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Full text of "Neu-Kamerun, das von Frankreich an Deutschland im abkommen vom 4. november 1911 abgetretene gebiet. Beschrieben auf grund der bisher vorliegenden mitteilungen von dr. Karl Ritter"

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VERÖFFENTLICHUNGEN  DES  REICHSKOLONIALAMTS 

-  Nr.  4   ^==:^=z=^^=z 


NEU-KAMERUN 


DAS  VON  FRANKREICH  AN  DEUTSCHLAND 
IM  ABKOMMEN  VOM  4.  NOVEMBER  1911  ABGETRETENE  GEBIET 

BESCHRIEBEN  AUF  GRUND  DER  BISHER  VORLIEGENDEN  MITTEILUNGEN 


VON 


Dr.  KARL  RITTER 


MIT  2  KARTEN 


JENA 

VERLAG  VON   GUSTAV  FISCHER 

1912 


Alle  Rechte  vorbehalten. 


UBR4^ 


Vorwort. 


Die  vorliegende  Arbeit,  die  mit  dem  i.  Juni  1912  abgeschlossen  wurde, 
ist  eine  Sammlung,  Vergleichimg  und  Ordnung  des  zur  Veröffentlichung 
geeigneten  Materiales  über  Neu-Kamerun,  das  zurzeit  erhältlich  war. 
Sie  ist  in  erster  Linie  als  Informationsquelle  für  die  amtlichen  Stellen, 
insbesondere  die  örthchen  Venvaltungsbehörden  in  Kamerun  geschrieben ; 
es  ist  daher  auch  Detailmaterial  aufgenommen  worden,  soweit  solches 
schon  vorliegt  und  seine  Aufnahme  zweckmäßig  erschien.  Die  Arbeit 
soU  aber  auch  Privatkreisen,  die  sich  beruflich  oder  aus  Interesse  für 
die  Entwicklung  unseres  überseeischen  Besitzes  über  das  neue  Gebiet 
unterrichten  wollen,  zu  diesem  Zwecke  dienen. 

Das  Material  mußte  naturgemäß  zum  größten  Teil  französischen 
Quellen  entnommen  werden.  Dieser  Umstand  hat  vom  deutschen  Stand- 
punkte aus  den  Vorteil,  daß  in  der  Hauptsache  ein  ohne  jede  intemationale 
Voreingenommenheit  gesammeltes  und  niedergescluiebenes  Material 
verarbeitet  werden  konnte,  da  es  fast  ganz  aus  einer  Zeit  stammt,  wo 
noch  niemand  daran  gedacht  hat,  daß  dieses  Gebiet  einmal  deutsch  werden 
könnte.  Andererseits  muß  die  Verantwortung  für  die  Richtigkeit  vieler 
Angaben  den  französischen  Quellen  überlassen  werden.  Die  vorliegende 
Zusammenstellung  soll  daher  auch  keine  endgültige  und  erschöpfende 
Arbeit  über  Neu-Kamerun  sein  und  nicht  zu  einem  abschließenden 
Urteile  führen.  Daitu  war  schon  die  zur  Abfassung  zur  Verfügung  stehende 
Zeit  zu  kurz.  Die  Arbeit  hat  vielmelir  neben  der  vorläufigen  Information 
den  Zweck,  zu  weiteren  Äußerungen  anzuregen,  und  die  Kreise,  die  aus 
irgendwelchen  Quellen  weitere  zuverlässige  Kenntnis  über  das  neue 
Gebiet  haben  oder  sich  zu  einer  weiteren  wissenschaftlichen  Bearbeitung 
des  jetzt  oder  später  Bekannten  bcnifcn  fühlen,  zu  veranlassen,  ihre 
Kenntnisse  und  Fähigkeiten  der  Verwaltung  und  der  Allgemeinheit 
durch  weitere  Veröffentlichungen  dienstbar  zu  machen.     Soweit  in  der 


—    IV    — 

Arbeit  über  die  tatsäclüichen  Angaben  hinaus  Erörterungen  angestellt, 
Folgerungen  gezogen  oder  Vermutungen  ausgesprochen  werden,  handelt 
es  sich  um  die  persönliche  Auffassung  des  Verfassers.  Die  Kolonial- 
verwaltung will  sich  in  ihren  Ansichten  und  Entschließungen  durch  die 
vorliegende  Arbeit  nicht  binden. 

Die  Zentralstelle  des  Hamburgischen  Kolonial-Institutes 
hat  für  die  vorhegende  Arbeit  ihre  Sammlungen  dem  Reichs-Kolonialamte 
in  sehr  dankenswerter  Weise  zur  Verfügung  gestellt.  Diese  Sammlungen 
haben,  trotzdem  sie  erst  vor  verhältnismäßig  kurzer  Zeit  begonnen  worden 
sind,  eine  überraschende  Reichhaltigkeit  gezeigt  und  gute  Dienste  ge- 
leistet. Mit  besonderer  Anerkennung  und  mit  Dank  ist  die  Mitarbeit 
des  Herrn  Dr.  H.  Waltz  vom  Hamburgischen  Kolonial-Institut  zu 
erwähnen,  der  seine  Privatarbeiten  über  die  Konzessionsgesellschaften 
zur  Verfügung  gestellt  hat.  Die  Übersetzung  des  Konzessionsdekretes 
von  1899  (Angang  H)  und  die  Grenzbeschreibung,  die  in  dem  vierten 
Abschnitte  bei  der  Besprechung  der  einzelnen  Gesellschaften  eingefügt 
ist,  sind  ganz  und  die  Eintragung  der  Konzessionsgrenzen  auf  der  Karte 
2  größtenteils  diesen  Privatarbeiten  entnommen.  Das  Kapitel  über  die 
Finanzen  Französisch-Äquatorial-Afrikas  ist  unter  Mitarbeit  von  Herrn 
Assessor  Dr.  Volkmann  geschrieben. 

Berlin,  im  Juiü  1912. 

Reichs-  Kolonialamt. 


Inhalts\'erzeichnis. 


Vorwort  des  Reichskolonialamts. 
Inhal  tsverzeichnis. 


Seite 


Erster    Abschnitt. 

Die  natürlichen  Verhältnisse. 

A.  Die  natürlichen  Verhältnisse  von  Französisch-Äquatorial-Afrika. 

§  I.  Grenzen i 

§  2.  Orographie  und  Hydrographie 2 

§  3.  Die  meteorologischen  und  klimatischen  Verhältnisse 3 

§  4.  Die  Pflanzen-  und  Tierwelt 4 

§  5.  Die  Bevölkerung 4 

B.  Die  natürUchen  Verhältnisse  von  Neu-Kamerun. 

I.  Das  Südgebiet. 

§     6.  Das  Küstendreieck 7 

Das  Binnendreieck. 

§     7.  Orographie  und  Hydrographie 13 

§     8.  Die  meteorologischen  und  khmatischen  Verhältnisse 18 

§     9.  Die  Pflanzen-  und  Tierwelt 20 

§   10.  Die  Bevölkerung 2i 

II.  Der  Sanga-Vorsprung. 
§  II 26 

III.  Das  Ostgebiet. 

§  12.  Das  Hochland  von  Jade 32 

Der  südliche  Teil  des  Ostgebietes. 

§  13.  Die  hydrographischen  Verhältnisse 34 

§  14.  Die  meteorologischen  und  klimatischen  Verhältnisse 42 

§   15.  Die  Pflanzen-  und  Tierwelt 43 


—     VI     — 

Seite 

§  i6.  Die  Bevölkerung 45 

Der  nördliche  Teil  des  Ostgebietes. 

§  17.  Orographie  und  Hydrographie 52 

§  18.  Die  meteorologischen  und  khmatischen  Verhältnisse 54 

§  19.  Die  Pflanzen-  und  Tierwelt 58 

§  20.  Die  Bevölkerung 59 

Zweiter   Abschnitt. 

Handel,  Verkehr  und  Arbeiterfrage. 

§  21.  Vorbemerkung 64 

I.  Der  Handel. 

§  22.  Der  Gesamthandel  und  Ein-  und  Ausfuhr 65 

§  23.  Kautschuk 75 

§  24.  Elfenbein 78 

§  25.  Nutzhölzer 79 

§  26.  Ölfrüchte,   Baumwolle  u.   a.   Erzeugnisse,  Viehzucht,  Mineralien  81 

II.  Der  Verkehr. 

§  27.  Allgemeines 84 

I.  Die  Schiffahrtswege 

§  28.  Das  Kongo- Sanga-Ubangi-System 85 

§  29.  Das  Iwindo-Ogowe-System 91 

§  30.  Die  Küste  und  die  Küstenflüsse 92 

§  31.  Das  Logo ne-Tschad- System 93 

§  32.  2.  Der  Trägerverkehr  und  die  Handelsstraßen 99 

§  33.  Die  Frachtkosten 100 

§  34.  3.  Eisenbahnen 103 

§  35.  4.  Die  Telegraphenhnien 105 

III.  Bevölkerung  und  Arbeiterfrage. 

§  36.  Zahl  und  Dichtigkeit  der  Bevölkerung 107 

§  37.   Schlafkrankheit  und  Pocken iii 

§  38.  Arbeiterfrage 113 


Dritter    Abschnitt. 
Die  Verwaltungs-  und  Finanzeinrichtung. 

I.  Verwaltungseinrichtung. 

39.  Allgemeines 116 

40.  Die  bisherigen  Verwaltungsbezirke  und  Verwaltungskosten  ...      118 

41.  Die  bisherige  Verwaltungstätigkeit  (Eingeborenenpohtik,  Schulen, 
Arbeitervertrag,  PoUzei-  und  Schutztruppe,  religiöse  Verhältnisse, 
Geldverkehr 124 


—     VII     — 

Seite 

II.  Die  Finanzeinrichtung. 

1.  Die  Finanzen  von  Französisch-.\quatorial-.\(rika. 

§  42.  Die  Finanzeinrichtung  und  die  bisherige  Entwicklung  der  Finanzen  133 

§  43.  Die  Zölle 141 

§  44.  Die  Verbrauchsabgaben      143 

§  45.  Die  Eingcborencnstcucrn 144 

§  46.  Die  Domanialeinkünfte 14'» 

§  47.  2.  Die  Finanzen  von  Neu-Kamerun 147 

Vierter    Abschnitt. 

Das  Domanial-  und  Konzessionssystem  und  der  freie  Handel. 

I.  Das  Domanialsy Stern. 

§  48 '45 

II.  Das  Konzessionsystem. 
§  49.  I.    Die    Konzcssionsgesellschaf ten    in    Französisch- 
Äquatorial- Afrika    i5<^ 

2.  Die  Konzessionsgesellschaften  in  Neu-Kamerun. 
A.  Die  Konzessionsgesellschaften  nach  dem  Dekrete  von  1S99. 

§  50.  Compagnie  de  la  Ngoko-Sangha      ^5^ 

§  51.  Compagnie  Fran^aise  du  Congo i<i2 

§  52.   Socifete  de  la  Sangha  equatoriale 163 

§  53.  Compagnie  commerciale  de  Colonisation  du  Congo  Fran9ais    .    .  164 

§  54.  Compagnie  Fran^aisc  de  l'Ouahme  et  de  la  Nana 165 

§  55.  Compagnie  Commerciale  et  Coloniale  de   la  Mamber6- Sangha   in 

Liqu 166 

§  56.  B.  Die  Compagnie  Foresti^e  Sangha-Oubangui 167 

§  57.  C.  Die    Soci6t6   Commerciale   Industrielle   et   Agricole   du    Haut 

Ogoou6 179 

§  58.  D.  Die  Soci6t6  des  Messageries  Fluviales  du  Congo i"^" 

E.  Die  Konzessionsdekrete. 

§  59-  Vorbemerkung ^^3 

1.  Das  Dekret  von  1S99. 

§  60.  Die  Gesellschaftsverfassung 184 

§  61.  Das  Konzessionsgebiet 184 

§  62.  Die  Rechte  aus  den  Konzessionen 185 

§  63.  Die  Verpflichtungen  und  Auflagen      188 

§  64.  Beginn,  Änderung  und  Ende  der  Konzessionen 191 

§  65.  Die  Eingeborenenreservate ^95 

2.  Das  Dekret  von   1910/11. 

§  66.  Die  Gesellschafts  Verfassung 198 

§  67.  Rechte  und  Pflichten  aus  den  Konzessionen I99 

§  68.  Das  Ende  der  Konzessionen 20° 

§  6g.  Die  Eingeborenenreservate 20t 

§  70.   F.  Die  rechtliche  Natur  der  Konzessionen 203 

§  71   G.  Die  Konzessionen  und  das  November- Abkommen  206 


—     VIII     — 

Seite 
III.  Die  Konzessionen  und  der  freie  Handel. 

§  72.  Der  freie  Handel  im  Kongo-Becken 208 

§  73.  Der  freie  Handel  außerhalb  des  Kongo-Beckens 212 

Anhang  I. 

1.  Das  deutsch-französische  Abkommen  betreffend  die  beiderseitigen 
Besitzungen  in  Äquatorial- Afrika 215 

2.  Inhalt  eines  Notenwechsels  betreffend  das  obige  Abkommen  .    .    .      225 

3.  Abkommen  betreffend  die  Abgrenzung  zwischen  Kamerun  und 
Französisch- Kongo  vom  18.  April  1908  und  Anhang  dazu  ....     226 

4.  Zusatznote  zu  dem  Abkommen  vom  4.  November  191 1 231 

5.  Übereinkommen  über  die  Nationalität  der  Personen,  die  sich  in 
den  zwischen  Frankreich  und  Deutschland  am  4.  November  191 1 
ausgetauschten  Gebieten  befinden 232 

6.  Französisch-spanischer  Vertrag  betreffend  die  Abgrenzung  der  beider- 
seitigen Besitzungen  an  der  Küste  des  Golfes  von  Guinea  vom  27. 
Juni  1900      234 

7.  Zusatz  zu  dem  deutsch-französischen  Abkommen  vom  4.  November 
1911 239 

Anhang  II. 

1.  Dekret  von  1899 243 

2.  Lastenheft 252 

Anhang  III. 

1.  Dekret  von  1910  mit  dem  Übereinkommen  vom  13.  Juni  1910     .     275 

2.  Dekret  von  191 1  mit  dem  Übereinkommen    vom  31.   Januar  191 1     282 

3.  Formular  für  Kautschukverträge  zwischen  der  Cie.   Forestifere  und 

den  Häuptlingen      285 

Anhang  IV. 

1.  Vertrag  zwischen  dem  Generalgouvernement  und  der  Societe  des 
Messageries  Fluviales  du  Congo  vom  2.  November  1910 289 

2.  Vertrag  zwischen  der  Ste.  Mess.  Fluv.  und  einer  Konzessionsgesell- 
schaft mit  Tarif 303 

Abkürzungen      310 

Zusammenstellung  der  Niederschlagsmengen 311 

Karte  i    =  Verwaltungskarte. 
Karte  2   =  Konzessionskarte. 


Erster  Abschnitt. 

Die    natürlichen   Verhältnisse. 

A.  Die  natürlichen  Verhältnisse  von 
Französisch-Äquatorial-Afrika. 

Literatur: 

Rouge t,  Expansion  colonicüe  au  Congo  Fran9ais.     Paris  1906. 
Annuaire  Coloniale.     Paris  1910.     S.  514 — 523. 

Die    Schilderung   der  natürUchen   Verhältnisse  von   Neu-Kamerun   §  i. 
wird  leichter  verständlich,  wenn  zunächst  ein  Bück  auf  die  natürhchen 
\'erhältnisse  der  französischen   Kongo-Kolonie  geworfen   wird,   zu   der 
Neu-Kamerun  bisher  gehörte. 

Die  französische  Kongo-Kolonie  —  seit  1910  amthch  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  genannt  —  hegt  zwischen  dem  5°  südhcher  und  dem 
15°  nördlicher  Breite  und  dem  9°  und  27°  östUcher  Länge  von  Green- 
wich.  Vor  dem  Gebietsaustausche  auf  Gnmd  des  deutsch-französischen 
Abkommens  vom  4.  November  191 1  wurde  ihr  Flächeninhalt,  je  nachdem 
man  ihre  nördliche  Ausdehnung  annahm,  auf  1776500  oder  1423400  qkm^) 
angegeben.  Sie  zerfiel  in  zwei  der  Größe  nach  ungleiche  Land- 
massen ;  die  kleinere  südliche  wurde  begrenzt  im  Westen  \-om  Atlantischen 
Ozean,  im  Norden  von  Spanisch- Guinea  und  Kamerun,  im  Süden  und 
Osten  von  Portugiesisch- Kabinda  und  der  belgischen  Kongo-Kolonie; 
die  größere  nördhche  wurde  begrenzt  im  Westen  bis  zum  Tschadsee 
hinauf  von  Kamerun,  im  Osten  von  der  Kongo-Kolonie,  im  Nordosten 
vom  ägyptischen  Sudan.     Im  Norden  scliließt  sich  Französisch-Aquato- 

*)  Vgl.  Afr.  Franf.  Renseignemcnts  Coloniaux  191 1,  S.  274  und  Rouget  S.  639. 
Die  drei  Kolonien  Ubangi-Schari,  Mittel-Kongo  und  Gabun  hatten  einen  Flächen- 
inhalt von  I  230  500  qkm. 

VerBffentl.  d.  Reichfkolonialamtci  Nr.  4:  Ritter.  ^ 


rial-Afrika  ohne  bestimmte  Verwaltungsgrenze  an  den  französischen 
Sudan  und  damit  an  das  große  französische  Kolonialreich  im  Norden 
Afrikas  an.  Die  Verbindung  zwischen  dem  südhchen  und  dem  nördhchen 
Teile  der  Kolonie  wird  durch  das  verhältnismäßig  schmale  Landgebiet 
zwischen  dem  Sanga  und  dem  Ubangi  hergestellt. 

Ein  Bück  auf  diese  Grenzen  läßt  erkennen,  daß  die  Kolonie  ihrem 
Umfange  nach  nicht  ein  einheithches,  geographisches  oder  wirtschaft- 
liches Ganzes  bildete,  sondern  durch  pohtische  Rücksichten  und  Zufälle 
ihre  bisherige  Gestalt  erhalten  hat.  Die  einzelnen  Teile  von  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  zeigen  daher  in  ihren  natürhchen  und  wirtschaftüchen 
Verhältnissen  große  Verschiedenheiten,  die  bei  einer  Ausdehnung  über 
mehr  als  20  Breitengrade  noch  schärfer  hervortreten  als  in  Kamerun. 
Es  sind  4  Gebiete  zu  unterscheiden,  die  orographisch,  hydrographisch, 
khmatisch,  zum  Teil  auch  ethnographisch  und  in  Beziehung  auf  Pflanzen- 
und  Tierwelt  in  sich  zienüich  einheithch  und  unter  sich  scharf  abgegrenzt 
sind.     Das  sind 

1.  Das  Bergland  der  Küste  und  sein  Hinterland, 

2.  das  Tiefland  des  Kongo-Beckens, 

3.  das  Hochplateau  im  Norden  des  Kongo-Beckens, 

4.  das  Tschadsee-Gebiet. 

§  2.  I.  Das  Küstenbergland  stellt  sich  —  schematisch  —  als  eine  dem 

Meere  zu  geneigte,  große  Mulde  dar,  die  im  Norden  von  der  Sierra  del 
Cristal,  im  Süden  von  den  Bergen  von  Majumbe  flankiert  wird  und  in 
weitem  Bogen  stufenweise  aufsteigend,  sich  etwa  600  km  landeinwärts 
erstreckt.  In  der  Senkung  der  Mulde  fällt  der  Ogowe  in  zahlreichen 
Absätzen  zum  Meere.  Hydrographisch  stellt  sich  dies  Gebiet  also  als 
das  Becken  des  Ogowe  dar.  Neben  ihm  kommen  noch  einige  kürzere 
Flüsse  zur  Küste,  Die  Küste  selbst  zeigt  im  Norden  bis  zum  Kap  Lopez 
mehr  bergigen  Charakter;  während  weiter  nach  Süden  sich  ein  mit 
Sümpfen  und  Lagunen  durchsetztes  Tiefland  von  wechselnder  Breite 
die  Küste  entlang  zieht. 

2.  Östlich  flacht  dieses  Bergland  sich  zu  der  weiten  tiefen  Einsenkung 
ab,  die  von  dem  Fluß  Systeme  des  Kongo  ausgefüllt  \vird.  Das  Charak- 
teristische an  diesem  Tieflande  ist,  daß  der  Kongo  und  seine  zahlreichen 
großen  und  kleinen  Nebenflüsse  in  weiten,  mit  dichten  Waldungen  be- 
deckten Ebenen  dahinfließen,  die  so  flach  sind,  daß  die  Flußläufe  sich 
in  viele  Arme  teilen.  Der  Kongo  erreicht  in  dieser  Gegend  stellenweise 
eine  Breite  von  20  km  und  darüber.  Bei  der  großen  Niederschlagsmenge 
dieses  Gebietes  tritt  während  der  Regenzeit  das  Wasser  über  die  niederen 
Ufer  und  verbreitet  sich  dann  ohne  Hemmung  über  die  Ebene,  so  daß 


—     3     — 

weite  Gebiete  in  eine  große  Wasserfläche  verwandelt  werden.  Die  Rück- 
stände dieser  Überschwemmungen  bilden  den  für  dieses  Gebiet  so  charak- 
teristischen Ur^valdsumpf.  Der  größte  Teil  dieses  Tieflandes  gehört  zu 
der  belgischen  Kongo-Kolonie.  Zu  Französisch-Äquatorial-Afrika  gehört 
nur  das  rechte  Ufer  des  Ubangi,  mit  den  Flußgebieten  des  Lobaje,  Ibenga 
und  Motaba,  und  von  der  Mündung  des  Ubangi  in  den  Kongo  an  die 
rechte  Uferseite  des  Kongo  selbst. 

Von  der  Mündung  des  Alima  ah,  den  Kongo  abwärts,  wird  das  Tief- 
land durch  ein  Hochplateau  unterbrochen,  das  sich  in  südlicher  Richtung 
an  das  oben  beschriebene  Küstenbergland  ansetzt  und  den  Kongo  zwingt, 
seine  Wasser  zwischen  hohen  Ufern  in  verhältnismäßig  schmalem  Laufe 
zu  sammeln.  Er  durchbricht  dieses  Hochplateau  in  dem  sogenannten 
,, Couloir  du  Congo"  bis  zum  Stanley-Pool,  um  weiterhin  in  zahlreichen 
Fällen  sich  in  das  Küstentiefland  zu  stürzen,  wo  er  wieder  genügend 
Raum  für  die  Ausdehnung  seiner  Wasser  imd  Bildung  eines  großen 
Sumpfdeltas  findet. 

3.  Das  dritte  Gebiet,  das  Hochplateau  im  Norden  des  Kongo- 
Beckens,  schüeßt  sich  an  das  Hochland  von  Adamaua  in  Kamerun 
östUch  an,  und  wie  dieses  die  Wasserscheide  zwischen  den  Küstenflüssen 
und  dem  Kongo-Becken  bildet,  so  ist  das  nördhche  Hoclüand  in  Fran- 
zösisch-Äquatorial-Afrika die  Wasserscheide  z\Nischen  dem  Kongo-  und 
dem  Tschadsee-Becken.  Dieses  Hochland  gUedert  sich  in  3  Gruppen: 
Die  Gruppe  von  Dar-Banda,  die  im  Osten  die  Wasserscheide  zum  Nil 
hin  bildet,  die  Gruppe  des  oberen  Schari  und  die  Gruppe  des  Sanga, 
die  ihren  orographischen  Mittelpunkt  im  Hochlande  von  Jade  hat. 
Von  hier  fließen  der  Kadei,  der  Mambere,  der  Nana  nach  Süden,  der 
Lobaje  und  der  Ibenga  nach  Osten,  der  Uam  und  der  Pende  nach  Norden 
und  der  Sanaga  nach  Westen. 

4.  Im  Norden  senkt  sich  dieses  Hochland  zu  dem  Tschadsee- 
Becken  hinab.  In  diesem  Gebiete  vollzieht  sich  allmähhch  der  Übergang 
vom  Hochlande  zum  Acker-  imd  Graslande  und  weiter  nördlich  zur 
Sandwüste  der  Sahara. 

Dem  bisher  Gesagten  entsprechend,  weisen  aucli  die  meteorolo-  §  3. 
gischen  und  klimatischen  Verhältnisse  von  Französisch-Aquatorial- 
Afrika  große  Verschiedenheiten  auf.  Im  Küstengebiete  zwischen  Kamerun 
und  dem  Kongo  bis  zum  Stanley-Pool  zerfällt  das  Jalir  in  zwei  Regen- 
und  zwei  Trockenzeiten,  nämlich  eine  schwächere  Regenzeit  im  März 
und  April  und  eine  stärkere  vom  September  bis  November;  die  eine 
Trockenzeit  reicht  vom  Juni  bis  September  und  die  zweite  ist  im  Dezem- 
ber und  Januar.  Am  unteren  Sanga  und  Ubangi  ver%vischen  sich  diese 
Regen-  und  Trockenzeiten  und  der  Regenfall  verteilt  sich  ziemlich  auf 


—     4     — 

alle  Monate  ohne  eigentliche  Trockenzeit.  An  dieses  ewig  feuchte  Gebiet 
schließt  sich  dann  den  Sanga  aufwärts  ein  Gebiet  an,  das,  wie  das  Hinter- 
land des  mittleren  Kamerun,  wieder  zwei  ausgesprochene  Regenzeiten, 
die  eine  im  April  und  Mai,  die  andere  im  September  imd  Oktober  hat 
und  zwei,  wenn  auch  nicht  ganz  regenlose  Trockenzeiten  in  der  Jahres- 
mitte (Juli  bis  August)  und  um  die  Jahreswende  (Dezember  und  Januar). 
Weiter  im  Norden  verschmelzen  die  Regenzeiten  wieder  zu  einer  einzigen, 
wobei  die  Regenmengen  abnehmen  und  die  Trockenzeit  um  die  Jahres- 
wende immer  länger  und  ausgesprochener  wird.^) 

Die  Temperatur  wird  im  Küsten-  und  Urwaldgebiete  durch  den 
großen  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  reguhert  und  erreicht  daher  fast 
nie  extreme  Ziffern.  Dagegen  zeigt  das  Thermometer  im  Norden  manch- 
mal sehr  hohe  Tagesunterschiede,  die  bis  zu  35  und  mehr  Grad  erreichen 
können.  Nirgends  in  Französisch-Äquatorial- Afrika  sind  die  khmatischen 
Verhältnisse  so,  daß  Eiuopäer  sich  dort  dauernd  aufhalten  könnten. 
Einige  Gebiete,  wie  z.  B,  das  Mündungsgebiet  des  Sanga  und  des  Ubangi, 
werden  sogar  als  ungeeignet  für  nur  kürzeren  Aufenthalt  bezeichnet. 

§  4-  Durch  das  bisher  Gesagte  sind  auch  die  Vegetations Verhältnisse 

schon  ziemhch  bestimmt.  Die  Niederungen  der  Küste  sind  mit  dem 
typischen  afrikanischen  Urwald  bedeckt,  der,  mit  dem  Berglande  auf- 
steigend, das  ganze  Ogowe-Becken  ausfüllt  und  nur  die  höheren  Erhebun- 
gen über  400  m  für  lichteren  Hoch-  und  Busch wald  übrig  läßt.  Die  Urwald- 
zone reicht  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  ähnlich  wie  in  Süd-Kamerun 
weit  ins  Innere  des  Landes  und  findet  in  der  seenartigen  Erw^eiterung 
des  Kongo-Beckens  zwischen  Bonga  imd  Liranga  den  Anschluß  an  den 
großen  Urwald  des  Kongo-Tieflandes  und  eine  neue  Basis,  von  der  aus 
sie  sich,  in  den  Tälern  des  Sanga  und  Ubangi  aufsteigend,  weiter  nach 
Norden  bis  zu  den  Südhängen  des  Jade- Hochlandes  ausdehnen  kann. 
Sie  hat  im  Norden  eine  ziemhch  scharf  abgeschnittene  Grenze,  ungefähr  am 
4**  nördhcher  Breite.  Nur  die  Flußläufe  entlang  vermag  sich  die  üppige, 
tropische  Vegetation  noch  weiter  nach  Norden  zu  erstrecken;  sie  bildet 
hier  an  den  Ufern  die  Waldgebilde,  die  unter  dem  Namen  Gallerie-  oder 
Uferwald  bekannt  sind.  An  diese  Uferwälder  schheßt  sich  zunächst 
dichter  Busch  an,  in  weiterer  Entfernung  Buschsteppe  und  dann  weiter 
nördhch  Grassteppe  mit  harten,  zur  Weide  wenig  geeigneten  Gräsern. 
Wo  die  Grassteppe  in  das  Bewässerungsgebiet  des  Schari  und  des  Logone 
kommt,  wird  der  Boden  fruchtbar  und  für  Viehzucht  und  Ackerbau  gleich 
geeignet. 

§  5.  Wenn  es  richtig  ist,  daß  der  Mensch  zum  großen  Teile  das  Erzeugnis 


1)  Vgl.  die  Zusammenstellung  der  Niederschlagsmengen  am  Schlüsse. 


seiner  Umwelt  ist,  und  daß  Volksgesamtheiten  von  ihrer  Umwelt  noch 
mehr  beeinflußt  werden  als  das  einzelne  Individuum,  so  ist  es  klar,  daß 
wir  in  einem  solchen  Lande  keine  einheitliche,  kulturell  oder  politisch 
zusammenhängende  Bevölkerung  erwarten  dürfen.  In  den  feuchten, 
hchtlosen  Urwäldern  mußte  sich  natürlich  eine  andere  Bevölkerung  ent- 
wickeln, als  auf  den  freien,  trocknen  Steppen  des  Nordens.  Dazu  kommt, 
daß  an  den  Grenzen  des  zentralafrikanischen  Urwaldes  sich  seit  Jahr- 
hunderten die  großen  Völkerbewegungen  brechen,  die  den  afrikanischen 
Kontinent  von  Nord  nach  Süd  und  zurückebbend,  von  Süd  nach  Nord 
durchflutet  haben  und  erst  seit  dem  Eindringen  der  europäischen  Kolo- 
nisationsmächte allmählich  zum  Stillstande  kommen.  Der  Ursprung, 
der  zeitliche  Anfang  und  die  Gründe  dieser  großen  Völker^vanderungen 
sind  noch  ziemlich  in  Dunkel  gehüllt.  Wir  können  nur  sehen,  daß  von 
Süden  und  Südosten  her  die  Stämme  der  Bantu-Neger,  vom  Nordwesten 
her  die  islamisierten  Völker  des  westlichen  Sudan  und  von  Osten  her 
die  Ostsudan-Neger  vorgedrungen  sind;  jeder  Stamm  den  ihm  vorge- 
lagerten vernichtend  oder  in  den  Urwald  drängend,  oder,  wenn  er  ge- 
nügende Widerstandskraft  fand,  ihn  überdeckend  und  sich  mit  ihm  ver- 
mischend. Dazu  haben  bis  in  die  zweite  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts 
vom  Tanganika-See  her  die  Sklavenjagden  der  Araber  und  früher  von  der 
Küste  des  Atlantischen  Ozeans  her  die  Sklavenhändler,  die  die  Sklaven 
nach  Amerika  ausführten,  dazu  beigetragen,  diese  Völkerschaften  zu 
zersprengen  und  in  jeder  einheitlichen  Entwicklung  zu  hemmen.  Wie 
anderwärts  in  Afrika,  z.  B.  in  den  wasserlosen  Steppen  Südwest-Afrikas, 
in  den  unzugängüchen  Hochländern  Zentral-Afrikas,  so  sind  daher  auch 
hier  die  kulturell  am  tiefsten  stehenden  Rassen  in  den  Gebieten  zu  treffen, 
die  die  geringste  Existenzmöglichkeit  bieten  und  damit  von  selbst  Schutz 
vor  kräftigeren,  höher  stehenden  Völkern  gewähren,  die  in  diesen  Ge- 
bieten ilire  höheren  Lebensansprüche  nicht  mehr  befriedigen  können. 
So  finden  wir  in  den  unzugänglichsten  Sumpf-  und  Urwaldgebieten, 
vor  allem  in  dem  Gebiete  zwischen  Likuala-Mossaka  und  Kongo  das 
Zwerg\'olk  (Pygmäen),  in  welchem  die  Forschung  mangels  einer  anderen 
Erklärung  die  Reste  der  Ureinwohner  Afrikas  sehen  will.  In  den  übrigen 
Gebieten  sind  diese  Ureinwohner  von  höherstehenden  \'ölkem  ülx;rdcckt 
worden.  Den  relativ  höchsten  Stand  der  Kultur  scheinen  die  Völker- 
schaften zu  erreichen,  die  im  Norden  mit  dem  Islam  in  Berührung  ge- 
kommen sind. 

Die  Angaben  über  die  Dichtigkeit  der  Bevölkenmg  zeigen  die 
gleichen  Unzuverlässigkeit,  die  den  Berichten  aus  anderen  Gebieten 
Afrikas  in  diesem  Punkte  eigen  ist.  Die  Schätzungen  schwanken 
zwischen  4  und  12  Millionen  Eingeborenen;  einzelne  Schätzungen  gehen 


—     6     — 

darüber  noch  hinaus  und  rechnen  mit  bis  zu  i8  MiUionen.  Wie  anderwärts 
in  Afrika  mußten  auch  hier  die  ersten  überschwängUchen  Erwartungen 
bezüglich  der  Bevölkerungszahl  stufenweise  herabgesetzt  werden;  jedoch 
scheinen  die  angegebenen  geringsten  Schätzungen  heute  schon  unter 
den  tatsächüchen  Bevölkerungsstand  herunterzugehen. 

B.  Die  natürlichen  Verhältnisse  von  Neu-Kamerun^). 

Von  diesem  nach  seinen  natürlichen  Verhältnissen  eben  kurz  be- 
schriebenen Gebiete  hat  Frankreich  durch  das  deutsch-französische 
Abkommen  vom  4.  November  1911,  betreffend  die  beiderseitigen  Be- 
sitzungen in  Äquatorial-Afrika^),  ein  Gebiet  von  etwa  280  ooo  qkm^) 
an  Deutschland  abgetreten.  Davon  entfallen  etwa  50  000  qkm  auf  den 
sich  südhch  an  Alt- Kamerun  anschließenden  Teil  und  230  000  qkm 
auf  den  Sanga- Vorsprung  und  den  östlich  an  Alt-Kamerun  sich  an- 
schließenden Teil  einschheßhch  des  Ubangi- Vorsprunges. 

Dem  Verlaufe  der  Grenze  folgend,  soll  zuerst  das  Südgebiet,  dann 
der  Sanga- Vorsprung,  dann  das  Ostgebiet  dargestellt  werden. 

I.  Das  Südgebiet. 

Literatur : 

A.  Cottes,  La  Mission  Cottes  au  Sud-Cameroun,  Paris  191 1. 

Koloniale  Rundschau,  1912,  S.  225!. 

Mouv.  Gtogr.  1900,  S.  107,  401;  1901,  S.  37,  571;  1903,  S.  99;  1907,  S.  65. 

La  Geographie  1911,  2.  Teil,  S.  287. 

Revue  coloniale  1902,  S.  470;  1902/03,  S.  171,  576;  1903/04,  S.  15. 

Die  Grenze  dieses  Gebietes  ist  im  Norden  die  bisherige  Südgrenze 
Kameruns  und  die  Südgrenze  von  Spanisch- Guinea  und  im  Westen  der 
Atlantische  Ozean.  Die  Südgrenze  ist  im  November-Abkommen  wie 
folgt  festgesetzt: 

La  f rontiere  partira  du  cöte  de  Die  Grenze  geht  vom  Atlantischen 
l'Atlantique  d'un  point  ä  fixer  sur  Ozean  aus,  sie  setzt  an  am  östlichen 
la  rive  Orientale  de  la  baie  de  Monda,  Ufer  der  Bai  von  Monda,  an  einer 
vers  l'embouchure  de  la  Massolie.  noch  zu  bestimmenden  Stelle,  geht 
Se  dirigeant  vers  le  nord-est,  la  weiter  nach  der  Mündung  des  Mas- 
frontiere obliquera  vers  1' angle  sud-  solle  zu  und  biegt  nordösthch  ver- 
est  de  la  Guinee  espagnole.     Elle  laufend  nach  dem  südösthchen  Win- 


^)  Vgl.  die  Karten  am  Schlüsse. 

2)  Im  Anhange  I  abgedruckt. 

^)  Nach  den  niedrigsten  Schätzungen  etwa  225  000  qkm. 


coupera  la  rivi^re  Ivondo  ä  son  kel  von  Spanisch-Guinea  um.  Sie 
confluent  avec  la  Djoua,  suivra  schneidet  den  Iwindofluü  bei  seiner 
cette  rivi^re  jusqu'ä  Madjingo  (qui  Vereinigung  mit  dem  Dschua,  folgt 
restera  fran(;;ais)  et  de  ce  point  se  diesem  Fluß  bis  Madschingo  (das 
dirigera  vers  Test,  pour  aboutir  französisch  bleibt)  und  verläuft  von 
au  confluent  de  la  Ngoko  et  de  la  hier  ab  östhch,  bis  sie  den  Vereini- 
Sangha  au  nord  d'Ouesso.  gungspunkt    des    Ngoko    und    des 

Sanga  im  Norden  von  Wesso  trifft. 

Diese  Grenzbeschreibung  ist  nur  vorläufig.  Die  Grenze  wird  ihren 
endgültigen  Verlauf  erst  auf  Grund  der  Arbeiten  der  technischen  Grenz- 
kommission  erhalten,  die  in  Art.  3  des  Abkommens  vorgesehen  ist.  Dabei 
werden  auch  die  Zweifel,  die  nach  dem  Wortlaute  des  Abkommens  über  • 
den  Ansatzpunkt  der  Grenze  an  der  Küste,  über  ihren  Verlauf  nach  der 
südösthchen  Ecke  von  Spanisch-Guinea  und  über  die  Entfernung  be- 
stehen, in  welcher  die  Grenze  an  dieser  Ecke  vorbeiläuft,  nach  Möghch- 
keit  zu  beseitigen  sein.  Die  ganze  GrenzUnie  von  der  Küste  bis  zum 
Sanga  beträgt  etwa  700  km;  davon  folgen  nur  etwa  100  km  natürUchen, 
geographischen  Grenzen,  nämlich  die  Strecke  von  der  Mündung  des 
Dschua  in  den  Iwindo  den  Dschua  aufwärts  bis  Madschingo.  Die  übrigen 
600  km  schneiden  eine  Unmenge  von  Flußläufen ;  von  größeren  seien  hier 
nur  der  Noja,  Mbei,  Komo,  Abanga,  Nkam,  Lara,  Okano,  Mwung,  Ua, 
Iwindo,  Kudu  imd  Komo  genannt.  Die  technische  Grenzkommission 
wird  unter  diesen  Umständen  wenig  Gelegenheit  haben,  von  ihrer  Be- 
fugnis, die  Landesgrenze  auf  natürliche  Grenzen  zu  verlegen,  Gebrauch 
zu  machen. 

Das  Südgebiet  zerfällt  in  ein  kleineres  Küstendreieck  (3250  qkm) 
und  ein  größeres  Binnendreieck  (46  500  qkm). 

Das    Küstendreieck    grenzt    im    Norden    an     Spanisch-Guinea.    §  6. 
Für   den   Verlauf   der    Grenze  ist    das   spanisch-französische   Grenzab- 
kommen vom  27.  Juni  1900  maßgebend,  das  darüber  folgendes  bestimmt  ^) : 

,,Die  Grenze  geht  aus  von  dem  Schnittpunkte  des  Talweges  des 
Muni-Flusses  mit  einer  geraden  Linie  von  Koko  Beach  nach  Diec6,  sie 
geht  dann  den  Talweg  des  Muni-Flusses  und  des  Temboni  aufwärts  bis 
zu  dem  Punkte,  wo  der  Temboni  zum  ersten  Male  durch  den  i°  nördlicher 
Breite  geschnitten  wird,  und  fällt  dann  mit  diesem  Breitengrade  zu- 
sammen bis  zu  seinem  Schnittpunkte  mit  dem  9.  Läjigengrad  östhch 
von  Paris  (11^20'  östlich  von  Greenwich).  Von  diesem  Punkte  an  wird  die 
Grenzlinie  durch  den  genannten  9.  Längengrad  östlich  von  Paris  ge- 


*)   Siehe  Anhang  I. 


bildet,  bis  zu  seinem  Zusammentreffen  mit  der  Südgrenze  von  Deutsch- 
Kamerun." 

Die  Grenze  gegen  Spanisch- Guinea  folgt  also  nur  geographischen 
Linien  und  zwar  im  Süden  von  Spanisch- Guinea  in  einer  Länge  von 
165  km  und  im  Osten  in  einer  Länge  von  145  km.  Die  Grenze  ist  in  der 
Natur  noch  nicht  festgelegt  worden.  Die  sich  hieraus  ergebenden  Nach- 
teile sind  hier  um  so  mehr  hervorgetreten,  als  die  astronomischen  Messun- 
gen, der  Grenzkommission  von  1901  ungenau  zu  sein  scheinen.^)  Die 
Folge  davon  ist,  daß  über  die  Zugehörigkeit  einzelner  Orte  Unsicherheit 
besteht,  so  daß  z.  B.  die  französische  Firma  Laloux  für  ihre  Nieder- 
lasstmgen  in  Ateke  seit  Jahren  an  das  französische  Gouvernement  Ab- 
gaben zahlt,  während  die  spanische  Behörde  der  englischen  Firma  Hat  ton 
&  Cookson  die  Ermächtigung  gegeben  hat,  an  dem  gleichen  Orte  eine 
Handelsniederlassung  zu  errichten.  Tatsächlich  wissen  die  an  der  Grenze 
sitzenden  Häuptlinge  vielfach  nicht,  ob  sie  zu  französischem  oder  spani- 
schem Gebiete  gehören,  und  manche  Eingeborenen-Niederlassungen 
werden  durch  die  Grenze  geschnitten.  Daraus  ergeben  sich  nicht  nur 
vom  politischen  Standpunkte  aus  Nachteile;  sondern  es  ist  auch  dem 
Schmuggel,  vor  allem  dem  Waffenschmuggel,  Tür  und  Tor  geöffnet. 
Ein  großer  Teil  der  alten  Steinschloßgewehre,  mit  denen  die  Eingeborenen 
sich  hier  bewaffnet  haben,  soll  aus  Spanisch- Guinea  herübergeschmuggelt 
worden  sein.  Die  französische  Regierung  hat  wiederholt,  so  im  Jahre 
1903,  1905  und  1907,  versucht,  diese  Unzuträglichkeiten  im  Einver- 
nehmen mit  der  spanischen  Regierung  durch  eine  bessere  Grenzführung 
zu  beseitigen;  sie  hat  aber  bei  der  spanischen  Regierung  kein  Interesse 
dafür  gefunden. 

Im  Westen  stößt  dieses  Gebiet  mit  einer  etwa  40  km  langen  Strecke 
an  den  Atlantischen  Ozean.  Dieser  Anteil  am  Meeresufer  findet  eine 
Fortsetzung  durch  das  Südufer  des  Muni,  der  sich  in  einer  Breite  von 
3 — 6  km  in  das  Meer  ergießt.  Der  Anteil  an  der  Küste  macht  dieses 
Gebiet  trotz  seines  mangelhaften  Zusammenhanges  mit  dem  übrigen 
deutschen  Gebiete  zu  einem  der  wertvollsten  Teile  der  Neuerwerbungen. 
Das  an  der  Südseite  der  Muni-Mündung  gelegene  Butika  (Uwinia?) 
scheint  Seeschiffen  eine  günstige  Anlegestelle  zu  bieten. 2)  Ob  das  Innere 
der  Muni-Mündung  größeren  Seeschiffen  zugänghch  ist,  scheint  noch 
nicht  festzustehen;  die  Tiefenmessungen  eines  spanischen  Seeoffiziers 
haben  zwar  Tiefen  bis  zu  22  m  festgestellt;  das  Fahrwasser  ist  aber  mit 


^)  Vgl.  Cottes,    S.  76;   Mouvement  Geographique  1902,   S.  63    und  Revue 
coloniale  1902/03,  S.  171,  576;  1903/04,  S.  15!. 
2)  Vgl.  unten  §  30. 


—     9     — 

zahlreichen  Inseln  durchsetzt.  Außerdem  bringen  die  von  der  Höhe  der 
Sierra  del  Cristal  herunterkommenden  Flüsse  viel  Geschiebe  mit  sich, 
das  von  der  hier  besonders  kräftigen  Ebbe  und  Flut  aufgenommen  und 
in  Form  von  Sandbänken  in  der  Mündung  abgesetzt  wird.  Es  bedarf 
daher  nocli  weiterer  Erkundungen,  ob  die  Muni-Mündung  ein  für  Hoch- 
seeschiffe geeigneter  Hafen  ist.  Die  Möglichkeit  scheint  vorläufig  bei 
gehöriger  Betonnung  und  Befeuenmg  nicht  ausgeschlossen.  Die  Küsten- 
dampfer und  die  französischen  Kanonenlxjote  befaliren  jetzt  schon  den 
Muni  und  dringen  mit  der  Flut  bis  Ekododo  am  Temboni  vor.  Zur  Zeit 
der  Ebbe  flußaufwärts  zu  kommen,  ist  nur  besonders  kräftigen  Dampfern 
möglich. 

Der  Muni-Mündung  fließen  aus  spanischem  Gebiete  von  Norden 
her  der  Konke  und  der  Utongo  zu,  vom  Osten  der  Banie.  Der  aus  dem 
Südosten  kommende  Temboni  wird  an  seiner  Mündung  in  den  Muni  im  Tal 
wege  von  der  spanisch-deutschen  Grenze  geschnitten,  so  daß  das  trockne 
Xordufer  mit  dem  Handelsplatze  Kanganie  spanisch  ist,  während  das 
bis  Mbeto  hinauf  sumpfige  Südufer  deutsch  ist.  Von  Süden  her  mündet 
der  Noja  ein,  der  fast  in  seinem  ganzen  Laufe  auf  deutschem  Gebiete 
fließt.  Seine  zahlreichen  Ouellflüsse  kommen  aus  Norden  von  der  Sierra 
del  Cristal.  Nach  ihrer  \'ereinigung  fließt  er  eine  kurze  Strecke  auf  fran- 
zösischem Gebiete,  um  dann  im  spitzen  Winkel  nach  Norden  auf  deutsches 
Gebiet  zurückzufließen.  Seine  Mündung  ist  durch  mehrere  Kanäle, 
sogenannte  Kriks,  mit  der  Temboni-Mündung  verbunden.  Von  den 
Inseln  der  Muni-Mündung  sind  die  südlich  des  Talwegs  gelegenen  Inseln 
deutsch,^)  die  anderen  ebenso  wie  die  der  Muni-Mündung  vorgelagerten 
Inseln  Groß-  und  Klein-Elobey  und  die  Korisko- Inseln  spanisch. 

Das  Küstengebiet  wird  von  einer  stark  bewässerten,  teilweise 
sumpfigen,  mit  dichtem  Walde  bedeckten  Ebene  gebildet,  die  sich  etwa 
20 — 30  km  landeinwärts  erstreckt  und  nur  im  Süden  von  den  letzten, 
niedrigen  Ausläufern  der  Sierra  del  Cristal  durclizogen  \\ird.  \'on  diesen 
Erhebungen  fließt  der  Mvomo  nach  Norden  in  den  Noja,  nach  Süden 
der  Messanke  in  das  Becken  von  Gabun.  Zur  Zeit  der  großen  Überschwem- 
mungen sollen  die  Eingeborenen  auf  diesen  beiden  Flüssen  mit  ihren 
Booten  direkt  vom  Noja  ins  Gabun-Becken  fahren  können.  Hinter 
dieser  Ebene  baut  sich  der  Gebirgsstock  der  Sierra  del  Cristal  in  charak- 
teristischen, ziemlich  scharf  abgegrenzten  Stufen  auf.  Die  erste  Stufe 
erhebt  sich  etwa  bis  zu  einer  Höhe  von  50  m,  dahinter  die  zweite  Stufe 
bis  zu  einer  mittleren  Höhe  von  200  m.  Diese  Stufe  ist  von  den  Quell- 
flüssen des  Noja  scharf  durchrissen  und  nur  auf  den  übhchen  Trägerwegen 


')  Vgl.  dazu  I   Revue  colonialc  1903/04,  S.  2S, 


—       lO      — 

passierbar.  Darüber  erhebt  sich  die  dritte  Stufe,  in  einzelnen  Punkten 
bis  zu  700  m  ansteigend;  die  durchschnittüche  Höhe  beträgt  500  bis 
600  m.  Weiter  landeinwärts  zieht  sich  ein  Hochplateau  in  gleicher  Höhe 
bis  zu  dem  steilen  Abfall  in  das  Tal  des  Abanga  hin,  der  in  Spanisch- 
Guinea  entspringt  und  das  deutsche  Gebiet  in  südlicher  Richtung  durch- 
quert. 

Diese  Höhengüederung  ist  dem  Auge  nur  beim  Bhcke  vom  Meere 
aus  erkennbar.  Der  das  Land  auf  einem  der  Trägerpfade  durchziehende 
Reisende  kommt  kaum  zu  einem  Ausbhcke,  denn  das  ganze  Gebiet  ist 
mit  dichtem,  primärem  Urwalde  bedeckt,  der  nur  im  Umkreise  der  Sied- 
lungen etwas  zurückgedrängt  worden  ist.  An  der  Meeresküste  und  den 
Ufern  des  Muni  tritt  Mangrovenwald  auf,  der  namentlich  an  der  Noja- 
Mündung  und  am  Südufer  des  Temboni  aufwärts  bis  zur  Flutgrenze 
sich  großartig  entwickelt.  Weiter  landeinwärts  und  in  der  Höhe  zeigt 
der  Wald  die  gleiche  Zusammensetzung  wie  in  der  entsprechenden  Lage 
von  Süd-Kamerun.  Die  Wälder  waren  früher  sehr  reich  an  Kautschuk. 
Die  Bestände  scheinen  aber  an  den  leichter  zugänghchen  Stellen  schon 
ziemlich  abgebaut  zu  sein.  Daneben  liefert  das  Land  noch  etwas  Palmöl, 
Palmkeme  und  etwas  Kopal.  Sein  Hauptreichtum  besteht  in  den  wert- 
vollen Nutzhölzern,  deren  Ausfuhr  jetzt  schon  von  Bedeutung  und  einer 
starken  Steigerung  fähig  ist.^) 

Dem  ganzen  Muni-Becken  wird  besondere  Fruchtbarkeit  nachge- 
rühmt. Der  Alluvialboden  an  den  Flüssen  ist  sehr  ertragfähig.  An  den 
Hängen  haben  allerdings  die  starken  tropischen  Regen  die  Humusdecke 
vielfach  weggespült.  Die  zahlreichen  Eingeborenenkulturen,  die  haupt- 
sächUch  aus  Planten,  Kassave  und  Bananen  bestehen,  machen  durchweg 
einen  guten  Eindruck.  Boden  und  Klima  sind  für  Kakao  und  Kaffee- 
pflanzungen nicht  ungünstig,  in  der  Umgebimg  von  Libreville  befinden 
sich  einige  Kakao-,  Kaffee-  und  ölpalmenpflanzungen.  Die  Kaffeepflan- 
zungen sollen  sich  aber  als  nicht  rentabel  gezeigt  haben.  An  den  Ufern 
des  Noja  kommt  der  Kaffee  wildwachsend  vor. 

Für  die  meteorologischen  Verhältnisse  gibt  die  nebenstehende 
Tabelle,  welche  Angaben  für  das  benachbarte  Libreville  enthält,  einen 
Anhalt.  Danach  setzt  die  Regenzeit  hier  im  Oktober  mit  sehr  großen 
Niederschlägen  ein  —  es  kommen  Tagesregenhöhen  bis  zu  150  mm  vor 
■ —  und  dauert  mit  kleinen  Schwankungen  bis  April.  Im  Mai  lassen  die 
Regen  ebenso  plötzhch,  wie  sie  eingesetzt  haben,  nach;  der  Juni  imd 
JuM  ist  fast  ganz  regenlos.  Die  gesamte  Niederschlagsmenge  mit  2456  mm 
entspricht  ungefähr  der  an  der  Südküste  von  Alt-Kamerun.     Die  vor- 


Vgl.  darüber  unten  §  25. 


—     II     — 


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—      12      — 

herrschenden  Winde  smd  der  Süd-,  West-  und  Nordwestwind;  Nord- 
ostwinde bringen  immer  Gewitter. 

Die  Bevölkerung  dieses  Gebietes  gibt  ein  sehr  anschauHches 
Beispiel  von  der  Übereinanderschichtung  der  Rassen,  von  der  oben  ge- 
sprochen wurde.  Es  kommen  hier  als  unterste  Schicht  noch  Zwerg- 
stämme vor,  die  im  Busch  und  in  den  Sümpfen  in  vereinzelten  Siedlungen 
wohnen  und  sich  dem  Weißen  nur  selten  zeigen.  Über  die  Reste  dieser 
Urbevölkerung  haben  sich  die  Stämme  der  Baseki  und  Balengi  gelagert, 
die  ihrer  ganzen  Erscheinung  nach,  besonders  nach  ihrer  glänzenden, 
tiefschwarzen  Hautfarbe,  den  Typus  des  reinen  Guinea-Negers  dar- 
stellen. Die  Baseki  haben  sich  als  brauchbare  Arbeiter  erwiesen ;  während 
die  Balengi  auf  der  Höhe  ihrer  Berge  sitzen  bleiben  und  es  verschmähen, 
mit  den  Weißen  in  nähere  Berührung  zu  kommen.  Diese  Rasse  der 
Guinea-Neger  wieder  ist  von  den  Pangwe- Stämmen  überdeckt  oder 
vielmehr  aus  den  fruchtbaren  Tälern  auf  die  Höhen  gedrängt  worden. 
Die  Pangwe-Stämme,  über  die  weiter  unten  im  Zusammenhange  mit 
ihren  östUchen  Nachbarn  noch  zu  reden  sein  wird,  sind  erst  Ende  des 
19.  Jahrhunderts  hier  eingewandert.  Sie  passen  sich  den  Arbeitsverhält- 
nissen auf  Pflanzungen  nur  schwer  an,  sind  leicht  gereizt  und  zank- 
süchtig und  laufen,  wenn  sie  überhaupt  Arbeit  nehmen,  oft  nach  einigen 
Tagen  wieder  von  der  Arbeitsstelle  weg.  Brauchbarer  sollen  sie  sich 
für  die  Arbeit  im  Forste  gezeigt  haben,  die  ihrem  Drange  nach  Ungebun- 
denheit  besser  entspricht.  Das  gleichzeitige  Bestehen  von  drei  Rassen 
übereinander  erklärt  sich  offenbar  daraus,  daß  die  zuerst  ansässigen 
Stämme  durch  die  Küste  hier  aufgehalten  wurden  und  sich  vor  den  aus 
dem  Innern  vordringenden  Stämmen  nicht  weiter  zurückziehen  konnten. 

Über  die  Dichtigkeit  der  Bevölkerung  liegen  zuverlässige  Angaben 
nicht  vor;  sie  scheint  aber  nicht  unter  dem  Durchschnitte  der  Bevölke- 
rungsdichtigkeit Gabuns  zu  sein.  Die  zahlreichen  Niederlassungen 
deuten  eher  darauf  hin,  daß  sie  über  ihm  steht.  Nach  allem,  was 
bisher  über  die  Bevölkerung  dieses  Teils  bekannt  geworden  ist,  be- 
rechtigt sie  zu  guten  Hoffnungen,  wenn  die  Weißen  es  verstehen,  in 
das  richtige  Verhältnis  zu  ihr  zu  treten.  Das  scheint  bisher  nicht 
immer  der  Fall  gewesen  zu  sein ;  denn  die  Truppe  in  Ekododo  hatte  noch 
im  vorigen  Jahre  kleinere  Kämpfe  mit  den  Eingeborenen.  Die  Ein- 
geborenen haben  sich  aber  bald  wieder  beruhigt,  so  daß  eine  größere 
mihtärische  Aktion  nicht  notwendig  wurde. 

Die  Eingeborenen  legen  ihre  Lebensmittelkulturen  mit  verhältnis- 
mäßig viel  Geschick  an ;  von  Gewerben  betreiben  sie  hauptsächlich  Töpfe- 
rei und  Schmiederei.  Als  Erzeugnis  ihrer  Gewerbe  sind  besonders  Ton- 
pfeifen, Messer  und  eiserne  Glocken  zu  nennen.    Die  an  den  Ufern  des 


—     13     — 

Muni  sitzenden  Stämme  sind  fleißige  und  gewandte  Fischer.  Alle  Jalire 
gellen  hunderte  von  Traglasten  getrockneter  Fische  ins  Innere.  Der  Muni 
und  seine  Zuflüsse  zeiclmen  sich  durch  großen  Fischreichtum  aus.  Die 
Eingel>:)renen  sind  allerdings  nur  auf  den  Fischfang  in  den  seichteren 
Nebenflüssen  angewiesen,  da  ihre  primitiven  Fanggeriite  zur  Fischerei 
in  der  tiefen  Muni-Mündung  nicht  ausreichen. 

Der  Hauptort  dieses  Gebietes  ist  Ekododo,  wo  bisher  ein  franzö- 
sischer Polizeiposten  stationiert  war.  Ekododo  ist  ein  verhältnismäßig 
bedeutender  Handelsumsclilagsplatz ;  die  Küstendampfer  können  hier 
löschen  und  laden,  und  aus  dem  Innern  laufen  hier  verschiedene  Träger- 
straßen ^)  zusammen.  Der  Ort  soll  auch  telegraplüsch  mit  Libreville 
verbunden  sein  oder  verbunden  gewesen  sein.  (Vgl.  Afrique  Franqaise 
1908,  S.  276.)  Auf  den  neuesten  französischen  Karten  ist  die  Linie  aller- 
dings nicht  eingetragen.  Daneben  ist  Butika  als  Anlegestelle  für  See- 
schiffe von  Bedeutung.  Es  ist  Sitz  eines  Zollpostens.  Zollposten  sollen 
sich  auch  in  Mbeto,  an  der  Mündung  des  Temboni  und  in  Ndombo  an 
der  Meeresküste  befinden. 

In  Butika  sollen  Kohlen  gefimden  worden  sein.  Diese  Nachricht 
wird  dadurch  bestätigt,  daß  bei  starken  Seestürmen  Kohlenstücke  an 
den  Strand  von  Elobey  geworfen  werden.  Genauere  Untersuchungen 
scheinen  noch  nicht  stattgefunden  zu  haben. 

Als  Handeslartikel  kommen  die  an  der  ganzen  westafrikanischen 
Küste  gebräuchlichen  in  Betracht ;  als  Besonderheit  ist  die  Vorhebe  der 
Eingeborenen  für  Porzellanknöpfe  zu  erwähnen,  die  sie  für  ihren  kunst- 
vollen Haarputz  verwenden.  Als  Tausch-  und  Ausfulirartikel  kommen 
von  den  genannten  Landeserzeugnissen  vor  allem  das  Okume-Holz 
in  Betracht,  das  an  der  ganzen  Munda-Bucht  und  an  den  Flußläufen 
in  großer  Menge  geschlagen  wird,  außerdem  Kautschuk  und  Elfenbein, 
die  auf  den  Trägerstraßen  aus  dem  Hinterlande  an  die  Küste  gebracht 
werden. 

Das  Binnendreieck  gehört  orographisch  zu  dem  Küstenberglande  §  7« 
von  Gabun,  hydrographisch  gehört  es  3  verschiedenen  Gebieten  an. 
Aus  dem  westlichen  Drittel  fließen  der  Woleu  und  der  Ntem,  dieser  in 
seinem  Unterlaufe  Kampo  genannt,  unmittelbar  dem  Atlantischen  Ozean 
zu.  Das  mittlere  Drittel  gehört  durch  den  Iwindo  und  seine  Nebenflüsse 
zum  Flußgebiet  des  Ogowe,  und  das  östliche  Drittel  entwässert  zum 
Sanga.  Daraus  ergibt  sich  von  selbst,  daß  auch  in  der  Höhengestaltmig 
3  Gebiete  zu  unterscheiden  sind.  Die  Ecke  zwischen  Spanisch- Guinea 
und  der  bisherigen  Kameruner  Südgrenze  wrd  von  einem  zum  Berg- 

*)   Vgl.  unten  §  32. 


—     14    — 

gebiete  der  Sierra  del  Cristal  gehörigen  Hochplateau  ausgefüllt,  das  im 
Süden,  nahe  der  Südostecke  von  Spanisch- Guinea  Höhen  bis  zu  750  m 
erreicht,  im  Norden  eine  durchschnitthche  Höhe  von  550  m  hat  und  wenig 
gegliedert  ist.  In  der  Mitte  dieses  Hochplateaus  entspringt  der  Ntem. 
Er  fließt  in  einer  Länge  von  etwa  150  km  der  Nordostecke  von  Spanisch- 
Guinea  zu  und  von  dort  in  ungefähr  westhcher  Richtung  zum  Atlantischen 
Ozean,  wobei  er  streckenweise  die  deutsch-spanische  Grenze  bildet.  Er 
ist  trotz  einer  Breite  bis  zu  80  m  für  die  Schiffahrt  nicht  brauchbar,  da 
er  schon  hier  im  Oberlaufe  ebenso  wie  später  im  Mittellaufe  vollständig 
von  Schnellen  durchsetzt  ist.  Nur  auf  einer  etwa  45  km  langen  Strecke 
im  Oberlaufe  zwischen  Bikuk  und  Nkine  ist  er  bei  höherem  Wasser- 
stande für  Eingeborenenboote  befahrbar.  Weiter  südlich  entspringt  der 
Woleu  in  einer  kleinen  Grotte  östlich  von  Andum;  er  fheßt  zunächst 
durch  sumpfiges  Gebiet  und  erreicht  schon  bei  Minwebu-Owen  eine 
Breite  von  30  m  und  eine  Tiefe  von  50 — 75  cm.  Da  diese  Tiefe  im  ganzen 
Jahre  ziemlich  gleich  bleibt,  ist  er  hier  schon  für  die  Schiffahrt  mit  Ein- 
geborenenbooten brauchbar.!) 

Das  Hochland  dieses  Gebietes  senkt  sich  nach  Südosten  zu  in  einem 
ziemhch  scharfen  Abfalle,  der  in  nordösthcher  Richtung  zu  dem  Knie 
des  Iwindo  hin  verläuft,  zu  dem  200 — 300  m  tiefer  hegenden  Iwindo- 
Becken  hinab.  Der  Iwindo,  in  seinem  Oberlaufe  auch  Aina  genannt, 
durchfließt,  nachdem  er  bei  Alati  südhche  Richtung  genommen  hat, 
zunächst  etwa  80  km  ein  weites  Sumpfland.  Sein  Lauf  zeigt  auf  dieser 
Strecke  sehr  viele  und  große  Windungen,  seine  Tiefe  beträgt  0,75  bis 
1,50  m.  Oberhalb  der  Mündung  des  Karagua  (auch  Ye  genannt)  tritt 
einmal  Fels  über  das  Wasser;  da  daneben  aber  die  Durchfahrt  leicht 
möghch  ist,  -wird  die  Schiffahrt  dadurch  nicht  gehindert.  Von  der  Mün- 
dung des  Karagua  ab  bis  Kandschama  bietet  der  Fluß  ein  vollständig 
verändertes  Bild.  Er  läuft  zwischen  glatten  Ufern  dahin.  Niedrige 
Hügelreihen  treten  an  die  Ufer  heran.  Die  Windungen  haben  aufgehört. 
Die  Tiefe  ist  die  gleiche  wie  auf  der  oberen  Strecke;  das  Fahrwasser 
ist  hier  aber  häufiger  durch  Felsen  eingeengt,  durch  die  die  Schiffahrt 
zwar  etwas  gefährdet,  aber  nicht  unmöglich  gemacht  wird. 

Auf  dieser  Strecke  nimmt  der  Iwindo  wichtige  Nebenflüsse  auf, 
von  Nordosten  her  den  bereits  erwähnten  Karagua,  der  bei  hohem  Wasser- 
stande mit  Eingeborenenbooten  bis  nach  Ntam  hinauf,  nahe  an  der  alten 
Kameruner  Grenze,  schiffbar  ist.  Non  Nordwesten  kommt  der  Nuna, 
der  in  seiner  ganzen  Länge  mit  Eingeborenenbooten  in  2  Tagen  befahren 
werden  kann.    Von  Osten  kommt  der  wichtige  Dschua  (auch  Yesse  oder 


^)  Über  seine  Schiffbarkeit  auf  spanischem  Gebiete  vgl.  unten  §  30. 


—     15     — 

Yemdsche  genannt),  der  auf  etwa  loo  km  die  neue  Südgrenze  bildet. 
Er  hat  seine  Quellen  in  einem  ausgedehnten,  etwa  70  km  östlich  Mad- 
schingo gelegenen  Sumpfgebiete,  dessen  Grenzen  noch  nicht  erforscht 
sind.  Bei  Madschingo  bildet  er  wieder  breite  Sümpfe,  die  sowohl  der 
Schiffahrt  als  auch  dem  Landverkehr  große  Hindernisse  bereiten.  Von 
Madschingo  bis  zur  Mündung  in  den  I\Nindo  verbreitert  sich  der  Dschua 
allmähUch  von  60  m  auf  250  m  und  bildet  auf  dieser  Strecke  einen  guten 
\'erkehrsweg.  Die  Nebenflüsse  des  Dschua  von  Nordosten  her,  der  Ebaka 
und  der  Uaga,  sind  in  ihrem  Unterlaufe  mit  Booten  befahrbar.  Ihre 
Ufer  sind  so  versumpft,  daß  ein  regelmäßiger  Landverkehr  in  ihren 
Gebieten  nicht  möglich  ist ;  die  wenigen  Pfade,  die  dieses  Gebiet  kreuzen, 
sind  fast  immer  unter  Wasser.  Weiter  nördlich  ist  der  Weg  von  Sembe 
nach  Suanke  besser  benutzbar.  Von  Kanschama  abwärts  ist  die  Schiff- 
fahrt auf  dem  *Iwindo  infolge  der  vielen  Wasserfälle  imd  Schnellen 
unmöghch. 

Das  Iwindo-Becken  \sird  östlich  von  einem  markanten  Sandstein- 
kamme abgegrenzt,  der  sich  in  einer  Länge  von  etwa  150  km  von  Nord 
nach  Süd  erstreckt  und  die  Wasserscheide  zwischen  dem  Iwindo-  und 
Ngoko-Sanga- Gebiete  bildet.  An  ilm  schheßt  sich  ostwärts  bis  zum  Sanga 
ein  noch  wenig  bekanntes  und  schwach  bevölkertes  Hochland  an,  in 
dem  sich  drei  von  Südost  nach  Nordwest  streichende  Plateaus  unter- 
scheiden lassen:  das  Plateau,  das  zwischen  Kudu  und  Komo  liegt  und 
bis  Wesso  reicht,  das  Plateau,  das  von  dem  Kudu  und  Sembe  eingeschlos- 
sen wird  und  ein  im  Westen  des  Kudu- Sembe  gelegenes,  das  durch  die 
Bodenschwelle  von  Suanke-Matuü  mit  den  südüch  des  Dscha  in  Alt- 
Kamerun  gelegenen  Bergzügen  in  Verbindung  steht.  Die  höchsten  Er- 
hebungen liegen  auf  dem  linken  Sembe-  und  Kudu-Ufer;  südöstHch  der 
Ngoko-Dschua- Wasserscheide  delint  sich  eine  große  Ebene  aus  (Duel?), 
in  die  der  Dschua  und  seine  zalilreichen  Nebenflüsse  eingebettet  sind. 

Der  bedeutendste  Wasserlauf  dieses  Gebietes  ist  der  Ngoko,  in 
seinem  Oberlaufe  auch  Dscha  genannt,  der  dieses  Gebiet  im  Norden 
abgrenzt.  Der  Ngoko ^)  ist  ein  Nebenfluß  des  Sanga.  Er  nimmt  seinen 
Ursprung  auf  jener  merkwürdigen,  südhch  der  deutschen  Dume-Station 
gelegenen  Sumpfwasserscheide,  auf  der  auch  die  gleichfalls  zum  Sanga 
gehenden  Flüsse  Bumba  und  Dume  und  der  zur  Biafra-Bucht  fließende 
Njong  ihre  QueUen  haben.  Der  Ngoko  ist  bei  seiner  Mündung  in  den 
Sanga  500  m,  bei  Molundu  250  m  und  bei  Sufley  100  m  breit  und  hat 
eine  verhältnismäßig  große  Tiefe.  Seine  Flußhänge  sind  steil  und  erreichen 


*)  Der  folgende  Abschnitt  ist  einem  Aufsatze  von  Moisel  in  der  Deutsch. 
Kol.  Ztg.   igii,  Nr.  52  entnommen. 


—     i6    — 

Höhen  von  20  und  25  m.  Der  Ngoko  hat  daher  ein  enges,  tiefes  Flußbett 
und  ein  kleines  Überschwemmungsgebiet,  so  daß  bei  ihm  zur  Hochwasser- 
zeit sich  besonders  hohe  Pegelstände  zeigen.  Seinen  höchsten  Stand  hat 
er  Mitte  November,  seinen  tiefsten  Ende  Februar.  Sandbänke  sind  nicht 
vorhanden,  an  ihrer  Stelle  machen  aber  zur  Niedrigwasserzeit  aus  dem 
Strom  auftauchende  Felsen  die  Dampfschiffahrt  sehr  gefährhch.  Das 
erste  Hindernis  beim  Hinaufgehen  des  Flusses  bietet  die  FelsenschweUe 
bei  der  Insel  Wilhelmina  (ungefähr  7  km  südöstlich  des  Ortes  Ngoko), 
durch  welche  die  Durchfahrt  in  der  Trockenzeit  auf  20  m  Breite  und 
0,80  m  Tiefe  eingeengt  wird.  Es  folgt  die  Schwelle  beim  Orte  Ngoko  ^), 
die  eine  etwas  größere  Wasserhöhe  aufweist,  und  dann  dicht  hinter  Mo- 
lundo  noch  die  Felsenbarre  von  Tschama,  welche  die  gefährlichste  ist, 
da  sie  in  einer  Flußbiegung  hegt.  Eine  noch  weiter  oben,  bei  Boloso 
den  Fluß  querende  Felsenstufe  (die  Camap- Schnellen)  bildet  für  die 
Schiffahrt  keine  Gefahr.  Die  Folge  dieser  Hindemisse  ist,  daß  Dampfer 
mit  1,30 — 1,50  m  Tiefgang  bei  Niedrigwasser  2)  im  Februar  und  März 
sich  nicht  mehr  bis  Sufley  hinauf  wagen.  Bei  genauerer  Untersuchung 
des  Flußbettes  dürfte  es  sich  vielleicht  herausstellen,  daß  die  Tschama- 
Schnelle  mit  geringer  Mühe  doch  noch  für  größere  Dampfer  fahrbar 
gemacht  werden  kann.  Dampfer  bis  0,90  m  Tiefgang  gehen  während  des 
ganzen  Jahres  bis  Ngoila  und  Sufley  und  noch  weiter,  bis  zu  den  Cholet- 
Fällen  hinauf.  Oberhalb  der  Cholet-FäHe  ist  der  Ngoko  wieder  schiffbar 
zwischen  Kul  und  Kam,  jedoch  nur  für  die  Kleinschiffahrt. 

Der  Kudu,  der  bei  Ngoila  in  den  Ngoko  mündet,  bietet  im  kleinen 
dasselbe  Bild  -uie  der  Ngoko.  Von  der  Quelle  bis  zum  Zusammenflusse 
mit  dem  Sembe  ist  er  ein  reißender  Fluß  von  10 — 30  m  Breite.  Er 
"erhält  auf  dieser  Strecke  zahlreiche  Nebenflüsse,  die  ihm  in  der  Regen- 
zeit große  Wassermassen  zuführen,  die  aber  in  der  Trockenzeit  zu  kleinen 
Wasserrinnen  zusammenschrumpfen.  Im  Unterlaufe  weist  der  Fluß 
eine  Breite  von  40 — 50  m  und  eine  mittlere  Tiefe  von  1,50  m  bei  Niedrig- 
wasser auf.  An  größeren  Nebenflüssen  nimmt  der  Kudu  den  Sembe  und 
Lologa  auf.  Der  Sembe  hat  eine  geringe  Breite,  aber  größere  Tiefe  als 
der  Kudu.  Diese  beiden  Flüsse  würden  nach  Beseitigung  der  Schnellen 
im  Kudu  (an  der  Mündung  des  Lologa?),  die  ohne  Schwierigkeit  zu  be- 
wirken ist,  bis  zum  Orte  Sembe  für  kleine  Dampfer  befahrbar  sein.  Der 
Lologa  kommt  als  Wasserstraße  nicht  in  Betracht.   Von  den  Nebenflüssen 


^)  Dieses  Hindernis  ist  trotz  der  sorgfältigen,  durch  Hauptmann  Freih.  v. 
Stein,  Hauptmann  Engelhard t,  Hauptmann  Foerster  und  Administrateur 
Bonaissi^s  ausgeführten  Flußaufnahmen  bisher  unbekannt  gewesen. 

^)  Nach  Gottes,  S.  40  können  größere  Dampfer  während  des  ganzen 
Jahres  bis  Ngoila  kommen. 


—    w    — 

des  Sembe  hat  dann  nocli  der  Majembe  Bedeutung,  da  er  einen  l)equemen 
Zufalirtsweg  zu  der  \vert\oll>tcn  Landschaft  des  ganzen  Gebietes,  zum 
Bombassa-Lande,  abgibt. 

Der  Komo,  der  in  der  Nachbarschaft  der  Kudu-Quellen  entspringt, 
hat  mit  dem  Kudu  gleiche  Länge  und  Tiefe  und  zeigt  auch  sonst  die 
gleichen  Eigenschaften  wie  dieser.  Während  der  Kudu  aber  seinen  Lauf 
durch  bevölkerte  Gebiete  nimmt,  fließt  der  K(inn)  durch  unbewohnte 
Landschaften.  50  km  vor  seiner  Mündung  verengt  er  sich  und  überfheßt 
FäDe,  die  seine  weitere  Ausnutzung  als  Erschließungsweg  des  Bakuele- 
und  Bakota-Landes  unmöglich  machen." 

Zur  Ergänzung  dieser  Ausführungen  Moisels  wird  hier  noch  ein 
Bericht  der  Gesellschaft  Süd-Kamerun  über  die  Schiffbarkeit  des  Ngoko 
gegeben,  dessen  Richtigkeit  durch  die  langjälirige  Erfahrung  dieser 
Gesellschaft  verbürgt  erscheint.  „Der  Ngoko  ist  für  die  Dampfer  der 
Gesellschaft  Neu-Kamerun,  die  bis  zu  einem  Tiefgange  von  1,20  m  be- 
laden werden,  nahezu  das  ganze  Jahr  bis  Molundu  scliiffbar.  Bei  aus- 
nahmsweise niedrigem  Wasserstande  ist  für  Schiffe  von  über  i  m  Tiefgang 
allerdings  eine  Leichterung  in  Tibundi  —  auf  dem  halben  Wege  zwischen 
Wesso  und  Molundu  —  notwendig.  Von  Molundu  aufwärts  ist  der  Ngoko 
für  Schiffe  mit  dem  genannten  Tiefgange  bei  normalem  Wasserstande 
noch  bis  Bomedah  scliiffbar,  wo  auf  dem  rechten  Ufer  eine  französische 
Faktorei  errichtet  worden  ist.  Boote  bis  zu  i  m  Tiefgang  können  bei 
hohem  Wasserstande  bis  zu  den  Dongo- Schnellen  kommen.  Die  Dampfer 
der  Süd-Kamerungesellschaft  sind  häufig  bis  dorthin  lünaufgefahren. 
Weiter  aufwärts  von  Dongo  ist  die  Schiffahrt  für  Dampfer  infolge  der 
zahlreichen  Schnellen  und  Fälle  bei  Dongo  und  weiter  oberhalb  bis 
Kul  unmöglich.  Das  gleiche  gilt  auf  dieser  Strecke  auch  für  den  Verkehr 
mit  Frachtkähnen.  Quer\'erkehr  von  einem  Ufer  zum  anderen  und  \'er- 
kehr  auf  kurze  Strecken  ist  selbstverständlich  möghch.  Auf  der  Strecke 
oberhalb  Kul  bis  zu  seinem  Quellgebiet  ist  Bootsverkehr  stellenweise 
auf  längere  Strecken  möglich.  Ein  durchgehender,  uniinterbrochener 
Verkehr  ist  aber  wegen  vorhandener  größerer  Schnellen  und  einiger 
FäUe  auch  hier  ausgeschlossen.  Ebenso  ist  der  Bumba,  der  dem  Ngoko 
bei  Molundu  zufließt,  nur  streckenweise  mit  Frachtkäluien  befahrbar." 

Die  genannten  Flüsse  haben  nicht  nur  für  ihr  eigenes  Gebiet  Be- 
deutung, sondern  auch  als  \'erbindungswege  zum  Iwindo-Gebiete  lün. 
Der  Weg  über  den  Ogowe-Iwindo  ist  zwar  wesenthch  kürzer  als  der 
über  den  Kongo,  Sanga,  Ngoko,  Kudu  und  Dschua.  Trotzdem  ist  der 
zweite  dem  ersteren  vorzuziehen,  da  auf  ihm  die  Scliiffahrtsverhältnisse 
viel  besser  sind.^) 

*)  Vgl.  darüber  unten  §  33. 

Vrtöffcntl.  d.  Reichfkolonialamtei  Nr.  4  :  Ritter. 


Die  Temperatur  ist  im  Bimiendreiecke  wie-  im  Küstengebiete 
das  ganze  Jahr  ziemlich  gleichmäßig.  Einen  Anhalt  geben  die  nach- 
stehenden Tabellen  für  die  dem  Gebiete  benachbarten  Stationen  Molundu 
und  Akoafim. 

I.  Temperaturtafel  der  Station  Akoafim. 


Mittlere  Temperatur 


1909 


1910 


«C 
1911 


Absolutes  Minimum 


190g 


»C 
1910 


Januar    .    . 
Februar 
März   .    .    . 
April   .    .    . 
Mai      .    .    . 
Juni    .    .    . 
JuH     .    .    . 
August    .    . 
September . 
Oktober 
November 
Dezember  , 


23,7 

23,6 
22,8 
22,3 


22,6 
22,8 
24,2 
23,8 
24,0 
23,2 
22,4 
23,3 

23,7 
22,4 

23,0 


22,6 
23,8 

24>3 
24,4 
24,0 
23>8 


ö    o 


17,0 

15,0 
14,0 


14,0 
14,0 

14,5 
14,0 
14,0 
14,0 


Jahr 


Max.  +  Min. 


ungefähr  23,3 

Die  Kursiv-Zahlen  geben  das  Tagesmittel  = 

2 

Im  übrigen  ist  das  Tagesmittel  aus    gewonnen. 


IL  Tafel  der  Niederschlagsmengen  der  Stationen  Akoafim  und 

Molundu.  1) 


^)   Vgl.  auch  die  Zusammenstellung  der  Niederschlagsmengen  am  Schlüsse. 


—     19     — 

Die  Monatsmittel  zeigen  während  des  ganzen  Jahres  hur  geringe 
Schwankungen.  Auch  die  Tagestemperaturen  sind  in  den  niedrigeren 
Lagen  sehr  gleichmäßig,  dagegen  macht  sich  in  der  Höhe,  die 
bis  900  m  reicht,  in  den  Nächten  schon  eine  merkliche  Abkühlung 
geltend.  Die  Jahreszeiten  sind  im  westhchen  Teile  des  Binnendreiecks 
schärfer  ausgeprägt  als  an  der  Küste;  es  sind  hier  4  Jahreszeiten  ziemlich 
regelmäßig  zu  unterscheiden.  Die  erste  Regenzeit  von  Februar  bis  Juni, 
die  erste  Trockenzeit  von  Juni  bis  September,  die  zweite  Regenzeit 
von  September  bis  Dezember  und  die  zweite  Trockenzeit  von  Dezember 
bis  Januar.  Dagegen  verschmelzen  weiter  östlich  die  erste  Trockenzeit 
und  die  zwei  Regenzeiten  zu  einer  einzigen  Regenzeit,  in  der  die  westliciie 
erste  Trockenzeit  nur  durch  einen  etwas  geringeren  Regenfall  im  Juni 
und  Juli  angedeutet  ist.  Wirklich  trocken  ist  nur  eine  ganz  kurze  Zeit 
um  die  Jahreswende.  Danach  pflegt  im  Februar  schon  wieder  die  Regen- 
zeit mit  besonders  heftigen  Regen  und  Gewitterstürmen  einzusetzen. 
Wenn  trotz  dieser  zienüich  gleichmäßigen  Regen  während  des  ganzen 
Jahres  der  Ngoko  ebenso  wie  der  Sanga  große  Unterschiede  in  der  Wasser- 
höhe aufweist  —  der  Ngoko  hat  im  November  4  m  und  der  Sanga  bis 
3  m  Hochwasser  über  dem  tiefsten  Stande  —  so  kommt  das  daher,  daß 
sie  beide  ihren  Oberlauf  in  viel  weiter  nördlich  liegenden  Gebieten  haben, 
in  welchen  ein  ausgesprochener  Wechsel  zwischen  Regen-  und  Trocken- 
zeiten besteht. 

Die  Lebensbedingungen  sind  klimatisch  hier  also  im  allge- 
meinen dieselben,  wie  in  allen  anderen  westafrikanischen  Urwaldländem. 
Besonders  unangenehm  macht  sich  der  ständige  große  Feuchtigkeits- 
gehalt der  Luft  geltend,  der  meist  den  Grad  einer  vollständigen  Sättigimg 
erreicht;  erträglicher  ist  der  Aufenthalt  auf  den  trockenen  Hochflächen. 
Hier  ist  in  den  Nächten  eine  wohltuende  Abkühlung  bemerkbar.  Auch 
sind  die  Stechfliegen,  die  in  den  Sumpfgebieten  des  Iwindo  und  in  den 
Niederungen  des  Ekaba  und  des  Uaga  sehr  lästig  sind,  in  den  höheren 
Lagen  seltener.  Sumpffieber,  Gallen-  und  Leberaffektionen  sind  selten; 
Beriberi  kam  im  Jahre  1909  zur  Beobachtung,  dagegen  richten  die  Pocken 
unter  den  Eingeborenen  große  Verwüstungen  an,  auch  Lepra  und  Ge- 
schlechtskrankheiten sind  sehr  verbreitet. 

Von  größter  Bedeutung  ist,  daß  in  diesem  Gebiete  die  Sclilafkrank- 
heit  in  den  letzten  Jahren  Fortschritte  in  westlicher  Richtung  gemacht 
hat.  Sie  hat  sich  vom  Sanga  her  durch  das  Kudu-Tal  auf  der  Handels- 
straße zwischen  Sembe  und  Madschingo  ins  Dschua-Gebiet  verbreitet 
"ond  droht  Dschua  abwärts  weiter  zum  Iwindo  vorzudringen.^)    Bei  der 

')  Nach  der  neusten  Meldung  eines  deutschen  Postens  sollen  auch  schon  in 
Minkcbc  einige  Schlafkrankheitsfälle  festgestellt  worden  sein. 


—       20       — 

Bekämpfung    dieser    Krankheit    wird    daher    die    Überwachung    dieser 
Handelsstraße  besondere  Aufmerksamkeit  erfordern.     Zur  Bekämpfung 
der  Krankheit  ist  in  diesem  Gebiete  bisher  noch  nichts  geschehen. 
§  9.  Die  Vegetation  des  Gebietes  wird  bestimmt  durch  seine  Zugehörig- 

keit zur  ürwaldzone.  Wenn  der  Urwald  auch  nicht  an  allen  Stellen  gleiche 
Dichtigkeit  und  Zusammensetzung  zeigt  —  auf  der  Höhe  wird  er  von 
lichterem  Hochwald  oder  dichtem  Busche,  im  Iwindo- Sumpf  gebiete 
von  Bambus-  und  Rotang-Beständen  abgelöst  —  so  ist  doch  das  Land 
vom  Sanga  bis  zur  spanischen  Grenze  ununterbrochen  mit  Wald  bedeckt. 
Von  der  Ngoko-Sanga-Ecke,  die  vorwiegend  mit  Buschwald  bedeckt 
ist,  zieht  sich  am  rechten  Ufer  des  Ngoko  aufwärts  der  Urwald  hin, 
der  gegen  Dongo  zu  immer  mehr  an  Üppigkeit  zunimmt  und  in  dem  alle 
Arten  von  Kautschuk-Lianen  in  großen  Mengen  vorkommen.  Diese 
Bestände  sind  bei  der  hier  nicht  besonders  dichten  Bevölkerung  noch 
unberührt.  Die  nach  Süden  zu  aufsteigenden  Höhen,  ebenso  die  westUch 
von  Dongo  sind  mit  Hochwald  bedeckt,  und  hier  ist  die  Kautschuk- 
Liane  seltener,  dafür  die  Kickxia  elastica  häufiger.  Diese  Gebiete  werden 
übereinstimmend  in  allen  Berichten  als  die  kautschukreichsten  in  ganz 
Französisch-Äquatorial-Afrika  bezeichnet.  Das  daran  sich  anschließende, 
weit  nach  Süden  reichende  Sumpfgebiet  des  Karagua  und  weiter  des 
Iwindo  ist  mit  dichtem  Busche  bedeckt,  in  dem  die  Kautschuk-Lianen 
in  besonders  großen  Mengen  vorkommen,  namentlich  bei  Ntam  am  Ober- 
laufe des  Karagua.  Weiter  westlich  im  Knie  des  Iwindo  zeigt  sich  zunächst 
wieder  sehr  dichter  Hochwald  mit  großen  noch  unberührten  Kautschuk- 
beständen. Je  weiter  man  von  hier  ab  zur  spanischen  Grenze  und  südlich 
zum  Woleu  kommt,  desto  mehr  nimmt  die  Dichtigkeit  des  Waldes  ab. 
Zunächst  zeigt  sich  in  dem  gemeinsamen  Quellgebiete  des  Ntem  und  des 
Iwindo  noch  zusammenhängender  Buschwald,  der  in  demselben  Maße, 
wie  die  Bevölkerungsdichtigkeit  zunimmt,  durch  Pflanzungen  unter- 
brochen wird.  Die  Kautschukbestände  sind  in  diesem  Gebiete  schon 
ziemlich  gelichtet.  Kautschukbäume  gibt  es  hier  überhaupt  nicht  mehr; 
aber  auch  die  Lianenbestände  haben  sehr  gehtten.  Von  Kautschuk- 
pflanzen kommt  die  Kickxia  elastica  hauptsächhch  am  mittleren  Ngoko, 
am  Kudu  und  am  linken  Iwindo-Ufer  vor.  Von  Kautschuk-Lianen  die 
Carpodinus  fulva,  Landolphia  Klaini,  Landolphia  owariensis,  ferner 
eine  Art,  die  die  Eingeborenen  von  Minwul  ,,Abula  Minbang"  nennen, 
femer  eine  Art  der  Baissea  graciUima  und  der  Motandra,  endlich  die 
Landolphia  Grogmansiana.  ^)  Neben  Kautschuk  sind  als  natürhche  Nutz- 


')  Vgl.  Cottes  S.  52  .,  222  ff. 


pflanzen  noch  zu  nennen:  Palmen,^)  die  in  der  Ngoko-Sanga-Ecke  und 
an  der  Mündung  des  Xuna  in  den  Iwindo  vorkommen,  Kolanüsse  im 
Kudu-Dschua-Gebiete,  im  Woleu-  und  Ntem-Gebiete  Ebenholz  und 
Okume-Holz.  Außerdem  kommen  im  ganzen  Gebiete  Früchte  vor,  die 
öle  und  Fette  liefern.  Die  Eingeborenen  bauen  auf  ihren  Pflanzungen 
vor  allem  Maniok,  Planten,  Bananen,  Mais.  Auch  Reis,  Hirse,  Bataten, 
Kartoffeln  und  europäische  Gemüse  gedeihen  überall  vorzüglich  und 
würden  bei  größerem  Anbau  die  Lebensführung  der  Eingelxjrenen  heben 
können. 

Aus  der  Tierwelt  ist  als  wertvollstes  Tier  der  Elefant  zu  nennen, 
der  im  ganzen  Gebiete  zwischen  Spanisch-Guinea  und  dem  Sanga  heimisch 
ist.  In  weiten  Gebieten,  besonders  im  Iwindo-  und  Okano-Gebiete  begirmt 
er  aber  infolge  der  rücksichtslosen  Jagden,  besonders  der  Pangwe  (franz.: 
Pahouins),  die  kühne  und  geschickte  Elefanten] äger  sind,  zu  verschwinden. 
Noch  sehr  häufig  kommt  er  im  Kudu-Dschua-Lande  vor.  Daneben  gibt 
es  viele  Arten  von  Jagdwild:  Antilopen,  Büffel,  Panther,  Flußpferde  usw. 
Haustiere  sind  selten,  es  kommen  nur  Hunde,  kleine  Ziegen  und  im 
Ntem-Gebiete  eine  kleine  Art  von  Schafen  vor,  die  dort  sehr  hoch  be- 
wertet und  beim  Kaufe  von  Frauen  als  Gegenwert  in  Tausch  gegeben 
werden.  Die  Flüsse  sind  alle  sehr  fischreich,  im  Kudu  werden  schmack- 
hafte Krabben  und  Muscheln  gefunden. 

Wenn  die  folgende  Besprechung  der  Bevölkerungsverhältnisse  §  lo. 
des  Südgebietes  nicht  von  vornherein  unter  einem  Mangel  an  Klarheit 
leiden  soll,  so  ist  es  nötig,  zuerst  die  Verwimmg  zu  lösen,  die  hier  in  der 
Namengebung  herrscht.  Dazu  ist  zunächst  festzustellen,  daß  die  Volks- 
grenzen über  die  pohtischen  Grenzen  des  neuen  Gebietes  weit  hinausgehen. 
Die  Bevölkerung  des  Südgebietes  bildet  nur  einen  Teil  des  großen  Volkes, 
das  sich  von  der  Küste  bis  zum  Sanga  und  Likuala-Mossaka,  im  Norden 
bis  über  den  Xjong.  im  Süden  bis  zum  Ogowe  ausbreitet.  Dazu  gehören 
in  Kamerun  die  Jaunde,  die  Bule  und  Ntem,  in  Spanisch-Guinea  die 
Pangwe,  Mfang  oder  Fan  und  in  Gabun  die  Pangwe  (franz.  Pahouins) 
und  die  Sanga-Sanga.  Die  Gesamtzahl  dieses  Volkes  wird  auf  3  Millionen 
geschätzt.  Nachdem  so  festgestellt  ist,  daß  nach  dem  übereinstimmenden 
Urteile  der  Kenner  des  Landes  alle  diese  Stämme  zu  einem  großen  Volke 
gehören,  ist  es  von  untergeordneter  Bedeutung,  ob  man  mit  dem  Namen 
Mfang,  Fan,  Pangwe,  Pahouins  oder  Bule  das  ganze  Volk  oder  nur  einzelne 


')  Die  Berichte  über  das  Vorkommen  der  ölpalme  widersprechen  sich  sehr. 
Während  die  einen  Berichte  die  Ölpalme  auf  die  beiden  genannten  Gebiete  und  die 
Umgebung  der  Eingeborenensiedclungen  beschränken,  kommen  sie  nach  anderen 
Berichten  im  ganzen  Südgebiete  häufig  vor. 


—      22      — 

kleinere  Stammesgemeinschaften  bezeichnen  will.  Die  im  folgenden 
gewählte  Art  der  Benennung  der  ganzen  Volksgemeinschaft  mit  Mfang 
und  die  Beschränkung  der  Bezeichnung  Pangwe  auf  ethnologisch 
imtergeordnete,  zu  den  Mfang  gehörige  Stämme,  scheint  bei  den  geteilten 
Meinungen  die  Mehrheit  für  sich  zu  haben. 

Die  Mfang  gehören  zu  den  Bantu-Negern,  die  vom  Sudan  ab  südhch 
sich  über  ganz  Afrika  bis  an  die  Grenze  von  Britisch- Südafrika  ausbreiten. 
Für  den  in  der  Bantu- Grammatik  Bewanderten  ergibt  sich  diese  Zuge- 
hörigkeit schon  aus  den  bisherigen  Ortsbezeichnungen,  die  die  für  die 
Bantu- Sprachen  charakteristischen  Präfixe  haben,  wie  N',  M',  Li.  In 
der  Tat  zeigt  auch  die  von  Gottes  veröffentlichte  Wortsammlung  aus 
den  Sprachen  dieses  Gebietes,  z.  B.  Mensch:  moto,  muto,  motum;  Baum: 
ti;  Rind:  gombe;  Regen:  mbua,  mbuta,  mbui,  die  gleichen  Wortstämme, 
wie  z.  B.  das  Suaheh  in  Ostafrika,  in  der  diese  Worte  entsprechend  mthu, 
mti,  gnombe,  mvua  lauten.  Ebenso  zeigen  die  einfachen  Zeitwörter 
dieselben  Schlußveränderungen,  um  ihnen  eine  intransitive,  reziproke, 
kausative  oder  habituelle  Bedeutung  zu  geben.  Abweichend  davon 
und  für  die  Sprachen  dieses  Gebietes  bezeichnend  ist  die  Eigenheit, 
daß  die  Bedeutung  der  einzelnen  Worte  nicht  nur  durch  den  Wort- 
stamm, sondern  auch  durch  die  Tonhöhe  bestimmt  wird.  Diese  Zuge- 
hörigkeit zu  größeren  Volks-  und  Sprachgemeinschaften  ist  aber  rein 
ethnographisch  und  hnguistisch;  politisch  hat  sie  gar  keine  oder  nur 
eine  auf  ganz  kleine  Entfernung  beschränkte  Wirkung.^) 

Die  auf  dem  bisher  französischen  Gebiete  sitzenden  Mfang  sind 
von  Osten  her  eingewandert  und  bis  zur  Küste  vorgedrungen.  Die  letzten 
Bewegungen  dieser  Wanderung  waren  an  der  Küste  noch  in  der  zweiten 
Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  zu  bemerken.  Inzwischen  scheint  von 
der  Küste  her  schon  wieder  eine  Rückstaubewegung  gegen  das  Innere  zu 
eingetreten  zu  sein,  eine  für  afrikanische  Völkerbewegungen  typische 
Erscheinung.  Die  französischen  Mfang  werden  von  französischer  Seite 
auf  etwa  600  000  Köpfe  geschätzt.  Diese  Schätzung  ist  allerdings  mit 
der  amtlichen  von  1906,  die  für  die  ganze  Kolonie  Gabun  nur  eine  Be- 
völkerung von  376  792  Einwohner  angenommen  hat,  lücht  gut  vereinbar. 
Diese  Schätzung  ist  aber  ebenso  willkürhch  wie  die  andere,  und  ihre 
Anführung  soll  nur  zeigen,  daß  heute  noch  keine  Unterlagen  für  eine 
auch  nur  einigermaßen  zuverlässige  Schätzung  vorliegen.  Darüber  kann 
jedoch  kein  Zweifel  bestehen,  daß  einzelne  Gebiete  des  Binnendreiecks 
verhältnismäßig  stark  bevölkert  sind,  so  besonders  das  Hinterland  von 
Spanisch- Gumea.      In  anderen  Gebieten,  wie  im  Kudu-Dschua-Lande, 


^)  Über  die  Sprachen-  und  Volkszugehörigkeit  vgl  Kol.  Rundsch.  1912,  S.  204ff. 


erreicht  die  Dichtigkeit  etwa  den  mittelafrikanischen  Durchschnitt. 
Andere  Gebiete  sind  allerdings  sehr  dünn  bevölkert,  wie  das  hsindo- 
Gebiet,  oder  ganz  menschenleer. 

Die  französisclien  Mfang  werden  in  ilirer  Gesamtheit  als  ein  besonders 
kräftiges  und  befähigtes  Volk  geschildert.  An  InteUigenz  stehen  sie  den 
Senegalesen  gleich.  \'iele  Kenner  des  Landes  bezeichnen  sie  als  die 
interessanteste  und  zukunftreichste  Nation  von  ganz  Französisch-Äqua- 
torial-Afrika.  Periquet  nennt  sie  ebenso  wie  frülier  Brazza  und  Challaye 
„die  Zukunft  des  Landes".  Über  Dorfgemeinschaften  scheint  ihre  politi- 
sche Organisation  nicht  hinauszugehen.  Rehgiös  stehen  sie  auf  einer 
sehr  tiefen  Stufe. ^)  Der  bei  ihnen  noch  vorkommende  Kannibalismus 
scheint  mit  religiösen  V'orstellungen  zusammenzuhängen.  Ihre  Nieder- 
lassungen legen  sie  in  der  Weise  an,  daß  zwei  Reihen  rechteckiger,  dicht 
aneinander  gebauter  Hütten  eine  8 — 20  m  breite  Dorfstraße  einschließen, 
die  an  dem  einen  Ende  von  dem  Palawerhause  abgeschlossen  wird. 
In  Sumpfgebieten  haben  die  Dorfgemeinschaften  oft  zwei  Niederlassungen, 
von  welchen  jede  mit  Pflanzungen  umgeben  ist,  eine  für  die  Trockenzeit 
und  eine  für  die  Zeit  der  Überschwemmungen.  Die  französischen  Mfang 
werden  —  anscheinend  nur  der  örtlichen  Lage  nach  —  in  zwei  Gruppen 
geteilt,  die  Pangwe  (Pahouins)-Madschuna  und  die  Pangwe  (Pahouins)- 
MaJdna.  Die  ersteren  sitzen  zwischen  der  spanischen  Grenze  und  dem 
hWndo  und  werden  in  französischen  Berichten  meist  kurzweg  als  Pahouins 
bezeichnet.  Die  Pangwe-Makina  wohnen  vom  Linken  Iwindo-Ufer  an 
bis  zum  Sanga.  Den  Kern  dieser  Gruppe  bilden  die  Sanga-Sanga,  die 
von  Osten  her  kommend,  die  früher  hier  sitzenden  Stämme,  die  Bakota 
und  Gunabembe,  verdrängt  oder  sich  mit  ihnen  vermischt  haben  und 
heute  ihre  Sitze  auf  der  Wasserscheide  zwischen  Iwindo  und  Ngoko 
haben ;  ihre  Zahl  Nvird  auf  wenigstens  40 — 50  000  Köpfe  angegeben. 
Die  Sanga-Sanga  zerfallen  in  mehrere  Stämme,  die  bedeutendsten  sind: 
Die  Sanga-Bakuli,  die  Sanga-Nzimu,  die  Sanga- Gunabembe,  die  Sanga- 
Inkeß,  die  Sanga-Mabesa,  die  Sanga-Bombassa,  die  Sanga-Bakota  und 
die  Sanga-Maonkel.  Diese  Stämme  sind  zum  Teile  reine  Sanga-Sanga. 
wie  die  Bakuli  und  Nzimu  und  zeichnen  sich  durch  besonders  kriegerische 
Gesinnung  aus;  zum  Teile  haben  sie  sich  mit  den  früher  hier  sitzenden 
Stämmen  vermischt.  Die  Hauptniederlassungen")  in  diesem  Gebiete 
sind  im  Norden  den  Ngoko  aufwärts  Ngali,  Sitz  einer  großen  Faktorei 


')  Vgl.  dazu  Teßmann  in  der  Kol.  Rundsch.  1912,  S.  233,  der  im  Gegensatze 
zu  französischen  Berichten  die  Mfang  auf  eine  höhere  Stufe  rchgiöser  .Vnschauung 
stellt. 

')  Vgl.  Cottes  S.  3Sff. 


—      24      — 

der  Ngoko-Sanga- Gesellschaft,  die  vor  kurzem  jedoch  zum  Teil  nach 
Tibundi  verlegt  worden  ist ;  Sambambo,  bestehend  aus  mehreren  größeren 
und  kleineren  Eingeborenen-Niederlassungen  und  Pflanzungen,  rechts 
und  links  von  dem  Ngoko;  Tibundi  (in  der  Nähe  der  früheren  deutschen 
Ngoko- Station)  Sitz  eines  Zollpostens  und  einer  Faktorei;  Mbio,  Mongola, 
bestehend  aus  drei  Dörfern ;  Ngoila,  Sitz  einer  Faktorei  und  Verwaltungs- 
sitz der  Ngoko-Sanga-Gesellschaft ;  Sokopia,  bestehend  aus  4  Dörfern; 
Dongo,  bestehend  aus  einer  kleinen  Faktorei,  die  von  Wichtigkeit  ist, 
da  hier  die  Flußschiffahrt  zu  Ende  ist  und  der  Trägerverkehr  auf  der 
Handelsstraße  nach  Suanke  beginnt.  Die  folgenden  Niederlassungen 
zwischen  Ngoko  und  Iwindo  sind  umfangreicher  als  die  bisher  genannten. 
Suanke,  ein  großes  Nzimu-Dorf,  das  durch  ein  Babinga-Dorf  erweitert 
wird,  ist  Sitz  einer  Faktorei;  Lepupa,  Ndun,  Sitz  einer  Faktorei  und  der 
bedeutendste  Handelsplatz  der  Gegend;  Groß-  und  Klein-Matuli  (früher 
Militärposten),  Sitz  einer  Handelsniederlassung;  Ntam,  wo  sich  eine 
Handelsniederlassung  der  Ngoko-Sanga-Gesellschaft  befindet,  Maka, 
eine  noch  ziemlich  neue  Eingeborenen-Niederlassung,  die  sich  in  kurzer 
Zeit  zum  größten  Orte  dieser  Gegend  entwickelt  hat;  endlich  Alati  am 
Iwindo  besteht  aus  den  beiden  Dörfern  Botzila  und  Bilantango.  Hier 
ist  die  Volksgrenze  zwischen  den  Pangwe  (Madschuna)  und  den  Nzimu. 
An  dieser  Stelle  macht  sich  die  schon  erwähnte  Rückwärtswanderung 
vom  Westen  her  geltend,  und  die  Pangwe  beginnen  schon  sich  an  den 
Ufern  des  Karagua  anzusiedeln.  So  sind  in  dieser  Gegend  die  Siedlimgen 
von  Essedsche,  Ebikang,  Essamissen  und  Bidschun  entstanden.  Von 
den  weiter  südlich  gelegenen  Orten  sind  zu  nennen :  Mvine,  an  der  Mün- 
dung des  Karagua,  Ngara-Binzam,  Kakaboine,  aus  einer  Gruppe  meh- 
rerer Dörfer  bestehend,  Badzok,  Sembe,  wichtig  als  Durchgangspunkt  der 
Handelsstraße  nach  Madschingo  und  Sokopia.  Die  bedeutenderen  Plätze 
dieser  Gegend,  Vadi  und  Viel,  liegen  auf  dem  hnken  Dschua-Ufer  und 
sind  daher  französisch  geblieben.  Das  auf  dem  rechten  Ufer  hegende 
Madschingo  hat  Frankreich  in  dem  November-Abkommen  ausdrückhch 
für  sich  behalten.  Ob  das  weiter  östhch  liegende  Goa  deutsch  oder  fran- 
zösisch ist,  wird  erst  näher  festzustellen  sein. 

Die  westlich  vom  Iwindo  sitzenden  Pangwe  werden  als  besonders 
brauchbare  Arbeiter  und  gewandte  Händler  geschildert,  die  mit  den 
Reisenden  gerne  in  Tauschverkehr  treten.  Früher  haben  sie  in  Kara- 
wanen Kautschuk  und  Elfenbein  zur  Küste  gebracht,  um  sich  Gewehre 
und  Pulver  zu  verschaffen.  Diese  Handelszüge  gingen  in  den  letzten  Jahren 
mehr  und  mehr  nach  Norden  zu  den  deutschen  Faktoreien  in  Südkamerun. 
Die  Hauptniederlassungen  dieses  Gebietes  sind  zwischen  Iwindo  und 
Ntem,  im  Norden  Makum,   bestehend    aus    drei  Dörfern,    Bominkolo, 


ein  größeres,  schön  gelegenes  Dorf,  dessen  Häuptling  Einfluß  in  der  ganzen 
Umgegend  hat  (früher  Sitz  einer  deutschen  Faktorei),  Mwula,  Bissoma, 
Metue,  Akoho-Minbang.  Der  Oberlauf  des  Iwindo  weiter  westwärts 
ist  ganz  menschenleer.  Dagegen  ist  der  Ntem  schon  in  seinem  Oberlaufe 
sehr  dicht  bevölkert,  zu  nennen  sind  hier  vor  allem  Minkebe,  Minkeke, 
Mintum,  weiter  westlich  Minwul,  das  an  der  Handelsstraße  nach  Ebolowa 
günstig  gelegen  ist,  Bikuk  (früher  Faktorei),  Mokom,  Nsong,  Majos, 
Bibe,  Mibang,  Weiter  südlich  werden  die  Niederlassungen  so 
häufig,  das  sie  im  einzelnen  nicht  aufgezählt  werden  können.  Die  be- 
deutendsten sind  Ojem,  Minwebe,  Mibang,  Mful,  nahe  an  der  Südecke 
von  Spanisch-Guinea  Azombeu,  Minbikam,  Nsang,  Akar-an-Dschor, 
Wulankun. 

Die  Pang^ve,  insbesondere  die  Sanga  zeigen  neben  den  oben  aufge- 
zählten, guten  Eigenschaften  einen  stark  ausgeprägten  Unabhängigkeits- 
drang. Für  die  Venvaltung  ergibt  sich  daraus  die  Mahnung,  diesem  Volke 
in  der  ersten  Zeit  mit  besonderer  Vorsicht  zu  begegnen,  wenn  hier  eine 
\'er\valtung  eingerichtet  werden  soll.  Als  man  französischerseits  vor 
einigen  Jahren  daran  ging,  dieses  Gebiet  in  Verwaltung  zu  nehmen, 
ist  es  hier  überall  zu  größeren  Kämpfen  genommen.  Als  besonders  kriegs- 
tüchtig und  gut  bewaffnet  (zum  Teil  mit  Hinterladern)  haben  sich  dabei 
die  Sanga-Sanga^)  gezeigt;  gegen  sie  mußten  von  igo8  bis  1911  mehrere 
Expeditionen  geschickt  werden.  Die  letzten  Kämpfe  haben  bis  Mitte 
191 1  gedauert.  Zur  Sicherung  des  Kudu-Dschua- Landes  hat  die  fran- 
zösische Verwaltung  den  Mihtärbezirk  Dschua-Sembe  errichtet.  Die 
Hauptmilitärstation  befindet  sich  in  Ngoila,  Nebenposten  wurden  in 
Vadi,  Viel,  Madschingo,  Sembe,  Zalangoye  und  Alati  errichtet;  ob  diese 
aber  augenblickhch  alle  noch  bestehen,  ist  nicht  bekannt.  Diese  Kämpfe 
haben  sich  größtenteils  auf  jetzt  deutschem  Gebiete  abgespielt,  besonders 
hartnäckig  war  der  Widerstand  in  der  Gegend  von  Kakaboine.-)  Die 
französischen  Expeditionen  haben  zwar  einen  Sanga-Stamm  nach  dem 
anderen  unterworfen  und  bestraft;  ob  aber  damit  eine  endgültige  Be- 
friedung dieses  Gebietes  herbeigeführt  ist,  ist  abzuwarten.  Zur  Be- 
herrschung und  Sicherung  des  wichtigen  Verbindungsweges  z\nschen 
Sembe  und  Madschingo  erscheint  es  aber  notwendig,  daß  diese  Stämme 
zur  Anerkennung  der  deutschen  Macht  und  zur  Ruhe  und  Ordnung 
gezwimgen  werden.  Die  weitere  Entwickelung  der  dortigen  Verhältnisse 
wird  wesentlich  davon  abhängen,  wieweit  es  den  Franzosen  gelingt, 
die   jetzt   noch   auf   französischem    Gebiete   verbleibenden    Stämme   zu 


')  Kevue  des  Troupes  Colonialcs  191 1,  Nov.-  u.  Dez. -Heft. 
*)  Vgl.  dazu  unten  §  ai 


—      26      — 

beruhigen,  die  noch  nicht  unterworfen  sind  und  mit  den  jetzt  deutschen 
Stämmen  in  reger  Verbindung  leben. 

Steuern  hat  die  französische  Verwaltung  im  Kudu-Dschua-Lande 
bisher  noch  nicht  erheben  können.  Dagegen  scheint  im  Gebiete  des 
Iwindo  (Mwung-Bezirk)  mit  der  Steuererhebung  schon  begonnen  worden 
zu  sein,  wenn  auch  vorläufig  ohne  viel  Erfolg,  da  von  einer  wirkhchen 
Verwaltung  hier  nur  stellenweise  die  Rede  sein  kann  und  die  Nieder- 
lassungen der  Eingeborenen  hier  besonders  schwer  zugänglich  sind. 

Die  dichte  Bevölkerung  am  Oberlaufe  des  Woleu  wird  als  zugäng- 
licher und  weniger  kriegslustig  geschildert  als  ihre  östHchen  Stammes- 
genossen. Die  Steuererhebung  soll  hier  in  den  letzten  Jahren  mit  gutem 
Erfolg  begonnen  haben.  Dagegen  scheinen  die  weiter  nördlich  sitzenden 
Ntem,  die  eine  Gruppe  für  sich  bilden,  schwieriger  zu  behandeln  zu  sein. 
Sie  sind  unter  den  ihnen  benachbarten  Stämmen  als  gefährhche  Räuber 
verrufen.  Im  Jahre  1911  sind  im  Woleu-Ntem- Gebiete  einige  Unruhen 
vorgekommen,  die  aber  ohne  größere  militärische  Machtentfaltung 
unterdrückt  werden  konnten.  Die  Bevölkerung  zwischen  den  Posten 
Minwul  und  Minkebe  hat  sich  dabei  als  gut  bewaffnet  gezeigt.  Das 
Pulver  soll,  wie  französischerseits  behauptet  wird,  von  spanischem  Gebiete 
herübergeschmuggelt  werden. 


II.  Der  Sanga- Vorsprung. 

Literatur. 

§11.  Le  Mouvement  geographique  1900  S.  565;  1903  S.  127;  1908  S.  297. 

L' Anthropologie  1911   Juniheft. 

Die  Grenzen  des  Sanga- Vorsprungs  werden  im  November-Abkommen 
wie  folgt  bestimmt: 

,,La  f rentiere  partira  ensuite  de  Die  Grenze  verläßt  dann  den 
la  riviere  Sangha  ä  un  point  situe  au  Sangafluß  an  einer  Stelle,  die  süd- 
sud  du  centre  d'Ouesso  (qui  reste  lieh  der  Stadt  Wesso  (die  franzö- 
fran^ais)  ä  une  distance  de  6  kilo-  sisch  bleibt)  je  nach  der  geographi- 
metres  au  moins  et  de  12  kilometres  sehen  Gestaltung  der  örtlichkeit 
au  plus  de  cette  locahte,  suivant  la  mindestens  6  und  höchstens  12 
disposition  geographique  des  Heux.  Kilometer  von  dieser  Ortschaft  ent- 
Elle obhquera  vers  le  sud-ouest,  femt  Hegen  soll.  Sie  biegt  von  hier 
pour  rejoindre  la  vallee  de  la  Kan-  nach  Südwesten  ab  und  folgt  dem 
deko,  jusqu'ä  son  confluent  avec  Tale  des  Kandeko  bis  zu  seiner 
la  Bokiba.     Elle  descendra  celle-ci  Vereinigung  mit  dem  Bokiba.     Sie 


et  la  Likouala  jusqu'ä  la  rive  droite  verläuft  den  Bokiba  und  den  Li- 
du  fleuve  Congo.  Elle  suivra  le  kuala  abwärts  bis  zum  rechten  Ufer 
fleuve  Congo  jusqu'ä  rembouchure  des  Kongostromes  und  folgt  diesem 
de  la  Sangha,  et  de  fa^on  ä  occuper  bis  zur  Mündung  des  Sanga  auf 
sur  la  rive  du  Congo  une  etendue  de  einer  Strecke  von  6  bis  12  Kilo- 
6  ä  12  kilometres,  qui  sera  fixöe  metem,  die  nach  Maßgabe  der  geo- 
suivant  les  conditions  göogra-  graphischen  \'erhältnisse  festgelegt 
phiques.  Elle  remontera  la  Sangha  werden  wird.  Die  Grenze  geht  den 
jusqu'ä  la  Likouala-aux-herbes  Sanga  aufwärts  bis  zu  dem  grünen 
qu'elle  suivra  ensuite  jusqu'ä  Bo-  Likuala,  dem  sie  bis  Botungo  folgt, 
tungo.  Elle  continuera  ensuite  du  Sie  erstreckt  sich  danach  von  Süden 
sud  au  nord,  selon  une  direction  ä  nach  Norden  in  ungefähr  gerader 
peu  pres  droite,  jusqu'ä  Bera  Ngoko.    Richtung  bis  nach  Bera-Xgoko." 

Die  Grenze  dieses  Gebiets  folgt  also  fast  ganz  natürlichen  Grenzen. 

Der  Kandeko  fließt  in  seinem  Oberlaufe  zwischen  den  letzten  öst- 
lichen Ausläufern  des  Berglandes,  auf  seinem  ünken  Ufer  sind  noch  Höhen 
von  400  m  über  dem  Meere,  weiter  östlich  zum  Sanga  zu  verlieren  sich 
diese  Höhen  in  dem  hier  beginnenden  großen  Sumpfgebiete,  das  den 
ganzen  Sanga-Vorsprung  ausfüllt.  Dieses  Gebiet  gehört  zu  den  groß- 
artigsten Überschwemmungsgebieten  der  Welt.  Hier  füeßen  dem  Kongo 
auf  einer  Uferstrecke  von  etwa  140  km  von  Norden  der  Likuala-Mossaka, 
der  Sanga,  der  grüne  Likuala^)  und  der  Ubangi  zu,  von  welchen  besonders 
der  Sanga  und  der  Ubangi  wasserreich  sind.  Wenn  in  der  Regenzeit  der 
Oberlaufgebicte  dieser  Flüsse  die  Wassermengen  hier  zusammentreffen, 
die  der  Kongo  auf  seinem  über  2000  km,  der  Ubangi  auf  seinem  fast 
ebenso  langen  Laufe  und  der  Sanga  auf  seinem  über  1000  km  langen  Laufe 
gesammelt  haben,  dann  entsteht  hier  em  großer  See,  dessen  west-öst- 
hcher  Durchmesser  mit  40  bis  50  km  wohl  noch  als  zu  gering  angegeben 
ist.  Die  Seebildung  wird  dadurch  noch  begünstigt,  daß  der  Kongo  weiter 
abwärts  in  ein  Bergland  kommt,  das  sein  Flußbett  einengt,  so  daß  nach 
oben  eine  gewisse  Stauung  eintritt.  In  der  Zeit  der  Überschwemnmngen 
ist  der  größte  Teil  des  Sanga- Vorsprunges  unter  Wasser.  Die  Eingeborenen 
können  mit  ihren  Booten  dann  noch  ziemlich  weit  nördlich  direkt  vom 
Likuala-Mossaka,  den  Sanga,  den  grünen  Likuala  und  den  Ubangi  kreu- 
zend, in  den  Kongo  gelangen.  Nur  wenige  Gebiete  des  südlichen  Teils 
sind  bis  heute  bekannt,  die  das  ganze  Jahr  trocken  sind.  Das  in  allen 
Karten   eingetragene,   am   deutschen    Kongo-Ufer   liegende   Bonga   soll 


')  Die  Bezeichnung  des  Flusses  als  Likuala  aux  herbes  kommt  von  den  großen 
Mengen  treibender  Gräser  her,  die  ganze  schwimmende  Inseln  bilden  und  das  Vor- 
wärtskommen der  Schiffe  sehr  erschweren. 


—      28      — 

während  der  Überschwemmungszeit  monatelang  unter  Wasser  stehen, 
daher  für  größere  wirtschafthche  Zwecke  unbrauchbar  sein.^)  Den  Sanga 
aufwärts  trifft  man  erst  bei  Pikunda  Land,  das  während  des  ganzen  Jahres 
trocken  ist.  Dann  weiter  aufwärts  bei  Ikelemba,  wo  sich  als  äußerster 
Ausläufer  des  westlichen  Berglandes  noch  einmal  ein  kleines  Plateau 
erhebt.  Das  Wesso  gegenüberhegende  Ufergebiet  ist  ebenfalls  in  dieser 
Zeit  vollständig  überschwemmt.  Wenn  das  Wasser  abfließt,  bleiben  die 
Reste  in  Form  von  großen  Sümpfen  zurück  oder  sammeln  sich  in  einzelnen 
tieferhegenden  Rinnen,  die  während  des  ganzen  Jahres  die  großen  Flüsse 
untereinander  verbinden. 

Das  Gebiet  ist  zum  großen  Teile  mit  dichtem  Urwalde  bedeckt, 
in  dem  alle  Arten  von  Kautschuk  vorkommen,  in  dem  Streifen  zwischen 
Likuala-Mossaka  und  Sanga  soll  auch  die  Ölpalme  häufiger  sein.  Eine 
wirtschafthche  Ausbeutung  kann  unter  den  gegebenen,  örthchen  Ver- 
hältnissen nur  in  der  Weise  erfolgen,  das  auf  den  wenigen,  das  ganze  Jahr 
trocknen  Plätzen  Faktoreien  angelegt  werden.  Zurzeit  bestehen  im 
ganzen  Sanga- Vorsprunge  nur  wenige  Faktoreien,  nämlich  in  Ikelemba, 
Bussinde,  Pikunda  und  Likuanda  am  Sanga,  in  Remondville  (Ntoku) 
am  Likuala-Mossaka,  in  Ebembe  am  grünen  Likuala,  in  Dalo  am  Ndoki 
und  etwas  weiter  östlich  in  Kakasenke,  die  letzten  beiden  Orte  ungefähr 
in  gleicher  geographischer  Höhe  mit  Wesso.  Der  Urwald  wird  hier  an 
den  Flüssen,  besonders  am  grünen  Likuala  durch  weite  Schilf-  und  Bam- 
busflächen unterbrochen,  die  von  Büffeln  und  vielem  Vogelwild  bevölkert 
sind,  besonders  von  den  wertvollen  Marabu.  Wie  beschränkt  die  Möghch- 
keit  der  wirtschaftlichen  Ausbeutung  hier  ist,  geht  daraus  hervor,  daß 
die  Societe  Franco-Congolaise  de  la  Sangha  und  andere  Gesellschaften, 
die  zwischen  dem  Sanga  und  dem  Kandeko  Gebiete  in  Konzession  erhalten 
hatten,  sie  nach  kurzem  wieder  aufgegeben  haben,  weil  ihre  Konzessions- 
gebiete %  des  Jahres  unter  Wasser  waren  und  Faktoreien  nicht  angelegt 
werden  koimten. 

Trotz  dieser  geringen  wirtschaftlichen  Entwicklungsmöghchkeit 
ist  dieser  Vorsprung  insofern  von  Bedeutung,  als  er  die  beiden  Ufer  der 
Sanga  ganz  und  je  ein  Ufer  der  beiden  Likuala  in  deutschen  Besitz  bringt. 
Der  Sanga  ist  auf  seinem  ganzen  Laufe  in  diesem  Gebiete  —  etwa  300  km 
—  zu  jeder  Jahreszeit  schiffbar.  Ebenso  ist  der  Likuala-Mossaka 
bis  nach  Makua  hinauf  für  Flußdampfer  bis  zu  i  m  Tiefgang  zugänghch 
Makua  kommt  als  möghcher  Endpunkt  der  von  der  französischen  Regie- 
rung geplanten  Gabun- Querbahn  in  Betracht. 2)     Über  die  Schiffbarkeit 


^)  Vgl.  unten  am  Schlüsse  dieses  Paragraphen. 
»)  Vgl.  unten  §  34. 


—    29    — 

des  Kandeko  sciieint  zurzeit  noch  niclits  bekannt  zu  sein.  Da  er  aber 
zum  größten  Teile  durch  Tiefland  fließt,  liegt  kein  Grund  vor,  seine 
Brauchbarkeit  für  die  Kleinschiffahrt  zu  bezweifeln.  Der  grüne  Likuala 
ist  von  seiner  Mündung  bei  Bojenge  bis  Moguma  30 — 50  m  breit  und 
zeigt  bei  Hochwasser  Tiefen  \'on  i — 3  m.  Er  kann  \'on  seiner  Mündung 
bis  Moguma  das  ganze  Jahr  mit  kleinen  Dampfern  befahren  werden. 
Zur  Zeit  des  Hochwassers  im  Oktober  und  November  können  sie  noch 
weiter  aufwärts  bis  Epena  kommen. 

Über  die  meteorologischen  Verhältnisse  des  Sanga- Vorsprunges 
liegen  genaue  Angaben  nicht  vor,  da  es  hier  an  den  zur  Beobachtung 
geeigneten  Stationen  fehlt.  Die  wenigen  Berichte  darüber  sind  sich  darin 
einig,  daß  der  Regenfall  ziemlich  gleichmäßig  während  des  ganzen  Jahres 
andauert.  Die  Regen  sind  dabei  aber  nicht  besonders  heftig,  so  daß  die 
Niederschlagsmenge  nicht  groß  sein  wird.  Der  Himmel  ist  fast  immer 
bedeckt.  Die  Reisenden  sprechen  alle  \-on  der  Schwierigkeit,  in  diesem 
Gebiete  astronomische  Messungen  zu  machen,  da  durch  diese  immer- 
währende Bedeckung  Himmelsbeobachtungen  nicht  mögUch  seien. 
Die  Temperatur  ist  während  des  ganzen  Jahres  gleich  und  fast  ohne 
Tagesschwankungen.  Fast  unerträghch  wird  sie  dadurch,  daß  die  Luft 
bis  zur  Sättigung  mit  Wasserdampf  angefüllt  ist.  Dazu  ist  die  Mücken- 
plage nirgends  in  Afrika  so  groß  wie  hier.  Die  gewöhnlichen  tropischen 
Krankheiten  treten  in  diesem  Gebiete  in  besonders  schwerer  Form  auf; 
auch  die  Schlafkrankheit  ist  hier  sehr  verbreitet.  Der  dauernde  Aufenthalt 
von  Weißen  in  diesem  Gebiete  wird  von  Kennern  des  Landes  für  unmöghch 
gehalten;  sogar  ein  nur  vorübergehender  Aufenthalt  von  wenigen  Monaten 
wird  als  geradezu  mörderisch  bezeichnet. 

Die  Bevölkerung  dieses  Gebietes  zerfällt  in  eine  Anzahl  von  Völker- 
schaften, über  die  noch  wenig  bekannt  ist.  Im  Norden  des  Sanga-\'or- 
sprunges  am  mittleren  Sanga  und  Ndoki  wohnen  die  Pomo,  am  unteren 
die  Bangüi,  am  Knie  des  Likuala-Mossaka  reichen  die  zu  den  Mfang 
gehörenden  Bakota  noch  in  deutsches  Gebiet.  In  den  Sümpfen,  die 
westlich  von  Ndoki  gelegen  sind,  wohnen  die  Jassua.  Der  südhche  Teil 
des  Sanga- Vorsprunges  wird  von  den  Bafuru  bewohnt,  die  zu  der  Duala- 
Bangala- Gruppe  der  Bantu-Sprachen  gehören.  Diese  \'ölkerschaften 
sind  sehr  wenig  zahlreich.  Sie  scheinen  alle  noch  zu  den  Bantu-\'ölkem 
zu  gehören;  allerdings  stark  vermischt  mit  früher  liier  sitzenden  \*ülker- 
schaftcn. 

Ganz  verschieden  von  ihnen  sind  die  hier  noch  stärker  vorhandenen 
Pygmäenstämme,  die  sich  als  Unterschicht  über  das  ganze  Gebiet  aus- 
breiten. Sie  kommen,  wie  schon  erwähnt,  auch  anderwärts  im  afrikani- 
schen Urwalde  noch  vor;  aber  nirgends  so  zahlreich  und  rein  erhalten 


—  so- 
wie hier.  Sie  leben  mit  den  genannten  höherstehenden  Völkerschaften 
in  einer  eigentümhchen  Berührung;  nicht  als  Sklaven,  sondern  als  eine 
Art  freiwilhge  Hörige.  Sie  treiben  nicht  den  geringsten  Ackerbau ;  sondern 
leben  nur  von  der  Jagd  auf  Hochwild,  besonders  auf  Elefanten,  die  hier 
noch  zahlreich  vorkommen.  Gegen  die  Erträgnisse  ihrer  Jagd  tauschen 
sie  bei  den  übrigen  Völkerschaften  die  notwendigen,  pflanzHchen  I^bens- 
mittel  ein.  Ihre  durchschnittUche  Körpergröße  ist  1,52  m.  Das  Charak- 
teristische an  ihnen  ist  aber  nicht  so  sehr  die  Kleinheit  ihres  Körperbaues, 
als  die  helle,  glanzlose  Farbe  ihrer  Haut  (Nr.  30  der  Farbentabelle  von 
Broca)  inmitten  einer  ganz  schwarzen  Bevölkerung  (Nr.  41  Broca). 
Es  kommen  zwar  auch  Mischfarben  vor,  wo  eine  Blutmischung  stattge- 
funden hat.  Diese  ist  aber  selten,  da  die  Neger  die  Pygmäen  angebhch 
wegen  ihres  schlechten  Geruches  verabscheuen.  Die  Pygmäen  sind  in 
ihrer  Kultur  noch  nicht  bis  zur  gemeinsamen  Siedlung  gekommen.  Sie 
leben  nur  in  ganz  kleinen  Famihen  zusammen,  ohne  feste  Niederlassungen, 
immer  auf  der  Spur  des  Wildes.  Sie  halten  sich  aber  in  der  Nähe  von 
größeren  Negersiedlungen  auf.  Sie  scheuen  die  Berührung  mit  dem  Weißen 
und  ziehen  sich  vor  ihm  in  den  Busch  zurück,  so  daß  es  nur  selten  gelingt, 
sie  zu  Gesicht  zu  bekommen.  Sie  werden  von  den  Völkerschaften  mit 
den  verschiedensten  Namen  benannt,  der  gebräuchhchste  scheint  Babinga 
zu  sein.  Andere  Namen  sind  Bajaga,  Bagiri,  Baguiele,  Bagga,  Bekue, 
Bakoa ;  in  Teilen  Alt-Kameruns  sind  sie  unter  dem  Namen  Bumandschoko 
bekannt.  Diese  verschiedenen  Namen  mögen  jedoch  auch  verschiedene 
Stämme  unter  ihnen  bezeichnen.  Bisher  ist  von  einer  Stammeseinteilung 
jedoch  nichts  Näheres  bekannt.  Nach  dem  Dialekte  ihrer  Sprache  zer- 
fallen sie  in  zwei  Gruppen,  die  eine  am  Ngoko  und  in  Alt-Kamerun, 
die  andere  zwischen  Sanga  und  Ndoki  und  weiter  südlich.  Von  einigen 
Reisenden  wird  behauptet,  daß  sie  Menschenfresser  seien;  von  anderen 
dagegen,  daß  sie  den  Kannibalismus  so  sehr  verabscheuen,  daß  sie  nicht 
einmal  das  Fleisch  der  Affen  wegen  ihrer  Menschenähnlichkeit  essen. 
Die  Bevölkerung  scheint  im  ganzen  friedlich  gesinnt  und  noch  wenig 
mit  Feuerwaffen  versehen  zu  sein.  Besonders  bie  Bafuru  werden  als 
zugängliche  Leute  geschildert;  während  die  am  oberen  und  mittleren 
grünen  Likuala  wohnenden  Eingeborenen  kriegslustig  und  mutig  sein 
sollen.  Zu  Feindseligkeiten  gegen  Europäer  mögen  sie  noch  wenig  Gelegen- 
heit gehabt  haben,  da  von  der  französischen  Verwaltung  noch  nicht  der 
Versuch  gemacht  worden  ist,  sich  in  diesem  Gebiete  zu  betätigen.  Ent- 
sprechend der  äußerst  geringen  Dichtigkeit  der  Bevölkerung  sind  hier 
außer  den  schon  erwähnten  Faktoreien  keine  größeren  Siedelungen  zu 
nennen.  Die  Angaben  über  die  Bedeutung  von  Bonga  an  der  Mündung 
des  Sanga  in  den  Kongo  gehen  ganz  auseinander.    Von  einer  Seite  wird 


—     31     — 

es  als  eine  ganz  kleine  Eingeborenen- Siedelung,  bestehend  aus  15  elenden 
Fischerhütten  bezeichnet,  nach  einer  anderen  Meldung  sollen  hier  aber 
vorübergehend  Posten  stationiert  sein.  Nach  den  Eintragungen  auf 
Blatt  21  der  Carte  fluviale  du  Congo  von  Augouard  und  Leray  1908, 
1:50000,  befinden  sich  in  Bonga  ein  französischer  Militärposten,  eine 
Faktorei,  eine  Missionsnicderlassung  und  ein  Holzposten  für  die  Ver- 
sorgung der  Dampfer  mit  Brennholz.  Wieweit  das  richtig  ist,  muü  weiterer 
Feststellung  vorbehalten  bleiben.  Das  steht  jedenfalls  jetzt  schon  fest, 
daß  Bonga  monatelang  unter  Wasser  steht. 


m.  Das  Ost-Gebiet. 

Literatur. 

Lenf  ant,  La  decouverte  des  grandes  sourccs  du  centre  de  l'Afrique,  Paris  1909. 

Derselbe,  La  grande  route  du  Tchad,  Paris  1905. 

Aug.  Chevalier,  l'Afrique  Centrale  Fran9aise,  Paris   1908. 

Le  Tour  du  Monde  1908,  S.  385 — 480;    1896,  S.   i — 36. 

Questions  Diplomatiques  et  Coloniales  1909,  S.  406. 

Mouvement  Geographique  1902,  S.  159,  175,  379,  391,  415;  1903,  S.  18, 
238,  256;  1904,  S.  164,  337;   1907,  S.  69,  415. 

Anthropologie  191 1,  Juniheft. 

Mitteilungen  aus  den  deutschen  Schutzgebieten  1905,  S.  89,  326ff. ;  1906, 
S.  1  ff.;  191 1,  S.  i6ff. 

La  Geographie  1908,   S.  338,  453. 

Revue  Coloniale  1903/04,  S.  637,  Renseignements  Coloniaux  191 1,  S.  276. 

Die  Grenze  des  Ostgebietes  wird  im  November- Abkommen  Nsie 
folgt  bestimmt: 

Elle  continuera  ensuite  (Botungo)       Sie   erstreckt   sich  danach   (nach 

du  sud  au  nord,  selon  une  direction  Botungo)  von  Süden  nach  Norden  in 

ä    peu    pres    droite,    jusqu'a    Bera  ungefähr  gerader  Richtung  bis  nach 

Ngoko,  Elle  s'inflechira  ensuite  dans  Bera  Ngoko,  biegt  von  dort  in  der 

la  direction  du  confluent  de  la  Bo-  Richtung  auf  die  Vereinigung  des 

dingue  et  de  la  Lobaye  et  descendra  Bodinke  und  des   Lobaje  um  und 

le    cours    de    la    Lobaye    jusqu'ä  geht    den    Lobaje    talab    bis    zum 

rOubanghi  au  nord  de  Mongoumba.  Ubangi    nördlich    von    Monguraba. 

Sur  la  rive  droite  de  l'Oubanghi       Auf  dem  rechten  Ufer  des  Ubangi 

et  suivant  la  disposition  gcograplü-  wird  das  deutsche  Gebiet  je  nach 

que  des  lieux,  le  territoire  allemand  der  geographischen  Gestaltung  der 

sera  d^'termme  de  fa<;on  ä  s'ötendre  örtlichkeit  so   bestimmt  sein,   daß 

sur  un  espace  de  6  kilometres  au  es  sich  auf  eine  Strecke  von  mindc- 

moins  et  de  12  kilometres  au  plus;  tens  6  imd  höchstens  12  Kilometer 


—     32     — 

la  frontiere  remontera  ensuite  ob-  ausdehnt;  die  Grenze  steigt  danach 
liquement  vers  le  nord-ouest,  de  schräg  nach  Nordwesten  an,  so  daß 
fagon  ä  gagner  la  riviere  Pama  en  sie  den  Pama-Fluß  in  einem  noch 
un  point  ä  determiner  ä  l'ouest  de  zu  bestimmenden  Punkte  westhch 
son  confluent  avec  le  Mbi,  remon-  von  seiner  Vereinigung  mit  dem  Mbi 
tera  la  vallee  de  la  Pama,  puis  erreicht,  geht  das  Tal  des  Pama 
rejoindra  le  Logone  oriental,  ä  peu  aufwärts  und  trifft  den  Ost-Logone 
pres  ä  l'endroit  oü  cette  riviere  ungefähr  da,  wo  dieser  Fluß  in  der 
rencontre  le  huitieme  parallele  ä  Höhe  von  Gore  den  achten  Parallel- 
la  hauteur  de  Gore.  Elle  suivra  kreis  erreicht.  Sie  folgt  endHch  dem 
ensuite  le  cours  du  Logone  vers  le  Lauf  des  Logone  nach  Norden  bis 
nord  jusqu'ä  son  confluent  avec  le  zu  seiner  Vereinigung  mit  dem 
Chari,  Schari. 

Die  Länge  dieser  Grenze  beträgt  von  Botungo  aus  etwa  1400  km, 
davon  fallen  etwa  600  km  auf  natürliche  geographische  Grenzen,  nämhch 
150  km  auf  den  Lobaje,  150  km  auf  den  Pama  und  etwa  300  km  auf  den 
Pende  und  Logone.  Es  scheint  hier  aber  die  Möglichkeit  zu  bestehen, 
daß  die  Grenzkommission  die  Grenze  in  viel  größerem  Umfange,  als  es 
im  Südgebiete  möglich  ist,  auf  natürliche  Grenzen  verlegt.  Im  Norden 
und  Westen  grenzt  dieses  Gebiet  an  Alt-Kamerun.  Der  Flächeninhalt 
des  neuen  Ostgebiets  beträgt  zusammen  mit  dem  Sanga-  und  dem 
Ubangi- Vorsprunge  etwa  230  000  qkm. 
§  12.  Der  Bodengestaltung  nach  stellt  sich  dieses  Gebiet  von  West  nach 

Ost  als  der  Übergang  von  dem  Kameruner  Berglande  zu  dem  Becken  des 
Kongo  dar;  von  Süd  nach  Nord  als  der  Übergang  vom  zentralafrikanischen 
Urwalde  zu  den  Steppen  des  Sudan.  Daraus  allein  geht  schon  hervor, 
wie  verschieden  die  einzelnen  Teile  dieses  Gebietes  in  allen  natürUchen 
Beziehungen  sein  müssen;  in  dem  einen  Teile  der  üppigste  Tropenwald, 
in  dem  anderen  dürftige  Buschsteppe ;  in  einem  Teile  eine  fast  immer 
gleich  hohe,  schwüle  Temperatur,  im  anderen  Tagesunterschiede  von 
40^  und  manchmal  Temperaturen,  die  sich  dem  Nullpunkte  nähern; 
im  Süden  eine  mit  Feuchtigkeit  vollständig  gesättigte  Luft  und  gleich- 
mäßiger Regen,  im  Norden  monatelang  ununterbrochene,  trockene  Hitze 
und  Sandstürme,  die  die  Sonne  wochenlang  unsichtbar  machen. 

Die  natürUche  Scheidehnie  zwischen  den  in  ihren  natürhchen  Ver- 
hältnissen so  verschiedenen  südlichen  und  nördhchen  Teilen  des  Ost- 
gebietes bildet  das  Hochland  von  Jade,  so  genannt,  weü  seine  mittlere, 
höchste  Erhebung  von  dem  Bergvolke  der  Jade  bewohnt  wird.  Dement- 
sprechend ergibt  sich  für  die  Darstellung  der  natürlichen  Verhältnisse 
des  Ostgebietes  von  selbst  eine  Zweiteilung.    Es  soll  daher  im  folgenden 


—     33     — 

zuerst  clor  südlich  des  Jade-Hochlandes,  dann  der  nördlich  davon  gelegene 
Teil  nach  seinen  natürlichen  \'erludtnissen  besprochen  werden. 

Das  Bergmassiv  von  Jade  bildet  nicht  nur  in  orographischer  Be- 
ziehung, sondern  auch  in  hydrographischer  und  ethnographischer  den 
Mittelpunkt  des  Ostgebietes.  Hier  haben  die  vielen  und  mächtigen 
W'asserläufe  des  Ostgebietes  alle  ihren  Ursprung;  auch  der  Sanaga,  der 
nach  Westen  ganz  Alt-Kamerun  durchfließt,  nimmt  hier  seinen  Anfang. 
L  m  den  Fuß  dieses  Massivs  gruppieren  sich  die  zahlreichen  Völkerschaften 
und  Stämme,  die  das  Ostgebiet  bewohnen  und  zum  Teil  ganz  verschieden 
voneinander  sind.  Hier  ungefähr  treffen  sich  die  Grenzschichten  zweier 
ganz  verschiedener  Rassen:  Im  Süden  das  Volk  der  Bantu,  im  Norden 
die  Völker  des  Sudan,  im  Grenzgebiet  vermischt  oder  übereinander  ge- 
schoben. 

In  dem  Massiv  von  Jade  hat  das  große  Gebirgssystem,  das  Alt- 
Kamerun  bedeckt,  seinen  letzten,  östlichen  Ausläufer,  der  sich  in  weitem 
Halbkreise  zwischen  das  südliche  Tiefland  des  Kongo-Beckens  und  das 
nördliche  des  Tschadsee-Beckens  hineinschiebt.  Dieses  Bergmassiv 
ist  in  mehreren  Stufen  übereinander  aufgebaut.  Das  zentrale  Hoch- 
plateau, dessen  höchste  Erhebung  mit  ungefähr  iioo — 1200  m^)  ange- 
geben wird,  fällt  in  einem  ersten  steilen  Absätze  halbkreisförmig  zu 
einem  zweiten  Hochplateau  ab,  das  in  verhältnismäßig  schwacher  Neigung 
den  Abfall  fortsetzt  und  dann  in  einer  von  einzelnen  Randerhöhungen 
ül)erragten  Parallele  zu  dem  ersten  Absätze  wieder  steil  zu 
der  \'orstufe  abfällt ,  die  im  Norden ,  Osten  und  Süden  all- 
mählich in  das  Tiefland  übergeht.  Dieses  Tiefland  hat  eine  mittlere 
Meereshöhe  von  300 — 350  m. 

Der  Stufenaufbau  ist  durch  die  Erosion  der  vielen  Wasserläufe, 
die  die  Stufen  nach  allen  Richtungen  in  tiefen  Flußtälem  ausgefurcht 
haben,  teilweise  ver\vischt  und  mag  in  örtlich  begrenzten  Ausschnitten 
nicht  mehr  überall  zu  erkennen  sein.  In  den  großen  Linien  des  Gesamt- 
aufbaues kommt  er  aber  auch  heute  noch  unverkennbar  zum  Ausdruck 
und  wird  in  fast  allen  Flußläufen  durch  zwei  steile  Gefällstufen  gekenn- 
zeichnet, so  daß  —  was  für  diese  Oberläufe  typisch  ist  —  meist  mehrere 
schiffbare  Strecken  übereinander  liegen,  die  durch  Schnellen  voneinander 
getrennt  sind.  Zwischen  den  Flußläufen  ziehen  sich  die  Höhen  in  mehreren 
langen  Zügen  nach  Süden.  Wo  diese  Höhen  auslaufen,  vereinigen  sich 
die  Flußläufe  nacheinander  und  bilden  den  Sanga,  der  dann  weiter  süd- 
wärts die  letzten  östlichen,  stark  gegliederten  Abdachungen  in  großen 
Windungen  umfließt,  während  an  seine  andere  Seite  schon  das  Tiefland 


')  Nach  einigen  Berichten  erreichten  die  höchsten  Erhebungen  1400  m. 

V<T«'(<rntl.  d.  RcichskoloniaUmtes  Nr.  4:  Ritter.  3 


—     34     — 

des  Kongo-Beckens  heranreicht.  Nach  Norden  schiebt  sich  zwischen 
den  Tälern  des  Lim,  des  Mbere  und  des  Logone  der  Höhenzug  von  Bumba- 
bal  weit  in  die  Ebene  des  Logone  hinein,  mit  seinem  scharf  abgerissenen 
Nordabfall  das  ganze  Ge^biet  weithin  beherrschend.  An  seinem  Fuße 
nimmt  der  Logone  den  Lim  und  den  Mbere  auf.  An  dieser  Ecke  kreuzen 
sich  die  verschiedenen  Straßen,  auf  welchen  die  Fulbe  von  Ngaundere 
in  die  Ebene  hinabsteigen;  früher  als  Sklavenjäger  und  Räuber,  jetzt 
als  Händler.  Am  östlichen  Abfall  dieses  Berglandes  haben  sich  früher 
einmal,  wie  man  annimmt,  die  Wasser  des  Kongo  gebrochen  und  dann 
an  seinem  Fuße  entlang  ihren  Lauf  nach  Süden  genommen,  bis  sie  im 
,, Couloir"  südlich  der  Alima-Mündung  eine  Durchbruchstelle  gefunden 
haben.  Heute  sehen  wir  den  Ubangi  als  sekundären  Wasserlauf  des  Kongo- 
Stromgebietes  diese  nördlichste  Flußlinie  markieren  und  in  scharfer 
Wendung  nach  Süden  den  Abfall  entlang  abbiegen.  Er  und  der  Sanga 
führen  dem  Kongo  heute  die  Wasser  zu,  die  er  früher  direkt  am  Fuße 
der  Höhen  gesammelt  hat. 
§  13-  Der  von  diesem  Hochlande  südlich  gelegene  Teil  des  Ostgebietes 

wird  ganz  von  dem  Flußgebiete  des  Sanga  ausgefüllt,  das  sich  über  8 
Breitengrade  und  mehr  als  3  Längengrade  erstreckt  und  durch  das  Novem- 
ber-Abkommen ganz  deutsch  geworden  ist. 

Zur  Feststellung  der  Wasser-  und  Schiffahrtsverhältnisse  des  Sanga 
und  des  übangi  hat  die  französische  Regierung  im  vorigen  Jahre  eine 
Expedition  unter  Führung  von  Roussilhe  ausgerüstet.  Wie  Roussilhe 
in  dem  zweiten  Februarhefte  1912  von  ,,La  Geographie"  berichtet,  sind 
diese  Arbeiten  vor  kurzem  abgeschlossen  worden.  Sie  scheinen  mit  großer 
Genauigkeit  durchgeführt  worden  zu  sein.  Roussilhe  spricht  in  diesem 
Berichte  zugleich  seine  Absicht  aus,  über  die  Ergebnisse  seiner  Arbeiten 
vorläufig  nichts  zu  veröffentlichen,  da  das  Sanga-Gebiet  jetzt  deutsch 
geworden  sei.  Es  wäre  bedauerlich,  wenn  diese  Äußerung  endgültig 
bhebe  und  die  Ergebnisse  dieser  Forschungsreise  zurückgehalten  würden. 

Die  folgende  Darstellung  des  Sanga- Flußsystems  beruht  auf  dem 
kurzen  Vorberichte,  den  Roussilhe  in  ,,La  Geographie"  1911,  S.  246 ff., 
gegeben  hat,  und  auf  den  Vorarbeiten,  die  in  den  zahlreichen  Berichten 
früherer  deutscher  und  französischer  Reisender  niedergelegt  sind.  Dieser 
Darstellung  muß  aber  vorausgeschickt  werden,  daß  das  aus  diesen  Be- 
richten zu  ziehende  Ergebnis  noch  kein  endgültiges  sein  kann.  Dazu 
sind  die  Berichte  teilweise  zu  ungenau,  zum  Teil  stimmen  sie  auch  in  den 
Angaben  über  die  Schiffahrtshindernisse  und  über  den  möglichen  Tief- 
gang der  Fahrzeuge  nicht  überein. 

Um  die  Schiffahrtsmöglichkeiten  übersehen  zu  können,  ist  es  zuerst 
notwendig,  über  die  wechselnden  Wasserstände  und  über  die  Dauer  und 


—     35     — 

Umfanf,'  der  Hochwasser  kurz  anzugeben,  was  lx?kannt  ist.  Die  W'asser- 
stands\erhältnisse  im  Unterlaufe  des  Sanga  von  W'esso  bis  zur  Mündung 
und  in  seinem  Mittelläufe  von  Nola  bis  Wesso  sind  nicht  ganz  gleich, 
weil  der  bei  W'esso  in  den  Sanga  mündende  Ngoko  dem  Flusse  während 
des  größten  Teiles  des  Jahres  eine  viel  größere  Wassermenge  zuführt, 
als  der  Sanga  selbst  von  Norden  mit  sich  bringt.  Die  Schiffbarkeit  des 
Sanga-L'nterlaufes  hängt  daher  mehr  von  den  W'asserstandsverhältnissen 
des  Ngoko  ab,  als  von  denen  des  Sanga-Oberlaufes.  Deren  W'asserv-er- 
hältnisse  sind  aber  ziemlich  verschieden,  weil  der  Sanga  sein  Quell-  und 
Hauptzuflußgebiet  viel  weiter  nördlich  hat  als  der  Ngoko;  in  einer  Gegend, 
wo  die  Regenzeit  an  Ergiebigkeit  und  Dauer  gegenüber  dem  Quellgebiete 
des  Ngoko  schon  erheblich  abgenommen  hat.  Die  ludrographischen 
Verhältnisse  des  Ngoko  sind  schon  oben  (§  7)  in  dem  Abschnitte  über  das 
Südgebiet  berührt  worden.  Das  dort  Gesagte  ist  hier  nur  noch  insoweit 
zu  ergänzen,  als  die  Bedeutung  des  Ngoko  im  Flußgebiete  des  Sanga  in 
Frage  kommt.  Da  das  Quellgebiet  des  Ngoko  den  zentral-afrikanischen 
Äquatorialregen  länger  ausgesetzt  ist,  beginnt  er  schon  zu  steigen,  wenn  der 
obere  Sanga  seinen  tiefsten  Wasserstand  noch  nicht  erreicht  hat  und  sein 
Hochwasser  dauert  noch  an,  wenn  der  obere  Sanga  schon  wieder  zu  fallen 
beginnt.  Nach  Pegelmessungen,  die  in  der  früheren  deutschen  Ngoko- 
Station  gemacht  worden  sind,  stieg  der  Ngoko  damals  bis  Ende  August 
2,8  m  über  seinen  niedrigsten  Stand,  blieb  im  September  auf  2,0  bis  2,6  m 
und  stieg  im  Oktober  bis  auf  5,6  m  über  seinen  niedrigsten  Stand,  um  im 
November  von  5,2  auf  1,7  m  zu  fallen,  im  Dezember  stieg  er  aber  wieder 
auf  2,6  m  und  fiel  von  Ende  Dezember  ab  gleichmäßig  bis  auf  seinen 
tiefsten  Stand,  derdamals  am  29.  JuU^)  beobachtet  worden  ist.  Die  mitt- 
leren Monatspegelstände  waren  damals 

im  Juni  i      m 

Juli  0,5  m 

August  17  m 

September  2,4  m 

Oktober  4,6  m 

November  3,4  m 

Dezember  2.3  m 
ül)er  dem  tiefsten  Stande. 

Der  Sanga  begann  oberhalb  W'esso  schon  im  März  sich  etwas  zu 

hel>en  und  stieg  im  April  und  Mai  um  ^/2  m  über  den  tiefsten  Stand,  den 
er  Ende  Februar  gehabt  hatte.    Nachdem  sich  der  Wasserspiegel  im  Juni 


')  Nach  anderen  Angaben  hat  der  Ngoko  seinen  tiefsten  Stand  im  Februar. 
Die  obigen  Beobachtungen  wurden  nur  von  Mai  bis  Januar  angestellt. 

3' 


-     36    - 

wieder  um  etwa  y^  m  gesenkt  hatte,  so  daß  alle  Sandbänke  nochmals 
zutage  traten,  hob  er  sich  in  der  zweiten  Hälfte  des  Juni  um  40  cm  und 
anfangs  Juli  weiter  um  30  cm.  Von  Ende  Juli  bis  November  stieg  er  dann 
allmähhch  auf  2,80  m  über  den  tiefsten  Stand.  Auch  in  der  zweiten  Hälfte 
des  November  war  in  seinem  Mittellauf  gebiete  noch  starker  Regenfall, 
doch  hatte  es  im  Norden  in  der  Höhe  des  4.  Breitengrades  schon  aufgehört 
zu  regnen.  Der  Sanga  stand  daher  am  i.  Dezember  schon  etwa  i  m  unter 
seinem  höchsten  Stande  und  fiel  täglich  etwa  10  cm,  bis  er  im  Februar 
seinen  tiefsten  Stand  wieder  erreicht  hatte. 

Daraus  ergibt  sich  also  einmal,  daß  auf  den  Sanga-Unterlaufe  das 
Hochwasser  länger  andauert  als  auf  dem  Sanga-Oberlaufe.  Daneben  hat 
die  Mündung  des  Ngoko  auch  noch  eine  direkte  Einwirkung  auf  die  Wasser- 
standsverhältnisse des  Sanga-Oberlaufes.  Der  Ngoko  verursacht  nämlich 
eine  gewisse  Stauung  im  Sanga-Oberlaufe,  die  den  Wasserspiegel  des 
oberen  Sanga  eine  kurze  Strecke  aufwärts  zwar  etwas  erhöht ;  andererseits 
aber  die  nachteihgere  Folge  hat,  daß  das  Gefäll  des  Sanga  auf  eine  erheb- 
liche Strecke  aufwärts  vermindert  wird,  so  daß  oberhalb  der  Ngoko- 
Mündung  die  festen  Bestandteile,  die  das  rasche  Gefäll  vorher  mit  herunter- 
getragen hat,  sich  absetzen  und  in  Form  von  Sandbänken  das  Fahrwasser 
einengen.  Die  hydrographischen  Vorbedingungen  für  die  Schiffahrt 
sind  also  —  abgesehen  natürhch  von  der  regelmäßig  anzunehmenden 
Überlegenheit  der  Unterläufe  über  die  Oberläufe  —  im  Unterlaufe  des 
Sanga  wesentlich  günstiger  als  in  seinem  Oberlaufe. 

Roussilhe  führt  in  seinem  Vorberichte  i)  über  die  Schiff  bar  keit 
des  Sanga  etwa  folgendes  aus:  ,,Der  Sanga  hat  zwischen  seiner  Mündung 
und  Wesso  einige  sch\vierige  Stellen  infolge  von  Sandbänken,  die  sich  an 
scharfen  Flußkehren  befinden.  Wir  haben  fast  immer  Tiefen  gefunden, 
die  für  ein  Fahrzeug  von  i  m  Tiefgang  genügten,  man  kann  dieses  also 
als  den  SchiffstjTp  für  die  ständige  Schiffahrt  bezeichnen.  Große  Dampf- 
schiffe können  den  Sanga  aufwärts  bis  nach  Wesso  während  6,  8  oder  10 
Monate  kommen,  wenn  man  an  einigen  Plätzen,  wie  in  Mossaka,  Bojenge, 
Ikelemba  und  Wesso  einen  Wasserdienst  zur  Feststellung  der  jeweiligen 
Wasserverhältnisse  einrichtet.  Die  mittleren  Tiefen  sind  regelmäßiger 
als  im  Ubangi,  es  gibt  fast  keine  Felsen.  Die  Schiffahrt  ist  im  ganzen 
verhältnismäßig  leicht  und  scheint  in  dem  heutigen  Zustande  den  wirt- 
schaftlichen Bedürfnissen  zu  genügen. 

Von  Wesso  aufwärts  ändern  sich  die  Verhältnisse.    Im  oberen  Sanga 


1)  R  o  u  s  s  i  1  he  hat  seine  Erkundungsfahrten  bei  tiefstem  Wasserstande  gemacht ; 
die  folgenden  Angaben  sind  daher,  soweit  sie  über  die  bei  der  Fahrt  gemachten, 
tatsächlichen  Wahrnehmungen  berichten,  dementsprechend  zu  bewerten. 


gibt  es  wenig  Wasser;  die  Fahrrinne  hat  sehr  viele  Krümmungen  und  ist 
durch  Baumstämme  eingeengt.  Während  des  Februar,  März  und  April 
können  kleine  Dampfer  mit  0,80 — i  m  Tiefgang  nur  mit  Schwierigkeiten 
bis  Bajanga  kommen.  Oberhalb  Bajanga  ist  die  Sciiiffahrt  bis  Salo  leichter, 
aber  von  Sal(j  bis  Nola,  das  als  das  Ende  der  regelmäiiigen  Dampfschiff- 
lahrt  zu  betrachten  ist,  treten  wieder  mehr  Schwierigkeiten  auf.  Wenn 
die  Schiffahrtsverhältnisse  auf  dem  oberen  Sanga  günstiger  gestaltet 
werden  sollen,  so  wird  es  sich  hauptsächüch  darum  handeln,  die  Zone  der 
wandernden  Sandbänke  festzustellen,  um  durch  geeignete  Maßnahmen 
lue  Wasserhöhe  über  den  Sandbänken  zu  vermehren,  und  die  mittlere 
Cieschwindigkeit  zu  erhöhen,  um  den  durch  den  Ngoko  verursachten 
Rückstau  zu  überwinden.  Wenn  dies  gelingt,  können  genügend  starke 
Dampfer  mit  i  m  Tiefgang  bis  nach  Bajanga  hinaufkommen." 

Mit  dieser  Darstellung  stimmen  andere  Berichte  darin  überein,  daß 
die  großen  Kongo-Flußdampfer  während  der  Hochwasserzeit  bis  Wesso 
gelangen  können,  nach  anderen  Berichten  sollen  sie  sogar  bis  Nola  hinauf- 
kommen. 

Über  die  Wasserverhältnisse  der  beiden  Quellflüsse  des  Sanga,  des 
M amber e  und  des  Kadei,  scheint  folgender  Bericht  von  Kerremans 
(Mouv.  Geogr.  1902,  S.  177)  am  zutreffendsten  zu  imterrichten.  ,,Der 
Mambere  und  der  Kadei,  die  sich  bei  Nola  vereinigen  und  den  Sanga 
bilden,  entspringen  beide  in  dem  Massiv  von  Ngaundere,^)  von  wo  sie 
nach  Süden  fließen.  Der  Mambere  hat  infolge  seines  ziemlich  schwachen 
Gefälles  einen  verhältnismäßig  ruhigen  Lauf,  In  seinem  Oberlaufe  zwi- 
schen Bania  und  Nola  ist  sein  Bett  eingeengt  und  von  Felsen  durchsetzt, 
die  Schnellen  verursachen.  Oberhalb  von  Bania  erstrecken  sich  die  so- 
genannten Schnellen  von  Bania  auf  eine  Strecke  von  5 — 6  km  bis  nach 
Likaia,  Von  Likaia  bis  Kamot  breitet  der  Fluß  sich  aus,  bildet  Inseln 
und  erreicht  hier  seine  größte  Breite.  Er  hat  nur  einen  größeren  Zufluß, 
nämlich  den  Nana  oberhalb  von  Kamot.  Der  Kadei  dagegen  hat  vier  große 
Zuflüsse:  den  Baturi,  die  beiden  Bumbe  und  von  rechts  den  Dume,  der 
aus  Kamerun  kommt.  Der  Kadei  hat  in  seinem  mittleren  Laufe  niedrige 
und  sumpfige  Ufer,  und  sein  übriger  Lauf  wird  durch  zahlreiche  Schnellen 
und  Fälle  unterbrochen,  so  daß  er  für  die  Schiffahrt  nicht  in  Betracht 
kommt." 

Mit  diesem  Berichte  stimmt  ein  Bericht  von  Lenfant  über  den  Mam- 
bere ziemhch  überein:  ,, Oberhalb  Nola  werden  die  Schiffahrtsverhältnisse 
schwieriger.  Bei  Mokelo  zwischen  Bania  und  Nola  befindet  sich  eine 
Schnelle  zwischen  zwei   Felsen   eingeengt,   dann   weiter    aufwärts    ver- 


')  Dies  trifft  nicht  ganz  zu. 


-     38     - 

sperren  Granitbänke  das  Fahrwasser  und  verursachen  eine  Verstärkung 
des  Gefälles." 

Diese  Granitbänke  Lenfants  scheinen  mit  den  von  Kerrernans 
angenommenen  Schnellen  von  Bania  identisch  zu  sein  und  der  Dampf- 
schiffahrt auch  beim  höchsten  Wasserstande  ein  Ende  zu  setzen.  Ober- 
halb dieser  Granitbänke  bietet  der  Mambere  aber  noch  einmal  auf  einer 
Strecke  von  etwa  120  km  der  Schiffahrt  günstige  Verhältnisse ;  da  die 
Schnellen  von  Bania  auf  einer  guten  Straße  umgangen  werden  können, 
können  Transporte  nach  Karnot  diese  schiffbare  Strecke  noch  einmal 
benutzen. 

Bezüglich  des  Kadei  scheint  der  Bericht  Kerremans  nur  insofern 
richtig  zu  sein,  als  eine  durchgehende  Schiffahrt  nicht  möghch  ist.  Dagegen 
bietet  der  Kadei  für  eine  Schiffahrt  mit  Unterbrechnugen  mehrere  große 
schiffbare  Strecken.  Die  Gesellschaft  Süd-Kamerun  berichtet  darüber: 
„Das  Befahren  des  Kadei  vom  Sanga  aus  ist  ausgeschlossen,  da  sich 
gleich  oberhalb  seiner  Mündung  in  den  Sanga  bei  Nola  Fälle  befinden,  die 
der  Schiffahrt  unübersteigbare  Hindernisse  entgegenstellen.  Es  ^vurde 
früher  schon  versucht,  mit  Dampfern  bis  nach  Nola  zu  fahren  und  von  dort 
aus  einen  Leichterbetrieb  für  die  Fahrt  Kadei  aufwärts  einzurichten; 
aber  auch  das  erwies  sich  wegen  der  Fälle  als  ausgeschlossen.  Bei  relativ 
hohem  Wasserstande  war  bei  mehrfachen  Umladungen  zur  Überwindung 
der  Schnellen  Bootsverkehr,  jedoch  auch  nur  in  beschränktem  Maße, 
möglich  bis  zur  Höhe  von  Messo-Delele.  Von  Messo-Delele  aufwärts 
ist  die  Schiffahrt  für  große  Frachtkähne  jederzeit  und  für  Dampfer  mit 
einem  Tiefgange  von  o,go  bis  i  m  möglich  bis  zur  Höhe  von  Mundia. 
Weiter  aufwärts  von  Mundia  ist  nur  noch  Bootsverkehr  möghch." 
Die  Erkundungen  der  Gesellschaft  Süd-Kamerun  haben  sich  nur  bis 
in  die  Höhe  von  Baturi-Bere  erstreckt,  bis  wohin  der  Bootsverkehr 
als  möglich  gefunden  wurde.  Nach  einem  anderen  Berichte  ist  er  noch 
weiter  nördlich  bis  Bakumbo  möglich.  Der  rechte  große  Nebenfluß 
des  Kadei,  der  Dume,  ist  von  seiner  Mündung  an  bis  an  die  deutsche 
Dume-Station  mit  größeren  Frachtbooten  befahrbar.  Es  erscheint  aber 
nicht  ausgeschlossen,  daß  er  während  10  Monate,  also  die  Monate  der 
größten  Trockenheit  ausgeschlossen,  bis  nach  Njassi  oder  noch  weiter 
hinauf  auch  mit  kleinen  Dampfern  befahren  werden  kann,  wenn  sein  Bett 
gereinigt  wird. 

Das  zweite  große  Stromgebiet,  mit  dem  das  Ostgebiet  in  Berührung 
steht,  ist  das  des  Ubangi.  Er  erhält  von  rechts  mehrere  Nebenflüsse, 
deren  Oberläufe  auf  deutschem  Gebiete  liegen,  und  der  Lobaje  fließt 
ganz  auf  deutschem  Gebiete,  mit  seinem  Unterlaufe  die  Grenze  bildend- 
Der  Ubangi  hat  eine  Länge  von  etwa  2300  km  und  erreicht  stellenweise 


—        V)       — 

eine  Breite  bis  zu  9  km.  Die  NictlerwasserztHcn  \t rtcilen  sich  etwa  ebenso 
auf  das  Jahr  wie  beim  Sanga.  Seine  Schiffahrtsverhältnisse  entsprechen 
aber  nicht  dem.  was  seine  Größenverhültnisse  erwarten  lassen.  Roussilhe 
berichtet  darüber  etwa  Folgendes:  ,,Die  Schiffahrt  ist  für  Fahrzeuge  mit 
über  I  m  Tiefgang  während  des  ganzen  Jahres  heute  nur  bis  Impfondo 
(=Desbordesville)  müghch.  Weiter  aufwärts  beginnen  die  Schwierigkeiten. 
Einige  Fahrrinnen  sind  ziemlich  wahrscheinlich  schiffbar;  al)er  zahlreiche 
Felsen,  die  noch  nicht  kenntlich  gemacht  sind,  machen  die  Schiffahrt 
mangels  genauer  Karten  gefährhch.  Andere  Fahrrinnen  sind  zwar  nur  mit 
Sandbänken  durchsetzt ;  aber  die  stark  gekrümmten  und  veränderlichen 
Durchfahrten  haben  bei  Xiederwasser  keine  genügende  Tiefe.  Die  Schiffs- 
führer haben  im  allgemeinen  noch  keine  genaue  Kenntnis  von  der  Höhe 
des  Wassers  über  den  Sandbänken  und  Felsen,  und  man  kennt  hier,  wie 
übrigens  allgemein  am  Kongo,  die  Anwendung  \'on  Pegeln  noch  nicht. 
Die  Strecke  von  Impfondo  bis  Betu  wird  man  wohl  das  ganze  Jahr  für  die 
großen  Dampfer  zugänglich  machen  können.  Eine  sorgfältige  Flußauf- 
nahme, die  Erkundung  der  notwendigen  und  genügenden  Ausbaggerung 
und  die  Errichtung  von  Pegeln  werden  im  nächsten  Jahre,  wie  ich  hoffe, 
Gewißheit  darüber  geben. 

Von  Betu  aufwärts  liegen  die  Verhältnisse  anders.  Hier  sind,  um  nach 
Mongumba  zu  kommen,  mehrere  schwierige  Stellen  mit  felsigem  Grunde 
zu  passieren.  Es  ist  sehr  zweifelhaft,  ob  Fahrzeuge  mit  mehr  als  i  m 
Tiefgang  das  ganze  Jahr  diese  Strecke  befahren  können.  Von  Mongumba 
aufwärts  scheint  die  Bank  von  Singa  kein  unüberwindbares  Hindernis 
zu  sein,  um  so  weniger  als  für  die  Strecke  zwischen  Singa  und  Bangi  nur 
Schiffe  mit  i  m  Tiefgang  bei  tiefem  Wasserstande  in  Betracht  kommen 
können.  Die  Zahl  der  gefährhchen  Stellen  auf  dieser  Strecke  ist  aber  so 
groß,  daß  eine  vollständige  Flußaufnahme  bis  nach  Bangi  notwendig  ist. 

Die  Verbesserung  der  regelmäßigen  Schiffahrt  auf  dem  Ubangi 
kann  von  zwei  Gesichtspunkten  aus  ins  Auge  gefaßt  werden,  i.  Betu  ist 
als  das  Ende  der  Schiffahrt  für  Dampfer  von  i — 2  m  Tiefgang  zu  be- 
trachten. Es  wird  mögUch  sein,  nicht  nur  die  Bank  von  Singa,  sondern 
auch  die  schwierigen  Stellen  oberhalb  dieses  Punktes  mit  Schiffen  von 
I  m  Tiefgang  zu  überwinden  und  mit  diesen  Schiffen  Bangi  zu  erreichen. 
2.  Die  Möglichkeit,  diese  Strecken  mit  Fahrzeugen  eines  bestimmten 
Typs  zu  befahren  —  damit  ist  nicht  nur  der  Tiefgang,  sondern  auch  die 
Beweglichkeit  und  Schnelligkeit  gemeint  —  ist  daher  nicht  ein  für  allemal 
fest  bestimmt,  sondern  hängt  von  der  Schiffahrtskarte,  von  der  Ausbagge- 
rung und  von  dem  jeweiligen  Pegelstande  ab.  Ein  Dampfer  von  1.40  m 
Tiefgang  und  einer  Schnelligkeit  von  7  Knoten  wird  also  z.  B.,  wenn  er 
im  Februar  in  Betu  den  Pegel  abliest  und  die  allgemeinen  Angaben  über 


—     40     — 

die  monatlichen  und  täglichen  Schwankungen  der  Wasserhöhe  hat,  sich 
berechnen  können,  ob  er  die  auf  der  Karte  angegebenen,  ausgebaggerten 
Stellen  bis  nach  Mongumba  und  darüber  hinaus  passieren  kann  oder 
nicht," 

Diese  Angaben  Roussilhes  scheinen  in  Einzelheiten  nicht  den 
heutigen  Zustand  der  Schiffahrtsverhältnisse  zu  berücksichtigen ;  sondern 
mehr  mit  den  zukünftigen  MögUchkeiten  zu  rechnen,  die  sich  aus  den 
von  Roussilhe  vorgeschlagenen  Verbesserungen  der  Schiffahrtsver- 
hältnisse ergeben.  Nach  anderen  Berichten  können  Dampfer  mit  i  m 
Tiefgang  nur  bei  Hochwasser  bis  Bangi  kommen,  nach  anderen  ist  es 
nur  Dampfern  bis  zu  80  cm  Tiefgang  möghch,  die  Bank  von  Singa  zu 
überwinden. 

Für  das  deutsche  Gebiet  kommt  vor  allem  in  Frage,  ob  die  Hindernisse 
bei  Singa  oberhalb  oder  unterhalb  der  deutschen  Ubangi-Uferstrecke 
liegen.  Aus  den  bisher  vorliegenden  Berichten  ist  dies  nicht  klar  zu  er- 
sehen, da  diese  Berichte  alle  aus  der  Zeit  vor  der  Abtretung  dieser  Ufer- 
strecke an  Deutschland  datieren,  und  damals  kein  Interesse  vorlag, 
die  Lage  dieser  Schiffahrtshindernisse  im  Verhältnis  zu  dem  jetzt  deutschen 
Gebiete  festzustellen.  Die  Karte  von  Dehngette,  die  auch  sonst  oft  sehr 
unzuverlässig  ist,  gibt  diese  Hindernisse  überhaupt  nicht  an.  Auch  in 
der  neuen  Karte  von  M.  Moisel  (Kamerun  i :  300  000  G.  5  Makandschia) 
sind  sie  nicht  eingetragen.  Nach  der  Karte  von  Barralier  liegen  die 
Bänke  ziemlich  auf  der  Höhe  der  Lobaje-Mündung,  also  innerhalb  der 
deutschen  Uferstrecke.  Nach  einer  Spezialkarte  des  Ubangi-Sanga- 
Beckens  im  Mouvement  Geographie  1902,  S.  390  und  der  Karte  in  der 
Denkschrift  der  Cie.  Forestiere  von  191 1  Hegen  sie  etwas  oberhalb  der 
Lobaje-Mündung,  aber  anscheinend  noch  innerhalb  der  deutschen  6 
bis  12  km.  Auf  der  Karte  dieses  Buches  ist  die  Lage  der  Schiffahrts- 
hindernisse, nach  der  amtlichen  Carte  de  l'Etat  Independant  du  Congo, 
I :  I  000  000,  1907  eingetragen,  die  zuverlässig  zu  sein  scheint.  Danach 
ist  Singa  ein  kleiner  Ort  auf  der  deutschen  Uferseite  etwas  oberhalb  der 
Mündung  des  Lobaje.  Etwas  oberhalb  dieses  Ortes  ist  auf  der  Karte 
das  Schiff ahrtshindemis  als  ,,rapides"  =  Schnellen  eingetragen.  Wenn  dies 
richtig  ist,  das  deutsche  Gebiet  also  noch  unterhalb  der  Schnellen  von 
Singa  an  den  Ubangi  stößt,  so  würde  es  an  sich  vielleicht  nichts  ausmachen, 
wenn  sie  weiter  oberhalb  noch  in  der  Höhe  des  deutschen  Gebietes  liegen. 
Es  würde  im  Gegenteile  dadurch  vielleicht  die  Entstehung  eines  größeren 
Handels-  und  Umschlagsplatzes  begünstigt  werden.  Andererseits  aber 
ist  zu  bedenken,  daß  die  Mündung  des  Lobaje,  wovon  gleich  zu  sprechen 
sein  wird,  sumpfig  ist,  also  möghcherweise  nicht  das  geeignete  Gelände 
zum  Anlegen  von  Schiffen  vorhanden  ist.  Auf  jeden  Fall  wird  es  sich  emp- 


—     41     — 

fehlen,  vor  der  endgültigen  Festlegung  der  Grenze  die  Lage  der  Schnellen 
von  Singa  und  die  Bodenverhältnisse  am  Ufer  festzustellen. 

Von  den  direkten  Nebenflüssen  des  Ubangi  ist  der  Lobaje  für 
das  deutsche  Gebiet  der  wichtigste.  Er  entspringt  hoch  im  Norden  auf 
der  Höhe  des  Buar-Massivs,  der  südöstliclisten  Abzweigung  des  Jade- 
Hochlandes  und  durchfließt  auf  seinem  ganzen  etwa  500  km  langen  Laufe 
deutsches  Gebiet,  in  seinem  Unterlaufe  auf  etwa  150  km  die  Grenze 
bildend.  Bevor  er  in  die  wald-  und  grasreichen  Niederungen  des  Ubangi 
kommt,  durchbricht  er  in  mehreren  Fällen  den  Höhenzug,  der  zwischen 
dem  Sanga-  und  dem  Ubangi-Tale  liegt.  Dieses  Gebiet,  das  sich  zum 
Teil  nur  50  m  über  das  Niveau  der  beiden  Flüsse  erhebt  und  in  seinem 
höchsten  Punkte  etwa  650  m  erreicht,  wird  in  allen  Berichten  als  un- 
fruchtbar und  so  wasserarm  geschildert,  daß  die  Reisenden,  die  es  auf 
dem  Marsche  vom  Lobaje-  zum  Sanga-Tale  durchquerten  und  sich  mit 
Getränken  nicht  vorgesehen  hatten,  in  Verlegenheit  gekommen  sind. 
Das  eigenartige  an  diesem  Plateau  ist,  daß  es  im  Süden  trotz  seiner 
Wasserlosigkeit  von  großartigem  Urwalde  bedeckt  sein  soll,  dessen  saft- 
reiche Lianen  von  den  Reisenden  zur  Stillung  ihres  Durstes  angeschnitten 
woirden.  Weiter  im  Norden  ist  dieses  Zwischengebiet  von  dichter  Busch- 
steppe bedeckt  und  nur  im  Tale  des  Mbaere,  eines  Nebenflusses  des  Lobaje, 
erstreckt  der  \\'ald  sich  weiter  nach  Norden.  Dieser  Mbaere  wurde  lange 
für  den  Mambere,  den  Ouellfluß  des  Sanga  gehalten,  woraus  sich  auch  der 
Gleichlaut  des  Namens  erklärt;  wie  überhaupt  die  meisten  Flußläufe 
dieses  Gebietes  erst  in  allerjüngster  Zeit  etwas  genauer  festgelegt  worden 
sind. 

Der  Lobaje  ist  bei  seiner  Mündung  etwa  300  m  breit  und  seiner  Wasser- 
menge nach  sehr  bedeutend.  Von  seiner  Mündung  aufwärts  bietet  sein 
Lauf  eine  etwa  80  km  lange,  schiffbare  Strecke  bis  zu  den  Wasserfällen 
von  Zomia-Zenia,  etwa  8  km  oberhalb  von  Loko.  Seine  mittlere  Breite 
ist  bis  dahin  ungefähr  120  m,  seine  Tiefe  wechselt  (Stand  im  September) 
zwischen  2  und  3  m.  Seine  Ufer  sind  meistens  niedrig  und  teilweise  über- 
schwemmt. Sein  Lauf  macht  große  Krümmungen,  die  oft  durch  große 
Pflanzenbänke  versperrt  sind.  Die  beiden  Ufer  sind  mit  dichtem  Busch- 
walde bewachsen,  den  zahlreiche  ölpalmen  überragen.  Während  in 
einem  Berichte  (Mouv.  Geogr.  1903,  S.  18)  die  Höhe  des  Wasserfalles 
bei  Zomia-Zenia  auf  etwa  3  m  angegeben  wird,  wird  in  einem  anderen 
Berichte  behauptet,  daß  der  Lobaje  bis  zur  Mündung  des  Bodinke  für 
kleinere  Dampfer  schiffbar  sein  soll.  Diese  letzte  Angabe  scheint  jedoch 
nicht  zuverlässig  zu  sein ;  denn  die  Strecke  zwischen  Zomia-Zenia  und 
der  Mündung  des  Bodinke  wird  auf  allen  Karten  als  mit  zahlreichen 
Fällen  durchsetzt  angegeben.   Dagegen  stimmen  die  Berichte  und  Karten 


—     42     - 

darin  überein,  daß  von  der  Mündung  des  Bodinke  aufwärts  bis  Ngotto 
eine  40  km  lange  Strecke  und  von  Bassari  nach  Kolongo  noch  einmal 
eine  längere  Strecke  mit  Booten  befahrbar  ist. 

Über  die  Schiffbarkeit  des  Lobaje  scheint  also  so  viel  festzustehen, 
daß  er  bis  Loko  mit  kleinen  Dampfern  befahrbar  ist,  daß  zwischen  Loko 
und  der  Mündung  des  Bodinke  eine  Schiffahrt  nicht  möglich  ist,  daß 
er  aber  weiter  aufwärts  —  in  seinem  Oberlaufe  Bali  genannt  —  ebenso 
wie  der  Mbaere  mit  Unterbrechungen  sehr  weit  nach  Norden  hinauf 
mit  Booten  befahren  werden  kann.  Von  den  Nebenflüssen  des  Ubangi 
kommt  weiter  noch  der  Ibenga  in  Betracht,  der  in  seinem  Oberlaufe 
bis  Bera-Ngoko  auf  deutschem  Gebiete  fließt.  Von  hier  ab  bis  zu  seiner 
Mündung  in  den  Ubangi  ist  er  mit  Booten  befahrbar.  Auch  der 
Motaba  ist  bis  an  die  deutsche  Grenze,  in  deren  Nähe  der  kleine  Ort 
Mbeie  liegt,  mit  Fahrzeugen  bis  zu  60  cm  Tiefgang  und  weiter  auf- 
wärts bis  Lopi  mitkleineren  Booten  befahrbar.  An  seiner  Mündung 
hat  er  eine  Breite  von  etwa  400  m.  Sein  ganzer  Unter-  und  Mittellauf 
geht  durch  die  Niederung  des  Ubangi.  Das  Fahrwasser  ist  hier  durch 
Baumstämme  und  Pflanzenbänke  stellenweise  sehr  eingeengt. 
§  14.  Die    meteorologischen    und    klimatischen    Verhältnisse    im 

mittleren  Stromgebiete  des  Sanga  sind  ähnlich  wie  die  in  seinem  Unter- 
laufe und  im  östlichen  Südgebiete  von  Neu-Kamerun.  Die  Tempera- 
turen zeigen  auch  hier  nur  geringe  Schwankungen  und  die  Regen-  und 
Trockenzeiten^)  sind  nicht  scharf  voneinander  geschieden.  In  dieser  Höhe 
gibt  es  auch  noch  große  Sumpfgebiete.  Am  linken  Ufer  des  Sanga  ziehen 
sich  von  Wesso  aufwärts  noch  Niederungen  bis  in  die  Höhe  von  Salo 
und  auch  der  Ubangi- Vorsprung  liegt  zum  großen  Teile  im  Gebiete  der 
Ubangi-Niederung.  Hier  ist  auch  der  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  noch 
sehr  groß.  Je  weiter  man  aber  den  Sanga  aufwärts  nach  Norden  kommt, 
um  so  mehr  macht  sich  der  Übergang  zu  dem  Höhenklima  des  Jade- 
Hochlandes  bemerkbar.  Die  Tagestemperaturen  zeigen  merkhche  Schwan- 
kungen, die  über  10°  hinausgehen.  Die  Nächte  werden  kühler,  und  über 
Nacht  tritt  oft  starker  Tau  ein.  Die  Monatsmittel  sind  aber  auch  hier 
während  des  ganzen  Jahres  ziemhch  gleich.  Die  Trockenzeiten  beginnen 
sich  nach  Norden  zu  wieder  schärfer  abzuheben,  wenn  sie  auch  durch 
kleinere  Regenfälle  oft  noch  unterbrochen  sind.  Sie  fallen  ungefähr  auf  die 
Monate  Juli  und  August  und  auf  die  Jahreswende.  Die  Jahresnieder- 
schlagsmengen sind  geringer  als  die  für  Libreville  gemessenen  und  ent- 
sprechen denen  der  Nachbargebiete,  die  auf  gleicher  Breite  liegen.  Da 
in  diesem  Hügellande  die  Abfluß  Verhältnisse  sich  gut  geregelt  haben, 


^)  Vgl.  auch  die  Zusammenstellung  der  Niederschlagsmengen   am  Schlüsse. 


—     43     - 

ist  auch  der  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft  geringer,  so  daß  im  oberen 
Gebiete  des  Sanga  von  Nola  aufwärts  die  khmatischen  Verhältnisse  für 
den  Aufenthalt  von  Europäern  im  allgemeinen  günstiger  sind  als  im 
Sanga-Mittel-  und  Unterlaufe,  wenn  sie  auch  immer  noch  als  schlechter 
zu  bezeichnen  sind  als  die  in  der  entsprechenden  Hohe  von  Alt-Kamerun. 

Die  gesundheitliche  Beurteilung  dieses  Gebietes  wird  aber  weniger 
durch  diese  allgemeinen  khmatischen  Voraussetzungen  bestimmt,  als 
durch  die  Tatsache,  daß  das  ganze  Stromgebiet  des  Sanga  und  des  Ubangi 
von  der  Schlafkrankheit  durchseucht  und  als  der  Herd  zu  betrachten  ist, 
von  dem  aus  sich  die  Krankheit  auch  nach  Alt-Kamerun  verbreitet  hat. 
Überall  kommt  im  Sanga-Mittellaufe  und  im  Oberlaufe  im  Norden  bis 
über  Kamot  hinaus  die  Glossina  palpalis  vor,  die  hier  die  günstigsten 
Lebensbedingungen  hat.  Ein  großer  Teil  der  eingeborenen  Bevölkerung 
ist  infiziert.  \'on  der  französischen  Regienmg  ist  hier  bis  vor  kurzem 
so  gut  wie  nichts  zur  Bekämpfung  der  Krankheit  geschehen.  ^)  Erst  in 
aller] üngster  Zeit  ist  die  Bekämpfung  der  Krankheit  durch  Vermehrung 
des  iirztlichen  Personals  und  Errichtung  von  Sanitätsposten  in  Angriff 
genommen  worden.  Die  Cie.  Forestiere  spricht  in  ihrer  Denkschrift 
von  191 1,  S.  119 ff.,  davon,  daß  sie  dies  in  ihrem  Gebiete  selbständig 
tun  wolle  und  daß  dafür  ein  jährlicher  Betrag  von  100  000  Franken  aus- 
geworfen werden  soll.  Wieweit  dieser  Plan  durchgeführt  wird,  bleibt 
abzuwarten. 

In  diesem  Gebiete  ist  auch  der  beste  Beweis  dafür  erbracht  worden, 
daß  die  eine  Zeitlang  angenommene  Immunität  der  Weißen  gegen  die 
Schlafkrankheit  nicht  besteht.  Es  sind  hier  viele  Weiße  infiziert  worden. 
Von  ihnen  ist  in  den  letzten  Jahren  ein  Teil  der  Krankheit  erlegen,  und 
es  ist  ein  offenes  Geheimnis,  daß  im  Institut  Pasteur  in  Paris  eine  große 
Anzahl  von  Weißen  an  Schlafkrankheit  behandelt  worden  sind  und 
zurzeit  behandelt  werden,  (es  \\ird  behauptet  über  30)  die  sich  in  diesem 
Gebiete  infiziert  haben.  L'nter  den  Eingeborenen  fordern  neben  der 
Schlafkrankheit  auch  die  Pocken  zahlreiche  Opfer. 

Die  Vegetation  steht  im  mittleren  Sanga-Gebiete  noch  ganz  §  15. 
unter  dem  Zeichen  des  tropischen  Urwaldes.  Der  Forst  bringt  hier  alle 
die  natürlichen  Erzeugnisse  her\'0r,  die  für  die  südlichen  Gebiete  schon 
festgestellt  worden  sind;  insbesondere  kommen  hier  alle  Kautschukarten 
in  besonders  großen  Mengen  vor.  Die  Kautschukgewinnung  ist  infolge 
der  günstigen  Beiörderungsverhältnisse  hier  am  intensivsten  in  ganz 
Französisch-Äquatorial-Afrika  betrieben  worden.')    Der  Streifen  zwischen 


')   Vgl.  dazu  unten  §  37. 
-)  Vgl.  dazu  unten  §  23. 


—     44     — 

dem  3°  und  4^  nördlicher  Breite,  also  ungefähr  die  geographische  Höhe 
von  Nola,  kann  im  allgemeinen  als  die  nördliche  Grenze  des  zentral- 
afrikanischen Urwaldes  betrachtet  werden.  Hier  beginnt  die  zusammen- 
hängende Masse  des  Urwaldes  sich  aufzulösen  und  mit  lichteren  Baum- 
beständen und  baumlosen  Strecken  zu  durchsetzen.  Nur  dort,  wo  die 
Bodenverhältnisse  seinem  Fortkommen  besonders  günstig  sind,  also 
besonders  die  Flußläufe  entlang,  schiebt  er  noch  Ausläufer  nach  Norden 
bis  in  die  Höhe  von  Kamot  vor,  die  das  typische  Bild  der  Urwaldvege- 
tation zeigen.  Zwischen  diesen  Ausläufern  wechselt  Buschwald  mit  freien 
Flächen  ab  und  je  weiter  man  auf  den  Höhenrücken,  die  sich  vom  Jade- 
Hochlande  nach  Süden  erstrecken,  in  die  Höhe  kommt,  um  so  mehr 
macht  sich  in  der  Vegetation  die  Scheidung  zwischen  Uferwald  und  Busch- 
und  Grassteppe  geltend.  Das  Eigenartige  des  Uferwaldes  ist,  daß  er 
alle  Wasserläufe  in  einer  Breite  von  20  bis  über  100  m  auf  beiden  Seiten 
begleitet.  Er  bildet  dadurch  nicht  nur  den  Schmuck  des  landschaftlichen 
Bildes,  sondern  auch  den  Reichtum  dieser  Gegend;  denn  in  ihm  kommen 
alle  Nutzpflanzen  des  Urwaldes  noch  bis  zu  dem  8°  nördlicher  Breite 
in  besonders  üppiger  Form  vor.  Der  Kautschukbaum  wird  allerdings 
seltener,  dagegen  ist  die  Kautschuk-Liane  häufiger  als  im  Urwalde. 
Alle  Palmenarten,  wilde  Kaffeebäume,  Pfeffer  und  alle  Nutzholzarten 
kommen  hier  reichlich  vor.  Von  den  auf  den  Busch-  und  Grassteppen 
vorkommenden  Pflanzen  ist  eine  kleine  Kautschukart,  die  Landolphia 
tolonii  zu  nennen.  Weiter  im  Norden  tritt  der  Uferwald  immer  mehr 
zurück.  In  höheren  Lagen  —  die  Quellflüsse  des  Sanga  kommen  aus 
Höhen  von  über  11 00  m  —  wird  der  Boden  felsig  und  ist  nur  noch  von 
niederem  Busche  und  wertlosen  Gräsern  bedeckt.  An  dieses  Übergangs- 
gebiet schließt  sich  dann  das  eigenthche  Hochland  von  Jade  an,  das  das 
südliche  Tiefland  des  Ostgebietes  von  dem  nördlichen  trennt. 

In  der  Tierwelt  des  Sanga- Gebietes  steht  der  Elefant  an  erster 
Stelle.  Er  hat  zwar  hier  unter  der  intensiveren  Tätigkeit  der  Konzessions- 
Gesellschaften  noch  mehr  gelitten  als  im  Südgebiete;  immerhin  kommt 
er  auch  heute  noch  im  ganzen  Sanga-Becken  vor,  an  manchen  Stellen 
sogar  noch  ziemlich  zahlreich.  Die  eifrigsten  Elefantenjäger  sind  auch 
hier  die  im  ganzen  Gebiete  vorkommenden  Babinga.  Außerdem  kommen 
auch  hier  die  für  das  Südgebiet  festgestellten  Tiere  vor,  Wildschweine, 
zahlreiche  Antilopen  u.  a. 

Als  Haustiere  sind  überall  Ziegen  verbreitet.  Das  Sanga- Gebiet 
kommt  in  seinem  nördlichen  Teil  auch  schon  für  die  Viehhaltung  in 
Betracht.  Lenfant  hat  eine  Viehherde  von  500  Stück  aus  dem  Logone- 
Gebiet  den  Pende  und  den  Nana  entlang  bis  nach  Karnot  gebracht  und 
hat  auf  dieser  etwa  700  km  langen  Strecke  nur  geringe  Verluste  erlitten. 


—     45     — 

Als  er  aber  mit  seiner  Herde  am  Mambere  ankam,  zeigten  sich  in  der 
Fütterung  Schu-ierigkeiten ;  das  Gras  dieses  Gebietes  ist  zu  hart  und 
zu  wenig  nahrhaft.  Die  Viehhaltung  wird  weiter  im  Süden  auch  durch 
die  Tsetsefliege  unmöglich  gemacht.  Der  4  °  nördlicher  Breite  ist  im 
allgemeinen  als  die  Grenze  anzusehen,  bis  zu  der  eine  Vieheinfuhr  möglich 
ist,  ohne  daß  die  Gefahr  des  sofortigen  Eingehens  besteht.  Lenfant 
hält  einige  besonders  günstige  Plätze  wie  Abba,  Bira,  Nao,  Kumbe, 
Berberati  sogar  für  Viehzucht  in  geringem  Umfange  für  geeignet. 
Die  in  Kamot  ansässigen  Haussa  treiben  tatsächUch  auch  jetzt  schon  Vieh- 
zucht und  führen  in  diesem  ganzen  Gebiete  regelmäßig  aus  dem  Norden 
Vieh  ein.  Zu  dem  Fortkommen  des  Viehs  ist  aber  eine  hergerichtete 
Weide  und  sorgfältige  Hütung  notwendig.  Die  Haussa  schlachten  das 
Vieh  am  Orte  des  Bedarfs  und  treiben  im  ganzen  Sanga-Gebiete  einen 
gewinnbringenden  Fleischhandel.  Die  Frage  der  Fleischversorgung 
ist  gerade  für  das  Urwaldgebiet  besonders  wichtig,  da  es  an  Wild  ziemUch 
arm  ist  und  die  Dürftigkeit  in  der  Lebenshaltung  der  Eingeborenen, 
vielleicht  auch  die  Gewohnheit  des  Kannibahsmus,  mit  dem  Fleisch- 
mangel zusammenhängt. 

Die  Bevölkerung  zeigt  nur  im  nördlichen  Teile  des  Sanga- Gebietes  §  16. 
einige  Einheitlichkeit.  Dagegen  ist  das  Gebiet  des  Mittellaufes  von 
Wesso  bis  Nola  und  Bania  von  einer  Mischbevölkerung  bewohnt,  aus 
der  kein  einheitlicher  Typus  herauszufinden  ist.  Am  linken  Ufer  des 
Sanga  und  am  Ndoki  überwiegen  zunächst  noch  die  Babinga,  weiter  im 
Norden  bis  nach  Nola  Bajanga  genannt.  Hier  in  diesen  Niederungen 
hat  sich  die  Urbevölkerung  bis  jetzt  erhalten  können,  dank  ihrer  Eigen- 
heit, alle  Wanderungen  und  Kämpfe  anderer  Völker  über  sich  dahingehen 
zu  lassen  und  unbeteiligt  daran  in  ihren  Sitzen  zu  bleiben.  Diese  Eigenheit 
der  Pygmäen  zeigt  sich  gerade  in  diesem  Gebiete  besonders,  wo  die  Grenz- 
stämme zweier  verschiedener  Völkergruppen  aufeinandertreffen.  Im 
Süden  und  Westen  die  Mfang,  von  welchen  schon  oben  ausführlicher 
gesprochen  worden  ist;  von  Nordosten  her  drängt  die  Gruppe  der  Mand- 
schia-Stämme  nach  Südwesten  vor,  und  über  die  Babinga  hinweg  vollzieht 
sich  hier  der  Kampf  dieser  beiden  Gruppen  um  die  besseren  Wohnsitze. 
Daraus  erklärt  es  sich,  daß  die  Bevölkerung  in  diesem  Gebiete  noch  mehr 
als  sonstwo  den  Eindruck  des  Unseßhaften  macht.  So  lassen  sich  für 
den  verhältnismäßig  geringen  Zeitraum  von  10  Jahren  erhebliche  Stam- 
mesverschiebungen feststellen.  Völkerschaften,  die  nach  Berichten  fran- 
zösischer Reisender  und  nach  den  Angaben  französischer  Spezialkarten 
vor  IG  Jahren  noch  östlich  des  Sanga  und  Mambere  saßen,  sind  über  den 
Mambere  vorgedrungen  und  haben  die  ihnen  vorgelagerten  Stämme  an 
die  bisherige  Grenze  von  Alt-Kamerun  und  darüber  gedrängt.     Damit 


-    46     - 

stimmen  auch  die  Berichte  deutscher  Grenzposten  überein,  die  für  diese 
Gegend  in  den  letzten  Jahren  eine  starke  Zuwanderung  von  französischem 
nach  deutschem  Gebiete  festgestellt  haben. 

Von  den  zu  den  Mfang  gehörenden  Stämmen  sind  im  Süden  die 
Bumali,  weiter  nördUch  die  Mbimu  zu  nennen.  Beide  mit  den  den 
Mfang  typischen  Eigenschaften,  vorwiegend  Jäger  und  Fischer.  Die 
Mbimu  (Pomone)  werden  jedoch  auch  als  fleißige  Ackerbauer  geschildert,  die 
besonders  Mais  und  Kassade  bauen.  Sie  wohnen  in  recht- 
eckigen Hütten,  die  wie  bei  den  Pangwe  in  Reihen  rechts  und  hnks  von 
der  Dorfstraße  angeordnet  sind.  Die  beiden  Stämme  werden  als  besonders 
freiheitsliebend  und  kriegerisch  geschildert.  Die  Mbimu  breiteten  sich 
früher  in  dem  ganzen  Gebiete  zwischen  Sanga,  Kadei  und  Alt-Kamerun 
aus,  sind  im  Norden  aber  in  den  letzten  Jahren  von  den  Bukongo  ver- 
drängt worden,  die  selbst  vor  den  von  Nordosten  her  drängenden  Yangere 
zurückwichen.  Trotz  der  in  den  letzten  Jahren  erfolgten  Abwanderung 
nach  Alt-Kamerun  soll  dieses  Gebiet  bis  zum  Sanga  und  Kadei 
hin  noch  dicht  bevölkert  sein.  Die  Bevölkerung  hat  sich,  soweit  sie  auf 
deutsches  Gebiet  getreten  ist,  durchaus  friedhch  erwiesen.  Auf  franzö- 
sischem Gebiete  soll  es  allerdings  infolge  der  Zwangsmaßnahmen  der 
dort  arbeitenden  französischen  Gesellschaften  zu  Unruhen  gekommen 
sein.  Die  Franzosen  hatten  seit  1909  versucht,  die  zerstreut  wohnende 
Bevölkerung  in  größere  Dorfschaften  zusammenzuziehen,  um  ihre  Arbeits- 
tätigkeit besser  beaufsichtigen  zu  können.  Als  daraufhin  eine  starke  Ab- 
wanderung nach  Alt-Kamerun  erfolgte,  versuchten  die  Franzosen,  die 
ganze  Bevölkerung  über  das  linke  Sanga-  und  Kadei-Ufer  zu  bringen; 
allerdings  nur  mit  dem  Erfolge,  daß  im  Laufe  der  folgenden  Jahre  die 
Abwanderung  nach  Alt-Kamerun  sich  noch  verstärkte.  Trotzdem  war 
bisher  nicht  sicher  damit  zu  rechnen,  daß  diese  Be^•ölkerung  auf  deutschem 
Gebiete  sitzen  bleiben  werde,  da  sie  ihre  Niederlassungen  auf  bisher  fran- 
zösischem Gebiete  nicht  endgültig  aufgegeben  hat,  angebhch,  um  sich 
die  MögUchkeit  des  Gewehrkaufes  in  den  französischen  Faktoreien  zu 
erhalten.  Es  hat  bis  jetzt  also  immer  noch  die  Möglichkeit  einer  Rück- 
wanderung bestanden.  Mit  dem  Übergange  dieses  Gebietes  an  Deutsch- 
land kommt  diese  Möglichkeit  nicht  mehr  in  Frage;  die  deutsche  Ver- 
waltung wird  aber  damit  zu  rechnen  haben,  daß  diese  Bevölkerung  fast 
durchweg  mit  guten  Gewehren  bewaffnet  ist. 

Die  Mbimu  dieses  Gebietes  zerfallen  in  mehrere  Stämme.  Bei  diesen 
im  Folgenden  aufgeführten  Stämmen  sollen  zugleich  die  bisher  auf  den 
Karten  nicht  verzeichneten,  größeren  Niederlassungen  angegeben  werden: 

a)  Stamm:  Kawalli  (Koapuli?);  Dörfer:  Ngombako,  Monole,  Dibut, 
Dumbeking,  Sawua,  Mwomda. 


—     47     — 

b)  Stamm:  Biming  (Mbimu) ;  Dörfer:  Bikung,  Sembe,  daneben  noch 
zahlreiche  andere,  bisher  nicht  benannte  Niederlassungen. 

c)  Stamm:  Bikollo  oder  Bibun;  Dorf:  Anam. 

d)  Stamm:  Diäkumbo;  Dörfer:  Adumadschella,  Biäkang,  Mongunga, 
Bikulla,  Nkolla,  Kuolo,  Mpäa.  Bikandi. 

e)  Stamm:  Bidschuki;  Dorf:  Dundokina. 

f)  Stamm:  Bikie;  Dörfer:  Magaba,  Bakoto,  Binde,  Beho,  Janie. 
Dieser  Stamm  sitzt  teilweise  nördlich  des  Bandscha-Flusses. 

g)  Stamm:  Bukinde;  mit  den  drei  OberhäuptHngen  Ngugu,  Sussu 
und  Jededa.  Dieser  Stamm  wird  auf  über  12  000  Menschen 
geschätzt. 

h)  Stamm:  Makua  (teils  nördhch  des  Bandscha),  mit  den  großen 
Dorfkomple.xen  Bamina  und  Bigenne. 

i)  Stamm:  Bakulle;  Dörfer:  Badewei,  Adschemo,  Sambo  und 
Ngunku. 
Noch  stärker  als  von  diesen  südlich  des  Bandscha  wohnenden  Stämmen 
scheint  die  Abwanderung  der  Stämme  nördlich  des  Bandscha  gewesen 
zu  sein,  da  auf  dieses  Gebiet,  wie  oben  gesagt,  die  Bukongo  und  Yangere 
in  den  letzten  Jahren  einen  Druck  ausgeübt  haben. 

Diese  Bukongo  hatten  ebenso  wie  die  Gundi  ihre  Sitze  in  dem 
Gebiete  zwischen  Kadei  und  Mambere  bis  nach  Bania  hinauf;  sie  sind 
jetzt  aber  von  den  von  Norden  her  vordrängenden  Stämmen  aus  ihren 
ursprünghchen  Sitzen  gedrängt  worden,  so  daß  die  Bukongo  jetzt  getrennt, 
zum  Teil  nordöstlich  von  Nola,  zum  Teil  auf  dem  rechten  Ufer  des  Kadei 
nördlich  des  Bandscha  sitzen  und  die  Gundi  südwestlich  von  Nola  auf 
dem  rechten  Kadei-  und  Sanga-Üfer.  Ob  diese  beiden  \'ölkerschaften 
noch  zu  den  Mfang  gehören,  ist  zweifelhaft;  die  Art  ihres  Hüttenbaues 
und  ihre  Lebensweise  deuten  darauf  liin;  in  ihrer  sozialen  und  politischen 
Organisation  stehen  sie  aber  schon  mehr  unter  dem  Einflüsse  der  nörd- 
lichen Stämme,  was  daraus  hervorgeht,  daß  die  Häuptlingsschaft  des 
Häuptlings  von  Barondo  von  allen  Niederlassungen  der  Bukongo  aner- 
kannt wird,  während  bei  den  Mfang  im  Südgebiete  eine  solche  politische 
Zusammenfassung  zu  größeren  Stammesgebilden  nicht  vorkommt. 
Von  Lenfant  werden  die  Gundi  den  Mfang  zugerechnet.  Er  schildert 
sie  als  körperlich  gut  entwickelte  Menschen  und  sehr  gewandte  Fischer 
und  Jäger,  aber  als  herausfordernd  und  faul.  Sie  leben  fast  ganz  von  Jagd 
und  Fischerei  und  treiben  nur  geringen  Ackerbau. 

Das  Sanga-Gebiet  wird  vom  Kadei  und  Bodinke  ab  nordwärts 
heute  A'on  den  Stämmen  bewohnt,  die  zu  der  großen  Völkerfamilie  der 
Mandschia  —  nach  anderen  Mandscha,  das  heißt  Ackerbauer  (vgl. 
L' Anthropologie  191 1,   Juniheft,   S.  353)  —  gehören.      Die  Mandsclüa 


-     48     - 

haben  früher  den  Mittelpunkt  ihrer  Wohnsitze  auf  der  Wasserscheide 
z^^^schen  dem  Nil,  Tschad  und  Kongo  gehabt  und  sind  in  den  letzten  Jahr- 
zehnten immer  weiter  nach  Südwesten  vorgedrungen. 

Über  ihre  Abstammung  und  Herkunft  gehen  die  Berichte  ausein- 
ander. Sie  werden  bald  als  reine  Sudan-Neger,  bald  als  eine  Misch- 
rasse zwischen  Bantu-  und  Sudan-Negern  bezeichnet,  sodaß  hier  also 
der  Kadei  und  weiter  westHch  der  Dume  als  nördUche  Grenze  der 
reinen  Bantu  zu  betrachten  ist.  Das  die  Mandschia  nicht  mehr  zu 
ihnen  gehören,  geht  aus  verschiedenen  körperlichen  Kennzeichen  und 
Lebensgewohnheiten  hervor.  Ihre  Lippen  sind  weniger  wulstig  und  auf- 
geworfen als  die  der  südlichen  Neger;  ihre  Haut  ist  nicht  tief  schwarz, 
sondern  hat  eher  einen  rötlichen  Ton.  Überall,  wo  sie  das  notwendige 
Material  dazu  finden,  bauen  sie  runde  Hütten,  die  bei  den  südlicheren 
Stämmen  in  kleinen,  dichten  Siedlungen  zusammengebaut  sind;  im 
Norden  sind  ihre  Siedlungen  weit  auseinandergezogen.  BezügUch  ihres 
Hauptnahrungsmittels  werden  sie  von  den  einen  Reisenden  noch  zu  den 
südlichen  Maniok-Essern,  von  den  anderen  zu  den  nördlichen  Hirse- 
Essern  gerechnet.  Die  Sache  scheint  indes  so  zu  liegen,  daß  die  Mandschia 
bei  ihrer  Einwanderung  in  diese  Gebiete  notgedrungen  sich  den  Boden- 
verhältnissen angepaßt  und  die  Wohnungen  und  Lebensgewohnheiten 
der  früheren  Bewohner  übernommen  haben,  so  daß  bei  den  südlichen 
Stämmen  der  Mandschia  der  Maniok-Bau  vorherrscht  und  im  Urwald- 
gebiete die  rechteckige  Hütte  der  Mfang  noch  bei  ihnen  zu  finden  ist; 
während  in  den  freieren  Gebieten  des  Nordens  der  Hirse-Bau  über- 
wiegt. 

Ein  weiteres  Kennzeichen  dieser  Rasse  scheint  zu  sein,  daß  sie 
schon  ziemhch  eng  mit  den  islamischen  -Handelsvölkern  der  Fulbe  und 
Haussa  zusammengekommen  ist.  Wenn  die  Mandschia  auch  noch  weit 
davon  entfernt  sind,  bewußte  Anhänger  des  Islam  zu  sein,  so  zeigt  sich 
der  islamisierende  Einfluß  doch  in  allerlei  äußeren  Anzeichen.  Einige 
Stämme  halten  als  Anklang  an  das  Ramadanfest  ein  vierwöchiges  Fasten 
ein.  Immer  mehr  bürgert  sich  das  faltige  Haussagewand  mit  den  weiten 
Ärmeln  ein.  Die  meisten  Stämme  üben  die  Beschneidung,  was  allerdings 
auch  manche  mit  dem  Islam  noch  nicht  in  Berührung  gekommene  Neger- 
stämme tun.  Bei  den  Mandschia  hat  sich  ein  viel  stärkeres  Gefühl  der 
Stammeszugehörigkeit  entwickelt,  als  bei  den  Mfang  zu  bemerken  war. 
Das  kommt  darin  zum  Ausdruck,  daß  über  den  Häupthngen  der  einzelnen 
Siedelungen  ein  Oberhäuptling  größere  Stammesgemeinschaften  zu- 
sammenfaßt und  nach  der  Gewohnheit  der  Haussa  und  Fulbe  die  Häupt- 
linge sich  einen  Heerführer  und  einen  Sprecher  zu  ernennen  pflegen. 
Diese  werden  auch  mit  den  Haussaworten  ,,Kaigama"  und  ,,Dogari" 


—     49     — 

bezeichnet.^)  Die  Fulbe  suchen  auch  von  Alt-Kamerun  und  Norden  her 
bewußt  ihren  poUtischen  Einfluß  auf  diese  Stämme  zu  stärken  und  eine 
Art  Oberhoheit  zu  gewinnen,  indem  sie  die  Häuptlingssöhne  bei  sich 
erziehen.  Diese  Oberhoheit  der  Fulbe  kommt  bei  einigen  Stämmen 
besonders  im  Norden  darin  zum  Ausdruck  und  zur  Anerkennung,  daß 
den  Fulbe-Herrschem  Tribut  in  Naturalien  gezahlt  \\ird.  Naturgemäß 
macht  sich  der  Einfluß  des  Islam  im  Norden  stärker  geltend  als  im  Süden. 
Wieweit  er  aber  hier  schon  vorgedrungen  ist,  geht  daraus  her\'0'",  daß 
die  Haussahändler  in  Bania  schon  ständige  Niederlassungen  haben  und 
als  wandernde  Händler  bis  an  den  Kongo  kommen.  Die  Haussasprache 
soll  im  Sanga-Gebiete  schon  ziemhch  bekannt  sein.  Die  französische 
Regierung  hat  dem  Vordringen  des  Islam  im  allgemeinen  sympathisch 
gegenübergestanden,  denn  die  Berührung  mit  den  islamischen  Händlern 
scheint  wirtschaftlich,  kulturell  und  politisch  von  gutem  Einflüsse  auf 
die  Mandschia-Stämme  gewesen  zu  sein. 

Im  Süden  sind  die  Mandschia  vorwiegend  Jäger  und  Fischer,  im 
Norden  aber  haben  sie  sich  schon  an  eine  intensivere  Bearbeitung  des 
Bodens  gewöhnt.  Es  wird  angenommen,  daß  die  Mandschia  in  ihren 
früheren  Wohnsitzen  auch  die  Viehzucht  gekannt  haben;  daß  sie  ihre 
Viehbestände  hier  aber  durch  die  Tsetse-Krankheit  verloren  haben. 
Als  gemeinsames  Merkmal  der  Mandschia-Stämme  ist  noch  zu  er\vähnen; 
daß  sie  alle  Menschenfresser  sind,  eine  Gewohnheit,  die  ihnen  mit  den 
südlicher  wohnenden  Mfang  gemeinsam  ist. 

Die  jetzt  auf  deutschem  Gebiete  sitzenden  Mandschia  zerfallen 
in  mehrere  Stämme,  die  Baja,  Yangere,  Pande  und  Kaka.  Davon  sind 
die  wichtigsten  und  zahlreichsten  die  Baja.  Sie  wohnen  von  Bania  nord- 
wärts bis  zum  Lim,  einem  Nebenflusse  des  Logone.  Ihre  \\'ohnsitze 
sind  im  Westen  begrenzt  durch  den  Kadei,  im  Osten  bis  nach  Kamot 
durch  den  Mambere ;  von  Kamot  aus  breiten  sie  sich  östhch  bis  zur  neuen 
Grenze  aus,  nordwärts  bis  zum  7  °  nördlicher  Breite.  Sie  zerfallen  in 
7  ünterstämme:  im  Süden  die  Baja-Buri;  an  den  Ufern  des  Nana  die 
Baja-Bunde  und  die  Baja-Buar,  im  Norden  die  Baja-Kaja  und  die  Baja- 
Baja,  weiter  im  Osten  die  Baja-Tala  und  die  Baja-Mbaka.  Alle  diese 
Stämme  sprechen  eine  einheitliche  Sprache,  bei  der  jedoch  drei  verschie- 
dene Dialekte  zu  unterscheiden  sind.  Die  Buri  sprechen  einen  einheithchen 
Dialekt;  dann  bilden  die  Bunde,  Buar,  Kaja  und  Baja  eine  einheitliche 
Dialektgruppe,  deren  Dialekt   Lenfant  den  Dialekt  von  Jade  nennt. 


*)  Die  gleiche  Einrichtung  ist  auch  bei  den  in  Alt-Kameran  wohnenden  Baja 
zu  finden. 

Veröffectl.  d.  Rcichskolonialamtes  Kr.  4  :  Ritter.  4 


—     50    — 

Der  Dialekt  der  Tala  und  Mbaka  im  Osten  unterscheidet  sich  nur  wenig 
von  dem  Jade-Dialekte. 

In  diesem  Zusammenhange  ist  eine  Eigenart  dieser  zentralafrika- 
nischen Stämme  zu  erwähnen,  die  darin  besteht,  daß  sie  fast  alle  einen 
geheimnisvollen  Ritus  kennen,  das  sogenannte  ,,Labi".  Ein  Teil  dieses 
Ritus  ist  die  Labi- Sprache,  eine  Art  von  zentralafrikanischem  Esperanto, 
die  nicht  nur  die  Mandschia,  sondern  auch  die  weiter  im  Norden  und 
östlich  im  belgischen  Kongo  sitzenden  Stämme  kennen,  so  daß  Ange- 
hörige ganz  verschiedener  Sprachgebiete  sich  untereinander  verstän- 
digen können. 

Die  Baja  sind  Menschen  von  mittlerer  Größe,  wohlgebaut,  im 
Süden  im  Urwaldgebiete  etwas  schwächer  entwickelt,  im  Norden  groß 
und  stark.  Sie  werden  im  allgemeinen  als  friedlebend  und  zugänghch 
geschildert  und  zeigen  bemerkenswerte  Neigung  zum  Handel.  Um  sich 
die  Mittel  zum  Tauschhandel  zu  verschaffen,  sammeln  sie  gern  und  frei- 
willig Kautschuk,  w^enn  sie  auf  entsprechenden  Lohn  rechnen  können. 
Die  Compagnie  Forestiere  Sanga-Ubangi ,  deren  Konzessionsgebiet 
zum  großen  Teile  von  den  Baja  bewohnt  ist,  bezeichnet  sie  in  ihrer 
Denkschrift  vom  November  igii  als  ziemlich  zugänghch  und  geneigt 
zur  Arbeit.  Pulver  und  Blei  ist  bei  ihnen  nicht  so  bekannt,  wie  bei  den 
Mfang;  sie  sind  noch  zum  großen  Teil  mit  Pfeil,  Speer  und  Scliild  be- 
waffnet. 

Von  den  übrigen  auf  deutschem  Gebiete  sitzenden  Mandschia- 
Stämmen  sind  die  Yangere  am  zahlreichsten.  Sie  kamen  auf  der  Wande- 
rung der  Mandschia  von  Nordost  hinter  den  Baja  ins  Land;  sind  aber, 
seitdem  die  Wanderung  der  Baja  zum  StiUstand  gekommen  ist,  im 
Süden  weiter  vorgestoßen  und  in  einzelnen  Gruppen  bis  zum  Kadei 
nahe  der  alten  Kamerun- Grenze  vorgedrungen,  während  die  Hauptmasse 
auf  dem  Plateau  zwischen  Mambere  und  Lobaje  sitzt.  Östhch  reichen  sie 
bis  in  den  Ubangi- Vorsprung  hinein.  Ihre  Sprache  ist  von  der  der  Baja 
verschieden.  Sie  werden  als  stärker,  tapferer  und  kriegenscher  als  die 
Baja  geschildert.  Als  gemeinsamen  Oberhäupthng  erkennen  sie  den 
Häuptling  von  Kumbe  (zwischen  Mambere  und  Mbaere  gelegen)  an, 
seitdem  die  französische  Verwaltung  den  früheren  Oberhäuptling  in 
Gandschia  abgesetzt  hat. 

Noch  weiter  nach  Südwesten  als  die  Yangere  sind  die  Pande  vor- 
gedrungen, die  in  einzelnen  Gruppen  östhch  von  Bajanga  am  Oberlaufe 
des  Motaba ;  in  ihrer  Hauptgruppe  aber  in  der  Gegend  von  Nola  bis  nach 
Bania  hinauf  sitzen.  Sie  sind  ein  seiner  Zusammengehörigkeit  sich  be- 
wußtes, ausgesprochenes  Fischervolk,  dessen  Oberhäuptling  in  Bania 
wohnt.     Anfangs  den  Franzosen  feindhch  gesinnt,  haben  sie  sich  seit 


längerer  Zeit  unterworfen  und  kommen  in  letzter  2^it  immer  melu:  unter 
den  politischen  Einfluß  der  von  Nordosten  her  kommenden  Fulbe. 

Der  \ierte  in  diesem  Teile  des  Sanga-Gebietes  wohnende  Mandschia- 
Stamm,  die  Kaka^),  hat  seinen  Sitz  an  beiden  Ufern  des  Kadei,  an  der 
früheren  Grenze.  Es  hat  in  den  letzten  Jahren  schon  eine  starke  Zu- 
wandenmg  dieses  Stammes  nach  Alt- Kamerun  stattgefunden,  so  daß 
seine  Hauptmasse  bis  jetzt  schon  auf  deutschem  Gebiete  saß.  Die  aus 
deutschem  Gebiete  darüber  vorliegenden  Berichte  führen  diese  Zuwande- 
rung darauf  zurück,  daß  die  Kaka  sich  durch  die  französische  Verwaltung 
und  durch  die  Konzessionsgesellschaften  belästigt  fühlten.  Der  tiefere 
Grund  dürfte  aber  in  dem  allgemein  nach  Südwesten  gerichteten  Vor- 
dringen der  Mandscliia  zu  suchen  sein.  Eine  ganze  Anzalil  von  Nieder- 
lassungen, die  auf  dem  bisher  schon  deutschen  Gebiete  sich  befinden, 
wie  Bomara,  Mulaj,  \\'issambo,  Lau,  Biu,  Baissum  waren  vor  z\\ei 
oder  drei  Jahren  noch  östhch  der  alten  Grenze.  Die  Kaka  werden  als 
fleißiges,  arbeitsames  Volk  geschildert.  Sie  haben  große  Kulturen  an- 
gelegt, auf  denen  sie  hauptsächlich  Mais,  Kassaden  und  süße  Kartoffeln 
bauen.  Sie  sind  eifrige  Elefantenjäger  und  sammeln  freiwillig  Kautschuk 
in  den  reichen  Kautschukbeständen  ihres  Gebietes,  um  sich  damit  die 
nötigen  Tauschmittel  für  ihren  Handel  mit  den  Haussa-Händlem  zu 
verschaffen. 

Es  bleiben  jetzt  noch  die  den  Ubangi-Vorspning  bewohnenden  \'ölker- 
schaften  zur  Besprechung  übrig.  Diese  Bevölkerung  ist  wenig  einheitUch 
und  die  Berichte  über  sie  und  über  ihre  Herkunft  sind  sehr  widersprechend. 
Den  südlichen  Teil  des  Ubangi-Vorspninges,  also  das  Ufergebiet  des 
Lobaje,  bewohnt  der  Stamm  der  Bondscho,  dessen  Hauptteil  in  der 
französischen  Enklave  zwischen  dem  Sanga-  und  dem  Ubangi- Vorsprunge 
sitzt.  Diese  Bondscho  werden  als  besonders  wild  und  kriegerisch  ge- 
schildert. Der  Kannibalismus  ist  bei  ihnen  noch  stark  ausgebreitet. 
Wälirend  er  bei  den  übrigen  Völkerschaften  dieses  Gebietes  nur  in  der 
Form  auftritt,  daß  die  bei  Kriegszügen  gefallenen  Feinde  aufgegessen 
werden,  sollen  die  Bondscho  rein  aus  Gier  nach  Menschenfleisch  Einfälle 
in  die  benachbarten  Gebiete  unternehmen,  um  Gefangene  zu  machen, 
diese  zu  mästen  und  unter  großen  Festlichkeiten  zu  verzehren. 

Im  nördlichen  Teile  des  Ubangi-Vorspnmges  sitzt  der  Stamm  der 
Mbaka.  Ob  die  Bondscho  und  dieMbaka  Stämme  für  sich  sind  oder  einer 
größeren  Stammesgruppe  zuzurechnen  sind,  darüber  gehen  die  Ansichten 
auseinander.    Bruel  und  Bousset  halten  sie  für  Mandscliia,  indem  sie 


')  Die  Kaka   werden  von  einigen  Reisenden  noch  zu   den  Bantu  gerechnet, 
und  zwar  zu  den  Mfang. 

4» 


.  —     52    — 

die  Mandscliia  in  zwei  große  Gruppen  teilen,  die  Mandschia-Baja,  zu 
welchen  sie  die  oben  behandelten  vier  Stämme  rechnen  und  die  Mandschia- 
Mbaka,  zu  welchen  die  Bondscho  und  Mbaka  gehören  sollen.  Die  oben 
erwähnten  Baja-Mbaka  wären  sonach  als  ein  Mischstamm  zwischen 
diesen  beiden  Mandscliia- Gruppen  zu  betrachten.  Von  anderen  werden 
die  Bondscho  aber  einer  in  der  Hauptmasse  auf  Belgisch-Kongo  woh- 
nenden Stammesgruppe  zugerechnet  und  die  Mbaka  einer  den  Ubangi 
weiter  aufwärts  wohnenden  Stammesgruppe  (Ndri  ?),  Diese  Völkerschaften 
scheinen  ethnographisch  noch  zu  wenig  erforscht  zu  sein,  um  darüber 
etwas  Sicheres  sagen  zu  können.  Die  ethnographische  Darstellung  wird 
auch  hier  dadurch  erschwert  und  unsicher  gemacht,  daß  die  Forscher 
mit  den  einzelnen  Namen  bald  kleinere  Stämme,  bald  größere  Stammes- 
gruppen  bezeichnen,  was  ja  auch  für  die  Ethnographie  der  Mfang  des 
Südgebietes  schon  festzustellen  war. 

Besonders  bemerkenswert  für  die  Stämme  im  Ubangi-Vorsprunge 
scheint  zu  sein,  daß  sie  sich  zu  großen  Siedelungen  zusammengeschlossen 
haben.  So  wird  in  einem  Berichte  in  den  Annales  apostoliques  191 1, 
S.  378/379,  die  Bevölkerung  von  Bossinga  und  Mokulia  auf  je  2000,  von 
Buschia  und  Bojanga  auf  je  4000,  von  Bubangi  auf  5000  und  von  Mbaiki 
auf  6000  Einwohner  angegeben,  wobei  zu  bemerken  ist,  daß  alle  diese 
Niederlassungen  verhältnismäßig  nahe  beieinander  liegen.  Auch  die 
Gebiete  den  Bodinke  und  den  Lobaje  weiter  aufwärts  scheinen  ziemlich 
dicht  bevölkert  zu  sein. 
§  17.  Der  südliche  Teil  des  Ostgebietes  wird  von  dem  im  folgenden  zu  be- 

sprechenden nördlichen  Teile  durch  das  Hochland  von  Jade  getrennt. 
Über  den  geologischen  Aufbau  und  die  Zusammensetzung  dieses  Hoch- 
landes gibt  Lenfant  auf  S.  262 — 266  seines  Buches:  ,,La  decouverte  des 
grandes  sources"  eine  anschauliche,  zusammenfassende  Beschreibung. 
Das  zentrale  Plateau  ist  wenig  gegliedert  und  in  der  Trockenzeit  sehr 
wasserarm.  Auf  weite  Strecken  hin  tritt  der  nackte  Fels  zutage;  wo 
Pflanzenwuchs  möglich  ist,  bedeckt  der  Boden  sich  nach  dem  ersten 
Regen  mit  harten  für  die  Fütterung  wenig  geeigneten  Gräsern.  Während 
der  Trockenheit  ist  aber  alles  verdorrt.  Die  steilen  Abfälle  nach  Norden 
und  Osten  sind  scharf  gegliedert  und  an  manchen  Stellen  wild  zerrissen. 
Zwischen  den  einzelnen,  zum  Teile  ganz  unzugänglichen  Höhenzögen 
haben  die  Flußläufe  tiefe  Täler  eingeschnitten.  Alle  von  hier  aus  nach 
Norden  und  Osten  gehenden  Flüsse  sind  in  ihrem  Oberlaufe  mit  Wasser- 
fällen und  Schnellen  ganz  durchsetzt,  so  daß  sie  für  die  Schiffahrt  erst 
da  in  Betracht  kommen,  wo  sie  in  die  Ebene  eintreten.  Die  einzelnen 
Höhenzüge  werden  vor  ihrem  endgültigen  Abfalle  in  die  Ebene 
von  scharf  gezeichneten,  überragenden  Höhen  beherrscht ;  so  vom  Bum- 


—      5:»     — 

babal  zwschen  Mambere  und  Lim,  beide  Nebenflüsse  des  westlichen 
Logone;  von  Simbal  zwisclien  Lim  und  Pende  (=  östlicher  Logone); 
vom  Kare  zwischen  diesem  und  dem  östlich  abfließenden  Uam.  über 
die  Flußläufe  dieses  Gebietes  hat  bis  vor  kurzem  noch  große  Unkenntnis 
geherrscht.  Erst  vor  wenigen  Jahren  ist,  besonders  durch  die  Reisen 
Lenfants  festgestellt  worden,  daß  der  Pende  und  der  östhche  Logone 
identisch  sind  und  der  Uam  der  Hauptquellfluß  des  Bar- Sara  ist. 

Vom  Süden  her  reicht  die  Buschsteppe  und  der  Uferwald  und  mit 
ihm  die  Kautschukliane  etwa  bis  in  eine  Höhe  von  800  m  in  das  Jade- 
Hochland  hinein.  Von  dieser  Höhe  ab  nordwärts,  also  etwa  vom  Uam 
ab,  ist  außer  den  dürftigen  Lebensmittelpflanzungen  der  wenig  zahlreichen 
Baja-Tala  nichts  zu  finden,  was  auf  wirtschaftliche  Tätigkeit  schheßen 
oder  europäische  Unternehmungen  dazu  anreizen  könnte.  Erst  weiter 
im  Norden,  im  Gebiete  des  Logone  beginnt  die  Nsirtschaftliche  Tätigkeit 
sich  wieder  zu  beleben.  Das  Klima  dieses  Höhengebietes  kann  als  gesund 
bezeichnet  werden;  es  ist  mückenfrei,  und  die  Nächte  zeigen  eine  er- 
frischende, manchmal  starke  Abkühlung. 

Steigt  man  den  Nordabfall  hinab,  so  kommt  man  in  das  weite  frucht- 
bare Tiefland,  das  den  nördlichen  Teil  des  Ostgebietes  bedeckt.  Ira 
Westen  ragen  die  nordöstlichen  flachen  Abdachungen  des  Ngaundere- 
Hochlandes  aus  Alt-Kamerun  noch  etwas  in  dieses  Tiefland  hinein. 
Dieses  niedrige  Hügelgebiet  wird  im  Süden  von  dem  westlichen  Logone 
imiflossen  und  im  Norden  von  dem  interessanten  See-  und  Flußgebiete 
des  Tuburi-Mao  Kabi-Lere  begrenzt.  Es  entwässert  zum  Teil  westlich 
zum  Benue,  zum  Teil  östlich  und  nördlich  zum  Logone. 

Die  Schiffbarkeit  des  westlichen  Logone  und  des  Pende  für  Dampfer, 
ist,  soviel  festzustellen  war,  in  den  Oberläufen  bisher  noch  nicht  erprobt 
worden ;  dagegen  haben  auf  dem  Unter-  und  Mittellaufe  des  Logone 
schon  Dampfer  verkehrt,  und  sein  Oberlauf  ist  ebenso  wie  der  Lauf  des 
Pende  mit  größeren  Frachtkähnen  wiederholt  flußauf-  und  -abwärts  be- 
fahren worden.  Dabei  ist  festgestellt  worden,  daß  der  Oberlauf  des 
Pende  sehr  wild  und  von  hohen  Fällen  unterbrochen  ist.  Er  fällt  auf 
einer  verhältnismäßig  kurzen  Strecke  aus  einer  Höhe  von  iioo  m  bis 
auf  450  m  bei  Jolmin  herab.  Von  seinem  Eintritte  in  die  Ebene  bei 
Jolmin  bis  zu  seiner  Vereinigung  mit  dem  Logone  dagegen  hat  er  einen 
ruhigen,  gleichmäßigen  Lauf.  Der  Logone  selbst  erreicht  zwar  schon 
auf  der  in  Alt-Kamerun  gelegenen  Strecke  seines  Oberlaufes  eine  Breite 
bis  zu  100  m;  er  ist  aber  trotz  seiner  ziemlich  bedeutenden  Wassermenge 
für  die  Schiffahrt  hier  nocii  nicht  geeignet,  da  sein  Bett  mit  vielen  Felsen 
durchsetzt  ist.  Erst  von  den  Coquel- Schnellen  ab,  die  in  der  Nähe  von 
Kaitia  bei  der  Mündung  des  Libi  liegen,  bietet  »ein  Lauf  abwärts  der 


—     54    — 

Schiffahrt  kein  Hindernis  mehr.  Seine  Fahrrinne  ist  oberhalb  der  Ver- 
einigung mit  dem  Pende  zwar  an  einigen  Stellen  durch  Sandbänke  einge- 
engt; aber  nicht  in  dem  Maße,  daß  die  Schiffahrt  dadurch  behindert 
würde.  Die  Wassermenge  der  beiden  Flüsse  ist  —  abgesehen  von  den 
Hoch-  und  Niederwasserschwankungen  innerhalb  des  Jahres  —  in  den 
einzelnen  Jahren  verschieden  und  hängt  von  der  Ergiebigkeit  und  Länge 
der  Regenzeit  ab.  Die  Wassermenge  kann  daher  unter  Umständen  auch 
während  der  Trockenzeit  sehr  beträchtlich  sein.  Ende  Juni  beginnen  die 
beiden  Flüsse  zu  steigen  und  zuerst  sehr  rasch,  später  in  langsamerem 
Steigen  ihren  Wasserspiegel  bis  um  4  m  zu  erhöhen,  wobei  die  niedrigen 
Ufer  kilometerweit  überschwemmt  werden.  Ende  September  und  Anfang 
Oktober  haben  sie  ihren  höchsten  Stand  erreicht  (der  Schari  erst  Ende 
Oktober).  Nach  dem  Erreichen  des  Höchststandes  pflegt  das  Hochwasser 
in  beiden  Gebieten  ziemUch  schnell  wieder  abzulaufen.  Durch  das 
November- Abkommen  ist  der  Logone  in  seinem  ganzen  Laufe  zum  Teil 
mit  beiden  Ufern,  zum  Teil  nur  als  Grenzfluß  deutsch  geworden.  Zu- 
sammen mit  dem  Pende  beträgt  die  schiffbare  Strecke  über  1000  km. 
Durch  dieses  Abkommen  ist  aber  auch  noch  ein  anderes  wirtschaftlich 
und  hydrographisch  interessantes  Wasserlaufsystem  ganz  in  deutschen 
Besitz  gekommen,  das  besonders  in  den  letzten  Jahren  \del  von  sich  reden 
gemacht  hat,  die  Wasserverbindung  vom  Logone  zum  Benue  über  den 
Mao  Kabi.  Durch  den  Mao  Kabi  wird  eine  Wasserv^erbindung  vom 
Atlantischen  Ozean  zum  Tschadsee  über  den  Niger,  Benue,  Logone  und 
Schari  hergestellt.  Von  dieser  Wasserverbindung  in  einer  Länge  von 
etwa  2500  km  sind  %  schiffbar  und  werden  heute  schon  mit  Dampfern 
befahren.  Auch  das  dazwischen  hegende  Sechstel  des  Wasserlaufes 
ist  mit  Booten  schon  befahren  worden;  für  den  Verkehr  ist  es  aber  in 
seinem  heutigen  Zustande  nur  sehr  beschränkt  verwertbar.  Darauf 
ist  weiter  unten  (vgl.  §  31)  ausführlicher  zurückzukommen. 
§18.  In  klimatischer  Beziehung  zeigt  dieses  Gebiet  ein  ganz  anderes 

Büd  als  die  bisher  besprochenen  Teile  Neu-Kameruns.  Wie  aus  den  nach- 
stehenden Tabellen^)  für  Kusseri  und  Lai  herv^orgeht,  verschmelzen  die 
Regenzeiten  nach  Norden  immer  mehr  zu  einer  einzigen,  während  die 
Regenmengen  abnehmen  und  die  Trockenzeit  am  Jahresende  immer  länger 
und  ausgesprochener  wird.  Die  Trockenzeit  beginnt  hier  im  Oktober 
und  dauert  bis  zum  Mai.  Während  der  übrigen  Monate  dauert  die  Regen- 
zeit, die  im  JuH  und  August  ihren  Höhepunkt  erreicht.  Je  weiter  man 
nach  Norden  kommt,  desto  mehr  verlängert  sich  die  Trockenzeit.     Am 


1)  Vgl.  auch  die  Zusammenstellung   der  Niederschlagsmengen  am  Schlüsse. 


35 


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-     56    - 


Lobaje  dauert  sie  kaum  einen  Monat,  in  der  Höhe  von  Fort  Crampel 
2 — 2^  Monate  und  in  Lai  5 — 6  Monate. 


Lai',  am  Logone. 

Temperatur 

Berichtigter,  auf  0 
zurückgeführter 
Barometerstand 

Regenmenge 

Minimum 

Maximum 

1 

a 

00 

0 

ö 
0 

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N 

1     ^ 

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Juni  1903.    . 

■ 

730,54 

II 

mm 

mm 

JuU    .    .    .    . 

. 

24,24 

732,07 

15 

22 

150 

August  .    .    . 

17,3 

12 

23 

22,53 

731,3 

18 

51 

305,8 

September    . 

13,05 

12 

16 

21,51 

731,3 

18 

44 

449 

Oktober     .    . 

11,18 

9,5 

I? 

20,84 

730,72 

6 

6 

19 

November     . 

13,83 

12 

15,5 

21,48 

730,46 

0 

0 

0 

Dezember      . 

16,03 

13,2 

18,9 

22,24 

729,72 

0 

0 

0 

Januar  1904. 

13,64 

II, I 

18,2 

19,94 

729,3 

0 

0 

0 

Februar     .    . 

12,02 

9,5 

13,9 

10,3 

729,62 

0 

0 

0 

März  .... 

12,94 

11,0 

17,1 

25,0 

729,35 

3 

30 

35 

April  .... 

20,55 

16,2 

22,5 

28,72 

24,8 

31,4 

26,35 

729,06 

3 

13 

20,8 

Mai     .... 

21,99 

20,7 

23,2 

29,55 

26,1 

33,4 

24,17 

729,30 

14 

69 

137,8 

Der  Übergang  von  dem  Urwaldklima  zum  nördlichen  Tieflandkhma 
vollzieht  sich  in  drei  untereinander  merklich  verschiedenen  Zonen.  Die 
erste  erstreckt  sich  vom  5^  nördhcher  Breite  bis  zum  6°  45',  die  zweite 
vom  6^  45'  bis  zum  9^  und  die  dritte  vom  9^  nordwärts  bis  zum  Beginne 
des  ausgesprochenen  Wüstenklimas.  In  der  ersten  Zone  beträgt  die 
fast  ganz  regenlose  Trockenzeit  fast  4  Monate,  sie  beginnt  am  15.  Sep- 
tember und  endigt  am  15.  März,  Auf  sie  folgt  eine  Übergangszeit  vom 
15.  März  bis  ungefähr  15.  Juni.  Die  Regen  beginnen  allmählich  zu  fallen 
und  den  Boden  zu  bewässern ;  dies  ist  die  Zeit  der  Aussaat.  Die  Haupt- 
regenzeit dauert  vom  15.  Juni  bis  15.  Oktober,  von  da  ab  leitet  wieder 
eine  Übergangszeit  von  etwa  4  "Wochen  zur  ausgesprochenen  Trockenzeit 
über.  Die  zweite  Zone  unterscheidet  sich  von  der  ersten  hauptsächlich 
durch  die  Abnahme  der  Niederschlagsmenge;  die  Trockenzeit  dauert  hier 
bereits  5  Monate.  Die  dritte  Zone  hat  eine  Tockenzeit  von  7 — 8  Monaten, 
die  Regenzeit  fällt  ungefähr  auf  die  Zeit  vom  Anfang  Juni  bis  Anfang 
Oktober.     Die  Tagestemperaturen  zeigen  hier,  im  Gegensatze  zu  den 


—       5/        — 

gleichmäßigen  mittleren  Temperaturen  in  Gabun  und  am  mittleren  Sanga 
erhebliche  Tagesschwankungen,  schon  am  4°  nördlicher  Breite  bis  zu 
17°  Celsius.  Weiter  nördlich  im  Logone-Gebiet  kommen  Tagesschwan- 
kungen von  25 — 30°  vor  und  es  sind  schon  noch  höhere  Schwankungen 
festgestellt  worden.  Besonders  in  der  Zeit  vom  Dezember  bis  zum  Februar 
sind  niedrige  Nachttemperaturen  häufig  und  machen  diese  Zeit  für  den 
Europäer  zu  einer  Erholungszeit.  Für  Lai  sind  Mindesttemperaturen  von 
8 — 1)°  festgestellt  worden,  während  in  der  heißesten  Zeit  vom  März 
bis  Juni  40 — 50°  Celsius  verzeichnet  worden  sind.  Diese  hohen  Tempera- 
turen werden  für  den  Aufenthalt  von  Weißen  aber  dadurch  etwas  erträg- 
licher, daß  sie  meistens  mit  einer  kräftigen,  erfrischenden  Brise  verbunden 
sind.  In  den  Monaten  März  bis  Juni  pflegt  die  Abkühlung  in  den  Nächten 
allerdings  meist  geringer  zu  sein.  Diese  Zeit  ist  daher  von  den  Europäern 
gefürchtet  wegen  der  schlaflosen  Nächte  und  von  den  Eingeborenen  wegen 
der  in  diesen  Monaten  besonders  scharf  auftretenden  Pocken. 

Zeitweise  weht  auch  in  diesem  Gebiete  der  in  Alt-Kamerun  und 
Togo  bekannte  Harmatan,  ein  heftiger  Nordwind,  der  hier  oft  wochenlang 
andauert.  Er  kommt  mit  großer  Kraft  über  die  ausgetrocknete  Steppe 
und  führt  den  gefürchteten  und  alles  durchdringenden  Sand  der  Sahara 
mit  sich.  Wochenlang  ist  dann  die  Sonne  verhüllt,  so  daß  in  der  Zeit 
dieser  Stürme  die  Tagestemperaturen  nicht  über  25°  hinausgehen. 

Die  gesundheitlichen  Verhältnisse  dieses  Gebietes  entsprechen 
den  in  der  gleichen  Breite  liegenden  Bezirken  Alt-Kameruns  und  sind 
außerhalb  der  eigentlichen  Überschwemmungsgebiete  und  -Zeiten  besser 
als  in  den  bisher  besprochenen  Teilen  Neu-Kameruns.  In  den  heißen 
Monaten,  in  welchen  die  Nächte  eine  Abkühlung  bringen,  also  Dezember 
bis  Februar,  empfiehlt  es  sich,  Reisen  in  der  Nachtzeit  auszuführen. 
Während  im  Süden  die  Feuchtigkeit  und  die  Mücken  das  Klima  stellen- 
weise schwer  erträglich  machen,  ist  es  im  Norden  der  Sonnenbrand. 
Die  Flußläufe  entlang  ist  auch  liier  die  Mückenplage  sehr  groß.  Darüber, 
ob  an  diesen  Flußläufen  die  Glossina  palpalis  vorkommt,  widersprechen 
sich  die  Berichte  vollständig,  ebenso  darüber,  ob  die  Tsetse-Fhege,  die  die 
Tsetse-Krankheit  überträgt  (Glossina  morsitans),  hier  vorkommt.  Da 
nach  den  allerneuesten  Berichten  die  Schlafkrankheit  das  Jade-Hocliland 
überschritten  hat  und  auch  hier  die  Flußläufe  entlang  nach  Norden 
vordringen  soll,  scheinen  die  Berichte  recht  zu  haben,  die  das  Vorkommen 
der  Glossina  palpalis  in  diesen  Gegenden  behaupten.  Auch  scheint  die 
Tatsache,  daß  die  im  Oberlaufe  des  Logone  und  des  Pende  wohnenden 
Stämme  der  Mbum,  Lakka,  Sara  und  Mbai  keine  Viehzucht  treiben, 
obwolil  sie  mit  den  nördlicheren  Viehzuchtgebieten  in  enger  \'erbindung 


-     58     - 

leben  und  ihr  Land  gute  Weide  bietet,  dafür  zu  sprechen,  daß  auch  die 
Glossina  morsitans  hier  verbreitet  ist, 
§19.  Die  Vegetation  zeigt  im  Gebiete  des  Nordabfalles  noch  desselbe 

Bild,  wie  im  SüdabfaUe  zum  Sanga- Gebiete.  Der  Uferwald  kommt  die 
Flußläufe  entlang  hier  nur  bis  zum  8°  nördlicher  Breite  fort,  also  etwa 
bis  in  die  Höhe  von  Gore;  während  er  sich  in  anderen  Gebieten  Afrikas, 
z.  B.  im  Niger-Gebiete  zu  bis  12*^  nördlicher  Breite  erstreckt.  Im  Walde 
kommen  große  Mengen  von  Landolphia  owariensis  vor,  ferner  Ölpalmen 
und  Kaffee,  der  auch  hier  wild  wächst,  aber  gute  Früchte  trägt  (im  Durch- 
schnitt sind  220  Früchte  pro  Baum  gezählt  worden).  Besonders  in  der 
Ebene  zwischen  Pende  und  Logone  sollen  noch  große  Kautschukbestände 
zu  finden  sein.  Zwischen  den  Uferwäldern  ist  Busch-  und  Graslandschaft. 
Auch  hier  ist  die  Landolphia  tolonii  noch  zahlreich  anzutreffen.  Auf 
den  Eingeborenenfeldern  wechselt  Maniok  mit  Hirse  ab.  Weiter  nordwärts 
in  der  Ebene  kommen  hier  und  da  noch  einige  Kilometer  lange  Wald- 
strecken vor ;  im  allgemeinen  ist  aber  die  Ebene  dort  fast  ganz  baumlos. 

Die  natürlichen,  wildwachsenden  Erzeugnisse,  die  den  Reichtum 
des  zentralafrikanischen  Urwaldes  und  seiner  Grenzgebiete  gebildet  haben, 
treten  hier  also  an  Bedeutung  zurück.  Dafür  zeigen  aber  die  Ein- 
geborenenkulturen eine  Sorgfalt,  Mannigfaltigkeit  und  Ertragfähigkeit, 
die  das  Erstaunen  und  den  Beifall  aller  Forscher  hervorgerufen  haben. 
Nicht  nur  Getreidearten,  an  erster  Stelle  Hirse,  dann  Mais  und  Reis, 
gedeihen  hier  vorzüglich,  sondern  auch  die  für  die  Nahrungsmittel-  und 
Fettstoffindustrie  wichtigen  Erzeugnisse,  wie  Sesam,  Erdnüsse,  Schinüsse, 
kommen  hier  in  großen  Mengen  und  guter  Beschaffenheit  vor.  Dazu  ist 
das  Land  für  den  Baumwollbau  klimatisch  und  der  Bodenbeschaffenheit 
nach  sehr  geeignet.^) 

Außer  diesen  Erzeugnissen  ist  der  Tabak  ziemlich  verbreitet,  der 
besser  als  der  am  Tschadsee  gebaute  ist ;  zu  nennen  sind  ferner  Bohnen, 
Feigen  in  verschiedenen  Arten,  Piassaven  u.  a. 

Die  gleiche  Reichhaltigkeit  wie  die  Pflanzenwelt  zeigt  hier  auch  die 
Tierwelt.  Im  Logone-Oberlaufe  und  am  Pende  ist  der  Elefant  heimisch 
und  noch  zahlreich  vorhanden ;  weiter  nördlich  wechselt  er  auch  in  Herden 
aus  Wadai  herüber.  Dieser  Elefant  ist  größer  als  der  hier  einheimische, 
hat  aber  kleinere  Zähne.  Weiter  im  Norden  ist  die  Rindviehzucht 
sehr  verbreitet  und  wird  hauptsächlich  von  den  dort  ansässigen  Fulbe 
und  vereinzelt  vorkommenden  Arabern  betrieben.  Es  kommen  zwei  Arten 
von  Buckelrindern  vor,  die  sich  aber  nur  wenig  unterscheiden.  Die 
Unterscheidung  kommt  nur  in  ÄußerUchkeiten  zum  Ausdruck;  der  ara- 


^)  Vgl.  unten  §  26. 


—     59    — 

bische  Typ  des  Rindes  hat  kurze,  gerade  oder  nur  sehr  wenig  gebogene 
Homer,  während  der  Fulbe-Tj'p  ziemUch  stark  gebogene  Hörner  hat. 
Die  \'ielibestände  dieser  Bezirke  sind  zwar  oft  starken  Seuchen  ausgesetzt. 
So  berichtet  schon  Xachtigal  aus  dem  Jahre  1873,  daß  von  Süden 
kommend  ein  großer  Seuchenzug  die  Tschadsee-Herden  dezimiert  habe. 
Seitdem  sind  wiederholt  solche  Seuchen  über  die  dortigen  Viehherden 
hinweggegangen.  Die  Herden  erholen  sich  hier  aber  rasch  wieder,  und 
der  derzeitige  Viehbestand  dieses  Gebietes  wird  als  verhältnismäßig 
groß  angegeben.  Die  mittlere  Milcherzeugung  beträgt  2 — 2Y2  1  täglich. 
Auch  im  Oberlaufgebiete  des  Pende  und  des  Logone  kommen  vereinzelt 
kleinere  Viehbestände  vor ;  regelmäßige  Viehzucht  scheint  aber  hier  nicht 
zu  bestehen,  wie  erwähnt,  wohl  infolge  des  Vorkommens  der  Glossina 
morsitans. 

Auf  derselben  Höhe  wie  die  Viehzucht  steht  die  Pferdezucht, 
die  vom  7^  45'  nordwärts  gute  natürliche  Verhältnisse  findet.  Auch  hier 
sind  zwei  Arten  zu  unterscheiden,  der  T}'p  des  mittleren  Logone,  von 
kleinem,  kräftigen  Körperbau;  er  kommt  in  der  Gegend  von  Lere  und 
Binder  am  meisten  vor  und  zeichnet  sich  durch  Widerstandsfähigkeit 
gegen  Seuchen  und  die  Stiche  der  Tsetse  aus,  sowie  durch  seine  Brauch- 
barkeit in  schwierigem  Gelände,  im  Walde  und  im  Hochlande.  Der 
größere  Typ  ist  eleganter  gebaut,  höher  gezüchtet,  aber  weniger  wider- 
standsfähig. Die  Gegend  um  Lai  zeichnet  sich  besonders  durch  Pferde- 
reichtum, aus. 

Daneben  kommen  im  ganzen  Gebiete  auch  alle  Arten  von  Klein- 
vieh vor,  vor  allem  Ziegen  und  Hühner,  letztere  besonders  bei  den  Mbum. 

Wilde  Tiere  sind  im  ganzen  Gebiete  in  großer  Zahl  und  Mannig- 
faltigkeit verbreitet,  so  Löwen,  Panther,  Schakale,  Nilpferde,  Nashörner, 
Büffel,  Giraffen,  Antilopen,  Buschhühner  u.  a.  Im  Logone  und  Tuburi 
gibt  es  Wasservögel  in  großen  Mengen;  die  Inseln  und  Sümpfe  sind  dort 
buchstäblich  bedeckt  von  ihnen. 

Die  Bevölkerung  ist  am  Nordabfalle  des  Jade-Hochlandes  noch  §  20. 
stammverwandt  mit  den  südlicheren  Gruppen,  es  sitzen  hier  die  Baja- 
Tala,  und  von  den  Yangere  hat  sich,  als  sie  hinter  der  Masse  der  vor  ihnen 
sitzenden  Baja  nach  Osten  vorwärts  drängten,  ein  Zweig  hierher  nach 
Norden  verirrt,  während  die  Hauptmasse  südHch  der  Baja  zwischen 
Lobaje  und  Maml^ere  sitzt. 

Vom  Beginn  der  Ebene  an  nordwärts  trifft  man  eine  ziemUch  einheit- 
liche Bevölkerung.  Alle  Stämme,  die  vom  Pende  nördhch  bis  zum  Mao 
Kabi  wohnen,  sind  Sudan-Neger.  Die  Sudan-Neger  zerfallen  sprachlich 
in  zwei  Gruppen,  die  eine  nördlich  vom  Tschadsee;  sie  kommen  für  unser 
Gebiet  nicht  in  Betracht.   Die  andere  südlich  davon  in  der  Logone-Ebene. 


—    6o    — 

Die  südlichen  Sudan-Neger  lassen  sich  wieder  in  drei  Gruppen  unter- 
scheiden, die  Logone-,  Falli-  und  Mbum-Gruppe.  Alle  dazu  gehörigen 
Stämme  werden  nicht  als  Ureinwohner  dieses  Landes  angesehen;  ihre 
ursprüngHchen  Sitze  werden  weiter  im  Osten,  dem  Nil  zu,  gesucht.  Die 
Bewohner  der  ganzen  Logone-Ebene  haben  gewisse  gemeinsame  Merk- 
male, die  sie  von  den  bisher  behandelten  Völkern  unterscheiden.  Sie 
bilden  eine  Sprachengemeinschaft,  in  der  nur  dialektische  Verschieden- 
heiten vorkommen.  Sie  sind  Ackerbauer  und,  soweit  die  klimatischen 
Verhältnisse  es  erlauben,  Vieh-  und  Pferdezüchter.  Ihr  Hauptnahrungs- 
mittel ist  die  Hirse.  Dieses  Nahrungsmittel  erscheint  den  Forschern  so 
kennzeichnend  für  diese  Rasse,  daß  sie  sie  kurzweg  die  Hirse-Rasse 
nennen,  zur  Unterscheidung  von  der  im  Urwalde  wohnenden  Maniok- 
Rasse.     Der  Kannibalismus  ist  allen  diesen  Völkern  unbekannt. 

Aus  diesen  wenigen  Kennzeichen  geht  schon  hervor,  daß  man  es 
hier  mit  einer  kulturell  viel  höher  stehenden  Bevölkerung  zu  tun  hat 
als  im  Süden.  Die  höhere  Kultur  ist  zurückzuführen  zum  Teil  auf  die 
stärkere  Berührung  mit  dem  Islam ;  mehr  aber  noch  auf  die  höhere  Lebens- 
haltung, die  durch  die  Fruchtbarkeit  des  Landes  und  die  Viehzucht 
ermöglicht  wird.  Die  Reisenden,  die  aus  diesem  Gebiete  berichten,  z.  B. 
Lenfant,  können  nicht  Worte  genug  finden,  um  den  Fleiß  und  die 
Geschickhchkeit  dieser  Menschen  bei  der  Bestellung  ihrer  Felder  zu 
loben.  Lenfant  sagt,  er  habe  niemals  in  Afrika  schönere  Menschen, 
schönere  Dörfer  und  schönere  Pflanzungen  gesehen,  als  hier.  Ihre  Er- 
zeugung ist  ausgesprochen  kommunistisch,  sie  bestellen  und  ernten  ihre 
Felder  gemeinsam.  Von  der  Ernte  bekommt  der  Häuptling  einen  Teil 
zum  persönhchen  Gebrauche  und  die  zur  Aussaat  notwendige  Menge  wird 
ihm  zur  Aufbewahrung  übergeben.  Von  dem  Reste  wird  unter  die  einzelnen 
MitgHeder  der  Niederlassungsgemeinschaft  so  viel  verteilt,  als  zur  Lebens- 
haltung bis  zur  nächsten  Ernte  notwendig  ist.  Was  übrig  bleibt,  wird 
zu  Bier  verbraut  und  gemeinsam  vertrunken.  Den  Eingeborenen  wird 
ein  stark  ausgeprägter  Schönheitssinn  nachgerühmt,  der  sich  in  Tänzen 
und  Gesängen,  in  Körper-  und  Hausschmuck,  in  der  Verzierung  der 
Gebrauchsgeräte  und  in  allgemeiner  Reinlichkeit  ausdrückt.  Wenn  die 
Bevölkerung  hier  mit  dem  Islam  auch  in  nähere  Berührung  gekommen 
ist,  so  ist  sie  doch  fast  durchweg  heidnisch  geblieben,  und  der  islamische 
Einfluß  kommt  nur  in  der  äußerUchen  Nachahmung  mohammedanischer 
Gebräuche,  in  der  Anknüpfung  von  Handelsbeziehungen,  in  der  Hebung 
des  allgemeinen  Kulturniveaus  und  in  der  Gestaltung  der  Machtverhält- 
nisse zum  Ausdrucke.  Die  letztere  hat  sich  vor  dem  Erscheinen  der  Fran- 
zosen für  die  Stämme  dieses  Gebietes  in  sehr  nachteiliger  Weise  geltend 
gemacht.    Das  ganze  Gebiet  des  oberen  Logone  und  des  Pende  war  für 


—     6i     — 

die  Fulbe  von  Ngaundere  früher  das  Rekrutierungsland  für  ihren  Sklaven- 
bedarf. Sie  kamen  den  Oberlauf  des  Lx)gone  abwärts  und  fielen  durch 
das  Ausfallstor,  das  der  Logone  am  Fuße  des  Bumbabal  bildet,  über  die 
Siedelungen  der  Mbum,  Lakka  und  Sara  her.  Daraus  erklärt  es  sich  auch, 
daß  das  diesem  Ausfallstore  vorgelagerte,  fruchtbare  Gebiet,  das  Land 
von  Baibokum  östhch  bis  zum  Pende  jetzt  noch  verhältnismäßig  schwach 
bevölkert  ist,  während  sich  an  den  weniger  fruchtbaren  Nordabhängen 
des  Jade-Hochlandes  eine  dichtere  Bevölkerung  zusammengedrängt  hat. 
Dieses  Gebiet  bot  mit  seinen  tief  eingerissenen  Tälern  und  steil  abfallenden, 
schwer  zugänglichen  Höhen  einen  natürlichen  Schutz  gegen  die  Raubzüge 
der  Fulbe.  Die  Dörfer  der  Mbum  im  Tale  des  Lim  liegen  daher  alle  an 
schwer  zugänglichen  Stellen  wie  ,, Adlerhorste",  um  einen  bezeichnenden 
Ausdruck  Lenfants  zu  gebrauchen. 

Als  bemerkenswert  für  das  Gebiet  des  oberen  Logone  und  des  Pende 
ist  noch  zu  ersvähnen,  daß  hier  Eisen  sehr  selten  vorkommt,  daher  hoch 
im  Werte  steht  und  vielfach  die  Stelle  von  Geld  vertritt.  Die  Waffen 
sind  daher  hier  auch  noch  meist  aus  gehärtetem  Holze  hergestellt.  Im 
Jade-Hoclilande  dagegen  kommt  Eisen  überall  reichhch  vor  und  wird 
von  den  Eingeborenen  aus  den  natürhchen  Lagerstätten  gewonnen. 
Ebenso  ist  das  Eisen  weiter  im  Norden  durch  den  Handel  stärker  verbreitet. 

Im  Gebiete  des  oberen  Logone  und  Pende  sind  die  wichtigsten  Stämme 
die  Mbum  und  die  Lakka.  Die  Mbum  werden  als  besonders  groß,  kräftig 
und  muskulös  geschildert,  im  Süden  offen  und  zugänglich,  dagegen  weiter 
im  Norden  diebisch  und  mißtrauisch.  Sie  bewohnen  das  Gebiet  um  den 
Bumbabal,  den  Berg  der  Mbum;  ihre  Sitze  erstrecken  sich  von  da  ab 
den  Lim  und  den  Mbere  (auch  Mambere  genannt)  aufwärts.  Der  größere 
Teil  dieses  Stammes  saß  bisher  schon  auf  deutschem  Gebiete.  Diese 
bisher  schon  deutschen  Mbum  scheinen  aber  nicht  mehr  in  Verbindung 
mit  den  Mbum  am  Mbere  und  Lim  zu  stehen;  sie  sind  nach  Westen  den 
Wina  (=  Logone-Oberlauf)  aufwärts  gewandert  und  ihre  östlichsten 
Sitze  sollen  heute  bei  Ssora  sein.  Politisch  gehören  sie  zu  Ngaundere. 
Dort  sind  die  bisher  französischen  Mbum  mehr  unter  dem  Namen  Mbere 
bekannt. 

Dagegen  wohnen  die  Lakka  in  ihrer  Hauptmasse  auf  dem  neuen 
Gebiete  und  sind  bisher  nur  mit  ihrer  westlichsten  Spitze  bis  nach  Alt- 
Kamerun  vorgedrungen.  Diese  bisher  schon  deutsche  Spitze  reicht  von 
Abakana  nordwärts  bis  TawTil  und  gehört  zum  politischen  Machtbereich 
des  Ardo-Reibuba.  Weiter  nördlich  sclmeidet  die  bisherige  Grenze  den 
Stamm  der  Dari,  deren  Hauptniederlassung  bisher  schon  auf  Alt-Kame- 
runer Gebiet  war  und  ebenfalls  zum  Gebiet  des  Ardo-Reibuba  gehört. 
Die  wichtigsten  Niederlassungen  dieser  Dari  auf  dem  bisher  schon  deut- 


—      62      — 

sehen  Gebiete  sind  Weimba,  Dschebo,  Mbongo;  auf  dem  bisher  franzö- 
sischen Gebiete  Dare  und  Tieming.  Die  Dari  sollen  angebhch  schon  zu 
den  weiter  nordwärts  wohnenden  Mundang  gehören;  dagegen  spricht 
aber  die  erhebhche  Dialekt  Verschiedenheit.  Wahrscheinlich  ist,  daß 
sie  Lakka  sind  und  sich  nur  durch  die  pohtischen  Sonderbestrebungen  der 
Häuptlinge  von  Dari  von  den  Lakka  abgesondert  haben.  Zwischen  dem 
Ardo-Reibuba  und  dem  Arnado-Dari  hat  sich  bisher  aus  der  Trennung 
des  Dari- Stammes  durch  die  Grenze  eine  gewisse  Rivalität  ergeben,  indem 
jeder  den  ganzen  Stamm  auf  sein  Gebiet  bringen  wollte.  Die  Folge  davon 
war  eine  ziemliche  häufige  Grenzwanderung,  die  mehr  zugunsten  des 
deutschen  Gebietes  gewesen  zu  sein  scheint. 

Nahe  verwandt  mit  diesen  beiden  Stämmen  sind  die  Sara  und 
Mbai;  die  ersteren  am  Zusammenflusse  des  Logone  und  Pende,  die  letz- 
teren nördhch  von  den  Mbum  zwischen  Logone  und  Nja.  Mit  ihrer 
Hauptmasse  werden  diese  beiden  Stämme  aber  auch  in  Zukunft  auf 
französischem  Gebiete  bleiben. 

Die  Lakka,  Sara  und  Mbai  sind  von  eleganterem,  zierlicherem  Körper- 
bau als  die  Mbum,  ihre  regelmäßigen  Gesichtszüge  lassen  auf  Intelligenz 
schließen.  Bewaffnet  sind  sie  fast  durchweg  mit  dem  Speer,  dem  Wurf- 
messer und  Schild,  bei  den  Mbum  wiegt  Pfeil  und  Bogen  vor.  Alle  diese 
Stämme,  die  in  ihrem  eigenen  Gebiete  ziemHch  dicht  beisammen  wohnen, 
sind  von  den  benachbarten  Stämmen  durch  einen  größeren,  unbewohnten 
Zwischenraum  getrennt.  Ihre  Sprache  ist  gleich  und  hat  nur  geringe 
dialektische  Verschiedenheiten.  Auf  die  Lakka  trifft  besonders  zu,  was 
oben  im  allgemeinen  über  diese  Stämme  gesagt  worden  ist.  Die  Nieder- 
lassungen, wie  Dok  im  Knie  des  Logone  oder  Kutu  weiter  Logone  auf- 
wärts, wie  Kagopal  zwischen  Logone  und  Pende  haben  bis  zu  2000  Hütten 
und  6 — 7000  Einwohner.  Diese  Niederlassungen  sind  hier  nur  beispiels- 
weise angeführt;  sie  kommen  in  gleicher  Größe  hier  noch  mehr  vor. 
Das  typische  an  diesen  großen  Siedelungen  ist,  daß  sie  aus  einzelnen 
Famihensiedelungen  zusammengesetzt  sind,  die  selbst  wieder  aus  mehreren 
eng  zusammengebauten  und  zum  Teil  verbundenen  Hütten  gebildet 
werden.  Davon  ist  in  der  Regel  eine  für  die  Frauen,  eine  für  die 
Kinder,  eine  für  die  Küche  bestimmt;  sehr  oft  kommt  dazu  noch 
ein  Raum  für  die  Aufbewahrung  des  Getreidevorrates  und  einer  für 
das  Kleinvieh;  besonders  bei  den  Mbum  sind  die  Hühner  sehr 
zahlreich.  Nördhch  schheßen  sich  an  die  Lakka  und  Sara  die  Sudan- 
Negerstämme  der  Mundang  an,  die  längs  der  alten  Grenze  sitzen  und 
bisher  schon  zum  Teil  auf  deutschem  Gebiete  wohnten.  Weiter  östhch 
die  Mbana  und  auf  beiden  Ufern  des  Logone  die  Massa  besonders  in  der 
Umgebung  von  Lai.    Weiter  nordwärts  die  Marba  auf  dem  linken  Ufer 


des  Logone.  Über  diese  Stämme  ist  wenig  bekannt,  sie  scheinen  alle 
zu  der  Falli-Gruppe  der  südlichen  Sudanneger  zu  gehören. 

Weiter  im  Norden,  im  Gebiet  des  Tuburi  und  Mao  Kabi,  kommt  man 
wieder  in  eines  der  ethnologisch  interessanten  Gebiete,  in  denen  sich 
kleine,  isolierte  Stämme  zusammengedrängt  haben,  zum  Teil  von  den 
nördlichen  Musgu,  zum  Teil  von  den  östlichen  und  südlichen  Stämmen 
hierher  gedrängt.  Zu  nennen  sind  hier  die  Dore  am  Tuburi- See,  nach  diesem 
auch  Tuburi  genannt;  nördlich  von  ihnen  der  Stamm  der  Gissei,  die  zum 
Teil  bisher  schon  auf  deutschem  Gebiete  saßen  und  im  ganzen  Tuburi- 
Gebiet  als  \-erwegene  Räuber  gefürchtet  sind.  Weiter  westlich  zwischen 
Tuburi  und  Binder  der  Stamm  der  Suggi.  Das  Gebiet  soll  dicht  bevölkert 
sein,  in  manchen  Gegenden  reiht  sich  eine  Ortschaft  an  die  andere  mit 
ziemlich  großem  Viehbestande.  Auf  Orte  mit  loo  Hütten  können  durch- 
schnittlich 200 — 300  Stück  Großvieh  gerechnet  werden.  Die  Wohnweise 
und  die  Hüttenanordnimg  ist  dieselbe  wie  bei  den  Lakka,  nur  werden 
die  Hütten  hier,  wo  lehmiger  Boden  vorherrscht,  aus  Lehm  gebaut, 
während  sie  bei  den  Lakka  vorwiegend  aus  Holz  und  Flechtmaterial 
bestehen.  Hier  scheint  auch  eine  größere  gewerbliche  Tätigkeit  zu 
herrschen.  Die  Spinnerei  und  Weberei  steht  in  der  Gegend  von  Lere  und 
Binder  auf  ziemlicher  Höhe ;  in  den  übrigen  Gebieten  über%\iegen  Töpferei, 
Leder bearbeitung  und  Flechterei. 

Über  all  diesen  heidnischen  Stämmen  im  bisherigen  französischen 
Lere- Vorsprunge  macht  sich  schon  eine  ziemUch  starke  islamische  Ober- 
schicht bemerkbar.  Die  Fulbe  sind  von  Westen  hierher  schon  weit  vor- 
gedrungen und  haben  an  den  %\-ichtigsten  Orten  ständige  Niederlassungen 
gegründet,  so  vor  allem  in  Französisch-Binder,  das  von  den  Eingeborenen 
Binder-Fulbe  genannt  wird  im  Gegensatz  zu  Binder-Mundang  am  Mao  Kabi, 
wo  sich  die  früheren  Bewohner  von  Binder-Fulbe  angesiedelt  haben,  nach- 
dem sie  von  den  Fulbe  aus  ihren  ursprünghchen  Sitzen  verdrängt  worden 
waren.  Auch  Araber  kommen  liier  vereinzelt  als  wandernde  \'iehzüchter  vor. 

In  der  Lere-  und  Tuburi-Gegend  soU  nach  Lenfant  der  Lamido  von 
Garua  pohtische  Machtansprüche  geltend  gemacht  haben ,  solange 
die  französische  Herrschaft  dort  nicht  ausgeübt  wurde  und  die  Grenzen 
noch  unbestimmt  waren.  Seine  Oberhoheit  soll  damals  auch  von  den 
Ardos  dieser  Gegend  mehr  oder  weniger  anerkannt  worden  sein.  Seit- 
dem die  französische  Verwaltung  sich  in  den  letzten  Jahren  in  dieser 
Gegend  zu  betätigen  beginnt,  ist  gegen  diese  Ansprüche  ein  französi- 
sches Gegengewicht  geschaffen  worden,  Binder-Fulbe  hat  bekanntlich 
bis  zu  der  Grenzregviherung  von  1908  unter  deutscher  Herrschaft  ge- 
standen und  war  bis  dahin  Sitz  des  jetzt  in  Deutsch-Binder  residierenden 
Sultans  von  Binder. 


Zweiter  Abschnitt. 

Handel,  Verkehr  und  Arbeiterfrage. 

Vorbemerkung. 

§  21.  Im  vorigen  Kapitel  sind  die  geographischen  Verhältnisse  Neu-Kame- 

runs  dargestellt  worden.  Die  gleichzeitige  Darstellung  der  natürlichen 
Produktionsbedingungen  hat  sich  dabei  von  selbst  ergeben.  Der  dadurch 
gewonnene  Überblick  über  die  natürlichen  Produktionsmöglichkeiten 
bietet  schon  eine  gewisse  Unterlage  für  die  Beurteilung  des  wirtschaft- 
lichen Wertes  des  Landes.  Es  handelt  sich  bei  diesem  Gebiete  aber  wirt- 
schaftlich nicht  um  vollständiges  Neuland.  Wenn  es  auch  noch  auf  einer 
ziemüch  anfänglichen  Stufe  wirtschaftlicher  Tätigkeit  steht,  so  hat  eine 
solche  Tätigkeit  doch  schon  seit  einer  Reihe  von  Jahrzehnten  dort  statt- 
gefunden. Die  natürlichen  ProduktionsmögHchkeiten  sind  dadurch 
beeinflußt,  bis  zu  einem  gewissen  Grade  auch  entwickelt  worden.  Eine 
Beurteilung,  die  sich  nur  auf  die  natürhchen  Produktionsbedingungen 
stützte,  würde  daher  die  für  die  Urteilsbildung  vorhandenen  Unterlagen 
nur  zum  Teile  verwerten,  denn  der  wirtschaftliche  Wert  des  Landes  ist 
daneben  von  den  allgemeinen  Markt-,  Absatz-,  Transport-  und  Arbeiter- 
verhältnissen abhängig.  Zu  der  Beurteilung  des  wirtschaftlichen  Wertes 
Neu-Kameruns  ist  daher  die  Besprechung  der  Handels-,  Verkehrs-  und 
Arbeiterverhältnisse  notwendig. 

Bei  dem  Gegenstande  des  vorigen  Abschnittes  war  es  leicht,  die 
Besprechung  auf  das  neue  Gebiet  zu  beschränken.  Die  Darstellung  hörte 
einfach  da  auf,  wo  die  neuen  Grenzen  laufen.  Diese  Beschränkung  wird 
bei  dem  Gegenstande  des  folgenden  Abschnittes  nicht  im  gleichen  Maße 
möghch  sein;  denn  die  zu  diesem  Gegenstande  vorliegenden  Angaben 
beziehen  sich  meist  auf  ganz  Französisch-Aquatorial-Afrika,  so  daß  eine 
Ausscheidung  für  Neu-Kamerun  nicht  möglich  ist.  Wenn  trotzdem  im 
folgenden  einige  Zahlen  gegeben  werden,  so  geschieht  dies  in  der  Annahme, 
daß  die  Entwicklung  des  ganzen  Wirtschaftsorganismus,  von  dem  Neu- 
Kamerun  bisher  einen  Teil  gebildet  hat,  immerhin  einen  gewissen  Anhalt 


-    65     - 

gibt  und  einen  Rückschluß  auf  Neu-Kamerun  zuläßt.  Dabei  uird  man 
behaupten  können,  daß  Neu-Kamerun  nicht  unter  dem  wirtschaft- 
Uchen  Durclischnittswerte  von  Franzüsisch-Aquatorial-Afrika  steht  und 
es  ist  femer  zweifellos,  daß  die  wirtschaftliche  Tätigkeit  bisher  nirgends 
in  Französisch-Äquatorial-Afrika  intensiver  war,  als  im  Sanga-Becken, 
das  ganz  zu  Neu-Kamerun  gehurt.  Diese  beiden  Tatsachen  berechtigten 
dazu,  die  für  ganz  Französisch-Äquatorial-Afrika  geltenden  Angaben 
zum  wenigsten  in  dem  \'erhältnisse  auf  Neu-Kamerun  zu  ül^rtragen, 
wie  es  sich  aus  der  Größe  der  Gebiete  ergibt.  Was  dabei  speziell  den  Handel 
betrifft,  so  beträgt  der  Anteil  Neu-Kameruns  am  Gesamthandel  Fran- 
zösisch-Äquatorial-Afrikas,  sofern  die  Angaben  der  Berichterstatter 
in  der  Deputiertenkammer  und  im  Senate  und  die  anderer  französischer 
Kolonialpolitiker  richtig  sind,  wenigstens  14  ^^s  Gesamthandels  von 
Französisch-Äquatorial-Afrika;  während  nach  dem  Größenverhältnisse 
(i  776000  qkm:  280000  qkm)  nur  etwa  Ye  ^^^  Neu-Kamerun  entfallen 
würde.  Zu  berücksichtigen  hierbei  ist  freihch,  daß  der  Handel  Neu- 
Kameruns  fast  ausschließlich  auf  der  Ausfuhr  von  Kautschuk  und  Elfen- 
bein beruht  und  bisher  keine  Angaben  gemacht  werden  können,  wielange 
die  Ausfuhr  dieser  Erzeugnisse  sich  auf  der  jetzigen  Höhe  erhalten  wird. 

I.  Der  Handel. 
Literatur: 

Statistiques  du  commerce  des  colonies  Fran9aises. 

Rapports  de  la  Commission  du  S6nat  sur  le  budget  g^neral  des  colonies. 
Rapports  de  la  Commission  de  la  Chambre  des  deputes  sur  Ic  budget  g^n^ral 
des  colonies. 

Denkschriften  der  Cie.  Foresti^re  Sanga-Ubangi  von  1911  und  1912. 


Übersicht    über    die    Entwickelung    des   Gesamthandels   in  §22. 
Französisch-Äquatorial-Afrika. 


Jahr 

Gcsamthandcl 
Franken 

Jahr 

Gcsamthandcl 

1863 

2  oii  968 

1903 

16916  319 

1873 

2  176  212 

1904 

21  193  603 

1893 

5  5"  385 

1905 

24  311  S9I 

1896 

9  3S8  693 

1906 

29  554  466 

1898 

10530929 

1907 

34  755  974 

1899 

13  302  498 

190S 

26830  151 

1900 

18035  878 

1909 

28  573  252 

1901 

15  "2  531 

1910 

37821  549 

1902 

1 3  863  064 

191t 

41  ^ '^ 

')  Diese  Zilier  liegt  erst  schätzungsweise  vor. 

Veröffcntl.  d.  ReichskoIoniaUmtes  Nr.  4  :  Ritter. 


—    66    — 

Aus  der  vorstehenden  Übersicht  geht  herv^or,  daß  der  Gesamthandel 
in  den  Jahrzehnten  vor  1890  sehr  gering  war;  daß  er  aber  seitdem  eine 
aufsteigende  Richtung  genommen  hat,  besonders  im  letzten  Jahrzehnte. 
Das  Jahr  1900  bildet  einen  gewissen  Markstein  in  der  wirtschaftlichen 
Entwicklung  von  Französisch-Äquatorial-Afrika,  da  in  diesem  Jahr  das 
System  der  Konzessionsgesellschaften  eingesetzt  hat.  Die  Zunahme  der 
Gesamthandelsziffern  ist  allerdings  nicht  nur  auf  die  zunehmende  Inten- 
sität der  wirtschaftlichen  Tätigkeit  zurückzuführen,  sondern  auch  auf 
ihre  zunehmende  räumliche  Ausdehnung.  Die  fortschreitende  Erschlies- 
sung des  Landes  kommt  natürhch  in  den  Gesamthandelsziffern  zum 
Ausdruck,  Der  Rückgang  des  Gesamthandels  in  den  Jahren  1908/09 
erklärt  sich  daraus,  daß  in  den  Jahren  vorher  die  Kautschukpreise  stark 
gestiegen  waren  und  nach  der  Kautschuk-Hausse  von  1907  im  Jahre 
1908  ein  scharfer  Preissturz  eingetreten  ist.  In  den  Jahren  1910  und  191 1 
ist  dieser  Rückschlag  bereits  wieder  eingeholt  und  die  frühere  Höchst- 
ziffer bedeutend  überschritten  worden.  Der  Gesamthandel  zeigt  also 
im  ganzen  ein  günstiges  Bild. 

Prüft  man  seine  Ziffern  aber  auf  das  Verhältnis  der  Einfuhr  und 
Ausfuhr,  so  ist  dieses  günstige  Urteil  zu  berichtigen.  Wo  die  wirtschaft- 
liche Erschließung  von  Neuländern  auf  einer  gesunden,  vorausschauenden 
Wirtschaftspolitik  beruht,  werden  Ein-  und  Ausfuhr  sich  in  der  Regel 
in  der  Weise  entwickeln,  daß  in  einer  ersten  Wirtschaftsperiode  die  Einfuhr 
größer  als  die  Ausfuhr  ist ;  in  einer  Übergangsperiode  werden  die  Ausf uhr- 
ziffem  sich  den  Einfuhrziffern  nähern  und  sie  einholen,  und  in  der  fol- 
genden Periode  wird  die  Ausfuhr  ständig  über  der  Einfuhr  stehen.  Das 
Überwiegen  der  Einfuhr  über  die  Ausfuhr  in  der  ersten  Periode  erklärt 
sich  daraus,  daß  größere  Kapitalwerte  in  das  Neuland  kommen,  als  aus 
ihm  herausgehen.  Ein  großer  Teil  der  Einfuhr  ist  als  Anlagekapital 
zu  betrachten.  Dies  ist  die  Zeit  der  \\drtschaftlichen  Investierung,  der 
Anlegung  von  Kapital  in  Verkehrsuntemehmungen,  Pflanzungen,  in 
der  Organisation  des  Handels,  in  der  Erschließung  und  Sanierung  des 
Landes  usw.  In  dieser  Periode  befinden  sich  alle  unsere  afrikanischen 
Schutzgebiete.  In  keinem  von  ihnen  hat  die  Ausfuhrziffer  die  Einfuhr- 
ziffer erreicht.  Hier  wird  überall  noch  mehr  angelegt  als  erzeugt.  Wenn 
die  Anlagen  aber  anfangen  produktiv  zu  werden,  so  kommt  das  in  den 
Ein-  und  Ausfuhrziffern  dadurch  zum  Ausdruck,  daß  die  Ausfuhr  die 
Einfuhr  allmählich  überholt.  Der  Mehrwert  der  Ausfuhr  läßt  dann  einen 
Schluß  auf  die  Rentabilität  der  angelegten  Kapitalwerte  zu. 

Prüft  man  von  diesem  Gesichtspunkte  aus  die  wirtschaftliche  Ent- 
wicklung in  Französisch-Äquatorial-Afrika,  so  ergibt  sich  aus  der  nach- 
stehenden Übersicht,  daß  die  Ausfuhr  hier  überwogen  hat,  seitdem  über- 


-     6;     - 

haupt  von  einer  eigentlichen  wirtschaftlichen  Tätigkeit  die  Rede  sein  kann. 
Wo  ausnahmsweise  einmal  die  Einfuhr  größer  war  als  die  Ausfuhr,  kann 
dies  auch  immer  auf  besondere  Gründe  zurückgeführt  werden.  So  kommt 
im  Jahre  1900  der  Einfuhr-Mehrwert  von  etwa  3  Mill.  Franken  daher,  daß 

Übersicht    über   die    Entwicklung   der    Ein-    und    .\usfuhr    in 
Französisch-Äquatorial-. Afrika. 


Jahr 

Einfuhr 

Franken 

.\usfuhr 
Frankm 

1 8r,3 

1  067  505 

944  4f>3 

1873 

I  357  565 

818  647 

1893 

3  166  371 

2345014 

1896 

4  696  849 

4  691  844 

1897 

3  552  928 

5277868 

1898 

4  835  <i25 

5  <J95  304 

1899 

6  68  3  707 

6618  791 

1900 

10496  363 

7539515 

1901 

7  808  364 

7314  167 

1902 

5  509  609 

8353455 

1903 

6978077 

9938242 

1904 

9  058  140 

12  135  463 

1905 

10379  146 

13  932  745 

1906 

13093640 

16460  826 

1907 

15  161  686 

19  594  28S 

1908 

10  028  238 

16  801  913 

1909 

II  119  319 

17453933 

1910 

13  190677 

24  630  872 

1911 

14  500  000 1) 

27  000  000*) 

')  Schätzungsweise. 


in  diesem  Jahre  eine  Kolonial-Anleihe  von  2  Mill.  Franken  gegeben 
worden  ist  und  daß  in  diesem  Jahre  die  Konzessionsgesellschaften  mit 
ihrer  Tätigkeit  anfingen.  Das  wirkt  auch  im  nächsten  Jahre  noch  etwas 
nach.  Seit  dieser  Zeit  sind  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  für  127  427  000 
Franken  Waren  eingeführt  und  für  181  158  000  Franken  Waren  ausge- 
führt worden,  wobei  der  Unterschied  zwischen  Ein-  und  Ausfuhr  besonders 
in  den  letzten  Jahren  immer  mehr  zugenommen  hat.  In  Kamerun,  wo 
die  Ziffern  des  Gesamthandels  ungefähr  in  gleicher  Höhe  sind,  wie  in 
Französisch-Äquatorial-Afrika,  sind  im  gleichen  Zeiträume  für  160,1  -Mill. 
Mark  Waren  eingefülirt  und  für  117,3  Mill,  Mark  Waren  ausgeführt 
worden.  Während  in  Französisch-.\quatorial-.\frika  also  die  .\usfuhr 
die  Einfuhr  von   1900 — 1910  um  rund  54  .Mill.   Franken  übertrifft,  ist 

5* 


—    68     — 

umgekehrt  für  Kamerun  ein  Überwiegen  der  Einfuhr  um  rund  42,8  Mill. 
Mark  über  die  Ausfuhr  festzustellen. 

Die  Tatsache,  daß  die  Ausfuhr  von  Anfang  an  höher  war  als  die 
Einfuhr,  läßt  hier  in  gewissen  Grenzen  einen  Rückschluß  auf  den  Umfang 
der  bisherigen  Investierung  zu.  Denn  bei  einem  wirtschaftlichen  Neulande 
wie  Französisch-Äquatorial-Afrika,  das  in  sich  selbst  keine  anderen 
Investierungswerte  gehabt  hat  als  die  Arbeitsleistung  der  Eingeborenen, 
mußte  jede  andere  Investierung  in  irgendeiner  Form  in  der  Einfuhr 
zum  Ausdrucke  kommen.  Den  Investierungswert  der  Eingeborenen- 
arbeit zu  erfassen,  ist  nicht  möghch.  Auch  wenn  die  Ziffern  der  Geld- 
einfuhr vorliegen  würden,  würden  sie  keinen  Anhalt  für  einen  dahingehen- 
den Schluß  geben.  Denn  soweit  die  Eingeborenenarbeit  überhaupt  be- 
zahlt wird  —  zum  großen  Teil  bleibt  sie  als  Steuerarbeit  unbezahlt  — 
ist  sie  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  bis  in  die  jüngste  Zeit  mit  Waren 
bezahlt  worden,  nicht  mit  Geld.  Dazu  kommt,  daß  die  Arbeit  der  Ein- 
geborenen in  Französisch-Äquatorial-Afrika  in  den  meisten  Fällen  nicht 
als  Anlage  wert  auf  das  Land,  sondern  nur  als  Anlage  wert  auf  das  aus- 
geführte Erzeugnis  geleistet  worden  ist,  durch  den  der  dauernde  mrt- 
schaftliche  Wert  des  Landes  nicht  gehoben  wird.  Die  Eingeborenen- 
arbeit kann  daher  als  Anlagewert  nicht  berücksichtigt  werden.  Alle 
übrigen  Anlage  werte:  landwirtschaftUche  und  gewerbliche  Gerätschaften, 
Verkehrsanlagen  aller  Art,  Maschinen,  Pflanzungsmittel  usw.  müssen 
in  irgendeinem  Abschnitte  der  Einfuhrstatistik  erscheinen.  Wenn  die 
Veröffentlichungen  der  französischen,  kolonialen  Handelsstatistik  detail- 
lierter wären,  müßte  es  wohl  möglich  sein,  aus  der  Einfuhr  die  Waren 
zusammenzustehen,  die  für  eine  Investierung  möglicherweise  in  Betracht 
kommen,  und  so  für  die  bisher  erfolgte  Investierung  eine  Höchstziffer 
zu  finden.  Da  die  Handelsstatistik  die  eingeführten  Waren  aber  in 
wenigen  Unterabteilungen  zusammenfaßt  und  sonstige  Unterlagen,  um 
auf  dem  Wege  einer  anderen  Methode  zu  einem  zahlenmäßigen  Ergebnis  zu 
kommen,  etwa  wie  sie  bei  der  amtlichen  LTntersuchung  über  die  deutschen 
Kapitalinteressen  in  den  deutschen  Schutzgebieten  angewendet  worden 
ist,  nicht  zugänglich  sind,  muß  auf  den  Versuch,  zu  einem  ziffernmäßigen 
Ergebnis  über  die  bisher  erfolgte  Investierung  in  Neu-Kamerun  zu 
kommen,  verzichtet  werden. 

Wenn  nachstehend  die  Unterabteilungen  der  Einfuhrstatistik  wieder- 
gegeben werden,  so  geschieht  das  zu  dem  Zwecke,  die  allgemeine,  sich 
aus  dem  erwähnten  Mißverhältnisse  zwischen  Ein-  und  Ausfuhr  ergebende 
Schlußfolgerung  über  die  bisherige  Investierung,  soweit  möglich,  zu 
präzisieren.  Dabei  ist  das  Jahr  1909  gewählt  worden,  da  seine  Ein-  und 
Ausfuhrziffern  ungefähr  im  Durchschnitte  der  letzten  11  Jahre  stehen. 


-     69     - 


l6 


18. 

19- 
20. 
21. 
22. 

23- 
24. 

25- 

26. 
27. 
28. 
29. 
30. 

31- 

32- 
33- 
34- 


infuhr     in     Französisch-Aquatorial-Afrika     im     Ja 
nach  Gegenständen. 

I.  Tierische   Gegenstände. 

.  Lebende  Tiere 

.  Tierische  Erzeugnisse   und  Häute 

.  Fische 

.  Tierische  Erzeugnisse   für  den   medizinischen  Gebrauch   und   Par- 

fümericn 

.  Hartwaren 

Summe; 

II.  Pflanzliche   Gegenstände. 

,  Mehlhaltige  Nahrungsmittel 

Früchte  

Koloniale  Gcnußmittel 

Pflanzliche  Üle  und   Säfte 

Pflanzliche  Medizin 

Hölzer 

Faserstoffe 

Färb-  und  Gerbstoffe 

Verschiedene  Erzeugnisse  und  Abfälle 

Getränke 

Summe 
III.  Mineralische   Gegenstände. 

Steine,  Kalk,  Erden  usw 

Metalle 

Summe : 

IV.  Fertigfabrikate. 

Chemische  Erzeugnisse 

Hergerichtete  Farbstoffe 

Farben    

Zusammengesetzte  Sachen 

Tonwaren 

Gläser  und   Kristallwaren 

Kerne 

Webstoffe 

Papiersvaren 

Felle  und  Pelzwaren 

Metallwaren 

Waffen  und  Pulver 

Möbel 

Holzwaren 

Musikinstrumente 

Flecht-  und  Korbwaren 

Waren  aus  verschiedenen  Stoffen 

Summe: 
Gesamtsumme: 


hre  1909 

Franken 

52  <'37 

923  823 

218  180 

1  738 

7  «<J5 

I  203  543 


513  253 

17  34S 

43(>  742 

70  928 

5380 

96917 

3  574 

17 

12G  289 

828818 


2  099  166 

148  466 
644  978 


793  444 

308  730 

17 

43  443 

290  672 

45  577 

189  230 

52  608 

3 141  049 

138  859 

124  752 

I  514  "9 

293  747 

25993 

42  982 

16750 

23504 

771  134 


7  023  166 


II  119  319 


Für  diese  Schlußfolgerung  ergeben  sich  zwei  Gruppen  von  Einfuhr- 
waren. Die  eine  umfaßt  die  Lebensmittel  und  Gebrauchsgegenstände, 
nämlich  die  unter  Ziffer  2,  3,  4,  5,  6,  8,  9,  10,  15,  25,  26,  27,  29,  30,  32 
aufgeführten  Waren.  Diese  Einfuhnvaren  können  als  dauernde  Anlage 
auf  den  Wert  des  Landes  nicht  in  Betracht  kommen,  denn  sie  sind  aus- 
schließlich Verbrauchsgegenstände,  die  höchstens  teilweise  einen  Anlage- 
wert auf  das  ausgeführte  Erzeugnis  haben  können.  Ihr  Gesamtwert 
beträgt  rund  6,7  Mill.  Franken.  Dieser  Einfuhrgruppe  stehen  die  übrigen 
Einfuhrartikel  gegenüber,  wie  Metalle,  Kalke,  Metallwaren,  zusammen- 
gesetzte Sachen  usw.,  die  als  Investierungswerte  möglicherweise  in 
Betracht  kommen.  Ihr  Gesamtwert  beträgt  rund  4,4  Mill.  Franken. 
In  dem  gleichen  Jahre  hat  die  Ausfuhr  aus  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  17,5  Mill.  Franken  betragen.  Durch  diese  Zusammenstellung 
wird  der  aus  der  Vergleichung  der  ungeteilten  Einfuhr  mit  der  Ausfuhr 
gewonnene  Schluß  bekräftigt,  daß  in  Französisch-Äquatorial- Afrika 
bisher  vorwiegend  für  die  Ausfuhr,  den  augenbhckhchen  Gemnn  gear- 
beitet worden  ist;  für  die  wirtschaftliche  Erschließung  und  Hebung  des 
Landes  aber  verhältnismäßig  wenig  geschehen  ist;  daß  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  also  bisher  eine  reine  Ausfuhrkolonie  gewesen  ist  und 
die  bisherige  wirtschaftliche  Tätigkeit  den  Ertragswert  des  Landes  eher 
vermindert  als  erhöht  hat. 

Diese  Tatsache  ist  für  die  Besprechung  des  wirtschafthchen  Wertes 
Neu-Kameruns  in  der  Öffenthchkeit  bisher  meist  allein  maßgebend  ge- 
wesen und  hat  vielfach  zu  einer  abfälligen  Beurteilung  geführt.  Sie  be- 
rechtigt aber  nur  zur  Verurteilung  des  bisherigen  wirtschaftlichen  Systems ; 
für  den  wirtschafthchen  Wert  des  Landes  aber  muß  daraus  eher  der 
entgegengesetzte  Schluß  gezogen  werden.  Wenn  ein  Land  ohne  intensive 
wirtschaftliche  Erschließung  solch  hohe  Ausfuhr  Hefem  kann;  wenn  mit 
einem  Minimum  von  Kapitalanlage  die  —  wie  wohl  anzimehmen  ist  — 
der  Ausfuhrhöhe  entsprechenden  hohen  Gewinne  erzielt  werden  können, 
so  liegt  darin  der  Beweis,  daß  das  Land  über  ganz  besonders  große  und 
ergiebige  Hilfsquellen  verfügen  muß. 

Erst  die  weitere  eventuelle  Tatsache,  daß  diese  natürlichen  Reich- 
tümer durch  das  bisherige  wirtschaftliche  System  jetzt  schon  erschöpft 
sind,  könnte  dann  zu  der  erwähnten,  abfälligen  Beurteilung  führen.  In 
dieser  Beziehung  ist  allerdings  vielfach  behauptet  worden,  daß  das  neue 
Gebiet  ,, durch  Raubbau"  schon  vollständig  ..ausgebeutet"  sei.  Man  muß 
sich  aber  hier  wie  überall  vor  Schlagworten  und  Verallgemeinerungen 
hüten.  Die  Worte  ,, Raubbau"  und  ,, Ausbeutung"  haben  —  im  Zusam- 
menhange mit  Kolonien  gebraucht  —  eine  gewisse  suggestiv  überzeugende 
Kraft,  wenn  sie  kritiklos  hingenommen  werden.     Zieht  man  aber  die 


—    71     — 

Mitteilungen  zuverlässitjcr  Berichterstatter  aus  allerletzter  Zeit  zur  Kritik 
heran,  so  ergibt  sich,  daß  allerdings  einige  Gebiete  abgebaut  sind;  daü 
es  sich  aber  dabei  um  verhältnismäßig  kleine  Gebiete  handelt  und  daß 
es  noch  große  Gebiete  gibt,  die  noch  nie  von  einem  Weißen  betreten 
worden  sind,  wo  der  Urwald  mit  noch  unberührten,  reichen  Kautschuk- 
beständen der  Erschließung  harrt.  Und  was  die  Gebiete  anlangt,  wo 
die  ausbeutende  Tätigkeit  sich  bisher  geltend  gemacht  haben  soll,  so 
ist  zwar  richtig,  daß  die  Konzessions-Gesellschaften  in  den  früheren 
Jahren  nur  rücksichtslosen  Raubbau  getrieben  haben.  In  den  letzten 
Jahren  hat  es  aber,  wenn  man  den  nicht  immer  uninteressierten  Berichten 
darüber  Glauben  schenken  darf,  den  Anschein,  als  ob  man  zu  einem  die 
Bestände  schonenden  Betriebe  übergegangen  sei;  vielleicht  weniger  aus 
Rücksicht  auf  die  Erhaltung  der  allgemeinen  Ertragsfähigkeit  des  Landes, 
als  vielmehr  in  der  Erkenntnis,  daß  der  intensive  Betrieb  mit  geringeren 
Unkosten  \erbunden,  daher  rentabler  ist  als  der  extensive.  Ein  abschlies- 
sendes Urteil  in  dieser  Frage  wird  man  sich  erst  bilden  können,  wenn  aus- 
führliche deutsche  Berichte  von  nicht  interessierter  Seite  vorliegen. 

Nach  der  bisherigen  Darstellung  der  allgemeinen  Handelsentwicklung 
sollen  im  folgenden  zunächst  die  Beteiligung  der  einzelnen  Wirtschafts- 
gebiete außerhalb  und  innerhalb  Französisch-Aquatorial-Afrikas  am 
Gesamthandel  festgestellt  und  nachher  noch  die  Handelsartikel  einzeln 
besprochen  werden,  die  für  die  Ein-  und  Ausfuhr  hauptsächlich  in  Be- 
tracht kommen. 

(Tabelle  siehe  S.  72.) 

Die  Übersicht  über  die  Bestimmungs-  und  Herkunftsländer  ergibt; 
daß  Frankreich  nach  Französisch-Äquatorial- Afrika  weniger  einführt, 
als  die  übrigen  Länder  zusammen;  daß  es  aber  von  der  Ausfuhr  Fran- 
zösisch-Äquatorial-Afrikas  mehr  aufnimmt,  als  »die  übrigen  Länder  zu- 
sammen. Das  Letztere  ist  darauf  zurückzuführen,  daß  die  aus  fran- 
zösischen Kolonien  kommenden  Erzeugnisse  nach  dem  Gesetze  vom 
II.  Januar  1892  bei  ihrer  Einfuhr  nach  Frankreich  erheblich  zollbegünstigt 
sind. 

Für  die  Einfuhr  nach  Französisch-Äquatorial-Afrika  sind  drei  ver- 
schiedene Zollgebiete^)  zu  unterscheiden,  nämlich  i.  das  vertragliche 
Kongo-Becken,  in  dem  die  Waren  jeder  Herkunft  und  Bestimmung 
bezüglich  des  Handels  gleich  behandelt  werden  müssen  und  höchstens 
mit  einem  Einfuhrzoll  von  10%  ad  valorem  belastet  werden  dürfen, 
2.  das  Tschadsee- Gebiet,  für  welches  die  gleichen  Zollszätze  wie  für  das 
Kongo-Becken  gelten  und  3.  der  außerhalb  des  vertraglichen  Kongo- 
Beckens  liegende  Teil  von  Gabun. ^)     Hier  gehen  Waren  französischen 

•)  Vgl.  das  Nähere  unten  §  43. 


—   n 


Ein-  und   Ausfuhr  Französisch-Äquatorial-Afrikas  im  Jahre 
1909  nach  Herkunfts-  und  Bestimmungsländern. 


Herkunfts-  und  Bestimmungsland 


Einfuhr 
Franken 


Ausfuhr 
Franken 


Französische  Waren 

Frankreich 

Franz.  Kolonien 


4  473  183 
89857 


8  345  205 
928 


Summe : 


Ausländische  Waren 

England 

Deutschland 

Deutsche  Kolonien 

Belgien 

Belgisch-Kongo 

Portug.  Kolonien 

Holland 

Vereinigte  Staaten 

Verschiedene  Staaten     .    .    .    . 


4  563  040 


1  888  150 

2  001  661 

4  334 
I  186  179 

638415 
26  213 
189  665 
103  887 
517775 


8346  133 


I  356  634 

929  294 

6255 

5  476  846 

437 

30 

28  724 

107  841 


Summe: 


6556279 


7  906  064 


Gesamtsumme: 


II 119  319 


16  252  197 


Ursprungs  zollfrei  ein,  während  Waren  ausländischen  Ursprungs  den- 
selben Einfuhrzollsätzen  unterliegen,  als  wenn  sie  nach  Frankreich 
selbst  eingeführt  würden.  Die  Wirkung  der  Zollbegünstigung  in  Gabun 
geht  aus  der  folgenden  Übersicht  hervor. 


Einfuhr 

aus 

Frankreich 

aus  fremden  Ländern 

1909 

/o 

1908 

% 

1907 

% 

1909 

% 

1908 

/o 

1907 

% 

nach  Gabun 
nach  Mittel-Kongo, 
Ubangi-Schari,  Tschad 

\ 

1 

50,3 

32,6 

52,4 
30,5 

54.9 
33,9 

47,9 
63,7 

46,1 
69,4 

44,6 
66,0 

Sie  hat  zur  Folge,  daß  die  Einfuhr  aus  Frankreich  in  Gabun  merldich 
größer  ist  als  die  aus  fremden  Ländern,  während  in  dem  Gebiete  der 
gleichen  Zollbehandlung,  nämhch  in  Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari  und 
Tschad  die  Einfuhr  der  fremden  Länder  doppelt  so  groß  ist  ^vie  die  aus 
Frankreich. 

Deutschland  ist  an  der  Einfuhr  nach  Gabun  im  Jahre  1909  mit 
281  870  Franken,  im  Jahre  1910  mir  308  627  Franken  und  an  der  Einfuhr 


—     73     — 

nach  Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari  und  Tschad  1909  mit  i  391  770  Franken 
und  im  Jahre  1910  mit  i  233  2O7  Franken  beteihgt  gewesen.  Deutschlands 
Ausfuhr  aus  Gabun  betrug  in  diesen  Jahren  875  322  und  2  050  754  Fran- 
ken; seine  Ausfuhr  aus  Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari  und  Tschad  53  972 
und  15450  Franken.  Die  Einfuhr  nach  Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari 
und  Tschad  zeigt  also  im  Jahre  1910  einen  nicht  unerhebhchen  Rückgang, 
während  die  Einfuhr  anderer  Staaten  z.  B.  die  Englands  in  diesem  Jahre 
erhebüch  zugenommen  hat.  Bei  diesen  Ziffern  ist  aber  zu  berücksichtigen, 
sowohl  für  die  Einfulu:  als  auch  noch  mehr  für  die  Ausfuhr  nach 
Deutschland,  daß  der  belgische  Handel  mit  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  zum  Teil  aus  Waren  deutscher  Herkunft  oder  Bestimmung  besteht; 
daß  also  Veränderungen  in  der  Ein-  oder  Ausfuhr  auch  auf  Veränderungen 
in  der  \''erschiffung  beruhen  können. 

Auf    die    einzelnen    Teile    Französisch-Äquatorial-Afrikas    verteilen 
sich  Ein-  und  Ausfuhr  wie  folgt: 


Jahr 

Ga 

Einfuhr 

bun 

Ausfuhr 

Mittel-Kongo,  Ubangi- 
Schari-Tschad 

Einfuhr        Ausfuhr 

in  Franken 

in  Franken 

in  Franken 

in  Franken 

1S9S 

4  036  000 

4  270  000 

799  000 

I  425  000 

1899 

4  684  000 

5  212  000 

1  999  000 

I  407  000 

1900 

6  372  000 

4  625  000 

6461  000 

4317  000 

1901 

4  981  000 

4  632  000 

3  848  000 

3  876  000 

1902 

3  469  000 

3  986  000 

3  425  000 

4  872  000 

1903 

4  278  000 

4  402  000 

2  990  000 

5  944  000 

1904 

4  790  000 

4  859  000 

5  218  000 

8043000 

1905 

5  192  000 

5  766  000 

6  326  000 

9  419  000 

1906 

6314  000 

7  951  000 

6  929  000 

8  674  000 

1907 

7  158  000 

9  851  000 

8  1 76  000 

9  884  000 

1908 

5214  000 

6  639  000 

4  785  000 

10  2l6  000 

1909 

4  777  000 

4  795  000 

6  342  000 

12  659  000 

1910 

5  333  000 

6  321  000 

7  858  000 

18  310  000 

Aus  der  Übersicht  geht  hervor,  daß  in  bezug  auf  die  wirtschaftliche 
Bedeutung  das  Verhältnis  Gabuns  zu  den  übrigen  Gebieten  sich  im  Laufe 
der  Jahre  verschoben  hat.  Während  früher  Gabun  den  Hauptanteil 
an  der  Ein-  und  Ausfuhr  hatte,  ist  es  im  Jahre  1909  ungefähr  auf  den 
Stand  seines  Handels  vom  Jahre  1S99  zurückgekommen  —  inzwischen 
hat  es  sich  allerdings  wieder  etwas  erholt  —  und  der  Schwerpunkt  der 
wirtschaftlichen  Tätigkeit  hat  sich  nach  Mittel-Kongo,  das  zum  größten 


-     74    — 

Teil  an  Deutschland  abgetreten  worden  ist,  und  Ubangi-Schari-Tschad 
verlegt. 

Wie  die  Einfuhr  sich  auf  die  einzelnen  Gruppen  von  Einfuhr- 
artikeln verteilt,  geht  aus  der  Tabelle  auf  S.  69  hervor.  An  erster  Stelle 
standen  im  Jahre  1910: 


Webstoffe 


Gabun  mit  i  815  952  Franken 

Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari-Tschad  mit   i  826  075  Franken 

3  642  027  Franken 


Dann  kommen: 
Metallwaren 


Getränke 


Gabun  mit      636  225  Franken 

Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari-Tschad  mit  i  125  963  Franken 

I  762  188  Franken 

Gabun  mit      457  030  Franken 

Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari-Tschad  mit      579  151  Franken 

I  036 181  Franken 

Tierische  Erzeugnisse  Gabun  mit      383048  Franken 

(Nahrungsmittel)     Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari-Tschad  mit      539  155  Franken 

922  203  Franken 

Kolonialwaren  Gabun  mit      264  605  Franken 

Mittel- Kongo,  Ubangi-Schari-Tschad  mit      216  611  Franken 

481  216  Franken 

Mehlhaltige  Gabun  mit      267  344  Franken 

Nahrungsmittel        Mittel-Kongi,  Ubangi-Schari-Tschad  mit      271  265  Franken 

538  609  Franken 


Fische 


Gabun  mit      119  138  Franken 

Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari-Tschad  mit      168  663  Franken 

287  801  Franken 


An  der  Einfuhr  all  dieser  Artikel  ist  das  Ausland  sehr  stark  beteihgt, 
besonders  an  Garnen  und  Webstoffen,  Metall  und  Metallwaren,  Kolonial- 
waren, tierischen  Erzeugnissen  und  Getränken. 

Als  Tauschartikel^)  sind  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  Game, 
Webstoffe,  Spirituosen  und  Tabak  am  gebräuchlichsten. 

Unter  den  Ausfuhrartikeln  steht  der 


^)  Über  den  Geldverkehr  siehe  §  41  am  Schlüsse. 


Kautschuk 

an  erster  Stelle.  Gabun  hat  im  Jahre  1909  für  i  308  189  Franken,  im  §  23- 
Jahre  1910  für  2039960  Franken  ausgeführt,  Mittel-Kungo,  Ubangi- 
Schari  und  Tschad  entsprechend  für  8  683  284  und  14  599  941  Franken ; 
das  ergibt  zusammen  im  Jalu-e  1910  etwa  16 '^  Mill.  Franken.  Die  Kaut- 
schukausfuhr beträgt  also  bei  einer  Gesamtausfuhr  von  rund  24 ',2  ^lü'- 
Franken  im  Jahre  1910  2/3  der  Gesamtausfuhr  von  Französisch-Aquato- 
rial-Afrika. 

Der  Kautschuk  von  Gabun  und  der  aus  dem  Sanga-Ubangi-Gebiet 
stellen  zwei  ganz  verschiedene  Marktwaren  dar.  Der  Sanga-Ubangi- 
Kautschuk  ist  von  vorzüglicher  Quahtät,  er  ^\'urde  am  14.  April  1912 
in  Le  Hävre  mit  13,95 — 14,10  Franken  für  das  Kilogramm  notiert.  Er 
steht  also  an  Qualität  und  Marktpreis  dem  besten  Para-Kautschuke 
gleich  und  an  Marktpreis  wenig  hinter  dem  besten  Pflanzungskautschuk 
Dagegen  ist  die  Marktware,  die  aus  Gabun  kommt,  als  minderwertig 
zu  bezeichnen.  Sie  wurde  am  gleichen  Tage  mit  7,50 — 9  Franken  notiert. 
Diese  niedrige  Bewertung  beruht  aber  nur  zum  Teil  auf  natürlicher 
Minderwertigkeit.  In  Gabun  haben  die  Eingeborenen  seit  einigen  Jahren 
angefangen,  ihren  Kautschuklieferungen  alle  mögUchen  Fremdstoffe 
zuzusetzen,  um  das  Gewicht  zu  erhöhen.  Dadurch  hat  das  Gabunerzeugnis 
seine  Marktgängigkeit  \-erloren.  Um  wieder  einen  festen  Typ  als  Handels- 
sorte zu  schaffen,  ist  seit  i.  Januar  191 1  die  Ausfuhr  von  verfälschtem 
und  verunreinigtem  Kautschuk  ganz  verboten  worden.  In  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  kommen  Kautschukpflanzen  in  Form  von  Bäumen 
und  Lianen  vor;  die  Kautschukbäume  (Kickxia  oder  Funtumia  elastica, 
=  Ireh)  vorwiegend  im  Un\alde,  aber  auch  in  den'Ufer%väldem ;  von  Lianen 
die  meisten  wild  vorkommenden  Arten,  besonders  die  Landolphia  owa- 
riensis,  ebenfalls  im  Urwalde  und  in  den  Uferwäldem;  die  Landolpliia 
tolonii  aber  im  offenen  Buschwalde.  Auf  die  Unterarten  liier  im 
einzelnen  einzugehen,  würde  zu  weit  führen. 

Die  Versuche,  die  beste  Art  der  Kautschukge\\'innung  in  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  zu  finden,  sind  noch  nicht  abgesclüossen.  Es  handelt 
sich  dabei  darum,  die  Art  der  Anzapfung  zu  finden,  die  bei  einer  mögliclist 
geringen  Beschädigimg  der  Pflanzen  einen  möglichst  hohen  Ertrag  liefert. 
Die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  stellt  darüber  seit  einiger  Zeit  eingehende 
Versuche  an  und  hat  dafür  einen  eigenen  Dienst  eingerichtet.  Auch  ist 
zurzeit  im  Gebiete  der  Cie.  Forestiere  südlich  des  Lobaje  eine  wissen- 
schafthche  Expedition  zu  diesem  Zwecke  tätig.  Als  wesentlich  kommt 
dabei  in  Betracht,  zu  erforschen,  in  welchem  Alter,  zu  welcher  Jahres- 
und Tageszeit,  bei  welcher  Temperatur  und  Bewölkung  und  bei  welchem 


-     76    - 

Luftdrucke  die  Pflanzen  den  besten  Ertrag  liefern;  ferner  wie  lang  und 
tief  die  Einschnitte  in  die  Rinde  sein  müssen,  welche  Form  sie  haben 
sollen,  welche  Erholungszeit  zwischen  den  einzelnen  Einschnitten  zu 
liegen  hat  usw.  Alle  diese  Umstände  sind,  wie  sich  herausgestellt  hat, 
von  Einfluß  auf  die  Ertragfähigkeit.  Bezüglich  der  Form  hat  sich  bis 
jetzt  ergeben,  daß  ein  Einschnitt  in  Form  eines  Fischgrätengerüstes, 
der  sogenannte  Grätenschnitt,  der  rentabelste  ist.  Außerdem  handelt 
es  sich  darum,  die  Methode  festzustellen,  wie  die  Milch  der  verschiedenen 
Kautschuksorten  am  schnellsten  und  gleichmäßigsten  zum  Erstarren 
gebracht  wird. 

Ebenso  wichtig  wie  diese  Fragen  ist  die  weitere  Frage,  wie  der  ganze 
Abbau  der  Kautschukbestände  am  rationellsten  einzurichten  ist.  Es  ist 
nicht  zu  bestreiten,  daß  bis  in  die  jüngste  Zeit  fast  überall  in  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  Raubbau  betrieben  worden  ist,  d.  h.  daß  den  Kautschuk- 
pflanzen auf  einmal  alles  abgezapft  worden  ist,  was  sie  geben  konnten, 
ohne  Rücksicht  darauf,  ob  sie  dabei  zugrunde  gehen.  Dieser  Raubbau 
ist  nicht  allein  den  europäischen  Handelsuntemehmungen  auf  das  Konto 
zu  setzen ;  in  vielen  Gebieten  soll  unter  den  Eingeborenen  der  Glaube  ver- 
breitet sein,  daß  die  Europäer  das  Land  verlassen  werden,  wenn  alle 
Kautschukpflanzungen  niedergeschlagen  sind.  Dieser  Glaube  soll  die 
Eingeborenen  vielfach  dazu  veranlaßt  haben,  absichtlich  die  Kautschuk- 
bestände zu  vernichten. 

Seit  einigen  Jahren  scheint  darin  eine  wesentliche  Besserung  ein- 
getreten zu  sein.  Je  weiter  die  Konzessionsgesellschaften  von  den  natür- 
hchen  Verkehrswegen  sich  entfernen  mußten,  um  so  größer  wurden  die 
Träger-  und  die  Gewinnungskosten.  Es  hat  sich  daher  in  den  letzten 
Jahren  die  Erkenntnis  Bahn  gebrochen,  daß  die  rationellste  Abbaumethode 
im  Urwalde  die  ist,  die  reichsten  Bestände  aufzusuchen,  sie  durch  Wege 
leicht  zugänglich  zu  machen  und  sie  von  Unterholz  und  wertlosen  Hölzern 
zu  säubern,  so  daß  die  Kautschukpflanzen  eine  bessere  Entwicklungs- 
möglichkeit haben  und  der  Zugang  zu  ihnen  erleichtert  ist.  Die  einzelnen 
Teile  sind  dann  in  einem  planmäßigen  Umtriebe  anzuzapfen.  Diese  Art 
des  Abbaues  ist  von  der  Faktorei  der  Ngoko-Sanga  in  Ngali  am  Ngoko 
schon  seit  mehreren  Jahren  eingeführt  und  hat  dieser  Faktorei  den  Ruf 
eingebracht,  die  am  rationellsten  betriebene  und  ertragfähigste  in  ganz 
Äquatorial- Afrika  zu  sein.  Die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  ist  nach  ihrer 
Denkschrift  von  1912  in  neuester  Zeit  zu  dem  gleichen  Systeme  über- 
gegangen. Sie  geht  dabei  in  der  Weise  vor,  daß  sie  die  reichsten  Kautschuk- 
gebiete in  Quadraten  von  10  000  ha  abgrenzt,  diese  Quadrate  in  Unter- 
abteilungen einteilt  und  auf  ihre  Reichhaltigkeit  durchsucht.  Die  Unter- 
abteilungen, die  für  einen  intensiven  Betrieb  nicht  dicht  genug  mit  Kaut- 


schuk  bestanden  sind,  werden  ausgeschieden,  das  Quadrat  durch  l>enach- 
barte,  reichere  Geljiete  auf  lo  ooo  ha  ergänzt  und  das  ganze  Gebiet  dann 
in  der  oben  bezeichneten  Weise  aufgeschlossen.  Nach  dem  Stande  vom 
Januar  1912  hat  die  Gesellschaft  zwei  solche  Gebiete  südlich  des  Lobaje- 
Unterlaufes  aufgeschlossen,  die  also  außerhalb  Neu-Kamenms  liegen, 
und  ein  Gebiet  in  Toro-Tongo  zwischen  dem  Mambere  und  Mbaere  auf 
deutschem  Gebiete.  Die  durchschnittliche  Dichtigkeit  ist  hier  22  Kaut- 
schukpflanzen auf  den  Hektar.  In  der  gleichen  Weise  werden  zurzeit 
planmäßig  aufgeschlossen  ein  Gebiet 

1.  bei  Doago  westlich  vom  Baturiflusse, 

2.  zwischen  Bandscha  und  Mokelo  auf  dem  rechten  Ufer  des  Mambere, 

3.  zwischen  Koapulis  und  Diauja, 

4.  bei  Nguku  am  Kadei, 

5.  bei  Mauvej  südlich  vom  Kadei  nahe  der  alten  Kamerun- Grenze. 
Die   Dichtigkeit   der   Kautschukbestände  dieser   Gebiete  geht   aus 

folgender  Übersicht  hervor: 


aufgeschlossene 

Zahl  der 

Gebiet 

Fläche 

ha 

Kautschukpflanzen 

Lobaje  I 

10  800 

51  579 

Lobaje  II 

15300 

107  300 

Toro-Tongo 

9300 

192  094 

Doago 

I  400 

26  899 

Bandscha 

7  000 

176  172 

Koapulis 

I  600 

17  iSo 

Im  ganzen  wurden  auf  47000  erschlossenen  Hektaren  bis  zum  Januar 
1912  572  298  Kautschukbäume  und  -hanen  gezählt.  Die  mittlere  Dich- 
tigkeit beträgt  also  12,25  ^^f  den  Hektar.  Die  Durchschnittskosten  der 
Aufschließung  stellten  sich  für  den  Hektar  auf  5,70  Franken.  Dabei 
wurden  ungefähr  1900  km  Fußpfade  hergerichtet  und  1500  km  Zugangs- 
wege. Bei  den  Erschließungsarbeiten  sind  zurzeit  7  Europäer,  13  einge- 
borene Vorarbeiter  und  200  eingeborene  Arbeiter  beschäftigt. 

Neben  der  planmäßigen  Aufschließung  ist  man  im  Sanga-Becken 
auch  schon  zur  Anlage  von  Kautschukpflanzungen  übergegangen.  Len- 
fant  Ijerichtet  von  einer  solchen  Pflanzung  bei  Bania  im  Gebiete  der 
Cie.  Forestiere.  Sie  mißt  71  ha  und  wird  \-on  60  Arbeitern  bewirtschaftet. 
Die  zwischen  Lianen  eingeengten  Kautschukbäume  wurden  freigemacht, 
so  daß  sie  sich  frei  entfalten  konnten.  Die  Pflanzung  zählte  iio  000  Bäume 
und  junge  Pflanzen,  d,  h.  1500  Stück  auf  den  Hektar.  Nach  einem  neueren 


-    78     - 

Berichte  ist  die  Zahl  der  Pflanzen  inzwischen  (Lenfant  berichtet  vom 
Jahre   1907)   auf  200  000  Stück  Funtumia  elastica  und   20  000   Stück 
verschiedener  anderer   Kautschukarten   gestiegen.     Außerdem  sind  in 
Neu-Kamerun  folgende  Pflanzungen  angelegt  worden: 
in  Nola  sind  100  000  Stück  Funtumia  elastica, 
in  Kumbe  sind  10  000  Stück  Manihot  Glaziovii, 
in  Zaoro-Yanga  sind  50  000  Stück  Funtumia  elastica, 
in  Nana  sind  100  000  Stück  Funtumia  elastica  und 
in  Babua  sind  20  000  Stück  Landolphia  owariensis 
angepflanzt    werden.     Wieviel  davon  gediehen  und  zurzeit  vorhanden 
sind,  ist  eine  andere  Frage. 

Die  oben  beschriebene  Abbaumethode  erhält,  wie  man  annimmt,  nicht 
nur  die  dauernde  Ertragfähigkeit  des  Landes,  sondern  sie  ist  auch  für 
das  Erträgnis  der  Unternehmungen  günstiger.  Denn  trotz  der  anfänghchen 
Mehraufwendungen  für  die  planmäßige,  erste  Erschließung  sollen  sich 
bei  diesem  intensiven  Betriebe  die  Gesamtgewinnungskosten  niedriger 
stellen  als  beim  extensiven  Raubbau.  Diese  Erscheinung,  so  auffallend 
sie  im  ersten  Augenblick  erscheinen  mag,  wird  bestätigt  durch  die  Er- 
fahrung, die  bezüglich  der  Unkosten  beim  Pflanzungskautschuk  ge- 
macht worden  sind.  Es  wurde  erst  in  der  letzten  Hauptversammlung 
der  Ostafrikanischen  Kompagnie  darauf  hingewiesen,  daß  die  Kautschuk- 
pflanzungen trotz  der  Aufwendungen  an  Anlagekapitahen  und  trotz 
der  5 — 7  ertraglosen  Jahre  mit  halb  soviel  Unkosten  wie  der  Abbau  der 
Urwaldbestände  arbeiten,  sobald  sie  einmal  ins  Produzieren  gekommen 
sind. 

Als  zweitwichtigster  Ausfuhrartikel  kommt 

§  24.  Elfenbein 

in  Betracht.  Gabun  hat  davon  im  Jahre  1909  für  304  589  Franken  und 
im  Jahre  1910  für  178  578  Franken,  Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari  und 
Tschad  für  2  959  957  und  2  695  274  Franken  ausgeführt.  Die  Jahres- 
ausfuhr hängt  hier  zu  sehr  von  Zufällen  ab,  als  daß  man  von  einem  Jahre 
auf  das  andere  auf  eine  allgemeine  Ab-  oder  Zunahme  schheßen  könnte. 
Es  ist  aber  richtig,  daß  die  Elfenbeinausfuhr  keine  aufsteigende  Richtung 
hat.  Das  ist  nicht  darauf  zurückzuführen,  daß  der  Elefant  in  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  etwa  schon  im  Aussterben  ist.  Das  kommt  vielmehr 
daher,  daß  die  früheren,  hohen  Ausfuhrziffern  nicht  nur  das  Jahreserzeug- 
nis darstellten ;  sondern  daß  der  Handel  in  früheren  Jahren  noch  vielfach 
auf  sogenanntes  fossiles  Elfenbein  stieß,  das  sich  bei  den  Eingeborenen 
vielleicht  seit  Jahrhunderten  angesammelt  hatte.  Solche  Ansammlungen 
werden  mit  der  fortschreitenden  Durchdringung  des  Landes  durch  den 


—     79     — 

europäischen  Kaufmann  natürlich  immer  seltener.  Der  Rückf,'ang  in  der 
Elfenbeinausfuhr  läßt  daher  noch  nicht  den  Scliluü  /u,  daß  (üeses  wert- 
vollste Tier  Zentralafrikas  schon  im  Verschwinden  begriffen  ist.  Der 
Elefant  ist  vielmehr  noch  überall  in  Neu-Kamerun  anzutreffen,  besonders 
zalilreich  dort,  wo  auch  die  noch  unlx^rührten,  reichen  Kautschuklx'stände 
festzustellen  sind:  im  Iwindo-Becken  und  Kudu-Dschua-Lande,  im 
Sanga-Vorsprung  und  am  Kadei.  Das  ist  allerdings  nicht  zu  bestreiten, 
daß  seit  dem  Aufhören  der  Elfenbeinzufuhren  aus  den  alten  Ansamm- 
lungen der  Handel  eifriger  auf  der  Jagd  nach  dem  lebenden  Elfenbein  ist. 
Hier  wird  es  sich  dämm  handeln,  durch  jagdpolizeiüche  Verordnungen 
für  die  Erhaltung  des  Elefanten  zu  sorgen. 

Nach  dem  Kautschuk  und  dem  Elfenbein  sind  heute  die 

Nutzhölzer 

der  wichtigste  Ausfuhrartikel  geworden,  und  in  Gabun  hat  dieser  Ausfuhr- 
artikel den  Kautschuk  an  Bedeutung  schon  übertroffen.  Die  Entwick- 
lung der  Holz-Ausfuhr  von  Franzüsisch-Äquatorial-Afrika  geht  aus  der 
folgenden  Übersicht  hervor: 


§  25. 


1900 

5  777  t 

1903 

13  799  t 

1905 

17  236  t 

1906 

34  187  t 

1907 

59001  t 

1908 

69  069  t 

1909 

41  750  t 

I9I0 

58  844  t 

I9II 

110  000  t 

Der  ganze  zentralafrikanische  Urwald  enthält  große  Bestände 
an  hochwertigen  Hölzern.  Wegen  der  Schwierigkeit  der  Beförderung 
kommt  heute  aber  nur  ein  schmaler  Küstenstreifen  für  die  Ausfuhr  in 
Betracht.     Gabun  hat  im  Jahre 

1908  für  4  189  830  Franken 

1909  ,,    2  605  079 

1910  ..    3379150 

Hölzer  ausgeführt.  In  den  Jahren  1909/10  hat  die  Holzausfuhr  darunter 
gelitten,  daß  die  Märkte  vorher  mit  schlechten  Qualitäten  überfüllt 
worden  sind,  so  daß  der  Marktpreis  und  der  Absatz  zurückgingen.  Um 
die  Marktverhältnisse  wieder  zu  bessern,  ist  die  Ausfuhr  von  minder- 
wertigem  Holz  ganz  verboten   worden,    und   erst   kürzhch  sind   durch 


—     8o    — 

Dekret  vom  25.  September  1911  die  Mindestmaße  des  zur  Ausfuhr  zurück- 
gelassenen Holzes  wie  folgt  bestimmt  worden: 

1.  Vom  Baumstamm  abgesägte,  unbehauene  Blöcke,  bei  denen 
Spuren  des  Ansatzes  von  Zweigen  nicht  sichtbar  sind:  Länge  4,50  m; 
mittlerer  Durchmesser  60  cm  bei  Okume-  und  ähnhchen  Hölzern;  50  cm 
bei  Mahagoni-  und  Kunsttischlerholz. 

2.  Vom  Baumstamm  abgesägte,  behauene  Blöcke,  bei  denen  Spuren 
des  Ansatzes  von  Zweigen  nicht  sichtbar  sind:  Länge  4,50  m,  mittlerer 
Querschnitt  16  qdm  bei  Okume-  und  ähnlichen  Hölzern;  12  qdm  bei 
Mahagoni-  und  anderen  Kunsttischlerhölzern. 

3.  Blöcke,  abgesägt  von  demjenigen  Teile  des  Baumstammes,  welcher 
Spuren  des  Ansatzes  von  Zweigen  aufweist:  Länge  2,50  m;  mittlerer 
Durchmesser  der  unbehauenen  Stämme  30  cm,  mittlerer  Querschnitt 
der   behauenen  Hölzer  5  qdm. 

Diese  Bestimmungen  sind  nicht  anwendbar  auf  Stämme  von  schwar- 
zem Ebenholze,  von  Abtriebholz  (bois  de  rase),  Zingana-Holz,  rotfaulem 
Holz  und  von  ähnlichen  Hölzern,  die  nur  als  Sphntholz  (depouilles 
d'aubier)  ausgeführt  werden  können.  Diese  Maßnahmen  hatten  zur 
Folge,  daß  der  Preis  für  das  wichtigste  Ausfuhrholz,  für  Okume,  von 
65  Franken  pro  Tonne  auf  105  Franken  gestiegen  ist. 

Die  Holzausfuhr  von  1910  verteilt  sich  auf  die  einzelnen  Holz- 
sorten wie  folgt: 

Okume 2  570  550  Franken 

Ebenholz 132  600        ,, 

Acaju 400  200        ,, 

Andere  Hölzer 276  800 

Von  der  Okume- Ausfuhr  gehen  fast  ^g  nach  Deutschland.  Im  Ham- 
burger Hafen  wurden  aus  Gabun  im  Jahre 

1909  22  600  t  Okume 

1910  34300  t       „ 

1911  69  474  t       „ 

angehefert.  Ein  großer  Teil  davon  wird  zur  Zigarrenkistenfabrikation 
verwendet.  Besonders  reich  an  Nutzhölzern  soll  der  an  Deutschland 
abgetretene  allerdings  sehr  wenig  umfangreiche  Küstenstreifen  und  das 
Gebiet  der  Muni-Mündung  sein. 

Im  Lagunengürtel  gibt  es  auch  große  Mangroven-Bestände.  Die 
Mangroven-Rinde  kann  zwar  mit  der  ostafrikanischen  nicht  konkurrieren, 
da  sie  nur  bis  20%  Gerbstoff  enthält.  Es  verlohnt  sich  aber  vielleicht, 
ihren   Gerbstoffgehalt  als  Extrakt  auszuführen.     Das  harte  Holz  der 


—     bl     — 

Mangrove  ist  in  letzter  Zeit  erfolgreich  zur  Holzpflasterung  und  als  Rad- 
felgenholz ver\Nendet  worden. 

Das  aus  dem  Muni- Gebiete  ausgeführte  Mahagoni,  im  Handel  als 
Elobey-Mahagoni  bezeichnet,  ist  dem  Gabun-Mahagoni  vollständig 
gleichwertig  und  eines  der  von  der  Foumierindustrie  am  meisten  ge- 
suchten Hölzer.  Das  Kotholz  hat  seit  der  Entwicklung  der  Teerfarben- 
Industrie  seine  frühere  Bedeutung  als  Farbholz  zwar  verloren;  es  \\ird 
neuerdings  aber  vielfach  als  Zierholz  verarbeitet.  Aus  dem  Muni-Gebiete 
ist  früher  auch  Ebenliolz  in  größeren  Mengen  ausgeführt  worden,  es 
ist  jetzt  an  der  Küste  aber  seltener  geworden.  Im  Hinterlande  des  deut- 
schen Küstengebietes,  besonders  im  Quellgebiete  des  Noja,  soll  es  aber 
noch  große  Bestände  an  Ebenholz  geben,  so  daß  es  nur  auf  die  Möglich- 
keit, das  Holz  zur  Küste  zu  bringen  ankommt,  um  die  Ausfuhr  \rieder 
zu  steigern.  Im  ganzen  dürfte  die  Holzausfuhr  noch  sehr  entwicklungs- 
fähig und  aussichtsreich  sein.  Ihre  Entwicklung  hängt  ausschließüch 
von  der  Schaffung  von  Verkehrsmitteln  ab. 

An  nächster  Stelle  nach  den  Hölzern  stehen  in  der  Ausfuhr  die 
pflanzlichen 

öle  und  Fette.  §  26. 

1910  wurden  im  ganzen  für  271  441  Franken  an  Palmnüssen,  Palmöl 
und  anderen  ölhaltigen  Früchten  ausgeführt.  Auch  für  diese  Ausfuhr 
kommt  fast  nur  Gabun  in  Betracht,  da  solche  Massenartikel  nur  bei 
billigen  Frachten  ausgeführt  werden  können.  Im  Bereiche  des  Urwaldes 
kommen  Ölpalmen  und  Erdnüsse,  im  Norden  Sesam,  Schinüsse  und  Erd- 
nüsse vor.  Einzelne  Gebiete,  wie  das  Kudu-Dschua-Land,  sollen  jedoch, 
obwohl  Küma  und  Boden  durchaus  geeignet  sind,  vollständig  ohne  fett- 
haltige Früchte  sein,  so  daß  die  Eingeborenen  bei  der  Beschaffung  der 
zur  Ernährung  notwendigen  Fette  manchmal  Schwierigkeiten  haben 
sollen.  Über  den  Bestand  der  an  Deutschland  abgetretenen  Gebiete  an 
natürlichen,  ölhaltigen  Früchten  liegen  wenig  genaue  Angaben  vor. 
Darüber  aber  ist  kein  Zweifel,  daß  das  ganze  Gebiet  für  den  Anbau  solcher 
Früchte  geeignet  ist.  Das  ist  von  Bedeutung,  denn  es  ist  eine  der  bemer- 
kenswertesten Erscheinungen  in  der  Preisentwicklung  der  Kolonial- 
produkte, daß  im  letzten  Jahrzehnte  die  Preise  für  tierische  und  pflanz- 
liche Fette  aller  Art  ununterbrochen  die  Richtung  nach  oben  haben, 
während  in  der  gleichen  Zeit  die  meisten  anderen  Kolonialprodukte 
zeitweise  große  Preisrückschläge  erfuhren.  Besonders  für  Palmöl  und 
Palmkerne  ist  die  steigende  Preisbewegung  ausgeprägt,  seitdem  die 
LebensmitteUndustrie  sich  diese  Erzeugnisse  nutzbar  gemacht  hat. 

Vcröffentl.  d.  Reicbskolonialamtcs  Xr.  4  :  Ritter.  ^ 


—      82      — 

Kakao  und  Kaffee 

sind  bei  dem  niedrigen  Stande  der  wirtschaftlichen  Tätigkeit  in  Gabun 
bisher  von  sehr  geringer  Bedeutung  gewesen.  An  Kakao  wurden  im  Jahre 
1910  aus  ganz  Gabun  für  rund  100  000  Franken,  an  Kaffee  für  rund 
50  000  Franken  ausgeführt.  Für  beide  Erzeugnisse  sind  die  Boden-  und 
kUmatischen  Verhältnisse  aber  günstig.  Kaffee  kommt  in  drei  Arten  vor, 
nämlich  Liberia-Kaffee,  San-Thome-Kaffee  und  die  wild  wachsende 
einheimische  Kaffee-Art.  Bei  der  bestehenden  Überproduktion  auf  dem 
Weltmarkte  kommt  Kaffee  aber  weniger  in  Betracht  als  Kakao,  der 
in  den  bisher  ausgeführten,  geringen  Mengen  gute  Marktpreise  erzielt 
hat.  Auch  auf  dem  an  Deutschland  abgetretenen  Küstenstreifen  soll 
die  Anlage  von  Kakaopflanzungen  versucht  werden  sein. 
Wichtiger  als  diese  beiden  Erzeugnisse  kann 

die  Baumwolle 

werden,  wenn  das  Nordgebiet  einmal  erschlossen  sein  wird.  In  der  Ebene 
des  Logone  bis  zum  Lere-Zipfel  kommt  viel  wildwachsende  Baumwolle 
vor  und  zwar  in  zwei  verschiedenen  Hauptarten;  nämlich  einer  Art,  die 
vom  ägyptischen  Sudan  hierhergekommen  ist,  Gossypium  arboreum, 
und  einer  amerikanischen  Art,  Gossypium  hirsutum,  die  vom  westHchen 
Sudan  hergekommen  ist  und  an  Verbreitung  überwiegt.  Die  wild  vor- 
kommende Baumwolle  wird  von  den  Eingeborenen  geerntet  und  ver- 
arbeitet. Ihre  Spinnerei  und  Weberei  soll  auf  einer  ziemHch  hohen  Stufe 
stehen.  Daneben  bestehen  aber  auch  schon  ziemlich  ausgedehnte  Baum- 
wollpflanzungen. Lenfant^)  berichtet,  daß  der  Lamido  von  Binder 
große  Baumwollpflanzungen  unterhält  und  die  ganze  Gegend  in  weitem 
Umkreise  mit  Baumwollstoffen  versorgt.  Vor  kurzem  hat  die  Gesellschaft 
Uam-Nana  in  Lere  Entkernungsmaschinen  und  Pressen  eingeführt, 
um  die  Baumwolle  zur  Ausfuhr  bringen  zu  können.  Nach  allen  Berichten 
Hegen  die  klimatischen  und  Bodenverhältnisse  im  ganzen  Lere-Mao 
Kabi-Tuburi- Gebiete  für  den  Baumwollbau  sehr  günstig.  Die  Aussaat 
der  Baumwolle  kann  in  diesem  Gebiete  das  ganze  Jahr  über  stattfinden, 
am  besten  aber  im  JuH.  Solange  der  Baumwollbau  primitiv  betrieben  wird, 
wie  bisher,  ist  das  Erzeugnis  natüriich  nicht  als  marktgängige  Ware  zu 
betrachten,  insbesondere  ist  der  Stapel  kurz  und  ungleich.  Da  die  Faser 
aber  sehr  schön  weiß  imd  weich  ist,  läßt  eine  planmäßige  Züchtung  hier 
ein  gutes  Erzeugnis  erwarten. 

Die  übrigen  Erzeugnisse  der  Eingeborenen-Pflanzungen,  wie  Tabak, 
Mais,  Reis,  Maniok,  Bananen  usw.,  wurden  oben  bei  der  Besprechung 


1)  Lenfant,  La  grande  route  du  Tchad.     Seite  266f. 


—     83     — 

der  natürlichen  Verhältnisse  schon  erwähnt.  Sie  kommen  für  die  Ausfuhr 
wulil  nicht  in  Betracht,  Für  Reis,  der  im  Überschwemmungsgebiete 
des  Logone  günstigen  Boden  hat,  bietet  sich  vielleicht  später  in  Kamerun 
oder  Xachbargebieten  selbst  als  Eingeborenennahrungsmittel  eine  Absatz- 
möghchkeit.  Wird  doch  heute  schon  der  Reis  in  großen  Mengen  von  den 
Reispflanzungen  am  Oberlaufe  des  Kongo  bei  Stanle>'ville  nach  Mittel- 
Kongo  und  Gabun  als  Arbeiternahrungsmittel  gebracht. 

Tierische  Erzeugnisse  kommen  im  ganzen  Ur\valdgebiete  außer 
Elfenbein  fast  nicht  in  Betracht.  Es  gibt  hier  nur  Ziegen,  Schafe,  Hunde 
und  Hühner  in  geringen  Mengen.  Dagegen  herrscht  im  Norden  im  Gebiet 
des  Logone  eine  intensive  Vieh-  und  Pferdezucht.  Es  ist  darüber  oben 
bei  der  Besprechimg  dieses  Gebietes  schon  gesprochen  worden.  Wieweit 
es  möglich  ist,  mit  dem  Rinde  nach  Süden  vorzudringen,  hängt  von  der 
Weide  und  von  der  Verbreitung  der  Tsetse-Fhege  ab.  SteUenweise  ist 
geeignete  Weide  bis  südlich  von  Kamot  zu  finden.  Wieweit  aber  die 
Tsetse-Fliege  nach  Norden  reicht,  darüber  widersprechen  sich  die  Be- 
richte, die  Grenze  scheint  bei  Kamot  zu  liegen.  Bis  hierher  sind  schon 
Herden  bis  zu  1400  Stück  getrieben  worden.  Von  hier  wollte  man  früher 
den  Mbaere  und  Lobaje  abwärts  zum  übangi  kommen  und  Mongumba 
zu  einem  Viehverschiffungsplatze  nach  den  Ländern  Kongo-abwärts 
machen,  da  man  den  Lobaje-Unterlauf  für  testsefrei  gehalten  hat.  Dieser 
Weg  scheint  sich  jedoch  nicht  bewährt  zu  haben;  die  Viehtransporte 
gehen  heute  von  Kamot  direkt  nach  Kolongo  am  Oberlaufe  des  Lobaje, 
von  da  zum  Pamaflusse  und  über  Buda  nach  Bangi. 

Über  Mineralfunde  liegen  zuverlässige  Nachrichten  nicht  vor. 
Bei  Gasa  sollen  Kupfererze  und  bei  Binder  Zinnerz  gefunden  worden  sein . 

II.  Der  Verkehr. 

Literatur: 

Documents Parlementaircs-Chambre  xgii.  Annexe  i::52;  2'  s^ancc  du  12  juillct 
1911. 

La  Geographie  1908,  L  Teil,  S.  337ff.;  1911,  H.  Teil,  S.  243ff.  und  1912, 
l.  Teil,  S.  99«. 

Le  Mouvement  G^graphique  1900  S.  525 ;  1907  S.  401 ;  1908  S.  493 ;  1910  S.  576 
1912  S.  180. 

Afrique  Fran^aise  1908  S.  276;  191 1   S.  147,  188,  496. 

Renseignements  Coloniaux  191 1   S.  264 ff.,  S.  276 ff. 

Ligue  Maritime  191 1,   Juliheft. 

Lenfant,  La  grande  Route  du  Tchad,  Paris  1905. 

Questions  Diplomatiques  et  Colonialcs  191 1,  S.  567. 

I^   Quinzaine  Colonialc  1910,  S.  336. 

Zeitschrift    für  Kol.-Pol.  usw.   1909,  S.  490. 

Carte  Fluviale   du  Congo  v.  .Augouard-Lerav. 

6* 


-     84     - 

§  27.  Im  vorigen  Kapitel  ist  bei  der  Aufzähliing  der  Ausfuhrartikel  und 

bei  der  Besprechung  ihrer  Bedeutung  für  den  Weltmarkt  wiederholt 
darauf  hingewiesen  worden,  daß  die  zukünftige  Entwicklung  der  Ausfuhr 
von  den  Beförderungsmöglichkeiten  abhängt.  In  der  Tat  kann  heute 
nur  ein  kleiner  Teil  der  natürlichen  Reichtümer  des  Landes  auf  den 
Weltmarkt  gebracht  werden,  da  die  Erzeugungsstellen  nicht  an  das  Welt- 
verkehrsnetz angeschlossen  sind.  Von  den  geringwertigen  Gütern  wie 
Holz,  öle,  Fette,  Baumwolle,  können  heute  überhaupt  nur  die  der  Küste 
zunächst  gewonnenen  ausgeführt  werden.  Im  Innern  des  Landes  werden 
diese  Güter  weiter  nutzlos  im  Urwalde  zugrunde  gehen,  solange  nicht 
bilhge  Beförderungsgelegenheiten  geschaffen  sind.  Aber  auch  für  die 
zwei  hochwertigen  Ausfuhrartikel,  Elfenbein  und  Kautschuk,  ist  die 
Verwertbarkeit  beschränkt,  solange  ihre  Aufuhr  auf  den  teueren  Träger- 
verkelir  angewiesen  ist.  Sie  können  nur  aus  einem  beschränkten  Umkreise 
um  den  letzten  an  das  Weltverkehrsnetz  angeschlossenen  Punkt  ausgeführt 
werden.  Der  Durchmesser  dieses  Umkreises  hängt  von  der  Differenz 
zwischen  dem  jeweiligen  Weltmarktpreise  und  den  Transportkosten  von 
dem  Anschlußpunkte  bis  zu  dem  Bedarfsplatze  ab.  Mit  dem  Steigen 
des  Weltmarktpreises  wird  der  verwertbare  Umkreis  sich  erweitem,  mit 
seinem  Fallen  vermindern. 

Die  gleiche  Bedeutung  wie  für  die  Ausfuhr,  hat  die  Frage  aber  auch 
für  die  Einfuhr,  d.  h.  für  die  Möglichkeit,  den  heimischen  Fertigfabrikaten 
einen  Absatzmarkt  zu  schaffen.  Die  gleiche  Bedeutung  hat  sie  für  die  Ver- 
waltungseinrichtung und  für  die  ganze  kulturelle  Entwicklung  des  Landes. 
Wie  überall  in  Afrika  führen  also  auch  hier  alle  kolonialen  Fragen  auf  die 
Verkehrsfrage  hin. 

Bei  der  folgenden  Besprechung  der  Verkehrsfrage  in  Neu- Kamerun 
sollen  nicht  Vorschläge  gemacht  werden,  was  in  Zukunft  dort  zu  tun 
ist.  Das  könnte  nur  im  Zusammenhange  mit  den  in  Alt-Kamerun  an- 
stehenden Verkehrsproblemen  geschehen  und  diese  Probleme  zu  erörtern, 
ginge  über  den  Zweck  der  vorliegenden  Arbeit  hinaus.  Auch  liegen  noch 
zu  wenig  Unterlagen  vor,  um  jetzt  schon  positive  Vorschläge  machen 
zu  können.  Es  handelt  sich  zunächst  einmal  darum,  festzustellen,  was 
bisher  in  dieser  Beziehung  im  neuen  Gebiete  geschehen  ist  und  wie  der 
gegenwärtige  Stand  der  Verkehrsmöglichkeiten  ist. 

Aus  dem,  was  im  ersten  Abschnitte  über  die  hydrographischen  Ver- 
hältnisse des  neuen  Gebietes  gesagt  worden  ist,  geht  hervor,  daß  in 
Neu-Kamerun  im  Mittelpunkte  aller  Verkehrsfragen  die 

Schiffahrt 
steht  und  wohl  auch  in  Zukunft  stehen  wird.    Es  sind  vier  verschiedene 
Schiffahrts- Verkehrsgebiete  zu  unterscheiden: 


-    85     - 

I.  das  Konpo-Sant^a-Ubangi-System, 
II.  das  Iwindo-Ogowe- System, 

III.  die  Küste  und  die  Küstenflüsse, 

IV.  das  Logone-Mao  Kabi-Sj'stem. 

Was  über  die  Schiffahrtsmoglichkeiten  in  diesen  Systemen  nach  den 
bisher  vorliegenden  Berichten  bekannt  ist,  ist  olxjn  im  einzelnen  zu- 
sammengestellt worden.  Hier  soll  das  Ergebnis  der  obigen  Zusammen- 
stellung kurz  zusammengefaßt  und  der  Besprechung  der  einzelnen 
S\'steme  vorausgescliickt  werden. 

Das  Kongo-Sanga-Ubangi-System.  §  28. 

Bezüglich  des  Sanga-Flußsj'stemes  kann  als  feststehend  ange- 
nommen werden 

1.  daß  bei  niedrigstem  Wasserstande,  also  während  des  ganzen 
Jahres,  Dampfer  mit  2  m  Tiefgang  bis  Wesso  und  von  80  cm  bis  i  m 
Tiefgang  —  wenn  auch  mit  Schwierigkeiten  —  bis  nach  Nola  und  Ngoila 
gelangen  können; 

2.  daß  bei  Hochwasser  die  großen  Kongo-Flußdampfer  mit  über 
2  m  Tiefgang  bis  nach  Wesso  und  Dampfer  auch  mit  über  i  m  Tiefgang 
bis  nach  Nola  und  Ngoila  gelangen  können; 

3.  zu  diesem  Hauptschiffahrtsgebiete  das  von  Bonga^)  aus  annähernd 
1000  km  beträgt,  kommen  noch  drei  Neben- Schiffahrts- Gebiete,  nämhch 
der  Mambere  von  Nola  bis  Bania  und  weiter  aufwärts  von  Likaja  bis 
Kamot;  dann  der  Ngoko  zwischen  Kul  und  Kam,  wo  er  während  des 
ganzen  Jahres  mit  Motorbooten  mit  geringem  Tiefgange  und  großen 
Ruderbooten  befahren  werden  kann,  dazu  kommt  mit  Unterbrechungen 
der  Bumbe  und  drittens  der  Kadel-Dume  mit  einigen  für  die  Kleinschiff- 
fahrt brauchbaren  Strecken. 

Bezüghch  des  Ubangi-Flußsystemes  kann  als  feststehend  ange- 
nommen werden, 

I.  daß  bei  niedrigstem  Wasserstande,  also  während  des  ganzen 
Jahres,  große  Dampfer  mit  über  i  m  Tiefgang  bis  nach  Impfondo,  und 
Dampfer  mit  i  m  Tiefgang  bis  nach  Mongumba  gelangen  können;  daß 
von  Mongumba  weiter  aufwärts  bis  Bangi  der  \'erkchr  mit  Dampfern  aber 
infolge  der  Felsenbank  von  Singa-)  nicht  mehr  möglich  ist;  sondern 
nur  durch  große  Frachtkähne 3)  aufrecht  erhalten  werden  kann, 


')  Von  Brazzaville  bis  Bonga  sind  unpcfähr  400  km. 

")    Dieses    Schiffahrtshindemis  wird  durch  eine  etwa  200  m   lange  Strecke 
gebildet,  die   „schachbrettförmig"  von  Felsen  durchsetzt  ist.      Vgl.  §   13. 
^)  Die  französische  Bezeichnung  ist  „baleinidre". 


—     86     — 

2.  daß  bei  Hochwasserstand  Dampfer  mit  über  i  m  Tiefgang  bis 
nach  Mongumba  und  von  hier  weiter  aufwärts  Dampfer  mit  i  m  Tiefgang 
vom  Juh  bis  Januar  bis  nach  Bangi  gelangen  können. 

3.  Mit  dieser  Hauptschiffahrtsstrecke,  die  von  Brazzaville  bis  Bangi 
rund  1200  km  beträgt,  steht  die  80  km  lange  schiffbare  Strecke  des  Lobaje 
von  seiner  Mündung  aufwärts  bis  nach  Loko  unmittelbar  in  Verbindung. 

4.  Daneben  kommen  für  die  Kleinschiffahrt  noch  die  schiffbaren 
Strecken  auf  dem  oberen  Lobaje  und  auf  dem  Motaba  und  Ibenga  in 
Betracht. 

Zu  diesen  beiden  Schiffahrtssystemen  kommen  noch  die  schiffbaren 
Strecken  des  Likuala-Mossaka  und  des  grünen  Likuala  mit  je  etwa 
200  km.  Das  zusammenhängende  Hauptschiffahrtsnetz  beträgt  von 
Brazzaville  aus  annähernd  3000  km;  daran  ist  Deutschland  etwa  zur 
Hälfte  mit  ganz  deutschen  Flüssen,  im  übrigen  mit  deutschen  Grenz- 
flüssen oder  Zufahrtsflüssen  beteihgt. 

Das  Kongo-Sangai)-Ubangi- System  hängt  in  seiner  Bedeutung  als 
Verkehrsweg  natürlich  von  dem  Kongo  ab.  Der  Kongo  bietet  der  Schiff- 
fahrt  einen  Verkehrsweg  bis  ins  Innerste  Afrikas,  bis  zu  den  Stanley- 
Fällen  bei  Stanlejrville.  So  wichtig  er  aber  danach  auch  für  die  innerafrika- 
nische Schiffahrt  sein  mag,  für  den  Weltverkehr  wird  seine  Bedeutung 
dadurch  herabgesetzt,  daß  er,  wie  die  meisten  großen  afrikanischen 
Ströme,  in  seinem  Unterlaufe  ein  Schnellengebiet  zu  überwinden  hat, 
auf  dem  jede  Schiffahrt  unmögHch  ist.  Hochseeschiffe  2)  können  nur  bis 
Matadi  vordringen,  von  hier  geht  heute  der  ganze  Verkehr  nach  dem 
Innern  auf  die  belgische  Eisenbahn  Matadi-Leopoldville  am  Stanley- 
Pool  über,  die  das  Schnellengebiet  umgeht  und  das  innerafrikanische 
Schiffahrtsgebiet  des  Kongo  an  das  Weltverkehrsnetz  anschheßt.  Alle 
Aus-  und  Einfuhr  über  den  Kongo  ist  also  auf  diese  Bahn  angewiesen. 
Die  Eisenbahngesellschaft,  die  Compagnie  du  chemin  de  fer  du  Congo, 


1)  Der  Sanga-Mündung  in  den  Kongo  sind  zahlreiche  große  und  kleine  Inseln 
vorgelagert.  Da  auch  oberhalb  und  unterhalb  der  Sanga-Mündung  sehr  viele 
Inseln  vorhanden  sind,  ist  es  schwierig,  die  richtige  Einfahrt  in  den  Sanga  zu  Iladen. 
Das  Niveau  dieser  Inseln  liegt  0,5 — i  m  über  dem  Niederwasserspiegel.  Sie  be- 
stehen in  der  Hauptsache  aus  lehmigem  Schvvemmlande,  sind  dicht  bewaldet  und 
zur  Hochwasserzeit  bis  zu  2  m  überschwemmt.  Zwischen  diesen  Inseln  gibt  es 
für  die  Schiffahrt  Kongo-aufwärts  zwei  Routen.  Die  französische  führt  in  der  Nähe 
des  bisher  französischen  Ufers  an  der  Sanga-Mündung  vorbei;  die  belgische  geht 
der  Sanga-Mündung  gegenüber  das  linke  Ufer  entlang  und  vereinigt  sich  mit  der 
ersteren  bei  Irebu-Busindi. 

2)  Mit  höchstens  6,50  m  Tiefgang. 


-     S;     - 

deren  Aktien  an  der  Brüsseler  Börse  gehandelt  werden,^)  hat  sich  diese 
Monopolstellung  zunutze  gemacht  und  für  die  Personen-  und  Güter- 
beförderung Tarife  aufgestellt,  die  auch  für  afrikanische  Verhältnisse 
außergewöhnlich  hoch  sind.  Nach  dem  Tarife  vom  i.  Juli  1907  beträgt 
auf  der  400  km  langen  Strecke  Matadi-Leopoldville  die  Personen f rächt 
I.  Klasse  200  Franken  und  die  Stückgüterfracht  nach  Tarif  B  für  i  kg 
20  Centimes.  Das  ist  etwa  das  Siebenfache  des  Stückgütertarifs  auf  der 
Kamerun-Eisenbahn.  Für  einzelne  Güter  sind  die  Tarife  noch  höher, 
so  für  I  kg  Kautschuk  43  Centimes;  i  kg  Reis  50  Centimes;  für  Elfen- 
bein, Stoffe,  Gewebe  und  Kupfer,  Messing,  Perlen  und  Kauri-Muscheln, 
die  als  Eingeborenengeld  in  Betracht  kommen,  i  Fr.  für  das  Kilogramm. 
Rechnet  man  zu  diesen  Frachtsätzen  die  sonstigen  notwendigen  Spesen: 

pro  Tonne 

Empfangsspesen  in  Matadi 15  Franken 

Benutzung  des  Piers 10 

Eingangs-    und    Einlagerungsspesen    in    Leopold- 

ville I 

Rangiergebühr i 

Plombier-  und  statistische  Gebühr 20 

dazu  Tonnenfracht  nach  Tarif  B 200 

so   berechnet   sich  die   Bahnfracht  von   Matadi  nach 

Leopoldville  für  die  Tonne  auf     296  Franken 

oder  von  Matadi  nach  Kinchassa,  wo  der  Umschlags- 
verkehr nach  Brazza\'ille  und  der  französischen  Dampf- 
schiffahrt stattfindet,  auf 291  Franken 

Unter  einer  solchen  Verteuerung  des  Verkehrs  muß  natürUch  die  ganze 
Ent\vicklung  der  Aus-  und  Einfuhr  auf  dem  Kongo- Schiffahrtssysteme 
leiden. 

Für  den  Sc hiffahrts verkehr  auf  dem  Kongo  und  seinen  Nebenflüssen 
steht  eine  verhältnismäßig  große  Flotte  zur  Verfügung. 

Rad-  Schrauben- 
dampfer dampfer 

Die  belgische  Regierung  hat 23  13 

die  belgische  Cie.  du  Kasai 8  4 

die  Cie.  Hollandaise :;  r 


die  Missionaires  reunis 


20 


•)  Das  Aktienkapital  beträgt  30  Mill.  Franken,  die  Anleiheschuld  52  MilL 
Franken.  Am  i.  Juni  191 2  wurden  die  Aktien  4  500  Franken  an  der  Brüsseler  Börse 
mit  Fr.   1550  G,  die  Gründeranteile  mit  Fr.  5580  notiert. 


—     88     — 

Rad-  Schrauben- 
dampfer dampfer 

die  Cie.  Citas .            2  — 

Comptoir  Commercial  Congolais  .;....             2  i 

Cie.  des  Grands  Lacs 7  5 

Societe  Anonyme  Beige 3  5 

Messageries  Fluviales  du  Congo 5  i 

Dazu  kommen  5 — 6  kleine  Dampf  boote  der  französischen  Regierung. 
Das  sind  zusammen  109  Fahrzeuge.  Darunter  sind  5  mit  einer  Nutzlast 
von  500  t,  9  mit  einer  Nutzlast  von  100 — 270  t. 

Von  deutschen  Firmen  kommt  gegenwärtig  für  die  Schiffahrt  im 
Kongo-Systeme  nur  die  Gesellschaft  Süd-Kamerun  in  Betracht,  nach- 
dem die  Firma  Walther  Karl  vor  kurzem  von  der  Firma  C.  Woermann 
übernommen  und  daraus  eine  deutsch-belgische  Gesellschaft  gebildet 
worden  ist.  Die  Gesellschaft  Süd-Kamerun  hat  gegenwärtig  nur  den 
einen  Dampfer  „Bumba"  mit  25 — 30  t  Nutzlast  in  Betrieb;  der  neue 
Dampfer  Dscha  mit  50  t  Nutzlast  wird  demnächst  in  Betrieb  genommen 
werden.  Die  Gesellschaft  Süd- Kamerun  will  dann  ihren  Dienst  in  der 
Weise  einrichten,  daß  ihre  Dampfer  einige  Tage  nach  Eintreffen  der 
europäischen  Post  Kinschassa  verlassen  und  in  2 — 2^4  Wochen  nach 
Molundu  fahren.  Nach  einem  Aufenthalte  von  i — 1 14  Wochen  in  Molundu 
zur  Löschung  und  Befrachtung  fahren  die  Dampfer  so  in  Molundu  ab, 
daß  sie  den  Anschluß  an  den  dreiwöchigen  Dienst  der  belgischen  Post- 
dampfer-Linie erreichen.  Für  die  Talfahrt  werden  i — i^  Wochen  ge- 
rechnet. Die  Fahrt  hin  und  zurück  erfordert  demnach  ungefähr  6  Wochen, 
so  daß  die  Gesellschaft  nach  Einstellung  des  Dampfers  Dscha  einen 
dreiwöchigen  Verkehr  zwischen  Kinschassa  und  Molundu  einrichten  kann. 
Die  Dampfer  der  Gesellschaft  sind  in  der  Hauptsache  nur  für  ihre 
eigenen  Bedrüfnisse  berechnet  und  nehmen  nur  ausnahmsweise  Reisende 
auf.  Jeder  Dampfer  hat  2  Kabinen  mit  je  i  Bett  (im  Bedarfsfalle  auch 
2  Betten).  Die  Firma  Walther  Karl  hatte  nur  einen  kleinen  Dampfer 
„Congo-Nixe"  von  25  t  Nutzlast.  Die  Regierungstransporte  der  deutschen 
Regierung  nach  der  Station  Molundu  sind  bisher  von  der  GeseUschaiL 
Süd-Kamerun  besorgt  worden.  Die  Gesellschaft  hat  sich  verpflichtet, 
den  Regierungsbedarf  von  Matadi  nach  Kinschassa  für  281,24  Mark  pro 
Tonnei)  und  von  Kinschassa  nach  Molundu  für  293,76  Mark,  insge- 
samt für  575  Mark,  zu  befördern. 

^)  Bei  Gütern,  für  die  der  Tarif  B  der  belgischen  Eisenbahngesellschaft  gilt. 
Bei  Gütern  mit  anderen  Tarifsätzen  erhöht  oder  vermindert  sich  dieser  Satz  ent- 
sprechend. 


-     89     - 

Die  oben  aufgezählten  Scliiffe  sind  natürlich  nicht  alle  nur  für  den 
Kongo  bestimmt,  sondern  auch  für  den  Verkehr  auf  den  Nebenflüssen 
und  dementsprechend  gebaut.  Für  den  Verkehr  auf  dem  Kongo  wird  gegen- 
wärtig auf  Kosten  des  Königs  All)ert  von  Belgien  ein  Eilpostschiff  gebaut, 
das  bei  einer  Länge  von  250  m  und  einer  Breite  von  12  m  3  Schrauben 
hat,  von  welchen  jede  durch  einen  Diesel-Motor  von  50  P.S.  getrieben 
wird,  der  besonders  für  dieses  Schiff  konstruiert  worden  ist.  Dieser 
Dampfer  soll  die  Strecke  Leopoldvillc-Stanlev-xille  hin  und  zurück  in 
14 — 15  Tagen  machen,  wozu  jetzt  noch  30 — 35  Tage  notwendig  sind. 

Für  den  Schiffahrtsverkehr  auf  dem  bisher  französischen  Gebiete 
kommt  vor  allem  die  Messageries  Fluviales  du  Congo  in  Betracht. 
Ihre  Flottille  besteht  nach  dem  Geschäftsberichte  vom  24.  März  1911  aus 
folgenden  Schiffen:  Commandant  Lamy:  100  t  Nutzlast;  Valerie:  40  t; 
de  Brazza:  20  t;  Colonel-Klobb:  24  t;  Cholet:  20  t;  Daniel  (Sclilepper) ; 
7  Schaluppen  mit  zusammen  155  t  und  6  großen  Frachtkähnen.  Die  ersten 
3  davon  sind  Raddampfer.  Inzwischen  ist  dazu  noch  der  Schrauben- 
dampfer Präsident  Fondere  gekommen,  der  noch  größer  als  der  Dampfer 
Commandant  Lamy  ist.  Die  Schraubendampfer  Brazza  und  Cholet 
sind  für  den  Verkehr  oberhalb  Wesso  bestimmt.  Die  Mess.  Fluv.  ist 
eine  Tochtergesellschaft  der  französischen  Konzessionsgesellschaften, 
ihre  rechtliche  Beziehung  zu  diesen  und  zur  französischen  Regierung  wird 
in  dem  Abschnitte  über  die  Konzessionsgesellschaften  besprochen  werden. 
Die  Gesellschaft  hat  sich  der  französischen  Regierung  gegenüber  ver- 
traglich verpfhchtet,  die  Regiemngstransporte  zu  einem  bestimmten 
Tarife  auszuführen  und  einen  regelmäßigen,  öffentlichen  Schiffahrts- 
verkehr zu  unterhalten.  Der  Vertrag  mit  der  französischen  Regiemng 
ist  im  Anhange  IV  abgedruckt.  Wegen  der  Einzelheiten  wird  darauf 
verwiesen.     Die  Mess.  Fluv.  hat  auf  den  vier  Linien 

Brazzaville  —  Bangi 
,,  —  Wesso 

Wesso  —  Ngoila 
—  Nola 

einen  regelmäßigen  öffentlichen  Scliiffahrtsdienst  zu  unterhalten.  \'on 
diesen  Linien  liegen  die  Strecken  Bonga — ^Wesso,  Wesso — ^Nola,  Wesso- 
Ngoüa,  jetzt  auf  deutschem  Gebiete,  auch  von  der  Kongo-  und  Ubangi- 
Linie  wird  deutsches  Gebiet  berührt.  Damit  taucht  die  Frage  auf,  ob 
und  wie  das  vertraglidie  Verhältnis  zwischen  der  französischen  Regierung 
und  der  Mess.  Fluv.  durch  das  November-.\bkommen  beeinflußt  worden 
ist  und  welche  Bedeutung  es  für  Deutschland  hat.  Darauf  ist  unten  in 
dem   .Abschnitte    über  die   Konzessionsgesellschaften  zurückzukommen. 


—    90     — 

Während  für  die  Regieningstransporte  ein  Tarif  vereinbart  worden  ist 
(vgl.  Anhang  IV),  ist  dies  für  den  öffentlichen  Schiffahrtsverkehr  nicht 
geschehen.  Die  Mess.  Fluv.  ist  in  der  Festsetzung  der  Frachtsätze  für 
den  öffentlichen  Verkehr  also  im  allgemeinen  nicht  gebunden.  Mit  den 
Konzessionsgesellschaften  hat  sie  im  Jahre  igoo  Verträge  abgeschlossen, 
in  denen  die  Frachtsätze  festgesetzt  sind.  Im  Anhange  IV  ist  einer 
dieser  Verträge  mit  den  für  die  Sanga-Linien  geltenden  Tarifen  abgedruckt. 
Für  einzelne  Ausfuhrgegenstände,  die  zu  diesem  Tarife  nicht  aus- 
geführt werden  konnten,  hat  die  Gesellschaft  die  Sätze  inzwischen  er- 
mäßigt, so  vor  kurzem  für  Palmnüsse.  Seitdem  erscheint  auch  in  der 
Handelsstatistik  dieses  Gebietes  ein  kleiner  Posten  Palmnüsse  in  der 
Ausfuhr. 

Mit  dieser  Aufzählung  der  Gesellschaften  und  ihrer  Transportmittel 
ist  alles  angegeben,  was  bisher  dort  zur  Förderung  des  Schiffahrtsver- 
kehrs geschehen  ist.  Die  Fahrrinnen  sind  nirgends  festgelegt  oder  ver- 
bessert worden.  Die  Hauptschwierigkeiten  Hegen  für  die  Sanga- Schiffahrt 
bei  Gandikolo,  gleich  oberhalb  Wesso  und  für  die  Ubangi-Schiffahrt 
bei  Singa  oberhalb  Mongumba.  Um  diese  Schwierigkeiten  zu  beseitigen 
und  den  ganzen  Schiffahrtsverkehr  zu  erleichtem  und  sicherzustellen, 
ist  nach  den  Vorschlägen  von  Roussilhe^)  folgendes  notwendig: 

1.  Die  Einrichtung  eines  ständigen  Schiffahrtsdienstes,  der  das 
Lotsen-,  Ingenieur-  und  Heizer-Personal  zu  unterrichten  und  den  Scliiffs- 
bestand  und  Schiffsdienst  der  privaten  Gesellschaften  zu  überwachen  hat ; 

2.  die  Errichtung  von  Lotsenposten,  denen  das  nötige  Personal 
und  Schiffsmaterial  beizugeben  ist; 

3.  die  vollständige  hydrographische  Aufnahme  des  Kongo-Fluß- 
netzes; 

4.  die  Ausbaggerung  der  festen  und  veränderlichen  Fahrrinnen; 

5.  die  Wasserarbeiten,  die  notwendig  sind,  um  an  den  Flußstrecken 
mit  veränderlichem  Grunde  und  an  den  Schnellen  mit  felsigem  Grunde 
die  Durchfahrt  zu  erleichtem; 

6.  die  ständige  und  planmäßige  Beobachtung  der  Hoch-  imd  Tief- 
wasserstände und  die  Einrichtung  eines  Nachrichtendienstes,  um  die 
Schiffe  über  den  jeweiligen  Wasserstand  zu  unterrichten. 

Roussilhe  nimmt  an,  daß  nach  Durchführung  dieser  Arbeiten 
die  einzelnen  Schiffe  bezüglich  des  Endpimktes  ihrer  Fahrten  nicht  mehr 
wie  jetzt  so  von  ihrem  Tief  gange  abhängig  sind;  sondern  daß  sie  je  nach 
den  über  den  Wasserstand  einlaufenden  Nachrichten  bei  ihrer  Abfahrt 
schon  ihr  Vordringen  im  einzelnen  Falle  werden  vorausbestimmen  können. 


1)  Vgl.  oben  §  13. 


—     91     — 

Für  die  Heizung  der  Schiffsmaschinen  ist  bisher  nur  Holz  \erwendet 
worden.  Für  die  Versorgung  der  Sclüffe  mit  dem  nötigen  Heizmaterial 
sind  an  den  Ufern  in  entsprechenden  Abständen  Holzposten  errichtet 
worden,  für  die  die  französische  Regierung  gegen  jährUche  Abgalten 
Konzessionen  erteilt.  Diese  Art  der  Beschaffung  des  Heizmaterials 
ist  sehr  zeitraubend  und  die  Feuerung  unwirtschaftüch.  Man  geht  jetzt 
im  Kongo-Systeme  dazu  über,  entweder  die  Dampfmaschinen  mit  Rohöl 
zu  heizen,  oder  den  Motorbetrieb  einzuführen.  Um  die  Scliiffe  mit  dem 
nötigen  Rohöl  zu  versorgen,  sind  in  Matadi  große  Behälter  angelegt 
worden,  die  von  Petroleum-Dampfern  direkt  an  der  Landungsstelle 
gefüllt  werden.  Von  den  Behältern  aus  soll  das  Petroleum  in  einer  400  km 
langen  Leitung  nach  Leopoldville  gepumpt  werden.  Die  Leitung  ist 
der  Fertigstellung  nahe.  Weitere  Erdölstationen  sollen  im  mittleren  und 
oberen  Kongo  angelegt  werden.  Auch  die  Masclünen  der  Eisenbalm 
Matadi-Leopoldville  werden  in  Zukunft  mit  Erdöl  geheizt  werden.  Kleinere 
Boote  sind  jetzt  schon  mit  Ölmotoren  ausgerüstet.  Die  Mess.  Fluv.  beab- 
sichtigt, ein  größeres  Petroleum-Motorboot  in  den  Verkehr  einzustellen, 
das  von  Brazza\-ille  nach  Bangi,  wofür  heute  noch  21  Tage  notwendig 
sind,  in  12  Tagen  fahren  soll.  In  beteiligten  Kreisen  wird  jetzt  allgemein 
die  Ansicht  vertreten,  daß  die  Zukunft  der  Kongo- Schiffahrt  auf  d'^m 
Motor  beruht,  der  wegen  des  notwendigen  geringen  Tiefganges  der  Schiffe 
und  der  Schwierigkeit,  für  Dampfmaschinen  ein  wirtschaftlich  rationelles 
Heizungsmaterial  zu  beschaffen,  dazu  berufen  ist,  die  Dampfmaschine 
zu  ersetzen. 

Das  Iwindo-Ogowe-System.  §  29. 

Bezüglich  der  Schiffahrtsverhältnisse  in  diesem  Systeme  kann  als 
feststehend  angenommen  werden,  daß  der  Iwindo  selbst  von  Alati  bis 
Kandschama  schiffbar  ist;  von  seinen  Nebenflüssen  der  Dschua  von 
Madschingo  bis  zu  seiner  Mündung  bei  Vadi,  der  Karagua  von  Ntam 
bis  zu  seiner  Mündung  bei  Mwine  und  der  Nuna  auf  dem  größten  Teile 
seines  Laufes.  Dieses  Verkehrssystem  beträgt  etwa  600  km,  und  Hegt 
fast  ganz  auf  deutschem  Gebiete.  Auch  beim  Iwindo  handelt  es  sich  nur 
um  ein  Binnenschiffahrts- System,  da  der  Ogowe  nur  in  seinem  Unterlaufe 
von  der  Mündung  bis  Ndjole  schiffbar  ist,  zwischen  Ndjole  und  Kan- 
dschama also  eine  nicht  schiffbare  Strecke  von  etwa  300  km  Länge  hegt. 
Gleichwohl  hat  die  Iwindo- Schiffahrt  erhebliche  lokale  Bedeutung,  denn 
bei  der  Schwierigkeit  des  Zuganges  zu  diesem  Gebiete  bietet  die  Schiff- 
fahrt in  dem  beschränkten  Umfange  immerhin  noch  eine  bedeutende  Er- 
leichterung und  bei  der  Schwierigkeit  des  Landmarsches  in  diesem  Ur- 
wald- und  Sumpfgebiete  fast  die  einzige  .Möglichkeit,  das  Land  aufzu- 


—    92     — 

schließen  und  in  Venvaltung  zu  nehmen.  Das  Iwindo- System  ist  dazu 
besonders  geeignet,  denn  die  einzelnen  Schiffahrtsstrecken  verteilen 
sich  fächerförmig  über  das  ganze  mittlere  Drittel  des  Südgebietes,  Für 
die  Schiffahrt  kommen  allerdings  nur  kleinere  Fahrzeuge,  Dampfschaluppen 
oder  Motorboote  mit  geringem  Tiefgange,  in  den  Oberläufen  und  im 
Nuna  nur  Boote  in  Betracht. 

Auf  dem  Ogowe  unterhält  die  Cie.  des  Chargeurs  Reunis  von  der 
Mündung  bis  Ndjole  einen  14  tägigen  Schiffahrtsdienst,  Im  Iwindo- 
Systeme  \vird  der  Schiffahrtsverkehr  von  der  Ste.  commerciale  industrielle 
et  agricole  du  Haut-Ogooue  besorgt,  die  mit  der  französischen  Regierung 
einen  Vertrag  über  die  Beförderung  der  Regierungstransporte  von  der 
Küste  in  das  Iwindo- Gebiet  geschlossen  hat  und  gegenwärtig  zwei  Petro- 
leum-Motorboote im  Iwindo- Systeme  verkehren  läßt.  Der  Tarif  ist 
nicht  veröffentlicht  worden;  er  scheint  aber  sehr  hohe  Sätze  zu  haben. 

Für  die  Verbesserung  des  Schiffahrtsweges  gilt  im  kleinen  dasselbe, 
was  beim  Kongo-Ubangi- System  gesagt  worden  ist;  insbesondere  wird 
es  notwendig  sein,  die  zahlreichen  Felsen,  die  das  Iwindo-Bett  an  manchen 
Stellen  durchsetzen,  festzustellen  und  kenntlich  zu  machen. 


§  30.  Die  Küste  und  die  Küstenflüsse, 

Der  wichtigste  Teil  des  Küstengebietes  ist  die  Muni-Mündung, 
Sie  ist  für  Seeschiffe  zugänglich  und  weiter  aufwärts  bis  Ekododo  für 
kleinere  Küstendampfer,  Es  legen  zwar  jetzt  schon  die  Dampfer  der 
Kongo-Linie  der  Firma  Woermann  und  einer  englischen  Schiffahrtslinie 
in  Butika  imd  Koko-Beach  auf  der  Heimreise  regelmäßig  an;  wenn  hier 
aber  eine  größere  Schiffahrt  möglich  sein  soU,  so  müßte  die  Einfahrts- 
Hnie  durch  Betonnung  und  Befeuerung  genau  festgelegt  und  das  Innere 
der  Muni-Mündung  besser  untersucht  werden.  Die  Einfahrtshnie  für 
Seeschiffe  in  die  Muni-Bucht  verläuft  in  einem  Gebiete,  wo  die  3  km- 
Streifen  der  spanischen  und  deutschen  Küstenmeere  aufeinanderfallen. 
Die  französische  und  spanische  Regierung  hatten  die  Schiffahrtsverhält- 
nisse in  diesem  Grenzgebiete  durch  das  Abkommen  vom  Jahre  1900 
geregelt  (vgl.  Anhang  I  Ziff,  6).  Für  die  deutsche  Schiffahrt  kommt  dieses 
Abkommen  auch  nach  der  Gebietsabtretung  nicht  in  Betracht,  da  seine 
Geltung  ausdrücklich  auf  die  Angehörigen  der  beiden  Vertragsmächte 
beschränkt  worden  ist.  Die  deutsche  Schiffahrt  hat  sich  daher  hier  nach 
den  allgemeinen  völkerrechthchen  Grundsätzen  zu  richten.  Für  die 
Schiffahrt  und  die  Schiffahrtspolizei  in  solchen  Grenzgebieten  gilt  der 
völkerrechtliche  Satz:  ,,Wenn  zwei  Staaten,  die  an  das  freie  Meer  grenzen, 
einander  so  nahe  sind,  daß  der  Küstensaum  des  einen  in  den  Küstensaum 


—     93     — 

des  anderen  liinüberreicht,  so  sind  sie  verpflichtet,  einander  in  den  ge- 
meinsamen Gebieten  wechselseitig  den  Küstenschutz  zu/Aigestehen  oder 
über  eine  Scheidehnie  sich  zu  einigen."  Danach  könnte  die  spanische 
Regienmg  ihre  Mitwirkung  nicht  versagen,  wenn  die  Einfahrtslinie 
in  dem  gemeinsamen  Küstenstreifen  vor  der  Muni-Mündung  festgelegt 
werden  sollte.  Im  Innern  der  Muni-Mündung  verläuft  die  deutsch-spani- 
sche Grenze  im  Talwege  des  Muni.     (Vgl.  oben  §  6), 

Von  den  Küstenflüssen  kommt  der  im  Südgebiete  entspringende 
Ntem,  für  den  Schiffahrtsverkehr  fast  nicht  in  Betracht,  da  er  nur  auf 
seinem  Oberlaufe  auf  einer  kurzen  Strecke  schiffbar  ist.  Dagegen  bietet 
der  Woleu  eine  längere  und  eine  kürzere  schiffbare  Strecke.  Er  ist  von 
Minwebu-Owen  an  bis  zur  spanischen  Grenze  für  kleinere  Boote  schiffbar 
und  von  der  Grenze  ab  kann  er  mit  großen  Frachtkälmen  mit  ungefähr 
2^4  t  Nutzlast  bis  Jen  befahren  werden.  Das  ist  von  der  Grenze  ab  eine 
etwa  100  km  lange  Strecke.  Weiter  flußabwärts  ist  die  Schiffahrt  infolge 
der  vielen  Wasserfälle  und  Schnellen  nicht  möglich.  Der  Woleu  wird  erst 
weder  in  seinem  Unterlaufe  bei  Sendsche  auf  eine  kurze  Strecke  schiffbar, 
bis  wohin  die  Seeschiffe  \'on  Benito  aus  heraufkommen  können.  Die 
Entfemimg  zwschen  Jen  und  Sendsche  beträgt  nur  etwa  qo  km,  wäre 
also  in  einem  3 — 4  tägigen  Trägermarsch  zu  überwinden.  Rechnet  man 
dazu  eine  5 — 6  tägige  Wasserfahrt  auf  dem  Woleu,  so  wäre  es  möglich, 
von  Benito  aus  in  8 — 10  Tagen  auf  deutsches  Gebiet  zu  kommen,  während 
sowohl  auf  der  Trägerstraße  von  Ekododo  um  die  Südostspitze  von  Spa- 
nisch-Guinea  herum,  als  auch  auf  dem  Wege  von  Libre\'ille  über  den 
Komo  oder  den  Abanga  wenigstens  30  Tage  notwendig  sind.  Dazu  führen 
diese  Verbindungen  durch  bergiges,  sumpfiges  und  schlecht  besetztes 
Land.  Der  Weg  über  den  Woleu  würde  also  die  kürzeste  und  billigste 
Verbindung  zum  Meere  darstellen;  doch  wäre  zu  semer  Benutzung  die 
Mitwirkung  der  spanischen  Regierung  notwendig. 

Das  Logone-Tschad-System.  §  31. 

Es  kann  als  feststehend  angenommen  werden,  daß  der  Logone  bis 
weit  oberhalb  von  Lai,  wahrscheinlich  bis  zu  den  Coquel-Fällen  bei  Kaitia 
das  ganze  Jahr  mit  großen  Frachtkälmen  bis  zu  60  cm  Tiefgang  befahren 
werden  kann,  im  August  und  Oktober  auch  mit  Dampfern  bis  zu  30  t 
Nutzlast.  Ebenso  ist  der  Pende  bis  weit  in  seinen  Oberlauf  lünauf  das 
ganze  Jahr  schiffbar. 

Für  die  Beförderung  des  Regienmgsbedarfes  auf  dem  Logone  und 
Scharj  hat  die  französische  Regierung  am  4.   Novcmlxjr  1909^)  einen 

')  Genehmigt  durch  Erlaß  vom  2.  März  1910.  Vgl.  Lcs  .\nnales  Coloniales 
1912,  Nr.  64,  S.  3. 


—    94    — 

Vertrag  mit  der  Compagnie  Fran^aise  de  l'Ouahme  et  de  la  Nana  ge- 
schlossen. Der  vereinbarte  Tarif  ist  nicht  veröffentlicht;  scheint  aber 
sehr  hoch  zu  sein.  Der  Logone  selbst  hat  mit  dem  Pende  eine  schiff- 
bare Länge  von  looo  km;  davon  bildet  der  größte  Teil  die  Ostgrenze 
des  deutschen  Gebietes. 

Der  Logone  vermittelt  den  Zugang  zum  Schiffahrtsgebiete  des  Tschad 
und  des  Schari.  Auch  hier  handelt  es  sich  um  ein  Binnen- Schiffahrts- 
system. Es  gibt  drei  Anschlußwege  an  den  Weltverkehr,  davon  gehen 
zwei  über  deutsches,  einer  über  französisches  Gebiet.  Der  eine  geht  über 
den  Kongo  und  Sanga  und  ist  durch  einen  etwa  300  km  langen  Trägerweg 
von  Kamot  zum  Pende  oder  Logone  herzustellen.  Seitdem  dieser  Weg 
von  französischen  Expeditionen  wiederholt  gemacht  worden  ist,  hat 
sich  hier  einiger  Verkehr  gebildet,  insbesondere  werden  hier  jedes  Jahr 
größere  Viehherden  von  Norden  heruntergetrieben.  Der  Viehverkauf 
hat  sich  hier  als  gewinnbringendes  Geschäft  entwickelt.  Im  Norden 
wird  das  Stück  mit  etwa  15  Franken  bewertet,  während  in  Karnot  ein 
Preis  von  100  Franken  dafür  erzielt  wird.  Diesem  Verbindungswege 
von  Kamot  nach  Fort  Lamy  wurde  Anfang  und  Mitte  der  90er  Jahre  eine 
ziemliche  Bedeutung  beigelegt.  Inzwischen  haben  aber  die  Vorgänge 
in  Wadai  den  Mittelpunkt  der  französischen  Verwaltungstätigkeit  von 
Fort  Lamy  weiter  nach  dem  Osten  verlegt.  Damit  hat  für  Frankreich 
der  zweite  Anschluß  weg  des  Tschad- Systems  an  den  Weltverkehr  über 
den  Kongo — Ubangi — Fort  de  Possei — Fort  Sibut — Fort  Crampel  — 
Schari  an  Bedeutung  gewonnen.  Frankreich  hat  die  Mittel  bereitgestellt, 
um  die  bisherige  Trägerstraße  vom  Ubangi  nach  Fort  Crampel  durch  eine 
6  m  breite,  fahrbare  Straße  zu  ersetzen.  Diese  Straße  ist  zurzeit  im  Bau. 
Sie  soll  mit  so  festem  Unterbau  angelegt  werden,  daß  auch  Automobillast- 
züge darauf  verkehren  können  und  für  einen  späteren  Eisenbahnverkehr 
nur  Schienen  auf  den  Fahrdamm  gelegt  zu  werden  brauchen  (?).  Die 
Entfernung  zwischen  dem  Kongo- Schiffahrtswege  und  dem  südlichsten 
schiffbaren  Punkte  des  Schari  beträgt  ebenfalls  etwa  300  km. 

Diese  beiden  Anschlußwege  gehen  nach  Süden  zum  Kongo-Becken. 
Es  besteht  aber  noch  ein  dritter  Anschlußweg,  nämhch  nach  Westen  über 
den  Niger  zum  Atlantischen  Ozean.  Dies  ist  der  Benue-Mao  Kabi-Weg, 
der  durch  das  November-Abkommen  ganz  deutsch  geworden  ist  und 
wegen  der  Vereinbarung  über  die  französische  Etappenstraße  das  poli- 
tische Interesse  auf  sich  gelenkt  hat.  Über  die  Verkehrsmöglichkeit 
auf  diesem  Wege  haben  sich  zum  Teil  falsche  Vorstellungen  gebildet. 
Das  Mao  Kabi- Verkehrsproblem  soll  daher  hier  etwas  ausführlicher  be- 
handelt werden.  Auf  der  einen  Seite  ist  der  Schiffahrtsweg  des  Logone, 
auf  der  anderen  der  des  Niger  und  des  Benue.  Der  Niger  selbst  ist  zwischen 


—     95     — 

Burutu  und  Lokoja,  \\()  der  Benuü  einmündet,  lur  ii<>cliseedampfer  bei 
höherem  Wasserstande  schiffbar.  Bei  niedrigstem  Wasserstande,  also 
das  ganze  Jahr,  kann  er  bis  dahin  mit  Dampfern  von  300  t  Nutzlast 
befahren  werden.  Der  Kameruner  Regierungsdampfer  Herzogin  Elisal)eth 
hat  selbst  schon  den  für  Garua  bestimmten  Regierungsbedarf  bis  nach 
Lokoja  gebracht.  Von  Lokoja  bis  Garua  hegen  die  Schiffahrtsverhältnisse 
auf  dem  Benue  folgendermaßen:  in  der  Zeit  des  höchsten  Wasserstandes 
(Juli,  August,  September)  sind  schon  800  t-Dampfer  bis  nach  Yola  ge- 
konnnen.  Zwischen  Yola  und  Garua  wird  die  Schiffahrt  durch  eine  Untiefe 
erschwert.  Trotzdem  können  während  der  Hochwasserzeit  im  August 
und  September  400  t-Dampfer  und  Juli  bis  Oktober  30  t-Dampfer  bis 
nach  Garua  kommen.  Vom  Oktober  bis  Januar  kann  der  Wasser\'erkehr 
nach  Garua  nur  mit  großen  Stahlkanus  aufrecht  erhalten  werden.  In 
der  Zeit  des  tiefsten  Wasserstandes  ist  aber  auch  dieser  Verkehr  mit 
Stahlkanus  in  Frage  gestellt. 

Durch  die  Berhner  Generalakte  von  1885  ist  zwar  die  Freiheit  der 
Schiffahrt  auf  dem  Niger  gewährleistet;  tatsächhch  übt  dort  aber  die 
Niger-Compagny  ein  Schiffahrtsmonopol  aus,  da  andere  Schiffahrts- 
untemehmungen  dort  nicht  bestehen.^)  Die  deutschen  Regierungstrans- 
porte sind  bisher  in  der  Weise  nach  Garua  gebracht  worden,  daß  von  der 
Niger-Compagny  ein  Dampfer  gechartert  wurde.  Der  Charterpreis 
beträgt  für  die  Fahrt  von  Burutu  nach  Garua  900  Pfd.  St.,  für  die  Rück- 
fahrt 100  Pfd.  St.,  insgesamt  also  1000  Pfd.  St. 

Das  Problem  besteht  nun  darin,  wie  die  im  Verhältnis  zur  Länge 
des  Niger-Benue  und  des  Logone  kurze  Unterbrechung  von  etwa  400  km 
zwischen  Garua  und  Logone  über^vunden  und  eine  brauchbare  Verkehrs- 
verbindung zwischen  den  beiden  Flußsystemen  hergestellt  werden  kann. 

Dieses  Verkehrsproblem  hat  eine  schon  ziemlich  weit  zurückreichende 
Geschichte.  Schon  1852  lernte  Barth  auf  seiner  ersten  Reise  in  das  Musgum- 
Land  die  außerordentlich  niedrige  Wasserscheide  zwischen  dem  Logone 
und  dem  Tuburi  kennen  und  sprach  die  jetzt  bestätigte  Vermutung  aus, 
daß  hier  wenigstens  zur  Regenzeit  eine  ununterbrochene  Wasserverbindung 
zwischen  dem  Tschadsee  und  dem  Benue  bestehen  könne.  Erst  ein 
halbes  Jahrhundert  später  hat  die  französische  Regierung  die  Erforschung 
dieses  Problemes  ernstlich  in  Angriff  genommen.  Im  Jahre  1902  hat 
im  Auftrage  der  französischen  Regierung  Löfler,  1903  Lenfant,  1906 
Faure,  1909/10  und  1910/11  Mercier  das  Mao  Kabi-Gebiet  erforscht. 


')  Bis  vor  wenigen  Jahren  hat  auch  eine  deutsche  Firma  dort  einen  Sclüff- 
fahrtsverkehr  in  kleinem  Umfange  unterhalten.  Die  Firma  hat  jetzt  diesen  Verkehr 
aber  aufgegeben. 


-    96    - 

Nach  den  Berichten  dieser  Forscher,  besonders  nach  dem  des  letzteren^) 
(Afrique  Frangaise  1911,  Renseignements  coloniaux,  S.  2y6ii.)  steht 
das  Problem  heute  auf  folgendem  Stande.  Der  Benue  erhält  oberhalb 
Garua  einen  Nebenfluß,  den  Mao  Kabi,  der  in  seinem  Oberlaufe  —  hier 
Kabia  genannt  —  sich  dem  Logone  bis  auf  etwa  35  km  nähert,  dann  den 
Tuburi-See  durchfließt  und  bei  Lere  zwei  seenartige  Erweiterungen 
bildet.  Zur  Hochwasserzeit  ist  dieses  See-  und  Fluß- System  durch  zwei 
Wasserarme  mit  dem  Logone  verbunden,  einmal  südhch  vom  Tuburi 
durch  die  Senkung,  die  sich  von  Ere  (am  Logone)  zum  Kabia  hinzieht; 
dann  nördlich  vom  Tuburi  durch  den  nördlichen  Abfluß  des  Fianga-Sees, 
den  sogenannten  Galdiam,  zum  Logone.  Diese  zweite  Verbindung  ist 
im  Jahre  1903  von  Lenfant^)  benutzt  worden,  um  auf  dem  Wasser- 
wege vom  Meere  zum  Logone  zu  kommen.  Er  hat  dabei  gefunden,  daß 
der  Galdiam  während  der  Hochwasserzeit  vom  August  bis  Oktober 
etwa  IG — 12  Wochen  lang  mit  Kähnen  von  60  cm  bis  i  m  Tiefgang  be- 
fahren werden  kann.  Da  der  Galdiam  aber  über  deutsches  Gebiet  führt, 
haben  die  späteren  französischen  Forschungen  sich  mehr  der  südlichen 
Verbindung  zugewendet.  Nach  den  letzten  Berichten  aus  den  Jahren 
1910  und  1911  liegen  unter  Benutzung  dieser  südlichen  Verbindung 
die  Verkehrsverhältnisse  von  Garua  bis  zum  Logone  folgendermaßen: 

1.  Der  Mao  Kabi  ist  z\\ischen  Garua  und  Lere  bei  hohem  Wasser- 
stande im  Juli,  August  und  September  für  30  t-Dampfer  fahrbar.  In 
den  übrigen  Monaten  verhindern  die  Schnellen  bei  Bipare  ein  weiteres 
Aufwärtskommen  der  Dampfer.  In  den  Monaten  Juni  bis  November 
ist  der  Schiffahrtsverkehr  daher  auf  Stahlkanus  angewiesen  und  in  der 
Zeit  des  tiefsten  Wasserstandes  kommen  nur  die  kleinen  Eingeborenenboote 
in  Betracht. 

2.  Von  Lere  bis  zur  Mündung  des  Mao  TaUa  können  das  ganze  Jahr 
kleine  Eingeborenenboote  fahren ;  im  September,  Oktober  und  November 
große  Frachtkähne  mit  60  cm  Tiefgang. 

3.  Von  hier  ab  aufwärts  ist  die  Schiffahrt  unterbrochen  durch  den 
70 — 80  m  hohen  Gauthiot- Wasserfall. 

4.  Oberhalb  des  Wasserfalls  ist  der  Mao  Kabi  wieder  schiffbar  vom 
Poste  du  rocher  über  den  Tuburi-See  bis  nach  Pogo  und  z\var  mit  kleinen 
Eingeborenenbooten  während  des  ganzen  Jahres,  mit  Frachtkähnen  von 
60  cm  Tiefgang  und  2^4  t  Nutzlast  im  September,  Oktober  und  November 
auf  der  ganzen  Strecke  und  vom  September  bis  Januar  auf  dem  Tuburi-See. 


1)  Der  von  anderer  Seite  aber  als  nicht  überall  zuverlässig  bezeichnet  wird. 

2)  Diese  Reise  wird  von  Lenfantin  seinem  Buche  ,,La  grande  route  du  Tchad" 
beschrieben. 


—     97     — 

5-  Auf  den  Strecken  von  Pof^o  nach  Ere  oder  Pogo  nach  Harn  besteht 
zwair  bei  Hociuvasser  für  kurze  Zeit  eine  Verbindung.  Der  Tuburi-See 
wird  zu  dieser  Zeit  über  den  Kabia  \on  dem  Hochwasser  des  Logone 
gespeist.  Für  den  Schiffahrtsverkelir  kommt  diese  Verl^nthmg  al)er  fast 
nicht  in  Betracht,  da  sie  zu  kurze  Zeit  dauert  und  nur  mit  kleinen  Fahr- 
zeugen benutzbar  ist. 

Die  schiffbaren  Strecken  werden  also  durch  zwei  Strecken  unter- 
brochen, auf  denen  eine  Schiffahrt  nicht  möghch  ist,  nämhch  i.  zwischen 
der  Mündung  des  Mao-Talla  und  dem  Poste  du  rocher  und  2.  zwischen 
Pogo  und  Ere  oder  Ham.  Die  erste  Strecke  kann  entweder  auf  dem  rechten 
Ufer  des  Mao  Kabi  umgangen  werden  über  Hellebore,  Mao-Lede  und 
Burao  oder  auf  seinem  linken  Ufer.  Der  Landweg  auf  der  rechten  Ufer- 
seite hat  sich  trotz  der  größeren  Länge  als  leichter  er^viesen,  da  der  Weg 
auf  der  linken  Seite  mehrere  Flußläufe  zu  kreuzen  hat,  durch  Über- 
schwemmungsgebiet geht  und  nur  wenige  Dörfer  berührt. 

Danach  steht  also  fest,  daß  zNvischen  Lere  und  dem  Logone  nur  wäh- 
rend dreier  Monate  mit  Frachtkähnen  ein  Schiffahrtsverkehr  möglich 
ist,  der  durch  zwei  nicht  schiffbare  Strecken  unterbrochen  wird.  Während 
der  übrigen  9  Monate  ist  ein  Frachtverkehr  so  gut  wie  ganz  ausgeschlossen. 
Aus  dieser  Feststellung  ergibt  sich  ohne  weiteres,  daß  der  Wasserweg 
praktisch  als  Verkehrsmittel  nur  wenig  in  Betracht  kommen  kann.  Die 
wiederholte  Umladung  und  Neuanwerbung  von  Trägem  verteuern  und 
verlängern  die  Verbindung  um  das,  was  auf  den  schiffbaren  Strecken 
durch  die  Benutzung  des  Wasserweges  erspart  oder  gewonnen  werden 
kann.  In  französischen  Kreisen  ist  man  durch  die  Tatsache  der  bestehen- 
den Wasser\'erbindung  lange  Zeit  gewissermaßen  fasziniert  gewesen 
und  hat  geglaubt,  an  dem  Gedanken,  diese  Wasserverbindung  auch  prak- 
tisch für  den  Verkehr  nutzbar  zu  machen,  festhalten  zu  müssen. 

Seit  den  letzten  Feststellungen  Merciers ,  die  der  obigen  Darstellung 
zugrunde  liegen,  scheint  man  aber  die  Unmöglichkeit,  diesen  Plan  durch- 
zuführen, erkannt  zu  haben.  Die  letzten  Pläne  der  französischen  Regie- 
rung waren  daher.  Lere  mit  Pogo  durch  einen  Landweg  über  Binder, 
Burao,  Fianga,  Morfoudai  zu  verbinden.  Dafür  sind  92  000  Franken 
bewilligt  worden.  Nach  dem  neuesten  Berichte  soll  mit  dem  Bau  der 
Straße  Lere-Binder-Burao  bereits  begonnen  worden  sein.  Wie  die  \'er- 
bindung  von  Pogo  zum  Logone  weiter  zu  führen  ist.  darüber  gehen  die 
Vorschläge  auseinander.  Von  der  einen  Seite  wird  befürwortet,  in  der 
Senkung  zwischen  Pogo  und  Ere  einen  i — 2  m  breiten  Kanal  auszuheben 
und  in  diesem  Falle  auch  den  Tuburi-See  von  Burao  ab  als  Wasserweg 
zu  benutzen,  so  daß  der  Landweg  also  nur  bis  Burao,  nicht  bis  Pogo 
ginge.   \*on  anderer  Seite  und  zwar  besonders  von  Mercier  \nrd  dagegen 

Veröffcntl.  d.  Reichskolonialamte«  Kr.  4:  Ritter.  / 


empfohlen,  den  Wasserweg  ganz  aufzugeben  und  die  ganze  Strecke  von 
Lere  bis  Ere  auf  dem  Lande  zurückzulegen.  Mercier  hält  auch  die 
Möglichkeit,  den  Kabia  und  Logone  durch  einen  Kanal  zu  verbinden, 
technisch  für  durchaus  nicht  sicher,  da  durch  den  Kanal  möglicherweise 
die  Abfluß  Verhältnisse  ganz  verändert  werden.  Mercier  empfiehlt, 
die  Straße  in  derselben  Weise  anzulegen,  wie  die  deutsche  Verbindungs- 
straße zwischen  Deutsch-Binder  und  Golombe.  Das  Gelände  sei  für 
die  Anlegung  einer  Straße  günstig.  Größere  Erdarbeiten  seien  nur  zwi- 
schen Lere  und  Hellebore  notwendig.  Auf  der  übrigen  Strecke  läuft  die 
Straße  auf  vollständig  ebenem  Gelände.  Nur  auf  dem  Übergange  über 
den  Tuburi  zwischen  Fianga  und  Morfudai  sei  es  nötig,  auf  eine  Strecke 
von  einigen  Kilometern  einen  2  m  hohen  Straßendamm  zu  errichten 
und  den  Tuburi  mit  einer  15  m  breiten  Brücke  zu  überbrücken.  Als  Be- 
förderungsmittel schlägt  Mercier  kleine,  leichte  Lastwagen  vor,  von 
welchen  drei  eine  Tonne  befördern  können.  Die  kleinen  ausdauernden 
Sara-Pferdchen  böten  ein  geeignetes  Zugmaterial.  Zum  Tragen  von  Lasten 
haben  sie  sich  ebenso  wie  die  einheimischen  Rinder  als  ungeeignet  er- 
wiesen. Ebenso  sind  die  Eingeborenen  selbst  an  Tragarbeit  nicht  gewöhnt 
und  lehnen  sich,  obwohl  sie  im  allgemeinen  nicht  gerade  zu  Widerstand 
geneigt  sind,  dagegen  auf.  Die  Eingeborenen  der  nördhchen  Gebiete 
wandern,  wie  sich  auf  der  Straße  Fort  de  Possei — Fort  Crampel  gezeigt 
hat,  lieber  aus,  als  daß  sie  regelmäßige  Trägerdienste  leisten.  Die  Strecke 
Lere — Ere  ist  nach  Mercier  mit  kleinen  Lastwagen  in  7  Tagesstrecken 
zurückzulegen,  so  daß  die  Transportkosten  sich  für  eine  Tonne  auf  etwa 
35  Franken  stellen  würden,  während  sie  bei  einem  von  ihm  ausgeführten 
kombinierten  Träger-  und  Schiffahrts-Transporte  265  Franken  betrugen. 

Diese  Straßenverbindung  war  von  der  französischen  Regierung 
nur  als  vorläufig  geplant.  Neben  ihr  war  für  später  eine  Eisenbahn  in 
Aussicht  genommen  (vgl.  Art.  8  des  November- Abkommens).  Diese 
Bahn  ist  auch  von  deutscher  Seite  schon  früher  und  jetzt  wieder  befür- 
wortet worden  (Passarge,  Moisel).  Mercier  ist  der  Ansicht,  daß 
das  Gelände  sehr  wenig  Schwierigkeiten  für  die  Linienführung  biete. 
Auf  einem  großen  Teile  des  Strecke  könnten  die  Schienen  einfach  auf 
den  Erdboden  gelegt  werden.  Größere  Arbeiten  seien  nur  bei  der  Über- 
schreitung des  Tuburi  und  vielleicht  im  Ufergebiete  des  Logone  not- 
wendig. 

Wenn  wir  nach  der  Besprechung  des  Schiffahrtsverkehrs  bei  den 
zurzeit  vorhandenen  Verkehrsmitteln  bleiben,  so  kommen  ^^dr  gleich  zu 
dem  primitivsten,  dem 


—     99    — 

Trägerverkehr.  §  32. 

tber  die  Geeignetheit  der  eingeborenen  Bevölkerung  zur  Trägerarbeit 
wird  in  dem  Kapitel  über  die  Arbeiterfrage  zu  sprechen  sein.  Der  Träger- 
verkehr vollzieht  sich  im  L  nvalde,  wie  auch  sonst  in  Afrika,  auf  den 
schmalen,  vielfach  gewundenen  Eingeborenenpfaden,  die  die  größeren 
Eingeborenen-Niederlassungen  miteinander  verbinden.  Zur  Verbesserung 
dieser  Pfade  ist  bis  jetzt  wenig  geschehen.  Auf  einzelnen,  wichtigeren 
\'erbindungswegen  ist  im  Urwaldgebiete  versucht  worden,  die  Träger- 
pfade zu  verbreitern  und  zu  verkürzen,  so  entlang  der  Südgrenze  von 
Spanisch-Guinea  und  auf  dem  Träge rwege  von  Ndjole  nach  Kandschama,*) 
Der  erstere  läuft  um  die  Südostecke  von  Spanisch-Guinea  und  ist  im 
Norigen  Jahre  auf  eine  Strecke  von  60  km  ausgehauen  und  verbreitert 
worden.  Die  Erbauung  eines  Regierungsweges  von  Libreville  nach 
Nzork  war  für  1912  beabsichtigt.  Ein  dichteres  Wege-  und  Pfadenetz 
scheint  die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  nach  ihrem  Berichte  vom 
Januar  1912  in  ihrem  Haupttätigkeitsgebiete  am  mittleren  und  oberen 
Sanga  angelegt  zu  haben.-)  Die  Erbauung  einer  Regierungsstraße  von 
Nola  nach  Kamba-Oro  am  Bodinke  war  für  1912  beabsichtigt.  Auf  dem 
Hochlande  von  Jade  und  weiter  im  Norden,  wo  das  Gelände  freier 
ist,  bieten  sich  dem  Fortkommen  der  Trägerkarawanen  nicht  mehr  so 
große  Schwierigkeiten  wie  im  Urvvalde.  Die  Traglasten  betragen  je  nach 
der  zur  Verfügung  stehenden  Bevölkerung  20 — 30  kg.  Als  täglicher 
Trägerlohn  soll  angeblich  von  der  französischen  Regierung  für  Gabun 
ein  Satz  von  2  Franken  festgesetzt  sein,  wobei  der  Träger  für  seine  Ver- 
pflegung selbst  zu  sorgen  hat.  Dieser  Satz  müßte,  wenn  er  tatsächlich 
bestünde,  im  Verhältnis  zu  den  sonst  in  Westafrika  bestehenden  Sätzen 
als  sehr  hoch  bezeichnet  werden.  Für  den  Norden  gibt  Mercier  den 
Traglohn  auf  0,95  Franken  für  den  Tag  einschließlich  Verpflegung  und 
leerer  Rückwanderung  an. 

Wo  im  Urwalde  die  Trägerpfade  ausgeschlagen  sind,  hat  man  \'er- 
einzelt  Esel  und  Maultiere  als  Lasttiere  verwendet.  So  hat  die  Cie.  Haut- 
Ogooue  für  den  Transport  von  Ndjole  nach  Kandschama  ein  Dutzend 
Esel  eingestellt;  auch  im  Küstendreiecke  sollen  Esel  verwendet  werden. 
Die  Versuche,  im  Norden  das  Pferd  und  Rind  als  Lasttier  zu  verwenden, 


')  Nach  einem  während  der  Drucklegung  eingegangenen  Berichte  soll  der 
Weg  zwischen  Minwul  und  Minkebc  von  Minwul  aus  auf  2  Tagreisen  ausgebaut 
sein.  Ebenso  einige  Strecken  bei  Alati.  Zwischen  Minkcbe  und  Vadi  soll  ein 
Weg  im  Bau  sein. 

*)   Vgl.  die  Karten  am   Schlüsse. 

7* 


—      lOO      — 

haben  wenig  Erfolg  gezeigt ;  doch  wird  es  vielleicht  nur  darauf  ankommen, 
die  Tiere  an  diese  ihnen  ungewohnte  Arbeit  zu  gewöhnen. 

In  einem  Lande  mit  so  vielen  natürhchen  Schiffahrtsstraßen  fallen 
natürlich  die 

Handelsstraßen 

—  hier  nicht  als  Straßen  im  technischen  Sinne  aufgefaßt,  sondern  als 
die  Richtungen,  in  welchen  die  Handelstransporte  verlaufen  —  großen- 
teils mit  den  Schiffahrtswegen  zusammen.  Von  den  Straßen,  auf  welchen 
sich  der  Handel  unabhängig  von  der  Flußschiffahrt  vollzieht,  sind  haupt- 
sächlich die  Trägerwege  zu  nennen,  die  in  Ekododo  zusammenlaufen; 
einer  von  der  Bucht  von  Gabun  über  Akolinam,  Aza,  Ntum;  ein  zweiter 
von  Ndjole;  der  dritte  schon  mehrfach  erwähnte,  der  an  der  Südgrenze 
von  Spanisch- Guinea  entlangläuft.  Das  Binnendreieck  wird  von  einer 
ziemlich  häufig  begangenen,  von  Ebolowa  über  Minwul  und  Ojem  süd- 
hch  dem  Lara  entlang  nach  dem  Ogowe-Becken  verlaufenden  Handels- 
straße gekreuzt.  Auf  diesen  Weg  verlegen  die  Eingeborenen  dieses  Ge- 
bietes in  den  letzten  Jahren  mehr  und  mehr  den  Handelsverkehr,  den 
sie  früher  zur  Küste  von  Spanisch- Guinea  unterhalten  haben.  Weiter 
im  Osten  werden  die  Schiffahrtsendpunkte  Madschingo  und  Ngoila 
durch  eine  Handelsstraße  verbunden,  die  den  Kudu  entlang  über  Sembe 
verläuft.  Von  Ngoila  und  Dongo  führt  auch  westlich  nach  Suanke  und 
Ntam  ein  Handelsweg.  Im  Ostgebiete  laufen  in  Karnot  mehrere  Handels- 
straßen zusammen.  Die  eine  von  Kunde,  die  früher,  bevor  in  Kunde 
ein  Zollposten  errichtet  worden  ist,  von  den  Haussa-Händlern  dazu 
benützt  worden  sein  soll,  deutsche  Waren  aus  Kamerun  unverzollt  in 
französisches  Gebiet  zu  bringen.  An  den  bis  nach  Karnot  reichenden 
Schiffahrtsweg  des  Mambere  schließen  sich  zwei  Handelswege  nach 
Norden  an;  der  eine  den  Nana  entlang  über  Buala,  Jade  nach  dem 
Logone;  der  andere  über  Buar  nach  dem  Pende;  vom  Osten  her  endigt 
die  Handelsstraße  Bangi-Buda-Kolongo  in  Karnot.  Die  zuletzt  genannten 
Straßen  werden  hauptsächlich  vom  Viehhandel  benutzt.  Im  Norden 
ist  die  Handelsstraße  zu  nennen,  die  von  Ngaundere  den  Wina  und 
Logone  entlang  bei  Baibokum  aus  dem  Hochlande  in  die  Logone-Ebene 
kommt  und  bei  Gore  die  neue  Grenze  überschreitet.  Dieser  Weg  wird 
hauptsächlich  von  Haussa-Händlern  für  den  Gummi-,  Wachs-  und  Honig- 
handel benutzt. 
§  33-  Nachdem    die    zurzeit    bestehenden    Verkehrsmöglichkeiten    darge- 

stellt sind,  werden  im  folgenden  die  auf  den  verschiedenen  Verkehrs- 
wegen erwachsenden  Kosten  der  Güterbeförderung  zusammengestellt. 
Die  Seefrachtkosten  von  Le  Hävre  und  Bordeaux  nach  der  Küste  von 


—       lOI       — 

Gabun  betragen  je  nach  den  einzelnen  Aiiiktln  auf  den  Dampfern  der 
Wocrmann- Linie  und  der  Chargeurs  Rcunis  durchschnitthch  30 — 60 
Franken  pro  Tonne.  \'on  Duala  nach  Libreville  berechnet  die  Woer- 
mann-Linie  rund  25  Franken  für  den  cbm.  Dazu  kommen  10 — 2C  Franken 
L'mladekosten  an  der  Küste. 

Die  folgenden  Angaben,  die  zum  großen  Teil  einem  Berichte  des  Ab- 
geordneten Metin  entnommen  sind,  beziehen  sich  auf  den  Transport  von 
der  Küste  oder  den  Endpunkten  der  Seeschiffahrt  nach  den  genannten 
Bestimmungsorten. 

l. 

Ogowe-Weg.^) 

pro  Tonne 

Von  Xdjole  nach  Lara 650  Franken 

,,     Lara  nach  Nzork 460 

,,     Xdjole  nach  Booue 6S0 

„  „      Makoku 1680 

„     Vadi 1975 

„      Viel 2075 

,,  ,,      Madschingo 2175 

IL 
Kongo-Sang  a-Weg.^) 

Von  Matadi  nach  Vadi 1005  Franken^) 

Viel 905  .,3) 

Madschingo S05  ,,     ^) 

,,          ,,       Molundu  (befördert  durch  die  Süd- 
kamerun-Gesellschaft)        575  Mark*) 

III. 
Verbindung  nach   dem   Tschad. 
I.  Über  den  Kongo  und  Schari. 
Von  Matadi  nach  Fort  Lamy 1287  Franken 

')  Die  Beförderung  wird  auf  diesem  Wege  hauptsächlich  durch  Cie.  Haut- 
Ogowe  ausgeführt. 

*)  Die  Frachtkosten  nach  den  Stationen  der  Ubangi-  und  den  übrigen  Stationen 
der  Sanga-Linic  sind  aus  den  in  §  28  angegebenen  Tarifen  der  Kongobahn  und  den 
im   Anhange   IV  zu  findenden   Frachtsätzen  der  Mcss.  Fluv.  zu  errechnen. 

')   Satze    der    Mess.    Fluv.    für   die    Beförderung    über    Kongo-Sanga-Ngoko. 

*)    Satz   der  Süd-Kamerun-Gesellschaft    für   deutsche    Kegierungstransporte. 


—      102      — 

Diese  Transportkosten    setzen    sich    nach    einzelnen  Strecken    zu- 
sammen wie  folgt: 

Matadi — Kinchassa 220  Franken 

Kinchassa — Brazzaville  (Ges.  Citas) 25 

Brazzaville — Bangi  (Mess.  Fluv.)      250 

Bangi — Fort  Sibut  (Transportunternehmung  Otto) .    .    ,  320 

Fort  Sibut — ^Fort  Crampel  (Beginn  der  Schari- Schiffahrt)  240 

Fort  Crampel — Fort  Archambault 74 

Fort  Archambault — Fort  Lamy  (Ges.  Uam-Nana)  .    .    .  158 


1287  Franken 

Die  Frachtdauer  beträgt  auf  diesem  Wege  im  ganzen  etwa  8 — 12  Monate; 
bei  größter  Beschleunigung  können  Reisende,  die  durch  Gepäck  nicht 
behindert  sind,  in  90  Tagen  von  Frankreich  nach  Fort  Lamy  kommen. 

2.  Über  den  Niger — Benue. 

Mercier  berechnet  die  Kosten  wie  folgt: 

Buratu — Lere 275  Franken 

Lere — Logone 265 

Logone — Lamy ^ 70         ,, 

Durchgangszoll  in  Garua 30         ,, 

so  daß  sich  mit  der  Fracht  von  Frankreich  zur  afrikanischen 

Küste 60 


die  Kosten  über  den  Niger — ^Benue  auf 700  Franken 

stellen,  während  sie  über  den  Kongo — Schari 1347 

betragen.  Die  Frachtdauer  beträgt  über  den  Nigerweg  höchstens  8  Mo- 
nate; Eilposten  können  Fort  Lamy  auf  diesem  Wege  in  64  Tagen  er- 
reichen. 

Für  den  Fall,  daß  zwischen  Lere  und  Ere  Wagenverkehr  eingeführt 
wird,  ermäßigen  sich  nach  Mercier  die  Kosten  über  den  Niger — Benue 
auf  etwa  500  Franken. 

Der  Abgeordnete  Metin  berechnet  in  seinem  Kammerberichte 
vom  12.  Juli  1911  die  Frachtkosten  über  den  Niger — Benue  auf  829  Franken 
pro  Tonne. 

Aus  dieser  Zusammenstellung  geht  hervor,  daß  für  das  Tschadsee- 
gebiet des  Niger — Benue-Weg  dem  Ubangi-Wege  an  Zeit  und  Kosten 
bedeutend  überlegen  ist.  Diese  Überlegenheit  kann  nach  Einführung 
eines  Wagenverkehrs  an  Stelle  des  Trägerverkehrs  zwischen  dem  Ubangi 
und  Fort  Crampel  in  dem  gleichen  Abstände  nur  dann  erhalten  werden, 
wenn  auch  zwischen  Lere  und  Ere  der  Träger-  und  Schiffahrtsverkehr 


—     I03     — 

durch  den  W'agenverkchr  ersetzt  wird.  Für  das  Südgebiet  geht  aus 
der  Zusammenstellung  her\or,  daü  über  den  Kongo -Sanga  heute 
billiger  befördert  wird  als  über  den  Ogowe-hvindo.  Wenn  man  berück- 
sichtigt, daß  in  den  Tonnenkosten  der  Mes.  Fluv.  über  den  Sanga — Ngoku 
nach  Madschingo  noch  ein  Überlandtransjxjrt  vom  Ngoko  nach  dem 
Dschua  enthalten  ist,  so  stellen  sich  die  Sätze  der  Südkamerun- Gesell- 
sciiaft  und  der  Mess.  Fluv.  ungefähr  gleich  hoch. 
Was  die 

Eisenbahnen  §  34- 

anlangt,  so  ist  zunächst  darauf  hinzuweisen,  daß  in  ganz  Französisch- 
Äquatorial-Afrika,  das  dreimal  so  groß  ist,  wie  Alt-Kamerun,  bisher 
noch  keine  einzige  für  den  allgemeinen  Verkehr  in  Betracht  kommende 
Eisenbahn  vorhanden  ist.  Zahlreich  sind  dagegen  die  Eisenbahnpläne, 
die  in  französischen  Kolonialkreisen  seit  langem  bestehen.  Wenn  bei  der 
folgenden  Besprechung  von  diesen  Eisenbahnplänen  das  ausgeschieden 
wird,  was  für  absehbare  Zeit  in  das  Reich  der  Phantasie  zu  verweisen 
ist,  so  bleiben  zwei  greifbare  Bahnprojekte  zur  Besprechung  übrig.  Das 
eine  betrifft  die  Südbahn,  die  Brazzaville  mit  Pointe-Xoire  am  Atlan- 
tischen Ozean  verbinden  soll;  das  zweite  die  Nordbahn,  die  von  einem 
Hafen  der  Nordküste  aus  Gabun  bis  zu  einem  schiffbaren  Punkte  des 
Sanga  oder  Likuala-Mossaka  durchqueren  soll.  Das  erste  Bahnprojekt 
kommt  zwar  örtHch  für  das  deutsche  Gebiet  nicht  in  Betracht.  Als  \'er- 
bindungsweg  zwischen  dem  Meere  und  dem  Kongo-Schiffahrtsnetze  wird 
seine  Durchführung  aber  für  die  Schiffahrt  auf  den  deutschen  Flüssen 
wichtig  sein.  Es  schließt  sich  an  die  bestehende  Privatbahn  Brazza\ille- 
Minduli  an,  die  als  schmalspurige  Bahn  zur  Ausbeutimg  der  Kupferlager 
bei  Minduli  erbaut  worden  ist.  Diese  Kleinbahn  soll  ausgebaut  und  bis 
Pointe-Noire  verlängert  werden  und  nach  Errichtung  großer  Hafenan- 
lagen in  Pointe-Noire  die  französischen  Transporte  \on  der  belgischen 
BahnMatadi — Leopoldville  unabhängig  machen.  Die  Bahn  wird  zwar  etwas 
länger  sein  als  die  belgische;  bei  dem  hohen  Tarife  der  belgischen  Bahn 
ist  ihre  Konkurrenzfähigkeit  aber  nicht  in  Farge  gestellt.  Die  Monopol- 
stellung der  belgischen  Eisenbahn-Gesellschaft  wird  durch  diese  Kon- 
kurrenzlinie geblochen  werden,  und  dadurch  eröffnet  sich  die  .Aussicht, 
daß  die  Transporte  auf  dem  Kongo  in  Zukunft  nicht  mehr  in  dem  Maße 
durch  die  Bahnfracht  verteuert  werden  wie  bisher.  Nach  Art.  13,  Abs.  2 
und  Art.  14  des  November-.-\]>k(immens  hat  die  deutsche  Regierung 
sich  die  Benutzung  dieser  Bahn  für  deutsche  Truppentransporte  und  die 
gleichen  Tarifsätze  wie  für  französische  Transporte  gesichert.  Die  Vor- 
arbeiten für  den  Bahnbau  sind  beendigt;    die  Trasse  ist   festgelegt  und 


—     104    — 

die  nötigen  Kredite  für  die  Inangriffnahme  der  Arbeiten  sind  bewilligt. 
Nach  den  neuesten  Meldungen  soll  auch  mit  den  Erdarbeiten  schon  be- 
gonnen sein. 

Das  Nordbahnprojekt  hat  für  das  deutsche  Gebiet  Interesse,  weil 
die  Trasse  in  der  Nähe  der  Grenze  verlaufen  soll.  Dieses  Bahnprojekt 
\vird  schon  seit  ungefähr  20  Jahren  behandelt.  Verschiedene  Erkundungs- 
expeditionen haben  die  technische  Durchführbarkeit  geprüft.  Dabei 
haben  die  Pläne  über  die  Linienführung  mehrfach  gewechselt.  Zuerst 
wollte  man  die  Bahn  von  Libreville  aus  über  Ndjole  (Endpunkt  der 
Schiffahrt  des  Ogowe  von  der  Küste  aus)  nach  Makua  am  Likuala-Mossaka 
bauen,  wo  dieser  anfängt,  schiffbar  zu  werden.  Später  richtete  sich  das 
Interesse  auf  eine  Bahn  Libreville — Ndjole — Wesso,  wobei  die  Bahn  durch 
das  jetzt  deutsche  Gebiet  geführt  werden  sollte.  Die  dahingehenden 
Erkundungen  haben  aber  die  technische  Undurchführbarkeit  dieses 
Projektes  ergeben  und  schon  vor  der  Abtretung  des  Südgebietes  an 
Deutschland  hatte  man  daher  eine  etwas  südlichere  Linie  in  Aussicht 
genommen.  Die  Bahn  sollte  danach  von  Libreville  und  der  Gabun-Bucht 
aus  entweder  nach  Ndjole  oder  nordwärts  nach  Nzork  an  der  Südost- 
ecke von  Spanisch- Guinea  laufen,  dann  weiter  den  Okano,  Abanga 
und  Mwung  querend,  den  Iwindo  in  der  Gegend  von  Makuku  und  Kan- 
dschama  treffen  und  nach  Ueberschreitung  des  Iwindo  von  da  ab  in 
gerader  Linie  nach  Wesso  führen.  Diese  Linie  geht  ziemhch  nahe  der 
neuen  deutschen  Südgrenze.  Durch  die  Abtretung  ist  das  politische 
Hinterland  dieser  Linie  bedeutend  beschnitten  worden.  Frankreich 
steht  daher  jetzt  vor  der  Frage,  ob  es  an  dem  Nordbahnprojekt  in  seiner 
bisherigen  Form  festhalten  oder  die  Linie  südlicher  legen  will  (Ndjole- 
Wesso  oder  Ndjole-Makua),  oder  ob  das  Bahnprojekt  ganz  aufgegeben 
werden  soll.  Die  bisher  vorliegenden  Äußerungen  nicht  verantworthcher 
französischer  Kolonialpolitiker  weisen  darauf  hin,  daß  es  nach  der  Ab- 
tretung erst  recht  notwendig  sei,  dieses  Bahnprojekt  auszuführen  und 
zwar  nach  Wesso,  damit  das  Südgebiet,  das  pohtisch  verloren  worden 
sei,  wirtschaftlich  behalten  oder  vielmehr  neu  gewonnen  werde.  Darüber 
hinaus  wird  noch  verlangt,  daß  von  der  in  dem  November- Abkommen 
enthaltenen  Berechtigung,  durch  deutsches  Gebiet  zu  bauen,  möghchst 
Gebrauch  gemacht  werde.  Aber  auch  in  den  maßgebenden  französischen 
Kolonialkreisen  scheint  an  dem  Nordbahnprojekte  festgehalten  zu  werden. 
Der  französische  Kolonialminister  hat  sich  darüber  in  der  Sitzung  der 
Deputiertenkammer  vom  14.  Dezember  191 1  folgendermaßen  geäußert: 
,,Es  wird  notwendig  sein,  auch  diese  Linie  zu  bauen.  Vielleicht  wird  die 
Trasse  etwas  geändert  werden  müssen;  aber  ich  halte  es  für  notwendig, 
möghchst  bald  mit  der  Strecke  Ndjole — Kandschama  zu  beginnen,  die, 


—     ig;     — 

den  Schiffahrtsweg  des  Ogowe  verlängernd,  den  Verkehr  des  ganzen 
Ogowe-  und  Iwindo- Gebietes  aufnehmen  und  im  Bedarfsfalle  das  \'or- 
dringen  bis  Wesso  und  nötigenfalls  darüber  hinaus  ermöglichen  wird." 
In  demselben  Sinne  soll  sich  der  General-Gouverneur  für  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  inzwischen  geäußert  haben.  Nach  den  letzten  Mel- 
dungen ist  im  Norden  Gabuns  an  der  neuen  Südgrenze  zurzeit  eine  neue 
Expedition  tätig,  die,  nachdem  die  früheren  Expeditionen  nur  das  Ge- 
lände in  großen  Zügen  aufgenommen  haben,  die  Trasse  der  Nordbahn  end- 
i^ültig  festlegen  soll.  Von  dem  Ergebnis  dieser  Expedition  wird  es  ab- 
hängen, ob  die  Linie  über  Ndjole  gehen  wird,  also  an  das  schiffbare  Stück 
des  Ogowe  anschließt,  oder  ob  die  Bahn  von  Libreville  direkt  nach  Osten 
über  den  Iwindo  nach  Wesso  gebaut  werden  soll.  Auf  jeden  Fall  wird 
damit  zu  rechnen  sein,  daß  in  absehbarer  Zeit  mit  dem  Bau  der  Nordbahn 
Libreville — Wesso  oder  wenigstens  der  Strecke  Ndjole — Kandschama  be- 
gonnen ^vi^d.  Die  Baukosten  werden  auf  80 — 100  000  Franken  pro  km 
geschätzt;  bei  einer  Entfernung  von  150  km  zwischen  Libreville  und 
Ndjole  und  von  300  km  zwischen  Ndjole  und  Kandschama  werden  die 
Kosten  der  ersten  Teilstrecke  einschließhch  der  notwendigen  Hafen- 
bauten in  Owendo  bei  Libreville  auf  25  Mill.  Franken,  die  der  zweiten 
Teilstrecke  auf  35  Mill.  Franken  veranschlagt. 

Mehr    als   auf  dem  Gebiete  des  Eisenbahnbaues  ist  in  Französisch  §  35« 
Äquatorial-Afrika  bisher  für  die  Errichtung  von 

Telegraphenlinien 

geschehen.  Da  die  Benutzung  der  französischen  Telegraphenlinie,  die  den 
Ubangi  entlang  läuft,  den  deutschen  Behörden  nach  Art.  6  des  November- 
Abkommens  freisteht,  haben  auch  die  außerhalb  Neu-Kameruns  liegen- 
den französischen  Linien  für  Deutschland  Interesse.  Zurzeit  sind  fol- 
gende Telegraphenlinien  fertig: 

Libreville — Ndjole ; 

Libreville — Loango  (Pointe-Noire) ;  *) 

Loango — Brazzaville ; 

Brazzaville — Bangi. 

Die  letztere  Linie  ist  von  Brazzaville  bis  Irebu  an  die  belgische 
Telegraphenlinie  angeschlossen,  überschreitet  dann  den  Kongo  und  ver- 
läuft erst  von  Liranga  ab  auf  französischem  Gebiete.  Der  Sanga-\'or- 
■«pnuig  wird  von  ihr  also  nicht  gekreuzt,  sondern  nur  der  Ubangi-\'or- 


')  Diese  Linie  war  früher  eine  Übcrlandlinie.  Diese  ist  vor  kurzem  durch 
tin  Seekabel  ersetzt  worden,  das  am  i.  Mai  1912  dem  allgemeinen  Verkehr  über- 
geben worden  ist. 


—     io6     — 

Sprung.  Sie  soll  über  Fort  Crampel  und  Archambault  nach  Fort  Lamy, 
im  ganzen  2109  km,  weitergeführt  werden.  Nach  einer  Äußerung  des 
General- Gouverneurs  von  Französisch-Äquatorial- Afrika  vom  Oktober 
1911  sollte  die  Linie  Anfang  1912  bis  Fort  Crampel  fertig  sein,  und  die 
Fortsetzung  bis  Fort  Lamy  einige  Monate  später.  Ob  dies  der  Fall  sein 
wird,  bleibt  abzuwarten.  Nach  einer  amtlichen  Meldung  des  Journal 
Officiel  de  l'Afrique  Equatoriale  Fran9aise  ist  am  i.  Februar  1912  die 
169  km  lange  Strecke  Dongu — Betu  eröffnet  worden,  so  daß  anzunehmen 
ist,  daß  zurzeit  das  Stück  Brazzaville — -Bangi  ganz  in  Betrieb  genom- 
men ist.  Nach  einer  Meldung  in  Afr.  Fran^.  1908  S.  493  soll  Libreville 
auch  mit  Ekododo  an  der  Muni-Bucht  telegraphisch  verbunden  sein. 
Eine  Bestätigung  dafür  konnte  anderweit  nicht  gefunden  werden;  auf 
den  französischen  Karten  ist  die  Linie  nicht  eingezeichnet. 

Für  das  laufende  Jahr  1912  war  die  Inangriffnahme  der  Linien 
Brazzaville-Wesso  und  Bangi-Zemio  geplant,  auch  war  für  später  m 
Aussicht  genommen,  Karnot  mit  Wesso  und  Bangi  telegraphisch  zu  ver- 
binden. Die  Inangriffnahme  dieser  Linie  ist  zunächst  zurückgestellt 
worden,  bis  die  zurzeit  zwischen  Pointe-Noire  und  Brazzaville  gemachten 
Versuche  mit  drahtloser  Telegraphie  abgeschlossen  sind. 

Die  Funkenstation  in  Pointe-Noire  hat  im  vorigen  Jahre  schon  De- 
peschen über  500 — 700  Seemeilen  erhalten  und  entsendet.  Inz\rischen 
wird  die  Station  Brazzaville  fertig  geworden  sein.  Weitere  fünf  Stationen 
für  drahtlose  Telegraphie  sind  im  Tschadsee- Gebiete  in  Arbeit.  Sie 
sollen  Fort  Lamy  östhch  mit  Abecher  und  westlich  über  Nguigmi  (am 
Ostufer  des  Tschad)  mit  Zinder  und  dem  Telegraphennetze  in  Franzö- 
sisch-Westafrika  verbinden  und  damit  den  Anschluß  an  das  Weltkabel- 
netz erhalten.    Libreville  ist  an  das  Weltkabelnetz  schon  angeschlossen. 

Postbureaus  befinden  sich  an  aUen  Verwaltungssitzen,  die  weiter 
unten  aufgezählt  werden.  Die  Konzessions- Gesellschaften  sind  zur  Be- 
förderung der  Postsachen  auf  den  von  ihnen  zu  unterhaltenden  Schiff- 
fahrtslinien (vgl.  darüber  unten  den  Abschnitt  über  die  Konzessions- 
Gesellschaften)  zu  bestimmten  Sätzen  verpflichtet. 

in.  Bevölkerung  und  Arbeiterfrage. 

Literatur: 
Afrique  Fran9aise  191 1   S.  3S2. 
Challaye,  Le  Congo  Fran9aise  1909  S.  207ff. 

Le  Mouvement  geographique  1907  S.  300,  1908  S.  300,  1909  S.  226,  191 1 
S.  430,  435- 

Revue  de  Paris  1912  S.  437. 
Rouget,   S.  339ff. 


—     lo;     — 

Dt•nk^>^.lI^ift  der  Cic.  Forestiörc  Sanga-Ubangi  von   191 1   und  1912. 
La  Tribüne  ign   III.  Teil  S.   109. 
Koloniale  Hundschau   191 2   S.  204. 
Zeitschrift  der  Ges.  für  Erdkunde   1912  S.  4. 

In  der  modernen  Ktik)nisatii)nsjxiriüdc  hat  sich  immer  melir  die  Er-  3  36, 
kenntnis  Bahn  gebrochen,  daß  neben  der  natürhchen  Ertragfähigkeit 
und  den  Handels-  und  Verkehrsmöghchkeiten  eines  Landes  seine  Be- 
vtlkenmg  den  wichtigsten  Faktor  für  den  wirtschafthchen  Wert  des 
Landes  bildet.  Mit  dieser  Erkenntnis  ist  die  Eingeborenenfrage  in  ein 
ganz  anderes  Licht  gerückt  worden  als  in  früheren  Kolonisationsperioden. 
Der  Eingeborene  ist  nicht  mehr  ein  Ausbeutungsobjekt;  sondern  er  ist 
der  Gegenstand  fürsorgender  Pflege  und  Förderung  geworden.  Einmal 
aus  allgemein  humanitären  Gründen;  dann  aber  auch,  weil  jetzt  in  einer 
dichten  Eingeborenenbevölkerung  der  Hauptreichtum  eines  Landes 
erblickt  wird.  Wie  die  Bevölkerungs-  und  Arbeiterfrage  sich  bisher  in 
Französisch-Äquatorial-Afrika  entwickelt  hat  und  auf  welchem  Stande 
sie  gegenwärtig  steht,  soll  im  folgenden  unter  zwei  Gesichtspunkten 
besprochen  werden:  i.  welches  Menschenmaterial  steht  der  Menge 
nach  zur  Verfügung,  2.  wie  weit  ist  es  für  die  Arbeit  geeignet? 

Die  schon  erwähnte  Bevölkerungsschätzung  für  Französisch-Äqua- 
torial-Afrika von  1906^),  die  für  die  damalige  Gesamtbevölkerung  die 
Ziffer  3  652  018,  darunter  1278  Weiße  gibt,  wobei  auf  Gabun  376  792, 
auf  Mittel-Kongo  259  485,  auf  Ubangi-Schari  2  130  148,  auf  den  Militär- 
bezirk Tschad  885  593  Einwohner  entfallen,  soll  nicht  den  tatsäclilichen 
Stand  der  Bevölkerung  angeben,  sondern  nur  die  damals  möglichen 
Schätzungen  zusammenstellen.  Das  geht  daraus  her\'or,  daß  für  einzelne 
Bezirke,  für  welche  Schätzungen  damals  nicht  vorlagen,  keine  Ziffern 
eingestellt  worden  sind.  Wie  wenig  im  Jahre  1906  eine  zutreffande  Schät- 
zung möglich  war,  ist  daraus  zu  ersehen,  daß  noch  im  Jahre  1909  von 
Gabun  nur  in  26%-),  von  Mittel-Kongo  nur  in  19%^)  und  von  Ubangi- 
Schari-Tschadnur  in  Z^%*)  des  ganzen  Gebietes  eine  regelrechte  Verwaltung 
ausgeübt  wurde  und  weitere  10%,  bzw.  27%,  bzw.  8%  des  Gebietes 
unter  dem  Einflüsse  der  Verwaltung  standen.  Im  ganzen  übrigen  Gebiete 
war  noch  kein  Versuch  gemacht  worden,  irgendwelche  Verwaltungs- 
tätigkeit auszuüben.      Die   Schätzung  enthält  also  eher  eine  Mindest- 

')   Dies  ist  die  letzte  zugängliche  Schätzung. 

^)  Nämlich  von  dem  abgetretenen  Gebiete  in  den  VcrN^'altungsbezirken  C6te- 
Nord,   Iwindo  (unterer  Teil)  und  Woleu-Ntem. 

')  iN'ämlich  die  Flußgebiete  des  Likuala  ( ?),  des  Sanga  und  des  unteren  Lobajc. 

*)  In  dem  abgetretenen  Teile  von  Ubangi-Schari-Tschad  ist  damals  noch 
nirgends  eine  Verwaltung  eingerichtet  gewesen. 


—     io8     — 

Ziffer  der  damaligen  Bevölkerung  als  die  tatsächliche  Gesamtziffer.  Mit 
der  fortschreitenden  Durchdringung  sind  daher  auch  die  Ziffern  von  1906 
entsprechend  nach  oben  berichtigt  worden.  So  gibt  schon  für  das  Jahr 
1907  eine  Schätzung  die  Bevölkerung  vom  Mittel-Kongo  auf  829  000  an. 
Dementsprechend  gehen  andere  amtliche  und  nichtamtliche  Schätzungen 
der  Bevölkerung  auf  5,  9,  12,  sogar  15  und  noch  mehr  Millionen  hinauf. 
Ebenso  widersprechend  wie  für  die  Gesamtbevölkenmg  sind  die  Schät- 
zungen für  die  einzelnen  Gebiete.  Während  die  obige  amtliche  Schätzung 
für  Gabun  nur  376  792  Einwoliner  annimmt,  werden  von  anderer  Seite 
allein  die  in  Gabun  wohnenden  Mfang  auf  600  000  geschätzt,  und  eine 
dritte  Schätzung  beziffert  allein  die  Bevölkerung  Gabuns  innerhalb  des 
dem  europäischen  Handel  bisher  erschlossenen  Gebietes  auf  etwa  2  ^lill. 
Der  Ubangi- Vorsprung  ist  nach  einem  Berichte  sehr  dünn  bevölkert; 
nach  einem  anderen,  oben  angeführten  befindet  sich  dort  eine  ganze 
Anzalil  von  Siedelungen  nahe  bei  einander,  die  je  2000  bis  6000  Bewohner 
haben.  Das  gleiche  gilt  für  das  Nordgebiet ,  von  dem  C 1  o  z  e  1  und  K  e  r  r  e  - 
mans  berichten,  daß  sie  durch  Gebiete  gekommen  sind,  wo  weilerartige 
Familiensiedelungen  oft  auf  Strecken  von  mehreren  Kilometern  rechts 
und  hnks  vom  Pfade  dicht  nebeneinander  zu  finden  waren.  Kerremans 
berichtet,  daß  der  Marsch  durch  eine  dieser  Ansiedelungsreihen  3  Stunden 
gedauert  habe.  Von  dem  gleichen  Gebiete  berichten  andere,  daß  es 
sehr  dünn  bevölkert  sei.  Die  Reisenden  scheinen  eben  je  nach  dem  Zufalle, 
ob  sie  von  den  einheimischen  Führern  von  Siedelung  zu  Siedelung  oder 
zwischen  ihnen  hindurchgeführt  worden  sind;  ob  die  Bevölkerung  sich 
vor  ihnen  zurückzog  oder  zu  der  Reisekarawane  zusammenströmte,  sich 
ihre  Ansicht  über  die  Dichtigkeit  der  Bevölkerung  der  einzelnen  Gebiete 
gebildet  zu  haben. 

Zuverlässige  Unterlagen  für  eine  einigermaßen  zutreffende  Schätzung 
der  Bevölkerung  Hegen  demnach  heute  noch  nicht  vor.  Wenn  man  schon 
über  die  Gesamtbevölkerung  von  Französisch-Aquatorial-Afrika  so  im 
Unsicheren  ist,  dann  ist  es  klar,  daß  für  die  Bevölkeining  von  Neu-Kamerun, 
das  ohne  Rücksicht  auf  die  Bevölkerungsschichtung  und  Stammesgrenzen 
abgetrennt  worden  ist,  heute  noch  keine  Zahl  gegeben  werden  kann.  Alles 
was  in  dieser  Beziehung  heute  geschehen  kann,  ist  nur,  unter  Vergleichung 
aller  vorliegenden  Berichte  und  Verwertung  der  sich  bietenden  Anhalts- 
punkte für  eine  Schätzung  eine  Mindestziffer  zu  finden.  Solche  Anhalts- 
punkte sind  das  Größenverhältnis  Neu-Kameruns  zum  Gesamtgebiete 
von  Französisch-Äquatorial-Afrika,  neuere  amtliche  und  nichtamtliche 
französische  Berichte  über  die  Größe  einzelner  Stämme,  über  die  Be- 
völkerungsdichte einzelner  Gebiete,  über  die  Familienzusammensetzung, 
über  den  bisherigen  Ertrag  der  Eingeborenen-Kopfsteuer,  über  die  räum- 


—     109    — 

liehe  Ausdehnung  der  bisherigen  Steuererhebung  und  die  Höhe  der  Steuer- 
sätze u.  a.^)  Nimmt  man  das  Ergebnis  all  dieser  Schätzungsmüglichkeiten 
zusammen,  so  wird  man,  ohne  die  Gefahr  zu  laufen,  bei  späterer,  genauerer 
Erhebung  die  Ziffer  hcnmtersctzen  zu  müssen,  als  Mindestziffer  für  die 
Bevölkerung  Xeu-Kameruns  etwa  Yz  ^^i^^-  angeben  können. 

Ebenso  wichtig  wie  die  Frage  nach  der  gegenwärtigen  Zahl  der 
Bevölkenmg  ist  für  die  Zukunft  die  weitere  Frage,  ob  die  Bevölkerung 
in  aufsteigender  oder  absteigender  Entwicklung  steht.  Es  ist  der  Satz 
aufgestellt  worden,  daß  die  Berührung  mit  der  überlegenen,  europäischen 
Kultur  die  eingeborenen  Rassen  Afrikas,  ebenso  wie  früher  die  Amerikas 
und  Australiens  mit  einer  Art  Naturnotwendigkeit  zum  Aussterben 
bringen  müsse.  Zum  Beweise  dafür  ist  darauf  hingewiesen  worden,  daß 
überall  in  Afrika,  auch  in  den  deutschen  Kolonien,  die  Bevölkerungs- 
schätzungen von  Jahr  zu  Jahr  geringere  Ziffern  gebracht  haben.  Das 
ist  nicht  zu  bestreiten.  Es  wäre  aber  verfehlt,  anzunehmen,  daß  die  Be- 
völkerung Afrikas  in  demselben  rapiden  Rückgange  ist,  wie  die  Bevölke- 
rungsschätzungen. Es  ist  dabei  vielmehr  folgendes  zu  berücksichtigen. 
Als  hier  am  Kongo  die  ersten  Weißen  die  Flüsse  auf-  oder  abwärts  fuhren, 
lief  ihnen  das  Gerücht  ihres  Erscheinens  voraus,  und  die  Eingeborenen 
strömten  scharenweise  an  den  Ufern  zusammen,  um  sich  das  weiße  Wunder 
anzusehen.  So  kamen  die  Forscher  mit  der  Kunde  von  einem  ungeheuren 
Menschenreichtum  nach  Europa  zurück.  Wenn  später  dieselben  Gebiete 
in  Venvaltung  genommen  wurden,  die  Eingeborenen  zu  Trägerdiensten, 
zu  Wegebauten,  zu  Steuerzahlungen  und  zu  Kautschuk-Frondiensten 
herangezogen  wurden,  hatten  sie  nicht  mehr  das  gleiche  Interesse,  in 
Scharen  zu  den  Siedelungen  der  Weißen  zusammenzuströmen.  Sie  zogen 
sich  vielmehr  immer  weiter  von  den  Verkehrswegen  der  Weißen,  be- 
sonders von  den  schiffbaren  Flüssen  zurück.  Während  daher  also  sicher 
anzunehmen  ist,  daß  die  Bevölkerung  früher  erheblich  überschätzt 
worden  ist,  besteht  die  Wahrscheinlichkeit,  daß  sie  heute  ebenso  unter- 
schätzt wird. 

Dazu  kommt,  daß  die  Reisenden  im  Kongo  überall  auf  menschen- 
leere Dörfer  in  allen  Stadien  des  Verfalls  trafen;  auf  Siedelungen,  deren 
Reste  vom  Urwalde  fast  schon  wieder  überwuchert  waren,  oder  deren 
Zustand  zeigte,  daß  sie  bis  vor  kurzer  Lcit  noch  bewohnt  waren ;  und  auf 
Dörfer,  deren  große  Ausdehnung  in  keinem  Verhältnis  zu  den  wenig  vor- 
handenen Bewohnern  stand.  Solange  die  l^esonders  unseßhafte  Wohn- 
weise der  dortigen  Eingeborenen  noch  nicht  bekannt  war,  schlössen 
die  Reisenden  aus  diesen  ausgestorbenen  Siedelungen,  daß  früher  hier 

')   Siehe  §  45. 


—       HO      — 

eine  viel  dichtere  Bevölkerung  vorhanden  war.  Heute  weiß  man,  daß 
viele  Urwaldbewohner  alle  2  oder  3  Jahre  ihre  Niederlassungen  verlegen 
und  daß  jene  Schlußfolgerungen  von  falschen  Voraussetzungen  aus- 
gingen. 

Diese  beiden  Tatsachen  müssen  genügend  berücksichtigt  werden, 
wenn  man  zu  einem  einigermaßen  zutreffenden  Urteile  über  die  Richtung 
der  Bevölkerungsentwicklung  kommen  will.  Aber  auch,  wenn  man 
diese  beiden  Fehlerquellen  in  Rechnung  setzt,  \\drd  nicht  zu  leugnen  sein, 
daß  die  Bevölkerung  Französisch-Äquatorial-Afrikas  heute  eher  in  der 
Abnahme  als  in  der  Zunahme  begriffen  ist.  Es  ist  nicht  zu  bestreiten, 
daß  die  unvermittelte,  intensive  Berührung  mit  der  europäischen  Kultur 
im  tropischen  Afrika  allgemein  zuerst  einen  nachteiligen  Einfluß  auf  die 
Bevölkerung  gehabt  hat.  Diese  Erscheinung  ist  wohl  darauf  zurückzu- 
führen, daß  die  Ursachen,  denen  die  frühere  geringe  Bevölkerungszunahme 
in  Zentralafrika  zuzuschreiben  ist,  wie  Stammes fehden,  Sklavenjagden, 
Hungersnöte,  Giftmischerei  und  Aberglaube,  Kinderheiraten,  Viel- 
weiberei, Kindesmord  und  Kindesabtreibung  usw.,  in  der  ersten  Zeit  der 
kolonisatorischen  Tätigkeit  noch  nicht  beseitigt  werden  können,  und  daß 
gleichzeitig  mit  der  europäischen  Kultur  Einflüsse  sich  geltend  machen, 
die  auf  den  Eingeborenen  schädigend  wirken.  Die  Auflösung  der  Familien- 
und  Stammesverbände,  die  Schaffung  neuer  Verkehrsmöglichkeiten,  die 
Erziehung  der  Eingeborenen  zu  neuen  Bedürfnissen,  die  Veränderung 
der  Produktionsverhältnisse  und  die  Möglichkeit  des  Absatzes  und  des 
Geldverdienstes,  neue  Arbeitsleistungen  und  Trägerdienste,  all  das 
greift  ganz  unvermittelt  und  tief  in  die  Lebensgewohnheiten  der  einge- 
borenen Bevölkerung  ein  und  vermindert  ihre  Widerstandsfähigkeit. 
Alkohol,  Pulver  und  Blei  und  neue  Krankheiten  tragen  dazu  bei,  die 
Bevölkerung  zu  vermindern. 

Es  hat  sich  aber  überall,  wo  der  Eingeborenenpflege  die  nötige  Auf- 
merksamkeit zugewendet  worden  ist,  gezeigt,  daß  es  sich  nur  um  eine 
Übergangsperiode  handelt  und  daß  die  Bevölkerung  später  nicht  nur  auf 
ihrem  bisherigen  Stande  bleibt,  sondern  wieder  zunimmt,  sobald  die 
kolonisatorische  Tätigkeit  so  weit  fortgeschritten  ist,  daß  einerseits  die 
früheren  Ursachen  der  dünnen  Bevölkerung  beseitigt,  andererseits  auch 
die  schädigenden  Begleiterscheinungen  europäischer  Kultur  von  den 
Eingeborenen  ferngehalten  oder  abgeschwächt  werden  können.  In  dieser 
Übergangsperiode  scheint  sich  die  Bevölkerung  Französisch-Äquatorial- 
Afrikas  zur  Zeit  zu  befinden.  Es  heißt  nur  eine  von  französischen  Kolo- 
nialpolitikern seit  langem  behauptete,  von  französischen  Gerichten  fest- 
gestellte und  auch  von  französischen  amtlichen  Kreisen  zugegebene 
Tatsache  wiederholen,   wenn  gesagt   wird,  daß  zur  Verkürzung  dieser 


—     III    — 

Cbergangsperiode  in  Französisch-Äquatorial- Afrika  bisher  sehr  wenig 
geschehen  ist  und  daß  die  Eingel>)reiU'nfürsorge  dort  auch  jetzt  noch  nicht 
auf  der  gleichen  Höhe  steht,  wie  in  anderen  französischen  und  in  den 
deutschen  und  englischen  Kolonien.  Die  französische  Verwaltung  hat 
in  Französisch-Aquatorial-Afrika  lange  Zeit  die  Regelung  des  Verhält- 
nisses zwischen  W'eiUcn  und  Eingeborenen  ganz  den  Konzessions- Gesell- 
schaften überlassen,  die  weniger  das  allgemeine  und  spätere  Interesse 
als  ihren  \'erdienst  im  Auge  hatten.  Erst  in  der  allerjüngsten  Zeit  ist  in 
Französisch-Äquatorial-Afrika  mit  dem  Wechsel  des  ganzen  Verwaltungs- 
systemes  eine  Besserung  in  dieser  Beziehung  eingetreten.  Wenn  diese 
Ansätze  zur  Besserung  von  der  deutschen  \'erwaltung  aufgenommen 
und  fortgesetzt  und  wenn  die  in  Alt-Kamemn  bewährten  Grundsätze 
der  Eingeborenenbehandlung  hierher  übertragen  werden,  so  besteht  kein 
Grund  zu  der  Annahme,  daß  in  Xeu-Kamerun  nicht  die  gleichen  guten 
Erfolge  erzielt  werden  könnten,  wie  dort  und  daß  der  Rückgang  der  Be- 
völkerung nicht  aufgehalten  wird. 

Darüber  wird  man  sich  aber  nicht  täuschen  dürfen,  daß  es  hier  §  37- 
einer  besonders  intensiven  Eingeborenenfürsorge  bedarf,  um  zu  einem 
Erfolge  zu  kommen,  denn  abgesehen  davon,  daß  die  Lebensbedingungen 
im  zentralafrikanischen  Urwalde  an  sich  nicht  sehr  günstig  sind,  muß  hier 
der  Kampf  gegen  zwei  besonders  gefährliche  Krankheiten  aufgenommen 
werden,  gegen  die  Pocken  und  gegen  die  Schlafkrankheit.  Die 
Pocken  treten  hier  in  manchen  Jahren  verheerend  auf  und  entvölkern 
ganze  Bezirke.  Zu  ihrer  Bekämpfung  ist  noch  wenig  geschehen,  bis  vor 
kurzem  wurden  nur  die  \'on  Europäern  angeworbenen  Träger  und  Ar- 
beiter geimpft;  die  übrige  Bevölkenmg  blieb  schutzlos.  Der  gute  Erfolg 
der  Impfung  ist  bei  den  Eingeborenen  durchaus  bekannt  geworden,  und 
überall,  wo  neuerdings  Gelegenheit  zur  Impfung  gegeben  worden  ist, 
drängen  die  Eingeborenen  sich  dazu  heran.  Ein  planmäßiges  Vorgehen 
gegen  diese  Krankheit  würde  also  auf  selten  der  Eingeborenen  keine 
Schwierigkeiten  finden. 

\'erderblicher  als  diese  Krankheit  ist  die  Schlafkrankheit,  weil  bis 
jetzt  noch  kein  Mittel  gefunden  worden  ist,  sich  vor  ihr  zu  schützen,  oder 
sie  sicher  zu  heilen,  über  ihre  Erscheinungen  und  ihre  Verbreitung  ist 
in  der  letzten  Zeit  so  viel  veröffentlicht  worden,  daß  hier  darauf  verzichtet 
werden  kann.  Das  jetzt  deutsche  Sanga-Gebiet  ist  von  dieser  Krankheit 
in  seiner  ganzen  Ausdehnung  vollständig  durchseucht,  besonders  stark 
das  Mündungsgebiet  des  Sanga  und  die  Gegend  um  Nola.  Das  Sanga- 
Gebiet  wird  als  der  Herd  betrachtet,  von  dem  aus  sich  die  Krankheit 
weiter  verbreitet  hat.  Auch  die  vereinzelten  Sclilafkrankheitsgebiete 
in  Alt-Kamerun  sind  zum  Teil  wohl  von  hier  aus  angesteckt  worden. 


—      112      — 

Die  deutsche  Verw'altung  hat  die  Bekämpfung  dieser  örtHchen  Krank- 
heitsherde in  Alt-Kamerun  in  Angriff  genommen  mit  dem  Erfolge,  daß 
die  Krankheit  auf  diese  Gebiete  beschränkt  blieb  und  zum  Teil  sich  ein 
Rückgang  gezeigt  hat.  Die  Bekämpfung  ist  bisher  durch  die  politische 
Grenze  begünstigt  worden,  die  immerhin  eine  gewisse  Abschließung  gegen 
den  Hauptkrankheitsherd  ermöglicht  hat.  Heute  handelt  es  sich  nicht 
mehr  darum,  nur  Alt-Kamerun  gegen  weitere  Ansteckung  zu  sichern, 
sondern  die  Bekämpfung  am  Haupt-Herde  selbst  in  Angriff  zu  nehmen. 
Deutschland  tritt  also  mit  einiger  Erfahrung  an  diese  neue  Aufgabe 
heran.  Dabei  ist  darauf  hinzuweisen,  daß  die  Eingeborenen  hier  selbst 
schon  die  Übertragung  der  Krankheit  von  Kranken  auf  Gesunde  er- 
kannt haben  und  daß  viele  Stämme  und  Trägerkarawanen  in  dieser 
Erkenntnis  die  Kranken  beim  ersten  Auftreten  der  Krankheitserschei- 
nungen, die  allerdings  meist  zu  spät  erkannt  werden,  erbarmungslos 
in  die  Wildnis  jagen.  Die  Sammlung  und  gesonderte  Ansiedelung  der 
Kranken  wird  daher  voraussichtlich  nicht  auf  die  Schwierigkeiten  stoßen 
die  sich  an  anderen  Orten  gezeigt  haben. 

Zunächst  wird  es  sich  darum  handeln  festzustellen,  wieweit  die 
Krankheit  heute  verbreitet  ist.  Als  Nordgrenze  des  Schlafkrankheits- 
gebietes wird  ziemlich  übereinstimmend  Kamot  und  Bangi  angegeben. 
Im  Süden  ist  sie  auf  dem  Trägerwege  vom  Ngoko  über  Sembe  nach 
Madschingo  schon  ins  Dschua-  und  Iwindo-Tal  vorgedrungen.  Die  zweite 
Aufgabe  wird  sein  festzustellen,  wieweit  eine  weitere  Ausdehnung  der 
Krankheit  möglich  ist,  d.  h.  in  welchen  Grenzen  die  Glossina  palpalis^) 
vorkommt.  Die  meisten  Meldungen  stimmen  darin  überein,  daß  sie 
nördlich  von  Karnot  nicht  mehr  vorkommt.  Für  das  Jade-Hochland 
«rgibt  sich  das  von  selbst  aus  seiner  klimatischen  Beschaffenheit.  Frag- 
lich ist  aber,  ob  auch  das  Logone  und  das  Pende-Tal  glossinenfrei  ist. 
Kach  den  neuesten  Meldungen  soll  die  Schlafkrankheit  auch  in  diesen 
Gebieten  schon  festgestellt  sein,  ebenso  wie  in  der  Gegend  von  Fort 
Crampel.  Möglicherweise  ist  der  Widerspruch  in  diesen  Meldungen  in 
<ier  Weise  zu  erklären,  daß  die  dort  vorgefundenen  Kranken  sich  weiter 
im  Süden  angesteckt  haben  und  daß  die  Schlafkrankheitserscheinungen, 
die  ja  in  einer  dem  Eingeborenen  erkennbaren  Form  erst  nach  längerer 
Zeit  auftreten,  sich  erst  nach  ihrer  Rückkehr  gezeigt  haben. 

Damit  ist  auf  den  dritten  Punkt,  wo  die  Bekämpfung  einzusetzen 
hat,  schon  hingewiesen,  nämlich  auf  die  Überwachung  der  Verkehrswege. 
Nur  dadurch  wird  es  möglich  sein,  die  Krankheit  auf  ihr  heutiges  Ver- 


^)  Nach  den  neuesten  Meldungen  soll  übrigens  die  Übertragung  der  Schlaf- 
krankheit auch  durch  andere  Glossinen-Arten  festgestellt  worden  sein. 


—     1 1 3     — 

breitungsgebiet  zu  beschränken.  Wie  wichtig  es  ist,  die  Verkehrswege 
zu  überwachen,  geht  daraus  her\'or,  daß  die  Krankheit  sich  an  den  Ver- 
kehrswegen, besonders  an  den  schiffbaren  Flüssen,  am  weitesten  verbreitet 
hat.  Die  die  Krankheit  übertragende  Mückenart  ist  ziemUch  Ixjdenständig 
und  der  \'erbreitungsbereich  durch  die  Mücke  selbst  an  sich  daher  be- 
schränkt. Lenfant  und  andere  weisen  aber  darauf  hin,  daß  in 
den  Schiffsräumen  infizierte  Glossinen  aus  den  Krankheitsgebieten 
oft  tagelang  verschleppt  werden  und  daß  der  Schiffsverkehr  su  in  erster 
Linie  zur  Verbreitung  der  Krankheit  beigetragen  hat.  Diese  Erkenntnis 
hat  die  französische  Regierung  veranlaßt,  für  die  Eingeborenen  einen 
Gesundheits-Paßzwang  einzuführen  und  die  Orte,  an  welchen  die  Ein- 
geborenen sich  einschiffen  dürfen,  zu  beschränken  und  besonders  zu 
überwachen  (vgl.  Afr.  Fran^.  191 1  S.  382).^) 

Erst  wenn  das  Krankheitsgebiet  abgegrenzt  und  die  Ausbreitung 
auf  bisher  gesunde  Gebiete  verhindert  ist,  wird  es  mögüch  sein,  mit 
Erfolg  in  dem  bisherigen  Krankheitsgebiete  selbst  gegen  die  Krankheit 
vorzugehen,  ev.  auf  Grund  internationaler  \'erabredungen,  wie  sie  auch 
anderwärts  in  Afrika  getroffen  worden  sind. 

Bei  der  Frage,  \\ieweit  das  vorhandene  Bevölkerungsmaterial  zur  §  38. 
Arbeit  geeigne t^)  ist,  ist  zunächst  darauf  hinzuweisen,  daß  in  einem 
Gebiete  mit  so  verschiedenen  Volksstämmen  und  Lebensbedingungen 
wie  Neu-Kamerun  die  Bevölkerung  in  dieser  Beziehung  nicht  einheitlich 
beurteilt  werden  kann.  Die  Ur%valdvölker  sind  mehr  Jäger  und  Fischer, 
die  Völker  im  Norden  mehr  Ackerbauer  und  Viehzüchter.  Fast  alle 
Stämme  zeigen  eine  ziemliche  Geschicklichkeit  zu  den  verschiedensten 
Handwerken,  und  die  Neigung  zum  Handel,  die  sich  überall  als  ein  guter 
Antrieb  zur  Arbeit  erwiesen  hat,  ist  besonders  bei  den  Pang%ve  stark  aus- 
gebildet. Die  Arbeit  der  Eingeborenen  kommt  in  Neu-Kamerun  für  den 
Europäer  fast  nur  in  zwei  Formen  in  Betracht,  nämhch  die  Trägerarbeit, 
und  das  Sammeln  von  Kautschuk.  Das  Urteil  über  die  Pang^ve  im  Süd- 
gebiete lautet  im  allgemeinen  günstig.  Sie  haben  sich  als  Träger,  als 
Schiffer,  als  Holzarbeiter  und  als  Kautschuksammler  gleich  geeignet 
erwiesen  (vgl.  Bruel,  Mouv.  Geogr.  1909,  S.  227).  Challaye  sagt  von 
ihnen,  ,,die  Deutschen  werden  in  den  Pang\ve  von  Woleu-Ntem  ein 
ausgezeichnetes  Arbeitermaterial  finden,  an  dem  sie  in  Alt-Kamcnm 
großen  Bedarf  haben;  wenn  sie  es  verstehen,  diese  selbstbcNNTjßten  \'ölker- 


')  Kach  ,,Les  Annales  Coloniales"  igi2  Nr.  64  S.  3  ist  vor  kurzem  durch  Erlaß 
des  Generalgouvemeurs  eine  aus  Beamten,  Ärzten  und  Vertretern  der  Gesellschaften 
bestehende  Kommission  eingesetzt  worden,  welche  die  zur  Bekämpfung  der  Schlaf- 
krankheit notwendigen  Maßnahmen  prüfen  und  geeignete  Vorschläge  machen  soll. 

■)  Vgl.  dazu  auch   §  41. 

Veröffentl.   d.  Reichskolonialamtes  Nr.  4:  Ritter.  " 


—     114    — 

Schäften  durch  Handel  und  entsprechende  Bezahlung  zu  gewinnen'* 
(vgl.  La  Revue  de  Paris  1912  S.  437).  Damit  stimmen  die  Berichte  anderer 
Reisenden  überein.  Die  im  Kudu-Dschua-Lande  wohnenden  Pangwe, 
die  Sanga-Sanga  scheinen  sich  dem  Arbeitsverlangen  der  Europäer 
gegenüber  bisher  ziemlich  ablehnend  verhalten  zu  haben.  Hier  ist 
die  Verwaltung  aber  noch  nicht  dazu  gekommen,  das  Land  vollständig  zu 
befrieden.  Es  ist  zu  erwarten,  daß  auch  in  diesem  Teile  des  Südgebietes 
die  Bevölkerung  der  Arbeit  zugänghcher  werden  wird,  wenn  hier  erst 
geordnete  Verhältnisse  eingetreten  sein  werden.  Von  den  Baja  des  ganzen 
Sanga- Gebietes  berichtet  Lenfant,  daß  sie  wiUige  und  tüchtige  Träger 
sind  und  daß  sie  freiwillig  zur  Trägerarbeit  kommen,  wenn  sie  die  Sicher- 
heit guter  Bezahlung  und  Behandlung  haben.  Über  die  Qualität  der 
Baja  als  Plantagenarbeiter  berichtet  die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi, 
daß  sie  zuerst  in  dieses  Gebiet  Bakongo  und  Loango  eingeführt  habe, 
die  an  der  Küste  als  sehr  tüchtige  Arbeiter  gelten.  Die  einheimischen 
Baja,  Yangere  und  Mbimu,  hätten  sich  diesen  eingeführten  Arbeitern 
aber  als  überlegen  gezeigt,  so  daß  die  Kautschuk-Forstwirtschaft  im 
ganzen  Sanga- Gebiete  heute  mit  einheimischen  Arbeitern  betrieben 
werde.  Die  Arbeitsfähigkeit  der  Bewohner  des  Nordgebietes  geht  schon 
aus  dem  hervor,  was  über  den  guten  Stand  ihrer  Pflanzungen  und  über 
den  verhältnismäßig  hohen  Stand  ihrer  Vieh-  und  Pferdezucht  gesagt 
worden  ist.  Für  den  Trägerdienst  scheinen  sie  sich  allerdings  nicht  so  zu 
eignen  wie  für  landwirtschafthche  Arbeiten. 

Mit  Ausnahme  von  dem  Kudu-Dschua-Lande  scheint  also  die  Be- 
völkerung heute  schon  ein  geeignetes  Arbeitermaterial  zu  liefern.  Darüber 
sind  sich  aber  alle  Berichterstatter  einig,  daß  die  Voraussetzung  für  eine 
befriedigende  Arbeitsleistung  der  Eingeborenen  ist,  daß  sie  einen  ihren 
Leistungen  entsprechenden  Lohn  erhalten  und  daß  auf  ihre  Lebensge- 
wohnheiten und  Arbeitsweise  genügend  Rücksicht  genommen  wird. 
Der  Neger  ist  von  Natur  durchaus  nicht  so  arbeitsscheu,  wie  ihm  im 
allgemeinen  nachgesagt  wird.  Das  beweisen  die  Erfahrungen  bei  den 
Eisenbahnbauten;  das  beweist,  daß  die  Neger  auf  Tausende  von  Kilo- 
metern zur  Arbeit  nach  den  südafrikanischen  Bergwerken  kommen; 
das  beweist  auch  der  hohe  Stand  der  Eingeborenenkulturen  in  vielen 
Gegenden  Afrikas.  Es  kommt  nur  darauf  an,  die  Arbeits-  und  Lohn- 
methoden zu  finden,  die  ihm  am  besten  entsprechen.  Wo  ihm  aber  unter 
allerlei  Vorwänden  für  seine  Arbeit  nichts  oder  nur  ein  ganz  geringer 
Lohn  bezahlt  worden  ist,  wie  es  in  den  Konzessionsgebieten  von  Fran- 
zösisch-Äquatorial-Afrika  teilweise  der  Fall  gewesen  ist,  ist  es  nicht  zu 
verwundern,  wenn  er  die  Lust  verliert,  für  den  Europäer  zu  arbeiten,  und 
sich  dann  in  der  Arbeiterbeschaffung  Schwierigkeiten  zeigen. 


—     115     — 

Unter  dem  Drucke  dieser  Schwierigkeiten  ist  in  letzter  Zeit  in  fran- 
zösischen KoU)nialkrcisen,  die  an  der  Arbeiterbeschaffung  in  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  interessiert  sind,  die  Frage  der  Arbeitereinfuhr  erörtert 
und  die  Einfuhr  von  Arbeitern  aus  Britisch-Indien  und  China  lx-für\vortet 
worden.  Die  Kreise,  aus  denen  diese  Vorschläge  stammen,  scheinen  sich 
über  die  Möglichkeit  und  über  die  Nützlichkeit,  aus  diesen  Gebieten 
heute  Arbeiter  einzuführen,  einem  gewissen  Optimismus  hinzugeben 
gegenüber  der  Tatsache,  daß  die  indische  und  die  japanisch-koreanische 
Regierung  schon  längst  und  neuerdings  auch  die  chinesische  die  Arbeiter- 
ausfuhr aus  ihren  Gebieten  entweder  ganz  untersagt  haben  oder  in  der 
Weise  erschweren  und  überwachen,  daß  es  wirtschaftlich  viel  nützhcher 
ist,  wo  der  Zahl  nach  genügend  einheimisches  Arbeitermaterial  vorhanden 
ist,  dieses  zur  Arbeit  langsam  heranzuziehen.  Wenn  das  im  Anfang  auch 
mehr  Mühe  und  Kosten  verursachen  mag,  so  verbürgt  diese  Methode  doch 
allein  eine  nachhaltige  Versorgung  des  Arbeiterbedarfs;  während  die 
Arbeitereinfuhr  immer  nur  für  eine  bestimmte  Anzahl  von  Jahren  ver- 
sorgt und  die  Erzeugung  und  die  ganze  wirtschaftliche  Entwicklung  in 
eine  gewisse  Abhängigkeit  von  den  Entschließungen  fremder  Regierungen 
bringt. 


8* 


Dritter  Abschnitt. 

Verwaltungs-  und  Finanzeinrichtung, 

I.  Die  Verwaltungseinrichtung.  ^) 

Literatur: 

Servel,  L'Organisation  administrative  et  financi^re  de  l'Afrique  Franfaise, 
Paris  1912. 

Rouget,  S.  424ff. 

Girault,  Principes  de  la  colonisation  et  de  la  legislation  coloniale,  Paris 
1907. 

W.  Stahl,  Französisch-Kongo,  Berlin  191 1. 

Renseignements  Coloniaux  191 1  S.  264  ff. 

Afr.  fran9.   191 1   S.   164  ff. 

Quinzaine  Coloniale  1910  S.  46. 

Revue  des  Troupes  1909,  Febniarheft. 

§  39.  Die    Verwaltungseinrichtung   in    Französisch-Äquatorial-Afrika   hat 

im  letzten  Jahrzehnte  verschiedene  Wandlungen  durchgemacht.  Die 
Entwicklung  ging  dahin,  unter  Betonung  der  großen  geographischen 
Verschiedenheit  der  einzelnen  Teile  des  Landes  die  Verwaltung  zu  dezen- 
trahsieren.  Dementsprechend  sind  in  dem  Dekrete  vom  15.  Januar  1910 
( Joum.  Off.  vom  16.  Januar  1910 ;  Renseignements  Coloniaux  1910,  S.  22) 
die  früheren  Verwaltungsbezirke  Gabun,  Mittel-Kongo,  Ubangi-Schari 
und  Tschad  zu  selbständigen  Kolonien  erhoben  worden,  jede  mit  einem 
eigenen  Gouverneur  (lieutnant-gouverneur)  an  der  Spitze  und  mit  eigenem 
Budget.  Die  früheren  Verwaltungsbezirke  Ubangi-Schari  und  Tschad 
sind  dabei  einem  einzigen  Gouverneur  unterstellt  worden;  haben  aber 
getrennte  Verwaltung  und  getrenntes  Budget  erhalten.   Die  Kolonien  sind 


^)  Siehe  Karte  i  am  Schlüsse 


-     117     — 

zu  einer  Koloniengmppe  unter  dem  Namen  „Afrique  Equatoriale  Fran- 
^aise"  zusammengefaßt  worden,  an  deren  Spitze  der  Generalgouverneur 
steht.  Er  ist  der  „depositaire  des  pouvoirs  de  la  Röpublique".  Die  Zu- 
ständigkeit ist  zwischen  dem  Generalgouverneur  und  den  einzelnen  Gou- 
verneuren in  der  Weise  geteilt,  daß  der  Generalgouverneur  die  allen  Kolo- 
nien gemeinsamen  Angelegenheiten,  besonders  ihre  Beziehungen  zum 
Mutterlande,  regelt.  Unter  ihm  sind*die  Gouverneure  zum  Teil  aus- 
führende Stellen,  zum  Teil  auch,  soweit  ihnen  der  Generalgouverneur 
seine  Zuständigkeit  delegiert  hat,  selbständige  Verwaltvmgsstellen.  Dem 
Generalgouverneur  steht  ein  Gouvemementsrat  zur  Seite,  den  einzelnen 
Gouverneuren  je  ein  Verwaltungsrat.  Die  Befugnis  dieser  Körper- 
schaften, die  zum  größten  Teile  aus  Beamten  bestehen,  ist  im  wesentlichen 
nur  die  der  Beratung. 

Durch  den  Generalgouverneur  werden  die  einzelnen  Kolonien  auf 
den  Vorschlag  der  Gouverneure  in  Bezirke  (circonscriptions)  und  die 
größeren  Bezirke  in  Unterbezirke  (subdivisions)  eingeteilt.  An  der  Spitze 
jedes  Bezirkes  steht,  wenn  er  unter  Zivilverwaltung  steht,  ein  administra- 
teur  {Bezirksamtmann),  dem  ein  administrateur  adjoint  (Assessor,  Ad- 
junkt) beigegeben  ist.  Das  übrige  Verwaltungspersonal  besteht  aus  commis 
(Sekretäre),  ecrivains  (eingeborene  Schreiber),  interpretes  (Dolmetscher). 
Die  Ordnung  und  öffentliche  Sicherheit  wird  durch  die  garde  regionale 
(Polizeitruppe)  aufrecht  erhalten.  Die  Unterbezirke  werden  durch  ad- 
ministrateurs  adjoints  oder  commis  verwaltet.  Wo  MiHtär\'erwaltung 
besteht,  steht  an  der  Spitze  der  Bezirke  regelmäßig  ein  capitaine  (Haupt- 
mann); die  Posten  der  Unterbezirke  sind  durch  Leutnants  besetzt,  der 
Dienst  der  öffenthchen  Sicherheit  wird  hier  durch  die  Schutztruppe 
(tirailleurs  senegalais)  besorgt. 

Im  folgenden  werden  die  französischen  Verwaltungsbezirke,  die 
in  dem  abgetretenen  Gebiete  hegen,  aufgezählt  und  zwar  die  des  Süd- 
gebietes von  West  nach  Ost,  die  des  Sangavorsprunges  und  des  Ost- 
gebietes von  Süd  nach  Nord.  Die  Angaben  über  das  bisherige  Verwal- 
tungspersonal und  die  Verwaltungskosten  beruhen  auf  einer  amtüchen 
französischen  Mitteilung.  Der  Mitteilung  ist  nicht  zu  entnehmen,  wie- 
weit dieser  Verwaltungsaufwand  gegenwärtig  tatsächlich  besteht  oder 
wieweit  es  sich  dabei  etwa  nur  um  eine  schematische  Aufteilung  noch 
nicht  in  tatsäcliliche  Ver%valtung  genommenen  Gebietes  handelt.  Auf 
jeden  Fall  ist  es  von  Interesse,  festzustellen,  was  die  französische 
Regierung  an  Personal  und  Kosten  für  die  voUständige  Einrichtung  der 
französischen  Verwaltung  in  dem  abgetretenen  Gebiete  für  notwendig 
gehalten  hat. 


—      IIS     — 

A.  Gabun. ^) 
40.  Die  Zahl  der  Verwaltungsposten  in  Gabun  beträgt  48.     Von  den 

300000  qkm  der  Kolonie  ist  gegenwärtig  erst  etwa  1/3^)  tatsächlich  in 
Verwaltung  genommen.  Die  Hauptstadt  ist  Libreville.  Von  den  22  Be- 
zirken und  etwa  30  Unterbezirken  fallen  in  das  jetzt  deutsche  Gebiet: 

1.  Der  Bezirk  Cöte-Nord.  Er  erstreckt  sich  von  der  Küste  die 
spanische  Südgrenze  entlang  bis  an  den  Abanga  und  zerfällt  in  die  Unter- 
bezirke Ekododo  und  Medeke.^)  Sitz  der  Verwaltung  ist  Ekododo  am 
Temboni.  Ob  die  Posten  Etome  und  Medeke  deutsch  werden,  hängt 
von  der  Grenzführung  ab ;  der  Posten  Dombo  an  der  Küste  liegt  zweifellos 
auf  deutschem  Gebiete.  In  Dombo,  Ekododo  und  Beto  sind  Zollposten. 
Das  Verwaltungspersonal  besteht  aus  5  weißen  Verwaltungsbeamten, 
2  Eingeborenen  und  50  Polizeimannschaften.  Die  Personalkosten  der 
Verwaltung  betragen  45880  Franken.  Von  dem  Bezirke  liegt  je  nach 
der  Grenzführung  die  Hälfte  bis  ^/g  auf  deutschem  Gebiete.  Von  Fakto- 
reien ist  hier  eine  zu  nennen,  die  sich  am  Temboni  oberhalb  von  Ekododo 
befindet,  eine  andere  befindet  sich  in  der  Nähe  von  Imania  an  der  Küste. 

2.  Der  Bezirk  Okano.  Er  erstreckt  sich  vom  Abanga  bis  zur 
westlichen  Wasserscheide  des  Mwung.  Wieweit  er  im  Norden  auf  deut- 
sches Gebiet  reicht,  hängt  von  der  endgültigen  Grenzfestsetzung  ab. 
Er  steht  unter  Militärverwaltung.  Auf  deutschem  Gebiete  liegt  der  bis- 
herige Militärposten  Nkolajo  in  dem  Unterbezirke  Nzork.  Die  Ver- 
waltungskosten kommen  bei  dem  geringen  Umfange  des  in  Neu-Kamerun 
hegenden  Teiles  dieses  Bezirkes  hier  nicht  in  Betracht. 

3.  Der  Bezirk  Woleu-Ntem,  westHch  vom  spanischen,  südlich 
vom  bisherigen  Kamerun- Gebiete  begrenzt,  umfaßt  das  Quellgebiet  des 
Woleu  und  des  Ntem.  Seine  östliche  und  südliche  Grenze  liegt  also  auf 
den  Wasserscheiden  dieser  Flüsse.  Er  steht  unter  Militärverwaltung,  Sitz 
der  Verwaltung  ist  Ojem.  Nebenposten  sind  in  Bitam  und  Minwul 
Seine  Besatzung  besteht  aus  einem  Kapitän,  3  Leutnants,  10  Unter- 
offizieren und  200  Mannschaften.  Die  Personalkosten  betragen  115  200 
Franken;  der  Bezirk  hegt  ganz  auf  deutschem  Gebiete. 

4.  Der  Bezirk  Mwung.  Er  ist  im  Norden  begrenzt  durch  die  bis- 
herige Kameruner  Grenze  und  erstreckt  sich  östhch  bis  zum  Iwindo. 
Er   steht   unter   Militärverwaltung,    Sitz   der   Verwaltung   ist    Minkebe 


1)  Die  Verwaltungseinteilung  von  Gabun  beruht  auf  dem  Erlasse  vom 
29.  Sept.  1909;  vgl.  Servel  S.  i2of. 

2)  Vgl.  dazu   §  36. 

ä)  Nach  Erlaß  des  Generalgouvemeurs  vom  7.  Februar  1912  (Journ.  Off.  de 
I'Afr.  Equat.  Fran9.  vom  15.  März  1912)  ist  der  Unterbezirk  Medeke  abgetrennt 
und  dem  Bezirke  Como  zugeteilt  worden. 


—     119     — 

(oder  Minkeke  ?).  Ein  Nebenposten  ist  in  Akar-an-Uschor  in  der  Nähe  der 
neuen  Südgrenze.     Der  Bezirk  liegt  zu  ^/^  auf  deutschem  Gebiete. 

5.  Der  Bezirk  Dschua  ist  im  Norden  begrenzt  durch  die  frühere 
Kamenuicr  Grenze  und  hegt  zwischen  dem  IvN-indo  und  der  Westgrenze 
Von  Mittel-Kongo.  Er  sieht  unter  Militärverwallung.  Sitz  der  Verwaltung 
ist  das  auf  französischem  Gebiet  gebliebene  Nzakamatu.  Auch  die  Neben- 
posten Madschingo,  Viel  und  \'acü  ^)  sind  französisch  gebliel)en;  dagegen 
befinden  sich  die  Posten  Gara-Binzam  und  Suanke  auf  deutschem  Gebiete 
Auch  in  Kakaboine  ist  bei  den  letzten  Unruhen  ein  Posten  errichtet 
worden,  der  jedoch  nicht  ständig  sein  sollte. 

Die  Besatzung  beträgt  für  die  beiden  Bezirke  Mwung  und  Dschua  zu- 
sammen I  Kapitän,  3  Leutnants,  10  Unteroffiziere  und  200  Mannschaften. 
Die  Personalkosten  betragen  115  goo  Franken.  Der  Bezirk  Dschua  hegt 
etwa  zur  Hälfte  auf  deutschem  Gebiete.  In  Mwine,  Suanke  und  Alati 
sind  Faktoreien  der  Ngoko-Sanga-Gesellschaft. 

B.  Mittel-Kongo.2) 

umfaßt  den  französischen  Teil  des  unteren  Kongo-Gebietes,  das  Sanga- 
Gebiet  und  das  rechte  Ufer  des  Ubangi.  Es  zerfällt  in  16  Bezirke  mit 
31  Unterbezirken.  Die  Zahl  der  Verwaltungsposten  beträgt  gegenwärtig 
40.  Von  dem  etwa  400  000  qkm  umfassenden  Gebiete  ist  etwa  y^  ^)  tat- 
sächlich in  Verwaltung  genommen.  Die  Hauptstadt  ist  Brazza\'ille. 
Von  den  Bezirken  liegen  auf  deutschem  Gebiete: 

I.  Der  Bezirk  Kudu.  Er  ist  begrenzt  im  Norden  durch  die  frühere 
Kameruner  Grenze  und  erstreckt  sich  östhch  bis  an  den  Komo.  Er  steht 
unter  Militärverwaltung  und  zerfällt  in  die  zwei  Unterbezirke  Sembe, 
Sufley  (Ngoila).  Sitz  der  Verwaltung  ist  Sufley.  Nebenposten  sind  in 
Sembe  und  Ndia.  Ein  weiterer  ständiger  Posten  ist  für  Salangoje  vorge- 
sehen. Bei  den  Unruhen  vor  einigen  Jahren  ist  auch  in  Badzok  ein  (nicht- 
ständiger) Militärposten  errichtet  worden.  Die  Besatzung  besteht  aus 
I  Kapitän,  3  Leutnants,  10  Unteroffizieren  und  200  Mannschaften.  Die 
Personalkosten  betragen  114  700  Franken.    Der  Bezirk  liegt  fast  ganz  auf 


')  Nach  der  Mitteilung  eines  deutschen  Postens  standen  Ende  191 1  in 
Vadi  folgende  Truppen:  i  Hauptmann,  i  Leutnant,  i  Unteroffizier,  120  farbige 
Mannschaften;  in  Minkebe  und  in  Suanke  je  i  Unteroffizier  und  30  farbige  Mann- 
schaften. Diese  Mitteilung  hat  noch  den  Stand  vordem  Erlasse  vom  3.  Okt.  191 1  im 
Auge,  durch  den  der  frühere  Bezirk  Iwindo  (Ver^valtungssitz  Vadi)  in  die  Bezirke 
Dschua,  Mwung,  Mittcl-Ogowc  und  Munianki  eingeteilt  worden  ist. 

*)  Die  Vcrwaltungscinteilung  Mittel-Kongos  beruht  auf  den  Erlassen  vom 
27.   Sept.   1909,  5.  Okt.   1910  und  5.  Okt.   1911;  vgl.   Servel  S.   121. 

=>)  Vgl.  dazu  §  36. 


—      120      — 

deutschem  Gebiet.   In  Sufley,  Sembe,  Ngoila  und  Dongo  sind  Faktoreien 
der  Ngoko-Sanga-Gesellschaft. 

2.  Der  Bezirk  Sanga  umfaßt  das  deutsche  Gebiet  vom  Komo 
ostwärts  bis  Wesso  und  das  Flußgebiet  des  Sanga,  im  Norden  bis  in  die 
Gegend  von  Nola,  im  Süden  bis  nach  Pikunda.  Sitz  der  Verwaltung  ist 
Wesso.  Als  Unterbezirke  sind  abgetrennt  die  Gebiete  Ikelemba  und 
Bajanga  (und  Ngongo?).  Das  Verwaltungspersonal  besteht  aus  3  Zivil- 
beamten und  2  Dolmetschern.  Das  Gebiet  ist  von  einer  Polizeitruppe 
in  Stärke  von  60  Mannschaften  und  Sergeanten  besetzt.  Die  Personal- 
kosten betragen  36  380  Franken.  Der  Bezirk  liegt  fast  ganz  auf  deutschem 
Gebiete.  In  Wesso,  Ngali  und  Bajanga  sind  Faktoreien  der  Ngoko-Sanga- 
Gesellschaft,  in  Bajanga,  Dalo,  Ikelemba,  Bussinde  und  Pikunda^)  Fak- 
toreien der  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi.  2) 

3.  Der  Bezirk  Mossaka  umfaßt  das  Flußgebiet  des  Likuala- 
Mossaka  (Unterbezirke:  Makua,  Fort  Rousset  und  Etumbi).  Die  Ver- 
waltung wird  hier  nur  in  sehr  geringem  Umfange  ausgeübt.  Der  Bezirk 
reicht  im  Norden  mit  einer  Spitze  in  das  deutsche  Gebiet,  und  östlich 
gehört  die  linke,  also  deutsche  Uferseite  des  Kandeko  und  des  Likuala- 
Mossaka  zu  diesem  Bezirke.  Besondere  Verwaltungskosten  für  den  in 
deutschem  Gebiete  hegenden  Teil  scheinen  bisher  nicht  erwachsen  zu  sein. 
In  diesem  Bezirke  hegt  Bonga  am  Ufer  des  Kongo.  In  der  Nähe  des  Zu- 
sammenflusses des  Kandeko  und  Likuala-Mossaka,  in  Ntoku  (Remond- 
ville)  hegt  eine  Faktorei  der  Cie.  Frangaise  du  Haut-Congo. 

4.  Der  Bezirk  Likuala  umfaßt  das  Flußgebiet  des  grünen  Likuala 
und  das  Unterlaufgebiet  des  Sanga  und  grenzt  östlich  an  den  Ubangi. 
Die  Verwaltungssitze  Lukolela,  Impfondo  (Desbordesville)  und  Epena 
liegen  auf  französisch  gebliebenem  Gebiete,  so  daß  für  den  jetzt  deutschen 
Teil,  obwohl  er  die  größere  Hälfte  ist,  besondere  Verwaltungskosten  nicht 
entstanden  sind.  In  diesem  Bezirke  liegen  die  Faktorei  Likunda  der  Cie. 
Sanga-fiquatoriale  und  die  Faktoreien  Ebembe  und  Kagasenke  der  Cie, 
Forestiere  Sanga-Ubangi. 

5.  Der  Bezirk  Ibenga-Motaba  umfaßt  die  Flußgebiete  der 
Flüsse,  nach  denen  er  benannt  ist.  Hier  besteht  Müitärverwaltung.  Er 
reicht  nur  mit  einem  kleinen  Teil  auf  deutsches  Gebiet.  Hier  wird  noch 
keine  Verwaltung  ausgeübt.      In  Lopi  ist  eine  Faktorei. 

6.  Der  Bezirk  Lobaje  umfaßt  das  Gebiet  zwischen  Mbi  und  dem 
Lobaje.  Hier  besteht  Militärverwaltung,  der  Sitz  der  Verwaltung  ist 
Mbaiki.  In  Boda  ist  ein  Militärposten.  Die  Besatzung  besteht  aus  i  Kapi- 


1)  Die  letzten  beiden  Faktoreien  liegen  in  konzessionsfreiem  Gebiet. 

2)  In  Tibundi  soll  ein  Zollposten  stehen. 


—       121       — 

tän,  3  Leutnants,  lo  Unteroffizieren,  200  Mannschaften  der  Schutztruppe 
und  20  Mannschaften  der  Polizeitruppe.  Die  Personalkosten  betragen 
122  400  Franken.  Der  Bezirk  liegt  fast  ganz  auf  deutschem  Gebiete. 
Die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  hat  in  Baiki,  Bollemba,  Buschia  und 
Yaka^)  Faktoreien. 

7.  Der  Bezirk  Mpoko  umfaßt  das  Flußgebiet  des  Mpoko,  er  reicht 
nur  mit  einem  kleinen  Teile  auf  deutsches  Gebiet.  Da  die  Vervvaltungs- 
sitze  der  hier  bestehenden  Militäx\-er\valtung  auf  französisch  geblietenem 
Gebiete  sind,  sind  für  deutsches  Gebiet  keine  besonderen  Ver\valtungs- 
kosten  entstanden. 

8.  Der  Bezirk  Yangere  mit  dem  Verwaltungssitze  in  Kämet 
und  den  Unterbezirken  Makandschia  und  Bambio,  umfaßt  das  Gebiet 
zwischen  dem  Sanga,  dem  Mambere  und  dem  Lobaje.  Das  Verwaltungs- 
personal setzt  sich  zusammen  aus  7  weißen  Beamten,  4  schwarzen  Ange- 
gestellten und  60  Mannschaften  und  Sergeanten  der  Poüzeitruppe.  Die 
Personalkosten  betragen  57  520  Franken.  Der  Bezirk  liegt  ganz  auf 
deutschem  Gebiete.  Die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  hat  Faktoreien 
in  Kamot,  Kumbe,  Bula,  Mboko  (bei  Makandschia),  Bambio,  Lamba 
(Grima),  Ngotto,  Ngundi,  Kamba  Oro,  Toro  und  Tongo,  In  Kamot  be- 
findet sich  außerdem  noch  eine  Handelsniederlassung  der  Cie.  Commerciale 
de  Colonisation  du  Congo  Fran^aise. 

9.  Der  Bezirk  Mbimu,  zwischen  Sanga,  Kadei  und  der  früheren 
Kameruner  Grenze  hat  seinen  Verwaltungssitz  in  Sosso.  Im  südlichen 
Teile  ist  ein  Unterbezirk  mit  dem  Sitze  in  Abogi  errichtet. 2)  (früher  be- 
standen 2  Unterbezirke,  in  Molaje  und  Ngombako).  In  Mauvej  nahe  der 
früheren  Grenze  befindet  sich  ein  Polizeiposten.  Das  Personal  setzt 
sich  zusammen  aus  4  weißen  Beamten,  2  farbigen  Angestellten  und  60 
Mannschaften  und  Sergeanten  der  Polizeitruppe.  Die  Personalkosten 
betragen  45  500  Franken.  Der  Bezirk  liegt  ganz  auf  deutschem  Gebiete. 
Die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  hat  hier  folgende  Faktoreien:  Molaje, 
Mauvej,  Bukongo,  Bajanga,  Bakobo  (Bidschukis),  Bandschia,  Ngombako 
(Koapulis). 

IG,  Der  Bezirk  Baja  zwischen  dem  Mambere,  dem  Kadei  und  der 
früheren  Kameruner  Grenze,  hat  seinen  Verwaltungssitz  in  Nola.  Der 
Sitz  des  Unterbezirkes  Gaza  ist  in  dem  gleichnamigen  Orte,  der  Sitz  des 
Unterbezirks  Bania  in  Berberati.  In  Kentzu  am  Kadei  nahe  der  früheren 
Grenze  steht  ein  PoUzeiposten.    Das  Versvaltungspersonal  setzt  sich  zu- 


')  Yaka  auf  konzessionsfreiem  Gebiet. 

^)  Nach  einer  anderen  Mitteilung  ist  der  Bezirk  in  die  Unterlwzirko   Lnsso 
(Sosso?),  Toma  und  Kadei  eingeteilt. 


—      122      — 

sammen  aus  5  weißen  Beamten,  4  schwarzen  Angestellten  und  60  Mann- 
schaften und  Sergeanten  der  PoHzeitruppe.  Die  Personalkosten  betragen 
52  380  Franken.  In  Nola  ist  ein  Zollposten.  Der  Bezirk  liegt  ganz  auf 
deutschem  Gebiete.  Die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  hat  hier  folgende 
Faktoreien:  Nola,  Bania,  Kapomu,  Berberati,  Tapuru,  Ndaja,  Doago, 
Nguku  und  Kentzu. 

II.  Der  Bezirk  Haussa,  mit  dem  Verwaltungssitze  Babua  und 
dem  Unterbezirke  Nzotua^)  umfaßt  das  Flußgebiet  des  Nana  und  wird 
im  Osten  begrenzt  von  der  früheren  Kameruner  Grenze  und  im  Norden 
von  Ubangi-Schari-Tschad.  Das  Verwaltungspersonal  besteht  aus  4 
weißen  Beamten,  2  farbigen  Angestellten  und  60  Mannschaften  und 
Sergeanten  der  Polizeitruppe.  Die  Personalkosten  betragen  41 620  Franken. 
In  Kunde  ist  ein  Zollposten.  Der  Bezirk  liegt  ganz  auf  deutschem  Gebiete. 
Die  Faktorei  Abba  gehört  noch  zum  Gebiete  der  Cie.  Forestiere  Sanga- 
Ubangi.  Die  Faktoreien  Gambo,  Nana,  Bibiti,  Za(oro)-Yanga,  Babua 
gehören  zum  Konzessionsgebiete  der  Cie.  Commerciale  de  Colonisation 
du  Congo  Frangais.  Die  Compagnie  Mambere-Sanga  i.  Liqu.  hat  in 
Kunde  eine  Faktorei. 

C.  Die  Kolonien  Ubangi-Schari  und  Tschad 

umfassen  das  Stromgebiet  des  Logone  und  des  Schari,  haben  hier  ihre 
Südgrenze  also  an  der  Wasserscheide  gegen  den  Sanga  und  Ubangi,  weiter 
östhch  ist  ihre  Südgrenze  der  Ubangi  selbst.  Hauptstadt  ist  Bangi.  Der 
Sitz  der  Militärverwaltung  für  das  Tschad- Gebiet,  die  unter  dem  Gou- 
verneur von  Ubangi-Schari  steht,  ist  Fort  Lamy.  Von  den  20  Verwal- 
tungsbezirken 2)  und  22  Unterbezirken  liegen  auf  jetzt  deutschem  Gebiete: 

1.  Der  Bezirk  Haute- Ouahme  mit  dem  Sitze  in  Bozum  und 
einem  Unterbezirke  in  Buala.  Vor  kurzem  ist  weiter  nördlich  noch  ein 
weiterer  Unterbezirk  geschaffen  worden.  Der  Bezirk  umfaßt  das  Ober- 
laufgebiet des  Uam.  Das  Verwaltungspersonal  setzt  sich  zusammen  aus 
9  weißen  Beamten,  4  farbigen  Angestellten  und  100  Mannschaften  und 
Sergeanten  der  Polizeitruppe.  Die  Personalkosten  betragen  88  500  Fran- 
ken, Der  Bezirk  liegt  fast  ganz  auf  deutschem  Gebiete.  In  Bozum  be- 
findet sich  eine  Faktorei  der  Cie.  Frangaise  de  l'Ouahme  et  de  la  Nana. 

2.  Der  Bezirk  Pende,  mit  dem  Verwaltungssitze  in  dem  auf  deut- 


^)  Nach  einer  anderen  Mitteilung  soll  auch  Kunde  als  Unterbezirk  abge- 
trennt sein. 

^)  II  in  Ubangi-Schari  und  9  in  Tschad.  Die  Verwaltungseinteilung  von 
Ubangi-Schari  beruht  auf  den  Erlassen  vom    19.  Sept.  1909,  5.  Okt.    1910   und 

4.  Okt.  1911;  die  von  Tschad  auf  dem  Erlasse  vom  5.  Okt.  1910.    Vgl.  Servel 

5.  122  f.  und  die  Karte  I. 


—      123      — 

scheni  Gebiete  liegenden  G(ire  und  dem  l'nterlK'zirke  Bailxjkum.  Er 
umfaßt  das  Flußgebiet  des  Pende  östlicii  bis  zum  Nana  und  westlich 
bis  zur  früheren  Kameruner  Grenze.  Das  Vervvaltungspersonal  besteht 
aus  7  weißen  Beamten,  3  farbigen  Angestellten  und  80  Mannschaften 
und  Sergeanten  der  Polizeitnippe.  Die  Personalkosten  lx?tragen  69  340 
Franken.     Der  Bezirk  liegt  fast  ganz  auf  deutschem  Gebiete, 

3.  Der  Bezirk  Moyen-Logone.  Hier  l^esteht  Militärverwaltung. 
Die  Verwaltungssitze  ^)  Lai  und  Doba  liegen  auf  dem  rechten  Ufer  des 
Logone  und  Pende,  sind  also  französisch  geblieben;  die  größere  Hälfte 
des  Bezirkes  liegt  aber  auf  deutschem  Gebiete.  Neben  der  Schutztruppe 
scheint  liier  auch  eine  Anzalil  Polizeisoldaten  verwendet  zu  werden, 
über  die  Verwaltungskosten  hegen  zuverlässige  Angaben  nicht  vor. 

4.  Der  Bezirk  Mao  Kabi,  mit  dem  Verwaltungssitze  in  Lere  und 
Posten  in  Binder-Nairi,  Fianga  und  Pogo  steht  ebenfalls  unter  Militär- 
verwaltung und  umfaßt  den  bisher  französischen,  sogenannten  Lere- 
Zipfel.  Er  liegt  fast  ganz  auf  dem  jetzt  deutschen  Gebiete.  Für  die  Zu- 
sammensetzung der  Besatzung  aus  Polizei  und  Schutztruppe  gilt  das 
gleiche  wie  für  den  Bezirk  Moyen-Logone.  Zuverlässige  Mitteilungen 
über  die  Verwaltungskosten  liegen  hier  gleichfalls  nicht  vor.  Die  Cie. 
Fran^aise  de  l'Ouahme  et  de  la  Nana  hat  in  Lere  eine  Handelsnieder- 
lassung errichtet  und  erst  vor  kurzem  ein  10  000  qm  großes  Gebiet  bei 
Pogo  zuerteilt  erhalten. 

Wenn  man  aus  den  vorstehenden  Angaben  eine  annähernde  Schätzung 
des  bisherigen  Personalbestandes  und  der  Personalkosten  in  Neu-Kamerun 
erhalten  \vill,  so  kann  das  nur  in  der  Weise  geschehen,  daß  für  die  Bezirke 
die  ganz  in  Neu-Kamerun  liegen,  die  ganzen  Bestände  und  Kosten;  füi 
die  nur  zum  Teile  in  Neu-Kamerun  liegenden  Bezirke  die  Bestände  und 
Kosten  mit  dem  Bruchteile  angesetzt  werden,  mit  dem  die  Bezirke  in 
Neu-Kamerun  liegen.  Soweit  für  Grenzbezirke  besondere  Kosten  für 
Neu-Kameruner  Gebiet  nicht  entstanden  sind,  sind  ihre  Kosten  ganz 
außer  Ansatz  zu  lassen.  Für  Moyen-Logone  und  Mao  Kabi,  für  die  genaue 
Ziffern  nicht  vorliegen,  müssen  Durchschnittsziffem  angesetzt  werden. 
Eine  solche  Berechnung  ergibt 
an  Personalkosten  für 

Gabun rund  200  ooo  Franken 

Mittel-Kongo 500000 

L'bangi-Schari-Tschad    .    .       ,,      250000 

zusammen  950  000  Franken 
oder  760  000  M. 


*)  Nach  einer  anderen  Mitteilung  soll  Bchaglc  Vcrwaltungssitz  sein. 


—      124     — 

und  an  Personalbestand  für  das  ganze  Gebiet  etwa  2  Administrateurs, 
12  Administrateurs  Adjoints,  28  Adjoints  und  Commis,  3  eingeborene 
Schreiber,   31   Dolmetscher,   50   Sergeanten  und   Gefreite,   650   Polizei- 
mannschaften, 5  Hauptleute,  13  Leutnants,  45  Unteroffiziere  und  700- 
Schutztruppenmannschaften. 
§  41.  Die  vollständige  Aufteilung  Neu-Kameruns  in  Verwaltungsbezirke 

darf  aber  nicht  zu  der  Annahme  führen,  daß  das  ganze  Gebiet  auch  tat- 
sächlich schon  französischerseits  in  Verwaltung  genommen  worden  sei.  Die 
Verwaltung  beschränkt  sich  in  Wirklichkeit  auf  Teüe  der  einzelnen  Bezirke. 
Die  große  Ausdehnung  Französisch-Äquatorial-Afrikas  über  annähernd 
20  Breitengrade,  die  Unwegsamkeit  großer  Gebiete  infolge  der  vielen 
Sümpfe,  Flüsse  und  Wälder,  der  Mangel  an  Verbindungswegen  usw. 
haben  die  Einrichtung  der  Verwaltung  sehr  erschwert  und  in  letzter  Zeit 
zu  einer  immer  stärkeren  DezentraUsierung  geführt.  Dabei  hat  die  Ver- 
waltungstätigkeit sich  nicht  in  allen  Gebieten  gleich  stark  entwickelt,  am 
am  wenigsten  stark  in  Gabun,  obgleich  man  hier  wegen  seiner  Küstenlage 
eigentlich  die  stärkste  Verwaltungstätigkeit  vermuten  sollte;  etwas  mehr 
in  Mittel-Kongo  und  am  stärksten  in  den  nördlichen  Gebieten.  Diese 
Erscheinung  kommt  auch  in  den  Ein-  und  Ausfuhrziffern,  den  Zoll- 
einnahmen und  den  Steuereingängen  zum  Ausdruck  und  ist  darauf  zurück- 
zuführen, daß  die  Kolonisierung  in  Französisch-Äquatorial- Afrika  der 
französischen  Regierung  bis  vor  kurzem  nicht  Selbstzweck  gewesen  ist, 
sondern  nur  ein  Mittel  für  die  militärischen  und  pohtischen  Ziele,  die 
weiter  im  Norden,  im  Sudan  verfolgt  wurden.  Die  Verwaltungstätigkeit 
hat  daher  vorwiegend  sich  auf  diese  nördlichen  Gebiete  und  ihre  Zugangs- 
straßen gerichtet.  Die  Verwaltung  und  Erschließung  der  übrigen  Gebiete 
ist  in  der  Hauptsache  den  Konzessions- Gesellschaften  überlassen  worden. 
Darin  ist  erst  seit  einigen  Jahren  ein  Wandel  eingetreten,  und  seitdem 
hat  die  Intensität  der  Verwaltung  auch  in  den  übrigen  Gebieten  zuge- 
nommen. 

Den  derzeitigen  Stand  der  französischen  Vervvaltungstätigkeit  und  die 
sie  beherrschenden  Verwaltungsgrundsätze  ohne  örthche  Kenntnis  darzu- 
stellen, ist  nicht  möglich.  Der  Gouverneur  von  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  hat  bei  der  Eröffnung  des  Gouvernementsrates  im  Oktober  191 1 
einen  Überbhck  über  den  derzeitigen  Stand  gegeben.  Seine  Rede  soll 
daher,  soweit  sie  das  abgetretene  Gebiet  berührt,  im  folgenden  auszugs- 
weise wiedergegeben  werden,  wobei  aber,  wenn  man  zu  einem  zutreffenden 
Urteüe  kommen  will,  ein  gewisser  Optimismus  in  der  Darstellung  der 
Verwaltungstätigkeit  der  letzten  Jahre  in  Rechnung  zu  setzen  ist.  Er 
führte  ungefähr  aus: 

„Die  Erschließung  des  Landes  ist  im  Laufe  des  letzten  Jahres  plan- 


—      125      — 

mäßig  und  mit  Erfolg  fortgesetzt  worden.  Die  nülitärisclie  Besatzung,  die 
im  Jahre  1908  nur  2400  Mann  betrug,  ist  bis  Anfang  191 1  auf  4700  erhöht 
worden  und  wird  in  kurzem  7000  betragen.  In  der  gleichen  Zeit  stieg  die  Zahl 
des  mit  der  Verwaltung  der  Eingeborenenlxjzirke  betrauten  Personals 
von  107  auf  262,  die  Zalil  der  X'erwaltungsposten  von  87  auf  150,  die  Zahl 
der  Bezirke  und  Unterbezirke  von  17  auf  211.  Die  Durchdringung  des 
Landes  hat  mit  Ausnahme  der  \'erwickelungen  in  W'adai  keine  größeren 
Schwierigkeiten  gemacht. 

In  Ubangi-Schari  ist  die  Besetzung  des  Uam-Gebietes  abgeschlos- 
sen worden;  die  Steuereingänge  haben  sich  im  Jahre  1910  um  141  000 
Franken  auf  615  000  Franken  gehoben  und  sind  ohne  Schwierigkeiten 
eingegangen. 

Noch  erfreulicher  ist  die  Lage  in  Mittel-Kongo.     Das  Land  ist 
überall  unter  den  ausgezeichnetsten  Umständen  besetzt  worden.      Im 
Kudu-Lande,  wo  in  den  Jahren  1908/09  größere  militärische  Unterneh- 
mungen notwendig  waren,  ist  die  Ordnung  nicht  gestört  worden.    Einige 
Stämme  haben  aber  die  Befestigungen  ihrer  Dörfer  noch  nicht  nieder- 
gelegt, wie  ihnen  aufgetragen  worden  ist,  und  sie  haben  sich  wenig  ge- 
neigt gezeigt,  die  Geldbußen,  die  ihnen  auferlegt  worden  sind,  und  die 
Kopfsteuer  zu  bezaWen.    Diese  Haltung  scheint  aber  weniger  auf  ihren 
eigenen  bösen  Willen  zurückzuführen  zu  sein,  als  auf  das  schlimme  Bei- 
spiel, das  ihnen  ihre  Nachbarn,  die  Völkerschaften  des  oberen  Dschadie 
imd  des  Dschua  geben.  Es  ist  zu  erwarten,  daß  die  im  Gange  befindlichen 
Unternehmungen  gegen  die   Sanga-Sanga  von   Kakaboine  einen  guten 
Einfluß  auf  die  Bevölkerung  des  Kudu-Landes  ausüben  werden.     Am 
Ibenga  und  Motaba  schreitet  die  Ersclüießung  des  Landes  inmitten  einer 
wilden,  mißtrauischen  und  feindseügen  Bevölkerung  langsam  vorwärts. 
Entschlossenheit  und  Geduld  hat  dieser  Bevölkerung  gegenüber  bisher 
ausgereicht.     Dagegen  wird  es  vielleicht  notwendig  sein,  gegen  gewisse 
Völkerschaften   des   oberen   grünen    Likuala   schärfer   vorzugehen,    die 
jede  Berührung  mit  der  Versvaltung  verweigern  und  die  benachbarten, 
unterworfenen  Völkerschaften  fortgesetzt  belästigen.     Die  Einrichtung 
der  Verwaltung  in  dem  weiten  Gebiete  des  Likuala-Mossaka  sclu^eitet 
mit  Unterstützung  der  Cie.  Fran^aise  du  Haut-Congo  ohne  Störung  vor- 
wärts,    überall,  wo  überhaupt  bisher  Steuern  eingehen,  werden  sie  in 
Geld  bezahlt.   Das  große  Gebiet,  daß  das  Sanga-Becken  bildet,  entwickelt 
sich  unter  ausgezeichneten  Bedingungen.    Die  Völkerschaften  der  Baja, 
die  es  bewohnen,  sind  endgültig  unterworfen,  und  arbeiten  unter  dem 
Antriel)e  der  Gesellschaften,  die  hier,  wie  es  scheint,  eine  gescliicktere  und 
glücklichere  Tätigkeit  entwickeln,  als  ander%värts,  tätig  an  der  wirtschaft- 
lichen Entwicklung  ihres  Landes  mit.     Es  ist  bedauerhch,   daß   dieses 


—      126      — 

Gebiet  heute  unter  den  Verheerungen  der  Schlafkrankheit  leidet.  Die 
Verwaltung  trifft  unter  Mitwirkung  der  Cie,  Forestiere  Sanga-Ubangi 
aUe  Maßnahmen,  um  diese  Seuche  einzudämmen.  Nach  Karnot  und  Nola 
sind  bereits  Ärzte  entsandt  worden ;  die  Entsendung  weiterer  Ärzte  steht 
bevor.  Auch  sollen  hier  verschiedene  Sanitätsposten  gegründet  werden. 
Mit  der  Erschließung  des  Landes  ist  auch  der  Ertrag  der  Kopfsteuer  ent- 
sprechend rasch  gestiegen;  von  632  000  Fr.  im  Jahre  1909  auf  850  000  Fr. 
im  Jahre  1910;  der  Ertrag  wird  im  Jahre  1911  voraussichtlich  i^  Mill.  Fr. 
erreichen.  Sie  wird  fast  überall  in  Geld  bezahlt.  Im  Jahre  191 1  wird 
Mittel-Kongo  2  neue  Schutztruppen-Kompagnien  erhalten,  so  daß  seine 
effektive  Stärke  auf  6  Kompagnien  gebracht  wird. 

In  Gabun  schreitet  trotz  des  erhöhten  Bestandes  an  Mihtär-  und 
Verwaltungspersonal  die  Erschließung  weniger  rasch  vorwärts.  Im 
ganzen  nördlichen  Teil  des  Gebietes  hat  man  es  mit  den  Völkerschaften 
der  Pangwe  zu  tun,  die  zwar  stark  und  inteUigent,  aber  auch  besonders 
unruhig  und  unbotmäßig  sind.  Im  Norden  von  Libreville  am  Komo  und  in 
der  Gegend  von  Ekododo  waren  verschiedene  Unternehmungen  der 
Pohzeitruppe  notwendig.  Die  Besetzung  des  oberen  Iwindo-Beckens  voll- 
zog sich  ohne  Störung.  Zwischen  Dschua  und  dem  Dschadie  aber  hat 
eine  Gruppe  der  Sanga-Sanga,  deren  Hauptsitz  Kakaboine^)  ist,  sich 
besonders  feindselig  gegenüber  unserer  Niederlassung  im  Lande  gezeigt. 
Nachdem  sie  bisher  den  Weg  zwischen  Madschingo  und  Sembe  abge- 
schnitten und  fortwährend  die  uns  ergebenen  Völkerschaften  belästigt 
haben,  sind  sie  im  Frühjahr  19 11  sogar  so  weit  gegangen,  unsere  Truppen 
anzugreifen  und  den  Posten  von  Nzakamatu  zu  belagern.  Gegenwärtig 
ist  eine  Abteilung  unter  einem  Hauptmann  in  diesem  Bezirke  tätig.  Nach 
mehreren  Scharmützeln  die  auf  dem  Wege  nach  Kakaboine  stattfanden, 
ist  Kakaboine  selbst,  ein  sehr  stark  befestigter  und  für  uneinnehmbar 
gehaltener  Punkt,  am  25.  August  eingenommen  worden.  Dieses  Gebiet 
wird  in  Zukunft  stärker  besetzt  werden  können,  da  Gabun  eine  neue 
Kompagnie  zugeteilt  werden  wird.  Die  Kopfsteuer  hat  im  Jahre  1910 
nur  300  000  Fr.  gebracht,  im  Verhältnis  zu  den  anderen  Kolonien  ein 
geringer  Ertrag." 

Bei  der  Besprechung  der  Eingeborenenpohtik  kommt  der  General- 
gouverneur auf  den  Gesetzentwurf  zu  sprechen,  der  die  Verleihung  des 
französischen  Bürgerrechtes  an  Eingeborene  zulassen  soU  und  der  dem 
Gouvernementsrat  in  seiner  damahgen  Tagung  vorgelegt  worden  ist. 
BezügHch  der  Eingeborenenbehandlung  muß  der  Generalgouverneur  zu- 


1)  Kakaboine  liegt  nicht,  wie  der  Generalgonverneur  sagt,  zwischen  Dschua 
und  Dschadie,  sondern  nördlich  des  Dschua,  also  auf  deutschem  Gebiete. 


—     1^7     — 

geben,  daß  die  Erlasse  der  Repiening  häufig  falsch  und  mit  Nachlässigkeit 
ausgeführt  werden,  und  er  weist  unter  Zusicherung  vollständiger  Ablülfe 
auf  das  Dekret  über  den  Arbeitsvertrag  vom  7.  April  191 1  hin,  das  die 
vollständige  Freiheit  in  der  Abschließung  von  Arbeitsverträgen  sicher- 
stellt. Er  regelt  die  Arbeits\erhältnisse  mit  einer  Mindestdauer  von 
3  Monaten  und  bestimmt,  daß  dem  Abschlüsse  des  Vertrages  eine  ärztliche 
Untersuchung  vorauszugehen  hat  und  daß  für  ärztliche  Behandlung 
während  des  Arbeitsverhältnisses  gesorgt  werden  muß.  Die  Arbeitszeit 
ist  auf  IG  Stunden  täghch  mit  einem  arbeitsfreien  Tag  in  der  Woche  fest- 
gesetzt. Löhne  müssen  in  Geld  bezahlt  werden,  die  Beköstigung  wird  in 
Natiu-alien  gegeben.  Die  Strafbestimmungen  gegen  den  Unternehmer 
sowohl  wie  gegen  den  Angestellten  sind  verschärft  worden. 

Über  die  Verwaltungstätigkeit  zur  Verbesserung  der  sanitären 
\'erhältnisse  führt  der  Generalgouvemeur  aus,  daß  die  Zahl  der  Arzte 
im  Jahre  1911  auf  37  gestiegen  sei;  23  Sanitätsposten  wurden  errichtet, 
darunter  einer  in  Wesso,  in  Kamot  und  in  Nola.  An  jedem  dieser  Posten 
befindet  sich  ein  Sanitätsoffizier.  Zur  Bekämpfung  der  Schlafkrankheit 
wurde  an  allen  Krankheitsherden  ein  Überwachungsdienst  und  im  ganzen 
Schlafkrankheitsgebiete  der  Gesundheitspaßzwang  eingeführt.  Mit  der 
Niederlegung  des  Buschwaldes  um  die  Anlegeplätze  und  Wasserstellen 
und  an  Furten,  mit  der  V^erlegung  von  Eingeborenendörfem  von  den 
Flußläufen  an  entferntere  Stellen  und  mit  der  Errichtung  von  Schlaf- 
krankenlagem  wurde  planmäßig  begonnen.^)  Zur  Bekämpfung  der 
Pocken  \\-urden  verschiedene  Impfstationen  errichtet,  darunter  eine  in 
Lere. 

Für  den  Eingeborenen-Unterricht  ist  bisher  sehr  wenig  geschehen. 
Mit  der  Errichtung  von  Schulen  an  einzelnen  Orten  ist  bereits  begonnen 
worden,  unter  anderem  war  für  Nola  für  1912  die  Errichtung  einer  Schule 
vorgesehen. 

Diese  Ausführungen  des  Generalgouvemeurs  sollen  im  folgenden 
in  einigen  Punkten  noch  ergänzt  werden.  Über  die  Methode  der  Ein- 
geborenenbehandlung-) hat  der  Generalgouvemeur  wenig  gesagt. 
Aus  der  früheren  Periode  ist  bekannt,  daß  die  französische  Verwaltung 
der  Frage  der  Eingeborenenbehandlung  ziemlich  gleichgültig  gegenüber- 
gestanden und  die  Lösung  dieser  Frage  den  Konzessionsgesellschaften 
überlassen  hat.  Daraus  haben  sich  Zwangsmaßnahmen  und  Bedriickungen 
und  die  bekannten  Mißstände  in  der  Eingeborcnenbehandlung  ergeben, 


')  Vgl.  dazu  §  37. 

*)  Vgl.  dazu  das  Rundschreiben  des  Generalgouvemeurs  vom  i.  August  1909. 
Servel  S.   lo^ff.  und   Questions  dipl.  et  cd.   1906  S.  3S5. 


—       128      — 

von  denen  in  der  ganzen  französischen  Kongo- Literatur  so  viel  die  Rede 
ist.  Mit  der  Einführung  des  neuen  Verwaltungsregimes  hat  die  fran- 
zösische Verw'altung  die  Lösung  dieser  Frage  selbst  in  die  Hand  genommen ; 
sie  scheint  gegenüber  der  früheren  Praxis  aber  in  das  andere  Extrem 
verfallen  zu  sein.  Es  scheint  der  Grundsatz  zu  gelten,  daß  jede  Maßnahme 
zu  vermeiden  ist,  die  von  den  Eingeborenen  nur  im  geringsten  als  Be- 
schränkung ihrer  vollen  Ungebundenheit  empfunden  werden  könnte. 
So  berichtet  ein  deutscher  Grenzposten,  der  mit  einem  auf  einem  Ex- 
peditionsmarsche befindhchen,  französischen  Posten  an  der  Grenze  zu- 
sammentraf, daß  der  französische  Posten  in  seiner  Aufgabe  vollständig 
lahmgelegt  gewesen  sei,  weil  ihm  die  Träger  entlaufen  waren  und  die 
Eingeborenen  keinen  Trägerdienst  leisten  wollten.  Da  der  französische 
Postenführer  strikte  Anweisung  hatte,  jeden  Druck  auf  die  Bevölkerung 
zu  vermeiden,  mußte  er  nach  neuen  Trägem  zurückschicken  und  ihr 
Eintreffen  abwarten.  Dagegen  zeigten  sich  die  zu  dem  gleichen  Stamm 
gehörigen  Eingeborenen  auf  deutschem  Gebiete  ohne  weiteres  bereit, 
Trägerdienste  zu  leisten,  da  die  straffere,  deutsche  Verwaltungsmethode 
die  Eingeborenen  auch  ohne  Ausübung  eines  besonderen  Zwanges  in 
Gehorsam  hält.  Ähnliche  Vorkommnisse  werden  in  anderen  Berichten 
erwähnt.  Ob  es  sich  dabei  nur  um  vereinzelte  Erscheinungen  handelt 
oder  ob  diese  Vorkommnisse  auf  eine  allgemeine  Anweisung  zurück- 
zuführen sind,  kann  natürUch  hier  nicht  festgestellt  werden.  Die  im 
neuen  Gebiete  in  Zukunft  tätigen  deutschen  Lokalverwaltungen  werden 
aber  ihr  Augenmerk  auf  die  bisherige  französische  Praxis  der  Einge- 
borenenbehandlung zu  richten  haben,  um  den  Übergang  zur  deutschen 
Praxis  ohne  Störung  zu  vollziehen.  Die  französischen  Verwaltungs- 
stellen befinden  sich  ohnedies  durch  die  Kenntnis  und  die  bisherige 
persönhche  Berührung  mit  den  Eingeborenen  Neu-Kameruns  in  einer 
gewissen  Überlegenheit  und  bei  der  überall  an  den  Grenzen  bestehenden 
Rivalität  werden  sie  versuchen,  die  Bevölkerung  auf  das  französisch 
gebhebene  Gebiet  herüberzuziehen.  Verschiedene  Berichte  aUerneuesten 
Datums  lassen  erkennen,  daß  einzelne  französische  Verwaltungsposten 
schon  jetzt  in  der  Übergangszeit  eine  solche  Übersiedelung  vorzubereiten 
suchen. 

Die  politische  Organisation  der  Eingeborenen  beruht  in  Gabun  und 
Mittel- Kongo  fast  überall  nur  auf  der  Dorfsiedelung.  Eine  Zusammen- 
fassung mehrerer  Siedelungen  zu  einem  größeren  Gemeinwesen  unter 
einem  gemeinsamen  Oberhaupte  ist  sehr  selten  und  ist,  wo  sie  vorkommt, 
auf  die  Berührung  mit  dem  Islam  zurückzuführen.  Die  französische 
Eingeborenen pohtik  war  bisher  bestrebt,  die  Stellung  der  Dorfhäupt- 
linge zu  stärken  und  der  Verwaltung  dienstbar  zu  machen.    In  Ubangi- 


—      129      — 

Schari  und  Tschad  geht  die  poUtische  Organisation  in  der  Regel  ulx-r 
die  Dorfsiedelung  hinaus  und  erstreckt  sich  auf  griiÜere  Stämme  imter 
einem  gemeinsamen  Oberhaupte. 

Im  Jahre  189S  bestanden  in  Fran/.«)sisch-Aqu.it')rial-Afrika  52  katho- 
lische und  protestantische  Missionsschulen,  an  welchen  im  Jahre 
1900  2654  und  im  Jahre  1903  4062  Schüler  und  Schülerinnen  unterrichtet 
\vurden.  Von  der  letzteren  Zahl  entfallen  2917  auf  die  katholischen 
und  1145  auf  die  protestantischen  Missionsschulen.  Außer  den  gewöhn- 
lichen Elementarfächern  wurde  hauptsächlich  praktischer  Unterricht 
in  Pflanzungsarbeit  und  Kautschuksammeln  erteilt. 

Durch  Ministerialerlaß  \-om  11.  Februar  1906  ist  den  Konzessions- 
Gesellschaften  das  Recht  gegeben  worden,  Eingeborenenschulen  zu 
gründen.  Die  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi  unterhält  zurzeit  in  Bania 
eine  solche  Schule  mit  ungefähr  50  Schülern,  die  durch  einen  weißen 
Lehrer  und  einen  eingeborenen  Gehilfen  geleitet  wird.  Ob  an  anderen 
Orten  noch  mehr  solche  Schulen  bestehen,  kann  nicht  angegeben  werden. 
Es  ist  von  französischer  Seite  darauf  hingewiesen  worden  —  und  die 
Praxis  der  Cie.  Forestiere  Sanga-Ubangi,  die  aufgenommenen  Schüler 
zu  zweijähriger  Kautschukarbeit  zu  verpflichten,  scheint  das  zu  be- 
stätigen — ,  daß  den  Gesellschaften  durch  diese  Berechtigung  die  Mög- 
lichkeit gegeben  ist,  unter  dem  Deckmantel  des  Schulbetriebes  eine  Art 
Kontraktarbeitssystem  einzuführen. 

Das  vom  Generalgouvemeur  envähnte  Dekret  über  den  Arbeits- 
vertrag ist  in  seiner  gnmdsätzlichen  Auffassung  und  den  einzelnen 
Bestimmungen  durchaus  anzuerkennen  und  entspricht  der  Arbeits- 
verordnung, die  in  Alt-Kamerun  in  Geltung  ist.  Wenn  sich  trotzdem 
in  Französisch-Äquatorial-Afrika  bis  in  die  letzte  Zeit  noch  Mißstände 
in  der  Arbeiterbehandlung  gezeigt  haben,  so  ist  dabei  zu  berücksichtigen, 
daß  ein  schriftlicher  Arbeitsvertrag  unter  Mitwirkung  der  Verwaltung 
nur  dann  notwendig  ist,  wenn  das  Arbeitsverhältnis  von  vornherein 
auf  eine  Dauer  von  mehr  als  3  Monaten  abgeschlossen  ist;  femer,  daß 
die  Konzessions-Gesellschaften  mit  den  Eingeborenen  meistens  über- 
haupt nicht  in  einem  vertraglichen  Verhältnis  stehen.  Sie  liindem  die 
nichtangestellten  Eingeborenen  nicht,  in  ihren  Konzessionsgebieten 
Kautschuk  zu  sammeln:  sie  sorgen  nur  dafür,  daß  der  auf  ihrem  Gebiete 
gesammelte  Kautschuk  das  Konzessionsgebiet  nicht  \-crläßt,  sondern 
ihnen  abgeliefert  wird.  Die  dabei  gezahlten  Löhne  stehen  außerhalb  eines 
Arbeitsvertrages.  ^) 

Für   die    Eingeborenengerichtsbarkeit    ist    das    Dekret    vom 


')  Vgl.  dazu  den  Vertrag  der  Cie.  Forestidrc.  in  .Vnhang   III  Ziff.  3. 

Vcröffentl.  d.  Rcichskolonialamtcs  Nr.  4  :  Ritter.  9 


—     130    — 

12,  Mai  igio  und  der  Erlaß  vom  5,  Oktober  1910  maßgebend.  Es  teilt  die 
Zuständigkeit  in  eine  richterliche  und  eine  disziplinare.  Die  richterliche 
ist  den  Eingeborenengerichten  übertragen,  die  am  Hauptsitze  jeder 
Bezirksverwaltung  bestehen,  in  Zivilsachen  eine  unbeschränkte  Zu- 
ständigkeit haben  und  mit  dem  Vorstande  der  Bezirksverwaltung  be- 
setzt sind.  Sie  sind  in  der  Regel  auch  für  Strafsachen  zuständig.  Die 
schweren  Vergehen  gegen  die  französische  Herrschaft  oder  die  öffenthche 
Sicherheit  sind  aber  der  Gerichtsbarkeit  der  Leutnant- Gouverneure 
vorbehalten.  Die  Leiter  der  Unterbezirke  haben  nur  eine  beschränkte 
Zuständigkeit  als  Friedensrichter,  Die  disziplinare  Zuständigkeit  ist 
den  Verwaltungsbehörden  übertragen. 

Die  Besatzungsstärken  der  Polizei  und  Schutztruppen  sind 
für  die  einzelnen  Bezirke  oben  angegeben.  Näher  auf  die  Stärke  der 
Schutztruppe  und  Polizeitruppe  in  ganz  Französisch-Äquatorial-Afrika 
einzugehen,  ginge  über  den  Zweck  dieser  Zusammenstellung  hinaus. 
Das  Kommando  über  die  den  einzelnen  Bezirken  zugeteilten  Abteilungen 
der  Polizeitruppe  führen  gewöhnlich  ausgediente  Senegalschützen,  die 
an  die  Anordnungen  des  Vorstehers  der  Bezirksverwaltung  gebunden 
sind.  Für  die  Verteilung  der  Polizeitruppe  im  Bezirk  besteht  der  Grund- 
satz, in  den  erschlossenen  Gebieten  möglichst  jedes  größere  Dorf  und 
vor  allem  jede  Faktorei  mit  einem  kleinen  Posten  zu  besetzen,  so  daß 
also  anzunehmen  ist,  daß  die  Mehrzahl  der  auf  Karte  H  angegebenen 
Faktoreien  einen  kleinen  Posten  hat.  Die  Mannschaften  erhalten  einen 
täglichen  Sold  von  30  Cts.,  dazu  4  Franken  monatliches  Verpflegungs- 
geld, ihre  Kleidung  haben  sie  sich  selbst  zu  beschaffen.  Die  Mannschaften 
sind  ohne  genügende  militärische  Ausbildung,  mit  alten  Gewehren  und 
Seitengewehren  ausgerüstet.  Der  militärische  Wert  der  Polizeitruppe 
wird  von  deutschen  Grenzposten  als  gering  bezeichnet.  Sie  ist  bisher  aus 
den  Eingeborenen  der  Kolonie  selbst  rekrutiert  worden,  besonders  aus 
den  Yakoma,  ferner  aus  Monrovialeuten,  Kamerunern  und  belgischen 
Kongolesen.  Neben  den  allgemeinen  Aufgaben  der  Polizeiverwaltung 
versieht  die  Polizeitruppe  den  Gefängnisdienst.  Als  Gefängnisse  dienen 
an  den  Verwaltungssitzen  der  Bezirke  und  Unterbezirke  zu  diesem  Zweck 
errichtete  Holzhütten.  Zur  Steuereintreibung  sollen  die  Polizeisoldaten 
nach  strikter  Anweisung  des  Generalgouverneurs  nur  unter  unmittel- 
barer Aufsicht  eines  weißen  Beamten  verwendet  werden. 

Als  Besatzungseinheit  der  militärischen  Venvaltungsbezirke  soll 
grundsätzlich  eine  Kompanie   Schutztruppe   (Tirailleurs  Senegalais) ^) 

J)  Früher  bestand  die  Schutztruppe  in  Französisch-Äquitorial-Afrika  nur  aus 
Segenalleuten;  in  letzter  Zeit  werden  aber  auch  Leute  aus  Monrovia  und  Da- 
homey  eingestellt,  die  sich  aber  als  Soldaten  schlechter  bewähren. 


—     131     — 

gelten,  die  unter  Leitung'  eines  Hauptmanns  am  Sitze  der  Be/irksver- 
waltun^  steht.  Wo  es  für  die  Durchführung  der  \'er\valtung  notwendig 
ist,  sollen  Nebenposten  unter  der  Leitung  eines  Leutnants  mit  einem 
Mannschaftsbestande  von  wenigstens  50  Mann  errichtet  werden.  Dabei 
wird  davon  ausgegangen,  daU  ein  Posten  von  drei  Europäern  und  50 — 70 
Mannschaften  einen  Bezirk  von  30  qkm  Buschland  und  50  qkm  Steppen- 
land beherrschen  kann.  Wo  gute  Verkehrswege  bestehen,  erhöht  sich 
natürlich  dieser  Beherrschungskreis  entsprechend.  Als  Ziel  hat  sich 
die  französische  Verwaltung  dabei  vorgesetzt,  möglichst  auf  1000  Ein- 
wohner eine  Besat/Amg  von  i  Gewehr  zu  haben.  ^)  Die  Schut/.truppe 
ist  mit  einem  Mehrladegewehr  und  Bajonett  bewaffnet.  Die  Lohnung 
beträgt  15  Franken  für  die  Mannschaft  und  18  Franken  für  den  ein- 
geborenen Unteroffizier. 

Was  die  religiösen  Verhältnisse  betrifft,  so  besteht  die 
ganze  Eingeborenenbevölkerung  Neu-Kameruns  noch  aus  Heiden. 
Auch  dort,  wo  die  eingeborene  Bevölkerung  mit  islamischen  Völkern 
in  Berührung  gekommen  ist,  und  eine  leichte  Islamisierung  statt- 
gefunden hat,  ist  diese  nur  ganz  oberflächlich  und  beschränkt  sich 
auf  die  Nachahmung  äußerer  islamischer  Gewohnheiten,  so  der  Kleidung 
(Haussa-Gewand),  der  Feier  von  Festen,  Beschneidung  usw.  Solche  is- 
lamische Spuren  sind  am  weitesten  südlich  bei  den  \'ölkerschaften  zwischen 
Mambere  und  Kadei  anzutreffen.  Bis  hierher  sind  schon  einzelne  Haussa 
und  Fulbe  mit  festen  Niederlassungen  vorgedrungen.  Weiter  nach  Norden 
macht  sich  die  Islamisierung  längs  der  früheren  Kameruner  Ostgrenze 
stärker  gelten,  besonders  bei  den  Mudang  im  früheren  Lere-Zipfel. 

Christliche  Missionen  scheinen  in  Xeu-Kamerun  bisher  sich  nirgends 
niedergelassen  zu  haben.  In  Bonga  soll  sich  angeblich  eine  Missionsstation 
befinden ;  da  Bonga  aber  in  der  Zeit  der  Überschwemmungen  nicht  be- 
wohnbar ist,  kann  es  sich  hier  nicht  um  eine  ständige  Niederlassung 
handeln.  Bei  der  kathohschen  Missionsstation  in  Betu  am  Ubangi  hat 
die  Absicht  bestanden,  vom  Ubangi- Vorsprunge  aus  die  Missionierung 
des  Sanga-Gebietes  in  Angriff  zu  nehmen.  Diese  Mission  ist  bisher  aber 
nicht  dazu  gekommen,  im  Ubangi- Vorsprunge  festen  Fuß  zu  fassen. 
Ebenso  hat  eine  amerikanische  Missionsgesellschaft  die  Absicht  gehabt, 
im  Muni-Gebiete  tätig  zu  werden,  und  soll  sich  zu  diesem  Zwecke  in 
Butika  einen  größeren  Grundbesitz  gesichert  haben.  Zur  Errichtung 
einer  Missionsstation  ist  es  aber  auch  hier  anscheinend  nicht  gekommen. 
Im  übrigen  Teile  Französisch-Äquatorial- Afrikas  sind  aber  —  wie  aus 

')  In  Französisch-Westafrika  kommen  auf  S50  Einwohner  1  Gewehr,  in  Mada- 
gaskar auf  224  Einwohner  i    Gewehr. 

9' 


—      132      — 

dem  oben  über  die  Missionsschulen  Gesagten  hervorgeht  —  kathoHsche 
und  protestantische  Missionen  tätig. 

Den  Mitteilungen  des  Generalgouverneurs  über  die  Ausbreitung 
des  Geldverkehrs  ist  noch  hinzuzufügen,  daß  in  Französisch-Äqua- 
torial-Afrika  die  Einführung  des  Geldverkehrs  unter  den  Eingeborenen 
lange  Zeit  möglichst  verhindert  worden  ist.  Es  geschah  dies  auf  Ver- 
anlassung der  Konzessionsgesellschaften;  denn  sobald  die  Eingeborenen 
Geld  in  Händen  hatten,  konnten  sie  mit  den  freien  Händlern  in 
Handelsverkehr  treten.  Solange  sie  aber  nur  Kautschuk  als  Tausch- 
mittel hatten,  waren  sie  auf  den  Tauschverkehr  mit  den  Konzessions- 
gesellschaften angewiesen.  Der  Geldverkehr  ließ  sich  aber  nicht  unter- 
drücken und  es  sind  große  Beträge  belgischen  Geldes  über  die  Grenze 
gekommen.^)  Das  veranlaßte  die  französische  Regierung,  von  ihrem 
früheren  Standpunkte  abzugehen  und  das  gewnnreiche  Geschäft  der 
Silbermünzeneinfuhr  selbst  zu  machen.  In  den  letzten  Jahren  sind  daher 
erhebhche  Mengen  französischen  Silbergeldes  in  Gabun  und  Mittel- 
Kongo  eingeführt  worden,  wie  das  in  den  übrigen  französischen  Kolo- 
nien schon  seit  langem  geschieht.  Im  Norden  Neu-Kameruns  ist  der 
Maria-Theresia-Taler  wie  im  übrigen  Sudan  das  übliche  Zahlungsmittel. 
Er  wird  von  Französisch-Westafrika  über  Zinder  oder  von  TripoHs 
im  Tschadsee- Gebiete  eingeführt.  Der  Geld-  und  Zahlungsverkehr 
zwischen  dem  Mutterlande  und  Französisch-Äquatorial-Afrika  wird  von 
der  Banque  Frangaise  de  l'Afrique  Equatoriale  besorgt,  deren  Aktien- 
kapital vor  kurzem  von  3  auf  5  Millionen  Franken  erhöht  worden  ist. 


II.  Die  Finanzen. 

I.  Die  Finanzen  von  Französisch-Äquatorial-Afrika. 

Literatur: 

Rouget,  Expansion  coloniale  au  Congo  Frangais  1906 

Servel,  L'organisation  administrative  et  financiere  de  l'Afrique  l^quatoriale 
Fran9aise,  Paris  191 2. 

Gaudart,  La  Regime  Financier  des  Colonies  Fran9aises,  Paris  191 1. 

Rapports  de  la  Commission  du    Senat  sur  le  budget  general  des  Colonies. 

Rapports  de  la  Commission  de  la  Chambre  des  deputes  sur  le  Budget  general 
des  Colonies. 

Die  Budgets  für  Französisch-Äquatorial-Afrika. 

Statistique  des  Finances  des  Colonies  Fran9ais  (Office  Coloniale,  Ministere 
des  Colonies). 


1)  Nach  anderenMitteilungen  soll  umgekehrt  das  französische  Geld  nach  Belgisch- 
Kongo  abgeflossen  sein. 


—     133     — 

Journ.  Off.  1912  S.  3061. 

Documents  Pariamen taires-Chambre  Annexe   1252   S.   1753 ff. 
Kenseignements  Coloniaux   191 1   S.  264  ff. 

Mouv.  Giogr.  1908  S.  60,  563,  702;  1909  S.  510;  191 1,  S.  94,  448,  461,  497. 
Kevue  de  Paris  1912  S.  348ff. 
W.  Stahl,  Französisch-Kongo,  Berlin   191 1. 

Sonderabdruck  aus  der  Zeitschrift  für  Kol.-Pol.  1910  von  König  ,, Ausdehnung 
der  Verwaltung  und  die  Eingeborenen-Besteuerung  in  Äquatorial- Afrika". 

Für  die  Finan/Aervvaltung  der  französischen  Kolonien  ist  durch  §  42. 
gesetzliche  Vorschrift  (Art.  33  §  i  des  Finanzgesetzes  vom  13.  April 
1900)  der  gleiche  Grundsatz  aufgestellt,  welche  für  die  deutschen  Schutz- 
gebiete praktisch  seit  1909  durchgeführt  worden  ist.  Hiernach  sind  alle 
Ausgaben  für  die  Zivilver^valtung  und  für  die  Polizei  grundsätzlich  auf 
die  Kolonialetats  zu  übernehmen.  Dagegen  trägt  das  Mutterland  die 
Kosten  des  militärischen  Schutzes. 

Dieser  Grundsatz  ist  indessen  für  Französisch-Äquatorial-Afrika 
nicht  mit  der  gleichen  Schärfe  \vie  für  die  meisten  deutschen  Schutz- 
gebiete durchgeführt  worden.  Die  Zuschüsse  des  Mutterlandes  für  die 
Kolonien  sind  vielmehr  im  \'ergleich  zu  den  für  die  deutschen  Schutz- 
gebiete in  den  letzten  Jahren  gewährten  recht  hoch  und  bewegen  sich 
überdies  in  ihrer  Gesamtheit  in  steigender  Richtung.  Die  in  den  Etats 
aufgeführten  Zahlen  lassen  dies  allerdings  zunächst  nicht  erkennen, 
denn  hiernach  haben  die  Zuschüsse  des  Mutterlandes  für  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  betragen 

2  078  000  Frenken 

500  000         „ 

500  000         ., 

700  000 

700  000         ,, 

700  000 

665  000         ,, 

665  000 

600  GOO 

600  000 

600000 

600  00  D 

600  000 

Danelx'n  gewährt  indessen  das  Mutterland  sehr  hohe  Zuschüsse  für  die 
mihtärische   Verwaltung   der   Kolonien.      Während   diese  im   deutschen 


im 

Jahre 

1900 1) 
1901 
1902 
1903 

>> 

" 

1904 
1905 

t$ 

»> 

1906 
1907 
1908 

" 

" 

1909 
1910 

" 

» 

1911 
1912 

')   In  der  Ziffer  für  1900  sind  die  mihtärischen  Ausgaben  enthalten;  in  den 
Ziiiem  für  die  folgenden   Jahre  nicht. 


—     134    — 

Schutzgebiete  Kamerun  sich  in  den  letzten  Jahren  auf  der  Höhe  von 
rd.  2,3  MilHonen  Mark  und  in  Deutsch-Ostafrika  auf  der  Höhe  von  rd. 
3,5  MilHonen  Mark  gehalten  haben,  betrugen  in  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  die  Kosten  für  die  militärische  Besetzung 

im  Jahre  1911        9640000  Franken 
„       1912        8234000 

Ob  mit  diesen  Zahlen  die  Gesamtheit  der  vom  Etat  des  Mutterlandes 
getragenen  militärischen  Aufwendungen  erschöpft  ist,  läßt  sich  aus  dem 
Etat  nicht  mit  Sicherheit  feststellen;  erscheint  indessen  zweifelhaft, 
da  in  den  betreffenden  Kapiteln  des  französischen  Etats  noch  eine  Reihe 
von  weiteren  allgemeinen  Zwecken  angeführt  ist  (z.  B.  Verteidigung  der 
Kolonien  2,1  Millionen  Franken,  Reisekosten  rd.  6  Millionen  Franken, 
usw.),  ohne  daß  angegeben  wäre,  ob  und  welche  Anteile  hiervon  der 
militärischen  Verwaltung  von  Französisch-Äquatorial-Afrika  zugute 
kommen.  Ferner  gibt  das  Mutterland  neben  den  ordentlich  fixierten 
Zuschüssen  und  den  militärischen  Aufwendungen  außerordentliche  Zu- 
schüsse. Solche  wurden  in  früheren  Jahren  einige  Male  gewährt,  sind 
aber  dann  von  1902 — 1909  nicht  mehr  gezahlt  worden.  Vom  Jahre  1910 
an  wurden  regelmäßig  die  gesamten  Kosten  des  Zins-  und  Tilgungs- 
dienstes einer  damals  aufgenommenen  Anleihe  im  Etat  des  Mutter- 
landes verrechnet.  Diese  als  außerordentliche  Zuschüsse  bezeichneten 
Summen  beliefen  sich  im  Jahre  1910,  191 1  und  1912  auf  665  000  Franken. 
Die  gesamten  Ausgaben  im  französischen  Etat,  welche  ausdrück- 
lich als  für  Zwecke  Französisch-Äquatorial-Afrikas  bestimmt  bezeichnet 
werden,  betrugen 

im  Jahre  1908  rd.     3,8  Millionen  Franken 
„      1909    „      5,5 
,,      1910    ,,      8,0         ,,  „ 

„       1911    „    11,0 
„      1912    „      9,5 
(Für  1912  wird  voraussichtlich  infolge  Begebung  einer 
Anleiherate  eine  Erhöhung  des  Zuschusses  um  weitere  266  000 
Franken  erfolgen.) 

Von  diesen  Zuschüssen  läuft  nur  der  ordentliche  von  600  000  Franken 
durch  den  Etat  der  Kolonie  selbst.  In  der  Aufstellung  des  Budgets  von 
Französisch-Kongo  sind  im  Zusammenhange  mit  den  oben  erwähnten 
wiederholten  Änderungen  der  Verwaltungseinrichtung  in  den  letzten 
Jahren  mehrfache  Wandlungen  erfolgt.  Da  es  hier  auf  den  gegenwärtigen 
Stand  der  Finanzen  ankommt,  braucht  auf  die  früheren  Perioden  der 


-     «35     — 

Entwicklung  nicht  naiier  eingegangen  zu  werden  (ausfüiirliclie  Dar- 
stellungen dieser  Entwicklung  s.  bei  \V.  Stahl,  Französisch-Kongo, 
S.  28  ff.). 

Der  Etat  von  Französisch-Äquatorial-Afrika  zerfällt  seit  1906  gemäß 
Dekret  vom  11.  Februar  1906  in  ein  Generalbudget  für  ganz 
Äquatorial-Afrika  und  in  4  Lokalbudgets  für  Gabun,  Mittel-Kongo, 
Ubangi-Schari  und  Tschad.  Dem  Hauptetat  fließen  nelxjn  den  ordent- 
lichen Zuschüssen  des  Mutterlandes  vor  allem  die  Einnahmen  aus  den 
Ein-  und  Ausfuhrzöllen,  ferner  die  Abgaben  der  Konzessionsgesellschaften 
und  einige  weniger  ergiebige  Einkünfte  (Bergwerks-,  Sclüffahrts-,  Tele- 
graphenabgaben) zu.  Der  Hauptetat  hat  insbesondere  Ausgaben  für 
die  allgemeine  \'erwaltung,  die  Kosten  des  Gouvernements,  der  Ein- 
geborenengerichtsbarkeit und  der  öffentHchen  Arbeiten  zu  tragen.  Den 
vier  Lokaletats  fließen  die  Eingeborenensteuern  sowie  Gewerbeabgaben 
und  einige  kleinere  Einnahmen  zu.  Sie  haben  die  Kosten  der  örtlichen 
Verwaltung,  insbesondere  des  Gesundheitsdienstes  und  der  Polizei\er- 
waltung,  sowie  einen  Zuschuß  zu  den  Kosten  des  Gouvernements  zu 
bestreiten.  Seit  der  im  Jahre  1906  erfolgten  grundsätzlichen  Änderung 
in  der  Aufstellung  der  Budgets  von  Französisch-Kongo  haben  die  Etats 
in  Einnahme  und  Ausgabe  betragen: 


I. 

der    Hauptetat. 

1906 

5  266  000  Franken 

1907 

5  019  000 

1908 

4660000 

1909 

4733000 

I9I0 

5  231  000 

2.    Gabun. 

1906 

396  000    Franken 

1907 

383  000 

1908 

411  000 

1909 

485  000 

3- 

Mittel-Kongo. 

1906 

353  000    Franken 

1907 

508  000 

1908 

519000 

1909 

677000 

-     136 


4- 

Ubangi-Schari. 

igoö 

248  000   Franken 

1907 

423  000 

1908 

490  000 

1909 

456  000 

5.    Tschad. 

1906 

220  000   Franken 

1907 

302  000 

190S 

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1908 

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Die  Isteinnahmen  und  Istausgaben  der  fünf  Budgets  zusammen  gegen- 
über diesen  Voranschlägen  liegen  vor  bis  zum  Jahre  1907  und  zeigen, 
wie  aus  der  nachstehenden  Tabelle  hervorgeht,  daß  fast  durchweg  der 
wirkliche  Ertrag,  sowohl  der  Einnahmen  wie  der  Ausgaben  das  Soll 
erheblich  überschritten  hat.  Diese  Überschreitungen  sind  in  der  Regel 
bei  den  Einnahmen  wesenthch  größer  als  bei  den  Ausgaben  gewesen,  so 
daß  sich  Überschüsse  ergeben  haben.  Diese  von  der  französischen  amt- 
lichen Statistik  errechneten  Überschüsse  sind  indessen  zum  Teil  über- 
haupt nicht  vorhanden,  zum  Teil  müssen  andere  Ziffern,  als  sie  in  der 
französischen  Statistik  angegeben  sind,  als  richtig  zugrunde  gelegt  werden. 
Dies  beruht,  abgesehen  davon,  daß  die  Zahlenangaben  zum  Teil  un- 
richtig sind,  zum  Teil  sich  widersprechen,^)  insbesondere  auf  der  Ein- 
richtung der  Reservefonds.  Diese  Reservefonds  sind  durch  Art.  98  des 
Dekretes  vom  20.  November  1882  und  Art.  11  des  Dekretes  vom  29.  De- 
zember 1903  gebildet  worden.  Ihnen  sind  die  aufkommenden  Mehr- 
einnahmen zuzuführen. 2)     Im  Etat  werden  die  Reservefonds  weder  nach 


1)  Die  französischen  amtlichen  Veröffenthchungen  sind  voll  von  Druckfehlem 
und  rechnerischen  Irrtümern.  So  sind  beispielsweise  in  der  vom  französischen 
Kolonial-Ministerium  herausgegebenen  und  mit  dem  Namen  des  Kolonialministers 
gezeichneten  Statistiques  des  Finances  des  Colonies  Fran9aises  pour  les  Annees 
1900 — 1909  fast  auf  jeder,  Äquatorial- Afrika  betreffenden  Seite,  unrichtige  Zahlen- 
angaben enthalten. 

')  Die  Reservekassen  sind  heranzuziehen,  wenn  die  ordentlichen  Einnahmen 
nicht  ausreichen  oder  infolge  unvorhergesehener  Ereignisse  außerordentliche  Aus- 
gaben entstehen;  sie  haben  ferner  an  die  Finanzkasse  Vorschüsse  zu  geben,  wenn 
die  Kassenbestände  vorübergehend  nicht  ausreichen.  Der  Höchstbestand  der 
Reservekasse  ist  für 

Französisch-Äquatorial-Afrika  auf  i  000  000  Franken 
Gabun  „       250000         „ 

Mittel- Kongo  „       350000         „ 

Ubangi-Schari-Tschad  „       350000         „         festgesetzt. 


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ihrem  Bestände  noch  hinsichtüch  ihrer  Rücklagen  oder  der  Entnahmen 
nachgewiesen.  Nur  auf  der  Einnahmeseite  ist  ein  Ansatz  ausgebracht, 
der  indessen  in  der  Regel  als  Leertitel  fungiert.  Auch  die  sonstigen 
amthchen  Angaben  über  den  Reservefonds  und  seine  Höhe  sind  unzu- 
länglich, so  daß  es  nur  schwer  möglich  ist,  sich  ein  zutreffendes  Bild 
über  diesen  für  die  Finanzwirtschaft  der  Kolonie  überaus  \\'ichtigen 
Faktor  zu  bilden.  Zweifellos  ist  nur  festzustellen,  daß  tatsäclüich  aus 
den  Reservefonds  in  den  letzten  Jahren  regelmäßig  sehr  hohe  Beträge 
entnommen  worden  sind,  um  in  der  Rechnung  das  Gleichgewicht  zwischen 
Einnahmen  und  Ausgaben  herstellen  zu  können.  Das  Guthaben  der 
Reservefonds  am  20.  Oktober  igo2  wurde  auf  440  000  Franken  an- 
gegeben. Hiervon  \\airde  der  Fehlbetrag  der  Rechnung  für  1902  in 
Höhe  von  rd.  220  000  Franken  bestritten  (vgl.  Rapport  de  la  Commission 
de  la  Chambre  des  Deputes  sur  le  Budget  general  des  colonies  1904, 
S.  212).  Die  Reserv^efonds  scheinen  in  den  nächsten  Jahren  erhebhche 
Einnahmen  gehabt  zu  haben.  Rouge t  gibt  das  Gesamtguthaben  der 
Reservefonds  für  den  30.  Juh  1904  auf  i  158  000  Franken,  für  den 
30.  Juni  1905  auf  2135000  Franken  an  (vgl.  Rouget,  L'expansion 
colonial  au  Congo  frangais,  S.  522).  Die  Fehlbeträge  in  den  darauf 
folgenden  Jahren  sind  indessen  so  erhebhch  gewesen,  daß  die  Reserv'e- 
fonds  im  Jahre  1908  nicht  nur  völlig  erschöpft  waren,  sondern  daß  darüber 
hinaus  noch  ein  Fehlbetrag  blieb,  welcher  durch  Mehreinnahmen  künf- 
tiger Jahre  Deckung  finden  sollte  (vgl.  Rapport  1912,  S.  302).  Nach  der 
französischen  amtlichen  Statistik  sind  in  den  Rechnungen  der  Jahre 
1902 — 1907  folgende  Beträge  als  ,,prelevement  sur  les  fonds  de  reserves" 
als  Einnahmen  eingestellt  worden: 


1902 

272  000  Franken 

1903  • 

533  000 

1904 

I  957  000 

1905 

270  000 

1906 

876  000 

1907 

636  000 

Die  von  der  französischen  amthchen  Statistik  angegebenen  Ersparnisse 
(Überschüsse  der  Mehreinnahmen  über  die  Mehrausgaben  im  Vergleich 
zum  Voranschlag)  haben  in  den  gleichen  Jahren  betragen 


1902 

732  000  Franken 

1903 

I  183  000 

1904 

I  325  000 

—     1 39     — 

1905  8i4  000  Franken 

IQ06  444000 

1907  Fehlbetrag     32  000  Franken. 
(V'orstehende  Zahlen  sind    bereits  rechnerisch    berichtigt  vgl.   Tabelle.) 

Da  hierbei  die  Einnahmen  aus  dem  Reservefonds  bereits  rech- 
nerisch als  Einnahmen  berücksichtigt  sind,  so  ergibt  sich,  daß  in  der  zweiten 
Hälfte  dieses  Zeitraums  die  Rechnung  durchweg  mit  Fehlbeträgen  ab- 
geschlossen hat  (die  Zahlen  für  die  Jahre  nach  1907  sind  noch  nicht 
bekannt).  Diese  Felilbeträge  werden  in  einer  \'eröffentlichung  des  Senats 
ihrer  Höhe  nach  auf  folgende  Summen  angegeben: 

1901  2  264  744  Franken 


1902 

432  473 

1903 

208  020 

1904 

168  727 

1905 

128  005 

1906 

I  536  835 

1907 

I  301  649 

(vi^l.  Rapport  de  la  Commission  du  Senat  1909,  S.  151.)^) 

Für  das  Jahr  1908  ergibt  sich  im  Hauptetat  der  Fehlbetrag  von 
500  000  Franken,  der  zum  Teil  aus  dem  Reste  des  Reser\-efonds  noch 
gedeckt  werden  konnte,  zum  Teil  auf  das  Jahr  1909  übernommen  werden 
mußte,  so  daß  das  Jahr  1909  zusammen  mit  seinem  eigenen  Defizit 
mit  einem  Gesamtfehlbetrage  von  881  000  Franken  abschloß. 

Diese  finanzielle  Unzulänglichkeit  ist  es  wohl  im  wesentlichen, 
welche  dazu  geführt  hat,  im  Jahre  1909  die  Ermächtigung  zur  Aufnahme 
einer  .\nleihe  von  21  Millionen  Franken  nachzusuchen,  nachdem  bereits 
im  Jahre  1S99  eine  Anleihe  von  2  Millionen  Franken  vom  Schutzgebiete 
aufgenommen  worden  war.  Die  neue  Anleihe  soll  in  3  Raten  von  10,  5 
und  6  Millionen  Franken  aufgenommen  werden.  Die  ersten  beiden  Raten 
sind  bereits  begeben;  während  die  dritte  Anfang  191 2  flüssig  gemacht 
werden  sollte.  Die  Anleihe,  deren  Zins-  und  Tilgungsdienst,  wie  bereits 
erAvähnt  wurde,  vom  Mutterlande  getragen  wird,  war  l->estimmt  für 
die  Errichtung  von  Telegraphen-  und  Kabellinien  (6  Mill.  Franken), 
für  die  Erbauung  von  Fahrstraßen  (4.5  Mill.  Franken),  die  Erschließung 
des  Landes  und  die  Errichtung  von  \'erwaltungsp<:)sten  (3  Mill.  Franken), 
für  Sanitäts-  und  Schulzwecke  (1,5  Mill.  Franken),  für  Vorarbeiten  zu 


')   Bei  diesen   Zahlen   sind   die   Zuschüsse  des  Mutterlandes,   die   Einnahmen 
aus  dem  Reservefonds  und  den  Anleihen  unberücksichtigt  geblieben. 


—     I40    — 

Hafen- Anlagen  und  Eisenbahnen  u.  dgl.,  also  zum  Teil  für  werbende 
und  zum  Teil  für  nichtwerbende  Anlagen.^) 

Über  die  künftige  Entwicklung  der  Finanzen  von  Französisch- 
Äquatorial-Afrika  äußerte  sich  der  Generalgouverneur  bei  der  Er- 
öffnung des  Gouvernementsrates  im  Oktober  191 1  sehr  zuversichtlich: 

,,Im  Generalbudget  für  1910  wurden  die  Einnahmen  mit  5  231  000 
Franken  veranschlagt ;  die  wirklichen  Einnahmen  haben  6  143  000  Franken 
betragen.  Der  Voranschlag  ist  also  mit  rd.  911 000  Franken  überschritten; 
dagegen  sind  die  Ausgaben  um  207  000  Franken  unter  dem  Voranschlag 
zurückgebüeben.  Diese  ausgezeichneten  Ergebnisse  haben  aber  nicht 
ausgereicht,  die  großen  Fehlbeträge  der  vorhergehenden  Jahre  zu  decken, 
so  daß  aus  den  früheren  Jahren  noch  ein  Fehlbetrag  von  173  000  Franken 
besteht.  Dabei  ist  jedoch  zu  bemerken,  daß  nicht  nur  dieser  Restbetrag 
gedeckt  werden  könnte ;  sondern  daß  noch  ein  Überschuß  von  200  000 
Franken  zu  verzeichnen  wäre,  wenn  alle  für  das  Jahr  1910  fäUigen  Ein- 
nahmen eingegangen  wären.  In  das  Budget  für  1911  wurden  zur 
Vorsicht  300  000  Franken  eingesetzt,  um  endgültig  mit  den  resthchen 
Fehlbeträgen  aufzuräumen.  In  den  ersten  drei  Vierteln  des  laufenden 
Jahres  (1911)  hat  sich  die  Finanzlage  ausgezeichnet  entwickelt.  Am 
30.  Juli  191 1  haben  die  Eingänge  den  Voranschlag  um  700  000  Franken 
überschritten  und  die  Ausgaben  den  Voranschlag  nur  um  499  000  Franken. 
Seitdem  sind  neue  Verbrauchssteuern  in  Kraft  getreten.  Es  erscheint 
daher  berechtigt,  für  das  Jahr  1911  mit  einem  Überschusse  von  300  000 
Franken  zu  rechnen,  so  daß  den  Reservefonds  wieder  ein  Betrag  über- 
wiesen werden  kann. 

Für  das  Jahr  1912^)  ist  die  Finanzlage  noch  besser.  Die  Einnahmen 
wurden  im  Voranschlag  um  595  055  Franken  auf  6 138  000  Franken 
gegen  1911  erhöht.  In  der  Ausgabe  konnten  625  000  Franken  für  den 
Post-  und  Telegraphendienst,  302  000  Franken  für  neue  Arbeiten  ein- 
gestellt werden  und  außerdem  noch  ein  Betrag  von  266  090  Franken 
als  Beitrag  zu  dem  Anleihedienste. 

Die  Lokalbudgets  haben  mit  Ausnahme  von  dem  von  Gabun 
mit  Überschüssen  abgeschlossen,  nämhch 


^)  Zur  Durchführung  der  bestehenden  Eisenbahnpläne  und  zur  Verbesserung 
der  Schiffahrtswege  soll  eine  neue  Anleihe  aufgenommen  werden,  deren  Höhe 
auf  voraussichtlich  135  Millionen  Franken  angegeben  wird.  Die  Zinsen  soll  das 
Mutterland  zahlen. 

2)  Die  Angaben  über  das  voraussichtliche  Ergebnis  von  191 2  beziehen  sich 
noch  auf  ganz  Französisch-Äquatorial-Afrika  (das  abgetretene  Gebiet  mit  ein- 
gerechnet).    Vgl.  dazu  §  47. 


—      141      — 

Mittel-Kongo  mit     .    .      12  934  Franken 
Ubangi-Schari  mit   .    .      15  000 
Tschad  mit 105  000 

Gabun  hat  mit  einem  Fehlbetrag  von  27  000  Franken  abgeschlossen, 
der  sich  jedoch  bei  der  Abrechnung  noch  erhöhen  dürfte.  Seit  1908 
ist  der  Betrag  der  Kopfsteuer  in  allen  4  Kolonien  zusammen  jährlich 
um  rund  500  000  Franken  gestiegen,  so  daß  er  gegen  i  354  000  Franken 
im  Jahre  190S  im  laufenden  Jahre  (191 1)  3  000  000  Franken  ül^erschreiten 
wird  und  in  den  \'oranschlag  für  191 2  mit  3  630  000  Franken  eingesetzt 
ist."i) 

Die  drei  Haupteinnahmequellen  sind  in  Französisch-Aquatorial- 
Afrika  die  Zölle,  Kopfsteuern  und  Domanialeinkünfte.  Sie  sollen  hier 
kurz  besprochen  werden. 

Französisch-Äquatorial-Afrika  bildet  im 

Zollwesen 

kein  einheitliches  Ganzes;  es  sind  3  Zollgebiete  zu  unterscheiden.  Im  §  43- 
sog.  vertragUchen  Kongo-Becken  2)  ist  die  französische  Regierung 
durch  intemationlae  Abmachungen,  nämUch  die  Berliner  und  die  Brüs- 
seler Generalakte  gebunden.  Danach  sind  bezüglich  des  Handels  alle 
Länder  gleich  zu  behandeln  und  die  Einfuhrzölle  dürfen  10  %  ad  va- 
lorem  nicht  übersteigen.  ^)  Innerhalb  der  Zollsätze  der  Brüsseler  General- 
akte hatte  die  französische  Regierung  mit  dem  Kongostaate  und  Portugal 
ein  Sonderabkommen  über  die  Zollsätze  getroffen,  die  sog.  Lissaboner 
Verträge.  Diese  Vereinbarungen  sind  jedoch  inz\\'ischen  von  Frank- 
reich zum  I.  Juli  1911  gekündigt  worden.  Innerhalb  der  Zollsätze  der 
Brüsseler  Akte  hat  die  französische  Verwaltung  dadurch  freie  Hand  be- 
kommen. Der  Generalgouvemeur  hat  die  bis  dahin  bestehenden  Zoll- 
sätze vorläufig  in  der  Weise  abgeändert,  daß  der  Einfuhrzoll  auf  Mate 
rialien,  die  zur  wirtschaftlichen  Investierung  im  Lande  dienen,  sowie  auf 
lebende  Tiere  und  Lebensmittel,  die  für  die  Ernährung  der  Eingeborenen 
bestimmt  sind,  auf  die  Hälfte  herabgesetzt  und  der  Ausfuhrzoll  auf 
Massengüter  ganz  aufgehoben  wird. 

In  französischen  Kolonialkreisen  hat  sich  in  letzter  Zeit  eine  starke 
Bewegung  gegen  die  Zollbeschränkungen  der  Berliner  und  der  Brüsseler 


')  Inwieweit  diese  günstige  Beurteilung  berechtigt  ist,  muß  dahingestellt 
bleiben.  Für  Jahre,  die  mit  erheblichen  Fehlbeträgen  abgeschlossen  haben,  sind 
früher   wiederholt    von    amtlicher    Seite    günstige   Voraussagen    gemacht    worden. 

*)  Vgl.  die  Karten  am  Schlüsse  und   §  72. 

^)  Für  Spirituosen,  Feuerwaffen  und  Schießbedarf  gelten  besondere  Be- 
stimmungen. 


—      142      — 

Generalakte  geltend  gemacht.  Die  Bewegung  zielt  dahin,  die  Begrenzung 
der  Zollsätze  durch  einen  Höchstsatz  aufzuheben  und  nur  die  Bestim- 
mung bestehen  zu  lassen,  daß  alle  Länder  bezüglich  des  Handels  gleich 
zu  behandeln  sind.  Dieses  Bestreben  wird  damit  begründet,  daß  die 
ganze  wirtschaftliche  Entwicklung  des  Landes  bisher  unter  den  Be- 
stimmungen der  Brüsseler  Generalakte  gelitten  habe,  da  wirtschaftliche 
Neuländer  in  ihren  Einnahmen  hautpsächhch  auf  die  Einfuhrzölle  an- 
gewiesen seien.  Diese  Erkenntnis  habe  zwar  schon  bei  der  Brüsseler 
Konferenz  im  Jahre  1890  dazu  geführt,  den  ursprünglich  in  der  Berhner 
Generalakte  enthaltenen  Grundsatz  vollständiger  Zollfreiheit  aufzu- 
heben und  die  Erhebung  eines  Einfuhrzolles  zu  gestatten.  Die  dabei 
festgesetzte  Beschränkung  des  Einfuhrzolles  auf  einen  Höchstsatz  \'on 
IG  %  ad  valorem  gestatte  aber  nicht  die  vom  \virtschafthchen  Stand- 
punkte aus  wünschenswerte  Unterscheidung  der  einzelnen  Waren  in 
der  Zollbehandlung.  So  müßten  auch  die  Einfuhrgüter,  die  für  die  wirt- 
schaftliche Entwicklung  des  Landes  förderlich  seien,  mit  dem  Höchst- 
satze belastet  werden,  um  überhaupt  Einnahmen  zu  erhalten;  während 
umgekehrt  die  Verbrauchs-  und  Luxusgüter  einen  höheren  Satz  er- 
tragen könnten.  Es  ist  nicht  zu  verkennen,  daß  in  dieser  Begründung 
ein  berechtigter  Kern  enthalten  ist.  Deutschland  ist  an  dieser  Zollfrage, 
die  Alt-Kamerun  bisher  nur  wegen  der  Südostecke  anging,  durch  den 
Erwerb  des  neuen  Gebietes,  der  zum  größeren  Teile  in  das  vertragüche 
Kongo-Becken  fällt,  stärker  interessiert  worden. 

In  denjenigen  Gebieten  Französisch-Äquatorial- Afrikas,  die  außer- 
halb des  vertraglichen  Kongo-Beckens  liegen,  ist  Frankreich  unbe- 
schränkt, nämlich  in  Gabun  ^)  und  in  dem  nördlich  des  Kongo-Beckens 
liegenden  Gebiete,  also  im  Tschadsee.  Gegenüber  dem  Auslande  bildet 
Gabun  nach  dem  Zollgesetz  von  1892  eine  Zolleinheit  mit  Frankreich. 
Alle  Waren  aus  fremden  Ländern  unterliegen  bei  der  Einfuhr  nach  Gabun 
den  gleichen  Zollsätzen,  wie  bei  der  Einfuhr  nach  Frankreich;  fran- 
zösische Waren  dagegen  gehen  zollfrei  nach  Gabun  ein.  Die  von  Gabun 
nach  Frankreich  ausgeführten  Waren  genießen  in  Frankreich  eine  Zoll- 
begünstigung gegenüber  fremden  Waren.  Die  in  Frankreich  seit  langem 
bestehenden  Bestrebungen,  die  den  Einfuhrzoll  für  Kolonialprodukte 
aus  den  eigenen  Kolonien  ganz  aufheben  wollen,  haben  bisher  nur  aus 
politischen  Zufälligkeiten  nicht    zu    einem  Ergebnis    geführt.      Grund- 


1)  Das  ist  ganz  Gabun  mit  Ausnahme  eines  kleinen  Gebietes  südlich  von 
Sette-Cama,  das  im  Norden  begrenzt  wird  durch  den  südlichen  Breitengrad  2  "^  30', 
von  seinem  Zusammentreffen  mit  der  Kongo-Wasserscheide  an  von  dieser  im  Osten 
ungefähr  von  dem  Längengrade  10°  20'  östlich  von  Paris  (12"  40'  östlich  von 
Greenwich. 


143     — 


sätzlich  sind  in  Frankreich  alle  politischen  Kreise  darin  einip,  daß  der 
zollfreien  Einfuhr  französischer  Waren  in  den  Koh^nien  als  Äquivalent 
die  Zollfreiheit  der  Kolonialprodukte  bei  der  Einfuhr  in  Frankreich 
gegenüberstehen  sollte. 

Über  das  Tschadsee- Gebiet  enthält  das  Zollgesetz  von  1892  keine 
Bestimmungen.  Ein  Erlaß  vom  25.  April  1902  hat  dieses  Gebiet  den 
für  das  vertragliche  Kongo-Becken  geltenden  Bestimmungen  unter- 
worfen. Tatsächlich  hat  die  Zollerhebung  sich  hier  so  gestaltet,  daß 
nur  von  den  über  Gabun  eingeführten  Waren  der  Höchstsatz  von  10  % 
erhoben  wurde,  während  die  über  den  Niger-Benue  eingeführten  Waren 
zollfrei  eingingen,  da  im  Norden  bisher  keine  Zollstationen  waren. 

Deutschland  kennt  keine  Zollbegünstigung  seiner  eigenen  Erzeug- 
nisse bei  der  Einfuhr  in  den  Kolonien.  Da  die  10  %  ad  valorem  über- 
steigenden Sätze  des  Zolltarifes  für  Alt-Kamerun  vom  i.  Oktober  1911 
nach  ausdrücklicher  Bestimmung  der  Zollverordnung  vom  i.  August  1911 
für  das  Kongo-Becken  nicht  anwendbar  sind,  steht  rechtlich  der  un- 
veränderten Einführung  des  Alt-Kameruner  Zollverordnung  in  Neu- 
Kamerun  nichts  entgegen.  Die  Vorschrift  der  Berhner  Generalakte, 
daß  im  Kongo-Becken  Durchgangszölle  nicht  erhoben  werden  dürfen, 
hat  durch  die  Vergrößerung  des  deutschen  Besitzes  im  Kongo-Becken 
für  Deutschland  erhöhte  Bedeutung  gewonnen. 

Über  die  Einnahmen  aus  Zöllen  und  Verbrauchsabgaben  in  den 
letzten  Jahren  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  gibt  die  nachstehende 
Zusammenstellung  Aufschluß : 


Einfuhrzoll 

Ausfuhrzoll 

Verbrauchsabgaben 
in  Gabun 

Jahr 

^'°-"-  1  Eingang 
schlag 

Voran- 
schlag 

Eingang 

Voran- 
schlag 

Eingang 

Franken  '  Franken 

Franken 

Franken 

Franken  Franken 

I  [tOU 

—     I  3Ü3  786 

— 

1  107  713 

—     '  274413 

1907 

I  000  000 

I  328  439 

1  578  000 

I  260  316 

240  000    298  S75 

1908 

I  450  000 

871  549 

I  150  000 

I  155  15-2 

230  000    236  67S 

1909 

1  240  000     — 

I  270  000 

— 

2S0  000     — 

1910 

I  HO  000 

I  300  000 

— 

250  000 

— 

Außer  der  in  der  vorstehenden  übersieht  angeführten  Verbrauchs-  §  44. 
abgäbe  für  Gabun  ist  durch  Erlaß  vom  4.  Oktober  1910^)  (vgl.  Mouvement 
Geographique  1911,   S.  448  und  461)  eine  neue   Verbrauchsabgabe 
eingeführt  worden,  die  in  und  außerhalb  der  Kolonie  Widerspruch  her- 
\orgerufen  hat.     Innerhalb  der  Kolonie,    weil    durch    die    hohen  Sätze 


')   Der  Tarif  ist  seit  3.   Juli    191 1   in   Kraft. 


—     144    — 

die  Lebenshaltung  verteuert,  und  die  Entwicklung  des  Handels  er- 
schwert werde  (vgl.  Mouvement  Geographique  191 1  S.  497).  Außerhalb 
der  Kolonie,  weil  in  dieser  Verbrauchsabgabe  eine  Umgehung  der  Berliner 
und  der  Brüsseler  Generalakte  gefunden  wird.  Die  frühere  Verbrauchs- 
abgabe war  auf  Gabun  beschränkt.  Die  neue  vom  Jahre  1910  wird  aber 
in  ganz  Französisch-Äquatorial-Afrika  erhoben,  gleichviel,  ob  die  Waren 
außerhalb  des  vertraglichen  Kongo-Beckens  oder  innerhalb  verbraucht 
werden.  Art.  2  des  Erlasses  sagt  zwar,  diese  Abgaben  seien  unabhängig 
von  den  Zollabgaben;  Art.  3  bestimmt  aber,  daß  sie  bei  der  Einfuhr 
durch  die  Zollbehörden  erhoben  werden,  und  zwar  nach  den  gleichen 
Vorschriften  wie  die  Zölle.  Der  ganze  Unterschied  zwischen  den  Zöllen 
und  den  Verbrauchsabgaben  besteht  also  in  der  Benennung.  Daß  die 
Verbrauchsabgaben  auch  von  den  in  der  Kolonie  hergestellten  Waren 
erhoben  werden  sollen,  ist  nur  das  Mittel,  die  Einführung  der  Verbrauchs- 
abgabe gegenüber  den  Bestimmungen  der  Berliner  und  der  Brüsseler 
Generalakte  zu  decken,  denn  tatsächlich  wird  in  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  von  den  Waren,  von  welchen  die  Abgabe  erhoben  wird,  nämlich 
von  Zucker,  Tabak,  Alkohol,  Webstoffen,  Zündhölzern,  Salz,  Waffen 
und  Munition,  nichts  hergestellt. 
•S  45-  Von    den    in    Französisch-Äquatorial-Afrika    eingeführten    Steuern 

ist  die 

Eingeborenen- Steuer 

die  wichtigste.  Sie  wird  in  Gabun,  Mittel-Kongo  und  in  dem  größten 
Teile  von  Ubangi-Schari-Tschad  in  Form  einer  Kopfsteuer  (taxe  de 
capitation)  erhoben.  Nach  dem  Dekrete  vom  5.  Dezember  1907  wurde 
sie  nur  von  den  arbeitsfähigen  Männern,  und  zwar  von  den  einzelnen 
Steuerzahlern  unmittelbar  erhoben;  der  Steuersatz  betrug  5  Franken 
pro  Kopf,  wobei  die  örtlichen  Behörden  ermächtigt  waren,  je  nach  den 
^^drtschaftlichen  Verhältnissen  der  Gegend,  den  Satz  auf  3  Franken  zu 
ermäßigen.  Im  Jahre  1909  wurde  die  Steuererhebung  neugeordnet. 
Der  regelmäßige  Steuersatz  blieb  5  Franken;  die  Herabsetzungsermäch- 
tigung der  örtlichen  Behörden  wurde  aber  dahin  erweitert,  daß  der 
Satz  bis  auf  i  Franken  herabgesetzt  werden  konnte.  Die  Steuer  wird 
jetzt  ohne  Festsetzung  eines  bestimmten  Fälligkeitstermines  durch  Ver- 
mittlung der  Häupthnge  eingetrieben,  die  dafür  5  %  des  Steuerertrages 
erhalten.  In  die  Steuerrollen  werden  daher  auch  nicht  mehr  die  Steuer- 
zahler namentlich  eingetragen,  sondern  die  Dorf  Schäften.  Um  den  Steuer- 
zahlern eine  Quittung  über  die  Zahlung  zu  geben,  und  sie  vor  mehr- 
maliger Anforderung  durch  die  Häuptlinge  zu  schützen,  sind  Metall- 
marken   als    Quittung   eingeführt  worden.     Der  Häuptling   erhält    die 


—     14?     — 

der  Steuerrolle  entsprechende  Anzahl  von  Marken  und  die  Steuerzahler 
sind  nur  gegen  Aushändigung  einer  Marke  verpflichtet,  die  Steuer  an 
den  HäuptHng  zu  zahlen.  Diese  Einrichtung  soll  sich  gut  bewährt  haben. 
Die  Steuer  ist  jetzt  nicht  mehr  auf  die  Männer  beschränkt;  sie  \sird, 
wie  in  Belgisch- Kongo  und  Französisch- VVestafrika  auch  von  den  Frauen 
erhoben,  worauf  die  aus  der  folgenden  Übersicht  hervorgehende,  starke 
Steigerung  der  Steuereingänge  in  den  letzten  Jahren  zum  Teil  zurück- 
zuführen ist.  Die  Ausdehnung  der  Steuer  auf  die  Frauen  wird  von  den 
meisten  Stämmen  als  lästig  empfunden  und  soll  bei  einigen  Stämmen, 
die  mit  dem  Islam  schon  in  nähere  Berührung  gekommen  sind,  der  un- 
mittelbare Anlaß  zu  Unlx)tmäßigkeiten  gewesen  sein. 

Die  Zahlung  der  Steuer  in  Bargeld  soll  die  Regel  sein ;  nur  ausnahms- 
weise soll  in  den  Gebieten,  wo  die  Bevölkerung  sich  noch  nicht  genügend 
an  den  Geldverkehr  gewöhnt  hat,  Zahlung  in  Naturalien  gestattet  sein. 
Für  die  Zahlung  in  Naturalien  werden  im  Waldgebiete  nur  Kautschuk, 
Elfenbein  und  ausnahmsweise  Palmkeme  zugelassen;  in  den  Ackerbau- 
und  \'iehzuchtgebieten  darf  die  Steuer  auch  in  Getreide  und  Großvieh, 
das  für  die  \'^erp flegung  der  Truppen  venvendet  werden  kann,  ange- 
nommen werden.  Die  Steuerzahlung  in  gewöhnhchen  Lebensmitteln, 
wie  Schafen,  Ziegen,  Geflügel,  Honig  ist  vom  Generalgouvemeur  streng 
untersagt.  Der  Generalgouvemeur  hat  sich  auch  die  jährliche  Bestim- 
mung der  Bezirke  vorbehalten,  in  welchen  überhaupt  Naturalienzahlung 
zulässig  ist.  Im  Jahre  1911  konnte  in  den  Bezirken  Kudu,  Sanga,  Mbimu, 
Baja,  Haussa,  Yangere,  Lobaje,  Ibenga-Motaba,  Likuala  und  Mossaka 
die  Steuer  in  Kautschuk,  in  den  Bezirken  Kudu,  Sanga,  Mossaka  und 
Likuala  außerdem  in  Elfenbein  gezahlt  werden. 

Die  Naturalienzahlung  erfolgt  in  der  Weise,  daß  der  Kautschuk 
und  das  Elfenbein  an  die  Konzessionsgesellschaften,  aus  deren  Gebiet 
die  betreffenden  Waren  stammen,  abgeHefert  wird,  und  zwar  wird  dabei  für 
das  Kilogramm  Kautschuk  ein  Preis  von  3  Franken,  für  das  Kilogramm 
Elfenbein  bei  Stücken  unter  6  kg  ein  Preis  von  3  Franken,  bei  Stücken 
über  6  kg  ein  Preis  von  8  Franken  zugrunde  gelegt.  Diese  Beteiligung 
der  Konzessionsgesellschaften  an  der  Steuererhebung  scheint  nicht  auf 
Grund  einer  gesetzlichen  Regelung  zu  bestehen;  sondern  auf  Grund 
einer  Verwaltungspraxis,  die  in  den  einzelnen  Gebieten  verschieden 
gehandhabt  wird.^)  Diese  Einrichtung  hat  eine  ziemlich  übereinstim- 
mende, abfällige  Kritik  gefunden  und  wird  als  der  unmittelbare  Anlaß 
y'wkr  Mißstände  in  der  Eingeborenenbehandlung  betrachtet. 


*)  Vgl.  dazu  Servcl  S.  170. 

Veröffentl.  d.  Reichskolonial  Amtes  Nr.  4:  Ritter. 


—     146    — 

Der  Ertrag  der  Kopfsteuer  in  den  letzten  Jahren  geht  aus  der  folgen- 
den Übersicht  hervor: 


Gabun 

Mittel-Kongo 

Ubangi-Schari 

Tschad 

Jahr 

Voran- 
schlag 

Eingang 

Voran- 
schlag 

Eingang 

Voran- 
schlag 

Eingang 

Voran- 
schlag 

Eingang 

1906 

— 

165  242 

— 

235  104 

— 

221  450 

— 

222  214 

1908 

200  000 

157038 

385  100 

391  858 

276  276 

281  869 

210  001 

317335 

1907 

200000 

180000 

394  000 

502  356 

335  000 

441  877 

300  000 

— 

1909 

225  000 

— 

550  000 

663  ooo^ 

300  000 

474  ooo^ 

283  000 

— 

1910 

450  000 

300  000^ 

700  000 

850  ooo^ 

566  000 

615  ooo^ 

335  000 

— 

1911 

450  ooo^ 

— 

900  000^ 

I  500  ooo^ 

800  ooo^ 

— 

670  ooo^ 

750  000* 

1912 

— 

— 

I  300  ooo^ 

— 

I  040  ooo^ 

— 

770  ooo^ 

— 

In  den  islamischen  Gebieten  Französisch-Äquatorial- Afrikas  wird  an 
Stelle  der  Kopfsteuer  eine  Art  Vermögenssteuer  erhoben,  die  sich  an  die 
mohammedanische  Einrichtung  des  Armenzehnt  anschließt.  Nach 
dem  oben  über  die  Ausbreitung  des  Islams  in  Neu-Kamerun  Gesagten 
kommt  diese  Steuer  für  Neu-Kamerun  nur  wenig  in  Betracht.  Sie  scheint 
nur  im  Norden  im  bisherigen  französischen  Lere- Vorsprung  bestanden 
zu  haben.  Die  Erhebung  der  Steuer  wird  den  einheimischen  Macht- 
habern  überlassen.  Etwa  50  %  der  eingehenden  Gelder  fheßen  diesen 
und  ihren  Großen,  Dorf  Vorstehern  und  Angestellten  zu;  die  andere 
Hälfte  wird  an  die  Regierung  abgehefert. 


§  46.  Die   Domanialeinkünfte 

setzen  sich  zum  größten  Teüe  aus  den  festen  jährlichen  Abgaben  der 
Konzessionsgesellschaften  und  aus  dem  Anteile  des  Fiskus  an  ihrem 
jährhchen  Reingewinne  zusammen.  Darüber  wird  weiter  unten  in  dem 
Abschnitte  über  die  Konzessionsgesellschaften  das  Nähere  zu  sagen 
sein.  Im  Jahre  1907  und  1908  war  die  Einnahme  aus  dem  Domanial- 
besitze  mit  je  875  000  Franken  veranschlagt,  im  Jahre  1909  mit  728  000 
Franken,  im  Jahre  1910  mit  i  loi  000  Franken.^)  Im  Jahre  1908  hat 
der  Isteingang  792  000  Franken,  im  Jahre  1910  i  269  000  Franken  be- 
tragen ;  ^)  für  das  Jahr  191 1  wird  die  Isteinnahme  auf  i  ^  Millionen  Franken 
geschätzt.  In  diesen  Ziffern  sind  auch  die  Abgaben  von  den  in  kon- 
zessionsfreien Gebieten  gewonnenen  natürüchen  Erzeugnissen :  Kautschuk, 


1)  Nach  einem  Berichte  des  Generalgouverneurs. 

2)  Nach  Servel  S.  181,  187. 

3)  Schätzungsweise  nach  Servel. 

*)  Für  1912  mit  1334000  Franken. 

^)  Für  1909  war  die  Ziffer  nicht  erhältlich. 


—    m;    — 

Elfenbein  und  Hölzern,  enthalten.  Diese  Abgaben  entsprechen  den 
den  Konzessionsgesellschaften  auferlegten  Abgaben.  Die  Abgabe  für 
Kautschuk  beträgt  je  nach  der  Kautschukart  20  bis  40  Franken  für 
100  kg;  die  von  Elfenbein  i  bis  3  Frankc-n  für  i  kg  je  nach  der  Größe 
der  Elfenbeinstücke.  Diese  Waren  dürfen  erst  nach  Bezalüung  der  Ab- 
gabe in  den  Handel  gebracht  werden. 

2.  Die  Finanzen  von  Neu- Kamerun.  §  47. 

Nachdem  die  Finanzen  von  Französisch-Äquatorial-Afrika  im 
ganzen  besprochen  sind,  erhebt  sich  hier  die  gleiche  Frage,  wie  oben 
bei  der  Besprechung  der  Handelsentwicklung:  Welches  ist  die  Be- 
deutung dieser  Ziffern  für  Neu-Kamerun?  Es  ist  in  dieser  Beziehung 
im  allgemeinen  auf  das  zu  venveisen,  was  oben  in  der  Einleitung  zu  dem 
zweiten  Abschnitte  über  das  Verhältnis  der  Große  und  des  Wertes  Neu- 
Kameruns  zum  ganzen  Gebiete  von  Französisch-Äquatorial-Afrika  ge- 
sagt worden  ist.  Es  hegen  hier  aber  noch  einige  weitere  Anhaltspunkte 
vor,  die  einen  Schluß  auf  die  augenblickhche  finanzielle  Leistungsfähig- 
keit Neu-Kameruns  zulassen,  denn  es  sind  schon  eine  Reihe  amthcher 
und  nichtamtlicher  französischer  Äußerungen  über  den  Einnahme- 
Ausfall  bekannt,  den  die  Gebietsabtretimg  in  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  zur  Folge  haben  wird. 

Zuerst  hat  sich  der  Berichterstatter  der  Budgetkommission  der 
Deputiertenkammer,  Metin,  dazu  geäußert.  Es  schätzt  in  seinem  Be- 
richte (Annexe  1252  zu  den  Documenta  Parlamentaires-Chambre  191 1, 
S.  1769)  die  bisherigen  Einnahmen  aus  Neu-Kamerun,  wie  folgt: 

I.  Einnahmen  des  Generalbudgets: 

Ein-  und  Ausfuhrzölle i  000  000 — i  200  000  Franken 

Abgaben  der  Konzessions- Gesellschaften  .  800  000        ,, 

2.  Einnalimen  der  Lokalbudgets: 

Mittel-Kongo 5 — 600  000  Franken 

L'bangi-Schari 400  000 

Tschad 200  000         ,, 

3.  Kleinere  Einnahmen  zusammen: 

Verschiedene  Einnahmen 500  000  Franken 

zusammen  also  ungefähr 2V2 — 4  Millionen  Fr, 

Der  Berichterstatter  der  Budgetkommission  des  Senates  Senator 
Ger\ais   (Rapport  de  la  Commission  du  Sönat  sur  le  Budget  g^n^ral 

lO» 


—     148     — 

des  colonies  1912,  S.  303)  hält  diese  Schätzung  bezüghch  der  Ab- 
gaben der  Konzessionsgesellschaften  (800  000  Franken)  für  zu  hoch, 
er  selbst  schätzt  die  jährliche  feste  Abgabe  auf  130  000  Franken  und 
den  Anteil  der  Kolonie  an  dem  jährlichen  Reingewinne  auf  350  000 
Franken,  zusammen  also  auf  480  000  Franken.  Die  Schätzung  der  Zoll- 
einkünfte auf  I  200  000  Franken  hält  Gervais  für  zutreffend.  Der 
Ausfall  des  Generalbudgets  wird  nach  seiner  Schätzung  also  zwischen 
einem  Mindestbetrage  von  i  600  000  Franken  und  einem  sehr  hoch  ge- 
griffenen Höchstbetrage  von  3  000  000  Franken  schwanken.  Den  Aus- 
fall des  Lokalbudgets  von  Mittel-Kongo  schätzt  Gervais  auf  wenigstens 
500  000  Franken.  Für  die  übrigen  Lokalbudgets  gibt  er  keine  einzelnen 
Ziffern  an.  Im  ganzen  schließt  sich  Gervais  sonach  Metin  an  und  gibt 
ebenfalls  4  MiUionen  Franken  als  den  Höchstbetrag  der  Einnahmen 
Neu-Kameruns  an.  Die  Schätzung  Metins  macht  sich  auch  Servel 
auf  S.  189  des  oben  angegebenen  Buches  und  Challaye  (La  Revue 
de  Paris  1912  S.  438)  zu  eigen. 

Die  erste  amtliche  Äußerung  zu  diesem  Punkte  enthält  die  Rede 
des  französischen  Kolonialministers  in  der  Sitzung  der  Deputierten- 
kammer vom  14.  Dezember  1911,  in  der  das  November- Abkommen 
beraten  wurde.    Er  sagt  dort  (Afr.  Frang.  1911  S.  495) : 

,,Ich  gebe  im  folgenden,  um  die  darüber  schon  erschienenen  Ziffern 
zu  berichtigen,^)  die  Ziffern,  die  ich  vom  Generalgouverneuer  von 
Französisch-Äquatorial- Afrika  erhalten  habe. 

Ich  habe  ihn  ersucht,  die  Ziffern  zu  berichtigen,  da  sie  mir  gegen- 
über der  WirkHchkeit  als  zu  niedrig  erscheinen.  Die  in  dem  abgetretenen 
Gebiet  erzielten  Einnahmen  betragen  ungefähr  i  Million  Franken  an 
Zöllen  und  Domanialeinkünften  und  750  000  Franken  an  Eingeborenen- 
Kopfsteuern." 

Eine  dritte,  von  den  bisherigen  abweichende  Schätzung  hat  der 
Berichterstatter  der  Kommission  für  auswärtige  Angelegenheiten  der 
Deputiertenkammer,  der  Abgeordnete  Long,  gegeben.  Er  schätzt 
die  Einkünfte  aus  Steuern,  Zöllen  und  dem  Domanialbesitze  auf  i  700  000 
Franken  und  die  Abgabe  der  Konzessionsgesellschaften  auf  6 — 700  000 
Franken  (Renseignements  Coloniaux  191 1  S.  303). 

Die  neueste  amthche  Äußerung  darüber  enthält  das  Dekret  des 
Präsidenten  der  französischen  Repubhk  vom  23.  März  1912  (Joum. 
Off.  vom  30.  März  1912  S.  3061),  betreffend  die  Änderung  des  Budgets 
von  Französisch-Äquatorial-Afrika  für  das  Jahr  1912.  Diesem  Dekrete 
und  der  ihm  vorausgesetzten  Begründung  durch  den  Generalgouverneur 


^)  Anscheinend  mit  Bezug  auf  die   Schätzungen  M6tins  gesagt. 


—     149     — 

von  Französisch-Äquatorial-Afrika  liegen  offenbar  besondere  Erhebungen 
und  Berechnungen  zugrunde,  die  von  den  dazu  l^erufenen,  amtUchen 
französischen  Stellen  und  auf  Grund  der  Steuerrullen,  Zollbücher  usw. 
bei  den  Gouvernements  gemacht  worden  sind.  Die  nachfolgenden  Ziffern 
haben  daher  die  \'ermutung  größerer  Wahrscheinlichkeit  für  sich  als 
die  oben  wiedergegebenen  Schätzungen.  Der  Generalgouverneur  schätzt 
den  Einnahmeausfall  infolge  der  Gebietsabtretung  wie  folgt: 

I.  Einnahmen  des  Generalbudgets: 
Indirekte  Abgaben  (Zölle,  Verbrauchsabgaben)    .   500  000  Franken 
Einkünfte  aus  dem  Domanialbesitze 400  000 


zusammen    900  000  Franken 


2.  Einnahmen  der  Lokalbudgets: 

Mittel-Kongo 565  000  Franken 

Ubangi-Schari-Tschad 165000 

Gabun 20  000 


zusammen   750  000  F"ranken 


Die  Einnahmen    der    sämtlichen  Budgets  werden 

sonach  auf i  650  000         ,, 

geschätzt.  Beim  Generalbudget  kommen  für  die  indirekten  Abgaben 
fast  nur  Ein-  und  Ausfuhrzölle,  für  die  Einkünfte  aus  dem  Domanial- 
besitze fast  nur  die  Abgaben  der  Konzessions-Gesellschaften  in  Betracht; 
die  Einkünfte  der  Lokalbudgets  bestehen  fast  ganz  aus  der  Eingeborenen- 
Kopfsteuer.  Hierbei  ist  interessant,  festzustellen,  daß  die  endgültigen 
Erhebungen  noch  um  100  000  Franken  hinter  den  Ziffern  zurückge- 
blieben sind,  die  der  französische  Kolonialminister  in  der  oben  ange- 
führten Rede  als  zu  niedrig  bezeichnet  hat.  Danach  ist  also  der  durch 
das  Kongo-Abkommen  verursachte  Einnahmeausfall  an  der  zentrale 
der  französischen  Kolonialvervvaltung  erheblich  überschätzt  worden. 
Wenn  der  Generalgouverneur  die  Ziffern  herabgesetzt  hat,  so  kann  darin 
der  Beweis  gesehen  werden,  daß  die  in  der  Kolonie  vorhandenen  Unter- 
lagen die  Ansetzung  höherer  Ziffern  für  den  finanziellen  Ausfall  nicht 
gestattet  haben. 

Wenn  wir  sonach  über  den  envarteten  Einnahmeausfall  auch 
ziemlich  genau  unterrichtet  sind,  so  hat  diese  Kenntnis  für  die  Beurtei- 
lung der  finanziellen  Leistungsfähigkeit  Neu-Kamenms  doch  nur  einen 
relativen  Wert.  Vor  allem  wäre  noch  die  genaue  Kenntnis  der  Ausgaben 
notwendig,  die  Neu-Kamerun  gegenwärtig  zu  seiner   Verwaltung  und 


—    ISO    — 

Erschließung  braucht.  Darüber  sind  wir  aber  bis  jetzt  nur  teilweise 
unterrichtet.  Was  die  laufenden  ordenthchen  Ausgaben  anlangt,  so 
ist  oben  der  bisherige  Personalbedarf  schon  zusammengestellt  worden,  i) 
Er  betrug  bisher  etwa  950  000  Franken.  Davon  entfallen  500  000  Franken 
auf  die  Militärverwaltung,  die  ganz  vom  Mutterlande  bestritten  wird. 
Neu-Kamerun  hatte  also  bisher  nur  die  450  000  Franken  für  die  Zivil- 
verwaltung aufzubringen.  Dagegen  ist  über  den  laufenden  sachlichen 
Bedarf  nichts  bekannt.  Eine  ziffernmäßig  genaue  Ausscheidung  für 
Neu-Kamerun  wird  wohl  auch  der  französischen  Verwaltung  nicht  mög- 
hch  sein.  Über  die  einmaligen  Aufwendungen  für  öffentliche  Arbeiten 
hat  der  französische  Kolonialminister  sich  in  der  Sitzung  der  Depu- 
tiertenkammer vom  14.  Dezember  igii  folgendermaßen  geäußert: 2) 
„Vor  1909  sind  für  das  abgetretene  Gebiet  nur  etwa  100  000  Franken 
ausgegeben  worden,  während  für  das  französisch  gebliebene  Gebiet 
etwa  6  Millionen  Franken  ausgegeben  worden  sind.  Von  den  Ausgaben 
für  öffenthche  Arbeiten  nach  1909  entfallen  auf  das  abgetretene  Gebiet 
etwa  400  000  Franken,  auf  das  französisch  gebliebene  Gebiet  etwa 
8  Milhonen  Franken." 

Wieweit  diese  im  pohtischen  Kampfe  und  mit  der  offenbaren 
Absicht,  vor  der  französischen  Kammer  das  November  -  Abkommen 
als  möghchst  wenig  verlustreich  hinzustellen,  gemachte  Äußerung 
eine  tatsächliche  Unterlage  hat,  mag  dahingestellt  sein.  Es  ist  oben 
bereits  darauf  hingewiesen  worden,  das  für  öffentliche  Arbeiten  in 
Französisch -Äquatorial -Afrika  bisher  im  allgemeinen  sehr  wenig  ge- 
schehen ist.  Wenn  die  Angaben  des  französischen  Kolonialministers 
richtig  sind,  ist  der  obige  Hinweis  nur  noch  dahin  zu  ergänzen,  daß  diese 
Vernachlässigung  für  das  abgetretene  Gebiet  in  besonderem  Maße  zu- 
trifft, und  in  dieser  Beziehung  in  Neu-Kamerun  besonders  viel  zu  tun 
übrig  bleibt. 

Welche  Wirkung  die  Gebietsabtretung  auf  die  Finanzen  Fran- 
zösisch-Äquatorial-Afrikas  hat,  darüber  gibt  das  erwähnte  Dekret  einige 
Aufschlüsse,  Dem  Einnahmeausfalle  stehen  nicht  die  gleichen  Aus- 
gabenersparnisse gegenüber.  Daher  müssen  Ausgaben,  die  nicht  allein 
für  das  abgetretene  Gebiet  bestimmt  waren,  abgesetzt  werden,  so  266  000 
Franken  für  den  Anleihedienst  und  280  000  Franken  für  öffenthche 
Arbeiten. 

Welche  Wirkung  der  Gebietszuwachs  aber  auf  die  Finanzen  Kameruns 
haben  wird,    das  läßt  sich  aus  dem  bisher  Angeführten  nicht  voraus- 


1)  Vgl.  oben  §  40. 

2)  Afr.  fran9.  191 1  S.  495. 


—     1 ;  I     — 

sagen.  Der  von  der  französischen  Regierung  erwartete  Einnahmeausfall 
ist  für  die  Beurteilung  der  zukünftigen,  finanziellen  Entwicklung  Neu- 
Kameruns  unter  deutscher  \'er\valtung  zwar  nicht  ohne  Interesse;  es 
können  daraus  aber  für  die  Bemessung  der  deutscherseits  einzusetzenden 
Einnahmen  und  Ausgaben  nur  geringe  Anhaltspunkte  gewonnen  werden. 
Wenn  der  französische  Generalgouverneur  einen  Einnahmeausfall  von 
I  650  000  Franken  annimmt,  so  ist  damit  keinswegs  gesagt,  daß  Neu- 
Kamerun  diese  Summe  bisher  aufgebracht  hat.  Der  Generalgouverneur 
hat  nur  ein  Interesse  an  den  Einnahmen,  die  er  aus  dem  französisch 
gebUebenen  Gebiete  zu  erzielen  hofft.  Da  er  dabei  mit  Sicherheit  auf 
einen  Zuschuß  des  Mutterlandes  rechnen  kann,  ist  es  nur  natürhch, 
wenn  er  die  Anschläge  mit  der  größten  Vorsicht  aufstellt,  also  eine  mög- 
lichst hohe  Summe  von  den  Einnahmen  absetzt.  Dazu  kommt,  daß 
die  deutsche  Finanzverwaltung  zum  Teile  von  anderen  Grundsätzen 
geleitet  wird  als  die  französische;  ihre  Stellung  zur  Frage  der  Zollbe- 
günstigung heimischer  Erzeugnisse  in  den  Schutzgebieten,  der  Ver- 
brauchsabgaben im  vertraglichen  Kongo-Becken,  des  Domanialsystems 
und  zur  Erhebung  der  Eingeborenensteuer  ist  anders  als  die  der  fran- 
zösischen. Es  ist  ferner  eine  offene  Frage,  wie  die  Konzessions- Gesell- 
schaften sich  unter  deutschem  Rechte  und  deutscher  Versvaltung  ent- 
\\ickeln  werden.^)  Davon  sind  sehr  erhebliche  Einnahmebeträge  ab- 
hängig. Dann  wird  allein  die  Tatsache,  daß  Deutschland  in  Neu-Kamenm 
seine  Ver%valtung  erst  ganz  neu  einrichten  und  Fühlung  mit  der  ein- 
geborenen Bevölkerung  gewinnen  muß,  zu  einer  ganz  verschiedenen 
Beurteilung  der  finanziellen  Leistungsfähigkeit  Neu-Kameruns  vor  und 
nach  dem  Gebietsübergange  führen  müssen.  Yov  allem  aber  werden, 
wenn  aus  dem  neuen  Gebiete  etwas  gemacht  werden  soll,  einmahge 
Ausgaben  in  viel  größerem  Umfange  notwendig  sein,  als  sie  die  fraiuö- 
sische  Verwaltung  bisher  aufgewendet  hat. 


*)  Siehe  unten  §  71. 


Vierter  Abschnitt, 


Das  Domanial-  und  Konzessionssystem 
und  der  freie  Handel. 


Literatur. 

Challaye,  Le  Congo  Fran^ais,  Paris  1909. 
La  compagnie  Forestidre  Sanga-Ubangi,  191 1  und  1912. 
Cuvillier-Fleury ,  La  mise  en  valeur  du  Congo  Fran9ais,  Paris  1904. 
Les  societes  concessionaires  du  Congo  Fran9ais,  Paris  1909. 
Renard,  Regime  foncier  dans  les  colonies  Fran9aises,  1906. 
Rouget,  L'expansion  coloniale  au  Congo  Fran9ais,  1906. 
Annuaire  Coloniale  1910. 

Rapport,  Chambre  des  Deputes  191 1,  2.  Teil. 
Tardieu:  Le  Myst^re  d'Agadir,  Paris  1912. 
La  Tribüne  des  Colonies  et  des  Protectorates. 
Recueil  de  Legislation  et  jurisprudence  coloniales. 
W.   Stahl,  Französisch-Kongo,  Berlin  1911. 
V.   Stengel,  Der  Kongostaat,  München  1903. 
Vohsen,  Deutschland  und  der  Kongostaat,  Berlin  1908. 
Dr.  H.  Waltz,  Hamburg:  Afrikapost  1912,  Nr.  4,  5,  6;    Hamburger  Nach- 
richten 191 1,  Nr.  601;  Hamburger  Correspondent  191 1,  Nr.  689. 
D.  Kol.-Ztg.   191 1,  9.  und  16.  Dezember. 

I.  Das  Domanialsystem. 

§  48.  Das  Domanialsystem  ist  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  die  Grund- 

lage des  ganzen  Konzessionssystems.  Seine  Darstellung  ist  daher  zum 
Verständnis  des  folgenden  Kapitels  über  das  Konzessionssystem  not- 
wendig. Daneben  ist  sie  aber  unmittelbar  von  Bedeutung,  da  Deutschland 
in  bezug  auf  die  neu  erworbenen  Ländereien  nicht  nur  staatsrechtlich 
der  Nachfolger  Frankreichs  wird,  sondern  in  gewissem  Umfange  auch 
privatrechtUch  die  Nachfolge  Frankreichs  antreten  muß. 


—     153     — 

Überall,  wo  koloniale  Tätigkeit  war,  luit  siel»  Non  Anlx'ginn  die  Grund- 
und  Bodenfrage  in  den  \'()rdergrund  der  K()lonial{X)litik  gestellt.  Frank- 
reich hat  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  diese  Frage  in  den  Dekreten 
vom  i8.  Febniar  1899,  betreffend  die  Feststellung  und  die  Verhältnisse 
des  öffentlichen  Staatseigentums  (Recueil  1899,  S.  113)  und  in  dem  Dekrete 
vom  28.  März  1899,  betreffend  das  private  Staatseigentum  (Recueil 
1899,  S.  175)  geregelt.  Danach  gehören  zum  öffentlichen  Staatseigentume 
(domaine  public)  i.  das  Meeresufer  und  der  sich  landeinwärts  daran 
anschließende  Landstreifen  von  100  m  Breite,  2.  die  schiffbaren  Fluß- 
läufe mit  einem  allgemeinen  Durchgangsrechte  auf  einem  Landstreifen 
von  25  m  Breite  an  beiden  Ufern,  3.  die  nicht  sclüff-  oder  flößbaren 
Flußläufe,  4.  die  Seen,  Weiher  und  Lagunen  mit  einem  allgemeinen 
Durchgangsrechte  auf  einem  Landstreifen  von  25  m  Breite  an  den  Ufern, 
5.  Schiffahrtskanäle  und  ihre  Leinpfade,  Ent-  und  Bewässerungskanäle 
und  Wasserleitungen,  die  zu  öffentlichen  Zwecken  errichtet  sind,  6.  Eisen- 
bahnen, \"erbindungswege,  Hafen-,  Meer-  und  Flußdämme,  Küsten- 
signalstationen,  Küstenbefeuerung  und  -betonnung,  7.  Telegraphen-  und 
TelephonHnien,  8.  Wasserwerke,  die  zu  öffentlichen  Zwecken  errichtet 
sind,  9.  Militärische  Befestigungswerke. 

Von  dem  öffentlichen  Staatseigentum  ist  das  private  Staatseigentum 
(terres  domaniales)  zu  unterscheiden.  Nach  Art.  i  des  Dekretes  vom 
28.  Mäi"z  1899  gehören  alle  unbewohnten  und  herrenlosen  Ländereien 
(vacantes  et  sans  maitre)  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  zum  privaten 
Staatseigentum.  Das  Eigentum  an  ihnen  steht  dem  französischen  Staate 
zu,  während  der  Ertrag  daraus  dem  Budget  von  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  übervriesen  werden. 

Die  Ansicht  der  französischen  Regierung  darüber,  was  herrenlos 
ist,  ist  nicht  immer  gleich  gewesen.  Der  Erlaß  des  Generalkommissars 
vom  26.  Sept.  1891^)  stand  noch  auf  dem  Standpunkte,  daß  zwischen 
den  Ländereien  im  Besitze  von  Eingeborenen  und  freien  Ländereien  ein 
Unterschied  sei.  Art.  18  dieses  Erlasses  spricht  \-om  Eigentume  der  Ein- 
geborenen an  Ländereien  und  gibt  ihnen  das  Recht,  dieses  Eigentum  mit 
amtlicher  Genehmigung  zu  veräußern.  Art.  19  bezeichnet  als  freie  Lände- 
reien solche,  an  welchen  niemand  ein  Eigentumsrecht  geltend  machen 
kann,  und  betrachtet  sie  als  dem  Staate  gehörig.  Das  Dekret  vom  28.  März 
1899  stellt  einen  solchen  Unterschied  zwischen  Eingeboreneneigentum 
und  freien  Ländereien  nicht  mehr  auf  und  überläßt  es  der  Verwaltung 
und  Rechtsprechung,  die  Begriffe  vacant  et  sans  maitre  zu  bestimmen. 
Entsprechend  dem  Zwecke  der  seit   1899  begonnenen  Domanial-  und 


•)  Bibliotlidquc  Coloniale  Internationale;  Lc  Regime  foncicr,  2.  Band,  S.  311  ff. 


—     154    — 

Konzessionspolitik,  das  Land  und  seine  Erzeugnisse  möglichst  vollständig 
für  die  Staatsbedürfnisse  nutzbar  zu  machen,  hat  sich  die  Verwaltung 
seit  1899  im  Gegensatze  zu  der  in  dem  erwähnten  Erlasse  von  1891  nieder- 
gelegten Rechtsauffassung  auf  den  Standpunkt  gestellt,  daß  im  Kongo- 
Gebiete  die  Eingeborenen  ein  Privateigentum  einzelner  oder  von  Gesamt- 
heiten am  Boden  nicht  kennen  und  daß  daher  alles  Land,  für  das  nicht 
besondere  Eigentumstitel  nachzuweisen  sind,  herrenlos  und  damit  Privat- 
eigentum des  französischen  Staates  sei.^) 

Dieser  Auffassung  hat  sich  auch  die  Rechtsprechung  angeschlossen, 
wie  aus  folgenden  von  französischen  Gerichten  aufgestellten  Rechts- 
sätzen hervorgeht.  ,,Das  Kollektiveigentum  des  Stammes  und  das  Privat- 
eigentum bestanden  nicht  im  Kongo,  die  Ländereien  waren  res  nullius" 
(Urteil  des  Tribunal  Civil  de  Libreville  vom  11.  Januar  1908). 2)  ,, Frank- 
reich ist  der  alleinige  Eigentümer  des  Bodens  geworden."  ,,Die  Rechts- 
beziehungen der  Eingeborenen  zum  Boden  haben  mehr  die  Eigenschaft 
des  Nießbrauches  oder  des  Wohnungsrechtes  als  des  eigentlichen  Eigen- 
tums" (Urteil  des  Cour  de  Cassation  vom  16.  April  1902).^)  ,,Die  Ein- 
geborenen haben  niemals  für  sich  das  Recht  des  Grundeigentums  in 
Anspruch  genommen.  Der  französische  Staat  hat  daher  niemanden  seines 
Rechtes  entsetzt,  wenn  er  seiner  Domäne  die  rechtlich  freien  Gebiete 
einverleibte"  (Urteil  des  Tribunal  Civil  de  Libreville  vom  28.  Juni  1902).^) 
„Da  das  Gebiet  des  französischen  Kongo  auf  Grund  des  Art.  539  c.  c. 
und  des  Dekretes  vom  28.  März  1899  zur  Staatsdomäne  gehört  und  vorher 
kein  Eigentumsrecht  bestand,  kann  niemand  sich  auf  andere  Eigentums- 
rechte berufen,  als  die  er  vom  französischen  Staate  erhalten  hat"  (Urteil 
des  Cour  de  Cassation  vom  30.  März  1905).^) 

Die  französische  Verwaltung  und  Rechtsprechung  ist  in  dieser  Frage 
im  Einklänge  mit  der  von  Belgisch-Kongo.  Wieweit  diese  Auffassung 
berechtigt  ist,  könnte  nur  auf  Grund  der  Kenntnis  der  tatsächlichen  Rechts- 
lage entschieden  werden.  Es  kann  aber  auf  die  zahlreichen  entgegen- 
gesetzten Anschauungen  verwiesen  werden.  So  nimmt  Challaye,  der 
als  Begleiter  und  Vertrauter  des  Grafen  de  Brazza  als  einer  der  besten 
Kenner  des  Kongo  gelten  kann,  ganz  bestimmt  an,  daß  die  Eingeborenen 
Eigentum  am  Boden  kannten.  Er  sagt  auf  Seite  181  seines  Buches  ,,Le 
Congo  Frangais":    „Früher  waren  die  Ländereien  im  Kongogebiete  im 


^)  Instructions  Ministerielles  v.  24.  Mai  1899,  §  6  Abs.  4.     Annuaire  1910, 
579. 

')  Recueil  1902,  2.  Teil,  S.  57. 

3)  Recueil,  2.  Teil,  S.   165,  166. 

*)  Recueil  1903,  2.  Teil,  S.  27. 

^)  Recueil  1905,  3.  Teil,  S.  98. 


—     155     — 

allgemeinen  Kollektiveigentume  der  Schwarzen;  sie  waren  nicht  herrenlos" 
und  auf  Seite  185:  ,,Im  französischen  wie  im  belgischen  Kongo  sind  die 
Eingeborenen  das  Opfer  einer  ungeheuren  Enteignung  geworden.  Ihr 
Kollektiveigentum  hat  der  Staat  als  freies  Land  erklärt,  um  sich  seiner 
zu  bemächtigen  und  es  den  Konzessionen  zuzuteilen."  Entgegengesetzter 
Anschauung  ist  Renard  in  seinem  Buche  „Regime  Foncier  dans  les 
Colonies  Fran9aises  de  l'Afrique" ;  dabei  ist  jedoch  zu  l^erücksichtigen, 
daß  Renard  als  Sekretär  der  Union  Congolaise  Fran^aise,  der  Gesamt- 
vertretung der  Konzessionsgesellschaften  natürlich  auf  eine  Verteidigung  der 
Konzessionspolitik  bedacht  war.  Für  Belgisch-Kongo,  wo  die  Eingeborenen- 
Rechtsverhältnisse  gleich  sind,  führt  E.  Vohsen  in  seiner  Schrift  „Deutsch- 
land und  der  Kongostaat"  ^)  auf  Seite  43  ff.  eine  Reihe  von  Kennern  des 
Landes  auf,  die  ebenso  wie  er,  Privateigentum  der  Eingeborenen  am 
Boden  annehmen.^) 

Wie  die  Rechtslage  früher  aber  auch  gewesen  sein  mag;  für  das 
geltende  Recht  steht  fest,  daß  die  französische  Regierung  für  den  Staat 
das  Privateigentum  am  ganzen  Lande  in  Anspruch  nimmt  und  Ausnahmen 
nur  anerkennt,  soweit  der  Eigentumstitel  auf  sie  selbst  zurückzuführen  ist. 

Der  Staat  kann  dieses  Privateigentum  nach  Art.  4  des  Dekretes 
auf  dreierlei  Weise  veräußern,  i.  dm^ch  öffentliche  Versteigerung  und 
Zuschlag,  2.  durch  entgeltliche  oder  unentgelthche  Übertragung  auf 
Grund  Vertrages,  3.  durch  Vergebung  der  Nutznießung  in  zeithche  Kon- 
zession, wobei  dem  Konzessionär  die  Erfüllung  gewisser  Bedingungen 
auferlegt  wird.  Solche  Konzessionen  können  für  Gebiete  bis  zu  10  000  ha 
durch  den  Generalkommissar,  der  seit  dem  Dekrete  vom  26.  Juni  1908 
den  Titel  Generalgouverneur  hat,  verliehen  werden;  während  für  Kon- 
zessionen über  10  000  ha  ein  Dekret  des  Präsidenten  von  Frankreich 
notwendig  ist. 

Die  Rechtsverhältnisse  der  Konzessionen  bis  zu  10  000  lia  waren 
früher  in  dem  Dekrete  vom  14.  April  1900^)  geregelt.  Durch  Dekret  vom 
6.  Oktober  1910^)  sind  sie  auf  eine  neue  reclitliche  Grundlage  gestellt 
worden.  Die  kleinen  Landkonzessionen  zerfallen  danach  in  ländhche 
und  städtische.  Die  städtischen  werden  an  Europäer  nur  durch  öffent- 
liche Versteigerung,  an  Eingeborene  dagegen  umsonst  vergeben  gegen 
die  Verpflichtung,  die  Grundstücke  in  Verwertung  zu  nehmen.    Die  länd- 


*)  Berlin  1908.     Dietrich  Reimer. 

-)  Vgl.  dazu  auch  die  .Mihandlung  Recueil  1905,  2.  Teil,  S.  49ff.,  besonders 
S.  61  und  Hecucil  1907,  2.  Teil,  S.  29 ff.  Die  zweite  Abhandlung  bezieht  sich  aller- 
dings auf  Französisch-Westafrika. 

')  Annuaire  1910,  S.  553. 

*)  Mouv.  Gtogr.   191 1,  S.  389.    Renscignemcnts  Coloniaux   191 1,  S.  269. 


-     156    - 

liehen  Konzessionen  werden  an  Europäer  und  Eingeborene  umsonst  ver- 
geben, gegen  die  Verpflichtung,  die  Grundstücke  binnen  6  Jahren  zu 
bebauen  und  eine  jährliche  feste  Abgabe  zu  bezahlen.  Für  diese  kleinen 
Landkonzessionen  war  ursprünglich  ein  großes  Landgebiet  von  der  Nord- 
küste bis  zum  Iwindo- Gebiete  vorbehalten  worden.  Da  dieses  Gebiet 
sich  größtenteils  als  nicht  geeignet  für  kleine  Konzessionen  gezeigt  hat, 
ist  der  im  Innern  gelegene  Teil  an  die  Ngoko-Sanga- Gesellschaft  vergeben 
worden.  1)  Das  deutsche  Küstendreieck  fällt  ganz  in  das  jetzt  noch  für 
kleine  Konzessionen  vorbehaltene  Gebiet, 

Für  die  Konzessionen  über  lo  ooo  ha  war  nach  dem  Domanial- 
dekrete  in  seiner  ursprünglichen  Fassung  vom  28.  März  1899  ein  Dekret 
des  Präsidenten  der  Französischen  Republik  notwendig.  2)  Für  dieses 
Dekret  hat  die  Regierung  unter  Mitwirkung  der  Kommission  für  kolo- 
niale Konzessionen  eine  Vorlage  ausgearbeitet,  die  den  seit  dem  Jahre 
1899  bis  1910  verliehenen  Konzessionen  zugrunde  gelegen  hat.  Das  Dekret 
ist  im  Anhang  II  mit  dem  ihm  angefügten  Lastenhefte  abgedruckt. 
Im  Jahre  1910/11  ist  für  11  Konzessionen  das  Dekret  abgeändert  worden, 
das  neue  Dekret  ist  im  Anhange  III  abgedruckt. 

IL  Das  Konzessionssystem. 

Das  Konzessionssystem  soll  im  folgendem  Abschnitte  so  dargestellt 
werden,  daß  nach  einer  kurzen  Übersicht  über  die  Konzessionsgesell- 
schaften in  ganz  Französisch-Äquatorial- Afrika  die  Gesellschaften,  deren 
Konzessionsgebiete  ganz  oder  zum  Teil  in  Neu-Kamerun  liegen,  nach 
ihren  wirtschaftlichen  und  finanziellen  Verhältnissen  einzeln  behandelt 
und  daran  anschließend  ihre  rechtlichen  Verhältnisse  einheitlich  dar- 
gestellt werden. 

§49,       I.   Die  Konzessionsgesellschaften  in  Französisch-Äquatorial- Afrika. 

Auf  Grund  der  Ermächtigung  in  Ziffer  3  des  Art.  4  des  Dekretes, 
betreffend  das  private  Staatseigentum,  sind  vom  Juni  1899  bis  Januar 
1901  39  Landkonzessionen  unter  Zugrundelegung  des  Normaldekretes  ^) 


^)  Vgl.  unten  §  50. 

*)  Die  neue  Fassung  vom  19.  Juni  1904  hat  die  Zuständigkeit  zur  Erteilung 
von  Konzessionen  in  der  Weise  geregelt,  daß  für  Konzessionen  bis  zu  200  ha  die 
Gouverneure  der  einzelnen  Kolonien  unter  Mitwirkung  ihrer  Verwaltungsräte, 
für  Konzessionen  von  200 — 10  000  ha  der  Generalgouverneur  unter  Mitwirkung 
des  Gouvernementsrates  zuständig  ist.  Über  Konzessionen  von  mehr  als  10  000  ha 
ist  nichts  Besonderes  mehr  bestimmt.  Bezüglich  dieser  Konzessionen  verbleibt 
es  also  bei  der  Zuständigkeit  des  Präsidenten  von  Frankreich. 

3)  S.  Anhang  II. 


und  eine  Konzession  bestehend  aus  lo  Konzessionen  zu  je  lo  ooo  ha 
verliehen  worden,  im  ganzen  also  40.  Die  Konzessionen  wurden  zunächst 
an  Privatleute  vergeben  mit  der  Maßgabe,  daß  die  Konzession  erst  end- 
gültig werden  sollte,  wenn  sie  rechtsgültit,'  auf  eine  Aktien-Gesellschaft 
(Societe  anonyme)  übertragen  wird.  Dementsprechend  sind  zur  \'er- 
wertung  der  Konzessionen  40  Konzessions- Gesellschaften  gegründet 
worden.  Von  diesen  40  Konzessions-GeselLschaften  haben  einige  sich 
aufgelöst  und  ihre  Konzessionen  aufgegeben,  eine  Anzahl  hat  sich  mit 
Genehmigimg  der  französischen  Regierung  verschmolzen,  einige  haben  ohne 
Genehmigung  der  Regierung  Betriebsgemeinschaften  geschlossen,  einige 
befinden  sich  zurzeit  in  Liquidation,  so  daß  die  Zahl  der  heute  bestehenden 
Konzessions-Gesellschaften  nur  noch  23  oder,  wenn  man  auch  die  ohne 
Genehmigung  der  Regierung  geschlossenen  Betriebsgemeinschaften  be- 
rücksichtigt, nur  noch  19  beträgt.  Die  wichtigste  dieser  Verschmelzungen 
ist  die  von  1910/11,  aus  der  die  Compagnie  Forestiere  Sanga-Ubangi 
hervorgegangen  ist  (vgl.  Anhang  III).  Das  ursprüngliche  Aktienkapital 
der  sämtlichen  Gesellschaften  von  59  225  000  Franken  beträgt  heute 
etwa  50  Millionen,  davon  sind  35  Millionen  eingezahlt.  Die  Gesamtfläche 
des  Konzessionsgebietes  beträgt  ungefähr  650  000  qkm.  Die  Angaben 
darüber,  welchen  Bruchteil  des  ganzen  Gebietes  von  Französisch-Äquato- 
rial-Afrika  dieses  Konzessionsgebiet  bildet,  gehen  auseinander.  Rouget 
und  im  Anschluß  daran  W.  Stahl  berechnet  diesen  Bruchteil  auf  die 
Hälfte  des  ganzen  Gebietes,  Challaye  (S.  175)  berechnet  es  auf  ^Yao» 
Renard  (S.  189),  ebenso  die  Compagnie  Forestiere  (S.  5  ihrer  Denkschrift) 
sagt,  daß  das  ganze  Gebiet  in  Konzessionen  vergeben  sei.  Diese  Wider- 
sprüche erklären  sich  daraus,  daß  ganz  verscliiedene  Oberflächen  für 
Franzüsisch-Äquatorial-Afrika  angenommen  sind,  je  nach  dem  umfang, 
in  dem  das  Tschadgebiet  zu  Französisch-Äquatorial-Afrika  gerechnet  ist. 
Das  Wesentliche  ist,  festzustellen,  daß  heute  in  dem  Urwaldgebiete 
und  nördlich  bis  zur  Grenze  der  Ufenvälder,  also  soweit  die  Kautschuk- 
gewinnung reicht,  alle  Ländereien  in  Konzessionen  vergeben  sind,  mit 
Ausnahme  der  zwei  Gebiete,  die  in  der  Umgebung  \'on  Brazzaville  und 
von  Libreville  für  kleinere  Konzessionen  vorbehalten  worden  sind,  und 
mit  Ausnahme  von  einigen  früheren  Konzessionsgebieten,  die  von  ihren 
Inhabern  wegen  ihrer  Minderwertigkeit  wieder  aufgegeben  wurden  und 
seitdem  keinen  Abnehmer  mehr  gefunden  haben. 

Die  Konzessionsgesellschaften  haben  in  den  ersten  4  Jahren  fast 
durchweg  mit  Verlust  gearbeitet.  \'om  Jahre  1904  an  überwiegen  die 
jährlichen  Reingewinne.  In  den  folgenden  Jahren  1905,  1906  und  1907 
erzielten  die  meisten  Gesellschaften  ganz  erhebliche  Reingewinne,  190S 
und  1909  haben  sich  die  Erträge  infolge  des  Sinkens  der  Preise  auf  dem 


-     158    - 

Kautschukmarkte  etwas  ermäßigt,  in  den  letzten  beiden  Jahren  haben 
die  Gewinne  die  frühere  Höhe  aber  wieder  erreicht  und  teilweise  überholt. 
Die  Gesellschaften,  deren  Konzessionsgebiete  ganz  oder  zum  Teile  in 
Neu-Kamerun  liegen,  werden  im  folgenden  besprochen,  und  zwar  zuerst 
die  Gesellschaften,  für  deren  Konzessionen  noch  das  Dekret  von  1899 
gilt;  dann  die  Compagnie  Forestiere  Sanga-Ubangi,  dann  die  Societe 
du  Haut-Ogowe,  für  deren  Konzession  besondere  Bestimmungen  gelten, 
und  im  Anschlüsse  daran  die  Messageries  Fluviales,  die  zwar  keine  Kon- 
zessionsgesellschaft ist,  die  aber  mit  den  Konzessionsgesellschaften 
in  engen  Beziehungen  steht  und  einen  Teil  ihrer  Verpflichtungen  über- 
nommen hat. 

A.  Die   Konzessionsgesellschaften   nach   dem   Dekrete 

von  1899. 

§50.  I.     Die     Compagnie    de    la    Ngoko-Sangha^)    ist    aus    der 

Verschmelzung  zweier  Gesellschaften  hervorgegangen  und  ihre  Rechte 
erstrecken  sich  heute  auf  3  Konzessionsgebiete.  Im  Jahre  1903  vereinigten 
sich  die  Compagnie  de  la  Ngoko-Ouesso  (Dekret  vom  22.  Juni  1899) 
und  die  Societe  des  produits  de  la  Sangha-Lipa-Ouesso  (Dekret 
vom  31.  März  1899,  Journ.  off.  1899,  S.  1931).  Die  Vereinigung  wurde 
im  Jahre  1904  von  der  Regierung  genehmigt.  Die  neue  Gesellschaft 
nahm  den  Namen  Compagnie  de  la  Ngoko-Sangha  an. 

Für  den  Umfang  der  beiden  Konzessionsgebiete  sind  nicht  mehr  diese 
ursprüngüchen  Dekrete  maßgebend,  sondern  die  2  Dekrete  vom  18.  März 
1905  (Journ.  off.  vom  27.  März  1905),  durch  welche  die  ursprünglichen 
Konzessionsgebiete  vergrößert  worden  sind.  In  diesen  beiden  Dekreten 
werden  die  Grenzen  wie  folgt  festgesetzt :  a)  Die  Grenzen  der  Konzession 
Ngoko-Wesso  werden  gebildet: 

im  Norden  durch  die  Südgrenze  von  Kamerun; 

im  Westen  durch  den  Längengrad  11  •'30'  östhcher  Länge  von  Paris 
(13^50'  von  Greenwich)  bis  zu  seinem  Schnittpunkte  mit  der  Wasser- 
scheide des  Flußbeckens  des  Likuala-Mossaka  oder  wenn  der  Meridian 
die  Wasserscheide  nicht  schneidet,  2)  bis  zu  seinem  Schnittpunkte  mit 
dem  Breitengrade  0^30'  nördhcher  Breite; 

im  Süden  durch  die  nördhche  Wasserscheide  des  Flußbeckens  des 
Likuala-Mossaka,  oder  durch  den  Breitengrad  o**  30'  bis  zu  seinem  Schnitt- 
punkte mit  dieser  Wasserscheide  und  dann  durch  diese  Wasserscheide, 
bis  zu  ihrem  Schnittpunkte  bis  dem  Breitengrade,  der  durch  den  Zu- 


^)   Gesellschaftssitz:  Paris,  11  Rue  Lafitte. 

2)  Nach  der  Karte  von  Delingette  ist  ein  solcher  Schnittpunkt  nicht  vorhanden. 


—     159    — 

sammenfluß  des  Ndoki  mit  dem  Sanga  geht,  von  da  ab  durch  diesen 
Breitengrad  selbst  bis  zum  Sanga; 

im  Osten  durch  den  Sanga  bis  zur  Südgrenze  von  Kamerun. 

b)  Die  Grenze  der  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso  wird  gebildet 

im  Norden  durch  den  Breitengrad,  der  durch  die  Mündung  des 
Lipa  geht; 

im  Osten  durch  die  Wasserscheide  zwischen  dem  Sanga-Becken  und 
dem  Becken  des  grünen  Likuala; 

im  Südwesten  und  Süden  durch  eine  gerade  Linie,  die  von  einem 
20  km  nördüch  von  der  Mündung  des  Gokula  in  den  Sanga  gelegenen  Punkte 
ausgeht  und  nach  Nordosten  in  einer  mittleren  Entfernung  von  20  km 
bis  zum  Ende  des  GokuJa-Beckens  verläuft;  von  da  ab  wird  die  Grenze 
durch  die  Grenze  dieses  Flußbeckens  gebildet  bis  zu  der  Linie,  die  das 
Sanga-Becken  im  Osten  abgrenzt  und  von  dem  Likuala-Becken  trennt; 

im  Westen  durch  den  Sanga. 

Durch  Dekret  vom  gleichen  Tage  (18.  März  1905,  Journ.  off.  27.  März 
1905)  \\-urde  der  Ngoko-Sanga-Gesellschaft  ein  Gebiet  in  Konzession 
gegeben,  das  die  Societe  d'explorations  coloniales  bisher  ohne 
besonderen  Rechtstitel  für  sich  in  Anspruch  genommen  hatte.  Die 
Societe  d'explorations  coloniales  erhielt  für  den  Verzicht  auf  dieses 
Gebiet  von  der  Ngoko-Sanga-Gesellschaft  325  000  Franken.  Dieses 
Gebiet  wird  begrenzt: 

im  Norden  von  der  Kameruner  Südgrenze; 

im  Westen  durch  den  9*^  östücher  Länge  von  Paris  (ii*'  20'  von 
Greenwich)  bis  zu  seinem  Zusammentreffen  mit  der  Grenze  der  Konzession 
Haut-Ogowe ; 

im  Süden  durch  die  Nordgrenze  der  Konzession  Haut-Ogowe,  wie 
sie  in  dem  Dekrete  der  genannten  Konzession  festgesetzt  ist;^) 

im  Osten  durch  den  Längengrad  11^30'  östUcher  Länge  von  Paris 
(13^50'  von  Green\\'ich),  der  die  Grenze  der  Konzession  Ngoko-Wesso 
büdet. 

Die  Ngoko-Sanga-Gesellschaft  ist  demnach  Inhaberin  dreier  Kon- 
zessionen. Die  nordöstliche  dieser  3  Konzessionen,  nämlich  die  Konzession 
Sanga-Lipa-Wesso,  hat  sie  im  Jahre  1910/11  in  die  Compagnie  Forestiere 
eingebracht,  die  selbst  Inhaberin  von  10  anderen  Konzessionen  ist. 
Dabei  hat  sie  für  diese  Konzession  die  gleichen  Veränderungen  der  Kon- 
zessionsbestimmungen angenommen  wie  die  10  Gesellschaften,  die  sich 
zur  Compagnie  Forestiere   Sanga-Ubangi  verschmolzen  haben.'^)      Den 


^)  Siehe  darüber  unten  §  57. 

*)  Vgl.  darüber  das  Nähere  unten  §  56. 


—     i6o    — 

Bestimmungen  des  Dekretes  von  1899  sind  daher  heute  nur  noch  die 
beiden  anderen  Konzessionen  unterworfen,  deren  Gebiete  zusammen  im 
Norden  durch  die  Kameruner  Südgrenze,  im  Westen  durch  Spanisch- 
Guinea,  im  Osten  durch  den  Sanga  begrenzt  werden;  und  deren  Süd- 
grenze sich  aus  der  Zusammensetzung  der  oben  zuletzt  angegebenen 
2  Südgrenzen  ergibt.  Der  Gesamtflächeninhalt  beträgt  einschließlich 
der  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso  etwa  7  Millionen  ha,  davon  liegen  etwa 
2,7  MilHonen  ha,  darunter  das  Konzessions- Gebiet  Sanga-Lipa-Wesso 
von  1,8  Millionen  ha  im  vertraglichen  Kongo-Becken,  der  Rest  in  Gabun. 

Was  die  Konzessionsdauer  anlangt,  so  läuft  die  Konzession  Sanga- 
Wesso  1829  ab;  über  die  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso  vgl.  unten  §  68. 
Für  die  dritte  (westlich  gelegene)  Konzession  läuft  die  30  jährige  Kon- 
zessionszeit von  1905  an,  so  daß  diese  Konzession  erst  im  Jahre  1935 
erlischt. 

Das  Aktienkapital  der  Ngoko-Sanga  beträgt  2  750  000  Franken, 
eingeteilt  in  5500  Aktien  von  je  500  Franken.  Davon  sind  2  320  000  Fran- 
ken eingezahlt.  Die  Aktien  haben  keinen  Markt,  und  es  finden  nur  selten 
Umsätze  in  ihnen  statt.  Ihr  Kurs  wird  in  dem  Kurszettel  der  Depeche 
Coloniale  vom  21.  April  1912  auf  275  Franken  angegeben.  Nach  einer 
privaten,  aus  französischen  Konzessionskreisen  stammenden  Mitteilung 
haben  die  letzten  Umsätze  vor  einigen  Monaten  mit  250  Franken  statt- 
gefunden. Die  Gesellschaft  hat  Genußscheine  ausgegeben,  deren  Kurs 
in  dem  genannten  Kurszettel  mit  40  Franken  angegeben  wird.  Die  jähr- 
liche feste  Abgabe  an  den  Fiskus  beträgt  seit  1910  von  der  Ngoko-Wesso- 
Konzession  13  000  Franken,  von  der  Sanga-Lipa-Wesso-Konzession 
10 000  Franken;  demgemäß  hat  die  Ngoko-Sanga  im  Jahre  1910  23000 
Franken  als  feste  Abgabe  an  den  Fiskus  abgeführt.  Für  die  dritte  Kon- 
zession hat  die  französische  Regierung  für  die  ersten  10  Jahre  auf  eine 
feste  jährhche  Abgabe  verzichtet.  Vom  i.  Januar  1915  ab  ist  für  sie 
eine  jährhche  feste  Abgabe  von  10  000  Franken  zu  bezahlen.  Für  die 
beiden  ersten  Konzessionen  hat  die  Gesellschaft  zusammen  38  000  Franken 
Kaution,  nämlich  28  000  Franken  für  die  Konzession  Ngoko-Wesso, 
10  000  Franken  für  die  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso  hinterlegt,  für  die 
dritte  Konzession  wurde  eine  besondere  Kaution  nicht  verlangt.  Die 
Gesellschaft  hatte  zu  den,  durch  die  Errichtung  von  Zollposten  im  Gebiete 
der  Konzession  Ngoko-Wesso  entstehenden  Kosten  28  000  Franken 
bzw.  für  die  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso  15  000  Franken  als  einmalige 
Beihilfe  zu  zahlen,  zu  denen  im  Gebiete  der  dritten  Konzession 
25  000  Franken  getreten  sind. 

Da  die  Geschäftsberichte  der  Gesellschaft  zur  Zeit  der  Drucklegung 
noch  nicht  zugänglich  sind,  kann  über  die  gegenwärtige  Geschäftslage 


—     i6i     — 

nichts  Sicheres  gesagt  werden.  Der  Kursstand  der  500  Fr.-Aktien  auf 
275  Franken  deutet  darauf  hin,  daß  die  finanziellen  Ergebnisse  nicht  be- 
friedigen. Nach  einem  Auszuge  aus  dem  Geschäftsberichte  für  1910  schloß 
die  Gewinn-  und  Verlustrechnung  für  dieses  Jahr  mit  einem  Vortrage 
von  749  100  Franken  auf  das  Jahr  191 1  ab.  Dabei  ist  aber  zu  lx>rück- 
sichtigen,  daß  auf  der  Habenseite  der  Posten  von  2  393  000  Franken 
eingetragen  ist,  der  der  Gesellschaft  im  Jahre  1910  durch  Schiedsspruch 
als  Entschädigung  zugebilligt  worden  ist;  daß  die  Berechtigung  dieses 
Entschädigungsanspruchs  aber  von  der  französischen  Regierung  in- 
zwischen bestritten  worden  ist.  Ein  endgültiges  Urteil  über  die  Finanz- 
lage der  Gesellschaft  kann  auf  Grund  dieses  Auszuges  nicht  gegeben 
werden.  Im  Jahre  1909  hat  die  Gesellschaft  keinen  Reingewinn  erzielt, 
daher  auch  keinen  Gewinnanteil  an  den  Staat  bezahlt. 

Da  die  Konzessionsgebiete  der  Ngoko-Sanga  heute  so  gut  wie  ganz 
auf  deutschem  Gebiete  liegen,  ist  fast  der  ganze  Betrag  der  festen  Abgabe 
und  einer  etwaigen  Gewinnbeteiligung  in  Zukunft  an  den  deutschen 
Fiskus  abzuführen. 

Die  bisherige  Geschäftspraxis  der  Ngoko-Sanga  ist  in  der  französi- 
schen Öffentlichkeit  und  im  Zusammenhange  mit  den  Verhandlungen 
mit  der  Südkamerun- Gesellschaft  wegen  Abschlusses  einer  Betriebsge- 
meinschaft auch  in  der  deutschen  viel  besprochen  worden.  Die  Berichte 
sind  sich  alle  darin  einig,  daß  die  Gesellschaft  Ngoko-Sanga  bisher  weniger 
darauf  bedacht  war,  ihre  Konzessionsgebiete  im  Sinne  der  Vorschriften 
des  Dekretes  und  des  Lastenheftes  zu  bewirtschaften,  als  darauf,  unter 
irgendwelchem  Vorvvande  vom  Fiskus  oder  Privaten  Entschädigungen 
zu  erhalten.  So  hat  sie  vor  dem  Jahre  1905  die  angebliche  Ausbeutung 
ihres  Gebietes  durch  fremde  Händler,  später  die  Grenzregulierung  an  der 
Kameruner  Südgrenze  und  andere  Gründe  zur  Erhebung  von  Ent- 
schädigungsansprüchen benutzt.  Zum  Teil  haben  diese  Ansprüche  bei 
der  Französischen  Regierung  auch  Erfolg  gehabt.  ^)  Die  Erteilung  der 
dritten  Konzession  und  die  Vergrößerung  der  Gebiete  der  beiden  alten 
Konzessionen  im  Jahre  1905  sind  auf  diese  Entschädigimgsansprüche 
zurückzuführen.  Der  Gesellschaft  ist  es  auch  gelungen,  die  französische 
Regierung  im  Jahre  1910  zum  Anerkenntnisse  weiterer  Entschädigungs- 
ansprüche zu  veranlassen.  Die  Höhe  dieser  Ansprüche  wurde  durch 
Schiedsspruch  auf  2393000  Franken  festgesetzt.  Gegen  die  Auszahlung 
dieser  Summe  hat  sich  aber  in  der  Öffentlichkeit  und  in  der  Deputierten- 
kammer Widerspruch  erhoben,  so  daß  die  französische  Regierung  die 
rechtliche  Ungültigkeit  dieses  Schiedsspruches  der  Gesellschaft  gegenüber 


>)  Vgl.  Tardieu,  S.   188. 

Verfiffentl.  d.   Rcichskolonialamtej  Vr.  4  :   Ritter. 


—      l62      — 

geltend  gemacht  hat.  Diese  Angelegenheit  scheint  gegenwärtig  noch  in 
der  Schwebe  zu  sein  und  die  französischen  Gerichte  zu  beschäftigen. 

Die  Gesellschaft  hat  die  wirtschaftliche  Tätigkeit  meist  darauf  be- 
schränkt, den  Eingeborenen  den  Kautschuk  und  das  Elfenbein,  das  sie 
freiwillig  brachten,  abzukaufen.  Als  Gegenwert  hat  die  Gesellschaft 
dabei,  den  französischen  Budgetberichten  und  anderen  Meldungen  zufolge 
vielfach  Gewehre  und  Pulver  gegeben,  obwohl  in  Art.  9  des  Konzessions- 
dekretes der  Gesellschaft  der  Waffenhandel  untersagt  worden  ist.  Wie 
nachgewiesen  worden  ist,  steht  der  heftige  Widerstand,  den  die  franzö- 
sische Verwaltung  in  den  beiden  letzten  Jahren  im  Kudu-Dschua-Lande 
bei  den  Eingeborenen  gefunden  hat,  mit  diesem  Waffenhandel  unmittelbar 
im  Zusammenhang.  So  ist  z.  B.  eine  Faktorei  bei  Gara-Binzam,  der  die 
Munitionslieferung  für  die  Aufständischen  jenes  Gebietes  nachgewiesen 
wurde,  dafür  zur  Verantwortung  gezogen  worden.  Die  Gesellschaft  hat, 
obwohl  sie  über  das  beste  Kautschukland  von  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  verfügt,  in  den  Jahren  1903 — 1908  nur  471  Tonnen  ausgeführt. 
Die  Gesellschaft  unterhält  zurzeit  Faktoreien  in  Vine,  Suanke  (i)^),  Alati, 
Sufley  (i),  Sembe  (3),  Ngoila,  Dongo,  Ngali  (3),  Bajanga  (i). 
R  2j_  2.    Das    Konzessionsgebiet     der     Compagnie     Frangaise     du 

Haut-Congo^)  reicht  nut  etwa  mit  Y12  seiner  Gesamtfläche  auf  deutsches 
Gebiet.  Es  umfaßt  nach  dem  Dekrete  vom  31.  März  1899  (Joum.  off. 
1899  S.  3971)  das  Flußgebiet  des  Likuala-Mossaka  und  seiner  Neben- 
flüsse und  die  Lagune  von  Likaba,  ^)  Auf  deutschem  Gebiete  liegt  davon 
nur  die  schmale  linke  Uferseite  des  Kandeko,  Bokiba  und  Likuala- 
Mossaka  und  im  Norden  ein  kleiner  Teil  des  Quellgebietes  des  Lengue. 
Der  Flächeninhalt  beträgt  3  600  000  ha,*)  auf  deutschem  Gebiete  hegen 
höchstens  250 — 300  000  ha.  Das  Konzessionsgebiet  liegt  ganz  im  ver- 
traglichen Kongo-Becken.  Die  Konzession  läuft  im  Jahre  1829  ^^^ 
Das  Aktienkapital  ist  in  der  Hauptversammlung  vom  25.  Oktober  1910 
von  2  500  000  Franken  auf  2  Mill.  Franken  herabgesetzt  worden.  Die 
Gesellschaft  hat  10  000  Gründeranteile  ausgegeben.  Die  einzelnen  Aktien 
lauten  auf  500  Franken  Nennwert.     Ihr  Kurs  wird  in  dem  Kurszettel 


^)  Die  hier  und  später  den  Faktoreien  nachgedruckten  Ziffern  bedeuten  dio 
Zahl  der  weißen  Angestellten,  die  die  betreffenden  Gesellschaften  für  die  Faktorei 
vorgesehen  haben.  Wenn  Ziffern  nicht  angegeben  sind,  so  soll  damit  nicht  gesagt 
sein,  daß  auf  der  betreffenden  Faktorei  keine  weißen  Angestellten  seien.  Es  fehlen 
nur  bisher  Angaben  dafür.  Zum  Teil  werden  diese  Faktoreien  allerdings  auch  nur 
von  Eingeborenen  betrieben.  Im  ganzen  befinden  sich  etwa  60  weiße  Angestellte 
auf  den  Faktoreien  Neu-Kameruns. 

2)  Gesellschaftssitz:  Paris,  Rue  Grange-Batehfere  13. 

3)  Siehe  Karte  Nr.  2. 

*)  Nach  anderen  Angaben  über  5000000  ha. 


-     i63     - 

der  Annales  Coloniales  vom  ii.  Mai  1912  mit  406  Franken  angegeben, 
der  der  Genußscheine  mit  62  Franken.  Die  Gesellschaft  hat  im  Jahre  1910 
einen  Reingewinn  von  323850  Franken  erzielt  (1909:  345982  Franken). 
Die  Aktionäre  erhielten  im  Jahre  1910  eine  Dividende  von  40  Franken. 
die  Inhaber  der  Geniißschcine  einen  Gewinnanteil  von  7,30  Franken, 
Der  Anteil  des  Fiskus  am  Reingewinne  betrug  29827  Franken  (1909: 
30885  Franken).  Die  jährliche  feste  Abgabe  beträgt  30000  Franken 
(1909:  22  000  Franken).  Auf  Deutschland  dürften  von  diesen  beiden  Ab- 
gaben in  Zukunft  etwa  5000  Franken  entfallen.  Die  Kaution  beträgt 
50000  Franken.  Die  Gesellschaft  hatte  zu  den  Kosten  der  Zollstationen 
ihres  Gebietes  30  000  Franken  beizutragen  und  ist  zur  Unterhaltung  von 
wenigstens  3  kleineren  Dampf  booten  verpflichtet. 

Die  Geschäftstätigkeit  der  Gesellschaft  wird  im  allgemeinen  günstig 
beurteilt.  Der  in  ihrem  Gebiete  gewonnene  Kautschuk  erzielt  einen  Markt- 
preis von  durchschnittlich  10^4 — ^^  Franken.  Die  Gesellschaft  führt 
jährlich  etwa  25  Tonnen  Elfenbein  aus.  Von  ihren  Faktoreien  hegt  nur 
eine  einzige  auf  deutschem  Gebiete,  nämlich  die  bei  Ntoku  (i)  ^)  (Remond- 
ville). 

3.  Das  Konzessionsgebiet  der  Soci  et  ö  de  la  Sangha  equatoriale-)   §52. 
das  vollständig  deutsch  geworden  ist,  wird  begrenzt^) 

im  Norden  von  dem  Äquator; 

im  Osten  und  im  Süden  \-on  dem  Sanga  bis  zu  seinem  Zusammenflusse 
mit  dem  Kongo,  dann  durch  den  Ivongo; 

im  Westen  von  der  östlichen  Wasserscheide  des  Likuala-Mossaka- 
Beckens  bis  zu  ihrem  Schnittpunkte  mit  dem  Äquator.  (Dekret  v.  19.  Mai 
1899,  Journ.  off.  1899  S.  5281.) 

Es  hat  einen  Flächeninhalt  von  555  000  ha  und  liegt  ganz  im  ver- 
traghchen  Kongo-Becken.  Die  Konzession  läuft  auf  30  Jahre,  das  Aktien- 
kapital der  Gesellschaft  beträgt  i  Mill.  Franken,  eingeteilt  in  10  000 
Aktien  von  je  100  Franken.  Die  Gesellschaft  hat  außerdem  10  000  Ge- 
winnanteile ausgegeben.  Im  Jahre  1909  hat  sich  der  Fehlbetrag  um 
18  266  Franken  auf  292  797  Franken  erhöht.  An  den  Fiskus  ist  daher 
eine  Gewinnbeteiligung  nicht  zu  zalilen  gewesen.  Die  feste  jährliche 
Abgabe  betrug  bis  zum  Jahre  1909  6000  Franken,  vom  Jahre  1910  ab 
beträgt  sie  8000  Franken,  Die  Aktien  der  Gesellschaft  stehen  auf  einem 
Kurse  von  15  Franken.  Zur  Errichtung  von  Zollposten  hatte  sie  einmalig 
20  000  Franken  zu  zahlen. 


»)  Vßl.  s.  162. >) 

^)   Sitz  in  Paris,  5  ruc  de  la  Rochefoucault,  und  in  Lille,  15  nie  de  Pas, 

^)  Vgl    Karte  Nr.   2. 


—     i64    — 

Wie  aus  der  Angabe  über  den  Fehlbetrag  hervorgeht,  hat  das  Unter- 
nehmen sich  schlecht  rentiert.  Das  ist  das  hauptsächlich  darauf  zurück- 
zuführen, daß  das  Konzessionsgebiet  ganz  im  Überschwemmungsgebiete 
des  unteren  Sanga  liegt  und  daher  eine  gewinnbringende  Bearbeitung 
der  dortigen  Kautschukbestände  fast  unmöghch  ist.  Um  ihren  Geschäfts- 
plan auf  eine  neue  Grundlage  zu  stellen,  hat  die  Gesellschaft  sich  im 
Jahre  1910  an  die  französische  Regierung  gewendet  mit  dem  Ersuchen, 
den  Konzessionsvertrag  aufzuheben,  die  Kaution  von  20  000  Franken 
zurückzuzahlen  und  die  Gesellschaft  von  der  Zahlung  der  jährlichen  festen 
Abgabe  von  8000  Franken  zu  befreien.  Dafür  will  die  Gesellschaft  auf 
die  Konzession  verzichten.  Als  Gegenleistung  für  den  Verzicht  auf  die 
Konzession  will  sie  ein  Landgebiet  von  10  000  ha  zum  vollen  Eigentum 
haben,  das  sie  sich  in  Stücken  von  i — 2000  ha  an  verschiedenen  Stellen 
des  bisherigen  Konzessionsgebietes  auswählen  will.  Die  einzige  Faktorei 
der  Gesellschaft  befindet  sich  bei  Likunda  (i)i)  auf  dem  rechten  Ufer 
des  Sanga. 
§  53-  4.  Das    Konzessionsgebiet    der    Compagnie    commerciale    de 

Colonisation  du  Congo  Frangais^)  liegt  ganz  auf  deutschem  Gebiete 
und  umfaßt  laut  Dekret  vom  9.  Juni  1899  (Journ.  off.  1899  S.  6517) 
das  Gebiet,  das 

im  Süden  von  dem  Breitengrade  begrenzt  wird,  der  durch  den  Zu- 
sammenfluß des  Nana-Punde  und  des  Mambere  geht; 

in  Südwesten  und  Westen  von  dem  Lauf  des  Mambere; 

im  Norden  und  Osten  durch  die  Wasserscheide,  die  auf  dieser  Seite 
die  Flußgebiete  des  Mambere  und  des  Nana-Punde  abgrenzt;^) 

Die  Konzession  auf  4  Faktoreien  außerhalb  des  so  begrenzten  Ge- 
bietes, die  in  diesem  Dekrete  weiter  verliehen  worden  war,  wurde  durch 
Dekret  vom  11.  Februar  1902  (Journ.  off.  v.  22.  Februar  1902)  wieder 
zurückgenommen.  Das  Gebiet  hat  einen  Flächeninhalt  von  i  240  000  ha 
und  hegt  ganz  im  vertraglichen  Kongo-Becken.  Das  Aktienkapital 
beträgt  i  Mill.  Franken,  eingeteilt  in  2000  Aktien  zu  500  Franken.  Das 
Aktienkapital,  das  in  holländischem  Besitze  ist,  hat  keinen  Markt.  Es 
erscheint  daher  auch  in  den  oben  angeführten,  privaten  Kursveröffent- 
lichungen für  die  Aktien  keine  Notiz.  Die  jährhche  feste  Abgabe  an  den 
Fiskus  beträgt  12  000  Franken.  Einen  Reingewinn*)  scheint  die  Gesellschaft 


1)  Vgl.  S.  162.1) 

*)  Sitz:  Paris,  3  rue  d'AIger.     Abkürzung:  C.  C.  C.  C. 

3)  Vgl.  Karte  Nr.  2. 

*)  Die  Geschäftsberichte  der  Gesellschaft  sind  bei  Drucklegung  noch  nicht 
zugänghch  gewesen.  Im  Jahre  1909  ist  kein  Reingewinn  erzielt,  daher  auch 
kein  Gewinnanteil  an  den  Fiskus  gezahlt  worden. 


-     i65     - 

in  den  letzten  Jahren  nicht  erzielt  zu  haben,  so  daß  ein  Gewinnanteil 
an  den  Fiskus  nicht  abzuführen  war.  Die  Gesellschaft  hat  eine  Kaution 
von  20  000  Franken  hinterlef,'t,  sie  ist  verpflichtet,  ein  großes  und  ein 
kleines  Dampfboot  zu  halten.  Ihr  Beitrag  zu  den  Zollposten  betrug 
12  000  Franken. 

Die  Gesellschaft  scheint  von  Anfang  an  wenig  günstige  Ergebnisse 
erzielt  zu  haben.  Sie  hat  sich  daher  wie  die  Ngoko-Sanga  mit  Entschädi- 
gungsansprüchen an  die  französische  Regierung  gewendet,  mit  der  Be- 
gründung, daß  infolge  der  rigorosen  Steuereintreibung  die  Eingeborenen 
aus  ihrem  Gebiete  abgewandert  seien,  so  daß  infolge  Arbeitermangel 
die  Kautschukbestände  nicht  ausgebeutet  werden  konnten.  Diase  An- 
sprüche wurden  jedoch  abgelehnt.  Die  Gesellschaft  unterhält  Faktoreien 
in  Karnot  (i).  Nana  (i)  und  Babua  (i).  Zur  Verminderung  der  Betriebs- 
unkosten und  \'erbesserung  der  Betriebsergebnisse  hat  die  Gesellschaft 
mit  der  im  folgenden  Absätze  behandelten  Gesellschaft,  der  Compagnie 
Fran^aise  de  l'Ouahme  et  de  la  Nana  und  der  Comp.  Fran9.  d'Exploita- 
tion  la  Brazzaville,  die  lo  Konzessionen  von  je  lo  ooo  ha  hat  (3  in  der 
Gegend  von  Libreville  und  7  in  der  Gegend  von  Brazzaville),  eine  Be- 
triebsgemeinschaft geschlossen,  ohne  daß  diese  Vereinigung  bisher  von 
der  französischen  Regierung  formell  genehmigt  worden  wäre. 

5.  Das    Gebiet    der    Compagnie    Fran^aise   de    l'Ouahme   et  §  54- 
de  la  Nanai)  wird  nach  den  Dekreten  vom  21.  Februar  1900  (Joum.  off. 
1900  S.  3063)  und  vom  11.  Februar  1902  (Joum.  off.  vom  22.  Februar 
1902)  begrenzt: 

im  Norden  durch  den  7.  nördlichen  Breitengrad  von  seinem  Schnitt- 
punkte mit  dem  Flusse  Wassa  (=  Bassa)  bis  zu  seinem  Zusammentreffen 
mit  der  östlichen  Wasserscheide  des  Nana  Punde-Beckens; 

im  Westen  durch  diese  Wasserscheide  bis  zu  ihrem  Zusammentreffen 
mit  der  Wasserscheide  zwischen  dem  Becken  des  Schari  und  dem  des 
Sanga-Ubangi ; 

im  Osten,  zuerst  vom  7.  nördlichen  Breitengrade  an  durch  den  Fluß 
Wassa  (=  Bassa)  bis  zu  seinem  Schnittpunkte  mit  dem  Breitengrade 
ö*'  36'  nördlicher  Breite,  dann  zwischen  dem  Wassa  und  dem  Posten 
Nana  A  durch  diesen  Breitengrad,  von  diesem  Posten  ab  durch  die  Kara- 
wanenstraße bis  zu  ihrem  Treffpunkte  mit  dem  Tomi-Flusse; 

im  Süden  von  diesem  Treffpunkte  an  durch  das  linke  Ufer  des  Tomi- 
Flusses  aufwärts  bis  zu  seinem   Schnittpunkte  mit  dem  Längengrade, 


*)  Sitz:  Paris,  3  rue  d'Alger.  Die  Schreibweise  des  Wortes  Ouahm6  schwankt 
(Ouhame,  Ouham^,  Ouahme,  Ouahm^).  Hier  wird  die  Schreibweise  des  Journal 
officicl  gewählt. 


—     i66    — 

der  von  dem  unter  dem  Namen  Kaga  N'Diri  bekannten  orographischen 
Knotenpunkt  abgeht,  dann  durch  diesen  Längengrad  bis  zu  seinem 
Treffpunkte  am  Kaga  N'Diri  mit  der  Wasserscheide  zwischen  dem  Schari 
und  Ubangi-Becken,  dann  gegen  Westen  durch  diese  Wasserscheide. i) 

Der  Flächeninhalt  beträgt  2  Mill.  ha.  -)  Das  Gebiet  hegt  zum  größten 
Teile  außerhalb  des  vertraglichen  Kongo-Beckens  und  mit  nicht  ganz  der 
Hälfte  auf  jetzt  deutschem  Gebiete.  Die  Konzessionsdauer  beträgt 
30  Jahre.  Die  Gesellschaft  hat  ein  Aktienkapital  von  2  Mill.  Franken, 
eingeteilt  in  4000  Aktien  zu  500  Franken;  sie  hat  außerdem  Gewinn- 
anteile ausgegeben.  Kurse  sind  in  der  letzten  Zeit  nicht  notiert  worden. 
Die  Gesellschaft  ist  hervorgegangen  aus  der  holländischen  Gesellschaft 
,, Nieuwe  Afrikaanshe  Handels  Vennootschap".  Das  Aktienkapital  ist  wie 
das  der  vorigen  Gesellschaft,  der  C.  C.  C.  C,  in  holländischem  Besitze. 

Die  Gesellschaft  soll  sich  in  besserer  finanzieller  Lage^)  befinden 
als  die  C,  C.  C.  C.  Nach  einer  privaten  Mitteilung  soll  für  das  Jahr  1910 
eine  Dividende  von  15  Franken  verteilt  worden  sein;  in  dem  Kurs- 
zettel der  Annales  Coloniales  vom  11.  Mai  1912  ist  für  1910  aber  keine 
Dividende  angegeben.  Im  Jahre  1909  betrug  der  Anteil  des  französi- 
schen Fiskus  am  Reingewinne  79403  Franken.  Davon  wären  einer 
französischen  Schätzung  zufolge  nach  dem  jetzigen  Besitzstande 
39800  Franken  auf  den  deutschen  Fiskus  entfallen.  Die  feste  jährhche 
Abgabe  beträgt  12000  Franken.  Davon  entfällt  ungefähr  die  Hälfte 
auf  den  deutschen  Fiskus.  Der  einmahge  Beitrag  für  die  Zollposten  be- 
trug 25  000  Franken.  Die  Gesellschaft  hat  eine  Faktorei  in  Bozum  (i)  ^) 
und  eine  im  Norden  außerhalb  ihres  Konzessionsgebietes,  in  Lere  (i). 
§  55-  6.  Das    Gebiet    der    Compagnie    Commerciale    et    Coloniale 

de  la  Mambere-Sangha^)  in  Liqu.  wird  laut  Dekret  vom  16.  Juli 
1899  (Joum.  off.  1900  S.  7587)  begrenzt: 

im  Süden  von  Ost  nach  West  durch  den  6.  nördlichen  Breitengrad 
von  seinem  Schnittpunkte  mit  dem  Laufe  des  Mambere  bis  zu  seinem 
Schnittpunkte  mit  der  Kameruner  Grenze; 


^)  Vgl.  Karte  Nr.  2.  Zu  der  Grenzbeschreibung  ist  zu  bemerken,  daß  der  7. 
nördliche  Breitengrad  die  östliche  Wasserscheide  des  Nana  nicht  trifft.  Nach  einem 
Schreiben  des  Vorstandes  der  Gesellschaft  an  Herrn  Dr.  Waltz  wird  angenommen, 
daß  die  Grenze  vom  7.  nördlichen  Breitengrade  bis  zur  östlichen  Wasserscheide 
des  Nana  durch  den  entsprechenden  Längengrad  gebildet  wird. 

*)  Nach  anderen  Angaben  über  4  000  000  ha. 

3)  Die  Geschäftsberichte  der  Gesellschaft  haben  bei  Drucklegung  hier  noch 
nicht  vorgelegen. 

*)  Vgl.   S.   162.1) 

^)  Sitz:  Paris,  Rue  de  la  Chaussee  d'Antin  22  (?). 


-     16;     - 

im  Westen  durch  die  Kameruner  Grenze; 

im  Norden  durch  den  die  Quelle  des  Mambcre  schneidenden  Breiten- 
grad; 

im  Osten  durch  den  Lauf  des  Mambere  von  seiner  Quelle  bis  zu 
seinem  Schnittpunkte  mit  dem  6.  nördlichen  Breitengrade.') 

Der  Flächeninhalt  beträgt  560  000  ha,  das  Aktienkapital  800  000 
Franken,  eingeteilt  in  1600  Aktien  zu  500  Franken.  Die  Gesellschaft  ist 
seit  Anfang  1910,  nach  anderen  Mitteilungen  schon  seit  1903  in  Liquidation, 
ihre  jährüche  feste  Abgabe  betrug  6000  Franken,  die  aber  seit  Beginn 
der  Liquidation  nicht  mehr  in  das  Generalbudget  von  Französisch-Äqua- 
torial-Afrika  eingestellt  sind.  Das  Konzessionsgebiet  liegt  ganz  auf  deut- 
schem Gebiete  und  wird  von  der  Grenze  des  vertragüchen  Kongo-Beckens 
geschnitten.     Die  einzige  Faktorei  der  Gesellschaft  ist  in  Kunde. 

B.    Die  Compagnie  Forestiere  Sangha-Oubangui.^)  §  56. 

Die  Gesellschaft  ist  her\^orgegangen  aus  der  Vereinigung  von  folgenden 
10  Konzessionsgesellschaften:  Society  coloniale  du  Baniembe,  Sociale 
Bretonne  du  Congo,  Compagnie  Fran^aise  du  Congo,  Societe  de  l'Ekela- 
Kadei-Sangha,  Societe  de  la  Haute-Sangha,  Societe  l'Ibenga,  Compagnie 
commerciale  et  coloniale  de  la  Kadei-Sangha,  Compagnie  des  caout- 
choucs  et  produits  de  la  Lobay,  Societe  M'Poko,  Compagnie  de  la  Sangha. 
Die  Konzessionen  dieser  Gesellschaften  beruhten  ursprünglich  ebenso 
wie  die  der  bisher  genannten  Gesellschaften  auf  dem  Normaldekrete 
von  1899.  Die  Grundlage  ihrer  Konzessionen  wurde  in  den  Jahren 
I910/11  durch  Vereinbarungen  mit  dem  Kolonialminister  geändert. 
Diese  Vereinbarungen  wurden  durch  die  Dekrete  vom  20.  Juni  1910 
(Joum.  off,  V.  12.  Juli  1910,  S.  6057 ff.)  und  durch  ein  einziges  Nach- 
tragsdekret vom  26.  Februar  191 1  (abgedruckt  in  der  Denkschrift  der 
Compagnie  Forestiere  Sanga-Ubangi  von  191 1,  S.  64  ff.)  genehmigt. 
Art.  15  der  Dekrete  vom  20.  Juni  1910  ermächtigt  die  einzelnen  Gesell- 
schaften, sich  entweder  mit  einander  zu  verschmelzen  (fusionner)  oder  ihre 
Rechte  in  eine  neue  Gesellschaft  einzubringen  (faire  apport  ä  unc  nouvelle 
societe).  Von  den  genannten  10  Gesellschaften  hatten  8  schon  im  Jahr 
1908  eine  Betriebsgemeinschaft  geschlossen.  Auf  Gnmd  der  Ermächtigung 
des  Art.  15  haben  diese  8  und  die  2  übrigen  sich  zu  der  Compagnie  Fore- 
stiere Sanga-Ubangi  verschmolzen. 

Gleichzeitig  hat  die  Ngoko-Sanga  für  ihre  Konzession  Sanga-Lipa- 
Wesso  die  gleichen  Vereinbarungen  mit  dem  Kolonialminister  getroffen, 


')  Vgl.  Karte  Nr.  2. 

')  Sitz:  Paris,  5  Rue  de  la  Rochefoucauld 


—     i68     — 

wie  diese  lo  Gesellschaften.  Diese  Vereinbarung  ist  durch  Dekret  vom 
gleichen  Tage  genehmigt  worden.  Die  Ngoko-Sanga  hat  aber  nicht  von 
der  Ermächtigung,  sich  mit  den  anderen  Gesellschaften  zu  verschmelzen 
Gebrauch  gemacht,  sondern  von  der  Ermächtigung,  ihre  Rechte  bezüglich 
der  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso  in  die  von  den  übrigen  Gesellschaften 
neugebildete  Gesellschaft  einzulegen.  Der  rechtliche  Unterschied  der 
Stellung  der  Cie.  Forestiere  zu  der  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso  und 
zu  den  übrigen  lo  Konzessionen  wird  klar,  wenn  man  die  Gesellschaften 
als  solche  und  die  Konzessionen,  deren  Inhaber  sie  sind,  auseinander- 
hält. Während  die  lo  Gesellschaften  sich  verschmolzen  und  in  ihrem 
selbständigen  Bestände  aufgehört  haben  oder  aufhören  werden,  wenn 
die  Liquidation  vollständig  durchgeführt  worden  ist,  und  Inhaberin 
dieser  lo  Konzessionen  die  Cie.  Forestiere  geworden  ist,  ist  die  Ngoko- 
Sanga  selbständige  Gesellschaft  und  Inhaberin  der  Konzession  Sanga- 
Lipa-Wesso  geblieben.  Sie  hat  nur  die  Rechte  aus  dieser  Konzession 
in  die  von  den  anderen  Gesellschaften  gebildete  neue  Gesellschaft  eingelegt. 
Daher  wird  auch  die  feste,  jährliche  Abgabe  an  den  Fiskus  für  die  Kon- 
zession Sanga-Lipa-Wesso  nicht  von  der  Cie.  Forestiere,  sondern  von 
der  Ngoko-Sanga  verrechnet  und  an  den  Fiskus  abgeführt.  In  den 
Satzungen  der  Cie.  Forestiere  heißt  es  in  der  Überschrift:  ,,Es  wurde  eine 
Aktiengesellschaft  gegründet  unter  den  Gesellschaften  i — lo.  Die  Com- 
pagnie  Ngoko-Sanga  hat  sich  nicht  als  Gründerin  beteiligt,  sondern  nur 
bezüghch  der  von  ihr  gemachten  und  unten  genannten  Einlagen."  Dem- 
entsprechend sind  auch  von  den  120  000  Aktien  der  Cie,  Forestiere  nur 
116  000  Stück  amthch  zum  Handel  und  zur  Preisfeststellung  an  der 
Pariser  Börse  zugelassen  worden,  während  die  4000  Aktien,  die  die  Ngoko- 
Sanga  für  ihre  Einlage  erhalten  hat,  erst  nach  einer  Zulassungsfrist 
von  2  Jahren  zugelassen  werden ;  da  für  Aktienbeträge  in  dieser  Höhe  andere 
Vorschriften  für  die  Zulassung  bestehen. 

Wenn  die  Cie.  Forestiere  demnach  auch  nicht  Inhaberin  der  Kon- 
zession Sanga-Lipa-Wesso  ist,  so  werden  die  Rechte  aus  der  Konzession 
tatsächlich  doch  von  ihr  ausgeübt  und  die  Ausbeutung  des  Gebietes 
gemeinsam  mit  der  ihrer  eigenen  10  Konzessionsgebiete  betrieben.  Die 
Konzession  ist  daher  bei  der  weiteren  Besprechimg  mit  einzuschließen. 

Aus  der  Zusammensetzung  dieser  einzelnen  Konzessionsgebiete  ergibt 
sich  unter  Einschluß  des  Gebietes  der  Sanga-Lipa-Wesso-Konzession 
folgender  Grenzverlauf  i^) 

im  Westen  wird  das  Konzessionsgebiet  —  vom  6.  nördlichen  Breiten- 
grade ab  —  von  der  bisherigen  Kameruner  Ostgrenze  bis  zu  deren  Zu- 


1)  Siehe  Karte  Nr.  2. 


—     169    — 

sammentreffen  mit  dem  Sanga,  dann  durch  den  Sanga  bis  zur  Südgrenze 
des  NMoki- Beckens  begrenzt.  \'()n  hier  verfolgt  die  Grenze  die  südliche 
Wasserscheide  des  Ndoki-Beckens,  weiter  die  östliche  Wasserscheide 
des  Sanga-Beckens  bis  zu  deren  Kreuzungspunkte  mit  dem  Breitengrade 
von  Mobaka^)  (am  Sanga)  und  verläuft  dann  längs  dieses  Breiten- 
grades bis  zum  Sanga,  und  am  Sanga  abwärts  bis  zu  seiner  Mündung 
in  den  Ubangi. 

Die  Ostgrenze  wird  von  der  Mündung  des  Sanga  an,  bis  zur  nörd- 
lichen Wasserscheide  des  Lobaye-Beckens,  vom  Ubangi  gebildet.  Sie 
geht  dann  längs  dieser  Wasserscheide  bis  zu  deren  Zusammentreffen 
mit  der  südlichen  Wasserscheide  des  Mpoko-Beckens ;  dann  dieser  Wasser- 
scheide entlang  bis  zu  deren  Zusammentreffen  mit  dem  Ubangi.  Weiter 
verläuft  sie  längs  des  Ubangi  bis  zur  östüchen  Wasserscheide  des  Mpoko- 
Beckens,  dann  auf  der  östhchen  und  nördlichen  Wasserscheide  des  Mpoko- 
Beckens  und  daran  anschüeßend  auf  der  nördüchen  und  westüchen 
Wasserscheide  des  Lobaye-Beckens  bis  zu  deren  Schnittpunkte  mit  dem 
Breitengrade,  der  durch  die  Mündung  des  Nana  in  den  Mambere  geht. 
Diesen  Breitengrad  geht  sie  westlich  entlang,  bis  sie  den  Mambere  trifft, 
dann  den  Mambere  aufwärts  bis  zum  6.  Breitengrade,  endüch  längs  dieses 
Breitengrades  bis  zur  Kameruner  Grenze.  Außerdem  gehört  noch  zum 
Konzessionsgebiete  das  Flußgebiet  des  Ombella,  soweit  es  auf  dessen 
hnkem  Ufer  Hegt. 

Der  Verlauf  dieser  Grenzlinie  auf  der  Karte  Nr.  2  läßt  erkennen,  daß 
das  Konzessionsgebiet  der  Cie.  Forestiere  2  konzessionsfreie  Gebiete 
teilweise  und  eines  ganz  umschheßt.  Von  den  beiden  ersten  hegt  das 
eine  —  im  Sanga- Vorsprunge  —  ganz  und  das  andere  —  am  Ubangi- 
Vorsprunge  — zum  Teile  auf  deutschem  Gebiete;  das  dritte  hegt  außerhalb 
Neu-Kameruns.  Das  erste  war  im  Jahre  1899  an  die  Societe  de  l'Afrique 
Iiquatoriale,  an  die  Compagnie  Franco-Congolaise  du  Bassin  de  la  Sangha 
und  an  die  Societe  de  l'Afrique  Fran9aise  verheben  worden.^)  Diese 
3  Konzessionsgeselischaften  haben  durch  Vereinbanmg  mit  dem  fran- 
zösischen Kolonialminister  ihre  Konzessionen  aufgegeben,  da  ihre  Kon- 
zessionsgebiete während  eines  großen  Teiles  des  Jahres  unter  Wasser 
sind  und  eine  wirtschaftliche  Ausbeutung  unmöglich  war.  Die  Verein- 
barungen wurden  durch  die  Dekrete  vom  29.  März  1902  und  vom  3.  Okto- 
ber 1902  (Mouv.  Geogr.  191 1,  S.  419)  genehmigt.    Diese  3  Gebiete,  die 


*)  Mobaka  ist  auf  der  Karte  von  Delingette  nicht  angegeben.  Auf  den  Karten 
des  Anhanges  ist  dieser  Ort,  nach  der  Carte  du  Congo  Fran^ais,  Service  G6ogra- 
phique  de  la  D6p^che  Coloniale  1908  und  der  Konzcssionskartc  im  Annuaire  Colonial 
1910,  S.   51S,  eingetragen. 

2)  Vgl.  Afr.  Fran9.   1899  S.  250ff.,  Nr.  4,   10  und   12. 


—     I/o     — 

aneinanderstoßen,  sind  also  vom  Jahre  1902  ab  konzessionsfrei  gewesen ; 
der  nördliche  Teil  dieses  Gebietes  wurde  jedoch  dazu  verwendet,  der 
Ngoko-Sanga  die  oben  §  50  erwähnte  Gebietsvergrößerung  zu  ge- 
währen. 

Die  Grenzen  des  zweiten  konzessionsfreien  Gebietes,  am  Ubangi- 
Vorsprunge,  ergeben  sich  aus  der  oben  gegebenen  Grenzbeschreibung 
des  Konzessionsgebietes  der  Compagnie  Forestiere.  Die  Konzessionsfreiheit 
dieses  Gebiets  rührt  nicht,  wie  die  des  vorigen  von  der  Aufgabe  früherer 
Konzessionen  her;  sondern  sie  beruht  offenbar  auf  der  mangelhaften 
Kenntnis  der  hydrographischen  Verhältnisse  zur  Zeit  der  Konzessions- 
verleihung. Im  Süden  dieses  Gebietes  war  der  Comp,  de  la  Lobay  das 
Flußgebiet  des  Lobaye  und  seiner  Nebenflüsse  verliehen  worden  (vgl. 
Afr.  Frang.  1899,  S.  266  Nr.  7)  und  im  Norden  der  Societe  des  Etablisse- 
ments Congolaise  Gratry  Mpoko  ^)  das  Flußgebiet  des  Mpoko  und  seiner 
Nebenflüsse.  Dabei  war  angenommen  worden,  daß  diese  beiden  Fluß- 
gebiete in  ihrer  Wasserscheide  zusammentreffen.  Das  ist  jedoch  nicht 
der  Fall,  da  zwischen  diese  beiden  Flußgebiete  sich  das  des  Lesse  hinein- 
schiebt. Auf  dieses  hat  die  Comp.  Forestiere  keinen  Konzessionsanspruch. 
Wieweit  der  Ubangi- Vorsprung  konzessionsfrei  ist,  hängt  also  von  der 
noch  näher  festzustellenden  nördlichen  Ausdehnung  des  Lobaye-Beckens 
und  der  südhchen  Ausdehnung  des  Mpoko-Beckens  ab.  Die  Comp. 
Forestiere  hat  auf  der  Karte,  die  ihren  Denkschriften  vom  Jahre  191 1 
und  1912  beigefügt  ist,  diese  beiden  konzessionsfreien  Gebiete  als  zu 
ihrem  Konzessionsgebiete  gehörig  angegeben;  ein  Rechtstitel  steht  ihr 
auf  diese  Gebiete  jedoch  nicht  zu. 

Der  Flächeninhalt  des  Konzessionsgebietes  der  Cie.  Forestiere  geht 
aus  der  folgenden  Übersicht  hervor, 

1.  Societe  coloniale  du  Baniembe^) 360  000  ha 

2.  Societe  Bretonne  du  Congo  ^) 300  000    , 

3.  Compagnie  frangaise  du  Congo  ^) 430000    ,, 

4.  Societe  de  l'Ekela-Kadei-Sangha^) 780000    ,, 

und I  290  000    „ 


1)  Vgl.  Afr.  Fran9.  1899  S.  305  Nr.  8. 

2)  Dekret  v.   15.  April  1899  Journ.  off.  v.  6.  Aug.   1899. 
^)  Dekret  v.  6.  Dez.   1899  Journ.  off.  v.  24.  Mai  1900. 
*)  Dekret  v.  5.  April  ISgg  Journ.  off.  v.   i.   Juli  1899. 

^)  Die  beiden  Gesellschaften  Compagnie  de  la  Kadei-Sangha  (Dekr.  v.  15.  April 
1899,  Journ.  off.  V.  2.  Juli  1899)  und  Compagnie  de  l'Ekela-Sangha  (Dekr.  v.  31.  März 
1899,  Journ.  off.  V.  6.  Juli  1899),  vereinigten  sich  mit  Genehmigung  der  franz.  Re- 
gierung im  Jahre  1903  zu  der  oben  genannten  Gesellschaft  (vgl.  Mouv.  Geogr.  191 1, 
S.  419;  Challaye  S.  176,  Anm.  4). 


—     '71     — 

5-  Soci^tö  de  la  Haute-Sangha^) i  305  000  ha 

6.  Societö  ribenga^) 1500000  ,, 

7.  Compagnie  Commerciale  et  coloniale   de  la  Kadöi- 
(Haute-)Sangha3) 650000  ,, 

8.  Compagnie    des    caoutchoucs    et     produits    de    la 

Lobay*) 3240000  ,, 

9.  Soci^tö  M'Poko^) 1650000  ,, 

10.  Compagnie  de  la  Sangha^) 530000  ,, 

11.  Soci6t6  des    produits  de   la   Sangha-Lipa-Ouesso ")  1800000  ,, 


17  705  QUO  ha 
oder    177  050  qkm^) 


Die  Dauer  der  Konzession  ist  auf  10  bzw.  20  Jahre  festgesetzt; 
darüber  \vird  weiter  unten  bei  Besprechung  der  Rechtsverhältnisse  noch 
eingehender  zu  sprechen  sein.  Die  Gesellschaft  selbst  hat  sich  satzungs- 
gemäß eine  Dauer  von  99  Jahren  gesetzt.     (Vgl.  unten  §  68.) 

Das  Aktienkapital  der  11  Gesellschaften,  das  vor  der  Vereinigung 
nach  der  folgenden  Übersicht  17  250  000  Franken  betragen  hatte,  ist 
bei  der  Vereinigung  auf  12  Mill.  Franken  herabgesetzt  worden,  wobei 
die  einzelnen  Gesellschaften,  die  in  der  zweiten  Rubrik  der  Übersicht 
enthaltenen  Aktienbeträge  für  ihr  ursprünghches  Aktienkapital  er- 
halten haben. 

(Tabelle  s.  S.   172.) 

Das  Aktienkapital  ist  in  120  000  Aktien  zu  100  Franken  eingeteilt. 
Nach  einer  Angabe  der  Comp.  Forestiere  in  ihrer  Denkschrift  vom  Jahre 
191 1,  S.  47,  soll  das  Aktienkapital  in  den  Händen  von  etwa  2000  kleinen 
Kapitalisten  sein.  Damit  steht  in  Widerspruch,  daß  im  Anschluß  an 
das  deutsch-französische  Abkommen  eine  französische  Finanzgruppe 
einen  Posten  von  5  Mill.  Aktien  übernommen  hat,  um  deutsches  Kapital 
dafür  zu  interessieren.  Die  Verhandlungen  darüber  sind  aber  ohne  Er- 
gebnis geblieben,  da  der  von  den  französischen  Interessenten  den  Ver- 
handlungen zugrunde  gelegte  Kurs  von  250  Franken  mit  Rücksicht  darauf, 
daß  die  Konzession  der  Gesellschaft  in  der  Hauptsache  schon  in  8  Jahren 


')  Dekret  v.    15.   April   1S99,   Journ.  off.   v.  6.    Juli   1899. 

^)  Dekret  v.   5.   April   1899,   Journ.  off.   v.   2.    Juli   1S99. 

^)   Dekret  v.   31.  März   1899,   Journ.  off.  v.  6.  Aug.   1S99. 

*)  Dekret  v.   15.  April  1899,   Journ.  off,  v.  6.   Juli   1899. 

*)  Dekret  v.   12.  Mai   1899,   Journ.  off.  v.  20.  Aur.   1899. 

•)  Dekret  v.  31.  März   1S99,   Journ.  off.  v.  6.  Aug.   1S99. 

")  Dekret  v.   13.  März   1S99   u.  18.  März  1905,    Journ.  off.  v.  27.  März  1905. 

')  Nach  anderen  Angaben  beträgt  das  ganze  Gebiet  über  190000  qkm. 


—      1/2      — 


Gesellschaft 

TT              TV            Anteil  am 
Ursprunguches 

Aktienkapital  i^^ti^^^^P-    ^^^ 
Comp.  Forest. 

Franken                Franken 

1.  Societe  coloniale  du  Baniemb6 

2.  Society  Bretonne  du  Congo 

3.  Compagnie  fran9aise  du  Congo 

4.  Societe  de  l'Ekela-Kadei-Sangha 

5.  Societe  de  la  Haute-Sangha 

6.  Societe  l'Ibenga 

7.  Compagnie   commerciale   et   coloniale    de    le 
Kadei-Sangha 

8.  Compagnie  des  caoutchoucs  et  produits  de  la 
Lobay     

I  200  000 

300  000 

3  000  000 

I  700  000 

1  500  000 

2  250  000 

1  000  000 

2  000  000 
2  000  000 

800  000 
I  500  000 

300  000 
275  000 

1  100  000 

2  200  000 
2  200  000 

300  000 

550  000 

2  200  000 
2  200  000 

10.  Compagnie  de  la  Sangha 

11.  Societe  des  produits  de  la  Sangha-Lipa-Ouesso 

275  000 
400  000 

Summe    .    . 

17  250  000 

12  000  000 

ablaufen  wird,  als  zu  hoch  betrachtet  worden  ist.  Die  Aktien  der  Comp. 
Forestiere,  die  schon  früher  im  Kulissenhandel  der  Pariser  Börse  gehandelt 
wurden,  sind  seit  dem  10.  Mai  1912  amtlich  zum  Handel  und  zur  Notiz 
zugelassen  worden.  Ihr  Kurs  stand  nach  dem  amthchen  Kursberichte 
der  Pariser  Börse  am  i.  Juni  1912  auf  284  Franken.^) 


^)  Am  gleichen  Tage  standen  folgende  Aktien  und  Genußscheine,  die  bisher 
im  freien  Handel  der  Börse  gehandelt  worden  sind,  nach  der  Cote  du  Syndicat  des 
Banquiers  de  Change  de  Paris  vom  i.   Juni  1912  auf  folgenden  Kursen: 

ausschließüch  der  Kurs  am 

I.  Rückzahlung  von  i.  Juni  1912 

Haute  Sanga  in  Liqu. 

Aktie  zu  100  Fr. 119,70  Fr.*)  100, —  Fr. 

Genußschein 10,50    „  74, —    ,, 

Lobay  in  Liqu. 

Aktie  zu  100  Fr 117,50    „  65,50    „ 

Genußschein 8, —    „  45, —    ,, 

Mpoko  in  Liqu. 

Aktie  zu  100  Fr 107, —     „  67,50    „ 

Genußschein 7, —    „  67, —    „ 

Der  Kurszettel  der  Annales  Coloniales  vom  11.  Mai  1912  enthält  außerdem 
für  folgende  Aktien  noch  Notizen:  ausschheßUch  der       Kurs  vom 

Ekela-Kadei- Sanga  I.Rückzahlung  von   11.  Mai  191 2 

Aktie 128,70  Fr.  78, —  Fr. 

Genußschein ii)50    „  41, —    „ 


—     '73     — 

Die  Gesellschaft  hat  in  ihrem  ersten  Geschäftsjahre  1910  nach  Ab- 
schreibungen in  Höhe  von  569  171  Franken  einen  Reingewinn  \<>n 
3  264  710  Franken  erzielt,  aus  dem  nacli  Zuweisung  von  489  706  Franken 
an  die  Rücklagekasse  und  Zalüung  von  544506  Franken  als  5  prozentige 
Verzinsung  des  Aktienkapitals^)  1338298  Franken  als  Dividende  2) 
von  rund  151,2  Franken  \erteilt  wird.  Dabei  ist  jedoch  zu  berücksichtigen, 
daß  das  Geschäftsjahr  1910  nicht  12  Monate,  sondern  14  Monate  beträgt. 
Das  Ergebnis  des  ersten  Geschäftsjahres  stellt  sich  daher  nicht  ganz  so 
günstig,  wie  nach  dem  obigen  Reingewinne  anzunehmen  ist.  Die  Gesell- 
schaft hat  in  ihrem  Geschäftsberichte  für  igio  zwar  angegeben,  daß  das 
Geschäftsjahr  mit  14  Monaten  berechnet  ist;  in  den  übrigen  Veröffent- 
lichungen der  Gesellschaft  ist  dies  aber  nicht  genügend  zum  Ausdruck 
gebracht  worden. 

Der  Gewinnanteil  des  Fiskus  am  Reingewinne  betrug  im  Jahre  1910 
267659  Franken.  Ob  dieser  Gewinnanteil  für  das  14  monatige  Geschäfts- 
jahr der  Gesellschaft  oder  das  12  monatige  fiskalische  Geschäftsjahr  be- 
rechnet ist,  ist  dem  Geschäftsberichte  nicht  zu  entnehmen.  Es  ist  aber  zu  ver- 
muten, daß  auch  diese  GewinnbeteiHgung  für  14  Monate  berechnet  ist. 
Die  Gesellschaft  ist  verpflichtet,  15%  des  Reingewinnes  an  den  Fiskus 
nicht  nur  während  der  Dauer  der  Konzession,  sondern  während  des  Be- 
stehens der  Gesellschaft  zu  bezahlen,  das,  wie  erwähnt,  satzungsgemäß 
mit  99  Jahren  vorgesehen  ist.  Die  feste  jährliche  Abgabe  an  den  Fiskus 
betrug  169  400  Franken.  In  der  Gewinn-  und  Verlustrechnung  ist  dieser 
Posten  nicht  besonders  aufgeführt.  Es  ist  aus  dem  Geschäftsberichte 
nicht  zu  ersehen,  ob  dieser  Posten  unter  Unkosten  verrechnet  worden  ist 


C.  C.  C.  Kadei-Sanga 

Aktie 113, —  Fr.  115.25  Fr. 

Genußschein**) .    .    .    .  20, —     ,, 

Ibenga-Aktie**) 40, —    ,, 

Genußschein**) 12, —    ,, 

*)  Auf  die  Aktien  und  Genußscheine  dieser  und  der  folgenden  Gesellschaften 
scheint  eine  erste  Liquidationsrate  in  den  angegebenen  Höhen  gezahlt  worden 
zu  sein,  so  daß  die  Papiere  nur  noch  n;iit  ihrem  Restwerte  notiert  werden. 

•*)  Auf  diese  Aktien  und  Genußscheine  scheint  noch  keine  Liquidationszahlung 
erfolgt  zu  sein. 

')  Nach  französischem  Aktienrechte  wird  zunächst  das  eingezahlte  Aktien- 
kapital aus  dem  Reingewinne  zu  einem  festen  Satze  verzinst.  Der  danach  verbleibende 
Rest  wird  erst  zu  den  satzungsmäßigen  Zwecken  und  zur  Dividendenzahlung  ver- 
wendet. 

*)  Die  4000  Aktien,  die  die  Ngoko-Sanga  für  die  Einlage  der  Konzession 
Sanga-Lipa-Wesso  erhalten  hat,  nehmen  nur  für  eine  Zeit  von  S  Tagen  an  der  Divi- 
dende teil. 


—     174    — 

oder  ob  er,  da  die  Vereinigung  amtlich  noch  nicht  genehmigt  war,  noch 
für  Rechnung  der  lo  früheren  Gesellschaften  an  den  Fiskus  abgeführt 
worden  ist.  Die  Gesellschaft  hat  eine  Kaution  von  210  000  Franken  ge- 
zahlt, einschließüch  der  Kaution  für  die  Konzession  Sanga-Lipa-Wesso. 
Von  dem  Konzessionsgebiete  der  Gesellschaft  hegen  etwa  ^j^  in 
Neu-Kamerun.  Für  die  finanzielle  Leistungsfähigkeit  Neu-Kameruns 
ist  es  von  Interesse,  mit  welchem  Bruchteile  der  Abgaben  in  Zukunft 
zu  rechnen  sein  wird.  Der  auf  Neu-Kamerun  entfallende  Anspruch  wird 
sich  bei  der  Vereinbarung  eines  Teilungsplanes  mit  der  französischen 
Regierung  und  der  Gesellschaft  nicht  auf  den  aus  dem  Größenverhältnisse 
sich  ergebenden  Anteil  zu  berechnen  haben,  sondern  es  wird  auf  das  Ver- 
hältnis der  Ertragfähigkeit  des  abgetretenen  Teiles  des  Konzessions- 
gebietes zu  dem  französisch  gebliebenen  Teile  ankommen.  Die  franzö- 
sische Enklave  zwischen  dem  Sanga-  und  dem  Ubangi- Vorsprunge  hegt 
ganz  in  dem  sumpfigen  Unterlaufgebiete  des  Ibenga  und  Motaba  und 
in  dem  gleichfalls  sumpfigen  Oberlaufgebiete  des  grünen  Likuala.  Es 
ist  hier  also  mit  einem  geringeren  natürhchen  Reichtume  an  Kautschuk 
und  mit  der  schwereren  Zugänglichkeit  dieses  Gebietes  zu  rechnen. 
Dazu  kommt,  daß  es  ganz  von  den  kriegerischen  und  zur  Arbeit  ungeeig- 
neten Bondscho  bewohnt  wird.  Es  fehlt  also  auch  an  Arbeitermaterial, 
Dieses  ganze  Gebiet  ist  daher  auch  bis  auf  einen  Streifen  am  Ubangi 
entlang  noch  ganz  unerforscht  und  die  Gesellschaft  hat  hier  nur  wenige 
Faktoreien.  Etwas  besser  hegen  zwar  die  Verhältnisse  nördhch  in  dem 
französisch  gebliebenen  Mpoko-Becken ;  aber  auch  hier  ist  nur  der  südhche 
Teil  einigermaßen  erschlossen,  während  das  Oberlauf  gebiet  des  Mpoko 
wirtschafthch  noch  wenig  leistungsfähig  ist.  Gegen  den  in  Neu-Kamerun 
hegenden  Teil  des  Konzessionsgebietes  stehen  diese  beiden  Gebiete  an 
natürlichem  Reichtume,  an  Ertragfähigkeit,  Beförderungswegen  und 
Arbeiterbeschaffung  weit  zurück.  Bei  Nola  und  Karnot,  zwischen  der 
früheren  Kameruner  Grenze  und  dem  Mambere- Sanga  ist  das  Zentrum 
der  wirtschafthchen  Tätigkeit  der  Cie.  Forestiere.  Hier  hegen  die  Kon- 
zessionsgebiete Haute-Sanga,  Ekel a-Kadei- Sanga  und  Lobaje,  aus  denen 
bisher  am  meisten  Kautschuk  ausgeführt  worden  ist  und  die  Gesell- 
schaften die  besten  Erträge  erzielt  haben,  i)  Dazu  ist  das  reiche  Lobaje- 
Becken,  das  bis  auf  das  rechte  untere  Ufer  ganz  deutsch  ist,  jetzt  in 
voller  Erschließung.  Fast  alle  Faktoreien  der  Cie.  Forestiere  hegen  auf 
deutschem  Gebiete.  Besonders  dicht  sind  sie  in  der  Ecke  zwischen  Mam- 
bere-Sanga  und  der  früheren  Kameruner  Grenze.     Von  den  8  in  plan- 


1)  Vgl.  dazu  auch  die  Bewertung  der  Aktien  der  einzelnen  Gesellschaften 
beim  Aktienumtausch  in  der  obigen  Übersicht. 


mäßigen  Abbau  genommenen  Kautschuk-Gebieten  (amönagements) 
der  Gesellschaft  liegen  nur  2,  nämlich  L<jbaje  I  und  üjbaje  II  auf  fran- 
zösischem Gebiete;  die  übrigen  auf  deutschem;  und  die  Flächen,  die 
die  Gesellschaft  weiter  in  planmäßige  Bearbeitung  nehmen  will  und  zur- 
zeit durch  Vürarl:)eiten  erschließen  läßt,  liegen  alle  in  Neu-Kamerun. 
Wenn  man  das  Rentabilitätsverhältnis  zwischen  dem  deutschen  und 
dem  französischen  Konzessionsgebiete  der  Cie.  Forestiere  zalilenmäüig 
erfassen  will,  so  gibt  die  Verteilung  der  Mindestkautschukmenge  von 
305  Tonnen,^)  die  die  Cie.  Forestiere  jährlich  auszuführen  hat,  auf  die 
einzelnen  Gesellschaften  dafür  einen  Anhaltspunkt. 


Gesellschaft 


Geforderte  Davon  entfallun  auf 

Mindest-  deutsches     [  französisches 

ausfuhr  Gebiet 

t  t                I             t 


1.  Societe  coloniale  du  Baniembc    .    . 

2.  Society  Bretonne  du  Congo.    .    .    . 

3.  Compagnie  fran9aise  du  Congo  .    . 

4.  Soci6t^  de  rEkela-Kad6i-Sangha    . 

5.  Soci6t6  de  la  Haute-Sangha    .    .    . 

6.  Soci6t6  ribenga 

7.  Compagnie  commerciale  et  coloniale 

8.  Compagnie  des  caoutchoucs  et  pro- 
duits  de  la  Lobay      

9.  Soci6t6  M'Poko 

10.  Compagnie  de  la  Sangha      .... 

11.  Societe  des  produits  de  la  Sangha- 
Lipa-Ouesso 


2 
75 
75 

I 

5 
6s 


10 
45 


Von  den  305  Tonnen  Mindestausfuhr  müssen  also  238  Tonnen  aus 
deutschem  und  nur  67  Tonnen  aus  französischem  Gebiete  kommen; 
also  beinahe  80%  der  Gesamtausfuhr  aus  deutschem  Gebiete.  Diese 
Ziffer  ist  eher  zu  niedrig  als  zu  hoch.  Ein  Blick  auf  die  Betriebskarte, 
die  die  Gesellschaft  ihrer  Denkschrift  von  191 1  beigegeben  hat,  zeigt, 
daß  fast  das  ganze  Gebiet  ihrer  wirtschaftlichen  Tätigkeit  in  Neu-Kanierun 
liegt. 

Berechnet  man  nach  diesem  Satze  von  80%  den  deutschen  Anteil, 
so  ergibt  sich,  daß  von  der  festen  jährlichen  Abgabe  auf  Neu-Kamerun 
jährlich  etwa  135  000  Franken  entfallen  und  von  dem  jährlichen  Gewinn- 


*)  Die  Kautscherzeugung  betrug  tatsächlich  im  Jahre  1910  553  t,  im  Jahre 
1909  46S  t. 


—     176    — 

anteile  rund  184  000  Franken,  wenn  man  den  gesamten  Gewinnanteil 
des  Jahres  1910/11  von  267  659  Franken  als  auf  14  Monate  berechnet 
annimmt  und  ihn  daher  auf  12  Monate  zurücksetzt  und  von  dieser  Summe 
dann  den  deutschen  Anteil  von  80%  berechnet.^)  Bei  der  hier  angestellten 
Berechnung  kann  es  sich  natürhch  nur  um  eine  einseitige  Orientierung 
über  den  möglichen  Umfang  der  finanziellen  Ansprüche  Deutschlands 
handeln.  Der  tatsächliche  Verteilungsmaßstab  kann  nur  durch  Verein- 
barung mit  der  französischen  Regierung  festgesetzt  werden.^) 

Die  Cie.  Forestiere  hat  im  Anschluß  an  das  November  -  Abkommen 
zwei  Denkschriften  veröffentlicht,  eine  im  November  1911  (138  S.), 
die  andere  im  Januar  1912  (iii  S.),  auf  die  wiederholt  Bezug  genommen 
worden  ist.  In  der  ersten  will  die  Gesellschaft  über  die  Vorgänge  bei 
ihrer  Gründung,  über  ihre  bisherige  Arbeitsweise  und  Ergebnisse 
und  ihren  Arbeitsplan  für  die  Zukunft  unterrichten;  in  der  zweiten 
gibt  sie  noch  einmal  eine  gesonderte,  ausführliche  Darstellung  ihrer 
Arbeitsmethoden  bei  der  Kautschukgewinnung  und  der  über  die  beste 
Art  der  Kautschukgewinnung  angestellten  Versuche.  Die  beiden  Denk- 
schriften geben  ein  reichhaltiges,  für  die  wirtschaftlichen  Verhältnisse 
in  Neu-Kamerun  lehrreiches  Material.  Bei  seiner  Bewertung  ist  aber  in 
Betracht  zu  ziehen,  daß  die  Gesellschaft  die  erste  Denkschrift  als  Ver- 
teidigungsschrift gegen  die  gegen  sie  erhobenen  Vorwürfe  veröffentHcht 
hat  und  daß  bei  beiden  Denkschriften  wegen  ihrer  einseitigen,  inter- 
essierten Stellung  die  Objektivität  nicht  überall  verbürgt  ist.^) 

Unter  diesem  Vorbehalte  soll  hier  eine  Übersicht*)  wiedergegeben 
werden,  die  die  Gesellschaft  über  die  bisherigen  Leistungen  der  in  ihr 
vereinigten  10  Gesellschaften  an  den  Fiskus  von  Französisch-Äquatorial- 
Afrika  veröffenthcht  hat. 

(Tabelle  s.  S.  177.) 

Der  bisherige  wirtschaftliche  Erfolg  der  einzelnen  Gesellschaften,  aus 
denen  die  Cie.  Forestiere  hervorgegangen  ist,  ist  sehr  verschieden.  Ein  Teil 
schloß  regelmäßig  mit  Fehlbeträgen  ab ;  ein  anderer  Teil  dagegen  erzielte  hohe 
Gewinne  und  konnte  große  Dividenden  verteilen.  Diese  guten  finanziellen 


1)  Wäre  aber  entgegen  der  obigen  Annahme  die  Gesamtsumme  von  267659  Fr., 
schon  für  das  zwölfmonatige  fiskalische  Jahr  berechnet,  so  ergäbe  sich  ein  deutscher 
Anteil  von  rund  210000  Franken. 

2)  Vgl  dazu  die  ZusammenstelUung  M6tins  auf  S.  1751  Documentes  Parle- 
mentaires  Chambre  191 1. 

^)  Vgl.  dazu  Bulletin  Suisse  du  Congo  1912,  Februar-März  Heft  S.  7. 

*)  Diese  Übersicht  gilt  nur  für  die  10  Gesellschaften,  die  sich  zur  Cie.  Forestiere 
verschmolzen  haben.  Die  Angaben  der  Ngoko-Sanga  für  die  Konzession  Sanga- 
Lipa-Wesso  sind  also  nicht  mitgerechnet  worden. 


feste,  jahrl. 
Abgabe 

Gewinn- 
anteil 

ZöUe 

Steuern 

Jahre 

Hinfuhr 

Ausfuhr 

Summe 

Franken 

Frankt-n 

Franken 

Franken 

Franki-n 

I->anken 

iSyg — iy<)<j 

82  JUO 

128  825 

45  KJO 

3  175 

259  308 

1901 

82  200 

123  836 

43  006 

3  if>5 

252  206 

1902 

82  200 

102  815 

7(^534 

3  104 

2O4  734 

1903 

82  200 

18  861 

103  787 

134  134 

3  212 

342  195 

1904 

82  200 

76029 

117  781 

194698 

3218 

473  927 

1905 

121  550 

184  104 

157692 

251  638 

3307 

718  292 

1906 

121  550 

»74  956 

206  820 

259  671 

5550 

767  547 

1907 

121  550 

151  340 

345  536 

6531 

624  957 

1908 

121  550 

13  600 

55237 

447  433 

7203 

645  024 

1909 

121  550 

302  208 

23869 

480  241 

1  14  404 

942  273 

1910 

169  400 

267  659 

45729 

487  789 

i  18579 

989  158 

Gesamtbetrag 

I  1S8  150 

I  036  421 

I  217  735 

2  7(^5  789 

;  71  53« 

1  6279625 

Ergebnisse  waren  aber  teilweise  nur  infolge  der  Gewalt-  und  Zwangsfx)litik 
gegen  die  Eingeborenen  und  der  unwirtschaftlichen  Ausbeutung  der 
Kautschukbestände  möglich  gewesen,  gegen  welche  französische  Kolonial- 
politiker schon  lange  ihre  Stimme  erhoben  haben.  Die  einzelnen  Vor- 
kommnisse, auf  welche  diese  Verurteilung  sich  stützt,  sind  durch  unab- 
hängige Sonderkommissare  und  durch  gerichtliche  Urteile  einwandfrei 
festgestellt  worden.  Dieses  Kapitel  gehört  aber  der  Vergangenheit  an. 
Es  soll  hier  nicht  näher  darauf  eingegangen  und  nur  darauf  verwiesen 
werden,  was  der  Berichterstatter  der  französischen  Deputiertenkammer 
in  seinem  Berichte  vom  Jahre  1911,  2.  Teil,  ferner,  was  Challaye  (der 
Präsident  der  französischen  Congo-Liga)  auf  S.  185  ff.  seines  Buches 
und  in  La  Revue  de  Paris  1912,  S.  441  ff.,  und  was  Christ- Sozin  (der 
Präsident  der  Schweizer  Congo-Liga)  in  seinem  Aufsatze  der  Zeitschrift 
„Aar"  (Sonderabdruck  aus  dem  Jahre  1911/12)  darüber  schreibt.  Ebenso 
sollen  die  Einzelheiten  der  finanziellen  ,, Gründung"  nicht  näher  erörtert 
werden,  die  die  Vereinigung  der  Gesellschaften  zu  einer  einzigen  begleitet 
haben.  Es  soll  auch  hier  nur  auf  die  Kritik  \-erwiesen  werden,  die  der 
Berichterstatter  der  französischen  Deputiertenkammer  in  seinem  Bericlite 
im  Jahre  191 1  und  andere  daran  geübt  haben. 

Nach  dem  finanziellen  Ergebnisse  des  Jahres  191 0  und  dem  Arbeits- 
plane, mit  dem  die  Comp.  Forestiere  ihre  Tätigkeit  begonnen  hat,  kann 
gesagt  werden,  daß  die  Gesellschaft  heute  von  allen  in  Neu- Kamerun 
tätigen  Konzessionsgesellschaften  wirtschaftlich  am  meisten  tätig  und 
am  besten  organisiert  ist.  Auf  Grund  eines  weit  ausschauenden  Arbeits- 
planes sollen  die  Kautschukbestände  in  eine  planmäßige,  die  Ertragfähig- 
keit dauernd  erhaltende  Verwertung  genommen  werden.     Die   Gesell- 

Veröffenll.  d.   Rcichskolonialamtes  Nr.  4  :   Ritter.  '* 


-     178    - 

Schaft  rechnet  damit,  in  den  ersten  lo  Jahren  von  1910  ab  ein  Gebiet 
von  300000  ha  (3000  qkm)  in  dieser  Weise  planmäßig  erschließen  und 
in  Verwertung  nehmen  zu  können,  so  daß  sie  für  die  zweiten  10  Jahre 
das  Recht  der  alleinigen  Kautschukverwertung  noch  auf  ein  Gebiet 
von  3  Mill.  ha  (30  000  qkm)  erhielte.^)  Die  300  000  ha  sollen  in  30  Par- 
zellen zu  je  10  000  ha  erschlossen  werden.  Die  Gesellschaft  erwartet  von 
diesem  Gebiete  einen  jährlichen  Mmdestertrag  von  1500  Tonnen  Kaut- 
schuk, dazu  ist  ein  Arbeiterbestand  von  höchstens  5000  eingeborenen 
Arbeitern  vorgesehen.  In  den  zweiten  10  Jahren  erwartet  die  Gesell- 
schaft, dieses  Jahresergebnis  noch  wenigstens  zu  verdoppeln. 

Über  die  beste  Art  der  Kautschukgewinnung  und  -bearbeitung  sollen 
eingehende  praktische  Versuche  angestellt  werden.  Als  Ergebnis  der 
bisherigen  Versuche  kann  die  Gesellschaft  jetzt  schon  den  Erfolg  ver- 
zeichnen, daß  ihr  Erzeugnis  an  Güte  erhebüch  verbessert  worden  ist 
und  heute  den  besten  Marktpreis  unter  den  aus  Afrika  stammenden 
Kautschuken  erzielt.  Der  Marktpreis  steht  mit  dem  des  Parakautschuks 
auf  gleicher  Höhe. 2)  Die  Gesellschaft  will  sich  durch  Errichtung  von 
Schulen  und  durch  Bekämpfung  der  Krankheiten  an  der  Hebung  der 
eingeborenen  Bevölkerung  beteihgen,  was  natürlich  ihr  selbst  am  meisten 
zugute  kommt.  Sie  will  das  Land  durch  die  Anlage  eines  dichten  Ver- 
kehrsnetzes von  guten  Trägerpfaden  und  von  größeren  Verbindungs- 
straßen erschheßen. 

Alle  diese  Pläne  sind  aber  vorläufig  nicht  viel  mehr  als  ein  Programm 
und  zwar,  wie  daraus  hervorgeht,  daß  die  Gesellschaft  im  Verlauf  von 
3  Monaten  2  ausführliche  Denkschriften  veröff enthebt  hat,  ein  Programm, 
das  für  die  Öffenthchkeit  bestimmt  ist.  Es  bleibt  daher  abzuwarten,, 
wieviel  davon  die  Gesellschaft  in  die  Tat  umsetzen  wird. 

Die  Gesellschaft  hat  heute  Faktoreien  (von  Norden  nach  Süden) 
in  Abba  (i)3),  Karnot  (3),  Kumbe  (2),  Bula  (i),  Mboko  (i),  Bambio  (i), 
Lamba  (Grima)  (i),  Ngoto  (i),  Bollemba  (i),  Baiki  (i),  Buschia  (i), 
Ngundi  (i),  Kamba-Oro,  Toro  (i),  Tongo  (i),  Berberati  (4),  Tapuru  (2), 
Bania  (2),  Doago  (i),  Nguku  (i),  Kapomu,  Nola  (6),  Kentzu,  Molaje, 
Bajanga  (i),  Bukongo  (i),  Mauvey  (2),  Bandscha  (i),  Bakobo  (Bidjukis), 
Ngombako  (i)  (Koapulis),  Salo,  Dalo  (i),  Kagasenke  (i),  Ikelemba  (2), 
Ebembe.  Dazu  kommen  noch  die  oben  schon  erwähnten  Forstflächen 
Toro,  Tongo,  Banja,  Doago,  und  Koapulis.    Die  Faktorei  Pikunda  und 


^)  Das   ganze    Konzessionsgebiet   hat    jetzt   einen   Flächeninhalt   von   etwa 
178000  qkm;  nach  anderen  Angaben  beträgt  es  über  190000  qkm. 

2)  Vgl.  oben  §  23. 

3)  Vgl.  S.   162.1) 


—     179    — 

Bussinde  am  oberen  Sanga  und  die  Faktorei  Yaka  im  Ubangi- Vorsprunge 
liegen  auf  konzessionsfreiem  Gebiete. 


C.    Societc    Commerciale    Industrielle    et    Agricole    du    Haut-  §  57- 

Ogooue.') 

Die  Konzession  der  Gesellschaft  rührt  von  einer  Konzession  her,  die 
im  Jahre  1893  an  die  Firma  Daumas  u.  Co.  unter  Bedingungen  erteilt 
worden  ist,  die  für  den  französischen  Staat  sehr  ungünstig  waren.-) 
Als  dies  im  Jahre  i8g6  der  Öffentlichkeit  und  dem  Parlamente  bekannt 
wurde,  erhob  sich  dagegen  Einspruch  und  die  französische  Regierung 
wurde  veranlaßt,  die  1803  erteilte  Konzession  zurückzuziehen,  da  sie 
wegen  Formmangels  ungültig  sei.  Auf  \'erwaltungsklage  billigte  jedoch 
der  Conseil  d'Etat  dem  Konzessionär  eine  erhebUche  Entschädigung  zu. 
Um  die  Auszahlung  dieser  Entschädigung  zu  vermeiden,  wurde  der  oben 
genannten  Gesellschaft  die  1893  erteilte  Konzession  unter  veränderten 
Bedingungen  durch  Dekret  vom  31.  Juli  1897  bestätigt.  Dieses  Dekret 
ist  durch  Dekret  vom  25.  Mai  1899  (Joum.  off.  v.  3.  Sept.  1899)  abge- 
ändert worden. 

Das  Konzessionsgebiet  der  GeseDschaft  wird  begrenzt: 

im  Westen  von  dem  Längengrade,  der  durch  die  äußerste  strom- 
abwärts gelegene  Spitze  der  Insel  Alembe  (auch  Okenge  genannt),  die 
im  Ogowe-Fluß  in  der  Stromschnelle  von  Kondo-Kondo  hegt,  geht; 

im  Norden  von  einer  geraden  Linie,  die  von  dem  Schnittpunkte 
dieses  Längengrades  mit  dem  Breitengrade  0°  50'  nördlicher  Breite 
zu  dem  Schnittpunkte  des  Längengrades  11°  30'  östlich  von  Paris  (13°  50' 
von  Greenwich)  mit  dem  nördhchen  Breitengrade  i''3o'  gezogen  wird; 

im  Osten  von  dem  Längengrade  11^30'  östlich  von  Paris; 

im  Süden:  von  einer  geraden  Linie,  die  von  dem  Schnittpunkte 
dieses  Längengrades  mit  dem  südlichen  Breitengrade  2°  30'  nach  dem 
Schnittpunkte  des  Meridians,  der  durch  die  äußerste  talabwärts  gelegene 
Spitze  der  Insel  Alembe  geht,  mit  dem  südlichen  Breitengrade  i°i8' 
gezogen  wird.^) 

Dabei  soll  jedoch,  wenn  der  durch  die  obigen  Linien  festgelegte 
Umfang  des  Konzessionsgebietes  mit  seiner  Südwestspitze  den  Lauf 
des  Ngunie  schneidet,  der  Teil  der  Grenze,  der  auf  dem  linken  Ufer  des 
Ngunie  hegen  würde,  ersetzt  werden  durch  den  Lauf  dieses  Flusses  von 


^)  Gesellschaftssitz:  Paris,  43  Rue  de  Lafitte. 

*)  Vgl.  Challaye  S.   lOgil.  und  die  dort  zitierte  Literatur. 

')  Vgl.  Karte  Nr.  2. 

12* 


—     i8o     — 

dem  einen  bis  zum  anderen  Schnittpunkte  derart,  daß  in  das  Konzessions- 
gebiet kein  Teil  des  linken  Ufers  des  Ngunie  einbegriffen  ist. 

Wie  sich  aus  der  Eintragung  dieser  Grenzen  in  die  neueste  amthche 
französische  Karte  von  Delingette  im  Maßstabe  von  1:1000000  ergibt, 
ragt  das  Konzessionsgebiet  mit  einem  schmalen  Streifen  nach  Neu- 
Kamerun  hinein.  Der  Flächeninhalt  des  ganzen  Konzessionsgebietes 
beträgt  ungefähr  88000  qkm. 

Die  Gesellschaft^)  hat  in  diesem  Gebiete  die  freie  und  volle  Nutz- 
nießung aller  Ländereien,  die  zum  privaten  Staatseigentume  gehören 
und  zwar  für  30  Jahre ;  außerdem  die  ausschließliche  und  freie  Verfügung 
über  alle  im  Becken  des  oberen  Ogowe  vorhandenen  öffentlichen  Ein- 
richtungen. Die  Gesellschaft  hat  außerdem  das  volle  Eigentum  an  einem 
Gebiete  von  3 — 4000  qkm  erhalten  und  eine  Ermäßigung  von  50% 
auf  die  Ausfuhrzölle  der  Erzeugnisse,  die  aus  ihrem  Gebiete  kommen; 
Abgaben  an  den  Fiskus  hat  sie  nicht  zu  bezahlen. 

Das  Aktienkapital  der  Gesellschaft  beträgt  4  Mill.  Franken,  eingeteilt 
in  zwei  Klassen  von  2000  und  6000  Stück  Aktien  zu  500  Franken.  Die 
Gesellschaft  hat  außerdem  2000  Genußscheine  ausgegeben.  Sie  hat  im 
Jahre  1910  nach  Abschreibungen  im  Betrage  von  274  054  Franken  einen 
Reingewinn  von  345  762  Franken  erzielt,  aus  dem  ein  Zins  von  5% 
auf  das  eingezahlte  Aktienkapital  und  eine  Dividende  von  15  Franken  auf 
jede  Aktie  bezahlt  worden  ist.  Die  Genußscheine  haben  einen  Anteil 
von  20  Franken  erhalten.  Die  Aktien  der  ersten  Klasse  standen  im  Juni 
1912  auf  einem  Kurse  von  etwa  648  Franken,  die  der  zweiten  auf  661 
Franken,^)  die  Genußscheine  stehen  etwa  auf  230  Franken.^)  Faktoreien 
hat  die  Gesellschaft,  soweit  bekannt,  in  Neu-Kamerun  nicht. 

§  58.  D.     Societe  des  Messageries  Fluviales  du  Congo.*) 

Die  Gesellschaft  ist  zwar  keine  Konzessionsgesellschaft,  sie  steht 
aber  infolge  vertraglicher  Abmachungengen  mit  einem  Teil  der  für  Neu- 
Kamerun  in  Betracht  kommenden  Konzessions- Gesellschaften  in  enger 
Verbindung.  Auf  ihre  Verfassung  und  ihre  Rechtsverhältnisse  muß  daher 
hier  eingegangen  werden. 

Den  Konzessionsgesellschaften  von  1899  oblag  gemäß  Art.  11 — 18 
des  Lastenheftes  die  Verpfhchtung,  auf  den  schiffbaren  Flüssen  ihres 


^)  Der  Wortlaut  des  Dekretes  von  1 897  ist  bei  der  Drucklegung  noch  nicht 
zugänglich  gewesen.  Die  obigen  Angaben  sind  dem  Abänderungsdekrete  von  1899 
entnommen. 

2)  Bulletin  de  la  Cote  de  la  Compagnie  des  Agents  de  Change  de  Paris. 

^)  Kurszettel  der  Annales  Coloniales  v.   11.  Mai  1912. 

*)  GeseUschaftssitz:  Paris,  64,  Rue  de  la  la  victoire. 


—     i8i     — 

Konzessionsgebietes  einen  regelmäßigen  Schiffahrtsdienst  zu  unter- 
halten und  ihr  Schiffsmaterial  für  die  Rcgierungstransporte  zu  iK'stiinmten 
Sätzen  zur  Verfügung  zu  stellen.  Diese  Verpflichtung  haben  \on  den 
heute  zur  Cie.  Forestiere  gehörenden  Gesellschaften*)  die  Gesellschaft 
Lobaje,  die  Gesellschaften  Ekda-Sanga,  Kadei-Sanga,  die  sich  beide 
zur  Gesellschaft  Ekela-Kadei-Sanga  vereinigt  haben,  die  Cie.  Fran^aise 
du  Congo  (Erlaß  v.  15.  Januar  1901 ;  Joum.  off.  1901,  S.  864);  die 
Gesellschaft  Ibenga  (Erlaß  vom  24.  Juni  1901 ;  Joum.  off.  1901,  S.  3932); 
die  Gesellschaft  Haut-Sanga  (Erlaß  vom  17.  Sept.  1901;  Joum.  off.  1901, 
S.  6028)  vertraglich-)  auf  die  Mess.  Fluv.  übertragen.  Die  diese  Über- 
tragung genehmigenden  Erlasse  sind  in  Klammern  angeführt.  Außerdem 
hat,  soweit  bisher  bekannt,  die  Ngoko-Sanga  bezüglich  ihrer  Konzession 
Ngoko-W'esso  und  Sanga-Lipa-Wesso  mit  der  Mess.  Fluv.  Verträge 
abgeschlossen. 

Für  alle  diese  Konzessionen  mit  Ausnahme  der  Konzession  Ngoko- 
Wesso  ist  durch  die  Dekrete  von  1910/11  die  Schiffahrtsverpflichtung 
aufgehoben  worden  (vgl.  unten  §  67).  Die  rechtlichen  Beziehungen  zwi- 
schen der  Mess.  Fluv.  und  diesen  Konzessionen  sind  daher  jetzt  eine 
rein  innere  Angelegenheit  zwischen  der  Mess.  Fluv.  und  den  Inhabem 
dieser  Konzessionen.  Hier  kommt  nur  noch  das  Verhältnis  der  Mess. 
Fluv.  zur  Ngoko-Sanga  in  Betracht,  die  für  die  Konzession  Ngoko-Wesso 
einen  großen  und  einen  kleinen  Dampfer  unterhalten  muß.  Bei  der 
Frage,  wie  Deutschland  durch  das  November- Abkommen  zu  dieser 
Schiffahrtsverpflichtung  und  zu  ihrer  Übertragung  auf  die  Mess.  Fluv. 
steht,  sind  drei  verschiedene  Rechtsakte  zu  unterscheiden: 

1.  Der  rein  privatrechthche  Übemahmevertrag  zwischen  der  Kon- 
zessions-  und  Schiffahrtsgesellschaft  (s.  Anhang  IV,  Ziff.  2).  Durch 
diesen  Vertrag  sind  zur  französischen  Regierung  keine  Rechtsbeziehungen 
entstanden;  er  kommt  daher  auch  für  die  deutsche  Regierung  nicht  in 
Betracht. 

2.  Der  Vertrag,  mit  dem  Generalgouvemement  von  Französisch- 
Äquatorial- Afrika,  durch  den  die  Mess.  Fluv.  sich  dem  Gouvernement 
gegenüber  verpflichtet,  einen  regelmäßigen  öffenthchen  Schiffahrtsverkehr 


')  Es  sind  im  folgenden  nur  die  für  Ncu-Kamerun  interessierenden  Gesell- 
schaften angeführt.  Über  die  außerhalb  Ncu-Kamerun  liegenden  Gesellschaften, 
die  mit  der  Mess.   Fluv.  Verträge  abgeschlossen  haben,  siehe: 

Erlaß  vom  29.  Okt.  1906;  Journ.  off.  1906,  S.  7392. 
Erlaß  vom   15.  Okt.   1900,   Journ.  off.   1900,  S.  7603. 
Erlaß  vom   15.   Januar  1901,   Journ.  off.   1901,  S.  S64. 
Erlaß  vom   i.   Juni   1907,   Joum.  off.   1907,  S.  3908. 
^)  Einer  dieser  Verträge  ist  in  Anhang   IV  unter  Ziffer   2  abpcdruckL 


—      l82      — 

auf  den  oben  (§  28)  angegebenen  Linien  zu  unterhalten,  und  die  Regie- 
rungstransporte zu  bestimmten  Sätzen  zu  befördern  (vgl.  Anhang  IV, 
Ziff.  i).  In  diesem  Vertrage  ist  zwar  einige  Male  von  der  Mess.  Fluv. 
als  ,,concessionnaire"  die  Rede.  Es  kommt  aber  nicht  auf  den  Namen, 
sondern  auf  die  Sache  an.  Zur  Unterhaltung  eines  öffentlichen  Schiff- 
fahrtsdienstes im  Kongo- Systeme  ist  keine  Konzession  notwendig,  da 
nach  der  Berliner  Generalakte  die  Scliiffahrt  dort  vollständig  frei  ist. 
Es  kann  also  jeder  Beliebige  ohne  Konzession  einen  öffentlichen  Schiff- 
fahrtsdienst einrichten.  Die  Verpflichtung,  einen  solchen  Schiffahrts- 
dienst zu  unterhalten  oder  die  Regierungstransporte  zu  bestimmten 
Sätzen  zu  befördern,  kann  aber  nicht  als  Konzession  bezeichnet  werden. 
Daher  sind  durch  diesen  Vertrag  im  Zusammenhalte  mit  Art.  5  des 
November-Abkommens  keine  rechtlichen  Beziehungen  zwischen  Deutsch- 
land und  der  Mess.  Fluv.  entstanden,  auch  wenn  man,  was  wohl  nicht 
zutreffen  würde,  annehmen  wollte,  daß  Art.  5  des  November-Abkommens 
auch  noch  andere  als  reine  Landkonzessionen  im  Auge  hat. 

3.  Die  unter  Ziffer  i  genannten  Übernahmeverträge  sind  durch 
die  angeführten  Ministerialerlasse  genehmigt  worden.  Dem  ersten  dieser 
Erlasse  ist  ein  Lastenheft  für  die  Mess,  Fluv,  angefügt  (s,  Journ.  off.  igoi, 
S.  864).  Durch  diese  Erlasse  hat  die  Gesellschaft  aber  auch  nicht  die 
Eigenschaft  einer  Konzessionsgesellschaft  erhalten.  Die  Gesellschaft 
hat  nur  Verpflichtungen  übernommen;  aber  keine  Rechte  erhalten,  die 
einer  Konzession  bedürften.  Die  Mess.  Fluv.  ist  auch  nirgends  in  dem 
Erlasse  als  Konzessionsgesellschaft  bezeichnet.  Der  Ministerialerlaß  ist 
keine  Konzessionsurkunde  im  Sinne  des  Art.  5  des  November-Ab- 
kommens. 

Aus  dem  Gesagten  geht  also  herv^or,  daß  zwischen  Deutschland 
und  der  Mess.  Fluv.  durch  das  November-Abkommen  keinerlei  recht- 
lichen Beziehungen  entstehen  können. 

Es  wird  den  in  Art.  5  des  Novem^ber-Abkommens  vorgesehenen 
weiteren  Vereinbarungen  vorbehalten  sein,  die  zukünftige,  rechtliche 
Lage  dieser  Schiffahrtsverpflichtungen  zu  bestimmen.  Dabei  wird  zu 
berücksichtigen  sein,  daß  nach  Art.  i  Abs.  3  des  Ministerial-Erlasses 
vom  15,  Januar  1901  (Journ,  off.  1901,  S.  864)  und  Art.  2  Abs.  3  des  ihm 
angefügten  Lastenheftes  die  Konzessionsgesellschaften  nur  während 
der  ersten  zwei  Jahre  nach  der  Übernahme  des  Schiffahrtsdienstes  durch 
die  Mess.  Fluv.  mit  dieser  sohdarisch  für  die  Ausführung  des  Schiff- 
fahrtsdienstes haften. 

Die  Mess.  Fluv.  hat  nach  dem  genannten  Lastenhefte  die  Ver- 
pfüchtung  (gegenüber  der  französischen  Regierung),  4  große  und  2  kleine 
Dampfer  auf  den  genannten  Linien  zu  unterhalten  und  die  übrigen  in  den 


—     i83     — 

Lastenheften  der  Konzessionsdekrete  (s.  unten  Anhang  II,  Ziff.  2)  an- 
geführten Schiffahrtsdienste  zu  leisten.  Zur  Gewährleistung  dieser 
Verpflichtung  hat  sie  eine  Kaution  von  20  000  Franken  hinterlegt. 

Die  Mess.  Fluv.  hat  im  Jahre  1903  ihr  Aktienkapital  von  4  Mill. 
Franken  durch  Zurückzalilung  von  i  Mill.  Aktien  auf  3  Mill.  Franken 
und  später  durch  eine  neue  Herabsetzung  auf  i  600  000  Franken  ermäßigt ; 
im  Jahre  1907  aber  wieder  auf  3  Mill.  Franken  erhöht,  eingeteilt  in 
15  000  Aktien  zu  200  Franken.  Die  Gesellschaft  hat  4000  Genußscheine 
ausgegeben.  Ihr  Reingewinn  betrug  im  Jahre  1910  525  030  Franken. 
Davon  wurden  150  000  Franken  als  5  proz.  Zins  auf  das  Aktienkapital, 
110  000  Franken  als  Dividende  auf  die  Aktien  und  iioooo  Franken  als 
Gewinnanteil  auf  die  Genußscheine  verteilt,  so  daß  auf  eine  Aktie  zu- 
sammen 17,33,  auf  einen  Genußschein  27,50  Franken  entfielen.  Die 
Gesellschaft  hatte  beabsichtigt,  im  Jahre  1911  die  erste  Hälfte  und  im 
Jahre  1913  die  zweite  Hälfte  ihres  ganzen  Aktienkapitals  an  die  Aktionäre 
zurückzuzahlen;  dieser  Plan  ist  aber  infolge  der  Gründung  der  Cie. 
Forestiere  aufgegeben  worden,  um  für  eine  etwa  eintretende  Verkehrs- 
steigerung flüssige  Mittel  zur  Vermehrung  des  Schiffsmaterials  an  der 
Hand  zu  haben.  Die  Aktien  der  Gesellschaft  wurden  nach  C6te  du  Sjti- 
dicat  des  Banquiers  de  Change  de  Paris  vom  31.  Mai  1912  zuletzt  mit 
275  Franken,  die  Genußscheine  mit  380  Franken,  Yö  Genußscheine  mit 
60,50  Franken  notiert. 


E.     Die  Konzessionsdekrete. 

Wie  schon  erwähnt,   beruhten  die  Konzessionen  aller  Gesellschaften  §  59. 
mit  .Ausnahme  der  Haut-Ogowe-Konzession  ursprünglich  auf  dem  Xor- 
maldekrete  von  1S99.     ^^^  dieser  Einheitliclikeit  sind  inzwischen  drei 
Gruppen  entstanden,    von  welchen  für  Neu-Kamerun  zwei  in  Betraclat 
kommen : 

1.  die  Gesellschaften,  für  welche  das  Gninddekret  von  1899  noch  gilt, 

2.  die  Cie.  Forestiere.^) 

Die  für  diese  Konzessionsgesellschaften  in  Betracht  kommenden 
Dekrete  sind  im  Anhange  II  und  III  abgedruckt.  Die  folgende  Be- 
sprechung der  Dekrete  braucht  daher  nicht  auf  Einzelheiten  der  Be- 

'j  Die  dritte  Gruppe  wird  von  4  außerhalb  Ncu-Kamcruns  gelegenen  Gesell- 
schaften gebildet,  deren  Rechte  vor  einigen  Jahren  durch  Vereinbarung  mit  der 
franzu.sischen  Regierung  auf  einer  ähnlichen  Grundlage  abgeändert  worden  sind, 
wie  die  der  deutschen  Gesellschaft  Süd-Kamerun.  An  Stelle  der  Ausbeutungs- 
Konzessionen  für  ein  sehr  großes  Gebiet  trat  die  Eigentumsübertragung  für  kleine 
Teile  dieses  Gebietes. 


—     i84     — 

Stimmungen  einzugehen.  Es  sollen  vielmehr  nur  einzelne  Rechtsfragen, 
die  sich  nach  dem  bisher  geltenden  französischen  Rechte  ergeben  haben, 
behandelt  und  die  Stellung,  die  die  französische  Verwaltung  und  Recht- 
sprechung zu  einzelnen  Bestimmungen  bisher  genommen  haben,  dar- 
gestellt werden. 

I.     Das  Dekret  von  1899. 
§  60.  Die  Gesellschaftsverfassung. 

Die  Konzessionen  sind  ursprünglich  an  Privatpersonen  verliehen 
worden  mit  der  Bestimmung,  daß  sie  erst  endgültig  werden,  wenn  sie 
auf  Aktiengesellschaften  (Societe  anonyme),  die  nach  französischem 
Rechte  gegründet  sein  müssen,  übertragen  werden.  Die  Rechtsverhält- 
nisse der  Societe  anonyme  sind  im  Code  de  commerce  Art.  29  ff.  geregelt. 
Ihre  Stellung  im  Systeme  des  Gesellschaftsrechtes  und  im  Wirtschaftsleben 
ist  am  kürzesten  durch  den  Hinweis  gekennzeichnet,  daß  sie  in  diesen 
Beziehungen  der  deutschen  Aktiengesellschaft  und  der  englischen  Com- 
pany limited  by  shares  entspricht.  Auf  eine  Darstellung  dieser  Rechts- 
verhältnisse kann  daher  hier  verzichtet  werden.  Es  soll  hier  nur  auf 
einige  Änderungen  hingewiesen  werden,  die  das  Dekret  an  den  gesetzlichen 
Bestimmungen  des  code  de  commerce  über  die  Gesellschaftsverfassung 
vorgenommen  hat.  Diese  Änderungen  haben  den  gleichen  Zweck,  wie 
er  im  deutschen  Kolonialrechte  mit  der  Schaffung  der  besonderen  Form 
der  Kolonialgesellschaft  verfolgt  worden  ist,  nämüch  dem  Staate  ein 
gewisses  Aufsichtsrecht  über  die  Geschäftsführung  zu  geben  und  das 
Eindringen  ausländischen  Einflusses  in  die  Gesellschaften  in  den  er- 
wünschten Grenzen  zu  halten. 

Der  Vorstand  der  Gesellschaft  und  Dreiviertel  des  Verwaltungs- 
rates, darunter  der  Präsident  und  Vizepräsident,  müssen  französischer 
NationaHtät  sein.  Ebenso  vom  6.  Jahre  des  Bestehens  der  Gesellschaft  ab 
alle  ihre  weißen  Angestellten  in  den  Kolonien.  Die  Geschäftsführung 
der  Gesellschaft  unterliegt  einer  doppelten  staatHchen  Aufsicht,  nämlich 
der  Überwachung  der  Finanzmaßnahmen  am  GeseUschaftssitze,  also 
in  Paris,  und  der  Überwachung  der  Geschäftsführung  in  den  Kolonien, 
durch  einen  besonders  dazu  ermächtigten  Beamten. 

Das  Konzessionsgebiet. 

§  61.  Die  Rechte  der  Konzessionare  beziehen  sich  nur  auf  die  zum  privaten 

Staatseigentum  gehörenden  Ländereien,  ausgenommen  davon  sind  also 
vor  allem  die  Meeresufer  und  die  Wasserläufe.  Da  die  französische  Ver- 
waltung und  Rechtsprechung  auf  dem  Standpunkte  steht,  daß  die  Ein- 


-     i85     - 

geborenen  in  Französisch-Äquatorial-Afrika  Sonder-  oder  Kollektiv- 
eigentum am  Boden  nicht  kannten,  und  daß  der  Weiße  Eigentum  am 
Boden  nur  auf  Grund  eines  vom  französischen  Staate  herrührenden 
Rechtstitels  er^verben  konnte,  gehört  alles  Land,  für  das  solche  beson- 
deren Rechtstitel  nicht  Ijeigebracht  werden  können,  zum  privaten  Staats- 
eigentum. Auf  dieses  ganze  Gebiet  beziehen  sich  grundsätzHch  die  Rechte 
der  Konzessionäre;  ausgenommen  davon  sind  nur  die  Rechte,  die  Dritte 
bei  der  Verleihung  der  Konzession  schon  besessen  haben  und  die  im 
Dekrete  den  Eingeborenen  vorbehaltenen  Rechte,  vor  allem  die  Einge- 
borenen-Reservate.    (\'gl.  oben  §  48.) 


Die  Rechte  aus  den  Konzessionen. 

Die  Konzessionen  geben  ihren  Inhabern  ein  doppeltes  Recht,  i.  das  §  62. 
der  Niederlassung,  Nutznießung   (jouissance)    und  Verwertung    (exploi- 
tation)  und  2.  das  Recht,  unter  bestimmten  Voraussetzungen  Grund- 
eigentum zu  erwerben. 

I.  Das  Recht  der  Niederlassung  und  des  Aufenthaltes  ist  wie  das 
der  Freizügigkeit  kein  den  Untertanen  von  Natur  aus  zustehendes  Recht ; 
sie  haben  es  nur,  soweit  es  ihnen  verliehen  ist.  Dementsprechend  ist 
das  Recht,  sich  niederzulassen  (ä  s'etablir),  den  Konzessionaren  ausdrück- 
lich verliehen,  während  die  Instructions  Ministerielles  i)  vom  24.  Mai  1S99 
in  Abs.  4  des  §  6  den  Nichtkonzessionaren  dieses  Recht  versagen.  Das 
Niederlassungsrecht  der  Konzessionare  ist  damit  aber  nicht  zu  einem 
ausschließlichen  geworden.  Die  Inst.  Min.  sind  nur  eine  Dienstanweisung 
an  die  untergeordnete  Behörde,  die  von  der  erlassenden  Behörde  jederzeit 
abgeändert  werden  kann.  Die  Regierung  kann  daher  nach  Gutdünken 
auch  anderen  dieses  Niederlassungsrecht  gewähren. 

Das  ist  von  französischen  Gerichten  wiederholt  festgestellt  worden, 
zuletzt  in  dem  Urteile  des  Gerichtes  von  Bangi  vom  24.  November  1911.^) 
Die  deutsche  Regierung  ist  natürlich  ebensowenig  wie  bisher  die  fran- 
zösische an  die  Instructions  Ministerielles  gebunden  und  kann  innerhalb 
der  Konzessionsgebiete  Land  zur  Errichtung  von  Faktoreien  zur  \'er- 
fügung  stellen. 

Dagegen  ist  das  Recht  der  Nutznießung  und  der  Verwertung  seinem 
Wesen  nach  als  ausschließliches  zu  betrachten,  obwohl  dies  in  dem  Dekrete 
nirgends  gesagt  ist.  Diese  Eigenschaft  wird  auch  von  der  Rechtsprechung 
anerkannt,  z.  B.  im  Urteil  des  Tribunal  Ci\il  de  Libreville  vom  11.  Januar 


*)  Annuaire  coloniale  1910,  S.  S/öff. 

-)  Abgedruckt  im  Siiclc  vom  27.  März   191 2 


—     i86    — 

1902.^)  Jouissance  und  exploitation  sind  keine  Begriffe  der  französischen 
Rechtssprache.  Die  Übersetzung  von  jouissance  mit  Nießbrauch  deckt 
sich  nicht  mit  der  juristischen  Terminologie;  denn  dem  Rechtsbegriffe 
des  Nießbrauches  des  deutschen  Rechtes  entspricht  im  französischen 
Rechte  l'usufruit  und  l'usage.  Der  Inhalt  dieses  Rechtsbegriffes  ist 
daher  dem  Dekrete  und  dem  Lastenhefte  selbst  zu  entnehmen.  Nach 
Art.  I  Lastenheft  liegt  der  Zweck  der  Konzessionen  in  der  land-,  forst- 
wirtschaftlichen und  industriellen  Verwertung  (exploitation)  der  in  dem 
Konzessionsgebiete  Hegenden  Domanialländereien.  Der  Konzessionär 
hat  alle  Rechte,  die  sich  aus  diesem  Zwecke  ergeben;  er  ist  dabei  aber 
an  die  allgemeinen,  gesetzlichen  Vorschriften  gebunden.  So  darf  er 
also  z.  B.  die  forstwirtschaftliche  Verwertung  nur  im  Rahmen  des  Forst- 
dekretes vom  28.  März  1899  betreiben.  Das  den  Eingeborenen  in  Art.  23 
des  Forstdekretes  im  bisherigen  Umfange  garantierte  Nutzungsrecht 
an  den  zum  privaten  Staatseigentume  und  Privaten  gehörigen  Forsten 
geht  daher  dem  Nutzungsrechte  der  Konzessionare  vor.  Wieweit  das 
Nutzungsrecht  der  Konzessionare  durch  diese  Beschränkung  beeinträch- 
tigt wird,  hängt  von  dem  Umfange  des  Nutzungsrechtes  der  Eingeborenen 
ab.  Art.  23  des  Forstdekretes  gibt  als  Inhalt  dieses  Nutzungsrechtes 
das  Recht  der  marronage,  affouage,  päturage,  chasse  usw.  an. 2)  Der 
Inhalt  der  letzten  drei  Rechte  ergibt  sich  einfach  aus  der  Übersetzung: 
Brennholz,  Weide-  und  Jagdrecht.  Diese  Rechte  konkurrieren  nicht  mit 
den  Rechten  der  Konzessionare.  Dagegen  ist  eine  abstrakte,  rechthche 
Abgrenzung  der  Berechtigung  marronage  sehr  unsicher.  Der  Begriff 
marronage  ist  dem  Leibeigenenrechte  des  Mittelalters  entnommen  und 
bedeutet  in  diesem  die  Berechtigung  der  Leibeigenen,  in  den  herrschaft- 
lichen Forsten  für  ihre  eigenen  Bedürfnisse  zu  sammeln,  besonders  die 
Abfälle  der  herrschaftlichen  Forstnutzung.  Diese  Berechtigung  gab  ihnen 
aber  keinen  rechtlich  genau  umschriebenen  oder  geschützten  Anspruch; 
sie  hatte  ihre  Grenze  vielmehr  an  dem  eigenen  Bedürfnisse  der  Herrschaft 
und  konnte  von  ihr  nach  Gutdünken  beschränkt  oder  ganz  aufgehoben 
werden.  Überträgt  man  diesen  Begriff  auf  das  Verhältnis  zwischen  Ein- 
geborenen und  Forsteigentümern  im  französischen  Kongo,  so  ergibt 
sich,  daß  die  Eingeborenen  ein  Nutzungsrecht  an  den  zum  privaten 
Staatseigentume  gehörenden  Forsten  nur  haben,  soweit  der  Staat  als 
Privateigentümer  die  Forsterzeugnisse  nicht  für  sich  in  Anspruch  nimmt ; 


1)  Recueil  1902,  2.  Teil,  S.  56. 

'■')  Annuaire  coloniale  1910,  S.  552,  Art.  23:  Die  Eingeborenen  behalten  weiter 
in  den  zum  privaten  Staatseigentume  gehörenden  oder  Privaten  gehörigen  Forsten 
die  Nutzungsrechte  (Sammel-,  Brennholz-,  Weide-,  Jagdrecht  usw.),  die  sie  gegen- 
wärtig ausüben. 


-     iS;     - 

daß  sie  also  vor  allem  einen  Anspnich  auf  die  hochwertigen  natürlichen 
Erzeugnisse,  wie  Kautschuk,  Elfenbein,  Nutzhölzer  usw.,  nicht  haben, 
da  diese  der  Staat  durch  die  Konzessionen  für  sich,  bzw.  die  Konzessionare 
in  Anspruch  genommen  hat.  Es  wäre  daher  verfehlt,  wenn  man  dem 
Art.  23  des  Forstdekretes  eine  praktische  Bedeutung  für  die  Kr)nzessi<ms- 
rechte  l^eilegen  wollte,  und  es  ist  ganz  willkürlich,  wenn  Renard  auf 
S.  129  seines  Buches  die  Beispiele  des  Eingeborenennutzungsrechtes 
noch  erweitert  durch  das  Recht  auf  Gewinnung  von  Kautschuk  vmd 
Guttapercha.  Er  steht  damit  in  Widerspruch  mit  der  Literatur.  Wenn 
die  Eingeborenen  dieses  Recht  tatsächlich  hätten,  so  gäbe  es  im  französi- 
schen Kongo  keine  Eingeborenen  frage  und  keine  Frage  der  Handels- 
beschränkung. Im  übrigen  muß  Renard  auf  S.  130  selbst  zugeben, 
daß  das  Forstdekret  ein  Dekret  vom  grünen  Tische  ist  und  in  der  Ver- 
waltungspra.xis  bisher  nicht  angewendet  wurde.  Dementsprechend  ist 
der  Art.  23  auch  nirgends  in  der  Literatur  und  Rechtsprechung  über  die 
Konzessionsrechte  erwähnt. 

\'on  dem  Nutzungsrechte  der  Konzessionare  ist  femer  ausdrücklich 
die  bergbauliche  Verwertung  des  Konzessionsgebietes  ausgenommen. 
Diese  Ausnahme  gilt  aber  nur  für  die  Mineralien,  die  Gegenstand  von 
Bergwerkseigentum  sein  können.  Die  bergbaufreien  Mineralien  unter- 
liegen dem  Nutzungsrechte  der  Konzessionare,  so  z.  B.  der  Abbau  von 
Steinbrüchen  und  Tongruben,  wie  aus  Art.  5  Abs.  2  Lastenheft  Ifer- 
vorgeht. 

2.  Das  Eigentum  am  Boden  wird  dadurch  envorben,  daß  der  Kon- 
zessionär ihn  nutzbar  macht  (mettre  en  valeur).  Die  Merkmale  der 
Nutzbarmachung  sind  in  Art.  8  Lastenheft  genau  bestimmt. 

Liegen  diese  Merkmale  vor,  so  hat  der  Konzessionär  .\nspnich  auf 
das  Eigentum  der  entsprechenden  Ländereien,  wobei  die  Grenzen  tunlichst 
natürlichen  Grenzen  folgen  sollen.  Der  Konzessionär  kann  verlangen, 
daß  die  Nutzbarmachung  und  die  Grenzen  amtlich  auf  seine  Kosten  fest- 
gestellt werden.  Macht  er  von  diesem  Rechte  Gebrauch,  so  wird  für 
das  abgegrenzte  Grundstück  die  Eintragung  in  die  Grundstücksmatrikel, 
die  nach  dem  Grundstücksdekrete  vom  28.  März  1899^)  sonst  fakultativ 
ist,  nach  Art.  7  Ziff.  3  des  gen.  Dekretes  obligatorisch.  Ob  diese  Abgrenzung 
und  Eintragung  nur  feststellende  oder  rechtsbegründende  Wirkung  hat, 
kann  nach  dem  Wortlaute  des  Dekretes  und  Lastenheftes  zweifelhaft 
sein.  Da  das  Lastenheft  aber  wiederholt  von  einer  Zuteilung  der  Lände- 
reien an  den  Konzessionär  spricht,  ist  anzunehmen,  daß  das  Eigentum 
nicht  schon  durch  die  Tatsache  der  Nutzbarmachung,  sondern  erst  durch 


*)  Aiinuaire  igio,  S.  531. 


—     i88     — 

die  amtliche  Feststellung  dieser  Tatsache  und  der  Grenzen  erworben 
wird.  Dies  dürfte  zum  EigentumserAverbe  ausreichen.  Die  Eintragung 
in  die  Grundstücksmatrikel  ist  zwar  vorgeschrieben ;  der  Eigentumserwerb 
ist  aber  nicht  von  ihr  abhängig  gemacht.  Der  gleichen  Auffassung  scheinen 
die  Instr.  Min.  in  §  19  zu  sein.  Diese  Auffassung  wird  auch  bestätigt  durch 
die  Vereinbarungen,  die  im  Jahre  1910/11  zwischen  den  10  Gesellschaften, 
die  die  Cie.  Forestiere  gebildet  haben,  und  der  Regierung  getroffen  worden 
sind.  Danach  wird  diesen  Gesellschaften  das  Eigentum  an  den  Grund- 
stücken zugesichert,  i.  die  ihnen  bereits  zugesprochen  (accorde)  worden 
sind,  und  2.  auf  welche  sie  im  Augenblicke  der  Unterzeichnung  der  neuen 
Vereinbarungen  einen  Anspruch  hatten.  Da  die  Voraussetzung  dieses 
Anspruches  die  Nutzbarmachung  ist,  wäre  ein  besonderer  Vorbehalt 
dieses  Eigentumsanspruches  nicht  notwendig  gewesen,  wenn  die  Tat- 
sache der  Nutzbarmachung  schon  von  selbst  das  Eigentumsrecht  hätte 
entstehen  lassen. 

Der  Eigentümer  ist  in  der  Verfügung  über  sein  Eigentum  durch 
Art.  7  des  Dekretes  beschränkt.  Er  darf  die  Grundstücke  nur  mit  der 
Genehmigung  des  Gouverneurs  verkaufen  oder  verpachten.  Zuwider- 
handlungen haben  den  Rückfall  der  Grundstücke  in  das  Staatseigentum 
zur  Folge.  Diese  Veräußerungsbeschränkung  ist  bei  der  Eintragung  der 
Grundstücke  mit  in  die  Grundstücksmatrikel  einzutragen. 

Zu  erwähnen  ist  noch  eine  Vorschrift,  die  verhüten  soll,  daß  die 
Wertsteigerung  der  Grundstücke  infolge  ihrer  Erschließung  durch  Ver- 
kehrswege den  Konzessionsgesellschaften  allein  zugute  kommt.  An 
öffentlichen  Verkehrswegen  und  Flüssen  kann  der  Konzessionär  innerhalb 
eines  Küometerstreifens  auf  beiden  Seiten  nur  die  Hälfte  des  Landes 
durch  Nutzbarmachung  sich  aneignen.  Ebenso  darf  er  innerhalb  eines 
20  km- Streifens  längs  der  Landesgrenzen  kein  Eigentum  erwerben,  es 
sei  denn,  daß  die  Grenze  durch  einen  mit  Dampfschiffen  in  wenigstens 
4  Monaten  jährhch  schiffbaren  Fluß  gebildet  wird. 


§  63.  Die  Verpflichtungen  und  Auflagen. 

Den  eben  beschriebenen  Rechten  stehen  viele  und  verschiedenartige 
Verpflichtungen  der  Konzessionare  gegenüber,  die  meist  geldHche  Leistun- 
gen zum  Gegenstande  haben. 

Als  Beitrag  zur  Bestreitung  der  Staatsausgaben  haben  die  Gesell- 
schaften jährhche  Abgaben  zu  leisten,  die  zum  Teüe  vom  Reingewinne 
der  Gesellschaften  abhängig,  zum  Teile  davon  unabhängig  sind.  Die 
festen  Abgaben  wurden  bei  der  Verleihung  der  Konzessionen  in  ihrem 
Anfangsbetrage  festgesetzt  mit  der  Maßgabe,  daß  sie  nach  5   Jahren 


—     i89     - 

um  die  Hälfte,  nach  lo  Jahren  auf  das  Doppelte  dieses  Anfangsbetrages 
steigen.  Als  zweite  Abgabe  sind  jährlich  15%  des  Reingewinnes  zu 
zalilen,  für  dessen  Berechnung  Ijestimmte  Vorschriften  gegeben  sind. 
Über  die  W^rpflichtung  zur  Zahlung  einer  Kaution,  zur  Beisteuerung 
zu  den  Kosten  der  inneren  und  der  Zollverwaltung,  vgl.  die  Art.  12  und 
18  des  Dekretes  und  Art.  19  und  26  des  Lastenheftes.  Die  Verpflichtung 
zur  Unterhaltung  eines  Dampfschiffverkehrs  ist  oben  in  §  58  in  dem 
Abschnitte  über  die  Messageries  Fluviales  schon  besprochen  worden. 

Durch  diese  besonderen  geldlichen  Leistungen  wird  die  allgemeine 
Steuerpflicht  der  Gesellschaften  nicht  berührt,  sie  sind  allen  bestehenden 
und  späteren  Steuern  imd  Abgaben  unterworfen;  nur  wenn  eine  Grund- 
steuer eingeführt  würde,  könnten  die  Gesellschaften  ihre  jährlichen 
festen  Abgaben  \'on  dieser  Grundsteuer  abziehen. 

Neben  diesen  geldlichen  Leistungen  ist  die  wichtigste  Verpflichtung 
der  Gesellschaften  ihre  Betriebs-  und  Unterhaltungspflicht.  Der  Kon- 
zessionär muß  das  ihm  zugewiesene  Gebiet  in  fortschreitende  Verwertung 
durch  forst-  oder  landwirtschaftliche  Bebauung  nehmen,  Handelsnieder- 
lassungen anlegen  und  unterhalten  und  diese  Niederlassungen  durch  einen 
oder  mehrere  europäische  Angestellte  verwalten  lassen.  Das  Maß  dieser 
Erschließung  und  Verwertung  des  Landes  hängt  nicht  von  dem  Willen 
des  Konzessionars  ab;  sondern  die  Regierung  hat  für  sich  das  Recht 
in  Anspruch  genommen,  den  Zeitpunkt,  das  Gebiet  und  die  Zahl  der 
Niederlassungen  und  die  Zahl  der  anzustellenden  Europäer  zu  bestimmen 
und  sie  hat  dabei  die  Billigung  der  Rechtsprechung  gefunden.^) 

Der  Konzessionär  hat  femer  eine  Anpflanzungsverpflichtung.  Er 
muß  für  jede  Tonne  im  Konzessionsgebiete  gewonnenen  Kautschuks 
150  Kautschukpflanzen  anpflanzen  und  unterhalten.  Diese  Bestimmung 
ist  getroffen  worden,  um  den  bei  der  Kautschukgewinnung  üblichen 
Raubbau  wett  zu  machen  und  die  Ertragfähigkeit  des  Landes  zu  er- 
halten. Die  Angaben  darüber,  wieweit  diese  Anpflanzungspflicht  bisher 
erfüllt  worden  ist,  gehen  sehr  weit  auseinander.  Nach  den  einen  An- 
gaben ist  in  dieser  Beziehung  so  gut  wie  nichts  geschehen ;  nach  anderen 
haben  einzelne  Gesellschaften  ihre  Anpflanzungspflicht  teilweise  er- 
füllt. Die  Cie.  Forestiere  schreibt  auf  S.  32  ihrer  Denkschrift  von  1911, 
daß  bei  ihrer  Gründung  auf  den  Pflanzungen  ihres  Gesellschaftsgebietes 
mehr  als  300  000  angepflanzte  Kautschukpflanzen  vorhanden  waren. 
Die  mittleren  Anpflanzungskosten  werden  auf  etwas  ülx-'r  einen  Franken 
auf  die  Kautschukpflanze  angegeben.      Über  den  Erfolg  dieser  Nach- 


*)  Entscheidung  des  Conscil  d'Etat  v.  27.  Mai   1907,   Rccucil   1907,   3.   Teil, 
S.   165. 


—     I90    — 

Pflanzung  schreibt  die  Gesellschaft,  daß  die  in  Brasihen  und  in  den. 
Malaiischen  Inseln  heimischen  Kautschukpflanzen  sich  nicht  gut  an 
das  Klima  Äquatorial- Afrikas  anpassen,  und  daß  die  im  Urwalde  wild 
vorkommenden  Arten  für  die  Kultur  auf  Pflanzungen  wenig  geeignet 
sind.  Der  Erfolg  der  Anpflanzungen  sei  im  ganzen  nicht  gerade  befrie- 
digend gewesen,  und  die  Gesellschaft  hält  es  daher  für  rationeller,  die 
Ertragfähigkeit  der  vorhandenen  wilden  Kautschukbestände  zu  erhalten, 
als  Pflanzungen  anzulegen  (vgl.  oben  §  23). 

Zu  diesen  zwei  Arten  von  Verpflichtungen  kommen  noch  einige 
Auflagen.  Die  Regierung  kann  Grundstücke  für  öffentliche  Zwecke 
zurücknehmen,  und  zwar  ohne  Entschädigung  die  Grundstücke,  die 
noch  nicht  in  das  Privateigentum  der  Konzessionare  übergegangen  sind, 
während  für  die  von  den  Gesellschaften  auf  Grund  der  Konzession  er- 
worbenen Grundstücke  eine  Entschädigung  zu  zahlen  ist.  Im  ersten 
Falle  wird  also  nur  das  Nutzungsrecht,  im  zweiten  das  Eigentum  ent- 
eignet. In  beiden  Fällen  ist  für  besondere  Anlagen  zu  Zwecken  des  Handels, 
der  Landwirtschaft  und  der  Industrie  sowie  für  Pflanzungen  nach  ihrem 
wirklichen  Werte  eine  Entschädigung  zu  zahlen.  Bei  Festsetzung  dieser 
Entschädigung  ist  die  Wertsteigerung  in  Anschlag  zu  bringen,  die  die 
im  Besitze  der  Gesellschaft  verbleibenden  Grundstücke  infolge  der  Aus- 
führung der  Arbeiten  erfahren. 

Die  Gesellschaften  müssen  aus  den  in  ihren  Gebieten  hegenden 
Wäldern  und  Steinbrüchen  alle  für  öffentliche  Arbeiten  notwendigen 
Materialien  ohne  Entschädigung  entnehmen  lassen  und  in  einem  Ein- 
kilometerstreifen zu  beiden  Seiten  von  schiffbaren  Flüssen  das  Schlagen 
des  für  den  Dampfschiffbetrieb  notwendigen  Feuerholzes  ohne  Ent- 
schädigung gestatten.  Die  Regierung  hat  sich  ferner  das  Recht  vor- 
behalten, den  zwanzigsten  Teil  jedes  Konzessionsgebietes  ohne  Ent- 
schädigung der  Gesellschaft  als  landwirtschaftliche  Kleinstellen  von 
höchstens  1000  ha  zu  vergeben.  Da  das  Khma  hier  aber  für  die  Land- 
wirtschaft in  Kleinbetrieben  sehr  wenig  geeignet  ist,  hat  dieser  Vorbehalt 
wenig  praktische  Bedeutung. 

AUe  Arbeiten  und  Anlagen  der  Gesellschaften,  die  dem  allgemeinea 
Interesse  dienen,  können  gegen  voUe  Entschädigung  zum  öffentlichen 
Staatseigentume  erklärt  werden.  Das  öffentliche  Wegerecht  und  die 
sonstigen  Beschränkungen  des  Besitzes,  die  das  Dekret  über  das  öffent- 
liche Staatseigentum  festsetzt,  gelten  auch  für  die  Konzessionsrechte. 
Daneben  unterliegen  die  Gesellschaften  noch  besonderen  Beschränkungen. 
Sie  haben  ohne  Entschädigung  den  Durchzug  durch  ihr  Gebiet  zu  ge- 
statten und  sonstige  Dienstbarkeiten  zu  tragen,  die  zur  Ausübung  der 
Polizei  und  der  staathchen  Überwachung,  zur  Ausführung  von  öffent- 


—     191     — 

liehen  Arbeiten  und  zur  Nutznießung  der  Ländereien  notwendig  sind, 
die  den  Eingeborenen  vorlxjhalten  worden  sind. 

Neben  diesen  Enteignungsbestimmungen  auf  Grund  des  Kon- 
zessionsdekretes bestehen  natürhch  die  allgemeinen  Enteignungsbe- 
stimmungen auch  für  die  Konzessionsgesellschaften  unverändert ;  nämlich 
der  Senatusconsult  vom  3.  Mai  1856,  der  die  staatliche  Enteignung 
zuerst  für  die  Antillen  und  R^union,  dann  auch  für  Senegal  und  das 
Kongo-Gebiet  entsprechend  einem  französischen  Enteignungsgesetze 
vom  Jahre  1841  regelt.^)  An  Stelle  dieser  allgemeinen  Enteignungs- 
bestimmungen des  französischen  Rechtes  treten  natürhch  jetzt  die  Be- 
stimmungen des  deutschen  Rechtes. 

Der  Handel  mit  Feuerwaffen  und  Munition  ist  für  die  Ge- 
sellschaften und  ihre  Angestellten  streng  untersagt.  Dieses  Verbot  ist 
bisher  von  den  Gesellschaften  wenig  beachtet  und  von  der  Ver%valtung 
nicht  streng  gehandhabt  worden.  Die  Verwaltung  hat  sogar  von  der 
ihr  im  Dekrete  gegebenen  Befugnis,  den  Waffenhandel  unter  Über- 
wachung der  Verwaltung  zu  gestatten,  ziemlichen  Gebrauch  gemacht. 
Die  Gesellschaften  verzichten  in  Art.  29  L.-H.  auf  alle  Schaden- 
ersatzansprüche, die  nach  den  allgemein  geltenden  gesetzlichen  Be- 
stimmungen für  Schäden  infolge  Unsicherheit  des  Landes,  oder  infolge 
von  Aufständen  Eingeborener  oder  von  Kriegen  entstehen. 

Beginn,   Änderung   und    Ende   der    Konzessionen.  §  64. 

Die  Konzessionen  werden  endgültig,  wenn  ihnen  mit  Genehmigung 
des  Kolonialministers  eine  Societe  Anonyme  substituiert  ist,  was  überall 
geschehen  ist. 

Alle  Änderungen  in  den  Rechtsverhältnissen  der  Konzessionen 
bedürfen  der  amtlichen  Genehmigung,  insbesondere  jede  ganze  oder 
teilweise  Abtretung  der  Konzession  oder  der  aus  ihr  fließenden  Vorteile, 
jede  Verpachtung  von  Konzessionsland  und  jede  Änderung  in  der  Orga- 
nisation der  Gesellschaft. 

Das  Dekret  kennt  4  Endigungsgründe :  Zeitablauf,  Rücknalune 
der  Konzession  im  öffentlichen  Interesse,  Entsetzung  des  Konzessionars 
und  Aufhebung  der  Konzession  für  bestimmte  Teile  des  Konzessions- 
gebietes. 

I.  Die  Dauer  der  Konzessionen  ist  auf  30  Jahre  festgesetzt,  gerechnet 
vom  Tage  der  Unterzeichnung  der  Konzessionsdekrete  an.  Dement- 
sprechend läuft  die  Konzession-) 


>)   Girault  2.  Bd.,  S.  ßGsf. 

')  Die  Konzession  Haut-Ogowe  läuft  am   17.  November   1923  ab. 


—       192      — 

der  Ngoko-Sanga  (Konzession  Ngoko-Wesso)  am  29.  Juli  1929, 
und  (Konzession  von  1905)  am  18.  März  1935, 

,,  Haut  Kongo  am  31.  März  1929, 

,,  Sanga  äquatoriale  am  19.  Mai  1929, 

,,  Mambere- Sanga  am  16.  Juli  1929, 

,,  C.  C.  C.  C.  am  9.  Juni  192g, 

„  Uam-Nana  am  21.  Februar  1930,  ab. 

Zu  diesen  Zeitpunkten  fallen  die  Gebiete,  an  welchen  die  Gesell- 
schaften kein  Eigentum  erworben  haben,  in  das  Staatseigentum  zurück. 
Der  bisherige  Konzessionär  bleibt  Eigentümer  des  Schiffsmaterials 
und  kann  innerhalb  des  folgenden  Jahres  alle  Einrichtungen  auf  seinem 
früheren  Konzessionsgebiete  entfernen,  die  der  Staat  nicht  als  öffenthches 
Staatseigentum  erklärt  hat,  z.  B.  Telegraphenlinien,  Eisenbahnen  oder 
industrielle  Anlagen.  Der  Gouverneur  kann  diese  Einrichtungen  und 
das  Schiffsmaterial  für  die  Kolonien  ankaufen;  er  muß  dies  dem  Kon- 
zessionär aber  6  Monate  vor  Ablauf  der  Konzessionszeit  mitteilen.  Das 
Eigentum  an  den  innerhalb  eines  Jahres  nach  Ablauf  der  Konzession 
nicht  entfernten  Einrichtungen  gilt  als  aufgegeben. 

2.  Die  Konzession  kann  aus  Gründen  des  öffentHchen  Interesses  jeder- 
zeit ganz  oder  teilweise  zurückgekauft  werden.  Über  den  Umfang  des 
Rückkaufrechtes  und  die  Festsetzung  des  Rückkaufpreises  geben  Art.  16 
decr,  und  Art.  30  L.-H.  nähere  Bestimmungen.  Der  Rückkauf  bezieht 
sich  danach  nur  auf  das  Recht  der  Nutznießung;  die  bereits  erworbenen 
Eigentumsrechte  am  Boden  dagegen  sind  davon  ausgenommen  und 
können  nur  unter  den  allgemeinen  Voraussetzungen  der  Zwangs-Ent- 
eignung zurückgenommen  werden. 

3.  Von  diesen  beiden  Endigungsgründen,  die  die  Konzession  selbst 
erlöschen  lassen,  ist  die  Entsetzung  des  Konzessionars  aus  seinem  Rechte 
(la  decheance)  zu  unterscheiden.  Das  Wesenthche  an  ihr  ist,  daß  das 
Konzessionsrecht  nur  für  den  bisherigen  Inhaber  verloren  geht.  Das 
Recht  selbst  bleibt  unabhängig  von  einem  persönhchen  Träger 
selbständig  bestehen  und  geht  in  einem  besonderen  Verfahren  auf  einen 
neuen  Inhaber  über.  Die  Entsetzung  des  Konzessionars  tritt  ein,  wenn 
er  durch  eine  Erklärung  des  Kolonialministers  in  Verzug  gesetzt  worden 
ist^)  und  trotzdem  innerhalb  der  gesetzlichen  Frist  seine  Verpflichtungen 
nicht  erfüUt.  2) 


^)  Der  französische  Ausdruck  des  Dekretes  und  des  code  civil  ist  mettre  en 
detaeure.     Die  mise  en  demeure  hat  bestimmte  formelle  Voraussetzungen. 

2)  Vgl.  dazu  Entscheidung  des  Conseil  d'Etat  v.  19.  Nov.  1909,  Recueil  1910, 
I.  Teil,  S.  124. 


—     193     — 

Art.  31  L.-H.  führt  5  Fälle  an,  in  welchen  diese  Entsetzung  möglich 
ist.  Die  .\ufzaliluni,'  hat  al>er  nicht  die  Bedeutung,  daß  die  Möglichkeit 
der  Entsetzung  auf  diese  5  Fälle  beschränkt  ist ;  in  allen  übrigen  Fällen 
der  Pflichtverletzung  aber  ausgeschlossen  sein  soll.  Daß  dies  nicht  ge- 
meint ist,  geht  schon  aus  dem  Wortlaute  des  .\bs.  i  des  Art.  31  L.-H. 
her\'or  und  wird  durch  die  Rechtsanwendung  und  die  Rechtsprechung 
bewiesen.  Es  ist  oben  schon  auf  die  Entscheidung  des  Staatsrates  vom 
27.  Mai  1907^)  hingewiesen  worden,  aus  der  her\'orgeht,  daß  der  Mi- 
nister berechtigt  ist,  nach  Art.  11  des  Dekrets  den  Vorschlag  eines  Reprä- 
sentanten der  Gesellschaft  zur  amtlichen  Genehmigung  zu  verlangen 
und  für  den  Fall  der  Unterlassung  die  Entsetzung  anzudrohen.  Die 
Aufzählung  der  obigen  5  Fälle  hat  also  nur  den  Zweck,  die  Voraus- 
setzung für  die  Entsetzung  in  diesen  Fällen  besonders  festzustellen. 

Die  Entsetzung  erfolgt  nach  Anhörung  der  Kommission  für  die 
kolonialen  Konzessionen'^)  durch  Dekret,  gegen  das  Beschwerde  zum 
Staatsrate  gegeben  ist.  Die  Entsetzung  hat  zur  Folge,  daß  der  Kon- 
zessionär alle  Rechte  aus  der  Konzession  verliert  und  nur  die  bereits 
in  sein  Eigentum  übergegangenen  Grundstücke  behält.  Außerdem  ver- 
fällt die  Kaution  der  Staatskasse.  Die  Konzession  selbst  besteht  weiter 
und  zu  ihrer  Verwertung  und  zur  Deckung  der  von  dem  früheren  In- 
haber eingegangenen  Verpflichtungen  findet  eine  Versteigerung  der 
Konzession  mit  all  ihren  Rechten  und  Auflagen  statt.  Zum  Gebote  wird 
nur  zugelassen,  wer  dazu  vom  Kolonialminister  ermächtigt  ist  und  eine 
bestimmte  Kaution  hinterlegt  hat.  Für  das  Versteigerungsverfahren 
gelten  die  allgemeinen  Vorschriften  ül^er  die  Versteigerung.  Die  Gebote 
dürfen  nicht  niedriger  sein  als  der  festgestellte  Mindestpreis.  Die 
Genehmigung  des  Zuschlages  durch  den  Kolonialminister  hat  zur 
Folge,  daß  der  den  Zuschlag  Erhaltende  an  die  Stelle  des  früheren 
Inhabers  tritt,  der  den  Zuschlagspreis  erhält.  Bleibt  das  erste  Verstei- 
gerungs\erfahren  ergebnislos,  so  hat  nach  drei  Monaten  ein  zweiter 
Versteigerungstermin  unter  den  gleichen  Bedingungen  wie  der  erste 
stattzufinden.  Erst  wenn  auch  dieser  zweite  Termin  zu  keinem  Er- 
gebnisse führt,  wird  die  Konzession  mit  allen  Rechten  und  Pflichten 
aufgehoben. 


')  Recueil  1907,  3.  Teil,  S.   165. 

')  Commission  des  concessions  coloniales.  Diese  Komm.sision  hat  eine  halb 
amüiche,  halb  beratende  Stellung  als  Sachverständigenkommission,  wie  sie  am 
französischen  Kolonialministerium  in  größerer  Zahl  bestehen,  so  für  die  Kolonial- 
banken, für  das  Deportationswesen,  für  Handel  und  Finanzen.  So  hat  die  hier 
genannte  Kommission  die  besondere  .Vufgabe,  in  Fragen  der  Landkonzessionen 
tätig  zu  werden ;  besonders  die,  die  Verleihung  von  Konzessionen  zu  begutachten. 
Veiöffentl.  d.  ReichskolooiaUmtes  Nr.  4:  Ritter.  -3 


—     194    — 

Das  Wesentliche  an  dieser  Entsetzung  ist,  daß  sie  der  Regierung 
nicht  die  Möghchkeit  gibt,  eine  Konzession  wegen  Pflichtverletzung  des 
Konzessionars  ganz  aufzuheben;  sondern  nur  die,  den  Konzessionär 
seines  Rechtes  zu  entsetzen.  Die  Regierung  hat  also,  wenn  sie  von  diesem 
Zwangsmittel  Gebrauch  macht,  keine  Sicherheit  dafür,  daß  mit  dem 
Wechsel  in  der  Person  auch  wirklich  eine  Besserung  der  Verhältnisse 
eintritt.  Daraus  erklärt  es  sich  auch,  daß  die  französische  Regierung 
von  diesem  Zwangsmittel  bisher  keinen  Gebrauch  gemacht  hat,  obwolil 
sie  reichhch  Gelegenheit  dazu  gehabt  hätte.  Nun  besteht  allerdings 
die  Vorschrift,  daß  bei  Erfolglosigkeit  von  zwei  Versteigerungsterminen 
die  Konzession  erlischt.  Daß  dieser  Fall  eintreten  könnte,  ist  wenig 
wahrscheinlich.  Ferner  müssen  allerdings  Steigenmgslustige  eine  be- 
sondere Zulassung  zum  Gebote  durch  die  Regierung  erhalten,  um  bieten 
zu  können,  und  Challaye^)  sieht  darin  eine  Möglichkeit,  die  Konzessionen 
zum  Erlöschen  zu  bringen,  indem  die  Regierung  bei  keinem  der  zwei 
Versteigerungstermine  Steigerungslustige  zum  Gebote  zuläßt.  Dieser 
Vorschlag  scheint  aber  mehr  von  dem  Willen,  das  Land  von  den  Kon- 
zessionen zu  befreien,  diktiert  zu  sein,  als  von  rechtlichen  Erwägungen. 
Die  Regierung  darf  sich  bei  der  Nichtzulassung  zum  Gebote  nur  von  sach- 
lichen Erwägungen  leiten  lassen.  Unter  Umständen  kann  dies  ja  dazu 
führen,  allen  sich  Meldenden  die  Zulassung  zu  versagen,  wenn  gegen 
die  Zulassung  aller  sachhche  Gründe  vorhegen.  Das  darf  aber  nicht 
geschehen  nur  in  der  Absicht,  die  Konzession  zur  Aufhebung  zu  bringen. 
Denn  der  frühere  Konzessionär  hat  einen  Anspruch  auf  den  Verstei- 
gerungserlös, der  ihm  nicht  willkürlich  geschmälert  werden  darf. 

4.  Von  der  Regel,  daß  die  Nichterfüllung  der  Konzessionsbedingungen 
die  Entsetzung  zur  Folge  hat,  macht  Art.  15  Abs.  2  des  Dekrets  in  Ver- 
bindung mit  Art.  32  L.-H,  eine  Ausnahme.  Wenn  der  Konzessionär 
nämlich  auf  die  Aufforderung  des  Gouverneurs  hin  mit  der  Anlegung 
der  vorgeschriebenen  Kautschukpflanzungen  länger  als  ein  Jahr  im 
Verzuge  bleibt,  kann  ein  Stück  Land  von  seinem  Konzessionsgebiete 
abgeschnitten  werden,  und  zwar  für  je  1000  Stück  fehlende  Kautschuk- 
pflanzen 40  ha  Land.  Es  steht  dem  Gouverneure  frei,  das  betreffende 
Stück  Land  nach  seinem  Gutdünken  unter  dem  noch  nicht  in  Verwertung 
genommenen  Lande  auszusuchen  und  abzutrennen. 

Dieses  Mittel,  die  Konzessionsgesellschaften  zur  Erfüllung  ihrer 
Nachpflanzungs-Pflicht  anzuhalten,  ist  aber  noch  unwirksamer,  als 
das  der  Entsetzung.  Wenn  die  Angabe  in  der  Denkschrift  der  Cie.  Fores- 
tiere  vom  Jahre  191 1  S.  7  richtig  ist,  daß  die  Konzessionsgesellschaften 

1)  Challaye,  S.  198. 


—     195    — 

bis  jetzt  im  ganzen  9000  t  Kautschuk  ausgefülirt  haben,  so  können  gegen- 
wärtig, wenn  nocli  keine  einzige  Kautschukpflanze  gepflanzt  worden 
wiire,^)  von  der  Gesamtfläche  der  Konzessionsgebiete  =  81  714  OüO  ha 
im  ganzen  nur  50 — 60  000  ha  Land  entzogen  werden.  Dabei  ist  zu  be- 
rücksichtigen, daß  in  den  9000  t  Kautschukerzeugung  die  der  Cie.  Fores- 
tiere  mit  enthalten  ist,  für  die  dieser  Enteignungsgrund  nicht  mehr 
besteht.  Es  ist  klar,  daß  dieses  Zwangsmittel  nicht  sehr  wirksam  sein 
kann;  denn  bei  der  Größe  der  Konzessionsgebiete  würden  die  Gesell- 
schaften voraussichthch  doch  nicht  dazu  kommen,  bis  zum  Ablaufe  ihrer 
Konzessionen  ihr  ganzes  Gebiet  auszubeuten.  Daran  ändert  nichts,  daß 
die  Verwaltung  das  abzuschneidende  Land  sich  nach  Belieben  aussuchen, 
also  das  beste  Land  nehmen  kann.  Das  von  den  Gesellschaften  erworbene 
oder  planmäßig  \'erwertete  Land  ist  davon  ausgenommen,  und  dieses 
Land  wird  in  der  Regel  das  wertvollste  ein. 

Die    Eingeborenen-Reservate.  c  5,_ 

Die  Frage  der  Abgrenzung  der  Eingeborenen- Reservate  hat  von 
Anfang  an  die  größten  Schwierigkeiten  gemacht,  und  sie  ist  heute  noch 
nicht  befriedigend  geregelt.  Diese  Schwierigkeiten  sind  tatsächlich 
durch  die  wenig  seßhafte  Wohnw^eise  der  Eingeborenen,  rechthch  durch 
die  Unklarheit  über  die  Rechte  an  den  Reservaten  entstanden. 

Nach  Art.  i  Ziff.  3  und  Art.  10  des  Dekretes  dürfen  die  Konzessionare 
ihre  Rechte  nur  außerhalb  der  Dörfer  der  Eingeborenen  und  der  Lände- 
reien ausüben,  die  zu  land-,  forst^vi^tschaftlichen  oder  Weidezwecken 
für  sie  reserviert  worden  sind.  Diese  Länderein  sollte  der  Gouverneur 
abgrenzen,  ebenso  wie  die,  auf  welchen  die  Eingeborenen  die  Jagd  und 
Fischerei  ausüben  durften.  Bei  später  notwendig  werdenden  Verände- 
rungen sollten  die  dazu  erforderhchen  Gebiete  dem  Konzessionär  ent- 
zogen werden  nach  den  Vorschriften,  die  für  die  Rücknahme  von  Grund- 
stücken im  öffentlichen     Interesse  gelten. 

Da  die  Eingelx)renen  ihre  Wohnsitze  wechseln,  sobald  sie  ein 
Gebiet  abgebaut  oder  abgesammelt  haben,  waren  diese  Bestimmungen 
über  die  Abgrenzung  in  der  Praxis  gar  nicht  durclizuführen.  Die  Folge 
davon  war,  daß  in  der  ersten  Zeit  die  Grenzen  der  Reser\-ate  überhaupt 
nicht  festgesetzt  und  die  Umgebung  der  augenblicklichen  Niederlassungen 
als  Reservate  angesehen  wurden.  Der  Mangel  einer  genauen  Abgrenzung 
führte  aber  bald  zu  Streitigkeiten  zwischen  den  Häuptlingen  und  den 
Konzessionaren.      Dieser   Zustand   wurde   vollends   unhaltbar,   als   das 


')  Vgl.  dazu  Challaye,  S.  184,  Les  Soci6t6s  consessionaires  S.  43/44,  Denk- 
schrift der  Cie.  For.    191 1,  S.  32,  und  oben   §  23. 

13* 


—     196    — 

Gericht  von  Libreville  i)  entschied,  daß  das  Recht  des  Konzessionars 
sich  auf  das  ganze  Konzessionsgebiet  beziehe,  solange  die  Eingeborenen- 
reservate nicht  nach  Art.  10  des  Dekretes  vorschriftsmäßig  abgegrenzt 
seien  und  daß  der  Konzessionär  daher  berechtigt  sei,  alle  von  den  Ein- 
geborenen gesammelten,  natürlichen  Erzeugnisse  ohne  Entgelt  für  Ware 
oder  Arbeit  wegzunehmen. 

Ebenso  unklar  wie  die  Grenzen  der  Reservate  waren  ihre  Rechts- 
verhältnisse. Durch  das  Dekret  sind  die  Reservate  nur  von  den  durch 
die  Konzessionen  verliehenen  Rechten  ausgenommen  worden.  Für  ihre 
rechtliche  Stellung  ist  damit  noch  nichts  gewonnen.  Auch  das  Dekret 
vom  28.  März  1899  über  das  private  Staatseigentum  gibt  darüber 
keinen  Aufschluß.  2)  Die  Vermutung  spricht  daher  zunächst  dafür, 
daß  der  Staat  Eigentümer  dieser  Reservate  ist,  da  er  für  sich  das  Eigen- 
tum am  ganzen  Lande  beansprucht  und  ein  Eigentum  der  Eingeborenen 
nicht  angenommen  hat.  Sollte  dieses  Eigentum  und  das  daraus  fließende 
Nutzungsrecht  auf  die  Eingeborenen  übertragen  werden,  so  hätte  dies 
durch  eine  dahingehende  Willenserklärung  geschehen  müssen.  Eine 
solche  ist  nie  ausdrücklich  erfolgt.  Gleichwohl  ist  aus  der  Tatsache  an 
sich  schon,  daß  Reservate  geschaffen  wurden,  zu  entnehmen,  daß  die 
Eingeborenen  wenigstens  ein  uneingeschränktes  Nutzungsrecht  haben 
sollten.  Wohl  aber  auch  das  Eigentumsrecht.  Wenigstens  geht  das  Dekret 
von  dieser  Voraussetzung  aus,  wenn  es  in  Art.  10  Abs.  i  den  Einge- 
borenen das  Recht  zugesteht,  mit  Genehmigung  des  Gouverneurs  Grund- 
stücksteile  der  Reservate  an  Dritte  abzutreten.  Wenn  damit  das  Ver- 
äußerungsrecht auch  beschränkt  ist,  so  ist  es  doch  als  bestehend  voraus- 
gesetzt, und  die  Fähigkeit,  Eigentum  zu  übertragen,  setzt  eigenes  Eigen- 
tum voraus.  Anderer  Auffassung  sind  aber  die  Instr.  Min.  vom  24.  Mai 
1899.  ^)  Sie  beschränken  in  §  18  Abs.  5  das  Recht  der  Eingeborenen  darauf, 
daß  sie  i.  nur  das  für  ihren  eigenen  Lebensmittelbedarf  notwendige 
Ackerland  zu  beanspruchen  haben;  2.  daneben  Land  für  hochwertige 
Kulturen  (Kaffee,  Kakao  usw.)  erhalten  können,  um  mit  den  Erzeug- 
nissen Handel  zu  treiben;  3.  außerdem  ein  Stück  Forst  für  die  Bedürf- 
nisse des  Hausbaues  und  der  Feuerung.  Aber  ausdrücklich  wird  ihnen 
das  Recht  abgesprochen,  in  den  Wäldern  die  natürlichen  Erzeugnisse 
zu  sammeln,  da  dies  den  Konzessionaren  einen  ,, ruinösen"  Wettbewerb 
bereiten  würde.    Ob  die  Instr.  Min.  dabei  von  der  Annahme  ausgegangen 


^)  Urteil  vom  23.   Febr.    1901,  Recueil   1901,  2.  Teil,   S.   göff. 
-)   Im  Gegensatz  zu  dem  Erlasse  von  1891,  der  annimmt,  daß  die  Eingeborenen 
Eigentum  an  den  Reservaten  haben.     Vgl.  oben  §  48. 
^)  Annuaire  1910,  S.  576ff. 


—     197     — 

sind,  daß  das  Eigentum  an  den  Grundstücken  der  Reser\'ate  dem  Staate 
verbliel)en  sei  und  der  Staat  daher  das  Mali  der  Eingeborenennutzung 
bestimmen  könne  oder  ob  sie  den  Eingeborenen  zwar  das  Eigentum 
zugestehen,  es  aber  mit  einer  Dienstbarkeit  zugunsten  der  Konzessionare 
bezüghch  der  natürhchen  Erzeugnisse  belasten,  ist  nicht  zu  erkennen. 
Das  Wesentliche  daran  ist  aber  auf  jeden  Fall,  daü  die  Instr.  Min.  den 
Eingeborenen  jedes  Recht  auf  die  natürlichen  Erzeugnisse  —  gemeint 
sind  damit  Kautschuk,  Elfenbein,  Ölfrüchte,  Nutzhölzer  usw.  —  ab- 
sprechen. Daü  sie  sich  damit  in  Widerspruch  mit  dem  Dekrete  und  dem 
Zwecke  der  Reservierung  von  Land  für  die  Eingeborenen  setzen,  konnte 
der  Rechtsprechung  nicht  entgehen.  Der  Conseil  d'Appel  de  Libreville 
hat  in  seinem  Urteile  von  24.  Oktober  1901^)  erklärt,  daü  die  Einge- 
borenen das  Recht  haben,  in  den  ihnen  reservierten  Bezirken  die  natür- 
lichen Erzeugnisse  zu  sammeln  und  an  jeden  Beliebigen  zu  verkaufen. 
Diese  beiden  gerichtlichen  Entscheidimgen  haben  die  Verwaltung 
\eranlaßt,  im  Einverständnis  mit  den  Konzessionsgesellschaften  das 
Verhältnis  der  Reser\'ate  zu  den  Konzessionaren  neu  zu  ordnen.  In 
dem  Erlasse  des  Generalkommissars  vom  9.  Oktober  1903 -)  wurde  das 
Recht  der  Eingeborenen  auf  die  natürhchen  Erzeugnisse  ihrer  Reservate 
uneingeschränkt  anerkannt;  von  der  örtlichen  Abgrenzung  der  Reser- 
vate aber  abgesehen.  An  Stelle  dieser  Abgrenzung  trat  eine  prozentuale 
Kontingentierung  der  Eingeborenenernte  im  Verhältnis  zur  Gesamt- 
emte.  Es  wurde  bestimmt,  daß  vorläufig  der  10.  Teil  des  Konzessions- 
gebietes als  Eingeborenenreservat  zu  betrachten  sei.  Von  diesem  ge- 
dachten zehnten  Teile  sollten  Yio  ^ür  den  Hausbau,  ^/,o  für  den  Lebens- 
mittelbau und  Weiden  verwendet  werden;  die  übrigen  7io  sollten  den 
Eingeborenen  an  Forsten  mit  dem  Rechte  auf  die  natürlichen  Erzeug- 
nisse überlassen  werden.  Die  Bestimmung  des  Kontingentes  der  Ein- 
geborenen erfolgte  in  der  Weise,  daß  alle  Jahre  die  gesamte  im  ganzen 
Konzessionsgebiete  gesammelte  Ernte  an  natürlichen  Erzeugnissen  amt- 
lich festgestellt  und  danach  die  auf  die  Eingeborenen  entfallenden  6% 
berechnet  wurden.  Erst  nach  der  Bezahlung  der  Eingeborenensteuer, 
die  fast  ausschließlich  in  Kautschuk  erfolgte,  erhalten  die  einzelnen 
Dorfgemeinden  die  Erlaubnis,  die  ihnen  nach  der  Steuerzahlung  von  ihren 
6%  der  Gesamternte  verbleibenden  Kautschukmenge  zu  verkaufen, 
während  sie  die  darüber  gesammelte  Menge  an  die  Konzessionare  heraus- 
geben mußten.  Eine  Entschädigung  für  die  Ware  selbst  erhielten  sie 
dabei  nicht,  da  diese  ja  ohneliin  den  Konzessionaren  gehörte;  sondern 


*)  Recueil  1901,  2.  Teil,  S.   108. 

')  Afr.  fr.  1903,  S.  183.  Recueil  1904,  i.Teil,  S.  i ;  vgl.  auch  C  hallaye,  S.  174 f. 


—     198     — 

nur  für  die  notwendige  Arbeitsleistung.  Da  diese  Arbeitsleistung  ein- 
seitig \'on  den  Konzessionsgesellschaften  gemessen  und  bewertet  wurde, 
der  Lohn  überdies  nicht  in  Geld,  sondern  in  minderwertigen,  europäischen 
Erzeugnissen  bezahlt  wurde,  sahen  die  Eingeborenen  sehr  bald  ein, 
daß  sie  mit  ihrer  freiwilligen  Sammelarbeit  nur  für  die  Tasche  der  Kon- 
zessionare arbeiteten  und  verloren  das  Interesse  daran,  mehr  zu  sammeln, 
als  für  die  Steuerzahlung  notwendig  war.  Da  andere  Arbeiter  als  die 
Eingeborenen  für  die  Sammelarbeit  nicht  zu  haben  waren,  führte  dies 
dann  zu  Zwangsmaßnahmen,  um  die  Eingeborenen  zur  Arbeit  anzuhalten, 
und  damit  zu  den  bekannten  Mißständen  in  der  Eingeborenenbehandlung. 
Andererseits  versuchten  die  Konzessionare,  diesen  Rechtszustand,  der 
zuerst  mit  ihrer  Einwilligung  eingeführt  worden  war,  wieder  zu  beseitigen. 
Die  Union  Congolaise  Frangaise,  die  Gesamtvertretung  der  Konzessions- 
gesellschaften, erhob  Verwaltungsklage  mit  dem  Antrage,  den  Erlaß 
vom  9.  Oktober  1903  für  ungültig  zu  erklären.  Der  Erlaß  verstoße  gegen 
die  Konzessionsdekrete,  die  eine  örtliche  Abgrenzung  der  Reservate 
verlangen.  Die  Klage  ist  durch  Entscheidung  des  Conseil  d'Etat  vom 
17.  Mai  1907-^)  abgewiesen  worden;  aber  nur  wegen  mangelnder  Aktiv- 
legitimation der  Union,  so  daß  die  materielle  Rechtsfrage  nicht  ent- 
schieden worden  ist. 

Da  der  Erlaß  bis  heute  noch  nicht  abgeändert  worden  ist,  gilt  er, 
obwohl  er  nur  als  vorläufig  bezeichnet  worden  ist,  noch  heute;  zweifellos 
im  Widerspruch  mit  den  Konzessionsdekreten,  die  eine  räumüche  Ab- 
grenzung verlangen.  Es  wird  eine  der  wichtigsten  Aufgaben  der  deutschen 
Verwaltung  sein,  etwaige  Mißstände,  die  sich  in  dieser  Frage  nach  Über- 
nahme der  Verwaltung  ergeben  sollten,  von  Grund  auf  zu  beseitigen. 


2.  Das  Dekret  von  1910/11. 
I  66,  Die    Gesellschaftsverfassung. 

Die  Compagnie  Forestiere  Sangha-Oubangui  ist,  wie  er- 
wähnt, aus  der  Verschmelzung  von  10  Gesellschaften  hervorgegangen, 
so  daß  die  neue  Gesellschaft  Inhaberin  der  betreffenden  10  Konzes- 
sionen geworden  ist.  Für  diese  10  Konzessionen  hat  zur  Zeit  der  offi- 
ziellen Verschmelzung  nicht  mehr  das  Normaldekret  von  1899  gegolten; 
sondern  auf  Grund  der  vorhergehenden  Vereinbarungen  mit  dem  fran- 
zösischen Kolonialminister  das  Dekret  von  1910/11,  das  für  alle  10  Kon- 
zessionen und  eine  11.   Konzession,  die   Sanga-Lipa-Wesso,  die  in  die 


^)  Recueil  1907,  3.  Teil,  S.   163. 


—     199     — 

neue  Gesellschaft  eingebracht  wurde,  gleichlautet.    Es  kann  daher  auch 
dieses  Dekret  für  alle  Konzessionen  einheitlich  dargestellt  werden. 

Über  den  rechtlichen  Vorgang  bei  der  Gründung  und  das  \'er- 
hältnis  der  Cie.  Forestiere  zur  Ngoko-Sanga  ist  oben  schon  gesprochen 
worden.  —  Die  Bestimmungen  über  die  Gesellschaftsverfassung,  die 
Nationalität  der  \'er\valtung  und  die  staatliche  Aufsicht  sind  im  wesent- 
lichen die  gleichen  geblieben  wie  im  Dekrete  von  1899.  Als  abweichend 
ist  nur  zu  er^vähncn,  daß  bei  der  Cie.  Forestiöre  der  Vizepräsident  des 
Vervvaltungsrates  nicht  Franzose  sein  muß. 

Rechte   und    Pflichten    aus    den    Konzessionen. 

Die  rechthche  Konstruktion  der  Konzessionen  ist  dieselbe  geblieben 
wie  in  dem  Normaldekrete  von  1899;  es  ist  nur  das  Maß  der  beider- 
seitigen Rechte  und  Pflichten  geändert  worden.  Diese  Ändenmgen 
sollen  hier  kurz  dargestellt  werden. 

Die  Gesellschaften  verzichteten  auf  ihre  früheren  Konzessions- 
rechte und  die  Regierung  entUeß  sie  aus  allen  Verpflichtungen  gegen- 
über dem  Fiskus,  Sie  blieben  Eigentümer  der  Grundstücke,  an  welchen 
ihnen  auf  Grund  des  früheren  Dekretes  das  Eigentum  schon  verliehen 
worden  war.  und  erhielten  nachträglich  noch  das  Eigentum  an  den  Grunde 
stücken  verliehen,  auf  welche  sie  bei  der  Unterzeichnung  der  neuen 
Vereinbarungen  einen  Eigentumsanspruch  hatten. 

Als  Ersatz  für  ihre  früheren  Rechte  erhielten  sie  das  Recht, 

1.  in  den  bisherigen  Konzessionsgebieten  sich  Land  bis  zu  je  10  000  ha 
für  Lebensmittelpflanzungen  auszusuchen; 

2.  in  den  ganzen  bisherigen  Konzessionsgebieten  alle  Kautschuk- 
arten in  den  nächsten  10  Jahren,  also  vom  20.  Juni  1910  bis  20.  Juni  1920, 
auszubeuten ; 

3.  nach  Ablauf  dieser  10  Jahre  innerhalb  der  früheren  Konzessions- 
gebiete auf  einem  Gebiete,  das  zehnmal  so  groß  ist  wie  das  am  20.  Juni 
1920  bepflanzte  und  planmäßig  ausgebeutete  Land,  auf  weitere  10  Jahre 
allein  Kautschuk  zu  gewinnen; 

4.  nach  den  ersten  und  zweiten  10  Jahren  jedesmal  die  beim  Ablaufe 
dieser  Zeit  bebauten,  bepflanzten  oder  planmäßig  ausgebeuteten  Lände- 
reien sich  anzueignen.  Das  so  er\vorbene  Eigentum  ist  ebenso  wie  das 
auf  Grund  der  früheren  Konzessionen  erworbene  nicht  mehr  den  \'er- 
äußerungsbeschränkungen  unterworfen,  die  früher  bestanden  haben. 

Das  Wesentliche  an  dieser  Neugestaltung  ist,  daß  die  Konzessions- 
rechte nach  Zeit  und  Inhalt  erheblich  beschnitten  worden  sind;  vor 
allem,  daß  diese  Konzessionen  sich  nur  mehr  auf  die  Kautschukgewin- 


§  (>7- 


—      20O      — 

nung  beziehen,  das  bisherige  Gewinnungsmonopol  auf  alle  natürlichen 
Erzeugnisse  der  Konzessionsgebiete  im  übrigen  also  aufgehoben  worden 
ist.  Andererseits  sind  aber  auch  die  Gegenleistungen  der  Gesellschaften 
vereinfacht  worden.  Die  vielfachen  Ausgaben  für  die  Unterhaltung  des 
staatüchen  Personals  und  für  die  Dampfschiffahrt  sind  ganz  weggefallen. 
Bestehen  geblieben  ist  nur  die  Verpflichtung  zur  Zahlung  der  Kautionen, 
der  jährlichen  festen  Abgabe  und  des  15  proz.  Gewinnanteiles  an  den 
Fiskus.  Die  feste  jährliche  Abgabe  ist  zunächst  für  die  ersten  10  Jahre 
festgesetzt  worden  und  wird  für  die  zweiten  10  Jahre  im  Verhältnisse 
zu  dem  Gebiete  festgesetzt  werden,  für  das  nach  Ablauf  der  ersten  10  Jahre 
das  Konzessionsrecht  weiter  bestehen  bleibt.  Sehr  wichtig  ist,  daß  für 
den  15 proz.  Gewinnanteil  die  Zahlungspflicht  jetzt  nicht  mehr  auf  die 
Dauer  der  Konzession  beschränkt  ist,  sondern  während  des  ganzen  Be- 
stehens der  Gesellschaft  fortdauert.  Da  die  Gesellschaft  sich  satzungs- 
mäßig eine  Dauer  von  99  Jahren  vorgesetzt  hat,  wird  also  der  Fiskus 
während  dieser  ganzen  Zeit  an  dem  etwaigen  GeA\dnne  beteiligt  sein 
(Art.  3  der  Gesellschaftssatzungen). ^) 

Es  ist  wieder  untersagt  worden,  bei  der  Ausbeutung  der  Kautschuk- 
bestände Gewinnungsarten  anzuwenden,  durch  die  die  Kautschuk- 
pflanzen eingehen  könnten.  Eingegangene  Kautschukpflanzen  müssen 
durch  neue  ersetzt  werden.  Das  neue  Dekret  enthält  aber  nicht  einmal 
mehr  die  Bestimmung  des  alten  Dekretes,  daß  bei  der  Unterlassung 
der  Nachpflanzung  die  Konzession  für  beschränkte  Landgebiete  auf- 
gehoben werden  kann. 

Die  Bestimmungen  über  die  Rücknahme  von  Land  aus  Gründen 
des  öffentlichen  Interesses  sind  gleich  geblieben.  Bestehen  geblieben 
ist  ferner  der  Verzicht  auf  jeden  Ersatzanspruch  wegen  Schäden  infolge 
von  Unruhen  und  die  Unterwerfung  unter  die  allgemeinen  fiskahschen, 
grundrechtlichen  und  forsthchen  Gesetze.  Streitigkeiten  über  die  Aus- 
legung der  Vereinbarungen  sind  der  Entscheidung  der  Verwaltungs- 
gerichte unterworfen. 

§  68.  Das    Ende   der    Konzessionen. 

I.  Der  Zeitablauf  der  Konzession  vollzieht  sich  in  zwei  Abschnitten 
von  je  IG  Jahren.  Nach  den  ersten  10  Jahren,  also  am  20.  Juni  1920, 
erlischt  das  Kautschukgewinnungsmonopol  für  das  ganze  Gebiet  und 
bleibt  für  die  nächsten  10  Jahre  nur  auf  einem  Gebiete  bestehen,  das 
zehnmal  so  groß  ist  als  das  am  20.  Juni  1920  bepflanzte  und  planmäßg 
ausgebeutete  Landgebiet.    Die  Gesellschaft  rechnet,  wie  schon  erwähnt. 


^)  Denkschrift  der  Compagnie  Forestiere  von  191 1,  S.  69. 


—      201      — 

damit,  daß  sie  nach  Ablauf  der  ersten  lo  Jahre  etwa  300  000  ha  bepflanzt 
oder  in  planmäßige  Ausbeutung  genommen  haben  wird,  so  daß  für  den 
zweiten  Abschnitt  von  10  Jahren  das  Kautschukmonopol  auf  einer 
Flüche  von  3  Millionen  ha  bestehen  bleibt.  Nach  Ablauf  des  zweiten 
Abschnittes  erlischt  das  Kautschukmonopol  vollständig.  Die  bevor- 
rechtigte wirtschaftliche  Tätigkeit  der  Gesellschaft  wird  dann  ganz 
auf  die  Ländereien  beschränkt  sein,  die  sie  bis  dahin  bepflanzt  oder 
planmäßig  ausgebeutet  und  damit  zu  Eigentum  ervvorben  hat. 

2.  Die  Aufhebung  der  Konzession  tritt  ein,  wenn  die  feste  Abgabe 
oder  der  Gewinnanteil  nicht  rechtzeitig  bezahlt  oder  in  drei  aufeinander- 
folgenden Jahren  die  vorgesehene  Mindestkautschukausfuhr  aus  den 
betreffenden  Gebieten  nicht  erreicht  wird.  Die  Aufhebung  erfolgt  in 
diesem  Falle  ohne  jede  Entschädigung  der  Gesellschaft.  Mit  der  Auf- 
hebung geht  die  Konzession  selbst  unter,  so  daß  das  Gebiet  konzessions- 
frei wird. 

Das  ursprüngliche  Übereinkommen  zwischen  den  Gesellschaften 
und  der  französischen  Regierung  vom  13.  Juni  1910  kannte  nur  diese 
beiden  Endigungsgründe.  Durch  den  Nachtrag  vom  31.  Januar  1911, 
genehmigt  durch  Dekret  vom  26.  Februar  1911,^)  wurden  noch  zwei 
weitere  Enteignungsgründe  eingeführt,  nämHch  3.  die  vollständige  oder 
teilweise  Aufhebung  der  Konzessionen  aus  Gründen  des  öffentlichen 
Interesses  mit  voller  Entschädigung  und  4.  die  Aufhebung  ohne  Entschä- 
digung, wenn  Angestellte  der  Gesellschaft  gegen  Eingeborene  Betrüge- 
reien oder  Quälereien  \nederholt  oder  in  schwerer  Form  begangen  oder 
sich  Verbrechen  schuldig  gemacht  haben,  ohne  daß  die  Gesellschaft  da- 
gegen eingeschritten  ist  oder  die  Angestellten  zurückberufen  hat. 

Nach  Art.  10  des  neuen  Dekretes  haben  die  Eingeborenen  außer  §  69. 
den  in  Art.  23  des  Forstdekretes  vom  23.  Mai  1899  angegebenen,  all- 
gemeinen Rechten-)  auch  noch  das  Recht,  sich  überall  im  Konzessions- 
gebiete niederzulassen,  soweit  das  Land  noch  nicht  Eigentum  der  Ge- 
sellschaft geworden  ist.  Soweit  Eingeborene  bei  Erlaß  des  neuen  De- 
kretes auf  Ländereien  sich  niedergelassen  haben,  an  denen  Eigentum 
oder  ein  Anspruch  auf  Eigentumsverleihung  ersvorben  worden  ist,  l>e- 
halten  sie  das  Recht,  auf  diesen  Plätzen  wohnen  zu  bleiben.  Sie  können 
sich  auch  in  Zukunft  an  diesen  Grundstücken  Sonder-  oder  Kollektiv- 
eigentumsrechte verschaffen. 


')  Denkschrift  der  Cic.   For.   191 1,  S.  64  ff. 
")  Vgl.  dazu  oben  §  62. 


—      202       — 

Die  Eingeborenenreservate 

bedürfen  nicht  mehr  einer  bestimmten  Abgrenzung  —  die  allerdings 
auch  vorher  nicht  bestanden  hat  — ;  sondern  die  Tatsache  der  gemein- 
samen Niederlassung  von  Eingeborenen  und  die  Abhängigkeit  des 
Landes  von  dieser  Niederlassung  genügen,  dieses  Land  zu  Reservaten 
zu  machen.  Damit  ist  für  das  Gebiet  der  Cie.  Forestiere  der  Anlaß 
zu  vielen  Streitigkeiten  weggefallen,  die  vorher  zwischen  den  Konzessions- 
gesellschaften  und   den   Eingeborenenhäuptlingen  bestanden  haben. 

Die  Eingeborenen  haben  das  Recht,  sich  in  den  Ländereien  des 
ganzen  Konzessionsgebietes  mit  Ausnahme  von  Kautschuk  alles  zu 
holen,  was  für  die  persönlichen  Bedürfnisse  der  einzelnen  oder  der  Ge- 
meinschaften und  für  ihre  gewerbüchen  Zwecke  notwendig  ist.  Aus- 
genommen von  dieser  Berechtigung  sind  nur  die  Landgebiete,  die  von 
der  Gesellschaft  bebaut  sind  und  die  Forstparzellen,  die  planmäßig  aus- 
gebeutet werden.  Das  Recht  der  Eingeborenen,  sich  innerhalb  ihrer 
Reservate  alle  natürlichen  Erzeugnisse,  also  auch  Kautschuk,  anzueignen, 
ist  in  dem  neuen  Dekret  ausdrücklich  anerkannt  worden,  um  die  Zweifel, 
die  darüber  nach  dem  früheren  Dekrete  bestanden  hatten  und  erst  durch 
die  Rechtsprechung  beseitigt  wurden,  von  vornherein  unmöglich  zu 
machen.  Die  Gesellschaft  ist  aber  ermächtigt  worden,  mit  den  Häupt- 
lingen Verträge  jeder  Art  abzuschUeßen,  die  der  Ausbeutung  der  Forsten 
dienen  sollen  und  sich  von  den  Eingeborenen  die  Rechte  auf  die  Kaut- 
schukbestände ihrer  Reservate  abtreten  zu  lassen.  Solche  Verträge  be- 
dürfen der  Genehmigung  des  Generalgouverneurs. 

Die  Cie.  Forestiere  hat  ein  Vertragsformular  für  derartige  Verträge 
abgefaßt,  das  vom  Generalgouvemeur  genehmigt  worden  ist.  Ob  und 
in  welchem  Umfange  solche  Verträge  bisher  abgeschlossen  worden  sind, 
ist  nicht  bekannt.  Das  Formular  ist  im  Anhange  III  abgedruckt.  Es 
erübrigt  sich  daher,  hier  auf  die  einzelnen  Bestimmungen  des  Vertrages 
einzugehen  und  sie  einer  Beurteilung  zu  unterziehen.^)  Es  soll  hier 
nur  auf  ein  Urteil  des  Gerichtes  von  Libreville  hingewiesen  werden,  in 
dem  ausgesprochen  wird,  daß  die  Eingeborenensiedelungen  nicht  die 
Eigenschaft  von  juristischen  Persönlichkeiten  haben,  und  daß  daher  die 
zivilrechtliche  Vertretung  einer  Eingeborenenniederlassung  durch  den 
Häuptling  und  die  vertraghche  Verpflichtung  einer  Niederlassung  als 
Gesamtheit  durch  ihn  unmöglich  ist.  Eine  Klarstellung  dieser  Verhält- 
nisse wird  nach  Übernahme  des  Gebietes  in  deutsche  Verwaltung  erfolgen 
müssen. 


1)  Vgl.  dazu  Rapport  de  la  Commision  de  la  Chambre  des  Deputes  sur  le 
budget  general  des  colonies  191 1,  2.  Teil,  S.  22. 


—      203      — 

F.  Die    rechtliclie    Xatur   der    Konzessionen.  §  7o- 

Die  Frage  nach  der  rechtliclien  Natur  der  Konzessionen  hat  im 
französischen  Konzessionsrechte  nicht  die  gleiche  Wichtigkeit  wie  im 
deutschen.  Im  deutschen  Konzessionsrechte  ist  die  Frage  von  großer 
Bedeutung  und  sehr  bestritten  gewesen,  als  es  sich  darum  handelte, 
ob  Konzessionsgesellschaften  in  Kamerun  und  Südwest-Afrika  ihre 
Rechte  wegen  Nichterfüllung  der  ihnen  auferlegten  Bedingungen  ent- 
zogen werden  können.^)  Da  in  den  französischen  Konzessionsurkunden 
die  Folgen  der  Nichterfüllung  der  Konzessionsbestimmungen  ausführ- 
lich und  erschöpfend  geregelt  sind,  kann  im  französischen  Konzessions- 
rechte diese  Frage  nicht  auftauchen.  Die  rechtliche  Natur  der  Kon- 
zessionen hat  aber  für  die  \'ereinbarungen,  die  bei  dem  Gebietsaustausche 
zwischen  Frankreich  und  Deutschland  getroffen  worden  sind ,  Be- 
deutung.    Sie  soll  daher  hier  kurz  besprochen  werden. 

Die  Konzessionen  von  1899  benihen  auf  dem  Dekrete  und  dem 
Lastenhefte.  Diese  beiden  Rechtsakte  sind  rechtlich  ganz  verschieden. 
Ihre  Verschiedenheit  geht  äußerlich  schon  daraus  her\'or,  daß  das  Dekret 
von  dem  Präsidenten  von  Frankreich  allein  unterzeichnet  ist,  das  Lasten- 
heft aber  von  dem  Konzessionär  und  dem  Kolonialminister.  Das  Dekret 
stellt  sich  also  schon  äußerlich  als  eine  einseitige  Willenserklärung  der 
Staatsgewalt;  das  Lastenheft  als  zweiseitiges  Rechtsgeschäft  zwischen 
dem  Staate  und  dem  Konzessionare  dar.  Der  Grund  dieser  Teilung  der 
Konzessionsverleihung  in  zwei  rechtlich  verschiedene  Akte  mag  ge- 
wesen sein,  daß  einerseits  zugleich  mit  den  Konzessionen  Rechtsverhält- 
nisse geregelt  werden  mußten,  für  die  die  Staatsgewalt  zuständig  war 
und  die  einer  öffentlich  imd  allgemein  \-erbindlichen  Ordnung  bedürfen, 
so  z.  B.  die  Rechts\-erhältnisse  der  Eingeborenen,  der  \'orbehalt  der 
Berliner  Akte,  das  Recht  der  Privatangestellten  der  Konzessionsgesell- 
schaften, die  standesamtlichen  Geschäfte  zu  führen  u.  a.  Andererseits 
aber  bedurften  die  zahlreichen  Verpflichtungen  der  Konzessionare  der  ver- 
traglichen Bindung,  denn  durch  das  Dekret  allein  sind  für  sie  nur  Rechte 
entstanden,  keine  Verpflichtungen.  Solche  Verpflichtungen  haben  die 
Konzessionare  erst  durch  die  Konzessionsverträge  ülx'rnommen,  die 
den  Inhalt  des  Lastenheftes  bilden.  Dementsprechend  wird  in  der  fran- 
zösischen Literatur  und  Rechtsprechung  von  den  durch  das  Dekret 
,, oktroyierten"    d.    h.    einseitig    verliehenen    Konzessionen    gesprochen, 


')  Vgl.  die  kurze  ZiisammenstelUing  der  Meinungen  und  der  Literatur  darüber 
in  „Das  koloniale  Bergrecht"  von  Dr.  K.  Ritter,  S.  94;    Nürnberg,  U.  E.  Scbald. 


—      204      — 

während  das  Lastenheft  als  contrat  synallagmatique,  als  ein  Vertrag, 
der  die  Gesellschaft  und  die  Verwaltung  bindet,  angesehen  wird.^) 

Wenn  das  Dekret  sonach  auch  ein  Akt  der  Staatsgewalt  ist,  so 
enthält  es  doch  auch  bürgerlich-rechtüche  Bestandteile,  denn  wenn  der 
Staat  die  Nutznießung  an  seinem  Privateigentum  vergibt,  handelt  er 
als  Privateigentümer.  Wird  das  Lastenheft  in  der  gleichen  Richtung 
geprüft,  so  ergibt  sich  zunächst,  daß  der  Vertrag  zwischen  den  Kon- 
zessionaren und  dem  Staate  auf  Seite  der  Konzessionare  ein  rein  privat- 
rechtliches Rechtsgeschäft  ist.  Wenn  in  dem  Lastenhefte  auch  von 
öffentlich-rechtlichen  Dingen  die  Rede  ist,  z.  B.  von  dem  Schutze  der 
Religion  der  Eingeborenen  oder  dem  Verbote  des  Waffenhandels,  so 
gibt  das  den  Konzessionsgesellschaften  noch  keine  öffentlich-rechthche 
Eigenschaft.  Diese  Verpflichtungen  beständen  für  die  Gesellschaften 
auch  ohne  ihre  ausdrückliche  Erwähnung  im  Lastenhefte  und  sind  nur 
in  ihrer  Bedeutung  als  Entsetzungsgründe  besonders  aufgeführt.  Ebenso 
ist  in  den  Ausgaben  für  staatliches  Personal  oder  in  der  Verpfhchtung, 
Dampfschiffahrt  zu  betreiben,  nur  eine  Gegenleistung  für  die  privat- 
rechtliche Abtretung  des  Nutznießungsrechtes  zu  erblicken.  Dagegen 
kann  zw^eifelhaft  sein,  ob  der  französische  Kolonialminister  bei  der 
Unterzeichnung  der  Konzessionsverträge  nur  als  Vertreter  des  Privat- 
subjektes Staat  gehandelt  hat  oder  auch  in  öffentlich-rechtHcher  Eigen- 
schaft. Aber  auch,  wenn  man  das  letztere  annimmt,  also  zu  dem  Er- 
gebnis kommt,  daß  der  Konzessionsvertrag  auf  Seiten  des  Staates  ge- 
mischt privat-  und  öffentlich-rechtlicher  Natur  ist,  so  ist  daran  doch  fest- 
zuhalten, daß  die  Grundlage  des  ganzen  Konzessions Vertrages,  die  Ver- 
gebung des  Nutzungs-  und  eines  bedingten  Okkupationsrechtes  nur 
nach  bürgerlich-rechtlichen  Grundsätzen  zu  beurteilen  ist. 

Bei  dem  Konzessionsdekrete  der  Cie.  Forestiere  ist  der  rechthche 
Vorgang  äußerlich  in  etwas  andere  Form  gebracht.  Hier  liegt  ebenfalls 
ein  zweiseitiges  Rechtsgeschäft  zwischen  der  französischen  Regierung, 
vertreten  durch  den  Kolonialminister,  und  den  Inhabern  der  Konzes- 
sionen vor.  In  diesem  zweiseitigen  Rechtsgeschäfte  sind  hier  aber  alle 
Bestimmungen  zusammengezogen,  die  1899  auf  zwei  verschiedene  Rechts- 
akte verteilt  worden  sind.  Das  Dekret  des  Präsidenten  von  Frankreich 
spricht  hier  nicht  ausdrückhch  die  Konzessionsverleihung  aus;  sondern 
genehmigt  nur  das  vorhergehende  zweiseitige  Rechtsgeschäft.  Damit 
hat  es  aber  im  Erfolge  die  gleiche  Aufgabe  erfüllt  wie  das  Dekret  von 
1899,  nämlich  die  Erteilung  der  Konzession  durch  einen  einseitigen  Staats- 


1)  Vgl.  Dekret  v.  19.  März  1902,  Recueil  1905,  i.  Teil,  S.  344  und  Afr.  fr.  1902, 
S.   391. 


—      205      - 

akt.  Die  Verschiedenheit  bezieht  sich  also  nur  auf  die  Form.  Dem  Wesen 
nacli  ist  die  Scheidung  zwischen  einseitigem,  üffenthch-rechtHchen  und 
zweiseitigem,  privatrechtlichen  Rechtsgeschäfte  die  gleiche  geblieben 
wie  bei  dem  Dekret  von  1899. 

Xelx^n  diesen  beiden  Rechtsakten  sind  die  Instructions  Ministerielles 
au  Commisaire  General  vom  24.  Mai  1899^)  für  die  Konzessionen  wichtig. 
Durch  diese  ministeriellen  Instruktionen  haben  die  Konzessionen  erst 
die  wirtschaftliche  Form  bekommen,  die  sie  heute  hal)en.  Ihre  Bestim- 
mungen haben  vor  allem  die  Entrechtung  der  Eingeborenen  ermögUcht, 
von  der  oben  gesprochen  wurde,  und  die  Beschränkung  des  freien  Handels. 
Sie  schreiben  z.  B.  vor,  daß  die  \'envaltung  Handelslustigen,  die  im 
Kongo-Gebiete  sich  betätigen  wollen,  den  Zutritt  zum  Land  nicht  direkt 
verbieten  dürfe;  dem  stehe  die  Berliner  Generalakte  entgegen.  Ihre 
feste  Niederlassung  müsse  aber  verhindert  werden,  indem  ihnen  weder 
in  den  Eingeborenenreservaten  noch  im  übrigen  Gebiete  des  privaten 
Staatseigentums  Land  zur  Errichtung  von  Niederlassungen  gegeben 
werde.  Da  nach  den  Handelsverhältnissen  im  Kongogebiete  von  Nicht- 
eingeborenen ohne  feste  Niederlassung  ein  Handel  nicht  betrieben  werden 
kann,  ist  mit  dieser  Vorschrift  der  freie  Handel  ausgeschlossen.  Das 
rechtliche  Verhältnis  dieser  ministeriellen  Instruktionen  zu  den  Kon- 
zessionen ist  aber  trotz  ihrer  Wichtigkeit  für  sie  ein  ganz  anderes  wie 
das  des  Dekretes  und  des  Lastenheftes.  Während  diese  beiden  Rechts- 
akte ohne  Zustimmung  der  Konzessionare  nicht  abgeändert  oder  auf- 
gehoben werden  können  —  für  das  Lastenheft  ergibt  sich  das  aus  seiner 
Vertragsnatur;  für  das  Dekret  daraus,  daß  es  den  Konzessionen,  wenn 
auch  einseitig,  ganz  bestimmte  Rechte  verleiht  —  haben  die  ministeriellen 
Instruktionen  nur  die  Eigenschaft  einer  Dienstanweisung  an  die  unter- 
geordnete Behörde.  Sie  können  daher  jederzeit  aufgehoben  und  durch 
andere  Vorschriften  ersetzt  werden,  ohne  daß  die  Konzessionsgesellschaften 
daraus  irgendeinen  Schadensersatzanspruch  ableiten  könnten,  und  die 
deutsche  Verwaltung  ist  an  sie  nicht  gebunden. 

Jedenfalls  kann  es  nicht  als  die  Aufgabe  der  Verwaltung  angesehen 
werden,  die  Konzessionsgesellschaften  vor  der  Niederlassung  anderer 
in  ihren  Konzessionsgebieten  zu  schützen;  vielmehr  haben  die  Gesell- 
schaften selbst  für  die  Wahnmg  ihrer  Rechte  mit  den  Mitteln  zu  sorgen, 
die  ihr  der  Rechtsweg  vor  den  bürgerhchen  Gerichten  an  die  Hand  gibt. 
Das  ist  von  französischen  Gerichten  wiederholt  festgestellt  worden,  so 
in  den   Entscheidungen  des  Conseil  d'Etat   vom   13.   Mai   1908,^)   und 


*)  Annuaire   1910,  S.   576. 

*)  Recueil  1908,  3.  Teil,  S.   129. 


—      206      — 

vom  Jahre  1911-')    und  in  dem  Urteile  des  Gerichtes  von  Bangi  vom 
24.  November  1911.-) 

§  71.         G.    Die    Konzessionen   und    das   November-Abkommen. 

Durch  den  Gebietsaustausch  auf  Grund  des  Novemberabkommens 
wird  in  die  rechthchen  Verhältnisse  der  Konzessionen  und  der  Gesell- 
schaften stark  eingegriffen.  Das  Novemberabkommen  bestimmt  darüber 
in  Art.  5: 

Les   presents   echanges   de  terri-  Die    gegenwärtigen     Gebietsaus- 

toires  sont  faits  dans  les  conditions  tauschungen    erfolgen    unter    den 

oü  ces  territoires  se  comportent  au  Verhältnissen,  unter  denen  die  be- 

moment  de  la  conclusion  du  pre-  treffenden  Gebiete  sich  zur  Zeit  des 

sent  accord,  c'est  ä  dire  ä  charge  Abschlusses  der  gegenwärtigen  Ver- 

pour  les   deux    Gouvernements   de  einbarung  befinden,  das  heißt  unter 

respecter  les  concessions  publiques  der  Verpflichtung  für  beide  Regie- 

et    particulieres    qui    ont    pu    etre  rungen,    die    etwa   von    einer   der- 

consenties  par  chacun  d'eux.     Les  selben  bewiUigten  öffentlichen  und 

deux  Gouvernements  se  communi-  privaten   Konzessionen   zu   achten, 

queront  le  texte  des  actes  par  les-  Beide  Regierungen  werden  sich  den 

quels  ces   concessions  ont   ete   ac-  Wortlaut  der  Urkunden  mitteilen, 

cordees.  durch  die  diese  Konzessionen  ver- 
liehen worden  sind. 

Le    Gouvernement   allemand   est  Die  Deutsche  Regierung  tritt  in 

substitue   au   Gouvernement  de  la  alle  Vorteile,  Rechte  und  Verbind- 

Republique    Frangaise    dans    tous  lichkeiten    der    Französischen    Re- 

les  avantages,  droits  et  obligations  gierung  ein,  die  sich  aus  den  vor- 

resultant  des  actes  dont  il  est  parl6  erwähnten    Urkunden    hinsichthch 

ci-dessus  au  regatd  des  societes  con-  der     Konzessionsgesellschaften    er- 

cessionnaires  qui  passeront  sous  la  geben.        Diese    treten    unter    die 

souverainete,  l'autorit^  et  la  juri-  Staatshoheit,  Staatsgewalt  und  Ge- 

diction  de  l'Etat  allemand.      Une  richtsbarkeit  des  Deutschen  Reiches. 

Convention  speciale  reglera  l'appli-  Eine  besondere  Übereinkunft  wird 

cation    des    dispositions    ci-dessus.  die  Anwendung  der  fraglichen  Be- 
stimmungen regeln. 

Diese  besondere  Übereinkunft  ist  noch  nicht  abgeschlossen  worden. 
Es  seien  im  folgenden  einige  Punkte  hervorgehoben,  mit  denen  das 
Übereinkommen  sich  zu  beschäftigen  haben  wird: 

1)   Recueil  1912,  S.   15 ff. 

')   Siecle  vom  27.  März  191 2. 


—    2o;     — 

Nationalität  der  Gesellschaft  (Art.  z  des  Dekretes),^) 

Nationalität  der  Verwaltung  und  der  Angestellten  (Art.  ii  des 
Dekretes), 

Nationalität  des  Gesellschaftssitzes,  Ernennung  und  Wohnsitz  des 
\'er treters  der  Gesellschaft  in  der  Kolonie  (Art.  ii  des  Dekretes). 

Übertragung  der  Zuständigkeit  der  Commission  des  concessions 
coloniales  auf  eine  entsprechende  deutsche  Behörde  (Art.  2;  Art.  15 
des  Dekretes;  Art.  18  L.-H.). 

Teilung  der  festen  jährlichen  Abgabe  und  des  Gewinnanteiles 
(Art.  6  des  Dekretes), 

Teilung  der  Beiträge  zu  den  Unterhaltungskosten  für  Venvaltungs- 
beamte  (Art.  12  Abs.  3  des  Dekretes), 

Ernennung  eines  Regierungs-Kommissars  zur  Überwachung  der 
Geschäftsführung  nach  Art.  13  des  Dekretes  und  sein  Zusammenwirken 
mit  dem  französischen  Kommissar, 

Übertragung  der  Zuständigkeit  des  Conseil  d'Etat  auf  eine  ent- 
sprechende deutsche  Behörde  (Art.  15  des  Dekretes), 

Teilung  der  Kaution  (Art.  iS  des  Dekretes), 

Verteilung  der  Nachpflanzungspflicht  auf  deutsches  und  franzö- 
sisches Gebiet  (Art.  7  L.-H.). 

Verteilung  der  Erschließungsarbeiten  auf  deutsches  und  franzö- 
sisches Gebiet  (Art.  7  L.-H.), 

Verteilung  der  Schiffahrtsverpflichtungen, 

des  staatlichen  Requisitionsrechtes  bezüglich  der  Schiffe, 
,,  des    Postdienstes,   der   Anlegeplätze,   des  Eigentums    an 

den  Dampfscliiffen,  Nationalität  der  Flagge  und  Heimatshafen  (Art.  11  ff. 
L.-H.), 

Führung  der  Rechnungskontrolle  (Art.  23  L.-H.), 

Verteilung  des  Rechtes,  beim  Ablaufe  der  Konzessionen  die  .\n- 
lagen  auf  den  Konzessionsgebieten  anzukaufen  (Art.  24  L.-H.), 

Übertragung  der  Zuständigkeit  zur  Entscheidung  von  Streitig- 
keiten mit  den  Eingeborenen  auf  eine  entsprechende  deutsche  Behörde 
(Art.  IG  des  Dekretes), 

Zusammensetzung  des  Schiedsgerichtes  (Art.  27  u.  30  L.-H.), 

Gerichtliche  Zustellung  an  die  Gesellschaft  (Art.  28  L.-H.), 

Verwaltungsgerichtliche  Zuständigkeit  nach  Art.  27  des  Dekretes 
der  Ngoko-Sanga  von  1905  und  Art.  14  des  Dekretes  der  Cie.  Forestidre, 

Regelung  des  Versteigerungsverfahrens  (.\rt.  31  L.-H.), 

')  Zitiert  nach  dem  Dekrete  von  1S99. 


—      208      — 

Feststellung  und  Eintragung  des  Eigentumsrechtes  am  Boden 
(Art.  9  u.  10  des  Dekretes). 

Daß  alle  vorstehend  aufgeführten  Bestimmungen  in  den  Dekreten 
und  Lastenheften  geändert  werden  müssen,  ergibt  sich  allein  aus  der 
Tatsache,  daß  Deutschland  den  Gesellschaften  gegenüber  an  die  Stelle 
Frankreichs  tritt  und  die  Gesellschaften  unter  die  Staatshoheit,  Staats- 
gewalt und  Gerichtsbarkeit  Deutschlands  kommen.  Hierbei  wird,  da 
eine  einseitige  Abänderung  vertraglicher  Bestimmungen  nicht  möghch 
ist,  insoweit  auch  eine  Mitwirkung  der  Gesellschaften  notwendig  sein. 

Ob  über  alle  oben  aufgezählten  Punkte  eine  Vereinbarung,  die  den 
Interessen  aller  BeteiHgten  Rechnung  trägt,  überhaupt  möghch  sein 
wird,  soweit  es  sich  um  Gesellschaften  handelt,  deren  Konzessionsgebiete 
teils  in  französischem,  teils  in  deutschem  Gebiete  liegen,  erscheint  zweifel- 
haft. In  diesem  Falle  würde  nur  die  Lösung  übrig  bleiben,  daß  diese 
Gesellschaften  sich  in  eine  deutsche  und  eine  französische  Gesellschaft 
teilen. 

Daß  die  Geltung  der  ahgemeinen  französischen  Rechtsbestimmungen 
für  die  Gesellschaften  durch  die  Konzessionsverleihung  nicht  berührt 
wird,  ist  in  den  Dekreten  ausdrücklich  hervorgehoben.  Mit  dem  Über- 
gange der  Gesellschaften  unter  die  deutsche  Staatshoheit,  Staatsgewalt 
und  Gerichtsbarkeit  ergibt  sich  von  selbst,  daß  an  die  Stelle  des  fran- 
zösischen Rechtes  jetzt  das  deutsche  Recht  tritt;  daß  also  nicht  mehr 
die  französische  Grundstücks-,  Forst-,  Jagd-,  Berg-,  Arbeitergesetz- 
gebung usw.  für  die  Gesellschaften  gilt,  sondern  die  deutsche. 


III.  Die  Konzessionen  und  der  freie  Handel. 

Die  rechthchen  und  tatsächlichen  Voraussetzungen  für  den  Handel, 
die  sich  dem  freien  Händler,  d.  h.  dem  Nicht-Konzessionar,  in  Neu- 
Kamerun  bieten,  sind  oben  schon  an  verschiedenen  Stellen  berührt 
worden.  Die  Verhältnisse  liegen  in  dieser  Beziehung  in  Neu- Kamerun 
so  verschieden,  daß  eine  kurze  zusammenhängende  Darstellung  dieser 
Voraussetzungen  angebracht  erscheint.  Denn  es  ist  nicht  nur  zwischen 
dem  vertraghchen  Kongo-Becken  und  dem  außerhalb  davon  liegenden 
Gebiete  zu  unterscheiden,  sondern  auch  innerhalb  des  ersteren  Gebietes 
sind  wieder  drei  Gebiete  und  innerhalb  des  letzteren  zwei  Gebiete  unter 
sich  verschieden. 
§  72.  i)  Die  Handelsverhältnisse  im  Kongo-Becken  sind  durch  die  General- 

akte der  Berliner  Konferenz  vom  26.  Februar  1885  (RGBl.  1885  S.  215) 
und  durch  die  Erldärung  im  Anschlüsse  an  die  Akte  der  Brüsseler  Anti- 
sklaverei-Konferenz  vom  2.  Juli  1890   (RGBl.  1892  S.  605)   bestimmt. 


—      209      — 

Das  vertragliche  Kongo-Becken  umfaßt  alle  Gebiete,  die  im  Becken  des 
Kongo  \md  seiner  Nebenflüsse  liegen.  Die  nördliche  Grenze,  die  hier 
allein  interessiert,  folgt  dem  südlichen  Breitengrade  2^30'  von  der  Küste 
bis  zu  dem  Punkte,  wo  er  mit  dem  geographiijchen  Becken  des  Kongo 
zusammentrifft.  Von  hier  ab  wird  die  Grenze  durch  die  tatsächliche 
Wasserscheide  gebildet. 

Die  Berliner  Generalakte  bestimmt  über  den  Handel  in  diesem 
Gebiete : 

Art.  4. 

,,Die  in  diese  Gebiete  eingeführten  Waren  bleiben  von  Eingangs- 
imd  Durchgangszüllen  frei. 

Die  Mächte  behalten  sich  vor,  nach  Ablauf  einer  Periode  von 
20  Jahren  zu  bestimmen,  ob  die  Zollfreiheit  der  Einfuhr  beizubehalten  ist. 

Art.  5. 

Keine  der  Mächte,  welche  in  den  oben  bezeichneten  Gebieten  Sou- 
veränitätsrechte ausübt  oder  ausüben  wird,  kann  daselbst  Monof)ole 
oder  Privilegien  irgendeiner  Art,  die  sich  auf  den  Handel  beziehen, 
verleihen. 

Die  Fremden  sollen  daselbst  mit  Bezug  auf  den  Schutz  ihrer  Person 
und  ihres  Vermögens,  den  Erwerb  und  die  Übertragung  beweglichen  und 
unbeweglichen  Eigentums  und  die  Ausübung  ihres  Gewerbes  ohne  Unter- 
schied die  gleiche  Behandlung  und  dieselben  Rechte  wie  die  Landes- 
angehörigen genießen." 

Die  Erklärung  der  Brüsseler  Konferenz  bestimmt  in  teilweiser 
Abänderung  der  Berliner  Generalakte: 

,,Die  beteiligten  Signatarmächte  können  in  dem  vertraglichen  Kongo- 
Becken  von  den  eingeführten  Waren  Zölle  erheben,  deren  Tarif  einen 
10%  des  Wertes  im  Einfuhrhafen  gleichkommenden  Satz  nicht  über- 
steigen darf. 

Es  bleibt  vereinbart: 

r.  daß  keine  ungleiche  Behandlung  stattfindet  und  kein  Durch- 
gangszoll erhoben  wird; 

2.  daß  bei  Anwendung  des  vereinbarten  Zollsystems  eine  jede  Macht 
^ich  bestreben  wird,  die  Formalitäten  soviel  wie  möglich  zu  vereinfachen 
lind  die  Handelsunternchmungcn  zu  erleichtem." 

Wenn  sonach  auch  der  ganze  in  Neu- Kamerun  liegende  Teil  des 
Kongo-Beckens  bezüglich  des  Handels  rechtlich  eine  Einheit  bildet, 
so  hegen  tatsächlich  die  Handelsmöglichkeiten  in  den  einzehien  Teilen 

Vcrof.'cntl.  d.   Reirhskolonialamtos  Nr.  4  :  Ritter.  "4 


—      2IO      — 

ganz  verschieden,  da  die  eben  besprochenen  Konzessionen  alle  oder  ein- 
zelne natürliche  Erzeugnisse  unter  Monopol  gestellt  haben.  Die  Frage, 
ob  die  Konzessionen  mit  den  Bestimmungen  der  Berüner  Generalakte  ver- 
einbar sind,  ist  seit  Verleihung  der  Konzessionen  vielfach  erörtert  worden. 
Darauf  soll  hier  nicht  näher  eingegangen  werden.  Denn  es  ist  nur  Zweck 
dieser  Arbeit,  den  tatsächhchen  Stand  beim  Übergange  des  neuen  Ge- 
bietes unter  deutsche  Herrschaft  festzustellen.  Es  genügt  daher,  darauf 
hinzuweisen,  daß  die  Konzessionen  im  Jahre  1899  ,, unter  Vorbehalt  der 
Verpflichtimgen  verheben  wurden,  die  sich  für  die  Konzessionare  aus 
den  Bestimmungen  der  Generalakte  von  Berlin  und  der  von  Brüssel 
ergeben".  Dieser  Vorbehalt  ist  bei  der  Neuordnung  der  Konzessionen 
im  Jahre  1910/11  aufrecht  erhalten  worden.  Dementsprechend  ist  von 
der  deutschen  Regierung  in  den  Verhandlungen  der  Budgetkommission 
und  im  Plenum  des  Reichstages  erklärt  worden,  daß  bei  den  bevor- 
stehenden Verhandlungen  über  die  Konzessionsgesellschaften  die  deutsche 
Regierung  darauf  bedacht  sein  werde,  die  Bestimmungen  der  BerHner 
Generalakte  vollständig  zur  Geltung  zu  bringen. 

Gleichviel,  ob  die  Konzessionen  nun  im  Geiste  der  Berliner  General- 
akte verheben  worden  sind  oder  nicht;  die  Entwicklung  in  Französisch- 
Äquatorial- Afrika  war  auf  jeden  Fall  so,  daß  die  durch  die  Berhner  und 
Brüsseler  Generalakte  gewährleistete  Freiheit  des  Handels  ziemhch 
illusorisch  gemacht  wurde.  Die  französische  Regierung  hat  das  ganze 
Landgebiet  zum  Privateigentum  des  Staates  erklärt,  und  als  Ausfluß 
dieses  Eigentums  auch  das  Recht,  alle  natürhchen  Erzeugnisse  des  Bodens 
sich  anzueignen,  für  den  Staat  beansprucht.  Ob  der  Staat  dieses  Recht 
selbst  ausübt,  oder  vollständig  an  Konzessionare  weitergibt,  ist  für  die 
rechthche  Konstruktion  ohne  Belang.  Da  es  im  Kongo- Gebiete  andere 
Handelsware  als  Grundstücke  und  die  natürhchen  Erzeugnisse  so  gut 
wie  nicht  gibt,  der  Geldverkehr  den  Eingeborenen  zimächst  unbekannt 
war  und  seine  Verbreitung  von  der  Verwaltung  lange  absichtlich  unter- 
drückt worden  ist,  so  war  die  weitere  Folge  der  Domanialpolitik,  daß 
dem  freien  Händler  jede  Möghchkeit  zum  Handel  versperrt  war.  Auch 
das  Wenige,  was  den  Eijigeborenen  an  natürlichen  Erzeugnissen  gelassen 
worden  war,  kam  für  ihn  nicht  in  Betracht,  da  die  Eingeborenen  dies 
zu  ihren  Steuerzahlungen  brauchten. 

Die  französische  Verwaltung  und  die  französischen  Gerichte  haben 
nach  dem  Beispiele  des  Kongo- Staates  den  Rechtssatz  aufgestellt,  daß 
der  freie  Händler  Diebstahl  begeht,  wenn  er  selbst  natürhche  Erzeug- 
nisse sammelt,  und  Hehlerei,  wenn  er  sie  von  Eingeborenen  eintauscht. 
Dadurch  ist  dem  freien  Händler  trotz  der  durch  die  Berhner  Generalakte 
formell  garantierten  Handelsfreiheit  jede  Möghchkeit  genommen  worden. 


—     2ir     — 

seine  Webstoffe,  Eisenwaren,  Glasknöpfe  usw.  an  die  Eingeborenen  zu 
verkaufen,  da  er  den  einzigen  als  Tauschmittel  \orhandenen  Gegenwert, 
die  natürlichen  Erzeugnisse,  vor  allem  Kautschuk  und  Elfenbein,  nicht 
annehmen  darf.  Dazu  kommt,  daß  die  französische  Ve^^valtung  wenigstens 
in  der  ersten  Zeit  der  Konzessionen  grundsätzlich  die  Errichtung  von 
Faktoreien  durch  Nicht-Konzessionare  verhindert  hat,  indem  sie  ihnen 
kein  Land  verkaufte.  In  den  letzten  Jahren  hat  die  französische  Ver- 
waltung unter  dem  Eindrucke  der  immer  mehr  zutage  tretenden,  nach- 
teiligen Folgen  des  Konzessionssystems  für  die  Allgemeinheit  ihre  Stel- 
lung gegenüber  den  Konzessionen  mehr  und  mehr  geändert  und  wieder- 
holt freien  Händlern  die  Errichtung  von  Faktoreien  ermöglicht,  indem 
sie  ihnen  die  Eingeborenensiedelungen  oder  auf  Ländereien,  die  für 
öffenthche  Zwecke  in  Anspruch  genommen  waren,  Land  zur  Verfügung 
stellte.  Auf  die  dagegen  erhobenen  Klagen  der  Konzessionsgesellschaften 
hat  die  Rechtsprechung  der  französischen  Gerichte  anerkannt,  daß  die 
Konzessionsgesellschaften  keinen  Anspurch  darauf  haben,  daß  die  Regie- 
rung die  Errichtung  solcher  Faktoreien  nicht  gestattet,  i)  Rechtlich 
besteht  aber  in  dieser  Beziehung  kein  Unterschied  z\\ischen  Einge- 
borenensiedlungen, den  eigenthchen  Konzessionsländerien,  und  den- 
jenigen Landflächen ,  die  die  Regierung  zu  offen thchen  Zwecken 
in  Anspruch  genommen  hat.  Die  Verwaltung  kann  auch  auf  den  eigent- 
hchen Konzessionsländereien  auf  Grund  ihres  Eigentumes  am  Boden  die 
Errichtung  von  Faktoreien  gestatten;  nur  darf  dadurch  nicht  in  die 
Nutzungsrechte  der  Konzessionsgesellschaften  eingegriffen  werden. 

Für  den  freien  Händler  hängt  also  die  Möghchkeit,  Handel  zu  treiben, 
zum  großen  Teile  davon  ab,  wieweit  ihm  die  natürhchen  Erzeugnisse 
des  Landes  zugänglich  sind.  Innerhalb  des  zu  Neu- Kamerun  gehörenden 
Teiles  des  Kongo-Beckens  sind  hier  3  Gebietsgruppen  zu  unterscheiden. 

a)  Die  zwei  konzessionsfreien  Gebiete,  das  eine  im  Sanga-\^orsprunge, 
das  andere  im  Ubangi-Vorsprunge.  2)  Mit  der  Konzessionsfreiheit  dieser 
Gebiete  war  bisher  für  den  freien  Händler  aber  an  sich  noch  nichts  ge- 
wonnen, denn  die  natürhchen  Erzeugnisse  gehörten  hier  dem  Eigen- 
tümer, nämlich  dem  französischen  Staate.  Nach  Art.  2  des  Forstdekretes 
vom  28.  März  1899  (Annuaire  Coloniale  1910,  S.  550)  war  zur  Ausbeutung 
in  diesen  konzessionsfreien  Gebieten  die  Ermächtigung  des  Gouver- 
neurs notwendig.  Wie  die  Verhältnisse  in  diesem  Gebiete  sich  in  Zukunft 
gestalten  werden,  hängt  von  den  Entschließungen  der-deutschen  Regie- 
rung ab. 


*)  Vgl.  oben  §  70. 
*)  Vgl.  oben  §  56. 

14* 


—      212      — 

b)  Die  Gebiete  der  Konzessionen,  für  die  das  Normaldekret  von  1899 
noch  gilt.  In  diesem  Gebiete  sind  alle  natürlichen  Erzeugnisse  in  Kon- 
zession gegeben.  Sollte  hier  die  Unsicherheit  über  die  Abgrenzung  der 
Rechte  der  Gesellschaften  und  der  Eingeborenen  an  den  natürlichen 
Erzeugnissen  der  Reservate  noch  weiter  bestehen,  so  müßten  die  Gerichte 
entscheiden. 

c)  Das  Gebiet  der  Cie.  Forestiere.  Hier  besteht  ein  Gewinnungs- 
monopol nur  noch  für  Kautschuk.  Alle  anderen  Erzeugnisse  stehen 
dem  Eigentümer  zu.  Für  den  freien  Händler  gilt  in  dieser  Beziehung  das, 
was  unter  a)  für  alle  natürlichen  Erzeugnisse  gesagt  worden  ist.  Was 
die  Eingeborenen  anlangt,  so  steht  ihnen  nach  Art.  10  der  Konzessions- 
dekrete von  1910  nur  das  Recht  zu,  für  ihre  eigenen  Bedürfnisse  (der 
einzelnen  oder  von  Stammesgemeinschaften)  und  für  die  Bedürfnisse 
ihres  heimischen  Gewerbetriebes  die  übrigen  natürlichen  Erzeugnisse 
zu  sammeln.  Wenn  die  natürlichen  Erzeugnisse  außer  dem  Kautschuk 
den  Eingeborenen  und  dem  freien  Händler  zugänglich  gemacht  werden 
soUen,  bedarf  es  also  auch  hier  einer  ausdrückHchen  Ermächtigung  des 
Staates  als  Privateigentümers  zur  Forstnutzung.  Die  deutsche  Regie- 
rung wird  alsbald  nach  Übernahme  der  Verwaltung  zu  dieser  Frage 
Stellung  zu  nehmen  haben.  Bezüglich  des  in  den  Eingeborenenreservaten 
gewonnenen  Kautschuks  vgl.  oben  §  69. 

§  73-  2.  In  den  Gebieten  außerhalb  des  Kongo-Beckens  ist  die  Regierung 

mit  ihrer  Handelspohtik  vollständig  unbeschränkt,  sie  kann  Handels- 
monopole und  Privilegien  verleihen  und  ihre  Staatsangehörigen  bei 
der  Ein-  und  Ausfuhr  beliebig  bevorzugen.  Die  französische  Regierung 
hat  dementsprechend  auch  die  Waren  französischen  Ursprungs  von  dem 
Einfuhrzolle  befreit.  Die  Frage  der  Zulässigkeit  des  Konzessionssystems 
besteht  für  dieses  Gebiet  nicht. 

Hier  sind  bezüglich  des  freien  Handels  2  Gebietsgruppen  zu  unter- 
scheiden. 

a)  Die  konzessionsfreien  Gebiete ,  nämlich  das  Küstendreieck, 
das  Logone-Lere- Gebiet  nördlich  vom  7.  nördlichen  Breitengrade  und 
das  kleine  Dreieck  zwischen  der  Alt-Kameruner  Ostgrenze,  der  Nord- 
grenze der  Konzession  Mambere-Sanga  und  der  Westgrenze  der  Kon- 
zession C.  C.  C.  C.    Für  diese  Gebiete  gilt  das  oben  unter  i  a)  Gesagte. 

b)  Die  Konzessionsgebiete  der  Ngoko-Sanga  und  der  Uam-Nana, 
für  die  das  Dekret  von  1899  gilt.  Es  besteht  also  auch  in  diesem  Gebiete 
ein  Gewinnungsmonopol  für  alle  natürlichen  Erzeugnisse;  für  sie  gilt 
dasselbe,  was  oben  unter  i  b)  gesagt  worden  ist  mit  dem  Unterschiede, 
daß  der  freie  Händler  sich  in  diesen  Gebieten  nicht  auf  die  Bestimmungen 
der  Berliner  Akte  über  die  Freiheit  des  Handels  berufen  kann. 


Anhanc:  I. 


Das  Kongo-Abkommen  vom  4.  November  1911 
und  die  anschließenden  Vereinbarungen. 

Das  französisch-spanische  Abkommen  vom 
27.  Juni  1900,  betr.  die  beiderseitigen  Besitzungen 
an  der  Küste  des  Golfes  von  Guinea. 


(Übersetzung.)  *) 

1.    Convention    entre   l'Alle-  Deutsch  -  französisches     Ab- 

magne  et  la  France  relative  kommen,  betreffend  die  bei- 

ä  leurs  possessions  dans  derseitigen    Besitzungen    in 

l'Afrique  Equatoriale.  Äquatorial- Afrika. 

Le  Gouvernement  de  Sa  Majest6  Die    Kaiserlich   Deutsche    Regie- 

l'Empereur  d'AUemagne  et  le  Gou-  rung  und  die  Regierung  der  Fran- 

vemement  de  la  Republique  Fran-  zösischen    RepubUk    sind    überein- 

9aise,    comme  suite  et  complement  gekommen,    im  Anschluß    und    als 

de  la  Convention  du  4  novembre  Ergänzung  des  Marokko  betreffen- 

1911  relative  au  Maroc,  et  en  raison  den  Abkommens  vom  4.  November 

des  droits  de   protection   reconnus  igii  und  als  Kompensation  für  die 

ä  la  France  sur  l'Empire  cherifien,  Schutzrechte,    die    Frankreich    be- 

sont    convenus  de  proc^der   ä  des  züglich   des    Scherifenreiches   zuer- 

^changes  teritoriaux  dans  leurs  pos-  kannt  worden  sind,  einen  Gebiets- 

sessions    de    l'Afrique    Equatoriale  austausch  in  ihren  Besitzungen  in 

et  ont  resolu  de  conclure  ime  con-  Äquatorial-Afrika  vorzunehmen  und 

vention  ä  cet  effet.  zu  diesem  Zwecke  ein  Abkommen  zu 

treffen. 

En  consequence,  Infolgedessen  haben 

M.     de     Kiderlen-Waechter,  Herr  von  Kiderlen-Waech- 

Secretaire  d'£tat  des  Affaires  ter,    Staatssekretär   des    Aus- 

Etrangeres  de  l'Empire  d'Alle-  wärtigen  Amts   des  Deutschen 

magne,  Reichs 

et  und 

M.    Jules   Cambon,    Ambassa-  Herr    Jules    Cambon,    außer- 

deut    extraordinaire    et    pleni-  ordentlicher  und  bevollmächtig- 

potentiaire    de    la    RcpubUque  ter    Botschafter   der   Französi- 

Fran^aise    aupres    de     S.     M.  sehen  Republik  bei  Seiner  Maje- 

l'Empereur  d'AUemagne,  stät    dem    Deutschen    Kaiser, 


^)  Maßgebend  für  die  Auslegung  ist  nur  der  französische  Text. 


—      2l6      — 

apres  s'etre  communique  leurs  pleins  sich  ihre  Vollmachten,  die  gut  und 
pouvoirs,  trouves  en  bonne  et  due  richtig  befunden  worden  sind,  mit- 
forme, sont  convenus  des  disposi-  geteilt  und  nachstehende  Verein- 
tions ci-apres:  barung  getroffen: 

Article    i.  Artikel    i. 

La  France  cede  ä  l'Allemagne  Frankreich  tritt  an  Deutschland 
les  territoires  dont  la  hmite  est  fixee  die  Gebiete  ab,  deren  Grenze  wie 
comme  il  suit:  La  frontiere  partira  folgt  festgestellt  wird: 
du  cöte  de  l'Atlantique  d'un  point  ä  Die  Grenze  geht  vom  Atlantischen 
fixer  sur  la  rive  Orientale  de  la  Ozean  aus,  sie  setzt  an  am  östUchen 
baie  de  Monda,  vers  l'embouchure  Ufer  der  Bai  von  Monda  an  einer 
de  la  MassoHe.  Se  dirigeant  vers  le  noch  zu  bestimmenden  Stelle,  geht 
nord-est,  la  frontiere  obhquera  vers  weiter  nach  der  Mündung  des  Mas- 
l'angle  sud-est  de  la  Guinee  espag-  solie  zu^)  und  biegt  nordöstlich  ver- 
nole.  Elle  coupera  la  riviere  Ivondo  laufend  nach  dem  südöstlichen  Win- 
ä  son  confluent  avec  la  Djoua,  kel  von  Spanisch-Guinea  um.  Sie 
suivra  cette  riviere  jusqu'ä  Mad-  schneidet  den  Ivondofluß  bei  seiner 
jingo  (qui  restera  frangais)  et  de  Vereinigung  mit  dem  Dschua,  folgt 
ce  point  se  dirigera  vers  l'est,  pour  diesem  Fluß  bis  Madschingo  (das 
aboutir  au  confluent  de  la  Ngoko  französisch  bleibt)  und  verläuft  von 
et  de  la  Sangha  au  nord  d'Ouesso.  hier  ab  östlich,  bis  sie  den  Vereini- 
gungspunkt des  Ngoko  und  des 
Sanga  im  Norden  von  Wesso  trifft. 

La  frontiere  partira  ensuite  de  Die  Grenze  verläßt  dann  den 
la  riviere  Sangha  ä  un  point  situe  Sangafluß  an  einer  Stelle,  die  süd- 
au  sud  du  centre  d'  Ouesso  (qui  reste  lieh  der  Stadt  Wesso  (die  franzö- 
fran9ais)  ä  une  distance  de  6  kilo-  sich  bleibt)  je  nach  der  geographi- 
metres  au  moins  et  de  12  kilometres  sehen  Gestaltung  der  Örthchkeit 
au  plus  de  cette  locaUte,  suivant  la  mindestens  sechs  und  höchstens 
disposition  geographique  des  lieux.  zwölf  Kilometer  von  dieser  Ortschaft 
Elle  obhquera  vers  le  sud-ouest,  entfernt  hegen  soll.  Sie  biegt  von 
pour  rejoindre  la  vallee  de  la  Kan-  hier  nach  Südwesten  ab  und  folgt 
deko,  jusqu'ä  son  confluent  avec  dem  Tale  des  Kandeko  bis  zu  seiner 
la  Bokiba.  Elle  descendra  celle-ci  Vereinigung  mit  dem  Bokiba.  Sie 
et  la  Likouala  jusqu'ä  la  rive  droite  verläuft  den  Bokiba  und  den  Li- 
du  fleuve  Congo.  Elle  suivra  le  kuala  abwärts  bis  zum  rechten 
fleuve  Congo  jusqu'ä  l'embouchure  Ufer  des  Kongostromes  und  folgt 
de  la  Sangha,  et  de  fa^on  ä  occuper  diesem  bis  zur  Mündung  des  Sanga 


^)  Die  Richtigkeit  dieser  Übersetzung  ist  zweifelhaft. 


—      217      — 

sur  la  rive  du  Congo  une  etendue  auf  einer  Strecke  von  6  bis  12  Kilo- 

de  6  ä  12  kilomdtres,  qui  sera  fixce  meiern,  die  nach  Maßgalje  der  geo- 

suivant      les      conditions     geogra-  graphisclien   \'erluütnisse  festgelegt 

pJiiques.    Elle  remontera  la  Sangha  werden  wird.    Die  Grenze  geht  den 

jusqu'ii     la     Likouala-aux- herbes  Sanga  aufwärts  bis  zu  dem  Likuala- 

qu'elle  suivra  ensuite  jusqu'ä   Bo-  aux-Herbes,   dem   sie  bis   Botungo 

tungo.     Elle  continuera  ensuite  du  folgt.       Sie   erstreckt   sich   danach 

sud    au   nord,   seien   une   direction  von  Süden  nach  Ncjrden  in  ungefähr 

ä    peu    pres    droite,    jusqu'ä    Bera  gerader    Richtung    bis    nach    Bera 

Ngoko.       Elle    s'inflechira    ensuite  Ngoko,  biegt  von  dort  in  der  Rich- 

dans  la  direction  du  confluent  de  tung  auf  die  Vereinigung  des  Bodin- 

la  Bodingue  et  de  la  Lobaye  et  des-  gue  und  des  Lobaje  um  und  geht  den 

cendra    le    cours    de    la     Lobaye  Lobaje  talab  bis  zum  Ubangi  nörd- 

jusqu'ä  rOubanghi  au  nord  de  Mon-  lieh  von  Mongumba. 

goumba.  Auf  dem  rechten  Ufer  des  Ubangi 

Sur  la  rive  droite  de  l'Oubanghi  et  wird  das  deutsche  Gebiet  je  nach  der 

suivant  la  disposition  gcographique  geographischen  Gestaltung  der  ört- 

des    lieux,    le    territoire    allemand  hchkeit  so  bestimmt  sein,   daß  es 

sera  determine  de  fagon  ä  s'etendre  sich  auf  eine  Strecke  von  mindestens 

sur  un  espace  de  6  kilometres  au  6  und  höchstens  12  Kilometer  aus- 

moins  et  de  12  kilometres  au  plus;  dehnt;    die    Grenze    steigt    danach 

la  f rentiere  remontera  ensuite  ob-  schräg    nach    Nordwesten    an,    so 

liquement    vers    le    nord-ouest,    d'  daß  sie  den  Pama-Fluß  in  einem 

un  fa^on  ä  gagner  la  riviere  Pama  en  noch  zu  bestimmenden  Punkte  wcst- 

point  ä  determiner  ä  l'ouest  de  son  lieh  von  seiner  Vereinigung  mit  dem 

confluent    avec  le   Mbi,   remontera  Mbi  erreicht,  geht  das  Tal  des  Pama 

la  vallee  de  la  Pama,  puis  rejoindra  aufwärts  und  trifft  den  Ost-Lngone 

le   Logone  oriental,   ä   peu   pres   ä  ungefähr  da,  wo  dieser  Fluß  in  der 

l'endroit  oü  cette  riviere  rencontre  Höhe  von  Gore  den  achten  Parallel- 

le  huitieme  parallele  ä  la  hauteur  kreis  erreicht.        Sie    folgt    endlich 

de    Gore.      Elle   suivra   ensuite   le  dem  Laufe  des  Logone  nach  Norden 

cours  du  Logone  vers  le  nord  jus-  bis  zu  seiner  Vereinigung  mit  dem 

qu'ä  son  confluent  avec  le  Chari.  Schari. 

Article    2.  Artikel    2. 

L'Allemagne    cede    ä    la    France       Deutschland  tritt  an  Frankreich 

les  territoires  situös  au  nord  de  la  die    Gebiete    ab,    die    nördlich    der 

limite  actuelle  des  pwssessions  fran-  jetzigen  Grenze  der  französischen  Be- 

^aises  dans  les  territoires  du  Tchad  Sitzungen  im  Tschadgebiet  zwischen 

et   compris  entre   le   Chari   a   Test  dem    Schari    im    Osten    und    dem 

et  le  Logone  a  l'ouest.  Logone  im  Westen  gelegen  sind. 


—      2lb      — 

Articie  3.  Artikel  3. 
Dans  le  delai  de  6  mois  ä  compter  Innerhalb  einer  Frist  von  6  Mo- 
de l'echange  des  ratifications  de  la  naten,  die  vom  Austausch  der  Rati- 
presente  Convention,  une  commis-  fikationen  des  gegenwärtigen  Ab- 
sion technique  dont  les  membres  kommens  rechnen,  soll  eine  tech- 
seront  nommes  en  nombre  egal  nische  Kommission,  deren  Mitglie- 
par  les  deux  Gouvernements  fran-  der  in  gleicher  Anzahl  von  der  Deut- 
9ais  et  allemand  determinera  le  sehen  und  der  Französischen  Re- 
trace  de  la  frontiere  dont  l'indica-  gierung  zu  ernennen  sind,  den  Ver- 
tion  generale  resulte  du  texte  des  lauf  der  Grenze  festlegen,  nach 
articles  i  et  2.  Maßgabe  der  allgemeinen  Angaben, 

die  sich  aus  dem  Wortlaute  der  Ar- 
tikel I  und  2  ergeben. 
Dans  le  delai  de  18  mois  ä  compter  Innerhalb  einer  Frist  von  18  Mo- 
de la  signature  du  proces  verbal  naten,  die  von  der  Unterzeichnung 
des  travaux  de  la  commission  tech-  des  Protokolls  über  die  Arbeiten 
nique,  il  sera  procede  d'un  commun  der  technischen  Kommission  rech- 
accord,  le  plus  rapidement  possible,  nen,  wird  in  Gemäßheit  derselben 
ä  Tabornement  des  frontieres,  con-  nach  gemeinsamem  Einvernehmen 
formement  au  dit  proces-verbal,  so  schnell  als  möghch  zur  Vermar- 
ainsi  qu'ä  la  designation  et  ä  l'abor-  kung  der  Grenzen  sowie  zur  Be- 
nement  des  terrains  loues  ä  bau  Zeichnung  und  Vermarkung  der  in 
au  Gouvernement  fran9ais,  comme  Artikel  8  vorgesehenen  und  für  die 
il    est    dit    ä    l'article    8    ci-apres.  Französische  Regierung  bestimmten 

Pachtterrains  geschritten  werden. 

Articie  4.  Artikel  4. 
La  commission  technique  et  les  Die  technische  Kommission  imd 
agents  charges  de  l'abornement  dont  die  mit  der  im  vorhergehenden  Ar- 
il  est  parle  dans  l'article  prece-  tikel  genannten  Grenzvermarkung 
dent,  pourront  tenir  compte  d'un  beauftragten  Beamten  sind  befugt, 
commun  accord  de  la  configuration  in  gemeinsamem  Einvernehmen  der 
du  terrain  et  des  circonstances  lo-  Bodengestalt  und  den  örthchen  Um- 
cales,  teUes  que  par  exemple  la  ständen  Rechnung  zu  tragen,  wie 
facihte  de  la  surveillance  de  la  z.  B.  den  Bedürfnissen  der  Grenz- 
frontiere ou  la  communaute  de  Überwachung  und  der  Rassenge- 
race  de  la  population.  Ils  devront  meinschaft  der  Volksstämme.  Sie 
autant  que  possible  faire  suivre  ä  sollen  bei  der  Festlegung  der  Grenze 
la  frontiere  les  limites  naturelles  tunlichst  die  natürUchen,  durch 
indiquees  par  les  cours  d'eau,  et  Wasserläufe  angezeigten  Grenzen 
dans  le  cas  oü  la  frontiere  couperait  berücksichtigen  und,  falls  die  Grenze 


—      219      — 

la  direction  des   rividres.  lui   faire  die  Richtung  der  Flüsse  schneidet, 

suivre  la  hgne  du  partage  des  eaux.  sie  an  die  Wasserscheide  anlehnen. 

Les  proces  verbaux  de  la  commis-  Die    Protokolle    der    technischen 

sion  technique  et  ceux  des  agents  Kommission  und  der  mit  der  Grenz- 

d'abomement    ne    seront    definitifs  vermarkung  beauftragten  Beamten 

qu'apres  ratification  des  deux  Gou-  sollen  erst  nach  Ratifikation  durch 

vemements.  beide   Regierungen   definitive   Gül- 
tigkeit erlangen. 


Article    5.  Artikel   5. 

Les    presents    echanges  de   terri-  Die    gegenwärtigen     Gebietsaus- 

toires  sont  faits  dans  les  conditions  tauschungen    erfolgen     unter    den 

oü  ces  territoires  se  comportent  au  Verhältnissen,  unter  denen  die  be- 

moment  de  la  conclusion  du  present  treffenden  Gebiete  sich  zur  Zeit  des 

accord,  c'est  ä  dire  ä  Charge  pour  Abschlusses  der  gegenwärtigen  Ver- 

les  deux  Gouvernements  de  respec-  einbarung  befinden,  das  heißt  unter 

ter    les    concessions    pubhques    et  der  Verpflichtung  für  beide  Regie- 

particulieres  qui  ont  pu  etre  con-  rungen,  die  etwa  von  einer  derselben 

senties    par    chacun    d'eux.       Les  bewilligten    öffentlichen    und    pri- 

deux  Gouvernements  se  communi-  vaten     Konzessionen     zu     achten, 

queront    le    texte    des    actes    par  Beide  Regierungen  werden  sich  den 

lesquels  ces  concessions  ont  ete  ac-  Wortlaut  der  Urkunden  mitteilen, 

cordees.  durch  die  diese  Konzessionen  ver- 
liehen worden  sind. 

Le    Gouvernement   allemand   est  Die  Deutsche  Regierung  tritt  in 

substitue   au    Gouvernement   de  la  alle  Vorteile,  Rechte  und  Verbind- 

Repubhque  Fran^aise  dans  tous  les  lichkeiten    der    Französischen    Re- 

avantages,  droits  et  obligations  re-  gienmg  ein,  die  sich  aus  den  vor- 

sultant  des  actes  dont  il  est  parle  erwähnten    Urkunden    hinsichtlich 

ci-dessus    au    regard    des    societes  der     Konzessionsgesellschaften     er- 

concessionnaires  qui  passeront  sous  geben.  Diese  treten  unter  die  Staats- 

la    souverainete,    Tautoritc    et    la  hoheit,  Staatsgewalt  und  Gerichts- 

juridiction  de  l'Etat  allemand.    Une  barkeit  des  Deutschen  Reiches.  Eine 

Convention  speciale  reglera  l'appli-  besondere    Übereinkunft    wird    die 

cation  des  dispositions  ci-dessus.  Anwendung  der  vorstehenden  Be- 
stimmungen regeln. 

II  en  sera  de  meme  pour  l'Etat  Dasselbe  gilt   für  den   Französi- 

fran(;ais  au  regard  des  concessions  sehen   Staat  hinsichtlich  der  Kon- 

qui  seraient  situöes  dans  les  terri-  Zessionen,  die  etwa  in  den  Gebieten 

toires   qui   passeront   sous  sa  sou-  belegen  sind,  die  an  seine  Staats- 


—      220      — 

verainete,  son  autorite  et  sa  juri-  hoheit,  Staatsgewalt  und  Gerichts- 

diction.  barkeit  übergehen. 

Article  6.  Artikel  6. 
Le  Gouvernement  allemand  n'ap-  Die  deutsche  Regierung  wird  der 
portera  aucun  obstacle  ä  l'exploita-  Ausbeutung  sowie  der  Unterhal- 
tion, ä  l'entretien  et  aux  travaux  tung  und  den  Ausbesserungs-  und 
de  reparation  et  de  refection  de  la  Erneuerungsarbeiten  an  der  längs 
ligne  telegraphique  frangaise  exis-  des  Ubangi  laufenden  französischen 
tant  actuellement  le  long  de  l'Ou-  TelegraphenUnie  kein  Hindernis  in 
banghi  et  qui  restera  frangaise  sur  den  Weg  legen.  Dieselbe  bleibt 
son  parcours  au  travers  du  terri-  auf  ihrem  Verlaufe  durch  deutsches 
toire  allemand.  Les  autorites  alle-  Gebiet  französisch.  Den  deutschen 
mandes  pourront  transmettre  leurs  Behörden  wird  die  Benutzung  der 
Communications  par  cette  hgne  dans  Linie  unter  später  festzusetzenden 
des  conditions  qui  seront  reglees  Bedingungen  freistehen. 
Tilterieurement. 

Article   7.  Artikel   7. 

Si  le  Gouvernement  frangais  de-  Wenn  die  Französische  Regie- 
sire continuer  au  travers  du  terri-  rung  durch  das  deutsche  Gebiet 
toire  allemand  un  chemin  de  fer  eine  Eisenbahn  zwischen  Gabun 
entre  le  Gabon  et  le  Moyen  Congo  und  Mittel-Kongo  und  zwischen 
et  entre  cette  derniere  colonie  et  dieser  letzteren  Kolonie  und  dem 
rOubanghi  Chari,  le  Gouvernement  Ubangi- Schari  fortzuführen  wünscht 
allemand  n'y  mettra  pas  obstacle.  so  wird  die  Deutsche  Regierung  dem 
Les  etudes  ainsi  que  les  travaux  se  nichts  in  den  Weg  legen.  Die  Vor- 
poursuivront  suivant  les  arrange-  Studien  und  Arbeiten  werden  ge- 
ments  qui  seront  faits,  le  moment  maß  den  zur  gegebenen  Zeit  zwi- 
venu,  entre  les  deux  Gouvernements,  sehen  beiden  Regierungen  zu  treffen- 
le  Gouvernement  allemand  se  re-  den  Vereinbarungen  erfolgen,  wobei 
servant  de  faire  connaitre  s'ü  vou-  die  Deutsche  Regierung  sich  vor- 
drait  prendre  une  part  dans  l'exe-  behält,  anzugeben,  ob  sie  sich  an 
cution  de  ces  travaux  sur  son  ter-  der  Ausführung  dieser  Arbeiten 
ritoire.  auf    ihrem    Gebiete    zu    beteihgen 

wünscht. 

Si  le  Gouvernement  allemand  de-  Wenn  die  Deutsche  Regierung  eine 

sire  continuer  sur  le  territoire  fran-  in  Kamerun  bestehende  Eisenbahn 

^ais   un   chemin   de   fer   etabli   au  durch  das  französische  Gebiet  fort- 

Cameroun,  le   Gouvernement  fran-  zuführen    wünscht,     so    wird    die 

^ais  n'y  mettra  pas  obstacle.     Les  Französische  Regierung  dem  nichts 


—      221       — 

etiides  ainsi  que  les  travaux  se  in  den  Weg  legen.  Die  Vorstudien 
poursuivront  suivant  les  arrange-  und  Arlxjiten  werden  gemäß  den 
ments  qui  seront  faits  le  moment  zur  gegel)enen  Zeit  zwisclien  Ijeiden 
venu  entre  les  deux  gouvemements,  Regierungen  zu  treffenden  Verein- 
te Gouvernement  frant^ais  se  rd-  barun^en  erfolgen,  \volx?i  die  Fran- 
ser\'ant  de  faire  connaitre  s'il  vou-  zösische  Regierung  sich  vorl:>ehält, 
drait  prendre  une  part  dans  l'exdcu-  anzugeben,  ob  sie  sich  an  der  Aus- 
tion  de  ces  travaux  sur  son  terri-  fühnmg  dieser  Arl)eiten  auf  ihrem 
toire.  Gebiete  zu  beteiligen  wünscht. 

Article   8.  Artikel    8. 

Le    Gouvernement    Imperial    ce-  Die  Kaiserliche  Regienmg  wird  an 

dera  ä  bau  au  Gouvernement  fran-  die   Französische    Regierung   unter 

^ais,  dans  des  conditions  ä  deter-  den  in  einer  besonderen  Abmach- 

miner  dans  un  acte  special,  et  en  ung    festzusetzenden    Bedingungen 

bordure   sur   la    Benoue,    le    Mayo  längs  des  Benue  und  des  Mao  Kabi 

Kebi  et  en  de^a  dans  la  direction  sowie  weiter  in  der  Richtung  auf 

du   Logone,  des  terrains  ä  choisir  den    Logone   zu    Grundstücke   ver- 

en  vue  de  l'etablissement  de  postes  pachten,   die  im   Hinblick  auf  die 

de    ravitaülement    et    de    magasins  Errichtung  von  Verproviantierungs- 

dt->tines    ä    constituer    une    route  und  Magazinstationen  auszuwählen 

d'etapes.  sind     und     der     Errichtung     einer 

Chacun  de  ces  terrains  dont  la  Etappenstraße  dienen  sollen.    Jedes 

longueur  sur  le  fleuve  aux  hautes  dieser    Grundstücke,    deren    Länge 

eaux  devTa  etre  au  plus  de  500  me-  am  Flusse  bei  hohem  Wasserstande 

tres,    aura    une    superficie    qui    ne  höchstens  500  Meter  sein  darf,  soll 

pourra   pas   dcpasser   50    hectares.  einen  50  Hektar  nicht  übersteigen- 

L'emplacement  de  ces  terrains  sera  den  Flächeninhalt  haben.    Die  Lage 

fixe  suivant  la  disposition  des  heux.  dieser  Grundstücke  wird  nach  Maß- 
gabe der  örtUciien  Verhältnisse  be- 
stimmt werden. 

Si  dans  l'avenir  le  Gouvernement  Wenn    die    Französische    Regie- 

franc^ais    voulait    etabhr    entre    le  rung  künftig  zwischen  dem  Benue 

Benoue  et  le  Logone  au  dessus  ou  und  dem  Logone  südlich  oder  nörd- 

au  dessous  du  Mayo  Kebi  une  route  lieh  des  Mao  Kabi  eine  Straße  oder 

ou  une  voie  ferree,  le  Gouvernement  eine  Eisenbahn  anzulegen  wünscht. 

Imperial    n'y    ferait    pas    obstacle.  so  würde  die  Kaiserliche  Regierung 

Le    Gouvernement   allemand   et   le  dem  nichts  in  den  Weg  legen.    Die 

Gouvernement      fran^ais      s'enten-  Deutsche  und  die  Französische  Re- 

dront  sur   les   conditions  dans  les-  gierung  werden  sich  über  die  Be- 


—      222      — 

quelles    ce     travail    pourrait    etre  dingungen  verständigen,  unter  denen 
accompli.  die     Arbeiten    ausgeführt    werden 

könnten. 

Article   9.  Artikel   9. 

L'Allemagne  et  la  France,  desi-  In  dem  Wunsche,  ihre  guten  Be- 

rant   affirmer  leurs   bons   rapports  Ziehungen    in    ihren    zentralafrika- 

dans  leurs  possessions  de  l'Afrique  nischen  Besitzungen  zu  bekräftigen, 

Centrale,  s'engagent  ä  n'elever  au-  verpflichten  sich  Deutschland  und 

cun    ouvrage    fortifie    le    long    des  Frankreich      keine      Befestigungen 

cours   d'eau   qui   doivent   servir   ä  längs  der  Wasserläufe  anzulegen,  die 

la    navigation    commune.        Cette  der  gemeinsamen  Schiffahrt  dienen 

prescription    ne    s'appliquera    pas  sollen.     Diese  Vorschrift  hat  keine 

aux  ouvrages  de  simple  sürete  des-  Anwendung    zu    finden    auf    bloße 

tines  ä  abriter  les  postes  contre  les  Sicherheitsanlagen  zum  Schutze  der 

incursions  des  indigenes.  Stationen  gegen  Einfälle  der  Einge- 
borenen. 

Article   10.  Artikel   10. 

Les  Gouvernements  allemand  et  Die  Deutsche  und  die  Französische 
fran9ais  s'entendront  pour  les  tra-  Regierung  werden  sich  über  die 
vaux  ä  executer  en  vue  de  faciHter  Arbeiten  verständigen,  die  auszu- 
la  circulation  des  bateaux  et  em-  führen  sind,  um  den  Verkehr  der 
barcations  sur  les  cours  d'eau  dont  Schiffe  und  Boote  auf  den  Wasser- 
la  navigation  leur  sera  commune,   laufen  zu  erleichtern,  auf  denen  die 

Schiffahrt    ihnen    gemeinschaftlich 
zusteht. 

Article    11.  Artikel  11. 

En  cas  d'arret  de  la  navigation  Bei  Einstellung  der  Schiffahrt  auf 
sur  le  Congo  ou  l'Oubanghi  la  Hberte  dem  Kongo  oder  dem  Ubangi  er- 
de passage  sera  assuree  ä  l'Alle-  halten  Deutschland  und  Frankreich 
magne  et  ä  la  France  sur  les  terri-  das  Recht  des  freien  Übertritts  auf 
toires  appartenant  ä  l'autre  nation  die  der  anderen  Nation  gehörigen 
aux  points  oü  ceux-ci  toucheront  Gebiete  an  den  Stellen,  wo  die- 
ces  fleuves.  selben  diese  Ströme  berühren. 

Article   12.  Artikel   12. 
Les  deux  Gouvernements  d'Alle-  Die   Deutsche   und   die   Franzö- 
magne  et   de   France  renouvellent  sische  Regierung  erneuern  die  Fr- 
ies    declarations     contenues     dans  klärungen,  die  in  der  Berliner  Akte 
l'acte  de  Berhn  du  26  fevrier  1885  vom  26.  Februar  1885  enthalten  sind 


—       223       — 

et  assurant  la  liberte  commercialc  und  die  Handelsfreiheit  und  ScMff- 
et  la  liberte  de  na\'igatiün  sur  le  faiirtsfrciheit  auf  dem  Kongo  und 
Congo  et  les  affluents  de  ce  fleuve  den  Nebenflüssen  dieses  Stromes 
ainsi  que  sur  ceux  du  Ni^er.  En  sowie  auf  den  Nebenflüssen  des  Niger 
consequence  les  marchandises  alle-  sichern.  Demgemäß  werden  die 
mandes  transitant  au-travers  du  deutschen  Waren,  die  durch  westlich 
territoire  fran^ais  situe  d  l'ouest  vom  Ubangi  belegenes  französisches 
de  rOubanglii  et  les  marchandises  Gebiet  hindurchgehen,  und  die  fran- 
fran^aises  transitant  ä  travers  les  zösischen  Waren,  die  die  an  Deutsch- 
territoires  cedes  ä  l'Allemagne  ou  land  abgetretenen  Gebiete  passieren 
suivant  les  routes  indiqu^es  ä  l'ar-  oder  den  im  Artikel  8  bezeichneten 
ticle  8,  seront  affranchies  de  tout  Straßen  folgen,  von  jeder  Abgabe 
droit.  befreit  sein. 

Un  accord  conclu  entre  les  deux  Ein  z\\ischen  beiden  Regierungen 
gouvemements  determinera  les  con-  zu  schheßendes  Übereinkommen 
ditions  de  ce  transit  et  les  points  de  wird  die  Bedingungen  dieser  Durch- 
penetration. •  fuhr   und   die   ihr   dienenden   Ein- 

und  Ausgangspunkte  regeln. 

Article    13.  Artikel    13. 

Le  Gouvernement  allemand  n'ap-  Die  Deutsche  Regierung  wird  auf 
portera  aucune  entrave  au  passage  dem  Kongo,  dem  Ubangi,  dem 
des  troupes  fran^aises,  de  leurs  Benue,  dem  Mao  Kabi  sowie  auf 
armes  ou  munitions,  ainsi  que  de  der  im  Norden  von  Kamerun  zu 
leur  materiel  de  ravitaillement  par  bauenden  Eisenbahn  den  Durclizug 
le  Congo,  rOubanghi,  la  Benoue,  der  französischen  Truppen,  ihrer 
le  Mayo  Kcbi,  ainsi  que  par  le  W^affen  und  Munition  wie  auch  der 
chemin  de  fer  ä  construire  even-  ihrer  Verpflegung  dienenden  Waren 
tuellement  dans  le  nord  du  Game-  nicht  beliindern. 
roun. 

Le  Gouvernement  fran9ais  n'ap-  Die  Französische  Regierung  wird 
portera  aucune  entrave  au  passage  auf  dem  Kongo,  dem  Ubangi,  dem 
des  troupes  allemandes,  de  leurs  Benue,  dem  Mao  Kabi  und  der  von 
armes  et  munitions,  ainsi  que  de  der  Küste  nach  Brazzaville  eventuell 
leur  materiel  de  ravitaillement  par  zu  erbauenden  Eisenbahn  den  Durch- 
le  Congo,  rOubanghi,  la  Benoue,  le  zug  der  deutschen  Truppen,  ihrer 
Mayo  Kebi,  et  le  chemin  de  fer  ä  Waffen  und  Munition  wie  auch 
construire  öventuellement  de  la  der  ihrer  Verpflegung  dienenden 
cöte  ä  Brazzaville.  Waren  nicht  behindern. 

Dans  Tun  et  l'autre  cas,  les  In  beiden  Fällen  müssen  die 
troupes,  si  elles  sont  purement  in-  Truppen,    wenn    es    aussclüießüch 


—      224      — 

digenes,  devront  toujours  etre  ac-  Eingeborene  sind,  stets  von  einem 

compagnees  par  un  grade  europeen,  europäischen  Vorgesetzten  begleitet 

et  le  gouvernement  sur  le  territoire  sein.     Die  Regierung,  durch  deren 

duquel  les  troupes  passeront,  pren-  Gebiet  die  Truppen  ziehen  sollen, 

dra  toutes  les  mesures  necessaires  hat  alle  erforderlichen  Maßnahmen 

pom-  eviter  qu'aucune  difficulte  soit  zu  treffen,  damit  ihre  Durchfahrt 

opposee  ä  leur  passage  et  pourra  keine  Erschwerung  erfährt.  Sie  kann 

au  besoin  deleguer  un  agent  pour  dieselben   nötigenfalls   durch  einen 

les    accompagner.        Les    autorites  Beamten    begleiten    lassen.        Die 

locales  regleront  les  conditions  dans  örtUchen  Behörden  haben  für  diese 

lesquelles   les   passages   de   troupes  Truppendurchzüge  die  näheren  Be-: 

se  feront.  dingungen  festzusetzen. 

Article    14.  Artikel    14. 

L'egalite  de   traitement   pour  le  Den  Angehörigen  beider  Nationen 

transport    des    personnes    ou    des  wird  auf  den  Eisenbahnen  ihrer  im 

marchandises  sera  assuree  aux  res-  Kongo  und  Kamerun  gelegenen  Be- 

sortissants   des    deux    nations    sur  Sitzungen  für  die  Beförderung  der 

les  chemins  de  fer  de  leurs  posses-  Personen   und   Waren   gleiche   Be- 

sions  du  Congo  et  du  Cameroun.  handlung  zugesichert. 

Article    15.  Artikel    15. 

Le  Gouvernement  allemand  et  le  Die  Deutsche  Regierung  und  die 

Gouvernement  frangais  cesseront  ä  Französische  Regierung  hören  auf^ 

partir  du  jour  de  la  cession  reci-  irgendeine  Art  Schutz  und  Gewalt 

proque   des   territoires   concedes   ä  über  die  Eingeborenen  der  von  ihnen 

l'Allemagne  par  la  France  et  ä  la  abgetretenen  Gebiete  auszuüben  von 

France   par  l'Allemagne,   d'exercer  dem  Tage  an,  wo  die  gegenseitigen 

aucune  sorte  de  protection  et  d'au-  Abtretungen  perfekt  werden, 
torite  sur  les  indigenes   des  terri- 
toires respectivement  cedes  par  eux. 

Article    16.  Artikel    16. 

Dans  le  cas  oü  le  Statut  terri-  Für  den  Fall,  daß  die  territorialen 

torial  du  bassin  conventionnel  du  Verhältnisse       des       vertragHchen 

Congo  tel  qu'il  est  defini  par  l'acte  Kongo-Beckens,  wie  sie  in  der  Ber- 

de  Berlin  du  26  fevner  1885,  vien-  hner  Akte  vom  26.   Februar  1885 

drait  ä  etre  modifie  du  fait  de  l'une  festgelegt  sind,  von  selten  des  einen 

ou  de  l'autre  des  parties  contractan-  der    vertragschließenden    Teile    ge- 

tes,     celles-ci    devraient     en     con-  ändert  werden  sollten,  werden  diese 


—      225      — 

ferer  entre  elles,  comme  aussi  avec  sowohl  miteinander  wie  auch  mit 
les  autrcb  puissances  signataires  du  den  übrigen  Signaturmächten  der 
dit  acte  de  Berhn.  envähnten    Berhner    Akte    darüber 

ins  Benehmen  treten. 

Article    17.  Artikel    17. 

La  presente  Convention  sera  ra-       Das   vorliegende   Abkommen   ist 

tifiee    et    les    ratifications    seront  zu  ratifizieren  und  die  Ratifikations- 

echangees,    ä    Paris,    aussitöt    que  Urkunden  sind  sobald  wie  luögUch 

faire  se  pourra.  in  Paris  auszutauschen. 

Fait  ä  Berlin,  le  4  novembre  1911       So  geschehen  in  doppelter   Aus- 
en  double  exemplaire.  fertigung  zu  Berlin  am  4.  Novem- 


ber 1911. 


Kiderlen.      Jules  Cambon. 


2.  Inhalt  eines  Notenwechsels  zwischen  dem  Staatssekretär 
des  Auswärtigen  Amtes  von  Kiderlen-Waechter 
und  dem  Botschafter  der  französischen  Republik  Jules 
Cambon,  betreffend  das  deutsch-französische  Ab- 
kommen über  Äquatorial-Afrika   vom  4.  Nov.  1911. 

Streitigkeiten,  die  z\s'ischen  den  vertragschließenden  Parteien  über 
die  Auslegung  und  Anwendung  des  cr^vähnten  Abkommens  entstehen 
könnten,  sollen  einem  gemäß  den  Bestimmungen  der  Haager  Konvention 
vom  18.  Oktober  1907  zusammengesetzten  Schiedsgerichtshof  unter- 
breitet werden.  Ein  Schicdsabkommen  soll  in  jedem  Falle  aufgesesetzt 
und  dabei  nach  den  Bestimmungen  der  vorgenannten  Konvention  ver- 
fahren werden,  sofern  nicht  hiervon  im  einzelnen  Streitfall  durch  eine 
besondere  Vereinbarung  abgesehen  \nrd. 

Bei  Meinungsverschiedenheiten  zwischen  den  Mitghcdem  der  mit 
der  Grenzabsteckung  beauftragten  teclinischen  Kommission  soll  ein  von 
den  beiden  Regienmgen  gemeinsam  gewählter  Schiedsrichter,  der  einer 
dritten  Macht  angehören  muß,  die  Entscheidung  fällen. 

Veröffentl.  d.  Reichskolonialamtet  Nr.  4:  Ritter.  ^5 


—      226      — 

Beide  Regieningen  werden  es  gern  sehen,  wenn  zwischen  den  beider- 
seitigen Staatsangehörigen  Interessengemeinschaften  für  Unternehmungen 
in  den  durch  das  deutsch-französische  Abkommen  berührten  Kolonial- 
gebieten gebildet  werden. 

Bei  der  Ausführung  des  genannten  Abkommens  sollen  die  Regeln 
zugrunde  gelegt  werden,  die  in  den  Protokollen  zum  deutsch-französischen 
Abkommen  vom  i8,  April  1908,  i)  betreffend  die  Grenze  zwischen  Kamerun 
und  Französisch- Kongo,  festgelegt  worden  sind. 


3.    Abkommen,    betreffend    die    Abgrenzung    zwischen 

Kamerun  und  Französisch -Kongo   vom  18.  April  1908 

und  Anhang  dazu. 

Artikel  i 
(interessiert  hier  nicht). 

Article    2.  Artikel    2. 

L'Allemagne,  en  ce  qui  conceme  Deutschland  bezügHch  der  Ge- 
la  partie  des  eaux  de  la  Benoue  et  wässer  des  Benue  und  seiner  Zu- 
de  ses  affluents  comprise  dans  son  flüsse,  soweit  sie  im  deutschen  Ge- 
territoire;  la  France,  en  ce  qui  biete  liegen  und  Frankreich  bezüg- 
concerne  la  partie  des  eaux  du  Uch  desjenigen  Teils  des  Mao  Kabi 
Mayo-Kebbi  et  des  autres  affluents  und  der  anderen  Zuflüsse  des  Benue, 
de  la  Benoue  comprise  dans  son  welche  im  französischen  Gebiete 
territoire,  se  reconnaissent  respec-  hegen,  erkennen  gegenseitig  ihre 
tivement  tenues  d'appliquer  et  de  VerpfHchtungen  an,  die  in  den  Ar- 
faire  respecter  les  dispositions  rela-  tikeln  26,  27,  28,  29,  31,  32,  33  der 
tives  ä  la  liberte  de  navigation  et  Berliner  Akte  vom  26.  Februar  1885 
de  commerce  enumerees  dans  les  aufgeführten,  auf  die  Freiheit  der 
articles  26,  27,  28,  29,  31,  32,  33  Schiffahrt  und  des  Handels  bezüg- 
de  l'acte  de  Berhn  du  26  fevrier  1885.  liehen   Bestimmungen   anzuwenden 

und  ihnen  Geltung  zu  verschaffen. 

L'Allemagne   et   la   France   s'as-  Deutschland      und      Frankreich 

surent    respectivement   le    benefice  sichern  sich  beiderseitig  den  Genuß 

de   ces   memes    dispositions   en   ce  dieser  nämhchen  Bestimmungen  zu. 


^)   Siehe  die  folgende  Ziffer  3. 


qui  conceme  la  navigation  du  Chari,   soweit  sie  sich  auf  die   Schiffahrt 
du  Logone  et  de  leurs  affluents.       auf  dem  Schari,  Logone  und  ihren 

Zuflüssen  beziehen. 
Les  Puissances  contractantes  s'en-       Die   vertragschheßenden    Mächte 
gagent  respectivement  ä  prendre  les  verpflichten    sich    gegenseitig,    die 
dispositions     necessaires     pour    as-   erforderlichen  Vorkehrungen  zu  tref- 
surcr    pratiquement    la    liberte    de  fen,  um  die  Freiheit  der  Sclüffahrt 
la  navigation  sur  les  cours  d'eau  ci-  auf   den    vorerwähnten    Gewässern 
dessus    mentionnes.       Elles    prepa-  tatsächlich   zu    sichern.       Zu    dem 
reront  dans  ce  but,  apres  la  rati-  Zwecke  werden  sie  nach  erfolgter 
fication     du     present     accord,     un   Ratifizierung  des  gegenwärtigen  Ab- 
reglement  commun   de  na\igation.   kommens  ein  gemeinsames   Schiff- 
fahrtsreglement vorbereiten. 
Les  dispositions  de  ce  reglement       Die 'Bestimmungen  dieses  Schiff- 
s'appliqueront   egalement   ä  la  na-   fahrtsreglements  sollen  auf  die  Schi ff- 
vigation  sur  le  Congo,  sur  la  Sangha  fahrt  auf  dem  Kongo,  dem  Sanga 
et  ses  affluents.  und  seinen  Nebenflüssen  in  gleicher 

Weise  Anwendung  finden. 

Article    3.  Artikel    3. 

Dans  leurs  possessions  respectives  In  den  beiderseitigen  Besitzungen 
comprises  dans  les  bassins  de  la  welche  in  den  Becken  des  Benue 
Bönoue  et  de  ses  affluents,  du  und  seiner  Zuflüsse,  des  Schari,  des 
Chari,  du  Logone  et  de  leurs  afflu-  Logone  und  ihrer  Zuflüsse  liegen, 
ents  ainsi  que  dans  la  partie  du  sowie  auch  in  dem  französischen  Ge- 
territoire  fran^ais  situee  au  sud  biete  südlich  des  dreizehnten  Grades 
du  i3>*rae  parallele  N.,  les  natio-  nördlicher  Breite  sollen  die  Staats- 
naux,  les  sujets  et  les  proteges  des  angehörigen,  die  Schutzgebietsan- 
deux  pays  seront  traites  sur  le  pied  gehörigen  und  die  Schutzbefohlenen 
d'une  parfaite  egahte  en  ce  qui  der  beiden  Länder  bezügüch  der 
concerne  l'usage  des  routes  ou  Benutzung  der  Landstraßen  und 
autres  voies  de  communication  ter-  anderer  Verbindungswege  zu  Lande 
restre.  Dans  ces  memes  territoires,  auf  dem  Fuße  vollkommener 
les  nationaux,  les  sujets  et  les  pro-  Gleichheit  behandelt  werden.  In 
teges  des  deux  pays  seront  soumis  den  genannten  Gebieten  sollen  die 
aux  memes  rdgles  et  jouiront  des  beiderseitigen  Staatsangehörigen, 
memes  avantages  au  point  de  vue  Schutzgebiets  -  Angehörigen  und 
des  acquisitions  et  installations  ne-  Schutzbefolilenen  bezüglich  der 
cessaires  ä  l'exercice  et  au  deve-  zur  Ausübung  und  Entwick- 
loppement  de  leur  commerce  et  lung  ihres  Handels  und  ihrer  In- 
de  leur  industrie.  dustrie  erforderlichen  Erwerbungen 


15 


—      228      — 

und  Anlagen  denselben  Vorschriften 
unterworfen  sein  und  dieselben  Ver- 
günstigungen genießen. 
Sont  exclues  de  ces  dispositions       Ausgenommen    von    diesen    Be- 
les    routes    et    voies    terrestres    de  Stimmungen  sind  die   Landstraßen 
communication  des  bassins  cotiers  und    Verbindungswege    zu    Lande 
du  Cameroun  ou  des  bassins  cötiers  in  den  Küstenbecken    von   Kame- 
du  Congo  frangais  non  compris  dans  run  und  in  den  Küstenbecken  des 
le   basin   conventionnel    du    Congo  Französisch-Kongo,  die  nicht  in  dem 
tel  qu'il  a  ete  defini  par  l'Acte  de  in  der  Berliner  Akte   festgesetzten 
BerHn.  konventionellen     Kongobecken    be- 

legen sind. 
Ces  dispositions  toutefois  s'appli-       Dagegen  finden  die  oben  gedachten 
quent  ä  la  route  Yola — Ngaoundere  Bestimmungen  Anwendung  auf  die 
— Kounde — Gaza — Bania    et    vice   Straße  Yola — Ngaundere — Kunde — 
versa.  Gasa — Bania  und  zurück. 

Dans  les  territoires  vises  ä  l'ali-       In  den  Absatz  i  dieses  Artikels 
nea  ler  du  present  article  les  tarifs  bezeichneten    Gebieten    sollen    die 
des  taxes  ou  droits   qui   pourront  Zoll-  oder  Steuertarife,  welche  etwa 
etre  etabüs  de  part  et  d'autre  ne  von  dem  einen  oder  dem  anderen 
comporteront,  ä  l'egard  des  natio-   Teile   aufgestellt   werden,   hinsicht- 
naux,  Sujets  et  proteges  des  deux  lieh  der  Staatsangehörigen,  Schutz- 
pays,  aucun  traitement  differentiel.  gebietsangehörigen    und    Schutzbe- 
fohlenen   beider    Länder    keinerlei 
verschiedenartige    Anwendung    zu- 
lassen. 

Article    4.  Artikel   4. 

Sur  le  lac  Tchad  dans  les  eaux  Die  beiderseitigen  Uferbewohner 

territoriales   de   l'Allemagne   et   de  sollen  in  den  deutschen  und  fran- 

la   France   et   sur  les   cours   d'eau  zösischen    Territorialgewässern    des 

mentionnes   dans   les   articles    pre-  Tschad- Sees    und    in    den    in    den 

cedents,    pour    la    partie    de    leur  vorstehenden    Artikeln    genannten 

cours  oü  ils  forment  la  frontiere,  Gewässern,     soweit     die     letzteren 

les   riverains   ressortissant    ä   l'une  einen  Teil  der  Grenze  bilden,  gleiche 

ou  l'autre  puissance  ont  les  memes  Rechte  betreffs  Fischfang  und  Schiff- 

droits  de  peche  et  de  navigation.  fahrt  haben. 

Artikel  5 
(interessiert  hier  nicht). 


—      229      — 

Articie    6.  Artikel    6. 

En  foi  de  quoi  Ics  dclcgues  ont  Zur  l'rkund  dessen  haben  die 
dresse  le  present  protocole  et  y  Beauftragten  das  gegenwärtige  Pro- 
ont  appose  leurs  signatures.  tokoll   errichtet    und   ihre    Unter- 

schrift darunter  gesetzt. 

Fait  ä  Berhn,  cn  double  expedi-  Geschehen  zu  Berlin  in  doppelter 
tion,  le  9  avril  igoS.  Ausfertigung    am    9.    April     1908. 

Unterschriften. 


Anhang.  Annexe. 

Artikel  i 

(interessiert  hier  nicht). 

Articie   2.  Artikel    2. 

Lescommissaireschargesdel'abor-  Die  mit  der  Grenzvermarkung 
nement  seront  autorises,  lorsque  la  zu  beauftragenden  Kommissare  sol- 
frontiere  Joint  en  ügne  droite  deux  len  ermächtigt  sein,  in  Fällen,  in 
points  d'un  meme  cours  d'eau,  ä  denen  die  Grenze  zwei  Punkte  des 
substituer  ce  cours  d'eau  ä  la  hgne  näinlichen  Wasserlaufs  in  gerader 
droite  en  question,  s'il  ne  s'en  ecarte  Linie  verbindet,  diese  gerade  Linie 
que  d'une  faible  distance.  Ils  se-  durch  den  betreffenden  Wasserlauf 
ront  egalement  autorises  ä  faire  de  zu  ersetzen,  sofern  er  sich  nicht  all- 
legeres  modifications  repondant  aux  zuweit  von  ihr  entfernt.  In  gleicher 
lignes  naturelles  du  sol  toutes  les  Weise  sollen  sie  ermächtigt  sein, 
fois  que  d'un  commun  accord  ils  le  unbedeutende  Änderungen  in  An- 
jugeront  util  et  convenable  mais  lehnung  an  die  natürUchen  Gelände- 
ä  la  condition  de  ne  pas  changer  linien  zu  treffen,  so  oft  sie  es  nach 
l'attribution  des  villages  mention-  gemeinsamem  übereinkommen  für 
nes  dans  le  protocole.  nützlich    und    angemessen    halten, 

jedoch  mit  der  Einschränkung,  daß 
die  territoriale  Zugehörigkeit  der 
im  Vertrag  erwähnten  Dörfer  nicht 
geändert  werden  darf. 
Ces  deviations  devront  etre  in-  Solche  Abiüiderungen  müssen  auf 
diqu^es   clairement   sur   des   cartes   Spezialkarten  kJar  verzeichnet  und 


—      230      — 

speciales  et  soumises  ä  Tapprobation  den    heimischen    Regierungen    zur 

des   deux    Gouvernements.    Toute-  Genehmigung  unterbreitet  werden, 

fois,    en    attendant    qu'elles  soient  Doch  sollen  diese  Abänderungen  der 

approuvees,  elles  seront  provisoire-  geradlinigen  Grenzen  vorbehaltHch 

ment  valable  et  par  suite  respectees.  der  Ratifikation  vorläufig  als  Gren- 
zen gelten  und  als  solche  beachtet 
werden. 

Article   3.  Artikel   3. 

Partout    oü,    sur    les    bases    du  Wo  irgendwelches  Land  auf  Grund 

present    accord,    une    portion    de  des  gegenwärtigen  Abkommens  der 

territoire  sera  soustraite  ä  la  juri-  Jurisdiktion  der  einen  Macht  ent- 

diction  d'une  Puissance  pour  pas-  zogen  und  der  der  anderen  unter- 

ser  sous  celle  de  l'autre  les  habi-  stellt    wird,    soll    den    Bewohnern 

tants  en  seront  autorises  ä  choisir  solchen  Landes  gestattet  sein,  frei 

Hbrement   le   cöte   de   la   frontiere  zu  wählen,   auf  welcher   Seite  der 

sur  lequel  ils  desirent  se  fixer.     Ils  Grenze   sie   sich   ansiedeln   wollen, 

pourront,    dans    le    delai    d'un    an  und  es  soll  ihnen   innerhalb  eines 

apres  l'echange  des  ratifications  sus-  Jahres    nach    Abschluß    der    Rati- 

visees,  enlever  leur  recolte  sur  pied  fikation    gestattet    sein,    auf    dem 

ainsi  que  leurs  biens.  Felde  stehende  Ernten  einzubringen 

und  die  Produkte  nebst  allem  ihrem 
Eigentum  mit  sich  zu  nehmen. 

Lorsque    l'annee    qui    suivra    la  Nach  Ablauf  eines   Jahres,   von 

ratification  sera  ecoulee,  il  appar-  der  Ratifikation  an  gerechnet,  hat 

tiendra   ä   chacune   des   puissances  jede  der  vertragschließenden  Mächte 

contractantes  de  determiner  d' apres  die  Berechtigung,  je  nach  Maßgabe 

sa  legislation  Interieure,  les  condi-  ihrer  Verfassung  die  Bestimmungen 

tions     dans     lesquelles     aura    lieu  festzusetzen,   welche  die  Ein-  und 

l'emigration   ou   l'immigration    des  Auswanderung  der  eingeborenen  Be- 

populations  indigenes.  völkerung  regeln  sollen. 

Article    4.  Artikel   4. 

Dans  tous  les  cas  oü  la  frontiere  In    allen    Fällen,    in    denen    ein 

est  determinee  par  le  cours  d'une  Fluß    oder    ein    Bach    die    Grenze 

riviere   ou   d'un   ruisseau,    c'est   le  bildet,    soll    der    Talweg  desselben 

talweg  qui  sert  de  limite.    Si  cepen-  die     Grenze    abgeben  ;     wenn    je- 

dant  le  talweg  proprement  dit  ne  doch      ein      eigentlicher      Talweg 

peut  etre  determine,  de  meme  que  nicht      zu     erkennen     ist,     sowie 

sur  les  points  oü  il  existe  des  rapi-  bei        Flußschnellen,        soll       die 


—      231      — 

des,  la  ligne  mddiane  du  cours  d'eau  Mitte     des      Bettes     die      Grenze 

sera  la  frontiere.  bilden. 

En  outre,  dans  le  voisinage  des       Außerdem    verläuft    die    Grenze 

lies,  la  limite  passera  ä  mi-distance  in      dem       Bereich       der       Inseln 

entre  les  iles  et  la  rive  qui  n'appar-  halbwegs      zwischen      diesen     und 

tient  pas  ä  la  meme  puissance  que  demjenigen     Ufer,     welches     nicht 

celles-ci.  der    gleichen     Macht     gehört     wie 

die  Inseln. 

Artikel  5 — 9 
(interessieren  hier  nicht). 

Vu  pour  etre  annexe  au  protocole       Als  Anlage  zum  Protokoll  vom 
du  9  avril  1908.  9.  April  1908  genehmigt. 

Berlin  le  9  avril  1908.  Berlin,  den  9.  April  1908. 

Unterschriften. 


(Übersetzung.) 
4.    Note    annexe   ä   la   con-      Zusatznote  zu  dem  Ab- 
vention  du  4  novembre  1911.  kommen  vom  4.  Nov.  1911. 

Les  cartes  du  Congo  qui  ont  Die  Karten  des  Kongogebiets, 
servi  ä  1' Elaboration  de  la  conven-  die  bei  der  Ausarbeitung  des  Ab- 
tion du  4  novembre  1911,  relative  kommens  vom  4.  November  1911, 
ä  I'echange  de  territoires  dans  betreffend  den  Austausch  von  Ge- 
l'Afrique  äquatoriale  entre  l'Alle-  bieten  in  Aquatorial-Afrika,  zwi- 
magne  et  la  France,  sont  la  carte  de  sehen  Deutschland  und  Frank- 
BarraUer  du  service  geographique  reich  zugrunde  gelegt  worden  sind, 
des  colonies  (1906),  au  sooooooieme,  sind  die  Karte  von  Barraüer  vom 
et  Celle  de  Delingette,  du  service  g6-  „Service  Geographique  desGslonies" 
ographique  de  l'Afrique  äquatoriale  (1906)  im  Maßstab  i :  5  000  000  und 
fran9aise  (1911),  au  i  000  000  ieme.   die   von   Delingette   vom    ,,Ser\ice 

Göographique   de   l'Afrique    Equa- 
toriale   fran^aise"    (1911)   im   Maß- 
stab von  I  :  I  000  000. 
Les  commissaires  techniques  qui       Falls    die    technischen    Kommis- 


—      232      — 

seront  designes  par  le  Gouverne-  sare,  die  gemäß  Artikel  3  und  4 
ment  allemand  et  le  Gouverne-  des  Abkommens  von  der  Deutschen 
ment  frangais  par  application  des  und  der  Französischen  Regierung 
articles  3  et  4  de  la  Convention  pour  mit  der  Absteckung  der  Grenzen 
proceder  ä  la  deUmitation  des  fron-  beauftragt  werden  sollen,  eine  Grenz- 
tieres, dans  le  cas  oü  la  ligne  de  hnie  festlegen,  die  infolge  von 
demarcation  qu'ils  fixeront  s'ecar-  Kartenfehlern  oder  infolge  der  ört- 
terait,  par  suite  d'erreurs  des  cartes  liehen  Beschaffenheit  erhebhch  von 
ou  de  circonstances  locales,  d'une  den  Angaben  des  Abkommens  ab- 
f  agon  appreciable,  de  la  directive  weichen  sollte,  werden  die  genannten 
teile  qu'elle  resulte  de  la  conven-  Kommissare  dafür  Sorge  tragen, 
tion,  devront  avoir  soin  de  ne  pas  daß  keine  der  beiden  Parteien  einen 
avantager  l'une  des  deux  parties  Vorteil  erhält,  ohne  daß  dem  an- 
sans  compensation  equitable  pour  deren  Teile  eine  billige  Entschädi- 
l'autre.  gung  zugesprochen  wird. 

Fait  ä  Berhn,  le  4  novembre  191 1       Geschehen  zu  Berlin,  am  4.  No- 
en  double  exemplaire.  vember    1911    in    doppelter   Aus- 

führung. 

Unterschriften. 

Das  vorstehende  Abkommen  und  die  zugehörige  Note  annexe  sind 
ratifiziert  worden.  Der  Austausch  der  Ratifikationsurkunden  hat  am 
12.  März  1912  in  Paris  stattgefunden. 


5.  Accord  Übereinkommen 

au  sujet  de  la  nationalite  des  per-  über  die  Nationahtät  der  Personen, 

sonnes  se  trouvant  dans  les  terri-  die  sich  in  den  am  4.  November  1911 

toires  echanges,  le  4  novembre  1911,  zwischen  Deutschland  und  Frank- 

par   l'Allemagne   et   la   France   en  reich    in   Äquatorial-Afrika    ausge- 
Afrique  equatoriale.  tauschten  Gebieten  befinden. 

Les  indigenes  originaires  des  ter-  Die    Stammes-Eingeborenen    der 

ritoires  qui  ont  donne  lieu  ä  des  ausgetauschten  Gebiete,  welche  am 

echanges   et    residant    au    jour   de  Tage  der  endgültigen  Einverleibung 

l'annexion  definitive  dans  les  ter-  auf  dem  von  Deutschland  an  Frank- 


—     233     — 

ritoires  cedes  par  rAllemagne  ä  reich  abgetretenen  Gebiete  wohnen, 
]a  France,  sortiront  de  la  sujetion  sclieidcn  aus  der  deutschen  Scliutz- 
coluniale  alJemande  pour  acqucrir  herrschaft  aus  und  erwerben  die 
kl  qualite  de  sujets  frangais.  Eigenschaft  von  französischen  Un- 

tertanen. 

Reciproquement,  les  indigencs  ori-  Umgekehrt  verUeren  die  Einge- 
ginaires  des  territoires  qui  ont  borenen  der  ausgetauschten  Ge- 
donne  lieu  ä  des  echanges  et  resi-  biete,  welclie  am  Tage  der  Einver- 
dant  au  jour  de  l'annexion  dans  leibung  in  dem  von  Frankreich  an 
les  territoires  cedes  par  la  France  Deutschland  abgetretenen  Gebiete 
ä  l'Allemagne,  perdront  la  qualite  wohnen,  die  Eigenschaft  von  fran- 
•  Ic  sujets  frangais  pour  entrer  dans  zösischen  Untertanen  und  treten 
la  sujetion  coloniale  allemande.         unter  die  deutsche  Schutzherrschaft. 

Toutefois,  dans  le  delai  d'un  an  Den  Eingeborenen  steht  es  je- 
ä  dater  de  l'annexion  definitive,  doch  innerhalb  eines  Jahres  von 
les  indigenes  seront  libres  de  quitter  der  endgültigen  Einverleibung  an 
le  territoire  annexe  par  l'une  des  frei,  das  von  einer  der  Vertragsmächte 
parties  contractantes  pour  s'etablir  einverleibte  Gebiet  zu  verlassen, 
sur  le  territoire  de  l'autre  en  empor-  um  sich  unter  Mitnahme  ihrer  Em- 
tant  leurs  recoltes.  Dans  ce  cas  ils  ten  auf  dem  Gebiete  der  anderen 
recouvreront  leur  sujetion  primitive,   niederzulassen.     In     diesem     Falle 

bekommen  sie  ihre  frühere  Unter- 
tanenschaft wieder. 

L'annexion  ne  modifiera  en  rien  Die  Einverleibung  berührt  in 
la  nationahte  ni  des  ressortissants  keiner  Weise  die  Nationalität  der 
allemands,  europ6ens  ou  autres,  ni  europäischen  oder  anderen  deut- 
des  personnes  soumises  ä  la  sujetion  sehen  Staatsangehörigen,  ebenso- 
c<  iloniale  allemande  et  non  origi-  wenig  die  NaüonaUtät  der  Personen, 
naires  des  territoires  qui  ont  donne  die  der  deutschen  Schutzherrschaft 
lieu  ä  des  echanges,  alors  meme  unterworfen,  aber  nicht  Stammes- 
qu'ils  continueraient  ä  resider  sur  Eingeborene  der  ausgetauschten  Ge- 
les  territoires  cedes  par  l'Allemagne  biete  sind;  auch  dann  nicht,  wenn 
ä  la  France,  et  ils  ne  seront  pas  te-  sie  weiter  auf  den  von  Deutsciiland 
nus  d'emigrer  dans  un  delai  deter-  an  Frankreich  abgetretenen  Ge- 
minc.  bieten  wohnen  bleiben.    Sie  werden 

nicht   angehalten   werden,  in  einer 
bestimmten  Frist  auszuwandern. 

Reciproquement,  l'annexion  ne  Umgekehrt  berührt  die  Einver- 
modifiera  en  rien  la  nationahte  des  leibung  in  keiner  Weise  die  Natio- 
citoyens  fran^ais,  europeens  ou  au-  nalität  der  europäischen  oder  an- 
tres,  et  des  sujets  fran9ais  non  ori-   deren     französischen     Staatsbürger 


—     234    — 

ginaires  des  territoires  qui  ont  donne  oder  der  französischen  Untertanen, 
lieu  ä  des  echanges,  alors  meme  die  auf  den  ausgetauschten  Gebieten 
qu'ils  continueraient  ä  resider  sur  nicht  stammeseingeboren  sind ;  auch 
les  territoires  cedes  par  la  France  dann  nicht,  wenn  sie  weiter  auf 
ä  l'Allemagne,  et  ils  ne  seront  pas  den  von  Frankreich  an  Deutsch- 
tenus  d'emigrer  dans  un  delai  de-  land  abgetretenen  Gebieten  wohnen 
termine.  bleiben.  Sie  werden  nicht  angehalten 

werden,  in  einer  bestimmten  Frist 

auszuwandern. 
Les  dispositions  des  ahneas  4  et  Durch  die  Bestimmungen  der 
5  ne  touchent  pas  le  droit  de  cha-  Absätze  4  und  5  wird  das  Recht 
cune  des  parties  contractantes  d'ex-  der  beiden  Vertragsmächte,  aus  all- 
pulser,  pour  des  raisons  generales  de  gemeinen  poUzeihchen  Gründen  die 
poHce,  les  personnes  visees  dans  in  den  genannten  Absätzen  bezeich- 
les  dits  ahneas.  neten  Personen  auszuweisen,  nicht 

berührt. 

Fait  ä  Berhn,  le  2  fevrier  1912,  en       Geschehen  zu  Berhn  am  2.  Fe- 
double  exemplaire.  bruar  1912.     In  doppelter  Ausfer- 

tigung. 

(L.  S.)      Gez 

(L.  S.)      Gez 


(Übersetzung.) 
6.  France,  Espagne.  Französisch-spanisches 

Convention     concernant     la    Deh-  Abkommen, 

mitation    des    Possessions    respec-  betreffend  die  Abgrenzung  der  bei- 

tives  sur  la  Cote  du  Sahara  et  sur  derseitigen  Besitzungen  an  der  Küste 

la  Cote  du  Golfe  de  Guinee;  signee  des    Golfes   von    Guinea.       Unter- 

ä  Paris,  le  27  juin  igoo.^)  zeichnet  in  Paris  am  27.  Juni  1900^) 

Article  i.  Artikel    i. 

Article  2.  Artikel   2. 

Article  3.  Artikel   3. 

(Diese  Artikel  betreffen  die  Ab- 
grenzung  der   Küste   der    Sahara.) 


^)   L'echange  des    latifications    a  eu  ^)  Die  Ratifikationsurkunden  sind  in 

lieu  ä  Paris,  le  22  mars  1901.  Paris    am    22.  März    1901    ausgetauscht 

worden. 


-     235     — 

Article    4.  Artikel    4. 

La   limite   entre    les    possessions  Die   Grenze  zwischen   den   fran- 

Fran^aises    et    Espagnoles    sur    la  zösischen    und    spanischen    Besitz- 

c6te   du    Golfe   de    Guinee    partira  ungen  an  der  Küste  des  Golfes  von 

du  point  d'intersection  du  talweg  de  Guinea    geht    von    dem     Schnitt- 

la    Ri%'i(^re    Mouni    avec   une   ligne  punkte    des    Talweges    des    Muni- 

droite  tiree  de  le  pointe  Coco  Beach  Flusses  mit  der  geraden  Linie  z\si- 

ä  la  pointe  Diöke.     Elle  remontera  sehen  Koko  Beach  und  Dieke  aus. 

ensuitele  talweg  de  la  Rivicre  Mouni  Sie    geht    dann    den    Talweg    des 

et   celui   de  la   Rivicre   Outemboni  Muni-Flusses    und     des     Temlx>ni- 

jusqu'au    point    oü    cette    demiere  Flusses  aufwärts  bis  zu  dem  Punkte, 

riviere  est  coupee  pour  la  premiere  wo  dieser  letztere  Fluß  zum  ersten 

fois  par  la  1°  de  latitude  nord  et  Male    von    dem    ersten    nördlichen 

se     confondra     avec     ce     parallele  Breitengrade  geschnitten  wird  und 

jusqu'ä  son  intersection  avec  le  9*^  fällt  dann  mit  diesem  Breitengrade 

de  longitude  est  de  Paris  (11°  20'  bis   zu   seinem    Schnittpunkte   mit 

est  de  Greenwich).  dem    9.    Längengrade    östHch    von 

Paris  (i  1*^20,  östHch  von  Green- 
wich) zusammen. 

De  ce  point  la  ligne  de  demacra-  Von  diesen  Punkte  ab  wird  die 

tion  sera  formee  par  le  dit  m^ridien,  Grenzhnie    durch    den    genannten 

9  est  de  Paris,  jusqu'ä  sa  rencontre  Längengrad    9''    östhch    von    Paris 

avec    la    frontiere    meridionale    de  bis     zu    seinem     Zusammentreffen 

la     Colonie     Allemande     de      Ca-  mit    der    Südgrenze   von    Deutsch- 

nieroun.  Kamerun  gebildet. 

Article    5.  Artikel    5. 

Les    navires     Fran^ais    jouiront  Die  französischen  Schiffe  genießen 

pour  l'acces  par  mer  de  la  Riviere  beim   Zugang   vom   Meere    in   den 

Mouni,    dans   les    aux  territoriales  Muni-Fluß  in  den  spanischen  Küsten 

Espagnoles   de   toutes   les   facilites  gewässern  alle  Erleichterungen,  die 

dont  pourront  ben^ficier  les  navi-  den    spanischen    Schiffen    in    den 

res  Espagnoles  dans  les  eaux  ter-  französischen   Küstenge  wässern  ge- 

ritoriales  Frangaises.  währt  werden. 

La  navigation  et  la  peche  seront  Die  Scliiffahrt  und  die  Fischerei 

libres  pour  les  ressortissants  Fran-  sind  für  die  französischen  und  spa- 

^ais  et  Espagnols  dans  les  Rivieres  nischen  Staatsangehörigen  im  Muni- 

Mouni  et  Outemboni.  und  Temboni-Flusse  frei. 

La  police  de  la  navigation  et  de  Die  Aufsicht  über  die  Schiffahrt 

la  ptche  dans  ces  rivieres,  dans  les  und  die  Fischerei  in  diesen  Flüssen 

eaux  territoriales  Fran9aises  et  Es-  und  in  den  französischen  und  spa- 


—    236    — 

pagnoles  aux  abords  de  l'entree  nischen  Küstengewässern  an  den 
de  la  Riviere  Mouni,  ainsi  que  les  Landungsplätzen  beim  Eingänge 
autres  questions  relatives  aux  rap-  in  den  Muni  werden  zwischen  den 
ports  entre  frontaliers,  les  dispo-  zwei  Regierungen  gemeinschaftlich 
sitions  concemant  l'eclairage,  le  geregelt  werden.  Ebenso  die 
bahsage,  l'amenagement  et  la  jouis-  übrigen  Fragen,  die  die  Beziehungen 
sance  des  eaux,  feront  l'objet  d'ar-  zwischen  den  Grenzbewohnern  be- 
rangements  concertes  entre  les  deux  treffen  und  die  Anordnungen  be- 
Gouvernements, züghch  der  Befeuerung,  Betonnung 

und  der  Benutzung  der  Gewässer. 

Article   6.  Artikel   6. 

Les  droits  et  avantages  qui  de-  Die  Rechte  und  Vorteile,  welche 

coulent  des  Articles   II,   III  et  V  aus  den  Artikeln  2,  3  und  5  dieses 

de   la   presente   Convention,    etant  Abkommens   hervorgehen,    und    in 

stipules  ä  raison  du  caractere  com-  Hinsicht    auf    die    Gemeinsamkeit 

mun  ou  limitrophe  des  baies,  em-  oder   die    Grenzlage   der   Buchten, 

bouchures  rivieres  et  territoires  sus-  Flußmündungen  und  oben  genann- 

mentionnes,    seront    exclusivement  ten   Ländereien  vereinbart  worden 

reserves  aux  ressortissants  des  deux  sind,  sind  ausschheßhch  den  Staats- 

Hautes  Parties  Contractantes  et  ne  angehörigen    der    vertragschheßen- 

pourront    en    aucune    fa^on    etre  den  Parteien  vorbehalten  und  kön- 

transmis   ou   concedes   aux   ressor-  nen   in   keiner   Weise   den    Staats- 

tissants  d'autres  nations.  angehörigen  anderer  Nationen  über- 
tragen   oder    zugestanden    werden. 

Article    7.  Artikel    7. 

Dans  le  cas  oü  le  Gouvernement  Falls    die    spanische    Regierung 

Espagnol  voudrait  ceder,  ä  quelque  unter  irgendwelchem  Titel  ganz  oder 

titre    que   ce   füt,    en   tout   ou   en  zum  Teile  die  Besitzungen  abtreten 

partie,  les  possessions  qui  lui  sont  wiU,  die  ihr  in  den  Artikeln  i  und  4 

reconnues  par  les  Articles  I  et  IV  des  vorhegenden  Abkommens  zuer- 

de    la    presente    Convention,    ainsi  kannt  worden  sind,  ebenso  wie  die 

que  les  lies  Elobey  et  l'Ile  Corisco  Elobey-Inseln    und     die     Korisko- 

voisines  du  httoral  du  Congo  Fran-  Insel,  die  der  Küste  von  Französisch- 

gais,     le     Gouvernement     Fran9ais  Kongo    benachbart    sind,    hat    die 

jouira  d'un  droit  de  preference  dans  französische  Regierung  ein  Vorzugs- 

des  conditions  semblables  ä  Celles  recht    unter    den    gleichen    Bedin- 

qui  seraeint  proposees  au  dit  Gouver-  gungen,    die    der    spanischen    Re- 

nement  Espagnol.  gierung  gemacht  werden. 


—     ^17     - 

Article   8.  Artikel    8. 

Les    fronticres    determinees    par  Die  in  dem  vorliegenden  Ül)erein- 

la  presente  Convention  sont  incri-  kommen  festgesetzten  Grenzen  sind 

te«,  sous  les  r&erves  formulees  dans  unter  dem  im  Anhange  i  zu  dem 

l'Annexe  i   ä  la  presente  Conven-  vorliegenden  Abkommen  gemachten 

tion  sur  les  cartes  ci-jointes   (An-  Vorbehalte  in  den  angefügten  Kar- 

nexes  2  et  3).  ten  (Anhang  2  und  3)  eingetragen. 

Les    deux    Gouvernements   s'en-  Die  zwei   Regierungen  verpflich- 

gagent    ä    designer,  dans  le    ddlai  ten  sich,  innerhalb  von  4  Monaten 

de    quatre   mois    ä  compter  de  la  von    dem    Austausche    der    Ratifi- 

date  de  l'echange  des  ratifications,  kationsurkunden     an     Kommissare 

des  Commissaires  qui  seront  charges  zu  ernennen,  die  beauftragt  werden, 

de  tracer  sur  les  lieux  les  lignes  de  örtlich  die  GrenzenUnie  zwischen  den 

demarcation    entre    les    possessions  französischen   und   spanischen    Be- 

Fran^aises  et  Espagnoles,  en  con-  Sitzungen    im    Einklänge    mit    den 

formite    et     suivant     l'esprit     des  Absichten  und   Bestimmungen  des 

dispositions    de    la    presente    Con-  vorhegenden   Übereinkommens  ab- 

vention.  zustecken.  ^) 

II    est    entendu    entre    les    deux  Die  vertragschließenden  Parteien 

Puissances  Contractantes  qu'aucun  sind  sich  darüber  einig,  daß   \'er- 

changement  ulterieur  dans  la  posi-  änderungen  in  der  Lage  des  Talweges 

tion  du  talweg  des  Rivieres  Mouni  et  des  Muni-  und  Temboni-FIusses  die 

Outemboni  n'affectera  les  droits  de  Eigentumsrechte  an  den  Inseln  nicht 

propriete  sur  les  iles  qui  auront  ete  berühren  sollen,  die  jeder  der  beiden 

attribuees  ä  chacune  des  deux  Puis-  Mächte  durch  die  Verhandlungen  der 

sances  par  le  proces-verbal  des  Com-  Kommissare  zugeteilt  werden.-)  Die 

missaires  düment  approuve  par  les  Verhandlungen  bedürfen    der   ord- 

deux  Gouvernements.  nungsmäßigen     Genehmigung     der 

beiden  Regierungen. 

Article    9.  Artikel   9. 

Les    deux    Puissances    Contrac-  Die      zwei      \ertragschließenden 

tantes    s'engagent    reciproquement  Mächte    verpflichten    sich,    gegen- 

ä    traiter    avec    bienveillance    les  seitig  die  Häupthnge  wohlwollend  zu 

chefs  qui,  ayant  eu  des  Traitfe  avec  behandeln,  die  mit  einer  der  Mächte 

l'une  d'elles,  se  trouveront  en  vertu  Verträge  abgeschlossen  hatten  und 

de   la   präsente   Convention   passer  auf  Grund  des  vorüegenden  Überein- 

sous  la  souverainete  de  l'autre.  kommens  unter  die  Hoheit  der  ande- 
ren Macht  übergehen. 

•)  Vgl.  dazu  Revue  Colonial  1902/03  S.  171,576  und  1903/04  S.  151t 
-)    Vgl.   Revue  Coloniale   1903/04  S.  2S. 


—    238    — 

Article    lo,  Artikel    lo. 

La  presente  Convention  sera  ra-       Das  vorliegende  Übereinkommen 

tifi6e,  et  les  ratifications  en  seront  wird    ratifiziert    werden    und    die 

echangees  ä  Paris  dans  le  delai  de  Ratifikationsurkunden    werden    in 

six  mois,  et  plus  tot  si  faire  se  peut.   Paris  binnen  6  Monaten  oder,  wenn 

möglich  eher,  ausgetauscht  werden. 

Fait    ä    Paris   en    double    exem-       Geschehen  zu  Paris  in  doppelter 
plaire  le  27  juin  1900.  Ausfertigung    am    27.    Juni    1900. 

(L.  S.) Gez 

(L.  S.) Gez 


Annexe    i.  Anhang    i. 

Bien  que  le  trace  des  hgnes  de  Obwohl  der  Verlauf  der   Grenz- 

demarcation  sur  les  cartes  annexees  linie    auf    den    dem    vorliegenden 

ä  la  presente  Convention  (Annexes  Übereinkommen    beigefügten    Kar- 

2  et  3)  soit  suppose  etre  generalement  ten  im  allgemeinen  als  genau  an- 

exact,  il  ne  peut  etre  considere  com-  zunehmen   ist,    kann   er   nicht    als 

me  une  representation  absolue  cor-  eine  unbedingt  richtige  Darstellung 

recte  de  ces  hgnes,  jusqu'ä  ce  qu'il  dieser  Grenzlinie  betrachtet  werden, 

ait  ete  confirme  par  de  nouveaux  bis  er  durch  neue  Aufnahmen  be- 

leves.  stätigt  ist. 

II  est  donc  convenu  que  les  Com-  Es    wird    indes    bestimmt,    daß 

missaires   ou  Delegues   locaux    des  die    Kommissare    und    Delegierten 

deux  pays  qui  seront  charges,  par  der  beiden  Länder,  die  in  der  Folge 

la  suite,  de  delimiter  tout  ou  partie  damit  beauftragt  werden,  die  Grenze 

des  frontieres  sur  le  terrain  devront  ganz   oder   teilweise   örtlich   abzu- 

se  baser  sur  la  description  des  fron-  grenzen,  sich  auf  die  Grenzbeschrei- 

tieres    teile    qu'elle    est    formulee  bung  stützen  sollen,  wie  sie  in  dem 

dans  la  Convention.      II  leur  sera  Übereinkommen  abgefaßt  ist.     Es 

loisible,   en  meme  temps,  de  modi-  ist  gleichwohl  zulässig,  die  genann- 

fier  les  dites  lignes  de  demarcation  ten    Grenzlinien    abzuändern,    um 

en  vue  de  les  determiner  avec  une  sie    mit    größerer    Genauigkeit    zu 

plus  grande  exactitude  et  de  rec-  bestimmen  und  die  Lage  der  Scheide- 

tifier  la  position  des  lignes  de  par-  Hnien  der  Wege  und  Flüsse,  ebenso 

tage  des  chemins  ou  rivieres,  ainsi  wie  zwischen  den  in  den  genannten 

que  des  villes  ou  villages  indiques  Karten      eingetragenen      größeren 

dans  les  cartes  susmentionnees.  oder  kleineren  Niederlassungen  zu 

berichtigen. 


—     239    — 

Les  changements  ou  corrections  Die  Änderungen  und  Berichti- 
proposc's  d'un  commun  accord  par  gungen,  die  von  den  genannten 
les  ditä  Commissaires  ou  D616guös  Kommissaren  und  Delegierten  ge- 
seront  soumis  ä  l'approbation  des  meinsam  vorgeschlagen  werden,  be- 
Gouvemements  respectifs.  dürfen  der   Genehmigung  der   bei- 

derseitigen Regierungen. 


7.   Zusatz  ZU  dem  deutsch-französischen  Abkommen 
vom  4.  November  1911. 

In  einem  Notenwechsel  zwischen  dem  Staatssekretär  des  Auswärtigen 
Amtes.  Herrn  v.  Kiderlen-Waechter,  und  dem  Botschafter  der  Fran- 
zösischen Republik,  Herrn  Jules  Cambon,  ist  zum  Ausdruck  gebracht 
worden,  daß,  falls  Deutschland  von  Spanien  Spanisch-Guinea,  die  Inseln 
Korisko  und  die  Elobey-Inseln  zu  erwerben  wünschen  sollte,  Frankreich 
bereit  ist,  zu  Deutschlands  Gunsten  auf  die  sich  aus  dem  deutsch-fran- 
zösischen Vertrage  vom  27.  Juni  1900  ergebenden  Vorzugsrechte  zu 
verzichten.  Dagegen  hat  Deutschland  erklärt,  sich  nicht  an  den  besonderen 
Abmachungen  beteiligen  zu  wollen,  die  Frankreich  und  Spanien  etwa 
miteinander  über  Marokko  treffen  sollten. 


Anhang  IL 


ö 


Dekret  und  Lastenheft  von  1899. 


Ve'öffcntl.  d.  ReichfkolonimUmtei  Kr.  4:  Ritter.  ^* 


I.  Dekret. 

Der    Präsident   der  französischen  Republik  erläßt  folgendes  Dekret: 

Titel  I. 
Konzession. 

Artikel  i. 

Zwecks  Kolonisierung  und  Erschließung  des  privaten  Staatseigen- 
tumes in  Französisch-Kongo  werden  die  Herren  ^)      

ermächtigt, 
vorbehaltlich 

1.  der  Rechte,  die  Dritten,  und  der  Verpflichtungen,  die  den  Kon- 
zessionären aus  den  Bestimmungen  der  BerUner  und  Brüsseler 
Generalakten  vom  26.  Februar  1885  und  2.  Juli  1890  erwachsen; 

2.  der  Rechte,  die  von  Dritten  am  Tage  der  Veroffentüchung  des 
vorliegenden  Dekretes  in  der  Kolonie  bereits  erworben  sind; 

3.  der  Rechte  der  Eingeborenen,  wie  sie  in  dem  nachstehenden 
Art.  10  bestimmt  sind, 

sich  m  den  nachbezeichneten  Gebieten  während  einer  Dauer  von  30  Jahren 
vom  Datum  des  vorhegenden  Dekretes  an  niederzulassen  und  dort  nach 
den  Bedingungen  des  vorliegenden  Dekretes  und  des  ihm  beigefügten 
Lastenheftes  alle  Rechte  der  Nutznießung  und  Ausbeutung  auszuüben. 
Nicht  ermächtigt  sind  sie  zur  Ausübung  des  Bergbaues,  der  den  in  der 
Kolonie  geltenden  Gesetzen  imterstellt  bleibt. 

Dieses  Gebiet  umfaßt  die  Ländereien,  die  begrenzt  sind'):     .    .    . 


>)  Siehe  die  Übersicht, 
')   Siehe  oben  §  soff. 

16« 


—     244 


Übersicht  zum  Dekret 


Datum  des  Kon- 

Journal 

Inhaber  der  Kon- 

Konzessionare 

zessionsdekretes 

officiell 

zession 

/Paquier,  Mimerei  u. 

29.  Juli  1899 

1899,  S.  7637 

Cie  Ngoko-Wesso*) 

1      Kunkler 

u.  18.  März  1905 

N.  V.  27.  März  1905 

Compagnie  Ngoko- 

18.  März  1905 

>>    >)    })       j>        » 

Cie  Ngoko-Sanga 

Sanga 

Tröchot  fr^res  &  Cie. 

31.  März  1899 

1899,  S,  3971 

Compagnie  fran9aise 
du  Haut  Congo 

fimile  Collas 

19.  Mai  1899 

1899,  S.  5281 

Ste.  Sangaequatoriale- 

Normandin 

16.   Juli  1899 

1900,  S.  7587 

Cie.  com,  et  col.  Mam 
bere-Sanga 

Compagnie     fran9aise 

9.  Juni  1899 

1899,  S.  6517 

Cie.  com.  de  col.  du 

du  Congo  et  des  Co- 

franfais 

lonies  africaines 

B^hagle,     Guinard, 

21.  Febr.  1900 

1900,  S.  3063 

Cie.  Uam-Nana 

Renchet,  Mainard 

^)  Mit  der  Cie.  Sanga-Lipa-Wesso  vereinigt  zur  Cie  Ngoko-Sanga. 


Titel   IL 

Gründung  einer  Gesellschaft  zur  Ausbeutung 
der  Konzession. 

Artikel   2.1) 

Die  vorliegende  Konzession  wird  erst  rechtskräftig,  wenn  die  Herren 

ihre  Rechte  auf  eine  Aktiengesellschaft 

übertragen  haben,  die  nach  französischem  Gesetze  mit  einem  Kapital 

von  mindestens Franken  2)  gebildet  wird.    Die  Herren  N.  N. 

bleiben  während  dreier  Jahre  von  der  Gründung  der  genannten  Aktien- 
gesellschaft ab  mit  ihr  als  Gesamtschuldner  für  die  von  ihr  eingegangenen 
Verpfhchtungen  haftbar. 

Die  Konzessionare  oder  Gründer  der  Gesellschaft  haben  nur  Anspruch 
auf  die  Erstattung  ihrer  Vorschüsse.  Die  Abrechnung  darüber  muß 
von  der  Hauptversammlung  der  Aktionäre  genehmigt  werden. 


^)  Art.  2 — 4  fehlen  im  Dekrete  für  die  Konzession  der  Ngoko-Sanga  von  1905. 
*)  Siehe  die  Übersicht  zu  Art.  i. 


245 


und  Lastenheft  von   1899. 


Mindest- 

Aktien- 

kapital 

nach  Art.  2 


Feste  jahrliche  Abgabe 
nach  Art.  6 


1900 — 1904  1905 — 1909,1910—1929 


Ivaution 

nach 
Art.  18 


Damp&chiife 
nach  Art.  11  L.H. 


große  kleine 


Franken 

Franken 

Franken 

Franken 

Franken 

I  500  000 

6  500 

9500 

13  000 

28000 

I 

I 

— 

— 

10  000*) 

— 

— 

— 

2000  000 

15  000 

22000 

30  000 

50000 

— 

3 

800  000 

4000 

6000 

8000 

20000 

I 

— 

600  000 

3000 

4500 

6000 

15  000 

— 

— 

I  000  000 

6000 

9000 

12  000 

25000 

I 

I 

2  000  000 

6000 

9  000 

12  000 

30000 

— 

— 

*)  Diese  10  000  Franken  sind  vom  i.  Januar  1915  bis  1935  zu  zahlen. 


Doch  kann  den  Konzessionaren  oder  Gründern  satzungsgemäß 
ein  Anteil  an  dem  Gewinne  gewährt  werden,  der  übrig  bleibt,  nachdem 
auf  das  Aktienkapital  eine  Vergütung  von  5%  verteilt  worden  ist.  Falls 
Genußscheine  ausgegeben  werden,  sollen  sie  auf  Namen  lauten,  solange 
auf  sie  nicht  wenigstens  in  2  aufeinanderfolgenden  Jahren  gemäß  dem 
Rechnungsabsclilusse  jedes  Geschäftsjahres  Gewinnverteilungen  erfolgt 
sind.  Während  dieses  Zeitraumes  können  die  Anteilscheine  nicht  ge- 
handelt werden.  Ihre  Übertragung  kann  nur  gemäß  den  Bestimmungen 
der  Art.  1689,  1690  des  code  civil  erfolgen. 

Die  Übertragung  der  Rechte  der  Konzessionare  auf  die  Aktienge- 
sellschaft wird  erst  rechtswirksam,  nachdem  die  Kommission  für  die 
kolonialen  Konzessionen  die  Übertragung  befürwortet  und  der  Kolonial- 
minister  sie  genehmigt  hat. 

Artikel  3. 
Das  erste  Viertel  des  Aktienkapitales  der  neuen  Gesellschaft  muß 
innerhalb  eines  Monates  vom  Erlcisse  des  vorliegenden  Dekretes  an  ein- 
gezalilt  werden,  widrigenfalls  die  Konzession  zurückgezogen  wird. 


—    246    — 

Ebenso  wird  die  Konzession  zurückgezogen,  wenn  die  Gesellschaft 
nicht  innerhalb  von  4  Monaten  nach  Erlaß  des  vorliegenden  Dekretes 
in  Übereinstimmung  mit  der  im  obigen  Art.  2  vorgesehenen  Entscheidung 
des  Kolonialministers  endgültig  gegründet  ist  und  wenn  nicht  innerhalb 
derselben  Frist  die  Satzungen  gemäß  den  gesetzhchen  Vorschriften 
veröffentlicht  werden.  Der  Zeitraum,  der  zwischen  der  Einreichung  des 
Gesuches  um  Genehmigung  an  den  Kolonialminister  und  der  Veröffent- 
lichung des  ministeriellen  Entscheides  liegt,  soll  nicht  in  diese  Frist 
eingerechnet  werden. 

Artikel  4. 

Schuldverschreibungen  dürfen  nur  in  doppelter  Höhe  des  Aktien- 
kapitales ausgegeben  werden. 

Schuldverschreibungen  dürfen  nicht  ausgegeben  werden,  bevor 
nicht  %  des  Aktienkapitales  eingezahlt  und  dem  Zwecke  der  Konzession 
zugewendet  worden  sind. 

Artikel  5. 
Alle  Mitglieder  des  Verwaltungsrates,  darunter  der  Präsident  und 
Vizepräsident  müssen  Franzosen  sein.^)  Die  Beschlüsse  sind  nur  rechts- 
wirksam, wenn  die  Zahl  der  Mitglieder,  die  daran  teilgenommen  haben, 
größer  ist  als  die  Hälfte  der  durch  die  Satzungen  festgesetzten  Gesamt- 
zahl der  Verwaltungsratsmitglieder.  Der  Sitz  der  Gesellschaft  muß 
auf  französischem  Gebiete  Hegen. 

Titel  m. 
Konzessionsbedingiingen. 

Artikel  6. 

Als  Gegenleistung  für  die  Konzession,  die  den  Gegenstand  des  vor- 
liegenden Dekretes  bildet,  hat  die  Konzessionsgesellschaft  an  die  Kasse 
der  Finanzverwaltung  der  Kolonie  oder  an  eine  vom  Kolonialminister 
bezeichnete  öff enthebe  Kasse  des  Mutterlandes  zu  zahlen: 

I.  Eine  feste  jährliche  Abgabe  von Franken,  während 

5  Jahre  vom  i.  Januar  ab,  von Franken  während  der  folgenden 

5  Jahre,  und  von Franken  vom  11.  Jahre  ab  bis  zum  Erlöschen 

der  Konzession. 2) 

^)  So  in  den  Dekreten  der  Ngoko-Wesso,  Ngoko-Sanga  von  1905  und  der 
Mambere-Sanga- Konzession.  Weniger  streng  ist  diese  Vcffschrifl;  bei  den  übrigen 
Konzessionen ;  hier  wird  nur  gefordert,  daß  %  der  Mitglieder  des  Verwaltungsrates, 
darunter  Präsident  und  Vizepräsident,  Franzosen  sein  müssen. 

2)  Siehe  die  Übersicht  zu  Art.  i. 


—     247     — 

2.  15%  von  dem  nach  den  Bestimmungen  des  Lastenheftes  be- 
rechneten Reingewinne. 

Artikel  7. 

Alles  auf  Veranlassung  oder  durch  eigene  Tätigkeit  der  Konzessions- 
gesellschaft nutzbar  gemachte  Land  soll  unter  den  im  Lastenhefte  näher 
bezeichneten  Bedingungen  und  unter  Vorbehalt  der  Rechte,  die  sich  der 
Staat  und  die  Kolonie  im  vorliegenden  Dekrete  und  im  Lastenhefte  vor- 
behalten haben,  ihr  volles  Eigentum  werden.  Doch  kann  die  Gesellschaft 
diese  Ländereien  an  Dritte  nur  mit  Genehmigung  des  Gouverneurs 
verkaufen  oder  verpachten.  Die  Gebiete,  die  in  Zuwiderhandlung  gegen 
diese  Klausel  verkauft  oder  verpachtet  werden,  fallen  auf  Grund  dieser 
Tatsache  von  selbst  wieder  an  den  Staat  zurück.  Denselben  Bedingungen 
unterhegen  während  der  Dauer  der  Konzession  alle  Weiterveräußerungen 
oder  Übertragungen  unter  Lebenden  während  der  Dauer  der  Konzession. 

Artikel  8. 

Die  Regierung  behält  sich  das  Recht  vor,  zu  jedem  beüebigen  Zeit- 
punkte alle  Gebiete  zurückzunehmen,  die  für  Zwecke  des  öffentlchen 
Dienstes  des  Staates  oder  der  Kolonie  gebraucht  werden.  Das  gleiche 
gilt  für  alle  öffentlichen  Arbeiten,  deren  Ausführung  in  eigener  Regie 
oder  durch  Unternehmer  sie  für  zweckmäßig  hält.  Diese  Gebiete  sind 
ihr  von  der  Konzessionsgesellschaft  oder  ihren  Rechtsnachfolgern  wieder 
abzutreten;  und  zwar 

1.  unentgelthch,  wenn  sie  noch  nicht  nach  den  Bestimmungen  des 
vorigen  Artikels  Privateigentum  geworden  sind, 

2.  andernfalls  gegen  eine  Entschädigung  für  den  Bodenwert,  für 
den  ein  Pauschsatz  von  5  Franken  pro  Hektar  festgesetzt  wird. 

In  beiden  Fällen  soll,  wenn  diese  Gebiete  Anlagen  kommerzieller, 
landwirtschaftlicher  oder  industrieller  Art  enthalten,  die  tatsächlich  in 
Betrieb  und  Ausbeutung  sind,  oder  Pflanzungen,  die  von  der  Konzessions- 
gesellschaft oder  ihren  Rechtsnachfolgern  angelegt  ^ind  und  unterhalten 
werden,  eine  Entschädigung  gewälirt  werden,  die  dem  Werte  der  An- 
lagen oder  Pflanzungen,  um  die  es  sich  handelt,  entspricht. 

Diese  Entschädigung,  die  durch  gemeinsame  Vereinbarungen  oder 
durch  Schiedsspruch  festzusetzen  ist,  soll  dem  Mehrwerte  Keclmung 
tragen,  der  vielleicht  aus  der  Ausführung  der  Arbeiten  für  den  Teil  dieser 
Anlagen  oder  Pflanzungen  erwächst,  der  in  der  Konzession  oder  im 
Eigentume  verbleibt. 


—     248     — 

Artikel  9. 

Falls  die  Konzessionsgesellschaft  Arbeiten  oder  Unternehmungen 
ausführt,  die,  obwohl  in  ihrem  eigenen  Interesse  unternommen,  doch  dem 
allgemeinen  Interesse  nutzbar  werden  können,  behält  sich  die  Regierung 
die  Befugnis  vor,  die  Abtretung  an  das  Staatseigentum  oder  an  die  be- 
teiligten Verwaltungszweige,  gegen  eine  angemessene,  vorherige  Ent- 
schädigimg anzuordnen. 

Wenn  diese  Arbeiten  auf  ihre  Kosten  unterhalten  werden,  kann  die 
Konzessionsgesellschaft  ermächtigt  werden,  für  sich  Wege-  oder  Brücken- 
gelder zu  erheben,  deren  Veranlagimg,  Höhe  und  Erhebungsart  durch 
Verordnung  des  Gouverneurs  geregelt  werden. 


Titel  IV. 

Verpflichtungen  allgemeiner  Art,  die  den  Konzessionaren 

auferlegt  sind. 

Artikel  10. 

Die  Konzessionsgesellschaft  darf  die  Nutznießungs-  und  Ausbeutungs- 
rechte, die  ihr  durch  obigen  Artikel  i  gewährt  werden,  nur  außerhalb  der 
Eingeborenendörfer  und  der  von  den  Eingeborenen  bebauten  Ländereien 
und  der  Weiden  und  Wälder  ausüben,  die  zu  deren  Reservaten  gehören. 
Der  Umfang  dieser  Ländereien  wird,  wenn  es  sich  um  Eingeborene  mit 
festen  Wohnsitzen  handelt,  durch  Verordnung  des  Gouverneurs  bestimmt ; 
ebenso  der  jeweilige  Umfang  der  Reservate  für  Eingeborene  mit  wech- 
selnden Wohnsitzen.  Der  Gouverneur  bestimmt  auch  diejenigen  Gebiete, 
innerhalb  welcher  die  Eingeborenen  das  Jagd-  und  Fischereirecht  be- 
halten. Die  so  vorbehaltenen  Gebiete  und  Rechte  können  von  den  Ein- 
geborenen an  die  Konzessionare  oder  an  Dritte  nur  mit  Erlaubnis  des 
Gouverneurs  übertragen  werden. 

Falls  innerhalb  der  Konzessionsdauer  Änderungen  des  Umfangs  der 
Reservate  von  dem  Gouverneur  für  nötig  erachtet  werden  —  im  Interesse 
der  Eingeborenengemeinschaften  oder  im  öffentHchen  Interesse  der 
Kolonie  — ,  so  können  diese  Änderungen  unter  den  im  obigen  Art.  8 
vorgesehenen  Bedingungen  vorgenommen  werden. 

Sitten,  Gebräuche,  Rehgion  und  Organisation  der  Eingeborenen- 
bevölkerung müssen  streng  respektiert  werden.  Die  Angestellten  der 
Konzessionare  müssen  der  Verwaltung  Anzeige  machen,  falls  sie  Zeugen 
von  Vorgängen  werden,  die  das  Gefühl  der  MenschHchkeit  verletzen. 


—     249    — 

Meinungsverschiedenheiten  oder  Streitigkeiten  z\sischen  dem  Ver- 
treter der  Konzessionsgesellschaft  und  den  Eingeborenen  sind  der  Ent- 
scheidung des  für  die  letzteren  zuständigen  Beamten  unterworfen;  diese 
Entscheitlung  ist  sofort  vollstreckbar,  vorbehaltlich  der  Berufung  an 
den  Gouverneur,  der  in  letzter  Instanz  entscheidet. 

Artikel  ii. 

Der  Vertreter  der  Konzessionsgesellschaft  in  der  Kolonie  muß  von 
dem  Kolonialminister  genehmigt  werden,  der  auf  den  Vorschlag  des 
Gouverneurs  hin,  falls  ein  öffentüches  Interesse  vorliegt,  nach  Anhörung 
der  Konzessionsgesellschaft  seine  Ersetzung  fordern  kann.  Dieser  Ver- 
treter muß  mit  allen  notwendigen  Vollmachten  versehen  sein,  um  auf 
jeden  Fall  in  der  Kolonie  die  Ausfühnmg  der  Vorschriften  des  Dekrets 
und  des  Lastenheftes  sicher  zu  stellen. 

Vom  6.  Jahre  der  Konzession  ab  müssen  alle  nicht  eingeborenen 
Angestellten  der  Gesellschaft  in  der  Kolonie  Franzosen  sein ;  doch  kann 
die  Gesellschaft  ausnahmsweise,  wenn  ein  Betriebsinteresse  es  erfordert, 
Fremde  anstellen  unter  der  Bedingung,  daß  in  jedem  Einzelfalle  die 
Erlaubnis  des  Gouverneurs  erteilt  wird.  Diese  Erlaubnis  ist  nur  für 
I  Jahr  gültig;  sie  kann  erneuert  werden. 

Die  französischen  Angestellten  der  Gesellschaft  können  auf  Grund 
besonderer  Vollmacht  des  Gouverneurs  die  Tätigkeit  von  Standes- 
beamten ausüben. 

Artikel  12. 

Der  Handel  mit  Feuerwaffen  und  Munition  ist  der  Konzessions- 
gesellschaft und  ihren  Angestellten  ausdrückhch  untersagt,  außer  wenn 
sie  vom  Gouverneur  ermächtigt  sind,  mit  den  zum  Handel  zugelassenen 
Waffen  unter  der  Aufsicht  der  Beamten  der  Kolonie  Handel  zu  treiben. 

Die  Gesellschaft  oder  ihre  Angestellten  können  Feuerwaffen  oder 
Munition  zu  eigenem  Gebrauche  oder  zum  Schutze  ihrer  Anlagen  nur 
mit  Ermächtigung  des  Gouverneurs  und  nach  zollamthcher  Deklaration 
einführen. 

Die  Gesellschaft  hat  die  Einrichtungs-  und  Unterhaltungskosten 
für  die  Verwaltungsbeamten  oder  Angehörigen  der  Schutztruppe  zu 
Ixjstrciten,  die  der  Gouverneur  auf  ihr  Gesuch  hin  auf  den  Betriel>en 
stationiert,  die  von  einer  Pohzeitruppenstation  zu  weit  entfernt  sind. 
Die  Gesellschaft  hat  demgemäß  unentgelthch  die  den  Anordnungen  des 
Gouverneurs  entsprechenden  Bauten  zu  errichten  und  zu  unterhalten; 
sie  muß  auf  ihre  Kosten  die  Beförderung,  Ablösung  und  Verproviantie- 
rung der  Poüzeisoldaten  oder  Angehörigen  der  Schutztruppe  und  ilu^cr 


—      2$0      — 

Famüien  besorgen,  ebenso  die  Waffen-  und  Munitionsbeförderung. 
Sie  hat  der  Kolonie  monatlich  die  Gehälter  für  dieses  Personal  und  ge- 
gebenenfalls die  Kosten  für  die  Anwerbung  neuer  Polizeisoldaten  oder 
Angehörigen  der  Schutztruppe  zu  erstatten. 

Der  Gouverneur  hat  jederzeit  das  Recht,  auf  jeder  Niederlassung 
der  Gesellschaft  von  Amts  wegen  einen  Beamten  oder  Pohzeiposten  zu 
stationieren,  den  die  Gesellschaft  gemäß  den  Weisungen  des  Gouver- 
neurs unentgelthch  unterzubringen  hat.  Für  seine  Beförderung,  Ab- 
lösung und  Verproviantierung  hat  sie  gegen  Rückerstattung  der  Kosten 
durch  die  Kolonie  zu  sorgen. 

Artikel  13. 
Der  Gouverneur  der  Kolonie  oder  ein  von  ihm  ernannter  Beamter 
ist  beauftragt,  als  Regierungskommissar  die  Befolgung  des  Lastenheftes 
und  die  Einhaltung  der  Bestimmungen  des  vorliegenden  Dekretes  zu 
überwachen. 


Titel  V. 
Verschiedene  Klauseln. 

Artikel  14. 
Jede  teilweise  oder  gänzliche  Abtretung  der  Konzession  und  jede 
Veränderung  in  der  Einrichtung  der  Gesellschaft  muß  vom  Kolonial- 
minister genehmigt  werden,  der  darüber  die  Kommission  für  koloniale 
Konzessionen  hört.  Mit  Genehmigung  des  Gouverneurs  darf  jedoch  die 
Gesellschaft  ihre  Rechte  auf  Parzellen  von  nicht  mehr  als  1000  ha  an 
Dritte  abtreten. 

Artikel  15. 

Falls  die  Gesellschaft  es  unterläßt,  die  ihr  im  vorüegenden  Dekret 
auferlegten  Verpflichtungen  oder  diejenigen  Verpfhchtungen  des  Lasten- 
heftes zu  erfüllen,  deren  Verletzung  nicht  mit  der  gänzhchen  oder  teil- 
weisen Zurückziehung  der  Konzession  bedroht  ist,  so  wird  sie  ihrer 
Rechte  entsetzt.  Die  Entsetzung  wird  durch  Dekret  ausgesprochen, 
nach  in  Verzugsetzung  (mise  en  demeure)  durch  den  Kolonialminister 
und  nach  Anhörung  der  Kommission  für  die  kolonialen  Konzessionen. 
Berufung  an  den  Staatsrat  im  Wege  des  Prozesses  bleibt  vorbehalten. 

Die  gänzhche  oder  teilweise  Zurückziehung  der  Konzession  wird 
in  den  im  Lastenhefte  vorgesehenen  Fällen  durch  Dekret  nach  An- 
hönmg  der  Kommssion  für  die  kolonialen  Konzessionen  ausgesprochen. 


—      2^1       — 


Artikel  i6. 


Falls  ein  öffentliches  Interesse  vorliegt,  kann  nach  den  Bestimmungen 
des  Lastenheftes  der  gänzliche  oder  teilweise  Rückkauf  jederzeit  durch 
ein  vom  Staatsrate  genehmigtes  Dekret  nach  Anhörung  des  Konzessionars 
ausgesprochen  werden. 

Artikel  17. 

Die  Konzessionsgcsellschaft  unterhegt  allen  gegenwärtigen  und 
künftigen  Abgaben  und  Steuern  in  der  Kolonie.  Falls  jedoch  eine  Grund- 
steuer auf  die  verliehenen  Ländereien  eingeführt  wird,  ist  die  in  Art.  6 
näher  bestimmte,  feste,  jährliche  Abgabe  vom  Betrag  dieser  Steuer 
abzuziehen. 

Artikel  18. 

Der  Konzessionär  hat  nach  Maßgabe  des  Lastenheftes  eine  Summe 
von  Franken^)  als  Kaution  zu  hinterlegen. 

Artikel  19. 

Der  Kolonialminister  ist  mit  der  Ausführung  des  vorhegenden 
Dekretes  beauftragt ;  es  ist  im  Journal  officiel  de  la  Repubhque  Fran9aise, 
im  Bulletin  officiel  du  ministere  des  colonies  tmd  im  Journal  officiel 
zu  veröffenthchen,  sobald  die  Konzession  durch  Erfüllung  der  im  Art.  2 
vorgesehenen  Bedingungen  rechtsgültig  geworden  ist. 

Geschehen  Paris,  den  


Emil  Loubet, 
Präsident  der  Republik. 


Der  Kolonialminister 
Albert  Decrais. 


*)  Siehe  die  Übersicht  zu  Art,  i. 


2S2      — 


2.  Lastenheft. 

Titel  I. 

Ausbeutung  und  Nutzbarmachung  der  verliehenen 
Ländereien.    Rechte  der  Eonzessionare. 

Artikel  i. 

Die  Konzession,  die  den  Gegenstand  des  vorliegenden  Lastenheftes 
bildet,  hat  die  landwirtschafthche,  forstwirtschaftüche  und  industrielle 
Ausbeutung  des  privaten  Staatseigentumes,  welche  innerhalb  des  im 
Konzessionsdekrete  bezeichneten  Gebietes  liegen,  unter  den  im  nach- 
stehenden Art.  2  bezeichneten  Vorbehalten  zum  Zwecke.  Der  Kon- 
zessionär hat  während  der  ganzen  Dauer  der  Konzession  die  Nutznießung 
der  verhehenen  Ländereien  mit  aUen  Rechten,  die  daraus  hervorgehen, 
nach  Maßgabe  des  vorhegenden  Lastenheftes  imd  der  in  dem  Dekrete, 
dem  dieses  beigefügt  ist,  festgesetzten  Bedingungen  und  vorbehaltHch 
der  Beobachtung  der  geltenden  Gesetze  und  Verordnungen  namentlich 
soweit  sie  sich  auf  das  öffentüche  Staatseigentum,  die  Forsten  und  den 
Bergbau  beziehen. 

Artikel  2. 

In  die  vorliegende  Konzession  sind  nicht  einbegriffen: 

1.  diejenigen  Ländereien,  Flußläufe  usw.,  die  Teile  des  öffentlichen 
Staatseigentumes  bilden  oder  damit  zusammenhängen; 

2.  eine  durch  Verordnimg  des  Gouverneurs  zu  bestimmende  Fläche 
von ha.^)  Der  Konzessionär  darf  jedoch  innerhalb  dieses  Ge- 
bietes zwecks  Errichtung  einer  Faktorei  oder  einer  anderen  ähnlichen 
Anlage  eine  zusammenhängende  Fläche  von  100  ha  aus  den  Län- 
dereien, die  noch  nicht  von  der  Verwaltung  oder  von  Privaten  in  Besitz 
genommen  sind,  auswählen; 

3.  die  Ländereien,  an  welchen  Dritte  bereits  Rechte  erworben  haben ; 

4.  Gebiete,  die  den  Eingeborenen  gemäß  Art.  10  des  Dekretes  vor- 
behalten bleiben  müssen, 


^)  Für  die  Konzession  Ngoko-Wesso  wurde  die  Fläche  auf  10  000  ha  um  Wesso 
herum  festgesetzt.  Für  die  Konzession  Haut-Congo  5000  ha  um  Bonga  herum ;  für  die 
Konzession  Mambere-Sanga  10 000  ha  bei  Kunde;  für  die  Konzession  der  C.  C.  C.  C. 
5000  ha  an  dem  rechten  Ufer  des  Mambere  und  5000  ha  an  einem  der  Ufer  des  Nana- 
Punde;  für  die  Konzession  Uam-Nana  je  500  ha  um  Bogadu  und  Guikora  herum. 


—    253     — 

Die  Verwaltung  behält  sich  außerdem  das  Recht  vor,  während  der 
Konzessionsdauer  außer  den  oben  vorbehaltenen  Gebieten  Parzellen 
von  je  nicht  über  5000  ha  Umfang  für  sich  in  Anspruch  zu  nehmen,  um 
sie  selbst  nutzbar  zu  machen,  um  sie  zu  verpachten  oder  an  Private  zwecks 
Anlage  von  landuirtschafthchen  Betrieben  —  mit  Ausschluß  jeder  anderen 
fortwirtschaftlichen  Nutzung,  als  der  der  Urbarmachung  —  abzugeben. 
Die  Gesamtfläche  dieser  Parzellen  darf  aber  den  20.  Teil  der  Konzession 
nicht  überschreiten. 

Diese  Vorwegnahmen  können  sich,  außer  mit  Zustimmung  der 
Konzessionare,  weder  auf  schon  von  ihnen  wirklich  in  Benutzung  ge- 
nommene Gebiete  erstrecken  noch  auf  Ländereien  innerhalb  eines  Um- 
kreises von  20  km  im  Umkreise  um  Anlagen,  welche  sie  selbst  geschaffen 
haben.  Doch  gilt  dieser  Vorbehalt  nicht  für  die  auf  Anordnung  oder  nach 
Genehmigung  durch  den  Gouverneur  errichteten  landwirtschaftlichen 
Betriebe  in  der  Umgebung  von  Polizeiposten  oder  anderen  dem  allge- 
meinen Wohl  dienenden  Anlagen. 

In  die  Pacht-  oder  Übertragungsverträge  über  diese  Parzellen  ist 
die  Bestimmung  aufzunehmen,  daß  bei  Strafe  des  Ersatzes  des  wirldich 
entstandenen  Schadens  und  der  Aufhebung  der  betreffenden  Verträge 
verboten  ist,  pflanzhche  oder  tierische  Erzeugnisse  wie  Felle,  Federn, 
Homer,  Stoßzähne  usw.  weder  direkt  auszubeuten  oder  \'on  Eingeborenen 
zu  kaufen. 

Abgrenzung. 
Artikel  3. 

Falls  Streitigkeiten  über  die  Ausführung  der  vom  Gouverneur 
gemäß  Art.  lo  des  Konzessionsdekretes  erlassenen  Abgrenzungs-Ver- 
ordnungen, zwischen  dem  Konzessionare  und  den  Eingeborenen-Häupt- 
lingen oder  der  Verwaltung  entstehen,  so  ist  an  Ort  und  Stelle  über  die 
Grenzfestlegung  der  gemäß  der  fraghchen  \'erordnung  für  die  Eingebore- 
nen vorbehaltenen  Gebiete  streitig  zu  verhandeln.  Bei  Meinungsver- 
schiedenheiten wegen  der  Vermarkung  der  Grenzen  oder  wegen  der  daraus 
entstehenden  Kosten  wird  die  Entscheidung  durch  Schiedsrichter  gefällt, 
die  auf  Grund  des  nachstehenden  Art.  27  ernannt  werden. 

Falls  Streitigkeiten  wegen  der  Grenzfestlegung  der  Konzession 
zwischen  dem  Konzessionär  und  der  Verwaltung  oder  zwischen  dem 
Konzessionär  und  dem  Inhaber  einer  angrenzenden  Konzession  entstehen, 
wird  im  Beisein  eines  BevoUmiichtigtcn  des  Gouverneurs  in  streitiger 
Verhandlung  eine  örtliche  Besichtigung  auf  Kosten  des  Konzessionärs 
oder  der  interessierten  Konzessionare  vorgenommen.     Auf  Grund  dieser 


—    254    — 

Besichtigung  wird  durch  den  Bevollmächtigten  des  Gouverneurs  die 
Entscheidung  gefällt,  gegen  die  Berufung  an  den  Kolonialminister  vor- 
behalten bleibt,  der  in  letzter  Instanz  über  die  strittigen  Punkte  ent- 
scheidet und,  falls  er  es  für  nötig  erachtet,  auf  Kosten  des  Konzessionars 
oder  der  interessierten  Konzessionare  einen  neuen  Bevollmächtigten  an 
Ort  und  Stelle  schicken  kann. 

Bei  Grenzberichtigungen  mit  einer  benachbarten  Macht  können  die 
Grenzen  des  Konzessionsgebietes  jederzeit  abgeändert  werden.  Alle 
Ländereien,  welche  dann  nicht  mehr  zu  dem  französischen  Gebiete  ge- 
hören, sind  durch  diese  Tatsache  allein  von  der  Konzession  ausgenommen, 
ohne  daß  die  Konzessionare  einen  Anspruch  auf  irgendeine  Entschä- 
digimg haben. 

Dienstbarkeit  betreffend  die  Holzfällung  für  die  Heizung  von  Dampf- 
schiffen. 

Artikel  4. 

Die  Kapitäne  und  Besitzer  der  Schiffe,  welche  die  das  Konzessions- 
gebiet durchfHeßenen  oder  begrenzenden  Flußläufe  befahren,  haben, 
wenn  sie  mit  einer  Ermächtigung  des  Gouverneurs  versehen  sind,  das 
Recht,  unter  den  in  dieser  Ermächtigung  erwähnten  Vorbehalten  auf 
den  verHehenen  Ländereien  bis  zu  i  km  Entfernung  von  den  fraglichen 
Flußläufen  das  zum  Heizen  ihrer  Maschinen  nötige  Holz  fällen  zu  lassen, 
ohne  daß  die  Konzessionare  hiergegen  Einspruch  erheben  oder  eine  Ent- 
schädigung dafür  beanspruchen  können. 

Die  Ermächtigung  gilt  nur  für  das  einzelne  Fahrzeug  und  nur  für 
die  in  ihr  bezeichnete  Dauer  und  Strecke.  Holzarten,  die  einen  Handels- 
wert haben,  müssen  geschont  werden.  Sie  werden  in  dem  Ermächtigungs- 
schreiben aufgeführt,  in  das  auch  alle  anderen  zur  Vermeidung  von  Miß- 
bräuchen notwendigen  Bedingungen  aufzunehmen  sind. 

Von  der  in  diesem  Artikel  auferlegten  Dienstbarkeit  sind  die  Bäume 
und  Sträucher  ausgenommen,  die  sich  stromauf-  und  abwärts  in  einem 
Abstände  bis  zu  10  km  von  den  Faktoreien  oder  anderen  dauernden 
Anlagen  der  Konzessionare  befinden. 

Durchgangs-Dienstbarkeiten. 

Artikel  5. 
Unabhängig  von  den  öffentlichen  Dienstbarkeiten,  die  nach  den 
geltenden  Gesetzen  und  Verordnungen  bestehen,  sind  die  Konzessionare 
ohne  Entschädigung  den  Durchgangs-  und  anderen  Dienstbarkeiten  unter- 


—       -53       

worfen,  soweit  sie  vom  Gouverneur  zur  Ausübung  der  Polizeigewalt 
und  der  der  Vervvaltung  zustehenden  Ülx;r\vachung,  für  Vorarbeiten, 
den  Bau  und  Betrieb  von  Anlagen  für  das  allgemeine  Wolü,  die  Nutz- 
nießung der  Reservate  der  Eingeborenen  und  der  ihnen  vorbehaltenen 
Nutzungsrechte  für  nötig  erachtet  werden. 

Die  Verwaltung  behält  sich  im  übrigen  das  Recht  vor,  ohne  Ent- 
schädigung aus  Wäldern  und  Steinbrüchen  des  Konzessionsgebietes  für 
sich  oder  für  die  mit  den  öffenthchcn  Arbeiten  Betrauten  Holz,  Steine, 
Ton  und  überhaupt  alle  Baumateriahen  zu  entnehmen,  die  zur  Ausführung 
von  öffentlichen  Arbeiten  oder  für  die  verschiedenen  Verwaltungszweige 
der  Kolonie  notwendig  sind.^) 

Allgemeine  Vorschriften  betreffend  den  Anbau  von   Kautschukpflanzen. 

'  Artikel  6. 
Die  Konzessionare  haben  an  Stelle  der  aus  irgendeinem  Grunde 
eingegangenen  Kautschukpflanzen  pro  Tonne  Konzessions-Kautschuks 
mindestens  150  Kautschukpflanzen  neu  zu  pflanzen  und  bis  zum  Ab- 
laufe der  Konzession  zu  erhalten.  Die  Ausführung  dieser  Verpflich- 
tung muß  an  den  vom  Gouverneur  festgesetzten  Zeitpunkten  und  in 
der  von  ihm  festgesetzten  Form  nachgewiesen  werden. 

Ausbeutung  der  verliehenen  Ländereien. 

Artikel  7. 
Die  Konzessionare  haben  die  verliehenen  Ländereien  durch  forst- 
wirtschafthche  Nutzung  oder  durch  Anlage  von  Pflanzungen  in  fort- 
schreitende Ausbeutung  zu  nehmen.  Sie  haben  zu  diesem  Zweck  Fak- 
toreien einzurichten  und  in  Betrieb  zu  erhalten.  Die  Faktoreien  können 
im  Bedarfsfalle  verlegt  werden.  Die  Faktoreien  sind  mit  einem  oder 
mehreren  europäischen  Angestellten  zu  besetzen  und  in  zweckmäßiger 
Verteilung  immer  weiter  auszudehnen. 

Nutzbarmachung  der  Ländereien. 

Artikel  8. 
Als  nutzbar  gemacht  gelten  und  werden  den  Konzessionaren  unter 
den  im  Art.  7  des  Konzessionsdekretes  vorgesehenen  Bedingungen  zu 
vollem  Eigentume  gegeben: 


•)  In  dem  Konzessionsdekret  der  Cic.  Ngoko-Sanga  vom  18.  Mlrz  1905  fehlt 
dieser  letzte  Absatz. 


—    256    — 

1.  die  Ländereien,  die  mindestens  zu  einem  Zehntel  ihrer  Fläche 
mit  Bauten  bedeckt  sind; 

2.  die  Pflanzungen,  die  mindestens  zu  einem  Zwanzigstel  ihrer 
Fläche  mit  hochwertigen  Kulturen  wie  Kakao,  Kaffee,  Kaut- 
schuk, Vanille,  Indigo,  Tabak  usw.  bepflanzt  sind; 

3.  die  in  Bebauung  genommenen  Ländereien,  deren  Fläche  min- 
destens zum  zehnten  Teil  mit  Nahrungsmittelpflanzen  wie  Reis, 
Hirse,  Maniok  usw.  angebaut  ist; 

4.  Weideplätze,  auf  denen  wenigstens  5  Jahre  lang  Zucht-  und  Mast- 
vieh gehalten  worden  ist,  wobei  auf  je  2  Stück  Großvieh  oder 
4  Stück  Kleinvieh  10  ha  zu  rechnen  sind; 

5.  Waldungen,  von  einer  zusammenhängenden  Fläche  von  minde- 
stens 100  ha,  in  welchen  Kautschuk  seit  wenigstens  5  Jahren 
regelmäßig  geemtet  worden  ist.  Jeder  Hektar  muß  dabei 
durchschnittHch  mindestens  20  Kautschukbäume  oder  Lianen 
enthalten.  Doch  ist  auch  noch  nach  der  Zuerteilung  des  Eigen- 
tumsrechtes an  die  Konzessionare  durch  Erhaltung  der  vor- 
handenen Bäume  oder  Lianen  oder  durch  Neuanpflanzung  dafür 
zu  sorgen,  daß  die  Mindestzahl  von  20  Stück  nicht  verringert 
wird,  widrigenfalls  das  Eigentum  wieder  an  den  Staat  zurückfällt. 

Für  die  Zähmung  und  Haltung  von  Elefanten  findet  ebenfalls  eine 
Zuerteilung  von  Land  zu  vollem  Eigentume  statt;  pro  Kopf  eines  Ele- 
fanten dürfen  sich  die  Konzessionare  je  100  ha  Land  auswählen.^) 

Form  und  Lage  der  dem  Konzessionär  zuerteilten  Landparzellen. 

Artikel  9. 

Die  dem  Konzessionär  auf  Grund  des  obenstehenden  Art.  8  zuer- 
teilten Landparzellen  sind  durch  natürliche  Grenzen,  wie  Flußläufe, 
Höhenrücken,  Waldränder,  schon  vorhandene  oder  in  Ausführung  be- 
griffene Verkehrswege  usw.  oder  durch  gerade  Linien  von  größtmöghcher 
Länge  abzugrenzen.  Die  einzelne  Parzelle  darf  in  ihrer  Längenausdehnung 
das  Dreifache  der  mittleren  Breite  nicht  übersteigen,  sofern  nicht  die 
Oberflächengestaltung  dies  verbietet  oder  die  Parzelle  ein  ganzes  Tal 
umfaßt. 

Längs  der  Wasserstraßen  und  aller  anderen  Verbindungswege, 
die  zum  öffentHchen  Staatseigentume  gehören  (schon  vor  Erteilung  der 

^)  Dieser  Absatz  fehlt  in  dem  Dekrete  der  Konzession  Ngoko-Sanga  vom 
18.  März  1905.  In  dem  „Lastenhefte"  zum  Dekrete  der  Compagnie  commerciale 
de  colonisation  du  Congo  fran9ais  heißt  es  an  dieser  Stelle  noch  weiter:  „Für  jeden 
gezähmten  und  unterhaltenen  Strauß  darf  sich  der  Konzessionär  je  25  ha  Land  aus- 
suchen, die  er  als  volles  Eigentum  erhält." 


—     2S7     — 

Konzession  oder  infolge  ihrer  Anlage  auf  Kosten  des  Staates  oder  der 
Kolonie  oder  infolge  Abtretung  durch  die  Konzessionare)  können  die  Kon- 
zessionare nur  in  beschranktem  Umfange  Eigentümer  der  Lrindereien 
werden,  die  unmittelbar  an  einen  solchen  Weg  anstoßen,  oder  in  dem 
längs  seiner  Ränder  sich  hinziehenden  i  km  Streifen  liegen.  Sie  können 
nur  von  höchstens  der  Hälfte  der  unmittelbar  an  diese  Wege  oder  Wasser- 
straßen angrenzenden  Grundstücke  Eigentümer  werden.  Ebenso  können 
sie  nicht  Eigentümer  von  Ländereien  werden,  die  in  dem  20  km  Streifen 
längs  der  Grenze  der  Kolonie  hegen,  falls  nicht  diese  Grenze  durch  einen 
mindestens  4  Monate  des  Jahres  für  Dampfschiffe  schiffbaren  Fluß 
gebildet  wird. 

Feststellung  der  Nutzbarmachung  der  Ländereien. 

Artikel  10. 
Die  Feststellung  der  Nutzbarmachung  der  Ländereien  und  die  Ab- 
grenzung der  entsprechenden  Parzellen  erfolgt  auf  \'erlangen  und  auf 
Kosten  der  Konzessionare  oder  ihrer  Rechtsnachfolger.  Nach  dieser 
Abgrenzung  werden  die  Ländereien  auf  den  Namen  der  Konzessionare 
nach  geltendem  Rechte  eingetragen.  Der  im  Art.  7  des  Konzessions- 
dekretes ausbedungene  Vorbehalt  ist  auf  jedem  Eintragungstitel  zu 
vermerken.  ^) 


Titel  n.2) 

I.  Dampfschiffahrtsdienst. 

Artikel  ir.3) 
Die  Konzessionare  haben  innerhalb  2  Jahre  \-om  Erlaß  des  Kon- 
zessionsdekretes ab  wenigstens  ....  große  und  ....  kleine  Dampfschiffe*), 
welche  den  im  folgenden  Art.  12  angegebenen  Bedingimgen  entsprechen, 
auf  den  schiffbaren  Flußläufen,  die  durch  das  Konzessionsgebiet  fließen 
oder  die  Verbindung  mit  dem  Stanley-Pool  herstellen,  in  Betrieb  zu 
setzen  und  bis  zum  Aufhören  der  Konzession  in  Dienst  zu  halten.  Die^^e 
Dampfschiffe  dienen  der  privaten  Beförderung  der  Konzessionare  und 
der  Beförderung  auf  Kosten  anderer  Personen  oder  Gesellschaften,  deren 


»)  Bei  der  Konzession  Ngoko-Sanga  vom  18.  März  1905  fehlt  dieser  letzte  Satz. 
*)  Titel   II   (Art.    11 — 18)    fehlt   in  den   Konzessionsurkunden  der  Mambcre- 
Sanga  und  der  Uam-Nana. 

*)  Art.   II  fehlt  für  die  Konzession  Ngoko-Sanga  vom   iS.  März   1905. 
*)   Siehe  oben  die  übersieht  zu  Art.   i. 
Vcri.ffcntl.  d.  Reichskolonialamtes  Nr.  4;  Ritter.  '/ 


—    258     — 

Besorgung  die  Konzessionare  übernehmen  wollen.  Sie  haben  jedoch 
auf  Anfordern  des  Gouverneurs  oder  seines  Stellvertreters  mindestens 
alle  6  Monate  einmal  die  Transporte  für  die  Regierung  und  für  die  Kolonie 
zu  besorgen.  Jedes  Schiff  darf  für  diese  Transporte  bis  zur  Hälfte  seiner 
Ladefähigkeit  belegt  werden.  Diese  Bestimmung  gilt  für  die  Strecke 
zwischen  BrazzaviUe  oder  einem  sonstigen  Umladeplatze  zwischen 
Eisenbahn  und  Schiff  und  dem  Endpunkte  der  von  den  Konzessionaren 
für  ihre  eigenen  Transporte  betriebenen  Schiffahrt. 

Überdies  hat  der  Gouverneur  jederzeit  das  Recht,  für  miHtärische 
Expeditionen  das  Schiffsmaterial  der  Konzessionare  ganz  oder  teilweise 
zu  requirieren;  die  Zahlung  der  Transportkosten  und  eine  Entschädigung 
im  Falle  von  Verlusten  ist  durch  gemeinsames  Übereinkommen  oder  durch 
Schiedsrichter  zu  regeln. 

Beförderung  der  Post. 

Artikel  12. 
Die  Konzessionare  haben,  wenn  sie  dazu  aufgefordert  werden,  unter 
den  im  untenstehenden  Art.  17  festgelegten  Bedingungen  die  Beförde- 
rung der  Briefpost  und  Postpakete  zu  übernehmen.  In  diesem  Falle 
haben  sie  auf  jedem  für  diese  Transporte  bestimmten  Schiffe  ein  mit  einem 
Sicherheitsschloß  versehenes  Behältnis  anzubringen,  das  zur  Aufnahme 
der  Postsäcke  und  öffentlichen  Gelder  bestimmt  ist.  Der  Kapitän  oder 
der  Superkargo  ist  für  diese  Transporte  verantwortlich,  ohne  daß  jedoch 
dadurch  die  Verantwortlichkeit  der  Konzessionare  aufgehoben  oder  ver- 
mindert wird.  Die  Postsäcke  und  die  Kassetten  mit  den  öffentüchen 
Geldern  werden  ihm  verschlossen  und  versiegelt  übergeben  und  sind 
von  ihm  ebenso  abzuliefern.  Seine  Verantwortung  und  diejenige  der 
Konzessionare  hört  auf,  sobald  er  die  Poststücke  abgeliefert  hat  und  fest- 
gestellt worden  ist,  daß  die  Siegel  unverletzt  sind. 

Die  Dampfschiffe. 

Artikel  13.^) 

Die  Dampfschiffe,  welche  die  Konzessionare  in  Ausführung  des 
obenstehenden  Art.  11  in  Dienst  zu  stellen  und  zu  unterhalten  haben, 
müssen  folgenden  Bedingungen  genügen: 

Sie  müssen  nach  dem  Typ,  der  sich  als  geeignet  für  die  Schiffahrt 
auf  den  Flüssen  von  Französisch-Kongo  erwiesen  hat,  gebaut  und  bei 


^)  Art.    13 — 18   fehlen   in   der    Konzessionsurkunde   der   Ngoko-Sanga   vom 
18.  März  1905. 


—     259    — 

der  Veritas  oder  beim  Lloyd  mit  einer  von  der  \'envaltung  genehmigten 
Klasse  registriert  sein. 

Die  Dampfschiffe  großen  Modells  müssen  imstande  sein,  lx.'i  einer 
Mindestgeschwindigkeit  von  8  Knoten  mindestens  20  metrische  Tonnen 
Nutzfracht  bei  einem  Tiefgange  von  65  cm  aufzunehmen.  Die  Schiffe 
kleinen  Modells  müssen  imstande  sein,  bei  einer  Mindestgeschwindigkeit 
von  7  Knoten  eine  Nutzfracht  von  mindestens  5  metrischen  Tonnen  bei 
einem  Tiefgange  von  50  cm  aufzunehmen. 

Diese  Schiffe  müssen  bei  ihrer  Indienststellung  neu  sein;  wenn 
jedoch  die  Konzessionare  imstande  sind,  innerhalb  einer  Mindestfrist 
von  einem  Jahre  vom  Erlaß  des  Konzessionsdekretes  ab  ein  Schiff 
oder  mehrere  Schiffe  in  Dienst  zu  stellen,  die  schon  im  Gebrauch 
waren,  aber  noch  nicht  älter  als  3  Jahre  sind,  so  können  diese  Schiffe 
zugelassen  werden,  falls  sie  den  im  vorliegenden  Artikel  spezifizierten 
Bedingungen  entsprechen  und  tatsächlich  innerhalb  der  vorerwähnten 
Frist  in  Dienst  gestellt  werden. 

Die  Dampfer,  auf  die  sich  der  vorliegende  Artikel  bezieht,  müssen  die 
französische  Flagge  führen.  Die  Besatzung  muß  ausschließhch  aus  fran- 
zösischen Bürgern  oder  französischen  Untertanen  bestehen.  Einzelne 
Ausnahmen  hiervon  sind  jedoch  mit  Genehmigmig  des  Gouverneurs, 
die  jederzeit  widerruflich  ist,  gestattet. 


Verpflichtungen  bezüglich  des   Schiffahrtsdienstes. 

Artikel  14, 

Die  Abgangszeiten  und  die  obligatorischen  Anlegeplätze  an  den 
französischen  Flüssen  für  die  auf  Kosten  der  Verwaltung  ausgeführten 
Reisen  werden  vom  Gouverneur  festgesetzt.  Falls  auf  der  zu  durchfah- 
renden Strecke  innerhalb  der  im  zweiten  Absätze  des  obenstehenden 
Art.  4  vorgesehenen  Grenzen  Stromschnellen,  Wasserfälle  usw.  vorkom- 
men, die  die  Durchfahrt  der  Schiffe  behindern,  sind  die  Konzessionare 
verpflichtet: 

1.  durch  geeignete  Mittel  nach  ihrem  Ermessen  das  Umladen  der 
Waren  von  einer  fahrbaren  Rinne  bis  zur  anderen  zu  sichern  und  Maß- 
nahmen zu  treffen,  daß  die  Reisenden  die  betreffende  Strecke  zu  Fuß 
oder  im  Boote  zurücklegen  können; 

2.  in  jeder  der  oberen  fahrbaren  Rinnen  die  Beförderung  von  Reisen- 
den und  Waren  durch  Dampfschiff  oder  Boot  zu  sichern.  Der  Gouverneur 
kann  fordern,  daß  die  Umladungen  auf  französischem  Boden  vorge- 
nommen werden. 

I7« 


—     26o     — 

Falls  die  Reisen  durch  Schiffsunfälle  eine  Unterbrechung  erleiden, 
haben  die  Konzessionare  oder  ihre  Vertreter  Vorkehrungen  zu  treffen, 
daß  Reisende  und  Waren  in  bestmöglicher  Weise  an  ihren  Bestimmungsort 
gelangen. 


Eigentumsrecht  an  den  dem  Dienste  der  Konzession  dienenden  Dampf- 
schiffen. 

Artikel  15. 

Das  Eigentumsrecht  an  den  Dampfschiffen,  die  gemäß  des  oben- 
stehenden Art.  II  bestimmt  sind,  den  für  die  Konzessionare  obligatorischen 
Dampferdienst  zu  versehen,  ist  an  die  Konzession  geknüpft  und  bildet 
einen  integrierenden  Bestandteil  der  Konzession,  von  der  es  während  der 
ganzen  Dauer  der  Konzession  nicht  gelöst  werden  kann. 

Demnach  können  diese  Schiffe,  abgesehen  von  der  im  nachstehenden 
Art.  18  bestimmten  Ausnahme,  weder  verkauft  noch  vermietet  oder 
verpfändet  werden,  unter  welcher  Form  es  auch  sei,  noch  dauernd  dem 
Dienst  entzogen  werden,  für  den  sie  von  den  Konzessionaren  anzu- 
schaffen waren,  es  sei  denn,  daß  dazu  vorher  die  Ermächtigung  vom 
Kolonialminister  erteilt  worden  ist.  Infolge  von  Havarie  verloren  ge- 
gangene oder  infolge  von  Abnutzung  außer  Dienst  gestellte  Schiffe 
müssen  innerhalb  von  18  Monaten  von  dem  Zeitpunkte,  an  dem  sie 
außer  Dienst  gestellt  worden  sind,  ersetzt  werden. 


Garantie  für  die  Ausführung  des  Schiffahrtsdienstes. 

Artikel  16. 

Falls  infolge  von  Verlust,  Havarie,  Mangel  an  Bemannung  oder 
aus  irgendeiner  anderen  Ursache  eines  der  Schiffe,  deren  Indienst- 
stellung den  Konzessionaren  auf  Grund  des  obenstehenden  Art.  11  obliegt, 
während  2  aufeinander  folgender  Jahre  nicht  imstande  war,  den  Trans- 
portdienst, zu  dem  es  bestimmt  ist,  auszuführen,  so  unterhegen  die 
Konzessionare  einer  Geldstrafe  von  20  000  Franken  für  jedes  dienst- 
unfähige große  Schiff  und  von  10  000  Franken  für  jedes  dienstunfähige 
kleine  Schiff.  Eine  Geldstrafe  von  gleicher  Höhe  wird  ihnen  vom  Ablaufe 
des  zweiten  Jahres  ab  für  jedes  der  folgenden  Jahre  auferlegt,  während 
welcher  das  Schiff  nicht  ersetzt  oder  wieder  in  Dienst  gesteht 
worden  ist. 


26 1      — 


Tarife. 


Artikel  17. 

Die  Transporte  der  Konzessionare  für  Rechnung  des  Staates  oder 
der  Kolonie  werden  während  der  5  ersten  Jahre,  die  auf  den  Erlaß  des 
Konzessionsdekretes  folgen,  zu  nachstehenden  Sätzen*)  ausgeführt: 

a)  Zwischen  Brazzaville  oder  der  Umladestelle  der  Reisenden  oder 
Waren  \om  Wassersveg  auf  die  Eisenbahn  und  dem  Beginne  der  ersten 
Stromschnelle,  die  nicht  von  Dampfbooten  passiert  werden  kann: 

1.  Stromaufwärts: 
Passagiere: 

Europäer  pro  10  km i, —  Franken 

Eingeborene  pro  10  km 0,35 

Güter: 
Pro  Tonne  und  pro  10  km 2,50        „ 

2.  Stromabwärts: 

Die  Hälfte  des  obigen  Tarifes. 

b)  Stromaufwärts  von  der  ersten  Stromschnelle,  die  von  Dampf- 
schiffen nicht  übenNTjnden  werden  kann,  aber  nur  für  diejenigen  Trans- 
porte, die  während  der  Zeit,  in  der  die  Durchfahrt  unmöglich  ist,  ausgeführt 
werden  (einbegriffen  alle  Umladungen  und  Transporte  zu  Lande): 

Das  Doppelte  von  Tarif  a. 

Die  Entfernungen  werden  durch  gemeinsames  Übereinkommen 
zwischen  dem  Gou\"emeur  und  dem  Konzessionär  festgestellt.  Wenn 
eine  genaue  Ausmessung  nicht  vorhanden  ist,  mißt  man  auf  einer  Karte 
die  Länge  der  geraden  Linie,  welche  die  aufeinanderfolgenden  Stationen 
miteinander  verbinden,  deren  Lage  nach  den  geographisch  festgelegten 
Punkten  bestimmt  wird,  und  vergrößert  diese  Länge  um  ein  Drittel, 
um  den  Krünmiungen  der  Fahrrinne  Rechnung  zu  tragen.  Die  von  den 
Reisenden  beim  Passieren  der  Stromschnelle  zu  Fuß  durchmessenen 
Strecken  werden  nicht  gerechnet. 

Die  Beköstigung  der  europäischen  Reisenden  wird  mit  12  Franken 
pro  Tag  bezahlt;  diejenige  der  Eingeborenen- Reisenden  wird  besonders 
berechnet. 

Die  europäischen  Reisenden  haben  -Vnspruch  auf  unentgelthche 
Beförderung  von  100  kg  Gepäck. 

')  Die  Sätze  sind  bei  allen  Konzessionen,  die  mit  einer  Schiffahrtsverpflichtung 
belastet  sind,  gleich  hoch  vereinbart  worden.  Vgl.  dazu  oben  §  33  und  unten  An- 
hang IV. 


—      202      — 

Die  Eingeborenen-Reisenden  haben  Anspruch  auf  unentgeltliche 
Beförderung  von  5  kg  Gepäck  oder,  wenn  sie  zur  Schutztruppe  gehören 
auf  die  unentgeltliche  Beförderung  ihrer  Ausrüstung. 

Das  Gewicht  der  Güter  wird  per  Sendung  berechnet,  d.  h.  per  Gruppe 
von  Gepäckstücken,  die  von  demselben  Absender  an  denselben  Empfänger 
geschickt  werden,  und  nicht  nach  Einzelstücken. 

Bruchteile  von  10  kg  werden  dabei  für  voll  gerechnet.  So  ^^d^d  eine 
Sendung  von  4  kg  für  10  kg  gerechnet ;  eine  Sendung  von  72  kg  für  80  kg ; 
eine  Sendung  von  1221  kg  für  1230  kg  usw.  Doch  kann  die  Berechnungs- 
weise von  30  zu  30  kg  an  Stelle  der  obenerwähnten  Berechnungsweise 
auf  Grund  eines  Übereinkommens  zwischen  dem  Gouverneur  und  den 
Konzessionaren  treten. 

Der  Tarif  für  den  Transport  von  Pulver,  Patronen  und  anderen 
gefährhchen  Stoffen  erhöht  sich  um  50%. 

Die  Beförderung  der  Post  ist  unentgeltHch  zu  besorgen;  die  der 
Postpakete  wird  nach  dem  Gütertarife  bezahlt. 

Die  oben  festgesetzten  Tarife,  sowie  die  Zuschläge  und  der  Modus, 
nach  dem  die  Entfernungen  gemessen  werden,  können  nach  dem  fünften 
auf  den  Erlaß  des  Konzessionsdekretes  folgenden  Jahre  nach  Über- 
einkommen oder  durch  Schiedsrichter  alle  5  Jahre  durchgesehen  werden. 
Als  Grundlage  ist  der  Durchschnittspreis  zu  nehmen,  der  für  Transporte 
auf  den  den  Kongo  und  seine  Nebenflüsse  befahrenden  Schiffen  aller 
Nationalitäten  erhoben  \vird.  Die  im  vorliegenden  Artikel  festgesetzten 
Höchstsätze  dürfen  aber  nicht  überschritten  werden. 


Ermächtigung  zur  Übertragung  des  Schiffahrtsdienstes.^) 

Artikel  18. 

Die  Konzessionare  haben  das  Recht,  mit  Genehmigung  des  Kolonial- 
ministers jeder  Person  oder  Gesellschaft  ganz  oder  teilweise  die  Ver- 
pfhchtungen  und  Vorrechte  weiter  zu  übertragen,  welche  an  die  Ein- 
richtung des  Schiffahrtsdienstes,  der  den  Gegenstand  der  obigen  Artikel 
bildet,  geknüpft  sind.  Bedingung  ist,  daß  der  die  Verpflichtung  Überneh- 
mende alle  in  den  genannten  Artikeln  näher  bezeichneten  Bedingungen 
übernimmt  und  ausführt. 

Ist  der  die  Verpfhchtung  Übernehmende  eine  schon  bestehende 
oder  in  Bildung  begriffene  Schiffahrtsgesellschaft,  welche  nach  einem 
vom  Kolonialminister  nach  Anhörung  der  Kommission  für  die  kolonialen 
Konzessionen  festgesetzten  Lastenhefte  die  Konzession  für  einen  regel- 


1)  Vgl.  oben  §  58  und  unten  Anhang  IV. 


—    263    — 

mäßigen  Befürderungsdienst  erlangt  hat,  so  werden  die  Inhaber  der 
vorliegenden  Konzession  von  jeder  N'erpflichtung  bezüglich  der  Indienst- 
stellung und  Unterhaltung  der  Schiffe  großen  Modells,  die  zur  Kon- 
zession gehören,  befreit,  sobald  der  mit  der  betreffenden  Gesellschaft 
abgeschlossene  Vertrag  vom  Minister  genehmigt  ist. 


II.  Errichtung  von  Zollposten. 

Beitrag  der  Konzessionare. 

Artikel  19. 

Die  Konzessionare  haben  zu  der  Errichtung  der  ZoUpx-JSten,  welche 
durch  die  von  ihnen  beabsichtigten  Maßnahmen  notwendig  wird,  eine 

Summe  von Franken  beizusteuern,^)  die  in  drei  gleichen  Raten 

im  letzten  Vierteljahre  des  ersten,  des  dritten  und  des  letzten  Jahres 
nach  Erlaß  des  Konzessionsdekretes  zahlbar  ist. 

Die  Zahlung  hat  auf  Anfordern  des  Gouverneurs  an  die  Kasse  der 
Finanzversvaltung  der  Kolonie  zu  erfolgen. 


Titel  III. 
Finanzielle  Bestimmungen. 

Zahlung  der  festen  jährlichen  Abgabe. 

Artikel  20. 

Die  feste  jährliche  Abgabe  ist  an  die  Kasse  der  Finanz  Verwaltung 
der  Kolonie  vor  dem  i.  März  jedes  Jahres  einzuzahlen. 

Die  Konzessionare  dürfen  die  Zahlung  nicht  verweigern,  indem  sie 
geltend  machen,  daß  ihnen  aus  Maßnahmen  der  Regierung  oder  aus  einer 
anderen  Ursache  Schaden  erwachsen  sei.  Sie  schulden  die  Abgabe  und 
diese  kann  zu  dem  angegebenen  Termin  eingetrieben  werden,  ohne  daß 
Entschädigungen,  Nachlässe  (auf  Forderungen),  Transportkosten  usw., 


')  Konzession  Ngoko-Wcsso Frs.  2S  000 

Ngoko-Sanga  von  1905 Frs.  25  000 

Haut-Kongo Frs.  30  00c 

Sanga  äquatoriale Frs.  20  000 

Mambere  Sanga Frs.  15  000 

C.  C.  C.  C Frs.  1 2  .^>i 

Uam-Nana Frs.  .; 


—    264    — 

welche  sie  etwa  vom  Staate  oder  der  Kolonie  zu  fordern  sich  für  berech- 
tigt halten,  aufgerechnet  werden  dürfen  und  ohne  daß  die  Abgabe  um 
solche  verringert  werden  darf. 

Gewinnanteil  des  Staates. 

Artikel  21. 
Bei  der  Berechnung  des  Gewinnanteils,  welchen  die  Konzessionare 
gemäß  Art.  6  des  Konzessionsdekretes  zu  zahlen  haben,  dürfen  von  dem 
jährhchen  Rohgewinne  abgezogen  werden: 

1.  die  Betriebsunkosten; 

2.  die  Summen,  die  —  gegebenenfalls  —  nötig  sind,  um  die  Zahlung 
der  im  genannten  Jahre  fähig  werdenden  Zinsen  und  Tilgungs- 
raten der  Schuldverschreibungen  sicher  zu  stellen; 

3.  die  von  dem  Gewinne  der  Gesellschaft  für  die  gesetzhche  Rücklage 
und  für  alle  anderen  den  Satzungen  entsprechenden  Rücklagen 
vorwegzunehmende  Summe,  die  jedoch  nur  15%  von  dem  Unter- 
schiede zwischen  dem  Rohgewinne  und  den  oben  unter  i.  und 
2.  angegebenen  Ausgaben  erreichen  darf.  Dagegen  darf  diese 
Summe  nicht  vorweggenommen  werden  und  von  dem  Gewinn- 
anteile des  Staates  abgezogen  werden,  wenn  die  Gesamthöhe 
der  gesetzhchen  Rücklage  und  der  anderen  satzungsmäßigen  Rück- 
lagen den  vierten  Teil  des  eingezahlten  Aktienkapitals  über- 
schreitet ; 

4.  die  gegebenenfalls  von  dem  Gewinne  vorweg  zu  nehmende  Summe 
für  die  Tilgung  von  ausgelosten  Aktien; 

5.  5%  des  eingezahlten  und  noch  nicht  getilgten  Aktienkapitals. 
Der    Rest    bildet    den    Reingewinn,    von    dem    15%    durch    die 

Konzessionare  an  die  Kasse  der  Finanzverwaltung  der  Kolonie  oder  für 
deren  Rechnung  an  eine  vom  Kolonialminister  bezeichnete  Kasse  des 
Mutterlandes  zu  zahlen  sind.  Die  Einzahlung  hat  in  dem  Monate  zu 
geschehen,  der  auf  die  Hauptversammlung  der  Aktionäre  folgt,  in  welcher 
der  Rechnungsabschluß  des  betreffenden  Geschäftsjahres  genehmigt 
worden  ist. 

Abtretung  von  Vorteilen,  die  sich  aus  der  Konzession  ergeben,  an  Dritte. 

Artikel  22. 
Die  Konzessionare  dürfen  die  aus  der  vorhegenden  Konzession  er- 
wachsenden Vorteile  irgendwelcher  Art  ganz  oder  teilweise  an  Gesell- 
schaften oder  Private  nur  auf  Grund  von  Verträgen,  die  vom  Kolonial- 


—    265    — 

minister  genehmigt  sind,  weiterübertragen,  verpachten  oder  unter  irgend- 
einer Form  überlassen.  In  diesen  Vertragen  sind  zugunsten  des  Staates 
Vorteile  auszubedingen,  welche  den  aus  Art.  6  des  Konzessionsdekretes 
hervorgehenden  gleichwertig  und,  wie  oben  angegeben,  zu  berechnen  sind. 

Beaufsichtigung  der  Rechnungsführung  der  Gesellschaft. 
Artikel  23. 
Alle  Maßnahmen  der  mit  der  Kechnungsfühnmg  l)ctrauten  Beamten 
unterliegen  der  Aufsicht  durch  einen  Bevollmächtigten  des  Kolonial- 
ministers, der  die  Befugnisse  hat,  die  solchen  Kommissaren  nach  Abs.  i 
von  Art.  ^;^  des  Gesetzes  vom  24.  Juli  1867  zustehen.  Dieser  Bevoll- 
mächtigte des  Kolonialministers  muß  zu  allen  Versammlungen  der  Aktio- 
näre zugezogen  werden. 

Titel  IV. 
Allgemeine  Bestimmungen. 

Erlöschen  der  Konzession.^) 

Artikel  24. 
Beim  Erlöschen  der  Konzession  fallen  die  Ländereien,  die  nach  den 
Bestimmungen  unter  Titel  I  nicht  Eigentum  der  Konzessionare  geworden 


1)  Der  entsprechende  Artikel  lautet  in  dem  Dekrete  für  die  Konzession  der 
Ngoko-Sanga-Gesellschaft  vom  18.  März  1905  folgendermaßen:  Beim  Erlöschen 
der  Konzession  hat  der  Konzessionär  die  Ländereien,  welche  nicht  nach  dem  oben 
in  Titel  I  bezeichneten  Bedingungen  sein  Eigentum  geworden  sind,  an  den  Gouverneur 
zurückzugeben.  Er  bleibt  Eigentümer  der  Anlagen,  Wege,  Telcgraphenlinicn  usw., 
deren  Übergang  auf  das  öffentliche  Staatseigentum  nicht  auf  Grund  des  Art.  6  des 
Konzessions- Dekretes  verfügt  wird;  er  hat  das  Recht,  dicTelcgraphcnanlagen,  Bauten, 
industriellen  .Anlagen  usw.,  deren  übergäbe  an  das  öffentliche  Staatseigentum  nicht 
verfügt  ist  und  die  sich  auf  den  Ländereien  befinden,  deren  Eigentum  er  nicht  erlangt 
hat,  niederzureißen  oder  abzubrechen,  um  die  Materialien  zu  verwenden  oder  zu  ver- 
kaufen. Es  wird  ihm  zu  diesem  Zwecke  eine  Frist  von  einem  Jahre  gewährt.  Nach 
Ablauf  dieser  Frist  ist  der  Gouverneur  befugt,  die  von  dem  Konzessionär  auf- 
gegebenen Tclegraphenanlagen,  Bauten,  industriellen  Anlagen  usw.  wieder  instand 
zu  setzen,  um  sie  zu  verwenden  oder  sie  abzubrechen,  um  die  Materialien  zugunsten 
der  Kolonie  zu  vcrvvcnden  oder  zu  verkaufen. 

Der  Gouverneur  kann  im  Namen  der  Kolonie  die  oben  bezeichneten  Einrich- 
tungen zum  Matcrial-Wcrtc  ankaufen,  vorausgesetzt,  daß  er  seine  Absicht  mindestens 
6  Monate  vor  dem  Erlöschen  der  Konzession  mitteilt.  Der  Preis  wird  durch  gemein- 
sames Abkommen  festgesetzt  oder,  wenn  eine  Übereinstimmung  nicht  erzielt  wird, 
durch  Sachverständige,  die  nach  den  Bestimmungen  des  nachstehenden  Art.  19 
zu  ernennen  sind. 


—     266     — 

sind,  rechtsgültig  an  das  private  Staatseigentum  zurück.  Die  Konzes- 
sionare bleiben  Eigentümer  des  Schiffsmaterials  einschheßhch  desjenigen, 
dessen  Eigentum  nach  dem  obigen  Art.  15  mit  der  Konzession  verknüpft 
war.  Sie  haben  das  Recht  unter  dem  unten  angegebenen  Vorbehalte 
die  Telegraphenanlagen,  Eisenbahnen,  Bauten,  industriellen  Anlagen  usw., 
soweit  nicht  ihre  Übergabe  an  das  öffenthche  Staatseigentum  bestimmt 
wird  und  soweit  sie  sich  auf  den  nicht  in  ihr  Eigentum  übergegangenen 
Ländereien  befinden,  abzubrechen,  um  die  Materialien  zu  verwenden 
oder  zu  verkaufen.  Es  wird  ihnen  zu  diesem  Zwecke  eine  Frist  von  einem 
Jahre  gewährt. 

Nach  Ablauf  dieser  Frist  werden  die  angegebenen  Materiahen  als 
von  ihnen  aufgegeben  betrachtet. 

Der  Gouverneur  kann  im  Namen  der  Kolonie  das  Schiffsmaterial 
wie  auch  die  obengenannten  Einrichtungen  ganz  oder  teilweise  ankaufen 
unter  der  Bedingung,  daß  er  dem  Konzessionär  seine  Absicht  wenigstens 
6  Monate  vor  Erlöschen  der  Konzession  mitteilt.  Der  Preis  wird  durch 
gemeinsames  Abkommen  festgesetzt  oder,  wenn  eine  Übereinstimmung 
nicht  erzielt  wird,  durch  Sachverständige,  die  nach  den  Bestimmungen 
des  nachstehenden  Art.  27  zu  wählen  sind. 

Abtretung  der  Rechte  der  Konzessionare  auf  die  verliehenen  Gebiete  an 

Dritte. 

Artikel  25. 
Wenn  die  Konzessionare  mit  Genehmigung  des  Gouverneurs  ihre 
Rechte  auf  die  Gebiete,  die  noch  nicht  endgültig  ihr  Eigentum  geworden 
sind,  an  Dritte  abtreten,  muß  die  Abtretungsurkunde  den  Wortlaut 
der  Konzessionsurkunde  und  des  vorliegenden  Lastenheftes  ungekürzt 
enthalten.!) 

Kaution. 

Artikel  26. 
Die  Konzessionare  haben  als  Sicherheit  für  die  Erfüllung  der  ihnen 
durch  das  Konzessionsdekret  und  das  Lastenheft  auferlegten  Verpflich- 
tungen    eine     Kaution     an     die     Hinterlegungsstelle     zahlen,     deren 


^)  Der  entsprechende  Art.  18  in  der  Konzessionsurkunde  der  Ngoko-Sanga 
vom  18.  März  1905  lautet  weiter: 

Die  Urkunden  über  Verkauf  oder  Verpachtung  von  Ländereien,  die  in  das 
Eigentum  des  Konzessionars  übergegangen  sind,  haben  den  Wortlaut  des  Art.  4 
des  Konzessionsdekretes  (entspricht  dem  Art.  7  des  obigen  Dekretes)  ungekürzt  zu 
enthalten. 


—    26;     — 

Höhe  im  Konzessionsdekrete  bestimmt  wird.  Die  Kaution 
kann  in  bar,  in  französischer  Rente  oder  in  Anleihetiteln  der  Kolonie 
geleistet  werden.  Der  Kapitahvert  dieser  Rente-  oder  Anleihetitel 
wird  nach  den  im  Art.  6  des  Dekretes  vom  i8.  November  1882  betreffend 
die  im  Namen  des  Staates  vollzogenen  \'ersteigerungen  und  \'erkäufe, 
näher  erläuterten  Bestimmungen  bertchnet.  Die  Hälfte  dieser  Summe 
muß  vor  der  Unterzeichnung  des  Dekretes  bezahlt  werden,  und  die  andere 
Hälfte  innerhalb  von  14  Tagen  nach  der  Bekanntmachung  der  Entschei- 
dung des  Kolonialministers,  welche  die  Übertragung  der  Rechte  der 
ursprünglichen  Konzessionare  an  die  Konzessionsgesellschaft  endgültig 
bestätigt. 

Schiedsrichter  und  Sachverständige. 
Artikel  27. 
Wenn  die  Ernennung  von  Scliiedsrichtem  oder  Sachverständigen 
notwendig  wird,  d.  h.  in  den  durch  das  vorliegende  Lastenheft  vorgesehe- 
nen Fällen,  werden  zwei  gewählt,  der  eine  vom  Gouverneur,  der  andere 
vom  Konzessionär.  Im  Falle  einer  Meinungsverschiedenheit  zwischen 
diesen  wird  auf  Ansuchen  einer  der  interessierten  Parteien  ein  dritter 
Schiedsrichter  oder  Sachverständiger  vom  Präsidenten  des  Appellations- 
gerichtshofes von  Paris  ernannt.  Hat  eine  der  Parteien  nach  rechts- 
gültiger gerichtlicher  Vermahnung  (mise  en  demeure)  ihren  Schiedsrichter 
oder  Sachverständigen  nicht  innerhalb  eines  Monats  nach  der  Vermahnung 
ernannt,  so  erfolgt  diese  Ernennung  auf  Verlangen  der  anderen  Partei 
von  Amts  wegen,  ebenso  die  des  dritten  Schiedsrichters  oder  Sach- 
verständigen. 

Gesellschaftssitz. 

Artikel  28. 
Die  Konzessionare  haben  in  Paris  und  in  der  Hauptstadt  der  Kolonie 
je  eine  Niederlassung  zu  errichten.  Unterlassen  sie  es,  dieser  \'erpflichtung 
nachzukommen,  so  gelten  alle  Bekanntmachungen  und  Anzeigen  in  der 
Seine-Präfektur  oder  in  den  Verwaltungsbureaus  im  Hauptorte  der  Kolonie 
als  ihnen  rechtsgültig  zugestellt. 

Artikel  29. 
Die  Konzessionare  verpflichten  sich,  weder  von  der  Kolonie  ntKh 
vom  Staate  irgendeine  Entschädigung  für  den  Schaden  zu  verlangen, 
den  sie  durch  die  Unsicherheit  des  Landes,  durch  Aufstände  oder  Unruhen 
der  Eingeborenen  oder  durch  einen  Krieg  mit  einer  fremden  Macht 
mögUcherweise  erleiden  können. 


—     268     — 

Titel  V. 
Rückkauf,   Verfall  und   Zurückziehung  der  Konzession. 

Bedingungen  des  Rückkaufes. 

Artikel  30. 

Die  Ländereien,  die  gemäß  den  Bestimmungen  des  obigen  Titels  I 
Eigentum  der  Konzessionare  oder  ihrer  Rechtsnachfolger  geworden  sind, 
sind  im  Falle  des  Rückkaufes  der  Konzession  von  diesem  ausgeschlossen. 
Das  Eigentumsrecht  an  diesen  Ländereien  kann  den  Konzessionaren 
oder  ihren  Rechtsnachfolgern  nur  auf  Grund  des  allgemeinen  Enteig- 
nungsrechtes oder  der  Bestimmungen  des  Art.  7  des  Konzessionsdekretes 
genommen  werden. 

Der  Preis  für  den  ganzen  oder  teilweisen  Rückkauf  des  Restes  der 
Konzession  "wird  durch  eine  Kommission  von  9  Mitgliedern  bestimmt, 
von  denen  3  vom  Kolonialminister,  3  von  den  Konzessionaren  und  3  durch 
einstimmigen  Beschluß  der  6  schon  ernannten  Mitglieder  gewählt  werden. 
Wenn  diese  innerhalb  von  6  Monaten,  nachdem  sie  die  Mitteilung  ihrer 
Ernennung  bekommen  haben,  sich  nicht  verständigen  können,  so  wird 
die  Wahl  der  3  letzten  Mitglieder,  für  deren  Ernennung  Einstimmigkeit 
nicht  zu  erzielen  war,  durch  den  ersten  Präsidenten  und  die  vereinigten 
Präsidenten  des  Appellationsgerichtshofes  in  Paris  vorgenommen. 

Dasselbe  Verfahren  wird  bei  der  Wahl  der  Kommissionsmitglieder 
angewandt,  deren  Ernennung  den  Konzessionaren  überlassen  bleibt, 
wenn  diese  sie  nicht  innerhalb  von  3  Monaten  von  dem  Tag  an  gerechnet, 
an  dem  ihnen  das  den  Rückkauf  aussprechende  Dekret  mitgeteilt  worden 
ist,  gewählt  haben. 

Entsetzung  der  Konzessionare  aus  ihren  Rechten. 
Artikel  31. 

Die  Entsetzung  der  Konzessionare  aus  ihren  Rechten  wird  nach  vor- 
heriger Vermahnung  (mise  en  demeure)  ausgesprochen  und  die  von 
den  Konzessionaren  bezahlte  Kaution  verfällt  dem  Staate,  wenn  sie 
nicht  die  Bestimmungen  des  Konzessionsdekretes  oder  des  vorüegenden 
Lastenheftes  erfüllen  und  zwar  insbesondere: 

I.  wenn  sie  innerhalb  von  2  Jahren  von  der  Unterzeichnung  des 
Konzessionsdekretes  an  gerechnet  mit  der  Ausbeutung  der  ver- 
hehenen  Ländereien  gemäß  den  Bestimmungen  des  Art.  7  nicht 
tatsächlich  begonnen  haben,  oder  wenn  sie  die  Ausbeutung  nach 


—     209     — 

dem  sie  sie  begonnen  haben,   niclit  fortsetzen  und  nicht  gemäß 
den  Bedingungen  des  genannten  Artikels  fortschreitend  ausdehnen ; 

2.  wenn  sie  sich  zum  Zwecke  der  Ausbeutung  ihrer  Konzession 
und  zwar  insbesondere,  um  sich  Elfenbein  und  Kautschuk  zu  ver 
schaffen,  Gewalttätigkeiten  (violence)  und  s<jnstige  Handlungen 
zuschulden  kommen  lassen,  die  che  Abwanderung  (jder  einen 
Aufstand  der  Eingeborenen  herbeiführen;') 

3.  wenn  sie  nach  vorheriger  Vermahnung  nicht  innerhall)  eines 
Monates  die  Bezahlung  der  festen  jährlichen  Abgabe  oder  des  dem 
Staate  zukommenden  Ge\Wnnanteües  geleistet  halben; 

4.  wenn  sie  irgendwie  gegen  die  Vorschnften  der  Art.  20 — 23  des 
Lastenhettcs  verstoßen  haben; 

5.  wenn  sie  ohne  Genehmigung  des  Kolonialministers  Schiffsmaterial, 
dessen  Eigentum  mit  der  Konzession  verbunden  ist,  ganz  oder 
teilweise  verkaufen,  übertragen  oder  verpachten. 

Die  Entsetzung  bezieht  sich  auf  die  ganze  Konzession,  ausgenommen 
die  Ländereien,  die  Eigentum  der  Konzessionare  geworden  sind. 

Bei  der  Entsetzung  wird  zur  Erfüllung  der  von  den  Konzessionaren 
rechtsgültig  eingegangenen  Verbindlichkeiten  die  Konzession,  auf  welche 
sich  das  vorliegende  Lastenheft  bezieht,  mit  ihren  Lasten,  \'erpflichtungen 
und  \'orteilen,  versteigert.  Ausgenommen  sind  die  Ländereien,  die  nach 
den  Bestimmungen  des  obigen  Titels  I  endgültig  Eigentum  der  Kon- 
zessionare geworden  sind. 

An  der  Versteigerung  kann  nur  teilnehmen,  wer  vorher  vom  Kolonial- 
minister zugelassen  worden  ist  und  bei  der  Hinterlegungsstelle  eine  vom 
Kolonialminister  festgesetzte  Kaution  hinterlegt  hat. 

Bei  der  Versteigerung  ist  das  gleiche  Verfahren  anzuwenden  wie  nach 
den  geltenden  Gesetzen  und  Vorschriften  über  die  \'ersteigerungen  des 
Kolonialministeriums.  Die  Gebote  dürfen  nicht  niedriger  sein,  als  der 
festgestellte  Mindestpreis. 

Der  neue  Konzessionär  tritt  allein  dadurch,  daß  der  Kolonialminister 
das  Ergebnis  der  Versteigerung  genehmigt,  in  die  Rechte  der  früheren 
Konzessionare  ein,  die  damit  ihrer  oben  envähnten  Lasten,  Verpflich- 
tungen und  \'orteile  ledig  sind,  und  dafür  den  Erlös  der  \'ersteigcrung 
erhalten. 

Wenn  die  \'crsteigerung  zu  keinem  Ergebnisse  führt,  so  wird  nach 


*)  Diese  Klausel  lautet  in  dem  Lastenhcfte  für  die  Konzession  derNgoko-Sanga- 
Gesellschaft  vom  18.  März  1905:  Wenn  er  zum  Zwecke  der  Ausbeutung  seiner 
Konzession  usw.  zu  Mitteln  greift,  die  geeignet  sind,  die  öffentliche  Sicherheit  ru 
gefährden. 


—      2/0      — 

3  Monaten  eine  zweite  Versteigerung  auf  den  gleichen  Grundlagen  anbe- 
raumt. Bleibt  auch  diese  erfolglos,  so  wird  die  Konzession  hinsichthch 
der  Rechte,  Verpflichtungen  und  Vorteile,  die  den  Gegenstand  der  Kon- 
zession bilden,  vollständig  aufgehoben. 

Zurückziehung  der  Konzession. 

Artikel  32. 

Falls  die  Konzessionare  auf  die  Aufforderung  des  Gouverneurs  hin 
nicht  nachweisen,  daß  sie  den  Vorschriften  des  obigen  Art.  6  betreffend  die 
Kautschukanpflanzung  nachgekommen  sind,  so  erhalten  sie  eine  Ver- 
mahnung, diesen  Nachweis  innerhalb  eines  Jahres  zu  Uefern.  Liefern  sie 
den  Nachweis  nicht,  so  wird  von  der  Konzession  eine  Fläche  zurückgenom- 
men deren  Größe  so  berechnet  wird,  daß  auf  1000  fehlende  Pflanzen 
40  ha  kommen.  Die  Zahl  der  fehlenden  Pflanzen  wird  festgestellt  durch 
den  Unterschied  zwischen  der  Zahl  der  neuen  Kautschukpflanzen,  welche 
die  Konzessionare  in  Erfüllung  des  genannten  Artikels  hätten  pflanzen 
und  unterhalten  müssen,  und  der  Zahl  der  Pflanzen,  deren  tatsächhche 
Anpflanzung  und  Unterhaltung  sie  nachweisen  können. 

Bei  Meinungsverschiedenheiten  zwischen  dem  Konzessionär  und 
dem  Gouverneur  der  Kolonie  über  die  Anzahl  der  gepflanzten  und  unter- 
haltenen Kautschukpflanzen  können  die  Konzessionare  verlangen,  daß 
auf  ihre  Kosten  vom  Kolonialminister  ein  Bevollmächtigter  mit  dem 
Auftrage  entsandt  wird,  die  Richtigkeit  der  von  der  Verwaltung  fest- 
gestellten Zahlen  nachzuprüfen.  Wenn  diese  letzteren  Zahlen  sich  als  um 
über  10%  unrichtig  herausstellen,  so  wird  dem  Konzessionär  der  Betrag 
der  aus  dieser  Nachprüfung  envachsenen  Unkosten  durch  Abzug  eines 
entsprechenden  Betrages  von  der  im  Art.  6  des  Konzessionsdekretes  fest- 
gesetzten Abgabe  zurückgezahlt. 

Das  von  der  Konzession  zurückgenommene  Gebiet  soll  möglichst 
aus  einem  Stück  bestehen  und  durch  den  Gouverneur  aus  den  noch  nicht 
in  Ausbeutung  genommenen  Ländereien  gewählt  werden.  Seine  Grenzen 
werden  in  dem  Dekrete,  das  die  teilweise  Zurückziehung  der  Konzession 
ausspricht,  bestimmt. 

Zurücknahme  des  Eigentums  an  den  in  Verletzung  des  Art.  7  des  Kon- 
zessionsdekretes übertragenen  Ländereien  durch  den  Staat. 

Artikel  33. 

Wenn  der  Staat  Ländereien,  die  von  den  Konzessionaren  in  Ver- 
letzung der  Vorschriften  des  Art.  7  des  Konzessionsdekretes  abgetreten 


—      27 1      — 

worden  sind,  wieder  zurücknimmt,  so  haben  die  Konzessionare  allein 
für  den  tatsächlichen  Sachden  aufzukommen,  der  von  dem  seines  Be- 
sitzes entsetzten  Dritten  verlangt  wird.  Das  Gleiche  tritt  ein,  wenn  die 
Konzessionare  gerichtlich  anj^ehalten  werden,  die  von  ihnen  gegen  die 
Vorschriften  des  genannten  Artikels  eingegangenen  Pacht-  und  Miets- 
verträge aufzuheben. 


Höhere  Gewalt. 

Artikel  34, 

Die  Bestimmungen  der  Art.  31  und  32  finden  keine  Anwendung  und 
die  Entsetzung  oder  die  Zurückziehung  der  Konzession  tritt  nicht  ein, 
wenn  die  Konzessionare  infolge  von  höherer  Gewalt  ihre  Verpflichtungen 
nicht  haben  erfüllen  können  und  dies  ordnungsmäßig  festgestellt 
worden  ist.^) 


Registrierung. 

Artikel  35. 

Die  Stempelgebühr  und  die  Kosten  der  Registrierung  des  vorliegenden 
Lastenheftes  tmd  aller  auf  die  Konzession  bezüglichen  Beurkundungen 
sind  von  den  Konzessionaren  zu  tragen. 

Das  vorliegende  Lastenheft  wird  von  den  unterzeichneten  Konzes- 


')  Hinter  diesem  Artikel  befindet  sich  in  dem  Lastenhefte  für  die  Konzession 
der  Ngoko-Sanga- Gesellschaft  vom  18.  März  1905  folgender  sonst  nicht  vorkommen- 
der Artikel: 


Titel  VI. 

Verfahren    bei    Meinungsverschiedenheiten. 

Zuständigkeit. 

Art.  27. 

Meinungsverschiedenheiten  zwischen  dorn  Konzessionär  und  dem  Gouverne- 
ment oder  dem  Kolonialminister  hinsichüich  der  Auslegung  der  Bestimmungen 
der  vorliegenden  Konzession  in  Füllen,  für  die  niclit  ausdrücklich  ein  Schiedsspruch 
vorgesehen  ist,  werden  auf  dem  verwaltungsgerichthchcn  Wege  beigelegt,  ohne  da.0 
Berufung  an  den  Staatsrat  gegeben  ist. 


—      2/2      — 

sionaren  angenommen,  unterzeichnet  und  dem  Konzessionsdekrete  mit 
dem  Datum  vom  heutigen  Tage  beigefügt. 

Paris,  den 

Unterschrift  der  Konzessionare. 

Genehmigt  von  dem  Kolonialminister  und  dem  Konzessionsdekrete 
gleichen  Datums  beizufügen. 

Paris,  den  

Unterschrift  des  Ministers. 


Anhang  III, 


Dekret  von  igio/ii. 


Vc-6fTfntl.  d.  ReichskolooiaJanitef  Kr.  4:  Ritter. 


x8 


1.  Dekret  vom  20.  Juni  1910. 
Der  Präsident  der  französischen  Republik  erläßt  folgendes  Dekret. 

Artikel  i. 
Das  beigefügte  Übereinkommen  vom  13.  Juni  1910  zwischen  dem 

Kolonialminister  und  dem  Präsidenten  des  V'ervvaltungsrates  der 

wird  genehmigt. 

Artikel  2. 
Der    Kolonialminister   wird    mit    der   Ausführung   dieses   Dekretes 
beauftrasrt. 


Paris,  den  20.  Juni  1910 


gez.  A.  Fallieres. 


Übereinkommen. 

zwischen  dem  Minister  der  Kolonien 
einerseits 

und  dem  bevollmächtigten  Präsidenten  des  \'envaltungsrates  der^) 
vorbehaltlich  der  späteren   Genehmigung  durch 

^)                                                                         Feste  jähr-  Jährliche 

hche  Ab-  Mindest-Kaut-  Kaution 

gäbe  nach  schukausfuhr  nach  Art.  13 

Art.  7  nach  Art.  10 

Franken  Tonnen  Franken 

St6.  Coloniale  du  Baniemb6 4  000  5  7  000 

St6.  Bretonne  du  Congo 2400  2  8000 

Cie.   Fran^aise  du  Congo 50  000  5  40  000 

St6.  de  l'Ek^Ia-Kad^i-Sangha 20000  75  30000 

St6.  de  la  Haute- Sangha 12000  75  20000 

St6.  de  ribenga 15000  3  20000 

Cie.  Coramerciale  et  Coloniale  de  la  Kad6i- 

Sangha 7000  5  10  000 

Cie.   des   Caoutchoucs   et   produits   de   la 

Lobay      30  000  75  25  000 

St6.  Mpoko 15000  45  25000 

Cie.  de  la  Sangha 6000  10  15000 

Cie.  des  produits  de  la  Sanga-Lipa-Clucsso              10  000  5  ior«.(i 

Summa  171  400  305  21    ■ 

i8» 


—      2/6      — 

die  ordentliche  Hauptversammlung  der  Aktionäre,  die  spätestens 
3  Monate  nach  Unterzeichnung  dieser  Vereinbarung  stattzufinden  hat, 

andererseits 

ist  unter  Vorbehalt 

1.  der  Rechte  Dritter  und  der  Verpflichtungen,  welche  für  die  Gesell- 
schaft aus  den  Bestimmungen  der  Generalakte  von  Berlin  und  von 
Brüssel   vom   26.  Februar  1885   und  2.  Juli  1890    hervorgehen; 

2.  der  Rechte,  die  Dritte  bis  zu  dem  Tage  der  Bestätigung  der  vor- 
liegenden Urkunde  erworben  haben; 

3.  der  Rechte  der  Eingeborenen  in  dem  Umfange,  in  dem  sie  durch 
den  folgenden  Art.  9  bezeichnet  sind, 

Folgendes  vereinbart  worden: 

Artikel  i. 
Die  Gesellschaft  gibt  die  Konzession  auf,  die  dem  N.  N.  durch  Dekret  i) 

vom    verheben    worden  und  in  dessen   Rechte  und 

Verpfhchtungen  sie  durch  Ministerialerlaß  vom einge- 
setzt worden  ist ;  femer  alle  Rechte  und  Vorteile,  die  durch  diese  Urkunde 
auf  sie  übertragen  worden  sind. 

Artikel  2. 

Die  Regierung 

I.  entbindet  die  Gesellschaft  von  allen  Verpflichtungen  und  Auf- 
lagen, die  ihr  nach  den  Bestimmungen  des  Dekretes  vom 

und  des  ihm  angefügten  Lastenheftes  oblagen; 


') 


Dekret  von  1899 

Journal  officiell 

Soci^tö  coloniale  du  Baniembe 

25.  IV. 

1899 

(Afr.  fran9. 1899  S.  305) 

Societe  Bretonne  du  Congo 

6.  XII. 

1899 

1900/3302 

Compagnie  fran9aise  du  Congo 

5.  IV. 

1899 

2899/4362 

Societe  de  l'Ekela-Kadei-Sangha 

3./IV.  1899  u. 

15./IV.  1899 

1899/45 14    "•     4392 

Societe  de  la  Haute- Sangha 

15.  IV. 

1899 

1899/4509 

Societe  l'Ibenga 

5.  IV. 

1899 

1899/4383 

Compagnie  commerciale  et  co- 

loniale  de    la    Kadei-(Haut-) 

Sangha 

31.  HI. 

1899 

(Afr.  Iran?.  1 899  S.  305) 

Compagnie  des  caoutschoucs  et 

produits  de  la  Lobay 

5-  IV. 

1899 

1899/4505 

Societe  M'Poko 

12.  V. 

1899 

1899/5649 

Compagnie  de  la  Sangha 

31.  V. 

1899 

1899/5315 

Societe  des  produits  de  laSangha- 

Lipa-Ouesso 

31.  III. 

1899 

I 899/4931 

—   ^n   — 

2.  bestätigt  der  Gesellschaft  das  volle  und  unbeschränkte  Eigentum 
der  Ländercien,  die  ihr  in  Ausführung  des  Art.  7  des  Dekretes  vom 
und  des  Art.  8  des  ihm  angefügten  Laslcnheftes  zu- 
gesprochen worden  sind  oder  auf  die  sie  im  Augenblicke  der  Unterzeich- 
nung der  vorliegenden  \'ereinbarung  aus  gleichem  Rechtsgrunde  An- 
spruch erheben  konnte.  Die  Gesellschaft  kann  über  diese  Ländereien 
frei  verfügen. 

Artikel  3. 
Die  Regierung  gibt  der  Gesellschaft  die  Befugnis,  im  Einvernehmen 
mit  der  Verwaltung  in  dem  früheren  Konzessionsgebiete  Ländereien 
für  Lebensmittelpflanzungen  im  Höchstumfange  von  10  000  ha  auszu- 
suchen und  zwar  in  Stücken,  von  welchen  keines  über  1000  ha  und  keines 
unter  100  ha  groß  sein  darf. 

Artikel  4. 
Sie  behält  ihr  außerdem  für  die  Dauer  von  10  Jahren,  von  der  Unter- 
zeichnung des  vorliegenden  Übereinkommens  an,  die  Ausbeutung  der 
Kautschukpflanzen  (Kräuter,  Bäume  oder  Lianen)  in  dem  früheren 
Konzessionsgebiete  vor  und  z\\ar  mit  Ausschluß  aller  anderen  Holzarten. 
Beim  Ablaufe  dieses  Zeitraumes  soll  die  Gesellschaft  das  volle  und  unbe- 
schränkte Eigentum  an  den  Länderien  haben,  die  sie  bebaut,  bepflanzt 
oder  in  planmäßige  Ausbeutung  genommen  hat.  Wenn  es  sich  um  Forst- 
parzellen handelt,  werden  die  Bedingungen  einer  planmäßigen  Ausbeutung 


Dekret 

von  1910/1911 

Journal  officieU 

Societ6  coloniale  du   Banicmbe 

20.  VI.   I 

910/26.  II.   191 I 

1910/605 7 

Soci6t6  Bretonne  du  Congo 

» 

1910/6058 

Compagnie  fran9aise   du  Congo 

» 

1910/6059 

Societ6  de  l'Ek61a-Kad6i-Sangha 

» 

1910/6060 

Soci6t6  de  la  Haute- Sangha 

i> 

1910/6061 

Soci6t6  ribenga 

» 

191 0/6062 

Compagnie  commcrcialc   et  co- 

loniale   de    la    Kad6i-(Haut-) 

Sangha 

u 

191 0/6063 

Compagnie  des  caoutschoucs  et 

produits  de  la  Lobay 

l> 

1910/6064 

Soci6t6  M'Poko 

l> 

1910/6065 

Compagnie  de  la  Sangha 

>> 

1910/6060 

Soci^t6  des  produits  de  la  Sangha- 

Lipa-Ouesso 

»* 

1910/00O7 

—      2/8      — 

im  Einvernehmen  zwischen  der  Ortsverwaltung  und  der  Gesellschaft 
festgesetzt  werden,  im  Falle  der  Nichteinigung,  durch  den  Kolonial- 
minister nach  Anhörung  der  Kommission  für  die  kolonialen  Konzessionen. 

Artikel  5. 

Nach  Ablauf  dieses  ersten  Zeitabschnittes  hat  die  Gesellschaft 
während  weiterer  10  Jahre  und  innerhalb  des  ursprüngHchen  Kon- 
zessionsgebietes die  weitere  Nutznießung  an  den  Kautschukpflanzen 
(Kräuter,  Bäume  oder  Lianen)  auf  einer  Fläche,  die  zehnmal  so  groß 
ist  als  die  Fläche,  die  bis  dahin  bepflanzt  öder  in  planmäßige  Ausbeutung 
genommen  ist. 

Die  der  Gesellschaft  so  neuerdings  vorbehaltenen  Gebiete,  welche 
beim  Ablaufe  dieses  zweiten  Zeitabschnittes  bebaut,  bepflanzt  oder  in 
planmäßige  Ausbeutung  genommen  sind,  werden  der  Gesellschaft  ebenfalls 
zu  vollem  Eigentume  zugeteilt  werden.  Die  Gesellschaft  kann  über  die 
Ländereien,  die  ihr  am  Ende  jedes  Zeitabschnittes  zugeteilt  sein  werden, 
frei  verfügen. 

Die  Ausdehnung  dieser  Ländereien  darf  in  einem  Stücke  10  000  ha, 
wenn  es  sich  um  Forstwirtschaft,  und  500  ha,  wenn  es  sich  um  Pflan- 
zungen handelt,  nicht  überschreiten. 

Die  Gesellschaft  verpfhchtet  sich,  bei  ihrer  Ausbeutung  kein  Ver- 
fahren anzuwenden,  das  die  Kautschukbäume  oder  -pflanzen  vernichten 
könnte;  sie  muß  diejenigen  Pflanzen,  die  durch  ihre  Behandlung  ein- 
gehen, durch  Neuanpflanzung  wieder  ersetzen. 

Artikel  6. 

Die  Regierung  behält  sich  das  Recht  vor,  zu  jeder  Zeit  den  freien 
Gebrauch  der  Ländereien  zurückzunehmen,  die  für  die  Dienstbedürfnisse 
des  Staates,  der  Kolonie,  ebenso  wie  für  alle  Arbeiten  von  öffentUchem 
Interesse  notwendig  sind,  deren  Ausführung  in  eigener  Regie  oder  durch 
Unternehmer  sie  für  angebracht  hält. 

Diese  Zurücknahme  erfolgt: 

1.  unentgelthch,  wenn  die  Ländereien  noch  nicht  Privateigentum 
geworden  sind, 

2.  sonst  gegen  eine  Entschädigung,  die  im  Einvernehmen  zwischen 
der  Ortsverwaltung  und  der  Gesellschaft  und  wenn  keine  Eini- 
gung erzielt  wird,  durch  Schiedsspruch  festzusetzen  ist. 

Artikel  7. 
Die  Gesellschaft  zahlt  als  Gegenleistung  für  die  Vorteile,  die  ihr 
durch  das  vorUegende  Übereinkommen  gewährt  werden,  an  die  Kasse 


—     279    — 

der  Kolonial-Finanzvenvaltung  «der  an  eine  vom  Kolonialminister  be- 
stimmte öffentliche  Kasse  des  Mutterlandes: 

1.  Während  der  ersten  lo  Jahre  eine  jährliche  Abgabe  in  Höhe  der 
durch  das  Dekret  vom  15.  April  1899  festgesetzten,  nämlich ') 

2.  Während  der  folgenden  10  Jalire  eine  Abgabe,  welche  auf  der- 
selben Grundlage  im  \'crhältnisse  zur  Fläche  der  Ländereien  festgesetzt 
wird,  die  bis  dahin  der  Gesellschaft  auf  Grund  des  obigen  Art.  5  zuge- 
teilt worden  sind. 

3.  15°^  des  jährlichen  Reingewinnes,  dessen  Höhe  nach  Absetzung 
der  Rücklagen  und  der  ordentlichen  und  außerordentlichen  Tilgungs- 
beträge und  nach  Zahlung  von  5%  Zinsen  auf  das  eingezahlte  Kapital 
festgesetzt  wird. 

Die  feste  Abgabe  ist  im  ersten  Trimester  des  Jahres  zu  zahlen,  für 
das  sie  zu  zahlen  ist. 

Der  Anteil  am  Reingewinne  ist  in  dem  Monate  zu  zahlen,  der  auf 
die  Hauptversammlung  folgt,  in  welcher  die  Jahresrechnung  genehmigt 
wurde. 

Wenn  beim  Ablaufe  des  vorliegenden  Übereinkommens  die  Ab- 
rechnung einen  Überschuß  des  Vermögens  über  die  Schulden  ergibt, 
wird  der  Staat  im  Höchstbetrage  von  i5°o  an  der  Verteilung  dieses 
Überschusses  teilnehmen. 

Artikel  S. 
Ein  Abgeordneter  des  Kolonialministers,  dem  die  gleichen  Be- 
fugnisse zustehen,  wie  den  Rechnungskommissaren  gemäß  Art.  33  des 
Gesetzes  vom  24.  Juli  1867  soll  zu  allen  Aktionän-ersammlungen  ein- 
geladen werden.  Die  Kosten  dieser  übersvachung  werden  durch  Erlaß 
des  Kolonialministers  bestimmt  und  von  der  Gesellschaft  getragen 
werden. 

Artikel  9. 
Das  vorliegende  Übereinkommen  wird  —  ausgenommen  den  Fall 
höherer  Gewalt  —  vollständig  aufgehoben, 

1.  wenn  die  feste  Abgabe  oder  der  Anteil  am  Reingewinne,  wie  sie 
im  Art.  7  festgesetzt  sind,  in  den  vorgeschriebenen  Fristen  nicht  gezahlt 
werden  oder 

2.  wenn  in  drei  aufeinanderfolgenden  Jahren  aus  den  Kautschuk- 
beständen  von   der    Gesellschaft   nicht   wenigstens    Tmnen^) 

•)   Siehe  oben  die  Zusammenstellung. 


—     28o     — 

jährlich  gewonnen  werden  oder  wenn  in  dem  in  dem  nachfolgenden 
Art.  15  vorgesehenen  Falle  die  Gesamt  ausbeute  nicht  das  Gewicht 
der  den  einzelnen,  früheren  Gesellschaften  auferlegten  Mindesterzeugungen 
erreicht.  Die  Kolonie  erhält  ohne  weiteres  die  Nutznießung  der  Lände- 
reien zurück,  die  der  Gesellschaft  zugeteilt  waren,  mit  Ausnahme  der- 
jenigen, die  entsprechend  den  Art.  4  und  5  nutzbar  gemacht  worden  sind. 

Artikel  10. 

Außer  den  Nutzungsrechten,  die  in  Art.  23  des  Forstdekretes  vom 
26.  März  1899 1)  bestimmt  sind,  behalten  die  Eingeborenen  das  Recht, 
sich  auf  allen  Ländereien  niederzulassen,  die  für  die  Ausbeutung  der 
Gesellschaft  vorbehalten  wurden  und  noch  nicht  in  ihr  Eigentum  über- 
gegangen sind.  Sie  behalten  das  Recht,  sich  im  Walde  alles  zu  holen, 
was  für  ihre  Bedürfnisse  (des  einzelnen  oder  der  Gemeinschaften)  und 
für  ihre  Gewerbe  notwendig  ist.  Ausgenommen  sind  die  Ländereien, 
die  bebaut  sind  und  die  Forstparzellen,  die  planmäßig  ausgebeutet 
werden. 

Die  Niederlassungen  der  Eingeborenen  und  die  Ländereien,  die 
nach  der  Landesgewohnheit  davon  abhängen,  bilden  die  Eingeborenen- 
reservate. Alle  Erzeugnisse  dieser  Reservate  bleiben  ohne  Ausnahme 
zur  freien  Verfügung  der  Eingeborenen.  Die  Gesellschaft  ist  befugt, 
mit  den  Häuptlingen  der  Niederlassungen  alle  Verträge  zu  schließen, 
die  der  Ausbeutung  der  Forsten  dienen  und  mit  ihnen  über  die  Abtretung 
der  Rechte  zu  verhandeln,  die  den  Eingeborenen  an  den  Kautschuk- 
beständen ihrer  Reservate  zustehen.  Alle  diese  Verträge  bedürfen  der 
Genehmigung  des  Generalgouverneurs. 2) 

Ferner  behalten  die  Eingeborenen,  die  sich  auf  dem  in  Art.  2,  §  2, 
angegebenen  Ländereien  niedergelassen  haben,  das  Recht,  auf  den  Plätzen 
wohnen  zu  bleiben,  die  sie  augenblicklich  innehaben  und  sich  in  Zukunft 
an  ihnen  Sonder-  oder  Kollektiveigentum  zu  verschaffen. 

Artikel  11. 

Die  Gesellschaft  bleibt  den  allgemeinen,  fiskalischen,  grundrecht- 
lichen und  forsthchen  Bestimmungen  unterworfen,  die  in  der  Kolonie 
gelten  oder  in  Zukunft  erlassen  werden. 


^)  Siehe  oben  Seite  186  Anm.  2. 
2)  Siehe  unten  unter  Ziff.  3. 


—      2Sl       — 


Artikel  12. 


Die  Gesellschaft  verzichtet  auf  alle  Ansprüche  oder  Forderungen, 
die  sie  auf  Grund  des  Konzessionsdekretes  vom  ....  i8(y)^)  oder  wej^en 
irgendeiner  anderen  Angelegenheit  aus  der  Zeit  vor  dem  vorliegenden 
übereinkommen  schon  erhoben  hat  oder  zukünftig  erheben  könnte.  Die 
Gesellschaft  verpflichtet  sich  femer,  weder  von  der  Kolonie  noch  vom 
Staate  irgendeine  Entschädigung  für  Schäden  zu  verlangen,  die  sie  viel- 
leicht infolge  der  Unsicherheit  des  Landes,  infolge  einer  Erhebung  oder 
eines  Aufstandes  der  Eingeborenen  oder  durch  deren  unerlaubten  Wett- 
bewerb oder  durch  Krieg  mit  einer  fremden  Macht  erleiden  könnte. 

Artikel  13. 

Als  Sicherheit  für  die  Ausführung  des  vorliegenden  Übereinkommens 
zahlt  die  Gesellschaft  eine  Kaution  von  Franken.') 

Der  Unterschied  zwischen  dieser  Summe  und  ihrer  früheren  Kaution 
wird  ihr  zurückgezahlt. 

Artikel  14. 

Alle  Meinungsverschiedenheiten,  die  über  die  Auslegung  des  vor- 
liegenden Vertrages  entstehen,  unterüegen  der  Verwaltungsgerichts- 
barkeit. 

Artikel  15. 

Zum  Schlüsse  der  vorHegenden  Vereinbarung  ermächtigt  die  Regie- 
rung die  Gesellschaft,  sich  mit  den  Gesellschaften:  Ekcla-Kadöi-Sangha, 
Ibenga,  Lobay,  M'Poko,  Compagnie  fran^aise  du  Congo,  Kadei-Sangha, 
Societ6  bretonne  du  Congo,  Haute-Sangha,  Sangha  et  Compagnie  de 
la  Ngoko-Sangha  (für  den  Teil  dieser  letzteren  Konzession,  die  den 
Gegenstand  des  Dektetes  vom  31.  März  1899  bildet,  entweder  zu  ver- 
einigen oder  ihre  Rechte  in  eine  neue  Gesellschaft  einzubringen.  Die  zu 
schließenden  Verträge  bedürfen  der  vorherigen  Genehmigimg  des  Kolonial- 
ministers nach  Begutachtung  durch  die  Kommission  für  die  kolonialen 
Konzessionen. 

Die  neue  Gesellschaft  genießt  die  Vorteile  und  übernimmt  die  Auf- 
lagen, die  in  dem  vorüegenden  Übereinkommen  vereinbart  sind. 


')  Siehe  die  Anmerkung  zu  Art.  i. 
*)  Siehe  oben  die  Übersicht. 


—      282      — 

Artikel  i6. 
Wenn  die  neue  Gesellschaft  für  eine  längere  Dauer  als  die  des  vorlie- 
genden Übereinkommens  gegründet  wird,  muß  sie  während  ihres  ganzen 
Bestehens  die  im  Art.  7  vorgesehene  prozentuale  Abgabe  zahlen  und 
die  Bestimmungen  im  letzten  Absätze  des  gleichen  Artikels  sind  ebenso 
bei  der  Abrechnung  entsprechend  anzuwenden. 

Artikel  17. 

Die  neue  Gesellschaft  muß  nach  französischem  Rechte  gegründet 
werden. 

Der  Präsident  der  Gesellschaft  und  %  der  Verwaltungsratsmitgheder 
darunter  der  Präsident,  müssen  Franzosen  sein. 

Der  Gesellschaftssitz  muß  auf  französischem  Gebiete  sein. 

Die  Gesellschaft  muß  ihren  Sitz  in  Paris  und  in  der  Hauptstadt  der 
Kolonie  wählen,  widrigenfalls  jede  Zustellung  oder  Bekanntmachung 
an  sie  rechtswirksam  in  der  Seine-Präfektur  oder  in  den  Bureaus  der 
Verwaltung  in  der  Hauptstadt  der  Kolonie  bewirkt  werden  kann. 

Artikel  18. 
Das  vorliegende  Übereinkommen  ist  erst  nach  Bestätigvmg  durch 
Dekret  ausführbar. 

Artikel  19. 
Die  Kosten  der  Eintragung  und  die  Stempelgebühr  für  das  vorliegende 
Übereinkommen  hat  die  Gesellschaft  zu  tragen. 

Paris,  den  13.  Juni  1910. 

Gelesen  und  genehmigt.  Gelesen  und  genehmigt 

Der  Minister  der  Kolonien.  N.  N, 


2.   Dekret  vom  26.  Februar  1911. 

Der  Präsident  von  Frankreich  erläßt  folgendes  Dekret: 

Artikel  i. 
Das  hier  folgende  Zusatzabkommen  vom  31.  Januar  191 1  zu  den 
Vereinbarungen  vom  13.  Juni  1910,  das  zwischen  dem  Kolonialminister 
und   Herrn  N..  der  als   Generaldirektor  der  Betriebsgememschaft  der 
folgenden  Gesellschaften  handelt,  nämhch  der 


—     283     — 

Societe  de  la  BanicmW, 

Bretonne  du  Congo, 
Compagnie  Fran^aise  du  Congo, 
Sociöt^  de  l'Eköla-Kad^i-Sangha, 

de  la  Haute-Sangha, 

de  ribenga, 
Compagnie  Commerciale  et  Coloniale  de  la  Kadei-Sangha, 

des  Caoutchoucs  et  Produits  de  la  Lobay, 
Sociöt^  Mpoko. 
Compagnie  de  la  Sangha, 
Societe  de  la  Sangha-Lipa-Ouesso 
wird  genehmigt. 

Artikel  2. 
Der    Kolonialminister   wird    mit    der   Ausführung    dieses    Dekretes 
beauftragt. 

Paris,  den  26.  Februar  1912.  gez.  A.  FalliC-res. 


Zusatzabkommen  zu  den  Vereinbarungen  vom  13.  Juni  1910. 

Zwischen  dem  Minister  der  Kolonien 

einerseits 

und    Herrn  X.,    dem    Bevollmächtigten    der   folgenden    11    Gesell- 
schaften:^) 

andererseits 

ist  Folgendes  vereinbart  worden: 

Die  Übereinkommen  zwischen  dem  Minister  der  Kolonien  und  den 

genannten  11  Gesellschaften,  die  durch  die  Dekrete  vom  20.  Juni  1910 

genehmigt  wurden,  sind,  wie  folgt,  ergänzt  worden: 

Artikel  6b. 
Das  vorliegende  Übereinkommen  kann  jederzeit  ganz  oder  teilweise 
aus  Gründen  des  öffentlichen  Interesses  aufgelöst  werden  und  zwar  durch 
ein  Dekret,  das  nach  Begutachtung  durch  die  Kommission  für  die  kolo- 
niakn  Konzessionen  und  nach  Anhörung  des  Konzessionärs  (Pächters) 
erlassen  wird.  Die  Kolonie  muß  in  diesem  Falle  der  Gesellschaft  eine 
Entschädigung  bezahlen,  die  vorbehaltüch  des  Rechtsweges  vor  den 
bürgerhchen    Gerichten    unter    den    Bedingungen   festgesetzt   wird,   die 

>)  wie  oben. 


—     284    — 

im  Art.  30  des  dem  Konzessionsdekrete  der  Compagnie  de  la  Kadei- 
Sangha  vom  31.  März  1899  angefügten  Lastenheftes  festgesetzt  sind. 
Die  Kolonie  erhält  in  diesem  Falle  das  freie  Verfügungsrecht  über 
alle  Ländereien  zurück,  die  in  dem  Auflösungsdekrete  bezeichnet  sind, 
ndt  Ausnahme  derjenigen,  die  bis  zu  diesem  Augenblicke  in  das  Eigen- 
tum der  Gesellschaft  übergegangen  sind  oder  deren  Eigentumsübertragung 
die  Gesellschaft  auf  Grund  des  vorüegenden  Übereinkommens  bean- 
spruchen kann. 

Artikel  lob. 

Die  Sitten,  Gewohnheiten,  die  Religion  und  die  Organisation  der 
Eingeborenenbevölkerung  müssen  streng  berücksichtigt  werden. 

Die  vorhegende  Vereinbarung  kann  zum  Nachteile  der  Gesellschaft 
und  ohne  Entschädigung  in  folgenden  Fällen  aufgehoben  werden  und 
zwar  durch  Dekret,  das  nach  Begutachtung  durch  die  Kommission  für 
die  kolonialen  Konzessionen  und  nach  Anhörung  der  Gesellschaft  erlassen 
wird,  wobei  der  Beschwerdeweg  zum  Staatsrate  offen  steht: 

1.  wenn  die  Angestellten  der  Gesellschaft  gegenüber  den  Einge- 
borenen Betrügereien  oder  Mißhandlungen  begangen  haben  und 
zwar  häufig  oder  unter  erschwerenden  Umständen  und  wenn  diese 
Handlungsweise  fortgesetzt  worden  ist,  ohne  daß  der  Vorstand 
der  Gesellschaft,  nachdem  er  davon  Kenntnis  erhalten  hat,  da- 
gegen eingeschritten  ist, 

2.  wenn  Angestellte,  die  Verbrechen  begangen  haben,  nicht  sofort 
abberufen  worden  sind,  nachdem  der  Vorstand  davon  Kennt- 
nis bekommen  hat. 

Wenn  die  Auflösung  ausgesprochen  wird,  behält  die  Gesellschaft 
nur  die  Ländereien  an  denen  sie  das  Eigentumsrecht  geltend  machen 
kann  und  verliert  alle  anderen  Rechte  und  Vorteile  aus  dem  vorUegenden 
Übereinkommen. 

Paris,  den  31.  Januar  1911. 

Gelesen  und  genehmigt.  Gelesen  und  genehmigt. 

Der  Koloiüalminister.  Der  Vorstand 

N,  N.  der   Vereinigten    Gesellschaften 

Sanga-Ubangi. 
N.  N. 


—    285     — 

3.  Vertrag') 

zwischen  dem  Häuptling 
der 
Eingeborenen-Niederlassung 

von  

namens 


und  der 
Gesellschaft   


Vor  der  Verwaltungsbehörde  des  Bezirkes 

(oder  Unterbezirkes)    

ist  folgender  Vertrag  zwischen  dem   

,  der  als  Häuptling  der  Ein- 
geborenen-Niederlassungen von 

bekannt  ist,  handelnd  im  Namen  und  für  Rechnung  dieser  Niederlassun- 
gen unter  den  im  Art.  lo  der  Vereinbarung  vom  13.  Juni  1910  vorge- 
sehenen Bedingungen 
einerseits 

und 

Herrn    handelnd    auf 

Grund  der  ihm  übertragenen  Vollmacht  im  Namen  und  für  Rechnung 

der    Gesellschaft    (evtl. 

auch  im  Namen  und  für  Rechnung  der  neuen  Gesellschaft,  die  gemäß 
den  Bedingimgen  des  Art.   15  der  genannten  Vereinbarung  gegründet 
worden  ist, 
andererseits 
zustande  gekommen. 

Artikel  i. 

Der  Häuptling tritt  an  die  Gesellschaft 

das  Recht  ab,  die  Kaut- 
schukbestände in  der  ganzen  Ausdehnung  der  Ländereien  auszubeuten, 
die  den  von  ihm  abhängigen  Eingeborenen-Niederlassungen  vorbehalten 
worden  sind. 


')  Der  folgende  Vertragsentwurf  w-urde  als  Blankctt  vom  Gcneralgouvcmcur 
am  22.  September  1910  genehmigt,  entsprechend  Art.  10  Abs.  2  des  Dekretes  von 
1910/1911   (siehe  oben  unter  i.) 


—     286     — 

Artikel  2. 

Die  Gesellschaft ermächtigt  den  Häupthng 

und  die  gesamten  Eingeborenen- 
Niederlassungen,  den  wild  wachsenden  Kautschuk  auf  dem  ganzen 
Konzessionsgebiete  der  Gesellschaft  zu  ernten,  mit  Ausnahme  von  den 
Parzellen,  auf  denen  Pflanzungen  angelegt  sind.  Die  Gesellschaft  ver- 
pfhchtet  sich,  aUe  Erzeugnisse  dieser  Ernte  von  guter  Beschaffenheit 
anzukaufen. 

Artikel  3. 

Die  Gesellschaft  verpflichtet  sich  außerdem,  dem  Häupthng  und 
den  von  ihm  abhängigen  Eingeborenen-Niederlassungen  6%  der  von 
ihnen  erzielten  Gesamternte  zu  überlassen  und  ihm  für  diese  6%  den 
doppelten  Preis  zu  zahlen,  der  für  die  Abtretung  des  Steuerkautschuks 
an  die  Gesellschaft  festgesetzt  ist. 

Artikel  4. 

Die  Gesellschaft  hat  ein  besonderes  Handelsverzeichnis  zu  führen, 
das  der  Friedensrichter  des  Ortes  mit  Seitenzahlen  versieht  und  unter- 
schriftlich abschließt.     Darin  sollen  eingetragen  werden, 

1.  die    Namen    aller    eingeborenen    Kautschuksammler,    die    dem 
Häupthnge  unterstehen, 

2.  die    Kautschukmengen,    die    von    jedem    einzelnen    abgehefert 
wurden, 

3.  der  dafür  gegebene  Preis, 

4.  das  Datum  der  Abheferung  und  Zahlung. 

Zu  Beginn  jedes  Jahres  wird  von  der  Gesellschaft   

dem  Häupthng  ein  Heft  abgeliefert  werden,  das 

ebenfalls  von  dem  Friedensrichter  des  Ortes  nach  Seiten  beziffert  und 
unterschrifthch  abgeschlossen  wird.  Das  Heft  enthält  die  Abschrift 
des  gesamten  Verzeichnisses  mit  denselben  Angaben,  soweit  es  sich  auf 
die  Niederlassungen  bezieht,  die  dem  Häuptlinge  unterstehen.  Dieses 
Verzeichnis  und  Heft  kann  jederzeit  von  den  Verwaltungsbeamten  ge- 
prüft werden. 

Artikel  5. 

Das  Guthaben  jeder  Niederlassung  wird  am  Ende  jedes  halben  Jahres 
beghchen  werden,  entsprechend  den  Eintragungen  in  dem  Register  und 
in  dem  Hefte.  Der  in  Art.  3  bestimmte  Preis  muß  den  Berechtigten  in 
öffenthcher  Versammlung  (Palawer)  und  in  Gegenwart  des  Bezirksleiters 


—    28;     — 

oder  eines  von  ihm  dazu  bestimmten  Beamten  ausgezahlt  werden.  Der 
Beamte  hat  das  Zahlungsgeschäft  durch  Frage  und  Gegenfrage  (Procds 
verbal)  zu  leiten. 

Artikel  6. 
Der    Häuptling    und    die    ihm    unter- 
stellten Eingeborenen  verpflichten  sich,  die  von  der  Gesellschaft  ange- 
gebenen Ausbeutungsmethoden  anzuwenden. 

Artikel  7. 

Der  vorliegende  Vertrag  gilt  vom  Tage  der  Unterzeichnung  ab  bis 
zum  30.  Juni  1921.  Er  kann  zum  Ablauf  des  5.  Jahres  zwecks  /Änderung 
einer  Durchsicht  unterzogen  werden,  entweder  auf  Veranlassung  der 
Gesellschaft  oder  des  Häuptlings.  In  diesem  Falle  hat  der  Betreffende 
seine  Absicht  6  Monate  vorher  mitzuteilen. 

Nachdem  der  Vertrag  im  einzelnen  vorgelesen  und  übersetzt  worden 
ist,  haben  der  Vertreter  der  Gesellschaft  und  der  Häuptling  mit  Namen 
unterzeichnet  wie  folgt  (für  den  Fall,  daß  der  Häupthng  nicht  unter- 
zeichnen kann,  ist  dies  besonders  festzustellen): 


Unterzeichnet    zu    am    

der  Vertreter  der  Gesellschaft  der  Häuptling 


Der  Leiter  des  Bezirkes  oder  Unter  bezirkes 


Genehmigt  vom  Leutnant-Gouverneur. 


AnhaniJf  IV. 

Societe  des  Messageries 
Fluviales  du  Congo. 


Vcröffcntl.  d.  Reichskolonialamte»  N'r.  4  :  Ritter.  '9 


1.  Vertrag.^) 

betreffend  die  Einrichtung  eines  öffentlichen  Schiffahrtsdienstes  auf  dem 

Kongo -Ubangi-Sanga 

vom  2.  November  1910  mit  Nachtrag  vom  Februar  1911. 

Zwischen     dem     Generalgouvemeur     von     Französisch-Äquatorial- 

Afrika,  handelnd  im  Namen  des  französischen  Staates  und  der  Kolonie 

einerseits 

und  Herrn  A.  Fondere,  Präsident  des  Ve^^valtungsrates  der  Soci6t6 

des  Messageries  Fluviales  du  Congo  handelnd  in  seiner  Eigenschaft  als 

solcher 

andererseits 
kam  folgender  Vertrag  zustande. 

Artikel  i. 
Gegenstand  des  Vertrages. 

Der  vorliegende  Vertrag  hat  einen  doppelten  Gegenstand: 

1.  die  Einrichtung  eines  öffentlichen  Schiffahrtsdienstes  auf  dem 
Kongo  und  seinen  Hauptnebenflüssen; 

2.  die  Bestimmung  der  gegenseitigen  Verpflichtungen  des  Unter- 
nehmers und  der  Verwaltung  bezüglich  der  Einrichtung  dieses  Dienstes 
und  Festsetzung  der  besonderen  Bedingungen,  unter  welchen  die  Ver- 
waltungstransporte auszuführen  sind. 

Artikel  2. 

Dauer  des  Vertrages. 

Der  vorliegende  Vertrag  ist  für  eine  Dauer  von  5  Jahren  vom 
I.  Januar  191 1  bis  zum  31.  Dezeml>er  1915  geschlossen. 

')  Die  folgende  Übersetzung  ist  eine  fast  vollstA.ndige  Wiedergabe  des  Vertrages; 
es  sind  nur  unwesentliche  Bestimmungen,  die  sich  auf  französische  Verhältnisse 
bezichen,  weggelassen. 

19» 


—      292      — 

Die  Verwaltung  behält  sich  das  Recht  vor,  den  Vertrag  zum 
31.  Dezember  1912  zu  lösen.  Sie  hat  in  diesem  Falle  der  Mess.  Fluv. 
ihre  Absicht  6  Monate  vor  diesem  Zeitpunkte  mitzuteilen. 


A.  Einrichtung  des  öffentlichen  Schiffahrtsdienstes» 

Artikel  3. 

Allgemeine  Einrichtung. 

Die  Mess.  Fluv.  verpflichtet  sich,  einen  öffentHchen  Schiffahrts- 
dienst für  die  Personen-  und  Güterbeförderung  auf  dem  Kongo,  Ubangi, 
Sanga  und  Ngoko  unter  den  folgenden  Bedingungen  zu  unterhalten: 

1.  von  Brazzaville  nach  Bangi  und  zurück  (regelmäßige,  monat- 
liche Fahrt): 

bei  hohem  Wasserstande  ganz  durch  Dampfer; 

bei  niederem  Wasserstande:  auf  der  Strecke  Brazzaville-Mongumba- 
Singa  durch  Dampfer;  auf  der  Strecke  Mongumba-Singa-Bangi  bleibt 
bleibt  es  der  Gesellschaft  überlassen,  die  Verbindung  durch  Dampfer 
oder  durch  große  Frachtboote  aufrecht  zu  erhalten. 

2.  von  Brazzaville  nach  Wesso  und  zurück  (regelmäßige,  monat- 
liche Fahrten): 

während  des  ganzen  Jahres  mit  Dampfern; 

3.  von  Wesso  nach  Ngoila  und  zurück  (monathche,  regelmäßige 
Fahrten) : 

während  des  ganzen  Jahres  mit  Dampfern; 

4.  von  Wesso  nach  Nola  und  zurück  (Fahrt  je  nach  Bedarf). 

Es  bleibt  der  Gesellschaft  während  des  ganzen  Jahres  überlassen, 
die  Fahrt  mit  Dampfern  oder  mit  großen  Frachtbooten  zu  machen. 

Artikel  4. 
Anlege-  und  Landungsplätze. 

Alle  Posten,  die  an  diesen  Strecken  bestehen  oder  in  Zukunft  er- 
richtet werden,  sind  durch  die  Schiffe  der  Gesellschaft  zu  versorgen. 

Die  Ein-  und  Ausschiffung  der  Reisenden  und  ihres  Gepäckes  in 
Brazzaville  hat  an  einem  von  der  Verwaltung  bestimmten  Platze  zu 
geschehen,  der  das  ganze  Jahr  für  die  Schiffe  der  Gesellschaft  zugänglich 
ist.  Der  Platz  soll  möglichst  dort  gelegen  sein,  wo  später  endgültig  die 
Zollstation  errichtet  wird.  Bis  dahin  hat  die  Ein-  und  Ausschiffung  an 
dem  ,,Hollandaise"  genannten  Platz  zu  erfolgen.  Die  Ein-  und  Aus- 
ladung der  Güter  hat  an  demselben  Platze  zu  erfolgen. 


—     291     - 

Artikel  5. 
Abfahrt-  und  Ankunftszeiten.     Reisedauer. 

Die  Abfahrt  von  Brazzaville  hat  48  Stunden  nach  Ankunft  der 
aus  Frankreich  kommenden  Reisenden  zu  erfolgen;  nach  Bangi  späte- 
stens am  23.  jedes  Monats;  nach  Wesso  spätestens  am  24.  Der  Z<.*it- 
punkt  wird  im  Einvernehmen  »wischen  der  Gesellschaft  und  dem  Leut- 
nant-Gouverneur von  Mittel-Kongo  festgesetzt;  die  Abfahrt  soll  nicht 
vor  8  Uhr  morgens  erfolgen.  Die  Schiffe  dürfen  nach  Bangi  oder  nach 
Wesso  höchstens  13  Tage  brauchen.  Die  Schiffe  müssen  spätestens  am 
2.  Tage  vor  dem  Tage  in  Brazzaville  zurück  sein,  an  dem  die  nach  Frank- 
reich Zurückreisenden  Brazzaville  verlassen  müssen,  um  die  regelmäßig 
verkehrenden  Dampfer  der  Chargeurs  Reunis  zu  erreichen. 

Auf  der  Strecke  Wesso-Ngoila  bleibt  es  der  Gesellschaft  überlassen, 
den  Zeitpunkt  der  Abfahrt  zu  bestimmen.  Sie  hat  jedoch  auf  dieser 
Strecke  jeden  Monat  eine  Fahrt  hin  und  zurück  zu  machen. 

Auf  der  Strecke  Wesso-Nola  braucht  die  Abfahrt  nicht  regelmäßig 
stattzufinden  und  kann  den  vorhegenden  Beförderungsbedürfnissen 
angepaßt  werden. 

Die  Reisedauer  von  13  Tagen  von  Brazzaville  nach  Bangi,  gilt  nur 
für  die  Zeit ,  in  der  die  Schiffe  der  Gesellschaft  Bangi  direkt  erreichen 
können. 

Artikel  6. 

Schiffsmaterial. 

Die  Gesellschaft  muß  folgendes  Schiffsmaterial  zur  Verfügung 
haben : 

I.  auf  der  Kongo-  und  Ubangi-Linie: 

a)  einen  Dampfer  mit  150  Tonnen  Nutzlast  mit  wenigstens  16  Betten 
(2  Betten  auf  i  Kabine), 

größter  Tiefgang  bei  voller  Ladung :  i  ,50  m ; 

b)  einen  Dampfer  mit  wenigstens  30  Tonnen  Nutzlast  und  mit 
wenigstens  8  Betten  in  Passagierkabinen, 

größter  Tiefgang  bei  voller  Ladung:  0,90  m; 

c)  einen  Dampfer  mit  wenigstens  15  Tonnen  Nutzlast, 
größter  Tiefgang  bei  voller  Ladung:  0,70  m; 

d)  eine  genügende  AnzaliJ  von  großen  Frachtbooten,  um  Ix-i  nie- 
derem Wasserstande  die  Verbindung  zwischen  Mongumba-Singa- 
Bangi  aufrecht  erhalten  zu  können. 


—     294     — 

2.  Auf  der  Sanga-Ngoko-Linie : 

a)  einen  Dampfer  mit  wenigstens  loo  Tonnen  Nutzlast  und  wenigstens 
12  Passagierbetten  (2  Betten  auf  i  Kabine), 

Tiefgang  bei  voller  Ladung:  1,30  m; 

b)  einen  Dampfer  mit  wenigstens  20  Tonnen  Nutzlast  und  2  Betten, 
Tiefgang  bei  voller  Ladung:  0,90  m; 

c)  einen  Dampfer  mit  wenigstens  15  Tonnen  Nutzlast, 
Tiefgang  bei  voller  Ladung:  0,70  m; 

d)  eine  genügende  Anzahl  von  großen  Frachtbooten,  um  bei  Stocken 
des  Dampferverkehrs  den  Verkehr  zwischen  Wesso  und  Nola  auf- 
recht erhalten  zu  können. 

Artikel  7. 
Ausstattung,  Beköstigung  und  Bedienung. 

Die  Schiffe  müssen  dauernd  in  gutem  und  sauberem  Zustande  ge- 
halten sein. 

Jedes  Bett  muß  mit  einem  Moskitonetz  und  mit  Bettzeug  (Bettuch, 
Kopfkissen  und  Bettdecke)  ausgestattet  sein. 

Bei  Überfüllung  können  die  Reisenden  ihre  Betten  auf  dem  Ober- 
decke aufstellen,  das  während  der  Nacht  durch  Segeltuchvorhänge 
abzuschließen  ist. 

Der  Kabinendienst  ist  durch  Boys  in  genügender  Zahl  zu  besorgen. 

Für  alle  Europäer  ist  für  Beköstigung  an  Bord  zu  sorgen  und  zwar 
auf  allen  Strecken  mit  Ausnahme  der  Strecken  zwischen  Wesso  und 
Nola  und  Mongumba-Singa-Bangi  bei  niederem  Wasserstand. 

In  letzterem  Falle  sind  die  Europäer  bei  der  Fahrt  aufwärts  an  Bord 
der  in  Mongumba-Singa  ankommenden  Dampfer  so  lange  zu  beköstigen, 
bis  sie  auf  die  Fracht  boote  überschifft  werden.  Ebenso  sind  bei  der  Fahrt 
flußabwärts  die  Reisenden  von  ihrer  Ausschiffung  aus  den  Frachtbooten 
an  an  Bord  der  in  Mongumba-Smga  liegenden  Dampfer  aufzunehmen 
und  zu  beköstigen. 

Die  Mahlzeiten  müssen  bestehen  aus:  i.  Frühstück:  Kaffe  oder 
Schokolade,  Tee  mit  Brot  und  Butter  oder  Eingemachtem.  2.  Frühstück: 
2  Vorspeisen,  2  Fleischgänge,  i  Gang  Gemüse;  2  Nachtische,  darunter  Käse. 
Wein:  Y^q  1,  Kaffee  oder  Tee  nach  Wahl.  Diner:  Suppe,  2  Fleischgänge, 
I  Gang  Gemüse,  i  Zwischengericht,  2  Nachtische,  Wein:  Vio  !•  Kaffee 
oder  Tee  nach  Wahl. 

Jedes  Schiff  muß  einen  Apothekenkasten  haben,  damit  den  Reisenden 
oder  der  Besatzung  in  dringenden  Fällen  die  erste  Hilfe  gegeben  werden 
kann. 


-     295     — 

Der  Inhalt  des  Apothekenkasten  svird  von  dem  Vorstände  des 
Sanitätsdienstes  der  Kolonie  Mittel-Kongo  bestimmt. 

B.  Gegenseitige  Verpflichtungen  zwischen  der   Gesellschaft 
und  der  Verwaltung. 

Artikel  8. 
Verpflichtung  betreffend  die  Verwaltungstransporte. 

Die  Mcss.  Fluv.  verpflichtet  sich,  das  Personal  der  Zivilver^^'altung 
und  die  Militärmannschaften,  die  für  den  Zivil-  und  Militärdienst  be- 
stimmten Güter  und  die  Posttransporte  auf  den  oben  angegebenen 
Linien  und  unter  den  nachstehenden  Bedingungen  zu  l>efördem. 

Die  Vervvaltung  verpflichtet  sich  dafür,  der  Mess.  Fluv.  alle  Personal-, 
Güter-  und  Post-Transporte  zu  überlassen. 

Artikel  9. 

Beförderungs- Sätze. 

Die  im  vorigen  Artikel  angegebenen  Transporte  werden  zu  folgenden 
Sätzen  ausgeführt: 

(Tabellen  s.  S.  295  u.  296.) 

Die  unten  aufgeführten  Sätze  der  Kongo-Ubangi-Linie  verstehen 
sich  für  Beförderung  und  Beköstigung  der  europäischen  Reisenden  mit 
Ausnahme  von  den  Fahrten,  die  bei  niederem  Wasserstand  zwischen 
Mongumba-Singa-Bangi  ausgeführt  werden. 

Bei  niederem  Wasserstande  hat  die  Gesellschaft  für  die  Beköstigung 
der  europäischen  Reisen  bis  zur  Überschiffung  zu  sorgen. 

Die  Sätze  für  Transporte,  die  von  einem  Posten  zum  anderen  ge- 
bracht werden,  werden,  wenn  keiner  dieser  Posten  Brazzaville  oder  Wesso 
ist,  in  der  Weise  gewonnen,  daß  man  den  Unterschied  zwischen  den 
Sätzen  berechnet,  die  oben  für  die  Strecken  zwischen  den  betreffenden 
Posten  und  Brazzaville  oder  Wesso  angegeben  worden  sind. 

Liegt  aber  einer  der  Posten  unterhalb  Singa  und  der  andere  oberhalb 
und  ist  der  Transport  bei  niederem  Wasserstande  auszuführen,  so  wird 
die  Berechnung  für  den  Transport  von  Europäern  und  von  Gütern  in 
der  Weise  gemacht,  daß  die  Strecke  in  2  Stücke  eingeteilt  wird. 

1.  Von  dem  betreffenden  Posten  unterhalb  bis  nach  Singa  (Preis  bei 
hohem  Wasserstande). 

2.  Von  Singa  zu  dem  Posten  oberhalb  (Preis  bei  tiefem  Wasser- 
stande).    (Vgl.  Beispiel  auf  S.  297.) 


—    296 


Kongo-Ubangi-Linie. 


Von 

Brazzaville  ^) 

nach: 


Europäer 


einschl. 
Be- 
köstigung 
und  Kabine 

Franken 


Ein- 
geborene 


bei  Nicht- 
benutzung 
der  Kabine 
sind  abzu- 
ziehen 
Franken       Franken        Franken 


i 

Güter-  oder 

Gepäck- 
beförderung 
pro  Tonne 


N'Gantschu • 

Lefini 

M'Puia 

Mossaka 

Bonga      

Lukolela      

Irebu        

Liranga 

N'Dundu 

Bubangi 

Balois 

Mobenzelle      

Bolembe      

Desbordesville 

Motzaka 

Motaba 

Ibenga     

Betu 

Ikumba 

Mongumba  oder  Singa    .    .    . 

bei  hohem  Wasserstande     . 

bei  niederem  Wasserstande 
Setia 

bei  hohem  Wasserstande    . 

bei  niederem  Wasserstande 
Bimbo 

bei  hohem  Wässerstande     . 

bei  niederem  Wasserstande 
Bangi 

bei  hohem  Wasserstande    . 

bei  niederem  Wasserstande 


45 
55 
65 
165 
170 
180 
200 
220 
230 

245 
260 

275 
290 

304 
312 
320 
325 
355 
375 

375 
360 

380 
368 

395 

398 

400 
400 


IG 
IG 
IG 
25 
25 
25 
30 

35 
35 
35 
40 
40 
45 
45 
45 
45 
50 
55 
55 

6g 
6g 

60 
6g 

60 
6g 

60 
60 


4 
5 
6 

14 
15 
16 

17 
19 
20 
21 
23 
24 
25 
27 
28 
29 
30 
31 
32 

33 
35 

34 
37 

34 
44 

35 
45 


30 
35 
40 

IGG 

105 
HO 

125 
140 

145 
150 
165 
175 

i8g 
190 

195 
200 
205 
220 
230 

235 
220 

24G 
24G 

249 
285 

250 
290 


^)  Die  ursprünglichen  Sätze  sind  durch  den  Nachtrag  vom  Februar  191 1 
abgeändert  worden.  Hier  sind  die  abgeänderten,  jetzt  geltenden  Sätze  angegeben- 


297 


Kongo- Sanga- Linie. 


von 

BrazzaviUe*) 

nach: 


1  .Ur'ilM'T 

Dli  Ni.  ht- 
benutzung 
der  Kabine 
sind  abzu- 
ziehen 
I'iaiikcii         I'"r.'mki-ii 


ciiiächl. 
Be- 
köstigung 
und  Kabine 


Ein- 
geborene 


IVarikoii 


(iüter-  oder 

Gepäck- 
beförderung 
pro  Tonne 

I'raiikL-n 


N'Gantschu 
Bonga  .  . 
Pikunda  .  . 
Mossendie  . 
Ikelemba 
Wesso  .    .    . 


Von  Wesso  nach: 


Ngoila 

Bomassa 
Bajanga 
Salo 
Nola 


45 

170 

275 
305 
320 
360 


10 
25 
45 
50 
55 
60 


Ohne  Beköstigung 


II 

19 
25 
30 


5 

15 
23 

26 

27 
30 


30 

1 10 

17'  ■ 
ibb 

195 
220 


40 


4 

27 

6 

48 

8 

63 

10 

75 

Beispiel : 
Befördeningssatz  für  einen  europäischen  Reisenden: 

1.  Von  Puia  nach  Desbordesville    ....  304 —  65=239  Franken 

2.  Von  Setia  nach  Bimbo  (niederer  Wasser- 
stand)     398—368=  30 

3.  Von  Motzaka  nach  Bimbo  (hoher  Wasser- 
stand)     395—312=  83 

4.  Von    Motzaka     nach    Bimbo     (niederer 
Wasserstand) (398—360)  (375— 312)  =  101 

Kinder  unter  3  Jahren  werden  umsonst  befördert.  JFür  Kinder  von 
3 — IG  Jahren  wird  der  halbe  Satz,  über  10  Jahre  der  volle  Satz  l>ezahlt. 

Bei  der  Beförderung  von  Munition  und  Explosivstoffen  erhöhen 
sich  die  Sätze  um  die  Hälfte. 

Bei  der  Fahrt  stromabwärts  werden  alle  Sätze  auf  die  Hälfte  herab- 
gesetzt. 

Für  die  Beförderung  von  Geld  erhebt  die  Gesellschaft  ohne  Rück- 
sicht auf  die  Beförderungsstrecken  einen  Pauschsatz  von  2  Franken 
für  1000  Franken. 


')  Die  ursprüngUchen  Sät^e  sind    durch  den   Nachtrag   vom    Februar   1912 
abgeändert  worden.    Hier  sind  die  abgeänderten,  jetzt  geltenden  Sä tie  angegeben. 


—     298     — 

Die  Beförderung  von  Tieren  von  Bangi  oder  Wesso  nach  Brazzaville 
erfolgt  zu  folgenden  Sätzen: 

Pferde  und  Maultiere 50  Franken  ohne  Fütterung 

Rinder 35        » 

Esel 25        „ 

Für  andere  Strecken  werden  diese  Preise  herabgesetzt  oder  erhöht 
entsprechend  den  Sätzen  der  obigen  Preistafel,  die  sich  auf  die  Tonnen- 
fracht beziehen. 

Postpakete  werden  zu  dem  Satze  von  2  Franken  pro  Paket  befördert, 
ohne  Rücksicht  auf  den  Bestimmungsort.  Ihr  Gewicht  und  ihr  Umfang 
müssen  sich  nach  den  für  den  Postdienst  zwischen  dem  Mutterlande 
und  der  Kolonie  geltenden  Bestimmungen  richten. 

Artikel  10. 

Verpflichtungen   betreffend    die    Personal    und    das    Schiffs- 
material der  Unternehmung. 

Die  Schiffsoffiziere  und  -Ingenieure  müssen  Franzosen  sein,  außer 
wenn  der  Generalgouvemeur  eine  Abweichung  gestattet.  Diese  Ab- 
weichung ist  ^\iderrufhch. 

Die  Schiffe  fahren  unter  französischer  Flagge  und  haben  ihren 
Heimatshafen  in  BrazzaviUe. 

Der  Mangel  an  Schiffsmaterial  gibt  auf  keinen  Fall  der  Gesellschaft 
einen  berechtigten  Vorwand,  den  Schiffahrtsdienst  zu  unterbrechen. 

Bei  Schiffsverlust  oder  großer  Havarie  soU  die  Gesellschaft  berechtigt 
sein,  das  zu  Verlust  gegangene  oder  in  Reparatur  befindliche  Schiff 
durch  ein  anderes  zu  ersetzen,  auch  wenn  dieses  nicht  allen  vereinbarten 
Anforderungen  genügt.  Das  Schiff  muß  vorher  durch  die  Verwaltung 
zugelassen  werden. 

Für  den  Ersatz  des  außer  Gebrauch  gesetzten  Schiffes  wird  eine 
Frist  von  einem  Jahre  gewährt. 

Artikel  11. 

Anweisung    für    die    vor    dem    Transport    vorzunehmenden 

Maßnahmen. 

Die  Transporte  von  Personen  und  von  Gütern  müssen  auf  vorherige, 
von  dem  Vertreter  der  Zivil-  oder  Militärverwaltung  unterzeichnete 
Anforderung  ausgeführt  werden. 

Die  schrifthchen  Anforderungen  müssen  über  den  Auftraggeber, 
über  Gewicht,  Maße,  Zeit  usw.  die  nötigen  Angaben  erhalten.  Die  GeseU- 


—    299    — 

Schaft  befördert  für  jeden  Europäer  Gepäck  bis  zu  200  kg  und  für  jeden 
Eingeborenen  bis  zu  20  kg  umsf)nst. 

Auf  der  Ubangi-Linie  sind  10  Kabinenplätze  und  auf  der  Sanga-Linie 
8  Kabinenplätze  für  die  Reisenden  der  Venvaltung  auf  jedem  regelmäßig 
verkehrenden  Dampfer  sowohl  flußabwärts  wie  -aufwärts  frei  zu  halten. 
Die  Plätze  werden  nur  bis  24  Stunden  vor  der  regelmäßigen  Abfahrt 
freigehalten. 

Die  Gesellschaft  ist  verpflichtet,  wenigstens  50  Tonnen  Regierungs- 
material auf  jeder  der  Linien  auf  jeder  Fahrt  flußauf-  oder  abwärts 
aufzunehmen.  Die  Ver^valtung  hat  8  Tage  vor  der  Abfahrt  ihre  voraus- 
sichtliche Ladung  schriftlich  anzugel)cn  und  auf  ihre  Kosten  spätestens 
am  Tage  vor  der  Abfahrt  an  den  Einschiffungsplatz  zu  befördern.  Der 
Vertreter  der  Gesellschaft,  der  die  Waren  angenommen  hat,  hat  darüber 
einen  Empfangsschein  auszustellen.  Seine  Unterzeichnung  stellt  den 
Bestand  bei  der  Einschiffung  fest.  Diese  Feststellung  ist  allein  für 
Ersatzansprüche  maßgebend. 


Artikel  12. 
X'orschriften  über  die  Ausführung  der  Transporte. 

a)  Personenbeförderung.  Die  Höchstzahl  der  auf  den  einzelnen 
Schiffen  aufzunehmenden  Eingeborenen  wird  durch  die  in  Art.  13  ge- 
nannte Kommission  festgesetzt. 

Für  die  Frachtboote  wird  die  Höchstzahl  der  in  einem  Boote  zu  be- 
fördernden Europäer  und  Eingeborenen  wie  folgt  festgesetzt: 

1  höherer  Offizier; 

2  Unteroffiziere; 

2  Kadetten,  Unteroffiziere  oder  Korporale  (wenn  die  Reise  im 
Frachtboote  länger  als  2  Tage  dauert) ; 

3  Unteroffiziere,  Korporale  oder  Soldaten  (wenn  die  Reise  im  Fracht- 
boote weniger  als  2  Tage  dauert); 

20  Eingeborene. 

Eingeborene  dürfen  niemals  in  Schleppbooten  befördert  werden. 

Alle  Reisenden  der  ersten  Klasse,  deren  Plätze  von  der  Verwaltung 
angefordert  worden,  halx^n  Anspruch  auf  kostenfreie  Beförderung  eines 
eingeborenen  Dienstboten. 

b)  Güterbeförderung. 

Zur  Güterbeförderung  gehört  die  Annahme,  Einschiffiuig.  Umladung 
und  Ausschiffung  der  Güter,  die  längs  der  Ufer  aufgenommen  oder  aus- 
geladen werden  sollen. 


—     300    — 

Die  Gesellschaft  verpflichtet  sich,  in  Brazzaville  die  Güter,  die  ihr 
übergeben  werden,  umsonst  in  Lagerung  zu  nehmen.  Die  Gesellschaft 
übernimmt  volle  Verantwortung  für  die  Lagerung;  Feuersgefahr  aus- 
genommen.    Dies  gilt  nicht  für  Munition  und  Explosivstoffe. 

c)  Postbeförderung. 

Postsachen  werden  auf  allen  Linien  des  vorüegenden  Vertrages, 
auf  Neben-  und  Verlängerungslinien,  die  die  Gesellschaft  freiwillig  ein- 
richtet, während  des  ganzen  Bestehens  dieser  Linien  befördert.  Die 
Gesellschaft  erhält  dafür  einen  jährlichen  Beitrag  von  loo  Franken  und 
während  der  Vertragsdauer  Befreiung  von  allen  Schiffahrts-,  Hafen- 
und  Quaiabgaben.  An  Bord  eines  jeden  Schiffes  muß  ein  sicherer  und 
verschließbarer  Platz  vorhanden  sein,  der  zur  Aufnahme  von  Brief- 
schaften geeignet  ist.  Ein  vorschriftsmäßiger  Briefkasten  ist  durch  die 
zuständige  Verwaltungsbehörde  auf  Deck  des  Schiffes  anzubringen. 

Artikel  13. 
Verantwortlichkeit.     Vertragsstrafen. 

a)  Wenn  die  in  Art.  5  angegebene  Höchstdauer  der  Fahrzeit  über- 
schritten wird,  hat  die  Gesellschaft  eine  Vertragsstrafe  von  100  Franken 
für  den  ersten  Tag,  von  200  Franken  für  den  zweiten  Tag  und  von  500 
Franken  für  den  dritten  Tag  und  für  jeden  weiteren  Tag  zu  zahlen,  aus- 
genommen den  Fall  höherer  Gewalt. 

Als  Fälle  höherer  Gewalt  werden  betrachtet: 

1.  Plötzhch  eintretender  Niederwasserstand; 

2.  Schiffsverlust  und  große  Havarie,  die  das  Schiff  zum  Stilliegen 
zwingen ; 

3.  Tod  oder  Krankheit  des  Kapitäns  auf  der  Fahrt; 

4.  die  UnmögHchkeit,  die  notwendige  Besatzung  zu  bekommen. 
Außerdem  hat  die  Gesellschaft  den  Reisenden  den  aus  der  Ver- 
spätung erwachsenden  Schaden  zu  ersetzen. 

Wenn  ein  zu  Verlust  gegangenes  Schiff  nicht  innerhalb  der  in  Art.  10 
festgesetzten  Zeit  ersetzt  wird,  hat  die  Gesellschaft  eine  Vertragsstrafe 
von  1000  Franken  für  jeden  Verzugsmonat  zu  zahlen. 

b)  Verlust  und  Havarie. 

Der  Unternehmer  ist  haftbar  für  alles,  was  ihm  übergeben  worden  ist. 

Verloren  gegangene  oder  unbrauchbar  gewordene  Güter  hat  er  zum 
Selbstkostenpreise  plus  25%  zu  ersetzen.  Munition  und  Explosivstoffe 
befördert  er  unter  seiner  eigenen  Verantwortlichkeit. 

Er  ist  der  Verwaltung  vollständig  für  die  beförderte  Geldsumme 
haftbar  und  muß  bei  Verlust,  außer  im  Falle  höherer  Gewalt,  den  ganzen 


—    301     — 

Betrag  ersetzen.  Bei  Havarien  und  lx?i  \"erlust  von  einzelnen  Stücken 
werden  die  erforderlichen  Feststellungen  durch  eine  besonders  ernannte 
Kommission  getroffen. 

c)  Aufhebung  des  Schiffahrtsdienstes. 

Wenn  der  Unternehmer  den  Schiffahrtsdienst  unterbricht,  und 
die  Verwaltung  ihn  ohne  Erfolg  in  Verzug  gesetzt  hat,  kann  sie  den  Ver- 
trag unter  Verfall  der  Kautionssumme  aufhel)en,  oder  den  Schiffahrts- 
dienst auf  Kosten  und  Gefahr  des  Unternehmers  weiterführen. 

d)  Verstöße  gegen  die  Bestimmungen  des  vorliegenden 
Vertrages. 

\'erstöße  gegen  den  vorliegenden  \'ertrag  werden  den  lx?teiligten 
Dienststellen  angezeigt. 

Jedes  Schiff  muß  ein  Beschwerdebuch  führen,  das  jedem  Reisenden 
auf  Verlangen  für  Eintragungen  vorgelegt  werden  muß.  Das  Beschwerde- 
buch ist  bei  der  Rückkehr  jedes  Schiffes  dem  Leutnant-Gouverneur 
von  Mittel-Kongo  vorzulegen.  Bei  schweren  oder  wiederholten  \'er- 
stößen  kann  der  Vertrag  aufgelöst  werden,  mit  ganzem  oder  teil  weisem 
Verfalle  der  Kautionssumme. 

Zur  Abnahme  des  Schiffahrtsmaterials  und  zur  Überwachung  des 
Dienstes  an  Bord  wird  eine  ständige  Über^vachungskommission  ernannt. 

Artikel  14. 

Kaution. 

Die  Ausführung  des  vorliegenden  Vertrages  wird  durch  eine  Kaution 
von  10  000  Franken  sichergestellt,  die  am  15.  Januar  1901  in  Paris 
hinterlegt  worden  ist. 

Artikel  15. 

a)  In  dringenden  Fällen,  wie  Krieg,  Aufstände,  Epidemien,  wird 
die  Verwaltung  sich  zuerst  an  den  Konzessionär  wenden,  der  ihr  sofort 
mitzuteilen  hat,  ob  er  in  der  Lage  ist,  die  notwendigen  Transporte  in 
den  angegebenen  Fristen  und  zu  den  Sätzen  des  vorliegenden  \'ertrages 
auszuführen. 

\\'cnn  der  Konzessionär  dazu  nicht  in  der  Lage  ist,  kann  die  Ver- 
waltung ilire  Transporte  durch  die  Transportmittel  ausführen  lassen, 
die  sie  für  geeignet  hält.  Die  Verwaltung  hat  Rückgriff  gegen  die  Gesell- 
schaft, wenn  die  Mindestkosten  nicht  eingehalten  werden  konnten. 

b)  Aus  außerordentlichen  jxilitischen  Gründen  und  im  Kriegsfälle 
kann  der  Generalgouverncur  ein  oder  alle  Schiffe  des  Untcrnelimers 
anfordern,  um  die  notwendigen  Truppenbeförderungen  vorzuneiimon. 


—      302      — 

In  diesem  Falle  werden  der  Gesellschaft  folgende  Entschädigungs- 
sätze bezahlt:  1500  Franken  pro  Tag  für  jeden  großen  Dampfer,  1000  Fran- 
ken für  jeden  mittleren  Dampfer  und  500  Franken  für  jeden  kleinen 
Dampfer. 

Artikel  16. 

Die  Gesellschaft  kann  mit  einem  anderen  Transportunternehmer 
einen  Untervertrag  wegen  der  Transporte  schließen.  Die  Verwaltung 
behält  sich  das  Recht  der  Genehmigung  vor.  Die  Mess.  Fluv.  bleibt  aber 
der  Verwaltung  allein  haftbar. 


Artikel  17. 

Streitigkeiten. 

Alle  Streitigkeiten  bei  Anwendung  oder  Auslegung  der  Bestimmungen 
des  vorliegenden  Vertrages  werden  im  Verwaltungswege  und  in  letzter 
Instanz  durch  den  Conseil  d'ßtat  entschieden. 


Artikel  18. 

Die  Gesellschaft  muß  für  jeden  Auftrag  eine  Rechnung  in  dreifacher 
Ausfertigung  vorlegen.     Die  Transporte  werden  in  Brazzaville  bezahlt. 


Artikel  19.^) 

Artikel  20. 

Artikel  21. 

Brazzaville,  den  2.  November  1910.     (Februar  1911.) 

Der  Präsident  des  Verwaltungsrates  Der  Generalgouvemeur 

der  von 

Societe  des  Messageries  Fluviales.  Französisch-Äquarorial-Afrika. 

F  M 


^)  Die  folgenden  Artikel  interessieren  hier  nicht. 


r 


—     303     — 

2.  Vertrag. 

Zwischen  den  Unterzeichneten 

der  Sociötö  Anonyme  „Las  Messageries  Fluviales  du  Gingo"  mit  einem 
Aktienkapital  von  2  Millionen  Franken')  in  Paris 

einerseits 

und  der  Compagnie  Fran^aise  du  Congo*) 

andererseits 

kam  folgender  Vertrag  zustande: 

Artikel  i. 

Die  Mess.  Fluv.  verpflichtet  sich,  für  die  Cie.  Fran^.  du  Congo  alle 
Personen-  und  Gütertransporte  zu  Wasser  und  alle  Schiffsvermietungen 
zu  besorgen,  die  diese  von  Brazzaville  oder  der  Umladestelle  zwischen 
Schiff  und  Eisenbahn  nach  jedem  anderen  Festlandspunkte  Afrikas, 
besonders  nach  ihren  Konzessionsgebieten  in  Französisch-Kongo  aus- 
zuführen hat.  Die  Mess.  Fluv.  ist  jedoch  nur  verpflichtet,  den  Schiff- 
fahrtsdienst auf  dem  Kongo ,  Ubangi  und  Sanga  zu  unterhalten.  Die 
vorliegende  Verpflichtung  bezieht  sich  auf  die  Fahrten  flußauf-  und 
-abwärts. 

Artikel  2. 

Diese  Verpflichtung  der  Mess.  Fluv.  wird  von  der  Cie.  Fran^.  du 
Congo  unter  der  Bedingung  angenommen,  daß  sie  durch  dieses  über- 
einkommen endgültig  gegenüber  der  Kolonial-Verwaltung  von  allen 
Verpflichtungen  entlastet  wird,  die  sich  auf  die  im  Dekrete  und  im  Lasten- 
hefte angegebene  Dampfschiffahrt  auf  dem  Ubangi  und  Sanga  und  auf 
allen  anderen,  Dampfschiffen  zugänglichen  Stellen  des  Konzessionsge- 
bietes beziehen. 

Die  Cie.  Franc;,  du  Congo  bleibt  aber  gegenüber  der  \'erwaltung 
während  zweier  Jahre  zusammen  mit  der  Mess.  Fluv.  für  ihre  Schiff- 
fahrtsverpflichtungen haftbar;  die  letztere  verpflichtet  sich  aber,  diese 
Verpfhchtung  sicherzustellen. 


')   Inzwischen  erhöht  auf  3  Millionen    Franken. 

")  Ob  die  mit  den  anderen  Konzcssionsgescllschaftcn  abgeschlossenen  Ver- 
träge mit  dem  obigen  Vertrage  gleiclilauten,  konnte  bisher  no.  h  m.lit  frstpcstcllt 
werden. 


—     304     — 

Artikel  3. 

Die  vorliegenden  Vereinbarungen  treten  erst  in  Wirksamkeit, 
wenn  sie  von  der  Verwaltung  angenommen  werden  und  die  Cie.  Frang. 
du  Congo  von  den  in  Art.  18  genannten  Verpflichtungen  entlastet  wird. 
Wird  das  Übereinkommen  von  dem  Ministerium  nicht  innerhalb  eines 
Jahres  angenommen,  so  kann  die  Cie.  Fran9.  du  Congo  von  diesen  Ver- 
einbarungen bei  Ablauf  dieser  Frist  einseitig  zurücktreten. 

Artikel  4. 

Die  Cie.  Fran?.  du  Congo  gibt  dagegen  der  Mess.  Fluv.  für  die  Dauer 
des  vorliegenden  Vertrages  das  Monopol  für  alle  ihre  Transporte  und 
Schiffscharterungen  vom  Stanley-Pool  bis  zu  ihrem  Konzessionsgebiete 
(hin  und  zurück). 

Die  Cie.  Frang.  du  Congo  kann  aber  jederzeit  kranke  oder  zurück- 
gerufene Angestellte  mittels  anderer  Beförderungsmittel  zurückbringen. 
Das  gleiche  gilt  für  den  Hin-  und  Rücktransport  jedes  Inspektors. 

Artikel  5. 

Von  dem  Abschlüsse  dieses  Übereinkommens  an  werden  die  Sätze 
für  die  genannten  Transporte  nach  dem  diesem  Übereinkommen  ange- 
fügten Tarife  festgesetzt.  Die  Preise  können  während  der  ersten  3  Jahre 
nicht  erhöht  werden.  Später  können  sie  nur  dann  erhöht  werden, 
wenn  die  Mess.  Fluv.  nachweist,  daß  der  Dividendenschein  für  das  letzte 
Geschäftsjahr  mit  weniger  als  30  Franken  bezahlt  worden  ist.  Der  Cie. 
Frang.  du  Congo  erwächst  daraus  aber  nicht  das  Recht,  die  Aufstellung 
der  Jahresrechnung  zu  prüfen. 

Artikel  6. 

Die  Mess.  Fluv.  verpflichtet  sich  auf  jeden  Fall,  die  Hin-  und  Rück- 
transporte zu  den  niedrigsten  Sätzen  auszuführen,  die  sie  irgendeinem 
anderen  mit  Ausnahme  vom  französischen  Staate  imd  der  Kolonie 
gewährt.  Die  Cie.  Fran?.  du  Congo  muß  immer  als  die  Meistbegünstigte 
behandelt  werden. 

Artikel  7. 

Das  oben  verliehene  ausschließhche  Beförderungsrecht  hört  auf, 
wenn  die  Mess.  Fluv.  emen  Transport  der  Cie.  Frang.  du  Congo  innerhalb 
2  Monate  von  dem  Tage  des  Auftrages  an  nicht  ausführen  konnte.  Die 
Fahrtdauer  ist  in  dieser  Frist  nicht  mit  eingerechnet.  Ist  diese  Frist 
und  nach  schriftlicher  Inverzugsetzung  eine  weitere  Frist  von  8  Tagen  ab- 


—     305     — 

gelaufen,  so  kann  die  Cie.  Fran<;.  du  Congo  den  betreffenden  Transport 
beliebig  ausführen  lassen.  Die  Frist  vun  8  Tagen  läuft  von  dem  Tage  an, 
an  dem  die  Inverzugsetzung  schriftlich  am  Sitze  der  Mess.  Fluv.  einge- 
troffen ist. 

Artikel  8. 

Das  gleiche  gilt,  wenn  die  Konkurrenz  der  Cie.  Franc;,  du  Congo 
um  15%  niedrigere  Sätze  anbietet,  als  die  Mess.  Fluv.  Wenn  in  diesem 
Falle  die  Mess.  Fluv.  nach  Inverzugsetzung  und  .\blauf  der  achttägigen 
Frist  (wie  in  Art.  7)  ihre  Sätze  nicht  so  weit  herabgesetzt  hat.  daß  sie 
nicht  mehr  als  15%  über  denen  der  Konkurrenz  stehen,  kann  die  Cie. 
Fran^.  du  Congo  den  betreffenden  Transport  nach  Belieben  ausführen 
lassen. 

Die  Cie.  Fran?.  du  Congo  muß  in  diesem  Falle  der  Mess.  Fluv.  das 
ihr  gemachte  Anerbieten  schriftlich  vorlegen.  Die  unten  angegebene 
Auflösung  dieses  Vertrages  ist  aber  nur  dann  zulässig,  wenn  die  Mess. 
Fluv.  nach  dem  Inhalte  des  Anerbietens  imstande  ist,  das  Anerbieten 
selbst  auszuführen. 

Diese  Bestimmung  kann  erst  3  Jahre,  nachdem  der  vorhegende 
Vertrag  endgültig  geworden  ist,  geltend  gemacht  werden. 

Artikel  9. 

Der  vorhegende  Vertrag  beginnt  von  dem  Tage  an  zu  laufen,  wo 
er  endgültig  geworden  ist,  nämlich  an  dem  Tage,  an  dem  er  von  dem 
Kolonialminister  gemäß  Art.  2  genehmigt  worden  ist.  Der  Vertrag 
läuft  bei  Ablauf  der  Konzession  der  Cie.  Fran?.  du  Congo  ab. 

Artikel  10. 

Die  Cie.  Franc;,  du  Congo  kann  den  vorhegenden  Vertrag  voll  und 
ganz  und  ohne  weitere  rechtliche  Förmlichkeiten  auflösen,  wenn  sie 
dreimal  innerhalb  von  2  Jahren  in  die  Notwendigkeit  versetzt  worden  ist, 
von  den  Bestimmungen  der  Art.  7  oder  8  Gebrauch  zu  machen.  Die  In- 
verzugsetzungen  müssen  innerhalb  einer  Zeit  von  3  Monaten  stattgefunden 
haben,  wenn  sie  die  Wirkung  der  Vertragsauflösung  haben  sollen. 

Artikel  11. 

Die  Cie.  Fran^.  du  Congo  kann  den  Vertrag  auch  dann  auflösen, 
wenn  ihr  Vertreter  nicht  mehr  unter  die  Mitglieder  des  Ver\valtungsrats 
der  Mess.  Fluv.  aufqendmnien  wird. 


Veröffentl.  d.  Reicb^kolonialamtes  Nr.  4  :  Rittrr 


ao 


—     3o6     — 

Artikel  12. 
Wenn  die  Cie.  Fran?.  du  Congo  von  einer  der  obigen  Auflösungs- 
bestimmungen Gebrauch  macht,  bleibt  sie  gleichwohl  gegenüber  dem 
Staate  von  ihren  Schiffahrtsverpflichtungen  durch  die  Mess.  Fluv.  ent- 
lastet. Sie  hat  aber  für  den  Rest  der  Vertragszeit  für  diesen  Dienst  fol- 
gende Sätze  zu  zahlen: 

Während    der    noch    bleibenden    Restzeit    des   ersten    10  jährigen 
Zeitraums 

für  ein  großes  Schiff  pro  Jahr 5000  Franken 

„     „    kleines       „        „       „       2500 

während  des  zweiten  Zeitabschnittes  von  10  Jahren 

für  ein  großes  Schiff  pro  Jahr 2500 

„     „    kleines       „        „       „      1250 

während  des  Restes  der  Konzessionsdauer 

für  ein  großes  Schiff  pro  Jahr 1250        „ 

kleines       ,,        „       ,,       625         ,, 


>>      >> 


Artikel  13. 

Die  Mess.  Fluv.  darf  sich  niemals  unter  irgendeinem  Rechtstitel 
auf  dem  Konzessionsgebiete  oder  einem  Reservate  innerhalb  des  Kon- 
zessionsgebietes niederlassen,  außer  in  Bangi  oder  Wesso.  Sie  darf  niemals 
außer  im  Einvernehmen  mit  der  Cie,  Frang.  du  Congo  in  den  genannten 
Gebieten  irgendwelche  Geschäfte  machen,  soweit  diese  nicht  für  die 
Versorgung  von  Lebensmittel  und  Heizmaterial  notwendig  sind.  Sie 
darf  keine  Schwarzen  ausführen. 

Die  Mess.  Fluv.  du  Congo  verpfhchtet  sich  ausdrücklich,  keinen  Ge- 
brauch von  dem  in  Art.  2  des  ersten  Titels  des  Lastenheftes  für  Dritte 
gemachten  Vorbehalte  zu  machen. 

Sie  verpfhchtet  sich  ebenso  bezüghch  der  Cie.  Fran?.  du  Congo 
keinen  Gebrauch  davon  zu  machen,  was  Abs.  2  Art.  3^)  ihrer  Satzungen 
bestimmt. 

Artikel  14. 
Bei  Streitigkeiten  über  die  Ausführung  des  vorliegenden  Vertrages 
sollen  die  Gerichte  des  Departement  de  la  Seine  ausschheßhch  zustän- 
dig sein. 

Paris,  den  9.  August  1900. 


1)  In  den  Satzungen  von  1907  der  Mess.  Fluv.  hat  der  Art.  3  nur  einen  einzigen 
Absatz.     Es  soll  vermutlich  Art.  2  Abs.  3  heißen. 


—     307     — 

Tarif 
der  Socit^tö  des  Messageries  Flu\iales  du  G5ngo. 
Anwendbar  für  die  Compagnie  Frant^aise  du  Congo  zwischen  Stanley- 
Pool  und  Litanga  und  zurück.    Für  weiter  entfernte  oder  nähere  Platze 
erfahren  die  Sätze  dieses  Tarifs  einen  entsprechenden  Auf-  oder  AIjschlag. 

Güter  1000  kg 

Flußaufwärts      315  Franken 

Flußabwärts:  Elfenbein 315 

Kautschuk 240        ,, 

Reisende. 

Weiße:   Flußaufwärts      145  Franken 

Flußabwärts iio         ,, 

Schwarze:  Flußaufwärts 60 

Flußabwärts 45 

Zusatz : 

Waren,  wie  Pulver,  Petroleum,  Säuren,  erfahren  einen  Aufschlag 
von  50%. 

Sendungen  von  mehr  als  300  kg  werden  nach  vorher  vereinbarten 
Sätzen  befördert.  Sendungen  von  mehr  als  140  kg  zahlen  einen  Aufschlag 
von  25%  auf  den  Tarif. 

Sendungen,  deren  Dichtigkeit  unter  0,7  ist,  zahlen  nach  dem  Gewehte, 
daß  die  Multiphkation  ihres  Umfanges  mit  0,7  ergibt. 

Sanga-Linie. 
Güter:  Flußauf-  und  -abwärts.     In  Franken. 


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schlossen. 


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Weiße  Reisende:  Flußabwärts.     In  Franken. 


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Bei  den  Preisen  ist  Beköstigung  und  100  kg  Freigepäck  mit  einge- 
schlossen. 


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Sanga-Linie. 
Hingeborene  Reisende:  Flußaufwärts.     In  Franken. 


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Eingeborene  Reisende:  Flußabwärts.     In  Franken. 


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Bei  diesen  Preisen  ist  Beköstigung  nicht  mit  eingerechnet.  Jeder 
Reisende  hat  Anspruch  auf  freie  Beförderung  von  20  kg  Gepäck. 

Für  die  Beförderung  von  Eingeborenen  von  einem  nicht  angegclx*nen 
Punkte  nach  einem  benachbarten  besteht  der  Einheitssatz  von  5  Franken. 


Abkürzungen. 

Afr.  fran?.    =  L'Afrique  Fran9aise. 

Cie.   =  Compagnie. 

decr.    =  Dekret. 

Journ.  Off.   =   Journal  Officiel  de  la  Republique  Fran9aise. 

L.  H.    =  Lastenheft. 

Mouv.  geogr.    =  La  Mouvement  Geographique. 

Ste.    =   Societe. 

Die  übrigen,  abgekürzten  Literaturangaben  beziehen  sich  auf  die  den 
einzekien  Abschnitten  vorgedruckte  Literatur,  wo  die  vollständigen  Titel  ange- 
geben sind. 


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HC  Ritter,   Karl 

557  Neu-Kamerun 

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