

Die zweite Varietät von lichtgelblichgrüner bis seladon- und 
lauchgrüner Farbe findet sich in kugligen und sternförmigen, con- 
centrischblätirigen Abänderungen, sowie in sechsseitigen tafel- 


‚arligen Krystallen, welche in der Regel kuglig gruppirt sind. 


Glasglänzend, Härte 3, spec. Gewicht 2,82. Man kennt diese 
Abänderung in Pseudomorphosen nach Scheelspath und Apatit. 
Ich fand diesen Gilbertit in rundlichen Nestern mitten in derben 
Eisenspathparlien (von Schlaggenwalde) liegend, so dass es fast 
den Anschein gewann, als sei er durch Umwandlung aus Eisen- 
spath hervorgegangen. H. FıscHer fand den Gilbertit unter dem 
Mikroskop homogen, jedenfalls ist diese krystallisirte Abänderung 
gemeint. Dieser Gilbertit kommt gleichfalls zu Ehrenfriedersdorf, 
Geyer, Pobershau, Zinnwald und Schlaggenwalde vor. Als Be- 
gleiter stellen sich namentlich Apatit, Eisenspath und Nakrit — 
ausser Zinnerz, Wolframit, Flussspath ete. — ein. Zur Analyse 
diente ein Vorkommen von Ehrenfriedersdorf, lichtgrünlichgelbe, 
radialblättrige Partien (c) und ein dergleichen von Schlaggen- 
walde, lauchgrüne, concentrischblättrige Krystallaggregate (d): 


c 
Kieselsäure . . . . .. . 4810 
Thonerde. . . ... © 0 ass 
Bisenoxydul. . . 27.7 7728,10 
Kalkerde 7 HIHI I er 
Magnesia:. . . ns di yReielas 
Kali, 4, Bose zes Eh 
Natron 9.02 .. » .., ‚.AMmerzeen 
Rluor 00.0, © DEU 
Wasser. #..2..% 9. RE B2 

00,54. 


Die Analyse d verunglückte und konnte wegen mangelnden 
Materials nicht wiederholt werden. Es sei jedoch erwähnt, dass 
dieser Gilbertit wohl im Wasser- (4 Proc.) und Kaligehalt (9 
Proc.) mit den vorigen Abänderungen übereinstimmt, jedoch der 
Kieselsäure- (31 Proc.) und Eisenoxydoxydulgehalt (25 Proc.) sehr 
abweichend gefunden wurde. Sobald ich genügendes Material 
von diesem lauchgrünen Gilbertit erlange, soll die Analyse wie- 
derholt werden. 


197 


Der Vergleichung wegen lasse ich die Lenuns’sche Analyse 
des Gilbertit von St. Austel in Cornwall folgen. LeuuNt fand 
spec. Gewicht 2,65 und als Mischung: 


Kieselsäure, ...0...!.0%0.1"45,15 
Ihoperde;. u: sa 40 
Bisenoxydul .. „sum ud 
Kalkerde. ...... 00 0 000 27 
Maonesarn 0. ...%. 1590 
NNASSer tn ıı. SuBILIERTEOT, WI 25 
\ 98,01. 


Dana hält den Gilbertit dieser Analyse zufolge für einen 
unreinen Kaolin. Es ist jedoch eher wahrscheinlich, dass in der 
Leuunt’schen Analyse der Thonerdegehalt zu hoch angegeben und 
der Kaligehalt übersehen wurde. 

Der Gilbertit ist eine selbstständige Species und der Gtim- 
mergruppe angehörig. Die Species „Steinmark“ kann schliesslich 
aufgehoben werden. Was von diesen Vorkommnissen nicht die 
Gilbertit-Zusammensetzung hat, ist entsprechend der Formel Al,O,; 
.2Si0, + 2H,O zusammengesetzt und entweder Nakrit oder Kao- 
lin. ‘Wenigstens lässt sich dies von den sächsischen Vorkomm- 
nissen behaupten. Das Steinmark der Zinnerzgänge, der Erz- 
gänge von Freiberg, Johanngeorgenstadt etc., der Pelosiderite 
(thonigen Sphärosiderite) von Zwickau, Würschnitz etc., des To- 
pasfelses von Auerbach u. s. w. ist alles Nakrit oder Kaolin. Auch 
die amorphen Steinmarkvarietäten Myelin und Carnat haben, wie 
ich Journ. f. pr. Chem. (II) 5. 401, zeigte, die Kaolin-Mischung. 
Gilbertit und Nakrit treten auf Zinnerzgängen gemeinschaftlich 
auf, und es ist dann der Nakrit von jüngerer Entstehung. Gil- 
bertit kommt übrigens nur auf Zinnerzgängen vor, da die Bildung 
desselben an die Mineralien der Zinnerzgänge gebunden zu sein 
scheint. 

Im Anschluss an vorstehende Abhandlung über sächsische 
Mineralien lasse ich noch Mittheilungen über einige nichtsächsi- 
sche Vorkommnisse folgen. 


11. Milarit. 


Kenneort hat bekanntlich die Bestimmung dieses schönen 
Minerals gegeben und dasselbe nach dem angeblichen Fundort, 
dem Val Milar, benannt. Nach einer Notiz Kuscher-KöntLers kommt 


E‘ 


Vs 


198 


jedoch das Mineral nicht im Val Milar, sondern im Val Giuf, nord- 
westlich von Ruäras im Tavetschthal in Graubündten vor. 

Die Krystallform bestimmte Kenseort und HEssEnBERG. Die 
chemische Zusammensetzung konnte von Kenneort (dieses Jahrb. 
1870, 81) nur auf qualitativem: Wege ermittelt werden, wonach 
das Mineral ein Zeolith und zwar ein wasserhaltiges Nairon-Kalk- 
Thonerde-Silicat sein sollte. Kenneorr hat sehr richtig die Be- 
standtheile erkannt, die Vermuthung jedoch, dass das Mineral ein 
zeolithisches sei, bestätigte sich nicht. 

Einem Wunsche des Herrn Geh. Commerzienrath Dr. Fer- 
BER gern folgend, unternahm ich die quantitative Analyse. Herr 
FerBER sendete mir eine kleine Partie des Minerals mit folgen- 
den Worten: 

„Nachdem ich nun schon seit 4 Jahren vergeblich auf eine 
genauere chemische Untersuchung des Milarits Seitens seiner Ent- 
decker gewartet habe, entschliesse ich mich zur Plünderung mei- 
ner Stufe, die ich mit 80 Frances bezahlen musste, sende Ihnen 
hoffentlich ausreichendes Material zu einer quantitativen Analyse 
für meine Rechnung und bitte Sie, das Resultat derselben im 
Neuen Jahrbuch für Mineralogie etc. bekannt zu machen, damit 
eine der mannigfachen Lücken der mineralogischen Lehrbücher 
ausgefülll werden kann,“ 

Ich erhielt ca. 0,9 grm., von welcher Menge ich eine ap- 
proximative Analyse von weniger reinem Material (Chlorit ent- 
haltenden Krystallen), nachstehende Analyse — zu welcher reines 
Material verwendet werden konnte —, sowie die Bestimmung des 
spec. Gewichtes ausführte. Letzteres wurde gefunden zu 2,59 
(Temp. 22% C., angewendete Menge 0,2605 grm.). Die Analyse 
ergab: 


Kieselsäure . .- - ... » „eRL2 
Thonerde, .- u... 22.02.0813 
Kalkerder, ner. 12T 
Natron MIETE, 0907,68 
Wasser .. en Eee 

100,00. 


Das Mineral wurde bei 100° getrocknet, wobei kein Ver- 
lust stattfand. Das Wasser entwich erst bei einer ziemlich hohen 
Temperatur, bei welcher das Pulver zu schmelzen anfing; bei 
einer schwachen, bei Tage eben sichtbaren Rothglühhitze (des 


199 


Platintiegels) blieb das Wasser noch in gebundenem Zustande. 
In Säuren schliesst sich das Mineral nicht auf, es lassen Sich ca. 
4 Proc. ausziehen, während 96 Proc. unlöslich zurückbleiben. Zu 
vorstehender Analyse wurden 0,142 grm. eingewogen. Das Na- 
tron ist aus dem Verlust bestimmt. Die ausgewogene Kiesel- 
säure wurde mit Fluorwasserstoffsäure geprüft und rein befun- 
den. Spectroscopisch konnten andere Alkalien nicht aufgefunden 
werden. 
Es berechnet sich folgendes Sauerstoffverhäliniss: 


Sauerstoff 
SSL 0 BESSERE. ı Un 37,93 
ALO«....,8,45 3,94 
0a... ... 11,97 3,22 
N450°. 461. 1,90) 
0%. Wänpguhgagun it 


Nimmt man das Wasser als basisches an, so erhält man: 
3R,0, 3Ca0, 1A1,0,, 18Si0,. 
Aus diesem Äquivalent-Verhältniss könnte man die Formel 
AL,O, ..68i0, + 3(Ca0 ..28i0, + R,O . 28i0,) 
construiren, 
Der Milarit dürfte nach dieser Zusammensetzung in die 


Nähe des Petalit zu setzen sein. 


12. Tellurwismuth. 


Die Königl. Mineralienniederlage zu Freiberg erhielt un- 
längst mehrere Exemplare eines Minerals von Oravicza im Banat. 
Dieses Mineral sollie Wismuthglanz sein, die sehr lichte Farbe. 
sowie das kurzblälirige Gefüge liessen jedoch vermuthen, dass 
ein anderes Mineral vorliege. Ein Löthrohrversuch ergab denn 
auch sofort Aufschluss, es lag selenhaltiges Tellurwismuth vor. 

Da von Oravicza Tellurwismuth noch unbekannt ist — v. 
ZEPHAROVICH gibt in dem jetzt erschienenen 2, Bande seines Lexi- 
con für Österreich nichts darüber an —, so unternahm ich eine 
nähere Bestimmung. 

Die äusseren Kennzeichen sind ganz übereinstimmend mit 
denjenigen, die man für Tellurwismuth angegeben findet. Kurz- 
blättrige oder körnigblättrige Aggregate, auf der vollkommenen, 
basischen Spaltungsfläche starken Metallglanz. Das Mineral ist 


FE 
Ar 
al | 


800 


in Kalkspath eingewachsen und wird ferner noch von Kupferkies, 
Zinkblende und einem metallischen stahlgrauen Mineral, wahr- 
scheinlich Fahlerz, begleitet. 

Die chemische Zusammensetzung wurde — nach Abzug 
eines unlöslichen Rückstandes (Silicat) — wie folgt gefunden: 


Weamuth ZERTRERETE 35 

Tellur: #4 vet 

Schwefel: u... la 2498 
95 


Das Tellurwismuth von Oravicza hat hiernach mit dem Tel- 
lurwismuth von Schubkau bei Schemnitz gleiche Zusammensetzung. 
Sollte vielleicht Oravicza nur fälschlich als Fundort angegeben 


. worden sein, so sind jedenfalls österreichische Mineralogen in 


der Lage, genaueren Aufschluss geben zu können. Die Ana- 
Iyse wurde in folgender Weise ausgeführt: Nachdem der an- 
hängende Kalkspath durch verdünnte Chlorwasserstoffsäure ent- 
fernt und das Mineralpulver wieder getrocknet war, brachte man 
dasselbe durch Zusatz von Salpetersäure in Lösung; durch wei- 
teren Zusatz von Chlorwasserstoffsäure wurde der ausgeschiedene 
Schwefel vollständig oxydirt und zugleich die Salpetersäure zer- 
stört. Es wurde nun die Schwefelsäure gefällt und der erhaltene 
schwefelsaure Baryt nach dem Glühen mit heisser Chlorwasser- 
stoffsäure behandelt. Im Filtrate fällte man mittelst Schwefel- 
wasserstoff Wismuth und Tellur, und die Schwefelmetalle trennte 
man durch Schwefelammonium. Die Schwefelammoniumlösung 
dampfte man zur Trockniss und nahm den Rückstand mit Königs- 
wasser auf; nachdem die Salpetersäure zerstört war, wurde das 
Tellur mitielst schwefliger Säure ausgefällt. Das Wismuth wurde 
nach vorheriger Oxydation mittelst Salpetersäure und Fällen mit 
kohlensaurem Ammoniak als Wismuthoxyd ausgewogen. Letzteres 
enthielt noch eine geringe Menge Tellur, welches sich aus der 
chlorwasserstoffsauern und mit schwefliger Säure versetzten Lö- 
sung in der Wärme ausschied. Dasselbe wurde mit in Rechnung 
gebracht. Der nur geringe Selengehalt wurde nicht besonders 
ermittelt, 

Es sei noch bemerkt, dass sich Tellur von Wismuth nicht 
durch Fällen des letzteren als basisches Chlorwismuth trennen 
lässt, indem ziemlich viel Tellur mit niederfällt. Dass man ebenso- 


801 


wenig die Trennung durch schweflige Säure bewirken kann, da 
mit dem Tellur nicht wenig Wismuth ausgefällt wird, erfuhr 
schon BERZELIUS. 

13. Kupfermanganerz. 

Aus Chile — ohne nähere Angabe des Fundortes — ge- 
langten grössere Quantitäten Kieselkupfer nach Freiberg. Mit 
diesem Kieselkupfer war Kupfermanganerz vergesellschaftet, zu- 
weilen zeigten sich beide Mineralien verwachsen, selbst innig 
gemengt. 

Das Kupfermanganerz von blaulichschwarzer Farbe und 
schwarzbraunem Strich, spec. Gewicht 2,95 (20°C.) wurde analysirt. 

Es ist a die gefundene chemische Zusammensetzung und b 
dieselbe nach Abzug des unlöslichen Rückstandes: 


a b 
Sanersioff. „.. . , 3,16 6,10 
Kupferoxyd. . . 18,68 22,07 
Kobaltoxydul . . 4,70 5,55 
Manganoxydul . 26,31 31,08 
Eisenoxyd . . . 810 9,57 
Baryterde . . . 055 0,65 
Kalkerde . . .-0,5 0,89 
Magnesia N 02598 2,75 
Wasser ‘. . .... 1940 22,92 
Rückstand . . . 15,60 —_ 


101,58 101,58. 

Möglicherweise ist das Mineral Rıcnter's Pelokonit. KERrSTEN 
hatte den Pelokonit nur qualitativ untersucht und als Bestand- 
theile Kupfer-, Mangan- uud Eisenoxyd, viel Wasser und bei- 
gemengte Kieselsäure angegeben. 


14. Wismuthspath. 

Das Mineral wird aus Mexico centnerweise und zwar in 
ziemlich reinem Zustande geliefert. Es bildet erbsen- bis hasel- 
nussgrosse, graulichweisse und trübe, krystallinische oder dichte 
Aggregate. Interessant sind die in ziemlicher Häufigkeit auf- 
tretenden, bisher nicht bekannten, Pseudomorphosen nach Scheel- 
spath. Diese Pseudokrystalle zeigen theils pyramidalen, theils 
tafelartigen Habitus; die tafelartigen Krystalle sind gewöhnlich 
zu rosettenarligen oder kugligen Gruppen verbunden und undeut- 


lich ausgebildet, dagegen sind die pyramidalen meist sehr gut 
Jahrbuch 1873. 51 


802 


Ei erhalten, scharfkantig und ebenflächig. Die beiden Pyramiden, 


ih P und 2Poo, treten selbstständig auf, letztere ist häufiger; die 
. | frequentesten Combinationen sind 2Pxo .oP und P.oP. An den 
“ tafelartigen Krystallen lassen sich oP, !/,P, sowie auch «P be- 
on obachten. Dieser Wismuthspath zeigte folgende Mischung: 
Ai Wismüthexyd'*. 4: PRERIOMO 
| Kohlensäure .4.,49B8 54 700 
| Schwefelsäure .n..it eın.7027 

Wasser... 5... ee 
N Rückstand: „2... 2...222058 
N 99,47. 


Leider kann der nähere Fundort dieser interessanten Pseu- 


A domorphosen nicht angegeben werden. 
> 


15. Zinn. 


Unter dem Wismuthspath fanden sich einzelne Metallplätt- 
chen, die sich unter dem Hammer ganz duetil und vor dem Löth- 
rohr als reines Zinn erwiesen. Diese Zinnplätichen zeigen ein 
krystallinischkörniges Gefüge. 


Über den jüngeren Gneiss bei Frankenberg in Sachsen. 


Von 


Herrn Carl Naumann. 


(Mit 2 Holzschnitten.) 


$. 1, Der Cunnersdorfer und der Mühlbacher Gneissstock ge- 
hören einer und derselben Bildung an. 

Bekanntlich sind nicht alle Gneisse als die tiefsten und 
ältesten Bausteine der uns zugänglichen Erdkruste, oder als 
gleichzeitige Producte einer und derselben Periode der Urzeit zu 
betrachten. Dass es nun auch in Sachsen, ausser der alten 
Gneissformation, welche den östlichen Theil des Erzgebirges bil- 
det, noch eine obere oder neuere Gneissbildung gibt, dies 
ist eine längst bekannte und anerkannte Thatsache, obgleich solche 
bisweilen ignorirt worden zu sein scheint. Schon Pusc# gedachte 
derselben gelegentlich in seiner Beschreibung des sächsischen 
Weisssteingebirges*; und in den Erläuterungen zu den Sectionen 


* Welche bereits 1819 verfasst worden, aber erst 1826 in den Schrif- 
ten der Gesellschaft für Mineralogie zu Dresden, B. IH, S. 1—153, erschie- 
nen ist; darin werden 8. 33 und 8. 56 die der Grauwacke aufgelagerten 
neueren Gneissbildungen bei Frankenberg und Hainichen besprochen. Be- 
kanntlich wurden später selbst im erzgebirgischen Gneissgebiete ‚durch 
HERRMANN MÜLLER, BERNHARD v. CoTIa und SCHEERER verschiedene Gneiss- 
bildungen nachgewiesen; dass auch der so höchst auffallend gestreckte 
Gneiss der Gegend von Tharand eine neuere und wahrscheinlich eruptive 
Bildung ist, zeigte MüLLer in der Berg- und Hüttenmännischen Zeitung 
von 1864, S. 116 ff.; ähnliche Resultate für andere Regionen Sachsens be- 
richtete er in seinen Abhandlungen über den Glimmertrapp (Neues Jahrb. 
für Min., 1865, S. 1 ff.) und über die Gegend von Schmiedeberg (Beiträge 
zur geogn. Kenntniss des Erzgebirges, II. Heft, 1867). 

Sl 


804 


XIV und XV der geognostischen Karte des Königreiches Sachsen 
ist sie ausführlicher beschrieben worden; auch habe ich den in 
der Gegend von Hainichen, bei Mobendorf und Cunnersdorf auf- 
tretenden Gneissstock in den Erläuterungen zur geognostischen 
Karte der Umgegend von Hainichen (1871, S. 41—47) nach sei- 
nen petrographischen und geotektonischen Verhältnissen zu schil- 
dern versucht, soweit dieselben meiner Beobachtung zugänglich 
waren. Ä 
Der bei Frankenberg liegende Mühlbacher Gneissstock ist 
zwar noch nicht so genau untersucht worden, obgleich er eine 
bedeutendere Ausdehnung besitzt und auch besser aufgeschlossen 
ist, als der Cunnersdorfer Stock; beide zeigen jedoch in ihren 
Verhältnissen eine solche allgemeine Übereinstimmung, dass sie 
als die Producte gleichartiger und gleichzeitiger Bildungsprocesse 
betrachtei werden müssen *. _ Beide liegen über derselben 
Zone der Silurformation, welche sich mit fast gleicher Breite 
zwischen ihnen und dem alten Glimmerschiefer hinzieht; beide 
liegen neben einander in demselben Alignement, so dass der 
eine Stock da beginnt, wo der andere aufhört; und beide wer- 
den unmittelbar von den Conglomeraten der Culmformation be- 
deckt. Es dürfte also die Folgerung ganz gerechtfertigt er- 
scheinen, dass die Ausbildung und Ablagerung. beider Stöcke ge- 
nau zu derselben Zeit und ganz in derselben Weise vollzogen 
worden ist. 

Der Cunnersdorfer Gneissstock lässt zwar seine Gränzen, 
sowohl gegen die silurische Formation im Liegenden, als auch 
gegen die Culmformation im Hangenden ziemlich genau bestim- 
men, weil solche nirgends durch das Rothliegende verdeckt wer- 
den; allein die Verhältnisse seines Contactes gegen die bei- 
den genannten oder auch gegen ältere Formationen sind nirgends 
hinreichend deutlich aufgeschlossen **. Der Mühlbacher Gneiss 


* Die im zweiten Hefte der Erläuterungen zur geogn. Karte von 
Sachsen (1837, S. 353) ausgesprochene Ansicht, dass diese ganze Gneiss- 
bildung in drei an einander gereihte Stöcke zerfalle, habe ich später auf- 
gegeben; es sind wohl nur zwei Stöcke vorhanden. 

** Im Thale der Grossen Striegis sieht man zwar, am Ausgange des 
Schneidgrundes ganz unten am felsigen Gehänge, den Gneiss über der 
Grauwacke in unmittelbarem Contacte und sehr innigem Verbande; allein 


805 


gestattet in dieser leizteren Hinsicht wenigstens einige Beobach- 
tungen. 


$. 2. Begränzung des Mühlbacher Gneissstockes. 


Der Mühlbacher Gneiss ist freilich in seiner Begränzung 
bei. weitem nicht so stetig zu verfolgen, weil ein bedeutender 
Theil desselben von dem Rothliegenden verdeckt wird; dies findet 
besonders in dem nordöstlichen, aber auch in dem südwestlichen 
Drittel seiner :Längen-Ausdehnung statt, wo am linken Ufer der 
Zschopau noch unter dem Rothliegenden die Sandsteine der Stein- 
kohlenformation bis in: die Thalsohle herabtreten. 

Er beginnt im oberen Ende von Berthelsdorf als ein nach 
Nordosten gerichteter stumpfer Keil, der aber sofort unter dem 
Rothliegenden verschwindet, welches sich von dort aus nach Sü- 
den bis an die von Frankenberg kommende Freiberger Chaussee, 
nach Südwesten aber bis dicht vor Frankenberg ausbreitet, und 
nur im unteren Theile des von Dittersbach kommenden Lützen- 
bachthales, sowie nördlich im Küchenwalde bis nach Schloss 
Sachsenburg den Gneiss zu Tage austreten lässt. 

Von Schloss Sachsenburg nach Südosten hin erlangt der 
Gneissstock seine grösste Breite von einer halben Meile; und von 
den untersten Häusern des Dorfes Dittersbach aus nach Süd- 
westen bis Lichtenwalde, Braunsdorf und Niederwiesa ist er der 
Länge nach am weitesten entblösst, indem er nur bei Gunners- 
dorf und von dort aus gegen das Vorwerk Altenhain hin durch 
Rothliegendes und Porphyr bedeckt wird. Von Schloss Lichten- 
walde und von Niederwiesa aus nach Südwesten verschwindet er 
bald gänzlich, theils unter dem Sandsteine der Steinkohlenforma- 
tion, theils unter dem Rothliegenden , aus welchem er nur noch 
ein Mal im Thale des Würschnitzbaches am Fusse des Imsberges 
hervortaucht, wo zugleich seine nordwestliche Gränze durch die 
vor ihm steil aufgerichteten Schichten des Culmconglomerates 


irgend solche Erscheinungen, aus denen auf seine Bildungsweise zu schlies- 
sen wäre, konnte ich dort nicht beobachten; was auch höher hinauf, an 
dem mit Gesteinsblöcken und Vegetation bedeckten Gehänge kaum gelin- 
gen dürfte, weil dort beide, durch die Verwitterung stark gebleichten Ge- 
steine einander äusserlich so ähnlich sind, dass man sie nur im frisch ge- 
schlagenen Bruche unterscheiden kann. 


Pan 


& 


806 


bestimmt wird. Von diesem Punkte noch weiter nach Südwesten 
muss er wohl unter den Thonsteinen des Zeisigwaldes zur Aus- 
keilung gelangen. 

Die Zschopau hat diesen Gneissstock von Niederwiesa über 
Braunsdorf und Lichtenwalde bis nach Ortelsdorf durchbrochen, 
fliesst dann ausserhalb seines Bereiches durch die Frankenberger 
Aue, erreicht aber zwischen Merzdorf und Schloss Sachsenburg 
sein nördliches Ende, welches von ihr abermals schräg durch- 
schnitten worden ist, so dass auf dem linken Ufer noch eine 
schmale Partie stehen blieb, während auf dem rechten Ufer die 
Gneissberge des Küchenwaldes von Schloss Sachsenburg bis an 
die Ausmündung des Lützenbachs reichen. 

Nächst dem Zschopauthale gewähren die Thäler von Alten- 
hain, Mühlbach und das Lützenbachthal unterhalb Dittersbach die 
beste Einsicht in das Innere dieses Gneissstockes, welcher im 
Allgemeinen weit mehr aufgeschlossen ist, als der Cunnersdorfer 
Stock. Die längste und vollkommenste Aufschlusslinie aber liegt 
unstreitig in der fast ununterbrochenen Felsenwand vor, welche 
längs der Eisenbahn, auf dem rechten Ufer der Zschopau zwi- 
schen Braunsdorf und Gunnersdorf entblösst worden ist, und es 
ermöglicht, sowohl das Gestein als auch die Schichtenstellung von 
Schritt zu Schritt zu beobachten. 

Während die nordwestliche Gränze des Mühlbacher Gneis- 
ses, so weit sie der Beobachtung vorliegt, von Berthelsdorf bis 
nach Schloss Sachsenburg einerseits, und von dort bis nach dem 
Imsberge anderseits einen nach Nordwesten vorspringenden stum- 
pfen Winkel bildet, dessen Scheitel unweit der Schlossschenke 
liegt, so verläuft die südöstliche Gränze von dem Gränzpunkte 
an der Freiberger Chaussee über Mühlbach bis nach Niederwiesa 
ziemlich geradlinig. 

B\ 

$. 3. Die Silurformation als Unterlage des Gneisses. 

Längs dieser letzteren Gränze ruht nun der Gneiss +auf den 
Gesteinen der silurischen Formation, welche zwischen ihm und 
dem alten Glimmerschiefer eine bei Mühlbach noch eine Viertel- 
meile breite, aber von dort aus nach Südwesten sich allmählich 
verschmälernde Zone bildet, deren Gesteine zuletzt in Nieder- 
wiesa anstehen, wo sie von den Sandsteinen der Kohlenformation 


80% 


und vom Rothliegenden bedeckt werden, um erst jenseits des 
Chemnitzthales auf der Höhe bei Borna wieder aufzutauchen. 

Auch hier gilt von dieser silurischen Zone dasselbe, wie in 
ihrem anfänglichen Verlaufe von Gross-Voigtsberg bis Langen- 
striegis, dass sie nämlich dem alten Glimmerschiefer keineswegs 
gleichförmig aufgelagert ist. Dies folgt schon daraus, weil die 
obere Gränze des Glimmerschiefers nur hier und da dem Strei- 
chen seiner eigenen Schichten parallel verläuft; von der wirk- 
lichen Discordanz der Lagerung überzeugt man sich aber leicht 
ganz unten im Dorfe Mühlbach, wo es nicht an hinreichenden 
Entblössungen fehlt, um die beiderseitigen Schichtenstellungen mit 
einander vergleichen zu können. 

Eben so wenig, wie für die Silurformation eine concordante 
Auflagerung auf dem alten Schiefergebirge, lässt sich auch für 
den Gneiss eine dergleichen Auflagerung auf der Silurformation 
nachweisen; im Gegentheile liegen genug Beobachtungen vor, 
welche es ausser allen Zweifel stellen, dass beide Formationen 
mit völlig discordanter Lage ihrer beiderseitigen Schichten an 
einander gränzen, 

Da die silurische Formation wohl nur durch eine Empor- 
drängung des angränzenden Glimmerschiefers zu ihrer gegenwär- 
tigen Schichtenstellung gelangt sein kann, so wird die ursprüng- 
liche Architektur derselben mancherlei Störungen erlitten haben, 
durch welche der Nachweis ihrer speciellen Gliederung mehr 
oder weniger erschwert werden muss. In dieser Hinsicht dürfte 
es nicht unzweckmässig sein, über den Verlauf ihrer liegenden 
Gränze oder, was dasselbe ist, über den Verlauf der hangenden 
Gränze des Glimmerschiefers einige berichtigende Bemerkungen 
einzuschalten. 


$. 4 Obere Gränze des Glimmerschiefers. 


Der Verlauf der oberen Gränze des Glimmerschiefers wurde 
in der geognostischen Karte von Sachsen aus älteren Arbeiten 
entnommen; bei einer späteren Revision derselben erkannte ich 
jedoch, dass er einer Berichtigung bedarf. Die Glimmerschiefer- 
gränze läuft nämlich nicht so geradlinig, wie es die Karte zeigt, 
sondern macht ein paar auffallende Biegungen; auch dürfte die 
ihr vorgelegte Thonschieferzone auf einer Verwechslung siluri- 


808 


scher Thonschiefer mit älteren Gesteinen desselben Namens be- 
ruhen. Dennoch ist nicht zu läugnen, dass sich von Hausdorf 
aus gegen Südwesten über den eigentlichen Glimmerschiefer an- 
dere Gesteine einschalten, welche eine besondere Stellung ein- 
nehmen; zu ihnen gehört auch der auf der Karte angegebene 
Kieselschiefer, der wohl richtiger als schieferiger Quarzit zu be- 
zeichnen ist. 

Die folgenden Bemerkungen gewähren eine richtigere Be- 
stimmung der Glimmerschiefergränze, wie ich solche bei Gelegen- 
heit meiner Bearbeitung der geognostischen Karte des Kohlen- 
bassins von Flöha gefunden und später revidirt habe. 

Von dem südlichsten Punkte der Mühlbacher Porphyr- und 
Thonstein-Ablagerung aus läuft die Gränze längs dem Rücken 
des kleinen Joches hin, welches sich ungefähr in der Richtung 
hor. b zwischen dem obersten Anfange des Mühlbacher Thales 
und einer kleinen nördlich vorliegenden Schlucht erstreckt, und 
auf dessen südlichem Abhange bei allen Gehöften Glimmerschie- 
fer zu beobachten ist, während sich auf dem nördlichen Abhange 
nur Kieselschiefer und schwarze Thonschiefer bemerkbar machen. 
Ganz nahe an der Ausspitzung dieses Joches wirft sich aber die 
Gränze plötzlich in nordsüdliche Richtung, so dass sie mit der 
vorigen einen Winkel von etwa 110° bildet; der Wendepunkt 
liegt bei dem Mundloche eines alten, in das nördliche Thalgehänge 
getriebenen Stollens, dessen Eingang von den Bewohnern des 
Hauses No. 15 als Keller benutzt wird. In dieser neuen Richtung 
lässt sich nun die Gränze südwärts bis auf die Höhe zwischen 
Mühlbach und Hausdorf verfolgen, wo östlich von ihr Glimmer- 
schiefer, westlich aber Wetzschiefer und Kieselschiefer in flachen 
Kuppen aufragen. 

Von dieser Höhe aus wird der Verlauf der Gränze etwas 
unsicher, weil der fast ununterbrochen mit Feldern bedeckte Ab- 
hang gegen Hausdorf nur sehr wenige Gesteins-Entblössungen 
darbietet. Berücksichtigt man jedoch die in Hausdorf selbst an- 
zustellenden Beobachtungen, so ergibt sich, dass die Gränze des 
Glimmerschiefers auf jener Höhe, unweit eines alten im Gebüsche 
versteckten Steinbruches eine Wendung nach Südwesten macht, 
sich in die oberhalb des siebenten Gehöftes einfallende kleine 
Schlucht wirft, dann auf eine kurze Strecke dem Hausdorfer 


809 


Thale folgt, und endlich weiter nach Südwesten bis hinauf in den 
Flöher Wald fortzieht, wo sie unter den Gesteinen des dortigen 
Steinkohlenbassins verschwindet. 


Im unteren Ende von Hausdorf treten, wie bereits erwähnt, 
über dem Glimmerschiefer andere Gesteine aul, welche, obgleich 
petrographisch verschieden, doch noch dem alten Schiefergebirge 
anzugehören scheinen. 


Im Ausgange der am rechten Gehänge des Hausdorfer 
Thales einfallenden Gränzschlucht steht linker Hand noch ausge- 
zeichneter Glimmerschiefer an, während rechter Hand ein, aus 
dünnen. grauen Quarzlinsen und dazwischen eingeschalteten gelb- 
lichgrauen Glimmer-Membranen* bestehendes Gestein folgt, wel- 
ches auch einzelne Orthoklaskörner enthält, ohne jedoch wirk- 
licher Gneiss zu sein. Dieses meist feinflaserige Gestein wech- 
selt mit dunkelgrauen Schiefern von ähnlicher Zusammensetzung, 
fällt in einem dem sechsten Gehöfte gegenüberliegenden Stein- 
bruche 30° in Nord, und ist von dort aus am Bergwege hinauf 
weit zu verfolgen, wo es zuletzt 30° in Nordwest einschiesst. 


Auf der linken Seite des Hausdorfer Thales wird der cha- 
rakteristische Glimmerschiefer von einem schieferigen Quarzite 
überlagert, welcher wohl noch zu derselben alten Formation zu 
rechnen ist. Derselbe besteht wesentlich aus hellgrauem fein- 
körnigem Quarze und aus weissem, blaulichgrauem bis indig- 
blauem Glimmer; der Quarz bildet dünne Lagen, zwischen denen 

der Glimmer in glänzenden mikrokrystallinischen Membranen 
stetig ausgebreitet ist; die Schichtungs- und Spaltungsflächen des 
Gesteins erscheinen striemig , weiss und blau gestreift oder ge- 
flammt, und ausserdem durch Eisenoxydhydrat gelb und braun 
gefleckt. Dieser Quarzschiefer ist bei Hausdorf in ein paar Stein- 
brüchen sehr gut aufgeschlossen, in deren ersterem er hor. 3 
streicht und 30° in Nordwest fällt, während er in dem zweiten 
20° in Nord einschiesst, was auf eine Wendung der Schichten 
verweist. Dasselbe Gestein ist auch am Hausdorfer Fahrwege 


* Unter Glimmer-Membranen verstehe ich stetig ausgedehnte, aus 
vielen Glimmerschuppen gewebte Häute; zum Unterschiede von Glimmer- 
Lamellen, welche nur aus einem, grossen oder kleinen tafelartigen In- 
dividuo bestehen. 


810 


vor dem dritten Gehöfte, sowie gegenüber am rechten Gehänge 
in dem krummen nach Mühlbach führenden Feldwege zu beobach- 
ten. Ebenso ist es auch an dem, vom ersten Gehöfte nach Sü- 
den hinaufführenden Feldwege (dem sog. Hofewege), von dessen 
zweiter Biegung an im Feldboden reichlich ausgewühlt, ganz be- 
sonders aber im Flöher Walde durch zahllose Fragmente ange- 
zeigt, bis es endlich von den Gesteinen der Kohlenformation be- 
deckt wird. Sonach bildet dieser Quarzschiefer vom unteren 
Ende Hausdorfs an bis in den Flöher Wald eine stetige Zone 
zwischen dem Glimimerschiefer und der silurischen Formation. 


$. 5. Der Gneiss liegt discordant auf der Silurformation. 


Die liegende oder untere Gränzlinie des Gneisses verläuft 
allerdings ziemlich geradlinig von Nordosten nach Südwesten, wie 
dies auch auf der geognostischen Karte richtig dargestellt ist: 
dabei zeigen seine Schichten nahe an der Gränze ein derselben 
paralleles Streichen mit nordwestlichem Fallen, wie sich sowohl 
im Mühlbacher Thale, als auch im Zschopauthale beobachten lässt. 
Dass aber dem geradlinigen Verlaufe der liegenden Gneissgränze 
keineswegs eine gleichförmige Lage der oberen silurischen 
Schichten entspricht, dies folgt schon daraus, weil an verschie- 
denen Punkten der Gneissgränze oftmals ganz verschiedene Ge- 
steine vorkommen; die völlige Discordanz der beiderseitigen 
Schichten wird aber auch dadurch bestätigt. dass sie meist un- 
mittelbar an der Gränze eine ganz verschiedene Lage haben. 

Am rechten Ufer der Zschopau z. B.. von der Braunsdorfer 
Streichgarnspinnerei thalaufwärts streichen die dort verticalen 
Gneissschichten hor. 3; am Wehre des zu derselben Spinnerei 
gehörigen Grabens zeigen sie das Streichen hor. 3,9, bei 70° 
nordwestlichem Fallen; dieses Streichen setzt nun bis an die 
durch etwas Grünstein bezeichnete Gränzschlucht fort, während 
das Fallen allmählich bis 40 und 30° abnimmt. Es folgt nun 
zunächst etwas körnige ungeschichtete Grauwacke, und dann bis 
zur nächsten Schlucht ein System weicher, theils dunkelgrauer, 
theils schwarzer Schiefer, deren stark gewundene Schichten im 
Mittel hor. {—8 streichen und 30--70° in Nord fallen. 

Ähnliche Discordanzen der Lagerung finden sich auch im 
Mühlbacher Thale. Auf dem linken Gehänge streicht der Gneiss 


811 


beständig hor. 3—4, und fallt dicht an der Gränze 70°, weiter 
einwärts 40—45° in Nordwest, während in einem unweit der 
Gränze liegenden Wetzschieferbruche die hor. 5 streichenden 
Schichten 20° in Südost fallen, in einem Kieselschieferbruche am 
Hausdorfer Wege aber die äusserst gewundenen Schichten zwi- 
schen Ahor. 7 und hor. 12 streichen, und nach Norden und We- 
sten 30—60° einschiessen. 

Diese wenigen Beobachtungen beweisen schon, dass an eine 
eoncordante Lagerung der Silurformation und des Gneisses 
nicht zu denken ist, weshalb denn auch dieser letztere nicht 
füglich als die metamorphosirte oberste Abtheilung der ersteren 
gedeutet werden kann; wie denn überhaupt die Idee des Meta- 
morphismus zur Erklärung dieser Gneissbildung durchaus nicht 
geeignet erscheint. 


$. 6. Petrographische Beschaffenheit des Mühlbacher Gneiss- 
stockes. 


Was die petrographische Beschaffenheit des Mühlbacher 
Gneissstockes betrifft, so finden wir allerdings ganz vorwaltend 
Gneiss in mancherlei Varietäten, bisweilen aber auch Glim- 
merschiefer, im genauesten und regelmässigen Verbande mit 
dem Gneisse *, endlich selten Grünsteine, von denen es viel- 
leicht noch problematisch ist, ob sie dem Gneisse wesentlich an- 
gehören, oder erst später in seinem Gebiete hervorgetreten sind. 


Feinflaseriger Gneiss ist im Allgemeinen vorherrschend, und 
ganz gewöhnlich mit einer mehr oder weniger deutlichen Stre- 
ckung versehen, welches Structur-Verhältniss wohl eine grös- 
sere Bedeutung haben dürfte, als man gewöhnlich zu glauben 
scheint. Man braucht nur, vom Frankenberger Bahnhofe kom- 
mend, den ehemaligen Anfang des Mühlbacher Weges aufzu- 
suchen, um einen kleinen Steinbruch zu finden, in welchem die 
unter 45° nach Nord einfallenden Schichten sehr vollkommen ge- 
streckt sind; die Streckungslinien steigen in der Ebene der 
Schichten etwa 8° gegen Osten auf. In vielen anderen Stein- 
brüchen und an sonstigen anstehenden Gesteinsmassen wiederholt 


* Wohl zu unterscheiden von jenen Vorkommnissen, wo der Glimmer- 
schiefer in grossen Schollen vom Gneisse umschlossen wird. 


a 


2 
3 


812 


sich die Erscheinung bald mehr bald weniger deutlich; ja bis- 
weilen ist die Streckung so durchgreifend ausgebildet, dass durch 
sie die Schichtung ganz undeutlich wird, wie z. B. in dem Stein- 
bruche, welcher an dem vom Unter-Mühlbacher Gasthofe aus- 
gehenden Feldwege (dem sog. Viehwege) dicht an der Gränze 
der Silurformation liegt; dort ist’der Gneiss dermaassen gestreckt, 
dass man nur mit Mühe zu erkennen vermag, wie seine Schich- 
ten 70° in Nordwest fallen. 

Es kommen aber auch ziemlich grobflaserige Varietäten vor, 
denen bis haselnussgrosse Feldspathkörner eingesprengt sind, wie 
z.. B. in. dem grossen Steinbruche zwischen Frankenberg und 
Sachsenburg, oder in dem oberhalb der Eisenbahnbrücke im Ham- 
mergrunde ‚gelegenen Steinbruche, wo, die Feldspathkörner he 
Grösse einer Wallnuss erreichen. 

Glimmerschiefer ist mehrfach vorhanden; so namentlich in 
grosser Mächtigkeit eine quarzarme dunkelgraue Varietät an der 
Eisenbahn, zwischen dem Tunnel und dem Porphyr-Steinbruche; 
eine sehr ausgezeichnete. durch grosse silberweisse Glimmer- 


lamellen grobschuppige, übrigens sehr quarzreiche Varietät findet 


sich gleichfalls am rechten Ufer der Zschopau, oberhalb der 
Braunsdorfer Mühle. Im Dorfe Mühlbach gränzt ganz unten im 
Thale an die Gesteine der Silurformation Glimmerschiefer, wel- 
cher an einer Stelle hor. 5 streicht und 80° in Nordwest fällt, 
während oben auf der Höhe des linken Gehänges. ausgezeichne- 
ter Gneiss ansteht. Auch im Lützenbachthale tritt am rechten 
Gehänge, unterhalb des Rothen Berges, auf ein paar hundert 
Schritt weit Glimmerschiefer unter dem Gneisse hervor. 

Körniger, braun verwitternder Diabas erscheint mitten im 
Gebiete des Gneisses am rechten Gehänge des Mühlbacher “Tha- 
les, gleich unterhalb des von Frankenberg eintreffenden Com- 
municationsweges. Dicht oberhalb .der Braunsdorfer Mühle steht 
am rechten Ufer der Zschopau dichter Grünstein an, dessen 
Schichten .hor. 3—4 vertical streichen; und so findet sich der- 
gleichen noch an anderen Punkten. 


$. 7. Profil des Gneisses am rechten Ufer der Zschopau. 


Da das rechte Ufer der Zschopau, von der Finkenmühle bei 
Flöha über Braunsdorf bis an den Porphyrbruch oberhalb Gun- 


813 


nersdorf, ein fast vollständiges Profil * des Mühlbacher Gneiss- 
stockes gewährt, so dürfte eine kurze Beschreibung dieses Durch- 
schnittes zweckmässig sein. 


Von der unweit der Finkenmühle liegenden Gränzschlucht, 
in deren Ausgange zwischen den Gesteinen der Silurformation 
und des Gneissstockes etwas Grünstein eingeschoben ist **, steigt 
der Weg aufwärts über Gneiss, welcher da, wo sich der Weg 
wieder abwärts neigt, 30° in Nordwest einfällt; bald erreicht man 
einen Steinbruch, in welchem die kor. 3,5 streichenden Schichten 
30—40° nach derselben Weltgegend einschiessen. Allein kurz 
oberhalb des Wehres der Braunsdorfer Spinnerei befindet sich 
ein zweiter Steinbruch, welcher Gneissschichten von ganz ver- 
worrener Gestalt und Lage zeigt, zwischen denen man an einer 
Stelle das Streichen hor. 3 mit verticaler Stellung zu beobachten 
glaubt; dicht bei dem Wehre lässt ein dritter Steinbruch das 
Streichen hor. 3,9 mit 70° Neigung in Nordwest erkennen. Bis 
hierher streichen also die Schichten des Gneisses im Allgeineinen 
seiner Gränze parallel, welche fast genau in der Richtung hor. 4 
durch das Thal setzt ***; wo eine Streckung zu beobachten ist, 
da verlaufen die Streckungslinien auf den Schichten horizontal 
oder nur wenig nach Nordosten aufsteigend. Weiterhin trifft man 
feinkörnigen Gneiss, dessen verticale Schichten’ hor. 3 streichen, 
und unmittelbar bei der Spinnerei liegt ein Steinbruch, in wel- 
chem ein mit weissem Glimmer versehener Gneiss genau dieselbe 
Lage hat. Oberhalb der Braunsdorfer Mühle erreicht man einen 
Steinbruch, wo quarzreicher, durch grosse silberweisse Glimmer- 
lamellen ausgezeichneter Glimmerschiefer gleichfalls in verticalen 
Schiehten ansteht, welche hor. 5 streichen, während diejenigen 


* Denn gleich hinter diesem Porphyrbruche, bei dem dortigen Bahn- 
wärterhäuschen, wird eine Grube in Granitschutt betrieben, welcher dem 
Granitconglomerate der Culmformation angehört; vergl. meine Erläute- 
rung zu der geogn. Karte der Umgegend von Hainichen, S. 65 ff. 

** Auch gegenüber auf dem linken Ufer der Zschopau steht zwischen 
dem Gneisse und den silurischen Schiefern Diabas an, welcher dicht neben 
der Eisenbahn sehr gut zu beobachten ist, wo er einen kleinen Felsen 
bildet. 

*** So verhält es sich auch auf dem linken Ufer der Zschopau, wo in 
dem an der Eisenbahn liegenden Steinbruche die Schichten hor. 4 strei- 
chen, und 45—50° NW. fallen. 


814 


des unmittelbar darauf folgenden Grünsteins in hor. 3—4 ge- 
richtet. sind. 

Am Wege von der Mühle bis zum Braunsdorfer Bahnhofe 
ist nichts zu beobachten. Die auf einem langen Viaducte durch 
die Wiesen herankommende Eisenbahn zieht sich vom Bahnhofe 
aus anfangs auf sanftem Feldabhange, bald aber am unteren Rande 
des steilen felsigen Gehänges auf einem Damme hin, zwischen 
welchem und dem oft frisch. abgetriebenen Gehänge ein Graben 
fortläuft, von welchem aus man das anstehende Gestein ziemlich 
bequem beobachten kann. 


$. 8. Fortsetzung. 


Nicht weit vom Bahnhofe steigt rechts an der Bahn eine 
Gneissklippe auf, deren feinkörniges, festes und sehr undulirtes 
Gestein ungefähr hor. 3 streicht, und 30— 50° in Ost fällt; bald 
folgt gegenüber auf der linken Seite der Bahn ein ähnlicher 
Gneiss, welcher von rothen Feldspathadern durchzogen ist, auch 
mit glimmerschieferähnlichen Schichten wechselt; seine Schichten 
streichen hor. 5, und fallen 60° in Südost. Wo die Bahn dicht 
an die Zschopau herankommt, da steht links etwa auf 30 Schritt 
weit Glimmerschiefer an; allein der Lichtenwalder Mühle gegen- 
über beginnt das steile Felsengehänge mit ausgezeichnetem 
Gneisse, welcher anfangs hor. 6 streicht und 70° in Süd fällt; 
zwar beobachtet man auch einmal verticale hor. 9 streichende 
Schichtenstellung, allein dies ist nur ganz local, denn weiterhin 
ist derselbe graue, körnigflaserige Gneiss ununterbrochen über 
die erste und bis an die zweite Schlucht zu verfolgen, immer 
kor, 4 streichend und erst 45°, dann 60 und 70° in Südost 
fallend. 

In der erwähnten zweiten Schlucht beginnt ein sehr eben- 
flächiger, plattenförmig geschichteter, compacter, brauner Glimmer- 
schiefer * (str. hor. 6, f. 80° in Süd), auf welchen ein hartes, 
schwer zersprengbares, körnig-splitteriges, durch viele weisse, 
gelbliche oder lichtbraune Glimmerschuppen und sparsame Granat- 
körner ausgezeichnetes Gestein folgt (str. hor. 5,5, f. 60--70° 


* Glimmer und zersetzter Feldspath scheinen diess Gestein wesent- 
lich zu bilden, Quarz dürfte gänzlich fehlen. 


815 


in Nord), bis endlich vor dem Ausgange des Altenhainer Thales 
ein unbeschreiblich wild durch einander gewundener, man möchte 
fast sagen gequirlter, von rothen gekräuselten Feldspathadern 
durchschwärmter Gneiss ansteht, dessen Schichtenlage zu erken- 
nen ganz unmöglich ist. 


Am Eingange des Tunnels findet sich ein feiner wohlge- 
schichteter Gneiss, welcher hor. 3 streicht, unten 70—80°, oben 
über dem Tunnelgewölbe nur 40— 60° in Südost fällt; auch der 
'Tunnelfelsen (oder Haustein) zeigt bis hinauf an Körner’s Denk- 
mal nur festen feinflaserigen Gneiss. Am nördlichen Ausgang e 
des Tunnels steht anfangs Glimmerschiefer, dann aber etwas 
Gneiss an, welche beide 50° in hor. 11—12 Nord fallen; doch 
wird der Glimmerschiefer bald vorwaltend, als ein feinschuppiger, 
compacter, schwärzlich- bis dunkel blaulich-grauer, auf Spaltungs- 
flächen halbmetallisch glänzender Schiefer, dessen Schichten äus- 
serst stark gewunden und gestaucht sind, dennoch aber im Mit- 
tel hor. 5 streichen, und 70--80° in Nord einschiessen, ja bis- 
weilen fast senkrecht an den Felswänden hinaufsteigen. Weiter- 
hin gegen den Porphyrbruch folgt wieder Gneiss, dessen Strei- 
chen sich, bei stets nördlichem Fallen, aus kor. 5 allmählich 
durch hor. 6 bis in hor. 7. wendet. 


Von hier aus ist der Gneiss im Zschopauthale selbst nicht 
mehr sichtbar, bis er nördlich von Frankenberg im Ausgange des 
Lützenbachthales wieder an die Thalaue heraustritt, und von dort 
an bis zum Schlosse Sachsenburg das steile rechte Thalgehänge 
bildet. 


In dem kleinen Thale des Dorfes Altenhain, sowie in der 
von dem dortigen Vorwerke herabkommenden Parallelschlucht ist 
der Gneiss zwar vorhanden, doch nicht gerade bedeutend aufge- 
schlossen. Wohl aber ist dies der Fall im Mühlbacher Thale, 
von der Einmündung des Hammergrundes bis an die obere Gränze 
der Silurformation, wo ein vollständiger Durchschnitt des Gneiss- 
stockes vorliegt. Auch das Lützenbachthal gewährt von dem un- 
tersten Hause des Dorfes Dittersbach bis an seinen Ausgang 
einen, nur ein Mal zwischen dem Hopfenberge und Rothen- 
berge durch etwas Rothliegendes-unterbrochenen Aufschluss des 
Gneisses. 


N 


816 


$. 9. Goneiss zwischen Frankenberg und Sachsenburg. 


Während uns die bisher geschilderten Verhältnisse des 
Mühlbacher Gneissstockes lehren, dass er nach der Silurforma- 
tion abgelagert worden sein muss, so gewähren sie uns über 
seine eigentliche Bildungsweise noch keinen Aufschluss. In 
der Nähe von Schloss Sachsenburg kommen jedoch Erscheinungen 
vor, welche vielleicht geeignet sein dürften, uns auch über die 
Genesis dieses Gneisses einen Wink zu geben. 

Dahin gehören die merkwürdigen Verknüpfungen zwischen 
Gneiss und Glimmerschiefer im Aufwege nach dem Sachsen- 
burger Schlosse, welche ich vor 40 Jahren deutlich zu beobach- 
ten Gelegenheit fand, weil nicht lange vorher die Böschung auf 
der Bergseite dieses Weges frisch abgetrieben worden war. Zwar 
sind diese Erscheinungen zum Theil schon im zweiten Hefte der 
geognostischen Beschreibung des Königreichs Sachsen (1838, 
S. 354) erwähnt worden; da jedoch seit jener Zeit die Verwit- 
terung, die Schwerkraft und Regengüsse, besonders auch die 
Vegetation wesentlich dazu beigetragen haben, sie unscheinbar zu 
machen, so glaube ich, die damals von mir aufgezeichneten Be- 
obachtungen hier im Detail mitiheilen zu dürfen, um auch späte- 
ren Beobachtern ein Anhalten zu bieten. 

Vorher mag jedoch die Beschreibung des dicht neben der 
Strasse von Frankenberg nach Sachsenburg liegenden fiscalischen 
Steinbruchs eingeschaltet werden, an welchen sich jene Beobach- 
tungen unmittelbar anschliessen; denn gleich am Eingange dieses 
Steinbruchs geht von jener Strasse der Aufweg nach dem Schlosse 
ab; in seinem oberen Theile aber wurde durch einen vor wenig 
Jahren erfolgten Bergsturz eine interessante Verknüpfung von 
Gneiss und Glimmerschiefer sehr deutlich und in grossem Maass- 
stabe aufgedeckt, welche mit denen am Aufwege nach dem 
Schlosse beobachteten Erscheinungen recht wohl im Einklange 
steht. | 


$. 10. Erscheinungen im Steinbruche. 


Am nördlichen Ende des Steinbruchs. befindet sich neben 
dem Wege eine als Zuflucht für die Steinbrecher aus Steinen 
erbaute kleine Hütte; dicht vor ihr steht der Gneiss noch an mit 
fast horizontalen Schichten und einer in hor. 3 gerichteten 


817 


Nach Abzug des beigemengten Eisenoxydes und der Kiesel- 
säure, sowie Hinzurechnung des Nickeloxydul zum Kobaltoxydul 
und Berechnung der übrigen Bestandtheile auf die Summe 100, 
erhält man: 


berechnet gefunden 

40.000. . ı . 8040,0 33,77 33,10 
10,010, 12704 14,11 13,89 
8 60,05 .%..©.:1008,0 11,20 10,86 
44,0 4,97 5,62 
2AS0,...: ..; 920,0 10,22 10,83 
2 000, ..... 1056,0 11,73 10,90 
ZuarEOr° *, . 10600.° ....14.00 14,80 
9002,4 100,08 100,00" 


woraus sich die Formel 8(5C00.2C0O, + 4H,0) + 6(C0,0,.H,0) 
-+ 8(2Cu0 . CO, + H,0) + 4c2Ca0 . As,0, + 6H,O) ableiten 
lässt. Nach vorstehender Formel wäre also das Mineral ein in- 
niges Gemenge von 8 Atomen zweifünftelkohlensaurem Kobalt- 
oxydul, 6 Atomen Kobaltoxydhydrat, 8 Atomen halbkohlensaurem 
Kupferoxyd (Malachit) und 4 Atomen halbarsensaurer Kalkerde 
(Pharmakolith). Verdünnte Essigsäure zieht aus dem pulverisir- 
ten Mineral vorzugsweise Arsensäure und Kalkerde aus, und da 
diese beiden Körper in stöchiometrischem Verhältniss zu einan- 
der vorhanden sind, so darf man sie als zusammengehörig be- 
trachten. Vielleicht ist das Mineral durch allmähliche Zersetzung 
von arsensaurem Kobaltoxydulhydrat (Kobaltblüthe) durch kohlen- 
saure Kalkerde-haltige Wässer in der unmittelbaren Nähe eines 
kupferhaltigen Minerals — vielleicht des Malachits — entstanden. 
Es bildete sich dabei kohlensaures Kobaltoxydul, welches nach 
und nach höher oxydirte, und arsensaure Kalkerde, von der im 
Laufe der Zeit ein Theil wieder ausgelaugt wurde. Das künst- 
lich dargestellte kohlensaure Kobaltoxydul von schmutzig viol- 
blauer Farbe ändert sich, namentlich in der Pulverform, alsbald 
in ein Gemenge von demselben und Kobaltoxydhydrat um und 
wird dann dunkelbraun. Im Spectroscop ergaben sich Spuren 
von Kali und Natron, so unbedeutend, dass sie nicht ausgewogen 
werden konnten. Zur Analyse wurden nur Stücke verwendet, 
welche glänzend waren und schönen muschligen Bruch zeigten. 
An einem später erhaltenen Stück fanden sich wirklich kleine 
Partien von Kobaltblüthe und Malachit, und dieser Umstand rief 
Jahrbuch 1872. 52 


kunt u) 


818 


mir in das Gedächtniss zurück, dass ein solch schwarzes Mineral 
mit denselben Begleitern auch auf den Gruben im Rothenberge 
bei Saalfeld vorgekommen. In der That erwies sich auch dieses 
Mineral als Winklerit; zu Saalfeld kommen also drei ähnliche 
Porodine, Kupfermanganerz, Lithiophorit und Winklerit vor. 

Der Winklerit ist amorph und tritt in derben Massen von 
muschligem Bruche und geringem Glanze auf; zeigt blaulich- 
schwarze bis sammetschwarze Farbe und dunkelbraunen Strich. 
Mild. Härte 3, spec. Gewicht 3,432. Im Glaskölbchen gibt er 
Wasser aus; auf Kohle decrepelirt er, verändert sich aber sonst 
nicht; in der Pincette ist er unschmelzbar und färbt die Flamme 
grün. Mit Borax und Phosphorsalz erhält man Kobaltgläser. Mit 
Chlorwasserstoffsäure befeuchtet, braust er auf und die chlor- 
wasserstoffsaure Lösung, entwickelt beim Erwärmen Chlorgas. 


Rothnickelkies. 


Aufder Grube Telhadella bei Albergharia velha in Portugal kommt 
gangweise mit Bleiglanz und Kupferkies ein Rothnickelkies vor, 
der in den äusseren Kennzeichen einige Abweichungen und bei 
der chemischen Untersuchung einen ungewöhnlich hohen Schwe- 
felgehalt ergab. Ich erhielt das Mineral durch meinen Sohn, den 
Ingenieur HERRMANN Breimmaupr, und liess es durch Dr. WinkLer 
analysiren, welcher folgende Zusammensetzung fand: 


Nickel . . . 42,41 
Eisen. ....... E40 
Arsen . . .. 5008 
Schwetel 3:85 
Quarz”. 229 165 

100,09. 


Das Mineral enthält nur Spuren von Kobalt und gar kein 


‘Kupfer. Von den schwefelhaltigen Rothnickelkiesen unterscheidet 


sich dieser portugiesische in auffallender Weise; während nämlich 
die Rothnickelkiese mit dem höchsten Schwefelgehalt in dem Glas- 
kölbchen Nichts oder nur eine Spur arsenige Säure abgeben, gibt 
unser portugiesischer Rothnickelkies ein starkes Sublimat von 
Schwefelarsen. Der Schwefelgehalt rührt jedoch nur von einer 
Beimengung her; in kleinen Drüschen, deren der Kies sehr viel 
enthält, sieht man nämlich neben der Quarzauskleidung zahllose 


819 


Härchen von Gelbnickelkies (Millerit), und man hat wohl anzu- 
nehmen, dass auch der derbe Rothnickelkies Beimengungen von 
Gelbnickelkies enthält, wodurch eben auch die Farbe eine lichtere 
geworden ist; zudem ist der Schwefelgehalt ein veränderlicher, 
denn andere Proben ergaben sogar 9.bis 6 Procent. Wahrschein- 
lich finden sich auf der Lagerstätte auch grössere Partien Gelb- 
nickelkies; übrigens ist es wohl das erste Mal, dass ein Zusam- 
menvorkommen von Roth- und Gelbnickelkies beobachtet wurde. 
Der Rothnickelkies ist in grosser Menge — nur derb — vorge- 
kommen, zeigt eine sehr blasskupferrothe bis röthlichweisse Farbe 
und hat das spec. Gewicht 7,30 —7,39. 


Peganit. 


Zu Nobrya bei Albergharia velha in Portugal wurde im Jahre 
1870 als Neubildung ein Thonerdehydrophosphat beobachtet. Das- 
selbe kam derb von feinkörniger Structur und kleintraubig vor; 
Farbe weiss bis grünlichweiss. In Drusenräumen fanden sich 
zahlreiche, kleine, wasserhelle Krystalle, die unter der Loupe als 
rhombische Säulchen mit der Basisfläche erkannt werden konnten. 
Spec. Gewicht 2,46. Zwei Analysen, vom Chemiker LicHTEnBER- 
GER in Dresden und von FrEnzeı ausgeführt, ergaben folgende Zu- 
sammensetzung: 


Thonerde . . . 38,90 39,62 
Phosphorsäure . 36,14 34,33 
Wasser... .... 23,14 23,53 
Kupferoxyd . . 0,64 0,83 
Baryterde. . . '0,43 0,39 

99,25 98,70. 


Zu den Analysen dienten derbe Stücke, von den Kryställchen 
konnte leider nicht genug Material zu einer Analyse gesammelt 
werden. Nach dieser Zusammensetzung steht das Mineral dem 
Peganit am nächsten und wurde dann von Prof. Weıssach auch 
als Peganit -— durch beigemengten Wavellit verunreinigt — er- 
kannt. Vor dem Löthrohre verhält es sich wie folgt: unschmelz- 
bar, die Flamme grün färbend, dabei die Farbe nicht verändernd, 
wie reiner Peganit; mit Kobaltsolution geglüht, blau; im Kölbchen 


wenig Wasser gebend; in Säuren leicht löslich. 
52 * 


j 


820 


Zinner2z. 
Von Monte Feital, Sierra d’Estrella in Portugal analysirte 


Dr. Winkter Zinnerz, von niedrigem spec. Gewicht. Naeh Abzug 
einer Quarz-Beimengueg wurde als Inhalt gefunden: 


Zinnoxyd, "72. .2...291.92 
Eisenoxyd°'."..ı...... 8,08 
100,00, 


Das Zinnerz tritt derb und krystallisirt in den bekannten 
Zwillingen auf. 
Snarumit. 
Das von mir als Snarumit * aufgeführte Mineral von Snarum 
in Norwegen enthält nach einer Analyse LicHTENBERGER'S: 


Kieselsäure . . . 67,42 
Thonerde‘?. 2720872891 
Eisenoxyd . . . . 0,42 
Manganoxyd....).:. „1018 
Kalkerde ......2:.....2004 
Natron, » 040... 0098 
Lithion. =... 2.2 0002019 
Glühverlust*'" „72 #023 

99,78. 


Hiernach ist das Mineral Spodumen, mit dem es auch im 
Löthrohrverhalten übereinstimmen soll; in den äusseren Kenn- 
zeichen findet jedoch eine Übereinstimmung mit Spodumen nicht statt. 


* Min. Stud. 45. 


beiträge zur Mikromineralogie 


von 


Herrn Dr, v. Lasaulx. 


Metamorphische Erscheinungen *. 


Wohl nicht mit Unrecht ist verschiedentlich darauf hinge- 
wiesen worden, dass die mikroskopische Untersuchung der sog. 
metamorphischen Gesteine vielleicht manche für die Genesis dieser 
in vielen Fällen noch unerklärten Bildungen werthvolle Einzel- 
heiten ergeben möge. Die Beobachtung von Dünnschliffen kry- 
stallinischer erupliver Gesteine (Granite, Trachyte, Dolerite u. A.) 
hat gezeigt, wie deutlich sich die Anfänge und ersten Spuren 
beginnender Mineralzersetzung wahrnehmen lassen. So ist man 
denn auch bei der Untersuchung der sog. metamorphischen Ge- 
steine, die das Resultat eingreifender, das ganze Gestein in sei- 
nen einzelnen Mineralbestandtheilen erfassenden Umwandlungs- 
und Zersetzungsprocesse sein sollen, berechtigt, die Spuren sol- 
cher Vorgänge zu suchen und zu finden. Es hat denn auch 
schon Sorsey einige Glimmerschiefer untersucht und darans die 
Ansicht gewonnen, dass dieselben durch einen wässrigen Zer- 
setzungs- und Krystallisationsprocess bei hoher Temperatur aus 
Thonschiefer umgebildet wurden; an einer andern Stelle zeigt er, 
wie magnesiahaltiger Kalkstein durch Metamorphose umgebildet 
worden. Seine Ansichten stützen sich im Wesentlichen auf die 


* Der Verfasser hat auf unsere Bitte gestattet, dass dieser Abschnitt 
seiner in „PoGGENDoRFF’s Annalen“ enthaltenen Abhandlung auch im Jahr- 
buch Aufnahme finde. Die Red. 


822 


Spuren mechanischer Vorgänge, die ihm seine Untersuchungen 
boten; die Erscheinungen des ripple drift sind ihm die Anzeigen 
der Umbildung aus ursprünglich sedimentären Gesteinen *. Ein 
grösseres Gewicht aber als auf solche Structurverhältnisse, scheint 
auf das sorgfältige Studium der Mineralassociations-Verhältnisse 
und der Zersetzungserscheinungen gelegt werden zu dürfen. Die 
petrographischen Eigenthümlichkeiten der metamorphischen Ge- 
steine, wie sie in Dünnschliffen sich bieten, müssen in allen De- 
tails durchforscht und erkannt werden. Die Untersuchung der 
Thon- und Dachschiefer durch Zırkeı**, dem wir so vieles Treff- 
liche auf diesem Gebiete verdanken, hat auf diesem Wege schon 
interessante Einzelheiten zu Tage gefördert, wenngleich dadurch 
eine genetische Entscheidung kaum näher gerückt scheint. All- 
seitigere, eingehendere Studien in der gleichen Richtung er- 
scheinen daher geboten. Schon seit längerer Zeit habe ich durch 
Herstellung einer grösseren Zahl von Schliffen solcher Gesteine, 
die man entweder übereinstimmend als metamorph bezeichnet 
oder die von manchen wenigstens dafür gehalten werden, solche 
Studien vorbereitet. Bei der grossen Schwierigkeit, die die Her- 
stellung von Dünnschliffen gerade dieser Gesteine bietet, kann 
das verarbeitete Material nur einen kleinen Theil der grossen 
Menge einschlagender Gesteine umfassen. Der Zukunft und dem 
nachfolgenden Eifer anderer Forscher muss die Ergänzung des 
fehlenden anheimgestellt werden. In Betreff der Herstellung von 
Dünnschliffen solcher schiefrigen, oft wenig zusammenhaltenden 
und weichen Gesteine möchte ich eine Bemerkung vorausschicken. 
Es ist natürlich, dass man dabei wesentlich auf die Anwendung 
eines feinen Schleifmaterials Bedacht nehmen muss. : Wenn der 
Schliff unter Anwendung der gewöhnlichen, feinkörnigen Smirgel- 
steine bis zu der Dünne gerathen ist, dass die Gefahr des Zer- 
reissens nahe ist -— die Erfahrung allein kann diesen Moment 
erkennen lassen -- schleife ich ohne jeden Smirgel weiter und 
bediene mich dann einer viereckigen Platte aus mexikanischem, 
dichtem und vollkommen homogenem Wetzschiefer, wie er auch 


* SorBY: Edinb. new Phil. J. 1853. Vol. V, 137 und Quarterly Journ. 
of the geol. Soc. IX, 344. 1853 und 1863. Sitzung vom 22. April. 


** Diese Annalen OXIX, 288. 


323 


zu Messerschleifsteinen verwendet wird, und so viel ich weiss, 
unter? der Bezeichnung amerikanischer Jade allgemein zu haben 
ist. Manche Schliffe sehr weicher Gesteine führe ich durchaus 
auf diesem Schleifsteine aus. Bei Anwendung dieses sehr gleich- 
mässigen und ebenen, der Härte nach durchaus passenden Stei- 
nes gelingt es dann leichter, recht dünne Schliffe auch von tal- 
kigen und chloritischen Schiefergesteinen zu erhalten *. 

Es erschien mir passend, in der Reihenfolge der aufzufüh- 
renden Gesteine den Gesichtspunkt festzuhalten, diejenigen zu- 
nächst zu besprechen, die sich am unmittelbarsten auf andere 
Gesteine beziehen oder die die geringsten metamorphischen Er- 
scheinungen erwarten lassen. Daran schliessen sich dann solche 
Gesteine, die einen fortgeschrittenen, ausgesprochenen Metamor- 
phismus zeigen. 

Protogin. Ein schönes Gestein von Enval bei Volvic 
(Auvergne), welches dort als unregelmässige Einlagerung im 
Granit vorkommt, besteht aus einem nicht sehr grosskörnigen 
aber sehr gleichmässigen Gemenge von fleischrothem Orthoklas, 
dunkelgrüner Hornblende und wenigem, körnigem, bröcklichem 
Quarze. Dazwischen erscheinen vereinzelte kleine Lamellen einer 
grünlichen Talkvarietät. Auch kommen einzelne Pinite in dem 
Gesteine vor, welches von feinen Quarzadern durchzogen wird. 
Mit dem blossen Auge ist kein zweiter Feldspath zu erkennen. 
Das Gestein ist ein Syenit. 

In Dünnschliffen zeigt sich zunächst, dass ausser dem Or- 
thoklas auch ein klinoklastischer Feldspath ziemlich reichlich vor- 
handen ist. Beide Feldspathe zeigen einen hohen Grad der Zer- 
setzung, so dass die meisten vollkommen undurchsichtig gewor- 
den sind. Der in Lamellen verwachsene trikline Feldspath scheint 
noch mehr umgewandelt, wie der andere. Immerhin ist aber im 
polarisirten Lichte die lamellare Streifung noch deutlich erkenn- 
bar. Überhaupt zeigen aber diese zersetzten Feldspathe nur eine 
sehr geringe Einwirkung auf das polarisirte Licht. Wenn an 
einigen der innere Kern noch eine deutlichere Lichtwirkung zeigt, 
ist der Rand meist vollkommen unwirksam geworden und verhält 


* Auch die Schliffe von Vorsr und Hocusssane in Göttingen, die ich 
schon früher empfohlen, leisteten hier treffliches. 


= 


824 


sich wie amorphe Körper. Die Begränzungen der einzelnen Feld- 
spathkrystalle gegen einander sind verwischt und undeutlich, wo 
sie mit dem klaren Quarze in Berührung stehen, lassen die Um- 
risse sich scharf erkennen. Mit der Zersetzung scheint auch die 
durch eindringendes Eisenoxyd bewirkte Färbung im Zusammen- 
hang zu stehen, vielleicht ganz dadurch hervorgerufen zu werden. 
Auch die Hornblende zeigt deutliche Spuren der Verwitterung, 
schmutzig gelbbraune Flecken erfüllen die lauchgrüne Hornblende- 
masse in der Richtung ihrer Spaltungsflächen. Kleine und wenige 
Schuppen und gewundene Leistchen eines lauchgrünen, talkartigen 
Minerals liegen in den verwitterten Feldspathpartien inne, und 
es lässt sich gut erkennen, wie dasselbe auf den durch die Zer- 
setzung gelockerten Spaltungsflächen in das Innere dringt. Mit 
der Hornblende scheinen diese Talkblättchen nirgendwo in Zu- 
sammenhang zu stehen. Wir sehen hier die ersten Anfänge einer 
Protoginisirung dieses ursprünglich ächten Syenitgranites. In- 
teressante Erscheinungen in einem Dünnschliffe bot ein denselben 
durchsetzender äusserst feiner Quarzgang. Feldspath- und Horn- 
blendekrystalle werden durch diese Ader durchschnitten. - Bei 
einem grösseren Hornblendekrystall passen die Enden der beiden 
Bruchstücke ganz scharf in einander. Sie erscheinen durchaus 
nicht seitlich gegen einander, sondern nur auseinander verschoben. 
Nur eine ruhige nicht gewaltsame Bildung dieses Quarzganges 
durch blosses Auseinanderdrücken der beiden Seiten kann dieses 
sowie die vollkommen scharfeckigen Conturen der Bruchflächen 
erklären. Ausser solchen kleinen Adern ist der Quarz aber auch 
an andern Stellen später in das Gestein eingetreten. Unregel- 
mässige Hohlräume zwischen den Feldspathen sind mit Qnarz 
erfüllt; einzelne zerbrochene Quarzdihexaöder mit Quarz wieder 
verkittet. Eintreten des talkigen Minerals ist der erste Beginn 
der Metamorphose; der Pinitoid ist ein mikrokrystallines Silicat 
von grünlicher Farbe, welches Pseudomorphosen nach Feldspath 
bildet. An ähnliche Bildungen muss daher auch hier gedacht 
werden. 

Ein feinkörniger Protogin von les Boulons bei Chateau neuf 
(Auvergne) zeigt eine gleiche mineralische Zusammensetzung, 
aber bei äusserst feinkörniger Ausbildung: Rothe Feldspathe, 
zierliche schwarze Hornblendesäulchen, die letzteren ausserordent- 


825 


lich reichlich. Trikline Feldspathe scheinen nicht vorhanden. In 
Dünnschliffen zeigt derselbe eine fortgeschrittene Zersetzung. 
Von den zersetzten Feldspathen sind die Umrisse gänzlich ver- 
wischt, meist sind rundliche dunkle Flecken übrig, ohne irgend 
eine Einwirkung auf polarisirtes Licht. In den Zwischenräumen 
liegen zahlreiche Partien des lauchgrünen talkigen Minerals, deut- 
lich die feinblättrige Textur zeigend. Von der in dünnen Par- 
tikeln ebenfalls lauchgrünen Hornblende sind sie stets leicht dnrch 
den deutlichen Dichroismus der letzteren zu unterscheiden. Auch 
erscheint die Hornblende stets in regelmässig prismatischer Aus- 
bildung, während das talkige Mineral unregelmässige Formen und 
eine oft radiale Faserung zeigt. Ausser den blättrigen Aggre- 
gaten erscheinen aber auch gelbgrüne lange Nadeln eines ähn- 
lichen Minerals. In einigen Hohlräumen in der Feldspathmasse 
bedeckt das grüne Mineral die Wände, und nach innen schiessen 
die gelblichen Nadeln zusammen. Jedenfalls stehen auch hier 
diese Mineralien in directem Zusammenhang mit dem Feldspath, 
während sie unabhängig von der Hornblende erscheinen. Wäh- 
rend für manche Syenite das Vorkommen von Eläolith nachge- 
wiesen ist, fehlt derselbe hier. Dagegen kommen schöne hexa- 
gonale Pinite vor. Es ist immerhin bemerkenswerth, dass die 
verschiedenen Fundstellen des Pinit in der Auvergne alle im 
Protogin liegen, so auch im vorhergehenden und dem noch fol- 
genden Gestein. Wenn nun auch mit ziemlicher Sicherheit der 
Cordierit als das Muttermineral für den Pinit anzusehen ist, so 
könnte doch bei der schwankenden Zusammensetzung solcher 
Umwandlungsproducte wohl in einzelnen Fällen Nephelin in ein 
pinitähnliches Mineral umgewandelt werden. Sind ja doch die 
Varietäten des Liebenerit und Giesekit von einigen Mineralogen 
mit dem Nephelin in Verbindung gebracht worden. Das reichere 
Auftreten des talkigen Minerals in diesem Gestein mag wohl mit 
der feinkörnigeren Ausbildung im Zusammenhang stehen, die eine 
Zersetzung befördern muss. Auch das geognostische Vorkommen 
dieses Protogins ist mit Bezug auf seine Genesis bemerkenswerth. 
Es bildet sehr feine, oft nur 2 bis 3 Decimeter dicke Gänge im 
Granit. Die Mitte eines solchen Ganges ist jedesmal durch ein 
Quarztrümmcehen eingenommen von 1 bis 2 ÜCentimeter Dicke, 
der Protogin bildet auf beiden Seiten die Saalbänder. Wenn 


fir 


826 


Lecog, wo er dieses Vorkomniens gedenkt*, fragt, ob die Gegen- 
wart des Protogin einer metamorphischen Einwirkung des Quarzes 
zuzuschreiben sei, so scheint mir dadurch das einfache Verhält- 
niss vollkommen durch das Bemühen verdunkelt zu werden, allent- 
halben Contactmetamorphosen zu sehen. Als sich die Spalte im 
Granit bildete, circulirten darin die zersetzenden Gewässer und 
verwandelten den Granit der beiden Wände in Protogin. Nach- 
her erfolgte erst die Ausfüllung der Spalte mit Quarz auf ein- 
fachem wässrigem Wege. 

Ein grobkörniger, porphyrartig ausgebildeter Protogin findet 
sich an den Ufern der Sioule unweit Pranal bei Pontgibaud (Au- 
vergne). Grosse, oft zolllange Orthoklaskrystalle und Zwillinge 
und zahlreiche rundliche Körner und Dihexaöder von Quarz bilden 
die hervortretenden Bestandtheile. Der Orthoklas ist weiss oder 
gelblich, an einigen Stellen schön pfirsichblüthroth gefärbt, viel- 
leicht durch Kobalt. Zahlreiche sehr kleine Hornblendenadeln 
liegen im Gestein, und ein dem blossen Auge leicht erkennbares 
talkiges Mineral in gelben Schüppchen. Das Gestein führt viel 
Pinit. | 

Im Dünnschliffe erscheint die Zersetzung vorzugsweise auf 
die Grundmasse gewirkt zu haben. Zwar erscheinen auch die 
grösseren Feldspathe durchaus undurchsichtig und trüb, aber es 
erscheinen in denselben doch nur vereinzelte Leistchen gelb- 
lichen, gewundenen Talkes. Dagegen ist die Grundmasse durch- 
aus davon erfüllt. Wenn wir die Grundmasse eines sehr ähn- 
lichen Porphyrs von Manzat vergleichend betrachten, so zeigt sich 
uns diese als ein deutlich krystallinisches Gemenge von Quarz 
und Feldspath. Hier ist aber keine Zusammensetzung mehr er- 
kennbar. Die winzigen Quarze heben sich im polarisirten Lichte 
noch deutlich ab, die ganze übrige Masse bietet nur fleckenweise 
Feldspathsubstanz, ohne Form und Wirkung im polarisirten Lichte. 
Dazwischen liegen in überwiegender Menge die gelblichen, fasri- 
gen, meist etwas gewundenen, an den Enden ausgefranzten Leist- 
chen des talkigen Minerals. Sie liegen regellos durcheinander, 
zeigen keinerlei Parallelstellung, wohl aber eine Neigung zu ra- 
dialer, sternförmiger Gruppirung. An einzelnen Stellen ist die 


* TLiecog, Epoques geol. de ’ Auvergne I, 204. 


827 


Grundmasse durchaus aus solchen Schuppen und Leisichen ge- 
bildet und unterscheidet sich dann gar nicht von dem Aussehen 
der gleichen Grundmasse in einigen Paragonitgneissen und Schie- 
fern. Auch in diesen Dünnschliffen ist nirgendwo ein directer 
örtlicher Zusammenhang zwischen Hornblende und dem talkigen 
Minerale erkennbar; wohl aber mit den Feldspathen. Die Um- 
risse eines grösseren Feldspathkrystalls sind saumartig von radial 
gestellten Leistchen dieses Talk-Minerals umgeben. Die fort- 
schreitende Zersetzung würde in diesem Falle eine vollkommene 
schieferähnliche Masse geben können. Da ist es wieder recht 
interessant, dass uns im engsten geognostischen Verbande das 
Endresultat der Zersetzung geboten ist. Der untersuchte Proto- 
gin bildet einen mächtigen Gang im Glimmerschiefer in der Nähe 
von Pranal, unweit der unter ganz gleichen Neigungs- und Ein- 
fallsverhältnissen auftretenden Bleiglanz führenden Gänge von 
Pontgibeaud. Die Saalbänder des Ganges erscheinen vollkommen 
zersetzi. Lecog beschreibt das Gestein der Saalbänder als phyl- 
lade porphyroide Wenngleich sie scharf gegen den die Mitte 
bildenden Protogin abschneiden, so sind sie doch nur das Resultat 
seiner vollständigen Zersetzung. Die noch erkennbaren Feld- 
spathkrystalle, die allerdings vollkommen in eine erdige, weisse, 
kaolinartige Masse mit vielen glänzenden Schüppchen durchzogen, 
übergegangen sind, die wohlerhaltenen Quarzdihexaeder und Kör- 
ner, kleine, sehr verwitterte Hornblendereste lassen keinen Zwei- 
fel, dass wir das ın situ gebildete Zersetzungsproduct des Por- 
phyrs oder eines ganz gleichen Gesteines vor uns haben. In 
einer grauen, thonschieferartigen Grundmasse, die im Mikroskope 
durchaus aus gelblichen, schuppigen Talkaggregaten, untermengt 
mit Feldspathresten und winzigen Quarzpartikelchen besteht, so 
dass sie fast das Aussehen eines klastischen Gemenges erhält, 
liegen ausser den schon genannten grösseren Mineralresten, zahl- 
reiche verschiedenfarbige Glimmerblätichen, die dem Protogin 
noch fehlen. Die ganze Masse ist von diesen gelben, röthlichen 
und dunkelbraunen Glimmerblättchen vollkommen durchsetzt. die 
eine gewisse, wenn auch unvollkommene Parallellagerung erken- 
nen lassen. Das Gestein erscheint entsprechend unvollkommen 
schiefrig, die Schieferung steht senkrecht auf den Stössen des 
Ganges. Hier ist es unzweifelhaft, dass die Zerseizung eines 


1 
j 
: 


828 


Porphyrs durch pinitführenden Protogin hindurch ein glimmer- 
reiches, talkiges Thongestein hervorgebracht hat, dem nur die 
noch vollkommenere Schieferung fehlt, um ein echter Thonglim- 
merschiefer zu sein. 

Diese Schieferung hätte dem Gestein durch blosse mechani- 
sche Wirkungen noch gegeben werden können. Die Umwandlung 
der Bestandtheile hat aber mineralogisch nichts erstaunliches, da 
die einschlagenden Pseudomorphosen bekannt sind. 

Granulit. Das untersuchte Gestein ist ein typischer Gra- 
nulit von Etzdorf in Sachsen. Schwach röthlicher Feldspath und 
lichtgrauer Quarz sind in Schnüren und Streifen mit einander 
verwachsen und bedingen dadurch eine zwar sehr unvollkommene 
schiefrige Textur des Gesteines, die erst beim Anschleifen des 
Gesteines in der Quere deutlicher hervortritti. Im Gesteine zer- 
streut liegen zahlreiche stecknadelkopfgrosse bis mikroskopisch 
winzige Kügelchen und tropfenähnliche Formen von Granat, selten 
wohl ausgebildete Dodekaäderformen zeigend. 

In Dünnschliffen zeigt sich zunächst trefflich die Art der 
Verwachsung zwischen Feldspath und Quarz. Lager ziemlich 
parallel gerichteter Schnüre von Quarz ziehen sich in diesem 
Verbande zwischen dem Feldspath hindurch, Während aber der 
Quarz in grösseren Stücken einem Krystallindividuum anzugehören 
scheint, ist der Feldspath ein Gemenge vieler kleiner Krystalle. 
Dieselben gehören alle einer Varietät, dem Orthoklas an, nicht 
die Spur eines triklinen Feldspathes ist zu finden. Eine Art 
Streifung oder vielmehr feiner Faserung, die an einigen Feld- 
spathpartien sichtbar wird, ist keine lamellare Verwachsung, im 
polarisirten Lichte fehlt jede bunte Streifung, sondern wohl nur 
durch die beginnende Verwitterung bedingt, indem nach der Spal- 
tungsrichtung dieselbe lagenweise erfolgt und das Gefüge lockert. 
Durch die Streifung, die sich bei den verschiedenen Individuen 
mannigfach kreuzt, lassen sich dieselben ihrer Lage nach einiger- 
massen orientiren. Bruchstücke von Feldspath erscheinen im 
Quarze eingeschlossen, dagegen liegen kleinere Quarzpartien nicht 
im Feldspathe. Die Quarze sind wasserhell und reich an allen 
Einschlüssen, wie sie für die Quarze der Granite bekannt sind: 
Poren mit Bläschen in reihenweiser Anordnung und zugleich bei 
einander liegend und die sogenannten Dampfporen. Die Art, wie 


829 


sich Quarz und Feldspath umschliessen, gestattet die Annahme, 
dass der Erstarrungsprocess beider ziemlich gleichzeitig vollendet 
sein musste, wenn auch der Quarz vielleicht länger als der Feld- 
spath in plastischem Zustande verharrte. Der Feldspath bildete 
ein Gewirre ziemlich vollkommener einzelner Individuen. Der 
Quarz hatte dazwischen das Bestreben, grössere Individuen zu 
bilden, deren Form nicht vollkommen wurde, weil der Feldspath 
den Raum beschränkte. Bemerkenswerth und nicht ohne Bedeu- 
tung für die Erstarrungsfolge scheint die im Folgenden erwähnte 
Beobachtung, dass die Granaten nur im Feldspath liegen, nicht 
im Quarze. Eine später erfolgende Erstarrung des Quarzes scheint 
dadurch ausgeschlossen. Nur soviel Plasticität behielt er noch, 
dass sich die entstehenden Granaten in seine äusseren Flächen 
hineindrücken konnten, wie es einzelne aus dem Feldspath in 
den Quarz hineinragende Granaten zeigen. Die zahlreichen blass- 
rothen, im Dünnschliffe fast weissen Granaten sind nicht gleich- 
mässig durch das Gestein vertheilt. Sie liegen alle im Feldspathe 
eingebettet, an einzelnen Stellen dicht gehäuft. Nur wenige zei- 
gen eine vollkommene Krystallform. Meist sind es rundliche oder 
tropfenartig gedehnte Gestalten. Sofort in die Augen fallend und 
unverkennbar sind die zahlreich in ihnen eingeschlossenen kleinen 
Granaten, die meist regelmässige dodekaödrische Umrisse erkennen 
lassen. Während aber einzelne Granaten keinen dieser kleineren 
Granaten einschliessen, liegen sie in anderen in Gruppen von 
sechs bis sieben zusammen. Ausser ihnen erscheinen Poren und 
Hohlräume, sowie vereinzelte dihexaödrische Quarzkörner, die 
sich im polarisirten Lichte in bunten Farben scharf aus der dunk- 
len Masse des Granates abheben. In einigen der eingeschlosse- 
nen kleinen Granaten waren wieder ganz winzige Granaten ein- 
geschlossen, erst bei starker Vergrösserung sichtbar. Ausserdem 
enthalten die Granaten Einschlüsse nadelförmiger Kryställchen von 
Turmalin und vielleicht auch Hornblende. In den Feldspathpartien 
des Gesteines finden sich noch verschiedene kleine säulchen- und 
nadelförmige Einschlüsse. Dunkelbraune Säulchen von Hornblende 
sind deutlich zu erkennen an Spaltbarkeit und Dichroismus. Er- 
scheinungen, wie sie v. DrascuHE in seiner Beschreibung der mi- 
neralogischen Zusammensetzung der Eklogite schildert*, dass die 


* 'TScHERMAK, Mineral. Mittheilungen, 2. Heft. 


A a a a 


vB} BE >=. a 


a) 


830 


Hornblende den Granat vielfach in Zonen umgibt, lassen sich in 
diesem Gesteine nicht wahrnehmen. Olivengrüne oder graugelbe, 
kurze, anscheinend prismatische Formen, deutlich im polarisirten 
Licht reagirend mit einer vollkommenen Spaltungsrichtung sehr 
schief gegen das Prisma und einer zweiten weniger vollkomme- 
nen nach dem Prisma, viele im Querschnitte einen spitzen, ver- 
zogenen Rhombus mit etwas abgerundeten Ecken zeigend, dürf- 
ten vielleicht als Axinit anzusehen sein. Wenn man bedenkt, dass 
derselbe mit Granat und Turmalin zusammen das Gestein der 
Botallackgrube in Cornwall bildet, so hat die vorliegende An- 
nahme nichts Erstaunliches. Für Turmalin sind eine dritte Art 
winziger Nadeln zu halten. Es sind sehr lange, scharf gerandete, 
feine Nadeln, farblos oder gelblich, sehr durchsichtig, ohne irgend 
eine Art von Spaltung und ohne pyramidale Endigung. Sie zeigen 
häufig die an grösseren Turmalinen bekannte Erscheinung, dass 
ihre Köpfe einen Streifen einer dunkleren Färbung zeigen. Sie 
sind von den letztgenannten Mineralien am häufigsten, liegen aber 
meist einzeln, nicht zu Gruppen verwachsen, aber viele nahe bei 
einander. Ausser den bisher angeführten Mineralien erscheinen 
vereinzelte Partien eines gelblichen Glimmers, der einzige Be- 
standtheil, an dem sich Spuren einer Zersetzung und Umwand- 
lung erkennen lassen. An den Stellen, wo die gelben, unregel- 
mässig geformten Glimmerblättchen liegen, zeigen sich zunächst 
dunkelgrüne, undurchsichtige Anhäufungen eines chloritischen 
Minerals und dort, wo der Glimmer ganz verschwunden scheint, 
tritt ein dichtes, regelloses Gewirre weisser, langprismatischer 
Kryställchen hinzu. Während die schwarz-grünen Partien in ihrem 
schuppigen Gefüge ihre chloritische Natur erkennen lassen, die 
sich auch dadurch bestätigt, dass nach Behandlung eines Dünn- 
schliffes mit Schwefelsäure dieselben verschwinden, ist die Natur 
der weissen Nadeln nicht so ohne weiteres zu erkennen. Es sind 
grössere und kleinere Kryställchen (bei 400facher Vergrösserung), 
an einzelnen eine Zuspitzung an dem Ende zu erkennen, un- 
empfindlich gegen Säuren, geben im polarisirten Lichte schöne 
Farben. Am ehesten ist wohl an ein asbestartiges Mineral zu 
denken, mit dem es beim Vergleiche allerdings grosse Ähnlich- 
keit hat. Da die Umwandlung von Glimmer in Asbest auch an- 
derweitig bekannt ist, wie z.B. die von Senrt erwähnte, von Dr. 


8 


Kranz herrührende Biotitstufe von Hermannschlag in Mähren zeigt”, 
so gewinnt dadurch die obige Annahme eine Stütze. 

Fassen wir nun die gesammten Erscheinungen, wie sie uns 
in den Dünnschliffen vorlagen, in's Auge, so können wir in ge- 
netischer Beziehung zunächst den unmittelbaren Schluss ziehen, 
dass Spuren irgend einer Metamorphose in diesem Granulit nur 
sehr spärlich vorhanden sind. Feldspath, Quarz, Granat, Turma- 
lin, Axinit, Hornblende und auch wohl der wenige Glimmer sind 
ursprünglich und in demselben Bildungsakte entstanden; Quarz 
umschliesst nur wenige dieser Mineralien, er findet sich im Gra- 
nat, dieser zeigt die unvollkommenste Form, zahlreiche vollkom- 
mene Granaten in sich eingeschlossen. Wenn eine Erstarrungs- 
reihe überhaupt wahrscheinlich, so ist wohl Quarz zuerst und 
Granat zuletzt erstarrt. Nur Turmalin ist auch im Quarze ein- 
geschlossen. Ganz unwahrscheinlich wird vor Allem die Annahme 
einer secundären Granatbildung. Die Feldspathe erscheinen noch 
frisch und unzersetzi, die Granale ragen deutlich in den Quarz 
hinein. So bestätigen die Einzelheiten der mikroskopischen Zu- 
sammensetzung die schon von Naumann für die Granulite Sachsen’s 
mit aller Bestimmtheit ausgesprochene Ansicht, dass sie echt 
eruptive Gesteine seien. Die Bedingungen der genetischen Vor- 
gänge müssen ganz analog mit den Graniten beurtheilt werden. 

Dichroitgneiss. Im Gebiete der sächsischen Granulit- 
formation kommt ausgezeichneter Dichroitgneiss in der Gegend 
von Rochsburg und Schönborn, sowie bei Wechselburg im Chem- 
nitzthale vor; von dort rühren auch die zu Dünnschliffen ver- 
wendeiten Stücke her. Es ist ein grobfasriger Gneiss, ein Ge- 
menge von vielem Feldspath von körnigem, bröcklichem Ansehen, 
wenig grauem Quarze, beide in linsenförmigen Partien mit ein- 
ander verwachsen, reichlich dunklem Glimmer, nicht parallel den 
Fasern des Gneisses, sondern in einzelnen Blättchen oder kleine 
Anhäufungen mehrerer Blättchen durch das ganze Gestein regel- 
los zerstreut, endlich blaugrauem, in’s Violette spielendem Dich- 
roit, der mit Feldspaih und Quarz verwachsen ist, oder in streifi- 
gen Partien die Linsen dieser umgibt. 

Im Dünnschliffe zerlegt sich das Gestein deutlich in zweierlei 


* Senrt, Felsgemenstheile 714. 


832 


schon mit der Lupe erkennbare, verschiedenartige Mineralaggre- 
gate. Helle, fast glimmerfreie Partien bestehen aus einem nur 
durch eine wenig hervortretende Grundmasse verbundenen, durch- 
aus körnigen Gemenge von Feldspath, vereinzelten Quarzen und 
schwach violeitem Dichroit. Diese Aggregate sind von verschie- 
dener Grösse, alle, auch die kleinsten, von gleicher Zusammen- 
setzung und Struciur. Der Feldspath erscheint nicht nur in un- 
regelmässigen rundlichen Querschnitten, nur selten in ausgebilde- 
ten Krystallformen, sondern er bildet auch an einigen Stellen 
deutlich die Zwischenmasse zwischen den andern Mineralien, voll- 
kommen die unregelmässigen, der Form nach zufälligen Zwischen- 
räume erfüllend. Hiernach dürfte seine Erstarrung zuletzt erfolgt 
sein, jedenfalls auch nach den in diesem Gemenge liegenden 
Dichroitkörnern. Die Feldspathe gehören fast ausschliesslich 
einer orthoklastischen Varietät an, nur wenige kleine Partikeln 
liessen an der deutlichen buntfarbigen Streifung der lamellaren 
Verwachsung einen triklinen Feldspath erkennen. In den Feld- 
spathen liegen reichlich sogenannte Dampfporen in langen Reihen 
hinter einander, nur sparsam finden sich andere Einschlüsse. Sehr 
kleine, äusserst regelmässig hexagonal geformte Glimmerblätt- 
chen, sowie einzelne lange nadelförmige Krystalliten, die nach 
verschiedenen Richtungen hin den Feldspathkrystall durchsetzen, 
sind vorhanden. Deutliche Zersetzungszonen umgeben manche 
Feldspathquerschnitte. Bei einigen erscheint in der That eine 
vollkommen talkähnliche Bildung bereits weit vorgeschritten, ein 
gelblich grünliches Mineral von undeutlich fasriger Textur umgibt 
einzelne Feldspathe und dringt, die äusseren Umrisse gewisser- 
massen ausfranzend, in das Innere ein, Dabei treten dann im 
Innern die schon erwähnten gelblichen Nadeln auf, so dass es 
evident erscheint, dass auch diese erst in Folge der Zersetzung 
und Umwandlung in den Feldspath hineingebildet wurden, und 
demnach nicht wesentlich von den noch zu erwähnenden Bil- 
dungen in den Dichroiten abweichen dürften. Die Quarze zeigen 
ganz die Eigenthümlichkeiten, die sie in Graniten zu haben pflegen. 
Die Grundmasse dieser Aggregate aus Feldspaih, Quarz und 
Dichroit ist schön zu erkennen; es erscheint an einigen Stellen 
eine einfach lichtbrechende, durchaus homogene, etwas fasrige 
Masse zwischen den Körnern, es dürfte aber gewagt scheinen, 


833 


Die Nephelinpartien sind grossentheils nur locker durchsponnen von 
äusserst feinen, farblosen, geraden Apatitnadeln (deren grelle hexagonale 
Querschnitte bei 1500maliger Vergrösserung auch im übrigen Gesteins- 
gewebe recht häufig beobachtet wurden), die vorzugsweise strahlig, von 
den isolirt eingebetteten, sehr scharf ausgebildeten Augit- und Magnetit- 
kryställchen auslaufen. 


Einige lang elliptische Nephelinflecke sind vom Rande aus dicht, nach 
innen immer lockerer, mit Augitkryställchen erfüllt, zwischen denen. nur 
sparsam ein Hornblendesäulchen oder Magnetitkryställchen vorkommt, da- 
durch aber recht auffallend werden, dass der Magnetit fast aneinander- 
gereiht diese Partie garnirt (a). In wenigen Nephelinflecken ist eine auf 
krystallinische Zertheilung deutende Polarisation oder verworren fein fasrige 
Umbildung in Zeolith, verbunden mit Trübung (ß), zu bemerken. 


Dem Beschriebenen als Grundmasse gegenüber ist Glimmer, Horn- 
blende und Magnetit als mikroporphyrisch anzusehen. 


Der sehr pellucide, licht, aber feurig honig- und ledergelbe in leder- 
braun übergehende Glimmer (%) bildet, reichlich eingelagert hexagonale 
Blättchen und Aggregate von im Mittel 0,08nm Breite, sehr häufig aber 
äusserst feinschuppige, nur aus 0,02" m breiten Blättchen gebildete Lap- 
pen. Im Gegensatz hierzu ist der Glimmer im Glimmerbasalte vom Kahle- 
berg bei Schneeberg im Erzgebirge dermassen mit Magnetit erfüllt, dass 
viele vom Magnetit kaum zu unterscheiden sind. Ätzen mit Salzsäure klärt 
ihn aber vollständig. 


Die Hornblende (ö), an Menge gegen den Glimmer sehr zurücktretend, 
bildet reine, sehr pellucide, blass nussbraune, rechteckige Stäbe und Ag- 
gregate derselben von bis 0,12mm Länge, 0,06w m Breite, mit recht schar- 
fen geraden Spaltungsrissen. 


Der innerhalb der Augitpartien, bald gehäuft, bald zerstreut vertheilte 
Magnetit bildet quadratische, hexagonale, dreieckige und recht abenteuer- 
lich verzerrte Lappen von 0,06 bis 0,2!m Breite (e). 


Die einzigen makroporphyrischen Einlagerungen bestehen in recht 
spärlichen, schmutzig blassgraugrünen, stark zersprungenen, von Dampf- 
poren und Magnetit erfüllten bis Imm grossen Augitkörnern, reichlicher 
in Olivin. Letzterer zeigt recht scharf ausgebildete Krystalle von 0,12 
bis 0,3mm Länge, von denen die meisten noch völlig frisch, andere nur 
schmal längs des Randes und der Sprünge schwärzlich grün querfasrig 
serpentinisirt sind. Dampfporenschnüre und sehr kleine Spinellchen sind 
spärlich darin. 


In einigen Präparaten wurden quadratische und hexagonale 0,06 bis 
0,08mm breite Flecken bemerkt, die selbst für stärkste Vergrösserung un- 
auflösbar licht hechtblau erscheinend (einige Parallelstriche enthaltend), 
bei gekreuzten Nicols total dunkel werden und bleiben. Erst nachdem 
einige verdrückte unzweifelhafte Hauyne mit characteristischen Körnchen 
und Strichnetzen entdeckt wurden, dürfen auch diese seltsamen Krystalle 

Jahrbuch 1873. 53 


834 


als Hauyn gedeutet werden, der jedenfalls nur sehr vereinzelt einge- 
menst ist. 

Zu bemerken ist noch, dass in einem Hauyne nicht Kreuze von Stri- 
chen vorkommen, sondern ähnlich wie in den prachtvollen Hauynen eines 
porphyrischen Noseanphonoliths bei las Palmas auf Canaria. Hier läuft 
das eine Parallelstrichsystem durch den Krystall, das damit senkrecht 
kreuzende aber bildet nur kurze rechenzinkenartige Anhängsel an dem 
ersteren (Fig. 4). | 

Die das Gestein durchziehenden Adern bestehen überwiegend aus 
Nephelin, der theils farblos, glashell, theils parallel fasrig, bestäubt und 
zeolithisirt, von wasserhellen, feinen, geraden Apatitnadeln wahrhaft durch- 
wirkt ist. Derbere bis 0,01mm dicke, 0,3"m lange quergegliederte Apatit- 
nadeln sind nur zerstreut. Glimmerblätter, zu Sternen aggregirte Horn- 
blendesäulen und Magnetit, alle in grösserer Ausbildung wie im Grund- 
gewebe, sind reichlich eingelagert. 

Den Magnetit anlangend, zeigen eine Menge Durchschnitte derselben, 
bei Vacalveränderung, dass derselbe keine kubischen Körper, sondern Blät- 
ter bildet, also wohl, wie auch alle grösseren der Grundmasse, dem Titan- 
eisen angehören dürfte. 

Ferner sind noch einige recht schöne hechtblaue Hauyne mit dunklem 
Rande, lichter Mittelzone, dunkel gekörntem Kern und Rudimenten von 
Strichnetzen, sowie einige bis O,lm grosse am Rande bräunlich zersetzte 
längliche Hexagone zu erwähnen, die wohl eher als Nosean, denn als 
Hauyn zu bezeichnen wären. 

Endlich sind nicht selten farblose, stark unregelmässig querrissige bis 
über Imm lange, 0,06mm breite, zu Strahlbündeln vereinte Leisten, die 
schöne Karlsbader Zwillinge von Sanidin darstellen, eingelagert. 

Anm. Die Beschreibung des Gesteins stützt sich auf Schliffe parallel 
den Nephelinadern, während in solchen, deren Fläche quer zu denselben 
liegt, die Mikrostructur noch weit dichter ist. Ausser den grösseren Adern 
wird der Schliff von zahlreichen lichten Linien (Nephelin) durchzogen, die 
ihn, mit der Loupe besehen, wie aus Trümmerstreifen bestehend, erschei- 
nen lassen. 


3) Aphanitischer Hauynbasalt vom Hamberg bei Neckarelz. 
H=4. 

Ungefähr 1Y, Meilen NO. des Ganges bei Neckarbischofs- 
heim wird, in dem Winkel zwischen der Mosbacher Elzmündung 
in den Neckar, der dünnplaitige Wellenkalk des Hambergs von 
einem hora 3 streichenden, nach SO. bis über den Neckar hin- 
aus zu verfolgenden Basaltgang durchsetzt. Das Gestein ist 
kugelschalig abgesondert, doch nicht so schön als das von Neckar- 
bischofsheim. Auf dem Bruche sind beide Gesteine sehr ähnlich 
und muss ich besonders hervorheben, was mir bis jetzt ausser 


839 


diesen noch kein Basalt zeigte, dass die angeschliffene Fläche 
durch ihre eigenthümliche Farbe und Flecken dem angeschliffenen 
Gesteine vom Capo di Bove zum Verwechseln gleicht. 


Grobkrystallinische, aus Augit, Nephelin, Hauyn, Apatit, 
Glimmer, Hornblende, Magnetit und Olivin gebildete Grundmasse 
mit makroporphyrischem Titaneisen, Augit, zeolithisirten Nephelin- 
flecken und Kalkspathmandeln. 


Blassgrau grünlich-gelbe Augitleisten von 0,04 bis 0,25mm 
Länge, von denen die kleineren an den polaren Enden recht 
scharf ausgebildet, die grösseren gerundet sind, oder wie abge- 
brochen aussehen, liegen wirr und regellos durcheinander in einem 
bald spärlicher, bald in Flecken und Streifen reichlicher hervor- 
tretenden, oft noch recht klaren, von Apatitnädelchen reich durch- 
zogenen, oft aber auch durchaus schmutzig lehmgelb und bräun- 
lich graugelb bestäubten oder endlich, im letzteren Falle, auch 
noch radical strahlig zeolithisirten Nephelingrund. 

Magnetit in recht scharfen, 0,02 bis 0,04mm dicken Kry- 
stallen ist reichlich und gleichmässig; ledergelber Glimmer in 
ebenwohl recht scharfen, pelluciden, seltener mit Magnetitpünkt- 
chen imprägnirten hexagonalen 0,02 bis 0,06mm breiten Blättchen 
spärlicher, und noch spärlicher nussbraune Hornblendesäulchen 
von 0,07mm Länge, 0,02mm Breite eingestreut. 

Am seltensten bemerkt man bis 0,15mm lange, 0,04mm breite 
scharf rechteckige, mit Mikrolithen längs der Kanten erfüllte ortho- 
klastische Feldspathleisten, wogegen Apatit sehr grell in, im Mit- 
tel nur 0,01, nicht selten aber bis 0,04mm dicken Krystallen 
überall hervorleuchtet. | 

Neben Augit und Nephelin ist der am reichlichsten vertre- 
tene Gemengtheil Hauyn. Er bildet 6eckige und quadratische 
gerundete Körner von fast gleichmässig 0,06mm Dicke, selten 
verlängerte Formen, die bald recht schön licht stahlblau, bald sehr “ 
licht, fast farblos, bald am Rande am dunkelsten, nach innen 
lockerer, bald umgekehrt vom lichten Rande aus nach dem Cen- 
irum allmählig dichter und dunkler gekörnt sind. Strichnetze 


sind zum Theil recht gut erhalten. Wären nicht in einer Reihe 
53, 


836 


von Präparaten alle möglichen Übergänge zu verfolgen, so könnte 
man in manchen leicht versucht sein, die ganz blass, wenig ge- 
körnten für Querschnitte von Nephelin zu halten. 

Sehr vereinzelt bemerkt man noch graugrüne, mit leder- 
brauner Rinde, ganz erdig veränderte bis 0,07mm lange stumpf- 
eckige Olivinkryställchen. 

Mikroporphyrisch treten reichlich grössere (bis O,{mm breite) 
verzerrte Magnetitlappen (Titaneisen) und bis 0,2mm lange, 0,05mm 
breite, recht pellueide, stark zersprungene, zu Sternen aggregirte 
Augitleisten hervor. 

Besonders reich ist das Gestein an grösseren, licht leder- 
braun bepuderten Nephelinflecken, von denen gewöhnlich die 
Zeolithstrahlen der Nephelinumbildung büschelig auslaufen; sowie 
an bis {mm grossen rundlichen und noch grösseren länglichen 
Poren, die mit wasserhellem Kalkspath erfüllt sind, in den vom 
Rande aus die Krystalle des Basaltgrundes, wie in einen leeren 
Drusenraum sehr scharf hineinragen. Gewöhnlich hat die Kalk- 
spathkrystallisation an den Enden der am weitesten vorragenden 
Hornblende-, Augit- etc. Krystallen begonnen. 

Das Salband des Basaltganges wird durch einen tuffartig 
zersetzten, dünnplattig abgesonderten Basalt gebildet. Im Dünn- 
schliff (H. = 3,5 bis 4) sind reichlich kirschgelb bis roth ver- 
änderte Olivinkörner, ziegelrothe Glimmerblättchen, theils frische, 
theils milchig trübe Sanidin-, stark angegriffene Augitkrystalle, 
grosse Titanitlappen und reichlich sehr grelle Apatitnadeln und 
Stäbe zu erkennen. Die Gemengtheile werden durch einen trü- 
ben, gelbbraunen, wolkigen, theils gekörnt bestäubten, palagoni- 
tischen Grund zusammengehalten, in welchem Hauyn — wahr- 
scheinlich wegen völliger Veränderung — nicht mehr mit Sicher- 
heit constatirt werden konnte. 


4) Lichter Magmabasalt mit Hauyn vom Hohenstein b. Horn- 
berg. H. = 1. 

Durch die Angabe in G. Leonuarp’s Lehrbuch d. Minera- 
logie, dass ein Basalt am Hohenstein (nicht Hauenstein) W. Horn- 
berg im Granit des Schwarzwaldes Hauyn enthalte, veranlasst, 
hatte Herr Bezirksförster Werzer in Hornberg, auf meine Bitte, 
die Güte, mir eine Anzahl Handstücke zu senden und zu bemer- 


837 


ken, dass an der Stelle des früheren Basaltstocks sich ein trich- 
terförmig in die Tiefe setzender Ausbruch befinde, in dessen 
engem Grunde nur noch Basalt anstehe. 

Das Gestein ist sehr zähe, aphanitisch dicht, reich an grös- 
seren und kleineren frischen Olivinfelsbrocken. Ich war so glück- 
lich, bei dem Zerschlagen neben mehreren kleineren, einen dmm 
dicken gerundeten Krystall zu treffen, dessen Randzone grünlich 
lavendelblau, fast matt, dessen Inneres muschlig brechend, schwach 
bläulich gefärbt, quarzähnlichen Fettglanz und H. = 2,4 hat. Vor 
dem Löthrohre schmilzt ein Splitter schwer zu grünlich weichem, 
blasigem Glase und gibt mit Soda Hepar. Ein Splitter mit Kali- 
hydrat geschmolzen, in Wasser gelöst, schwärzie Silberblech 
nach kurzer Zeit. In Salzsäure unter Kieselgallertabscheidung 
löslich (Hauyn). 


Grobkrystallinische, aus Augit, Magnetit, etwas Glimmer, 
Olivin und spärlich Hauyn, sowie fein trichitösem farblosen Glas- 
magma gebildete Grundmasse mit makroporphyrischen, sehr fri- 
schen Olivinkrystallen. 


Licht bräunlich grüngelbe, stark zersprungene, oft mit Mag- 
netitpünktchen reich erfüllte, schlecht ausgebildete Augitleisten 
von im Mittel O,imm Länge, 0,03mm Breite, grössere und klei- 
nere ünregelmässig dazwischen, liegen nebst gleichmässig locker 
eingestreuten Magnetitkörnern von 0,01 bis 0,05mm Dicke und 
spärlicheren 0,03mm breiten, recht pelluciden, honiggelben Glim- 
merhexagonen, eingebettet in einem farblosen, absolut amorphen, 
von Trichitkrüppelchen locker durchsetzten, bald mehr bald 
weniger hervortretenden Glasmagma. Ziemlich reichlich nehmen 
noch 0,04 bis 0,06mm dicke Olivinkörner an der Zusammen- 
setzung Theil, die theils licht graugrün, theils bräunlich gelb 
(dem Glimmer ähnlich), randlich schmal umgewandelt sind. 

Die einzigen, aber reichlich vorhandenen makroporphyri- 
schen Einlagerungen sind theils sehr gut scharf ausgebildete, theils 
lang gezogene, an den Ecken gerundete Olivinkrystalle. Die Sub- 
stanz ist bis auf den äussersten Rand sehr frisch, wasserhell, 
äusserst rein, nur von Schnüren feiner Dampfporen, die gewöhn- 


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838 


lich quer gegen die Streifenrichtung lang gezogen und wurm- 
förmig gekrümmt sind, durchsetzt und spärlich kleine braune 
Spinellchen enthaltend. 

Nach mikroskopischem Hauyn wurde in 8 Präparaten, die zusammen 
eine ausnutzbare Fläche von 20 Tem bieten, vergebens gesucht, bis er sich 
endlich in 3 anderen recht reichlich fand. Er bildet stumpf 6- und 4eckige 
Körner von 0,05mm Dicke, ist am Rande licht, von da allmählig nach dem 
Centrum hin bald locker, bald recht dicht schwarz gekörnt, hat- Rudimente 
von Strichnetzen, aber nur in den wenigsten einen stahlblauen Hauch. 

Es scheint hier ein ähnliches Verhältniss obzuwalten wie z. B. bei 
den Niedermendiger etc. Laven, in denen makroskopische schön blaue 
Hauyne gar nicht selten sind, während man in einer ganzen Reihe von 
Dünnschliffen mikroskopische nur höchst zerstreut bemerkt. Diese haben 
dann auch oft kaum einen blauen Hauch und sind wie alle, die ich nun 
in zahlreichen Basalten und Laven untersucht habe, nicht im entfernte- 
sten zu vergleichen mit den brillant lasurblauen eines daran sehr reichen 
Hauynphonoliths von el Campanaria auf Palma oder eines anderen von 
Javalato Lazio am Vesuv oder des Gesteins vom Vultur u. A. 


5) Anamesitischer glimmerreicher Nephelinbasalt mit grobdoleri- 
tischen Adern vom Hohenhöwen. H. = 6, z. Thl. = 8. 


Sehr grobkörnige, fast anamesitische aus klarem oder zeo- 
lithisirten Nephelinglas, Augit, stark verändertem Nephelin, Glim- 
mer, Magnetit, Olivin und Apalit gebildeie Grundmasse, mit ma- 
kroporphyrischen reichlichen, ziemlich frischen Olivin-, spärlichen 
Augitkrystallen. 

In den doleritischen Adern: Titaneisen, Nephelinglas, das 
theils in Natrolith, theils in Aragonit umgewandelt, Augit, viel 
Apatit, etwas Eisenglimmer und Tridymit; Glimmer und Olivin 
nur sporadisch randlich. 


Licht grünlich lederbraune bis chocoladebraune, theils recht 
scharf krystallinisch ausgebildete, theils aber nur als etwas ge- 
rundete Krystallkörner ausgebildete, recht pellucide. reine Augite 
von 0,06mm L., 0,02mm Br. bis zu 0,3mm Länge, theils breit 
tafelförmig, theils schmal stabförmig, mit zugehörigen Querschnit- 
ten, welche diese Unterscheidung leicht beweisen, in regelloser 
Abwechslung und Aggregation, machen fast die Hälfte des Ge- 
sichtsfeldes aus. 

Der nur locker vertheilte Magnetit bildet‘ grossentheils viel- 


839 


gestaltige, scharf begrenzte Lappen mit ein- und ausspringenden 
Ecken von 0,06 bis 0,18mm Breite, während die spärlichen klei- 
neren von 0,03 bis 0,0imm herab, sehr regelmässig 6- und 4sei- 
tige Formen zeigen. 

In einigen Schliffen nur spärlich, in den meisten reichlich, 
in wenigen sogar so reichlich vertheilt, ist Glimmer, dass das 
Gestein fast zu den Glimmerbasalten gerechnet werden kann. 
Der recht pellucide, intensiv röthlich honiggelbe bis honigbraune 
Glimmer bildet aus hexagonalen 0,04 bis 0,06mm breiten Lamel- 
len zusammengesetzte Aggregale, die bis 0,2mm Ausdehnung er- 
langen. Randlich trüb graugrün veränderte Olivinkryställchen 
und Körner von 0,05mm Dicke sind gleichmässig locker vertheilt. 

All’ die erwähnten Mineralien liegen, locker aggregirt, in 
einem grossentheils farblosen frischen, seltener bestäubten, oft 
überwiegend, oft nur in kleineren Lücken hervortretenden Grunde, 
der im polarisirten Lichte sich als zum Theil krystailinisch ge- 
gliederte Nephelinsubstanz herausstellt. Dieser Nephelingrund 
enthält reichlich kleine Dampfporen und sehr blass bräunliche 
Glasporen mit fixem Bläschen, ist ausserdem von sehr feinen ge- 
raden Apalitnadeln bald mehr bald weniger reichlich durchspon- 
nen, die auch da unversehrt vorhanden sind, wo Nephelinflecke 
von einem, oder gleichzeitig mehreren Randpunkten aus sehr fein 
radialstrahlig zeolithisirt, dabei entweder noch klar oder schmutzig 
bräunlichgelb bestäubt sind. 

Reichlich vertheilt sind bis O,imm lange, 0,0bmm breite, 
stumpf rechteckige oder gerundet beckige Körner, die durch ihre 
licht schmutzig gelblichgraue blinde Beschaffenheit recht auffallen, 
Fig. 5. Die weniger opaken rechteckigen zeigen eine feine ge- 
rade Längsmittellinie und eine von den Randkanten aus gegen 
dieselbe gleichsam in verwaschenen Franzen absetzende Quer- 
faserung. Einige recht scharfe Hexagone von 0,053mm Breite 
mit Seitenflächen zeigen die Faserung als reihenweise in Radial- 
linien angeordnete Staubkörnchen angeordnet, gegen das lichte 
Centrum verlaufend. Die verschiedenen Übergänge lassen dieses 
Mineral nur als zu Natrolith in verschieden vorgeschrittener Um- 
wandlung begriffenem Nephelin deuten, dessen noch frische Reste 
auch die Polarisation des Nephelins zeigen. Dieselbe, nur mehr 
braungelbe Umwandlung haben die Nepheline in vielen Basalten 


-graugrüne Färbung hat, die bei dem Dünnerwerden abnimmt, wo 


840 


der rauhen Alb aus der Umgebung von Urach, deren einige auch 
schon Zırkeı (Basaltgebilde 43) erwähnt. 

Makroporphyrisch tritt aus der fast anamesitisch grobkörnig 
zusammengesetzten Grundmasse reichlich Olivin, in zum Theil 
recht gut und scharf krystallinisch begrenzten, theils auch gerun- 
deten Formen hervor, der bis Jmm Grösse erreicht. Die Sub- 
stanz ist recht frisch, völlig wasserhell, reich an kleinen runden, 
in Streifen und Bändern vertheilten, oder wurmförmig verlänger- 
ten Dampfporen, Glasporen, seltener Flüssigkeitsporen. Viele zei- 
gen noch gar keinen Anfang zur Umwandlung, andere sind nur 
längs der Ränder und Sprünge schmal graugrün serpentinisirt, 
dagegen diejenigen, welche grössere Grundmassepartikel beher- 
bergen und reichlich zersprungen sind, um die Einschlüsse her- 
um auch eine schon weiter um sich gegriffene Serpentinisirung. 

Weit seltener sind bis 3mm lange, 2mm breite Augitkry- 
stalle, die recht scharf begrenzt, eine licht chokoladebraune, scharf 
abgesetzte, 0,04mm breite Rand-, dann eine licht bräunlichgelbe 
Zwischenzone und einen dunkel lauchgrünen, mit Magnetit, zeo- 
lithisirtem Nephelin, Apatit und Dampfporen reich erfüllten Kern 
haben. 

Sowohl in den Nephelinflecken der Grundmasse selbst, als 
der von Olivin umhüllten, sind verwaschen begrenzte, lebhaft 
grasgrüne (wie mit einer Tinktur gefärbte), fast ganz pellucide 
Flecke so häufig, dass ein Schliff, sobald er bei einer Dünne von 
circa 0,0bmm eben anfängt durchscheinend zu werden, eine licht 


denn im fertigen Schliff die grünen Flecke nur noch vereinzelt 
auftreten. 

Merkwürdig bleibt jedenfalls, dass der Nephelingrund gros- 
sentheils völlig frisch ist, die Nephelinkrystalle dagegen fast zur 
Unkenntlichkeit verändert sind, bei ebenwohl völliger Frische des 
Augits, Magnetits, Glimmers und Apatits. 

Sowohl die Schliffe von Handstücken der Felsen aus dem 
Walde Allmen (die härtesten) am Fusse. des Hohenhöwen, als die 
von der Kuppe zeigen die beschriebene Beschaffenheit, während 
an der WSW.-Seite der Felskuppe, unterhalb der Burg, kaum ein 
Handstück zu schlagen ist, welches nicht kaum Millimeter bis 
15mm breite, unregelmässig verlaufende Adern einer grob dole- 


841 


ritischen, lichteren weich gefleckten Ausscheidung zeigt, die mit 
grösseren doleritischen Nestern in Verbindung stehen. 


Im Dünnschliff zeigen sich diese Adern ebenso wie bei Meiches, Ul- 
richstein, Herchenhain und Hartmannshain (Vogelsberg), Hohegras (Ha- 
bichtswald), Ehrenberg (nördliche Rhön), Breitefirst, Pilsterberg, Dreistelz 
etc. (südl. Rh.), Herrenholz b. Elfershausen (Knüll) etc. innig verbunden 
mit dem Basalte. Sie bestehen vorwiegend aus Nephelin, der theils äus- 
serst frisch und wasserhell, theils gänzlich schmutzig gelblich graugrün 
opak, theils von verschiedenen Punkten aus sehr fein radialstrahlig um- 
sewandelt ist. Letztere Partien sind entweder noch klar und geben im 
polarisirten Lichte ein prachtvolles Farbenbild oder, namentlich gegen die 
Enden der Fasergarben hin dicht lederbraun bestäubt. Gerade diese bräun- 
lichen Stellen sind im auffallenden Lichte weiss und dürften, da sie unter 
Brausen von Säure zerstört werden, als Aragonitbildung anzusehen sein. 
Der Augit von fast chocoladebrauner Farbe und recht pellucider Beschaf- 
fenheit, bildet Krystalle bis zu 3nm Länge, die ausgezeichnet scharf aus- 
gebildet, nicht selten zerbrochen und gegen einander verschoben sind 
Fig. 6. Zwillinge und einfache, tafel- oder stabförmige, Krystalle sind 
gleich häufig. Der Magnetit, nur sporadisch vertheilt, bildet vielgestaltige, 
im Mittel 0,12mm grosse Lappen, deren Spiegelung im auffallenden Lichte 
rhombische Spaltbarkeit und Zusammensetzung aus dünnen Blättern leicht 
erkennen lässt, das Mineral also als Titaneisen kennzeichnet, dem denn 
auch wohl die grösseren Lappen in der Basaltgrundmasse angehören 
dürften. 

Der Apatit durchspickt nicht nur in feinen Nadeln Augit, Nephelin 
und dessen Metamorphosen, sowie Titaneisen, sondern tritt auch reichlich 
in bis 2mm Jangen, 0,05"m dicken geraden Krystallen auf, deren scharf 
hexagonale Querschnitte sowohl als die oft quergegliederten Längsschnitte 
bläulich grau bepudert sind und zwar meistens im Centrum dichter, gegen 
den Rand verwaschen lichter. Viele Apatitkrystalle haben Pyramiden- 
endigung statt der gewöhnlicheren Geradendfläche. 

Glimmer nimmt nur sehr vereinzelt Theil an der Zusammensetzung, 
' wogegen höchstens 0,02"m breite, lebhaft kirschrothe pellucide Eisenglanz- 
täfelchen häufiger sind. Der Olivin im.Basalte, am Rande der Adern, fast 
gänzlich schwarzgrün serpentinisirt, kommt, ebenso wie in den Adern vom 
Meicheser etc. Gestein auch hier nur höchst vereinzelt vor. 

Die breiteren Adern zeigen in ihrer Mitte eine hin und wieder zu 
kleinen Höhlungen erweiterte Spalte, längs deren die quergeschlagenen 
(Ader und beidseitig Basalt umfassenden) Scherben leicht auseinanderfallen. 
In diese Höhlungen ragen Nephelin-, Augit-, Titaneisen- und Apatitkry- 
stalle frei hinein, auch sind grössere Drusenräume in den doleritischen 
Nestern mit Natrolith, Aragonit oder kleintraubigem Sphärosiderit ausge- 
kleidet. Einige höchstens 2mm grosse fast kugelrunde Poren fanden sich 
mit einer dunkelbraunen, weichen, wachsartigen Substanz erfüllt, deren 
Splitter eine pellucide, amerphe, beim Erwärmen härter und opak wer- 


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842 


dende Masse zeugen von ähnlichem Verhalten wie der Nigrescit im Feld- 
spathanamesit des Mainthales und die häufigen gleichen Porenausfüllungen 
im Feldspathdolerit vom Taufstein bei Heubach, Säsebühl, Dransberg, 
Hohehagen etc., die frisch geschlagen fast lauchgrün, nach kurzer Zeit 
schwarz werden, in dünnen Splittern aber ebenwohl braun durchscheinen. 
Sowohl zwischen den Gemengtheilen als auch zu Nephelinkrystallen 
hinein und an Punkten, von wo aus die Zeolith-, bzw. Aragonitstrahlen 
auslaufen, bemerkt man bei schwacher (150maliger) Vergrösserung ein 
kleinkrystallinisches Aggregat, welches sich bei stärkerer Vergrösserung 
als eine dachziegelige Anhäufung mehr oder weniger hexagonaler, oft recht 
scharfer, höchstens 0,015mm grosser farbloser Schüppchen zeigt. Als bei 
vorsichtigem Ätzen eines Schliffs Nephelin, Aragonit und Apatit zerstört 
worden, erschienen diese Schüppchen wohlerhalten noch klarer und dürf- 
ten daher, bei der grossen Ähnlichkeit der, nun schon so vielfach beob- 
achteten, Tridymitaggregate auch hier nur als solche zu deuten sein. 


6) Aphanitischer glimmerreicher Nephelinbasalt vom Hohen- 
stoffeln. H. = 7—8. 

Kleinkrystallinische, aus Augit, Magnetit, Nephelinglas und 
Nephelinleisten, Glimmer und Apatit gebildete Grundmasse mit 
makroporphyrisch reichlich eingelagerten, sehr frischen, an gros- 
sen Spinellen reichen Augitkrystallen. 


Das Gestein unterscheidet sich schon an Handstücken 
wesentlich von dem des benachbarten Hohenhöwen durch seine 
dunklere,- fast rein schwarze Farbe, die grössere Compactheit und 
selbst unter der Loupe dem fast aphanitischen Aussehen. Die 
Dünnschliffe zeigen das Gleiche. Die constituirenden Mineralien 
Augit und Magnetit sind weit kleiner ausgebildet; der hier an 
vielen Stellen mehr krystallinisch gegliederte, von Apatitnädel- 
chen reich durchsponnene Nephelingrund tritt mehr zurück und 
zeigt fast durchgängig in den Rechtecken unregelmässige Quer- 
gliederung und parallel längsfaserige Umwandlung, verbunden mit 
geringer Trübung, Fig. 7. In der Grundmasse treten reichlich 
schmale stabförmige, schlecht umrandete, längs der langen Kan- 
ten kleine Augitmikrelithen führende, recht frische Nephelinleisten 
hervor, die oft fluidale Anordnung bekunden. Der Glimmer ist 
ebenso reichlich und beschaffen wie im Hohenhöwer Gestein. 

Die reichlich makroporphyrisch eingelagerten Olivinkrystalle 
sind äusserst frisch, sehr scharf ausgebildet, durchaus farblos, 


843 


mässig zersprungen, reich an sehr feinen runden Daimpfporen und 
besonders reich an grossen, bis 0,02mm dicken, oft gruppenweise 
aggregirten, braun durchscheinenden Spinellkryställchen, Fig. 8. 

Die oft zu Sternen aggregirten porphyrischen, meist stab- 
förmigen Augitkrystalle unterscheiden sich von den mehr grau- 
lich kaffeebraunen der Grundmasse durch ihre grössere Pelluci- 
dität und lebhaft bräunlich gelbgrüne Farbe. Sie sind theils rein, 
theils mit Dampfporen erfüllt und enthalten unregelmässig Mag- 
netit eingebeltet. 


7) Aphanitischer glimmerreicher Nephelinbasalt vom Höwenegg, 
OSO. v. Geisingen. H. = 7. 

Das Gestein im Aussehen an Handstücken, in der Färbung 
und Körnigkeit, die Mitte haltend zwischen dem vom Hohenhöwen 
und Hohenstoffeln, bekundet dieselbe Zwischenstellung auch in 
den Dünnschliffen. Der sehr frische, farblose. von Apatitnädel- 
chen durchsponnene Nephelingrund zeigt gleichhäufig, der Polari- 
sation nach, quer und längs geschnittene Partien und ist zum 
Theil, ohne die Farblosigkeit im Mindesten eingebüsst zu haben, 
in von einem oder mehreren Randpunkten auslaufenden, sehr fein 
radialfaserigen Zeolith verwandelt. Wie im Hobenhöwer Gestein 
nehmen, jedoch spärlicher, fast gänzlich opake, querfaserig licht 
gelbgrau zeolithisirte, gerundete Nepheline an der Zusammen- 
setzung Theil. 

Die grösseren stabförmigen Augitleisten der Grundmasse 
stellen sich häufig als Zwillinge dar, deren Hälften 1 bis 3 sehr 
feine Lamellen trennen. 

Die reichlichen porphyrischen Olivinkrystalle sind nur sehr 
schmal längs der Ränder und Sprünge graugrün serpentinisirt, 
ausserdem frisch, reich an feinen Dampf- und Glasporen mit fixem 
Bläschen, sowie an Grundmasseeinschlüssen und kleinen braun 
durchscheinenden Spinellchen. 

Die porphyrischen licht bräun- oder grünlichen Augite sind 
grösstentheils lang stabförmig; die breiteren zeigen oft recht 
schöne Zonenliniirung, bei licht bräunlicher reiner Mantelpartie, 
einen von Magnetit und Dampfporen erfüllten grünlichen Kern. 
Hin und wieder findet sich auch ein bis {mm dickes Magnetitkorn 
eingelagert. Einige feine Basaltsplitter, welche solche schwach 


844 


magnetische Körner enthielten, zeigten sich gegen Salzsäureein- 
wirkung fast unveränderlich, während mit kochender Schwefel- 
säure die entstehende violblaue Lösung auf schlackiges, stark titan- 
haltiges Magneteisen deutet. 


Das Gestein ist ziemlich reich an Einschlüssen nur wenig veränder- 
ter Quarz- und Granitknollen. 


8) Aphanitischer glimmerreicher Nephelinbasalt vom Neuhöwen 
(Stettner Schlössle), SO. v. Geisingen. H. = 7-8. 

In Handstücken ist dieses Gestein von dem des Höwenegg 
kaum zu unterscheiden, während die Dünnschliffe dieses eher 
ermöglichen. 

In der kleinkörnigen Grundmasse ist nämlich der weit trü- 
bere, fast graugrüne Augit mehr zusammengedrängt, der Magnetit 
in bis 0,08mm grossen, vielgestaltigen Lappen reichlicher einge- 
streut, dagegen der farblose Nephelin hier nur in den kleinen 


Lücken hervorblickend, mehr in langgezogenen Flammen und ge- 


wundenen, bis 0,15mm breiten Streifen vertheilt. Der Glimmer 
ist wie in den vorigen Basalten beschaffen. 


Besonders bezeichnend ist, dass die sehr reichlich makroporphyrisch 
eingelagerten bis 5mm grossen, vollkommen frischen Olivine zwar Krystall- 
rechte Umrisse, aber keine scharfe Krystallcontour zeigen. Längs der 
Ränder bilden die Mineralien der Grundmasse eine höckerig, klein ein- 
und ausspringende Contour, und ein schmaler Saum des Olivins ist mit 
einem Aggregat farbloser Blättchen erfüllt. 

Namentlich da, wo ein Olivin an, in farblosen, radialstrahligen Zeolith 
verwandelten, dessen ungeachtet aber, wie der frische von Apatitnadeln 
durchsetzten, Nephelin grenzt, oder am Rande von zeolithisirten Nephe- 
lineinschlüssen im Olivin, zeigt sich diese krystallinische Bildung deut- 
licher. Ausser einem Aggregat gerundeter oder auch scharf spitziger 
Blättchen sind recht scharfe gestreckt sechsseitige Formen nicht selten, 
die durch ihre verschiedene Polarisation und dem Mangel der, den an- 
grenzenden Olivin erfüllenden, Dampfporen sich sofort als eine von Olivin 
und Nephelin verschiedene Zone krystallinischer Blättchen abheben. Ein- 
zelne der Blättchen bei 0,04mm L., 0,015mm Br. erinnern zwar sehr an 
frei eingebettete tafelförmige Augitkryställchen, und ich halte dieselben 
auch für, bei der grossen Dünne, farblos erscheinender und durch das im 
Zeolith oder Olivin Eingebettetsein, durch die Polarisation nicht characte- 
risirten Augite, allein ausser denselben bleibt noch genug übrig, was nicht 
für Augit spricht, wogegen einige Ähnlichkeit mit Tridymitaggregaten 
nicht zu verkennen ist. 

Die Olivine enthalten recht grosse, bis 0,03ıam dicke, sehr scharfe 


845 


gelbbraune Spinelle und ein Krystall ist ausgezeichnet durch eine wahr- 
hafte Erfüllung mit Dampfporen und Glasporen, die theils rund, theils 
langgestreckt, sich (bei der Veränderung des Vacalabstandes) als zu Ku- 
gelzonen angeordnet und conform deren Peripherien lang-, bzw. platt- 
gestreckt erweisen, Fig. 9. 

In dem Schliff eines Rindenstücks, in welchem die Olivine bereits einen 
0,02mm breiten serpent. Saum längs der Ränder und Sprünge haben, zeigte 
sich in einem grossen Olivine ein recht schöner Anfang zur Umbildung in 
Körner mit zwiebelschaliger Structur, und in den noch frischeren Partien 
ebenwohl solche in Kugelschalen angeordnete, denselben conform gestreckte 
Dampfporen, wonach wohl zu schliessen sein dürfte, dass erstere Umbil- 
dung durch letztere Anordnung bedingt ist, gleichwie der gewöhnliche 
Gang der Serpentinisirung gleichsam dendritisch von kleinen Sprüngen aus 
vorschreitet. 


9) Aphanitischer glimmerreicher Nephelinbasalt vom Warteberg, 
W.v. Geisingen. .H. =[17. 


Von den Gesteinen des Höwenegg und Neuhöwen an Hand- 
stücken gar nicht, in Dünnschliffen schon leichter zu unterschei- 
den. In der kleinkörnigen Grundmasse herrschen nämlich die 
licht graulich-grüngelben Augite in stabförmigen Leisten von im 
Mittel 0,07mm L., 0,02mm Br. bei weitem vor und sind nebst den 
0,01 bis 0,04mm dicken, reichlich eingestreuten Magnetiikryställ- 
chen so dicht gedrängt, dass der farblose Nephelingrund nur 
spärlich in den Lücken hervortritt. Letzterer bildet dagegen auch 
wieder bis 2mm grosse, freie farblose Flecke, die recht gut kry- 
stallinisch gegliedert sind und ausser wenigen, recht scharfen,‘ 
ganz lichten Augitkryställchen reichlich von U,03mm dicken bis 
imm langen geraden, sehr scharfen Apatitnadeln nach allen Rich- 
tungen durchspickt sind. 

Sowohl die hexagonalen Quer- als die Längsschnitte zeigen den Apatit 
licht grau bestäubt (in der Achse dichter, nach den Rändern locker), so- 
wie mit einer feinen licht gelbbraunen, bald durchlaufenden, bald wie eine 
zerstückte Thermometerquecksilbersäule aussehenden Achse, versehen. Die 
ausserordentliche Klarheit gestattete leicht eine Untersuchung mit 2000- 
maliger Vergrösserung, und es steilt sich der Stab durchweg als erfüllt 
mit feinen runden Dampfporen, die Achse als ein brauner Glasfaden dar, 
Fig. 10. 

Die vielen porphyrischen, bis 4mm grossen Olivinkrystalie sind gros- 
sentheils äusserst scharf ausgebildet und contourirt, dabei sind viele voll- 
kommen rein, selbst frei von Dampfporen und nur mit wenigen Spinell- 
chen bedacht, während andere die Dampfporen in feinen Parallellinien 


846 


(wahrscheinlich in Bändern senkrecht zur Schliffebene) enthalten, wieder 
andere reichlich sehr scharfe Magnetit-, Glimmer- und zahlreiche nelken- 
braun durchscheinende bis 0,02um dicke Spinelle führen. 

Als Seltenheit wurden in zwei Schliffen einige Hauyne von 0,04 bis 
0,06mm Dicke aufgefunden, die mit denen vom Hohenberg gleiche Form etc. 
zeigen, einer dagegen einen dunklen Rand und von da aus nach dem lich- 
ten Centrum, aus feinen Dampfporen perlschnurartig gereihte sich kreu- 
zende Strichpunkte führt. 


10) Aphanitischer glimmerreicher Leuzit-Nephelinbasalt, Randen, 
SO. v. Blumberg, WSW. v. Engen. H. = 6. 


Kleinkrystallinische, aus Augit, Magnetit, Leuzit, Nephelin, 
Glimmer und etwas Apatit gebildete Grundmasse mit zahlreichen 
frischen porphyrischen Olivinkrystallen, Augitaugen und als Selten- 
heit Hornblende. 


Dieser Basalt ist unstreitig der compacteste unter den hier 
beschriebenen. Er lässt sich mit Leichtigkeit in cubische Stücke 
mit flachmuschligem Bruche schlagen, zeigt dann eine homogen 
tief violblauschwarze Farbe und höchst feinkörnige Beschaffen- 
heit. Sehr frische licht ölgrüne, nach dem Brachipinacoid in 0.2mm 
dicke Platten spaltbare, gut und scharf krystallinisch umrandete 
Olivinkrystalle, von bis {4mm Länge, Smm Dicke, sind nicht sel- 
ten. Über Pseudoeinschlüsse am Ende. 


Sehr licht grünlich gelbbraune pellucide Angite von bis 0,08mm L., 
0,02 mm Breite und gut krystall. Ausbildung, bald locker, bald dichter ein- 
gestreuter Magnetit, vorwiegender in aus 6- und 4-Ecken combinirten bis 
0,12mm grossen Lappen, als einfachen 0,02 bis 0,04wm grossen Krystallen; 
licht honiggelber Glimmer in bis 0,06mm grossen, aus Blättchen aggregir- 
ten, Lappen; endlich zu sternförmigen Gruppen vereinte licht gelbbraune 
Augitleisten von bis 0,2mın L., 0,04mın Br. liegen so dieht gedrängt und 
wirr durcheinander, dass der farblose Untergrund innerhalb dieser Partien 
nur in mehr oder weniger rundlichen Lücken hervortritt. Von diesen lich- 
ten Stellen sind viele so vertheilt, dass die Gesteinspartien, auch ohne die 
zahlreichen centralen Cumulationen kleiner Augitmikrolithen das Gepräge 
des Leuzitbasaltes tragen, während andere, durch die Polarisation leicht 
als Nephelin zu erkennende, fast stets eine, den Langseiten der recht- 
eckigen Schritte parallele, abgesetzte feine Faserung, einige recht charac- 
teristisch parallel den Rändern Mikrolitheinlagerungen enthalten. Grös- 
sere Nephelinflecke sind von einem Randpunkte, gewöhnlich einem frei 
und weit einspringenden Augitkrystall aus sehr fein radialstrahlig zeoli- 
thisirt, dabei noch völlig klar. Feine gerade Apatitnadeln sind in einzel- 


ee nn 
az u =. ER 


847 


nen Nephelinflecken reichlich und haften entweder an frei eingelagerten 
Augitkrystallen, oder verbinden gegenüber vorspringende, wie in leeren 
Drusenräumen;, in vielen fehlen sie gänzlich. 

Die reichlichen porphyrischen Olivinkrystalle sind völlig frisch, gut 
ausgebildet, theils völlig rein und nur wenig zersprungen, theils mit klei- 
nen runden Dampf- und Glasporen, sowie kleinen Spinellchen und Magne- 
titkryställchen erfüllt. Viele enthalten auch ausgezeichnete Flüssigkeits- 
poren von bis 0,002"m Dicke mit lebhaft wirbelnder Libelle. 

In einem Schliff zeigt sich ein 0,58"mn langes, Q,l4nm breites Horn- 
blendefragment von ölgrüner, in fast schwarz übergehender Farbe (bei 
dem Drehen über dem Objectivnicol) völlig rein, mässig zersprungen, aber 
von einer 0,03mm breiten Magnetitschale gänzlich umfasst. 

Fast in jedem Schliffe findet man ein oder mehrere rundliche Aggre- 
gationen sehr licht brauner grösserer Augitkrystalle, nur mit Nephelin- 
zwischenklemmung, von einer sehr kleinkörnigen, im Gegensatz hierzu 
recht magnetitreichen Zone vom Grundgewebe getrennt (Augitaugen). 

Eine solche Partie von nahe 3nm Durchmesser ist ausgezeichnet da- 
durch, dass die vom Rande aus einragenden sehr scharfen 0,2mm ]., 0,04mm 
br. Augitkrystalle vom Grunde aus bis auf ?/, der Länge fast farblos, dann 
aber am Kopfende intensiv und gleichmässig frisch lauchgrün sind, dass 
ferner in der etwas trüben Nephelinzwischenklemmung sehr scharfe bis 
0,035nm ]., 0,04mm breite wasserhelle Nephelinrechtecke und zugehörige 
hex. Querschnitte liegen, sowie ausser einigen Apatitnadeln Büschel sehr 
feiner wasserheller Belonite eingebettet sind. 


Auf den Flächen eines Handstücks zeigten sich mehrere 2—4 Dem 
grosse Flecke, die den Character fremder Einschlüsse zu tragen schienen. 
Der eine von schmutzig licht grünlichweisser Farbe, von schneeweissen, 
mit Salzsäure unter Brausen zerstörbaren, Kalkspathellipsoiden umgeben, 
zeigt grossentheils unter der Loupe ein zerhacktes Aussehen, mit einge- 
streuten licht lavendelblauen Körnern und Putzen von Magnetkies. Er 
selbst braust nicht. 


Die sorgfältig gesammelten Splitter wurden theils für sich mikrosko- 
pisch untersucht, theils unter dem Mikroskop mit Salzsäure (bis nahe zum 
Kochen) behandelt und lehrten ein Gemenge kennen von Hauyn, Nephelin 
und Tridymit, dem Magnetkies eingesprengt ist. Ein anderer Einschluss, 
auf einer ursprünglichen Säulenfläche sichtbar, gleichfalls stellenweise von 
liehtem, zerhacktem Aussehen, mit 6 Tropfen Salzsäure bedeckt, zeigte 
nur an verschiedenen Punkten ein schwaches Brausen, nach einigen Mi- 
nuten aber die Säure als licht grüne steife Gallerte. Nach dem Abspülen 
wurde die Gallertbildung mit etwas mehr Säure wiederholt, dann sorgfäl- 
tig gereinigt. Es zeigte sich jetzt, dass in den trüberen (licht gelbgrauen) 
Partien die Säure am stärksten eingegriffen hatte; dass die vorher nur 
wie zerhackt aussehenden Flecken jetzt deutlich als Partien winziger mit 
einer Kante aufsitzender wasserheller Schüppchen erschienen; dass kleine 
bläuliche Körner besser denn vorher hervorragten und einige blendend 


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848 


weisse Kügelchen eingebettet waren. Bei dem Zertrümmern wurde leider 
bemerkt, dass der Pseudoeinschluss nur 3nmm Dicke hatte. Ein Splitter- 


. chen, welches mehrere weisse Kügelchen enthielt, geglüht, bis dieselben 


unverändert, nur noch greller hervortreten, beim Betupfen mit Kobalt- 
solution und erneutem Glühen aber blass blau erscheinen (Leuzit). Ein 
anderer Splitter, der ein bläuliches, im Bruche fettglänzendes Korn ent- 
hielt, wurde zwar zu sehr blass bläulichgrünem Glas geschmolzen, zeigte 
aber mit Soda auf Kohle kein Hepar, nichtsdestoweniger ist der Splitter 
als aus Nephelin (überwiegend) und Hauyn bestehend anzusehen. 

Eine Contactscherbe lieferte einen fast 2Oem grossen Schliff, der nun 
folgendes zeigt. 

Die Basaltgrundmasse wird gegen den Einschluss hin allmählig dich- 
ter, kleinkrystallinischer gewoben und nephelinärmer; rasch aber zart ver- 
wachsen folgt eine ebenso kleinkrystallinische, aber durch grösseren Ne- 
phelingehalt auffallend lichtere von zerstreuten Magnetitlappen durchsetzte 
0,3 bis 0,6wm breite Zone, hierauf eine ebenso breite, deshalb noch lich- 
tere Zone, weil in ihr die Augitkrystalle weit grösser, sehr blass bräun- 
lich, der zwischengeklemmte mehr hervortretende Nephelin theils völlig 
farblos, theils dicht schmutzig gelbbräunlich bestäubt ist und der Magnetit 
gänzlich fehlt. Der nun folgende Einschluss besteht überwiegend aus sehr 
trüb schmutzig gelbbraun bestäubtem Nephelin, der zum Theil verworren- 
fasrig zeolithisirt ist. dann aus völlig farbloser Nephelinsubstanz, erstere 
in Flammen und Streifen durchziehend, zum Theil die Randpartie bildend, 
endlich aus sehr scharfen bis 0,3mm langen wasserhellen Nephelinkry- 
stallen. 

Von der zuletzt erwähnten lichten Basaltcontactzone wachsen nament- 
lich in die farblosen Nephelinpartien hinein massenhaft sehr scharf aus- 
gebildete bis 0,5mm lange, theils breite, theils schmal stabförmige pracht- 
voll grasgrüne, pellucide Augitkrystalle (nur wenige sind lederbraun oder 
am Grunde lederbraun, :nach dem freien Ende hin grasgrün. Diopsid?). 


Innerhalb des gelbbestäubten trüben Nephelins sind Aggregate 0,01 
bis 0,02mm dicker rundlicher Körner mit dendritisch aggregirten Ausfran- 
zungen häufig, die, wo sie dicht gedrängt liegen, fast schwarz und opak 
erscheinen, im Gegentheile aber grün durchscheinen und wohl Augitkörner 
darstellen. Namentlich da, wo dieselben Nephelinkrystalle trennen, treten 
letztere recht grell hervor. Der Nephelin wird reichlich von Apatitnadeln 
durchzogen, zeigt auch hin und wieder, namentlich der klare und die Kry- 
stalle, Büschel und Sterne höchst feiner farbloser Nädelehen. Honiggelb- 
brauner sehr pellucider Glimmer in recht scharfen, bis 0,07um breiten 


Hexagonen und grösseren lappigen Aggregaten ist sehr reichlich einge- 
bettet. 


Einige bis 1,5mm grosse unregelmässig 4- oder 6seitig gerundet be- 
grenzte Flecke, vom gelblichen Nephelingrund nur abgehoben durch einen 
dunklen Augitkorn- oder Augitkrystallrand (mit der Loupe durchgesehen 
täuschend ähnlich den Noseanen im Olbrücker, Burgberger etc. Gestein) 


849 


polarisiren gänzlich mosaikartig bunt, fleckig, strahlig etc., dass sie wohl 
einem besonderen, aber sehr an daher nicht näher zu deutenden 
Minerale angehören. 

Einige andere, wahrend des Schleifens auffallend weiss erscheinende 
bis 0,8um grosse rundliche Körner, die ich wohl für Leuzit hielt, brachen 
sämmtlich aus. Die kleineren zurückgebliebenen sind völlig Wenns 
trübe und blind und opak. 

Ein einziger ca. 0,085wm dicker quadratischer Hauynkrystall mit dunk- 
ler Randzone, Strichnetzen und bläulichem gekörntem Centrum musste lei- 
der, um das Präparat genügend dünn zu erhalten (am Rande), geopfert 
werden, ebenso ein recht characteristisches Tridymitaggregat, während die 
erhalten gebliebenen nur sehr versteckt zwischen dem Nephelin aufzufin- 
den und kaum als solche zu deuten sind. 

'Stellenweise zusammengedrängte, scharf quadratische, nur 0,01 bis 
0,015mm dieke Kryställchen, sowie Büschel 0,06nm langer gerader faden- 
und keilförmiger Striche zeigen sich selbst bei grellstem Lichte völlig opak 
schwarz und möchten wohl Magnetit angehören. 

Rundliche wasserhelle bis 0,15mm breite Secretionen mit Ehortahiaenen 
Gliederung innerhalb des gelbbraunen Nephelingrundes, die nach ihrer 
Polarisation und Zwillingsstreifung aus Kalkspath bestehen, zeigen sich 
nur spärlich. 

Die ganze beschriebene Einlagerung ist offenbar kein Einschluss, son- 
dern, wie doleritische Nester und Adern, eine langsam erstarrte Ausschei- 
dung, nicht nur ursprünglich von ganz eigenthümlicher Zusammensetzung, 
sondern mehr wohl noch im Laufe der Zeit durch Metamorphose verän- 
dert. In 12 sorgsam durchsuchten Präparaten des Basaltes konnte Hauyn 
nicht entdeckt werden, dessen Fehlen aber damit ebensowenig ausgespro- 
chen ist, wie in vielen anderen Basalten, wo ihn nur ein günstiger Zufall 
entdecken liess. 

Kluftflächen des Gesteins sind mit prächtigen Sterngruppen wasser- 
hellen Harmotoms in Form der bekannten kreuzförmigen Zwillinge be- 
kleidet. 

Bevor die Krystallschale abgeschlagen, um freie Krystalle untersuchen 
zu können, wurde dasselbe mit Salzsäure wiederholt betupft, die erst nach 
mehreren Stunden zur Gallerte gestand. Gepulvert in Salzsäure gelöst, 
' wurde Kieselpulver abgeschieden. Vor dem Löthrohr ruhig zu fast klarem 
' Glase schmelzbar. 


® 
Anm. Ich erlaube mir, die obige Beschreibung einiger Glimmer- 
basalte desshalb zu veröffentlichen, weil mir vor einigen Tagen leider erst 
der Sitzungsbericht der Münchner Academie zu Gesicht kam, in welchem 
eine Abhandlung von F. SAnDBERGER aufgenommen ist, der sich mit dem 
Gestein von Poppenhausen beschäftigt hat, zu denselben Resultaten, in 


Beziehung auf den Character der Gemengtheile, wie ich, gekommen ist; 
Jahrbuch 1873. 54 


850 


das Gestein aber als eine besondere Species der Nephelingesteine betrach- 
tet und Buchonit nennt. 

Aus den oben nur kurz berührten geologischen Folgerungen kann ich 
der beabsichtigten Abtrennung des Gesteins von den Basalten nicht bei- 
pflichten; bin aber auch nicht in der Lage, jetzt eine schon lange begon- 
nene Monographie der Glimmerbasalte zu liefern, da der Umzug unserer 
höheren Gewerbeschule in ihr neues Gebäude und die noch weit zurück- 
liegende Vollendung des Laboratoriums mich in der Fortsetzung der Ana- 
lysen empfindlich unterbrach. 

Chemische, mit den mikroskopischen Hand in Hand gehende Analysen 
sind aber unerlässlich, namentlich da viele der älteren Analysen einmal 
nicht alle Elementarbestandtheile umfassen, anderntheils oft gar nicht auf 
das zugehörige Gestein bezogen werden können. Ich erinnere hier nur 
beispielsweise daran, dass eine Analyse von E. E. Schmp vom Basalte 
des Kreuzbergs i. d. Rhön in alle Lehrbücher übertragen wird, weil der 
geringe Kieselsäure-, hohe Eisenoxyd-, Kalk- und Natrongehalt auffällt. 
Obwohl ich von 18 Punkten des Kreuzbergs vom recht verschieden aus- 
sehenden, sicherlich mehreren Ausbrüchen angehörenden Basalte Unter- 
suchungen angestellt, habe ich doch keine Varietät aufzufinden vermocht, 
die als die chemisch untersuchte angesehen werden könnte. Scaımip selbst 
konnte sich leider nicht erinnern, welcher Localität und Varietät sein Ma- 
terial entnommen war. 

Ausser dem auf einer Badischen Reise im J. 1869 von mir selbst ge- 
sammelten Materiale und dem aus verschiedenen Sammlungen entnomme- 
nen, wurde mir noch direct reichliches Material zugestellt von den Herrn 
Bezirksförstern Werzer in Hornberg, Vosr in Engen, MEngER in Blum- 
berg, Krrrser in Donaueschingen und Lehrer WoLrert in Weiler. Um 
grobkörniges Material vom Steinsberg habe ich mich vergebens bemüht; 
auch hatte nachträglich noch G. LronHArp die Güte, mir am 30. Juni zu 
erwidern, dass ihm solches unbekannt sei. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 


5 


<° 


851 


Erklärung der Figurentafel. 


Anamesitischer Glimmerbasalt von Neckarbischofsheim. Vergr. 

x 300. 

a) Augit und Apatit-reicher trüber Nephelingrund. 

b) Hauyn, c) Glimmer, d) Hornblende, e) Augit. 

Grosser Nephelinfleck in demselben Basalte. Vergr. >< 300. 

a—e) wie vor. f) Kalkspathsecretion. 

Aphanitischer Glimmerbasalt v. Steinsberg bei Sinsheim. Vergr. 

>< 120. 

a) Nephelinpartie von Magnetit garnirt. 

£) Zeolithisirter trüber Nephelinfleck. 

») Glimmer, ö) Hornblende, e) Magnetit. Olivin. 

Hauyn aus demselben Basalte. 

Nephelinkrystalle aus dem B. v. Hohenhöwen. 

Aus doleritischen Adern dieses Basaltes. 

(Zerbrochene Augitkrystalle, Tridymit, Apatit und Titaneisen, 
letzteres mit dem Spiegel im auffallenden Lichte.) 

Zertheilung und Umwandlung des Nephelingrundes im B. von 

Hohenstoffeln. 

Spinellgruppe in einem Olivin dieses Basaltes. 

In Kugelschalen angeordnete Dampfporen im Olivin d. B. v. Neu- 

höwen. 


10. Apatit im Nephelingrund d. B. b. Warteberg. 


54 * 


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Briefwechsel. 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 
Frankfurt a M., den 16. Oct. 1873. 
Apatit im Osteolith. Skolezit von Poonah. 


. Bei meiner letzten Excursion nach den Basaltkuppen des nördlichen 
Odenwaldes, an welcher wiederum Herr Bergrath Stem von Wiesbaden 
Theil nahm, beobachtete ich am Rossberge inmitten eines ziemlich harten 
Osteolithes auf kleinen Kluftflächen krystallinische Überzüge und deutliche 
Kryställchen OP. oP von neugebildetem Apatit, was wohl bemerkt zu 
werden verdient. Auch im Basalt des benachbarten Stetteritz wurde Osteo- 
lith gefunden. 

Vor einiger Zeit erhielt ich von Herrn Mineralienhändler LANDAUER 
von dem zu Poonah in Ostindien in einem Melaphyrmandelstein mit Apo- 
phyllit vorkommenden Zeolith in weissen bis wasserhellen, glas- bis sei- 
denglänzenden, zuweilen über einen Zoll langen, dünnen Krystallbündeln 
und stängeligen Aggregaten von 2,296 spec. Gew. Dieser sogenannte Po- 
onahlit ist der nachfolgenden Analyse gemäss nichts anderes als Skolezit, 
dem er übrigens schon von Anderen, namentlich von RAMMELSBERG, Zuge- 


rechnet wurde. 
Gefunden Berechnet für 


CaAl,SiO,0,, + 3H,0 


Kieselsäure-. . . . 46,91 45,80 

Thonerder 20... 2603 26,21 

Kalk a 1 ae 14,25 

Natron: 2.2 20. 22.%2.2083 

Kalıeı . 22 Sei 722 220,08 

BMasseri..0.% ar 1383 13,74 
100,40. 100,00. 


Der früher von GumeLın analysirte Poonahlit ergab etwas mehr Thon- 
erde und weniger Kalk. THEODOR PETERSEN. 


833 


Wien, den 17. October 1873. 


Im heurigen Sommer verweilte ich längere Zeit im siebenbürgischen 
Erzgebirge, wo ich mich mit dem Studium der in dieser Gegend sehr ver- 
breiteten jüngeren Eruptivgesteine beschäftigte. 

Abgesehen von den zwei bekannten Basaltdurchbrüchen der Detunata 
gehören diese Gesteine den Trachyten, und zwar zum grössten Theil der 
Andesitgruppe an, einige davon sind quarzführende Andesite; über letz- 
tere habe ich bereits einige Mittheilungen gemacht; in diesem Jahre fand 
ich sie in grosser Verbreitung in den Umgebungen des durch seinen Gold- 
bergbau bekannten Bergorts Nagyag; am Hasto, Lispetare, Csepturar, 
Duba etc., ferner bei Boicza, Hondol, Brad und einigen anderen Punkten; 
alle diese Gesteine sind grosskörnig und nicht sehr quarzreich. 

Unter den quarzfreien Andesiten lassen sich zwei Abtheilungen unter- 
scheiden: die erste begreift Gesteine, welche sich der Structur nach von 
den quarzführenden nur wenig unterscheiden; sie enthalten grosse, rissige, 
glasige Feldspathkrystalle, die sich bei näherer Untersuchung als Plagio- 
klase erweisen; sie sind hauptsächlich an zwei Punkten verbreitet: bei 
Boicza, und in dem zwischen Verespatak und Offenbanya gelegenen Ge- 
birge, wo sie mit den quarzführenden Andesiten räumlich in innigem Zu- 
sammenhang stehen, daher auch eine kartographische Trennung beider 
Gruppen in dieser Gegend keine leichte Aufgabe ist. 

Die dichten Andesite bilden einen mehrere Meilen langen Zug zwi- 
schen Zalathna und Stanisa, der von Süd-Ost nach Nord-West streicht; 
ausserdem kommen sie in den Umgebungen des Bergorts Ruda und bei 
Bukurest vor. 

Es lassen sich eine grössere Anzahl von Varietäten ausscheiden. Eine 
der interessantesten ist das Gestein der Piatra Mori bei Zalathna; welches 
in einer rabenschwarzen, dichten, wenig vorherrschenden Grundmasse kleine, 
stark glänzende Feldspäthe, und lange, dünne, seidenglänzende Nadeln von 
schwarzer Hornblende enthält. Am Dialu Unguruluj finden sich ähnliche 
Gesteine, jedoch ist hier die Hornblende meist umgewandelt, was dem Ge- 
steine häufig eine lauchgrüne Farbe gibt, dies lässt sich auch bei den 
grossen Hornblendekrystallen der Quarz-Andesite nicht selten beobachten; 
ich war anfänglich geneigt, die kleinen Nadeln, welche man im Dünn- 
schliffe unter dem Mikroskope sieht, ebenfalls für Epidot zu halten, jedoch 
fehlt hier der bei dem Epidot gewöhnlich erscheinende Dichroismus, -so 
dass ich diese Einschlüsse bis jetzt nicht recht zu deuten weiss. 

Bei Tekireii (W. v. Zalathna) findet sich Quarztrachyt von rhyolithi- 
schem Habitus; die harte, dichte, röthliche Grundmasse enthält nur wenige 
Quarzkörner, Sanidin und selten Plagioklas. 

Über einige andere Vorkommnisse werde ich Ihnen nächstens eine 


detaillirtere Mittheilung machen. 
Dr. C. DoELTER,. 


894 


Frankfurt a/M., den 18. Oct. 1873. 


Meinen, kürzlich an dieser Stelle mitgetheilten Bemerkungen über das 
Gebirge südlich vom Pusterthal, bei Ampezzo ete. gestatten Sie mir, noch 
einige Notizen hinzuzufügen über die nach SW. und SO. angrenzenden 
Gebiete, gegen Cadore, Fiorentinathal, Caprile und Zoldothal zu. 


Gebirge südwestlich von Ampezzo. Das dolomitische Ge- 
birge, welches von SW. her an das Ampezzothal herantritt, ist im Wesent- 
lichen eine Schlerndolomitterrasse, deren Schichten sich in ziemlich 
stark nach NO. geneigter Lage befinden, und deren einzelne Partien durch 
lokale, kleinere Brüche noch etwas gegenseitig verschoben sind. Die von 
Ampezzo aus sichtbaren Theile entsprechen im Allgemeinen den Schlern- 
plateaulagen. Nur vereinzelte Reste der ehemaligen Bedeckung durch 
Schlernplateauschichten und Hauptdolomit haben sich erhalten; dem letz- 
teren gehören die Dolomitzinnen der Croda da Lago und des Becco 
di Mezzodi an. Kommt man von der Südseite, aus dem Fiorentinathal 
her, so hat man den mauerartigen Abfall jener Schlerndolomitmasse vor 
sich, welcher als fortlaufende Wand sich über den unterlagernden Com- 
plexen der Sedimentärtuffe nebst St. Cassianartigen Schichten erhebt. Man 
bemerkt, dass der Schlerndolomit hier wenig mächtig ist. Nach Ost zieht 
sich seine Wand im Beccolungo nach dem Boitathal hinab, wo sie sich 
unter den Thal-Schuttmassen verliert, um gegenüber, unter dem mächtig 
aufsteigenden Hauptdolomit der östlichen Boita-Seite nicht wieder aufzu- 
tauchen. Westwärts wird durch den Giau-Pass und das von ihm nach 
dem Costeanabach abwärts ziehende Thal der Zug des Schlerndolomits 
unterbrochen und die liegenden Schichten freigelegt. Im Mt. Nuvulau setzt 
er dann wieder weiter nach W., etwas mächtiger geworden, fort. Am Fal- 
zargo-Pass durch einen schmalen Einschnitt unterbrochen, in welchem die 
Strasse nach Buchenstein hinabführt, setzt der Schlerndolomit-Zug im 
Sasso di Strega fort, auf welchen, jenseits des Einschnitts des Valparola- 
Passes der westlichste Theil folgt, der mit dem Set Sass und dessen nörd- 
lichem Ausläufer unweit St. Cassian endigt. 

Der skizzirte Dolomitzug bildet somit ein zusammengehöriges Ganze; 
nach Süd mit jenem mauerartigen Abfall abschliessend, der vom Becco- 
lungo bis zum Set Sass geht, wird er nach Nord durch das Ampezzothal, 
die Falzargostrasse und deren Abzweigung nach St. Cassian, die Strada 
de ’tre sassi begrenzt, und zwischen beiden Grenzlinien treten allenthalben 
die obersten Schlerndolomitlagen, das Schlernplateau hervor, und 
senken sich, mehr oder weniger geneigt, und durch Thalrisse älterer oder 
späterer Entstehung mehrfach unterbrochen, nach Nord bis Nordost. Den 
Schlernplateaulagen gehört denn auch die nach NO. gerichtete Abdachung 
des Set Sass in’s Chiumenathal hinab, an, sowie die Partie an der Valpa- 
rola und der Strada de ’tre sassi; auch hier fehlen die Reste der Schlern- 
plateauschichten nicht, welche namentlich vom Set Sass in den früheren 
Schriften über diese Gegenden mehrfach erwähnt werden; sie treten ganz 
wie auf dem Set Sass auch auf der Valparola auf und lassen sich von da 


85) 


in die Tiefe des Chiumenathals hinab verfolgen, während sie von dem 
grössten Theile der Abdachung verschwunden sind. 

. Eine zweite, höhere Schlerndolomitterrasse erhebt sich längs der Bruch- 
spalte der Falzargo- und Tre sassi-Strasse, und über ihr steigen, durch 
die Schlernplateauschichten getrennt, die Hauptdolomit-Massen der Tofana 
und des Lagazuoi auf. Nach NW. sieht man diese höhere Schlerndolo- 
mitterrasse sich gegen St. Cassian zu senken (Pasqua-Berg der Karte) und 
sich unter den Hauptdolomitwänden der Laverella (Verella und Fanisberg 
der Karte) verlieren. In den verschütteten Gehängen, welche sich vor dem 
W.-Absturz der Laverella und des Kreuzkofels hinziehen, tritt der Schlern- 
dolomit dann nicht mehr hervor, während die Schlernplateauschichten an 
der Basis des Hauptdolomits stellenweise aufgeschlossen sind, so nament- 
lich an dem bekannten Punkt der Heiligkreuzkirche („Heiligkreuz-Schich- 
ten“); auch hier werden, wie an der Tofana, die obersten Lagen der Schlern- 
plateauschichten durch Steinmergel gebildet, welche den Übergang in 
den Hauptdolomit vermitteln. 

Geht man von der Höhe des Falzargo-Passes abwärts nach Buchen- 
stein, oder vom Gian-Pass nach Selva und Colle di S. Lucia, oder von der 
Forcella da Lago durch das Pisandrothal nach Pescul, so durchschneidet 
man die Schichten im Liegenden jener untern der oben skizzirten Schlern- 
dolomit-Terrassen. St. Cassian-artige Schichten an der Basis des Schlern- 
dolomits dürften wohl überall vorhanden sein, doch sind sie meist durch 
Schutt verdeckt, und treten nur stellenweise hervor, so dass unter dem 
Dolomit an den meisten Stellen der Complex der Sedimentärtuffe in mäch- 
tig entwickelten Sandsteinbänken zu folgen scheint. Solche bilden den 
obersten Theil des Coldi Lana und des Mt. Por& (Frisolet der Karten) bei 
Andraz, sowie die Höhen weiter östlich im Fiorentinathal und in der Rich- 
tung gegen 8. Vito im Boitathal. — Östlich von Pescul treten unter den 
Tuffsandsteinen,etc. liegendere Triasschichten nicht mehr hervor; während 
weiter westlich die Schichten des alpinen Muschelkalkes in der gewöhn- 
lichen Ordnung abwärts bis zu den etwa dem Wellendolomit entsprechen- 
den („Seisser Schichten“) folgen. Nach der Tiefe des Fiorentina- und Cor- 
devole-Thales beobachtet man nun mehrfache Schichtenwiederholun- 
gen; statt dass abwärts alpiner Röth und Buntsandstein folgten, erschei- 
nen unter jenen, schon zum untern Muschelkalk gehörenden. Schichten 
wieder Tuffsandsteine, darunter wieder alpiner Muschelkalk etc.; stellen- 
weise, so an den Berggehängen zwischen Andraz und Caprile, in mehr- 
facher Wiederholung. Diese, gewiss mit Schichtenfaltungen zusammen- 
hängenden Wiederholungserscheinungen lassen sich weiter in die Gegend 
südlich von Caprile und nach Forno di Zoldo zu verfolgen. 

Noch besonders hervorzuheben ist in diesem Gebiete die Partie am 
Mte. Carnera auf der N.-Seite des Fiorentinathales. Man beobachtet hier 
deutlich, wie auf eine gewisse Erstreckung hin die weiter östlich und west- 
lich mächtig entwickelte Tuffsandsteinabtheilung durch eine, ebenfalls ge- 
schichtete Kalk- und Dolomitbildung ersetzt wird, welche die Masse des 
Mt. Carnera bildet. Die obersten Bänke dieses Kalkes ziehen in NO.-Rich- 


856 


tung noch in den Einschnitt des Gian-Passes hinein und sind im Val Car- 
nera zu erkennen; sie werden nur von einer wenig mächtigen Folge von 
Tuffsandsteinbänken überlagert, über denen noch St. Cassian-artige Kalke, 
bis zum Schlerndolomit folgen; nach Ost zu bemerkt man, am Pizzo del 
corvo eine successive Abnahme jener Kalkbildung, und in gleichem Maasse 
ein Anwachsen der dunkeln Tuffsandsteine, welche auf der Ostseite des 
Pisandrothales schon allein herrschen. Ähnlich nach W., wo jenseits des 
Codalungathales ebenfalls nur mehr Tuffsandsteine auftreten. — Zu dem 
früher von mir erwähnten Profil vor der Hochalpe, bei Welsberg, wo auch 
über dem obern alpinen Muschelkalk, ganz unerwartet, eine dolomitisch- 
kalkige Entwicklung folgt, statt der gewöhnlichen Folge der Tuffsand- 
steine (oder „doleritischen Sandsteine“), findet sich also in dieser Partie 
des Fiorentinathals eine sehr ähnliche Wiederholung. 

Gebirge südöstlich von Ampezzo; Cadore. — Das mächtige 
Felsgebirge, welches sich im SO. von Ampezzo, als Sorapiss, Marmarole 
und Antelao erhebt, bildet ein zusammengehöriges Ganze; in den tiefern 
Theilen ist diese Felsmasse typischer Hauptdolomit mit Megalodon tri- 
queter und Meg. complanatus, neben welchen auch Gastropoden-Kerne und 
-Hohlräume vorkommen; auf den Hauptdolomit folgt nach oben, wo sie 
nicht durch spätere Zerstörung entfernt ist, noch eine mächtige Kalkbil- 
dung in wohlgeschichteten, dicken Bänken, welche ebenfalls, wie der Haupt- 
dolomit, Gastropodenreste und Spuren anderer Petrefakten führen, nament- 
lich aber durch grosse Megalodon-Durchschnitte ausgezeichnet ist, die auf 
den Oberflächen der Bänke und abgestürzten Blöcke recht häufig bemerk- 
bar sind. Gewiss steht diese Kalkbildung, welche ohne Zwischenlagerung 
weicherer, mergeliger Schichten, hier unmittelbar auf den Hauptdolomit 
folgt, jenem Kalke, resp. der untern Partie jenes Kalkes ganz gleich, der 
am Hochgaisl, Seekofel, Kreuzkofel, Vallon bianco ete. ebenfalls direkt 
auf dem Hauptdolomit ruht, und eine grössere, zusammenhängende, in 
ihren einzelnen Theilen übrigens mehrfach dislocirte Mulde bildet, und 
welcher bei La Stuva (und einigen andern Punkten) mit jüngeren Jura- 
schichten und Diphyakalken nach oben abschliesst; beim Durchwandern 
dieses Kalkgebietes beobachtet man ebenfalls hie und da jene grossen 
Megalodon-Durchschnitte. 

Im SO. von Ampezzo stehen unter den schroff aufsteigenden Haupt- 
dolomitmassen noch Schlernplateauschichten (Sandsteine und Steinmergel) 
an; sie verschwinden bald nach S. wie nach O. zu; längs der Nordgrenze, 
von Tre croci ostwärts, steigt der Hauptdolomit des Sorapiss Marmarole- 
Zuges unmittelbar aus der Thaltiefe auf; zugleich ist eine Senkung dieser 
ganzen Gebirgsmasse nach O. unverkennbar, in der Art, dass am Mt. Ro- 
siana, im Val Pian di Sera schon nicht mehr Dolomit, sondern der diesem 
aufgelagerte Kalk in den Wänden der zu den Marmarole gehörigen „Oroda 
grande“ ansteht, und, in Folge eines zwischendurchgehenden Bruches, un- 
mittelbar an die Triasschichten des Mt. Rosiana (oberer Muschelkalk, Se- 
dimentärtuffe etc.) grenzt. Schlerndolomit und Schlernplateauschichten sind 
also längs der Nordgrenze unter dem Hauptdolomit der Sorapiss Marma- 


857 


role nicht nachzuweisen; sie sind unter die Thalsohle versenkt; ihr Vor- 
handensein ist mit Rücksicht auf den jenseits des Anzieithales mächtig 
entwickelten Schlerndolomit nicht zu bezweifeln. Wie längs des Anziei- 
thales, so sind auch längs der Boita von Acqua buona bis unterhalb San 
Vito unter dem Hauptdolomit der Sorapiss (Malcoira) und des Antelao 
liegendere Schichten nicht entblösst. Von Borca abwärts im Boitathal 
tauchen sie auf, und folgt man diesem Thalzug weiter bis Valle, so er- 
scheint unter dem nordwärts fallenden Hauptdolomit des Antelao die Folge 
der ältern Triasschichten, welche sich dann weiter nach O. und NO. in 
der Landschaft Cadore, dem Thalzug der Piave entlang an den Osträndern 
des Antelao und der Marmarole herumziehen. Nicht so leicht, als man 
erwartet, ist hier, zunächst unter dem Hauptdolomit, der Nachweis der 
Schlernplateauschichten und des Schlerndolomites. So deutlich dieselben 
in den Gebieten weiter nördlich sich vom Hauptdolomit abheben und ge- 
sonderte Gebirgsstufen bilden, so wenig scheinen die nach 8. gekehrten 
Dolomit-Abstürze des Antelao, aus dem Thal betrachtet, eine Trennung in 
zwei Dolomitstufen mit durchgehends zwischengelagerten Schlernplateau- 
Schichten zu gestatten. Wo im Vergleich zum Hauptdolomit der Schlern- 
dolomit nur schwach entwickelt ist, beruht seine sichere Erkennung und 
Unterscheidung hauptsächlich nur auf deutlich trennenden Schlernplateau- 
Schichten; fehlen auch diese, oder treten sie weniger deutlich und durch- 
greifend auf, so ist die sichere Erkennung der untern Dolomitstufe unter 
der obern sehr erschwert. Dass sich dies auf den SW.- und SO.-Gehängen 
des Antelao so verhält, davon glaube ich mich an einigen Stellen, so über 
Borca, und noch mehr an der Croda 8. Pietro (beim Übergang aus Val 
Maisama zum Rio Paje), überzeugt zu haben — soweit dies ohne die so 
häufig ausbleibenden paläontologischen Hülfsmittel möglich ist. An diesen 
Stellen finden sich Zwischenlagerungen von Schichten, welche gewissen 
Lagen typischer Schlernplateau-Schichten vollkommen gleichen, und unter 
welchen terrassenförmig eine wenig mächtige Dolomitstufe vorspringt, die 
ohne Zweifel den schwach entwickelten Schlerndolomit repräsentirt, dessen 
Eigenschaften sie auch ganz besitzt. 

Unter den südlichen und südöstlichen Dolomit-Abstürzen des Antelao 
folgen dann abwärts zur Boita und Piave die tiefern Stufen der Trias. 
Zunächst die Gruppe der Sedimentärtuffe, an ihrer Basis Wengener Schich- 
ten, Pietra verde und die Hornstein- und Knollenkalke des obern alpinen 
Muschelkalkes; man beobachtet diese Schichten längs der Strasse von Borca 
nach Venas, weiter im Val Maisama, von wo sie durch V. Paje und V. 
Vedessana nach Valderino bei Auronzo ziehen. Unter diesen Schichten 
folgt eine nicht unansehnliche dolomitisch-kalkige Stufe, welche die mitt- 
lere Gruppe des alpinen Muschelkalkes, den Dolomit mit Gyroporella pauet- 
forata vepräsentirt, und die Höhen des Col S. Anna bei Venas, des Col 
Maor, M. Bagion, der Cima di Lozzo, M. Chiadin und Col Brusau bildet. 
An diesen Zug schliessen sich abwärts die Thalgehänge gegen Pieve di 
Cadore, Domegge, Lozzo, Auronzo hinab, welche in den untern Stufen des 
alpinen Muschelkalkes liegen. In der Thaltiefe selbst stehen, steil aufge- 


858 


richtet (wie auch die zunächst hangenden Schichten) die Schichten des 
alpinen Röth’s, namentlich die „schwarzen Foraminiferen-Kalke“ und Gypse 
an, einen schmalen Zug von Lozzo bis nahe an Venas bildend. An diese 
Schichten legen sich nach SO. zu — indem der Buntsandstein in der Tiefe 
bleibt, und nur lokal, N. von Lorenzago auftaucht — wieder die hangen- 
den dem alpinen Wellenkalk ete. entsprechenden Schichten, welche im NO. 
von Pieve di Cadore auch noch den untersten Theil der an der linken 
Piaveseite aufsteigenden Höhen bilden. Höher hinauf, bis zu dem in der 
Richtung der Piave streichenden zackigen Gebirgskamm (Mt. Cridola, M. 
Cadin, M. Spe etc.) erblickt man nur dolomitische Wände; und es ist 
wahrscheinlich, dass hier, im SO. der Piave, wieder ein Fall dolomitisch- 
kalkiger Entwicklung vorliegt, in der Art, dass die Sedimentärtuffe fehlen, 
resp. durch gleichzeitig abgelagerten Dolomit und Kalk ersetzt sind. 

Bei Calalzo trifft man eine mächtige Bildung jüngeren Conglomerates, 
welche sich längs der Piave hinzieht; grössere und kleinere Reste solcher 
Bildungen findet man auch weiter Fluss-aufwärts und abwärts. 

Das GebirgezwischenFiorentina-, Boita- und Zoldothal, 
und nördlich von der Forcella Cibiana wird in seiner Haupt- 
masse von den zur Abtheilung der Sedimentärtuffe gehörigen Schichten 
gebildet; unter ihnen treten die Schichten des alpinen Muschelkalkes viel- 
fach zu Tage, und über ihnen erhebt sich an der Nordgrenze dieses Ge- 
bietes der Dolomitbau des Monte Pelmo. In seinem äussern Umfang 
ziemlich reduzirt, im Vergleich zu den weit mächtigern Massen des Ante- 
lao, Sorapiss ete., bildet der Dolomit des Pelmo den Rest einer Haupt- 
dolomitdecke, welche, ursprünglich im Zusammenhang mit den gleichaltri- 
gen Hauptdolomiten ringsum, über das ganze Gebiet wegging und nach der 
Stelle des Mt. Pelmo einsank; wie noch jetzt der Schichtenbau dieses Ber- 
ges deutlich zeigt. Während seine untern Theile typischer Hauptdolomit, 
mit Megalodon triqueter und complanatus sind, liegt auch hier noch über 
dem Dolomit jener wohlgeschichtete Kalk mit grossen Megalodon-Durch- 
schnitten. Es gelang mir nicht, den Schlerndolomit, den ich auf der Spitze 


.des Antelao noch nachweisen konnte, an der Basis des Pelmo zu erken- 


nen; !/, Stunde weiter nördlich ist er am Beccolungo deutlich, doch wenig 
mächtig vorhanden, daher ist es wohl denkbar, dass bis hierher seine 
Mächtigkeit auf Null reduzirt war. Mt. Crotto im W. und Mt. Penna im 
S. von Pelmo, welche von geschichtetem Kalk und dolomitischem Kalk ge- 
bildet werden, gehören schon tiefern Lagen an; sie entsprechen derjenigen 
alpinen Triasstufe, welche mit dem Namen „Cipitkalk“ bezeichnet wurde, 
und sind im Zusammenhang mit dem weiter oben erwähnten Mt. Carnera 
aufzufassen. Abwärts nach dem Fiorentina, Boita, Rutorto- und Zoldothal 
folgt dann die mächtige Sandsteinbildung der „Sedimentärtuff“-Abtheilung 
v. RıcHutuoren’s; unter ihr der alpine Muschelkalk. in seinen verschiedenen 
Stufen. — Auch in diesem Gebiete stösst man auf Wiederholungen von 
Schichtenfolgen. Auf dem Wege von Forno di Zoldo über die Forcella 
Cibiana nach Venas bemerkt man, dass das nördliche Gehänge in seinen 
untern Partieen von Schichten gebildet wird, welche der obern Stufe des 


859 


alpinen Muschelkalkes entsprechen; die bekannten hierhergehörigen Horn- 
steinkalke, die „Wengener“ Schichten und die auch sonst sich stets an diese 
Zone haltende Pietra verde stehen häufig an; Val Inferna ı. d. N. der 
Forcella Cibiana ist ausserdem durch die dort gefundenen Ammoniten des 
obern Muschelkalk-Cephalopoden-Horizontes bekannt. Die obern Partieen 
des Gehänges werden dagegen von einer erheblich mächtigen Dolomitbil- 
dung eingenommen, welche den ganzen Höhenzug vom Coll!’ Alto nach 
Col Duro und Mt. Punta bilde. Am Coll’ Alto glaubt man von der For- 
cella Cibiana aus diesen Dolomit deutlich auf Pietra verde folgen zu sehen, 
und könnte insofern geneigt sein, ihn in den obern alpinen Muschelkalk 
oder in den Complex der Sedimentärtuffe zu setzen. Die weitere Verfol- 
gung der Verhältnisse von der Forcella Cibiana bis Venas bringt jedoch 
bald die Aufklärung, dass man es mit Schichtenwiederholungen zu thun 
hat; dass unter jenem Dolomit zunächst die charakteristischen, den alpi- 
nen Wellenkalk repäsentirenden Schichten liegen, der Dolomit selbst also 
der mittlern Stufe des alpinen Muschelkalkes, dem Dolomit mit Gyropo- 
rella pauciforata entspricht. Im Hangenden dieses Dolomits folgen denn 
auch nach N. zu wieder in, der normalen Folge oberer Muschelkalk, Pie- 
tra verde, Tuffsandsteine; wovon man sich im Boita- wie im Rutortothal 
unterhalb Zoppe, überzeugen kann. Vodo gegenüber sieht man längs des 
V. dell’ Oglio abermals eine Dolomitmauer von dem Gebirgskamm sich 
gegen die Boita herabziehen; wir haben hier gewiss eine nochmalige Wie- 
derholung der mittlern, dolomitischen, Muschelkalkstufe, über welcher die 
höhern Schichten in normaler Ordnung, bis zum Cipitkalk des Mt. Penna 
folgen werden. 

Die untern Lagen des alpinen Muschelkalks („Seisser und Campiler“ 
Schichten) und z. Th. auch die weitere Folge bis in den obern Muschelkalk 
sind in diesem Gebiete namentlich aufgeschlossen zwischen Venas und (i- 
biana, ferner in der Tiefe des Rutortothales, unterhalb Zoppe, endlich am 
Weg von Forno di Zoldo nach Dont und Fusine. Das obere Zoldothal 
bietet wenig Aufschlüsse. Beim Übergang aus diesem Thal nach Alleghe 
erkennt man am Coldai-Pass wieder deutliche Cipitkalke. 

Die Strecke vom Alleghe-See nach Caprile und Buchenstein 
ist interessant durch mehrfach sich wiederholende Schichtenfol- 
gen und nicht unbedeutende Dislokationen. Geht man von Caprile 
nach Alleghe, so stehen längs des Weges die Schichten des östlichen Thal- 
gehänges in steiler Stellung an, dislocirten Gebirgsschollen angehörig, 
welche gegen die Thalspalte verstürzt sind. Bis Calloneghe hat man die 
Folge aus dem Gyropellen-Dolomit durch den vbern Muschelkalk bis hoch 
in den Complex der Sedimentärtuffe durchgemacht, welch letztere vorzugs- 
weise durch die bekannten dunkeln „doleritischen“ Sandsteine vertreten 
sind, neben welchen auch Tuffschiefer und tuffig kalkige Conglomerate, 
sowie eigentnümlich porphyrartige Gesteine vorkommen. Weiter, nach 
Alleghe zu, passirt man zunächst zur untern alpinen Muschelkalkstufe ge- 
hörige Schichten, dann den Gyroporellen-Dolomit, obern Muschelkalk etc., 
in derselben Folge wie weiter rückwärts. Von Caprile aufwärts gegen 


860 


Mt. Fernazza stösst man auf ähnliche Verhältnisse. In der Thaltiefe, am 
Ausgang des Fiorentinabaches stehen die dunkeln Tuffsandsteine an; über 
diesen folgen Schichten der untern Muschelkalkstufe; schon hoch oben die 
Wand des Gyroporellendolomits, dessen Zug man aus der Ferne leicht 
vom Weg nach Colle di S. Lucia durch das Fiorentinathal bis über Alleghe 
hin bemerkt; über ihm folgen, gegen den Gipfel des Fernazza zu, oberer 
Muschelkalk und Tuffsandsteine. 

Wir verfolgen nicht weiter die Verhältnisse am Weg von Caprile nach 
Buchenstein, wie auf der W.-Seite des Cordevolethals; sie gleichen ganz 
den eben skizzirten: mehrfache Wiederholungen von Schichtenfolgen aus 
der untern Stufe des alpinen Muschelkalks bis in die Gruppe der Sedi- 
mentärtuffe, die an einigen Stellen, z. B. in nächster Nähe von Caprile 
ganz den Eindruck hervorbringen, als wenn zum Muschelkalk gehörige 
Schichten durch Tuffschichten normal unterlagert würden. Erst wenn man 
diese Unregelmässigkeiten in ihrer Gesammtheit betrachtet, stellen sie sich 
als das Resultat grossartiger Schichtenbiegungen und -Faltungen bei der 
Hebung des ganzen Triasgebirges dar; Hebungsrisse und spätere Erosion 
kamen hinzu und schnitten in diesen nicht mehr einfach gebliebenen 
Schichtenbau die jetzigen Thalzüge ein. — 

Ein Analogon zu solchen Schichtenwiederholungen dürfte auch in den 
früher von mir erwähnten Verhältnissen am Sarenkofel und Badkofel beim 
Pragser Thal vorliegen. Während in dieser Gegend die Lagerungsver- 
hältnisse sonst weniger gestört erscheinen, beobachtet man obere Muschel- 
kalk- und Wengener Schichten auf N.- und S8.-Seite des dem mittlern 
Muschelkalk, Gyroporellendolomit, angehörigen Badkofels. Es ist wahr- 
scheinlich, dass die jetzige Lage der Schichten auf der N.-Seite Folge von 
Dislokation und Trennung ursprünglich zusammenhängender Schichten ist. 
Unverkennbar ist ein Sprung längs dem Ostrand des Pragser Thales, wel- 
cher die westliche Fortsetzung des Gyroporellendolomits versenkte und die 
demselben aufgelagerten Schichten in die Tiefe des Pragser Thales brachte, 
während ihre östliche Fortsetzung auf den Höhen zwischen Sarnkofel und 
Dürrenstein ansteht. Dr. H. Lorerz. 


% 


Neue Literatur. 


Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
beigesetates *. 


A. Bücher. 
1872. 


ArToPE: über Augit-haltige Trachyte der Anden. (G. Rosr’s Trachyte. 
IV. Abth.) Inaug.-Dissert. Göttingen. 8°. S. 29, 

* J. F. Branpt: Bemerkungen über die untergegangenen Bartenwale, deren 
Reste im Wiener Becken gefunden wurden (Sitzb. d. Ak. d. Wiss. in 
Wien, LXV. Bd. Apr.). 

* Ort. FEistmAntEL: über Baumfarrenreste der böhmischen Steinkohlen-, 
Perm- und Kreideformation. Prag. 4°. 30 S., 2 Taf. 

* J. STEENSTRUP: sur les marques que portent les os dans les pelotes reje- 
tees par les oiseaux de prove etc. (Videnskabelige Meddelelser fra den 
Naturh. Forening ı Kjobenhavn.) 8°. 9 p., 1 Tab. 

* VIRLET d’Aoust: les origines du Nil. (Journ. les Mondes, 28. Nov. et 
3. Dec) Barıs, 1872. 8. .,.12p. 


1873. 


* W. T. BranFrorn: Description of the Geology of Nagpür. (Mem. of the 
Geol. Surv. of India, Vol. IX. Art. 2.) 8°. 36 p. 1 Map. 

* 0. Börtser: Kurze Notizen über Versteinerungen bei Offenbach. (Ber. 
d. Offenbacher Ver. f. Naturk. XII. Bd.) 8°. 4. 

* J. F. Branpr: Blicke auf die Verbreitung der in Europa entdeckten Zahn- 
wale der Tertiärzeit (Sitzb. d. k. Ak. d. W. Febr.). 

* J. F. Branpr: einige Worte über die Eintheilung der Zahnwale (Mel. 
biol. du Bull. de V’Ac. imp. des sc. de St. Petersbourg, T. IX.). R 

* J. F. Branpr: Untersuchungen über die fossilen und subfos- 
silen Cetaceen Eurgpa’s. St. Petersburg. 4°. 372 S., 34 Taf. 

* J. F. Branpr: über bisher in Russland gefundene Reste von Zeuglodon- 
ten. (Mel. biol. du Bull. de l’Ac. imp. des sc. de St. Petersbourg, 
2. 1X) 


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862 


*Epw. D. Core: Palaeontological Bulletin. No. 15. Second Notice of 
extinct Vertebrata from the Tertiary of the Plains. 8°. 
*J. W. Dawson: Remarks on Mr. CARRUTHERS views of Prototaxites. 
(Monthly Mierosc. Journ. Aug.) 
*H. v. DecHen: die nutzbaren Mineralien und Gebirgsarten im Deutschen 
Reiche nebst einer physiographischen und geognostischen Übersicht 
des Gebietes. Berlin. 8°. S. 806. 
* E. Desor: Notice sur un mobilier prehistorique de la Sıberie. Neuchä- 
tel. Ip 3 BI 
* Die Expedition zur physikalisch-chemischen und biologischen Untersu- 
chung der Ostsee im Sommer 1871 auf S. M. Avisodampfer Pomme- 
rania nebst physikalischen Beobachtungen an den Stationen der preus- 
sischen Ostseeküste. Berlin. 4°. 178 S., 1 Taf. u. 1 Karte. 
* (0. J. Forsyru MasJor: Remarques sur quelques mammiferes post-tertiai- 
res de U’Italie. Sep.-Abdr. 8%. 27 p. 
*C. J. Forsytu MaAsor: La faune des vertebres de monte Bamboli. Sep.- 
Abdr. 8% 16 p. 
* 0, J. Forsyru Masor: Nagerüberreste aus Bohnerzen Süddeutschlands 
und der Schweiz (Palaeontographica, Bd. XXI. 2. Lief.). Cassel. 
p. 15—130. Taf. 3—6. 
* R. Fresenius: chemische Untersuchung des Kränchens, Fürstenbrunnens, 
Kesselbrunnens und der neuen Badequelle zu Bad Ems. Wiesbaden. 
8°, 64 8. 
* R. Fresenius: Geschichte des chemischen Laboratoriums zu Wiesbaden. 
Wiesbaden. 8°, 106 S. Mit Portrait. 
* Fresenius: Analyse der Homburger Mineralquellen. Sep.-Abdr. 
* Die Königlichen Trink- und Bade-Anstalten zu Schlangenbad. Wiesbaden. 
A us 
* Die Königlichen Trink- und Bade-Anstalten zu Schwalbach. Wiesbaden. 
12.7638: | 
ReımHoLD FRriTzeÄrTNER: die Pentacriniten- und Ölschieferzone des Lias 
Alpha bei Dusslingen. Inaug.-Diss.. Tübingen. 8°. S. 38. 
Tu. Fuchs: Erläuterungen zur geologischen Karte der Umgebung Wiens. 
Mit 1 Tabelle, 3 Taf. Durchschnitten. Wien. 8°. S. 45. 
Tu. Fuchs: Geologische Karte der Umgebung Wiens. 
G. A. Haarmann: Mikroskopische Untersuchungen über die Structur und 
Zusammensetzung der Melaphyre. Inaug.-Diss. Leipzig. 8°. S. 34. 
* K. Hausuorer: über die Constitution natürlicher Silicate. Sep.-Abdr. a. 
d. Ann. d. Chemie und Pharmacie. 169. Bd. 
* Anz. Heım: der Ausbruch des Vesuv im April 1872. Basel. 8%. 528. 
4 Taf. 
* Ans. Heim: über den „Gletschergarten“ in Luzern. Sep.-Abdr. 8°. 
* G. Karsten: die Gesetze der Bewegung. Kiel. 8%. 238. 
* L. G. pe Koninck: Recherches sur les animaux fossiles. 2. part. Mono- 
graphie des fossiles carbomiferes de Bleiberg en Carinthe. Bruxelles 
et Bonn. 4°. 116 p., 4 Pl. 


863 


* Aıp. R. Leeps: Oontributions to Mineralogy. (Amerie. Journ. of Se. a. 
Arts, Vol. VI. July.) 

H. LerFrLer: über die Einwirkung der kohlensauren Alkalien auf Sili- 
cate. Inaug.-Dissert. Breslau. 8°. S. 48. 

*J. G. ©. Linwarsson: Berättelse, afgifven till Kongl. Vetenskaps- Akade- 
mien, om en resa till Böhmen och Ryska. (Sep.-Abdr.) 

FRIEDR. Löwıe: über die Einwirkung der kohlensauren Alkalien auf Thon, 
Feldspath und Albit in hoher Temperatur. Chemische Inaug.-Dissert. 
Breslau. 8°. S. 48. 

* Epm. v. Mossısovics: über die Grenze zwischen Ost- und West-Alpen. 
(Zeitschr. d. deutsch. Alpenver®ins. Bd. IV, p. 8—18 mit geol. Über- 
sichtskarte.) 

* Das oberösterreichische Museum Francisco-Carolinum in Linz. Linz. 8°. 
61 8. 

* A. REDTENBACHER: die Cephalopoden der Gosauschichten in den nordöst- 
lichen Alpen. Mit neun Tafeln. Wien. 4°. 

* Report of the forty-second meeting of the British Association for the 
Advancement of science, held at Brighton in August 1372. London. 
80%. LXXXIV, 412, 289, 84. 

* A, E. v. Reuss: Paläontologische Studien über die älteren Tertiärschich- 
ten der Alpen. III. Abth. Wien. 4°. 60 8. Taf. 37—56. 

* An. SADEBECK: Geologie von Ost-Afrika. Leipzig und Heidelberg. 8°. 
40 S., 1 Karte. 

* An. SADEBECK: Repetitorium der Mineralogie und Geologie zum Gebrauche 
für Architecten, Forstleute, Landwirthe, Polytechniker etc. Berlin. 8°. 
118 S. 

* I, Rürmever: die fossilen Schildkröten von Solothurn und der übrigen 
Juraformation. Mit Beiträgen zur Kenntniss vom Bau und Geschichte 
der Schildkröten im Allgemeinen. Zürich. 4%. 185 S., 17 Taf. 

* G. Stache: der Graptolithen-Schiefer am Osternigberge in Kärnten. (Jb. 
d. k. k. geol. Reichsanst. XXIII. 2.) Wien. 8°. p. 175. 

* Jap. STEENSTRUP: om Gjaellegitteret eller Gyjaellebarderne hos Brugden 
(Selachus maximus). Kjobenhavn. 8. 20 p. 

* J, STEENSTRUP: Comparaisons entre les ossements des cavernes de la Bel- 
gique et les ossements des Kjoekkenmoedding du Danemark. Bruxelles. 
8°, p. 199—214. 1 Pl. 

A. StREHLE: über die Einwirkung der kohlensauren Alkalien auf Sili- 
cate. Chemische Inaug.-Dissert. Breslau 8°. 8, 41. 

* ALFONSO STUEBEL: Carta sobre sus viajes a las Montanas Chimborazo, 
Altar etc. y en especial sobre sus ascensions al Tunguragua y Coto- 
pazxi. Quito. 8°. 30 p. 

* EB. Weiss: Vorläufige Mittheilungen über Fructificationen der fossilen 
Calamarien (Zeitschr. d. Deutsch. geol. Ges. p. 256.). 

* V, v. ZEPHAROVIcH: die Atakamit-Krystalle aus Süd-Australien. (A. d. 
LXVIIH. Bde. d. Sitzb. d. k. Akad. d. Wissensch. Juli-Heft.) 


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864 


B. Zeitschriften. 


1) Jahrbuch der k. k. geologischen Reichsanstalt. Wien. 8°. 

[Jb. 1873, 538.] 
1873, XXIII, No. 2; S. 117—248; Tf. V—VI. 

Tu. Fuchs und FeL. KArrer: geologische Studien in den Tertiär-Bildun- 
gen des Wiener Beckens: 117—137. 

Eom. v. Mossısovics: Beiträge zur topischen Geologie der Alpen. 3. Der 
Rhätikon. Mit geol. Karte u. Tf. V—VI: 157—175. 

G. Strache: der Graptolithen-Schiefer am Osternig-Berge in Kärnthen und 
seine Bedeutung für die Kenntniss des Gailthaler Gebirges und für 
die Gliederung der paläozoischen Schichtenreihe der Alpen: 175-248. 


— 


2) Verhandlungen derk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 

8%, [Jb. 1873, 636.] 
1873, No. 12. (Bericht vom 31. August.) S. 215—230. 
Eingesendete Mittheilungen. 

F. Srtorıczka: Reise nach Yarkand: 215. 

G. Stache: der Graptolithen-Schiefer am Osternig-Berge in Kärnthen und 
seine Bedeutung für die Kenntniss des Gailthaler Gebirges und für 
die Gliederung der paläozoischen Schichten-Reihe der Alpen: 215-217. 

Car v. Hauer: Analysen von Eruptiv-Gesteinen aus dem Orient: 218 


—221. 
Reiseberichte. 


G. StacHz: Notizen aus den Tiroler Centralalpen: 221—223. 
O0. Lenz: aus dem Bregenzer Wald: 223—224, 
Einsendungen u. s. w.: 224—230. 


3) H. Korse: Journal für practische Chemie. Leipzig. 8°. 
[Jb. 1873, 637.] 
1873, VII, No. 8, 8. 296—384. 


4) W. Dunker und K. A. ZımteL: Palaeontographica. 
[Jb. 1873, 412.] 
20. Bd. 6. Lief. Gemirz: das Elbthalgebirge in Sachsen. Der untere 
Quader. V. Brachiopoden und Pelecypoden. S. 208—236. Taf. 46-52. 
20. Bd. 2. Abth. 3. Lief. Geinıtz: das Elbthalgebirge in Sachsen, Il. 
S. 53—72. Taf. 14—19. 
22. Bd. 2. Lief. C. J. Forsyru Masor: Nagerüberreste aus Bohnerzen 
Süddeutschlands und der Schweiz. 8. 75—130. Taf. 3—6. 
. Bd. 3. Lief. W. Kowauevskv: Monographie der Gattung Anthracothe- 
rium Cuv. etc. S. 131—210, Taf. 7—9. 


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180) 


869 


5) Comptes rendus hebdomadaires des seances del’ Academie 

des sciences. Paris. 4°. [Jb. 1873, 639.] 
1873, 28. Juill. — 25. Aout; No. 4—8; LXXVH, p. 225—544. 

Pısanı: Analyse des Dewalquit von Salm-Chateau in Belgien: 329—333. 

LAWRENCE SmitH: über den Korund von Nordcarolina und über die Geo- 
logie von Montana: 356—359. 

Erie DE Bravmont: detaillirte geologische Karte von Frankreich: 409 
—413. 

En. Pıerte: über eine Höhle bei Lartet (Hautes-Pyrenees) aus der Renn- 
thier-Zeit: 431—432. 

LawrENcE Smit#: weitere Bemerkungen über den Korund von Nordcaro- 
lina und die Geologie von Montana: 439-442. 

Granp d’Eury: verkieselte Pflanzen-Reste im Kohlen-Becken der Loire: 
494-495. 

Fasre: über die Existenz alter Gletscher während der Quartär-Periode in 
den Bergen von Aubrac (Lozere): 495—497. 


6) E. Dusrueın et E. Hecker: Revue des sciences naturelles. 
Montpellier et Paris. 8°. [Jb. 1873, 311.] 
1873, tome II. No. 1. Pg. 1—168. 
M. LEyMERIE: geognostische Beschreibung der Montagne noire im Aude- 
Dep.: 24-38. 
ParavdıLue: fossile Conchylien in pliocänen Mergeln von Montpellier: 38-66. 


7) The Quarterly Journal of the Geologtical Society. London. 

8°. [Jb. 1873, 541.] 
1873, XXIX, August, No. 115, p. 317—492. 

Bryce: über die jurassischen Gesteine von Sky und Raasay (pl. XI und 
X): 317—351. 

Mackıntos#: die merkwürdigeren Gerölle des n.-w. England und von Wa- 
les (pl. XIII): 351—360. 

Anstep: Solfataren und Schwefel-Lager von Kalamaki am Isthmus von 
Korinth: 360—363. 

Lucas: Ursprung der Thoneisensteine: 363—369. 

Dawson: über Leptophloeum rhombicum und Lepidodendrum gaspianum : 
369— 372. 

Hrrron: Übersicht der neueren Formationen auf Neuseeland: 372—380. 

CARRUTHERS: über die Farn der Kohlenformation und ihre Beziehungen zu 
noch lebenden und fossilen: 380—381. 

SCHINDLER : Geologie von Kazirun in Persien: 381—382. 

Bonner: die Seen in den n.-ö. Alpen und ihre Beziehungen zu den Glet- 
schern: 382—3%6. 

‚B. Gastanpı: über die Wirkungen der Gletscher-Erosion auf die Alpen- 


Thäler: 396-402. 
Jahrbuch 1873. 55 


866 


Horn: permische Breccien und Gerölle-Schichten von Armagh:: 402—407. 

Srow: geologische Notiz über West-Griqualand: 407—409. 

Rupert Jones: über zweischalige Entomostraceen, besonders die Cypridi- 
nen der Steinkohlen-Formation: 409—412, 

Duncan: das Genus Palaeocyryne Duxc. und Verwandte (pl. XIV): 412 
—417. 

MorrImErR: über die Kreide in Yorkshire: 417—419, 

GREY EsERToN: über Platysiagum scelerophalum und Palaeosphinax pris- 
cus: 419—421. 

WRrisHT: neues Genus silurischer Asteriadeen: 421—422. 

Warp: Vergletscherung des n.-w. Theiles vom See-Distriet: 422—441. 

Drew: alluviale und Gletscher-Bildungen im oberen Indus-Becken: 441 
—473. 

Geschenke an die Bibliothek: 473—492,. 


8) H. Woopwarp, J. Morrıs a. A. ETHERIDGE: The Geological Maga- 
zine. London. 8°. [Jb. 1873, 635.] 


1873, July, No. 108, p. 289—336. 


Bonner: über das Vorkommen von einem Quarzit-Gerölle in einem Stein- 
kohlen-Streifen: 2839—291. 

PovLerr Scrope: über die blockige Felsoberfläche und die Theorie von der 
Zusammenziehung des Erdkerns: 291—23. 

R. Eruerivge: Beiträge zur Paläontologie der Steinkohlen-Formation: 295 
— 297. 

R. ErHerider: über neue fossile carbonische Lamellibranchier: 297—299. 

Frank RutLey: neue Methode, krystallographische Formeln zu schreiben: 
299—301. 

J. Young: über ein carbonisches Echinodermen-Genus: 301 —303. 

DE Rance: Mineral-Gänge im n.-w. England: 303—309. 

Notizen u. s. w.: 309—336. 


9) The London, Edinburgh a. Dublin Philosophical Ma- 

gazine and Journal of Science. London. 8°. |[Jb. 1873, 635.] 
1873, July, No. 303, p. 1—88. 

ARTHUR PhıtLırs: Zusammensetzung und Ursprung der Wasser der Salz- 
quelle in der Huel Seton Grube, nebst chemischer und mikroskopi- 
scher Untersuchung der Gesteine in ihrer Nähe (mit Taf.): 26—36. 

J. D. Dana: Resultate über die Zusammenziehung der Erde durch Ab- 
kühlung und über die Entstehung der Berge: 41—55. 


867 


10) B. Sırııman a. J. D. Dana: the American Journal of science 
and arts. 8° [Jb. 1373, 630.] 


1873, September, Vol. VI, No. 33, p. 161—240. 


J. D. Dana: über einige Resultate der Contraction der Erde durch Ab- 
kühlung. V. Bildung der continentalen Plateau’s und oceanischen 
Senkungen: 161. 

J. LAwREncE Smia#: über den Korund von Nord-Carolina, Georgia und 
Montana: 180. 

G. Wasusurn: die Geologie des Bosporus: 186. 

F. V. Haypen: Geologische Untersuchungen im Jahre 1872: 194. 

E. S. BREIDENnBAUGH: über die Mineralien aus den Tilly Foster Eisenstein- 
gruben:: 207. ! 


R. W. Raymonp: über den Heitzwerth der Lignite des westlichen Ame- 
rika: 220. 


55 * 


Auszüge, 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


ALEX. SADEBECK: Gustav Rose’s Elemente der Krystallogra- 
phie. Dritte Auflage. Mit 9 lithogr. Doppeltafeln. Berlin 1873. 8. 181. 
Wenn ein hervorragender Gelehrter zugleich auch ein ausgezeichneter 
Lehrer, so gilt dies von G. Rose. Wir sehen es an den zahlreichen Schü- 
lern des dahingeschiedenen Meisters, die auf den Lehrstühlen deutscher 
Hochschulen im Sinne und Geist ihres verehrten Lehrers wirken. Zu die- 
sen Schülern zählt auch Sınpzsrck, dessen vorzügliche Schriften über Ku- 
pferkies, Blende und Fahlerz einem jeden Mineralogen bekannt. Ein Be- 
weis wie sehr Rose seinen Schüler schätzte, der ihm sieben Jahre zur Seite 
stand ist, dass er ihm die Bearbeitung der dritten Ausgabe seiner Kry- 
stallographie übergab. Dass SanzgeEcx dieser Aufgabe nicht allein gewach- 
sen, sondern sie auch sehr glücklich gelöst, zeigt eine nähere Einsicht in 
das Buch. Der alte Plan der früheren Auflagen ist unverändert beibehal- 
ten, aber dabei doch die Forschungen der neuesten Zeit mögliclıst berück- 
sichtigt. So sind z. B. bei den einfachen Formen die Beispiele nicht allein 
aus dem Mineralreiche entnommen, sondern auch von in den Laboratorien 
dargestellten Salzen, weil wir unter letztern manchen einfachen Formen 
begegnen, die sich bis jetzt bei den Mineralien nicht fanden. Im regulä- 
ren System wurden neu hinzugefügt die tetardoedrischen (künstlichen) For- 
men; im quadratischen die hemiedrischen, im hexagonalen die hexagonal- 
hemiedrischen und trapezoedrischen, im rhombischen die hemiedrischen. — 
Eine bedeutende Vermehrung haben die Combinationen gefunden, daher 
auch eine grössere Zahl der Tafeln gegen früher. Die Weıss’sche Bezeich- 
nungs-Methode wurde beibehalten, jedoch nicht dessen Namen, statt deren 
Snepeck die jetzt allgemein üblichen annakm. Endlich ist die Übersicht 
der Mineralien nach den Krystall-Formen insofern verändert, als keine 
chemische Unterabtheilungen angegeben und die einzelnen Mineralien sind 
in jedem Krystall-System hintereinander, nach G. Rosr’s krystall-chemi- 
schem Mineralsystem, aufgeführt. Leider war es G. Rose nicht mehr ver- 
gönnt die Vollendung des Werkes zu erleben. Aber, wie SADEBECK im 


869 


Vorwort sehr treffend sagt, dass eben dieses Buch, welches am frühesten 
seinen Namen und seine Lehre verbreitete, unmittelbar nach seinem Tode 
wieder ersteht, ist ein sicheres Zeichen, dass der Tod seiner Wirksamkeit 
überhaupt kein Ziel gesetzt hat. 


Ferpd. Zirker: die mikroskopische Beschaffenheit der 
Mineralien und Gesteine. Mit 205 Holzschnitten. Leipzig 1873. 8°. 
8. 502. Der Verfasser, welcher seit 1863 uns durch eine Reihe Epoche 
machender Schriften die hohe Bedeutung des Mikroskopes kennen lehrte, 
hat in der vorliegenden Arbeit versucht Alles, was bisher über mikrosko- 
pische Structur und Zusammensetzung der Mineralien und Gesteine bekannt 
worden, zu sammeln und dem Publikum in einer systematisch geordneten 
Form zu bieten: eine mikroskopische Mineralogie und Petro- 
graphie. Zieker’s reichhaltiges Werk, welches nicht allein das bis- 
herige Material in grosser Vollständigkeit, sondern auch viele noch nicht 
veröffentlichte Resultate eigener Forschung enthält, zerfällt in fünf Ab- 
schnitte. Im ersten oder-einleitenden Theil (S. 1—31) gibt der Verf. An- 
leitung zum Gebrauche des Mikroskopes, der Untersuchung im polarisirten 
Lichte, sowie zur Zeichnung mikroskopischer Bilder. — Der zweite Ab- 
schnitt enthält Allgemeines über die mikroskopische Structur der Minera- 
lien (S. 31—1035). Der Verf. zeigt, wie die makroskopisch erkannten 
Structur-Verhältnisse der Mineralien sich bei diesen auch im mikroskopi- 
schen Maassstab in grosser Vollkommenheit und Mannigfaltigkeit ausge- 
bildet finden. ZirkeL bespricht eingehend und durch zahlreiche Holz- 
schnitte noch näher erläuternd den Aufbau der Krystalle aus Schichten, 
Mikrolithen und verzwillingten Lamellen, sowie die Structur-Untersuchung 
durch Ätzmittel. Die genetische Bedeutung der in Krystallen vorhandenen 
Einschlüsse fremder mikroskopischer Körper: Flüssigkeit, Glasmasse, Kry- 
ställchen oder amorphe Partikel wird hervorgehoben, sowie besonders die 
Gestaltung und Aggregations-Weise der mikroskopischen Individuen, die 
Mikrolithe und Krystalliten. Endlich theilt ZırkeL interessante Verglei- 
chungen mit zwischen dem ursprünglichen und umgewandelten Zustand 
der Mineralien, so weit der Vorgang der molekularen Veränderung durch 
das Mikroskop erforschbar. — Der dritte Abschnitt behandelt die beson- 
dere mikroskopische Beschaffenheit der einzelnen Mineralien. Er hat nicht 
nur einen beschreibenden, sondern auch einen diagnostischen Zweck. Bei 
den einzelnen Mineralien, zumal denen die als Gemengtheile von Gesteinen 
grössere Verbreitung und Bedeutung erlangen, hat Zırkeu sich bestrebt 
alle solche characteristische Momente hervorzuheben und mit andern in 
Gegensatz zu stellen, welche geeignet sind die Wiedererkennung und Be- 
stimmung des betreffenden Minerals zu vermitteln, also eine mikroskopische 
Kennzeichen-Lehre zu begründen. Es werden in diesem lehrreichen Ab- 
schnitt (S. 103—264) zunächst Quarz und die petrographisch wichtigen 
Silieate nach dem Weıss’schen System geschildert, an diese die übrigen 
Mineralien gereiht. — Der vierte Abschnitt (S. 265—289) bringt Allge- 


870 


meines über die mikroskopische Structur der Gesteine. ZIRKEL unter- 
scheidet drei Mikrostructur-Abtheilungen: 1) rein krystallinische Ausbil- 
dungsweise; 2) halbkrystallinische Ausbildung und 5) unkrystallinische 
Ausbildung. — Der fünfte und letzte Abschnitt (S. 289—496) bespricht in 
sehr eingehender Weise die besondere mikroskopische Beschaffenheit der 
einzelnen Gesteine. Dem Mikroskop ist dabei eine dreifache Aufgabe ge- 
stellt: die mineralogische Natur der einzelnen Gemenstheile festzustellen; 
die mikroskopische Beschaffenheit der letzteren, zumal mit Rücksicht auf 
die Structur-Beziehungen zu erforschen und endlich die Mikrostruetur der 
‚Gesteine als solcher zu ermitteln. — Wie der Verf. strebte im dritten Ab- 
schnitt die gesteinsbildenden Mineralien hinsichtlich ihrer mikroskopischen 
Ausbildung mit möglichster Vollständigkeit nach dem Stande unserer ge- 
genwärtigen Kenntniss zu schildern, so werden nun im fünften die einzel- 
nen Gesteine geschildert, insbesondere die feldspathhaltigen Massengesteine. 
Mit grösster Sorgfalt sind hier alle Beobachtungen bis auf die neueste 
Zeit benutzt, aber auch nicht wenige eigene, noch nicht veröffentlichte 
mitgetheilt. 


CLEMENS WInKteR: über diechemische Constitution einiger 
neuer Uranmineralien. (Journ. f. prakt. Chem. 1873. 7. Bd. S. ı 
bis 14.) Auf der Kobalt-Gruppe „weisser Hirsch“ zu Neustädtel unfern 
Schneeberg kamen 1871 mit Uranpecherz und Wismuth einige Mineralien 
vor, welche A. WeıssacH als neue Species erkannte, beschrieb und an Cr. 
WINKLER zur chemischen Untersuchung übergab *. Den Resultaten der 
letzteren schickt Cr. WInKLer nähere Mittheilungen über Gang und Me- 
thode seiner Analysen voraus. 1) Uransophärit. Die ziegelrothen halb- 
kugeligen Zusammenhäufungen des Uranosphärits decrepitiren beim Er- 
hitzen und zerfallen zu einer Menge seideglänzender Krystall-Nadeln von 
gleichem Ansehen und von vorübergehend brauner Farbe. Es sind dem- 
nach die rothen Halbkugeln dieses Minerals nicht — wie man annahm — 
durch Übereinander-Lagerung verschiedener Verbindung gebildet, gehören 
vielmehr einer concentrischen Zusammenhäufung gleichartiger Krystalle 
an. Die Analyse ergab: 


Uranoxyd . . . . 43,79 
Wismuthoxyd . . . 38,39 
Kobaltoxyd. . . . 422 
Eisenoxyd . . . . 2,75 
Calciumcarbonat . . 1,15 
Arsehsäure'..-.92202W 5,82 
Quarz} PRE 3705 
Wasser "a. NR PABE 

98,01. 


Hiernach ist die (dualistische) Formel des Uranosphärits: Bi,0,,2U,0; 
+H,0. — 2) Walpurgin. Krystalle desselben, der Glühhitze ausge- 


* Vergl. Jahrb. 1873, 315. ö 


371 


setzt, nehmen eine braune Farbe an, die beim Erkalten tief Pomeranzen- 
gelb. Decrepitation findet nicht statt. Zwei Analysen ergaben: 


Wismuthoxyd . . 61,43 59,34 
Hranosyd ......, 2029 2054 
Arsensäure. . . 11,88 13,03 
BNaSSer . .......,.2.08 4,65 


97,92. 97,56. 


Hiernach die Formel: 5Bi,0,,As,0, + 3U,0,,As,0, + 10H,0. — 3) Trö- 
gerit. Die gelben Krystalle nehmen beim Erhitzen unter Wasser-Abgabe 
und ohne Veränderung der Form vorübergehend goldbraune Färbung und 
starken Glanz an. Nach dem Erkalten werden sie wieder gelb. Der ge- 
glühte Trögerit zerfällt beim Befeuchten mit Wasser in viele kleine schim- 
mernde Blättchen, wobei sich ein schwaches Geräusch und geringe Wärme- 
Entwickelung bemerklich macht. 


Uranoxyd . . . 53,73 59,30 
Arsensäure. . . 17,39 17,89 
Wismuthoxyd . . 0,74 2,21 
Kupferoxyd . . 0,56 _ 

Kobaltoxyd. . . Spur 1,45 
Bematt . . .'.. >10 0,99 
Wasser; »:::.::84,03 17,81 

"9714. 9,65. 
Die Formel des Trögerit: 3U,0,,As,0, + 12H,0. — 4) Zeunerit. 


Wurde zuerst für Kupferuranglimmer gehalten. Die Analyse (1) wies 
aber keine Phosphorsäure nach. WınKLer untersuchte daher auch noch 
zur Vergleichung schöne Krystalle des Kupferuranit von Redruth (2 u. 3). 


T. 2. 3. 
Kupferoxyd -. .: 219,057,49 8,07 8,13 
Uranoxydi >: :12.: „2053,86 62,10 60,71 
Arsensäure . . . . 20,94 3,10 3,24 
Phosphorsäure . . . — 13,91 13,54 
Nkasserar2j nn? „39.119,68 15,01 15,36 


99,87. 102,19. 100,98. 


Der Zeunerit hat demnach die Formel: Cu0,2U,O,,As,0, + 8H,0. Im 
Kupferuranit von Redruth ist ein Theil der Phosphorsäure durch Arsen- 
säure vertreten. — 5) Uranospinit. Neben dem Zeunerit machte sich 
ein zeisiggrünes Mineral bemerkbar. WeEıssacH vermuthete, dass es die 
dem Kalkuranit entsprechende arsensaure Verbindung sei. Die Analyse 
bestätigte dies (I). Zur Vergleichung analysirte WınkLer einen Kalkura- 
nit von Falkenstein im sächsischen Voigtland, der sich frei von Arsen- 
säure zeigte (II). 


872 


I. H. 
Kalkerde . . . . 5,47 6,11 
Uranoxyd . 1.42 5918 62,24 
Arsensäure . . . 19,37 Phosphorsäure 15,09 
Wasser ©: .a..2...+46;19 16,00 
100,21. 99,44. 


C. Friede: Delafossit, ein neues Mineral. (Compies rendus, 
1873, LXXVII, pg. 211—214.) Der Verf. hat in der Sammlung der Ecole 
nationale des Mines unter einer Suite von Graphiten aus der Gegend von 
Katharinenburg ein Exemplar beobachtet, das er nicht für letztere Species 
hielt. Die krystallinischen Blättchen dieses Minerals, auf gelblich-weissem 
Thon sitzend, sind leicht in dünne Lamellen spaltbar. H. = 25.6. = 
5,07. Die Farbe ist ein dunkleres Grau wie beim Graphit, der Metall- 
glanz stärker. Der Strich schwärzlichgrau. V. d. L. schwer schmelzbar, 
die Flamme grün färbend. In Salzsäure leicht löslich. Die Analyse 
ergab: 


Kupferoxyd . .. . .47,45 

Eisenoxyd . . . 247,99 

Thonerde' . . „ie 0552 
98,96. 


Zu Ehren des Mineralogen DeLarosse schlägt FRIEDEL für diese neue 
Species den Namen Delafossit vor. 


Franz Exner: UntersuchungenüberdieHärteanKrystall- 
Flächen. Eine von der kaiserl. Akademie der Wissenschaften zu Wien 
gekrönte Preisschrift. Wien 1873. 8°. S. 165. Die Hauptresultate der vor- 
liegenden mit ausserordentlicher Gründlichkeit durchgeführten Arbeit sind 
folgende: 1) Es steht die Härte-Curve einer Fläche in keinem directen Zu- 
sammenhange mit dem Krystall-System, dem die untersuchte Substanz an- 
gehört. 2) Die Gestalt der Härte-Curve einer Fläche hängt ab von den 
Spaltungs-Ebenen, welche dieselbe durchschneiden und die Art dieser Ab- 
hängigkeit lässt sich durch algebraische Ausdrücke mit grosser Annähe- 
rung darstellen. 3) Es lassen sich die Constanten der Spaltbarkeit eines 
Krystalls durch sklerometrische Untersuchung desselben bestimmen. 4) Sind 
die Constanten für einen Krystall bestimmt, so kann man auch für jede 
beliebige Fläche die ihr entsprechende Härte-Curve angeben. — Der Verf. 
bemerkt ausdrücklich, dass es nicht im Zweck seiner Arbeit lag, das Ver- 
hältniss der Härte zu den übrigen physikalischen Eigenschaften krystallini- 
scher Körper zu ermitteln. Es lag vielmehr nur die Absicht zu Grunde, die 
Tragweite der sklerometrischen Methode zu prüfen und den Weg zu suchen, 
auf welchem künftig dies Verhältniss würde bestimmbar sein. Exner 
glaubt, dass bei passender Wahl der zu untersuchenden Substanzen und 
Flächen die Bestimmung auf keine bedeutende Schwierigkeiten stossen dürfte. 


813 


Aurr. Hormann: über das Chromerz-Vorkommen in Un- 
garn und dessen Aufschliessen. Inaug.-Dissert. Rostock 1873. 
S. 18. Unfern der dreifachen Grenze zwischen Österreich, Walachei und 
Serbien zieht sich ein nach S. zugespitztes Landdreieck hin, um welches 
die Donau sich in scharfer Biegung herumwindet. In der Südspitze dieses 
Landdreiecks beginnt ein Serpentin-Vorkommen, das sich einerseits eine 
Meile weit nach N., anderseits zwei Meilen nach NO. ausdehnt, etwa ein 
Fünftel Quadrat-Meilen einnimmt, dem Compagnie-Bezirk Alt-Orsowa zuge- 
hörig. Seit 1858 haben die hier erschürften Chromeisenerze einen er- 
giebigen Bergbau in’s Leben gerufen. Dieselben gehören dem Serpentin 
an, welcher mehrere Reihen schön geformter Hügel mit abgerundeten 
Kuppen bildet; sie finden sich putzenweise in sog. Strichen, in lichtem, 
schiefrigen Serpentin. Fein eingesprengt erscheint Chromeisenerz auch im 
grünlichschwarzen Serpentin, hat jedoch keine bergmännische Bedeutung. 
Das grobkrystallinische Chromeisenerz ist von tiefschwarzer Farbe, fett- 
glänzend und von braunem Strich , erscheint meist in Findlingen. Fein- 
krystallinisches Chromeisenerz, in Klüften auftretend, mit Überzügen von 
Serpentin oder Chromocker, hat mehr Metall- als Fettglanz. Aurr. Hor- 
MANN führte mehrere Analysen von Chromeisenerz der Umgebung von Alt- 
Orsowa aus. (Die Methode, welche bei diesen Analysen befolgt wurde, ist 
genau angegeben.) 


1: 2. 3. 4. 
Chromosyd . . 58,096 17,096 39,574 60,022 
Thonerd . . . 14,496 16,110 20,626 10,601 
Eisenoxyt . . 21,337 22,499 16,558 20,192 
Magnesia \ . .. 2,018 . 21,101 17,065 3,130 
Manganoxylul . 0,002 — _ 5,200 
Kalkerde .. . — 8,300 — 0,026 
Kieselsäure . . 3,639 14,211 4,190 _ 


99,588. 99.317. 98,023. 99,171. 


Die drei ersten Analysen ungarischer Chromeisenerze zeigen deren 
wechselnden Gehalt an Chromoxyd, den beständigen an Kieselsäure. Man- 
sanoxydul und Kalkerde sind bald vorhanden, bald fehlen sie. Diese Ver- 
schiedenheit in der Consötution der ungarischen Chromeisenerze ist um so 
auffallender, da sämmtliche dem nämlichen Vorkommen angehören. Zum 
Vergleich hat Horwmann auch einen asiatischen Chromeisenstein (4) analy- 
sirt, dessen näherer Fundat nicht angegeben. 


514 


B. Geologie. 


K. A. Lossen: über den Spilosit und Desmosit Zincken’s, ein 
Beitrag zur Kenntniss der Contact-Metamorphose. (Zeitschrift 
d. Deutsch. geolog. Gesellsch. XXIV, 4, S. 701—786.) Es wurde bereits 
in diesen Blättern wiederholt der trefflichen Arbeiten gedacht, welche Los- 
sEn und Eman. Kayser über die metamorphischen Gebilde des Har- 
zes geliefert haben. In der vorliegenden neuesten Abhandlung kommt 
Lossen noch einmal in eingehender Weise auf die unter dem Namen Spi- 
losit aufgeführten Contactschiefer zurück, um einer irrigen Deutung der 
Natur dieser Gesteine zu begegnen und begründet dies durch eine genaue 
Schilderung des Spilosit und Desmosit oder Bandschiefer (nur eine 
Structur-Varietät des Spilosit) sowohl in petrographisch-chemischer Be- 
ziehung, durch Mittheilung zahlreicher, genauer Analysen, als auch vom 
geologischen Standpunkt aus, mit Rücksicht auf das Auftreten dieser Con- 
tact-Gesteine. Dieselben lassen sich sämmtlich als Chloritalbit-Gneisse, 
oder besser noch als natronreiche chloritische Gneisse zusammen- 
fassen, in geologischer Beziehung als Gneisse der grünen Schiefer, im Ge- 
gensatz zu dem Orthoklasglimmer-Gneiss der typischen Glimmerphyllite. 
— Die mikroskopische Untersuchung der Contact-Gesteire durch Lossen 
ergab namentlich folgende wichtige Resultate: in den typischen Spilositen 
sind mikroskopisch nachweisbar: eine amorphe, durchsichtige Grundmasse, 
Chlorit, Glimmer, erdige Theilchen, Albit und Strahlstein; ferner: die ty- 
pischen Spilosite enthalten den characteristischen Besandtheil der Thon- 
schiefer nicht, wohl aber gibt es Gesteine, welche nach ihrer Mikrostruc- 
tur beiden Gesteinen gleich nahe stehen, die also ein petrographisches 
Übergangs-Glied oder im Sinne der Contact-Metamoıphose ein intermediä- 
res Entwickelungs-Stadium zwischen Thonschiefer ınd Spilosit bilden. — 
Die geognostischen Verhältnisse zeigen aber nach Lossen’s sorgfältigen 
Beobachtungen, welche die früheren von Eman. Kawer vielfach bestätigen: 
dass Spilosite und Desmosite nur zwei Glieder jener Contact-Reihe 
am Diabas bilden, welche Lossen als Contact-Metamorphosen der Wieder- 
Schiefer bezeichnete. Sie erfüllen alle Bedingingen einer solchen. Sie 
treten nur in Berührung mit dem körnigen Dabas auf. Ihre räumliche 
Verbreitung von der Contact-Fläche mit dem Diabas ist eine solche, dass 
sie naturgemäss nicht als eine selbständige Gesteins-Bildung neben, son- 
dern vielmehr als ein abweichender, chemisch-nineralogischer Ausbildungs- 
Zustand in dem Schiefergebirge aufzufassen. Sie gehen von der Contact- 
fläche mehr oder weniger allmählich aus verärderten Schiefern in minder ver- 
änderte, schliesslich in ganz unveränderte über; und zwar in der Art, dass 
der normale hercynische Schiefer im Verlau’seines Fortstreichens, da wo er 
solche Lagergänge im Diabas einhüllt, und nur allein da jenes abweichende 
petrographische Verhalten annimmt, balt im Hangenden oder Liegenden, 
bald in Beiden zugleich. Zweimal wurde.n veränderten, gehärteten grünen 
Contact-Gesteinen (durch Eman. Kayseı und E. Weiss) ein Orthoceras ge- 
funden. — Gegen den Diabas hin findt keinerlei Gesteins-Übergang statt, 


BE 2 222 1 1 mn ne 


879 


falls man nicht das Auftreten des Chlorit im Eruptiv- und Contact-Gestein 
dahin rechnen will, der aber — gleich anderen Mineralien — in beiden 
Gesteinen eine ganz verschiedene Rolle spielt. Die Breite der Contact- 
Bänder steht in keinem gesetzmässigen Verhältniss, weder zu der Mäch- 
tigkeit der Lager des Diabas, noch zu dem mehr oder weniger zersetzten 
Zustand desselben. Nicht an jedem Diabas-Lager sind deutliche Contact- 
Erscheinungen zu beobachten; deren Fehlen oder Vorhandensein steht aber 
in keiner Beziehung, weder zu der sich gleich bleibenden, ursprünglichen 
mineralogischen Beschaffenheit des Diabas, noch zu seiner Verwitterung. 
Es gehört vielmehr die ganze Erscheinung dem Gesteins-Körper des Schie- 
fergebirges an, bildet keinen selbständigen Schichten-Complex, ist in ihrem 
ganzen Auftreten an den Diabas gebunden, aber scharf von ihm geschie- 
den. An tuffartige Gebilde ist — wie Lossen besonders hervorhebt — 
nicht zu denken. Kann doch, da es sich um Lagergänge, nicht um Ober- 
flächen-Ergüsse des Diabas handeit, Tuff-Material kaum erwartet werden. 


Ausr. MÜLLER: über Gesteins-Metamorphismus. (Verh. der 
naturf. Gesellsch. in Basel, V, 4.) Der Verfasser gibt hier eine sehr ein- 
gehende Beschreibung einer Anzahl metamorphischer Gesteine aus den 
Umgebungen des St. Gotthard, welche in den Besitz der Baseler Samm- 
lung gelangten. Aus dieser Schilderung gehen die verschiedenen Richtun- 
gen des alpinen Metamorphismus hervor, welche Ausr. MÜLLER in folgen- 
den Sätzen zusammenfasst: 1) Die aus der Umwandelung von Sandsteinen 
durch die Infiltration von Quarz-, Feldspath- und Glimmer-Substanz her- 
vorgegangenen Quarzite, Quarzitgneisse und Quarzitglimmerschiefer be- - 
sitzen in den Schweizer Central-Alpen eine ansehnliche Verbreitung und 
lassen sich auch in anderen krystallinischen Gebirgen nachweisen. Sie 
scheinen grösseren Theils den paläozoischen Formationen, namentlich der 
devonischen oder carbonischen Formation anzugehören. 2) Andere gneiss- 
artige feldspathreiche Gneisse der Schweizer Central-Alpen scheinen durch 
einen Feldspathisations-Process aus der Umwandelung von Kalken und 
Mergeln hervorgegangen zu sein, wobei der Thon- und Eisengehalt zur 
Chlorit- und Glimmer-Bildung, bisweilen auch zu solcher von Turmalin 
verwendet wurde. Der Titan-Gehalt kam in Form von Rutil, Anatas, 
Brookit und Sphen, ein Theil des Eisens in Form von Eisenglanz zur kry- 
stallinischen Ausscheidung. 3) Manche gneiss- und granitartige metamor- 
phische Gesteine dieser Gebirge enthalten als Hauptbestandtheil einen mit 
dem Adular identischen farblosen Orthoklas oder einen weissen körnigen 
Albit in der Form des Periklins. 4) Die metamorphischen Schiefergesteine 
der Schweizer Central-Alpen, wie Thonschiefer, Talk-, Glimmer-, Chlorit- 
und Hornblendeschiefer lassen sich nicht aus krystallinischen Umbildungs- 
Processen durch Einwirkung der Wärme allein erklären, sondern sind als 
wahre chemische Umwandlungen, entstanden durch Ein- und Ausfuhr von 
Substanzen in gelöster Gestalt, oft unter Beihülfe von Wärme zu betrach- 
ten, wobei sich neue chemische Verbindungen bildeten. 5) Die Hornblende 


876 


der Syenite und Diorite liefert durch ihre Zersetzung oder Auflösung häufig 
das Material zu krystallisirten Neubildungen von Chlorit, Amianth, Glim- 
mer und Epidot. 6) Ebenso gehen aus der Zersetzung und Auflösung des 
feldspathigen Bestandtheils der granitischen Gesteine krystallinische Neu- 
bildungen von Orthoklas oder Adular, Albit oder Periklin hervor, welche 
sich theils in den Klüften zu wohl ausgebildeten Krystall-Drusen ausschei- 
den, theils in das Innere ehemaliger Sedimentgesteine eindringend, eine 
chemisch-krystallinische Umwandelung derselben bewirken. 7) Zur Beur- 
theilung der metamorphischen Processe gibt das Studium der Pseudomor- 
phosen die geeignetsten Anhalts-Punkte, indem sie aus analogen Processen 
hervorgingen. Es lassen sich daher die verschiedenen Richtungen des 
Metamorphismus nach denselben Gesichts-Punkten, wie die Pseudomorpho- 
sen gruppiren. 8) Die metamorphischen Processe lassen sich demnach in 
folgende Processe zusammenfassen. A. Metamorphismus nach Art der Um- 
wandelungs-Pseudomorphosen. a. Metamorphismus ohne Verlust und Auf- 
nahme von Stoffen, also krystallinische Umsetzung oder Ausbildung des- 
selben Stoffes, begünstigt durch Feuchtigkeit und Wärme, z. B. Umwand- 
lung des dichten in körnigen Kalkstein, Umwandlung von Schieferthonen 
in gewisse Thon- und Glimmerschiefer und andere Wirkungen des sogen. 
Contact-Metamorphismus. b. Metamorphismus nur durch Verlust von Be- 
standtheilen, z. B. Auslaugung des kalkhaltigen Spiriferen-Sandsteins, Um- 
wandlung von Braun- und Rotheisen in Magneteisen-Lager, manche durch 
Verwitterung veränderte Gesteine. c. Metamorphismus durch Aufnahme 
von Stoffen, z. B. Umwandlung von Anhydrit zu Gyps, von Sandstein zu 
Quarzit und Quarzitgneiss, von Kalkstein und Mergel zu verkieselten Ge- 
steinen. d. Metamorphismus durch Austausch von Stoffen, wohl der häu- 
figste Fall, z. B. Umwandlung kalkiger ‘und thoniger Gesteine zu Horn- 
blende-, Talk-, Chlorit- und Glimmerschiefer, von Diorit und Gabbro zu 
Serpentin. — B. Metamorphismus nach Art der Verdrängungs-Pseudomor- 
phosen, z. B. Umwandlung der Kalksteine und Mergel zu Kieselschiefer, 
Jaspis und Hornstein, oder in Granit- und Gneiss-artige Feldspath-Ge- 
steine. — 9) In Bezug auf das die Umwandlung bewirkende Material las- 
sen sich in den Schweizer Alpen folgende metamorphische Processe unter- 
scheiden. A. Silicatisation oder Verkieselung. B. Feldspathisation oder 
Bildung won Feldspath-Gesteinen. C. Micatisation oder Verglimmerung 
(Chlorit insbesondere). D. Dolomitisation bei den Kalkgebirgen. — Die 
Umwandlung der alpinen Sedimentgesteine zu Kalk-, Serpentin- und Horn- 
blende führenden Schiefern macht sich nur untergeordnet geltend. Das- 
selbe gilt auch von der Entstehung der Serpentine aus Gabbro, Dioriten 
und anderen alten Eruptivgesteinen. 10) Auch die Eruptiv-Gesteine, die 
Granite, Syenite, Diorite, Gabbros haben im Laufe der Zeiten weitere Um- 
wandlungen erlitten, wobei frühere Bestandtheile aus- und neue eingetre- 
ten sind, welche neue Mineralbildungen in diesen Gesteinen veranlasst 
haben. 


877 


Epwarnp Dana: über die Zusammensetzung der Labrado- 
rit-Gesteine von Waterville, New-Hampshire. (American 
Journ. Vol. III, p.48ff.) Es lassen sich von diesen Labradorit-Gesteinen, 
die in Waterville und Albany über mehrere Quadrat-Meilen verbreitet sind, 
zwei Abänderungen unterscheiden. Die eine, dunkelfarbig, besteht vor- 
waltend aus triklinem Feldspath mit starker Zwillings-Reifung, aus Chry- 
solith, Körnchen von Magneteisen und einem Hornblende-artigen Mineral. 
Epw. Dana führte sowohl eine Analyse des triklinen Feldspath aus, der 
sich als Labradorit erwies, als auch des Chrysolith. 


Labradorit. Chrysolith. 
Ruegeiaase ae, 51,03 Kieselsäure 7 1 0 85 
ThoBerde nel urn, #10 26,20 "eFhonerde. 77 9 HFSpur 
Reese. 7 9 Bisenoxyaul‘.' „N 8,07 
Kalkenlens DERmER. ..22%14,16° -Manganoxydul.". 7,97 7,24 
NEIEROWRRR I er. SA Mapnesiar, 7° EI NTTR ZZ 
TE BE Be Into, EONEIERTANO Des Ralkerde #29, WERTE, APP TPAS 
100,37. 100,43. 


Da ein Gestein wie dieses, aus vorwaltendem Labradorit bestehend, 
mit eingesprengten Körnchen von Chrysolith bisher nicht bekannt, hat 
Hırcacock für solches den Namen Ossipyt vorgeschlagen, nach einem 
alten Indianer-Stamm, die Ossipeer, welche einst diese Gegend bewohnten. 
— Das zweite Gestein ist von ganz anderem Ansehen. Es besteht aus 
einem sehr vollkommen spaltbaren graulichweissen Feldspath in einem 
halben Zoll langen Individuen und aus Hornblende. Ausserdem enthält 
dies Gestein noch Titaneisen-Körnchen und wenig braunen Glimmer. Die 
Analyse des Feldspathes ergab, dass es Labradorit mit auffallend grossem 
Gehalt an Kalkerde, wie der andere. 


Kieselsäure: «le ıyvs #ur.82425 
Dhonerder.: „anaudrinhA. 22%51 
Bisenöxydir raum. enh 1,08 
Mäonesiau: ar erannsuuaeh 0,99 
Kalkerdei in. dia ar 813/22 
Natronit . za sadmrsi6ß 
Kalk 6% 20338. mens 

100,91. 


Borıckr: über die Altersverhältnisse und Verbreitung 
der Basaltvarietäten Böhmens. (K. böhm. Ges. d. Wiss., math.- 
naturw. Cl, 9, Nov. 1872.) — Im Gebiete böhmischer Basaltgesteine ist 
das strom- und deckenartige Auftreten so vorwaltend, dass das ganze 
Basaltgebirge als Beispiel dieser tektonischen Form gelten kann. In sei- 
ner grössten Ausdehnung stellt es einen Complex von wechselnden Tuff-, 
Conglomerat- und Basaltlagen dar, deren Masse die ihr nur zur Grund- 
lage dienenden sedimentären Gesteine zu wiederholten Malen durchbrochen 


878 


und in grösserer oder geringerer Mächtigkeit und Ausdehnung strom- und 
deckenartig überlagert hat. 

Jüngeren Ursprungs sind die stock- und gangförmigen Massen, welche 
theils als isolirte Kegel, theils als langgestreckte Berg- und Hügelrücken 
mit scharfen und zackigen Contouren erscheinend, die Strombasalte durch- 
brochen und mannichfache Störungen in den Lagerungsverhältnissen der- 
selben, ihrer Tuffe und der in letzteren eingelagerten Braunkohlenflötze 
bewirkt haben. 

Als jüngste Basaltgebirge sind unzweifelhaft jene mauerähnlichen 
Gänge anzusehen, welche die trachytähnlichen Phonolithe durchsetzen. 

Diese an die tektonischen Formen geknüpften Altersverschiedenheiten 
der Basaltgesteine wurden bereits von Rruss und JoKELY constatirt. 

Es ist aber auch die Richtung der Basaltzüge für die Festsetzung 
der relativen Altersfolge derselben von Wichtigkeit. Während das strom- 
förmige Auftreten nur den ältesten Basaltgebilden eigen ist, erscheinen in 
Stöcken und Gängen Basalte verschiedener Altersstufen, und für diese gibt 
die Richtung das wesentliche Unterscheidungsmerkmal ab. Hiermit stimmt 
auch die auf mikroskopische und chemische Verschiedenheiten gegründete 
Eintheilung der Basaltvarietäten überein. 

Auf Grundlage von ca. S00 Dünnschliffen aus nahezu 300 Fundstätten 
böhmischer Basaltgesteine und weiterhin gestützt auf die Interpretation von 
17 chem. Analysen hat der Verfasser die böhmischen Basaltgesteine in 
6 Hauptgruppen getheilt, von denen die meisten in mehrere Untergruppen 
zerfallen: 

I. Magma-Basalte, welche alle jene massig und säulenförmig 
erstarrten, graulich-schwarzen oder schwärzlich-grauen Basaltvarietäten 
umfasst, deren äusserst feinkörnige oder krystallinisch-dichte Grundmasse 
nur aus Augit, Magnetit und einem amorphen Glasmagma besteht. Nur 
in wenigen derselben finden sich auch sehr seltene Feldspathleistchen oder 
Nephelinkryställchen, oder Andeutungen von Leueitdurchschnitten vor. 
Nach der Beschaffenheit des Glasmagma zerfallen sie naturgemäss in 
2 Ordnungen: dunkele Magmabasalte mit bräunlichem Glasmagma, und 
lichte, mit einem trichit-armen und mikrolithen-reicheren, graulich-weis- 
sen oder schmutzig grünlichen Glasmagma. Ihr specifisches Gewicht ist 
— 2,896 —2,983. - 

ll. Nephelinbasalte, und zwar: 1) Nephelinitoide, sehr 
feinkörnige oder krystallinisch-dichte, schwärzlichgraue oder lichter ge- 
färbte Basaltvarietäten umschliessend, die — in ihrer Mikrostructur am 
ähnlichsten den Nephelin-, zum Theil auch den Leueitbasalten — statt des 
feldspathähnlichen Bestandtheils eine farblose (oder schwach graulich- oder 
gelblichweisse ) Substanz enthalten, welche zum grössten Theile keine deut- 
lichen, regelmässigen Umrisse zeigt, keine bestimmt gruppirten Einschlüsse 
enthält, jedoch zum grösseren oder geringeren Theile bläulich polarisirt. 
Spec. Gew. — 3,065—3,096. 

2) Nephelinite, sehr gleichmässig körnige Krystallgemenge (häufig 
mit porphyrisch hervortretenden Olivinkörnern), bestehend aus Augit, Am- 


879 


phibol, Magnetit (Titaneisen) mit deutlich begrenztem Nephelin, dem sich 
recht häufig auch Leucit, seltener Nosean beigesellt. In den krystallinisch 
dichten Abarten ist der Olivin reich vertreten. Spec. Gew. — 2,839—3,095. 

III. Leueitbasalte, und zwar: 1) Leucitoidbasalte, bestehend 
aus einem mikroskopisch-körnigen oder porphyrischen Gemenge von Augit 
oder Amphibol und Magnetit mit einem meist farblosen, nicht polarisiren- 
den Bestandtheil, zuweilen mit sparsamem, mehr weniger deutlichem Leu- 
eit und Nephelin. Spec. Gew. — 2,977—3,061. 

2) Leucitophyre, aus einem gleichmässig körnigen Gemenge von 
Augit und Magnetit mit Leucit und Nephelin bestehend, verhältnissmässig 
arm an Olivin, stets mehr oder weniger Biotit und Rubellan enthaltend. 
In den Peperinbasalten kommen Biotittafeln und Säulchen in grösster 
Menge vor. Spec. Gew. = 2,900 - 2,994. 

IV. Feldspathbasalte, welche in den meisten Fällen Oligoklas 
führen, werden in Melaphyrbasalte, Feldspathbasalte im engeren 
Sinn, und in Andesit- und Phonolithbasalte geschieden. Spec. Gew. 
— 2,759—2,915. Ihr Kieselsäuregehalt beträgt 45—51 Proc. 

V. Trachybasalte. Ihre Grundmasse besteht aus einer scheinbar 
homogenen, grauen Substanz, die aus der Umwandlung des Nosean her- 
vorgeht und in der theils deutlicher Nosean, theils trikliner Feldspath, 
theils Nephelin vorwiegt, während Amphibolnadeln, Biotitfragmente und 
Magnetitkörner minder zahlreich vorkommen. Wegen ihrer leichten Zer- 
setzbarkeit sind sie meist mit Carbonaten imprägnirt. Spec. Gew. —= 2,682 
— 2,718, 

VI. Tachylytbasalte. Ihre Substanz stellt ein halbentglastes 
Magma mit einzelnen Feldspath- und Augitfragmenten dar, in dem erst 
bei etwa 600-facher Vergrösserung ein Mikrolithengewirr hervortritt. Zu- 
weilen sind auch die Aderwände dieser Abänderung mit dünnen Krusten 
von Tachylyt überzogen. 

Im Gebiete böhmischer Basaltgesteine lassen sich im Allgemeinen drei 
Richtungen der Eruptionszüge unterscheiden: SW.-NO., SO.—NW. und 
N.—S., und diesen drei Richtungen entsprechen drei grosse Altersperioden 
der Eruptionsthätigkeit Böhmens Basaltgesteine. Die erste Periode um- 
fasst die Leueit-, Nephelin-, Magma- und z. Th. die Feldspathbasalte, die 
zweite Periode umfasst die Andesit- und Phonolith-, und die dritte Periode 
die Trachy- und Tachylyt-Basalte. 

Die Hauptrichtung böhmischer Basaltmassen ist bekanntlich SW.-NO., 
ziemlich übereinstimmend mit der des Erzgebirges, und dieser Hauptrich- 
tung folgen die zusammenhängenden Complexe und mächtigen Centralstöcke 
der Basaltgesteine des böhmischen Mittelgebirges, die ohne Zweifel die 
ältesten Basaltgebilde Böhmens sind. 

In die zweite Altersperiode fallen die Phonolith- und Andesitbasalte. 
Überall in mächtigen, ausgedehnten und hohen Stöcken auftretend, befol- 
gen sie die Richtung von NW.—SO., also fast parallel dem Riesengebirge. 

Die dritte Periode umfasst jene Basaltvarietäten, welche die Haupt- 
richtung N.—S. befolgen. Es sind dies die Trachy- und Tachylyt-Basalte. 


880 


Erstere durchsetzen die trachytischen Phonolithe und andere Basaltgesteine 
(selbst die Andesitbasalte) in Form mauerähnlicher, oft zahlreicher, fast 
paralleler Gänge, meist von 1—3 Fuss Breite; letztere stellen netzartige 
Durchkreuzungen von nur wenige Zoll dünnen Gangadern dar, die, zu- 
weilen an den Wänden mit Tachylytkrusten bedeckt, entweder jünger sind 
als die Trachybasalte, oder mit diesen ein gleiches Alter haben. Die Tra- 
chybasalte treten vorwiegend in dem nördlichen Theile des böhmischen 
Mittelgebirges zwischen Aussig und Tetschen auf, vorzugsweise in dem 
Gebiete zwischen Wesseln und Prosseln am linken und zwischen Gross- 
priesen und Neschwitz am rechten Elbeufer. Sie sind die gewöhnlichen 
Begleiter der trachytischen Phonolithe, die das erwähnte Gebiet in äus- 
serst zahlreichen Gängen durchschwärmen. 


Dr. G. Berenpt: Vorarbeiten zum Bernstein-Bergbau im 
Samlande. (Phys.-ökon. Ges. in Königsberg, Jahrg. XII. Heft 2. 4°. 
SS.) -— Der zuerst von Professor BEREnDT vor 7 Jahren in Anregung ge- 
brachte rationellere unterirdische Bergbau auf Bernstein im Samlande wird 
nun zur Ausführung kommen und es sind bereits die Verhältnisse zwi- 
schen Fiskus und Grundbesitzer in dieser Beziehung geordnet. Bisher ist 
nur Tagebau, d. h. das vollständige Abgraben resp. Fortkarren der 80, 
100, 120, ja 130 F. hohen unhaltigen Abraummassen an mehreren Orten 
des Samlandes, trotz der erhöhten Pacht noch immer mit Vortheil betrie- 
ben worden. Lohnender noch muss dort ein regelrechter unterirdischer 
Abbau sein. 

Über die zu erwartenden Lagerungsverhältnisse der dortigen Bern- 
steinformation belehrt uns ein im vorigen Jahre geteuftes Bohrloch, wel- 
ches folgende Schichten durchsank: 


Mächtigkeit 

in Metern. 
Ackerkrume und Ahrutschsande, ... . . . „ . „wenn 
Weisse und dunkelgestreifte Glimmersande . . . ...7 8 = 
Graue, fein geschichtete Letten (Obere) 3,5 E 3 
Gröbere und feinere Quarzsande wechsellagernd 4 | EB: 
Letten (Untere) er 
Grober Quarzsand 4,8 = 


Grüner Sand, in den en Schichie® ER EN 

eehschlen den sogenannten Lehmadern 0 DA 
Feste blaue Erde ohne Bernstem, . . . . . .. ... „0m 
Blaue Erde, bernsteinreich . . . r 2 
Milde Erde, d. i. blaue Erde ohne ne 


Bernstein- 
formation 


Dr. G. Berenpt: Unreifer Bernstein. (Phys.-ökon. Ges. in Königs- 
berg, Jahrg. XIII. Hft. 2, p. 133.) -- Bei Brüsterorth, der NW.-Spitze des 
Samlandes, wurde ein Erdharz vom Grunde der See mittelst Taucher 


4 


881 


emporgebracht, das unter einer runzeligen und bröckeligen Kruste völlig 
elastisch weich war. Sein specifisches Gewicht betrug 0,934. Dasselbe 
besteht, nach Untersuchung des Prof. Spirsarıs, im lufttrockenen Zustande 
nach Abzug der Asche aus 86,02 Kohlenstoff, 10,93 Wasserstoff und 3,05 
Sauerstoff, woraus man die. Formel C,., H,,, © berechnen könnte. Das- 
selbe hat bezüglich seiner physikalischen Merkmale viel Ähnlichkeit mit 
dem aus der Braunkohle von Lattorf bei Bernburg durch BERGEMAnN be- 
schriebenen Krantzit, der einer wiederholten chemischen Untersuchung 
bedarf. 


James D. Dana: über einige Resultate der Contraction der 
Erle durch Abkühlung, über den Ursprung der Gebirge und 
die Natur des Erdinnern. (The Amer. Journ. of Sc. a. Arts. Vol. V, 
June a. July 1873.) — 

Dana fasst zunächst die Ansichten kurz zusammen, welche er schon 
in den Jahren 1846, 1847 und 1856 über dies Thema veröffentlicht hat 
und bespricht die Theorieen, welche Forscher wie James Harı und Pro- 
fessor Le Coxte über denselben Gegenstand aufgestellt haben. Sodann 
behandelt er die Frage, ob Hebungen und Senkungen durch seitlichen 
Druck, als Resultat von Contraction der Erdrinde verursacht sind und wie 
es kam, dass solcher Druck, von der Seite des Oceans ausgehend, andere 
Resultate zur Folge hatte, als wenn von der entgegengesetzten Seite 
wirkend. 

Behufs näherer Untersuchung stellt Dana dann folgende Fragen: 

1) Sind Senkungen durch seitlichen Druck veranlasst 
worden? und kommt nach Widerlegung der Ansichten von James Harı 
und Professor LE CoxtE zu der Antwort, dass beim gegenwärtigen Stand 
der Wissenschaft keine völlig genügende Ursache der Senkung beigebracht 
sei ausser der alten vermittelst lateralen Drucks in der sich zusammen- 
ziehenden Masse der Erdkugel. 

2) Sind Hebungen direkt durch seitlichen Druck hervor- 
gebracht worden? 

Im Gegensatz zu Harn, welcher leugnet, dass Gebirge ein Resultat 
lokaler oder irgend einer anderen, als einer allgemeinen continentalen 
Hebung sind und gegen Le Coxrte, welcher permanente Hebungen nur als 
Resultat der Aufstauung anerkennt — zeigt Dana an Beispielen der Ge- 
gend von Montreal, des Champlain-See’s und des Felsengebirges, dass 
partielle Hebungen sowohl wie Senkungen oft die directen Resultate la- 
teraler Pressung gewesen sind, dass aber auch viele Schwankungen der 
Ebene des nordamerikanischen Continentes nachgewiesen seien und geht 
dann 

3) zu den verschiedenen Arten der Gebirge über, wobei er 
Folgendes hervorhebt: 

Während einestheils Berge und Gebirgsketten in der ganzen Welt im 


Laufe ihrer langen Geschichte ebenso gut wie das flache Land Erhebun- 
Jahrbuch 1873. 56 


882 


gen unterworfen gewesen sind, welche nicht dadurch erklärt werden kön- 
nen, dass die Entstehung des Gebirges einfach die Folge von Pressung 
oder Faltung gewesen, so ist es anderseits doch nicht unwahrscheinlich, 
dass die, die Bergkette eigentlich zusammensetzenden Theile, sowie dass 
einzelne Berge und Gebirge, welche das Produkt einer Bildung sind, 
zur Zeit ihres Entstehens keine weitere Hebung erfahren haben mögen, 
als solche, welche das Resultat von Faltung war. Dies führt den Ver- 
fasser zu einer wichtigen Unterscheidung in der Orographie, welche bisher 
vernachlässigt war und die von dem grössten Interesse für die dynamische 
Geologie ist; einer Unterscheidung zwischen: 

a. einem einfachen, individuellen Berg oder einer Bergkätte als Re- 
sultat einer Entstehung, welche er als ein monogenetisches Gebirge 
bezeichnet; und 

b. einem zusammengesetzten oder polygenetischen Gebirge, aus zwei 
oder mehreren monogenetischen Ketten bestehend. 

Das Apalachische Gebirge in Nord-Amerika, als ein polygenetisches, 
dient Dana als Beispiel, indem daran das Charakteristische der Bildung 
vieler anderen Bergketten zu studiren ist. — Eine Depression, ausgefüllt 
mit sedimentären Ablagerungen und endend in einer Katastrophe der Fal- 
tung und Verdichtung sind die wichtigsten Entwickelungsstufen, während 
Metamorphismus und glühende Ausströmungen mehr zufällige Folgen sind. 
Der Process bewirkt endliche Stabilität in der Masse und gewöhnlich An- 
fügung an die beständigeren Theile des Continentes, schliesst aber künf- 
tige Schwankung grösserer Complexe ebensowenig aus wie Denudationen. 
— Es ist einleuchtend, dass bei solchem Vorgang eine Hebung durch di- 
rectes Emporsteigen der unterliegenden Erdkruste nicht nothwendig ist. 
Die Faltungen mögen bedeutende Erhöhungen zu Stande bringen, ebenso 
die Emporschiebungen längs der Linie des Bruches, während manchmal 
auch Pressung zur weiteren Hebung beitragen mag. 

Die auf solche Weise entstandenen Gebirge schlägt Dana vor synkli- 
norische (von synclinal und opos) zu nennen, weil sie durch eine fort- 
schreitende Geosynkline gebildet werden, während dagegen die zweite Art 
monogenetischer Berge durch voranschreitende Geantikline gebildet wurde. 
Sie sind einfach die Aufwärtsbiegungen in den Oscillationen der Erdrinde, 
die geantiklinischen Wellen, und brauchen kaum einen eigenen Namen. 
Viele derselben sind im Laufe der Oseillationen verschwunden und doch 
mögen manche während Millionen von Jahren ganz respektabele Berge 
gewesen sein. — Dahin zählen z. B. die Erhebungen um Cineinnati, wäh- 
rend die Felsengebirge, welche zum grossen Theile, wenn nicht ganz, eine 
Combination von Synklinorien sind, nach der Kreidezeit durch wirkliche 
geantiklinische Hebung um mehr als 8000 Fuss höher wurden, wobei zu 
bemerken ist, dass dieses letztere Emporsteigen nichts mit Faltung und 
Pressung zu thun hatte. 

Zur Beantwortung der Frage: 

4) Wie anders wirkte der laterale Druck von der Rich- 
tung des Oceans als derjenige von der entgegengesetzten 


883 


Seite? weist Dana auf die bekannte Erscheinung hin, dass die meisten 
bedeutenden Erhebungen nahe den Gestaden der Continente sich finden, 
dass, wie anderswo, so auch im Apalachischen Gebirge die Faltungen 
nicht symmetrisch, sondern nach der Seite des Oceans viel steiler und dass 
überhaupt die Wirkungen seitlichen Drucks am bedeutendsten an den Kü- 
sten der grössten Gewässer sind. -- Dana kommt zu dem Schlusse, dass 
dies die Folge der allgemeinen Contraktion des Globus, der im Vergleich 
zur continentalen bedeutend grösseren oceanischen Aera und der grösseren 
Senkung der letzteren in Folge der fortdauernden Contraktion sei, wie 
denn auch die Thatsache nicht ausser Acht gelassen werden dürfe, dass 
die oceanische Seite den Vortheil der Hebelkraft habe, indem die Ufer 
meist weniger oder mehr schroff abfallen, der Druck mithin mehr von 
unten wirken könne als auf der Landseite. 

Ferner zeigt Dana, dass 

5) Die Bildung der Berge eine gar langsame sei und dass z.B. 
das Apalachische Gebirge wenigstens 35 Millionen Jahre gebraucht habe; 
führt dann 

6) das Systematische in den an den gegenüber liegenden Küsten des 
nordamerikanischen Continentes und über der Aera des Oceans die He- 
bung bewirkenden Bewegungen weiter aus, um darauf zum zweiten Theil 
zu schreiten, zur Betrachtung der 

I. Beschaffenheit des Erdinnern. 

Dieselbe ist zwar nicht zu den geologischen Folgen der Contraktion 
durch Abkühlung gehörig, aber diese Resultate bieten ein Argument von 
grossem Gewicht bezüglich des Zustandes des Erdinnern und machen es 
wünschenswerth, dass der Gegenstand in Verbindung damit behandelt werde. 
Ausserdem werfen die Thatsachen additionelles Licht auf das vorher be- 
sprochene Thema, den Ursprung der Berge. 

Durch astronomische wie durch physikalische Argumente dürfte die 
Annahme begründet erscheinen, dass das Innere unseres Globus in der 
Hauptsache fest ist, die grossen Schwankungen der Erdrinde aber, welche 
zu ihrer Erklärung ein flüssiges Innere zu fordern scheinen, bleiben That- 
sache und bieten dem Geologen daher jetzt scheinbar grössere Schwierig- 
keiten dar, als je zuvor. 

Das geologische Argument über den Gegenstand ist schon oft vorge- 
bracht, aber es erhält neue Beweiskraft, wenn die Fakta im Lichte der 
Annahmen betrachtet werden, welche im Vorstehenden erklärt wurden. 

Die Apalachische Senkung in der Alleshany-Region ging während 
der ganzen paläozoischen Zeit vor sich und war eine Folge des Sinkens 
der Erdrinde in Folge lateralen Drucks. Um solche Senkung möglich zu 
machen, musste aber ein Etwas von ca. 40,000 Fuss Dicke und ca. 100 
Meilen (englische) Breite unten weggeschafft werden. Woraus bestand nun 
dies Etwas? Offener Raum ist ebensowenig denkbar wie Dämpfe, denn 
sonst hätte ein Einsturz, nicht aber eine allmähliche Senkung erfolgen 
müssen. Es scheint also nöthig, eine Schicht von unbestimmter Dicke, 


etwa einen See, aus zähem oder plastischem Gestein bestehend, anzuneh- 
56 * 


884 


men, und zwar muss ein solcher See während der ganzen, oben auf 35 
Millionen Jahre geschätzten Zeit, bestanden haben. Da nun aber nach 
Norden ähnliche Bildungen vor sich gingen und in Folge dessen analoge 
Verhältnisse eintraten, so entsteht die Frage: was ward aus dem verdräng- 
ten Material des Unter-Apalachischen-Feuersees? Von Norden und Westen 
verdrängt mag ein Theil nach Süden gegangen sein, der Haupttheil aber 
musste gen Ost. Geschah dies aber, so musste sich weiter östlich durch 
seitlichen Druck eine geantiklinische Erhebung der Seeküste parallel mit 
der sich westlich senkenden Aera bilden. Und dass das wirklich geschah, 
weist Dana nach und ebenso, dass, als die Apalachischen Berge gehoben 
wurden, d.h. mit Schluss der triadisch-jurassischen Epoche, diese Küsten- 
linie wieder zu schwinden begann und im Beginn der Kreidezeit so weit 
gesunken war, dass die atlantische Küste südlich von New-York dem 
Ocean wieder offen stand. — Diese damals vorgeschobene Küste ist, was 
Professor Hunt schon früher richtig erkannt, aber als einen östlichen Con- 
tinent bezeichnet hatte. 

Angesichts der Schlüsse, zu welchen ihn die Untersuchungen geführt 
haben, stellt Dana folgende Punkte auf: 

1) Die Beschränkung der Flüssigkeit des Erdinneren auf eine Schicht 
unter der Kruste habe nicht nothwendig eine Modifikation der von ihm 
vor 25 Jahren ausgesprochenen Ansichten über die Resultate der Erd- 
Contraktion zur Folge. 

2) Die hier angenommene Beschaffenheit des Erdinneren ist schon im 
Jahre 1847 von Professor Horkıns entwickelt worden und zwar nahm er 
an, dass a) die Central-Masse der Erde fest wurde in Folge des Drucks, 
sobald die innere Temperatur das Limitum erreichte, welches dies ge- 
stattete — dass b) die Bildung der Kruste in Folge der Abkühlung später 
begann und dass c) zwischen den Regionen des inneren und äusseren Er- 
starrten für lange Zeit eine zähe Schichte blieb, welche im Laufe der Zeit 
durch die Annäherung des festen Kernes an die dicker werdende Hülle 
allmählich an Mächtigkeit verlor. 

3) Die Möglichkeit des Festwerdens im Centrum in Folge von Druck 
bei einer Temperatur, deren Höhe ein Erstarren durch Abkühlung nicht 
gestattet, ist durch Experiment nicht bewiesen, doch sprechen mehrere 
Thatsachen günstig für diese Ansicht. Es ist dafür angeführt worden, 
dass, da das Festwerden von Felsen von Contraktion, also von Verdich- 
tung begleitet ist, und da Compression auf diese grössere Dichtigkeit hin- 
wirkt — auch Druck die Bedingungen für einen festen Körper zu Wege 
bringen könne. Auch die Thatsache, dass Eis, welches geringere Dichtig- 
keit als Wasser besitzt, unter Druck zu Wasser wird, ist für diese An- 
nahme benutzt worden. Der Druck, welchem die Masse innerhalb der 
Erde unterworfen ist, wirkt so enorm, dass man durch Experimente die 
Wirkung nie wird untersuchen können; schon unter 150 Meilen (engli- 
schen) flüssigen Gesteins würde der Druck nicht weniger als eine Million 
Pfund auf den Quadratzoll betragen. — Weniger als das mag schon hin- 
reichend gewesen sein, um Krystallisation hervorzurufen und so dem zähen 


885 


Felsen-Material Starrheit zu verleihen, wenigstens nach der Abkühlung, 
welcher die Erde schon unterworfen gewesen ist. 

4) Nach Obigem würde der feste Theil der Erde, soweit der Ursprung 
in Frage kommt, aus drei Theilen bestehen: 

a. Der Central-Masse; consolidirt durch Druck; die Erstarrung cen- 
trifugal oder vom Mittelpunkt nach aussen. 

b. Der eigentlichen Rinde, durch Abkühlung fest geworden; die Er- 
starrung centripetal oder von aussen nach innen. 

c. Der äusseren Kruste oder der oberflächlichen Umhüllung, haupt- 
sächlich entstanden durch Umarbeitung des Materials der Oberfläche ver- 
mittelst der Atmosphärilien und sonstiger äusserer Wirkungen, unterstützt 
durch die beständig durch Contraktion wirkende laterale Kraft. 

5) Bezüglich der Mächtigkeit der zähen Schichte und der darüber lie- 
genden Kruste enthält sich der Verfasser jeglicher Schätzung. 

Dem „Schluss-Wort über die Entstehung der Berge“ ent- 
nehmen wir noch folgende Bemerkungen: 

Wir sahen vorher, dass bei Bildung der Gebirge im östlichen Nord- 
Amerika der Beginn geantiklinisch vor sich ging und als begleitende Folge 
des seitlichen Drucks weiter nach Westan geosynklinisch wurde. Die fort- 
während an Tiefe zunehmende Höhlung wurde bis an den Rand oder 
wenigstens bis nahe dem Wasserspiegel mit Sedimenten gefüllt, die im 
Laufe der Zeiten eine Dicke von ca. 40,000 Fuss erreichten. — In Folge 
dessen stiegen die Linien gleicher Temperatur (Isogeothermen) in der dar- 
unter befindlichen Erdrinde allmählich um 40,000 Fuss in die Höhe und 
die geosynklinische Kruste verlor in Folge des Aufsteigens der Hitze einen 
Theil ihrer Dicke durch Abschmelzen der unteren Seite, sowie einen Theil 
ihrer Consistenz weiter oben durch die erweichende Wirkung der Wärme, 
während als einziger Ersatz für den Verlust in Mächtigkeit von oben 
halbeonsolidirte Sedimente zugeführt wurden. Endlich wurde die geosyn- 
klinische Region, in Folge ihrer Lage gegen die stabilere continentale 
Masse und der in angegebener Weise erfolgten Schwächung, durch den 
beständigen lateralen Druck der Schauplatz einer Katastrophe und der 
Bildung eines Gebirges in der beschriebenen Weise. 

III, Metamorphismus. 

Dana wiederholt zunächst seine schon 1866 veröffentlichten Argumente, 
wonach er Herscher’s Theorie — welche in dem Aufwärtssteigen der Iso- 
geothermen bei oben erfolgender Akkumulation die Ursache des Metamor- 
phismus sucht — verwirft, dagegen Bewegung in den Schichten oder fort- 
schreitende Faltung, wie solche die metamorphischen Steine selbst zeigen, 
nach dem Princip der Verwandlung der Bewegung in Wärme als Ursache 
des Metamorphismus annimmt. — Nach dieser Theorie können Schichten 
von gleicher Zusammensetzung verschiedenen Veränderungen unterworfen 
sein oder mit anderen Worten ganz verschiedene metamorphische Gesteine 
aus demselben Material entstehen je nach der Stärke der Bewegung, der 
Dicke der Lager, welche bewegt worden und dem Quantum von Feuchtig- 
keit, welche in der Gesteinsmasse vorhanden ist. 


886 


Metamorphismus über grössere Flächen würde darnach ein direktes 
Resultat der Erdcontraction sein. (A.) 


Karı v. Sersacah: das mitteldeutsche Erdbeben vom 6. März 
1872. Ein Beitrag zur Lehre vom Erdinnern. Leipzig, 1873. 8°. 192 S. 
2 Karten u. 3 Tafeln. — Bei der Beurtheilung und Darstellung des Ver- 
breitungsgebietes dieses Erdbebens hat der Verfasser mit Recht grosse 
Bedeutung auf die genaue Bestimmung der Zeit gelegt, in welcher an den 
einzelnen Orten der Stoss empfunden worden ist. Er hebt mit Dank die 
wesentliche Förderung seines Unternehmens durch die Kais. General-Te- 
legraphen-Direction hervor. 

Der erste Theil der vorliegenden Schrift ist eine Sammlung von Ori- 
ginalberichten über das Erdbeben vom 6. März 1872. Diesem 
folgt 8. 104 eine Übersicht über die äusseren Erscheinungen und 
Wirkungen desselben. Hierzu dient eine Karte im Maassstabe von 
1: 2550000, woraus hervorgeht, dass das Erdbeben eine Oberfläche von 
wenigstens 3100 Quadratmeilen bewegt hat. Die Form, in welcher das 
Erdbeben empfunden wurde, wird sehr allgemein als eine wellenförmig 
vorüberziehende Bewegung des Bodens beschrieben, für die Dauer der 
Bewegung ergibt sich als Durchschnittszahl 5 Secunden. Auf der Karte 
sind auch die beobachteten Richtungsangaben der Wellenbewegung ange- 
geben, welche indess völlig regellos verlaufen. Neben dem Hauptstosse, 
welcher am 6. März gegen 4 Uhr Nachmittags das ganze auf der Karte 
verzeichnete Gebiet erschütterte, werden von verschiedenen Orten noch 
schwächere secundäre Schwankungen erwähnt, die jenem bald vorausge- 
gangen, bald nachgefolgt sein sollen. 

S. 126 stellt v. SezsacH eingehende theoretische Betrachtungen über 
Erdbeben und das Erdbeben vom 6. März 1872 insbesondere an, und ge- 
langt zu dem Schluss, dass das Centrum, der Herd des Erdbebens vom 
6. März 1872 unweit Amt-Gehren in Thüringen 2,4 geograph. Meilen 
unter der Erdoberfläche liege und höchst wahrscheinlich eine Spalte sei, 
welche annähernd von NNW. nach SSO. streicht, aber nur geringe hori- 
zontale Ausdehnung besitzt; sie ist nicht senkrecht, sondern fällt nach 
ONO. in’s Erdinnere. 

Die ganze Arbeit des Verfassers ist mit grosser Sorgfalt und Umsicht 
verfasst und kann als Vorbild für andere ähnliche Fälle 'gelten. 


Dr. Jacos NorsseErATH: die Erdbeben im Rheingebietin den 
Jahren 1868, 1869 und 1870. (Verh. d. naturhist. Ver. d. preuss. Rheinl. 
u. Westphalens. Jahrg. XXVII, p. 1—132.) — Was uns diese reichhaltige 
Zusammenstellung des hochverdienten Verfassers bietet, können wir nur 
nach ihrem Inhalte andeuten. Der Einleitung folgen Beschreibungen der 

1) Erdbeben vom 29. August 1868 im Regierungsbezirk Wiesbaden, 

2) Erdbeben vom 17. November 1868 in der Rheinprovinz, 


887 


3) Erdbeben vom 17. März 1869 in der Rheinprovinz, 

4) Erdbeben vom 22. Juni 1869 ebenda, 

5) Erdbeben vom 2. October 1869 ebenda, 

6) Erdbeben vom 9. October 1869 ebenda, 

7) Die Erdbeben des Grossherzogthums Hessen in den Jahren 1869 
und 1870. 

8) Meteorologische Beobachtungen. 

9) Erdbeben-Chronik des Rheingebietes von 801 nach Cnriıstus an bis 
1858. Weitere Erdbeben, welche das rheinische Erschütterungs- 
gebiet betreffen, sind dem Verfasser bis zum Jahre 1868 nicht be- 
kannt geworden, und es ist diese lange Zwischenperiode der Ruhe 
auffallend. 

10) Resultate, Vergleichungen und Folgerungen. 


C. Paläontologie. 


Dr. Kırı Mayer: Systematisches Verzeichniss der Versteinerungen 
des Helvetian der Schweiz und Schwabens. Zürich, 1873. 4°. 35 8. — 

Nach dem „Tableau synchronistique des terrains tertiaires superveurs, 
4. ed., Zurich, 1868“ von Kırı Maver folgen als verschiedene Etagen der 
obertertiären oder neogenen Ablagerungen von unten nach oben hin fort- 
schreitend: 

Etage aquitanien, Et. langhien, Et. helvetien, Et. tortonien, Et. mes- 
sinien, Et. astien und Et. saharien. 

Die helvetische Stufe, von K. Mayer 1857 aufgestellt, wurde von ihm 
in 3 Unterabtheilungen getrennt, wofür er die Namen Grunder-, Serra- 
valler- und St. Galler-Schichten vorgeschlagen hat. 

Die untere Abtheilung des Helvetian besteht erstens aus einem mehr- 
fach unterbrochenen, langen Streifen Meeresniederschläge, der aus der 
Gegend von Bordeaux (Gabarret, Sos, Keimbez) über Poitiers (Mirebeau) 
nach der Tourraine und bis Moulins reicht; dann, im Jura, vom Departe- 
ment gleichen Namens, über Court, den Mettenberg und die Plateaux von 
Baselland und des Aargau’s, nach dem Randen und bis Bachzimmern und 
Winterlingen, an der württembergischen Donau, sich erstreckt; ferner in 
der Mitte des Wiener Beckens sich wiederfindet und, wahrscheinlich über 
Galizien, nach Volhynien hinübergeht. Zweitens aber ist diese untere Ab- 
theilung längs des Nordfusses des ligurischen Apennins und in der Su- 
perga-Kette bei Turin entwickelt, während sie, drittens, wahrscheinlich 
auch in Südfrankreich (zu le Sausset bei les Martigues), wenn auch 
schlecht entwickelt, vorhanden ist. 

Die mittlere Abtheilung, fast überall gekennzeichnet durch ihre 
Gesteinsbeschaffenheit, als gelblicher Molasse-Sandstein, und durch eine 
Menge von Bryozoen, von Echinodermen und Haifischzähnen, folgt, mit 


888 


orographisch-stratigraphischer Nothwendigkeit, auf die erste in der Gegend 
von Gabarret und Sos; ebenso im Loire-Thal, bei Savigne nördlich von 
Tours; ebenso im Jura (am Randen) und in ganz prägnanter Weise in 
der Superga-Kette und bei Serravalle-di-Scrivia, während sie, paläonto- 
logisch unverkennbar, bei Montpellier (Juvignac etc.) wieder auftritt und 
hier der typisch entwickelten dritten Abtheilung deutlich als Basis dient. 

Die obere Abtheilung endlich, ebenfalls auf weiten Strecken in ihren 
paläontologischen und petrographischen Charakteren constant (so die blauen 
oder gelben Mergel mit Turritellen-, mit Tapes- und mit Panopaeen-Schich- 
ten von Montpellier, von St. Mitre bei les Martigues, von Bern, Luzern, 
‚St. Gallen, von Trento, Salles etc., ferner der Nulliporen- oder Leithakalk 
von ganz Südfrankreich, von Serravalle-di-Scrivia, der Umgegend von Wien 
etc.), — diese obere Abtheilung überlagert die mittlere, orographisch sicher, 
bei Bordeaux (Saucats-Salles) und sichtbar bei Montpellier ,- bei Luzern 
(Profil Löwendenkmal — Rothsee), bei St. Gallen (Martinsbrücke, Staad), 
bei Turin (Pino) und bei Serravalle (am Ufer der Scrivia). Es ist daher 
an ihrer Selbstständigkeit als eigene Unter-Abtheilung nicht zu zweifeln. 

Dass aber die auf das Helvetian folgende Stufe, das Tortonian, 
wirklich eine eigentliche Stufe und nicht blos eine weitere Unterabtheilung 
des Helvetian sei, wird von neuem erwiesen. 

Der thätige Paläontolog des Eidgenössischen Polytechnikum in Zürich, 
welcher zur Vermehrung der dortigen ansehnlichen Sammlungen selbst aus 
eigenen Mitteln bedeutende Opfer gebracht hat, gibt in dieser Schrift ein 
Verzeichniss der von ihm genauer untersuchten thierischen Versteinerungen 
des Helvetian der Schweiz und Schwabens unter Angabe ihres Vorkom- 
mens im Helvetian anderer Länder, sowie in älteren und jüngeren tertiä- 
ren Schichten und in der lebenden Schöpfung. Es ergibt sich daraus, dass 
von 740 schweizerischen Arten nur 571 oder 50°/, schon im Langhian oder 
früher aufgetreten sind; dass aber 531 oder fast 72°/,, oder nach Abzug 
der 120 nur aus der Schweiz bekannten Arten (740 — 120=620) fast 90°/, 
auch im ausländischen Helvetian vorkommen; dass ferner nur 394 oder 
53°/, in’s Tortonian, nur noch 545 oder 42°/, in’s Messinian und Astian 
hinaufgehen; endlich, blos 219 oder nicht ganz 30°/, noch leben. 


D. Stur: Beiträge zur genaueren Deutung der Pflanzen- 
reste aus dem Salzstocke von Wieliczka. (Verh. d. k. k. geol. 
R.-A. 1873, p. 6.) — Bei einer Auffrischung der vor mehr als 20 Jahren 
aus dem Spizasalze von Wieliczka durch Unger beschriebenen Pflanzen- 
reste (Denkschr. d. kais. Akad. 1850. I, p. 311. Taf. 35.) gelang es dem 
Verfasser, nach Lösung der einhüllenden Salzmasse manche dieser vege- 
tabilischen Reste sicherer zu bestimmen, als dies früher möglich war. 
Nach seinen Untersuchungen besteht die Flora des Salzstockes von Wie- 
liczka aus folgenden Mitgliedern: 

1) Raphia Unger Stur, ähnlich der Rh. taedigera Marrıus. Syn. 
Quercus limmophila Une. 


889 


2) Pinus salinarum Parrtscn, ähnlich der P. Pallasiana Lams. 

3) Pinus polonica Srtur, ähnlich der P. Massoniana Lan. 

4) Pinus Russeggeri Stur, ähnlich der P. rigida Miu. 

Die abgenagten Zapfenreste der beiden letztgenannten Föhren wurden 
für Becherhüllen von Quercus limnophila Uns. und Quercus glans Saturni 
U. gehalten. 

5) Pinites wieliczkensis Gö. 

6) Pithyoxylon cf. silesıacum Une. 

7) Taxoxylon Goepperti Une. 

8) Betulinium cf. silesiacum Une. 

9) Fegonium salinarium Une. 

10) Liguidambar europaeum Au. Br., von Unger als Steinhauera sub- 
globosa StB. aufgeführt. 

11) Pavia salinarum U. =: Castanea 'salinarum Uns. 

12) Carya ventricosa Ber. sp. 

13) Carya ‚salinarum Ste. sp. 

14) Carya costata Sts., wozu auch Quercus glans Saturmi Uxe. z. Th. 
gehört. 

15) Amygdalae sp. und 

16) Cassia grandis Une. (?) 

Die Flora des Salzstockes von Wieliczka besteht also im Wesentlichen 
vorherrschend aus Föhrenzapfen, Carya-Nüssen und Trümmern von ver- 
rottetem Buchen- und Birkenholze, welches letztere nur an einem Stücke 
noch die Rinde behalten hat. Der Verfasser nimmt ferner an, dass so- 
wohl die Zapfen als auch die Nüsse zur Zeit ihrer Herbstreife von Eich- 
hörnchen! bearbeitet worden sind. Die meisten darunter sind aber auf 
dem natürlichen Wege von den Mutterpflanzen abgefallen, insbesondere 
die Nüsse. 


Or. Novak: über eine neue Isopoden-Gattung aus dem ter- 
tiären Süsswasserkalk von Waltsch. (Sitzb. d. k. b. Ges. d. Wiss. 
in Prag, 1872. 23. Febr.) — Der schon von A. FrırscH (Ib. 1873, 777) 
erwähnte Isopode wird wegen seiner nahen Verwandtschaft mit der leben- 
den Meeresgattung Sphaeroma als Archaeosphaeroma Fritschi (Frici) n. 
sp. beschrieben. Das besondere Interesse, das sich an diesen Fund knüpft, 
liegt in seinem Vorkommen inmitten einer Süsswasserablagerung, welche 
sehr reich an Limnaeus subpalustris Tuom. (L. acutus Braun) u. a. meist 
schon von Reuss beschriebenen Arten ist. 


Memoirs of the Geological Survey of India. Palaeonto- 
logia Imdica. Oretaceous Fauna of Southern India. IV,1. 
The Brachiopoda, by Ferv. Srouiczka. Calcutta, 1872. 32 p., 7 Pl. 
— (Jb. 1872, 230; 1873, 781.) — Die von SrouiczkAa beschriebenen Bra- 
chiopoden bieten neue schätzbare Anhaltepunkte für Parallelen zwischen 
- Süd-Indien und Europa dar. 


890 


Crania Ignabergensis Rerz. kommt in der Arrialoor-Gruppe vor, welche 
dem Ober-Turon und Unter-Senon entspricht. 

Rhynchonella Arrialoorensis StoL. ist der östliche Vertreter der Rh. 
Mantelliana Sow.; 

Rh. compressa Lam. wird aus der Trichonopoly-Gruppe vorgeführt; 

Der Rh. crenifera StoL. aus der Arrialoor-Gruppe entsprechen jene 
als Rh. alata, Rh. vespertilio und Rh. bohemica ScHLöns. bezeichneten For- 
men in europäischen Schichten; i 

Rh. nutans Sror. und Rh. plicatiloides Stor. aus der Trichonopoly- 
und Arrialoor-Gruppe schliessen sich eng an Rh. plicatilis Sow. und Rh. 
Iımbata SchL. sp. oder Rh. subplicata Manr. an; die cenomane 

Terebratula depressa Lam. kommt in der Ootatoor-Gruppe vor, welche 
die ältesten cretacischen Schichten Südindiens bezeichnet, während Ter. 
subdepressa StoL. und Ter. biplicata Sow. in der Arrialoor-Gruppe vor- 
walten; 

Ter. obesa Sow. wird aus der Ootatoor-Gruppe beschrieben; 

Ter. subrotunda Sow. der südindischen Trichonopoly- und Arrialoor- 
Gruppen ist von Ter. semiglobosa Sow. des Plänerkalkes nicht zu unter- 
scheiden 

Ter. capillata d’ArcnH. gehört auch in Indien der cenomanen Ootatoor- 
Gruppe an; 

Terebratulina relicta StoL. lässt sich recht wohl mit T. striatula Man. 
vereinen; 

Kingena lıma DErR. (= Megerlea lima ScHLöns.) wurde in der Arria- 
loor-Gruppe entdeckt und ausser dieser Art hat SroLıczka noch 3 andere 
Arten von Kingena beschrieben. 

Vol. IV, 2. The Ciliopoda, by Ferv. Srouiczka. Caleutta, 1872. 
34 p.3 Pl. — 

Der Verfasser wendet den Namen Ciliopoda für Polyzoa oder Bryo- 
zoa an und es gehören sämmtliche von ihm beschriebenen Arten der Ar- 
rialoor-Gruppe an. Sie vertheilen sich auf die Gattungen: Cellepora, 
Eschara, Escharifora, Celleporaria sp., Discopora, Membranipora, Escha- 
rinella, Biflustra, Lunulites, Salicornaria, Planicellaria, Truncatula, Ce- 
riopora, Heteropora, Zonopora, Proboscina und Entalophora. Unter den 
aufgeführten 23 Arten sind nur Planicellaria oculat« d’Ore., Proboscina 
radiolitorum d’Ors., R. angustata d’Ors. und Entalophora lineata Beıss. 
aus Europa bekannt. 


Mag. Fr. Schmivr: über die Petrefakten der Kreideformation 
vonder Insel Sachalin. St. Petersbourg, 1873. 4°. 37 8. 8 Taf. — 
Wiewohl schon 6 bis 7 verschiedene Localitäten auf Sachalin bekannt 
sind, in welchen Kreidepetrefakten gesammelt wurden, so hat man doch 
wegen der schweren Zugänglichkeit des Innern der Küste noch keinen 
Begriff von dem Raume, den die Kreideformation dort einnimmt, und von 
den Grenzlinien, die sie von den weit verbreiteten tertiären Land- und 


891 


Meeresbildungen scheiden, die längs der ganzen Küstenlinie und auch an 
vielen Stellen des Innern aufgeschlossen sind. Einer der Hauptpunkte 
liegt bei Cap Dui, wo Kreidefossilien unter eigenthümlichen Lagerungs- 
verhältnissen in einem aschgrauen Kalkmergel vorkommen. 

Einen ganz eigenthümlichen Charakter erhält die Sachalin’sche Kreide- 
ablagerung durch die zahlreichen, vielfach variirenden riesenhaften Pa- 
tellen- oder Helcion-Formen, die darin vorkommen. Der Verfasser 
charakterisirt die Sachalin’sche Art als Helcion giganteus n. sp. mit fol- 
genden Worten: Schale bis 1 Quadratfuss gross, mit breit ovaler Öffnung, 
flachgedrückt bis flach konisch. Spitze randlich bis fast central. Ober- 
fläche mit starken Anwachsstreifen, die sich in mehrere grössere Absätze 
vertheilen und mit 30—60 ungleichen, dicken, gerundeten, wurmförmigen 
Radialrippen bedeckt, die in einiger Entfernung von der Spitze beginnend 
unregelmässig einsetzen, sich verlieren, sich theilen und zuweilen wieder 
unter einander zusammenlaufen.“ 

Bei einer speciellen Vergleichung mit anderen Kreidegebieten findet 
Mag. Scumipr die grösste Verwandtschaft mit der südindischen Kreide- 
fauna, da nicht weniger als 9 Arten, nämlich sämmtliche Cephalopoden, 
unter denen der bisher specifisch indische Ammonites Sacya Fors., Sola- 
riella radiatula Fors. und als Haupt-Leitmuschel auf Sachalin Inoceramus 
digitatus (I. diversus SToL.), sich dort wiederfinden. 

Mit den Arten des Elbthalgebirges in Sachsen, wo namentlich das 
Cenoman sehr entwickelt ist, lässt sich bis jetzt wenig Ähnlichkeit wahr- 
nehmen. Selbst Ammonites peramplus von Sachalin zeigt manche Ver- 
schiedenheit von deutschen Exemplaren. Mit Ausnahme dieser Art und 
vielleicht des Amm. planulatus Sow., sowie der von Schmipr Taf. 8 abge- 
bildeten Rhynchonellen sind sämmtliche Arten ‘dem Elbthale fremd. 


W. B. Daweıns: Classification der pleistocänen Schichten 
Britanniens und des Continents mit Hülfe der Säugethiere. 
(The Quart. Journ. Geol. Soc. London. Vol. 28, p. 410.) — Die hier 
durchgeführte Classification beruht auf folgenden Principien: 

Die pleistocäne Periode war von sehr langer Dauer und umfasst grosse 
Veränderungen in der Geographie von Europa. Das Klima, welches wäh- 
rend der Pliocänzeit im nördlichen und mittleren Europa ein gemässigtes 
war, wandelte sich bei Beginn der pleistocänen Zeit allmählich in das 
kalte arktische Klima der Glacialzeit um; und dieser Wechsel verursachte 
eine entsprechende Änderung der Formen des animalischen Lebens, indem 
pliocäne Arten solchen den Platz räumten, die für die neuen Verhältnisse 
besser angepasst waren. Seitdem aber traten Pausen in dieser Verände- 
rung ein oder selbst theilweise Rückschritte zu der früheren Temperatur, 
so dass beide Thiergruppen zuweilen mit einander vermengt wurden. Die 
Grenzen einer jeden dieser geographischen Provinzen müssen mit der Jah- 
reszeit gewechselt haben, und die Mitbewerbung um denselben Futterplatz 
zwischen einziehenden und zurückweichenden Formen muss lang, schwan- 


892 


kend und hart gewesen sein. In jeder Area kann daher der Übergang 
von der pliocänen zur pleistocänen Fauna nur ein sehr allmählicher ge- 
wesen sein und es können die Grenzen zwischen beiden Formationen oft 
nicht scharf gezogen werden. Dawkıns scheidet die pleistocänen Ablage- 
rungen in drei Gruppen: 

1) Die, in welcher die pleistocänen Einwanderer angefangen haben, 
die pliocänen Säugethiere zu beunruhigen. Noch sind keine arktischen 
Thiere angekommen. Hierzu gehört die Waldschicht (Forest bed) von 
Norfolk und Suffolk und die Ablagerung von St. Prest bei Chartres. 

2) Die Gruppe, worin die charakteristischen pliocänen Hirsche ver- 
schwunden sind. Die gleichzeitig erscheinenden Wiederkäuer waren be- 
sonders vertreten durch den Edelhirsch, den Irischen Elk, das Reh, Bison 
und Urus. Zlephas meridionalis und Rhinoceros etruscus hatten sich nach 
dem Süden zurückgezogen. Zu dieser Gruppe gehören die Ziegelerden 
des unteren Themsethales, die Flussablagerung bei Claiton, die Höhle von 
Baume in dem Jura und eine Flussablagerung in der Auvergne. 

3) Die dritte Gruppe ist die, wo wirkliche arktische Säugethiere zu 
den Haupteinwohnern der Gegend gehören; und hierzu gehören die mei- 
sten der Knochenhöhlen und Flussablagerungen in Mittel- und Nord-Europa. 

Diese drei Abtheilungen entsprechen jedoch nicht den Praeglacial-, 
Glacial- und Post-Glacial-Gruppen in den pleistocänen Schichten des mitt- 
leren und nördlichen England, seit man Grund hat anzunehmen, dass alle 
Thiere, welche England bevölkert haben, nachdem die grösste Kälte vor- 
über war, auf ihrem südlichen Vorschreiten schon England erreicht hatten, 
ehe die grösste Kälte dort eingetreten ist; und sie sind daher sowohl prae- 
als postglacial. 

Der Verfasser führt seine Classification zunächst für Grossbritannien 
durch, beleuchtet alsdann Lartrr’s Classification, gibt eine tabellarische 
Übersicht der letzten pleistocänen Säugethiere an den verschiedenen Lo- 
calitäten Europa’s mit specieller Charakteristik der verschiedenen Faunen, 
entwirft eine anschauliche Karte der pleistocänen Geographie von Europa 
und verbreitet sich weiter über klimatische, physikalische und andere hier 
einschlagende Verhältnisse. 

Am Schlusse werden als Hauptpunkte für das pleistocäne Alter, welche 
durch das Studium der Landsäugethiere im Norden der Alpen und Pyre- 
näen gewonnen sind, betrachtet: 

Dem Pliocän mit Mastodon arvernensis, M. Borsoni, Hipparion 
gracile und ohne lebende Hirscharten folgen 

A. Als erste pleistocäne Stufe Schichten mit Trogontherium Cuveri, 
Cervus verticornis, C. Sedgwicki und C. carnutorum. Gleichzeitig erstes 
Erscheinen des Mammuth und anderer diluvialer Thiere, wie Höhlenbär, 
Cervus euryceros etc. 

B. In der mittleren Stufe der paläolithische Mensch, Machaerodus 
latidens, Hirsch, Rhinoceros megarhinus, R. tichorhinus; nördliche Formen 
noch nicht häufig. 

©. Die letzte Stufe der pleistocänen Zeit enthält den paläolithischen 


893 


Menschen, Rhinoceros tichorhinus, Elephas primigenius und Renthier 
häufig, Hirsch, verhältnissmässig selten. Nördliche Formen sind im vollen 
Besitz der Area im Norden der Alpen und Apenninen. 


O. FeistmanteL: über Fruchtstadien fossiler Pflanzen aus 
der böhmischen Steinkohlenformation. 1. Equisetaceae und Fi- 
lices. Prag, 1872. 4%. 52 8., 6 Taf. — (Jb. 1872, 108.) — Die gründ- 
lichen Untersuchungen des Verfassers über die Zusammengehörigkeit ver- 
schiedener, unter besonderen Gattungsnamen beschriebener Fruchtstände 
von Steinkohlenpflanzen mit ihren Mutterpflanzen verdienen um so mehr 
Beachtung, als die gezogenen Schlüsse im Wesentlichen mit auf dem gegen- 
seitigen Zusammenvorkommen dieser Pflanzenreste beruhen, was in man- 
chen Werken über fossile Flora gerade weniger berücksichtigt worden ist. 

Die Jb. 1872, S. 108 darüber veröffentlichten Resultate werden hier, 
soweit sie auf Equisetaceen, Asterophylliten und Farne Bezug 
nehmen, unter gewissenhafter Benutzung der reichen Literatur ausführ- 
lich begründet, über die Lycopodiaceen, Noeggerathieen und Gra- 
mineen stellt der Verfasser eine baldige Fortsetzung in Aussicht. Auf 
den beigegebenen Tafeln sind Huttonia spicata Ste., die dem Calamites 
Oisti oder C. cannaeformis entspricht, H. carinata GErM., letztere in Ver- 
bindung mit Calamites Suckowi, Huttonia arborescens Ste: sp. in Verbin- 
dung mit Calamites approximatus, Volkmannia gracilis STB., die zu Aste- 
rophyllites equisetiformis gehört, Volkm. elongata PresL., zu Asterophyl- 
lites grandis Ste. gehörend, Volkm. distachya Sı»., auf Asterophyllites fo- 
liosus LinpL. u. Hurt. zurückzuführen, Volkm. tenuwis Frısım., von Aste- 
roph. longifolius Ste. sp. abstammend, Bruckmannia tuberculata Sre., die 
Fruchtähre von Annularia longifolia Ber., auch bildlich dargestellt. Mit 
Equisetites infundibuliformis Ber. wird Calamites Göpperti Err., mit Equis. 
priscus GEIN. dagegen Üonites armatus Sre. vereinigt. 

Wir freuen uns, mittheilen zu können, dass die Ergebnisse dieser Un- 
tersuchungen im voilsten Einklang zu denen stehen, welche auch H. B. 
Gemitz im Gebiete der Steinkohlenflora gewonnen hat, da von dem Letz- 
teren ebenso auf das Zusammenvorkommen jener Pflanzenreste besonderes 
Gewicht gelegt worden ist. Dasselbe gilt für die verschiedenen Frucht- 
stände der Farne, nachdem Cu. E. Weiss noch einmal, und hoffentlich 
zum letzten Male, die fructificirenden Farne als besondere Gattungen 
von den nicht fructificirenden abgetrennt hat (Jb. 1870, S. 373). Wir kön- 
nen das letztere Verfahren nicht als Fortschritt bezeichnen. 


P. pe LorioL: Description des Animauxinvertebres fossiles 
contenus dans l’etage neocomien moyen du Mont Saleve. Ge- 
neve et Bale, 1861—63. 4°. 214 p., 22 Pl. 

Da diese schätzbare Arbeit bis jetzt noch nicht in dem Jahrbuche 
erwähnt worden ist, sollen nachträglich wenigstens einige Blicke darauf 


894 

geworfen werden, zumal sich nachstehende neuere Arbeiten des Verfassers 
eng an sie anschliessen. Der Mont Salöve unfern Genf besteht in seiner 
Hauptmasse aus jurassischen Schichten, über welchen sich neokome Ab- 
lagerungen entwickeln. Seine geologischen Verhältnisse im Allgemeinen 
sind besonders durch ALpHuonse FAvrRE bekannt geworden (Jb. 1868, 855). 
Das Neocomien tritt am Mont Saleve in seinen drei Etagen auf. Die un- 
tere oder das Valangien, calcaire roux nach Favre, liegt unmittelbar 
auf den Portlandschichten und enthält sehr wenige Fossilien. Meist ist 
es ein sehr harter, gelblicher Kalk, dessen Bänke sehr mächtig werden. 

Das mittlere Neokom, oder Mergel von Hauterive, erlangt gleich- 
falls bedeutende Mächtigkeit; das obere, oder Urgonien, tritt als weis- 
ser körniger Kalkstein mit einigen Caprotinen, Terebrateln etc. auf. 

Der Verfasser unterscheidet in dem mittleren N&ocomien des 
Mont Saleve von unten nach oben hin folgende Schichten: 

1) Gelben Kalk mit Ostrea rectangularis Röm. (macroptera d’ORe., non 

Sow.), der auf dem Valangien ruht; 
2) Thonige buntgestreifte Mergel, blau und gelb, mit grossen Pecten- 
Arten, Lima Picteti ete.; 

3) Kleine Mergelschicht mit vielen Versteinerungen; 

4) Thonige gestreifte Mergel, sehr versteinerungsreich ; 

5) Mergeligen Nierenkalk mit grossen Cephalopoden ; 

6) Gelben Kalk mit wenig Fossilien. 


In No. 1 kommen vor: 

Pleurotomaria neocomiensis d’ORB. und Pl. Bourgueti Ac., sehr selten, 
Pecten Archiacianus d’ORB., ziemlich häufig, Ostrea rectangularıs Röm., 
sehr gemein, 0. Leymerii d’OrB., selten, Terebratula praelonga Sow., ge- 
mein, Toxaster complanatus Ac. und Pyrina pygaea Desor, sehr selten. 


In der Etage 2 begegnet man namentlich dem Pecten Goldfussi Desn., 
P. Carteronianus d’Ore. und der Lima Picteti Lor., ausserdem Belemni- 
ten, vielen Pleurotomarien, Acephalen, Terebrateln, Bryozoen und Spongi- 
tarien. Auch ist Toxaster complanatus gewöhnlich. 


Die unter 3 aufgeführten grünen Mergel umschliessen noch viele 
Steinkerne desselben Seeigels sowie junge Exemplare des Ammonites Van- 
deckii d’ORB., A. Astierianus d’ORB. und A. Castellanensis d’OR». 

In dem blauen Kalke No. 5 zeigt sich besonders Ostrea Coulont. 


In der langen Reihe der von ve LorıoL aus dem eigentlichen oder 
mittleren Neocomien des Mont Sal&ve mit grosser Sorgfalt beschriebenen 
und vorzüglich abgebildeten Versteinerungen treten hervor: Belemnites 4, 
Nautilus 2, Ammonites 1, Scalaria 1, Natica 1, Neritopsis 1, Turbo 1, 
Pleurotomaria 8, Rostellaria 3, Otenopus 1, Fusus 1, Colombellina 2, Pa- 
nopaea 5, Pholadomya 2, Anatina 2, Tellina 1, Venus 6, Thetis 1, Opis 
1, Astarte 3, Crassatella 1, Cardita 1, Trigonia 4, Cyprina 3, Lucina 1, 
Corbis 1, Cardium 1, Unicardium 1, Isocardia 2, Nucula 1, Arca 4, Pinna 
1, Myoconcha 1, Mytilus 2, Lithodonus 1, Lima 5, Avicula 1, Pecten 5, 
Janira 2, Spondylus 1, Ostrea 4, Rhynchonella 1, Terebratula 5, Terebra- 


895 


tella 1; Bryozoen 23, Anneliden 4, Echinodermen 19, Spongien 
31 Arten. 


P. pe Lorıor et V. GiLuieron: Monographie paleontologique 
et stratigraphique de etageurgonien inferieur du Landeron. 
(Extr. d. Mem. de la Soc. helv. d. sc. nat. T. XXIIl.) 1869. 4°. 122 p., 
8 Pl. — Das mittlere oder eigentliche Neokom, das in den Umgebungen 
von Landeron ausgezeichnet entwickelt ist, wird hier von einer Reihe Mer- 
geln und eisenreichen Kalksteinen überlagert, welche theilweise sehr reich 
an Fossilien und namentlich an Spongitarien sind. Die darin entzifferte 
Fauna umschliesst ein Gemisch von Arten, die zum .Theil für das untere 
Urgon, zum Theil für das mittlere Neokom bezeichnend galten. Unter 
ihnen beansprucht namentlich auch das Vorkommen einer Comatula In- 
teresse. 

DE LorIoL’s genaue Beschreibungen weisen folgende Arten nach: 

Zähne von Fischen 3, Gasteropoden 2, Acephalen aus den 
Gattungen Panopaea , Pholadomya, Anatina, Venus, Oyprina, Cardium, 
Trigonia, Arca, Mytilus, Lithodomus, Pinna, Lima, Pecten, Hinnites, 
Ostrea 24, Brachiopoden 7, Bryozoen 7, Echinodermen 15, eine 
Koralle und 30 Spongitarien. 

Im Ganzen liessen sich aus. dem gelben Kalke von Landeron 89 Arten 
bestimmen, unter denen 26 neu waren. 

Von diesen Arten waren 23 in dem unteren Urgon (urgonien jaune) 
schon von anderen Fundorten im Jura bekannt, 41 finden sich in dem 
mittleren Neokom verschiedener Localitäten des Jura, 49 Arten sind in 
dem Neokom an anderen Fundorten beobachtet worden und 12 treten im 
Gebiete des Jura gleichzeitig im mittleren Neokom und im unteren Ur- 
gon auf. 

Diesen interessanten Untersuchungen von P. pr LorıoL schliesst V. 
GILLIERoON S. 95 u. f. seine stratigraphischen Beobachtungen bei Landeron, 
am Fusse des Jura, in 2,5 Meilen nordöstlicher Entfernung von Neuchätel 
an, welche über alle dort auftretenden Schichten und ihre Mächtigkeit, 
sowie über die darin vorkommenden organischen Überreste Aufschluss er- 
theilen. 

Man bemerkt unter anderen, dass auch das Cenoman dort nicht 
fehlt, sondern mit seinen charakteristischen Versteinerungen zum ersten 
Male an dem Schweizer Abhange des Jura bei Souaillon in der Nähe von 
St.-Blaise nachgewiesen wurde, in ähnlicher Weise aber auch an mehreren 
anderen Stellen des Canton Neuchätel, wie O. von Auvernier und bei Sou- 
aillon am Bieler See von ihm aufgeschlossen worden ist. 


H. Woopwarnp: über eocäne Crustaceen von Portsmouth. 
(The Quart. Journ. Geol. Soc. Vol. 29, p. 25. Pl. 1, 2.) — In dem unteren 
Eocän von Portsmouth wurden folgende Brachyuren entdeckt, denen der 
trefflliche Kenner der Crustaceen eine eingehende Beschreibung widmet: 


896 


Rhachiosoma. bispinosa H. Woopw. 1870, Litoricola gen. nov. mit L. 
glabra und L. dentata H. Woopw. 

H. Woopwarn lenkt S.31 ferner die Aufmerksamkeit auf einen neuen 
Trilobiten vom Cap der guten Hoffnung, welcher in wahrscheinlich 
devonischen Schichten in den Cock’s-comb-Mountains entdeckt worden ist. 
Er führt ihn als Enerinurus erista-galli H. Woopw. ein. 


H. Woopwarn: über einige fossile Überreste von Arachni- 
den? und Myriapoden aus der Englischen Steinkohlenforma- 
tion. (The Geol. Mag. Vol. X, p. 104.) — Der umsichtige Autor führt 
Eurypterus mammatus Sauter, 1863 (Quart. Journ. of the Geol. Soc. Vol. 
19, pag. 84, fig. 1—7) aus der Steinkohlenformation von Manchester auf 
Arthropleura JorDAN zurück, deren A. mammata Jorpan von Saarbrücken 
vielleicht eine gigantische Arachnide ist. Purypterus ferox SALTER, 1863 
(Quart. Journ. of the Geol. Soc. Vol. 19, p, 86, fig. 8), aus der Steinkoh- 
lenformation von Coalbrook dale, wird zu der Myriapoden-Gattung Zupho- 
beria MEEK u. WORTHEN gestellt. 


A. G. Burzer: ein fossiler Schmetterling aus dem Schiefer 
von Stönesfield etc. (The Geol. Mag. Vol. X, p. 2, Pl. 1.) — Juras- 
sische Schmetterlinge gehören bekanntlich zu den grössten Seltenheiten, 
und es ist erfreulich, in der hier aufgestellten Palaeontina oolitica aus 
dem mittleren Jura von Stonesfield bei Oxford eine neue Art kennen zu 
lernen, welche ihre nächsten Verwandten in den südamerikanischen Gat- 
tungen Caligo, Dasyophthalma und Brassolis besitzt. 

Weiter beschreibt der Verfasser Neorinopsis sepulta (= Cyllo sepulta 
Boıspuvar — Vanessa sepulta LiEFRBVRE) aus dem oberen cretacischen 
Sandstein von Aachen, und 

Junonia Pluto (= Vanessa Pluto Hrrr) aus dem miocänen Mergel 
von Radaboj in Croatien, die er mit ihren lebenden Verwandten vergleicht. 


T. R. R. Stesseıne: Bemerkungen über Calceola sandalina 
Lam. (The Geol. Mag. Vol. X, p. 57. Pl. 5.) — Wie schon früher von 
A. Kuntu (Jb. 1870, 254) und Anderen wird auch von diesem Verfasser 
die Gattung Üalceola von den Brachiopoden getrennt und in die Gruppe 
der Zoantharia rugosa gestellt. Eine Reihe guter Abbildungen dient zur 
weiteren Begründung dieser Ansicht, welche bis jetzt freilich noch nicht 
allgemeine Annahme gefunden hat. 


Blicke auf die Wiener Weltausstellung im Jahre 1873. 


Von 


Herrn Dr. H, B. Geinitz. 


Die Anordnung des überwältigenden Materiales, welches 
auf dieser Weltausstellung zusammengehäuft war, ist dem Prin- 
cipe nach eine geographische, in der Richtung von West 
nach Ost, mit den Vereinigten Staaten Nordamerika’s beginnend 
und mit den orientalischen Staaten abschliessend. Innerhalb der 
verschiedenen Staaten waren die mannichfachsten Gegenstände in 
26 Gruppen vertheilt. (Vrgl. den offiziellen General-Katalog, 
2. Aufl. Wien, 1873, 8°, 1028 S.) 

Das entgegengesetzte Princip war, und zwar zum Vortheil 
der leichteren Orientirung und zum besseren Vergleiche der ver- 
wandten Gegenstände, bei der Pariser Weltausstellung im 
J. 1867 durchgeführt worden, wo in 7 ringförmig sich um- 
schliessenden Galerien die verwandten Gegenstände in der Reihen- 
folge der einzelnen Länder neben einander angeordnet waren, 
was eine weit bessere Übersicht gestattete. (Vrgl. N. Jahrb. 
1868, S. 1.) 

Zwar hatte man in Wien durch eine besondere grosse 
Maschinenhalle, eine landwirthschaftliche Maschinenhalle, getrennte 
Agrieulturhallen, ferner durch besondere Gebäude für Deutsch- 
lands Metall- und Montan-Industrie, einen Unterrichts-Pavillon für 
das deutsche Reich, ein Gebäude für die Ausstellung des k. k. 
Ackerbau-Ministeriums, ein anderes für die österreichische Eisen- 


hütten- und Metall-Industrie, die vorzüglichen Ausstellungen der 
Jahrbuch 1873. 57 


898 


Wiener Gartenbau-Gesellschaft, stattliche Kunsthallen und zahl- 
reiche andere, auf den verschiedenen Situationsplänen ersicht- 
liche Pavillons für Separatausstellungen unwillkürlich auch die-. 
sem naturgemässen Principe einigermaassen Rechnung getragen, 
die ganze Ausstellung ist dadurch aber so zerstückelt geworden, 
dass es höchst zeitraubend war, das nächst Verwandte heraus- 
zufinden und eine Übersicht darüber zu gewinnen. Der Wahl- 
spruch „divide et impera« hatte hier jenen Wahlspruch „virzbus 
unitis“ namentlich in der österreichischen Ausstellung fast. ganz 
verdrängt. | | 


Die gegenwärtigen Blicke sind nur auf den geologischen 
und damit verwandten Theil der Weltausstellung gerichtet *. 


1. In der würdigsten Weise war Deutschland verireten, 
dessen Industrie die Mitte der Ausstellung bildete, sowohl in der 
grossen Rotunde, als in der unmittelbaren Nähe derselben. 

Man darf insbesondere auch den amtlichen Katalog der 
Ausstellung des Deutschen Reiches, Berlin, 1873, 8°, 
672 S. nebst Übersichtsplänen, als eine Musterarbeit für ähnliche 
Zwecke bezeichnen. 

Einem allgemeinen Abschnitte von T. Böpiker: Das Deutsche 
Reich in geographischer, politischer und statistischer Beziehung, 
folgen Schilderungen der 26 unterschiedenen Gruppen, zunächst 


Gruppe I. Bergbau und Hüttenwesen, und zwar: 


a) Mittheilungen über die geologischen Landesuntersuchungen, 
deren Kartenwerke im Jahrbuche wiederholt besprochen wurden. 


b) Statistik des Bergbaues. der Hütten und Salinen. 

Über die Production, Consumtion und die Cireulation der 
mineralischen Brennstoffe in Preussen während des Jahres 1871 
ist von dem K. Pr. Ministerium für Handel, Gewerbe und öffentl. 
Arbeiten eine besondere Karte mit Erläuterungen veröffentlicht 
worden. (Berlin, 1873, Verl. von J. H. Neumann.) 

c) Producte der Bergwerke, Hütten und Salinen. 


* Zur Auffindung hierauf bezüglicher Gegenstände war ein Ausstel- 
lungsplan sehr willkommen, mit Angabe der Depots für Bergbauproducte 
und Producte der Chemie u. s. w., welcher als Beilage zu der Zeitschrift 
von J. Grar „Der Bergmann“ No. 29 und 34 zusammengestellt worden 
und in Wien, Zelinkagasse No: 3, zu erlangen ist. 


899 


Die zweckmässige Anordnung dieser Materialien in zweı 
NO. von der Rotunde befindlichen Gebäuden ist auf einem spe- 
ciellen Plane darüber ersichtlich. Es folgten Oberschlesien, Nie- 
derschlesien, die Braunkohlen Preussens, Stein- und Kalisalz, 
Soolquellen, die Blei-, Kupfer- und Silberhülten in Preussen und 
Sachsen, der Oberbergamisbezirk Clausthal und Schmalkalden, das 
Erzgebirge, zum ersten Male mit grossen Blöcken des Magnet- 
eisenerzes von Berggieshübel; Hessen, Mittelrhein, die Oberpfalz 
und Oberfranken in Bayern, der Saarbrücker Bezirk, Elsass- 
Lothringen, Aachen-Eifel-Bezirk, Niederrheinisch-Westfälischer 
Distrikt und Osnabrück. Siegerland und Taucherapparate. 

Unter den vielen Gegenständen dieser Abtheilung ragle vor 
allem die Steinsalzproduetion hervor. Ein Obelisk aus Stein- 
salz stellte die jährliche Production von Steinsalz in Stassfurt in 
U aoe, mat. Gr. dar; es waren die mannichfachen Salze der Kgl. 
Preussischen und der Anhaltischen Saline Leopoldshall bei Stass- 
furt reich  verlreten, mehrere grosse Tafeln mit Abbildungen der 
neueren Salzbohrlöcher in Deutschland, unter ihnen das bis 1224 
Meter Tiefe gelührte Bohrloch von Sperenberg, gaben Aufschlüsse 
über Lagerungsverhältnisse und Mächtigkeit des Salzes, über die 
Produetion von Steinsalz und Kalisalz, Kochsalz und denaturirtem 
Salz u. s. w. in Preussen. 

Württemberg hatte einen gewaltigen Block von Steinsalz 
seiner Saline Friedrichshall entnommen. 

Ebensowenig fehlten die Phosphate aus den Gruben von 
Limburg u. a. Gegenden. 

Über die Industrie des Königreichs Württemberg liegt 
ein besonderer Katalog vor (Prag, 1875, 8°, 111 S.), ebenso über 
Elsass-Lothringen, von Cur. Mosıer (Strassburg, 1873, 8", 
100 S.) 

Der Kais. Bergmeister Herr Moster. hatte gleichzeitig eine 
Bergwerks-, Hütten- und Salinen-Karte von Elsass-Lothringen in 
dem Maassstabe von 1:200.000 verfasst, sowie Profile über die 
Eisenerz-Vorkommen Lothringens. 

Vielen wird. die Bezeichnung „Minette“ für  oolithische 
Brauneisensteine befremdend gewesen sein, deren Zone von N. 
nach S. zwischen dem Lias und Unteroolith Lothringen durch- 
streicht. 


57* 


900 


Neben einem Längenprofile des Rheinstromes von Basel bis 
Nordsee war eine Reihe Geschiebe aufgestellt, die der Strom an 
verschiedenen Orten mit sich geführt hat und die selbstverständ- 
lich nach und nach an Grösse und Gewicht abnahmen. 

Werthvolle Beigaben zu der deutschen Ausstellung waren 
eine Schrift: Die Einrichtungen zur Hebung des materiellen und 
geistigen Wohles der auf den K. Preuss. Berg-, Hütten- und Salz- 
werken beschäftigten Arbeiter, eine Erläuterung zu den vom Mi- 
nisterium für Handel. Gewerbe und öffentl. Arbeiten zu Wien 
ausgestellten Plänen von Arbeiterhäusern (Berlin, 1873, 4°. 
42 S.), ferner: die Beschreibung des Modells eines Hochofens, 
ausgestellt durch Gebrüder Conrkan und Franz Bürtsensach, wel- 
cher bei Fachtechnikern viel Anklang fand, dann: die Zeichnungen 
des vielseitig anerkannten Freifall-Seilbohrers von Ober- 
bergrath von SParRE in Dortmund, nebst Erläuterungen dazu. 
sowie die Apparate und Schriften über die hochwichtigen Tau- 
cher-, Athmungs- und Beleuchtungs-Apparate von L. 
von BREMEN & Co. in Kiel (Fabrik Rouguayror-DENAYROUZE in 
Paris) und ihre Anwendung für den Bergbau. 

Die mit diesen Apparaten im Auftrage der K. Bergwerks- 
direction am 12. und 13. August 1873 in Saarbrücken angestell- 
ten Versuche, über welche ein Protokoll vom 14. August vor- 
liegt, sind sehr befriedigend ausgefallen; sie geben der Hoffnung 
Raum, dass bei ihrer Anwendung die Verunglückungen durch böse 
und schlagende Wetter wohl gänzlich vermieden werden können 
und es ist nur zu wünschen, dass solche Apparate nicht nur in 
Bergwerken, sondern auch in den Städten Verbreitung finden 
mögen, wo ähnliche Erstickungsfälle in Kellern und Brunnen 
leider zu oft noch vorkommen. 

Von den zahllosen in anderen Räumen der deutschen Aus- 
stellung noch zerstreuten Gegenständen sollen noch hervorgehoben 
werden: 

Die Krupr’sche Ausstellung in einem besonderen Pavillon, mit 
ihrer Riesenkanone und anderen grossen Stücken aus Gussstahl, 
wozu die Siegener und Nassauer Eisensteingruben das Material 
liefern; ferner die geschmackvolle Ausstellung der Zöblitzer 
‚Serpentinsteingesellschaft in der Rotunde, deren wesent- 
liche Fortschritte man Herrn Director RössELen verdankt, die von 


901 


verschiedenen Firmen in Berlin ausgeführten Bernsteinarbei- 
ten; die als Lehrmittel dienenden Sammlungen von Mineralien 
und Gebirgsarten der bergakademischen Niederlage in 
Freiberg, sowie von Herrn C. F. Pecn in Berlin, welche neben 
grossen Krystallmodellen des Dr. HEsEr in Dresden in dem Un- 
terrichts-Pavillon ausgebreitei waren, zahlreiche mikroskopische 
Präparate von Gesteinen der Herren Voısr & Hocnsesane in Göt- 
tingen, R. Furss in Berlin u. A. 

Unter den grösseren, meist ausserhalb der geschlossenen 
Räume befindlichen Gegenständen fesselten die Aufmerksamkeit 
Säulen und grosse Platten von Granit von C. Kurnırz in Saarau, 
Pr. Schlesien, die Steinmetzarbeiten von E. W. Grimm in Schwar- 
zenbach im Fichtelgebirge, rheinische Mühlsteine von $. Landau 
in Coblenz, Mühlsteine aus rothem Sandstein von KELLER Freres, 
Saverne im Elsass und von W. G. Hum in Obernfingen, Würt- 
temberg, treffliche Lehestener Dachschiefer etc. 

2. Österreich hatte seine Schätze im südlichen Theile 
der Roiunde und in den östlich davon gelegenen Theilen ausge- 
breitet. Es war, wie zu erwarten stand, im montanistischen 
Theile ausgezeichnet vertreten, nur machte sich bei ihm gerade 
die Zersplitterung vor allem geltend, und gewiss nicht mit Un- 
recht, da die meisten Zweige der Industrie mit den Verhältnis- 
sen und den Producten des Bodens auf das innigste verbunden 
sind. 

Unter der Ägide des Österreichischen Bau- und Unter- 
richts-Ministeriums prangte die Ausstellung der k.k. geo- 
logischen Reichsanstalt in einem Seitenflügel der östlichen 
Hauptgalerie. Es ist darüber ein specieller Katalog veröffentlicht 
(Wien, 1873, 8°, 200 S.), aus dem wir ersehen, dass die Ord- 
nung der Baumaterialien durch H. Worr, jene der Kohlen durch 
Fr. FörterLe und O. Feistmanter, die der Erze und Salze von 
Fr. von Hauer und O. Lenz und jene der paläontologischen 
Schaustücke durch D. Stur durchgeführt worden ist. 

Die erste Abtheilung bezeichnet die zahlreichen Karten 
und Durchschnitte der Anstalt, erstere theilweise an der Wand 
aufgespannt, theils in Portefeuilles. 

Die zweite Ahtheilung enthält: Sammlung der nutzbaren 
Producte des Mineralreiches aus Österreich, die Erze, Schwefel 


902 


und Schwefelkies, Graphit, Bitumen, Salze, fossile Kohlen * und 
Torf, Bausteine, Dachschiefer, Farbematerialien u. s. w., Gyps, 
hydraulischen Kalk, Cement, feuerfeste Materialien, eine Samm 
lung von 193 künstlichen Krystallen und Schaustücke von Petre- 
facten. 


Diese ganze Sammlung ist eine höchst lehrreiche und wird 
hoffentlich, so weit dies möglich ist, in ihrem ungetheilten Um- 
fange erhalten bleiben. 


Neben ihr fanden sich in demselben Raume noch viele 
andere hochinteressante Gegenstände vor: 

Miniatur-Vulkane aus Schwefel von F. v. Hocusterter (vgl. 
N. Jahrb. 1871, p. 496). 


Gletscher-Phänomene, dargestellt von Prof. Sımoxv; 


eine prächtige Sammlung von C. v. Errines#ausen über den 
gemeinschaftlichen Ursprung der Floren der Erde in 6 Gruppen: 
Reste tropischer Gewächse in den Tertiärschichten, Europäische 
Pflanzenformen in den Tertiärschichten, Neuholländische, Asia- 
tische, Amerikanische und Afrikanische Reste in den Tertiär- 
schichten; 


eine Sammlung natürlicher Krystalle von Ruv. NiEutscHick, 
Docent am Wiener Polytechnikum; zahlreiche Gegenstände aus dem 
rühmlichst . bekannten Naturalien-Comptoir des Dr. E. Eser in 
Wien und des Dr. V. Frirsch in Prag, andere naturhistorische 
Lehrmittel von Jos. ErsgEer in Wien. 


Mährens Gesteine, zusammengestellt von Prof. A MAkowskv 
in Brünn, sowie eine reiche Ausstellung der anthropologi- 
schen Gesellschaft in Wien, worüber ein Katalog von Prof. 
J. Worpricn vorliegt (Wien, 1873, 8", 47 S.). Prachtstücke die- 
ser Sammlung waren das von Dr. Wanker aufgestellte Skelett 
des Ursus spelaeus aus der Slauper-Höhle in Mähren, sowie an- 
dere Höhlenfunde Mährens, Pfahlbautenfunde, Funde auf dem Lande 
und Gräberfunde. | 

Das Museum Franzisco-Carolinum in Linz, dessen verdien- 


* Über das Braunkohlenbecken von Aussig bis Komotau, s. die be- 
sondere Dryckschrift des Vereins für die bergbaulichen Interessen im 
nordwestlichen Böhmen zu Teplitz. 8°, 24 8. 


903 


ter Custos der Kais. Rath Euprrich ist, hatte schöne Marmorgat- 
tungen aus Ober-Osterreich eingesandt. 


In einem anderen Seitenflügel der östlichen Hauptgalerie 
fand man die Prachtsammlung silurischer Versteinerungen aus 
Böhmen des Herrn J. M. Scuarv in Prag, Graphite aus den 
Fürstlich SchwaArzeEngers schen Gruben bei Schwarzbach in Böh- 
men, von Mugrau und Iglau in Mähren, von Siegsdorf bei Rothe- 
mann in Steiermark, und von Hochtauern, Raabs in Nieder-Öster- 
reich; eine Collectiv-Ausstellung der Gewerke des Ostrau-Dom- 
brau Karwiner Steinkohlenreviers. 

Brandschiefer der Dyas von Czernahora bei Brünn, worin 
Prof, Ar. Makowsky 1872 auch Archegosaurus ausiriacus N. 'SP., 
Acanthodes gracilis und Walchia piniformis entdeckt hat; As- 
phalt aus dem bituminösen Schiefer von Seefeld bei Tirol *, 
während man an anderen Orten dem Asphalte aus Dalmatien und 
den Abruzzen begegnete; ıman sah die evcänen Naphta-Schich- 
ten mit Versteinerungen aus Galizien, ausgestellt durch Sıe. 
v. Bosntackı,, eine reiche Suite: von Erdöl und Erdwachs von 
Drohobilz und Boryslaw in Galizien und die Producte der Mine- 
ralöl-Raffinerie in Bolanka **. Wir fanden Proben von Lert- 
manns Torfverkohlung von Chlumetz in Böhmen, Producte der 
Kalibergbau- und Salinen-Betriebsgesellschaft von Kalusz in 
Galizien, mit grossen Blöcken von Kainit und mit Grubenkarte 
von Kalusz, die Eisenerze aus Steiermark und Krain, Producte 
der Actiengesellschaft für Bergbau- und Hüttenbetrieb in Böhmen 
bei Mies, mit Massen von Bleiglanz und geschmolzenem Silber, 
der Bleierzzeche Frisch Glück Reichesegen zu Mies bei Pilsen 
mit riesigen Bleiglanzkrystallen, des Berg- und Hüttenwerkes 
Johannesthal und der Bleigewerkschaft Knapouse bei Laibach in 
Krain, der Kupferbergbau-Gewerkschaft Bürgstein, mit Talkschie- 
fer und Kupferkies, der Gold- und Silbergewerkschaft Rathhaus- 
berg, der Gewerkschaft Silberleiten zu Bibermier in Tirol, der 
Arsenikgewerkschaft Rothgülden-Lungau, Herz. Salzburg, mit 


* Besitzer der ersten Tiroler Asphalt-Gewerkschaft am Giessenbach 
bei Seefeld ist Joseers Beck in München. 


** Vgl. Dr. Ginti, Galizisches Petroleum und Ozokerit. Wien, 1873, 
4%, 15 8. 


904 


Arsenkies und Arsenikpräparaten, der Zinnbergwerke von Grau- 
pen in Böhmen, Talk von Mautern in Steiermark, Talkstein in 
Ziegeln und Platten von der Firma Carı Wıssıak in Wien, Mar- 
morsorten von Voralberg, Bregenzer Wald u. s. w., ausgestellt 
von der Commune Feldkirch, Marmor von Laibach in Illyrien und 
aus Istrien, ausgestellt von der Istrianer Handelskammer ete. 

Auch lag eine übersichtliche Geschichte des Bergbaues und 
Hüttenwesens im Königreiche Böhınen, von J. F. Scumipr v. BER- 
GENHILD vor (Prag, 1873), ferner eine geognostisch-bergmännische 
Reliefkarte des sächsischen Erzgebirges vom Bergmeister J. E. 
Vocı, ausgeführt durch A. H. Speck, 1873, die geologische Über- 
sichtskarte des Herzogthums Steiermark von D. Stur u. s. w. 

Von neuem fand man vielseitige Gelegenheit, die künst- 
lichen Arbeiten aus Bernstein und Meerschaum aus den 
rühmlichst bekannten Fabriken in Wien zu bewundern, die längste 
Bernsteinspitze jedoch, von 72 cm. Länge, befand sich in der 
französischen Abtheilung. — 

Einen besonderen Pavillon erfüllte die Ausstellung des k.k. 
Ackerbauministeriums im Norden der östlichen Hauptgale- 
rie. Über sie liegt ein genauer Katalog vor (Wien, 1873, 8°, 
287 S. mit Plan.). Dieselbe enthielt eine Collectivausstellung der 
Staats-Salinen, darunter einen Obelisk aus Steinsalz von 
Wieliczka, und zwar Grundplatte aus Spiza-Steinsalz, Sockel aus 
Grün-Steinsalz, Schaft aus Szybiker Steinsalz, Scheitel und Wap- 
pen aus Krystallsalz, mit Buchstaben von blauem Steinsalz, Kry- 
stallgruppe aus der Salzkammer „Erzherzogin Gisela“, und in 
Glasvasen Mahlsalzsorten. 

Viele instructive Modelle verschiedener Salzbergwerke und 
eine Reihe von Karten dienten zur weiteren Erläuterung. 

Mit anderen Gegenständen des Bergbaues traten hervor die 
Werke von Pribram, Joachimsthal, Idria, Raibl, Bukowina etc. 
Eine geologische Karte über Idria von M. V. Liroın, 
1873, fesselte indess das Interesse der Geologen weit mehr, als 
die grosse Quecksilbermasse von dort mit einer darauf schwim- 
menden Kanonenkugel, oder der grosse Silberblock ‘von den 
Treibherden in Pribram, dessen Gewicht 1015,7 Zollpfund betrug. 

Joachimsthal hatte Uranpecherz, Eliasit, Rittingerit und 
Sternbergit vorgeführt. 


905 


Aus Anlass der Wiener Weltausstellung ist ausserdem von 
dem k.k. Ackerbauministerium unter der Redaction von A. Scnauen- 
steın ein „Denkbuch des österreichischen Berg- und 
Hüttenwesens“ (Wien, 1873, 8°, 370 8.) veröffentlicht wor- 
den, das aus der Feder tüchliger Fachleute entsprungen ist und 
alle Beachtung verdient. Dasselbe behandelt: die Mineralkohlen 
in Böhmen, in Mähren und Schlesien, in den Alpenländern, Ver- 
kohlung und Briquette-Fabrikation,. Graphit in Böhmen, Mähren 
und den Alpenländern, das Metall-, Berg- und Hüttenwesen, aus- 
schliesslich des Eisen, in Böhmen, Mähren und Schlesien, das 
Eisen-, Berg- und Hüttenwesen in Böhmen, Mähren und Schle- 
sien, das Berg- und Hüttenwesen in Krakau, Galizien und Buko- 
wina, eine vergleichende Übersicht der Bergwerksproduetion in 
den Jahren 1855 und 1371, den Salzbergbau und das Sudhütten- 
wesen in den Alpenländern, in Galizien und Bukowina, die Ge- 
setzgebung und Verwaltung, die bergmännischen Unterrichts- 
anstalten, die Berg- und Hüttenarbeiter und ihre Existenzver- 
hältnisse. 

Auch in der grossen landwirthschaftlichen Ma- 
schinenhalle war manches hier Einschlagendes zu finden. 
Ausser den vorzüglichen Mühlsteinen, die von verschiedenen 
Industriellen, wie Gebr. Israrı in Wien und Dresden, Joser Oser 
in Krems u. s. w., aus französischem Rohmaterial kunsigerecht 
zusammengefügt worden sind, um allen nur denkbaren Anforde- 
rungen zu entsprechen, begegnete man hier Gesteinen und Boden- 
arten aus der Gegend von Kaaden in Böhmen, Marmor- und 
Kalkstein-Arten vom Karst, mineralogisch-geognostischen Samm- 
lungen der Ackerbauschule Schönberg in Mähren, Producten des 
Kalibergbaues von Kalusk u. s. w. 

Über die landwirthschaftlichen Lehranstalten Österreichs und 
die Gesellschaften und Vereine für Landescultur in der Öster- 
reichischen Monarchie fand der Beschauer leicht zugängliche ge- 
druckte Berichte vor. 

Der Pavillon der k. k. priv. österreichischen Staats- 
Eisenbahn-Gesellschaft, worüber ein Katalog (Wien, 1873, 
8°, 43 S.) existirt, gab Auskunft über die verschiedenen grossen 
industriellen Unternehmungen dieser Anstalt, die auch in einem 
besonderen Berichte (Wien, 1875, 4°, 112) näher beschrieben 


906 


sind. Letztere umfassen die Banater Domäne Oravicza, die 
Eisen- und Stahlwerke Resicza, die Eisen- und Kohlenwerke 
Anina-Steierdorf, die Eisenhütte und das Metallwerk Dog- 
nacska, die Metallwerke Oravicza. Szaska und Moldava, die 
reichen Kohlenwerke Brandeisl-Kladno in Böhmen und die 
Maschinenfabrik in Wien. Über alle diese Werke fand man 
reiche Belehrung durch Kohlen, Erze, Gebirgs- und Gangstücke, 
Karten und Flötzprofile, ja es waren auch die verschiedenen 
Leitfossilien in Prachtstücken beigefügt. Bei Szekul kommen 
bauwürdige Steinkohlenlager vor, welche. das Eisenhüttenwerk 
Resieza mit koksbarem Brennmaterial. versorgen. Diese Lager 
enthalten Calamites cannaeformis, Annularia longifolia und 
Cyatheites arborescens. Über dieser Zone hat sich noch Lias- 
kohle ausgebildet mit Taeniopteris und Pterophylium; in beiden 
Ablagerungen kommen Lagen von Blackband vor. Das zum Lias 
gehörende Hauptiflötz von Steierdorf war in seiner ganzen 
Mächtigkeit von 14‘ 4,2“ aufgestellt; ein grosser Obelisk be- 
zeichnete das 11,4 Meter mächtige Steinkohlenflötz in dem Kü- 
bekschachte bei Kladno; der Psilomelan aus dem Glimmerschiefer 
von Desenyest-Tirnova dient zur Herstellung von Manganeisen, 
welches als Zusatz zum Bessemer-Stahl Verwendung findet. — 

Eine Collectivausstellung im Pavillon der Kärntnerischen 
Montan-Industriellen wurde gleichfalls durch einen Special- 
Katalog erläutert (Klagenfurt, 1873, 8°, 216 S. mit Karte.). Dem 
Verzeichniss der Aussteller und ausgestellten Gegenstände darin 
folgt eine Übersicht der geologischen Verhältnisse von Kärnten 
als Erläuterung der in der Ausstellung befindlichen geologischen 
Karte, bespricht die Mineralkoblen und Graphite Kärntens, seine 
Torfmoore, berichtet über die bestandenen und noch bestehenden 
Frischfeuer und die an ihre Stelle getretenen Werke in Kärnten, 
enthält ein Verzeichniss der Bergbau- und Hütlenwerke und 
schildert die geschichtliche Entwickelung der Roheisen-Production 
in Kärnten. 

Man musste in der That staunen über die grosse Anzahl 
von Handstücken des Vanadinit und anderen mineralogischen 
Seltenheiten, welche der Kärntener Bleibergbau des Grafen 
Gustav von EssEr u. A. aus mehreren Gruben geliefert hatte, 
ebenso über die auserwählte Sammlung von Mineralien, wie 


907 


Skorodit, Löllingit, Ullmannit, Rhodonit, welche der Hüttenber- 
ger Eisenwerks-Gesellschaft in Klagenfurt zur besonde- 
ren Ehre gereicht, und die wohlgeordneten geologischen und 
mineralogischen Sammlungen des Naturhistorischen Landes- 
museums in Klagenfurt, welche ebenso lehrreich für die Geo- 
logie des Landes als für die Technik sind, da auch die vorzüg- 
lichsten Bausteine Kärntens, die Strassenmaterialien, Thone, Ce- 
ment u. Ss. w. darin vertreten waren. 

Dem thätigen berg- und hüttenmännischen Verein 
für Kärnten in Klagenfurt verdankt man die geologische Karte 
des Landes im Maassstabe von 1 : 96000, ferner eine Karte über 
die kärntnische Montanindustrie mit Angabe der Eisen-, Blei- und 
Kohlenzüge, eine Darstellung des Berg- und Hüttenwesens Kärn- 
tens in Schaustücken und Mustern, eine graphische Darstellung 
der magnetischen Beobachtungen in der Station Klagenfurt ete. 

Der Kärntner Pavillon enthielt auch goldführende Erze einer 
alten Goldzeche zu Grosskirchen bei Döllach im Möllthale, deren 
gegenwärliger Besitzer Baron v. May pe Mapoys ist, in der Mitte 
des Pavillons war eine Marmorstatue der Carinthia aufgestellt. 

Diesem Pavillon gegenüber befand sich ein ähnlicher, wel- 
cher die Eisenindustrie Steiermarks aufgenommen hatte. 
Man sah da prächtige Belegstücke der dort gewonnenen Eisen- 
erze, insbesondere Eisenspath,. und die zierliche Eisenblüthe, 
Fohnsdorfer Schwarzkohlen, Rasen- und Specktorf. 

Zwischen den beiden vorher genannten Pavillons stand der 
für die Innerberger Hauptgewerkschaft, welche Eisen- 
steinbergbau in Eisenerz und Umgebung, Kohlenbergbau im See- 
graben nächst Leoben und in Oslawan betreibt, ausserdem aber 
Hohöfen, Hammerwerke und Walzhütten iu Thätigkeit erhält. 
Unter den ausliegenden Eisenerzen herrschte wiederum Spath- 
eisenstein vor, besonders instructiv war ein Modell von dem 
Eisensteinbergbau in dem Eisenberge bei Eisenerz. 

Es muss hier noch anderer in der Nähe befindlicher Raume 
gedacht werden, wo Österreichs bedeutende Montanindustrie sich 
verbreitet hatte, und wir finden diese zunächst in dem Pavillon der 
Fürsten SCHWARZENBERG, einer waren Perle der Wiener Welt- 
ausstellung. Dort zeigt uns ein Profil der Steinkohlenformation 
von Turrach in Steiermark einen Brauneisenstein, der zwischen 


908 


krystallinischem Schiefer und körnigem Kalke auftritt, über wel- 
chem anthracitische Kohlen mit Sigillarien und anderen Lycopo- 
diaceen lagern. Neben der Gaskohle von Kounowa und Krucowa 
fanden sich lange Stacheln und Zähne des Xenacanthus. Ein 
Katalog zur Collectiv-Ausstellung der Fürsten Jouann Aporr und 
ApoLF JOSEPH ZU SCHWARZENBERG (Wien, 1873. 8°, 60 S. mit 2 
Karten) erläutert die wohl formatisirten Muster der auf den fürst- 
lichen Domänen in Böhmen und Steiermark vorkommenden Ge- 
steine und nutzbaren Mineralien. unter denen Graphit von 
Schwarzenbach sich für Bleistiftfabrikation wie für Guss- 
stahltiegel bereits verdiente Anerkennung verschafft hat. — 

Vieles ist ausserhalb der bedeckten Räume aufgestellt, man 
begegnet den Producten des Mineralreiches an den verschieden- 
sten Orten. Hier liegen feste und gute, wenn auch weniger 
elegante Dachschieferplatten der Kalk- und Schieferbruch 
gesellschaft Eisenbrod in Böhmen, oder die dünnplattigen Schie- 
fer der Schieferbau-Actiengesellschaft in Olmütz, worauf Nereiten- 
artige Würmer liegen, ähnlich jenen in dem Dachschiefer von 
Wurzbach bei Lobenstein, Dachschieferplatten finden sich ausser- 
dem auch neben den Forstproducten aus Krain am nordöstlichen 
Ende des Parkes. 

Hier steht der jetzt zu Grabeplatten so beliebte bläulich- 
weisse Marmor des Steinmetzmeister Franz LıchtsLau in Saubs- 
dorf, Schlesien, Post Freiwaldau, dort der Marmor von Ober- 
burgstein-Thal Fauzer's, Pusterthal in Tirol. 

An einer anderen Stelle, neben dem Pavillon der Actien- 
gesellschaft für Strassen- und Brückenbau in Wien 
treten Monumente aus Granit von Scheerding, sowie die grossen 
durch Bohrung gesprengten Granitplatten, bis 14‘ Länge, der 
Granitsteingewerke in Mauthausen und Neuhaus an 
der Donau (Mühlkreis, Ober-Österreich) und Mühlsteine aus die- 
sem Materiale, das auch das Wiener Pflaster liefert, vortheilhaft 
hervor. 

Apparate zur Erzeugung der Bohrlöcher, Sprengmittel, 
Zündvorrichtungen, Rettungsapparate u. s. w. von Mauer & 
ESCHENBACHER in Wien, ingleichen Proben für die Härtebestimmung 
der Gesteine mittelst Bohrung von Bergrath Worr, erfüllen einen 
besonderen Pavillon in der Nähe des vorigen. Seine Wände 


909 


sind verziert mit v. DEcken’s geologischer Karte von Deutsch- 
land und v. Heımersen’s geologischer Karte von Russland. 

Ein anderer Pavillon birgt die Bergbau- und chemischen 
Producte, mit Glas- und Thonwaaren, des Industriellen Jon. Dav. 
Stark, der eine Übersichtskarte seines Bergbaues bei Ellbogen, 
seines Steinkohlenbergbaues bei Tremosna in Böhmen, und einen 
Schichtdurchschnitt des Davidschachtes in Kasnau in !/,, Grösse 
vorführt. — | 

In einer Ausstellung des k. k. Handelsministeriums 
fesseln das Interesse: Probewürfel verschiedener zu Seebauten 
verwendeter Stein- und Cementsorten, sowie verschiedene als 
Handelsartikel eingeführte Mineralien, wie Chromeisenerz aus der 
Türkei, Smirgel aus Naxos, Meerschaum aus Mähren, Natolien, 
Mysore etc. Oilstone aus Canada und Topaskrystalle aus Brasi- 
lien. — 

Noch einen Blick auf Ungarn, dessen Industrie in einem 
besonderen Flügel der östlichen Hauptgalerie aufgestellt war. 
Hier treten uns zunächst die Ausstellungs-Objecte der K. Unga- 
rischen geologischen Anstalt entgegen, deren Director 
M. v. Hansken ist, mit geologischen Karten und einer reichen 
Sammlung der in den Schichten des Bakony- und Vertesgebirges 
und des angrenzenden Gebietes gefundenen Versteinerungen 
(Katalog, Budapest, 1873, 8%, 31 S.), und eine prachtvolle Samm- 
lung von Nummuliten, präparirt von M. v. Hanssen und 
S. E. v. Manparäsz, worüber gleichfalls ein Katalog vorliegt (Pest, 
1873, 8%, 14 S.). 

Wir sehen eine grosse Suite der Hilger Trachyte und 
Basalte, welche Joser Hrnrsar in Schemnitz in beste Formate 
geschlagen hat, eine Gesteinssuite des ärarischen Metallbergbaues 
von Schemnitz, Kremnitz und Herrengrund, eine Sammlung von 
Nagybanya, Oravicza, das Chromerz der Gewerkschaft Hofmann 
Ernest von Alt-Orsova an der Donau, die Vorkommnisse der 
Dobschauer Kobalt- und Nickelerzgruben, die Eisenerze des Kron- 
städter Bergbau- und Hütten-Actien-Vereins im Zsilthale und ge- 
diegenes Gold von Abrudbanya und Verespatak. 

Neben einem Obelisk aus Steinsalz von Marmaros in Ober- 
Ungarn belehrt uns eine plastische Darstellung über den dortigen 
Abbau. 


910 ' 


Über die gut vertretenen Salinen in Siebenbürgen liegt 
ein von der Klausenburger K. U. Bergdirection verfasstes Schrift- 
chen vor: Kurzer Abriss u. s. w. (Klausenburg, 1873, 50, 25 S. 
m. 8 Tabellen); ebenso über die Collectiv-Ausstellung ungari- 
scher Kohlen, von Max. v. Hansken (Pest, 1873, 8°, 32 S.), 
die wir zum Theil schon ‚in dem erwähnten Pavillon. der k. k. 
priv. Staatseisenbahn-Gesellschaft, z. Th. auch in jenem der k.k. 
priv. Donaudampfschifffahrts-Gesellschaft antreffen. 
Unter ihnen fallen wohl am meisten die eigenthümlichen  Kugel- 
kohlen oder Mugelkohlen von Vasas auf. 

Selbst in dem zierlichen Pavillon des Prinzen Aususr 
v. SacusEn-Cogurg, hinter dem Fürstl. SchwArzEngBERG'schen. Pa- 
villon, war eine reiche Auswahl von Kohlen, Gesteinsarten und 
Bodenarten von dessen ungarischen Besitzungen in Muräny, 
Edeleny. Fülek und Szitinya zu finden. — 

3. Von anderen Ländern Europa’s lässt sich, nach ‘Süden 
fortschreitend. zunächst die Schweiz anschliessen, deren Pro- 
ducte in deın südlichen Theile der westlichen Hauptgalerie und 
angrenzenden Orten zu finden waren. Alan sah mit Vergnügen 
die geologische Karte der Schweiz, herausgegeben von dem 
Dept. des Inneru der Schweizer. Eidgenossenschaft in Bern, in 
dem Maassstabe von 1 : 100,000, welche in ihrem östlichen, west- 
lichen und nördlichen Theile nalıezu beendet ist, ferner die topo- 
graphische Karte der Schweiz von. dem . Eidgenössischen 
Stabsbüreau in Bern, eine geologische Karte des Sentis, aufge- 
nommen von Arn. Escher v. d. Lintw in den Jahren 1837 bis 
1872, in dem Maassstabe von 1 :25,000 und herausgegeben auf 
Kosten der Eidgenossenschaft, 1873. 

Es war in natürlicher Grösse ein Stück des Montcenis- 
Tunnels dargestellt, mit der dazu verwendeten. Bohrmaschine 
und Proben der aus ihm hervorgezogenen Gesteinsschichten; na- 
turwissenschaftliche Sammlungen waren als Lehrmittel im Schwei- 
zer Schulhause aufgestellt, 

4. Italien hatte bei seiner diesjährigen Ausstellung weit 
mehr Eleganz entwickelt als noch in Paris. Man braucht hier 
‚nicht seiner zahlreichen Marmorstatuen zu gedenken, die auf 
jeden Beschauer der Ausstellung einen grossen Reiz ausübten, 
oder der prächtigen Vasen aus Serpentin, einen ebenso 


911 


wohlthuenden Anblick gewährte eine reiche Sammlung von Bau- 
materialien und Ornament-Gesteinen von Pisa und andereu Pro- 
vinzen. (Vgl. Nota dei Producti minerali da costruzione e da 
ornamento, Pisa, 1873, 8°, 21 p. und: Marmi pietre da constru- 
zione e decorazione degli artisii GaAsrarE & Fienio PırrTrRo de 
Venezia.) 

Man überschaute die Bergwerksproduete Sardiniens mit ihren 
schönen Bleierzen. reichen Zinkerzen und den Steinkohlen von 
Bacu Abis, das Steinsalz und die Salzproducte der Salinen Lun- 
gro, Barletta und Gervia. den Schwefel und Cölestin von Gir- 
genti, in grösster Auswahl, Producte der neuen Schwefelgruben 
der Romagna e Marche Sıcieta Boiognese, die meterlangen As- 
bestfäden aus Val Malenco, welche die Handelskammer in Civita 
vecchia ausgestellt hatte, Kaolin von Vicenza, Asphalt von Chiete, 
Rom und Caserta; daneben Blätter der geologischen Karte Italiens 
in dem Maassstabe von I : 50000 (Firenzo, 1870), einen geolo- 
gischen Durchschnitt durch Friaul, geologische Karten der Apen- 
ninen, der Insel Elba etc. 

9. Spaniens Mineralstoffe waren in einem besonderen 
Pavillon aufgehäuft, leider sehr unvollständig etiquettirt und ohne 
jeden Katolog. der erst im Laufe des Monat September vorbe- 
reitet wurde. Seine diessjährige Ausstellung bot in dieser Be-. 
ziehung der in Paris gegenüber kaum etwas Neues dar. 

6. Aus Portugal traten neben Blei- und Kupfererzen, 
sowie Antimon und Kohlen, besonders schöne Marmorplatten und 
die Schieferplatten von Pedreiras do Callinheiro, bei Villa de Val- 
longo, dist. do Porto, hervor. 

7. Frankreich stand gegen die brillante Ausstellung sei- 
ner ursprünglichen Producte in Paris gleichfalls zurück und bet 
in dieser Beziehung nicht viel Neues. Gern sah man indess 
wiederum seine grosse Carte geologique detaillee de la France, 
eine Carte geologique agronomique de larrondissement Vou- 
zieres, oder die Darstellung von le Creusot und der Mines de la 
grande Combe wit Plänen. Schachtprofil, Kohle, Koks und Bri- 
quels. 

In der Nähe der letzteren waren in der grossen Maschinen- 
halle auch eylindrische Bohrproben aus dem artesischen Brunnen 
de la place Hebert a la Chapelle in Paris ausgestellt, während 


912 


in der westlichen Agriculturhalle die in Paris und verschiedenen 
Gegenden Frankreichs gebrauchten Bildhauersteine der Her- 
ren F. Civer & Co. in Paris. ferner eine grosse Ausstellung der 
Mühlsteine von la Ferte-sous-Jouarre, sowie die Ce- 
mente und daraus hergestelllen geschmackvollen Steinplatten 
einen sehr guten Eindruck hinterliessen. (Gesellschaft der Fran- 
zösischen Gemente von Boulogne-sur-mer, unter der Firma: Lox- 
oeukry & Co.) 


Reich vertreten waren an anderen Orten, so in der Nähe 
der kärntener Ausstellung, die Producte der anonymen Gesell- 
schaft für die Gewinnung von Asphalt und Erdharzen vom 
adrialischen Bassin, die in Paris ihren Sitz hat, der Asphaltgruben 
von SEYSSEL in Aix, der Compagnie generale des Asphaltes de 
France in Paris etc. 


Prächtige Marmorblöcke lagen vor aus den Pyrenäen, aus 
den Basses Alpes, von Herault u. a. Gegenden Frankreichs, eine 
Reihe schöner Marmore, Alabaster und Granite hatte Deviuık in 
Paris ausgestellt. 


Allgemeine Beachtung fanden wiederum die Appareils respi- 
ratoires von M. A. GALIBERT in Paris. 


Natürliche und künstliche Edelsteine waren wit fein- 
stem Geschmack zu den verschiedensten Schmuckgegenständen 
verbunden. 


In der Algerischen Abtheilung, wofür ein Special- 
Katalog (Paris, 1873, 8°, 186 S.) eine willkommene Unterlage 
darbot, sah man den Serpentin von Oran zu grossen Orna- 
menten verwendet; ebenso hatten A. CHEvALıER & Sohn elegante 
Tischplatten aus faserigem und diehtem Aragonit Algeriens 
geschaffen, Constantine hatte weissen und schwarzen Marmor, 
Steinsalz und Salpeter geliefert. Noch viele andere Mineralpro- 
ducte aus Constantine und anderen Theilen Algeriens, wie Schwe- 
fel, Zinnober, Galmei und Zinkblende, Bleiglanz und Kupferkies, 
waren gut vertreten. Eine Geographie physique et politique de 
l Algerie, 2. ed., 1873, 8°, war von Acnıre Fıruıas ausgelegt. — 
Übrigens war mit Ausnahme von Algerien in dieser Weltaus- 
stellung wenig Gelegenheit geboten, sich über die geologischen 
Verhältnisse der Länder Nordafrika's zu orientiren, wenn man 


913 


nicht ein gutes Relief von den Nilmündungen in der 
Egyptischen Ausstellung hierzu rechnen will. 

8. Aus Belgien bemerkte man zunächst die geologische 
Karte von G. DEewaıngur, sowie eine grosse Karte des belgischen 
Kriegsministeriums. Man fand in der grossen Maschinenhalle die 
Eisensteine, Kohlen und andere Rohmaterialien der Gesellschaft 
Joun Cogverisı in Seraing, die Bergwerksproducte der Societe 
anonyme de Bleyberg belgique mit ihren Bleiglanzen, Zinkblen- 
den und daraus gewonnenen Metallen, während die Naturproducte 
des Untergrundes der Commune Ben-Ahin in Belgien, mit Blei- 
slanz und Eisensteinen und ein Relief der Kohlengruben von 
Mariemont und Bascoup andere Stellen gefunden hatten. 

9. Grossbritannien bot in unserem Fache hier nicht 
viele, doch weitgesuchte und interessante Artikel, wie die vor- 
züglichen Dachschiefer von Wales, eigenthümliche, hahnenkamm- 
ähnliche Steinkohlen und zerklüftete thonige Sphärosiderite (Turtle 
stone) von Merthyr mit Resten von Sigillaria und Lepidodendron. 
Zinnerze und andere beliebte Mineralien von Cornwall rührten 
aus der Sammlung von W. Broan in Falmouth her, Chromeisen- 
erz mit 52 proc. Chromoxyd von Hormann Ernest Company in 
Ungarn, alle anderen Kostbarkeiten aber. selbst’ ein Collier aus 
Diamanten im Werth von 35,000 Pfund Sterling, wurden weit 
überstrahlt durch den kostbaren Schmuck von Diamanten, Smarag- 
den, Sapphiren, Perlen und Korallen der Lady Durex. 

Seine Colonien schlossen sich in dem westlichen Theile 
des grossen Ausstellungsgebäudes unmittelbar an Grossbritan- 
nien an. 

Hier üben eine ganz besondere Anziehung auf das Publikum 
27 rohe Capdiamanten nebst vielen Modellen der grösseren, 
überhaupt in Süd-Afrika gefundenen Diamanten aus. Das Origi- 
nal des grössten dortigen Diamanten, des Stewart von 288°/; 
Karat Gewicht, von etwa 1, Zoll Durchmesser, an Werth 
373,000 Gulden ö. W., prangte in dem Schranke eines Juweliers 
in der Rotunde. 

Dort lagen Cap-Gold von Trans Vaal und Estate Eerslelling, 
500 miles von Port Natal, Cap-Kupfer mit Kupferkies, Buntkupfer- 
erz etc. von Port Elizabeih und gute schiefrige Schwarzkohle 


von Port Natal. 
Jahrbuch 1873. 58 


914 


Aus Indien waren eine Sammlung von Bodenarten, Gra- 
phit von Ceylon, eine instructive Sammlung von Gesteinsarten, 
Steinsalz- und Kohlenproben der Salt Range im Punjab, nebst 
geologischer Karte und Profilen von Director Dr. Orpnau aufge- 
stellt; sämmtliche in Dr. F. Stouiczka's bedeutendem Werke über 
die Kreideformation des südlichen Indien beschriebenen Originale 
von Versteinerungen hatten, während der Weltausstellung eines 
leichteren Vergleiches halber, in den Räumen der k. k. geolo- 
gischen Reichsanstalt eine passende Aufnahme gefunden. 

Von Süd-Australien war der Reichthum an Gold durch 
Modelle der grössten dort gefundenen Klumpen veranschaulicht, 
wie jenes 2195 Unzen schweren Willkomm-Klumpens, der am 
11. Juni 1858 bei Ballarat entdeckt worden ist; ein wirklicher 
hier ausgestellter Goldklumpen von Queensland war 104 Unzen 
schwer. Ausserdem lagen von Queensland ein riesiger Malachit- 
block vor von Peak Downs Copper Mine, ein noch grösserer 
Block von Kupferkies von Mount Perry, Zinnober, Schwarzkohlen 
u. Ss. w., ferner Antimonglanz aus Victoria. 

Man bemerkte mit Vergnügen eine Übersichtskarte von 
Queensland mit Angabe der dortigen paläolithischen und meso- 
lithischen Kohlen, sowie der Vorkommnisse von Gold, Kupfer, 
Blei und Zinn. Von besonderem Interesse erschien eine lange 
Reihe von edlem Opal aus Queensland, welche F. Bıshor in 
Brisbana ausgestellt hatte und die wohl berechtigt ist, mit dem 
edlen Opal aus Ungarn zu concurriren; auf den Fachmann übten 
die Graptolithen von Melbourne grosse Anziehung aus. 

Herrn Rıcn. Damrrer verdankt man die an einer Wand 
ausgebreitete „Skeich Map of the Geology of Queensland and 
parts of New Souih Wales“, in deren Nähe sich auch noch eine 
andere „Map, showing Ihe Mineral Areas of Queensland“ 
zeigte. — | 

Die Goldfelder Neu-Seeland’s, die uns zuerst v. Hoch- 
STETTER genauer kennen gelehrt hat, waren durch charakteri- 
stische Sammlungen veranschaulicht, die Dr. Lauer Linpsay neben 
Chromeisenerz von Nelson und Kohlen von Nelson, Otago und 
Auckland eingesandt halte. Den Glanzpunkt der Neu-Seeländer 
Ausstellung bildeten jedenfalls die fast vollständigen Skelete der 
grossen ausgestorbenen Riesenvögel, Palapterix elephan- 


915 


toides OwEn, Dinornis giganteus Ow.. D. ingens und D, didi- 

“ formis, welche Dr. Jur. Haast in Christchurch an Prof. v. Hock- 
STETTER hatte gelangen lassen. Auch eine Fährte dieser Rie- 
senvögel oder Moas in einem Sandsteine an der Poverty Bay der 
Nordinsel war ausgestellt. , 

Wir müssen unsere Blicke noch lenken auf den beschrei- 
benden Katalog der Neuseeländischen Abtheilung in der Wiener 
Weltausstellung von 1873, sowie auf eine Karte von Dr. Jur. 
Haası: Reconnaissance Map of the Interior of the Province of 
Canterbury, New Zealand, im Maassstabe von 1 : 253440. -- 

10. Kehren wir wieder nach Europa zurück, so begegnen 
wir in der Ausstellung von Dänemark den schönen topogra- 
phischen Karten des K. Dänischen Generalstabes im Maassstabe 
von 1: 20000 und 1 :40000: wir finden eine Reihe von brauch- 
baren Materialien aus Bornholm, wie Feldspath und Kaolin 
nebst den dortigen Kohlen, den Isländer Doppelspath in grossen 
Stücken ete. 

411. Ganz vorzüglich ist Schweden vertreten, nicht allein 
durch seine trefflichen Magneteisensteine, welche massenhaft und 
vielseitig aufgestellt sind, durch seinen Kupferkies von Fahlun, 
seine Kobalt- und Nickelerze, seine erst neuerdings mehr aufge- 
schlossenen mesolithischen Kohlen, sondern namentlich durch 
seine sorgfältigen geologischen Karten und ausgewählten Samm- 
lungen schwedischer Fels- und Bodenarten, sowie interessanter 
Versteinerungen, welche die geologische Landesuntersuchung 
Schwedens in der grossen Rotunde musterhaft angeordnet hat. 
In derselben fehlen auch nicht jene eigenthümlichen Concretio- 
nen, die man Imatrasteine oder Maleken genannt hat (Vgl. den 
Specialkatolog der Ausstellung dieser Anstalt, Stockholm, 1873, 
80, 545) 

Auch von Norwegen liegt die grosse geologische Karte 
des südlichen Norwegens im Maassstabe von 1: 200000 mit 4 
grossen Profilen vor. Eine auserlesene Sammlung von Gebirgs- 
arten und Mineralien repräsentirt deren Zusammenvorkommen, 
z. B. die grosskörnigen Granitgänge des Grundgebirges, die ‚kry- 
stallinischen Massengesteine und die älteren Schichtgesteine. 

Hier fesselt ein riesiger Apatitkrystall von ca. 1%, Fuss 


Länge das Auge, dort ein grosser Block von röthlichem Apatit 
58* 


916 


der „Bamble Phosphate Compagny in Christiania“, hier liegen 
Producte des Nickelwerkes von Ringerig, dort /die Chromerze von 
Röros in Nordland, oder ein grosser Block Kupferkies aus den 
Gruben von Vigsnaes und skandinavische Eisenerze, welche 
A. W.J. R. Corron in London ausgestellt hat; eine grosse Zierde 
der Ausstellung aber sind die edlen Silbererze von Kongs- 
berg, welche in schönerer und instructiverer Weise kaum ge- 
zeigt werden können. 

12. Wir gelangen nach Russland, das wiederum durch 
seine verführerischen Malachit-Vasen oder Tische und andere be- 
liebte Schmucksachen aus diesem Materiale, oder aus Lapis lazuli 
und aus Rhodonit glänzt. Einen grossen Theil dieser Gegen- 
stände hatten die Fabriken von K. Hoksserıc# und J. Spürnase 
in St. Petersburg ausgestellt. Prachtvolle Porphyrvasen aus der 
Kais. Fabrik in Kolyvan wurden ebenso angestaunt, wie die 
grossen dünngeschnittenen Platten von Nephrit und Paulitfels, 
die in der Rotunde ihren Platz gefunden hatten. Man findet 
jenen Nephrit in der Nähe der Graphitgruben des Mont Batougol 
in Ostsibirien in dem Torrent d’Anote vor. 

Von dem unübertroffenen Graphit der Alibert-Gruben, der 
selbst zu zierlichen Schmucksachen Verwendung findet, lagen 
durch A. W. Faser grosse Mengen vor, ebenso waren manche 
Steinkohlen Russland’s vertreten, nicht minder das Steinsalz von 
Saschita, das Chromeisenerz vom Ural, die kupferführenden Berg- 
und Hüttenwerke zu Kedabeg und das Petroleum aus Trans- 
kaukasien. 

‘43. Griechenland hatte viele Marmorproben, Bausteine, 
unter letzteren auch den Plakyt Cordellas, einen kalkhaltigen 
Glimmerschiefer von Plaka in Laurium, ferner die als Gement 
gebrauchte Erde von Santorin, Schwefel von Milo, Smirgel von 
Naxos, Bleierze von Antiparo, Chromerz von der Insel Skyro, 
lithographische Schiefer von der kleinen Insel Meganisi bei 
der Insel St. Maure etc. ausgelegt, worüber ein Katalog Auf- 
schluss gibt: Description des marbres ei autres mineraux de 
Grece, 1873, 8°, 28 p. x 

14. Aus der Türkei sah man neben dem dort viel ge- 
brauchten Auripigment, verschiedenen Farbstoffen und grossen 
Glimmertafeln eine grössere Sammlung der devonischen Ver- 


91% 


steinerungen, welche Dr. AspuLLan Bev am Bosporus gesam- 
melt hat. 

15. Aus China waren verschiedene Schwarzkohlen zu be- 
merken; Japan’s Ausstellung war weit mannichfaltiger. Von da 
lagen unter anderem Kohlen, Schwefel, Titaneisenerz, Serpentin 
etc. von Hokkoido vor, ferner eine grosse Reihe der dort so be- 
liebten Kugeln und ähnlichen Arbeiten aus Bergkrystall, Amethyst 
und Chalcedon; in einer übrigens unansehnlichen Sammlung von 
Mineralien und unformatisirten Gesteinen fanden sich mehrere 
Platten fossiler Fische und ein deutlicher Nautilus lingulatus, 
dessen weites Verbreitungsgebiet sich hierdurch noch bedeutend 
erweitert. 

16. Nordamerika, Die vereinigten Staaten. Unmit- 
telbar an dem westlichen Eingange in die grosse Maschinenhalke 
fand man Gelegenheit, das Sand-Blasverfahren zum Schneiden 
und Graviren harter Körper von B. C. Tıreuman in Philadelphia 
und London näher kennen zu lernen. Es wird bei diesem Ver- 
fahren ein Sandstrom in einen reissenden Dampf- oder Luftzug 
so eingeführt, dass er mit grosser Schnelligkeit auf eine harte 
oder spröde Fläche gerichtet wird, welche geschnitten oder ab- 
gerieben werden soll. Man schneidet dadurch mit grosser Leich- 
tigkeit Typen und Verzierungen auf Holz, Glas oder Stein, reinigt 
Metalle von Sand oder Schuppen, richtet Mühlsteine vor und kann 
diess Verfahren zu vielen anderen Zwecken verwenden; dasselbe 
erklärt auch manche geologische Erscheinungen, welche durch 
bewegten Sand hervorgerufen werden können *. 


In dem westlichen Theile des Haupt-Ausstellungs-Gebäudes 
lag das erste Exemplar von J. Marcov’s Carte geologique de ia 
terre, 2. Ed., 1873, aus. welche gegen die frühere Ausgabe grosse 
Veränderungen erfahren hat. Prof. Marcou hat auf ihr nach- 
stehende Gruppen unterschieden: 

Modern Rocks (Recent, Quaternary, Pliocen), 
Tertiary (Miocen, Eocen), 

Secondary (Cretaceous, Jurassic), 

New red sandstone (Trias, Dyas), 


* Vgl. W. P. Buare, Report of a geological Reconnaissance in Oali- 
fornia. New-York, 1858, p. 91 „Rocks cut by driving sand,“ 


918 


; 
Carbon. (Coal measures, Carbon. limestone), 
Palaeozoic (Old Red, Silurian, Taconic — Lingula Flags), 
Crystalline Rocks (Metamorphie etec.), 
Volcanie Rocks. 

Von paläontologischem Interesse war namentlich eine grosse 
Platte neurothen Sandsteins aus dem Connecticut-Thale mit Ornt- 
thichnites giganteus; unter den Gesteinen glänzte der weisse 
Marmor von Vermont, der für Bildhauerarbeiten geschätzt ist, 
ferner Marmor von Tennessee und der röthlich wolkig gefleckte 
Champlain Marble. 

Von den oft nur formlos zusammengehäuften Montanpro- 
ducten der verschiedenen Staaten waren hervorzuheben: Nickel- 
und Kobalterze von la Motte Mine bei St. Louis, sowie Bleiglanz, 
Zinkblende und Galmei aus Missouri; Nickel- und Kobalterze, 
Zinkblende und Galmei aus Illinois und Michigan, nebst einer 
Sammlung von Eisensteinen von Marquette County in Michigan, 
Nickel- und Kupfererze aus Pennsylvanien; Magneteisenerz, 
Kobalt- und Nickelerze, Gold und Silbererze von Arizona Terr., 
Eisenerze aus der laurentischen Gruppe von St. Lawrence Co., 
zusammengestellt durch Prof. B. Sıruman, die Eisenerze von Ala- 
bama, Silber-, Blei- und Kupfererze, Eisenerze, Schwefel, Stein- 
salz und Steinkohlen von Utah, Kohlen von Indiana, 

Die bestgeordnete Sammlung aus Nordamerika war eine 
Reihe interessanter Mineralien aus Nord-Carolina, welche Prof. 
Kerr in Raleigh, N. C. aufgestellt hatte. Sie enthielt Pracht- 
stücke des bei Franklin, Macon Co., N. C. massenhaft vorkommen- 
den Korund in grauen und rothen Abänderungen, von Beryll, 
Agalmatolith, Serpentin, Talk, Asbest, Itacolumit, Marmor, Kohle 
von Chataın County, Kupferkies, Bleiglanz, Magneteisenerz, Glim- 
mer etc., alles in ausgezeichneten Exemplaren und mit genauen 
Etiquetten, die man an vielen Gegenständen aus anderen Staaten 
sehr ungern vermisste. 

Ebenso hatte G. Kuster in San Francisco eine auserlesene 
Sammlung von Mineralien aus Californien und Nevada vor- 
geführt, unter welchen Chlorsilber, Bromsilber, Hübnerit von 
Ellsworth in Nevada und andere Seltenheiten hervorragten. Sie 
waren wichtiger, als eine ungeordnete Sammlung von Versteine- 
rungen von Cincinnati, Ohio. Aus Louisiana war eine Reihe 


949 


von Bodenarten ausgebreitet, die wohl zur Auswanderung dahin 
anregen sollten. 

17. Südamerika. Wir begegnen aus diesem Erdtheile 
goldführendem Quarz aus Minas de Guayana in Venezuela, fer- 
ner Schwarzkohlen von Curamichale, Estado de Coro, dem Anthra- 
cit von la Guaica, Bleiglanz von Caracas und Carupano, Roth- 
kupfererz u. a. Kupfererzen von Aroa in Venezuela; wir finden 
Smaragd und Kupfererze, Schwefel und Schwarzkohlen aus Co- 
lombia, Marmor aus Urugay und die Brasilianische Aus- 
stellung, welche letztere ein „Resume du Cataloque de la Sec- 
tion Bresilienne* (8°, 32 p.) verzeichnet. 

Das National-Museum in Rio de Janeiro hat eine Sammlung 
von Gesteinen der diamant- und goldführenden Formationen Bra- 
silien’s ausgestellt, Prof. Mis. Ant. oA Sırva hat dazu Stücke von 
Italolumit und Diamanten, sowie Proben der Granite und Gneisse 
von Rio de Janeiro geliefert. Auch die Schwarzkohlen von 
Sta. Catharina und S. Pedro do Rio grande und der Schwefel 
des Vulkan San Miguel in dem Bez. San Salvador fehlen nicht: 
im Ganzen gibt aber doch diese Ausstellung nur ein schwaches 
Bild von den dort vorhandenen mineralogischen Schätzen und es 
haben wohl den meisten Besuchern der Weltausstellung der aus 
Vogelfedern und bunten Käfern künstlich zu Blumen zusammen- 
gefügte Schmuck der Brasilianerinnen, oder die prachtvollen Holz- 
arten Brasiliens mehr imponirt, als der geologische Theil seiner 
Ausstellung. 


Über das Spectrum des Edelopals. 


Von 


Herrn Dr. H. Behrens, 
Privatdocent in Kiel. 


(Hierzu Tafel V.) 


Gelegentlich einer Reihe von meist erfolglosen Versuchen, 
den Spectralapparat der mikromineralogischen Forschung dienst- 
bar zu machen, stiess ich vor einigen Wochen bei dem Edelopal 
auf höchst merkwürdige Spectralerscheinungen, die sich nicht alle 
mit dem vereinigen lassen, was ich in einer früheren Arbeit * 
auf anderem Wege über dies interessante Mineral ermittelt habe, 
und deren Verfolgung und Deutung für den Mineralogen wie für 
den Physiker von Wichtigkeit sein dürfte. 

Der Edelopal gibt, wie a. a. O. ausgeführt worden ist, 
dreierlei Farben: 1) die bekannten intensiv leuchtenden, ausser- 
ordentlich reinen Farben in auffallendem Licht; 2) matte, ver- 
waschene, unreine Farben in durchfallendem gemeinem Licht, und 
zwar im Allgemeinen solche, die zu den Farben in auffallendem 
Licht complementär sind; 3) im durchfallenden polarisirten Licht 
zeigt er die Erscheinungen chromatischer Polarisation in der 
Weise, dass Farben auftreten, die nach Art und Anordnung denen 
des auffallenden Lichts ähnlich sind -- sonderbarerweise ist aber 
trotz der starken Doppelbrechung (Farben II. und III. Ordnung) 
die Helligkeit im Gesichtsfelde eine geringe. 


* Mikroskop. Unters. üb. d. Opale, Sitzungsber. d. k. Akad. d. W. 
zu Wien, I. Abth. Dec.-Heft 1871. Jahrb. 1872, 316. 


921 


Alle diese Farbenerscheinungen liessen sich ungezwungen 
als Interferenzfarben dünner Blättchen (Newron’sche Farben und 
Polarisationsfarben) deuten, jetzt scheint aber die prismatische 
Analyse derselben eine so einfache Deutung zu verbieten. 


Construirt man nach den vorausberechneten Maximis und 
Minimis der einzelnen Farben die Spectra der Newron’schen Far- 
ben, so stellen sich dieselben, in Übereinstimmung mit dem ex- 
perimentellen Befund, als Farbenstreifen dar, die von verwa- 
schenen, breiten dunklen Bändern, parallel den Grenzen der 
Farben durchzogen sind, Bändern die mit steigender Ordnungs- 
zahl der Newronschen Farbe an Zahl und Schärfe zunehmen, an 
Breite abnehmen (Tarsor’sche Linien). Sollen dieselben auch nur 
annähernd so schmal und scharf werden, wie die stärkeren unter 
den FrAunHorer schen Linien, so muss ihre Zahl sehr gross 
sein; in diesem Fall gibt aber die Vereinigung der zwischen 
ihnen befindlichen Reste des Spectrums eine Mischfarbe, die nicht 
mehr von Weiss zu unterscheiden ist. Die lebhaftesten Farben 
dünner Blättchen gehören der Il. und Ill. Ordnung an; ihr Spec- 
trum enthält einen oder zwei breite, verwaschene Streifen. In 
durchfallendem Licht sind die Spectralstreifen der Newron schen 
Farben ausserordentlich matt, abweichend von denen der Polari- 
sationsfarben, mit denen sie im Übrigen übereinstimmen. 


Ganz anders die Farben des Edelopals. Der in der oben 
citirten Abhandlung über mikroskop. Zusammensetzung und Struc- 
tur der Opale mit (1) bezeichnete grün leuchtende Edelopal von 
Kremnitz gibt in auffallendem Licht schmale, scharf begrenzte 
Spectrallinien von einer Helligkeit, die nur mit der in dem Spec- 
trum von Inductionsfunken beobachteten verglichen werden kann. 
Dabei ist die Zahl dieser hellen Linien eine sehr geringe — 
vieler Orten tritt nur eine Linie nahe bei E auf. nirgends mehr 
als vier -—- und der Grund auf dem sie erscheinen, ist ein so 
mattes, nahezu continuirliches Spectrum, dass man es zum gröss- 
ten Theil auf Rechnung des vom Deckglase, resp. der Oberfläche 
des Präparals reflectirten weissen Lichtes bringen muss *. Die 
hellen Linien dieses Opals liegen zwischen D und G, am breite- 


* Fig. 1: Spectrum dieses Edelopals in auffallendem, Fig. 2: Spectrum 
derselben Partie in durchfallendem Licht. 


922 


sten sind die blauen — ihre Breite entspricht der von H und H, 
— am schmalsten, fast so schmal und scharf wie E, einzelne 
der grünen und gelbgrünen Linien. Der Ort derselben ist inner- 
halb gewisser Grenzen vom Incidenzwinkel des Lichtes abhängig; 
ändert man diesen durch Dreben oder Neigen des Präparats, so 
sieht man die eingestellte Spectrallinie nach dem einen oder an- 
dern Ende des Spectrums sich verschieben, in einem Falle wurde 
eine solche Wanderung einer bei E gelegenen Linie einerseits 
bis Gelb, andererseits bis Indigblau beobachtet. An den zu Ge- 
bote stehenden Präparaten konnte bisher nichts Sicheres über die 
Beziehungen ermittelt werden, welche zwischen der Richtung den 
Änderungen des Ineidenzwinkels und der Richtung statthaben, in 
welcher die Spectrallinien dabei verschoben werden *. Für das 
Studium dieser Beziehungen, deren Kenntniss zur Erklärung des 
fraglichen Farbenphänomens nothwendig erscheint, wären Präpa- 
rate erforderlich, die so geschliffen sind, dass sie we möglich 
nur eine leuchtende Fläche, und diese parallel der Schliffebene, 
enthalten. Solche Präparate lassen sich aber nur aus Edelopalen 
anfertigen, die statt der bei den Juwelieren beliebten vielen, in 
verschiedenen Farben leuchtenden Fleckchen, nur wenige, dafür 
aber um so grössere, einfarbige leuchtende Flächen besitzen. 
Nicht immer sind die Spectrallinien gerade und ihrer ganzen 
Länge nach von gleicher Breite; man. findet auch solche, die an 
den Enden schief abgeschnitten sind und nach oben oder unten 
über das schwache continuirliche Spectrum hinausragen, ferner 
schief liegende und krumme Linien (Fig. 3b, c). Solche Abnor- 
mitäten kommen seltener zur Wahrnehmung, wenn das Spectro- 
skop (ein Brownıng’ sches Taschenspectroskop A vision directe, in 
ein nach dem Kaliber des Tubus abgedrehtes Holzrohr einge- 
passt) nach Wegnahme des Mikroskopoculars in den Tubus ein- 
geführt wird, so dass sein Spalt ungefähr an die Stelle des Col- 
lectivglases kommt, als wenn man das Spectroskop mit seinen 
Spaltschneiden auf die obere Ocularlinse aufsetzt. In beiden 
Fällen muss die Einstellung ein wenig geändert werden, um ein 


* Später anzuführende Beobachtungen lassen mich vermuthen, dass 
es sich hier mehr um Verschiebungen des Präparates, als um Änderungen 
des Incidenzwinkels handelt. 


923 


recht scharfes Spectrum zu erhalten. Da im letzten Falle der 
Durchmesser des mikroskopischen Bildes vier- bis zehnmal grös- 
ser ist, als im ersten, so kommen hier Details in auffallender 
Grösse zur Geltung, die ohne Anwendung des Oculars übersehen 
wurden: eine Ausbuchtung oder eine Dickenänderung der farben- 
gebenden Lamelle, die vordem vielleicht ein Sechstel des Spalts 
deckte, nimmt jetzt die ganze Länge desselben ein und statt 
einer auf einem kleinen Bruchtheil ihrer Länge gekrümmten 
Spectrallinie tritt nur der gekrümmte Theil als leuchtender Bogen 
auf. Es kommen so hie und da ganz sonderbare, auf den ersten 
Blick unerklärliche Erscheinungen zu Stande, z. B. X-förmig ge- 
kreuzte, dabei mitunter am einen Ende schweifartig verbreiterte 
oder pinselähnlich zertheilte Curven, wie in Fig. 3, b, cı; ebenso 
geknickte Linien und solche mit plötzlichen Verdickungen und 
Zuspitzungen, deren Anblick lebhaft an die von LockvEr gezeich- 
neten Abnormitäten im Spectrum der Sonnenprotuberanzen er- 
innert (Fig. 3, a). Diese sonderbaren Unregelmässigkeiten der 
Spectrallinien sind in unserem Fall wohl auf nichts anderes zu- 
rückzuführen, als auf die in der mehrfach citirten Abhandlung 
besprochenen Dickenänderungen, Faltungen und Aufrollungen der 
farbengebenden Blättchen. 

. Weniger schön und auffallend, durch die Schärfe und Fein- 
heit ihrer Spectrallinien, aber mindestens ebenso interessant sind 
die Erscheinungen, welche dieser Opal bei der Untersuchung im 
durchfallenden Licht liefert. Ausser einigen sehr schwachen und 
verwaschenen breiten Absorptionsbändern, die an allen Stellen 
des Präparats dieselben zu sein scheinen und hiernach durch 
eine schwache Färbung der gesammten Opalmasse hervorgerufen 
sein dürften, sieht man in veränderlicher Zahl und Lage zwischen 
den Fraunnorer' schen Linien dunkle Linien das Spectrum durch- 
ziehen, zum Theil von solcher Schärfe und Schmalheit, dass es 
einiger Vorsicht bedarf, sie nicht mit den stärkeren der Fraun- 
Horer schen Linien des Tageslichts zu verwechseln. Man erreicht 
die Trennung beider entweder dadurch, dass man statt des Tages- 
lichts das durch mattes Glas zerstreute Licht einer hell brennen- 
den Lampe verwendet, oder bequemer, wenn auch nicht ganz so 
scharf, dadurch, dass man das innere, Collimator und Prismen ent- 
haltende Rohr des Browning’schen Spectroskops so weit heraus- 


924 


zieht, dass die Fraunnorer’schen Linien verschwinden, wobei die 
Linien des Opals in genügender Deutlichkeit erhalten bleiben. 
Man hat hierbei vor Allem den Vortheil, auch mit kleinen Spec- 
troskopen, die nicht mit Mikrometer versehen sind, exacte Orts- 
bestimmungen der Linien machen zu können, indem man den 
Collimator wieder so weit hinunterschiebt, dass neben den Linien 
des Opals die Fraunsorer'schen Linien scharf gesehen werden. 
Für die Untersuchung in auffallendem Licht erreicht man das- 
selbe, wenn man mit etwas Klebwachs ein starkes Deckglas der- 
art in geneigter Stellung auf dem Objectträger befestigt, dass es 
eine genügende Quantität von weissem Licht in das Mikroskop 
reflectirt. 

Im Allgemeinen sind die Linien im durchfallenden Licht 
nicht allein schärfer und schmäler, sondern auch zahlreicher, als 
im auffallenden, es lässt sich aber leicht durch abwechselndes 
Abblenden des Ober- und Unterlichts darthun, dass wenn auch 
nicht so viele helle als dunkle Linien vorhanden sind, doch je- 
derzeit für eine helle Linie an demselben Ort im Spec- 
trum eine entsprechende, meist etwas feinere dunkle 
Linie existirt. Es folgt hieraus, dass beide Liniensysieme einer 
gemeinsamen Ursache ihre Entstehung verdanken, und es gelingt 
in der That an vielen Stellen. wo zunächst nur dunkle Linien 
vorhanden sind, durch Drehen und Neigen des Präparats die ent- 
sprechenden hellen Linien zur Anschauung zu bringen, so dass 
wir mit gutem Grund annehmen dürfen, es werde dies. wenn man 
das Präparat in jede beliebige Lage gegen die Mikroskopaxe 
bringen könnte, überall möglich sein. Die Differenzen, welche 
bezüglich der Ausdehnung und Gestalt beider Arten von Linien 
auftreten, werden ebenso zu erklären sein. Nicht selten sieht 
man helle Linien im ersten Drittel oder auf halber Breite des 
Spectrums abbrechen, während die entsprechenden dunklen Linien 
des durchfallendenLichts die ganze Breite des Spectrums durch- 
setzen, ebenso ist durchgängig die Biegung und Knickung der 
dunklen Linien in complieirterer Weise entwickelt, auch hier ist 
es oftmals gelungen die fehlenden Theile der hellen Linien durch 
Drehen und Neigen des Präparats hervortreten zu lassen. 

Einzelne Linien bieten einen besondern Anblick durch eine 
an Interferenzlinien erinnernde Breite und Schattirung. Eine 


925 


genauere Untersuchung lehrt. dass dieselben bei partieller Ab- 
blendung des Lichts schmal und scharf werden, entweder durch 
Verlust der schattirteu Ränder, oder durch Verschwinden des 
anfangs dunklen Mittelstreifs, wobei die Ränder erhalten bleiben 
und sich zu zwei Linien von gewöhnlicher Schärfe ausbilden: in 
einem Falle liess sich ein solcher schattirter Streif durch vor- 
sichtige Regulirung der Beleuchtung gar in vier schmale Linien 
spalten. Diese Versuche gelingen in Folge der grösseren 
Schärfe der Linien in durchfallendem, als in auffallendem Licht; 
sie lassen die fraglichen Linien als gebogenen und gefalteten 
Lamellen angehörig erkennen, die bei gewisser Richtung und 
Ausdehnung der Beleuchtung über ihre ganze Fläche, bei be- 
schränkter Beleuchtung nur local zur Wirkung kommen. Unter 
dieser Voraussetzung wird das schattirte Aussehen und das Zer- 
fallen der breiten Linie erklärlich, auch die Biegung und Knickung 
der Specirallinie lässt sich auf verschieden grosse Gangunter- 
schiede zweier zur Interferenz kommender Lichtbündel zurück- 
führen und diese Ungleichheit des Gangunterschiedes kann wieder 
als durch Krümmung und Faltung refleetirender Lamellen herbei- 
geführt gedacht werden — was aber durchaus nicht dieser bis- 
her von mir angenommenen Erklärung der Opalfarben sich an- 
passen lassen will, ist, wie schon im Eingang bemerkt wurde: 
das Auftreten von monochromatischem Licht, von einer 
oder zwei schmalen hellen Spectrallinien. Vielleicht ist 
es voreilig. sich auf weitere Speculationen über diesen Gegen- 
stand einzulassen. wenn ich dies gleichwohl zu ihun wage, so 
geschieht es in der Voraussetzung, dass eine möglichst vollstän- 
dige Darlegung des bisher Gefundenen das beste Mittel ist, mich 
in den Besitz von Material zur Vervollständigung dieser Unter- 
suchung zu setzen. 

Die nächstliegende Vermuthung, auf welche sogleich die 
Ähnlichkeit der dunklen Linien des Opals mit den FrauxHorer'- 
schen Linien führt, nämlich die, dass man es mit einer beson- 
dern Art von Absorptionserscheinungen zu thun habe, erweist 
sich bei genauerer Prüfung als einer wesentlichen Modification 
bedürftig: wäre nichts anderes als Absorption im Spiele, so müss- 
ten die Spectra des auffallenden und durchfallenden Lichts iden- 
tisch sein, nun ist aber das eine Spectrum, schwache Absorptions- 


926 


streifen abgerechnet. das Complement des andern. Es folgt hier- 
aus ohne Weiteres, dass bei der Entstehung der Opalfarben fast 
gar kein Licht verloren geht, dass dieselben nicht durch Absorp- 
tion, sondern durch eine elective Reflexion hervorgebracht wer- 
den, also in die Kategorie der sogenannten Oberflächenfar- 
ben gehören. 

Man rechnet die Körper, welche diese Art von Farben zei- 
gen, ohne viel Umstände zu den dichroitischen; mir will nach 
den Versuchen, die ich selbst damit angestellt habe, scheinen, 
dass dies nicht ganz richtig ist, wenn man anders darauf be- 
stehen will, dass dies Licht, welches durch Dazwischenkunft 
dichroitischer Substanzen farbig gemacht wurde, zugleich Polari- 
sation angenommen hat, wie dies in den typischen Mineralien: 
Turmalin und Cordierit der Fall ist. Unter dieser Voraussetzung 
ist für eine gute Zahl von Körpern, die nicht selten als dichroi- 
tische bezeichnet werden. diese Benennung unerlaubt, man sollte 
denn mehrere Arten von Dichroismus oder Pleochroismus unter- 
scheiden wollen, wo dann auch die fluoreseirenden Substanzen 
mitzuzählen wären. So zeigt das oxalsaure Chromoxydkali im 
auffallenden Lichte Blaugrün, in durchfallendem Lichte Roth, dünne 
Schiehten der Lösung dieses Salzes lassen blaues, grünes und 
rothes Licht durch. dickere Schichten sind nur für Roth durch- 
lässig; ähnlich verhält sieh eine schwefelsaure Indiglösung: wir 
haben hier als Ursache der zwiefachen Farbe eine progressive 
Absorption. Ihnen zunächst stehen die im engeren Sinne als 
dichroitisch bezeichneten Körper (Turmalin, Amphibol, Biotit ete.), 
zu deren Pleochroismus Polarisation durch Doppelbrechung mit 
Absorption zusammenwirkt. Eine zweite, grössere Gruppe ma- 
chen alsdann die Körper mit Reflexfarbe aus, die wiederum in 
solche ohne Polarisation und solche mit Polarisation unterschie- 
den werden können, je nachdem die Anwendung eines Ocular- 
nicols die Farbe im auffallenden Licht unverändert lässt. oder im 
Gegentheil sie auslöscht, resp. in zwei Farben zerlegt. Ganz 
ausgeschlossen bleiben Körper mit scheinbarer Oberflächenfarbe, 
wie manche Varietäten von Kaliglimmer. das wasserfreie Chrom- 
ehlorid u. a. m. Sie sind leicht daran zu erkennen. dass ihre 
Farbe dieselbe ist, mag man sie im auffallenden oder in durch- 
fallendem Licht untersuchen. Ausgeschlossen sind auch die Inter- 


927 


ferenzfarben, die durch oberflächliche chemische Eingriffe, durch 
eingelagerte durchsichtige dünne Blättchen, durch lufterfüllte 
Spalten hervorgebracht werden können. Sie sind vielfach mit 
den eigentlichen Reflexfarben verwechselt worden. wovon alsbald 
mehr Beispiele angeführt werden sollen, können aber nach dem 
oben angemerkten mit Zuhülfenahme des Spectroskops ohne son- 
derliche Mühe erkannt werden *. 

Das Verhalten der nicht polarisirenden, oder um FischEr’'s 
bequeme Ausdrucksweise zu gebrauchen: der apolaren Substan- 
zen mit Reflexfarbe ist sehr bequem am Fuchsin zu studiren. 
Krystalle von Fuchsin, die man gegenwärtig von ziemlicher Grösse 
im Handel bekommt, haben im auffallenden Licht prächtig gelb- 
grünen metallischen Glanz; schöner noch und gleichmässiger er- 
hält man denselben. wenn eine concentrirte alkoholische Lösung 
des Farbstoffs durch rasches Übergiessen und Ablaufenlassen auf 
einer ca. 50° warmen Glastafel ausgebreitet wird. Eine solche 
Tafel zeigt im reflectirten Licht Cantharidengrün, in durchgelas- 
senem helles Roth. Die spectroskopische Prüfung ergibt für die 
Reflexfarbe: glänzendes continuirliches Spectrum mit einem Schat- 
ten im Blauviolet und einer dunklen Linie auf der Grenze von 
Orange und Roth: für die durchgelassene Farbe: ziemlich hellen 
Schimmer im Blauviolet und intensive helle Linie auf der Grenze 
von Roth und Orange. Ausserdem scheint eine schwache Ab- 
sorplion im Blaugrün angedeutet. Complieirtere Zusammensetzung 


* Man hat sich bei Untersuchungen dieser Art sehr vor Fehlern zu 
hüten, die durch Polarisation im Spectroskop und durch Reflex an der 
untersten Objectivlinse entstehen können. Prismensysteme & vision directe 
können das durchgehende Licht so stark polarisiren, dass eine dicke Gyps- 
platte (1,5mm) mit dem Mikroskopspiegel als Polariseur und dem blossen 
Spectroskop als Analyseur deutlich die TaLsor’sehen Linien zeigt. Ge- 
- fährlicher ist der Reflex an dem Objectiv, wenn man Objecte, die Reflex- 
farbe und Polarisationsfarbe zugleich besitzen, zwischen gekreuzten Nicols 
untersucht. Es erscheinen dann neben den durch Doppelbrechung hervor- 
gebrachten Interferenzfarben schwache Reflexfarben, was mich in Betreff 
der Polarisationsfarben an Edelopalen zu manchen Irrthümern geführt 
hat. Glücklicherweise ist die in der oben citirten Abhandlung gegebene 
Zeichnung von einem Präparat entnommen, bei dem die Polarisationsfarben 
stark überwiegen, sie ist bis auf ein paar unwesentliche Nüancen richtig. 
Irrthümer dieser Art sind nach dem oben Gesagten durch das Spectroskop 
leicht nachzuweisen. 


928 


bieten die Farben des übermangansauren Kalis, die nur leider 
nicht so bequem zu untersuchen sind, da dies Salz, bei seiner 
ausgesprochenen Tendenz zu spiessiger Krystallisation, schwer 
dahin zu bringen ist, einigermaassen dichte und gleichmässig 
starke Überzüge auf den Objectträger herzugeben. Man erreicht 
diesen Zweck eher durch rasches Abdampfen, als durch Erkalten- 
lassen einer heissen Lösung. Das Spectrum des broncefarbenen 
refleclirten Lichtes ist in Fig. 4, das des durchgelassenen in 
Fig. 9 verzeichnet. Jeder hellen Linie‘ des reflectirten Lichtes 
entspricht eine dunkle Linie im durchgelassenen; besonders auf- 
fallend ist diese Umkehrung an der gelben Linie a, an welcher 
man sie selbst an den durchscheinenden Kanten grösserer Kry- 
stalle sehen kann. Polarisation ist nur in geringem Maasse vor- 
handen: das Nicolsche Prisma macht zwar die Intensität des 
reflectirten Lichtes wechselnd, ändert die Zusammensetzung der 
Farbe aber durchaus nicht. Die prächtig schillernden Salze des 
Platincyans liefern im Gegentheil nur polarisirtes Reflex-Lichi. 
Das schönste derselben, das Magnesiumplatineyanür zeigt im 
durchfallenden Licht ein Roth von einer Zusammensetzung, die 
ganz dem Roth des Fuchsins entspricht; das Nicolsche Prisma 
zeigt schwachen Dichroismus an: der extraordinäre Strahl ist 
feuerroth, der ordinäre blauroih. Das prachtvoll grüne, bei ge- 
wissen Stellungen der Krystalle blaugrüne reflectirte Licht zeigt 
ohne Unterbrechung alle Nüancen vom Gelb (resp. Gelbgrün) bis 
zum violeiten Ende des Spectrums. Dasselbe ist vollständig 
polarisirt, seine Schwingungsebene ist parallel der Hauptachse 
der Prismen. Bei dem Kaliumplatinsesquieyanür ist sowohl das 
kupferrothe reflectirte Licht, dessen Spectrum ohne Unterbrechung 
von B bis E reicht, als auch das schmutzig grüne durchgelassene 
Licht total polarisirt, das reflectirte Licht ist extraordinär, das 
transmitlirte ordinärer Strahl. 

Alle diese Substanzen zeigen dieselbe Zusammensetzung 
ihrer Farben, man mag sie in dünneren oder dickeren Krystallen 
der Beobachtung unterziehen, es ändert sich mit zunehmender 
Dicke nur die Intensität des durchgelassenen Lichtes in Folge 
einer allgemeinen, keine Farbe mit besonderer Vorliebe ergrei- 
fenden Absorption. Abhängigkeit der Reflexfarbe von der Dicke 
des reflectirenden Plättchens fand sich am Jodblei und am Eisen- 


929 


glimmer. Die Reflexfarbe des ersteren ist so schwach (haupt- 
sächlich mattes Roth mit einer hellen Linie im Gelb und einer 
oder zwei dunklen Linien im Grün), dass sie nur flüchtig unter- 
sucht wurde, die des Eisenglimmers kann an Glanz mit den Far- 
ben der besten Opale wetteifern und bietet bei der prismatischen 
Zerlegung eine reiche Ausbeute interessanter Erscheinungen. Zu 
ihrer Beobachtung bietet der im Stassfurter Carnallit in hexago- 
nalen Blätichen ausgeschiedene Eisenglimmer bequeme Gelegen- 
heit. Man kann nach Belieben ein rasch angefertigtes Schliff- 
präparat von etwa 1,5 Millim. Dicke, oder die ausgewaschenen, 
frei oder in Canadabalsam auf dem Objeciträger ausgebreiteten 
Blättchen benutzen. Im ersteren Fall geniesst man den Vortheil, 
Blätichen von jeder Neigung gegen die Mikroskopachse zu haben, 
im andern Fall muss man — durch untergeklebte Wachssäulchen 
— die Neigung des Objectträgers gegen Rohr und Objecttisch 
variiren. Das Einlegen in Canadabalsam thut der Farbe der 
Blätichen, die schon aus diesem Grunde nicht für das Resultat 
von Interferenzen gelten darf, keinen Abbruch, die Farbe erscheint 
auf beiden Hälften von Blättchen, die von der Grenze des Bal- 
samflecks halbirt werden, gleichzeitig und ist auf der bedeckten 
Hälfte noch lebhafler als auf der freiliegenden, wo anhaftende 
Staubtheilchen der regelmässigen Reflexion hinderlich sind. Ver- 
änderungen des Incidenzwinkels ändern nur die Intensität, nicht 
die Zusammensetzung der Farben, es verhalten sich die fraglichen 
Blätichen ganz so, wie viele farbengebende Flecke des Edelopals. 
In durchfallendem Licht sieht man die Täfelchen des Eisenglim- 
mers je nach ihrer Dicke blassgelb bis schwärzlich roth, dies 
durchgegangene Licht ist, wie schon von anderen Beobachtern 
bemerkt wurde, ohne jede Spur von Doppelbrechung. Dass diese . 
Farbenänderung nicht nur auf einer nach dem rothen Ende des 
Spectrums vordringenden Absorption beruht, beweist eine ein- 
fache Vergleichung der durchgelassenen und der reflectirten 
Farbe, beide sind durchgängig complementär zu einander, man 
mag die Incidenzwinkel innerhalb der Grenzen, wo überhaupt 
lebhafte Oberflächenfarbe auftritt, verändern, wie man will. Blass- 
gelbe Blättchen geben violette Nüancen als Reflexfarbe, das Spec- 
trum der letzteren ist sehr lebhaft, mit einer intensiv dunklen 


schmalen Lücke nahe bei D, (Fig. 6) das Spectrum des durch- 
Jahrbuch 1873. 59 


950 


gelassenen Gelb ist genau das Complement hierzu, matt conti- 
nuirliches Spectrum mit heller Linie bei D. Etwas dickere Blätt- 
chen geben in auffallendem Licht Grün, in durchfallendem Roth, 
die Zusammensetzung der Farben ist wieder der Art, (Fig. 7) 
dass das Spectrum des reflectirten Lichts eine dunkle Linie bei 
C, das des durchgelassenen an derselben Stelle eine helle Linie 
hat. Viele mittelstarke Blättchen geben unter allen Umständen 
rothes Licht, (Fig. 8) hier scheint die Körperfarbe verdeckt zu 
sein; ich vermag hierüber aus den bisher gemachten Erfahrungen 
nichts Gewisses abzuleiten. Die dicksten Täfelchen, deren Farbe 
in durchgelassenem Licht sich immer mehr in’s Schwärzliche 
neigt, reflectiren weisses Licht mit einem Stich in’s Violette, Grüne 
oder Gelbe; ihr Spectrum enthält mehrere scharfe Linien. (Fig. 9, 
10, 11a und b.) Gilt es, die Umkehrung derselben im durch- 
fallenden Licht recht scharf zu sehen, so muss der Incidenzwin- 
kel für Oberlicht und Unterlicht gleich gemacht werden, was mit 
hinreichender Genauigkeit dadurch erreicht wird, dass an einem 
besonderen Stativ vor dein Objecttisch ein Pappschirm mit centi- 
metergrosser Öffnung verschoben wird, bis die Erscheinung in 
auffallendeım Licht hervortriit, und nunmehr bei abgeblendetem 
Oberlicht durch ein ebenso weit unter dem Objecilisch ange- 
brachtes Diaphragma mit einem Hülfsspiegel von unten her Licht 
auf das Object gebracht wird. Höchst merkwürdige Erschei- 
nungen, deren Deutung bis jetzt nicht gelingen will, werden 
wahrgenommen, wo zwei Eisenglimmertafeln so übereinander ge- 
kreuzt sind, dass beide gleichzeitig lebhafte Farben geben. Fig. 
12 und 13a und b sollen ein paar solche Vorkommnisse dar- 
stellen. 

Statt der geringen Zahl von dunklen Linien, die man im 
Spectrum des vom Eisenglimmer reflectirten Lichtes zu sehen 
gewohnt ist, hat man, so weit das Bild des Doppelblättchens den 
Spalt füllt, im Roth, Gelb und Grün des Spectrums eine Menge 
von schmalen, sehr dunklen Linien, die ausserordentlich helle 
Bänder zwischen sich lassen. Ihre regelmässige Stellung in 
nahezu gleichen Abständen liesse an eine Inierferenzerscheinung 
denken, nur müssten sie dann überall sichtbar sein, während un- 
ter mehr als hundert Eisenglanzblättichen auch nicht eins Spec- 
trallinien jenseits F, und unter einem Dutzend Doppelblätichen 


95i 


nicht ein einziges die sonderbare Cannellirung über die Mitte 
zwischen b und F hinaus gab. 

Übersieht man die im Vorstehenden niedergelegten Resul- 
tate der Untersuchung, so wird kaum noch ein Zweifel bestehen 
bleiben in Betreff der Ähnlichkeit der Opalfarben und der Reflex- 
farben ohne Polarisation, andererseits ist es nicht zu verkennen, 
dass eine durchgreifende Eigenthümlichkeit des Edelopals ohne 
Analogon bleibt: er ist der einzige von allen darauf untersuch- 
ten Körpern, der durch Reflexion homogenes Licht gibt, 
das Spectrum des von ihm refleciirten Lichtes besteht aus einer 
oder zwei glänzenden Linien, und diesem Umstande verdanken 
seine Farben ihre unvergleichliche Reinheit; alle anderen mit 
Oberflächenfarbe versehenen Körper, die zur Untersuchung ge- 
langten, geben unter gleichen Umständen dunkle Linien auf hel- 
lem Spectralgrunde. 

Wenn hiernach die erste Anwendung des Mikrospectroskops 
auf mineralogische Objecte nicht sogleich einen entscheidenden 
Erfolg zu verzeichnen hat, so hat sie doch viel mehr ergeben, 
als im Voraus zu erwarten war, und fordert zu fortgesetzten 
Versuchen auf. Die Beobachtungen am Carnallit scheinen darauf 
hinzuweisen, dass die Oberflächenfarbe unter Umständen von der 
Dicke des reflectirenden Blättchens abhängig sein kann, sie zei- 
gen, dass ein und derselbe Mineralkörper verschiedene Ober- 
flächenfarbe geben kann, und lassen vermuthen, dass der Ober- 
flächenschiller mehrerer anderer Mineralien, die von dunkel ge- 
färbten Lamellen erfüllt sind, denselben Ursprung habe. Für den 
Bronzit * ist mir dies ‚schon nahezu gewiss, von Bläolith,. Hyper- 
sthen und Labradorit vermuthe ich das gleiche, besitze aber keine 
Präparate, die für spectroskopische Untersuchung geeignet sind. 
Durch Interferenz können nur ausnahmsweise Farben von grosser 
Lichtstärke entstehen; finden sich solche an Substanzen, die, wie 
der Eisenglimmer oder nach Schraur gewisse Einschlüsse des 
Labradorits, in durchfallendem Licht dunkle Färbung besitzen, so 
ist allemal die Prüfung mittelst des Spectroskops anzurathen. 


* Bronzitdünnschliffe, ebenso Präparate von Bastit von Harzburg 
geben unter mittelstarken Vergrösserungen in auffallendem Licht alle Far- 
ben des Spectrums, vorherrschend Roth, Gelb und Grün von fast metal- 
lischem Glanze. Leider sind nur wenige der spiegelnden Blättchen so 
gross, dass man das Spectroskop in Anwendung bringen kann. 


53 


Untersuchungen über die Volumconstitution einiger Mi- 
neralien. 


Von 


Herrn Director Dr. H. Schröder. 


(Fortsetzung.) 


Anmerkung. Den wesentlichen Inhalt der nachfolgenden Unter- 
suchungen habe ich bereits in einem Vortrage am 23. September d. J. in 
der mineralogischen Section der deutschen Naturforscher-Versammlung zu 
Wiesbaden, und ebenso in der Sitzung des Oberrheinischen geologischen 
Vereins zu Mannheim am 18. October d. J. mitgetheilt. 


D. Die Spinelle und im Speciellen das Magneteisen. 


$. 17. Durch Raunmeısgere’s klassische Arbeit (Po&GENnDORFF S 
Annalen der Physik u. Chemie, Bd. 104 u. 107) ist es wahr- 
scheinlich gemacht, dass die meisten Analysen der Spinelle noch 
an Fehlern leiden. Es hat sich jedoch ergeben, dass alle kry- 
stallisirten Varietäten von Magneteisen in der That der Zu- 
sammensetzung Fe,O, entsprechen. Es war hiernach vorerst nur 
die Volumconstitution des Magneteisens mit hinreichender Sicher- 
heit zu ermitteln. Da ich die Zusammenstellung der betreffen- 
den Beobachtungen und die Untersuchungsmethode, welche über 
die Volumeonstitution des Magneteisens Aufschluss gibt, jedoch 
schon an anderer Stelle zum Druck vorgelegt habe, so beschränke 
ich mich hier darauf, lediglich das Resultat dieser Untersu- 
chungen zu reproduciren, indem ich mich auf dasselbe bei der 
nachfolgenden Untersuchung des Granats zurückbeziehen muss. 


933 


$. 18. Das Volum des Magneteisens = Fe,O, ist nach 
Massgabe von RAmmELsBeRg’s Untersuchungen sehr seharf bestimmt 
zu 44,7 bis 45,0; ich nehme 44,8 als genauesten Werth an. 
Seine Volumconstitution lehrt, dass in demselben 2 Atome Mo- 
noxyd = FeO mit einem Atome Dioxyd = FeO, verbunden sind, 
dass also Fe,0, zu betrachten ist als Fe, Fe. 

Das reguläre FeO im Magneteisen hat das Volum des re- 
gulären Periklases und Nickelmonoxydes = 11,2. Es haben da- 
her 2FeO das Volum 22,4. Zieht man dies Volum von dem des 
Magneteisens ab, so bleibt für FeO, das Volum 22,4. Dies ist 
aber das Volum der Kieselsäure als Quarz ($. 2). Das reguläre 
Eisendioxyd — FeO, hat daher im Magneteisen sehr nahe genau 
das Volum des Quarzes = Si0,. Das Eisen im Eisendioxyd 
hat das doppelte Volum, als das Eisen im Eisenmonoxyd; und 
sehr nahe das Volum des Silieiums im Quarz. 

Die Volumeonstitution des Magneteisens ist demnach: 

2Fe0 = 22,4 
Be, _ 22,4 
2FeO,Fe0, —= 44,8. 

Man sieht, dass die beiden Componenten Fe, und Fe mit 
gleichem Volum im Magneteisen enthalten sind. Die Thatsache, 
dass den Componenten einer Verbindung gleiche Volume zu- 
kommen, wiederholt sich aber mit überraschender Häufigkeit. 
Auch für den Olivin = Mg, Si hat sie sich ergeben. Sein Vo- 
lum war etwa 44 ($. 8), und es hat darin Ms, das Volum 22,0 
— 2x 11,0 und SiO, das Volum 22,0, also das gleiche Volum. 
Ich habe $. 12 gesagt, der Olivin enthält die Kieselsäure mit dem 
Volum des Quarzes, welches 22,6 ist. Auf die Discussion der 
Bedeutung der kleinen Differenzen 22,0 und 22,6, welche sich 
ergeben, kann ich erst später eingehen. 


E. Der Granat, insbesondere der Kalk-Eisenoxyd-Granat. 


$. 19. An hierhergehörigen Beobachtungen benutze ich nur 
solche, welche nicht vor 1858 angestellt sind, da RAumELSBERG 
darauf aufmerksam gemacht hat, dass alle älteren Analysen von 
Granaten einer Revision bedürfen. Am reinsten vorgefunden ist 
der Kalk-Eisenoxyd-Granat:; nur für diese Species stimmen 
auch die bisher vorliegenden Beobachtungen hinreichend überein, 


- 


934 


um über die Zusammensetzung und das Volum desselben keinen 
Zweifel übrig zu lassen. Ich beschränke mich daher zunächst 
auf den Kalk-Eisenoxyd-Granat, und werde auf andere Granate 
später zurückkommen. 


$. 20. Die besten zur Ermittelung des Volums des Kalk- 
Eisenoxyd-Granats dienlichen Beobauliuntgen, welche ich habe auf- 
finden können, sind: 


a. Granat aus den Schischimsker Bergen im südlichen Russ- 
land hat nach Koxscnarow die Zusammensetzung 3(Ca0,SiO,) 
+ Fe,0,; m = 508. Er ist sehr rein, und enthält nur unwäg- 
bare Spuren von Mangan, Magnesium und Aluminium; s = 3,798 
Koxscnarow; v — 133,8. 


b. Granat von Bogoslowsk — 3(Ca0,Si0,), Fe,0,. Er ist 
nach der Analyse von Karawaızw ebenfalls nahe die reine Ver- 
bindung, und enthält nur 0,93%, Al,O;, 0,290/, MnO und 0,54%, 
MgO beigemengt; s — 3,796 Koxscharow; v — 133,8. 

c. L. R. v. FELLEnBERG analysirte Granat von Zermatt von 
obiger Zusammensetzung; er enthielt nur 0,85%, Al,O,, 1,04%, 
FeO und 0,90%, MgO beigemengt; s = 3,797 FELLENBERG und 
v. = 133,8. 

d. Damour analysirte Granat von Zermatt von der gleichen 
Zusammensetzung, und fand 1,24%, Al,O, und 0,54%, MgO bei- 
gemengt. Ss — 3,85 Damour; v — 122,1. 

e. TscHErmaR untersuchte Granat von Dobschau in Ungarn. 
Er ist die gleiche Verbindung, aber minder rein, denn er enihält 
an 3°, Al,O, und 2%, MgO. s = 3,12 Tschermar; v — 196,6. 
Im Mittel ist s = 3,79 und v = 134,0. Da 3 Beobachtungen 
(a, b und c) sehr genau übereinstimmen, so halte ich das Volum 
des Kalk-Eisenoxyd-Granats zu 134 für zuverlässig ermittelt. 


$. 21. Da der Granat und das Magneteisen beide re- 
gulär sind, so ist zunächst nach Regell (208) zu erwarten, dass 
das reguläre Eisenoxyd im Granat mit dem nämlichen Volum ent- 
halten sein werde, mit welchem es sich im Magneteisen findet. 
Im Magneteisen hat aber FeO das Volum 11,2 und FeO, das 
Volum 22,4 ($.18), das reguläre Eisenoxyd = FeO,FeO, —Fe,0, 
hat daher das Volum 33,6. Es ist dies zugleich sehr nahe das 
Volum des Rotheisensteins. 


935 


Zieht man nun dieses Volum von dem des Kalk-Eisenoxyd- 
Granates ab, so ergibt sich: 

Vol. 3(Ca0,SiO,) + Fe,0, = 134,0 
ab Vol. Fe,0, = 33,6 

bleibt Vol. 3(Ca0,Si0,) —= 100,4 
also Ca0,Si0, = 33,2. 

Es liegt demnach die merkwürdige Thatsache vor, dass das 
Kalksilicat Ca0,SiO, und das Eisenoxyd FeO,FeO, mit völlig glei- 
chem Volum im Granat enthalten sind. Es ist dies Volum zu- 
gleich sehr nahe das nämliche, mit welchem das Kalksilicat auch 
im Augit (Diopsid) nachgewiesen wurde ($. 6). Im Granat haben 
die Basen CaO und FeO das gleiche Volum 11,2; und die Säuren 
SiO, und FeO, haben ebenfalis das gleiche Volum 22,4, und zwar 
das doppelte der Basen von der Formel RO; das Silicat Ca0,SiO, 
und das Ferrat FeO,FeO, sind isoster im Granat. 

$. 22. Die Volumconstitution des Granats legt uns nun aber 
zugleich die Anerkennung der Thatsache nahe, dass FeO, in einer 
Reihe von Mineralien, und ich werde dafür noch viele weitere 
Beispiele vorlegen, eine ganz ähnliche Rolle spielt, wie SiO,, d. i. 
die Kieselsäure. Eisendioxyd und Siliciumdioxyd sind nicht nur 
in zahlreichen Verbindungen isomorph, sondern auch isoster, 
d.h. von gleichem Volum. 

Obwohl ich mir die speciellen Darlegungen vorbehalten muss, 
kann ich doch nicht umhin, schon hier zu bemerken, dass sich 
ebenso auch das Aluminiumdioxyd — AIO, verhält; auch dieses 
kommt, z. B. im Feldspath, mit dem Volum der Kieselsäure vor, 
und AlO,AIO, — Al,O,, d.h. die Thonerde, spielt in einer Reihe 
von Verbindungen eine ähnliche Rolle wie das Silicat RO,SiO,. 

Dass das Eisendioxyd FeO, die Rolle einer Säure spielt, 
gleichwie die Titansäure — TiO,, geht übrigens auch hervor aus 
dem Isomorphismus von Eisenglanz = FeO,FeO, und Titaneisen 
— Fe0,Ti0,. Über die Volumconstitution dieser letzteren Ver- 
bindungen werde ich demnächst eine Mittheilung machen. 

Ich mache nur noch darauf aufmerksam, dass die Volum- 
constitution aller Substanzen, welche bis jetzt gut verstanden 
sind, sich lediglich mit dem Condensationsfactor zwei, 
gleichwie die Verbindungen in Gasform (202) erklären lässt. 
Diese Thatsache deutet an, dass das Condensationsgesetz 


936 


der Volume für alle Aggregatzustände vielleicht der- 
einst auf einen gemeinschaftlichen Ausdruck zu brin- 
gen ist. Ebenso mache ich darauf aufmerksam, dass alle im 
Vorstehenden dargestellten Volumconstitutionen ebenso viele Fin- 
gerzeige sind, dass wir zur Binartheorie, und zwar in 
vieleinfacherer Form, als sie ehemals aufgestellt war, 
werden zurückkehren müssen. 

Ich denke dies demnächst im Zusammenhange darzulegen. 


F. Smaragd und Beryll. 


$. 23. Die hier zu benützenden Beobachtungen sind: 

a. Beryllium = Be; m = 9,4 wenn Beryllerde = BeO. De- 
grAY fand für Beryllium s = 2,1 und v = 4.4. 

b. Beryllerde = BeO; m = 25,4. Über der Spirituslampe 
geglühte hat s = 3,08 bis 3,09 H. Rose; im Porcellanofen ge- 
glüht hat sie s = 3,02 bis 3,03 i. M. s = 3,025 H. Rose, wo- 
mit v—= 84. Eseımen stellte sie künstlich in dem Korund iso- 
morphen Krystallen dar, und fand s — 3,02 bis 3,06 in völliger 
Übereinstimmung mit H. Rose’s Messung. BeO hat daher das 
Volum 8,4 und 3BeO haben das Volum 25,2, d. i. nahe das Volum 
des isomorphen Korunds. 

c. Gemeiner Beryll von Rosenbach in Schlesien ist nach V. 
Horweister’s Analyse die Verbindung: 3Be0,Al,0,,6Si0,; m = 939; 
s = 2,65 HornmeEister; v = 203,5. 

d. Fast durchsichtiger dunkelgrüner Beryll aus dem Heu- 
bachthale im Pinzgau hat nach Hormeıster die gleiche Zusammen- 
setzung und s = 2,69, womit v = 205.0. 

e. Grüner Beryll im Granit von Sheskina-roan, Donegal- 
County, Irland, von derselben Zusammensetzung nach Haucutons 
Analyse, jedoch nicht sehr rein, hat s = 2,086 Hausuton; 
v= 201,1. 

f. Sehr reiner Beryll von Royalston, Massachusetts, in grü- 
nen hexagonalen Säulen von gleicher Formel hat nach PETERSEN 
s = 2,650 und v = 203,. 

g. Für russische Berylle fand Koxscuarow s = 2,6 bis 2,8. 
Der Beryll hat s = 2,58 bis 2,73 nach Gmerin’s Angabe. 

Aus vorstehenden übereinstimmenden Beobachtungen geht 
mit Sicherheit hervor, dass der hexagonalen, dem Korund iso- 


937 


morphen Verbindung 3Be0,Al,0.,6Si0, das Volum 203 bis 205, 
i. M. etwa 204 zukömmt. 

$. 24. Die Volumconstitution des Berylis und Smaragds 
ergibt sich unmittelbar nach Regel II (208): „Wenn eine Com- 
„plexion für sich mit einer Verbindung, in welche die Comple- 
„xion eingeht, von gleicher Krystallform ist, so ist die Complexion 
»in der Regel mit unverändertem Volum in der Verbindung.“ 

Da nun die Beryllerde und der Korund für sich mit dem 
Beryll von gleicher Krystallform sind, so sind nach dieser Regel 
beide mit ihrem ursprünglichen Volum im Beryll zu erwarten. 
Nun hat 3BeO das Volum 25,2 ($. 23); Al,O, als Korund hat das 
Volum 25.8 (54); zieht man diese Volume vom Volum des Be- 
rylis ab, so bleibt Vol. 6Si0, = 153,0 also Vol. SiO, = 25,2. 

Die Kieselsäure hat hiernach im Beryll ebenfalls das Volum 
des Korunds, und respective das Volum, welches sie für sich als 
Tridymit einnimmt. 

Alle Componenten des Berylis: die Beryllerde, die 'Thon- 
erde und die Kieselsäure haben das gleiche Volum. Gleichheit 
der Componentenvolume habe ich ebenso bereits nachgewie- 
sen für das Magneteisen, für den Olivin, und für den Kalkeisen- 
oxydgranat. 


G. Cyanit und Andalusit. 


$. 25. Der Cyanit oder Disthen und der Andalusit oder 
Chiastolith krystallisiren beide rhombisch, aber in unzweifelhaft 
verschiedenen Formen. Sie haben einerlei Zusammensetzung 
— Al,0,,Si0,, welche Verbindung daher als dimorph bekannt ist 
Die hier zu benutzenden Beobachtungen sind: 


a) Oyanit. 


a. Cyanit vom St. Gotthardt = Al,0,,5i0,; m = 162,8. 
s = 3,6 Marıenac; v — 45,2. Enthält nur 0,8%, Eisenoxyd, und 
ist nahe die reine Verbindung. 

b. Cyanit vom Greiner im Zillerthale; s = 3,678 Jacoson. 
Enthält 1%, Eisenoxyd. v = 442. 

c. Cyanit aus Tyrol; s — 3,661 Erpmann; v = 449. 

d. Blättriger Cyanit von Horrsjöberg in Elfdahlen ; s = 3,48 
Iseıströn, v — 46,8. 


938 


e. Das spec. Gew. des Cyanits ist s = 3,5 bis 3,6 G. Rose 
(System S. 89); v = 45,2 bis 46,5. 
Im Mittel ist v= 45.3. 


ß) Andalusit oder Chiastolith. 


f. Der Andalusit enthält nach Bunsen (Pose. Annal. Bd. 47, 
S. 186) in der Regel fremde Beimengungen, selbst wenn er schön 
krystallisirt ist. Bei Lisenz kommen kleine Individuen vor, welche 
sich durch einen hohen Grad von Reinheit auszeichnen. Die Zu- 
sammenselzung derselben entspricht nach Bunsen der Formel 
X,Si,; m = 1036,8. s — 3,146 bei 12,07 Bunsen; v — 329,6; 
s = 3,154 A. Erpmann; in Übereinstimmung mit Bunsen. 

g. Chiastolith (ibid.).. Durch seine Reinheit ausgezeichnet 
ist der Chiastoliih von Lancastre (Bunsen). Seine Zusammen- 
setzung ist nach Bunsen &1,Si,; m = 1036,8; s = 3,088 bei 
120,7 Bunsen; v = 335,8. 

Die Zusammensetzung des Cyanits mit etwas überschüssi- 
ger Kieselsäure, also wohl die Bunsen’sche Formel, fand auch 
Damour für brasilianischen Andalusit von seltener Reinheit, und 
Prinesten für Andalusite verschiedener Fundorte. 

h. Für den Andalusit von Munzig im Triebischthal fand 
KeRSTEn die Zusammensetzung des Cyanits = Al,0,,Si0O, und 
s— 3192: vlt. 

i. Andalusit von Katharinenburg bei Wunsiedel hat nath 
Prinsstens Analyse sehr nahe genau die der Formel des Cyanits 
= AI,0,,5i0, entsprechende Zusammensetzung und s = 3,12 
Schmid; v = 52.2. 

Das wahrscheinlichste Volum des Andalusits von der Zu- 
sammensetzung Al,0,,SiO, ist hiernach 51,7. 

$. 26. Was nun zunächst den Andalusit betrifft, so fällt 
sofort auf, dass sein Volum = 51,7 genau das doppelte Volum 
des Korunds = 2 x 25,8 (24) ist. Da die Componenten so häufig 
mit gleichen Volumen zusammentreten ($. 24), so liegt es nahe, 
anzuerkennen, dass im Andalusit die Thonerde mit dem Volum 
des Korunds und die Kieselsäure mit dem gleichen Volum, also 
mit dem Volum des Tridymits enthalten sei. 

Zu dem nämlichen Resultate führt auch die Bunsen’sche For- 
mel. Vol. &,8i, = 335,8 für den reinsten Andalusit von Lan- 


939 


caster, gibt, wenn Al,O, und SiO, gleiche Volume haben, Vol. 
Al,0, — Vol. SiO, — a 
des Korunds und des Tridymits ist. 

Der Andalusit enthält hiernach die Thonerde mit dem Volum 
des Korunds, und die Kieselsäure mit dem Volum des Tridymits, 
welches dem ersteren gleich ist. 

$. 27. Nun ergibt sich eine ganz analoge Thatsache für 
den Cyanit = Al,0.,SiO,, dessen Volum —= 45,3 ($. 25) ist. Es 
fällt sofort auf, dass dieses Volum genau das doppelte Volum 
des Quarzes — 2 X 22,6 ($. 2) ist. 

Wieder erscheinen beide Componenten mit glei- 
chem Volum vereinigt. Der Gyanit enthält hiernach die 
Thonerde und die Kieselerde mit dem Volum des Quar- 
zes. Wir kennen die Thonerde für sich noch nicht in diesem 
Zustande; aber es ist ja auch die Kieselsäure als Tridymit erst 
seit Kurzem durch GeErHARD vom Rarn entdeckt worden. 

An anderer Stelle werde ich nachweisen, dass die Thon- 
erde in dieser, für sich noch nicht bekannten Modification, das 
Aluminium mit der Hälfte des Volums enthält, mit wel- 
chem das Aluminium z. B. im Feldspath enthalten ist. 

(Fortsetzung folgt.) 


— 25,8, welches genau das Volum 


Briefwechsel. 


A. Mittheilungen an Professor G. LEONHARD. 


Innsbruck, den 2. November 1873. 

Die Gegend von Meran ist für den Geologen sehr interessant, indem 
er auf engem Raume eine Menge Bildungen vereinigt findet, die oft weit 
aus einander liegen. So den Quarzporphyr mit seinen Tuffen, den Horn- 
blendegranit des Pfinzer, die Gneisformation, deren bereits GümseL in den 
Schriften der bayrischen Akademie gedachte. Interessant sind hier die 
bei Vorst dem Gneise gleichmässig eingelagerten weissen Riesengneise mit 
den grossen Tafeln von Kaliglimmer; in kleineren Partien findet sich die- 
ses Gestein auch bei der Töll. Besondere Beachtung verdient jedoch der 
Dioritporphyr, welcher den Gneis, beziehungsweise Glimmerschiefer 
an mehreren Stellen durchbricht. Dem ersten Gange begegnet man auf 
dem Wege zur Töll unter Josefsberg, wo die neue Strasse in den Felsen 
gebrochen ist. Er mag eine Mächtigkeit von 5—4 Fuss haben. Etwa 
eine halbe Stunde westlich am rechten Ufer der Etsch vor dem Badhause 
der Töll steht das gleiche Gestein in einer langen Felsenwand ober der 
Strasse an. Es wird zu Schotter gebrochen und durch eine steinerne Leite 
herabgeworfen. Dieser Dioritporphyr hat wenig grünlichgraue Grund- 
masse, in der schwarze Krystalle von Hornblende und weisse porcellan- 
artige von Plagioklas oft mit deutlicher Riefung liegen. Es ist wohl Oli- 
goklas. Die. Krystalle erreichen durchschnittlich die Länge einer Linie. 
Neben den Prismen der Hornblende beobachten wir auch die Tafeln von 
zwei Glimmerarten; einer silbergrauen und einer bräunlichschwarzen. Kry- 
stalle von rothbraunem Granat oft bis zu Erbsengrösse sind nicht selten. 
An der Grenze gegen den Glimmerschiefer ist das Gestein weniger kry- 
stallinisch ausgebildet; Umwandlungen hat hier der Glimmerschiefer wohl 
kaum erfahren, man kann, ohne an eine solche zu denken, das Gestein 
hier eben nur als eine der zahllosen Varietäten der Gruppe betrachten. 
Verschiedene Arten der Ausbildung zeigt der Dioritporphyr in dem Runst 
westlich neben dem Badhause. Hier lassen sich mehrere fast senkrechte 
Gänge von verschiedener, wenn auch nicht gerade beträchtlicher Mächtig- 


941 


keit erkennen, von denen der eine oder der andere nach oben auskeilt. 
Neben der erwähnten Varietät sehen wir eine andere, wo eine dunkel- 
. braune Grundmasse mehr vorherrscht und der weisse Plagioklas in klei- 
neren Krystallen auftritt. Ein anderer Gang zeigt uns eine graulichweisse 
mikrokrystallinische quarzige Grundmasse mit kleinen Blättchen der bei- 
den Glimmer und Krystallen von Plagioklas. Selten beobachtet man einen 
zersetzten kleinen Würfel von Pyrit oder ein Körnchen Granat. Stellen- 
weise ist damit ein massiges graues mikrokrystallinisches Gestein in Ver- 
bindung, welches ein Gemenge von Quarz und Biotit erkennen lässt. Sel- 
tener sind die Plagioklaskrystalle.e Man kann diese Gesteinsvarietäten 
wohl kaum von einander trennen; man findet eine in die andere brocken- 
weise eingeschmolzen, wenn man diesen Ausdruck gestatten will, sei’s auch 
nur figürlich! Der Glimmerschiefer an der Grenze erscheint stellenweise 
verändert, wenn auch nur auf eine sehr geringe Strecke. Man sieht eine 
dichte thonige Masse, bei der die Schieferung mehr oder weniger zurück- 
tritt. Ob man hier ein Contaktphänomen im plutonischen Sinne vor sich 
habe, lasse ich dahingestellt, eher wohl nachträgliche Umwandlung durch 
Umtausch oder Wegführung von Bestandtheilen auf nassem Wege. Das 
Vorkommen dieser Gesteine darf man wohl nicht mit dem Diorit von Klau- 
sen zusammenstellen. Abgesehen von den petrographischen Unterschieden 
durchbricht der Dioritporphyr von der Töll die Gneisformation, der Diorit 
von Klausen den Phyllit oder Thonglimmerschiefer. Vielleicht finden sich 
später Analogien mit dem Pfinzergranit oder dem Oligoklasgranit von 
Brixen. Ich finde wohl noch Gelegenheit, die Gegend und ihre Vorkomm- 
nisse genauer zu untersuchen und werde dann eingehender berichten, und 
beschränke mich daher auf diese vorläufige Mittheilung. 
Dr. AnpouLr PicHLER. 


Aachen, den 11. November 1873. 


In einem der letzten wissenschaftlichen Briefe vom 12. Mai d. J. von 
Seiten des Herrn G. vom Rır# an seinen so bald darauf geschiedenen 
Schwiegervater G. Rosz (vergl. Zeitschrift der Deutschen geologischen Ge- 
sellschaft XXV. 1873. S. 108 ff.) beschreibt der Erstere einen im Privat- 
zimmer von MAsKELYnE in London gesehenen Quarzstalaktiten mit viel- 
leicht 100 Krystallen von Quarz mit amethystartigem Habitus (R oder 
R.-—.R), von drei bis vier Linien Grösse und mit einem prachtvollen in- 
neren Lichtschein mit Interferenzfarben parallel der vorhandenen oder 
möglichen Fläche —R, welcher die sonst versteckte Zwillingsbildung des 
Quarzes glänzend verräth. Herr vom Rarn nennt dieses Quarzstück ein 
wunderbares. 

Sie werden sich nun meine Überraschung und Freude vorstellen kön- 
nen, als ich am vergangenen Samstage ganz zufällig beim näheren Ordnen 
in den mir unterstellten Sammlungen des Polytechnikum eine grosse Gruppe 
von Quarzkrystallen fand, genau mit demselben amethystartigen Habitus, 
mit derselben Krystallform und mit demselben herrlichen Lichtschein, der 


942 


am lebhaftesten und buntesten ist, wenn die Fläche —R einspiegelt oder 
einspiegeln würde, wenn sie neben +R aufträte, was nur bei einigen der 
über Hundert zählenden Krystalle der Fall ist. Kein Zweifel konnte gleich 
von Anfang an aufkommen, dass ich ein gleiches Quarzstück wie das 
Maskrryne’sche in Händen hatte. Das Stück stammt aus der Sack’schen 
Sammlung und hat die Etiquette: „Weisser Amethyst, vorherrschend Rhom- 
bo@der, ausgezeichnet, Oberstein.*“ Dass die Ortsbestimmung richtig ist, 
dafür bürgt mir der pünktliche Sammler und das Ansehen der Stufe. Sie 
ist ein kleiner Theil von der gegen 6m dicken Krystallbewandung einer 
grossen Geode der dortigen basischen Eruptivgesteine. Woher das Stück 
von MASKELYNE stammt, gibt Herr vom Rar# nicht an. 

Beim näheren Betrachten des Stückes machte ich nach und nach kry- 
stallographische und optische Beobachtungen daran, die von dem MAskE- 
ıyxe’schen Stücke bisher nicht angegeben worden sind. Es stellte sich 
nämlich heraus, dass alle diese zahlreichen amethystartigen Quarzkry- 
stalle wie die bekannten Amethystkrystalle aus Brasilien, welche G. Rose 
krystallographisch und GrorH optisch untersucht haben, Zwillinge von 
rechten mit linken Quarzen sind. Der Verräther dieser Zwillings- 
bildung sind auch hier wieder die scalenoödrisch, d.h. zugleich rechts und 
links an demselben Krystall auftretenden Trapezoeder. Dieselben sind an 
den Krystallen in Flächenausbildung sehr selten zu beobachten, weil aus 
dem dicht ineinander gepfergten Krystallaggregat bloss die letzten Enden, 
meist nur die Spitzen von —4R frei ausgebildet herausragen. Deshalb 
findet man auch neben +R verhältnissmässig selten —R, noch seltener 
ooR, und erst nach langem Suchen oder Herauslösen einzelner Krystalle 


i S mPn 
einzelne Flächen von 


,„ aber dann immer rechte und linke neben ein- 


ander an demselben Krystalle. Viel häufiger, ja an allen Krystallen, tre- 
ten nun aber die Trapezoöder als oscillatorische Streifen oft von ausser- 
ordentlicher Feinheit auf den Flächen und mit den Flächen des Haupt- 
rhomboeder auf. Solche Streifungen müssen nun der Combinationskante 
der oscillirenden Flächen paraMel gehen und dadurch verläuft diese Strei- 
fung auf den Zwillingen von rechten und linken Quarzen über die den 
beiden Individuen zum Theil angehörende Fläche +R geknickt und zwar 
ungefähr liegt die Knickung in der geneigten oder kürzeren Diagonale der 
gestreiften Fläche +R. Die gedachte Verbindungslinie aller Kniee mit 
einander gibt also im grossen Ganzen auch den Verlauf der Zwillings- 
grenze zwischen rechtem und linkem Individuum auf -+R an. Sonst ist 
von Zwillingsnähten auf keiner Fläche etwas zu sehen. Weil nun alle 
Krystalle des vorliegenden Stückes diese geknickte Streifung der Haupt- 
rhomboederfläche zeigen, allerdings bald deutlicher, bald versteckter, müs- 
sen Alle Zwillinge von rechten und linken Individuen sein, welche man 
bisher so selten, und wenn ich mich nicht sehr irre, nur an den brasilia- 
nischen Amethysten kannte. Die Quenstenr’sche Mineralogie 1863, S. 201 
gibt an diesen Zwillingen ebenfalls auf den Flächen +R eine geknickte 
Streifung an, sie verläuft aber anders; es gehen nämlich die Streifen der 


943 


Endkante von +R parallel und die Kniee sind nach der Endecke zu con- 
vex, während sie bei meinen Krystallen nach dieser Richtung hin con- 
cav sind. 

Welchem Trapezoöder die Trapezflächen oder diese Streifungen ent- 
sprechen, ist fraglich und wird auch wohl fraglich bleiben, weil die Tra- 
pez-Flächen oder Flächentheilchen zu unregelmässig, gestreift oder matt, 
ausgebildet sind, um eine sichere Winkelmessung zu gestatten und weil 
an so flächenarmen Krystallen deren Ermittelung aus Zonenverhältnissen 
nicht möglich ist. Aus der Richtung der Combinationskante zwischen +R 

mPn 

4 


und und der Streifung glaube ich an manchen Krystallen auf das 


15 


häufigste Trapezoäder des Quarzes Bet: schliessen zu dürfen. Auf man- 


chen Krystallen scheinen aber auch die Streifungen auf +R den Endkan- 
3 

ten desselben parallel zu gehen, das könnte dann vielleich nn sein. An 

noch anderen Krystallen bilden die Streifen mit der gedachten horizonta- 


len Diagonale der Rhomboöderfläche viel spitzere ebene Winkel, als es 
6/ 
die Kante oder Streifungen von a mit +R thun. Es wird deshalb zu 


ermitteln sein, ob nicht mehrere Trapezoäder an diesen Quarzen auftre- 
ten, und ob sich beim weiteren Suchen nicht messbare Combinationskan- 
tenwinkel noch finden. Überall scheinen nun auch die Trapezflächen ge- 
streift zu sein durch oscillatorisches Auftreten von +R in ihrem Bereiche; 
das sieht man beim Einspiegeln von +R unter der Lupe sehr gut, die 
Flächen —R sind immer sehr vollkommen ausgebildet, es geht deshalb 
der Lichtschein ungeschwächt durch sie hindurch; aber trotz dieser Voll- 
kommenheit ist keine Spur von Zwillingsgrenze auf ihnen zu erblicken, 
obwohl die Grenze von Rechts und Links durch sie hindurchgehen dürfte, 
weil die an einer Rhomboöderendkante zusammenstossenden +R Flächen- 
theile verschiedenen Individuen, stets einem rechten und einem linken an- 
gehören. Die Prismenflächen sind meist unvollkommen in ihrer Beschaf- 
fenheit. 

Ausser dem sehr lebhaften und bunten Lichtschein, der von einer im 
Krystalle ziemlich tief und wohl parallel unter der Fläche —R liegenden 
Ebene auszugehen scheint, welche durch den ganzen Krystall setzt, be- 
obachte ich an manchen der grösseren Krystalle noch einen ganz maätten 
bläulichen Lichtschein, dem bekannten des Adular ungemein ähnlich, wenn 
ich die Flächen +R zum Lichtreflex zu bringen suche. Das volle oder 
grelle Reflexlicht dürfen sie aber nicht in das Auge werfen, sonst wird 
das Letztere geblendet für die gleichzeitige Wahrnehmung eines so zarten 
bläulichen Lichtes. Optisch unterscheiden sich beide Lichtscheine in den 
Quarzen also sehr leicht durch die verschiedene Farbe und Intensität, - 
ebenso krystallographisch durch ihre Lage. 

Das wären an dem interessanten Quarzstücke etwa die ersten und 
hauptsächlichsten krystallographischen und optischen Beobachtungen, welche 


944 


ich als vorläufige Mittheilung anzusehen und unter den Briefwechsel 
des in der Presse befindlichen Heftes Ihres Jahrbuches aufzunehmen, Sie 
ersuche, obwohl sie durch eingehendere Beobachtungen noch in manchen 
Punkten modificirt und erweitert werden dürften. Sobald ich diese Quarz- 
krystalle ausstudirt und bearbeitet haben werde, kann ich wohl das Ma- 
nuscript zur Aufnahme in Ihr Jahrbuch als Abhandlung Ihnen übersen- 
den, ohne befürchten zu müssen, lange auf den Abdruck zu harren. 

H. LasPpEyRes. 


Zürich, den 14. November 1373. 


Es scheint mir nöthig, darauf aufmerksam zu machen, dass in der 
Rubrik „Auszüge“ im Jahrgang 1872, Seite 877 durch irgend ein Versehen 
die Analyse R. RıcHter’s an Stelle der E, BErTRAnD’s angegeben ist. Der 
letztere fand für den Jalpait von der Grube Bueno Esperanza 14,02 Schwe- 
fel, 71,63 Silber, 13,06 Kupfer, 0,57 Eisen, zusammen 99,28, wie in Ann. 
des mines 1872, I, S. 414 angegeben ist. 

Bei dieser Gelegenheit fand ich auch in demselben Journal S. 415 
den Aufsatz des Herrn A. PıquEr sur un nowveau silicate de chaux. Die 
angegebene Analyse desselben von P. CLemexcın und die daraus abgelei- 
tete Formel zeigen, dass es Wollastonit CaO .SiO, oder wie der Autor 
schrieb 3CaO .2SiO, ist. Der Gedanke an eine neue Species entsprang 
der eigenthümlichen Ansicht, dass der Wollastonit nach der Formel CaO 
. 2510, zusammengesetzt sei. An sich ist das Vorkommen dieses Wolla- 
stonit interessant, er ist radial fasrig, seidenartig glänzend, weiss und füllt 
mit Quarz und dolomitischem Kalk Adern in Diorit unweit Merida in 
Estramadura in Spanien aus. Der Diorit bildet einen ungefähr einen Me- 
ter mächtigen Gang in silurischem metamorphischem Kalk. 

A. Kenneort. 


Frankfurt a/M., den 24. November 1873. 


Quarzkrystalle von Poonah. 


Ich hatte einen Aufsatz über den Quarz, insbesondere über die Fort- 
bildung desselben, welche in dem Auftreten und Verschwinden von Über- 
gangsflächen sich offenbart, beendigt, der letzte Correcturbogen war gerade 
zurückgeschickt worden, als eine kleine Anzahl Quarzkrystalle von Poonah 
in Ostindien mir zu Gesichte kam. Dieser Fundort liefert bekanntlich auch 
die schönen Apophyllite. Die Quarze, welche von dort herübergebracht 
worden, sind bemerkenswerth, weil, wenigstens bei kleineren Individuen, 
die Prismenfläche ooP ganz fehlt oder nur in Spuren vorhanden ist; die 
grösseren sind alle Kernkrystalle, um einen blaulich grauen Kern hat sich 
eine durchsichtige Hülle weitergebildet; in derselben sitzen dann vielfach 
kleinere Krystalle fest, an welchen meist nur die Pyramiden hergestellt 


945 


sind, keine Prismenflächen, oder diese, wie bemerkt, nur äusserst schmal, 
kaum zu unterscheiden von einer Kante. 

Noch in einer zweiten Hinsicht sind diese Krystalle sehr zu beachten. 
Die Kerne sind nicht scharf begrenzt; es ziehen daraus dunkle Flocken 
einestheils mehr nach der Hauptaxe gerichtet, in Bündeln gruppirt, an- 
derntheils nach den Nebenaxen. Diese Richtungen sind aber durchaus 
nicht genau parallele, wie sich bei der Büschel- oder Garbengruppirung 
von selbst versteht. Zwischen diesen dunkleren Streifen ist endlich noch 
eine fasrige Streifung zu bemerken, welche ungefähr normal auf die Flä- 
chen R gerichtet ist; zarte, parallele Streifen, als ob Amianth daselbst 
umschlossen sei. Es scheint dies eine feine Röhrenbildung zu sein, eine 
mangelhafte Erfüllung des Krystallbaus, ähnlich wie solche Canäle bei 
manchem Kalkspath, z. B. von Avrrsaca gefunden, von G. Rose in einer 
meisterhaften Arbeit (Abh. d. k. Akad. April 1868) beschrieben worden 
sind. Bei dem Quarze noch weniger als beim Kalkspathe kann mit Sicher- 
heit nachgewiesen werden, dass die Veranlassung der auffallenden Er- 
scheinung durch eine „in der Natur“ stattgefundene Pressung, wie bei 
den Schlagfiguren, veranlasst worden sei. Es muss hier ein mangelhafter, 
unvollständiger, nicht zur Vollendung gelangter Krystallbau vorliegen. 
Schon BREWSTER, als er die optische Structur des Amethystes untersuchte 
(Transactions of the R. Soc. IX, p. 148 u. fig. 13) fand „die Lagen“ des- 
selben gekreuzt von Adern, welche sich in der Nähe des Gipfels abwen- 
den, so dass sie mehr perpendiculär auf den Pyramidalflächen stehen. Bei 
den Amethysten von Meissau fand Haııxger (Sitzungsber. XII, fig. 14.) 
zunächst der Polkanten dunkel gefärbte Keile oder Zwickel, zwischen den- 
selben Faser- oder Stengelbündel etwa rechtwinklig auf den Pyramidal- 
flächen des Krystalls. Solche Zwickel, wie sie auch in Quarzen des Tau- 
nus mit der Faserbildung gefunden werden, sind dargestellt zu „Krystall 
und Pflanze“ Anhang p.219 in fig. 21. Man bemerkt solche Faserbildung 
oder Streifung stets nur bei Krystallen, an welchen die Kantenbildung 
bevorzugt, die Ausfüllung der Flächen vernachlässigt ist, also bei den 
Quarzen vom Taunus, von Schemnitz, bei den Amethysten; nicht aber bei 
den Bergkrystallen vom Gotthardt. 

Ich bin nicht im Stande genaueres über den Fundort der Quarze von 
Poonah anzugeben, möchte aber andere Forscher auf dieselben aufmerk- 
sam machen. Dr. FRIEDRICH SCHARFF. 


Würzburg, den 24. November 1873. 


Aus ihrem organischen Zusammenhange herausgerissene und als Frag- 
mente versteinert auftretende Thier- und Pflanzentheile bereiten gelegent- 
lich der paläontologischen Deutung so grosse Schwierigkeit, dass es von 
besonderer Wichtigkeit erscheint, in der Einleitung zu paläontologischen 
Vorlesungen auf die Möglichkeit einer Täuschung hinzuweisen, welche sich 
an solches fragmentares Vorkommen anknüpfen kann. Hat doch die zu 


schnelle Namensverleihung an Organismen-Fragmente nicht zum kleinsten 
Jahrbuch 1873. 60 


946 


Theile die Überfülle der paläontoloeischen Nomenclatur hervorgerufen, 
welche durch die nothwendige Fortführung der Synonyme so schleppend 
wird. 

Verschiedene Blattformen von einem und demselben Individuum, wie 
sie in Stengel- und Wurzelblättern beispielsweise der Ranunculaceen vor- 
liegen, sind deshalb jedenfalls schätzbares Demonstrationsmaterial für pro- 
pädeutische Vorlesungen über Paläontologie. 

Um den gleichen Zweck durch Hinweis auf Zähne zu erreichen, 
welche, von ihrem mütterlichen Kiefer getrennt, vereinzelt im Gesteine 
eingeschlossen vorkommen, dürfte sich kaum ein besseres Beispiel finden, 
als die Bezahnung der Cestracion-Arten. Neben einander besitzen 
dieselben Acrodus-ähnliche, Doratodus-artige und Psammodus-entsprechende 
Zähne, und es steht der allgemeinen Verwendung dieses Beispiels zu Lehr- 
zwecken nur die Seltenheit der Cestracion-Arten entgegen. 

So glaubte ich dem einen oder andern Lehrer der Paläontologie einen 
Gefallen Zu erweisen, wenn ich den im Besitze des Herrn Professor Sanp- 
BERGER befindlichen Kiefer eines Cestracion Qvoyı durch Herrn F. ALsErT 
photographisch in natürlicher Grösse abbilden liess *, zu welchem Zwecke 
Herr Professor F. SANDBERGER mir das Object gütigst überlassen hat. 

Dr. F. Nies. 


B. Mittheilungen an Professor H. B. GEINITZ. 


Freiberg, den 18. November 1873. 


In Folge eingezogener Erkundigung bin ich nun in der Lage, Ihnen 
den Fundort der neu aufgefundenen Pseudomorphosen von Wismuth- 
spath nach Scheelspath angeben zu können. Der Wismuthspath 
stammt von einer der Minen, die sich in der Nähe der Stadt Guanajuato 
— im Innern Mexico’s gelegen — befinden. 

In Betreff der tafelartigen Krystalle bin ich noch unsicher geworden, 
ob dieselben nicht dem Wulfenit angehörten; für letztere Annahme spricht 
das Auftreten prismatischer Flächen, sowie der Umstand, dass die Basis 
nicht so drusig, wie bei Scheelit, ausgebildet ist. Indessen sind — wie ich 
schon bemerkte — diese tafelartigen Pseudokrystalle nicht deutlich genug, 
um die Frage mit Sicherheit beantworten zu können. Bei Ankunft neuen 
Materials können möglicherweise bessere Krystalle gefunden werden. 

Von dreizehn Nummern Kupfer- und Kalkuranite verschiedener Fund- 
orte, welche ich auf Wunsch des Herrn Geh. Commerzienr. Dr. FERBER 
auf ihren Phosphorsäure- beziehentlich Arsensäuregehalt untersuchte, er- 
gaben sich zwei der Kupferuranite als Arseniate, also der neuen Species 
Zeunerit angehörig. 


* Würzburg. A. Stuser’s Buchhandlung. Preis 2 Mark. 


947 


Herr FERBER gibt von diesen Vorkommnissen folgende Charakteristik: 

1) Zeunerit von Huel Gorland in Cornwall. Grasgrün, mit licht- 
srün geränderter Basis, Combination P.oP.Px, kleine Individuen, die 
sich zu grösseren, von gleicher Form, aufbauen. Auf einem rauchgrauen, 
zerfressenen Quarz sitzend, begleitet von Kupferglanz und Kupferschwärze. 

2) Zeunerit von Zinnwald in Sachsen. Lebhaft grasgrün, dünne 
und gekrümmte Tafeln oP.P.ooP, zu stauden- und rosenähnlichen Ag- 
gregationen vereinigt, eine 5 mm. dicke Vegetation auf dem Fragment 
eines gebräunten, grossen Quarzkrystalls bildend. 

Der Agricolit ist identisch mit Wernxer’s „Arsenik-Wismuth.“ 
Von diesem WErner’schen Arsenwismuth gibt unser unvergesslicher BREIT- 
HAupr eine vortreffliche Charakteristik m T. L. Hasse’s Schrift: „Denk- 
schrift zur Erinnerung an WERNER.“ BREITHAUPT selbst schien diese seine 
Beschreibung ganz vergessen zu haben, denn als ich unlängst vor seinem 
Tode ihm die Eigenschaften des Agricolits schilderte, war ihm das alles 
völlig neu, Durch Zufall fand ich jetzt diese Brerruaupr’sche „Erläute- 
rung ‘des Arsenik-Wismuths“ auf und übergebe dieselbe hiermit wörtlich 
der Öffentlichkeit wieder, da sie nun, nur mit einigen Zusätzen, auf den 
Agricolit übertragen werden kann. 

Die Erläuterung, Seite 113 in genannter Schrift, lautet wie folgt: 

„Durch den Arsenik-Wismuth ist dem Wismuth-Geschlecht eine inter- 
essante neue Gattung zugewachsen, welche noch gar nicht bekannt ist, 
aber auch eine mineralogische Seltenheit zu sein scheint. Sie ist durch 
folgende Kennzeichen charakterisirt: Von Farbe dunkelhaarbraun, von Ge- 
stalt eingesprengt und in kleinen aufgewachsenen Kugeln und Halbkugeln. 
Äusserlich matt und zum Theil mit einem weisslichen Überzug ; inwendig 
wenig glänzend bis stark schimmernd, von einer Art des Fettglanzes. Der 
Bruch ist undeutlich faserig, büschel- und sternförmig auseinanderlaufend, 
verläuft sich aber auch in’s dichte unebene; er dürfte in splittrige und 
keilförmige Bruchstücke springen; zeigt deutliche Anlage zu sehr dünn- 
und concentrisch krummschaligen abgesonderten Stücken, überhaupt zur 
Glaskopfstructur, ist weich, etwas spröde, wahrscheinlich leicht zerspring- 
bar, und schwer. Der Arsenik-Wismuth hat im Äusseren wohl eine ziem- 
liche Verwandtschaft mit der faserigen braunen Blende (Schalenblende) 
ist jedoch noch immer sehr wesentlich davon durch Farbe, Weiche etc. 
verschieden. Die schönsten Abänderungen sind, mit Quarz und Hornstein 
brechend, von Neuglück zu Schneeberg, andere von Anam HrsrEr eben- 
daselbst.“ Selbst die chemischen Eigenschaften des Minerals werden an- 
gegeben, aus denen schon hervorgeht, dass das Mineral — das „wie ge- 
röstet“ erscheint — kein Arsen enthält. „Vor dem Löthrohr zerspringe 
es heftig, schmelze zu einem Glase, gebe wenig Wismuth und brause hef- 
tig mit Borax.“ Der Schneeberger Bergmeister Bryrr hatte diese Ver- 
suche angestellt. 

Hierzu hätte ich noch zu erwähnen, beziehentlich zu wiederholen, dass 
nicht Schneeberger, sondern Johanngeorgenstädter Agricolit zu meinen 


Untersuchungen diente, dass dieser nicht braun, sondern farblos ist und 
60 * 


948 


der Glanz dieser farblosen Varietät sich mehr dem Demantglanz, als dem 
Fettglanz nähert. Im Übrigen hat die Brertuavpr’sche Charakteristik auch 
für den Johanngeorgenstädter Agricolit ihre Richtigkeit. Härte, spec. Ge- 
wicht und Spaltungsverhältnisse konnte ich gleichwie BrErrHAUPT nicht mit 
Sicherheit ermitteln, die Härte dürfte von der des Eulytin wenig abwei- 
chen. Vom Schneeberger Agricolit hatte ich nelkenbraune Farbe ange- 
geben, BrErrHaupr gibt dunkelhaarbraune Farbe an. 

Wenn wir nun mit dem Werner’schen Arsenwismuth in das Reine 
gekommen wären, so gibt es immer noch ein anderes Pfoblematicum, näm- 
lich das Tuomson’sche Arsenwismuth. Von diesem Mineral habe ich 
in dem „Lexicon für Sachsen“ Erwähnung gethan. Hoffen wir, dass gleich 
dem seltenen Roselith — welcher jetzt in recht hübschen Exemplaren 
zu Schneeberg gefunden wurde — auch Agricolit, sowie die problemati- 
schen sächsischen Mineralien Arsenwismuth, Arsenmangan und Arsenuran, 
wieder vorkommen mögen, damit sich die Kenntniss unserer vaterländi- 
schen Vorkommnisse erweitere, Avscust FRENZEL. 


Neue Literatur, 


Die Redaktoren melden den Empfang an sie eingesendeter Schriften durch ein deren Titel 
beigesetztes *. 


A. Bücher. 
1871. 


* W. H. Baııy: Figures of Charakteristic British Fossils. P. III. Pl. 21 
bis 30. London. 8°. 

* E. T. Cox: Second Record of the Geological Survey of Indiana. India- 
nopolis. 8°. 303 p. 2 Maps. 


1872. 


Third and fourth Annual Reports of the Geol. Surv. of Indiana. In- 
dianopolis. 8° 488 p. with Maps. * 
* A. v. Franzzıus: die dritte Allgemeine Versammlung der deutschen Ge- 
sellschaft für Anthropologie, Ethnologie und Urgeschichte in Stuttgart 
am 8. bis 11. Aug. 1872. Braunschweig. 4°. 678. 
*A. G. Namsorst: om arktiska väzxttemningar i Skanes sötvattens-bildnin- 
gar. (Öfv. af K. Vet. Ak. Förh. No. 2.) 


1873. 


* Die Ausstellungs-Objecte der kön. ungar. geologischen Anstalt auf der 
Wiener Weltausstellung 1873. Pesth. gr. 8°. 8. 31. 

* Jon. BoEck#: die geologischen Verhältnisse des südlichen Theiles des 
Bakony. I. Theil (Mittheilungen aus dem Jahrbuche der kön. ungari- 
schen geologischen Anstalt. II. Bd. 2. Lief.). Pesth. gr. 8°. 8.1. 

*E. D. Core: Fourth Notice of Extinet Vertebrata from the Bridger and 
the Green River Tertiaries. (Palaeontological Bulletin, No. 17.) 

*H. v. Decnen: Bericht über die General-Versammlung der Deutschen 
geologischen Gesellschaft .am 13., 14. und 15. Sept. 1873 zu Wies- 
baden. Dresden. 4°. S. 11. 

* Or. FEISTMANTEL: über die Verbreitung und geologische Stellung der ver- 
kieselten Araucariten-Stämme in Böhmen. (Sitzb. der k. b. Ges. der 
Wiss. in Prag, 20. Juni 1873.) 


950 


* A. v. Franszıus: Correspondenz-Blatt der deutschen Ges. f. Anthropo- 
logie ete. No. 1—8. Braunschweig. 4°. 64 8. 

*F, A. Gentu: Oorundum, its alterations and associated minerals. (Con- 
tributions from the Laboratory of the university of Pennsylvania. 
Neo. 1.), Philadelphia.. 8%. Po. 46. 

* M. v. Hantgen und S. E. v. Manarasz: Katalog der auf der Wiener 
Weltausstellung im Jahre 1873 ausgestellten Nummuliten. Pesth. 
£r. 80. .8. 14. 

* Kırı Hormann: Beiträge zur Kenntniss des Haupt-Dolomits und der 
älteren Tertiär-Gebilde des Ofen-Kovacsier Gebirges. Mit VI Taf. (Mit- 
theilungen d. k. ungar. geologischen Anstalt. II. Bd. 3. Hft.) Pesth. 
gr. 8°. S. 181—205. 

* Jaarboek van het Mijnwezen in Nederlandsch Oost-Indie. Tweede Jaar- 
gang. Eerste dee. Amsterdam. 4. Pg. 243. 

* Die Kollektiv-Ausstellung ungarischer Kohlen auf der Wiener Weltaus- 
stellung. Pesth. gr. 8°. S. 32. 

* A. v. Lasavıx: die Eruptivgesteine des Vicentinischen. (Abdr. a. d. Zeit- 
schr. d. Deutschen geolog. Gesellsch.) 8. 55. 

* W. G. Mixter u. E. S. Dana: Specifische Wärme des Zirkoniums, Sili- 
ciums und Bors. (Ann. d. Chem. u. Pharm. Bd. 169.) 

*H. Mönu: der Scheidsberg bei Remagen am Rhein. Beitrag zur vulka- 
nischen Entstehung basaltischer Gesteine und Fixirung unserer jetzi- 
sen Kenntnisse über die Zusammensetzung der Basalte. Mit I Taf. 
(Sep.-Abdr. a. d. XIII. Berichte des Offenbacher Vereins für Natur- 
kunde. S. 26.) 

* ALFRED NATHORST: Om den arktiska vegetationens utbredning öfver Eu- 
ropa norr om Alperna under istiden. Öfversigt af Kongl. Vetens- 
kaps-Ak. Förhandl. N. 6. Stockholm.) 

* Fr. Nies: die angebliche Anhydrit-Gruppe im Kohlenkeuper Lothringens. 
Mit I Tf. (Sep.-Abdr. a. d. Verh. d. Würzburger phys.-med. Gesellsch. 
N... Ba). 21. 

Fr. Prarr: Allgemeine Geologie als exacte Wissenschaft. 
Mit einem Anhang geologischer Versuche. Mit 60 Fig. in Holzschnitt. 
Leipzig. 8°. 8. 318. 

* FErD. v. RıcHtuoren: the Distribution of Coal in China. From the No- 
vember number of „Ocean Highways.“ 

* F. SANDBERGER: die krystallinischen Gesteine Nassau’s. — Die Steinhei- 
mer Planorbiden. (Naturf. Vers. zu Wiesbaden d. 19. u. 20. Sept. 1873.) 

*K. W. M. Wieser: die Insel Kephalonia und die Meermühlen von Ar- 
gostoli. Versuch einer Lösung dieses geophysikalischen Räthsels. Wis- 
senschaftl. Abhandl. zum Osterprogramm des Akadem. u. Real-Gym- 
nasiums. Mit 1 Karte, 3 Skizzen u. 5 Holzschn. Hamburg. 4°. S. 160. 

* F.J. Wıık: Jakttagelser under en geologisk resa i Tyrolen och Schweiz. 
(Acta Soc. Se. Fenmicae. T. X.) Helsingfors. 4%. p. 327, 358. 


951 


B. Zeitschriften. 


1) Verhandlungenderk.k.geologischen Reichsanstalt. Wien. 
8°. [Jb. 1873, 864.] 
1873, No. 13. (Bericht vom 30. Septb.) S. 231—246. 
Eingesendete Mittheilungen. 
R. FeistmAnter: Ankerit als Gangausfüllung in silurischen Thonschiefern 


Böhmens: 231-235. 
Reiseberichte. 


E. v. Mossısovics: das Gebirge südlich bei Lienz (Tyrol): 235—237. 

Paur: Bericht über die geologische Aufnahme des Wassergebietes des Suc- 
zawathales in der Bukowina: 237—240. 

O. Lenz: Reiseberichte aus dem Bregenzer Wald: 240-241. 

Einsendungen u. s. w.: 241—246. 


2) J. C. Possenvorrr: Annalen der Physik und Chemie. Leipzig 
80. [Jb. 1873, 749.] 
1873, CXLIX, No. 7, 8. 273-432. 
(Nichts Einschlagendes.) 


3) Verhandlungen des naturforschenden Vereines in Brünn. 
X Band, 1872. „Brünn, 1873. 8°. 212 8 2 Taf. _[Jb. 1875, 309,] 

A. Maxowskv: über die Vegetations-Verhältnisse Norwegens: 11. — Ent- 
deckung dyadischer Fossilien bei Klein-Lhotta nächst Czernahora in 
Mähren (Neuropteris conferta, Walchia pinnata, Acanthodes ‚gracilis 
und Archegosaurus sp.): 33. 

J. G. Scuorn: Mittheilungen in topographisch-geologischer Beziehung über 
eine Reise längs den Küsten Griechenlands und der Türkei: 69. 

A. Maxowskv: Reiseskizze aus Norwegen: 87. 

— — Der petrefäctenführende Schieferthon von Petrowitz in Mähren: 107. 


4) Leopoldina. Amtliches Organ der Kais. Leopoldino-Ca- 
rolinischen deutschen Akademie der Naturforscher. 
[Jb. 1873, 634.] 
Heft VIH. No. 13—15. 
Die Weltausstellung zu Wien im Jahre 13873 in naturwissenschaftlicher 
Beziehung: 98-112. i 
Die Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens: 118. 
Heft IX. No. 1—4. 
Protokoll der Conferenz des Adjunkten-Collegiums zu Wiesbaden den 25. 
u. 26. Sept. 1873: 1. 
Versammlung der astronomischen Gesellschaft am 20.—22. BR. 1873 zu 
Hamburg: 12. 


952 


H. v. Decsen: Bericht über die General-Versammlung der Deutschen geo- 
logischen Gesellschaft am 13.—15. Sept. 1873 zu Wiesbaden: 15, 24. 
Nekrolog von JoHann Jacos Kavp: 18. 


—m 


5) Report ofihe 42. Meeting of the British Association for 
the Advancement of Science, held at Brighton in August 1872. 
London, 1873. 8°, 

Rede des Präsidenten W. B. CArPENTER: p. LXIX. 

Berichte über den Stand der Wissenschaft: p. 1—412. 

Aurr. Newron: Zweiter ergänzender Bericht über die ausgestorbenen Vö- 
gel der Mascarenen-Inseln: 23. 

Achter Bericht des Commite’s zur Erforschung der Kent’s Höhle: 28. 

Everertt: Fünfter Bericht des Commite’s zur Untersuchung der Wärme- 
zunahme nach der Tiefe: 128. 

Bericht über die Regenmenge auf den britischen Inseln: 176. 

W. Jouıy: über die Entdeckung von Fossilien in einigen entfernten Thei- 
len der nordwestlichen Hochländer: 238. 

Bericht des Commite’s über Erdbeben in Schottland: 240. 

Vierter Bericht über die Structur der Korallen des Kohlenkalkes: 
241. 

J. Gwyn JeErFFREys: Bericht über die Mollusken Europa’s, verglichen 
mit jenen des östlichen Nordamerika’s: 302. 

H. Woopwarnp: Sechster Bericht über die fossilen Crustaceen: 321. 


Notizen und Auszüge über die Verhandlungen in den Sec- 
tionen: p. 1—289. 

W. B. CArPpenter: über die allgemeine oceanische Circulation der Wärme: 
48. 

J. Dewar: neue Schätzungen der Temperatur der Sonne: 50. 

G. GLapstone: über die vulkanische Asche des letzten Vesuv-Ausbruches: 
74; über gediegenes fadenförmiges Silber: 75. 

G. vom Raru: das Krystallsystem des Leucit ist nicht regulär, sondern 
quadratisch: 79. 

Rede des Präsidenten der Section für Geologie, Ros. A. C. Gopwin- 
Avsten: 90. 

W. C. Carpenter: über die Temperatur und andere Verhältnisse der Bin- 
nenseen: 96. 

W. CArruraers: über Baumfarne der Steinkohlenformation und ihre Ver- 
wandtschaft mit lebenden Formen: 98. 

Tr. Davınson: über den gegenwärtigen Stand unserer Kenntniss der Bra- 
chiopoden: 99; Bemerkungen über die Gattungen Trimerella, Dino- 
bolus und Monomerella: 100. 

W. B. Daweıns: über die physikalische Geographie des Mittelmeeres in 
der Pleistocänzeit: 100. 

A. Gaupry: über die fossilen Thiere des Mt. Leberon (Vaucluse): 102. 


953 


Rev. J. Gunn: über die Aussicht zur Entdeckung von Steinkohlenlagern 
in Norfolk und Suffolk : 102. 

Jam. Harn: über das Vorkommen aufrecht stehender Stämme von Psaro- 
nvus in devonischen Gesteinen des Staates New-York: 103; Beziehun- 
gen zwischen mittel- und obersilurischen Gesteinen der Vereinigten 
Staaten: 103. 

HEsert: über die Kreide des Pariser Beckens: 104. 

H. Hicks: über die cambrischen und silurischen ul der Ramsey-In- 
sel, St. Davıp’s: 107. 

J. Ein oe über die Graptolithen der Arenig-Gesteine von St. David’s: 
107. 

J. Howeıı: über obercretacische Formationen in der Nähe von Brighton: 
109. 

Eow. Hrır: über die Trachyt-Porphyre von Antrim und Down im nörd- 
lichen Irland: 111; über Strandhebungen im nordöstlichen Irland: 113. 

J. Gwrn JEFFREYS: einige Bemerkungen über submarine Untersuchungen, 
mit Rücksicht auf die „Lithologie du fond des Mers von DELESsE“: 
115. 

J. E. Lee: die Ausfüllung von Spalten oder Klüften im Keuper durch rhä- 
tisches bone-bed bei Goldcliffe in Monmouthshire: 116. 

W. Morvnevux: über Kupfer- und Bleierze in den Conglomeraten des bun- 
ten Sandsteines von Cannock Chase: 116. 

C. Moore: über nackte Echinodermen (Holothurien) im Unter-Oolith 
und Lias: 117. 

H. Aır. Nicsorson: zur Geologie des Lake Superior: 118; über Ortonia, 
eine neue Gattung fossiler Annulaten, mit Bemerkungen über Tenta- 


eulites: 118. ‘ 
W. Penserzy: über Machairodus latidens aus der Kent’s Höhle, Torquay: 
119. 


G. vom Rarn: über einen merkwürdigen Lavablock von dem grossen Vesuv- 
Ausbruche im April 1872: 120, 

T. A. Reapwyn: über Kohlen- und Eisenstein-Gruben des Arigna-Distrietes 
in Irland: 122. 

H. G. SerLey: über das Vorkommen von Zeuglodon bei Barton, Hants: 
122. 

W. Torrer: über Untersuchungen im Gebiete der Wealden: 122. 

Rev. C. Trıstam: über die Geologie von Moab: 123. 

A. Lane Fox: Rückblick auf anthropologische Forschungen: 157. 

W. B. Daweıns: Bericht über die Victoria-Höhle: 178. 

T. R. Jones: über Knochen- und andere Geräthe aus den Höhlen von Pe- 
rigord: 189. 

H. Auı. NıcnoLson: über einen versteinerten Wald in den Rocky Moun- 
tains: 192, etc. 

Rückblick auf neuere geographische Forschungen von dem Präsidenten der 
Section Francıs GALrton: 198. 

J. Bar: über die Orographie der Kette des grossen Atlas: 203. 


954 


E. Burrox: Forschungen in der Gold-Region von Limpopo: 208. 
Capt. SHERARD OsBorn: über Polar-Expeditionen: 211, ete. 


6) B. Sıruıman a.'J. D. Dana: the American Journal of science 
and arts. 8° [Jb. 1873, 630.] 


1873, October, Vol. VI, No. 34, p. 241—320. 


J. D. Dana: über den Quarzit, Kalkstein und damit zusammenvorkom- 
mende Gesteine in der Nähe von Great Barrington, Berkshire Co., 
Mass. III: 257. 

DE VERNEU’s Nekrolog von M. Daupree: 279. 

Eve. W. Hırsarnd: über Bodenanalysen: 288. 

Über Haypex’s und GArDNERr’s Untersuchung der Territorien unter Direc- 
tion des Departement des Innern: 297, 313. 

O0. C. Marsa: Neue Beobachtungen über die Dinoceraten: 300. 

Versammlung der American Association for the Advancement of 
Science, at Portland, Maine, d. 20. Aug. 1873: 317. 


7) Proceedings ofthe Academy of Natural Sciences of Phi- 
ladelphia. 8°. 
Part. I—IlI. 1872. (Philadelphia, 1872.) 8°. — [Jb. 1873, 636.] 


I. Core: über Holops pneumaticus n. sp. aus dem Grünsand von New- 
Jersey: 11. 

Epw. D. Core: Verzeichniss der Reptilien aus der Eocänformation von 

 New-Jersey: 14. 

Leipy: über Korund von Franklin, Macon Co., N.C.; über Fossilien von 
Wyoming: 19, 37, 38. 

E. D. Core: über einen ausgestorbenen Wal von Californien: 29. 

E. L. BErTHoLD: über vorhistorische menschliche Kunst in Wyoming und 
Colorado: 46. 

T. A. Con&kap: Beschreibungen und Abbildungen von Muschelgattungen: 
50. S»PL'1; 2: 

II. Core: über Wirbel eines Plesiosaurus-artigen Reptils und einem gros- 
sen Cheloniiden: 127; über Pythonomorpha: 140. 

Leipdy: Bemerkungen über Mastodon aus Mexico: 142; über eine neue 
Gattung ausgestorbener Schildkröten: 162; über einige Reste cretaci- 
scher Fische: 162; über fossile Haifischzähne: 166; über einige neue 
Arten fossiler Säugethiere von Wyoming: 167. 

T. A. Coxkap: Beschreibung einer neuen lebenden Art von Glyeimeris und 
miocäner Muscheln aus Nord-Carolina: 216. Pl. 7. 

Ley: über Mineralquellen von Wyoming und Utah: 218. 

III. Leipy: über eine Korund-Grube in der Nähe von Unionville, Chester 
Co., Pa.: 238; über fossile Säugethiere von Wyoming: 240; über be- 


955 


© 


hauene Steine von Wyoming: 242; Bemerkungen über die Wirkung 
von Wind und Sand auf Gesteine: 243. 

W. M. Gass: Bemerkungen über die Gattung Polorthus Gags: 259. Pl. 8; 
über eine Sammlung von Kreidefossilien aus Chihuahua in Mexico: 
263. Pl. 9—11. 

J. Wırrcox: über Korund-Vorkommen in Pennsylvania: 266. 

Leipy: über fossile Schildkrötenreste aus Wyoming: 267; über fossile Säu- 
gethiere von Wyoming: 277. 

G. A. Könıs: Bemerkungen über Silbererz aus Colorado: 278. 

Copz: Bemerkungen über die Geologie von Wyoming: 279; über eine Gat- 
tung fossiler Saurodonten-Fische aus der Kreideformation von Kansas, 
Erisichthe nitida : 280. 


Auszüge. 


A. Mineralogie, Krystallographie, Mineralchemie. 


F. A. Gentu: Korund, dessen Umwandelungen und ver- 
gesellschaftete Mineralien. (Contributions from the Laboratory of 
the University of Pennsylvania. No. 1.) Philadelphia. 8°. Pg. 46. — Genrtu 
hat seit einigen Jahren sich mit der chemischen Untersuchung von einer 
Anzahl Korund-Krystallen beschäftigt, welche auf den verschiedensten 
Stufen der Umwandelung in andere Species stehen. Die Resultate zu wel- 
chen Gentu gelangte und seine vergleichenden Bemerkungen über die 
paragenetischen Verhältnisse des Korund sind von hohem, chemischem, 
mineralogischem wie geologischem Interesse. Indem wir vorerst nur den 
allgemeinen Inhalt der eine Fülle schöner und vieler neuer Beob- 
achtungen enthaltenden Abhandlung* andeuten, behalten wir uns vor, auf 
Einzelnheiten später einzugehen. — Gent# schickt über das Vorkommen 
des Korund in Nordamerika einige Mittheilungen voraus, welche die grosse 
Verbreitung dieses Minerals beweisen und seine häufige Vergesellschaf- 
tung mit Chrysolith, Serpentin, Chromit, Magneteisen u. a. Mineralien. Er 
bespricht sodann die Mineralien, welche aus der Umwandelung des Korund 
hervorgegangen sind und deren Zahl sich auf etliche 30 belauft. Von 
nicht wenigen wurden Analysen ausgeführt, unter denen einige auch neue 
Mineral-Species erkennen liessen. — Die Hauptresultate, zu welchen GENTH 
gelangte, sind: während einer langen Periode, in welcher Lager Chrom- 
haltiger Chrysolithe gebildet, die später theilweise in Serpentin umgewan- 
delt, wurde eine reichliche Menge vou Thonerde abgeschieden, aus wel- 
cher die Korund-Lagerstätten hervorgingen. Das Korund fiel später einer 
Umwandelung in verschiedene Mineralien anheim, wie: Spinell, Fibrolith, 
Cyanit, in Feldspath, Turmalin, Damourit, Chlorit und Margarit. Ein Theil 
dieser Umwandelungs-Producte ist noch vorhanden als Glimmergesteine 
(Damourit) und chloritische Schiefer, während noch andere einer weiteren 
Umwandelung unterlagen, zu Pyrophyllit, Paragonit, Beauxit, Lazulith etc. 
wurden. N 


* Dieselbe kommt uns eben, beim Abschluss des 9. Heftes durch die 
Güte des Verfassers zu. G. L. 


957 


R. v. DrascHne: über eine pseudomorpheBildung nach Feld- 
spath. (G. Tscuermak, Mineral. Mittheil. 1873, 2. S. 125—128.) — Das 
Wiener mineralogische Museum erhielt von C. EssErru in Wien eine An- 
zahl interessanter Mineralvorkommnisse aus dem südlichen Böhmen nächst 
Plaben bei Budweis. Dieselben erwiesen sich als eigenthümliche Umwand- 
lungsproducte von bisher nicht bekannter Beschaffenheit. Um das Vor- 
kommen dieser Minerale zu studiren, unternahm v. DrAscHE einen Aus- 
flug in jene Gegend. Der Fundort ist ein Steinbruch, eine Stunde südlich 
von Budweis beim Orte Plaben. Der Steinbruch wird in ziemlich gross- 
artigem Massstabe in einem Lager von halbkrystallinischem Kalk, welcher 
dem dort anstehenden Gneisse eingelagert ist, betrieben. Das Kalklager 
ist von bedeutender Mächtigkeit, wohl bis 10 Klafter, grob geschichtet, 
halbkrystallinisch und concordant einem an Ort und Stelle sehr verwitter- 
ten Gneisse eingelagert. Unreiner Graphit zieht in 1—2 Fuss mächtigen 
Adern und Putzen durch die Kalkmasse. Auch wechselt er oft in dünnen 
Schichten und Blättchen mit Kalk ab. Ferner sind noch in diesem Kalk- 
steinlager dunkelschmutziggrüne, stark bröcklige Massen zu beobachten, 
welche ähnlich wie der Graphit, doch in weit grösserer Mächtigkeit auf- 
treten. Der Kalk selbst enthält viel Feldspathmasse in sich eingeschlos- 
sen und in ihm kommen auch jene merkwürdigen Umwandlungsproducte 
vor; dieselben bilden bis 4 Kubikfuss grosse, glatte rundliche Massen eines 
grünen Minerales, welche an der Oberfläche meist striemig und mit Phlo- 
gopit-Blättchen bedeckt sind. In den meisten Fällen findet man nun beim 
Zerschlagen der rundlichen Massen einen weissen oder graulichen Kern 
von meist ellipsoidischer Gestalt, oft auch mehrere solche Kerne, durch 
die grüne Masse von einander getrennt. Schleift man die Stücke an, so 
tritt die Grenze zwischen dem grünen und weissen Mineral meist in ziem- 
lich scharfen Linien hervor. Das grüne Mineral dringt oft in Adern in 
das weisse ein. Das Mineral, welches den weissen Kern bildet, hat die 
Härte 6 und besitzt ein feinkrystallinisches Gefüge. Es ist feinkörnig bis 
mittelkörnig. Im letzten Falle erkennt man eine vollkommene Spaltbar- 
keit nach zwei Richtungen, die beiläufig einen rechten Winkel einschlies- 
sen. Das sp. G. — 2,68. R. v. DrascHE unterwarf dieses Minerai im 
Laboratorium von E. Lupwıs einer quantitativen Analyse und erhielt fol- 
sende Resultate: 


Kieselsäure . .. ...... 60,49 
Aknonerde.... = ....... ©. 24.33 
Kalle... 22% 001,20000.2.07 
Macnesıa .. .. ..,. 22...000 1546 
Kal... 0 oa ADS 
Natron u... 00  DIOA 
Glühverlust . ... .’..... 169 

101,31. 


Die Zusammensetzung ist die eines Feldspathes, der sich im Allge- 
meinen der Formel des Andesins nähert, aber durch seinen hohen Kali- 
gehalt auszeichnet. Der hohe Wasser- und der Magnesia-Gehalt weisen 


958 


darauf hin, dass der Feldspath trotz seines frischen Aussehens bereits 
nicht mehr intact ist. Ein Dünnschliff dieses Feldspathes zeigt ein deut- 
liches Aggregat von Orthoklas und Plagioklaskrystallen, letztere an ihrer 
Zwillingsstreifung erkennbar. An der unvollkommenen Einwirkung des 
polarisirten Lichtes auf die Feldspathkrystalle erkennt man, dass sie schon 
zersetzt sind. Der äussere grüne Theil der pseudomorphen Massen ist 
ein licht olivengrünes bis gelblichgrünes, an den Kanten durchscheinendes, 
vollkommen homogenes Mineral von Härte 2—3, von specksteinartigem 
Ansehen, und flachmuscheligem mattem Bruch. Es geht die grüne Farbe 
durch Beimengung von etwas Graphit in das Schwarzgrüne über, sowie 
auch der Feldspath dadurch oft schwärzlich gefärbt erscheint. Das grüne 
Mineral ist oft von feinen Lagen und Schnürchen eines chrysotilartigen, 
weissen seidenglänzenden Minerals durchzogen. Eine äusserst feine Fäl- 
telung bewirkt zuweilen Sammtschimmer. Das sp. G. ist 2,831. Dem äus- 
seren Ansehen nach hat das Mineral am meisten Ähnlichkeit mit dem von 
Krnneorr beschriebenen Pseudophit vom Berge Zdjar in Mähren, welcher 
dort das Muttergestein des Enstatit ist. Die Analyse, welche von diesem 
Minerale ausgeführt wurde, gab folgendes Resultat: 


Kieselsäure".) '. 720m bs 
Thonerde:v #1: as, er is 
Eisenoxydul- 91% vu! 2832.8 2561 
Magnesia 2 9. 35 
Gkübverläst .. 11. 08.001413,)98 

100,68. 


Im Allgemeinen ist die chemische Zusammensetzung. des Minerales 
derjenigen der Pennine und des Pseudophits sehr ähnlich, doch zeichnet 
es sich durch seinen etwas höheren Kieselsäure- und Wassergehalt aus. 
Es scheint jedoch bei der schwankenden chemischen Zusammensetzung der 
chloritartigen Minerale nicht unumgänglich nothwendig, aus diesem Mi- 
nerale eine neue Species zu machen, und mag es so lange als nicht ander- 
weitige Untersuchungen seine Selbständigkeit erheischen, als penninartiges 
Mineral benannt werden. Betrachtet man einen Dünnschliff des pennin- 
artigen Minerales bei polarisirtem Licht, so erkennt man in der meist ganz 
structurlosen, oft auch verworren faserigen Masse oft noch deutlich die 
polyedrischen Umrisse der umgewandelten einzelnen Feldspathkrystalle, 
selbst Spuren von Zwillingsstreifung. In andern Dünnschliffen des Minerals 
sind die Spuren der Feldspathe ganz verschwunden und bietet so der 
Dünnschliff ein ähnliches mit Bändern durchzogenes Bild, wie manche Ser- 
pentine. Dass man in dem grünen Minerale noch die Formen der Feld- 
späthe, ja selbst noch Zwillingsstreifung sehen kann, muss der beste Be- 
weis sein, dass wir es hier nicht etwa mit einer einfachen Umhüllung des 
Feldspathgemenges durch das penninartige Mineral zu thun haben oder 
dass hier eine blosse Verwachsung vorliegt, sondern ‘dass das grüne Mi- 
neral das wirkliche Umwandlungsprodukt des Feldspathes ist, ja dass die 
einzelnen Feldspath-Individuen, die wir im Dünnschliff des grünen Minerals 


959 


beobachten konnten, wirkliche Pseudomorphosen seien. Wie der Process 
der Umwandlung vor sich ging, ist schwer zu sagen. Nimmt man an, 
dass der Thonerdegehalt des Feldspathes unverändert blieb, so mussten 
über 11°/, Kieselsäure und alle Alkalien weggeführt werden und dafür 
eine Aufnahme von Magnesia und Wasser stattfinden. 


5 


©. W. C. Fuons: Guide pratique pour la determination des 
mineraux, traduit de Vallemand Avc. Gurkovr. Paris, 1873. 8°. 
Pg. 147. — Die 1868 erschienene Anleitung zum Bestimmen der Mineralien 
zerfällt, wie wir seiner Zeit berichteten *, in zwei Abtheilungen. Die eine 
®netrifft die Bestimmung der Mineralien vermittelst des Löthrohrs, die an- 
dere die Bestimmung krystallisirter Mineralien durch physikalische Kenn- 
zeichen, letztere in tabellarischer Form, wobei Fuchs zur Angabe der 
Krystall-Formen sich der Naumann’schen Symbole bediente, die auf vielen 
deutschen Hochschulen gebräuchlich, zumal in Heidelberg. In der vor- 
liegenden Übersetzung hat Aus. Gurrour statt der von Fuchs gebrauchten 
(deutschen) Namen der Mineralspecies jene von DrLArFossE (traite de mt- 
neralogie) gewählt und anstatt der Naumann’schen Symbole für die Be- 
zeichnung der Krystall-Formen die in Frankreich üblichen von BRooKE 
und Levy. — Der Übersetzer hat die seit dem Erscheinen des Fucns’schen 
Werkes bekannt gewordenen Species berücksichtigt. 


ALBR. SCHRAUF: Mineralogische Beobachtungen: V. Mit 2 
Taf. und 2 Holzschn. (A. d. LXVU. Bde. d. Sitzb. d. k. Akad. d. Wis- 
sensch.) Das vorliegende Heft enthält in seiner grösseren Hälfte Beob- 
achtungen über Kupfererze. Es ist die Gruppe des Brochantits mit 
ihren Varietäten, welche Scnravr in einer gründlichen Monographie be- 
arbeitet hat. Die dahin gehörigen Mineralien sind meist weder krystallo- 
graphisch noch chemisch genügend bekannt. Durch das reichlich ihm vor- 
liegende Material aus den Wiener und Pesther Sammlungen wurde ScHRAUF 
in den Stand gesetzt: die allgemeinen morphologischen Eigenschaften, die 
allen isomorphen Verbindungen dieser Gruppe zukommen, hervorzuheben 
und die einzelnen Glieder der Brochantit-Familie nach ihrer Ausbildung 
und chemischen Zusammensetzung als einzelne Typen zu beschreiben. Die 
Haupt-Resultate sind folgende. Die Brochantit-Gruppe ist iso- 
morph dem Malachit. In Annäherung: monoklin. Axen-Verhältniss: 
a:b:c = 0,7797 :1:0,4833. 7 — 90032’. Es lassen sich die genaueren 
Messungen am Brochantit nicht auf das rhombische Parameter-System N. 
v. Kokscnarow’s beziehen, und es gaben sogar Messungen der Pyramiden 
am Brochantit von Rezbanya Werthe, die auf triklines Krystall-System 
hinweisen. Zwillings-Bildung ist vorwaltend und ähnlich den Plagioklasen. 
— ScHrAUF unterscheidet folgende Typen der Brochantit-Gruppe. 


* Jahrb. 1868, 609. 


960 i 


I. Typus. Brochantit von Rezbanya. Triklin. Parameter- 
System: a:b:c — 0,810344 :1:0,494643. Es gibt eine schwarzgrüne, 
nicht analysirte Varietäta, und eine lichtgrüne b, deren Zusammensetzung: 
65,59%/, CuO und 17,5%, SO,. Hierher gehören auch die Brochantite von: 
Redruth in Cornwall, sowie von Gumeschewsk und Nischne Tagilsk im 
Ural. Ferner undeutlich krystallisirte Varietäten verschiedener Fundorte 
(7CuO, 2SO,, 6H,0), nämlich: Bröchantit von Nassau, von Island (Krisu- 
vigit), von Chili, Atakama, von Mexico (Brongniartin), von Arizona, Neu- 
Südwales, von Cumberland; Neu-Moldova, Orawicza und Ruszkitza in 
Ungarn; von Szaska, Banat; Salzburg; von Zellerfeld im Harz; Illoba, 
Ungarn. 

H. Typus. Warringtonit von Cornwall (3CuH,O, + CuSO, + H,0).* 
Dritte Varietät von Rezbanya. — Monoklin ? 

III. Typus von Nischne Tagilsk. Nicht analysirt. Monoklin-triklin? 

IV. Typus. Königin von Russland. Vierte Varietät d von Rezba- 
nya 3CuH,0, + CuSO,. Monoklin oder rhombisch ? 


ALBR. ScHRAUF: Krystall-Formen des Binnit. (Atlas der Kry- 
stall-Formen des Mineralreiches. IV. Lief.) Der Verfasser beschreibt und 
bildet ab folgende Combinationen des Binnit, sämmtlich vom’ Binnenthal: 
1) ©0x0.0.000. 2) 000.00, von dem eigenthümlichen Zinnerz- 
artigen Habitus. 3) o0000 . 00 .. 0.202.30%/,. 4) o&00oo .o00 .202 
. 3/;0%/, und 5) 00000 .000.0.202. 606. 


ALBR. SCHRAUF: Krystall-Formen des Boracit. (A. a. O.) Unter 
den von Scuraur abgebildeten Combinationen des Boracit befinden sich 
mehrere complicirte und darunter zwei neue Formen. 1) 000 . 000% . 0, 
.202 von Lüneburg. 2) ©0x.000.0/,. —0J, . 202 .50°/,, von Lüne- 
burg. 3) O/, . 00000.000 . —0O/,, ebenfalls von Lüneburg, mit paralleler 
Repetition. 4) 00000 (sehr vorwaltend), O/,.c&0 .0003; lose Krystalle 
von Stassfurt. 5) oo000 (vorwaltend) 0% . —OJ, . 00 . ?),0. 6) ©0000 
. O/,, Zwilling; für den Penetrations-Zwilling ist eine Fläche des positiven 
Tetraeders die Zwillings-Fläche. 


Fr. Av. Quensteor: Grundriss der bestimmenden und rech- 
nenden Krystallographie nebst einer historischen Einlei- 
tung. Tübingen, 1873. Wenn man bedenkt, in wie viele selbstständige 
Wissenschaften sich heute das grosse Gebiet der Mineralogie gespalten 
hat, so muss man eine Arbeitskraft aufrichtig bewundern, die auf weit 
von einander getrennten Gebieten noch gleich Hervorragendes zu leisten 
im Stande ist. FR. Aus. QuENSTEDT ist einer der wenigen Mineralogen, 
die die Hauptentwickelung der Wissenschaft noch mit erlebt, die Fort- 


I61 


schritte stetig in sich aufgenommen und so sich die Herrschaft über alle 
Gebiete gleichmässig bewahrt haben. 

Das vorliegende Werk ergänzt und vervollständigt die früheren kry- 
stallographischen Arbeiten des Verfassers. Eine getreue Übersicht des 
Inhaltes zu geben würde zu weit führen, wir müssen uns daher nur auf 
eine Besprechung im Allgemeinen beschränken. 

In der geschichtlichen Einleitung finden wir das Hauptgewicht auf die 
älteren, die Wissenschaft der Krystallographie mehr begründenden Arbei- 
ten gelegt, während die neueren kürzer behandelt werden. Sind wir auch 
vollkommen einverstanden, dass es gerechtfertigt ist, Verdienste, wie sie 
z. B. Grassmann um die Wissenschaft hat, mehr zu würdigen, als dies 
vielfach heutzutage geschieht, so wäre es doch auch wünschenswerth ge- 
wesen, neuerer wichtiger Arbeiten eingehender und mehr gedacht zu sehen. 
Manche derselben finden wir nur dem Namen nach erwähnt, andere gar 
nieht. 

In der eigentlichen Krystallographie führt Verfasser neben seiner 
Linearmethode auch die Kugelprojection ein, erläutert beide und wägt ihre 
Vortheile gegen einander ab. Zum Zwecke der Rechnung werden in jedem 
Systeme verschiedene Methoden neben einander herlaufend gegeben, ihre 
gegenseitigen Beziehungen erörtert und ihre Anwendbarkeit besprochen. 
So wünschenswerth dies auch dem Geübten ist, für den das vorliegende 
Werk vorwiegend bestimmt zu sein scheint, so wenig entspricht es dem 
Bedürfniss des Anfängers, auf ein Mal mit so vielen Wegen zum Ziele 
betraut zu werden. Für Letzteren wäre auch ein Register, mindestens 
aber eine Inhaltsübersicht, der eigentlichen Behandlung des Stoffes voran- 
gestellt, am Platze gewesen; die kurzen Inhaltsangaben zu Anfang jeder 
Seite mögen eingehender sein, erreichen aber den Hauptzweck, die Über- 
sichtlichkeit, nicht. 

Der reiche Inhalt des speciellen Theils wird dem Kenner eine Fund- 
grube geistreicher und neuer Ideen sein; wir können, nach genommener 
Einsicht, dieser Arbeit nur alle Anerkennung zu Theil werden lassen. Das 
in dem Werke hervortretende Bestreben des Verfassers, der Entwickelung 
wie sie im Zonenverbande gegeben ist, die Hauptaufmerksamkeit zuzu- 
wenden, ist bereits schon aus allen seinen früheren Publicationen ersicht- 
lich. Gewiss wird es äusserst zweckmässig sein, den nothwendigen Zu- 
sammenhang, in dem alle Systeme sich einen, stets gebührend hervorzu- 
heben, nur sollte dies nicht auf Kosten der Resultate der Messungen und 
der daraus zu ziehenden Folgerungen geschehen. Die Natur bietet uns 
an den Krystallen die Winkel als einzige mit Sicherheit zu messende 
Grössen und als solche müssen wir ihnen gebührende Beachtung schenken. 
Die genaue Kenntniss der Winkel allein lässt uns die Symmetrie des Sy- 
stems erkennen, bestimmt in Fällen, in denen die Zonenbetrachtung un- 
zureichend ist, die Lage der Flächen und gibt schliesslich ein Bild der 
mehr oder minder vollkommenen Bildung der Krystalle. Wollen wir nicht 
in den alten Fehler verfallen, auf Grund einseitiger Betrachtungen Be- 

Jahrbuch 1873. 61 


562 


ziehungen nachzuspuren, die zwar geistreich sein mögen, denen aber alle 
und jede Beziehung auf die Wirklichkeit abgeht, so ist es ein erstes Er- 
forderniss des Krystallographen, neben dem Zonenverband auch den Win- 
keln der Krystalle gleichmässig Beachtung zu schenken. FAN 


B. Geologie. 


Pa. Prarz: Geologie des Rheinthals. (Sep.-Abdr. a. d. Ver- 
handl. des naturwissenschaftl. Vereins in Carlsruhe. S. 61.) Eine anspre- 
chende, auch dem Laien verständliche Schilderung. Der Verfasser, mit 
den geologischen Verhältnissen des badischen Landes wohl vertraut, führt 
uns in klarer, gedrängter Darstellung alle die Formationen vor, denen wir 
im schönen Rheinthal begegnen. Er versetzt uns in jene Zeit der Bunt- 
sandstein-Bildung zurück, als schon die Sandmassen ein gleichförmiges, 
wohl nicht viel über dem Meere gelegenes Niveau hergestellt, aus denen 
der nördliche Schwarzwald und die Vogesen als flache Berginseln hervor- 
ragten und als das bedeutendste geologische Ereigniss eintrat, das dem 
Lande sein bis heute bewahrtes Relief verlieh: die Entstehung des Rhein- 
thales und zweier paralleler Gebirge, Schwarzwald und Vogesen, mit stei- 
lem Abfall nach Innen, sanfter Neigung nach Aussen. Der übrige Theil 
des Landes wurde vom Meere überschwemmt. In der Muschelkalk-Zeit 
dauerte die Hebung noch fort, worauf in der Keuper-Periode wiederholte 
kleinere Oscillationen das Niveau nicht wesentlich veränderten. Beim Be- 
ginn der Jurazeit war ein Theil des Landes wieder gesunken, worauf eine 
allgemeine, von Nord nach Süd fortschreitende Hebung das ganze Gebiet 
trocken legte. Während der Tertiär-Periode näherten sich physikalische 
Verhältnisse wie Flora und Fauna allmählich den Zuständen der Gegen- 
wart, und am Schlusse jener Zeit waren die Niveau-Verhältnisse der Rhein- 
thal-Ebene den jetzigen im Ganzen analog. -- Eingehend behandelt Pa. 
Prarz noch die diluviale Geschichte des Rheinthales, und hebt besonders 
folgende Momente hervor: Bildung des oberen Rheinthals durch Erosion; 
Ausfüllung desselben bis auf 540 M. Höhe mit Kies; Erosion des ober- 
rheinischen Tertiär-Gebietes und Austiefung des jetzigen Thalbodens, Ver- 
-breitung des Kieses in’s untere Rheinthal, Erosion der Schwarzwald- und 
Vogesen-Thäler. Hierauf Trockenlegung, Lehm- und Sand-Bildungen mit 
Organismen des gemässigten Klima’s. Zeit des Elephas antiquus. An- 
schwemmung des Löss; Rückzug der Gletscher. Zeit des Elephas primi- 
genius und der alpinen Mollusken. Bildung des jetzigen Rheinlaufes. 


C. W. C. Fucns: Bericht über die vulkanischen Er&äignisse 
des Jahres 1872. (G. Tscuermax, Mineral. Mittheil. 1873, 2. Heft, 


963 


S. 107—116.) Der Verf. hat, wie bisher in dem Jahrbuch *, mit grosser 
Vollständigkeit die ihm bekannt gewordenen vulkanischen Phänomene zu- 
sammengestellt. Im Jahre 1872 sind, nach dieser Übersicht, nur drei 
Eruptionen bekannt worden, von denen diejenige des Vesuv für alle Zei- 
ten merkwürdig bleiben wird,» sowohl wegen der ungewöhnlichen Heftig- 
keit, als auch wegen ihrer genauen Beobachtung und der Untersuchung 
ihrer Erscheinungen und Producte. Die Erdbeben waren ziemlich zahl- 
reich, indem es dem Verf. möglich war, 76 verschiedene Ereignisse der 
Art zu verzeichnen, obgleich sich darunter keines befindet, das von sehr 
langer Dauer gewesen wäre. Das heftigste Erdbeben war das in Oalifor- 
nien, welches im März stattfand, nächst diesem das Erdbeben in Klein- 
asien vom 3. April. Die meisten dieser Erdbeben ereigneten sich in der 
ersten Jahreshälfte, nämlich 50; in der zweiten nur 26. Der Jänner war 
der erdbebenreichste Monat, nächst ihm der April und dann der März. 
In der zweiten Jahreshälfte kamen im November und Juli die meisten 
Erdbeben vor. Auf die einzelnen Monate vertheilen sich die Erdbeben 
folgendermassen: 

Jännersmsg 2, 3.8. 0 16 

Kehruarı. 0. 3.4 

März . 

April. 

Mai 

Juni 

Juli 

August 

September 

October . 

November 

December 


on 
D © 


[eu BE LOVER, 2 SE nn Ba 


Im Laufe des Jahres 1872 wurden dem Verf. noch folgende vulka- 
nische Ereignisse des Jahres 1871 bekannt, welche er als Nachtrag zu 
dem Berichte von 1871 mittheilt. Eine Eruption des Albay, welcher sich 
schon im Anfange unseres Jahrhunderts durch heftige Ausbrüche ausge- 
zeichnet hatte. Derselbe begann am 8. December 1871 wieder eine hef- 
tige Eruption, über deren Verlauf jedoch keine genaueren Berichte ein- 
gingen. Der Eruption des Albay ging ein furchtbares Erdbeben auf den 
Philippinen voraus, welches auf der Insel Mindano am stärksten war. Am 
6. December 1871 um 6 Uhr 20 Minuten Abends trat der erste Stoss ein, 
dem kurz vorher unterirdisches Rollen vorhergegangen war; die Erde 
wogte wie die Wellen des Meeres. Die Hauptstadt Cotta-Cato 
wurde in 20 Minuten gänzlich zerstört; gleichzeitig brach ein furchtbares 
Gewitter los (vom Albay veranlasst?) und überschwemmte das Land. Um 


* In den Jahrgängen 1866—1871, 
61 * 


964 


7 Uhr des anderen Tages begann das Erdbeben von Neuem und es folg- 
ten noch sechs ebenso heftige Erschütterungen. 


Dr. G. Strache: Notizen über das Erdbeben in Wien am 3. 
Jänner 1873. (Verh. d. k. k. geol. R.-A. No. 1. 1873, p. 13.) — In Wien 
wurden Erdbeben oder damit in Zusammenhang stehende Erscheinungen 
bisher nur äusserst selten wahrgenommen. Der Verfasser gibt eine will- 
kommene Zusammenstellung der theils durch eigene Beobachtung, theils 
durch mündliche und briefliche Mittheilungen über das am 3. Januar kurz 
vor 7 Uhr Abends an vielen Punkten in Wien und in dessen näherer und 
weiterer Umgebung verspürte Erdbeben. 


Prof. Suvess: Erdbeben in Nieder-Österreich. (Wiener Abend- 
post, 1873, No. 141.) — In einem Werke, welches die Erdbeben in Nie- 
der-Österreich behandelt, verbreitet sich Prof. Suvzss gleichfalls eingehend 
über das Erdbeben vom: 3. Februar 1873. Es ergibt sich aus den Be- 
richten mit grosser Schärfe, dass der Ort der heftigsten Erschütterung 
zwischen Neulengbach und Reckawinkel, speciell in der Nähe des Hummel- 
hofs bei Aichgraben zu suchen sei, woselbst sogar Gebäude zerstört wur- 
den. Der Charakter der Zerstörungen ist insofern eigenthümlich, als er 
fast ausnahmslos in Rissen am oberen Rande der Wände sich zeigt, 
welche diese vom Plafond trennen. Dieser Umstand in Verbindung damit, 
dass der Stoss von oben herab gefühlt wurde, lässt auf eine senkrechte 
Richtung desselben schliessen. Eine derartig steile Emergenz des Stosses 
wurde aber auch auf der ganzen 12'/, Meilen langen Linie von Grillen- 
burg bei Piesting bis Wildberg bei Horn wahrgenommen, ohne dass diese 
Linie auch nur im Geringsten durch die geologischen und orographischen 
Verhältnisse angedeutet schiene, indem sie quer durch die Kalk- und Sand- 
steinzone der Alpen und durch die tertiären Donau-Niederungen bis in 
das altkrystallinische Gebiet des böhmischen Massivs verläuft. 

Den zweiten und dritten Abschnitt umfassen die genauer bekannten 
unter den grossen Erdbeben Nieder-Österreichs, insbesondere die von 1590 
und 1768. 

Der vierte Abschnitt gibt ein Verzeichniss aller dem Verfasser bekannt 
gewordenen Erdbeben Nieder-Österreichs. 

Der letzte Abschnitt enthält eine Reihe allgemeiner Betrachtungen, 
und zwar vor Allem über die bekannte niederösterreichische Thermen- 
reihe Winzendorf-Fischau-Vöslau-Baden-Meidling-Pyrawerth, welche in eigen- 
thümlichen Beziehungen zur, Fortpflanzung der von Süden kommenden 
Erdstösse zu stehen scheint, während die Erschütterungen der sogenannten 
Kamp-Linie nicht unmittelbar auf die Thermal-Linie einzuwirken scheinen. 


965 


S. A. Sexe: über die Erhebung des Landes in Skandinavien. 
Christiania , 1872. 4%. 17 p. — Dass Schweden und Norwegen seit der 
Glacialzeit an einigen Stellen an 600 Fuss über das Niveau des Meeres 
erhoben worden sind, ist eine Ansicht, welche von den meisten Geologen 
jetzt getheilt wird. Sie begründet sich auf alte Küstenlinien in verschie- 
denen Höhen über dem Meeresspiegel, theilweise an festen Felsmassen, 
theilweise an lockerem Boden, wie Terrassen oder Bänken von Detritus 
mit ebenen und nahezu horizontalen Oberflächen, die treppenförmig auf 
einander folgen, ferner auf das Vorkommen von Meeresconchylien in ver- 
schiedenen Höhen über der heutigen Küste etc. 

Über die Art und Weise, wie diese Hebungen erfolgt sind und welche 
Zeit sie in Anspruch genommen haben, sind die Ansichten aber verschieden, 

Nach einer Beleuchtung der von Sir CuarLes LyELL, Prof. KeıLHAu 
und Prof. KJERULF ausgesprochenen Ansichten hierfür, scheint ihm die 
von Prof. J. D. Dana in dem Manual of Geology 1863, p. 555 für die 
Terrassenbildungen in Amerika gegebene Erklärung auch für die ähnlichen 
Erscheinungen in Skandinavien am meisten zu passen. 


R. Damtree: Bemerkungen zur Geologie der Colonie Queens- 
land. Mit einem Anhange über Fossilien, von R. ETHERIDGE 
und W. Carruruers. (The Quart. Journ. of the Geol. Soc. of London. 
Vol. 28, p. 271. Pl. 9—27,) — Auf einer geologischen Karte von Queens- 
land (Pl. 11) erhält man zunächst ein Bild von der ungefähren Verbrei- 
tung der in der Colonie entwickelten Gebirgsformationen, unter welchen: 
känozoischer Wüsten-Sandstein, cretacische Gebilde und mesozoische Koh- 
lenlager, ältere Steinkohlenformation und Devon, metamorphische Schiefer 
und Granit, Trappgesteine, vulkanische Gesteine und Goldfelder unter- 
schieden werden. Ein Durchschnitt S. 272 von Townsville nach der Ma- 
ckinlay-Kette weist alle geologischen Formationen in Queensland, N. vom 
20. Grade s. Breite und ihre Lagerungsverhältnisse nach. Andere Durch- 
schnitte und Abbildungen führen weiter ein in die Geotektonik und die 
Scenerie des Landes. 

Aus der specielleren Beschreibung ist zu ersehen: 

Fluss- und andere jüngste Ablagerungen fassen alle gegenwärtigen 
Wasserläufe ein, sie sind zwar unbedeutend auf der östlichen Seite, er- 
reichen aber an dem Golf von Carpentaria und in dem südwestlichen Theile 
der Colonie eine grosse Ausdehnung. 

Zwischen dem Golf von Carpentaria im Norden und Darling Downs 
im Süden kommen, besonders bei Maryvale Creek, in 1930‘ s. Br., ein- 
gebettet in Breceien und verhärtetem Schlamm, jene ausgestorbenen Säuge- 
thiere vor, wie Diprotodon australis Owen, Macropus titan, Thylacoleo, 
Phascolomys, Nototherium, Köpfe von Crocodilen u. a. von Owen beschrie- 
bene Arten. 

Von dem durch Abspülung vielfach zerrissenen Wüstensandstein (De- 
sert Sandstone), welcher weite Flächen in Queensland bedeckt, liegen 


966 


mehrere Abbildungen vor, die an die Denudation in dem sächsischen ElIb- 
thale erinnern. 


Das Vorhandensein der Kreideformation ist erst seit 1866 durch 
MacCoy nach den von SUTHERLAND und Carson an dem Flinders river ge- 
sammelten organischen Resten erkannt worden. Er bestimmte folgende 
Arten, die indess nicht abgebildet worden sind: 


Ichthyosaurus australis M’Coy, Plesiosaurus Sutherlandi M’Cov, dem 
von Owen aus Neu-Seeland beschriebenen ähnlich, Ples. macrospondylus 
M’Coy, Ammonites Sutherlandi, verwandt mit A. Barandieri aus dem Gault 
von Frankreich, A. Flindersi, ähnlich dem A. Beudanti Ber., Belemnitella 
diptycha M’Coy, ähnlich der B. plena, Ancyloceras Flindersi M’Cov, Ino- 
ceramus Carsoni M’Coy und In. Sutherlandi M’Coy (Jb. 1866, 490; 1868, 
246). 

Längs des Thompson und seiner Nebenflüsse breiten sich andere me- 
sozoische Gesteine aus, auf welche Rev. W. B. CLArkE 1867 zuerst die 
Aufmerksamkeit durch eine Reihe Versteinerungen von Wolumbilla-Creek 
und Umgegend lenkte. Sie wurden später von CHARLES MoorE beschrie- 
ben. Zum Theil kommen auch Kohlenflötze und Pflanzenreste darin vor, 
welche ÜARRUTHERS bestimmt hat. 


Während die südlichen Kohlenfelder von Queensland mesozoischen 
Alters sind, enthält ein ausgebreitetes nördliches Kohlenfeld eine Fauna, 
welche jener der älteren Steinkohlenformation Europa’s verglichen werden 
muss. In ihrem oberen Theile herrschen @lossopteris, Pecopteris, S'phe- 
nopteris etc. vor, in den tieferen Schichten Produeti, Spiriferen etc. 


An mesozoische Schichten scheint in Australien Taeniopteris, an pa- 
läozoische aber Glossopteris gebunden zu sein. 


Die Devonformation breitet sich von dem Südrande von Queensland 
bis nach dem 18. Grade südl. Breite hinauf in einer Reihe von Schiefern, 
Sandsteinen, Korallenkalken und Conglomeraten auf 200 Miles Entfernung 
aus; in demselben Gebiete treten aber auch isolirte Partien von Granit 
und metamorphischen Gesteinen auf. An mehreren Stellen kommen Grün- 
steine in den devonischen Schichten vor und goldführende Quarzgänge, die 
man in einigen Gegenden bauwürdig befunden hat. Über einen Theil des 
Cape Mining-Distriktes liegt p. 305 eine kleine Specialkarte vor; von Di- 
orit, Trachyt, Porphyrit und Dolerit aus Queensland sind Pl. X—XII mi- 
kroskopische Durchschnitte abgebildet worden. 


In seiner dem Expos& von DamrreE folgenden Beschreibung der pa- 
läozoischen und” mesozoischen Fossilien von Queensland schickt R. Erur- 
RıDgE eine übersichtliche Reihenfolge der geschichteten Gesteine in Queens- 
land voraus: 

Pleistocän. 

Ober-Vulkanisch. 

Wüsten-Sandstein. 

Unter-Vulkanisch, Aspidorhynchus. 


Känozoisch. 


967 


Inoceramus marathonensis, I.mul- 

Marathon-Schichten. tiplicatus, Ancyloceras, Ichthyo- 
saurus. 

ARC (Avicula gryphaeoides, Amm. Beu- 

Hughenden-Schichten. | Janti var. Mitchelli, A. Daintreei. 


Cretacisch. ER 
Oyprina excpansa, Trigoma na- 
suta, Cucullaea robusta, Nucula 
Maryborough-Schichten. (| quadrata, Ledaelongata, Tellina 
mariaeburiensis, Avsıcula alata, 
Panopaea sulcata, P. plicata.etc. 
Taeniopteris-Schichten. 
Wollumbilla-Schichten. Lias und Oolith. 
nn Gordon-Down- Myacıtes, Pholadomya, Homomya, 
Schichten. Pleurotomaria, Trigonia. 


Glossoptervs-Schichten. 
Streptorhynchus Davidsoni, Pro- 
Bowen-River-Schichten. {| ductus Olarkei, Spvrifera striata, 
Sp. comvoluta, Sp. bisulcata. 


Carbonisch. \ 
Roper River. N 
Dawson River. 
Spvrifera-Schichten. 


Produetus-Schichten. 


' Lepidodendron-Schichten. Mount Wyatt. 
Avrculopecten multiradıatus, A. 
Iimaeformis , Edmondia concen- 
Ders ar River. trica, Productus cora, Spirifera 
Gympie-Schichten. bisulcata, Sp. vespertilio, Sp. un- 
dulata, Strophomena rhomborda- 
lis, Fenestella etc. 
Cape River. 
Ravenswood. 
Etheridge. 
Peak Downs. 


Metamorphisch. 


Devonische Fossilien, die von Eruerıpge beschrieben werden, sind: 

Aviculopecten? limaeformis MoRRIS sp., A.? imbricatus Ern., A. multı- 
radıatus Eıu., Edmondia concentrica Eru., E. obovata Ern., Productus 
cora d’OrB., Spirifera bisulcata Sow. var. acuta, Sp. vespertilio Sow., Sp. 
dubia Ern., Sp. undifera var. undulata F. Röm., Strophomena rhomboida- 
Iıs var. analoga PuırL., Pleurotomaria carinata Sow., Fenestella fossula 
Loxsp. und Ceriopora? laxa Ern.; 

carbonische Arten: 

Streptorhynchus Davidsoni Eru., Strophomena rhomboidalis var. ana- 


968 


loga PrıuL., Productus longispinus Sow., Pr. Clarker Ern., Pr. oder Stro- 
phalosıia sp., Spirifera striata Marr., Sp. convoluta? Pmiun., Sp. cf. bisul- 
cata Sow., Chonetes Cracowensis Erk., Murchisonia carinata Era. und Grif- 
fithides dubia Ern. 

Der Kreideformation gehören an: 

Cyprina expansa Ern., Trigonia nasuta Ern., Crenatula? gibbosa Ern., 
Cucullaea robusta Ern., ©. costata Eru., Nucula quadrata Ere., N. gi- 
gantea Eru., Leda elongata Ern., Tellinamariaeburiensis Eru., T. sp., 
Avscula alata Ern., Natica lineata Eru., Panopae« sulcata Eru., P. pli- 
cata Sow. var. acuta Ern., Inoceramus marathomensis Eru. (wahrschein- 
lich nicht verschieden von I. Brongniarti Sow.), I. multiplicatus SToL. var. 
elongatus Ern., I. pernoides ErH. und I. problematicus von Marathon sta- 
tion am Flinders River (welche 3 letzteren auf I. striatus Mant. zurück- 
führbar sind), Crioceras oder Ancyloceras, Ammonites Sutherlandi Ern., 
A. Beudanti Ber. var. Mitchelli Ern., A. Daintreei Ern., Avicula Hughen- 
denensis ErH. 

Aus der Oolithformation stammen: 

Belemnites sp., Pleurotomaria Oliftoni Ern., Homomya, Pholadomya, 
Myacites und Tancredia. 

In einem zweiten Anhange beschreibt CARRUTHERS nachstehende fos- 
sile Pflanzen von Queensland: 

Lepidodendron nothum Unger (nicht SALTER) aus der unteren Stein- 
kohlenformation, ferner: Taeniopteris Daintreei M’Cov, Cyclopteris cu- 
neata n. sp., Sphenopteris elongata n. sp., Pecopteris? odomtopteroides Mor- 
rıs und Cardiocarpum australe n. Sp. 


R. Brunme: über die Brunnenwasser der Umgegend von 
Bonn. (Verh. des naturh. Ver. der preuss. Rheinl. und Westph. 1871. 
XXVII, p. 232.) — Wiewohl die hier mitgetheilten Aufzeichnungen zu- 
nächst aus einer ganz lokalen Frage entstanden sind, welche die Errich- 
tung eines städtischen Wasserwerkes für die Stadt Bonn betraf, so be- 
anspruchen sie doch nicht blos ein lokales Interesse; sie verdienen viel- 
mehr auch in anderen an einem Strome oder Flusse gelegenen Städten 
Berücksichtigung, da die für die Bevölkerung einer grösseren Stadt so 
hochwichtige Wasserfrage z. B. in Dresden in einer ganz ähnlichen Weise 
ihre endliche Lösung gefunden hat, wie hier für Bonn vorgeschlagen 
wird. Die bisherigen Untersuchungen haben für Bonn zu den folgenden 
Resultaten geführt: 

1) Die Lösung von festen Bestandtheilen, welche das Rheinwasser 
beim Durchgange durch die Kiesschichten bis in die Brunnen in der Um- 
gebung von Bonn aufnimmt, ist eine sehr grosse. Der Gehalt ist im Durch- 
schnitt der dreifache des Rheinwassers selbst; jedoch wechselt in letzterem 
der Gehalt an gelösten Substanzen nach Wasserständen und Jahreszeiten 
weit mehr als in den Brunnen *. 


* Der Rhein, welcher täglich im Mittel 4320 Millionen Cubikfuss Was- 


969 


2) Im Allgemeinen wächst mit der Entfernung vom Rheine die Härte 
des Wassers in den Brunnen, und scheinen namentlich die in dem Gebiete 
des alten Rheinarmes W. von Bonn gelegenen Brunnen sehr reich an ge- 
lösten Stoffen zu sein. Anderseits treten aber wieder so viele lokale Ab- 
weichungen unter benachbarten Brunnen auf, und finden sich auch dicht 
am Rheine Brunnen mit sehr hohen Härtegraden, dass eine allgemeine 
Regel nicht aufzustellen ist, vielmehr lokale Ursachen vorliegen müssen, 
welche durch grössere Zuführung von Kohlensäure die Lösung des zwi- 
schen dem Kies abgesetzten Kalkes wesentlich befördern. Rheinabwärts 
scheint die Härte in den Brunnenwässern abzunehmen. 

3) Bei dem verschiedenen Grade der Durchlässigkeit des Kieses wird 
für städtische Wasseranlagen in der Rheinebene, welche sehr grosse Quan- 
titäten an einem Punkte entnehmen wollen, der richtigste Weg der bleiben, 
den bereits die Städte Düsseldorf und Köln befolgt haben, nämlich 
den Brunnenschacht nahe an den Rheinstrom zu legen, und, unter Ab- 
schluss der oberen Zuflüsse, möglichst tief unter den Nullpunkt hinabzu- 
führen. Es wird dann das kiesige und sandige Ufer im Bette des Rheines 
ein ebenso gutes natürliches Filter abgeben, und der Strom des Rheines 
selbst eine Reinigung dieses Filters ebenso bewirken, wie es durch künst- 
liche Filtrir--Anlagen im Grossen erreicht werden kann. 

H. Heymann, Bergwerks-Ingenieur in Bonn schliesst, ebenda S. 258, 
Beobachtungen von Grundwasserbewegungen in den wasserdurchlassenden 
Schichten des Rheinthales bei Bonn an. 


Joan B. Perrv: The „Eozoon“ Limestones of Eastern Mas- 
sachusets. (Proc. of the Boston Soc. of Nat. Hist. 19. Apr. 1871.) — 
Nach Untersuchung der „Eozoon-Kalksteine“ im östlichen Massachu- 
setts und anderen Gegenden, welche mehr ein gangartiges Auftreten zei- 
gen, bekämpft der Verfasser die Annahme einer organischen Abstammung 
des sogenannten Eozoon und bezeichnet dasselbe als eine unorganische, 
dem Mineralreiche angehörende Bildung, welche die thierische Structur 
in einer ähnlichen Weise nachahmt, wie die Dendriten gewisse Formen 
des Pflanzenreiches. 


L. S. Bursank: über die eozonalen Kalksteine des östlichen 
Massachusets. (Proc. Boston Soc. N. H. Vol. XIV, p. 190.) In einer 
ähnlichen Weise wie Pzrry spricht sich auch Bursank über die Lagerungs- 
verhältnisse dieser Ophicalcite und die mineralische Natur der eozonalen 
Structur aus. 


ser bei Bonn vorbeiführen mag, also mehr als der ganze jährliche at- 
mosphärische Niederschlag des Kreises Bonn beträgt, ist unerschöpflich 
im Wiederersatz der durch die Senkbrunnen dem Kiese entzogenen Wasser. 


IT0 


W. F. Gmrw: Beiträge zur Kenntniss böhmischer Braun- 
kohlen. (Lotos, Zeitschr. f. Naturw. XXII, p. 113.) — Die hier bekannt 
gemachten Untersuchungen beziehen sich auf 13 verschiedene Braunkohlen 
von Chodau, Falkenau, Haberspirk, der Antonins-Zeche und Josephi-Zeche 
zu Davidsthal, Boden, Münchhof und Reichenau. 


D. Stur: Huco Rırrıer’s Skizzen über das Rothliegende in 
der Umgegend von Rossitz. (Verh. d. k. k. geol. R.-A. 1873. No. 2.) 
— Steinkohlenformation und Dyas erfordern zu ihrer gegenseitigen Be- 
grenzung das genaueste Studium der darin eingeschlossenen Pflanzenreste 
und ihres Vorkommens in den durchsunkenen Schichten. Wir haben es 
Herrn D. Srtur zu danken, dass er nach diesen Richtungen hin unaufhör- 
lich bemühet ist, die hier und da noch schwebenden Fragen zur Lösung 
zu bringen. So veröffentlicht er wiederum die Schichtenfolge, welche nach 
H. RırtLer’s Angabe im Gebiete der Dyas bei Rossitz in Mähren im Han- 
genden der productiven Steinkohlenformation neuerdings aufgeschlossen 
worden ist, worin man den bekannten Leitpflanzen,, wie Calamites gigas, 
Callipteris conferta, Odontopteris obtustloba, Walchia piniformis etc. be- 
gegnet. 

Eine fernere Mittheilung von Srur betrifft die Pflanzenreste aus dem 
Hangenden des oberen Flötzes der Steinkohlenmulde von Bras bei Radnitz 
in Böhmen. (Verh. d. k. k. geol. R.-A. No. 8. 1873, p. 151.) 

Wir danken es ferner Herrn Ort. FEiSTMANTEL, d. Z. Assistent an dem 
Museum der Königl. Universität in Breslau, dass er diesen beiden For- 
mationen und ihren organischen Einschlüssen fortwährend seine Aufmerk- 
samkeit zuwendet. 

Neuere Beiträge hierzu von ihm sind: 


Über die Steinkohlenablagerung bei Brandau im Erz- 
gebirge. (Sitzb. d. K. B. Ges. d. Wiss. in Prag. 1873, 7. Febr.) 

Über die innige Beziehung der Steinkohlen- zur Perm- 
formation in Böhmen. (Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. No. 4. 1873. 
p- 68.) 

Über die Mischflora der Böhmisch-Broder Ablagerung. 
(Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. No. 6. 1873, p. 103.) 

Geologische Stellung und Verbreitung der verkieselten 
Hölzer in Böhmen. (Ebend. p. 108.) 

Über die heutige Aufgabe der Phytopaläontologie. (Ebend. 
No. 7, p. 123.) 

Über die Permformation zwischen Budweis und Frauen- 
berg. (Sitzb. d. k. b. Ges. d. Wiss. in Prag, 1873. 3. Mai.) 

Über eine ebenfalls in dieses Gebiet einschlagende Arbeit von 

Rvv. HeLmHAcker: über die geognostischen Verhältnisse und den Berg- 
bau des Orlau-Karwiner Steinkohlenrevieres in österreichisch Schlesien 
(Berg- u. Hüttenm. Jahrb. 1873. 2. Hft.) gab O. FeıstmanteL ein Referat 


ok 


in Verh. der k. k. geol. R.-A. No. 8. 1873, das eine Erwiderung Heın- 
HACKER’S in Verh. d. k. k. geol. R.-A. No. 10, 1873, p. 193 veranlasst hat. 


P.v. BurcHarnı: das Meuselwitzer Braunkohlenrevier und die 
Altenburg-Zeitzer Eisenbahn. Altenburg, 1873. 8°. 368. 1 Karte. 
— Das genannte Kohlenbecken, das eine Fläche von ca. 2 Quadratmeilen 
umfasst, ist in seiner Längsrichtung von W. nach ©. durch die Orte Loitzsch 
(im Preussischen) und Gerstenberg (im Altenburgischen), in seiner Brei- 
tenrichtung von S. nach N. durch Unterlödla und den sog. Luckaer Forst 
begrenzt. In nordöstlicher Richtung nach dem sog. Kammerforst zu ver- 
wirft sich das Lager sehr, setzt aber bei Haselbach wieder an und wird 
daselbst bei 17 Meter Tiefe 11--17 M. mächtig. 

Man hat in der Hauptsache 3 Flötze zu unterscheiden. 

Das erste besteht nur aus Klarkohle und tritt an verschiedenen 
Stellen, z. B. bei Oberlödla, Meuselwitz, Gorma u. s. w. zu Tage aus. 
Dessen Hebung geschieht mittelst Tagebaues. Diese Klarkohle, oder Streich- 
kohle, wird an Ort und Stelle in Ziegel geformt und so versendet. Es 
harren von dieser Sorte noch mächtige Quantitäten der Verwendung. Das 
oberste Flötz reicht zuweilen bis zu 22. Meter Tiefe unter Terrainober- 
fläche und verwirft sich sehr. 

Das zweite Flötz lagert ca. 26 Meter unter der Erdoberfläche, be- 
steht auch nur aus klarer Kohle und wird daher vorläufig noch in keinem 
der vorhandenen Schächte abgebauet. 

Das dritte Flötz in ca. 32 Meter Tiefe ist das bedeutendste. Es 
hält durchgehends Stückkohle, deren Mächtigkeit 12—16 Meter beträgt, 
und verwirft sich fast gar nicht. Kohlenförderung und Wasserhaltung 
aus diesem Flötze können selbstverständlich nur mittelst abgeteufter 
Schächte bewirkt werden. 

Die Meuselwitzer Kohle zeichnet sich durch ‘geringen Aschengehalt 
und hohe Brennkraft vor vielen anderen Braunkohlen vortheilhaft aus. 
Wie sie vorzugsweise zur Entstehung der Altenburg-Zeitzer Eisenbahn 
Veranlassung gegeben hat, so ist umgekehrt der Einfluss dieser Bahn auf 
die Entwickelung des dortigen Kohlenbergbaues sehr bedeutend gewesen. 


P. W. SueArer: Fortschritt des Anthracit-Verbrauches 
in Pennsylvanien. — Herr P. W. Surarer hat den jährlichen Ver- 
trieb von Pennsylvanischem Anthracit seit dem Jahre 1820 bis 1871 aus 
den verschiedenen Bezirken in Tons angegeben und zugleich bildlich auf 
einem Blatte dargestellt, woraus die sehr bedeutende Zunahme erhellt. 
Der Vertrieb betrug 1820 nur 365 Tons, 1830 schon 174,734, 1840: 864,379, 
1850: 3,358,899, 1860: 8,513,123 und 1871: 15,113,407 Tons, 


972 


Dr. ScHREiBER: der Untergrund der Stadt Magdeburg. 1873. 
8°. (Abh. d. naturw. Ver. zu Magdeburg. Hft. 4, p. 13—32. Taf. 1—4.) 
— (Jb. 1873, 659.) — In Heft 2 und 5 der Abhandlungen des naturwis- 
senschaftlichen Vereines zu Magdeburg waren die geognostischen Verhält- 
nisse der Umgebung Magdeburgs, die Schichtenfolge auf der Grenzlinie 
gegen die grosse norddeutsche Tiefebene Gegenstand der Behandlung, 
während die vorliegende Beschreibung sich in den engsten Grenzen des 
städtischen Gebietes bewegt. Indem der Verfasser hierbei auch besondere 
Rücksicht auf den Grundwasserstand genommen hat, welches bekanntlich 
als eines der wichtigsten Momente gilt, die hemmend oder fördernd bei 
der Krankheitsgenesis einwirken, erwirbt er sich durch diese Darstellung 
den ganz besonderen Dank der Bewohner Magdeburgs und gibt zugleich 
ein nachahmenswerthes Beispiel für andere Städte. 

Taf. 1 stellt die Bodenschichten des Magdeburger Stadtgebietes dar, 
wobei Culmgrauwacke, Rothliegendes, oligocäner Grünsand, diluvialer Fein- 
sand mit Diluvial-Geschieben, Diluvialgrand mit Sandschichten wechselnd, 
zu oberst Lehm und Humusdecke in Betracht kommen. Drei andere Ta- 
feln sind mit specielleren Profilen erfüllt. 


Dr. ALserT Ortu: der Untergrund und die Bodenrente mit 
Bezug auf einige neuere geologische Kartenarbeiten. (Sep.- 
Abdr. 8°. S. 587—598.) — Vgl. Jb. 1875, p. 328.) — Auch in dieser Ab- 
handlung spricht sich der mit seinem Stoffe so vertraute und die wahren 
Bedürfnisse der Zeit gründlich durchschauende Professor der Landwirth- 
schaft zu Berlin über die Wichtigkeit der Untergrundschichten für den 
Bodenwerth aus. Er erkennt gleichzeitig die hohe Bedeutung der Geolo- 
gie für den Landwirth an, als derjenigen Wissenschaft, wodurch die Kennt- 
niss der im Laufe der Erdgeschichte entstandenen und veränderten Schich- 
ten und Bildungen des Untergrundes vermittelt wird. Er weist an ver- 
schiedenen Beispielen nach, wie der Landwirth die geognostischen Karten 
zu benutzen habe. Dieselben bieten dem Landwirthe jetzt schon weit 
mehr, als in der Regel angenommen wird, zum Theil ist es aber der zu 
kleine Maassstab dieser Arbeiten und die zu wenig eingehende Darstel- 
lung, zum Theil die Unbekanntschaft mit denselben und das Missverständ- 
niss dessen, was sie überhaupt bieten können, wesshalb sie bis jetzt für 
praktisch-landwirthschaftliche Zwecke fast noch keine Beachtung gefun- 
den haben. 

Die geognostische Karte will ferner die verschiedenen Formationen 
einer Gegend ihrer Bildung und Zusammengehörigkeit nach versinnbild- 
lichen, der petrographische Bestand kommt erst in zweiter Linie und häufig 
nur bei den Unterabtheilungen in Betracht. Für den Landwirth ist da- 
gegen die Petrographie der geognostischen Bildungen, die eingehende Kennt- 
niss ihres Bestandes und der Aufeinanderlagerung am wichtigsten, und 
die Bildung und Entstehungsweise kommen nur in Betracht, insofern sie 
auf den Bestand von Einfluss gewesen sind. 


973 


Als vorzügliche geologische Karten auch für die Beurtheilung eines 
Bodens, wenn auch nicht direct als Bonitirungskarte, werden die neuesten 
Veröffentlichungen des preussischen Handelsministeriums aus Sachsen und 
Thüringen unter Leitung von Bryrıc# und die durch BErrxpr in der Pro- 
vinz Preussen ausgeführten und herausgegebenen Arbeiten besonders her- 
vorgehoben. Sie haben sich für Bonitirungszwecke äusserst nützlich ge- 
zeigt, wiewohl sie hierzu nicht genügen können. Der Boniteur hat eine 
Masse von Factoren, wie die Zusammensetzung, Lagerung, Mächtigkeit, 
Lage und vieles Andere ausserdem in’s Auge zu fassen, was auf einer 
geologischen Karte in der nothwendigen Weise nicht zum Ausdruck ge- 
bracht werden kann. Es ist dies die Aufgabe der eigentlichen Boden- 
karten, deren Ausführung der Verfasser von Neuem anregt. Er hält 
daher die Errichtung von pedologischen Landesanstalten, be- 
sondere Bureau’s für Bodenuntersuchungen von Seiten des Staates, in ähn- 
licher Weise, wie topographische und geologische Anstalten von demselben 
gegründet sind, für ebenso zweckmässig als wünschenswerth. 


DELESSE et DE Lapparent: Revue de Geologie pour les annees 
1870 et 1871. Tome X. Paris, 1873. 8°. 251 p. — (Jb. 1872, 977.) 

Dieser zehnte Jahrgang der Revue de Geologie bespricht in seinem 
ersten Theile allgemeine geologische Werke und Arbeiten über physio- 
graphische Geologie, wie Oceonographie, Vertheilung der Temperatur iu 
beiden Hemisphären, Vertheilung der Thiere und Pflanzen auf der Erde. 

Der zweite Theil, Lithologie, behandelt die Classification, die 
mikroskopische Beschaffenheit der Gesteine, gedenkt der Tırenmann’schen 
Experimente mit bewegtem Sande (Jb. 1873, 917) und der Einwirkung des 
letzteren auf Felsmassen, des Vorkommens der Phosphorsäure in Gestei- 
nen etc. Bei einer Übersicht über die zahlreichen Arbeiten in diesem Ge- 
biete folgen den Anthrakoideen die verschiedenen Gase und Gewässer, 
Gyps und Steinsalz, die Phosphorite, Carbonate, Geyserite, thonigen Ab- 
lagerungen, Silicatgesteine, vulkanischen Producte, Erze und Meteoriten. 

Der dritte Theil verbreitet sich über die verschiedenen Formationen 
oder Terrains nach ihrem Alter. In dem vierten Theile gewinnt man 
einen Überblick über die Fortschritte der geographischen Geologie in 
Europa, Afrika, Asien, Amerika, und über agronomische Geologie. 
Der fünfte Theil, dynamische Geologie, wendet sich zuerst den at- 
mosphärischen Erscheinungen zu, dann den Gletschern, Seen, Flüssen, 
Meeren, unterirdischen Wässern, den Wirkungen der Wärme, den Ver- 
änderungen der Gesteine durch Pseudomorphose, Endomorphose und Me- 
tamorphose, gedenkt der Hebungen, Faltungen von Gebirgen und der Erd- 
beben und schliesst mit geogenetischen Studien. 

Das Ganze ist, wie die früheren Jahrgänge, mit grossem Fleisse und 
dem bekannten Talente der Verfasser für eine übersichtliche und klare 
Darstellung zusammengefasst worden. 


974 


GC. Paläontologie. 


EureEngere: Mikrogeologische Studien als Zusammenfas- 
sung seiner Beobachtungen deskleinsten Levensder Meeres- 
Tiefgründe aller Zonen und dessen geologischen Einfluss. 
(Monatsb. d. K. Ak. d. Wiss. zu Berlin, 25. April 1872.) — 

Um die seit 30 Jahren vereinzelt vorgelegten Studien der mikrosko- 
pischen Lebenserscheinungen der Meeresverhältnisse zu einem übersicht- 
lichen Bilde zusammenzufassen, hat E. zunächst die kartographische Dar- 
stellung der Örtlichkeiten aller Oceane und Binnenmeere angefertigt, aus 
denen ihm die Materialien durch 134 vertrauensvolle Seefahrer der eng- 
lischen, nordamerikanischen, deutschen und russischen Nationalität über- 
mittelt worden sind. Bis jetzt sind die aus 20,000 Fuss Tiefe an ihn ge- 
langten Proben noch die am tiefsten reichenden. 

Die Zahl der aus den Tiefgründen und Küstenverhältnissen der Oceane 
und Binnenmeere nach EHrENBERG’s Untersuchungen allein, daher unter 
sich vergleichbar, hervorgegangenen Arten der selbstständigen organischen 
Einzelformen betrug bei Abschluss dieser Arbeit: 724 Polygastern, 287 
Polycystinen,, 585 Polythalamien, 22 Mollusken, 30 Pteropoden, 1 Annu- 
late, 2 Entomostraca, 6 Radiaten, 9 Bryozoen, 1 Anthozoe. Als unselbst- 
ständige Formen treten hinzu: 226 ‚Phytolitharien, darunter 142 Spongo- 
lithe; 50 Geolithien, 37 Zoolitharien und 23 weiche Pflanzentheile. Die 
Summe aller von EHrRENBERG selbst beobachteten jetztlebenden schalen- 
führenden kleinsten selbstständigen Formen des Meeres beträgt: 1645, die 
der benannten unselbstständigen Formen: 336, und somit die Gesammt- 
summe der verzeichneten Körper: 1981. 

Nach den 7 Tiefen-Abstufungen von 101—20,000 Fuss haben sich fol- 
sende nennbare Charakterformen des mikroskopischen organischen Lebens 
aufzeichnen lassen. Aus der Tiefe von 

101—500 Fuss 80 Charakterformen 315 Gesammtsumme. 


501.1000,.4 5.0.72 R 240 : 
1001-5000... 141 N 437 R 
5001—10,000 . „ . 146 ä 408 N 


10.001 15,000: 130 x 344 

15:001-20,000.- „118 \ 236 h 

Die alte Vorstellung, als sänke sich das, die Oberflächen und Massen 
der oceanischen Gewässer nach BorY pvE Sr. Vincent breiartig durchdrin- 
gende Leben in seinen absterbenden Formen in die Tiefgründe, wird durch 
die in den Tiefgründen vorhandenen so mannichfach eigenthümlichen For- 
men nicht bestätigt. Auch sind die kleinsten Formen nicht die Brut der 
grösseren. 

An diese Lebensverhältnisse schliessen sich die grossen, mächtige Ge- 
birgsmassen der Erdoberfläche mit bildenden, seit langer Zeit dem Leben 
entfremdeten fossilen Reste mikroskopischer Organismen an. EHRENBERG 


hat in seinen seit 1838 darüber publieirten Abhandlungen 1435 selbststän- 


975 


dige und 172 unselbstständige fragmentarische Formen aufzeichnen kön- 
nen, so dass die Gesammtsumme der gekannten organischen Elemente 1607 
Formen ergibt. Diese vertheilen sich in folgender Weise: 


Charakterformen. Gesammtsumme. 
Guatemala, 419 652 
BRERREN aa. 9 NAOTUEDEE, 28682 807 
Kmenlen: a. N REBIMIOEN. 172092 445 
NE a a 2 u 7 11 
Steinkohlengebirge u. Grauwacke . . 52 60 


Die neuerlich Radiolarien genannten Formen des Meeres sind von 
EHRENBERG mit dem älteren, schon 1847 in 282 Arten festgestellten Namen 
der Polycystinen eingereihet worden. Sie stehen jedenfalls den Spon- 
gien-Schwämmen weit näher als den Polythalamien. 

Sorsy’s und Huxıry’s Coccolithe als wesentliche Elemente der 
Schreibkreide haben als zum Thierreich gehörig nicht mitgerechnet wer- 
den können, da sie als’unorganische Morpholithe zu verzeichnen 
waren. 

Über die Bathybius Hvxı. des Tiefgrundes und Eozoon canadense 
genannten, als höchst einflussreich bezeichneten Formen hat E., ungeachtet 
intensiver Untersuchung vieler Originalproben, ein der Wichtigkeit bei- 
stimmendes Urtheil nicht erlangen können. Die Lehre von den amöben- 
artigen Uranfängen des Organischen verwechselt neuerlich die deutlich 
polygastrischen wahren selbstständigen Amöben mit den vielen weichen, 
bei sehr starker Vergrösserung den menschlichen Blutkörperchen gleich, 
kleine «Veränderungen und Fortsätze der äusseren Gestalt zeigenden, un- 
selbstständig-organischen und unorganischen (dem künstlichen Proteus von 
BonsporRFr 1834 ähnlichen) Elementen. 

Am Schlusse spricht sich der viel erfahrene Naturforscher am Abend 
seines Lebens in einer rührenden Bescheidenheit über das unsere Zeit- 
genossen fast allgemein zustimmende bewegende Bild der Entwickelung 
des Menschengeschlechtes von DAarwın aus. — 

Den letzten Gegenstand behandelt von einem anderen Standpunkte 
aus nachstehende Schrift, die wir den Fachgenossen zur näheren Prüfung 
empfehlen: 

Dr. Aus. Wıcanp, Professor der Botanik an der Universität Marburg: 
die Genealogie der Urzellen als Lösung des Descendenz-Problems, 
oder die Entstehung der Arten ohne natürliche Zuchtwahl, 
Braunschweig, 1872. 8°. 47S. 


W. K. Parker und T. Rupert Jones: über die Nomenklatur der 
Foraminiferen. (Ann. a. Mag. of Natural History, Vol. IX, p. 211 
— 230, 280—303, Vol. X, p. 184—200, 253—271, 453—457.) — Die Ver- 
fasser besprechen die vielen wichtigen Arbeiten EurENBERG’s über die Fo- 
raminiferen von 1838 an und schliessen p. 269 in dem hier abgedruckten 
Appendix ihre Ansichten über die von EHRENBERG angewandten Gattungs- 


976 


namen und deren wahrscheinlichen Äquivalente an, eine für Vergleichung 
mit Schriften anderer Autoren wichtige Übersicht: 


Allotheca, 1854. 
Alveolina d’ORre. 
Amphisorus, 1838. 
Aristeropora, 1859. 
Aristerospira, 1859. 
Aspidospira, 1844. 
Asterodiscus, 1838. 
Bigenerina d’ORB. 
-Biloculina d’Ore. 


Borelis Mrrr. 
Calcarina d’OR». 
Cenchridium, 1843? 
Ceratospirulina, 1859. 
Cimelidium, 1859. 
Clidostomum. 
Colpopleura, 1844. 
Coscinospira, 1838. 
Cristellaria, Lan. 


Cyclosiphon, 1856. 
Dentalina d’ORre. 
Dexiospira, 1859. 
Dimorphina d’ORre. 
Encorycium, 1859. 
Frondicularia DErr. 
Geoponus, 1838. 
Globigerina d’OR». 
Grammobotrys, 1854. 


Grammostomum, 1839. 


Guttulina d’OR». 


Globigerina ? 

Alweolina ; Frusulina. 

Orbitolites (alt). 

Planorbulina ? 

Planorbulina ? 

Planulina. 

— 

Polymorphina. 

Adelosine Quinqueloculina. Bilocu- 
lina? 

Alveolina ; Fusulina ; Endothyra. 

Planorbulina ? 

Entosolene Lagena. 

Dimorphe Miliola? Vertebralina? 

Valvulina? 

Textilaride (Reuss). 

Planorbulina. 

Peneroplis u. Lituola. 

Cristellaria ; Planulina ; Haplophrag- 
nwum. 

Orbitoides. 

Dentalina. 

Unbestimmbar. i 

Dimorphine Virgulina. 

Nodosaria. 

Nodosaria ; Glandulina. 

Polystomella ; Planorbulina. 

Globigerina. 

Virgulina ; Sphaeroidina. 

Textilaria; Vulvulina; Bolivina ; Vür- 
gulina ; Polymorphina. 

Verneuilina; Textilaria. 


Heterohelix, 1843, verändert in Rimoplecie 1844. 


Heterostegina d’ORR. 
Heterostomum, 1854. 
Holococceus, 1859. 
Lenticulina Lam. 
Loxostomum, 1854. 


Amphistegina. 
Textilaria ; Virgulina. 
Lagena? 
Planorbulina ; Pulvinulina. 
Heterostomella ; Vulvulina ; Polymor- 
phina. 


Megathyra, 1854 ohne Figur und Beschreibung. 


Melonia BLaınv. 
Mesopora, 1854. 


Miliola Lan. 


Frusulina ; Alveolina. 

Lituola ( onighe agmium) ; 
lina. 

Lagena ; Orbulina. 


Monetulites, 1856. 
Nodosaria Lam. 
‘ Nonionina d’ORB. 


Omphalophacus, 1838. 
Oncobotrys, 1856. 
Ovulina. 


Phanerostomum, 1854. 


Physomphalus, 1856. 
Planularia Derk. 
Planulina d’Ors. 


_ Platyoecus, 1854. 
Pleurites, 1854. 


Pleurostomum. 
Pleurotrema, 1838. 
Polymorphina d’ORr». 


Polystomatium, 1856. 
Proroporus, 1844. 
Prorospira, 1844. 
Ptygostomum, 1854. 
Pylodexia, 1859. 
Pyrulina d’Ore. 


Quinqueloculina d’Ore. 


Rhychoplecta. 
Rhynchopleura, 1856. 
Rhynchospira. 
Robulina d’Ore. 
Rosalina d’Ore. 
Rotalia Lam. 


Rotalina d’Ore. 
Sagrina d’OrB. 
Selenostomum, 1859. 
Siderospira. 
Soldania d’Ore. 
Sorites, 1838. 
Sphaeroidina d’ÜRr»,. 
Spirellina, 1841. 
Spirobotrys, 1844. 


Spirocerium, 1859. 
Jahrbuch 1873. 


977 


Nummulına. 

Nodosarıa ; Bigenerina. 

Nonionina ; Rotalia?; Planorbulina ; 
Orvstellaria ?; Amphistegina. 

Pulvinulina. 

Polymorphina ? 

Lagena. 

Globigerina. 

Operculina. 

Planularia. 

Planorbulina inel. Planulina u. Trun- 
catulina; Globigerina; Rotalta ; 
Pulvinulina ; Nonionina?; Opercu- 
lına ; Oristellaria. 

Pulwinulina ? 

Sphaeroidina?; Virgulina ; Polymor- 
phina? 

Textilaride (Reuss). 

Calcarına ? 

Polymorphina ; Bolivina ; Virgulina ; 
Textilarva. 

Polystomella. 

Polymorphina ; Bolivina ; Textilaria. 

Planorbulina. 

Planorbulina ; Globigerina. 

Globigerina. 

Pyrulina (Polymorphina). 

Quinqueloculina. 

Textilaride (Reuss). 

Textilaride ? 

Globigerina (Reuss). 

Oristellaria. 

Planorbulina ; Globigerina. 

Globigerina ; Planorbulina u. Planu- 
Iına; Pulvinulina; Cristellaria ; 
Operculina? 

Pulvinulina. 

Heterostomella. 

Rotaline ? 

Calcarına Rss. 

Oristellaria. 

Orbitolites. 

Sphaeroidina ; Virgulina. 

Spirellina , Cornuspira ? 

Planorbulina? 

Unbestimmbar. 

62 


578 


Spiroloculina d’Ör». Sipiroloculina ; adelosine Quinquelo- 
culina. 

Spiroplecta, 1844 (früher Heterohelix). Spiroplecta. 

Spiropleurites, 1854. Pulvinulina. 

Strophoconus, 1844. Bolivina ; Virgulina. 

Synspira, 1854. Synspira? 

Tetrataxis, 1854. Tetrataxis (Valvulina). 

Textilaria DErr. Textilaria ; Bolivina. 

Triloculina d’Ore. Miliola ? 

Uvigerina d’ORB. Planorbulina? 

Vaginulina d’Ors. Vaginulina. 


ALEXANDER Asassız: Revision ofthe Echini. (Illustrated Cata- 
loque of the Museum of Comparative Zoology at Harvard College) P.I 
—lI. Cambridge, Mass. 1872. 4°. 378 p. 49 Pl. — Die Veröffentlichung 
dieses Prachtwerkes, mit dessen Bearbeitung der Verfasser sechs Jahre 
lang eifrigst beschäftigt war, ist so lange verzögert worden, bis AL. Acas- 
sız während seiner letzten Reisen in Europa Gelegenheit fand, fast alle 
in diesem Jahrhundert beschriebenen Echiniden von Neuem zu untersuchen 
und mit Exemplaren zu vergleichen, welche zu diesem Zwecke von dem 
Museum in Cambridge nach Europa gesandt worden waren. Er rühmt in 
der Einleitung des Werkes die ihm dabei gewordene Unterstützung der 
Fachgenossen. In einem zweiten Abschnitte ist unter „Bibliography“ 
eine vollständige Übersicht der von ihm benutzten ungemein reichhaltigen 
Literatur gegeben. Diesem folgt ein beachtenswerthes Kapitel über N o- 
menclatur. Alles, was sich auf die Geschichte des Namens aller Echi- 
nen bezieht, ist S. 31 u. f. in einer Chronologischen Liste zusammen- 
gestellt, die mit dem Jahre 1734 beginnt und bis 1873 reicht. Die Syno- 
nymie aller Arten ist S. 87—169 besonders zusammengestellt und schliesst 
mit einem Index der Synonymen S. 171—203. 

Von hohem Interesse ist der nächste Abschhitt S. 205 u. f. über ihre 
geographische Verbreitung mit den dazu gehörenden 7 Übersichts- 
karten A—@. _ 

Der Verfasser gibt S. 213 ein Verzeichniss der bekannten Arten, cha- 
rakterisirt dann specieller die littoralen Distrikte und die daran gebunde- 
nen Arten in den verschiedenen Erdtheilen und gibt S. 240 noch einen 
Überblick über die geographische Verbreitung der Gattungen. 


Der zweite Theil des vorliegenden Bandes behandelt speciell die 
Echinen an den östlichen Küsten der Vereinigten Staaten, nebst einem 
Berichte über die Tiefsee-Echinen, welche Graf L. F. pe PovurrALks an 
den Küsten von Florida gesammelt hat. Zu diesem beschreibenden Theile 
der Gattungen und Arten gehören 42 Tafeln mit Abbildungen, zum Theil 
mit den gelungensten Photographien und Albertotypien, zum grössten 
Theil aber mit prachtvollen Lithographien, wozu die meisten Zeichnungen 


979 


von Ar. Acassız selbst herrühren. Wir haben in unserer naturwissen- 
schaftlichen Literatur keine besseren Abbildungen aufzuweisen. 


Die beschriebenen Arten reihen sich in folgender Weise an: 


Subordo: Desmosticha. 

Fam. Cidaridae. 

Subfam. Goniocidaridae. 

Gen.: Cidarıs Kıeın, 1734, Dorocidaris A. Ac. 

Subfam. Salenidae. 

Gen. Salenia Gray, 1825. 

Fam. Arbaciadae. 

Gen. Arbacıa Gray, 1835, Coelopleurus Ac. 1840, Podocidaris A. Ac. 
1869. 

Fam. Diadematidae. 

Gen. Asthenosoma GruBE, 1867, Diadema Scavn. 1711. 

Fam. Echinometradae. 

Gen. 'Strongylocentrotus BRanpt, 1835, Echinometra Ronp. 1554. 

Fam. Echintdae. 

Subfam. Temmopleuridae. 

Gen. Temmechinus Fors. 1852, Trigonocidaris A. As. 1869. 

Subfam. Triplechinidae. 

Gen. Hemipedina WRrıcHt, 1855 (Pseudodiadema), Echinus Ronv. 1554. 
Toxopneustes Ag. 1836, Hıpponoe Grav 1840. 

Subordo: Clypeastridae. 

Fam. Euclypeastridae. 

Subfam. Frbularina. 

Gen. Echinocyamus Van PueL. 1774. { 

Subfam. Echinanthidae. 

Gen. Clypeaster Lam. 1816, Echinanthus Brevn, 1732. 

Fam. Seutellidae. 

Gen. Echinarachnius Leske, 1778 (Scutella), Mellıta Kueın, 1734, En- 
cope As. 1840. 

Subordo: Petalosticha. 

Fam. Cassidulidae. 

Subfam. Echinonidae. 

Gen. Echinoneus Van Per. 1774. 

Subfam. Nucleolidae. 

Gen. Echinolampas GRAY, 1825, Neolampas A, Ac. 1869, Rhyncho- 
.pygus d’ORB. 1855 edlen), 

Fam. Spatangidae. 

Subfam. Ananchytidae. 

Gen. Pourtalesıa A. As. 1869, Homolampas A. Ac. 1872. 

Subfam. Spatangina. 

Gen. Echinocardium Gray, 1825. 

Subfam. Brissina. 

Gen. Agassizia Vau. 1846, Brissopsis As. 1840 (Hemiaster), Brissus 


| 


980 


Kıeın, 1734, Meoma Gray, 1851, Metalia Gray, 1855, Schizaster Ac. 1836, 
Moira Au. Ac. 1872. 

Bemerkungen über bathymetrische und geographische Verthei- 
lung, durch Tabellen erläutert, ferner eine Übersichtstabelle der an der 
Ostküste der Vereinigten Staaten vorkommenden Echinen, endlich ein In- 
dex der in diesem Bande beschriebenen Arten bilden den Schluss. 

Der dritte und vierte Theil des bedeutenden Werkes wird die Be- 
schreibung der anderen, von AL. Acassız untersuchten Arten, sowie eine 
Übersicht über die Anatomie und Classification der ganzen Ordnung ent- 
halten. 


W. CARRUTHERS: über Halonia LixpL, u. Hurr. und Oyclocladia 
GoLvens. (The Geol. Mag. 1873. Vol. X, p. 145. Pl. 7.) — Unter Bezug- 
nahme auf die Abbildung der Halonia punctata in Geinıtz, Verstein. d. 
Steinkohlenf. in Sachsen, 1855, Taf. 3, fig. 16, da dieses Exemplar von 
Oberhohndorf bei Zwickau alle Formen vereiniget, unter welchen Halonia 
erscheint, sucht CARRUTHERS nachzuweisen, dass die Gattungen Halonia 
und Bergeria Presu auf Lepidophloios zurückführbar sind und dass auch 
Uyclocladia GoLDENBERG ein unvollkommenes Exemplar von Halonia sei. 
Dagegen gehört Oyelocladia Lispr. u. Hvrr. zu den Equisetaceen. 

CARRUTHERS ist gegen eine Vereinigung des Bothrodendron punetatum 
Lıxpr. u. Hurt. mit Halonia punctata, welche Gzinızz, a. a. O. S. 38 be- 
fürwortet; er weist ferner nach, dass Halonia irregularis Geın., 1. c. p. 38, 
Taf. 4, fig. 5, zu Arthropleura armata Jorpan gehöre, worin ihm auch 
H. Woopwarp beistimmt. — Letzteres erkenne ich vollkommen an, nach- 
dem Reste von Arthropleura armata aus der Zone der Farne von Ober- 
hohndorf bei Zwickau, woher auch jenes Exemplar stammt, schon Jahrb. 
1866, p. 144, Taf. 5, fig. 4, 5 von mir beschrieben worden sind. Es wäre 
auch das Steink. in Sachsen, Taf. 4, fig. 5 abgebildete Exemplar, das sich 
jetzt in der Sammlung der Bergschule in Zwickau befindet, schon dort in 
seine richtige Stellung verwiesen worden, wenn dasselbe mir noch vorge- 
legen hätte. So können wir nur dankbar anerkennen, dass Herr Carrv- 
THERS den früheren Irrthum jetzt aufgedeckt hat. (H. B. G.) 


O. FeistmanteL: Analogie der drei Steinkohlenharze: An- 
thrakoxen, Middletonitund Tasmanit und ihre vermuthliche 
Abstammung. (Verh. d. k. k. geol. Reichsanst. No. 5. 1873.) — Eine 
beachtenswerthe Zusammenstellung der auf die Beschaffenheit, das Vor- 
kommen und die Abstammung der oben genannten Harze der Steinkohlen- 
formation gerichteten Thatsachen, woraus hervorgeht, dass diese, wenn 
nicht ganz identischen, so doch sehr nahe verwandten Harze an die Spo- 
rangien der Sigillarien gebunden sind, an Sigillariaestrobus oder Flemin- 
gites, wie man die Zapfen der Sigillarien bezeichnet hat, und insbesondere 
an Carpolithes coniformis Göpr., welche den Sporangien der letzteren ent- 
spricht. 


981 


GöpperT: Zur Geschichte des Elenthiers in Schlesien. 
(Schles. Ges. f. vaterl. Cult. 18. Dec. 1872.) -- Die letzten Elenthiere in 
Schlesien erjagte man 1725 in Stein bei P.-Wartenberg und 1743 bei Lam- 
persdorf im Ölsnischen, dessen Andenken in dem dasigen Schlosse durch 
ein Ölgemälde bewahrt wird. Des ersten fossilen Elens in unserer Pro- 
vinz gedenkt Davıp Herrmann, Pastor zu Massel, bei Öls, der nebst VoLk- 
MANN, KUNDMANN, GR. MATUSCHKA und KRockKER zu den gefeiertsten schle- 
sischen Naturforschern des vor. Jahrhunderts gehört. Ein währscheinlich 
ganz vollständiges Skelet dieses Thiers wurde iu seinem Garten in 20 Fuss 
Tiefe aufgefunden, aber leider, ehe er es zu retten vermochte, von den 
Arbeitern zertrümmert, so dass er nur noch Bruchstücke zu retten ver- 
mochte, deren Abbildung und Beschreibung die Richtigkeit der Bestimmung 
jedoch bezeugen. Die kleine diesfallsige, jetzt sehr seltene, von ihm zur 
Feier seiner Ernennung zum Mitgliede der Berliner Akademie verfasste 
Schrift befindet sich auf der Breslauer Stadtbibliothek (Relativ histori- 
scher Bericht aus der Antiquität von einem Elenthier-Körper, welcher 1729 
im Mai im Masselischen Pfarrgarten-Graben zufälliger Weise gefunden 
worden etc. Hirschberg, 16 Blätter in 4., ohne Seitenzahl und 1 Kpfrtaf.). 
Mit Recht schliesst er aus der grossen Tiefe, in der es gefunden und aus 
der Lage der ordentlich aufeinandergesetzten Erde, Sand, Lehm, Lette, 
Kies und Schlammbänke, dass es nicht ein jetztweltliches zufällig dahin 
gelangtes, sondern ein vorweltliches sei. 

Anderweitige Funde vom fossilen Elen, ausser des oben erwähnten, in 
einer Mergelgrube zu Wittgendorf bei Sprottau, ebenfalls in Mergelgruben 
zu Cavallen bei Trebnitz, bei Nimkau und neuerlichst bei Petschkendorf 
(Kr. Lüben) durch Herrn Wirthschaftsinspector Langer daselbst, zwei Bruch- 
stücke von Geweihen, welche den in der so ausgezeichneten Monographie 
des Staatsraths Dr. F. v. Branpr auf Taf. II, Fig. 3 abgebildeten fossilen 
Elengeweihen am nächsten kommen. Die vor 2 Jahren in Begleitung von 
Hirsch-, Schwein- und Pferde-Resten und mit Urnen und einem Götzen- 
bilde im Bereiche der Stadt Bunzlau selbst entdeckten, von Herrn Dr. v. 
d. Veıpe dem schles. Verein für Kunst und Alterthum einge- 
schickten grossen Elenthiergeweihe, als Zeugen einer alten Opferstätte, 
hält G. zwar nicht für fossil, doch für unsere urgeschichtlichen Verhält- 
nisse von nicht geringerem Interesse. Es hat sich daher auch der Vor- 
stand bewogen gefühlt, aus allen diesen und ähnlichen bereits vorhande- 
nen in inniger Beziehung zu einander stehenden Fossilien eine eigene Ab- 
theilung in dem hoffentlich sich bald erhebenden Museumsgebäude unter 
dem Namen Museum für Urgeschichte des Menschen zu be- 
gründen. ; 


F. SANDBERGER: über Unio sinuatus Lam. und seine archäo- 
logische Rolle. (Malakozool. Blätter XX. p. 95.) — Umio sinuatus 
Lam., die grösste und dickschaligste europäische Art, ist gegenwärtig auf 
Südfrankreich beschränkt und bewohnt namentlich die Flüsse Tarn, Cha- 


982 


rente, Dordogne und den oberen Theil der Garonne. In der Ande, worin 
er nach seinem Vorkommen im alluvialen Kalktuffe von Narbonne zu schlies- 
sen, früher auch gelebt haben muss, ist er nach Prof. NovLer in Toulouse 
jetzt ausgestorben. SANDBERGER führt hier den Beweis, dass diese Art in 
vorhistorischer und vielleicht auch noch in römischer Zeit auch in Deutsch- 
land existirt hat und also hier erst seit etwa 2000 Jahren erloschen ist. 
Seine Schalen, welche SAnDBERGER auch in dem Kalktuffe von Homburg 
am Main erkannt hat, haben nach ihm in der Steinzeit zur Herstellung 
einer Art Perlenschnur-Kette in rohester Form gedient, und unter den 
Muschelschalen, welche im Jahre 1854 in dem Römer-Castell auf dem Hei- 
denberge in Wiesbaden als Küchenabfälle haufenweise zusammen lagen, 
fand sich neben Ostrea edulis und Cardium aculeatum in grosser Menge 
ein riesiger Unio, welcher identisch ist mit der im Tuffe von Homburg 
und in den Muschelschnüren der Steinzeit gefundenen Art, oder Unio si- 
nuatus. Die Muschel hat offenbar den Römern zur Nahrung gedient und 
war vielleicht ein aus weiter Ferne bezogener Leckerbissen, wie die Au- 
stern und Cardien. 


E. W. Binsey: Observations on the Structure of Fossil 
Plants found in the Carboniferous Strata. P. II. Lepido- 
dendron. Palaeont. Soc. 1872. 4°. p. 63—96. Pl. 13 -18. — Die von 
E. W. Bınney schon mit grossem Erfolge durchgeführten mikroskopischen 
Untersuchungen zahlreicher Steinkohlenpflanzen haben hier zu einer nähe- 
ren Betrachtung der Gattungen Lepidodendron, Sigillaria und Halonia 
geführt. Die vorzüglich ausgeführten Abbildungen beziehen sich auf Le- 
pidodendron Harcourtii, Sigillaria vascularis und Halonia regularis. 


W.C. Wırnıamson: on the Organization of the Fossil Plants 
of the Üoal-measures. Part. I. Calamites. Philos. Trans. 1871, 
p. 477—510. Pl. 23—29. — (Jb. 1870, 1035.) — Die früheren Arbeiten 
des Verfassers über die Structur der Calamiten werden in dieser 
Abhandlung wesentlich ergänzt durch mikroskopische Darstellungen des 
Stammes von Calamopitus, Calamites und Equisetum maximum und ver- 
gleichende historische Bemerkungen. 

Part. II. Lepidodendra and Sigillarıae. (Proc. of the Royal 
Soc. No. 129. 1871.) — Nach einer Vergleichung des Lepidodendron sela- 
ginoides, L. Harcourtii, sowie der Sigillaria vascularıs BINNEy, der nahe 
verbundenen Gattungen Ulodendron und Halonia, verschiedener Sigilla- 
rien und Stigmarien gelangt der Verfasser zu dem Schluss: Es ist 
klar, dass alle diese Lepidodendron- und Sigillaria-artigen Pflanzen eine 
gemeinschaftliche Familie bilden und dass die Trennung der letzteren von 
den ersteren als G@ymnospermen, nach BRonsNIarT’s Vorgang, aufzugeben 
ist. Die merkwürdige Entwickelung der exogenen holzigen Structur in 
den meisten Mitgliedern der ganzen Familie verbietet die Anwendung des 
Namens Acrogenen für sie oder ihre lebenden Repräsentanten. Viel- 


983 


mehr schlägt der Autor eine Trennung der Gefäss-Kryptogamen in 
eine exogene Gruppe, mit Lycopodiaceen, Equisetaceen und den 
fossilen Calamiten, und eine endogene Gruppe, mit den Farnen, 
vor. Die erstere vereint die Kryptogamen mit den Exogenen durch die 
Cycadeen und anderen Gymnospermen, die letztere mit den Endogenen 
durch die Palmaceen. 

Man kann dem baldigen Erscheinen von WiLrıanson’s neuer Mono- 
graphie über diesen Gegenstand, wozu von ihm 200—300 neue Durch- 
schnitte von Steinkohlenpflanzen angefertigt worden sind, nur mit Freude 
entgegensehen (Proc. Royal Soc. No. 131, 1872). 


FR. Aus. Quenstept: Petrefactenkunde Deutschlands. 1. Abth, 
3. Bd. Echinodermen. 1. Hft. Leipzig, 1873. 8°. 112 S. Taf. 62—65. 
— Jb. 1868, 834. — Wie alle Schriften QuEnstEDT’s, so ist auch diese er- 
sehnte Fortsetzung der Petrefactenkunde Deutschlands wiederum ein Mu- 
ster deutscher Gründlichkeit und deutschen Fleisses. Eingehenden ge- 
schichtlichen Bemerkungen über die Ychinodermata und ihre Organisation 
folgen speciellere Betrachtungen über die ZEchinidae oder Seeigel und 
ihre natürliche Eintheilung. Die Echinidae regulares oder Cidarıdae er- 
öffnen den Reigen, und es wird schon in diesem Hefte eine Reihe von 
Cidaris-Arten mit ihren mannichfachen Abänderungen beschrieben. 

1) Oidaris elegans, 2) C. coronata, 3) ©. marginata, 4) C. Blumen- 
bachi, 5) C. florigemma, 6) O. nobilis (Rhabdocidaris). Die mit grosser 
Sorgfalt zusammengestellten Tafeln, die eine reiche Fülle des interessan- 
testen Materiales enthalten, sind naturwissenschaftlich- und künstlerisch- 
vollkommene Darstellungen. 


E. Desor: über den Höhlenmenschen, den tertiären Men- 
schen und die Abstammung der Troglodyten. (Journal de Ge- 
neve, 26. Sept. 1872.) — In einem hier niedergelegten Berichte über den 
anthropologischen Congress in Brüssel hebt E. D. besonders hervor: dass 
Italien der klassische Boden für die Grabmäler sei, die Schweiz für 
die Pfahlbauten oder palafittes, Skandinavien für megalithische Monu- 
mente und Belgien für Höhlen. 

Die von Abbe Boureroıs angeregte Frage über die Existenz von ter- 
tiären Menschen wird nach den bis jetzt darüber bekannten Thatsachen 
von StEEnsTRUP, Fraas, Desor und mehreren Andern als eine noch unge- 
löste betrachtet. 

Bei einer Beleuchtung der Frage nach der Menschenrasse, zu welcher 
die Troglodyten der belgischen Höhlen gehören, fand sich vielfach Ge- 
legenheit, den von QUATREFAGES veröffentlichten Ansichten entgegenzutre- 
ten, die ja auch schon von Vırcnow als unhaltbar zurückgewiesen wor- 
den sind. 


984 


Miscellen. 


Franz Karı Enruich: Ober-Österreich inseinen Natur-Ver- 
hältnissen. Linz, 1871. 8%. 160 S. — Seit einer langen Reihe von 
Jahren die Kunde seines schönen Heimatlandes nach allen Richtungen 
verfolgend, hat der rühmlichst bekannte Verfasser insbesondere als Kustos 
des Brünner Museums die vielen auf diesem Gebiete auftauchenden wis- 
senschaftlichen Arbeiten in einem übersichtlichen Handbuche zur näheren 
Kenntniss des Landes zusammengefasst, das er zunächst den Bewohnern 
Oberösterreichs, besonders der heranwachsenden Jugend übergibt, um das- 
selbe genauer kennen zu lernen und — desto inniger zu lieben. Es ist 
jedoch auch für die weitesten Kreise zu empfehlen und verdient Nach- 
ahmung in anderen Ländern ! Dasselbe behandelt: Grösse und Grenzen 
des Landes, die geographische Lage, Oberflächengestaltung, Höhenverhält- 
nisse und Höhenbestimmungen, die verschiedenen Gewässer, Klima, Boden- 
beschaffenheit, Gesteine, Mineralien und Versteinerungen, Vegetation und 
Thierwelt, Phänologie, anziehende landschaftliche Schilderungen und Cha- 
rakterbilder und gibt eine Übersicht über die von ihm hierzu benutzte 
reiche Literatur. 


. 


Dr. CARL FRIEDRICH Naumann in Dresden und Dr. Avcvst Emis v. Reuss 
in Wien. 

An demselben Tage, am 26. November, an welchem der Wissenschaft 
einer ihrer würdigsten und in allen Erdtheilen hochgeschätzten Vertreter, 
der Geh. Bergrath und frühere Professor der Mineralogie und Geognosie 
in Leipzig, Dr. Cart Frırpricn NAUMANN in Dresden durch den Tod ent- 
rissen wurde, verschied in Wien der Universitätsprofessor Dr. Aususr Enmız 
v. Reuss, der im Gebiete der Mineralogie, Geologie und Paläontologie 
gleichfalls eine sehr hohe Stellung einnahm. Als neueste Schrift verdankt 
man ihm noch die mühevolle monographische Bearbeitung der Foramini- 
feren, Bryozoen und Ostracoden in den Plänerablagerungen des Elbthal- 
gebirges in Sachsen, wovon ein Theil noch unter der Presse ist. Beide 
seit langer Zeit eng befreundete Männer, die sich selbst durch ihre be- 
deutenden Werke ein unvergängliches Denkmal gesetzt haben, wurden ‘zu 
gleicher Zeit, am 29. November Nachmittags nach 5 Uhr in Dresden und 
Wien in die Gruft gesenkt. — Nekrologe folgen später. 


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