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Full text of "Neuphilologische Mitteilungen"

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NEUPHILOLOGISCHE 


n  L 


MITTEILUNGEN 

ZEHXTl-R  JAHRGANG 


1908 


-55- 


527200^ 


HELSINGFORS 

AKTIEBOLAGET  HANDELSTRYCKERIET 

1908 


f; 


Inhaltsverzeichnis. 

I.     Aufzätze. 

Seite 

Hirn,  Yrjö,  Note  sur  la  Ballade  des  dames  du  temps  jadis  .  .  103 
Laurila,    K.    S.,    Über    die    Stellung    der  Gesprächsübungen  beim  neu 

sprachlichen   Unterricht  in   unseren   Schulen 51 

Längfors,  A.,  Moy.  haut-all.  sambelieren  <  anc  fr.  cembeler  .  175 
Streng^    Walter  O..  Über  einige  Benennungen   des  Weink«  Hers  in  Frank 

reich I 

Söcterhjelin,     IV.,    Die   Langenscheidlschen   Hilfsmittel   für  den   modernen 

Sprachunterricht       ...           27 

— »      ,   Eine  tschechische   Version   der  Reise   ins   Sibj-Uenparadies.      .      .  72 

—  >  — .    Die  Teilung  der  modernsprachlichen   Professur 130 

-D  — ,   Les  nouvelles  francaises  du  Ms.  Vatic.  Reg.    1716 159 

Tallgren,     Oiva    Joh.,    Observations    sur  les  manuscrits   de  l'Astronomie 

d'Alphonse   X   le  Sage,   roi   de   Castille 110 

Walletisköld,    A.,    Le    sort    des   voyelles  posttoniques   finales  du   latin   en 

ancien   frangais 7 

Ziliuiats,    Emil,    La  legende  d'Europe  dans  les   litteratures  classiques   et 

dans  la  poesie  frangaise ....115 


II.     Besprechungen. 

Bohnhof,   Anna,   The  Junior  English  Reader  (A.  Mbg) 93 

Curtius,     Anna,    Der    französische   Aufsatz   im   deutschen   Schulunterricht 

(A.   Lhidforsj 39 

Dauzat,   Albert,  Essai   de   methodologie  linguistique   dans   le  domaine  des 

langues  et  des  patois  romans  (A.    Wallensköldj 88 

Diuioß\  Paul,  Qiuvres  completes  de  Andre  Chenier  Cy.  Poirotj  ,  .  .  13 j 
Horthng,     Ivar,     Studien    über    die    ö  Verba    im    Altsächsischen   CT.   E. 

Karsten) 37 

.Vyrop,    Kr,,    Grammaire    historique    de    la   langue   francaise,   t.   III   (A. 

Wallensköldj        192 

Plaget,  Arthur,  Le   Miroir  aux  dames   (W,   Söderhjelmj 134 


Seite 

Rosendahl,  Axel,  Chrestomathie  frangaise  (Ivar  Hortung J 147 

Rutz,    Ottmar,    Neue    Entdeckungen    von  der  menschlichen  Stimme   (J, 

Poirot) 190 

Schmidt,    H.,    und    Tissidre,    Jean,    Französische   Unterrichtssprache   (A. 

WalUnsköld) 194 

Streng,  Walter  O.,  Haus  und  Hof  im  Französischen  f  IV.  S'öderhjeliii)  .  32 
Studier  i  modern  spräkvetenskap,  Bd.  IV  (VV,  Söderhjehnj  .  .  .  .  136 
Vianey,  Joseph,  Les  sources  de  Leconte  de  Lisle  CJ  Poirot j  .  .  .  .  189 
IVefidel,   Hugo,  Die  Entwicklung  der  Nachtonvokale  aus  dem  Lateinischen 

ins  Altprovenzalische   (A.    Wallen sköld) 184 

Ohqnist,  Johannes,  Tysk  övningsbok,  Saksankielen  Harjoituskirja,  Skriv- 
prov  för  Studentexamen  i  Tyska,  Saksankielen  Kirjoituskokeet 
Ylioppilastutkintoa  varten,  Tysk  Elementarbok,  Saksankielen  Al- 
keiskirja   (^ISI .    W — sj 91 


III.     Nachrichten  über  die  Tätigkeit  des  Neuphilologischen 
Vereins. 

Die  Neuphilologenversammlung   11. — 13.  Jan.    1909 157 

Protokolle  des   Neuphilologischen   Vereins  (Dez.    1907) 44 

—  ?> —  (Jan.      März    1908) .        94 

—  > —  (April  1908) .   .  149 

— » —  (Sept.  —  7.  Nov.  1908) 195 

Verzeichnis  der  Mitglieder 202 


IV.     Eingesandte  Litteratur  .  48,  100,  153,  203 

Schriftenaustausch 48,    lOi,    154,   204 


V.     Mitteilungen  ...     49,  loi,  155,  204 


NeupHiioidgische 

•  •  MITTEIUJNQEN 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 

:   Acht  Nummern   jährlich.     Preis:  4   Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 

-.  4:  30  durch    die    Post    und  5    Fmk.  durch  die  Buchhandlungen,  j 

UT*    T/2        Zahlende  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich,  j       IQAS 
—  Abonnementsbetrag,   Beiträge,    sowie  Bücher  zur  Besprechung  » 

bittet    man  an  die  Redaktion   (Adr.   Prof.    A.    Wallensköld,  h 

I  Vestra  Hamngatan  5;^  zu  senden.  |' 


Über  einige  Benennungen  des  Weinkellers 
in  Frankreich. 

Das  römische  Wohnhaus,  worin  Raum  genug  war  für 
das  Unterbringen  aller  nötigen  Lebensbedürfnisse  unter  dem- 
selben Dache,  hatte  seine  besondere  Vorratskammer  i,  c  e  1 1  a 
promptuaria,  nicht  nur  für  Wein  (c.  v  i  n  a  r  i  a),  sondern 
auch  für  Öl  (c.  o  1  e  a  r  i  a),  Holz  (c.  1  i  g  n  a  r  i  a).  Fleisch 
(c  a  r  n  a  r  i  u  m),  Korn  (g  r  a  n  a  r  i  u  m),  u.  s.  w.  Später 
sind  wohl  infolge  der  Einengung  des  Raumes  u,nd  der 
verbesserten  Handels-  und  Verkehrsverhältnisse  teils  diese 
verschiedenartigen  Vorratskammern  unnötig  geworden  (so  c  a  r- 
n  a  r  i  u  m),  teils  hat  man  die  notwendigsten  dieser  Lebens- 
mittel in  selbständigen  Wirtschaftsgebäuden  untergebracht,  so 
das  Korn  in  Scheunen,  das  Holz  in  Schuppen,  u.  s.  w.,  teils 
aber  werden  besondere  Räume  entweder  unmittelbar  unter 
dem  Dache  angebracht  (vgl.  lt.  g  r  a  n  a  r  i  u  m  >  frz.  grenier 


'  Für  die  Vorratskammer  im  Allgem.  wurde  ausser  dem  obener- 
wähnten cella  (promptuaria,  penaria)  noch  cellarium,  proma, 
apotheca  und  thesaurus  verwendet,  bei  Du  Gange  (DC.=Glossarium 
mediae  et  infimae  latinitatis)  daneben  foreria  ?  «cella  penaria»,  m  a  g  a- 
senum  und  o  f  f  i  c  i  n  a  e,  «in  quibus  asservantur,  quae  ad  victum  aut  alios 
usus  monachorum  spectant.  Gtierardo  officina  est  cella  promptuaria 
peculiaris,  ubi  res  cibariae  unius  et  eiusdem  generis  separatim  ab  aliis  conser- 
vantur.  j> 


2  IValter  O.  Streng, 

und  lt.  fumarium)  oder  unter  der  Wohnung  eingerichtet, 
wie  der  Keller  für  den  Wein.  Dieser  letzte  Begriff  ;; Wein- 
keller >,  der  von  so  ausserordentlich  grosser  Bedeutung  für  das 
landwirtschaftliche  Leben  in  Frankreich  sein  dürfte,  hat  von 
alters  her  dem  schöpferischen  Volksgeiste  eine  ganze  Menge 
Neubezeichnungen  entlockt.  Ohne  Ansprüche  auf  Vollständig- 
keit bei  der  Besprechung  der  für  diesen  Begriff  in  Betracht 
kommenden  Benennungen  zu  erheben,  werde  ich  im  Folgen- 
den zuerst  die  lateinischen  Benennungen  ins  Auge  fassen, 
um  dann  bei  den  auf  gallischem  Boden  anzutreffenden  er- 
schliessen  zu  können,  was  von  ihnen  als  Erbgut,  was  wiederum 
als  Neugeschaffenes  erscheint. 

Gewöhnlich  benannte  man,  wie  schon  oben  angedeutet, 
den  Weinkeller  im  kl.  Lat.  mit  cella  vinaria';  eine 
Vorratskammer  für  spez.  alten  Wein  hiess  veterarium. 
Neben  diesen,  die  als  Bezeichnungen  eines  Weinkellers  für 
das  Galioromanische  verloren  gegangen  sind,  müssen  aber 
einige  Bedeutungsspezialisierungen  bei  den  klassischlat.  Be- 
nennungen einer  Vorratskammer  vorausgesetzt  werden.  Sowie 
apotheca,  die  Benennung  einer  Vorratskammer  im  Allge- 
meinen, auch  speziell  für  «Weinlager  im  obern  Teile  des  Hauses» 
angewendet  wurde,  so  muss  auch  c  e  1  1  a  r  i  u  m  höchst  wahr- 
scheinlich schon  sehr  früh  für  den  spezielleren  Begrift'  «Wein- 
keller» verwendet  worden  sein  (vgl.  c  e  1  a  r  i  u  m  pro  c  e  1  - 
larium  «cella  vinaria»  DC).  C  e  1 1  a  r  i  u  ui  lebt,  wie  be- 
kannt, im  schriftfrz.  cellier  weiter  fort  (vgl.  ahd.  chelläri,  nhd. 
Keller,  engl,  cellar,  schwed.  källare,  finn.  kellari)  und  ist 
auch  mundartl.  nicht  unbelegt,  so  wall,  cell  (Remacle  •^), 
chlier  (Sigard^);  lothr,  s^ley  }  m.  «cave»  (Lahm*);  frz. 
Schweiz  seil,  (de  Lavallaz  ^) ;  lang,  ce'ie  }  (D'Hombres-Charvet  ®), 


*  Mit  cella  vinaria  wurde  eigentl.  die  Gährkammer  für  den 
Wein  benannt,  aus  welcher  er  dann  in  die  apotheca  —  s.  dies  W. 
oben  —  gebracht  wurde. 

-  Dictionnaire  wallon   et  frangais.      II.   ed. 

*  Dictionnaire  du   wallon   de   Mons  etc.      Paris    1870. 

*  Le  patois  de  la  Baroche. 

^  Essai   sur  le  patois  d'Heremence.     Paris   1899. 

®  Dictionnaire  languedocien-frangais.      Alais    1884. 


über  einige  Benennungen  des    Weinkellers  in  Frankreich.  3 

cclie  (Vayssier  ').  Altbearn.  cerer  («Quant  troberan  vin  macu- 
lat  en  los  cerers^->  Arch.  des  Basses-Pyrenees  bei  Lespy-Raym.  2) 
setzt  vielleicht  ein  *  c  e  1  e  r  i  u  m  voraus. 

Ausser  den  obenerwähnten  lat.  Benennungen,  die  in  der 
klassischen  Latinität  vorkamen,  belegt  DC.  noch  folgende 
vulgärsprachliche  Wörter:  bova  «cella  vinaria,  Gall.  cave» 
(Addim.  Carp.),  r  o  c  a  «cella  in  rupe  excisa,  nostris  röche, 
pro  cella  vinaria,  vulgo  cave»,  cava  «cella  depressa,  in  qua 
vinum  oleumve  reconditur,  Gall.  cave»,  cavea,  canaba 
«cella  vinaria»,  alcha  «pars  aedis,  in  qua  sunt  cupae» 
(Addim.  Carp.),  bersa  «cella  vinaria,  Gall.  cellier»,  c  1  u- 
zellum,  cuba  «cella  vinaria,  locus,  ubi  cupae  servantur», 
taberna^  und  vossura  «cella  vinaria,  Gall.  cave».  Nur 
die  vier  ersten  dieser  vulgären  Benennungen  treten  im  Gallo- 
romanischen  für  unseren  Begriff  später  auf. 

1.  Ein  bova  liegt  dem  afrz.  bove  («Comme  Robert 
Fuscien  eust  d'aventure  trouve  une  bove  ou  cave  ouverte» 
von  Sigard  bei  DC.  zitiert)  «grotte,  caverne,  cave»  (Gdfr.  *) 
zugrunde.  Nach  G.  kommt  das  Wort  noch  in  den  \'olks- 
mundarten  von  Arras  und  Cambrai  vor,  wo  es  «arriere-cave 
dans  laquelle  on  tient  le  vin  sous  clef»  bedeutet  («Une  des 
choses  remarquables  dans  la  ville  d'Arras,  ce  sont  ces  caves 
profondes  nommees  boves,  en  latin  hypogecs.  Ce  sont  des 
lieux  Souterrains,  assez  vastes,  sans  soupirail,  la  plupart  voütes 
sans  magonnerie,  mais  soutenus  par  des  pilliers  de  pierre : 
on  y  encave  du  vin,  etc.»).  Von  Sigard  ist  das  W.  in 
dieser  Bed.   etwas  nordöstlicher,  in  Mons,   belegt. 

2.  r  o  c  a  lebt  im  afrz.  röche,  roiche  fort,  welches 
Gdfr.  mit  «maison»,  aber  daneben  mit  «cave»  erklärt:  «en  la 
röche  de  couvent  .VIII.  tonneaux  d'angomoys»  (vgl.  Gdfr. 
und  Folgendes  bei  DC. :  «Icellui  Jehan  avoit  trouve  ladite 
exposant  en  sa  roiche  ou  cave»   Lit.   remiss.  ann.    1393). 


'     Dict.  patois-frangais  du  departement  de  l'Aveyron.      1879. 

Dict.  bearnais  ancien  et  moderne.     Montpellier   1887. 
•'     Ein  tabernäl  kommt  bei  Vayssier  (Languedoc)   in   der  Bed.   «espece 
de  cave,  de  rez-de-chaussee,  oü  Ion  serre  toute  sorte  de  choses»   vor. 
■*      Dict.   de   l'ancienne   langue  fran^aise   etc.   (Godefroy). 


4  IValter  O.   Streftg, 

3.  Das  vulgärsprachl.  cava  hat  bekanntlich,  zwar  nur 
lehnwörtUch,  die  schriftsprachHche  Form  cave  ergeben;  mund- 
artlich findet  sich  das  W.  wohl  über  ganz  Frankreich  belegt. 

4.  Auf  ein  *c  a  v  e  u  m  (pro  c  a  v  e  a)  könnte  vielleicht 
das  besonders  im  Gase,  übliche  chay  «bätiment,  partie  du 
bätiment  au  ras  du  sol,  oü  on  löge  le  vin,  l'eau-de-vie» 
(Lespy-Raym.)  zurückgeführt  werden.  "  Es  wird  in  derselben 
Form  auch  von  Durrieux  ^  und  Duplan  ^  belegt  und  kommt 
fast  ähnlich  geschrieben  ausserdem  in  Saintonge  u.  Poitou 
vor,  so  chai  «cellier  ä  vin,  ä  eau-de-vie»  bei  Eveille  ^,  Jönain '^j 
Rousseau  ^  (vgl.  hiermit  das  schriftsprachl.  chai  «vaste  cellier 
pour  les  vins,  les  eaux-de-vie»  bei  HDT.  ®).  Nur  die  Schrei- 
bung chai  (Moncaut ''),  ckais  (Favre  ^)  scheinen  einem  Etymon 
*c  a  V  e  u  m  zu  widersprechen.  Eine  Form  chaiz  findet  sich 
bei  Eveille  zitiert,  hier  aber  in  der  Bed.  eines  Speichers  ? 
im  Allgem. :  «Les  marchands  —  —  —  payeront  les  louages 
de  ces  maisons,  chaiz  ou  ouvrouers  (})  esqueKs  mettront  et 
tiendront  leurs  marchandises»  (Coustumier  general  de  France, 
T  I,  S.  707).  Ob  das  von  Mstrl.  ^  diesem  chai  zugrunde 
gelegte  «b.  lat.  c  h  a  y  u  m»  andrerseits  von  einem  lat.  c  a  d  u  s 
«Krug»  abzuleiten  ist,  scheint  ebenso  problematisch,  wenn- 
gleich es  begrifflich  auf  der  Hand  läge  (vgl.  unten  cubie, 
gerlie,  u.  a.). 

Neben  den  obenerwähnten  Benennungen  eines  Wein- 
kellers, die  zum  Teil  diesen  Begriff  schon  im  Lat.  bezeichnet 
haben,  von  denen  aber,  wie  aus  dem  Obigen  ersichtlich 
ist,  nur  ein  geringer  Teil  im  Galloromanischen  fortlebt, 
tauchen  hie  und  da  Bezeichnungen  auf,  die  wahrscheinlich 
erst    später    für    diese  neue  Verwendung  Aufnahme  gefunden 


Dict.   etymologique  de   la  langue  gasconne.      1901. 

Patois  de  Bigorre. 

Glossaire  saintongeais.      1887. 

Dict,  du  patois  saintongeais.      1869. 

Glossaire  poitevin,      1869. 

Dict.  general  (Hatzfeld-Darmesteter-Thomas). 

Dict.  gascon-frangais.      1863. 

Glossaire  du  Poitou,  de  la   Saintonge  et  de  l'Aunis.      1S67. 

Lou  tresor  dou  Felibrige  (Mistral). 


über  einige  Benennungen  des    Weinkellers  in  Frankreich.  5 

haben  und  die  vom  Volke  mit  den  ihm  zu  Gebote  stehenden 
Mitteln  neugeschaffen  worden  sind. 

Eine  in  den  provenzalischen  Mundarten  gelegentlich 
vorkommende  Bildungsweise  von  neuen  Benennungen  eines 
Weinkellers  scheint  die  Hinzufügung  des  für  die  Bezeichnung 
der  Räume  so  gewöhnlichen  Suffixes  -  a  r  i  u  m  ( -  a  1  e)  zu 
einem  Worte,  das  etwa  «Krug»,  «Kufe»  oder  ein  tragbares 
Gefäss  überhaupt  bedeutet,  gewesen  zu  sein.  So  muss  man 
sich  nämlich  zweifelsohne  die  Entstehung  solcher  Benennungen 
denken  wie  lim.  aibii:,  lang,  cubic,  gase.  cubH  (lat.  c  u  p  a  -j- 
Sufif.  -  a  r  i  u  m),  die  mit  «Heu  oü  sont  les  cuves,  cellier> 
(Mstrl.)  erklärt  werden  (vgl.  afrz.  lehnw.  cubarie:  «Lequel 
Choucial  s'enfouy  en  la  cubarie  dudit  hostel»  Gdfr.,  und  nfrz 
aiverie  -<endroit  du  cellier  oü  se  trouvent  les  cuves»  HDT., 
welche  beide  Formen  das  Suff.  -  a  r  i  a,  resp.  -crie,  voraus- 
setzen), auvergn.  gerlie,  jarlie  (lt.  gerula  -j-  -ariumf) 
und  schliesslich  tinal  in  Gers  (Puitspelu  \  tmor,  tinard  :  ibd.). 
Tarn  und  den  benachbarten  Departements  (Gary  ^,  Couzinie  ^) 
in  der  Bed.  «cellier  pour  les  cuves»  (lat.  t  i  n  a  «Weinbutte» 
-f-  Suff.  -  a  1  e),  tineyriöl,  teneyriäl,  tinoyrouol  (t  i  n  a  -|~  -  a  r  i  a 
-j-  -a  1  e)  «cellier  ou  cave  oü  sont  les  cuves  vinaires»  (Vayssier), 
tinailli  (ausgespr.  tinalki),  tenailler  (Suff,  -alia  -{-  -arium). 
Über  die  Entstehung  der  zwei  letzten  Benennungen  vgl. 
Folgendes:  «II  est  probable  que  les  grandes  cuves  se  sont 
appelees  tinailles  (comp,  fulaüles),  et  que  c'est  sur  ce  mot 
qu'a  ete  fait  tinailli.  Quant  ä  la  forme  tenailler,  eile  est  due 
ä  l'infl.  de  fr.  tenailles,  lorsque  l'on  n'a  plus  su  ce  que  c'etait 
qu'une  tinaille-»   (Puitspelu). 

Eine  «Grotte»  nennt  man  den  Keller  gelegentlich  in 
Savoyen,  so  crota  in  Montagny  (Const.-Desorm.  *),  in  Provence 
croto  (Avril  ^,  Mstrl.),  und  in  Lang,  croto,  croutou  (D'Hombres- 
Charv. ;   Suff.  -  o  n  e  m). 

'      Dictionnaire   etymologique  du  patois  lyonnais.      1887 — 1890. 
-      Dict.    patois-fr.    ä    l'usage    du   departement   du   Tarn   et  des  departe- 
ments  circonvoisins.      1845. 

'     Dict.  de  la  langue  romano-castraise  et  des  contrees  limitrophes.       1850. 
*     Dict    savoyard.      1902. 
■'     Dict.  provengalfr.      1839. 


6  IValter  O.   Stteng^    Über  eifiige  Benennungen  des   Weinkellers  etc. 

Die  P^igenschaft  des  Kellers,  dass  er  im  Sommer  frisch 
ist  und  deshalb  zum  Sommeraufenthalt  geeignet,  hat  die  Be- 
nennung estivo,  estibo  in  Lang,  und  Gase.  (MstrI.)  hervorge- 
rufen (lt.  a  e  s  t  i  V  a). 

Benennungen  wie  debäs,  enbäs,  endebds,  die  ich  bei 
Vayssier  (Languedoc)  für  «cave»  belegt  habe,  sowie  basse- 
goutte  «petit  cellier  ä  l'arriere  de  quelques  habitations»  (Jossier 
Pere,  Patois  de  l'Yonne)  und  veilloi  (Thibault  ^),  veilloir 
(Meniere  2)  werden  offensichtlich  in  der  erweiterten  Bed. 
«cave»  =  «espace  souterrain»  gebraucht  und  kommen  hier 
also  nicht  in  Betracht. 

Zuletzt  sei  hier  auf  eine  Benennung  kurz  hingewiesen, 
deren  Ursprung  dunkel  zu  sein  scheint.  Es  ist  dies  das  afrz. 
cetor :  «xA.  Johan  de  Vilar  et  a  ses  compagnion  por  treire  les 
.VI.  bosses  de  vin  fürs  dou  cetor,  por  chargier  et  deschargier 
et  misurar»  (1418,  Arch.  Frib.,  comptes  des  Tresoriers,  bei 
Gdfr.)  und  das  noch  in  Savoyen  belegte  entsprechende  s'etor 
ou  cetor ^  Taninges  (Const.-Desorm.).  Diese  ebenerwähnten 
zwei  Wörter  werden  von  CD.  mit  zwei  anderen  savoyischen 
Wörtern  sertb,  sartb  (Chambery)  mx^A  fartb  (Annecy)  zusammen- 
gestellt und  stimmen  völlig  mit  den  von  Bridel  ■*  in  Montreux 
in  der  frz.  Schweiz  für  «cellier»  gebuchten  fairtho,  certho 
überein.  Const.-Desorm.  scheint  für  die  obenerwähnten  Formen 
ein  lat.  Etymon  suturnus  (?)  annehmen  zu  wollen  (vgl. 
bei  ihm  folgende  Zitate:  «pro  duabus  fenestris  suturni» 
aus  «Extraits  des  comptes  de  la  chatellenie  d'Annecy»  in 
Rev.  Sav.  1900,  S.  303,  und  «Suturnus  ou  souturnus, 
en  patois  cetour,  sertb  ou  fartb ;  piece  situee  au  rez-de-chaussee 
servant  generalement  de  cellier»  Partage  d'une  maison  situee 
ä  Abondance,  contenant  la  mentione  d'un  cetour,  soit  cave, 
165 1,  19  mars).  Doch  vorausgesetzt,  ein  fairtho,  farto  könnte 
irgendwie  auf  ein  lat.  suturnus  zurückgeführt  werden, 
so  bleibt  doch  noch  dieses  lat.   Wort  zu  erklären. 

Walter  0.  Streu  o^. 


Glossaire  du  pays  blaisois.      1892. 

Gloss.  angevin  etymologique,      1880. 

Gloss,  du  pat.  de  la  Suisse  romande.      i866. 


Le  sort  des  voyelles  posttoniques  finales  du  latin 
en  ancien  franpais 

Dans  un  article  public  l'annee  passee  dans  les  Melanges 
Chabaneau  (Erlangen,  Fr.  Junge),  pp.  105  — 117,  M.  Jules 
Cornu,  le  savant  professeur  de  philologie  romane  ä  l'Univer- 
site  de  Graz,  a  esquisse  une  nouvelle  theorie  de  la  «chute  de 
la  voyelle  finale»  en  frangais.  Par  cette  theorie  M.  Cornu 
croit  pouvoir  expliquer  certaines  irregularites  apparentes  dans 
le  developpement  des  voyelles  posttoniques  finales  en  ancien 
frangais.  Le  raisonnement  de  M.  Cornu  ne  m'ayant  pas  con- 
vaincu,  je  me  permets  d'aborder  ä  nouveau  cette  question  si 
interessante,  qui  ne  me  semble  pas,  dans  tous  ses  details, 
avoir  ete  encore  düment  examinee.  Le  but  de  ces  pages  sera 
de  demontrer  que  les  cas  cites  par  M.  Cornu  a  l'appui  de 
sa  theorie  se  laissent  expliquer  autrement,  k  l'aide  de  sup- 
positions  qui  n'impliquent  pas,  comnie  le  fait  ä  un  certain 
degre  la  theorie  de  M.  Cornu,  une  derogation  ä  la  conception 
regue  de  l'activite  des   «lois  phonetiques». 

Voici  d'abord  un  bref  expose  des  regles  phonetiques  en 
cours  sur  le  developpement  des  voyelles  posttoniques  finales 
du  latin  en  ancien  frangais:^) 

1:0  A  s'affaiblit  en  e  feminin  et  reste  tel  au  moins 
durant  la  premiere  periode  de  l'ancien  frangais  (dura  >• 
dure,  d  u  r  a  s  >   dures). 

2:0  Les  autres  voyelles  s'amuissent  dejä  avant  l'appari- 
tion  des  premiers  monuments  litteraires  (v  i  g  i  n  t  i  >  vint, 
V  e  n  i  t  >>  vient,  s  e  n  t  i  r  e  >>  sentir,  f  e  r  r  u  m  >»  fer,  m  u  - 
r  o  s  >>  murs),  sauf 

a)  si  la  voyelle  finale  (/  ou  i")  peut  former  diphtongue 
avec  la  voyelle  tonique  (c  u  i  >  ad,  c  a  n  t  a  (v)  i  >  chantai, 
p  o  t  u  i  >>  poi,  d  e  u  m  >  dieu,  c  1  a  v  u  m  ;>  cloti,  1  o  c  u  m  > 
Heu),  ou 


Cf.   p.   ex.    Kr.   Nyrop,    (ha/niii.  hist.,   I.   I'-',    §§   248—253. 


8  A.    U'alletisköld , 

b)  si  la  voyelle  finale,  sous  la  forme  d'un  e  feminin, 
subsiste  en  qualite  de  voyelle  d'appui  (p  a  t  r  e  m  >  pe[d)re, 
t  e  n  e  r  u  m  >>  tendrc,  vendunt>»  vendent,  computum  > 
cojite,  p  u  1  i  c  e  m  >  puce)  ^ 

Quant  aux  cas  qui  sont  en  contradiction  avec  ces  regles, 
on  ne  les  considere  que  corame  des  exceptions  apparentes: 
on  y  voit  soit  des  «mots  savants»  (f<r/^j/r  <;  c  ae  1  e  s  t  e  m), 
soit  des  «formations  analogiques»  (fem.  gründe  <C  g  r  a.  n- 
d  e  m -f- -<^)>  soit  enfin  des  «cas  isoles»,  plus  ou  moins  dififi- 
ciles  ä  expliquer,  mais  n'impliquant  en  aucune  fagon  une 
vcritable  derogation  aux  regles  precitees  [or  <;  h  a  (c) -h  or  a, 
somes  <C  s  u  m  u  s). 

Or,  M.  Cornu,  basant  sa  theorie  precisement  sur  l'exis- 
tence  de  ces  «cas  isoles»,  declare  qu"il  y  a  lieu  d'etablir 
comme  regle  fundamentale  pour  toutes  les  voyelles  finales  du 
latin  qu'elles  subsistent  en  ancien  frangais  sous  la  forme  d^un 
e  feminin,  non  seulement  en  qualite  de  voyelles  d'appui,  mais 
aussi  quand  elles  fönt  partie  d'un  mot  se  trouvant  «ä  la 
pause»,  tandis  qu'elles  tombent,  si  le  mot  en  question  est 
employe  proclitiquement,  «dans  le  corps  de  la  phrase».  D'apres 
cette    regle,    un    mot   comme  or  (<<  h  a  (c) -h  o  r  a)  ^    serait  la 


'    On   peut  diviser  ce  dernier  groupe   de   mots   en  deux   sous-groupes: 

i:o  Mots  dans  lesquels  la  voyelle  finale  est  precedee  ou  entouree  de 
consonnes  qui  necessitent  dans  tous  les  cas  une  voyelle  d'appui  p  a  t  r  e  m, 
t  e  n  e  r  u  m,   v  e  n  d  u  n  t). 

2:0  Mots  proparoxytons  dans  lesquels  la  voyelle  penultieme  est  entouree 
de  consonnes  qui  n'exigent  pas  de  voyelle  d'appui,  lorsque  ces  consonnes  se 
suivent  immediatement  dans  des  mots  paroxytons  (computum,  pulicem; 
cf.  r  e  d  e  m  p  tu  m  >  ;r^«/,  f  a  1  c  e  m  >yß/;).  Ce  traitement  different  s'ex 
plique  par  le  fait  que  dans  le  prämier  cas  la  voyelle  finale  portait  en  latin 
un  accent  secondaire  (cf.  P.  E.  Lindström,  Am/iärkningar  tili  de  obetonade  vo- 
kakrnas  bort/all  i  iiägra  nordfratiska  ortnavin,  Diss.  Upsal,  1892,  p.  34  s,; 
W.  P.  Shepard,  A  Contribution  io  tlic  History  of  the  Cfiaccented  J'o7vcls  iit 
Old  French,  Diss.  Heidelberg,    1897,  p.  45). 

^  M.  Cornu  (voy.  Rom.,  VII,  p.  358)  fait  venir  le  mot  or  de  ad- 
h  o  r  a  m,  mais  cette  etymologie  me  parait  fort  improbable,  parce  (|ue  dans 
l'expression  ad-horam  (/est  une  consonne  intervocalique  et  qu'un  d  inter- 
vocalique  ne  disparait  que  pendant  la  periode  frangaise.  Cf.  H.  .Suchier,  /.s.f. 
roiii.   Phil.,  III,  p.    149. 


Le  sort  des  voyelUs  posttoniques  finales  du  laiiu  en   ancien  ßamais.  9 

forme  protonique  normale  generalisee,  tandis  que  somes  (<;  su- 
m  u  s)  representerait  la  conservation  de  la  voyelle  finale  dans 
un  mot  employe  de  preference  ä  la  pause.  Mais  il  y  aurait 
une  difference  importante  ä  etablir  entre  le  developpement  des 
dififerentes  atones  finales  du  latin:  elles  ne  tombent  pas  simul- 
tanement  dans  des  conditions  phonetiques  identiques.  Selon 
M.  Cornu,  c'est  la  voyelle  e  qui  tombe  le  plus  facilement, 
viennent  ensuite  1  et  0  [u],  et  en  dernier  Heu  on  a  la  voyelle  a. 
A  la  pause,  cette  derniere  voyelle  ne  s'etait  pas  encore 
amuie  en  ancien  frangais,  tandis  que  Tamuissement  des  autres 
voyelles  s'etait  deja  successivement  accompli  vers  cette 
epoque,  excepte  dans  certains  cas,  non  precises  par  M.  Cornu, 
oü  les  consonnes  avoisinantes  auraient  retarde  la  chute 
de  la  voyelle  finale  ^ 

Ce  qui  me  parait  a  priori  parier  contre  cette  theorie 
du  developpement  des  voyelles  finales  du  latin  en  frangais, 
c'est  qu'elle  s'appuie  sur  un  nombre  tres  restreint  de  cas  pro- 
bants  En  ce  qui  concerne  la  chute  d'un  a  final  par  suite 
de  l'emploi  protonique  des  mots  respectifs,  M.  Cornu  ne  cite 
que  les  cas  suivants: 

Les  formes  de  l'article  feminin  des,  as,  es: 

icez,  cez  (ä  cote  de  icestes,  cestes)\ 

noz,  voz  (ä  cöte  de  nosires,  vostres)\ 


■  Je  dois  avouer  que  je  ne  comprends  pas  tres  bien  M.  Cornu  quand 
il  dit  (p.  H2):  «Les  consonnes  avoisinantes,  parfois  aussi  la  frcqtience  de  cer- 
iaines  expressions,  ont  dii  häter  ou  retarder  la  chute  de  la  finale  atone».  Si, 
par  les  mots  que  j'ai  impriines  en  italiques,  M,  Cornu  veut  dire  qu'une  ex- 
pression  qui,  employee  protoniquement,  perd  sa  voyelle  finale,  mais  la  garde 
en  Position  tonique,  a  ete  employee  protoniquement  si  frequemment  que  la 
forme  raccourcie  a  supplante  l'autre  ä  la  pause,  et  vice  versa,  son  raisonne- 
ment  est  certainement  correct.  Mais  si,  comme  je  le  soupgonne,  M.  Cornu 
est  d'avis  que  \c  fait  (ju'une  expression  est  tres  souvent  employee  peut  en 
luimeme  occasionner  la  chute  prematuree  de  la  voyelle  finale,  je  ne  saurais  par- 
lager  son  opinion,  car,  ainsi  que  j'ai  täche  de  le  demontrer  ailleurs  {Abha>td- 
hingen  Herrn  Prof.  Dr.  Adolf  Tobler  ....  dargebracht,  p.  301  ss.),  ce  n'esl 
pas  l'emploi  frequent  en  lui-meme,  mais  cet  emploi  frequent  combine  avec 
une  prononciation  particulierement  negligee,  causee  par  l'insignifiance  syn- 
taxique  et  semantique  du  mot,   qui   en   delermine  l'usure  extraordinaire. 


10  A.    IVallensköld, 

el,  eis  (ä  cote  de  ele,  eles)\ 

or,  encor,  lors  (a  cote  de  ore,  encore,  lores)\ 

buer,  mar  (a  cote  de  mare)\ 

onc,  ainc,  prov.  anc  (ä  cote  de  onques,  ainques); 

fors,  hors,  prov.  fors  (a  cote  de  prov.  fora,  foras)\ 

chies,  prov.  chas: 

puist  (ä  cote  de  pinsse)\ 

l'imparfait  ert,  iert  (a  cote  de  ere{t),  iere)\  ^ 

lait  [let],   3:e  pers.  sing,  du  pres.  de  l'ind.  du  verbe  laier : 

seit  [soit),  ait,  les  imparfaits  et  conditionnels  en  -eit  {-oii), 
les  imparfaits  normands  en  -out,  -ot  (a  cote  de  aiet  et  des 
imparfaits  et  conditionnels  en  -eiet).^ 

Meme  si  on  peut  allonger  cette  liste  de  quelques  exem- 
ples  isoles  ^,  eile  n'est  certes  pas  tres  imposante  aupres  de 
la  masse  enorme  de  formes  dont  l'atone  finale  -e,  provenant 
d'un  a  latin,  ne  s'est  jamais  amuie  en  ancien  frangais,  quoique 
les  mots  en  question  aient  du  etre  employes  souvent  en  posi- 
tion  protonique,  savoir:  les  substantifs  de  la  i:ere  declinaison 
latine  (y  compris  les  pluriels  neutres  du  type  f  o  1  i  a),  les  formes 
feminines  des  adjectifs  et  pronoms  [bone  —  bones,  cele  —  celes, 
etc.)  et  les  formes  verbales  en  -^  <;  -a,  -am,  -a  t  et  en 
■es  <  -  a  s  [atme,  vende,  ve?idcie,  amoue,  aimes,  vendes,  ven- 
deies,  amoues,  etc.),  avec  les  exceptions  enumerees  ci-dessus. 

Et  pour  le  cas  oü  une  autre  voyelle  finale  que  a  s'est 
conservee  sous  la  forme  d'un  e  feminin  en  ancien  frangais, 
le  nombre  des  exemples  apportes  ä  l'appui  de  cette  conser- 
vation    est    encore    moindre    que    celui    des  exemples  cites  a 


'  Estce  i|ue  jamais  il  y  a  eu,  a  la  2:e  pers.  du  sing.,  une  forme  a- 
bregee  iers  (ers),  ä  cote  de  ieres  {eres),  comme  le  semble  admettre  M.  Cornu  (p. 
lll)r  MM.  Bonnard  et  Salmon,  dans  leur  Graminaire  somniaire  de  fanden 
francais,  p.  47,  ne  mentionnent  pas  de  forme  abregee. 

*  M.  Cornu  cite  les  formes  longues  sostendreiet  dans  \ Etdalie,  aiet,  sa- 
veiet,  doceiet,  penteiei,  vietreiet,  astreiet,  fereiet  dans  le  Fragment  de  Valencien- 
nes.     On  peut  ajouter  esuardouet  (l(zs  uuardott&')  Pass.   190. 

^  Je  pense  ä  voist,  iruisl,  doint,  doinst  (ä  cote  de  voise,  trtässe  et  des 
premieres  personnes  doigne,   doinse). 


Le  sori  des  voyelUs  positoniques  finales  du  latin  en  ancien  frani;ais.        1 1 

l'appui  de  la  chute  d'un  a  final  en  position  protonique.  M. 
Cornu  n'enregistre  que  les  formes  suivantes: 

Les  formes  verbales  en    nies  et  -tes  [somes,  estes,  etc.); 

l'adv.  primes  (p  r  i  m  u  s); 

cheue  (*capum)  et  verme  (v  e  r  m  e  m)  du  Fragmeiit 
de    Valenciennes.  ^ 

II  est  vrai  qu'il  mentionne  encore  eschame,  some, 
damno  (Serm.),  dorne  dame,  ohne  orme,  Guülelme,  keime, 
chaline,  alve,  fevre,  aredre,  preveire,  altre,  ledre,  salvedre, 
faitre,  duiire,  mais  ces  exemples  ne  parlent  ni  pour  ni 
contre  la  theorie  de  M.  Cornu,  puisque  leur  voyelle  finale  est 
reconnue  par  tout  le  monde  comme  une  voyelle  d'appui.  ^ 
De  la  quantite  considerable  de  formes  latines  a  finale  atone 
autre  que  «,  il  n'y  aurait  donc  en  somme  que  deux  desinences 
verbales  et  trois  mots  isoles  qui  auraient  conserve  leur 
voyelle  finale,  sans  que  cette  voyelle  ait  eu  sa  raison  d'etre 
phonetique  en  qualite  de  voyelle  d'appui.  Comment  expliquer 
un  phenomene  .si  curieux?  M.  Cornu  ne  täche  meme  pas  de 
le  faire.  II  se  contente  de  constater  que,  pour  des  raisons 
phonetiques  quelconques,  dans  certains  cas  cet  e  final  a  sub 
siste  en  ancien  franc^ais  dans  des  mots  employes  souvent  ä 
la  pause  et  que  dans  d'autres  cas  (beaucoup  plus  nombreux) 
il  a  disparu  avant  l'apparition  des  premiers  monuments  litte- 
raires  i^sous  l'influence  des  formes  protoniques  correspon- 
dantesr). 


'  M.  Cornu  ajoute,  en  parlant  de  verme,  que  la  contrefinale  s'esl  egale- 
ment  conservee  dans  fernteied  et  enfermeied  (Alexis,  Quatre  livres  des  Jyois). 

'  Les  formes  dam  dan  (d  a  m  n  u  m)  et  davi  dan{i)  (d  o  m  n  u  m),  qui 
sont  en  contradiction  avec  la  regle  qui  dit  que  le  groupe  vin  exige  une 
voyelle  d'appui,  sont  donnees  par  M.  Cornu  comme  des  formes  protoniques 
ayant  perdu  leur  e  tout  comme  les  mots  en  e  final  venant  de  Va  latin.  In- 
dependamment  de  ce  ([u'il  faut  penser  de  ces  dernieres  formes,  on  peut  ex- 
pliquer les  formes  dam  <;  d  a  m  n  u  m  et  datn  <.  d  o  m  n  u  m  autrement  que  ne 
le  fait  M.  Cornu.  Le  premier  dam  peut  etre  une  derivation  postverbale  (voy. 
Meyer-Lübke,  Gramm.,  I,  §  313).  Le  second  dam  est  ou  bien  la  forme  pro 
tonique  antevocalique  [dam'Eu/emiicn)  genetalisee  ou  bien  une  forme  tirce 
analogiquement  du  feminin  dame  (voy.  Meyer-Lübke,  /.  c). 


12  .7.    U'alkusköld, 

Est  ce  que  toute  cette  theorie  ne  fait  pas  l'effet  d'etre 
bätie  sur  le  sable?  Quelles  raisons  aurions-nous  de  supposer^ 
pour  la  periode  prelitteraire  du  frangais,  un  si  profond  proces 
d'unification  et  de  repartition  agissant,  pour  \a  final,  en  faveur 
des  formes  toniques,  pour  les  autres  voyelles,  en  faveur  des 
formes  protoniques,  proces  auquel  n'aurait  pu  echapper  qu'un 
nombre  tres  restreint  de  formes?  Et  si  encore  il  n'y  avait 
pas  d'autre  moyen  d'ex'pliquer  ces  «exceptions» !  Mais  on  a 
au  contraire,  pour  la  plupart  d'elles,  trouve  des  explications 
fort  plausibles,  et  a  cause  de  Celles,  peu  nombreuses,  qui 
sont  encore  plus  ou  moins  inexpliquees,  on  n'a  certes  pas 
le  droit  de  construire  une  nouvelle  theorie  qui  serait  peu  com- 
patible  avec  ce  que  nous  connaissons  aujourd'hui  de  la  lutte 
entre  les  formes  toniques  et  atones  des  mots. 

Et  il  y  a  encore  un  argument  positif  qui  parle  contre 
la  theorie  de  M.  Cornu  pour  ce  qui  concerne  la  chute  de  \a 
final  en  position  protonique:  le  desaccord  qui  existerait  entre 
le  developpement  de  cette  voyelle  et  celui  de  \a  contrefinal. 
On  a  raison  de  se  demander  comment  il  se  pourrait  qu'un  a 
contrefinal  restät  sous  la  forme  d"un  c  feminin,  tandis  qu'un  a 
final  employe  en  position  protonique,  c'est-a  dire  dans  une  posi- 
tion correspondant  le  plus  souvent  ä  celle  de  la  contrefinale  d'un 
mot    simple,    s'amuirait  (cf.  ore  vient  <:;ha(c)-hora  venit 


'  II  y  a  bien  aussi  un  certain  nombre  d'exceptions  ä  la  regle  de  la 
conservation  de  I'ö  contrefinal  en  ancien  frangais  sous  la  forme  d'un  e  femi- 
nin. Mais  ces  exceptions  ne  sont  qu'apparentes,  puisque,  dans  la  plupart  des 
cas,  la  disparition  de  cette  voyelle  contrefinale,  dans  le  voisinage  d"une  liquide 
ou  d'une  nasale,  est  un  phenomene  posterieur,  appartenant  au  developpement 
special  du  frangais  (sacramentum  >  saireiiient  >  seri/ie?it),  et  que,  dans 
d'autres  cas,  les  formes  frangaises  remonteni  ä  des  etymons  latins  sans  a 
contrefinal  [sevrer  <Z  seperare,  non  <  separare)  ou  sont  des  formations 
analogiques  posterieures  (pic.  acatrons,  a  cause  des  doublets  meteronsweirons); 
cf  A  Darmesteter,  A'ow.,  V,  pp,  143  et  145;  W.  P.  Schepard,  .4  Contribution  to  the 
History  of  the  Unaccented  Vo'wels  in  Old French,  Diss.  Heidelberg,  1897,  p.  64  ss. ; 
E.Herzog,  Sireitfragen  der  romanischen  Philologie,  I,  p.  105  ss  ;  H.  Suchier,  Aue. 
et  Ä'^iiS',  p.  80  {acatrons)\  etc.  Ce  n'est  que  dans  le  cas  oü  un  a  contrefinal 
latin  a  disparu  entre  deux  ;■  ou  entre  n  (et  peut-etre  rl)  et  r  {Jurrai,  donrai, 
parrai  <  parlerai)    que    ramuYssement    de   cet    a  me  semble  devoir    eire  attri- 


Le  sorl  des  voyelles  posttoniques  finales  dn  latin  en  ancien  francuis.        13 

Dans  ce  qui  suit  jexaminerai  un  a  un  les  exeniples 
apportes  par  M.  Cornu  ä  l'appui  de  sa  theorie,  et  je  tache- 
rai  de  demontrer  qu'ils  se  laissent  tous  expliquer  autrement, 
Sans  qu'on  ait  besoin  de  recourir  a  des  hypotheses  extra- 
vagantes. 

Poiir  ce  qui  concerne  la  chute  de  \a  posttonique  final, 
il  y  a  d'abord  ä  supprimer  les  formes  fors  [hors],  chies,  lait 
et  soit  comme  ne  venant  pas  de  mots  latins  avec  a  final. 

Fors  [hors]  est  le  latin  foris,  l'ablatif  pluriel  bien 
connu  usite  ä  cöte  de  l'accusatif  pluriel  foras.  II  n'y  a 
rien  d'etonnant  ä  ce  qu'un  ablatif  souvent  employe  ait  em- 
piete  sur  les  fonctions  de  l'accusatif  correspondant.  "^ 

Chies  vient  de  l'ablatif  dun  substantif  postclassique 
casus,  qui  n'est  nullement  aussi  «problematique»  et  «peu  vrai- 
semblable»  que  le  dit  M.  Cornu  (p.  io8)^;  voy.  les  recherches 
concluantes  de  M:lle  E.  Richter,  Zs.  f.  roni.  Phil.,  XXXI,  p. 
571   ss. 

Comme  lait  a  ä  ses  cotes  une  2:e  personne  sing,  lais, 
un  imperatif  lai  et  un  futur-conditionnel  lairai-lairoie,  il 
semble  evident  qu'il  ne  s'agit  pas,  dans  tous  ces  cas,  de  for- 
mes abregees  du  verbe  laier,  mais  bien  de  formes  regulieres 
d"un  verbe  *laiir'^.     Avec  M.   Thomas  {Essais,  p.   322  ss.)  je 


bue  dejä  ä  l'epoque  prelilteraire  (cf.  Neuph.  MM.,  1907,  p.  58).  L'assertion 
de  M.  Herzog  [otntr.  die,  p.  106)  qu'une  teile  chute  prelilteraire  aurait  dii 
donner  naissance  aux  formes  '^mendrai  et  *dondrai  (cf.  vendrai  <Z  venire- 
habeo)  n'est  pas  fondee  a  mon  avis,  car  ramuissement  de  Va  contrefinal,  bien 
que  prelitteraire,  n'a  guere  pu  avoir  lieu  qn  apres  l'amuissement  des  autres  voyel- 
les  contrefinales,  donc  probablement  ä  une  epoque  oü  la  rencontre  de  «  et  r 
n'amenait  plus,  en  francien,  l'intercalation  dune  explosive  dentale. 

'  Les  quelques  exemples  qu'on  connait  de  la  forme  fibres  pourraient 
remonter  ä  f  o  r  a  s  ;  cf.  W.  P.  Shepard,  A  Contribution  to  the  History  of  the 
i'naccented   Vowels  in   Old  French,  p.   15. 

-  Dejä  en  1882,  M.  Cornu  faisait  venir  a.  fr.  chies,  a.  port.  cas  de 
c  a  s  a,  en  supposant  que  <.\a  de  casa  est  tombe  parce  qu'il  se  trouvaii  avoir 
un  accent  moins  fort  que  le  mot  suivant»  {Rom.,  XI.  p.  84). 

'  De  laii,  lais,  lai,  lairai,  etc.,  l'analogie  de  fait  —  faire  aidant,  on  a 
peut  etre  plus  tard  tire  un  infinitif  ^laire  (c'est  la  forme  admise  par  M.  Paul 
Meyer  dans  le  glossaire  du   ronian  de   L' Escoufle). 


14  A.    Walle nskölt/, 

crois  que  les  deux  vcrbes  peuvent  venir  du  germ.  lagjan. 
II  serait  cependant  aussi  possible  que  '''laür  seul  füt  primitif, 
et  que  les  formes  laier,  laie,  etc.  eussent  ete  creees  sous 
l'influence  du  synonyme  laissier. 

A  soit  correspondait  en  latin  classique  s  i  t  ou,  par  abre- 
gement  syntaxique,  s  i  t  (cf.  forsitan<;fors  sit,  an),  et 
c'est  de  cette  derniere  forme  que  vient  regulierement  soit.  II 
est  vrai  que,  dans  toute  la  Romania,  excepte  precisement  la 
Gaule  septentrionale,  c'est  la  forme  analogique  s  i  a  t  qui  a 
prevalu  (prov.  sia,  it.  sia,  rhet.  (eng.)  saya^,  mais  cela  nem- 
peche  evidemment  pas  que  la  forme  primitive  s  i  t  n'ait  pu,. 
pour  une  raison  ou  une  autre,  continuer  ä  vivre  en  France. 
Si  soit  etait  la  forme  abregee  d'un  seiet  anterieur,  on  s'at- 
tendrait  ä  trouver  en  ancien  frangais  cette  derniere  forme. 
Or,  il  n'y  a  dans  les  plus  anciens  textes  que  seit  {Senn.  I,  7: 
Sit,  Alex,  toujours  seit).  ^ 

Les  mots  qui  restent  et  pour  lesquels  il  est  necessaire 
d'admettre  la  chute  irreguliere  d'un  a  final  peuvent  etre  di- 
vises  en  trois  categories.  A  la  premiere  appartiennent  as, 
des.,  es,  icez  [ces],  noz  et  voz;  ä  la  seconde,  el  (avec  son  plu- 
riel  els\  or.,  encor,  loris),  buer,  mar  et  onc  [ainc)\  ä  la  troi- 
sieme,  les  subjonctifs  ait  et  puist,  l'imparfait  ert  [iert)  et  les 
imparfaits  (conditionnels)  en  -eit  et  -out. 

La  premier  groupe  [as,  des,  es,  icez,  noz,  voz)  contient 
des  mots  employes  protoniquement  et  qui  presentent  aussi 
comme  formes  masculines  des  anomalies  (^.f  «<  a  d-i  1 1  o  s,  ä 
cote  de  eus  <<  i  1 1  o  s,  noz  <nostros,  ä  cote  de  nostres^ 
etc.)  qui  ne  s'expliquent  que  par  une  prononciation  particu- 
lierement     negligee,     causee     par      l'insignifiance     syntaxique 


'  Le  roumain  a  fie  (•<  fiat),  tandis  que  les  formes  espagnole  et 
portugaise  (esp,  sea,  port.  sejd)  remontent  ä  s  e  d  e  a  t  (voy.  Menendez  Pidal, 
Manual  eleniental  de  granidtua  historica  espanola,   2:e  ed.,   §    Il6,    l). 

^  11  n'y  a  pas  a  tenir  compte  des  graphies  ffranco-)provengales  sia 
de  la  Passion  240,  360  (cf.  Thurneysen,  Das  Verbum  etre,  etc.,  p.  17)  et  sie 
du  Frai;tn.  d' Alexandre  8,  et  les  exemples  posterieurs  de  soie,  soiet  (voy.  Ny- 
rop,  Gramm,  II,  §  139,  Obs.)  sont  sans  deute  dus  ä  l'analogie  des  verbes 
en  -ir,  -re  et  -oir  (vende  vendes  vende  :  soie  soies  soie). 


Le  soft  des  voyeUes  posttoniqties  finales  du  latin  en  aticien  frani-ais.         1 5 

et  semantique  de  ces  mots  (cf.  ci-dessus  p.  9,  note).  On 
pourrait  donc  croire  qu'aussi  un  a  final  entre  consonnes  est 
tombe  en  ancien  fran^ais  dans  de  telles  conditions  d'accen- 
tuation.  Ce  serait  avant  tout  le  cas  pour  les  formes  de  l'ar- 
ticle,  mot  atone  semantiquement  insignifiant  par  excellence. 
Mais  il  y  a  une  autre  possibilite.  Le  masculin  etant,  comme 
on  sait,  tres  souvent  grammaticalement  plus  important  que  le 
feminin  (voy.  p.  ex.,  en  franc^ais,  le  mot  gens  et  l'accord  des 
adjectifs  avec  des  substantifs  de  genre  different),  il  se  pour- 
rait que  ce  fussent  tout  simplement  les  formes  masculines  as,  des, 
es,  icez  [cez\  noz,  voz  qui  eussent  supplante  les  formes  femi- 
nines '^ales,  "^deles,  *enles,  icestes  [cestes),  nostres,   vostres.  ^ 

Dans  la  seconde  categorie  {el,  or,  encor,  lor[s),  buer, 
mar,  onc,  amc)  nous  avons  des  mots  se  terminant  primitive- 
ment  par  e"^  qui  ont  du  etre  employes  si  souvent  en  posi- 
tion  protonique  devant  des  mots  commengant  par  un^  voyelle 
que  les  formes  elidees  se  sont  peu  a  peu  generalisees  ■^. 

Enfin,  pour  le  troisieme  groupe  [att,  puist,  -eit,  -out,  ert) 
il  faut  Sans  aucun  doute  chercher  une  influence  analogique 
quelconque  de  la  part  d'autres  troisiemes  personnes  du  sin- 
gulier.  —  Pour  ait  la  chose  semble  claire:  les  verbes  avoir 
et    estre    ayant    souvent  des  fonctions  pareilles  (comme  v^erbe 


'  Cf.,  pour  rtj,  des,  es,  Meyer-Lübke,  Gramm.,  II,  §  104  M.  Rydberg 
{Zur  Gesch.  des  frz.  p,  p.  417)  admet  l'influence  de  la  forme  masculine  sur  la 
forme  fem.nine  pour  le  mot  des. 

-  Eis  est  forme  analogiquement  sur  tf/,  et  l'j-  de  lors  est  l'addition  ad- 
verbiale connue. 

"  Cf.  W.  P.  Shepard,  A  Conlrtöution  to  t/ie  History  0/  the  L  'naccented 
Voivels  in  Old  French  (1897),  p.  14  s.  On  a  quelquefois  voulu  expliqufr  la 
chute  de  cet  -e  par  l'emploi  frequent  du  mot  en  soi-meme  (voy.,  pour  or, 
Schwan-Behrens,  Gramm!',  §  10,  4,  b,  Anm  ;  pour  or  et  lors,  Meyer-Lübke, 
Gramm.,  I,  §  634).  Je  ne  peux  naturellement  pas  partager  cette  opinion  (cf. 
ci  dessus  p.  9,  note',  et  des  mots  comme  or,  encor,  lors,  onc,  ainc  me  sem- 
blent  difficilement  pouvoir  etre  classes  parmi  ceux  dont  le  «peu  d'itiipor- 
tance  au  point  de  vue  syntaxique»  (Meyer-Lübke,  /.  c.)  a  cause  l'alteration  violente. 
Tout  au  plus  peut-on  faire  cette  supposition  pour  le  pronom  el  {eis)  et  les 
exclamations  buer  et  mar,  ces  dernieres  etant  aussi  autrement  irregulierement 
developpees  (cf.  Meyer-Lübke,  /.  c.) 


l6  A.    WaUcnsköld, 

auxiliaire),  seit  a  fort  bien  pu  influencer  aiet.  ^  —  Quant  au 
subjonctif  puist,  comme  son  emploi  syntaxique  ne  le  rappro- 
che  pas  de  soit  et  qu'il  n'y  a  pas  eu  non  plus  de  ressem- 
blance  purement  phonetique  entre  les  deux  verbes  qui  eüt  pu 
amener  le  changement  dt  puisse  (*possiat)  txi  puisf^,  je  prefere 
regarder  cette  derniere  forme  comme  due  a  l'analogie  des  formes 
phonetiquement  pareilles  pruist^),  ruist,  truist,  facilement  expli- 
cables  par  la  contamination  des  formes  en  -sse  [pruisse,  ruisse, 
truisse)  avec  les  formes  primitives  '^^p7-uet  (probet)  "^'^ruit  (ro- 
get),  "^triiet  (*tropet).^  Je  crois  aussi  que  la  masse  d'impar- 
faits  du  subjonctif  reguliers  en  -st  [portast,  partist,  oiist,  etc.), 
ä  cöte  de  premieres  et  secondes  personnes  du  sing,  en  -sse, 
-sses  ^,  a  beaucoup  contribue  a  la  naissance  de  puist  (?), 
ruist,  truist,  estuist,  voist,  dornst,  etc  —  Pour  les  imparfaits 
(conditionnels)  en  -oit  et  -out,  ainsi  que  l'imparfait  ert,  l'ex- 
plication  est  moins  facile,  parce  qu'il  n'y  a  aucun  imparfait  de 
l'indicatif  qui  n'ait  du  primitivement  se  terminer  en  -et  (<C  -at). 
Je  doute  fort  que  ce  soit  le  temps  correspondant  du  subjonc- 
tif qui  ait  pu  exercer  une  influence  analogique  sur  les  desi- 
nences    de  l'imparfait  de  l'indicatif  °     Le  rapport  semantique 


'  Cf.  Thurneysen,  Das  Verbnvi  etre,  p  27;  Bartsch  Horning,  p.  54; 
Schwanl^ehrens,   GrammS',  §  340,  2,  Anm. 

-  II  me  seinble  difficile  de  faire  deriver  puist  du  latin  classique  p  o  s  - 
s  i  t  (Willenberg,  ConJ.  Praes,,  p.  432  ;  Thurneysen,  Das  Verbum  etre,  pp.  18 
et  27  s.),  ([ui  aurait  du  donner  *post,  II  faudrait  alors  admettre  une  influence 
secondaire  du  radical  frangais  puiss-. 

*  Quant  aux  subjonctifs  pruisse,  ruisse,  truisse,  (estuisse)  memes,  ils  sont 
probablement  dus,  ä  leur  tour,  a  l'influence  analogique  Aeputsse;  cf.  Ny- 
rop,  Gramm.,  U,  §§  116,  4°,  et  137,  4".  II  y  aurait  donc  eu  des  influences  ana- 
logiques  reciproques. 

*  Je  regarde  les  i:eres  et  2:es  personnes  du  sing,  en  -sse  et  -sses  comme 
dues  ä  l'influence  analogique  des  subjonctifs  presents  en  -e  et  -es  (<;  -am,  -as). 
La  3:e  pers.  du  sing,  s'est  probablement  soustraite  ä  l'influence  du  present  du 
subjonctif  ä  cause  de  son  emploi  plus  frequent.  C'est  de  meme  aujourd'hui  ia 
3:e  pers.  du  sing,  de  l'imparfait  du  subjonctif  qui,  de  toutes  les  personnes  de 
ce  temps,  parait  etre  la  seule  qui  s'entende  encore  quelquefois  dans  le  langage 
familier. 

°  C'est  l'opinion  emise  par  Schwan  Behrens,  Gramw.'^,  §  341,  Anni.,  et 
Meyer-Lübke,    Gramm.,  II,   ^   258. 


Le  sort  des  voyelles  posttoniques  finales  du  iaiin  en  ana'en  fravfais.       17 

eiitre  ces  deux  temps  me  parait  avoir  ete  tres  peu  intime, 
et  la  ressemblance  phonetique  etait  nulle.  II  faut,  selon  toute 
probabilite,  chercher  une  influence  analogique  de  caractere 
nettement  phonetique  pour  expliquer  -eit,  -out  et  ert.  A  mon 
avis,  seit  a  fait  naitre  -eit  [seie  seies  seit  :  -eie  -eies  -eit  [pour 
-(?7W])S  -out  a  etc  cree  sous  l'influence  de  <?«/<;  h  a  b  u  i  t, 
et  ert  [iert]  est  du  a  une  confusion  avec  le  futur  iert,  peut- 
etre  facilitee  par  l'analogie  des  autres  3:es  personnes  de  l'im- 
parfait  sans  -e-  -. 


J'arrive  maintenant  aux  cas,  cites  par  M.  Cornu,  oü  une 
voyelle  finale  autre  que  a  s'est  conservee  en  ancien  fran- 
gais.  Si  Ton  elimine  les  cas  oü  cette  voyelle  est  universelle- 
ment  consideree  comme  une  voyelle  d'appui  (apres  les  groupes 
de  consonnes  mn,  Im,  In,  cons.  -f-  r),  il  ne  reste,  comme  je 
Tai  expose  ci-dessus  (p.  11),  que  les  desinences  verbales 
-mes  et  -tes,  ainsi  que  les  mots  primes,  cheue  [Fr.  de  Va/.) 
et  verme  [Fr.  de    Va/.) 

Si  nous  examinons  d'abord  les  trois  mots  isoles,  il 
semble  evident  que  primcs  (ecrit  primos  St  Leg.  7)  ne  vient 
pas  de  p  r  i  m  u  s,  mais  de  p  r  i  m  ä  (h  o  r  ä)  -}-  l'-J  adverbiale 
connue.  Cf.  roum.  prima  Puscariu,  Etym.  Wb.  der  rum.  Spr., 
I,  no.    1384. 

Pour  cheue,  forme  bien  singuliere,  on  peut  se  contenter 
de  l'explication  ingenieuse  de  Koschwitz  [Comm.,  p.  132), 
selon  laquelle  le  scribe  par  l'addition  d'un  -e  ä  ckeu,  pro- 
nonce  chev,  a  voulu  indiquer  le  caractere  consonantique  de 
cet  u. 

Verme,  enfin,  me  parait  etre  tout  simplement  une  graphie 
moitie  latine.  Qu'il  ne  soit  pas  permis  d'en  regarder  IV  final 
comme    une    espece    de    voyelle    d'appui,  c'est  ce  qui  ressort 


'   Cf.  Thurneysen,    ouvr.  citi,  p.  32  s.;   Nyrop,    Gramm.,  II,  §   161,   3". 
-   M.  Thurneysen    [otivr.  cite,  p.    19)  considere  l'imparf,  iert  comme  du 
uniquement   ä  l'influence  des  autres   imparfaits. 


i8  A.    Wallensköld, 

non  seulemcnt  du  developpement  connu  du  mot  v  e  r  m  e  m 
[verm,  plus  tard  ver,  sous  l'influence  du  suj.  sing,  et  reg. 
pl.  vers),  mais  aussi  des  formes  de  l'ancien  frangais  ferm 
/Jfr  <  f  i  r  m  u  m  (fr.  niod.  ferme  est  probablement  la  forme 
feminine  generalisee,  voy.  Nyrop,  Gramm.,  II,  §  38c),  enferni 
enfer  {aniferm  Alex.  44  e,  1 12  a)  <  i  n  f  i  r  m  u  m,  estor  {*estorm 
n'a  pas  ete  releve,  que  je  sache)  <  germ.  stürm,  dorm  dor 
<  *  d  o  r  m  o  ,  etc.  Ajoutons  ä  cela  que  meme  le  groupe 
rm  -\-  consonne  ne  donne  pas  naissance  ä  une  voyelle  d'appui 
(v  e  r  m  i  s  )  vers,  f  i  r  m  u  s  >  fers,  i  n  f  i  r  m  u  s  >  enfers,  germ. 
s  t  u  r  m  -f-  -J"  )  estors,  dermis  dor  mit)  dors  dort).  On 
peut  donc  etre  persuade  que  la  forme  isolee  du  Fragment 
de  Valenciennes  ^  ne  peut  etre  qu'un  latinisme  ou  un  simple 
lapsiis  calami,  A  la  rigueur,  on  pourrait  encore  considerer 
le  verme  du  Fragment  de  Valenciennes  non  comme  venant 
de  V  e  r  m  e  m,  mais  de  *v  e  r  m  i  n  e  m,  atteste  par  l'it.  ver- 
mine (ä  cote  de  verme),  mil.,  abruzz  vermene.,  romagn.  virman, 
a.  esp.  biei-ven,  astur,  vierten.,  prov.,  cat.,  mall,  verme  (ä  cote 
de  verm),  etc.  (W.  Meyer,  Die  Schicksale  des  lat.  Neutrums, 
p.  67;  Puscariu,  Etym.    Wb.  der  rum.  Spr.,  I,  no.    1881).^ 

Restent  les  desinences  verbales  -mes  et  -tes,  qui  sont 
les  plus  difficiles  ä  expliquer.  En  premier  lieu,  le  plus  pru- 
dent  me  parait  etre  d'ecarter  toute  Hypothese  d'une  influence 
analogique  de  l'une  de  ces  desinences  sur  l'autre,  soit  de  la 
desinence    de   la   i:e  pers.  du  plur.  sur  celle  de  la  2:e  pers.^. 


'  Si  la  voyelle  contrefinale  semble  s'etre  conservee  dans  fermeted  et 
enfer meted  (voy.  ci  dessus  p.  ii,  n.  i),  on  a,  d'autre  part, /erte,  enferte,  dor 
toir  <Z  dormitorium,  etc.  Les  formes  fermeted  et  enfervieted  sont  sürement 
des  mots  savants ;  cf.  H.  Berger,  Die  Lehnwörter  in  der  frz.  Sprache  ältester 
Zeit,  pp.   116  {enfertnetei)  et   137  {fermetet). 

^  Koschwitz  {Comtn.,  p.  132)'  admet  une  «ionnation  analogique  mo- 
inentanee»  d'apres  terme,  chartne,  etc.,  mais  je  suis,  avec  M.  Cornu,  tres 
sceptique  en  ce  qui  concerne  les  analogies  purement  phonetiques  sans  aucune 
connexion  semantique  dans  les  cas  oü  les  deux  groupes  de  phonemes  se  ren- 
contrent  deja  dans  la  langue  (cf.  Abhandl.  Herrn  Prof  Dr.  Adolf  Tobler .  .  . 
dargebracht,  p.   298   s.). 

*  Pour  une  teile  opinion,  voy.  E.  Koschwitz,  Comtn.^  p.  131  (faites); 
A.  Behrens,    Die    Enduno    der    zweiten  Person  Plur.,  Diss.  Greifswald,   1890, 


Le  sort  des  voyelUs  posttoniqties  finales  du  latin  en  ancieii  fravgais.        1 9 

soit  de  la  2:e  pers.  du  plur.  sur  celle  de  la  i:e  pers.  '  C'est 
qu'il  n'y  a  aucun  Heu  seniantique  entre  ces  deux  desi- 
nences,  excepte  l'idce  de  pluralitc,  qui  ne  saurait  compter, 
puisqu'il  y  a  aussi  la  3:6  pers.  du  pluriel.  Et  Ton  ne  peut 
non  plus  etablir  aucune  proportion  d'analogie  acceptable  entre 
ces  desinences  et  les  autres  terminaisons  de  la  i:e  et  la  2:e 
pers.  du  plur.  {^ons  :  -ez  =  -mes  :  -tesP).  II  me  semble  donc 
necessaire    de   traiter  chacune  de  ces  deux  desinences  ä  part. 

Examinons  d'abord  la  desinence  -mes.  La  question  est 
de  savoir  si  eile  peut  resulter  d'un  developpement  normal 
de  -mus,  avec  la  voyelle  finale  conservee  comme  voyelle 
d'appui.  Je  crois  qu'on  peut  repondre  affirniativement,  ex- 
cepte pour  somes  et  les  desinences  dialectales  -onus  et  -iemes, 
qui  doivent  ctre  analogiques.  II  n'y  a  rien,  il  me  semble, 
qui  puisse  s'opposer  a  l'etablissement  d'une  regle  phonetique 
Selon  laquelle  une  voyelle  finale  d'appui  serait  necessaire, 
en  ancien  frangais,  entre  m  et  jt  (ou  peut-etre  tout  simple- 
ment    apres  m)  dans  les  mots  venant  de  proparoxytons  latins. 

Par  cette  regle  sexpliqueraient  les  presents  faci- 
m  u  s  )  faimes  et  d  i  c  i  ni  u  s  )  dimes,  le  fijtur  e  r  i  m  u  s  )  ier- 
mes,  les  parfaits  ploravimus  )  plorames,  p  a  r  t  i  v  i  - 
mus)  partimes,  habuimus)  oüvies,  f  u  i  m  u  s  >  fumes, 
etc.  A  l'epoque  oü  la  penultieme  atone  se  pronongait  encore, 
la  syllabe  finale,  en  raison  de  la  rythmicite  de  l'accent  d'in- 
tensite,  portait  un  faible  accent  secondaire,  süffisant  a  con- 
server  un  phoneme  vocalique  entre  m  et  s,  quand  la  voyelle 
penultieme  s  amuissait  ^.  Tout  au  plus  pourrait-on  considerer 
les  parfaits  du  type  oümes  [fumes)  comme  des  formations 
analogiques  d 'apres  les  autres  parfaits  en  -mes,  si  on  admet 
la  contraction  de  ui  en  une  voyelle  simple  (ü)  de  si  bonne  heure 


pp.  48  {chantastes,  ^Ic.),  49  {faites,  dites,  iraites);  H.  Suchier,  Grundr.  der 
roni.  Pliil.^  I-,  p.  733  {chantastes,  sentistes,  faiies,  diies);  Schwan-Behrens, 
Gramm f',  %  339,  2,  Anm.  i  {/aites,  dites);  Meyer.Lübke,  Gramm. ^  I,  §  313 
faitcs) ;   etc. 

'  Four  cette  opinion,  voy.  Nyrop,  Gramm.,  II,  §  49,  5"  [chantames, 
conduisimes.,  dimes,  fumes). 

^    Voy.  ci-dessus  p.  8,  n.   i. 


20  A.    Wallensköld, 

que  l'accentuation  de  ces  mots  etait  devenue  egale  a  celle 
des  paroxytons,  auquel  cas  un  dcveloppement  regulier  de 
*  h  a  b  u  m  u  s  aurait  donne  oiins  en  frangais.  Qu'on  n'invoque 
pas  contre  l'hypothese  dune  voyelle  d'appui  dans  les  mots 
venant  de  proparoxytons  latins  en  -mus  le  fait  que  les  ter- 
minaisons  -mus,  -mos,  -mis,  -mes  des  paroxytons  latins 
se  developpent  soit  en  -s  (f  i  r  m  u  s,  f  i  r  m  o  s  )  fers^  v  e  r- 
m  i  s,  V  e  r  m  e  s  >  z^<f/-j,  d  o  r  m  i  s  >  «a^cri-),  soit  en  -ns  (ra- 
mus,  ramos)  rains,  f  a  m  e  s  )  fains),  car  il  y  a  en  franpais 
des  exemples  assures  d'un  traitement  different  selon  qu'il 
s'agit  d'un  proparoxyton  ou  d'un  paroxyton  latin.  On  n'a 
qu'ä  comparer: 

äste  <  hospitem  avec  ost  (^  h  o  s  t  e  m, 
tiede  <(  t  e  p  i  d  u  m  »  j-^/'  <(  s  e  p  t  e  m, 
erce  <*herpicem      »        merz  <  m  e  r  c  e  m, 

et  surtout  (cf.  ci-dessus  p.  8,  note   i): 

puce  <(  p  u  1  i  c  e  m  avec    falz  ■(  f  a  1  c  e  m, 

conte  (computum       »        reent  <(  redemptum. 

Si  nous  examinons  separement  les  differents  cas  pre- 
sentant  la  desinence  verbale  -mes,  nous  avons  d'abord  fai- 
mes  et  dimes.  La  question  est  de  savoir  si  ce  sont  lä  les 
formes  primitives,  ou  s'il  faut  admettre  comme  premieres 
formes  *faismes  et  *dismes  conformement  ä  a  c  i  n  u  m  )  aisne, 
c  i  c  i  n  u  m  >  cisne,  g  r  a  c  i  1  e  m  >  graisle  ^.  Con)me  cepen- 
dant  il  n'y  a  pas  de  mots  frangais  qui  puissent  nous  ren- 
seigner avec  certitude  sur  le  dcveloppement  de  c  dans  la 
combinaison  -  c  i  m  u  m,  le  nombre  ordinal  disme  (deci- 
m  u  m)  pouvant  etre  influence  par  le  nombre  cardinal  corres- 
pondant    et  l'origine   de  la  desinence  -isme  des  nombres  ordi- 


^    Voy.,  pour    cette  derniere  opinion,   G.  Rydberg,  Le  developpement  de 
facere  dans  Us  langues  romanes,  Diss.   Upsal,   1893,  p.    104  s. 


Le  sort  des  voyelles  posttoniques  finales  du  latin  en  arteten  frangais.        2 1 

naux  onzisme,  etc.  etant  fort  incertaine  i,  il  semble  impossible 
de  se  prononcer  categoriquement  en  faveur  de  l'une  ou  de 
lautre  alternative.  Mais,  si  l'hypothese  du  developpement 
facimus,  dicimus)  '^f aisnies,  *dismes  se  trouvait  etre 
la  bonne,  IV  final  de  ces  dernieres  formes  serait  une  voyelle 
d'appui  ordinaire  (cf.  batesme  <  baptismum,  pcsme  <  p  e  s- 
s  i  m  u  m,  meesme  <  *metipsimum,  blasme  <  b  1  a  s  p  h  e- 
m  u  m,  estnCy  der.  postv.  de  esmer  <  aestimare,  etc.),  qui 
se  serait  conservee  dans  faimes  et  dimes,  formes  refaites  avec 
les  radicaux  fai-,  di-.  Si,  au  contraire,  faimes  et  dimes  repre- 
sentent  le  developpement  normal  de  c  dans  de  telles  condi- 
tions  phonetiques  ^,  ces  formes  tombent  sous  la  regle  que  je 
viens  d'etablir. -^ 

Le  futur  iermes  [ermes\  qui  tombe  probablement  aussi 
sous  cette  regle,  pourrait  ä  la  rigueur  presenter  un  cas  nor- 
mal de  voyelle  d'appui  apres  le  groupe  roman  rm,  puisque 
e  r  e  m  u  m  a  donne  erme  *. 

Quant  aux  parfaits  en  -ames  et  -imes,  ils  remontent  ne- 
cessairement  aux  formes  du  latin  classique  en  -  a  v  i  m  u  s  et 
-ivimus.  Si  le  latin  vulgaire  de  la  Gaule  avait  eu -aumus 
(ou  -amus)  et  -imus,  le  frangais  n'aurait  pu  donner  que 
-ons  (ou  -ains)  et  -ins.  Or,  il  n'y  a  pas  de  trace  en  frangais 
de  parfaits  primitifs  en  -ons  (ou  -ains)  et  -i7is.  Les  parfaits 
en  -ons  et  -i7is  qu'on  trouve  quelquefois  au  moyen  äge  dans 
les  dialectes  de  l'Est  et  du  Nord,  sont  des  formations  ana- 
iogiques  postcrieures  ^.  Dans  les  desinences  -ames,  -imes 
«  -a  vi  m  u  s,    -ivimus)    IV    final    pourrait,    d'ailleurs,    etre 


'  Cf.  G.  Rydberg,  ouvr.  cite,  p.  105.  11  y  a  aussi  le  developpement 
isole   *Jacomus  (it.   Giacomd)")  Jahnes,  qui  resle  inexplique. 

*  C'est  l'avis  de  Koschwitz  (Comm.,  p.  131),  Schwan  [Zs.f.  roin,  Phil., 
XIl,  p.   195),  et  d'autres. 

■''    Koschwitz  {Comm.,  p.   131)  admet  une  voyelle  d'appui  apres  ym. 

*  Le  mot  erme  {herme)  est  cependant  peut  etre  savant  ä  cause  de  la 
non  diphtongaison  de  \'e  ouvert  (gr.  SQrjfiog;  en  esp.  yermo);  cf.  precisement 
e  r  i  m  u  s  >  iermes.     Voy.  d'autre  part  l'it.  ermo  avec  e  ferme. 

•'    Voy.  Meyer-Lübke,   Gramm..,  II,   §  273. 


22  //.    VVallciisköld^ 

considere  commc  une  voyelle  d'appui  ordinaire  (cf.  nuemc  < 
*n  o  V  i  m  u  m  ?). 

J'ai  dit  plus  haut  (p.  19)  qu'il  faut  peut-etre  considerer 
la  desinence  du  parfait  -mnes  [oümes,  funies,  etc.)  non  comme 
un  developpement  regulier  de  -uimus,  mais  comme  une 
formation  analogique  d'apres  les  autres  parfaits.  L'absence 
d'autres  mots  en  -uimus  que  ces  parfaits  rend  tres  difficile 
la  decision  concernant  le  developpement  normal.  Si  l'on 
compare  avec  les  formes  correspondantes  d'une  autre  langue 
romane,  l'italien,  on  voit  que  la  desinence  -eimno  [avemmo  < 
h  a  b  u  i  m  u  s,  etc.),  ou  le  double  m  n'est  pas  phonetiquement 
justifie  S  est  analogique,  tandis  qwQ  fummo  (fuimus)  pour- 
rait  etre  une  formation  reguliere. 

Restent  maintenant  somes  et  les  desinences  dialectales 
•omes  et  -iemes,  qui  ne  me  semblent  pouvoir  etre  expliques 
que  par  une  influence  analogique  quelconque.  Quant  ä  somes, 
je  crois  que  l'hypothese  ingenieuse  de  Gaston  Paris  [Rom., 
XXI,  p.  354)  est  la  seule  qui  puisse  nous  satisfaire.  A 
cote  de  la  forme  normale  soms  [sons]  on  avait  en  ancien 
frangais  esmes,  remontant  au  latin  e  s  m  u  s  '^  ou  cree  ä  l'aide 
du  radical  frangais  es-  (tire  de  es,  est,  etc.)  ^.  Par  la  conta- 
mination  de  so7ns  et  esmes  est  nee  la  forme  somes.  De  lä 
est  entree  dialectalement  la  desinence  -omes  dans  le  present 
du  verbe  aveir  (ä  cause  des  fonctions  communes  de  ces  deux 
verbes  auxiliaires)  et  les  futurs,  puis  dans  les  presents  de 
l'indicatif  et  du  subjonctif  des  autres  verbes  {posciomes  Fragm. 
de  Val.   33),  ainsi  que  dans  les  imparfaits  et  les  conditionnels 


'  M.  MeycrlAibke  [Gramm.,  II,  §  269)  parait  enclin  ä  admettre  un 
redonhlement  normal  de  \'»i  conformement  a  la  regle  qu'en  Italien  une  voyelle 
tonique  breve  amene  le  redoublement  de  la  consonne  suivante  {da  mi  > 
dämmt).  Mais,  comme  le  deplacement  de  l'accent  (-  ü  i  m  u  s  >•  -  u  i  m  u  s) 
doit  appartenir  ä  l'epoque  latine,  et  qu'en  latin  vulgaire  Vi  href  devenait 
un  e  ferme  long  en  syllabe  ouverte  (cf.  s  i  m  u  s  >  it.  semo),  cette  regle  ne 
peut  guere  expliquer  -  i  m  u  s  >  -  emmo. 

*    Voy.,   pour  cette    opinion,   G.   Paris,  /.   c. 

^  On  adraet  surtout  l'influence  analogique  de  estes;  voy.  Thurneysen, 
Das    Verbum  etre,  p.   16;  Nyrop,   Gramm.,  II,  §§   55,  4",  et   119,  6°;  etc. 


Lc  sort  des  voyelUs  posttoniques  finales  du  latin  en  ancien  f7-an(ais,       23 

[-iomes).  La  desinence  -iemes  est  une  contamination  de  -[i)omes 
et  -iens  «-eamus,  -iamus)^,  Tout  isolee  est  la  forme 
fomes  [=  faiines),  directement  calquee  sur  somes'^). 

J'arrive  enfin  ä  la  desinence  -Us,  dont  l'explication  est 
certainement  la  plus  difficile  de  toutes.  Autant  que  je  con- 
nais,  on  est  d'accord  pour  dire  que  -stis  (dans  e  s  t  i  s,  -as- 
tis,  -istis,  -uistis)  aurait  du  donner  regulierement  -z, 
en  raison  du  developpement  hostis)^'^,  Christus) 
Criz,  ecce-istos  )  icez,  etc.  De  meme,  on  admet  que  -itis 
(dans  facitis,  dicitis)^  aurait  du  se  developper  normale- 
ment  en  -z,  tout  comme  *placitus,  *vocitus  en  platz, 
viiiz.  ^  Or,  le  fait  que  dans  les  deux  cas  la  desinence  - 1  i  s 
a  comme  correspondant  frangais  -tes,  avec  la  voyelle  con- 
servee,  est  propre  ä  nous  etonner  beaucoup.  J'ai  dejä  dit 
plus  haut  (p.  18)  qu'une  transformation  analogique  de  cette 
desinence  sous  l'influence  de  la  desinence  -mes  parait  fort 
invraisemblable,  et  j'ajoute  ici  que,  comme  il  s'agit  en  partie 


'  M.  Meyer-Lübke  croit  qu'on  «a  affaire  dans  ce  cas  ä  des  forma 
tions  analogiques  d'apres  le  parfait,  qui  ont  probablement  commence  ä  l'im- 
parfait  du  subjonctif»  [Rom.,  XXI,  p.  350).  Suppositior.  bien  inutile, 
puisque  -omes  et  -iemes  appartiennent  au  meme  domaine  dialectal  (voy.  I.o- 
rentz.  Die  Erste  Fers.  Flur,  des   Verbtims  im  Afrz..^  p.  40}. 

-    Voy.  Lorentz,  oiivr.  cite,  p.  22;  G.  Paris,  Rom.,  XXI,  p,  355. 

*  La  forme  de  l'a.  fr.  traites  (A.  Harnisch,  Die  altprov.  PrcBsens-  und 
Imperfect- Bildung,  Marburg  1886,  19;  G.  Paris,  Rom.,  XXI,  p,  356,  n.  4) 
ne  vient  guere  directement  de  *  t  r  a  g  i  t  i  s,  mais  doit  plutot  etre  consi- 
deree  comtne  creee  posterieurement  en  analogie  avec  faiies;  voy.  Schwan 
Behrens,  Gramm.^,  %  339,  2,  Anm.  i.  11  est  aussi  extremement  probable 
que  les  formes  modernes  en  -ies  des  patois  de  l'Est,  signalees  par  M.  Cha- 
baneau  {^Rev.  des  langues  romanes,  XXI,  j).  152;  cf.  Risop,  Begrißsvei-iuandt- 
schaft  u.  Sprachentwickelung,  p.  28,  n.  2),  sont  des  foni.alions  analogiques 
(voy.  Nyrop,  Gramm.,  II,  §  57,  4**,  Rem.;  H.  Suchier,  Grundr.  d.  rom.  Fhil., 
I',  P.   774  s.). 

^  M.  Rydberg  {Le  developpement  de  facere  dans  les  langues  romanes, 
p.  105)  admet  cependanl  un  developpement  normal  de  facitis  en 
*faistes;  plait  viendrait  de  *  p  1  a  c  t  u  m,  forme  analogique  creee  en  vertu  de 
I'association  facio-factum,  etc.  Hypothese  peu  probable,  vu  que  */aistes 
n'a  jamais  ete  releve  et  que,  dans  aucun  proparoxyton,  -  c  i  t-  ne  semblc 
avoir  donne  autre  chose  que  -//-. 


24  ^-    IVallensköld, 

de  formes  certainement  tres  usitees  {estes,  faites,  dites),  j'ai 
a  priori  de  la  peine  ä  croire  a  autre  chose  qu'a  un  deve- 
loppement  phoneticiue  regulier  de  ces  formes,  et  alors  aussi 
de  tous  les  parfaits  en  -stcs.  Cela  ctant,  il  s'agit  de  trouver 
la  Solution  de  la  contradiction  apparente  entre  le  developpe- 
ment  de  ces  formes  verbales  et  celui  de  mots  comme  oz 
(h  o  s  t  i  s)  et  plaiz  (*  p  1  a  c  i  t  u  s).  Voici  une  explication 
que  je  me  permets  de  soumettre  ä  la  discussion  de  mes 
collegues. 

Considerons  d'abord  faites  et  diies.  Comme  il  ne  pa- 
rait  y  avoir  aucune  raison  de  supposer  un  developpement 
different  selon  la  nature  de  la  voyelle  finale  {i  ou  «),  je  sup- 
pose  que  plaiz,  viiiz,  etc.  ne  viennent  pas  directement  des 
nominatifs  latins  *  p  1  a  c  i  t  u  s,  *  v  o  c  i  t  u  s^  etc.,  ni  des  ac- 
cusatifs  pluriels  *  p  1  a  c  i  t  o  s,  '='  v  o  c  i  t  o  s,  etc.,  mais  des 
formes  frangaises  plait,  vuii,  etc.  avec  addition  supplemen- 
taire  de  Vs  flexionnel.  En  faveur  de  cette  Hypothese  Ton 
peut  citer  de  nombreux  mots  niasculins  pour  lesquels  il  est 
hors  de  doute  que  le  cas-sujet  singulier  est  analogiquement 
refait.  Mentionnons  les  noms  en  -nz  {  -nt-  -\-  -s  (nom.  latin  en 
-  n  s) :  monz,  denz,  semblanz,  etc.  (exception :  i  n  f  a  n  s  )  enfes) ; 
les  noms  en  -ofts  <(  -on-  -f-  -s  (nom.  lat.  en  -o):  lions,  char- 
bons,  etc.  (exceptions:  bcr,  conipain,  lerre^  etc.);  les  mots 
blies  (b  o  V  e  m  -|-  ■s\  piez  (p  e  d  e  m  -f-  -s\  dus  (d  u  c  e  m  -f-  -s)^ 
lievres  (1  e  p  o  r  e  m  -f-  -s),  etc.  (nom.  lat.  b  o  s,  p  e  s,  d  u  x, 
lepus);  les  neutres  devenus  niasculins  qui  n'ont  pas  d'.y  ä 
l'accusatif:  fers  (ferrum  -\-  -i-),  corz  (c  o  r  n  u  -\-  -s),  novs 
(n  o  m  e  n  -j-  -s\  etc.;  les  infinitifs  substantives :  li  baisiers,  li 
venirs:  etc.  Meme  si,  dans  plusieurs  de  ces  cas,  la  creation 
d'un  nouveau  nominatif  remonte  au  latin  vulgaire  *,  il  n'est 
pas  possible  d'attribuer  tout  ce  mouvement  d'unification  dejä 
au    latin.     Comme    le    montrent   ä  l'evidence  entre  autres  les 


^  Voy.  les  exemples  reunis  par  O.  Densusianu,  Hist.  de  la  langue 
roumaine,  I,  pp.  129  ss.,  136  ss.,  et  C.  H.  Grandgent,  An  Jntrodudion  to 
Vulgär  Latin,  %  367.  M.  Nyrop  {Adjektivernes  Könsböjning,  p.  77,  n.  6) 
mentionne  des  collections  d'exemples  anterieures. 


Lc  sorl  des  vovclks  posttoniiiucs  ßiiaks  du  latiii  cii  aiicicn  ßamais.        25 

infinitifs  substantives  et  le  mot  savant  dus  [duc  -f  s),  il  y  a 
des  cas  assures  ou  le  cas-sujet  frangais  a  du  ctre  forme  ana- 
logiquement  par  l'addition  dune  -s  au  cas-reginie.  II  ne 
semble  donc  pas  etre  trop  temeraire  d'expliquer  plairs,  vuiz^ 
etc.  par  l'addition  de  Xs  flexionnel  aux  cas-regimes  plait,  vuit, 
etc.  Mais  il  y  a  une  objection  ä  faire,  dont  je  ne  meconnais 
nullement  Timportance:  c'est  qua  les  formes  platz,  vuiz,  etc. 
ne  sont  pas  non  plus  alors  les  representants  directs  des  pluriels 
*placitos,  *vocitos  (qui,  d'apres  mon  Hypothese,  au- 
raient  donne  regulierement  '''p/aites,  '^vuites),  tandis  que  monz, 
liojis,  bues,  etc.  peuvent  venir  directement  des  accusatifs  plu- 
riels montes,  leones,  boves.  II  n'y  a  que  des  mots 
savants  comme  dus  (reg.  plur.)  qui  semblent  presupposer  une 
formation  analogique  a  l'aide  du  reg.  sing.  Mais  le  singulier 
ctant  cependant,  en  regle  generale,  plus  usite  que  le  pluriel 
(les  singularia  ta7ituin  sont  aussi  beaucoup  plus  nombreux 
que  les  pluralia  tantutn),  il  me  semble  permis  d'admettre  que, 
dans  certains  cas,  c'est  la  forme  du  reg.  sing,  qui  est  le  point 
de  depart  de  la  formation  non  seulement  du  nom.  sing.,  mais 
aussi  des  deux  cas  du  pluriel.  ^ 

Un  raisonnement  analogue  me  semble  pouvoir  expliquer 
la  forme  estcs  et  les  desinences  -astes,  -istes,  -ustes.  EUes 
representent  le  developpement  normal  de  la  combinaison  st  -)- 
voyelle  -|-  s.  Les  formes  <?,:;,  Criz,  ßiz  (fustis),  maz  (germ. 
m  a  s  t  -f-  -s]-,  tenipcz  (t  e  m  p  e  s  t-  -(-  s),  prcvoz  (p  r a  e  p o s  i  tu  s), 
paz  (p  a  s  t  u  s),  etc.  sont  toutes  refaites  sur  le  reg.  sing,  {ost, 
etc.)  ä  une  epoque  oü  le  groupe  st  -f-  s  n'exigeait  plus  une 
voyelle  d'appui,  mais  se  simpliliait  par  la  disparition  de  la 
premiere  s.  Par  contre,  on  trouve  de  bonne  heure  -stes  ä 
la  2:e  pers.  du  sing,  du  prcs.  du  subj.  des  verbes  en  -ster 
[aprestes,    prcstes,    ostcs)  ^,    mais   il  est  possible  que  ce  soient 


'  Le  caractere  secondaire  du  cas-sujel  pluriel  est  assure  pour  lous  les 
cas  des  types  amici  >  r/wf,  fagi  "^ fou,  etc.,  ainsi  que  pour  les  cas  ou 
1'/  final  aurail  dii  changer  un  e,  l  tonique  en  /;  *m  e  s  i  (pour  menses) 
>  weis  iiiois. 

''    Voy.   Willenberg,    ConJ.  Praes.,  p.   388. 


26 


.1.    lyaile/iskölä,  Lc  sott  Jcs  voyelks  posUon.  fin.  du  lat.  en  a.  fr. 


la  deja  des  formations  analogiques  ^  On  peut  comparer  ce 
double  developpetnent  de  st  -{-  s  ä  celui  de  ^  -|-  j  dans  des 
mots  comme  1  a  x  o  )  lais  d'un  cöte,  et  s  i  c  c  u  s  fou  sec  -\-  -s) 
)  ses  de  l'autre.  II  n'y  a  donc  probablement  que  le  mot 
icez  cez  (qu'il  semble  plus  prudent  de  ne  pas  considerer  comme 
refait  sur  le  sing,  cest)  qui  fournisse  l'exemple  d'une  contrac- 
tion  primitive  de  st  -j-  voyelle  -f-  •5'  en  x.  Mais  ce  cas  isole 
est  facile  ä  expliquer:  par  sa  nature  meme  ecce-istos  a 
ete  souvent  employe  protoniquement  sous  une  forme  parti- 
culierement  negligee  (voy.  ci-dessus  p.  9,  note),  d'oü  la  con- 
traction  irreguliere  de  st  -\-  s  en  z  (cf.   n  o  s  t  r  o  s  )  noz). 


Je  suis  arrive  au  bout  de  cet  examen  rapide  des  cas 
allegues  par  M.  Cornu  en  faveur  de  sa  theorie.  Je  crois 
avoir  demontre  qu'il_"  n'y  aucune  necessite  d'admettre  ni  la 
chute  äncienne  dun  a  final  en  position  proclitique,  ni  la 
conservation  sporadique  des  autres  voyelles  sinon  dans  cer- 
tains  cas  rigoureusement  determines  (diphtongaison,  voyelles 
d'appui).  Mais,  par  lä,  j'ai  ete  amene  ä  etablir  trois  nouvelles 
regles  concernant  la  conservation  en  ancien  frangais  dune 
voyelle  posttonique  finale  comme  voyelle  d'appui,  savoir: 

i)  Entre  m  et  s'^)  dans  les  mots  venant  de  proparoxy- 
tons  latins  (f  a  c  i  m  u  s  y  faimes). 

2)  Entre  t  &\.  s  dans  la  meme  categorie  de  mots  (fa- 
c  i  t  i  s  y  faites). 

3)  Entre  i"/  et  j'  (e  s  t  i  s  >  cstes). 

A.    WalUfisköld. 


'  Cf.  W.  P.  Shepard,  ouvr.  citc,  p.  23.  —  II  faut  lenir  peu  de  coinpte 
de  la  comparaison  avec  s  e  x  t  u  s  >  sis-les  (au  Heu  de  sestes,  sous  l'influence 
de  sis),  puisque  le  cas  regime  a  egalement  un   -e  {sisie). 

'    Ou  peutetre  tout  simplement  apres   m;    cf.   ci  dessus  p.    19. 


Die  Langenscheidtschen  Hilfsmittel  für  den  modernen 
Sprachunterricht. 

Die  Langenscheidtsche  Verlagsbuchhandlung  (Prof.  G. 
Langenscheidt)  in  Berlin-Schöneberg  hat  mir  seit  einigen 
Jahren  regelmässig  Proben  ihrer  ungemein  reichen  Tätigkeit 
auf  dem  Gebiete  des  Unterrichts  in  den  modernen  Sprachen 
zugehen  lassen,  und  es  ist  für  mich  eine  angenehme  Pflicht, 
in  diesen  Blättern  auf  die  betreffenden  Bücher  aufmerksam 
zu  machen.  Sie  sind  nicht  das  Resultat  der  Bemühungen  des 
einen  oder  des  anderen  beliebigen  Schulmannes  oder  sonstigen 
Lehrers  der  neueren  Sprachen,  der  in  einer  Grammatik,  in  einem 
Wörterbuche,  in  einer  Chrestomathie  seine  persönliche  Auffas- 
sung von  der  Methode  in  die  Praxis  umsetzen  will,  sondern  sie 
sind  alle  der  Ausdruck  einer  bestimmten  methodischen  Rich- 
tung, die  die  Leiter  des  Unternehmens  selbst  konzipiert  haben 
und  die  sie  auf  allen  Gebieten  fruchtbar  machen  wollen. 
Diese  Methode  bezweckt  vor  allem  die  gründliche  Erlernung 
der  betreffenden  Sprache;  aber  sie  sinkt  nie  zu  einem  blossen 
Gedächtnislernen  herab,  hält  sich  auch  keineswegs  an  den 
Sprachvorrat,  der,  wie  bei  gewissen  anderen  Methoden,  nur 
die  ,, Kellner-  und  Portiersprache"  umfasst,  sondern  sie  fusst 
immer  auf  teoretisch  wissenschaftlicher  Grundlage,  und  viele 
von  den  in  Frage  stehenden  Büchern  können  mit  reichem 
P>trag   für  rein  wissenschaftliche  Zwecke  angewendet  werden. 

Dies  ist  vor  allem  der  Fall  mit  den  grossen  Wörter- 
büchern. Ich  brauche  hier  keine  Worte  zu  spenden  über  das 
grosse  encyklopädische  Wörterbuch  der  französischen  und 
deutschen  Sprache  von  Sachs- Villatte,  das  ja  jedermann 
bekannt  ist  und  in  der  Hand  jedes  Romanisten  sich  wenig- 
stens einige  Male  befunden  hat ;  dasselbe  gilt  wohl  auch  für  das 
entsprechende  Werk  für  Englisch  und  Deutsch  von  Muret- 
Sanders.  Besonders  empfehlen  möchte  ich  jedoch  die 
kleinere  Bearbeitung  des  erstgenannten  Wörterbuches,  die 
Irland-    und    Schulausgabe,  in  zwei  Teilen,  französisch-deutsch 


28  II'.   Söderhjdm. 

und  deutsch-französisch,  zusammen  2098  Seiten  in  gross 
Oktav,  mit  einer  Menge  einleitender  grammatikalischer, 
litterarhistorischer  und  sachlicher  Bemerkungen.  In  einem 
Bande  gebunden  kostet  dieses  Werk  nur  Rni.  15:  — ,  in 
zwei  Bänden  eine  Mark  mehr,  jeder  Band  Rm.  8.  Ver- 
gleicht man  den  deutsch-französischen  Teil  mit  dem  schwe- 
disch-französischen Schulthess,  so  wird  man  wohl  finden, 
dass  der  letztere  reicher  an  Beispielen  ist  und  überhaupt 
weitläufigere  Artikel  enthält ;  dafür  ist  er  aber  auch  beträchtlich 
teurer.  Der  kleine  französisch-schwedische  Schulthess  (der 
einzige  existierende)  kann  aber  mit  unserem  französisch 
deutschen  Teil  an  Umfang  und  Reichtum  kaum  verglichen 
werden.  Kurz,  dieses  Wörterbuch  ist  für  jedermann,  der  so 
gut  deutsch  versteht,  dass  es  ihm  keine  Schwierigkeit  macht 
ein  deutsches  Werk  zu  benutzen,  das  beste  lexikalische  Hilfs- 
mittel, das  einem  Studierenden  der  französischen  Sprache 
empfohlen  werden  kann,  und  es  dürfte  seinen  gegebenen 
Platz  in  unseren  Schulbiblioteken  sowie  in  der  Büchersamm- 
lung des  Neuphilologen  haben.  —  Über  die  fonetische  Be- 
zeichnungsweise dieser  Wörterbücher  haben  sich  viele  geäus- 
sert, und  ich  will  nicht  darauf  eingehen;  sie  könnte  gewiss 
in  grössere  Übereinstimmung  mit  jetzt  gebräuchlichen  Bezeich- 
nungsweisen gebracht  werden;  da  sie  aber,  um  allen  ohne 
Schwierigkeit  zugänglich  zu  sein,  so  einfach  als  möglich 
abgefasst  werden  musste  und  durch  eine  strenge  Konsequenz 
sich  jedenfalls  auszeichnet,  kann  sie  für  ihren  Zweck  als 
brauchbar  angesehen  werden. 

Auch  von  Muret-Sanders  existiert  eine  ähnliche,  ebenso 
preisbillige  Hand-  und  Schulausgabe;  ich  kenne  sie  aus 
eigener  Erfahrung  nicht,  habe  aber  allen  Grund  vorauszusetzen, 
dass  sie  ihrer  französischen  Schwesterausgabe  an  Wert  nicht 
nachgiebt.  Ausserdem  hat  die  Verlagsbuchhandlung  ein 
anderes  englisch-deutsches  und  deutsch-englisches  Wörterbuch 
von  Grieb-Schröer  herstellen  lassen,  das  etwas  grösser  ist  als 
die  letzgenannte  Ausgabe  (zwei  Teile  gebunden  ä  Rm.  8:50), 
und  vielleicht  einen  noch  entwickelteren  Standpunkt  bezeichnet. 

Um    in    diesem    Zusammenhange    auch    von    andern  in 


Die  Langensiheidtschen  Hilfstnittel  ß'ir  den  modernen  Sprachunterricht.     29 

demselben  Verlage  erschienenen  lexikalischen  Arbeiten  zu 
sprechen,  will  ich  zuerst  nicht  unerwähnt  lassen,  dass  die 
Neuphilologen  von  zwei  Wörterbüchern  der  klassischen  Sprachen 
grossen  Nutzen  haben  können.  Es  sind  dies  das  von  Dr. 
Hermann  Menge  zusammengestellte  Griechisch-deutsche  Schul- 
w'örterbucJi  und  sein  Lateinisch-deutsches  ScJiuhvdrterbucIi,  beide 
mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Etymologie  (resp.  635 
und  813  Seiten,  Preis  8  Rm.  für  das  gebundene  Exemplar). 
Von  berufener  Seite  sind  die  besten  Urteile  auch  über  diese 
Bücher  ausgesprochen  worden;  aus  Erfahrung  kann  ich  die 
Vorzüglichkeit  des  handlichen,  klaren,  an  Beispielen  reichen 
und  trefflich  aufgestellten  lateinischen  Wörterbuches  bestätigen. 
Für  den  Romanisten  genügt  es  vollständig. 

Die  Taschenwörterbücher  bilden  eine  besondere  Reihe. 
Es  sind  solche  vorhanden  für  nicht  weniger  als  zwölf  Sprachen, 
und  noch  andere  sind  in  Vorbereitung.  Das  zuletzt  erschienene 
ist  für  Dänisch-Norwegisch,  und  es  ist  zwar  die  erste  Arbeit 
dieser  Art,  wo  eine  genaue  Bezeichnung  für  die  dänische 
Aussprache  eingeführt  ist.  Zu  bedauern  ist  nur,  dass  nicht 
die  norwegische  Aussprache  dieselbe  Behandlung  erfahren 
hat;  der  Titel  ist  somit  ein  wenig  irreführend,  indem  nur  die 
norwegische  Schriftsprache  hier  in  Betracht  kommt.  Dies 
nur  beiläufig  bemerkt.  —  Soviel  ich  sonst  diese  Bücher 
kenne,  kann  ich  sie  durchaus  empfehlen.  Sie  sind  von  Ein- 
heimischen oder  wenigstens  mit  Hülfe  solcher  zusammen- 
gestellt, sie  umfassen  auf  c.  lOOO  Seiten  etwa  50,000  Stich- 
wörter (nämlich  die  beiden  Teile,  deutsch-fremde  Spr.,  fremde 
Spr.  deutsch,  zusammen),  sie  sind  leserlich  und  bequem  und 
dabei  höchst  billig:  ein  Teil  kostet  gebunden  2  Rm.,  die 
beiden  Teile  zusammen  3:50.  Von  der  englischen  und  der 
französischen  Ausgabe  sind  bisher  500,000  Bände  abgesetzt, 
was  ja  an  und  für  sich  schon  eine  gute  Empfehlung  ist.  Ich 
habe  besonders  die  italienische  Ausgabe  benutzt;  sie  ist  für 
praktische  Zwecke  vollständig  genügend,  will  aber  keines- 
wegs ein  Parlör  sein,  etwa  in  dem  Sinne  der  Meyerschen 
Sprachführer.  Sie  enthält  natürlich  weniger  als  das  viel 
grössere  Wörterbuch  von  Michaelis,  aber  sie  kann  mit  Hecker's 


30  W.   Söderhjelni, 

bekanntem  Werke  verglichen  werden,  denn  ohne  eine  ähnliche 
Menge  von  idiomatischen  Ausdrücken  zu  bringen  wie  dieses, 
steht  sie  in  Bezug  auf  Reichtum  des  Wortmateriales  ihm  kaum 
nach.  Für  Romanisten  sind  noch,  ausser  dem  französischen 
Wörterbuche  von  Villatte,  die  spanischen  und  portugiesischen 
zu  empfehlen  (von  dem  letztgenannten  erscheint  jedoch  der 
portugiesisch- deutsche  Teil  erst  Ende  dieses  Jahres). 

An  diese  kleinen  und  doch  so  vollständigen  Wörterbücher 
schliessen  sich  kleine  Sachtv'örterbiicher  über  Land  und  Leute 
an.  Bis  jetzt  sind  solche  für  Frankreich,  England,  Amerika, 
Italien  und  Spanien  erschienen.  Auch  hier  habe  ich  das 
italienische  besonders  gebraucht  und  fand  darin  eine  Fülle 
guter  Auskunft  und  lehrreicher  Notizen,  u.  A.  über  eigentüm- 
liche, dem  Fremden  weniger  bekannte  Verhältnisse  in  dem 
betreffenden  Lande.  Freilich,  alles  was  ein  Reisender  zu 
wissen  wünscht,  steht  ja  nicht  darin,  einige  Urteile  möchte 
man  nach  gewonnener  Erfahrung  nicht  ganz  unterschreiben, 
bei  verschiedenen  Artikeln  merkt  man  es  zu  gut,  dass  sie 
ein  Italiener  und  nicht  ein  fremder  Beobachter  geschrieben 
hat,  aber  jedenfalls  kann  das  bequeme,  billige  Buch  als  ein 
nützlicher  Reisegefährte  dienen  und  sein  Studium  nicht  nur 
belehrend,  sondern  auch  ergötzlich  sein.  Einen  Anhang 
bilden  einige  Konversationsübungen  unter  dem  Titel  ,,Viaggio 
a  Roma",  in  dem  gewöhnlichen  Stile. 

Einen  ganz  besonderen  Zweig  der  Verlagstätigkeit  haben 
wir  dann  in  den  bekannten  Toussaint-Langenscheidtschen 
Unterrichtsbriefen,  die  auf  einer  speziellen  Methode  beruhen 
und  den  gründlichen  Selbstunterricht  Erwachsener  bezwecken. 
Über  den  spanischen  Band  dieser  Briefe  wurde  früher  an 
dieser  Stelle  gesprochen  (Jahrg.  1902,  ^^/g— ^°  10,  S.  18),  und  das 
zur  Charakteristik  der  Methode  und  zum  Lobe  der  Ausführung 
damals  gesagte  kann  in  Bezug  auf  die  später  erschienenen 
Bände  —  den  italienischen  und  den  schwedischen  —  nur 
wiederholt  werden.  Mit  bewunderungswürdiger  Konsequenz 
ist  alles  ausgearbeitet,  und  der  fleissig  Lernende  kann  nicht 
umhin,    in    einigen    Monaten    die    Sprache    einigermassen    zu 


Die  Lauge nscheidtschen  Hilfsmittel  für  ilev  niodertien  Spraihuriierriiht.      31 

beherrschen.      Aber     Fleiss     und     Beharrlichkeit    sind     ganz 
ununigänghche  Bedingungen  um  zu  diesem  Ziele  zu  gelangen. 

Die  Unterrichtsbriefe  bilden  dicke  Bände  und  kosten 
nicht  wenig:  Rm.  27.  Kleinere  Ausgaben  sind  nicht  erschienen, 
würden  wohl  auch  nicht  demselben  Zwecke  dienen  können. 
Für  Englisch  und  Italienisch  existiert  jedenfalls  eine  gewisse 
Art  von  Zusammenschmelzung  der  Unterrichtsbriefe,  der 
Taschen-  und  der  Sachwörterbücher  unter  dem  Titel  Der 
kleine  Toussaint-Langenscheidt,  zur  schnellen  Aneignung  der 
Umgangssprache  durch  Selbstunterricht.  Ausschliesslich  die 
nächsten  praktischen  Zwecke  ins  Auge  fassend,  enthalten 
diese  Konversations-  und  Reisesprachführer  in  grammatika- 
lischer und,  wie  es  scheint,  auch  in  lexikalischer  Hinsicht 
alles,  was  man  von  einem  solchen  Handbuche  zu  erwarten 
berechtigt  ist.  Eine  moderne  Neuerung  besteht  darin,  dass 
sie  auch  für  Sprechmaschinen  eingerichtet  sind,  und  können 
solche  durch  die  Verlagsbuchhandlung  bezogen  werden  — 
für  Rm.   200. 

Es  liegt  ausserhalb  der  Absicht  dieser  Zeilen,  alle  die 
mannigfaltigen  Hilfsmittel  für  die  Erlernung  moderner  Sprachen, 
die  die  Firma  noch  ausgesandt  hat,  zu  besprechen  —  es  sind 
Sprachlehren  nach  der  originalen  ,, humoristischen"  Methode 
Olivier,  es  sind  Konversationsbücher,  Briefsteller,  Grammatiken, 
Phraseologien,  fremdsprachliche  Gedichtsammlungen,  Litteratur- 
geschichten,  Spezialwerke  für  Kaufleute,  u.  s.  w.  Es  mögen 
nur  noch  zum  Schluss  die  bekannten  Parisismen  und  Londo- 
nismen hervorgehoben  werden,  die  dem  Philologen  und  jedem 
anderen  sprachlich  Interessierten  einen  vorzüglichen  Einblick 
in  den  ,, Slang"  der  grossen  Weltstädte  gewähren. 

Die  rastlose  Tätigkeit  der  genannten  Verlagsbuchhandlung 
im  Dienste  der  modernen  Sprachen  und  der  Weltkultur 
verdient  auch  bei  uns  Anerkennung  und  Unterstützung  zu 
finden.  Für  die  Studierenden  sind  viele  von  den  be- 
sprochenen Büchern  billige  und  nützliche  Hilfsmittel  bei  ihren 
Studien. 

W.  Söderhjelm. 


32  Besprechungen.      IV.  S'öcierhjelm, 


Besprechungen. 

Walter  0.  Streng,  Haus  und  Hof  im  Französischen.  Mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  Mundarten.  Versuch  einer 
onomasiologischen  Studie.  —  Helsingfors  1907.  Druckerei  der 
Finnischen  Litteratur-Gesellschaft.    168    S.   8:0. 

Der  \'erfasser,  der  das  Thema  für  diese  Doktordissertation 
schon  vor  einigen  Jahren  von  Prof.  Fr.  Neumann  in  Heidelberg 
bekam,  hat  mit  grosser  Ausdauer  seine  Aufgabe  zu  Ende  geführt. 
Sein  Fleiss  und  seine  Beharrlichkeit  verdienen  ein  um  so  grösseres 
Lob,  als  er  sie  unter  sehr  ungünstigen  Verhältnissen  an  den  Tag 
gelegt  hat.  In  seiner  Heimat,  wo  er  seine  Arbeit  redigierte,  stand 
ihm  natürlich  nur  ein  geringer  Teil  des  Materials  zu  Gebote,  und 
an  dem  kleinen  Orte,  wo  er  als  Lehrer  wirkt,  hat  er  nicht  einmal 
das  wenige,  was  sich  hier  in  der  Haupstadt  findet,  zur  Kontrolle 
gebrauchen  können.  Sein  Eifer  kann  wahrlich  als  Beispiel  dienen 
für  diejeningen,  welche  nach  Antritt  eines  festen  Lehreramtes  in 
der  Provinz  sich  von  allen  Verpflichtungen  ihrer  weiteren  wissen- 
schaftliclien  Ausbildung  gegenüber  als  losgelöst  betrachten. 

Methodisch  lehnt  sich  die  Abhandlung  (die  übrigens  nicht 
nur  das  Frz.,  sondern  auch  das  Provenzalische,  berücksichtigt)  an 
die  bekannten  Arbeiten  von  Tappolet  über  die  Verwandtschafts- 
namen und  von  Zauner  über  die  Namen  der  Körperteile  an. 
Beinahe  allzu  intim :  der  Verf.  hat  nicht  genug  in  Erwägung 
gezogen,  dass  bei  einer  Untersuchung  über  die  Namen  der  Gruppe 
«Haus  und  Hof»  nicht  immer  in  derselben  Weise  verfahren  werden 
konnte,  als  wenn  man  die  Namen  der  Körperteile  betrachtet,  denn 
bei  der  ersteren  spielen  natürlich  kulturgeschichtliche  Gesichtspunkte 
in  viel  weiterem  Maasse  mit.  Die  grossen  Schwierigkeiten,  die 
seine  Aufgabe  in  dieser  Hinsicht  bietet,  hat  der  Verf.  nicht  xxhox- 
sehen,  wie  aus  seiner  Vorrede  hervorgeht  (S.  3—4).  Doch  muss 
man  sagen,  dass  er  sie  im  Laufe  der  Arbeit  meistens  nicht  einmal 
anzufassen  versucht  hat,  und  das  Resultat  dieses  Verfahrens  ist, 
dass  das  Bild  der  Entwickelung,  das  er  uns  giebt,  in  nicht  wenigen 
Fällen  dunkel,  in  emigen  sogar  schief  geworden  ist.  Die  wenigsten 
von  den  in  Frage  stehenden  Benennungen  der  Kulturgegenstande 
sind  solche,  dass  sich  ihre  Geschichte  mit  Hülfe  von  lauter 
etymologischen  und  semasiologischen  Zusammenstellungen  aufhellen 
Hesse ;  fast  überall  spielt  die  Begriffsgeschichte  eine  wichtige  Rolle. 
Selbständige  ethnographische  Forschungen  konnte  man  wohl  nicht 
vom    Verf.    verlangen ;    aber    die  Litteratur,  die  er  für  diese  Seite 


WnHer  0.   Streng,   Haus  und  Hof  im  Framösischef!.  33 

seiner  Aufgabe  benutzt  hat,  scheint  nur  das  allgemeinste  und  am 
leichtesten  zugängliche  zu  umfassen  ;  ich  frage  mich  z.  ß.,  ob  er 
nicht  von  dem  Werke  de  Foville's  Enquete  sw  les  conditions  de 
riiabitation  en  France,  mit  historischer  Einleitung  zum  zweiten 
Teile  von  J.  Flat;h,  1899,  Nutzen  hätte  haben  können  (ich  kenne 
das  Buch  freilich  nicht),  und  auf  dem  Gebiete  sind  auch  ver- 
gleichende Untersuchungen  vorhanden,  die  ihm  gewisse  Ausblicke 
über  das  Gebiet  ermöglicht  hätten.  Auf  alle  Fälle  kann  man 
nicht  eine  Behandlung  ohne  weiteres  gutheissen^  die  oft  gamicht 
nach  den  begrifflichen  Bedingungen  fragt,  die  die  Geschichte  eines 
Ausdruckes  oder  einer  Gruppe  von  Ausdrücken  regeln.  Der  Verf. 
.scheint  z.  B.  ganz  gleichgültig  einem  solchen  Probleme  gegenüber 
zu  stehen,  wie  demjenigen,  welches  die  mannigfaltigen  Benennungen 
des  Gartens  in  den  Dialekten  bietet :  er  macht  nicht  einmal  einen 
Versuch,  diese  Mannigfaltigkeit  zu  erklären,  präzisiert  nicht  einmal 
den  genauen  Sinn  der  verschiedenen  Namen.  Und  doch  würde 
gewiss  z.  B.  das  scheinbar  so  verworrene  Durcheinander  im 
Gebrauche  \on  Wörtern  wie  ort,  cotatti,  j ardin,  verger,  ouche,  an 
\erschiedenen  Orten  oder  an  einem  und  demselben  Orte  zu 
verschiedenen  Zeiten,  sich  durch  eine  genauere  Untersuchung 
dieser  äusseren  Verhältnisse  wenigstens  zum  Teil  aufklären  lassen, 
und  man  könnte  Einsicht  in  solche  Fragen  erlangen  wie  z.  B. 
\\eshalb  ein  Wort  wie  jardin  so  weit  \erbreitet,  während  eins  wie 
casal  auf  eine  Provinz  beschränkt  geblieben  ist.  Das  alles  beruht 
sicher  nicht  auf  dem  Zufall.  Solcher  Fragen  lässt  die  Abhandlung 
eine  Menge  offen. 

Mangelnde  Genauigkeit  in  der  Stellung  des  Problems  macht 
sich  mehr  als  einmal  bemerkbar  und  deutet  auf  eine  allzu  schema- 
lische  Konzeption  des  Gegenstandes  hin.  So  z.  B.  übersieht  der 
Verf.  bei  der  Behandlung  der  verschiedenen  Benennungen  für 
Schweinestall,  Kuhstall,  Pferdestall  etc.,  dass,  wenn  eins  von  diesen 
Gegenständen  mit  einem  Namen  benannt  ist,  welcher  beispielsweise 
in  die  Kategorie  von  «Hütte»  gehört,  dieser  Name  nicht  direkt 
auf  den  betreffenden  Gegenstand  übergegangen  ist,  sondern  erst 
durch  ein  Zwischenglied,  das  wahrscheinlich  überhaupt  «Stall» 
bedeutet  hat  —  obgleich  sich  Belege  nicht  mehr  finden  — ,  und 
dann  auf  die  verschiedenen  Gattungen  sich  spezialisiert  hat.  Eine 
ähnliche  falsche  Herleitung  kommt  auch  bei  den  Begriffen  Schuppen, 
Scheune  u.  s.  w.  vor.  Hätte  der  Verf.  diesen  wie  es  scheint  ganz 
von  sich  selbst  darbietenden  richtigen  Gesichtspunkt  beachtet,  so 
wären  seine  Ausführungen  in  diesen  Kapiteln  viel  einfacher,  klarer 
und  exakter  ausgefallen.  —  Ein  Opfer  wird  der  Schablone  auch 
in  dem  etymologischen  Teile  der  Abhandlung  dargebracht.  Der 
Verf.    glaiibt    die    Etymologien    immer    aus    dem    Latein  herholen 


34  Bespyechu)ii;eii.      11^.   Sdilerhjelm^ 

und  ilie  vorauszusetzenden  lateinischen  Etyma  anführen  zu  müssen, 
auch  wo  wir  es  ganz  deutlich  mit  späteren  Bildungen,  Ableitungen, 
Zusammensetzungen  innerhalb  des  Frz.,  mit  Lehnwörtern  u.  s.  w. 
zu  tun  haben.  Diese  konstruierten  und  höchst  sonderbaren 
Urformen  sagen  uns  ja  garnichts  anderes,  als  dass  der  Autor 
seine  historische  Grammatik  einigermassen  beherrscht;  und  den 
historischen   Vorgang  stellen  sie  in  ein  falsches  Licht. 

Die  für  eine  Untersuchung  wie  die  vorliegende  erforderlichen 
dialektologischen  Kenntnisse  hat  sich  der  Verfasser  durch  ein 
emsiges  Umsehen  in  den  vorhandenen  Wörterbüchern,  Mono- 
graphien und  sonstigen  einschlägigen  Arbeiten  verschafft,  und  den 
Atlas  linguistique  hat  er,  wo  es  in  Frage  kommen  konnte,  fleissig 
benutzt.  Es  wäre  zu  viel  zu  verlangen,  dass  er  sich  diesen 
Arbeiten  gegenüber  mit  der  Kritik  bewaffnet  hätte,  die  von  Seiten 
eines  einheimischen,  zumal  mit  den  Dialekten  vertrauten  Forschers 
in  Bezug  auf  einige  von  den  Quellen  ohne  Zweifel  nicht  ausge- 
blieben wäre.  Aber  eine  Frage  hätte  sich  doch  der  Verf.  stellen 
müssen  und  Antwort  darauf  hätte  er  wohl  durch  geeignete  Nach- 
forschungen erhalten,  nämlich  ob  wirklich  alle  die  Wörter,  deren 
Gebrauch  er  auf  gewisse  Dialekte  begrenzt  und  auf  deren  etymo- 
logisches Erforschen  er  oft  verzichtet,  spezifisch  für  einen  Dialekt 
sind  oder  ob  nicht  hie  und  da  ein  Wort,  das  in  der  ganzen 
Vulgärsprache  Frankreichs  gang  und  gäbe  ist,  sich  zufälligerweise 
auf  einem  bestimmten  Platze  festgesetzt  hat,  den  Sieg  über  den 
heimischen  Ausdruck  davontragend.  So  finde  ich  z.  B.  turne 
(S.  47)  im  grossen  Larousse  als  «maison  malpropre,  mal  tenue» 
angeführt  und  mit  einem  litterarischen  Belege  gestützt;  es  liegt 
nahe  an  der  Hand  hier  ein  weit  verbreitetes  Argot-Wort  zu 
vermuten,  und  ein  Kenner  der  französischen  Dialekte  teilt  mir  mit, 
dass  es  sich  wirklich  so  verhält  und  dass  das  Wort  ohne  Zweifel 
von  Hause  aus  als  ein  provenzalisches  Lehnwort  betrachtet 
werden  muss. 

Ich  hebe  im  Einzelnen  noch  einiges  hervor,  teilweise  um 
diese  Behauptungen  zu  stützen. 

S.  6.  Schon  hier  in  der  Einleitung  macht  sich  eine  gewisse 
Unsicherheit  in  der  Bestimmung  der  Grenzen  zwischen  «Ver- 
schiebung» und  «Verwechslung»  bemerkbar.  —  S.  13  und  sonst. 
Chalet  kann  doch  wohl  nicht  die  Bedeutung  von  «Landgut» 
haben!  —  S.  15.  Als  Ableitung  von  mansum  hätte  Verf.  auch 
ynanse  erwähnen  sollen,  das  er  selbst  S.  19  Anm.  citiert  und  das 
nach  DG.  «petit  domaine  rural»  bedeutet.  —  S.  17.  Es  ist  unrichtig 
zu  sagen,  dass  die  lat.  Benennungen  «völlig  untergegangen  waren»  ; 
s"e  waren  nur  auf  andere  Begriffe  übertragen  worden.  —  Hier  ist 
ein    bei    Godefroy   befindliches  Wort  grangeage  weggelassen.   —  S. 


Walter  O.   Fitreng,   Hans  iiful  Hof  im  Fra»zösischen.  35 

20.  Verf.  behandelt  l)eiläufig  die  Ursache  dazu,  dass,  wie  er  es 
nennt,  eine  «Verschiebung»  von  Ochsenstall,  Kuhstall  >•  Landgut 
vorsichgegangen  ist;  aber  die  Erklärung,  die  richtig  ist,  bildet  ein 
hervorragendes  Moment  im  onomastischen  Entwicklungsprozess  und 
hätte  als  solches  behandelt  werden  sollen.  —  S.  21.  Wenn  Verf.  afz. 
plaisseis  u.  s.  \v.  behandelt,  und  sonst  den  Begriff  «Villa»  aus- 
schliesst,  so  liegt  hier  eine  kleine  Inkonsequenz  vor;  er  scheint 
sich  die  Bedeutung  etwas  anders  vorzustellen  als  Godefroy.  Wenn 
er  übrigens  plaisseis,  pleisseiz,  placiz  auf  *p  1  a  x  (  u  s  ),  p  1  e  x  (  u  s  ) 
-j-  e  t  u  s  (i  c  i  u  m)  zurückführt,  so  ist  das  nicht  richtig,  denn  das 
Wort  ist  im  Afz.  dreisilbig.  - —  S.  30.  Bei  einem  Citate  aus 
Hennegau:  n  le  man  (=  maison)  fragt  sich  der  Verf.:  «Ist  das 
W.  als  Mask.  zu  verstehen?»,  aber  das  ist  ja  die  regelrechte 
Form  für  den  Obliq.  fem.  in  diesem  Dialekte!  —  Note.  Weshalb 
Fragezeichennach  «prov.  niaiso-»}  Levy,  Prov.  Supplem.  Wb.  (das 
der  Verf.  übrigens  nicht  gekannt  zu  haben  scheint)  citiert  zwei 
Belege  im  Reim ;  sonst  giebt  L.  auch  andere  Formen,  die  eine 
Erwähnung  verdient  hätten.  —  S.  31.  Bei  den  Nachkommen  des  lat. 
casa  hätte  case  «petite  habitation»  (DG.)  Platz  finden  sollen, 
\'ielleicht  auch  das  Lehnwort  casi7io  und  das  daraus  in  letzter 
Zeit  neugebildete  casin  (z.  B.  Schneider,  Rome,  S.  197).  Vgl.  für  das 
Prov.  S.  40.  —  Die  Ausführung  über  h  o  s  p  i  t  a  1  e  leidet  an 
Dunkelheit  und  Ungenauigkeit :  so  sagt  Verf.,  dass  das  Wort  im  17. 
Jhdt  seine  «ursprüngliche  Bedeutung»  wiedergewonnen  hat;  diese 
ist  aber  nach  ihm:  «zu  den  Gästen  gehörig»,  «Gasthaus»,  «Wirts- 
haus». —  S.  36.  Unter  «C.  Entlehnungen»  hätte  but  «Wohnung» 
(Norm.  Körting)  Platz  finden  sollen.  —  S.  39.  Lat.  capanna 
l)raucht  nicht  vermutet  zu  werden,  da  es  bei  Isidor  vorkommt.  — 
Die  Ansetzung  eines  vulgärlat.  *c  a  s  s  i  n  a  für  das  offenbar  späte 
Lehnwort  cassine  ist  eine  Konsequenz  der  vom  Verf.  befolgten 
etymologischen  Methode.  —  S.  44.  Wenn  Verf.  nfrz.  huite  als 
Lehnwort  aus  dem  ahd.  h  u  1 1  a  betrachtet,  so  ist  das  mindestens 
schlecht  ausgedriickt;  hntte  kommt  übrigens  erst  im  löten  Jhdt 
vor.  Dagegen  fmdet  sich  ein  Dim.  hiäeletie  schon  im  I4ten  Jhdt.  — 
S.  45.  Als  Entlehnung  (es  handelt  sich  um  die  Bedeutung  «Hütte») 
betrachtet  der  Verf.  auch  das  Wort  löge  (ahd.  1  o  u  b  a).  Hier  ist 
aber  nur  von  einer  Entlehnung  in  etymologischem  Sinne,  nicht 
in  semasiologischem,  die  Rede,  denn  im  Afz.  bewahrte  das  Wort 
anfangs  die  Bedeutung  von  «Schutzdach»  (in  beschränktem  Sinne) 
und  nahm  erst  später  die  Bedeutung  von  «petite  maison»  an; 
also  hat  innerhalb  der  frz.  Sprachperiode  eine  Verschiebung 
stattgefunden,  und  das  Wort  war  unter  diese  Rubrik  zu  führen.  — 
Übrigens  setzt  Verf.  in  demselben  Stücke  für  Wörter  wie  caloge 
eine     Kontamination     zwischen    loi>e    und     cabane    voraus,   während 


36     Besprechungen.     IV.   Söderhjelni,    Walter  O.  Streng,  Haus  und  Hof  etc. 

er  auf  der  vorhergehenden  Seite  das  Präfix  ca  als  eine  für  die 
Benennungen  «Hütte»  spezifische  ansieht.  —  S.  46.  Verf.  sagt: 
«Aus  dem  Griechischen  entlehnt  ist:  baüo  hatte»  etc.,  das  in 
Südfrankreich  vorkommt.  Aber  das  Wort  ist  in  der  Form  baiia 
in  ganz  Nord-Italien  bekannt  (vgl.  M.  Ponza,  Vocabolario  Pie- 
montese-Italiano  s.  v.)  und  braucht  garnicht  so  weit  wie  in  Griechen- 
land gesucht  zu  werden.  —  S.  61.  Verf.  citiert  afz.  estra,  «Vorhof», 
mit  der  Passion  als  älteste  Belegstelle ;  das  ist  auch  das  einzige  Mal, 
wo  das  Wort  so  lautet,  und  aus  selbstverständlichen  Gründen ;  sonst 
heisst  es  ja  immer  estre.  —  S.  63,  Fussnote.  Wenn  Verf.  annimmt,  dass 
Formen  wie  boe,  bu  u.  s.  w.  aus  b  o  v  e  m  entwickelt  sind  und  be- 
hauptet, «die  Verschiebung  der  Bezeichnung  des  Tieres  zu  der  die 
Tiere  einschliessenden  Stallung»  liege  nahe,  so  ist  hier  ein  Fall,  wo  er 
eben  seine  Behauptung  mit  Beispielen,  etwa  auch  aus  anderen 
Sprachen,  hätte  stützen  sollen;  mir  ist  keine  solche  Verschiebung 
bekannt.  —  S.  69.  Verf.  macht  sich  grosse  Mühe  mit 
den  «Bedeutungsverschiebungen»  und  «Funktionsverwechslungen» 
zwischen  den  Begriffen  Schweinestall,  Pferdestall  etc.,  wo  einfach 
eine  erste  allgemeinere  Bedeutung  und  dann  Spezialisierung  in 
verschiedenen  Richtungen  angenommen  werden  muss.  Dies  zeigt 
sich  ja  auch,  wenn  man  an  Ausdrücke  wie  etable  ä  moulons,  brebis 
etc.  denkt  (vgl.  S.  70).  Bemerkungen  ähnlicher  Art  sind  übrigens 
auf  jeder  Seite  in  diesen  Kapiteln  zu  machen.  —  S.  87.  «Das  afrz. 
oisellerie  hat  seine  urspr.  Bed.  im  Afrz.  verloren»;  soll  heissen 
«im  Nfrz.»  —  S.  go.  Die  Zusammenstellung  von  jii,  jou,  joiic, 
«toit  aux  poules»,  mit  ndl.  j  u  k  hat  Mackel  S.  26  als  aus  lautlichen 
Gründen  unannehmbar  erwiesen.  —  S.  98 — 99.  Bei  ahd.  s  c  ü  r  a, 
afz.  sctire  nimmt  Verf.  eine  «Verschiebung  von  Schuppen»  an,  aber 
das  Wort  bedeutet  ursprunglich  «Wetterdach,  Schutz»,  dann 
«Scheuer»,  vgl.  Kluge.  —  S.  117 — 118.  Im  Gegensatz  zum 
Verf.  finde  ich  die  Annahme  einer  Kontamination  von  lat. 
a  n  g  a  r  i  a,  «Frohnfuhrvverk»,  mit  germ.  w  a  r  d  a,  wardön  als 
Erzeugerin  des  Wortes  hangar  «sowohl  lautgesetzlich  als  auch 
begrifflich»  ausgeschlossen.  —  S.  129.  Verf.  etymologisiert:  frühe  <C 
fricda  aus  frlgere,  «brach  liegen»,  das  lange  t  beibehalten  durch 
Differenzierung  in  der  Bedeutung  mit  frigid  um,  «kalt».  Wenig 
wahrscheinlich ! 

Ich  übergehe  verschiedene  andere  Einwände,  die  noch  gegen 
die  Gruppierung,  die  Beweisführung  und  die  Darstellung  im 
Einzelnen  gemacht  werden  könnten  und  formuliere  als  mein  Schluss- 
urteil, dass  die  Abhandlung  einen  schätzenswerten  Beitrag  zur 
Dialekt-Lexikographie  bildet,  aber  trotz  vieler  guter  Gedanken  und 
des    darauf    verwendeten    grossen  Fleisses  allzu  mechanisch  in  der 


Ivar  Hortling,   Studien  ither  die  Q-Verha  im   Altsächsischen.  37 


Behandlung    ist,    um    das    zu    sein,    was  sie    eigentlich  sein  sollte, 

nämlich     eine    onomasiologische  Studie    über    die    Ausdrücke    der 

Begriffsgruppe     «Haus    und    Hof»     in    der    französischen    Sprache 

älterer  und  neuerer  Zeit.  __,    ^   ,    ,  .  , 

W.   Ciöderhjelm. 


luar  Hortling,  Studien  über  die  o-Veiha  im  AltsächsiscJien. 
Helsingfors    1907    (H:forser  Centraldruckerei).  X  -(-  114   S.   8:0 

Die  Abhandlung  gehört  zu  einem  Gebiete  der  germanischen 
Sprachwissenschaft,  wo  manche  wichtige  Fragen  immernoch  ihrer 
Lösung  harren.  Eine  nähere  Aufklärung  der  verschiedenen  Typen 
schwacher  Verba,  besonders  mit  Rücksicht  auf  ihr  Alter,  ihre 
Verbreitung  und  Verwandtschaft,  ist  gewiss  eine  der  nächstliegen- 
den Aufgaben  der  historischen  Verballehre  des  Germanischen. 
Zu  dieser  Forschung  giebt  Hortling  mit  seiner  Untersuchung  über 
die  altsächsischen  Verba  der  \\.  schwachen  Konjugation  einen  sehr 
willkommenen  Beitrag. 

Der  Begriff  «Altsächsisch»  ist  in  der  gewöhnlichen  einge- 
schränkten Bemerkung  gefasst.  Altniederdeutsche  Texte,  deren 
jMundart  —  sächsisch  oder  fränkisch  —  nicht  sicher  bestimmbar 
ist,  sind  nur  insofern  verwertet  worden,  als  sie  weitere  Belege  für 
das  streng  altsächsische  Material  bieten.  Die  Arbeil  hätte  jedoch 
sowohl  lexikalisch  als  sprachgeschichtlich  an  Wert  gewonnen,  wenn 
auch  diese  mehr  oder  weniger  zweideutigen  Texte,  wie  sie  jetzt 
in  Gallees  «Vonstudien  zu  einem  altniederd.  Wörterbuche»  bequem 
zu  Gebot  stehen,  in  ausgedehnterem  Maasse  benutzt  worden 
wären;  vgl.  z.  B.  zu  brakon  ,krachen'  (bei  H.  S.  35)  das  lautlich 
nahe  verwandte  gibiükon  ,brachen'  bei  Gallee  S.   94. 

Von  diesem  principiellen  Standpunkte  aus  betrachtet,  ist  die 
bei  H.  gebotene  Materialsammlung  der  altsächs.  schwachen  ö- Verba, 
so  viel  ich  gefunden  habe,  erschöpfend  und  trägt  überhaupt  das 
Gepräge  gewissenhafter  Arbeit.  Sämmtliche  Flexionsformen  nebst 
ihren  Belegen  sind  beigefügt. 

Die  Arbeit  zerfällt  in  zwei  Hauptabteilungen:  A-  Eigentliche 
ö-  Verba  und  B-  Veiba  mit  sekundärer  ö-Flexion.  In  der  ersten 
Gruppe  unterscheidet  H.  4  Kategorien :  I.  ö- Verba  neben  Nomina, 
die  er  wieder  nach  den  verschiedenen  zu  Grunde  liegenden 
Flexionsklassen  verteilt,  IL  ö-Verba  neben  starken  Verben, 
III.  Ö-Verba  mit  konsonantischen  Suffixen  und  IV.  Isolierte 
ö-Verba.  Die  zweite  Hauptgruppe  umfasst  «sekundäre»  ö- Verba, 
die  ursprünglich  zur  g-Klasse  gehört  zu  haben  scheinen.  Die 
Annahme  älterer  e-FIexion  für  einen  beträchtlichen  Teil  der  as. 
Ö-Verba  (für  etwa  36  unter  im  ganzen  211   Verben)   gründet  sich 


38      Besprechungen.    T.  E.  Karsien,  Ivar  Hortlhig,  Studien  aber  die  Q-Verha  etc. 

auf  verschiedene  Kriterien  formaler  und  begrifflicher  Art  sowie 
auf  die  Beweiskraft  der  Nachbardialekte,  in  denen  nicht  selten 
e-Verba  gegenüber  synonymen  as.  ö-Formationen  stehen.  Ein 
«Rückblick  auf  die  ö-Verba»  behandelt  die  Frage  nach  den 
Suffixformen  (-ä-  und  äio-),  «Doppel-  und  Parallelbildungen» 
nach  der  I.  und  III.  sw.  Konjug.,  die  Verbreitung  der  as.  ö-Verba 
über  das  germ.  Sprachgebiet  sowie  die  Stammverhältnisse  dieser 
Bildungen. 

Diese  in  der  Natur  der  behandelten  Frage  begründete  Ein- 
teilung ist  im  gi-ossen  ganzen  glücklich  durchgeführt  worden,  wenn 
auch  weniger  wahrscheinliche  Ansätze  und  sogar  Irrtümer  nicht 
ganz  fehlen.  Die  sprachgeschichtliche  Auffassung  der  ö-Verba  ist 
im  allgem.  richtig  und  zeugt  von  gründlichen  Kenntnissen  in  den 
betreffenden  Teilen  der  historischen  Grammatik,  wie  auch  in  der 
etymologischen  Literatur.  Nur  gelegentlich  ist  eine  wichtigere 
^^'ortdeutung  übersehen  worden. 

Im  Einzelnen  beschränke  ich  mich  auf  folgende  Anmer- 
kungen :  Die  neue  Zusammenstellung  von  hripson  (S.  48)  mit  lat. 
crepate  finde  ich  entschieden  richtig.  Hierfür  spricht  schon  die 
lat.  Glossierung  increpat  (Hortl.  S.  71).  Der  glückliche  Gedanke 
hätte  jedoch  eine  etwas  nähere  Ausführung  erheischt.  Lat.  in- 
crepare  bedeutet  in  übertragenem  Sinne  .schelten,  verweisen',  wie 
auch  das  as.  Vb.  As.  hripson  steht  für  ^hrifison  >  *hrifso?i,  vgl. 
ags.  rocpsan  für  icefsaii,  mhd.  repsen  für  refseri  , tadeln'.  Falk-Torp 
Ordb.  II.  S.  106  schreiben  unrichtig  as.  lipson  statt  hripson  und  setzen 
fehlerhaft  eine  idg.  Wz.  rip-  voraus.  Mndl.  holl.  berispe7i  , tadeln' 
enthält  wohl  dasselbe  Vb. ;  vgl.  as.  nspnnga  (?)  bei  Wadst.  194. — 
Zu  geskon  S.  49:  nschw.  gäspa  (eine  neue  ansprechende  Kombi- 
nierung), vgl.  ahd.  forscon  =  forspon.  —  Bemerkenswert  ist  weiter 
u.  a.  die  für  as.  röbhon  (S.  15)  wahrscheinlich  gemachte  Bed. 
,bekleiden'  (anstatt  ,berauben').  —  S.  2 :  eron  ist  richtiger  als  altes 
e-Vb.  zu  fassen,  vgl.  ahd.  eren  mit  mehreren  Formen  nach  der 
y-Flexion  (ahd.  ereon  <^  '^erjon  mit  Übertritt  in  die  ö-Klasse),  isl. 
eira,  rbe  nach  der  7-KI. ;  auch  ags.  drian  ist  nach  Sievers,  Ags. 
Gr.  §  411,  Anm.  5,  ein  altes  e-Vb.  —  In  escan  Hei.  C.  823 
(neben  escon  in  M.)  ist  a  nicht  sicher  die  Schwächung  eines  0 : 
neben  escon  gebt  as.  escian,  wo  das  ableitende  /  verloren  gegangen 
sein  könnte,  wie  in  as.  farcopan  =  farcopian,  tuißan  =  tuifiian  usw. 
(vgl.  Schlüter,  Unters.  S.  98).  Neben  ö-Formen  in  Hei.  M.  gehen 
auch  sonst  nicht  selten  y-Formen  in  C.  —  S.  4  :  Zu  fargumon 
vgl.  eine  neue  Deutung  bei  Falk-Torp  Ordb.  I.  S.  226.  —  As. 
tökon,  ags.  löcian  verbindet  H.  (nach  Schade  und  Kluge)  mit  ahd. 
luogen,  lohen,  aber  mit  Unreclit  (s.  Zupitza,  Gutturale  S.  209, 
215).   —   S.  32:  dmbhon   neben    dröbhi    ,trübe'  hat  wahrscheinlich 


Anna   Curiitts,  Der  französische  Aufsatz  im  deutschen  Schulunterricht,      39 

ü  für  ö  in  der  Stellung  vor  labial,  bh,  ganz  wie  as.  tmneat  Hei. 
^I.  1554  (vgl.  sonst  römon  7iiomoti)  vor  dem  lab.  vi.  Kein  Ab- 
laut, wie  Hortl.  S.  97  vermutet.  —  S.  40,  41  :  Statt  buloti, 
flülon  sind  wahrscheinlich  bidoji,  fIoio?i  anzusetzen ;  vgl.  isl.  bi^a., 
aÖ,  ßota,  ab.  —  S.  56  ff.:  Unter  den  «sekundären»  Ö-Verben 
bespricht  H.  zuerst  eine  Gruppe,  die  sich  auf  Grund  «formaler 
Kriterien»  als  alte  e-Verba  er\veisen.  Die  Art  dieser  Kriterien 
hätte  näher  bestimmt  werden  müssen.  Sämmtliche  hier  aufgeführte 
19  Verba  haben  e- Parallelen  in  den  germ.  Schwestersprachen. 
Die  allermeisten  zeigen  aber  daneben  «formale»  altsächsische 
Spuren  älterer  e- Flexion :  i  anstatt  oder  neben  e  (bezw.  u  :  0)  in 
der  Stammsilbe  in  bib/io/i,  hlinon,  klibhon  (and.  Ps.  clevon),  libhon, 
lebhon,  llnon  (ahd.  Urnen  :  lernen),  tiliayi,  ivunon,  tvonon;  die  Formen 
mit  i,  u  als  Stammvokal  dürften  aus  dem  y-Stamme  eines  alten 
e-Verbs  herrühren,  dessen  ableitende  /  in  as.  binmrnie  (ahd. 
mornen)  und  rumeat  (vgl.  ahd.  rämen)  noch  erhalten  ist.  Ein  a 
in  der  Endung  folgender  Verbformen  ist  als  Schwächung  eines  e 
zu  betrachten:  fnran,  folgan,  gehalan,  hatan,  hatandiero,  tohlinandi, 
birnorna^  rotat,  sorgandie,  bisorgan,  tholan.  Warum  aber  auch 
hangon,  gihmnon,  thagon  in  diese  Gruppe  eingeordnet  sind,  sieht 
man  nicht  ein.  Sie  gehören  vielmehr  zur  3.  Unterabteilung  (ö-Vb, 
die  nur  durch  ihre  e-Parallelen  in  verw.  Sprachen  auf  ältere 
e-Biegung  hindeuten).  —  S.  57:  In  hangondi,  hnngöthiön  ist  d :  Ih 
wohl  kein  gramm.  Wechsel,  vgl.   Holth.   §  412,   Anm.   3. 

T.   E.   Karsien. 


Anna  Curtius,  Der  französische  Aufsatz  im  deutschen  Schul- 
unterricht. Eine  Anleitung  zur  Gestaltung  der  freien  schriftlichen 
Arbeiten  im  französischen  Sprach-  und  Literaturunterricht.  Leipzig, 
Veriag  der  Dürr'schen  Buchhandlung,  1907.  296  S.  8".  Preis: 
ueb.  4   M.,  elegant  gebunden  4   M.  80  Pf. 

L'auteur  a  mis  en  tete  de  son  livre  cette  devise  d'un  col- 
legue,  I\L  H.  Borbein :  «Die  freien  Arbeiten  sind  die  Blüte  des 
ganzen  neusprachlichen  Unterrichts;  wie  aber  diese  bei  der  Pflanze 
den  Samen  zu  neuem  Leben  enthält,  so  wirken  auch  jene  be- 
fruchtend auf  alle  übrigen  Zweige  des  Unterrichts».  Dans  sa 
preface  eile  cite  encore  de  M.  Borbein  cette  phrase:  «Die  metho- 
dische Behandlung  der  freien  schriftlichen  Übungen  ist  eins  der 
schwersten,  vielleicht  das  schwerste  Problem  des  neusprachlichen 
Unterrichts».  Elle  dit  aus.si  avec  M.  Borbein  que  les  composi- 
tions  naisscnt  organiquement  des  exercices  oraux  et  des  travaux 
ecrils    etroitement    unis,    et   se    piopose  de  donner  dans  son  livre, 


40  BcsprechuH^en.     .4.   Lindfors^ 

avec  quelques  conseils  sur  la  methode,  une  collection  de  redac- 
tions  oü  le  lecteur  puisse  trouver  ce  qu'il  liii  faut  ou  dont  il 
puisse  simplement  s'inspirer. 

II  s'agit  d'ecoles  de  jeunes  filles  superieuies  ainsi  que  de 
seminaires  pour  institutrices.  M:lle  Curtius  est  «Oberlehrerin» 
d'une  ecole  superieure  de  jeunes  filles  et  du  seminaire  de  Leipzig. 

Pour  les  classes  inferieures  (7  :  ieme  -  3  :  ieme)  l'auteur  se 
contente  de  foumir  quelques  redactions  basees  sur  des  lectures.  Dans 
les  conseils  qui  les  precedent  sur  la  methode,  eile  recommande 
de  faire  ces  sortes  de  travaux  des  la  premiere  annee 
d'enseignement  du  frangais,  l'esprit  des  enfants  ayant  alors  la 
Souplesse  qui  permet  de  cultiver  avec  succes  des  exercices  utiles 
au  travail  de  redaction  d'un  äge  plus  avance.  Les  petits  travaux 
ecrits,  resultat  d'un  traitenient  preparatoire  qui  consiste  en 
questions  et  rcponses,  imitations  et  transformations  du  texte,  se 
fönt,  dit  l'auteur,  avec  un  tres  grand  plaisir,  qui  se  trouve  augmente, 
si  le  professeur  donne  quelquefois  la  matiere  de  la  redaction  lui- 
meme. 

La  troisieme  annee  l'auteur  inaugure  le  traitement  d'une 
fable  de  La  Fontaine,  etant  d'avis  que  c'est  le  devoir  de  tout 
professeur  d'eveiller  le  goüt  pour  l'etude  de  ce  poete  essentielle- 
ment  franyais,  et  eile  va  jusqu'ä  consacrer,  l'annee  suivante, 
plusieurs  heures  de  legon  ä  faire  le  canevas  d'une  composition 
intitulee  Portrait  du  Renard  d'' apres  les  fables  de  La  Fontaine. 
Les  differentes  parties  du  plan  sont  trouvees  au  moyen  de  con- 
versations,  sont  ecrites  ä  la  maison,  ensuite  lues  en  classe,  et  la 
composition  ainsi  preparee  est  faite  a  l'ecole  «sans  avoir  ete  apprise 
par  coeur»,  de  Sorte  qu'on  peut,  Selon  l'auteur,  parier  d'un 
travail  de  redaction.  Exiger  une  composition  sans  cette  sorte  de 
preparation  serait  mal  comprendre  la  täche  du  professeur.  II 
s'agit  d'amener  les  eleves  ä  s'exprimer  en  franyais  au  moyen  de 
mots  et  de  touniures  connus  au  lieu  de  leur  faire  ecrire  en 
fran9ais  ce  qu'ils  ont  pense  en  allemand. 

En  troisieme  (la  cinquieme  annee  de  fran(;ais)  s'ajoute  au 
livre  de  lecture  un  ouvrage  en  prose.  Les  eleves  sont  tenues  a 
prendre  des  notes  qui  leur  fourniront  plus  tard  la  matiere  des 
travaux  ecrits. 

C'est  aux  deux  dernieres  classes  que  l'auteur  consacre  la 
plus  grande  partie  de  son  livre.  La  collection  de  modeles  est 
tres  riche.  Une  partie  de  ces  modeles  sont  des  copies  d'eleves, 
les  autres  sont  tires  d'ouvrages  consultes,  ou  bien  composes  par 
le  professeur. 

Les  travaux  de  redaction  sont  de  trois  especes : 

I.     Compositions  dont  le  sujet  est  tire  de  la  lecture. 


.htfia   Cur/ius,   Per  frnnzösisihc   Aufsat',  im  (kutschen   Schuluntcnidit.     41 

2.  Narrations. 

3.  Descriptions. 

Les  travaux  de  la  premiere  espece  sont  les  plus  importants. 
Sur  la  base  de  differents  chapitres  sont  faites  de  petites  compo- 
sitions  speciales,  qui  peuvent  etre  resumecs  en  une  plus  grande, 
comme  par  exemple  celle  qui  est  intitulee  Dmidet  artistc,  faite 
apres  la  lecture  des  chapitres  V,  VI  et  VII  de  Le  Petit  Chose 
(edition  pour  ecoles  par  Lion-Kühtmann).  D'autres  compositions, 
comme  Portrait  du  Petit  Chose  ou  Jacques,  persoiinification  de 
Vamour  f ratet nel,  sont  faites  apres  la  lecture  de  tout  l'ouvrage. 
L'auteur  regarde  les  portraits  comme  le  meilleur  moyen  de  faire 
voir  la  capacite  des  eleves. 

II  va  Sans  dire  que  la  composition  doit  paraitre  ä  leleve 
le  resultat  de  la  lecture,  tandis  qu'au  professeur  c'est  la  base  du 
traitement  preparatoire.  Les  idees  et  la  forme  sont  donnees  ä  un 
certain  degre  et  l'eleve  s'en  sert  d'une  maniere  plus  ou  moins 
independante.  L'auteur  recommande  de  n'employer  servilement 
ni  les  modeles  ni  les  canevas.  II  faut,  au  contraire,  exiger  du 
professeur  un  travail  preparatoire  consciencieux  en  meme  temps 
que  le  tact  qui  lui  permet  de  s'ecarter  du  plan  pour  cöder  aux 
impulsions  donnees  pai  les  reponses  ou  les  observations  individuelles 
des  eleves. 

Des  la  deuxieme  (lasse  les  travaux  ecrits  peuvent  se  faire 
en  jjartie  a  la  maison,  le  temps  qu'on  peut  consacrer  ä  la 
composition  etant  tres  limite.  Si,  par  exemple,  la  lecture  d'un 
ouvrage  comme  Le  Petit  Chose  demande  ä  peu  pres  six  mois, 
on  ne  peut  exiger  que  deux  ou  trois  petites  compositions  et  une 
grande. 

La  Fontaine  occupe  une  place  importante  dans  les  travaux 
ecrits  des  classes  superieures.  La  lecture  des  fables  donne  trois 
especes  de  compositions:  Recits  de  Fables,  Analyses  de  Fables 
et  Sujets  tires  de  Fables.  Ce  traitement  des  fables  prepare  au 
traitement  litteraire  d'un  degre  superieur.  Comme  echantillons  de 
la  demiere  des  trois  categories  mentionnees  il  y  a:  Portrait  du 
Lion :  Comparaisoji  de  la  fable  de  La  Fontaine:  Le  Chat,  la  Belette 
et  le  petit  Lapin  avec  sa  source:  Livre  des  Lumieres  ou  la  conduite 
des  rois,  compose  par  le  sage  Pilpay  Indien ;  Montrer  par  quelques 
e.xeinples  t origitialite  de  La  Fontaine  dans  la  fable;  Le  Loup  et  le 
Chien   chez   La   Fontaine  et  chez  Phcdre. 

L'auteur  ne  juge  pas  possible  de  traiter  en  une  annee  plus 
de  trois  ouvrages,  et  propose,  apres  les  fables,  une  comedie : 
M:lle  de  la  SeigUere  ou  Les  Pre'cieuses  Ridictiles,  selon  le  programme 
litteraire  qui  sera  choisi  pour  la  ciasse  suivante. 

Pour  les   narrations  et  les  descriptions,  l'auteur  s'attend  bien 


42  Besprechungen.     A.  Lindfors, 

a  ce  que  le  lecteur  s'etonne  un  peu  en  voyant  ce  qui  est  propose 
apres  des  portraits  et  des  analyses  comme  ceux  que  viennent  de 
faire  les  eleves.  Les  modeles  de  cette  espece  sont  choisis  pour 
des  ecoles  oü  Ton  ne  peut  viser  qu'ä  un  but  inf^rieur.  Mais, 
Selon  M:lle  Curtius,  le  traitement  d'une  petite  narration  ou  d'une 
description  comparativement  facile  peut  etre  fort  utile,  meme 
quand  il  s'agit  d'eleves  qui  s'occupent  de  preference  de  la  lecture 
des  grands  ecrivains.  L'histoire  est  lue  une  fois,  puis  racontee 
par  une  eleve  et  ensuite  ecrite  en  classe.  Quelquefois  on  n'en 
donne  que  le  canevas.  Les  descriptions,  utiles  avant  tout  pour 
faire  parier  la  langue  dont  on  a  besoin  tous  les  jours,  sont  le 
resultat  d'observations  de  l'objet  qu'on  doit  decrire,  apres  quoi  le 
plan  est  dresse  de  la  meme  maniere  que  quand  il  s'agit  de  travaux 
ayant  pour  base  des  lectures. 

La  derniere  annee  (la  septieme  de  fran^ais,  classe  I)  est 
la  continuation  de  la  precedente.  Le  roman,  la  fable  et  la 
comedie  inaugures,  il  est  possible  de  choisir  plusieurs  series  de 
travaux  favorisant  les  differents  buts  qu'on  peut  se  proposer  ä 
l'education  litteraire.  Quant  ä  la  methode,  l'auteur  conseille 
d'employer  les  memes  especes  de  travaux  que  dans  les  classes 
inferieures.  Pour  la  composition  de  leltres,  el'e  se  prononce  dans 
le  meme  sens  que  M.  Borbein,  qui  dit  que  le  soin  du  style 
epistolaire  ne  saurait  etre  compris  dans  la  mission  de  l'ecole. 
Le  professeur  ne  peut  qu'indiquer  les  formules  d'usage,  mais  on 
peut,  Selon  M:lle  Curtius,  se  servir  avec  succes  de  la  correspon- 
dance  internationale  d'ecoliers. 

Parmi  les  modeles  je  citerai  de  la  premiere  categorie :  La 
Provence  d^ apres  les  Letlres  de  tnon  moniin;  Comment  Alphonse 
Daudel  HO  US  apparali  -  il  dans  les  Letties  de  tnon  nioidin? ;  Lopti- 
niisme  des  Parisiens  pendant  la  guerre  d'aprcs  Le  siege  de  Paris 
par  Saicey ;  Caractere  du  vieux  Legoez  dans  Le  Flibustier  par  Jean 
Richeptn :  Le  problenie  psychologique  dans  Pdme  de  Janik  d' apres  le 
meme  ouvrag' ;  L Action  des  Femmes  Savantes  de  Molicre ;  Les 
Pc'danls  dans  les  Femmes  Savanies ;  Le  Bourgeois  selon  Molicre 
d\jprh    Clnysalc  des  Femmes   Savantes. 

Les  narrations  sont  naturellement  plus  longues  et  plus  diffi- 
ciles  qu'auparavant,  et  parmi  les  descriptions  se  trouvent,  entre 
autres,  Le  Charmeur  (P  Oiseaux  des  Ttdleries  et  Cochers  d'  Omnibus 
et  Cochets  de  Fiacre,  mais  l'auteur  fait  observer  que  celles-ci  ne 
sauraient  etre  faites  que  par  des  eleves  tres  avancees. 


Aiii/a   Ciirfiiis,   Der  fra/izösisc/ie  Aufsatz  im  (Iculschen  Schulitntenicht,     43 

La  seconde  moitic  du  livre  est  omsacree  aux  travaux  ccrits 
du  seininaire.  L'auleur  insiste  sur  les  difficultes  causees  par 
riuegalite  des  capacites,  vu  que  les  eleves  qui  entrent  au  seminaire 
ont  acquis  leurs  connaissances  du  fran(,-ais  dans  des  ecoles  qui 
suivent  des  programnies  bien  differents. 

La  lecture  d'ceuvres  litteraires  est  seule  la  base  des  travaux 
ecrits,  ce  qui  fait  que  pour  l'enseignement  de  la  litterature  Ton 
ne  se  contente  point  de  Conferences  faites  par  le  professeur  et 
repetees  par  les  eleves.  La  methode  est  au  contraire  la  meme 
qu'ä  l'ecole.  Les  eleves  sont  amenees  ä  trouver  elles-memes  et 
la  matiere  et  la  forme  de  la  composition. 

Pendant  la  premiere  annee  chaque  tache  doit  etre  travaillee 
de  nuiniere  \\  pouvoir  ctre  ecrite,  quoicjue  la  plupart  des  resumes 
restent  non  ecrits.  Afin  d'obtenir  une  certaine  surete  dans  le 
travail,  il  faut  proceder  avec  lenteur  en  prenant  le  plus  de  soin 
po.ssil)le.  Le  professeur  donne  quelquefois  ä  une  ou  ä  quelcjues 
eleves  un  ouvrage  sur  le  sujet  qu'on  traite  en  classe,  et  ces  eleves 
en  fönt  des  resumes  c^ui  contribuent  ä  eveiller  l'interet  de  leurs 
caraarades  et  ä  augmenter  leurs  connaissances.  «S'il  se  trouvc 
dans  les  travaux  des  eleves  des  tournures  de  pluase-?  prises  dans 
Lanson,  dans  Faguet  ou  dans  Lemaitre,  il  n'y  a  pas  ä  s'en 
plaindre.  II  ne  faut  pas  deraander  ä  des  eleves  un  style  original ; 
elles  ne  produiraicnt  que  du  mauvais  fran^ais.  En  employant 
dans  diverses  occasions  des  tournures  fran^aises  on  en  fait  sa 
propriete.  Le  travail  en  classe  empeche  de  les  copier  directe- 
ment. » 

A  la  fin  de  la  troisieme  annee  du  seminaire,  on  fait  faire 
i'haque  mois  une  composition  de  repetition  et,  ä  la  fin  cie  l'annee, 
a  lieu  l'examen  final,  ou  les  eleves  fönt  en  deux  heures  une 
'omposition  sur  un  sujet  quelconque  tire  de  leur  cours  de  litte- 
lature. 

La  collection  de  modeles  comprend  deux  series  de  travaux : 
Celle  de  1902  — 1905,  qui  contient  des  sujets  de  romans,  des 
Sujets  historiques,  des  sujets  dramatiques  et  des  sujets  pedagogi- 
ques,  et  Celle  de  1903  — 1906,  qui  contient  les  meraes  Categcries 
sauf  les  sujets  historique,s,  qui  sont  remplaces  par  des  sujets  de 
critique. 

Les  auteurs  representes  dans  ces  deux  series  sont:  Bazin, 
Daudet,  George  Sand,  Merimee,  Anatole  France,  Taine,  Corneille, 
Racine,  Victor  Hugo,  Moliere,  Rousseau,  Montaigne  et  Madame 
de  Stael.  L'auteur  fait  obser\er  ([u'il  ne  faut  pas  regarder  ces 
series  comrae  les  seules  preferables.  II  faut  chercher  ä  developper 
chez  les  eleves  le  gout  de  ce  genre  d'etudes  en  les  mettant  en 
etat    dapprofondir  une  Serie  de  sujets,  afin  qu'elles  cherchent  plus 


44  Protokolle  des  Xetiphilologiseken    Vereins. 

tard  d'autres  domaines  ou  aller  puiser  leur  connaissance  du  monde 
frati(;ais. 

II  suffit  de  parcourir  les  copies  des  eleves  du  seminaire 
pour  voir  ä  quel  point  le  professeur  a  atteint  son  but.  Elles  sc 
montrent  familiarisees  avec  les  grands  esprits  dont  elles  viennent 
d'etudier  les  oeuvres  a  un  point  qui  permet  de  croire  qu'elles 
continueront  leurs  etudes  avec  plaisir  et,  quant  ä  la  maniere  dont 
elles  s'expriment,  l'on  ne  peut  demander  davantage. 

Si  Ton  pouvait  chez  nous  suivre  un  programme  comme 
celui  de  M:lle  Curtius,  ce  serait  dans  les  ecoles  de  jeuaes  filles 
dont  la  continuation  correspond  aux  seminaiies  d'Allemagne,  et 
c'est  aux  professeurs  de  ces  ecoles  que  son  livre  deviendrait  une 
source  precieuse.  Les  indications  d'ouvrages  consultes,  ainsi  que 
d'editions  ä  l'usage  des  eleves,  sont  fort  utiles,  et  la  riche  coUec- 
tion  de  canevas  et  de  compositions  se  trouve  encore  augmentee 
par  un  appendice  contenant  un  recueil  de  copies  d'eleves  fran(;ais, 
publie  avec  l'autorisation  du  ministre  de  l'instruction  publique  de 
France. 

A.  Lindfors. 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  7.  Dezember  1907,  bei  welcher  Sitzung 
der  erste  Vorsitzende,  der  Sekretär  und  15 
Mitglieder  anwesend  waren. 

§   I- 
Dcss     Protokoll    der    letzten    Sitzung  \\-urde   verlesen   und  ge- 
schlossen. 

§   2. 

Der  Vorsitzende  teilte  mit,  der  Verein  habe  von  Prof.  A. 
]eanroy  folgende  Bücher  als  Geschenk  erhalten  :  Ph.  Aug.  Becker, 
Grundriss  der  altfranzösischen  Literatur,  i.  Teil.  Älteste  Denk- 
mäler. Nationale  Pleldendichtung  (Sammlung  romanischer  Ele- 
mentar- und  Handbücher.  IL  Reihe,  i.  Band).  Heidelberg  1907; 
und  E.  Portal,  Letteratura  provcnzalc.  I  moderni  trovatori  (Manuali 
Hoepli,   Serie  scientifica   105).      iVIilano  1907. 


Protokolle  des  Neuphilologischen    J'eteins. 


§  3- 

Professor  W.  Söderhjelm  berichtete  in  einem  Vortrage  über 
eine  neuentdeckte  Version  der  Geschichte  des  Sibyllenparadieses 
in  tschechischer  Sprat:he.  ^  Es  entstand  eine  kurze  Diskussion 
über  einige  Details,  an  der  sich  Prof.  A.  Wallensköld,  Lektor 
\.  Poirot,  Prof.  Jos.  Mandelstam,  Prof.  W.  Söderhjelm,  Fräulein 
Dr.   phil.    f.  af  Forselles  und  Fräulein   A.   Krook  beteiligten. 


§  4- 

Mag.  phil.  M.  Waseiiius  behandelte  anlässlich  des  neuen 
Buches  Lektor  S.  Nyströms :  «Deutsches  Lesebuch  für  den 
Anfangsunterricht»  die  Frage  von  dem  Grammatikunterricht  auf 
den  niedrigeren  Stadien.  Der  Platz,  den  die  Grammatik,  seitdem 
die  Reformmethode  bei  uns  eingeführt  worden,  im  deutschen 
Anfangsunterricht  eingenommen  habe,  sei  bescheidener  gewesen, 
als  zu  der  Zeit,  wo  die  alte  Methode  noch  hen-schte.  Dabei  sei 
man  jedoch  in  dem  Reformeifer  vielleicht  oft  zu  weit  gegangen, 
und  allem  Anschein  nach  werde  die  Ansicht  immer  allgemeiner, 
dass  die  Grammatik  auf  dem  Elementarstadium  mehr  und  gründ- 
licher getrieben  werden  müsse,  als  es  nunmehr  in  der  Regel  ge- 
schehe. Das  obenerwähnte  Elementarbuch  Lektor  N:s  bezeichne 
in  der  Hinsicht  einen  Fortschritt,  dass  durch  die  von  ihm  ver- 
wendete intime  Verknüpfung  von  Text  und  Grammatik  der  Lehrer 
gezwungen  werde  sich  viel  mit  der  Grammatik  zu  beschäftigen, 
freilich  immer  nach  den  Prinzipien  der  Reformmethode.  Der 
Text  bestehe  aus  Anekdoten  und  Erzählungen  einerseits  und  be- 
schreibenden Stücken  andererseits,  welche  letzteren  die  Grundlage 
des  Grammatikunterrichts  bildeten  und  bei  welchen  immer  an- 
gegeben sei,  was  in  jedem  Falle  aus  der  Grammatik  aufgenommen 
werden  solle.  Um  den  Lehrern  zu  erleichtem,  den  Grammatik- 
unterricht so  vielseitig  wie  möglich  zu  machen,  gebe  er  bei  jedem 
Lesestücke  gute  Winke  und  Fingerzeige.  —  Man  könne  wohl  an 
der  Arbeit  aussetzen,  dass  Lektor  N.  \üelleicht  zu  grosses  Gewicht 
auf  die  Grammatik  lege.  Sein  Buch  hätte  nur  dadurch  gewonnen, 
wenn  kleine  Erzählungen  öfter,  als  es  jetzt  der  Fall  sei,  einge- 
schaltet worden  wären.  So  wie  die  Aufstellung  jetzt  sei,  hätten 
die  Schüler  nicht  immer  die  genügende  Zeit  das  Eriernte  ordentlich 
zu  befestigen.  Im  Grossen  und  Ganzen  habe  er  bei  der  Wahl 
des  grammatischen  Stoffes  das  Richtige  getroffen.  Doch  hätte 
Einiges  aus  der   Formenlehre,   wie  z.   B.   der   Konditionalis  und   die 


'      Prof.     S.    wirf!     später    in    diesem    Ulalte  eine   tleutsche   Übersctzun| 
dieser  Version  veröffentlichen. 


46  Protokolle  des  Neiiphilologischeit    Veieins. 

substantivierten  Adjektive,  weggelassen  werden  können,  wogegen  er 
Anderes  (z.  B.  die  zusammengesetzten  Verba  und  die  Präpositionen 
mit  dem  Dat.  und  die  mit  dem  Ack.)  vermisse.  Das  Buch  mache 
den  Eindruck,  dass  der  Schüler  durch  dasselbe  schon  auf  dem 
Elemcntarstadium  zu  einer  sit;heren  Beherrschung  der  Foimenlehre 
gelangen  könne.  Statt  fortwährend  auf  den  höheren  Klassen  die 
Formenlehre  einzuüben,  könne  man  dort  nun  mehr  Zeit  der  Lite- 
ratur der  fremden  Sprache  widmen. 

Mag.  W.  stellte  folgende  These  zur  Diskussion  auf :  Die 
Grammatik  muss  im  Anschluss  an  den  deutschen  Text  des  Lehr- 
buches mit  der  Konsequenz  und  Intensität  betrieben  werden,  dass 
die  Formenlehre  innerhalb  drei  Jahre  von  den  Schülern  der  Real- 
linie  vollkommen  beherrscht  wird. 

Prof.  A.  Wallejisköld  woUle  hervorheben,  dass  es  auf  einem 
Missverständnis  beruhe,  wenn  Mag.  W.  behaupte,  dass  die  Re- 
former die  Grammatik  nicht  genügend  geschätzt  hätten.  Diese 
hätten  nie  beabsichtigt,  dass  die  Schüler  in  der  Formenlehre 
schwach  sein  sollten.  Nur  die  alte  Art  und  Weise,  nach  welcher 
die  Grammatik  ihrer  selbst  wegen  betrieben  worden  sei,  sei  von 
den  Freunden  der  Reform  bekämpft  worden.  Prof.  W'.  wolle 
nicht  leugnen,  dass  die  Resultate  zuweilen  übel  ausgefallen  seien; 
dies  sei  aber  der  Fehler   des  Lehrers,  nicht  derjenige  der  Methode. 

Prof.  W.  Söderhjelvi  gab  Prof.  Wallensköld  Recht  darin, 
dass  es  eigentlich  kein  Unterschied  sei  zwischen  dem,  wonach 
man  jetzt  strebe,  und  dem,  was  die  Reformfreunde  ursprünglich 
angestrebt  hätten.  —  Es  sei  aber  ein  Aberglaube,  wenn  man 
jeden  kleinen  Fehler  gegen  die  Formenlehre  für  so  furchtbar 
halte.  Dass  man  bei  uns  so  viel  Zeit  auf  das  Erlernen  und  die 
Einübung  der  Formen  verwende,  beruhe  wohl  nur  darauf,  dass 
die  Schüler  im  Maturitäisexamen  schriftliche  Übersetzungen  aus- 
führen müssen.  Viel  wichtiger  und  nützlicher  sei  in  der  Tat  den 
Schülern    Phrasen    und    einen    grösseren    \\'^ortvorrat   beizubringen. 

Fräulein  Amta  Bohnhoj  war  ganz  derselben  Ansicht  wie  die 
Professoren  W.  und  S.  —  Als  ein  grosses  Verdienst  des  fraglichen 
Elementarbuches  hob  Fräulein  B.  weiter  hervor,  dass  der  Lehrer 
nie  bei  der  Anwendung  desselben  dazu  verleitet  werde,  die  ^lutter- 
sprache  zu  reden. 

Dr.  phil.  A.  Roseudahl  sei  nicht  so  ganz  von  der  Vorzüglich- 
keit des  Buches  Lektor  N:s  überzeugt.  Es  tue  keineswegs  allen 
den  Forderungen  Genüge,  die  man  an  ein  für  unsere  Realschulen 
bestimmtes  Elementarbuch  stellen  müsse,  obgleich  es  allerdings 
einen  Fortschritt  im  Vergleich  mit  den  früher  hier  angewendeten 
bezeichne.  —  Dr.  R.  zeigte  an  einigen  Beispielen  gewisse  Schwächen 
des   Buches:    Der   Verfasser  folge  nicht  immer  den  Prinzipien  der 


Protokolle  des  A'euphilologischen    Vereins,  47 

Reformmethode,  indem  es  vorkomme,  dass  man  nicht  alle  in  Frage 
stehenden  Formen  im  Texte  belegt  finde  und  der  Text  überhaupt 
zu  wenig  Beispiele  mit  einzuübenden  Formen  gebe.  Weiter  sei 
dei  grammatische  Stoff  nicht  ganz  gleichmässig  verteilt  und  die 
verschiedenen  Teile  der  Grammatik  hätten  nicht  immer  ihren 
rechten  Platz.  So  seien  im  Anfang  des  Buches  zu  viel  Sachen 
auf  einmal  und  zu  rasch  nach  einander  behandelt  und  z.  B.  die 
Deklination  der  schwachen  Adjektive  erst  in  dem  für  das  zweite 
Jahr  bestimmten  Abschritt  aufgenommen.  Die  Winke  für  den 
Lehrer,  wie  die  Grammatik  zu  den  verschiedenen  Stücken  appli- 
ziert werden  müsse,  seien  zu  knapp  und  ihr  Nutzen  deshalb  sehr 
klein.  —  Übrigens  schloss  sich  Dr.  R.  ganz  der  von  Mag.  W. 
vorgeschlagenen  These  an. 

Mag.  M.  Wasenius  wollte  gegen  Prof.  Wallensköld  hervor- 
heben, dass  die  Reformer  bei  uns  der  Grammatik  den  ihr  zu- 
kommenden Platz  wohl  in  der  Theorie  gegeben  hätten,  aber  in 
der  Praxis  sei  dies  ganz  gewiss  nicht  immer  geschehen.  Wie 
Prof.  Söde.rhjelm,  so  sei  auch  er  von  der  Bedeutung  eines  grossen 
Wortvorrates  für  den  Schüler  überzeugt.  Diese  Seite  werde  von 
Lektor  N.  keineswegs  versäumt;  im  Gegenteil  habe  er  stets  vor 
Augen,  den  Schülern  einen  guten  und  reichhaltigen  Wortvorrat 
zu  geben.  —  Auch  sei  Mag.  W.  mit  Dr.  Rosendahl  darin  einig, 
dass  der  Verfasser  in  der  ersten  Abteilung  zu  viel  grammatischen 
Stoff  anhäufe  und  dass  die  Grammatik  in  dem  ganzen  Buche 
gleichmässiger  verteilt  werden  müsse.  Übrigens  habe  er  hier  keine 
eingehende  Kritik  des  Buches  beabsichtigt;  eine  solche  von  Dr. 
H.  Suolahti  sei  schon  in  den  Neuphil.  Mitteil,  erschienen,  und 
später  werde  er  selbst  Gelegenheit  haben  in  «Tidskrift  utgifven  af 
Pedagogiska  föreningen  i  Finland»  eine  Detailkritik  zu  ver- 
(■■)  ff  entlichen. 

Prof.  W.  Söderhjebn  hob  die  Bedeutung  der  Tatsache  lier- 
\or,  dass  jetzt  ein  neues  Lehrbuch  für  den  modernen  Sprach- 
unterricht zur  Diskussion  aufgenommen  worden  sei.  Es  sei  eine 
der  Hauptaufgaben  des  Vereins  jedes  neue  einheimische  Lehrbuch 
einer  eingehenden  Kritik  zu  unterwerfen  und  zwar  am  besten, 
nachdem  es  schon  eine  kürzere  Zeit  im   Brauch  gewesen  sei. 

in  fidem: 

Hoher  Peter se)i. 


48  Eingesandte  7.i/fe7afur.      SrMftenattstattsfh. 


Eingesandte  Litteratur. 

Hermavu  Paul,  Deutsches  Wörterbuch.  Erste  Hälfte.  Zweite 
vermehrte  Auflage.  Halle  a.  S.,  M.  Niemeyer,  igoB.  352  S. 
gr.    8:0 

Johannes  Öliquisl,  T\sk  Elementarbok.  Fjärde  omarbetade 
upplagan.  Helsingfors,  Otava,  1907.  219  S.  8:0.  (Nebst  einem 
8  Seiten  umfassenden  Bilderbogen). 

Derselbe,  Saksankielen  Alkeiskirja.  Viides  uudistettu  painos. 
Helsingissä,  Otava,  1907.  223  S.  8:0.  (Nebst  dem  oben  erwähnten 
Bilderbogen). 

Derselbe,  Tysk  Övningsbok.  Tredje  omarbetade  upplagan. 
Helsingfors,  Otava,    1907.      205   S.   8:0. 

Derselbe,  Saksankielen  Harjoituskirja.  Kolmas  uudistettu 
painos.  Suomeksi  sovittanut  V.  R.  Helsingissä,  Otava,  1907. 
220  S.   8:0. 

Derselbe,  Skrivprov  för  Studentexamen  i  Tyska.  Helsingfors, 
Otava,    1907.      49   S.   8:0.      Preis:    i    Fmk. 

Derselbe,  Saksankielen  Kirjoituskokeet  Ylioppilastutkintoa 
varten.      Helsingissä,  Otava,    1907.      50  S.   8:0.      Preis:    1    Fmk. 

Wilhelm  Hörn,  Historische  neuenglische  Grammatik.  I.  Teil : 
Lautlehre.  Mit  einer  Karte.  Strassburg,  K.  Trübner,  1908. 
XVI,   239  S.   8:0.     Preis:   5   Mark  50  Pf. 

A?i7ta  Bahnhof,  The  Junior  English  Reader.  With  Glossary 
and  Notes.  Helsingfors,  Helios,  1908.  1964-137  S.  8:0. 
Preis:  Fmk.  5:25.  (Das  Wörterbuch  sowohl  in  schwedischer  wie 
in  finnischer  Ausgabe). 


Schriftenaustausch. 

Jahresbericht  der  Kgl.  Bibliothek  zn  Berlin.  1905/06  u. 
1906/07. 

Modejn  Languas,e  Notes,  Bd.  XXH,  Nr.  7—8,  Bd.  XXHI, 
Nr.    I  —  2. 

Bibliographia  phonetica,    1907,   Nr.    ll  — 12. 

Päivä,  viikkolehti  suomalaista  kultuuria  varten,  1908,  Nr.  i — 7. 

Virittäjä,    1907,   Nr.   4  —  8. 

Moderna  Spräk,  Svensk  Mänadsrevy  för  undervisningen  i  de 
tre  huvudspräken,  utgiven  av  Emil  Rodhe  under  medverkan  av 
C.  S.  Fearenside,  Camille  Polack,  Ernst  A.  Meyer.  IL  Jahrg. 
(1908),    Nr.     I  —  2.    —    Die    zwei    Hefte    enthalten    ausser    Be- 


Mi/Zeiiiinf^efi. 


siirechungen,  Schreibübungen,  etc.  folgende  Aufsätze :  Carl  ( ). 
Koch  Remarks  on  the  Use  of  the  Reflexive  Pronouns  ia  Modern 
Eiiglish;  F.  Leray,  La  loi  des  trois  consonnes.  —  Der  Abonne- 
memspreis  für  den  Jahrgang  (9  Hefte)  beträgt  6  Mk.  50  Pf. 
Die  Zeitschrift  ist  durch  Ringner  &  Enewalds  Bokhandel,  Göte- 
itorg,   zu  beziehen. 


Mitteilungen. 

Dr.  Torsfe?i  SöJerhjelm,  der  junge  vielversprechende  Neu- 
philologe, welcher  in  der  letzten  Zeit  sich  mit  dtr  italienischen 
Litleraturgeschichte  beschäftigt  hatte,  ist  am  19.  Januar  nach  einer 
kurzen    Krankheit   in   Florenz    gestorben. 

Lic.  phil.  Artur  Läuiifors  ist  den  24.  Februar  zum  Dozenten 
der   romanischen   Philologie  ernannt  worden. 

Von  Prof.  A.  Wallensköld  ist  in  den  «Publications  de  la 
Societe  des  anciens  textes  francais»  für  das  Jahr  1907  erschienen: 
Florence  de  Rome,  chanson  d'aventure  du  premier  quart  du  XIII  e 
siecle,  Tome  second.  381  S.  8:0.  (Der  erste  Band  des  Werkes 
wird   später  erscheinen). 

Einheimische  Beiträge  zu  ausländischen 
Zeitschriften:  Dr.  Hugo  Suolahli-Palaiidet,  Die  althochdeut- 
schen Deminutivbildungen  auf  inkilin,  in  der  Zeitschr.  f.  deutsche 
Wortforschung,  Bd.  IX,  S.  170— 181;  Dr.  T.  E.  Karsten,  Zur 
Frage  nach  den  «gotischen»  Lehnwörtern  im  Finnischen,  in  den 
Indog.  Forschungen,  Bd.  XXII,  S.  290 — 307;  Prof.  W.  Söderhjelm, 
Besprechung  von  P.  Champion,  Le  Manuscrit  autographe  des 
poesies  de  Charles  d'Orleans  (Paris  1907)  in  der  Deutschen 
Liteiaturzeilung  1908,  Sp  102  —  104;  Lektor/  Poirot,  Besprechung 
von  Panconcelli-Calzia,  Bibliographia  phonetica  (die  sieben  ersten 
Nummern)   im   Archiv   f.  gesamte  Psychologie,   Bd.  X,  S.  162  — 166. 

Ausländische  Besprechungen  einheimischer 
Publikationen:  Männires  de  la  Societe  ?ie'o-philoiogi'/ite  ii 
Ilelsingfors^  Bd.  IV,  bespr.  von  Kr.  Sandfeld  Jensen  in  Nordisk 
Tidsknft  for  Filologi,  1908,  S.  82  —  84;  Oiva  Joh.  Tallgren,  La 
Caya  o  Consonantes  de  Pero  Guillen  de  Segovia,  I,  bespr.  von 
R.  M[enendez]  P[idal]  in  Cultura,  1907,  S.  1058— 1061,  und 
1;.   Schädel   in   Zeitschr.   f.   rom.    Philo!..    Bd.    XXXII,  S.  118— 120. 


50  Mitteilungen. 

Ferienkurse:  In  Paris  vom  i.  bis  31.  Juli  igo8  und 
vom  I.  bis-  31.  Aug.  1908,  veranstaltet  von  der  Alliance  fran(,-aise. 
—  In  Marburg  vom  8.  bis  29.  Juli  und  vom  5.  bis  26.  Aug.  — 
In  Lnusaiuie  vom  20.  Juli  bis  28.  Aug.  —  Nähere  Auskunft  giebt 
die   Redaktion   dieses   Blattes. 


NEUPrillOlOQISCHE 

•  •  mitteiiunqen 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 

Acht  Nummern  jährlich.     Preis:   4   Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 
-.  4:   30  durch    die    Post    und  5    Fmk.  durch  die  Buchhandlungen.    1; 

IJp^    X/i     I   Zahlende  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich,    (j        IClOS 
■*^  ^    1   —  Abonnementsbetrag,   Beiträge,    sowie  Bücher  zur  Besprechung    ;  •' 

bittet    man  an  die  Redaktion  (Adr.  Prof.    A.    W  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d, 
Vestra  Hamngatan  5)  zu  senden. 


Über  die  Stellung  der  Gesprächsübungen  beim  neusprach- 
lichen Unterricht  in  unseren  Schulen. 

Unter  neusprachlichem  Unterricht  verstehe  ich  hier 
speziell  den  Unterricht  im  Deutschen  und  unter  unseren 
Schulen  in  erster  Linie  die  Reallyceen  und  zwar  die 
finnischen,  von  denen  allein  ich  persönliche  Erfahrungen 
habe.  Was  aber  von  dem  Unterricht  einer  modernen 
Sprache  in  einer  Art  von  Schulen  gilt,  hat  immer  mutatis 
mutandis  mehr  oder  weniger  seine  Anwendung  auch  in  Bezug 
auf  andere  moderne  Sprachen  und  andere  Schulformen. 

Die  schwierige  Lage  des  neusprachlichen  Lehrers  an 
unseren  finnischen  Reallyceen  gerade  in  Bezug  auf  den 
Unterricht  der  deutschen  Sprache  ist  jedem  Beteiligten  ge- 
nügend bekannt.  Die  Forderungen,  die  man  an  diesen 
Unterricht  stellt  und  unbedingt  stellen  muss,  sind  —  obgleich 
an  und  für  sich  äusserst  gering  und  bescheiden  —  im  Ver- 
hältnis zu  dem,  was  man  in  Wirklichkeit  leisten  und  er- 
reichen kann,  doch  oft  zu  gross. 

Besondere  Schwierigkeiten  bereitet  dem  Lehrer  der 
deutschen  Sprache  nun  auch  der  Umstand,  dass  er  gewisser- 
massen  ein  doppeltes  Ziel  im  Auge  haben  muss.  Ohne 
Zweifel  muss  er  es  für  seine  Hauptaufgabe  ansehen,  seinen 
Schülern    eine    solche  Reife  im  Deutschen  zu  geben,  dass  sie 


52  Ä'    S.   Lata-ila, 

ohne  grössere  Schwierigkeit  deutsche  Literatur  benutzen  und 
verstehen  können  um  mit  Erfolg  auf  der  Universität  oder 
auf  anderen  Hochschulen,  wo  eine  solche  Fähigkeit  notwendig 
ist,  ihre  Studien  fortsetzen  zu  können.  Aber  doch  ist  dieser 
so  zu  sagen  literarisch  -  wissenschaftliche  Zweck  nicht  der 
Einzige,  den  der  Unterricht  im  Deutschen  zu  verfolgen  hat. 
Auch  das  praktische  Leben  fordert  sein  Recht.  Die  Schüler, 
welche  aus  unseren  Schulen  hervorgehen,  kommen  nicht  allein 
mit  deutschen  Büchern,  sie  kommen  auch  mit  deutschen 
Menschen  in  Berührung  und  auch  für  diesen  Fall  müssen 
sie  auf  irgend  eine  Weise  ausgerüstet  sein.  Der  Lehrer  muss 
also  bestrebt  sein,  seinen  Schülern  nicht  allein  die  Fähigkeit 
zu  geben,  deutsche  Literatur  zu  verstehen,  sondern  auch  eine 
gewisse,  wenn  auch  bescheidene,  Sprechfertigkeit.  Dieser 
letztere  Zweck,  näml.  die  Erlangung  einer  Sprechfertigkeit, 
ist  für  einen  grossen  Teil  der  Schüler,  nämlich  für  die  meisten 
von  denen,  die  nicht  das  ganze  Lyceum  absolviren,  sondern 
von  den  mittleren  Klassen  abgehen  um  z.  B.  die  kauf- 
männische oder  irgend  eine  andere  praktische  Bahn  einzu- 
schlagen, oft  sogar  wichtiger,  als  der  erstere  Zweck,  näml. 
die  Fähigkeit  deutsche  Literatur  benutzen  und  verstehen  zu 
können.  Auch  auf  den  Vorteil  dieser  äusserst  zahlreichen 
Schüler  muss  der  Lehrer  Rücksicht  nehmen  und  deshalb  um 
so  mehr  Gewicht  auf  die  Erlangung  der  Sprechfertigkeit  legen. 
Ich  möchte  hier  nun  einige  Erfahrungen  und  Reflexionen 
darüber  aussprechen,  wie  man  eben  diesen  Forderungen  ge- 
recht werden  kann,  die  das  praktische  Leben  an  den  Unter- 
richt der  deutschen  Sprache  in  unseren  Reallyceen  stellt  und 
welche  Mittel  und  Wege  es  da  giebt,  diese  nötige  Sprech- 
fertigkeit zu  erlangen.  Ich  schicke  nur  noch  voraus,  dass  ich 
hier  von  allen  Theorien  und  methodologischen  Prinzipien- 
fragen absehe  und  mich  lediglich  auf  den  Boden  unserer 
eigentümlichen  realen  Verhältnisse  und  unserer  äusserst  be- 
schränkten Möglichkeiten  stelle.  ^ 

'  Über  ungefähr  dasselbe  Thema  wie  hier  haben  schon  früher  zwei 
hervorragende  neusprachliche  Lehrer  in  unserem  Lande  Abhandlungen  ge- 
schrieben.     In  dem  Schulprogramm  der  finnischen  Töchterschule  zai  Helsing- 


über  die  Stellung  der   Gesprächsi'tbtingen  beim  neusprachlichen    Unterricht.   53 

In  aller  Allgemeinheit  lässt  es  sich  nun  sagen,  dass  zur 
Erlangung  der  Sprechfertigkeit  besondere  Konversations-  oder 
Gesprächsübungen  nötig  sind.  Aber  man  muss  nun  auch 
etwas  genauer  zeigen,  welche  Stellung  diese  Gesprächs- 
übungen in  unseren  Reallyceen  am  besten  haben  können, 
d.  h.  auf  welchen  Stufen  und  in  welcher  Ausdehnung,  durch 
zvelche  Mittel  und  auf  welche    Weise  sie  zu  betreiben  sind. 

Was  die  erste  Frage  betrifft,  so  dürfte  in  der  Beziehung 
nicht  viel  Uneinigkeit  herrschen  können.  Ohne  Zweifel  sind 
die  systematischen  Gesprächsübungen  auf  den  Anfangs-  und 
Mittelstufen  am  besten  an  ihrem  Platze.  Genauer  möchte 
ich  sagen,  dass  sie  in  den  Reallyceen  bei  dem  jetzigen 
Stundenplan  von  der  III.  bis  zur  VI.  Klasse  iiüt  bestem  Er- 
folg betrieben  werden  können  und  überhaupt  so  lange  als 
das  Lesebuch  als  Lektürstoff  benutzt  nnd  noch  kein  zu- 
sammenhängender Text  gelesen  wird. 

Die  Gründe,  die  für  diese  Reihenfolge  sprechen,  liegen 
ziemlich  nahe.  Erstens  fordert  schon  die  Rücksicht  auf  die 
zahlreichen    Schüler,    die    von    der    V.    und     VI.    Klasse    ab- 


fors  (1906)  hat  Fräulein  Hanna  Andersin  einen  kurzen  Aufsatz  cHavainto- 
opetus  sovitettuna  vieraitten  kielten  alkeisopetukseen»  veröffentlicht.  Und  in 
der  Zeitschr.  des  Pädag.  Vereins  ist  schon  im  Jahre  1901  ein  Aufsatz  von 
Dr.  A.  Rosendahl  tHavaintometoodista  elävien  vieraiden  kielten  opetuksessa» 
erschienen,  der  in  derselben  Zeitschrift  auch  eine  kleine  Polemik  zwischen 
dem  Verfasser  und  Herrn  I.  Hortling  veranlasste.  —  Der  Aufsatz  Frl. 
Andersins  ist  ganz  kurz,  bezieht  sich  zunächst  auf  die  Töchterschulen  und 
sucht  nur  in  aller  Kürze  die  allgemeine  Katur  der  «Anschauungsmethode» 
und  ihre  Hauptvorzüge  klar  zu  machen  ohne  näher  zu  zeigen,  wie  dieselbe 
im  FLinzelnen  anzuwenden  sei.  —  Der  Aufsatz  Dr.  R:s  ist  bedeutend  aus- 
führlicher und  erschöpfender  und  berichtet  auch  von  den  persönlichen  Er- 
fahrungen des  Verfassers,  obgleich  auch  Dr.  R.  mehr  bei  den  Prinzipien- 
fragen und  bei  der  Entwicklungsgeschichte  der  Anschauungsmethode  verweilt. 
In  der  Hauptsache  glaube  ich  mich  mit  diesen  beiden  geehrten  Kollegen  in 
Übereinstimmung  zu  befinden.  Ich  verzichte  aber  hier  auf  jede  allgemein- 
prinzipielle Diskussion  und  nehme  die  Sache  nur  von  der  praktischen  Seite, 
indem  ich  zu  zeigen  suche,  wie  diejenige  «Anschauungsmethode»,  die  ich  für  die 
Richtige  halte,  in  unseren  Reallyceen  praktisch  durchzuführen  und  anzuwenden 
ist.  So  hoffe  ich,  wird  mein  kleiner  Aufsatz  eine  gewisse  Ergänzung  zu  den 
beiden  erwähnten  bilden. 


54  -^i .    -'>•    Laurila^ 

gehen,  die  Verlegung  der  Gesprächsübungen  auf  die  Anfangs- 
und Mittelstufen.  Von  diesen  Abgegangenen  werden  näml. 
nur  die  wenigsten  je  die  deutsche  Sprache  zu  wissenschaft- 
lichen Studien  oder  zu  sonstigen  literarischen  Zwecken 
brauchen.  Aber  für  die  meisten  ist  eine,  wenn  auch  geringe, 
praktische  Fertigkeit  in  dieser  Sprache  später  im  Leben  sehr 
willkommen.  Die  Schule  leistet  ihnen  also  einen  guten 
Dienst,  wenn  sie  darauf  Rücksicht  nimmt  diesen  Abgehenden 
in  erster  Linie  das  zu  geben,  was  ihnen  später  im  Leben 
vor  allem  wichtig  sein  wird,  näml.  praktische  Sprechfertigkeit. 
Aber  ausserdem  hat  man  auf  den  Anfangs-  und  Mittel- 
stufen auch  am  besten  Zeit  zu  freistehenden  systematischen 
Gesprächsübungen.  Schon  die  Stundenzahl  im  Deutschen  ist 
auf  den  unteren  Stufen  etwas  grösser  als  auf  den  oberen, 
wo  ausserdem  die  bevorstehende  Maturitätsprüfung  dem  ganzen 
Unterricht  eine  bestimmte  Richtung  vorschreibt.  Aber  auch 
abgesehen  von  der  geringen  Stundenanzahl  und  der  nahe  be- 
vorstehenden Maturitätsprüfung,  würden  die  freistehenden  gerade 
auf  praktische  Sprechfertigkeit  hinzielenden  systematischen 
Gesprächsübungen  auf  den  oberen  Stufen  nicht  so  gut  an 
ihrem  Platze  sein  wie  auf  den  Anfangs-  und  Mittelstufen. 
In  der  VIL  und  VIIL  Klasse  muss  man  notwendigerweise 
schon  zusammenhängenden  Text  lesen  und  wenigstens 
zum  Teil  auch  Poesie  und  überhaupt  s.  g.  «Klassiker». 
Der  deutsche  Unterricht  auf  diesen  höheren  Stufen  —  so 
weit  er  nicht  allein  Dressur  für  das  Abiturium  ist  —  muss 
somit  vorwiegend  einen  literarisch-ästhetischen  Charakter  haben 
und  darf  nicht  mehr,  wenigstens  nicht  hauptsächlich,  der  im 
alltäglichen  Leben  nötigen  praktischen  Sprechfertigkeit  dienst- 
bar gemacht  werden.  Auch  muss  man  schon  auf  diesen 
Stufen,  um  überhaupt  etwas  von  der  Literatur  lesen  zu 
können,  so  grosse  Aufgaben  geben,  dass  zu  der  allseitigen 
Besprechung  und  Erläuterung  des  Gelesenen  die  ganze  Stunde 
nötig  ist,  und  daneben  freistehenden  praktischen  Gesprächs- 
übungen keine  Zeit  übrig  bleibt.  Auf  den  Anfangs-  und 
Mittelstufen  dagegen,  wo  noch  das  Lesebuch  benutzt  wird, 
müssen    die    Aufgaben    in  der  Regel  noch  so  kurz  sein,  dass 


( 'ber  die  Stellung  der   Gesprächsübungen  beim  netisprachlichen    L  'ntcrricht.    5  5 

ZU    freistehenden    Gesprächsübungen    oft    noch    reichlich   Zeit 
übrig  bleibt. 

Aber  der  prinzipiell  wichtigste  Grund,  der  für  die  Ver- 
legung der  freistehenden  systematischen  Gesprächsübungen 
auf  die  Anfangs-  und  Mittelstufen  spricht,  ist  doch  der,  dass 
dieselben  hier  dem  geistigen  Entwicklungsstand  der  Schüler 
am  besten  entsprechen.  Die  freistehenden  Gesprächsübungen 
müssen  sich  immer  doch  hauptsächlich  auf  zwei  Faktoren 
stützen:  auf  unmittelbare  i\nschauung  und  auf  den  Nach- 
ahmungstrieb, und  diese  geistigen  Fähigkeiten  sind  gerade 
bei  den  jungen  Schülern  besonders  stark.  In  einem  späteren 
Alter  lebt  man  nicht  mehr  so  sehr  in  der  unmittelbaren  An- 
schauung und  auch  der  Nachahmungstrieb  ist  nicht  mehr  so 
rege,  dagegen  entwickelt  sich  mehr  die  Verstandestätigkeit 
und  das  Abstraktionsvermögen.  Diesem  veränderten  geistigen 
Entwicklungsstand  muss  nun  auch  der  Unterricht  Rechnung 
tragen  und  immer  am  meisten  gerade  an  diejenigen  Fähig- 
keiten appelliren,  die  in  jedem  Alter  am  stärksten  hervor- 
treten. 

Was  dann  die  Frage  betrifft,  in  welcher  Ausdehnung 
solche  freistehenden  gerade  auf  praktische  Sprechfertigkeit 
abzielenden  Gesprächsübungen  in  den  Reallyceen  gepflegt 
werden  sollen,  so  können  wohl  die  Ansichten  in  dem  Punkte 
viel  mehr  auseinander  gehen  als  in  dem  eben  berührten. 
Persönlich  bin  ich  der  Ansicht,  dass  trotz  allem  das  Lese 
buch  und  überhaupt  die  Lektüre,  im  weitesten  Sinne  des 
Wortes,  auch  auf  den  Anfangs-  und  Mittelstufen  das  Centrum 
des  ganzen  Unterrichts  bilden  soll  und  dass  somit  den  frei- 
stehenden Gesprächsübungen  —  für  so  wichtig  und  nützlich 
ich  dieselben  auch  halte  ^  doch  nur  eine  Nebenrolle  zu- 
kommt. Und  ich  wäre  beinahe  geneigt  zu  glauben,  dass  sie 
nur  in  dieser  Nebenrolle  den  besten  Dienst  leisten  können. 
Räumt  man  ihnen  allzu  viel  Platz  ein,  macht  man  sie  ge- 
wissermassen  zur  Hauptsache  und  zum  Centrum  des  Unter- 
richts, wirken  sie  leicht  ermüdend  sowohl  auf  den  Lehrer  wie 
auf  die  Schüler,  werden  mechanisch,  einförmig  und  langweilig 
und    verfehlen    schliesslich  gänzlich  ihren  Zweck.       Das  Le.se- 


$6  K.   S.  Laurila, 

buch  hat  das  Gute  für  sich,  dass  es  nach  so  vielen  ver- 
schiedenen Richtungen  verwertet  werden  kann  und  also  viel 
Gelegenheit  zur  Abwechslung  bietet.  Ausserdem  ist  es 
etwas  Handgreifliches  und  Festes.  Wenn  der  Schüler  eine 
bestimmte  Anzahl  von  Seiten  aus  dem  Lesebuch  durch- 
gearbeitet hat,  so  hat  sowohl  er  wie  der  Lehrer  das  sichere 
Gefühl,  dass  er  etwas  gelernt  hat,  weil  das  Gelernte  gewisser- 
massen  immer  vor  den  Augen  liegt.  Auch  deshalb  eignet 
sich  das  Lesebuch  so  gut  zum  Träger  des  ganzen  Unterrichts. 
Dagegen  haben  die  freistehenden  Gespräch.sübungen  etwas 
«Luftiges»  und  Schwebendes  an  sich.  Der  Schüler,  der  eine 
bestimmte  Anzahl  von  Konversationsstunden  mitgemacht  hat, 
hat  nie  dasselbe  sichere  Gefühl  etwas  geleistet  und  gelernt 
zu  haben  wie  jener,  der  eine  bestimmte  Anzahl  von  Seiten 
aus  dem  Lesebuch  durchgearbeitet  hat. 

Auch  würde  ich  es  nicht  für  zweckmässig  halten  den  Ge- 
sprächsübungen z.  B.  eine  besondere  Stunde  vorzubehalten 
und  sie  somit  von  dem  übrigen  Unterricht  zu  trennen.  Durch 
diese  Anordnung  ginge  näml.  ein  grosser  Teil  des  Nutzens, 
den  die  Gesprächsübungen  bringen  können,  verloren.  Sie 
würden  nicht  mehr  so  sehr  zur  Abwechslung  und  zur  An- 
reizung  des  Interesses  beitragen  können,  wie  wenn  sie  anders 
gestellt  werden.  Diese  Bedeutung  und  Rolle  eines  ab- 
wechselnden und  Interesse  erregenden  Faktors  haben  die 
Gesprächsübungen  am  besten,  wenn  sie  im  nächsten  An- 
schluss  an  die  Lektüre  stehen  und  nur  einen  Teil  der  Unter- 
richtsstunde, den  näml.,  der  übrig  bleibt,  wenn  die  Aufgabe 
aus  dem  Lesebuch  erledigt  ist,  in  Anspruch  nehmen.  Na- 
türlich muss  der  Lehrer  dann  auch  dafür  Sorge  tragen  und 
es  so  einrichten,  dass  wenigstens  in  der  Regel  nach  der 
Erledigung  der  Lesebuchaufgabe  lO — 20  Minuten  zum  Ge- 
spräch übrig  bleiben.  So  eingerichtet,  werden  die  Gesprächs- 
übungen von  den  Schülern  mehr  als  Vergnügen  betrachtet, 
und  es  ist  oft  ganz  auffallend,  wie  interessirt  und  wach  sie 
wiederum  werden,  nachdem  die  Behandlung  des  Lesestoffes 
sie  schon  etwas  abgespannt  und  ein  wenig  schlaff  gemacht 
hat.       Auch    für    den    Lehrer    sind    die   Gesprächsübungen  in 


i'bc7-  die  Stellung  der  GesprächsübtDigen  heim  neusprac/ilichen    Unterricht.     57 

dieser  F'orm  und  in  dieser  Ausdehnung  eine  angenehme  Ab- 
wechslung. Sollte  man  aber  eine  ganze  Stunde  Gespräch 
führen,  dann  ist  es  kaum  zu  vermeiden,  dass  auch  der 
geistreichste  Lehrer  etwas  abgespannt  und  ermüdet  wird  und 
nicht  mehr  so  anregend  und  unterhaltend  wirken  kann.  Kann 
man  aber  nicht  mehr  mit  lebhaftem  Interesse  und  mit 
persönlicher  Freude  und  Begeisterung  Gespräch  führen,  dann 
wäre  es  vielleicht  besser  es  gar  nicht  zu  tun,  denn  ein 
mechanisches,  schablonenmässiges,  interesseloses  Gespräch 
kann  leicht  ebenso  sehr  schaden  wie  nützen.  ^ 

Es  fragt  sich  nun  weiter,  durch  welche  Mittel  die  Ge- 
sprächsübungen am  besten  geführt  werden  können. 

In  dem  Vorangehenden  sind  die  hier  in  Frage  stehen- 
den Gesprächsübungen  schon  des  öfteren  als  «freistehend» 
bezeichnet  worden.  Dies  könnte  vielleicht  eine  solche 
Auffassung  veranlassen,  als  wären  keine  besonderen  Mittel  bei 
den  Gesprächsübungen  nötig,  sondern  man  könnte  nur  über 
Wind  und  Wetter  und  über  alles,  was  sonst  dem  Lehrer  und 
eventuell  auch  den  Schülern  gelegentlich  einfällt,  Gespräch 
führen.  Auch  eine  solche  Möglichkeit  möchte  ich  nicht  un- 
bedingt und  gänzlich  abweisen.  Als  Ausnahme  kann  es  ja 
interessant  und  anregend  sein,  wenn  ein  Gesprächsthema  so 
zu  sagen  aus  der  Luft  gegriffen  oder  improvisirt  wird. 
Irgend  ein  Tagesereignis  in  Deutschland  oder  sogar  ein 
neutrales  im  eigenen  Lande  oder  in  dem  Leben  der 
Schule,  irgend  eine  Sitte  oder  Seite  oder  Erscheinung  des 
deutschen  Lebens,  die  durch  irgend  welchen  Zufall  berührt 
worden  ist  und  die  wichtig  und  interessant  genug  ist  um 
auch  den  Schülern  näher  erklärt  zu  werden,  kann  gelegentlich 
sehr  gut  und  mit  grossem  Vorteil  zum  Gegenstand  eines 
Gesprächs  gemacht  werden  und  eine  Bereicherung  der  Kennt- 
nisse   der    Schüler    sowohl    in  realer  wie  in  sprachlicher  Hin- 


'  Hier  liegt  eben  die  Gefahr  z.  B.  der  Eerlitzmethode  und  anderer 
ähnlichen  einseitigen  Gesprächsmethoden,  die  besonders  leicht  in  Schablone 
ausarten  und  deshalb  abstumpfend  und  ermüdend  wirken.  Wenigstens  machte 
auf  mich  einen  solchen  Eindruck  der  Besuch  der  Berlitzmusterschule,  die  auf 
der  Weltausstellung  zu  Liittich  im  Jahre   1905   in  Tätigkeit  war. 


58  K.   S.   Laurila, 

sieht  zur  Folge  haben.  Aber  diese  Art  von  Gespräch  setzt 
immer  ein  ungewöhnliches  improvisatorisches  Talent  und  eine 
ungewöhnliche  geistige  Regsamkeit  von  der  Seite  des  Lehrers 
voraus,  und  auch  wenn  diese  Voraussetzungen  vorhanden 
sind,  darf  eine  solche-  sporadische  Art  von  Gespräch  nicht 
zur  Regel  werden,  denn  eben  nur  als  Seltenheit  wirkt  sie 
anregend.  Es  gilt  doch  als  Regel,  dass  auch  in  dem  frei- 
stehenden Gespräch  irgend  ein  Zusammenhang,  ein  Ziel  und 
eine  Richtung  und  sogar  eine  Methode  sein  muss.  Wollte 
man  es  zur  Regel  machen  nur  auf  die  Einfälle  des  Augen- 
blicks hin  Gespräch  zu  führen,  würde  daraus  nur  ein  zu- 
sammenhangsloses Gewirr  entstehen  ohne  Richtung  und  Ziel 
und  alles  würde  sich  schliesslich  in  leere  Luft  verflüchtigen 
oder  man  würde  am  Ende  meistens  auf  dieselben  Wege 
zurückkommen  und  sich  somit  nur  wiederholen.  Wenn  das 
Gespräch  hier  als  «freistehend»  bezeichnet  worden  ist,  so  ist 
damit  nur  gemeint,  dass,  da  kein  gedruckter  Text  dem  Ge- 
spräch zugrunde  liegt,  es  nicht  eine  Wiedergabe  oder 
Wiedererzählung  eines  Gelesenen  oder  eines  früher  Erzählten 
ist,  sondern  eine  Neuschöpfung  auf  Grund  eines  innerlich 
oder  äusserlich  Angeschauten.  Aber  ein  anschauliches  Objekt 
oder  wenigstens  ein  anschaulicher  Ausgangspunkt  für  diese 
Neuschöpfung  muss  da  in  der  Regel  vorhanden  sein,  ein 
Ariadnefaden,  an  den  sich  das  Gespräch  anknüpft  und  der 
demselben  Ziel  und  Richtung  giebt. 

Wie  bekannt  werden  auch  in  unseren  Schulen  als  solche 
Anschauungsmittel  bei  dem  Sprachunterricht  Bilder  benutzt. 
Ich  möchte  hier  einen  flüchtigen  Blick  auf  diese  in  unseren 
Schulen  am  meisten  benutzten  Sprachbilder  und  ihre  relative 
Brauchbarkeit  werfen. 

Am  meisten  in  Anwendung  sind  wohl  in  unseren 
Schulen  die  bekannten  hölzelschen  Bilder.  Von  diesen  wie- 
derum dürften  die  «Jahreszeiten»  vielleicht  am  bekanntesten 
sein.  Doch  finde  ich  nicht,  dass  die  hölzelschen  Jahreszeiten 
zum  praktischen  Gesprächsunterricht  gerade  in  unseren 
Schulen  besonders  geeignet  sind. 

Erstens  sind  die  etnographischen  und  Naturverhältnisse, 


Cher  (üc  Slcllung  tkr   Gesprächsiihungen  heim  neusprachlichen    i  nterrkht.   5  9 

die  in  diesen  Bildern  dem  Schüler  entgegentreten  von  den 
unsrigen  vollständig  verschieden.  Unseren  Schülern  bieten 
also  diese  Bilder  kein  bekanntes  Anschauungsmaterial.  Zwei- 
tens ist  es  eben  infolge  dieser  Verschiedenheit  der  Verhält- 
nisse auch  dem  Lehrer  sprachlich  äusserst  schwierig  sich  mit 
voller  Sicherheit  auf  diesem  fremden  Gebiete  zu  bewegen, 
immer  selbst  die  richtigen  Ausdrücke  zu  finden  und  immer 
bereit  zu  sein  auf  alle  Fragen  der  Schüler  zu  antworten. 
Nur  die  wenigsten  Lehrer  sind  mit  dem  deutschen,  bezw. 
schweizerischen  Landleben  so  völlig  vertraut,  dass  sie  dieses 
Gebiet  auch  sprachlich  mit  voller  Sicherheit  beherrschen,  alle 
landwirtschaftlichen  und  sonstigen  im  Landleben  wichtigen 
richtigen  Ausdrücke  kennen.  Natürlich  kann  der  Lehrer  sich 
auf  das  Gespräch  vorbereiten ;  er  kann  den  zum  Bilde  ge- 
hörigen Text  durchlesen  oder  die  ihm  unbekannten  Aus- 
drücke im  Wörterbuch  nachschlagen.  Das  ist  aber  alles  nur 
eine  Nothilfe  und  kann  nie  die  eigene  Anschauung  und  die 
darauf  sich  stützende  sichere  lebendige  Kenntnis  ersetzen. 
Man  kann  ja  zur  Not  auch  mit  Hilfe  des  Wörterbuches  und 
des  beigegebenen  Textes  Gespräch  führen,  aber  ein  interes- 
santes und  anregendes  Gespräch  wird  daraus  sicherlich  nicht, 
denn  mit  lebendigem,  ansteckendem  Interesse  kann  man  nur 
über  etwas  sprechen,  was  man  aus  eigener  Anschauung  kennt. 
Und  dann  ist  da  immer  die  Gefahr  vorhanden,  dass  man 
in  einen  so  zu  sagen  «papierenen»  Stil  verfällt.  Alles  was 
der  Lehrer  sagt,  ist  vielleicht  richtig,  hat  aber  nur  den  be- 
denklichen Fehler,  dass  man  in  dem  betreffenden  Lande 
nicht  so  sagt.  Die  Ausdrücke,  die  der  Lehrer  benutzt,  sind 
nur  Schul-  und  Buchausdrücke  und  keine  Ausdrücke  des 
lebendigen  Lebens. 

Aber  noch  wichtiger  als  alles  dies  ist  der  Einwand, 
dass  der  Sprachstofif,  der  mit  Hilfe  der  «Jahreszeiten»  den 
Schülern  gegeben  wird,  durchaus  nicht  ein  solcher  ist,  wor- 
auf es  gerade  bei  praktischen  Gesprächsübungen  in  erster 
Linie  ankommt.  Die  Gesprächsübungen  sollen  ja  eine  Vor- 
bereitung, eine  Ausrüstung  für  die  Bedürfnisse  des  späteren 
realen    Lebens    sein,    müssen    also  gerade  das  bieten,   was  in 


6o  K.   S.    I.aurila, 

dem  realen  Leben  später  vor  allem  wichtig  und  nötig  sein 
wird.  Wie  viele  von  unseren  Schülern  kommen  aber  nun  je 
mit  dem  deutschen,  bezw.  schweizerischen  Land\Q}otn  in  Be- 
rührung? Vielleicht  einer  von  looo.  Warum  soll  man  ihnen 
also  allerlei  seltene  Ausdrücke  einpauken,  die  sich  auf  das 
deutsche  Bauernhaus,  auf  Enten  und  Schafe,  auf  Wasser- 
mühle, auf  Landwirtschaft  und  Viehzucht  beziehen,  wenn 
man  doch  von  vornherein  weiss,  dass  sie  niemals,  oder 
wenigstens  beinahe  niemals,  in  die  Lage  kommen  werden 
diese  /\usdrücke  zu  benutzen,  dass  dieses  Wissen  also  im 
voraus  bestimmt  ist  ein  totes  Kapital  zu  werden?  Wenn 
unsere  Schüler  je  nach  Deutschland  kommen,  so  kommen 
sie  doch  in  der  Regel  nach  den  Städten,  und  beinahe  aus- 
schliesslich nur  nach  den  Städten  und  nicht  auf  das  Land. 
Was  sie  also  da  sehen  werden,  sind  Häfen  und  Bahnhöfe, 
Strassenbahnen  und  Eisenbahnen  und  allerlei  andere  Verkehrs- 
mittel, Hotels,  Gasthäuser  und  Strassenleben,  Droschken- 
kutscher, Kellner  und  Portiers,  Theater,  Konzerte  und  Städte- 
leben im  Allgemeinen.  W'arum  will  man  ihnen  also  nicht 
auch  in  erster  Linie  einen  solchen  Sprachstoff  geben,  den 
sie  nötig  haben  werden  und  der  sich  auf  solche  Gebiete  des 
Lebens  bezieht,  mit  denen  sie  am  meisten  in  Berührung 
kommen  werden? 

Nun  giebt  es  von  Hölzel  auch  andere  Bilder,  die  we- 
nigstens teilweise  solchen  Anschauungsstoff  bieten,  der  zu 
den  Zwecken  der  praktischen  Gesprächsübungen  geeignet 
sein  könnte.  Es  giebt  erstens  eigentliche  Städtebilder  (Paris, 
London,  Wien,  Prag),  dann  einige  Bilder,  die  gewisse  Seiten 
des  städtischen  Lebens  darstellen,  wie  «Der  Hafen»,  «Der 
Hausbau»,  «Berg-  und  Hüttenwerk».  Ausserdem  giebt  es 
ein  Bild,  das  eine  moderne  Grosstadt  im  Allgemeinen  und 
schliesslich  eines,  das  das  Innere  einer  modernen  Wohnung 
darstellt. 

Was  die  hölzelschen  Städtebilder  betrifft,  wenigstens 
diejenigen,  die  ich  gesehen  habe,  sind  dieselben  offenbar  nicht 
mit  Rücksicht  auf  die  Bedürfnisse  des  Sprachunterrichts  ent- 
worfen,   sondern    wollen  ganz   anderen  Zwecken  dienen.     Sie 


über  die  Stellung  der   Gesprächsiibtaigen  beim  ?ieusprachliclicn    l'uterricht.    6l 

geben  nur  ein  ganz  zusammengedrängtes  Panorama  von  der 
betr.  Stadt  in  der  Vogelperspektive  und  würden  sich  sehr 
schlecht  zum  Gegenstand  der  Gesprächsübungen  eignen. 

Von  den  übrigen  hölzelschen  Bildern  möchte  ich  sagen, 
dass  nur  die  zwei  letztgenannten  zu  unserem  Zweck  gut  brauch- 
bar sind.  Das  Bild  Nr.  15  («Der  Hausbau»)  bietet  wohl  reichen 
Anschauungsstoff  dar,  aber  führt  das  Gespräch  auf  ein  allzu  spe- 
zielles Gebiet,  wo  der  Lehrer  sich  in  den  gewöhnlichen  Fäl- 
len weder  sachlich  noch  sprachlich  mit  voller  Sicherheit  be- 
wegen kann.  Und  wenn  er  das  auch  könnte,  so  wäre  es  ja 
doch  offenbar  verkehrt  den  Schülern  allerlei  bautechnische 
Spezialausdrücke  einzupauken,  die  sie  meistens  niemals  brauchen 
werden  und  dabei  das  Nächstliegende  und  Nötigste  zu  ver- 
nachlässigen. Dasselbe  gilt  noch  mehr  von  dem  Bilde  Nr. 
16  («Berg-  und  Hüttenwerk»).  Was  das  Bild  Nr.  14  («Der 
Hafen»)  betrifft,  so  ist  auch  das  in  der  hölzelschen  Ausführung 
mehr  zum  Anschauungsunterricht  als  zum  fremdsprachlichen 
Unterricht  geeignet.  Es  fehlt  dem  Bilde  die  nötige  Über- 
sichtlichkeit und  Grosszügigkeit,  die  notwendige  Bedingungen 
sind,  wenn  ein  Bild  zum  fremdsprachlichen  Unterricht  taugen 
soll.  Die  beim  Sprachunterricht  brauchbaren  Bilder  müssen 
immer  ziemlich  allgemein  gehalten  sein.  Sie  müssen  nur  die 
grossen  Hauptzüge  eines  Lebensgebiets  darstellen.  Da  darf 
nicht  allzu  viel  Stoff,  vor  allem  nicht  allzu  viel  Detail, 
angehäuft  sein,  denn  das  ist  nur  geeignet  zu  verwirren  und 
das  Gespräch  allzu  sehr  auf  Spezialgebiete  zu  lenken,  was  beim 
Sprachunterricht  in  der  Schule   nicht   der  Zweck   sein  kann. 

Die  hölzelschen  Bilder  Nr.  8  («Die  Stadt»)  und  Nr.  13 
(«Die  Wohnung»)  erfüllen  dagegen  meiner  Ansicht  nach 
ganz  glücklich  diejenigen  Forderungen,  die  man  an  ein  beim 
Sprachunterricht  brauchbares  Bild  stellen  muss.  Von  denen 
wird  aber  noch  später  ausführlicher  die  Rede  sein. 

Ausser  den  hölzelschen  giebt  es  noch  eine  Menge  von 
anderen  Bildern,  die  beim  Sprachunterricht  vielleicht  in  Frage 
kommen  könnten  und  von  denen  einige  wohl  auch  in  unseren 
Schulen  gelegentlich  benutzt  werden.  So  giebt  es  z.  B.  eine 
Menge    geographischer    Charakterbilder  und  Städtebilder  von 


02  K,   S.   Lanrila^ 

Lehmann,  ebenso  von  Schreiber  und  von  vielen  anderen. 
Da  aber  diese  Bilder  nicht  zur  Benutzung  beim  Sprachunter- 
richt, sondern  zu  ganz  anderen  Zwecken  bestimmt  sind,  sind 
dieselben  nur  in  seltenen  F'ällen  und  in  sehr  beschränktem  Mass 
beim  Sprachunterricht  brauchbar.  Einige  von  den  lehmann- 
schen  Städtebildern  z  B.  wären  vielleicht  sonst  ganz  gut, 
aber  nicht  deutlich  und  scharf  markirt  genug  um  in  der 
Klasse  von  allen  auch  etwas  weiter  sitzenden  Schülern  ge- 
sehen zu  werden.  Dagegen  giebt  es  von  Schreiber  eine 
Wandtafel  zur  Veranschaulichung  geographischer  Grundbegriffe, 
die  auch  zwar  nicht  mit  Rücksicht  auf  den  Sprachunterricht 
gemacht  ist,  die  aber  trotzdem  meiner  Ansicht  nach  sich 
dazu  ganz  gut  eignet  und  die  ich  persönlich  oft  benutzt  habe. 
Die  Ausw^ahl  an  wirklich  brauchbaren,  besonders  für 
die  Zwecke  des  Sprachunterrichts  bestimmten  Bildern  ist  also 
gar  nicht  so  gross  wäe  man  bei  der  heutzutage  herrschenden 
Leichtighkeit  der  Herstellung  und  bei  den  daraus  folgenden  bil- 
ligen Preisen  erwarten  könnte.  Wenigstens  soweit  ich  weiss, 
fehlen  viele  beim  Sprachunterricht  sehr  nötige  Bilder,  die  mit 
grosser  Leichtigkeit  herzustellen  wären.  So  müsste  z.  B.  ganz 
notwendig  ein  gutes,  übersichtliches  und  deutliches  Bild  vor- 
handen sein,  das  den  Hafen  einer  modernen  Seestadt  dar- 
stellte, so  wie  derselbe  für  die  Zwecke  des  Sprachunterrichts 
dargestellt  werden  sollte.  Da  dürfte  nicht  die  technische  Seite 
des  Hafenlebens  mit  allen  Maschinen,  Waaren  und  Geräten 
im  Vordergrund  sein,  sondern  der  Verkehr  sollte  da  nach 
denjenigen  Hauptseiten  hin  übersichtlich  veranschaulicht  werden, 
die  gerade  den  Reisenden  interessiren  und  ihm  wichtig 
sind.  So  sollte  da  z.  B.  ein  eben  angekommenes  Schiff  mit 
Reisenden  an  Bord  zu  sehen  sein,  und  auf  der  Landungs- 
brücke sollten  diejenigen  Menschentypen  sichtbar  sein,  die 
bei  solchen  Gelegenheiten  auf  den  Reisenden  warten :  Schutz- 
leute, Gepäckträger,  Droschkenkutscher,  Hoteldiener,  Zoll- 
beamte u.  s.  w.  Dann  könnte  da  auch  eine  Zollvisitation 
veranschaulicht  sein,  wie  auch  andere  Hauptverrichtungen, 
die  sich  bei  der  Ankunft  in  einer  fremden  Stadt  im  Hafen 
abspielen.     Ebenso    könnte    da    die    Abfahrt  vom   Hafen  mit 


rhcr  die  Stellung  der  Gesprächs  Übungen  beim  ueiisprachliihen  Interriclit.    63 

allem,  was  dazu  gehört,  in  grossen  Zügen  veranschaulicht 
sein.  Noch  notwendiger  wäre  es  sogar  mehrere  Bilder  zu 
haben,  die  einen  modernen  Bahnhof  darstellten.  Ein  Bild 
könnte  die  Vorderseite  und  die  Ankunft  auf  dem  Bahnhof, 
mit  den  Droschken,  Gepäckträgern  und  dergleichen  darstellen. 
Ein  zweites  Bild  sollte  das  Innere  des  Bahnhofs,  die  grosse 
Halle,  mit  den  Schaltern,  den  verschiedenen  Expeditionen 
und  allen  übrigen  Hauptverrichtungen,  die  sich  in  der  Vor- 
halle abspielen,  veranschaulichen.  Ganz  willkommen  wäre 
noch  ein  Bild  von  dem  Wartesaal  mit  dem  Büffet  und  den 
Kellnern,  aber  noch  notwendiger  ein  Bild,  das  den  Bahnsteig 
mit  den  Geleisen,  Tunneln  und  allem,  was  dahin  gehört, 
darstellte. 

Auch  sollte  noch  ein  Bild  vorhanden  sein,  das  ein  Ho- 
tel, wenigstens  die  Ankunft  in  dem  Hotel  sowie  den  Vor- 
raum mit  dem  Portier,  den  verschiedenen  Dienern  und  allem 
Übrigen,  was  dem  Reisenden  dort  begegnet,  darstellte,  ebenso 
wie  auch  solche  Bilder,  die  ein  Gasthaus  und  verschiedene 
charakteristische  Momente  und  Seiten  des  Strassenlebens  ver- 
anschaulichten. Solche  Bilder  des  modernen  städtischen  Le- 
bens würden  eben  einen  solchen  Anschauungsstofif  bieten,  der 
bei  praktischen  Gesprächsübungen  vor  allem  nötig  ist  und 
an  den  sich  auch  gerade  solche  Ausdrücke  anknüpfen,  die 
der  Schüler  später  im  Leben  in  erster  Linie  brauchen  wird, 
sobald  es  ihm  auf  praktische  Sprachfertigkeit  ankommt. 

Aber  von  diesen  Wünschen  und  Betrachtungen  kehren 
wir  jetzt  zurück  zu  den  tatsächlich  vorhandenen  Bildern  um 
etwas  ausführlicher  zu  zeigen,  wie  dann  praktische  Gesprächs- 
übungen mit  Hilfe  derselben  geordnet  werden  können. 

Ich  möchte  am  liebsten  mit  dem  hölzelschen  Bilde  Nr. 
13  (Die  Wohnung)  anfangen.  Der  Anschauungsstoff,  der  in 
diesem  Bilde  dem  Schüler  entgegentritt,  liegt  ihm  am  näch- 
sten und  ist  ihm  am  vertrautesten.  Auch  wird  das  Gespräch, 
das  sich  an  dieses  Bild  anknüpft,  wie  von  selbst  genügend 
einfach  und  dem  Fassungsvermögen  des  Kindes  angepasst 
sein.      Man    kann    da    die    ganze    Zeit    in    unmittelbarer  An- 


64  -Ä'.    •^.   Laurila, 

schauung  bleiben  und  hat  doch  Stoff  genug  und  einen  inte- 
ressanten und  anregenden  Stoff. 

Es  fragt  sich  nun,  ob  man  den  ganzen  Unterricht  mit 
dem  Bilde  und  den  sich  daran  anschliessenden  Gesprächen 
anfangen  •  soll,  oder  ob  man  den  Schülern  zuerst  mit  Hilfe 
des  Lesebuches  einen  kleinen  Wortvorrat  und  irgend  welche 
Ahnung  von  den  Formen  beibringen  soll.  Persönlich  ziehe 
ich  die  letztere  Verfahrungsweise  vor.  Dies  deshalb,  weil 
ich  finde,  dass  ein  Gespräch,  wobei  die  Schüler  keine  eigene 
Tätigkeit  entfalten  können,  sondern  nur  ausschliesslich  auf 
blosse  Nachahmung  und  auf  blosses  Nachsagen  angewiesen 
sind,  sowohl  den  Schülern  wie  auch  dem  Lehrer  leicht  In- 
teresse tötend  und  langweilig  werden  kann.  Wenn  das  Ge- 
spräch dagegen  erst  nach  einigen  Wochen,  wo  die  Schüler 
schon  im  Stande  sind  ganz  kurze  und  einfache  Sätze  zu 
bilden,  anfängt,  dann  kommt  den  Schülern  zu  dem  Interesse, 
das  eine  unmittelbare  Anschauung  ihnen  immer  bereitet,  noch 
die  Freude  an  der  eigenen  Tätigkeit  hinzu,  welche  bei  allem 
Unterricht  ein  äusserst  wichtiger  und  beachtenswerter  Faktor 
ist.  Doch  möchte  ich  dies  keineswegs  als  eine  positive  Regel 
aufstellen.  Es  kann  vielleicht  viele  Lehrer  geben,  die  gleich 
mit  Gespräch  und  Anschauung  anfangen  und  es  doch  ver- 
stehen auch  die  eigene  Tätigkeit  der  Schüler  dabei  zu  ihrem 
Recht  kommen  zu  lassen  und  zu  fördern.  Ich  weiss  nur, 
dass  mir  die  letztere  Verfahrungsweise  besser  gelingt  und 
das  schreibe  ich  der  eben  angedeuteten  psychologischen  Tat- 
sache zu. 

Wie  man  nun  aber  in  dieser  Beziehung  auch  tut,  ob 
man  gleich  oder  erst  nach  einigen  Wochen  mit  dem  Gespräch 
anfängt,  im  Grossen  und  Ganzen  wird  die  Verfahrungsweise 
doch  dieselbe  sein.  Es  gilt  nur  sich  an  das  Angeschaute  zu 
halten  und  dasselbe  in  Worte  zu  kleiden,  sich  über  das  An- 
geschaute in  der  fremden  Sprache  Rechenschaft  zu  leisten. 
Doch  muss  meiner  Ansicht  nach  besonders  betont  werden, 
dass  das  Gespräch  nicht  in  eine  leere  Aufzählung  der  ange- 
schauten Gegenstände  ausarten  darf,  sondern  man  muss  tat- 
sächlich   ein    wirkliches    Gespräch    führen.      Man    darf    nicht 


Über  die  Stellung  der  Gespräc/isiibungen  heim  tieusprachlichen    Unterricht.    65 

etwa  so  verfahren,  wie  ich  geistlose  und  phantasielose  Ber- 
litzmethodiker  habe  verfahren  sehen,  dass  man  nur  die  auf 
dem  Bilde  sichtbaren  Gegenstände  vom  einen  Ende  zum  An- 
deren aufzählt:  das  ist  ein  Grossvater,  das  ist  ein  Mädchen, 
das  ist  ein  Tisch,  das  ist  ein  Stuhl  u.  s.  w.  um  dann  die- 
selbe Reihe  noch  einmal  mit  der  stereotypen  Frage  «Was 
ist  das?»  zu  durchlaufen.  Auf  solche  Weise  ist  das  ganze 
Bild  in  paar  Stunden  erledigt,  und  ein  solches  stumpfsinniges 
und  mechaniches  «Gespräch»  wäre  auch  kaum  länger  aus- 
zuhalten. Wenn  das  Bild  zu  einem  wirklichen  Gespräch  An- 
lass  geben  soll,  dann  muss  man  länger  bei  jedem  einzelnen 
Gegenstand  verweilen,  ihn  allseitiger  besprechen  und  daraus 
eine  Serie  machen. 

Um    zu    dem    als    Beispiel  benutzten  Bilde  Hölzeis  (Die 
Wohnung)    zurückzukehren,    könnte    man  das  Gespräch  z.   B 
etwa  folgender  Weise  anfangen: 

Man  zeigt  zuerst  auf  das  Bild  im  Ganzen  und  fragt: 
Was  sehen  wir  hier?  Antwort:  Wir  sehen  ein  Zimmer.  — 
Was  ist  das  für  ein  Zimmer?  —  Das  ist  ein  Esszimmer 
(Speisezimmer,  Speisesaal).   —  Was  sehen  wir  im  Esszimmer? 

—  Wir  sehen  Menschen.   —  Wie   viele  Menschen  sehen  wir? 

—  Wir  sehen  sieben,  acht,  neun  (jenachdem)  Menschen.  Dann 
zeigt  man  auf  irgend  eine  von  den  Personen,  z.  B.  auf  den 
in  der  Mitte  des  Zimmers  sitzenden  Grossvater  und  fragt: 
Wer  ist  dies?  Antwort:  Das  ist  ein  Herr.  —  Was  ist  das 
für  ein  Herr?  —  Das  ist  ein  alter  Herr.  —  Wie  sieht  man, 
dass  es  ein  alter  Herr  ist?  —  Er  hat  graues  Haar  und  grauen 
Bart.  —  Wie  alt  ist  dieser  Herr?  —  Er  ist  60  (65  oder  so 
etwas)  Jahr  alt.  —  Wer  ist  dieser  alte  Herr?  —  Es  ist  der 
Grossvater.  -  Was  tut  der  Grossvater?  —  Er  liest.  —  Was 
liest  er?    --  Er  liest  eine  Zeitung.   —  U.   s.   w. 

Die  neuen  Wörter  und  Ausdrücke  muss  der  Lehrer 
natürlich  zuerst  selbst  sagen,  an  die  schwarze  Tafel  schreiben 
und  sich  dessen  vergewissern,  dass  dieselben  von  den  Schü- 
lern verstanden  werden.  Und  so  geht  man  weiter.  Wenn 
das  Thema  « Grossvater >-  einigermassen  erschöpft  ist,  gebt 
man    zu  den    anderen    Personen,    zu     dem     spielenden    Mäd- 


66  K.   S.   Laurila, 

chen,  zu  der  Mutter  mit  dem  Kinde,  zu  dem  lesenden  Jungen 
und  dem  Vater  u.  s.  w.  über  und  berührt  immer  auch  die 
Gegenstände,  die  in  der  nächsten  Umgebung  der  Personen 
sich  befinden  so  wie  die  Beschäftigungen  der  verschiedenen 
Personen.  Auf  diese  Weise  wird  das  Familienleben  nach 
ihren  wichtigsten  Seiten  hin  besprochen  und  die  sich  darauf 
beziehenden  Ausdrücke  werden  dabei  gelernt. 

So  muss  auch  bei  der  Weiterführung  der  Gespräche 
immer  darauf  geachtet  werden,  dass  das  Gespräch  sich  immer 
auf  eine  bestimmte  Seite  des  Lebens,  so  zu  sagen  auf  einen 
bestimmten  Anschauungskreis  konzentrirt  und  diesen  so  eini- 
germassen  allseitig  erschöpft.  Dies  giebt  eben  dem  Gespräch 
Ziel  und  Richtung  und  einen  gewissen  Zusammenhang  und 
schützt  vor  der  Gefahr  ins  Uferlose  abzuschweifen  oder  sich 
selbst  beständig  zu  wiederholen.  So  weit  muss  also  auch 
das   freistehende  Gespräch  systematisch  und  planmässig  sein. 

Aber  allzu  systematisch  und  planmässig  darf  es  auch 
nicht  werden,  was  sonst  sehr  leicht  geschehen  kann.  Ich 
glaube  nicht,  dass  es  dem  Gespräch  zum  Vorteil  ist,  wenn 
es  nach  einem  vorher  genau  bestimmten  Programm,  etwa 
nach  einem  gedruckten  Wortverzeichnis  oder  sonst  nach  einem 
fertigen  Text,  treu  und  pedantisch  geführt  wird.  Nur  die 
allgemeine  Richtung  und  der  Anschauungskreis,  in  dem  man 
sich  bewegen  will,  müssen  im  Voraus  bestimmt  sein.  Der 
Lehrer  muss  immer  wissen,  wohin  er  schliesslich  kommen 
und  welche  Seite  des  Lebens  er  sprachlich  bearbeiten  will, 
und  wenn  das  Gespräch  sich  von  seiner  Richtung  verirrt,  muss 
er  verstehen  es  in  seine  richtigen  Bahnen  zurückzulenken. 
Aber  es  führen  viele  Wege  nach  einem  Ziel,  und  ein  be- 
stimmter Anschauungskreis  kann  in  sehr  verschiedener  Rei- 
henfolge und  sonst  auf  sehr  verschiedene  Weisen  sprachlich 
bearbeitet  und  ausgenützt  werden.  Es  wird  dem  Lehrer  lang- 
weilig, wenn  er  das  Gespräch  immer  nach  einer  bestimmten 
unveränderten  Schablone  führt,  und  ein  Mangel  an  eigenem 
Interesse  auf  der  Seite  des  Lehrers  wirkt  gleich  unmittelbar 
auch  auf  die  Schüler.  Deshalb  ist  Abwechslung  auch  in 
dieser    Beziehung    nötig.     Im    Einzelnen    kann    das  Gespräch 


l'her  die  Sieihing  der   Gespriichsithungen  beivi  7!eitsprachliche>i    UnlerricJü.   67 

immer  mehr  oder  weniger  Improvisation  sein,  und  manches 
kann  der  Eingebung  und  dem  Einfall  des  Augenblicks  über- 
lassen bleiben.  Jenachdem  was  die  Schüler  am  meisten  zu 
mteressiren  scheint,  wie  ihre  Antworten  fallen  und  wonach 
sie  selbst  auch  eventuell  fragen,  kann  man  bald  diesen,  bald 
jenen  Weg  einschlagen,  bald  hier,  bald  dort  länger  verwei- 
len, wenn  man  nur  zusieht,  dass  schliesslich  doch  der  be- 
stimmte Anschauungskreis  gut  und  vielseitig  ausgenützt  wor- 
den ist. 

Nachdem  «Die  Wohnung»  gut  und  vielseitig  ausgenützt 
ist,  kann  man  entweder  eine  von  den  «Jahreszeiten»  oder 
auch  die  Wandtafel  «Die  geographischen  Grundbegriffe»  zur 
Unterlage  des  Gesprächs  nehmen.  Das  letztere  Bild  bildet 
meiner  Ansicht  nach  sogar  eine  bes.sere  Ergänzung  zur  «Woh- 
nung» als  irgend  eine  von  den  Jahreszeiten,  denn  während 
die  Wohnung  das  Menschenleben  in  seiner  Intimität  darstellt, 
führt  jenes  andere  Bild  die  Aussenseite  des  Menschenlebens 
und  die  äussere  Natur  in  ihren  grossen  Hauptzügen  vor  die 
Augen  und  lenkt  das  Gespräch  somit  auf  ein  ganz  neues 
Gebiet,  wo  ganz  andere  Wörter  und  Ausdrücke  in  Anwen- 
dung kommen  müssen.  Man  sieht  auf  jenem  Bild  erstens 
die  wichtigsten  geographischen  Formationen:  ein  offenes  Meer 
mit  Buchten  und  Halbinseln,  einen  Binnensee,  einen  Fluss, 
verschiedene  Berge,  Wälder,  Wiesen  und  Äcker.  Weiter 
sieht  man,  die  Aussenseite  des  Menschenlebens  darstellend, 
eine  Stadt  mit  ihrer  Umgebung,  eine  Eisenbahn  mit  Tunneln 
und  Brücken,  eine  Landstrasse,  eine  Fabrik,  Landhäuser,  eine 
Kirche  u.  s.  w.  Alle  diese  verschiedenen  Gegenstände  kön- 
nen nun  mit  gro.ssem  Vorteil  zu  Mittelpunkten  lehrreicher  und 
interessanter  Gesprächsserien  gemacht  werden,  wobei  wie- 
derum darauf  zu  achten  ist,  dass  die  eine  Serie  die  andere 
glücklich  ergänzt  und  alle  zusammen  eine  gewisse  Einheit 
bilden,  sich  um  einen  bestimmten  Mittelpunkt  gruppiren  und 
eine  bestimmte  Seite  des  Lebens  so  ziemlich  allseitig  be- 
leuchten. 

Auf  die  Anwendung  der  hölzelschen  «Jahreszeiten» 
brauche    ich    hier  wohl  nicht  mehr  näher  einzugehen.     Dabei 


sind  natürlich  dieselben  allgemeinen  Gesichtspunkte  zu  beachten 
wie  bei  der  Benutzung  der  hier  schon  behandelten  Bilder. 
Nur  auf  Eins  möchte  ich  im  Vorbeigehen  aufmerksam  machen. 
Bei  der  Benutzung  der  «Jahreszeiten»  muss  man  meiner  An- 
sicht nach  besonders  darauf  Rücksicht  nehmen,  dass  man 
sich  nicht  allzu  viel  in  die  Eigentümlichkeiten  des  darin  dar- 
gestellten Landlebens  vertieft,  sondern  mehr  das  Menschen- 
leben und  aus  dem  Landleben  nur  seine  so  zu  sagen  all- 
gemeingültigen Seiten  berücksichtigt.  Dies  aus  Gründen,  auf 
die  im  Vorangehenden  schon  hingewiesen  worden  ist. 

Bei  der  Weiterführung  der  Sprechübungen  verdienen 
nun  meiner  Ansicht  nach  zwei  Gesichtspunkte  immer  mehr 
Beachtung.  Auf  diese  Gesichtspunkte  möchte  ich  hier  deshalb 
kurz  hinweisen. 

Auf  je  höhere  Stufen  man  kommt,  desto  freier  kann 
und  beinahe  auch  muss  man  sich  dem  Bilde  gegenüber  ver- 
halten. Man  kann  sich  von  der  unmittelbaren  ^)  äusseren 
Anschauung  immer  mehr  loslösen  und  sich  mehr  auf  die 
innere  Anschauung  stützen.  Das  Angeschaute  wird  nur  zum 
Ausgangspunkt  und  zum  ersten  Anlass  zu  Vorstellungsserien, 
die  sich  nicht  mehr  direkt  an  ein  anschauliches  Objekt  an- 
lehnen, sondern  auf  der  Reproduktion  beruhen.  So  kann  man, 
um  ein  Beispiel  zu  nehmen,  bei  der  Betrachtung  der  Kirche, 
die  in  dem  Bilde  «Geogr.  Grundbegriffe»  zu  sehen  ist,  auch  das 
Innere  der  Kirche,  ja  sogar  den  Verlauf  eines  Gottesdienstes 
u.  s.  w.  besprechen,  obgleich  alles  dies  in  dem  Bilde  nicht 
zu  sehen  ist.  Dabei  muss  man  sich  also  auf  innere  Anschau- 
ung stützen  und  mit  reproduzirten  Vorstellungen  operiren. 
Dies  ist  aber  auf  den  höheren  Stufen  gewissermassen  nötig, 
denn  sonst  wird  das  Gespräch  für  reifere  Schüler  allzu  ein- 
fach und  inhaltlich  bedeutungslos,  wenn  man  sich  gar  nicht 
von    der   äusseren  Anschauung  entfernen  darf.     Dabei  ist  na- 


')  Unter  «unmittelbarer»  Anschauung  verstehe  ich  hier,  wie  übrigens 
in  diesem  ganzen  Aufsatz,  Vorstellungskomplexe,  die  durch  einen  vorhande- 
nen konkreten  Reiz  hervorgerufen  werden,  dieser  Reiz  mag  nun  dann  ein 
wirklicher  Gegenstand  oder  ein  anschauliches  Bild  von  solchen  sein. 


('her  die  Stellung  ihr  Gespriichsi'ihuni^cti  heim  tieiisprachliche);    Cnter/ic/i/.   69 

türlich  wiederum  zu  beachten,  dass  man  sich  nicht  allzu  weit 
von  dem  Bilde  entfernt,  sondern  beständig  mit  dem  Ange- 
schauten in  Fühlung  bleibt  und  immer  wieder  zu  demselben 
zurückkehrt.  —  Übrigens  finde  ich,  dass  diese  Loslösung  von 
dem  Angeschauten  und  dieses  freiere  Verhalten  dem  Bilde 
gegenüber  sich  so  ziemlich  von  selbst  ergiebt:  die  Schüler 
treiben  den  Lehrer  dazu.  Mit  zunehmendem  Alter  und  fort- 
schreitender Entwicklung  wird  das  Interes.se  der  Schüler  an 
der  unmittelbaren  Anschauung  etwas  schwächer  und  statt 
dessen  ihr  Drang  nach  weiteren  Ausblicken  und  grösserer 
Bewegungsfreiheit  auch  in  geistiger  Hinsicht  stärker,  und  diesem 
veränderten  Entwicklungsstand  braucht  der  Lehrer  nur  Rech- 
nung zu  tragen  um  in  dieser  Beziehung  so  ziemlich  sicher 
das  Richtige  zu  treffen. 

Mehr  Mühe  und  planmässige  Überlegung  fordert  die 
Berücksichtigung  eines  anderen,  wenigstens  meiner  Ansicht 
nach  sehr  wichtigen  Gesichtspunktes. 

Wie  bei  dem  Sprachunterricht  überhaupt,  so  müsste 
man  auch  bei  den  praktischen  Sprechübungen  immer  bestrebt 
sein  den  Schülern  etwas  auch  sachlich  Wichtiges  und  För- 
derndes zu  geben,  ihre  Kenntnisse  nicht  allein  sprachlich, 
sondern  auch  inhaltlich  zu  bereichern  und  zu  erweitern.  Sonst 
heisst  es  ja  wohl,  dass  man  nicht  gut  zweien  Herren  dienen 
kann.  Aber  beim  Sprachunterricht  gilt  diese  Regel  nicht. 
Da  dient  man  erst  dann  gut,  wenn  man  nicht  einem  Herrn 
dient.  Um  die  Sprache  gut  zu  unterrichten,  darf  man  nicht  die 
Sprache  allein  unterrichten.  Man  muss  immer  bestrebt  sein 
das  Sachliche  mit  dem  Sprachlichen  zu  verbinden.  So  auch 
bei  den  Sprechübungen. 

In  bescheidenem  Masse  kann  dies  nun  auch  schon  von 
Anfang  an  geschehen.  Aber  mit  stärkerem  Nachdruck  und 
in  grösserer  Ausdehnung  kann  diese  sachliche  Seite  doch  erst 
auf  etwas  höheren  Stufen  berücksichtigt  werden.  Zu  diesem 
Zweck,  finde  ich  nun,  ist  ein  fortlaufendes,  systematisch  aus- 
gedachtes Gespräch,  das  eine  Reise  nach  und  in  dem  Lande, 
dessen  Sprache  es  zu  erlernen  gilt,  zum  Gegenstand  und  Inhalt 
hat,  sehr  nützlich.    Dieses  Gespräch  —  oder  vielmehr  diese  Serie 


70  K.    S.    I.aurila, 

von  Gesprächen  —  findet  meiner  Ansicht  nach  am  besten  in 
der  VI.  Klasse  statt,  kann  aber  schon  in  der  V.  angefangen 
werden  und  bildet  somit  den  Abschluss  der  ganzen  freistehen- 
den praktischen  Sprechübungen.  Die  in  unseren  Schulen 
vorhandenen  Bilder  geben  allerdings  keineswegs  einen  ge- 
nügenden unmittelbaren  Anschauungstoff  zu  einem  sol- 
chen, ein  systematisches  Ganzes  bildenden  Reisegespräch, 
und  eben  zu  diesem  Zwecke  wären  die  oben  beschrie- 
benen und  vermissten  Bilder  des  Städtelebens  sehr  nötig. 
Doch  eignet  sich  die  hölzelsche  «Stadt»  ganz  gut  zum  Aus- 
gangs- und  Mittelpunkt  einer  solchen  Gesprächsserie,  und  in 
Ermangelung  des  nötigen  Anschauungsstoffes  muss  man  sich 
dabei  entsprechend  mehr  auf  die  innere  Anschauung  stützen 
und  so  die  Lücken   ausfüllen. 

Seit  längerer  Zeit  habe  ich  jedes  Jahr  ein  solches  Reise- 
gespräch in  der  VI.  Klasse  gehabt,  obgleich  man  nicht  im- 
mer genügend  Zeit  hat  dasselbe  allseitig  genug  zu  machen 
und  zum  richtigen  Abschluss  zu  bringen. 

Wir  besprechen  zuerst  die  Wege,  die  von  unserem 
Lande  nach  Deutschland  führen  und  haben  dabei  Gelegen- 
heit auch  die  geographischen  Kenntnisse  der  Schüler  etwas  auf- 
zufrischen, was  übrigens  oft  sehr  nötig  ist,  denn  beinahe 
jedes  Jahr  merkt  man,  dass  viele  Schüler  in  der  VI.  Klasse 
keine  Ahnung  davon  haben,  mit  welchen  Städten  in  Deutsch- 
land wir  direkte  Dampferverbindung  haben.  Dann  folgt  die 
Ankunft  im  Hafen  der  betreffenden  Stadt  (Stettin,  Lübeck 
oder  Hamburg),  eine  vorherige  Orientirung  in  dem  Reisehand- 
buch über  dieselbe,  Zollvisitation,  Beförderung  des  Gepäcks, 
Erwähnung  der  verschiedenen  Droschkenklassen  und  überhaupt 
Berührung  aller  wichtigsten  Verrichtungen,  die  sich  bei  der 
Ankunft  im  Hafen  abspielen.  So  kommen  wir  nach  dem 
Hotel,  haben  ein  Gespräch  mit  dem  Portier,  bekommen  unser 
Zimmer  und  lernen  die  verschiedenen  Hoteldiener  kennen 
sowie  ihre  Rollen  und  Obliegenheiten  dem  Reisenden  gegen- 
über. Dann  essen  wir  eine  Mahlzeit  in  unserem  Hotel  und 
lernen  die  dabei  zur  Anwendung  kommenden  Ausdrücke,  ver- 
langen    eine     Zeitung    und    machen    uns    mit    Hilfe    dersel- 


über  die  Stellung  </?;-   Gespräcitsiibungcn  beim  neusprachlichen    Unterricht.    71 

ben  und  unseres  Reisehandbuchs  ein  Programm  für  die  Dauer 
unseres  Aufenthalts  zurecht.  Einen  Abend  verbringen  wir 
z.  B.  im  Theater,  besuchen  die  wichtigsten  Sehenswürdig- 
keiten der  Stadt:  Kirchen,  Museen,  Tiergärten,  merkwürdige 
Gebäude  u.  s.  w.  und  lernen  nebenbei  die  Verkehrsmittel 
einer  modernen  Grosstadt  und  ihre  Benutzung  kennen,  wozu  das 
hölzelsche  Bild  teilweise  guten  Anschauungsstoff  bietet.  Nach- 
dem unser  Programm  erledigt  ist,  machen  wir  unsere  Vorberei- 
tungen zur  Weiterreise,  fahren  nach  dem  Bahnhof  und  be- 
sprechen alles,  was  wir  da  zu  beobachten  haben,  kommen 
in  den  Zug  und  reisen  nach  einer  anderen  Stadt,  wobei  na- 
türlich alles,  was  auf  der  Reise  sprachlich  und  sachlich  wichtig 
ist,   berührt  wird. 

Natürlich  wird  dieses  ganze  Gespräch  nicht  in  einer 
Folge  erledigt,  sondern  in  kleineren  Abschnitten.  Immer  nach 
paar  drei  Stunden  wird  halt  gemacht  und  das  Besprochene 
wiederholt.  Und  wenn  ein  längerer  Abschnitt  erledigt  ist, 
ist  es  zweckmässig  ihn  in  einer  schriftlichen  Arbeit  in  der  Klasse 
bearbeiten  zu  lassen.  So  wird  das  Gelernte  gesichert  und 
befestigt.  Dasselbe  gilt  natürlich  auch  von  den  übrigen  Ge- 
sprächsserien. 

Die  ganze  Zeit  sind  auch  bei  allen  praktischen  Sprech- 
übungen, aber  noch  besonders  bei  diesem  Reisegespräch  zwei 
Gesichtspunkte  massgebend.  Man  muss  bestrebt  sein  den 
Schülern  solchen  Sprachstoff  beizubringen,  den  sie  gerade 
im  praktischen  Leben  brauchen  werden.  Zweitens  muss  man 
bestrebt  sein  auch  ihre  sachlichen  Kenntnisse  in  entsprechen- 
der Richtung  zu  erweitern.  Wenn  es  sich  speziell  wie  hier 
um  den  deutschen  Unterricht  handelt,  so  gilt  es  dabei  natür- 
lich zunächst  die  Kenntnisse  der  Schüler  über  Deutschland, 
deutsches  Leben  und  deutsche  Sitten  zu  erweitern.  Und  das 
kann  nun  auch  ganz  glücklich  —  und  ich  möchte  sagen 
diskret  —   bei  solchen  praktischen  Sprechübungen  geschehen. 

In  der  VI.  Klasse  unserer  Reallyceen  denke  ich  mir 
die  hier  in  Frage  stehenden  praktischen  Sprechübungen  ab- 
geschlossen. Wenn  in  dieser  Zeit  auch  nicht  mehr  als  die 
hier  in  erster  Linie  erwähnten  sieben  Bilder  erschöpfend  und 


72  W.  Söderhjelm, 

gut  verwertet  worden  sind,  so  kann  man  sicher  sein,  dass 
wenigstens  die  besseren  Schüler  im  praktischen  Leben,  was 
die  Sprechfertigkeit  im  Deutschen  betrifft,  nicht  so  ganz  ratlos 
dastehen  werden,  und  dass  dabei  ihre  Kenntnisse  auch  in 
sachlicher  Hinsicht  schätzensw'ert  erweitert  worden  sind.  Und 
ausserdem  ist  noch  zu  berücksichtigen,  dass  sie  dabei  doch 
ungefähr  dasselbe  Pensum  aus  dem  Lesebuch  und  der  Gram- 
matik erledigt  haben  wie  sonst. 

K.  S.  Laurila. 


Eine  tschechiscbe  Version  der  Reise  ins  Sibyllen- 
Paradies. 

Dr.  V.  Tille,  Dozent  an  der  tschechischen  Staatsuni- 
versität in  Prag,  hat  neulich  in  den  Verhandlungen  der 
Mährischen  gelehrten  Gesellschaft  eine  kuriose  Version  der 
Geschichte  von  dem  Sibyllenparadies  veröffentlicht,  unter 
dem  Titel :  Räj  Krälovny  Sibylly.  Liierärni  Studie.  Dr. 
Tille  hat  die  Güte  gehabt,  mir  eine  deutsche  Übersetzung 
des  Textes  zu  übersenden  und  mir  die  Erlaubnis  zu  ihrer 
Veröffentlichung  zu  geben.  Leider  ist  es  mir,  wegen  meiner 
Unkenntnis  der  tschechischen  Sprache,  nicht  möglich  die 
Ausführungen  Dr.  Tilles,  die  er  seiner  Edition  beigegeben 
hat,  zu  beurteilen  und  zu  gebrauchen;  da  er  mich  ausdrück- 
lich um  meine  Ansicht  über  das  Verhältnis  seines  Textes  zu 
dem  von  mir  herausgegebenen  Antoine  de  La  Sale'schen 
bittet,  setze  ich  voraus,  dass  er  diese  Seite  nicht  berührt  hat. 

Ich  gebe  unten  den  Text  nach  Dr.  Tilles  Übersetzung, 
durch  einige  Bemerkungen  von  ihm  selbst  eingeleitet,  und 
werde  nachher  die  Parallelen  hervorheben,  die  der  Text  mit 
den  früher  bekannten  bietet. 

I. 

Dr  Tille  schreibt: 

Zwei  tschechische  Drucke,  welche  als  Anhang  zu  den 
Sibyllinischen    Prophezeiungen    die    Beschreibung  der  Reise  in   das 


Eine  tschechische    Version  der  Reise  ins  Sihyllenparadies.  73 

Paradies  der  Königin  Sibylle  enthalten,  wurden  im  XVI.  Jahr- 
hundert in   Prag  fertig  gestellt. 

Der  ältere  Druck,  aus  dem  J.  1579,  stammt  aus  der  Alt- 
städter Buch  druck  er  ei  des  Burian  Walda,  ist  jedoch  nur  in  einer 
Abschrift  in  der  stark  beschädigten  Papierhandschrift  des  XVIII. 
Jahrhunderts  in  der  Olmützer  Studienbibliothek  (IV.  F.  13)  er- 
halten. Ich  fand  diese  nirgends  erwähnte  Abschrift  des  sonst 
unbekannten  Buches  im  J.  1 894  und  schrieb  dieselbe  ab.  Während 
meines  Aufenthaltes  in  Paris  wurde  ich  durch  G.  Paris  mit  dem 
Stoffe  des  Buches  näher  bekannt,  so  dass  ich  nach  meiner  Rück- 
kelir  eine  umfangreiche  Studie  über  denselben  nebst  der  Abschrift 
des  böhmischen  Textes  der  böhmischen  gelehrten  Gesellschaft  zur 
\'eröffentlichung  vorlegen  konnte.  Da  jedoch  die  Gesellschaft  den 
Fund  für  nicht  wichtig  genug  hielt,  um  wenigstens  die  Abschrift 
des  Textes  in  ihren  Anzeiger  aufzunehmen,  so  blieb  das  Manuskript 
jahrelang  liegen,  bis  sich  die  mährische  gelehrte  Gesellschaft  ent- 
schloss,  den  Text  mit  einer  kurzen  Einleitung  in  den  letzten  zwei 
Heften  ihrer  Zeitschrift  drucken  zu  lassen. 

Der  jüngere  Druck  wird  zuerst  von  J.  Jirecek  in  der 
böhmischen  Zeitschrift  Svetozor  im  Jge  1876  erwähnt.  Jirecek 
beschreibt  daselbst  einen  alten  Sammelband  und  führt  aus  seinem 
Inhalte  unter  Anderem  auch  einen  Druck  des  Altstädter  Buch- 
druckers Georg  Tscherny  aus  d.  J.  1586  an,  welcher  als  Anhang 
auch  eine  sonst  unbekannte  Beschreibung  des  Sibyllinischen  Para- 
dieses enthalten  soll.  Wie  ich  mich  jedoch  überzeugt  habe,  ist 
dieses  Exemplar  nur  ein  Fragment  und  endet  eben  mit  jener 
Seite,  auf  welcher  sich  der  Titel  und  einige  Zeilen  der  in  dem 
Olmützer  Manuskripte  erhaltenen   «Beschreibung»   befinden. 

Ich  habe  die  beiden  Texte,  so  weit  sie  erhalten  sind,  ver- 
glichen und  fand,  dass  es  zwei  stilistisch  verschiedene  Redaktionen 
desselben  Werkes  seien.  Da  jedoch,  abgesehen  von  den  Sibylli- 
nischen Prophezeiungen  und  der  Aufzählung  der  verschiedenen 
Sibyllen,  in  dem  jüngeren  Texte  so  gut  wie  nichts  von  der  Be- 
schreibung des  Sibyllinischen  Paradieses  erhalten  blieb,  so  sind 
wir  in  dieser  Beziehung  ausschliesslich  auf  die  ältere  Redaktion 
angewiesen. 

Dieselbe  ist  eine  recht  unbeholfene  Übersetzung  oder  Be- 
arbeitung einer  sonst  unbekannten  Quelle.  Der  Abschreiber  des 
Druckes  verdarb  noch  seine  Vorlage  durch  eine  Unzahl  von 
Schreibfehlern  und  missverstandenen  Wendungen,  so  dass  der  uns 
überlieferte  Text  sprachlich  und  stilistisch  erbärmlich  zugerichtet 
erscheint.  Die  Übersetzung  gibt  tunlichst  getreu  den  Sinn  des 
Textes  wieder  und  folgt  nur  auf  jenen  Stellen,  welche  für  die 
Ratlosigkeit  des  Übersetzers  beziehungsweise  Abschreibers  besonders 


74  ^.  S ö der hj elvi, 


charakteristisch    sind,     wörtlich    den     Eigentümlichkeiten     der    auch 
in  böhmischer  Sprache  ungewöhnlichen  Ausdrucksweise  und  Wortfolge. 

V.    Tille. 


[21  a].  Beschreibung  einer  Reise,  welche  der  Priester 
Mathias,  Pfarrer  aus  Solez,  mit  seinem  Gefährten  Raphael, 
ebenfalls  aus  Solez,  unternommen  haben,  um  die  Sibylle 
zu  sehen.  In  was  für  einem  und  wie  schönem  Orte  die 
Königin  Sibylle  ihre  Wohnung  hat,  und  wie  mühsam  jene 
zwei  zu   ihr  gelangt  sind. 

Als  wir  uns  auf  diese  Reise  begeben  hatten  und  durch 
viele,  verschiedene  Länder  und  Gegenden  der  Welt  gereist  waren, 
so  kamen  wir  zwischen  {sie)  jene  Länder,  d.  h.  Hybernien  und 
Portugalien,  und  Neapel,  in  jenes  Gebirge,  wo  [2 1  b]  die  Sibylle 
5  wohnt.  In  diesem  Gebirge  wächst  verschiedenartiges  Holz  {sie), 
wohlriechende  Kräuter.  Als  wir  in  die  Nähe  von  diesem  Gebirge 
kamen,  sahen  wir  eine  schneeweisse  Mauer,  rund  wie  ein  Kranz 
oder  eine  Krone.  Dieselbe  ist  etwa  eine  Meile  lang  und  breit. 
Jener  Ort   ist  zwischen  zwei  Bergen   von   [dieser]   Mauer  umgeben. 

'o  Als  wir  zu  dieser  Mauer  näher  kamen,  fanden  wir  einen  Mann, 
w^elcher  in  jenem  Gebirge  Schweine  hütet,  den  fragten  wir,  woher 
er  sei.  Er  antwortete  dass  er  aus  einem  nicht  weit  gelegenen 
Dorfe  sei,  und  fragte  uns  ebenfalls,  woher  wir  kommen  und  wohin 
wir  zu  gehen  beabsichtigen.     Wir  erzählten  ihm  alles  in  lateinischer 

15  Sprache  und  fragten  dann,  was  das  für  schöne  weisse  Mauern 
wären.  Der  Mann  antwortete  uns,  dass  dort  Deanen  (?)  seien, 
wo  die  Sibylle  wohne  \2.2  a].  Als  wir  daselbst  eine  geraume 
Weile  mit  jenem  Manne  plaudernd  sassen,  hörten  wir  ein  un- 
mässiges    Jauchzen    und    Schreien   von  hocherfreuten  Sängern  und 

20  Sängerinnen,  so  wie  auch  Trompeter,  Orgel  {sie)  und  allerlei  Ge- 
sanginstrumente {sie).  Dies  hörend,  fragten  wir  erschrocken  jenen 
Mann,  was  jenes  Geschrei  bedeutet.  Er  sagte,  er  wisse  nichts 
davon,  da  er  niemals  dort  gewesen,  erzählte  jedoch,  dass  er, 
während    er    seine     Heerde    hütete,     nicht    einmal    oder    zweimal, 

25  sondern  öfters  solches  Singen  hörte.  Wir  sagten  ihm,  dass  wir 
gerne  dorthin  gehen  möchten,  er  riet  uns  jedoch  nicht  dazu,  wollte 
uns  vielmehr  von  dieser  Absicht  abwenden.  Als  er  uns  jedoch 
nicht  überreden  konnte,  so  sprach  er :  « Wollt  ihr  hingehen,  so 
ist  es  von  hier  aus  unmöglich;    ihr  müsst  das  ganze  Gebirge  um- 

30  gehen,  um  zu  dem  Einsiedler  Anton   \^2Z  b]   zu  gelangen». 

Als  wir  zu  diesem  kamen,  nahm  er  uns  sehr  liebenswürdig 
mit  sich  in  sein  Häuschen,  seine  Hütte,  und  fragte,  woher  wir 
sind  und  wohin  wir  zu  gehen  beabsichtigen.     Wir  teilten  ihm   vor 


Rifie  tschechische    Version  der  Reise  ins  Sihyllenparadies.  75 

Allem    mit,    woher    wir    kommen    und    wie    wir    durch    sehr   viele 
Länder    und  Gegenden,    grosse  Berge  und  Wüsten  zu  ihm  gelangt  35 
sind,  und  dass  wir  zu   der   Prophetin    Sibylle  zu  gehen  entschlossen 
sind.      Als    er    dies  hörte,  weinte  er  höchst  bitterlich  und  riet  uns 
davon  ab.       Als    er    uns    jedoch    davon    nicht    abwenden    konnte, 
schickte  er  uns  zu  Konstantin;    Konstantin  schickte  uns,   nachdem 
er    unsere    Absicht    erfahren,    zu    Barabas;    Barabas    schickte  uns,  40 
nachdem    er    unsere    Absicht  erfahren,  zu  Eustachius;     Eustachius 
schickte    uns,    nachdem    er   unsere   Absicht  erfahren,   zu   dem   Ein- 
siedler   Paul,    bei    welchem    wir  fünf  Tage  blieben.      Als  uns  Paul 
nicht    überreden    und   davon  abwenden  konnte,  schenkte  er  jedem 
[23  a]   ein  auf  Pergament  gemaltes   Kreuz,  um  es  auf  einem  kurzen  45 
Faden  um  den   Hals  zu  hängen  und  nichts  weiter  {sie). 

Nachdem  wir  von  dem  Einsiedler  Paul  Abschied  genommen 
hatten,  kamen  wir  zu  einer  eisernen  Pforte,  welche  Amenitas,  d.  h. 
Ergötzen  heisst.  Nach  dem  Anklopfen  öffnete  uns  der  Pförtner 
sofort.  Dann  kamen  wir  zu  einer  anderen  Pforte,  welche  Ostiimi  5° 
laetitiae,  d,  h.  Pforte  der  Freude  heisst ;  auch  hier  öffnete  uns 
der  Pförtner  sofort  nach  dem  Anklopfen.  Dann  sind  wir  zu  der 
dritten  Pforte,  welche  Dulcedo.  d.  h.  die  süsse  Pforte  heisst,  ge- 
gangen, und  auch  da  wurde  uns  sofort  nach  dem  Anklopfen  ge- 
öffnet. Dann  sind  wir  bis  zu  der  vierten  Pforte,  welche  Lucis  55 
hnbitaciilum,  d.  h.  die  Wohnung  der  Freude  {sie)  heisst,  gegangen; 
auch  da  öffnete  uds  nach  dem  Anklopfen  der  Pförtner  sofort. 
Als  wir  zuletzt  zu  der  fünften  Pforte  gekommen  waren,  sass  da- 
neben ein  Mann  im  Schlafe,  der  bis  zum  j(üngsten)  Gericht  schlafen 
wird.      Und   diese  kupferne   Pforte  heisst  Deana.  60 

Als  wir  zu  derselben  gekommen  waren,  klopften  wir  eben- 
falls an.  Auf  das  Klopfen  kamen  sofort  zwei  wunderschöne 
Mädchen,  öffneten  jedoch  nicht  die  Pforte,  sondern  lugten  nach 
uns  durch  ein  in  der  Thür  angebrachtes  Loch  und  fragten  uns, 
was  wir  begehren  oder  suchen,  und  warum  wir  gekommen  sind.  65 
Wir  gaben  ihnen  zur  Antwort,  dass  wir  gerne  zu  ihnen  hinüber- 
kommen möchten,  sie  mögen  uns  die  Pforte  öffnen.  Sie  ant- 
worteten uns  zwar  liebenswürdig  und  einschmeichelnd,  Hessen  uns 
jedoch  eine  Weile  warten,  bis  sie  uns  bei  der  Sibylle  angemeldet 
hätten.  Sibylle  schickte  sie  sofort  wieder  zu  uns  mit  der  Frage,  7° 
wie  lange  wir  dort  zu  bleiben  beabsichtigen ;  ob  für  immer  oder 
nicht.  Wir  sagten,  dass  [24  a]  nicht  für  immer.  Sie  fragten  uns 
nochmals,  wie  lange  wir  dort  verweilen  wollen.  Wir  gaben  zur 
Antwort,  so  lange  es  uns  gefallen  wird.  Als  sie  dies  hörten, 
Hessen  sie  uns  nochmals  warten,  Ijis  sie  die  Antwort  der  Sibylle  75 
überbracht  hätten.  Nach  einer  Weile  kamen  die  zwei  Mädchen 
wieder  zurück  und  öffneten  uns  die  Pforte. 


76  PV.   Söderhjelm, 

Als    wir    eingetreten    waren,    kam  uns  die  Sibylle,  mit  einer 
goldenen    Krone    auf    dem    Haupte    und    in   seidenes,  mit  reinem 

So  Gold,  Perlen  und  Edelsteinen  durchwirktes  Gewand  gekleidet,  ent- 
gegen. Andere  Mädchen  und  Frauen  reichten  uns  goldene  und 
silberne  Kleider  so  wie  auch  viele  andere  Sachen,  wir  nahmen 
jedoch,  von  dem  Einsiedler  Paul  unterrichtet  [24  b],  nichts  an, 
Sie    führten    uns    mit    grosser    Freude    bis    zu    dem    Throne    der 

85  Sibylle,  welche  sich  auf  den  Thron  setzte  und  uns  zu  ihren  Füssen 

uns    setzen  Hess.       Dann    fing    sie    wohlwollend    an,   mit  uns  über 

andere  Sachen  (sie)   zu  reden.     Was  wir  dort  gesehen   und   getan 

hatten,    konnte    ich    wegen    der    Eigenartigkeit     des    Geschehenen 

nicht  aufzeichnen.       Denn    (sie)    vor  Allem  hiess  sie  uns  in  ihrem 

90  Zelte  wohnen.       Hier    sollst    du    auch    dies  erfahren:  es  gibt  dort 

weder  Regen  noch  Kälte  und  Schnee,  weder  Nacht,  noch  Finsternis, 

weder  Hunger  noch  Durst ;    es  herrscht  dort  beständig  reiner  und 

heller    Tag,    und    auch    Ergötzen    hast  du  dort  {sie),  Gold,  Perlen 

und    Edelsteine    gibt    es    dort  in  Hülle  und  Fülle,  so  dass  es  un- 

95  möglich  ist,  eine  so  grosse  Menge  andeuten  oder  durcli  eine  Ziffer 

ausdrücken  zu  wollen.   (Weiter  von  dem  Throne  oder  dem  Stuhle  (sie)  ). 

Von  dem  Throne  (dem  Stuhle)  der  Sibylle. 

Der    Thron    (der    Stuhl),   auf  welchem   die  Sibylle  zu  sitzen 

pflegt,    ist    aus    purem    und    reinem    Golde,    aus  Edelsteinen  und 

100  reinen  Perlen  hergestellt.  Derselbe  ist  20  Ellen  hoch  und  12 
Ellen  breit;  die  Stiege  jedoch,  welche  zu  ihm  führt,  ist  aus  reinem 
Silber.  Um  den  Thron  herum  sind,  so  weit  man  mit  einer  guten 
Armbrust  den  Bolzen  schiessen  könnte,  überall  auf  dem  Boden 
Teppiche  ausgebreitet. 

105  Während   der  Unterhaltung  fragten  wir  die  Sibylle,  woher  sie 

sei.  Sie  gab  uns  zur  Antwort,  von  Babylon.  Ihr  Vater  war  ein 
babylonischer  Fürst,  der  nachmalige  trojanische  König,  namens 
Pryamus,  ihre  Mutter  jedoch  hiess  Hekuba.  Sie  selbst  hiess,  wie 
sie  uns  mitteilte,   [25  b]   zuerst  Liberlina,  wurde  jedoch  später  von 

iio  einigen  Königen  ihrer  bedeutender  Weisheit  und  Schönheit  wegen 
Sibylle  benannt.  Sie  ist  über  alle  Massen  schön,  vorzüglich  {sie), 
vom  angenehmen  Äusseren,  schön  im  Gesicht,  bereitwillig  und 
liebenswürdig  unterhaltend,  mit  Gold,  Silber  und  verschiedenartigen 
Perlen,   Edelsteinen   und  mit   Ruhm    (sie)   äusserst  reich  geschmückt 

115  und  aufgeputzt.  Auf  beiden  Armen  trägt  sie,  wie  breite  Ringe, 
goldene  Reife,  und  in  jedem  Reife  15  kostbare  Edelsteine,  auf 
dem  Kopf  eine  goldene  Krone.  Sie  geht  beständig  mit  losem 
Haar  und  unterhält  sich  reclit  süss  und  liebenswürdig  mit  ihren 
Zuhörern   (sie) . 

120  Nachdem    wir    uns    mit   ihr  längere   Zeit  unterhalten  hatten, 

fragte  sie  Raphael :     « Ich  bitte  dich,  o  Wunderschöne  und  Ruhm- 


Eine  tschechische    Version  der  Reise  ins  Sibyllenparadies.  77 

reiche,  zürne  mir  nicht,  wenn  ich  mit  Eurer  Durchlaucht  verwegen 
rede.  Sie  antwortete:  «  .  .  .  .  sprich».  Raphael  sagte  «Ich  bitte 
Sie,  etwa  uns  zu  sagen,  wohin  Sie  nach  dem  Tode  kommeii 
werden.»  Sibylle  antwortete:  «Über  Alles,  was  ihr  mich  fragen  125 
werdet,  will  ich  euch  Auskunft  geben,  das  Eine  jedoch  werde  ich 
euch  nicht  erzählen».  Nochmals  sagten  wir  zu  ihr:  «Bitte,,  sagen 
Sie  uns  die  Wahrheit  [darüber],  was  ich  (sie)  Sie  fragen  werde. 
Sie  sagte:  «Fraget».  Ich  sagte:  «Wir  haben  in  unserem  Lande 
gehört,  diejenigen,  welche  hier  bei  Ihnen  waren,  sollen  erzählt  13° 
haben,  dass  Sie  nur  im  Gesichte  und  auf  der  vorderen  Seite 
menschliche  Gestalt  haben,  auf  der  Rückseite  jedoch,  am  Rücken 
(sie)  einem  Trog  (sie)  gleichen».  Als  sie  dies  hörte,  lachte  sie 
liebenswürdig  und  sagte:  «Auch  wir  haben  manchmal  so  was 
gehört;  das  sagen  jedoch  nur  diejenigen,  welche  nie  hier  bei  uns  ^35 
waren.  Kommt  jedoch  mit,  um  zu  erfahren,  ob  es  wahr  ist, 
oder  nicht.»  Sie  führte  uns  auf  eine  wunderschöne,  mit  ver- 
schiedenartigen buschigen  und  wohlduftenden  Bäumen  bepflanzte 
Wiese.  Diese  Wiese  ist  in  der  Nähe  der  Deanen,  von  einer 
Mauer  der  Deanen  umgürtet  und  umzäunt  [26  b].  Nur  bis  '4° 
dahin  dürfen  sie  gehen  und  nicht  weiter.  Die  Thür  öffnend  sind 
\vir  mit  der  Sibylle  auf  jene  Wiese  gekommen.  Sie  führte  uns 
in  ihr  Zelt,  welches  aus  Goldbrokat  und  Batist  gewebt  und  mit 
allerlei  Perlen  und  Edelsteinen  höchst  sauber  verziert  ist,  zog  mit 
Raphaels  Hilfe  ihr  kostbares  Gewand,  welches  sie  trug,  aus,  so  '45 
dass  sie  splitternackt  war  und  sagte  zu  uns:  «Sehet  und  tastet». 
Wir  sahen,  dass  sie  vorne  wie  hinten  einen  echten  Leib  hat  —  und 
.sonst  auch.  Sibylle  sprach:  «Habt  ihr  gesehen  und  glaubet?» 
Wir  antworteten:  «Wir  glauben.»  Die  Mädchen  zogen  sie  wieder 
an.  Dann  bat  sie  uns  sofort:  «Bleibet,  da  ihr  länger  nicht  wollt,  150 
ein  Jahr  mit  mir,  und  ich  schwöre  und  verspreche  euch  bei 
meiner  Gesundheit,  euch  die  [richtige]  Zeit  zu  sagen,  damit  ihr 
hinausgelangen  könnt».  Wir  versprachen  ihr  also,  bis  zu  einer 
gewissen  Zeit  mit  ihr  zu  bleiben.  Als  sie  dies  hörte,  freute  sie 
sich  sehr.  155 

Auf  jener  Wiese  wachsen  duftende  Bäume,  Zimmet^  Balsam, 
Aloe,  Weihrauch,  verschiedene  Arten  von  Apfel-  und  Birnbäumen, 
Mandelbäume,  Feigen,  Wachholder,  und  der  Paradiesfluss,  namens 
Gion,  fliesst.  durch  dieselbe.  Da  merke  wohl,  dass  auf  dieser,  an 
den  Deanen  [gelegenen]  Wiese  es  auch  manchmal  regnet.  Wir  160 
sahen  dort  auch  eine  unzählige  Menge  von  Perlen,  welche  wie 
Sand  auf  dem  Boden  liegen.  Um  das  Zelt  herum  ist  der  Boden 
der  Wiese  mit  reinstem  Marmor  und  Alabaster  gepflastert. 

Als   wir  dort  bereits   manches  gesehen  und   besichtigt    haben, 
fragten  wir  die  Sibylle,  wie  viele  Frauen  und  Mädchen  dort  seien.  165 


78  IV.   Sö./er/ijclni. 

Sie  gal)  uns  die  Zahl  des  weiblichen  Geschlechtes  (sie)  mit  etwa 
4080  [27  b],  diejenige  der  Männer  jedoch  mit  etwa  3215  an. 
Wir  sollen  auch  wissen  (sie)  dass  sie  nicht  nach  Belieben  aus- 
gehen   können.       Ich    füge    noch    bei,    dass   sie  nirgends  hin,  nur 

170  auf  jene  bereits  erwähnte  Wiese  gehen  können,  dorthin  gehen  sie 
jedoch  wann  sie  wollen.  Diese  Wiese  ist  von  den  Deanen  um- 
geben, und  es  herrscht  daselbst  nie  —  so  wie  zwischen  [sie]  den 
Deanen  —  Nacht,  Kälte  oder  Hitze;  nur  hie  und  da  kommt 
Regen,    wegen  des  erwähnten  Obstes,  damit  es  wachse   (sie).     Zu- 

175  letzt,  nachdem  wir  uns  mit  ihr  über  verschiedene  Gegenstände 
unterhalten  hatten,  baten  wir  sie,  uns  die  Zeit  und  die  Stunde  zu 
sagen,  während  welcher  wir  werden  weggehen  können.  Denn 
niemand  kann  von  dort  wegkommen  ausser  in  derselben  Stunde, 
während   welcher  er  hinkam.      Jedem,    der  zu  ihnen  kommt,   wenn 

180  er  auch  dreissig  Jahre  l)ei  ihnen  zu  bleiben  willig  ist,  wird  jene 
Stunde,  in  welcher  er  hinkam,  mitgeteilt.  Versäumt  er  einmal 
diese  Stunde,  so  wird  er  nie  wieder  von  ihnen  weggehen  können. 
Uns  wurde  jedoch,  als  wir  uns  [bereits]  neun  Monate  dort  auf- 
hielten,   die    erwähnte    Stunde   mitgeteilt,   und  so  jedem  [sie):  wer 

185  die  Stunde  versäumt  und  nicht  fortgeht,  muss  dort  bleiben.  Denn 
{sie)  sie  pflegen  auch  durch  ihre  liebenswürdige  Reden  und  durch 
Geschenke,  welche  sie  den  Leuten  anbieten,  [die  Besucher]  zu 
verführen  und  betrügen,  bis  die  Zeit  vorüber  ist  Als  die  Sibylle 
jedoch    von    uns    hörte,    dass    wir    endlich    von    ihnen    weggehen 

190  wollen,  sagte  sie:  «Ich  sehe,  dass  ihr  vernünftige  und  witzige 
Männer  seit;  deswegen  ist  es  mir  angenehm,  mich  mit  euch  zu 
unterhalten,  und  so  bitte  icli  euch,  noch  einige  Tage  mit  uns 
hier  zu  verweilen».  Wir  versprachen  ihr  noch  acht  Tage  zu 
bleiben.      Da    sprach  Sibylle  mit  sichtlich  nachdrücklicher  Stimme : 

195  «Bei  meiner  Gesundheit  versichere  ich  euch  [28  b]  so  wie  sich 
mein  Herz  über  eure  Ankunft  freute,  so  ist  es  wieder  wegen 
eurer  Abreise  traurig  gewortlen.  Ich  will  euch  jedoch  das,  was 
auf  der  Reise  vorkommeu  und  geschehen  soll,  prophezeien.  Nach- 
dem ihr  von  mir  weggehen  und  in  die  Stadt  Tripolim  die  Kleinere 

200  kommen  werdet,  so  wird  euch  nachher  die  Pest  ül)erfallen,  so 
dass  man  euch  durch  keine  Stadt  jenes  Landes  durchlassen  und 
in  keine  einlassen  wiid.  Ihr  werdet  auf  dem  Schiffe  über  das 
Meer  fahren  müssen,  bis  ihr  nach  Rom  kommen  werdet.  Dort 
wirst    du,    Mathias,    auf    dem    Felde    der    Pilger,    d.    h.  auf  dem 

205  Töpferfelde,  von  dem  Tode  ereilt  werden.  Du  jedoch,  liebreizend- 
ster Raphael,  wirst  nicht  sterben,  sondern  noch  eine  Zeit  lang  am 
Leben  bleiben».  Nach  diesen  Worten  umarmte  sie  den  Raphael, 
sagend :  « Genug  und  noch  mehr  als  genug  plage  und  quäle  ich 
mich,  dass  ich  dich  nicht  länger  behalten  und  keine  Kurzweil  mehr 


Eiuc  tschechisihe    Version  de}-  Reise  ins  Sibylkiipaiadies.  79 

mit  dir,  Lieber,  geniessen  soll»    [29a].      Als    sie    dies    gesprochen,     210 
befahl    sie    dem    zu    ihren    Füssen  sitzenden  Raphael  aufzustehen. 
Kr  stand  auf  und  verbeugte  sich   höchst  ehrerbietig.      Sibylle  stand 
auf  und  befahl  allen  zu  schweigen.      Es  entstand   eine    tiefe   Stille, 
so  dass  niemand  muckste  (sie).     Sibylle  gürtete  die  goldene  Binde, 
mit    welcher    sie    umgürtet    war,    ab,  schlug  ihn   zum   Ritter  ^    und     215 
gab    ihr    goldenes    Scliwert,    welches    sie    in    ihrer    Hand   hielt,   in 
seine  Hand.       Und    es    entstand   dort  eine  Freude,  wie  sie  jahre- 
lang dort  nicht  gewesen.       Als    das  Alles  vollbracht  war,  erklärten 
wir,    dass    wir    endlich    gehen    wollen.       Nachdem   wir  dies  gesagt 
hatten,    küsste    sie    uns    beide    und     sprach    höchst  liebenswürdig :     220 
«Gehet  mit  Freude  und  in  voller  Gesundheit».       Wir  gingen,  und 
sie    schlössen    die    Tür  hinter  uns  sofort  zu.      Als  wir  von  ihr  zu 
den    [29  b]    erwähnten  Pforten  kamen,  so  wurde  uns  überall  nach 
dem    Anklopfen    sofort    geöffnet.      Wir  gingen   dann   zu  dem   Ein- 
siedler   Paul    und    stellten    ihm  jene  Kreuze,  weiche  uns  derselbe    225 
gegeben   hatte,   zurück. 

Die    Mauern,  welche  Deanen  umgegeben,  Hess  ein  mächtiger 
König  von  Piktavien,  namens  Alexander,  wegen  des  vielen  Volkes, 
welches    in     der    ersten    Zeit    der  Sibylle  in   Haufen   zuströmte,   er- 
bauen.     An    dieser  Mauer  ist  mit  folgenden   Worten   eine   Inschrift     230 
aufgeschrieben:     «Ich,     Alexander,     König    von    Piktavien,    liess  im 
Jahre    309    auf    die    Bitte    des    allerheiligsten    Vaters    in   Christo, 
Herrn    Papstes    Kliment  des   Ersten   diese   Mauern  um   die  Deanen 
erbauen.»        Jene     Sibylle     zeigte     auch     dem     römischen      Kaiser 
Oktavian    die    Jungfrau   Maria  mit  dem   Kinde   in   der  Sonne.      Sie     235 
prophezeite    auch,    als    sie    noch    im    Hause    ihres    Vaters  weilte, 
jenen    Königen,   welche  ihrer  Weisheit  wegen   [30  a]   zu  ihr  fragen 
kamen,    die  Geburt  des  göttlichen  Sohnes  von  der  Jungfrau  Maria, 
und    auch    was    vor    dem    Jüngsten    Gericht    und    am    Tage    des 
Jüngsten    Gerichts    geschehen    soll,    so    wie    noch    mehr,    wie   die    240 
Auserwählten    Gottes    mit    Gott    sich     freuen    und    die  Bösen  mit 
dem  Lucifer  und  seinen  Teufeln  im  ewigen   Feuer  ununterbrochen 
brennen    werden.       Ich    lasse   davon  al),  noch  mehr  zu  schreiben, 
da    wir   darüber  genug  Schriften  besitzen.      Diese  Prophezeiung  ist 
nach    der    Inschrift     (sie)    des   Königs   von    Piktavien   mit  goldenen     245 
Buchstaben  auf  jener  Mauer  geschrieben. 

Als  alle  diese  Ereignisse  vollbracht  waren,  gingen  wir  den 
uns  von  der  Sibylle  vorgeschriebenen  Weg,  über  sehr  hohe  Berge, 
bis  wir  nach  Rom  kamen.  Als  wir  uns  in  Rom  bei  der  Frau 
Anna,    welche    aus    dem    Polenlande  stammt  —   sie  hat   ein   Haus 


250 


'      Im   Böhmischen   heisst    «zum   Ritler   schlagen»    wörtlich    «zum   Ritter 
gürten». 


8o  IV,   S'oderhjehn, 

unweit  \'c)n  Sankt  Peter  -  einige  Wochen  aufgehalten  haben, 
verfiel  der  hochwürdige  Priester  Mathias,  mein  allerliebster  Vater 
und  zugleich  Reisegefährte,  in  eine  schwere  Krankheit  [30  b]  und 
starb.       Ich    habe    ihn    in    der    Erde    der    Pilger    (sie),    auf    dem 

255  Töpferfeldc,  welches  links  von  Sankt  Peter  liegt,  mit  eigenen 
Händen  begraben.  Nachdem  ich  über  den  Verlust  meines  lieben 
Reisegefährten  genug  geweint  hatte,  besuchte  ich  nacli  einigen 
Tagen  die  römischen  Kirchen,  unter  welchen  es  sieben  Haupt- 
kifchen  gibt.     Sie  heissen:  die  erste  bei  Sankt  Peter,  die  zweite  bei 

260  Sankt  [ohann,  die  dritte  des  hl.  Kreuzes,  che  vierte  bei  Sankt 
Marcus,  die  fünfte  der  hl.  Maria  Magdalena,  die  sechste  der  hl. 
Jungfrau  Prakcede,  die  siebente  der  heiligen  Jungfrau  Maria  de 
Mercede;  ausser  diesen  gibt  es  noch  155.  Die  alle  habe  ich  be- 
schrieben   und    auch  besichtigt.     Von  dort  ging  ich  nach  Venedig 

265  und  gelangte  unversehrt  und  wohl  bis  in  mein  liebes  Vaterland. 
Gott  der  Herr,  Einer  in  der  Dreieinigkeit,  sei  dafür  gelobt  bis  in 
die  Ewigkeit.      Amen. 


Des  Priesters  Mathias  und  Raphaels  kurze  Beschrei- 
bung des  irdischen  Paradieses,  bei  (sie)  welchem  dieselben 
waren. 

[31  a].  Unser  Weg  führte  uns  über  verschiedene  wunder- 
bare, fürchterliche  Wüsten  und  grosse  Berge,  bis  wir  endlich  zum 
irdischen  Paradiese,  wo  Adam  und  Eva  geschaffen  wurden,  ge- 
langten. Da  knieten  wir  nieder  und  beteten  kniend,  Gott  den 
5  Herrn  demütig  und  andächtig  bittend,  er  möge  uns  gnädig  sein 
und   Erbarmen  mit  uns  haben. 

Jedermann  soll  also  wissen,  dass  das  Paradies  auf  einem 
sehr  hohen  Berge  liegt;  es  gibt  keinen  höheren  Berg  auf  der 
ganzen  Welt.      Es  hat  eine  feurige,  d.  h.  aus  Flammen  bestehende, 

'o  bis  zum  Himmel  hinauf  [ragende]  Mauer  um  sich.  Dieser  Ort 
ist  über  alle  Massen  ergötzlich.  Wir  sahen  dort  einen  Vogel 
w^elcher  Pelikan,  böhmisch  [31  b]  «Schediper»  ^  heisst  und  etwas 
grösser  ist,  als  ein  Adler.  Es  ist  das  ein  schmucker,  schöner 
Vogel,    hat    rötliches    und  graues  Gefieder,  eine  sehr,  sehr  scharfe 

15  Nase  (sie),  die  Beine  nicht  zu  hoch,  den  Hals  nicht  zu  lang,  die 
Flügel  nicht  lang  und  singt  sehr  süss.  Aus  dem  Paradiese  fliessen 
vier  Flüsse:  der  erste  hat  ein  sehr  süsses  Wasser;  jeder  einzelne 
(sie)  hat  folgende  drei  Namen:  Ganges,  Gion,  Nyllus.     Der  zweite 


mit  grauem  Gefieder. 


F.iue  tschechische    Versioti  der  Reise  ins  Sihyllenpaiadies.  8i 

ist  Ffizon,  der  dritte  Tygris,  der  vierte  Euffrates.  Der  erste  fliesst 
durch  Indien,  der  zweite  durch  Europa,  der  dritte  durch  Afrika,  20 
Armenien,  Medien  und  Persien,  der  vierte  zuletzt  fliesst  durch 
Aegypten.  Wir  sahen  dort  im  Paradiese  auch  Schlangen  mit 
Jungfrauen-  oder  Mädchenköpfen  und  mit  langen  Haaren.  Aus 
ihrem  Geschlechte  war  die  Schlange,  welche  Eva  verführte  ^  [32  a] 
.  .  .  dass  es  keine  Schlange,  sondern  der  Teufel  gewesen  wäre.  25 
Das  ist  jedoch  auch  nicht  wahr.  Manche  fügen  noch  bei,  dass 
die  Schlange  nicht  reden  könne,  denn  wer  hätte  je  eine  Schlange 
mit  menschlichem  oder  jungfräulichem  Kopfe  gesehen?  Diesen 
gebe  ich  zur  Antwort,  dass  ich  mit  meinem  lieben  Gefährten 
Mathias  solche  Schlangen  mit  Jungfrauen-  oder  mit  Menschen-  3° 
köpfen  an  (sie)  dem  Paradiese  gesehen  habe.  Denn  obwohl  es 
wahr  ist,  dass  die  Schlange  nicht  reden  kann,  so  war  doch  der 
Teufel  in  die  Schlange  gefahren,  redete  mit  Eva  und  betrog  sie 
auf  diese  Weise.  Denn  diese  Schlangen  gingen,  bevor  eine  von 
ihnen  Eva  verführte,  wie  Menschen  auf  ihren  Füssen  und  35 
mit  gehobenem  Haupte  herum.  Jetzt  kriechen  sie  jedoch  auf 
ihren  Brüsten  und  heissen  Dracopedes.  Wir  sahen  daselbst  auch 
Schlangen,  welche  lateinisch  Cerastes  heissen  und  acht  Hürner 
auf  der  Stirn  tragen. 

Auf    der     Heimkehr    pilgerten     wir    von    dort  vierzehn  Tage  4° 
durch     [32  b]     sehr    grosse  Wüsten,   bis  wir  in  bekanntere  Länder 
kamen,    und    ich    allein   dann  aus  Rom  in  mein  Haus   [gelangte]. 
Gott    der    Herr,    .Einer    in  der    hl.   Dreieinigkeit,   sei  dafür  gelobt. 
Amen. 

Gedruckt  in  der  Prager  Altstadt  bei  Burian  Walda  Impresor 
im  Jahre    1579. 

IL 

Wir  erkennen  in  diesem  Berichte  ohne  Schwierigkeit 
die  wesentlichsten  Züge  der  Sage  vom  Sibyllenparadies,  so 
wie  sie  im  Volksbuch  von  Guerino  il  Meschino  und  bei 
Antoine  de  La  Säle  überliefert  ist.  Ebenso  leicht  können 
wir  verschiedene  neu  hinzugekommene  Elemente  unter- 
scheiden. Wir  wollen  im  Folgenden  die  Übereinstimmungen 
und  Verschiedenheiten  im  Einzelnen  betrachten. 

Das  erste  was  uns  auffällt,  ist  die  Bestimmung  der 
Lokalität.      «Jenes    Gebirge   wo    die    Sibylle    wohnt»   ist  nach 


Auf   dieser  Stelle  hat  der  Abschreiber  einige  Zeilen  ausgelassen. 


82  /'/'.   Söderhjelm, 

dem  Berichte  zwischen  Hibernien-PorUigal  und  Neapel  ge- 
legen, also  an  einem  Orte,  den  man  auf  der  Reise  von  Irland 
an  der  Pyrenäischen  Halbinsel  vorüber  nach  Neapel  passiert. 
Man  könnte  versucht  sein,  an  Sizilien  zu  denken  und  von 
vornherein  eine  Verschmelzung  der  am  Aetna  haftenden 
Morgana-Sage  mit  der  Sibyllensage  anzunehmen;  ^  aber  es 
wäre  dies  das  einzige  Mal,  wo  eine  Kontamination  in  dieser 
Richtung  vorkäme,  denn  wenn  die  Sibylle  von  Norcia  viel- 
leicht, wie  Baist  meint,  ^  eine  dorthin  übergesiedelte  und  um- 
benannte Morgana  ist,  so  findet  sich  für  den  umgekehrten 
Vorgang  absolut  kein  Anhaltspunkt.  Er  könnte  sich  wohl 
in  der  dämmrigen  Phantasie  des  Verfassers  abgespielt 
haben:  dieser  hatte  gewisse  dunkle  Vorstellungen  von  der  einen 
und  der  anderen  Sage  und  könnte  sie  zusammengemengt 
haben.  Aber  einfacher  erklärt  sich  die  erwähnte  geo- 
graphische Angabe  als  eine  Erinnerung  an  die  Stelle  im 
Gneri7io^  wo  der  Held,  aus  Messina  kommend,  nach  Italien 
geht  um  das  Gebirge  der  Sibylle  zu  finden,  ins  «Reich 
Calabrien»  kommt  und  dort  den  Berg  sucht,  aber  in  Reggio 
erfährt,  dass  es  in  der  Mitte  Italiens  liege.  Der  Verf.  unseres 
Berichtes  hat  die  weitere  Ausführung  (wo  Guerino  nach 
Norcia  geht)  nicht  verfolgt,  sei  es,  dass  er  die  Darstellung 
nicht  im  Gedächtnis  behalten  hat,  sei  es,  dass  er  sie  ab- 
sichtlich und  um  grössere  Wahrscheinlichkeit  für  sich  selbst 
zu  gewinnen,  nicht  beachtete.  Hier  muss  man  auch  an  die 
Lokalisierung  der  Sibylle  in  Cumae  denken,  wahrscheinlich 
eben  dem  Ort.  wo  die  Reisenden,  wenn  sie  überhaupt  irgend 
eine  persönliche  Erfahrung  von  dem  «Sibyllenparadiese» 
hatten,  die  altberühmte  Grotte  in  Augenschein  nahmen. 

Das  Gebirge  der  Sibylle  wird  als  ein  Ort  beschrieben, 
wo  «verschiedenartiges  Holz  und  wohlriechende  Kräuter» 
wachsen  (Text,  Zeile  5  —  6).  Man  mag  Antoine  de  La  Säle 
vergleichen:      «les     herbes    et    fleurs    de    toutes    coulleurs    et 


'   Vgl.   Kluge  und   Baist,   Ihr    Venusber^,  S.   33. 
-    L.   c,  S.    34. 


F.ine  tschechiscJie    Version  der  Reise  ins  Sibyllenparadies.  S3 

estranges  manieres  qui  sont  sy  odorans».  ^  Hier  ist  jedoch 
zu  bemerken,  dass  alle  die  Paradiesbeschreibungen  in  der 
religiösen  Litteratur,  zu  denen  wir  gleich  kommen,  von  einer 
solchen  Üppigkeit  der  Vegetation  und  von  einer  duftenden 
Aue  reden.  -  Der  Ausdruck  stimmt  allenfalls  sehr  genau 
mit  La  Sale's  Beschreibung.  —  Dass  es  zwei  Berge  sind 
(Z.  9),  ist  mit  der  Angabe  sowohl  im  italienischen  Volks- 
buch wie  bei  La  Säle  übereinstimmend ;  bei  dem  letzteren 
finden  wir  auch  eine  Mauer,  die  den  See  zwischen  den 
Bergen  umgiebt.  In  unserem  Texte  ist  aber  die  schneeweisse 
Mauer,  die  «rund  wie  ein  Kranz  oder  eine  Kronen»  hoch  auf 
dem  Gebirge  glänzt,  nicht  der  La  Sale'schen  Beschreibung 
des  Nekromantenberges  entnommen,  sondern  sie  ist  offenbar 
dieselbe,  die  schon  in  der  Apocalypse  '^  den  Himmel  umgiebt 
und  dann  in  fast  allen  mittelalterlichen  «Visionen»  und  <  Para- 
diesreisen», wo  die  seligen  Gefilde  vorkommen,  eben  diese 
Stätte  der  Heiligen  prachtvoll  umschiiesst.  —  Diese  Mauern 
werden  hier  «Deanen»  genannt;  an  einer  anderen  Stelle  (Z.  60) 
wird  derselbe  Name  für  eine  kupferne  Pforte  gebraucht;  was 
er    bedeutet    und    woher  er  stammt,  ist  mir  nicht  ersichtlich. 

Aus  dem  Berge  ertönt  Gesang  und  Geschrei,  auch  Klang 
von  Orgeln  und  verschiedenen  Instrumenten.  Bei  La  Säle  hört 
man  eine  laute  Stimme  im  Berge  schreien.  Wir  haben  es 
aber  wieder  eher  mit  einer  Erinnerung  an  religiöse  Schriften 
obenerwähnter  Art  zu  tun  :  in  der  Vision  des  Tundalus  wer- 
den sogar  Orgel  und  alle  möglichen  Instrumente  genannt, 
wie  hier.-^ 

Der  Schweinehirt  sowohl  als  der  Einsiedler  in  unserem 
Texte  wollen  die  Besucher  von  ihrer  Absicht  abwenden; 
ebenso  der  Gastwirt  und  der  «ufficiale  del  castello»  im 
Guerino  —  der  erstere  spielt  dort  die  Rolle  unseres  Schweine- 
hirten als  Wegweiser  zu  den  Eremiten.     Der  erste  Einsiedler 


'   S.    III     meiner  Ausgabe   in  den  Alemoires  de  la  Soc.  neo-pkil.,  T.   II. 
-'  Vgl.  hierüber  C,  Pritsche  in  den  Ro/ii.  Forsch.  II,  253  u.  s.  w. 
"  21,    10 — 22. 

■*  Vgl.  die    schwedische  Version    in  yöns  Buddes  bok  (Skrifter  uigifna 
af  Svenska  Litteratursällskapet  i  Finland,  XXXI,  S.    I17J. 


84  ^'   Södcrhjelm, 

erfährt  von  den  langen  Irrfahrten  der  Besucher  in  derselben 
Weise  wie  der  Offizier  im  Guerino ;  und  wie  der  erstere 
«bitterlich  weinte»,  so  taten  auch  die  drei  Eremiten,  zu  denen 
Guerino  kommt:  «feceli  piangere  tutti  e  tre».  Mit  diesen 
Eremiten  decken  sich  einigermassen  die  vier  übrigen  Ein- 
siedler in  unserem  Text;  sie  erinnern  uns  sonst  an  Beschrei- 
bungen frommer  Pilgerfahrten,  wo  der  Reisende  von  Etappe 
zu  Etappe  fortschreitet  und  sich  bei  klugen  und  heiligen 
Männern  um  das  Ziel  erkundigt.  —  Wie  die  Eremiten  im 
Guerino  alle  ein  kleines  Kreuz  in  der  Hand  haben  und  das 
gottlose  Beginnen  des  Helden  verurteilen,  so  giebt  der  letzte 
Einsiedler  in  unserem  Text  (Z.  45)  jedem  ein  gemaltes  Kreuz 
um  die  Gefahren  zu  beschwören. 

Jetzt  folgt  mit  den  Namen  «Amenitas»,  «Ostium  laetitiae», 
«Dulcedo»,  «Kucis  habitaculum»  eine  neue  Erinnerung  an  die 
religiöse  Lektüre.  Ob  der  Verf.  hier  an  irgend  welche  Dar- 
stellung angeknüpft  hat,  in  der  die  verschiedenen  Stufen  der 
Seligkeit  oder  der  paradiesischen  Freuden  die  genannten  Na- 
men der  Pforten  tragen,  das  zu  verifizieren  bin  ich  hier  nicht 
im  Stande ;  ^  vielleicht  sind  die  Namen  auch  irgend  einem 
Mariengebet  entnommen,  wo  sie  als  symbolische  Attribute 
der  heiligen  Jungfrau  figurierten.  - 

Hieraufsetzt  die  Sage  wieder  ein.  Die  schönen  Mädchen, 
welche  die  Reisenden  empfangen,  ohne  die  Tür  vorläufig  zu 
öffnen,  fragen  was  sie  suchen,  dann  zu  der  Sibylle  wieder 
gehen,  dann  zurückkehren  und  eine  neue  Frage  an  sie  stellen  — 
das  ist  ziemlich  genau  dieselbe  Scene  wie  bei  La  Säle,  ausser 
dass  die  Zahl  der  empfangenden  Damen  dort  nicht  bestimmt 
ist.  Die  Sibylle  kommt  ihnen  entgegen  —  wie  im  Guerino; 
sie  trägt  eine  Krone  auf  dem  Haupte  :  so  sind  in  den  Visionen 
gewöhnlich    die    Weiber    mit    goldenen    Kronen    geschmückt. 


'  In  der  Vision  des  Barontus  ist  der  Himmel  in  Thore,  welche  die 
Abstufung  der  Seligkeit  andeuten,  eingeteilt  (Pritsche,  /.  c,  S.    247.) 

-  Als  solche  finde  ich  wenigstens  « Amenitas t>  und  «Dulcedo»,  aber 
auch  Attribute,  die  den  beiden  anderen  sehr  nahe  kommen  («Habitaculum 
gloriae,  sapientiae»,  «Ostium  celi,  salulisi  etc.);  vgl.  den  Index  Marianus  bei 
Migne,  Patr.  lat.,  T.  220. 


Eine  tschechische    Version  der  Reise  ins  Sibyllcnparadies.  85 

Schöne  Damen  reichen  den  Besuchern  goldene  und  silberne 
Kleider  —  wie  bei  La  Säle  —  sie  wollen  aber  nichts  an- 
nehmen, sondern  bleiben  so  wie  sie  sind  —  ein  asketischer 
Zug,  der  da  ist,  um  ihre  Standhaftigkeit  zu  unterstreichen. 
Die  Sibylle  setzt  sich  auf  ihren  Thron  —  bei  La  Säle  sitzt 
sie  schon  da,  als  der  Besucher  eingeführt  wird.  Die  Schilderung 
des  Sibyllenparadieses  ist  nahe  übereinstimmend  mit  der- 
jenigen bei  La  Säle,  aber  sie  erinnert  auch  an  den  Wohnort 
der  Glückseligen  in  den  Visionen.  ^ 

In  dem  jetzt  folgenden  Abschnitt  stellen  die  Besucher 
an  die  Sibylle  einige  Fragen,  u.  A.  wohin  sie  und  ihr  Hof- 
staat nach  dem  Tode  kommen,  aber  sie  will  keine  Antwort 
geben.  Genau  dasselbe  kommt  vor  bei  La  Säle:  «Et  quant 
le  monde  finera,  Madame,  que  devenrrez  vousx  ?  .  .  .  «n'en 
veuillez  plus  savoir>.  Was  sie  sonst  über  ihre  Herkunft 
erzählt  (Z.  105  ff.),  ist  höchst  phantastisch.  Offenbar  will 
der  Verf.  hier  seine  Vertrautheit  mit  den  alten  Traditionen  von 
den  zehn  Sibyllen  zeigen,  obgleich  er  mit  ihnen  etwas  frei 
schaltet.  Es  verdient  vielleicht  bemerkt  zu  werden,  dass  in 
La  Sale's  Salade,  nach  der  Beschreibung  des  Paradieses,  ein 
(von  mir  nicht  gedruckter)  Abschnitt  vorhanden  ist,  in  dem 
nach  Isidors  Etymologien  und  anderen  Quellen  eine  längere 
Ausführung  über  die  Sibyllen  enthalten  ist.  Hier  wird  die 
fünfte,  Ensilla  oder  Trophilla,  als  in  Babylon  geboren  dar- 
gestellt, und  die  Eryträische  Sibylle  wird,  wie  auch  sonst, 
in  Verbindung  mit  Troja  gebracht.  Es  wird  ja  zuweilen  auch 
der  Sibylle  von  Cumae  trojanischer  Ursprung  zugeschrieben. 
Daher  wohl  die  Abstammung  der  unsrigen  von  «Pryamus». 
Der  Name  «Libertina»  ist  offenbar  eine  Entstellung  von 
«Tiburtina»,  die  zehnte  Sibylle,  die  besonders  ausführlich  bei 
La  Säle  beschrieben  wird. 

Die    Andeutung  an    das    unnatürliche    Aussehen  der  Si- 
byllenweiber   ist    eine   Reminiscenz  an  die  einmal  wöchentlich 


^  Ich  frage  mich,  ob  nicht  auch  die  ganze  Sage  vom  SihyWenparadies 
im  gewissen  Grade  von  diesen  Visionen  oder  Fahrten  nach  dem  irdischen 
Paradies  abhängig  ist.  Schon  der  Name  deutet  auf  eine  Kontamination  der 
alten  Sibyllensage    mit  solchen  Legenden. 


86  ir.  Söderhjelm, 

vorsichcjehende  Verwandlung  der  Damen  in  Schlangen  und 
Ungeheuer  im  Guerino  und  bei  La  Säle.  Hier  spielt  jedoch 
am  anderes,  weit  verbreitetes  Sagenmotiv  ein :  die  Gestalten, 
die  im  Rücken  wie  ein  Trog  aussehen,  finden  sich  sogar  in 
finnländischen  Sagen  —  die  burleske  Art  aber,  wie  die  Rei- 
senden von  der  Falschheit  dieser  Beschuldigung  in  Bezug 
auf  die  Sibylle  handgreiflich  überzeugt  werden,  scheint  unserer 
Version  ganz  eigen  zu  sein. 

Wenn  unser  Bericht  das  Geschick  derjenigen  feststellt, 
die  die  richtige  Stunde  zum  Austreten  aus  dem  Paradiese 
versäumen,  so  stimmt  dies  in  den  Hauptzügen  mit  der  La 
Sale'schen  Version,  obgleich  die  Zeitbestimmungen  dort  viel 
verwickelter  sind.  Die  Zahl  30  spielt  jedenfalls  in  beiden 
eine  wichtige  Rolle. 

In  dem  Satze:  «sie  pflegen  ...  zu  verführen  und  zu  be- 
trügen, bis  die  Zeit  vorüber  ist»  (Z.  186  f.)  finden  wir  einen 
schwachen  Nachklang  an  die  im  Volksbuch  sehr  realistisch 
geschilderten  Verführungskünste  der  Sibylle.  —  Sie  willigt 
aber  hier  ohne  weiteres  in  den  Abschied  ein  und  ist  nicht 
erzürnt,  wie  im  Guerino,  redet  vielmehr  die  Reisenden  sehr 
freundlich  an,  wie  bei  La  Säle  —  sie  hatte  auch  dort  nicht 
denselben  Anlass  zum  Zorn  wie  im  italienischen  Volksbuch !  — 
und  schenkt  ihnen  zum  Schluss  ein  goldenes  Schwert,  wie 
sie  bei  La  Säle  dem  Scheidenden  die  goldene  «vergette» 
giebt.  —  Die  Prophezeiungen  über  die  künftigen  Reisen  erinnern 
an  diejenigen,  welche  dem  Guerino  beim  Abschied  zu  Teil 
werden. 

Für  die  folgenden  Ausführungen  über  die  Deanen,  ihren 
Bau,  den  König  Alexander  von  Pictavien  und  den  sagen- 
haften Papst  Klemens  I  vermag  ich  keine  Quellen  aufzu- 
weisen. —  Der  Rest  beruht  ohne  Zweifel  auf  eigenen  Er- 
lebnissen —  das  einzige,  was  in  diese  Kategorie  geführt 
werden  kann. 

Wie  aus  der  obigen  Darstellung  hervorgeht,  findet 
sich  in  dem  Bericht  des  böhmischen  Italiafahrers  ein  sehr 
deutlicher  Anklang  an  die  beiden  litterarischen  Überlieferungen 
der  Sibyllensage,    die  hier    zum    Vergleich   angezogen  worden 


Eine  tschechische    Version  de)-  Reise  ins  Sibyllenparadies.  87 

sind.  Ob  nun  diese  Spuren  direkt  aus  der  Lektüre  der  beiden 
Schriften  herrühren  oder  ob  sie  mündlichen  italienischen  Tradi- 
tionen entstammen,  welche  eine  Mischung  der  verschiedenen 
V'ersionen  darstellen,  das  ist  nun  natürlich  nicht  leicht  zu  sagen. 
Für  das  V^olksbuch  kann  jedoch,  wie  ich  meine,  eine  direkte 
Einwirkung  angenommen  werden;  aber  es  scheint  mir  auch 
keineswegs  ausgeschlossen,  dass  unserem  Reisenden  die  Salade 
des  La  Säle  bekannt  war.  Ein  Paar  ziemlich  wortgetreue 
Entlehnungen  könnten  in  dieser  Richtung  als  Zeugen  citiert 
werden;  übrigens,  wenn  er  seine  genaue  Kenntnis  dieser  X-'er- 
sion  der  mündlichen  Überlieferung  zu  verdanken  hätte,  so 
würde  dies  beinahe  auf  einen  Besuch  in  der  Gegend  von 
Norcia  hinweisen,  vorüber  der  Bericht  aber  keine  Andeutung 
enthält. 

Besonders  der  letzte  Teil  der  Erzählung  scheint  mir 
jedenfalls  das  Faktum  einer  Reise  nach  Italien  und  Rom 
ausser  Zweifel  zu  setzen.  Leider  giebt  uns  die  Überlieferung 
keinen  Anhaltspunkt  um  das  Datum  dieser  Reise  und  der 
Abfassung  des  Berichtes  näher  zu  bestimmen.  Wahrscheinlich 
ist  aber,  dass  dieses  nicht  allzu  lange  Zeit  vor  der  V^erfertigung 
des  oben  erwähnten  Druckes  geschehen  ist.  Es  wäre  interes- 
sant zu  wissen,  wie  die  Sibyllenprophezeiungen,  von  denen 
Dr.  Tille  spricht,  abgefasst  sind  und  ob  sie  in  irgend  welcher 
Weise  an  La  Säle  erinnern.  Um  diese  alten  Geschichten  neu 
auszustaffieren  und  zu  gleicher  Zeit  seinen  Reiseerinnerungen 
eine  eigentümliche  Anziehungskraft  zu  verleihen,  hat  wohl  der 
Verfasser  seine  Erzählung  niedergeschrieben.  Den  Anlass 
hat  ihm  offenbar  das  italienische  Volksbuch  von  Guerino  il 
MescJiino  gegeben,  und  nicht  nur  die  Kapitel  über  das  Sibyllen- 
paradies, sondern  auch  diejenigen,  wo  von  der  Patricius- 
Legende  die  Rede  ist.  ^  Dazu  kamen  Elemente  der  anderen 
Version  der  Sibyllensage,  mit  denen  der  Verf.  in  Italien  oder 
später  Bekanntschaft  gemacht  hatte.  Um  seinen  und  seines 
Reisegefährten  guten  Ruf  zu  bewahren,  hat  er  fast  alles  entfernt. 


'      Vgl.  Dunlop-Liebrecht,  Prosadichtungen,  S.   316  ff.     In  der  mir  zu- 
gänglichen populären  Ausgabe  des   Guerino  fehlt  dieser  Abschnitt   vollständig. 


88  Besprechu)ige>t.     A.    lValle?tsk'öld, 

was  sie  irgendwie  in  ein  falsches  Licht  hätte  stellen  können, 
und  noch  dazu  die  religiösen  Bestandteile  durch  Erinnerungen 
an  andere  erbauliche  Legenden  verstärkt.  Dabei  ist  auch 
eine  Sage  mituntergelaufen,  die  in  naher  Verbindung  mit 
einem  Motiv  der  Sibyllensage  steht  und  weit  verbreitet  war. 
Schliesslich  hat  der  Verfasser  alle  diese  Elemente  nach  seinem 
persönlichen  Geschmack  zu  einem  eigentümlichen  Ganzen 
umgemodelt. 

Ob  unser  Erzähler  auch  die  Tannhäusersage  gekannt 
hat,  ist  nicht  zu  ersehen.  Jedenfalls  könnte  man  den  Mann, 
der  vor  der  fünften  Pforte  sitzt  und  da  bis  zum  jüngsten 
Tag  wird  sitzen  bleiben,  als  eine  Entsprechung  zu  dem 
«Greise»  ansehen,  der  sich  in  der  frühesten  deutschen  Version 
der  genannten  Sage  findet  und  —  wohl  ohne  Grund  ^  —  mit 
dem  getreuen  Eckart  identifiziert  worden  ist.  Alles  deutet 
jedoch  darauf  hin,  dass  hier  kein  deutscher  Einfluss  vorliegt. 

W.  Söderhjelm. 


Besprechungen. 

A/bert  Dauzat,  Essai  de  viethodologie  linguistique  dans  le 
domaine  des  langues  et  des  patois  tomans.  These  pour  le  doctorat 
es-lettres,  presentee  a  la  Faculte  des  Lettres  de  1' Universite  de 
Paris.     Paris,   H.   Champion,    1906.  295  p.  gr.  in-8''.  Prix  10  francs. 

L'auteur,  a\antageusement  connu  par  ses  recherches  sur  le 
patois  de  ^^inzelles  (Basse- Auvergne),  veut,  dans  le  present  ouvrage, 
dünner  aux  romanistes  un  expose  clair  et  exact  des  principes 
methodologiques  ä  suivre;  il  veut  «degager  les  regles  de  methode 
qui  sont  a  l'etat  latent  dans  les  travaux  des  romanistes»  (p,  5). 
Cet  ouvrage  doit  donc,  en  quelque  sorte,  etre  pour  les  romanistes 
ce  que  sont  les  Prinzipien  de  Paul  pour  les  linguistes  en  general. 
Mais  la  difference  est  grande,  aussi  bien  dans  la  composition  que 
dans  les  idees!  Le  livre  de  M.  Dauzat  a  l'avantage  d'etre  fort 
elegamment  ecrit  et  tres  facile  ä  lire;  dans  sa  seconde  partie,  qui 
concerne  l'etude  des  patois,  il  est  en  outre  plein  de  conseils  prati- 


'     G.    Paris,    Ligendes    du    iiioyen    age,    S.     125,  n.    —  \'gl.    auch  H. 
Dübi  in  der  Zeitschrift  des   Vereins  für   Volkskunde^  XVII  (1907),  S.  250  ff. 


A.  Daitzat,   Essai  de  mithodologie  linguistique  etc.  89 

ques  de  la  plus  grande  utilitc.  Ce  qui,  par  contre,  me  semble 
amoindrir  la  valeur  de  l'ouvrage,  c'est  la  fagon  un  peu  cavalitre 
dont  l'auteur  tranche  quelques-uns  des  problemes  les  plus  cpi- 
neux  de  la  methodologie  linguisticiue,  sans  tenir  compte  des 
hypotheses  anterieures.  Cela  vient  en  partie  de  ce  que  l'auteur  ne 
parait  pas  avoir  connu  bon  nombre  des  ouvrages  de  linguistique 
generale  parus  hors  de  France,  notamment  en  AUemagne.  N'est-ce 
pas  un  signe  caracterislique  de  cette  exclusivite  nationale  de  M. 
Dau/.at  qu'il  ne  cite  pas  une  seule  fois  son  grand  devancier 
Hermann  Paul?  Malgrc  cela.  Touvrage  de  M.  Dauzat  est  certaine- 
ment  digne  des  plus  grands  eloges;  il  temoigne  d'une  nettete 
d'esprit  et  d'un  bon  sens  pratique  qui  en  rendent  la  lecture  en 
meme  temps  fort  attrayante  et  tres  utile. 

Se  je  voulais  donner  i(  i  un  compte  rendu  detaille  de  cet 
ouvrage,  cela  m'amenerait  trop  loin.  Je  dois  donc  me  bomer  ä 
en  faire  ressortir  quelques  particularites  qui  m'ont  spccialement 
frappe. 

D'abord,  il  }•  a  a  noter  la  division  du  livre  en  deux  parties, 
l'une  intitulee  Les  langues  romanes,  l'autre^  L  e'tude  des 
patois.  Une  teile  distinction  entre  les  langues  romanes,  d'une  part, 
et  les  parlers  vivants  qui  en  fort  partie,  de  l'autre,  est  naturellement 
tres  peu  «methodique»,  mais,  en  lisant  le  livre,  on  comprend  que 
l'auteur  a  voulu  traiter  scparement  ces  etudes  dialectologicjues  qu'il 
affectionne  tout  particulierement  et  dont  il  proclame,  et  certainement 
avec  raison,  la  grande  importance,  non  seulement  pour  notre 
connaissance  des  langues  romanes,  mais  aussi  pour  notre  comprc- 
hension  du  developpement  de  la  langue  en  general.  Aussi  cette 
partie  de  l'ouvrage  est-elle  du  plus  haut  interet  et  contribuera 
certainement  ä  donner  un  nouvel  essor  aux  etudes  dialectologiques 
en  France. 

Un  autre  trait  caracteristique  de  l'ouvrage  de  M.  Dauzat, 
c'est  la  division  de  la  linguistique  en  deux  branches  capitales:  la 
phonetique  ou  etude  des  sons,  et  la  semantique  ou  etude  des 
idees  dans  leurs  rapporLs  avec  les  sons.  La  semantique,  ä  son 
tour,  se  divise  en:  morphologie  (modifications  de  forme,  dues  ä 
des  causes  psychiques),  lexicologie  (variations  de  sens  des  mots) 
et  syntaxe  (relations  des  mots  entre  eux).  Comme  M.  Dauzat 
definit  toujours  tres  exactement  les  termes  qu'il  emploie,  je  ne 
vois  pas  d'inconvenient  ä  cette  extension  inusitee  de  l'idce  du  mot 
«semantique». 

Parmi  les  chapitres  les  plus  interessants  de  l'ouvrage  de  M. 
D.  je  mentionnerai  celui  il,  IV,  3)  oü  l'auteur  nous  donne  une 
explication  physiologique  de  la  cause  des  evolutions  phonetiques. 
Selon  lui,  les  sons  changent,  «parce  que  les  organes  vocaux  semodifient 


90     Besprechungen.     A.    Wallensköld,  A.  Dauzat,    l-'.ssai  de  inctliodologic  etc. 

eux-memes»  (p.  94).  Et  cette  modification  des  organes  vocaux  est  due 
ä  des  causes  ethniques,  au  croisement  des  individus,  a  l'influence  de  la 
race.  On  comprend  alors  la  simultan  cito  —  düment  constatc'e  bien  des 
fois  —  des  evolutions  phonctiques  rhez  les  individus  d'une  meme 
localite,  et  surtout  leur  apparition  presqu'au  meme  moment  sur 
des  aires  parfois  tres  vastes.  Ni  la  «loi  du  moindre  effort»  ni 
la  theorie  de  l'origine  individuelle  des  alterations  phonctiques, 
considcrees  comme  des  imitations  incompletes,  ne  sauraient  ex- 
pliquer,  d'une  maniere  süffisante,  cette  evolution  phonetique  si- 
multance  et  independante,  qu'un  phoneticien  celebre  a  tache  d'ex- 
pliquer  par  l'hypothese  «d'une  sorte  d'an^mie,  d'un  affaiblissement 
graduel  et  transitoire  des  centres  nerveux  qui  aboutissent  aux 
muscles,  siege  de  I ' evolution ».  ^)  Mieux  que  cette  Hypothese 
singuliere,  celle  de  M.  Dauzat  parait  s'accorder  avez  les  idees 
actuellement  en  cours  sur  Taction  des  lois  phonctiques.  Seulement, 
il  me  semble  possible  de  combiner  la  theorie  de  M.  Dauzat  avec 
cjlle  de  la  «loi  du  moindre  effort».  II  n'est  pas  vrai,  quoi  qu'en 
dise  M.  D.,  que  cette  «loi»  suppose  une  cause  reflechie  (p.  91). 
Ainsi,  le  phenomene  inconscient  de  Tassimilation,  dans  son  sens  le 
plus  etendu,  est  bien,  du  moins  en  partie,  le  resultat  d'une  pro- 
nonciation  simplifiee  (voy.  p.  ex.  le  changement  d'une  explosive 
soiirde  en  une  explosive  ou  une  fricative  sonore  entre  deux  voyelles, 
c'est-ä-dire  entre  deux  phonemes  sonores:  lat.  ripa  >  prov.  esp. 
port.  riba,  rhet.  riva,  fr.  rive).  Si  M.  D.  affirme  que  les  modi- 
fications  phonctiques  ne  sont  pas  toujours  des  «affaiblissements», 
il  a  certainement  raison;  mais  aussi  ne  faut-il  pas  oublier  que  la 
«loi  du  moindre  effort»  est  ä  chaque  instant  contrecarree  par  une 
certaine  «loi  d'emphase»,  qui  exerce  son  influence  surtout  sur  les 
voyelles  toniques  en  les  allongeant  et  en  les  diphtonguant.  C'est 
de  la  lutte  de  ces  differents  facteurs,  parmi  lesquels  la  differen- 
ciation  des  organes  vocaux  joue  un  role  des  plus  importants.  que 
me  semble  sortir  l'evolution  phonetique  d'une  langue. 

Le  merite  de  l'ouvrage  de  M.  D.  ne  consiste  pas  tant  en 
la  nouveaute  et  l'originalite  des  idees  qu'en  la  facon  claire  et 
elegante  dont  il  aborde  les  problemes  epineux  de  la  linguistique  et 
en  ses  conseils  utiles  aux  patoisants. 

A.    WaUe7isköld. 


')  Abbe  Rousselot,  Les  modiftcatioiis  phonetique  du  langage  etudiees 
dans  le  patois  d'une  famille  de  Cellefrouin,  Revue  des  patois  gallo-romans,  t.  V, 
Suppl.,  p.   42  [414]. 


J.   Ö/i(fuist,    Tysk   öviiingsbok ;    Saksankielen   Harjoituskirja ;  etc.  91 

Öhquist,  Johannes,  Tysk  Övningsbok.  Tredje  omarbetade 
upplagan.    Helsingfors,    Otava,    1907.   205   S.   8:0. 

Derselbe,  Saksankielen  Ilm-joituskirja.  Kolmas  uudistettu 
painos.  Suomeksi  sovittanut  ]/ .  R.  Helsingissä,  Otava,  1907. 
220  S.   8:0. 

Derselbe,  Shivprov  ßr  SUideutexamen  i  Tyska.  Helsingfors, 
Otava,    1907.   49   S.   8:0.     Preis:    i    Fmk. 

Derselbe,  Saksankielen  Kirjoituskokeei  Ylioppilastutkintoa  vatten. 
Helsingissä,   Otava,    1907.    50  S.   8:0.  Preis:    i    Fmk. 

Derselbe,  Tysk  Elemetitarbok.  Fjärde  omarbetade  upplagan. 
Helsingfors,  (Jtava,  1907.  219  S.  8:0.  (Nebst  einem  8  Seiten  um- 
fassenden  Bilderbogen  I. 

Derselbe,  Saksankielen  Alkeiskirja.  Viides  uudistettu  painos. 
Helsingissä,  Otava,  1907.  22}^  S.  8:0.  (Nebst  dem  obenerwähnten 
Bilderbügen). 

Die  neuerschienenen  Auflagen  der  obenerwähnten  bekannten 
Lehrbücher  Lektor  Öhquists  liegen  diesmal  in  immer  wesentlich 
umgearbeiteter  Form  vor. 

So  tritt  das  «Übungsbuch»  jetzt  als  ein  fast  ganz  neues 
Buch  auf  und  «zwar  in  zweierlei  Beziehungen»:  teils  um  «frisches 
Übersetzungsmaterial»  teils  um  eine  grössere  Zahl  leichter  Übungs- 
stücke bieten  zu  können.  Es  ist  wohl  kaum  nötig  hervorzuheben, 
dass  der  Herausgeber  des  Buches  in  beiden  diesen  Beziehungen 
einem  lebhaften  Wunsch  der  Lehrer  entgegenkommt.  In  der  ersten 
Abteilung  ist  nicht  nur  das  schon  befindliche  Übungsmaterial  vermehrt, 
sondern  sind  ausserdem  auch  Übungsstücke  hinzugefügt  worden, 
welche  sich  auf  Kapitel  in  der  Grammatik  beziehen,  die  in  den 
früheren  Auflagen  nicht  behandelt  sind.  In  der  zweiten,  «syste- 
matischen» Abteilung  hat  jeder  Abschnitt  jetzt  ein  oder  mehrere 
aus  kurzen  und  leichten  Sätzen  zusammengestellte  Stücke  erhalten, 
welche  so  zu  sagen  direkte  Beispiele  zu  den  grammatischen  Regeln 
bilden. 

Von  diesen  Stücken  sind  einige  jedoch  allzu  einfach,  wie 
z.  B.  St.  100,  141  —  143,  welche  blos  Substantive  und  allerlei 
Verbformen  aufzählen,  die  ebenso  gut  ohne  Buch  in  derselben 
Weise  eingeübt  werden  könnten.  Statt  der  drei  letzteren  hätte 
man  lieber  z.  B.  ein  gutes  Übungsstück  für  die  Passivformen  ge- 
wünscht. Von  den  Stücken  der  dritten  Abteilung  sind  nur  die 
zehn  ersten  «der  früheren  Auflagen  in  die  neue  herübergenommen, 
das  Übrige  aber  vollständig  durch  neue  Stücke  ersetzt.»  Der 
Inhalt  ist  abwechselnd;  die  Zahl  der  leichten  Stücke  ist  aber  hier 
kaum  grösser  als  früher;  einige  Anekdoten  sind  dem  Hoppe'schen 
Übungsbuche    entnommen.     Zum    Schlüsse    dieser  Abteilung   giebt 


92  Besprechungen.     M.    IV — s,    y.   Öhquist,    Tysk  Övningsbok;  etc. 

es  «einige  Kapitel  aus  der  deutschen  Litteraturgeschichte»,  wo  die 
deutsche  Litteratur  in  ihren  Hauptepochen  behandelt  wird.  Diese 
glückliche  Idee  ist  der  allergrössten  Anerkennung  wert.  Die 
Schüler  bekommen  dadurch  eine  freilich  sehr  bescheidene,  aber 
doch  orientirende  litterargeschichtliche  Kenntnis,  welche  mancher 
Lehrer  ihnen  vielleicht  sonst  keine  Gelegenheit  zu  geben  findet. 
So  lange  es  keine  für  unsere  Schulen  geeignete  deutsche  Litteratur- 
kunde  giebt,  kann  ja  eine  solche  kurze  Übersicht  von  1 7  Seiten 
eine  Mission  zu  erfüllen  haben.  Auch  vom  principiellen  Ge.sichts- 
punkte  aus  ist  es  wohl  richtig  danach  zu  streben,  in  die  Über- 
setzungsstücke für  die  höheren  Klassen  einen  realen  Stoff  einzu- 
führen, so  dass  der  zu  übersetzende  Text  nicht  nur  als  sprachliche 
Übung,  sondern  auch  des  Inhalts  wegen  durchgearbeitet  zu  werden 
verdient. 

Trotzdem  die  Übersetzungsstücke  für  das  Maturitätsexaraen 
aus  dieser  neuen  Auflage  ausgeschieden  worden  sind,  umfasst  sie 
doch  etwa  20  Seiten  mehr  als  die  früheren.  Wie  aus  dem  obigen 
Verzeichnis  hervorgeht,  sind  diese  Stücke  (sogar  für  das  Jahr  1907) 
als  ein  besonderes  mit  einem  Wörterbuch  versehenes  Heft  er- 
schienen. 

Das  « Elementarbuch  >  hat  eine  ganze  neue  Abteilung  er- 
halten, wodurch  die  Schüler  stufenweise  in  das  Wichtigste  der 
Formenlehre  der  deutschen  Sprache  eingeführt  werden  sollen.  In 
jedem  Stück  giebt  es  einige  Musterbeispiele  in  der  Form  von 
Fragen  und  Antworten,  imd  in  Analogie  mit  denselben  sollen  die 
Scliüler  dann  ähnliche  Fragen  beantworten.  Von  solchen  Fragen 
findet  man  auch  im  Buche  eine  ganze  Menge.  Im  Anfang  eines 
jeden  Stückes  stehn  eine  Anzahl  Wörter,  welche  den  nötigen  Wort- 
vorrat für  diese  Sprechübungen  liefern  sollen;  zu  dieser  Abteilung 
gehört  ausserdem  ein  Heftchen  mit  Bildern,  welche  die  Gegenstände, 
worüber  gesprochen  werden  soll,  darstellen.  Wahrscheinlich  um 
den  Preis  des  Buches  nicht  zu  erhöhen,  hat  aber  dieser  Bilder- 
bogen ein  sehr  dürftiges  Aussehen  erhalten.  Man  würde  sich 
lieber  mit  einer  geringeren  Anzahl  von  den  einzelnen  abgebildeten 
Gegenständen  begnügen,  mit  denen  man  übrigens  in  den  meisten 
Fällen  (wie  z.  B.  Bleistift,  Feder,  Heft,  Buch,  u.  a.)  ebenso  gut 
«in  natura»  operiren  könnte,  um  statt  dessen  das  letzte  Bild  in 
Farben  gut  ausgeführt  zu  haben.  Was  die  iVnordnung  des 
Stoffes  dieser  Abteilung  und  die  Absicht  mit  derselben  sonst  be- 
trifft, sagt  der  Verfasser  darüber  im  Vorworte  u.  a.  folgendes: 
«Den  Stoff  der  ersten  Abteilung  habe  ich  sowohl  in  grammatischer 
Hinsicht  wie  im  Wortschatz  möglichst  einzuschränken  gesucht.  Es 
ist  in  grammatischer  Hinsicht  nur  das  herangezogen  worden,  was 
zu    einer    einfachen    Satzbildung    in  gewöhnlicher  Unterhaltung  un- 


A.  Ml)g,    A.   Bohnhof,    The  Jtinior  Englisli  Reackr.  93 

bedingt  notwendig  ist.  .  .  .  Der  Zweck  der  beigegebenen  Ab- 
bildungen ist  übrigens  nicht  so  sehr  ein  lexikalischer  als  vielmehr  ein 
formell -grammatischer :  sie  sollen  vermittelst  der  verschiedenen 
Farben  und  Grössen  dazu  dienen  die  Flexion  der  Nomina  prak- 
tisch einzuüben.  .  .  .  Die  am  Ende  eines  jeden  Stückes  gegebenen 
Frage-  und  Antwortübungen  sind  deshalb  nicht  als  erschöpfend  zu  be- 
trachten, sondern  sollen  für  den  Lehrer  das  Schema  abgeben, 
nach  welchem  er  diese  Uebungen  beliebig  variiren  kann  und  muss.» 
Ohne  Zweifel  ist  diese  Abteilung  ein  Gewinn  für  das  Buch. 
Die  Stücke  sind  sehr  systematisch  und  melodisch  zusammengestellt; 
es  ist  aber  fraglich,  ob  sie  auch  immer  sich  leicht  und  mit  Erfolg 
und  Interesse  in  der  Praxis  behandeln  lassen.  Der  Rec.  wird 
später  Gelegenheit  haben  die  neue  Auflage  in  seinem  Unterrichte 
anzuwenden,  und  wird  dann  noch  einmal  auf  diese  Abteilung  des 
Buches  zurückkommen.  - —  Die  Grammatik  ist,  abgesehen  von 
einigen  teilweise  kaum  nötigen  Ergänzungen,  leider  unverändert  ge- 
blieben. Da  nun  die  obenerwähnte  Abteilung  schon  beabsichtigt, 
den  Schülern  das  wichtigste  der  Formenlehre  durch  Beispiele  und 
praktische  Übungen  beizubringen,  hätte  man  auch  eine  gänzliche 
Umarbeitung  der  Grammatik  erwartet,  wodurch  diese  zusammen- 
fassender^ übersichtlicher  und  einfacher  gemacht  worden  wäre.  — 
Von  den  Lesestücken  sind  einige  in  die  neue  Abteilung  hinüber- 
gezogen; sonst  sind  die  alten  beibehalten.  Auch  hier  hätte  man 
aber  gern  Veränderungen  gewünscht.  Also  trotz  des  Neuen,  was 
der  Verfasser  in  seiner  neuen  Auflage  bietet,  möchte  man  noch 
mehr  Neues  haben.  ^    rjr 


The  Junior  EngUsli  Reader  ivith  Glossary  and  Notes,  edited 
by  Anna  Bohnhof.  Helsingfors,  The  Helios  Company  Ltd,  1908. 
Price   5:2,5. 

Miss  Bohnhof's  new  Reader  is  intended  for  junior  classes, 
and  in  that  respect  it  certainly  fills  a  great  \\ant  in  our  English 
school-literature.  The  book  begins  with  a  historical  part  containing 
Short  tales  and  descriptions  from  the  history  of  England,  arranged 
in  chronological  order.  The  historical  pieces  are  well  chosen,  also 
from  the  literary  point  of  view,  and  in  connection  with  them  it 
is  easy  for  an  interested  teacher  to  give  hints  on  the  development 
of  English  literature  during  the  chief  periods  described  in  these 
narratives.  I  should  only  like  to  make  the  remark  that  this  part 
comes  too  early.  It  would  be  more  natural  to  have  it  at  the 
end  of  the  book,  as  it  is  rauch  more  difficult  than  the  second 
part,  requiring  more  knowledge  of   English   and  implying  a  greater 


94  Protokolle  des  Neuphilologiscken    Vet-eins. 

development  of  the  pupils.  The  second  part  contains  anecdotes 
and  Short  stories,  some  of  which  are  very  suitable  for  young  read- 
ers  and  easy  enough  for  beginners.  And,  I  am  glad  to  say,  I 
find  very  little  of  the  usual  English  maudlin  sentimentality  in 
them.  —  The  book  ends  with  two  longer  stories:  Mowgli's  Brothers 
and  an  extract  from  Peter  Simple.  As  to  the  latter,  I  think 
it  is  not  quite  so  well  chosen  as  the  previous  stories,  being  too 
long  and  ending  rather  abruptly.  Another  complete  story  would 
perhaps  have  been  niore  adapted  to  attract  the  attention  of 
young  pupils. 

In  connection  with  the  Reader  there  is  a  Glossary  (Finnish 
&  Swedish),  with  Notes,  bound  as  a  separate  volume,  handy  to 
use,  and  to  be  kept  inside  the  same  cover  as  the  chief  volume. 
It  will  be  welcome  to  the  pupils  saving  them  the  trouble  of  look- 
ing  out  words  from  big  dictionaries. 

As  something  quite  unusual  for  school-books  in  Finland  I 
may  mention  the  exceedingly  pretty  binding. 

Another  astonishing  thing  —  especially  in  an  English  book 
printed  in  Finland  —  is  the  fact  that  there  are  so  few  misprints 
in  it,  but,  urhappily  enough,  most  of  them  appear  on  the  very 
first  pages,  on  account  of  which  the  first  impression  is  not  so 
good  as  it  would  be  without  the  mistakes.' 

The  book  will  certainly  find  a  wide  circulation  among  stu- 
dents  of  the  English  language. 

A.   Mbg. 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  25.  Januar  1908,  bei  welcher  Sitzung  der 
Vorstand  und    1 1    Mitglieder  anwesend  waren. 


Das    Protokoll    der  letzten    Sitzung   wurde    verlesen  und  ge- 
schlossen. 


Der  Vorsitzende  sprach  einige  warme  Worte  zum  Andenken 
des  am  19.  Januar  in  Florenz  verstorbenen  ^Mitgliedes  des  Neur 
philologischen  Vereins,   Dr.   phil.   Torsten    Söderhjelm,  aus.      Diese- 


Protokolle  des  iVettphilologischen    Vereins.  95 

Verlust  sei  um  so  schmerzlicher,  als  man  alle  Ursache  gehabt 
habe,  von  Seiten  des  jungen  Gelehrten  eine  ungewöhnliche  wissen- 
schaftliche Tätigkeit  zu  erwarten.  Schon  durcli  seine  Abhandlung 
für  den  Doktorgrad  über  die  Sprache  in  einem  altfranzösischen 
Texte  habe  er  sich  als  ein  geschickter  Neuphilologe  gezeigt ;  sein 
eigentliches  Interesse  habe  sich  jedoch  der  Litteraturgeschichte  der 
romanischen  \'ölker  zugewandt.  Im  dem  für  das  grosse  Publikum 
bestimmten  Buche  über  die  italienische  Renaissance,  das  er  unter 
Mitwirkung  seines  Bruders,  des  Ehrenpräsidenten  des  \'ereins, 
Ende  IQ07  veröffentlicht  habe,  seien  seine  seltenen  Anlagen  als 
Gelehrter  und  Stilist  recht  zum  ^"orschein  gekommen.  Unsere 
l'niversität  hätte  zweifelsohne  in  kurzer  Zeit  die  Gelegenheit  ge- 
habt ihn  in  den  Kreis  ihrer  Lehrer  als  Dozenten  der  Litteratur- 
geschichte einzuführen.  Sein  Tod  sei  also  ein  ungeheurer  Verlust 
für  alle  Freunde  der  Wissenschaft  und  vor  allem  für  den  \'erein, 
der  zum  grossen  Teil    aus    Kameraden    des    \'erstorbenen  bestehe. 

§  3- 

Prof.  Werner  Söderhjelm,  der  nicht  persönlich  anwesend  war, 
hatte  einen  Aufsatz  über  die  im  Langenscheidtsc:hen  \^erlage 
herausgegebenen  Hilfsmittel  für  den  modernen  Sprachunterricht 
verfasst,  der  von  Prof.  A.  Wallensköld  verlesen  wurde.  ^ 

§   4. 

Prof.  Jos.  Mandehtam  besprach  die  zwei  bis  jetzt  erschienenen 
Teile  von  Wundts  « ^'ölkerpsychologie,  2:ter  Band:  Mythus  und 
Religion».  Wegen  der  Fülle  des  Stoffes  und  mit  Rücksicht  auf 
die  knapp  zugemessene  Zeit  wollte  sich  Prof.  M.  hauptsächlich  auf 
ein  Referat  des  Inhaltes  des  grossen  Werkes  beschränken.  — 
Nachdem  er  die  einleitenden  Auslegungen  Wundts  über  die  psycho- 
logische Natur  der  Phantasie  in  aller  Kürze  referiert  und  auf 
das  2:te  Kapitel  hingewiesen  hatte,  welches  die  psychologischen 
Grundlagen  einer  Theorie  der  Kunst  erörtert,  kam  er  zu  den  folgen- 
den Kapiteln,  welche  von  dem  Mythus  handeln.  —  Um  seine 
eigene  Auffassung  klarer  zu  begründen,  beginne  \\'undt  mit  einer 
Übersicht  über  die  bisherigen  Theorien;  dann  teile  er  die  Grundlagen 
seines  Systems  mit.  Die  Auffassung  \\'undts  ruhe  durchaus  auf 
psychologischen  Tatsachen  und  ziehe  die  Ergebnisse  sowohl  der 
neueren  experimentellen  Psychologie  wie  die  der  Völkerpsychologie 
zu  Rate.  So  scheide  er  z.  B  den  Mythus  von  der  Dichtung 
und  führe  beide  auf  verschiedene  psychologische  Funktionen  zurück. 


Sieh  Neuphil.   Miueil.  dieses  Jahres  S.   27   ff. 


96  Protokolle  des  N^euphilologischen    Vereins. 

Dieser  streng  psychologische  Gesichtspunkt  und  das  Bestreben, 
aprioristische  Spekulation  fernzuhalten,  seien  als  besondere  Ver- 
dienste des  Werkes  hervorzuheben.  —  Von  dem  Inhalt  des  zweiten 
Teiles,  der  die  Seelenvorstellungen  und  die  damit  zusammenhängen- 
den niedrigeren  Kultus-,  Mythus-  und  Geisterformen  behandelt,  gab 
Prof.  Mandelstam  eine  allgemeine  Andeutung  und  besprach  nur 
einige  Punkte  etwas  eingehender,  z.  B.  die  Behandlung  des  primi- 
tiven Animismus  und  seines  Verhältnisses  zum  Fetischismus,  die 
Theorie  der  Tabugebote  und  der  daraus  entsprungenen  Sühne- 
zeremonien, den  Ahnenkultus,  den  Dämonenglauben  und  die  damit 
verwandten  Kultusformen.  —  Prof.  M.  sprach  zum  Schluss  den 
Wunsch  aus,  diejenigen  Mitglieder  des  Vereins,  die  sich  für  die 
mythologischen  Forschungen  interessieren,  möchten  die  Arbeit 
W^undts  eingehend  studieren. 

Lektor  /.  Poirot  sei  dem  Referenten  dankbar  dafür,  dass  er 
den  Verein  mit  den  Ansichten  Wundts  bekannt  gemacht  habe. 
Wie  alle  Werke  dieses  Verfassers,  bezeichne  auch  dieses  einen 
wissenschaftlichen  Gewinn  und  enthalte  eine  Menge  beachtenswerter 
Gesichtspunkte.  Da  jedoch  das  Buch  erst  mit  dem  dritten  Bande 
vollständig  vorliegen  werde,  sei  es  jetzt  zu  früh  mit  einer  Haupt- 
kritik der  darin  enthaltenen  Theorien  hervorzutreten.  —  In  einem 
wesentlichen  Punkte  könne  Lektor  P.  den  Ansichten  W:s  nicht 
beitreten.  W.  trenne  nämlich  den  Mythus  von  der  Religion  und 
führe  sie  beide  auf  verschiedene  psychologische  Vorstellungen  zurück. 
Die  Gründe  für  diese  Trennung  habe  W.  noch  nicht  angeführt, 
sie  schienen  aber  wohl  auf  seiner  ganzen  Auffassung  der  Ent- 
wickelung  zu  beruhen.  W.  bestreite  es  nämlich,  dass  ein  Keim 
sich  verbreiten  könne,  der  schon  alle  Entwickelungsmöglichkeiten 
in  sich  enthalte.  Die  Richtigkeit  dieses  metaphysischen  Postulates 
wolle  aber  Lektor  P.  nicht  einleuchten.  —  Befremdend  sei  weiter, 
dass  W.  auf  die  Forschungen  der  französischen  Antropologen  keine 
Rücksichten  nehme.  Er  stütze  sich  immer  nur  auf  individuell- 
psychologische Theorien.  Ein  grosser  Gewinn  wäre  es  gewesen, 
wenn  er  das  gesellschaftliche  Leben  mehr  analysiert  und  die  Sozio- 
logie öfter  zu  Rate  gezogen  hätte.  —  Weiter  vermisse  man  bei 
W.  die  Erklärung  des  Begriffes  des  «Heiligen»  (sacrum),  der  sehr 
schwer  zu  definieren  sei  und  zu  dessen  Analyse  die  individuelle 
Psychologie  nicht  genüge,  sondern  die  starken  Einwirkungen  der 
Individuen  auf  einander  mit  einbezogen  werden  müssten.  —  Eine 
schwache  Seite  des  Buches  sei  hauptsächlich,  dass  W.  sich  noch 
nicht  von  der  individuellen  Psychologie  befreit  habe,  und  weiter 
dass  er  den  Aufbau  seiner  Theorie  zu  sehr  von  seinem  allgemeinen 
psychologischen  System  abhängig  gemacht  habe. 

Prof.  Jos.  Mandelstam    wollte    gegen   Lektor    P.   hervorheben, 


Protokolle  des  Neuphilologischen    Vereins.  97 

dass  AA'.  seine  Theorie  ausschliesslich  mit  der  Beihilfe  einer  ganzen 
Reihe  empirischer  Fakta  aufbaue  :  nichts  sei  bei  ihm  lose  Speku- 
lation. —  Wie  W.,  sei  Prof.  INI.  der  Ansicht,  dass  Religion  und 
Mythologie  ganz  zu  trennen  seien,  wenn  auch  gegenseitige  Verbin- 
dungspunkte keineswegs  fehlten.  Was  die  Rolle  der  Soziologie  be- 
treffe, so  könne  diese  Wissenschaft  hier,  wo  der  Verfasser  zu  dem 
ganz  primären  Zustande  und  zu  den  Individuen  zurückgehen 
müsse,  von  keinem  besonders  grossen  Nutzen  sein.  Obgleich  W. 
sich  prinzipiell  skeptisch  gegen  die  soziologische  Forschungsmethode 
stelle,  untersuche  er  dennoch,  wo  nötig,  soziale  Verhältnisse.  — 
Schliesslich  habe  W.  den  Begriff  des  «Heiligen»  genügend  her- 
vorgehoben, indem  er  diesen  Begriff  bei  den  Kulturvölkern  dem 
Begriff  der  Furcht  bei  den  Primitiven  entgegensetze. 

In  fidem: 

Hoher  Petersen. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  2  2.  Februar  1908,  bei  welcher  Sitzung  der 
Vorstand  und  g   Mitglieder  anwesend  waren. 

§    I- 
Das     Protokoll      der     letzten     Sitzung     wurde     verlesen     und 
geschlossen. 

§   2. 
Der  Bericht    der  Revisoren  für  das  Jahr  1Q07  wurde  verlesen: 

Bericht  der  Revisoren 

über    die    Kassenverwaltung  des  Neuphilologischen  Vereins  für  die 
Periode    i.  Januar   1907 — i.  Januar   1908. 

Einnahmen: 

Abonnements  der  Neuphil.   Mitteil Fmk  394:  — 

Jahresabgaben  der   Mitglieder »  594:  — 

Von  der  Universität  für  die  N.   INI.  angewiesen   .  »  500:  — 

Verkaufte  Exemplare  der   «Mcmoires»  T.  I — IV  .  »  93:  57 

Zinsen »  43:  80 

Summe  Fmk  1625:  37 

In  der   Kasse  den    i.  Januar    1907  »  1477:  49 

Summe  Fmk  3102:   86 


98  l'rotokolle  des  Neuphilologischc7i    Vereins. 

Ausgaben: 

Druckkosten   der   Neuphil.  Mitteil.  (Nr.  5/8  1906).      Fmk  412:   82 

»              »            »               :>      (Nr.    1/4  1907).          »  381:   64 

Verfasserhonorare  für  die  Neuphii.   Mitteil.                     »  293:   75 

Porto,  Stempelmarken  und  Distribution.     .           .          >  129:   41 

Transport  von   «IMcmoires»    I — IV »  2:    10 

Anzeigen »  82:   — 

Bedienung «  42:  — 

Jahresfest 48:   50 

Telegramm »  6:   70 

Summe   Fmk  1398:   92 

In  der  Kasse  den    i.  Januar   1908       »  1703:   94 

Summe  Fmk  3102:   86 
Helsingfors  d.    15.   Februar   1908. 

Holger  Petersen. 

Bei  der  heute  bewerkstelligten  Revision  der  Kassenverwaltung 
haben  wir  sämtliche  Posten  mit  den  uns  vorgelegten  Verifikaten 
übereinstimmend  gefunden,  und  schlagen  wir  deshalb  vor  dem 
Kassenverwalter  Decharge  zu  erteilen. 

Helsingfors  den   22.   Februar   1908. 

Maisie   Stolize?tberg.  Ediv.   Järnstjötn. 

Dem  Kassenverwalter  wurde  Decharge  erteilt. 

§   3. 

Der  Vorsitzende  teilte  mit,  der  Verein  habe  auch  dieses 
Jahr  vom  Consistorium  Academicum  eine  Summe  von  500  Fmk. 
als  einen  Beitrag  für  die  Bestreitung  der  Druckkosten  der  «Neu- 
philologischen  Mitteilungen  :>    erhalten. 


^   4- 

Als  Mitglieder  des  Jahresfestkomitees  wurden  vorgeschlagen 
und  gewählt:  Professor  A.  Wallensköld,  Lektor  |.  Poirot,  Mag. 
phil.   Fräulein   M.  Stoltzenberg  und  Student  Johan  Vasenius. 


b^   5- 

Der  Vorsitzende  teilte  mit,  der  Verein  «Nyfilologiska  sällskapet» 
in    Stockholm    habe    ihm    den    Prospekt    des    4:ten    Bandes   seiner 


Protokolle  des   Neuphil  ologischen    Vereins  99 

Publikation :     <^ Studier    i    modern    spräkvetenskap»    zugesandt,  und 
sei  der  Vorsitzende  bereit  Abonnemente  entgegenzunehmen. 


§   ^■ 

Prof.  A.  Wallensköld  gab  ein  ausführliches  Referat  von  fol- 
gendem Buche  .  Albert  Dauzat :  « Essai  de  methodologie  linguistique 
dans  le  domaine  des  langues  et  des  patois  romans.  These  pour 
le  doctorat  es-lettres  (Paris).»    Paris,   H.  Champion,    1906.  ^ 

Prof.  Hugo  Pipping  wollte  anlässlich  des  Referates  einen  bei 
der  Veränderung  der  Sprache  mitwirkenden  Faktor  erwähnen,  der, 
so  viel  er  wisse,  nie  früher  beachtet  worden  sei.  Der  Umstand, 
dass  der  Sprechende  die  Wörter  sowohl  durch  den  Ohrgang  als 
durch  die  eustachische  Röhre  hört,  der  Hörende  aber  die  Laute 
nur  durch  den  Ohrgang  auffängt,  bewirke,  dass  dieser  die  Wörter 
auf  eine  etwas  andere  Weise  höre  als  jener.  Dies  werde  auch 
dadurch  bewiesen,  dass  man  seine  eigene  Stimme  in  dem  Phono- 
graphen nicht  recht  erkennen  könne.  Da  also  das  Kind,  das  die 
Sprache  lernen  soll  und  die  Laute  der  Eltern  zu  imitieren  versucht, 
diese  anders  höre  und  auffasse,  als  die  Eltern  selbst,  habe  man 
hier  mit  einer  Ursache  einer  steten  successiven  \^eränderung  in 
der  Aussprache  von   Generation  zu  Generation  zu  tun. 

In   fidem: 
Holger   Petersen. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  14.  März  IQ08  (Jahresfest),  bei  welcher 
Sitzung  der  Ehrenpräsident,  der  erste  Vorsitzende, 
der  Schriftführer  und  24  Mitglieder  anwesend  waren. 


Als  neue  Mitglieder  des  Vereins  wurden  vorgeschlagen  und 
gewählt:  die  Studenten  Fräulein  Alma  Ulrika  Fogde,  Fräulein  Signe 
Ingehorg  Appelberg,  Fräulein  Aurora  Munthe,  Fräulein  Agnes  Lan- 
genskjöld  und    Herr   K.   A.   Nyman. 


Vgl.  die  Besprechung  oben  S.  88. 


Emzesavdte   [.itterahir. 


Professor  Weiner  Söderlijelm  hielt  einen  \'ortrag  über  die 
erste  abendländische  Sammlung,  von  t)rientalischen  Erzählungen,  die 
s.  g.    «Disciphna  clericalis». 


Es  folgte  ein  geselliges  Beisammensein,  wobei  die  drei  letzten 
Scenen  der  <;  Farce  de  maitre  Pierre  Pathelin»  von  Mitgliedern  des 
Vereins  aufgeführt  wurden,  nachdem  Lektor  J.  Poirot  einige  orien- 
tierende Bemerkungen  über  den  Inhalt  des  Stückes  vorausgeschickt 
hatte.  Beim  Souper  brachte  der  Vorsitzende  einen  Toast  auf  die 
Ehrenmitglieder,  den  Ehrenpräsidenten  Prof.  W.  Söderhjelm,  und 
den  ehemaligen  Vizepräsidenten  und  Redakteur  der  «Neuphil. 
Mitteil.»,  den  Dozenten  Hugo  Suolahti,  der  sich  gegenwärtig  im 
Auslande  aufhält  und  dem  Verein  ein  Telegramm  zugesandt  hatte, 
aus.  Prof.  Jos.  Mandelstam  sprach  in  einigen  Worten  dem  Präsi- 
denten, Prof.  Axel  Wallensköld,  den  Dank  der  Vereinsmitglieder 
aus.  Im  Laufe  des  Abends  trugen  einige  Mitglieder  mit  verschie- 
denen  Gesangnummern   zur   Unterhaltung   bei. 

In   fidem : 

Holder  Petersen. 


Eingesandte  Litteratur. 

Alois  Brandl,  Geschichte  der  altenglischen  Literatur.  I.  Teil : 
Angelsächsische  Periode  bis  zur  Mitte  des  zwölften  Jahrhunderts 
(Sonderabdruck  aus  der  zweiten  Auflage  von  Pauls  Grundriss  der 
germanischen  Philologie).  Strassburg,  Karl  J.  Trübner,  1Q08. 
204  S.  gr.   8:0.  Preis:   4   Mark  80  Pf.,  geb.   5   Mark  60  Pf. 

F.  A .  Mohr,  Taschenwörterbuch  der  dänischen  und  deutschen 
Sprache  (Methode  Toussaint-Langenscheidt).  I.  Teil:  Dänisch- 
Norwegisch-Deutsch.  XIV,  646  S.  —  Teil  II :  Deutsch-Dänisch. 
VI,  474  S.  —  Anhang:  Das  deutsche  Zeitwort,  Schema  der  Konju- 
gation und  Wörterbuch  der  Zeitwörter,  verfasst  von  Prof.  Dr.  Dan. 
Sanders,  revidiert  und  bearbeitet  von  Dr.  Julius  Du77icke.  40  S. 
Berlin-Schöneberg,  Langenscheidtsche  Verlagsbuchhandlung  (Prof. 
G.   Langenscheidt),  o.  J.      Preis:  3   M.   50   Pf. 


Schriften  austausch.     Mitteilungen.  lOi 

Axel  RosendahL  Chrestomathie  francaise.  Morceaux  choisis 
de  prose  et  de  poesie.  Avec  34  illustrations.  Borgä,  W.  Söder- 
ström,    1908.    172   S.      8:0 

Moriz  Schittenhelm,  Zur  stilistischen  Verwendung  des  Wortes 
euer  in  der  altfranzösischen  Dichtung.  (Diss.  Tübingen).  Halle  a. 
S.,    1907.      80  S.  8:0. 

Karl  Vollmöller,  Briefe  Konrad  Hofmanns  an  Eduard  von 
Kausler  aus  den  Jahren  1848  bis  1873,  mit  Einleitung  und  An- 
merkungen. Nebst  zwei  Beilagen:  i.  Das  Geusenliederbuch  von  161 1, 
2.  Dr.  Karl  Friedrich  Wilhelm  Lanz,  und  zwei  Tafeln.  Erlangen, 
Fr.  Junge,  1907.  (Sonderabzug  aus  den  Melanges  Chabaneau, 
Rom.      Forschungen  XXIII,   S.    1041 — 1086). 

Hzigo  Wendel,  Die  Entwicklung  der  Nachtonvokale  aus  dem 
Lateinischen  ins  Altprovenzalische.  (Diss.  Tübingen).  Halle  a. 
S.,    1906.      122   S.   8:0. 


Schriftenaustausch. 

Antero  Viputmi,  Suomalaisen  Kirjallisuuden  Seuran  kustan- 
tama  kansanrunouden  kerääjäin  ja  tutkijain  lehti.  Toimittaja  Väinö 
Salminen.  Helsingissä,  Otava.  I.  Jahrg.  (1Q08),  Nr.  i — 2.  — 
Diese  neue  folkloristische  Zeitschrift  erscheint  als  Beiblatt  zu  der 
Zeitschrift  Virittäjä. 

Bibliographia  phonetica,    1908,   Nr.    l  —  2. 

Le    Mahre  Phone'lique,    1907,   Sept.— Dez. 

Modern   Language  Notes,    Bd.   XXIII   (1908),   Nr.   3 — 4. 

Moderna  spräk,  IL  Jahrg.  (1908),  Nr.  3.  —  Enthält  die 
Fortsetzung   des    Artikels  F.   Leray's :    La  loi  des    trois  consonnes. 

Päivä,    1908,   Nr.   9 — 17. 

Rassegna  bibliografica  della  letteratura  italiana,  Jahrg.  X\T 
(1908),   Heft    I— 2-3.' 

Virittäjä,  Jahrg.    XII   1  1908),    Nr.    i — 4. 


Mitteilungen. 


Ausländische  Besprechungen  einheimischer  Pu- 
blikationen: Memotres  de  la  Socie'te  Tieo-philologique  ä  Helsing- 
fors,  Bd.  IV,  bespr.  von  F.  Ed  Schneegans  in  Zeitschrift  für  ro- 
manische Philologie,  XXXII   (1908),  S.  255   f.;/.   Runeberg,    Etudes 


I02  Mitteilungen. 

sur  la  Geste  Rainouart,  bespr.  von  Raymond  Weeks  in  Romania, 
XXXVII  (1908),  S.  165  f.;  A.  Wallensköld,  Le  conte  de  la  femme 
chaste  convoitee  par  son  beau-frere,  bespr.  von  P.  M[eyer]  in 
Romania,  XXXVII  (1908),  S.  191  f.,  von  A.  Jeanroy  in  Journal 
des  Savants,  1908,  S.  153  — 154,  und  in  Literarisches  Zentral- 
blatt, 1908,  Sp.  303;  Oiva  Joh.  Tallgren,  La  Gaya  6  Conso- 
nantes  de  Pero  Guillen  de  Segovia,  I,  kurz  angez.  im  Arch.  f.  das 
Studium  d.   neueren  Spr.  u.   Lit.,   Bd.   CXIX,  S.  480. 

Ferienkurse:  In  Boulog?ie-sur-Mer  (veranstaltet  von  der 
Universität  in  Lille  mit  Beihilfe  der  AUiance  fran<;aise)  vom  i.  bis 
28.  Aug.  1908.  —  In  BesariQon  vom  i.  Juli  bis  i.  Nov.  1908. 
—  In  Genf  vom  16.  Juli  bis  29.  Aug.  —  Nähere  Auskunft  bei 
der  Redaktion   dieses   Blattes. 


NeupHiioioqische 

•  •  MITTEIILINQEN 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 

Acht   Nummern  jährlich.     Preis:   4    Fmk  direkt  bei  der  Redaktion,  1 

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bittet    man  an  die  Redaktion   (Adr.   Prof.    A.    Wallensköld,  j 

Vestra  Hamngatan   5)   zu  senden.  Ij 


Note  sur  la  Ballade  des  dames  du  temps  jadis 

Dans  le  Bulletin  de  l'Academie  royale  des  sciences  et 
des  lettres  de  Danemark,  1907,  n:o  2,  M.  Kr.  Nyrop  a  public 
une  Ä'^ote  sur  une  hailade  de  Villon.  C'est  la  Ballade  des 
dames  du  temps  jadis  que  visent  les  commentaires  du  savant 
professeur.  Sa  note  ne  donne  pourtant  pas  une  analyse  du 
contenu  poetique  de  la  bailade  —  Gaston  Paris  a  rendu 
superflue  toute  Interpretation  ä  ce  sujet.  M.  Nyrop  se  borne 
ä  traiter  de  la  formule  rhetorique :  «oü  est  Flora  —  —  oü 
est  la  tres  sage  Hellois»  etc.,  dont  Villon  s'est  servi  dans 
ce  celebre  poeme,  de  meme  que  dans  la  Ballade  des  seigneurs 
du  temps  jadis  et  dans  la  Ballade  en  vieil  langage  frangois. 
Le  cadre  de  tous  ces  poemes  est  traditionnel,  comme  on  le 
sait,  et  differents  auteurs  en  ont  dejä  de  bonne  heure  montre 
certains  prototypes.  ^  Dans  la  note  du  savant  danois  sont 
reunis  un  certain  nombre  d'expressions  poetiques  de  la  question 
melancolique:  oü  sont  ceux  qui  ont  vecu  avant  nous?  Mais 
M,    Nyrop    n'a    sans    doute  pas  voulu  epuiser  la  matiere.     II 


'  Dans  la  Revue  aitique  du  3  fevrier  1908  (p.  96)  M.  A.  J[eanroy] 
renvoie,  pour  completer  les  materiaux  recueillis  par  M.  Nyrop,  ä  la  these  de 
Campaux  sur  Villon  et  ä  Puymaigre,  La  cotir  liäeratj-e  de  doii  Jeatt  IL  Ni 
Tun   ni   l'autre  de   ce^  ouvrages   ne   nous  a  ete  accessible. 


I04  Yrjö  Ilirji, 

ne  faut  donc  pas  considcrer  comme  une  critique  de  son 
travail  l'essai  fait  ici  de  completer  ses  indications. 

Les  premieres  et  les  plus  anciennes  des  poesies  citees 
par  M.  Nyrop  sont  deux  hymnes  latines,  l'une  du  Xl-e  siecle, 
dit-on,  et  lautre  du  Xlll-e.  Toutes  les  deux  ont  dejä  ete, 
comme  le  dit  M.  Nyrop,  citees  par  M.  H.  Havelock  Ellis.  ^ 
Toutefois  M.  Ellis  n'a  imprime  que  quelques  fragments  de 
ces  hymnes,  et  les  citations  de  M.  Nyrop  sont  egalement 
incompletes.  ^  II  est  vrai  que  les  extraits  qu'il  donne  sont 
suffisants  pour  prouver  la  concordance  avec  les  ballades  des 
dames  et  des  seigneurs  defunts.  Mais  ils  ne  donnent  pas 
une  idee  assez  nette  du  caractere  des  poemes  latins.  Ainsi, 
de  la  premiere  hymne  (celle  dans  laquelle  la  caducite  des 
choses  est  comparee  ä  la  glace  qui  degele  sous  le  soleil  — 
«oü  sont  les  neiges  d'antan!»),  le  titre  et  les  quatre  premieres 
strophes  ont  ete  omises.  Si  on  en  jugeait  par  cet  echantillon 
insuffisant,  on  ne  saurait  pas  que 

Audi,   tellus;   audi,   magni   maris  limbus 

—  c'est  le  premier  vers  du  poeme  original  —  est  une  hymne 
purement  liturgique  qui  a  souvent  ete  chantee  ä  l'eglise  aux 
visfiles  des  morts.  ^ 


'  H.  Havelock  Ellis,  Villon  and  Church  Hymn^  (The  Academy 
27    mai    1882) 

-  On  peut  dire  en  passant  que  M.  John  Addington  Symonds  —  peut- 
etre  inspire  par  Tarticle  de  M.  Havelock  Ellis  ■ —  a  mis  en  vers  anglais  la 
premiere  de  ces  hymnes  (Franfois  Villon  and  tivo  latin  Church  Hymns,  dans 
The  Academy  du  2  dec.  1882).  L'autre  a,  selon  Symonds,  ete  traduite  en 
anglais  dejä  au  temps  d'Elisabeth. 

'  Pour  un  texte  complet  et  abondamment  annote  comp.  Blume, 
Tropen  des  Missale.  Zweite  Folge  (Analecta  hymnica  49),  p.  378 — 80  (Super 
Libera  me  Dotnine).  Le  titre  du  poeme  est  dans  quelques  manuscrits  Prosa 
seu  sequentia  pro  defunctis,  dans  d'autres  In  officio  mortuorurn.  Les  nombreuses 
variantes  prouvent  qu'il  a  ete  tres  repandu.  On  le  cite  le  plus  souvent  d'apres 
le  texte  qu'en  a  donne,  dejä  en  181 7,  Rambach  dans  son  Anthologie  christ- 
licher Gesänge^  I,  p.  361.  Des  notices  historiques  sur  le  poeme  sont  donnees 
par  Rambach,  p.  354 — 5.  II  est  ä  noter,  que  les  deux  premiers  vers  Audi 
tellus  etc.  forment  aussi  le  debut  d'un  poeme  plus  ancien  De  die  novissimo 
(Blume,  ouvr.  c.,  p.  369  suiv.)  qu'il  ne  faut  par>  confondre  avec  notre 
sequence. 


Note  sur  la  Ballade  des  dames  die  temps  jadis.  105 

L'autre  poeme  a  ete  traite  par  M.  Nyrop  d'une  maniere 
plus  incomplete  encore.  II  pourrait  toutefois  donner  lieu  ä 
plus  dune  Observation  interessante.  Cette  chanson  —  eile 
n'etait  sans  doute  pas,  comme  Audi  iellus,  une  hymne 
destinee  ä  etre  chantee  ä  l'eglise  aux  offices  liturgiques,  mais 
plutöt  une  poesie  de  reflexion  d'un  caractere  prive  et  tres 
personnel  —  est  un  des  produits  les  plus  debattus  de  la 
poesie  medievale.  Elle  a  pour  titre  De  vanitate  mundi  ou 
De  cüjitemptu  mundi  et  traite  de  la  vanite  de  la  gloire  plutot 
que  de  l'inconstance  de  la  vie.  Les  vers  imprimes  par 
M.   Nyrop: 

Die  ubi   Salomon,  olim   tarn   nobilis, 
Vel  ubi   Sampson   est,   dux   invincibilis?  ' 

sont  precedes    d'une    Strophe  qui  par  ses  reflexions  generales 
donne  une  explication  des  Die  ubi  souvent  repetes: 

Cur  mundus   militat  sub  vana  gloria 
Cujus  prosperitas  est  transitoria? 
Tarn   cito  labitur  ejus  potentia 
Quam   vasa  figuli   quoe  sunt  fragilia. 

Ce  poeme  a,  comme  le  dit  M.  Nyrop,  ete  attribue  ä 
Jacopone  da  l'odi.  On  peut  ajouter  ici  qu'on  a  meme  cru 
savoir  dans  quelles  circonstances  il  a  ete  compose.  Le  poete 
franciscain  aurait  compose  Cur  mundus  militat  pour  se  consoler, 
quand  il  avait  ete  emprisonne  par  Boniface  VIII.  -  D'autres 
ecrivains  assurent,  par  contre,  que  Jacopone  aurait  seulement 
admire  le  poeme  et  qu'il  l'aurait  souvent  copie  pour  ses 
amis,  ^  ce  qui  aurait  fait  que  dans  quelques  manuscrits  le 
poeme  en  question  a  pris  place  parmi  ses  propres  ecrits.  * 


'  Rambach,  Anthologie,  I,  p.  279  suiv.  ;  Patrologia  latina,  ed  Migne, 
184,  coli.  1313 — 16;  Daniel,  Thesaurus  hymnologicus.  II.  p,  379.  Comp. 
Blume,   Pia  dictamina  dans  les  Analecta  hymnica,   33,   p.   267 — 8. 

*  Comp.  Haureau,  Su7-  les poetnes  latins  atti-ibues  a  saint  Bernard  (Jour- 
nal des  savants,  1882,  p.  177).  Selon  une  autre  anecdote  Jacopone  aurait 
presente  ce  poeme,  avec  une  chanson  italienne,  comme  une  espece  de  preuve 
de  maturite,  a  quelques  moines  fraiiciscains  qui  hesitaient  ä  le  recevoir  dans 
leur  couvent  (Ozanam,   Les  poetes  franciscains,  p.    139). 

^     Comp.   Haureau,  oitvr.  c,  p.    178, 

■*     Voy.  JuUian,  Dictionary  of  Hymnology,  p.    1082. 


io6  Yrj'ö  Hirn, 

II  existe  pourtant  d'autres  traditions  qui  designent 
l'auteur  de  Cur  mundus  niilitat  comme  «Golias».  C'est  ä 
cause  de  cela  que  la  chanson  en  question  a  souvent  ete  citee 
sous  le  nom  de  Walter  Mapes.  ^  II  serait  incontestablement 
interessant  qu'un  poeme  qui  a  tant  de  points  communs  avec 
la  ballade  de  Villon  eüt  ete  compose  par  un  autre  poete  de 
cabaret.  Malheureusement  il  n'y  a  que  peu  de  savants  qui 
se  soient  prononces  en  faveur  de  cette  Hypothese.  Dans  les 
anciens  recueils  Cm-  mundus  porte  un  autre  nom  qui  a  un 
son  tout  autre  que  celui  de  l'auteur  de  Mihi  est  propositum: 
c'est  qu'on  le  cite  comme  l'oeuvre  de  saint  Bernard.  '^ 

II  est,  comme  on  sait,  incertain  si  saint  Bernard  a 
compose  une  seule  des  hymnes  qui  dans  les  anciennes  edi- 
tions  ont  ete  admises  parmi  ses  oeuvres.  Le  grand  cycle 
de  louanges  de  la  Viefge  est  aujourd'hui  attribue  ä  son 
homonyme  moins  celebre,  Bernhardus  Morlanensis.  -^  C'est 
egalement  sans  doute  ä  cause  d'une  confusion  des  noms  que 
Cur  mundus,  oeuvre  d'un  auteur  qu'il  faut  bien  designer  comme 
inconnu,  a  ete  attribue  ä  «Bernhardus  Clarevallensis».  Car 
Bernard,  moine  de  Morlaix  (ou  Morias),  *  a,  lui  aussi,  ecrit 
un  poeme  intitule  De  conteniptu  niundi.  C'est  un  poeme  en 
hexametres  leonins  dont  le  style  prolixe  et  didactique  ne 
ressemble  guere  ni  ä  la  ballade  de  Villon  ni  ä  ses  prototypes 


'  Comp.  Rambach,  Anthologie,  I,  p.  269  ;  Edelestand  du  Meri),  Foesies 
fopulaires  latines  du  moyen  age,  p.    126. 

^  Dans  les  redactions  publiees  par  Mabillon  (Sancti  Bernardi  Opera 
omnia,  vol.  II,  2,  p.  1771)  et  par  Rambach  et  Migne  (ouvr.  c.)  les  premiers 
vers   se  lisent  ainsi  : 

O   miranda  vanitas  !   o  divitiarum 
Amor  lamentabilis  !   o  virus  amarum  ! 
Cui-  imindus  mihtat  a     ete    ici,     comme  l'a    fait    observer    du    IVIeril,     reuni   a 
tort  avec  quatre  strophes  d'un  autre  poeme  avec  lequel   il  a    eu    de     commun 
le  titre   et  le   contenu  general,   mais  dont  il   se  distingue  par  la  forme  metrique 
et  le  style.  Comp,  du  Meril,  ouvr.  c.,  p.    125, 

^  Haureau,  ouvr.  c.,  p.  408  ;  Dreves,  Hymnographi  latini,  II  (Ana- 
lecta  hymnicn,   },o),  p.  423. 

■*  Pour  l'interpretation  du  mot  Morlanensis,  comp.  Anal,  hytnn.,  50, 
P-   423. 


Note  Sit}    la  Ballade  des  dames  du  temps  jadis.  107 

cites  ci-dessus.  Mais  on  trouve  dans  ce  poeme  aussi  les 
memes  questions  rhetoriques  qui  sont  si  souvent  repetees  dans 
la  poesie  medievale.  Nous  imprimons  ici  quelques  vers  qui 
touchent  directement  ä  notre  sujet: 

Est  ubi  gloria  nunc  Babylonia  ?    sunt  ubi   dirus 
Nabugodonosor?    et  Darii   vigor  ?    illeque   Cyrus? 

Nunc  ubi   curia,  pompaque  Julia?   Caesar,  obisti; 
te    truculentior,   orbe  potentior  ipse   fuisti. 

Nunc  ubi   Marius  atque  Fabricius   inscius  auri? 

Mors   ubi   nobilis  et   memorabilis  actio  Pauli  ? 

Diva  Philippica,   vox  ubi   coelica  nunc   Ciceronis  ? 

Fax  ubi   civibus  alque  rebellibus   ira   Catonisr 

Nunc  ubi  Regulus,  aut   ubi   Romulus,   aut  ubi  Remus?' 

De  la  litterature  en  langues  modernes  M.  Nyrop  signale 
une  ballade  italienne  anonyme  du  Xlll-e  ou  du  XlV-e  siecle 
et  deux  poesies  anglaises,  l'une  de  Thomas  Haies,  l'autre  de 
John  Lydgate.  Mais  il  ne  mentionne  pas  les  deux  strophes 
dans  Le  miroir  des  dames  et  des  demoiselles"^  qui  se  rapprochent 
tant  des  interjections  de  Villon: 

Las!   et  ou  sont  celles  qui   piega  furent, 
Dont  les  beautez  raconte  mainte  hystoire? 
Judich,   Hester,   qui  tant  grant  beaute  eurent, 
Dont  mencion  fait  la  bible  et  memoire  r 

Las!  et  ou  sont  de  Heleine  et  Lucresse 
Les  grans  beautez,  et  de  Sydoine  aussi  ? 
Faillies  sont  et  mortes  en  detresse 
Passe  long  temps,   et  vous  mourres  ainsi. 

Quand  il  s'agit  de  la  ballade  de  Villon,  on  est  tente 
de  renvoyer  ä  un  poeme  de  son  protecteur  et  confrere  en 
Apollon,  Charles  d'Orleans,  qui  traite  —  sans  questions 
rhetoriques,  il  est  vrai  —  du  theme  des  «helles  dames  du 
temps  jadis» : 


'  Bernardi  Morlanensis  De  conienipiu  fiiundi,  Liber  primus  (The 
anglo-latin  satirical  poets  and  epigrainmatists  of  the  I2th  Century,  ed.  by 
Th.  Wright.  Vol.  II,  p.  37  —  38).  Les  vers  cites  ci-dessus  ont  ete  imprimes 
par  Edelestand  du  Meril,  ouvr.  c,  p.   126. 

-  Public  par  M.  Werner  Söderhjelm  dans  les  Neuphil.  Mitteil.,  1904, 
n:o  2,  p.  35. 


Io8  y^rjö  //hfl, 

Au  vieil  temps  grand  renom  couroit 
De  Creseide,  Yseud,  Elaine 
Et  maintes  autres  qu'on  nommoit 
Parfaites  en   beaute  hautaine: 
Mais,  au  derrain,  en  son  demaine, 
La   mort  las  prist  piteusement.  ' 

On  a  naturelleinent  tort  de  parier  d'un  rapport,  ou 
meme  d'une  ressemblance  intrinseque,  avec  la  bailade  de 
Villon     chaque     fois    qu'un    poete    se    sert    de     la     formule : 

«Oü  sont ».     Remy  de  Gourmont  qui,  dans  son  livre 

Le  laiin  mystique,  cite  Cur  mundus  comme  le  prototype  de 
la  Ballade  des  danies  du  teinps  jadis  s'est  donc  laisse  induire 
en  erreur,  quand  il  continue :  «Meme  theme  en  le  Pianto  de 
la  Chiesa  reducta  a  mal  stato  de  Jacopone  da  Todi».^  II 
est    vrai    que  dans  ce  chatiment  le  poete  s'ecrie:    Do    son    li 

patri  pien  de  fede do  son  li  profeti  pien  desperanza 

—  —  —  Do  son  li  apostoli  pien  de  fervore Do  son 

li  martiri  pien  de  forteza etc.     Mais   ce  ne  sont  pas 

des  reflexions  sur  la  mort  et  l'aneantissement  qui  ont  amene 
sa  plainte,  Jacopone  cherche  les  prophetes,  les  peres  et  les 
martyrs  parmi  les  vivants,  et  il  exprime  son  amertume  parce 
que  l'Eglise  ne  possede  plus  des  heros  pareils  ä  ceux  qui 
donnerent  de  l'eclat  ä  son  äge  heroique.  ^ 

On  peut  toutefois  etre  persuade  que  des  formules  comme 

«Oü    sont    les »     de    Villon    ont    ete  employees  dans  la 

litterature  bien  avant  le  Xll-e  siecle,  epoque  oü  a  ete 
composee  l'hymne  funebre  Audi  tellus.  Nous  avons  annote, 
dans  la  Co?isolatio  philosophi(X  de  Boece,  les  vers  suivants 
que  les  poetes  medievaux  se  sont  peut-etre  rappeles: 


^  Las  poemes  de  Villon  et  da  Charles  d'Orleans  sont  compares 
entre  eux  par  Gerusaz  dans  son  Hisioire  de  la  litterature  franfaise,  I,  p. 
289.     Je   dois   ce  renvoi   ä  mon  ami   M.  A.   Llngfors. 

-     Remy  de  Gourmont,   Le  latin  inystique.,  p.   203,   205  — 6. 

•^  Pour  une  traduction  frangaise  et  une  analyse  du  poeme,  voy.  Oza- 
nam,  Les  poetes  frandscains,  p.  154 — 5.  Les  oeuvres  completes  de  Jacopone 
ne  m'ont  pas  ete  accessibles,  mais  M.  W.  Söderhjelm  m'a  signale  que  le 
poeme  ciie  a  ete  imprime  dans  la  Zeitschrift  für  roinanische  Philologie,  III, 
p.    190  suiv. 


-J 


N'ote  sur  la   Ballade  des  dames  du  temps  jadis.  109 

Quid   o  superbi   colla  mortali  jugo 

Frustra  levare  gestiunt  ? 
Licet  remotos   fama  per  populos   means 

Diffusa  linguas  explicet. 
Et  magna  titulis  fulgeat  claris  domus : 

Mors  spernit  altam  gloriam, 
Involvit  humile  pariter  et  celsum  caput, 

Aequatque  summis  infima. 
Ubi   nunc  fidelis  ossa  Fabricii   manent  ? 
Quid  Brutus,  aut  rigidus  Cato  ?  ' 
Comme  archetype  de  tous  ces   Ubi  sunt  ont  pourra  peut- 
etre    considerer    les   questions   ironiques    que  fait  Sennacherib 
devant  les  Juifs  et  leur  roi  Hischias,  2   Rois,    18,   34:    Ubi  est 
deus  Ematk,  et  Arphad,  ubi  est  deus  Sepharnaim,  Anu  et  Ana? 
et  2  Rois,   19,    13:     Ubi  est  rex  EmatJi  et  rex  Arpad,   et  rex 
civitatis    Sepharvaim,    Anu    et    Ana?     «Oü     sont    le    roi    de 
Hamath,    et    le  roi  d'Arpad  et  les  rois  de  Sepharvaiin,   Hava 
et  Iva?»   II   est  d'autant  plus  probable  que  ces  cris  de  triomphe 
sur   les  ennemis,  morts  depuis  longtemps,  des  Assuriens  sont 
restes  graves  dans  la  memoire  des  poetes  medievaux,  que  les 
questions    du   livre  des  Rois  sont  textuellement  repetees  chez 
Esaie,  36,19  et  37,13. 

Combien  la  formule  Ubi  sunt  qui  ante  nos  fuere  a  ete 
aimee  au  moyen  äge  de  meme  qu'ä  l'epoque  moderne,  cela 
ressort  clairement  des  sermons.  ^  Nous  ne  suivrons  pourtant 
pas  le  developpement  posterieur  du  motif.  La  bailade  de 
Villon  reste  de  tout  temps  l'expression  la  plus  belle  du  regret 
des  hommes  sur  la  beaute  et  la  force  qui  disparaissent  comme 
«la  neige  d'antan».  Toutes  les  formes  anterieures  de  cette 
pensee  nous  interessent  comme  ses  predecesseurs,  toutes  les 
redactions  posterieures  ne  sont  que  des  faibles  repliques  ou 
des  parodies  sans  valeur.  Yrjö  Hirn. 


^  Boetius,  Consolaiio  philosophia ,  lib.  II,  cap.  VII.  On  est  frappe 
par  le  fait  que  dejä  Boece  a  pour  ses  questions  choisi  les  memes  noms,  Fabrice, 
Brutus  et  Caton,  qui  se  rencontrent  si  souvent  dans  les  poemes  posterieurs. 

*  Dans  Schuck,  Svensk  Literatur hisioria,  I,  p.  321,  est  citee  une 
oraison  funebre  suedoise  par  Silvester  Johannes  Phrygius  (1572 — 1628J  qui 
avec  des  noms  nouveaux  repete  les  vieilles  questions:  «Oü  est  le  vieux 
Mathusalem?  —  —  —  Oü  est  le  fort  Samson  f  —  —  —  Oü  est  le 
bei   Absalon  ?   —   —   —    Oü  est  le  sage   Asael?» 


I  lo  Oiva   Joh.    7'alls^re?t, 

Observations  sur  les  manuscrits  de  l'Ästronomie 
d'Alphonse  X  le  Sage,  roi  de  Gastille 

La  compilation  astronomique  du  roi-polygraphe  espa- 
gnol,  du  XIII:e  siecle,  publice  par  M.  Rico  y  Sinobas,  en 
1863 — 6^,  ^  constituait  dans  l'origine  un  gros  volume  conte- 
nant  seize  traites  divers  de  Saber  de  Astronomia.  Garde 
actuellement  dans  la  Bibliotheque  de  la  Faculte  de  Droit  de 
rUniversite  de  Madrid,  il  nous  reste  un  precieux  in-folio  du 
XIII:e  siecle,  luxueusement  execute,  mais  mutile  ä  diverses 
epoques,  qui  a  probablement  appartenu  au  roi  lui-meme. 
Ayant  ete  longtemps  conserve  ä  l'Ecole  des  Hautes  Etudes 
d'Alcalä  (Complutum),  ce  manuscrit  est  connu  sous  le  nom 
de  Complutense  (C).  Ses  lacunes,  considerables  aujourd'hui, 
surtout  vers  le  commencement  du  ms.,  ne  sont  completees 
que  par  des  fragments  d'autres  mss.  espagnols,  plus  recents 
de  deux  siecles  ou  davantage,  et,  en  outre,  par  le  cod.  vati- 
can.  8174  (V),  qui  contient  une  ancienne  traduction  italienne 
faite  sur  le  Complutense,  des  1341,  et  qui  n'a  subi  que 
des  mutilations  de  peu  d'importance.  A  en  juger  par  ce 
que  nous  connaissons  sur  le  ms.  Italien,  chaque  partie  de 
C     nous    a    ete    conservee  par    un  ms.    espagnol    quelconque. 

Abstraction  faite  d'un  passage  situe  plus  loin  dans 
l'ouvrage  et,  aussi,  des  fragments  des  Tablas  Alfonsis  qui 
semblent  avoir  toujours  fait  defaut  au  ms.  Compl.,  il  n'y  a 
que  le  premier  des  cinq  tomes  de  la  publication  de  M.  Rico  y 
Sinobas    qui   renferme    des    portions    de     texte    reconstituees 


^  Libros  del  saber  de  Ast)-onoiiiia  del  rey  D.  AUonso  X  de  Castilla, 
compilados,  anotados  y  comentados  por  Don  Manuel  Rico  y  Sinobas.  Obra 
publicada  de  Real  Orden.  Madrid,  1863 — 67.  Cinq  tomes  grand  in-folio  — 
L'editeur  a  la  velleite  d'uniformer  sans  rien  dire  l'orthographe  (qui  n'est  pas 
tres  homogene  meme  dans  le  ms.  C),  semblant  donner  la  preference  a  des 
graphies  ou  formes  supposees  plus  archaiques.  L'arbitraire  atteint  son  maxi- 
mum  aux  pages  7  —  80  du  premier  tome,  pour  lesquelles  il  a  fallu  recourir 
a  des  mss.  plus  recents.  II  est  ä  regretter  que  le  savant  professeur  de 
Santiago  de  Chile,  M.  F.  Hanssen,  ait  entrepris  ses  Estudios  ortogräficos 
sohre  la  Astronomia  del  rei  D.  Alfonso  X  (Sant.  de  Chile,  1895)  sur  le  texte 
de   M.   Rico  y  Sinobas. 


Obsey-vations  stir  ies  tnss.  de  l'  Astronomie  d'  Alphonse  X.  1 1 1 

d  apres  Ies  mss.  tardifs,  ä  defaut  de  feuilles  correspondantes 
dans  le  ms.  du  XIII:e  siecle.  Voici  la  liste  des  mss.  connus  aux- 
([uels  il  faut  recourir  pour  cette  reconstitution,  avec  l'indication 
des  passages  de  la  publication  de  M.  Rico  y  S.  oü  ils  sont 
decrits:  Ms.  Complutense  (C,  XIII:e  s.),  de  la  Fac.  de  Droit 
de  Madrid ;  v.  tome  I,  page  LXXXIX  et  la  suiv. ;  t.  V,  pp. 
6 — 10,  103 — 108.  —  Ms.  de  Madrid,  Acad.  de  la  Historia,  est. 
26,  gr.  4,  D,  num.  97  (H ;  quelques  feuilles,  du  XV:e  s., 
d'autres:  de  la  fin  du  XVI:e) ;  v.  t.  I,  pp.  XC  et  suiv.;  t.  V, 
pp.  12  —  14  et  109  — 113.  —  Ms.  de  Madrid,  Bibl.  Nac.  1197, 
anc.  L  3  (N,  XVI:e  s.);  v.  t.  I,  p.  XC;  t.  V,  pp.  17—18 
et    118 — 121. 

Voici  comment  se  distribuent  ces  mss.  pour  le  texte 
contenu  dans  le  premier  tome  ^: 

Pages  3—4:  CN 

5  —  6    ne  contiennent  pas  de  texte 
7—8:   HN 
9-16:  H 
17—80:  HN 
81  —  122:   CHN 

123:   CH 
124—141:  C 
142—143:   CH 
144 — 152     n'ont   pas  de    correspondance    dans 

Ies   mss. 
153—208:   C. 

Le  ms.  H,  comme  nous  l'avons  dit  tout  ä  l'heure,  con- 
siste  de  deux  parties,  dont  la  premiere  (Hi)  montre  l'ecriture 
du  XV:e  siecle  et  le  second  (H  2)  ne  remonte  qu'ä  la  fin  du 
siecle  suivant.  M.  Rico  y  S.,  en  rendant  compte  de  ce  ms  , 
dit  (V,  109)  que  l'ecriture  plus  recente  commence  au  fol.  9r, 
et  l'on  voit  par  Ies  indications  de  l'editeur,  apres  avoir  corrige 
une  erreur '"^     ä  la  p.    109  oü  nous  sommes,  que  le  texte  rela- 


'  La  fa^on  dont  l'editeur  a  ordonne  son  livre  —  ce  n'est  qu'en  se 
rapportant  aux  descriptions  des  manuscrits  indiquees  ci  dessus  (descriptions 
pas  tres  exactes,  du  reste)  que  l'on  peut  demeler  quels  sont  Ies  mss.  pour 
un  passage  donne  —  rend  assez  difficile  la  premiere  orientation  en  ce  qui 
concerne  le  rapport  entre  le  texte  et  le  ou  Ies  mss. 

■^     Pour  la  hoja  8,  verso,    lire    «Concluye  el    teste  de  la  Ossa  Mayort. 


112  Oiva  Joh.    Tallgren, 

tif  ä  la  constellation  de  la  Grande  Ourse  se  trouve  etre  copie 
deux  fois,  c'est-ä-dire  aux  fols.  /r  et  8v,  oü  l'ecriture  est 
Celle  du  XV:e  s.  (Hi),  et  aux  fols.  gr  et  lov,  oü  l'on  a 
l'ecriture  plus  recente  (H2)  \  tandis  que  les  autres  constella- 
tions  ne  seraient  traitees  qu'une  fois  chacune,  soit  dans  la 
partie  plus  ancienne,  soit  dans  la  recente  du  ins. 

En  examinant  le  ms.  H,  le  printemps  de  1908,  je  pus 
voir  qu'en  realite  l'on  a  recours  ä  quelques  pages  de  plus 
de  ce  texte  Hi  destine  ä  jouer  un  role  assez  important  dans 
une  future  edition  critique  de  V  Astronomie  d'Alphonse 
le  Sage. 

On  voit  par  la  concordance  des  mss.  donnee  plus  haut 
que  presque  tout  le  texte  correspondant  aux  pages  7  — 143 
de  l'edition  se  trouve  en  H.  Quant  aux  deux  parties  de  ce 
ms.,  l'on  a  d'abord,  jusqu'k  la  p.  18,  Hi  uniquement;  pour 
les  suivantes  19  et  20,  oü  il  s'agit  de  la  Grande  Ourse,  nous 
possedons  et  Hi  (fols.  j  r  et  8  v)  et  H2  (9  r  et  lov),  comme 
il  a  ete  dit  tout  ä  l'heure. 

Or,  pour  les  pp.  21  et  22  (constellation  du  Serpent), 
l'on  a  recours  non  seulement,  comme  l'indique  l'editeur,  ä  H2, 
mais  aussi  ä  Hi.  Ce  dernier  texte  se  lit  par  transparence, 
sur  deux  feuilles  collees  respectivement  derriere  les  fols.  gr 
et  10  V  dont  nous  venons  de  parier.  II  en  est  de  meme 
pour  la  suite :   des  feuilles  de  Hi   se  trouvent  sous  H2. 

J'eus  la  satisfaction,  dans  le  courant  de  mes  collations 
des  mss.  de  V Astronomie,  de  pouvoir  relever  ces  interessan- 
tes legons  Hi,  lisibles  ä  travers  ces  feuilles  superposees  qui 
portent  sur  leur  face  anterieure  la  laide  ecriture  de  la  fin  du 
XVI:e  siecle.  Voici  la  concordance^    de  ces  feuilles  H 1  qu'on 


'  Les  faces  intermediaires  7v  ä  8r  et  gv  a  lor  portent  les  planches 
correspondantes,   representant  respectivement  la  Petite  et  la  Grande  Ourse. 

-  Gnlce  au  caractere  particulier  de  notre  texte  —  il  consiste  de 
morceaux  d'etendue  ä  peu  pres  identique,  alternant  avec  des  planches  occu- 
pant,  dans  l'edition,  une  page  juste  et,  dans  le  ms.,  les  deux  faces  du  livre 
ouvert  —  il  est  possible  d'etablir  une  concordance  par  pages  entre  l'edition 
et  le  manuscrit. 


Obsei-vaüons  sur  Ics  mss.  de  f  Astronomie  d'  Alphonse  X.  113 

pourrait  appeler  retrouvces,  puisque  l'editeur  les  ignore.  Pour 
plus  de  clarte,  j'ajouterai  dans  une  troisieme  colonne  l'indi- 
cation  des  passages  correspondants  du   II 2. 


js  de  l'edition 

Hl 

H_. 

21   et  22 

sous 

9r 

et 

lOV 

II  r  et 

12  V 

23  et  24 

sous 

II  r 

et 

12  V 

I3r  et 

14  V 

25   et  26 

sous 

I3r 

et 

14  V 

15  r  et 

i6v 

27   et  28 

sous 

151- 

et 

l6v 

17  r  et 

18  V 

29   et   30 

sous 

I7r 

et 

i8v 

igr  et 

20  V 

31    et  32 

sous 

igr 

et 

20  V 

21  r  et 

22  V 

Total,  douze  iiouvelles  pages  manuscrites,  le  fol.  20 
etant  la  derniere  des  feuilles  doubles. 

Je  rappellerai  que  les  pages  intermediaires  non  indi- 
quees  ci-dessus  (9  V,  lor,  1 1  v,  12  r  etc.)  sont  remplies  par  de 
grandes  planches.  La  legende  que  porte  chacune  de  ces 
planches  est  ecrite,  en  partie,  par  la  main  H  1,  mais  eile  a 
ete  completee  par  H2.  L'indication  de  tous  les  details  sur 
ce  point  —  details  omis  en  bloc  par  l'editeur  —  m'entraine- 
rait  trop  loin.  Je  me  borne  ici  ä  noter  que  le  tout  porte  ä 
croire  que  le  copiste  H2  a  trouve  le  ms.  Hi  inacheve  quant 
aux  planches,  car  (exception  faite  de  la  planche  de  la  Couronne  Bo- 
reale) nous  ne  retrouvons  la  main  Hi  que  dans  lepremier  secteur 
de  la  «roue»  {ruedaj  des  planches,  la  legende  des  autres  sec- 
teurs  ayant  ete  ecrite  par  H2.  De  plus,  pour  concentrer 
maintenant  notre  attention  sur  les  rapports  intrinseques,  il 
faut  faire  remarquer  que,  comme  le  montrent  mes  collations  ^ 

'     Par  exemple,    pour  un  passage  qui    se  lit  ä  la  p.    20    de    l'edition: 

Hl  la  tergera  por  q(ue)  no  les  abo(n)da  q(ue)  no(n  lo  enten,diendo 
q(ue)  lo  desprecien.     Mas  avn  q(ui^ere(n)  .   .   . 

H2  la  tergera  porque  non  les  abonda  de  que  ellos  non  lo  entienden 
la  despregian   non   lo  entendiendo.      Mas  aun   quieren   . 

M.  Rico  y  S.  donne,  pour  ce  passage,  un  texte  conforme  ä  N.  C'est 
un  manuscrit  fort  lisible,  de  haut  luxe,  mais  il  faut  s'en  mefier  ä  cause  des 
libertes  que  se  permet  le  copiste,  et  non  pas  seulement  en  matiere  d'orthographe. 

Tout  en  ne  m'etant  propose  originairement  qu'une  collation  rainutieuse 
des  arabismes  de  Y Astronomie  du  roi  Alphonse  sur  CVHi  NH-.-,  j'ai  ete 
amene,  par  l'interSt  que  semble  offrir  le  sujet,  ä  entreprendre  en  plus  toute  une 


114        (^'^«  Joh.    Tallgren,    Ohservations  sur  les  mss.  de  l' Astronomie  etc. 

des  passages  qu'ont  en  commun  ces  deux  textes,  H2  n'est 
pas  une  copie  de  Hi.  Or,  admis  ce  dernier  point,  et  etant 
donncque  —  pour  m'en  rapporter  toujours  a  mes  collations 
—  le  copiste  Ha  n'a  pas  non  plus  eu  le  ms.  N  sous  les  yeux, 
il  faut  se  demander:  quel  etait  donc  le  ms.  qui  a  servi  de 
prototype  a  notre  copiste  pour  ces  feuilles  qui  faisaient  de- 
faut  dans  C  en  1562  (v.  Rico  y  S.,  t.  V  8  et  26)?  Sans 
vouloir  attacher  plus  d'importance  que  ne  le  fait  M.  Rico  y 
S.  au  fait  qu'a  la  fin  de  ce  meme  ms.  H  se  trouvent,  ecrites 
toujours  par  la  main  H  2,  quelques  feuilles  de  provenance  in- 
connue  \  je  m'avoue  porte  ä  soupgonner  qu'apres  tout  il  a 
pu  exister  quelque  manuscrit  ou  fragment  de  manuscrit  alphon- 
sin,  distinct  du  Codex  Complutensis,  encore  vers  1600.  Etait- 
ce  l'original  de  celui-ci?  En  etait-ce  une  copie  aujourd'hui 
perdue?  Le  possedons-nous  ä  Oxford  (cf.  Rico  y  S.,  V 
14 — 16)?  Voilä  des  questions  qu'il  serait  interessant  de  voir 
tranchees. 

J'ose  esperer  que  les  collations  que  j'ai  faites  sur  les 
mss.  CH1NH2  suffiront  pour  en  etablir  la  filiation,  et  que 
l'edition  critique  des  mots  arabes  de  V Astronomie  d'Alphonse 
le  Sage  que  je  voudrais  publier  un  jour,  contribuera, 
eile  aussi,  ä  eclaircir  la  question  de  l'original  de  l'ouvrage. 
Actuellement,  d'autres  travaux  m'empechent  de  m'arreter 
davantage  sur  cet  attrayant  texte  du  moyen  äge  espagnol- 
arabe. 

Oiva  Joh.    Tallgren. 


Serie  de  collations  comprenant  des  passages  entiers,  que  j'espere  pouvoir  un 
jour  mettre  ä  profit.  —  J'ajouterai  ä  cette  occasion  que  je  reconnais  la  main 
Hl,  dont  je  me  suis  occupe  cidessus,  dans  la  premiere  partie  (jusqu'au  fol. 
97  V  inclusivement)  du  ms.  de  Madrid,  Bibl.  Nac,  ancien  L  97,  laquelle 
contient,  entre  autres  choses,  l'important  prologue  des  Tablas  imprime  par  M. 
Rico  y  S.  dans  le  tome  IV;  et,  de  plus,  qu'un  portraitau  crayon,  peutetre  le 
meme  que  l'editeur  dit  avoir  vu  jadis  dans  le  ms.  L  97,  se  trouve  aujour- 
d'hui colle  au  fol.   133 v  de  N. 

'      Voir   V    12,    13,    14,     113. 


Emil  Zilliacus,   La  legende  d'Europe.  II5 

La  lägende  d'Europe  dans  les  littäratures  classiques  et 
dans  la  poesie  frangaise 

La  legende  de  l'enlevement  d'Europe  a  constitue  un 
theme  favori  des  poetes  et  artistes  anciens.  Dans  les  beaux- 
arts  on  peut  suivre  le  motif  a  travers  presque  toutes  les  perio- 
des,  depuis  l'epoque  qui  precede  les  guerres  mediques  jusqu'ä 
la  decadence  romaine,  et  on  le  retrouve  dans  toutes  les  bran- 
ches  de  l'art:  sur  les  vases  peints,  les  mosaiques  et  les  fres- 
ques,  en  reliefs  et  en  sculptures,  sur  des  monnaies  et  des 
camees.  Ce  sont  surtout  deux  moments  du  mythe  qui  ont 
attire  les  artistes:  la  scene  qui  precede  immediatement  l'en- 
levement, oü  Europe  et  ses  compagnes  cueillent  des  fleurs 
sur  la  prairie,  tandis  que  le  taureau,  s'approchant  d'elle,  se 
couche  ä  ses  pieds  et  lui  offre  son  dos;  puis  la  scene  de 
l'enlevement  proprement  dit,  oü  le  taureau  s'eloigne  avec 
son  butin. 

Cette  derniere  Situation  est  la  plus  frequemment  repro- 
duite.  Europe  est  alors  generalement  representee  assise  sur 
le  dos  du  taureau;  parfois  eile  tient  encore  des  fleurs  dans 
les  mains;  mais  d'ordinaire  eile  s'accroche  dune  main  ä  une 
corne,  lautre  embrassant  le  cou  de  l'animal,  ou  s'appuyant 
sur  son  dos,  ou  enfin  retenant  un  coin  du  manteau  qui  flotte 
ä  l'air  ou  est  gonfle  par  le  vent.  Seules  quelques  scenes  de 
la  basse  epoque,  surtout  des  fresques  pompeiennes,  montrent 
Europe  flottant  ä  cöte  du  taureau,  une  main  autour  de  son 
cou,  ou  bien  couchee  sur  son  dos;  dans  ces  deux  cas  eile 
est  ordinairement  nue.  Souvent  la  traversee  prend  le  ca- 
ractere  dun  cortege  mythologique  triomphal.  Un  Eros  alle 
plane  au-dessus  du  groupe,  qui  est  entoure  de  Nereides  mon- 
tees  sur  des  dauphins  et  des  hippocampes,  etc. 

Les  formes  poetiques  de  la  legende  d'Europe  conservees 
jusqu'a  nos  jours  datent  toutes  de  la  fin  de  l'antiquite,  ä 
l'exception  de  quelques  Fragments  insignifiants;  elles  appar- 
tiennent  a  l'epoque  alexandrine  ou  l'epoque  imperiale  romaine. 


'j     Cf.   Overbeck,    Kunstmythologie,   II,   pp.   420  —  465. 


1 1 6  Kmil  Zilliacus^ 

En  grec  nous  avons  une  assez  longue  Idylle  de  Moschos,  un 
dialogue  de  Lucien,  deux  passages  des  Dioiiysiagues  de  Non- 
nos;  dans  la  litterature  romaine,  une  ode  d'Horace,  un  episode 
des  MetanwrpJioses  d'Ovide  et  un  passage  de  ses  Fastes. 
Comme  nous  le  verrons  par  la  suite,  il  regne  une  grande 
concordance,  entre  la  poesie  et  les  beaux-arts,  dans  la  maniere 
de  concevoir  et  de  traiter  le  mythe. 

L'«epyllion»  de  Moschos  commence  par  le  recit  d'un 
rcve  envoye  par  Cypris  ä  la  vierge  Europe,  fille  de  Phoinix, 
une  nuit  vers  le  matin,  ä  l'heure  des  reves  veridiques,  oü  le 
sommeil  se  pose  sur  les  paupieres  plus  doux  que  le  miel  et 
rend  les  membres  sans  force.  Elle  voit  deux  continents, 
VAsie  et  le  continent  situe  en  face,  sous  l'aspect  de  deux 
femmes  qui  se  la  disputent.  L'une  embrasse  Europe  comme 
sa  propre  fille,  mais  l'autre  saisit  la  jeune  fille  avec  force  et 
l'enleve,  du  reste  sans  resistance  de  la  part  d'Europe,  decla- 
rant  que  celle-ci  lui  appartient  par  le  decret  du  destin.  Alors 
Europe  se  reveille  efifrayee  et  croit  encore  voir  les  deux  fem- 
mes devant  eile.  Qui  d'entre  les  dieux  avait  envoye  l'appa- 
rition,  et  que  signifiait  ce  reve?  Qui  etait  cette  femme  etran- 
gere?  Puissent  les  dieux  accomplir  le  reve  pour  son  plus 
grand  bien. 

Elle  se  leve  et  va  trouver  ses  compagnes  de  jeu,  avec 
qui  eile  a  coutume  de  former  des  rondes,  de  se  baigner  sur 
le  rivage  ou  de  cueillir  des  fleurs  sur  les  prairies.  Celles-ci 
arrivent  tout  de  suite,  et  la  troupe  descend  vers  une  prairie 
au  bord  de  la  mer,  oü  elles  se  rassemblent  souvent  pour 
jouir  de  la  beaute  des  roses  et  du  mugissement  des  vagues. 
Elles  ont  toutes  une  corbeille  ä  fleurs  dans  la  main;  celle 
d'Europe,  un  ouvrage  de  Vulcain,  est  ornee  de  reliefs  de 
divers  metaux.  On  y  voit  la  fille  d'Inachos,  lo,  sous  la  forme 
d'une  genisse,  errant  le  long  de  la  mer,  tandis  que  deux  hom- 
mes  la  regardent  du  haut  d'un  rocher  eleve;  Zeus  la  caresse 
et,  sur  les  bords  du  Nil,  lui  rend  sa  forme  feminine;  Hermes 
est  debout  pres  d'Argos  mort,  et  du  sang  de  celui-ci  s'eleve 
un  oiseau  dont  les  alles  brillent  de  couleurs  variees. 

Arrivees    sur  la  prairie,  chacune  cherche  sa  fleur  favorite. 


La  ligende  d'Europe.  117 

Certaines  cueillent  les  narcisses,  d'autres  l'hyacinthe,  la  vio- 
lette ou  le  thym,  ou  la  chevelure  odorante  du  safran;  et  au 
milieu  de  la  troupe  se  tient  la  princesse  avec  une  brassee  de 
roses  couleur  de  flamme,  rayonnante  comme  la  deesse  de 
l'amour  parmi  les  Graces.  Mais  eile  ne  jouira  pas  longtemps 
des  fleurs,  et  ne  conservera  pas  intacte  sa  ceinture  virginale. 
Zeus  la  voit,  et  il  est  au  meme  moment  blesse  des  traits  de 
la  deesse  de  l'amour.  Pour  eviter  la  colere  jalouse  de  Hera 
et  tromper  plus  aisement  la  jeune  fiUe,  il  se  change  en  un 
taureau.  Mais  non  un  de  ceux  qui  tirent  la  charrue  ou  le 
chariot,  qui  sont  nourris  ä  l'etable  ou  paissent  avec  les  trou- 
peaux :  il  a  sur  tout  le  corps  un  pelage  d'un  jaune  d'or,  avec 
une  tache  argentee  sur  le  front,  ses  yeux  brillent,  et  sur  sa 
tete  se  dressent  des  cornes  egales  comme  les  pointes  du 
croissant  lunaire.  Quand  il  apparait  sur  la  prairie,  les  jeunes 
filles  ne  s'effrayent  pas;  toutes  veulent  s'approcher  et  cares- 
ser  le  taureau,  dont  l'odeur  divine  l'emporte  sur  les  parfums 
de  la  prairie.  II  s'arrete  devant  Europe  et  lui  leche  le  cou. 
Elle  lui  rend  ses  caresses,  essuie  l'ecume  de  sa  bouche  et  le 
baise.  Enfin  il  plie  le  genou  devant  eile  et  lui  offre  son  large 
dos.  Europe  appelle  ses  amies  et  les  invite  ä  s'asseoir  sur 
le  dos  du  taureau.  II  est  si  doux  et  si  aimable,  dit-elle,  et 
a  la  raison  d'un  homme;   il  ne  lui  manque  que  la  parole. 

Et  eile  s'assied  sur  le  dos  du  taureau ;  mais  aussitot 
celui-ci  se  dresse,  fuit  avec  eile  vers  le  rivage  et  se  precipite 
dans  la  mer.  Les  vagues  s'aplanissent  ä  son  passage.  Les 
dauphins  forment  des  rondes  joyeuses;  les  Nereides  apparais- 
sent  a  la  surface  et  les  suivent,  montees  sur  des  monstres 
marins;  Poseidon  lui-meme  conduit  le  cortege,  et  les  Tri- 
tons, musiciens  bruyants  de  la  mer,  entonnent  des  airs  nupti- 
aux  dans  leurs  conques  aux  spirales  allongees.  D'une  main 
Europe  saisit  une  des  cornes  du  taureau ;  l'autre  retient  le 
manteau  de  pourpre  pour  l'empecher  de  trainer  dans  l'eau; 
comme  la  voile  d'un  navire,  le  large  manteau  est  gonflc  par 
les  vents.  Quand  la  terre  paternelle  a  disparu  et  que  la  jeune 
fiUe  ne  voit  plus  que  le  ciel  et  l'eau,  eile  jette  autour  d'elle 
des  regards  effrayes  et  s'ecrie: 


1 1 8  Emil  Zilliacus, 

«Oü  me  conduis-tu,  eher  taureau,  et  comment  peux-tu 
traverser  les  eaux?  La  mer  est  navigable  aiix  vaisseaux 
rapides,  mais  les  taureaux  tremblent  devant  les  sentiers  de  la 
mer.  Quel  doux  breuvage  veux-tu  trouver  ici,  et  quelle  nour- 
riture?  Ou  bien  es- tu  un  dieu?  Car  les  dauphins  de  la  mer 
ne  voyagent  pas  sur  la  terre  ferme  ni  les  taureaux  ä  travers 
les  mers;  mais  toi,  tu  parcours  intrepide  les  terres  et  les  mers, 
et  tu  vas  sans  doule  bientot  t'elever  dans  les  airs  et  voler 
comme  les  oiseaux  rapides.  Malheur  ä  moi,  infortunee,  qui 
ai  quitte  la  maison  de  mon  pere.  Sois-moi  propice,  dieu  qui 
ebranle  la  terre,  maitre  de  la  vaste  mer  ä  l'ecume  blanche; 
car  ce  n'est  sans  doute  pas  sans  ton  aide  que  je  suis  ainsi 
transportee  sur  cette  route  humide.  > 

Alors  le  taureau  aux  belles  cornes  lui   repond: 

«Calme-toi,  jeune  fille,  et  ne  crains  pas  les  flots  de  la 
mer.  Je  suis  Zeus  lui-meme,  bien  que  ma  passion  pour  toi 
m'ait  decide  ä  prendre  la  figure  d'un  taureau.  Nous  serons 
bientot  en  Crete,  oü  je  suis  ne  et  oü  tes  noces  vont  se  cele- 
brer.  Tu  me  donneras  des  fils  au  nom  illustre,  qui  porteront 
le  sceptre  royal   parmi  les  hommes.» 

Ainsi  parle  le  taureau,  et  ses  paroles  se  realisent.  Ouand 
ils  ont  atteint  la  Crete,  Zeus  reprend  sa  forme  originale,  et 
delie  la  ceinture  d'Europe.  La  vierge  devient  epouse  et  mere, 
et  enfante  des  fils  ä  Zeus. 

Le  poeme  de  Moschos  est  plastique  et  pittoresque  ä  la 
fois,  aimable  et  gracieux,  relativement  simple  et  sans  artifice. 
Cependant  l'expression  de  l'etonnement  et  de  la  frayeur  de 
la  jeune  fille,  quand  eile  se  trouve  tout  a  coup  sur  la  mer 
deserte,  enlevee  par  le  taureau,  parait  plus  recherchee  et  spiri- 
tuelle que  vraie  ^). 

Chez  Horace  '^)  on  n'a  pas  de  description  detaillee  de 
l'enlevement;  une  longue  plainte  d'Europe  constitue  le  centre 
de  l'exposition;  toutefois  ce  monologue  n'est  pas  place  comme 
chez    Moschos    au  cours  de  la  traversee,  mais  apres  l'arrivee 


')     Cf  A.   et   M.    Croiset,   Hist.  de  la  litt,  gr.,   V,   p.   253. 
2)     Liv.   III,  ode  XXVIl,  v.  25-76. 


La  legende  d'Europe.  119 

en  Crete.  II  est  precede  d'un  tres  court  expose  des  evene- 
ments  anterieurs,  et  ici  aussi  Horace  s'ecarte  du  poete  grec: 
la  traversee  s'accomplit  ä  la  demi-clarte  d'une  nuit  etoilee.  La 
monologue  temoigne  aussi  d'une  nouvelle  conception.  Tandis 
que  les  paroles  de  la  jeune  fille  chez  Moschos  ne  refletent 
que  la  crainte  devant  sa  Situation  dangereuse  et  l'etonnement 
de  voir  le  taureau  se  frayer  sa  route  ä  travers  les  flots,  elles 
trahissent  ici  le  remords.  Europe  se  reproche  de  ne  pas 
avoir  cherche  la  mort,  et  pourtant,  dit-elle,  la  mort  serait  une 
peine  trop  legere  pour  sa  faute,  l'amour  du  taureau.  Mais 
tout  ä  coup  Venus,  suivie  de  l'Amour,  lui  apparait.  Cesse  tes 
reproches.  dit  la  deesse  de  l'amour.  Ne  sais-tu  pas  que  tu 
es  l'epouse  de  Jupiter?  Cesse  de  sangloter  et  apprends  a  sup- 
porter avec  dignite  ton  grand  bonheur:  une  partie  de  la  terre 
portera  ton  nom. 

Dans  les  MetamorpJwses  ^),  Ovide  raconte  comment  Jupi- 
ter envoie  Mercure  ä  Sidon  avec  l'ordre  de  conduire  le  trou- 
peau  royal  du  päturage  sur  la  montagne  jusqu'au  rivage  de 
la  mer,  oü  la  fille  du  roi  Agenor  -)  a  coutume  de  jouer  avec 
des  jeunes  filles  tyriennes.  Le  roi  des  dieux  se  change  lui- 
meme  en  un  taureau  et  se  Joint  au  troupeau.  La  scene  sur 
le  rivage  est  en  somme  la  meme  que  chez  Moschos,  avec 
quelques  details  nouveaux.  C'est  ainsi  que  le  taureau  est 
dun  blanc  de  neige;  pendant  le  jeu,  Europe  lui  met  une  cou- 
ronne  autour  des  cornes.  La  maniere  dont  Europe  fait  la 
traversee  s'ecarte  de  Moschos  et  rappeile  la  mise  en  scene 
que  nous  connaissons  par  plusieurs  formes  dans  les  beaux- 
arts:  de  la  main  droite  Europe  tient  une  des  cornes,  tandis 
que  de  l'autre  eile  s'appuie  sur  le  dos  de  ranimal: 

Pavet  haec  litusque  ablata  relictum 
respicit  et  dextra  cornum  tenet,  altera  dorso 
imposita  est;  tremulae  sinuantur  flamine  vestes. 


')    II,  836-875. 

^)     Chez    Moschos    Europe    etait   la   fille   de   Phoini 
Xlliade,   XIV,   321. 


I20  Etiiil   '/Alliacus, 

Un  passage  des  Fastes  ^)  nous  donne  une  Variante  de 
cette  scene  avec  une  foule  de  details  nouveaux  et  gracieux. 
La  jeune  fille  tient  d'une  main  la  criniere  du  taureau,  de 
l'autre  son  manteau,  et  sa  chevelure  blonde  flotte  au  vent; 
souvent  eile  retire  ä  eile  ses  petits  pieds  de  peur  des  vagues, 
tandis  que  le  taureau  divin  se  plonge  de  temps  ä  autre  dans 
l'eau,  pour  qu'Europe  s'attache  plus  fortement  ä  lui.  Enfin 
nous  trouvons  ici  pour  la  premiere  fois  le  changement  du 
taureau  en  une  constellation,  et,  comme  dans  Horace,  il  est 
dit  qu'une  partie  du  monde  portera  le  nom  de  la  jeune  fille: 

Praebuit  ut  taurus  Tyriae  sua  terga  puellae 

luppiter  et  falsa  cornua  fronte  tulit. 
illa  iubam  dextra,  laeva  retinebat  amictus, 

et  timor  ipse  novi  causa  decoris  erat, 
aura  sinus  implet,   flavos  movet  aura  capillos: 

Sidoni  sie  fueras  aspicienda  lovi! 
saepe  puellares  subduxit  ab  aequore  plantas 

et  metuit  tactus  assilientis  aquae:   -) 
saepe  deus  prudens  tergum  demisit  in  undas, 

haereat  ut  coUo  fortius  illa  suo. 
litoribus  tactis  stabat  sine  cornibus  ullis 

luppiter  inque  deum  de  bove  versus  erat, 
taurus  init  coelum,  te,  Sidoni,  luppiter  implet, 

parsque  tuum  terrae  tertia  nonien  habet. 

Le  dernier  des  Dialogues  des  dieux  marins  de  Lucien 
a  pour  interlocuteurs  Zephyre  et  Notos.  Le  premier  parle 
d'un  cortege  triomphal  qu'il  a  vu  sur  la  mer;  mais  Notos 
vient  des  cötes  de  l'Inde  et  ne  sait  pas  de  quoi  il  est  ques- 
tion.      Alors    Zephyre  lui  raconte  comment  la  fille  d'Agenor, 


1)    V,  605—618. 

-)     Nous    trouvons  la  scene  decrite  encore   une  fois,   de  meme  et  pres- 
que  dans  les  memes  termes,   Metam.,   VI,    105  — 107: 

ipsa  videbatur  terras   spectare  relictas 
et  comites  clamare  suas  tactumque  vereri 
assilientis  aquae  timidasque  reducere  plantas. 


La  legende  d' Europe.  121 

Europe,  a  ete  ravie  par  Jupiter  deguise  en  taureau,  et  la 
description  de  renlevement  est  faite  en  traits  rapides  emprun- 
tes  ä  Moschos.  Mais  la  partie  principale  du  recit  est  con- 
sacree  ä  la  description  du  cortege  triomphal  sur  la  mer,  et 
la  mythologie  joue  ici  un  role  bien  plus  grand  que  chez 
Moschos,  en  meme  temps  qu'elle  a  le  caractere  romantique 
de  la  basse  antiquite.  Des  Eros  planent  autour  du  couple 
si  pres  de  l'eau  que  la  pointe  de  leurs  pieds  heurte  parfois 
les  vagues;  ils  portent  des  torches  enflammees  et  chantent 
un  Hymne  nuptial.  Battant  des  mains,  les  Nereides  chevau- 
chent  des  dauphins,  et  les  Tritons  et  autres  etres  de  la  mer, 
dont  la  vue  ne  cause  pas  d'efifroi,  s'empressent  autour  de  la 
jeune  fille.  En  avant  du  cortege  se  tient  Poseidon  sur  son 
char,  accompagne  de  son  epouse  Amphitrite,  et  ä  la  fin  vient 
la  deesse  de  l'amour,  dans  une  conque  trainee  par  des  Tritons, 
repandant  des  fleurs  sur  la  fiancee.  Le  cortege  se  dirige  de 
la  Phenicie  vers  la  Crete.  Quand  ils  sont  arrives,  Zeus  quitte 
sa  figure  de  taureau  et  conduit  la  jeune  fille  vers  la  grotte 
de  Dicte.  Celle-ci  rougit  et  baisse  les  yeux,  car  eile  sait 
dejä  ce  qui  l'attend. 

Des  deux  passages  des  Dionysiaques  de  Nonnos  qui 
traitent  du  mythe  d'Europe  ^),  le  premier  est  une  description 
prolixe  de  la  traversee,  surchargee  de  comparaisons  et  de 
details.  Nonnos  a  suivi  en  general  la  version  de  Moschos, 
bien  qu'il  ait  brode  sur  le  tissu  relativement  simple  du  poeme 
alexandrin.  En  un  point  cependant  il  a  montre  plus  de  dis- 
cernement  que  son  predecesseur:  chez  lui  ce  n'est  pas  la  jeune 
fille  qui  exprime  son  etonnement  de  voir  le  taureau  si  fami- 
lier  avec  la  mer,  mais  un  marin  grec  que  le  hasard  rend 
temoin  pendant  ses  courses  errantes  de  ce  spectacle  singulier. 
II  est  vrai  que  ses  reflexions  sont  encore  plus  subtiles  et 
recherchees  que  celles  d'Europe  chez  Moschos. 

Dans  l'autre  passage,  Nonnos  introduit  un  element  nou- 
veau  et  amüsant:  la  Jalousie  de  Hera.  Puisse  Phcebus,  s'ecrie- 
t-elle,  assister  son  pere,  pour  eviter  qu'un  paysan  ne  le  prenne 

1)    I,  46—137,  321—361. 


122  Emil  Zilliacus, 

et  ne  l'attelle  a  la  charrue;  ou  plutot  que  cela  arrive,  car 
alors  on  pourrait  l'exhorter  a  supporter  avec  patience  le  dou- 
ble fleau  des  paysans  et  des  amours.  C'est  dommage  que 
lo,  tandis  qu'elle  etait  genisse,  n'ait  pas  vu  Zeus  sous  sa 
forme  actuelle.  Qu'il  prenne  encore  garde  ä  Hermes,  qui 
pourrait,  fidele  ä  son  habitude,  voler  son  propre  pere.  Si 
Argos,  le  bouvier  de  Hera,  etait  encore  vivant,  il  entrainerait 
Zeus  vers  un  päturage  inaccessible  et  ferait  danser  le  bäton 
sur  son  dos.  —  Puis  vient  une  description  realiste  de  la  scene 
d'amour  entre  Zeus  et  Europe.  Apres  avoir  rendu  mere  la 
jeune  fille,  il  la  remet  ä  la  garde  du  roi  Asterion,  et  sa  figure 
de    taureau    va    se    placer  au  firmament  comme  constellation. 


La  Renaissance  frangaise  avait  pour  l'antiquite  tout  entiere 
le  meme  interet  et  la  meme  admiration,  sans  distinguer  entre 
les  epoques:  Alexandrie  etait  aussi  bien  qu'Athenes  le  but 
du  pelerinage  des  poetes.  Parmi  les  auteurs  de  la  Pleiade, 
beaucoup  puiserent  leurs  inspirations  dans  la  poesie  bucoli- 
que  de  la  fin  de  la  litterature  grecque,  et  chez  un  d'entre 
eux,  Jean-Antoine  de  Baif,  nous  rencontrons  une  Imitation  de 
l'idylle  de  Moschos  sur  Europe. 

Le  Ravissement  d' Europe  est  en  bien  des  passages  une 
transposition  de  l'original.  La  marche  de  l'action  est  absolu- 
ment  la  meme,  et  l'on  peut  dire  que  BaiT  n'a  rien  retranche 
de  ce  qu'il  trouvait  chez  Moschos;  mais  il  a  ajoute  de  son  pro- 
pre fonds  beaucoup  de  developpements;  il  a  repris  et  deve- 
loppe  des  points  seulement  indiques  chez  le  poete  grec,  et 
orne  des  details  simples  et  insignifiants.  Les  cent  soixante- 
six  vers  de  Moschos  sont  devenus  chez  lui  quatre  cents.  Et 
il  ne  reste  que  peu  de  chose  du  ton  et  de  l'esprit  de  l'ori- 
ginal grec:  l'allure  simple  et  plastique  a  disparu  pour  faire 
place  ä  la  gräce  naive,  mais  un  peu  manieree  de  la  vieille 
langue  frangaise.  Le  relief  alexandrin  s'est  transforme  en  une 
sculpture  de  Jean  Goujon  ou  de  Germain  Pilon ;  la  fille  du 
roi  grec  est  devenue  une  princesse  frangaise. 


La  legende  d'Europe.  123 

Le  poeme  commence  par  une  longue  dedicace,  et  la 
scene  du  reve,  decrite  comme  dans  Moschos,  est  suivie  d'une 
description  de  l'aurore  et  du  lever  du  soleil  qui  n'a  pas  de 
parallele  dans  l'original: 

L'Aube  au  rosin  atour 
Les  cieux  voysins  bigarroit  alentour, 
Le  parsemant  de  safran  et  de  roses: 
Et  le  soleil,  ses  barrieres  descloses, 
Mit  sous  le  joug  ses  chevaux  souflefeux, 
Enflammant  l'air  de  ses  epars  cheveux. 

Europe  a  douze  compagnes  de  jeu  (Moschos  n'indique 
aucun  nombre)  qui  constituent  l'elite  de  mille  jeunes  filles. 
Parmi  les  occupations  qui  leur  servent  de  passe-temps,  les 
rondes  ont  fait  place  au  plaisir  peu  commun  pour  des  jeunes 
filles  de  la  chasse  dans  les  rochers  et  les  ravins  ^).  Puis 
Baif  decrit  longuement  la  toilette  matinale  d'Europe,  comme 
s'il  s'agissait  d'une  dame  de  la  Renaissance  frangaise,  sans 
essayer  de  donner  ä  la  scene  le  moindre  coloris  grec: 

Et  pour  abillement 
Sur  toy  tu  mis  une  cotte  de  soye 
Rayee  d'or,   qui  luysamment  ondoye 
Parmi  l'eclat  d'un  serien  satin : 
Puis  te  chaussant  d'un  bienfaitis  patin, 
A  ribans  d'or  ä  ta  jambe  lie, 
Hativement  tu  prens  ä  chaque  pie. 
D'un  ceinturon  a  doubles  chesnons  d'or 
Desus  les  flaues  tu  te  ceignois  encor  .  .  . 

Les  poetes  de  la  Renaissance  aimaient  la  profusion  des 
fleurs:  la  poesie  de  la  Pleiade  est  remplie  de  leur  eclat  et  de 
leur  parfum.  Baif  ne  se  contente  pas  de  la  peinture  que 
Moschos  donne  de  la  riche  floraison  de  la  prairie;  il  enumere 
un  plus  grand  nombre  d'especes: 


')  Est-ce  une  reminiscence  de  la  comparaison  avec  Artemis  dans 
l'episode  de  Nausicaa,  avec  lequel  la  scene  sur  le  rivage  a  une  ressemblance 
indiscutable? 


124  Emil  Zilliacus, 

Sans  nulle  epargne  on  y  serre  les  lis, 
Les  bossinets,  l'cEillet,  et  le  narcis, 
Et  le  safran :   le  tin,  la  mariolaine, 
Le  serpolet,  s'arrachent  de  la  plaine. 

D'apres  Baif  Jupiter  se  rend  de  Cyrcne  ä  Troie,  quand, 
du  haut  des  airs,  il  apergoit  la  jeune  fille  sur  le  rivage,  et 
se  seilt  enflamme  pour  eile  d'un  violent  desir.  Apres  une 
comparasion  homerique  de  Jupiter  avec  un  vautour  qui  a 
decouvert  un  lievre  sur  la  plaine  et  plane  en  cercle  au-dessus 
de  lui  dans  les  airs,  arrive  tout  ä  coup  une  Imitation  d'Ovide 
assez  longue  et  imprevue: 

Amour  et  gravite 
En  mesme  Heu  n'ont  jamais  habite: 
Ce  tout  puissant,  ce  pere  des  hauts  Dieux, 
Qui  fait  trembler  et  la  terre  et  les  cieux, 
Hochant  le  chef:  qui  a  la  destre  arniee 
Du  feu  vangeur  d'une  foudre  enflammee  .  .  . 
II   se  deguise,  et  sous  un  bceuf  se  cele.  ^) 

D'autres  reminiscences  d'Ovide  se  sont  glissees  aussi 
dans  la  description  du  taureau  et  dans  la  scene  sur  le  rivage. 
C'est  ainsi  que  le  pelage  du  taureau  est  d'une  blancheur 
eclatante;  il  s'est  Joint  ä  un  troupeau  qui  est  descendu  de  la 
montagne  voisine  pour  paitre  sur  la  prairie;  pendant  le  jeu, 
Europe  couronne  son  front  et  ses  cornes.  Et  il  est  tres 
curieux  que,  en  decrivant  le  taureau,  Baif  fasse  dejä  une 
allusion  ä  son  changement  en  constellation,  d'autant  plus  qu'il 
ne  reviendra  plus  sur  cette  metamorphose : 

Si  que  deslors  on  l'eust  peu  juger  digne 
D'estre  au  ciel  mis  pour  le  douziesine  signe. 


')     Non  bene  conveniunt  nee  in  una  sede  raorantur 
maiestas  et  amor.  sceptri  gravitate  relicta 
ille  pate.-  rectorque  deum,  cui  dextra  trisulcis 
ignibus  armata  est,  qui  nutu  concubit  orbem, 
induitur  faciem  tauri   .   .   . 

Metamorphoses  II,   v.   846 — 850. 


La  legende  d'Europe.  125 

L'enlevement  lui-meme  est  decrit  en  conformite  avec 
Moschos: 

Europe  estant  dessus  le  bceuf  assise 
D'une  des   mains  une  corne  tient  prise, 
D'une,  craignant  les  flots  de  la  marine, 
Elle  troussoit  sa  vesture  pourprine. 
Dessus  son  dos  dans  un  guimple  de  toyle 
Le  vent  s'entonne  ainsi   qu'en  une  voyle  ... 

Mais  la  jeune  fille  est  encore  plus  touchante  dans  son  inno- 
cence,  encore  plus  naive  chez  Baif  que  chez  Moschos.  Ouand 
eile  est  entrainee  ä  travers  les  mers  sur  le  dos  du  tau- 
reau  vers  des  destins  inconnus,  eile  regrette  surtout  les  fleurs 
qui  tombent  de  sa   corbeille  dans  la  mer: 

Incontinant  les  fleurettes  qui  furent 
En  son  panier  dans  la  marine  churent, 
Et  rien  si  fort  eile  ne  regrettoit, 
Teile  simplesse  en  la  pucelle  estoit. 

La  suite  copie  fidelement  le  texte  grec,  et  le  poeme  se 
termine,  comme  dans  l'original,  par  les  noces  de  Jupiter  et 
d'Europe: 

Et  denouant  le  viergeal  demiceint 
Qu'Europe  avoit  pour  l'heure  encore  ceint, 
Ensemble  fit  et  femme  et  mere,  celle, 
Oui  jusqu'ä  lors  avoit  este  pucelle. 


Au  XVIILe  siecle  nous  trouvons  le  mythe  d'Europe 
dans  une  des  ödes  pompeuses  et  vides  de  Lebrun  ');  et  ici 
c'est  Horace  qui  a  ete  le  modele  principal.  Le  poeme  com- 
mence  par  une  plainte  librement  imitee  de  celle  d'Horace. 
On  pourra  juger  par  la  strophe  suivante  de  l'imitation,  lä  oü 
eile  se  rapproche  le  plus  de  l'original: 


V      Europe.      (Euvres  choisies  de   Lebrun.      Paris,    1830,   p.   74. 


126  Emil  Zilliacus, 

Mais  quelle  ile  soudaine  ofifre  au  loin  ses  rivages? 
Ah!  s'il  est  sur  ces  bords  quelques  monstres  sauvages, 
Ou'ils  viennent  de  mes  jours  terminer  les  horreurs; 
Avant  qu'un  noir  chagrin  me  seche  et  me  dcvore, 

Puisse-je,  belle  encore, 
Des  tigres  affames  repaitre  les  fureurs !  ^) 

Mais  Lebrun  s'ecarte  d'Horace  en  ce  qu'il  place  cette 
plainte  au  milieu  de  la  mer.  En  outre,  quand  ils  ont  atteint 
la  Crete,  ce  n'est  pas  Venus,  mais  Jupiter  lui-meme  qui,  apres 
avoir  quitte  sa  forme  animale,  explique  a  Europe  Je  mystere. 
Dans  la  prediction  faite  ä  la  jeune  fille,  que  son  nom  sera 
donne  ä  une  partie  de  la  terre,  le  poete  saisit  l'occasion  de 
placer  des  flatteries  aux  princes: 

C'est  lä  qu'est  ton  empire:  il  doit  braver  les  Parques. 
Oue  de  peuples  rivaux  1  que  de  puissants  monarques 
Te  doivent  leur  naissance,  et  leur  gloire,  et  leurs  noms! 
Mais  Europe,  ta  fille  ä  mes  yeux  la  plus  chere, 

Doux  espoir  de  son  pere, 
C'est  la  reine  des  lis,  Vamante  des  Bourbons. 

Puis  vient  un  episode  sur  la  puissance  et  la  gloire  fu- 
tures  des  Bourbons.  Leur  trone  projettera  son  ombre  sur  le 
monde  entier,  ils  depasseront  de  la  tete  les  autres  souverains ; 
ils  porteront  dans  leurs  mains  l'olivier  pacifique  et  la  foudre 
guerriere;  ils  vaincront  et  instruiront  toute  la  terre.  Le  poeme 
se  termine  par  une  scene  d'amour  dans  le  style  gracieux  et 
nianiere  de  l'epoque. 


O   deorum 
siquis   haec  audis,   utinam   inter   errem 
nuda  leones ; 

antequam  turpis  macies  decentes 
occupet  malas  teneraeque  sucus 
defluat  praedae,  speciosa  quaero 
pascere  tigres. 

(Liv.  III,  Ode  XXVII,  v.   50—56). 


La  legende  d' Eu7ope.  127 

La  poesie  alexandrine  et  la  poesie  elegiaque  romaine 
constituaient  les  sources  principales  de  l'inspiration  antique 
d'Andre  Chenier.  Avec  son  vif  interet  pour  les  mythes 
d'amour  bizarres  et  pervers  si  goütes  de  l'antiquite  finissante, 
il  ne  manqua  pas  de  s'arreter  sur  la  legende  d'Europe  et  du 
taureau.  et  nous  avons  chez  lui  jusqu'ä  trois  developpements 
de  ce  sujet:  deux  figurent  dans  les  poesies  antiques,  le  troi- 
sieme  au  deuxieme  chant  de  X Art  d'aimer.  Nous  n'exami 
nerons  ici  que  les  deux  premiers;  le  troisieme  n'est  qu'une 
simple  ebauche. 

L'un  des  poemes  antiques  est  une  traduction  aisee,  mais 
sans  couleur,  de  l'idylle  de  Moschos,  qui  commence  avec  le 
vers  71  de  l'original  ^);  eile  suit  de  tres  pres  le  texte,  mais 
n'offre  que  peu  d'interet. 

L'autre  est  par  contre  plus  original  et  de  plus  grande 
valeur.  C'est  une  description  du  relief  dune  coupe,  et  il  est 
tres  vraisemblable  que  c'est  la  corbeille  d'Europe  qui  en  a 
donne  au  poete  l'idee  premiere;  car  cette  corbeille  represen- 
tait  aussi  une  des  aventures  amoureuses  de  Jupiter,  celle  avec 
lo  deguisee  en  genisse.  Le  poeme  etait  destine  ä  entrer 
dans  une  composition  de  plus  longue  haieine,  qui  est  restee 
inachevee,  mais  dont  nous  avons  conserve  l'esquisse  suivante 
en  prose: 

«Des  nymphes  et  des  satyres  chantent  dans  une  grotte 
qu'il  faut  peindre  bien  romantique,  pittoresque,  divine,  en  sou- 
pant  avec  des  coupes  ciselees.  Chacun  chante  le  sujet  re- 
presente  sur  la  coupe;  Tun:  «Etranger,  ce  taureau^)  .  .  .»; 
l'autre,  Pasiphae  ^)\  d'autres,  d'autres  .      .      .»  *). 

Le  poeme  commence  par  cette  belle  description  de  la 
traversee : 


')      CEuvres  completes  de  Andre   Chenier,    ed.   P.   Dimoff,   I,   p.   48. 
-)     Premiers  mots  du  poeme  ici  en  quesiion. 

')     Nous    avons     deux    poesies    de   Chenier  traitant  de   Tamour  de   Pa- 
siphae pour  le  taureau  cretois. 

*)      CEuvres  completes,   ed.   P.   Dimoff,   I,   p.   250. 


128  Emil  Züliacus^ 

Etranger,  ce  taureau  qu'au  sein  des  mers  profondes 
D'un  pied  leger  et  sür  tu  vois  fendre  les  ondes, 
Est  le  seul  que  jamais  Amphitrite  ait  porte. 
II  nage  aux  bords  cretois.     Une  jeune  beaute 
Dont  le  vent  fait  voler  l'echarpe  obeissante 
Sur  ses  flancs  est  assise,    et  d'une  main  tremblante 
Tient  sa  corne  d'ivoire,  et,  les  pleurs  dans  les  yeux, 
Appelle  ses  parents,  ses  compagnes,  ses  jeux; 
Et,  redoutant  la  vague  et  ses  assauts  humides, 
Retire  et  veut  sous  soi  cacher  ses  pieds  tiniides. 

Les  trois  premiers  vers  imitent  la  fin  d'un  petit  poeme 
pseudoanacreontique  *).  Les  derniers  sont  non  pas,  comme 
le  croyait  Becq  de  P'ouquieres,  ^)  une  Imitation  des  Fastes 
d'Ovide,  mais,  comme  il  resulte  du  canevas  en  prose  de  Che- 
nier,  une  traduction  du  passage  dejä  cite  des  Metamor- 
phoses,  liv.  VL  ^) 

Puis  vient  une  appreciation  elogieuse  de  l'oeuvre  d'art 
et  une  explication  du  motif:  le  taureau  n'est  autre  que  le  roi 
des  dieux,  et  la  jeune  fille  est  la  vierge  tyrienne  Europe. 
Apres  une  courte  description  de  l'enlevement,  le  poeme  se 
termine  ainsi : 

Et  le  divin  nageur, 
Le  taureau  roi  des  dieux,  1 'humide  ravisseur 


^)    Ovx  av  de    xavQoq  ak'/.oq 
s^  ayt?.TjQ  i)Mo9eiq 
tnkevoe  ttjv  &(/J.aaaav, 
El  fjiTj  fibvoq  ixüvog. 

(Fragment  52  chez  Bergk,  Po'etae  lyrici  graeci). 
V.     Beccj  de    Fouquieres,   Pocsies  de  Andre   Chenier.      Edition   critique'^, 
p.    109 — HO,   et  la   note  de   Chenier  lui-meme,  reproduite  dans  les  editions  G. 
de  Chenier  et  P.  Dimoff. 
-)     Loc.  cit. 

^)     Et  comites   clamare   suas  tactumque   vereri 
assilientis   aquae  timidasque  reducere  plantas. 

(Metamorphoses  VI,   v.    lo6- — 107). 


La  legende  d'  Europe. 

A  dejä  passe  Chypre  et  ses  rives  fertiles 

Et  s'approche  de  Crete  et  va  voir  les  cent  villes.  M 


Des  poetes  frangais  qui  ont  traite  de  renlevement 
d'Europe,  c'est  Leconte  de  Lisle  qui  a  ecrit  le  poeme  le  plus 
original  et  le  plus  parfait.  L'action  de  L Enlevement  d Euro- 
pcia  ^)  est,  dans  ses  grandes  lignes,  la  meme  que  chez 
Moschos:  il  n'y  a  que  peu  de  changements.  Le  poeme  est  en 
general  tres  raccourci;  tout  ce  qui  precede  la  scene  du  rivage 
a  ete  supprime,  et  le  poeme  se  termine  par  les  paroles  ras- 
surantes  du  taureau  ä  la  jeune  fille.  D'autre  part,  le  debut 
consiste  en  une  description  de  l'aurore  qui  ne  se  rencontre 
pas  chez  le  poete  grec.  *)  Mais  la  vraie  nouveaute  reside  dans 
la  conception  et  la  mise  en  cEuvre  des  details.  Quelle  im- 
pression  de  fraicheur  poetique  et  de  nouveaute  donne  par 
exemple  la  description  du  taureau  nageant,  avec  ses  qualites 
plastiques;  on  voit  le  poitrail  puissant  labourer  l'eau  et  l'ha- 
leine  fumer  autour  des  naseaux : 

Mais  lui  nageait  toujours  vers  l'horizon  sans  bornes, 
Refoulant  du  poitrail  le  poids  des  grandes  Eaux 
Sur  qui  resplendissait  la  pointe  de  ses  cornes 
A  travers  le  brouillard  qu'exhalaient   ses  naseaux. 

')  Le  dernier  vers  renfenne  une  reminiscence  d'Horace  qui  a  echappe 
a  la  sagacite  de  Becq  de  Fouquieres: 

quae    simul  centum  tetigit  potentem 
oppidis  Creten   .... 

(III,  XXVII,  33-34). 

'-)     Dertiiers  poemes. 

•'*)  J.  Vianey  emet  la  supposition  que  Leconte  de  Lisle  a  peutetre 
^ecrit  l'aurore  avec  une  arriere-pensee.  «II  decrit  la  naissance  de  l'aurore  —  ce 
que  n'avait  pas  fait  Moschos  —  peutetre  avec  l'arrierepensee  de  rappeler  au 
lecteur  le  mythe  solaire  qui  fut  certainement  la  premiere  origine  de  la  le- 
gende» {Les  Sources  de  Leconte  de  Lisle ^  p.  340).  Cela  semble  pourtant 
peu  vraisemblable.  Si  on  veut  supposer  un  motif  particulier,  une  in- 
fluence  exterieure,  ne  serait-il  pas  aussi  simple  de  croire  ä  une  influence  de 
Baif,  chez  lequel  une  description  du  matin  commence  aussi  le  recit  propre- 
ment  dit  de  la   scene  de  l'enlevement? 


130  l'V.   Söderhjelm, 

Dans  les  strophes  finales,  J.  Vianey  veut  voir  un  Sym- 
bole Cache,  un  dessein  de  celebrer  la  culture  grecque.  I.a 
jeune  fille  qui  porte  !e  nom  de  notre  continent,  et  qui  est 
enlevee  de  la  cote  d'Asie  vers  la  Crete,  symboliserait  la  dif- 
fusion  de  la  clvilisation  de  l'Orient  en  Grece  et  en  Europe  ^). 
Mais  rien  ne  parle  en  faveur  de  cette  hypothcse.  La  fin  du 
poeme  de  Leconte  de  Lisle  ne  renferme  aucun  element  qu'on 
n'ait  dejä  rencontre  chez  Moschos,  et  il  est  peu  probable 
qu'il  ait  voulu  nous  donner  autre  chose  qu'une  vision  plastique 
tiree  du  monde  de  beaute  de  la  legende  grecque. 

Emil  Zilliacus. 


Die  Teilung  der  modernsprachlichen  Professur. 

Endlich  sind  wir  also  so  weit  gekommen !  Laut  einer 
Verordnung  vom  28.  August  dieses  Jahres  ist  die  Professur 
der  germanischen  und  romanischen  Philologie  in  zwei  geteilt 
worden,  und  wir  haben  also  das,  wonach  wir  so  lange  ge- 
strebt: ein  Ordinariat  für  germanische,  resp.  deutsche  Philo- 
logie und  ein  gleiches  für  romanische  Philologie.  Das  Eng- 
lische ist  einstweilen  durch  eine  persönliche  ausserordentliche 
Professur  vertreten,  die  seit  zwei  Jahren  besteht. 

Wollen  wir  uns  die  Schicksale  dieser  Frage  kurz  ver- 
gegenwärtigen. 

Im  Jahre  1866,  also  vor  zwei  und  vierzig  Jahren  \x\2lc\\\.^ 
der  damalige  Professor  der  finnischen  Sprache  und  Litteratur, 
der  berühmte  Forscher  und  Dichter  August  Ahlqvist  den 
Antrag,  dass  statt  der  bestehenden  Lektorate  für  deutsch  und 
französisch  zwei  ordentliche  Professuren  errichtet  werden  soll- 
ten. Der  Antrag  wurde  abgelehnt.  Dreizehn  Jahre  später 
wurde  er  durch  den  damaligen  Professor  der  Aesthetik  und 
Litteraturgeschichte  C.  G.  Estlander  erneuert,  diesmal  jedoch 
in  der  Form,     dass  nur  eine  Professur  für  die  beiden  Zweige 

')  Loc.  dt. 


Die    Teilung  der  modernsprachlichen  Professur.  131 

der  modernen  Philologie  in  Frage  käme ;  aber  trotz  dieser 
Modifikation  und  trotz  der  Autorität  des  Vorschlagstellers, 
der  sich  selbst  mit  philologischen  Studien  beschäftigt  hatte, 
erfuhr  die  Sache  denselben  Widerstand  wie  früher.  Einige 
Jahre  später  hatten  sich  aber  unsere  Studien  von  selbst  zu 
der  Universität  Zutritt  verschafft,  indem  ein  Dozent  der  Litte- 
raturgeschichte  über  romanische  Philologie  zu  lesen  anfing; 
ihm  wurde  auch  ein  kleines  Examen  in  diesem  Fach  und  in 
germanischer  Philologie  übertragen,  und  1889  habilitierte  er 
sich  für  Romanistik.  Im  selben  Jahre  griffen  die  Schulbe- 
hörden ein  und  schlugen  an  höchster  Stelle  vor,  dass,  um  die 
zweckmässige  Ausbildung  von  Lehrern  in  den  modernen 
Sprachen  zu  garantieren,  ein  geordneter  wissenschaftlicher  Un- 
terricht in  diesen  Fächern  an  der  Universität  eingeführt  wer- 
den sollte.  Als  hierauf  keine  Antwort  sich  vernehmen  Hess, 
wurde  die  Sache  von  den  Universitätsrepräsentanten  dem 
Landtage  1891  vorgelegt.  Da  sich  die  Zahl  der  Studierenden 
in  stetem  Zuwachs  befand  und  dazu  noch  im  selben  Jahre 
wieder  ein  Forscher  sich  für  romanische  Philologie  habilitiert 
hatte,  schien  aller  Anlass  vorhanden,  der  von  dem  Landtag 
einstimmig  befürworteten  Sache  eine  glückliche  Lösung  zu 
geben.  Im  Senat  verhielt  sich  aber  eine  einflussreiche  Mi- 
norität ablehnend,  und  demgemäss  wurde  die  Petition  in  Pe- 
tersburg verworfen. 

Man  behalf  sich  nun  damit,  dass  —  drei  Jahre  später 
—  eine  ausserordentliche  Professur  dem  ältesten  Dozenten  der 
romanischen  Philologie  zuerteilt  wurde,  mit  Unterrichts-  und 
Examinationspflicht  auch  in  der  germanischen  Philologie.  Mit 
Rücksicht  auf  die  grosse  Zahl  der  Zuhörer  und  Examinanden 
konnte  dann,  als  die  Verhältnisse  günstiger  schienen,  i.  J. 
1897  wieder  der  alte  Vorschlag  erneuert  werden,  und  dies- 
mal mit  besserem  Erfolg:  im  Sommer  1898  wurde  in  der 
Tat  ein  Ordinariat  für  germanische  und  romanische  Philo- 
logie errichtet. 

Es  dauerte  natürlich  nicht  lange,  bevor  man  zu  der  Ein- 
sicht kam,  dass  diese  Massregel  keineswegs  den  Bedürfnissen 
entsprach.      Schwieriger  aber  war  es  zu  wissen,    wie  man  mit 


132  IV.  Söderhjelm, 

Aussicht  auf  Erfolg  einen  Schritt  weiter  machen  könnte.  Um 
eine  Teilung  zu  Stande  zu  bringen,  schlug  man  i.  J.  1901  vor, 
die  germanische  Philologie  einer  festen  a.  o.  Professur  zu 
i.iberweisen.  Der  damalige  Generalgouverneur  Bobrikofif  fand 
an  diesem  Plane  wenig  Gefallen  :  er  äusserte  sich  in  der  Rich- 
tung, dass  es  vollkommen  unniitz  wäre  in  Finnland  dem  Stu- 
dium anderer  Sprachen  obzuliegen  als  der  russischen,  und 
der  Vorschlag  wurde  nicht  einmal  höchsten  Orts  vorge- 
tragen. Es  ging  also  weiter  wie  früher,  nur  dass  im  Som- 
mer 1905  ein  neuer  a.  o.  Professor  der  romanischen  Philologie 
ernannt  wurde.  Nachdem  dann  im  Herbst  desselben  Jahres 
wieder  Ordnung  in  unseren  inneren  Verhältnissen  zustande 
gebracht  worden  war  und  man  alle  die  noch  nicht  endgültig 
gelösten  Anträge  hervor  holte,  wurde  in  Bezug  auf  den  ge- 
nannten Vorschlag  von  der  Regierung  an  das  Konsistorium 
der  Universität  eine  Frage  gerichtet.  Nach  vielen  Beratungen 
und  Überlegungen  führte  dies  schliesslich  zu  dem  oben  er- 
wähnten Resultate. 

Wohl  ist  es  wahr,  dass  die  faktische  Teilung  der  P'ächer 
schon  eingetreten  war,  indem  der  neue  a.  o.  Professor  der 
romanischen  Philologie  1905  die  Examination  in  seinem  Fache 
übernahm  und  der  Ordinarius  die  germanische  Philologie  be- 
hielt. Dieses  Arrangement  konnte  jedoch  nur  einen  provi- 
sorischen Charakter  haben,  um  so  mehr,  als  ja  der  Ordinarius 
kein  Fachmann  in  dem  ihm  durch  den  Gang  der  Entwick- 
lung übriggebliebenen  Zweige  war.  Durch  die  neue  Ver- 
ordnung ist  nun  die  Sache  für  lange  Zeiten  befriedigend  ge- 
löst. Für  unser  ganzes  Kulturleben  werden  hoffentlich  die 
jetzt  frei  und  in  ihrem  ganzen  Umfange  zu  betreibenden  neu- 
philologischen Studien  von  einer  noch  grösseren  Bedeutung 
als  bisher  werden.  Deutsche  Sprache  und  deutsche  Kultur 
stehen  uns  nahe,  in  unserer  ganzen  geistigen  Entwickelung 
haben  sie  eine  überaus  grosse  Rolle  gespielt,  und  diese  his- 
torischen .sowie  auch  die  ethnologischen,  geographischen  u.  a. 
Verhältnisse  werden  es  für  uns  unumgänglich  machen,  immer 
in  allernächste    Berührung     mit    der    deutschen    Wissenschaft 


Die    Teilung  der   modernspracklichcn  Professur.  133 

lind  sonstigen  Kultur  zu  treten.  Für  ein  kleines  Volk  aber 
ist  es  ja  nützlich  und  notwendig,  überall  das  Beste  zu  suchen 
und  seinen  Horizont  in  verschiedenster  Weise  zu  erweitern. 
Und  als  Gegengewicht  zu  der  Schwere  und  dem  etwas  un- 
klaren und  dämmrigen  in  unserer  Beanlagung  soll  uns  alles, 
was  wir  aus  der  französischen  Klarheit,  Verstandesschärfe, 
künstlerisch  gemodelten  Sprache  u.  s.  w.  erlernen,  höchst 
willkommen  sein,  um  garnicht  von  den  Schätzen  zu  sprechen, 
die  ein  näheres  Eindringen  in  die  geistige  Welt  nicht  nur 
der  Franzosen,  aber  auch  der  Italiener  und  der  Spanier  mit 
Hülfe  der  Sprachkentnis  uns  eröffnen  kann. 

Um  diesen  idealen  Zielen  der  modernen  Philologie  ge- 
recht zu  werden,  ist  es  aber  ganz  unumgänglich,  dass  wir 
eben  das  Wort  Philologie  in  seiner  weitesten  Bedeutung  auf- 
fassen und  gebrauchen.  Nicht  Spracherlernung  allein,  sei  es 
historisch  oder  modern  aufgefasst,  soll  der  Zweck  derjenigen 
sein,  welche  in  den  Wirkungskreis  der  neuen  Professuren 
treten,  um  sich  in  ihrem  Schutze  für  das  Leben  auszubilden, 
nicht  sprachmeisterisch  allein  soll  die  Aufgabe  der  Inhaber 
dieser  Plätze  sich  gestalten.  Wir  müssen  uns  immer  bewusst 
sein,  dass  wir  Neuphilologen  die  allernächsten  Vermittler 
zwischen  der  kultursuchenden  Jugend  unseres  Landes  und  den 
ausländischen  Kulturquellen  sind,  und  deswegen  müssen  wir 
versuchen,  unsern  Schülern  diese  Quellen  mit  Hülfe  der 
Sprache  so  allseitig  wie  möglich  zu  eröffnen,  mit  andern 
Worten,  nicht  nur  die  Sprache  an  und  für  sich,  sondern  eben 
auch  als  Form  eines  litterarischen  und  überhaupt  geistigen 
Inhaltes  zu  betrachten. 

W.  Söderhjelm. 


134  Besprechutige?! .      W.  Scderhjeliii^ 


Besprecbungen. 

Le  Miroir  aux  danies.  l'üeme  incdit  du  XV:e  siccle,  public 
avec  une  introduction  par  Arthur  Plaget.  (Recucil  de  travaux 
publies  par  la  Faculte  des  lettres  de  l'Academie  de  Neuchätel.  II). 
Neuchätel,    1908.      87   p.  in-8:o. 

M.  Arthur  Piaget,  professeur  ä  la  Faculte  des  lettres  de  Neu- 
chätel, est  sans  doule  parmi  les  romanistes  vivants  celui  cjui  con- 
nait  le  mieux  la  poesie  frani^aise  du  quinzieme  siecle.  Depuis  vingt 
ans,  epoque  oü  il  debuta  par  sa  remarcjuable  dissertation  sur  Martin 
le  Franc  —  ce  bon  prevot  de  Lausanne  qui,  dans  son  Champion 
des  Dames,  prenait  si  noblement  la  defense  des  femmes  attaquees 
d'une  faron  brutale  dans  une  masse  de  productions  litteraires  du 
temps  — ,  il  a  public  une  serie  d'etudes,  dont  chacune  apporte  a 
la  science  quelque  chose  de  nouveau  et  dont  la  plus  importante 
traite  des  imitations  de  la  Belle  dame  sans  merci  d' Alain  Chartier. 
Gräce  ä  ses  connaissances  uniques  des  manuscrits,  ä  une  sagacite 
lucide  et  a  une  critique  toujours  en  eveil,  M.  Piaget  a  pu  jeter  de 
la  lumiere  dans  bien  des  recoins  obscurs  de  cette  litterature,  de- 
brouiller  l'histoire  des  personnages,  corriger  des  attributions  tradi- 
tionnellts  et  fausses  et  en  fixer  d'autres.  De  cette  facjoa  il  a,  on 
peat  le  dire  sans  exageration,  pose  les  fondements  d'une  etude 
historique  et  serieuse  des  poetes  du  XV:e  siecle  et  de  leurs  Oeu- 
vres. II  est  ä  souhaiter  seulement  que  M.  Piaget  lui-meme  nous 
donne  bientöt  cette  etude  d'ensemble. 

La  publication  du  texte  du  Miroir  anx  dames  a  fourni  ä  M. 
Piaget  une  nouvelle  occasion  pour  un  pareil  travail  de  deblayage. 
Ce  poeme  a  ete  considere  jusqu'ici  par  ceux  qui  l'ont  connu  — 
et  ils  ne  sont  pas  nombreux  —  comme  une  oeuvre  d' Alain  Char- 
tier, parce  qu'il  se  trouve  dans  le  meme  manuscrit  que  d'autres 
ouvrages  du  «doux  poete»  de  la  cour  de  Charles  VII.  Or,  M. 
Piaget,  en  ecartant  par  des  analogies  convaincantes  cette  raison, 
demontre  que  dans  le  poeme,  qui  d'un  beut  ä  l'autre  est  un  ser- 
mon  contre  l'extravagance  des  toilettes  feminines,  on  parle  de  pie- 
ces  d'habillement  qui  ne  sont  entrees  en  usage  que  vers  1450  — 
et  Alain  Chartier  etait  mort  depuis  1430.  Non  moins  probantes 
sont  les  preuves  que  fournit  l'esprit  meme  du  poeme.  Alain  Char- 
tier, serviteur  et  chanteur  infatigable  du  beau  sexe,  et  qui  avait  voue 
a  son  Service,  seien  ce  qu'il  dit  lui-meme,  «cueur,  corps,  sens, 
langue,  plume  et  bouche»,  n'aurait  jamais  pu  tonner  contre  les 
femmes  de  la  maniere  de  l'auteur  du  Miroir:  d'autre  part  rien, 
chez  celui-ci,  ne  denote  un  poete  courtois  de  la  trempe  d'Alain 
et  ses  nombreux  collegues;   au  contraire,   c' est  un  sermonneur  rigide 


./.   Fitii^et,  Le  Miroh-  tiiiv  (himes.  135 

et  quelquefois  meme  brutal.  De  plus,  il  ressort  d'un  passage  du 
poeme  que  l'auteur  s'adresse  a  iles  provinciales ;  or,  nous  savons 
qu' Alain  Chartier  passa  la  plus  grande  partie  de  sa  vie  a  Paris. 
Donc,  il  est  clair  que  le  Miroir  doit  etre  raye  de  la  liste  des 
ouvrages  de  ce  poete. 

Notre  poeme  partagera  ainsi  le  sort  de  tant  de  morceaux, 
en  prose  et  en  vers,  que  leur  existence  dans  des  manuscrits  ren- 
fermant  des  pieces  authentiques  de  Chartier  a  fait  ranger  parmi 
les  produits  de  sa  plume.  M.  Piaget  nous  donne,  en  resumant 
des  recherches  anterieures,  surtout  les  siennes  propres,  et  en  y 
ajoutant  de  nouvelles  observations,  un  catalogue  surprenant  des 
fausses  attributions  dans  la  demiere  edition  de  Chartier,  celle  de 
Du  Chesne:  sur  les  809  pages  de  cette  edition,  425  seulement  ren- 
ferment  des  oeuvres  qui  sont  indiscutablement  de  Chartier;  384 
sont  ä  retrancher.  Parmi  les  dernieres,  celles  que  remplit  X Histoire 
de  Charles  VII,  qui  a  donne  ä  Alain  le  renoiii  d'historien  (comme 
tel  il  figure  encore  dans  la  2:e  edition  de  la  Bio -Bibliographie 
d'Ulysse  Chevalier),  et  qui  forme  la  base  essentielle  pour  une  dis- 
sertation  allemande  sur  la  s\ntaxe  de  la  prose  de  Chartier!  On 
n'a  pas  ete  beaucoup  plus  heureux  pour  ses  vers.  En  1881  a 
paru  un  ouvrage  de  M.  Hannapel  sur  la  Poetique  d'Alain  Char- 
tier, fonde  sur  trente-deux  pieces  lyriques,  dont  une  dizaine  seule- 
ment sont  de  lui.  D'un  autre  cote,  M.  Piaget  a  restitue  a  Alain 
Chartier  le  Cmial,  que  M.  Heuckenkamp  avait  attribue  a  un  hu- 
maniste  italien,  attribution  ä  lacjuelle  ont  applaudi  dans  le  temps 
G.  Paris,  Gröber  et  d'autres,  mais  qui  ä  present  n'est  plus  soutenue 
de  personne. 

Le  poeme  tout  entier  est,  je  Tai  deja  dit,  une  invective 
contre  la  parure  nouvelle  des  femmes,  dont  nous  apprenons  ä  con- 
naitre  quelques  details.  Dans  son  courroux,  l'auteur  devient  par- 
fois  amüsant.  La  tete  de  la  femme,  dit-il  entre  autres,  est  la  par- 
tie la  plus  excellente  du  corps;  la  nature  l'a  faite  ronde  comme 
une  sphere,  et  la  forme  ronde  est  la  plus  belle  et  la  plus  parfaite 
de  toutes.  Or,  les  dames  mettent  tout  leur  soin  ä  defaire  ce  que 
Dieu  a  fait,  car  elles  rendent  leurs  tetes  carrees  ou  longues  ou  cor- 
nues.  Elles  portent  sur  la  tete  des  toiles  grandes  et  eparpillees 
comme  des  voiles  de  vaisseaux,  et  on  voit  dans  leurs  coiffures 
jusqu'a  huit  cornes.  Les  cornes  sont  l'enseigne  des  betes  et  non 
l'enseigne  de  rhumilite,  qui  seule  convient  aux  femmes  et  que  Dieu  a  mise 
sur  la  tete  d'Eve.  Puis  l'auteur  s'en  prend  aux  «coUets»,  ä  l'ou- 
vetture  par  devant,  au  retroussis,  oü  il  y  a  trois  doigts  de  plumes, 
depouille  «de  bestes  dont  les  corps  sont  morts».  II  combat  tou- 
tes ces  «diableriesv  par  une  argumentation  remplie  de  renvois  ä 
la  Bible. 


136  ßesprcc/iungeu.      W,  Söderkjelm, 

Le  texte  du  Miroir  est  conserve  dans  trois  inanuscrits,  dont 
le  ineilleur  a  l'Escurial  (A).  Pour  la  plus  grande  partie,  l'cditeur 
a  pu  suivre  fidclement  cette  version,  fjui  est  tres  bonne.  Qa  et  lä 
il  a  introduit  la  legon  de  BC,  et  ä  (luekiues  rares  endroits,  oü 
tous  les  manuscrits  sont  älteres,  il  a  fait  des  emendations  heureuses 
(p.  ex.  V.  909,  910,  914).  Le  poeme  se  presente  ainsi  dans  une 
forme  tres  satisfaisante.  Les  observations  que  je  me  permets 
d'ajouter,  ne  concement  que  des  details  de  peu  d'importance. 

M.  Piaget  a  defendu  jadis  (cf.  Romania,  XXVII,  p.  591  ss.) 
la  these  que  les  poetes  des  XIV:e — XVI:e  siecles  n'etaient  pas 
tres  rigoureux  en  ce  cjui  concerne  Temploi  de  V/iiatus:  ils  s'en  ser- 
vaient  quand  le  vers  par  cela  devenait  plus  facile  ä  bfitir,  ils  l'evitaient 
quand  il  pouvaient  se  tirer  d'affaire  sans  cette  infraction  aux 
regles  habituelles.  C'est  ce  point  de  vue  qui  a  empeche  l'editeur 
de  proceder  ä  des  corrections  la  meme  oü  il  y  a  des  hiatus  i(^x\. 
inusites,  comme  v.  569.  En  tout  cas,  j'aurais  prefere  au  v.  645 
la  legon  de  BC :  Quant  par  la  ville  je  iroie  ä  celle  de  A :  Quant 
parmi  la  ville  iroie,  d'abord  parce  que  la  construction  grammaticale 
se  trouve  en  analogie  avec  le  vers  precedent,  et  puis  parce  que 
X hiatus  apres  je  est  moins  choquant  que  l'autre  (cf.  Tobler,  Vers- 
bau^, p.  60).  Et  n'aurait-il  pas  mieux  valu  accepter  au  v.  738  la 
lecjon  de  BC:  Potir  plus  complaire  a  leurs  viaris,  par  laquelle  on 
aurait  pu  eviter  le  facheux  hiatus  :  complaire  a  ? 

V.  107,  la  lecon  de  A  n'etait  pas  ä  attaquer,  cf.  v.  1076. 
—  De  meme,  v.  353,  crestien  (A)  aussi  bien  que  terrien.  —  Peut- 
etre  aurait-on  pu  laisser  intacte  aussi  la  le(;-on  de  A  au  v.  769: 
Que  (=  car),  mais  l'autre  est  en  tout  cas  preferable  au  point  de 
vue  de  l'euphonie.  ■ —  D'autre  part,  j'aurais  prefere  v.  434  la  le^on 
de  BC,  eu  egard  ä  la  tendance  visible  de  l'auteur  d'employer  des 
rimes  identiques  (p.  ex.  str.  20,  89,  1C9,  112).  —  La  forme  ex- 
tremement  laconique  des  notes  cause  parfois  de  l'embarras,  p.  ex. 
504  et  910;  la  note  de  735  est  incomprehensible,  puisque  c'est 
justement  la  le(;on  notee  cjui  se  trouve  dans  le  texte.  —  Note 
778:  faute  d'impression  pour  770. 

W.   Södcrhjelm. 


Studier  i  modern  spräkvetenskap  utgivna  af  Nyfilologiska  säll- 
skapet  i  Stockholm.  IV.  Uppsala  1908.  Almqvist  &  Wiksells  bok- 
tryckeri-A.-B.  VIII  +  291    S.   8:0.   Kr.    5. 

Nach  einer  dreijährigen  Pause  (s.  Neuphil.  Mitt.  1905  S. 
88  ff.)  veniffentlicht  der  Stockholmer  Verein  wieder  einen  starken 
Band,  diesmal  zehn  Aufsätze  enthaltend,    die    wiederum  sehr  ver- 


Studier  i  modern  sprakvetenskap,   /V.  137 

schiedene  Gebiete  der  modernen  Philologie  berühren.  Als  Supple- 
ment zu  Band  II,  S.  i  —  lo,  wo  Carl  Wahlund  chronologisch-geo- 
graphische Schemata  der  afz.  I.itteratur  während  der  Zeit  Ludwigs 
des  Heiligen  gab  (s.  Neuphil.  Milt.  15/4 — 15/5  IQ02,  S.  25),  ist  zuerst 
eine   kleine   Landschaftskarte   beigefügt. 

S.  I — 44.  Carl  Wahlund.  Hei.  Peter  af  Luxemburg  (136g 
— i^^yj-    Honom   ä gnade   biografier.   Honom   tillskrifven   Jippbyggelsebok. 

Wahlund  behandelt  das  Erbauungsbuch,  das  unter  mehreren  Na- 
men dem  heil.  Peter  von  Luxemburg  zugeschrieben  wird,  der 
achtzehnjährig  als  Bischof  von  Metz  und  Kardinal  starb.  Zuerst 
wird  eine  vollständige  Biographie  des  jungen  Kirchenhelden  gege- 
ben, wo  natürlich  weder  die  minuti(Jsesten  Ar.  gaben  über  einschlä- 
gige Verhältnisse  (z.  B.  über  solche,  die  gleich  Peter  in  ihrem 
Testament  verordnet  haben,  dass  ihre  Beerdigung  einfach  sein 
sollte,  wie  Victor  Hugo !),  noch  eine  Liste  der  Reliquien,  teilweise 
mit  Maassangaben,  fehlen.  Das  zweite  Kapitel  giebt  eine  Ueber- 
sicht  aller  der  wichtigeren  während  eines  halben  Jahrtausends  Pe- 
ter gewidmeten  Biographieen,  das  dritte  behandelt  schliesslich 
den  Inhalt  des  s.  g.  Li7>ret  und  giebt  eine  vollständige  Biblio- 
graphie der  Handschriften  und  Ausgaben.  Die  Frage  ob  das  Buch 
wirklich  von  Peter  geschrieben  ist,  will  W.  nicht  entscheiden,  be- 
trachtet sie  auch  als  unlösbar;  doch  weist  er  auf  einige  Parallelen 
mit  andern  Schriften  von  P.  hin  und  scheint  selbst  von  der  Authen- 
ticität  überzeugt.  Nachdem  er  über  das  (auch  früher  nicht  ausser 
Acht  gelassene)  Vorbild  des  Buches,  Dieta  Salutis,  gesprochen  und 
einige  andere  religiöse  Schriften  angeführt  hat,  wovon  sich  Spuren 
in  dem  Traktate  finden,  druckt  er  einen  bisher  nicht  veröffentlich- 
ten kurzen  Brief  Peters  ab,  den  dieser  von  seinem  Totenbette  an 
einen  älteren  Vetter  sandte  und  der  voll  von  schönen,  in  einer 
bündigen,  innigen  Sprache  ausgedrückten  Lehren  ist.  Die  Hds.  ist 
nicht  erhalten,  nur  eine  Kopie  findet  sich  in  der  Arsenalbibliothek 
zu  Paris. 

Wahrscheinlich  werden  wir  diese  Zusammenstellungen  näch- 
stens als  Einleitung  zu  einer  neuen  Ausgabe  des  Livret  wiederfin- 
den. Dann  erscheinen  sie  natürlich  in  einer  den  Fachleuten  ge- 
läufigeren Sprache  als  der  schwedischen.  Vielleicht  wird  Prof.  Wah- 
lund dann  auch  einiges  sagen  über  die  Hinweise  auf  Peters  Buch, 
die  in  der  späteren  didaktischen  Litteratur  zu  finden  sind  und  die 
er  diesmal  unterdrückt  hat.  Ich  denke,  dass  es  ihm  nicht  ent- 
gangen ist  —  denn  ihm  entgeht  überhaupt  nichts  — ,  dass  ein 
solcher  Hinweis  in  den  Emeignemenis  von  Anne  de  France  (vor 
1505,  ed.   Chazaud,    Moulins    1878,  sub  n:o  3)  steht:    die  Fürstin 


138  Besprechuns;ci>.      IV.   Söderlijelin, 

fordert  ihre  Tochter  auf,     verschiedene    fromme     lUii  her    zu  lesen, 
unter  andern  das   von    »s.   Pierre  de   I.uxembourg  > . 

S.  45 — 93.  A.  M al m  s  ted t.  Me'langes  svnla.\i(]ues.  J.  Fulur 
et   Conditionuel.      II.    Infinitil.      III.   Des  locntions  etnphaiv/jies. 

Der  Verf.  setzt  hier  die  Reflexionen  über  s\ntaktische  Dinge 
fort,  deren  Art  und  Vorzüge  wir  aus  den  vorhergehenden  Bänden 
der  ^> Studier»  kennen.  Das  erste  Kapitel  umfasst  eine  Darstellung 
verschiedener  Funktionen  des  Futurums  und  des  Konditionalis 
im  Französischen,  vor  allem  solcher,  die  von  dem  Standpunkte 
des  gewöhnlichen  Gebrauchs  dieser  Formen  mehr  oder  weniger 
überraschend  wirken.  Viel  Nachdenken,  umfangreiche  Lektüre, 
gesundes  Urteil  sind  in  diesen  lehrreichen  Ausführungen  vereinigt. 
Es  handelt  sich  jetzt  nichtso  sehr  um  neue  Theorieen,  als  um  eine 
Zusammenfassung  und  Kritik  der  früheren,  wobei  der  Verf.  aber 
auch  zahlreiche  eigene  Beispiele  zu  den  älteren  hinzufügt  und  die 
ihm  richtig  scheinenden  Erklärungen  mit  neuen  Argumenten  stützt. 
Die  ganze  Darstellung  hätte  aber  viel  gewonnen,  wenn  der  Verf. 
etwas  mehr  Ordnung  und  Übersichtlichkeit  in  seine  Ausführungen 
gebracht  hätte.  Es  wirkt  z.  B.  unharmonisch,  dass  mitten  in  der 
Behandlung  der  französischen  Fälle  der  Gebrauch  des  Futurums 
in  anderen  Sprachen,  besonders  der  schwedischen,  als  Ausgangs- 
punkt gesetzt  wird  und  semasiologisch  entsprechende  Ausdrucks- 
weisen im  Frz.,  die  nichts  mit  dem  Futurum  zu  tun  haben, 
vorgeführt  werden.  An  mehreren  Stellen  hätte  schon  eine  deut- 
lichere   typographische    Anordnung    mehr    Klarheit     herbeigeführt. 

Es  würde  zu  weit  führen,  hier  die  einzelnen  Punkte  geriauer 
zu  besprechen.      Nur  einiges  mag  hervorgehoben  werden. 

Der  erste  Fall,  den  der  Verf.  behandelt,  ist  der,  wo  man 
ein  Perfectum  praesens  erwarten  würde  und  dennoch  ein  Futurum 
exactum  steht :  M.  Clievreid  n  'aura  pas  iongtemps  surve'cu  ä  so// 
fils.  L'illustre  ce7itenai)e  est  mott  ce  inatin.  Er  hat  nichts  gegen 
Toblers  Erklärung  dieser  Fälle  und  citiert  Cledats  darauf  gestützte 
nähere  Ausführungen,  indem  er  in  Zweifel  zieht,  ob  man  immer 
zwischen  den  verschiedenen  Fällen  so  genaue  Grenzen  feststellen 
könne  wie  C.  es  will.  Ich  bin  in  fast  allen  Punkten  ganz  der 
Meinung  des  Verf:s,  aber  ich  frage  mich,  ob  dieae  Sei- 
ten nicht  besser  für  die  Darlegung  der  Verschiebungen  in 
der  Bedeutung  und  der  Berührungen  zwischen  temporeller  und 
modaler  Verwendung  hätten  verwandt  werden  können :  damit  wäre 
eine  wirkliche  Übersicht  des  ganzen  interessanten  Vorganges  ge- 
wonnen. I(  h  kann  mich  auch  nicht  mit  der  Aussage  des  Verf:s 
S.    5 1     ein\erstanden  erklären.      Er  sagt,  dass  in   allen  den   Fällen, 


Studier  i  modern  spraki>etenskap^  IV.  139 

die  er  eben  litiert  hat,  das  Futurum  exactum  »remplace»  das 
Perfectum  praesens.  Aber  wenn  einer  ausruft :  conime  le  jatdin  est 
en  bon  etat!  und  dann  hinzufügt:  le  jaidinier  sera  7'enu,  so  ist  das 
selbstverständlich  ganz  was  anderes,  als  wenn  er  sagte :  le  jardinier 
est  venu,  denn  in  diesem  Falle  würde  er  ein  ihm  bekanntes  Fak- 
tum konstatieren,  in  jenem  aber  vermutet  er  nur,  dass  die  Ursache 
zu  dem  guten  Stand  des  Gartens  der  Besuch  des  Gärtners  gewesen 
sei.  So  stellt  sich  wenigstens  der  Sinn  dar,  wenn  der  Satz  ohne 
anderen  Zusammenhang  dasteht,  und  von  einem  »remplacement» 
kann  wohl  nicht  die  Rede  sein  —  Der  Verf.  behandelt  dann 
entsprechende  Fälle  des  einfachen  Futurums,  giebt  Ausdrücken 
wie :  Ciceroii  dira  oder  :  Idee,  re'pondrn  Littre .  .  .  (wo  dann  ein  fertiges 
Citat  fc)lgt)  ihren  richtigen  Platz  (^  si  ion  Ten/  exaniitiet,  on  troii- 
vera  que  C.  dit,  que  Littre  re'pond),  führt  auch  hierher  Sätze,  wo 
ein  verstärkendes  Adverb  nebenbei  steht  ')  und  citiert  mit  Fug 
als  Parallele  zu  der  futurischen  Konstruktion  die  Konstruktion  mit 
Präteritum  statt  Präsens  in  einer  allgemein  gültigen  Aussage:  Qui 
ne  sait  se  borner  ne  sut  jamais  e'crire.  Richtig  bemerkt  M.  auch, 
dass  Boileau  seinen  Gedanken  in  dieser  Zeile  als  eine  Erfahrung 
ausgedrückt  hat,  und  dass  er :  ne  saura  jamais  e'crire  ganz  gut  hätte 
sagen  können,  wenn  der  Vers  nicht  eine  kürzere  Form  ^•erlangt 
hätte.  So  wird  es  sich  auch  in  vielen  von  den  futurischen  Fällen 
wohl  zunächst  um  stilistische  Nuancen  handeln.  —  S.  54  —  55  be- 
merkt der  Verf.,  dass  das  einfache  Futurum  —  einer  von  seinen 
Kollegen  hat  schon  diese  Beobachtung  gemacht  —  äusserst  selten 
in  vermutender  Bedeutung  in  der  Litteratur  vorkommt,  wenn  es 
sich  nämlich  um  gegenwärtige  Zeit  handelt.  Obgleich  dies  nun 
eigentlich  keine  Entdeckung  ist  und  von  jedem  Franzosen  auch 
für  die  mündliche  Rede  hätte  bezeugt  werden  können,  verdiente 
es  jedoch  darauf  aufmerksam  gemacht  zu  werden,  da  die  Grammatiker 
eigentümlicher  Weise  die  Regel  ohne  irgend  welche  Reservation 
feststellen.  Aber  ist  es  nicht  möglich,  eine  noch  stärkere  Beschrän- 
kung einzuführen  und  zu  sagen,  dass  in  diesem  Falle  nur  das 
Verbum  etre  in  Frage  kommt?  Wenigstens  habe  ich  keine  Bei- 
spiele mit  andern  Verben  bei  den  Grammatikern  gefunden,  und 
ein  französischer  Freund  teilt  mir  mit,  dass  auch  ihm  nur  die 
Form  sera  in  dieser  Verwendung  geläufig  ist. 

Da  der  Verf.   auch    sonst    andere    Sprachen     zum     \'ergleich 
heranzieht    —     was     am     rechten     Platze    sehr    gut    und     für    die 


')  Ich  verstehe  nur  nicht,  was  die  Unterscheidung  in  »loi  psycho- 
logique»  und  »loi  naturelle»  S.  52  mit  der  Konstruktion  zu  tun  hat:  sie  be- 
zieht sich  ja  ausschliesslich  auf  den  realen  Inhalt  der  betreffenden  Sätze,  die 
Psychologie  der  Ausdnicksweise  bleibt  doch  vollständig  dieselbe,  wenn  man 
von  psychischen   oder  materiellen    Vorgängen   redet. 


I40  Besprechungen.      IV.   Söderhjelm, 

Psycliologie  der  Sprache  lehrreich  ist  — ,  hätte  er  hier  nicht  nur 
auf  das  identische  er  wird  krank  sein,  sondern  auch  auf  die 
schwedisch- deutsche  Konstruktion  han  skall  -onrn  sjuk  —  et  soll 
krank  sein  (=  »ich  höre,  man  hat  mir  erzählt,  dass  er  krank  ist») 
hinweisen  können.  Es  ist  interessant  zu  sehen,  wie  in  diesen 
letzten  Ausdrücken  das  vermutende  Futurumsich  nur  auf  eine  objektive 
Aussage  bezieht,  während  es  im  Frz.  auf  die  subjektive  Vermutung 
beschränkt  ist.  Im  Grunde  genommen  ist  jedoch  der  Vorgang 
derselbe:  man  appelliert  in  beiden  Fällen  an  eine  in  der  Zukunft 
vorsichgehende  Konstatierung:  »es  wird  sich  zeigen,  dass  er 
krank  ist»  o.  A;  nur  liegt  in  dem  einen  Falle  der  Anstoss  zu 
der  Annahme  im  Gedankengang  des  Sprechenden  selbst,  während 
er  in   dem  anderen   von  aussen   kommt. 

Der  nächste  Abschnitt  beschäftigt  sich  mit  der  Konstruktion 
si  +)  Kond.  und  ihrer  Erklärung,  die  jedoch  schon  von  Tobler  in 
erschöpfender  Weise  gegeben  worden  ist ;  auch  beschränkt  sich  der 
Verf.  auf  Hinweise  und  neue  Beispiele.  Einige  Fälle  von  si  -\-  Fu- 
turum werden  dann  citiert ;  Verf.  meint,  dass  an  ihre  Statt  eine 
Konstruktion  mit  devoir  -(-  Inf.  mit  Vorteil  treten  k(")nnte ;  das  eine 
sclieint  aber  kaum  besser  als  das  andere. 

Der  dritte  Abschnitt  handelt  von  gewissen  hypothetischen 
Sätzen  im  Schwedischen  und  den  verschiedenen  Arten,  wie  man 
sie  im  Frz.  ausdrückt,  der  vierte  von  einem  von  Tobler  zur  Ge- 
nüge erörterten  Gebrauch  des  Konditionalis  (Le  train  pnitit  .  .  .  oii 
ne  les  reveriait  plus,  Gedanke  nicht  des  Erzählenden,  sondern  der 
anwesenden  Personen),  und  der  Verf.  hat  ihn  aufgenommen,  scheint 
es,  um  der  Verbreitungeines  Missverständnisses  m  Bastin's  Glanvres  vor- 
zubeugen. Der  fünfte  Abschnitt  ist  dem  »obligatorischen»  Konditio- 
nal und  Futur  gewidmet.  Hier  kann  man  mit  Fug  m.  einigen 
Punkten  verschiedener  Meinung  sehi.  Ich  finde  z  B.  den  »jussi- 
ven»  Sinn  in  Beispielen  wie:  on  e'ctira  ad  libitum  .  .  .  oder  ceäe 
expfession  sera  Hne  simple  mc'taphore  ziemlich  fernliegend.  Noch 
weniger  leuchtet  er  mir  ein   in  dem   Satze:    Pourquoi  ne  conimence- 

rais-je  pas  l'annee en   vous  la  souhailant  bonne  et  heureuse? 

Ich  sehe  nicht,  dass  der  Konditionalis  hier  »suggere  l'idee  de 
l'obligation»,  da  es  sich  einfach  um  eine  stilistische  Wendung  han- 
delt, der  man  höchstens  den  Sinn:  »weshalb  sollte  ich  nicht  das 
Jahr  .  .  .  beginnen  —  ebensogut  wie  auf  irgend  eine  andere  Weise?» 
dürfte  beilegen  können.  Ebenso  ist  es  zweifelhaft,  ob  der  folgende 
Satz  einen  jussiven  oder  ob  er  nicht  vielmehr  einen  vermutenden 
Sinn  hat:  Pour  occuper  l' Atigleteire ,  Alberoni  compta:t  jeter  sur  eile 
le  rot  de  Suede,  qui  renverserait  la  dynastic  ...  —  Zum  Schluss 
findet  der  Verf.  Anlass,  sich  über  die  Konstruktion  je  le  feiais  si 
je  pouvais  zu  verbreiten,     wobei   er  die    höchst    einfache    Erklärung 


I 


Studier  i  modern  spnikveteuskap,   IV.  141 

von  Sei'heha)e  als  das  Ei  des  Columbus  hinstellt;  da  man  ge- 
wohnt war,  mit  einem  Futurum  im  Hauptsatze  nicht  ein  Futurum 
sondern  ein  Präsens  im  liedingungssatze  zu  verbinden,  schien  es 
auch,  wenn  im  Hauptsatze  ein  Futurum  exaktum  stand  —  ent- 
sprechend lat.  (/eheham  facete  >  facere  habebavi  — ,  angemessen, 
im  Nebensatze  das  dem  Präsens  gegenüber  stehende  Tempus, 
nämlich  Imperfekt,  zu  gebrauchen.  So  ansprechend  dies  auch  ist, 
so  können  doch  wohl  nicht  Gesichtspunkte  wie  die  von  Tobler  in 
Verm.  Beitr.  W  (zweite  Aufl.),  S.  154  ff.,  und  von  Meyer- Lübke 
in  der  Ro7)i.  Synt.  S.  737  herbeigezogenen  ganz  ausser  Acht  ge- 
lassen  werden. 

Die  letzte  Abteilung  dieses  Kapitels  beschäftigt  sich  mit  dem 
umschreibenden  Futurum.  Verf.  will  geltend  machen,  dass  das  s. 
g.  »Futur  immediat»  garnicht  immer  eine  unmittelbar  bevorste- 
hende Handlung  aussagt  und  dass  im  Gegenteil  die  einfache  Fu- 
turalform  zuweilen  mehr  »immediat»  ist  als  die  periphrastische. 
Es  handelt  sich  hier,  glaube  ich  —  und  Lektor  Poirot  bestätigt 
diese  Ansicht  — ,  um  stilistische  Nuancen.  Wenn  es  auch  in  der 
Schrift  heisst:  je  vous  dirai  immediateuient,  so  würde  man  das 
kaum  sagen ;  das  Adverb  immediateuient  macht  in  diesem  Beispiel 
den  Gebrauch  des  »unmittelbaren»  Futurums  überflüssig,  was  wie- 
der nicht  hindert,  dass  man  in  der  mündlichen  Rede  recht  gut 
sagen  kann  :  je  vais  vous  dire  tout  de  suite.  Wenn  es  weiter  heisst: 
Seulen!e?il,  je  vais  vous  dire :  Rouge t  etc.,  so  kann  dies  auch  darauf 
beruhen,  dass  hier  die  Form  dirai  allzu  kurz  und  trocken  erschei- 
nen würde  —  nicht  darauf,  wie  M.  meint,  dass  die  zwei  Sätze 
von  einander  unabhängig  und  durch  zwei  Punkte  getrennt  sind.  ^) 
— ■  Schliesslich  hebt  M.  hervor,  dass  je  veux  ganz  in  demselben 
Sinne  gebrauclit  wird,  wie  je  vais,  zur  Bildung  des  Futurums.  Wenn 
diese  Tatsache  im  Allgemeinen  nicht  genügend  hervorgehoben 
worden  ist,  so  ist  wohl  der  Grund  dazu  der,  dass  man  noch  nicht  je 
veux  als  ein  Hilfsverb  empfunden  hat ;  mehrere  von  den  Beispielen 
zeigen  aber,  dass  es  in  der  Tat  vollständig  als  solches  fungiert. 

Das  zweite  Kapitel  der  Me'langes  handelt  von  dem  Infinitiv 
mit  de.  Hier  sind  ein  Paar  gute  Bemerkungen  zu  verzeichnen. 
M.  zeigt,  dass  keine  von  den  bisherigen  Erklärungen  der  Kon- 
struktion Infinitiv-Subjekt  mit  de  erschöpfend  ist,  sondern  dass  die 
Erscheinung  als  ein  Produkt  von  mehreren  Faktoren  betrachtet 
werden  muss,  und  er  führt  als  Parallele  richtig  den  deutschen  Aus- 
druck es  ist  eine  schöne  Sache   ?i?n   die    Gestaidheit  an.      Weiter  zeigt 


')  Ich  habe  M.  früher  vorgeworfen,  dass  er  eine  gewisse  Tendenz 
hat,  rein  äusserliche  grammatikalische  Verhältnisse  mit  den  psychologischen 
zusammenzuwerfen.      Auch  dieser  Aufsatz   ist  hiervon   nicht  ganz   frei. 


142  Besprediiini^eri.      W,   Söderh/ehii, 

er  durch  viele  Beispiele,  wie  sehr  in  den  letzten  Jahrzehnten  der 
Gebrauch  dieses  Infinitivs  mit  </«'  an  der  Spitze  des  Satzes  zuge- 
nommen hat. 

In  dem  letzten  Kapitel  zieht  M.  rüstig  ins  Feld  gegen  einige, 
die  sich  erlaubt  hatten,  seinen  früheren  Aufsatz  über  emphatische 
Sätze  in  einem  oder  anderem  Punkte  zu  kritisi(Ten.  Die  Polemik 
ist  vorwiegend  gegen  Alfred  Schulze  gerichtet  und  durchweg  in 
einem  sehr  scharfen  T^ne  geführt.  Auch  mich  beehrt  M.  mit 
einem  kleinen  Hiebe.  Dass  ich  aber  recht  gehabt  habe,  ihm 
eine  gewisse  Unklarheit  in  seiner  Begriffsdefinition  vorzuwerfen, 
beweist  der  Umstand,  dass  er  sich  hier  genötigt  findet,  dieselbe  zupräci- 
sieren  (z.  B.  88).  Übrigens  wird  man,  welcher  Ansicht  man  auch 
sein  mag,  diese  neuen  Ausfülirungen  willkommen  heissen,  da  sie  zur 
Klärung  der  Sache  nur  beitragen. 

S.  94 — 105.  Eilcrt  Ekii'nll.  Till  (/et  en^elska  riksspräkets 
histona. 

Verf.  kommt  in  dieser  kleinen  Studie,  die  vielmehr  als  eine 
»vorläufige  Mitteilung»  anzusehen  ist,  zu  folgendem  Resultate  : 
Die  Londoner  Aussprache  ist  wenigstens  seit  der  späteren  Hälfte 
des  vierzehnten  Jahrhunderts  als  die  musterhafte  angesehen  worden 
und  hat  sich  auch  über  andere  Teile  des  Landes  verbreitet.  Doch 
war  noch  während  des  folgenden  Jahrhunderts  provinzielle  Aus- 
sprache unter  den  Gebildeten  gewöhnlich  ;  bis  zum  Ende  des  Jahr- 
hunderts wenigstens  in  entfernteren  Provinzen.  Wir  haben  keine 
sicheren  Mitteilungen  über  die  Ausbreitung  der  Reichsaussprache. 
Seit  dem  sechzehnten  Jhdt  sind  die  Angaben  über  die  provinzielle 
Aussprache  sehr  spärlich ;  darin  haben  wir  wohl  einen  Beweis  da- 
für zu  sehen,  dass  die  Reichsau sspraclie  schon  eine  bedeutende 
Verbreitung  gefunden   hatte. 

S.  107 — 162.  Fr.  Wulff.  Det  svensha  spräkets  tjänlighet  i 
ai/tika   metim: 

W.  will  die  Frage  beantworten,  i>b  die  schwedische  Sprache 
geeignet  ist,  in  antiken  Versmaassen  gebraucht  zu  werden,  was  er 
vollständig  bejaht.  Es  kommt  ihm  zunächst  darauf  an  zu  zeigen, 
inwiefern  die  Betonungs-  und  Quantitätsverhältnisse  seiner  Mutter- 
sprache denjenigen  der  alten  Sprachen  entsprechen,  und  er  führt 
weitläufig  und  manches  aus  seinen  früheren  Schriften  wiederholend 
aus,  dass  sich  der  Charakter  des  Schwedischen  in  diesen  Bezie- 
hungen sehr  günstig  stellt.  Eine  Menge  von  Einzelheiten  werden 
dabei  erörtert  im  Anschluss  an  seine  eigenen  vortrefflichen  Petrarca- 
Übersetzungen,    die   einen   grossen   Teil  seines  eigentümlichen     und 


Studier  i  /notier ii  sprakvetenskap,    IV.  I43 

hübschen  T'etrana-buches  ')  bilden  und  von  denen  er  hier 
einige  in  phonetischer  Umschrift  mitteilt.  —  Seltsam  mutet  es  an, 
dass  in  dem  schwedisch  geschriebenen  Aufsatze  plötzlich  zwei 
weitläufige   Fussnoten   stehen,   die  franzcisisch   abgefasst  sind ! 

S.  it>3 — 185.  Ruhen  G  : s  0  11  Ber<^.  Novalis  orh  Fouque 
i  S-('erige. 

Der  Titel  dieses  Aufsatzes  ist  irreführend :  er  enthält  kei- 
neswegs eine  vollständige  Darstellung  des  Verhältnisses  der  schwe- 
dischen Romantiker  zu  den  beiden  genannten  deutschen,  sondern 
nur,  wie  es  scheint,  das  erste,  einleitende  Kapitel  einer  solchen 
Untersuchung,  und  er  beschäftigt  sich  nur  mit  Novalis.  Wir  erfah- 
ren, dass  der  Name  dieses  Dichters  sehr  oft  in  der  Korrespondenz  undjin 
den  Zeitungen  der  schwedischen  Romantiker  wiederkehrt  und  dass 
auch  einiges  von  ihm  übersetzt  wird ;  dagegen  ist  doch  wohl  nicht 
sein  Einfluss  auf  die  schwedische  Litteratur  durch  diesen  Aufsatz 
erledigt  —  man  denke  nur  an  Almqvist.  Das  »folgende»,  worauf 
hingewiesen  wird,  olme  dass  es  noch  hier  erscheint,  erwartet  man 
jedenfalls  mit  gespanntem  Interesse,  da  der  Verf.  seinen  Gegenstand 
vortrefflich  kennt  und  eine  vergleichende  Studie  dieser  Art  sowohl 
für  die  schwedische  wie  für  die  deutsche  Litteraturgeschichte  wich- 
tig ist  In  seiner  gegenwärtigen  Form  aber  ist  natürlich  der  Auf- 
satz ganz  fragmentarisch.  —  S.  170  steht  ein  Satz,  der  bei  einem 
so  vorzüglichen  Sprachkenner  und  so  strengen  Sprachkritiker  wie 
B.  überrascht:  Det  första  inflytande  fnhi  Novalis  pä  Atterbom, 
livilket  man  ansettsig  kunna  spära,  ät  G.  H.  J.  Lj ungg  re  11  s  v 1 1 raii  d e 
i  Sv.  Vitt.  Häfdet  etc.  Man  sieht,  welche  groben  Lapsus  zuweilen 
auch   den  besten   unterlaufen. 

S.  187  —  204.  /.  Re  i  II  i  u  s.  Onomatopoetische  Bezeichnungen  für 
tnensrhliche    Wesen,    besonders    im    Deutschen    und  Englischen. 

Es  werden  diese  Benennungen  in  zwei  Hauptgruppen  geteilt, 
nämlich  die  aktiven,  d.  h.  solche,  die  Laute  oder  Geräusche,  welche 
die  betreffenden  Wesen  selbst  hervorbringen,  darstellen,  wie  z.  B. 
vovvov  für  Hund,  Vorwärts  für  Blücher  u.  s.  w.,  und  die  passiven,  d. 
h.  Benennungen  nach  dem  Lautgebilde,  das  dem  benannten  ge- 
genüber geäussert  wird  oder  geäussert  werden  könnte,  wio  Tausend- 
sasa, Gargan tua  (von  que  grand  tu  as,  näml.  Ic  goster),  Tauge- 
nichts, schw.  passopp  (Kellner),  engl,  go-betiveen  (»Unterhändler, 
Zwischenträger»),  u.  s.  w.  Beide  Kategorieen  krmnen  dann  sowohl 
Noraina  propria  als  appellativa   enthalten.      Eine  ganze   Menge  von 


')     En   Svensk   Petrarca-Bok   I — U.   Stockholm    1905--1907. 


144  Ncspreihu/ii^eri,    IV.   Söder/z/e/w. 

teilweise  recht  lustigen  Beispielen  wird  angeführt.  Sie  könnten, 
denke  ich,  aus  verschiedenen  Sprachen  leicht  vermehrt  werden. 
Eine  aktiv-appellative  Bildung  fällt  mir  eben  ins  Gedächtnis:  fin- 
nische Arbeiter,  aus  Amerika  kommend,  meinten,  man  würde  viel 
besser  hier  arbeiten,  wenn  man  solche  liöör-oppia  wie  dort  hätte 
(»Aufseher»,   vow  dem   Zurufe   hear  up!). 

S.  205 — 240.  Ake  W:son  Muni  he.  Strödda  anteckningar 
07t!  /rasen    »här  ligger  en   huntf  begraven»    och  nägra  närstäende  iitttyck. 

Wir  haben  hier  ein  höchst  amüsantes  Gegenstück  zu  des 
Verf:s  früheren  Untersuchungen  über  den  Ausdruck  »hvar  är 
katten?»  u.  Ä.  im  zweiten  Bande  dieser  Sammlung.  Der  Aufsatz 
ist  aber  nicht  nur  unterhaltend,  sondern  ebenso  gelehrt  als  lehr- 
reich, und  das  Resultat  ausgedehnter  Forschung  wie  schar- 
fen Nachdenkens  und  Kombinierens.  Von  dem  begrabenem  Hunde 
im  Schwedischen,  den  der  Verf.  in  verschiedenen  Gestalten  belegt, 
der  aber  meistenteils  als  unbestimmt,  »ein  Hund»,  auftritt,  ist  der 
Schritt  zur  entsprechenden  deutschen  Redensart  schnell  gemacht 
—  nur  dass  hier  der  Hund  fast  immer  bestimmt  und  somit  eine 
andere  Nuance  in  der  Bedeutung  vorhanden  ist:  während  schw. 
här  ligger  en  hund  begraimi  so  viel  bedeutet  wie :  « hier  ist  etwas 
schiefes,  dieses  ist  nicht  wie  es  sein  soll»  oder  sogar:  fraus  aliqua 
szibest,  wird  der  deutsche  Ausdruck  erklärt  als  =  »da  ist  der 
Kern  der  Sache»  oder  »da  liegt  der  Grund  des  Übels»,  oder 
aber  »daran  stösst  sich  die  Sache».  Auf  dem  entwicklungsgeschicht- 
lichen Wege  dieses  Ausdrucks  findet  man  dann  auch  im  Deut- 
schen den  Hund  mit  »verborgenem  Schatz»  identificiert,  was  das 
Wort  im  Bairischen  bedeuten  soll,  und  dann  bei  Hans  Sachs  in 
einem  Zusammenhang  gebraucht,  wo  die  Redeweise  einfach  »da 
ist  das  Geld»  besagen  will.  Der  Verf.  zeigt,  wie  nicht  nur  der 
Hund,  sondern  auch  alle  möglichen  andern  Tiere  herbeigezogen 
worden  sind,  Wolf,  Fuchs,  Hase,  Katze  und  sogar  Menschen, 
w4e  im  deutschen  Ausdruck :  »da  liegen  (sitzen)  die  Pfeifer»  oder 
»Musikanten»  oder  »Spielmänner».  Alle  diese  Varianten  verfolgt 
er  in  sehr  umsichtiger  Weise  und  kommt  zum  Schluss  zu  folgen- 
dem Resultate:  In  vielen  älteren  und  neueren  Sprachen  ist  zu- 
nächst eine  Redensart  vorhanden,  durch  welche,  unter  dem  Bilde 
eines  versteckten  oder  lauernden  Tieres  (»begraben»  heisst  nämlich 
überall  von  vorneherein  »vergraben»,  »versteckt»),  das  Vorhanden- 
sein einer  geahnten  tückischen  Gefahr  konstatiert  wird,  z.  B.  grie- 
chisch »ein  Skorpion  unter  dem  Steine»,  lat.  »eine  Schlange  im 
Grase»,  engl,  »eine  Kröte  im  Stroh»,  franz.  »ein  Aal  unter  dem 
Steine»,   deutsch  und   skand.   die  citierten   Ausdrücke.    Von   diesem, 


Sliii/ier  i  inoderit  spniki'etenskap^    IV.  145 

wie  Muntlie  annimmt,  ursprünglichen  Typus  in  unbestimmter  Form 
geilen  dann  andere  Varianten  aus,  in  welchen  das  Tier  die  be- 
stimmte Form  bekommt,  am  häufigsten  im  Deutschen.  Die  zweite 
Hauptgruppe  bilden  wieder  andere  gleichfalls  in  mehreren  euro- 
päischen Sprachen  auftretende  bildliche  Tier-Ausdrücke,  in  wek  hen 
unter  dem  Bilde  eines  gesuchten  und  gefundenen  (oder  nicht  ge- 
fundenen) Tieres  —  eines  Hasen  —  das  Wesentliche  in  einem 
Verhältnis,  dessen  Kernpunkt  oder  Grund,  angegeben  wird,  vor 
allem  der  Grund  zu  einer  Schwierigkeit,  das  Hindernis.  Der  Ur- 
typus  dieser  Ausdrücke  scheint  »da  liegt  der  Hase»  (im  Gras,  im 
Pfeffer  u.  s.  w.)  zu  sein.  Es  ist  anzunehmen,  dass  in  beiden  Fäl- 
len nicht  autochtone  Produktion,  sondern  Entlehnung  von  der  ei- 
nen Sprache  zu  der  andern  vorliegt,  und  höchst  wahrscheinlich 
gehen  alle  Typen  in  den  modernen  Sprachen  auf  den  lateinischen 
Typus ;  latet  anguis  in  lierba  zurück,  der  wieder  auf  dem  alten 
griechischen  Skorpion-Ausdruck  beruht.  —  Die  beiden  Haupt- 
gruppen :  frans  aliqiia  subesi  und  hitir  illae  lacrimae  sind,  trotz  ihrer 
bestimmten  Abgrenzung,  immerhin  nahe  mit  einander  verwandt  und 
haben  sich  auch  deswegen  analogisch  berührt,  besonders  innerhalb 
des  neutralen  Kreises,  der  durch  die  Varianten  »merken  wo  die 
Bestie  versteckt  liegt >^  «merken  wo  der  Hase  liegt»  vertreten  ist. 
Auch  andere  Ausdrücke,  mit  Tieren  oder  ohne,  haben  sicher  im 
Laufe  der  Zeiten  ihren  Einfluss  auf  die  ursprünglichen  Typen 
ausgeübt. 

Man  sieht  schon  hieraus,  wie  verwickelt  die  Geschichte  eines 
solchen  Ausdrucks  sein  kann.  Im  allgemeinen  ist  man  geneigt  dem 
Verfasser  beizustimmen,  da  alles  was  er  sagt  sehr  plausibel  er- 
scheint. Nur  fragt  man  sich,  wie  die  Sprachen  dazu  gekommen 
sind,  statt  der  in  solchen  Phrasen  natürlichen  Tiere  wie  Schlange 
und  Skorpion  andere,  z.   B.   den  Hund,  zu  substituieren. 

S.  241 — 253.  R.  J:son  Bergqvist.  Nägra  subjektiva  tids- 
mdtt  i  svenskan   ocJi  tvskaii. 

Unter  »subjektiven  Zeitmaassen»  versteht  der  Verf.  im  Ge- 
gensatz zu  »objektiven»  (Jahr,  Stunde,  Minute  u.  s.  w.)  soldie, 
die  die  individuelle  Auffassung  des  Sprechenden  von  der  Länge 
oder  Kürze  eines  Zeitmaasses  aussagen  und  die  keinen  realen  In- 
halt haben,  sondern  nur  einen  relativen,  der  von  der  jeweiligen 
subjektiven  Auffassung  des  Sprechenden  über  die  Dauer  der  Zeit 
abhängt.  Was  für  den  einen  »kürzlich»  heisst,  ist  nicht  dasselbe 
für  den  andern :  pflegt  man  eine  Person  nur  einmal  jedes  zweite 
Jahr  zu  sehen,     so  kann   man   eine  vor  drei    Monaten    geschehene 

lung  als     '>vor  kurzer  Zeit»    staltgefunden    bezeichnen,     wenn 


146  l^csprechiiiii^cn.    IV.   SöderhjeltK,    Studier  i  mod.  spr<ikv.,   IV. 

man  sich  aber  täglich  zu  treffen  gewohnt  ist,  nimmt  der  Zwisclien- 
raum  von  drei  Monaten  ganz  andere  Dimensionen  an.  Verf.  un- 
tersucht nun,  m  welchem  Verhältnis  deutsche  Ausdrücke  wie  gerade», 
»vor  kurzem,  »vorhin»,  »neulich»  u.  Ä.  zu  entsprechenden  Aus- 
drücken im  Schwedischen  stehen;  er  hebt  die  verschiedenen  Be- 
deutungsnüancen  hervor  und  macht  auf  die  Fehler  aufmerksam, 
die  bei  der  Übersetzung  nahe  liegen  und  öfters  begangen 
werden.  —  Der  kleine  Aufsatz  ist  voll  von  feinen  sprachpsycho- 
logischen und  semasiologischen  Bemerkungen  und  hat  auch  einen 
ganz  besonderen  praktischen  Nutzen  für  Lehrer  und  Studierende 
des  Deutschen.  Es  wäre  sehr  zu  wünschen,  dass  öfter  solche  ver- 
gleichenden semasiologischen  Betrachtungen  von  berufenen  Philo- 
logen ange.stellt  würden,  denn  sie  entschleiern  nicht  nur  sprach- 
psychologische Geheimnisse,  sondern  öffnen  auch  das  Auge  den 
feineren  Bedeutungsnüancen,  welche  bei  häufiger  Berührung  zweier 
noch  dazu  nahe  verwandter  Sprachen  Gefahr  laufen  leicht  über- 
sehen zu  werden;  das  Ohr  stumpft  sich  ihnen  gegenüber  leicht  ab 
—   wenn   es  sie  überhaupt  je   erfasst  hat. 

S.    255  —  25g.   A.    Terra  c ]i  e r.    A tilira,    fr.    oiiche. 

Das  veraltete  und  dialektische  Wort  oiuhe  bedeutet  nach  dem 
Dict.  gen.  »ein  Stück  Erde  besserer  Qualität,  das  neben  dem  Hause 
sich  befindet  und  gewöhnlich  als  Garten  gebraucht  wird».  Diez 
führt  das  Wort  zu  einem  vlt.  olca  (woher  Streng,  Haus  u.  Hoj 
im  Frz.  S.  130  die  Form  olchia  hat,  weiss  ich  nicht),  während  es 
Körting  von  occo.  -aie  herleitet  (schon  von  Streng  zurückgewiesen) 
und  Bonnet  und  das  Dict.  gen.  (vgl.  auch  Thurneysen  S.  108) 
darin  ein  keltisches  Wort  erblicken.  T.  sucht  nun  olca  zu  erklä- 
ren, indem  er  es  als  eine  vlt.  Form  des  kl.  lat.  aulica  betrachtet, 
welches  dann  mit  zu  ergänzendem  terra  »das  zum  Hof  gehörende 
Grundstück»  bedeutete,  später  wieder  durch  eine  Verschiebung  wie 
casa  -\-  -ale  >  chesal  die  Bedeutung  von  Garten  erlaiigt  hätte  (die 
anderen  von  T.  angeführten  Wörter  bieten  nicht  ganz  denselben 
analogischen  Vorgang,  sondern  .««ind  von  vorneherein  Substantiva  1 . 
Der  Annahme  scheint  kaum  etwas  im  Wege  zu  stehen ;  aus  der 
soeben  citierten  Abhandlung  von  Streng  kann  man  ersehen,  wxe 
viele  und  verschiedenartige  Verschiebungen  die  frz.  Worte  die- 
ser Gruppe  überhaupt  erfahre a  haben. 

S.    261 — 278.      Erik   S/aa/f.     Deu.v  cliartes  leonaises. 

Diese  Texte  stammen  aus  dem  XHI.  Jhdt;  der  eine  ist  als 
historisches,  der  andere  als  lingvistisches  Dokument  interessant. 
Staaff  fügt  zu  der  Ausgabe  einige  sprachliche  Bemerkungen  hinzu, 
welche  seine  grosse  Arbeit  über  den  leonesischen  Dialekt  ergänzen. 


Ivar  Hortimg,   Axel  Roscinhihl,    Chrestomathie  frayigaisc.  147 

Am  Schluss  des,  wie  man  sieht,  wertvollen  und  inhaltsreichen 
Bandes  steht  wie  gewöhnlich  eine  Bibliographie  der  von  schwe- 
dischen Forschern  während  der  Jahre  1905 — 1907  venjffentlichleu 
Arbeiten.      Die  Liste  ist  ganz  imponierend. 

W.    Söderlijeliii. 

Axel  Rosendahl,  Clirestomalliic  franraise.  Morceaux  choisis 
de  prose  et  de  poesie.  Avec  34  illustrations.  172  p.  8:0.  La 
mcme  auteur:  Aaklsosellinen  sanaluettelo  lukukirjaan  Chrestomathie 
frarcaise.  Alfabetisk  ordlista  tili  Chrestomathie  franc^aise.  135  p. 
8:0.      Editeurs:   Werrer  Södersiröm   Osakeyhtiö,   Borgä.    1908. 

L'auteur  veut  dans  ce  recueil  montrer  ä  grands  traits  les 
phases  successives  a  travers  lesquelles  Ic  peiiple  franrais  a  e'volue 
depiiis  ses  origiues  jnsquä  nos  jours.  II  presente  aüx  eleves  un 
tableau  bref  «de  l'histoire  de  la  civilisation,  de  la  langue  et  de  la 
litterature  francaises».  Le  livre  se  divise  donc  en  deux  paities, 
dont  la  premiere  contient  des  recits  tires  de  Thistoire  de  France 
et  la  seconde  donne  mi  abrege  d'histoire  de  la  litterature  fran- 
caise.  II  y  a  encore  dans  cette  seconde  partie  des  biographies, 
auxquelles  se  joignent  des  specimens  et  de  brefs  extraits  des 
(x-uvres  des  meilleurs  ecrivains.  Enfin,  dans  l'Appendice,  lauteur 
donne  des  notes   expli(  atives   et   biographiques. 

Tel  est  en  quelques  mots  le  livre.  C'est  avec  joie  qu'on 
peut  constater  que  l'auteur  a  reussi  a  donner  quelque  chose  de  nou- 
veau  et  de  vraiment  instructif.  Les  morceäux  sont  en  general 
choisis  avec  jugement  et  bon  goüt,  et  ils  offriront  sans  doute  aux 
eleves  une  lecture  interessante.  Le  lecteur  peut  faire  la  connais- 
sance  des  Gaulois  et  des  Francs,  de  Charlemagne  comme  legis- 
lateur,  comme  protecteur  des  lettres,  des  sciences  et  des  arts.  II 
peut  jeter  un  coup  d'tcil  sur  la  feodalitc,  sur  l'architet  ture  ogivale, 
sur  l'industrie  et  le  commerce  au  moyen  age.  II  apprend  l'histoire 
de  Jearme  d'Arc,  le  regime  de  Louis  XIV  et  la  Revolution,  ainsi 
(jic  l'histoire  du  grand  Napoleon.  II  va  connaitre  l'esprit  fran- 
cais  (les  morceaux  de  La  Marseillaise,  de  La  Colonne  Vendome  et 
d'autres  sont  de  vraies  perles!).  —  Les  recits  sont  entrecoupes  de 
portraits  et  d'illustrations  caractcristiques,  qui  contribuent,  eux  aussi, 
H  r<ndre  la  lecture  interessante  et  instruclive.  Quelques-uns  des 
morceaux,  comme  par  exempje  «La  vie  mondaine  sous  Louis  XV», 
sont  peut-etre  un  peu  abstraits  et  difficiles.  Mais,  comme  je  l'ai  deja 
dit,    le  choix  en  general   est  parfait. 

Quant  ä  la  seconde  partie,  eile  n'est  pas  moins  bien  trouvee 
que  la  premiere.  Ne  lisez  que  le  morceau  «Origine  et  formation 
de    la    langue    francaise».      C'est   du   vrai   franrais,   et  c'est  un  peu 


148  /.    Hortlins;,   A.   Rosoulahl,    CItrcst.  fratii,. 

de  Philologie  en  quelques  pages.  —  L'histoire  de  la  litterature  est 
pre'cntce  dans  l'ordre  chronologique,  ce  qui  est  excellent.  L'eleve 
ayant  parcouru  ce  livre  aura,  j'en  suis  sür,  le  sentiment  d'avoir 
appris  quelque  chose  pour  la  vie.  II  est  introduit  dans  la  poesie 
epique  du  moyen  age,  dans  la  Renaissance,  aux  salons  litteraires. 
II  fait  connaissance  des  classitjues  francais,  du  romantisme  et  de 
son  developpenient,  de  la  poesie  lyrique,  du  theatre  et  du  roman. 
Las  noms  les  plus  illustres  de  la  litterature  fran^aise  y  sont  repre- 
sentes.  On  aurait  pu  peut-etre  en  ajouter  quelques  autres.  Mais 
ce  n'est  qu'une  affaire  de  goüt.  Pour  ma  part,  j'aurais  voulu  un 
extrait  du  roman  de  V.  Hugo  «Les  miserables»  plutot  que  de 
ceux  de  Zola.  C'est  une  lecture  qui  Interesse  toujours  les  jeunes 
gens.  En  parlant  de  Dumas  pere,  on  aurait  pu  nommer  quelques 
romans  comme  p.  ex.  «Les  Trois  Mousquetaires»  et  «Le  Comte 
de    Monte    Cristo»,    etc. 

Quant  aux  notes  explicatives,  elles  sont  bonnes  en  general, 
et  le  vocabulaire  est  assez  complet.  La  prononciation  des  mots 
est  indiquee  en  transcription  phonetique.  (La  note  sur  Eugene 
Scribe  —  page  170  —  est  inutile,  comparez  le  texte  page  133,  20!). 
Cependant  pour  mieux  comprendre  les  morceaux  les  plus  difficiles, 
on  souhaiterait  quelques  notes  et  quelques  vocabies  en  plus  de  ceux 
qu'on  y  trouve.  Pourquoi  l'auteur  n'a-t-il  pas  donne  p.  ex.  les  expressions 
depar  la  plaitie  (46,  16),  en  tenir  Heu  {j2,  25),  si  bien  que  (64,  16),  le 
faisceau  (73,  19)  (traduit  seulement  par  «knippe,  bunt«),  saprelotte 
etc.  ?  Aussi  les  eleves  auront-ils  sans  doute  beaucoup  de  peine  ä 
comprendre  sans  commentaire  les  passages  suivants :  Mais  la  ciainte 
pri7icipale  de  la  secousse  dominaif  dans  les  entretiens  (73,  lO),  .  .  . 
s'inclina  dans  les  rayons  du  couchant  (73,  29),  C'e'tait  comme  du 
temps  >^ Souvenirs  du  siege»  {y/^,  4),  .  .  .  prises  dans  une  espece  de  inaillot 
ä  pois  de  couleur  (63,  28),...  des  hommes  couraient  dessus  (64,  26), 
Dixi  de  ventte  tnatris  nieae  :  Dcus  meus  es  tu  (156,  33),  et  d'autres. 
La  forme  feminine  de  l'adjectif  vieux  (vocabulaire  page  133)  au- 
rait du  etre  donnee.  II  aurait  ete  tres  utile  d'avoir  les 
formes  feminines  des  adjectifs  en  -.r  et  en  -/  Je  crois  aussi  qu'une 
indication  sur  la  maniere  de  scander  les  vers  francais  aurait  ete 
ä  sa  place. 

En  lisant  le  livre  j'ai  observe  quelques  fautes  d'impression, 
qui  seront  corrigees  ici.     Ce  sont  les  suivantes : 

Page 


73  1.  21: 

Autour 

lisez . 

Autour 

82  »  10: 

ce 

» 

se 

117  »    9: 

montone 

» 

monotone 

147    »    2-]: 

de  le 

» 

de  la 

150    »    25: 

aloutte 

» 

alouette 

160    »    17: 

setait 

» 

sentail 

Protokolle  des  Neuphilologischen    Vereins.  149 

Page   102   1.      3:  gourdronnees    lisez:  goudronnees 
»        163    »       i:   froid.  »      froid 

»        167    »      6:  Joseph.  »     Joseph, 


1 70    >      I :   Allemage 

- 

Allemagne 

le  vocabulaire: 

6  1.   36:  ambasad 

lisez 

ambassad 

45    »    13:  epä-sipe 

» 

emä'sipe 

57    »    36:   min  sann 

» 

min  sann 

71    »    28:  insuffisament 

» 

insuffisamment 

75    »      3:   derifrän 

därifrän 

89    »    10:  septsbägs- 

» 

spetsbägs- 

1 0 1    »      7 :  pricesse 

» 

princesse 

131    »    41:  helst 

» 

halst 

Le   livre    est  du  reste  tres  convenable.      II   est    vendu    3:  75 
dans  les  librairies.     Le  vocabulaire  coüte  2:  25. 

h'ar  Hortlinif. 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  4.  April  1908,  bei  welcher  Sitzung  der 
Ehrenpräsident,  der  Vorstand  und  24  Mit- 
glieder anwesend  waren. 


§   I- 

Die  Protokolle  der  beiden  letzten  Sitzungen  wurden  verlesen 
und  geschlossen. 


Als  neue  Mitglieder  des  Vereins  wurden  vorgeschlagen  und 
gewählt:  Stud.  phil.  Fräulein  Evi  Gustafson  und  Stud.  phil.  Fräu- 
lein  Alvina    Tikander. 


Professor  W.  Söderhjelm  referierte  die  Frage  von  der  An- 
stellung eines  Oberinspektors  für  die  modernen  Sprachen  an  der 
Schuloberbehörde.  Prof.  S.  hob  hervor,  dass  trotz  der  grossen 
Fortschritte,  die  der  neusprachliche  Unterricht  während  der  letzten 
vierzig  Jahre  gemacht,  keine  Anstalten  gemacht   worden  seien,  um 


150  J'rotoko/le  des  h'euphilologischen    Vereins. 

eine  notwendige  Einheitlichkeit  ifi  der  Methode  herbeizuführen  und 
die  Lehrer  einer  richtigen  Wertung  ihrer  Kenntnisse  und  ihrer  pä- 
dagogischen Fähigkeit  zu  versichern.  Diesem  Mangel  könne  durch  die 
Anstellung  eines  Oberinspektors  für  die  modernen  lebenden  Sprac  hen 
—  Deutsch,  Französisch  und  Englisch  —  abgeholfen  werden,  zu  wel- 
chem Posten  ein  sowohl  wissenschaftlich  kompetenter  als  in  dem 
Unterricht  erfahrener  Pädagog  gewählt  werden  solle.  Der  Referent 
schlug  vor,  dass  der  Neuphilologische  Verein  in  einer  Eingabe  an 
den  Senat  die  Anstellung  eines  Oberinspektors  für  die  modernen 
Sprc(^hen  verlangen  sollte. 

Dieser  Vorschlag  fand  Beifall  und  ein  Komitee  wurde  ein- 
gesetzt um  die  Eingabe  des  Vereins  an  den  Senat  zu  redigieren. 
Als  Mitglieder  dieses  Komitees  wurden  gewählt :  Professor  W.  Sö- 
derhjelni,  Professor  A.  Wallensköld,  Dr.  A.  Rosendahl  und  der 
Schriftführer.  Der  Vorsitzende  und  der  Sekretär  wurden  beauf- 
tragt das   (besuch   im   Namen   des   Vereins   einzureichen. 


Der  Vorsitzende  teilte  mit,  ein  Pädagog  in  der  Provinz  habe 
in  einem  Brief  an  ihn  den  Gedanken  an  eine  allgemeine  Zusam- 
menkunft von  Lehrern  und  Lehrerinnen  der  modernen  Sprachen 
nahegelegt,  und  er  wolle  jetzt  diese  Frage  dem  ^'erein  zur  Dis- 
kussion vorlegen. 

Dieser  Gedanke  wurde  von  den  Anwesenden  mit  Interesse 
aufgenommen.  Als  geeigneter  Zeitpunkt  für  die  in  Frage  stehende 
Zusammenkunft  wurde  der  Anfang  des  Juni  oder  auch  die  Weih- 
nachtsferien 1908 — 1909  in  Betracht  genommen.  Obgleich  viele, 
die  sicli  in  der  Frage  äusserten,  der  Meinung  waren,  dass  die  Zeit 
etwas  zu  knapp  sei  um  schon  diesen  Sommer  die  Zusammenkunft 
zu  ermöglichen,  zeigte  es  sich  dennoch  bei  der  Abstimmung,  dass 
die  Mehrzahl  den  Anfang  des  Juni  dieses  Jahres  als  den  geeig- 
netsten Zeitpunkt  hielt.  Es  wurde  beschlossen  durch  ein  Zirkular- 
schreiben die  Ansichten  der  Lehrer  in  der  Provinz  in  dieser  Frage 
einzuholen.  Erst  in  der  folgenden  Sitzung  des  Neuphilologischen 
Vereins  soll  der  definitive  Beschluss  gefasst  werden.  Ein  Ko- 
mitee von  fünf  Personen,  zu  dessen  Mitgliedern  Prof.  A.  Wallen- 
sköld, Dr.  L  Uschakoff,  Dr.  E.  Hagfors,  Dr.  I.  Hortung  und  Fräu- 
lein E.  Lahtonen  gewählt  wurden,  wurde  beauftragt  das  Zirkular 
abzufassen  und  es  den  Pädagogen  in  der  Provinz  zuzusenden. 


Professor    U.   Limülöf  referierte  die  Vorschläge  zu  einer  durcli- 
greifenden   Reform  des  Abiturientenexamens,  die  in  dem  vom  Staate 


Protokolle  des  Neuphilologischen    Vereins.  151 

eingesetzten    Schulkomitee    gemacht     worden    sind   und  die   binnen 
kurzem   im   Druck   erscheinen   werden. 

In   fidem: 

Hoher   Petersen. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  25.  April  1908,  bei  welcher  Sitzung  der 
Ehrenpräsident  Prof.  Söderhjelm,  der  erste 
Vorsitzende  Prof.  Wallensköld  und  16  Vereins- 
mitglieder anwesend  waren. 


Der  Vorsitzende  teilte  mit,  dass  der  Sekretär  verhindert  sei 
dieser  Sitzung  beizuwohnen  und  dass  Dr.  Hortling  die  Funktionen 
des  Sekretärs  für  diesmal   übernehme. 


§   2. 

Das    Protokoll    der    vorigen  Sitzung  wurde  verlesen  und  ge- 
schlossen. 

§   3. 

Als    neues    Vereinsmitglied    wurde  vom  Vorsitzenden  Lektor 
John  Dover    Wilson  angemeldet. 

§   4- 

Lektor    Poirot    hielt    einen    Vortrag  im  Anschluss  an  Joseph 
Vianey's   »Les  sources  de  Leconte  de  Lisle». 


Der  Vorsitzende  teilte  mit,  dass  die  Idee  von  Neuphilologen- 
tagen in  Helsingfors  von  den  Pädagogen  der  Provinz  mit  Interesse 
aufgenommen  worden  sei.  Alle  9 1  Antworten,  die  auf  ein  nach  der 
Provinz  gesandtes  Fragezirkular  eingelaufen  sind,  seien  bejahend. 
Hinsichtlich  des  Zeitpunktes  der  Neuphilologentage  seien  die  An- 
sichten geteilt:  49  Stimmen  seien  für  die  Weihnachtsferien  gegeben, 
während  39  Stimmen  den  Anfang  des  Juni  bevorzugen.    Nur  zwei 


152  Pf-oiokollc  des  Neupliilologischcii    Vereins. 

Stimmen  seien  für  das  Ende  des  Augusts  gegeben,  und  eine  Per- 
son halte  es  für  gleichgültig,  wann  die  Tage  stattfinden.  Auf 
Grund  des  Resultats  der  Enquete  wurde  beschlossen,  dass  Neu- 
philologejitagc  in  Ilelsingfors  gehalten  werden  sollen.  Dr.  Hagfors 
hob  hervor,  dass  es  eine  übereilte  Arbeit  würde,  sich  für  den  Juni 
dieses  Jahres  zu  entschliessen,  dies  besonders  mit  Hinsicht  auf  das 
Erhalten  wertvoller  Referate.  Auch  würde  die  Arbeit  des  Vor- 
standes sehr  mühsam  werden.  Dr.  Hagfors  wurde  von  Dr.  Uscha- 
koff  unterstützt,  der  ausserdem  glaubte,  dass  die  Helsingforser  Philolo- 
gen sich  während  der  Weinachtsferien  zahlreicher  anschliessen  würden. 
Prof.  Söderhjelm  war  der  Meinung,  dass  die  Zeit  zum  Vorberei- 
ten der  Neuphilogentage  bis  etwa  Anfang  Januar  ganz  genügend 
sei,  es  könne  aber  nicht  geleugnet  werden,  dass  der  Frühling  die 
geeignetste  Zeit  wäre.  Der  Beschluss  des  Vereins  wurde,  dass 
die  ISleu Philologen  tage  im  Januar  igog  vor  Beginn  des  Frühlingsse- 
niesters   abgehalten   luerden  sollten. 

Auf  Vorschlag  des  Vorsitsenden  wurden  alle  vorbereitenden 
Arbeiten  und  die  Einladungen  zu  den  Neuphilologentagen  einem 
Vorstand  überlassen,  der  aus  7  Personen  bestehen  sollte.  Zu 
Mitgliedern  dieses  Vorstandes  wurden  gewählt  die  Professoren 
Wallensköld  und  Lindelöf,  die  Oberlehrer  Hagfors  und  Uschakoff, 
Dr.   Hortling,   sowie  die  Fräulein  Andersin  und   Längström. 

Der  Vorsitzende  teilte  weiter  mit,  dass  26  verschiedene 
Diskussionsfragen  für  die  Neuphilologentage  von  den  Lehrern  der  Pro- 
vinz vorgeschlagen  worden  seien.  Ausserdem  habe  eine  Lehrerin 
in  Helsingfors  eine  Diskussionsfrage  vorgeschlagen.  Dr.  Uschakoff 
sprach  sich  in  Bezug  auf  den  Umfang  des  Programmes  aus  und 
wollte  festgestellt  haben,  ob  nur  pädagogische  Diskussionsfragen 
oder  daneben  auch  rein  wissenschaftliche  Fragen  mit  aufgenommen 
werden  sollten.  Dr.  Hagfors  hielt  dafür,  dass  auch  wissenschaftliche  Fra- 
gen vorkommen  sollten.  Prof.  Söderhjelm  hob  die  belebende  Einwirkung 
hervor,  welche  wissenschaftliche  Vorträge  auf  die  Teilnehmer  aus- 
üben müssen.  Fand,  dass  die  Neuphilologentage  als  verfehlt 
angesehen  werden  müssten,  wenn  man  sich  nur  mit  pädagogischen 
Fragen  begnügte.  Der  Redner  glaubte,  dass  die  Universitätslehrer 
Gelegenheit  haben  werden  wissenschaftliche  Vorträge  zu  halten, 
die  auf  das  Interesse  der  Teilnehmer  rechnen  können,  wie  z.  B. 
Mitteilungen  über  den  jetzigen  Stand  der  verschiedenen  Zweige  der 
Sprachwissenschaft,  u.  s.  w.  Der  allgemeine  Eindruck  der  Dis- 
kussion war,  dass  nebst  den  pädagogischen  Fragen  wissenschaft- 
liche Vorträge  ins  Programm  mit  aufgenommen  werden  sollten. 
Hinsichtlich  der  Sprache,  die  an  den  Neuphilologentagen  zur 
Anwendung  kommen  sollte,  sprach  sich  Lektor  Poirot  in  dei  Rich- 
tung aus,     dass   die    wissenschaftlichen    Vorträge    in   einer  fremden 


Eiugesiiiidte   I.itterntur.  '53 

Sprache  gehalten  werden  sollten  ;  was  aber  die  Diskussion  der  pä- 
dagogischen Fragen  betrifft,  bezweifelte  er,  dass  sie  mit  gutem  Er- 
folg in  einer  fremden  Sprache  geführt  werden  könnten.  Prof. 
Sr)derhjelm  fand,  dass  die  Referate  in  einer  fremden  Sprache 
gehalten  werden  könnten,  die  sich  auch  für  offizielle  Reden  gut 
eignete.  Letzteres  mit  Hinsicht  auf  die  Zweisprachigkeit  bei  uns. 
Schloss  sich  übrigens  der  Ansicht   Lektor  Poirots  an. 

Es  wurde  beschlossen,  dass  der  Vorstand  der  Neuphilolo- 
gentage dem  Neuphilologischen  Verein  seinerzeit  einen  Vorschlag 
zum   Programm   vorlegen   sollte. 

In  fidem: 
Ivnr  Hortlins.. 


Eingesandte  Litteratur. 

A.  Berloin,  La  Parole  Humaine.  Etudes  de  philologie  nou- 
velle  d'apres  une  langue  d'Amerique.  Paris,  PL  Champion  —  Montreal, 
Beauchemin   &   C:ie,    1908.      221    p.  in-8:o.      Prix:    5   francs. 

Ouvrage  absolument  fantaisiste  et  denue  de  toute  valeur 

scientifique !      L'auteur,    qui  n'est  pas  linguiste  de  profession, 

prend  pour  base  de  ses  recherches  la  langue  algique,  parlee 

par  des  tribus  indiennes  de   l'Amerique  du  Nord.      II  etablit 

des    comparaisons    stupefiantes  entre   cette  langue  et  les  lan- 

gues    indo-europeennes    (le    grec,    le    latin,    l'anglais   et  l'alle- 

mand),  ainsi  que  l'hebreu,   et  il  arrive  a  la  conclusion   que  la 

langue    algique    a    du    etre    la    langue    primitive,    celle  parlee 

par  nos  premiers  ancetres,   Adam   (alg.  atam,   respirer)   et  Eve 

(alg.  iw,  femme),  dans  le  Paradis  terrestre.   Sat  sapienti!  A.   W. 

Emil  Biirgef,   Deutsche   Frauenbriefe  aus   zwei  Jahrhunderten. 

Mit  vier  Bildnissen.     Frankfurt  a.   Main  und   Berlin,   M.  Diesterweg, 

1908       (=  Diesterwegs     Deutsche    Volksausgaben.      Vierter    Band. 

Hei.   von   Direktor   E.   Keller).      VI  -j-  240   S.   8:0.     Preis:   geh.   M. 

i:  50,  geb.   3:00. 

Expose  des  pnncipes  de  l' Association  phonäique  internationale. 
Chez  P.  Passy,  Bourg-la-Reine,  et  D.  Jones,  Wimbledon,  IQ08. 
20  p.      Prix:   o   fr.    50. 

Lucy  E.  Earrer,  La  Vie  et  les  Qluvres  de  Claude  de  Sain- 
liens,  alias  Claudius  Holyband.  Paris,  H.  Champion,  1908.  VII 
-|-  115   p.  in-8:o.      Prix:   4   francs. 

Pierre  Horluc  et  Georges  Marinet,  Bibliographie  de  la  syntaxe 
du  francais  (1840 — 1905).  Lyon,  A.  Rey  —  Paris,  A.  Picard  et 
Fils,   1908    (=  Annales   de  l'Universite  de  Lyon.      Nouvelle  serie. 


154  Eingesandte  Litteraiur.      Schriftenaustausch. 

II.      Droit,    Lettres.     —     Fascicule    20).      XI  -[-  320   p.  ,<;r.  iii-8:o. 
Prix:   6   francs. 

L'ouvrage,  qui  contient  3109  indications  bibliographiques, 
groupees  methodiquement,  rendra  de  bons  Services  ä  (|ui- 
conque  s'occupe  de  la  syntaxe  historique  du  fran^ais.  II  manque 
parmi  les  ouvrages  et  articles  cites  le  livre  si  important  de 
M.  Ebeling:  Probleme  der  romanischen  Svnlax.  tome  prämier 
(1905).  '  A.    W. 

Solmu  Nyström,  Deutsches  Lesebuch.  Mit  vierzig  Illustratio- 
nen und  einer  Karte  von  Deutschland.  Borgä,  W.  Söderström, 
1908.      295   S.    8:0.      Preis:    3:  75    Fmk. 

Jean  Passy  et  Adolphe  Rambeau,  Chrestomatliie  francaise.  Mor- 
ceaux  choisis  de  prose  et  de  poesie  avec  prononciation  figuree  a 
l'usage  des  etrangers,  precedes  d'une  introduction  sur  la  methode 
phonetique.  Troisieme  edition  revue  et  corrigee.  Leipzig  et  Ber- 
lin,  B.   G.   Teubner,    1908.      LX  -(-250  p.   in-8:o. 

Nous  n'avons  pas  besoin  de  recommander  cet  excellent 
ouvrage,  paru  sous  les  auspices  de  l'Association  Phonetiqne 
Internationale.  La  lecture  de  textes  en  transcription  pho- 
netique est  ce  qu'il  y  a  de  plus  utile  pour  ceux  qui  veulent 
acquerir  des  notions  precises  sur  la  prononciation  d'une  lan- 
gue  etrangere.  A.    W. 

Hermann  Paul,  Deutsches  Wörterbuch.  Zweite  Hälfte.  Zweite 
vermehrte  Auflage.  Halle  a.  S.,  M.  Niemeyer,  1908.  SS.  353  — 
690.      Preis:   Mk.    10. 

Ch.  Albert  Sechehaye,  Programme  et  methodes  de  la  linguis- 
tique  theorique  (Psychologie  du  langage).  Paris,  H.  Champion  - — 
Leipzig,  O.  Harrassowitz  —  Geneve,  A.  Eggimann  et  C:ie,  1908. 
XIX  +  267   p.   in-8:o. 


Schriftenaustausch. 

Annales   de  la   Faculte  de  Droit  d'Aix.      Tome   I   (1907). 

Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  d'Aix.     Tome   I   (1907). 

Die  früheren  Annales  des  Faculte's  de  Droit  et  des  Lettres 
d'Aix  erscheinen  fortan  in     zwei    verschiedenen   Serien. 

Bibliographia  phonetica,    1908,   Nr.   3  —  6. 

Bibliotheque  metidionale,  publice  sous  les  auspices  de  la  Fa- 
culte des  Lettres  de  Toulouse.      2:e  serie.     Tome  XII. 

Enthält:  Paul  Courteault.  Blaise  de  Monluc  historien.  Etüde 
critique  sur  le  texte  et  la  valeur  historique  des  Commentaires  (Avec 
un  Portrait  et  C[uatre  cartesi.  Toulouse,  Ed.  Privat,  1908.  XLVIII 
+  685   S.   gr.   8:0. 


Mitteilungen,  155 

Moderii  Language  Notes,   Bd.   XXIII   (1908),   Nr.    5 — 6. 

Moderna  spräk,    1908,   Nr.   4 — 6. 

Enthalten:  F.  Leray,  La  loi  des  trois  consonnes;  Besprechun- 
gen;  Übersetzungsübungen;   u.   s.   w. 

Päivä,    1908,   Nr,    18 — 40. 

Rassegna  hibliografica  della  letteratura  italiana.  Jahrg.  XVI 
(1908),   Heft   7—8—9. 

Shidier  i  modern  spräk'üetenskap,  utgivna  av  Nyfilologiska  säll- 
skapet  i  Stockholm.  Bd.  IV.  Uppsala,  Almqvist  &  "Wiksell,  1908. 
VIII -I-  291    S.  8:0. 

Virittäjä,  Jahrg.   XII   (1908),   Nr.    5. 


Mitteilungen. 

Einheimische  Beiträge  zu  ausländischen 
Zeitschriften:  Dr.  H.  Suolahti- Palander,  Ein  alter  Ausdruck 
der  deutschen  Arzneikunde,  in  Zeitschrift  für  Deutsche  Wortforschung, 
Bd.  X  (1908),  S.  225  f.;  Prof.  W.  Södethjelm,  Besprechung  von 
Kr.  Nyrop,  Note  sur  une  ballade  de  Villon,  in  Deutsche  Literatur- 
zeitung,   1908,  Sp.    1573. 

Ausländische  Besprechungen  einheimi- 
scher Publikationen:  A.  Längfors,  Li  Regres  Nostre 
Dame  par  Huon  le  Roi  de  Cambrai,  bespr.  von  A.  Jeanroy,  Re- 
vue critique,  I908,  S.  267 — 8;  von  A.  Tobler,  Archiv  für  das 
Studium  der  neueren  Sprachen  und  Literaturen,  CXX  (1908),  S. 
217 — 22;  von  P.  M(eyer),  Romania,  XXXVII  (1908),  S.  314—5; 
—  A.  Wallensköld,  Le  conte  de  la  femme  chaste  convoitee  par 
son  beau-frere,  bespr.  von  Walther  Küchler,  Zeitschrift  für  franz. 
Sprache  und  Litteratur,  XXXIII  (1908),  II,  S.  67  —  70;  ein- 
gehend referiert  von  Ludwig  Karl  (Karl  Lajos)  in  einem  in 
der  ungarischen  ,  Zeitschrift  »Ethnographia»  (1908)  erschiene- 
nen Artikel  (Arpadhazi  Szent  Erzsebet  es  az  üldözött  artat- 
lan  nö  mondaja,  d.  h.  Die  heilige  Elisabeth  vom  Hause  Arpad 
und  die  Legende  von  der  unschuldig  verfolgten  Frau),  welcher 
auch  eine  dem  Herausgeber  des  »Conte  de  la  femme  chaste» 
etc.  unbekannt  gebliebene  Version  der  Sage,  mit  »Ysabella»  (=  Eli- 
sabeth)  als   Heldin,  mitteilt. 

Die  von  prof.  W.  Söderhjelm  i.  J.  1904  herausgegebene 
Abhandlung    Spuren    7'ou     Ciceros    verlornem     Traktate  De    Virtuttbus 


1 56  Mittältingen. 

hei  einem  französischen  Sclniftslcller  des  fünfzehnten  Jahrhunderts? 
ist  neulich  einer  Göttinger  Dissertation  der  klassischen  Philologie 
von  H.  Knoellinger  zu  Grunde  gelegt  worden.  Die  Vermutung 
prof.  S:s,  dass  Antoine  de  la  Säle  uns  Auszüge  aus  einer  damals 
noch  vorhandenen  Handschrift  des  genannten  ciceronianischen  Trak- 
tates mitgeteilt  hat,  wird  von  dem  Verf.  durch  eine  eingehende 
Betrachtung  des  afz.  in  S:s  Arbeit  mitgeteilten  Textes  —  den  er 
ins  Lateinische  übersetzt  — •  und  einschlägiger  Umstände  noch 
glaublicher  gemacht.  Die  Dissertation  ist  später  selbständig  bei 
Teubner  in  Leipzig  in  dessen  »Bibliotheca  scriptoruni  graecorum  et 
romanorum»  erschienen  unter  dem  Titel:  M.  Tullii  Ciceronis  de 
vitttdibus  libri  fragmenta. 

Während  dieses  Jahres  hat  sich  eine  internationale 
Gesellschaft  für  romanische  Dialektologie  (mit 
Brüssel  als  Hauptort)  gebildet.  Der  Verein  wird  eine  »Revue  de 
dialectologie  romane»,  sowie  ein  »Bulletin  de  dialectologie  ro- 
mane»,  herausgeben.  Das  ganze  Arbeitsgebiet  ist  in  17  Bezirke 
verteilt  worden,  von  denen  die  skandinavischen  Länder  und  Fin- 
land  (mit  Doz.  E.  Staaff  in  Upsala  als  Repräsentant  in  der  Re- 
daktionskommission) eines  bilden.  Der  jährliche  Beitrag  ist  für 
aktive  Mitglieder  25  Francs,  für  passive  Mitglieder,  die  nur  das 
Bulletin  erhalten,  10  Francs.  Um  Mitglied  zu  werden,  hat  man 
sich  an  Privatdozent  B.  Schädel  (Richard  Wagnerstrasse  43,  Halle 
a.  S.)  zu  wenden. 

An  der  Londoner  Universität  werden  während  des  akade- 
mischen Jahres  1908  — 1909  von  Daniel  Jones,  P/[.  A.,  einem  der 
Herausgeber  des  Maitre  Phonetique,  phonetische  Kurse 
in  Englisch  und  Französisch  für  Ausländer  organi- 
siert. Sekretär  des  Unternehmens  ist  ^^'alter  W.  Seton,  University 
College,   Gower  Street,  London,  W.   C. 

Am  I.  Nov.  d.  J.  wird  im  Paris  (Hotel  des  Societes  savan- 
tes,  28,  rue  Serpente)  ein  Institut  franrais  pour  etrangers  eröffnet 
werden.  Direktor  des  Instituts  ist  Charles  Schweitzer,  docteur  es 
lettres,  professeur  agrege  honoraire  de  l'Universite.  Die  Kosten 
für  die  Teilnahme  an  die  praktischen  Sprachkurse  betragen  von 
40   Francs  (i    Monat)  bis    180  Francs  (6   Monate). 


NEUPrillOlOQISCHE 
•  •  MITTEIUJNGEN 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 

Acht  Nummern  jährlich.     Preis:   4    Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 

rv  A        *■   3°    durch    die    Post    und   q   Fmk  durch   die    Buchhandlungen. 

|}r.    7/8       Zahlende  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich.     1       |Ö0$ 

l|   —  Abonnementsbetrag,   Beiträge,    sowie  Bücher  zur  Besprechung    1  ' 

[1    bittet    man  an  die  Redaktion   (Adr.  Prof.    A.    Wallensköld,    ;j 

I  Vestra  Harangatan  5)  zu  senden.  i 

Die  Neuphilologenversammlung  lt.— 13.  Jan.  1909. 

In  seiner  letzten  Sitzung  des  vorigen  Semesters,  am  25. 
April  1908,  fasste  der  Neuphilologische  Verein  den  Beschluss, 
zu  Anfang  des  nächsten  Kalenderjahres  vor  Beginn  des  Früh- 
jahrssemesters eine  allgemeine  Zusammenkunft  der  Lehrer 
und  Lehrerinnen  der  s.  g.  modernen  Sprachen  in  Finnland 
zu  Stande  zu  bringen.  Der  Ausschuss,  welcher  in  derselben 
Sitzung  gewählt  wurde  um  diese  »Neuphilologenversammlung» 
vorzubereiten,  legte  dem  Verein  in  seiner  Sitzung  vom  26. 
September  ein  präliminares  Programm  für  die  Zusammenkunft 
vor.  Der  Ausschuss  ist  jetzt  im  Stande  das  (abgesehen  von 
unerwarteten  Änderungen)  definitive  Programm  für  diese 
Neuphilologenversammlung,  welche  am  11. — 13.  Januar  1909 
im  Gebäude  der  wissenschaftlichen  Gesellschaften  (Kasärng.  24) 
stattfinden  wird,  den  Mitgliedern  des  Vereins  sowie  anderen 
Interessierten  mitzuteilen : 

1  \.  Januar. 

p — //  Uhr  vorm.  Die  Zusammenkunft  wird  vom  Vor- 
sitzenden des  Neuphilologischen  Vereins,  Prof.  A.  Wallensköld, 
durch  eine  kürzere  Anrede  eröffnet.  —  Wahl  eines  Vorsitzenden 
sowie  zweier  Vize-Präsidenten  und  zweier  Schriftführer.  — 
Diskussion:   Die  s.   g.    allgemeine  Graiimiatik  beim  Unterricht 


158  Die  Neuphilologenversaviviliinii  ti.  — 13.  Jan.   igog. 

in  der  Muttersprache  und  den  Fremdsprachen  an  den  Real- 
lehranstalten (Ref.  Oberlehrer  Dr.  E.  Hagfors,  Helsingfors, 
und  Dr.  R.  Saxcn,  Helsingfors,  der  letztere  als  spezieller 
Vertreter  der  zu  dieser  Diskussion  eingeladenen  Teilnehmer 
an  der  um  dieselbe  Zeit  stattfindenden  V^ersammlung  der 
Lehrer  und   Lehrerinnen  der  einheimischen  Sprachen). 

// — 12   Uhr  vorm.     Frühstückspause. 

12 — I  Uhr  nachm.  Vortrag  von  Prof.  W.  Söderhjelm: 
Die  neue  Stilfonschung  und  ihre  Methoden. 

I — -j  Uhr  nachm.  Diskussion:  Das  Ziel  des  neusprach- 
lichen Unterrichts  in  Finnland  (Ref.  Dr.  L  Hortling,  Helsingfors). 

j — §   Uhr  nachm.     Mittagspause. 

5 — 6  Uhr  nachm.  Vortrag  von  Lektor  J.  Poirot :  Les 
methodes  de  la  phonetique  experimentale  (demonstrations 
pratiques  dans  1  Institut  physiologique,  Brobärgsterrassen  20). 

6 — 8  Uhr  nachm.  Diskussion  (in  demselben  Lokal) : 
English  in  the  School  (Ref.  Fräulein  Hanna  Granström, 
Helsingfors). 

12.  Januar. 

p — II  Uhr  vorm.  Diskussion :  Zur  Methodik  des  neu- 
sprachlichen Unterrichts  in  Finnland  (Ref.  Oberlehrer  Dr.  \. 
Uschakofif,   Helsingfors). 

// — 12   Uhr  vorm.     Frühstückspause. 

12 — /  Uhr  nachm.  Vortrag  von  Doz.  H.  Suolahti:  Die 
Aufgaben  der  deutschen  Wortforschung. 

I — 3  Uhr  nachm.  Diskussion:  Die  Wahl  der  Lektüre 
für  die  oberen  Klassen  (Ref.   Lektor  S.   Nyström,   Viborg). 

j — ß   Uhr  nachm.     Mittagspause. 

5 — 6  Uhr  nachm.  Vortrag  von  Lektor  J.  D.  Wilson: 
The  Past  and  Future  of  the  English  Stage. 

6 — 8  Uhr  nachm.  Diskussion:  Die  Behandlung  der 
Texte  in  den  oberen  Klassen  (Ref.  Mag.  phil.  U.  Berglund, 
Jakobstad). 

13.  Januar. 

p — II  Uhr  vorm.  Diskussion:  Die  Anwendung  der 
Fremdsprache  beim  neusprachlichen  Unterricht  (Ref.  Rektor 
Cand.   phil.  L.   Granit,  Kotka). 


^F.  Söderhjeltn,  Les  nouvelles  frangaises  du  Ms.    Vatic,  Reg,   iji6,     159 

II— 12   Uhr  vorm.     Frükstückspause. 

12 — /  Uhr  nachm.  Vortrag  von  Doz.  A.  Längfors: 
Nouvelles    theories    sur    la    formation  des  Chansons  de  geste. 

/ — ;9  Uhr  nachm.  Diskussion:  Die  schriftlichen  Klassen- 
arbeiten (Ref.   Fräulein  Mag.   phil.   A.   Ottelin,   Viborg). 

^ — 5   Uhr  7iachm.     Mittagspause. 

5 — 6  Uhr  nachm.  Vortrag  von  Lektor  J.  Öhquist:  Ro- 
mantik und  Klassik  in  der  modernen  deutschen  Dichtung. 

6 — 8  Uhr  nachm.  Diskussion:  Die  neusprachliche  Lit- 
teratur  der  Schülerbibliotheken  (Ref.  Lektor  W.  Juutilainen, 
Nyslott).  —  Schlussvvorte  des  Vorsitzenden. 


Die  Vorträge  werden  in  einer  fremden  Sprache  gehalten. 
Bei  den  Diskussionen  steht  es  den  Teilnehmern  frei,  entweder 
eine  fremde  Sprache  oder  die  einheimischen  Sprachen  zu 
benutzen. 


Mitgliedskarten  zu  einem  Preise  von  Fmk.  3  sind  vom 
9.  Januar  ab  beim  Wachtmeister  J.  Wilhelmsson,  Kasärng.  24, 
zu  haben. 


Für  das  gesellige  Zusammensein  an  den  Abenden  der 
Kongresstage  werden  seiner  Zeit  nötige  Anstalten  getroffen 
werden. 

Helsingfors  den  28.  Nov.   1908. 

Der  Ausschuss. 


Les  nouvelles  franpaises  du  Ms.  Vatic.  Reg.  1716. 

II    y  a  dejä  dix-huit  ans,  M.   Ernest  Langlois  donnait  ä 

savoir    aux    romanisants    qu'il  existait  dans  un  manuscrit  du 

fonds  de  la  reine  Christine  au  Vatican  un  recueil  de  nouvelles 


l6o  fV.  Söderhjelin, 

frangaises  provenant  du  XV<=  siecle  et  jusqui'ci  inconnu  ^ 
Des  indications  peu  douteuses  montraient  que  ces  nouvelles 
etaient  ecrites  ä  Sens,  et  les  rubriques  des  differents  morceaux, 
enumerees  par  M.  Langlois  2,  trahissaient  une  compilation  d'ele- 
ments  tres  divers.  Gaston  Paris,  dans  son  article  sur  la 
nouvelle  frangaise  aux  XV^  et  XVP  siecles,  imprime  dans  le 
Journal  des  Savants  1895,  regretta  en  passant  que  le  recueil 
de  Sens  ne  füt  pas  encore  edite,  mais  en  annonga  aussi  la 
publication  prochaine  ^.  En  effet,  le  maitre  avait  promis  de 
collaborer  avec  M.  Langlois  pour  cette  publication,  mais  pour 
des  raisons  expliquees  ä  la  fin  de  l'introduction  de  M.  Langlois  ^, 
11  n'en  fut  den.  Apres  des  vicissitudes  de  toute  sorte,  les 
nouvelles  senonaises  ont  ete  mises  ä  la  lumiere  finalement 
par  les  soins  de  M.  Langlois  seul.  Elles  ont  paru,  ce  qui 
etait  bien  naturel  du  reste,  dans  la  jolie  et  utile  Bibliotheque 
frangaise  du  XV^  siecle  de  M.  Honore  Champion.  Tous  ceux 
qui  s'interessent  ä  la  litterature  frangaise  de  cette  periode  de 
transition  et  de  fermentation  sauront  gre  ä  M.  Langlois  de 
s'etre  decide  ä  faire  connaitre  au  public  le  resultat  complet 
de  sa  belle  decouverte,  d'autant  plus  qu'il  a  du  se  soumettre 
ä  la  peine  de  refaire  toutes  les  recherches  pour  le  commen- 
taire,  ses  premieres  notes  ayant  disparu  dans  des  destinees 
mysterieuses. 

Pendant  la  longue  attente  de  la  publication,  ces  nouvelles 
n'etaient  pourtant  pas  restees  dans  l'oubli.  M.  Karl  Vossler, 
qui  suffit  ä  tout  et  qui  s'interesse  ä  tout,  s'etait  mis  ä  examiner 
soigneusement  le  manuscrit  du  Vatican  apres  M.  Langlois,  et 
en  til,  en  1902,  l'objet  d'une  etude  tres  meritoire,  se  rapportant 
surtout    aux    sources    des  differents  recits  et  publice  dans  les 


'  Dans  son  important  article  sur  les  manuscrits  frangais  de  Rome,  No- 
tices  et  extraits  des  manuscrits,  t.  XXXIII,  II  (M.  Langlois  lui-meme  renvoie 
au  tome  XXII). 

*  Cependant,  il  n'avait  donne  que  41  numeros.  Dans  Fedition  il  y 
en  a  45.  M,  Vossler  avait  reuni,  ä  ce  qu'il  parait,  trois  tout  petits  morceaux 
en  un  seul,  de  sorte  qu'il  obtint  43  numeros. 

^  Fascicule  de   Mai,   p.   290, 

*  P.  XI— XII. 


Les  nouvelles  frafifnises  du  Ms.    Vatic,  Reg.   17 1 6,  161 

Studien  zur  vergleichenden  LitteraturgescJiichte  de  M.  Koch  1. 
II  ressortait  de  cette  etude  qu'on  pouvait  relever  des 
sources  ou  des  versions  correspondantes  pour  une  tres  grande 
partie  des  nouvelles,  et  que  ces  sources  representaient  des 
genres  litteraires  assez  difFerents,  allant  des  fableaux  jusqu'ä 
la  Bible.  C'est  cette  diversite  de  matieres  qui  faisait  croire 
ä  M.  Vossler  que  l'on  avait  affaire  ä  un  recueil  pareil  ä  ceux, 
tres  nombreux  au  moyen  äge  et  pendant  la  Renaissance, 
qui  furent  composes  dans  un  but  pedagogique.  M.  V.  allait 
encore  plus  loin:  il  voulait  voir  dans  cette  compilation  des 
debris  du  livre  perdu  des  enseignements  pour  ses  fils  que  le 
Chevalier  de  La  Tour  Landry  dit  avoir  compose  comme  pen- 
dant ä  son  livre  sur  l'education  de  ses  fiUes  ^.  A  l'appui  de 
cette  derniere  hypothese,  il  cite  le  fait  que  deux  passages  de 
ce  livre  qui  devaient  se  trouver  aussi  dans  les  enseignements 
aux  fils  peuvent  en  effet  etre  identifies,  quoique  pas  tout  ä 
fait  sous  la  meme  forme,  dans  le  recueil  senonais  ^.  Ces  deux 
conjectures  ont  ete  refutees  par  M.  Langlois,  et,  ä  ce  que  je 
crois,  avec  raison.  —  Quant  ä  la  date  de  la  composition  du 
recueil,  M.  Vossler  l'avait  dejä  placee  ä  la  fin  du  XV^  siecle  ^ 
et  M.  Langlois  est  du  meme  avis,  en  admettant  pourtant  »la 
seconde  moitie»   du  siecle. 

M.  Vossler,  apres  avoir  jete  un  coup  d'oeil  sur  les  origines 
et  le  developpement  de  la  novellistique  frangaise,  confronte 
notre  recueil  avec  les  Cent  nouvelles  nouvelles,  en  avangant 
qu'il  marque  un  recul  sur  celles-ci,  ä  moins  qu'on  ne  puisse 
les  considerer  comme  un  »degre  anterieur.»  Mais  la  difference 
de  ces  deux  productions  est  dans  le  genre  aussi  bien  que 
dans  la  qualite,  et  c'est  pourquoi  on  ne  saurait  parier,  du  moins 
Selon    moi,    d'une    »reaction»    ä    l'egard    des    Cent  n.  n.     Le 


1  Fase.  I,  p.  3—36. 

"  Loc.  dt.  p.  34  et  suiv. 

*  On  pourrait  noter  encore,  ä  la  rigueur,  cette  ressemblance  que  dans 
le  livre  du  Chevalier,  comme  dans  notre  recueil,  ä  plusieurs  endroits  le  rstyle 
a  garde  des  rimes  provenant  des  modeles  en  vers.  —  Le  style,  par  ailleurs, 
est  tres  different. 

*  Loc.  cit.  p.  8. 


l62  IV.  SöderhjelDi, 

recueil  compose  ä  la  cour  de  Genappes  transplante  d'un  coup 
sur  le  sol  frangais  un  genre  qui  avait  fleuri  en  Italic  dejä  au 
XIV=  siecle,  avec  sa  forme  et  ses  manieres  ^;  il  devient  l'ancetre 
de  cette  novellistique  qui  fleurit  si  abondamment  en  France 
pendant  le  XVP  siecle  et  dont,  malgre  des  interruptions,  la 
tradition  s'est  maintenue  jusqu'ä  nos  jours.  La  compilation 
de  Sens,  au  contraire,  est  comme  un  reservoir  oü  se  sont 
reunis  plusieurs  des  courants  qui  traversent  le  domaine  de  la 
»novellistique»   frangaise  avant  le  XV'^   siecle. 

La  »nouvelle»,  en  effet,  est  une  designation  vague,  et 
l'esthetique  moderne  n'a  pas  meme  reussi  ä  lui  assigner  une 
signification  bien  delimitee.  Nous  somraes  habitues  a  l'appliquer, 
dans  la  litterature  frangaise  des  temps  anciens,  surtout  ä  des 
produits  du  genre  italien,  des  anecdotes  developpees,  oü  une 
Situation  extraordinaire  evoque  notre  interet  ou  bien  un 
personnage  est  caracterise  par  quelque  trait  psychologique 
ressortant  ä  un  moment  donne  de  ses  actions,  oü  l'observation 
de  la  realite  se  fait  sentir  d'une  fagon.  convaincante  et  le  style 
prend  des  allures  degagees  pour  s'elever  peu  ä  peu  jusqu'au 
domaine  de  l'art.  Mais  cette  conception  n'est  pas  rigoureuse 
et  ne  peut  pas  l'etre.  D'abord,  la  comprehension  du  mot 
»nouvelle»  ne  permet  guere  qu'on  ecarte  les  oeuvres  poetiques 
en  l'appliquant  uniquement  aux  contes  en  prose;  et  il  y  a 
des  lais  et  des  fableaux  qui  portent  les  marques  de  la  nou- 
velle posterieure.  Ensuite,  la  technique  de  la  nouvelle  s'annonce 
dejä  dans  differents  ouvrages  de  contenu  romantique  ou  devot, 
et,  de  l'autre  cöte,  des  sujets  novellistiques  peuvent  etre  exposes 
dans  une  forme  etroite  et  simple  qui  n'a  pas  de  trace  de  l'art 
d'ecrire:  tels  les  exemples  de  moralite  et  les  anecdotes.  En 
somme,  il  est  extremement  difficile  de  faire  une  repartition 
nette  entre  ce  qui  est  «nou\elle»  et  ce  qui  ne  Test  pas,  et  nous 
devons  peutetre  nous  contenter  de  ranger  dans  cette  categorie, 
au  moins  pour  ce  qui  est  des  temps  primitifs,  tout  court  recit 
oü  il  y  a  tant  soit  peu  d'action. 


'   Cela    ii'empeche    pas,    bien    entendu,    qu'il    n'y    ait    pas    eu  d'efforts 
considerables  dans  le  genre  du  court  recit  realiste;   voy.  plus  loin. 


Lcs  nonvelUs  ßanfaises  du  Ms.    l'atic.  Reg.  ijiö.  163 

Mais  meme  si  nous  dcfinissons  la  nouvelle  d'une  maniere 
plus  etroite,  si  nous  y  cherchons  la  peinture  realiste  et  l'obser- 
vation  psychologique,  nous  ne  pouvons  pas  pretendre  que  sa 
premiere  apparition  en  France,  a  la  fin  du  XV''  siecle,  se 
fasse  indepcndamment  de  toute  tradition. 

Le  fil  de  cette  tradition  part  des  lais  et  des  fableaux. 
Le  lai  du  Fresne,  n'est-ce  pas  un  essai  de  peinture  psychologique 
dans  un  cadre  etroit,  et  le  lai  du  Laustic,  ne  se  rapproche-t-il 
pas,  par  l'observation  realiste  des  details,  la  composition  unie 
et  la  touche  legere,  encore  davantage  de  la  nouvelle  moderne? 
Le  lai  de  Y Espervier  ne  traite-t-il  pas  le  meme  sujet  qui  revient 
tant  de  fois  dans  la  novellistique  posterieure  et  qui  provient 
des  recueils  orientaux:  le  mari  retournant  trop  tot  ä  la  maison 
est  berne  par  sa  femme  adultere?  Malgre  le  manque  de  sens 
artistique  qui  caracterise  en  g^neral  les  fableaux,  il  y  en  a 
pourtant  qui  non  seulement  sont  bien  racontes,  mais  encore 
se  distinguent,  dans  la  mise  en  ceuvre,  par  une  forme 
que  nous  pouvons  appeler  artistique  au  plein  sens  du  mot: 
tels  Richeut,  Auberee,  oü  la  psychologie  est  assez  robuste, 
mais  la  fagon  de  conter  vraiment  superieure,  et  le  fableau 
Des  dous  changeors,  oü  l'intrigue  est  de  la  simplicite  habituelle, 
mais  oü  il  y  a  une  tres  fine  Observation  psychologique  dans 
la  maniere  dont  est  racontee  la  vengeance  de  la  femme  bru- 
talisee  par  son  mari ;  tel  la  Boiirse  pleine  de  sens  avec  sa 
charmante  peinture  de  la  vie  de  famille,  du  mari  leger  et  de 
la  femme  indulgente.  Ces  exemples  sont  pris  un  peu  au 
Hasard  et  il  peut  y  en  avoir  d'autres.  En  tout  cas,  il  n'est 
pas  juste  de  dire,  je  crois,  que  les  novellistes  des  temps 
posterieurs  ne  soient  redevables  aux  fableaux  frangais  que  des 
Sujets;  ils  auraient  pu  apprendre  de  plus  d'un  de  ces  fabulistes 
la  maniere  de  mettre  en  relief  les  caracteres  et  de  donner  au 
recit  une  note  exacte  de  verite  et  au  style  le  mouvement 
necessaire  pour  vivifier  le  dialogue  et  la  marche  de  l'action. 
Ils  trouvaient  aussi  des  modeles  dans  de  petits  »romans», 
comme  la  touchante  histoire  de  la  Chastelaine  de  Vergi,  dont 
les  peintures  intimes  du  coeur  feminin  ont  ete  comparees  avec 
raison  a  ce  que  la  litterature  moderne  offre  de  mieux  comme 


164  ^.   Söderhjelm, 

etude  de  la  psychologie  amoureuse.  Et  dans  ce  genre,  je 
n'ai  pas  besoin  de  nommer  le  chef  d'ceuvre,  Aticassin  et  Nicolete, 
oü  la  forme  versifiee  alterne  dejä  avec  la  prose  Puis,  ce  sont, 
au  meme  XIIP  siecle,  de  petits  »romans»  roniantiques  encore, 
le  Constant  VEnipereour,  la  Comtesse  de  Ponihieu  et  Le  Roi 
Floire  et  la  belle  Jehanne,  oü  nous  rencontrons  parfois  dans 
la  peinture  des  caracteres  et  surtout  dans  le  dialogue  des  traits 
qui   nous  rappellent  vivement  la  nouvelle  moderne. 

A  cote  de  ces  produits,  nous  pouvons  noter  les  remanie- 
ments,  soit  en  vers  ou  en  prose,  des  oeuvres  moralisantes,  comme 
la  Disciplina  Clericalis  et  les  Sept  Sages.  La  raison  pour 
laquelle  elles  ont  ete  mises  en  forme  vulgaire  n'a  probablement 
rien  ä  faire  avec  leur  destination  primitive.  C'est  dans  les 
sermons  et  les  recueils  composes  dans  un  but  edifiant  que  se 
prolonge  leur  role  educateur;  mais  si  elles  ont  ete  revetues 
d'une  forme  litteraire,  c'est  sans  doute  parce  qu'elles  contenaient 
de  petites  histoires  piquantes  ou  autrement  amüsantes,  que  le 
public  prenait  un  certain  plaisir  ä  entendre.  En  les  appropriant 
ainsi  aux  besoins  de  ce  public,  les  remanieurs  ont  quelquefois 
pris  soin  d'ajouter  des  details  et  des  accessoires  realistes  qui 
donnent  au  recit  plus  de  vie  qu'il  n'en  a  dans  l'original;  et 
ce  genre  de  litterature  se  rattache  ainsi,  autrement  encore 
que  par  ses  sujets,  ä  la  novellistique  des  siecles  suivants. 

Malgre  l'etendue  que  nous  avons  donnee  ici  au  mot 
»nouvelle»,  nous  ne  pouvons  guere  considerer  les  ouvrages 
du  XIV^  siecle  que  l'on  a  publies  sous  ce  nom,  comme  des 
nouvelles.  Le  recueil  de  Moland  et  d'Hericault  ^  en  comprend 
trois;  la  premiere  est  biblique  comme  sujet  et  comme  style, 
la  seconde  est  une  longue  histoire  dans  le  ton  de  la  chronique, 
et  la  troisieme  est  une  traduction  de  l'ouvrage  de  jeunesse 
de  Boccace,  Filostrato,  composee,  non  pas  au  XIV^  ,  mais  en 
plein  XV'^  siecle  -.     Ces   pretendues  »nouvelles»    ont,  par  con- 


'  Nouvelles  Jrangaises  en  frose  du  XlVe  siede.  Bibliotheque  Elzevi- 
rienne,   Paris    1858. 

^  Cette  supposition  n'est  pas  de  date  recente,  mais  eile  n'a  acquis 
de  certitude  qu'avec  l'article  tres  substantiel  et  convaincant  de  M.  Henri 
Hauvette  dans  le  Bulletin  italien,  t.  VII,  n°  4,  Octobre — Decembre  1907,  p. 
298  et  suivv. 


Lcs  noin'cllcs  frani;aises  du  Ms.    l'atic.  Reg.   17 16.  165 

sequent,  fort  peu  de  connexion  avec  la  nouvelle  posterieure 
proprement  dite.  Au  contraire,  le  Üvre  du  Chevalier  de  La 
Tour  contient  un  certain  nombre  de  petites  histoires  de  la 
categoire  des  exempla  et  brodees  en  partie  sur  des  sujets 
repandus  dans  la  litterature  narrative  ^;  mais  la  plupart  de 
ces    histoires    sont    racontees   sans  aucun  souci  de  la  forme  2. 

Une  longue  periode  vide  —  et  tout  d'un  coup  nous 
rencontrons  sur  notre  chemin  Les  quinze  joycs  de  mariage. 
Ouel  progres  sur  tout  ce  qui  precede !  Quelle  psychologie  sur- 
prenante  et  quel  art  exquis!  II  est  vrai  que  quelques-uns 
de  ces  chapitres  sont  des  descriptions  plutot  que  des  recits, 
niais  dans  d'autres,  au  contraire,  l'element  narratif  prevaut 
absolument  et  prend  des  allures  si  vives  et  dramatiques  qu'ils 
peuvent  etre  consideres  comme  de  vrais  types  de  nouvelles. 
Et  c'est  pourquoi  cet  ouvrage  marque  une  date  dans  l'his- 
toire  de  la  novellistique  frangaise,  et  non  pas  seulement 
dans  Celle  de  la  satire.  C'est  lui  aussi  qui  introduit  dans  la 
litterature  frangaise  le  bourgeois  peint  au  vif  avec  sa  vie 
prosaique  de  famille:  nous  savons  que  dans  les  contes  cites 
ci-dessus  il  s'agissait  des  Chevaliers  ou  bien,  comme  dans  les 
fableaux,  des  moines  ou  des  xvilains».  A  certains  egards, 
l'observation  de  la  realite,  l'etude  des  faiblesses  du  caractere 
humain  et  la  perfection  de  la  technique  dans  cet  ouvrage 
auraient  pu  servir  de  modeles  accomplis.  Mais  par  la  porte 
qui  s'ouvre  ainsi  a  deux  battants  ä  la  nouvelle  moderne,  nous 
ne  voyons  personne  entrer  sur  les  traces  de  l'auteur  de  ce 
chef-d'oeuvre. 

N'oublions  cependant  pas  qu'Antoine  de  la  Säle  doit 
etre  place  assez  pres  de  cet  auteur  (sinon  meme  identifie 
avec  lui,  question  ä  laquelle  je  ne  veux  pas  toucher  ici). 
La  fin  du  Petit  JeJian  de  Saintre,  qui  forme  un  episode  a 
part,    a    tout    ä   fait    l'empreinte    d'une    nouvelle  —   c'est    une 


'   Quelques-unes  racontent  visiblement  des  faits  reels. 

^  Nous  ne  devons  pas  oublier  ici  les  contes  devots  pris  de  la  Vie  des 
anciens  peres,  et  contenant  plusieurs  excellents  traits  de  moeurs  et  des  carac- 
teristiques  tres  vives;  cellesci,  au  moins  en  partie,  se  trouvent  cependant 
dejä  dans  les  sources  latines. 


l66  IV.   Söderlijelm, 

Situation  etroitement  bornee,  tres  habilement  developpee  et 
servant  de  cadre  ä  une  etude  psychologique,  le  tout  decrit  avec 
une  verve  et  une  vie  dramatique  parfaites.  Dun  tout  autre 
genre  est  la  nouvelle  —  car  cet  episode  peut  bien  etre  de- 
signe  ainsi  —  qui  forme  le  premier  des  exemples  du  Recon- 
fort.  C'est  aussi  une  etude  de  caractere  feminin,  mais  combien 
differente  de  la  precedente:  une  etude  des  sentiments  d'une 
mere  dans  une  des  situations  les  plus  difficiles  de  la  vie,  oü 
il  s'agit  de  choisir  entre  l'amour  maternel  et  l'honneur  du  mari 
et  de  la  patrie,  menee  avec  un  realisme  poignant  et  un  art 
qui  en  fait  le  premier  vrai  recit  »sentimental»  de  la  littera- 
ture  frangaise.  —  Si  nous  ajoutons  encore  les  Arrets  d'amour 
de  Martial  d'Auvergne,  oü  l'element  novellistique  joue  un 
assez  grand  role,  et,  peut- etre,  le  roman  de  Jehan  de  Paris, 
qui  en  somme  n'est  autre  chose  qu'une  nouvelle  un  peu  am- 
plement  developpee,  nous  avons  nomme  les  principaux  ouvra- 
ges  qui  forment  au  XV^  siecle,  avant  et  avec  les  Cent  nou- 
velles  nouvelles,  la  contribution  de  la  France  au  genre  litte- 
raire  de  la  nouvelle.  ^ 

On  pourra  juger,  j'espere,  par  cet  apergu  rapide-  com- 
bien est  variable,  pendant  la  periode  de  son  developpement, 
le  caractere  de  ce  qu'on  peut  appeler  la  »nouvelle»  et  combien 
il  sera  difficile  d'assigner  au  contenu  du  ms.  du  Vatican  une 
place  bien  marquee  dans  ce  developpement. 

Aussi  l'editeur  s'abstient-il  de  toute  conjecture  a  cet 
egard.  II  est  d'autant  plus  explicite  en  ce  qui  concerne  la 
valeur  litteraire  de  son  recueii.  »Le  style  et  la  langue  du 
compilateur  sont  completement  depourvus  d'interet»,  dit-il; 
»ceux  de  ses  chapitres  dont  les  originaux  sont  connus  ne  valent 


I 


*  Les  nourelles  de  Philippe  de  Vigneulles  sont  malheureusement  en- 
core inedites,  et  n'auront  guere  la  chance  de  voir  la  lumiere  tant  qu'un  par- 
ticulier,  par  une  discretion  tres  malplacee,  semble-t-il,  gardera  le  manuscrit 
scelle  de  sept  sceaux. 

^  J'ai  l'intention  de  le  developper  et  de  l'approfondir,  surtout  au  point 
de  vue  de  l'analyse  esthetique,  dans  une  etude  d'ensemble  sur  les  debuts  de 
la  nouvelle  frangaise  et  l'art  de  conter  au  XV:e  siecle,  qui  paraitra  dans  le 
courant  de  l'annee  prochaine. 


Les  nouvelles  /ran(aises  du  Ms.    J'otic.   Reg,   iji6.  167 

pas  qu'on  les  public» ;  et  il  ajoute  :  »au  contraire,  les  contes 
dont  les  sources  immediates  sont  inconnues  fournissent  une 
contribution  tres  appreciable  ä  certains  chapitres  de  l'histoire 
litteraire».  ^  M.  Vossler  est  un  juge  moins  severe.  II  ne 
voit  certes  pas  dans  l'auteur  un  grand  talent,  -  mais  ä  quel- 
ques endroits  il  s'arrete  pour  lui  reconnaitre  certaines  qualites 
de  conteur:  parlant  du  n:o  XII  (la  fille  sans  mains),  il  appelle 
le  miracle,  qui  ne  se  trouve  pas  dans  les  sources,  »speciale- 
ment  beau  et  original»;^  l'histoire  du  larron  et  meurtrier 
Thibault  le  Roux  est  designee  par  lui  comme  »habilement 
racontee»;"^  dans  le  n:o  IX  (l'odeur  du  roti  payee  du  son  de 
l'or),  il  trouve  »remarquable»  »die  musterhaft  retardierende 
Art  der  Erzählung  und  die  starke  Lokal  färbe »; -^  l'histoire 
salomonienne  n:o  XXIX  est,  selon  lui,  pleine  d'observation 
fine  et  de  vie  dramatique;^  et  il  trouve  que  l'histoire  de 
Termite  Galiache,  qui  fut  repris  de  ce  qu'il  riait  de  la  mort 
de  tout  chretien  et  l'expliquait  en  renvoyant  aux  plaisirs 
d'outre-tombe  (n:o  XIII),  est  »racontee  d'une  maniere  char- 
mante» (»reizend  erzählt»).  ''  En  parlant  du  n:o  XXXVIII, 
»De  troys  Chevaliers  qui  s'entraymoient»  (c'est  l'histoire  des 
trois  livres:  de  conscience,  de  science  et  de  sapience),  il  appelle 
la  scene  de  la  conversion  au  bois  »stimmungsvoll  und  sug- 
gestiv». ^ 

Sans  vouloir  souscrire  ä  tous  les  adjectifs  de  M.  Voss- 
ler, je  ne  suis  pourtant  pas  non  plus  tout  ä  fait  de  l'avis  de 
M.  Langlois.  Certes,  je  ne  comparerai  pas  notre  auteur  aux 
ecrivains  du  XV^  siecle  dont  il  a  ete  question  plus  haut.  Mais 
je  trouve  que  le  jugement  de  M.  Langlois  sur  le  style  »lourd 
et  plat  comme  un  texte  de  chancellerie»   pourrait  souffrir  une 


*  Introduction,  p.  X. 
^  Loc.  cit.  p.   13. 

*  Loc.  dt.  p,    15. 

*  Loc.  cit.  p.  19. 
'"  Loc  cit.  p.  20. 
"  I-oc    cit.   p.   20 

'  Loc.  cit.  pag.   23. 

•*  Loc.  cit.  pag.   32. 


i68  IV.   Söderhjelm, 

modification.  Ouelquefois,  et  meme  souvent,  le  style  a  un 
cachet  de  simplicite  et  de  naturel  qui  produit  une  impression 
assez  sympathique.  Si  Ton  compare,  comme  l'a  fait  M. 
Vossler,  le  chapitre  XXIX  ä  une  histoire  correspondante  (mais 
pas  aussi  apparentee  que  le  laisse  croire  la  juxtaposition  en- 
treprise  par  M.  V.)  dans  le  livre  du  chevalier  de  La  Tour, 
on  peut  voir  quelle  difference  de  style  il  y  a  en  efifet 
entre  celle-ci,  qui  est  vraiment  »lourde  et  plate»,  et  notre 
histoire,  qui,  sans  ofifrir  precisement  les  qualites  que  lui  attri- 
bue  M.  Vossler,  est  racontee  d'une  maniere  limpide  et  agreable, 
sans  un  mot  d'ornement,  il  est  vrai,  mais  aussi  sans  rien 
supprimer  d'essentiel;  l'image  qu'elle  donne  de  la  Situation 
est  vivante,  quoique  pas  draniatique,  et  il  n'y  a  pas  une  seule 
expression  triviale  qui  aplatirait  l'impression.  II  faut  dire 
aussi  des  chapitres  IX,  X  et  XIII  qu'ils  sont  assez  bien  ra- 
contes  (si,  pour  la  derniere,  l'auteur  n'a  eu  d'autre  source  que 
X Historia  Lausiaca,  il  merite  meme  un  compliment  pour  son 
arrangement).  Dans  le  chapitre  XII,  la  scene  qui  se  passe 
entre  le  comte  et  les  dames  religieuses  et  oü  il  decouvre  son 
fils  dans  le  petit  gamin  qui  se  met  entre  ses  jambes  et  qu'il 
croit  etre  ä  une  des  nonnains,  est  bien  dialoguee  et  amüsante.  ^ 
De  meme,  le  recit  du  miracle  qui  precede  a  ete  releve  avec 
raison  par  M.  Vossler.  ^.  Mais  quand  l'auteur  reussit,  c'est 
plutöt  inconsciemment.  II  semble  avoir  une  certaine  idee  de 
ce  qu'exige  le  recit  en  prose,  si  Ton  peut  juger  d'apres  l'effort 
qu'il  fait  au  commencement  du  chapitre  IX  pour  vivifier  la 
description  de  son  original  en  y  introduisant  un  dialogue; 
mais  cela  est  tout  a  fait  rudimentaire  et  sporadique,  et  ne  mene 
ä  rien.  D'un  autre  cote,  il  supprime  a  plusieurs  endroits  les 
discours  et  tout  autre  moyen  d'entretenir  le  lecteur,  pour  faire 
ressortir  seulement  les  points  essentiels  de  l'action  et,  surtout, 
la  moralisation    cachee  sous  eile.     Quant  ä  la  composition,  il 


'  Edition,  p.  66. 

^  Malheureusement,  je  ne  peux  me  former  aucun  jugement  sur  la 
scene  du  n:o  XXXVIII,  louee  par  M.  Vossler,  car  M.  Langlois  a  supprime 
precisement  ce  passage  dans  son  edition. 


Les  nouvclks  /rangaises  dti  Ms.    Vatic.  Reg.  17 16,  169 

saisit  vraiment  toute  occasion  pour  faire  montre  de  son  peu 
d'habilete.  Ainsi,  dejä  la  premiere  histoire,  qui  par  son  sujet 
trcs  repandu  appartient  au  »cycle  de  la  gageure»,  prouve 
qu'il  ne  sait  pas  se  servir  d'un  motif  donne  pour  bien  en- 
chainer  les  evenements;  ^  dans  le  chapitre  XIV,  il  commet 
differentes  maladresses  en  arrangeant  le  beau  sujet  du  Vair 
palcfroi:  dans  XV,  il  omet  des  traits  essentiels,  et  dans 
XXV^I,  »il  a  ote,  en  supprimant  certains  details,  dit  M.  Lan- 
glois,  toute  signification  ä  son  recit».  Quand,  par  contre,  il 
introduit  dans  le  chapitre  VIII  un  motif  d'un  autre  conte_  le 
recit  regoit  par  lä  un  petit  surplus  de  vivacite.  -  Mais  ici 
encore,  il  est  permis  d'avoir  des  doutes  sur  l'intention  artis- 
tique  de  l'auteur.  —  II  est  difficile  de  dire  ä  quelle  mesure 
l'arrangement  du  chapitre  VII  doit  etre  attribue  k  notre  auteur 
il  s'agit  du  sujet  tres  connu  du  mari  qui  confesse  ä  sa  femme 
qu'il  a  commis  un  meurtre  et  qui,  ä  la  suite  d'une  quereile, 
est  denonce  par  eile.  Mais  il  se  trouve  ajoute  ici  un  autre 
theme,  celui  du  pretre  qui  confesse  le  meurtrier  de  son  pere; 
ce  fils  est  si  indulgent  que  non  seulement  il  absout  le  meur- 
trier, ce  qui  est  son  devoir,  mais  qu'il  lui  donne  encore  son 
cheval  pour  lui  faciliter  sa  disparition.  Or,  cette  refonte  n'est 
pas  Sans  donner  plus  de  mouvement  au  recit,  raconte,  du 
raste,  d'une  maniere  excessivement  breve  et  sans  esprit.  La 
reflexion  moralisante  ä  la  fin,  qui  se  termine  par  cette  maxime: 
»car  femme,  n'en  doubtez  mie,  ne  peut  celer  que  ce  qu'elle 
ne  sait  pas»,  semble  bien  provenir  de  l'auteur  lui-meme,  bien 
qu'en  general  il  n'ait  pas  l'habitude  de  resumer  ses  doctrines 
par  de  telles  conclusions.  ^  —  Si  quelquefois  nous  trou- 
vons  chez  lui  des  episodes  bien  ajustes  qui  ne  se  retrouvent 
pas  dans  les  versions  connues  des  memes  themes,  nous  ne 
sommes  malheureusement  pas  autorises  ä  y  voir  des  preuves 


'  Cela  a  pu  etre  ainsi  dans  sa  source  immediate,  mais  en  tout  cas  il 
ne  s'en  est  pas  apergu. 

-  Edition,  p.  47  et  suivv. 

'  Eu  egard  ä  l'exemple  de  ce  chapitre  VII  et  ä  celui  du  chap.  X  (ed. 
p.  57),  il  etait  exagere  de  dire  que  l'auteur  »n'exprime  pas»  la  morale  qu'on 
pourrait  tirer  de  ses  histoires  (Introduction,  p.  V) 


I  yo  IV    Söderhjelm, 

de  son  esprit  de  composition,  car  ils  auront  pu  faire  partie 
d'un  modele  perdu;  tel  est  p.  ex.  le  miracle  du  chap.  XII, 
dont  il  a  ete  dejä  parle.  Quelques  cas  oü  l'auteur  n'a  fait 
que  resumer  en  prose,  en  le  concentrant  fortement,  un  conte 
versifie  qui  nous  est  reste  (comme  les  chap.  XIX,  ^  XXI  '^  et 
XXV  ^),  nous  donnent  une  idee  nette  de  sa  maniere  de  traiter 
ses  sources.  On  se  figure  aisement  qu'il  a  employe  aussi  le 
meme  procede  pour  d'autres  nouvelles  dont  les  originaux 
nous  sont  inconnus. 

Quant  ä  ces  sources,  M.  Vossler  en  avait  dejä  releve, 
comme  j'ai  dit  plus  haut,  un  assez  grand  nombre,  et  les  notes 
de  M.  Langlois  coincident  naturellement  en  partie  avec  les 
siennes.  ^     Celui-ci,  en  omettant  les  references  et   ressemblan- 


'   Voy.   Vosslcr,  loc.  cit    p.   26   et  suiv. 
^   Vossler,   loc.  cit    p.   24   et   suivv. 

*  Voy.  redition. 

*  Pour  le  chapitre  VI,  les  deux  savants  semblent  etre  d'opinion  tres 
differente.  M.  Vossler  [Joe.  cit.  p.  16)  renvoie  au  fableau  de  la  Bourse  pleine 
de  icns  et  dit  que  notre  nouvelle  presente  »quelques  differences,  pourtant  ins'gni- 
fiantes»,  en  donnant  la  forme  plus  simple  et  resserree.  M.  V.  ne  dit  pourtant 
pas  expressement  que  l'auteur  des  nouvelles  du  Vatican  se  serait  servi  du 
fdbleau  comme  modele,  mais  on  peut  le  comprendre  dans  ce  sens.  En  tout 
cas,  M.  Langlois  (ed.  p.  42)  dit:  »rien  n'autorise  ä  croire  que  l'auteur  .  .  .  ait 
connu  ce  poeme».  II  est  peu  probable,  bien  entendu,  que  les  fableaux  aient 
ete  connus  ä  cette  epoque  dans  leur  forme  originale,  et  il  y  a  meme,  entre 
autres  differences,  une  addiiion  (les  XX  pieces  d'or  que  le  mari  demande  ä  sa 
femme).  Mais,  d'un  autre  cote,  les  ressemblances  sont  tellement  grandes  que 
la  nouvelle  du  Vatican  tire  sans  aucun  doute  son  origine  d'un  remaniement 
du  fableau.  —  On  remarquera  dans  cette  nouvelle  (p.  40)  un  passage  qui 
exprime  peut-etre  les  pensees  interieures  de  l'auteur:  > comme  fönt  ces  quo- 
quars  et  musars  qui  tiennent  et  cuident  que  telles  femmes  paillardes  les 
ayment  pour  ce  que  leurs  amys  les  appellent  et  par  devant  leur  fönt  le  beau 
beau,  et  en  derriere  le  syzeau.  Tels  badins  se  degoivent,  car  pour  ce  ne 
lez  ayment  mie  telles  femmes  rusees,  mais  seulement  leur  argent;  car  ce  serait 
fort  que  telles  femmes  lez  amassent  quant  elles  raesmes  ne  se  ayment  mie  ne 
Dieu  aussy.  Et  se  elles  se  aymassent,  leur  honneur  gardassent  et  leurs  ames». 
Dans  le  fableau,  il  n'est  parle  de  Dieu  nulle  part.  ■ —  Je  note  une  coincidence 
qui  est  probablement  fortuite:  dans  la  meme  connexion,  le  fableau  et  la  nou- 
velle se  servent  de  la  meme  expression:  la  fille  dit  au  mari:  »ci  n'avez  que 
faire»  (fabl.)  et  »qu'elle  n'avait  que  faire  de  luy»  (ed.  p,  41).  —  En  general, 
le  style  est  dans  cette  nouvelle  un  peu  plus  precis   et  realjste  que  d'ordinaire. 


Les  noitvelles  frattfaises  du  Ms,    Vatic.  Reg.  17 16.  171 

ces  eloignees  de  M.  V.,  ajoute  aussi  quelques  indications  nou- 
velles.  Mais,  s'il  ressort  clairement  de  ces  recherches  que 
l'independance  et  la  faculte  creatrice  de  l'auteur  sont  presque 
nulles,  les  sources  immediates  de  plusieurs  de  ses  nouvelles 
nous  restent  neanmoins  obscures.  Malgre  les  ressemblances 
avec  des  variantes  connues  de  contes  tres  en  vogue,  les 
versions  du  ms.  du  Vatican  ofifrent  cependant  des  traits  qui 
excluent  rimitation  directe.  Dans  plusieurs  de  ces  cas,  M. 
Langlois  suppose  un  poeme  perdu  comme  modele,  en  s'ap- 
puyant  sur  le  fait  que  le  texte  abonde  en  mots  consonants, 
dans  lesquels  on  peut  voir  des  traces  de  rimes,  et  que  l'on 
peut  quelquefois  meme  discerner  des  vers  entiers.  Cela  est 
incontestable  pour  certains  morceaux.  Mais  faut-il  croire  que 
partout  oü  cette  particularite  se  trouve  nous  ayons  affaire  ä  un 
poeme  perdu?  Cela  supposerait  presque  une  floraison  tardive  de 
contes  en  vers,  en  partie  differents  des  fableaux  et  pour  une 
autre  partie  emanant  d'eux:  notre  recueil  indiquerait  seul 
l'existence  d'au  moins  une  demi-douzaine  de  tels  poemes 
dont  on  ne  sait  rien.  Les  chapitres  III  et,  surtout,  IV  sont 
tres  riches  en  mots  rimes.  ^  Mais,  si  l'on  suppose,  comme 
le  fait  M.  Langlois,  un  original  rime  pour  le  chap.  II, 
oü  il  y  a  tres  peu  de  traces  de  rimes  (damoiselles :  pucelles, 
plaisir:  desir,  dist:  mist),  il  faudra  le  faire  aussi  pour  bon 
nombre  d'autres.  P.  ex.  pour  le  chap.  V,  concernant  lequel 
l'editeur  admet  cependant  l'hypothese  que  l'auteur  a  compose 
lui-meme  sa  fable,  en  prenant  les  themes  dans  les  ouvrages 
d'edification,  oü  ils  couraient.  Or,  selon  sa  these,  le  chapitre 
devrait   supposer   un  modele  rime,  car  il  y  a  beaucoup  d'ele- 


'  M.  Langlois  n'en  a  pas  releve  pour  le  chap.  III.  En  voici  quel- 
ques-uns  (abstraction  faite  des  formes  verbales  analogues  qui  se  suivent  et  qui 
peuvent  dependre  d'autres  causes):  p.  10,  serviteur:  seigneur,  deceue:  perdue, 
rien:  bien;  p.  ii,  femme:  diffemme,  luxure:  ordure,  Loys:  apris,  moy:  foy, 
amy:  niary :  tiiy ;  p.  12,  serment:  secretement:  pareillevient^  Dieu:  Heu,  depariy: 
inerry,  belle:  jouvencelle,  chiche:  riche;  p.  13,  rire:  dire;  etc.  —  On  peut  ajou- 
ter,  dans  le  chap.  IV,  ä  ceux  enumeres  par  M.  Langlois:  p,  19,  sage:  aage, 
chiere :  premiere ;  p.  21,  soubsrire :  dire;  p.  25,  Monseigneur :  honneur,  rien: 
bien;  p.   30,  exploitta:  fait  a. 


172  IV.   Södcrhjelm, 

nients  stylistiques  du  genre  cite.  Voyons  un  peu.  P.  34,  faucon: 
heron^  vist:  enquist,  respondy:  Maubruny;  p.  35,  ienebreux: 
hideux,  Malbruny:  luy,  dampnacion:  contricion,  presire :  maisire, 
mauvaiz:  scez ;  p.  36,  esvanouy :  cecy,  esmerveüle:  pechie,  Mal- 
bruny: failly\  p.  ^fj,  paradiz:  chetifz,  malades:  fades,  niagni- 
ficence:  puissance,  joieusete:  Oysivete;  p.  38,  oy:  esbaJiy,  enfer: 
Lucifer.  La  supposition  s'appliquerait  aussi  naturellement  au 
chap  VI  (thetne  de  fableau,  voy.  ci-dessus),  qui  montre  un 
pour-cent  ä  peu  pres  egal  de  rimes.  ^  Nous  en  trouvons 
encore  dans  le  chap.  VIII  (escuier:  Ogier,  eile:  damoiselle, 
pu Celle:  belle,  enquist:  dist,  sachant:  desplaisant,  gue :  passe, 
la:  advisa,  salarie :  parente),  et  meme  dans  une  nouvelle  pour 
laquelle  il  est  difficile  de  supposer  un  original  en  vers,  celle  de  la 
fumee  du  roti  et  le  son  de  l'or,  chap.  IX:  satisfait:  plait,  rire: 
dire,  Sachet:  longuet,  appointenient:  argent:  demourant,  respondy : 
oy?  II  est  vrai  que  dans  les  trois  premiers  de  ces  exemples 
le  voisinage  tres  proche  des  deux  mots  consonants  (seray 
je  satisfait  sans  plait;  prinrent  a  rire  et  a  dire;  apporte  en 
un  sacket  assez  longuet)  ecarte  l'hypothese  de  vers  rimes 
anterieurement ;  mais,  d'un  autre  cote,  ce  phenomene  vient 
justement  corroborer  une  supposition  ä  laquelle  j'arrive  niainte- 
nant.    C'est  que,  si   avec  tout  cela  ^  nous  prenons  en  conside- 


'  P.  40,  Symoftvet:  vayiet,  achette:  g7-e ;  p.  41,  demanda:  cela^  gouverne- 
7nent :  especialment,  dez ;  apparcevrez,  face :  grace,  ame :  fenime,  vestu :  perdu : 
fiialosiru,  compaignie :   degnrnie. 

^  Fumee:  humee  p,  53  sont  trop  eloignes  Tun  de  l'autre  pour  etre 
pris  en   consideration. 

^  Comparez  encore  chap.  X,  p.  55,  con/ession:  pardon,  avoit:  tendroit, 
poursuyvy :  luy ;  chap.  XII,  p.  61,  Yole:  parole,  7)ioy:  loy,  tellentent :  content; 
p,  62,  France:  finance;  p.  63,  cruaulte:  blasme,  deshonneur :  createur,  voy:  roy ; 
chap.  XIV,  p.  71,  escuier:  chassier ;  p.  72,  amy:  merry,  commenfa:  la,  desir: 
plaisir;  p.  73,  Dieu:  Heu,  droitture:  creature;  chap.  XV  (voy.  l'edit.  p.  79,  n,  i, 
et  ajoutez:  abstineme : patience ,  voue:  chastete)  ;  chap.  XVt,  p.  80,  Ipartratee:  nee, 
Albine:  voisine;  p.  81,  fait:  effect,  Romine:  komme,  Rommains:  prouchains ; 
chap.  XLV,  mort:  fort,  pouoir:  decevoir  (2  fois).  —  J'admets  que  plusiears  de 
ces  juxtapositions,  ici  comme  dans  les  chapitres  precedents,  prises  chacune  ä 
part  ne  donneraient  guere  lieu  ä  des  remarques,  mais,  se  presentant  en  si 
grand  nombre,  elles  ne  peuvent  pas  etre  considerees  comme  le  produit  du  pur 
hasard. 


Les  nom'eUes  framaises  du   Ms.    Vatic.   Reg.   ijib.  173 

ration  que  l'auteur  aime  ä  ranger  ensemble  des  formes  verbales, 
adverbiales  et  d'autres  qui  riment  entre  elles  \  en  leur  donnant 
volontiers  la  place  a  la  fin  de  la  phrase  et  en  provoquant 
ainsi  par  le  rythme  et  l'accent  qui  tornbe  sur  ces  formes  une 
inipression  de  rimes^;  que,  ä  plusieurs  endroits  oü  il  n'y  a 
pas  de  veritables  rimes,  il  essaie  pourtant  d'etablir  des  asso- 
nances;  que  quelques-uns  de  ces  accouplements  reviennent 
plusieurs  fois  (comme  Dieu :  lieu)\  et,  si  nous  y  ajoutons  les 
exemples  des  constellations  intimes  de  deux  mots  rimant  en- 
semble, comme  Celles  que  je  viens  de  citer  ä  l'instant,  on 
pourra,  je  crois,  constater  chez  notre  compilateur  un  certain 
goüt  pour  cet  element  musical  dans  le  style  —  penchant  esthetique 
assez  pueril  et  le  seul,  du  reste,  dont  on  puisse  l'accuser!  — 
et  une  certaine  preoccupation  de  le  satisfaire  quand  Toccasion 
se  presentait,  sans  que  ce  soit  pourtant  devenu  un  principe. 
Peut-etre  a-t-il  congu  cette  petite  inclination  en  s'occupant  de 
textes  rimes;  en  tout  cas,  il  n'est  point  necessaire  de  voir 
partout  oü  appar^issent  chez  lui  des  mots  consonants  lies 
ensemble  par  une  chaine  plus  ou  moins  cadencee  d'autres 
mots,  des  traces  dun  poeme  pcrdu  qu'il  aurait  imite. 

Quoi  qu'il  en  soit,  il  n'y  a  presque  pas  de  morceau  dont 
on  puisse  dire  qu'il  soit  original,  et,  quand  on  en  trouve  un, 
c'est  une  anecdote  dans  le  style  du  chapitre  XXVII,  histoire 
absolument  insignifiante  de  la  conversion  d'un  pecheur.  Rien 
qui  porte  le  cachet  de  la  realite;  i'espece  de  sens  reel  qui 
semble  percer  dans  la  methode  de  donner  des  noms  ordinaires 
ä  tous  les  personnages,  ne  va  pas  jusqu'ä  peindre  les  moeurs 
et  les  evenements  de  l'entourage.  M.  Langlois  pense  que  la 
dixieme    nouvclle,   »d'ung  larron  et   murdrer  nomme  Thibault 


'  P.  ex.  les  imparfaits  au  commencement  du  chap.  V,  et  ä  la  fin  du 
chap.  XLV  cette  lirade  »que  sachons  penser  sainteinent,  parier  sagement  et 
ouvrer  proufitablement,  especialement  a  nostre  sauvement  et  des  aultres.»  Dans 
le  meme  dernier  chapitre,  cette  phrase  encore  appartient  ici:  »car  tout  ainsy 
comme  cely  qui  a  longuement  assailly.t 

^  La  prose  narrative  de  ces  temps  n'est  pas  etrangere  ä  une  rheiorique 
pareille;  mais  ici  l'auteur  s'en  sert  trop  abondamment  ])our  que  rintenlion  ne 
perce  pas. 


174       ^^^'  Söder/tje/m,   Lcs  nouvelles  ßinnaises  du  Ms,    Vatic.  Reg,  lyiö. 

le  Roux»,  serait  peut-etre  une  histoire  vraie  ^.  C'est  le  theme 
bien  connu  du  danger  de  s'associer  comme  compagnon  de 
voyage  un  individu  etranger;  il  est  illustre  ici,  comme  d'habitude, 
par  l'assassinat  de  l'autre  compagnon,  mais  il  est  contamine 
avec  un  stratageme  invente  par  le  meurtrier  pour  dissimuler 
son  crime.  Ce  stratageme  cependant  me  parait  un  peu  trop 
ingenieux  et  trop  complique  pour  qu'il  soit  copie  directement 
sur  la  realite. 

M.  Vossler  avait  vu  dans  l'auteur  »probablement»  un 
pretre  '^.  M.  Langlois  cite  une  expression  qui  tendrait  ä 
confirmer  cette  supposition,  mais  il  ne  se  prononce  pas 
tres  nettement.  Je  ne  crois  guere  qu'on  puisse  douter  de  l'etat 
de  l'auteur;  s'il  n'avait  pas  pris  la  soutane,  du  moins  etait-il 
un  homme  serieux  et  adonne  aux  choses  spirituelles.  Les 
Sujets  religieux  forment  une  partie  considerable,  plus  que  la 
moitie,  de  son  ouvrage,  et  dans  les  contes  profanes  il  y  a 
souvent  des  expressions  et  des  reflexions  pieuses^;  il  evite, 
comme  l'a  remarque  M.  Langlois,  tout  terme  grossier,  meme 
quand  ses  sujets  et  ses  originaux  etaient  de  nature  ä  en  faire 
excuser  l'emploi.  A  la  fin  du  recueil,  il  y  a  deux  sermons; 
et  je  me  demande  si  le  trait  signale  plus  haut  dans  son  style, 
la  recherche  d'une  certaine  Harmonie,  n'indiquerait  pas  aussi, 
en  effet,  un  predicateur  qui  pense  ä  faire  sonner  ses  tirades. 
—  Je  ne  veux  pas  dire  par  lä  qu'on  doive  voir  dans  son 
recueil  un  traite  pedagogique  et  edifiant.  Mais,  s'il  a  voulu 
faire  metier  de  conteur,  il  a  pourtant  assez  mal  compris  sa  tache. 

Inutile  d'ajouter  que  M.  Langlois  a  apporte  le  plus  grand 
soiu  ä  sa  publication.  Ses  notes,  ajoutees  ä  la  fin  de  chaque 
morceau,  sont  precises  et  serrees,  mais  süffisantes.  Un  ample 
vocabulaire  fournit  une  contribution  bienvenue  ä  la  connais- 
sance  de  la  prose  du  XV^  siecle.  En  somme,  le  volume  est 
loin    d'etre    depourvu    d'interet,  quoique  ce  soient  surtout  les 


I 


^    M.    Vossler    avait    aussi   suppose  qu'il  pourrait  y  avoir   »un  grain   de 
verite>   dans  l'historie  (loc.  dt.  p.    19). 
^  Loc.  dt.  p.  25. 
*  Voy  p.   ex.   le  chap.   III,   p.    lO:    »Pleust  a  Dieu  que  chacun»    etc. 


A.  Längfors,   Moy.  haut  all.  s a  7)i  h e Her en   <  anc,  fr.  cevibeler.     175 

cötes  negatifs,  pour  ainsi  dire,  du  recueil  qui  en  donnent  le 
plus.  II  n'ajoute  rien  ä  nos  notions  sur  le  developpement  de 
la  nouvelle  frangaise,  rnais  il  sert  ä  mettre  en  relief  les  merites 
de  ceux  qui  vraiment  ont  cree  le  style  narratif  pendant  ce 
siecle;  et,  en  puisant  tant  de  fois  dans  des  versions  de  contes 
qui  nous  sont  inconnues,  il  apporte  aussi  par  ses  variantes 
quelques  additions  ä  l'histoire  folkloristique  de  ces  sujets. 

L'exterieur    du  volume  est  charmant,  1 'Impression  excel- 
lente  et  le  prix  modeste. 

W.   S'öderhjelm. 


Moy.  haut-all.  sambelieren  <  anc.  fr.  cembeler 

Dans  le  poeme  de  Gottfried  de  Strasbourg,  l'education 
chevaleresque  de  Tristan  est  racontee  entre  autres  dans  les 
vers  suivants^: 

2101    über  diz  allez  lernet  er 

mit  dem  schilte  und  mit  dem  sper 

behendecliche  riten, 

daz  ors  ze  beiden  siten 
2105  bescheidenliche  rüeren, 

von  Sprunge  ez  freche  fiieren. 

turnieren  und  leisieren, 

mit  schenkein  sambelieren  * 

rechte  und  nach  ritterlichem  site 
21 10  hie  bankete  er  sich  ofte  mite 

—    ce    qui    veut    dire,    pour    parier    avec    M.  Bedier^,     qu'«il 
apprit    encore    ä    chevaucher    en    portant    l'ecu  et  la  lance,  ä 


'  Gottfried  von  Strassburg,  Tristan.^  herausgegeben  von  Karl  Marold. 
Erster  Teil:    Text.     Leipzig,   1906.     Le    tome  I    seul  a  paru  jusqu'ä  present. 

^    Variantes :  samlieren,  samfiielieren,  samiliren. 

*  Le  Roman  de  Tristan,  par  Thomas,  poeme  du  XILe  siecle,  public 
par  Joseph  Bedier.  Tome  I:  Texte,  p.  29.  Paris,  1902  fPublication  de  la 
Societe  des  anciens  textes). 


176        A.  Längfors,  Moy.  haut-all.  s  a  m  b  e  li e  7- en  (  a7ic.  fr.  cembeler. 

^peronner  adroitement  les  deux  flancs  du  destrier,  ä  le  faire 
sauter  hardiment,  volter,  galoper,  le  frein  abandonne,  h  le 
presser  des  genoux-». 

Ce  doit  etre  le  seul  exemple  du  verbe  sambelieren  en 
moyen  haut-allemand.  Wilhelm  Hertz  ecrivait  a  ce  propos: 
»'mit  Schenkeln  schambelieren'  ist  ein  Pleonasmus:  denn 
'schambelieren',  ein,  wie  es  scheint,  von  Gottfried  selbst  aus 
Jambe  gebildetes  Wort,  hiesse  schon  an  sich  'dem  Rosse  die 
Schenkel  geben' ».^  Le  rapprochement  avec  'jambe'  avait 
dejä  ete  fait  bien  plus  tot^,  et  je  ne  veux  nuUement  en  con- 
tester  la  justesse.  Je  voudrais  seulement  emettre  une  hypo- 
these  qui  n'a  pas  encore  ete  faite,  que  je  sache.  Je  me  de- 
mande  si  le  poete  allemand  ne  s'est  pas  souvenu  du  verbe 
frangais  cembeler,  dont  il  ignorait  peut-etre  le  sens  exact  et 
qu'il  rapportait,  ä  tort,  au  mot  'jambe'.  Cembeler,  chenbeler, 
etc.  'joüter,  combattre'  n'est  pas  extremement  frequent  en  an- 
cien  frangais^,  tandis  que  son  radical  le  swhsXdinW^  cembel'^, 
'defi  porte  par  une  troupe  en  armes,  et  les  joütes  ou  les 
combats  qui  s'en  suivent',  est  tres  abondaniment  atteste. 


'     Tristan    und   Isolde    von    Gottfried   von   Strassburg.     Neu  bearbeitet 
von  W,  Hertz.     Dritte  Autlage,    1901,  p.   501. 

*  Voy.    Benecke,    Müller    et   Zarncke,    MUtelhochdeiitsches     Wörterbuch, 
II,   Leipzig,    1863   {s.   v.   SAMBELIERE). 

*  Voy.  le  Dictionnaire  de   Godefroy,   j-.  v.   CEMBELER  et   CEMBILLER. 

*  Pour    l'etyraologie,    voy.    Körting,    Lat.-rom.    IVörierb?,    n°  2731,  et 
Diez,  Etytn.    IVörterb,,  p.  346. 

A.  Längfors. 


Besprechungen,     y.   Poirot,  P,  Diiitoff,   (Euvres  compl.  de  A.   Chenier.      177 

Besprechungen. 

Oeuvres  compli'tes  de  Andre  Chenier.  Publiees  d'apres  les 
manuscrits  par  Paul  Dimoff.  I.  Bucoliques.  Paris,  Delagrave, 
s.  d.   (1907).      I    vol.  in-i2,  XXXIV -(-  322   pp.     3   fr.   50. 

Le  sort,  comme  on  le  sait,  s'est  acharne  sur  la  per&onne  et 
l'oeuvre  de  Chenier.  Le  tribunal  revjlutionnaire  a  tranche  dans  sa 
maturite  un  talent  poetique  plein  de  promcsses.  Des  manuscrits 
laisses  par  le  poete  une  partie  s'est  perdue,  semble-t-il,  irreme- 
diablement ;  car,  si  tout  est  possible,  il  faut  une  forte  dose  de  con- 
fiance  pour  croire  que  les  papiers  disparas  de  la  Vallee  aux  Loups 
se  retrouveront  jamais,  et  meme  qu'ils  existent  encore.  L'autre, 
la  Hasse  gardee  avec  un  sein  jaloux  par  un  neveu  qui  ne  sut 
meme  pas  en  donner  une  edition  convenable,  fut  soustraite  ä  ce- 
lui  qu'A.  France  appelle  le  prince  des  editeurs,  Becq  de  Fou- 
quieres.  La  mort  enleva  ce  demier  avant  qu'il  eüt  pu  faire  une 
troisieme  edition  critique,  que  lui  seul  pouvait  nous  donner  ä 
cette  epoque.  Heredi:?,  qui  avait  forme  le  plan  de  reprendre  ce 
travail,  ne  put  aller  lui  aussi  au  delä  du  premier  volume.  II  y 
avait  de  cjuoi  decouragcr  meme  des  esprits  peu  portes  ä  la  su- 
perstition.  Felicitons-nnus  donc  doublement  qu'un  nouvel  editeur 
se  soit  rencontre,  ä  qui  sa  jeunesse  doit  donner  l'cspoir  de  vaincre 
le  charme,  et  de  terminer  enfin  le  monument  attendu:  une  edition 
diplomatique  complete  avec  un  commentaire  approfondi. 

A  en  juger  par  le  premier  volume,  M.  Dimoff  parait  bien 
qualifie  pour  cette  besogne,  une  des  plus  difficiles  que  presente  la 
Philologie  fran^aise  moderne.  Le  probleme  est  du  meme  genre 
que  celui  des  Pensees:  dans  le  desordre  des  manuscrits,  est-il  pos- 
sible d'etablir  un  classement  des  morceaux?  et  ce  classement  a-t-il 
meme  existe  definitif  dans  l'esprit  de  l'auteur?  Questions  obscures 
dans  les  deux  cas,  et  qui  appellent  une  meme  reponse:  si  un  tel 
classement  a  existe  dars  l'esprit  de  l'auteur,  nous  n'en  pouvons 
retrouver  que  des  Iraces  insuffisantes.  II  faut  se  resigner  ä  ran- 
ger  les  fragmenis,  abstract'on  faite  de  que'ques  grandes  categories 
qui  s'imposent,  dans  l'ordre  le  plus  commode  pour  la  lecture. 

Une  autre  difficulte  consiste  dans  la  disparition  d'un  groupe 
de  manuscrits,  malheureusement  les  plus  interessants:  ceux  des 
poemes  publies  par  H.  de  Latouche  en  1819,  qui  sont  les  plus 
longs  et  les  plus  acheves.  C'est  lä  surtout,  ainsi  que  dans  le 
proces  devant  le  tribunal  revolutionraire,  qu'on  saisit  la  fatalite  qui 
s'est  attachee  ä  Chenier.  Deux  jours  auraient  5auve  la  vie  du  poete; 
deux  ans  auraient  sauve  ses  manuscrits.  On  ne  saurait  trop  deplorer  que 
Becq,  quand  il  red'geait  en  1868  et  1869  sa   2:e   edition,  n'ait  pas  eu 


178  Besprechungen.     J.   Poirot, 

l'idee  de  faire  les  recherches  qu'il  entreprit  en  1874.  II  eüt  alors 
Sans  doute  appris  avec  la  meme  facilite  que  plus  tard  que  ces 
manuscrits  etaient  conserves  par  Mlle  de  Flaugergues,  et  a  cette 
date,  avant  la  guerre  de  1870,  il  aurait  pu  en  avoir  communica- 
tion,  en  prendre  copie,  peut-etre  meme  en  obtenir  le  depot;  de 
toute  fa9on,  le  pillage  de  la  maison  de  la  Vallee  aux  Loups  n'au- 
rait  pas  eu  les  consequences  desastreuses  que  l'on  sait  ^  —  Avec 
quelque  goüt  et  quelque  discretion  que  Latouche  ait  procede,  il 
est  en  effet  ä  craindre  qu'il  n'ait  change  le  lexte  en  certains  en- 
droits.  Parfois  nous  avons,  parmi  les  manuscrits  restes  en  pos- 
session  de  la  famille,  des  copies  de  pieces  dont  Latouche  a  con- 
serve  le  manuscrit;  et  ces  copies  offrent  quelque  possibilite  de 
controle;  mais  souvent  cette  ressource  manque.  Or  il  suffit 
de  comparer  p.  ex.  Le  Metidtani  dans  l'edition  de  18 19  et  dans 
l'edition  donnee  par  Fayolle  pour  voir  que  necessairement  Tun  des 
deux  editeurs,  et  peut-etre  les  deux,  ont  modifie  le  texte  original. 
II  faut  donc  faire,  en  pareil  cas,  un  choix  arbitraire,  ä  moins  qu'il 
ne  soit  possible  un  jour  d'appliquer  ici  le  criteriura  metrique  qui, 
entre  les  mains  de  Sievers  et  de  ses  eleves,  a  deja  donne  de  bons 
resultats  pour  la  critique  des  textes  allemands. 

Les  manuscrits  presentent  du  reste  des  difficultes  d'un  autre 
genre,  que  le  nouvel  editeur  a  bien  exposees;  alles  consistent  .sur- 
tout  dans  la  reunion  sur  un  meme  papier  de  notes,  ebauches, 
plans  ressortissant  sürement  ä  des  groupes  ou  oeuvres  differentes. 
L'ordre  adeipte  est  donc  necessairement  arbitraire.  Les  editeurs 
precedents  pla^aient  en  tete  les  pieces  achevees  {iSAveugle,  Oaris- 
tys,  etc.)  ou  les  plus  longues,  rejetant  vers  la  fin  les  fragments 
et  les  esquissey.  M.  Dimoff  reparlit  les  pieces  d'apres  leur  con- 
tenu  en  sections:  Invocations  poe'tiques ;  Les  Dieux ;  Les  Heros  et 
les  Fahles,  etc,  avec  les  subdivisions  necessaires.  C'est  un  principe 
egalement  admissible,  et  auquel  on  s'habitue  assez  vite.  Dans 
ces  subdivisions,  les  morceaux  sont  en  general  places  par  ordre 
de  dimensions  decroissantes. 

Les  principes  suivis  par  M.  D.  dans  Fetablissement  du  texte  me 
paraissent  sages^;  en  particulier  ce  qu'il  dit  de  la  ponctuation  est 
tres  plausible.  II  met  en  lutniere  l'interet  qui  s'attache  ä  la  ponc- 
tuation de  Chenier  comme  indice  du  grouperaent  ryihmique  du 
vers.      Cette    ponctuation    fournira    un    point  d'appui  serieux  dans 


^  J'ai  constate  avec  plaisir  que,  dans  son  Introduction,  M.  Dimoff, 
parlant  de  ce  pillage,  n'accuse  pas  directement,  comme  tant  d'autres,  les  Alle- 
mands d'un  acte  dont  les  auteurs  sont  inconnus. 

^  L'editeur  accentue  les  citations  grecques  des  mss  de  Chenier.  Celui- 
ci  n'accentuait  pourtant  pas  le  grec ;  il  me  parait  discutable  d'ajouler 
les  accents. 


Paul  Dirnoff,    Giuvres  compliies  de  Atidre   Chenier.  179 

l'etude  qu'il  faudra  faire  un  jour  sur  le  rythme  du  vers  d'Andre 
Chenier,  lequel  parait  different  du  vers  classique  sans  etre  dejä  le 
vers  romantique. 

La  collation  des  mss  a  ete  faite  avec  beaucoup  de  soin  par 
l'editeur:  et,  en  tout  etat  de  cause,  cette  edition  aura  le  merite 
de  nous  donner  le  texte  et  toutes  les  variantes,  le  vrai  Chenier, 
dont  Tedition  G.  de  Chenier  ne  nous  fournissait  encore  qu'une 
image  incomplcte.  En  particulier  la  ponctuation  y  etait  fantaisiste 
et  changeait  souvent  le  sens  des  vers.  —  J'ai  confronte  Tedition 
nouvelle  avec  les  collations  de  quelques  pieces  de  Chenier  que 
j'avais  prises  moi-meme  en  1901  ä  Paris;  et,  m'appuyant  sur  les 
resultats  de  cette  comparaison,  je  presenterai  ici  quelques  re- 
marques. 

1:0  Dans  l'indication  des  variantes  corrigees  (lec^on  primitive 
ou  corrections  modifiees  ensuite),  le  Systeme  adopte  par  l'editeur 
n'est  pas  satisfaisant.  II  indique  p.  ex.  dans  le  fragment  p.  154 
(sect.  L'Amour  et  les  Amants,  XII,  n**  4),  au  vers  4 

Des   belements  iovitaiiis  partout   ino7it  oppelee 

une  Variante  en  note:    «  i:ere  lecon  non  biffee:   des  belements  confus.» 

—  En  realite  le  mss  donne  seulement  lointains  au-dessus  de  con- 
fus; les  mots  des  belemeiits  ne  sont  pas  ecrits  deux  fois,  comme 
on  pourrait  le  croire  d'apres  la  note.  II  eüt  donc  fallu,  ou  mettre 
simplenient  en  note  confus,  ou  au  moins  placer  des  belemetits  entre 
crochets.     De  meme  dans  tous  les  cas  analogues. 

2:0  Pour  l'orthographe,  l'editeur  a  pousse  un  peu  loin  peut- 
etre  le  principe  de  modernisation.  II  me  parait  exagere  p,  ex. 
de  rejeter  le  pluriel  -ns  des  noms  et  participes  en  -nt.  L'ortho- 
graphe des  noms  propres  est  aussi  parfois  contestable.  P.  156, 
V.  2-j ^  M.  D.  Orthographie  Phebiis ;  le  mss  porte  phoebus;  il  se- 
rait  plus  conforme  meme  ä  nos  habitudes  modernes  de  gardei  oe^ 

—  En  tout  cas,  il  me  semble  necessaire,  dans  le  commentaire 
qu'annonce  la  preface  generale,  de  traiter  specialement  cette  question 
et  d'indiquer  les  principes  orthographiques  de  Chenier,  autant 
qu'on  puisse  les  degager  de  ses  mss.  Cette  orthographe,  incon- 
testablement  negligee,  se  montrera  peut-etre  moins  capricieuse  qu'il 
ne  semblerait  au  premier  abord.  C'est  du  moins  l'impression  que 
me  donnent  mes  collations. 

3:0  II  eüt  ete  bon,  dans  une  edition  d'un  caractere  aussi 
nettement  diplomatique,  d'indiquer  les  caracteristiques  des  mss. 
Cela  aurait  pu  se  faire  ä  la  hn  -de  l'introduction  speciale  au  vo- 
lume;  on  aurait  ainsi  le  signalement  des  mss. 

4:0    Enfin,   il  n'aurait  pas   ete  inutile  d'avoir  ä  la  fin   du  vo- 


i8o  Besprechungen.     J.  Poiroi, 

lume  une  table  de  coDcordance  de  Tedition  nouvelle  avec  Celle  de 
G.  de  Chcnier.  C'est  d'autant  plus  nccessaire  que  la  disposition 
des  fragments  est  toute  differente,  et  que  d'autre  part  l'arrangeraent 
actuel  des  mss,  qui  provient  de  G.  de  Chenier,  rappelle  ä  certains 
egards  Tordre  de  son  cdition.  J'ai  du  perdre  un  certain  tempi  ä 
chercher  dans  la  nouvelle  edition,  en  vue  de  la  collation,  les  frag- 
ments dont  j'avais  pris  la  rcference  d'apres  ledition  G.  de  C.  En 
repondant  ä  ce  desideratum  pour  les  volumes  suivants,  Tediteur 
rendrait  Service  ä  ceux  qui  veulent  etudier  le  pocte. 

Je  releverai  ici  les  points  oü,  dapres  mes  coUations,  il  y 
aurait  une  inexactitude  dans  les  indications  de  lediteur.  Je  suis 
l'ordre  des  mss,  non  de  Teditiori. 

Sect.  L'Amour  et  les  Amants,  XII,  n"  6,  p.  156.  —  V.  28: 
pas  de  point  d'intenogation  dans  le  mss.  —  V.  3 1 :  la  i:ere  legon  sur- 
chargee  n'a  pas  de  point  d'excl.  apres  ah.  —  —  Sect.  La  Mort 
et    les    Tombeaux,  VI,  n"   2,    i.  43 — 44,  p.   278.      L'edit.  donne: 

La  pierre  de  nia  tombe  ä  la  race  future 
Dira  quun  seul  hymen  delia  7tia  ceinture. 

Sans  autre  indication  que  l'absence  de  point  final  dans  le  mss. 
En  realiie  le  mss,  si  j"ai  copie  exactement,  porte  biffes:  la  pierre 
de  ma  tombe  ä  i,  puis  recrit  au-dessus  de  ä  l:  tombe  et  ä  la  suite 
de  ä  l:  ä  la  race  fiitiite.  De  meme  dira  .  .  .  .  ma  est  biffe;  dit 
est  recrit  et  biffe  dans  Finterligne  au-dessus  de  dira.  —  —  Sect. 
Details  et  choses  de  la  vie  rustique,  VIII,  10,  p.  239.  Ma  col- 
lation differe  de  Tedit.  sur  les  points  suivants:  de  en  surcharge,  en 
dessous  da?i.  —  de  solertia  biffe.  —  V.  3.  L'edit.  donne  en  note: 
«les  mots /<f  dauphin  surcharges  d'une  correction  illisible».  J'ai  lu  au 
contraire :  le  dauphin  ecrit  en  surcharge ;  en  dessous  plus  d'un  l. 
II  me  semble  evident  que  le  dauphin  est  la  \q(;o\\  definitive,  et  non 
pas  la  le^on  surchargee.  —  V.  5.  L'addition  des  virgules  me 
semble  discutable.  Elles  ne  figurent  pas  dans  le  mss.  Sans  doute, 
elles  paraissent  naturelles,  vu  la  longueur  de  l'incise.  Mais  elles  chan- 
gent  la  melodie  du  vers,  et  la  faussent.  Les  signes  de  ponctuation 
ont  garde  en  franyais,  plus  que  dabs  toute  autre  langue,  leur  va- 
leur  primitive  de  signes  musicaux,  et  on  peut  poser  en  pr  ncipe 
que  partout  oü  uu  auteur  en  place,  il  a  en  vue  un  mouvement 
mehdique  ou  rv^thmique  determine;  et  inversement  que,  dans  une 
Constitution  de  texte,  il  faut  ne  placer  que  des  signes  qui  ne 
troublent  pas  la  melodie  rcsultant  du  contexte.  Dans  le  cas  pre- 
sent,  le  texte  de  l'editeur: 

Oic,   sous   des  doiifts  legers,    niie  ßüte  aux  doux  sons 


\ 


? 


Paul  Diinoß\   (.Ein  res  coinpletes  de  Andre  Chenier,  l8i 

impose,  par  la  double  virgule  equi\alant  ä  une  parenihese,  une  chute 
melodique  de  Tindse,  prononcee  sur  un  ton  sensiblement  plns  bas; 
cette  chute  reagit  sur  tout  le  vers,  et  specialement  sur  les  mots 
environnants,  qu'elle  fait  baisser  pour  les  plier  ä  la  courbe  gene- 
rale. —  Le  vers  ainsi  constitue  est,  dans  sa  tonalite,  trop  bas 
pour  un  vers  de  Chenier,  comme  le  montre  la  comparaison  avec 
ceux  qui  Tentourent.  Au  contraire,  Fabsence  de  ponctuation,  c.  ä 
d.  la  le^on  du  mss,  empeche  cette  chute  generale  et  maintient 
le  vers  ä  la  tonalite  du  morceau  entier.  —  —  Sect.  Enfants, 
jeunes  gar90ns  et  jeunes  filles,  III,  p.  96.  —  L.  3 :  sons  un  joli 
(edit.  dans).  —  V.  3:  ses :  le  i:er  s  en  surcharge  de  (/.  --  — 
Sect  Les  Dieux,  X,  5,  pp.  32 — 33.  —  V.  5,  note:  legers  n'est 
pas  biffe  dans  le  mss.  —  V.  8:  la  note  est  mal  redigee.  Le  point 
et  virgule  ä  la  fin  du  vers  est  reste  evidemment  de  la  i:ere  le9on, 
qui,  Selon  ma  collation,  serait  eile  s'enfuit  et  non  eile  le  fiiit.  — 
V.  g:  de  loin  :  de  en  surcharge,  au-dessous  et,  qui  se  ratlache  ä 
la  lec^on  biffee  du  v.   8.    La  correction  a  donc  du  eire  immediate. 

—  V.  15  :  cette  en  surcharge,  au-dessous  son.  —  —  Sect.  L'Amour 
et  les  Amants,  XI,  p.  153,  3.  —  V.  5:  respirant  :  aftt  en 
surcharge,  au-dessous  er.  Ceci  semblerait  indiquer,  si  ma  lecture 
n'est  pas  fauiive,  que  Chenier  avait  d'abord  ecrit  seulement  les 
deux  demiers  hemistiches  de  4—5 

—  —    —   —   retetiant   mon  haleine 

—  —    —   —   7ie  respirer  qtiä  pei/ie 

et  qa'en  remplissant  les  vers  il  a  ete  amene  ä  changer  l'inf.  en 
part.  pres.  —  V.  9.  La  correction  helles  biffee  dans  l'interligne  est 
liee  ä  la  modification  du  vers  6  Le  morceau  etait  primitivement 
destine  ä  un  gar^on,  puis  est  passe  dans  la  boLche  d'une  femme. 

—  —  Ibid.,  p.  152,  2.  —  V.  3 :  l'edition  G.  de  C.  donne  ä  la 
fin  du  vers  deux  points,  lecon  que  ma  collation  semble  confirmer, 
au  lieu  du  point  de  l'editeur.  —  V.  1 1 :  semble  encore  ignoter : 
semble  en  ecrits  en  surcharge  de  doit  ign.  —  V.  15:  moi  en  sur- 
charge de  toi,  lapsus  evident.  —  —  Sect.  Les  Chanteurs,  I  (L'Aveugle). 
Nous  ne  possedons  plus  le  mss  sur  lequel  de  Latouche  avait  fait 
son  edition ;  mais  il  reste  un  mss  fragmentaire  de  l'episode  du 
combat  des  Centaures  et  des  Lapithes,  qui  montre  un  texte  iden- 
tique  sauf  les  deux  premiers  vers,  et  sur  lequel  on  peut  s'appuyer. 
L'edit.  a  repris  en  quelques  en  droits  la  ponctuation  de  ce  mss 
contre  celle  de  l'edit.  de  18 19;  a  mon  avis  il  l'a  fait  trop  rare- 
ment.  Nous  savons,  par  l'etude  des  mss  restes,  que  la  ponctua- 
t'on  de  C.  est  ires  speciale;  et  il  est  evident  que  Latouche  l'a 
profondement    modifiee,    et  aura  traite  arbitrairement  sur  ce  point 


l82  Besprechungen.     J.  Poirot, 

les  donnees  des  mss.  En  cas  de  conflit  entre  la  ponctuation  de 
Latouche  et  celle  d'un  fragment  de  mss,  meme  si  ce  Fragment, 
comme  cela  parait  etre  le  cas  ici,  n'est  pas  une  pure  et  simple 
copie  partielle  du  mss  perdu,  je  crois  que  c'est  le  mss  qui  doit 
l'emporter  en  autorite.  Donc  je  n'hesiterais  pas  a  rejeter  au  vers 
2  2  1  le  point  et  virgule  apres  atteiids,  qui  abaisse  trop  le  ton  du 
premier  hemistiche,  et  ä  adopter  soit  la  virgule  du  mss,  seit  un 
signe  de  meme  valeur  musicale  tel  que  les  deux  points.  —  Lei» 
quatre  signes  de  ponctuation  du  vers  suivant 

Traitre!    Mais,   avaiil  Int,   siir  le    Centaure   impie, 

dont  aucun  n'est  dans  le  mss,  sont  aussi  trop  nombreux  et  don- 
nent  au  vers  une  allure  staccato  et  une  tonalite  assez  basse  qui 
ne  conviennent  pas  au  vers  de  Chenier.  La  virgule  finale  doit 
disparaitre  et  peut-etre  aussi  celle  apres  Mais.  —  V.  241  sqq, 
note:  l'indication  que  l'edit.  reproduit  la  ponctuation  du  mss  n'est 
pas  litteralement  exacte.  Si  je  ne  me  suis  pas  trompe,  le  mss 
donne  ä  la  fin  de  241  et  de  245  un  point;  il  n'y  a  pas  de  virgule 
apres  Egee  au  v.  247  et  apres  apet^oit  au  v.  248.  —  Plus  loin  (v. 
240),  et  pour  des  raisons  du  meme  genre  que  ci-dessus,  je  pre- 
fere  la  ponctuation  du  mss,  c.  ä  d.  l'absence  de  virgules  au  second 
hemistiche.  —  —  Sect.  Les  Esclaves,  I  (La  Liberte).  —  Dans  l'in- 
dication de  Chenier  idylle,  III,  3,  le  III  est  biffe.  —  V.  28,  note: 
»La  chouette  et  l  ecrit  en  surcharge  de  mots  illisibles»,  dit  l'edit.: 
J'ai  lu  en  dessous  le  iioir  hibou.  —  V.  48:  7iotre  en  surcharge  de 
ton.  —  V.  53:  ajissi  en  surcharge;  au-dessous  je  lis  ami  (?),  qui 
semble  une  faute  de  lecture  corrigee  sur-le-champ.  —  V.  79 :  si 
ma  collation  est  exacte,  il  y  a  ä  la  fin  du  vers  une  virgule.  — 
V.  96 :  ä  la  fin  du  vers,  un  point,  ponctuation  que  l'on  peut  conser- 
ver.  —  V.  103:  favotables  en  surcharge  de  secourablts.  —  V.  118: 
ä  la  fin  ma  collation  donne  deux  points.  —  V.  127:  je  ne  vois 
pas  bien  pourquoi  l'edit.  supprime  apres  0  la  virgule  donnee  par 
le  mss,  et  qui  concorde  avec  le  point  d'exclamation  indique  par 
l'edit.  ä  la  fin  du  vers  suivant.  —  V.  137:  le  mss,  de  meme  que 
dans  des  cas  analogues,  donne,  comme  l'edit.  le  dit  du  reste,  les 
mots  et  moi  je  sans  virgule  apres  moi.  La  regularite  de  cette 
ponctuation,  qui  exclut  toute  idee  de  hasard,  me  semble  consti- 
tuer  une  indication  nette  d'un  debit  legato  sans  chute  melodique 
ä  la  fin  de  tnoi;  pour  le  berger  l'allure  est  plus  rapide,  et  la  voix 
a  le  timbre  special  caracteristique  de  ce  style  «dur  et  sauvage» 
qui,  d'apres  le  canevas  en  prose,  est  celui  de  l'esclave.  II  fallait 
donc  conserver  la  ponctuation  du  mss.  Aux  vers  45  et  86  il  en 
sera    de    meme,    avec   un    debit    legato  plus  lent  et  un  timbre  de 


I 


Paul  Diinoff',    Üiuvres  cotnpletes  de  Andre   Chcnier,  183 

voix  correspondant  au  style  «doux  et  fleuri»  du  chevrier.  —  V. 
140:  le  second  hemistiche  est  recrit  en  surcharge;  au-dessous  le 
second  hemistiche  du  vers  suivant.  Cette  erreur  de  copie,  avec 
Celle  du  v.  53,  montre  bien,  je  crois,  que  ce  mss  est  une  Sorte 
de  mise  au  net,  comme  le  dit  G.  de  C.  L'edit.  aurait  donc  pu 
etre  plus  affirmatif  dans  la  note  du  debut  relative  au  mss.  —  V. 
145:  chevre  est  ä  la  fois  ecrit  en  surcharge  et  dans  l'interligne. 
Au-dessous  de  la  surcharge  je  lis  breb  (?),  ce  qui  serait  encore 
une  faute  d'inad\ertance  dans  la  mise  au  net^.  —  V.  146:  ma 
collation  donne  un  point  ä  la  fin  du  vers.  —  V.  152:  ces  :  c  en 
surcharge  de  /.  —  V.  158:  le  8  du  chiffre  158  est  en  surcharge 
d'un  6.  —  —  Sect.  Details  et  choses  de  la  vie  rustique,  VIII,  2, 
p.  236.  C'est  le  morceau  connu:  Fille  djt  vienx  pasteur.  Le 
mss,  ce  qui  n'est  pas  toujours  le  cas,  est  sürement  le  mss  original, 
plein  de  corrcctions  qui  permettent  de  se  rendre  compte  de  la 
maniere  dont  Chenier  travaillait.  II  m'a  paru,  lorsque  j'ai  eu  le 
mss  entre  les  mains,  que  l'indicaticn  grecque  /?orx  aLX  et  une 
partie  des  correclions  etaient  d'une  ecriture  plus  grosse  et  d'une  date 
ulterieure  La  difference  peut  pourtant  tenir  ä  des  reprises  de  plume, 
comme  c'est  sürement  le  cas  pour  la  2:e  partie  du  veis  6  ä  par- 
tir  de  —  —  eras.  Sous  cette  reserve,  et  en  designant  par  B  les 
corrections  ou  additions  ulterieures,  il  faudrait,  selon  moi,  attribuer 
ä  la  correction  B: 

V.  I  le  soir  ta  (interligne,  rayes) 

V.  2  treiife  vases  cVargile 

V.  3  crains  la  genisse  pourpre,   au  farouche   regard 

V.  3  et  blatte  (interligne,   rayes) 

V.  4  toujours  seule  et  qui  pait  ä  l'e'cart 

V.  8  ei  lent  ne   demeure  plie. 

Comme  on  le  voit,  il  ne  reste  ä  glaner  apres  Tediteur  que 
des  vetilles  dans  les  mss :  et  j'ajoute  que,  ne  pouvant  controler 
les  mss,  je  ne  voudrais  pas  af  firm  er  que  j'aie  partout  raison.  — 
Je  termine  en  souhaitant  ä  cette  edition  le  succes  qu'elle  merite, 
et  en  exprimant  le  vceu  que  les  volumes  suivants  ne  se  fassent 
pas  trop  attendre.  En  particulier  le  dernier,  contenant  les  oeuvres 
cn  prose,  remplira  une  lacune  jusqu'ici  impossible  ä  combler. 

/.   Poirot. 


'     Chenier  aura  pu  par  dislraction  penser  ä  brebis  niere  qui  figure  dans 
sa  traduction    de  ia  gSie  epigr.  de  Leonidas  de  Tarente,  ed.  Dimoff,  p.   268. 


184  Besprechungen,      .1.    IVa/iensköh/, 

Hugo  Wendel,  Die  Entwicklung  der  Nachtonvokale  aus  dem 
Lateitiisc/ien  ins  Altprovemalische.  Diss.  Tübingen.  Halle  a.  d.  S., 
1906.    122   S.   8:0. 

Der  Verf.  vorliegender  Dissertation  hat  seinen  Gegenstand  in 
klarer,  übersichtlicher  Weise  behandelt  und  die  Endresultate,  zu 
welchen  er  gekommen  ist,  dürfen  wohl  im  Grossen  und  Ganzen 
als  endgültig  betrachtet  werden.  Ich  gebe  sie  hier  nach  des  Verf:s 
eigener   Zusammenstellung  (S.    119  fg.): 

A)  Die  nebentonigen  Nachtonvokale: 

1.  fallen,  ausser  a  {m  a  c  u  1  a  ^  malha,  tepida  >■ 
tebeza) : 

a)  wenn  der  unbetonte  Nachtonvokal  in  vorprov.  Zeit  aus- 
fällt (laridum   >    *1  a  r  d  o   >   lart) , 

b)  wenn  der  unbetonte  Nachtonvokal  lautlicher  Verhält- 
nisse halber  (siehe  C  2  a — e)  nicht  ausfallen  konnte  (t  e  p  i  d  u  m  > 
tebe,  juvenem  >  jove^^  v  i  n  c  e  r  e  >  venser,  a  n  g  e  1  u  m  ^ 
angel,    episcopum   >    ebesque) ; 

2.  bleiben  erhalten: 

a)  ^enn  in  prov.   Zeit  erst  synkopiert  wurde  (h  o  s  p  i  t  e  m 

>  osde), 

b )  bei  den  unter  i .  erwähnten  Fällen,  wenn  lautlicher  Verhält- 
nisse halber  (s.  B  2  a — b)  ein  Schwinden  des  Vokals  unmöglich 
war  (p  o  p  u  1  u  m  ;>  pöble,  sufferunt  >  sofron,  m  i  s  e  r  u  n  t 
^    meseron). 

B)  Die  schwachtonigen   Nachtonvokale  : 

1 .  fallen   ausser  a  (surdum   ]>   sort,   s  c  a  la    >    escala) ; 

2.  bleiben  erhalten: 

a)  nach  Kons.  -|-  Liquida  (p  a  t  r  e  m  >  paire)  oder 
Kons.  -}-  Nasal  (s  p  a  s  m  u  m  >  espasme),  falls  diese  Verbindun- 
gen zur  Zeit  des  Abfalls  der  schwachtonigen  Nachtonvokale  noch 
nicht  vereinfacht  wa^en  (p  a  t  r  e  m  >•  pair  [dial.],  somnum  >> 
son) ;     nach     Liquida  -f-    Nasal    steht    nie    Stützvokal     (u  1  m  u  m 

>  olm)  ; 

b)  vor   nt  (respondent  .">    respondent) ; 

c)  vor  r  nach  mediopalataler  oder  dentaler  Spirans  (s  o  r- 
d  i  d  i  o  r  >   sordeger,   grossior   >  gtueysser)  (vgl.  hiezu  C  2  c) ; 

d)  wenn  der  schwachtonige  Nachtonvokal  mit  dem  Ton- 
vokal eine  diphthongische  Verbindung  eingeht  (f  u  i  ]>  fui,   d  e  u  m 

>  deti) . 

C)  Die  unbetonten   Nachtonvokale: 

1 .  fallen  (laridum  >•  lart,  h  o  s  p  i  t  e  m  >»  osde,  s  a  b- 
b  a  t  u  m   >   sabde)  ; 

2.  bleiben  erhalten: 


H.   VVcHcül,  Die  Ent-vickhing  der  A'achtonvoka/e  aus  dein.  Lat.  ins  Aliprov.     185 

a)  vor  spirantisch  gewordenem  </  ( t  e  p  i  d  u  m  >  tebe,  t  e- 
p  i  d  a  m    >  tebezn)  ; 

b)  vor  n   (j  u  v  e  n  e  m   '^  jove)  ; 

c)  vor  r  nach  mediopalataler  oder  dentaler  Spirans  (v  i  n  - 
c  e  r  e  >>  venser,  texere  >  tcisser) ,  bisweilen  auch  nach  Kons, 
-f-  lab.  Spirans  (p  u  1  v  e  r  a  >»  polvera,  s  o  1  v  e  r  e  >  solver  oder 
solvrej  : 

d)  vor  /nach  mediopalataler  Spirans  (a  n  g  e  1  u  m  >  a?ige/, 
fragilem   >  /f^g^O  -" 

e)  sonst  um  unliebsame  Konsonantenhäufungen  zu  vermei- 
den  (1  a  c  r  i  m  a   >   lagrenia). 

Gegen  obige  Darstellung  hätte  ich  nur  in  Betreff  folgender 
Punkte  Einwände  zu  machen  : 

B  2  a.  Formen  wie  pair  (  <;  p  a  t  r  e  m),  fiah  ( <;  f  r  a  - 
t  r  e  m),  mair  (  <  m  a  t  r  e  m),  Peir  (<;  P  e  t  r  u  m),  derer  (<  d  e  - 
r  e  t  r  o)  würde  ich  lieber  als  in  vortoniger  Stellung  entstandene 
Schnell  sprechformen  ansehen,  als  sie  mit  dem  Verf.  (S.  96)  einem 
hypothetischen  Dialekte  zuschreiben,  in  welchem  /;-  zu  ir  (r)  in  so 
früher  Zeit  übergegangen  wäre,  dass  der  Endvokal  nachher  noch 
hätte  schwinden  können.  Dasselbe  gilt /rijz'ijr  (<.  *p  r  eb  y  t  e  r  u  m, 
S.  30).  Was  arbir  (<;  a  r  b  i  t  r  i  u  m)  betrifft  (S.  82),  ist  es  m. 
E.  ganz  entschieden  eine  Analogiebildung  nach  anderen  Substanti- 
ven auf  -ir  [constr,  dezir,  u.  s.  w ),  wenn  es  nicht  einfach  eine 
postverbale  Bildung  ist. 

C  2  d.  Wenngleich  ich  nicht  bezweifle,  dass  auch  vor  /  nach 
mediopalataler  Spirans  der  Pänultimavokal  hat  bleiben  müssen,  finde 
ich  indessen,  dass  die  Formen  angel  und  fragel  nichts  beweisen, 
da  sie  entschieden  gelehrt  sind.  Man  vergleiche  nur  afrz.  aiigele 
und  Jraile  (statt  des  zu  erwartenden  *frail) . 

Was  man  in  methodischer  Hinsicht  gegen  die  Arbeit  Wen- 
deis einzuwenden  hat,  scheint  mir  hauptsächlich  darin  zu  bestehen, 
dass  der  Verf.  fortwährend  verschiedene  provenzalische  Entwick- 
lungsformen desselben  lateinischen  Wortes  anführt,  ohne  einen 
ernstlichen  Versuch  zu  machen,  dieselben  auch  dialektal  und 
zeitlich  abzugrenzen.  Als  typisches  Beispiel  sei  angeführt :  i  n  - 
s  u  1  a  >  iscla  oder  >  ilha,  illa,  iln  einerseits  und  > 
irla  oder  ila  andererseits  (S.  18).  Es  würde  natürlich  gelten 
nachzuforschen,  in  welchen  Gegenden  aus  "^isJa  durch  Entstehung 
eines  Cbergangslautes  iscla  geworden  ist,  und  in  welchen  *isla, 
*izla  (ein  */V/a  ist  überhaupt  undenkbar)  einerseits  *iyla,  ilha,  an- 
dererseits irla  und,  mit  gänzlichem  Schwund  der  Spirans,  ila  ge- 
geben hat.  Ich  verweise  hier  nur  auf  die  von  Mistral  in  seinem 
»Tresor»  (s.  v.  116)  angeführten  neuprovenzalischen  Formen  :  lim. 
ilo,  ilho,  gask.  illo,   lang,  inlo,   rhcd.  islo,   isclo,    sowie  auf  den  Ar- 


l86  Besprechungen .      A.    Wallen sköld, 

tikel  Hoinings  in  der  Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  XXIII,  S.  413  fg., 
über  den    »Wandel  \on  s  vor  Konsonant  zu  y  in  Frankreich.^) 

Ein  anderer  schwacher  Punkt  in  der  Darstellung  des  Ver- 
fassers ist,  dass  er  sich  allzu  gewagt  mit  allerlei  vulgärlateinischen 
Etymologien  herumtummelt.  Ich  führe  an :  *R  h  o  d  a  r  u  m  (pr. 
Rozer,  S.  29),  *s  c  a  n  d  a  r  u  m  (pr.  escandre,  esclandre,  S.  29), 
*o  r  d  i  r  e  m  (pr  ordre,  S.  30),  *t  e  r  t  i  r  u  m  (pr.  iertre,  S.  31), 
*a  s  i  r  u  m  (pr.  azer,  S.  32),  *fraxirum  (pr.  /raisser,  S.  34), 
*c  u  1  c  i  r  u  m  (pr.  colser,  S.  38),  *c  u  1  c  i  r  a  m  (pr.  cossera,  S.  38), 
*tymbarum  (pr.  timbre,  S.  48),  *sirapem  (pr.  serbe,  S  53), 
diem  *domiricum  (pr.  diniere,  dimergue,  S.  69),  *m  o  r  a  - 
cum  (pr.  morgue,  S.  69),  *m  a  r  i  c  u  m  (pr.  niargue,  S.  69),  *m  o- 
racam  (pr.  inorga,  S.  69),  *m  a  n  d  ü  c  a  t  (pr.  manja,  S.  yi), 
*p  r  e  n  d  e  o  (pr.  prenh,  S.  86).  Der  Verf.  hat  alle  diese  Formen, 
allerdings  mit  einer  gewissen  Reservation  (s.  das  unter  den  »Vor- 
bemerkungen /)  über  templa  <[  *t  e  m  p  o  1  a  gesagte),  rekonstruiert, 
um  eine  normale  provenzalische  Lautentwicklung  geben  zu 
können.  Es  ist  aber  m.  E.  ganz  und  gar  unwahrscheinlich,  dass 
Formen  wie  *d  o  m  i  r  i  c  u  m  und  *m  o  r  a  c  u  m  je  existiert  haben. 
In  den  angeführten  prov.  Formen  sehe  ich  daher  provenza- 
lische Umbildungen :  in  Rozer,  azer,  fraisser,  colser  (nebst  der 
Ableitung  colsera)  kann  r  (statt  ;;)  analogisch  sein,  ebenso  gut  wie 
das  angefügte  r  in  eher  (<  i  1  i  c  e  m,  S  68),  sauzer  (<  s  a  1  i  c  e  m, 
S.  68),  t07iser  {<-  r  u  m  i  c  e  m,  S.  70);  in  escandre,  ordre,  timbre 
einerseits,  in  serbe,  dimergue,  morgue,  margue  andererseits  ist  das 
lat.  n  (l)  beim  Zusammentreffen  mit  dem  vorhergehenden  oder 
nachfolgenden  tönenden  Explosivlaut  zu  r  geworden  wahrscheinlich 
infolge  dialektaler  (languedoc'ischer  ?)  Aussprache  jener  übrigens 
wohl  teilweise  halbgelehrten  Wörter  (vgl.  MeyerLübke,  Gramm.  I, 
§  530);  terire  geht  wahrscheinlich  auf  *t  e  r  m  i  t  e  m  (mit  epenth. 
r)  zurück  (vgl.  Rom.  XXV,  94  fg.) ;  manja  ist  Neubildung  mit 
dem  Stamm  der  endungsbetonten  Formen  [rnanjar  etc.;  vgl.  die 
regelmässige  Form  manduia  Bartsch,  Chrest.  ^  10,  10);  und  was 
schliesslich  prenh  betrifft,  so  kann  es  mit  ziemlicher  Sicherheit  als 
Analogiebildung  nach  tenli  betrachtet  werden  (wegen  der  begriff- 
lichen Verwandtschaft  und  der  gegenseitigen  Beeinflussung  von 
prendere  und  teuere  vgl.  Risop,  Begriffsverwandtschaft  und 
Sprachentwickelung,  S.    13   fg.). 

Im  Übrigen  hätte  ich  einige  Einzelbemerkungen  zu  machen: 
S.  6,  Z.  5 :  d  o  m  n  u  m  ist  ja  mehrfach  belegt  worden  (vgl.  auch 
Verf ,  S.  45).  —  S.  II,  Z.  8:  An  die  ehemalige  Existenz  einer 
Form  serir  (ebenso  wie  der  Formen  <?«.f^»2/  S  iio,  -adr  S.  lio,  -idr 
S.  III,  -edr  S.  iii,  u.  s.  w.)  fällt  es  mir  aus  phonetischen  Gründen 
schwer  zu  glauben;    ohne  eine    eigentliche  Metathese  anzunehmen. 


//.  IVendel,  Die  Enhukklung  der  xVathtonvokale  aus  dem  Lat,  ins  Altprov.     187 

betrachte  ich  das  Auftreten  des  Stützvokals  als  eine  unmittel- 
bare Folge  des  Vcrstummens  des  lat.  Nachtonvokales.  —  S.  14, 
Z.  2  I  :  Es  ist  keineswegs  ausgemacht,  dass  frz.  fable  und  faible 
gelehrte  Wörter  sind  (vgl.  Nyrop,  Gramm.  I,  §  376,  1:0).  Der 
Hinweis  auf  Berger,  Die  Lehnwörter  etc,  S.  100  fg.,  sollte  nur 
diable  gelten.  —  S.  15,  Z.  13  v.  u.:  Als  Etymon  des  prov.  templa 
ist  wohl  *temp(u)la  (statt  tempora)  anzusetzen  (s.  Mise.  ling. 
in  onore  die  Gr.  Ascoli,  S.  92).  —  S.  17,  Z.  4  v.  u.:  *Arta- 
lem  statt  *A  r  1  a  t  e  m  als  Etymon  von  Arie  erweckt  Bedenken; 
die  Metathese,  die  wahrscheinlich  stattgefunden  hat,  gehört  vielmehr 
der  frühprovenzalischen  Entwicklung:  *Arlede  >  *Ardele  >  Ardle 
>  Arlle  (so  Thomas,  Ess.,  S.  124).  —  S.  18,  Z.  10  v.  u.:  Der 
Verf.  betrachtet  teula  {<  t  e  g  u  1  a)  und  leula  (<  1  i  g  u  1  aj  als 
»mehr  oder  weniger  gelehrt  entwickelt».  Ich  möchte  lieber  (vgl. 
Berger,  a.  a.  O.,  S.  245,  Fussnote)  die  Wörter  als  volkstümlich 
ansehen :  die  besondere  Entwicklung  erkläre  sich  aus  der  durch 
den  Einfluss  des  Schriftlateins  im  Vulgärlatein  beibehaltenen  pro- 
paroxytonischen  Aussprache  der  Wörter.  —  S.  24,  Z  19:  Die 
Form  redebre  (<  r  e  d  i  m  e  r  e)  muss  analogisch  sein  (Einfluss  von 
erebre  <  e  r  i  p  e  r  e  ?).  —  S.  27,  Z.  10  v.  u.:  Suffero  hat 
keine  semantische  Berührungspunkte  mit  o  f  f  e  r  o ;  dass  geschl. 
vlat.  0  ist,  wie  öfters,  aus  nicht  völlig  aufgehellten  Ursachen  vor 
labialem  Konsonante  offen  geworden  (vgl.  ploure  unten  auf  der- 
selben Seite).  —  S.  28,  Fussn.  i  :  Ich  kann  nicht  an  die  Ent- 
wicklung *cree'r  >  crer,  *veer  >  ver,  ^comee'r  >  comer  glauben. 
Wie  wären  das  intervok.  d  und  das  vorton.  e  so  früh  verschwun- 
den ?  \"ielleicht  sind  crer,  ver  und  comer  aus  creire,  veire,  comeire 
unter  Einfluss  der  -^r-Verba  entstandene  Kurzformen.  —  S.  30, 
Z.  18  und  Fussn.  2:  Preire  (mit  off.  e)  wird  als  Subjektsform  ge- 
braucht (s.  Flamenca,  her.  v.  P.  Meyer  [1901],  V.  2470,  2474, 
2503,  2634,  3297,  3599,  5515  [:Peire]);  und  kommt  daher 
vom  Nom.  *p  r  e  b  i  t  e  r.  —  S.  3  i,  Z.  19  :  Der  Verf.  spricht  von  »re- 
gelmässigen» Adverbialformen  auf  -mens  neben  denen  auf  -ijient. 
Die  Endung  -ment  ist  indessen  die  einzig  regelmässige  (<  -m  e  n  t  e). 
Domens  neben  domentre  erklärt  sich  am  besten  durch  analogische 
Einwirkung  von  Seiten  der  Parallelformen  dins  (<  d  e  -  i  n  t  u  s) 
und  dintre  (<;  d  e  -  i  n  t  e  r).  —  S.  32,  Z  7  v.  u. :  Es  kann  wohl 
als  sicher  angenommen  werden,  dass  das  r  der  Perfekta  wie  rema- 
ron  dem  analogischen  Einfluss  der  zahlreichen  Perfektformen  auf 
-eron,  -iron,  u.  s.  w.  sein  Dasein  schuldet.  —  S.  34,  Z.  19  (vgl. 
S.  10 1,  Z.  18):  Plais  geht  wohl  auf  eine  vlat.  Form  *p  1  a  x  i  t 
zurück.  —  S.  36,  Fussn.  2  :  Far  kann  eine  direkte  Fortsetzung 
des  vlat.  f  a  r  e  sein  (vgl  G.  Rydberg,  Le  developpement  de  facere, 
S.    14,   29   fg.,   47   fg.)   —  S.   65,   Z     10  V.   u.:   Verglichen  mit  afrz. 


1 88    Besprichungen.  A,    Wallensköld,  H.  Wendel,  Die  Entio.  der  Nachtonvok    etc. 

doie,  sp.  dedo,  kann  wohl  doch  pr  det  dem  von  Crescini  ange- 
nommenen vlat.  *d  1 1  u  m  enisprechen.  —  S.  68,  Z.  ii:  Doussa 
entspricht  viehnehr  einem  vlat,  *d  u  1  c  i  a  (danach  ist  auch  *d  u  1- 
cium  >  dols  S.  loi,  Z.  6  V.  u.  anzusetzen);  vgl.  Nyrop,  Gramm. 
II,  §  384,  3",  Rem.  —  S.  71,  Z.  II  v.  u.:  ich  frage  mich,  ib 
der  Verf.  mit  Recht  *fordz9  (mit  tönendem  dz)  als  Durchgangsstufe 
für  forficem  '>  foisa  angegeben  hat;  ich  würde  lieber  */orts9 
annehmen.  Man  vergleiche  nur  neuprov.  (lang.)  /otces  mit  z.  B. 
qua  tot  ge,  quatorze  (<  quattuordecim)  und  beachte  die  ent- 
sprechenden Verhältnisse  im  Frz ,  um  zu  der  Überzeugung  zu 
gelangen,  dass  aus  der  Konsonantenverbindung  dz  kein  tonl.  s  vor 
Vokal  enstandeu  ist.  Dasselbe  gilt  pajisa  {<  p  a  n  t  i  c  e  m,  S.  73, 
Z.  1 1  V.  u.),  verglichen  mit  onze  (<  u  n  d  e  c  i  m).  —  S.  80,  Z. 
2  v.  u. :  Wie  hätten  die  Substantiva  auf  -aire  (<  -a  t  o  r)  auf  die 
Bildung  der  unregelmässigen  Formen  cotitmire  (<  c  o  n  t  r  a  r  i  u  m), 
Daire  (<  *D  ä  r  i  u  m),  vaire  (<  v  a  r  i  u  m)  einwirken  können  ? 
Es  geht  doch  wahrlich  nicht  an,  eine  solche  lautliche  Ana- 
logie (ohne  die  geringste  Bedeulungsgeme.nschafi)  anzunehmen  Con- 
traire und  Daire  sind  natürlich  halbgelehrte  Ausdrücke;  aus  dem 
Frz.  kennt  man  ja  dieselben  Wörter,  Was  vaire  betrifft,  neben  dem  man 
die  regelmässige  Form  vair  hat,  weiss  ich  nicht  recht,  wie  dasselbe 
zu  erklären  ist:  es  könnte  allerdings  auch  ein  späterer  halbgelehrter 
Eindringling  sein.  Ebenso  unmotiviert  ist  es  auch,  in  Betreff  der 
Wörter  mattire  (<  martyriu  m),  sospire  (<  suspirium), 
lire  (<  1  i  1  i  u  m)  analogische  Einwirkung  von  Seiten  der  Substan- 
tiva auf  -tte  (<:  -iter)  anzunehmen  (s.  S.  81,  Z.  4).  Martire  ist 
ja  sicher  gelehrten  Ursprungs  (vgl.  afrz.  martirie,  martire).  —  S. 
88,  Z  12:  Die  Form  ueis  (<  o  s  t  i  u  m),  die  ich  nur  aus  dem 
einzigen  Belege  bei  Raynouard  (Lex.  rom.  V,  455)  kenne,  ist 
verdächtig.  Die  gewöhnliche  prov.  Form  ist  uis  (hiiis,  us),  die 
auf  vlat.  *ü  s  t  i  u  m,  das  auch  von  den  übrigen  romanischen 
Sprachen  gefordert  wird,  zurückgeht.  Vgl.  Meyer-Lübke,  Zs.  f. 
rom.  Phil.  XXV,  355  fg.  —  8.  88,  Z.  10— 11  und  7  v.  u. :  Der 
Verf.  halte  vielleicht  mit  einigen  Worten  die  Formen  pantai  (< 
*p  a  n  t  a  s  i  u  m)  und  bai  (<  b  a  s  i  u  m,  b  a  s  i  e  t)  erklären  kön- 
nen. Das  -s  ist  m.  E.  in  Folge  analogischer  Einflüsse  verschwun- 
den. Ich  nehme  an,  dass  das  Schluss-i-  einst  als  Nominativ- 
endung aufgefasst  wurde  und  so  neue  Obliquaformen  ohne  dasselbe 
geschaffen  wurden,  und  da'^s  dann  zu  bai  das  neue  Verbum  baiar 
(vgl  Flamenca,  ed.  P.  Meyer  [1901],  baia  [baisa] :  -ata  2597, 
3203.  4072,  5935)  gebildet  wurde.  —  S  88,  Z.  i  v.  u. :  Lat. 
a  n  X  i  u  m  hat  kaum  prov.  ais  geben  können  (wegen  des  Schwun- 
des des  nasalen  Konsonanten)  Eme  befriedigende  Etymologie 
der  prov.    Wörter  ais,    aissa,     atssos  ist  m.   W.   noch  nicht  gegeben 


y    Poirot^  Joseph    Vianey,   Les  sources  de  Leconte  de  IJsle,  189 

worden.  —  S.  92,  Z  15:  Prov.  leun  (■<  t  e  n  u  e  ni)  soll  zeigen, 
tlass  bei  Nomina  Kons.  -|-  Hiatus-?/  sich  anders  entwickelt  hat 
als  bei  den  Perfektfornien  auf  -in.  Ich  bezweifle  eine  solche  Dif- 
ferenzierung nach  Wortklassen.  Vielleicht  ist  teun  ein  gelehrtes 
Wort  (vgl.  Grandgent,  An  Outline  etc.,  §  72  Nw;  s.  dagegen 
Thomas,  Rom.  XXXIV,  333,  der  nicht  gesehen  hat,  dass  -pu-  -\- 
Vokal  eine  besondere  Entwicklung  durchgemacht).  —  S.  103,  Z. 
2  V.  u. :  Formen  wie  niu  {<  n  i  d  u  m),  welche  den  Schwund 
eines  intervok.  d  zeigen,  sind  katalanischen  Urspiungs  (vgl.  Grand- 
gent, a.  a.  O.,  §  65,  D,  2).  Deshalb  geht  die  normale  Form 
vau  ( I .  Sg.  Pr.  Ind.  von  anat^  auf  *v  a  o  zurück,  welches  auch 
von  den  übrigen  romanischen  Sprachen  postuliert  wird.  Mit  J. 
Huber  (Zs.  f.  rom.  Phil.  XXXI,  374)  billige  ich  nicht,  was  Wen- 
del über  Kurzformen  zu  fagum  etc.  sagt;  es  handelt  sich  um 
noch  näher  zu  untersuchende  dialektale  Unterschiede  (vgl.  Grand- 
gent, a.  a.  O.,  §  65,  G,  (3),  l).  -—  S.  HO,  Z.  14:  Soll  »afr. 
noz,   7iosy>    heissen. 

Bemerkte  Druckfehler:  S.  14,  Z.  8  v.  u.:  lumbnlum ;  S.  i6, 
Z.  2  V.  u.:  Rom.  33  S.  261;  S.  30,  Z.  20:  fraire;  S.  48,  Z.  5 
V.   u. :   iuvejiem.  A.    Wallensköld. 


Joseph  Vianey,  Les  sources  de  Leco7ite  de  Lisle  (=  Travaux 
et  memoires  de  Montpellier.  Serie  litteraire.  I).  Montpellier,  Cou- 
let  et  fils,    1907.      I    V.  in-8:o.     VI-l-399  p. 

Voici  un  livre  longtemps  desire  par  tous  ceux  qui  s'interes- 
sent  au  grand  Pamassien.  Avec  le  travail,  d'allure  surtout  bio- 
graphique,  des  freres  M.-A.  Leblond..  il  formera  la  base  des  etudes 
ulterieures  sur  Leconte  de  Lisle. 

L'etude  de  M.  Vianey  est  faite  avec  le  plus  grand  soin; 
eile  embrasse  tous  les  poemes  de  Leconte  de  Lisle,  sauf  les  oeuvres 
chretiennes  de  la  premiere  pericde  (la  Passion,  Marie-Madeleine).  L'au- 
teur  se  defend  avec  modestie  «d'avoir  l'ambition  de  dire  le  der- 
nier  mot  sur  Leconte  de  Lisle»  ;  mais  je  crois  que  sur  les  points 
traites  par  lui,  ses  indications  resisteront  ä  la  critique  dans  presque 
tous  les  cas.  C'est  dire  que  l'ouvrage  doit  entrer  dans  la  biblio- 
theque  de  quiconque  etudie  d'un  peu  pres  la  poesie  contem- 
poraine. 

Le  travail  de  depouillement  fait  par  M.  Vianey  revele  un 
fait  peut-etre  un  peu  inattendu.  Les  sources  du  poete,  malgre  la 
Variete  infinie  de  son  oeuvre,  ne  sont  en  somme  pas  tres  nom- 
breuses.  Les  poemes  hindous  proviennent  des  traductions  du 
Rig-Veda  par  Langlois  (1848),   du  Bhagavata   Purana  par   Burnouf 


igo  Besprechungen.     J.   Poirot, 

(1840),  du  Ramayaiia  par  Fauche  (1854),  et  d'un  recueil  de  poe- 
sies  populaires  hindoues  par  Lamairesse  (1867).  —  L'Inde  poste- 
rieure,  celle  d'Aureng-Zeib,  est  tiree  d'un  appendice  ä  \ Histoire 
generale  de  l'Iiide  anciemie  et  modertie,  de  de  Maries  (1828).  — 
La  niasse  assez  imposante  des  poemes  scandinaves  sort  des  Chants 
populaires  du  Nord  de  X.  Marmier  (1842).  —  Le  livre  de  Leou- 
zon  Le  Duc:  La  Finlande  (1845)  a  inspire  les  poemes  finnois; 
et  ainsi  de  suite.  Exception  doit  etre  faite,  d'abord  bien  entendu 
pour  les  poemes  tires  de  l'antiquite  classique,  et  aussi  pour  les 
poemes  celtiques:  Leconte  de  Lisle,  peut-etre  ä  cause  de  ses  ori- 
gines  bretonnes,  semble  avoir  suivi  avec  un  certain  interet  les 
publkations  relatives  aux  anciennes  traditions  celtiques. 

Parmi  les  trouvailles  du  livre,  je  citerai,  parce  qu'elle  Inte- 
resse les  lecteurs  finlandais,  l'etude  sur  les  sources  du  Runoia. 
L'imitation  du  Kalevala  etait  evidente;  mais  la  fin  du  poeme 
s'ecarte  de  l'epopee  finnoise.  M.  Vianey  montre  qu'elle  est  ins- 
piree  du  Glaive  runiqiie  de  Nicander,  que  Leconte  de  Lisle  trou- 
vait  en  appendice  chez  Leouzon  Le  Duc. 

Je  ne  veux  pas  m'etendre  sur  l'analyse  de  l'ouvrage,  espe- 
rant  que  ce  que  j'en  ai  dit  eveillera  l'interet  pour  ce  beau  iravail. 

La  these  de  M.  Zilliacus,  dont  j'ai  fait  ici  meme  le  compte- 
rendu,  abordait  aussi  la  question  des  sources,  pour  les  poemes 
grecs  et  latins.  M.  Vianey  ne  parait  avoir  connu  ni  Tun  ni  l'autre. 
Sur  certains  po.'nts  il  a  vu  mieux  que  nous;  ailleurs  M.  Z.  a  cer- 
tainement  raison.  —  C'est  ainsi  que  le  poeme  d! Helene  est  süre- 
ment  tire  du  petit  poeme  de  Kolouthos,  L' Enlevement  d' Helene ; 
M.  Z.  ne  l'a  pas  vu,  et  mes  conjectures  tombent:  les  pieces  de 
Banville  sont  elles  aussi  inspirees  de  Kolouthos.  - —  Par  contre  M. 
Vianey  croit  ä  tort  que  la  mise  en  scene  de  Khirön,  la  visite 
d'Orphee  au  centaure,  est  imaginee  et  tiree  du  prologue  de  la 
Chute  d'un  Ange  (p.  358,  p.  367,  note).  II  a  oublie  l'epopee 
orphique  des  Argonautes,  signalee  par  M.   Zilliacus. 

Bien  que  son  travail  porte  avant  tout  sur  les  sturces  et  leur 
emploi,  M.  Vianey  nous  donne  quelquefois  des  mterpretations, 
soit  de  ces  sources,  soit  des  poemes  de  Leconte  de  Lisle.  C'etait 
souvent  inutile;  et  les  declarations  categoriques  qui  fönt  des  legen- 
des ou  mythes  des  symboles  naturalistes  sont  des  plus  di?cutables. 
Elles  pourraient  etre  supprimees  sans  que  Touvrage  y  perdit  rien; 
il  y  gagnerait  meme   ä  mes  yeux. 

J.  Poirot. 


Dr.    Ottmar    Rutz,    Neue    Entdeckungen    von    der  menschlichen 
Stimme.     München,  Beck,    1908.    i    Bd.  gr.   8:0.   VIII-f-158  S. 


^ 


0.  Rutz,  Neue  Entdeckungen  von  der  menschlichen  Siir/inie.  191 

Ein  Buch,  das  zuerst  befremdend,  nachher  aber  anregend 
wirkt.  Es  enthält  das  Resultat  langjähriger  Untersuchungen  des 
verstorbenen  Sängers  Joseph  Rutz  (f  1B95),  nachher  von  seiner 
Wittwe  und  seinem  Sohn  fortgesetzt.  —  Obwohl  die  Arbeit  in 
erster  Linie  die  Bildung  der  Singstimme  berücksichtigt,  so  enthält 
sie  manches,   was  für  Philologen   und  Phonetiker  beachtenswert  ist. 

Der  Kern  der  Lehre  besteht  darin,  dass  Rutz  festgestellt 
hat,  dass  die  stilgemässe  Wiedergabe  von  verschiedenen  Musik- 
werken (bzw.  Dichtungen)  verschiedene  Stimmqualitäten  erfordert, 
und  dass  die.se  Sümmqualitäten  nur  durch  bestimmte  Körperhaltun- 
gen überhaupt  zu  erreichen  sind.  Die  Stimmqualitäten  und  Kör- 
perhaltungen sind  als  Ausdrucksbewegungen  der  jeweiligen  Stimmung 
des  vorzutragenden  Stückes  anzusehen,  und  als  solche  von  dieser 
Stimmung  unzertrennlich.  Jeder  Versuch,  ein  bestimmtes  Stück 
mit  anderer  Körperhaltung  wiederzugeben,  führt  zu  einem  nicht 
befriedigenden  Resultat:  der  Vortrag  ist  nicht  stilgemäss,  und  der 
Stimm  apparat  wird  misshandelt.  Die  psychologische  Begründung 
macht  keine  Schwierigkeit  bei  dem  jetzigen  Zustande  der  Theorie 
von   den  Gemütsaffekten. 

Ganz  neu  dürfte  die  Beobachtung  sein,  dass  die  allgemeine 
Rumpfhaltung  und  speziell  die  Bauchmuskulatur  und  die  Taille 
von  entscheidender  Wirkung  auf  die  Stimmqualität  ist.  Nach 
Rutz  gäbe  es  drei  grundverschiedene  Typen,  die  sozusagen  »Arti- 
kulationsbasen» sind,  und  weitermodifiziert  werden  können.  Jeder 
Dichter  oder  Komponist  hat  einen  bestimmten  Grundtypus.  Mo- 
zart, Beethoven,  Wagner  unter  den  Komponisten,  Goethe,  Schiller, 
Heine  unter  den  Dichtem  können  als  Beispiele  von  den  3  Typen 
dienen. 

In  die  Einzelheiten  einzugehen,  verbietet  sowohl  der  Raum 
als  der  Charakter  dieser  Publikation.  Der  Inhalt  lies^e  sich  übri- 
gens schwer  zu'^ammenfassen,  um  so  mehr^  als  das  Buch  eher 
eine  Anleitung  zu  Selbstversuchen  als  eine  rein  doktrinäre  Darstel- 
lung sein  will. 

Ich  möchte  jedoch  hervorheben,  dass  Rutz  seine  Beobachtun- 
gen als  Kriterium  zur  Beurteilung  von  Urheberschaftsfragen  be- 
nutzte. So  wies  er  nach,  dass  das  bekannte  Lied  »Willst  du 
dein  Herz  mir  geben»  nicht  von  J.  S.  Bach,  sondern  von  Gio- 
vannini  herstammt,  wie  es  Frau  Bach  mitteilt.  —  Diese  Resultate 
sind  um  so  merkwürdiger,  als  sie  mit  den  Forschungsmethoden 
Sievers'  auf  dem  Gebiet  der  Dichtung  übereinstimmen. 

Was  die  Beurteilung  der  Arbeit  betrifft,  so  kann  ich  über 
die  gesangtechnische  Seite  keine  selbständige  Meinung  ausdrücken. 
Nur  .so  \iel  ist  mir  bekannt,  dass  ein  bekanntei  Sänger  dafür  sehr 
interessiert    war;     ebenso   weiss  ich,  dass   Amateure,  die  die  Lehre 


192  Besprechungen.     .1.    IVallensköld, 

probierten,  sich  von  ihrer  Richtigkeit  überzeugt  haben.  Und  be- 
züglich der  sprachlichen  Seite  sind  meine  bisherigen  Erfahrungen 
ganz  zu  Gunsten  dieser  Theorie  ausgefallen.  —  Bei  dem  Mei- 
nungsaustausch, der  meinem  Referat  im  Neuphilologischen  Verem 
folgte,  erwies  es  sich,  dass  Rutz  zu  Beobachtungen  gekommen  war, 
die  mit  gewissen  Resultaten  der  Forschungen  Pippings  übereinstim- 
men. Rutz  merkte,  dass  es  im  Stimmregister  eine  kritische  Stelle 
giebt,  wo  der  Ton  seine  Klangfarbe  ändert  (O.  Rutz,  S.  22);  die 
von  ihm  angegebene  Note  ist  dieselbe,  wo  Pipping  eine  Register- 
änderung beobachtete,  und  welche  nach  Ausführungen  dieses  Forschers 
dem  Resonanzton  des  Brustkastens  entspräche.  —  Das  Buch 
sei  allen  denjenigen  zur  Lektüre  und  Kontrolle  wärmstens  emp- 
fohlen, die  sich  für  den  kunstgemässen  Vortrag  von  Dichtungen 
und  Gesängen  interessieren.  Zu  einer  Zeit,  wo  einseitige,  oft 
falsche,  Geschmacksrichtungen  eine  drohende  Gefahr  bilden,  kann 
die  Lehre  von  Rutz  schon  dadurch  heilsam  wirken,  dass  sie  den 
Geist  für  das  innere  Leben  der  Werke  öffnet. 

/.   Poirot. 


Kr.  Nywp,  Gratnmaire  hisiorique  de  la  langue  ftan^aise.  Tome 
troisieme.  Copenhague,  Gyldendalske  Boghandel,  1908.  VIII  -|- 
459   P    »''•   in-8:o.      Prix    10   fr. 

Le  savant  danois,  donttout  le  monde  admire  I'activiteinfatigable, 
vient  de  publier  le  troisieme  tome  de  son  excellente  Grammaire  histori- 
que  de  la  laiigue  frangaise'^ ,  traitant  de  la  «formation  des  mots».  Nous 
possedons  dejä  de  bonnes  monographi^s  se  rapportant  aux  diverses 
parties  du  domaine  linguistique  en  question  —  je  pense  avant  tout 
aux  etudes  magistrales  d'Arsene  Darmesteter  sur  les  «mots  com- 
poses»  et  les  «mots  nouveaux»  — ,  mais  M.  Nyiop  a  reussi 
ä  nous  donner  ici  une  etude  d'ensemble  qui,  tout  en  se  fondant 
sur  des  recherches  anterieures,  faites  par  d'autres,  contient  beau- 
coup  de  remarques  personnelles  du  plus  haut  interet.  L'impression 
totale  qui  se  degage  de  cette  oeuvre,  c'est  une  Sensation  agreable 
de  securite:  on  sent  et  on  sait  qu'on  est  conduit,  ä  travers  cette 
fourmiliere  de  formes  Vivantes  et  caduques,  par  un  guide  experi- 
mente,  doue  d'un  savoir  etonnamraent  etendu  et  d'un  bon  sens 
parfait.  Je  veux  specialement  appuyer  sur  cette  demiere  qualite: 
on  peut   etre  un  erudit  de  premier  ordre,   mais  manquer  en  meme 


'    Pour  les  tomes  precedents,  voy.  Neuph.  Mitt.   1899,  no.  '^,'11  —  '^12, 
p.    10  (2:e  ed.  du  t.  I:er:   1904,  p.    117);    1903,  p.    145. 


Kr.  Nyrop,   Graminaire  historique  de  la  langue  fraiifaise,  i.   III.        193 

temps  de  bon  sens,  de  la  faculte  de  discerner  ce  qui  est  admis- 
siblc,  sinon  tout  ä  fait  certain,  de  ce  qui  est  tout  hypothetique. 
M.  Nyrop  possede,  a  mon  avis,  au  plus  haut  degre  ce  bon  sens 
linguistique,  si  indispensable  ä  l'auteur  d'un  livre  destine  ä  l'en- 
seignement  universitaire.  II  evite,  de  parti  pris,  les  hypotheses 
hardies  et  se  contente  scuvent  de  declarer  que  l'explication  de 
tel  et  tel  fait  est  incertaine  (voy.  p.  ex.,  sur  -/^r<-arium,  §  248 
et  Add.).  Cette  retenue  est  certainement  commandee  par  le 
caractere  de  Touvrage,  mais  on  ne  laisse  pas  de  regretter  que 
l'auteur  ne  täche  pas  plus  souvent  de  contribuer  ä  la  Solution  des 
problemes  linguistiques  particulierement  epineux. 

L'ensemble  de  l'ouvrage  de  M.  Nyrop  produit  donc  une 
impression  extremement  favorable;  aussi  ne  saurais-je  avoir  que  des 
bagatelles  ä  critiquer. 

P.  17,  1.  3  d'en  bas:  M.  Nyrop  emploie  le  terme  «fin- 
landais»  en  parlant  de  la  langue  «finnoise>-.  Nous  employons 
«finlandais»  pour  ce  qui  concerne  la  Finlande  tout  entiere, 
comprenant  aussi  bien  la  nationalite  de  langue  suedoise  que  celle 
de  langue  finnoise.  —  P.  83,  1.  13  d'en  bas:  ons  pechables,  lisez: 
uns  pechables.  —  P.  137,  1.  II :  daneisdie,  lisez:  danesche.  —  P. 
161  (§  340,  i*^):  J'ajoute  que,  par  analogie,  la  forme  grantle  (m.) 
s'est  introduite  dans  la  terminologie  geologique.  —  P.  269,  I.  4 
d'en  bas:  aide-de-camp,  lisez:  aide  de  camp  (cf.  p.  261,  1.  4  d'en 
bas).  —  P.  274,  1.  15  d'en  bas:  look-out.  II  s'agit  probablement 
du  mot  lock-oii/,  look-out  n'etant  pas  employe  en  fran(;:ais,  que  je 
Sache.  —  P.  282,  1.  8:  Je  prefere  avec  Körting,  Lat.-rom.  Wb^, 
n:os  2Q58  et  9370,  faire  venir  tandis  de  tan  tos  dies;  cf.  les 
exemples  de  Godefroy  s.  v.  tandis.  De  meme  il  y  a,  selon  mon 
avis,  dies  dans  quandis  (quantos  dies)  et  jadis  (jam  [habet] 
dies),  p.  286,  s.  V.  Diu.  —  P.  283,  1.  5  d'en  bas:  soventez  foiz, 
lisez:  soventes  foiz.  —  P.  286,  1.  8:  Inutile  d'avoir  mentionn^, 
surtout  en  premier  lieu,  la  Variante  graphique  aisne\  possible  seule- 
ment  apres  l'amuissement  de  \s  dans  ainsne.  —  P.  287:  Post. 
Je  regarde  *postius  comme  une  elymologie  absolument  assuree. 
De  meme  *antius  )  az;z2  (avec  la  diphtongaison  inexplic[uee!). 
L'idee  de  comparatif,  adherente  aux  mots  post  et  ante,  a  amene 
les  comparatifs  *postius  et  *antius.  L'explication  que  donne  M. 
Nyrop  p.  402  (add.  au  §  592)  est  inutilement  complicjuee.  — 
P.  288,  1.  9:  Voir  vient  plutot  de  verum,  employe  adverbiale- 
ment.  —  P.  290,  1.  8  d^en  bas:  M.  Nyrop  admet  encore  apud 
hoc  )  avec  (cf.  p.  301).  II  me  semble  que  Tetymologie  ab  hoc 
(voy.  E.  Richter,  Ab  im  Romanischen,  p.  103  ss.)  n'est  plus  ä 
rejetcr.  —  P.  302,  1.  6:  ens,  lisez:  enz.  —  P.  302,  1.  14  d'en 
bas:   h.]o\i.\.ez:  jnsqne-lä.    —   P.   307,   1.    15:   Le  developpement  des 


194    Besprechungen.  A,  IVallensköld,  Schmidt  Tisscdre,  Franz.  Unterrichtssprache. 

autres  langues  romanes  montre  que  la  conjonction  que  ne  peut  venir 
ni  de  quod  ni  de  quam.  Avec  M.  G.  Rydberg  {Zur  Gesch.  des 
frz.  9,  II,  2,  p.  357  SS.),  je  crois  que  le  fran^ais  que  vient  de 
quia,  devenu  qui  en  position  antevocalique.  —  P.  337,  1.  17: 
fau,  lisez  plutot  fou  {d'oii  Jofiet);  fau  doit  etre  considere  comme 
dialectal. 

II  faut  esperer  que  les  tomes  restants  de  la  Grammaire 
historique,  traitant  de  la  semantique  et  de  la  syntaxe,  ne  se  lais- 
seront  pas  trop  attendre. 

A.    Wallensköld. 


H.  Schmidt  und  Jean  Tissedre,  Französische  Uriteyrichts- 
sprache.  Ein  Hilfsbuch  für  höhere  Lehranstalten.  Dresden  und 
Leipzig,   C.   A.    Koch,    1909.      64   S.   8:0.      Preis:   Rmk.    i: — . 

Die  Verfasser  sagen  im  Vorwort:  »Nach  den  preussischen 
Lehrplänen  von  1901  sollen  die  an  die  Lektüre  angeschlossenen 
Sprechübungen  durch  solche  ergänzt  werden,  die  den  regelmässigen 
Vorgängen  und  Verhältnissen  des  täglichen  Lebens  gelten,  damit 
neben  der  literarischen  Sprache  der  Schriftsteller  die  Phraseologie 
der  Umgangssprache  zu  ihrem  Recht  kommt.  Zu  der  Sprache  des 
täglichen  Lebens  gehört  aber  für  Lehier  und  Schüler  auch  die 
Unterrichtssprache,  und  gerade  diese  ist  wegen  der  leichten  und 
ungezwungenen  Form  ihrer  Wendungen  vortrefflich  geeignet,  von 
Anfang  an  das  Ohr  des  Lernenden  an  ein  schnelles  Erfassen  der 
fremden  Laute  zu  gewöhnen  und  seinem  Gedächtnis  mühelos  eine 
reiche  Fälle  idiomatischer  Ausdrücke  einzuprägen,  die  in  den  ge- 
wöhnlichen Lehrbüchern  nur  zu  einem  geringen  Teile  enthalten 
sind.  Eine  Auswahl  solcher  Wendungen  bietet  die  vorliegende 
Schrift,  die  einem  mehr  als  zehnjärigen,  ebenso  freundschaftlichen 
wie   regen   Briefwechsel  der  Verfasser  ihre   Entstehung  verdankt.» 

Die  gute  Idee  der  Verfasser  ist  in  sehr  glücklicher  Weise  reali- 
siert worden.  Die  Sprechübungen  sind  ungezwungen  und  allseitig. 
Das  Anführen  synonymer  Ausdrücke  ist  besonders  zu  loben.  So- 
mit kann  das  Büchlein  den  Lehrern  und  Lehrerinnen  der  franzö- 
sischen Sprache  aufs  Beste  empfohlen  werden. 

Da  der  eine  der  Verfasser  ein  Franzose  ist,  wirkt  es  über- 
raschend, dass  einige  Sprachfehler  mit  untergelaufen  sind.  Rez.  hat  fol- 
gende bemerkt:  S.  16,  Z.  2  v.  u.:  Quel  est  le  sens  litteraire,  statt 
littiial.  (Wie  ist  es  mit  dem  Pas  litter aire  S.  35,  Z.  6  v.  u.?)  — 
S.  33,  Z.  I  v.  u.:  signiße  ist  falsch  abgeteilt  worden,  da  gn  immer 
zur  folgenden    Zeile    übergeführt  werden  müssen.   —  S.   57,  Z.  4: 


I 


4 


Protokolle  des  xVetipltilologischen    Vereins.  195 

La  semaine  derniere  il  n'y  a  pas  eu  francais,  statt  de  ßmifais.  — 
S.  58,  Z.  10:  J'ai  7nal  de  tete,  statt  u?t  mal.  —  S.  59,  Z.  15: 
Es  fehlt  das  Komma  nach  Directetir  in  dem  Satze:  les  dispenses 
sont  accordees  par  le  Directeur  qui  exige  un  certificat  delivre 
par  un  medecin. 

A.    Wallensköld. 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischea  Vereins 
vom  26.  September  1908,  bei  welcher  Sitzung 
der  Ehrenpräsident  Prof.  W.  Söderhjelm,  der 
erste  Vorsitzende  Prof.  A.  Wallensköld  und 
12   Mitglieder  anwesend  waren. 

§    I- 

Der  Vorsitzende  Prof.  Walle?isköld  begrüsste  die  Anwesenden 
mit  folgender  Ansprache: 

»Meine  Damen  und  Herren! 

Indem  wir  jetzt  ein  neues  Wirksamkeitsjahr  des  Vereins 
beginnen,  sei  es  mir  gestattet,  einen  kurzen  Rückblick  auf  das 
akademische  Jahr  1907 — 1908  zu  werfen.  Das  Leben  des  Ver- 
eins ist  während  dieser  Zeit  ruhig  verflossen  mit  regelmässigen 
Sitzungen  etwa  jede  dritte  Woche,  wobei  Fragen  neuphilologischer 
sowie  sprachpädagogischer  Natur  behandelt  worden  sind.  Es  muss 
nur  bedauert  werden,  dass  die  jüngeren  Mitglieder  des  Vereins 
unseren  Bestrebungen  ziemlich  wenig  Interesse  gezeigt  haben.  Gegen 
Ende  des  letzten  Semesters  ergriff  der  Verein  die  Initiative  zu 
einer  allgemeinen  Zusammenkunft  von  Lehrern  und  Lehrerinnen  der 
modernen  Sprachen,  bei  welcher  schwebende  sprachpädagogische 
Fragen  erörtert  werden  sollten.  Da  auf  das  Zirkular,  das  aus- 
gesandt wurde,  um  die  Stimmung  der  Sprachpädagogen  einer  sol- 
chen Zusammenkunft  gegenüber  zu  erfahren,  eine  grosse  Anzahl 
Antworten  eingegangen  sind,  haben  wir  Ursache  zu  hoffen,  dass 
die  Neuphilologenversammlung,  die  Anfang  Januar  1909  stattfinden 
wird,  auf  lebhaften   Anschluss  rechnen  kann. 

Die  neuphilologischen  Studien  ausserhalb  unseres  Vereins, 
nämlich  an   der   Universität,   haben  als   Gewinn  zu  verzeichnen:   die 


196  Protokolle  des  Neuphilologische?i    Vereins. 

Anstellung  eines  neuen  Dozenten  der  romanischen  Philolog'e  seit 
diesem  Semester,  sowie  die  neulich  durchgeführte  Teilung  der  Pro- 
fessur der  germanischen  und  romanischen  Philologie  in  zwei  un- 
abhängige Lehrstühle. 

In  der  Hoffnung,  dass  unser  Verein  auch  während  des 
jetzt  begonnenen  akademischen  Jahres  seine  Stellung  als  Förderer 
der  neuphilok.gischen  Studien  und  der  sprachpädagogischen  Metho- 
dik in  unserem  Lande  wirksam  behaupten  wird,  habe  ich  die  Ehre 
die  Sitzung  zu  eröffnen.» 


Die  Vorstandswahl  für  das  akademische  Jahr  1908  — 1909 
ergab  folgendes  Resultat:  Als  erster  Vorsitzender  wurde  Prof.  A. 
Walleiisköld  wiedergewählt.  Anstatt  Prof.  U.  Lindelöf,  der  sich 
im  Auslande  aufhalten  wird,  und  Mag.  phil.  H.  Petersen,  der  we- 
gen Zeitmangels  die  Funktionen  des  Sekretärs  nicht  mehr  annehmen 
konnte,  wurden  als  zweiter  Vorsitzender  Dr  H.  Siwlahti  und  als 
Schriftführer  und  Kas-enverwalter  Dr  A.  Lä?igfors  gewählt.  Als 
Revisoren  wurden  gewählt:  Fräulein  Dr  /enny  af  Forseiles  und 
Mag.  phil.   M.    Wasenius. 

§   3. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  des  Frühjahrssemesters 
wurde  verlesen  und  geschlossen. 


§   4- 

Der  Sekretär  Dr  Längfors  verlas  folgenden  Jahresbericht  für 
das  akademische  Jahr   1907 — 8: 

»Wie  die  vorhergehenden  ist  das  einundzwanzigste  Tätigkeits- 
jahr des  Neuphilolcgischen  Vereins  ruhig  und  ohne  Störungen 
verflossen. —  »Die  Neuphilologischen  Mitteilungen»  erschienen  auch 
während  1907  in  8  Nummern,  und  von  dem  Jahrgange  1908 
sind  schon  2  Doppelhefte  gedruckt  worden.  Als  Redakteur  fun- 
gierte Professor  Axel  Wallensköld.  Die  Zahl  der  Abonnenten  für 
das  Kalenderjahr  1908  beträgt,  ausser  den  Mitgliedern,  81  Personen 
und  die  der  Freiexemplare  81,  von  denen  67  ins  Ausland  ge- 
schickt worden  sind.  Als  einen  Beitrag  zu  den  Druckkosten  der 
Zeitschrift  hat  die  Universität,  ebenso  wie  in  den  drei  letzten 
Jahren,  eine  Summe  von  500  Fmk.  angewiesen. 

In  der  Zusammensetzung  des  Vorstandes  war  eine  Verände- 
rung eingetreten,    indem    Professor  Uno  Lindelöf  statt  des  bisheri- 


Protokolle  des  A'etiph-.lologischen    Vereins.  197 

gen  zweiten  Vorsitzenden,  Dr.  Hugo  Suolahti,  der  sich  während 
des  ganzen  Jahres  im  Auslande  aufgehalten  hat,  zum  Vize-Präsi- 
denten gewählt  wurde.  Als  erster  Vorsitzender  fungierte  wie  frü- 
her Professor  Axel  Wallensköld  und  als  Schriftführer  und  Kassen- 
verwalter INIag.  phil.  Holger  Petersen.  —  Die  Anzahl  der  or- 
dentlichen Mitglieder  betrug  120,  von  denen  16  Neueingetretene. 
—  9  Sitzungen  wurden  abgehalten,  4  im  Herbstsemester  und  5 
im  Frühjahrssemester,  mit  im  Ganzen  gleichartigem  Programme  wie 
in  den  vorigen  Jahren.  Das  Jahresfest  wurde  am  14.  März  gefeiert. 
Helsingfors  den   2b.   September   1908. 

Holger  Petersen 
Schriftführer  des  Neuphilologischen  Vereins   1907  — 1908, > 

§  5- 

Prof.  W.  Söderhjelm  teilte  mit,  dass  einige  einheimische  Neu- 
philologen den  von  Frau  Elsa  v.  Blanckensee  in  Marburg  ange- 
ordneten Kursen  in  deutscher  Phonetik  ucd  Diktion  beigewohnt 
hätten  und  Frau  v.  B.  als  eine  vorzügliche  Lehrerin  und  Vortrags- 
künstlerin bezeichneten.  Prof.  S.  hielt  es  für  wünschenswert,  dass 
Frau  V.  B.  für  einen  solchen  kürzeren  Kursus  in  Helsingfors  en- 
gagiert werden  könnte.  Nach  einer  Diskussion,  an  welcher  die 
Prof.  Wallensköld  und  Söderhjelm,  Dr  Suolahti,  Lektor  Poitot  und 
M^ag.  Wasenius  teilnamen,  wurde  es  einem  Komitee,  als  dessen  Mit- 
glieder Fräulein  Längström,  Dr  Suolahti  und  Mag.  Wasenius  ge- 
wählt wurden,  überlassen,  wegen  der  Bewerkstelligung  dieses  Planes 
mit  Frau  v.  B.  in  Verbindung  zu  treten. 

§  6. 

Folgende  neue  Bücher  wurden  von  Prof.  Wallensköld  kurz 
angezeigt:  Krön,  Guide  epistolaire  (Freiburg,  J.  Bielefelds  Verlag, 
1908)  und  ähnliche  Anleitungen  für  italienische  und  spanische 
Korrespondenz. 


Folgender  Bericht  des  Komitees  der  im  nächsten  Januar  zu 
haltenden  Neuphilologenversammlung  wurde  von  Prof.  Wallensköld 
verlesen : 

»An  den   Neuphilologischen  Verein. 

Dem  Beschluss  des  Neuphilologischen  Vereins  von  25.  April 
d.  J.  gemäss,  beehrt  sich  das   Komitee  der  Neuphilologenversamm- 


198  Protokolle  des  Nettphilologischen    Vereins. 

lung,  dem  Verein  die  Ergebnisse  seiner  vorbereitenden  Massregeln 
zur  Anordnung  derselben  vorzulegen. 

Die  Enquete,  welche  unter  den  modernsprachlichen  Lehrern 
und  Lehrerinnen  in  der  Provinz  letzten  Frühling  veranstaltet  wurde, 
brachte  unter  anderen  Wünschen  hinsichtlich  der  Neuphilologen- 
versammlung auch  Vorschläge  zu  einer  Menge  Diskussionsfragen. 
Das  Resultat  der  Enquete  wurde  schon  in  der  genannten  Sitzung 
von  dem  Herrn  Vorsitzenden  mitgeteilt,  weshalb  eine  Wiederholung 
dieser   Details  hier  überflüssig  sein  dürfte. 

Das  Komitee  trat  nachher  dreimal  zusammen.  In  Anbetracht 
dessen,  dass  so  wenige  von  den  Helsingforser  Pädagogen  der  oben- 
erwähnten Sitzung  beiwohnten,  richtete  das  Komitee  an  die  Lehrer 
und  Lehrerinnen  in  Helsingfors  dasselbe  Zirkularschreiben,  wie 
früher  an  die  Lehrer  der  Provinz.  Drei  neue  Diskussionsfragen 
wurden  von  jenen  eingereicht.  Unter  sämtlichen  Diskussionsfragen 
erscheinen  folgende  dem  Komitee  für  geeignet,  der  Neuphilologen- 
Versammlung  zur  Diskussion   vorgelegt  zu  werden: 

i)  Das  Studium  der  allgemeinen  Grammatik  beim  Unter- 
richt der  Muttersprache  und  der  Fremdsprache  an  den  Reallehr- 
anstalten. (Ref.  Dr.  Hagfors;  die  Frage  wird  unter  Teilnahme 
von  Lehrern  der  einheimischen  Sprachen  behandelt,  die  auch  einen 
Referenten  ausersehen  ) 

2)  Die  Wahl  der  Lektüre  für  die  höheren  Klassen.  (Ref. 
Lektor  Nyström.) 

3)  Zur  Methodik  des  neusprachlichen  Unterrichts  bei  uns. 
(Ref.  Dr.   Utchakoff.) 

4)  Das  Ziel  des  neusprachlichen  Unterrichts  bei  uns.  (Ref. 
Dr.    Hortling.) 

5)  Die  Behandlung  der  Texte  auf  den  höheren  (und  mitt- 
leren) Stadien.     (Ref.  Magister  Berglund.) 

Ausser  den  oben  erwähnten  Fragen  war  die  Absicht,  noch 
folgende  Diskussionsfragen  aufzunehmen,  für  die  aber  einstweilen 
keine  Referenten  zu  finden  waren: 

6)  Die  Algesche  Methode  beim  Elementarunterricht  der  mo- 
dernen Sprachen  und  damit  zusammenhängende  Fragen. 

7)  Die  theoretische  und  praküsche  Ausbildung  der  Lehrer 
der  modernen  Sprachen. 

8)  Die  schriftlichen  Arbeiten  und  Übersetzungen  (einschliess- 
lich  des  Studentenexamens). 

9)  Die  Anwendung  der  fremden  Sprache  beim  Unterricht 
(der   Grammatik). 

10)  Die  Anschaffung  modernsprachlicher  Litteratur  für  die 
Schulbibliotheken. 


Protokolle  des  Xeup/iilologischen    Vereins.  199 

11)  In  welcher  Ausdehnung  ist  die  Memorierung  der  Texte 
wünschenswert  ? 

Die  Sitzungen  finden  am  Montag,  Dienstag  und  Mittwoch 
den  II.,  12.  und  13.  Januar  1909  statt  und  zwar  nach  folgen- 
dem  Programm: 

9  —  II    U.   vorm.      Diskussion     (über     eine     zu     referierende 
Frage). 

11  — 12     »         »  Frühstückspause. 

12  —  I       »   nachm.  Wissenschaftlicher  Vortrag. 
I — 3       »        ;>         Diskussion  (wie  oben). 

3 — 5       »        »         Mittagspause. 

5 — 6       »        »         Wissenschaftlicher  Vortrag. 

6 — 8       »         »         Diskussion  (wie  oben). 

Die  Vorträge  werden  von  Universitätslehrern  der  modernen 
Sprachen  gehalten. 

Helsingfors  den   2^.  September   1908. 

Im  Auftrage  des  Komitees: 
A.    Wallensköld. 

Ivar  Hortling.yy 

Nach  einer  kürzeren  Diskussion,  an  welcher  Dr  Hagfors, 
Prof.  Söderhjelm  und  Lektor  Poirot  teilnamen,  wurde  der  Vorschlag 
des  Komitees  angenommen. 


Professor  Söderhjelm  hielt,  aus  Anlass  der  neuerschienenen 
Arbeit  von  Helene  Jacobius,  »Die  Erziehung  des  Edelfräuleins  im 
alten  Frankreich,  nach  Dichtungen  des  XII.,  XIII.  und  XIV.  Jahr- 
hunderts»,  einen  Vortrag  über   Frauenerziehung  im   Mittelalter. 

In   fidem: 
A.   Längfors. 


Protokolle  des    Neuphilologischen    Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  17.  Oktober  1908,  bei  welcher  Sitzung 
der  Ehrenpräsident  Professor  W.  Söderhjelm, 
der    Vorstand    und    1 1    Mitglieder    anwesend 


Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wurde  verlesen  und  ge- 
schlossen. 

§   2. 

Die  infolge  des  Wechsels  des  Kassenverwalters  zur  Revision 
der  Kasse  ausersehenen   Revisoren  erstatteten  folgenden  Bericht: 

»Bei  der  heute  bewerkstelligten  Revision  der  Kassenverwaltung 
des  Neuphil.  Vereins,  bei  welcher  wir  einen  Kassenbestand  von 
Fmk  1,702:  47  vorgefunden,  haben  wir  konstatirt,  dass  die  Ver- 
waltung und  die  Rechnungen  auf  eine  durchaus  befriedigende 
Weise  geführt  worden  sind,  und  schlagen  deshalb  vor,  dem 
zurücktretenden  Kassenverwalter,  Magister  H.  Petersen,  Decharge  zu 
erteilen. 

Helsingfors  den   17.   Oktober   igo8. 

Jemiy  af  Forselles.  Matias    Wasemus.» 

Dem  vorigen  Kassen  Verwalter  Mag.  //.  Petersen  wurde  De- 
charge erteilt. 

§   3. 

Als  neue  Mitglieder  des  Vereins  wurden  aufgenommen: 
Stud.  Fräulein  Estet  Carpen,  Stud.  Fräulein  Ai7io  Caven  und  Fräu- 
lein Betta  Solitander, 


^  4- 

Der  Verein  beschloss  den  fünften  Band  der  »Memoires»  in 
der  nächsten  Zukunft  herauszugeben  und  übertrug  dem  Vorstande 
die  Ausgabe  zu  besorgen. 

§  5- 

Nach  der  neuerschienenen  Arbeit  von  O.  Rutz,  »Neue  Ent- 
deckungen   von    der    menschlichen    Stimme»,    referierte    Lektor  /. 


i 


Protokolle  des  A^eiiphilologischen    Vereins,  20 1 

Poirot  die  Theorien  dieses  Verfassers  über  die  Einwirkung  der  Hal- 
tung auf  die  Klangfarbe  der  menschlichen  Stimme  ^.  An  der 
Diskussion  nahmen  die  Professoren  H.  Pipping,  W.  Söderhjelm 
und  A.    Wallensköld  sowie  Mag.   phil.   M.    Wasenius  teil. 

§  6. 

Prof.  W.  Söderhjelm  besprach  kurz :  » Causeries  parisiennes , 
recueil  de  dialogues  ä  l'usage  des  etrangers»  von  A.  Peschier 
(Langenscheidtsche  Verlagsbuchhandlung,  Berlin-Schöneberg,   igo8). 

In  fidem: 
A,  Längfors. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Ver- 
eins vom  7.  November  1908,  bei  welcher 
Sitzung  der  Vorstand  und  12  Mitglieder 
anwesend  waren. 


Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wurde  verlesen  und  ge- 
schlossen. 

§   2. 

Als  neues  Mitglied  wurde  Universitätslektor  Jean  Schlegel  auf- 
genommen. 

§  3- 

Professor  A.  Wallensköld  besprach  den  neuerschienenen  dritten 
Band  (»Formation  des  mots»)  von  Kr.  Nyrops  »Grammaire  his- 
torique  de  la  langue  fran^aise. »  ^ 

§  4. 

Dr  H.  Suolahti  referierte  eine  Sammlung  kulturgeschtlicher 
Vorträge  und  Aufsätze  von  Fr.  Kluge,  die  unter  dem  Titel  »Bunte 
Blätter»   erschienen  sind  (Freiburg  i.   B.,    1908). 

In  fidem: 
A.   Ldngfois. 


Vgl.  oben  S.    190. 
Vgl.  oben  S.    192. 


Verzeichnis  der  Mitglieder. 


Verzeichnis  der  Mitglieder  des  Neupliiiologisclien  Vereins 
am  Ende  des  Jabres  1908. 


Ehrenrnitglicder  : 

Donner,  Otto,    Senator. 
Estlander,  C.   G.,  Staatsrat. 
Freudenthal,   A.   O.,   Professor. 
Gustafssor.,  F.,   Professor. 

Ehrenpräsident  : 
Söderhjelm,  W.,   Professor. 

Präsident  : 
Wallensköld,  A.,   Professor. 

Vizepräsident  : 
Suolahti,  V.  H.,  Dozent. 

Schn/tf/ihrer  : 
Längfors.   A.,  Dozent. 

Mitglieder: 

Almark,  J.   M.,   Mag.   phil. 
Andersin,   Hanna,   Lehrerin. 
Antman,   Helmi,   Mag,   phil. 
Appelberg,  Signe,  Student. 
Arppe,   Selma,   Mag.  phil. 
Björnberg,  J.   A.,   Student. 
Blomstedt,   William,   Mag.  phil. 
Bläfield,   Hanna,   Lehrerin. 
Bohnhof,  Anna,    Lehrerin. 
Brofeldt,   F.,   Student. 
Brotherus,   Vera,   Frau. 
Brusen,   Sigrid,   Cand.  phil. 
Burmeister,   Sigrid,   Cand.  phil. 
Carpen,   Ester,   Student. 
Caven,  Aino,  Student. 
Cronvall,  U.,  Student. 
Edelfelt,  Annie,   Lehrerin. 
Edelfelt,  Bertha,  Lehrerin. 
Eichinger,  Lydia,  Lehrerin. 
Eklund,  Edit",  Student. 
Ellinen,   Mathilda,   Lehrerin. 
Engblom,   Gerda,   Student. 
Engström,   Hedvig,   Mag.   phil. 
Estlander,   Hedvig,   Lehrerin 
Fogde,   Ulrika,   Cand.   phil. 


af  Forseiles,  Jenny,  Dr.  phil. 
Forsman,  Aino,  Student. 
Forss,  Bruno,  Student. 
I    Frenckell,   Alice,   Lehrerin. 

Freudenthal,  Edla,  Frau,  Lehrerin. 

Friman,   Siiri,   Lehrerin. 

Frosterus,   Emmy,   Frau. 

Furuhjelm,   Ake,   Mag.  phil. 

Godenhjelm,  B.   F.,  Professor. 

Grönmark,   Signe,   Student. 

Grönstiand,   Helmi,   Cand.   phil. 

Gustafson,   Evi,   Student. 

Göhle,  Aina,  Cand.  phil. 

Hackman,   O.,   Dr.   phil. 

Hagfors,  E.,  Dr.  phil.,  Oberlehrer. 

Hahl,  Julia,  Cand.  phil. 

Heinonen,  Tyyni,    Student. 

von   Hertzen,   Ellen,   Student. 

Hilden,  B.  E.,  Cand.  phil. 

Homen,   O.,   Mag.   phil. 

Hortling,  I.,   Lic.  phil. 

Ilmoni,  Synnöve,  Mag.  phil. 

Jakobsson,   M.,   Mag.   phil. 

Jewstratoff,   E.,    Mag.  phil. 

Järnström,   E.,   Mag.  phil. 

Kaestlin  Burjam,    Aduli,     Frau,    Mag. 

phil. 
Karsten,  T.   E.,   Dozent. 
Katara,   P.,   Mag.  phil. 
Kivilinna,   O.,   Cand.  phil. 
Kolström,   Helmi,   Lehrerin. 
Koskimies,   Arno,   Student, 
von  Kraemer,  Agnes,  Frau. 
von   Krsemer,   Alexis,   Dr.   pliil. 
Krook,   Anna,   Lehrerin 
KuUhem,  Estrid,  Mag.  phil. 
Kullhem,   Hanna,   Lehrerin, 
Lager: tarn,    Wilhelmina,   Frau. 
Langenskjöld,   Agnes,   Student. 
Lindelöf,  Ester,   Student. 
Lindelöf.   Uno,  Professor. 
Lindfors,  Augusta,   Lehrerin. 
Lindgren,   Gerda,   Frau,   Mag.   phil. 
Lindslröm,  F.  J.,  Mag.  phil. 
Lindström,  Ida,  Lehrerin. 
Lunelund,   Dagny,   Frau. 
Langström,   Selma,   Lehrerin. 
Malmberg,   Aino,   Frau. 
Mandelslam,  J.,   Staatsrat. 
Mitterniaier,   M.,    Lehramtskandidat 
Müller,  Ewald,  Student. 


Eingesandte   LitUratur. 


203 


Munthe,  Aurora,  Student, 
von   Nandelstadh,   Herta,   Lehrerin. 
Nyman,   K.   A  ,   Student. 
Petersen,   Holger,   Mag.   phil. 
Pipping,   Aline,   Lehrerin. 
Pipping,   Anna,   Frau. 
Pipping,   Hugo,   Professor. 
Poirot,   Hjördis,   P'rau. 
Poirot,  Jean,   Universitätslehrer, 
de   Pont,   Fanny,   J"rau. 
Procope,   Hjalmar,   Student. 
Reims,   Verner,   Mag.   phil. 
Reuter,  J.  N.,   Profes?or. 
Rosendahl,   Axel,   Dr.  phil.,   Lektor. 
Runeberg,   Hj.  J.,  Dr.  phil 
Räbergh,   Tony,   Frau. 
Salonen,   E.,   Frau. 
Schlegel,  Anna,   Lehrerin. 
Schlegel,  Jean,   Universitätslektor. 
Schmidt,    G  ,    Dr.   phil.,    Universitäts- 
lektor. 
von   Schoultz,  Jenny,   Cand.   phil. 
Segerstrale,  Anna,  Lehrerin. 


Sjöros,   Bruno,   Dr.   phil. 
Solitander,   Berta,   Fräulein. 
Standertskjöld,   Mercedes,   Student. 
Stoltzenberg,   Maisi,   Mag.   phil. 
Sumelius,   Rafael,   Bankbeamter. 
Sutinen,  P.  J.,   Student. 
Tallgren,   Oiva  Joh.,   Dr.  phil. 
Thillot,  Alna,  Frau. 
Tikander,   Alvina,   Student, 
von  Troil,   Mathilda,    Lehrerin. 
Tötterman,   Nanna,   Lehrerin. 
Uschakoff",   L,   Dr.   phil.,   Oberlehrer. 
Vasenius,  Johan,  Student. 
Vuoritsalo,   Nuutti,   Mag,   phil. 
Wallensköld,   Dagmar,  Frau. 
Waren,    Paavo,   Mag.  phil. 
Wasenius,   Matias,   Mag.  phil. 
Wiik,  K.  H.,  Student. 
Wilson,  J.   D.,   Universitätslektor. 
Zilliacus,   Emil,  Dr.  phil. 
Öhquist,  Alexander,   Lehrer. 
Öhquist,  Johannes,    Universitätslektor. 


Eingesandte  Litteratur: 


Hugo  Hagelift,  British  Institutions.  From  English  Sources 
for  the  Use  of  Schools.  Containing  one  Map,  one  fall-page  Illus- 
tration in  Colour  and  forty-one  in  Black  and  White.  Stockholm, 
A.   Bonnier,    1908.   IX  -|-  i4o  p.   8vo. 

Nuova  Rassegna  di  Letterat ure  moderne,  f ondata 
da  A.  Tossani  nel  1903.  Anno  VI  (1908),  N.  4,  7  —  8.  Direzione 
e   Amministrazione :   Firenze,   63,  Via  Ricasoli. 

Die  Zeitschrift  enhält  Übersichten  über  die  neueste 
Litterati/r  dtr  verschiedenen  Länder  sowie  Proben  die- 
ser Litteratur  in  italienischer  Übersetzung.     In  den  uns 
zugesandten     Nummern    behandelt    Herr    R.    Luzi  die 
litterarischen  Verhältnisse  in  Skandinavien  und  Finnland. 
//.  Schmidt  und  /.    Tissedre,   Französische  Unterrichtssprache. 
Ein     Hilfsbuch    für   höhere    Lehranstalten.      Dresden    und  Leipzig, 
C.  A.   Koch,    1909.      64  S.   8:0.     Pre^s   i    Mk. 

Rolf  Seyfang,  Quellen  und  Vorbilder  des  Epos  »Gaufrey». 
Inaug.-Diss.  Tübingen.   Borna-Leipzig,    1908.      100  S.   8:0. 

Silviae  vel  potius  Aetheriae  peregrinatio  ad  loca 
San  et  a,  her.  von  W.  Heraeus  (Sammlung  vulgärlateinischer  Texte, 
her.   von   W.   Heraeus   und   H.   Morf,   Heft  i).     Heidelberg,  C.  Win- 


ter,   1908. 


+    52   S.   8:0.      Preis   Mk.    i:   20. 


204  Schriftcnaustatisch.      Mitteilungen. 

»Diese  neue  Sammlung  lateinischer  Texte  will 
wichtigeres  Material  für  die  Kenntnis  des  Vulgärlateins, 
zumal  zerstreutes  und  schwer  erreichbares,  in  handlichen 
und  billigen  Ausgaben  weiteren  Kreisen  zugänglich 
machen.  Sie  will  insbesondere  als  Grundlage  für  ent- 
sprechende Seminarübungen  dem  Romanisten  wie  Lati- 
nisten  dienen,  denen  der  Mangel  an  geeigneten  Ausgaben 
sich  oft  empfindlich  fühlbar  macht,  so  dass  die  vulgär- 
lateinische Lektüre  im  Universitätsstudium  nicht  den 
Platz  einnimmt,  der  ihr  um  ihrer  sprachgeschichtlichen 
Bedeutung  willen  zukommt.  Zum  Abdruck  kommen 
Literaturwerke,  Inschriften,  Grammatikerschriften,  Glos- 
sarien u.  a.,  teils  vollständig,  teils  in  Auszügen,  jedoch 
ohne  Kommentar,  nötigenfalls  mit  knappem  kritischem 
Apparat,  mit  literarhistorischer  Einleitung  und  Litera- 
lurangaben.» 
Wilhelm     Vütor,    Deutsches  Aussprachewörterbuch.      i.   Heft. 

A-biogenetisch.   Leipzig,  O.   R.   Reisland,    1908.  48  S.   8:0.  Preis   i 

Mark   20  Pfg. 

Franz    Winterstein,   Die  Verkehrs-Sprachen  der  Erde.    Zweite 

vermehrte  Auflage.      M.   Diesterweg,  Frankfurt  a.  Main  und  Berlin, 

1908.      52   S.   8:0.      Preis    i    Rmk. 


Schriftenaustausch. 

Antero    Vipiinen,  Jahrg.    1908,   Nr.   3. 
Bibliographia  phonetica,  Jahrg.    1908,   Nr.    7  — 10. 
Modem  Language  Notes,  Jahrg.    1908,   Nr.    7. 
Modetna  sptäk,  Jahrg.    1908,   Nr.    7. 
Päivä,  Jahrg.    1908,   Nr.   41—47. 
Virittäjä,  Jahrg.    1908,  Nr.   6 — 7. 


Mitteilungen. 


Ausländische  Besprechungen  einheimischer 
Publikationen:  A.  Längfors,  Li  Regres  Nostre  Dame  par  Huon 
le  Roi  de  Cambrai,  bespr.  von  G.  Huet,  Le  Moyen  Age,  1908, 
S.   228—9. 


r-^' 


)fcnpbilolo9i$cbe 
Mitteilungen 


'i 


^>9,.,Tvof^«^^ 


JIr.  1/2  1909 


Inhalt 


dieser  den  1.   März  1909  ausgegebenen   Doppelnunnmer : 


Seite 
/.   Hg,    Bericht  über  die  Neuphilologenversammlung  in  Hel- 

singfors   ii. —  13.  Jan.    1909 i 

W.   Söderhjehn,   Stil-Aesthetik  und  Stilstudien 13 

//.  Suolahti,    Über    Methode    und    Aufgaben  der  deutschen 

Wortforschung 28 

A.   Lä?ig/ors,   Les  theories  sur  la  formation  des  chansons  de 

geste 45 

fohannes    Öhquist,    Romantik    und    Klassik    in  der  modernen 

deutschen  Dichtung 57 

J.   Poirot,   ]\Iiszelle:   Quantität  und  dynamischer  Akzent    .     .  74 
Besprechungen: 

Fr.  Kluge,  Bunte  Blätter,  von  H.  Suolahti 7^ 

W.  Heraeus,   Ausg.  von  Silviae  vel  potius  Aetheriae  peregri- 

natio  ad  loca  sancta,  von  F.    Gustafsson    .     .           .  78 

JI.  Hageliii,   British   Institutions,  von   Anna  Bohnhof     ...  79 

Fr.    Winlerstein,   Die  Verkehrs-Sprachen  der  Erde,  von  A.   W.  80 

Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins.      .      .  81 

Eingesandte    Litteratur 82 

Mitteilungen 84 


NEUPHILOLOGISCHE 
MITTEILUNGEN 


EI.FTHR   lAlIKGANG 


1909 


-^- 


HELSlNGFlJRS 
AKTIEBOLAGEl    HANDELS'!  RYCKKKIEJ 

1909 


1// 


Inhaltsverzeichnis. 

I.     Aufsätze. 

Seile 

Hlpiiliiijg,    / .   Bericht   über  die   Neuphilologenversammlung    in    Helsing- 

fors    11.^ — 13.  Jan.    1909 I 

Lungfors^  .4.,  Les  iheories  sur  la  formation  des  chansons  de  geste  .  .  45 
Öhquist,    Johannes,    Romantik    und    Klassik   in   der   modernen   deutschen 

Dichtung 57 

—  »^.  Die   Sprechmaschine  und   ihre   Anwendung  im   Sprachunterricht   .  169 

Pipping,   Hugo,   Sandhierscheinungen   in   Runeninschriften 213 

Poirot,  y.,  Miszelle :  Quantität  und  dynamischer  Akzent  .  .  .  74,  1,234 
Srfioen,   Henri,   Le   Congres   International   des   Langues   Vivantes  de  Paris 

(13—17   avril    19091 141 

Söderhjelni,    //'..   Stil-Aesthetik   und  Stilstudien .  13 

— » — .  Note  sur  un  manuscrit  des  Exempla  de  Jacques  de  Vitry  .  I13 
Streng,    Walter  0..  Über  das  P^nster  und  dessen  Namen  im  Französischen 

und    Provenzalischen 96 

Suolahti,  H..  Über  Methode  und  Aufgaben  der  deutschen  Wortforschung  28 
Tallgren,     Oiva    Joh.,     Le    passage    difFicile    de   la   chanson   Amorosa 

donna    fina    de   Kinaldo   d'AquinO 85 


II.     Besprechungen. 

Beyer,    F.,   Französische   Phonetik.   Dritte   Auflage,   bearb.   von   II.   Kling- 

hardt  '^J.   Poirotj 161 

Brandl,  Alois,  Geschichte  der  altenglischen  Literatur  Ci'.  f/indeiöf)  .  184 
Burger,    Emil,     Deutsche    Frauenbriefe  aus   zwei  Jahrhunderten   (Gtistav 

Schmidt) 184 

Guesnon,  A.,   Publicaiions   nouvelles  sur  les  trouveres  artesiens  fK.  yärn- 

ströin) 202 

Hagelin,   H.,  British   Jnstitutions    (Anna  Bohnhojj 79 

Heraeus,    IV.,   Ausg.   von   Silviae  vel  potius  Aetheriae  peregrinatio  ad  loca 

sancta  CF.   Gustaf sson) 78 

Hörn,     Wilhelm.     Historische    neuenglische   Grammatik,   I   (U.   Lindelöf)  183 

Kerkkola,   I.   F..   Deutsche   Stilproben   f F.   Hagforsj .  163 

Kluge,   Fr.,   Bunte  Blätter   (H.   Suolahti) 77 

Kock,   Axel,  Svensk  Ijudhistoria    I  — II,    1    (Hugo  Pipping)       .....  177 


V 


Seite 

iVyrop,   Ar.,  Italiensk  Kejseledsager  f.L   P.) .130 

— »  — ,  Poesie  frangaise   1800 — 1850  ( A.    Walleiisköhl) 131 

Nyström,   S.,   Deutsches  Lesebuch   (M.    IVaseniusJ 132 

Paul,  //.,   Deutsches  Wörterbuch    Zwerte  Auflage   (H.    S.) 162 

Prichsch,     7.,    Ein    altfranzösisches     Mariengebet,    Drei     altlothringische 

Mariengebete,    Zwei    altfranzösische  Mariengebete   (A.   Ldngfors)  127 

Rodhe,   Einil,   Moderne  erzählende  Prosa  CI.    i'schakoff) 228 

Pousseloi,  P.-J-^  Principes  de  phoneti(|ue  experimentale,  t.  IT  (J.  Pohof)  120 

Sandfeld  Jensen^   A'r.,  Bisaemingerne  i  moderne  fransk    C.l.    Wallensköldj  zii, 

Schädel,  B.,  Manual  de  fonetica  catalana  (Oiva  Joh.  Tallgren)  .  .  .  219 
Sch»ndt,     //..     und    Smith,     Harry      B.,      Englische      Unterrichtssprache 

(Anna  Boltnliofj 227 

Schoen,  Henri,  Frangois  Coppee,  l'homme  et  le  poete  CA.  ;■.  Kracmerj  196 
Sechehaye,    Ch.-Albert,   Programme   et  methodes   de  la    linguistique   theori- 

que   (J.   Poiroi) 19S 

Seydel,   Paul,  Experimentelle   Versuche    über  die  labialen  Verschlusslaute 

im   Deutschen   und  Französischen  mit  besonderer  Berücksichtigung 

methodischer  Fragen   (J.   Poiroi j     . 187 

Sexfang,    R„    Quellen    und    Vorbilder    des   Epos   '(iaufrey'     (L-F)       .      .  129 

Stengel,  E,    Der    Schlussteil   der   Chanson   d'Anseis  de   Mes   CA.  I.-Fj   .  203 

Strigl,  Hans,  Sprachwissenschaft  für  alle,   I.  Jahrgang   CA.    Wallensköldj  197 

Vietor,    PV.,  Deutsches   Aussprachewörterbuch,    i.    Heft   CJ.    Ö.J       .      .      .  126 

Wintersiein,  Fr.,  Die  Verkehrs  Sprachen  der  Erde  C-4.  IV-J  ....  80 
Zimmer,   H.,   Meyer,    K ,   Stern,   /..  Chr.,  Morf,  H.  und  MeyerLiibke^  W ., 

Die    romanischen    Literaturen    und    Sprachen   mit   Einschluss   des 

Keltischen   CW.   Söderhjeli/i) 159 

III.     Nachrichten  über  die  Tätigkeit  des  Neuhilologischen 
Vereins. 

Protokolle   des   Neuphilologischen   Vereins  (28.   Nov.    1908) 81 

—  >—   (6.   Febr.— 15.   März    1909) 134 

— » —   13.   April    1909)    . 166 

— » —   (24.   April — 25.   Sept.    1909) 203 

—  >—   (16.   Okt.— 13.   Nov.    1909; 229 

Jahresbericht    des    Neuphilologischen   Vereins   für  das   akademische  Jahr 

I9u8— 1909 207 


IV.     Eingesandte  Litteratur .  82,  138,   167,  208,  231 
Schriftenaustausch 83,    139,    168,    210,   233 


V.     Mitteilungen.     .  84.  140.  168,  211,  233 
VI.     Berichtigungen ........  234 


NEUPrillOlOQISCHE 
•  •  MITTEllUNQEN 

Herausgegeben  vom   Xeuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 


Acht  Nummern  jahrlich,  l'reis:  4  Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 
4:  30  durch  die  Post  und  5  Fmk  durch  die  BuchhandUmgen. 
Zahlende  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich.  lööö 

—  Abonnementsbetrag,   Beiträge,    sowie  Bücher  zur  Besprechung  "     " 

bittet    man  an  die  Redaktion   (Adr.   Prof.    A.    W  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d,     , 
Vestra  Hamngatan  5)  zu  senden.  I 


Bericht  über  die  Neupliiiologenversammlung  in  Helsingfors 
II.— 13.  Januar  1909. 

Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  ein  lange  gefühltes 
Bedürfnis  erfüllt  wurde,  als  die  modernsprachlichen  Lehrer 
und  Lehrerinnen  Finnlands  zu  gemeinsamen  Beratungen  zu- 
sammenkamen. Diese  Neuphilologenversammlung  ist  die  erste 
in  ihrer  Art  bei  uns  und  hat  somit  für  unsere  Bestrebungen 
eine  grundlegende  Bedeutung. 

Die  Versammlung  fand  im  Hause  der  Wissenschaftlichen 
Gesellschaften  unter  lebhaftem  Anschluss  (etwa  i6o  Anwesende) 
am  II. — 13.  Januar  d.  J.  statt.  Als  Präsident  des  Neuphilo- 
logischen Vereins  eröffnete  Professor  Wallensköld  die  Ver- 
sammlung, wobei  er  u.  a.  den  Wunsch  aussprach,  dass  das 
Zusammensein  für  die  pädagogische  Tätigkeit  der  Teilnehmer 
von  Nutzen  sein  und  auch  dazu  beitragen  werde,  die  Sprach- 
pädagogen aus  den  verschiedenen  Gegenden  Finnlands  in 
nähere  persönliche  Berührung  mit  einander  zu  bringen.  Durch 
Acklamation  wurde  zum  obersten  Leiter  der  Diskussionen 
Professor  Söderhjelm  ausersehen.  Zu  Vizepräsidenten  wurden 
Oberlehrer  Doktor  Hagfors  und  Lektor  Juutilainen  gewählt. 
Als  Schriftführer  fungierten  Mag.  phil.  Waren  und  Dr. 
1  lortling. 

Von  den  auf  dem  Programme  stehenden  Fragen  (s. 
Xeuph.    Mitt.    1908,    S.    157)     wurde    zuerst    die    Allgemeine 


2  Bericht  über  die  A^euphilologenvcrsammluti^  in  Helsingfors. 

Grammatik  beim  Unterricht  in  der  Muttersprache  und  in  den 
Fremdsprachen  a7i  de?i  Reallehranstalten  behandelt  (Referen- 
ten Oberlehrer  Dr.  Hagfors,  Helsingfors,  und  Oberl.  Dr.  Sa- 
xen,  Helsingfors).  Ersterer  referierte  die  Frage  vom  Stand- 
punkte der  fremdsprachlichen  Lehrer  aus,  letzterer  von  dem 
der  Lehrer  der  Muttersprache.  Zur  Diskussion  dieser  Frage 
hatte  man  nämlich  die  Teilnehmer  an  einer  Konferenz  von 
Lehrern  der  Muttersprache,  die  gleichzeitig  in  Helsingfors 
stattfand,  eingeladen.  Die  Diskussion  bewegte  sich  um  die 
Prinzipienfrage,  wie  sich  der  Unterricht  der  sog.  allgemeinen 
Grammatik  auf  die  verschiedenen  Sprachlehrer  verteilen  soll. 
Beide  Referenten  waren  der  Ansicht,  dass  wir  mit  einer 
sog.  allgemeinen  Grammatik  zu  rechnen  haben.  Nur  ein 
paar  Redner  (Prof,  Vasenius,  Dr.  Rosendahl)  stellten  sich  auf 
den  Standpunkt,  der  das  Vorhandensein  einer  allgemeinen 
Grammatik  überhaupt  nicht  anerkennt. 

Dr.  Hagfors  meinte,  die  Hauptfrage  könne  nur  durch 
gemeinsame  Arbeit  der  Lehrer  der  Muttersprache  und  der- 
jenigen der  Fremdsprachen  gelöst  werden.  Der  Lehrer  der 
Muttersprache  soll  sich  daran  in  dem  Masse  beteiligen,  wie 
es  die  Muttersprache  selbst  für  ihre  eigenen  Zwecke  nötig 
hat.  Den  Lehrern  der  Fremdsprachen  liegt  es  ob,  die  Grundlage 
in  der  allgemeinen  Grammatik,  welche  die  Schijler  in  dem 
muttersprachlichen  Unterricht  erhalten  haben,  zu  erweitern  und 
zu  vervollkommnen  und  zwar  je  nach  dem  Charakter  und 
den  Bedürfnissen  der  betreffenden  fremden  Sprache.  Referent 
schlug  vor,  die  Sprachlehrer  der  lateinlosen  Schulen  sollten 
näher  überlegen  und  beschliessen,  was  in  dieser  Hinsicht  den 
Lehrern  der  Muttersprache  zukommt  und  was  denen  der  Fremd- 
sprachen. 

Dr.  Saxen  meinte  auch,  dass  die  Muttersprache  im 
Sprachunterricht  eine  zentrale  Stellung  einnehmen  muss,  das 
vereinigende  Glied  sein  soll,  welches  das  grammatikalische 
Wissen  der  Schüler  zu  einem  System  verbindet.  Die  Mutter- 
sprache könne  sich  nicht,  ohne  auf  ihre  eigenen  grossen  Auf- 
gaben zu  verzichten,  darein  finden,  ein  bequemes  Hülfsmittel 
für    die  Erlernung  anderer  Sprachen  zu  werden.     Der  Zweck 


Bericht  über  die  Neuphilologenversammlung   in   Helsingfors.  3 

des  Unterrichts  der  muttersprachlichen  Grammatik  sei  nur, 
den  Gesetzen  zu  folgen,  die  in  ihrem  eigenen  Material  stec- 
ken. Zum  Ausgangspunkt  für  die  sprachlichen  Übungen 
müsse  die  eigene  Produktion  der  Schüler  genommen  werden. 
Der  muttersprachliche  Unterricht  müsse  hinsichtlich  der  all- 
gemeinen Grammatik  ein  grundlegender  werden.  Referent 
stellte  folgende  Thesen  auf:  i)  Die  Grammatik  der  Mutter- 
sprache hat  zur  Aufgabe,  die  Muttersprache  zu  lehren;  ihr 
können  keine  fremden  Obliegenheiten  aufgezwungen  werden. 
2)  Die  Muttersprache  soll  die  grundlegende  Sprache  der  Schule 
sein,  denn  sie  soll  a)  auf  der  Unterstufe  die  Schüler  mit  den 
wichtigsten  grammatikalischen  Grundbegriffen  bekannt  machen, 
b)  auf  der  Oberstufe  durch  eine  systematische  Darstellung 
der  Laut-,  Formen-  und  Bedeutungslehre  der  Muttersprache 
sowie  durch  zahlreiche  Vergleiche  mit  älteren  Sprachperioden 
und  sprachlichen  Erscheinungen  in  anderen  Sprachen  den 
Schülern  eine  lebendige  Einsicht  in  das  Sprachleben  und  da- 
selbst geltende  Gesetze  geben.  3)  Der  Unterricht  der  mutter- 
sprachlichen Grammatik  soll  in  der  Richtung  hin  reformiert 
werden,  dass  das  Studium  der  Grammatik  auf  die  oberen 
Stufen  verlegt  wird,  während  auf  der  Unterstufe  nur  Notizen 
über  diejenigen  grammatikalischen  Begriffe  mitgeteilt  werden, 
welche  für  die  Sprech-  und  Schreibübungen  notwendig  sind. 
Bei  der  Diskussion  dieser  Frage  umfasste  die  Ver- 
sammlung die  von  den  Referenten  dargelegten  Ansichten  und 
Thesen,  und  stimmte  auch  folgenden  von  Professor  Vasenius 
hervorgehobenen  allgemeinen  Gesichtspunkten  bei:  Die  auf- 
gäbe der  Schule  ist  nicht  allein,  Sprachforscher  zu  erziehen, 
sondern  auch  Mitbürger.  Man  muss  darauf  achten,  inwieweit 
der  Unterricht  der  Grammatik  auf  die  Gedankenweise  des 
Menschen  einwirkt.  Keine  logischen  Kategorien  in  einer 
Sprache  können  auf  eine  andere  Sprache  übertragen  werden. 
Wenn  das  zugegeben  wird,  so  wird  das  gegenseitige  Ver- 
ständnis unter  den  verschiedenen  Menschen  in  hohem  Grade 
erleichtert.  Jede  Sprache  hat  ihre  eigene  Logik.  Wir  sollten 
die  Gedanken  anderer  denken  lernen. 


4  Bericht  i'ibcr  die  Neuphilologenversaiiiinlivig  in   Helsingfors. 

Um  zu  einem  praktischen  Resultat  in  der  von  den  Re- 
ferenten vorgeschlagenen  Richtung  zu  gelangen,  wurde  behufs 
Ausarbeitung  eines  praktischen  Programms,  nach  dem  der 
Unterricht  der  Grammatik  betrieben  werden  sollte,  ein  Komitee 
eingesetzt. 

Zweite  Frage:  Das  Ziel  des  modernsprachlichen  Unter- 
richts in  Finnland  (Referent  Dr.  Hortling,  Helsingfors).  Die 
erste  Bedingung,  um  ein  gutes  Ziel  zu  erreichen,  sei  das  In- 
teresse der  Schüler  zu  wecken.  Dies  könne  nur  dadurch 
geschehen,  dass  das  Verhältnis  zwischen  Lehrern  und  Schü- 
lern ein  vertrauensvolles  ist.  Referent  betonte,  dass  der 
Bildungswert  der  Kultursprachen  darin  liegt,  die  geistigen 
Kräfte  der  Schüler  zu  entwickeln.  Dies  gelinge  dadurch,  dass 
ilie  Schüler  mit  den  repräsentativen  Persönlichkeiten  der 
Sprache  sowie  der  Gedankenwelt  und  den  Bestrebungen  füh- 
render Geister  bekannt  gemacht  werden.  Die  modernen  Spra- 
chen seien  als  Vermittler  der  Bildung  mit  den  klassischen 
gleichwertig,  die  Anerkennung  dieser  Tatsache  müssten  wir  er- 
streben. In  Bezug  auf  das  Endziel  des  Schulunterrichts 
stellte  Referent  folgende  Thesen  auf:  Das  Ziel  des  Unterrichts 
soll  sein:  i)  Eine  korrekte  Aussprache  sowie  die  Fähigkeit, 
fremdsprachlichen  Text  fliessend  vorzulesen.  2)  Die  Fähig- 
keit, Schriften  eines  nicht  allzu  schwerverständlichen  fremd- 
sprachlichen Schriftstellers  im  Original  zu  verstehen,  was  durch 
Herübersetzung  kontrolliert  wird.  3)  Die  Kenntnis  der  Werke 
einiger  klassischen  und  modernen  Schriftsteller  und,  womöglich, 
ein  Einblick  in  die  Litteraturgeschichte.  4)  Ein  Einblick  in 
die  kulturelle  Entwickelung  des  fremden  Volkes.  5)  Gründ- 
liche Kenntnis  der  wichtigsten  Punkte  der  Grammatik.  6)  Einige 
Fähigkeit,  sich  in  der  fremden  Sprache  auszudrücken.  — 
Hinsichtlich  der  Nebensprachen  könnten  von  obenerwähnten 
Thesen  die  »gründliche»  Kenntnis  der  Grammatik  sowie  die 
Sprechfertigkeit  als  Forderungen  wegfallen. 

Bei  der  Diskussion  wurden  die  Punkte  i)  und  2)  als 
solche  angenommen.  Der  dritte  und  der  vierte  Punkt  wurden 
zusammengezogen  und  mit  der  Veränderung  angenommen, 
dass  die  moderne  Litteratur  vor  die  klassische  gestellt  werden 


Bericht  i'i/ier  die  XeiipliilolcigenversaDuiiluiig  in   I lelsingfors.  5 

sollte.  Die  Punkte  5)  und  6)  wurden  gutgeheissen.  Hin- 
sichtlich der  Nebensprachen  könne  weniger  Gewicht  auf  die 
Punkte   5)  und  6)  gelegt  werden. 

Dritte  Frage:  Ejtglish  in  oiir  Schools  (Referent  Frl. 
Granström,  Helsingfors).  Referent  hob  hervor,  dass  zur  Zeit 
in  unseren  Reallehranstalten  nur  4  Wochenstunden  für  das 
Fnglische  angewiesen  sind.  In  Privat-  und  gemischten  Schulen 
hat  man  eine  höhere  Stundenzahl.  Die  Schüler  der  Privatschulen 
haben  deshalb  auch  bessere  Kenntnisse  im  Englischen  als  die 
der  Staatslyzeen.  Referent  stellte  folgende  Thesen  auf:  i)  Ob- 
gleich die  für  das  Englische  in  unseren  Schulen  angewiesene 
Stundenzahl  genügend  ist,  um  den  Schülern  eine  verhältnis- 
mässig befriedigende  Fähigkeit  beizubringen,  die  Sprache  zu 
verstehen  und  Litteratur  zu  lesen,  so  genügt  diese  Stundenzahl 
nicht,  um  die  Schüler  für  Universitätsstudien  vorzubereiten. 
Der  Vorschlag  des  Schulkomitees,  wonach  die  Stundenzahl 
für  das  Englische  bedeutend  vermehrt  würde,  sollte  daher 
von  Seiten  der  Neuphilologenversammlung  Unterstützung  fin- 
den. 2^  Beim  Unterricht  des  Englischen  sollten  folgende 
Ziele  erstrebt  werden:  a)  Die  Fähigkeit,  einen  massig  schwie- 
rigen englischen  Text  zu  verstehen,  b)  Die  Fähigkeit,  sorg- 
fältiges Sprechen  und  einen  populären  englischen  Vortrag  zu 
verstehen,  c)  Einige  Fähigkeit,  die  Sprache  mündlich  zu  ge- 
brauchen. 3)  Als  Lehrbücher  sollten  gebraucht  werden:  a)  Ein 
kurzes  Elementarbuch,  wo  die  Aussprache-  und  Sprechübun- 
gen zugleich  Beispiele  für  die  elementare  Grammatik  liefern 
(die  Aussprache  soll  in   phonetischer  Umschrift  gegeben  sein); 

b)  ein  (mit  dem  oben  erwähnten  gleichzeitig  zu  gebrauchen- 
des) Lesebuch,  wo  auf  leichtere  Texte  schwierigere  folgen; 
auch  soll  das  Lesebuch  eine  genügende  Anzahl  leichtfasslicher 
Stücke    enthalten,    die    sich    für    kursorisches    Lesen    eignen; 

c)  ein  Le.sebuch  (am  liebsten  eine  längere  Erzählung)  mit 
englischem  Kommentar,  so  dass  die  Übersetzung  vermieden 
werden  kann. 

Vierte  Frage:  Die  Methodik  des modernsprachlicJu'7i  elemen- 
taren Unterrichts  in  Finnland  {Referent  Oherl.  Dr.Uschakoff,  Hel- 
singfors).    Referent   hatte  einen    ausführlichen   Plan  eines    Ele- 


6  Bericht  über  die  Neuphilologeuversatninlting  in   Ilelsiugfors. 

mentarbuches  entworfen.  Die  Grundzüge  dieses  Plans  gehen 
aus  folgenden  Thesen  hervor:  i)  Das  elementare  Studium 
der  fremdsprachlichen  Grammatik  geschieht  am  geeignetsten 
im  Anschluss  an  einen  besonderen  grammatisch-praktischen 
Kursus,  welcher  teils  Mustersätze  enthält,  mit  deren  Hülfe 
die  grammatischen  Formen  zuerst  studiert  werden,  teils  Ü- 
bungssätze,  um  das  Gelernte  genauer  zu  befestigen.  Bei  der 
Behandlung  beider  Arten  von  Sätzen  kommen  sowohl  die 
Umbildungs-  und  Ergänzungsmethode  als  die  Übersetzungs- 
methode zur  Anwendung.  2)  Der  grammatisch-praktische  Kur- 
sus dient  auch  zur  Einübung  von  Vokabeln,  und  Ausdrücken 
wie  auch  zum  Erwerben  einer  gewissen  Fertigkeit  in  der 
einfachen  Umgangssprache.  Zu  demselben  Zwecke  dient 
auch  ein  im  Elementarbuche  vorkommendes  Vokabular.  3)  Die 
im  Elementarbuche  vorkommenden  Lesestücke  dienen  vor  allem 
den  Zwecken  der  Lektüre,  nur  in  geringerem  Masse  zum 
Einüben  der  grammatischen  Formen  und  der  Elemente  der 
Umgangssprache.  4)  Das  Vokabular  bezieht  sich  hauptsäch- 
lich auf  den  Wortvorrat  der  im  grammatisch-praktischen  Kur- 
sus des  Elementarbuches  vorkommenden  Lesestücke,  mit  nöti- 
gen Ergänzungen.  Es  besteht  aus  einem  fortlaufenden  und 
einem  nach  verschiedenen  Bedeutungskategorien  aufgestellten, 
systematischen  Teil,  welche,  dasselbe  Wortmaterial  enthaltend, 
nur  auf  verschiedene  Weise  zusammengestellt  sind.  Das  Vo- 
kabular soll  sich  für  ein  von  den  Texten  unabhängiges, 
konkretes  Wortstudium  eignen,  weshalb  die  Formen,  Kon- 
struktionen und  die  verschiedenen  Bedeutungen  der  Wörter 
durch  Beispiele  beleuchtet  werden  sollen,  vorzugsweise  in  der 
Form  vollständiger  Sätze, 

Bei  der  Diskussion  wurde  als  ein  wichtiges  Moment 
hervorgehoben,  dass  das  Studium  der  Grammatik  auf  einem 
den  Schülern  bekannten  Material  fusst.  Punkt  i)  wurde  an- 
genommen. In  Bezug  auf  die  Punkte  2)  und  3)  wurde  die 
Ansicht  ausgesprochen,  dass  Sprechübungen  auch  im  An- 
schluss an  die  Lesestücke  vorkommen  können,  aber  dann 
hauptsächlich  um  das  Verständnis  des  Textes  zu  erleichtern.  An- 
dererseits   wurde    hervorgehoben,  dass  der  Wertschatz  haupt- 


Perichl  iiber  die  Neuphilologenvcrsammlung  in  Ilelsingfors.  7 

sächlich  den  Lesestücken  entnommen  werden  sollte  und  nicht 
dem  grammatisch-praktischen  Kursus.  V^on  dem  Texte  un- 
abhängige Sprechübungen  sollten  nicht  neben  der  Text- 
behandlung vorkommen.  Punkt  4)  wurde  auf  Gesuch  des 
Referenten  gar  nicht  diskutiert. 

Fünfte  Frage:  Die  Wahl  der  Lektüre  für  die  oberen 
Klassen  (Referent  Lektor  Nyström,  Wiborg).  Referent  be- 
tonte, dass  die  Wahl  der  Texte  von  dem  Ziel  beruht,  das 
man  mit  der  Lektüre  erstrebt.  Wenn  das  Hauptziel  nur  ist, 
den  Forderungen  des  Abiturientenexamens  Genüge  zu  leisten, 
so  wäre  es  am  zweckmässigsten,  das  Lesebuch  während  der 
ganzen  Schulzeit  anzuwenden.  Aber  der  Sprachunterricht  hat 
auch  eine  ideelle  Seite.  Er  soll  den  Gesichtskreis  des  Schü- 
lers in  ethischer  und  ästhetischer  Hinsicht  erweitern,  sein  Ur- 
teilsvermögen entwickeln,  seine  Ideenwelt  bereichern  und  den 
Schüler  in  die  Kultur  des  betreffenden  Landes  einführen, 
u.  s.  w.  Referent  schlug  mit  Hinsicht  auf  die  Schulverhält- 
nisse bei  uns  vor,  dass  ein  Lesebuch  und  Litteratur  neben- 
einander studiert  werden  sollten.  In  der  6:ten  Klasse  im 
Frühlingssemester  fängt  das  Studium  der  Schönlitteratur  an 
(Novellen).  In  der  7:ten  Klasse  werden  Klassiker  studiert, 
in  der  8:ten  Kl.  moderne  Schriftsteller  (Novellen,  Romane, 
Schauspiele),  auch  fremdsprachliche  Zeitungen.  Endlich  be- 
tonte Referent  den  Übelstand,  dass  wir  bei  uns  keinen  Schul- 
bücherkanon besitzen.  Ein  Komitee  von  6—8  Personen  sollte 
ein  Verzeichnis  über  Schriftsteller  machen,  deren  Schriften  in 
Schulausgaben  herausgegeben  werden  sollten.  Jeder  Band 
sollte  eine  kurze  Biographie  des  Verfassers  enthalten,  wie  auch 
einen  Bericht  über  die  Stellung  des  Verfassers  in  der  Litteratur- 
geschichte  und  die  Bedeutung  der  betreffenden  Arbeit  in  der 
Produktion  des  Verfassers.  Jeder  Band  sollte  gehörig  kom- 
mentiert und  mit  einem  erschöpfenden  Wörterverzeichnis  ver- 
sehen sein.  Die  Texte  sollten  nicht  »für  Schulzwecke  nor 
malisiert  werden»,  doch  könnten  gewisse  Partien  referiert 
vorkommen. 

Die  Versammlung  unterstützte  den  Vorschlag  des  Refe- 
renten inbetrefif  eines  Komitees  und  sprach  den  Wunsch  aus. 


8  Fctic/it  übe)    die  A'eupkilologenversaviviluni^  in   Helsini^fors . 

dass  Referent  selbst  wegen  der  Verwirklichung  der  Idee  ans 
Werk  gehen  sollte. 

Sechste  Frage:  Die  Behandlung  der  Texte  in  den  oberen 
Klassen  (Referent  Mag.  phil.  Berglund,  Jakobstad).  Referent 
schlug  folgende  Thesen  vor:  i)  Bevor  die  Schüler  einen  Text 
zu  Hause  präparieren,  erklärt  der  Lehrer  in  der  Klasse  Wör- 
ter und  Ausdrücke  in  Bezug  auf  den  Inhalt  und  die  Aus- 
sprache. 2)  In  der  folgenden  Lektion  werden,  auf  Anfrage 
des  Schülers,  weitere  Erklärungen  des  Textes  gegeben,  be- 
ziehungsweise nötige  Realnotizen  historischer,  geographischer, 
ethnographischer,  allgemein  kultureller  Art,  u.  s.  w.  Darauf 
folgt  die  Übersetzung  und  Verlesung  des  Textes.  3)  Die 
zweite  Behandlung  des  Textes  besteht  je  nach  seiner  Beschaf- 
fenheit aus  einer  erneuten  Übersetzung,  möglicherweise  mit 
einer  Musterübersetzung  komplettiert,  aus  Abfragen  von  Wör- 
tern und  Ausdrücken,  aus  einer  Übersetzung  ohne  Buch,  aus 
einer  partiellen  Memorierung  des  Gelesenen  oder  endlich  aus 
einem  Gespräch,  das  sich  auf  den  Inhalt  des  Textes  bezieht. 
4)  Nachdem  ein  Text  durchgearbeitet  ist,  werden  Mitteilungen 
über  den  Verfasser  gegeben  und  Fragen  allgemeiner  Natur 
diskutiert,  die  den  Text  berühren.  5)  Aus  praktischen  Grün- 
den kann  ein  Referat  von  weniger  bedeutenden  Teilen  des 
Textes  an  die  Stelle  der  genaueren  Behandlung  treten.  6)  Bei 
der  Behandlung  eines  Textes  »ex  tempore»  giebt  der  Lehrer 
zuerst  orientierende  Notizen  über  den  Inhalt,  dann  lesen  die 
Schüler  und  übersetzen  schwierigere  Stellen.  Oder  der  Leh- 
rer verliest  den  Text  und  macht  Fragen,  wodurch  er  sich  über- 
zeugt, ob  die  Schüler  den  Inhalt  verstanden  haben,  wonach 
das  Gelesene  durch  Diskussion,  Lesen  aus  dem  Buche  und 
Schreiben  an  die  Tafel  dem  Gedächtnis  eingeprägt  wird. 
7)  Der  Text  wird  gehörig  begrenzt  und  eingeteilt.  Die  Ver- 
besserung gemachter  Fehler  gebührt  in  erster  Linie  den  Schü- 
lern. 8)  Bei  der  Behandlung  der  Texte  kommt  vorzugsweise 
die  fremde  Sprache  zur  Anwendung. 

Bei  der  Diskussion  wurde  die  Anmerkung  gemacht, 
dass  es  misslich  wäre,  den  Schülern  zu  überlassen,  selbst 
nötige  Erklärungen  zu   fordern.    Die  Schüler  seien  selbst  nicht 


Bericht  i'ihcr  die  Xeu/'/iilo/o:fenversa»iiiilung  in    Ifelsiiigfors.  9 

im  Klaren  darüber,  was  in  dem  betrettenden  Texte  schwer  ist 
und  was  nicht.  Im  allgemeinen  seien  sie  gar  nicht  geneigt, 
Fragen  zu  machen.  Daraus  folge,  dass  nötige  Erklärungen 
ausbleiben,  wenn  der  Lehrer  selbst  nicht  kontrolliert,  inwie- 
weit die  Schüler  den  Text  verstanden  haben.  Ferner  wurden 
Stimmen  laut  gegen  eine  Übersetzung  in  der  Ausdehnung, 
wie  es  der  Referent  vorgeschlagen  (vgl.  Punkte  2  und   3). 

Siebente  Frage :  Die  Amvendung  der  Fremdsprache  hei 
dem  Neusprachlichen  Unterricht  (Referent  Rektor  Granit, 
Kotka).  Referent  stellte  folgende  Thesen  auf:  i )  Die  fremde 
Sprache  kommt  schon  auf  den  unteren  Stufen  zur  Anwendung 
und  zwar  sowohl  beim  Anschauungsunterricht  als  dem  auditiv- 
mündlichen V^erfahren,  darf  aber  nicht  den  Gebrauch  der 
Muttersprache  ausschliessen.  2)  Auf  der  Mittelstufe  wird  die 
Fremdsprache  als  hauptsächliche  Unterrichtssprache  beim  Le- 
sen der  Texte  gebraucht  und  zwar  sowohl  bei  der  Vorberei- 
tung einer  neuen  Aufgabe  als  beim  Abfragen  einer  alten. 
Doch  wird  auch  Herübersetzung  gebraucht,  wo  es  nötig 
scheint.  Die  Bedeutung  der  Wörter  und  Ausdrücke  wird 
mit  Hülfe  der  Fremdsprache  durch  Umschreibungen,  Syno- 
nyme und  andere  methodische  Verfahrungsweisen  klar  ge- 
macht, oder,  wo  es  not  tut,  mit  Hülfe  der  Muttersprache. 
Die  Methode  setzt  voraus,  dass  auf  früheren  Stadien  die 
Übersetzungsmethode  nicht  gebraucht  worden  ist.  3)  Auf 
den  Oberstufen  erhält  die  Muttersprache  grössere  Anwendung 
als  auf  der  Mittelstufe  sowohl  bei  der  Herübersetzung  als 
auch  bei  Erklärungen.  Doch  komme  die  Muttersprache  auch 
hier  zur  Anwendung  nur  insofern  die  fremde  Sprache  das  Ver- 
ständnis des  Textes  verhindert  oder  verzögert.  4)  Beim  Un- 
terricht der  Grammatik  kommt  die  Fremdsprache  auf  der 
Unterstufe  nur  in  einfacheren  Fällen  zur  Anwendung.  5)  Auf 
der  Mittel-  und  besonders  auf  der  Oberstufe  hat  die  An- 
w^endung  der  Muttersprache  grössere  Voraussetzungen  ein 
gründliches  Verstehen  der  schwierigeren  Stellen  der  Gramma- 
tik zu  vermitteln  als  die  Fremdsprache. 

Von  obenangeführten  Thesen  nahm  die  Versammlung 
die    erste    mit    folgenden  Veränderungen    an:    der  Ausdruck 


lO  Bericht  über  die  Neuphiloloiie7iver Sammlung  in  Helsingfors . 

>;darf  aber  nicht  den  Gebrauch  der  Muttersprache  ausschlies- 
sen»  sollte  in  »was  aber  nicht  den  Gebrauch  der  Mutter- 
sprache auszuschliessen  braucht»,  verändert  werden.  Punkt 
3)  erhielt  folgende  Formulierung:  Auf  den  oberen  Stufen 
kann  die  Muttersprache  vorkommen,  wo  der  Gebrauch  der 
fremden  Sprache  das  Verständnis  des  Textes  verzögert.  Hin- 
sichtlich der  Punkte  4)  und  5)  sollte  die  Fremdsprache  bei 
der  Behandlung  leichterer  grammatikalischer  Erscheinungen 
zur  Anwendung  kommen,  sonst  die  Muttersprache. 

Achte  Frage:  Die  schriftlichen  Klassenarbeiten  (Refe- 
rent Mag.  phil.  Frl.  Ottelin.  Wiborg).  Referent  betonte,  dass 
man  heutzutage  auf  die  häuslichen  schriftlichen  Arbeiten  nicht 
viel  Wert  legt,  sie  seien  ein  Notbehelf  in  Fällen,  wo 
man  auf  der  Oberstufe  eine  zu  geringe  Stundenzahl  hat. 
Am  liebsten  meide  man  sie  ganz  und  mache  die  schriftlichen 
Arbeiten  zu  Klassenarbeiten,  verlege  sie  in  die  Stunden,  wo 
sie  »ein  gutes  Zuchtmittel  des  Willens»  sein  sollen,  indem 
sie  mehr  als  die  mündlichen  Übungen  zur  Geistesgegenwart, 
zum  Zusammenraffen  der  Kräfte  im  gegebenen  Moment  ge- 
wöhnen können.  Auch  sei  es  von  grosser  Bedeutung,  das 
Auge  so  früh  wie  möglich  als  Hülfe  beim  Lernen  anzuwen- 
den, also  nach  dem  ersten  propädeutischen  Kursus,  in  welchem 
wir  Lautierübungen  und  einfache  Sprechübungen  anstellen, 
schon  zur  Feder  und  Kreide  zu  greifen  und  diese  dann  fest  in 
der  Hand  zu  behalten  die  ganze  Schule  hindurch.  Planlose, 
unvorbereitete,  schriftliche  Übungen  seien  vollkommen  wertlos. 
Die  Formen  müssten  erst  durch  vorhergehende  mündliche 
Übungen  sicher  geworden  sein.  Referent  schlug  folgende 
Thesen  vor:  i)  Die  Klassentafel  soll  von  den  Schülern  weit 
mehr  gebraucht  werden  als  bisher.  2)  Die  Schreibübungen 
auf  den  unteren  und  mittleren  Stufen  schliessen  sich  dem  gram- 
matikalischen Unterricht  an,  den  verschiedenen  mündlichen 
Übungen  (auch  Übersetzungen),  ohne  die  keine  Sicherheit  in 
dem  Gebrauch  der  Formen  zu  erzielen  ist.  3)  Von  Wichtig- 
keit, um  die  Worte  und  Konstruktionsweisen  einzuprägen,  ist 
es  auch,  dass  gelesene  Texte  durch  allerlei  Umbildungen  durch- 
gearbeitet   und    vertieft   werden.     Zahlreiche  wörtliche  Retro- 


Bericht  über  die  A^eup/tilologenversaintnlung  in   Helsingfors.  1 1 

Versionen  befördern  jedoch  gedankenloses  Auswendiglernen. 
4)  Auf  der  Oberstufe  (2  Klassen  vor  dem  Abiturium)  kom- 
men Hinübersetzungen  in  grösserem  Umfange  vor,  die  jedoch 
manchmal  mit  freieren  Arbeiten  im  Anschluss  an  gelesene 
Texte  abwechseln. 

Punkt  I)  wurde  folgendermassen  geändert:  Die  Klassen- 
tafel soll  von  den  Schülern  fleissig  gebraucht  werden.  Die 
übrigen  Thesen  wurden  nach  einer  kurzen  Diskussion  an- 
genommen. 

Neunte  Frage :  Die  neusprachliche  Litteratur  der  Schii- 
lerbihliotheken  (Referent  Lektor  Juutilainen,  Nyslott).  Refe- 
rent ging  von  dem  Gesichtspunkte  aus,  dass  die  Litteratur 
die  Grundlage  alles  Lernens  sein  soll.  Deshalb  sei  es  von 
nöten,  dass  das  Interesse  der  Schüler  für  litterarische  Studien 
auch  ausserhalb  der  Schule  geweckt  wird.  Für  solche  selb- 
ständigen Studien  eignet  sich  am  besten  sprachlich  leichte 
und  inhaltlich  interessante  Litteratur.  Die  Litteratur  der  Schü- 
lerbibliotheken soll   abwechselnd  sein. 

Referent  schlug  vor,  dass  Schülerbibliotheken  m  allen 
Schulen  eingerichtet  werden  sollten.  Die  Versammlung  schloss 
sich  dem  V^orschlag  an  und  sprach  den  Wunsch  aus,  dass  Re- 
ferent sein  Referat  veröffentliche  und  ein  Verzeichnis  über 
solche  neusprachliche  Litteratur  mache,  die  sich  für  Schüler- 
bibliotheken eignet. 

Nachdem  die  Diskussionsfragen  des  Programms  be- 
handelt worden  waren,  wurden  noch  einige  praktisch-pädago- 
gische Fragen  als  Erwünschtes  der  Versammlung  vorgelegt, 
die  aber  wegen  der  knappen  Zeit  nicht  diskutiert  werden  konn- 
ten, sondern  dem  Neuphilologischen  Verein  übersandt  wurden. 
Der  Verein  sollte  eventuell  weitere  Massregeln  in  Bezug  auf 
dieselben  treffen.  Es  waren  dies  folgende  Fragen:  i)  Die 
Lehrer  der  deutschen  Sprache  an  den  unteren  Klassen  unse- 
rer Reallyzeen  und  an  den  5-klassigen  gemischten  Staats- 
schulen sollten  Fachleute  sein  (Lektor  Juutilainen).  2)  Reise- 
stipendien sollten  mehr  als  bisher  ausgegeben  werden,  auch 
für  Lehrer  und  Lehrerinnen  der  englischen  Sprache  (Dr.  Ro- 
sendahl    und    Frl.    Bohnhof);    3)   die    Kollegen    der  deutschen 


12  Bericht  über  die   Neuphiloloiienversainmluiii:;  in  Hclsiiigfors, 

Sprache  sollten  von  ihrer  Unterrichtspflicht  inbetreff  der  fin 
nischen  Sprache  befreit  werden  (Mag.  phil.  Granit-Ilmoniemi) 
4)  die  Vergütung  für  Korrekturen  der  schriftlichen  Schüler 
arbeiten  sollte  angemessenerer  Weise  als  bisher  verteilt  wer 
den  (Dr.  l'iosendahl);  5)  genauere  Bestimmungen  für  die  Kom 
petenzforderungen  sollten  festgestellt  werden  (Dr.  Rosendahl) 
6)  die  Veranstaltung  einer  Enquete  inbetrefif  der  in  den  Schu 
len  anzuwendenden  Lehrmethode  (Mag.  phil.  Granit- Ilmo 
niemi). 

Ausser  den  Diskussionsfragen  hatte  der  Programmaus- 
schuss  zwei  wissenschaftliche  Vorträge  an  jedem  der  Kon- 
gresstage angeordnet  (s.  Neuph.  Mitt.  1908,  S.  157  ff.).  Die 
Vorträge  weckten  lebhaftes  Interesse.  Vier  derselben  werden 
in  dieser  Nummer  veröffentlicht. 

Von  Seiten  der  anwesenden  Pädagogen  wurde  dem 
Vorsitzenden  Prof  Söderhjelm  von  Mag.  phil.  Granit-Ilmo- 
niemi ein  warmer  Dank  dargebracht  für  die  bedeutende  Ar- 
beit, die  Prof.  Söderhjelm  zu  Gunsten  der  neuphilologischen 
Studien  ausgeführt  hat  und  zwar  als  Universitetslehrer,  als 
ehemaliger  Vorsitzender  des  Vereins  und  auch  als  Vorsitzen- 
der dieser  Versammlung. 

An  jedem  Kongresstage  kamen  die  Teilnehmer  des 
Abends  im  Restaurant  zusammen  und  brachten  die  Zeit  in 
zwangloser  Geselligkeit  zu.  Neue  Bekanntschaften  wurden  an- 
geknüpft, und  aus  den  Augen  aller  Teilnehmer  leuchtete  volle 
Befriedigung  mit  dieser  ersten  Neuphilologenversammlung.  — 
Die  vielen  Fragen,  die  man  noch  gern  diskutiert  hätte,  wenn 
man  Zeit  gehabt  hätte,  und  das  grosse  Interesse,  das  man 
für  diesen  Kongress  gezeigt  hatte,  gestatten  die  Vermutung, 
dass  es  nicht  viele  Jahre  dauern  wird,  bis  die  Neuphilologen 
Fmnlands  wieder  zusammenkommen. 

/.  Hg. 


Stil'Aesthetik  und  Stilstudien. 

Vortrag  in   der  Neuphilologenversaminlung  zu   Ilelsingfors  den  ii.  |anuar  1909. 

I. 

Schriften  über  den  Stil  haben  schon  die  Alten  veröftent- 
licht,  und  der  Renaissancezeit  gehört  ein  so  selbständiges  und 
treffliches  Werk  an,  wie  das  Buch  des  neapolitanischen  Hu- 
manisten Pontanus  De  sermone.  Später  hat  man  sich  in  allen 
Kulturlandern  mit  Stilproblemen  abgegeben,  mehr  oder  weniger 
teoretisch,  man  hat  über  den  Begriff  des  Stils  und  des  guten 
Stils  gehandelt  und  Anleitungen  zum  Erwerben  eines  künst- 
lerischen Stils  verfasst.  In  jüngster  Zeit  ist  aber  das  Interesse 
für  diesen  Zweig  der  Wissenschaft  wieder  mehr  in  den  Vorder- 
grund getreten:  neue  Gesichtspunkte  werden  aufgestellt,  und 
die  Stilistik  ist  auf  dem  Wege,  als  selbständige  Disziplin  mit 
in  die  ersten  Reihen  der  humanistischen  Wissenschaften 
zu  rücken.  Ja,  man  hat  es  sogar  versucht,  die  ganze  bisherige 
Sprachwissenschaft  auf  den  Kopf  zu  stellen  und  eine  neue  zu 
begründen,  die  anstatt  der  einzelnen  historischen  Untersuchungen 
über  Laute,  Formen  und  syntaktische  Erscheinungen  den 
sprachlichen  Stil  als  Zusammenfassung  des  ganzen  Materials 
und  als  einziges  wirkliches  Bild  der  Evolution  der  Rede  zum 
Gegenstand  haben  soll.  Sie  hätte  zur  Aufgabe,  den  Stil  vom 
ästhetischen  Standpunkt  aus  zu  betrachten  und  müsste  also 
eine  rein  ästhetische  Wissenschaft  sein. 

Wenn  auch  die  meisten  Sprachforscher  diesen  revolu- 
tionären Ansprüchen  der  Stileiferer  ihre  Unterstützung  entziehen 
werden,  so  wird  man  doch  gerne  einräumen,  dass  hier  Ideen 
und  Forderungen  an  den  Tag  getreten  sind,  die  die  grösste. 
Aufmerksamkeit  verdienen.  Und  wenn  man  auch  nicht  die 
Methoden  der  herrschenden  Philologie  ohne  Weiteres  über 
den  Haufen  werfen  wird,  um  an  ihre  Stelle  etwas  zu  setzen, 
wofür  noch  keine  Methoden  ausgebildet  sind,  so  werden  wol 
jedenfalls  die  .stilistischen  Fragen  immer  mehr  in  den  Vorder- 
grund rücken  und  den  dürren  grammatisch-statistischen  Unter- 


14  l^y.   Söderhjelm, 

suchungen  einen  heilsamen  Abbruch  tun.  Besonders  werden, 
wie  ich  glaube,  die  Stil-Ästhetiker  das  zu  Stande  gebracht 
haben,  dass  die  stilistischen  Untersuchungen  sich  mit  der 
künstlerischen  Seite  des  Ausdrucks  beschäftigen,  anstatt,  wie 
es  bisher  meistenteils  der  Fall  gewesen  ist,  nur  das  Material 
über  den  stilistischen  Gebrauch  der  Schriftsteller  zusammenzu- 
stellen. Ob  aber  eine  solche  ästhetische  Betrachtung  des 
Stils  in  den  Händen  der  Philologen  (im  gewöhnlichen  Sinne 
des  Wortes)  fruchtbar  werden  kann,  oder  ob  nicht  vielmehr 
ganz  besondere  Beanlagung,  feines  Gefühl  und  feines  Ohr, 
ausgebildeter  Geschmack  und  ästhetisch-psychologischer  Scharf- 
sinn dazu  nötig  sein  werden,  dass  lässt  sich  erst  dann  beurteilen, 
wenn  Proben  solcher  Untersuchungen  nach  einer  annehmbaren 
Methode  wirklich  vorliegen. 

Es  würde  mich  viel  zu  weit  führen,  wenn  ich  hier  einen 
vollständigen  Überblick  über  die  Stilforschung  der  neueren 
Zeit  zu  geben,  die  Vertreter  und  ihre  Werke  alle  einzeln  zu 
nennen  und  ihre  Ansichten  Punkt  für  Punkt  zu  erörtern 
versuchte.  Ich  muss  mich  damit  begnügen,  die  jetzigen  Be- 
strebungen in  grossen  Zügen  Ihnen  vorzuführen,  um  Ihre 
Aufmerksamkeit  auf  diese  Bewegung  zu  lenken  und  Ihnen 
anzudeuten,  wie  fruchtbar  stilistische  Untersuchungen  für  das 
allseitige  Verständnis  eines  Dichters  gemacht  werden  können  — 
und  gewissermassen  bezieht  sich  dieses  auch  auf  die  Schule. 
P^ür  die  Geschichte  der  neueren  Stilistik  giebt  es  übrigens  ein 
kleines  Buch,  das,  obgleich  weder  methodisch  aufgestellt  noch 
kritisch  abgefasst,  gute  Auskunft  über  die  einschlägigen  Ar- 
beiten giebt  und  daher  empfohlen  werden  kann,  nämlich  Olof 
Östergren,   Stüistisk  spräkvetenskap,  Stockholm    1907. 

Ich    beschränke    mich  also  hier  auf  einige  Hauptpunkte. 

Zunächst  wurden  in  neuester  Zeit  die  Beziehungen 
zwischen  Sprachwissenschaft  und  Ästhetik  von  dem  italienischen 
Gelehrten  Benedetto  Croce  in  seinem  grossen  Werke  Estetica 
come  scienza  deWespressione  e  linguistica  generale  (erste  ita- 
lienische Ausgabe  1902,  deutsche  Übersetzung  1905)  kräftig 
betont.     Ich    sage    in    neuester   Zeit,  denn  die  Lehre  ist,  we- 


Stil-Aesthetik  und  Stilstudien.  15 

nigstens  in  ihren  Umrissen,  nicht  neu,  sie  wurde  schon  prin- 
zipiell von  dem  grossen  Philosophen  Giambattista  Vico  (1668 
—  1744)  angedeutet  und  von  Wilhelm  von  Humboldt  gewisser- 
massen  formuliert.  Croce  hat  aber  zuerst  die  äussersten  Kon- 
sequenzen dieser  Lehren  gezogen.  Seine  Arbeit  ist  nur  zum 
geringeren  Teil  eine  teoretische  Darlegung,  der  grösste  Teil 
beschäftigt  sich  mit  der  Geschichte  der  Ästhetik  und  will 
zeigen,  auf  welchen  Irrwegen  die  Ästhetiker  überhaupt  bisher 
gewandelt  sind.  Croce  gelangt  zu  folgenden  Ergebnissen. 
Die  Ästhetik  ist  die  Wissenschaft  von  dem  geistigen  Ausdruck; 
die  Sprachwissenschaft  gehört  zu  den  auf  dem  intuitiven 
Erkenntnissvermögen  gegründeten  historischen  Wissenschaften 
und  bildet  also  einen  Teil  der  Ästhetik;  die  Kunstwissenschaft 
und  die  Sprachwissenschaft,  die  Ästhetik  und  die  Linguistik 
sind  nicht  zwei  getrennte,  sei  es  beigeordnete,  sei  es  nicht 
zusammengehörige  Wissenschaften,  sondern  eine  einzige  Wis- 
senschaft. »Nicht  als  ob  es  dabei  eine  besondere  Linguistik 
gäbe,  sondern  die  gesuchte  linguistische  Wissenschaft,  die 
allgemeine  Linguistik  ist,  soweit  sie  überhaupt  zur  Wissenschaft 
und  Philosophie  gehört,  nichts  anderes  als  die  Ästhetik.  Wer 
sich  mit  allgemeiner  Linguistik,  mit  wissenschaftlicher  Linguistik 
beschäftigt,  der  beschäftigt  sich  mit  ästhetischen  Problemen 
und  umgekehrt.  Philosophie  der  Sprache  und  Philosophie  der 
Kunst  sind  ein  und  dasselbe.»  Wenn  die  Linguistik  nicht 
Ästhetik  wäre,  dann  dürfte  sie  nicht  den  Ausdruck  zum  Ge- 
genstande haben,  der  eben  der  ästhetische  Vorgang  ist;  die 
Sprache  ist  ja  eben  Ausdruck.  Eine  besondere  Linguistik 
würde  eine  besondere  Klasse  von  Ausdrücken  zum  Gegenstande 
haben,  aber  solche  giebt  es  überhaupt  nicht.  Zwischen  Sprache 
und  Stil  kann  man  unmöglich  unterscheiden.  Das  W'esen  der 
Sprache  und  ihre  Wirklichkeit  liegt  nicht  in  isolierten  und 
kombinierbaren  Wörtern,  sondern  in  lebendigen  Reden,  die 
dem  Sinn  nach  unteilbar  sind  und  die  nichts  anderes  als 
ästhetische  Ausdrücke  und  Produkte  sind.  Die  Linguisten 
und  Glottologen,  sagt  Croce  weiter,  die  philosophisch  begabt 
sind,  sind  in  derselben  Lage  wie  Arbeiter,  die  mit  einer 
Bergdurchquerung  beschäftigt  sind:   an  einem  gewissen  Punkt 


l6  //'.   SöderJijelin, 

müssen  sie  die  Stimmen  ihrer  Kameraden  hören,  der  IMiilo- 
sophen  der  Ästhetik.  Und  dann  fasst  er  in  einem  letzten 
Satz  seine  Lehren  zusammen,  aber  nicht  ohne  eine  gewisse 
Einschränkung:  »Bei  einer  gewissen  Höhe  wissenschaftlicher 
Bearbeitung  angelangt,  niuss  die  Linguistik,  soweit  sie  Philo- 
sophie ist,  in  der  Ästhetik  aufgehen.» 

Wie  Croce's  ganzes  ästhetisches  System,  sind  diese 
Ansichten  aus  einer  leidenschaftlichen  Bekämpfung  des  For- 
malismus einerseits  und  der  metaphysischen  Haarspalterei 
andererseits  hervorgegangen.  Wie  seiner  Ansicht  nach  die 
ganze  Ästhetik  darin  fehlgegangen  ist,  dass  sie  sich  mit  lauter 
Formverhältnissen  herumtummelte,  so  besteht  der  Fehler  der 
Sprachwissenschaft  auch  darin,  dass  sie  die  Sprache  in  formale 
Elemente  zersetzt  und  sich  nicht  mit  der  Sprache  als  Ausdruck 
der  Gedanken  abgiebt.  Schon  Humboldt  wies  hierauf  hin, 
schon  für  ihn  war  die  »innere  Sprache»  das  wichtigste,  aber 
sein  Fehler  war,  dass  er  nicht  erkannte  —  ebensowenig  wie 
sein  Schüler  Steinthal,  der  den  althergebrachten  Zusammenhang 
zwischen  Logik  und  Grammatik  doch  endgültig  löste  — ,  dass 
diese  »innere  Sprache»  vollständig  identisch  mit  der  Poesie 
ist  und  dass  die  Prosa  nicht  eine  andere  Form  als  die  Poesie 
bedeutet,  sondern  einen  anderen  Inhalt.  Jeder  sprachliche 
Vorgang  ist  ein  Ausdruck  oder  eine  ästhetisch-geistige  Syn- 
these. Die  Sprache  ist  immer  Schöpfung,  das,  was  linguistisch 
ausgesprochen  wird,  wiederholt  sich  nicht,  die  stets  neuen 
Eindrücke  veranlassen  beständige  Änderungen  in  Klang  und 
Bedeutung,  das  heisst  immer  neue  Ausdrücke.  Deswegen  ist 
die  Sprachgeschichte  eine  Art  von  Kunstgeschichte,  denn  sie 
ist  die  Geschichte  der  Formen  des  geistigen  Ausdruckes.  Die 
x'\ufgabe  der  Sprachwissenschaft  —  so  formuliert  sie  der 
enthusiastische  Schüler  Croce's,  prof.  Karl  Vossler  —  ist  keine 
andere,  als  diesen  Geist  als  die  alleinigwirkende  Ursache  sämmt- 
licher  Sprachformen  zu  erweisen.  »Auch  nicht  die  kleinste 
akustische  Nuance»,  so  setzt  Vossler  in  seiner  etwas  interjek- 
torischen  Art  fort,  »auch  nicht  die  unscheinbarste  lautliche 
Metathesis,  auch  nicht  der  elendste  parasitische  Laut  darf  der 
Phonetik    oder  der    Akustik  oder  der  isolierten  Lautlehre  zur 


Stil-Aestheiik  und  Stilstudien.  17 

alleinigen  Erklärung  preisgegeben  werden!»  Alle  diese  Dis- 
ziplinen sind  7iu}-  beschreibende  Hülfsdisziplinen  und  können 
uns  die  Bedingungen  zeigen,  unter  denen  sich  die  Sprache 
wandelt,  »aber  in  aller  Welt  nicht  die  Ursache!»  Die  Ursache 
ist  nämlich  der  menschliche  Geist  mit  seinen  unerschöpflichen 
individuellen  Intuitionen,  und  )die  alleinherrschende  Königin 
der  Philologie  ist  die  Ästhetik.»  —  Das  wichtigste  in  der 
Sprache  ist  der  Akzent;  wenn  man  ihn  erfasst,  eriasst  man 
auch  den  Geist  der  Sprache.  Der  Akzent  ist  das  Bindeglied 
zwischen  Stilistik  oder  Ästhetik  und  Lautlehre;  aus  ihm, heraus 
muss  aller  Lautwandel  erklärt  werden.  Vossler  führt  in  seinen 
zwei  Arbeiten:  Positivismus  und  Idealismus  in  der  Sprach- 
wissenschaft und  Sprache  als  Schöpfung  und  Entzvicklung, 
diese  Gesichtspunkte  weiter  aus.  Ebensowenig  wie  zwei  Arme, 
ein  Kopf,  ein  Rumpf  und  zwei  Beine  einen  lebendigen  Men- 
schen bilden,  ebensowenig  bilden  die  Laute,  Silben,  Sätze  die 
Sprache.  Es  ist  der  Geist  der  menschlichen  Rede,  der  diese 
Elemente  der  Rede  schöpft,  nicht  alle  für  sich,  sondern  alle 
auf  einmal.  Will  man  aus  praktischen  Gründen  die  alte  Ein- 
teilung beibehalten,  so  müssen  jedenfalls  alle  Erscheinungen, 
die  von  den  niedrigen  Wissenschaftszweigen,  Lautlehre  u.  s.  w. 
aufgezeichnet  und  beschrieben  worden  sind,  ihre  Erklärung 
in  der  höchsten  Disziplin,  in  der  Stilistik  finden.  Die  Auf- 
gaben dieser  Stilistik  werden  zweierlei  Art  sein:  einmal  muss 
sie  die  individuelle  sprachliche  Schöpfung  in  ihren  Intentionen 
studieren,  sie  muss  die  künstlerische  Absicht  feststellen,  die 
die  Lautänderungen  hervorbringt,  sie  muss  die  ästhetischen 
Regelausnahmen  von  den  durch  Analogie  und  Zufall  bewirkten 
unterscheiden  und  überhaupt  jede  Nuance  beleuchten,  die  von 
der  Tradition  wenn  auch  noch  so  wenig  abweicht.  Das  ist 
die  Wissenschaft  von  der  Sprache  als  Schöpfung.  Anderer- 
seits muss  sie  die  sprachlichen  Ausdrucksformen  nach  Zeit 
und  Raum  zusammenfassen  und  gruppieren  und  sie  nach  ihrer 
Verwandtschaft,  nach  den  » Völkerindividuen*  untersuchen. 
Hier  wird  die  sonst  so  geringgeschätzte  »positivistische»  Methode 
wieder  in  Gnaden  aufgenommen,  ihre  Umsicht  und  Genauigkeit 


l8  //'.   Söderhjelm, 

werden    für    diesen    Zweck    in    Anspruch  genommen  —  aber 
selbstverständlich  nur  als  Mittel  auf  dem  Wege  zum  grossen  Ziel. 

Es  ist  natürlich  nicht  möglich,  hier  auf  die  ästhetischen 
Prinzipien  genauer  einzugehen,  aus  denen  Croce's  System 
aufgebaut  ist.  Wie  schon  gesagt,  will  er  vor  Allem  auf  jedem 
ästhetischen  Gebiete  diejenigen  Richtungen  bekämpfen,  die 
seiner  Ansicht  nach  nur  auf  formale  Begriffe  hinausgehen, 
ohne  den  Kern  der  Sache,  die  geistige  Tätigkeit  in  ihrem 
innersten  Wesen  zu  berühren.  Er  geht  in  diesen  Bestrebun- 
gen so  weit,  dass  er  das,  was  wir  geneigt  wären,  eben  unter 
die  Benennung  »Ausdruck»  zu  fassen,  wie  z.  B.  die  verschie- 
denen Litteraturgattungen,  Epos,  Drama,  u.  s.  w.,  verwirft, 
um  nur  unter  »Ausdruck»  einen  geistigen  Vorgang,  die 
»ästhetisch-geistige  Synthese»  zu  verstehen,  der  ein  Eindruck 
vorangeht  und  die  von  der  »psychischen  Kehrseite  des  Aus- 
drucks (ästhetischer  Genuss)»  und  der  »physischen  Kehrseite 
des  Ausdrucks  (Töne,  Klänge,  Verbindungen  von  Farben  und 
Linien  u.  s.  w.)»  begleitet  wird.  Der  Ausdruck  ist  also  nicht 
die  Note  des  Komponisten,  das  Wort  des  Dichters  u.  dergl., 
sondern  eben  der  genannte  geistige  Prozess.  Und  da  auch 
die  Erzeugungen  des  Sprachbewusstseins  einen  solchen  voraus- 
setzen, und  wesentlich  aus  ihm  bestehen,  gehören  die  davon 
abhängenden  Erscheinungen  in  die  Ästhetik  ebenso  gut  wie 
alle  anderen  analogen  Erscheinungen.  —  Dies  alles  ist  nun, 
offen  gestanden,  nicht  ganz  klar;  aber  das  muss  man  jedenfalls 
einräumen,  dass  Croce  in  seinem  Bestreben,  alles  Mögliche,  was 
ausschliesslich  eine  Form,  eine  Äusserung  ist,  auf  seinen 
richtigen  Wert  zu  reduzieren,  im  Grunde  recht  hat  und  dass 
sein  Versuch,  mit  der  metaphysischen  Ästhetik  tüchtig  auf- 
zuräumen, mit  Freude  begrüsst  werden  muss. 

Wenn  man  nun  aber  auch  zugiebt,  dass  die  Sprach- 
wissenschaft, »soweit  sie  Philosophie  ist»,  um  Croce's  Worte 
zu  gebrauchen  —  das  heisst,  nach  unserer  Meinung,  soweit 
sie  das  Hauptgewicht  auf  die  Harmonie  zwischen  dem  geistigen 
Inhalte  und  der  Art  ihn  mitzuteilen  legt  —  gewissermassen 
in    der   Ästhetik  aufgeht,  so  ist  damit  doch  bei  weitem  nicht 


Stil-Aesthetik  titid  Stilstudien.  19 

gesagt,  dass  man  daraus  so  revolutionäre  Folgerungen  zu 
ziehen  braucht,  wie  es  Vossler  tut.  Denn  es  wird  weder 
möglich  noch  nötig  sein,  die  ganze  Linguistik  in  die  Lehre 
vom  Stil  aufgehen  zu  lassen.  Es  ist  wahr,  dass  Laute  und 
Silben  nicht  die  Sprache  bilden,  ebensowenig  wie  zwei  Arme 
etc.  den  ganzen  Menschen  bilden.  Aber  darf  deswegen  nicht 
die  Anatomie  des  Menschen  eine  spezielle  Wissenschaft  sein.'' 
Mit  der  Spezialisierung  und  Vertiefung,  die  unserer  wissen- 
schaftlichen Methode  überhaupt  eigen  ist,  werden  die  linguis- 
tischen »Hülfsdisziplinen»  eine  jede  für  sich  als  selbständige 
Forschungsgebiete  fortleben,  innerhalb  deren  viel  Scharfsinn 
und  Mühe  wie  bisher  angewandt  werden  wird,  um  die  sich 
darbietenden  Probleme  zu  lösen.  Den  Phonetikern,  den  Syn- 
taktikern  u.  s.  w.  bleiben  noch  immer  grosse  Aufgaben  übrig, 
denen  sie  ihrer  Anlage  und  ihrem  Können  gemäss  nachzuge- 
hen versuchen,  ebenso  wie  in  allen  anderen  Wissenschaften 
Kleinarbeit  gemacht  werden  muss,  bevor  man  zu  den  grossen 
Synthesen  vordringt.  Wenn  nun  Vossler  behauptet,  solche 
Sachen  wie  die  junggrammatische  Lehre  von  der  Ausnahms- 
losigkeit  der  Lautgesetze,  die  Unterscheidung  zwischen  einem 
physiologischen  und  einem  psychologischen  Moment  in  der 
Sprachentwicklung  u.  s.  w.  wären  ein  Unsinn,  so  ist  das  vielleicht 
an  und  für  sich  richtig  —  denn  nichts  ist  definitiv,  und  ein 
wesentlich  methodisches  Resultat  wie  dieses  kann  sich  nach 
einer  gewissen  Zeit  als  unhaltbar  zeigen ;  aber  mit  der  Stilistik 
hat  das  wirklich  nichts  zu  tun,  denn  kein  einziger  Sprach- 
forscher wird  wol  behaupten,  dass  die  Sprache  als  Offenbarung 
der  Gedanken,  als  Stil,  als  Kunst  auf  Lautverschiebungen 
oder  analogischen  Prozessen  beruhe.  Um  dem  Grimme  die 
Spitze  abzubrechen,  hätte  es  nur  bedurft,  anstatt  »Sprachent- 
wicklung» »Lautentvvicklung»  zu  setzen,  wie  natürlich  ein  jeder 
von  diesen  verketzerten  dummen  Philologen  stillschweigend  tut. 
^ —  Es  ist  übertrieben,  ja,  es  kann  als  theoretische  Haarspalterei 
bezeichnet  werden,  wenn  man  behauptet,  dass  jeder  sprachliche 
Ausdruck  eine  Neuschöpfung  bedeute.  Zwar  ist  es  ja  richtig, 
dass  die  Worte  unendlich  viele  Nuancen  haben  können,  je 
nach  dem  Zusammenhang  der  Rede,  nach  der  Situation,  nach 


20  IV,  Söder/iJeliJi. 

der  Individualität  des  Sprechenden  oder  Schreibenden;  aber 
es  muss  doch  andererseits  als  Tatsache  gelten,  dass  die  Mit- 
teilung und  das  Verständnis  eben  dadurch  ermöglicht  werden, 
dass  es  ein  konventionelles  Sprachmaterial  giebt,  welches  im 
Grossen  und  Ganzen,  ja  oft  sogar  bis  in  die  tiefste  Vibration 
der  Bedeutung  hinein,  sich  gleich  bleibt.  Und  höchst  interessant 
wäre  es  übrigens  zu  sehen,  wie  sich  eine  sprachwissenschaft- 
liche Methode  gestalten  würde,  die  die  lautlichen  Verän- 
derungen auf  ästhetische  Bedingungen  zurückzuführen  im 
Stande  wäre.  Bis  wir  das  Losungswort  dieser  neuen  Methode 
in  einer  Form  besitzen,  die  uns  wirklich  befriedigt, 
müssen  wir,  glaube  ich,  uns  damit  begnügen,  der  Sprach- 
wissenschaft zu  lassen  was  ihr  gehört  hat  und  nur  darauf 
zu  dringen,  dass  die  litterarhistorisch-ästhetische 
Forschung  der  stilistischen  Seite  der  schriftstellerischen  Pro- 
duktion eine  immer  grössere  Aufmerksamkeit  zuwendet.  Es 
wird  sich  nicht  verhindern  lassen,  dass  in  der  Linguistik,  wie 
in  fast  allen  Wissenschaften,  immer  ein  gutes  Stück  rein 
mechanischer  Arbeit  zu  erledigen  bleibt;  will  jemand  solche 
Arbeit  als  Wissenschaft  betrachten,  so  ist  das  seine  Sache  — 
die  Wissenschaft  an  und  für  sich  wird  dadurch  nicht  aus 
ihren  Bahnen  gelenkt,  und  der  Zorn  der  Reformatoren  braucht 
sich  deshalb  nicht  gegen  sie  zu  wenden.  Aber  wahr  ist  es, 
dass  in  dieser  Richtung  vielleicht  allzu  viel  gesündigt  wird 
und  dass  dadurch  die  Philologie  in  schlechten  Ruf  gekommen 
ist.  Und  so  muss  man  hoffen,  dass  die  Bestrebungen  der 
Stilenthusiasten  wenigstens  das  zu  Stande  gebracht  haben 
werden,  dass  sich  neue  Forschungsgegenstände  auftun,  die  den 
Sprachsinn  und  die  Spekulation  der  Arbeiter  mehr  auf  die 
Probe  stellen  als  die  statistischen  u.  dgl.  Aufgaben,  welche 
sich  vollständig  an  die  Aussenseite  der  Sprache  halten  und 
mehr  von  dem  Ordnungssinn  als  von  der  wissenschaftlichen 
Begabung  des  Auktors  Zeugnis  ablegen. 

II. 

Schon    bevor    das    P2vangelium    der    Stilistik    in    dieser 
umstürzlerischen  Weise  von  Croce  und  Vossler  gepredigt  wurde. 


Stil- .lest hetik  und  Stihtudiai.  21 

hatte  Prof.  Ernst  Elster  in  seinen  Prinzipien  der  Litteratur- 
ivissenschaft  (1897)  eine  Lanze  für  die  Kombination  Stilistik- 
Litteraturgeschichte  gebrochen.  Indem  er  auf  den  Wert  sti- 
listischer Untersuchungen  für  die  Kenntnis  der  Schriftsteller  und 
der  litterarischen  Entwicklung  überhaupt  besteht,  scheidet  er 
jedoch  die  sprachUche  Aufgabe  des  Litterarhistorikers  von 
der  des  Sprachforschers.  Auch  er  betont  aber,  wie  Croce 
und  V^ossler,  den  Gefülswert,  der  den  einzelnen  Sprachbestand- 
teilen und  Sprachgefügen  beizumessen  ist,  und  zeigt,  wie  dieser 
im  Einzelnen  hervortritt,  wenn  man  z.  B.  Formen  wie  »das 
Brot  das  du  issest»  und  »das  Brot  das  du  isst>>  mit  einander 
vergleicht,  und  natürlich  noch  mehr,  wenn  grössere  Wortge- 
{\ige  in  Betracht  kommen.  Der  Forscher,  der  sich  mit  solchen 
Untersuchungen  abgiebt,  muss  aber  den  Hintergrund  der  nor- 
malen Sprache  und  ihrer  Entwicklung  gut  kennen,  um  in 
zweckmässiger  Weise  die  künstlerische  Gestaltung  des  indivi- 
duellen Sprachgebrauchs  beurteilen  zu  können.  Deswegen 
giebt  Elster  im  Anhang  zu  seinem  ersten  Teil  (dem  einzigen 
bisher  erschienenen)  eine  Übersicht  über  die  historische  Laut- 
und  Formenlehre  des  Deutschen.  Er  betont  meiner  Ansicht 
nach  zu  viel  die  Grammatik  und  muss  selbst  zugeben,  dass 
die  stilistische  Arbeit,  so  wie  er  sie  empfiehlt,  sich  zuweilen  voll- 
ständig mit  der  grammatischen  deckt.  Dieses  einerseits  und  ein 
allzugrosses  Streben  nach  Normierung  andererseits,  auch  eine 
zuweilen  .schwerfallig-pompöse  Terminologie,  tun  den  sonst 
verständigen  und  fruchtbringenden  Erwägungen  gewissen  Ein- 
trag. —  Ein  anderes  Werk,  das  ich  hier  nennen  will,  obgleich 
es  in  Ostergrens  Buch  umständlich  erwähnt  worden  ist,  ist 
R.  M.  Meyers  Deutsche  Stilistik  (1906).  In  manchen  Stücken 
viel  zu  schematisierend  und  kategorisierend  (siehe  z.  B.  die 
unendlichen  Klassen  und  Definitionen  der  verschiedenen  sti- 
listischen Figuren),  ist  dieses  Buch  jedenfalls  ein  erster  Versuch 
die  Stilistik  auf  moderner  wissenschaftlicher  Grundlage  aufzu- 
bauen und  hat  dadurch  seinen  grossen  Wert,  wobei  es  voll 
von  persönlichen,  geistreichen  und  weitschauenden  Bemerkungen 
ist,  eine  Menge  von  treffenden  Beispielen  bringt  und  fast 
die  ganze  einschlägige  Litteratur  verzeichnet.     Das  Werk  will 


22  II :   SöJerhjclm, 

aber  ein  Lehrbuch  sein  (es  bildet  einen  Teil  der  Serie  »Hand- 
buch des  deutschen  Unterrichts  an  höheren  Schulen»)  und 
keine  wissenschaftliche  Untersuchung,  obgleich  es  auch  gute 
Winke  für  solche  giebt.  Welchen  Gewinn  aber  die  stilistisch- 
ästhetische Betrachtung  der  Kenntnis  eines  grossen  Dichters 
zuführen  kann,  davon  zeugt  das  Buch  des  Deutsch-Amerika- 
ners Ewald  Boucke:  Wort  und  Bedeutung  m  Goethes  Sprache 
(1901),  ein  feines,  eigentümlich  tiefes  Werk,  das  trotz  einiger 
Abstraktion  durch  die  genaue  Prüfung  gewisser  Goethescher 
Ausdrücke  ihren  Gefühlswert  und  besonderen  Inhalt  in  höchst 
interessanter  Weise  beleuchtet  und  andererseits  den  Charakter 
des  Dichters  im  Lichte  seines  Wortgebrauchs  nicht  minder 
fesselnd  darstellt.  Eine  zweite  Abteilung  des  Buches  verfolgt 
die  Entwicklung  spezieller  Wortbedeutungen  bei  Goethe  von 
seiner  Jugend  bis  zu  seinem  Alter.  Kurzum,  ein  Werk,  das 
in  mancher  Hinsicht  das  Modell  für  eine  moderne  Stilunter- 
suchung abgeben  kann  und  das  sich  im  Besitz  eines  jeden 
Goethefreundes  und  -lesers  befinden  sollte. 

In  methodischer  und  systematischer  Hinsicht  haben  die 
Franzosen  nicht  viel  zum  Ausbau  der  modernen  Stilistik  bei- 
getragen. Seit  alten  Zeiten  widmen  sie  ja,  wie  man  weiss, 
ihrem  Stile  die  allergrösste  Aufmerksamkeit  und  betrachten 
sich  mit  Recht  als  unerreichte  Muster  in  Bezug  auf  die  durch- 
sichtig klare  Schönheit  ihrer  Stilkunst.  Aber  wenn  es  auch 
wahr  ist,  dass  Bufifon  den  berühmten  und  fundamentalen  Satz: 
»le  style,  c'est  l'homme  meme»  ausgesprochen  hat,  so  zog 
jedenfalls  die  Forschung  von  der  Erkenntnis  dieser  Tatsache 
fast  keine  Resultate.  Ich  rechne  dazu  nicht  die  zahllosen 
Lehrbücher  in  der  Kunst  des  Schreibens,  welche  schon  in 
die  Hände  der  Schüler  gegeben  werden  und  nicht  selten  auf 
dem  Bücherbrett  des  Gelehrten  und  des  Schriftstellers  einen 
nicht  unbemerkten  Platz  einnehmen.  Eine  solche  Art  d^ecrire 
und  dazu  noch  »enseigne  en  vingt  legons»  ist  auch  das  erste 
Werk  desjenigen  Franzosen,  der  sich  in  letzter  Zeit  am  meisten 
mit  Stilfragen  beschäftigt  hat,  Antoine  Albalat.  Es  ist  für  diese 
ganze  pädagogisch-stilistische  Richtung  sehr  bezeichnend;  noch 


Stil- .lest hetik  und  Stihludtcn.  23 

mehr  gilt  dies  vielleicht  von  dem  folgenden  Buch  desselben  Schrift- 
stellers: La  forniation  du  style  enseignee  par  V assimilation  des  au- 
teurs.  Es  sind  Anleitungen  zum  guten  Stil,  in  ganz  praktischem 
Sinne  durchgeführt  und  mit  Beispielen  aus  guten  Autoren  be- 
leuchtet. Als  höchstes  Ideal  gilt  für  den  Verfasser  der  Stil,  der  den 
klassischen  Autoren  am  nächsten  kommt  und  von  ihnen  Klarheit, 
Präzision,  rhytmischen  Klang  erlernt  hat.  Für  Albalat  hat 
die  Persönlichkeit  wenig  Bedeutung,  das  wichtigste  ist,  dass 
man  so  schreibt  wie  die  grossen  Muster,  und  nach  seiner 
Meinung  kann  ein  jeder  einen  solchen  Stil  durch  genaue 
Beobachtung  und  ungesparte  Mühe  erwerben!  Aus  guten 
(iründen  verteidigt  gegen  Albalat  der  spirituelle,  vielschreibende 
Ästhetiker,  Philosoph  und  Romanverfasser  Remy  de  Gourmont 
in  seinem  Buche  Le  Probleme  du  Style  aufs  schärfste  das 
Recht  des  Individualismus  im  Stile.  Aber  wenn  auch  die 
Bücher  Albalat's  an  jenem  grossen  Irrtum  leiden  —  der  zum 
Teil  durch  die  Tradition  und  den  Stilunterricht  in  den  Schu- 
len erklärlich  wird  — ,  sind  sie  doch  nicht  ohne  Nutzen  und 
Wert.  Im  Gegenteil,  wir  lernen  aus  ihnen  einen  guten  fran- 
zösischen Stil  mit  einem  schlechten  vergleichen,  werden 
dadurch  auf  eine  Menge  von  Einzelheiten  aufmerksam,  die 
uns  sonst  entgehen,  und  finden  eine  gute  Anleitung  zur 
Entwicklung  unserer  Kritik  in  Bezug  auf  den  Stil;  dieses  gilt 
keineswegs  nur  für  das  Französische,  denn  die  Beobachtungen 
sind  so  allgemeiner  Art,  dass  wir  sie  ohne  Weiteres  auch  auf 
die  Muttersprache  beziehen  können.  Eine  mehr  wissenschaft- 
liche Methode  hat  Albalat  jedenfalls  in  einem  dritten  Buche 
zur  Anwendung  gebracht,  nämlich:  Le  travail  du  style  enseigne 
par  les  corrections  manuscrites  des  grands  ecrivains.  Hier 
giebt  er  eine  Masse  von  sehr  instruktiven  Beispielen  der  Stil- 
arbeit mehrerer  bekannter  Autoren,  zeigt,  wie  sie  erst  allmäh- 
lich zu  der  definitiven  Form  gelangt  sind  und  warum  sie  ihre 
Änderungen  vorgenommen  haben,  und  so  können  wir  wirklich 
an  der  Hand  dieser  Änderungen  die  geistige  Schöpfung  des 
Schriftstellers  in  ihren  Entwicklungsphasen  verfolgen  und  an 
dem  endgültig  geprägten  Ausdrucke  seinen  vollen  geistigen 
Inhalt  und  die  ganze  Absicht  des  Gedankens  erfassen.    Unge- 


24  lt\   Sö,iirhjelm, 

mein  lehrreich  sind  in  der  Tat  diese  Beispiele,  und  das  Buch 
ist  für  die  Stilforschunoj  in  praktischer  Hinsicht  von  der 
grössten  Bedeutung.  —  Fiir  Schulzwecke  bestimmt,  aber  auch 
für  sonstige  Stilstudien  nützlich  ist  das  Buch  von  G.  Rudier: 
L explication  francaise ,  principes  et  applications :  es  enthält  einen 
sehr  verständigen  teoretischen  Teil  und  dann  die  genaue 
inhaltliche  und  stilistische  Analyse  von  sechs  Texten  verschie- 
dener Schriftsteller.  In  der  allerletzten  Zeit  ist  von  dem 
bekannten  Litterarhistoriker  G.  Lanson  eine  Arbeit  erschienen 
unter  dem  Titel:  ü Art  de  la  prose.  Dieses  Buch  hat  keinen 
eigentlich  wissenschaftlichen  Zweck,  sondern  es  ist  nur  eine 
Sammlung  von  Beispielen  künstlerischer  Prosa,  welche  dazu 
bestimmt  sind  »de  fournir  un  guide  et  une  excitation  a  la 
classe  nombreuse  de  moyenne  culture  .  .  .  qui  continuent, 
apres  l'ecole  ou  le  lycee,  de  s'interesser  ä  la  litterature.»  »Je 
voudrais»,  fügt  Lanson  hinzu,  »que  ce  livre  les  aidat  ä  raffiner 
leur  sensibilite  litteraire,  ä  aiguiser  leur  goüt  _et  ä  multiplier 
leurs  jouissances  en  les  nuangant. »  Aber  ein  Mann  mit  der 
Beanlagung  Lanson's  kann  nicht  umhin,  auch  der  Wissenschaft 
zu  dienen.  Und  so  finden  wir  in  seinem  Buche  nicht  nur 
charakteristische  Proben  der  Kunstprosa  verschiedener  Perio- 
den, sondern  auch  höchst  wertvolle  Erläuterungen  zu  denselben, 
Vergleiche,  Erklärungen,  Charakteristiken  der  verschiedenen 
Stilkünstler  als  solche  u.  s.  w.;  daran  schliesst  sich  eine  einlei- 
tende Betrachtung  über  die  Frage,  inwiefern  es  eine  Kunst 
der  Prosa  überhaupt  giebt  und  ein  ■  Schlusskapitel  mit  Proben 
der  »falschen  Stilkunst»;  dieses  Kapitel  ist  nicht  das  am 
wenigsten  interessante  in  dem  Buche,  denn  es  beleuchtet  ganz 
vortrefflich  den  Unterschied  zwischen  echter  und  unechter 
Kunst.  Es  schliesst  mit  dem  sens  moral:  »Aimons  la  prose 
d'art  et  n'en  faisons  jamais»  —  also  eine  sehr  vernünftige 
Mahnung  an  alle  diejenigen,  welche  sich  vielleicht  durch 
Albalat's  Bücher  ermuntert  und  befähigt  fühlten,  Kunstprosa 
nach  berühmten  Mustern  zu  schaffen.  In  grossen,  sehr  all- 
gemein gehaltenen  Zügen  giebt  Lanson's  Buch  einen  Überblick 
über  die  Entwicklung  der  französischen  Kunstprosa  von 
Rabelais  bis  auf  unsere  Tage;  es  zeigt  dabei  auch  die  Wege, 


1 


Slil-Aesthetik  und  Stihtudien.  25 

welche  die  stilistischen  Untersuchungen  zu  beschreiten  haben, 
und  wird  hoffentlich  den  Jüngern  der  Wissenschaft  eine  Menge 
von  schönen  Aufgaben  eröffnen.  Wo  bietet  sich  ein  dank- 
bareres Feld  für  solche  Untersuchungen  dar,  als  eben  in  der 
grossen  Prosalitteratur  Frankreichs! 

Auch  in  England  hat  man  sich  in  letzter  Zeit  sehr  viel 
mit  Stilfragen  beschäftigt.  Ich  weise  auf  keine  besonderen 
Werke  hin,  teils  weil  ich  sie  nicht  aus  unmittelbarer  Erfahrung 
kenne,  teils  weil  sie,  wie  es  scheint,  nichts  besonders  Neues 
bieten.  Ausserdem  sind  sie  bei  Meyer  und  teilweise  auch  bei 
östergren  verzeichnet.  Der  letztere  bespricht  gleichfalls  die 
einschlägigen  skandinavischen  Arbeiten. 

III. 

Kann  man  nun  in  Bezug  auf  die  Methode  der  stilis- 
tischen Untersuchungen  im  künstlerischen  Sinne  irgend  welches 
allgemeine  Resultat  aus  den  bisherigen  Untersuchungen  her- 
vorgehen sehen?  Lässt  es  sich  sagen,  ob  und  inwiefern  die 
neueren  stilistischen  Arbeiten  wirklich  in  den  Bezirk  der  ästhe- 
tischen Wissenschaft  fallen  und  ob  diese  ganze  Disziplin  eine 
ausgesprochene  Neigung  zeigt,  sich  der  Ästhetik  zuzugesellen? 

Das  Material  ist  zu  gering  um  eine  bestimmte  Antwort 
zu  erlauben.  So  viel  kann  jedoch  wol  behauptet  werden,  dass 
manche  von  den  Abhandlungen,  welche  sich  mit  stilistischen 
Untersuchungen  beschäftigen  (auch  solche,  die  von  Vorkämp- 
fern der  neuen  Richtung  verfasst  sind,  wie  Ostergrens  Studien 
über  den  Stil  des  schwedischen  Romantikers  Törneros),  sowol 
in  Bezug  auf  den  Stoff  als  ihrer  methodischen  Seite  nach  in 
keiner  Weise  von  den  schematischen  lexikalischen  Untersu- 
chungen, die  wir  zur  Genüge  kennen,  abweichen  und  also 
eigentlich  sehr  wenig  Propaganda  für  die  empfohlene  Betrach- 
tungsweise und  für  die  Umwälzung  in  der  Sprachwissenschaft 
gemacht  haben.  Wenn  man  die  Fremdwörter  bei  einem 
Schriftsteller  verzeichnet,  so  kann  das  ja  einen  Beitrag  zur  Kennt- 
nis seines    litterarischen    Geschmacks  oder  seiner  sprachlichen 


26  IV.   Söderhjelm, 

Individualität  geben,  aber  ein  solches  Verzeichnis  ist  doch 
weit  davon  entfernt,  sein  Gefühlsleben,  sein  künstlerisches  Innere 
so  zu  beleuchten,  wie  es  die  Stilästhetiker  wollen;  wenn  man 
über  die  Stileigentümlichkeiten  der  Poesie  im  Vergleich  mit 
denen  der  Prosa  handelt  (ich  denke  an  eine  andere  schwedische 
Arbeit),  so  erreicht  man  nichts  anderes  als  ein  Kuriositäts- 
Interesse,  falls  man  nicht  jede  einzelne  PZrscheinung  genau 
prüft  und  festzustellen  versucht,  was  auf  äusserem  Anlass,  Reim 
und  Metrum  beruht,  was  auf  Archaismus  und  Konvention  der 
poetischen  Sprachen  u.  s.  w.  und  was  auf  bewusster  Absicht 
des  Dichters.  Wie  schwierig  aber  eine  solche  Scheidung 
sich  gestalten  muss,   leuchtet  von  selbst  ein. 

Eine  Hauptaufgabe  der  stilistisch-ästhetischen  Unter- 
suchungen wird  darin  bestehen,  die  Dichtungen  als  Kunstwerke 
zu  analysieren,  die  Elemente  festzustellen,  aus  welchen  sie 
sich  aufbauen,  die  Mittel,  durch  welche  sie  ihre  Wirkungen 
erreichen.  Es  kommen  hier  in  Betracht  Wortwahl,  Bilder, 
Rhytmus,  Klang  u.  s.  w.,  aber  auch  ästhetische  und  psycho- 
logische Erwägungen  der  Ursachen,  weshalb  der  Dichter  eben 
das  Wort,  das  Satzgefüge,  die  Metapher  angewandt  hat.  Es 
ist  klar,  dass  hier,  und  besonders  in  Bezug  auf  den  letzten 
Punkt,  die  individuelle  Auffassung  einen  sehr  freien  Spielraum 
hat  (wde  man  schon  an  den  Proben  bei  Vossler  sehen  kann). 
Eine  äusserst  diskrete  Handhabung  solcher  Untersuchungen 
wird  von  Nöten  sein,  um  sie  nicht  in  Verruf  zu  bringen, 
eine  gründliche  Vertiefung  in  die  Art,  die  Denkweise  und 
die  Sprache  des  Schriftstellers  und  ein  sicherer  Takt.  Aber, 
wie  gesagt,  die  Aufgabe  ist  eine  der  wichtigsten  und  bietet 
eine  Fülle  anziehender  Arbeit,  gelingt  auch  vielleicht  vollstän- 
dig eher  denen,  deren  Muttersprache  die  Sprache  des  betref- 
fenden Schriftstellers  ist.  Durch  die  Analyse  sämtlicher  Stücke 
eines  Dichters  gewinnt  man  natürlich  ein  vollständiges  Bild 
seiner  künstlerischen  Verfahrungsweise.  Der  methodische 
Vorgang  soll  hier  nicht  verschieden  sein  von  demjenigen,  den 
man  bei  ähnlichen  Untersuchungen  über  bildende  Kunst  ver- 
wendet. Das  lexikalische  und  grammatische  Zusammenstellen 
wäre  zu  vergleichen  mit  einer  Methode,  die  bei  Studien  über 


Stil-Aestlutik  und  Stilstudien.  27 

die  Technik  eines  Malers  einzelne  Farben  unter  ihren  Rubriken 
zusammenstellte  und  dann  die  Bilder  und  die  Stellen  auf  den 
Bildern  aufzählte,  wo  diese  Farben  angebracht  sind.  Es  kann 
nicht  ausdrücklich  genug  betont  werden,  dass  nur  die  ver- 
ständige Synthese  in  dem  einen  wie  in  dem  anderen  Falle 
ein  ästetisch  zu  verwertendes  Resultat  ergiebt,  dass  nur  eine 
zusammenhängende  Betrachtung  dem  ästetischen  Zweck,  d.  h. 
dem  eigentlichen  Zweck  der  Stilistik  entspricht.  Alles  andere 
wird  nur  trocknes  Aufzählen  und  dürre  Materialiensammlung. 
Welches  Licht  würde  aber  eine  solche  Stilanalyse  mit  seinen 
zusammenfassenden  Folgerungen  z.  B.  über  die  Kunst  unseres 
Runeberg  werfen,  diese  Kunst,  die  mit  so  erstaunlich  einfachen 
Mitteln  so  grosse  Wirkungen  hervorbringt  und  wo  jedes 
alltägliche,  einfache  Wort  durch  einen  neuen  Inhalt  belebt 
und  frisch  geprägt  wird! 

Oben  wurde  Boucke's  Arbeit  über  Goethes  Sprache  er- 
wähnt. Aus  ihr  geht  hervor,  mit  welchem  Erfolg  die  stilis- 
tische Ästhetik  in  den  Dienst  des  gründlichen  psychologischen 
Studiums  des  Dichternaturells  gestellt  werden  kann.  Auch 
hier  denkt  man  an  Runeberg:  wie  fruchtbar  könnte  eben  eine 
solche  Methode  für  die  Kenntnis  seiner  Eigenart  werden;  er, 
der  ja  in  gewissen  beliebten  und  oft  angewandten  Worten 
und  Wendungen  seinen  ganzen  Charakter  klarlegt.  Ein 
anderes  Beispel  der  Verwertung  solcher  Untersuchungen  für 
weitere  Zwecke  bietet  G.  Sarrazin  in  seiner  höchst  interessanten 
und  wirklich  gross  angelegten  Arbeit  Aus  Shakespeares 
Meiste rzverkstatt,  StilgescJiichtliche  Studien  (1906).  Im  Verein 
mit  anderen  Faktoren,  aber  ganz  besonders  hervorgehoben, 
dienen  bei  ihm  die  stilistischen  Beobachtungen  dazu,  den 
Kunstwert  Shakespeare'scher  Stücke  gründlich  zu  würdigen 
und  den  chronologischen  Zusammenhang  unter  ihnen  festzu- 
stellen. In  bewunderungswürdiger  Weise  versteht  er  es,  ohne 
auf  unnötige  Details  einzugehen,  die  stilistischen  Charakte- 
ristika in  ihren  Hauptzügen  vorzuführen  und  für  seine  Zwecke 
zu  verwerten;  man  sieht,  welche  mühsame  Arbeit  dahinter 
liegt,    aber    man    braucht    ihr    nicht    in  allen  Einzelheiten  zu 


28  //.    Suolahti, 

folgen.     So  ist  auch  hier  die  ästetische  Stilistik  ein  Mittel  /Air 
Erlangung  psychologischer  oder  historischer  Wahrheit. 

Das  Gebiet  der  ästhetischen  Stilistik,  im  richtigen  Sinne 
gepflegt,  wird  holTentlich  in  der  Litteraturgeschichte  als  For- 
schung über  die  litterarische  Kunst  fernerhin  einen  bedeutenden 
Platz  einnehmen.  In  allen  Richtungen  scheint  man  in  der 
Sprachwissenschaft  jetzt  zu  einer  so  zu  sagen  »beseelteren» 
Arbeit  gelangen  zu  wollen.  Neben  dem  dürren  und  vielfach 
unfruchtbaren  Etymologisieren  hat  sich  jetzt  die  inhaltreiche 
Wortforschung  Hahn  gebrochen;  mit  ihr  hängt  zusammen  das 
immer  regere  Interesse  für  die  Bedeutungslehre;  die  syntak- 
tischen Arbeiten  vertiefen  sich  immer  mehr  psychologisch;  und 
so  verlangt  auch  die  Stilistik  einen  breiteren  Raum,  indem 
sie  sogar  die  hergebrachten  Schemata  verlässt  und  in  den 
Dienst  tieferer  künstlerischen  Ziele  tritt.  Wollen  wir  hoffen, 
dass  es  ihren  Pflegern  bald  gelingen  wird,  die  richtigen  Me- 
thoden für  die  ästhetische  Stilforschung  festzustellen,  damit 
nicht  die  ganze  Disziplin  der  Gefahr  ausgesetzt  werde,  in 
willkürliches  subjektives  Ästhetisieren  zu  zerfliessen. 

W.   Söderhjelni. 


Über  Methode  und  Aufgaben  der  deutschen  Wort- 
forschung. 

Vortrag  in   der  Neuphilologenversammlung  zu  Helsingfors  den  12.  Januar  1909. 

Die  vom  Zusammenhang  der  Rede  losgelösten  Worte 
haben  schon  vor  langen  Zeiten  den  menschlichen  Geist  be- 
schäftigt. Wenn  man  zunächst  von  der  Interpretation  der 
Worte  absieht,  die  beim  Erlernen  einer  fremden  Sprache  nö 
tig  gewesen  und  auf  verschiedene  Art  betrieben  worden  ist, 
und  nur  das  Interesse  ins  Auge  fasst,  welches  die  Worte  um 
ihrer  selbst  willen  auf  sich  gelenkt  haben,  ohne  dass  irgend 
ein  praktischer  Zweck  damit  verbunden  war,  so  finden  wir, 
dass    dieses  Interesse  schon  frühzeitig  vorhanden  gewesen  ist. 


(ht-r  Methode  uml  Aufgaben  der  dcuischen    IVort/orsc/iung.  29 

Es  beginnt  mit  der  spekulativen  Geistestätigkeit  des  Men- 
schen. Indem  man  anfing  über  das  Werden  und  Sein  über- 
haupt nachzudenken,  wandte  sich  die  Aufmerksamkeit  auch 
der  Sprache  zu.  Den  Mittelpunkt  des  Interesses  bildete  die 
Entstehung  der  Sprache  oder  der  Ursprung  der  Worte.  Nicht 
immer  entsprang  dieses  Interesse  in  älteren  Zeiten  einem  un- 
mittelbaren reinen  Wissensdrang.  In  der  klassischen  Zeit  be- 
treiben einzelne  Wissenschaftszweige  eine  Art  Wortforschung 
oder  Worterklärung  zu  Zwecken,  welche  mit  den  Aufgaben 
dieser  Disziplinen  in  Verbindung  stehen.  So  finden  wir  die 
Philosophen  als  Worterklärer,  wenn  sie  ihre  Lehren  über 
bestimmte  Begriffe  durch  die  Erklärung  der  entsprechen- 
den Worte  erhärten  wollen.  Ähnlich  verhält  es  sich  manch- 
mal bei  den  Historikern,  die  hie  und  da  eine  Wortdeutung 
anführen  um  eine  Behauptung  sprachlich  zu  stützen.  Auch 
die  alten  Zoologen  und  Botaniker  streuen  häufig  in  ihre  Werke 
sprachliche  Bemerkungen,  welche  bestimmte  Eigenschaften 
der  Tiere  oder  Blumen  illustrieren  sollen.  Aber  neben  die- 
ser Art  Wortdeutung,  welche  wie  ein  Ornament  in  einer  be- 
stimmten Wissenschaft  verwendet  wird,  geht  eine  andere,  die 
sich  .  erklären  lässt  aus  der  dem  Menschen  innewohnenden 
Neigung  die  Dinge  auf  ihren  kausalen  Ursprung  zurück- 
zuführen. Hier  haben  wir  die  ersten  Keime  derjenigen  For- 
schung zu  sehen,  die  nach  der  Herkunft  der  Worte  fragt  und 
die  gewöhnlich  mit  dem  Ausdruck  Etymologie  bezeichnet  wird. 
Es  ist  kein  Wunder,  dass  die  Etymologie  der  Teil  der 
Sprachgeschichte  ist,  der  am  meisten  die  grossen  Massen  an- 
gezogen hat  und  die  seit  jeher  von  Laien  betrieben  worden 
und  noch  immerfort  betrieben  wird.  Ein  jeder,  der  etwas 
Beobachtungsgabe  und  Phantasie  besitzt,  wird  in  dem  Wort- 
schatz seiner  Muttersprache  PZlemente  finden,  die  er  mit  ande- 
ren in  kausalen  Zusammenhang  stellen  kann.  Wer  dazu 
noch  andere  Sprachen  kennt,  dem  wird  manche  gegenseitige 
Übereinstimmung  einleuchten,  die  sein  Interesse  erweckt  und 
seine  Gedanken  beschäftigt.  Die  wohlfeilen  Erfolge  lassen 
die  Befriedigung  fühlen,  welche  die  Lösung  eines  Rätsels  oder 
überhaupt    eine    gelungene    Gedankenarbeit    gewährt  und  er- 


30  //.   Suolahti, 

wecken  Lust  zu  weiteren  Kombinationen  und  Streifzügen  auf 
diesem  Gebiet.  So  begreift  man,  dass  die  Etymologie  seit  jeher 
ein  Tummelplatz  laienhafter  Phantastereien  gewesen  und  auch 
bis  auf  unsere  Tage  geblieben  ist.  Zu  einer  wissenschaft- 
lichen Disziplin  wurde  die  Etymologie  aber  erst  in  der  Zeit, 
wo  sie  mit  der  Sprachwissenschaft  in  Verbindung  trat. 
Wollte  man  die  Umrisse  ihrer  Geschichte  entwerfen,  so 
müsste  man  die  Geschichte  der  Sprachwissenschaft  in  ihren 
Hauptzügen  darstellen,  denn  in  engster  Verbindung  mit  der 
Grammatik  hat  die  Etymologie  die  Kinderschuhe  abgenutzt 
und  ist  gross  gezogen  worden. 

Die  geschichtliche  und  kritische  Anschauungsweise,  welche 
in  der  wissenschaftlichen  Forschung  der  Neuzeit  allmählich 
vordrang  und  insbesondere  durch  die  Aufklärung  des  i8. 
Jahrhunderts  angebahnt  wurde,  machte  sich  auch  in  der  Sprach- 
forschung geltend.  Besonders  fruchtbringend  wurde  sie  für 
die  junge  germanische  Sprachwissenschaft,  wo  sie  zuerst  zu 
einer  Erkenntnis  der  Gesetzmässigkeit  führte,  die  in  der  Ent- 
wicklung der  Sprache  herrscht.  Schon  um  die  Wende  des 
17.  und  18.  Jahrhunderts  hatte  Lambert  ten  Kate  im  Sprach- 
leben Ordnung  und  Regelmässigkeit  bemerkt  und  wiohtige 
Spracherscheinungen,  den  Ablaut  und  die  Analogie,  entdeckt, 
aber  er  steht  allein  unter  den  Fachgelehrten  seiner  Zeit  und 
noch  eines  vollen  Jahrhunderts  bedarf  es,  bevor  seine  Ent- 
deckungen weiter  entwickelt  werden.  Der  nächste  Schritt 
zur  Bildung  der  germanischen  Sprachwissenschaft  wird  von 
Rasmus  Rask  getan,  der  in  seiner  im  Jahre  181 1  erschienenen 
Schrift  »Vejledning  til  det  Islandske  eller  gamle  NordiskeSprog» 
das  Gesetz  der  ersten  germanischen  Lautverschiebung  andeu- 
tet und  eine  annähernd  richtige  Auffassung  des  Umlauts  hat. 
Was  von  ten  Kate  und  Rask  vorbereitet  war,  wird  von  Jacob 
Grimm  weiter  ausgeführt  und  klar  formuliert.  Die  neu  auf- 
gedeckten Gesetze  lassen  nun  überall  Folgerichtigkeit  und 
Gesetzmässigkeit  erkennen,  lange  Reihen  analoger  Fälle  wer- 
den blossgelegt  und  unter  denselben  Gesichtspunkt  geordnet. 
Erst    mit    Grimm    wird     die    germanische    Sprachwissenschaft 


über  Methode  und  Aufgaben  der  deutschen    H^ort/orschung.  31 

über  das  Niveau  des  zufälligen  Sammelns  und  Vergleichens 
endgültig  erhoben;    sie  wird  zu  einer  methodischen  Disziplin. 

Ungefähr  zu  gleicher  Zeit  wie  Grimm  die  Resultate 
seiner  Forschungen  in  der  Deutschen  Grammatik  (1819 — 1837) 
niederlegte,  die  dadurch  zu  einem  Grundstein  der  geschichtlichen 
Sprachforschung  ward,  wurde  die  vergleichende  indogerma- 
nische Sprachwissenschaft  durch  Franz  Bopp  ins  Leben  gerufen. 
Die  von  Jacob  Grimm  festgelegten  Lautgesetze,  die  teil- 
weise direkt  in  den  Bereich  der  neuen  Wissenschaft  fielen, 
wurden  bald  von  dieser  verwertet  und  weitergeführt.  Als 
wichtiges  Hülfsmittel  um  die  Zusammenhänge  der  verwandten 
indogermanischen  Sprachen  klarzulegen  trat  nun  die  Ety- 
mologie in  den  Dienst  der  vergleichenden  indogermanischen 
Grammatik.  Beide  Disziplinen  ergänzten  einander  und  arbeiteten 
einander  in  die  Hände;  die  Etymologie  verglich  und  prüfte  die 
einzelnen  Worte  und  lieferte  so  das  Material  für  die  Grammatik, 
die  es  in  den  grösseren  Zusammenhang  stellte.  Die  gezo- 
genen Konsequenzen  kamen  der  Arbeitsweise  der  Etymologie 
zugute. 

So  verfeinerte  sich  die  Methode  immer  mehr  und 
mehr.  Aber  je  mehr  man  überall  Gesetzmässigkeit  in  der 
Entwickelung  der  Laute  entdeckte  und  je  mehr  es  gelang 
für  die  einzelnen  Fälle  der  Lautveränderung  analoge  Fälle  zu 
finden,  desto  mehr  wurde  die  Auffassung  vorbereitet,  dass  es 
überhaupt  keinen  zufälligen  Lautwechsel  gebe,  sondern  dass 
alle  Veränderungen  sich  unter  bestimmte  Gesetze  einordnen 
Hessen.  In  den  achziger  Jahren  wurde  die  neue  Auffassung 
in  dem  Schlagwort  »die  Lautgesetze  wirken  ausnahmslos»  aus- 
gesprochen und  rief  eine  erbitterte  Fehde  zwischen  den  älteren 
Forschern  und  den  Anhängern  der  neuen  Theorie  hervor. 
Noch  heute  findet  man  manchmal  Äusserungen,  welche  zeigen, 
dass  man  inbezug  auf  die  Ausnahmslosigkeit  der  Lautgesetze 
zu  keiner  vollständigen  Übereinstimmung  gelangt  ist.  Aber 
es  scheint  mir,  dass  die  Meinungsdivergenzen,  welche  in  dieser 
Frage  unter  den  Linguisten  heute  herrschen  —  ich  sehe  hier 
von    den    Ansichten    derjenigen    ab,  denen  eine  strenge  laut- 


32  //.   Suolahli, 

geschichtliche    Schulung    abgeht  nicht    sehr    tiefgehender 

Art  sind. 

Die  Errungenschaften,  welche  die  Etymologie  durch  die 
immer  exakter  und  feiner  gewordene  Methode  erworben  hat, 
lassen  sich  am  besten  überschauen  in  den  etymologischen 
Hilfsbüchern.  Der  Wortschatz  der  meisten  germanischen 
Sprachen  hat  eine  eigene  etymologische  Behandlung  erfahren, 
für  die  übrigen  stehen  Bearbeitungen  bereits  in  Aussicht. 
Wenn  man  das  für  den  deutschen  Wortschatz  massgebende 
Etymologische  Wörterbuch  Kluges  näher  ins  Auge  fasst  und 
die  6.  Auflagen,  welche  dasselbe  erlebt  hat,  mit  einander 
vergleicht,  so  wird  einem  aufmerksamen  Beobachter  der  all- 
mählich sich  verändernde  Charakter  des  Buches  nicht  entgehen. 
Es  macht  sich  mit  den  neuen  Auflagen  immer  mehr  eine 
Tendenz  bemerkbar,  die  aussergermanische  Sprachvergleichung 
und  die  entlegenen  vorgeschichtlichen  Perioden  aus  dem  Mit- 
telpunkte des  Interesses  zu  verdrängen  und  die  interne  Sprach- 
geschichte und  die  geschichtlichen  Perioden,  besonders  auch  die 
moderne  Zeit,  unter  die  Lupe  zu  nehmen.  Man  darf  wohl 
hier  einen  modernen  Zug  in  der  deutschen  Sprachforschung 
erblicken,  einen  Zug,  welcher  dahin  strebt,  die  Etymologie  zur 
Wortforschung  zu  erweitern.  Legte  man  früher  den  Haupt- 
wert darauf,  die  Herkunft  der  Worte  zu  ermitteln,  so  will 
man  heute  das  ganze  Leben  des  Wortes  kennen,  nicht  nur 
den  Ursprung  und  die  Vorgeschichte,  sondern  seine  Geschichte. 
Wenn  man  den  Ausdruck  Wortforschung  in  einem  derartigen 
weiten  Sinne  auffasst,  so  sind  die  Brüder  Grimm  als  Begrün- 
der dieser  Disziplin  zu  betrachten:  die  deutsche  Wortforschung 
beginnt  mit  dem  Deutschen  Wörterbuch  und  entfaltet  sich 
und  wächst  mit  ihm, 

Deutsche  Wörterbücher  hatte  es  vor  dem  grossen  Unter- 
nehmen der  Brüder  Grimm  eine  Menge  gegeben.  Der  erste 
Anfang  eines  solchen  fällt  bereits  in  die  Zeit,  wo  die  inter- 
linearen deutschen  W^orte  in  einem  lateinischen  Texte  von 
Klosterbrüdern  gesammelt  und  mit  der  beigefügten  lateini- 
schen Übersetzung  alphabetisch  oder  sachlich  geordnet 
wurden.       Aus     diesen     Glossaren    entwickelten    sich    später 


über  Methode  und  Aufgaben  der  deutschen    Wortforschung.  33 

grössere  Wörterbücher,  die  allmählich  ausführlicher  werden 
und  im  18.  Jh.  einen  beträchtlichen  Umfang  erreichen.  In 
Adelungs  »Versuch  eines  vollständigen  grammatisch-kritischen 
Wörterbuchs  der  Hochdeutschen  Mundart^'  (1774—  1786)  ist 
schon  ein  grosser  Teil  des  neuhochdeutschen  W'ortvorrats 
untergebracht.  Aber  in  diesen  Wörterbüchern  wird  nur  der 
Wortstand  einer  gewissen  Zeit  verzeichnet.  Deutungen  von 
Worten  werden  zwar  gegeben,  aber  eine  geschichtliche  Be- 
trachtung des  Materials  fehlt.  Eine  rühmliche  Ausnahme 
macht  nur  das  Teutsch-lateinische  Wörterbuch  von  Johann 
Leonhard  Frisch  (1741),  welches  neben  guten  Etymologien 
für  die  Worte  oft  reichliche  Belege  aus  den  Quellen  der  nächst 
vergangenen  drei  Jahrhunderte  bringt  und  daher  den  Namen 
eines  historischen  Wörterbuchs  beanspruchen  darf.  Aber  die 
Anführung  von  Belegen  und  Zitaten  ist  doch  nur  fragmen- 
tarischer und  gelegentlicher  Art  und  eine  strenge  Methode  ist 
in  dieser  Hinsicht  nicht  zu  bemerken. 

Die  älteren  Perioden  der  deutschen  Sprache  waren  ja 
lange  vor  dem  Beginn  des  Grimmschen  Wörterbuchs  auf- 
geschlossen worden  und  der  Wortvorrat  zum  grossen  Teil 
aus  den  Texten  ausgezogen  und  verzeichnet.  Aber  die  Worte 
und  Wortformen  wurden  verglichen  und  geprüft,  blos  insofern 
dies  zum  Verständnis  der  Texte  oder  für  die  historische  Gram- 
matik nötig  war.  Eine  eigentliche  deutsche  Wortforschung 
beginnt,  wie  gesagt,  erst  mit  der  Begründung  des  ersten 
wirklich  geschichtlichen  Wörterbuches,  des  Grimmschen  Wör- 
terbuchs. 

Auf  Grund  eines  für  damalige  Verhältnisse  sehr  beträcht- 
lichen Materials  hat  Jacob  Grimm  in  den  von  ihm  ausgearbeite- 
ten Bänden  die  Geschichte  der  Worte  in  ihren  Grundzügen  dar- 
gestellt. Leider  hat  er  dabei  aber  nicht  alle  Perioden  mit 
gleichem  Interesse  berücksichtigt;  die  Vergangenheit  wird  auf 
Kosten  der  Gegenwart  stark  bevorzugt.  Der  Vorliebe  für  das 
Alte  und  der  Abneigung  gegen  das  Neue,  welche  einen  Zug 
seiner  Persönlichkeit  bilden  und  in  der  romantischen  Zeit- 
richtung wurzeln,  konnte  er  auch  bei  der  Ausarbeitung 
des    Wörterbuchs    nicht    entsagen.     In  dem  wunderbar  feinen 


34  //.   Siiola/i/i. 

und  von  einem  poetischen  I  lauch  clurchwobenen  Vorwort, 
wo  er  über  die  Entstehung  des  Unternehmens  und  seine  Ar- 
beitsweise Bericht  erstattet,  spricht  er  diese  Neigung  deutlich 
aus.  »Wer  nun»,  heisst  es  da,  »unsere  alte  Sprache  erforscht, 
und  mit  beobachtender  Seele  bald  der  Vorzüge  gewahr  wird, 
die  sie  gegenüber  der  heutigen  auszeichnen,  sieht  anfangs  sich 
unvermerkt  zu  allen  Denkmälern  der  Vorzeit  hingezogen  und 
von  denen  der  Gegenwart  abgewandt.  Je  weiter  aufwärts  er  klim- 
men kann,  desto  schöner  und  vollkommener  dünkt  ihm  die 
leibliche  Gestalt  der  Sprache,  je  näher  ihrer  jetzigen  F'assung 
er  tritt,  desto  weher  thut  ihm  jene  Macht  und  Gewandtheit 
der  Form  in  Abnahme  und  Verfall  zu  finden».  So  begreift 
es  sich  denn,  dass  Jacob  Grimm  überall,  wo  es  sich  tun 
lässt,  seine  Belege  aus  den  Texten  älterer  Sprachperioden  holt, 
und  den  modernen  Sprachgebrauch  ausser  Acht  lässt.  Aus 
den  persönlichen  Neigungen  erklärt  sich  auch  der  Umstand, 
dass  er  das  kulturgeschichtlich  so  interessante  Fremdwort  aus 
dem  V/örterbuch  ausschloss.  Er  hielt  es  für  eine  Pflicht  der 
Sprachforschung  und  zumal  eines  deutschen  Wörterbuchs  dem 
Fremden  Widerstand  zu  leisten  und  daher  sich  der  Fremd- 
worte zu  enthalten,  welche  in  der  Sprache  nicht  fest  eingebür- 
gert waren.  Die  Neigungen  und  Gewohnheiten  J.  Grimms 
brachten  es  ferner  mit  sich,  dass  er  der  vorgeschichtlichen,  über 
die  germanische  Zeit  hinauslaufenden  Etymologie  eine  be- 
sonders grosse  Aufmerksamkeit  widmet.  »Etymologie  i.st 
das  Salz  oder  die  Würze  des  Wörterbuchs»,  heisst  es  im 
Vorwort,  »ohne  deren  Zuthat  .seine  Speise  noch  Ungeschmack 
bliebe:  man  mag  auch  manches  gern  roh  geniessen  und  lie- 
ber als  versalzen».  Diese  sprachvergleichende  Arbeit  ent- 
sprach überhaupt  viel  mehr  den  Neigungen  Jacob  Grimms, 
als  die  eigentliche  interne  Wortgeschichte,  für  welche  sein 
Bruder  Wilhelm  mehr  Sinn  und  Voraussetzungen  hatte. 

Die  Brüder  Grimm  haben  von  ihrem  Wörterbuche 
die  ersten  Buchstaben  A,  B,  C.  D,  E  und  einen  Teil  von  F 
fertig  gebracht,  die  nur  drei  Bände  ausfüllen.  Der  erste  Fort- 
setzer des  grossen  Unternehmens,  Rudolf  Hildebrand,  hat  schon 
den  von  ihnen  aufgestellten  Rahmen  gesprengt,  indem  er  den 


l'bi'r  Methode  uml  Aufgaben  der  deutschen    Wort/orsi/iHi/g.  35 

Umfang  des  ihm  anvertrauten  Bandes  auf  das  I^oppelte  davon 
brachte,  was  im  ursprünglichen  Plane  lag.  Diese  l^rweiterung  des 
Umfangs  war  notwendig,  denn  sie  war  bedingt  durch  die  er- 
weiterte Auffassung  von  den  Methoden  und  Zielen  der  Wort- 
forschung, welche  Hildebrand  hatte.  Er  bevorzugt  nicht  ein- 
seitig die  älteren  Perioden;  seine  Arbeitsweise  umspannt  die 
ganze  Geschichte  der  Worte  und  erst  mit  ihm  gelangt  der 
moderne  Sprachgebrauch  zu  seinem  Rechte.  Dies  bedeutet 
einen  gewaltigen  Fortschritt  in  der  Methode  der  deutschen 
Wortforschung. 

Bezeichnend  für  die  Intentionen  Hildebrands  sind 
die  Worte,  mit  denen  er  in  der  im  Mai  1873  datierten 
Vorrede  des  K -Bandes  über  die  einseitige  etymologische 
Forschung  den  Stab  bricht.  »Am  meisten  hätt  ich»,  äussert  er 
hier,  »auf  dem  Herzen  über  die  liebe  Etymologie,  die  sich 
z.  B.  nachweislich  noch  immer  nicht  ganz  aus  alten  Vorur- 
teilen losgestrickt  hat,  wozu  sich  denn  auch  dieses  und  jenes 
neue  gesellte.  Ein  Vorurteil  z.  B.  ist  es  gleich,  wenn  man 
vielfach  noch  meint,  dass  sie  die  Hauptaufgabe  der 
Sprachforschung  sei.  Worte  sind  wie  Menschen,  und  wer 
bei  einem  Worte  nur  fragt  wo  kommt  es  her?  der  machts 
eigentlich  wie  ein  Polizeibeamter,  der  von  einem  Manne  aus- 
ser Namen  und  Stand  nur  zu  wissen  braucht  wo  und  wann 
er  geboren  ist,  lauter  Dinge  die  für  den  wahren  Wert  des 
Mannes  im  Leben  fast  oder  ganz  gleichgültig  sind.  Das  Le- 
ben eines  Wortes  brauchen  wir  für  die  höhern  Zwecke, 
d.  h.  den  Antheil  den  es  an  dem  gesamten  Leben  äusserlich 
und  innerlich  hat  und  gehabt  hat,  und  von  diesem  Leben  ist 
der  Ursprung  nur  ein  Endchen,  das  uns  eher  fehlen  kann  als 
ein  erwachsenes  Dasein  und  Wirken,  wie  Menschen  vorkom- 
men, die  ihr  Geburtsjahr  nicht  wissen,  ohne  an  ihrem  Werte  da- 
durch das  Mindeste  einzubüssen».  Und  er  schliesst  mit  dem 
Wunsche,  dass  die  Sprachwissenschaft  von  dem  krankhaften 
abstrakten  Denken  zu  einem  sachlicheren  und  gegenständ- 
licheren übergehen  sollte.  Hildebrand  betont  damit  den  gros- 
sen Wert  der  sog.  Reahen  oder  der  sachlichen  Seite  für 
die  Wortkunde    und  stellt  die  Wortgeschichte  in  Verbindung 


36  //.    Siiola/itt, 

mit  der  Kulturgeschichte.  Sorgfältig  und  genau  untersucht 
er  die  Quellen  und  den  mundartlichen  Gebrauch  der  Worte 
um  ein  möglichst  vielseitiges  Bild  von  ihrem  Leben  liefern 
zu  können. 

So  hat  denn  die  interne  Wortgeschichte  in  Hilde- 
brand einen  geschickten  Bearbeiter  erhalten,  dessen  feine 
Beobachtung  und  sorgfältige  Methode  uns  so  viele  wichtige  Ar- 
tikel gebracht  hat.  Allerdings  darf  eine  unbefangene  Kritik  nicht 
verschweigen,  dass  Hildebrand  die  strenge  granmiatikalische 
Schulung  abging  und  dass  er  nicht  auf  der  Hohe  mit  den 
Resultaten  der  historischen  Grammatik  stand.  Daher  ist  ihm 
nicht  immer  die  nötige  Ordnung  des  Materials  gelungen  und 
er  wird,  wenn  ich  hier  einen  von  J.  Grimm  verwendeten  Aus- 
druck gebrauchen  darf,  von  den  wie  dichte  Schneeflocken 
fallenden  Belegen  eingeschneit. 

Ich  will  hier  nicht  die  Geschichte  des  Grimmschen  Wör- 
terbuchs näher  verfolgen,  unter  dessen  Flügeln  die  deutsche 
Wortforschung  gepflegt  worden  ist.  Wer  sich  die  Mühe  giebt 
die  im  Erscheinen  begriffenen  Teile,  welche  heute  von 
Wunderlich  und  von  Bahder  ausgearbeitet  werden,  mit  der 
Arbeit  der  älteren  Bearbeiter  zu  vergleichen,  wird  leicht  sehen, 
dass  die  deutsche  Wortforschung  mit  grossen  Schritten  fort- 
schreitet und  in  der  Methode  immer  sicherer  wird.  Diese 
Beobachtung  lässt  den  Wortforscher  fast  den  Ärger  verges- 
sen, den  er  sonst  über  das  langsame  Fortschreiten  des  Wör- 
terbuchs empfindet. 

Erwähnt  muss  aber  noch  werden  die  Begründung 
einer  eigenen  Zeitschrift  für  die  deutsche  Wortforschung. 
Im  Jahre  1901  erschien  der  erste  Band  dieser  von 
Kluge  herausgegebenen  Zeitschrift,  deren  nächster  Zweck 
ist,  die  Lücken  in  den  sehr  ungleichmässig  ausgearbeiteten 
Teilen  des  Deutschen  Wörterbuchs  auszufüllen  und  den  noch 
ausstehenden  Bänden  vorzuarbeiten.  Die  Bedeutung  der 
Zeitschrift  ragt  aber  weit  über  dieses  Ziel  hinaus.  Die  jetzt 
vorliegenden  10  Bände  enthalten  eine  Menge  von  wichtigen 
Artikeln,  welche  die  Wortgeschichte  von  verschiedenen  Sei- 
ten   anfassen    und  sie  in  den  mannigfaltigsten  Schattierungen 


l'ho    MctJwdc  und  Aufi^nhcn  der  deutschen    Worlforschtini;;.  37 

zeigen.  Die  Kulturgeschichte  und  die  Sprachgeschichte  tre- 
ten in  enge  Verbindung  mit  einander,  in  die  Schale  der  Dinge 
wird  —  wie  es  Hildebrand  werlangte  -  der  Kern  eingelegt. 
Interessant  sind  u.  a.  auch  die  ausführlichen  Artikel,  welche 
einem  einzigen  Worte  oder  Ausdruck  gelten.  Sie  sind  -  wie 
Kluge  sich  ausgedrückt  hat  —  wie  Biographien  bedeutender 
Personen  und  haben  wie  diese  ihren  bedeutsamen  Zweck 
neben  den  Gesamtdarstellungen.  In  Kluges  Zeitschrift  hat 
die  deutsche  Wortforschung  eine  ausserordentlich  wichtige 
Zentralisierung  und  auch  einen  methodischen  Wegweiser  erhalten. 
So  bietet  die  Wortforschung  Deutschlands  den  anderen  Ländern 
noch  immer  ein  nachahmenswertes  Muster,  während  diese  die 
Lehren  des  Grimmschen  Wörterbuchs  benutzt  haben,  um  grosse 
Wörterbuchunternehmungen  ins  Leben  zu  rufen,  die  methodisch 
höher  als  die  Lehrmeisterin  stehen. 

Wie  aus  dem  Ebengesagten  hervorgeht,  ist  die  Wort- 
forschung eine  neue  Disziplin,  deren  Methode  besonders  in 
den  letzten  Jahrzehnten  sich  ausgebildet  und  die  noch  manche 
Aufgabe  zu  lösen  hat.  Es  sei  mir  hier  gestattet  einige 
Fragen,  welche  sich  auf  Methode  und  Aufgaben  dieser  Wis- 
senschaft beziehen,  kurz  zu  streifen. 

Es  kann  nicht  scharf  genug  betont  werden,  dass  für 
die  Darstellung  der  Geschichte  eines  Wortes  die  Belege  so 
vollständig  wie  nur  möglich  aus  den  Quellen  zusammengestellt 
werden  müssen.  Die  verschiedenen  Schattierungen,  welche 
die  Bedeutung  eines  Wortes  durchlaufen  hat,  lassen  sich  oft 
nur  dann  genau  feststellen,  wenn  die  Belege  in  zeitlicher 
Folge  auf  einander  so  folgen,  dass  auch  kleine  Lücken  und 
Sprünge  vermieden  werden. 

Aber  wichtig  ist  auch  die  Wahl  von  Belegen;  ihre  An- 
führung ist  nur  da  berechtigt,  wo  sie  wirklich  die  Geschichte 
des  W^ortes  beleuchten,  sei  es,  dass  sie  das  Vorkommen 
desselben  in  einer  bestimmten  Zeit  oder  an  einem  bestimmten 
Orte  oder  in  bestimmten  Kreisen  angeben  oder  dass  durch 
sie  eine  besondere  Nuance  in  der  Bedeutung  des  Wortes  her- 
vorgehoben wird.  Man  kann  sich  des  Eindrucks  nicht  erweh- 
ren, dass  die  Belege  in  wortgeschichtlichen  Arbeiten  manchmal 


38  //.   SuolnhH, 

nur  als  unnütze  Ornamente  angeführt  werden.  Eine  Anführung 
von  vielen  absolut  gleichwertigen  Belegen  kann  ja  auch  einen 
statistischen  Zweck  haben,  insofern  sie  als  Zeugen  für  den 
seltenen  oder  häufigen  Gebrauch  des  Wortes  stehen.  Hei 
solchen  statistischen  Angaben  ist  aber  eine  grosse  Vorsicht 
vonnöten,  besonders  in  den  Perioden,  wo  die  Quellen  nur 
sparsam  fliessen.  So  vor  Allem  in  der  althochdeutschen 
Periode. 

Den  grössten  Teil  der  althochdeutschen  Ouellen  bil- 
den bekanntlich  die  Glossen  oder  die  in  den  Klöstern  ent- 
standenen Wörterverzeichnisse.  Abgesehen  davon,  dass  die 
uns  erhaltenen  Glossen  nur  einen  Bruchteil  des  damaligen 
W^ortbestandes  enthalten  und  so  ein  höchst  mangelhaftes  Bild 
von  diesem  geben,  ist  zu  beachten,  dass  diese  Glossare  zum 
grossen  Teil  auf  biblischer  Basis  beruhen.  Die  in  der  Bibel 
vorkommenden  Worte  wurden  häufig  glossiert  und  sind  dann 
in  alphabetische  und  sachliche  Wörterverzeichnisse  gewandert, 
wo  sie  im  Vergleich  mit  nichtbiblischen  viel  öfter  figurieren. 
Dagegen  hängt  es  oft  nur  vom  Zufall  ab,  ob  ein  in  der  Bi- 
bel nicht  vorkommendes  Wort  belegt  ist  oder  nicht.  Manch- 
mal findet  man  in  einer  einzigen  Glossenhandschrift  der  alt- 
hochdeutschen Zeit  ein  Wort  belegt,  das  dann  erst  in  der 
neuhochdeutschen  Periode  wieder  auftaucht.  Daher  ist  es  immer 
beim  Fehlen  eines  nichtbiblischen  Wortes  vorerst  nötig  zu  prüfen, 
ob  zur  Aufnahme  desselben  eine  Gelegenheit  vorhanden  war 
oder  nicht.  Besonders  wichtig  ist  aber  ferner,  dass  der  Cha- 
rakter der  Quellen,  aus  denen  die  Belege  geholt  werden,  auf 
die  Selbständigkeit  oder  Unselbständigkeit  hin  geprüft  wird. 
Oft  werden  aus  den  althochdeutschen  Glossen  mehrere  Zeug- 
nisse für  ein  Wort  angeführt,  welche  bei  genauerem  Ansehen  alle 
auf  ein  und  dasselbe  Original  zurückweisen  und  also  ein  einziges 
selbständiges  Zeugnis  des  betr.  Wortes  repräsentieren.  In  der 
grossen  Glossensammlung  von  Steinmeyer  und  Sievers  ist  der 
Grad  der  gegenseitigen  Verwandschaft  der  Handschriften  von 
den  Herausgebern  z.  T.  bestimmt,  z.  T.  blos  angedeutet.  Nur 
wenige  Glossare  sind  inbezug  auf  Entstehung  und  Mundart 
näher    untersucht    worden,     Viele    Glossenhandschriften    sind 


l'her  Methode  tiiid  Aufgaben  der  deutschen    VVorifor schutig,  39 

bekanntlich  Konglomerate,  deren  verschiedene  Bestandteile 
oft  verständnislos  von  einem  Schreiber  in  einander  hinein- 
gearbeitet sind  und  die  aus  verschiedenen  Zeiten  und  Gegen- 
den stammen;  für  die  deutsche  Wortforschung  wäre  es  äus- 
serst wichtig,  dass  die  Sammelhandschriften  in  ihre  einzelnen 
Teile  zerlegt  und  dass  sie  mundartlich  und  zeitlich  bestimmt 
würden. 

Wer  sich  eingehender  mit  den  alten  deutschen  Glos- 
saren beschäftigt  hat,  der  ist  vielleicht  hie  und  da  auf  Worte 
gestossen,  die  zwar  wie  deutsche  Worte  aussehen,  die  aber, 
wenn  man  sie  näher  prüft,  sich  als  Mischlinge  erweisen,  welche 
von  einem  deutschen  Schreiber  aus  einer  angelsächsischen 
Vorlage  abgeschrieben  sind  oder  umgekehrt.  Nur  einige  die- 
ser Mischlinge  sind  als  solche  ermittelt  worden,  die  übri- 
gen gelten  als  deutsch.  Bekanntlich  haben  bei  der  Einführung 
des  Christentums  in  Deutschland  angelsächsische  Missionäre  und 
Mönche  eine  bedeutsame  Tätigkeit  ausgeübt  und  als  Spuren  die- 
ser Tätigkeit  sind  uns  angelsächsische  Glossen  in  den  Glossaren 
des  Kontinents  erhalten  geblieben.  Bis  jetzt  fehlt  eine  genaue  Un- 
tersuchung des  angelsächsischen  Einflusses  in  Deutschland  und 
eine  Zusammenstellung  der  angelsächsischen  oder  angelsäch- 
sisch gefärbten  Glossen. 

In  der  mittelhochdeutschen  Zeit  fliessen  die  Quellen 
reichlicher  und  wir  sind  deshalb  nicht  so  sehr  auf  Glossare 
angewiesen  wie  in  der  althochdeutschen  Periode.  Immerhin 
spielen  auch  die  Glossenhandschriften  der  mhd.  Zeit  als  Quel- 
len für  die  deutsche  Wortforschung  eine  beträchtliche  Rolle. 
Auch  für  sie  gilt  dasselbe  was  bereits  von  den  älteren  ge- 
sagt wurde.  Einzeluntersuchungen  fehlen,  die  über  Ent- 
stehung, Komposition  und  Mundart  Rechenschaft  geben  wür- 
den. Solange  solche  noch  ausstehen,  ist  grosse  Vorsicht  in 
der  Benutzung  derselben  nötig.  Um  ein  Beispiel  zu  neh- 
men, sieht  man  manchmal  Belege  aus  dem  in  Nürnberg 
gedruckten  Vocab.  theuton.  (1482)  angeführt,  welche  das  Vor- 
kommen des  Wortes  im  fränkischen  Baiern  beweisen  sollen. 
Wer  dieses  Glossar  aber  in  der  Hand  gehabt  und  durch- 
blättert hat,   der  findet  bald,    dass  es  ein   .sehr  unzuverlässiger 


40  //.   Suolahti, 

Ratgeber  für  den  damaligen  nürnbergischen  Dialekt  ist.  Oft 
stösst  man  da  z.  B.  auf  Worte,  die  zwar  in  hochdeutschem 
Gewände  auftreten  aber  faktisch  nur  in  Niederdeutschland 
gang  und  gäbe  sind. 

Folgen  wir  den  Quellen  dieser  Art  weiter  in  die  früh- 
neuhochdeutsche Periode  hinauf,  so  haben  wir  eine  Anzahl 
wichtiger  Vokabulare  aus  dem  i6.  Jh.:  die  Vocabula  von  Eber 
und  Peucer,  die  Nomenciatoren  eines  Junius  oder  eines  Chyt- 
raeus,  das  Onomalticon  von  Golius  u.  s.  w.  Prüfen  wir  sie 
genauer  auf  ihre  Selbständigkeit  hin,  so  stellt  es  sich  heraus, 
dass  sie  alle  einander  und  ältere  Quellen  einfach  abschreiben. 
Und  so  geht  es  w-eiter  in  den  folgenden  Jahrhunderten.  Selb- 
ständig abgefasste  Vokabulare  fehlen  und  selten  trifft  man 
Quellen,  welche  die  Vorgänger  erwähnen,  aus  denen  geschöpft 
wurde.  So  kann  es  vorkommen,  dass  alte  Worte,  die  längst  aus- 
gestorben sind,  Jahrhunderte  später  noch  weiter  geschrieben 
und  verzeichnet  werden,  als  ob  sie  noch  in  lebendigem 
Sprachgebrauch  vorhanden  wären.  Mitunter  kann  man  auch 
entdecken,  dass  ein  falsch  gelesenes  Wort  in  der  fehlerhaften 
Lesart  durch  die  Quellen  vieler  Jahrhunderte  bis  auf  unsere  Zeit 
weiter  geschleppt  wird  und  dass  ein  einfacher  Druckfehler  im 
i6.  Jh.  noch  im  19.  Jh.  treu  wiederholt  wird.  So  habe  ich 
z.  B.  in  Grimms  Wörterbuch  eine  Anzahl  solcher  toten  Worte 
gefunden,  welche  sich  als  Entstellungen  in  Heinschs  Teutscher 
Sprach  (1616)  oder  in  anderen  fehlerhaften  Drucken  erweisen. 
Ebenso  werden  als  gutes  deutsches  Sprachgut  sehr  viele 
Worte  verzeichnet,  welche,  wenn  man  ihren  Spuren  folgt,  ge- 
lehrte Übersetzungen  oder  Nachbildungen  fremder  Ausdrücke 
sind,  die  nach  der  ersten  Quelle  mechanisch  wiederholt  werden 
ohne  irgend  welche  Lebenskraft  zu  besitzen. 

Eine  grosse  philologische  Akribie  inbezug  auf  diese 
Art  Quellen  ist  also  dem  Wortforscher  vonnöten,  und  ganz 
besonders  dann,  wenn  die  Belege  für  eine  bestimmte  Zeit 
beweisend  sein  sollen. 

Will  man  ein  vollständiges  Bild  von  dem  Leben  eines 
Wortes  gewinnen,  so  hat  man  die  geographische  Verbreitung 
desselben  zu  bestimmen.    Wichtig  ist  dies  auch,  wo  es  gilt  den 


über   Mct/iixk   umi  .lu/i^diioi   der  deutschen    H^or/foischioii;.  41 

Ursprung  eines  Wortes  aufzudecken.  Wenn  es  sich  um  eine 
interne  Bildung  handelt,  so  ist  die  geographische  Begrenzung 
der  ältesten  erreichbaren  Belege  oft  die  notwendige  Voraus- 
setzung für  die  richtige  Deutung.  Gelingt  es  den  Ort  des  ersten 
Auftretens  eines  W'ortes  näher  zu  bestimmen  und  zu  begren- 
zen, so  ergiebt  sich  oft  die  Deutung  gerade  aus  dem  für  diese 
Gegend  charakteristischen  Wortbestande.  Hier  leisten  die 
Dialektwörterbücher  dem  Wortforscher  also  gute  Dienste. 

An  der  Hand  der  schon  vorhandenen  Dialektlexica  lässt 
sich  die  heutige  Verbreitung"  der  Worte  annähernd  gut  feststellen. 
Wo  es  sich  dagegen  um  den  mundartlichen  Gebrauch  eines  Aus- 
drucks in  älteren  Perioden  handelt,  da  muss  man  vielfach  sich  die 
Belege  aus  der  mundartlichen  Literatur  zusammensuchen.  Teil- 
weise liegen  doch  auch  schon  ausführliche  historische  Dialekt- 
wörterbücher vor,  welche  die  mundartlichen  Belege  aus  den 
älteren  Zeiten  anführen  und  so  die  Arbeit  des  Wortforschers 
in  hohem  Grade  erleichtern.  Das  älteste  Wörterbuch  dieser 
Art,  das  Bayerische  Wörterbuch  von  Schmeller  (bearbeitet 
von  Frommann),  leistet  noch  erhebliche  Dienste,  die  Methode 
der  Ausarbeitung  und  Darstellung  entspricht  aber  nicht  mehr 
modernen  Anforderungen.  Am  höchsten  in  methodischer 
Hinsicht  steht  das  im  Erscheinen  begriffene  Schwäbische 
Wörterbuch  Fischers,  das  möglichst  vollständig  die  schwä- 
bischen Quellen  ausschöpft.  Der  schweizerische  Wortstand 
ist  in  dem  grossartigen,  noch  nicht  vollendeten  Idiotikon  von 
Staub  und  Tobler  zusammengestellt  und  bearbeitet.  Ein  sehr 
gutes  historisches  Wörterbuch,  obgleich  weniger  vollständig, 
ist  das  von  Martin  und  Lienhart  gelieferte  Wörterbuch  der 
elsässischen  Mundarten. 

Für  andere  Gegenden  sind  historische  Dialektwörter- 
bücher noch  ein  Desiderium.  Vorläufig  liegen  aus  die- 
sen Gebieten  blos  Wörterbücher  vor,  welche  den  mundart- 
lichen Wortbestand  ohne  geschichtliche  Darstellung  verzeichnen. 
Eine  Benutzung  derselben  muss  immer  mit  einer  gewissen 
Reservation  geschehen,  denn  in  ihnen  ist  oft  nicht  nur  der 
gegenwärtige  Wortstand  ge.sammelt,  sondern  es  sind  auch 
Worte    aus    der    alteren    mundartlichen  Literatur  ausgezogen, 


42 


so  dass  man  manchmal  nicht  weiss,  ob  ein  Wort  noch  im 
lebendigen  Sprachgebrauch  vorkommt  oder  nicht.  Neuere 
Wörterbücher  geben  jedoch  durch  einen  besonderen  Vermerk  an 
dass  ein  Wort  veraltet  ist.  Schlimmer  ist,  dass  die  Quellen,  aus  de 
nen  die  Worte  ausgezogen  sind,  nicht  mit  nötiger  Umsicht  ge 
prüft  worden  sind.  Es  werden  aus  ihnen  Worte  aufgenom 
men,  die  in  dem  betreffenden  Dialekt  gar  nicht  vorkommen 
sondern  in  letzter  Instanz  aus  Werken  stammen,  die  in  ganz 
anderen  Gegenden  geschrieben  sind.  So  stehen  z.  B.  in  Frisch- 
biers Preussischem  Wörterbuch  manche  Ausdrücke,  welche 
sich  bei  genauer  Untersuchung  als  alte  elsässische  Dialektworte 
erweisen.  Auch  gegen  das  vorzügliche  Schweizerische  Idioti- 
kon kann  man  die  Anmerkung  machen,  dass  manchmal  eine 
Quelle  nicht  mit  wünschenswerter  Akribie  behandelt  worden 
ist.  So  z.  B.  ist  das  wichtige  Werk  Historia  animalium  von 
Konrad  Gessner  nicht  im  lateinischen  Originale,  sondern  in 
der  deutschen  Bearbeitung  benutzt  worden.  Da  Gessner  im 
lateinischen  Texte  deutsche  Worte  aus  verschiedenen  Land- 
schaften mit  Angabe  des  Orts  anführt  und  diese  Ortsangaben 
nicht  in  der  deutschen  Bearbeitung  beibehalten  worden  sind, 
so  sind  Worte  in  das  Schweizerische  Idiotikon  aufgenommen 
worden,  die  Gessner  etwa  aus  Niederdeutschland  oder  Mittel- 
deutschland kennt. 

Die  Dialektwörterbücher  lassen  meistens  den  Wortfor- 
scher im  Zweifel  darüber,  ob  ein  Wort  wirklich  volkstümlich, 
oder  ob  es  in  bestimmten  Kreisen  verwendet  wird,  oder  ob 
es  nur  ein  gelehrtes  Literaturwort  ist.  In  den  meisten  Fällen 
kann  nur  eine  ganz  genaue  Biographie  des  Wortes  über  diese 
Dinge  Bescheid  geben.  Und  eine  besonders  interessante  Auf- 
gabe ist  es  gerade,  den  Prozess  zu  verfolgen,  wie  ein  gelehrtes 
Wort  —  etwa  die  Nachbildung  eines  lateinischen  Wortes  — 
allmählich  sich  verbreitet  und  durch  Predigt  und  viel  gelesene 
Bücher  immer  volkstümlicher  wird.  Man  kann  dabei  die 
Beobachtung  machen,  dass  eine  für  volkstümlich  gehaltene 
Sage  oder  ein  mythologischer  Zug,  welcher  an  ein  Wort  sich 
anknüpft,  ebenso  wie  dieses,  auf  klassischen  Einfluss  zurück- 
zuführen ist,      Aber  überall  weist  ja  die   Wortgeschichte  über 


f'her  Methode  und  Aufgoben  der  dciit.u/ien    Wortforschung.  43 

das  rein  Sprachliche  auf  das  Sachliche  hinaus  und  die  Ge- 
schichte im  weitesten  Sinne  des  Wortes  aufgefasst,  sowohl  die 
Kultur-  wie  die  politische  Geschichte  umfassend,  bietet  sich 
überall  als  Erklärerin  an,  während  wieder  die  sprachliche 
Untersuchung  auf  diese  fördernd  und  unterstützend  wirkt. 

Noch  bleibt  aber  ein  Wort  übrig  zu  sagen  über  die 
vergleichende  Wortforschung,  die  man  besonders  gerne  unter 
dem  Ausdruck  Etymologie  versteht.  Wenn  die  grosse  Be- 
deutung der  internen  Wortgeschichte  im  Vorhergehenden  be- 
sonders betont  worden  ist,  so  soll  damit  keineswegs  die  Be- 
deutung der  vergleichenden  Etymologie  in  Abrede  gestellt 
werden.  Nur  ist  zu  bemerken,  dass  die  interne  Wortgeschichte 
die  nötige  Grundlage  für  die  vergleichende  liefert.  Dies  ver- 
gessen diejenigen,  welche  nur  mit  dem  Wörterbuch  in  der 
Hand  arbeiten  und  daraus  aufs  Geratewohl  nach  Worten  grei- 
fen, welche  mit  Lautkomplexen  in  verwandten  Sprachen  ver- 
glichen werden.  Ein  alter  Beleg  ist  nicht  immer  durch- 
sichtig und  giebt  dann  nicht  den  Schlüssel  zum  Verständnis 
eines  Wortes;  manchmal  wird  dieses  erst  durch  die  weitere 
Geschichte  erklärt. 

Oft  nimmt  aber  der  vergleichende  Sprachforscher  sein 
Material  nicht  allein  aus  alten  Sprachperioden,  sondern 
aus  modernen  Mundarten.  Hier  ist  eine  besondere  Zurück- 
haltung geboten.  Gewiss  steckt  in  Dialekten  auch  viel  alter- 
tümliches Sprachgut,  das  in  der  Literatur  älterer  Zeiten  nicht 
belegt  worden  ist,  aber  oft  lässt  es  sich  nicht  auf  den  ersten 
Blick  sagen,  ob  eine  erst  in  der  modernen  Mundart  auf- 
tauchende Wortform  alten  Datums  oder  eine  neue  Bildung 
ist;  das  vermag  in  vielen  Fällen  nur  eme  eingehende  Unter- 
suchung ihrer  Geschichte  zu  entscheiden.  Überhaupt  muss 
der  Etymologe  zuerst  prüfen,  ob  ein  Wort  mit  internen  Mit- 
teln zu  erklären  ist,  bevor  er  nach  auswärtigen  Verwandt- 
schaften sich  umsieht. 

Und  sobald  er  sich  auf  vorgeschichtlichem  Boden  befindet, 
wo  das  weite  Feld  der  Möglichkeiten  und  Kombinationen 
sich  ihm  eröffnet,  ist  eine  gewisse  Resignation  mehr  als  jemals 
sonst  nötig.    Die  Rätsel  lassen  sich  nicht  mit  Gewalt  lösen  und 


44      //.    Stio/dhti,    Chcy  Mdliodc  it.   Aufgahoi  (Icr  deutschen    Wortfoyschung. 

es  ist  manchmal  besser,  vage  Hypothesen  zu  unterdrücken  als 
sie  auszusprechen.  Denn  diese  werden  oft  von  der  vergleichen- 
den Grammatik  für  weitere  Zwecke  verwertet  und  dienen  als 
Grundlage  bei  der  Feststellung  der  Lautgesetze. 

Die  strenge  lautgesetzliche  Methode  überschätzt  manchmal 
ihre  Tragweite  und  schiesst  daher  übers  Ziel.  Konstruierte 
Urformen  werden  wie  auf  einem  Schachbrett  hin  und  her 
geschoben,  bis  es  gelingt  sie  unter  gewisse  Formeln  und  Nor- 
men zu  bringen,  so  dass  der  Schein  einer  gesetzmässigen 
Entwicklung  entsteht.  Vielfach  begnügt  man  sich  dabei  nur 
damit,  dass  alles,  was  sich  auf  den  Wortstamm  bezieht,  in 
Ordnung  ist,  und  schenkt  der  Bildungsweise  des  Wortes  nur 
geringe  Beachtung,  obwohl  diese  ein  so  äusserst  wich- 
tiger Faktor  bei  der  Bestimmung  des  Verwandtschaftsgrades 
ist.  Besonders  wird  aber  der  Inhalt  des  Lautkörpers  oder 
die  Bedeutung  misshandelt,  indem  man  einer  lautlich  möglichen 
Etymologie  zuliebe  die  innere  Wahrscheinlichkeit  opfert. 
Freilich  vermag  über  das,  was  in  dieser  Beziehung  sich  als 
natürlich  ergiebt  oder  nicht,  nur  das  subjektive  Gefühl  zu 
entscheiden.  Und  es  scheint  eben  manchen  Etymologen, 
welche  auf  der  Höhe  mit  den  Resultaten  der  historischen 
Lautlehre  stehen,  das  Gefühl  des  Wahrscheinlichen  ab- 
zugehen. 

Eine  übertriebene  Vorsicht  ist  allerdings  auch  nicht  zu 
loben,  insofern  sie  zur  Hyperkritik  wird.  Und  es  wäre  wirk- 
lich schade,  wenn  alle  Einfälle,  welche  nicht  ganz  sicher 
erscheinen,  deshalb  unterdrückt  würden.  Manchmal  hilft  eine 
Andeutung  oder  ein  Hinweis  anderen  ein  Stück  weiter  und 
hindert  sie  vor  dem  Betreten  falscher  Wege.  Aber  die  Hypo- 
thesen sollten  auch  in  hypothetischer  Weise  ausgesprochen 
werden  und  nicht,  wie  heute  oft  der  Fall  ist,  als  kategorische 
Lehrsätze. 

X'orgeschichtliche  Hypothesen  und  etymologische  Kom- 
binationsarbeit dürfen  in  der  deutschen  Wortforschung  auch 
künftighin  nicht  fehlen,  aber  besonders  wichtig  ist  vorläufig 
noch  die  Erschliessung  der  geschichtlichen  Tatsachen. 

//.   Suolahti. 


Les  thäories  sur  la  formation  des  Chansons  de  geste 

Conference    faite,    le    13  janvier    1909,    au   congrcs   des   professeurs   de    langues 
modernes  reuni   a   Ilelsingfors. 

La  Chanso7i  de  Roland,  qui  ouvre  si  brillaniment  la 
liiterature  frangaise,  est  —  personne,  ne  le  conteste  —  un 
poeme  historique  en  ce  sens  qu'il  celebre  un  veritable  evene- 
ment  historique.  Cette  chanson  de  geste  nous  parle  d'une 
defaite  que  Charlemagne  essuie  de  la  part  des  Sarrasins,  defaite 
qui  lui  enleve  la  fleur  de  ses  Chevaliers,  ses  douze  pairs,  dont 
le  premier  etait  Roland,  son  neveu  bien-aime.  D'autre  part, 
l'histoire,  representee  dans  ce  cas  special  par  \ Historia 
Karoli  d'Einhard,  nous  raconte  que,  en  'J'j'i,  l'arriere-garde 
de  l'armee  de  Charles,  roi  de  France,  qui  revenait  d'une 
expedition  en  somme  heureuse  dans  le  Nord  de  l'Espagne, 
fut  surprise  dans  la  vallee  de  Roncevaux  par  les  Basques, 
habitants  des  montagnes;  les  bagages  qu'elle  protegeait  furent 
pilles  et  tous  ceux  qui  la  composaient  tues,  parmi  eux  le 
senechal  Eggihard,  le  comte  du  palais  Anselm  et  Hrodland, 
comte  de  la  marche  de  Bretagne.  Comment  se  fait-il  que 
Roland,  cet  obscur  comte  de  la  marche  de  Bretagne,  soit 
devenu  le  principal  personnage  de  la  chanson  de  geste,  l'in- 
comparable  heros,  neveu  de  l'empereur,  le  premier  de  ses 
douze  pairs,  tandis  que  de  ces  compagnons  morts  en  meme 
temps  il  ne  reste  meme  pas  les  noms  dans  le  poeme?  A 
cette  question  Gaston  Paris  nous  repond  ceci^:  «En  realite 
les  chansons  de  geste  remontent  bien,  au  moins  les  plus  an- 
ciennes,  ä  des  faits  historiques,  mais  elles  n'en  doivent  pas 
en  general  la  connaissance  ä  des  chroniques  latines :  elles 
sont    les    amplifications    de    chants  contemporains  des  evene- 

ments. Le  desastre  de  Roncevaux  fit  sur  les    imagi- 

nations  une  vive  impression  et  suscita  sans  doute  des  chants 
nombreux.  Des  trois  que  mentionne  l'historien  Einhard,  Eggi- 
hard,   Anshelm    et    Hrodland,    un  seul  cependant,  et  prccisc- 


Exiraits  Je  la   Chanson  de  Koland,   introduction,   p.    VII   et  X. 


46  .  /.    /.<ini;/'ors, 

ment  le  dcrnier,  s'est  niaintciui  dans  la  tradition  cpique,  dont 
Roland  est  devenu  l'incomparable  heros.  D'oü  vient  cette  etrange 
difference  de  traitement?  IVobablement  de  ce  qua  le  poeme 
de  Roncevaux  a  pour  premiere  base  Ics  chants  epiques  des 
hommes  de  Roland,  des  habitants  de  la  J^retagne  frangaise: 
la  chanson  teile  que  nous  l'avons,  apres  tous  les  remainenients 
qu'elle  a  subis,  garde  encore  des  traces  visibles  de  son  ori- 
gine  bretonne.» 

Selon  I'histoire,  ce  sont  les  Basques  des  Pyrcnees  qui 
attaqucnt  l'arriere-garde  de  Charlemagne;  dans  le  poeme,  les 
Basques  sont  devenus  des  Sarrasins.  En  778  le  Charlemagne 
de  I'histoire  n'a  que  trente-sept  ans;  dans  le  poeme,  c'est 
un   vieillard: 

.    Par  grant  irur  chevalchet  li  reis  Charles, 
De  sur  la  brunie  li  gist  sa  blanche  barbe. 

Si  nous  demandons  comment  il  faut  expliquer  les  grandes 
differences  entre  les  donnees  de  I'histoire  et  Celles  de  la 
chanson  de  geste,  on  nous  repondra  peut-etre  par  ces  autres 
mots  de  Gaston  Paris:  «C'est  la  deformalion  de  I'histoire  par 
la  poesie.  '»  Ces  deux  phrases  de  Gaston  Paris  que  je  viens 
de  citer  donnent  la  substance  meme  de  la  doctrine  sur  la 
Formation  des  chansons  de  geste  qui  a  ete  plus  ou  moins 
generalement  acceptee  jusqu'aux  dernieres  annees  et  qui,  bien 
qu'exposee  sous  la  forme  de  theories  dififerentes,  n'est,  dans 
le  fond,  qu'une  seule  et  meme  theorie. 

Le  trait  commun  entre  ces  systemes  est  qu'ils  suppo- 
sent  tous  que  les  chansons  de  geste  qui  nous  ont  ete  con- 
servees  remontent  par  un  nombre  infini  de  chansons  inter- 
mediaires  jusqu'aux  evenements  historiques  memes  qui  en  for- 
ment  le  noyau. 

La  difference  entre  les  divers  systemes  consiste  surtout 
dans  la  question  de  savoir  sous  quel  aspect  il  faut  se  representer 
les    premieres    formations    legendaires,    en  d'autres  termes,  la 


Roncevaux,   dans   /.egem/es  du  inoyen  age. 


<l 


/.CS  ilüoiies  siir  la  forniatiou  t/es  r/iansoiis  Je  i^este.  47 

question  de  savoir  comment  se  fit  Iclaboration  de   la  matiere 
epique  et  sa  mise  en  oeuvre 

La  theorie  de  Gaston  Paris  et  de  son  ecole,  theorie 
frangaise  par  excellence,  est  celle  des  cantilenes  ou  des  chants 
lyricoepiques.  Cette  theorie,  qui  a  ete  adaptee  ä  l'etude  des 
chansons  de  geste  frangaises  dcja  par  Jonckbloet  et  develop- 
pee  plus  tard  par  Leon  Gautier,  est  la  menie  que  la  theorie 
de  F.  A.  Wolf  sur  les  chants  homeriques  et  celle  de  K.  Lach- 
mann sur  le  Nibeln7igenlied.  Cette  theorie  suppose  l'existence 
de  chants  contemporains  qui  devaient  donner  une  image  fidcle 
et  naive  des  evenements  tels  qu'ils  se  refletaient  chez  le 
peuple,  et  ces  cantilenes  lyrico-epiques,  plus  breves  et  de 
rythme  plus  rapide,  qui  avaient  precede  les  vastes  narrations 
epiques,  sont  considerees  comme  la  source  des  chansons  de 
geste,  qui  ne  sont  que  des  cantilenes  cousues  ensemble.  La 
tache  principale  de  ceux  qui  etudient  les  chansons  de  geste 
est  donc,  d'apres  cette  doctrine,  d'une  part,  de  decouvrir  les 
evenements  historiques  qui  avaient  provoque  des  chansons, 
et,  d'autre  part,  de  designer  et  de  disjoindre  de  l'ensemble 
d'une  chanson  de  geste  des  episodes  qui  avaient  jadis  vecu 
comme  des  chants  isoles  et  de  tacher  de  reconstituer,  ou  au 
moins  d'entrevoir,  par  des  Operations  logiques,  des  formes 
plus  archaiques  que  les  poemes  que  nous  avons. 

Prenons  comme  exemple  le  cycle  de  Guillaume  d'Orange. 
Un  cycle  est  l'histoire  d'une  famille  epique,  la  suite  des  poe- 
mes qui  en  presentent  les  generations  successives  et  les  for- 
tunes  variees.  Dans  le  cycle  de  Guillaume  d'Orange,  «une 
meme  idee  poetique  circule  d'un  roman  ä  un  autre.  II  faut 
defendre  la  Catalogne,  la  Provence  et  le  Languedoc  contre 
les  Sarrasins  d'Espagne.  Charlemagne  est  au  loin,  ou  tenu 
pour  vieilli  et  pour  caduc;  ou  bien  il  est  mort,  et  ä  sa  place 
regne  son  fiis  Louis,  debile  et  couard.  Au  defaut  du  roi  et 
remplissant  pour  lui  sa  täche,  ä  Narbonne,  ä  Orange,  a  Ge- 
rone,  campee  sur  les  terres  paiennes,  une  famille  heroique 
defendra  la  chretiente.  C'est  la  geste  de  Guillaume  d'Orange, 
le  fier  lignage 


4»  ^1.    I.aiigfors, 

(Jui   tant   sofri   de  peine   sor  sarrazine   genl.» 

Le  heros  central,  dit  Gaston  Paris,  est  Ciuillaume,  appele  (Juillaume 
Fierebrace,  Guillaume  au  Court  Nez  et  Guillaume  d'Orange.  Nous  ne  con 
naissons  aucun  Guillaume  qui,  anterieurement  au  Xlle  siecle,  ait  p:)ssede  la 
ville  d'Orange,  dont  la  conquete  sur  les  Sarrasins,  dejä  dans  les  poemes  du 
XIc  siecle,  etait  attribuee  ä  ce  heros.  Quoi  qu'il  en  soit,  ce  Guillaume  epique 
a  de  bonne  heure  ete  identifie  avec  le  Guillaume  historique  qui,  nonime  en 
790  comte  de  Toulouse,  livra  sur  les  bords  de  l'Orbieu,  en  793,  une  bataille 
sanglante,  conquit  la  Catalogne  dans  une  suite  d'expeditions  heureuses,  et  entra 
en  806  dans  le  cloitre  de  Gellone  [aujourd'hui  Saint  Guilhemdu-Desert, 
pres  de  Montpellier]  .  .  .  D'autres  Guillaume  vinrent  se  confondre  avec  le 
heros  ordinaire  des  chansons  meridionales.  Deja  dans  la  Vie  latine  de  saint 
Gidllauine  de  (klloie,  nous  le  voyons  devenu  Guillaume  d'Orange  et  mele  avec 
Guillaume  le  Pieux,  duc  d'Aquitaine,  son  arriere-petit-fils,  dont  les  relations 
avec  l'eglise  de  Brioude  etaient  aitribuees   par  la  tradition  ä  son  bisa'ieul. 

Mais  une  contamination  bien  plus  importante  devait  se  produire  dans 
le  nord  de  la  France,  oü  les  chansons  sur  Guillaume  d'Orange  avaient  penetre 
de  bonne  heure.  La  un  autre  Guillaume  etait  devenu  heros  epique  appar- 
tenant  originairement,  lui  aussi,  ä  une  province,  mais  transporte  par  les  Jon 
gleurs  dans  le  grand  courant  de  l'epopee  feodale  .  .  .  On  fusionna  les  poemes 
qui  chantaient  ce  personnage  (Guill.  de  Montreuil  ')  avec  ceux  qui  celebraieni 
Guillaume  d'Orange.  —  Un  troisieme  personnage,  difficile  ä  bien  determiner 
fournit  sans  doute  le  nom  de  Guillaume  au  court  uez  et  l'episode  de  l'expedi- 
tion  du  heros  en  Italic  ou  il  defend  le  pape  contre  une  invasion  sarrasine. 
—  Le  surnom  de  Fierebrace  est  tellement  frequent  (ju'on  ne  peut  pas  en 
conclure  l'immixtion  dans  l'epopee  dun  autre  Guillaume  qui  l'aurait  porte 
reellement ;  mais  il  est  tres  possible  que  d'autres  personnages  de  ce  nom, 
objets  aussi  de  chants  epiques,  aient  ete  consideres  par  les  Jongleurs  comme 
identiques  ä  Guillaume  d'Orange,  qui  avait  deja  absorbe  ceux  que  nous  avons 
designes.  II  est  probable  qu'on  substitua  meme  Guillaume  ä  un  personnage 
d'un  autre  nom,  pour  lui  faire  jouer  un  role  dans  le  couronnement  de  Louis 
le  Pieux,  par  son  pere,  ä  Ai\.  en  813,  solennite  qui  avait  vivement  frappe 
l'imagination  populaire  et  dont  les   chants  avaient  conserve  le  Souvenir  .   .    .    • 

On  voit  que  cette  explication  de  Gaston  Paris  part  de 
la  meme  idee  dont  je  parlais  tout  ä  l'heure:  ä  savoir  que 
les  differents  evenements  attaches  par  les  auteurs  de  chansons 
de  geste  au  nom  de  Guillaume  d'Orange  auraient  primitivement 


'  [On  a  demontre  depuis  que  le  pretendu  personnage  historique  que 
Gaston  Paris  appelle  Guillaume  de  Montreuil  n'a  jamais  existe :  il  doit  son 
apparition  dans  l'histoire  k  un  passage  d'un  chroni(|ueur  qui  a  ete  mal  in- 
terprete]. 


I 


\ 


Les  theories  sur  la  formation  des  chansons  de  geste.  49 

eu  pour  heros  plusieurs  personnages  historiques  qui  auraient  ete 
celebres  dans  des  chansons  originairement  distinctes  qui  se 
seraient  plus  tard  reunies  et  confondues  par  l'unification  des 
principaux  personnages.  J'abandonne  ici  le  cycle  de  Guil- 
laume  d'Orange  pour  dire  plus  loin  quelques  mots  de  la 
critique  que  l'on  a  adressee  contre  cette  explication,  et  je 
continue  mon  expose  sommaire  des  theories  sur  la  formation 
des  chansons  de  geste. 

L'apparition  en  1884  du  livre  de  Pio  Rajna,  Le  origini 
delVepopea  francese,  designe  une  nouvelle  phase  dans  l'etude 
de  l'epopee  frangaise.  Le  savant  italien  tache  de  rendre 
probable  l'idee  qu'il  y  a  un  rapport  direct  entre  les  chansons  de 
geste  frangaises  et  les  chants  heroiques  des  Francs.  D'apres 
cette  theorie,  les  predecesseurs  des  chansons  de  geste  conser- 
vees  ne  seraient  plus  des  chants  lyricoepiques,  donc  des 
poemes  d'un  caractere  foncierement  different,  mais  des  chan- 
sons de  meme  caractere  que  les  poemes  conserves,  seulement 
plus  courtes,  mais  en  tout  cas  de  veritables  epopees.  Dans 
un  compte-rendu  paru,  il  y  a  un  an  \  dans  le  Literarisches 
Zentralblatt,  M.  VV.  Foerster  se  declare  expressement  partisan 
de  cette  theorie.  II  ecrit:  «La  theorie  de  Gaston  Paris  a 
ete  ecartee  des  l'apparition  du  livre  de  M.  Rajna  et  eile  n'a 
du  reste  jamais  ete  acceptee  en  Allemagne.  La  «Rosen- 
krantz-Theorie»  de  Lachmann,  qui  a  ete  importee  en  France 
par  Gautier,  a  ete  egalement  pour  Homere  et  le  Nibelun- 
genlied abandonnee  depuis  longtemps  :  on  ne  peut  supposer 
qu'un  poeme  qui  dejä  dans  la  premiere  redaction  contenait 
la  fable  entiere,  de  meme  que  l'on  est  oblige  de  considerer 
chaque  chanson  populaire  comme  l'oeuvre  dun  seul  poele.» 
Et  un  peu  plus  loin  il  continue:  «Pourquoi  les  Provengaux 
n'ont-ils  pas  d'epopees.^  Ou  demandons  d'une  maniere  plus 
generale:  Pourquoi  les  Italiens  et  les  Espagnols  n'en  ont  ils 
point }  Partout  il  y  a  un  fond  soit  italique,  soit  celtique,  soit 
iberique,  avec  une  couche  germanique  dessus.  Pourquoi,  parmi 
tous  les  peuples  romans,  les  Frangais  sont-ils  les  seuls  qui  aient 


Jan  vier    1908. 


50  ./.    Lang/ors, 

une  epopee?  Dans  le  Midi  de  la  France,  les  conditions 
etaient  pourtant  les  memes,  avec  la  seule  differene  qu'ici,  au 
Heu  des  Francs  du  Nord,  c'etaient  des  Goths  et  des  Bür- 
gendes. C'est  donc  necessairement  la  difterence  entre  les 
differents  peuples  germaniques  qui  explique  le  fait  que  les 
Frangais  du  Nord  ont  une  ancienne  epopee  nationale:  ils  la 
doivent  aux  Francs  (l'ancienne  ecole  de  Gautier  et  Gaston 
Paris  avait  raison  en  cela,  et  plus  tard  Pio  Rajna  l'a  prouve 
d'une  maniere  solide).  Les  Francs  avaient  sans  doute  apporte 
la  poesie  epique  avec  eux  de  leur  ancienne  patrie  germanique. 
Ainsi  nous  avons  retabli  une  chaine  de  developpement  inin- 
terrompu  qui  explique  tout.»  Je  ne  pretends  nuUement  avoir 
toute  la  competence  necessaire  pour  critiquer  l'illustre  pro- 
fesseur  de  Bonn,  mais  il  me  semble  tout  de  meme  que  son 
raisonnement  impliquerait  des  consequences  peu  acceptables 
si  on  se  servait  d'un  raisonnement  analogue  pour  expliquer 
pourquoi  certains  peuples  non  romans  ont  une  epopee  popu- 
laire,  tandis  que  les  peuples  voisins  n'en  ont  point. 

Le  Systeme  de  Rajna,  comme  les  autres,  suppose  entre 
le  fait  historique  et  la  chanson  de  geste  qui  le  celebre  une 
Serie  ininterrompue  de  remaniements  qui  avaient  pour  suite  une 
alteration  continuelle  des  faits  primitifs.  Pour  rendre  plus 
comprehensible  la  grande  alteration  des  faits  historiques  qui 
est  presentee  par  les  poemes  conserves,  certains  savants  ont 
imagine  une  autre  explication  pour  la  formation  des  legendes 
epiques,  D'apres  eux,  les  premieres  formations  legendaires, 
contemporaines,  ou  ä  peu  pres,  aux  evenements  historiques 
memes,  n'etaient  plus  des  chants  lyrico-epiques  ni  des  epo- 
pees  primitives  plus  courtes  que  Celles  qui  ont  ete  conservees, 
mais  des  recits  populaires  en  prose,  transmis  oralement  de 
generation  en,  generation,  et  ce  sont  ces  recits  en  prose  qui 
plus  tard,  ä  un  temps  indetermine,  auraient  servi  aux  poetes 
epiques.  Cette  theorie  des  recits  populaires  en  prose  («epische 
Sagen»)  a  ete  jadis  exposee  par  M.  Paul  Meyer  en  France 
et  defendue  plus  tard  en  Allemagne  entre  autres  par  MM.  Ed- 
mund   Stengel    et    C.    Voretzsch,    et    tout  dernierement,  dans 


Les  theories  sur  la  formation  des  chansons  de  geste,  51 

une  forme  un  peu  modifiee,  par  M.  Hermann  Suchier  ^:  «L'ori- 
gine  d'un  recit  populaire  peut  remonter  jusqu'aux  evenements 
historiques,  mais  il  peut  aussi  etre  provoque,  ä  une  epoque 
plus  recente,  par  une  communication  savante,  provenant  par 
exemple  d'une  chronique  latine.  Ce  dernier  procede  doit  etre 
plus  rare.» 

Toutes  ces  theories  des  origines  de  l'epopee  frangaise 
se  reclament  en  derniere  analyse  d'un  meme  principe  plus 
ou  moins  generalement  accepte:  ä  savoir  que  les  romans  du 
XIP  et  du  XIIP  siecle  ne  sont  que  le  dernier  aboutisse- 
ment  d'un  travail  poetique  commence  plusieurs  siecles  plus 
tot;  que  l'epopee  frangaise  est  «nee  des  evenements  expri- 
mant  les  sentiments  de  ceux  qui  y  prenaient  part»;  que 
la  legende  de  Charlemagne  et  de  ses  compagnons  est  essen- 
tiellement  l'oeuvre  de  leurs  contemporains,  que  Guillaume 
d'Orange  et  Roland  et  Ogier  et  les  autres  furent  d'abord 
celebres  de  leur  vivant  ou  des  une  epoque  voisine  de  leur 
mort. 

On  a  dispute  sur  ces  diverses  theories,  mais,  jusqu'ä 
ces  derniers  temps,  on  a  accepte  l'essence  meme  de  cette 
explication.  II  y  a  pourtant  eu  des  sceptiques.  II  y  en  a 
eu  qui  se  sont  demande  comment  les  chansons  de  geste,  si 
vraiment  elles  datent  du  temps  de  Charlemagne,  ont  pu  sur- 
vivre  par  exemple  aux  temps  de  desordre  et  d'anarchie  du 
X^  siecle.  Ils  se  sont  etonnes  de  l'extraordinaire  vitalite  des 
pretendues  traditions  orales  qui  a  fait  conserver  quelques  traits 
historiques  tres  precis  dans  certaines  chansons  de  geste.  Ils 
se  sont  demande:  comment  se  fait-il  que,  si  dejä  au  neu- 
vieme  et  au  dixieme  siecle  il  y  a  eu  une  riche  litterature 
epique,  il  ne  nous  soit  parvenu  le  moindre  fragment  de  ces 
chansons  primitives  ni  un  seul  temoignage  sur  qui  en  attestat 
l'existence?  Avant  tout,  c'est  avec  la  plus  grande  hesitation 
qu'ils  ont  admis  cette  force  mysterieuse  qui  fait  que  plusieurs 
evenements  qui  se  sont   produits  en  realite  dans  l'espace  d'une 


Zeitschrift  fih-  romanische  Philologie,    1908,  p.    735. 


52  A.   At/»i(/prs, 

centaine  d'annees  ou  plus,  se  sont  confondus  en  un  seul,  pour 
la  raison  que  les  principaux  personnages  avaient  le  meme 
noni,  p.  ex.  Guillauine.  Parmi  ces  sceptiques  il  faut  nommer 
avant  tout  M.  Ph.  Aug.  Becker,  aujourd'hui  professeur  ä 
l'universite  de  Vienne.  C'est  lui  qui,  depuis  une  quinzaine 
d'annees,  s'est  le  plus  vaillamment  attaque  au  vieux  Systeme 
<  romantique»  —  le  mot  est  de  lui  —  qui  jusqu'aux  derniers 
temps  a  seul  domine  l'etude  des  chansons  de  geste  ^.  Le 
travail  inappreciable  de  cet  eminent  romaniste  a  un  caractere 
plutot  destructif,  si  je  puis  dire,  et  il  na  pas  propose  d'ex- 
plication  d'une  portee  generale. 

II  a  bien  vu  qu'une  des  faiblesses  principales  des  expli- 
cations  proposees  jusqu'ici  etait  qu'elles  ne  donnaient  aucune 
reponse  ä  la  question  de  savoir  d'oii  dependait  le  choix  des 
heros  celebres  dans  la  poesie,  choix  qui  generalement  ne 
correspondait  nullement  ä  l'importance  que  les  personnages 
devenus  des  heros  de  chansons  de  geste  avaient  eu  dans  la 
realite.  Mais  la  nouvelle  explication  a  ete  donnee  par  le  suc- 
cesseur  de  Gaston  Paris  ä  la  chaire  de  litterature  frangaise 
du  moyen  äge  au  College  de  France,  M.  Joseph  Bedier,  dans 
son  nouvel  ouvrage  Les  Legendes  epiques'^,  qui,  bien  qu'encore 
inacheve,  est  aujourd'hui  incontestablement  le  travail  le  plus 
important  sur  ce  genre  litteraire. 

Dans  le  premier  volume  de  son  grand  ouvrage,  qui  for- 
mera  quatre  volumes,  M.  Bedier  etudie  la  legende  de  Guillaume 
d'Orange.  J'ai  dit  precedemment  qu'un  personnage  historique 
du  temps  de  Charlemagne,  Guillaume  comte  de  Toulouse, 
plus  tard  moine  ä  Gellone,  avait  depuis  longtemps  ete  consi- 


'  Je  Signale  en  passanl  son  petit  manuel  Grutidriss  der  alifranz'ösischen 
Literatur  (Älteste  Denkmäler.  Nationale  Heldevdichtung,  Heidelberg  1907),  qui 
est  un  modele  de  clarte  et  d'exaclitude. 

'  Les  Legendes  epiques,  recherches  sur  la  for/nution  des  chansons  de  geste 
(Paris,  Librairie  H.  Champion).  Deux  volumes  ont  paru,  dates  de  1908: 
I.  Le  Cycle  de  Guillaume  d'Orange.  —  II.  La  Legende  de  Girard  de  Rous- 
sillon.  La  Legende  de  la  Conquete  de  la  Bretagne  par  le  roi  Charlemagne. 
Les  Chansons  de  geste  et  les  routes  d'Italie.  Ogier  de  Danemark  et  Saint- 
Faron  de  Meaux.     La     Legende  de  Raoul  de  Cambrai. 


Les  theories  sur  la  forntaiion  des  chansons  de  geste.  53 

derö  comme  le  prototype  du  Guillaume  epique,  mais  que 
d'autres  Guillaume  etaient  venus  se  confondre,  disait-on, 
avec  ce  Guillaume  et  ajoutaient  ä  sa  biographie  poetique 
des  traits  qui  originairement  n'y  appartenaient  pas.  Cette 
explication  est  considerablement  modifiee  par  M.  Bedier.  II 
constate  qu'entre  le  Guillaume  historique  et  le  Guillaume 
epique  il  y  a  ceci  de  commun :  ils  sont  tous  les  deux  de 
vaillants  champions  de  la  chretiente  contre  les  infideles ;  la 
femme  du  comte  de  Toulouse,  comme  celle  de  Guillaume 
d'Orange,  s'appelle  Guibourc,  et  vers  la  fin  de  leur  vie,  les 
deux  heros  se  retirent  dans  le  monastere  de  Gellone,  oü  ils 
meurent  en  odeur  de  saintete.  Pour  le  reste,  tous  les  pre- 
tendus  traits  historiques  dans  les  poemes  du  cycle  de  Guil- 
laume sont  pure  fable  et  dus  ä  l'imagination  du  poete.  Mais 
oü  les  auteurs  des  chansons  de  geste  ont-ils  appris  les  quel- 
ques traits  historiques  tres  sürs  que  j'ai  signales  tout  ä  l'heure? 
Ils  les  ont  appris  des  moines  de  Gellone.  Gar  Gellone  est 
situe  sur  la  grande  route  de  peleringe  qui  conduit  de  Paris  ä 
Saint-Gilles  en  Provence  et  a  Saint-Jacques  en  Galice.  II 
n'est  pas  douteux  que  p.  ex.  les  auteurs  du  Charroi  de 
Nhnes  et  du  Montage  Guillaume  ont  eux-memes  par- 
couru  ce  chemin,  tellement  il  est  bien  decrit  dans  leurs  poe- 
mes. On  sait  depuis  longtemps  que  les  pelerins  enten- 
daient  sur  leur  chemin  chanter  des  chansons  de  geste.  Ber- 
trand de  Bar-sur-Aube,  auteur  de  deux  poemes  appartenant 
au  cycle  de  Guillaume,  dit  expressement  qu'il  a  interroge  un 
pelerin  revenant  de  Saint-Jacques  de  Galice  et  de  Saint-Pierre 
de  Rome: 

A  un  juedi,  cant  dou  mostier  issi, 
Ot  escoute  un  gaillart  pallerin 
Qui  ot  Saint  Jaique  aore  et  servi 
Et  par  Saint  Piere  de  Rome  reverti. 
Cil  li  conta  ce  que  il  sot  de  fi, 
Les  aventures  que  a  repaire  o'i 
Et  les  grans  poines  que  dans   Girars   soufri, 
Ains  qu'il  eüsl  Viane. 

(Girari  i/e    Viane). 


54  ^-  Langfors, 

«Cette  route  (qui  conduisait  de  Paris  a  Saint-Gilles  en  Pro- 
vence et  de  lä  en  Espagne),  de  grandes  troupes  de  pelerins 
la  battaient  au  XP  et  au  XII^  siecles :  c'est  l'epoque  des  pre- 
mieres  croisades,  et  ils  sont  pleins  de  l'esprit  de  ces  temps 
aventureux.  Dans  toutes  les  villes  du  Midi  qu'ils  traversent, 
on  leur  montre  des  ruines  faites,  leur  dit-on,  par  les  Sarrasins. 
La  terre  d'Espagne  vers  laquelle  ils  s'acheminent  est  encore 
en  grande  partie  occupee  par  les  Musultnans.  Sur  leur  route 
se  dresse  un  sanctuaire,  Gellone,  oü  repose  le  corps  de  Gull- 
laume,  jadis  ennemi  glorieux  de  ces  Musulmans.  N'est-ce  pas 
lä,  de  l'excitation  religieuse  et  guerriere  des  ces  pelerins,  de 
l'esprit  de  croisade,  des  offices  liturgiques  oü  l'on  celebrait 
la  gloire  du  «saint  athlete  de  Dieu»,  des  prieres  sur  son  tom- 
beau,  n'est-ce  pas  lä,  demande  M.  Bedier,  que  naquit  la  legende 
de  Guillaume?  Ces  fictions  embryonnaires,  les  moines  de 
diverses  eglises  interessees  ä  retenir  les  pelerins  et  ä  les  edi- 
fier,  les  Jongleurs  nomades,  sürs  de  trouver  aux  abords  de  ces 
eglises  le  public  forain  et  souvent  renouvele  qui  les  faisait 
vivre,  les  ont  developpees.» 

Mais  le  cas  du  cycle  de  Guillaume  d'Orange  n'est  pas 
isole  En  etendant  plus  loin  ses  investigations,  M.  Bedier 
constate  que  d'autres  epopees  s'attachent  egalement  ä  certains 
sanctuaires  beaucoup  frequentes.  Le  heros  de  la  chanson  de 
geste  de  Girard  de  Roussillojt  etait  venere  comme  saint  dans 
l'abbaye  de  Vezelay  en  Bourgogne,  tout  ä  fait  comme  saint 
Guillaume  etait  le  patron  du  monastere  de  Gellone.  La 
chanson  de  Gormojid  et  Isembart  s'attache  de  pres  ä  l'abbaye 
de  Saint-Riquier.  Dans  certaines  autres  chansons  de  geste 
l'abbaye  de  Saint-Denis  joue  un  role  egalement  important. 
De  meme,  il  n'y  a  aucune  chanson  de  geste  qui  soit  localisee 
en  Italie,  si  ce  n'est  sur  les  grandes  routes  de  pelerinage  qui 
conduisaient  ä  Rome  ou  aux  ports  d'embarquement  pour  la 
Terre  Sainte.  C'est  sur  de  pareUles  constatations  que  M.  Be- 
dier fonde  sa  nouvelle  theorie  de  l'origine  des  chansons  de 
geste,  theorie  dont  voici  le  resume. 

«II  n'est  point  prouve,  comme  on  le  croit  communement, 
que  les  romans  de  chevalerie  du  XIP  et  du  XIIP  siecles  derivent. 


Les  theories  sur  la  forinaiiov  des  chansons  de  geste.  55 

par  une  tradition  litteraire  ininterrompue,  de  «cantil^nes»  ou 
de  «chants  lyricoepiques»,  plus  vieux  de  plusieurs  centaines 
d'annees  ...  Ce  n'est  pas  necessairement  dans  une  hypo- 
thetique  epopee  contemporaine  de  Charlemagne  qu'il  faut 
chercher  les  origines  des  romans  du  XIP  et  du  XIIP  siecles; 
c'est,  a  l'ordinaire,  dans  les  sentiments  et  dans  les  idees,  dans 
les  goüts  et  dans  les  interets  des  hommes  du  XIP  et  du 
XIIP  siecles.  Les  chansons  de  geste,  colportees  par  des  Jon- 
gleurs nomades,  etaient  surtout  destinees  ä  ces  publics  forains 
que  des  exhibitions  de  reliques  et  des  marches  attiraient 
autour  des  principaux  sanctuaires.  A  peu  d'exceptions  pres, 
les  legendes  epiques  du  moyen  äge  se  rattachent  chacune  a 
une  certaine  abbaye,  qui  etait  alors  but  de  pelerinage  ou 
etape  de  pelerinage  ou  qui  se  dressait  sur  Templacement  ou 
sur  le  chemin  d'une  foire  illustre.  C'est  lä,  aux  abords  de 
ces  divers  sanctuaires,  que  les  legendes  epiques  se  sont  for- 
mees,  par  l'effort  combine  de  moines  et  de  Jongleurs  pareille- 
ment  Interesses  a  attirer  et  ä  retenir,  ä  edifier  et  ä  recreer 
un  meme  public  de  marchands  et  de  pelerins.» 


J'ai  täche  de  donner  un  apergu  des  differentes  theories 
sur  la  formation  des  chansons  de  geste,  apergu  qui  n'est  que 
trop  incomplet  et  qui,  pour  des  raisons  faciles  ä  voir,  ne  peut 
etre  exempt  de  partialite. 

Tous  les  critiques  qui  ont  parle  du  nouvel  ouvrage  de 
M.  Bedier  l'ont  fait  en  termes  les  plus  elogieux.  Mais  il  va 
de  soi  qu'une  theorie  tellement  revolutionnaire,  qui  veut  annu- 
1er  a  peu  pres  tout  ce  que  l'on  a  ecrit  jusqu'ä  present  sur 
l'origine  des  chansons  de  geste,  ne  sera  acceptee  du  premier 
coup  par  tout  le  monde.  Nous  avons  dejä  ete  temoins  d'une 
polemique  entre  M.  Bedier  et  un  representant  de  l'ancienne 
ecole,  M.  A.  Longnon,  ä  propos  de  Raoul  de  Cambrai,  et  j'ai 
cite  ici  meme  un  compte-rendu  sceptique  de  M.  Foerster.  Je 
n'ai  pas  besoin  de  dire  combien  la  question  est  difficile.  II 
suffira  de  signaler  que  la  discussion  se  deroule  souvent  autour 
d'un   document   dont  il  n'existe  pas  encore  d'edition  qui  soit 


$6  .1.  Ldngfors,    Les  iheorics  siir  /n  fonnd/iou  des  cfiansons  lic  geste. 

accessible  ä  tout  le  monde:  j'entends  la  ChanQun  de  Willame 
nouvellement  decouverte,  docurnent  dont  le  temoignage  est 
tres  diversement  interpretc  par  les  critiques.  Et  M.  Be- 
dier  sait  mieux  que  personne  que  la  discussion  n'est  que 
commencee.  II  dit,  a  propos  de  la  polemique  avec  M. 
Longnon,  que  les  representants  de  Tancienne  ecole  repeteront 
sans  doute  pendant  des  annees  encore  l'idee  qui  domine  leurs 
divers  travaux  sur  les  chansons  de  geste:  ä  savoir  que  si  l'on 
trouve  dans  un  roman  du  XII<=  et  du  XIIP  siecle  quelque 
Souvenir  d'evenements  historiques  d'une  epoque  reculee,  ce 
Souvenir  provient  necessairement  d'une  «cantil^ne»,  d'un  poeme 
plus  ancien^  contemporain  de  ces  evenements.  «Mais»,  ajoute 
M.  Bedier  avec  une  juste  fierte,  «nous  sommes  plusieurs  qui 
ne  le  disons  plus;  et  c'est  precisement  ce  qu'il  y  a  de  change 
dans  la  critique  des  chansons  de  geste». 

Au  debut  de  cet  apergu  j'ai  parle  de  la  Chanson  de 
Roland.  Pour  finir,  je  me  permets  de  revenir  au  meme  sujet. 
L'etude  de  M.  Bedier  sur  cette  chanson  de  geste  n'a  pas 
encore  paru,  mais  je  crois  que,  quand  eile  paraitra,  eile  nous 
dira  ä  peu  pres  ceci. 

Si  la  ville  de  Blaye,  oü  Roland  fut  enterre,  et  si  Ron- 
cevaux  n'etaient  situes  sur  la  route  de  pelerins  qui  conduit  ä 
Saint-Jacques  de  Compostelle,  le  nom  de  Roland  dans  la  Vita 
Karoli  d'Einhard  serait  sans  doute  lettre  morte  comme 
ceux  de  ses  compagnons  tombes  en  778.  La  Chanson  de 
Roland  doit  probablement  son  existence,  non  ä  des  chants  ä 
peu  pres  contemporains  ä  sa  mort,  mais  ä  un  heureux  hasard 
qui,  trois  siecles  apres  le  desastre,  conduisait  ä  Roncevaux, 
avec  d'autres  pelerins,  un  poete  d'une  Imagination  puissante 
et  grande.  C'est  sur  la  route  de  pelerins  qu'il  entendait 
parier    du    Roland  historique  —   que    les  religieux  des  divers 


^  On  pourrait  peut  etre  reprocher  ä  M.  Bedier  d' adresser  sa  critique 
trop  exclusivement  contre  la  theorie  de  Gaston  Paris  et  de  negliger  un  peu 
les  autres,  notaniment  celle  qui  suppose  des  recits  oraux  comme  la  source 
des  chansons  de  geste. 


y.  Öluiiiist,   Roniaiitik  ii.  Klassik  in  ikr  iiwikrucn  dcutsihcn  IHchtung.       57 

sanctuaires  connaissaient  pour  avoir  lu  les  chroniques  —  et 
il  composa  son  poeme  sous  l'impression  des  recits  qu'il 
entendait  sur  la  scene  meme  des  evenements,  oü,  dans  son 
Imagination  de  poete,  il  lui  semblait  voir  revivre  les  Chevaliers 
de  Tempereur  ä  la  barbe  fleurie  et  entendre  le  son  du  cor 
de  Roland  mourir  dans  les  precipices  des  Pyrenees. 

A.  Längfors. 


Romantik  und  Klassik  in  der  modernen  deutschen  Diclitung.' 

Vortrag,   gehalten   in   der  Neuphilologenversammlung  zu   Helsingfors 
den    13.  Januar   1909. 

In  Zeiten  des  Übergangs,  wo  es  an  einer  Kultursyntese 
fehlt,  die  der  Zeit  eine  feste  Physiognomie,  einen  Stil  aufdrückt, 
befinden  sich  die  Ideale,  die  allgemein  geistigen  wie  die 
speziell  künstlerischen,  in  einem  stetigen  Fluss  und  Verwand- 
lungsprozess.  Da  sehen  wir  ein  fortwährendes  Suchen  und 
Tasten,  ein  Verwerfen  dessen,  was  noch  eben  angebetet  worden, 
und  eine  fanatische  Begeisterung  für  Neues,  nur  weil  es  neu, 
weil  es  etwas  Anderes  ist. 

Seit  einigen  Jahrzehnten  befindet  sich  die  deutsche 
Litteratur  in  einem  solchen  Zustande  des  Tastens  und  Suchens. 
Nachdem  die  klassische  Spätkunst  Goethes  von  der  Gefühlsextase 
der  Romantiker  überwuchert  und  diese  wiederum  durch  die 
nüchterne  und  journalistisch  geschäftsmässige  Litteratur  des 
Jungen  Deutschland  zurückgedrängt  worden  war,  suchten 
Nachgeborene  auf  dem  Schutt  der  Jahrzehnte  das  einmal  so 
üppige  Korn  der  Klassiker  zu  pflanzen.  Aber  das  war  nur 
ein  schwächlicher  Nachklang.  Es  breitete  sich  jene  Epigonen- 
litteratur  aus,  die  allen  Zusammenhang  mit  dem  Leben  verlor 


'  Nachfolgende  Ausführungen  sind  zum  Teil  durch  Gesichtspunkte 
angeregt,  die  Samuel  Lublinski  in  seinen  geistreichen,  aber  leider  ungemein 
verworren  und  unübersichtlich  disponirten  Büchern  >l)ie  Bilanz  der  Moderne» 
und   »Der  Ausgang  der  Moderne»   entwickelt. 


58  Johannes   Öhquist, 

und  schliesslich  in  den  Untiefen  der  Unterhaltungslitteratur 
und  journalistischen  Oberflächlichkeit  versandete.  In  dem 
politischen  und  sozialen  Aufschwung,  der  auf  den  grossen  Krieg 
von  1870 — 71  folgte,  ward  alle  geistige  Kraft  in  die  Kämpfe 
des  öffentlichen  Lebens  hineingezogen,  und  Pflege  und  Schutz 
der  intimeren  Kultur  geriet  in  die  Hände  des  plötzlich  zur 
Herrschaft  gelangten  Parvenüs.  Genusssucht  und  Erwerbsgier, 
Verachtung  jeglicher  idealen  Lebensauffassung  und  ein  kunst- 
feindlicher Materialismus,  das  ist  der  Boden,  aus  dem  eine 
Reaktion  aufwachsen  musste. 

Die  Männer,  die  gegen  dieses  geistige  Elend  ankämpfen 
wollten,  fanden  keine  Führer  in  der  Heimat.  So  richtete  man 
seine  Blicke  nach  dem  Ausland.  Und  da  waren  es  drei 
Länder,  von  denen  aus  beinahe  gleichzeitig  die  Anregungen 
zu  einer  Wiedergeburt  der  Dichtung  kamen.  Ibsen  —  Dosto- 
jewski und  Tolstoj  —  und  vor  allen  Zola  wurden  die  Lehr- 
meister der  jungen  Generation  in  Deutschland. 

Von  wie  unklarer  und  rein  teoretischer  Natur  diese 
Bewegung  anfangs  in  Deutschland  war,  geht  schon  aus  der 
Tatsache  hervor,  dass  Zola  mit  seinem  Buch  über  den  experi- 
mentellen Roman  der  geistige  Vater  des  Naturalismus  in 
Deutschland  werden  konnte.  Denn  dieser  experimentelle 
Roman,  der  sich  analog  mit  den  Naturwissenschaften  auf 
Beobachtung  und  nur  auf  Beobachtung  stützen  soll,  ist  durch 
die  Zolasche  Definition  des  Kunstwerkes  von  vornherein  wider- 
legt. Ein  Stück  Natur,  durch  das  Temperament  des  Künst- 
lers gesehen,  ist  schon  nicht  mehr  ein  naturalistisches  Kunst- 
werk im  eigentlichen  Sinne.  Aber  dem  Künstler  Zola  kam 
es  gar  nicht  auf  die  Wissenschaft  an.  Was  er  suchte,  war 
die  grosse  Form,  der  Stil,  die  Monumentalität.  Er  war  ein 
Nachzügler  der  Revolution,  und  wollte  gegen  Laster  und 
Gebrechen  der  menschlichen  Gesellschaft  den  gerechten  Kampf 
des  idealistisch-romantischen  Weltverbesserers  kämpfen.  Um 
diesen  Kampf  mit  dem  gehörigen  Patos  führen  zu  können, 
musste  er  die  von  ihm  bekämpften  Feinde  vergrössern  und 
ins  Monumentale  emporsteigern.  Er  schuf  daher  jene  myto- 
logischen    Ungeheuer,    die    er    auf  den  Namen  Milieu  taufte: 


i 


Romantik  und  Klassik  in  ihr  modernen  deutschen  Dichtung.  59 

die  Branntvveinschenke,  die  Eisenbahn,  die  Börse,  die  Gross- 
stadt. Das  sind  alles  Schöpfungen  seines  Temperaments,  in 
denen  er  das  industrielle,  kapitalistische  und  soziale  Getriebe 
seiner  Zeit  monumentalisirte,  aber  keineswegs  ein  exaktes 
Bild  der  Wirklichkeit  im  Sinne  des  konsequenten  Naturalis- 
mus gab. 

Trotzalledem  war  es  gerade  Zola,  dem  die  neue  Richtung 
in  Deutschland  ihre  entscheidende  Anregung  verdankt.  Denn 
auf  ihn  stützen  sich,  trotzdem  sie  ihn  zugleich  bekämpfen, 
die  beiden  Schriftsteller,  Arno  Holz  und  Johannes  Schlaf, 
die  zum  ersten  mal  in  Deutschland  den  Naturalismus  als 
ästetisches  Prinzip  und  Dogma  konsequent  durchführten, 
indem  sie  das  Temperament  ganz  eliminirten  und  die  Metode 
der  Naturwissenschaft,  so  genau  wie  dies  überhaupt  möglich 
war,  auf  die  Dichtkunst  zu  übertragen  suchten.  Zum  Para- 
digma ihrer  Kunstgrammatik  ward  das  berühmte  Gleichnis 
vom  fallenden  Blatt,  wo  jede  Phase  dieses  Fallens  mit  intimster 
Exaktheit  und  Genauigkeit  geschildert  wird. 

In  künstlerischen  Naturen  musste  diese  mikroskopische 
Pedanterie  zum  litterarischen  Impressionismus  führen.  Denn 
da  das  menschliche  Leben  nicht  in  seiner  Breite  und  Fülle 
mikroskopisch  geschildert  werden  kann,  ward  der  momentane 
Vorgang  zum  eigentlichen  Stoff  der  exakten  Manier.  Es 
sollten  also  vor  allem  die  Augenblickseindrücke,  die  Impres- 
sionen wiedergespiegelt  werden.  Die  liebevolle  Versenkung 
in  den  Moment,  die  übergenaue  Beobachtung  von  Licht-, 
Luft-  und  Raumerscheinungen  ergab  eine  malerische  Stimmung, 
die  allmählich  eine  Sensibilität  erzeugen  musste,  die  sich  gegen 
die  massive  und  doktrinäre  Wuchtigkeit  eines  Zola  auflehnte. 
Wie  bei  Zola  das  Milieu,  so  wurde  nun  bei  den  Impressio- 
nisten die  Stimmung  der  eigentliche  Held,  und  der  Mensch 
wurde  ihr  preisgegeben  und  ausgeliefert,  und  ging  in  ihr  auf. 

Trotz  aller  Intimität  war  man  aber  dabei  nicht  der 
Gefahr  entgangen  sich  in  einem  Labyrint  von  Kleinkram  zu 
verirren.  In  dem  Verlangen  nach  Wahrheit  und  Natur,  das 
sich  in  so  raffinirter  Weise  differenzirt  hatte,  kam  man 
schliesslich    zu    Kunstwerken,    die    im    Grunde  nichts  anderes 


6o 


yolinniics    Öh(]uist, 


waren  als  Flickteppiche,  bunte  kaleidoskopische  Sammelsurien 
von  Einzelheiten,  denen  das  geistige  Band  fehlte.  Dieses  enge 
Gebiet  des  eigentlichen  Naturalismus  musste  sich  über  kurz 
oder  lang  erschöpfen:  die  Mühlsteine  der  Dichter  begannen 
gegen  einander  zu  reiben,  weil  es  kein  Korn  mehr  zu 
mahlen  gab. 

In  dieser  geistigen  und  künstlerischen  Armut  erwacht 
nun  eine  Sehnsucht,  von  einer  solchen  Tretmühle  des  Alltags, 
von  diesem  Minotaurus  »Milieu»  befreit  zu  werden,  eine 
Sehnsucht  vom  Handgreiflichen,  Sinnfälligen  zum  Seelischen, 
vom  roh  Stofflichen  zum  künstlerisch  Formalen,  vom  Demokra- 
tischen, Sozialen,  Nivellirenden  zum  Aristokratischen,  Aparten. 

Und  da  tritt  in  den  Gang  der  litterarischen  Entwickelung 
der  Einfluss  eines  Mannes,  der  dieser  Sehnsucht  einen  be- 
rückenden Ausdruck  verleiht:  Friedrich  Nietzsche.  Um  1890, 
nachdem  sein  Zarathustra  erschienen,  geht  sein  Stern  auf, 
und  er  wird  zum  Führer  und  Abgott  der  neuen  Reaktion 
gegen  den  Naturalismus. 

Dass  Nietzsche  zum  geistigen  Vater  der  modernen 
Romantik  wurde,  liegt  nur  zum  Teil  in  seinem  eigenen  Wesen 
begründet,  denn  er  ist  seiner  ganzen  Denk-  und  Empfindungs- 
weise  nach  nur  ein  Halbblutromantiker.  Sein  Abfall  von 
Wagner,  denr  Romantiker  kat'  exochen,  zeigt  das  schon.  Aber 
auch  seine  Weltanschauung  stimmt  nicht  mit  der  der  eigent- 
lichen Romantiker  überein.  Sie  ist  ganz  auf  das  Diesseits 
gerichtet.  Allerdings  wollte  auch  er  dieses  Diesseits  durch 
die  Tiefe  religiösen  Lebens  verinnerlichen,  aber  ohne  in 
einen  Jenseitsglauben  zu  verfallen.  Noch  etwas  anderes  trennt 
ihn  von  der  Romantik:  sein  Stil.  In  seinem  Hauptwerk,  dem 
Zarathustra,  ist  es  allerdings  der  Dityrambus,  der  das  Ganze 
beherrscht,  aber  es  ist  ein  streng  gezügelter,  auf  seine  kürzeste 
Formel  zusammengedrängter  Dityrambus.  Hier  wie  in  seinem 
ganzen  Werk  ist  ihm  die  eherne  Härte  des  Römertums  das 
Muster.  »Gedrängt,  streng,  mit  so  viel  Substanz  als  möglich 
auf  dem  Grund,  eine  kalte  Bosheit  gegen  das  schöne  Wort» 
—  das  ist  das  Ideal,  das  er  erstrebt.  Zum  ersten  mal  geschieht 


I 


Roinotilik  uinl  Klassik  in  iler  nioilerneu  ilevtschoi   Pic/itmii;.  61 

es  hier,  dass  ein  Romantiker  ein  grosser  und  herber  Stil- 
künstler wird. 

Zum  Neuromantiker  wurde  Nietzsche  durch  den  Konflikt, 
in  den  er  zu  seiner  eigenen  Zeit  geriet.  Was  Nietzsche  im 
letzten  Grunde  erstrebte,  war  Kultur,  Kultur  in  jenem  höchsten 
Sinne,  wie  sie  das  Ziel  aller  grossen  Epochen  der  Menschheit 
gewesen,  als  Verschmelzung  des  Nützlichen  und  Wissenschaft- 
lichen mit  höchster  und  erlebter  Kunst  und  Ästetik,  als 
elastische  Einheit  von  Wissen  und  Glauben,  Gemüt  und  Intellekt. 
Was  aber  sah  er  rings  um  sich.'  Ein  Banausentum,  das  sich 
mit  seiner  auf  Erfolge  der  Technik  aufgebauten  Zivilisation 
brüstete.  Diese  Zivilisation  der  Vielzuvielen,  die  er  inbrünstig 
und  rücksichtslos  hasste.  Er  hätte  logischerweise  Weltflucht 
predigen  müssen,  aber  statt  des  Nirwana  erhob  er  die  Macht 
auf  den  Tron  der  Werte  und  verlangte  eine  Differenzirung, 
Vertiefung,  Verfeinerung  der  modernen  Seele,  um  eine  für 
eine  neue,  wirkliche  Kultur  empfängliche  und  zeugungskräftige 
Rasse  zu  züchten.  Und  hier  Hess  er  sich  von  dem  darwi- 
nistischen  Dogma  der  natürlichen  Zuchtwahl  zu  seinem  roman- 
tischen Traum  vom  Übermenschen  verleiten,  dem  Übermen- 
schen, der  ihm  zum  Symbol  wurde  für  den  Gipfel-  und  Höhe- 
punkt menschlicher  Kultur,  den  zu  erhoffen  er  sich  berech- 
tigt glaubte. 

In  dir  selbst  sollst  du  das  Gesetz  tragen,  sagt  Nietzsche- 
Zarathustra.  Und  unverbrüchlich  sollte  dieses  Gesetz  gelten, 
für  ihn  wie  für  alle  anderen.  Aus  dem  freien  und  grossen 
Menschen,  der  eine  ganz  neue  Art  darstellen  sollte,  leitete 
er  die  künftige  Kultur  her,  aus  dem  grossen  Menschen,  der 
hart  und  grausam  und  unerbittlich  gegen  sich  selbst  sein 
musste,  wenn  er  Kultur  zeugen  und  schaffen  wollte.  Das 
war  seine  Religion  vom  Übermenschen,  und  an  diesem 
Übermenschen  ward  er  selber  zum  Romantiker. 

Dass  Nietzsches  Sehnsucht  nach  einer  Kultur  und  damit 
sein  Traum  vom  Übermenschen  ein  Traum  blieb  und  ein 
Traum  bleiben  musste,  war  seine  eigene  Schuld.  Was  allein 
der  Boden  einer  künftigen  Kultur  werden  konnte,  die  moderne 
demokratische    Welt    der    Technik    und    Nivellirung,  existirte 


62  yohanties  Öhqtdst, 

nicht  für  ihn.  Er  liebte  sie  nicht,  verstand  sie  nicht  und 
suchte  keine  Verbindung  mit  ihr.  Für  ihn  existirte  nur  das 
eine  grosse  Individuum,  mit  dem  er  die  Welt  aus  den  Angeln 
heben  wollte.  Und  diese  Einseitigkeit  seiner  Natur  ward  zum 
Verhängnis  für  die  ganze  Richtung,  die  von  ihm  ihren  Aus- 
gang nimmt  und  die  wir  mit  dem  Namen  Neuromantik 
bezeichnen. 

Was  ist,  was  will  nun  diese  Neuromantik.?  Zur  Klar- 
stellung des  Begriffs  mag  zuerst  gesagt  werden,  was  sie  nicht 
will,  um  damit  zugleich  den  wesentlichen  Unterschied  zwischen 
ihr  und  jener  alten  Romantik  aus  dem  Anfang  des  neunzehnten 
Jahrhunderts  festzustellen.  Sie  hat  nichts  mit  irgend  einer 
nationalistisch-altdeutschen  Strömung  zu  tun;  sie  hat  keine 
antiquarisch-historischen  Interessen;  sie  weiss  nichts  von  einer 
volksliedmässigen  Tendenz.  Sie  ist  mit  einem  Wort  etwas 
wesentlich  anderes  als  was  wir  unter  dem  litteraturhistorischen 
Begriff  der  deutschen  Romantik  verstehen. 

Aber  Eines  hat  sie  mit  jener  wie  mit  aller  Romantik 
gemein:  das  was  wir  in  dem  einen  Wort  »Identität»  zusam- 
menfassen. Der  Romantiker  ist  nicht  nur  Künstler,  er  ist 
auch  Religiöser.  Er  erlebt  in  seinem  Gemüt  das  ungeheure 
Gefühl  der  Alleinheit  des  Weltganzen,  die  Identität,  gegenüber 
welcher  alle  Einzelerscheinungen  verschwinden.  So  wird  ihm 
die  Kunst,  das  Kunstwerk,  in  einem  viel  tieferen  Sinne  als 
gewöhnlich  Symbol.  Und  in  diesem  Identitätsgefühl  geht 
seine  Sehnsucht  noch  weiter:  er  will  in  den  Urgrund  alles 
Seins  eindringen,  er  will  erfühlen  was  die  Welt  im  Innersten 
zusammenhält,  er  will  in  sich  selbst  das  Weltall  reproduziren, 
er  will   Gott  sein. 

Diese  Mystik  ist  der  goldene  Schleier,  der  in  mehr 
oder  weniger  dichten  Falten  ein  jegliches  romantische  Kunst- 
werk umwallt.  Es  stehen  denn  auch  tatsächlich  schon  an  der 
Schwelle  der  modernen  Romantik  drei  Dichtergestalten,  in 
denen  dieser  Mystizismus  bis  zur  höchsten  Potenz,  ja  Absur- 
dität gesteigert  ist:  Paul  Scheerbart,  Peter  Hille  und  Alfred 
Mombert.  Alle  drei  haben  mit  der  Wirklichkeit  schlechter- 
dings   nichts    zu    tun.     Es    ist    für    sie    überhaupt  ein  fataler 


Romantik  und  Klassik  in  der  modernen  deutsihen   Dichtung,  63 

Zufall,  dass  etwas  Körperliches  ihnen  anhaftet,  denn  sie  stehen 
in  einem  ausschliesslichen  und  ununterbrochenen  Kontakt  mit 
dem  Kosmos  und  der  Welt  des  Unsichtbaren.  Und  dieser 
Kosmos  ist  ihnen  nicht  etwas  Anbetungswürdiges  und  Heiliges, 
sondern  ein  persönliches  Besitztum,  das  ihnen  nur  deshalb 
aus  den  Händen  gleitet  oder  sich  ihnen  nicht  in  die  Hände 
giebt,  weil  es  ihnen  nicht  gelingt  den  Schlüssel  zu  dessen 
Mysterium  zu  finden. 

Der  Epikuräer  Scheerbart  sieht  in  dem  Weltall  ein 
schönes  Schauspiel,  das  in  einem  Traum-  und  Opiumrausch 
genossen  werden  soll.  Der  Gemütsmystiker  Hille  will  in 
seinem  panteistischen  Allgefühl  alles  überhaupt  erleben,  was 
zwischen  Himmel  und  Erde  vorsichgeht,  und  der  Lyriker 
Mombert  endlich  möchte  sich  mit  der  Weltseele  selbst  identi- 
fiziren,  indem  er  in  den  Halluzinationen  eines  im  Fieber 
Glühenden,  oder  im  Kraftgefühl  eines  weltschöpferischen  Gottes 
oder  schliesslich  in  den  Grübeleien  einer  allmächtigen  Univer- 
salweltvernunft dem  Mysterium  des  Daseins  beizukommen  sucht. 

Die  Kunst  dieser  Dichter  musste  an  den  beiden  Klippen 
zu  Grunde  gehen,  an  denen  alle  extreme  Romantik  von  jeher 
gescheitert  ist:   an  der  Überspanntheit  und  an  der  Formlo.sigkeit. 

Diese  beiden  Grundfehler  hat  die  moderne  Romantik  in 
ihrem  weiteren  Verlauf  überwinden  gelernt.  Und  vor  allem 
ist  .sie  schon  sehr  bald  aus  der  Formlosigkeit  in  eine  höchst 
raffinirte  Formkunst,  ja,  in  ein  Ästeten-  und  Artistentum 
übergeschlagen,  das  einen  einseitigen  Kultus  der  Form  zum 
Prinzip  erhob. 

Als  der  typische  Vertreter  dieser  Seite  der  Neuromantik 
erscheint  der  Lyriker  Stefan  George  und  der  um  ihn  sich 
schaarende  Kreis  der  »Blätter  für  die  Kunst».  Hier  finden 
wir  den  entschiedensten  Gegensatz  und  Todfeind  des  Natura- 
lismus. Schon  das  erste  Auftreten  dieser  Lyriker  ist  kenn- 
zeichnend für  ihren  artistisch  exklusiven  Standpunkt.  Ihre 
Gedichte  erschienen  viele  Jahre  lang  in  Ausgaben,  die  nicht 
in  die  Öffentlichkeit  gelangten,  sondern  nur  einem  engen 
Kreis  Gleichgesinnter  zugänglich  waren.  Um  ihre  Kunst  dem 
profanum    vulgus    noch    unzugänglicher    zu  machen,  ersannen 


64  Johannes   Öhquist, 

sie  zu  den  inneren  Hindernissen,  die  in  einer  bis  zur  Unver- 
ständlichkeit  gedrängten  Sprache  bestehen,  noch  äussere:  sie 
schafften  Majuskeln  und  Interpunktion  beinahe  vollständig  ab 
und  gefielen  sich  darin  dem  Leser  Rätsel  aufzugeben. 

Ihr  letztes  Ziel  ist  ein  weltfremder  Tempel  der  Schönheit; 
ihr  Programm:  die  Kunst  um  der  Kunst  willen;  ihr  Mittel: 
eine  auf  die  kürzeste  Formel  gebrachte  Sprachkunst.  Vor 
allem  wegen  dieser  Energie  der  Konzentration  in  Stil  und 
Ausdruck  kann  Georges  Bedeutung  für  die  formale  Weiterent- 
wicklung der  deutschen  Lyrik  nicht  hoch  genug  eingeschätzt 
werden.  Mit  der  kleinsten  Kraft  sind  hier  die  grössten  Wir- 
kungen erzielt.  In  seinen  Gedichten  sind  ganze  Rosenbüsche 
zu  Fläschchen  Rosenöl  destillirt.  Die  Reinheit  und  Intensität 
der  Stimmung  erreicht  hier  eine  früher  nicht  gekannte  Stärke. 
Es  ist  in  formaler  Beziehung  eine  selten  gesehene  Harmonie 
zwischen  Wollen  und  Können. 

Leider  genügt  aber  der  geistige  Gehalt  nicht  immer, 
um  diese  Poesie  auch  für  die  Kulturentwickelung  im  Grossen 
fruchtbringend  und  bedeutsam  zu  machen.  Sie  ist  allerdings 
reich  an  inhaltlichen  Schönheiten:  wundervolle  Landschaftsidyl- 
len wechseln  ab  mit  Bekenntnissen  von  heroischer  Zartheit 
und  visionären  Träumen,  die  in  ihrer  Körperlosigkeit  und 
Sehnsucht  über  Irdisches  hinausgehen.  Aber  anderseits  wer- 
den oft  Bagatellen  oder  nichtssagende  Sensationen  durch  die 
preziöse  Form  zu  einer  Höhe  hinaufgeschraubt,  wo  ihre  Nich- 
tigkeit in  einem  schreienden  Gegensatz  zu  dem  prunkvollen 
Gewände  steht.  Vor  allem  aber  ist  die  Konzentration  des 
bildlichen  und  sprachlichen  Ausdrucks  meist  zu  weit  getrieben 
und  gemahnt  nicht  selten  an  den  schwierigsten  Odenstil 
Klopstocks,  so  dass  man  auf  Stücke  stossen  kann,  die  selbst 
bei  der  genauesten  Analyse  ungelöste  Rätsel  bleiben.  Jeden- 
falls bleibt  der  litterarische  Einfluss  Georges  wesentlich  auf 
die  Form  beschränkt,  wie  er  auch  infolge  dieser  seiner  Ein- 
seitigkeit nur  für  die  eine  Seite  der  Neuromantik  repräsentativ 
ist,  wie  es  die  drei  erstgenannten  Dichter  nur  für  die  andere 
Seite,  wenn  auch  nur  in  beinahe  karrikirter  Weise,  waren. 

Wollen    wir    die    Neuromantik  in  ihrem  ganzen  Wesen, 


Romantik  iirn/  K'/assik  ifi  (kr  modernen  detitschen   Diclitun^s..  65 

in  ihren  beiden  hervorstechenden  Äusserungsformen,  der  Mystik 
und  dem  formalistischen  Schönheitskultus,  kennen  lernen,  so 
müssen  wir  uns  zu  einem  anderen  Dichter  wenden,  in  welchem 
diese  beiden  Seiten,  das  Mystische  allerdings  in  einseitig 
sensualistischer,  das  formal  Artistische  dagegen  in  fast  typisch 
vollendeter  Weise,  zum  Ausdruck  gekommen  sind,  und  der 
deshalb  als  der  eigentliche  und  interessanteste  Repräsentant 
der  modernen  Romantik  zu  betrachten  ist.  Dieser  Dichter 
ist    der    Wiener    Hugo   von  Hofmannsthal. 

1874  geboren,  begann  er  neunzehnjährig  als  feiner  und 
geschmeidiger  Wortkünstler,  der  in  graziösen  kleinen  Vers- 
dramen den  Worten  eine  bis  dahin  in  der  deutschen  Sprache 
nicht  dagewesene  zärtliche  Sinnlichkeit  und  üppige  Wollust 
einhauchte.  »Er  hat  zuweilen  Worte  —  sagt  ein  Kritiker  — , 
die  man  wie  mit  Fruchtsaft  gefüllte  Bonbons  auf  der  Zunge 
zergehen  lassen  muss,  um  sie  zu  geniessen,  und  vielleicht  ist 
seine  Poesie  für  manche  grosse  Kinder,  die  sich  an  ihr  delek- 
tiren,  eine  Art  poetischer  Konditorei».  Er  berauscht  sich  am 
Klang  seiner  eigenen  Sprache  und  diese  selbst  wird  ihm  zu 
einer  Art  Mysterium,  das  er  für  fähig  hält,  mit  magischer 
Kraft  eine  Welt,  einen  Organismus,  ein  Drama  heraufzu- 
beschwören. Das  malerische  Wort  in  wollautender  Rytmik 
wird  für  ihn  zu  einem  mystischen  Stellvertreter  der  rea- 
len Dinge. 

Diese  Neigung  zur  Mystik  führt  ihn  dann  in  seiner 
weiteren  Entwicklung  von  der  blos  auf  Stimmung  ausgehenden 
Formkunst  zum  Mytos,  das  ja  ein  symbolisirtes  Allgefühl, 
ein  vergegenständlichtes  Seelenerlebnis  ist  und  darum  auf 
den  Romantiker  als  solchen  eine  unwiderstehliche  Anziehungs 
kraft  ausübt.  Er  fühlte  sich  zu  jenen  dumpfen  Uranfängen 
hingezogen,  wo  die  schreckerfüllte  Phantasie  des  Wilden  Dämo- 
nen und  Götter  schuf.  Und  in  seiner  romantischen  Einseitig- 
keit sieht  er  im  Urleben  des  Menschen  nur  das  vernunftlose, 
dunkle  Triebleben,  die  Mystik.  Die  Art  und  Weise,  wie  er 
z.  B.  die  Entstehung  des  Opfers  erklärt,  ist  hierfür  kennzeich- 
nend. In  dem  Opfer,  das  —  unbefangen  und  mit  nüchternen 
Augen  betrachtet  —  seinen  Ursprung  wol  nur  in  dem  Wunsch 


66  yohan7Hs   Öhquisi, 

des  Menschen  hat  den  zürnenden  Gott  zu  bestechen  oder  ihm 
zu  danken,  sieht  Hofmannsthal  das  wollüstige  J3edürfnis  des 
Menschen  sich  selber  der  geheimnisvoll  nach  seinem  Blut 
dürstenden  Gottheit  zu  opfern,  nur  die  mystische  Wollust  des 
Sterbens.  Genau  in  derselben  Weise  sieht  er  in  der  Ge- 
schwisterehe, die  ein  sittlicher  Fortschritt  war,  weil  sie  die  bis 
dahin  übliche  Ehe  zwischen  Eltern  und  Kindern  verdrängen 
sollte,  nur  die  Mystik  der  Blutschande. 

Dieser  Hang  zu  einer  sensualistischen  Mystik  sucht  sich 
denn  auch  in  seiner  weiteren  litterarischen  Produktion  in  den 
griechischen  Sagen  von  Ödipus  und  von  Elektra  einen  Tum- 
melplatz, wo  er  sich  in  seiner  ganzen  brünstig  patetischen 
Wildheit  austoben  kann.  Diese  Gestalten,  die  bei  dem 
griechischen  Dichter  trotz  der  Last  eines  dunklen  Schicksals 
in  dem  klaren  und  kalten  Lichte  eines  bewussten  und  ver- 
nünftigen Willens  handeln,  werden  bei  Hofmannsthal  zu 
Besessenen  und  Hysterischen,  die  von  Blutrausch  und  mysti- 
schen Seelenkräften  beherrscht  werden. 

An  dieser  späteren  Entwicklungsphase  der  Hofmannsthal- 
sehen  Dichtung  können  wir  am  besten  wie  an  einem  Schul- 
beispiel sehen,  wie  die  moderne  Romantik  in  eine  ähnliche, 
wenn  auch  viel  schlimmere  Sackgasse  geriet,  wie  der  Natura- 
lismus. Der  Letztere  hatte  den  freien  Menschen  unter  der 
Wucht  des  Milieus  erdrückt.  Der  seiner  Handlungsfreiheit 
beraubte  Mensch  konnte  sich  nicht  rühren,  weil  Vererbung 
und  Umwelt  ihm  die  Flügel  seines  Willens  lähmten. 

Von  diesem  Schwergewicht  der  Dinge  und  Massen 
machte  sich  die  Romantik  frei.  Aber  sie  hatte  genau  den- 
selben Instinkt  und  denselben  Glauben  an  die  Abhängigkeit 
des  Menschen  wie  der  Naturalismus,  nur  dass  sie  an  die 
Stelle  des  abgesetzten  Tyrannen  » Milieu >  einen  anderen  auf 
den  Tron  erhob,  nämlich  die  eigene  Seele  des  Menschen. 
Die  Abhängigkeit  ward  dadurch  nur  noch  verstärkt  und  ver- 
innerlicht.  Denn  die  soziale  und  physiologische  Abhängigkeit 
der  Naturalisten  beschränkte  sich  doch  im  Grunde  nur  auf 
das  Leibliche.  Es  war  ein  Kampf  dagegen  in  der  einen  oder 
anderen  Form  denkbar.     Die  moderne  Romantik  stellte    aber 


Romantik  und  Klassik  in  der  modernen  deutschen  Dichtung.  67 

den  Menschen  in  .Vbhangigkeii  von  etwas  ganz  Mystischem, 
von  den  Sensationen  des  eigenen  Ichs,  welches  man  zudem 
in  phantastischer  Weise  mit  Mächten  identifizirte,  die  eo  ipso 
als  stärker  empfunden  wurden  als  der  menschliche  Wille. 

Die  Folge  hiervon  war,  dass  die  Erlebnisse  der  eigenen 
Seele,  auch  die  geringfügigsten,  masslos  übertrieben  wurden. 
Man  Hess  ein  ganzes  Heer  von  Impressionen  auf  der  fein- 
gestimmten Seele  spielen  und  gab  diese  Impressionen  in  ihren 
augenblicklichen  Nuancen,  in  ihren  flüchtigsten  Stimmungen 
mit  luxuriösem  Raffinement  wieder.  So  wurde  das  kleinste 
Gefühl  für  genügend  und  wert  befunden  eine  grosse  Form 
zu  füllen,  und  um  dies  zu  ermöglichen,  musste  man  entweder 
das  Gefühlchen  sehr  ernst  nehmen  und  aufblasen,  oder  auch 
die  Unzulänglichkeit  des  Inhalts  durch  äussere  Mittel,  Kostüm- 
flitter und  artistische  Tricks  zu  verdecken  suchen.  Und  um 
dieser  subjektiven  Selbstbespiegelung  und  Stimmungsschwel- 
gerei  einen  Schein  von  Berechtigung  zu  verleihen,  appellirte 
man  an  das  Schlagwort  Individualität,  Persönlichkeit. 

So  übertrieben  dies  erscheinen  mag  und  auch  tatsächlich 
war,  so  hatte  der  Neuromantiker,  wenn  er  um  sich  blickte, 
doch  nicht  so  ganz  unrecht,  wenn  er  auf  diesen  Kultus  der 
Innerlichkeit  und  des  Subjektivismus  stolz  war.  Denn  rings 
um  sich  sah  er  eine  prosaische  Welt  des  Philistertums  sich 
breit  machen,  die  nichts  anderes  kannte  und  anerkannte  als 
Zweckmässigkeit  und  Nutzen  und  daneben  als  gelegentliche 
Verzierung  des  Daseins  das  oberflächliche  Vergnügen  des 
Witzes  und  der  Sensation.  Er  sah  sich  als  den  Einzigen, 
der  noch  treu  jenes  Feuer  der  Idealität  hütete,  das  in  der 
reinen  und  edlen  Seele  der  Jugend  glüht,  den  Einzigen,  der 
in  der  Festlichkeit  des  Daseins  mehr  suchte  als  blosse  Zer- 
streuung. Und  in  diesem  Tempeldienst  der  Zartheit  und 
Empfindlichkeit  fühlte  er  sich  nicht  ohne  Grund  als  den  einzigen 
wirklich  Kulturellen  in  der  Moderne. 

Es  konnte  aber  nicht  ausbleiben,  dass  diese  an  sich 
berechtigte  ideale  Lebensempfindung  bei  der  vollständigen 
Entfremdung  von  allem  wirklichen  Leben,  der  die  Romantiker 
frönten,  schliesslich   zu  einer  Entartung  führen  musste,  die  von 


68  yohanties   Ohquist, 

selbst  eine  nach  Gesundung  drängende  Reaktion  ins  Leben 
rief.  Die  künstlerisch  vornehme  Isolirung  wurde  zu  hyste- 
rischem Hochmut,  zu  einer  Überschätzung  des  eigenen  Wertes, 
zu  einem  Snobismus,  der  mit  dem  Ich  einen  Götzendienst 
trieb  und  der  eigenen  Willenlosigkeit  und  Abhängigkeit  von 
den  subtilsten  zufälligen  Stimmungen  Weihrauch  streute. 

Gegen  dieses  Überhandnehmen  des  Passiven  und  Schwa- 
chen, gegen  diese  Anschauung,  dass  alles  relativ  sei,  alles 
fliesse,  gegen  diese  sensualistische  Mystik,  gegen  diese  über- 
triebene Formkunst,  die  mit  dem  schönen  Wort  allein  Leben 
zu  erzeugen  sich  vermass,  macht  sich  heute  naturgemäss  eine 
Gegenströmung  geltend. 

Man  sehnt  sich  nun  wieder  nach  etwas  Neuem. 

Was  ist  und  worin  nun  besteht  dieses  Neue.?  Die  An- 
hänger der  Opposition  gegen  die  Neuromantik  nennen  es 
eine  neue  klassische  Kunst.  Auf  das  Wort  kommt  es  hier 
nicht  an.  Ich  will  es  gleich  ihnen  Klassik  nennen,  auch  weil 
damit  zugleich  die  Gefahren  angedeutet  sind,  die  in  dieser 
neuen  Richtung  lauern. 

Es  ist  nicht  zu  bestreiten,  dass  die  Zeit  endlich  des 
Träumens,  der  Stimmungen  und  des  nur  wollautenden  Wortes 
satt  und  überdrüssig  ist.  Die  Zeit  strebt  nach  Präzision, 
Klarheit,  Einfachheit  und  geschlossener  Einheit.  Die  Zeit 
sehnt  sich  nach  einer  starken  und  tiefen,  aber  zugleich  gesunden 
Kunst,  nach  einer  Kunst,  die  gleich  weit  entfernt  ist  von  der 
platten  Armut  des  Naturalismus  wie  der  kränklichen  Verfeine- 
rung der  Neuromantik,  einer  Kunst,  die  eine  Syntese  der 
naturalistischen  Wahrhaftigkeit  und  der  romantischen  Inner- 
lichkeit giebt  und  die  den  Menschen  befreit  aus  dem  doppelten 
Joch  des  groben  Milieus  und  der  sublimen  Mystik  und  ihm 
das  wiedergiebt,  dessen  ihn  Naturalismus  und  Romantik  beraubt 
haben:   den   Willen  und  die  Kraft  zu  handeln. 

Und  auf  allen  drei  Gebieten  der  Dichtung,  der  Ly^ik, 
der  Erzählung  und  dem  Drama,  wird  nun  um  neue  Formen 
und  einen  neuen  Inhalt  gekämpft.  In  Lyrik  und  Erzählung 
handelt  es  sich  allerdings  vorläufig  nur  erst  um  die  Vorberei- 
tung.    Die    Erfüllung    liegt    noch    im  weiten  Felde.      In    der 


Romafitik  und  Klassik  in  der  modernen  deutschen   Dichtung.  69 

Lyrik  weist  Stefan  George  den  Weg  in  die  Zukunft;  von  ihm 
aus  beginnt  eine  neue  Bahn  und  Richtung.  Die  beiden  anderen 
Dichter,  die  man  heutzutage  gemeinhin  als  die  Führer  des 
lyrischen  Deutschland  betrachtet,  Richard  Dehmel  und  Detlev 
von  Liliencron,  bezeichnen  nicht  den  Anfang  einer  neuen 
Epoche,  sondern  den  Gipfelpunkt  und  Abschluss  einer  zu 
Ende  gehenden  alten.  In  ihnen  tobt  sich  der  Naturalismus 
und  eine  sensualistische  Romantik  lyrisch  aus.  Erst  in  Stefan 
George  zeigen  sich  die  Anfänge  eines  neuen  Stiles,  der  nur 
noch  die  Übertreibungen  und  Auswüchse  des  Bahnbrechers 
abstreifen  und  sich  mit  einem  Inhalt  füllen  muss,  der  unmittel- 
bar aus  dem  Gefühlsleben  der  Moderne  geschöpft  ist,  um 
einer  grossen  und  breiten  Wirkung  sicher  zu  sein. 

In  der  Erzählung  hatte  sich  unter  dem  unkünstlerisch 
nivellirenden  Einfluss  des  Naturalismus  eine  vollständige  Ver- 
quickung der  Gattungen  vollzogen,  so  dass  die  Bezeichnungen 
Roman  und  Novelle  überhaupt  Inhalts-  und  bedeutungslos 
geworden  waren.  Nun  sucht  man  wieder  zu  einer  reinlichen 
Scheidung  der  Begriffe  zu  gelangen  und  für  die  Novelle  das 
Gebiet  des  psychologisch  interessanten  Einzelfalls  abzugrenzen, 
während  man  dem  Roman  die  Schilderung  der  geistigen  und 
sozialen  Strömungen,  des  wogenden  Lebens  der  Massen,  oder 
auch  die  ins  Breite  ausgeführte  Entwicklungsgeschichte  des 
Einzelnen  zuweist.  Das  ganz  unter  dem  sozialen  Zwang 
stehende  Massenleben  der  Moderne  scheint  sich  aber  bisher 
einer  epischen  Syntese  grossen  Stils  zu  widersetzen.  Der 
Einzige,  der  dazu  fähig  gewesen  wäre,  Emile  Zola,  war  in 
naturalistisch-romantischen  Doktrinen  befangen  und  schaltete 
deshalb  willkürlich  mit  seinem  Material.  Die  Versuche,  die 
bisher  in  Deutschland  in  dieser  Richtung  unternommen  worden 
sind,  unter  denen  Thomas  Manns  »Buddenbrooks»  wol  der 
bedeutendste  ist,  sind  immer  mehr  psychologischer  als  sozialer 
Natur  gewesen. 

Am  heftigsten  ist  der  Kampf  um  eine  neue  Kunst  auf 
dem  Gebiet  des  Dramas  entbrannt.  Von  jeher  ist  das  Drama 
das  Feld  gewesen,  auf  dem  die  litterarischen  Revolutionen 
ihre    ersten    und    heissesten    Schlachten    schlugen.      In    dem 


70  Johannes   Öhquist, 

beutigen  Kampf  gegen  die  Neuromantik  in  Deutschland  ist 
dies  umso  natürlicher,  als  die  Vorkämpfer  um  die  neue  Rich- 
tung grade  auf  dem  Gebiet  des  Dramas  sich  auf  einen  Dichter 
stützen  können,  der  schon  lange  vor  dem  Naturalismus  sich 
anschickte  eine  neue  Klassik  in  Deutschland  zu  begründen 
und  nun,  45  Jahre  nach  seinem  Tode,  zu  einer  neuen  gewaltigen 
Wirkung  auferstanden  ist. 

FriedricJi  Hebbel  versuchte  zu  einer  Zeit,  wo  Journalismus 
und  Politik  die  Oberhand  hatten,  durch  grüblerische  Bohrarbeit 
hinter  das  Geheimnis  der  dramatischen  Wirkung  zu  kommen 
und  durch  eigene  dichterische  Produktion  das  Problem  des 
Tragischen  zu  lösen.  Sein  dichterisches  Werk  blieb,  trotz 
der  Grösse  des  Wollens  und  Könnens,  ein  Torso,  weil  die 
Schöpfungen  seiner  Phantasie  an  des  abstrakten  Gedankens 
Blässe  kränkelten  und  weil  bei  ihm  übertriebene  Bewusstheit 
die  gesunde  aber  zarte  Blume  naiven  Schaffens  überwucherte. 
Aber  in  seinen  in  den  Tagebüchern  niedergelegten  Re- 
flexionen gab  er  die  von  ihm  gefundene  Lösung  des  Pro- 
blems vom  Tragischen,  an  welche  die  heute  zur  Geburt 
drängende  neue  Klassik  anzuknüpfen  sucht. 

Nicht  in  dem  Inhalt  des  menschlichen  Wollens  —  sagt 
er  —  liegt  die  dramatische  Verschuldung,  sondern  unmittelbar 
in  dem  Willen  selbst,  in  der  starren,  eigenmächtigen  Aus- 
dehnung des  Ich,  so  dass  es  dramatisch  völlig  gleichgültig 
ist,  ob  der  Held  an  einer  vortrefflichen  oder  verderblichen 
Bestrebung  scheitert.  Das  Wollen  an  sich  ist,  wie  bei  Schopen- 
hauer, Sünde,  weil  das  Individuum  durch  das  Wollen  selbst 
sich  stärker  geltend  zu  machen  sucht  als  die  Welt  verträgt. 
Diese  letztere  bedarf  aber  dennoch  auch  wiederum  der  Indi- 
vidualitäten, und  gerade  hierin  liegt  die  Tragik,  dass  ein  Indi- 
viduum Dinge  vollbringen  muss,  gleichsam  im  welthistorischen 
Auftrage,  mit  deren  Vollbringung  es  sich  doch  selbst  vernichtet. 

Diesen  Gedanken  Hebbels  hat  nun  Wilhelm  von  Scholz 
genauer  durchgeführt  und  in  dem  Satz  von  dem  sich  selbst 
setzenden  Konflikt  formulirt.  Zwei  Momente  —  sagt  er  — 
kennzeichnen  die  Antitesen  des  sich  selbst  setzenden  Kon- 
fliktes: die  innere  Nähe  zu  einander  und  ihre  Unvereinbarkeit. 


Romantik  und  Klassik  in  der  modernen  deutschen   Dichtung.  71 

Die  eine  Willensäusserung  hat  unvermeidlich  die  andere, 
entgegengesetzte  zur  Folge,  und  doch  können  beide  nicht  neben 
einander  bestehen,  die  eine  niuss  siegen,  die  andere  unterliegen. 
Also  in  jedem  Willen  selber  liegt  bereits  der  Keim  seines 
eigenen  eventuellen  Unterganges:  das  ist  der  sich  selbst  setzende 
Konflikt.  Der  Romantiker  und  Mystiker  empfand  nur  die 
Alleinheit  ohne  Dualismus;  für  ihn  gab  es  keinen  Konflikt. 
Der  Rationalist  sah  überall  nur  den  Zwiespalt  klaffen.  Erst 
der  Tragiker  kommt  zu  der  schmerzlichen  Erkenntnis,  dass 
in  dem  einen  Willen  die  zwei  Antitesen  unzertrennlich  und 
doch  unvereinbar  eingeschlossen  sind:  Leben  und  Tod.  Diese 
Wesenseinheit  und  Unversöhnbarkeit  ist  es,  die  als  tragische 
Spannung  empfunden  wird. 

Überall  im  modernen  Leben,  in  allen  Lebensverhältnissen 
steckt  ein  latenter  Konflikt,  eine  geheime  Spannung  und  zu- 
gleich eine  Zusammengehörigkeit  und  Vermittelung,  die  aus 
dem  Gefühl  der  Solidarität  entspringt.  Am  schärfsten  tritt 
das  z.  B.  in  den  ökonomisch-sozialen  Fragen  und  Kämpfen 
zu  Tage,  in  Politik  und  Kultur,  in  Staat  und  Gesellschaft,  in 
Gesellschaft  und  dem  Einzelnen.  Ganz  abgesehen  von  den 
rein  persönlichen  Willenskonflikten  des  Individuums.  Diese 
Lebenskonflikte  konnte  das  naturalistische  Drama  nicht  als 
Kampf  zum  Austrag  bringen,  weil  es  nur  die  eine  Seite  des 
Problems  sah:  die  Abhängigkeit,  nicht  aber  die  Spannung, 
die  Kraft,  den  Gegensatz.  Das  neuromantische  Drama  war 
noch  schlimmer  dran.  Der  Naturalismus  eines  Gerhart  Haupt- 
mann arbeitete  wenigstens  das  eine  Element,  die  harte  Ab- 
hängigkeit, mit  klarer  Schärfe  heraus.  Im  neuromantischen 
Drama  weiss  man  aber  überhaupt  nicht  mehr,  ob  es  sich  um 
Abhängigkeit  oder  Willkür  handelt.  Die  Neuromantiker  können 
überhaupt  kein  tragisches  Schicksal  aufbringen  und  suchen 
darum  als  Surrogat  eine  Hingabe  an  seelische  Verstimmungen. 

Darum  verlangen  Wilhelm  von  Scholz  und  sein  Mit- 
kämpfer Paul  Ernst  für  das  neue  Drama  die  Befreiung  des 
Menschen  von  dem  Joch  der  Mächte,  unter  die  Naturalismus 
und  Romantik  ihn  drückten  und  zu  einem  passiven  Schwäch- 
ling degradirten.     Unser    Zeitalter    ist    technisch,    sozial    und 


72  yohannes   Öhquist, 

politisch  und  zittert  vor  verhaltener  und  nach  innen  gedrängter 
Energie.  Das  Kraftgefühl  dieser  neuen  und  aufbauenden 
Epoche  muss  durch  die  Kunst  in  eine  höhere  Sphäre  erhoben 
und  dadurch  geadelt  und  gesteigert  werden.  Das  neue  Drama 
muss  darum  Abbild  und  Gleichnis  für  das  Los  grossangelegter 
Willensnaturen  sein,  und  es  muss  ausser  der  geschlossenen 
Form,  dem  logischen  Aufbau  und  einer  klaren  Handlung  einen 
durchdachten  und  durchgeführten  Willenskonflikt  enthalten. 

Und  im  Einzelnen  fassen  sie  ihre  Forderungen  in  folgende 
Punkte  zusammen:  das  wichtigste  dramatische  Gesetz  ist:  im 
Anfang  war  die  Situation;  aus  ihrer  Logik  ist  alles  andere 
herzuleiten.  Das  Psychologische  insbesondere  kommt  erst 
nachher  und  ist  wie  die  Farbe  an  einem  Gebäude.  Der  Bau 
muss  fest  und  sicher  stehen  auch  ohne  diese  Farbe.  Deshalb 
entwickelt  sich  die  Handlung  nicht  aus  dem  Charakter  des 
Helden,  sondern  aus  seinem  Schicksal  und  zwar  dort,  wo  sich 
dieses  Schicksal  zu  einer  entscheidenden  Situation  ausgestaltet. 

Ferner:  die  Tragödie  setzt  ein,  sobald  der  Held  von 
dem  Schicksal  gezwungen  wird,  in  einem  Gegensatz  zu  seinem 
Charakter  zu  handeln.  Soll  das  tragische  Gefühl  in  uns 
erwachen,  so  ist  nötig,  dass  ein  wertvoller  Mensch  gerade  in 
seinem  Wert  Grund  und  Anla.ss  seines  Unterganges  trägt. 
Und  schliesslich:  ein  Drama  grossen  Stils  spielt  mit  Vorliebe 
in  entlegener  oder  phantastischer  Zeit.  Der  Zuschauer  wird 
nicht  fortwährend  an  sich  und  seine  kleinliche  Alltagsumgebung 
erinnert.  Er  erlebt  alles  nicht  psychologisch,  kleinlich,  sondern 
grösser,   ferner,  vom  Zufälligen  entkleideter,  künstlerischer. 

Man  sieht:  diese  Forderungen  sind  teils  sehr  allgemeiner 
Art,  teils  enthalten  sie  Altbekanntes  oder  wenigstens  nicht 
lauter  Dinge,  die  nicht  schon  von  jeher  von  jedem  wirklichen 
Dramatiker  mehr  oder  weniger  bewusst  beachtet  und  ange- 
wandt worden  wären.  Ihr  Hauptwert  liegt  auch  in  der 
symptomatischen  Bedeutung,  die  ihnen  in  dem  heutigen  Kampf 
gegen  die  Neuromantik  zukommt.  In  ihnen  kommt  zum 
Ausdruck  das  Verlangen  der  Zeit  nach  Klarheit,  nach  Kraft, 
nach  Tat,  nach  aktiven  und  positiven  Naturen  mit  ausge- 
prägtem Wollen  und  Fähigkeit  zum  Handeln. 


Romantik  und  Klassik  in  der  modernen  deutschen  Dichtuno.  73 

Ob  dieses  Verlangen  erfüllt  werden  und  ob  es  auf  dem 
von  Wilhelm  von  Scholz  und  Paul  Ernst  angegebenen  Wege 
geschehen  wird,  bleibt  abzuwarten.  Beide  genannten  Dichter 
haben  in  einer  Reihe  von  eigenen  Dichtungen  diese  in  ihren 
teoretischen  Erörterungen  verfochtenen  Prinzipien  einer  »klassi- 
schen» Kunst  zu  verwirklichen  gesucht,  ohne  dass  man  jedoch 
diesen  Versuchen  vorläufig  eine  grössere  Bedeutung  beimessen 
könnte.  Schon  ein  äusserer  Umstand  stellt  den  Erfolg  dieser 
Bemühungen  in  Frage:  die  Wahl  historisch  weit  entfernter 
oder  gar  phantastischer  Zeiten  und  ungewöhnlicher  Schauplätze 
ist,  trotz  der  beachtenswerten  Gesichtspunkte,  die  W.  v.  Scholz 
dafür  sprechen  lässt,  durchaus  nicht  immer  dazu  angetan 
dem  Drama  zum  Vorteil  zu  gereichen.  Und  der  Vers  im 
Drama,  insbesondere  der  fünffüssige  Jambus,  den  die  beiden 
genannten  Dichter  bevorzugen,  ist  so  eng  mit  der  Vorstellung 
einer  alten  überwundenen  Klassik  verbunden,  dass  ein  modernes 
Empfinden  sich  unwillkürlich  dagegen  sträubt,  diese  beiden 
Faktoren,  die  das  Drama  mit  Gewalt  aus  der  Gegenwart  und 
aus  der  Wirklichkeit  herausheben,  als  unumgängliche  Bedingun- 
gen für  eine  moderne  Klassik  anzuerkennen. 

Dazu  kommt,  dass  Hebbel  durchaus  nicht,  und  am 
wenigsten  in  seinen  teoretischen  Untersuchungen,  dazu  ge- 
eignet ist  als  Muster  für  kommende  Dramatiker  zu  gelten.  Er 
ist  im  Gegenteil  eine  Gefahr  für  dieselben.  Seine  Ästetik 
war  im  Grunde  nichts  anderes  als  eine  leidenschaftliche  Selbst- 
verteidigung und  hatte  vor  allem  den  Zweck  seine  auf  die 
Hegeische  Dreitesenteorie  konstruirte  Dramatik  als  die  einzig 
richtige  zu  demonstriren.  Ein  Weitergehen  auf  der  von  Hebbel 
vorgezeichneten  Bahn  würde  unrettbar  zu  einer  vollständigen 
Verknöcherung  der  dramatischen  Dichtung  führen. 

So  sehen  wir  die  deutsche  Dichtung  heute  nach  jahr- 
zehntelangem Experimentiren  wiederum  im  Zeichen  des  ratlosen 
Suchens  und  Tastens.  W'as  sie  sucht  ist,  was  alle  Kunst  von 
jeher  erstrebt  hat:  Stil.  Weder  dem  Naturalismus  noch  der 
Neuromantik  war  es  gegeben  ihn  zu  finden,  und  ob  dies  der 
neuen  Klassik  gelingen  wird,  ist  auch  fraglich;  denn  Stil  in 
Kunst    und    Dichtung,    wie    er    in    den   grossen    Epochen    zu 


74  7.    Potrot, 

Tage  tritt,  in  der  guten  Zeit  der  Hellenen,  der  Renässance, 
dem  späteren  klassischen  Zeitalter,  ist  möglich  nur  dann,  wenn 
eine  Kultursyntese  vorhanden  ist,  d.  h.  wenn  die  Idealität 
einer  Zeit  einen  bestimmten,  von  den  kulturtragenden  und 
führenden  Geistern  anerkannten  Ausdruck  gefunden  und  eine 
allgemein  herrschende  charakteristische  Richtung  genommen 
hat.  Das  ist  heute,  im  Zeitalter  der  krassesten  Gegensätze 
und  Divergenzen  auf  allen  Gebieten,  noch  nicht  der  Fall. 

Wenn  dies  einmal  geschehen  ^  und  die  Ubergangs- 
epoche,  in  der  wir  leben,  kann  ja  nicht  ewig  währen  — , 
dann,  ja  dann  werden  auch  Kunst  und  Dichtung  mit  sicherem 
Instinkt  wie  ein  Geschenk  vom  Himmel  ihren  Stil  finden. 

Johannes  Öhquist. 


Miszelle. 

Quantität  und  dynamischer  Akzent. 

In  dieser  Zeitschrift  ist  die  Arbeit  Dr.  E.  Rosengrens 
früher  erwähnt  worden,  deren  Schlussfolgerungen  dahin  gingen, 
dass  der  dynamische  Akzent  der  modernen  (z.  B.  germanischen) 
Metrik  und  die  lange  Quantität  der  klassischen  Metrik  wesent- 
lich gleich  sein  sollten.  Bezüglich  dieser  Theorie,  und  haupt- 
sächlich des  als  experimentelle  Stütze  vorgebrachten  Ver- 
suches mit  der  Umkehrung  phonographischer  Aufnahmen, 
wurde  hier  und  im  Bd  IV  unsrer  Memoires  eine  kleine  Dis- 
kussion geführt. 

Immerhin  hatten  zur  Zeit  weder  Prof.  Wallensköld 
noch  ich  Gelegenheit  gehabt,  den  Versuch  nachzuma- 
chen; nur  wusste  man,  dass  Jespersen*  ein  den  Angaben 
Dr.  E.  Rosengrens  entgegengesetztes  Resultat  erhalten  hatte. 
—    Diesen    Herbst    bot     sich     aber     die    Gelegenheit,    diese 


Phonetische   Grundfyagcn . 


Miszelle:    Quantität  und  dynamische^-  Akzent.  75 

Angaben  nachzuprüfen,  und  zwar  auf  dem  von  der  Universität 
angekauften  Phonographen,  der  vom  Phonogramm-Archiv  der 
Wiener  Akademie  bestellt  wurde.  Dieser  Apparat  verwendet 
Platten  anstatt  Walzen.  Das  Exemplar  des  phonetischen 
Laboratoriums  wird  durch  einen  Elektromotor  unter  Zwischen- 
schaltung von  Stufenscheiben  angetrieben.  Die  Umkehrung  der 
Umdrehungsrichtung  geschieht  also  einfach  durch  Änderung  in 
der  Anordnung  der  Antriebsschnur. 

Der  Versuch  wurde  am  30.  November  in  der  Gegen- 
wart der  Professoren  H.  Pipping  und  A.  Wallensköld  aus- 
geführt. Als  Versuchsperson  hatte  sich  Mag.  L.  Kettunen 
liebenswürdig  zur  Verfügung  gestellt.  Die  Wahl  einer  finnisch- 
sprechenden Person  empfahl  sich  dadurch,  dass  das  Finnische 
alle  möglichen  Ouantitätskombinationen  gestattet,  und  dass 
es  immerhin  besser  ist,  wirklich  vorkommende  Wörter  als 
künstliche  Phoneme  aufzunehmen. 

Hineingesprochen  wurden  folgende  Wörter: 

1:0     vakka  N.  Sg.    »der  Trog»   und 
2:0     vakat  N.  PI. 


:o 


puuttuu  3   Sg.  Ind.  Präs.   zu  puuttua   »fehlen; 


4:0  aasi  N.  Sg.   »der  Esel» 

5:0  satama  N.   Sg.    »der  Hafen» 

6:0  vaaietus  N.   Sg.   »die  Bekleidung» 

7:0  kokoomus     N.  Sg.   »die  Koalition» 

8:0  takaa   »von  hinten». 

Die  Wörter  wurden  nach  einander,  mit  kleinen  Inter- 
vallen hineingesprochen,  in  2  Serien.  Auf  den  Vorschlag 
Prof  Pippings  wurde  in  jeder  Serie  das  letzte  Wort  takaa 
mehrmals  hintereinander  in  taktmässiger  Folge  ausgesprochen, 
damit  auch  der  rhytmische  Einfluss  beobachtet  werden  könnte. 
Bekanntlich  hat  das  Finnische  Anfangsbetonung;  das  Doppel- 
zeichen bezeichnet  die  Länge  des  Vokals  und  die  Geminirung 
des  Konsonanten. 

Nach  den  Angaben  Dr.  Rosengrens  wurden,  bei  Um- 
kehrung von  ättigas,  sorragis,  die  Wörter  sagitta,  sigärros 
mit  Akzentverschiebung  vernommen.    Man  durfte  also  erwarten, 


76  7.    Pohot,    A/is-.t'l/c:   Quantität  und  dynamischer  Akzent. 

dass  -vakka,  puuttuu,  takaa  bei  der  Umkehrung  akkav,  uuttuup, 
aakat  mit  Akzent  auf  der  ersten  Silbe,  und  kokoomus  ein 
paroxytonisches  suniookok  ergeben  würden. 

Trotz  gewisser  technisciier  Mängel  der  Aufnahme,  die 
hauptsäcHHch  auf  einer  unvollkommenen  Hobelung  der  Platte 
beruhen  dürften,  wurden  die  Vokale  und  die  Akzentverhält- 
nisse mit  voller  Sicherheit  wahrgenommen.  Die  umgekehrten 
Wörter  behielten  samt  und  sonders  ihren  Akzent  auf  demselben 
Vokal,  also  alle  oxytonisch,  unabhängig  von  der  Quantität 
der  Laute,  d.  h.  vom  Abstand  zwischen  den  Silbengipfeln. 
Sogar  in  der  Folge  aakataakat  u.  s.  w.  vermochte  der  lange 
Vokal  nicht  das  Hauptgewicht  zu  sich  zu  ziehen,  sondern 
das  kurze  a  wurde  deutlich  als  stärker  wahrgenommen.  Dar- 
über waren   wir  alle  vier  einig. 

Ich  will  auch  hier  erwähnen,  dass  derselbe  Versuch  frü- 
her im  Wiener  Phonogramm-Archiv  vom  Assistenten  F.  Hauser 
angestellt  worden  war.  Ich  selber  konnte  ihn  in  Mai  d.  J., 
dank  der  Liebenswürdigkeit  Herrn  Hausers,  nachmachen. 
Weder  ich  noch  irgend  einer  der  Herren,  welche  den  frü- 
heren Versuchen  beiwohnten,  haben  eine  Akzentverschiebung 
beobachten  können. 

Natürlich  stehen  die  Angaben  Dr.  Rosengrens  ausser 
Zweifel.  Er  selbst  und  die  Zuhörer  in  Upsala  haben  den 
Eindruck  der  Akzentverschiebung  gewonnen.  Bei  der  Über- 
einstimmung aber  derjenigen,  die  Kontrollversuche  anstellten, 
muss  man  wohl  dieses  Resultat  einer  akustischen  Gewohnheit 
zuschreiben,  einer  spezifisch  schwedischen  Neigung,  Länge 
und  Gewicht  (oder  Akzent)  als  unzertrennlich  zu  betrachten. 
Der  Versuch  kann  aber  nicht  als  Beweis  für  die  Theorie  Dr. 
Rosengrens  angeführt  werden. 

y,  Poirot. 


i 


Besprechungen.      H.   SuoUihti,   Fr.    Kluge,   fiun/e   Platte? .  77 


Besprechungen. 

Friedrich  Kluge,  Bunte  Blätter.  Kulturgeschichtliche  Vor- 
träge unil  Aufsätze.  Freiburg  (Baden).  J.  Bielefelds  Verlag  1908. 
213    S. 

Nicht  zum  ersten  Mal  bietet  Kluge  in  dem  vorliegenden 
elegant  ausgestatteten  Bändchen  eine  Sammlung  von  philologischen 
Aufsätzen,  die  sowohl  für  den  Fachmann,  wie  auch  für 
das  grosse  Publikum  bestimmt  sind.  Manchem  Leser  unseres 
Blattes  dürfte  das  im  Jahre  1907  erschienene  Büchlein  »Unser 
Deutsch»  ^  bekannt  sein,  welches  ebenfalls  eine  Auswahl  von  Vor- 
trägen und  Aufsätzen  des  unermüdlichen  Gelehrten,  die  früher  in 
verschiedenen  Zeitschriften  oder  Zeitungen  zerstreut  waren,  ent- 
hält. Die  »Bunten  Blätter»  haben  aber  ein  wesentlich  anderes 
Gepräge  als  die  frühere  Sammlung,  indem  in  ihnen  das  kultur- 
geschichtliche Moment  besonders  stark  betont  wird  und  das  sprach- 
geschichtliche dementsprechend  zurücktritt.  Manche  Aufsätze  lassen 
den  Leser  kaum  merken,  dass  alles  sich  hier  doch  von  einer  sprach- 
wissenschaftlichen Grundlage  erhebt. 

Von  den  23  Aufsätzen,  welche  das  Buch  enthält,  behandeln 
die  allermeisten  kulturgeschichtliche  Probleme.  Die  Sammlung  wird 
eingeleitet  durch  einen  ausführlichen  Artikel  »vom  geschichtlichen  Dr. 
Faust»,  wo  uns  eine  Biographie  des  bekannten  Schwarzkünstlers 
gegeben  wird.  Dasselbe  Zeitalter  des  Aberglaubens,  in  welches 
das  Leben  Dr.  Fausts  fällt,  bildet  auch  das  Milieu  für  die  Fabeleien 
von  dem  sagenberühmten  Venusberg,  von  dem  der  zweite  Aufsatz 
im  Anschluss  an  »die  bahnbrechenden  Untersuchungen»  von  Gaston 
Paris  und  Söderhjelm  handelt.  In  die  Zeit  des  absterbenden  Mit- 
telalters führt  uns  der  Aufsatz  über  »die  fahrenden  Schüler»,  diese 
Landstreicher,  »w'elche  mit  Erfolg  auf  die  Leichtgläubigkeit  und 
Dummheit  des  ungebildeten  Volkes  rechneten,  mit  Amuletten  und 
Zauberformeln  Wunderkuren  versprachen»  u.  s.  w.  In  einem  be- 
sonderen Artikel  wird  eine  solche  Zauberformel,  das  sogenannte 
»Johannesevangelium»,  geschildert,  das  die  Anfangsworte  des  Evan- 
geliums ver\vertet.  »Wenn  Goethes  Faust  nächtlicherweile  in  der 
Stille  der  Osternacht  in  der  einsamen  Studierstube  zum  Johannes- 
evangelium greift»,  so  kommt  hier  also  ein  historischer  Zug  des  16. 
Jahrhunderts  zur  Anwendung.  An  Goethes  Faustgedicht  knüpfen 
auch  die  Untersuchungen  über  »Fausts  Zauberross»  und  die  Re- 
densart   »Wir   wollen    einen    Papst   erwählen»   an,   welche  aus  den 


Vgl.  Neuphilologiscbe  Mitteilungen   1907,  S,  30. 


78      ßesprecbu»i;en .    F.  Cus/ajsscfi,  Silviae  tcI pothds  Actheriae perei()ifiaiio  ed. 

Studentischen  Trinksitten  erlilärt  wird.  Das  stude:.üsclic  Leben  uud 
Treiben  der  vergangenen  Jahrhunderte  liefert  ferner  den  Hinter- 
grund für  die  Aufsätze,  in  denen  »Alter  und  Name  des  Sala- 
manders» und  (.ler  Ursprung  des  Spruches  »ergo  bibamus»  erörtert 
werden.  — ■  An  der  Hand  alter  Reisewerke  führt  uns  der  Verfasser 
von  Deutschland  nach  Konstantinopel,  von  wo  das  moderne  Abend- 
land das  künstliche  Eis  bezogen,  und  noch  weiter  nach  dem  Orient, 
wo  wir  die  Heimat  der  Brieftaube  und  des  Christbaums  kennen 
lernen.  —  Aus  dem  Inhalt  des  Buches  mögen  schliesslich  noch  die 
Vorträge  über  »die  Sprache  Shakespeares»  und  »die  sprachgeschicht- 
liche Stellung  Schillers»   besonders  hervorgehoben  werden. 

Alle  diese  Aufsätze  sind  dem  sprachwissenschafdichen  Boden 
entsprossen.  Die  kulturgeschichtlichen  Bilder^  welche  die  Bunten 
Blätter  uns  entrollen,  sind  Resultate  der  modernen  deutschen  Wort- 
forschung, die  überall  über  das  rein  Sprachliche  hinausweist  und 
breite  Aussichten  in  das  Geistesleben  vergangener  Zeiten  eröffnet. 
Diese  Art  Sprachgeschichte  vermag  oft  auch  die  weiteren  Leser- 
kreise anzuziehen.  Ein  ganz  besonderes  Interesse  gewähren  aber 
solche  kulturgeschichtlich-sprachgeschichtlichen  Aufsätze,  wenn  sie, 
wie  die  hier  angezeigten,  von  dem  Koryphäen  der  deutsehen 
Wortforschung  herrühren,  dessen  feine  stilistische  Kunst  uns  so 
wohl  bekannt  ist.  H.  Suolahti. 


Silviae  vel  potius  Aetheriae  peregrinatio  ad  loca  sancta,  her- 
ausgegeben von  W.  Heraeus  (Sammlung  vulgärlateinischer  Texte, 
her.  von  W.  Heraeus  und  H.  Morf,  Heft  i).  Heidelberg,  C.  Win- 
ter,   1908.      V+52   S.   8:0.     Preis  Mk    1:20. 

Die  erste  Schrift  der  oben  gerannten  Sammlung,  über  deren 
Zweck  man  die  Neuph.  Mitteil.  1908,  S.  203 — 4  vergleiche,  ist 
eine  nicht  gar  zu  dürftige,  in  der  jedoch  wenig  hervortretenden  Form 
eines  Briefes  verfasste,  mit  zahlreichen  Bibelstellen  gespickte 
Beschreibung  einer  Reise  von  Jerusalem  nach  Konstantinopel  über 
Sinai,  Nebo,  die  Heimat  Hiobs,  Antiochia,  Edessa,  Charrae,  Tar- 
sus, Seleukia,  Chalkedon.  Den  Schliiss  bildet  eine  ausführliche 
Schilderung  der  Gottesdienste  in  Jerusalem. 

Die  Verfasserin  der  Schrift,  die  schon  eine  ganze  Litteratur 
hervorgerufen  hat,  ist  eine  Nonne  oder  Äbtissin  Aetheria  (oder 
Eucheria  ?)  aus  Spanien,  vielleicht  in  Gallien  geboren;  die  Ab- 
fassungszeit fällt  zwischen  381  und  388  nach  Heraeus  u.  A.,  wenn 
nicht  kurz  vor  394.  Die  einzige  fragmentarische  Handschrift, 
saec.   XI,  erst   1887    entdeckt,    stammt  aus  Monte  Cassino,  ist  so- 


A.   Bahnhof,    H.    Rni^elin,   British   Institution s.  79 

mit  auch  in  orthographischen   Dingen   sehr  zuverlässlich,   was  gegen 
Heraeus  hervorzuheben  ist. 

Der  Romanist  wird  hier  viele  Leckerbissen  —  ebenso  viele 
Greuel  der  Latinist  —  finden,  wie  ahitatio,  ospitium,  oslias  neben 
hitut,  hac,  lieremus,  hostium,  hispatium;  per  giro  neben  per  girurn; 
fietur,  facitur,  pervenhis  fuerit ;  vadere,  manducare,  traversare,  girare, 
camsare  (auch  bei  Ennius),  medianus,  tarn  sera  erat,  allgemein 
grandis,  infans  und  petra ;  se  tendere,  se  iungere,  se  movere  (passiv); 
facit  se  hora  quinta,  exire  habebamus,  libenter  habes,  habebat  mille 
passos ;  in  ante,  de  contra,  de  intro,  de  foris,  foras,  at  übt  autem, 
ac  sie  ergo.  Solche  Dinge,  wie  besonders  die  vielen  rein  syntak- 
tischen Eigentümlichkeiten,  sollte  man  jedoch  aus  dem  Texte  heraus- 
lesen. Der  Ausgabe,  die  ja  Seminarzwecken  dient,  ist  kein  Kom- 
mentar, nur  ein  kurzer  text kritisch  er  Apparat  beigegeben.  Vivant 
sequentes!  F.  Gustaf  SSO  n. 


Hugo  Hagel  in,  British  Institutions  from  Englisii  Sources  for 
the  Use  of  Schools.  Containing  one  Map,  one  fuU-page  Illustra- 
tion in  Colour  and  forty-one  in  Black  and  White.  Stockholm, 
Albert  Bonnier,    1908.      IX-(-i40  p.   8:0. 

A  book  which  contains  a  great  deal  of  Information.  If  the 
ideal  to  be  aimed  at  in  compiling  a  school  reader  were  not  pri- 
marily  its  literary  value,  it  would  be  an  ideal  book  of  its  kind. 

The  Code  for  the  Swedish  Realskola  of  1906  recommends 
the  teaching  of  »the  ordinary  expressions  of  daily  life  that  refer 
to  time,  money,  weights,  measures,  dwellings,  food,  topography  of 
the  capital,  geography  of  the  country  and  the  social  structure  of 
the  people  as  well  as  the  knowledge  of  the  political,  municipal, 
and  social  institutions  of  the  nation,  its  judiciary  and  educational 
System,  and  the  currents  of  ideas  reflected  in  all  this»,  in  other 
words,  knowledge  of  what  the  Germans  call  »Realien».  The  de- 
mand  for  a  short  suramary  of  the  most  important  »Realien»  was 
the  origin  of  Mr.   Hagelin 's  book. 

In  thirteen  chapters,  among  which  there  are  headings  such 
as  Sovereign  and  Parltament  (I),  Rates  and  Taxes  (V),  Votets  and 
Elections  (VI),  Ediication  (VIII),  the  author  touches  on  everything 
of  importance.  Chapter  VI,  Voters  and  Elections,  would  interest 
young  Finnish  readers  on  account  of  the  recent  changes  in  our 
System  of  voting  and  our  young  diet  with  its  many  very  »young» 
members.  The  description  of  the  English  universities,  chapter 
VIII,  Education,  ought  to  impress  those  who  are  themselves  on 
the  way  to  the  university.   —   Altogether,   notes  included,  of  which 


8o      Besprechmigen,    A.  /F.,  /•>•    Whiterstcin,  Die  Verkehrs-Spraclieu  (1er  Erik. 

some  are  in  English,  the  book  contaius  a  small  history  uf  Kngüsh 
civilization  (see  htisiitigs,  Scandinavian  hns  -\-  ting  etc.).  —  The 
language  is  not  difficult,  yet  the  great  number  of  technical  terms 
makes  it  hard  reading,  fit  only  for  more  advanced  pupiis.  —  Of 
imperfections  of  language  the  first  chapter  contains  an  example: 
»The  government  of  Great  Britain  is  a  constitutional  monarchy» 
ought  of  course  to  be  »Great  Britain  is  a  constitutional  monarchy». 
—  All  the  few  errata  are  carefully  corrected  on  a  slip  of  paper 
to  be  inserted  in  the  book. 

Mr.  Hagelin  does  not  belong  to  the  one-sided  supporters  of 
the  study  of  the  ; Realien»,  contained  in  his  book.  In  a  separate 
paper,  sent  round  to  all  the  schools  which  have  introduced  it,  he 
desires  them  to  use  it  alongside  with  the  literary  texts,  which  are 
to  form  the  principal  reading.  Further,  he  does  not  wish  his 
book  to  be  taken  up  until  the  two  last  years;  if  studied  earlier, 
it  is  to  be  used  as  a  book  of  reference.  He  even  mentions  that 
it  might  only  be  read  cursorily,  thus  forming  a  kind  of  recapitula- 
tion  of  all  the  knowledge  about  English  life  that  students  have 
by  degrees  collected  from  different  sources.  —  When  a  sufficient 
number  of  lessons  are  devoted  to  English  in  our  schools,  the  study 
of  this  book  may  be  warmly  recommended. 

Anna  Bahnhof. 


Franz  Winterstein,  Die  Verkehrs-Sprachen  der  Erde.  Zweite 
vermehrte  Auflage.j  M.  Diesterweg,  Frankfurt  a,  Main  und  Berlin, 
1908.      52   S.   8:0.      Preis   1   Rmk. 

Der  Verf.  vorliegender  Schrift  will  zeigen,  dass  die  hoch- 
deutsche Sprache,  die  von  87  Millionen  Menschen  als  Mutter- 
sprache angewandt  wird  und  in  stetem  Zuwachs  sich  befindet,  am 
geeignetsten  ist  eine  internationale  Verkehrssprache  zu  wer- 
den. Zu  dem,  was  über  die  Ausbreitung  des  Deutschen  gesagt 
wird,  wäre  etwa  hinzuzufügen,  dass  in  Finnland  das  Deutsche  die 
am  meisten  bevorzugte  fremde  Sprache  ist,  da  ja  der  Schulunter- 
richt Deutsch  als  grundlegende  fremde  Sprache  hinstellt.  Das 
interessante  und  gut  geschriebene,  allerdings  aber  ziemlich  chau- 
vinistisch gefärbte   Büchlein  sei  bestens  empfohlen. 

A.   W. 


Protokolle  des  Neuphllologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Yei- 
eins  vom  28.  November  1908,  bei  welcher 
Sitzung  der  Ehrenpräsident  Prof.  Söder- 
hjelm,  der  Vorstand  und  25  Mitglieder 
anwesend   waren. 


§    r- 

Das     Protokoll     der    vorigen   Sitzung  wurde  verlesen   und  ge- 
schlossen. 


Als  neue  Mitglieder  wurden  aufgenommen:  Fräulein  Hebni 
G)ö7istrand,  Cand.  phil.,  Fräulein  Jenny  von  Schoultz,  Cand.  phil.. 
und    Dr.   phil.   Emil  ZiUiacns. 


Das  Programm  der  am  11.,  12.  und  13.  Januar  zu  halten- 
den Neuphilologenversammlung   wurde  festgestellt.  ^ 

§   4. 

Dr.  H.  Suolahli  referierte  nach  dem  Sonderabdruck  einen  in 
den  Finnisch-ugrischen  Forschungen  bald  erscheinenden  Artikel 
von  Prof.  H.  Paasonen :  »Zur  Frage  von  der  Urverwandtschaft  der 
finnisch-ugrischen  und  indoeuropäischen  Sprachen». 

§   5- 

Universitätslektor    J.     Schlegel   hielt    einen    Vortrag  über  das 
\        Tema:     »Les  tendances   de  la   litterature   francaise  contemporaine ; . 

In   fidem: 
A.    Längfors. 

'  S.   Neuphil.   Mitt.,    1908,  S.    157. 


Eingesandte  Litteratur. 

George  F.  Black,  A  Gypsy   Bibliograpliy.     Provisional  Issue, 

1909.     Printed    privately    for    the    Members    of   the    Gypsy    Lore 

Society,   6   Hope  Place,   Liverpool,  by  T.  &  A.  Constable,   Printers 

to   His  Majesty  at  the  Edinburgh  University  Press.    4-f-3i9  pp.  8:0. 

»In   compiling  the  follovving  bibliographv  the  aim 

has   been  to  give  a  complete  account  of  the  literature 

relating  to  the  Gypsies  —  good,  bad,  and  indifferent.  — 

—   —    —    In    the    hope  of  making  the  list,  by  colla- 

boration,    more  complete  than  would   otherwise  be  the 

case,   it   has  been  decided  to  issue,   before  its  appear- 

ance  in  the  Journal,  a  preiiminary  edition   in   a  tenta- 

tive  form.  —  —  —   —  To  all  who  thus  collaborate  a 

copy  of  the  Bibliography  will  be  sent  when  it    is   pu- 

blished  in   its  final   form.»    —  —    — 

-All  interested  in  the  study  of  the  Gypsies  are 
invited  to  join  the  Gypsy  Lore  Society.  Its  aim  is  to 
promote  and  facilitate  such  study  by  the  publication 
of    a  Journal   each   quarterly  number  of  which   consists 

of  96  large  octavo  pages,  liberally  illustrated. 

The  annual  subscription  to  the  Society  is  one  pound 
Sterling  —  —  —  -  — .» 
Die  Kultur  der  Gegenwart,  herausgegeben  von 
Paul  Hinneberg,  Teil  I,  x^bteilung  XI,  I:  Die  romanischen  Litera- 
turen und  Sprachen  mit  Einschluss  des  Keltischen,  von  Hein) ich 
Zimmer,  Kimo  Mever,  Ludivig  Christian  Stern,  Heinrich  Morf,  Wil- 
helm Meyer-Liibke.  Berlin  u.  Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1909.  ^TI 
-f-499   S.  gr.    8:0.      Preis  geh.    12    Mk,  geb.    14    Mk. 

Germanisch -romanische  Monatsschrift,  in 
Verbindung  mit  F.  Holthausen,  IV.  Meyer- LüMe,  V.  Michels,  IV. 
Streitberg  herausg.  von  Heinrich  Schröder  (Kiel),  Jahrg.  I  (1909), 
Heft  I,  80  S.  8:0.  Heidelberg,  C.  Winter.  Bezugspreis  für  den 
Jahrgang  (12  Hefte)  6  Mark.  Inhalt  des  Heftes:  W.  Streitberg, 
Die  Zukunft  der  deutschen  Sprache;  G.  Neckel,  Zur  Einführung 
in  die  Runenforschung  I.  Die  Rvmen  paläographisch  und  sprach- 
geschichtlich: R.  Petsch,  Zur  Einführung  in  das  Studium  Friedrich 
Hebbels;  A.  Eichler,  Ein  Englischer  Melancholiker:  James  Thom- 
son der  Jüngere;  W.  Küchler,  Das  französische  Theater  der  Ge- 
genwart I.  Fran(;ois  de  Curel:  Kleine  Beiträge,  Sprechsaal.  Be- 
sprechungen, Vereine  und  Versammlungen,  Hochschul-  und  Per- 
sonalnachrichten,  Zeitschriften,  neuerschienene   Bücher. 


Eifigesandtc  I.itteratur.      Schriftenaustausch.  83 

Kr.  Nyrop,  Italiensk  Reiseledsager.  Kjobenhavn,  Det  Schu- 
botheske  Forlag,    igo8.      96  S.    12:0. 

Poesie  franraise  1800 — 1850,  publice  et  annotee 
par  A/.  Nyrop.  Copenhague  et  Christiania,  Gyldendalske  Boghan- 
(lel  -Nnrclisk    Forlag,    iqoQ.      VII+152    S.    8:0.      2    Kr.    25. 

Valfrid  Vasenliis,  Ruotsinkielen  alkeiskurssi:  Sävelmiä  — 
Begynnelsekurs  i  svenska:  Melodier.  Helsingfors,  Otava,  igo8. 
VIII -1-40   S. 

Enhält  Melodien  zu  einer  Anzahl  schwedischer 
Kinclerlieder.  Der  Verf.,  Lehrer  der  schwedischen 
Sprache  in  einer  finnischen  Schule,  betrachtet  nach 
eigener  Erfahrung  das  Chorsingen  der  beim  Sprach- 
unterricht einzuübenden  Lieder  als  ein  vorzügliches 
Mittel,  das  Interesse  der  Schüler  zu  erwecken  und  die 
richtige   Aussprache  zu   befestigen. 


Schriftenaustausch. 

Antero    Vipunen,  Jahrg.    iqo8,  Nr.   4. 

Blblivgraphia  phonetica,  Jahrg.  i  c)o8,  Nr.  1 1  u.  12;  i  qoq, 
Nr.    I. 

Modern  Language  Notes,  Jahrg.  1908,  Nr.  7:  1909, 
Nr.    1—2. 

Moderna  Spräk,  Jahrg.  1908,  Nr.  8 — 9.  —  Unter  dem 
Titel  »Phonopädagogische  Rubrik»  beginnt  Dr.  G.  Panconcelli- 
Calzia  in  der  Nr.  8  eine  Serie  Besprechungen  verschiedener  Phono- 
graph- und  Grammophonplatten,  welche,  wenn  man  sich  der  phon- 
autographischen  Apparate  beim  Sprachunterricht  zu  bedienen  ver- 
steht,  zu   diesem   Zwecke  verwendbar  sind. 

Nuova  Rassegna  di  Letteratare  moderne,  Jahrg.  1908,  Nr. 
9 — 10. 

Päivä,  Jahrg.    1908,  Nr.   48 — 51:    1909,   Nr.    i  —  7. 

Rassegna  bibliographica  della  letteratura  moderna,  Jahrg. 
1908,   Nr.    10 — II  — 12. 

Revue  de  Provence  et  de  langue  d'Oc,  artistique,  litteraire, 
scientifique  et  historique.  Nouvelle  serie,  1909  (XP  annee),  n°^ 
I  —  2.  Redactif)n  &:  Administration:  Marseille,  17,  rue  de  lEtrieu. 
Abonnement:  3  fr.  50  c.  pour  l'Etranger.  ----  Nous  signalons  une 
Esquisse  d'une  Histoire  de  la  lltteratare  bearnaise  par  M.  Louis 
Batcave. 

Virittäjä,  Jahrg.    1908,  Nr.   8. 


Mitteilungen. 

Einli  ei  mische  Beiträge  zu  ausländischen 
Publikationen:  Dr.  H.  Suolahli,  Mundartliche  Nachklänge 
der  alten  Deminutivbildungen  auf  inkilTn  in  der  Zeilschr.  f. 
deutsche  Wortforschung,  Bd.  X,  S.   253 — 5. 

Ausländische  Besprechungen  einheimischer 
Publikationen:  Neuphilologische  Mitteilunge?i,  Jahrg.  1907, 
bespr.  von  P.  Meyer,  Romania  XXXVII  (1908),  S.  622 — 3;  A. 
Längjors,  Li  Regres  Nostre  Dame  par  Huon  le  Roi  de  Cambrai, 
bespr.  von  E.  Stengel,  Zeitschr.  für  franz.  Spr.  und  Litt.  XXXIII 
(1908),  Ref.  S.  163 — 7;  W.  O.  Streng,  Haus  und  Hof  im  Fran- 
zösischen, bespr.  von  Adolf  Zauner,  Zeitschr.  für  rem.  Philol. 
XXXII  (1909),  S.  g4 — 6:  von  W.  Meyer- Lübke,  Wörter  und 
Sachen,  Jahrg.   I,   Heft    i. 


NEUPrillDlOQISCHE 
•  •  AVITlEllLJNQEH 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  V^erein  in   Helsingfors. 

Acht    Nummern  jährlich.      Preis;    4  Ir'mk  ilirckt  bei  der  Redaktion , 

|v  4:   -50    durch    die    Post  und     =;   Fmk  durch  die  Buchhandlungen.    .  »aa 

IIP-   3'4        Zahlerde  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich.    |i       I^v^ 

!     —   .\bonnementsbetrag,    Beiträge,  sowie  Bücher  zur  Besprechung    1 

bi;tet  man  an  die  Redaktion  (Adr.    Prof.  A.  W  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d.      | 

Vestra   Hamngatan  5)  zu  senden  1  * 


Le  passage  difficile  de  la  chanson  Amorosa  donna  fina 
de  Rinaldo  d  Aquino 

En  presence  de  la  poesie  lyrique  italienne  primitive, 
de  ces  restes  que  nous  en  ont  conserves  les  trois  beaux 
canzonieri  du  XIIP  siecle,  on  eprouve  un  singulier  sentiment 
de  confusion.  Les  manuscrits  en  question  appartiennent  tous 
ä  des  dialectes  assurement  tout  autres  que  celui  ou  ceux  oü 
les  plus  anciennes  chansons  ont  ete  congues  et  redigees. 
Un  grand  nonibre  de  rimeurs,  nommes  ou  non  ä  la  rubri- 
que  des  poesies,  nous  sont  inconnus.  Peu  personnelles,  les 
chansons  ne  nous  fournissent  que  rarement  quelque  donnee 
biographique  plus  ou  moins  douteuse ;  elles  restent  lä,  temoins 
mysterieux  qui  ne  savent  souvent  donner  ä  nos  questions 
qu'une  seule  reponse  repetee  ä  l'infini:  »il  m'a  fait»,  sans 
nous  dire  aujourd'hui  plus  qu'hier  qui  etait  cet  homme,  s'il 
parlait  le  sicilien  ou  un  dialecte  du  Nord,  s'il  a  chante  dans 
les  premieres  ou  plutot  dans  la  cinquieme  ou  sixieme  decade 
de  ce  merveilieux  XIII^  siecle  qui  vit  naitre  et  se  developper 
rapidement  la  langue  et  la  poesie  d'art  en  Italie,  siecle  de  ce 
siciliano  illustre  qui  devenait,  par  une  serie  de  transformations 
dependant  pour  une  grande  partie  de  la  Situation  geographi- 
que  des  divers  centres  litteraires,  la  langue  des  grands  tre- 
centisti  florentins,  l'italien. 


86  Oiva  Joh.    Tallgren, 

Rien  de  plus  genant  que  cette  difficulte  d'etablir  une 
Classification  chronologique  et  geographique,  dans  l'etude  d'une 
litterature  et  d'une  langue  jeunes,  pour  lesquelles  deux  ou  trois 
decades  valent  ce  qu'ailleurs  vaut  un  siecle.  Meme  dans  les 
cas  oü  nous  connaissons  le  nom  de  l'auteur  et  oü  sa  correspon- 
dance  poetique  —  sur  laquelle  les  rubriques  nous  permettent 
parfois  de  former  des  conclusions  —  nous  donne  quelque 
point  de  repere  pour  le  placer  entre  les  plus  anciens  ou  entre 
les  epigones;  meme  dans  les  cas  heureux  oü  nous  connaissons 
un  fertain  nombre  de  details  positifs,  la  date  approximative 
de  la  chanson,  la  patrie  de  l'auteur,  le  sens  du  texte;  meme 
si  nous  ne  sommes  pas  tres  ignorants  de  l'ancien  dialecte, 
pour  l'epoque  dont  il  s'agit,  il  nous  arrive  de  rester  perplexes, 
par  exemple,  en  presence  de  certaines  especes  de  rimes,  qui 
ont  donne  naissance  ä  plus  d'un  travail  serieux  et  n'en  parais- 
sent  pas  moins  difficiles  ä  expliquer. 

II  nous  faudra  tres  probablement  renoncer  ä  la  pensee 
de  Jamals  connaitre  un  peu  exactement  la  forme  originaire 
des  plus  anciennes  chansons  italiennes.  Les  futures  editions 
critiques  ne  nous  donneront  ces  textes,  semble-t-il,  que  dans 
une  orthographe  ne  s'ecartant  pas  essentiellement  de  celle  des 
Chansonniers  toscans.  Etablir  un  texte,  dans  notre  cas,  c'est 
opter  entre  les  legons  des  manuscrits  (si  nous  en  possedons 
plus  d'un),  en  apportant,  le  cas  echeant,  des  modifications 
necessaires,  principalement  au  point  de  vue  du  sens.  C'est 
bien  peu  de  chose  pour  le  metricien,  pour  le  phonetiste,  et 
meme  pour  le  lexicologue!  — 

Dans  le  present  cas,  nous  n'aurons  guere  ä  nous  occu- 
per  que  de  quelques  questions  d'interpretation. 

Qu'il  suffise  de  dire,  au  prealable,  que  Rinaldo  d'Aquino, 
celebre  par  sa  chanson  d'amour  faisant  allusion  ä  une  croisade, 
probablement    celle    de   1242,  est  peu  connu  ^  comme  la  plu- 


'  En  fait  de  recherches  biographiques  plus  recentes  concernant  Rinaldo 
d'Aquino,  il  faut  mentionner  sunout,  sans  compter  le  livre  indique  dans  la 
note  suivante,  trois  travaux  de  Fr.  Scandone  parus  en  1897,  1900  et  1901, 
nommes  par  Mario  Pelaez  au  commencement  de  son   important    compte  rendu 


f.e  piissai^e  difßcile  de  la   chayts.    Amorosa   Uonna  fin  a    de  R .  d' Aquinu ,      87 

part  des  rimeurs  du  XIII'  siecle.  Dans  les  quelques  chan- 
sons  qui  nous  ont  ete  conservees  de  lui,  il  y  a  un  passage 
oü  il  semble  indiquer  —  d'une  fagon  indirecte  —  le  pays  dont 
il  etait  venu  ä  la  cour  de  Frederic  II  de  Hohenstauffen.  La 
localite  nommee  est  Montella,  situee  ä  l'Est  de  Naples,  sur 
les  Apennins;  et  le  passage  en  question  est  precisement  celui 
que  je  tächerai  ici  de  rendre  un  peu  plus  comprehensible. 

Dans  le  numero  de  juin-juillet-aoüt  de  1906  de  la 
Rassegna  Bibliografica  della  Letteratura  Italiana  (XIV),  p. 
164,  Mario  Pelaez  rend  compte  d'une  reconstitution  critique 
qui  a  ete  proposee  pour  notre  passage  par  Francesco  Scan- 
done,  en  1904  ^  Je  ne  sais  pas  si  la  fagon  de  voir  de  M. 
Scandone  a  ete  jugee  acceptable  par  d'autres  qui  auraient 
ecrit  depuis  lui  sur  le  passage  en  question;  M.  Pelaez,  lui, 
tout  en  trouvant  contestables  deux  conclusions  que  Scan- 
done veut  deduire  de  son  texte  reconstitue,  ne  s'oppose  pas 
d'une  fagon  expresse  ä  accepter  cette  reconstitution. 

La  poesie  Amorosa  donna  fina,  qui  se  lit,  par  exemple, 
dans  la  Crestomazia  de  Monaci  -,  nous  a  ete  conservee  par 
deux  des  chansonniers  plus  anciens,  soit  le  Laur.-Red.  IX, 
dans  l'edition  duquel  eile  correspond  au  numero  119,  et  le 
Vatic.  37^3,  oü  eile  se  trouve  sous  le  numero  XXXIV.  Mais, 
pour  notre  passage,  on  n'a  qu'ä  confronter  les  editions  di- 
plomatiques  des  deux  chansonniers  ^  pour  voir  que  les  deux 
textes  representent  une  seule  source,  tellement  les  divergences 
en  sont  peu  importantes;  en  effet,  comme  la  demontre  N.  Caix, 


que  nous  citerons  toul  a  l'heure,  et  Fr.  Torraca,  Stndi  su  la  Urica  italia>ia 
del  duecenio,  Bologne,  Zanichelli,  1902.  Des  quatre  etudes  publiees  de  1894 
ä  1897  que  contient,  remaniees,  ce  recueil  de  l'illustre  professeur  de  Naples, 
c'est  la  deuxieme  (La  sctiola  poetica  siciliana)  oü  il  est  question  de  Rinaldo, 
p.    102   et  les  suiv.,  pp.    189 — 203. 

'  Francesco  Scandone,  Notizie  hiograficke  di  rimatori  della  saiola  poe- 
tica siciliana.  con  docuiiienti.     Naples,   Typogr.    Giannini,    1904. 

-   V.  83   et  la  suiv. 

•'  //  Canzouiere  Laurenziano  Rediano  9,  pubblicato  per  cura  di  Tom- 
inaso  Casini.  Bologne,  Romagnoli,  1900.  —  //  Libro  de  varie  romanze  vul- 
gare, Cod.  Vat.  37gs,  a  cura  di  S.  Satta  —  F.  Egidi  —  G.  B.  Fesla,  Rome, 
Societä  Filologica  Romana,   1903 — 1906. 


88  Orvti    Job.    Tallf^ren, 

la  partie  du  Laur.  oü  se  trouve  la  chanson  n:o  119  '  a  ete 
ecrite  par  une  main  plus  recente  (B)  que  le  reste  de  ce  ma- 
nuscrit  (le  plus  ancien,  peut-etre,  des  Chansonniers  Italiens); 
et  ce  copiste  B  doit  n'avoir  eu  sous  les  yeux  que  le  meme 
manuscrit  aujourd'hui  perdu  qui  a  servi  de  prototype  aux 
parties  correspondantes  du    Vat.  3yg3  '-. 

Voici  d'abord,  pour  la  Strophe  en  question,  Tun  de  ces 
deux  textes  ä  peu  pres  contemporains,  avec  les  quelques  varian- 
tes  qu'en  offre  l'autre: 

Law.- Red.  IX,   n:o    I19.  Vat.  jygj,   n:o   34. 

S  elo  sollazo   nonauesse.  Sello 

50.    senon   dauoi   losenlnanie  seiiundauoi   losembianie. 

conparlamento  isguardare  comparlamento  sguardare. 

lagran   gioia  quando  uollesse.  la  grangioia   .      .      .   uolesse. 

perche  pato  pene  tante.  prer]che . 

chio  nonle  poria  contare;  .      .   nole   .      .      .   comlare. 

55.    Nedanullomo  che  sia.  Neda  nuUomo 

lamia  uoglia   nondiria.  .      .      .    uolglia   no[n]diria. 

douesse  morire  penando. 

senoneste  vmontellese. umontellese. 

cioeluostro  seruentese.  

60.    auoi   lo  dica  jncantando.  .      .   lodico".      ..... 

Voici  maintenant  la  reconstitution  proposee  par  Scandone: 

S'ello  sollazo   no'   avesse, 
50.    Se  non  da  voi !   Lo  sembiante 


'  Chez  Caix  (v.  la  note  suivante),  notre  chanson  porte  le  numero  120. 
Cette  difference  de  numeration,  sur  laquelle  on  s'attendrait  ä  trouver  quelque 
avertissement  dans  la  Prefazione  de  l'edition,  provient  de  ce  que  Caix  a  compte 
comme  un  numero  ä  pari  la  chanson  (ici  anonyme)  de  Notar  Giacomo,  S'io 
dollio  non  e  inaratnllia ,  qui,  en  efFet,  figure  comme  poesie  ä  part  dans  le  Chan- 
sonnier V^at.  jygs  (n:o  XIV,  dans  V Indice),  mais  que  cette  chanson  est  im- 
primee  dans  l'edition  du  Laur.  (p.  192)  a  continuation  de  la  chanson  prece- 
dente  numerotee  de   112. 

*  N.  Caix,  Le  origini  della  Lingua  poetica  italiarta.  Principn  di  grani- 
inaiica  siorica  italiana.^  ricavati  dallo  studio  dei  manoscritti.  Con  una  introduzione 
suila  formazione  degli  aniichi  canzonieri  italiani.  Floren  ce,  l.e  Monnier,  1880. 
—    Page  26,  en  haut,  et  la  suiv.  (resumes);  p.  37. 

^  L'editeur  note:   iidico  o  dica}  lez.   incerta». 


Lc  pasia^c  (Hfßiilc  de  la  chans.  Aniorosn  donnn  finn   de   R.   d' Aquino.      89 

Con   parlamento   sguardare 

L'ä  (gran   gioi !)  quando  volesse  ? 

Perche  pato  pene  lante  ? 

Ch'io  no'le  poria  contare : 
55.    Ne  di  nuUo  mo',   che  sia, 

La  mia  voglia  non  diria, 

(Dovesse  morir  penando} 

Se   non   este   'n   montellese  ; 

Cioe,  il  vostro  serventese 
60.     A  voi   lo  dico,    in   cantando. 

La  legon  Ne  di  au  vers  55  s'ecarte  de  celle  des  mss; 
—  faut-il  croire  que  c'est  lä  un  ecart  motive  par  des  raisons 
de  critique  ?  ^  En  aucun  cas,  la  correction  n'a  ete  faite  pour 
la  premiere  fois  par  M.  Scandone;  pour  ne  pas  remonter  jus- 
qu'aux  editions  plus  anciennes,  la  legon  Ne  di  se  trouve  dejä 
chez  Monaci.  Ne  sera-t-il  donc  pas  possible  de  maintenir 
teile  quelle  la  legon  des  mss?  On  se  deniande  aussi  si  la 
forme  710  (v.  49),  et  surtout  si  la  forme  recente  md  pour 
modo  (v.  55)  pourra  inspirer  de  la  confiance  dans  un  texte 
meridional  du  XIIP  siecle.  N'ayant  point  et  ne  pouvant  pas 
avoir  l'intention  d'entrer  dans  une  critique  detaillee  de  l'inter- 
pretation  ci  dessus  reproduite,  je  voudrais  en  tenter  une  autre, 
qui,  Selon  moi,  correspondrait  mieux,  sous  certains  rapports, 
au  caractere  de  l'ancienne  poesie  sicilienne. 

Le  poete  vient  de  nous  dire,  dans  les  strophes  prece- 
dentes,  que  son  amorosa  donna  fina  est  belle  et  cruelle,  qu'elle 
ne  lui  a  accorde  qu'un  seul  baiser,  qu'elle  lui  a  ote  son  coeur 
a  force  de  lancer,  en  cachette,  de  ces  sguardi  niicidiali  (v.  34), 
de  ces  regards  d'amoureuse  qui  tuent.  -  Tout  cela  est  dit 
dans  un  style  bien  limpide ;  dans  toute  la  chanson,  le  poete 
adresse  la  parole  ä  sa  dame.  Ensuite  —  et  nous  en  voilä 
arrives    a    l'avant-derniere    des    cinq   strophes   —  il  continue: 


'  Je  ne  connais  le  livre  de  Scandone  (|ue  par  les  comptes  rendus  de 
M.  I'elaez,  publies  Tun  dans  la  Rassegna  bibliogr.  d.  letterat.  ital.,  XIV,  pp. 
153  -172,  et  l'autre  dans  le  Kritischer  Jahresbericht  de  Vollmöller,  VIII  (1908), 
p     II   93  et  la  suiv. 

*  Au  vers  32  il  faudra  iire,  avec  le  Vat.,  savete,  et  non  pas  savere 
coinnie   doiine   le    Lmir, 


90  Ohui   Jo/t.    Tnlli^reti, 

'Que  ne  tuez-vous  pas  un  autre!  Vous  m'avez  mis  dans  un 
feu  qui  m'enflamme  de  toutes  parts.  Tout  ce  monde  est  fait 
de  neige  ^,  [tandis  tjue  moij  je  suis  brüle  ^  par  un  feu 
si  vif  qu'il  m'aneantit  ■^,  et  jcelal  avec  des  flammes  invisibles 
qui  allument  la  neige;  et  je  brule  au  beau  milieu  de  la  glace. 
C'est  lä  le  feu  de  l'amour  qui  brüle  le  fin  amoureux,  s'il  n'a 
pas  obtenu  le  sollazo! 

Voici  comment  ä  peu  pres  je  me  figure  la  suite  — 
et  ce  serait  lä  le  contenu  de  la  Strophe  dont  il  s'agit: 
'Le  soulas,  ce  serait  de  regarder  votre  beautc.  Ne  le  pouvant 
pas,  j'ai  d'innombrables  souffrances ;  et  en  dusse-je  mourir,  je 
ne  parlerais  de  mon  amour  qua  vous  seule'.  Ces  pensees  — 
un  peu  incoherentes  dans  l'original  — ,  je  les  trouve  exprimees 
de  la  fagon  suivante  ä  peu  pres: 

'Je    n'aurais    pas    le    soulas,    si    ce  n'etait  celui  de  vous 


'  La  legon  meue,  au  v.  40,  ne  donne  pas  de  sens  et  saurait  ä  peine 
etre  admise  a  la  rimc  pour  une  seconde  fois.  II  est  facile  de  conjecturer  veue. 
—  J'avoue  toutefois  que  je  ne  retrouve  pas  ailleurs,  exprimee  de  cette  fagon 
un  peu  originale,  l'image  d'une  region  neigeuse  representant  l'humanite,  chauf 
fee  en  un  seul  point  (l'aniant)  })ar  un  feu  mysterieux,  l'amour.  Le  poete  se 
trouve  au  foyer  d'un  verre  ardent  qui  l'aneantit,  lui  seul;  il  est  amoureux  ä 
un  tel  degre  qu'en  comparaison  avec  lui,  tout  le  monde  est  froid  comme  de 
la  neige,  —  L'on  peul  confronter  ce  passage  avec  la  seconde  Strophe  de  la 
celebre  chanson  de  Guido  delle  Colonne,  Ancor  ke  faigua  per  lo  foco  lassi, 
mais  on  verra  que  la  difference  est  considerahle.  Dans  les  exemples  cites 
par  Gaspary,  Die  Sicilianische  Dichterschule  (1878),  p.  76,  il  est  question  de 
tout  autre  chose.  —  Sans  compter  notre  passage,  le  mot  neue  rime  avec  meue 
dans  la  premiere  strophe  de  la  chanson  citee  tout  ä  l'heure  et  dans  la  qua 
trieme  de  Amando  lungamente,  de  Notar  Giacomo  [Canz.  Palat.,  n:o  lO;  >•  Chig. 
L  VIII  JOS,  n:o  234);  il  rime  avec  dipartiue  dans  la  3^  str.  de  la  eh.  Oi 
lasso  nom  pensai  de  »Rex  Federigo»  {Canz.  Laur.-Red.  9,  B,  n:o  117)  ou  de 
Rugierone  di  Palermo  {Canz,  Vat,  J7gs-,  n:o  XLVIIH),  v.  Monaci,  Crestom. 
I,  74;  et  il  rime  avec  deue  dans  la  46  str.  de  la  eh.  D'amoroso  paese,  de  Tom- 
maso  di  Sasso  di  Messina  {Canz.  Laur.-Red,  g,  B,  n:o  115;  Val.  jygj,  n:o 
21).  En  sicilien,  l'on  a,  en  effet,  nivi  dipartivi  divi,  et,  dans  l'anc.  sie.,  mivi. 
^  Au  lieu  de  »rateso»  que  donne  le  Canz.  Vat.,  lire  raceso, 
*  Les  mss.  donnent  che  7/ie  ne  consuma  (avec  des  variantes  d'ortho- 
graphe).  Je  lis,  au  lieu  de  »mene»,  meue;  et,  comme  l'octonaire  parait  etre 
tres  facile  ä  restituer  presque  partout  dans  notre  chanson,  je  me  demande  s'il 
ne  faudra  pas  suppleer  ici  un  dissyllabe,  p.   ex.  che  meue  [iui/o]  consuma. 


T.c  passage  (Uffinli  de  la  chans,  Amorosa  donna  fina  de   R.  d' Aquino,      91 

parier  et  de  regarder  votre  visage,  la  Grande  Joie,  aussi  sou- 
vent  que  je  le  voudrais .  Aussi  ai-je  tant  de  soufifrances  que 
je  ne  les  saurais  point  compter.  Et  dusse-je  mourir  en  souf- 
frant,  je  ne  manifesterais  ma  passion  ä  personne  au  monde 
—  a  moins  que  ce  Montellois-ci,  c'est-ä-dire  votre  serviteur,  ne 
vous  en  parlat  ä  vous,  en  chantant'. 

C'est  recherche,  c'est  guinde,  c  est  tout  ce  que  Ton  veut, 
mais  c'est,  j'ose  le  croire,  acceptable  pour  le  texte  dont 
il  s'agit. 

Pour  arriver  ä  cette  traduction,  j'ai  fait  quelques  legeres 
modifications  au  texte  traditionnel,  et  j'ai  pris  d'autres  points 
de  ce  texte  dans  un  sens  un  peu  autre  que  ne  l'a  fait 
M.   Scandone. 

Vers  49.  Dans  le  Lanr.  (que  je  regrette  de  n'avoir  exa- 
mine  qu'en  passant,  lors  d'un  sejour  ä  Florence)  le  premier 
mot  de  notre  stance  semble  etre  ecrit  elo,  sans  initiale,  mais 
avec  un    s    ecrit    en    marge,   en  caractere  petit.  ^     II   faut  lire, 


^  II  y  a  (]uelque  incertitude  sur  ce  point.  De  X Indice  de  l'edition  il 
semble  ressortir  (cf.  Pre/azione,  p.  XV)  que  l'ß  initial  de  notre  poesie  a  ete 
supplee  par  une  main  posterieure  ä  B;  dans  le  texte,  l'editeur  admet  pour  le 
present  cas  un  a  minuscule  gros,  caractere  dont  la  signification  n'est  pas  indi- 
quee  dans  la  preface  et  qui  n'est  employe  que  jusqu'ä  la  p.  206  inclusive- 
ment,  c'est-ä-dire  uniquement  dans  les  canzoni,  Quant  ä  celles-ci,  et  pour 
ne  m'en  tenir  qu'aux  strophes  initiales  (les  seules  qui  permettent  une  compa- 
raison  avec  le  registre),  il  est  embarrassant  de  constater  quelque  inconsequence, 
en  vue  de  laciuelle  on  ne  se  rend  pas  facilement  compte  de  la  valeur  exacte 
de  ces  initiales  en  caractere  gros.  Ainsi,  la  chanson  commengant,  a  la  p. 
190.  par  Anamoranza,  se  trouve  dans  V Indice  sous  Anamoranza  et  non  pas 
sous  la  legon  traditionnelle  La  nanioranza  .  .  .;  au  contraire,  Liegramente  canto 
]).  205)  et  Vtora  la  dolze  sperama  (ibid.)  ne  se  trouvent  enregistres  que  sous 
(1  et  /;  [a] Liegramente  ..  .  et  [tJVtota  .  .  .;  c'est  dire  que.  dans  le  registre, 
ces  dernieres  chansons  se  trouvent  etre  traitees  de  la  meme  fagon  que  Celles 
dont  l'initiale  est  imprimee  dans  le  texte  avec  l'enigmatique  caractere  gros. 
Quoi  qu'il  en  soit  —  de  Caix,  ouvr.  die,  p.  257,  il  ressort  que  l'a-  du  vers 
amorosa  donna  fina  se  lit  dans  le  ms.,  ecrit  en  marge  et  en  caractere  petit 
(par  la  main  B  ou  par  une  posterieure  ?  je  ne  le  sais  pas)  — ,  il  faut  admettre 
qu'en  general  ces  initiales,  tantol  copiees  en  marge,  tantot  laissees  en  blanc 
par  la  premiere  main,  n'ont  pas  de  chances  de  pouvoir  toujours  nous  convain- 
cre.   Si   le  prototype  commun,   aujourd'hui    introuvable,   du    \'at.   et   du  I^aur.  B 


92  Oiva  Joh.    Tall_s;ren, 

ou  Selo,  suppos6  que  \s  du  prototype  de  Vat.-haur.  repre- 
sente  la  bonne  legon,  ou  Kelo,  Chelo\  c'est-a-dire,  dans  notre 
vers,  probablement  Sei  ou  Kel.  Scandone  admet  se  en  tete 
du  discours  principal;  en  effet,  1' Italien  ne  repugne  pas  absolu- 
ment,  semble-t-il,  ^  ä  ces  tours  de  phrase  fort  communs  en 
espagnol  qu'on  est  habitue  de  voir  exprimes  d'ordinaire  par 
che.  Dans  Tun  et  dans  l'autre  cas,  le  sens  sera  celui-ci :  'c'est 
que  je  n'aurais  point  ce  bonheur-lä,  sinon  .  .  .';  et perche  (v.  53) 
aura  la  signification  de  'a  cause  de  quoi',  comme  par  exemple 
dans  la  premiere  strophe  de  la  eh.  Assai  credetti  cielare  ( Vat. 
n:o  XXXIX,  Laur.  n:o  121)  et  fort  souvent  d'ailleurs.  Qu'on 
ait  ä  faire  ä  un  discours  conditionnel  subordonne  ä  un  inter- 
rogatif  perche  pato  pene  taute,  ch'io  non  le  poria  contare?,  cela 
semble  invraisemblable,  car,  si  je  ne  me  trompe,  de  pareilles 
questions  rhetoriques  ne  se  rencontrent  guere  chez  les  lyriques 
provengalisants.  Le  subjonctif  fauesse)  dans  un  discours  prin- 
cipal n'est  pas  frequent,  mais  doit  etre  admis  comme  possible  -. 
—  V.  50.  Au  lieu  du  mot  da  qu'offrent  les  mss.,  je  voudrais 
lire    di.     On    comprend    facilement  qu'un  copiste  a  pu,  apres 


a  porte  Sello,  il  se  peul  encore  ires  bien  que  cet  .S'  ne  represenle  point  ce 
qu'ecrivit  un  jour  Messer  Rinaldo, 

'  Voy.,  par  exemple,  Vockeradt,  Lehrbuch  der  ital.  Sprache  (Berlin,  1878). 
p.  474;  Tommaseo  Bellini,  Dizionario  della  lingua  italiana  {lS6l — 79),  s  v.  Se, 
article   n:o   LXXVII. 

-  II  est  vrai  que  dans  la  liueralure  relative  ä  la  langue  des  lyriques 
italiens  primitifs  (Gaspary,  ouTr.  cite\  Caix,  ouvr.  iite\  Cesareo,  La  poesia 
sidliana  sotto  gli  Svroi,  Catania  1894")  je  ne  trouve  qu'un  seul  exemple,  indi- 
que  par  Cesareo  (p.  189),  de  l'emploi  du  subjonctif  au  lieu  du  conditionnel. 
Mais  donne  par  deux  chansonniers  bien  heterogene^,  Palat.  418  in:o  21,  str.  5^ 
et  Vai.jjgs  (n:o  LXXIII,  str.  6;  Cesareo  n'indique  que  \g  Palat),  cet  exemple 
doit  etre  considere  comme  sur :  .SV  de  lo  suo  parlare  non  mi  fasse  tanto  fera, 
dicesse  alcuna  cosa  .  .  .  solo  per  confortare  (je  fais  abstraction  de  quelques  varian- 
tes  d'orthographe),  'si  eile  ne  gardait  pas  un  si  cruel  silence  envers  moi.  eile 
dirait  un  mot  pour  me  conforter'.  —  Encore  le  mot  se.  dans  le  cas  du  vers 
49,  pourrait-il  peut-etre  avoir  ete  substitue  ä  un  ke  originaire,  tout  simple- 
ment  parce  que  le  copiste  a  lu  le  vers  jusqu'ä  la  fin  avant  de  le  copier  et 
que,  le  moment  d'apres,  le  mot  final  auesse  est  venu  lui  suggerer,  gräce  ä 
cette  forme,  l'idee  d'une  proposition  conditionnelle,  je  veux  dire,  d'une  phrase 
commencant  par  se.  En  somme,  je  crois  que  le  temoignage  des  »deux»  mss., 
sur  ce  point,   nous  laisse  les   mains  libres. 


f.e  passa^e  difficiU  de  la   chans.  Avtorosa   donna  fina   de  R.  d' Aquino.       93 

des  mots  signifiant  ä  peu  pres  'je  n'aurais  pas  de  plaisir', 
prendre  un  se  non  dt  uoi  au  sens  de  'si  je  ne  Tai  de  vous' 
et  substituer  a  di  un  »da».  —  Fera-t-on  de  l'injustice  aux 
anciens  poetes  en  supposant  qu'un  d'eux  ait  admis  une  tour- 
nure  de  phrase  aussi  libre  que  celle-ci :  non  auesse  ü  sollazo 
se  non  isguardare  il  uostro  sembiante,  je  n'aurais  pas  le  bon- 
heur,  si  ce  n'etait  celui  de  vous  regarder' ?  Toutefois,  j'ose 
songer  ä  la  possibilite  d'admettre  une  forme  verbale  ignoree, 
si  je  ne  me  trompe,  par  les  paradigmes  etablis  jusqu'ici : 
isguardare  =  ('sguardara') 'sguardasse, '-arem',  laquelle,  comme 
sens,  irait  ici  ä  merveille:  'je  n'aurais  pas  le  soulas,  si  je  ne 
reoardais  votre  beaute',    '.   .   .  a  nioins  de  voir  votre   beaute'  '. 


'  l'our  ce  qui  est  de  Texislence  dune  pareille  tonne,  dans  le  style 
poetique  ancien  italien,  je  ne  jjuis  ni'en  rapporter  pour  le  moment.  il  esi  vrai. 
qu'ä  deux  exeinples  un  peu  analogues,  dont  Tun  eile  par  Gaspary  [Sia/ia- 
nische  DichieiSLiuiIe,  p.  187,  note).  Celui-ci  se  trouve  dans  un  sonnet  de  Dante 
da   Maiano : 

S'eo  troveria  —  di  niia  disia  —  pielale, 
Piü  in  dignitate  —  alzate  —  me  tenire, 
Che  s'io  avir(e)   —   dovire   —   lo'mperiato ; 

—  l)assage  oü  les  formes  ietme  dovire  sont  expliquees  par  Gaspary  comme 
representanl  tetma  dovira  —  ienera  dovera,  »modifiziert  dem  schwierigen  Reime 
in  jener  Spielerei  zu  Liebe,  wie  alzaie  für  alzaio  steht».  L'autre  exemple 
serail  ce  seruire  que  je  crois  voir  dans  la  derniere  Strophe  de  la  eh.  Ttttio  lo 
iiionddo  uiue  sanza  guerra  {Tat.  Jjgj,  na)  CXVl;  du  poeie  sicilien 
Folca(l)chieri   di   Siena  ; 

Dolcie   madonna,   poi    ch'eo   mi    moragin, 

Non   trouerai   chi   si   bene   te   seruire 

Tutta   tua  volontate. 

Ch'unque   non   uolli   ne  uolglio  ne   uoragio 

Se  non  di   tuto  a  fare  a  piacere 

A   la   uostra  amistate. 

On  est  donc  en  presence  des  fonnes  isguardare  teniie  dovire  \o\x  lenere  dorere  ■ 
la  rime  ne  s'y  oppose  pas)  seruire,  toutes  employees  dans  un  meme  sens.  ä  peu 
pres;  et  il  faut  dire  que,  selon  loule  probabilite,  lorsque  nous  possederons 
enfin  des  editions  critiques  de  la  poesie  primitive,  on  constatera  que  les  cas 
oü  de  telles  formes  paraissent  entrer  au  jeu.  sont  plus  nombreux  que  cela. 
Quoi  qu'il  en  seil,  il  me  semble  (|ue  Ion  a  des  motifs  pour  songer  ä  une 
survivance  possible,  dans  certains  dialectes  de  l'Italie  du  XlII:e  siecle,  du 
type  morphologique  a  m  a  v  e  r  o  subsistant  dans  l'ancien  roumain,  dans  le 
macedonien,    dans    l'espagnol    et     le  portugais    (MeyerLübke,     Grammatik  der 


94  Ohm  yoh.    Tnllgren, 

—  V.  52.  La  forme  gioi  est  frequente.  —  Quelle  personne 
faut-il  supposer  comme  sujet  du  verbe  uolesse?  Pour  etablir 
ma  traduction,  j'ai  admis  qu'il  s'agit  ici  de  la  premiere  per- 
sonne; mais  la  phrase  gagnera  peut-etre  en  finesse,  en  esprit 
chevaleresque,  des  que  l'on  prendra  tiolesse  au  sens  de  la 
3:^me:  '.  .  .  si  l'on  ne  me  laisse  admirer  votre  visage,  ma 
grande  joie,  toutes  les  fois  qu'elle  (la  Grande  Joiel)  veut  bien 
me  l'accorder',  ou  bien  encore  '.  .  .  admirer  votre  visage, 
toutes  les  fois  que  la  Grande  Joie  veut  bien  me  le  permettre'. 

—  Au  vers  55,  je  trouve  qu'il  n'y  a  aucune  difficulte  a 
admettre  teile  quelle  la  legon  des  mss.  ned  a  nuW  o.  q.  s., 
qui  me  parait  donner  un  sens  excellent  correspondant  ä  un 
des  lieux  communs  de  la  poesie  occitanique  ^  —  Le  vers  58 
est  tres  embarrassant.  Qu'est-ce  que  c'est  que  cet  u  o\x  v 
precedant  le  mot  montellese t  M.  Scandone  lit,  au  lieu  de 
r«,  un  n,  expliquant  se  non  cste  V/  montellese  par  'si  ce  n'est 
pas  dans  le  patois  de  Montella'  —  Interpretation  que  Scandone 
ne  trouve  pas  solidement  justifiee.  L'autographe  portait 
peut-etre 

sinun   istumuntellisi, 

d'ou,  par  une  degeneration  successive  operee  par  les  copistes 
toscanisants,  on  a  pu  avoir  a  un  moment  donne 

se   non   estv/nionlellese 

-~-  je  suppose  que  \u  a  pu  etre  garde  par  une  raison  paleo- 
graphique  quelconque,  par  exemple  ä  cause  d'une  forme 
speciale  ou  dune  ecriture  en  surcharge,  ou  bien  encore,  tout 
simplement,  parce  qu'un  copiste  toscan  na  naturellement  pas 
eu  l'idee  d'entreprendre  de  ces  recherches  geographiques  qui 
lui  auraient  ete  necessaires  pour  savoir  si  un  lieu  du  midi 
s'appelle  Montella  ou    »Umontella.«      Este,  on  le  sait,  etait  la 


rotnan.  Sprachen,  II,  p.  353  et  la  suiv.),  ou  peut-etre  mieux  encore  ä  celle  de 
ce  aniarem  qui  existait  Qarej  dans  l'ancien  sarde  logoud.  et  qui  se  relrouve, 
inodifie  par  l'analogie,  dans  le  dialecte  moderne  (ouvr.  citi,   II,  p.   297). 

'    Voy.    Gaspary,   Süilianische  Dühterschuk,   p.   60  et  la  suiv. ;   Cesareo, 
La  poesia  siciliana  sotto  gli  Svevi,  p.   253. 


l.e  passngc  (fi/fici/e  de  la   chaiis,  Aniorosa   dontin  fina  de   R.  d' Aquino.      95 

forme  verbale  representant  est,  employee  dans  le  siciliano 
illustre  concurremment  avec  e,  sinon  ä  Texclusion  de  cette 
derniere  forme,  et  cet  este  a  ete,  selon  moi,  introduit  ici  au  Heu 
du  pronom  esto  i.stum,  qui  n'apparait  qu'assez  rarement,  il  est 
vrai,  mais  que  le  copiste  lui-meme  vient  d'admettre  plus  haut 
dans  notre  poesie  ^  Voilä  comment  je  me  figure  que  estu- 
montellese  a  pu  donner  ä  son  tour  este  umontellese.  Je  crois 
donc  qu'il  faut  lire  notre  vers  ainsi  (dans  l'orthographe  gene- 
rale de  l'epoque  des  chansonniers): 

se   non   esto   Monlellese. 

Cette  legon  cadre  sans  doute  mieux  dans  la  phrase  que  ne 
le  ferait  la  legon  traditionnelle 

se   non   este   u[nj    Monlellese, 

laquelle,  apres  tout,  ne  parait  pas  beaucoup  plus  facile  ä 
expliquer  au  point  de  vue  paleographique,  etant  donne  qu'a 
en  juger  par  l'admirable  edition  diplomatique  du  chansonnier 
du  Vatican,  il  n'arrivait  que  tres  rarement  d'abrevier  \n  de 
un,  vn  par  un  de  ces  traits  horizontaux  superposes  ä  la  voyelle 
qui  pouvaient  etre  omis  par  inadvertance.  —  V.  59.  uostro 
seruentese  doit  bien  etre  pris  ici  au  sens  de  votre  serviteur'  ^ 
et  non  pas  dans  celui  du  provengal  serventes,  comme  le  suppose 
Scandone.  —  V.  60.  lo  se  trouve  assez  loin  du  mot  uoglia 
pour  etre  justifie  au  neutre. 

Je  voudrais  donc  proposer  pour  notre  Strophe  la  forme 
suivante,  la  meme  qui  a  servi  de  base  pour  la  traduction 
donnee  plus  haut: 

C'he'l   sollazo    non   auesse, 
50.   Se   non   di   uoi   lo  senibiante 
con   parlatnenlo  sguardare, 
la   gran   gioi,   quando  uolesse. 
perche  pato  pene  tante, 
chio   non   le  poria  contare. 


*   Voy.   vers   40. 

-    'Serviteur'     est    ce    <|ue    signifie    seiiienlese  dans   la  poesie    Dispielutn 
morie  e  Jera,  au   v.   34;   voy.   Monaci     Cresi.,  p.   96  i^Vat.   n:o   75). 


96  IVa/fi-}    O    S/rent:, 

55.   Ned   a   null'   omo  che   sia 
la    inia    uoglia   non   diria, 
douesse   morir  penando  — 
se  non  eslo   Montellese 
(cioe'l   uostro  seruentese) 

60.  a   uoi   lo  dica    in    cantandc 


Oiva  Joh.    rallgren. 


Über  das  Fenster  und  dessen  Namen  im  Französischen 
und  Provenzaiischen. 

I     Fenster,  Dachfenster. 

Sowie  die  Germanen  liebten  die  keltischen  Gallier  das 
Wanderleben.  Da  aus  dem  Altertum  nur  unsichere  Nach- 
richten über  die  Lebens-  und  Wohnungsverhältnisse  der  Gallier 
vorliegen,  kann  nichts  mit  Bestimmtheit  von  ihren  Bauten  gesagt 
werden.  Wahrscheinlich  ist  jedoch,  dass  ihre  Häuser  oder 
vielmehr  Hütten  denjenigen  der  alten  Germanen  nicht  sehr 
unähnlich  waren.  Die  Wohnungen  der  letzteren  konnten  ohne 
Mühe  auf  Wagen  fortgeschafft  werden  und  sie  wurden  sogar 
in  mittelalterlichen  Rechtsbüchern  zur  fahrenden  Habe  gezählt. 
Das  Fenster  an  solchen  Hütten,  wenn  es  nicht  ganz  fehlte, 
war  wohl  nichts  anderes  als  ein  kleines  Loch,  was  auch  sei- 
ne germ.  Namen  zu  bezeugen  scheinen  (vgl.  ahd.  ougatora 
etwa   »Augentor»   und  anord.  vindauga   »Windauge»). 

Durch  die  Römer  lernten  die  Gallier  den  Steinbau  kennen 
und  mit  ihm  die  römische  Einrichtung  der  Fensteröffnung.  Das 
römische  fenestra,  das  mit  diesem  Begriffe  von  den  Galliern 
übernommen  wurde,  bezeichnete  ursprünglich,  wie  bekannt,  die 
Fensteröffnung  in  der  Mauer,  welche  die  Alten  erst  nur  mit 
Läden,  Vorhängen  oder  Gittern  versahen. 

Als  später  Fensterscheiben  aus  Spiegelstein,  dann  ge- 
schliffenem   Achat    oder    Marmor,  später  aus  Hörn  und  end- 


Über  das    Fenster  unii  dessen   Nnmen  im    Franz.   und  Frm'enz.  97 

lieh  aus  Glas  gefertigt  wurden,  ging  der  alte  Name  auf  dieses 
Ganze  über.  Somit  bezeichnet  das  afrz.  fenestre  (gelegentl. 
uiasc),  nfrz.  fenetre  nicht  nur  Fensteröffnung,  sondern  auch 
die  zum  V^erschluss  dienenden  Teile:  die  Glasscheiben,  Holz- 
teile u.  s.  w.  Fenetre  ist  in  allen  Mundarten  über  ganz 
Frankreich  gang  und  gebe  (vgl.  Atl.  linguistique,  Fase.  12, 
carte  549  A  u.  B),  nur  spärlich  kommen  andere  Wörter  vor. 
Die  im  Wallonischen  vorkommende  Form  finiesse  (Defre- 
c\\^\xy.^),  fenyes^  fenes  (Rmcl.-,  Niederländer^),  finies  (Hor- 
ning'*.  vgl.  Atl.  ling.)  setzt  das  altwall,  feniestre,  welches 
unter  anderem  bei  Body  (Bullet,  de  la  Soc.  liegeoise  1863-65) 
belegt  ist,  voraus.  Als  eine  gewöhnliche  Erscheinung  bei 
fenetre  in  den  Mundarten  mag  die  Metathesis  des  r  [/erriete, 
farmte,  furnite  bei  Labourasse  ^,  ferniete  Vermesse  ^,  freneste, 
frineste,  frieste  Lespy-Raym."^;  vgl.  Atl.  ling.)  und  die  allmäh- 
liche Abschwächung  und  der  schliessliche  Abfall  der  An- 
fangssilbe [estro  und  dim.  estrou  bei  Beronie^,  estro  Avril^, 
n.  Atl.  ling.  in  B.-du-Rhone,  Var,  hiestra  Duplan  ^",  hüstre 
Lespy-Raym.)  erwähnt  werden.  Auf  einer  Agglutination  des 
Wortes  mit  dem  bestimmten  Artikel  (s.  Nyrop,  Gramm,  hist., 
I.  489.  2.,  Rem.)  beruht  vielleicht  die  in  Bearn  belegte  Form 
arieste  (»le  parier  vers  la  montagne»,  arrieste  Ossau  bei 
Lespy-Raym.),  oder  hat  man  es  hier  einfach  mit  dem  im  Gase, 
bekannten  Vorschlag  vor  r-  zu  tun.  Zwar  kennt  Atl.  ling. 
die    Form    nicht,    und    möglich    ist,    dass    sie  veraltet  ist;  sie 


'    Recueil  de  comparaisons  populaires   wallonnes  (Bulletin   de  la   Societe 
liegeoise,  II:e  sehe,  9). 

-    Remacle  (Rmcl.):   Diction.   wallon-frariQais.      II:e  ed. 
■''    Die   Mundart  von  Namur  (Zeitschr.   f.   rom.    l'hil.   24). 

*  Zur  Kunde  des  Neuwallonischen   (Zeitschr.   f.   rem.    Phil.   9). 

'"    Glossaire    abrege    du    patois    de    la    Meuse,   notamment   de   celui   des 
Vouthons.      1887. 

*  Diction.  du  patois  de  la  Flandre  fran^aise.  Douai  1867. 
^  Diction.  hearnais  analen  et  moderne.  Montpellier  1887. 
'*    Diction.   du  patois  du  Bas-Limousin  (Correze)  etc. 

"    Diction.   provengal-frangais. 
'"  Patois  de   Bigorre. 


98  fVü/Ur  O.    Streng, 

kommt  aber  auch  bei  Mistral  ^  vor  und  ist  unzweifelhaft  mit 
den  auch  daselbst  vorkommenden  y9'2<?j/'ö, /r/^^/*?  (Mstrl.,  Lesp.- 
Raym.),  herteste  (Lespy-Raym.),  heriesta  (Duplan)  zusammen- 
zustellen. 

Neben  fenestra  wurde  das  lat.  foramen  »Öffnung», 
»Loch»  in  dem  Vulgärlatein  auch  gelegentlich  für  »Fenster» 
gebraucht  (s.  Du  Gange  "^),  ist  aber  von  dem  ersteren  zurück- 
gedrängt worden. 

Ganz  natürlich  war  es,  dass  der  Hauptzweck 
des  Fensters,  nämlich  die  Erleuchtung,  das  Licht  (vgl. 
engl.  Skylight),  schon  früh  mehrere  Namen  für  diesen  Be- 
griff veranlasst  hat,  Namen,  die  jedoch  vor  dem  gewöhn- 
lichen fenestra  meistenteils  zurückgewichen  sind  oder 
nur  eine  spezielle  Art  Fenster  bedeuten.  Hier  zuerst  das 
lat.  lumen  »Licht»,  metonymisch  »jede  Öffnung,  wo  Licht 
eindringen  kann»  (Georges-^),  dann  »Fensteröffnung»  und 
»Fenster»  im  allgem.:  »luminum  spatia  relinquere»,  Vitr. 
(Georges),  »nee  alia  lumina  sive  fenestrae  poterunt 
fieri  in  muro  dictae  masurae»  (DG).  Dieses  lat.  Wort  so- 
wie auch  ein  vulg.  lat.  clareira  »fenestra,  a  clarere 
sie  dicta,  quod  praebet  claritatem  seu  lucem»  (DG.),  an  wel- 
ches in  diesem  Zusammenhange  gedacht  werden  kann,  sind 
als  Bezeichnungen  eines  Fensters  spurlos  untergegangen. 

Wohl  von  lat.  lucem  »Licht»  und  dem  Adj.  lucanus 
»zum  Tageslicht  gehörig»  (Georges)  sind  die  vulg.  lat.  luca- 
nar  »foramen  in  domo»  und  lucern  a,  luquerna:  In  pariete 
proprio  vel  communi  nemo  debet  facere  fenestram  vel 
lucernam»  (DG.)  abgeleitet.  Auf  diese  sind  wohl,  trotz 
einigem    Bedenken*,    das    afrz.    lucan[n)e,    luquenne    und    nfrz. 


*  Lou  Tresor  döu  Felibrige  (Mstrl.). 

*  Glossarium  mediae  et  infimae  latinitatis  (DC). 

*  Ausführliches   latein.   Handwörterbuch. 

■*  Nach  Körting  ist  »jedenfalls»  die  Diez'sche  Ableitung  frz.  /ucarne  (  lat. 
lue  er  na  unhaltbar.  Zwar  bietet  das  afrz.  luamne,  welches  die  älteste  Stufe 
des  Wortes  (1261  bei  Godfr.)  sein  dürfte,  nicht  geringe  Schwierigkeiten;  es 
fehlt  ja  hier  einerseits  das  r,  und  anderseits  ist  hier  ein  a  statt  lat.  e.  Dohc 
kommt  das  \V.  schon  vom  Anfang  des   folg.  Jahrh.:s  an  mit  r  vor,   und  von   die- 


über  das   Fenster  und  dessen     .Vaineii   im    Franz.    und  Prm'etiz.  99 

lucarne  (»alteration  de  l'anc.  frang.  lucane»  etc.,  Dict.  general, 
Hatzfeld-Darm. -Thomas)  zurückzuführen,  wie  es  schon  Diez 
in  seinem  Wörterb.  getan  hat.  Lucarne  bedeutet  bekanntlich 
ein  »Dachfenster»  und  tritt  schon  im  XIII.  Jh.  auf  (vgl.  Gode- 
froy),  zu  einer  Zeit  also,  wo  man  nach  VioUet-le-Duc'  anfing 
die  Häuser  mit  hohen  Dächern  zu  bauen,  so  dass  oft  mehrere 
Stockwerke  unter  dem  Dach  angebracht  werden  konnten. 

Zu  demselben  Stamme  (etwa  eine  Ableitung  von  lu- 
cubrum  »schwaches  Licht»?  vgl.  Körting)  gehört  vielleicht 
—  wenn  nicht  einfach  an  eine  Agglutination  mit  dem  be- 
stimmten Artikel  und  einem  Verbalsubstantiv  von  mundartli- 
chem ouvrir  zu  denken  ist  —  das  wall,  leuvrai  »petite  lucarne 
donnant  de  la  lunucre  et  de  l'air  aux  fenils;  une  petite 
Ouvertüre  dans  la  toiture,  recouverte  d'une  feuille  cintree  en 
plomb  ou  en  zinc.  Dans  les  toits  en  chaume,  le  leuvrai  est 
recouvert  de  chaume»  (Body,  Vocab.  des  couvreurs  en  chaume 
etc.  in  Bullet,  de  la  Soc.  lieg.  lO — 12);  dasselbe  W.  auch  bei 
Forir-  belegbar.     So  selten  diese  Bezeichnungs weise  für  Fen- 


ser Zeit  ab  werden  die  Belege  bei  Gdfr.  bald  mit  r  l)ald  ohne  r  geschrieben. 
In  den  Mundarten  sind  die  Formen  mit  r  ebenso  häufig  wie  die  ohne  r. 
Auch  könnte  man  hier  an  die  oft  schwache  Aussprache  des  vorkonsonantischen 
r  im  Mittelalter  denken  (vgl.  Nyrop,  Gramm,  hist.,  I.  §  362).  Was  das  a 
des  afrz.  Wortes  betrifft,  könnte  es  vielleicht  unter  gelehrtem  Einfluss  von 
Wörtern  wie  lucanus,  lucanar  erklärt  werden;  an  einen  ähnlichen  Über- 
gang wie  im  lat.  per  )  nfrz.  par  ist  im  XIII.  Jh.  noch  kaum  zu  denken.  Je 
denfalls  spricht  m.  E.  die  begriffliche  Übereinstimmung  der  beiden  Wörter 
zu  sehr  für  die  Annahme  einer  Etymologie  lucarne  <  lue  er  na,  um  diese  Be 
denklichkeiten   hinsichtlich  der  Lautgestalt  überwinden   zu   lassen. 

Meyer  (Zeitschr.  f.  rom.  Phil.  XI,  255)  vermutet  hier  einen  Zusam- 
menhang mit  deutsch.  Luke,  welches  sich  ja  in  den  ausserromanischen 
Sprachen  sehr  fruchtbar  erwiesen;  jedoch  wirkt  das  Suff.  an{n)e,  -enne  und 
noch  mehr  das  nfrz.  -arne  befremdend.  Mit  einem  deutsch.  Luke  ist 
dagegen  unzweifelhaft  das  afrz.  hiquet,  lucquet  zusammenzustellen,  welches 
Gdfr.  mit  »lucarne»  erklärt,  aber,  wie  es  mir  scheint,  mit  Unrecht,  vgl. 
näml.  »-  —  —  lucquet  pour  donner  veue  au  celier»  fPiece  de  1593,  s. 
Gdfr.),   wo  lucquet  etwa   für    >soupirail>    steht. 

'  iJictionnaire'  raisonne  de  l'.'Xrchitecture  francaise  du  .\I:e  au  X\'l:e 
siecle. 

*    Dict.   liegeois-frangais.    1866. 


lOO  Walter   O.    Streng, 

ster  in  der  neueren  Sprache  auch  sein  dürfte,  kommen  auch 
andere  Ansätze  in  dieser  Richtung  vor:  so  z.  B.  sagt  man  ja 
noch  »pratiquer  un  jour  dans  un  mur»,  »avoir  des  jours  sur 
la  rue»,  wo  jour  etwa  in  der  Bed.  von  Fenster  gebraucht  wird. 
Ein  jour^  journ  wird  auch  gelegentlich  bei  Mstrl.  mit  »fenetre» 
erklärt,  was  auch  den  Ausdruck  jour  de  croto  für  »soupirail 
de  cave»  erklärt.  Hier  sei  gelegentlich  das  schriftsprachl. 
abat-jour,  egentl.  das  was  das  Licht  niederschlägt  (abattre) 
dann   »fenetre  de  prison»   (Htzf.-D.-T.)  erwähnt. 

Dass  es  an  bildlichen  Bezeichnungen  bei  diesem  Be- 
griffe nicht  fehlt,  ist  begreiflich:  hat  ja  ein  Haus  sein  Gesicht  [la 
face,  Fasade),  seine  Stirn  (die  Fronte).  Bald  ist  ein  rundes 
Fenster  wie  ein  Auge  (vgl.  oben  vindauga),  die  grosse,  öde 
Fläche  des  Giebels  ringsum  ist  wie  die  aussergewöhnlich 
breite  Stirn  eines  Ochsen,  das  Bild  ist  da,  und  die  Bezeich- 
nung oeil-de-boeuf,  oueilh  de  buou  (Durrieux  i),  el-de-bioou  (Gary-) 
ergiebt  sich  von  selbst;  bald  ist  das  Fenster  wie  der  Mund, 
und  wir  haben  das  afrz.  bouchel,  bouciau  (Gdfr.)  oder  prov. 
bouchal,  boujal  (Mstrl.)  in  der  Bed.  »lucarne»,  »oeil  de  boeuf». 
In  diesem  Zusammenhang  mögen  auch  das  prov.  gorgeo-de- 
loup^  »fenetre  pratiquee  au  toit  d'une  maison»  (Avril),  gorjo- 
de-loup  »lucarne»  (Mstrl.)  und  das  in  Yonne  belegte  goulotte 
»passage  etroit,  trou,  petite  fenetre»  (Jossier  Pere*)  erwähnt 
werden,  obgleich  wohl  entstanden  in  Hinsicht  auf  die  Enge 
eines  kleinen  Dachfensters  und  also  eigentlich  nicht  hierher 
gehörend,  wo  von  bildlichen  Ausdrücken,  bei  denen  das  Auge, 
der  Mund  massgebend  gewesen,  die  Rede  ist. 

Aber  nicht  nur  diese  obenerwähnten  Körperteile  selbst 
haben    Bezeichnungen    des    Fensters    hervorgerufen,  auch  die 


'     Dictionnaire  etymologique  de  la   langue  gascoiine,    1901. 

-    Diction.  patois-frang.   ä  l'usage  du  dep.  du  Tarn   etc.,    1845. 

'  In  Languedoc  kommt  ein  loup,  lou  in  der  Bed.  »Fenster,  Dach 
tenster»  vor:  so  bei  Gary  »lucarne»,  Couzinie  (Dict.  de  la  langue  romano- 
castraise,  1850):  »loup»  (I),  »lucarne»  und  D'Hombres  et  Charvet  (Dict.  lan- 
guedocien-fr.,  1884):  »louve»,  »petite  fenetre,  lucarne  pour  communiquer  les 
combles  d'une  maison   sur  les  toits». 

''    Diction.   des   pat.   de   ^^■onne,    1882. 


Cbe7-  das   Fenster  und  dessen   Namen  im  Franz.  und  Proz'em.  loi 

Eigenschaften,  die  diesen  Körperteilen  anhaften  können, 
scheinen  zu  neuen  Fensternamen  Veranlassung  gegeben  zu 
haben.  Mstrl.  belegt  in  der  Gironde  in  der  Bed.  »lucarne»,  ein 
checo,  cJieque,  welches  trotz  seines  befremdenden  Zischlautes 
im  Anlaut  vielleicht  auf  lat.  caeca  »lichtlos»,  »blind»,  das 
schon  in  lat.  Zeit  in  ähnlicher  Bedeutung  angewendet  wurde 
(vgl.  das  W.  als  Attribut  z.  B.  bei  spiramenta,  foresu.  dgl.), 
zurückzuführen  ist.  Ein  anderes  Wort,  das  mit  diesem  in 
begriftlicher  Verbindung  steht,  ist  das  hauptsächlich  im  Südosten 
des  spez.  französischen  Sprachgebiets  verzeichnete  bornbtte 
»lucarne»  (Perrault-Dabot  ^).  Vergleicht  man  nämlich  diese 
Form  mit  den  von  Jossier  Pere  in  denselben  Gebieten  beleg- 
ten boirne,  bornotte,  borgnotte,  bomotte,  die  bald  mit  »petite 
fenetre»,  bald  mit  »oeuil-de-bceuf»  und  »lucarne»  erklärt  sind, 
so  liegt  es  auf  der  Hand,  diese  Ausdrücke  mit  schriftsprach- 
lichem borgne  in  Verbindung  zu  bringen,  und  man  hätte  es 
hier  mit  einem  bildlichen  Ausdruck  zu  tun,  wobei  an  die 
oft  einzeln  wie  das  Auge  des  Einäugigen  vorkommenden 
Dachfenster  gedacht  würde  (vgl.  auch  schriftsprachl.  fenetre 
borgne^  schwed.  blindfönster).  Jaubert'-^  belegt  ein  boumotte 
»trou  de  forme  ronde,  petite  fenetre». 

Weisen  die  zwei  letztgenannten  Wortgruppen  auf  Eigen- 
schaften des  Auges  hin,  so  weisen  die  folgenden  Benennungen, 
falls  ihre  Herleitung  richtig,  was  jedoch  Zweifel  unterworfen 
ist,  auf  den  Mund  hin.  Mistral  leitet  ein  prov.  baieto  »lu- 
carne d'un  toit»  von  *bada  (*badare  nach  Körting  »den 
Mund  aufreissen,  müssig  gaffen»)  ab,  das  e  aber  wäre  jeden- 
falls unprovenzalisch.  Ein  in  älteren  wallonischen  Mundarten- 
wörterbüchern vorkommender  Beleg  ist  weiter  bawett  (Rmcl., 
Forir,  Mathelot,  Vocab.  de  l'artisan  magon  in  Bullet,  lieg. 
lo — 12),  bazvette  (Body,  Voc.  des  couvreurs  en  chaume  in 
Bullet,  lieg.  1866 — 68,  10 — 12),  der  mit  »lucarne»  erklärt  ist. 
Body  definiert  das   Wort,  ausser  mit  »lucarne»,  mit  »ouverture 


Lc   patois  bourguignon,    1897. 
Glossaire   du   Centre   de   la   PVance. 


102  H^'aäer  O.   Streng, 

par  oü  l'on  peut  dawi,  regarder»  und  Grandgagnage  ^  leitet  es 
von  ahd.  bei  ton  ab,  welches  vielleicht  mit  badare  zusam- 
menhängt. Unmöglich  finde  ich  es  nicht,  dass  sich  bawette 
von  altfrz.  baer  entwickelt  hätte,  das  hiatusvermildernde  w 
Hesse  sich  ähnlicherweise  erklären  wie  z.  B.  in  pouvoir  aus  afrz. 
pouoir.  In  den  von  Labourasse  (Meuse)  belegten  bawrette, 
bawratte,  bourotie  wäre  der  Infinitiv  noch  deutlich  zu  er- 
blicken. 

Ist  aber  schon  der  Mund  ein  Vergleichungsobjekt,  der 
bei  den  volkssprachlichen  Namenbildungen  des  Fensters  selten 
zur  Anwendung  kommt,  so  ist  das  Ohr  es  noch  weniger.  Nur 
eine  einzige  Benennung  des  Fensters,  die  übrigens  schon  ver- 
altet zu  sein  scheint,  habe  ich  belegen  können,  bei  der  das 
Ohr  oder  das  Hören  den  Namen  hervorgerufen  haben  dürfte. 
Es  ist  das  von  Couzinie^  erwähnte  aouzidos  »fenetre,  Ouver- 
türe d'un  clocher  par  oü  le  son  se  repand»,  eine  Benennung, 
wobei  deutlich  der  Hauptzweck  des  Fensters  oder  der  Fen- 
steröffnung, hier  die  Beförderung  des  Glockenläutens,  das 
bessere  Hören  (audire)  der  Glocken,  den  Namen  gegeben  hat. 
Vgl.  hiermit  afrz.  oie,  ouye  in  der  Bed.  »Luftloch  in  einem 
Keller»:  »petite  ouverture  pour  aerer  un  lieu  quelconque,  et 
principalement  les  caves»,  »««  ouy  de  cave-t>  Arch.  Vienne, 
Poitiers  1741  (s.  Gdfr.),  und  das  mundartliche  W.  unter  »Kel- 
lerloch». 

Ein  bildlicher  Ausdruck,  den  die  äussere  Form  des 
Fensters  dem  bildreichen  Wortschatze  des  Volkes  entlockt 
hat,  ist  noch  gase,  luno,  luo  »Mond»,  hier  »trou  rond ; 
fenetre  ronde,  oeuil-de-boeuf»  (Mstrl.).  Die  dim.  Form  dieses 
Wortes  findet  sich  bei  Lespy-Raym.  in  der  Bed.  »petite  lu- 
carne» :  Sien  feites  dues  fenestres  .  .  .  e  dessus  luetz  un  o 
dus»  (»Artistes  en  Bearn»,  texte  bearnais,  cit.  v.  Lespy  Raym. 
unter  /a^,  tuet).  Vgl.  mit  dieser  Form  bei  Mstrl.  luneto,  lueio 
und  die  Bed.  des  Wortes  luneto  de  croto  »soupirail  de  cave». 


*  Diction,  de  la  langue  wall.,    1845. 

*  Diction.    de     la    langue     romanocastraise     ei     des     contrees     Jimitro- 
phes,    1850. 


C'bei-  das   Fevste?-  und  dessen   JVatnen   im    Franz.   und  Prcmenz.  103 

Eine  Art  Bedeutungsverschiebung  von  dem  Fenster  be- 
grifflich naheliegenden  Gegenständen  liegt  in  folgenden 
wohl  veralteten  Benennungen  eines  Dachfensters  vor:  nach 
Body  (Vocab.  des  couvreurs  en  chaume,  en  ardoise  etc.  in 
Bull,  de  la  Soc.  lieg,  lo — -12)  wird  larmire  für  »lucarne  du 
toit»  gebraucht.  Das  W.,  welches  gewöhnlich  männl.  ist, 
kommt  ausser  in  diesem  Beleg  auch  mundartlich  weiblich  vor 
und  bedeutet  überall  im  Osten  Frankreichs,  wo  es  vorkommt, 
>soupirail  de  cave» :  so  wall,  larmire  (Kinable^),  lothr.  larmier 
(Haillant-),  fr.-comt.  (Monnier^,  Poulet^),  champ.  (Baudouin  •'^, 
Tarbe^),  Saöne-et-Loire  (Fertiault '^),  Lyon  (Puitspelu  ^).  Es 
läge  an  der  Hand  eine  Bedeutungsverschiebung  von  »Luft- 
loch im  Keller»,  »Kellerfenster  >  zu  »Dachfenster»  anzunehmen 
—  eine  Verschiebung  in  entgegengesetzter  Richtung  kommt 
auch  vor:  so  definiert  z.  B.  Avril  die  Bed.  des  Wortes  lu- 
carno  folgendermassen :  »Ouvertüre  que  l'on  fait  pour  donner 
de  l'air  ou  du  jour  ä  une  cavt\  ou  a  quelque  autre  lieu  Sou- 
terrain — ,  doch  wäre  es  vielleicht  auch  nicht  unmöglich  diese 
Bedeutungsverschiebung  näher  an  den  Ursprung  des  Wortes 
zu  setzen,  wenn  nicht  gerade  an  das  Auge,  woraus  die  Trä- 
nen [lärme]  fliessen,  so  doch  an  die  Dachrinne  oder  das 
Loch^,  wodurch  das  Traufwasser  hinabfliesst;  beide,  sowohl 
Dachfenster    als    Dachrinne,    haben    jedenfalls    eine    ähnliche 


'  Glossaire  technologique  wall.-frang.  du  metier  des  brasseurs  (Bullet. 
de  la  Soc.  lieg.  II.   13.). 

*  Essai  sur  un  patois  vosgien  (Annales  de  la  Soc.  d'emulation  du  de- 
partement  des  Vosges,    1885  —  86). 

*  Vocab.   de  la  langue   rustiqne   et   populaire  de  la  Sequanie.  1857      58. 

*  Essai  d'un  vocab.  elymol.  du  pal.  de  PlancherlesMines  (Haute- 
Saone),    1878. 

'"    Gloss.   du  pat.  de  la   Foret  de  Clairvaux,    1886. 

*  Recherches  sur  l'histoire  du  langage  de  Champagne,   1851. 

''     Dict.   du  langage  popul.   verduno-chälonnais  (Saöne-et-Loire),    1896. 

*  Dict.   etymol.   du  pat.   lycnnais,    1887 — 90. 

''  11  n'est  pas  douteux  qu'ä  l'origine  /e  larmier  ne  füt  un  trou  destine 
ä  evacuer  les  eaux  d'une  toiture  ou  d'une  terrasse.  Le  sens  s'est  ensuile 
etendu  ä  des  trous  qui  n'avaienl  pas  la  meme  fonction,  tels  quun  soupirail 
de  cave»  (Puitspelu). 


I04  IVaiter  O.   Streng, 

Funktion,  das  erste  hinsichtlich  des  Lichts  und  der  Luft,  die 
letztgenannte  hinsichtlich  des  Wassers.  Eine  Verschiebung 
dieser  Art  scheint  übrigens  das  afrz.  levier  in  der  Bed.  »lu- 
carne»  (Gdfr.)  zu  beweisen,  falls  dieses  Wort,  wie  leicht  zu 
vermuten,  als  eine  mit  dem  bestimmten  Artikel  verschmolzene 
Form  des  evier  »Gussstein»  (von  runder  Form  oder  mit  einem 
runden  Loch  versehen?)  aufzufassen  ist;  hat  sich  nämlich  aus 
afrz.  urspr.  » Gussstein »  ein  Dachfenster  (!)  entwickeln  können, 
so  liegt  die  Annahme  einer  Verschiebung  von  »Dachrinne» 
zu   »Dachfenster»   näher. 

Eine  andere  Benennung  des  Dachfensters,  die  ihren 
Ursprung  einer  Bedeutungsverschiebung  verdankt,  ist  das 
gase,  arquere^  »petite  fenetre,  lucarne»  (Lespy-Raym.);  in 
derselben  Bed.  auch  bei  Mstrl.  [arquieiro,  archiero)  und 
D'Hombres-Charv. '^  [arquiHro).  »Ce  mot  vient  de  son 
ancienne  application  aux  meurtrieres  par  oü  tiraient  les 
archers  qu'on  nommait  arquiesf  (D'Hombres-Charv.).  Das 
W.  hat  mithin  ursprünglich  eine  »Schiessscharte»  bedeutet 
(vgl.  unter  archeria  bei  DC),  und  die  Form  der  Schiess- 
scharte habe  also  die  neue  Verwendung  veranlasst.  Die  Ver- 
schiebung von  »Schiessscharte»  liegtauch  vor  im  wall,  bäbecina: 
li  chet  k'e  gripe  so  l'teü  po  \ bäbectnn  —  le  chat  est  monte 
au  toit  par  la  lucarne»  (Forir),  bäbhine  (Recueil  de  comparai- 
sons  pop.  wall,  par  Defrecheux.  Bull,  de  la  Soc.  lieg.  IL,  ser.  9), 
habecine  (Body:  Voc.  des  charrons,  charpentiers  etc.  Bull.  1863, 
1865  und  Id.:  Voc.  des  couvreurs  en  chaume  etc.,  s.  oben) 
und  bab-et-sinn  (Rmcl.).  Das  W.  bedeutet  überall  »lucarne, 
Sorte  de  petite  fenetre  pratiquee  au  toit  pour  donner  du  jour 
aux  greniers,  aux  chambres  du  comble»  (Rmcl.)  und  geht 
nach  Grandgagnage  auf  ein  altwall,  babescine  zurück,  in 
Namur  barbakene,  welches  wiederum  ein  arabisches  Lehnwort 
bärbakkhaneh     »galerie    servant    de    rampart    au    devant 


^  Bei  Du  Gange:  archeria  »fenestricula  obloiigior  in  urbium  castro- 
rumque  muris».  Wohl  rekonstruiert.  Littre  hat  noch  archiere  in  der  Bed. 
»lucarne»,  das  W.  scheint  aber  schriftsprachlich  veraltet  zu  sein,  in  der  letzten 
Ausgabe  des  Dictionnaire  de  l'Academie  findet  sich   das   \V.   nicht   mehr. 

'    Dict.  languedocien-frang.,    1884. 


über  das   Fenster  und  dessen  Namen  im  Franz.   und  Provenz.  105 

d'une  porte»  (Ziemann:  Mhd.  Wörterb.  nach  Grdgagn.)  sein 
dürfte.  Über  die  Bedeutungsverschiebung  und  Bed.  des  schrift- 
sprachlichen barbacane  »fenetre  longue  et  etroite  dans  les 
eglises  du  moyen  age»  s.  Dict.  general,  Hatzf.-Darm.-Th.  Ausser 
im  Wall,  kommt  das  W.  in  der  obenerwähnten  Bed.  meines 
Wissens  in  den  Mundarten  nicht  mehr  vor.  Tbibault  (Gloss. 
du  pays  blaisois)  belegt  zwar  ein  männl.  barbecain  »lucarne» 
(ein  älterer  Beleg  barbequin  aus  dem  Jahre  1616  findet  sich 
auch  bei  ihm),  doch  wäre  ich  geneigt  eine  gewöhnlichere  Ver- 
wendung des  Wortes  in  dieser  Bed.  zu  bezweifeln.  Das  von 
Atl.  ling.  unter  fenetre  in  den  Alpes-Maritimes  verzeichnete 
bärkä  (ß  bezeichnet  ein  betontes  offenes  ä)  kommt  auch  bei 
Andrews  (Vocab.  frangais-mentonais)  vor,  wo  barcan  männl. 
und  mit  »fenetre»  erklärt  ist.  Unzweifelhaft  hat  man  es  hier 
nur  mit  einer  volkssprachlichen  Verkürzung  des  obenerwähn- 
ten barbacane  in  dessen  männlicher,  nasal  auslautender  Form 
(vgl.  oben  barbecain)  zu  tun. 

Eine  Bedeutungsverschiebung  von  dem  zum  Dach 
gehörigen  zum  Dachfenster  liegt  bei  schriftsprachli- 
chem mansarde  »fenetre  pratiquee  dans  la  partie  presque 
verticale  du  toit  a  comble  brise»  vor,  welcher  letzt- 
genannte Begriff  »gebrochenes  Dach»  wie  bekannt  seinen 
Namen  mansarde  dem  berühmten  Architekten  Mansard 
verdankt.  Auch  faitiere  (von  faite  »Firste»),  früher  wohl 
lucarne  faitiere,  jetzt  oft  allein  für  sich:  »lucarne  pra- 
tiquee dans  le  toit  etc.»  gehört  hierher.  Vgl.  eine  ähn- 
liche Wortbildung  beim  finnischen  lakeinen:  ursprünglich 
das  zur  Decke  gehörige,  die  in  den  primitivsten  Wohnun- 
gen der  Finnen,  den  .sogenannten  kota,  in  der  Decke  (finn. 
laki  =  Decke)  befindliche  Öffnung,  durch  welche  der  Rauch 
hmausging,  später  eine  Luke  oben  in  der  Wand  unmittelbar 
unter  der  Decke,  eine  Luke,  die  zu  demselben  Zwecke 
diente  wie  früher.  Dass  dieses  finn.  W.  lakeinen  gerade 
für  Fenster  oder  Dachfenster  irgendwo  gebraucht  wäre, 
wüsste  ich  nicht;  jedoch  dürfte  die  Annahme  nicht  allzu  ge- 
wagt sein,  dass  in  den  ursprünglicheren  Verhältnissen  diese 
in  der  Wand  angebrachte  Öffnung  nicht  nur  als  Abzugsloch 
sondern    auch    als    Fenster    angewandt  worden    sei,  und'  dass 


io6  Walter   0.   Streng, 

auch  ihr  Name  die  mit  einem  zuzuschiebenden  Laden  ver- 
sehene Fensteröfifnung  bezeichnet  habe. 

Wir  kommen  jetzt  zu  den  Fensternamen,  die  durch  eine 
Bedeutungsverschiebung  pars  pro  toto  hervorgerufen  sind. 
Hier  kommen  natürlich  die  drei  Hauptteile  des  Fensters : 
der  Rahmen,  das  Kreuz  und  die  Scheibe  in  Betracht.  Der 
Fensterrahmen,  n^r?..  chassis  (capsicium  aus  lt.  capsa  »Be- 
hältniss»  Georges),  liegt  dem  pikardischen  Ausdruck  cassis 
»fenetre»,  auch  »carreau  de  fenetre»  zugrunde.  Das  W.  ist 
nach  Atl.  ling.  (unter  fenetre)  auch  nur  in  der  Picardie,  nämlich 
im  Departement  Somme  anzutreffen,  wo  es  in  zwei  Formen 
kast  [kasi],  kas^  (Suff,  -inum)  vorliegt.  In  diesem  Zusammen- 
hang sei  kurz  auf  eine  Bedeutungsspezialisierung  »Einschnitt» 
(z.  B.  in  die  Mauer)  —  Öffnung.  Fensteröffnung  (Fensterrah- 
men)   —   Fenster  bei  dem  afrz.  entaille   »fenetre»  hingewiesen. 

Der  vom  Kreuz  [croix  <  c  r  u  c  e  m)  umfasste  Raum, 
die  mit  dem  Kreuz  versehene  Öffnung  (Fen.steröffnung)  und 
schliesslich  das  Fenster  iaberhaupt,  oder  vielleicht  richtiger  — 
gleichwie  »das  zusammen  (simul)  gelegte»  *assimulata 
eine  assemblee  »die  versammelten  Leute»,  »die  Versammlung» 
ergeben  hat  —  das  zum  Kreuz  gelegte,  die  ein  Kreuz  bil- 
denden Stein-  oder  Holzteile  des  Fensters,  das  Fenster  selbst, 
eine  derartige  Bedeutungsverschiebung  muss  dem  schrift- 
sprachlich vorkommenden  Ausdruck  croisee  in  der  Bed.  »Fen- 
ster» vorausgesetzt  werden.  Schriftsprachlich  dürfte  das  W. 
in  dieser  Bedeutung  hauptsächlich  nur  in  der  Poesie  ge- 
bräuchlich sein,  mundartlich  ist  es  neben  f£?tetre  die  ver- 
breitetste  Bezeichnung  für  Fenster.  Es  ist  über  ganz  West- 
und  Nordfrankreich  neben  fenetre  belegbar  —  auf  dem  prov. 
Sprachgebiet  nur  im  Gascognischen  (dep.  Gers,  Landes,  Lot- 
et-Gar.,  Gironde)  —  und  kommt  auch  spärlich  im  Osten  vor, 
so  in  den  Dep.:s  Marne,  Meuse,  H. -Marne,  C.-d'Or,  Saone- 
et-L.,  Nievre,  Yonne  u.  Loiret  (vgl.  näheres  Atl.  ling.).  Die 
mundartlichen  Belege  in  Atl.  ling.  zeigen  überall,  auch  auf  dem 
obenerwähnten  gascogn.  Gebiete^,  eine  Form,  die  auf  eine  späte 


'     Die  lautregelmässige  Form  crotz  (crucem)  weisst  der  altbearnesische 
Beleg  crotseya   »fenitre  en  croix >  (Lespy-Raym.)  noch  auf. 


über  das   Fenster  und  dessen  Namen  im   Franz.   und  Provenz.  107 

Entlehnung  aus  der  neufranzösischen  Schriftsprache  deutet! 
so  ist  die  erste  Silbe  gewöhnlich  mit  kriva-  (selten  mit  krwe-) 
bezeichnet,  eine  Aussprache,  die  in  der  Schriftsprache  höchstens 
in  das  15.  Jahrhundert  zurückreicht  (vgl.  Nyrop,  Gramm, 
hist.,  I.   §    160). 

Die  dritte  pars  pro  toto  war,  wie  gesagt,  die  Scheibe. 
Schon  die  Römer  hatten  für  Fenster  eine  derartige  Benen- 
nung: specular  oder  specularia,  eigentl.  »Fensterschei- 
ben» aus  einem  durchsichtigen  Stein,  Spiegelstein  lapis  spe- 
cular is,  »der  sich  in  dünne  Blätter  teilen  lässt»  (Georges), 
dann  das  ganze  Fenster  selbst.  In  der  vulg.  Sprache  bedeutet 
specular  schon  »vitrea  fenestra»  (DC).  Dass  aber  das  \^/ ort 
specular  für  Fenster  überhaupt,  nicht  nur  speziell  für  Fen- 
ster mit  Scheiben  aus  Spiegelstein  angewandt  worden  ist, 
scheint  die  Hinzufügung  eines  Adjektivums  wie  corneum  (s. 
Georges)  zu  beweisen.  Das  W.  ist  auf  dem  gallo-romanischen  Ge- 
biete, soviel  ich  weiss,  für  unseren  Begriff  verloren  gegangen.  Auch 
ein  fenestra  Cornea  oder  specular  corneum  findet  sich  im 
Galloroman.  nicht  weiterentwickelt.  Darf  man  vielleicht  schon 
daraus  schliessen,  dass  die  Zeit  der  Fensterscheiben  aus 
Spiegelstein  und  Hörn,  wenn  derartige  Fensterscheiben  auch 
mit  dem  Bauwesen  der  Römer  nach  Gallien  gekommen  wä- 
ren, jedenfalls  nicht  lange  gewährt  hat,  und  dass  diese  primi- 
tiveren Scheiben  als  weniger  zweckmässig  schon  früh  von  den 
Glasscheiben  verdrängt  worden  sind?  Das  lat.  vit rum  »Glas 
als  durchsichtige  Masse»  fing  in  der  vulg.  Sprache  an 
den  aus  dieser  Masse  verfertigten  Gegenstand,  sowie  die 
Fensterscheibe  zu  bezeichnen;  die  Verwendung  der  Fenster- 
scheibe schlechthin  für  Fenster  liegt  aber  nahe,  und  beson- 
ders nahe  in  der  Volkssprache,  wo  mit  dem  Fenster  vielleicht 
die  einzige  Scheibe  gemeint  wird.  Eine  derartige  Bedeutungs- 
verschiebung: Glas  als  Fenster,  kommt  auch  im  Finn.  vor, 
wo  ich  oft  last  (oder  klasi ;  schwed.  glas)  für  Fenster  im 
allgem.  gehört  habe.  Du  Gange  übersetzt  schon  vitra  mit 
»fenestra  vitrea».  Diese  pars  pro  toto  kommt  noch  in  einigen 
Mundarten   vor,  so  belegt  Delboulle  *   aus  der  Norm,  ein  vitre 


Glossaire   de   la    Vallee   d'Yeres.    1876. 


io8  H'nltcr   O.   Streng. 

in  der  Bed.  »fenetre  d'une  maison»  (in  Atl.  ling.  findet  sich 
ein  Beleg  zilt[r)  ausser  in  den  norm.  Dep  :s  Calvados  u.  Seine- 
Inf.  noch  in  Marne  und  auf  dem.  wall.  Geb.)  und  Vayssier ' 
bitro  »fenetre  avec  carreaux  de  verre».  Umgestaltungen  des 
Wortes  durch  Suffixe  hat  es  mehrere  als  Bezeichnungen  für 
Fenster  gegeben,  so  afrz.  verial'^  »fenetre  vitree  (Gdfr.;  Suff, 
-ale),  yN2\\.  vitrinn  (nfrz.  vitrine;  Suff,  -ina)  »sorte  de  fenetre 
en  saillie»  (Rmcl.,  Forir),  bürg,  voreire  »fenetre  vitree» 
(Mignard-^;  Suff,  -aria;  vgl.  schriftspr.  verriere  »fenetre  ornee 
de  vitraux  peints»  HDT.),  pic.  voisiere?  (Corblet  ■*),  alles  For- 
men, die  wahrscheinlich  schon  veraltet  sind,  wenigstens  kom- 
men sie  im  Atl.   ling.  nicht  mehr  vor. 

Eine  eigentümliche  Bezeichnung  für  Dachfenster  ist  das 
schriftsprachliche  iabatiere,  welches  eigentl.  eine  Tabaksdose 
—  daher  auch  früher  tabaquiere  aus  /rt^^^c  (span.  tabaco) — , 
eine  Tabaksdose,  deren  Deckel  mit  Angeln  befestigt  ist, 
bedeutet,  dann  eine  Fensterscheibe,  die,  einseitig  befestigt,  ähn- 
licherweise zu  öffnen  ist,   und  dann  das  ganze  Fenster. 

Kleines  »Viereck»  (quater nio.^)  wird  kurzum  das  Dach- 
fenster in  der  Champagne  und  im  Dep.  Yonne  benannt,  wo  For- 
men wie  cairriiau.  «r^r«^««  (Jossier  Pere ;  Suff,  eil  um),  querniotte 
(Tarbe,  Saubinet'^;  Suff,  -ottum)  belegt  worden  sind  (vgl. 
schwed.  ruta   »Viereck»,   »Fensterscheibe»   für  Fenster). 

Zuletzt  sollen  einige  Fensterbenennungen  erwähnt  wer- 
den, die  ihren  Ursprung  der  Mode,  dem  Baustil  eines  gewis- 
sen Volkes  oder  Landes,  einer  gewissen  Stadt  verdanken  und 
deshalb  aus  dem  Namen  des  Volkes  oder  der  Stadt  gebildet 
sind.  So  erklärt  sich  das  in  Saone-et-Loire  belegte  flamanche 
»lucarne  d'un  grenier,  petite  fenetre  d'une  mansarde»  (Fertiault), 


*  Dict.  patois-frang.   du   departement  de  l'Aveyron,    1879. 

■^  veriale:  >Mandamus  quod  in  Omnibus  parietibus  seu  domibus 
—  —  . —  factis  seu  faciendis  numquam  fiat  hostium,  vel  fenestra,  vel  ve- 
riale»  (DC). 

*  Vocab.  raisonne  et  conipare  du  dialecte  —  —  —  de  Bour- 
gogne,    1870. 

*  Gloss.   etymol.   et  comparatif  du  pat.   picard,   ancien   et   mod.,    185 1. 

*  Vocab.   du  bas  langage  remois,    1845. 


l'her  ,1ns    Fenster  und  dessen    Valien   im    Franz,   und  Prorenz.  109 

dasselbe  auch  bei  Perrault-Dab.:  »terme  de  construction,  fe- 
netre  ä  saillie  hors  du  toit,  suivant  la  mode  ßamandcA  (»La 
chose  et  le  mot  sont  probablement  une  importation  faite  en 
Bourgogne  au  temps  des  ducs»   Perr.-Dab.). 

Nach  DelbouUe  benennt  man  in  Vallee  d'Yeres  ein  »fe- 
netre  percee  dans  le  grenier  d'une  maison»  mit  belle-voisine. 
Unzweifelhaft  dasselbe  W.  wie  das  afrz.  Adj.  belvoisin,  bial- 
voisin,  biauvisen,  welches  Gdfr.  mit  »fabrique  ä  Beauvais,  ä  la 
mode  de  Beauvais»  erklärt:  ^une  fenestre  biauvisenne^  (1304. 
Trav.  aux  chat.  des  c:tes  d'Art.,  s.  Gdfr.).  Vgl.  mit  diesen  zwei 
zuletzt  erwähnten  Fensterbezeichnungen  das  wall,  attique  (»terme 
de  menuiserie,  chässis  d'imposte;  la  partie  immobile  d'une 
fenetre  qui  se  trouve  au-dessus  des  deux  vantaux»  bei  Body, 
Voc.  des  charrons,  charpentiers  et  menuisiers  in  Bull,  de  la 
Soc.  lieg.  1863,  65),  welches  seinen  Ursprung  wohl  einem  Bau- 
stil mit  attischen  Pfeilern  besonders  an  den  oberen  Teilen 
eines  Gebäudes  verdankt. 

Ein  deutsches  Lehnwort  ist  das  in  der  frz.  Schweiz  be- 
legte vouapa,  vapa  »fenetre  en  verre  peint»,  welches  wohl 
dem  deutschen  Wappen  entstammt:  »sur  ces  vitraux  sont 
ordinairement  peintes  les  armoiries  du  maitre  de  la  maison 
ou  de  ses  amis,  qui  lui  ont  fait  cadeau  d'une  fenetre  peinte, 
quand  il  a  bäti  sa  maison»  (Bridel,  Gloss.  du  pays  de  la 
suisse  rom.  in  Mem.  et  documents  publies  par  la  Soc.  d'histoire 
de  la  Suisse  rom.   XXI). 

Ein  Bodenfenster  oder  vielmehr  eine  einfache  Luke  be- 
zeichnet ^gerbtere»  in  einigen  Mundarten,  so  guerbiere  in 
der  Normandie,  (Moisy  ^  Metivier  2),  \o\}m .  jerblr  (^o\[^wA\  j eul- 
bire,  jeurbire  (Jaclot^),  BasMaine  jerbyer  (Dottin°),  welche 
entweder  so  zu  erklären,  dass  durch  diese  Luke  »on  fait 
passer  les  gerbes»  (Dottin)  oder  da.ss  sie  »etait  bouchee  de 
gerbes»    (Metivier;     »A    Guernesey   guerbiere   est  le  nom  que 


'  Diel,   du   patois   norniand   (region   centrale),    1887. 

-  Dict.  franco-norm.  (Guernesey),    1870. 

*  Vocab.  du  pat.  du  pays   messin   (Romania    1873,    1876). 

*  Vocab.  patois  du  pays  messin,    1854. 

*  Gloss.  du  Bas-Maine,    1899. 


HO  Walte?-  O.   Streng, 

Ion    donne    ä    la    fenctre,  bouchee  de  gerbes,  d'un  grenier  a 
foin»    Moisy). 

Unklar  sind  folgende  Benennungen  eines  Fensters,  resp. 
Dachfensters:  Bas-Maine  kdnuf  [e  ^  e  »moyen»;  u  =  u  fr.; 
/^=ch  fr.)  »lucarne»  (Dottin),  \X.?i\.  balueri  ^.,  balüarda  »finestra» 
(Nigra  in  Arch.  glottologico  III.  53),  savoy.  Iwhi  m.  »petita 
lucarne,  cjeuil  de  bceuf»  (Const.-Desorm.  \  Sequanie,  Franche- 
Comte  tchafa  »lucarne»  in  Montbeliard  (Monnier)  und  ital. 
b{:ra,  büra  (Atl.  ling.). 


II.    Kellerfenster.  Kellerloch. 

Das  Kellerloch  dient  hauptsächlich  als  Dunstloch,  Ab- 
zugsloch, in  zweiter  Linie  kommt  auch  die  Bedeutung  des 
Kellerlochs  als  »Lichtloch»  in  Betracht.  Kein  Wunder  des- 
halb, dass  auch  jener  Begriff  eine  bedeutende  Rolle  bei  der  Na- 
mengebung  eines  Kellerfensters  gespielt  hat.  Schon  die  Rö- 
mer hatten  ihr  spiraculum  »Luftloch»  aus  spirare  »at- 
men, hauchen»  gebildet,  ein  Ausdruck,  der  im  Afrz.  sowohl 
in  erbwörtl.  Form  wie  espirail  [spiral]  als  gelehrt  spiracle^ 
beide  in  der  Bed.  »Kellerloch»,  vorkommt.  Ein  spiracu- 
lum lebt  in  dieser  Bed.  auch  im  Prov.  (Altprov..?)  fort:  espirai 
(Mstrl.),  spiray  (Andrews'^),  espiralh  (Duplan).  Auf  *spirale 
(aus  spirare)  gehen  Formen  wie  espirau,  espirai  [bespiral, 
respiral  bei  Mstrl.;  vgl.  sp.  respiradero)  zurück. 

Neben  lat.  spiraculum  aus  spirare  ist  wohl  schon 
früh  aus  suspirare  »ausdunsten»  ein  *suspiraculum  ge- 
bildet worden,  welches  als  Grundwort  für  die  gewöhn!,  schrift- 
sprachliche Benennung  soupiraü  » Kellerloch y>  vorausgesetzt 
werden  muss.  Dasselbe  auch  im  Prov.  belegbar:  lang,  sous- 
pirail  (Gary),   gase,  soupiralh  (Duplan)  in  derselben  Bed. 

War  hinsichtlich  des  lat.  spiraculum  schon  das  »Aus- 
dunsten» der  massgebende  Faktor  bei  der  Benennung  des 
Begriffes,  so  zeigt  sich  dieser  Faktor  in  noch  mannigfaltigerer 

'    Diction.   savoyard,    1902 

-    Vocab.  frang.-mentonais,    1877. 


j 


über  das   Fenster  und  dessen  Namen  im  Franz.  und  Prwenz.  iil 

Weise  bei  den  neueren  Benennungen  lebendig.  Bevor  wir 
aber  zu  diesen  kommen,  mögen  einige  andere  Benennungen 
des  Begriffes  erwähnt  werden,  denen  eine  einfache  Bedeutungs- 
spezialisierung zugrunde  liegt.  So  wird  kurzum  mit  »Loch» 
das  Kellerloch  benannt:  traou  »soupirail»^  in  Provence  (Avril), 
afrz.  pertuis  »soupirail»  (Gdfr.),  und  endlich  das  im  Norden  und 
besonders  im  Osten  gewöhnliche  larmier,  wovon  oben  näheres 
unter  »Fenster».  Ein  »Loch»  liegt  vielleicht,  obgleich  das 
Etymon  dunkel  ist,  noch  folgenden  Wörtern  zugrunde:  norm. 
buette  »Ouvertüre  pour  laisser  penetrer  le  jour  dans  une  cave» 
(DelbouUe),  wall,  bo'etter  (vielleicht  richtiger  mit  wall,  bawette 
zusammenzustellen)  »soupirail»  (Sigart^).  Ein  buette  könnte 
als  Weiterentwicklung  von  buhot  »camini  spiraculum»  (DC.) 
aufgefasst  werden,  welches  wiederum  nach  Littre  eine  dimin. 
Form  von  (^«zr^buga  »trou»  sein  sollte.  Das  W.  wäre 
somit  aus  germ.  buk  (vgl.  bei  Körting  ital.  buca  »Loch»  unter 
diesem  W.)  abzuleiten.  Zu  demselben  Stamme  buk  müsste 
man  vielleicht  auch  bwelö,  Bas-Maine,  in  der  Bed.  »soupirail» 
(Dottin,  Suppl.)  zurückführen. 

Zwischen  dem  Begriff  »Loch»  überhaupt  und  spez. 
»Dunstloch»  hegt  das  Loch,  wovon  überhaupt  etwas  ausgeht: 
champ.  essort  »soupirail  de  cave»  (Saubinet,  Tarbe),  afrz. 
essort :  fit  et  assit  une  croisee  de  fer  sur  l' essort  cCune  cave 
etc.  (1431,  Arch.  legisl.  de  Reims  L  506.  Gdfr.);  das  Loch, 
wovon  etwas  ausströmt,  ausstrahlt:  wall,  rayelle  »sou- 
pirail» ist  unzweifelhaft  von  lat.  radiäre  (radius)  »strahlen», 
afrz.  raiier  »strahlen,  strömen»  (Körting)  abzuleiten  (vgl.  frz. 
rayere  »Wasserleitungsrohr»). 

Das  Kellerloch  als  »Luftloch» :  gase,  eiriau,  airiau,  lim. 
eirial,  lang,  airial  »soupirail»  (Mstrl.;  etwa  <  lat.  aeriale, 
aer  »Luft»);  als  »Windloch»:  afrz.  esventail  »soupirail»  (Gdfr.) 
und  gelegentl.  ventülon  (id.);  als  »Hauchloch»,  »Dunstloch»  : 
prov.  alenadou   »soupirail»   (Mstrl;  <(  vulg.   lat.   *halena,   viel- 

'  Das  Beispiel  Avrils  lässt  aber  eine  Spezialisierung  gar  nicht  vermu- 
ten,  hier  xvixaX.  traou  nur   »Loch»:    utraou  que  douno  d'er  ä  uno  crotto»  (Avril). 

''■  Dict.  du  wallon  de  Mons  et  de  la  plus  grande  partie  du  Hai- 
naut,    1870. 


I  12       Walter  O.  Strens:,   (""her  iL  Fenster  u.  dessen  Natnen  im  Franz.  u.  Prm^ena. 

leicht  eine  Kontamination  von  halare  »hauchen,  ausdünsten» 
und  anhelare  »atmen»). 

Bei  allen  Benennungen  eines  »Kellerfensters»,  die  bis 
jetzt  berührt  worden,  wenn  wir  von  den  ßedeutungsspeziaii- 
sierungen  von  »Loch»  absehen,  ist  das  »Dunstloch»,  »Ab- 
zugsloch» bei  der  Namengebung  charakteristisch  gewesen  (vgl. 
finn.  ibnareikä,  henkireikä).  Ganz  unbedeutend  ist  aber  auch 
nicht  der  Einfluss  derjenigen  Begrifife  auf  die  Bezeichnung 
eines  »Kellerlochs»  gewesen,  die  mit  der  Beleuchtung  zu.sam- 
menhängen.  Hier  das  pik.  eclair  »soupirail»  (Corblet;  vgl. 
unter  »Fenster»  vulg.  lat.  clareria),  hier  jotir  de  croto  »sou- 
pirail  de  cave»  (Mstrl.;  vgl.  unter  »Fenster»)  und  einige  eben- 
falls vereinzelte  Benennungen,  die  mit  der  l^eleuchtung  ver- 
wandte Begrifife  bezeichnen  und  schon  unter  »Fenster»  erwähnt 
s\nd:  fenestroun  »soupirail»  (Avril;  eigentl.  »kleines  Fenster»; 
dim.  Sufif.  -onem)  und  lucarno  (daselbst;  vgl.  unter  larmier 
unter   »Fenster»). 

Unter  den  bildlichen  Ausdrücken  kommt  auch  hier  der 
Mund  in  Betracht,  mag  dann  die  äussere  Form  oder  die 
Funktion  des  Mundes,  das  Trinken  —  das  Luftloch  »trinkt» 
die  Luft  herein  —  Vergleichungspunkte  mit  einem  Abzugsloch 
eines  Kellers  geliefert  haben:  prov.  boujau  (gase),  /?ouja/  (lang., 
lim.),  bouchal  (gase.)  »soupirail  d'une  cave»  (Mistral,  Vayssier), 
afrz.  boucati  (Gdfr.),  vgl.  das  W.  unter  »Fenster».  Auf  ein 
»trinken»  (lt.  bibere)  muss  vielleicht  gase,  beyriäl  [beyro] 
»soupirail,  ouverture  etroite  pratiquee  aux  caves  etc.  pour 
donner  un  peu  d'air  ou  de  jour»  zurückgeführt  werden,  oder, 
was  mir  annehmbarer  scheint,  liegt  hier  das  obenerwähnte 
vulg.  lat.  veria  le,  etwa  »Glasfenster»  (das  anlautende  <^  unter 
spanischem  Einfluss),  zugrunde,  eine  Annahme,  die  um  so  mehr 
plausibel  erscheint,  da  ja  auch  das  afrz.  W.  in  dieser  Bed. 
vorkommt:  le  suppliant  s'en  entra  dedans  la  cave  ....  par 
ledit  verial  etc.   (Gdfr.). 

Wir  haben  oben  unter  »Fenster»  das  afrz.  oie,  ouye 
und  ouy  de  cave  erwähnt  (ein  ouie  de  cave  belegt  auch  Moisy 
in  der  Bed.  »soupirail  pour  eclairer  et  aerer  les  caves  .sous 
terre»).     Die    äussere    Form    dieser    Wörter  Hesse  sich  durch 


ff'.  Söderhjdfu,  Note  sur  un  manuscrit  des  Exempla  de  yaajues  de  Vitry.       I13 

ouir  (lt.  audire)  erklären,  und  wir  hätten  es  hier  mit  einer 
Benennung  zu  tun,  wo  das  Luftloch  des  Kellers  oder  dessen 
Funktion  mit  einem  Ohr  oder  der  Funktion  desselben  ver- 
glichen würde.  Vielleicht  ist  aber  das  in  Blois  von  Thibault  ^ 
belegte  ouis  »petite  Ouvertüre  qui  sert  ä  Paeration  d'une  cave» 
dasselbe  W.  wie  ouie  oben;  jenes  ouis,  welches  Th.  auch  in 
der  Form,  houis  verzeichnet,  ist  wiederum  unzweifelhaft  von 
lat.  *ustium  »Tür»  abzuleiten;  somit  läge  hier  eine  Be- 
deutungsverschiebung von  Tür  zu  Fenster  und  weiter  zu 
Kellerfenster,  Kellerloch  vor  (vgl.  portug.  janella  »Fenster»  < 
januella,  dim.  lt.  janua   »Tür»). 

»Der  kleine  Mond»  heisst  das  Kellerloch  in  der  Gascogne : 
luneto  de  croto  (vgl.   luneto  oben  unter   »Fenster»). 

»Kleines  Viereck»:  cairniau,  carniau  neben  »lucarne»  auch 
»soupirail»   (Jossier  Pere;  vgl.  oben   »Fenster»). 

»Schiessscharte»:  lang,  arquieiro  neben  »lucarne»  auch 
»soupirail»   (Mstrl.,   D'Hombres-Charv.;  vgl.  oben   »Fenster»). 

Puitspelu  belegt  ein  W.  furignon  »larmier  de  cave»  und 
leitet  es  von  fitro  »füret»  (?)  ab:  -»furignon  =  trow  par  oü 
passe  le  füret». 

Afrz.  buse,  buise  »conduit,  soupirail»  (Gdfr.)  und  fr.-comt. 
bieno  (?)    »soupirail»   (Monnier)  sind  unklar. 

Walter  0.  Strenp\ 


Note  sur  un  manuscrit  des  Exempla  de  Jacques  de  Vitry 

Dans  le  Catalogue  des  manuscrits  de  la  Bibliotheque  de 
V Arsenal,  par  H.  Martin,  on  apprend  que  le  manuscrit  lat.  1 100 
(100  H.  L.)  contient  comme  dernier  numero  un  recueil 
d'exemples  de  la  Disciplina  Clericalis  de  Petrus  Alphonsi.  "^ 
Ce  recueil  commengant  au  f:o  65   et  le  manuscrit  comprenant 


'     Gloss.   du   pays   blaisois,    1892. 

-   T.     II,     1886,    p.    279.      »N:o    6    f:o   65.      Exempla   quedain   ex   libris 
Petri  Alfonsi.      f:o   96  v"  — 97.      Tahula   exemplornm.» 


114  ^-   ^öderhjelm^ 

en  tout  96  f:os,  on  s'attend  par  suite  ä  trouver  ici  une  copie 
complete  du  livre  du  juif  espagnol,  si  repandu  pendant  le 
moyen  age.  Or,  il  n'en  est  rien.  Les  exemples  tires  de  la 
Disciplina  ne  sont  qu'au  nonibre  de  cinq  ^  et  ne  s'etendent 
qu'au  f:o  68  r:o.  La  suite  est  une  collection  d'exemples  tiree 
du  recueil  des  Sermones  vulgares  du  celebre  predicateur 
Jacques  de  Vitry  [\  1240).  On  n'a  pas  besoin  de  confronter 
les  textes  pour  constater  ce  fait,  car  on  lit  ä  l'endroit  precite: 
IncipiufJt  quedam  exempla  que  narrat  niagister  iacobus  de 
viteriacho  (ou   plutot  viteuiachd)  in  sermonibus  suis. 

C'est  probablement  a  cause  de  cette  Omission  dans  le 
catalogue  que  le  manuscrit  n'a  pas  ete  nomme  par  l'editeur 
des  Exempla,  T.  F.  Crane  ^.  Lecoy  de  la  Marche,  qui  dans 
son  livre  La  Chaire  fran^aise  au  moyen  äge  ^  donne  une 
liste  des  manuscrits  de  Jacques  de  Vitry,  ne  le  mentionne 
pas  non  plus.  Cela  n'est  vrainient  d'aucune  importance,  le 
manuscrit  en  question  datant,  selon  une  annotation  ä  la  fin, 
de  l'an  1418  et  le  choix  des  exemples  qui  s'y  trouve  etantä  peu 
pres  le  meme  que  dans  un  autre  manuscrit  connu,  et  plus  ancien, 
celui  de  la  Bibliotheque  Nationale  de  Paris,  fonds  lat.  18134*. 
Comme  ce  manuscrit,  le  nötre  contient  d'abord  toute  une  suite 
d'histoires  qui  ne  sont  pas  de  Jacques  de  Vitry:  sur  105 
exemples  il  y  a  39  etrangers  ä  notre  auteur  et  66  qui  peuvent  etre 
identifies  avec  des  chapitres  de  l'edition  de  Crane.  Mais  le 
fait  merite  d'etre  signale,  d'abord  pour  la  constatation  de 
l'existence  d'une  autre  copie  du  ms  B.  N.  181 34  et  ensuite 
pour  ne  pas  induire  en  erreur  ceux  qui  cherchent  des  traces 
de  la  Disciplina   Clericalis  dans  les  recueils  d'exemples. 

Je  donnerai  ci-dessous  les  rubriques  des  histoires  du  ms 
de  l'Arsenal  telles  qu'elles  sont  dans  le  texte  (les  rubriques 
de  la  table  different  un  peu),  et  je  mettrai  en  parenthese  les 
correspondances  de  l'edition  de  Crane. 

'  Ce  sont  les  numeros   i,  2,  ii,  I2  et    17  selon  l'edition  de  Labouderie. 

-  The  Exempla  or  illustrative  Stories  froin  the  Sermones  Vulgares  of 
Jacques  de  Vitry.  Edited  by  Thomas  Frederick  Crane.  London,  Folk-Lore 
Society,   1890. 

ä  Paris   1868.     P.  474. 

■•  Voy.   Crane,   Introduction,  p.   L — LI. 


Note  su>    un    manuscrii  des   Exempla   de  yaajues  de    Viiry.  I15 

Notre  manuscrit  suit  tres  fidelement  l'ordre  des  histoires 
dans  le  ms  B.  N.  18134.  II  omet  cependant  six  histoires  de 
ce  ms,  dont  une  n'est  qu'une  repetition  d'une  autre,  et  il  a  une 
histoire  que  le  ms  plus  ancien  n'a  pas.  II  s'arrete  aussi 
beaucoup  plus  tot  que  l'autre,  car  dans  le  ms  18134  il  y  a 
en  somme  137  morceaux,  dont  27  viennent  apres  la  derniere 
des  histoires  de  notre  manuscrit  ^ 

De  abbate  et  monachis  quibus  demones  illuserunt. 

De  homine  qui  hospitatus  est  apud  Christum,  contrarium 
exemplo  precedenti. 

De  episcopo  parisiensi. 

De  beato  Bernardo  et  de  duobus  ejus  monachis  egro- 
tantibus. 

De  Aristotele  et  uxori  Alexandri. 

De  Magistro  Sella  et  contra  illos  qui  mortuos  defraudant. 

De  heremita  cui  diabolus  in  specie  hominis  ministrabat 
et  quomodo  decepit  eum. 

De  equo  prelati   quem  frater  ejus  quadam  arte  optinuit. 

De  prelato  delicato  qui  factus  est  monachus  cisterniencis. 

De  predicatore  qui  dedit  asinum  leprosis. 

De  homine  illo  qui  se  ipsum  cruci  affixit. 

De  illo  qui  in  fine  orationis  cogitavit  si  haberet  equum 
cum  sella. 

De  illo  qui  minus  percussus  ab  amico  magis  lesum  se 
reputavit. 

De  converso  et  de  buffone. 

De  archiepiscopo  remensi  et  de  eodem  converso. 

De  Sancto  Theobaldo  et  de  demone  qui  eum  voluit 
impedire. 

De  diabolo  qui  duxit  uxorem  cujus  lingvam  non  potebat 
sustinere. 


*  M.  Edw.  Järnström  a  bien  voulu  collationner  pour  moi  les  rubriques 
du  ms  18134.  —  Les  identifications  avec  ce  manuscrit  ont  ete  faites  par 
M.  Crane  dans  son  edition  p.  L  note.  II  y  a  cependant  lä  quelques'erreurs 
(fautes  d'impression)  que  je  me  permets  de  corriger.  Ligne  2:  XLV  (XIV), 
lisez  XLV  (XV);  ligne  3:  LIV  (LVII),  lisez  LIV  (LVIII);  ligne  8:  LXXXIII 
(CXXXIII),  lisez  LXXXIII  (CXXXII);  ligne  10:  LXXXIX  (CLXXVI),  lisez 
LXXXTX    CLXXVII). 


Ii6  IV.   Söderhjehn, 

De  illo  qui  commendavit  uxoreni  suani  diabolo. 

De  diabolo  et  de  füre. 

De  monacho  qui  noluit  videri  a  niatre. 

De  illo  qui  petiit  patri  ut  daret  ei  duas  uxores. 

De  pio  dolo  quo  sanctus  Bernardus  militem  ad  religionem 
induxit. 

De  Sarraceno  qui  non  exierat  a  Damasco. 

De  monacho  abstinente  ad  cujus  partes  oleum  habundavit. 

De  illo  qui  scrinia  plena  lapidibusreponebat  in  monasteriis. 

De  abbate  et  monacho  pecunioso. 

De  filia  comitis  tholosani  et  ejus  matre. 

De  saraceno  cui  curati  sunt  oculi  per  calcem  vivam. 

De  illo  qui   ligavit  cepe  calidum  super  oculos  suos. 

De  simia  qui  denarios  perjecit  in  mare. 

De  sacerdote  qui  per  contentionem  cantavit  vesperas. 

De  Maugreno  qui  fecit  scolarem  ligare. 

De  Maugreno  qui  non  sciebat  cartam  legere. 

De  hermita  qui  cum  baculo  volebat  ejicere  denarum  de 
cella  sua. 

De  juvene   quem  diabolus  temptavit  et  superavit. 

De  episcopo    qui   revelavit  cuidani  regi  crimen  filie  sue. 

De  milite  qui  peccata  sua  confiteri  nolebat. 

De  rege  iniquo  a  demonibus  liberato  et  salvato. 

De  curiali  cujus  sepultura  incensa  est. 

De  sancta  moniali  que  in  ecclesia  sepulta  dimidia  appa- 
ruit  incendi.     (Crane  CCLXXII). 

De  corpore  Valentini  ab  ecclesia  post  mortem  projecto.  ' 

De  diabolo  portante  saccum.     (Crane  XIX). 

De  asino  amplexante  dominum  suum. 

De  discipulo  mortuo.     (Crane  XXXI). 

De  illo  qui  appellavit  ne  daretur  ei  eucharistia.  (Crane 
XXXIX). 

De  rege  qui  semper  tristis  erat  quando  curiam  tenebat. 
(Crane  XLII). 

De  rege  qui  adoravit  pauperes.     (Crane  XLVII). 


^  Ici,  le  ms  B.  N.  18134  intercale  deux  histoires:  De  duobus  burgensibus 
de   rustico,   et   De  duobus   ioculatoribus. 


A'ote  stir  un  niantiscrit  des   Exempla  de  Jacques  de    Vitry.  117 

De  vetula  que  ollam  effregit  et  lac  effudit.     (Crane  LI). 

De  nionacho  qui  missus  ad  causas  nunquam  obtinebat.  ^ 
(Crane  LH). 

De  moniali  qui  sibi  oculos  eruit.     (Crane  LVII). 

De  moniali  qui  procuravit  ut  comprehenderetur.    (Crane 
LVIII). 

De  pulice  et  febre.     (Crane  LIX). 

De    moniali    qui    non    poterat    exire  a  claustro    quando 
ymagini  b.  marie  inclinabat  ^.     (Crane  LX). 

De  virgine  quam  miles  de  prostibulo  liberavit.  (Crane  LXI). 

De  virgine  quam   leo  liberavit.     (Crane  LXIV). 

De  milite  concurrente  ad  martirium  et  de  cophino  rosarum. 
(Crane  CCCVIL. 

De  abbate  qui   nolebat  manducare  parvos  pisces.   (Crane 
LXX). 

De  paupere  qui  cantabat  et  letabatur.     (Crane  LXVI). 

De  iniquo  procuratore  et  joculatore.     (Crane  LXVII). 

De  abbate  qui  latronem  convertit.     (Crane  LXV^III). 

De  sacerdote  et  asino.     (Crane  LVI). 

De  heremita  danipnato  et  latrone  salvato.   (Crane  LXXII). 

De  diabolo  amphoras  vacuas  reportante.  (Crane  LXXV). 

De  heremita  qui  patrem  suum  occidit.     (Crane  LXXVI). 

De  rege    et    milite    qui    viderunt   pauperem  letantem  et 
cantantem.     (Crane  LXXVIII). 

De    filio    regis    qui    nunquam    viderat  mulieres.     (Crane 
LXXXII). 

De    nobili    domina    que    pellicium    suum    dedit   pauperi 
mulieri.     (Crane  XCIII). 

De  leproso  quem  consueverat  comes  Theobaldus  visitare. 
(Crane  XCIV). 

De  nobili    muliere    que    leprosum  tulit  in  domum  suam 
(Crane  XCV). 

De  iohanne  episcopo   Alexandrino  qui  contendebat  cum 
deo.     (Crane  XCVII). 


'   Ms  B.   N.  181 34  intercale:    De  monacho  qui  missus  est  ad  vendendum 
asinos. 

-   Celle  hisloire   nianque  dans  le   ins  B.   N.    18134 


Ii8  IV.  Söikrhjelw, 

De  sancto  Furseo  abbate  qui  capani  a  feneratore  accepit 
(Crane  XCIX). 

De  milite  quodam  et  paupere  clerico.     (Crane  CHI). 
De     angelo     et    hermita     qui     sepelierunt     peregrinum. 
(Crane  CIV). 

De  niuliere  que  nolebat  expendere  telam  ad  sepeliendum 
maritum   suuni.   (Crane  CVII). 

De    angelo    qui     ducit    hercniitani    ad    diversa  hospicia. 
(Crane  CIX). 

De  milite  qui  retinuit  equum  cognati  sui.   (Crane  CXIV). 

De    iuvene    qui   dixit  patri  ut  consuetudinem  renioveret 
de  terra  sua.   (Crane  CXVI). 

De  Saladino  qui  fecit  circumferri  modicum   tele.    (Crane 
CXIX). 

De    beata    maria    que    filium     suum    dabat  accipientibus 
crucis  Signum.   (Crane  CXXI). 

De    heremita    cujus    cella    remota    erat  ab  aqua.   (Crane 
CXXVIII). 

De  peregrino  cujus  animam  Deus  cum  gaudio  extraxit  a 
corpore.  '  (Crane  CXXXII). 

De  feneratore  qui  pecuniam  suam  in  tres  partes   diuisit. 
(Crane  CLXVIII). 

De  illo  qui   in  morte  jussit  pecuniam  dari  ad  usuram  ut 
inde  fierent  elemosine.  (Crane  CI.XIX). 

De    feneratore    qui    animam  suam  commendavit  diabolo. 
(Crane  CLXX). 

De    monachis    quos    fenerator    post    mortem  verberavit. 
(Crane  CLXXVI). 

De    feneratore     cujus    cadaver    asinus    tulit    ad    furcas. 
(Crane  CLXXVII). 

De  milite  avaro  et  ejus  capa.   (Crane  CLXXXI) 

De   muliere    qui    semper   erat  contraria  viro  suo.   (Crane 
CCXXXVII). 

De  muliere  que  consueverat  jurare.   (Crane  CCXX). 


'   Ms   B.  N.    18134  intercale:   De  illo  (jui  ab  indignis  sacerdolibus  nolebat 
recipere  sacramentum. 


Note  sur  im  »inuuscrit  des  Exevtfla  de  Jacques  de    Viiry.  119 

De    muliere    que  appellabat  maritum  suum  pediculosuni. 
(Crane  CCXXI). 

De    muliere    que    pratuni    dicebat    esse    tonsum.   (Ciane 
CCXXII) 

De  homine  qui   inhibuit  uxori  ne  digitum  poneret  in  fora- 
mine,  (Crane  CCXXVIII). 

De      muliere      que     inebriavit     maritum     suum.      (Crane 
CCXXXl). 

De    muliere    que    mortuum    maritum    suspendit.     (Crane 
CCXXXII)  \ 

De  cyconia  que  commisit  adulterum.  (Crane  CCXXXIV), 

De    muliere    cui    inhibuit    maritus    ne    intraret    furnum. 
(Crane  CCXXXVI). 

De    heremita  qui  pallium  suum  fecore  cadaveris  mortue 
mulieris  implevit.  (Crane  CCXLV). 

De  muliere  que  nocte  venit  ad  cellam  heremite.    (Crane 
CCXLVI). 

De  quadam  muliere  peccatrice.   (Crane  CCLXXXII). 

De    clerico    qui    peccata    sua    scripsit  et  flendo  peccata 
delevit.   (Crane  CCCI). 

De    illo    qui    faciebat    patrem    suum    jacere    in  stabulo. 
(Crane  CCLXXXVIII). 

De    monacho    qui    ferrum  calidum  sine  lesione  in  manu 
tenebat.  (Crane  CCXLVII). 

De  invido  et  avaro.   (Crane  CXCVI). 

De  lecatore  et  meretrice.  (Crane  CC). 

De  ioculatore  qui  carnes  salsas  comedebat  in  tempestate 
maris.   (Crane  CCIII). 

W.   Söderhjelm. 


'    Ms    B.   N.    18134   intercale :   De   uetula   que   decepit   castam    mulierem 
et   De   muliere   que  inebriavit  maritum   suum. 


I20  Bespreclitingcii.     y.    Poirot. 

Besprechungen. 

Labbe  P.-J.  Rousselot,  Piincipes  de  phonctiquc  exper'unentak . 
Tome  II.  Paris,  Weiter,  iqoS.  1  vol.  8^,  S.S.  639—1252.30  Frcs 
netto. 

Der  lange  erwartete  Schlussband  des  grossen  Werkes  Rousse- 
lots  ist  endlich  nach  einer  Unterbrechung  von  7  Jahren  erschienen. 
Neben  Scriptures  Elements  of  experimental  phoiietics  bildet  es  das 
vollständigste  Nachschlagebuch,  das  wir  augenblicklich  besitzen ;  und 
es  hat  vor  Scriptures  Arbeit  den  Vorteil  grösserer  Vollständigkeit 
in  philologischer  Hhisicht.  (ierade  dieser  Charakter  dürfte  die 
Arbeit  besonders  denjenigen  Forschern  empfehlen,  die  die  Phonetik 
mit  Rücksicht  auf  die  philologischen  Probleme  oder  auf  die  Sprach- 
heilkunde treiben.  Die  praktischen  (sprachwis-.eDSchaftlichen  oder 
medizinischen)  Anwendungen  treten  überall  in  den  Vordeigrund; 
die  rein  theoretischen  Probleme  werden  weniger  eingehend  erörtert, 
wie  dies  bei  einem  Verfasser  zu  erwarten  (und  durchaus  zu  billi- 
gen) war,  der  als  Philologe  an  die  experimentelle  Phonetik  lieran- 
trat,  und  später  ein  wachsendes  Interesse  für  die  Tätigkeit  des 
Institut  de  Laryngologie  et  d'Orthophonie  in  Paris  gehegt  hat.  Aus 
dem  Umstand,  dass  die  Redaktion  sich  über  eine  lange  Zeit  hinaus- 
zog, und  der  Verfasser  inzwischen  neue  Forschungsgebiete  betrat, 
folgen  Unebenheiten  in  der  Komposition,  die  der  Verfasser  selbst 
in  einer  ;  Nachrede  >  eingesteht,  ohne  dass  man  ihm  deshalb  einen 
Vorw^urf  machen  dürfte;  man  muss  umgekehrt  für  die  Fülle  des 
dargebotenen  Materials  dankbar  sein.  —  Dieser  Band  ist  wie  der 
erstere  reich  illustriert  (326   Figg.) 

Das  W'erk  will  nur  die  Prinzipien  der  Experimentalphonetik 
behandeln,  und  dem  angehenden  Forscher  einen  Leitfaden  bieten. 
Danach  muss  es  auch  beurteilt  werden.  Es  ist  kein  (Irundriss  der 
Phonetik  vom  experimentellen  Standpunkte  aus,  und  man  darf  nicht 
erwarten,  über  alle  Fragen  eine  Antwort  zu  finden. 

Der  irste  Band  behandelte  die  akustischen  Grundbegriffe,  das 
Gehör,  die  Versut;hsme1hoden,  die  Klangfarbe,  die  Sprechorgane, 
und  im  Kap.  VI,  Abt.  i — 2  die  allgemeinen  Artikulationsverhält- 
nisse und  allgemeinen  Merkmale  der  Lautklassen.  Der  vorliegende 
2:te  Band  bringt  zuerst  (Kap.  VI,  Abt.  2,  Schluss)  nach  überwie- 
gend genetischen  Gesichtspunkten  die  verschiedenen  Laute :  Vokale 
Ss.  646 — 850  (Rolle  der  Zunge,  der  Lippen,  des  Kiefers,  des  Se- 
gels, des  Kehlkopfes,  akustische  Eigenschaften  des  Ansatzrohres, 
Luftstrom  und  Luftdruck),  dann  die  Konsonanten  (859 — 920), 
auch  genetisch  und  akustisch ;  weiter  verschwindende  oder  begin- 
nende Laute  (920  —  936).  Die  Abt.  3  ist  der  niederen  Kombina- 
tionslehre   gewidmet  (936 — 989),  Abt.  4  den  Gestaltqualitäten  der 


I.'al'l'C   P.-J.   A'otisselot,   Principes  de  plionciiqtu  expcriiiiaitale,  t.   II.      121 

/usammenhängenden  Rede:  Quantität,  Tonhöhe,  Intensität,  Accent 
und  Rythmus  1989 — i  100). —  Im  Kap.  VII  (1109 — 1161)  wer- 
den die  sprachpädagogisclien  und  medizinischen  Anvendungen  der 
experimentellen  Phonetik  dargestellt.  Ein  Anhang  giebt,  ausser 
Ergänzungen  zum  ersten  Band,  praktische  Winke  z.ur  Fourierschen 
Analyse. 

Als  besonders  interessant  will  ich  hervorheben :  Slrömungs- 
verhältnisse  für  die  Vokale  (Strömungsge<;chwindigkeit,  Lootenssche 
^^'irbel  im  Ansatzrohr):  akustische  Analyse  nach  der  Stimmgabel- 
methode,  mit  Koenigs  Tonreihe  und  Resonatorenserie  ausgeführt: 
Hörbarkeit  und  Verständlichkeit  von  Tönen  und  Klängen  (Lauten) 
bei  wechselndem  Abstand,  Versuche,  die  für  das  Studium  der 
physiologischen  Intensität  und  der  Gehörsempfindungen  wertvoll 
sind.  Ein  Nachteil  des  Werkes  ist  dagegen  die  spärliche  Anfüh- 
rung der  einschlägigen  Literatur.  Ein  Register  über  alle  Bilder 
wäre  am  Schlüsse  des  Werkes  willkommen  gewesen. 

Zum  Schluss  will  ich  eine  Anzahl  Bemerkungen  über  einzelne 
Punkte  zusammenbringen,  die  mir  beim  ersten  Durchlesen  aufge- 
fallen sind. 

S.  6q2.  —  Zur  Veranschauüchung  der  Lippenbewegung  für 
die  frz.  Vokale  des  Pariserdialektes  wird  eine  Zusammenstellung 
von  Aufnahmen  der  Mundstellungen  nach  Zünd-Burguet  ^)  gegeben. 
Ich  kann  meine  früher  hierselbst  (I907,  f.  37 — 44)  entwickelten 
Ansichten  nur  wiederholen-):  die  Form  der  Mundöffnung  hat  bei 
/,  y,  u  einen  anderen  Charakter  als  für  e,  0,  <>.  Die  Zusammer- 
stellung  bringt  das  noch  klarer  zum  Vorschein:  die  Artikulation 
des  »?/  moyen»  (halbgeschlossenes  u  \'on  bouche]  weist  gegen  die 
des  geschlossenen  0  einen  Mangel  an  Runzelung  der  Lippen  und 
einen  weniger  scharfen  Schatten  unter  der  unteren  Lippe  auf,  die 
deutlich  eine  Zurückdrängung  der  Vorstülpung  voraussetzen.  Ebenso 
ist  die  Mundspalte  für  das  halbgeschlossene  v  (in  shc\  breiter  als 
für  das  geschlossene   o  '^l. 


')  Die  Artikulationen  sind  z.  T.  von  den  Bildern  in  Rousselols  Prccis 
de  prononciaiion  franfaise  etwas  verschieden,  stimmen  aber  im  yrossen  und 
ganzen  überein. 

"''  Einen  weiteren  Beweis  für  diese  Auffassung  will  ich  hier  kurz  erwäh- 
nen. Ich  habe  früher  (Deux  questions  de  j)honeti([ue  frangaise.  Mem.  de  la 
See.  III)  nachgewiesen,  dass  die  Bindungsform  von  /  mit  nachfolgendem 
labialisiertem  Vokal  verschieden  ist,  je  nachdem  der  Vokal  ein  niederer  '[o,  ö) 
oder  ein  hoher  Vokal  {y,  u)  ist.  Vor  hohem  Vokal  stellt  sich  als  Übergangs- 
laut eine  Art  Lippen  r  ein,  das  sogar  vor  geschlossenen  c,  .'  fehlt.  Nun  fehlt 
auch  der  Zwischenlaut  vor  den  gerundenten  »Halbvokalen),  r.;',  1/  ( puis,  pois\ 
eben    weil   die   Lippenartikulation   den   o,   .>,   und   nicht  den   tt,  y  Charakter  hat. 

■')  Es  würde  noch  besser  hervortreten,  wenn  man  auch  Protilaufnahmen 
hätte;   es   ist  ein   Mangel   der  Methode,   dass   es  an   solchen   fehlt. 


122  Besprec/iiitii^CM,      y,   Poirot^ 

S-  813  fgg.  —  Die  Strömungsverhältnisse  der  bei  den  Arti- 
kulationen ausgetriebenen  Luft  werden  vom  Verf.  auf  Grund  eige- 
ner und  anderei-  Versuche  studiert.  Merkwürdigerweise  bleiben  die 
Arbeiten  Zwaardemakers  ^)  unberücksichtigt,  die  auf  diesem  Gebiet, 
und  speziell  in  technischer  Hinsicht,  von  grosser  Bedeutung  sind. 
Zwaardemaker  liat  folgende  Apparate  konstruiert:  einen  Aerodro- 
mograph  (Arch.  f.  Anat.  u.  Phys ,  physich  Abt.  1904,  Ss.  243  —  264) 
zur  Bestimmung  der  Form  und  des  Volums  des  Luftstromes;  eine 
federnde  Windfahne  (ebda,  1902,  Suppl.  Ss.  399  fgg):  einen  Aero- 
dromometer  (Zs  f.  Instrumentenkunde,  1908).  Zwaardemaker  und 
Minkema  haben  über  die  bei  der  Artikulation  in  der  Mundhöhle 
auftretenden  Wirbel  wertvolle  Angaben  veröffentlicht.  -  Auch 
hätten  die  bahnbrechenden  Untersuchungen  des  Paters  Lootens 
Erwähnung  verdient. 

Ss.  864  fgg.  —  Hier  wird  die  Artikulation  eigentümlicher 
georgischer  Verschlusslaute  besprochen.  Der  Verf.  sagt  S.  865. 
Fussn.,  dass  sie  bereits  von  Dr  Azoulay  1902  bemerkt  worden 
waren,  hat  aber  übersehen,  dass  Sievers  diese  Laute  in  seiner 
Phonetik  noch  früher  erwähnt  und  beschrieben  hatte.  Die  2  Ele- 
mente, die  R.  auf  Grund  seiner  Experimente  als  charakteristisch 
hervorhebt:  geringe  Menge  der  ausgetriebenen  Luft  und  Hebung 
des  Kehlkopfes,   finden  sich  dort  richtig  angezeigt  ^). 

Ss.  872  fgg.  Der  Verf.  kommt  zum  dänischen  Stosston.  Nach 
den  überzeugenden  Kurven,  die  er  mitteilt,  hat  der  normale  insel- 
dänische Stosston  keinen  vollständigen  Glottisschluss.  Ob  die  jüt- 
ländischen  Dialekte  diesen  Schluss  kennen,  bleibt  eine  offene  Frage  ^). 
—  Zu  ähnlichen  Schlüssen  bin  ich  betreffend  den  lettischen  Stoss- 
ton gekommen.  Die  Kurven,  die  ich  von  4  Letten  (aus  Kurland 
und  Livland)  erhalten  habe,  weisen  durchg^hends  auf  Tonbehar- 
rung während  des  gestossenen  Sonors.  Nur  ist  die  Stelle  des  Stosses 
durch  plötzliche,  starke  Verminderung  der  Amplituden  gekennzeich- 
net (also  gewaltige  Einschnürung  der  Stimmritze).  Auch  scheinen 
Veränderungen  in  der  Tonhöhe  dem  Stosse  zu  folgen;  ich  will  je- 
doch keine  Behauptung  wagen,  bevor  ich  die  Wellen  gemessen 
habe.   Die  Kurven  sehen  den  dänischen  sehr  ähnlich  aus. 

Ss.  886  fgg.  —  Der  Verf.  bespricht  die  tönenden  Aspiraten. 
Seinen  früheren  Skeptizismus  hat  er  aufgegeben.  Doch  erhellt  aus 
dem  Wortlaut  seiner  Ausführungen   nicht,   ob   er  tönende  Aspiration 


')  Auch   im   Anhang  vermisst   man   den    Hinweis  darauf. 

*)  Beiläufig  gesagt,  kann  dieses  Beispiel  einzelnen  Verächtern  der 
Untersuchungen   mit   dem   blossen    Gehör  zum  Nachdenken   empfohlen   werden. 

^)  Wie  mir  Prof.  H.  Pipping  mitteilte,  war  K.  Verner  in  Aarhus  ge- 
boren, und  seine  Angaben  über  den  Stosston  könnten  daher  seiner  eigenen 
Aussprache  entsprochen   haben. 


L'abbe   P.-y.   Rousselot,   Principe s  de  phoncticjue  expcrimenla/c,  t.   II.      123 

nur  bei  Lenes,  oder  auch  bei  Portes  zugiebt.  Die  angeführten 
Beispiele  gelten  jedenfalls  nur  aspirierte  Lenes  (stimmhafte  Media- 
aspirata,^  der  idg.  Grammatik) :  so  im  Loangodialekt  (Bantusprach- 
gruppe)  und  im  Neuirischen.  —  Dass  auch  Portes  mit  tönender 
Aspiration  gebildet  werden  können,  scheint  mir  ausser  Zweifel.  Die 
Experimente  Hr  Adzarians  für  das  Armenische  sind  insofern  nicht 
klar,  als  aus  dem  Texte  nicht  genügend  hervorgeht,  ob  die  Okklu- 
sive  einen  Portis-  oder  Lenischarakter  haben  (Tenuis  oder  tonlose 
Medial,  und  die  Beobachtung  Sievers'  (Vorhandensein  von  Lenes 
und  Portes  mit  tönender  Aspiration  nebeneinander  im  armenischen 
Dialekt  von  Astarak)  wird  dadurch  nicht  umgeworfen.  —  Der 
lappische  Dialekt  von  Inari  hat  aber  ein  ausgebildetes  System  von 
aspirierten  Tenues,  wo  sich  die  Aspiration,  sowohl  für  mein  Ohr 
wie  auch  auf  den  Kurven,  als  tönend  erweist.  Darüber  wird  die 
Abhandlung  Mag.   P.   Äimäs  hoffentlich  Auskunft  geben. 

S.  gi5  werden  Palatogramme  von  den  englischen  und  franzö- 
sischen jr//-Lauten  mitgeteilt.  Das  Bild  ist  dem  Ptecis  de  pronon- 
ciation  fra7i(;aise,  S.  62  entnonmien :  es  kann  aber  unmöglich  richtig 
sein,  wie  mir  die  erste  Benutzung  des  Precis  für  meine  Vorlesun- 
gen gezeigt  hat.  Nach  dem  Bilde  wäre  frz  ch  dental  und  mit 
schmaler  Rinne  gebildet,  englisches  sh  dagegen  cacurainal  mit  brei- 
ter Rinne.  Ein  Blick  auf  das  Bild  des  Precis  S.  59  für  die  .f-Laute 
zeigt  das  umgekehrte  Verhältnis,  und  erklärt  auch  den  Unterschied. 
Es  entstand  beim  Drucken  des  Ptnis  eine  \^erwechselung,  indem 
frz  ch  in  das  i'-Bild,  frz  s  in  das  .st//- Bild  geriet,  was  der  Verf. 
auch  diesmal  übersehen  hat. 

Ss.  97g  fgg.  Hier  wird  die  Silbenzählung  behandelt.  Die 
Ausführungen  des  Verf.  sind  zu  kurz,  und  treffen  m.  E.  den  Kern 
der  Präge  nicht.  Überhaupt  hätte  der  ganze  Abschnitt  wegbleiben 
können,  denn  die  dort  erörterte  Präge  gehört  eher  in  das  metrische 
(jebiet  als  in  das  phonetische.  Den  Phonetiker  interessiert  nur 
das  Problem:  nach  welchen  Kriterien  giebt  sich  die  Silbe  zu 
erkennen,  und  welche  Veränderungen  dürfen  deren  Elemente,  be- 
sonders das  sonantische,  erleiden,  ohne  den  Eindruck  der  Silbe 
zu  vernichten?  Darüber  erfährt  man  a.  a.  O.  nichts;  der  Verf. 
betrachtet  nur  die  Frage  von  der  Silbenzählung  im  frz.  Verse,  unil 
zwar  in  Bezug  auf  2  streitige  Pälle  (Reduzierung  von  Vokalen  zu 
Halbvokalen  im  Hiatus  und  Verlust  des  unbetonten  ?).  Er  geht 
vom  > heutigen  poetischen  Vortrag»  aus,  was  gerade  bedenklich 
ist;  denn  nicht  der  Durchschnittsvortrag,  auch  nicht  der  Vortrag 
»der  besten  Künstler»  darf  als  Grundlage  der  metrischen  Por- 
schung  dienen,  sondern  der  sinn-  und  stilgemässe  Vortrag,  was 
bereits  eine  strenge  Wahl  des  Materials  voraussetzt.  M.  E.  muss 
die   Präge  experimentell   folgen dermassen  gefasst  werden.     Dass  der 


124  Besprechungen.     J.   roirot ^ 

Dichter  eine  gewisse  Silben/.ahl  hat  schreiben  wollen,  ist  un- 
zweifelhaft, und  der  Vortrag  muss  so  eingerichtet  werden,  dass 
diese  Silbenzahl  herauskommt.  Dadurch  wird  oft  schon  das  Tempo 
(z.  B.  bei  Hiatus  im  Inlaut)  gegeben,  und  mit  dem  Tempo  folgen 
weitere  lautliche  Charaktere  des  Vortrags,  die  von  denen  der  ge- 
wöhnlichen Rede  abweichen.  Was  die  3  betrifft,  brauchen  sie 
nicht  als  solche  (als  Stellungslaute)  artikuliert  zu  werden:  sondern 
der  Eindruck  kann  durch  andere  Mittel  (abweichende  Artikulations- 
und besonders  Bindungsformen  der  umgebenden  Laute)  hervorge- 
rufen werden.  Was  für  Mittel  in  casti  zur  Anwendung  kommen, 
das  darf  und  muss  die  Phonetik  erforschen;  über  die  Quali- 
fizierung des  Vortrags  hat  aber  nur  die  Metrik,  bzw.  die  Rythmik 
zu  urteilen.  —  Der  Verf.  sagt  S.  982:  »je  crois  cjue  pour  l'oreille 
fii  l  [im  Vers:  ia  fetnme  se  leva  saus  dire  une  parole.  vorgetragen  la 
fam  S3lva\  correspondent  a  deux  syllabes  seulement  diminuees  et 
non  supprimees. »  Da  lag  eben  das  phonetische  Problem.  Sofern 
der  Vortrag  rythmisch-metrisch  gut  war,  muss  eben  (falls  wirklich 
kein  reduziertes  d  dazwischen  lag)  die  Artikulation  von  m,  l  eine 
ungewöhnliche  gewesen  sein  (z.  B.  länger,  oder  stärker  tönend, 
oder  mit  anderer  Modulation,  grösserer  Intensität  als  sonst,  o. 
dgt.).  War  der  Vortrag  dagegen  metrisch  falsch,  dann  ist  er  zu 
einer  wissenschaftlichen  Erforschung  überhaupt  unbrauchbar,  ^\'ir 
müssen  einerseits  die  metrischen  und  phonetischen  Gesichtspunkte 
geschieden  halten,  andrerseits  darauf  bestehen,  dass  nicht  jede 
Versdeklaraation  zur  Grundlage  einer  phonetischen  Theorie  des 
Verses  dienen  kann:  sonst  entgleist  bald  die  ganze  Forschung. 
S.  10 17  ist  dem  Verf.  eine  fehlerhafte  Formel  enschlüpft. 
Wenn  eine  gleiche  Kraft  auf  verschiedene  (ähnlich  gebaute) 
Sümmgabeln  einwirkt  und  gesetzt,  a^^  a^,  a.^,  .  .  .  seien  die 
Schwingungsamplituden  der  Stimmgabeln,  und  Z^,  4,  /,  •  •  ■  deren 
Schwingungsperioden,  gilt  nach  den  Experimenten  Rousselots  fol- 
gende  Relation: 

a,  c?2  Ö3 

S.     I  o  1 7     sagt    er,     dass    die     » Wellenlänge »     1  lapsus,    muss    hier 
»Periode»     heissen),    durch    die     Schwingangszahl     ersetzt     werden 

kann,  hat  aber  übersehen,  dass  die  Schwingungzahl   n  =   — ,     und 

nicht  /  ist;   die   Gleichunngen 

I  0,50  0,25 

233.5  ~  467    ~  934 


L'abbc  P.-J.   Rotisselot,   Prhicipes  de  phonctiquc  expcrimetiiale,  t.  Jl.      125 

sind    evident     falsch,    denn    sie    erj^eben     i   =        =       -.     Es  soll 

416 

also  stehen  a^  n^  =  a^  //.,  =  Ö3  11^.  Diese  Grösse  nennt  nun  R. 
die  »mechanische  Intensität».  Mit  der  akustischen  (physikalischen) 
Intensität  ist  sie  aber  nicht  identisch,  und  das  Verhältnis  beider 
Grössen  wird  nirgends  erörtert.  Obige  Formel  erlaubt  nur  (falls 
das  Gesetz  für  die  ganze  Tonskala  gilt,  und  gleichen  Reiz 
vorausgesetzt),  aus  der  Amplitude  einer  gegebenen  Stimmgabel  die 
Amplituden  aller  anderen,  und,  unter  Berücksichtigung  des  De- 
krements, die  totale  Schwingungsbahn  jeder  Gabel  für  einen  ge- 
wissen Zeitraum  zu  berechnen;  sie  giebt  aber  die  akustische  Inten- 
sität gar  nicht.  Die  physikalische  Intensität  muss  bekanntlich  aus 
dem  Ausdruck  für  die  lebende  Kraft  der  schwingenden  Stimm- 
gabel hergeleitet  werden,  also  nach  der  Formel  K  =  li 2  m  v-. 
Die  Massen  in  der  untersuchten  Stimmgabeln  sind  wohl  un- 
gleich, und  müssten  also  mit  in  die  Formel  kommen.  Die  Grösse 
V  ist  ehie  Funktion  der  Amplituden  und  Schwingucgszahlen,  die 
also  in  die  Intensitätsformel  mit  ihren  Quadraten  hineinkommen 
müssen.  Es  ist  doch  klar,  dass  der  Ton,  den  ungleich  grosse 
Gabeln  bei  gleichem  Reiz  geben,  ebenso  wohl  ungleich  stark  ist, 
wie  ungleich  hoch.  Das  Verhältnis  der  Intensitäten  I^^,  I2  von  2 
Stimmgabeln   wäre  also  unter  diesen   Umständen 


nach  welcher  Formel  die  gleich  darauf  erwähnten  \'ersuche  (Ss. 
1017  fgg.)  zu  beurteilen  wären  Der  Vorgang  bei  diesen  Ver- 
suchen erhellt  nicht  klar  aus  dem  Wortlaut  des  Verf.  (»Les  me- 
mes  diapasons,  cbranles  avec  la  meme  force  et  maintenus  avec 
1  archet  au  meme  point»):  waren  gleiche  Amplituden  erreicht,  oder 
nur  gleiche  Anschlagskraft  angewendet.^  Es  scheint  jedoch,  als 
wäre  hier  gleiche  Amplitude  zu  verstehen  (was  wiederum  ungleiche 
akustische  Intensität  zur  Folge  hat);  denn,  wenn  man  in  obiger 
Formel  die  a^  streicht,  und  statt  ii^.^,  rr^:  4  n^^,  16  71^,  schreibt, 
wodurch  n-^  wieder  schwindet,  so  bekommt  man  für  das  Verhältnis 
der   Hörbarkeitsabstände 

h  4^2  i3'*o         3,86'  /g          16  W3         82,5         23,4' 

was,  in  Anbetracht  der  unvolkcmmenen  Versuchsanordnungen, 
leidlich  gut  .stimmen   würde.   —  \\'eiter  muss   dann  die  Anwendung 


126      Besptechunf;e>t.  y.   O.,    IV.    Victor,  Deutsches  Aussprachewörterbuch,  i   Heft. 

der    Formel    /=        auf  S.    821    ab<j:elehnt  werden,  denn  sie  ergiebl 

l  =  a  l,  statt  d^  /-. 

S.  1086.  —  (Jegen  meine  (und  Pippings)  Methode  für  die 
Berechnung  der  Intensität  zusammengesetzter  Wellen  durch  Be- 
rechnung und  Summierung  der  Partialintensitäten  wendet  R.  ein, 
dass  sie  die  Interferenzen  der  Teiltöne  nicht  berücksichtigt.  Der 
Einwand  ist  mir  nicht  ganz  klar.  Die  Interferenzen  der  Teiltöne 
geben  sich  bei  der  Kurve  der  gesamten  Welle  kund,  und  kommen  also 
bei  den  Ampiitudenbestimmungen  zum  Ausdruck;  wenn  sie  für  ver- 
schiedene Wellen  verschieden  sind,  so  ändert  sich  auch  die  Form  der 
Gesamtkurve,  und  dementsprechend  die  Verteilung  der  Amplituden  für 
die  Teiltöne.  Man  müsste  dann  annehmen,  dass  die  Intenshäten 
anders  interferieren  als  die  Amplituden;  und  dagegen  habe  ich  meine 
Bedenken.  Ich  glaube,  diese  Methode  ist,  in  dem  jetzigen 
Zustande  der  akustischen  Forschung,  die  sicherste. 

Das  Werk  Rousselots  darf  in  der  Bibliothek  des  Fachmannes 
nicht  fehlen.  Daneben  kann  es  dem  Philologen  und  dem  Päda- 
gogen  zum   Nachschlagen   warm   empfohlen   werden. 

J.    Poirot. 


Wilhelm  i/ietor,  Deatsclies  Aussprachewörterbuch,  i  Heft. 
A-biogenetisch.      Leipzig,  O.   R.   Reisland,    1Q08.     S.    i — 48. 

Seit  1882  schwebt  die  Frage  über  die  Herausgabe  eines 
deutschen  orthoepischen  Wörterbuches  in  der  Luft.  Dass  das  in 
N:o  4  des  »Litteraturblattes  für  germanische  und  romanische 
Philologie»  jenes  Jahres  angekündigte  Wörterbuch  von  W.  Victor 
damals  ein  frommer  Wunsch  bleiben  musste,  lag  nicht  nur  daran, 
dass  der  Verfasser  anderweitig  in  Anspruch  genommen  wurde,  son- 
dern auch  an  Hindernissen  rein  sachlicher  Art.  Die  einschlägigen 
Streitfragen  waren  noch  ein  vollkommen  unbearbeitetes  Feld  und 
das  Ideal  einer  mustergültigen  Aussprache  nur  erst  theoretisch 
aufgestellt;  in  der  Praxis  herrschten  hinsichtlich  der  Verwirklichung 
dieses  Ideals  noch  sehr  verworrene  und  einander  widersprechende 
Ansichten.  Drei  Jahre  später  erschien  dann  W.  Victors  Büchlein 
»Die  Aussprache  des  Schriftdeutschen»,  das  neben  Textproben 
in  Lautschrift  den  ersten  Versuch  eines  kleinen  orthoepischen 
Wörterbuches  brachte.  Und  1898  endlich  trat  die  bekannte  ^Büh- 
nenkooferenz»  zusammen^  deren  Ergebnisse  Professor  Th.  Siebs 
unter  dem  Titel  »Deutsche  Bühnenaussprache»  veröffentlichte. 
Nach    diesen   ein   halbes   Menschenalter  währenden   Vorbereitungen, 


./.   I.intgfois,  y,  Friel'sch,  Ein  altfrauzösisches  Mariengebet;   u.    A.         127 

Prüfungen  und  Beratungen  sind  die  prinzipiellen  Gesichtspunkte 
nun  soweit  geklärt  und  festgelegt,  dass  an  eine  endgültige  lexi- 
kalische Bearbeitung  des  Aussprachematerials  geschritten  werden 
konnte.  Die  Geduld  der  Sprachpädagogen,  besonders  im  Auslande, 
ist  durch  die  lange  Vorbereitung  auf  eine  harte  Probe  gestellt 
worden.  Mit  umso  gr(').*serer  Befriedigung  begrüssen  wir  nun  das 
Erscheinen  dieses  Werkes,  das,  nach  dem  ersten  Heft  zu  urteilen, 
eine  ebenso  zuverlässige  wie  gründliche  und  umfassende  Belelirung 
verspricht.  Das  Werk  soll  25  Bogen  umfassen,  die  in  etwa  8 
Heften  (a  40  Pf.)  ausgegeben  werden,  und  giebt  nicht  nur  deutsche 
Wörter,  sondern  auch  Fremdwörter  und  Namen.  Es  stellt  sich 
in  den  Dienst  der  Ausspracheeinigung,  die  sich  ja  seit  geraumer 
Zeit  auf  der  deutschen  Bühne  und  mit  zunehmender  Deutlichkeit 
auch  im  weiteren  Kreise  der  Gebildeten  beim  mündlichen  Gebrauch 
der  Schriftsprache  vollzieht,  und  zwar  dergestalt,  dass  ihrem  hoch- 
deutschen (mittel-  und  süddeutschen)  Formen-  und  Wortschatz 
eine  niederdeutsche  (norddeutsche)  Lautgebung  zuteil  wird.  Die 
zur  Anwendung  gekommene  Lautschrift  ist  natürlich  die  der  Asso- 
ciation phonetitjue  internationale. 

Wir  werden  auf  das  Werk,  sobald  es  vollständig  vorliegt, 
zurückkommen  und  wünschen  ihm  die  Verbreitung  in  Fach-  und 
Laienkreisen,  die  ihm  gebührt;  wir  hoffen,  dass  es  dem  ver- 
dienstvollen Verfasser  vergönnt  sein  möge,  uns  recht  bald  mit  dem 
Schlussheft  dieses  grossen  Werkes  zu  beschenken,  das  seine  wissen- 
schaftlichen und  praktischen  Bemühungen  um  eine  einheitliche 
^lusteraussprache    des    Deutschen    in  würdiger  Weise  krönen   wird. 

J.    (l 


J.   Priebsch,   Ein  altfranzösisches  Mariengebet  (Sonderabdruck  aus 

dem    Archiv     für    das    Studium   der  neueren   Sprachen  und 

Literaturen,   Band   CXXL   Hefr.    1-2). 
— » —  Drei  altlothringische  Mariengebete  (Sonderabdruck  aus   der 

Zeitschrift    für    französische    Sprache  und   Litteratur,    1908). 
—   —   Zwei  altfranzösische  Mariengebete  (From  the  Modern  Lan- 

guage    Review,    Vol.   IV,   N:o    i,   October,    1908,   &:   N:o   2, 

January,    1909). 

Ces  trois  memoires  donnent  le  texte  de  six  pocsies  pieuses, 
toutes,  a  l'exception  de  la  dernicre,  signalees  par  M.  Priebsch  pour 
la   prämiere  fois. 

1.      La    premicre    —    une    pricre  ä  la   Vierge  dans  la   forme 


128   Bespreilninifeii.   .1    /.////a/o/s,  J.   Prie/>sih,  Ein  alt/ranz,  Marictigebet;  ii.   .1. 

assez  rare  de  (.[uatrains  de  decasyllabt  s  monorimes  '  (debut:  7?«?/;/^ 
i/awe,  ki  porlas  la  didntr,  La  viedlejcine  de  vte  al  pecchut)  —  est 
tiree    du    ms.    anglonormand  Royal   2.  A.   IX  du  British  Museum. 

II.  Les  irois  poemes  mentionnes  en  second  lieu  proviennent 
d'un  livre  de  priores  ccrit,  probablemcnt  a  Metz,  ä  Fusage  d'une 
dame.  II  est  aujourd'hui  cote  Brit.  Mus.  Harl.  2955.  Le  premier 
(debut:  Ave  lies  i^loriouse  dame  d'umiliteit,  Ave  tres  preciouse  l s  de 
■oirginiteit)  est  la  traduction  d'une  pocsie  latine  imprimce  par  Dreves 
C'est  une  paraphrase  de  \Äve  Maria  en  15  quatrains  d'ale.xandrins 
monorimes  ^  (dans  les  str.  IV,  V,  VII — X  les  vers  riment  pourtant 
deux  et  deux).  Comme  c'est  ordinairement  le  cas  des  pciesies  fran- 
caises  inserees  dans  les  livres  de  devotion  en  hitin,  les  vers  sont  tres 
incorrects,  et  il  est  douteux  qu'ils  aient  jamais  cte  autrement  construits. 
M.  P.  augmente  de  cinq  numeros  la  liste  de  ces  paraphra^es  dres- 
see  jadis  par  M.  Paul  Meyer  et  par  moi.  ^  --  Le  second  poeme 
a  pour  modeles  deux  poesies  latines  imprimces  par  Mone.  La  forme 
employee  est  le  sixain   rimant    aabccb^  (debut:   Ave  virge  gratiouse. 

Virge  meire  glo7iovse).  Au  debut,  les  vers  sont  de  huit  syllabes, 
mais  ailleurs  il  y  en  a  de  dix  syllabes.  Des  dix  strophes  du  poeme, 
la  quatrieme  et  la  cinquieme  sont  tout  ä  fait  irregulieres,  ce  qui 
semble  provenir  des  modeles  latins.  —  Le  troisieme  poeme,  qui 
est  en  forme  de  dix  quatrains  d'octosyllabes  rimant  aahb  ^  (debut: 
Ave  dame,  de  cui  voll  naistre  E  soi  de  Ion  /sai)it/  laU  repaistre)  ne 
semble  pas   etre  une  traduction   du  latin. 

III.  En  troisieme  lieu  M.  P.  publie  deux  poemes  qui  ont 
pour  sujet  les  (juinze  joies  de  Notre  Dame.  Le  premier  —  15 
«strophes  d'Helinand»  (debut:  Recorder  voil  la  jote  pritneie,  Ke  ve- 
loyinent  esteit  rivere)  —  est  tire  du  ms.  Royal  11.  B.  III  du  Musee 
Britannique  (XIV:e  siecle).  Ce  voIume  a  jadis  appartenu  ä  l'abbaye 
Bury  St  Edmunds.  L'editeur  suppose  que  le  poeme  aurait  ete 
compose  par  un  mo:ne  de  cette  abbaye,  le  meme  qui  a  inscrit 
son  nom  au  dernier  feuillet:  Frater  Maitinus  me  scripsit.  Je  crois 
pourtant  que  ce  n'est  que  le  copiste,  car  cette  forme  strophique 
n'a  guere  ete  usitee  en  Angleterre^  .  Notre  poeme  aura  pu  etre 
compose  en  Norman  die.   —  Je  signale  au   v.    i  1 1    le  verbe  curieux 


'   A  ajouter  au  groupe   VII   de   Naetebus,    A'ic/it /yr.   Stropii.,   p.    56. 

-  A  ajouter  au  groupe   VIII  de  Naetebus. 

^  V.  Mein,  de  la  Soc.  neo phil  ^  IV,  p.  351  et  suiv.  —  Ori  peut  se 
demander  si  le  verbe  qui  se  trouve  au  v.  53,  Jhesuz  rois  aiiieroitz,  qui  fainie 
totit  le  tnunde,  est  vraiment  le  meme  (jue  celui  riu'enregistre  Godefrov  s.  v. 
KAMMER. 

■*  A  ajouter  au  groupe   LXV   de  Naetebus. 

'"  A  ajouter  au  groupe   XL  de   Naetebus. 

"  Comp.  Naetebus,  p     132. 


Lt.,   /\ol/  Scvßjfig.    i,>!icl/e)i  und   l'orbihler  des   Epos   '  liau/rey' .         129 

enr'iner  'devenir  du  vin',   que  le  poete  emploie  en  parlant  des  noces 
de  Cana  (Feseil  feive  pure  e?ivmer)  ^. 

Chacun  des  poemes  mentionncs  ci-dessus  a  ete  conserve  par 
un  seul  manuscrit.  II  n'en  est  pas  de  meme  du  pocme  que  M.  P. 
imprime  en  dernier  lieu:  on  en  connait  huit  manuscrits,  dont  sept 
signales  par  M.  Paul  Meyer  -.  L'editeur  a  choisi  pour  son  cdition 
deux  manuscrits  executes  dans  l'Est;  il  reproduit  le  texte  du  ms. 
de  Troyes  n^  1905  et  donne  au  bas  des  pages  les  variantes  du 
ms.  d'Oxford,  Bodl.  Doqce  39  (actuellement  cote  21613).  II  e.st 
toutefois  a  peu  pres  certain  que  le  poeme  n'a  pas  ete  compose 
dans  ce  dialecte.  Les  rimes  liosse:  largesse,  lioisse:  destresce,  auxquelles 
l'editeur  semble  attacher  de  riniportance  (p.  73),  ne  prouvent  na- 
turellement  rien,  paisque  ces  mots  transcrits  en  franc^ais  central 
{liece,  largece,  destrece)  donnent  des  rimes  parfaitement  regulieres.  I! 
aurait  mieux  valu  imprimer  un  manuscrit  ecrit  dans  un  dialecte  du 
centre.  —  La  transcription  parait  en  general  correcte.  Recor  iqi 
doit  pourtant  etre  mal   dechiffre  pour  retor. 

Pour  qu'on  puisse  arriver  a  mettre  un  peu  d'ordre  dans  la 
riche  litterature  pieuse,  qui  tenait  une  si  grande  place  dans  la  vie 
du  moyen  age,  il  est  necessafre  qu'un  nombre  süffisant  de  speci- 
mens  en  soient  mis  au  jour.  Les  travaux  precites  de  M.  Priebsch 
doivent  etre  designes  comme  une  contribution  bienvenue  a  la  con- 
naissance  de  ce  genre  litteraire  trop  neglige. 

A.   Längfors. 


Rolf  Seyfang,    Quellen    und  Vorbilder  des  Epos  'Gaufrey. 

Dissertation  .  .  .   der   Universität  zu  Tübingen.    Borna-Leipzig,     I908. 
100  p.   in-S'-*. 

Gaufrey,  public  en  1859  P^*"  ^uessard  et  Chabaille,  est  une 
chanson  de  geste  de  l'epoque  de  decadence  qu'aujourd'hui  on  ne 
lit  pas  souvent  —  pas  plus  qu'on  ne  le  faisait  au  moyen  äge,  a 
en  juger  par  le  fait  qu'on  ne  connait  qu'un  seul  poeme  medieval  qui 
en  fasse  mention  (Maugis  d'Aigremont).  C'est  l'histoire  des  douze 
fils  de  Doon  de  Mayence^  mais  surtout  de  Gaufrey,  qui  fut  le 
pere  du  celebre  Ogier  de  Danemark.  L'auteur  de  cette  chanson 
de  geste  a  voulu  combler  la  lacune  qui  existait  entre  Thistoire  du 
grand-pere,  Doon,  et  celle  du  petit-fils,  Ogier,  en  racontant  com- 
ment    le    pere    de    celui.-ci,    Gaufiey,  conquit  son  fief,  la  terre  de 


'  Dans  toutes  les  publicalions  mentionnees  ci-dessus,  M.  P.  relegue  aux 
notes  les  legons  corrigees  des  manuscrits;  il  aurait  mieux  valu  les  mettre  au 
pied  de  la  page. 

"  Bull,  de  la   Soc.  des  anc.  textes,    1901,   p.   68. 


1 30  Besprechungen,   .1.   /'.,    h'r.   Nyrop,   Italiensk  Rejscledsager. 

Danemark.  Le  poete  n'a  aucune  originalitc.  Les  donnees  dont 
il  a  besoin,  il  !es  prend  ä  Doon  de  Mavence  et  a  la  Chevalerie 
Ogier,  et  il  les  mele  aux  mille  et  une  banalites  de  la  littrrature 
i'-pique.  M.  Seyfang  est  quelquefois  tente  de  voir  des  indices 
d'emprunt  direct  la  oü  il  s'agit  plutnt  de  lieux  communs  dont  il 
est  difficile  de  prouver  la  provenancc.  En  somme,  toutefois,  son 
travail,  ecrit  dans  un  style  parfois  un  peu  trop  verbeux,  donne  des 
rcsultats  ciui  semblent   a  peu  prcs  döfinitifs. 

L-F. 


Kr.  Nyrop,  Italiensk  Rejseledsager.  Kj0benha\n,  Det 
Schubotheske  Forlag,    iqo8.     q6  S.    12:0. 

Die  vorzüglichen  Lehr-  und  Lesebücher  des  Prof.  Kr.  Nyrop 
haben,  wie  bekannt,  den  Unterricht  und  das  Selbststudium  des 
Italienischen  in  den  skandinavischen  Ländern  in  hohem  Grade 
erleichtert.  Vorliegendes  Büchlein  hat  eine  ganz  besondere  Auf- 
gabe: es  will  demjenigen  Publikum  als  Reisebegleiter  dienen,  das 
vor  der  Abreise  nach  Italien  sich  noch  gar  nicht  mit  dem  Erlernen 
der  Sprache  befasst  hat.  Allerlei  gute  Ratschläge  werden  erteilt, 
die  einem  auf  der  Eisenbahn,  in  Museen  und  Kirchen,  in  den 
Kaufläden,  beim  Mieten  von  Zimmern  und  vor  allem  beim  Essen 
und  Trinken  von  Nutzen  sein  können.  Zu  demselben  Zwecke  liegt 
ein  Verzeichnis  der  notwendigsten  Wörter  und  eine  nicht  sehr 
grosse,  aber  gut  gewählte  Anzahl  von  Phrasen,  Fragen  und  Ant- 
worten vor.      Von   Grammatik  ist  überhaupt  eicht  die   Rede. 

Die  italienische  Aussprache  wird  kurz  und  bündig  angegeben 
und  vieles,  das  einer  dänischen  Zunge  besonders  schwer  fallen  dürfte, 
wird  sehr  gut  hervorgehoben.  Die  beiden  e-  und  o-Laute  werden, 
sowie  in  Nyrop's  Grammatik,  durch  verschiedene  Accente  bezeichnet: 
leider  wird  aber  hier  nicht  wie  dort  die  weiche  Aussprache  des  .? 
und  des  z  (in  Wörtern  wie  rosa  und  pranzo)  angegeben.  Viel  eher 
hätte  doch  die  Bemerkung  (S.  1 1 .)  über  die  alltägliche  Aussprache 
von  c  (als  seh  anstatt  tsch)  und  die  (auf  S.  12  )  über  die  floren- 
tinische  Aussprache  von  c  (als  //  anstatt  k)  wegfallen  können.  Die 
erstere  kommt  ja  jedenfalls  nur  zwischen  zwei  Vokalen  vor,  während 
die  andere  für  vulgär  und  sehr  wenig  nachahmens\\ert  gilt,  was 
wieder  gar  nicht  hervorgehoben  wird. 

»Italiensk  Rejseledsager»  kann  auch  schwedisch-sprechenden 
Touristen  aufs  beste  anempfohlen  werden.  Das  Büchlein  ist  sehr 
praktisch   eingerichtet  und   von   bequemem  Taschenformat. 

A.  P. 


.-/.    Wallcnsköld,   Poesie  frati^aise  iSoo — iSjo  p.  p.    k'r    Nyrop.         131 

Poesie  frangaise  1800  1850,  publice  et  annotee  par  Kr. 
Nyrop.  Copenhague  et  Christiama,  Gyldendalske  Boghandel — Nor- 
disk    Forlag,    1909.      VII-f-152    p.   in-8:o.      Prix:    2    Kr.    25. 

M.  Nvrop,  savant  illustre  double  d'un  pedagogue  judicieux, 
a  eu  l'excellente  idee  de  composer  un  Recueil  de  textes  frajirais 
pris  dans  las  meilleurs  auteurs  et  poetes  francais  pour  servir  de 
base  ä  renseignement  universitaire  du  francais.  A  l'heure  actuelle, 
il  a  paru  trois  fascicules  de  cet  ouvrage.  Le  premier  de  ces  fas- 
cicules,  public  dcjä  en  1895,  est  consacre  a  la  philoiogü  francaise 
et  contient  des  extraits  des  oeuvres  linguistiques  de  quelques  sa- 
vants  franrais,  parmi  lesquels  il  faut  mentionner  tout  particuiiere- 
ment  Littrc,  G.  Paris,  A.  Darmesteter,  Breal,  Paul  Meyer,  Jeanroy 
et  A.  Thomas.  Le  second  fascicule,  paru  en  1 905,  est  une  antho- 
logie  de  poesies  de  la  seconde  moitie  du  XIX:e  siccle  [Poesie  Jmji- 
raise  1850 — igoo).  Enfin,  le  troisieme  fascicule,  dont  le  tilre  est 
donne  ci-dessus,  nous  fait  connaitre  quelques-une ;  des  meilleures 
poesies  des  grands  lyriques  de  la  premiere  moitie  du  siecle  passe : 
Bcranger,  Theophile  Gautier,  Victor  Hugo,  Lamartine,  Musset  et 
Alfred  de  Vigny.  Les  deux  derniers  fascicules  sont  munis  de  ?io- 
tes  explicatives  (en  francais),  dans  lesquelles  M.  Nyrop  donne  des 
eclaircissements  utiles  ä  la  comprehension  du  texte.  Je  ne  trouve 
rien  d'important  a  redire  ä  ces  «notes»  claires  et  souvent  interes- 
santes, sinon  que  M.  Nyrop  aurait  bien  pu  en  donner  davantage, 
sans  crainte  du  superflu.  Que  M.  Nyrop  me  permette  seulement 
d'indiquer  brievement  le  sens   du  vers   de  Victor   Hugo 

Mesurez   la   hauteur  du  geanl  sur  la  poudre 

[ödes  II,   no.   4,   sect.   II,   str.   6,   v.   4;   ed.  p,    76.) 

que  l'editeur  declare  obscur  (p.  149).  Voici  l'explication  que  je 
propose,  d'accord  avec  mon  collegue  M.Jean  Poirot,  que  j'ai  con- 
sulte  lä-dessus: 

Victor  Hugo  veut  dire,  dans  la  Strophe  en  question,  qu'on 
a  exagerc  la  grandeur  de  Napoleon.  II  na  pu  faire  ce  qu'il  a 
fait  que  gräce  ä  la  nation  francaise,  a  laquelle  revient  par  conse- 
quent  une  bonne  partie  de  sa  gloire.  De  son  vivant,  Napoleon 
faisait  l'effet  d'un  geant  enorme.  Maintenant,  apres  sa  chute,  il 
est  plus  facile  de  mesurer  exactement  sa  stature.  «Mesurez  la 
hauteur  du  geant  maintenant  qu'il  est  etendu  par  terre,  [et  vous 
verrez  qu'il  est  moins  grand  qu'il  ne  paraissait] » . 

A.   Wallensköld. 


132  Besprechungen.     .)/.    Wasenitis, 

Solmu  Nyström,  Deutsches  Lesebuch.  Borgä,  W.  Söderstnim, 
IQ08.     295   S.     8:0     Dazu   »Sanaluettelo»    41  +  100  S. 

Das  Lesebuch  zerfällt  in  drei  Abteilungea:  »Vorbereitende 
Übungen»,  »Leichte  Stücke  verschiedenen  Inhalts»  und  »Deutschland, 
Land  und  Leute.  Aus  der  deutschen  Litteratur»,  von  denen  die 
beiden  ersten  zum  grössten  Teil  schon  aus  dem  vor  etwa  andert- 
halb Jahren  erschienenen  Lehrbuch  desselben  Verf.  bekannt  sind. 
Der  Plan,  nach  welchem  diese  zwei  Abteilungen  zusammengestellt 
sind,  ist  im  wesentliclien  derselbe  wie  im  Lehrbuche.  \\'as  die 
Anordnung  der  Grammatik  betrifft,  kommen  gewisse  Verän- 
derungen bezw.  Verbesserungen  in  bezug  auf  die  Folge,  in 
welcher  die  verschiedenen  Flexionsformen  aufgenommen  werden, 
vor.  Sonst  scheint  die  Behandlung  des  grammatikalischen  Stoffes 
überhaupt  in  dieser  Version  des  Buches  ruhiger  und  gleich  massiger 
zu  sein,  obgleich  der  Verf.  auch  hier  dann  und  wann  zu  rasch 
vorwärts  geht  und  der  Text  bisweilen  zu  wenig  Material  für  die 
nach  den  angegebenen    Anweisungen  einzuübende  Grammatik  bietet. 

^Vollständig  neu  ist  dagegen  die  dritte  Abteilung,  die  auch 
separat  gebunden  vorliegt  und  für  die  Oberstufe  berechnet  ist. 
Nach  modernen  Prinzipien  will  sie,  wie  ja  schon  aus  der  Überschrift 
hervorgeht,  durch  die  Lektüre  den  Schülern  auch  reale  Kenntnisse 
von  dem  deu  sehen  Lande  und  \^olke  beibringen.  Obgleich  die 
»Realien künde»  also  einen  ganz  bedeutenden  Platz  im  Buche 
einnimmt,  ist  das  ästhetische  Element  keineswegs  versäumt,  und 
eine  genügend  grosse  Menge  \on  hübschen  Gedichten  und  Erzäh- 
lungen kommen  zwischen  den  Stücken  realen  Inhalts  vor,  wodurch 
eine  wünschenswerte  Abwechslung  in  der  Lektüre  erreicht  wird. 
Übrigens  sind  diese  Stücke  aus  der  schönen  Litteratur  oft  so  gewählt, 
dass  sie  sich  in  irgend  einer  Beziehung  stofflich  an  das  eben  vorher 
behandelte  reale  Tema  anschliesseu.  Die  Wahl  der  Texte  findet 
der  Rez.  im  grossen  und  ganzen  sehr  gut  getroffen;  sie  sind 
überhaupt  instruktiv  mid  unterhaltend.  Als  besonders  verdienstvoll 
mögen  die  Schilderungen  der  Volksstämme  der  verschiedenen 
Landesteile  Deutschlands  nach  O.  Weise  hervorgehoben  werden. 
Diese  Beschreibungen  von  den  Bayern,  Alemannen,  Preussen  u.  s.  w. 
bilden  so  zu  sagen  das  Zentrale  des  Buches  und  geben  demselben 
seinen  Charakter.  Um  dieselben  gruppiren  sich  oft  dann  dem 
Inhalt  nach  andere  Stücke.  Am  zahlreichsten  sind  die  geogra- 
phischen, von  denen  einige  jedoch  ziemlich  überflüssig  wirken,  wie 
z.  B.  St.  17,  44,  46,  deren  Beschreibungen  eigentümlicher  Erschei- 
nungen in  Norddeutschland  und  der  Schweiz  teils  allzu  speziell 
erscheinen  teils  wiederholen,  was  auch  in  anderen  Stücken  zu  lesen 
steht.      Es    giebt    zuweilen    des   Guten   ein   Irischen   zu  viel.      St.    i'S 


Solmu  Nyström.   Deutsches  Lesebuch,  133 

scheint  dem  Rez.  sehr  trocken.  Unter  den  historischen  Stücken 
findet  man  drei  oder  vier  ganz  fesselnde  Kulturbilder  aus  der 
älteren  Geschichte  Deutschlands;  aus  der  neueren  deutschen  (be- 
schichte giebt  es  dagegen  sehr  wenig.  Dies  beruht  vielleicht  teilweise 
darauf,  dass  in  der  zweiten  Abteilung  des  Buches  auch  Erzählungen 
aus  derselben  vorkommen.  Von  den  St.  63 — 70,  die  den  deutschen 
Klassikern  gewidmet  sind,  gefällt  dem  Rez.  St.  67  »Eine  Aufführung 
der  'Räuber'»  weniger.  Es  würd  darin  vielmehr  von  dem  Auftreten 
der  deutschen  Studenten  als  von  der  Aufführung  des  berühmten  Dra- 
mas gesprochen,  und  das  Stück  zeigt  vielmehr  wie  der  »Landesfürst» 
als  wie  Schiller  von  den  Deutschen  verehrt  wurde.  Im  Gedichte  Ȇber 
allen  Gipfeln»  ist  ein  Druckfehler! ?)  zu  notiren:  Vög/evi  sta.n  Vögelein. 
Sonst  kommen  im  Buche,  wie  schon  hervorgehoben  wurde,  Gedichte 
und  Erzählungen  ganz  zahlreich  vor  nicht  nur  aus  der  klassischen 
sondern  auch  aus  der  neueren  Litteratur,  und  sogar  die  modernsten 
Dichter  sind  durch  Auszüge  aus  Frenssens  Jörn  Uhl  und  Otto 
Emsts  Asmus  Semper  vertreten.  —  Ohne  Zweifel  giebt  das  Lese- 
buch den  Schülern  ein  recht  anschauliches  Bild  von  Deutschland  und 
deutschen  Verhältnissen.  Doch  bleiben  darin  einige  ganz  wichtige 
Gebiete,  wie  z.  B.  Handel  und  Industrie,  das  Militärwesen,  die 
Wissenschaft,  fast  völlig  unberührt,  abgesehen  von  einigen  Worten 
hie  und  da.  Es  wäre  aber  wünschenswert  gewesen,  dass  auch 
diese  Gebiete  ihre  besonderen  Stücke  erhalten  hätten,  um  das 
Bild  von  deutschem  Leben  und  Wirken  zu  ergänzen.  Das  Buch 
brauchte  dadurch  nicht  um  allzu  viel  Seiten  grösser  zu  werden, 
da  ja  einige  von  den  jetzt  daiin  befindlichen  Stücken  statt  dessen 
mit  Vorteil  weggelassen  w- erden  könnten,  wie  z.  B.  eben  die 
vom  Rez.  oben  als  weniger  gut  bezeichneten.  Zu  diesen  gehört 
auch  St.  74,  das  dem  Rez.  ziemlich  geschmacklos  und  übertrieben 
scheint. 

Das  Buch  ist  mit  40  Illustrationen  und  einer  Landkarte  von 
Deutschland  versehen.  Für  die  erste  Abteilung  giebt  es  zum 
Schlüsse  für  jede  Lektion  ein  Wörterverzeichnis;  für  die  zwei 
letzteren  sind  alphabetische  Verzeichnisse  besonders  erschienen, 
leider  aber  nur  in  der  finnischen  Sprache.  Hoffentlich  wird  Hr. 
N.  in  der  nächsten  Zukunft,  d.  h.  vor  Beginn  des  nächsten  Herbst- 
semesters, auch  für  die  schwedischen  Schulen  solche  Verzeichnisse 
herausgeben.  Denn  das  Buch  verdient  in  unsere  Schulen  einge- 
führt zu  werden. 

M.    IVasemns. 


134  Protokolle  des  Neitpliilologischen    Vereins, 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  6.  Februar  1909,  bei  welcher  Sitzung  der 
Ehrenpräsident  Prof.  W.  Söderhjelm,  der  Vor- 
stand und    16   Mitglieder  anwesend  waren. 


§    I. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wurde  verlesen  und  ge- 
schlossen. 

§   2. 

Als  neue  Mitglieder  des  Vereins  wurden  aufgenommen :  Mag. 
phil.  Fräulein  Ireiie  Ernele'us,  Fräulein  Emma  Hirn,  Fräulein  Maria 
Lavonius  und  Student  Johannes  Aavik. 


§  3. 
Der  Bericht  der  Revisoren  für  das  Jahr  1908  wurde  verlesen: 

»Bericht  der  Revisoren 

über  die  Kassenverwaltung  des  Neuphilologischen  \^ereins  für  die 
Periode    I.  Januar   1908  —  i.  Januar   1909. 

Einnahmen: 

Abonnements  der  Neuphil.  Mitteilungen  ....  Fmk  358:  85 
Jahresabgaben    für   das  akad.  Jahr   1907 — 8  (Jan. 

1908) »  696:  — 

Jahresabgaben  für  das  akad.  Jahr   1908 — 9  (Dez. 

1908) »  711:  — 

Von  der  Universität  für  die  N.  M.  angewiesen    .  »  500:  — 

Verkaufte  Exemplare  der   »Memoires»    T.  IV  .    .  »  12:  80 

Zinsen  für   1907 »  47:  15 

Summe    Fmk  2,325:  80 
In  der  Kasse  den    i.  Januar   1908       »       1,703:94 

Summe     Fmk  4,029:  74 


Protokolle  des  AUuphilologischett    Vereins.  135 

Ausgaben: 

Druckkosten  der  Neuphil.   INIitt.  (Nr.   5  —  8    1907)  Fmk  420:  37 

»              »            »            »      (Nr.    I  —  8    1908)  »  1,200:95 

Verfasserhonorare  für  die  Neuphil.  Mitt »  280:  — 

Porto,  Stempelmarken  und   Distribution      ....  »  226:  73 

Anzeigen »  83:  50 

Bedienung »  74:  — 

Jahresfest »  50:  — 

Druckkosten  für  ein  Zirkular »  30:  — 

Verzeichnis    der    Lehrer    der   neueren    Sprachen    .  »  8:  — 

Eingekaufte    vergriffene    Hefte    der    Neuphil.   Mitt.  »  i:  50 

Summe     Fmk  2,375:  05 
In  der  Kasse  den    i.  Januar    1909       »       1,654:  69 

Summe     Fmk  4,029:  74 

Bei  der  heute  bewerkstelligten  Revision  der  Kassenverwaltung 
haben  wir  sämtliche  Posten  mit  den  uns  vorgelegten  Verifikaten 
übereinstimmend  gefunden,  und  schlagen  wir  deshalb  vor,  dem 
Kassenverwalter  Decharge  zu  erteilen. 

Helsingfors  d.  6.  Februar   1909. 

Jeimy  af  Forselies.  Maltas    Wasemus.» 

Dem  Kassenverwalter,  Dozenten  A.  Längfors,  wurde  De- 
charge erteilt. 

§  4- 

Der  Vorsitzende  teilte  mit,  der  Vorstand  habe  das  Ehren- 
mitglied des  Vereins,  Staatsrat  C.  G.  Estlander,  der  sich  in  Gar- 
done-Riviera  befand,  mit  folgendem  Telegramm  anlässlich  seines 
75.  Geburtstages  den  31.  Januar  begrüsst: 

» Felicitations  respectueuses. 

Pour  la  Socicte   Neo-philologique: 
Söderhjelm.  WallenskölJ.  Siiolahli.  Lä?igfors.y> 


§  5- 

Der  Vorsitzende  erwähnte,  Professor  A.  Jeanroy  in  Toulouse 
habe  den  Verein  wiederum  durch  Zusendung  eines  Sympatiebewei- 
ses  (des  Buches  »Les  Troubadours,  leurs  vies,  leurs  oeuvres,  leur 
influence»    Paris    1908,  von  J.   Anglade)  erfreut. 


136  Protokolle  des  Neuphilologischen    Vereins. 


l  6. 


Der  Vorsitzende  meldete,  der  Vorstand  des  Vereins  habe 
die  Einladung  angenommen,  mit  der  Direccii'm  General  de  Esta- 
distica  del  Uruguay  (Montevideo)  in  Schriftenaustausch  zu  treten. 

§   7. 

Dr  Oiva  yoh.  Tallgren  hielt  einen  Vortrag  über  dcis  Thema: 
»La  pocsie  sicilienne  au  XIILe  siccle». 


Dr   /.  Ilortling  verlas  den   Bericht  über  die   im   )aimar  abge- 
haltene Neuphilologenversammlung  ^ 


Anlässlich  des  von  der  Neuphilologenversammlung  ausgespro- 
chenen Wunsches,  dass  der  Neuphilologische  Verein  gewisse  von 
der  Neuphilologenversammlung  wegen  Mangel  an  Zeit  nicht  end- 
gültig behandelte  Fragen  zur  Diskussion  aufnehmen  sollte,  um 
dann  eventuelle  weitere  Massregeln  zu  treffen,  wurde  ein  Ko- 
mitee eingesetzt,  zu  dessen  Mitgliedern  der  Vorstand  des  Vereins 
sowie  Prof.  Söderhjelm,  Dr  E.  Hagfors  und  Dr  /.  Hortung  ge- 
wählt wurden. 

In   fidem: 
A.   Längfors. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  2"].  Februar  1909,  bei  welcher  Sitzung  der 
Ehrenpräsident  Prof.  W.  Söderhjelm,  der  erste 
Vorsitzende  Prof.  A.  Wallensköld  und  19  Mit- 
glieder anwesend  waren. 

§   I. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wurde  verlesen  und  ge- 
schlossen. 

§   2. 

Als  Mitglieder  des  Jahresfestkomitees  wurden  gewählt:  Fräu- 
lein A.  Bohnhof,  Fräulein  E.  Lindelöf,  Frau  T.  Räbergh.  die  Her- 
ren Stud.   /'    Vasenius  und   Mag.   phil.   M.    Wasenius. 


S.  Neuphil.   MiU.    1909,  S.    I  — 12. 


rrotokollc  des  Neiiphilologischen    Vereins.  137 

§  3- 

Das  im  §  9  des  Protokolls  der  vorigen  Sitzung  erwähnte 
Komitee  erstattete  Bericht  über  seine  Tätigkeit;  Prof.  Söderhjelm 
meldete,  dass  er  \erhiDdert  gewesen  sei,  an  der  Arbeit  des  Ko- 
mitees teilzunehmen.  Der  Verein  beschloss,  in  Übereinstimmung 
mit  dem  Vorschlage  des  Komitees: 

i)  in  einer  an  den  Senat  gerichteten  Einlage  zu  ersuchen, 
dass  die  drei  für  die  Lehrer  der  deutschen  und  der  französischen 
Sprache  bestimmten  Reisestipendien  auf  sechs  vermehrt  würden, 
und  dass  auch  Lehrer  der  englischen  Sprache  berechtigt  würden 
sich  um  diese  Stipendien  zu  bewerben; 

2)  in  einem  an  die  Schulbehörde  gerichteten  Schreiben  zu 
ersuchen,  dass  die  Schulbehörde  für  eine  neue  Regulierung  der  den 
Lektoren  der  deutschen  Sprache  zukommenden  Honorare  für  Heft- 
korrekturen Schritte  ergreifen  möge,  und  zwar  in  der  Richtung, 
dass  dieses  Honorar  demjenigen  gleichgesetzt  würde,  das  die  Lek- 
toren der  lateinischen  Sprache  erhielten,  und  dass  für  Klassen  mit 
mehr  als  30  Schülern  dasselbe  in  doppelter  Höhe  berechnet  würde. 


Prof.  W.  Söderhjelm  hielt  einen  Vortrag  über  die  wissen- 
schaftliche Ausbildung  der  modemsprachlichen  Lehrer,  der  in  fol- 
gende Thesen  ausmündete: 

i)  Der  akademische  Unterricht  in  den  modenien  Sprachen 
muss  einen  durchaus  wissenschaftlichen  Charakter  haben,  wenn  er 
auf  der  Höhe  des  Unterrichts  in  anderen  Fächern  stehen  will; 
dies  ist  nur  möglich,  wenn  die  historische  Sprachentwickelung  genü- 
gend ins  Auge  gefasst  wird. 

2)  Die  lebende  Sprache  soll  dabei  nie  ausser  Acht  gelassen 
werden;  es  ist  wünschenswert,  dass  auch  der  historische  Unterricht, 
mehr  als  bisher  geschehen,  von  ihr  ausgeht  und  dass  sie  auch  in 
anderen  Hinsichten  sorgfältig  beleuchtet  wird;  deswegen  soll- 
ten auch  die  wissenschaftlichen  Lehrer  fleissig  über  moderne 
Texte  lesen. 

3)  Es  wäre  zu  wünschen,  dass  die  Lektoren  besondere  Kurse 
für  angehende  Neuphilologen  veranstalteten  und  ihnen  nicht  das 
Zeugnis  gäben,  bevor  dieselben  alle  billigen  Anforderungen  erfüllen. 
Im  Examen  bei  dem  Professor  wird  auf  die  Übersetzungsprobe  ein 
besonderes  Gewicht  gelegt. 

4)  Für  das  litterarische  Examen  wird  eine  Anzahl  Texte 
vorgeschrieben. 

Die  an  diese  Thesen  sich  anknüpfende  Diskussion,  an  wel- 
cher Prof.  A.  Wallemköld,   die  Universitätslektoren  f.  Schlegel,  f.  Öh- 


138       fro/oko/k  lies  Neuphi/olo^s^ischen    l'ereins.      Emgesandte   Liiteraiur. 

qtiist  und  /.  Poirot  sowie  Oberlehrer  Dr  E.  Hagfors  teilnamen,  be- 
rührte besonders  die  Verhältnisse  zwischen  dem  Unterricht  der 
Lektoren  und  demjenigen  der  Professoren  (bezw.  Dozenten).  Der 
Erstgenannte  wollte  besonders  hervorheben,  dass  es  viel  angemes- 
sener sei,  den  sprachgeschichtlichen  Unterricht  an  einen  mittel- 
alterlichen als  an  einen  modernen  Text  anzuknüpfen. 

In  fidem: 
A.  Längfors. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  15.  März  190Q  (Jahresfest),  bei  welcher 
Sitzung  der  Ehrenpräsident,  der  erste  und  zweite 
Vorsitzende  und  30  Mitglieder  anwesend  waren. 
In  der  Abwesenheit  des  Schriftführers  wurde  das 
Protokoll    von    Mag.  phil.   M.  Wasenius    geführt. 


Professor  A.  Walle?isköld  hielt  in  schwedischer  Sprache  einen 
Vortrag  über  die   »neuprovenzalische  Nationalitätsbewegung». 

§   2. 

Es  folgte  ein  geselliges  Beisammensein,  wobei  Reden  von 
den  Professoren  Söderhjelm  und  Wallensköld  gehalten  wurden. 
Das  Programm  enthieh  Gesang  und  Musik,  eine  Festpublika- 
tion, u.  a. 

In  fidem: 

Matias    Wasem'us. 


Eingesandte  Litteratur. 

J.  Fürstenliojf,  De  l'adoption  du  francais  comme  langue 
auxiliaire  internationale.  22  p.  in-8:o.  (Extrait  de  la  Revue  des 
Ide'es,    15   oct.    1908). 

L'auteur,  professeur  de  1' Extension  universitaire 
de  Belgique,  veut  demontrer  1:0  »le  besoin  urgent 
d'une  langue  auxiliaire»,  2:0  »l'inadmissibilite  des  lan- 
gues  mortes  et  artificielles » ,  3:0  »les  raisons  philologi- 
ques,    historiques    et  politiques  qui  designent  la  langue 


Schrifteriaustausch.  1 39 

fran(;'aise    au    choix    des    peuples    pour  leurs  echanges 
internationaux».   M.  F.  parait  ctre  l'ame  directrice  d'un 
groupe    d'hommes    de    science    qui    s'est    constitur  en 
comitc  provisoire  d'une   »entente  scientifique  internatio- 
nale   pour    l'adoption    d'une    langue    auxiliaire».      Les 
personnes  qui  adherent  a  ce  programme  et  voudraient 
etre    inscrites    parmi  les  membres  du  Comite  d' Organi- 
sation d'une  Enteilte  scioitifique  internationale  pout  Vadop- 
tio7i  du  francais  covime  langtie  auxiliaite  sont  priees  de 
s'adresser    ä    M.  J.   Fürstenhoff,  33,  rue  de  Toulouse, 
ä  Bruxelles. 
/.  E.  K^rkkola,   Deutsche  Stilproben:   Lesestücke  für  die  obe- 
ren Klassen  höherer  Lehranstalten  ausgewählt  und  bearbeitet.    Hel- 
singfors,  Otava,    1909.      158  S.   8:0.     Preis  Fmk.   2:  75. 

E.  Lefevre,  Le  Cinquantenaire  de  Mireio  (1859 — 1909). 
Notes  Bibliographiques  et  Iconographiques.  21  p.  in-8:o.  (Extrait 
de  la  Revue  de  Provence  et  de  Langue  d'Oc,  Nouv.  ser.,  n:os  3  et 
4,  mars  et  avril   1909). 

Rudolf  Pestalozzi,  Syntaktische  Beiträge:  L  Systematik  der 
Syntax  seit  Ries ;  IL  Die  Casus  in  Johannes  Kesslers  Sabbata. 
Leipzig,  Ed.  Avenarius,  1909.  80  S.  8:0.  Preis  Rmk.  3.  (=  Teu- 
tonia,  Arbeiten  zur  germanischen  Philologie,  herausgegeben  von 
Dr.  phil.  Wilhelm  Uhl,  ao.  Professor  an  der  Albertus-Universität 
zu  Königsberg.      12.   Heft). 

B.  Schädel,  Manual  de  fonetica  catalana.  Cöthen,  O.  Schulze, 
1908.     Vlll-f  88  S.  8:0. 


Schriftenaustausch. 

Bibliographia  phonetica,  Jahrg.    1909,  Nr.  2. 

Bulletin  de  dialectobgie  romane,  annee  I  (1909),  no.  i 
(Janv.  — mars).  —  Contient,  entre  autres,  un  article  fort  interessant 
de  H.  Morf  intitule  Mtmdarteiiforschting  und  Geschichte  auf  roma- 
nischem   Gebiet  (17   p.). 

Maal  og  mitine,  Norske  Studier.  Utgit  av  Bymaals-Laget 
ved  Magnus  Olsen,  i.  hefte  1909.  Bymaals-lagets  forlag,  Kristia- 
nia (0vre  Slotsgade  29).  Kommissiona:r  for  utlandet:  H.  Asche- 
houg  &  C:o,  Kristiania.  — -  Dieses  erste  Heft  der  neuen  Zeitschrift, 
welche  dem  Studium  des  norwegischen  Geisteslebens  von  uralter 
Zeit  bis  zu  unseren  Tagen  gewidmet  ist,  enthält  u.  a.  wertvolle 
Aufsätze  von  Moltke  Moe  (»Det  mytiske  t^enkesaet»)  und  Magnus 
Olsen  (»Fra  gammebiorsk  myte  og  kultus»).  Preis:  3  Kronen 
jährlich  (10  Druckbogen). 


I40  Mittcihmgev. 

Modern  Languagc  Notes,  Vol.  XX r\'  (igog),  No.    ^ 

Päivü,  Jalirg.    1909,  Nr.   8  —  14. 

Revue  de  Provence  et  de  langiie  d'Oc,  annce  1009,  n:os 
3—4.  —  Contiennent,  entre  autres,  la  suite  et  la  fin  de  V Est/uisse 
d'une  Histoire  de  la  litteratiire  bearnaise,  pai-  L.  Batcave,  et  Le 
Cinquantenaire  de  Mireio,  Notes  Bibliograpliiques  et  Ironographiques 
fi8f;o — iqoq)  par  Ed.   Lefevre. 


Mitteilungen. 

Ferienkurse:  In  3^ena  vom  4.  bis  1 7.  August.  —  In 
Marburg  vom  7.  bis  28.  Juli  (erster  Kursus)  und  vom  4.  bis  25. 
August  (zweiter  Kursus).  —  In  Paris  (Alliance  fran^aise)  vom  i. 
bis  31.  Juli  (erster  Kursus)  und  vom  i.  bis  31.  August  (zweiter 
Kursus).  —  In  Versailles  vom  29.  Juli  bis  21.  August  (erster  Kur- 
sus) und  vom  23.  August  bis   14.  September  (zweiter  Kursus). 

Ausländische  Adressen:  Hamburg,  Pension  Inter- 
nationale (Fräulein  Winckel),  Holzdamm  38;  Jena,  Fräulein  Went- 
zell,  Forstweg  14,  und  Frau  Mahr,  Gartenstr.  4;  Osnabrück,  Frau 
Dr.  Toni  Denckmann,  CoUegienwali  12  C ;  Weimar,  Pension  von 
Berg,  Wörthstr.  37;  sämtlich  empfohlen  von  Fräulein  Maria  Lavo- 
nius,  Helsingfors,  Georgsg.    2. 

Der  Redaktion  sind  folgende  Schreiben  zugekommen: 

»Im  Begriff  eine  neue  Auflage  meines  deutschen  Lehrbuchs 
zu  veranstalten,  gestatte  ich  mir,  an  die  verehrten  Kollegen,  die 
dasselbe  im  Unterrichte  benutzt  haben,  die  Bitte  zu  richten,  mir 
ihre  Erfahrungen  mitzuteilen  und  mich  auf  Mängel  aufmerksam 
zu  machen.  Anregungen  zu  Änderungen  und  Verbesserungen  er- 
bitte ich  mir  unter  der  Adresse:  Wiborg,  Pellervostr.  16.  Die 
zweite  Auflage  geht  Anfang  Juni  in  die  Presse. 

Solmii  Nyström  . 

»Im  Juni  beginnt  die  Drucklegung  einer  neuen  Auflage  mei- 
nes Lesebuches  Deutsche  Prosa  und  Dichtung  .  Ich  wäre  dank- 
bar, wenn  die  Damen  und  Herren,  denen  irgend  welche  Verände- 
rungen in  Plan  und  Aufstellung  des  Buches  wünschenwert  erschei- 
nen, mir  vor  dem  i  Juni  diesbezügliche  Mitteilungen  machen 
wollten.     Helsingfors,  Michaelsstr.    i. 

Johannes  Öhquist  . 


HEUPrillOlOQISCHE 
•  •  MITTEIIJUNQEN 

Herausgegeben  vom  Neuphilologischen  Verein   in  Helsingfors. 

,     Acht  Nummern  jährlich.     Preis:   4  Fmk  direkt  bei  der  Redaktion,  1 

n«     I-      \   *'•   3°    '^"'■'^h    "^'^    P°^'  ""'^     5   Fmk  durch  die  Buchhandlungen. 

I/P.   5      j    Zahlende  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich,  jj      l^O^ 

—  Abonnementsbetrag,    Beiträge,  sowie  Bücher  zur  Besprechung 

'    bittet  man  an  die  Redaktion   lAdr.    Prof.   A.  Wallensköld,  J 

\\  Vestra  Hamngatan   5)  zu  senden.  || 


Le  Congres  International  des  Langues  Vivantes  de  Paris 

113—17   avril    1909) 

Ses  travaux,  ses  rcsultats  et  sa  signification. 

Un  congres  international,  comme  celui  qui  s'est  tenu  ä 
Paris  au  printemps  dernier,  offre  un  interet  general  ä  plus 
d'un  point  de  vue.  D'abord,  il  est  toujours  utile  d'entendre 
discuter,  par  les  hommes  les  plus  competents  de  nations  di- 
verses, les  problemes  qui  touchent  ä  l'^ducation  et  ä  l'instruc- 
tion  de  la  jeunesse;  on  aime  ä  apprendre  quelles  furent  leurs 
experiences  personnelles,  quels  sont  les  resultats  qu'ils  ont 
obtenus,  quelles  sont  leurs  esperances  et  aussi  quelles  furent 
leurs  deceptions  dans  leur  oeuvre  pedagogique  et  dans  leur 
tache  quotidienne.  II  ne  saurait  etre  indifferent  ä  un  honime 
cultive  de  connaitre  comment  les  representants  des  difierents 
pays  civilises  cherchent  ä  adopter,  en  vue  d'un  but  commun,  des 
methodes  speciales,  appropriees  aux  besoins  et  aux  habitudes 
intellectuelles  ou  sociales  de  leurs  compatriotes  et  de  leur 
generation.  Enfin,  il  est  reellement  captivant  de  voir  comment 
chaque  nation  cherche  ä  realiser  son  ideal  d'une  education 
moderne  et  quels  moyens  eile  emploie  pour  parvenir  ä  ce  but. 

Plus  un  congres  est  international,  plus  il  y  a  de  chances 
pour  que  les  membres  qui  en  fönt  partie  s'elevent  au-dessus 
des    petites    questions    de    clocher,    au-dessus    des    problemes 


142  Henri  Schoen, 

d'interet  materiel  (traitement,  nombre  d'heiires  de  Service,  droits 
professionncls,  retraite,  etc.),  qui  se  posent  diffcreniment  dans 
chaque  pays  et  qui  n'ont  d'interet  que  pour  le  corps  ensei- 
gnant;  tout  poussera  les  orateurs  et  les  rapporteurs  ä  discuter 
les  questions  plus  generales  qui  preoccupent  l'elite  de  toutes 
les  nations  europeennes. 

C'est  ce  qui  est  arrive  pour  le  congres  organise  par  la 
«Societe  des  professeurs  de  langues  Vivantes  de  l'enseignement 
public»,  sous  la  presidence  d'honneur  de  M.  le  Ministre  de 
rinstruction  publique,  de  M.  le  Ministre  du  Commerce  et  de 
rindustrie,  et  de  M.  le  Ministre  des  Afifaires  etrangeres.  Si 
l'assemblee  internationale  n'a  pas  trouve  la  Solution  definitive 
de  tous  les  problemes  poses  —  et  quel  est  le  congres  qui  a 
resolu  toutes  les  difficultes?  —  du  moins  n'a-t-elle  aborde  que  des 
questions  d'un  interet  general,  auxquelles  sont  egalement  inte- 
ressees  toutes  les  nations  qui  s'occupent  de  langues  Vivantes. 

De  lä  son  importance  et  son  interet. 

Ce  caractere  international  apparait  d'une  fagon  tres  nette 
dans  le  vaste  programme  des  travaux  du  Congres. 

Vu  le  nombre  et  la  variete  des  questions  ä  traiter,  le 
comite  avait  decide,  dans  ses  reunions  preliminaires,  de  diviser 
les  travaux  en  trois  grandes  sections. 

La  Premiere  de  ces  seciions  fut  consacree  ä  la  discussion 
de  toutes  les  questions  se  rapportant  ä  la  preparation  des 
futurs  professeurs  de  langues  Vivantes  en  France  et  dans  les 
autres  pays.  Le  Congres  a  etudie  comment  il  convient  de  donner 
aux  etudiants  une  solide  preparation  generale,  aussi  bien  litte- 
raire  que  philosophique ;  car  il  est  aujourd'hui  admis,  non  seu- 
lement  en  France,  mais  dans  tous  les  pays  oü  l'on  enseigne  les 
langues  Vivantes,  que  les  professeurs  de  cette  branche  doivent 
avoir    une    culture    generale    egale  ä  celle  de  leurs  collegues. 

Puis  l'assemblee  a  examine  comment  on  peut  faciliter 
aux  etudiants  l'acquisition  parfaite,  la  connaissance  pratigne 
de  la  langue  etrangere  qu'ils  seront  charges  d'enseigner  ^    Si 


'   Rapport    de   M.  PICQUET,   professeur  de   litterature  etrangere  ä  l'Uni 
versite  de  Lille. 


Le   Congrh  International  des  Langues    Vivantes  de  PaHs.  143 

les  delegues  de  toutes  les  nations  civilisees  ont  reconnu  que 
le  terme  necessaire  des  etudes  philologiques  doit  etre  un  sejour 
aussi  prolongc  que  possible  [au  moins  douze  a  quinze  niois)  en 
pays  etranger,  ils  ont  ete  non  moins  unanimes  ä  proclamer  que 
des  efforts  energiques  doivent  etre  faits  pour  developper  les 
connaissances  pratiques  et  perfectionner  la  prononciation  des 
jeunes  philologues. 

Les  recentes  decouvertes  de  la  phonetique  viennent 
apporter  aux  professeurs  de  faculte  un  secours  inespere.  Dans 
un  rapport  remarquable,  un  ancien  attache  au  laboratoire  de 
phonetique  experimentale  du  College  de  France,  M.  ZÜND- 
BURGUET,  a  montre  comment  la  methode  imitative  doit  etre 
completee  par  des  procedes  relevant  directement  de  la  con- 
naissance  des  organes  de  la  parole,  autrement  dit  de  la  phy- 
siologie  vocale  ou  phonetique.  II  existe  aujourd'hui  tout  un 
ensemble  de  moyens  pratiques  et  d'appareils  simples  et  peu 
coüteux,  qui  permettent  d'ameliorer,  de  redresser  et  de  corriger 
la  prononciation  des  eleves,  meme  les  moins  bien  doues.  Les 
resultats  sont,  parait-il,  tres  satisfaisants,  et  l'experience  des 
congressistes  allemands  est  venue  confirmer  les  affirmations 
du  savant  frangais. 

De  plus,  on  devrait  donner  aux  futurs  professeurs  des 
connaissances  plus  etendues  sur  les  moeurs  et  sur  l'histoire  de  la 
langue  et  de  la  grammaire  d'un  peuple  ^.  Le  jour  oü  l'on  fera 
comprendre  aux  etudiants  le  poi4rquoi  des  faits  linguistiques 
qu'ils  ont  pu  constater,  ils  retiendront  beaucoup  mieux  ce 
qu'on  leur  a  montre;  lorsqu'ils  connaitront  les  moeurs,  l'esprit, 
les  sentiments,  les  habitudes  d'un  peuple,  ils  en  apprendront  le 
langage  avec  plus  de  plaisir.  Et  quant  ä  l'histoire  de  la  langue, 
comment  pourrait-on  la  separer  de  celle  de  la  litterature?  La 
connaissance  de  l'ancienne  langue  et  de  son  evolution  seculaire 
n'est-elle  pas  necessaire  pour  comprendre  les  formes  actueües 
d'une  langue  europeenne  quelconque  ?  Les  conclusions  de  M. 
Thomas,  professeur  ä  l'Universite  de  Lyon,  prenant  l'anglais 
pour    exemple,    ont    ete    decisives    ä    ce    point  de  vue.      «La 

'  Discours  et  rapport  de  M.  KAKL  P.REUL,  professeur  ä  l'Universite  de 
Cambridge. 


144  Henri  Schoen, 

connaissance  du  vieil  anglais  ^,  dit-il,  est  indispensable  ä  qui 
veut  bien  comprendre  la  morphologie,  la  syntaxe  et  le  voca- 
bulaire  de  l'anglais  moderne.  Elle  permet  au  philologue  d'en 
suivre  les  transformations  historiques,  d'en  marquer  les  tendances 
et  d'en  saisir  Tesprit.  Elle  explique,  ä  certains  egards,  le 
developpenient  de  la  litterature  et  la  marche  de  la  civilisation 
dans  les  pays  anglosaxons.  Cette  etude  presente  un  exemple 
unique  de  l'evolution  d'un  menie  idiome  germanicjue  pendant 
1300  ans.» 

*  .1: 

La  seconde  section  etudia  les  questions  se  rapportant  aux 
progranimes  des  ecoles  secondaires  (lycees,  Colleges,  gymnases, 
ecoles  reales,  etc.)  et  aux  methodes  de  l'enseignement  des  lan- 
gues  Vivantes  en  France  et  dans  les  autres  pays.  Les  impor- 
tantes  questions  de  granimaire  surtout  furent  l'objet  de  dis- 
cussions  nombreuses  et  parfois  assez  vives.  La  grammaire 
doit  avoir  une  place  importante,  meme  dans  l'enseignement  des 
professeurs  qui  sont  les  plus  ardents  partisans  de  la  methode 
directe.  Toutes  les  tentatives  pour  se  passer  d'elle  ou  pour  la 
reduire  ä  la  portion  congrue  ont  piteusement  echoue,  du  moins 
dans  l'enseignement  public,  oü  les  classes  de  langues  Vivantes 
sont  nombreuses  Sur  ce  point,  tous  les  membres  du  Congres 
ont  ete  d'accord. 

Mass  la  difficulte  commence  des  qu'on  essaie  de  deter- 
miner  comment  cet  enseignement  doit  etre  donne.  La  grammaire 
doit-elle  s'enseigner  dans  des  legons  speciales,  independamment 
du  vocabulaire  et  des  lectures,  soit  pour  toutes  les  periodes  des 
etudes,  soit  pour  certaines  d'entre  elles.?  Faut-i!  subordonner  un 
enseignement  a  l'autre.^  Teiles  sont  les  premieres  questions 
qui  se  posaient. 

En  general,  l'opinion  qui  semble  avoir  prevalu  est  qu'il 
faut  combiner  l'enseignement  de  la  grammaire  avec  les  autres 
exercices  -. 


'  Par  vieil  artglais,  M.  Thomas  enlend  «la  langue  ai  terieure  ä  l'epoque 
d'Elisabeth  et  remontant  jusqu'au  septieme  siecle   de   notre   ere>. 

*  Conclusions  du  rapporteur,  Madame  E.  KAHN,  professeur  au  lycee 
de  jeunes  filles  de    Versailles. 


Le   Congres  International  (üs  I.angues    Vivantes  de  Paris.  145 

Les  professeurs  frangais  surtout  paraissent  trcs  preoccupes 
de  la  necessite  d'eviter  ä  leurs  eleves  l'ennui  d'une  heute  entiere 
consacree  ä  l'etude  de  regles  grammaticales.  Beaucoup  d'en- 
tre  eux  manifestent  une  veritable  aversion  pour  les  «paradigmes» 
et  les  tableaux  schematiques,  qui  leur  rappellent  les  methodes 
arides  d'autrefois  ^.  Ils  voudraient  rendre  toutes  leurs  legons 
«attrayantes»,  et  beaucoup  de  professeurs  allemands  et  anglais, 
surtout  parmi  les  jeunes,  cherchent  ä  les  suivre  dans  cette  voie. 

Ce  qui  frappe  le  plus  dans  les  rapports  presentes  au 
Congres  par  MM.  HAMMER,  de  Vienne,  SCHARFF,  de  l'Athenee 
royal  de  Liege,  KIRKMAN,  delegue  du  «Joint  Committee  on 
Grammatical  Terminology»,  et  par  les  nombreux  representants 
de  l'Allemagne  qui  ont  pris  part  aux  discussions,  c'est  que  chaque 
peuple  congoit  Tenseignement  grammatical  selon  les  tendances 
particulieres  de  son  esprit  propre,  selon  les  habitudes  generales 
qu'il  a  acquises  peu  ä  peu   dans  l'etude  d'autres  branches. 

Tandis  que  les  Frangais  veulent  avant  tout  «alleger» 
leur  enseignement  et  le  rendre  aussi  agreable  que  possible, 
Autrichiens  et  Allemands  cherchent  ä  «systematiser»,  ä  «enre- 
gimenter»  en  quelque  sorte  les  regles  de  grammaire,  pour  en 
faire  un  ensemble  imposant  et  solide,  qu'ils  voudraient  intro- 
duire  dans  totis  les  etablissements  d'enseignement  secondaire 
de  leurs  pays.  M.  HAMMER,  de  Vienne,  voudrait  meme  que 
cette  uniformite  devint  internationale.  II  emet  le  voeu  qu'une 
commission  internationale  de  professeurs  elabore,  le  plus  tot 
possible,  ce  qu'il  appelle  une  terniinologie  granmiaticale  inter- 
nationale unifiee,  et  la  grande  majorite  des  congressistes  ne 
lui  a  pas  ete  hostile. 

Les  Anglais,  toujours  pratiques,  sont,  avec  raison,  par- 
tisans  de  la  theorie  du  moindre  efifort.  Et  M.  KIRKMAN,  au 
nom  de  son  comite,  demande  instamment  que  tous  les  pro- 
fesseurs de  la  meme  brauche,  ainsi  que  tous  les  maitres  qui 
fönt  des  cours  aux  mcmes  eleves,  quelle  que  soit  la  langue 
qu'ils    enseignent,    maternelle,  anciennc  ou  moderne,  adoptent 


Condorcet. 


Rapport    de   M.   BOURGOGNE,   professeur  de   langue  anglaise  au  lycee 


146  FTem-i  Schoen, 

enfin  u^te  terminologie  identiqne:  ce  sera,  dit-il,  autant  de  temps 
de  gagne  pour  les  eleves,  qui  pourront  alors  porter  leurs  efTorts 
sur  des  matieres  plus  utiles. 

Les  nombreux  professeurs  de  lycees  frangais  qui  ont 
fait  des  Communications  au  Congres  —  il  y  a  eu  yne  trentaine  de 
rapports  sur  les  questions  de  grammaire  —  paraissent  avoir 
trouve  le  juste  milieu  entre  un  enseignement  grammatical  trop 
systematique,  et  par  cela  meme  un  peu  aride,  et  la  methode 
du  «petit  bonheur»,  subordonnant  l'enseignement  au  Hasard 
des  lectures  ou  de  la  conversation. 

Ils  poserent,  presque  tous,  en  principe,  que  l'enseignement 
grammatical  doit  toiijours  etre  appuye  par  des  exemples  et 
proceder  de  ces  exemples,  que  par  consequent  ceux-ci  doivent 
preceder  plutot  que  suivre  la  regle,  qu'il  faut  reduire  les  regles 
et  les  series  d'exceptions  au  strict  necessaire,  que  les  connais- 
sances  grammaticales  doivent  etre  entretenues  par  la  lecture, 
par  l'analyse  logique  des  textes,  par  de  nombreux  exercices 
oraux  et  ecrits,  et  enfin  par  l'usage  methodique  d'un  cahier 
special  de  grammaire,  oü  les  eleves  consigneront  eux-memes 
leurs  observations.  ^) 

Enfin,  chose  que  certains  partisans  de  la  methode  directe 
voulaient  interdire,  la  grande  majorite  des  congressistes  a 
reconnu  que  la  langue  materielle  pourra  et  devra  intervenir, 
des  que  l'emploi  exclusif  de  la  langue  etrangere  creerait  aux 
eleves    des   difficultes  inutiles. 

II  y  a  lä  un  efibrt  interessant  et  caracteristique  pour 
eviter  les  inconvenients  de  la  methode  nouvelle. 

La  troisihne  scction  s'occupa  de  toutes  les  questions  se 
rapportant  ä  l'enseignement  extrascolaire  et  postscolaire  des 
langues  Vivantes  en  France  et  dans  les  autres  pays.  Ce  Tut 
eile  qui  eut  ä  traiter  les  problemes  les  plus  nouveaux  et  les 
plus  actuels. 

Les  lansfues  Vivantes  ont  ete  Tun  des  nombreux  vehicules 


^   Le   rapport  de   Miss   C.  F.  SHEARSON  de  Londres  a  abouti  aux  memes 
conclusions. 


Le   Congres  International  des  Lcngues    Vivantes  de  Paris.  147 

dont  les  sports  se  sont  servis  pour  penetrer  peu  ä  peu  en  France, 
oü  la  jeunesse,  absorbee  par  les  etudes  greco-latines,  les 
ignorait  ou  les  dedaignait.  Maintenant,  ce  sont  elles  qui  servent 
de  raison  ou  pretexte  ä  des  distractions  utiles  et  ä  des  plaisirs 
nouveaux. 

II  y  a  trente  ou  quarante  ans,  les  parents  frangais  auraient 
souri,  si  on  leur  avait  dit  que  le  temps  viendrait  oü  ils  enver- 
raient  leurs  enfants  seuls  ä  l'etranger,  et  oü  ils  echangeraient, 
pour  un  temps  donne,  leur  fils  ou  leur  fille  contre  le  fils  ou 
la  fille  d'une  famille  allemande  ou  anglaise,  espagnole,  ita- 
lienne  ou  russe. 

Et  pourtant,  tout  cela  est  devenu  une  realite,  et  une  realite 
si  vivante  et  si  prospere  qu'un  grand  Congres  international  a 
consacre  a  ces  innovations  une  seance  presque  entiere,  une 
Serie  de  rapports  remarquables  et  plusieurs  heures  de  discus- 
sion  animee. 

L'utilite,  pour  toiis  les  eleves,  d'un  voyage  au  pays  dont 
on  veut  posseder  la  langue,  n'est  plus  contestee  par  personne. 
Mais,  ce  qui  est  interessant,  c'est  de  voir  qu'on  voudrait  faire 
rentrer  un  tel  voyage  dans  le  cycle  des  etudes  secondaires. 
Le  but  que  s'est  propose  le  Congres,  en  recommandant  de 
multiplier  les  bourses  de  voyage,  est  tres  caracteristique  ä  ce 
point  de  vue. 

«Considerant,  dit  un  voeu  vote  ä  l'unanimite,  que  les 
bourses  de  voyage  ont  un  but  doublement  utile,  celui  de  rendre 
Service  au  titulaire  de  la  bourse,  et  celui,  non  moins  important, 
de  domier  aux  familles  un  bon  exemple,  et  de  creer  un  courant 
important  d'idees  vers  Icducation  nouvellc,  le  Congres  de  1909 
emet  le  voeu  que  ces  bourses  se  multiplient  le  plus  possible 
et  que  les  pouvoirs  publics,  comme  aussi  l'initiative  privee, 
pretent  ä  cette  oeuvre  eminemment  utile  le  concours  le  plus 
devoue  et  le  plus   actif.» 

Le  travail  le  plus  important  de  cette  section  Tut  un 
rapport  de  M.  GERARD  sur  les  bourses  de  voyage.  Rien  n'est 
plus  interessant  que  les  impressions  des  jeunes  titulaires  de 
ces  bourses.  On  sent  que  de  tels  voyages  ä  l'etranger  elar- 
gissent  l'esprit,    fouettent   les  energies,  et  aussi,  selon  un  mot 


148  Henri  Schoen, 

de    M.    Pierre    Baudin,    fortifient  le  patriotisme  par  la  conipa- 
raison  avec  les  autres  pays. 

Ces  voyages  sont  prepares  par  la  Correspondance  scolaire 
internationale^  dont  Tun  des  fondateurs  les  plus  devoues,  M. 
Mielle,  a  entretenu  rassemblee  avec  toute  la  chaleur  de  la 
conviction  et  de  renthousiasme. 

v-Nos  lettres  deviennent  de  veriiables  epanckementsy>, 
ecrivait  au  rapporteur,  dans  une  lettre  charmante,  une  gracieuse 
fillette  du  Midi;  et  ces  echanges  d'opinions  et  de  sentiments 
afifectueux  sont  souvent  l'origine  de  liens  durables.  Ces  faits, 
si  minimes  qu'ils  soient,  ont,  eux  aussi,  leur  importance  inter- 
nationale et  economique,  car  ils  contribuent  au  rapprochement 
des  peuples  civilises.  De  tout  petits  faits,  peuvent  naitre  de 
tres  grands  effets. 

II  en  est  de  meme  des  echanges  d'enfants  que  plusieurs 
congressistes  ont  etudies  et  vivement  recommandes  ^.  Sur  100 
echanges,  il  n'y  a  pas,  en  moyenne,  deux  reclamations  de 
parents  mecontents,  et  c'est  ä  peine  si  trois  ou  quatre  noms, 
sur  plusieurs  centaines  de  familles,  ont  dij  etre  rayes  de  la 
liste  par  le  comite,  pour  des  faits  d'ailleurs  sans  gravite,  tels 
que  manque  de  confort  ou  de  tact.  Les  resultats  peuvent 
donc  etre  consideres  comme  tres  satisfaisants  au  point  de  vue 
international  '^. 


Enfin,  ä  la  fin  de  ses  travaux,  le  Congres  a  passe  du 
domaine  professionnel  et  technique  dans  celui  de  la  vie  eco- 
nomique et  sociale  des  nations  modernes. 

De  nos  jours,  les  langues  Vivantes  sont  devenues  Tun 
des  principaux  facteurs  du  developpement  economique  et  com- 
mercial  d'un  peuple.    Elles  penetrent  beaucoup  plus  profonde- 


'  Pour  la  France,  le  Directeur  de  la  Socicti  d'echa>ige  international 
est    M.     TONI-MATHIEU. 

^  La  Societe  d'echange  international  des  enfants  et  des  jeunes  gens  pour 
l'etude  des  langues  etrangeres  a  son  bureau  frangais  ä  Paris,  36,  boulevard  de 
Magenta.  Elle  envoie  gratoitement  les  formules  de  questionnaires  et  les  notices 
indiquant  les  conditions  de  ces  echanges,  qui  ne  coütent  aux  familles  que  les 
frais  du  voyage. 


Le   Congres  Intcruatiofial  des   Lang  lies    Vivantes  de  Paris.  149 

ment  dans  la  vie  populaire  que  les  langues  mortes.  Celles-ci 
sont  et  ont  toujours  ete  reservees  ä  une  elite,  peu  nombreuse 
par  rapport  a  l'ensenible  de  la  population.  Elles  n'ont  jamais 
penetre  dans  les  classes  populaires.  Les  langues  modernes, 
au  contraire,  ont  une  tendance  toujours  plus  marquee  ä  debor- 
der  par-dessus  les  limites  de  l'enseignement  superieur  et 
secondaire,  pour  penetrer  de  plus  en  plus  dans  Venseignement 
primaire  et  arriver  ainsi  jusqu'aux  couches  vraiment  populaires 
de  la  nation. 

En  effet,  si  reellement  les  langues  Vivantes  sont  les 
meilleures  auxiliaires  du  commerce  en  general  et  particulierement 
de  tous  les  echanges  internationaux,  pourquoi  ne  pas  les  mettre 
a  la  portee  des  milliers  de  travailleurs,  de  commergants  et  de 
representants,  auxquels  elles  pourraient  apporter  un  peu  plus 
de  bienetre,  un  peu  de  richesse  peut-etre?  N'a-t  on  pas  dit, 
non  sans  apparence  de  raison,  que  les  langues  Vivantes  ont 
ete  Tun  des  principaux  facteurs  du  developpement  industriel 
et  commercial  reellement  prodigieux  de  l'Allemagne  contem- 
poraine  ? 

Apres  avoir  etudie  les  questions  relatives  ä  la  «formation 
professionnelle»  des  professeurs  de  langues  modernes  et  les 
delicats  problemes  de  mcthode,  le  Congres  ne  pouvait  donc 
rester  indifferent  a  tout  ce  qui  touche  au  role  social  et  econo- 
mique  des  langues  Vivantes. 

Voilä  pour  quelle  raison  M.  MADY,  professeur  au  lycee 
Janson  de-Sailly,  est  venu  proposer  ä  l'assemblee  de  demander 
la  creation  de  nombreux  cours  d'adultes  et  la  reorganisation 
de  ceux  qui  existent  dejä  pour  les  langues  modernes.  Apres 
avoir  fait  une  etude  approfondie  de  leur  Organisation,  de  leur 
but  et  de  leur  fonctionnement,  il  reclame,  pour  leurs  maitres 
et  pour  leurs  eleves,  des  encouragements  serieux,  moraux  et 
aussi  materiels. 

Voilä  pourquoi  M.  PINLOCHE,  du  lycee  Michelet  et  de 
l'Ecole  polytechnique,  propose  energiquement  la  creation 
d'mstiiuts  speciaux  des  Imigucs  Vivantes,  sortes  de  laboratoires 
scientifiques  et  pratiques,  destines  ä  l'etude  de  la  pensee  et 
de  la  culture  des  peuples  etrangers. 


150  Henri  Schoen, 

Ces  nouveaux  Instituts  seraient  ouverts  ä  toutes  les  catc- 
gories  de  travailleurs,  commergants,  industriels,  representants, 
qui,  Sans  rechercher  aucun  grade  acadcmique  ou  aucun  diplome 
universitaire,  auraient  interet  ä  entretenir  ou  ä  completer  les 
notions  acquises;  ils  mettraient  a  la  disposition  du  public  non 
seulement  des  cours  sur  les  moeurs,  la  litterature,  le  commerce 
et  l'industrie  des  pays  etrangers,  mais  encore  un  bureau  de 
renseignenients  sur  tout  ce  qui  touche  ä  leur  evolution  ccono- 
mique,  et  une  sorte  de  musee  special,  analogue  aux  celebres 
musees  commerciaux  de  l'Allemagne.  Ce  seraient  des  centres 
de  recherches  et  d'etudes  relatives  aux  langues  Vivantes,  ouverts 
au  public  comme  certains  instituts  de  physique,  de  chimie  ou 
d'histoire  naturelle. 

C'est  encore  pour  la  mcnic  raison  que  M.  GLAUSER,  dans 
un  remarquable  memoire  depose  sur  le  bureau  du  Congres  et 
dont  les  conclusions  ont  ete  distribuees  ä  l'assemblee,  recom- 
manda  de  creer  des  cours  populaires  d'expansion  commerciale, 
analogues  ä  ceux  qui  existent  dejä  en  Sucde,  et  que  d'autres 
rapporteurs  reclamerent  la  creation,  ä  Paris,  d'un  bureau  central, 
destine  ä  recueillir  les  demandes  de  professeurs  de  frangais 
ä  l'etranger. 


A  cet  interet  social,  economique  et  national  des  questions 
traitees  ä  la  fin  du  Congres,  est  venu  s'ajouter  un  interet  inter- 
national de  premier  ordre. 

Le  venerable  professeur  MERIMEE,  de  Toulouse,  exposa 
ä  l'assemblee,  avec  la  verve  du  Midi,  comment  son  Universite  a 
compris  l'expansion  universitaire  et  comment  eile  a  cree,  en 
pleine  Espagne,  un  institut  frangais  prospere,  dont  les  cours 
speciaux  fönt  penetrer  dans  ce  pays  la  connaissance  et  le 
respect  de  nos  institutions,  de  nos  mceurs,  de  nos  lettres  et 
de  nos  arts,  et  etablissent,  entre  les  deux  pays,  des  liens 
toujours  plus  etroits,  dont  sortira  une  entente  de  plus  en  plus 
cordiale,  une  alliance  peut-etre. 

Enfin,  le  distingue  directeur  de  la  Revue  de  Belgique, 
M.    le    professeur    MAURICE  WILMOTTE,  a  montre  Ja  necessite 


Le   Conp-es  Ivternational  des  Langues    Vh'ontes  de   Paris.  1 5 1 

urgente  de  fonder,  ä  Paris,  un  bureau  central,  destinc  a  donner 
de  l'unite  a  tous  les  efforts  isoles  tentes  en  Orient  par  des 
commergants  de  langue  frangaise;  il  y  a  encore  beaucoup  a 
faire  en  Turquie  et  dans  tout  l'Orient,  et  les  nations  occiden- 
tales  sont  loin  d'avoir  tire  de  la  Situation  actuelle  tout  le 
parti  possible. 

Les  assistants  etrarigers  ^.  dont  M.  MOLITOR  a  longuement 
entretenu  l'assemblee,  les  lecteurs  ctrangers  dans  ies  Universites, 
qui  ont  fait  le  sujet  de  discussions  interessantes,  contribuent 
pour  leur  part  aux  progres  de  cette  penetration  reciproque  de 
l'esprit  des  nations  modernes  que  le  Congres  a  appelee  de 
tous  ses  voeux.  Chaque  assistant  etranger,  chaque  lecteur 
d'Universite  doit  frayer  la  voie  ä  l'influence  morale  et  ä 
l'expansion  economique  du  pays  quil  represente.  En  faisant 
mieux  connaitre  sa  patrie,  il  preparera  les  esprits  a  l'apprecier 
et  ä  l'aimer. 

Ainsi,  depuis  les  petites  lettres  des  enfants  des  ecoles 
jusqu'aux  grands  bureaux  internationaux  et  aux  futurs  instituts 
de  langues  Vivantes,  toutes  les  forces  vives  dune  nation  mo- 
derne devront  concourir  au  developpement  de  son  rayonnement 
moral,  de  son  expansion  industrielle  et  commerciale  en  Europe 
et  dans  le  reste  du  monde. 


II  ne  peut  rentrer  dans  le  cadre  limite  d'une  etude  aussi 
restreinte  que  celle-ci,  d'analyser  tous  les  vreux  emis  et  votes 
par  l'assemblee,  apres  des  etudes  consciencieuses  et  des  dis- 
cussions fort  animees.  Du  moins  voudrions-nous  esquisser,  en 
terminant,  quels  furent  les  resultats  generaux,  quelle  est  la 
signification  internationale  et,  en  quelque  sorte,  la  philosophie 
du   Congres. 

'  La  question  de  la  Situation  materielle  des  assistants  a  ete  confiee  ä 
une  commission  internationale  et  sera  portee  ä  l'ordre  du  jour  du  prochain 
congres.  D'apres  les  renseigneinents  qui  nous  sont  parvenus,  il  parait  que 
les  assistants  allemands  goiiteraient  fort  peu  le  regime  des  lycees  frangais  et 
voudraient  etre  loges  et  nourris  en  debors  de  l'elablissement,  dans  une  famille 
de  leur  choix,  comme  les  assistants  elrangers  en  Allemagne.  Ce  voeu  parait, 
du  reste,  fort  legitime. 


152  Henri  Schoen^ 

Ce  qui  frappe  tout  d'abord  l'observateiir  impartial  et 
averti,  c'est  qu'im  grand  congres  des  langues  Vivantes  ait  eu 
autant  de  succes  dans  un  pays  qui,  pendant  longtemps,  a  fait 
peu  de  cas  des  langues  etrangeres  Vivantes.  II  y  a  vingt  ans, 
les  organisateurs  n'auraient  pas  reuni  quatre-vingfs  delegues. 
Aujourd'hui,  ils  ont  vu  pres  de  six  cents  congressistes  repondre 
ä  leur  invitation.  Pres  d'un  tiers  etaient  des  etrangers,  venus 
de  Hollande,  de  Belgique,  d'Italie,  d'Espagne,  de  Suisse,  de 
Russie,  d'Autriche,  de  Bulgarie,  des  EtatsUnis  et  surtout 
d'Allemagne  et  d'Angleterre.  C'est  bien  lä  une  nouvelle  preuve 
de  l'interet  general  que  soulevent  actuellement  les  langues 
Vivantes  dans  tous  les  pays  civilises,  et  surtout  dans  les  pays 
colonisateurs  et  qui  se  considerent  coinme  charges  d'une  mis- 
sion  civilisatrice. 

La  seconde  remarque  qui  s'impose  est  le  fait  que  le 
Congres  a  ete  preside  par  Tun  des  professeurs  de  frangais  les 
plus  distingues  de  la  Sorbonne,  M.  BRUNOT.  Faut-il  ne  voir 
dans  cette  circonstance  qu'une  simple  Ironie  du  hasard?  Non 
certes!  Comme  l'indiquait  spirituellement  le  president  lui-meme, 
dans  son  magistral  discours  d'ouverturc,  c'est  lä  un  signe  des 
temps  nouveaux.  Longtemps  la  langue  frangalse  s'etait  tenue 
ä  l'ecart  des  autres  langues  rrodernes.  Arrivee  ä  un  haut 
degre  de  maturite  bien  avant  les  langues  germaniques  et 
anglo-saxonnes,  consideree  presque  partout  comme  l'heritiere 
legitime  des  langues  grecque  et  romaine,  eile  avait  ete  placee 
—  faut-il  dire  elevee?  —  sur  le  meme  rang  que  les  langues 
mortes. 

Cette  solidarite  avec  les  langues  anciennes  menagait  de 
l'arreter  dans  son  evolution  necessaire  et  l'empechait  de  rester 
en  communication  continuelle  avec  toutes  les  manifestations  de 
la  vie  mod'erne.  Retenue  par  des  traditions  trop  rigides,  eile 
etait  obligee  de  laisser  penetrer  dans  son  sein  une  foule  d'ex- 
pressions  anglaises  ou  germaniques  pour  designer  les  plaisirs 
de  la  vie  moderne  ou  les  decouvertes  nouvelles  de  la  science 
et  de  l'industrie. 

Or,  cette  langue  si  fiere  parait  sentir  aujourd'hui  que 
le    moment    est    venu    de   sortir  de  son  isolement,  de  quitter 


Le   Congres  Ivternational  des  Lafigues    Vivantes  de  Paris.  153 

les  hauts  sommets  oü  regnent  —  toujours  plus  c-loignces  de 
nous  —  les  langues  mortes  dans  leur  majestueuse  splendeur, 
pour  se  rapprocher  des  autres  langues  modernes,  (ju'elle  a 
enfin  cesse  de  dedaigner. 

Voila  le  sens  symbolique  de  la  nomination  d'un  professeur 
de  frangais  comme  president  d'une  assemblee  de  professeurs 
d'allemand,  d'anglais,  d'italien,  d'espagnol  ou  de  russe.  Ce 
choix  signifie  que  la  langue  frangaise  veut  desormais  entrer 
dans  la  lice,  rester  en  communication  constante  avec  tous  les 
besoins  et  toutes  les  manifestations  de  la  vie  moderne  et,  tout 
en  gardant  quelques-unes  des  qualites  qui  en  fönt  une  langue 
classique,  apprendre  de  ses  soeurs  plus  jeunes  et  plus  souples 
ä  se  plier  aux  exigences  de  la  vie  moderne  et  ä  s'adapter 
de  mieux  en  mieux  aux  nuances  toujours  plus  delicates  de  la 
pensee  contemporaine. 

Interet  croissant  pour  l'etude  des  langues  Vivantes,  rap- 
prochement  du  frangais  et  des  autres  langues  modernes,  telles 
sont  donc  les  premieres  indications  que  nous  donne  le  Congres 
de  Paris. 


Les  resultats  des  deliberations  sont-ils  aussi  heureux  au 
point  de  vue  special  de  l'en^eignement  des  langues  Vivantes 
proprement  dit? 

Ici  encore,  le  programme  lui-meme,  tel  qu'il  a  ete  etabli 
par  le  comite  avant  l'ouverture  du  Congres,  mais  apres  müre 
reflexion  et  apres  de  longues  discussions,  est  extremement 
significatif. 

En  efifet,  il  y  a  seulement  sept  ou  huit  ans,  il  eüt  ete  etabli 
tout  autrement. 

Alors  on  se  demandait  encore,  du  moins  en  France,  quel 
doit  etre  le  but  de  l'enseignement  des  langues  Vivantes. 
Faut-il  les  apprendre  pour  pouvoir  lire  ou  consulter  un  auteur, 
pour  savoir  ecrire  une  lettre  ou  une  note,  ou  pour  arriver  ä 
s'exprimer  dans  une  langue  etrangere?  Lire,  ecrire  ou  parier, 
teile  etait  la  question  qui  se  posait  en  France  ä  tous  les  pro- 
fesseurs de  langues  modernes. 


154  Hem-i  Schoen, 

Aujourd'hui,  le  problenie  est  tranche.  II  est  universelle- 
ment  reconnu  qu'il  faut,  autant  que  possible,  faire  marcher  de 
front  la  conversation,  la  lecture  et  l'ccriture.  II  faut  faire 
appel  a  toutes  les  facultes  et  a  toiis  les  organes  de  l'cnfant, 
aux  oreilles,  aux  yeux,  ä  la  main  elle-meme.  Sur  sc  point, 
tous  les  congressistes  ont  ete  unanimes,  ä  quelque  nation  qu'ils 
appartinssent. 

De  l'accord  sur  le  but  ä  atteindre  devait  proceder  lo- 
giquement  et  naturellement  l'entente  sur  la  methode  ä  suivre. 
En  eftet,  tant  qu'on  voulait  se  contenter  de  lire  et  d'ecrire, 
la  methode  ancienne,  appliquee  depuis  des  siecles  ä  l'etude 
des  langues  mortes,  pouvait  suffire,  ä  la  rigueur,  pour  arriver 
au   resultat  desire. 

Mais,  des  qu'on  eut  compris  la  necessite  de  la  conver- 
sation, une  methode  nouvelle  s'imposait.  II  ne  s'agissait  plus 
de  traduire  perpetuellement,  de  passer  son  temps  ä  faire  des 
themes  et  des  versions,  car  le  «fort  en  theme»  pouvait  etre 
absolument  incapable  de  demander  son  chemin  ou  de  Comman- 
der un  repas  en  pays  etranger. 

Alors,  vers  1904  et  1905,  beaucoup  de  professeurs  frangais 
passerent  d'un  extreme  ä  l'autre.  La  conversation  remplaga  le 
theme;  la  lecture  rapide  bannit  la  version;  les  tableaux  muraux 
et  les  Images  firent  releguer  la^grammaire  sur  les  rayons  les 
plus  eleves  des  bibliotheques;  l'ancien  dictionnaire  dut  ceder 
la  place  ä  d'elegants  lexiques,  ornes  de  nombreuses  vignettes, 
mais  Sans  un  mot  de  frangais;  et  les  partisans  enthousiastes 
de  la  methode  nouvelle  ecrivirent  en  langue  etrangere  ä 
l'endroit  le  plus  apparent  de  leur  classe  transformee,  selon  les 
prescriptions  ministerielles,  en  <petitc  AUemagne»,  en  «petite 
Angleterre» : 

ICI 
DEFENSE  EST  FAITE  DE   PARLER  FRANgAIS 
Amende 
{variable  selon  les  ctablissements). 

On  esperait  que  l'enfant,  n'entendant  plus  un  mot  de  frangais 
dans  la  classe  de  langues  Vivantes,  allait  s'habituer  ä  penser 
dans  la  langue   etrangere  par  une  sorte  (fi?ttuition  directe,  que 


Le   Congres  International  des   Latigues    Vivantes  de  Paris.  155 

les  langues  Vivantes,  sous  l'influence  magique  et  toate  puissante 
d'un  milieu  artificiel,  allaient  s'imposer  a  l'esprit  des  eleves 
par  la  force  merveilleuse  de  l'habitude. 

Helas!  cette  belle  Illusion  ne  tarda  pas  ä  s'cvanouir. 
Les  professeurs  frangais,  le  Congres  l'a  prouve,  firent  exacte- 
ment  les  memes  experiences  que  beaucoup  de  leurs  collegues 
allemands,  quelques  annees  avant  eux.  On  s'apergut  bientot 
que  la  plupart  des  eleves  etaient  desorientes  par  cette  methode 
qui  pouvait  donner  de  bons  resultats  dans  des  legons  particulieres, 
mais  qui  etait  d'une  application  difficile  ou  impossible  dans 
des  classes  de  trente  ä  quarante  eleves.  L'enfant,  depourvu  de 
notions  precises,  prive  de  granimaire,  ou  a  peu  pres,  sans  dic- 
tionnaire  qu'il  put  comprendre,  l'esprit  sature  d'images  plus 
ou  moins  flottantes,  errait  sur  un  ocean  brumeux  de  notions 
vagues  et  se  perdait  dans  le  clair-obscur  de  l'ä-peu-pres.  ') 

II  y  eut  alors,  entre  1904  et  1906,  pour  l'enseignement 
des  langues  Vivantes  en  France,  une  crise  nouvelle,  dans  la- 
quelle  la  methode  directe  faillit  sombrer. 

Or,  le  Congres  de  Paris  a  prouve  qu'aujourd'hui  ce 
danger  est  ecarte.  Si  tous  les  membres  de  l'assemblee  ont 
reconnu  que  la  methode  des  langues  Vivantes  doit  etre  difife- 
rente  de  celle  qui  reussit  pour  les  langues  mortes,  ils  ont 
reconnu  a  Vnnanimite  qu'un  enseignement  grammatical  complet 
et  bien  gradue  est  absolument  necessaire  et  que  la  parole 
ecrite    doit    completer    harmonieusement    l'enseignement    oral. 

Ce  n'est  qu'ä  ce  prix  qu'on  peut  arriver  ä  des  notions 
precises  et  claires. 

La  question  de  methode  gmerale  peut  donc  etre  consi- 
deree  comme  resolue  en  France,  comme  eile  Test  dejä  en 
AUemagne  et  dans  d'autres  pays.  Les  professeurs  de  langues 
Vivantes  garderont  la  methode  directe,  mais  ce  ne  sera  pas 
la  methode  exageree  et  intransigeante  des  premiers  jours:  ce 


*  Voir  ä  ce  sujet  les  articles  remarquables  de  M.  SCHMIDT  dans  la 
Revue  de  l' Enseignement  des  Langues  Vivantes,  de  1907,  1908  el  1909,  — 
Quand  on  regarde  de  pres  les  Instructions  ministerielles  de  1902,  on  ne  larde 
pas  ä  reconnaitre  qu'elles  ne  sont  pas  aussi  inlransigeantes  qu'on  l'a  cru,  ä 
lort.     Ce  sont  les  jeunes   neophytes  qui   oni   rencheri   sur  les  reglements. 


156  Henri  Schoen, 

sera  une  methode  vivante  et  feconde,  une  methodc  directe 
attenuee  et  perfectionnee,  plagant  la  conversation  et  les 
exercices  pratiques  au  prämier  rang,  donnant  une  place  im- 
portante  ä  la  grammaire,  et  n'excluant  plus  la  langue  niatcr- 
nelle  dans  les  cas  difficiles,  ni  meme  la  version  ^)  ecrite  ou 
orale,  ä  cote  des  narrations  et  des  exercices  de  tout  genre 
en  langue  etrangere. 


Ce  qui  s'est  dessine  d'une  fagon  de  plus  en  plus  nette, 
ä  mesure  que  le  Congres  avangait  dans  ses  travaux,  c'est  le 
desir  devenu  gcneral  de  trouver  tme  forme  nouvelle  de  l'edu- 
cation  moderne,  plus  conforme  que  l'ideal  ancien  aux  besoins 
et  aux  aspirations  du  vingtiemc  siecle.  Aux  humanites  d'an- 
tan,  ä  l'education  greco-latine,  on  oppose  aujourd'hui  des 
humanites  nouvelles,  une  education  integrale  et  moderne,  pra- 
tique  et  utilitaire. 

Et  cela,  ce  ne  sont  pas  seulement  des  professeurs  de  lan- 
gues  Vivantes  qui  l'ont  demande.  Des  admirateurs  des  huma 
nites  anciennes,  des  hommes  penetres  de  haute  culture  greco- 
latine,  tels  que  le  professeur  Brunot  et  le  directeur  de  l'ensei- 
gnement  secondaire,  M.  Jules  Gautier,  ont  ete  les  premiers  ä 
l'affirmer.  Notre  generation  a  le  sentiment  que  l'education 
secondaire  du  dix-neuvieme  siecle  ne  peut  suffire  aux  generations 
futures.  Nous  sommes  ä  une  epoque  de  transition.  Places 
entre  un  Systeme  d'education  qui  agonise  et  un  Systeme  nou- 
veau    qui    s'essaie    ä    naitre,    nous    sentons  qu'il  faut  marcher 


')  Pour  le  theme,  il  y  a  hesitation  en  France.  On  en  a  trop  abuse  ja- 
dis  pour  ne  pas  le  considerer  comme  la  bete  noire  de  notre  enseignement  — 
Cependant  des  pedagogues  aussi  autorises  que  M,  BECK,  le  distingue  directeur 
de  V Ecole  alsacieune,  recommandent  d'en  faire  tin  emploi  modere.  Car,  presque 
tous  nos  eleves  transforment,  helas !  la  narration  en  theme  oral,  mais  en  theme 
vague  et  imprecis,  evitant  ou  tournant  les  difficultes,  ce  qui  est  la  pire  des 
methodes 

Dans  tous  les  cas,  ce  qu'on  devra  reiablir,  au  moins  a  partir  de  cer- 
taines  classes,  c'est  un  hon  dictionnaire,  avec  traduction  en  langue  maternelle, 
non  ä  la  place,  mais  a  cote  du  lexique  en  langue  etrangere,  dont  les  imager) 
interessent  les  enfants. 


Le   Congres  International  des  Langues    Vivantes  de  Paris.  157 

avec  son  temps.  A  des  besoins  nouveaux,  jadis  meconnus, 
il  faut  bien  faire  correspondre  une  education  nouvelle.  Ce 
qui  est  apparu  comnie  Tun  des  resultats  les  plus  certains  du 
Congres  de  1909,  c'est  qu'ä  cote  —  je  ne  dis  pas  ä  la  place 
—  des  humanites  anciennes,  il  s'agit  de  realiser,  aussi  bien 
en  France  qu'en  Allemagne,  en  Angleterre,  en  Autriche,  en 
Russie,  en  Italie,  en  Espagne  et  ailleurs,  un  ideal  nouveau  de 
V education  integrale.  Et  Tun  des  facteurs  les  plus  importants 
de  ces  humanites  nouvelles  sera  l'etude  approfondie  des  lan- 
gues Vivantes.  ^) 


Mais  cet  enseignement  ne  pourra  avoir  une  valeur  edu- 
cative  et  une  portee  civilisatrice  et  morale  que  si,  ä  l'etude  de 
la  langue,  s'associe  toujours  celle  des  moeurs,  de  l'esprit,  de 
la  litterature,  de  l'histoire  nationale  des  peuples  dont  on  ap- 
prend  le  langage.  II  ne  s'agit  pas  seulement  d'apprendre  des 
mots,  des  phrases,  des  regles  de  grammaire  ou  de  syntaxe; 
il  s'agit  de  penetrer  dans  la  vie  d'un  peuple  etranger  apres 
avoir  ete  initie  aux  lois  de  sa  langue. 

Et  quand  les  peuples  se  connaitront  mieux,  ils  s'aime- 
ront  et  s'apprecieront  davantage. 

Ainsi  l'etude  des  langues  Vivantes  contribuera,  pour  sa 
part,  au  rapprochement  des  peuples  qui  sont  ä  la  tete  de  la 
civilisation  moderne.  Elle  contribuera,  eile  aussi,  ä  realiser 
ce  bei  ideal  de  la  fraternite  humaine,  que  nous  appelons  de 
nos  voeux  les  plus  ardents. 


Et    si    maintenant,    parvenu    au    terme    de  notre  etude, 
nous    considerons  tous  les  details  pratiques  dont  s'est  occupe 


')  II  est  interessant  de  constater  que,  pour  ce  qui  concerne  la  valeur 
educative  des  langues  Vivantes,  les  deliberations  du  Congres  de  Paris  ont 
abouti  ä  des  resultats  qui  concordent  absolument  avec  ceux  du  Congres  na- 
tional des  neophilologues  finlandais,  reunis  ä  Helsingfors,  le  ii,  12  et  13 
Janvier  1909  (Voir  l'interessant  rapport  de  M,  I.  Hg.  dans  les  Neuphüolo- 
gische  Mitteilutigen    1909,  pp.    i  — 12). 


158      Henri  Schoen,    Le  Congres  Intern,  des  Langties    ]'wantes  de  Paris. 

le  Congres  ä  la  lumiere  de  cet  ideal  d'une  education  nouvelle, 
nous  verrons  qu'ils  concourent  tous  au  meme  but:  la  prepa- 
ration  de  cet  edifice  futur  d'une  education  integrale  qui  doit 
amener  un  rapprochement  entre  les  nations  civilisees.  Cette 
correspondance  internationale,  ä  laquelle  des  hommes  devoues 
ont  consacre  tant  de  temps,  eile  ne  fait  que  preparer  ces  voya- 
ges  ä  l'etranger  qui  seront  le  couronnement  necessaire  des 
humanites  futures.  Ces  eleves  allemands  ou  anglais,  Italiens, 
espagnols  ou  russes,  qui  commencent  a  penetrer  dans  les 
faniilles  et  dans  certains  etablissements  d'enseignement  secon- 
daire,  a  titre  d'echanges,  seront  pour  leurs  jeunes  camarades 
les  Premiers  exemples  d'une  mentalite  etrangere.  Ces  assis- 
tants,  qui  ont  souleve  des  discussions  assez  vives,  seront,  au 
sein  des  lycees,  Colleges,  gymnases  ou  ecoles  reales,  les  foyers 
d'oü  se  repandront  autour  d'eux  quelques  rayons  de  la  cul- 
ture  etrangere.  Ces  lecteurs  qui,  un  jour,  ne  manqueront  dans 
aucune  universite  europeenne,  seront  les  champions  de  la 
civilisation  de  leur  pays  au  milieu  des  futurs  educateurs  de 
la  jeunesse.  Et  enfin,  ces  cours  d'adultes,  ces  bureaux  inter- 
nationaux,  ces  musees  du  commerce  international  et  de  l'in- 
dustrie  etrangere,  tout  cela  contribuera  ä  developper,  ä  main- 
tenir  et  ä  completer  les  connaissances  une  fois  acquises,  si 
bien  que  l'education  integrale  de  l'avenir,  qui  aura  commence 
dans  un  etablissement  d'education  secondaire,  qui  se  sera 
completee  par  un  voyage  ä  l'etranger,  continuera  ä  se  deve- 
lopper apres  l'ecole. 

Qui  pourrait  affirmer  qu'une  teile  education,  faite  d'ob- 
servation  attentive,  de  curiosite  satisfaite,  de  comparaisons 
repetees,  d'etudes  detaillees  et  precises,  de  tolerance  et  de 
liberte,  n'a  pas  une  valeur  intellectuelle  et  morale  au  moins 
egale  ä  celle  des  humanites  anciennesr 

Paris,  en  mai   1909. 

Henri  Schoen 

Docteur  es  lettres 
Professeur  agrege  de  1' Universite. 


Besprechungen.      W.   Söderhjelin,   Die   Kultur  der  Gegenwart  /,  AV,  /.      159 

Besprechungen. 

Die  romanischen  Literaturen  und  Sprachen  mit  Eitischluss 
des  Keltischen  von  Heinrich  Zimmer.  Kuno  Meyer.  Ludwig 
Christian  Stern.  Heinrich  Morf.  Wilhelm  Meyer-Lübhe.  (Die 
Kultur  der  Gegenwart,  herausgegeben  von  Paul  Hinneberg,  Teil  I, 
Abteilung  XI,  i).  1909.  Berlin  und  Leipzig.  B.  G.  Teubner. 
VII  -f-  499  S.  gross  8:0. 

Fürwahr,  es  muss  eine  missliche  Aufgabe  sein,  einen  so  über- 
reichen Stoff,  wie  z.  B.  die  Geschichte  der  Literatur  sämmtlicher 
romanischer  Völker,  auf  eine  höchst  beschränkte  Seitenzahl  zusam- 
menzudrängen. Den  Ansprüchen  auf  wissenschaftliche  Zuverlässig- 
,ieit,  relative  Vollständigkeit  und  populär-fesselnde  Darstellung  zu- 
gleich gerecht  zu  werden,  dazu  gehört  in  dieser  Lage  ein  ganz  be- 
sonderes Talent.  Nicht  ohne  Bekümmernis  würde  man,  scheint 
es,  zu  einem  solchen  Unternehmen  schreiten.  Aber  von  dieser  Stim- 
mung merkt  man  keine  Spur,  weder  bei  den  keltischen,  noch 
bei  den  romanischen  Mitarbeitern  dieses  Bandes.  Alles  ist  mit  über- 
legenem Geschick  gemacht.  —  Um  vjn  dem  Teile  zu  sprechen,  der 
dem  Ref.  am  nächsten  liegt,  muss  man  sagen,  dass  Prof.  Morf  die 
Aufgabe,  die  sämmtlichen  romanischen  Literaturen  parallel  zu  be- 
handeln, ganz  vorzüglich  gelöst  hat.  Es  kommt  natürlich  nicht 
auf  vollständige  Büchertitel  und  Inhaltsanalysen  an,  sondern  auf  die 
grossen  wesentlichen  Züge,  und  in  dieser  Beziehung  kann  man  sich 
kaum  eine  Darstellung  denken,  die  mit  einer  ähnlichen  Klarheit  und 
mit  einem  so  guten  Urteil  das  Wichtige  und  Notwendige  geben  würde. 
Dabei  ist  auf  keinem  einzigen  Punkte  der  Schablone  gehuldigt  wor- 
den, im  Gegenteil,  man  muss  sich  wundern,  wie  sehr  die  Urteile 
persönlich  sind  und  wie  frisch  die  Form,  die  sie  umhüllt.  Nicht 
selten  findet  der  Verf.  sogar  Gelegenheit,  auf  Beziehungen  zwischen 
einzelnen  romanischen  Schriftstellern  und  der  ausländischen  Litera- 
tur zu  verweisen,  und  zwar  auch  hier  in  ganz  persönlicher  Weise 
(so  z.  B.  wenn  er  von  Theophile  Gaulier  und  Heine  spricht  oder 
von  George  Sands  Einfluss  auf  Turgenjew  und  —  was  jedoch  mehr 
zweifelhaft  ist  —  Tolstoj).  Und  vor  Allem  ist  die  Art,  in  wel- 
cher die  komparative  Behandlung  französischer,  italienischer,  spanischer 
Literatur  geschieht,  ganz  bewunderungswürdig.  Prof.  Morf  be- 
trachtet die  Literatur  so  wie  sie  allein  betrachtet  werden  muss, 
als  einen  Faktor  des  gesammten  kulturellen  Lebens,  und  deswegen 
lässt  er  nie  die  allgemeinen  geschichtlichen  Gesichtspunkte  ausser 
Acht.  Und  so  giebt  diese  zusammengedrängte  romanische  Lite- 
raturgeschichte einen  fesselnden,  belehrenden  und  —  das  kann 
getrost    hinzugefügt    werden   —   tiefen    Einblick   in    die  Geisteswelt 


l6o     Besprechun«;en.    IV,   Söderhjelm,   Die  Kultm-  der   Gegenwart  /,  XI,  i. 

der  romanischen  Völker  überliaupt  und  ihre  Entwickelung  durch 
einen  Zeitraum  von  achtzehnhundert  Jahren.  —  Die  Arbeit  wäre 
nicht  so  persönlich  wie  sie  ist,  wenn  sie  nicht  im  Einzelnen  zuwei- 
len —  aber  freilich  selten  —  zum  Widerspruch  herausfordern  würde. 
Ich  nenne  nur  eine  Stelle,  S.  232.  Der  Verf.  erklärt  hier  den 
Umstand,  dass  die  frz.  Sprache  bis  auf  den  heutigen  Tag  den  Über- 
setzungen widerstrebt  und  Shakespeare,  Dante,  Goethe,  Heine  ein- 
fach travestiert,  durch  die  alte  akademische  Kritik  (Vaugelas),  die 
»den  Charakter  grammatischer  Nörgelei  und  puristischer  Kleinkrä- 
merei  trägt».  Aber  beruht  das  wirklich  nur  darauf?  Giebt  es  nicht 
im  tiefsten  Geiste  der  Sprache  selbst  etwas,  das  fremden  Vorstel- 
lungen nicht  gerecht  werden  kann?  Ich  glaube,  ja.  Und  dieses 
kommt  natürlich  von  dem  Volksgeiste,  für  den  die  Sprache  nur 
ein  Ausdruck  ist.  Ein  jeder,  der  den  Durchschnittscharakter  der 
Franzosen  kennt,  weiss  aber,  wie  grundwesentlich  er  von  dem  Cha- 
rakter besonders  der  germanischen  Völker  verchieden  ist  und  wie 
wenig  die  Gallier  diesen  verstehen.  Kann  es  dann  Wunder  neh- 
men, dass  sie  nicht  die  tiefsten  Ausgüsse  des  intimen  Seelenlebens 
in  der  Poesie  darstellen  können,  und  braucht  man  die  Schuld  dafür 
allein  einer  jahrhundertelangen  äusseren  Tradition  zuzuschreiben? 
Und  schliesslich,  wie  wenig  vermag  nun  eigentlich  die  deutsche 
Zunge  die  stilistischen  Feinheiten  eines  Anatole  France  zu  imitie- 
ren? Mann  sollte  es  übrigens  einmal  ver.>*uchen,  eine  psychologisch- 
komparative Studie  über  gewisse  Kultursprachen  vorzunehmen,  ihre 
Ausdrucksmittel  für  seelische  Zustände,  ihren  poetischen  Bildervor- 
rat u.  s.  w.  unter  einander  eingehend  zu  vergleichen;  und  man 
käme  sicher  zu  interessanten  völkerpsychologischen  Ergebnissen. 

Nicht  minder  ansprechend  ist  der  den  keltischen  Literaturen 
und  Sprachen  gewidmete  Teil.  Besonders  das  Kapitel  »Sprache 
und  Literatur  der  Kelten  im  Allgemeinen»  von  Heinrich  Zimmer, 
dem  Führer  der  deutschen  Keltisten,  ist  überaus  fesselnd  sowohl 
durch  den  vortrefflich  gegliederten  und  reich  belehrenden  Inhalt  — 
dabei  sind  die  Ausführungen  über  moderne  Zuslände  in  der  Kelten- 
welt nicht  die  am  wenigsten  interessanten  —  als  durch  die  ge- 
schmackvoll harmonische,  künstlerisch  behagliche  und  beherrschte 
Fonn.  Über  die  irisch-gälische  Literatur  berichtet  Kuno  Meyer, 
über  die  schottisch-gälische  und  die  Manx-Literatur  sowie  über  die 
kymrische  (walisische)  und  die  kornische  und  bretonische  Literatur, 
Ludwig  Chr.  Stern. 

Zum  Schluss  giebt  Meyer-Lübke  auf  c.  50  Seiten  einen  all- 
gemeinen Überblick  über  die  Entwicklung  der  romanischen  Sprachen, 
natürlich  nicht  auf  Einzelheiten  eingehend,  sondern  solche  Haupt- 
probleme ^^ie  das  Verhältnis  zwischen  Lateinisch  und  Romanisch, 
den  Wortschatz,  die  Namenforschung  berührend. 


y.    Poirot,    F.   Beyer,    Französische   Phonetik,  j.   Aufl.  i6i 

Der  ganze  Rand  ist  von  höchstem  Wert  und  kann  als  ein 
Muster  für  populär-wissenschaftliche  Darstellung  gelten.  Der  Roma- 
nist vom  Fach  gewinnt  in  dem  Buche  einen  für  ihn  unzweifel- 
haft sehr  nützlichen  Einblick  in  die  Keltistik,  zu  dem  er  wohl  sonst 
nicht  allzu  leicht  Gelegenheit  findet,  der  Studiererde  hat  in  Morfs 
Literaturgeschichte  einen  tiefflichen  und  mit  neuen  Gesichtspunkten 
bereichernden  Repetitionskursus,  und  derjenige,  der  sich  um  seiner 
allgemeinen  Bildung  willen  hier  orientiert,  wird  sicher  nicht  die  Lek- 
türe bereuen. 

W.  Söderhjelm. 


F.   Beyer,  Französische  Phonetik  für  Lehrer  und  Studierende. 

Dritte    Auflage,  im     Auftrage    des    Verfassers    neu  bearbeitet    von 

H.     Klinghardt.  Cöthen,     Otto    Schulze,    1908.     I    vol.    8^,  XVI 
+   243   PP- 

L'eloge  du  manuel  de  Beyer  n'est  plus  ä  faire,  et  le  succes 
du  livre  montre  combien  il  est  apprecie.  Cette  fois  l'auteur  n'a  pu 
lui-meme  revoir  la  nouvelle  edition,  et  la  tache  a  ete  confiee  ä 
M.   Klinghardt,  dont  la  competence  est  egalement  connue. 

La  troisieme  edition  n'a  pas  subi  de  changements  compara- 
bles  a  ceux  de  la  seconde.  La  disposition  generale  est  restee  la 
meme.  I/introduction  theorique  a  ete  etendue;  certains  developpe- 
ments,  p.  ex.  sur  la  nature  articulatoire  des  «semi-voyelles»  fran- 
caises,  ont  disparu  comme  inutiles,  d'autres  ont  ete  ajoutes,  p.  ex. 
sur  la  nature  des  occlusivcs  francaises.  La  disposition  typographi- 
que  a  ete  chargee  en  ce  que  les  exemples  en  ccriture  phonetique 
(de  l'af)  sont  imprimes  en  caracteres  gras. 

Les  qualites  de  l'ouvrage  sont  restees  les  memes :  clarte  de 
l'exposition,  applications  pedagogiques,  developpements  et  exemples 
nombreux,  particulierement  dans  la  phoretique  combinatoire. 

Par  contre  il  ne  semble  pas  que  le  progres  realise  sur  la 
seconde  edition  soit  comparable  a  celui  de  celle-ci  sur  la  premier-^.  En 
particulier  les  indications  bibliographiques  sont  löin  d'etre  comple- 
tes.  Tout  cequi  a  ete  public  dans  La  Parole  p.  ex.  est  reste  lettre  morte. 
Et  il  ne  parait  pas  qu'on  ait  tire  des  ouvrages  recents  cites  dans 
la  bibliographie  tout  le  parti  qu'il  y  avait  Heu:  ceci  s'applique  sur- 
tout  au  Pre'cis  de  Rousselot,  qui  aiirait  dii  provoquer  des  modifi- 
cations  dans  l'expose  des  voyelles  et  des  sifflantes  (distinction  des 
deux  qualites  pour  les  3  voyelks  hautes,  labialisation  des  voyelles 
nasales,  articulation  des  sifflantes). 

L'expose  des  voyelles  est  fait  d'apres  des  principes  articula- 
toires.    Comme  la  theorie    acoustique  des  voyelles  franc^aises  (reso- 


102        Fesprcchuns:cn.     If.   S.,    H.   Paul,   Deutsches    Wörterbuch,   2.  Aufl. 

nance,  timbre)  ou  manque  encore,  ou  n'etait  pas  faite  a  l'epoque 
de  la  revision,  on  ne  peut  blamer  cette  lacune. 

Dans  Texposc  des  co.nsonnes,  K.,  ä  propos  des  occlusives 
sourdes,  a  modifie  le  point  de  vue  de  Beyer,  et  lui  substitue  sa 
theorie,  d 'apres  laquelle  les  tenues  fran^dises  ont  une  fermelure 
de  la  glotte  (cf.  Die  Neueren  Spr.  XIV,  passim).  Je  ne  puis  me 
rendre  aux  arguments  de  K.;  mais  je  me  reserve  de  revenir  plus 
amplement  sur  ce  probleme  dans  le  compte-rendu  d'une  etude  de 
P.   Seydel.  * 

Traitant  de  la  (juantite  en  franc^ais,  K.  ajoute  a  l'appendice 
de  Beyer  sur  les  recherches  experimentales  de  Wagner  des  declara- 
tions  sceptiques  sur  la  vaieur  de  la  phonetique  experimentale.  II 
faut  avouer  que  la  place  etait  bien  mal  choisie.  On  peut  faire 
des  reserves  sur  la  portee  des  methodes  experimentales,  et  je  suis 
tout  le  premier  ä  dire  qu'elles  ont,  surtout  ä  l'heure  presente,  des 
limites  d'applicaton ;  mais,  s'il  est  un  domaine  qui  leur  appartienne, 
c'est  avant  tout  celui  de  la  quantitc.  En  renon(;-ant  ä  tirer  parti 
des  resultats  obtenus  par  Wagner  et  par  Gregoire  (<^Duree  de  la 
syllabe  frani^aise»,  dans  La  Parole),  on  diminue  la  vaieur  du  livre, 
qui  ne  peut  cjue  gagner  a  accentucr  le  caractere  scientifique.  Dans 
la  theorie  de  l'accent,  on  aurait  pu  aussi  profiter  des  etudes  experi- 
mentales. 

Ces  reproches  ne  visent  pas  ä  oter  au  maiiuel  de  Beyer  sa 
vaieur.  II  reste  a  nies  yeux,  av(c  celui  de  Nyrop,  Ic  meilleur 
precis  que  nous  ayons;  mais  il  deviendrait  hors  de  pair  s'il  s'assimi- 
lait  les  resultats  certains  acquis  des  maintenant  par  les  methodes 
experimentales.  Je  ne  puis  qu'exprimer  en  terminant  le  voeu  que 
ce  desir  seit  realise  dans  une  quatrieme  edition,  que  F.  Beyer,  esperons- 
le,   ne  sera  pas  contraint  d'abandonner  ä  un  autre. 

/.   Poirot. 


Hermann  Paul,  Deutsches  Wörterbuch.  Zweite  vermehrte 
Auflage.      Halle  a.  S,    igo8.     690  S.      Preis    10   RM. 

Pauls  Wörterbuch  wendet  sich  an  alle  Gebildeten,  welche 
sich  für  deutsche  Sprachgeschichte  interessieren,  in  erster  Linie  ist 
es    jedoch    für  die    Lehrer  bestimmt,   die   Unterricht  im   Deutschen 


'  Die  labialen  Verschhtsslaute  des  Deutschen  und  Französischen  experi- 
mentell untersucht,  Breslau  1908,  Aderholz,  (S.-A.  aus  dem  Jahresbericht  der 
schles.  Gesellsch  f.  vaterländische  Cultur  1908)  l,e  compte  rendu  de  ce  travail, 
continuation  d'une  ihese  sur  le  meine  siijet,  paraitra  dans  le  procbain  numero 
des  Neuph.   Mitt._ 


PI.   Hagfors,  I.   E.   Kerkkola,   Deutsche  Siilproben.  163 

erteilen.  Sowohl  für  den  Universitätslehrer  wie  für  den  Studenten 
ist  das  Werk  ein  ebenso  unumgängliches  Hilfsbuch  wie  Kluges 
Etymologisches  Wörterbuch.  Diese  beiden  Lexica,  die  in  ihrer 
Anlage  ganz  verschieden  sind,   ergänzen  sich  auf  das  vortrefflichste. 

Während  in  Kluges  Wörterbuch  die  Herkunft  und  Verwandt- 
schaft der  Worte  erörtert  und  die  weitere  Geschichte  derselben  in 
ihren  wichtigsten  Zügen  dargestellt  wird,  nimmt  Paul  nur  die 
neueste  Zeit,  speziell  die  letzten  Jahrhunderte,  unter  die  Lupe  und 
zieht  ältere  Epochen  bloss  dann  heran,  wenn  dies  zum  Verständnis 
des  neuhochdeutschen  Sprachgebrauches  notwendig  ist.  Damit  hängt 
denn  auch  zum  Teil  die  Verschiedenheit  in  der  Behandlungsweise 
des  Materials  zusammen.  Kluge  lässt  in  seinem  Buche  die  äussere 
Entwicklungsgeschichte  des  Wortes  besonders  stark  hervortreten, 
bei  Paul  dagegen  wird  mehr  die  semasiologische  Seite  betont 
und  die  Verwendung  des  Wortes  im  Satzzusammenhange  berück- 
sichtigt. Dadurch  nimmt  die  Phraseologie  in  dem  Panischen 
Wörterbuch  einen  wichtigen  Platz  ein  und  ein  gutes  Stück  von 
der  Syntax  ist  da  hineingearbeitet.  Besonders  interessant  sind  die 
ausführlichen  Artikel  über  die  Pronomina  und  Partikeln,  welche 
Paul  mit  seinem  bekannten  Scharfsinn  behandelt  hat. 

Die  zwölf  Jahre,  welche  seit  dem  Erscheinen  der  ersten  Auf- 
lage verflossen  sind,  haben  manche  wichtige  wortgeschichtliche  Ar- 
beiten und  Aufsätze  hervorgebracht,  die  Paul  neben  den  reich- 
haltigen eigenen  Sammlungen  für  die  jetzt  vorliegende  zweite 
Auflage  verwertet  hat.  Durch  diese  Zusätze  ist  sie  um  ein  Fünftel 
grösser  geworden  als  die  erste  Auflage. 

Eine  Änderung  in  der  Anlage  des  Baches  ist  insofern  vor- 
genommen worden,  dass  Etymologien  reichlicher  als  früher  mitge- 
teilt sind.  Hierbei  bat  der  Verfasser  nur  die  ihm  wirklich  einleuch- 
tenden Deutungen  aufgenommen.  Dass  man  trotzdem  in  verein- 
zelten Fällen  inbezug  auf  die  gegebene  Etymologie  verschiedener 
Meinung  sein  kann,  ist  ja  ganz  natürlich. 

Überhaupt  ist  der  Charakter  des  Buches  bewahrt  worden; 
auch  die  typographische  Anordnung  ist  dieselbe  geblieben.  In 
dieser  Hinsicht  hätte  man  jedoch  eine  Änderung  gewünscht; 
die  langen  Artikel  hätten  doch  irgendwie  übersichtlicher  gemacht 
werden  können,  wenn  auch  der  auffallend  dichte  und  kleine  Druck 
wegen  des  billigen  Preises  beibehalten  werden  musste. 

H.  S. 


Deutsche  Stilproben.  Lesestücke  für  die  oberen  Klassen 
höherer  Lehranstalten,  ausgewählt  und  bearbeitet  von  /.  £.  Kerh' 
hold.      Helsingfors,   Otava,    1909.      158   S. 


104  Besprechungen.     E.    Hagfors, 

Den  deutschen  Lesebüchern  von  Öhquist,  Rosendahl,  Ny- 
ström  ist  neuerdings  das  hier  oben  genannte  Buch  zur  Seite  getreten. 
Während  aber  die  ersteren  mit  einer  elementaren,  für  die  untere 
und  mittlere  Stufe  bestimmten  Abteilung  beginnen,  enthält  das 
vorliegende  Buch  keine  solche,  sondern  ist  als  Fortsetzung  des 
Elementarkurses  gedacht  und  nur  für  die  Oberstufe  bestimmt.  Dem 
Umfange  nach  ist  es  etwas  kleiner  als  die  entsprechenden  letzten 
Abteilungen  der  Ltsebücher  von  Rosendahl  oder  Nyström,  und 
bietet  auch  nicht  dieselbe  Mannigfaltigkeit  des  Stoffes  wie  diese. 
Auf  seinen  1.58  Seiten  bringt  das  Buch  25  kürzere  und  längere 
Stücke,  unter  denen  8  Gedichte  sind.  Und  während  sowohl 
Rosendahl  als  Nyström  in  ihren  Büchern  einen  einheitlichen  Plan 
verfolgen  und  die  Schüler  über  Deutschland  und  deutsche  Verhält- 
nisse in  Vergangenheit  und  Gegenwart  belehren  wollen,  sind  hier  die 
Stücke  in  freier  Abwechslung  aneinandergereiht,  ohne  anderes 
zusammenhaltendes  Band  als  eine  gewisse  chronologische  Reihen- 
folge, auch  diese  nicht  streng  durchgeführt,  und  ohne  andere  Be- 
stimmung als  »den  Leser  durch  Form  und  Inhalt  zu  selbständiger 
Lektüre  grösserer  deutscher  Werke  vorzubereiten  und  anzuspornen», 
wie  der  Herausgeber  in  seiner  Vorbemerkung  sagt.  Der  Heraus- 
geber hat  wohl  eben  nur  eine  Anzahl  verschiedenartiger  Stilproben 
geben  wollen. 

Unter  den  Prosastücken  (ich  gruppiere  sie  hier  nach  dem 
Inhalte)  herrschen  die  litteraturgeschichtlichen  und  historischen 
Schilderungen  vor:  J.  W.  Goethe  (eine  Charakteristik  des  Dichters 
in  körperlicher  und  geistiger  Hinsicht,  nach  P.  J.  Möbius);  Karl 
August,  Grossherzog  v.  Sachsen- Weimar  (nach  Bielschowsky) ;  Goe- 
thes Reise  nach  Rom  (nach  Bielschowsky);  Goethes  Haus  (von 
K.  Immermann);  Der  Erfolg  der  »Räuber»  (nach  K.  Berger); 
Schillers  Tod  (von  J.  Wychgram);  Albas  erste  Anordnungen  in  den 
Niederlanden  und  Charakteristik  Wilhelms  v.  Oranien  (von  Schiller); 
Die  Erhebung  Preussens  im  Jahre  18 13  (von  Treitschke);  von  kunst- 
geschichtlichem oder  -philosophischem  Inhalt  ist  ein  Stück:  Christus 
in  der  Kunst  (von  Riehl).  Daneben  finden  sich  ein  paar  feine, 
poetische  Naturbeschreibungen  oder  -maiereien:  Der  Zauber  der 
Heidelandschaft  (von  A.  Biese)  und  Schilderungen  der  Einöde  (von  J. 
Aho  u.  Ad.  Paul,  aus  Brausewetters  »Finnland»)  und  eine  populär- 
philosophische Betrachtung:  Über  das  Erhabene  und  Schöne  (von  I. 
Kant).  Der  Briefstil  ist  durch  zwei  Briefe  des  jungen  Goethe  an 
seine  Schwester  Cornelie  vertreten,  die  Erzählung  durch  Mörikes 
Mozart  auf  der  Reise  nach  Prag,  die  humoristische  Novelle  durch 
einen  Auszug  aus  Seidels  Leberecht  Hühnchen,  die  Komödie 
durch  ein  Bruchstück  aus  Freytags  Journalisten. 

Die    Gedichte    der    Sammlung    sind:    Gudrun,  Vierundzwan- 


/.   E.    Kerkkola,   Deutsche  Siilproben.  165 

zigstes  Abenteuer;  Frühling  und  Frauen  (W.  v.  d.  Vogelweide);  Jo- 
hannes Kant  (G.  Schwab);  Der  Taucher  (Schiller);  Aus  den  Reise- 
blättern (Lenau);  Wallenstein  (Freih.  v.  Zedlitz);  Belsazer  (Heine); 
Der  Wanderer  (Schmidt  v.   Lübeck). 

SprachHch  dürften  die  Stücke  den  Durchschnittsschülern 
keine  allzugrossen  Schwierigkeiten  bereiten.  Inhaltlich  müssen  sie 
als  gediegen  und  lesenswert  bezeichnet  werden,  und  ich  kann  mir  nichts 
anderes  denken,  als  dass  sie  meistens  wohl  geeignet  sind  junge 
Gemüter  anzuziehen  und  ihr  Interesse  zu  fesseln.  Nur  das  erste 
Stück:  »Über  das  Erhabene  und  Schöne»  kommt  mir  recht  trocken 
vor.  Auch  hinsichtlich  der  Darstellungsweise  und  des  Stiles  scheint 
es  mir  dem  Herausgeber  gelungen  zu  sein,  bei  der  Auswahl  seiner 
Stücke  für  jede  Art  etwas  musterhaftes  zu  finden.  Eine  Ausnahme 
möchte  ich  nur  für  Heine  machen,  der  mir  in  dem  Buche  nicht 
gut  vertreten  zu  sein  scheint;  das  einzige  Gedicht  von  ihm,  Belsazer, 
ist  doch  für  den  Erotiker  wie  für  den  Satiriker  Heine  ebenso w^enig 
charakterisiisch.  Die  Satire  ist  übrigens  in  der  Sammlung  auch 
sonst  nicht  vertreten.  Gern  hätte  ich  auch  gesehen,  dass  das 
Bruchstück  der  »Journalisten»  nicht  so  knapp  zugeschnitten  wäre 
wie  es  ist;  man  erfährt  da  ihren  Plan,  Herrn  Piepenbrink  für  ihre 
Partei  zu  gewinnen,  nicht  aber,  wie  sie  denselben  ins  Werk  setzen. 
Vielleicht  ist  aber  das  gerade  gut,  vielleicht  erregt  das  bei  den 
Schülern  nur  um  so  mehr  die  Lust,  die  Komödie  näher  kennen 
zu  lernen. 

Am  meisten  gefallen  mir  die  ziemlich  zahlreichen  Stücke,  die 
sich  mehr  oder  weniger  direkt  auf  Goethe  und  Schiller  beziehen 
(auch  das  Stück  über  Grossherzog  Karl  August  rechne  ich  hierher). 
Ausser  ihrem  interessanten  Inhalte  haben  sie  noch  das  Verdienst, 
dass  sie  dem  Lehrer  eine  willkommene  Gelegenheit,  oder  viele, 
bieten,  noch  mehr  Biographisches  und  Litteraturgeschichtliches  übei 
die  beiden  Dichter  einleitungs-  oder  anhangsweise  den  Schülern 
mitzuteilen.  Sie  lassen  sich  in  dieser  Weise  leicht  zu  einem  Ge- 
samtbilde des  Dichterpaares  und  der  Weimarer  Glanzperiode  der 
deutschen  Litteraturgeschichte  erweitern,  und  es  ist  ja  sehr  wün- 
schenswert, dass  die  Schüler  vor  dem  Verlassen  der  Schule  wenig- 
stens mit  dieser  einen  Periode  etwas  genauer  Bekanntschaft  ge- 
macht haben.  Hier  ist  nicht  der  Ort,  eingehender  über  diesen 
Punkt  zu  sprechen,  der  mit  der  Frage,  ob  sich  die  Klassiker  für 
die  Schullektüre  eignen,  nahe  zusammenhängt.  Es  sei  nur  bemerkt, 
dass  ich  es  für  sehr  wahrscheinlich  halte,  dass  eine  solche  Bekannt- 
schaft mit  Schiller  und  Goethe  viel  eher  die  Schüler  zu  selbstän- 
diger Lektüre  der  Werke  dieser  Dichter  anspornen  wird,  als  eine 
schulmässige  Lektüre  und  Behandlung  eines  von  diesen  Werken 
selbst. 


l66  Protokolle  des  N^euphilologischen    Vereins. 

Aus  dem  Gesagten  dürfte  hervorgehen,  dass  und  warum 
meiner  Ansicht  nach  das  Buch  es  verdient,  zur  Anwendung  in 
unseren  Schulen  empfohlen  zu  werden.  In  dern  letzten  Schuljahre, 
wo  die  Arbeit  in  der  Klasse  schon  Ende  Februar  aufhört,  und 
wo  in  den  Anstalten  von  realem  Typus  ein  beträchtlicher  Teil  der 
dem  deutschen  Unterrichte  zur  Verfügung  stehenden  Stunden 
durch  die  Schreib  Übungen  der  Lektüre  entzogen  wird,  ist  es 
schwerlich  denkbar,  dass  man  mit  einem  Drama  oder  sonst  einem 
grösseren  Litteraturwerke,  das  ein  zusammenhängendes  Ganzes 
bildet,  fertig  werden  könnte.  Mit  seinen  kurzen  Stücken,  deren 
jedes  ein  kleines  unabhängiges  Ganzes  bildet,  und  von  denen  je 
nach  der  zu  Gebote  stehenden  Zeit  eine  grössere  oder  geringere 
Anzahl  durchgenommen  werden  kann,  dürfte  deshalb  das  vorliegende 
Buch  geeignet  sein,  besonders  in  der  obersten  Klasse  unserer 
Realanstalten  zum  Gegenstand  der  Lektüre  gewählt  zu  werden. 

E.    Hagfors. 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  3.  April  1909,  bei  welcher  Sitzung  der 
Vorstand    und    7   Mitglieder  anwesend  waren. 

§    I- 
Die  Protokolle  der  beiden  letzten  Sitzungen   wurden  verlesen 
und  geschlossen. 

§  2. 
Als    neues    Mitglied    wurde    Cand.    phil.      Fräulein    Matilda 
Ekström  aufgenommen. 

§  3- 
Der  Vorsitzende,  Prof.  A.  Wallensköld,  teilte  mit,  dass  die 
Schüler  Professor  W.  Victors  anlässlich  seines  25-jährigen  Jubi- 
läums als  Universitätslehrer  in  Marburg  beschlossen  hätten,  ihm 
eine  Dankadresse  zu  überreichen,  sowie  zu  Gunsten  der  kläglich 
ausgestatteten  englischen  Seminarbibliothek  in  Marburg  eine  Geld- 
sammlung zu  veranstalten  und  den  Betrag  Herrn  Prof.  Victor  zu 
freier  Verfügung  zu  überweisen;  ausserdem  werde  eine  Festschrift 
vorbereitet.  Prof.  Wallensköld  erklärte  sich  willig  die  Übersendung 
eventueller  Geldbeiträge  zu  vermitteln. 


Eiftgesandte  Litteratur.  167 


^   4- 


Dr.  /.  Hortling  meldete,  dass  die  Unkosten  für  das  Re- 
digieren und  den  Druck  des  soeben  erschienenen  Protokolles  der 
Neuphilologenversammlung  den  von  der  Regierung  bewilligten 
Anschlag  von  Fmk  500  um  etwa  Fmk  50  überschritten  hatten, 
und  stellte  anheim,  dass  der  Verein  das  Defizit  decken  möchte. 
Die    Beschlussfassung    wurde  auf   die  folgende  Sitzung  verschoben. 

§  5- 
Der  von  Dr.  A.  Rosendahl  in  der  Neuphilologenversammlung 
gemachte  Vorschlag,  welcher  die  den  Lehrern  der  neueren  Sprachen 
auferlegten  Kompetenzforderungen  betraf,  wurde  von  dem  Antrag- 
steller zurückgenommen,  weil  die  neuesten  Bestimmungen  für 
Universitätsexamina  seinen  ^\'ünschen  in  den  wichtigsten  Punkten 
Genüge  leisten. 

§  6. 

Lektor  J.  Poirot  besprach  den  neuerschienenen  zweiten 
Band  der  »Principes  de  phonetique  experimentale»  von  Abbe 
Rousselot.  1) 

In  fidem: 
A.  Längfors. 


Eingesandte  Litteratur. 

Atvid  Gabtielson,  Rime  as  a  criterion  of  the  pronunciation 
of  Spenser,  Pope,  Byron,  and  Swinburne.  Uppsala,  Almqvist  & 
Wiksell,    1909.     XVI   -f-   211   pag.      8:0. 

Fr.  Kluge,  Etymologisches  Wörterbuch  der  deutschen  Sprache. 
Siebente  verbesserte  und  vermehrte  Auflage.  Erste  Lieferung: 
A-Fohlen.  Strassburg,  Karl  J.  Trübner,  1909.  144  S.  gr.  8:0. 
Preis:   Rmk.   2:   50. 

H.  Schmidt  und  Harry  B.  Smith,  Englische  Unterrichts- 
sprache. Ein  Hilfsbuch  für  höhere  Lehranstalten.  Dresden  und 
Leipzig,   C.   A.   Koch,    1909.      66  S.    8:0.      Preis:   M.    l:   — . 

Henri  Schoen,  La  metaphysique  de  Hermann  Lotze  ou  la 
Philosophie  des  actions  et  des  reactions  reciproques  (Avec  un 
Portrait  de  Lotze  en  similigravure).  Paris,  Libr.  Fischbacher,  1908. 
293   p.  in-8:o.      Prix   7   fr.   50  c. 

Henri  Schoen,  Francois  Coppee,  l'homme  et  le  poete  (1842  — 
1908).     Paris,   Libr.   Fischbacher,    1909.     107   p.   in-8:o.    Prix   2  fr. 


'j  S.  Neuphil.   Mitt.,    1909,  S.    120  ff. 


l68  Schrißettaustausch,      Mitteilungen. 

Hans  Strigl,  Sprachwissenschaft  für  alle.  Kleine  gemeinver- 
ständliche sprachgeschichtliche  und  sprachvergleichende  Aufsätze. 
I.  Jahrg.  Nr,  i,  5,  11  und  15.  Wien,  L.  Weiss,  1908 — 9. 
Jedes  Heftchen  a  16  Seiten  (Einzelnpreis  30  h  =  25  Pf.). 
Jahrespreis  mit  Postzusendung  K  5:  40  =  Mk.  4:  50.  Erscheint 
mit  Ausnahme  der  Monate  Juli  und  August  am  i.  und  15.  jedes 
Monates. 

Schriftenaustausch. 

Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  d'Aix.  Tome  II.  N:os 
I — 2  (Janvier-Juin  1908).  —  Contient:  Louis  Ducros,  Jean- 
Jacques  Rousseau.    De  Gencve  ä  l'Hermitage  (1712  — 1757).  228  p. 

Annotationes  phoneticae,   III.  Jahrg.   (1909),   N:r    i — 3. 

Antero    Vipunen,   Jahrg.    1909,   Nr.    l — 2. 

Anuario  estadistico  de  la  Repüblica  Oriental  del  Urugtiav. 
Tomo  I  (Aiios  1907 — 908).  Montevideo  1909.  LIX  -\-  c)C)()  pag.  4:0. 

Bibliographia  phoiietica,   IV.  Jahrg.   {1909),   Nr.   3 — 4. 

Modern  Language  Notes,   Vol.   XXIV   (1909),   No.   4 — 5. 

Moderna  Spräk,  Jahrg.  1909,  Nr.  5.  —  Enthält  die  Fortse*- 
zung  einer  Folge  von  Notes  lexicographiques  sur  » Cytano  de 
Beigerac>->,   von   C.   Polack. 

Pätvä,  Jahrg.    1909,   Nr.    15  —20. 

Revue  de  Provence  et  de  laiigue  d^Oc,  annee  1909,  n:os 
5 — 7.  —  Dans  le  nuniero  double  6 — 7,  M.  Edmond  Lefevre 
commence  un  Petit  Dictionnaire  des  Felibres,  contenant  une  bi- 
bliographie  minutieuse  de  tout  ce  cjui  a  paru  en  proven^al,  ainsi 
que  sur  la  langue  d'Oc,  ses  poetes  et  ses  ecrivains. 

Virittäjä,  Jahrg.    1Q09,   Nr.    I — 5. 

Mitteilungen. 

Einheimische  Publikationen:  In  » Ofversigt  af 
Finska  Vetenskaps-Societetens  Förhandlingar»,  LI  (1008  — 1909): 
Werner  Söderhjelm,  Les  inspirateurs  des  »Quinze  joyes  de  raa- 
riage»  (25  S.),  und  Emil  Zilliacus,  Die  Sage  von  Gyges  und 
Kandaules  bei  einigen  modernen  Dichtern  (35  S.). 

Ausländische  Besprechungen  einheimi- 
scher Publikationen:  A.  Längfors,  Li  Regres  Nostre 
Dame  par  Huon  le  Roi  de  Cambrai,  bespr.  von  J.  Anglade, 
Revue  des  langues  romanes,  LH  (iqoq),  S.  83  —  4,  und  Ernest 
Langlois,   Bibl.  de  l'Ecole  des  Charles,    1909,  S.    131 — 4. 

Ferienkurse:  In  Dijon  vom  i .  Juli  bis  3 1 .  Okt.  — 
In  Geneve  vom  15.  Juli  bis  28.  August.  —  In  Ronen  vom  15. 
Juli  bis   25.   August. 


NEUPrillOlDGISCHE 
•  •  MITIEIIJJNQEN 

Herausgegeben  vom  Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 


Dr  e/7 


Acht  Nummern  jährlich.  Preis:  4  Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 
4:  30  durch  die  Post  und  5  Fmk  durch  die  Buchhandlungen. 
Zahlerde  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich. 
—  Abonnementsbetrag,  Beiträge,  sowie  Bücher  zur  Besprechung 
bittet  man  an  die  Redaktion  (Adr.  Prof.  A.  W  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d, 
Vestra  Hamngatan  5)  zu  senden. 


IW 


Die  Sprechmaschine  und  ihre  Anwendung  im 
Sprachunterricht. 

Bekanntlich  ist  Edison  der  Erfinder  der  ersten  Sprech- 
maschine, die  er  Fonograf  nannte.  Das  Prinzip  der  Sprech- 
maschine beruht,  in  Kürze  ausgedriickt,  darauf,  dass  ein  scharfer 
Stift,  der  mit  einer  den  Laut  empfangenden  Schalldose  ver- 
bunden ist,  von  den  durch  die  Schalldose  vermittelten  Lauten 
in  Vibration  versetzt  wird  und  diese  Vibrationen  auf  einer  in 
Bewegung  versetzten  weichen  Wachsfläche,  über  die  er  läuft, 
einzeichnet.  Wenn  man  nun  eine  Nadel  oder,  wie  beim  Edi- 
sonfonografen,  einen  Safir  über  jene  Spuren  laufen  lässt,  so 
gerät  sie  in  vollkommen  identische  Vibrationen,  teilt  diese 
Vibrationen  der  Schalldose  mit  und  reproduzirt  auf  diese  Weise 
die  Laute,  die  hineingespielt,  gesungen  oder  gesprochen  wor- 
den, in  mehr  oder  weniger  vollkommener  Weise.  Edison  be- 
nutzte bei  seinem  Fonografen  eine  runde  Walze,  auf  welcher 
die  Schalldose  wagerecht  aufliegt;  indem  die  Walze  in  roti- 
rende  Bewegung  versetzt  wird,  pflügt  der  vibrirende  Safir 
Furchen  in  die  Walze,  die  je  nach  Farbe  und  Stärke  des 
Tones  in  der  Tiefe  variiren. 

Es  erwies  sich  jedoch,  dass  durch  diese  Art  der  Auf- 
nahme —  Furchung  einer  Walze  von  oben  nach  unten  —  eine  genü- 
gend korrekte  und  laute  Wiedergabe  der  Töne  nicht  zu  erzielen 
war.       Es    musste    ein    Verfahren    erfunden    werden,    wo    die 


I70  Johannes   Öhquist, 

Membran  der  auf  dem  schreibenden  Stift  lastenden  Schalldose 
nicht  in  die  Tiefe,  sondern  nach  den  Seiten  vibrirte.  Berli- 
ner, ein  Deutsch  Amerikaner,  fand  zwanzig  Jahre  später  dies 
Verfahren.  Er  konstruirte  den  Tonarm  derart,  dass  die  Schall- 
dose nicht  über  der  die  Lautfurchen  empfangenden  Fläche 
horizontal  auflag,  sondern  senkrecht  i.iber  ihr  stand.  Nun 
ging  die  Vibrationsbewegung  der  lautempfindlichen  Membran 
nicht  mehr  von  unten  nach  oben,  sondern  von  links  nach 
rechts,  und  die  Spuren,  die  die  Nadel  zeichnete,  waren  nicht  mehr 
an  Tiefe  wechselnde  Furchen,  sondern  Zickzackkurven.  Bei 
dieser  Art  von  Aufnahmen  konnten  natürlich  keine  Walzen 
als  Unterlage  der  schreibenden  Nadel  zur  Anwendung  kom- 
men, sondern  nur  flache  und  runde  Platten,  auf  welchen  die 
Nadel  spiralförmig  von  aussen  nach  innen  ihre  Kurven  zieht. 
Hierin  besteht  nun  der  Unterschied  zwischen  Fonograf  und 
Grammofon:  der  Erstere  arbeitet  mit  Walzen  und  schreibt 
nur  Edisonschrift,  der  Letztere  arbeitet  mit  Platten  und  schreibt 
in  der  Regel  Berlinerschrift;  es  giebt  aber  auch  für  den  Gram- 
mofon Aufnahmen  mit  Edisonschrift.'^) 

Wenn  man  die  beiden  Apparate  auf  ihre  Vorzüge  und 
Mängel  hin  mit  einander  vergleicht,  so  kann  man  meines 
Erachtens  nicht  dem  einen  von  ihnen  unbedingt  den  Vorrang 
vor  dem  anderen  einräumen,  denn  je  nach  dem  Zweck,  zu 
dem  sie  verwandt  werden  sollen,  besitzt  jeder  von  ihnen  Vor- 
züge, die  dem  anderen  abgehen.  Es  giebt  Fachleute,  die  der 
Ansicht  sind,  dass  das  Grammofon  die  Töne  korrekter  wieder- 
giebt.  Das  ist  im  allgemeinen  möglich.  Ich  habe  meiner- 
seits so  gute  Fonografen  gehört,  dass  es  mir  schwierig  war 
einen  Unterschied  in  der  Korrektheit  zu  konstatiren 

Der  Fonograf  hat  den  Vorzug  des  leichteren  Gewichts 
und  der  grösseren  Billigkeit.  Die  Edisonschen  Fonografen 
sind  allerdings  etwas  teurer;  der  billigste  kostet  60  Reichs- 
mark.     Von  den  Excelsiorfonografen  kostet  dagegen  der  billig- 


')  Ich  beschränke  mich  hierauf  diese  allgemeine  Unterscheidung,  ohne 
auf  die  vielfachen  Detailvariationen  in  Schalldosen  und  Diafragmen  einzugehen 
(Grafofon,  Multifon,  Bettini-Mikro-Fonograf  u.  s.  w.) 


Die  Sprechinashine  uml  ihre  Amvendiing   im  Sf^rachunterricht.  171 

ste  nur  28  Reichsmark,  ist  blos  26X20X22  Cm  gross  und 
wiegt  mit  dem  Geiiäuse  nur  etwas  über  3  V2  Kilogramm.  Für 
eine  Klasse  ist  ein  solcher  Apparat  allerdings  zu  schwach. 
Für  Schulzwecke  würde  erst  ein  Standard-Edisonfonograf  zu 
130  Reichsmark  genügen.  Ein  unschätzbarer  Vorzug,  den 
der  Fonograf  vor  dem  Grammofon  hat,  besteht  darin,  dass 
man  mit  dem  Fonografen  selbst  Aufnahmen  machen  kann. 
Man  braucht  sich  nur  mit  der  dazu  nötigen  besonderen  Auf- 
nahmeschal Idose  nebst  Aufnahmetrichter  zu  versehen.  Es 
werden  zu  diesem  Zweck  Blankwalzen  aus  Wachs,  sog.  Weich- 
walzen im  Gegensatz  zu  den  fertig  bespielten  aus  anderem 
Material  hergestellten  sog.  Hartgusswalzen,  verkauft,  die  etwa 
40  bis  50  Pfennig  das  Stück  kosten  und  ungefähr  60  mal 
gespielt  werden  können.  Nach  Verbrauch  werden  die  Walzen 
abgeschliffen,  was  acht  bis  zehn  mal  geschehen  kann.  Das 
Abschleifen  besorgen  die  grossen  Sprechmaschinengeschäfte 
für  15  Pfennig  pro  Stück.  Man  kann  aber  das  Abschleifen 
auch  selber  besorgen,  wenn  man  sich  eine  Abschleifvorrichtung, 
die  zwischen  30  und  40  Mark  kostet,  verschafft  hat. 

Der  grosse  Vorzug,  den  das  Grammofon  vor  dem  Fono- 
grafen hat,  liegt  in  der  Stärke  des  Tones.  In  dieser  Bezie- 
hung kann  der  Fonograf  mit  dem  Grammofon  nicht  wettei- 
fern. Besonders  die  sog.  Starktonplatten  geben  sogar  auf 
mittelgrossen  Grammofonen  die  Laute  in  einer  Stärke  wieder, 
die  nur  in  ganz  grossen  Räumen  notwendig  oder  sogar  er- 
träglich ist.  Die  Nachteile  eines  guten  Grammofons  bestehen 
in  dem  verhältnismässig  höheren  Preise  und  dem  Umfang  und 
Gewicht  des  Apparats.  Ein  für  eine  grosse  Klasse  geeigneter 
Apparat,  der  auch  grössere  Platten  spielt,  also  zwei  Federwerke 
hat,  ist  immerhin  nicht  unter  150  Reichsmark  zu  haben  und 
ist  ein  schwer  zu  transportirendes  Ding.  Hinwiederum  hat 
das  Grammofon  den  Vorzug  vor  dem  Fonografen,  dass  es  im 
Handel  eine  bedeutend  grössere  Anzahl  gesprochener  Platten 
giebt  als  Walzen,  und  dass  das  Grammofonrepertoire  für 
Rezitation  sicher  viel  rascher  sich  vergrössern  wird,  als  das- 
jenige   des    Fonografen.     Für   Schulzwecke  halte  ich  also  für 


172  Johannes   0/i(juist, 

meinen  Teil  das  Grammofon,  hauptsächlich  seines  viel  stärke- 
ren Tones  halber,   für  geeigneter. 

In  welcher  Weise  soll  nun  die  Sprechmaschine  im  Sprach- 
unterricht Verwendung  finden?  Um  diese  Frage  richtig  zu 
beantworten,  müssen  wir  uns  über  die  Kapazität  der  Maschine, 
über  ihre  Fähigkeit  menschliche  Laute  zu  reproduziren  im 
Klaren  sein.  Eine  Autorität  auf  fonautografischem  Gebiet,  wie 
Professor  Viktor  A.  Reko,  meint,  man  könne  die  Sprech- 
maschine beim  fonetischen  Unterricht  zur  Erlernung  und  Ein- 
übung fremder  Laute  anwenden,  und  andere  allzu  begeisterte 
Fürsprecher  der  Sprechmaschine  sind  sogar  der  Ansicht,  dass 
dieselbe  den  Lehrer  ersetzen  könnte.  Dies  ist,  wie  schon  ein 
besonnener  und  kritischer  Fachmann  auf  dem  Gebiet  der 
Fonautografie,  Dr  Panconcelli-Calzia,  wiederholt  betont  hat, 
wenigstens  vorläufig  eine  absolute  Unmöglichkeit.  Von  ei- 
nem Ersatz  für  den  Lehrer  kann  schon  deshalb  keine  Rede 
sein,  weil  ja  die  Maschine  eben  nur  eine  Maschine  ist.  Selbst 
bei  den  vollkommensten  Sprechmaschinen  wird  immer  der 
Lehrer  nicht  nur  unentbehrlich  bleiben,  sondern  auch  die 
Hauptrolle  beim  Unterricht  spielen. 

Was  wiederum  die  Frage  von  der  Lautschulung,  den 
speziellen  fonetischen  Übungen  mit  Hilfe  der  Sprechmaschine 
betrifft,  so  stellt  hier  die  Wiedergabefähigkeit  derselben  bis 
jetzt  noch  unüberwindliche  Schwierigkeiten  entgegen.  Erstens 
ist  das  nebenherlaufende  Nadelgeräusch,  weniger  beim  Fono- 
grafen  als  beim  Grammofon,  selbst  bei  den  besten  Maschinen 
und  Platten,  so  stark  und  ununterbrochen,  dass  eine  vollstän- 
dig reine  und  ungestörte  Wiedergabe  einzelner  Laute  nur  aus- 
nahmsweise vorkommen  kann.  Herr  Braun,  Besitzer  der  Elwert- 
schen  Verlagsbuchhandlung  in  Marburg,  hat  die  Absicht  ei- 
nen Apparat  in  den  Handel  zu  bringen,  bei  dem  die  Aufnah- 
men nicht  auf  Platten  oder  Walzen  stattfinden,  sondern  auf 
eigens  zu  diesem  Zweck  hergestellten  Bändern.  Das  Nadel- 
geräusch soll  auf  diesem  Apparat  so  gut  wie  gar  nicht  zu 
hören  sein.  Leider  stösst  die  Herstellung  des  Apparats  aus 
anderen  technischen  Gründen  noch  auf  Hindernisse,  so  dass 
es    unsicher    ist,   wann  und  ob  er  überhaupt  vollendet  werden 


Die  Sprechinaschine  ttnd  ihre  Anwendung  im  Sprachnnteiricht.  173 

kann.  Inbezug  auf  dieses  Nadelgeräusch  will  ich  aber  bei- 
läufig bemerken,  dass  es  in  den  Fällen,  wo  es  nicht  auf 
spezielle  fonetische  Übungen  ankommt,  unwesentlich  ist.  Im 
Anfang  wird  es  auf  jeden  Ungewohnten  störend  wirken,  nach 
einiger  Übung  wird  es  aber  kaum  mehr  vernommen. 

Ferner  aber  —  und  das  ist  das  Wichtigste  und  Ent- 
scheidende —  ist  die  Sprechmaschine  heutzutage  noch  nicht 
im  Stande  sämtliche  Laute  der  menschlichen  Stimme  wieder- 
zugeben, geschweige  denn  korrekt  wiederzugeben.  Selbst  die 
vollkommensten  Sprechmaschinen  geben  die  Laute  im  allge- 
meinen nur  verhältnismässig  gut,  und  nur  einzelne  Vokale  (und 
einen  Konsonanten:  das  r)  ganz  deutlich  wieder.  Gewisse 
Wörter  und  Laute  können  nicht  naturgetreu,  manche  über- 
haupt nicht  reproduzirt  werden.  Zwischen  tonlosen  und 
tönenden  Lauten  ist  manchmal  der  Unterschied  kaum  zu  mer- 
ken. Auslautendes  w,  f,  1  verschwinden  meist  ganz,  s  und 
z  sind  nur  in  Ausnahmefällen  deutlich  hörbar,  auch  die  in- 
lautenden w,  f,  s,  z  kommen  nur  schwer  zum  Ausdruck.^) 

Für  wissenschaftliche  oder  auch  nur  für  spezielle  Schul- 
studien und  als  Mittel  für  Lautübungen  kann  die  Sprechma- 
schine also  noch  lange  nicht  dienen.  Sie  ist  überhaupt  ein 
Apparat,  an  dessen  Leistungen  man  noch  keine  absoluten 
Forderungen  stellen  kann,  sondern  bei  dem  man  gewisse  Män- 
gel und  Unbequemlichkeiten  mit  in  den  Kauf  nehmen  muss, 
wenn  man  aus  ihm  den  Nutzen  ziehen  will,  den  er  bringen 
kann.  Denn  trotz  aller  erwähnten  Mängel  kann  die  Sprech- 
maschine tatsächlich  auch  im  Sprachunterricht  von  grossem 
Nutzen  sein.  Man  muss  nur  ihre  Anwendung  auf  die  Ge- 
biete beschränken,  wo  es  nicht  so  sehr  auf  die  genaue  Arti- 
kuiirung  eines  jeden  einzelnen  Lautes,  als  vielmehr  auf  eine 
mehr  allgemeine  Charakterisirung  ganzer  grösserer  Lautkom- 
plexe, sozusagen  auf  die  Mimik  und  die  Gebärde  des  Sprechens, 
auf  die  Satzmodulation  ankommt. 

In  dieser  Beziehung  leistet  die  Maschine  schon  heutigentags 
ganz    Vorzügliches.     Es    kommt    auch    hier    natürlich  auf  die 


Vgl.     Die   Neueren   Sprachen    1909   P.d.   XVI   .S.    568. 


174  yohainies   Ö/u/uist, 

Qualität  des  Apparates  und  auf  die  Geschicklichkeit  desjeni- 
gen, der  die  Aufnahme  und  Wiedergabe  bewerkstelligt,  an, 
wo  aber  diese  Bedingungen  erfüllt  sind,  erhalten  wir  Wieder- 
gaben, die  den  Sprachunterricht  wesentlich  fördern  können. 
Um  sich  hiervon  zu  überzeugen,  lasse  man  sich  doch  einmal 
eine  kleine  Erzählung,  beispielsweise  das  von  Minnie  Hahlo 
gesprochene  Märchen  von  der  »Prinzessin  auf  der  Erbse  >  auf 
einer  guten  Maschine  vorsprechen.  Diese  kleine  Erzählung 
will  allerdings  in  erster  Linie  als  Beispiel  der  Vortrags  kunst 
dienen,  indem  das  rein  Rezitatorische  darin  stärker  betont  ist, 
als  man  solches  von  Schülern  zu  fordern  pflegt.  Aber  trotz- 
alledem  kann  auch  dieses  Stück  als  eine  gute  Illustration  dafür 
dienen,  dass  die  Sprechmaschine  grade  in  einem  wichtigen 
Teil  des  Sprachunterrichts,  nämlich  für  musterhaftes  Lesen 
fremdsprachiger  Texte,  für  das  Hören  und  Verstehen  des 
gesprocheneji  fremden  Idioms  und  für  das  Verständnis  des 
lautlichen  Gesamtcharakters  desselben  unschätzbare  Dienste 
leisten  kann.  In  ähnlicher  Weise  können  kleine  Lesestücke, 
wie  sie  schon  in  den  Anfangsstadien  vorkommen,  in  syste- 
matisch geordneter  Folge  durch  die  Sprechmaschine  in  ge- 
nuiner Form  dem  Schüler  nahe  gebracht  werden.*) 

Jeder  praktisch  erfahrene  Schulmann  wird  zugeben,  dass 
es  sich  mit  der  speziellen  Einübung  einzelner  Laute  ungefähr 
ebenso  verhält  wie  mit  der  Einübung  einzelner  Vokabeln: 
wenn  man  sich  darauf  beschränkt,  so  entspricht  die  darauf 
verwandte  Mühe  und  Zeit  nicht  dem  erzielten  Erfolg  und  Nut- 
zen. Erst  im  zusammenhängenden  Satz  prägen  sich  Worte 
wie  auch  Laute  dauernd  dem  Gedächtnis  ein.  Da  die  Sprech- 
maschine nicht  alle  Laute  gut  reproduziren  kann,  muss  sich 
selbstverständlich  die  Ausspracheübung  an  der  Hand  der 
Maschine  darauf  beschränken,  das  fremde  Idiom  in  ihrem  allge- 
meinen   lautlichen    Charakter    im  Auge  zu  haben.      Die  erste 


^)  Die  Langenscheidtsche  Verlagshandlung  in  Berlin  hat  derartige 
französische  Walzen  bereits  in  den  Handel  gebracht,  doch  schienen  mir  die 
Aufnahmen,  die  ich  zu  hören  Gelegenheit  hatte,  nicht  vollkommen  befriedi- 
gend. Dasselbe  gilt  von  den  Aufnahmen  der  Elwertschen  Verlagsbuchhandlung, 
die   ich  hörte. 


Die  Sprechmaschinc  und  ihre  Amvemhmg  im   Sprachunterricht.  175 

Vorbereitung,  Erklärung  und  Einübung  unbekannter  neuer  Laute 
kann  und  muss  immer  dem  Lehrer  vorbehalten  bleiben.  Wenn 
diese  Laute  aber  einmal  bekannt  sind,  dann  erkennt  der  Schüler 
sie  im  Zusammenhang,  auch  wenn  sie  weniger  deutlich  arti- 
kulirt  erscheinen. 

Und  hier  tritt  nun  die  Sprechmaschine  in  ihre  Rechte. 
Sie  giebt  das  was  kein  Lehrer,  der  nicht  selbst  Ausländer  ist, 
geben  kann :  das  genuine  Sprechen  des  fremden  Idioms.  Der 
Nutzen  der  Sprechmaschine  beschränkt  sich  in  diesem  Fall 
nicht  auf  die  Klasse  allein,  auch  für  den  Lehrer  bietet  sie 
eine  Handhabe  und  ein  Hilfsmittel  seine  eigene  Aussprache 
zu  kontroUiren  und  zu  verbessern.  (Dies  alles  selbstverständlich 
unter  Voraussetzung  musterhafter  Aufnahmen  durch  eingeborene 
und  fonetisch  geschulte  Fachleute).  Und  hierzu  kommt  noch 
Eins,  was  selbst  der  Ausländer-Lehrer  nicht  bieten  kann:  die 
Sprechmaschine  bringt  dem  Schüler  nicht  nur  eine  muster- 
hafte und  genuine  Aussprache  des  fremden  Idioms  zu  Gehör, 
sondern  sie  giebt  ihm  auch  Gelegenheit,  die  verschiedenen 
Nuancen  kennen  zu  lernen,  durch  die  sich  Personen  aus 
verschiedenen  Gegenden  des  betreffenden  Landes  in  ihrer  Aus- 
sprache unterscheiden.  Es  giebt  bereits  eine  ganze  Reihe  von 
Aufnahmen  (Prof.  Miethe,  Prof.  Slaby,  Zeppelin,  Freiherr  von 
Hagen  u.  a.),  bei  denen  man  diese  Unterschiede  in  interres- 
santer  Weise  beobachten  kann. 

Schliesslich  ist  auch  nicht  der  Nutzen  zu  unterschätzen, 
den  die  Sprechmaschine  bei  Rezitations-  und  Vortragsübungen 
haben  kann.  Solche  Übungen  sind  ja  bei  uns  leider  wenig 
gebräuchlich.  Aber  dieses  hat  ohne  Zweifel  seinen  Haupt- 
grund im  Lehrer  selbst,  der  sich  einer  solchen  Aufgabe  nicht 
gewachsen  fühlt. 

Die  Bedeutung  der  Sprechmaschinen  für  den  Sprachunter- 
richt ist  auch  schon  vielfach  von  Fachleuten  erkannt  worden, 
und  es  sind  an  vielen  Schulen  im  Auslande  bereits  seit  mehre- 
ren Jahren  praktische  Versuche  mit  denselben  angestellt  wor- 
den. Besonders  in  England  haben  sich  die  Schulbehörden 
für    die  Frage  interessirt  und  mit  den  angestellten  Versuchen 


176  yohanncs   Öhquist^  Die  Sprechinasc/iine  etc. 

günstige  Erfahrungen  gemacht.^)  In  einem  ihrer  Erlasse  heisst 
es  u.  a.  »Die  Erfahrungen,  die  man  nun  mehrere  Jahre  hin- 
durch mit  den  modernen  Sprechmaschinen  im  praktischen 
Unterrichtswesen  gemacht  hat,  sind  gut  und  befriedigend  ge- 
wesen, und  es  werden  insbesondere  in  Mädchenschulen  erforder- 
lichenfalls alsbald  neue  und  mehr  Sprechmaschinen  zur  Einstel- 
lung gelangen.  Ohne  Zweifel  giebt  es  in  den  Bezirken  mancher 
Schulen  einige  Lehrer  und  auch  Lehrerinnen,  die  über  ein 
vorzügliches  Organ  verfügen,  wie  es  aber  andere  Lehrer  nicht 
haben,  und  warum  soll  man  nicht  diese  günstige  Gelegenheit 
benutzen,  mittelst  der  Sprechmaschine  eine  derartige  vorzüg- 
liche Vortragskunst  weiter  zu  verbreiten?»  Karl  Breul  berich- 
tet, dass  in  Dänemark  die  Sprechmaschine  an  den  Schulen 
wie  an  der  Universität  Kopenhagen  viel  benutzt  wird.  In 
London  lassen  sich  manche  Schulen  die  Lektionen  aus  den 
Lehrbüchern  von  ausländischen  Fachleuten  auf  Fonografen- 
walzen  sprechen  und  benutzen  diese  im  Unterricht.  Das  eng- 
lische Seminar  an  der  Universität  in  Wien  benutzt  schon  seit 
längerer  Zeit  eine  Plattensprechmaschine.  Die  damit  erzielten 
Ergebnisse  sind  nach  dem  übereinstimmenden  Urteil  der  Pro- 
fessoren Dr  Schipper  und  Lektor  Dr  Phuge  ausserordentlich 
befriedigend,  namentlich  was  den  Tonfall  und  die  Klangfarbe 
betrifft.  Ebenso  wird  an  der  teologischen  Fakultät  der  Uni- 
versität Wien  seit  Beginn  des  Sommersemesters  1906  ein 
Fonograf  verwendet,  der  bei  den  homiletischen  Übungen  gute 
Dienste  leistet.  Professor  Thudichum  verwendet  schon  seit 
Jahren  den  Fonografen  im  französischen  Sprachunterricht  an 
der  Universität  Genf  und  an  der  K.  K.  Franz  Josef  Real- 
schule in  Wien  werden  Texte  zu  den  bekannten  Hölzelschen 
Bildern  sowie  Rezitationen  auf  der  Sprechmaschine  im  Unter- 
richt verwendet,  u.   s.   w. 

Ich    fasse    meine    Ausführungen    nun  in  folgende  Tesen 
zusammen: 


')  Die  folgenden  Angaben  z.  Teil  nach :  Viktor  A.  Reko,  Sprachen- 
erlernung mit  Hilfe  der  Sprechmaschine.  Winke  für  Lehrer  und  Selbsiunter- 
richttreibende.      Stuttgart,    1908.      S.    19   ff. 


Besprechungen.   Hugo  Pipping,  Axel  Kock,   Svensk  Ijudltistoria  I — //,/.    177 

i)  Für  die  Lautschulung  im  eigentlichen  Sinne  ist  die 
Sprechmaschine  in  ihrem  heutigen  Zustande  nicht  genügend. 
Hier  hat  der  Lehrer  die  vorbereitende  und  wol  auch  die 
Hauptarbeit  zu  leisten. 

2)  Für  die  Satzmodulation,  die  Diktion  und  den  Vor- 
trag wird  die  Sprechmaschine  in  den  meisten  Fällen,  und  für 
die  Kenntnis  der  genuinen  Aussprache  des  fremden  Idioms 
immer  bessere  Dienste  leisten  als  der  Lehrer. 

3)  Infolge  dessen  kann  die  vernünftige  Anwendung 
guter  Sprechmaschinen  im  Sprachunterricht  immer  nur  von 
Nutzen  sein,  und  werden  die  darauf  verwandten  Kosten  stets 
ihrem  Zweck  entsprechen. 

Johannes  Öhquist. 


Besprechungen. 

Axel  Kook,  Svensk  Ijudhistoria  I,  Lund,  iqo6,  .504  S.  8:0; 
II,    I,  Lund,    Kjog,  240  S.   8:0. 

Aus  eigenem  Antrieb  wäre  ich  wahrscheinlich  nicht  dazu  ge- 
kommen, eine  Anzeige  von  Kock's  »S\ensk  Ijudhistoria»  zu  schrei- 
ben. Vor  3  Jahren  erhielt  ich  indessen  die  Aufforderung  das  erste 
Heft  dieses  Werkes  in  der  »Deutschen  Literaturzeitung»  anzuzeigen 
und  konnte  mich  der  Erledigung  dieses   Auftrages  nicht  entziehen  ^. 

Jetzt  hat  mich  die  Redaktion  der  Neuphilologischen  Mitteilun- 
gen dringead  gebeten,  eine  zweite  Rezension  zu  schreiben,  und  so 
habe  ich  mich  entschliessen  müssen,  Kock's  Werk,  von  dem  in- 
zwischen  noch   zwei   Hefte  erschienen  sind,  noch  einmal  anzuzeigen. 

Die  Behandlung  der  einfachen  Vokale  ist  jetzt  abgeschlossen, 
und  die  Lehre  von  den  Diphtongen  wurde  in  Angriff  genommen. 
Wenn  man  bedenkt,  dass  Kock's  dreissigjährige  Tätigkeit  als  For- 
scher fast  auf  allen  Gebieten  der  ahschwedischen  Lautlehre  tiefe 
Spuren   hinteriassen    hat,    so  versteht  es  sich  von  selbst,  dass  eine 


'  Siehe  Deutsche  Literaturzeitung  27.  April  1907.  Sp,  1055  —  57.  Ich 
benütze  die  Gelegenheit  zu  bemerken,  dass  ich  keine  einzige  Korrektur  mei- 
ner Anzeige  lesen  durfte,  weshalb  sie  eine  Reihe  von  Fehlern  enthält,  welche 
im  Manuskript  nicht  vorhanden  waren.  Sp.  1056;  18  steht  §  83,  2  c,  lies: 
§  83.  Ibidem  steht:  tonlosen,  lies:  infortis.  Sp.  1056:52  steht:  palatalisieren, 
lies:  depalatalisieren.  Die  übrigen  Fehler  sind  nicht  irreführend. 


lyS  Besprechungen.      Hugo  Pipping^ 

Zusammenfassung  von  dem,  was  Kock  jetzt  über  diese  Fragen 
denkt,  von  jedem  Freunde  der  schwedischen  Sprachforschung  mit 
Freuden  begrüsst  werden  muss.  In  sehr  vielen  Fällen  ist  die  Kodi- 
fikation von  Kock's  Resultaten  zu  gleicher  Zeit  eine  Zusammen- 
stellung von  Ansichten,  welche,  von  Kock  stammend,  seit  Jahren 
Allgemeingut  der  gelehrten  Welt  sind.  Aber  andererseits  ist  un- 
sere Kenntnis  des  Altschwedischen  noch  sehr  lückenhaft.  Keine 
Alles  umfassende  Darstellung  der  altschwedischen  Lautlehre  kann 
deshalb  als  ein  monumentum  cere  perennivs  betrachtet  werden.  Viel- 
mehr werden  neue  Forschungen  von  Zeit  zu  Zeit  grosse  Verän- 
derungen der  herrschenden  Ansichten  herbeiführen.  Dieses  Übel- 
standes ist  Kock  sich  wohl  nicht  ganz  unbewusst. 

Ich  wähle  ein  naheliegendes  Beispiel.  Es  ist  bekannt,  dass 
gewisse  altschwedische  Urkunden,  vor  allem  die  Haupthandschriften 
des  älteren  Väs.göta-Gesetzes  und  des  Östgöta-Gesetzes  neben 
normalem  ce  sehr  oft  die  Schreibung  a  zeigen. 

In  »Svensk  akcent»  I  13Q,  Fussnote  i,  hat  Kock  diese  Er- 
scheinung mit  Rücksicht  auf  Vgl  I  besprochen  und  hat  bemerkt, 
dass  die  Stellung  vor  ;-  die  Anwendung  von  a  statt  cc  begünstige, 
was  mit  der  Aussprache  in  mehreren  südschwedischen  Volksmund- 
arten gut  übereinstimmt.  Von  dieser  wichtigen  Beobachtung  macht 
Kock  in  Svensk  Ijudhistoria,  wie  es  scheint,  wenig  Gebrauch  ^ 
und  ist  bemüht  für  die  Anwendung  von  a  statt  (e  eine  Reihe  von 
Spezialerklärungen  zu  geben  ^,  und  doch  bleibt  eine  beträchtliche 
Anzahl  von  Fällen  übrig,  in  welchen  Kock  annehmen  muss,  dass 
Schreibfehler  vorliegen.  S.  257  finden  wir  indessen,  dass  Kock 
selbst  an  der  Zweckmässigkeit  dieses  Vorgehens  zweifelt.  In  Öst- 
götalagens  Ijudlära  S.  21  ff.  hatte  Olson  hervorgehoben,  dass  der 
häufige  Gebrauch  von  a  statt  ce  in  Vgl  I  und  Ög  auf  eine,  viel- 
leicht nur  in  gewissen  Stellungen  eingetretene,  dialektische  Verschie- 
bung des  a\  zurückzuführen  sei.  Gegenüber  dieser  Vermutung 
01s ons  verhält  sich  Kock  Sv.  Ij.  I  S.  257  f.  nicht  ganz  ableh- 
nend und  versucht  sogar  die  Stellung  anzugeben,  in  welcher  oc  sich 
dem  a  genähert  hätte.  Kock  meint,  dass  diese  Entwickelung  viel- 
leicht nach   ;■  stattgefunden  habe. 

Da  ich  mich  in  den  letzten  zwei  Jahren  recht  viel  mit  dem 
älteren  Västgötagesetze  beschäftigt  habe,  so  glaube  ich  in  der  Lage 
zu  sein,  neue  Beiträge  zur  Lösung  dieses  Problems  liefern  zu  kön- 
nen. Bevor  ich  meine  Ansichten  über  diese  Dinge  auseinander- 
setze, muss  ich  aber  einige  von  Kock  und  Anderen  mit  Unrecht 
aufgeführte  Belege  aus  der  Welt  schaffen. 


•   Siehe  I   §   305,   S.   246,   aber  auch   §   298,  S.   239   flf. 
2  Siehe  I  \%  292—316,  Ss.  235  —  259. 


Axel  Kock,   Svensk  Ijudhisioria  I — //,/.  179 

3spi  gaar  Vgl  I,  Schlyter  S.  52:  14,  Kock  I  S.  2 58 
gehört  nicht  zum  Zeitwort  goera  'machen',  sondern  zu  *^ä,  awnord. 
gä  'achten'.  Man  beachte  die  Schreibung  mit  zwei  a  nicht  nur  in 
Vgl  I,  sondern  auch  in  Vgl  II,  Schlyter  S.  IQ4,  Fussnote  38. 
Ein  zweiter  und  noch  wichtigerer  Beweis  ist  die  Genitivrektion  \Jies\, 
welche  in  Vgl  II,  Schlyter  IQ4:  2,  bewahrt  ist  und  meiner  An- 
sicht nach  auch  in  Vgl  I  vorhanden  war,  indem  fjact  aus  [loes  [nicht 
l)cer,  wie  Schlyter  glaubt]  geändert  wurde.  —  Auch  mit  Rück- 
sicht   auf   die    Bedeutung    ist    die    Lesung  gaar  sehr  zu  empfehlen. 

Inf.  drapic  soll  nach  Kock  I  S.  252  einmal  in  Vgl  I  vor- 
kommen. Diese  in  der  grammatischen  Literatur  nicht  zum  ersten 
Mal  auftauchende  Form  ist  durchaus  apokryphisch.  Nach  Karlsson 
Ark.  f.  nord.  fil.  I  390  soll  sie  in  Br  vorkommen,  aber  Br 
[Schlyter   72:  17]   hat  3spi  drap^x,  und  *drapct-  nirgends. 

3spi  aR  'ist'  auf  dem  Runenstein  von  Hauggrän  [Bugge 
Runverser  S.  288^  Noreen  Aschw.  Gr.  S.  486,  Kock  Sv.  Ijudh. 
I  S.  245]  soll  meiner  Ansicht  nach  auch  gestrichen  werden.  Ich 
habe  die  Hauggräner  Inschrift  wiederholt  untersucht  und  photo- 
giaphiert,  und  ich  wage  zu  behaupten,  dass  wir  nicht  pet  aR.  son- 
dern peiaR  ohne  Spatium  zwischen  /  und  a  zu  lesen  haben.  Dieses 
petaR  ist  wiederum  als  l)etta' r  mit  apokopiertem  i  zu  lesen,  genau 
so  wie  das  Dalagesetz  presttr  =  presti  'r  hat  ^. 

Ich  habe  nicht  übersehen,  dass  G.  L.  stets  Jntia,  nicht  *petta 
hat,  aber  dieser  Einwand,  den  ich  mir  selbst  gemacht  habe,  fällt 
■weg,  wenn  mann  bedenkt,  dass  die  Hauggräner  Inschrift  weiter 
unten  die  Form   apf  pesi-   \_=J)essi]   zeigt. 

Die  grosse  Mehrzahl  der  sicher  belegten  altschwedischen 
Formen  mit  a  statt  (e  lassen  sich  meiner  Ansicht  nach  unter  der 
Annahme  erklären,  dass  ce  auf  einem  Gebiete,  welches  zum  min- 
desten Teile  von  Västergötland,  Östergötland  und  Smäland  [das 
Vätterngebiet]  umfassle,  sich  dem  a  soweit  näherte;,  dass  "es  ab- 
wechselnd mit  ce  und  a  bezeichnet  werden  konnte,  und  zwar  fand 
dieser  Übergang  statt,  icenn  dem  ce  ein  r  oder  eine  Geminata  un- 
mittelbar folgte.  Wenn  diese  Annahme  gebilligt  wird,  braucht  man 
nicht  anzunehmen,  dass  eine  Menge  von  ganz  verschiedenartigen 
Vorgängen  die  Verdrängung  von  ce  durch  a  herbeigeführt  hätte, 
und  man  versteht  auch,  warum  eine  und  dieselbe  Handschrift  sehr 
oft  in  einer  ganzen  Reihe  von  Wörtern  eine  schwankende  Orto- 
graphie   \ce  —  a\   aufweist. 

Belege  für  meine  Auffassung  habe  ich  aus  folgenden   Schrif- 


1  Kock   Ark.   f.   nord.   fil.   XXIV    196  f. 

"^  Die  Rune  p   ist  so  stark   beschädigt,   dass  ich  sie  nicht  lesen  konnte 
aber  der  Punkt  auf  dem  e  ist  vollkommen  deutlich. 


i8o  Bes/^recktatgen.      Hugo  Pipping, 

ten  zusaininengestellt:  Vgl  I — IV',  Bia? '"^j  <  )g  ^,  Bu  "^,  SK  und  cod. 
\l  vom  Smäländischen    Kircliengesetz  ^. 

I.  a/'  <  CBr: 

bara  Vgl  I  [2],  SK  cod  B,  Ög.  barom  Bu  [2]  6,  >/  jar/  Vgl  III. 
!i\i'\ar(e  Vgl  I  [4].  gania  Bu  [2].  gatnegce  Vgl  III.  gatjn  Vgl  I. 
o^fl;/>tf  Vgl  III.  haraj}  Vgl  I  [7].  harajie,  /rö:ra{)e  Vgl  III.  harap, 
harcel)  Ög  [5].  harra  Bu.  ^ö^ö,  ^«r^  ()g.  clatcKx  Vgl  III.  markcer 
Vgl  I  [18]'.  svarice  Vgl  I.  suaria  Ög.  .yyör?  Vgl  I.  sz^ar/  Ög. 
varice  [2],  r'orz',  varicendi  Vgl  I.  varpios,  varpia  [=  z/f^/zV?]  ^  Vgl  II, 
3  spi  Kar  Ög.  varma  Bu.  varuldena  Bu.  nsm  varpczr,  uatJjcerY^  I. 
ns  ya?^  Vgl  I.  3  spi  ar  Vgl  I  [3],  Vgl  III.  3ppi  a;?<  Vgl  I  [3], 
Vgl  III  [2],  Ög,  SK  cod  B.  relat.  ar  Vgl  I  [4],  Ög.  subst.  ar  Ög. 
subst.  aro  Bu.  arfpcer,  aruingice  Vgl  I.  arwipt  Vgl  IL  pron.  ds 
/>ar  Vgl   I.   adv.  Par  Vgl    I.   ' 

In  einigen  von  diesen  Fallen  steht  der  Vokal  vor  geminier- 
tem  r  und  die  <7-Modifikation  erklärt  sich  also  auch  nach  dem 
Moment: 

II.  a  (^  Ce  in   der  Stellung  vor  Geminata : 

1.  agg(cegg:  baggia  ög.  /aggia  SK  cod.  B.  lagics  Vgl  I. 
logia  Bu.  laggcET  Vgl  I.  laggi  Vgl  I,  SK  cod.  B.  laggin  Ög.  as 
(Sita  lagin  ( )g.   v  b  slaghla  ^  Ög.   v  b   naghla  ^  Bu. 

2 .  akk  <  mhh  .■    akki   Vgl    I.     n  e  g.   akki,   akke,   a  s  n  akka  Ög. 

3.  all  <  ce//;  prät.  /a/  [=  awnord. /<r//]  Vgl  l.  falle  [=  /^//a] 
Vgl  lil,  fall  [=/cBld'\  Vgl  III.  fallts,  f alias  Ög.  Äö«^  ^«^//o  Bu. 
/  malli  Vgl  I.  malliim  Ög  [2].  a//<^r  Vgl  I  [49].  a//fr  Vgl  III. 
alla  Ög  [2],  SK  cod  B.  jjra// Ög  i».  dualia?^^  Bu.  /^a/za  ^  SK  cod. 
B.    [vgl.   hiermit  habiitiz  Bu].   /a//a  ^^  Ög   [vgl.   hiermit  tals  Vgl  1]. 

4.  flf/WW  {  cemm  :  matskammce  Vgl  I.  kor\n\skanimu  Og.  skiaml) 
Bi^e.   sambir  [nach   inf  *ja/«OT/(^  ^^]   Vgl   III. 

5.  fl!A7A7  <^  CP/7A7 .'  almannigs,  ahnanningi  Vgl  I.  bramice  Vgl  I. 
brafitiir  Og.  braiino  Vgl  II.  hanna  Bu  [2].  hanni  Vgl  I  [3].  hanni 
Vgl   III.   hanne  Ög,  Bu.  kannedom  Bii.  kanriir  Vgl  I  ^^.  panniggum  Br. 

'  Vgl.  Karlsson  Ark.  f.  nord.  fil.  I,  S.    385—392. 

^  Vgl.   Zetterberg  Bjärköarättens  Ijud  och  böjningslära,  S.    i   f. 

■**   Vgl.   Olson  Östgötalagens  Ijudlära,   S.    I — 23. 

■*  Vgl.   Ottelin   Studier  öfver  Codex  Bureanus,   passim. 

'"  Vgl.   Björkman   Smalandslagens  Ijudlära,   S.    5—6  und   57. 

"  Siehe  Ottelin  I  Ss.   58,   59.  II  Ss.  64,    143. 

'  Neben   nncrkar  [12]. 

**  Vgl.  Karlsson  Ark.  f.  nord.  fil.  I  391.  Noreen  Aschw  Gr. 
§   308.   2  a. 

•'   Vgl.  kmgglu  Vgl  I    58:4.   Noreen   Aschw.   Gr    §   296.   2. 
'"  Vgl.   prals,  as  pral  Vgl  I.    Doppelschreibung   des   /  in   a  s  ist  sowohl 
in   Vgl  I  [2   mal]  und   Vgl   II  als  auch  in   G.   L.   belegt. 
'*    Vgl.  Noreen  Aschw.    Gr.   §    296.    i. 
'-  Vgl.   prät.   kande  Bu. 


Axel  Kork^   Svensk  Ijudhisioria  I — II, r.  l8l 

pannivgum  Vgl  IV,  Ög.  pcmningce  Vgl  \W.  panninga  \_2\,  pannin gaiii 
C)g.  man  Vgl  I,  Vgl  II,  Vgl  III,  ( )g.  tiianni,  Ivanni,  tvanmim  Vgl  I 
[O].  pranni  [8],  prani  Vgl  I.  pmnni  Vgl  I.  konj.  an  ^  Vgl  I  [=;], 
SK,   Ög   [4].  Pan  Vgl   I  '[2],   Ög   [2]. 

6.  app(^3epp:  scappu  Vgl  III  [2].  scapnce  Vgl  III.  drapei 
Vgl  I.  dtap-^r  Br.  drapeer  Ög  [2].  dtaptr  Vgl  IL  Öw/er  Vgl  II  [2]  -. 

7.  ass  <^  aSSS.-  vb  /aj^«  Bu.  kyndehnasso  Bu.  sicelainasswx  SK. 
/>ö.fj2'  \'gl   I.    hasskap(£r  Ög.   vrass-nlice  Vgl   I.    vaslum  ^   Br. 

8.  att(^8ett:  siunattingcer  ^  Vgl  I  [15].  ra//«wi  Vgl  \\.  Jnat- 
iande  Ög.  />«//a,  ^a//^  Vgl  I.  ra/  Vgl  III,  Ög.  gialcsr'"'  Vgl  I. 
j«//a  6  SK  cod.   B.   2«.yrt://d;  ^   Bu. 

Ich  habe  oben  eine  Reihe  von  Belegen  gegeben,  in  welchen 
a  statt  ce  vor  einem  Konsonanten  angetroffen  wird,  dessen  Länge 
wohl  allgemein  anerkannt  ist,  und  es  scheint  mir,  dass  wir  getrost 
annehmen  können,  dass  (Z  in  solcher  Stellung  sich  dem  a  genähert 
hat.  Wenn  dies  anerkannt  wird,  können  wir,  wo  die  Belege  nicht 
zu  spärlich  sind,  die  Schreibung  mit  a  statt  ce  als  ein  Kriterium 
der  Länge  des  folgenden  Konsonanten  benützen. 

Es  ist  bekannt,  dass  in  gewissen  awnord.  Handschriften  /  und  n 
in  den  Verbindungen  Id,  li,  7id,  nt  doppelt  geschrieben  werden  "*, 
und  von  solcher  Doppelschreibung  finden  sich  auch  in  altschwedischen 
Handschriften  zahlreiche   Spuren  ^. 

Es  scheint  noch  keine  Einigkeit  darüber  vorhanden  zu  sein, 
in  welcher  Ausdehnung  diese  Doppelschreibung  die  Qualität,  die 
Quantität,  oder  die  Qualität  und  Quantität   der  /-und  »-Laute  be- 


'  Doppelschreibung  nicht  selten.  Vgl.  Björkraan  S.  52.  Noreen 
Aschw.  Gr.  §  299.  Wimmer  Lresebog''  S.  190,  Pipping  Guta  lag  och 
Guta  Saga,   Ordbok  S.    27   ^fyr  enn~\  und  S    89  [^ß  enn,  pann\ 

'  Vgl  II  Addil.  hat  oft  doppelgeschriebenes  /  in  drapa^  wo  die  Stamm- 
silbe geschlossen  ist:  dr^ppev  243:17,  d}-app  247:6.  247:10.  247:13, 
d7iEppnce  248:  18.  In  Vgl  IV  ist  /  nach  stimmhaftem  Laute  überall  gedehnt, 
auch  wenn  der  vorhergehende  Vokal  in  offener  Silbe  stand.  Z.  B.  koppa  [2I, 
skipp(tn  [2],  skippcEt  [4],  skippce.dhi,  skippaf^i,  skippis,  grippin.  Anders  Noreen 
Aschw.  Gr.  §  296.  Anm    2. 

^   Vgl.   Noreen   Aschw.   Gr.   §   296.   2. 

*    14   mal  siuniEttingCEr. 

'"  Vgl.   Noreen  Aschw.   Gr.   §   296.   4. 

^  Vgl.  Noreen  Aschw.   Gr.   §   296     1. 

'  Siehe  Noreen  Aisl.  Gr.^  §  269.  3  und  dort  citierte  Literatur. 

^  Z.  B.  Vgl  1:  halldm-,  gillde'n.  Vgl  II:  villdh.  Vgl  II  Addit:  gillt, 
skylldasi.  Vgl  IV:  tallt.  Bu :  milldasie,  villde,  elld.  Vm:  ellder  [2],  ellde  [2], 
elld,  elldar,  enfallt,  Uoefallt,  urficdlda:r,  gillda,  qillde,  [o]gilldar  [9],  [o]gilldr  [2], 
{o]gtlld  [6],  [o]gillt  [5],  ogilldir  [3],  ogilldar,  gilldror,  galld,  gallda  etc.  [47], 
hallda  etc.  [25],  halldier  [18],  hallder,  halldr,  pylldcer,  salldi,  scellde  [4],  salld  [3], 
skyllder  [2],  -walld  [6],  siallfswall^,  vallda  [2],  wallda,  willde  [2],  galltcer,  gallie. 


i82   Bcsprecliurii^en.  Hus^o  Pippini;,   Axel  Kock,   Svensk  Ijudhistoria  I — //,/. 

zeichnen  soll  ^  Für  w-irkliche  Dehnung  spricht  die  Schreibung  mit 
a  statt  (R  in  folgenden  Fällen : 

halldar  Vgl  \,  hald&r  SK,  haldo^r  Ög  [2]  kalda  ßu,  W«/ Ög, 
halz  Bise,  ualt'^  Vgl  I,  Ög,  altir  Vgl  I,  frandcBr  [2]  Ög,  hande, 
handi,  handoRr,  hanjjcer  Vgl  I,  hanper  Vgl  III,  hanta  Bu,  inlandin- 
gcer,   utlandi7io(ci ,   7äla?idzk,  iande,   uanda   Og,   rantaer  Vgl   I. 

Sekundäre  Dehnung  von  intervokalischem  m  ist  in  mehreren 
altwestg.  Denkmälern  belegt.  In  Vgl  II  finden  wir:  kumnin  [=  *kum- 
min\  ensammin  [2],  in  Vgl  II  Addit.:  ensammce,  ensammmn,  in  Vgl  II 
K :  ru7nmi,  sommar,  mizswiimars,  in  Vgl  III :  ro  m  ineii,  vhemmolih 
[2],  in  Vgl  IV:  Vtdhemmfje,  forncemmis,  lat.  hummulo,  in  Vgl  I 
K:  rummi.  Dass  eine  entsprechende  Dehnung  auch  schon  in  der 
Sprache  des  Vgl  I  vorhanden  war  ^,  wird  vielleicht  durch  den  Vokal 
in  fornamix  angedeutet.  Natürlich  ist  die  Annahme  von  einem 
Schreibfehler  nicht  ausgeschlossen,  aber  die  Zusammenstellung  von 
fornamix  in  Vgl  I  mit  forncemmis  in  Vgl  IV  scheint  mir  doch  ver- 
lockend. 

Ich  könnte  noch  eine  Menge  von  Fällen  aufzählen,  in  welchen 
die  hier  besprochenen  Schriften  a  statt  ce  haben,  und  wo  die  Deh- 
nung des  folgenden  Konsonanten  wahrscheinlich  oder  wenigstens 
nicht  ausgeschlossen  ist.  Ich  werde  das  Problem  nächstens  anderswo 
ausführlich  besprechen.  Was  ich  jetzt  vorgebracht  habe,  dürfte 
jedenfalls  genügen  um  zu  zeigen,  dass  es  in  der  altschwedischen 
Lautlehre  noch  recht  wichtige  Fragen  giebt,  deren  bisherige  Be- 
handlung ungenügend  war. 

Ein  abschliessendes  Werk  im  strengen  Sinne  des  Wortes  ist 
Kock's  'Svensk  Ljudhistoria'  also  nicht.  Aber  m  dieser  grossan- 
gelegten Arbeit  begrüssen  wir,  wie  ich  oben  schon  gesagt  habe, 
eine  höchst  notwendige  Zusammenfassung  von  dem,  was  ein  seit 
Jahrzehnten  führender  Forscher  auf  dem  Gebiete  der  schwedischen 
Lautgeschichte  jetzt  über  diese  Dinge  denkt.  Und  wer  soviele  Pro- 
bleme endgültig  gelöst  hat  wie  Kock,  wird  es  ruhig  tragen  können, 
dass  andere   Forscher  ihm   nicht  immer  zustimmen. 

Hugo  Pipping. 


^  Siehe  Noreen  Aisl.  Gr.*  §  269.  3,  Aschw.  Gr.  §  38.  Anm.  i  und 
dort  cilierle   Literatur,   Sv.   Landsm.   I   354.   Kock   Fsv.    Ijudl.   S.   398. 

*  Prät.  von  valda,  welches,  wie  ich  vermute,  nach  dem  Musler  halda, 
prät.   h(cH  gebildet  wurde.   Sonst  anders  aufgefasst. 

^  Die  Form  ruxnnii  in  Vgl  I  K  darf  nicht  als  Beweismaterial  benützt 
werden,  denn  die  Sprache  in  K  ist  von  der  der  übrigen  Teile  des  Gesetz- 
buches wesentlich  verschieden.  Die  wichtigsten  Unterschiede  sind  folgende: 
Normaler  Svarabhaktivokal  ist  in  K  unbedingt  e,  sonst  unbedingt  ct.  E  statt  if 
in  Starktoniger  Silbe  tritt  in  K  acht  mal  häufiger  auf  als  sonst  [41  "o  gegen 
etwa  5  "/oj-  Der  Übergang  ia  >  kr  in  schwachtonigen  Silben  ist  in  K  Aus 
nähme  [20  »/o],  sonst  Regel  [83  7o]. 


U.   Lindeiöf,    Wilhelm   Hörn,  Hisi.   neueuglische   Grammatik,  I.  183 

Wilhelm  Hörn,  Historische  neuenglische  Grammatik,  I.  Laut- 
lehre.  XVI  -f-  239  S.  Strassburg,  Trübner,    igo8. 

Der  durch  frühere  Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  der  eng- 
lischen Lautgeschichte  rühmlichst  bekannte  Verfasser  giebt  in  dem 
vorliegenden,  klar  und  übersichtlich  aufgestellten  und  auch  typo- 
graphisch ansprechenden  Buche  eine  zusammenfassende  Darstellung 
der  Entwickelung  des  englischen  Lautsystems  vom  Ausgang  der 
mittelenglischen  Periode  bis  zum  heutigen  Tag.  Sämtliche  der  For- 
schung zu  Gebote  stehenden  Hilfsmittel  werden  mit  grösster  Um- 
sicht zu  Rate  gezogen  und  ausgebeutet,  so  vor  allem  die  Angaben 
der  Grammatiker  imd  Orthoepisten  und  die  neuenglischen  Mund- 
arten, insofern  diese  die  Lautentwickelung  der  Gemeinsprache  be- 
leuchten. Der  Verfasser  sucht  überall,  zumal  in  dem  ersten  und 
ausführlichsten  Teil  der  Arbeit  —  der  Darstellung  der  Vokale  in 
hochtonigen  Silben  — ,  die  ungestörte  Entwickelung  des  Lautes  und 
die  verschiedenea  Beeinflussungen  durch  Nachbarlaute  scharf  zu  prä- 
zisieren und  den  Gang  der  Entwickelung  chronologisch  klar  zu 
legen.  Ein  besonderes  prinzipielles  Interesse  bieten  die  Erklärungen 
durch  Einfluss  des  Schriftbildes  oder  durch  mundartlichen  Einschlag. 
Am  Ende  des  Baches  verden  die  Resultate  nochmals  in  gedräng- 
ter Form  und  in  einer  tabellarischen  Übersicht  der  Geschichte  der 
Vokale  zusammengefasst.  Ein  ausführliches  Wortregister  erleichtert 
sehr  den  Gebrauch  des  an  Beispielen  überaus  reichen  Buches. 
Beigefügt  ist  eine  Dialektkarte  nach  Ellis.  —  Soeben  ist  mir  der 
erste  Teil  von  Jespersen's  Modern  English  Grammar  (Heidelberg 
190g)  in  die  Hände  gekommen,  der  denselben  Gegenstand  behan- 
delt wie  das  Horn'sche  Buch,  aber  in  Bezug  auf  Aufstellung  ein 
ganz  anderes  System  befolgt.  Eine  Vergleichung  dieser  beiden  auf 
der  Höhe  der  gegenwärtigen  Forschung  stehenden  Darstellungen 
der  neuenglischen  Lautgeschichte  lässt  die  Schwierigkeitea  dieses 
Gebietes  der  Sprachentwickelung  in  scharfer  Beleuchtung  hervortreten. 
Abweichungen  kommen  vor,  rieht  nur  in  der  Auffassung  von  Einzel- 
heiten (so  z.  B.  betreffend  die  Entwickelung  der  neuenglischen 
ä-Laute),  sondern  auch  in  der  Verwertung  der  Hilfsquellen  und 
den  Prinzipien  der  Erklärung  (z.  B.  hinsichtlich  der  Ausdehnung, 
in  welcher  mundartliche  Einflüsse  auf  die  Gemeinsprache  ange- 
nommen werden  dürfen).  Das  beinahe  gleichzeitige  Erscheinen  der 
beiden  Werke  kann  nicht  umhin,  die  weitere  Forschung  auf  dem 
Gebiete  der  englischen  Lautgeschichte  kräftig  zu  fördern  —  eine 
Forschung,  die  nicht  nur  für  dieses  spezielle  Gebiet  Bedeutung 
hat,  sondern  auch  in  ungemein  hohem  Grade  geeignet  ist,  die  all- 
gemeinen  Prinzipien   der  Sprachentwickelung  zu  beleuchten. 

U.  Lindeiöf. 


184   Bcsptediutigcu.    U,  LindeiöJ\  Alois  ßrandl,  Gesch.  der  altengl.  Literatur. 

Alois  Brandl,  Geschichte  der  altenglischen  Literatur.  Sonder- 
ausgabe aus  der  zweiten  Auflage  von  Pauls  »Grundriss  der  ger- 
manischen  Philologie».    204   S.  gr.   8:0.   Strassburg,    Trübner,  igo8. 

Nur  in  grösster  Kürze  will  ich  die  Aufmerksamkeit  auf  dieses 
bedeutende  Werk  des  hochverdienten  Gelehrten  richten,  das  um 
so  willkommener  ist,  als  ja  in  der  ersten  Auflage  des  Grundrisses 
die  ten  Brink  anvertraute  Behandlung  der  altenglischen  Litteratur 
durch  den  Tod  des  Verfassers  unvollendet  blieb.  Brandl  giebt  in 
dem  hier  vorliegenden  Buche  eine  Darstellung  der  altenglischen 
Litteraturgeschichte  von  den  ersten  Anfängen  bis  zur  Mitte  des 
zwölften  Jahrhunderts.  Er  bezeichnet  (S.  3)  sein  Werk  als  einen 
»schlichten  Wegweiser  mit  nüchterner  Systematik  und  möglichst 
vollständiger  Aufzählung  auch  minderwertigen  Materials,  soweit  es 
gedruckt  ist».  In  dieser  Charakterisierung  seiner  Arbeit  ist  Prof, 
Brandl  indessen  viel  zu  bescheiden,  denn  neben  den  mehr  syste- 
matisierenden Teilen  und  der  reichhaltigen  Bibliographie  enthält 
das  Buch  auch  manche  Abschnitte  ästhetischen  und  kulturgeschicht- 
lichen Charakters,  welche  die  Lektüre  des  »schlichten  Wegweisers» 
sehr  fesselnd  machen.  Ich  brauche  nicht  zu  sagen,  dass  Brandts 
Buch  einem  jeden,  der  sich  mit  altenglischer  Litteratur  oder  Philo- 
logie beschäftigt,  unentbehrlich  ist. 

U.   Lindelöf. 


Emil  Burger,  Deutsche  Frauenbriefe  aus  zwei  Jahrhunderten. 
Mit  vier  Bildnissen.  Frankfurt  a.  Main  und  Berlin,  Verlag  von 
Moritz  Diesterweg,  1908.  Diesterwegs  deutsche  Volksausgaben,  hrsg. 
von   Direktor  E.   Keller,   Band   4. 

Das  Interesse  für  den  Privatbrief  hat  während  der  letzten 
zehn  Jahre  in  Deutschland  eine  ungeheure  Steigerung  erfahren,  die 
sich  nicht  nur  darin  äussert,  dass  immer  neue  Briefwechsel-Litera- 
tur auf  den  Markt  geworfen  wird  und  Auszüge  aus  dem  angesam- 
melten Briefschatz  für  weitere  Kreise  zu  billigem  Preis  herausge- 
geben werden,  sondern  auch  darin,  dass  man  Briefe  verschiedener 
Persönlichkeiten  unter  kulturgeschichtlich  wichtigen  Gesichtspunkten 
zu  selbständigen  Büchern  vereinigt.  So  bescherte  uns  1905  J.  Zeitler 
eine  schöne  Auslese  deutscher  Liebesbriefe  aus  neun  Jahrhunderten, 
und  so  hat  es  jetzt  E.  Burger  unternommen,  den  Anteil  der  Frau 
an  der  deutschen  Briefliteratur  wie  überhaupt  an  dem  deutschen 
Geistesleben  der  letzten  zweihundert  Jahre  in  einer  hübsch  ausge- 
statteten Sammlung  von  100  FrauenbrJefen  zu  veranschaulichen. 
Er    führt    uns    von    einer  der  grössten  Briefschreiberinnen  vor  dem 


Gustaz'  Schmidt,   Emil  Btirger,  Deutsche  Fratieubricfe.  1S5 

Herrn,  der  pfälzischen  Fürstentochter  Elisabeth  Charlotte,  die  wäh- 
rend eines  50-jährigen  Lebens  am  Hofe  Ludwigs  XIV.  zäh  an 
ihrer  heimischen  Sprache  und  an  ihrer  Liebe  zur  Heimat  festhielt, 
direkt  in  die  deutsche  Literatur.  Die  Vermittlung  zwischen  dem  in 
allen  Regungen  unverkennbaren  Kind  des  17.  Jh  und  der  ersten 
Periode  des  neuen  deutschen  Schrifttums  schaffen  einige  Briefe  von 
Gottscheds  Gattin.  Am  Eingang  der  merkwürdigen  Zeit  stehen 
Klopstocks  Braut  Meta  Moller  und  Herders  spätere  Gattin  als 
Repräsentantinnen  der  gefühlsseligen  Schwärmerei;  später  folgen 
Lessings  Eva  als  Typus  des  prosaischeren  Menschen  der  frideri- 
zianischen  Ära  und  ausserhalb  des  literarischen  Lebens  die  wuchtige 
Gestalt  Maria  Theresias.  Danach  schliesst  sich  der  Brief  fest  um 
zwei  bestimmte  Mittelpunkte  zusammen,  um  Goethe  und  Schiller, 
nach  Schülers  Tode  ausserdem  um  das  grosse  weltgeschichtliche 
Ereignis  am  Anfang  des  19  Jh.  Nur  einmal  flammt  zwischendurch 
das  Gestirn  Jean  Pauls  auf.  Viele,  die  den  beiden  grossen  Dichtem 
nahegestanden  haben,  als  Mutter,  Schwester,  Braut  und  Gattin,  als 
Freundin  und  Gönnerin,  melden  von  deren  äusserem  Leben  und 
Schaffen  und  teilen  ihre  eigenen  Gedanken  darüber  mit.  Von  den 
Kreisen  zweigen  sich  einzelne  Frauengestalten  ab :  so  die  Humboldts, 
aus  deren  Briefen  sich  ein  Stück  deutscher  Familiengeschichte  webt, 
andere  finden  wir  zwischen  1806  und  13  wieder,  wie  Glieder  der 
Schillerschen  und  Kömerschen  Familie,  denen  sich  die  Königin 
Luise  von  Preussen,  Johanna  Schopenhauer  und  die  nachmalige 
Frau  von  Clausewitz  anschliessen,  letztere  schnell  über  die  Zeitver- 
hältnisse hinauswachsend.  Wie  Schillers  Tod  noch  lange  in  den 
Briefen  nachwirkt,  so  erweckt  Goethes  Hingang  noch  einmal  einen 
lauten  Widerhall  im  Frauenbrief:  ein  ausführlicher  Bericht  Luise 
Seidlers  gibt  eine  Vorstellung  davon.  Hiemach  aber  findet  sich  in 
dem  Buche  keine  Persönlichkeit  und  kein  Ereignis  mehr,  die  wie 
in  dem  vorausgehenden  klassischen  Zeitalter  des  deutschen  Briefes 
eine  grössere  Schar  von  Briefschreiberinnen  um  sich  za  sammeln 
vermögen.  So  vereinigt  Grillparzers  Name  nur  einseitig  die  Briefe 
Clara  Wiecks  und  Kati  Fröhlichs,  und  ganz  unvermittelt  findet  sich 
darauf,  während  der  Humboldt-Bülowsche  Briefwechsel  für  sich 
fortdauert,  Annette  von  Droste-Hülshoff  ein.  Und  so  ist  es  auch 
mit  den  Gestalten,  die  uns  in  den  übrigen  Nummern  der  Samm- 
lung entgegentreten  :  von  dem  Leben  der  deutschen  Frau  daheim 
während  des  Krieges  von  1870  und  71  erzählt  nur  ein  Brief  von 
Luise  Reuter,  und  flüchtig  genug  erinnern  einige  Zeilen  von  ihr, 
von  Luise  von  Francjois  und  der  Grossherzogin  Luise  von  Baden 
an  die  neueste  Zeit  der  deutschen  Literatur  und  Philologie.  Ein 
Anhang  bringt  noch  einen  Brief  der  Frau  von  Clausewitz,  einen 
Brief,   wie  ihn  nur  eine  deutsche   Frau  schreiben   wird  und   der  für 


l86    /Besprechungen.   Gustav   Sihinidt^   Emil  Bürger,  Deutsche  Frauenbriefe. 

den  wenigstens  in  dieser  Sammlung  etwas  gipfellosen  letzten  Teil 
der  Geschichte  des  deutschen  Privatbriefs  einigermassen  entschädi- 
gen soll. 

Der  Herausgeber  hat  seine  Briefe  nicht  nach  den  Namen 
der  Verfasserinnen  gruppiert,  sondern  sie,  wie  es  bei  dem  einzelnen 
Briefwechsel  Brauch  ist,  in  streng  chronologischer  Reihenfolge  geord- 
net. Das  war  ein  glücklicher  Gedanke,  denn  nur  so  treten  ja  für 
weitere  Kreise  gewisse  grosse  zeit-  und  kulturgeschichtliche  Zusam- 
menhänge deutlich  vor,  so  können  grosse  Persönlichkeiten,  Strömun- 
gen und  Stimmungen  der  Zeit  mühelos  erkannt  werden,  so  wird 
schliesslich  die  Lektüre,  wegen  des  jedem  bekannten  äusseren  Ganges 
der  Ereignisse,  bedeutend  erleichtert  und  mit  einem  treibenden  Mo- 
ment versehen,  fraglich  mag  es  dabei  erscheinen,  ob  sich  der  Anteil 
der  Frau  an  dem  Geistesleben  zusammenhängend  und  für  alle 
Perioden  lediglich  aus  den  Frauenbriefen  herausarbeiten  lässt.  Schon 
die  obige  Uebersicht  zeigt,  dass  dies  nicht  möglich  ist,  ganz  einfach 
darum  nicht,  weil  es  noch  immer  an  Material  fehlt.  Und  so  wird 
denn  die  Auswahl  der  Briefe  je  länger  je  mehr  durch  einen  engeren 
Gesichtspunkt  mitbestimmt:  wo  direke  Einflüsse  der  Briefschreibe- 
rinnen aus  ihren  Briefen  nicht  her\'orgeholt  werden  können,  geht 
man  darauf  aus  Material  zusammenzubringen,  das  in  erster  Linie 
die  Schreibende  selbst  möglichst  treffend  charakterisiert.  Die  Bedeu- 
tung der  Frau  für  den  kulturellen  Fortschritt  wird  sich  in  ihrer 
Empfänglichkeit  für  das  Bedeutende  im  Kulturleben  spiegeln,  und 
so  wird  der  engere  Gesichtspunkt  doch  wieder  dem  weiteren  dienen. 

Dem  Herausgeber  ist  es  unstreitig  gelungen  viel  Bedeutsames 
beizubringen.  Besondere  Wünsche  mag  freilich  mancher  haben.  So 
vermisst  man  wohl  hin  und  wieder  einen  Zug,  ohne  den  das  Bild 
einer  Briefschreiberin  nicht  vollständig  wird:  bei  Liselotte  z.  B.  die 
Pfaffenantipathie  und  die  Grämlichkeit  ihrer  alten  Tage,  bei  Eva 
König  etwas  warme  Regungen,  t.hne  die  sie  doch  etwas  zu  haus- 
backen und  ehrpusselig  erscheint,  bei  der  Frau  Rat  Goethe  das 
Reimtalent.  Auch  die  Bedeutung  Kati  Fröhlichs  für  das  Schaffen 
Grillparzers  ahnt  man  aus  den  beiden  mitgeteilten  Briefen  nicht. 
Freilich  ist  bisher  nichts  weiter  von  ihr  an  den  Dichter  gedruckt. 
Schliesslich  fragt  es  sich,  ob  der  Herausgeber  gut  daran  getan  hat 
aus  der  allgemeinen  Entwicklung  des  Volkes  wesentlich  nur  die 
Literatur-  und  Kriegsgeschichte  herauszugreifen  und  zu  illustrieren. 
Da  einmal  mit  Clara  Wiecks  Brief  an  Robert  Schumann  die  Musik 
gestreift  war,  konnte  auch  der  Richard  Wagnersche  Kreis  berück- 
sichtigt werden,  aus  dessen  Briefwech>el  mancherlei  Wertvolles  liätte 
gewonnen  werden  können.  Durch  Streichung  von  hie  und  da  Wie- 
derholtem und  einigem  leicht  Errafften  hätte  gut  Platz  für  Proben 
aus  dem   bezeichneten   und  anderen   Kulturgebieten  geschaffen  und 


J,  Poirot^  Faul  Scydel,   Experimentelle    Versuche.  187 

das  Hundert  der  Briefe  voll  gemacht  werden  können.  Jedenfalls 
hätte  der  Reiz,  der  ohnehin  von  den  Briefen  der  in  der  Samm- 
lung auftretenden  37  Frauen  ausgeht,  sich  dadurch  noch  wesentlich 
verdichten   lassen. 

Zu  guter  Letzt  ein  paar  philologische  Bemerkungen,  Ein 
Quellennachweis  teilt  mit,  woher  der  Herausgeber  sein  Material 
genommen  hat  (Nachträgliches  in  den  Anmerkungen  zu  den  Nr. 
43  und  öl)  Nach  den  Erläuterungen  und  Einführungen  der  hier 
angegebenen  Literatur  sind  auch  meistens  die  zum  Verständnis 
mancher  Punkte  notwendigen  Anmerkungen  bearbeitet.  Sieht  man 
Sich  die  Textgestaltung  näher  an,  so  muss  man  sich  wundern,  wes- 
halb dieselbe  den  Quellen  nicht  immer  getreu  folgt.  Während  z.  B. 
der  Brief  Anna  Hölzeis  an  Schiller  buchstäblich  genau  mit  allen 
orthographischen  Ungeheuerlichkeiten  abgedruckt  ist,  gibt  es  in  der 
Sammlung  kaum  einen  Brief  der  Goethemutter,  in  dem  nicht  kleine 
Änderungen  der  Schreibung  vorgenommen  sind.  Ebenso  in  den 
Briefen  der  Liselotte.  Die  Briefe  Kati  Fröhlichs  sind  durchweg 
modernisiert  (der  genaue  Abdruck  im  Jahrbuch  der  Griilparzer- 
Gesellschaft,  Bd.  5).  Dieses  Verfahren  ist  oft  und  mit  Recht  getadelt 
worden;  wo  es  sich  nicht  um  moderne  Umsetzung  des  ganzen 
Textes  handelt,  beruht  es  offenbar  auf  Nachlässigkeit.  Zu  Ottilie 
V.  Goethes  Brief  an  ihren  Vater  S.  189  Z.  23  gibt  das  Goethe- 
jahrbuch Bd.  28  S.  41  ausdrücklich  eine  Lücke  hinter  »weissen» 
an;  Burger  berücksichtigt  den  Wink  indes  ebenso  wenig  wie  die 
Eriäuterung,  die  Bd.  5  S.  237  der  Schriften  der  Goethegesellschaft 
zu  »Cere»  (S.  77  Z.  16  der  vorliegenden  Sammlung)  für  erforder- 
lich gehalten  wird.  Anderseits  hätten  wohl  Ludwigs  XIV.  Kriegs- 
minister Marquis  de  Louvois  (S.  21  Z.  ig)  und  Frl.  von  Goech- 
hausen  (S.  61  Z.  6  usw.)  ein  paar  Worte  verdient.  Infolge  eines 
Druckfehlers  ist  in  der  Anmerkung  zu  Nr.  96  als  Todesjahr  Fritz 
Reuters  1873  statt  1874  angegeben.  —  Eine  Einleitung,  in  der 
nicht  ohne  gewaltsame  Anknüpfungen  eine  Charakteristik  der  Brief- 
schreiberinnen versucht  wird,  ein  willkommenes  Personenverzeichnis 
und  vier  Reproduktionen  der  bekanntesten  Bildnisse  der  Frau  Rat 
Goethe,  Elisabeth  Charlottes,  Charlotte  Schillers  und  der  Königin 
Luise  von  Preussen  sind  dem  Buche  beigegeben. 

Gustai^   Schmidt. 


Paul  Seydel,  Experimentelle  Versuche  über  die  labialen  Ver- 
schlusslaute im  Deutschen  und  Französischen  mit  besonderer  Be- 
rücksichtigung methodischer  Fragen  (Im  experimentell-sprachwissen- 
schaftlichen Laboratorium  der  Breslauer  Universität),  Kapitel  I  bis 
III.  Breslau,   Fleischmann,    1908,  67  Ss.  8:0  (Diss.).   —  Ders.,  Die 


l88  ßisprechiDi^oi.     J.   Poirot, 

labialen  Vcrschlusslaute  des  Deutschen  und  Französischen,  experi- 
mentell untersucht  (S.-A.  aus  dem  Jahresbericht  der  Schles.  Ge- 
sellschaft für  vaterl.  Cultur  1908,  32  Ss.  8:0.  —  Zugleich  Kap. 
IV  der  vorhergehenden   Arbeit). 

Der  Verfasser  hat  ein  Problem  in  Angriff  genommen,  das 
öfters  der  Gegenstand  der  Forschung  gewesen,  und  trotzdem  in 
mancher  Hinsicht  unklar  geblieben  ist.  Er  hat  sich  der  experi- 
mentellen Methode  bedient,  und  dabei  die  nötige  Kritik  geübt,  so 
dass  diese  Erstlingsarbeit  dem  Verfasser  und  dem  Laboratorium 
zu  Ehren  gereicht,  und  eine  willkommene  Beieicherung  der  pho- 
netischen Literatur  bezeichnet. 

Die  Dissertation  enthält  nur  die  Einleitung:  historischer  Über- 
blick der  Theorien  über  die  Natur  der  Verschlusslaute,  und  Dar- 
stellung der  Versuchsanordnungen.  Die  Abhandlung  enthält  das 
Versuchsmaterial  und  die  Resultate,  welche  viele  Faktoren  berück- 
sichtigen: Einfluss  des  Akzentes,  der  Stellung  (An-,  In- und  Auslaut), 
des  folgenden  Vokals,  und  Unterschiede  zwischen  Media  und  Tenuis. 

Die  Hauptresultate  sind  folgende: 

1:0.  Die  antevokalische  Tenuis  wird  desto  kräftiger  artiku- 
liert, je  stärker  der  Vokal  betont  ist.  —  Die  Tenuis  zwischen  un- 
betonten Vokalen  zeigt  eine  deutliche  Neigung  zum  Mediatypus, 
ein  Vorgang,  den  der  Verf.  mit  dem  Vernerschen  Gesetz  vergleicht, 
was  vielleicht  nicht  ganz  einwandfrei  ist. 

2:0.  Der  Verlauf  der  Druckkurve  ist  verschieden  je  nach 
der  Stellung  im  phonetischen  Kontinuum.  Bei  anlautender  Ex- 
plosiva erreicht  der  Druck  sein  Maximum  erst  unmittelbar  vor  der 
Explosion,  inlautend  aber  ein  Stück  vorher,  so  dass  der  eigentliche 
Verschluss  durch  annähernd  gleichen  Druck  charakterisiert  wird. 
Feinere  Unterschiede  lassen  sich  bei  dem  2:ten  Typus  feststellen. 
—  Die  Explosion  bei  auslautender  Tenuis  hat  mitunter  gefehlt: 
diese  Erscheinung  ist  mir  bei  meinen  Untersuchungen  über  finnisch- 
ugrische  Dialekte  massenhaft  begegnet, 

3:0.  Im  Deutschen  untersche  det  sich  p  von  b  durch  stärkere 
Artikulation  und  breitere  Glottisstellung;  im  Frz.  ist  p  stärker  arti- 
kuliert, hat  aber  geringere  Öffnung  der  Stimmritze,  wobei  verschie- 
dene Grade  wohl  vorhanden  sind.  —  Gegenüber  deutschem  b  ist 
frz.  b  stimmhafter,  hat  aber  stärkeren  Munddruck,  und  kommt  sogar 
dem  deutschen  p  gleich;  frz.  p  hat  noch  stärkeren  Munddruck  als 
der  deutsche  Laut;  der  nachfolgende  Vokal  hebt  aber  im  Deutschen 
später  an,  als  im  Französischen. 

4:0.  Als  Hauptunterschiede  zwischen  Media  und  Tenuis 
sieht  der  Verf.  die  Tonverhältnisse  und  die  Art  der  Wiederöffnung. 
Die  Tenuis  ist  Sprengungslaut;  die  typische  Media  hat  stimmhafte 


Paul  Seytül,   Experimentelle    Versuche  über  die  labialen    Verschlusslaute.    189 

Plosion  und  Lösungsöffnung.  Doch  genügt  nur  der  eine  Faktor 
um  den  Eindruck  der  Media  hervorzurufen :  Stimmhaftigkeit  trotz 
einer  Öffnung,  die  mehr  den  Charakter  der  Sprengung  trägt  (frz.), 
oder  Lösung  trotz  Stimmlcsigkeit  (deutsch). 

Im  Punkte  3  stimme  ich  dem  Verf.  nicht  ohne  Vorbehalt 
bei;  die  anderen  Resuhate  dürften  aber  von  bleibendem  Wert  sein, 
und  einige  Streitfragen  erledigen,  bzw.  neue  Forschungen  anbah- 
nen. Die  Arbeit  verdient  also  die  volle  Aufmerksamkeit  der 
Fachleute. 

Ich    gehe   jetzt    zu    den    einzelnen    Anmerkungen  über. 

Zur   Versuchstechnik.   —  Der  Verf.  registrierte  gleichzeitig: 

1:0  die  Schwingungen  der  Stimmbänder,  durch  E.  Meyers 
Kehlkopfkapsel  untersucht ; 

2:0  den  inneren  Munddruck,  durch  ein  kleines  Rohr,  hinter 
die  Zähne  gesetzt; 

3:0  die  Luftausströmung,  durch  einen    Mundtrichter. 

Diese  drei  Apparate  waren  mit  je  einem  Mareyschen  Tambour 
verbunden.  Eine  eingehende  Beschreibung  findet  sich  in  der  Diss.  — 
Damit  hat  der  Verf.  wertwolle  Resultate  erzielt;  die  Anordnung 
hat  aber  auch  ihre  Mängel: 

1:0  die  Gesamtbewegungen  des  Kehlkopfes  werden  nicht 
registriert,  oder  sind  keiner  Deutung  fähig.  Dass  jedoch  solche  Be- 
wegungen vorhanden  sind,  zeigen  die  Kurven.  Man  müssle  eine 
besondere  Einrichtung  für  deren  Aufzeichnung  verwenden. 

2:0  eine  metallene  Kapsel  hat  den  Nachteil  der  Eigenschwin- 
gungen; besser  wäre  bei  derartigen  Versuchen  ein  ganz  kleiner 
Ballon  aus  dickem  Gummi,  wie  man  sie  zum  Aufstreuen  von  In- 
sektpulver gebraucht,  dessen  Boden  und  Seiten  man  schneidet,  um 
ihn  der  Form  des  Schildknorpels  anzupassen,  und  den  man  ein- 
fach mit  Pflaster  oder  Kitt  anklebt,  statt  ihn  mit  einer  Halsbinde 
festzuschnallen,  was  die  freien  Bewegungen  leicht  stören  kann. 

3:0  der  Druckzeichner  von  Dr  S.  hat  die  gute  Eigenschaft, 
dass  er  für  den  Ton,  wie  es  scheint,  sehr  empfindlich  ist,  und 
dürfte  in  dieser  Beziehung  die  gewöhnlichen  Einrichtungen  über- 
treffen. Er  gestattet  aber  erstens  keine  absolute  Messung  des 
Druckes,  da  er  wohl  schwer  zu  aichen  ist.  Andrerseits  ist  die 
ganze  Rohrleitung  von  Luft  gefüllt,  und,  abgesehen  von  den  De- 
formationen, die  aus  dem  wechselnden  Lumenprofil  der  Leitung 
herrühren,  sind  Verdichtung  der  Luft,  Erweiterung  der  Wände, 
Spannungsunterschiede  der  Membran  zu  befürchten.  —  Zweck- 
mässig wäre  eine  Verbindung  dieses  Druckmessers  mit  einem  em- 
pfindlichen Manometer  nach  Hürthle  (mit  Gummimembran),  dessen 
Leitung  mit  Wasser  gefüllt  wird  (daher  kein  Verlust  durch  Luft- 
verdichtung).     Es    ist    um  so  mehr  zu  empfehlen,  als  die  Schwin- 


igo  Besprechungen.     J.  Poirot, 

gungen  tler  Drucklinie  die  Messungen  sehr  erschweren,  während 
die  Linie  des  Hürthleschen  Manometers  keine  Kräuselungen  auf- 
weist. 

4:e  die  Tambouren  waren  mit  Gummiraembranen  bedeckt, 
unter  Erreichung  möglichst  gleicher  Anfangsspannung.  Für  Ver- 
suche, die  sich  über  mehrere  Tage  erstrecken,  ist  aber  das  Gummi 
kein  geeignetes  Material,  da  es  die  Spannung  zu  sehr  ändert, 
ausserdem  nicht  lange  tauglich  bleibt.  Weit  bessere  Dienste  leistet 
das  Goldschlägerhäutchen,  das  man  in  verschiedenen  Dicken  be- 
kommen kann;  es  ändert  seine  Spannung  nicht  wesentlich,  ist  für 
Ton  gut  empfindlich,  genügend  elastisch,  ausserdem  beinahe  unbe- 
grenzt dauerhaft. 

5:0  die  Luftstromleitung  trägt  am  Eingang  eine  Zwischen- 
membran, wodurch  die  Luftsäule  der  Leitung  von  der  Aussenluft 
isoliert  wird.  Nach  den  Kontrollversuchen  des  V.  (Diss.  S.  52) 
soll  diese  Einrichtung  keine  Störung  der  relativen  Verhältnisse  für 
die  Explosion  (Höhe  und  Zeit)  zur  Folge  haben.  Unberücksichtigt 
blieb  aber  der  Einfluss  auf  die  Tonverhältnisse.  Dass  die  Explo- 
sionslinie weniger  steil  wird  (also  Verzögerung  des  Gipfels),  ist  von 
vornherein  zu  erwarten,  da  eine  Massenbewegung  der  Luftsäule 
dazu  nötig  ist,  die  von  der  Zwischenmembran  verzögert  wird;  es 
ist  aber  nicht  sicher,  und  kaum  wahrscheinlich,  dass  die  Moleku- 
larbewegungen (Tonschwingungen)  dieselbe  Verspätung  erfahren. 
Man  kann  vermuten,  dass  sie  sich  unbehindert  verpflanzen,  und 
daher  einen  scheinbaren  Vorsprung  haben  werden.  Was  diese 
Annahme  nahe  legt,  ist  eben  der  Umstand,  dass  die  Vokalschwin- 
gungen für  deutsche  anlautende,  also  tonlos  aspirierte,  p  unmittel- 
bar beim  Gipfel,  und  für  frz.  p  mitten  in  der  aufsteigenden  Linie 
anheben,  während  die  normalen  Formen,  die  sonst  in  der  Litera- 
tur bekannt  sind,  die  Tonschwingungen  für  frz.  p  gewöhnlich  erst 
beim  Gipfel,  und  für  deutsche  p  ein  Stück  nach  dem  Gipfel  zei- 
gen. Dieser  Umstand  wirkt  allerdings  auf  relative  Angaben  nicht 
schwer,  denn  es  bleibt  bestehen,  dass  zwischen  reiner  und  aspi- 
rierter Tenuis  ein  Unterschied  in  der  Zeit  für  die  Erscheinung  des 
Tones  vorliegt;  die  absoluten  Angaben  aber  (wann  der  Ton  er- 
scheint) sind  verdächtig. 

6:0  nicht  unbedenklich  ist  der  Umstand,  dass  die  frz.  Ver- 
suchspersonen auch  die  deutschen  Sätze  mitsprachen ;  eigentlich 
kann  man  damit  nur  Zwitterlaute  bekommen,  die  kaum  brauchbar 
sind.  Die  Stärkeunterschiede  in  verschiedenen  Satzstellungen  sind 
im  Frz.  viel  geringer  als  im  Deutschen,  und  aus  dem  Bestreben, 
alla  iedesca  auszusprechen,  können  nur  zu  leicht  unnatürliche  Ar- 
tikulationen entstehen,  die  man  weder  für  Frz.,  noch  für  Deutsch 
betrachten    kann.     Noch    mehr    zu  bedauern  ist,  dass  in  den  bei- 


Paul  Scydel,   Experimentelle    Versuche  über  die  labialen    Verschlusslaute,    igi 

gegebenen  Kurven  beinahe  nur  Proben  aus  diesen  verdächtigen 
Sätzen  als  frz.  Tenuesbeispiele  mitgeteilt  sind. 

Zu  den  Abbildungen.  —  Eine  Auswahl  von  30  Kurven  in 
vergrösserter  Skala  wird  hinzugefügt  (am  Schluss  der  Abh.)  Leider 
ist  keine  Liste  beigegeben.  An  sich  ist  es  schon  unbequem,  aus  den 
letzten  8  Seiten  die  Erklärungen  für  jede  Kurve  (Versuchsperson, 
gesprochene  Laute)  herauszuholen ;  ausserdem  erweist  es  sich,  dass 
ein  Irrtum  vorliegt:  Kurve  29  soll  (S.  28)  von  Rolle  IV,  Satz  15! 
herrühren:  weder  Rolle  IV  noch  Satz  15  f  sind  aber  S.  1 1  zu 
finden,  und  man  weiss  also  weder  wer  noch  was  gemeint  ist;  bei 
der  Aufstellung  einer  Liste  wäre  dies  dem  V.  wohl  aufgefallen,  — 
Die  ^^■ahl  der  reproduzierten  Kurven  lässt  einen  für  die  frz.  Laute 
wahrscheinlich  sehr  instruktiven  Fall  vermissen:  in  y>7ie  parkz  pas 
bas'->  dürfte  der  Gegensatz  der  beiden  letzten  Silben  schlagend  sein. 
—  Ein  weiterer  Mangel  liegt  darin,  dass  die  wichtigen  synchronen 
Punkte  der  3  Linien  (Kehlkopf,  Druck,  Luftstrom)  nicht  durch 
Striche  oder  Punkte  markiert  sind;  auch  ist  keine  Möglichkeit  vor- 
handen, es  nachträglich  einzuführen,  da  die  Ausschläge  der  zwei 
letzten  Linien  gross  sind,  und  der  V.  nirgends  die  Länge  der 
Schreibhebel  (Radius  des  Verschiebungsbogens)  angiebt,  womit  der 
Leser  die  Konstruktion  selbst  machen  könnte.  ^) 

Zu  den  Restdtaten.  —  Einfluss  des  Akzentes.  —  Die  gewonnenen 
Resultate  rechtfertigen  nicht  ohne  weiteres  den  Satz,  dass  »die 
Stärke  des  Akzents  sich  in  Druck-  und  Explosionshöhe  des  die 
betreffende  Silbe  anlautenden  Verschlusslautes  genau  wiedergiebt» 
(Abh.  S.  24).  Denn  wir  stehen  doch  einer  Ausnahme  gegenüber:  im 
Satze  Pipin  erinnett  an  Wörter  wie  pip.  mit  satzbetontem  pip,  ist 
das  antevo'^alische  p  in  pip  meist  weniger  stark,  und  höchstens 
ebenso  stark  wie  das  zweite  p  von  Pipiti  (satzunbetont).  Der 
Verf.  registriert  das  merkwürdige  Resultat,  giebt  aber  keine  Erklä- 
rung dafür.  Ob  die  intervokalische  Stellung  da  eine  Rolle  spielt? 
denn  es  wird  wohl  zwischen  luie  und  pip  eine  geringe  Pause  oder 
sonstige  Grenze  vorhanden  sein,  die  das  p  zu  einem  anlautenden 
macht.  Das  Problem  müsste  von  neuem  untersucht  werden,  wobei 
zweisilbige  Wörter  mit  Anfangsbetonung,  z.  B.  Pappe,  Puppe,  heran- 
zuziehen wären.  Pipm  ist  nämlich  deshalb  weniger  gut,  weil  es 
oxytoniert  ist,  und  mit  pip  keinen  direkten  Vergleich  erlaubt:  in 
dem  einen  Falle  stehen  beide  p  vor  dem  betonten  Vokal,  im  an- 
deren vor  und  nach.  '^) 

'j  Der  V.  setzt  in  seiner  Diss.  S.  64  die  synchronen  Punkte  für  die 
Korrektion  an  verschiedenen  Höhen  auf  eine  gerade  Linie;  dies  ist  natürlich 
unrichtig,  da  der  Hebel  einen   Kreisbogen  beschreibt. 

-)  Ein  Mangel  der  gewählten  Sätze,  die  als  Wortmaterial  dienten,  ist 
es  ferner,  dass  die  Kontrastwörler  nur  im  Satzanfang  bzw.  Ende  standen, 
aber  nicht  in  der  Mitte.  Es  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  die  Mittelstellung 
teilweise  andere  Resultate  ergeben   hätte. 


192  Besprechungen.     J.  Poiroi, 

Die  Form  der  Slimmritze  luähtend  des  Verschlusses.  —  Es  ist 
bekanntlich  eine  umstrittene  Frage,  ob  der  Kehlkopf  für  die  Bildung 
der  frz.  Tenues  Glottisöffnung  oder  Glottisschluss  hat.  Rosapelly 
(Mem.  de  la  Soc.  de  Lim^uist.  IX  1896,  S.  493  fgg.)  und  Zünd- 
Burguet  (Recherches  expcr.  et  laryngoscopiques  sur  les  consonnes 
labiales  m,  b,  p  in  Archives  intern,  de  Lnryngologie,  1903,  S.  2  2 
fgg.)  haben  den  Kehlkopf  laryngoskopisch  untersucht,  und  kommen 
zu  entgegengesetzten  Resuhaten:  nach  Rosapelly  ist  die  Glottis 
offen,  nach  Zünd-Burguet  ist  sie  geschlossen.  —  Klinghardt 
(Neuere  Spr.  XIV,  85  —  88  und  passim)  ist  auch  für  Glottisschluss 
eingetreten,  nur  auf  Grund  anderer  Erwägungen.  Seine  Argumente 
sind:  die  Hebung  des  Kehlkopfes  für  die  Bildung  der  frz.  Tenues, 
die  man  mit  dem  Finger  fühlen  kann,  und  die  geringe  Luftaus- 
strömung gegenüber  den  deutschen  Tenues,  die  u.  a.  durch  das 
Ausblasen  der  brennenden  Kerze  zu  veranschaulichen  ist.  P.  Passy 
dagegen  (Neuere  Spr.  XIV,  passim,  in  der  Polemik  mit  Klinghardt) 
vertritt  denselben  Standpunkt  wie  Rosapelly. 

Wie  Dr  S.  richtig  hervorhebt,  kann  keine  dieser  Auffassun- 
gen als  gesichert  gelten.  Die  Kehlkopfbetastung  giebt  über  das 
Zeitverhältnis  zwischen  den  verschiedenen  Artikulationsmomenten 
keinen  Aufschluss;  das  Kerzenexperiment  beweist  im  besten  Falle 
nur,  dass  die  aspirierte  Tenuis  eine  stärkere  Luftausströmung  be- 
wirkt als  die  reine  Tenuis;  Rückschlüsse  von  der  akustischen  Wir- 
kung (sauberer,  trockener  Klang  der  frz.  Tenues)  auf  die  Glottis- 
artikulation sind  selbstredend  nur  mit  grösster  Kritik  aufzunehmen. 
Was  schliesslich  die  Laryngoskopie  betrifft,  so  lehne  ich  sie  hier 
von  vorneherein  ab ;  wir  haben  keine  Garantie  dafür,  dass  die 
Kehlkopfartikulation  bei  offenem  Munde,  also  verhindertem  Ver- 
schluss,  eine  normale  sein   wird. 

Es  bleiben  also  nur  drei  Wege  offen: 

1:0  in  Ausnahmefällen  eine  direkte  Beobachtung,  nämlich 
durch  Bronchoskopie  tracheotomisierter  Patienten; 

2:0  eine  direkte  Experimentierung  im  Kehlkopfe,  die  aber, 
bei  dem  jetzigen  Stand  der  Technik,  auf  schier  unüberwindliche 
Schwierigkeiten  stösst.  Man  kann  an  folgende  Anijrdnung  denken: 
die  Stimmbänder  wären  mit  feinen  Silberblättern  zu  bekleiden,  die, 
mit  dünnen  Drähten  verbunden,  eine  elektrische  Leitung  bei  Stimm- 
bandkontakt schliessen  würden.  Der  Versuch  wäre  zuerst  unter 
lokaler  Anästhesie  auszuführen,  und  Hesse  sich  vielleicht  am  Ende 
bei  leichter  Anästhesie  wiederholen.  Ganz  einwandsfrei  wäre  der 
Versuch  allerdings  nur  ohne  Betäubung  der  Stimmbänder:  ob  man 
eine  Person  dazu  trainieren  kann,  bleibe  dahingestellt. 

3:0  indirekte  Rückschlüsse  aus  anderen  Artikulationsmomen- 
ten,   vor    allem   aus  dem  gesammten   Habitus  des  Verschlusslautes. 


Paul  Seydel,  Experimentelle    Versuche  über  die  labialen    Verschlusslaute.    193 

Zu  diesem  Auswege,  dem  einzigen  unter  normalen  Verhältnissen, 
hat  Dr  S.  gegriffen,  und  zwar  geht  er  von  dem  Vergleich  zwischen 
Druck-  und  Explosionsstärke  aus  (unter  sonst  gleichen  Umständen, 
d.  h.  in  derselben  Vokalumgebung  und  in  ähnlicher  Satzstellung). 
Sein  Raisonnement  lässt  sich  folgendermassen  ausdrücken:  die 
Ausatmung  der  Luft  während  der  Explosion  des  Verschlusslautes 
wird  durch  das  Verhalten  der  Stimmritze  (Lumenweite  des  Wind- 
rohres) geregelt.  Haben  also  zwei  Tenues  bei  sonst  gleichem  Mund- 
druck verschiedene  Excursionshöhen  der  Explosionslinie,  so  weist 
das  auf  verschiedene  Ausatmungskraft,  also  verschiedene  Offnungs- 
grade  der  Stimmritze.  Er  misst  dann  Druckstfirke  und  Explo- 
sionshöhe,  und  berechnet  die  relative  Explosionshöhe,  auf  gleiche 
Druckstärke   (:=    i)  reduziert. 

Auf  Grund  dieser  Berechnung  bemerkt  Dr  S.,  dass  die  frz. 
Tenues  eine  geringere  Explosionshöhe  (i  :  1,3)  zeigen  als  die  deut- 
schen (Max.  1:3,  Min.  1:1,5),  woraus  er  schliesst,  dass  »der 
Öffnungsgrad  des  Kehlkopfes  beim  frz.  p  geringer  ist  als  bei  Stimm- 
stellung»  (S.   27). 

Diese  Schlussfolgerung  ist  aber  m.  E.  vorzeitig.  Voraus- 
gesetzt, dass  der  Mundtrichter  jedesmal  wirklich  gle'ch  auflag,  und 
weiter  dass  die  Artikulation s Verhältnisse  der  frz.  Tenues  natürlich 
waren  (vgl  oben  S.  iqo,  6:0),  so  ist  die  Sache  nicht  so  enfach.  Die 
grössere  Ausschlagsweite  der  deutschen  Tenues  geht  wohl  Hand 
m  Hand  mit  dem  Umstände,  dass  die  Tonschwmgungen  des  Vo- 
kales später  anheben ;  besonders  gilt  dies  für  die  aspirierten  Tenues, 
während  der  Ton  für  den  Vokal  im  Frz.  sehr  früh  nach  dem  An- 
fang der  Explosion  beginnt.  So  viel  steht  also  fest,  dass  der  Kehl- 
kopf die  Stimmstellung  im  Frz.  frühei  als  im  Dtsch.  einnimmt.  Ob 
er  aber  von  der  offenen  oder  von  der  geschlossenen  Stellung  aus- 
geht, ist  auf  diese  Weise  nicht  zu  erschliessen.  Ebenso  gut  kann 
man  sich  vorstellen,  dass  die  Stimmritze  während  des  Verschlusses 
weiter  ist  als  für  die  Stimmstellung  (sie  braucht  ja  nicht  weit  offen 
zu  sein),  und  sich  bei  der  Explosion  sofort  zusammenzieht,  wo- 
durch die  Ausströmung  geschwächt  wird.  Ähnliche  Verhältnisse 
liegen  sicher  im  Deutschen  vor  (Verengerung  der  Glottis,  wenn- 
gleich später  oder  langsamer  eintretend).  Warum  die  Ausbreitung 
der  Glottis,  die  man  nach  Dr  S.  für  das  Frz.  anzunehmen  hat, 
geradezu  eine  Schwächung  des  Luftstromes  zur  Folge  haben  muss, 
bleibt  mir  unklar.  Man  müsste  wenigstens  beweisen,  dass  der- 
jenige Teil  des  Explosionsausschlages,  der  dem  Vokal  vorangeht, 
also  der  Anfang  (etwa  die  Hälfte  bei  den  Kurven  Dr  S:s),  weniger 
steil  ist  als  im  Dtsch.;  und  auch  das  wäre  kein  entscheidendes 
Moment,  denn  es  handelt  sich  im  Anfang  wohl  nur  um  die  Mund- 
luft,   deren    Ausströmung    hauptsächlich  durch  den  Druck  geregelt 


194  Besprcihungcn.     J.   Poirot, 

ist.  Besser  wäre  dann  die  Beri'uksichtigung  der  Strömungsgeschwin- 
digkeit, also  des  Differentialquotienten  der  Strömungsfunktion, 
der  aber  schwer  zu  bestimmen  ist.  —  Das  Verhältnis,  worauf  der 
V.  seine  Folgerungen  baut,  scheint  mir  also  nicht  eindeutig  zu  sein. 
Der  Vergleich  mit  den  ^-Kurven  ist  auch  deshalb  nicht  beweis- 
kräftig, weil  dort  keine  Glottisveränderung  zustande  kommt.  Als 
Resultat  dieser  Erörterung  möchte  ich  deswegen  sagen :  non  iiquel. 

Vielleicht  wird  man  der  Lösung  näher  kommen,  wenn  man 
andere  Momente  berücksichtigt,  vor  allem  den  absoluten  Wert  der 
Druckstärke.  Es  ist  Schade,  dass  Herr  Roudet,  der  vor  einigen 
Jahren  den  Luftdruck  bei  einem  tracheotomisierten  Franzosen  un- 
tersuchte ^),  erstens  nur  das  Druckmaximum  mit  dem  sehr  primi- 
tiven Rohrmanometer  beobachtet  hat,  statt  den  Verlauf  der  Druck- 
kurve mit  einem  elastischen  Manometer  aufzuzeichnen,  und  zwei- 
tens nur  den  trachealen  Druck,  und  nicht  gleichzeitig  den  Mund- 
druck beobachtete.  Man  kann  erwarten,  dass  der  Munddruck 
für  die  Media  geringer  ist  als  der  Trachealdruck,  weil  ein  Teil 
der  Kraft  zur  Tonbildung  verbraucht  wird;  sollte  es  sich  dagegen 
erweisen,  das  der  Druck  für  die  Tenuis  beiderseits  der  Stimmritze 
gleich  ist,  so  würde  dies  ein  gegen  die  Theorie  der  geschlossenen 
Stimmritze  schwer  wiegendes  Argument  sein.  Es  ist  nämlich  kaum 
anzunehmen,  dass  das  Luftquantum,  das  bei  geschlossener  Glottis 
im  Munde  eingesperrt  ist,  durch  die  geringen  zur  Verfügung  stehen- 
den Mittel  zu  dem  hohen  Druck  verdichtet  werden  könnte,  den 
Roudet  beobachtet  hat;  die  Massenhebung  des  Kehlkopfes  dürfte 
auch  dazu  nicht  ausreichen.  —  Auch  sprechen  Kurven  wie  n:o 
30  frz.  pou  nicht  dafür.  Die  Kehlkopflinie  sinkt  gegen  den 
Schluss  des  p,  was  möglicherweise  eine  Hebung  des  Kehlkopfes 
bedeutet  (durch  das  bedingte  relative  Vacuum  bei  festgeschnallter 
Kapsel);  der  Munddruck  hat  aber  bereits  einen  ziemlich  hohen 
Wert  erreicht.  —  Es  müssten  also  m.  E.  neue  Versuche  angestellt 
werden,  die  auf  Feststellung  sowohl  des  absoluten  Munddruckes  wie 
der  Kehlkcpfbewegungen  ausgiengen.  Könnte  der  Versuch  Rou- 
dets  wiederholt,  und  gleichzeitig  eine  Bronchoskopie  vorgenommen 
werden,  wäre  wohl  die  Frage  gelöst. 

Die  Werte  aber,  die  ich  mit  Hürthles  Manometer  bei  frü- 
heren Versuchen  an  mir  selbst  und  Hn  Gauthiot  aus  Paris  für 
imsere  Occlusiven  bekommen  habe,  sind  für  die  Tenuis  so  hoch, 
ddss  ich  schwerlich   einen  Stimmritzenschluss  annehmen  kann. 

Die  Heranziehung  der  kaukasischen  Laute  liefert  auch  gute 
Anhaltspunkte.  Es  ist  immerhin  zu  beklagen,    dass  die  Untersuchungen 


')  Recherches     sur  le    role  de     la     pression    sousglottique,     La  Parole, 
[900,   599   fgg. 


Paul  Seydel^  Ex/ieiimeutelle    Versuche  über  die  labialen    Verschlusslautc.    195 

Über  georgische  Tenues,  die  sich  bei  Rousselot,  Principes,  II,  S.  80 2  fgg. 
finden,  nicht  zugleich  auf  Feststellung  des  Munddruckes  hinaus- 
giengen.  Zwischen  den  »tenues  avulsives»,  die  R.  mit/'  bezeichnet, 
und  den  (wühl  aspirierten)  />'  besteht  nach  R.s  Versuchen  ein 
grosser  Unterschied  in  der  Quantität  der  ausgetriebenen  Luft.  Sie- 
vers vermutet  bekanntlich  Glottisschluss ;  deshalb  wäre  es  wün- 
schenswert zu  wissen,  wie  stark  der  Munddruck  ist.  Es  hat  übri- 
gens den  Anschein,  als  wäre  der  Verschluss  von  keiner  Drucker- 
höhung begleitet.  Nach  Fig.  552,  S.  864  in  R.s  Principes  (was 
ich  jetzt  erst  merke,  und  meinem  früheren  Referat  hinzufügen  will) 
hat  nämlich  Rousselot,  um  zu  bestimmen,  ob  inspiratorische  Arti- 
kulation vorlag,  die  Luft  gleichzeitig  innerhalb  und  ausserhalb  des 
INIundes  untersucht  (also  genau  die  Anordnung  Dr  S:s).  Der  Ver- 
schluss, der  an  der  oberen  Linie  gut  zu  verfolgen  ist  (äusserer  Luft- 
strom), weist  im  Munde  keine  Erhöhung  der  Druckhnie,  sondern  erst 
bei  der  Aufhebung  des  Verschlusses  einen  scharfen,  kurzen  Stoss  auf. 
Dies  spricht  entschieden  für  die  Auffassung  von  Sievers :  geschlossene 
Stimmritze,  und  gleichzeitige  Öffnung  beider  Verschlüsse.  Weiter 
bestätigt  es  m.  E.  das  oben  Gesagte,  die  Unmöglichkeit,  nur  das 
intraorale  Luftquantum  zu  einem  merklichen  Druck  zu  verdichten. 
Die  Druckkurven  der  frz.  Tenues  sind  aber  von  diesem  Bilde  weit 
entfernt,  und  zeigen  auf  den  vorliegenden  Kurven  ebenso  grossen 
Druck  wie  die  deutschen,  die  anerkanntermassen  mit  offener  Stimm- 
ritze gebildet  werden.  Je  mehr  ich  dem  Problem  nachdenke,  um 
so  weniger  kann  ich  mich  der  Ansicht  des  V:s  anschliessen. 

Ufigelöste  Probleme.  ■ —  Eine  Seite  des  Problems  hat  auch  Dr 
?.  unerforscht  gelassen,  nämlich  die  Spannung,  speziell  d'e  Lippen- 
spannung. Diese  ist  leicht  zu  untersuchen,  nämlich  mit  einem 
Gummib.TlIon  nach  Rousselot,  in  Verbindung  mit  einem  Mareyschen 
Tambour,  oder  besser  mit  einem  elastischen  Manometer  (vgl  J. 
Poirot,  Quantite  et  accent  dynamique,  Me'm.  de  la  Soc.  IV).  Die 
Untersuchung  des  Unterschiedes  zwischen  betonter  und  unbetonter 
Stellung,  zwischen  frz.  und  dtsch.  Lauten  dürfte  wertvolle  Resultate 
liefern.  Speziell  zwischen  frz.  und  deutschen  Tenues  besteht  ein 
grosser  Unterschied,  der  die  akustische  A^erschiedenheit  zum  guten 
Teil  bedinge.  Die  Spannung  der  frz.  Tenuis  ist  so  stark,  dass  m;m 
ein  charakteristisches  p-,  /-,  i-Geräusch  durch  blosse  Öffnung  des 
Mundes  bei  zurückgehaltener  Atmung  hervorbringen  kann.  Ein 
deutsches  aspiriertes  p  liefert  unter  denselben  Bedingungen  kein 
Geräusch,  oder  nur  ein  schwaches;  h  verklingt  natürlich  nur  sehr 
schwach,   m  klanglos. 

Auch  hätte  das  geminierte  />,  das  jedenfalls  im  Satzzusam- 
menhang (oder  in  der  Komposition)  entsteht,  ein  Studium  verdient, 
sowohl   hin.sichtlich  der  Druckkurve    wie   der  übrigen   Eigenschaften. 


196  Besprechungen.   A.  v.   Krämer,   Henri  Schoeti^   Francois   Coppee. 

Weiter  vermisst  man  eine  Darstellung  des  Zeitverliältnisses 
zwischen  Explosion  und  Auftreten  des  folgenden  Vokales,  was  be- 
sonders für  deutsche  Tenues  in  verschiedenen  Stellungen  interessant 
wäre,  da,  nach  der  herrschenden  Auffassung,  die  Tenuis  im  Wort- 
anlaut aspiriert,  im  Wortinlaut  dagegen  unaspiriert  ist.  Zur  Ver- 
suchsanordnung s.  üben  S.  i()0,  5:0. 

Schliesslich  wären  die  Massenbewegungen  des  Kehlkopfes 
festzustellen.  Ganz  einwandfreie  Apparate  besitzen  wir  allerdings 
bis  jetzt  nicht;  eine  Modifikation  der  Anordnung  Zwaardemakers 
dürfte  aber  gute  Dienste  leisten.  —  Der  Stützpunkt  für  das  Hebel- 
system muss  nämlich  eher  oben  gesucht  werden,  etwa  durch  ein 
Stirnband,  als  unten,  da  sonst  die  Bewegungen  des  Brustkorbes 
störend   einwirken  und  schwer  zu   eliminieren  sind. 

J.   Poirot. 


Henri  Schoen,  Frangois  Coppee,  Uhoinme  et  le  poete  (1842 — 
1908).    105   p.   in- 8:0.   Paris,   Fischbacher,    IQ09.  Prix   2    fr. 

M.  Schoen  a  voulu  expliquer  l'oeuvre  de  Coppee  p^-r  sa  vie. 
Dans  le  compte-rendu  qua  l'editeur  a  Joint  a  la  brochure,  il  est  dit 
qu'aucun  des  critiques  fran(,-ais  n'etait  mieux  prepare  que  M.  S. 
ä  entreprendre  ce  travail;  il  a  suivi  de  pres  Tevolution  dramatique 
de  cet  ecrivain  et  il  connait,  mieux  que  personne,  les  sources  his- 
toriques  et  psychologiques  de  sa  pensce.  Si  c'est  le  cas,  on  se 
demande  pourquoi  M.  S.  n'ajoute  rien  a  ce  qu'on  connaissait 
dejä  de  la  biographie  de  Coppee;  ä  moins  qu'il  ne  reserve  ses 
revelations  pour  la  prochaine  brochure,  ä  laquelle  il  fait  allusion 
dans  une  note  au  bas  de  la  page  103,  cette  etude  «qui  jettera 
une  lumiere  nouvelle  sur  les  differentes  idylles  du  poete  et  sur  son 
attitude  dans  laffdire  Dreyfus.» 

Quant  ä  l'analyse  critique  des  drames  et  des  poesies,  eile  est 
plutAt  insignifiante.  Voici,  d'apres  M.  Schoen,  l'impression  finale 
qui  se  degage  de  l'oeuvre  de  Coppee : 

«Qu'importe,  dans  une  ceuvre  aussi  vaste,  quelques  parties 
faibles,  si  les  perles  les  plus  authentiques  y  sont  nombreuses  et 
s'il  se  degage  de  l'ensemble  une  Impression  d'art,  qui  touche  et  qui 
eleve  l'ame  du  lecteur».  «Coppee  restera  le  poeie  prefere  des  petits- 
et  des  desherites,  des  vaincus  et  des  resignes  de  la  vie.» 

A.   V.   Krcemer. 


I 


A.    IVallensköld,   Hans  Strigl,   Sprachwissenschaft  für  alle.  197 

Hans  Strigl,  Sprachwissenschaß  für  alle.  Kleine  gemein- 
verständliche sprachgeschichtliche  und  sprachvergleichende  Aufsätze. 
1.  Jahrgang.  Wien,  L.  Weiss,  1908  — 1909.  340  S.  8:0.  Preis 
K   5:  40   =    Mk.   4:  50. 

Es  ist  höchst  befremdend,  wie  wenig  das  grosse  Publikum 
von  sprachwissenschaftlichen  Dingen  überhaupt  weiss.  Und  doch 
sollte  man  glauben,  dass  eine  gewisse  Vertrautheit  mit  der  Ent- 
wickelungsgeschichte  der  eigenen  Sprache  und  ihrer  inneren  Be- 
ziehung zu  den  verwandten  Sprachen  einem  gebildeten  Menschen 
ein  gar  grosses  Interesse  schenken  müsste.  Dass  es  aber  nicht  so 
ist,  dass  im  Gegenteil  linguistische  Fragen  als  sehr  »trockne»  Ge- 
genstände des  allgemeinmenschlichen  Wissens  betrachtet  werden, 
daran  sind  wohl  vor  Allem  die  Philologen  selbst  Schuld.  Sie  ha- 
ben es  im  Allgemeinen  nicht  versucht,  ihre  Wissenschaft  zu  popu- 
larisieren, die  Früchte  ihres  Wissens  ihren  nicht-philologischen  Mit- 
menschen in  geniessbarer  Form  darzubieten. 

Dies  will  nun  Prof.  Strigl  tun.  In  einer  Reihe  von  kleinen 
Aufsätzen  berichtet  er  in  leichtfasslicher  Weise  über  den  Ursprung 
und  die  Entwickelungsgeschichte  einer  stattlichen  Menge  deutscher, 
englischer,  französischer  und  lateinischer  Wörter  mit  ^Anknüpfungen 
an  andere  Sprachen  (Altindisch,  Griechisch,  Italienisch,  Slawisch  u. 
s.  \\.),  und  behandelt  dabei  auch  gewisse  Lautentsprechungen  ver- 
wandter Sprachen  (Latein  und  Französisch,  Englisch  und  Deutsch). 
Die  Darstellung  ist  durchgehends  populär,  ohne  grossen  wissen- 
schaftlichen Apparat,  um  nicht  den  Uneingeweihten  abzuschrecken. 
Der  Philologe  erkennt  aber,  dass  der  Verf.  gute  wissenschaftliche 
Kenntnisse  besitzt.  Rez.,  der  allerdrings  von  den  zwanzig  Heftchen 
des  Jahrganges  nur  die  Nr.  i,  5,  11,  15  — 17,  19 — 20  kennt,  hat 
blos  wenige  Irrtümer  wahrgenommen.  Inbetreff  der  romanischen 
Worterklärungen  sei  Folgendes  bemerkt: 

S.  .5,  frz.  pour  und  prou.  Es  ist  sehr  fraglich,  ob  der  Übergang 
von  p07-  in  pour  mit  Recht  als  »Dipthongierung»  angegeben  werden 
kann,  da  mit  ou  in  dem  proklitisch  gebrauchten  Worte  sicher  nur 
ein  «-Laut  bezeichnet  wurde.  Was  proti  »Vorteil»  betrifft,  scheint 
mir  die  Etymologie  prode  viel  glaubhafter  als  pro.  —  S.  j"/, 
Fussn.,  afrz.  se  gaber.  In  der  Karlsreise  wird  gaber  nur  intransitiv 
oder  transitiv  gebraucht.  Auch  sonst  ist  das  reflexive  Verb 
seltener.  —  S.  79,  afrz.  alte  claire  espee.  Die  afrz.  Form  von 
clara  ist  dere.  —  S.  79,  Fussn.  i.  Die  erste  Auflage  des 
Dictionnaire  de  l'Academie  francaise  ist  vom  Jahre  1694,  nicht 
1695.  —  S.  175,  frz.  Cousin,  »Stechmücke».  Verf.  sagt,  dass  man 
»besser  coucin  schriebe»,  da  das  Wort  von  vlat.  culicinum 
komme.      Wie    wäie    es    möglich    coiictn    zu    schreiben,    da  ja   die 


198  Besprechungen.     J.   Pohot, 

Aussprache  s  fordert?  —  S.  23:^,  lat.  per  )  frz. /)<?;-.  Verf.  meint, 
par  sei  »eine  nicht  lautgesetzmässige  Form,  da  e  in  dieser  Stellung 
zu  ie  wird».  Er  hat  offenbar  rieht  daran  gedacht,  dass  e  in  vor- 
toniger Stellung  nicht  diphthongieren  kann.  Er  hätte  das  Wort 
lieber  mit  matche  <(  mercatum  u.  s.  w.  vergleichen  sollen.  — 
S.  238,  afrz.  meaille  )  maaille.  Die  Sprache  hätte  das  »unange- 
nehm klingende,  die  Aussprache  erschwerende  Zusammentreffen 
zweier  Vokale»  zu  tilgen  gesucht.  Solche  »euphonische»  Erklä- 
rungen sind  besser  zu  vermeiden:  der  unbewusst  vorsichgehende 
Assimilation sprozess  ist  eine  hinreichende  Ursache.  —  S.  302, 
Fussn.  I,  afrz.  puie.  Aus  den  Worten  des  Verf.  geht  n  cht  her- 
vor, dass  puie  eine  x\bleiiung  mit  dem  Suffix  -ata  ist:  *podiata 
>  puie.  ^) 

Rez.  schenkt  dem  Unternehmen  Prof.  Strigls  die  grösste 
Anerkennung  und  wünscht  lebhaft,  dass  die  kleinen  Heftchen  recht 
viele  Leser  finden  mögen. 

A.    Wallensköld. 


Seche/iaye  (Oh. -Albert),  Programme  et  methodes  de  la  lin- 
guistique  theorique.  Psychologie  du  langage.  —  Paris,  Cham- 
pion,   1908.    I    v.  in-8°,   XIX-267  pp. 

Les  dernieres  annees  ont  vu  naitre  un  grand  nombre  d'ouvra- 
ges  traitant  des  principes  generaux  de  la  science  du  langage,  et 
le  sujet  repond  visiblement  aux  preoccupations  de  beaucoup  de 
linguistes.  L'ouvrage  de  Wundt  a  suscite  loute  une  serie  de  tra- 
vaux  theoriques.  Celui  de  M.  Sechehaye  semble  etre  ne  de 
reflexions  personnelles  independantes  de  l'oeuvre  du  philosophe 
allemand;    mais    la    critique  de  Wundt  y  a  pris  une  grande   place. 

M.  S.  justifie  d'abord  l'existence  d'une  linguistique  theorique 
ou  science  generale  du  langage,  et  montre  comment  cette  science 
exige  la  fusion  de  donnees  psychologiques  et  de  donnees  linguisti- 
ques.  II  critique  ensuite  la  tentative  de  synthese  presentee  par 
Wundt,  ä  laquelle  il  reproche  suriout  de  partir  de  la  psychologie 
individuelle  et  de  ne  pas  tenir  un  compte  süffisant  du  probletne 
grammatical,  c'est  ä  dire  des  conditions  d'existence  et  d'evolution, 
dans  la  collectivite  linguistique,  du  Systeme  de  symboles  consiiiuant 
le  langage. 

L'auteur  propose  alors  un  autre  programme.  II  remarque 
que  le  langage  comprend  a  la  fois  un  Systeme  conventionnel  (ele- 
ments    grammaticaux)    impose    par  la  communaute,  plus  ou  moins 


')  Schreibfehler  S.   243.   Z.   8:   lies    -nd  nach   h 


I 


Scchehaye  (Ch.-. Albert),  Programme  et  methodes  de  la  liiigtdstujue  theoriqne. 


199 


independant  de  l'initiative  individuelle  du  sujet  parlant,  et  cjui 
ressortit  a  la  psychologie  collective,  et  un  Systeme  emotion nel 
(elcments  extra-grammaticaux  ou  pregrammaticaux)  fait  de  l'etat 
Psychologie [ue  du  sujet  parlant  au  moment  011  il  parle,  variable 
par  consequent,  et  qui  releve  de  la  Psychologie  individuelle,  ie 
premier  venant  en  quelque  sorte  s'intercaler  dans  le  second. 

L'etude  de  l'element  affectif  du  langage  est  dejä  poussce 
maintenant  assez  loin.  Celle  de  l'element  grammatical  ou  intel- 
lectuel  est  l'objet  propre  du  livre.  Elle  doit  partir  de  principes 
rationnels  generaux  et  etre  essentiellement  deductive  dans  sa  me- 
thode.  M.  S.  envisage  le  langage  sous  deux  aspects.  II  y  a  une 
partie  reellement  et  pleinement  conventionnelle:  c'est  la  matiere 
des  syraboles  employes  pour  l'expression  des  idees,  les  sons,  dont 
l'etude  constitue  la  <'phonologie».  Mais  la  forme  abstraite  dont 
se  revet  l'idee,  c'est  ä  dire  le  contenu  conceptuel  des  symboles 
grammaticaux,  les  procedes  en  usage  pour  les  mettre  en  relations 
et  exprimer  les  articulations  de  la  pensee,  tout  cela  releve  en 
grande  partie  de  la  logique  ou  des  lois  psychologiques  generales,  en 
tant  qu'expression  de  la  pensee.  Cette  forme  du  langage  constit  lera 
la  «morphologie».  Ces  deux  disciplines  enfin  etudieront  ä  la  fois 
les  systemes  tels  qu'ils  existent  ä  un  moment  donne  et  l'evolution 
de  ces  systemes.  L'objet  que  doit  poursuivre  la  science  generale 
du  langage  est  de  rechercher  les  conditions  generales  dans  les- 
c[uelles  se  produit  l'adaptation  constante  du  langage  a  la  psycho- 
logie des  sujets  parlants,  ou  «la  relation  qu'il  y  a  entre  l'evolu- 
tion des  sujets  parlants  et  l'evolution  de  leur  langage». 

L'ouvrage  temoigne  incontestablement  de  longues  reflexions 
sur  ces  problemes  generaux  et  d'une  grande  penetration  de  pensee. 
On  y  trouvera,  dans  le  detail,  beaucoup  de  remarques  justes  et 
nouvelles,  tant  sur  l'evolution  des  sons  que  sur  celle  des  formes. 
Ce  que  j'apprecie  le  plus  peut-etre  dans  l'ouvrage,  et  ce  qui  me 
semble  le  plus  juste  dans  la  critique  que  M  S.  fait  de  l'oeuvre 
de  Wundt,  c'est  la  mise  en  relief  de  ce  qu'il  appelle  le  probleme 
grammatical.  II  veut  dire  par  lä  que  Wundt  et,  avec  lui,  les 
psyrholog;:es  sont  trop  souvent  preoccupes  d'expliciuer  la  genese 
psychologique  de  tel  ou  tel  phenomene  linguistique,  mais  negligent 
le  fait  que  le  Systeme  grammatical  preexiste  comme  un  facteur  qui 
s'impose  a  l'individu  et  limite  son  activite  creatrice  ou  modifica- 
trice.  La  langue  que  parle  chaque  homme  est  un  Systeme  d'ha- 
bitudes,  une  Organisation  de  representations  et  d'images  motrices 
qui  lui  sont  imposees;  eile  a  sa  vie  propre  en  quelque  sorte,  et 
suscite  p.  ex.  par  une  sorte  d'attraction  ps\chologique  les  crcations 
analogiques  qui  constituent,  comme  on  le  sait,  l'expression  de  nos 
pensees    dans    l'immense    majorite    des    cas.      En    d'auires  termes. 


200  Besprechungen,     y.   Poirot, 

daus  les  cas  oü  les  psychologues  voicnt  par  exemple  des  l'orma- 
tions  par  association  de  deux  Clements  linguisticjues,  on  oublie 
trop  volontiers  que  ce  qui  est  donne  dans  l'esprit,  ce  ne  sont  pas 
seulement  les  deux  Clements,  mais  ieur  mode  d'association  selon 
les  habitudes  grammaticales,  et  que  cette  relation  prcexiste  meme 
souvent  aux  elements  a  associer. 

Par  contre,  je  ne  puis  me  rallier  aux  tendanres  dcductives 
que'  l'auteur  manifeste  dans  ses  constructions.  II  y  a  pour  moi 
irop  de  souci  de  partir  de  considerations  logi(|ues  e^u  psychologi- 
ques  generales.  Un  autre  reproche  qu'on  peut  faire  au  livre  est 
que  les  idees  y  sont  revetues  d'une  forme  difficile  ä  comprendre. 
C'etait  ou  jamais  le  cas  de  chercher  avant  tout  a  etre  clair.  En- 
fin  quelques  helvetismes  dcparent  rä  et  la  la  langue  (p.  ex.  p.  7: 
avoir   nffaire  avec). 

Tel  qu'il  se  presente,  I'ouvrage  merite  de  retenir  l'attention 
des  linguistes  qui  ne  veulent  pas  etre  de  purs  empiristes.  Dirai-je 
pourtant  c^ue  je  trouve  trop  ambitieuse  la  lache  que  l'auteur  s'est 
proposee,  et  que  plus  d'agnosticisme  me  semble  mieux  cadrer  avec 
l'etat  actuel  de  notre  science? 

M.  Sechehaye  reproche  aux  linguistes  d 'avoir  trop  neglige  la 
linguistique  theorique,  et  aux  psychologues  de  negliger  l'etude  du 
langage  en  tant  que  constituant  un  Systeme  organise.  Nul  ne 
contestera  que  la  linguistique  theorique  ne  soit  encore  dans  l'en- 
fance;  mais  lä  n'est  pas  la  question:  peut-il  en  etre  autrement? 
Pour  construire  une  Synthese  generale  avec  quelques  chances  de 
succes,  il  faut  une  base  solide,  c'est  ä  dire  des  constructions  par- 
tielles dejä  assez  avancees.  C'est  parce  qu'un  bon  nombre  des 
chapitres  de  la  physique  constituent  chacun  ä  part  un  Systeme 
bien  lie  qu'on  peut  tenter  des  hypotheses  generales  reliant  ces 
chapitres,  en  d'autres  termes,  une  theorie  generale  de  la  matiere. 
Nous  sommes  encore  loin  de  compte  en  matiere  linguistique. 
Chacun  sait  que  les  seules  familles  de  langues  etudiees  avec  detail 
sont  l'indo-europeen  et  le  semitique;  le  groupe  finno-ougrien  est 
encore  en  retard;  l'elude  des  langues  ouralo-altaiques  est  ä  peine 
entamee,  et  une  foule  de  familles  sont  a  peu  pres  inconnues.  — 
En  outre,  meme  dans  le  domaine  indo-europeen,  combien  reste-t-il 
ä  faire!  Deux  chapitres  seulement  sont  assez  avances  pour  qu'il 
s'en  degage  des  lois:  la  phonetique  et  la  morphologie  (derivation, 
flexion,  emploi  des  formes).  La  semantique  et  la  syntaxe  pro- 
prement  dite  sont  encore  au  berceau.  —  J'irai  meme  plus  loin: 
que  savons-nous  de  la  phonetique?  La  phonetique  historique  a 
fait  de  grands  progres;  mais  eile  n'aboutit  guere  qu'ä  poser  des 
equations  phonetiques,  c'est  ä  dire  un  Systeme  de  relations  formel- 
les   entre    differentes    etapes    principales    de    l'evolution   des  sons. 


Scchehayc  (Ch.Albcrtj,    Programme  cl  mcthodes  (k  Ui  linguistu/ue  thcorupte.      20I 

L'cvolution  elle-meme,  les  conditions  et  le  dcroulement  du  Proces- 
sus sont  encore  lettre  morte,  parce  qu'il  nous  manque  la  connais- 
sance  approfondie  des  dialectes  actucls,  seul  champ  d'observation 
ou  Ton  puisse  saisir  les  faits  dans  leur  variete,  leur  imbrication  et 
leur  developpement.  Si  imparfaite  que  soit  a  l'heure  actuelle  l'ctude 
des  dialectes  vivants,  eile  a  dejä  montre  cpe  les  lois  les  plus 
generales  de  la  phonetique  historique  ne  peuvent  etre  acceptees 
que  sous  benefice  d'inventaire,  et  que  la  linguistique  historique  a 
ete  dans  certains  cas  trompee  par  des  «mirages  phonetiques».  Je 
suis  sür  que  l'etude  serieuse  et  compleie  des  dialectes  bouleversera 
nos  idees  traditionnelles;  je  suis  convaincu  egalement  que  cette 
confusion  n'aura  qu'un  temps,  et  que  de  grandes  lois  se  degage- 
ront  de  nouveau;  mais  seront-ce  les  memes  que  les  principes  actuels? 
Et,  dans  cet  etat  d'indecision  des  hypotheses  elementaires  sur  les- 
quelles  se  fonderaient  la  construction  generale,  quelle  confiance 
merite  une  Synthese  generale  et  qui  voudra  y  employer  un  temps 
peut-etre  perdu? 

La  linguistique  generale  a  dejä  trop  souffert  de  l'erreur  con- 
sistant  ä  prendre  pour  une  forme  necessaire  du  langage  ce  qui 
n'est  que  la  loi  contingente  d'une  famille  de  langues.  Le  peril 
est  connu;  mais  pour  s'en  garder,  il  faudrait  que  les  types  de 
langues  existants  eussent  ete  reduits  en  systemes.  M.  S.  semble 
avoir  conc^u  l'idee  de  son  travail  ä  l'occasion  d'une  question  de 
syntaxe  qu'il  s'etait  posee  (p.  22):  trouver,  pour  se  guider  dans 
l'evolution  d'une  categorie  syntactique  en  francais,  «une  methode 
vraiment  rationnelle  pour  l'etude  des  transformations  syntactiques». 
Mais  pouvons-nous,  dans  notre  ignorance  des  faits  syntactiques 
eux-memes,  dresser  un  principe  general  de  classement;  et  n'cst-il 
pas  plus  sage,  j'entends  plus  conforme  aux  exigences  scientifiques, 
de  se  borner  ä  trouver  un  mode  de  groupement  provisoire?  — 
Car  enfin,  ä  quoi  peuvent  mener  des  principes  tres  generaux  dans 
l'etat  fragmentaire  de  nos  connaissances ?  Ne  nous  dissimulons 
pas  que  ces  principes  ne  peuvent  pas  etre  des  hypotheses  direc- 
trices,  mais  seulement  des  postulats  tres  vagues.  M.  S.  dit  p.  ex. 
que  l'on  peut  supposer  une  relation  entre  le  Systeme  phonetique 
d'une  langue  et  les  tendances  psychologiques  du  peuple  qui  la 
parle.  D'accord;  mais,  outre  que  le  postulat  est  indemontrable 
jusqu'ä  present,  on  ne  peut  rien  en  tirer;  dire  que  la  preference 
de  l'italien  pour  les  voyelles  claires  tiendrait  ä  ce  que  l'Italien  aime 
la  vie  au  dehors,  la  couleur  etc.  (p.  158),  c'est  faire  de  la  littera- 
ture  et  non  de  la  science.  Une  hypothese  scientifique  ne  se  justifie 
pas  seulement  par  son  caractere  logique:  il  faut  encore  qu'elle  soit 
feconde  dans  l'etat  de  la  science  oü  on  l'emet.  On  pourrait  relever 
encore  d'autres  exemples  de  ce  genre  dans  l'ouvrage. 


202   Besprechmigen.   E.  Järnströni,  A.  Guesno?i,  J'uhL  nouv.  sur  Ics  trou.  art. 

En  rcsume,  je  crois  (ju'il  est  facile  de  critiquer  les  idees  gene- 
rales  de  la  linguistique  actuelle,  et  de  dire  en  quoi  elles  sont 
insuffisantes.  Mais  quant  a  pretendre  tracer  un  plan  d'ensemble 
qui  ne  peut  etre  que  celui  de  la  science  future  du  langage,  c'est 
une  Illusion.  II  faut  se  rcsigner,  me  semble-t-il,  aux  tficlies  plus 
modestes:  poser  p.  ex.  des  principes  pour  tel  ou  tel  chapitre  de 
la  linguistique,  pour  servir  a  classer  provisoirement  les  faits  sous 
des  rubriques  qui  nous  sont  ä  nous  commodes.  Je  reprendrais 
volontiers,  en  le  retournant,  le  mot  de  Leibniz  sur  les  metaphysi- 
ciens,  qui,  selon  lui,  ont  raison  dans  ce  qu'ils  affirment  et  tort 
dans  ce  qu'ils  nient:  le  critique  scientifique  a  raison  dans  son 
a;uvre  negative,  mais  son  oeuvre  positive  est  fortement  sujette  ä 
caution.  Mais  le  degre  de  confiance  qu'on  place  dans  la  philo- 
sophie  des  sciences  dopend  en  somme  du  temperament  de  chacun. 
Et  je  veux  rcpeter  en  terminant  qu'il  y  a  beaucoup  ä  apprendre 
dans  le  livre  de  M.  Sechehaye. 

J.  Poitot. 


A.  Guesnon,  Publications  noiivelles  sar  les  troiiveres  arte- 
sii'/is.  Extrait  du  Moyen  Age,  2:e  Serie,  Tome  XIII  (Mars — 
Avril   1 909).  31p. 

M.  Guesnon,  dont  la  brillante  serie  d'articles  sur  les  trou- 
veres  artesiens  est  bien  connue  de  tous  ceux  qui  s'occupent  de  la 
poesie  courtoise,  publie  dans  le  N°  de  Mars — Avril  du  Moyen 
Age  un  compte  rendu  des  editions  critiques  de  cinq  chansonniers 
du  XIIP  siecle:  Jean  de  Neuville,  publ.  p.  M.  M.  Richter,  Perrin 
d'Angicourt,  publ.  p.  M.  G.  Steffens,  Jean  de  Renti  et  Oede  de 
la  Couroierie,  publ.  tous  les  deux  p.  M.  J.  Spanke,  enfin  la  ma- 
gistrale  edition  des  chansons  de  Cardon  de  Croisilles  par  M.  H. 
Suchier. 

A  cote  de  tres  heureuses  corrections  aux  textes  etablis  par 
les  editeurs,  on  trouve  dans  cet  article,  comme  toujours  chez  M. 
Guesnon,  de  precieux  renseignements  historiques  et  biographiques. 
Nous  y  releverons  deux  points  interessants.  M.  Richter  n'etait 
pas  parvenu  ä  identifier  son  trouvere;  par  un  raisonnement  aussi 
ingenieux  que  savamment  documente,  M.  Guesnon  nous  demontre 
que  Jean  de  Neuville  ne  fut  point  un  personnage  obscur,  mais 
bien  un  membre  de  la  famille  des  Chevaliers  de  Neuville  pres 
d'Arras,  famille  renommee  par  ses  qualites  guerrieres  et  chevale- 
resques.  II  figure  dans  des  chartes  jusqu'en  1246  comme  heritier 
de  la  seigneurie,  mais  en  1254  le  seigneur  est  dejä  Gilles,  frere 
puisne    de    Jean.     II    serait    donc    mort    avant   cette  date,  et  son 


.4.   L-F,  E.   Stengel,   Der  Scklussteil  der  Chanson  d' Anseis  de  Mes.      203 

oeuvre    poetique    appartiendrait    par    consequent    au    second  quart 
du  Xin<=   siede. 

La  seconde  ([uestion  concerne  l'origine  de  Perrin  d'Angicourt. 
AI.  Guesnon  n'accepte  pas  l'idee  de  M.  Steffens,  qui  voit  dans 
Angicourt  ou  Angecourt  une  forme  alteree  pour  Achicoutt,  nom 
d'un  petit  village  aux  portes  d'Arras.  Gelte  hypothese  est  ety- 
mologiquement  insoutenable  II  faut  bien  croire  que  Perrin  etait 
originaire  d'Angicourt  en  Beauvoisis,  pres  de  Liancourt. 

E.   jfärnström. 


E.  Stengel,  Der  Schlussteil  der  Chanson  d' Anseis  de  Mes, 
nach  den  Hss.  LSN  in  Paris  und  U  in  Rom  (Festschrift  der  Uni- 
versität Greifswald,  ausgegeben  zum  Rektoratswechsel  am  15.  Mai 
1909)-     55  S.  in-8:o. 

M.  Stengel  avait  deja  en  1894  (ä  propos  d'une  discussion 
concemant  la  metrique)  imprime  dans  la  Zettschrift  für  französische 
Sprache  und  Litteratur,  XVI^,  p.  228,  une  trentaine  de  vers  de 
cette  chanson  inedite  appartenant  a  la  geste  des  Lorrains.  En 
1904  il  en  imprima  un  extrait  plus  long  dans  la  Festschrift  de 
rUniversite  de  Greifswald.  Les  56  laisses,  soit  1836  vers,  con- 
tenues  dans  la  presente  publication  fönt  suite  au  morceau  public 
dans  la  precedente  Festschrift.  Quatre  manuscrits  ont  ete  mis  ä 
profit  (Bibl.  nat.  fr.  4988  et  24377,  Ars.  3143  et  Vatic.  Urb. 
357),  et  le  texte  critique  parait  etabli  d'une  maniere  qui  est  digne 
du  celebre  romaniste  de  Greifswald. 

A.  L-F. 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins  vom  24. 
April  1909,  bei  welcher  Sitzung  der  Vorstand  und  11 
Mitglieder  anwesend  waren. 

§    I. 

Das    Protokoll    der    letzten    Sitzung    wurde  verlesen  und  ge- 
schlossen. 


Der  Vorsitzende,   Prof.  A.    Wallensköld,  teilte  mit,  der  Verein 
habe  auch  dieses  Jalir  vom  Consistorium  Academicum  eine  Summe 


204  Protokolle  des  A'euphilologischen    Vereins. 

von    500    Fmk.    als  einen    Beitrag  für  die  Bestreitung  der  Druck- 
kosten iler   »Neuphilologischen  Mitteilungen»   erhalten. 

§  3- 

Der  Verein  beschloss  seinem  Ehrenpräsidenten,  Prof.  W.  Sö- 
derhjelm,  an  seinem  50.  Geburtstage  den  26.  Juli  eine  Adresse 
zu  überreichen. 


§  4- 
Prof.  A.    Walte7isköld  erstattete  folgenden  Bericht: 


»Bericht 

über  die  Kassenverwaltung  der  Neuphilologenversammlung  in  Hel- 
singfors    11. — 13.  Januar   1909: 

Einnahmen: 

Mitgliederkarten  a   Fmk.   3 Fmk   465:   — 

Defizit  in  der  Kasse »         50:  98 

Summe  Fmk  515:   98 

Ausgaben: 

Verzeichnis  der  modernsprachl.   Lehrer  Finnlands  Fmk  8:  — 

Zirkular »  30:  — 

Korrespondenz  (approximativ) »  20:  — 

Mitgliederkarten »  n:  5° 

Bedienung »  33:  — 

Honorar  der  Schriftführer »260:  — 

Druckkosten  des  Protokolls        »  127:  48 1) 

Distribution  des  Protokolls »  26:  — 

Summe  Fmk  515:  98 
Helsingfors  den    24.   April    1909. 

A.    WaUensköld. 
Präs.  des  Ausschusses.» 

Der    Verein    beschloss    das    Defizit    von    Fmk.     50:  98  aus 
seinen  Geldern  zu  decken. 

')  Die  Drackkosten   betrugen  Fmk.   627:   48  ;   die  Regierung  haue  aber 
Fmk.    500  zu   diesem   Zwecke   bewilligt. 


Protokolle  des  Neuphilologischen    Vereins.  205 


Der  Vorsitzende  empfahl  eine  Büchersammlung,  die  von  dem 
Verlagsgeschäft  »La  Renaissance  du  Livre»,  7,  Place  Saint-Michel, 
Paris,  herausgegeben  wird:  »Tous  les  Chefs-d'Giuvre  de  la  Litterature 
Francaise»,    100   Bände  für   75   Francs. 

§  6. 

Frau  Professor  Edla  Freude7ithal  hielt  einen  Vortrag,  worin 
sie  die  folgenden  zwei  Fragen  behandelte: 

i)  In  welchem  Grade  sind  deutsche  Buchstaben  beim  Un- 
terrichte zu  empfehlen? 

Im  Interesse  der  Erlernung  und  Verbreitung  der  deutschen 
Sprache  im  Auslande  sei  es  wünschenswert,  dass  die  Deutschen 
selbst  mit  der  Abschaffung  der  deutschen  Schreibschrift  Ernst  machen 
und  schon  in  den  Volksschulen  die  lateinischen  Buchstaben  für 
den  gewöhnlichen  Gebrauch  einführen.  Mit  Rücksicht  auf  den 
gegenwärtigen  Gebrauch  der  deutschen  Buchstaben  in  Deutsch- 
land sei  es  für  unsere  Schulen  zu  empfehlen,  dass  die  Schüler 
zwar  in  der  Regel  Deutsch  mit  lateinischen  Buchstaben  schreiben, 
aber  doch  so  viel  Belehrung  in  deutscher  Schreibschrift  erhalten, 
dass  sie  dieselbe  eventuell  lesen  können. 

2)  In  welchem  Grade  ist  Auswendiglernen  beim  Unterrichte 
zu  empfehlen? 

Die  direkte  oder  imitative  Methode  beim  Sprachunterrichte 
stütze  sich  in  hohem  Grade  auf  das  Gedächtnis  und  ermögliche 
infolgedessen  auch  manchem  sonst  in  geistiger  Beziehung  weniger 
Begabten  das  Erlernen  der  fremden  Sprache.  Da  das  Auswendig- 
lernen aber  auch  in  hohem  Grade  missbraucht  werden  könne  und 
vielfach  missbraucht  worden  sei,  entstehe  die  Frage:  Wieviel  Aus- 
wendiglernen darf  man  vom  Schüler  verlangen?  Frau  F.  antwortete 
auf  diese  Frage:  »Nur  das,  was  der  Lehrer  selbst  fliessend  kann. 
Verwerflich  ist  ein  kleinliches,  langweiliges  Abfragen  mit  dem  Lehr- 
buch in  der  Hand.  Nur  das  mag  gelernt  werden,  was  an  sich 
lernenswert  ist  (z.  B.  bekannte  Lieder)  oder  was  man  oft  braucht. 
Um  Anstrengung  und  allzu  lange  Hausarbeit  zu  vermeiden,  ist  es 
zu  empfehlen,  ä  la  Gouin  oder  Berlitz  während  der  Stunde  selbst 
durch  mündliche  Wiederholung  eine  Reihe  von  Sätzen  oder  Ver- 
sen einzuprägen.» 

§  7- 

Professor  A.  Wallensköld  referierte  ein  neues  Buch  von  A. 
Dauzat:  »La  Langue  francaise  d'aujourd'hui»  (Librairie  Armand 
Colin,   Paris).  In  fidem: 

A .   Länofots. 


2o6  Protokolle  des  Neuphilologischeti    Vereins. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins  vom  25. 
September  1909,  bei  weUher  Sitzung  der  Vorstand 
und  I  I  Mitglieder,  sowie  als  Gast  Rector  magnificus 
Professor  I.  A.   Heikel,  anwesend  waren. 


Der  Vorsitzende,  Professor  Wallensküld,  begrüsste  die  Anwe- 
senden mit  folgender  Ansprache: 

»Meine  Damen  und   Herren! 

Über  das  letzte  Tätigkeitsjahr  unseres  Vereins  ist  etwas  Be- 
merkenswertes nicht  zu  berichten.  In  den  Sitzungen,  welche  etwa 
jeden  dritten  Sonnabend  während  der  akademischen  Semester 
stattfanden,  sind,  wie  auch  früher,  teils  philologische,  teils  sprach- 
pädagogische Fragen  verschiedener  Art  erörtert  worden.  Dem 
Vereine  muss  indessen  auch  zum  Verdienst  angerechnet  werden, 
dass  die  allgemeine  Versammlung  der  Neuphilologen  Finnlands 
in   Helsingfors  zu  Anfang  dieses  Kalenderjahres  stattfinden  konnte. 

Was  unsere  Veröffentlichungen  betrifft,  so  werden  die  »Neu- 
philologischen Mitteilungen»  allmählich  durch  Heranziehen  neuer 
Kräfte  umfangreicher  und  reichhaltiger,  wobei  die  Redaktion  stets 
bemüht  gewesen  ist,  bei  der  Behandlung  philologischer  Fragen,  so 
weit  möglich,  einen  streng  wissenschaftlichen  Standpunkt  einzuneh- 
men. Von  unseren  »Memoires»  wird  hoffentlich  der  V.  Band  noch 
vor  Ausgang  dieses  Kalenderjahres  erscheinen. 

Laut  Vereinsbeschluss  extra  protocoUum  wird  dieser  V.  Band 
der  »Memoires»  unserem  Ehrenpräsidenten,  Herrn  Professor  W. 
Söderhjelm,  gewidmet  werden,  und  zwar  aus  Anlass  seines  am  26. 
Juli  vollendeten  fünfzigsten  Lebensjahres.  An  jenem  Tage  machten 
ihm  im  Namen  des  Vereins  die  beiden  obersten  Funktionäre  des- 
selben ihre  Aufwartung,  wobei  ihm  eine  kunstvoll  ausgestattete  Adresse 
dargebracht  wurde,  welche  im  V.  Band  der  »Memoires»  als  Ein- 
leitung abgedruckt  werden  wird. 

Schliesslich    habe    ich    eine    Trauernachricht  mitzuteilen,  den 

am   1 7.    September  plötzlich  erfolgten  Tod  unseres  Ehrenmitgliedes, 

des  Senators  Otto  Donner.     Bei  der  feierlichen  Bestattung  war  der 

Verein     durch     seinen     Präsidenten    und    seinen     Vize-Präsidenten 

repräsentiert,    wobei    der  Erstere  einige  Worte  zum  Andenken  des 

Verstorbenen  äusserte.      Ein  Kranz  mit  der  Inschrift: 

.  »Hommage  reconnaissant 

de  la  Societe  neo-philologique  de  Helsingfors 

au  Senateur  Otto  Donner, 

membre  honoraire» 


Jahresbericht  des  Neuphilologischen    Vereins.  207 

wurde  von  uns  beiden  auf  seinem  Grab  niedergelegt.  Ich  fordere 
die  Anwesenden  auf,  das  Andenken  unseres  hochgeschätzten,  dem 
Vereine  so  wohlwollend  gesinnten  Ehrenmitgliedes  dadurch  zu  ehren, 
dass  wir  uns  von  unseren  Plätzen  erheben. 

(Die  Anwesenden  erhoben  sich.) 

Ich  erkläre  hiemit  die  erste  Sitzung  dieses  akademischen 
Jahres  für  eröffnet.» 


Das    Protokoll    der    letzten    Sitzung    des    Frühjahrssemesters 
.'urde  verlesen  und   geschlossen. 


Der    Sekretär    verlas    den  Jahresbericht  für  das  akademische 


§  4- 

Für  das  akademische  Jahr  1909 — 19 10  wurden  wieder- 
gewählt: als  erster  Vorsitzender  Prof.  A.  Wallensköld,  als  zweiter 
Vorsitzender  Dr  H.  Suolahti  und  als  Schriftführer  und  Kassenver- 
walter Dr  A.  Längfors.  Als  Revisoren  wurden  gewählt:  Fräulein 
Aurora   Munthe  und   Cand.    phil.   E.   Müller. 

§  5- 

Universitätslektor  /.  Öhqiiisl  hielt  einen  Vortrag  über  Sprech- 
maschinen und  ihre  Verwendung  im  Sprachunterricht  (mit  Demon- 
strationen) ",   wonach  eine  kürzere  Diskussion  folgte. 

In  fidem: 
A.   Längfors. 


Jahresbericht  des  Neuphilologischen  Vereins  für  das 
akademische  Jahr  1908-1909. 

Das  Hauptereignis  innerhalb  des  zweiundzwanzigsten  Tätig- 
keitsjahres  des  Neuphilologischen  Vereins  ist  die  von  ihm  zusammen- 
gerufene   Neuphiloiügenversamralung,    zu    der    die    neusprachlichen 


S.  unten. 

S.   oben   S.    169   ff. 


2o8  lÜHi^esandlc   /.itteratur. 

Lehrer  in  einer  Anzahl  von  etwa  i8o  am  ii. — 13.  Januar  dieses 
Jahres  in  Hclsingfors  zusammenliamen.  Die  Verhandlungen  der 
ersten  finländischen  Neuphilologenversammlung  sind  in  einer  beson- 
deren,   103   Seiten  umfassenden  Schrift  veröffentlicht  worden. 

Was  die  eigentlichen  Publikationen  des  Vereins  betrifft,  so 
wurde  der  fünfte  Band  der  »Mcmoires»  im  Frühjahr  in  Druck 
gegeben.  Der  Band  wird  dem  Ehrenpräsidenten,  Professor  Werner 
Söderhjelm,  anlässlich  seines  50.  Geburtstages  am  26.  Juli  d.J.,  gewid- 
met werden.  Die  »Neuphilologischen  Mitteilungen»  sind  nach  dem- 
selben Plan  wie  früher  erschienen.  Der  Jahrgang  1908  zählt  204 
Seiten  und  ist  umfassender  als  irgend  einer  der  früheren  Jahrgänge. 
Die  Zeitschrift  ist  im  Auslande,  besonders  in  der  romanistischen 
Welt,  mit  Sympathie  begrüsst  worden.  Die  Neuphilologenver- 
sammlung hat  eine  Zunahme  der  einheimischen  Abonnenten  zur 
Folge  gehabt,  deren  unsere  Zeitschrift  jetzt  125  zählt.  Eine  Zunahme 
weist  ebenfalls  die  Zahl  der  zahlenden  INIitglieder  des  Vereins 
auf,  die  jetzt   127   beträgt. 

Die  Zusammensetzung  des  Vorstandes  war  folgende:  als 
erster  Vorsitzender  und  zugleich  als  Redaktor  der  »Neuphilolo- 
gischen Mitteilungen»  fungierte  Professor  A.  WallensköU ,  als  zweiter 
Vorsitzender  Dr  //.  Suolahti  und  als  Schriftführer  der  Unterzeichnete. 

Es  fanden  q  Sitzungen  statt,  im  Herbstsemester  4  und  im 
Frühjahrssemester  5.  Dabei  wurden,  ausser  kürzeren  Mitteilungen 
und  zahlreichen  Bücherbesprechungen,  7  Vorträge  gehalten,  von 
denen  3  litterarhistorischen,  2  sprachpädagogischen,  einer  kultur- 
geschichtlichen und  einer  phonetischen  Inhalts  war.  Die  Sitzungen 
wurden  durchschnittlich  von  16  Mitgliedern  besucht.  —  Das  Jahres- 
fest wurde,   wie  gewöhnlich,   den    1 5 .  März  gefeiert. 

Helsingfors  den   25.  September   1909. 

A.   Längfors. 


Eingesandte  Litteratur. 

Aue  assin  et  Nicolette,  texte  critique  accompagnc 
de  paradigmes  et  d'un  lexicjue,  par  Hermann  Suchier.  Septieme 
edition,  avec  une  table  contenant  la  notation  musicale.  Traduction 
franyaise  par  Alberl  Counsoii.  Paderborn,  F.  Schoeningh,  igou. 
XI+136  S.   8:0. 

«La  7^  edition  n'a,  pour  le  texte,  presque  pas 
subi  de  changements. »  Dans  les  commentaires  qui 
suivent  le  texte  et  dans  le  glossaire,  M.  Suchier  a  in- 
troduit  quelques  ameliorations.  Ce  qui  est  nouveau, 
c'est  la  table  contenant  les  notes  musicales  avec  la 
transcription  en  notation  moderne. 


Eingesandte   Litteratur.  209 

Maix  Born,  Nachträge  zu  A.  H.  Murray:  A  New  English 
Dictionary  on  Historical  Principles.  I.  Teil.  Berlin  W.-Schöneberg, 
W.  Sommer,  1909.  48  S.  8:0.  (=  Wissenschaftliche  Beilage  zum 
Jahresbericht    der   Chamisso-Schule  in  Schöneberg.     Ostern    1909). 

Remvard  Brandstetter,  Ren  ward  Cysat  (1545 — 16 14),  der 
Begründer  der  schweizerischen  Volkskunde.  Luzern,  Buchh.  Haag, 
1909.  HO  S.  8:0  (=  Renward  Brandstetters  Monographien  zur 
vollständigen  sprachlichen  und  volkskundlichen  Erforschung  Alt- 
Luzems.  VIII). 

A.  Guesnon,  Publications  nouvelles  sur  les  trouveres  artesiens. 
Notices  biographiques,  Textes  et  Commentaires.  Poesie  lyrique: 
I.  Jean  de  Neuville.  —  II.  Perrin  d'Angicourt.  —  III.  Jean 
de  Renti.  —  IV.  Oede  de  la  Couroierie.  —  V.  Cardon  de 
Croisilles.  Paris,  H.  Champion,  1909.  31  p.  in-8:o  (=  Extrait 
du  Moyen   Age,   2:e  serie,  tome  XIII,  pp.   65 — 93). 

Axel  Kock,  Svensk  Ijudhistoria.  Första  delen:  1906,  II-|- 
504  S.  8:0,  Preis  Kr.  4,25  =  M.  5,00.  —  Andra  delen,  förra 
hälften:  1909,  240  S.  8:0,  Preis  Kr.  2,50  =  M.  3,00.  Lund, 
C.   W.   K.  Gleerup,  und  Leipzig,  Otto   Harrassowitz. 

Ludivig  Kolisch,  Portugiesisches  Lesebuch.  I.  Teil.  Wien, 
Export- Akademie  des  k.  k.  Österr.  Handelsmuseums,  1909.  144 
S.  8:0.     Preis   i    K  80  h. 

«Das  vorliegende  Lesebuch  hat  den  Zweck,  den 
Studierenden  an  der  Hand  von  ausgewählten  Aufsät- 
zen in  die  portugiesische  Sprache  einzuführen  und 
gleichzeitig  —  soweit  dies  im  Rahmen  eines  kleinen 
Handbüchleins  geschehen  kann  —  mit  dem  portugie- 
sischen Leben,  Fühlen  und  Denken  vertraut  zu  machen.» 

Armand  Praviel  et  J.-R.  de  Brotesse,  L' Anthologie  du  Feli- 
brige.  Morceaux  choisis  des  grands  Poetes  de  la  Renaissance 
meridionale  au  XIX*=  siecle.  Avec  avant-propos  et  notices  bio- 
bibliographiques.  Paris,  Nouv.  Libr.  Nat.,  1909.  XVH-343  p. 
in-8:o.     Prix:  3   fr.   50. 

Paul  Reiche,  Beiträge  zu  Artur  Längfors'  Ausgabe  des  Regret 
Nostre  Dame.  Inaug.-Diss.  Berlin.  Berlin,  Mayer  &  Müller,  1909. 
62  S.  8:0. 

Emil  Rodhe,  Moderne  erzählende  Prosa,  mit  Anmerkungen 
herausgegeben  (=  Moderne  deutsche  Schriftsteller.  X).  Stockholm, 
C.   E.   Fritze,    1909.      103   S.   8:0. 

Kr.  Sandfeld  Jensen,  Bisaetningerne  i  moderne  Fransk.  En 
Haandbog  for  Studerende  og  Laerere.  Kobenhavn — Kristiania, 
Gyldendalske  Boghandel — Nordisk  Forlag,    1909.      256  S.   8:0. 

Otmar  Schiszel  von  Fieschenberg,  Das  Adjektiv  als  Epitheton 
im    Liebesliede  des  zwölften  Jahrhunderts.     Leipzig,  E.   Avenarius, 


2IO  Schrißenaustausch. 

igo8.  XV-I-144  S.  8:0.  (=  Teutonia,  Arbeiten  zur  germ. 
Philol,  her.  von  W.  Uhl,    11.   Heft). 

na7is  Slrigl,  Sprachwissenschaft  für  alle.  Kleine  gemeinver- 
ständliche sprachgeschichtliche  und  sprachvergleichende  Aufsätze. 
I.  Jahrg.,  Nr.    16,    17,    ig  und  20.     Wien,  L.   Weiss,    1909. 

Teodor  Stiominen,  Ännchen  und  Heinrich.  Ein  Wintersemester 
aus  dem  fröhlichen  Schülerleben.  Ekenäs,  Ekenäs  Tryckeri  Aktie- 
bolag,    1909.      70  S.     Preis  Fmk.    i:  50. 

Wilhelm  Uhl,  Winiliod.  Leipzig,  E.  Avenarius,  1908.  VIII 
-j-  427  S.  8:0.  (=  Teutonia,  Arbeiten  zur  germ.  Philol,,  her.  v. 
W.  Uhl,  5.  Heft). 


Schriftenaustausch. 

Annales  de  la  Faadte  de  Droit  d'Aiv.  Tome  II,  n:os  1 — 2 
(Janvier — Juni   1908). 

Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  d'Atx.  Tome  II,  n:os  3 — 4 
(Juillet-Decembre  1908),  —  Contient  la  suite  de:  Louis  Ducros, 
Jean-Jacques  Rousseau.  De  Geneve  a  l'Hermitage  (i  7  12  — 1757). 
Pp.    229 — 418. 

Annotaiiones  phoneticae,   III.  Jahrg.  (igoc)),   Nr.   4  —  9. 

Bibliographia  phonetica,   IV.  Jahrg.   (1909),   Nr.    5  —  9. 

Bulletin  de  dialectologie  romarie,   annee  I   (1909),  no.   2. 

Maal  og  Minne,   Norske  Studier.      2.   Heft    1909. 

Modern  Langua^e  Notes,   Vol.   XXIV  (1909),   No.   6. 

Moderna  Spräk.  III.  Jahrg.  (1909),  Nr.  1 — 4  und  6 — 7.  — 
Die  Hefte  enthalten  u.  A.:  S.  8  ff.,  C.  E.  Göransson,  Zur  Flexion 
des  substantivierten  Adjektivs  als  Sprachbezeichnurg  (s.  auch  S. 
36  ff.);  S.  26  ff.  und  33  ff.,  C.  Polack,  Notes  lexicologiques  sur 
«Cyrano  de  Bergerac»  (wegen  der  Fortsetzung  s.  Neuph.  Mitt. 
1909,  S.  168);  S.  97  ff.,  Daniel  Jones,  The  Pronunciation  of 
Early  English;  S.    lOi   ff.,  E.  Walberg,  Poule,   terme  de  jeu. 

Päivä,  Jahrg.    1909,   Nr.   21 — 40. 

Rassegna  bibliografica  della  letteratura  italiana,  anno  XVII 
(1909),  fasc.  4  —  9. 

Revue  de  Provence  et  de  langue  d'Oc,  annee  1909,  nos.  8 
— 12.  —  Signaions:  Jules  Ronjat,  La  langue  proven^ale,  ses  limi- 
tes  geographiques,  ses  dialectes  (p.  177  ss.);  Johannes  Plantadis, 
Esquisse  historique  de  la  litterature  limousine  (p.    199  ss.) 


Mitteilungen.  211 

Spräk  och  Stil.  Tidskrift  för  nysvensk  spräkforskning,  utgi- 
vcn  av  Bengt  Hesselman,  Olof  Östergren,  Rüben  G:son  Berg. 
UpVala.  IX.  Jahrg.  (1909),  Heft  1—2.  —  Enthält  u.  A.:  Rüben 
G:son  Berg,  Döende  länord ;  Nat.  Beckman,  Till  frägan  om  gram- 
matiska  kategorier  och  grammalisk  terminologi;  Lars  Levander,  I 
vad  man  kan  ett  bymfil  kallas  enhetligt? 

Virittäjä,  Jahrg.    1909,   Nr.   6. 


Mitteilungen. 

Einheimische  Publikationen:  /.  E.  Kerkkola, 
Tieteellis-käytännöllisiä  apukeinoja  saksan  kieliopin  opetukseen  (Turku, 
Polytypos,  1909,  2  1  S.  8:0).  —  U.  Lindelöf,  Der  Lambeth- 
Psalter,  eine  altenglische  Interlinearversion  des  Psalters  in  der  Hs. 
427  der  Erzbischöflichen  Lambeth  Palace  Library.  I.  Text  und 
Glossar  (Acta  Soc.  Scient.  Fenn.,  tom.  XXXV,  N:o  i,  323  S.  4-0). 
—  Artur  Läui^fors  et  Werner  Söderhjelm,  l^2t.  Vie  de  saint  Quentin 
par  Huon  le  Roi  de  Cambrai  (Acta  Soc.  Scient.  Fenn.,  tom.  XXXVIII, 
N:o  I,  XXV+68  S.  4:0).  —  Hugo  Suolahti,  Die  deutschen  Vogel- 
namen. Eine  wortgeschichtliche  Untersuchung  (Strassburg,  Karl  J. 
Trübner,    1909,  XXXIII-l-540  S.  8:0). 

Einheimische  Beiträge  zu  ausländischen 
Publikationen:  Edla  FreudenthaL  Vorschläge  (in  Bezug  auf 
i)  den  Gebrauch  deutscher  Schreibschrift  und  2)  das  Auswendig- 
lernen beim  Sprabhunterricht),  in  Die  Neueren  Sprachen  XVII,  5. 
Heft  (Aug.).  —  T.  E.  Karsten,  Altdeutsche  Kulturströmungen  im 
Spiegel  des  finnischen  Lehnworts,  in  Indog.  Forsch.  XXVI,  S.  236 
— 57.  —  Artur  Längfors,  Bespr.  von  Paul  Meyer,  Notice  sur  la 
Bible  des  sept  etats  du  monde  de  Geufroi  de  Paris,  in  Zs.  f.  franz. 
Spr.  und  Litt.  XXXIV,  Ref.  S.  154—7.  —  A.  Walknsköld,  Der 
Neuphilologische  Verein  in  Helsingfors,  in  Germ.-rom.  Monatsschrift 
I,  S.   527  fg. 

Ausländische  Besprechungen  einheimischer 
Publikationen:  A.  Längfors  et  W.  Söderhjelm,  La  Vie  de 
Saint  Quentin  par  Huon  le  Roi  de  Cambrai,  von  A.  Jeanroy,  Rev. 
crit.  1909,  Nr.  40,  S.  221  —  2;  kurz  angezeigt  in  Arch.  f.  das 
Studium  der  neu.  Spr.  u.  Lit.  CXXII,  S.  460.  —  Neuphilologische 
Mitteilungen,  Jahrg.  1908,  von  Paul  Meyer,  Romania  XXXVIII, 
S.  468  fg.  —  /.  Poirot,  Quantität  und  dynamischer  Akzent  (Neuph. 


Mitteilunsien. 


Mitt.  190g,  S.  74 — 6),  von  G.  Panconcelli-Calzia,  BüjI.  phon.  190g, 
unter  Nr.  265.  —  W.  Söderbjelm,  Les  inspirateurs  des  Quinze  joyes 
de  mariage,  kurz  angezeigt  in  Arch.  f.  das  Studium  der  neu.  Spr. 
u.   Lit.   CXXII,  S.  464. 

Voranzeige:    Dr    A.    Längfors    bereitet    eine     kritische 
Ausgabe  des   »Roman  de  Favel»   vor. 


NEUPrillOlDGISCHE 
•  •  MITTEIUJNQEH 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 

jl    Acht  Nummern  jährlich.     Preis:  4  Fmlc  direkt  bei  der  Redaktioa,     1 

rw         A        jl    4:  30    durch    die    Post  und     5  Fmk  durch  die  Buchhandlungen.  »aa 

liP.     Q        -     Zahlende  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich.  I^O^ 

—  Abonnementsbetrag,    Beiträge,  sowie  Bücher  zur  Besprechung 

i     bittet  man  an  die  Redaktion  (Adr.    Prof.  A.  \V  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d, 

1  Vestra  Hamngatan  5)  zu  senden. 


Sandhierscheinungen  in  Runeninschriften. 

Nach  W  i  mm e r ,  De  danske  Runemindesmaerker,  Andet 
Bind,  K0benhavn  1899 — 1901,  S.  285  fif.  steht  auf  dem  Od- 
dumer-Stein  geschrieben:  purulfs.  sati.  stain.  u.  s.  w.,  obgleich 
man  statt  purulfs  zunächst  purulfr:  erwarten  möchte.  Dieser 
Konsonantenaustausch  wurde  von  W  i  m  m  e  r  mehrmals  be- 
sprochen. A.  a.  O.  S.  289  sagt  Wimmer:  'purulfs  har 
bortkastet  naevneformsendelsen  -r  og  urigtig  tilföjet  -s  under 
indflydelse  af  det  folgende  sati.'  S.  291  spricht  Wimmer 
von   'den  opl0sning  af  sproget,  som  rober  sig  i   nsevneformen 

purulfs .'    Im  Band  IV.   2,  Kobenhavn  1908,  S.  LXXIII 

heisst  es:  ' —  —  —  den  unge  Oddum  sten,  der  i  nf.  har 
purulfs,  idet  n?cvneformsendelsen  a-  (rj  er  bortkastet  og  s 
tilföjet  pä  grund  af  det  folgende  sati.' 

Brate  hat  den  zweiten  Band  von  Wimmer 's  Rune- 
mindesmrerker  in  K.  Vitt.  Hist,  o.  Antiqv.  Akad.  Mänadsblad 
1901  angezeigt  und  äussert  sich  auf  der  vierten  Seite  seiner 
Anzeige  folgendermassen  über  die  Form  purulfs:  'Det  synes 
mig  tvifvelaktigt,  huruvida  —  —  —  felristningen  purulfs.  sati 

iskall  tydas  sä,  att  »fturulfs  har  bortkastet  naevneformendel- 
sen  -R  og  urigtig  tilföjet    -s  under  indflydelse  af  det  folgende 

\sati^   och  icke  snarare  purulfs  bör    anses   som    felristning   för 

yrnrulfR  under  inflytande  af  det  följande  sati.' 


214  Hugo  Pippin«:, 

Brate  betrachtet  purulfs  also  entschieden  als  fehler- 
haft, und  auch  W  immer  sieht,  vor  allem  im  Band  II,  in 
dieser  Form  etwas  Abnormes. 

Ich  habe  die  Schreibung  purulfs.  sali  immer  als  eine 
streng  phonetische  Bezeichnung  der  faktischen  Aussprache 
betrachtet,  indem  ks  auch  in  satzphonetischer  Verbindung 
zu  SS  assimiliert  werden  musste.  Dass  die  Assimilation  ks 
>  SS  in  den  nordischen  Sprachen  regelrecht  war,  halte  ich  für 
unzweifelhaft.  Siehe  hierüber  Ljungstedt  Grunddragen  af 
modersmälets  historia,  Stockholm  1898,  S.  204,  Pipping 
Om  runinskrifterna  pä  de  nyfunna  Ardrestenarna,  Uppsala 
1901,  S.  25  f.  und  Noreen  Altschwedische  Grammatik 
§  297  Anm.  2.  Aus  däni.schen  Runeninschriften  können  wenig- 
stens folgende  Beispiele  dieser  Assimilation  zusammengestellt 
werden:  gs  askis  (^'^askiRS  Wimmer  II  S.  267,  apf^)^.yz  = 
*passi  <  *paRsi  II  S.  49,  S.  137  f.,  S.  212,  S.  379,  npf 
pasi  W  S.  131.  Die  phonetische  Wahrscheinlichkeit  der  Assi- 
milation RS  >  SS  ist  schon  durch  die  von  allen  Forschern  aner- 
kannte Assimilation  sr  >  ss  gegeben,  und  ich  sehe  keinen 
Grund,  mit  Kock  Ark.  f.  nord.  fil.  XI  322  Fussnote  2, 
Noreen  Altschwedische  Grammatik  §  251  und  Wimmer 
II  267  von  einem  angeblichen  Wegfall  des  R  vor  s  zu  reden. 

Genau  so  wie  die  Verbindungen  sR  und  rs  ohne  Un- 
terschied zu  SS  wurden,  sind  die  Verbindungen  rR  und  Rr 
sicherlich  in  rr  zusammengefallen.  Die  Assimilation  rR  >  rr 
ist  schon  längst  anerkannt,  aber  die  Verbindung  Rr  ist  sehr 
selten  und  ihre  Entwickelung  deshalb  wenig  beachtet  worden. 
Wenn  Rr,  wie  ich  glaube,  zu  rr  wurde,  lässt  sich  indessen 
awnord.  drer  aus  ^unreR  <  ""unrreR  <  *unRaraiR  bequem  ablei- 
ten. 1  Und  in  der  Schreibung  Y^purlf  Xrispi  auf  dem  Runen- 


^  Etwas  anders  bei  Noreen  Aisl.  Gr.  HI  §  267.  2  c,  v.  Friesen 
Till  den  nordiska  spräkhistorien,  Uppsala  1901,  S.  64  und  wieder  anders 
Kock  Ark.  f.  nord.  fil.  XV  334,  Fussnote  1.  Von  Kock's  Darstellung  , 
\^unRi-eR  y  *unreR  durch  Ausstossung  von  r\  weicht  die  meinige  nur  wenig  .^' 
ab.  Dagegen  halte  ich  es  nicht  für  ausgeschlossen,  dass  die  von  Noreen 
und  V.  Friesen  angenommene  Zwischenstufe  *unnreR  zu  *u^re7-  hätte  wer- 
den müssen.     Vgl.  Noreen  Aisl.  Gr.  HI  J  252. 


li 


Sand/tierscheintwgen  in  Runeninschriftefi .  215 

Stein  von  Hedeby  jW immer  I.  2  S.  108  113]  sehe  ich  einen 
noch  besseren  Beweis  für  die  Assimilation  i<r  )  rr.  W  i  m  m  e  r 
a.  a.  O.  S.  112  meint,  dass  das  a-  in  der  fünf  konsonantischen 
Verbindung  rl/nr  weggefallen  sei. 

Ich  glaube  nun,  dass  die  Vereinfachung  von  Konsonan- 
tenverbindungen im  Allgemeinen  nicht  durch  direkte  Aus- 
stossung  bewirkt  wurde,  sonder  vielmehr  durch  Assimilation, 
indem  zunächst  einer  von  den  Nachbarlauten  Ersatzdehnung 
erhielt.  In  dieser  Weise  erklärt  es  sich  auch  ganz  einfach, 
dass  die  Schreibung  uitrint.  su  [Runenstein  von  Tillise,  Wim- 
mer II  S.  489  fif.]  mit  uitrik.  susi  [Stein  von  Sandby,  Wim- 
mer II  S.  481  ff.^  abwechselt.  In  der  dreikonsonantischen 
Verbindung  -ngs-  [witring.  suj  wurde  g  zuweilen  durch  den 
Einfluss  des  Simplex  witring  bewahrt  [SandbyJ,  zuweilen 
schwand  es  lautgesetzlich  [Tillise],  aber  nicht  spurlos,  sondern 
eine  Dehnung  des  z;  hinterlassend.  Als  sich  vv  nachher  vor 
dem  dentalen  s  zu  nn  weiter  entwickelte  ^,  wurde  t  wie  immer 
zwischen  nn  und  s  eingeschoben.  ^  Auch  in  diesem  Falle  hat 
Wimmer  die  richtige  Erklärung  gestreift  [siehe  W immer 
IV  2,  S.  XXV  a,  wo  Noreen  Ark.  VI  336  und  Koc  k  Ark. 
VII  307  f.  zitiert  werden],  aber  doch  nicht  ganz  gefunden, 
was  u.  a.  daraus  erhellt,  dass  er  [II  S.  495  und  IV.  2  S. 
XXV  a]  uitrint  mit  witrind  transskribiert. 

Gering  Z.  f.  d.  Phil.  XXXVIII  S.  125,  Fussn.  2  und 
S.  127  scheint  die  Form  uitrint  geradezu  als  einen  Schreib- 
fehler   zu    betrachten,    denn  er  schreibt:  uitrint  (lies:  uitrink]. 


Auf    dem    Runenstein    von    Ardre    n:o    III -^  wird  npm 
vom    dem.    Prori.    teils   [jaiK,  teils  pai':  geschrieben.     An  Ver- 


1 


*  Vgl.  Noreen  Ark.   f.  nord.   fil.   VI  336.  Altschw.  Gr.  §  281.  2. 

*  Ganz  dieselbe  Erklärung  passt  für  aschw.  attirganz  [<  -ga7tgs\  und 
Ahnliches,  Vgl.  die  etwas  abweichende  Darstellung  K  o  c  k'  s  in  Ark.  f.  nord, 
fil.  VII  S.  307  f. 

^  P  i  p  p  i  n  g  Om  runinskrifterna  pä  de  nyfunna  Ardre-stenarna.  Upp- 
sala   1901.     S.    15  —  22.     Noreen  Altschwedische   Grammatik  S.  481    f. 


2l6  Hugo  Pipping, 

suchen  die  Form  JyaR  zu  erklären  hat  es  nicht  gefehlt  \  aber 
es  muss  hervorgehoben  werden,  dass  es  sich  in  diesem  Falle 
nicht  nur  darum  handelt,  die  Entstehung  einer  beliebigen  Form 
paii  zu  erklären,  sondern  es  muss  womöglich  der  Grund 
herausgefunden  werden,  warum  derselbe  Ritzer  die  Formen 
l)aR  und  J)aiK  abwechselnd  gebraucht.  Ich  habe  a.  a.  O.  S. 
17  hervorgehoben,  dass  agotl.  npm  JtaR  eine  Sandhiform  sein 
könne,  jedoch  ohne  diesen  Gedanken  bis  in  die  Einzelheiten 
zu  verfolgen.  -  Diess  lässt  sich  aber,  wie  ich  jetzt  sehe,  ohne 
Schwierigkeit  machen. 

Im  Agotl.  ist  der  Diphtong  ai  bekanntlich  vor  Geminata 
zu  a  geworden.  '^  Die  Form  JiaK  findet  sich  auf  dem  Stein 
von  Ardre  n:o  III  in  der  Verbindung  Jm^+seiu,  wo  rs  sicher 
lieh  als  SS  gesprochen  wurde,  obgleich  die  beiden  Laute  nicht 
demselben  Worte  angehörten.  Die  intime  Verbindung  des 
Pronomens  mit  seinem  Prädikate  wird  auch  in  der  Schrift 
angedeutet,  in  dem  das  sonst  regelmässig  ausgeschriebene 
Trennungszeichen  in  der  Verbindung  JiaiKkiarJm  auf  demsel- 
ben Runensteine  fehlt. 

Es  ist  gewiss  kein  Zufall,  dass  der  Diphtong  ai  vor  der 
Konsonantenverbindung  Rk  unversehrt  blieb,  aber  vor  der  aus 
RS  entstandenen  Geminata  ss  zu  a  kontrahiert  wurde. 

Ganz  interessant  ist  es  zu  sehen,  wie  der  Ritzer  zwischen 
phonetischer  und  etymologischer  Schreibung  schwankt.  Wenn 
er  paR  statt  patR  schreibt,  folgt  er  seinem  Ohre,  aber  nur  bis 
zu  einem  gewissen  Grade,  indem  er  das  r  der  Normalform 
JjaiR  entnimmt.  In  ganz  genau  phonetischer  Runenschrift 
würde  man  pas  +  setu,  nicht  p)aR  +  setu  verlangen. 


'  Siehe  die  von  Noreen  Altschw.  Gr.  §  508.  10  verzeichnete  Li- 
teratur. 

^  Es  heisst  a,  a.  O.  'En  öfvergäng  paiR  >  poR  kan  pä  Gotland  hafva 
uppkommit,  da  diftongen  vid  yttre  sandhi  kom  att  stä  framför  tvä  konsonan- 
ter.' Dass  der  Übergang  vor  anderen  Konsonantengruppen  als  Geminaten 
stattgefunden  habe,  glaube  ich  jetzt  nicht  mehr. 

^  Söderberg  Forngutnisk  Ijudlära  S.  32,  W  i  m  m  e  r  Dobefonten 
i  Äkirkeby  Kirke  S.  51,  Noreen  Altschw.  Gr.  §  124,  i,  Pipping  Guta 
lag  och  Guta  saga,  Inledning  S.  LXl. 


i 


Sandhierscheimmgen  in  Runeninschriften.  21 7 

Dass  die  hier  gegebene  Erklärung  der  Schreibung  ])aR 
[Ardre  III]  die  richtige  ist,  geht  daraus  hervor,  dass  derselbe 
Ritzer  auch  den  Diphtong  au  vor  satzphonetischer  Geminata 
zu  a  kontrahiert.  ^ 

Die  Konjunktion  auk  ist  in  den  Ardre-Inschriften  häufig 
belegt  [Ardre  I  2  mal,  Ardre  VI  einmal,  Ardre  VII  einmal], 
aber  in  der  Inschrift  III  steht  statt  auk  dreimal  ak.  Diese 
Form  war  schon  vorher  aus  Inschriften  auf  dem  Festlande 
bekannt  und  war  verschiedentlich  kommentiert  worden.  ^ 
Aber  die  Regelmässigkeit,  mit  welcher  nicht  nur  die  meisten 
von  den  Ardre-Steinen,  sondern  die  gotländischen  Inschriften 
des  ii:ten  Jahrhunderts  überhaupt  die  Form  auk  aufweisen,^ 
zwingt  uns  zu  untersuchen,  ob  etwa  ganz  besondere  Umstände 
die  Schreibung  ak  in  der  dritten  Ardre-Inschrift  hervorgerufen 
haben. 

Schon  in  meiner  Schrift  'Om  runinskrifterna  pä  de  ny- 
funna  Ardre-stenarna'  S.  17  hatte  ich  hervorgehoben,  dass 
agotl.  ak  sich  in  satzphonetischer  Stellung  vor  Geminata 
aus  auk  hat  entwickeln  können.  Es  muss  in  der  That 
gleich  auffallen,  dass  in  zwei  von  den  belegten  3  Fällen  das 
nachfolgende  Wort  mit  k  anfängt  \ak  +  katKuatr  und  ak  + 
kaiRaiaut(r)  ^].     Das    k   in    kaiR  bezeichnet    allerdings    in    der 


^  Über  die  agotl.  Kontraktion  au  ')  a  vor  Geminata  siehe  S  ö  d  e  r- 
berg  Fgotl,  Ijudl.  S.  32,  W  i  m  m  e  r  Dobefonten  i  Äkirkeby  Kirke  S.  51, 
Noreen  Aschw.  Gr.  §  123.  i,  Pipping  Guta  lag  och  Guta  saga.  In- 
ledning  S.  LXI. 

^  Bugge  Forsaringen  S.  Ii,  20  und  37,  Mänadsblad  1877  S.  531 
und  534,  Runverser  S.  119,  239,  Kock  Om  nigra  atona  S.  17,  Fussnote  2, 
Noreen  Altschwedische  Grammatik  §  91,  mom.  3,  Dieterich  Runen- 
Sprachschatz  S.  228. 

"  Stainkumbla  I,  II  7  mal,  Hauggrän  5  mal,  Sjonhem  I,  II,  III  6 
mal,  Böge  [vgl.  S  ö  d  e  r  b  e  r  g— B  r  a  t  e  Ülands  runinskrifter  S.  47]  einmal, 
Sanda  [vgl.  Stephens  II  777  ff.,  wo  die  Inschrift  nicht  ganz  korrekt 
wiedergegeben  wird]  einmal  auk  und  einmal  aug.  Vom  dritten  Sjonhemer- 
Stein  und  den  StainkumblaSteinen  abgesehen  habe  ich  alle  diese  Inschriften 
selbst  untersucht. 

*  Noreen  Allschwedische  Grammatik  S.  481  schreibt  kaiRaiaut[R], 
was  nur  ein  Druckfehler  sein  kann.  Nach  Konsonanten  zeigt  Ardre  III  immer 
r    nicht  /C. 


2l8  Uti^o   PippiHi^,   Sandkicrsiheinungen  in  Runetiinschrißen. 

Regel  den  stimmhaften  Laut  g,  aber  nach  einem  k  wird  das 
g  seinen  Stinmiton  eingebüsst  haben,  so  dass  aus  ^+^eine 
Geminata  wurde.  In  dem  dritten  Falle  ak  +  aiuatr  steht  der 
Vokal  in  ak  scheinbar  vor  einem  einfachen  Konsonanten. 
Aber  bei  näherer  Betrachtung  wird  es  sich  ergeben,  dass  er 
auch    hier  vor  einer  Geminata  gestanden  hat. 

Meiner  Ansicht  nach  beweisen  die  Verhältnisse  im  Deut- 
schen und  die  Regeln  der  Alliteration  und  der  Quantität  in 
der  altgermanischen  Metrik,  dass  die  Vokale  der  germanischen 
Sprachen  in  älterer  Zeit  nie  im  absoluten  Anlaut  standen, 
sondern  dass  ihnen  stets  eine  Kehlkopfplosion  vorausging.  ^ 
Wo  das  mit  dem  Kehlkopfverschluss  beginnende  Wort  sich  ei- 
nem vorhergehenden  Worte  direkt  anschloss,  wird  der  Plosions- 
laut  weggefallen  sein,  aber  kaum  spurlos.  Sehr  belehrend 
sind  in  dieser  Hinsicht  die  Sandhierscheinungen  im  Finni- 
schen. Ein  Wort,  welches  sich  vor  einem  vokalisch  anlautenden 
Worte  auf  den  Kehlkopfverschlusslaut  endigt,  ersetzt  diesen 
mit  dem  Anfangslaut  des  folgenden  Wortes,  wenn  dieses  kon- 
sonantischen Anlaut  hat.  -  Z.  B.  anna  olla  aber  annam  mulle, 
tule  aina  aber  tulet  tänne.  Es  kommt  mir  a  priori  wahr- 
scheinlich vor,  dass  der  Kehlkopfverschlusslaut  in  den  nor- 
dischen Sprachen  beim  Wegfall  eine  ähnliche  Dehnung  des 
angrenzenden  Konsonanten  bewirkt  hat.  Hierdurch  erklärt  es 
sich  auch,  dass  kurzsilbige  Einsilbler  in  der  Komposition  als 
metrisch  lang  galten,  auch  wenn  das  zweite  Kompositionsglied 
vokalischen  Anlaut  hatte.  ^  Man  könnte  allerdings  annehmen, 
dass  die  Anlehnung  an  das  Simplex  den  Kehlkopfverschluss 
und    somit    auch    die  Positionslänge  bewahrt  hätte.     Aber  in 


'  Über  die  Alliteration  als  Beweis  für  den  festen  Einsatz  siehe  S  i  e  - 
vers  Altgermanische  Metrik  §  i8.  2.  Die  Einwände  von  Kock  Östnor- 
diska  och  latinska  medeltidsordsprak,  Inledning  S.  113,  Fussnote  i,  sind  von 
Sjöros  Mälahattr  S.  25,  Fussnote  2  beseitigt  worden.  Über  die  Bedeu- 
tung des  Kehlkopfverschlusses  für  die  (Quantität,  siehe  Fuhr  Die  Metrik 
des  Westgermanischen  Alliterationsverses  S.  27,  P  i  p  p  i  n  g  Bidrag  tili  Edda- 
metriken S.   I   und  Sjöros  Mälahattr  S.   24. 

^  Pel  tonen  Fuhetaito  S.    116  f. 

^  S  i  e  v  e  r  s  Altgermanische  Metrik  §  37.   3,  S.   58. 


I 


Pesprccltuugai.    O,  J.    7'allgrcf!,   B.   Schädel,    Mantinl  de  fonetica  cat.    219 

postkonsonantischer  Stellung  wird  es  doch  schwierig  sein,  den 
Kehlkopfverschluss  ohne  besondere  Anstrengung  aufrecht  zu 
erhalten.  Die  Dehnung  des  vorhergehenden  Konsonanten  lässt 
sich  bedeutend  leichter  zustandebringen. 

Im  Altschw.  wird  die  vom  schwindenden  Kehlkopfver- 
schlusse  bewirkte  Dehnung  eines  vorhergehenden  Konsonanten 
zuweilen  durch  Doppelschreibung  bezeichnet.  In  diesem  Sinne 
verstehe  ich  die  Schreibungen  yö;-r(^^<?  Vgl.  I  Schlyter  S. 
55:  21,  forrepe  Vgl.  I  56:  \,  forredhum  Vgl.  IV  308:  12, 
308:   20.  ^ 

Wenn  diese  meine  Vermutungen  als  richtig  befunden 
werden,  dürfen  wir  annehmen,  das  ak  +  qiuatr  auf  dem  dritten 
Ardre-Stein  eine  Aussprache  akkaiuatr  bezeichnet.  Und  so- 
mit würde  es  sich  herausgestellt  haben,  dass  die  Konjunktion 
auk  in  den  gotländischcn  Runeninschriften  des  ii:ten  Jahr- 
hunderts nur  dann  zu  ak  wurde,  wenn  der  Diphtong  au  vor 
einer  Geminata  stand,  was  mit  einer  längst  bekannten  altgot- 
ländischen  Lautregel  vollkommen  übereinstimmt. 

Hugo  Pipping. 


Besprechungen. 

Dr.  B.  Schädel,  Manual  de  fonetica  catalana.  —  Cöthen, 
Otto  Schulze  Verlag,  1908.  Diposit  per  Espanya :  Alvar  Verdaguer, 
llibreria,  Rambla  del  Centre  5,  Barcelona.  —  i  v.  petit  in-8", 
VIII-88  pp. 

Ce  livre  de  ['eminent  romaniste  de  Halle  est  Je  prämier 
manuel  de  phonetique  catalane  qui  existe.  ^  Ecrit  en  catalan,  avec 


'  Anders  Kock  Studier  öfver  fornsvensk  Ijudlära  S.  415,  Noreen 
Altschwedische   Grammatik   §   242.     Anm,    i. 

^  Le  premier  ä  proprement  parier  qui  ait  public  des  textes  phoneti- 
ques  catalans,  c'est  le  phonetiste  barcelonnais  M.  J.  M».  Arteaga  Pereira ;  v. 
Mattre  phonetique,  1904,  pp.  119 — 123.  Cet  auteur  donne,  entre  autres,  une 
dizaine  de  lignes  qui  se  retrouvent  chez  M.  Schädel,  avec  des  divergences 
dont  celuici  attribue  la  cause  principale  ä  des  differences  dialectales  des  deux 
Sujets.  J'aurai  l'occasion  plus  loin  de  discuter  quelques-unes  de  ces  divergen- 
ces. De  plus,  M.  Arteaga  a  public  recemment,  dans  les  actes  du  Primer  Con- 
gres  Internacional  de  la  Llengua  catalana  tenu  en  1906  (tome  public  ä  Barce- 
lone,    1908),  pp.  445 — 465,    un   magnifique   »coup  d'oeil  general  sur    la  phone- 


220  Besprechungen,   Oiva  Joh.    Tallgren, 

une  dedicace  en  allemand  a  Neumann,  il  s'adresse  en  premiere  ligne 
ä  des  Catalans.  En  particulier,  il  a  pour  but  de  mettre  ceux-ci  a 
meme  de  contribuer  dument  ä  la  grande  tache  de  ret  ueillir,  en 
les  transcTivant  phonctiquement,  des  specimens  des  differents  par- 
lers  populaires.  Cette  en([ucte  phonctique  ä  son  tour  est  destinee 
ä  former  la  base  necessaire  du  futur  Diccionari  de  la  llengua  cata- 
lana,  vaste  entreprise  ä  laquelle  a  donne  l'initative  et  que  dirige 
l'infatigable  dialectologue,  l'Abbe  Alcover.  Fervet  opus!  Oui,  c'est 
une  ardeur  au  travail  belle  et  merveilleuse  dont  fönt  preuve  les 
philologues  catalans  de  nos  jours. 

Divise  en  cinq  chapitres,  le  Manual  est  muni  d'une  breve 
introduction  mettant  en  relief  la  necessite  de  recourir  ä  une  ortho- 
graphe  plus  phonetic^ue  que  celle  ordinaire  et  les  principes  ä  suivre 
pour  etablir  cette  orthographe.  Le  chapitre  I  est  reserve  ä  la  des- 
cription  physiologique  des  organes  vocaux;  le  chap.  II  offre,  en 
onze  pages  excellemment  ordonnees,  les  prenotions  phonetiques 
necessaires  pour  pouvoir  distinguer  et  definir  des  sons.  Le  chap.  III 
{})}>  PP)  contient  une  description  systematique  des  sons  catalans, 
dont  l'auteur  enregistre  ici  64  ^;  ceux-ci  y  sont  passes  en  revue 
un  ä  un;  nombre  d'exemples  et  des  observations  speciales  accom- 
pagnent  les  plus  importants  de  ces  petits  articles,  et,  le  cas  echeant, 
un  nouvel  alinea  marque  Falles  dels  estrangers  donne  des  avertisse- 
ments  tres  interessants  concernant  la  prononciation  plus  ou  moins 
fausse  des  Castillans,  Francais,  Italiens  ou  Allemands  parlant  le 
catalan ;  enfin,  chaque  numero  offre  ce  que  l'on  pourrait  appeler 
une  concordance  des  divers  systemes  de  transcription  (Böhmer, 
Ascoli,  Gillieron,  Ass.  Phonetique).  Dans  le  chap.  IV,  intitule  »Z>^ 
rentonaciö,  durada  i  inteiisiiat  dels  sons.  Grupos  d'expiraciö»,  il  est 
explique  pourquoi  les  textes  phonetiques  donnes  dans  le  chap.  V 
n'offrent  point  d'indications  se  rapportant  ä  la  hauteur  musicale,  ä 
la  quantite  et  ä  l'accent  dynamique  ^.     Les  textes  phonetiques  de 


tique  catalane»  (sous  titre  :  »Son  caractere  particulier  dans  la  famille  neo-latine»). 
C'est  un  travail  d'erudition  tres  important,  redige  en  catalan,  mais  poursui- 
vant  un  but  tout  autre  que  l'elementaire  Mamial  de  M.  Schädel.  —  Dans  ce 
qui  suit,  je  me  servirai,  pour  citer  Tun  ou  l'autre  des  travaux  de  M.  Arteaga, 
des  deux  indications  »Arteaga  (1904)»,    »Arteaga  (1908)». 

'  L'auteur  en  compte  72  dans  le  magnifique  travail  qui  a  commence  ä 
paraitre  dans  la  nouvelle  Revue  de  dialedologie  rotnane :  Die  katalanischen  Pyre- 
näendialekte. Parmi  les  sons  pris  en  consideration  dans  ce  travail,  mais  non 
pas  dans  le  Manual,  il  faut  noter  surtout  les  voyelles  anterieures  arrondies 
[oe]  [ü]  et  des  sons  apparentes.  Une  espece  d'[ce]  avait  ete  dejä  signale,  pour 
Majorque,  par  Saroihandy,   dans  le   Grundriss,  I*,  p.   849, 

*  Dans  les  textes  de  M.  Schädel,  l'iaccent  principal»  d'un  mot  donne 
correspond  ä  la  syllabe  portant  une  vocal  tivanta,  qu'il  est  facile  de  recon- 
naitre  au  premier  coup  d'reil  —  L'agencement  des  »mots  phonetiques»,  c'est- 
ä-dire  la  repartition  en  groupes  d'expiration,  n'est  pas  indique  dans  ces  textes 


i 


B.  Schäiiel,   Manual  de  fonetica  catalana.  221 

ce  dernier  chapitre  (de  meme,  les  mots  transcrits  figurant  dans  les 
chapitres  prccedents  ?)  reproduisent  la  prononciation  d'un  mcdecin. 
catalan  scjournant  ä  Halle. 

Comme  on  doit  s'y  attendre,  puisqu'il  s'agit  d'un  livre  destine 
ä  etre  employi;  principalement  par  des  novices,  le  Manual  de  fone- 
tica est  trcs  facile,  tres  agreable  a  lire,  en  mcme  temps  qu'il  pa- 
rait  etre  base  sur  les  resultats  actuels  de  la  science  (i'incomparable 
Lehrbuch  der  Phonetik  de  Jespersen!). 

Ma  connaissance  personnelle  du  catalan  parle  etant  tres  in- 
suffisante,  je  dois  ne  m'occuper  ici  que  de  deux  details  concernant 
une  autre  langue  citee  et  du  cote  methodique. 

Je  ne  voudrais  pas  que  le  son  b  dans  le  fr.  boire  et  dans 
l'ital.  belle  eüt  ete  identifie  ici  (p.  9)  avec  le  son  du  b  dans  les 
mots  castillans  buenas,  brazo.  Que  le  /5  et  le  y  initiaux  de  l'ortho- 
graphe  castillane  moderne  puissent  avoir,  apres  pause,  un  son  tres 
ressemblant  (mais  non  pas  identique!)  ä  celui  du  b  francais,  [b], 
cela  est  un  fait  etabli ;  mais  ce  [b]  castillan  initial,  que  l'on  entend 
dans  des  cas  comme  iVen,  Paco!  [ben,  pako]  ou  ibtuja!,  n'est 
pas  bien  represente  par  les  mots  buenas,  btazo.  Ce  n'est  pas  sou- 
vent  que  ce  dernier  mot  se  rencontre  sans  article,  au  commence- 
ment  d'une  phrase.  Parmi  les  lecteurs  de  M.  Schädel  —  tres  nom- 
breux,  je  l'espere!  —  il  y  en  aura  plus  d'un  sachant  le  castillan, 
mais  non  pas  le  francais  ni  l'italien,  qui  ne  saura  pas  trop  ä  quoi 
s'en  tenir  en  presence  de  la  pretendue  diversite  phonique  des  deux 
b  de  brazo,  haba.  Quant  a  buefias,  ce  mot  a  trop  souvent,  meme 
apres  pause,  une  prononciation  differente  de  celle  avec  [b]  pour  pou- 
voir  convenablement  etre  cite  ici  comme  exemple.  II  eüt  ete  ne- 
cessaire  d'indiquer  au  moins,  d'une  facon  definitive  et  claire,  qu'il 
s'agit  ici  de  la  prononciation  apres  pause.  —  Chap.  III,  n:o  7  (p.  43), 
il  doit  y  avoir  une  faute  d'impression  facheuse  dans  la  transcrip- 
tion  du  cast.  el  vino,  qui  se  prononce,  non  pas  avec  [b],  mais 
avec  un  son  tout  different  qui  est  decidement  le  fricatif  correspon- 
dant  1.  Plus  avant  dans  le  livre,  les  fautes  d'impression  probables 
de  cette  espece  deviennent  tres  nombreuses. 

»Pour  comprendre  exactement  la  difference  entre  les  sons 
Continus    et    ceux    explosifs»,    ainsi  dit  l'auteur  ä  la  p.   26,  on  n'a 


depourvus  de  toute  ponctuation  ;  ils  offrent  au  contraire  la  repartition  en  mots 
de  l'orthographe  usuelle,  C'est  un  inconvenient ;  il  est  peu  commode  de  se 
reporter  constamment  ä  la  page  opposee  pour  consulter,  sur  le  texte  ordinaire, 
la  ponctuation.  N'aurait-il  pas  ete  possible  de  menager  des  intervalles  de  lar- 
geur  double  ou  davantage  pour  marquer  la  Separation  des  groupes  d'expira- 
tion,  une  fois  que  la  ponctuation  ordinaire  paraissait  indigne  de  figurer  dans 
le  texte  phonetique  .- 

'    \'.,   p.    ex.,   Menendez   Pidal,    Manual  ekinental  de  gramätica  hist.  espa- 
Tiola  ^,  p.  68. 


222  Iksprcchtaigcn.      Oiva  yoh.    Tallgrin, 

qu'ä  prunoncer  les  deux  series  i)  [asa,  afa,  asa,  ara,  ala]  et  2)  [apa, 
ata,  aka].  Dans  i),  il  est  possible  de  prolonger  la  prononciation 
des  consonnes  aussi  longtemps  que  dure  l'lialeine,  tantlis  que  cette 
articulation  prolongee  serait,  selon  l'auteur,  impossible  en  2).  Suit 
une  Observation  peu  heureuse  concemant  X\\:a\.  fatlo  etc.,  ou  l'occlu- 
sion  est  declarce  durer  un  petit  peu  {una  mica)  plus  longtemps  cjue 
d'ordinaire:  Nota  2.  Aduc  en  la  restreta  durada  deh  sons  esplosius 
es  possible  un  allargatnent.  Succeex  axb  tot  allargantse  una  mica  la 
tancadura  que  preceex  a  l' esplos iö ;  Vespay  de  temps  efitre  la  formaciö 
de  la  tancadura  y  la  seva  desfeta  tesulta  amb  axb  me's  gros  que  lo 
acostumat.  Tals  sons  esplosius  estesos,  allargats,  els-e  diu  Tita- 
liä  en  les  paraules  f>fatto»,  ^appoy>,  -usaccoy),  etc.  .  .  .  Contre  tout  ce 
raisonnement  desline  ä  rendre  la  chose  bien  claire  ä  l'aide  de  faits 
connus,  il  y  a  lieu  d'objecter,  d'abord,  qu'ä  la  difference  des  Italiens, 
les  Catalans  ne  possedent  point  dans  leur  langue  ces  continues  pro- 
longees  ([assssss  .  .  .  a]  etc.)  auxquelles  l'auteur  veut  se  referer,  pas 
plus  qu'ils  ne  connaissent  les  explosives  (ou  plutot:  plosives)  pro- 
longees  \  ensuite,  que  1' articulation  d'un  son  de  cette  derniere  espece, 
tel  que  celui  correspondant  au  »/  double»  de  fatto,  peut  durer  du 
moins  aussi  longtemps  que  1' articulation  d'une  »continue»  teile  que 
r»/  double»  de  fallo.  Pendant  les  quelques  secondes  que  peut 
durer  l'articulation  prolongee  du  [t],  les  organes  vocaux  gardent  la 
Position  meme  qu'ils  occupaient  au  moment  de  l'implosion  2.  II  sera 
inutile  de  rappeler  qu'en  tant  qu'il  s'agit  de  plosives  sourdes,  il  ne 
faut  pas  prendre  l'expression  »duree»  dans  le  sens  de  'duree  du 
»son»';  cf.  Jespersen,  /.  c,  §  166.  En  un  mot,  je  trouve  tout  ce 
passage  peu  exact,  peu  clair  et  peu  utile.  —  La  definition  des 
voyelles  donnee  ä  la  p.  26  ne  tient  pas  compte  de  ce  que  les 
voyelles  peuvent  etre  chuchotees  sans  cesser  d'etre  des  voyelles. 
En  ce  sens,  donc,  les  vocals  sordes  (p.  25,  n.)  existent  en  catalan 
aussi.  —  Puisqu'il  est  facile  de  distinguer  nettement  le  [b]  et  le 
[p]  chuchotes  ([aba],  [apa],  etc.),  je  ne  puis  croire  que  toute  la 
difference  qu'il  y  a  entre  les  plosives  sonores  et  les  sourdes  depende 
de  l'activite  ou  non  des  cordes  vocales  (pp.  17,  18);  cf.  Jespersen, 
/.  c,  §§  (102),  10,5,  ou  ce  fait  ne  me  parait  cependant  pas  etre 
mis  suffisamment  en  relief. 

Apres  ces  quelques  remarques  sur  les  chapitres  de  caractere 
theorique,  qui  fönt  en  general  une  bonne  impression,  autant  qu'un 
non-professionnei    peut  en  juger,    il  v  a  lieu  de  s'arreter  sur  deux 


^  Dans  des  cas  comme  cap  pa,  pas  de  pain  ,  il  doit  s'agir,  non  pas 
d'une  articulation  prolongee,  mais  plutot,  je  pense,  d'une  gemination  de  cette 
espece  dont  Jespersen  parle,  /.  c,   §  204. 

-  Du  moins  dans  ma  langue  maternelle.  Les  Suedois  de  Finlande  pro- 
noncent  leurs  plosives  sourdes  prolongees  de  la  meme  fagon. 


ß.   Schädel,   Manual  de  fonclica  raialanu.  223 

points  du  cliap.  III.  —  L'cnumeration  systematique  des  sons  catalans 
tiu'il  renferme  est  accompagnc'e,  romme  je  Tai  dit,  de  quehjues 
observations  descriptives,  telles  que  celle  cjui  met  en  relief  l'arti- 
culation  speciale  de  r[s]   catalan. 

II  est  dit  ici,  sous  le  n:o  10,  que  Vs  de  l'orthographe  a  le 
son  de  [z]  »avant  une  consonne  sonore».  Transc;rits,  les  exemples 
suivants  semblent  montier  qu'il  l'a  parfois  aussi  apres  une  con- 
sonne sonore:  esmorSar  [ibid.),  endinsar  (n:o  1 1),  alsina  (n:o  il), 
transcrits  avec  [z] ;  au  contraire,  cansar,  alfalsal,  halsem,  caUa, 
comensar  etc.^  avec  [s].  Cette  dualite  peut  preter  a  quelque  con Fu- 
sion, car  tout  le  monde  ne  sait  pas  que  le  [z]  postconsonnantique 
de  esmorsar  et  de  alsina  est  etymologique  (esp.  almorzar,  enzina, 
avec  des  z  anciennenient  sonores),  et  que  le  [z]  de  endivsar  peut 
dependre  de  l'analogie  de  la  sonorisation  frequente  de  1'-^  de  dins, 
ä  la  liaison.  N'aurait-il  pas  ete  bon  de  donner  ici  en  note  un  pe- 
tit  avertissement  de  cette  espece  (ou  d'ecrire,  non  pas  esmorsar, 
alsina,  mais  esmorzar,  alzina  ...)?.  --  Encore  le  n:o  10.  Une  question 
de  curieux :  \-s  precedant  IV-  n'affecte-t-il  donc  point  dans  le  catalan 
entendu  par  M.  Schädel  ce  son  curieux  tres  distinct  et  du  [z]  et 
de  r[s]  qui  se  produit  sous  ces  conditions  en  castillan  {dos  reales 
etc.)?  M.  Schädel  transcrit  (p.  81,  1.  59)  leS  roques  avec  [s].  On 
s'attendrait  du  moins  a  [z],  »avant  la  consonne  sonore».  Je  con- 
sulte  Arteaga  (1Q08)  et  je  trouve  ä  ce  sujet  des  indications  tres 
precises  et  tres  positives;  je  me  borne  ä  renvoyer  ä  la  p.  450, 
vers  le  bas.  —  N:o  20.  Chez  Böhmer,  Ascoli  et  l'Ass.  Phon.,  la 
transciption  de  ce  son,  qui  »differe  de  r[r]  par  un  plus  grand 
nombre  de  vibrations»,  c'est  bien  [rr] !  —  N:os  22,  24.  Pronon- 
ce-t-on  a  Barcelone  [g]  ou  [z]  dans  ns;e,  rge?  Le  renseignement 
qui  nous  est  donne,  c'est  que  g^ ,  g^  n'a  le  son  de  [g]  qu'au  com- 
mencement  d'une  phrase  et  apres  pause,  et  que  le  [g],  entre  voyel- 
les,  »se  change  en  [z].*  Etant  donnee  cette  indication  incomplete, 
(jue  faut-il  penser  de  cette  dualite  de  transcription :  diuniefige  (n:o  9), 
fingit  (6),  angel  (16,  et  p.  83,  1.  26),  enginy  (32),  engegaven  (p.  83, 
1.  32),  tous  avec  [z],  vis-ä-vis  de  menge s  {22\  ecrit  avec  [g],  et 
cela,  precisement,  parmi  les  exemples  de  ce  son?  M.  Arteaga  pro- 
nonce  le  [z]  !  —  Nous  autres  non  Catalans,  nous  aimerions  aussi 
ä  savoir  un  peu  si  le  son  n:o  48  [a  de  madame,  Paris,  bizarte)  est 
circonscrit  aux  seuls  mots  offrant,  apres  Va,  un  son  palatal  du  a 
la  presence  d'un  yod.  Des  exemples  figurant  sous  les  n:os  48 — 50 
et  passim  cette  conclusion  semble  se  degager.  La  voyelle  n:o  48 
se  trouve  en  caixa  [kasa]  all  (allium),  mais  non  pas  en  cavall, 
vall,  mirall  (mot  d'emprunt?),  ni  non  plus,  ce  qui  est  inattendu,  en 
palla  (paleam),  p.  36.  —  N:os  49,  50.  Confusion  (juant  au  signe 
de    l'Ass.    Phonetique,    qui    en   a    bien    un  pour  \ä  de  male,  päle. 


224        Besprechungen,   O.  J.    'J'allgren,   ß.   Schädel,   Manual  de  Jon.  cat, 

Les  lextes  phonetiques.  II  y  a  plus  d'un  point  oü  la  confiance 
du  lecteur  est  mise  a  l'epreuve  quant  au  soin  apporte  ä  ce 
travail.  La  transcription  offre  des  inconscquences  dont  pourrait 
etre  tendue  responsable,  non  pas  toujours  la  pronondation  de  M. 
Isidro  VillA  et  les  autres  sujets,  mais  ou  roreille  qui  a  per<;u  les 
sons  ou  la  main  qui  a  dirigc  la  plume.  —  La  terminaison  -at^e. 
Dans  le  chap.  III,  n:o  22,  ou  on  a  plusieurs  exemples  (viaige  etc., 
coratjös  etc.),  tj  est  rendu  par  [gg];  de  meme  dars  les  textes  (pp. 
77-fin),  pour  ce  qui  est  de  la  position  ä  la  protonique.  A  la  post- 
tonique,  les  textes  donnent  [c]  :  vilalge  (p.  77,  1.  15),  paisalge  (p. 
81,  1.  i).  —  Mots  en  ai.v-  ou  ax-.  En  general,  je  trouve  [as]-; 
aixamplar  offre  la  sourde  sous  les  n:os  i  et  37,  mais  la  sonore 
ä  la  p.  70,  1.  42.  —  übet,  abietem:  avec  [e],  p.  79,  1.  53  (et 
Arteaga  1904);  avec  [e],  p.  77,  1.  2.  —  esquerra  (esp.  izquierdd): 
avec  [e],  p.  85,  1.  56  (et  Arteaga  1908,  p.  447);  avec  [e],  p.  79, 
1.  42.  —  encisar  ('enchanter') :  avec  [z],  p.  ']'],  1.  7  (et  Arteaga); 
avec  [s],  ibid.^  I.  19.  ^ —  -ejar:  giragonceja  avec  [e],  p.  77,  1.  24; 
sovin'egen  avec   [e],   p,   79,  1.   33   et  n:o   24. 

Les  interessants  phenomenes  d'assimilation  regressive  ou  anti- 
cipante,  tels  qua  la  sonorisation  de  la  consonne  finale  soutde  de- 
vant  un  mot  commenc^ant  par  une  consonne  sonore,  ne  sont  pas 
rendus  avec  beaucoup  de  regularite.  A  en  croire  la  transcription 
(et  cf.  le  n:o  10),  le  sujet  a  prononce,  dans  la  grande  majorite  de 
ces  cas  (avant  de,  p.  ex.),  le  [z]  et  non  pas  r[s].  Or,  ä  part  les 
cas  oü  Ton  doit  supposer  qu'il  a  pu  faire  une  petite  pause,  on  se 
demande  s'il  n'aura  pas  prononce  [z]  dans  les  cas  suivants  oü  M. 
Schädel  donne  [s] :  les  esquelleS  del  primet  (p.  79,  I.  34),  deis  gotcs 
(1.  39),  ilateS  bellugadices  (1.  49),  tempS  de  sega  (p.  85,  1.  46;  la 
transcription  donne  -[ms],  avec  un  [m]  moitic  sourd),  tteS  guardes 
{ibid.,  1.  47),  als  diputats  (i.  51;  [1]  moitie  sourd),  jutgeS  de 
(1.  52),  sentimentS  de  veneraciö  (p.  81,  1.  67;  cf.  '/$■  seus  encantS 
no  teneii,  p.  77,  1.  9,  oü  la  transcr.  donne  -[kanz  no]).  —  Et  il 
ne  s'agit  pas  que  de  \-s.  Puisque  \n  de  gran  comte  etc.  est 
transcrit  avec  un  [?^]  moitie  sourd,  est-il  exact  de  rendre  Vn  de 
hon  cop  de  fair,  de  ha7i  cremada,  de  deien  que  eta,  pour  m'en 
tenir  ä  la  page  83,  avec  [n]?  —  Le  -/,  dans  llit  de  molsa  (p.  79, 
1.  41),  dans  coberl  de  hose  [ibid.,  1.  43)  ou  dans  assadollat  de  ses 
belleses  (p.  77,  1.  12;  Arteaga  donne  ici  le  [d]),  a-t-il  eu  le  meme 
son  que  dans  he  passai  per7  Peut-etre;  cf.  en  tout  cas,  chez  M. 
Schädel  lui-raeme,  isolals  del  mön  (p.  81,  1.  66),  tempestats  de  torb 
(1.  68),  etc.,  oü  Is  est  rendu  par  [dz],  et,  surtout,  tot  vetilant  (p. 
79,  1.  37),  aviat  veig  (1.  34),  avec  des  t  rendus  par  [d].  —  Et 
ritmiC  brugit,  transcrit  avec  [k]  ?  —  Qu'est-ce,  enfin,  qu'un  bon 
tambour  Marey  aurait  enregistre  dans  ces  cas? 


A.    Wallensköld,    Kr.  Savilfeld  ycnsen^  Riscrtvingerne  i  moderne  fransk,  225 

II  est  impi^rtant  de  constater  que  M.  Arteaga  admet  les 
assimilations  de  cette  espece  avec  toute  rcgularitc-  et  dans  une 
extension  bien  plus  grande  que  ne  le  fait  M.  Schädel ;  il  les  admet 
meme  (1904)  a  travers  la  pause  ou,  du  moins,  avant  des  intervalles 
marques  par  lui-mcme  avec  une  virgule,  ce  qui  est  curieux.  Evi- 
demment,  la  transcription  de  M.  Arteaga  represente  une  rc'citation 
ideale  plus  rapide  que  la  transcription  du  savant  allemand;  encore 
parait-il  sür  que  l'assimilation  anticipante  en  question  n'affecte 
souvent  qu'une  parlie  du  phoneme  precedent,  surtout  dans  un 
parier  peu  rapide,  ce  qui  peut  rendre  difficile  de  proceder  avec 
une  consequence  absolue;  mais  ces  considcrations  ne  suffisent  pas, 
il  faut  bien  le  dire,  pour  expliquer  toutes  les  inconsequences  en 
question.  —  Un  autre  point  ou  les  textes  de  M.  Schädel  ne  sont  pas 
dignes  de  toute  confiance,  c'est  la  distinction  ;i  faire  entre  les  sons 
n:o  2  et  3,  g  et  12,  34  et  3Ö  respectivement.  Faut-il  croire  qu'i! 
s'agit  de  nombre  de  fautes  d'impression  ? 

Au  point  de  vue  des  jeunes  Catalans  qui  prendront  les 
transcriptions  en  question  pour  modeles,  il  eiit  ete  a  desirer  que 
celles-ci  offrissent  une  plus  grande  perfection. 

Rien  n'est  plus  facile  que  de  faire  des  critiques  de  detail  sur 
un  travail  de  precision.  En  ayant  fait,  je  ne  veux  pas  terminer 
sans  repeter  que  le  Manual  de  fonetica  catalana  a  de  tres  grands 
merites.  II  faut  souhaiter  que,  gräce  ä  la  grandiose  activite  du  cata- 
laniste  de  Halle  et  ä  l'appui  pecuniaire  de  la  Diputaciun  provincial 
de  Barcelone,  les  dialectes  catalans  puissent  sortir  bientöt  du  rang 
des  parlers  romans  les  moins  connus  pour  entrer  au  nombre  de 
ceux  qui  sont  bien  etudies. 

Avec  les  textes  phonetiques  ci-dessus  cites  sous  les  yeux,  il 
serait  extremement  interessant  de  faire  maintenant  quelques  obser- 
vations  comparatives  sur  la  prononciation  du  catalan  medieval,  que 
je  connais  par  mes  extraits  du  Torcimany,  dictionnaire  de  Ja  rime 
inedit,  ecrit  vers  1400.  Est-ce  que  M.  Schädel,  qui  en  a,  lui  aussi, 
fait  des  extraits,  et  cela  avant  moi,  ne  voudra  pas  entreprendre  un 
jour  ce  travail-lä? 

Oiva  /oh.    Talloren. 


Kr.  Sandfeld  Jensen,  Biscctningeme  i  moderne  fransk.  En 
haandbog  for  studerende  og  laerere.  Gyldendalske  boghandel  — 
Nordisk    forlag.      Kobenhavn    og    Kristiania,    igog.      256  p.  in-S**. 

M.  Sandfeld  Jensen,  le  tres  distingue  savant  danois,  nous 
donne,  dans  ce  livre,  une  fort  belle  etude  sur  les  propositions  sub- 
ordonnees    en    fran^ais    moderne.       L'auteur    a    largeraent    mis    a 


226    Besprechungen.  A.    VValknsköId,  Kr.  Snndfeld  yensen,  Bisdtv.  i  mod.  fr. 

rontribution  les  auteiirs  fran(;ais  dont  l'attivitc  litteraire  est  poste- 
rieure  ;\  l'annee  1870;  ce  n'est,  au  contraire,  quc  rarement  qu'il 
refere  aux  epocjues  plus  anciennes.  II  s'agit  donc,  dans  cet  ou- 
vrage,  presque  exclusivement  d'une  analyse  metliodi(|ue  de  l'emploi 
actuel,  tant  litteraire  que  familier,  et  meme  populaire,  des  diffcrentes 
especes  de  propositions  subordonnees,  ainsi  que  de  leurs  equi- 
valents.  Ce  n'est  qu'en  passant  que  l'auteur  nous  explique 
quelquefois  la  genese  d'une  construction  syntaxique.  Etant  donne 
le  but  de  l'auteur,  l'ouvrage  me  semble  digne  des  plus  grands 
eloges:  l'expose  est  clair  et  attrayant,  la  collection  d'exemples  est 
suffisamment  riebe  et  l'interpretation  tles  faits  exposcs  temoigne  d'un 
jugement  cclaire.  Aussi  n'aurais-je,  ai)res  une  premiere  lecture  de 
l'ouvrage,   que  peu  de  choses  ;\  critiquer. 

L'auteur  divise  (§  i)  les  pro])ositions  subordonnees  en  trois 
categories:  i"  propositions  subordonnees  substantives,  qui  rem- 
plissent  les  fonctions  de  substantifs  (Nous  avons  appris  (]uil  est 
parli  =  Nous  aiwns  appris  son  depart);  2"  propositions  subordon- 
nees adjectives,  qui  ont  la  valeur  d'adjectifs  (Un  enfant  qui  es/ 
sain  dort  tranquillement  =  Un  enfant  sain  dort  tranquillement) ;  et 
3"  propositions  subordonnees  adverbiales,  qui  equivalent  ä  des 
complements  adverbiaux  (J'etais  parti  avant  qu'tl  arrivät  =  J' etais 
parti  avant  son  arrivce).  Cette  division  est  parfaite,  les  termes 
substantif,  adjectif  et  adverbe  se  correspondant  grammaticalement. 
Mais  alors,  pourquoi  l'auteur  remplace-t-il  plus  tard  le  ternie  pw- 
positions  subordonne'es  adjectives  par  propositions  relatives  (§3/  ss.)? 
Le  terme  piopositioits  relatives  implique  une  tout  autre  Classification: 
en  propositions  introduites  par  le  que  completif,  propositions  in- 
terrogatives et  propcsitions  conjonctionnelles  (a  part  Celles  amenees 
par  le  que  completif).  Probablement  l'auteur  a  cru  devoir  intro- 
duire  ce  changement,  parce  qu'il  a  vu  que  certaines  propositions 
relatives  ont  la  valeur  de  substantifs  (Qui  dort  d'me)  ou  d'adverbes 
(Je  retourne  d'oii  je  viens).  Quant  aux  propositions  relatives  in- 
troduites par  oü  (d'oü,  etc.)  sans  antecedent,  l'auteur  dit  lui-meme 
{§§  66,  Rem.,  et  90)  qu'elles  auraient  pu  etre  classees  comme 
des  «propositions  locatives»  dans  la  3*^  categorie.  II  y  a  donc 
dans  tout  cela  une  certaine  inconsequence,  que  l'auteur  aurait  bien 
fait  d'eviter  d'une  fagon  ou  d'une  autre. 

En  parlant  de  que  en  double  fonction  (completive  et  com- 
parative)  au  §  3,  l'auteur  cite  en  note,  comme  emploi  analogue  de 
de,  la  phrase  Plaise  au  ciel  que  cette  fillettelä  t'en  apporte  un  peu 
(sc.  d'ambiiion)  d'oii  eile  vient.  A  mon  avis,  il  ne  faut  pas  sous- 
entendre  un  simple  de,  mais  un  antecedent  tel  que  de  fendroit. 
C'est  donc  une  construction  elliptique  dans  le  genre  de  Je  retourne 
d^oü  je  viens  (§   66),   oü  c'est  lä  qui  manque. 


Anna  Bahnhof,  Ff.  SchiiiüU  und  Harry  B.  Smith,  Engl.  Unterrichtssprache.   227 

J'ai  l'impression  nette  (|ue,  de  nos  jours,  tout  -y//f  s'emploie 
de  prefc-rence  avec  le  subjonctif,  au  sens  exact  de  si  —  <jue.  Ce  (jue 
l'auteur  dit  au  §  155  (Rem.)  ne  me  semble  donc  pas  concluant. 
Tout  —  que  avec  l'indicatif,  servant  ä  constater  expressement  un  fait, 
paraTt  aujourd'hui  avoir  un  caractere  tout  litteraire.  Cf.  ce  qu'en 
dit   Plattner,   Ausf.    Gramm.   III,    il,  p.   203   ss. 

Dans  les  exemples  que  donne  l'auteur  (§  157,  i*)  de  <juel- 
(jue  —  que  avec  un  substantif  interpose,  ce  dernier  n'est  pas  le  sujet, 
comme  dit  l'auteur,  mais  le  regime  de  la  proposition. 

A  plusieurs  endroits  (p.  ex.  §§  172,  2**  et  184,  1°,  Rem.  i), 
l'auteur  parle  de  l'imparfait  du  subjonctif,  ou  il  est  evidemment 
question  du  plus-que-parfait  (imparfait  du  verbe  auxiliaire). 

II  y  a,  dans  les  citations,  un  assez  grand  nornbre  de  faules 
de  lecture  et  d'impression.  Notons  :i  la  fin  le  facheux  Inpsus: 
le  cathedral  (§   92,   1.   9). 

A.     Wallensköld. 


H.  Schmidt  und  Harry  B.  Smith,  Englische  Unterrichts- 
sprache. Ein  Hilfsbuch  für  höhere  Lehranstalten.  Dresden  und 
Leipzig,  C.  A.   Koch,    1909.     66  S.   8".     Preis  M.    i:  — . 

The  book  is  most  interesting,  showing  as  it  does,  what  an 
immense  number  of  words  and  phrases  niay  be  taught  without 
any  extra  study  at  home. 

In  Germany  it  is  prescribed  for  teachers  of  modern  languages 
not  only  to  devote  part  of  the  lesson  to  conversation,  but  from 
the  very  beginning  to  use  the  foreign  language  in  teaching.  With 
this  in  view,  the  authors  rightly  consider  that  a  book  containing 
the  expressions  needful  for  the  said  purpose  may  be  of  use  to 
teachers.  With  the  exception  of  grammar,  which  according  to  the 
authors  had  best  be  taught  in  the  mother  tongue,  all  subjects  are 
touched  upon  that  can  reasonably  come  within  the  scope  of  an 
English  lesson. 

The  Contents  are  divided  into  3 1  chapters,  beginning  with 
Lessons,  Recitation,  Conversational  and  Reading  Exercises  (why  not 
Conversation  and  Reading?),  Pen  and  Ink,  The  Teacher  hands  back 
the  Written  Work  (why  not  The  Teacher  gives  back  the  Home 
Work?),  etc.  and  ending  with  Choice  of  Career.  ßesides  the  ordi- 
nary  questions  such  as:  what  chapter  of  the  grammar  did  I  give 
you  to  learn  —  teil  the  story  which  we  read  the  other  day  — , 
there  is  an  embarras  de  richesse  of  useful  matter.  Numberless 
expressions,  for  instance  the  marks,  by  which  an  English  teacher 
judges    his    pupils'   work,  punishments  and  rewards  in  English  and 


228   Besprcchtiiis^ev.   f.    l^schakoff,    Emil  Roiihe,   Moc/erfie  erzählende  Prosa, 

American  schools,  the  adminislration  of  the  said  schools  etc.  are 
undoubtedly  of  interest  to  advanced  pupils.  Yet  there  is  some- 
thing  wanting.  A  chapter  headed  E.\pla?iatiofi  of  Words  and  Phrases, 
to  be  used  by  those  who  teach  acrording  to  the  so-called  Direct 
Method  and  containing  expressions  such  as:  give  me  a  synonym  of 
this  word,  teil  the  opposite  of  it,  explain  the  phrase  by  using  the 
present  participle,  give  an  equivalent  of  this  expression,  —  is  what 
one  would  have  looked  for  in  a  book  of  this  kind.  The  chapter 
would  have  added   greatly  to  the  value  of  the  book. 

If  it  is  not  taking  too  great  a  liberty,  the  book  having  been 
written  and  revised  by  English  teachers,  I  would  venture  to  make 
a  few  remarks  on  the  text.  The  qutstion  —  what  part  of  your 
text-book  were  you  to  prepare  for  to-day?  —  seems  too  com- 
prehensive.  —  You  should  have  put  a  paper  cover  over  your 
copy-book  in  order  to  keep  the  regulär  covers  ciean  —  might  be 
said  more  simply  as  follows:  you  should  put  a  paper  back  on 
your  copy-book  to  keep  the  covers  clean.  —  The  teachers'  meet- 
ing  room  —  ought  to  be  —  the  teachers'  common  room.  —  Per- 
mission to  leave  the  class  ought  to  include  permission  to  leave 
the  room. 

With  the  exception  of  these  and  a  few  more  minor  details 
the  book  is  most  valuable  and  may  be  warmly  recommended  to 
teachers  of  English. 

Alma   BoJnihof. 


Moderne  erzählende  Prosa.  Mit  Anmerkungen  herausgegeben 
von  Emil  Rodhe  (=  Moderne  deutsche  Schriftsteller.  X).  Stock- 
holm, C.   E.   Fritze,    1909.    103   S.   8:0. 

Der  auf  dem  Gebiete  der  neusprachlichen  Schulliteratur  uner- 
müdlich tätige  Privatdozent  an  der  Göteborger  Hochschule  Lektor 
Emil  Rodhe  hat  in  diesem  neuen  Band  der  bekannten  C.  E.  Fritze- 
schen Schulbibliothek  eine  Auswahl  von  fünf  kurzen  Erzählungen 
moderner  deutscher  Schriftsteller  für  die  Lektüre  der  oberen  Schul- 
stufe publiziert.  Nach  meiner  Ansicht  sollten  bei  einer  solchen 
Auswahl  —  zumal  wenn  sie  für  unsere  finnländischen  Schulen  mit 
ihrer  beschränkten  Stundenzahl  berechnet  ist  —  alle  Texte  prinzi- 
piell ausgeschlossen  werden,  die  lediglich  oder  wenigstens  zunächst 
als  Unterhaltungsliteratur  zu  bezeichnen  sind,  und  nur  solches  in 
Betracht  kommen,  was  inhaltlich  und  stilistisch  das  tiefere  Interesse 
der  Schüler  fesseln  kann.  In  dieser  Beziehung  scheinen  mir  die 
recht  banale  »Weihnachtsgeschichte»  von  Ludwig  Ganghof  er:  »Das 
Geheimnis  der  Mischune;»,  wie  wohl  auch   »Vornehme  Menschen» 


/'rotoko/le  des  A'enp/iilo/oxis<hen    l'etehts.  229 

von  Hermann  I  leiberg  kaum  berechtigte  Ansprüche  zu  erfüllen. 
Die  letztere  Erzählung  leidet  überdies  an  einem  störenden  Kom- 
positionsfehler an  der  Stelle,  wo  geschildert  wird,  wie  ein  angeblich 
rückständiges  Verfasserhonorar  der  Hauptperson  der  Novelle  ano- 
nym (oder  mit  Fälschung  der  Unterschrift  eines  Buchverlegers  ?) 
zugesandt  wird.  Literarisch  höher  steht  ein  ganz  kurzes  Stück  »Tra- 
gik im  Alltagsrock»  von  der  früh  verstorbenen  begabten  Schriftstel- 
lerin Margarete  von  Bülow,  sowie  »Der  Sybarit»  von  Ilse  Frapan, 
wo  aber  das  Sonderliche,  fast  möchte  man  sagen  Pathologische  an 
dem  Charakter  des  mit  grosser  Kunst  gezeichneten  alten  Herrn 
vielleicht  dem  rechten  Genuss  bei  der  Schullektüre  hinderlich  sein 
wird.  Als  einen  sehr  guten  Griff  möchte  ich  die  Aufnahme  der 
historischen  Erzählung  »Friede  auf  Erden»  von  Adolf  Schmitthenner 
bezeichnen,  die  dem  jugendlichen  Leser  ein  ergreifendes  und  wohl 
treues  Bild  aus  den  verwilderten  Zeiten  des  30-jährigen  Krieges  gibt. 
Der  dem  Texte  beigefügte  Kommentar  zeichnet  sich,  wie 
immer  bei  den  von  Rodhe  besorgten  Schulausgaben  modernsprach- 
licher Schriftsteller,  durch  Gründlichkeit  und  ungewöhnliche  Sach- 
kenntnis aus.  Die  Aussprache  schwierigerer  Wörter  und  die  Unter- 
schiede des  nord-  und  süddeutschen  Sprachgebrauchs  sowie  ver- 
schiedener Stilarten  werden  berücksichtigt.  Einiges  dürfte  indessen 
zunächst  nur  für  den   Lehrer  von  Interesse  sein. 

/.    Uschako/J. 


Protokolle  des  Neupbilologiscben  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins  vom  16, 
Oktober  1909,  bei  welcher  Sitzung  der  Ehrenpräsident 
Prof.  Söderhjelm,  der  Vorstand  und  14  Älitglieder, 
und  als  Gast  Frau  Elsa  von  Blanckensee  aus  Marburg 
anwesend  waren. 


§    I. 

Das     Protokoll    der    letzten    Sitzung   wurde   veriesen  und  ge- 
schlossen. 

§   2. 

Als    neue   Mitglieder    wurden    aufgenommen :    Fräulein    Ca7in 
Becker  und   Stud.   Fräulein    Ruth  Iledvall. 


Protokolle  des  Neuphiloloi^ischeu    l'ereiiis. 


S  3- 


Professor  jf.  Mandelstam  hielt  einen  Vortrag  über  die  Schwie- 
rigkeiten beim  Feststellen  der  Merkmale  des  französischen  roman- 
tischen Stils.  Seine  Ansichten  referierte  Prof.  Mandelstam  folgender- 
massen:  »Den  Stil  der  Schriftsteller  der  sogenanten  romantischen 
Schule  in  Frankreich  zu  kenr, zeichnen,  in  der  Weise  wie  sich  z. 
B.  der  klassische  Stil  darstellen  lässt,  scheint  eine  der  schwierigsten 
Aufgaben  zu  sein,  da  es  überhaupt  fast  unmöglich  ist  die  ganze 
romantische  Richtung  ungezwungen  in  (Irenzen  einzuhegen.  —  Einer- 
seits hat  der  sogenannte  Romantismus  seinen  Lauf  noch  lange  nicht 
vollbracht;  so  stehen  manche  Poeten  und  Denker  unserer  Zeit  be- 
züglich der  ästhetischen  und  philosophischen  Anschauungen  mit 
denen  der  ersten  Hälfte  des  I9:ten  Jahrhunderts  in  enger  Ver- 
wandtschaft. Andererseits  haben  die  Romantiker  eine  grosse  Menge 
von  Elementen  der  vor  ihnen  herrschenden  Richtungen  in  sich  auf- 
genommen. Bezüglich  des  französischen  Stils  sind  zahllose  Beispiele 
aufzuweisen,  die  ihn  von  dem  klassischen  in  keiner  Weise  unterschei- 
den; spezifische  Merkmale  sind  nicht  aufzufinden.  Ebenso  wäre  es  z.  B. 
schwer  den  Stil  der  jetzigen  Symbolisten  von  demjenigen  zu  unter- 
scheiden, den  einige  Romantiker  pflegen.  —  Die  ausführliche  und 
gute  neueste  Arbeit  eines  russischen  Gelehrten  de  la  Barte  versucht 
auf  Grund  eingehender  Untersuchungen  über  jeden  Schriftsteller  im 
Einzelnen  den  romantischen  Stil  festzusetzen;  ob  es  ihm  aber  gelingt 
allgemeine  charakteristische  Züge  aufzufinden,  ist  eine  andere  Frage. 
—  Es  ist  also  Grund  vorhanden  die  Bezeichnung  »romantisch»  zu 
eliminieren,  da  sie  keinen   Inhalt  in  sich  birgt.» 

Professor  W.  Söderhjelm  war  der  Ansicht,  man  solle  nicht  zu 
viel  generalisieren.  Man  könne  die  Romantik  nicht  mit  einer  kur- 
zen Phrase  definieren.  Eine  vollständige  Darstellung  des  franzö- 
sischen Romantismus  könne  nicht  gegeben  werden,  bevor  eine  ge- 
nügende Anzahl  von  Einzeluntersuchungen  über  die  Individualität 
der  verschiedenen  Schriftsteller  vorliege,  was  gegenwärtig  noch  nicht 
der  Fall  sei. 


Frau    Elsa    v.  Blanckensee    trug   mit   vollendeter  Kunst  einige 
Gedichte  modemer  deutscher  Autoren  vor. 


I 


In  fidem: 
A .  Längfors. 


F.ingesandte   Luieraiur,  231 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins  vom  13. 
November  1909,  bei  welcher  Sitzung  der  erste  Vor- 
silzende  und    12    Mitglieder  anwesend  waren. 

>j    I- 

Der  Vorsitzende  teilte  mit,  dass  der  Sekretär  verhindert  sei 
dieser  Sitzung  beizuwohnen  und  dass  der  Unterzeichnete  die  Funk- 
tionen des  Sekretärs  für  diesmal   übernehme. 


Das    Protokoll    der    letzten    Sitzung    wurde    verlesen  und  ge- 
schlossen. 


Als    neues    Vereinsmitglied    wurde    vom    Vorsitzenden    Frau 
Agda    Wiien  angemeldet. 


Dr.  1.  Uschakoff  referierte  in  schwedischer  Sprache  eine  Ab- 
handlung von  Walter  Fevrell :  »Bidrag  tili  de  modema  främmande 
spräkens  metodik  med  särskild  hänsyn  tili  de  svenska  läroverken 
jämte  en  inledande  historik  över  spräkundervisningens  utveckling» 
(Uppsala  1909).  Es  entspann  sich  eine  Diskussion,  an  der  sich, 
ausser  dem  Referenten,  Prof.  A.  Wallensköld,  Oberlehrer  E.  Hagfors, 
Frl.  H.  Kohlröni  und  Frau  Prof.  E.  Freudenthal  beteiligten,  und 
welche  sich  insbesondere  um  diejenige  Frage  bewegte,  inwiefern  und 
warum  die  Anhänger  der  neueren  Lehrmethode  zu  der  Übersetzung 
und  zu  andern  Mitteln  Zuflucht  genommen  haben,  welche  die  Ver- 
treter dieser  Richtung  ursprünglich  nicht  anwendeten. 

In   fidem: 
Oiva  /oh.    Tallgren. 


Eingesandte  Litteratur. 

Ouide  des  etudiants  a  Paris  pour  l'annee  sco- 
laire  1909 — i  9  i  o.  Litteratures  et  langues  romanes  (fran^ais, 
provencal,  italien,  espagnol,  roumain).  Paris,  H.  Champion,  1909. 
39   p.   in-8^    I    fr. 

«Nous  avons  pense  que  nous  aiderions  les  etu- 
diants romanistes  frangais  et  etrangers  ä  tirer  parti  de 
nos  ressources  en  professeurs  et  en  Instruments  de  tra- 


232  l'.in^esaniitc    /.ii/cinlur. 

vail  en  reunissant  dans  ce    petit  guide  quelques  rensei- 
gnements    essentiels;    nous   n'y  avons  pas  indi(|ue  tout 
te  qui  peut  et  doit  inicresser  ä  Paris  l'ctudiant  roma- 
niste et  en  particulier  nous  nous  sommes  resignes  ä  ne 
donner    aucune    indication  relative  ä  l'enseignement  de 
rhistoire  politique,  sociale  ou  religieuse  et  de  l'histoire 
des  arts,  a  l'enseignement  de  la  linguisticjue  indo-euro- 
peenne    ou  des  diverses  langues  et  litteratures  non-ro- 
manes  qui  ont  eu  quelque  contact  avec  les  langues  ou 
litteratures  romanes;  c'est  assez  dire  que  notre  brochure 
ne    pretend    pas    ä    ctre  un  plan  d'ctudes,  mais  seule- 
ment    un    guide    pratique  et  sommaire  pour  les  etudes 
philologiques  romanes. » 
Les    Cinq    Langues,    Journal    des  langues  allemande,   an- 
glaise,  espagnole,  francaise,  italienne.  Publicalion  bi-mensuelle  illustree, 
paraissant    !e    5    et    le    20    de    chaque    mois,  du  5   octobre  au   20 
juillet  inclusivement.   Paris,  Vuibert  et  Nony.    10^  annee,  no.   2   (20 
oct.    1909),    48    pp.    Abonnement    annuel  (pour  l'etranger):    10  fr., 
trois  langues:   7   fr.   50,  deux  langues:   6  fr.,  une  langue:  4   fr.  .50. 
Prix   du  numero :   o  fr.  50. 

«Ce  Journal  s'adresse  aux  ecoliers  et  aux  adultes,  ä 
ceux  qui  apprennent  et  a  ceux  qui  veulent  ne  pas 
oublier.»    - —   —  — 

«II  y  a  une  partie  en  chacune  des  langues  alle- 
mande, anglaise,  espagnole,  francaise,  iialienne.  Elles  ne 
sont  pas  la  traduction  l'une  de  l'autre.  Cependant,  il 
y  a  regulierement  dans  chaque  numero  une  partie 
commune  en  cinq  langues,  de  sorte  que  les  lecteurs 
ont  des  traductions  en  se  reportant  d'une  partie  ä 
d'autres, 

«Une  sixieme  partie,  en  francais,  portant  le  titre 
Supplement,  est  consacree  ä  l'insertion  de  sujets 
d'examens  et  de  concours  et  de  leurs  corriges,  d'articles 

bibliographiques,  d'articles  de  pedagogie,  etc. » 

«Les    abonnes    aux     Cinq    Langues    qui    desirent 
correspondre    avec    un    etranger    de    leur    age  peuvent 
s'adresser  ä  nous.» 
M.    M.    Arnold   Schiöer,      Neuenglische    Elementargrammatik. 
Heidelberg,  C.  Wioter,  1909.  VIII  -f-  216  S.  8:0.  Preis  Mk.  2:  40  geb. 
Eduard    Schwan,    Grammatik    des    Altfranzösischen.   Neu  be- 
arbeitet von  Dietrich   Behrens.    Achte,   revidierte  und  um    »Materia- 
lien zur  Einführung  in  das  Studium  der  altfranzösischen  Mundarten» 
vermehrte  Auflage.  Leipzig,  O.  R.  Reisland,  1909.  VIII -[-348  S.  8:0. 
W.    Söderhjelm    &=    N.     1  älter  man,    Premier    livre  de  lectures 


i 


Seht  iftcnaitstousih.      MiiUilu/igcii.  233 

franraiscs.    Helsingfors,  Otava,    190g.    194   p.  in-8^  (avec  une  carte 
de  la  France  et  un  plan  de  Par,s) 

Hans  Ä/7^/,  Sprachwissenschaft  für  alle.  II.  Jahrgang,  Nr.  i  —  h. 


Schriftenaustausch. 

An/ero    Vtpune?i,    IL  Jahrg    (1QO9),   Nr.   3 — 4. 

Rihliogmphia  phonetica,  IV.  Jahrg.   (1909),  Nr.    10—  11. 

Modern    Language    Notes,    Vol.    XXIV   (1909),   No.    7   (Nov.). 

Moderna  Spräk,   III.  Jahrg.   (igog),   Nr.   8   (Nov.). 

Päivä   iqog,    Nr.   41 — 4O. 

Smaaskrifter  iitg.  af  Selskab  for  Gerniansk  Filologi,  Nr  i  ,5 : 
Altyske  Annexionslaerdomme  om  dansk  Land  og  Folk  af  Gudmund 
Schütte  (1909,    144   S.   8:0). 

Suomalaisen  Tiedeakatemian  toDnituksia  —  Annales  Acadonice 
Scientiarum  Fennicce.  Ser.  B,  tom.  I  (1909):  Nr.  i.  Kustavi  Qto- 
ten/elt,  Über  die  alten  Kvänen  und  Kvänland;  2.  Arthur  Hjelt, 
Drei  syrisch-nestorianische  Grabinschriften;  3.  V.  J.  Mansikka,  Über 
russische  Zauberformeln  mit  Berücksichtigung  der  Blut-  und  Ver- 
reokungssegen;  4.  K.  R.  Melander,  Über  die  Hamarteilung  in  Fin- 
land  im    17.  Jahrhundert. 

Virittäjä   1909,   Nr.   6 — 8. 


Mitteilungen. 

Einheimische  Beiträge  zu  ausländischen  Publi- 
kationen: E.  Freudenthal,  Bespr.  von  F.  Ney,  M.  Bruneneek  und 
L.  Behrsin,  Lehrbuch  der  deutschen  Sprache  (Kiew,  1907),  in  Die 
Neueren  Sprachen  XVII,  S.  506 — 10.  —  J.  Poiiot,  Bespr.  von  Bi- 
bliographia  phonetica  1907,  Heft  2,  und  1909,  Heft  i,  in  Archiv 
für  Psychologie  XV,  S.  170  —  6.  —  W.  Södethjelm,  Bespr.  von 
Olof  Östergren,  Stilistisk  spräkvetenskap  (Stockholm,  1907),  in  Arch. 
f.  das  Studium  d.  neu.  Spr.  u.   Lit.  CXXIII,  S.    189 — 90. 

Ausländische  Besprechungen  einheimischer  Pu- 
blikationen: H.  Suolahti,  Die  deutschen  Vogelnamen,  bespr.  in 
Lit.  Zentralbl.    1909,  Sp.    1503. 


234  Berichtigungen. 

Berichtigungen 

Zu  Neuph.   Mitt.    igog,  S.   74   fgg. 

Meine  Ausführungen  bedürfen  einer  Ergänzung  und  einer 
Berichtigung.  —  Einer  Ergänzung,  insofern  als,  ausser  Jespersen  und 
dem  Leiter  des  Wiener  Phonogramm-Archives,  auch  Dr.  Pancon- 
celli-Calzia  den  Umkehrungsversuch  am  Phonographen  angestellt 
hat,  wobei  weder  er  noch  andere  Personen  eine  Akzentverschie- 
bung wahrgenommen  haben  (Vgl  Dr  P.-C.  in  Medizinisch-pädagog. 
Monatsschrift  f.  die  gesamte  Sprachheilkunde,  1907,  [Mai]  S.  133). 
—  Einer  Berichtigung,  indem  der  Versuch  dei  Kongressisten  in 
Uppsala  nicht  vorgeführt  wurde. 

Bei  dieser  Sachlage  dürfen  wir  wohl  die  Tatsache  der  Ak- 
zentverschiebung als  eine   Illusion   bezeichnen. 

J.   Poirot. 

S.   212,  Z.   6,  lies:    »Roman  de  Fauvel». 


)fcttpbilolo9i$clic 
iVlittcilitnscn 


x^,-; 


Kr.  1/2  1910 


Inhalt 


dieser  den  18.   März  1910  ausgegebenen    Doppelnunnnner 


Seile 
Hugo  Suolalifi,    nie   JMariensequenz   im   Liederbucli   der  Anna 

von  Köln I 

Miszelle:  A.  Ldn^fois,  Note  additionnelle  ;i  la  Notice  sur 

deux   livres  d'Heures  enlumines  du  X\'^  siede  ...  14 
B  e  s  j)  r  e  i  h  u  n  g  e  n  : 
ScJnvaii-Behiens,     Grammatik     des    Altfranzösischen,   8.   Aufl., 

von   A.    WallensköU 15 

R.   Braiidsteltcr,   Ren^vard   Cysat,   von    Gustav  Sclwiid! .      .      .  20 

R.  Pestalozzi,  Syntaktische  Beiträge,  von    (rustav  Schmidt      .  22 
H.    Martin,    Les    Peintres  de  manuscrits  et  ia  miniature  en 

France,   von  Artiir  Längfors 23 

G.  Manaiorda,   Germania  Filologica,   von    W.   S.       ....  27 

T.   Suominen,  Ännchen  und   Heinrich,  von  E.   Futidentlial     .  28 
M.    M.    Arnold    Schröet,    Neuenglische  Elementargrammatik, 

von  Anna  Bohnhof }^2 

Protokolle  des   Neuphilo  logisc  h  en   Vereins.      .      .  34 

Eingesandte     Litteratur 40 

Mitteilungen 43 


NEUPHILOLOGISCHE 
MITTEILUNGEN 


VcL.  \2 

ZW()!.FTER  JAHRGANG 


I9IO 


-^- 


IIELSINGFORS 

AKIIKIIOI.ACET  HANDELS'IRVCXKKIK  V 

1910 


Inhaltsverzeichnis. 

I.    Aufsätze. 

Seite 

Aa'oik,   y.,  L'insuffisance  de   la  derivation   francaise 76 

Karsten,  T.  /s".,  Zur  Kenntnis  der  inchoativen  Aktionsart  im  Deutschen,  1  153 
Längfors,  A..  Miszelle :    Note    additionnelle    ä  la  Notice  sur  deux  Hvres 

d'Heures  enlumines  du  XV:e  siecle .  14 

Söderkjeli/t,    // '.,   Bemerkungen    zur   ] )  i  s  c  i  p  1  i  n  a     CM  e  r  i  c  a  1  i  s   und   ih- 
ren französischen  Bearbeitungen 48 

Streng,    Walter  O ,  Quelques    reflexions    sur  la    popularisation    de   la   lin- 

guistique   moderne 162 

Suolafiti,     H.,  Die   Mariensequenz    im   Liederbuche    der  Anna  von   Köln  i 
—  > — ,    Die    estnischen   Worte   im   Deutschen    der    baltischen   Ostseepro- 
vinzen       99 

W'allensköld,   A.,  Adolf  Tobler.      In    memoriam   . 45 


II.    Besprechungen. 

Andirsin,   Hanna,   An   English   Primer  (V.  Lindelöfj 174 

ßrandstetter,  Remvard,  Renvi'ard  Cysat  (1545  — 1614)  (Gustav  Sclimidt)  20 
Breimekr,   Hei7irich,    Eigenheiten  des  französischen  Ausdrucks  und  ihre 

Übersetzung  ins  Deutsche  (A,    Walletisköld) 90 

Breitkreuz,   Otto,   Comment  dit-on?   (A.    IVallensköhlj 146 

Brunot,    Ferdinand,   Histoire  de  la   langue   frangaise   des   origines  ä  1900, 

T.  III.      (A.    Wallensköldj 88 

Förster,  Max,  English  Authors  (U.   Lindelöf) 171 

Gutzinann,  Hermann,  Physiologie  der  Stimme  und  Sprache  (J.  Poirot)  166 
Järnströi)!,    Ediv.,   Recueil   de   chansons    picuses   du   XIII:e    siecle,    I   (A. 

IVallensköldj 129 

Manacorda,   Guido,   Germania  Filologica  (W.   S  j 27 

Martin,    Henry,    Les    Peintres  de  manuscrits  et  la   miniaturc  en   France 

(Artur  Ldngforsj 23 

Nyrop^   h'r.,  Fransk  Verslsere  i  Omrids  (A,    IVallenskoldj 84 

Nyströin,  Solmu,  Deutsches  Lehrbuch  für  den  Anfangsunterricht,  2.  Auflage 

(Hugo  Suolahti) 172 


Seite 

ÖJiquist,  Joha7ines^    Deutsche    Prosa  und  Dichtung,  4.  Auflage  (M.    W )  91 

Pestalozzi^  Rudolf,  Syntaktische  Beiträge  1—  II  (GustoT  Schntidtj  ...  22 
Rabe,   IJeinricIi^   ]  )ie   Inversion   des   Subjekis   im   Französischen    des   XIX. 

Jhs.   (A.    IV.J 170 

S.hissel  von  Fieschenberg,   Otniar,   Das  Adjektiv  als  Epitheton   im  Liebes 

Hede  des  zwölften  Jhs.   (Hugo  Stiolahtij 169 

Sj/itöer,    M.    M.  Arnold,  Neuenglische  Elementargrammatik  (Anna  Bvkii- 

lioj) 32 

S.:hulz,  Ha/is,  Deutsches  Fremdwörterbuch,  i.  Lieferung  (fhigo  Suolahti)  167 
Schwan,   Eduard,   Grammatik  des  Altfranzösischen.      Neu   bearbeitet  von 

Dietrich  Behrens,     8.  Auflage  (A.    Wallenskold)     ......  15 

Söderhjeltn,    IV.  et    Tötternian,    N.,   Premier    livre   de   lectures    frangaises 

(E.  Hag/ors) .  143 

Sta'Jl    von    Holstein,   Lage  F.   W.,  Le    Roman   d'Athis    et    Prophdias    (A. 

Längfors)         89 

Strigl,  Hans,  Sprachwissenschaft  für  alle,    IL  Jahrgang  ('.-i.   Wallen sköldj  141 

Suo/ninen,    Teodor,  Ani.chen   und  Heinrich   (E.   Freudenthalj      ....  28 

LUil,    Wilhelm,   Winiliod   (Hugo  Suolahti) 137 

in.    Entgegnung:   Zur  Aussprache  des  Katalanischen,  von  Ä  iV/^äf/i?/     175 
Antwort:    Encore    quelques    remarques    sur  »B.  Schädel,  Manual 
de     fcnetica     catalana>,   a  propos    de    l'arlic'.e    precedent,  von 
Oiva  Joh.    Falloren 180 


IV.     Nachrichten  über  die  Tätigkeit  des  Neuphilologischen 
Vereins. 

Protokolle  des  Neuphilologischcn  Vereins  (11.  Dez.  1909 — 29.  Jan.  1910)  34 

-s —   (26.  Febr. — 15.  März   19 10) 92 

•  -» —  (16  April   1910) 147 

• -»—  (I.   Okt.— 22.  Okt.    1910) 188 

Jahresbericht    des    Neuphilologischen    Vereins  für  das  akademische  Jahr 

1909  —  1910 148 


V.     Eingesandte  Literatur  .     40,  95,  149,     193 

Schriftenaustausch 42,   95,    151,      193 

VI.     Mitteilungen  ...     43,  96,  152,     193 


NeupHiioioqische 
•  •  mitteiujNqeh 

Herausgegeben  vom  Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 

Acht  Nummern  jährlich.      Prei>:   i  Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 
|v  /  4:   30    durch    die    Post  und     5  Fmk  durch  die  Buchhandlungen.  <  »ia 

UT-     1/2        Zahlerde  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich.    j|       I^IO 
i     —  Abonnementsbetrag,    Beiträge,  sowie  Bücher  zur  Besprechung   \\ 
bittet  man  an  die  Redaktion  (Adr.    Prof.  A.  W  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d. 

Vestra  Hamngatan  5)  zu  senden.  j 

Die  Mariensequenz  im  Liederbuch  der  Anna  von  Köln. 

In  der  Zeitschrift  für  deutsche  Philologie  XXI,  129  ff. 
hat  Bolte  den  Inhalt  eines  im  Besitze  der  Berliner  Kgl.  Bib- 
liothek befindlichen  Liederbuches  (Mscr.  Germ.  oct.  280)  be- 
schrieben und  daraus  Proben  mitgeteilt.  Das  aus  177  Blättern 
kleinsten  Formats  bestehende  Büchlein  enthält  im  Ganzen  82 
geistliche  Lieder,  von  denen  15  lateinische  Texte,  die  übrigen 
aber  deutsche  Gedichte  sind.  Die  Sprache  der  letzteren  hat 
Bolte  nicht  näher  analysiert,  er  bemerkt  nur  kurz,  dass  sie  in 
einem  niederrheinischen  Dialekte  abgefasst  sind  und  dass 
ihnen  zwei  aus  dem  15.  Jahrhundert  stammende  Sammlungen 
niederländischer  Gedichte  gleicher  Art  zeitlich  und  örtlich 
nahe  stehen.  Wie  aus  einigen  in  das  Liederbuch  eingetra- 
genen Notizen  hervorgeht,  hat  dasselbe  einst  »anna  von  collen» 
gehört,  und  Bolte  vermutet  in  dieser  Anna  von  Köln  nach 
dem  Inhalt  der  Sammlung  eine  Begine  oder  Nonne,  welche 
zu  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  im  Niederrheinischen  lebte. 
Die  Gedichte  sind  von  verschiedenen  Händen  geschrieben: 
den  ältesten  Bestandteil  bilden  der  Schrift  nach  die  Blätter 
129a — 134b,  die  »offenbar  im  15.  Jahrhundert  noch  den  Anfang 
eines  besonderen  Büchleins  bildeten»,  während  die  übrigen 
Blätter   »meist  eine  etwas  jüngere  Hand»   zeigen. 

Als  Text  zu  Noten  steht  auf  Bl.  IIS^»— 123^  eine  deutsche 
Übertragung    der   bekannten  lateinischen  Sequenz   >  Ave  prae- 


2  //.   Siwlahti, 

clara  maris  Stella».  Die  Melodie  ist  dieselbe,  welche  Häumker 
»Das  Katholische  deutsche  Kirchenlied  in  seinen  Singweisen» 
(Freiburg  1883)  II,  ^6  mitgeteilt  hat,  aber  der  Text  stimmt 
mit  keiner  der  sonst  bekannten  Versionen  dieser  Sequenz 
überein  ^).  Nur  die  Anfangsworte  »Ich  grois  dich  gerne,  meres 
Sterne»  sind  dieselben  wie  in  der  Übersetzung  des  Mönchs 
von  Salzburg,  dann  schlägt  das  Lied  ganz  andere  Wege  ein. 
Da  die  vorliegende  Sequenzversion  —  auch  von  einem  all- 
gemeineren Gesichtspunkt  betrachtet,  als  ein  Glied  in  der 
Geschichte  der  Mariensequenzen  —  recht  interessant  ist,  habe 
ich  sie  aus  der  Handschrift  abgeschrieben  und  drucke  sie  hier 
zunächst  in  der  überlieferten  verderbten  Gestalt  ab. 

grois 
Bl.    1 1 5   a     Ih  dich  gerne  me^ris  sterne 

dem  volcke  luchtes  du  so 

verne  du  gotliche  dirne 

Eya  du  godes  portze  dy 
Bl,    115  b     slos  ney  roirte  Eyn  gotlich 

licht  d=  clairheit  d=  sonen 

schy  ey  wairh'  1  mysch; 

licher  forme  de  droechs  du 

verborge  Maget  der 
Bl.    116  a     werelt  zeirde  du  bys  T  der 

werelt  wsserwelt  ey  söne 

des  mane  schy  ^y  wune  /  ge= 

süt  mach  de  smertze  de 

dich  lieff  ha~et  vä  hertze 
Bl.    116  b     Troistery  guede  vä  yesse 

ey  wüschel  roide  äna  die 

mod"    dich  beirde  dy  kyt 

vns  des  er~nerde  de  pphe- 
des 

te  gerde  Gabriel 


*)  Vgl.  meine  Untersuchung  »Eine  miUelhochdeutsche  Paraphrase  der 
Sequenz  »Ave  praeclara  maris  Stella»  in  den  Memoires  de  la  Societe  neo- 
philologique  de  Helsingfors  V,   510  f. 


Die  Mariensequeuz  im   Lictlerbuch  der  Anna  von   Köln. 

RI.    117   a     snelle  zo  dir  qua  du  godes 
Celle  die  boitschafif  he  dir 
brachte  die  got  vur  bedach; 
te  dat  sulle  wir  ömer  be= 
trachte.     Der  konyck  i 

Bl.    117   b     dat  lät  vä  moab  gewel; 

dich  qua  du^ch  de  suessen 
smach  d^  woestenye  gaff 
vp  de  berch  d^  dochter  syon 
hilp  ons  i  ebrö.     Des 

Bl.    118  a     arge  släge  lijst  d^  ons 

bedroich  I  korter  fryss  halt 
bestrycket  starck  in  licht 
I  d"  helle  sarck  all  dese 
w^elt  vä  yre  sonde  du  öt= 

Bl.    118  b     byndes  Vä  dir  häet 

wir  werde  mod^  sonderlich  d' 
wir  offere  d'  offer  wum 
derlich  dat  gotliche  läp 
heilsam  vä  dir  qua  du 

Bl.    119  a     tzarte  ionff'   reyne  maria 
kuyssche  vruchtber  alley 
du  bys  genade  rieh  troist 
ons  entlich  dt  wir  moesse 
gotz  gebrueche  ewenclich 

Bl.    119  b     Dat  wäre  abrahams 

kyt  de  da  wsserwelt  syt 
die  sage  de  schyn  d«  da 
was  so  rechte  fyn  d^  vä 
moyses  angesicht  luchte 

Bl.    120  a     also  die  iode  duchte  d' 

geschach  T  figure  gotlicher 
nature  hilp  ons  keyseryn 
dat  wir  nioessen  des  hemels 
brodes  werdich  syn  Hilp 

Bl.    120  b     ons  dat  dat  wir  moessen 

got  also  groissen  de  born  als 


4  //.    Stwlahti, 

SO  suesse  der  da  vä  de  stej- 

is  wss  geflossen  an  kuysch' 

ons  stercke  dat  wir  wail 
Bl.    121    a     myrcke  an  de  cruytz   ie= 

merlich  de  slange  sich 

vur  dir  häge   Help 

ons  zo  vure  edel  du  vure 

dat  du  sanfifte  droges    als 
Bl.    121    b     der  bussch  du  weres  so 

genoege  dat  dir  n'  en 

schade  got  dich  d'  leir; 

de  mont  hertz  inde  rey; 

nicheit  die  sonde  was 
Bl.    122  a     dir  onkude  Moder 

mait  maria  hoir 

ons  dy  kynt  dir  n'  v^saet 

des  du  biddes  Mach 

ons  gesont  Jhesu  vur 
Bl.    122  b     wilche  die  jonffer  inde 

moder  dich  biddet  De 

borne  clair  lais  ös  schau= 

we  gotliches  flos  d'  se= 

lieh'  in'  des  hertze  ou; 

ge  Des  leues  smach 
Bl.    123   a     is  so  suesse  de  geist  in' 

genade  ömer  me  dyns 

gebruyche  moesse  e''ris; 

wercke  in'  de  worden 

die  heische  ös  vp  die 
Bl.    123   b     portze  zo  des  hemels 

orte  na  deseni  eilende 

ons  sy  bekät  in'  vrou= 

de  ömer  des  vaders  lät. 
Arne. 

Die    sprachlichen    Eigenheiten  der  Überlieferung  zeigen, 
dass  der  Schreiber  ein  Mittelfranke  war.    Aus  dem  Voka- 


Die  Marienseqiienz  im   Liederbuch  der  Anna  von  Köhi.  5 

lismus  sei  hervorgehoben  der  charakteristische  z/^y-Nach- 
schlag,  der  bei  den  langen  Vokalen  häufig  ist  (clair,  lais,  haent: 
leirde:  moyses,  troist,  hoir;  gcbruechen,  gebruychen)  und  beim 
kurzen  a  in  wail,  beim  kurzen  e  in  beirde  und  beim  kurzen 
0  in  boitscJiaff  belegt  ist.  Weiter  ist  zu  beachten,  dass  e 
einigemal  durch  i  (niynschlicher,  myrcken,  wilche),  umgekehrt 
/  manchmal  durch  e  (dese,  hemels,  werdich,  help  neben  hilp) 
wiedergegeben  wird,  dass  für  o  ein  a  eintritt  in  van  (immer) 
und  waü  und  dass  u  besonders  häufig  durch  0  vertreten  wird 
(vor  Nasal  +  Kons. :  sonde,  sonderlich,  sonne,  ionffer,  onkunde, 
inont,  gesont,  ons,  neben  gesunt,  vns,  rcunderlick,  wunschelroide, 
icu7tne,  vor  r  -\-  Kons,  in  korter  und  in  offener  Silbe  in 
konynck  und  iodcn)^)\  0  für  i  [ie)  steht  in  ommer.  Von  den 
alten  Diphthongen  ist  uo  monophthongiert,  in  der  Regel  zu 
o  (oft  mit  Nachschlag):  zo,  moder,  droges,  roirte,  roide,  bed?-oich, 
aber  auch  zu  u  [tie):  guede;  dieselben  Bezeichnungen  finden 
sich  für  den  entsprechenden  Umlaut:  grois,  moessen,  zvoestenye 

—  suesse.     Auch  der  Diphthong  ie  erscheint  monophthongiert 

—  zu  ^  (oder  /),  daneben  kommt  aber  die  diphthongische 
Bezeichnung  vor:  ney,  zeirde,  de,  licht  —  die,  He  ff.  Von 
den  übrigen  Diphthongen  wird  in  durch  u  (bezw.  ui)  wieder- 
gegeben; ou  ist  erhalten  in  ougen,  mit  au  bezeichnet  in  schau- 
ive7i.  Von  den  Umlauten  werden  nur  die  a-  und  «^-Umlaute 
in  der  Schrift  (durch  e)  ausgedrückt.  Für  die  Mundart  cha- 
rakteristisch ist  die  Verdunkelung  des  unbetonten  e  im  Praefix 
ent-  (ontbyndes)'^).  —  Konsonantismus:  Von  den  charakteri- 
stischen neutralen  Pronominalformen,  die  im  Mittelfränkischen 
altes  /  unverändert  bewahren,  ist  in  unserem  Denkmal  nur 
dat  (oft)  belegt;  sonst  kommt  unverschobenes  t  noch  in  der 
Adjektivform  korter  vor.  —  German.  /  ist  in  nachvokalischer 
Stellung  verschoben  im  Suffixe  -schaf  [boitschaff),  unverscho- 
ben  in  der  Präposition  up.  Die  Doppelspirans  ff  in  offer, 
offeren    kommt    hier    nicht  in  Betracht,   denn  sie  repräsentiert 


')  Vgl.  u.  a.  bievers  Oxforderj  Benedictinerregel  (Tübingen  1887) 
S.  XXI. 

*)  Vgl.  z.  B.  John  Meier  Bruder  Hermanns  1-eben  der  Gräfin  lolande 
von   Vianden  (Germanistische  Abhandlungen,    7.   Heft)  S.    XXV. 


6  //.   Siiolahti, 

lateinisches  jj  in  dem  zu  Grunde  liegenden  Etymon  offerre 
(vgl.  Kluge  Et.  VVb'.  S.  337,  John  Meier  a.  a.  O.  S.  XLII). 
Anlautendes  /  findet  sich  nur  in  dem  Fremdwort />or/£r^,-  das 
einzige  Beispiel  für  den  postkonsonantischen  Laut  ist  das 
unverschobene  p  in  hilp  (öfter).  —  Der  verschobene  alte  k- 
Laut  wird  mit  ch  (selten  h)  bezeichnet.  Dieses  Zeichen  begeg- 
net auch  für  das  im  Auslaut  stehende  unverschobene  k  [smach], 
besonders  oft  für  den  >^-Laut,  der  inlautendem  g  entspricht 
(bedroich,  geiveldich,  zuerdich,  berch),  ferner  noch  für  eben 
diesen  ^-Laut  [droechs,  licht  'liegt'),  —  b  bleibt  im  Anlaut, 
während  es  im  Auslaut  nach  Konsonanten  zu  /  wird  flanip); 
das  nachvokalische  /;  wird  im  Inlaut  durch  11  fleuens),  im 
Auslaut  durch  ff^)  [gaff,  lieff)  wiedergegeben.  —  Das  ger- 
manische d  erscheint  überhaupt  unverändert,  abgesehen  vom 
Auslaut,  wo  es  durch  t  ersetzt  wird ;  doch  kommt  in  der 
Verbindung  -rd-  neben  erhaltenem  d  (gerden,  beirde,  ernerde, 
leirde)  auch  /  vor  (roirte,  orte,  tzarte).  An  Einzelheiten  seien 
noch  hervorgehoben  der  Abtall  des  auslautenden  /  in  boit- 
schaß,  der  Ausfall  von  g  in  verzaet  und  ionßer,  das  g  (für  w)  in 
sagen 's^hen  *''),  die  Verbalformen  bis,  is  usw.,  die  Pronominalform 
he  'er',  die  Partikelform  inde  (in)  'und'  usw.  —  Versuchen  wir  die 
mittelfränkische  Heimat  des  Schreibers  enger  zu  begrenzen, 
so  weist  uns  das  unverschobene  p  in  hilp  nördlich  der  Eifel- 
linie,  und  auf  das  ripuarische  Gebiet  deuten  auch  einige  andere 
Eigenheiten  \  Das  Gesammtbild,  welches  die  Sprache  unseres 
Denkmals  ergiebt,  stimmt  vollständig  zu  dem,  welches  Richard 
Heinzel  Geschichte  der  Niederfränkischen  Geschäftssprache 
S.  273  von  der  Mundart  IV  (dem  Dialekt  Kölns  und  seiner 
Umgebung  im  13. — 15.  Jh.)  entwirft,  und  die  Mundart  des  Schrei- 
bers kann  als  das  Kölnische  des  15.  Jahrhunderts  fixiert 
werden.     Somit  weist  die  sprachliche  Betrachtung  in  dieselbe 


')  h  nur  im  Namen  Moah.  ''')  Vgl.  John  iMeier  a.  a.  O.  S.  XLIV. 
*)  Vgl.  u.  a.  John  Meier  Einleitung  zu  Bruder  Hermanns  Leben  der  Gräfin 
lolande  von  Vianden,  P.  Wüst  Einleitung  zu  der  Lilie  (Deutsche  Texte  des 
Mittelalters  Bd.  XIV)  S.  IX  ff.  u.  XVI,  Nörrenberg  Lautverschiebungsstufe 
des   Mittelfränkischen   PBB   IX,    371. 


Die  Marie>isei/iie7iz  im   Liedtrbuch  dir  Anna  von  Köln.  7 

Gegend  wie  die  Notiz  über  die  einstige  Besitzerin  der  Lieder- 
sammlung. 

Dass  die  oben  abgedruckte  Überlieferung  nicht  die  ein- 
zige ist,  welche  die  vorliegende  Sequenzversion  bewahrt,  geht 
aus  einer  Mitteilung  Th.  von  Karajans  in  der  Frühlingsgabe 
für  Freunde  älterer  Literatur  (1839)  S.  145  fif.  hervor,  wo 
eine  im  Besitze  des  Wiener  Antiquarbuchhändlers  Matthäus 
Kuppitsch  befindliche  Handschrift  beschrieben  wird  ^).  Diese 
Handschrift  enthält  auf  Bl.  134  unser  Gedicht  mit  der  Über- 
schrift »Ave  pr^eclara  in  ein  ander  weisse  als  man  singt  mit 
der  noten-,  und  der  Anfang,   den  Karajan  mitteilt,  lautet  hier: 

»Ich  grüss  dich  gerne 
meres  sterne 

den  heyden  leuchtest  so  verne 
du  gotliche  dierne. 

Ey  du  gotes  pforte 
din  slosz  beruorte 
deheiner  slahte   sünde.» 

Da  das  spätere  Schicksal  der  Handschrift  nicht  bekannt  ist, 
und  auch  keine  anderen  Handschriften  vorhanden  zu  sein 
scheinen,  welche  diese  Sequenzversion  enthalten,  sind  wir 
lediglich  auf  die  Überlieferung  des  Berliner  Liederbuchs  hinge- 
wiesen. Diese  ist  nun,  wie  schon  ein  flüchtiger  Blick  zeigt, 
sehr  verderbt;  wie  manche  andere  Lieder  der  Sammlung,  ist 
auch  dieses  offenbar  aus  dem  Gedächtnis  niedergeschrieben. 
Von  einer  eigentlichen  Rekonstruktion  des  Textes  kann  unter 
diesen  Umständen  nicht  die  Rede  sein.  Doch  werde  ich  ver- 
suchen, die  Strophen  des  Gedichts  aufzubauen  um  einen  les- 
baren Text  zu  bieten,  bemerke  aber  ausdrücklich,  dass  ich 
mir  keineswegs  einbilde,  damit  die  Einzelheiten  des  Originals 
wiederzugeben.  Diese  können  natürlich  nur  durch  den  Fund 
neuer  Überlieferungen  hergestellt  werden.  Bei  dem  Aufbau 
der  Strophen  liefert  das  lateinische  Originalgedicht  einen  guten 

')   V'gl.   meine   oben   zitierte   Abhandlung  S.    521. 


8  H.   Suolahü, 

Anhaltspunkt,  denn  eine  Untersuchung  der  besterhaltenen 
Teile  des  deutschen  Textes  zeigt,  dass  der  Nachdichter  die 
Verszahl  der  lateinischen  Strophen  beibehalten  hat.  Dies  trilTt 
freilich  nicht  zu,  wenn  die  Strophen  so  in  Verse  eingeteilt 
werden  wie  es  Dreves  Analecta  hymnica  medii  sevi  Bd.  50, 
S.  313  tut,  aber  die  Einteilung,  welche  Mone  Lateinische 
Hymnen  des  Mittelalters  II,  355  bietet,  kann  ohne  Schwierig- 
keit zu  Grunde  gelegt  werden.  Offenbar  hat  das  Originalge- 
dicht dem  deutschen  Dichter  gerade  in  der  Fassung  vorgele- 
gen, in  welcher  es  bei  Mone  gedruckt  ist.  Bezeichnend  sind 
in  dieser  Beziehung  die  lateinischen  Strophen  mit  ungerader 
Verszahl,  denen  bei  dem  deutschen  Dichter  Strophen  mit 
einem  Dreireim  entsprechen.  Derartige  Strophen  sind  z.  B. 
die  vierte  und  die  fünfte,  die  bei  Mone  aus  5,  bei  Dreves 
dagegen  aus  6  Verszeilen  bestehen. 

Vor  dem  in  Strophenform  gebrachten  deutschen  Texte 
gebe  ich  zunächst  das  lateinische  Original  nach  dem  Mone- 
schen  Abdruck. 


Ave  praeclara  maris  Stella 
in  lucem  gentium, 
Maria,  divinitus    orta. 

Euge  dei  porta, 
quae  non  aperta 
veritatis  lumen, 
ipsum  solem  justitiae 
indutum  carne, 
ducis  in  orbem. 


Te,  plenam  fide 

virgam  almam  stirpis  Jesse 

nasciturani 

priores  desideraverant 

patres  et  prophetae. 

Te  lignum  vitae 

sancto  rorante  pneumate 

parituram 

divini  floris  amygdalum 

signavit   Gabrihel. 


Virgo,  decus  mundi, 
regina  coeli, 
praeelecta  ut  sol, 
pulchra  lunaris  ut  fulgor, 
agnosce  omnes 
te  diligentes. 


Tu  agnum  regem, 

terrae  dominatorem, 

Moabitici 

de  petra  deserti 

ad  montem  filiae 

Sion  traduxisti. 


J^ic  Mariensequenz 


Liederbuch  der  Anna  7'on   Köln. 


Tuque  furentem 

Leviathan  serpentem 

tortuosumque 

et  vectem  collidens 

damnoso  crimine 

mundum  exemisti. 

Hinc  gentium  nos 
reliquae,  tuae   sub 
cultu   memoriae, 
mirum  in  modum 
quem  es  enixa 
propitiationis  agnum, 
regnantem  coelo 
aeternaliter 
devocamus  ad  aram 
mactandum  mysterialiter. 

Hinc  manna  verum 

Israhelitis  veris 

Abrahae  filiis 

admirantibus 

quondam,   Moysi 

quod  typus  figurabat,  jam 

nunc 
abducto  velo 
datur  perspici ; 
ora  virgo,  nos  illo 
pane  coeli  dignos  effici. 

Fac  fontem  dulcem, 
quem  in  deserto 
petra  praemonstravit, 
degustare  cum  sincera  fide 
renesque  constringi, 


lotos  in  mari 
anguem  aeneum 
in  cruce  speculari. 

Fac  igni  sancto 
patrisque  verbo, 
quod  rubus  ut  flamma 
tu    portasti,    virgo     mater 

facta, 
pecuali  pelle, 
discincto  pede, 
mundis  labiis 
cordeque  propinquare. 

Audi  nos, 

nam  te  filius 

nihil  negans  honorat. 

Salva  nos, 
Ihesu,   pro  quibus 
virgo  mater  te  orat. 

Fac  fontem  boni  visere, 
da  purae  mentis  oculos 
in  te  defigere. 

Quo  hausto  sapientiae 
saporem  vitae  sapiat 
mens  intelligere, 

Christianismi 
fidem  operibus  redimire 
beatoque  fine 
ex  hujus  incolatu, 
saeculi    auctor,    ad    te 
transire. 


lO  //.    Suolakti, 

I.     Ich  grois  dich  gerne,  meris  sterne, 
Dem  volcke  luchtes  du    so  verne, 
Du  gotliche  dirne. 

II.     Eya,  du  godes  porte, 

Dyn  slos  sich  ney  roirte. 
Eyn  licht  gotlicher  clairheit, 
Den  sonnenschyn  der  wairheit 
In  mynschlicher  sorgen, 
Den  droechs  du  verborgen. 

III.  Maget  der  werelt  zeirde 
Du  bys  in  hemel  ind  erde 
Eyn  wsserwelte   sonne, 

Als  manen  schyn  eyn  wunne. 

Gesunt  mach  den  smertzen 

De  dich  lieff  haent  van  hertzen. 

IV.  Dich,  troisteryn  guede. 

Van  Yesse  eyn  wunschelroide, 
Anna  die  moder  beirde; 
Dyn  kynt  vns  des  gewerde 
Des  de  propheten  gerden. 

V.     Gabriel  quam  snelle 
Zo  dir,  du  godes  celle; 

I  Diese  erste  Strophe  zeigt,  dass  unsere  Version  von  der  bei  Karajan 
gedruckten  abweicht:  jene  hat  im  2.  V'erse  detu  volcke  (ebenso:  »to  eynen 
lichte  des  meynen  volckest  in  der  niederdeutschen  Prosaversion  bei  Mone  a.  a. 
O.  S.  384),  während  diese  den  heyden  schreibt  (ebenso  im  Cölner  Gebet- 
buch bei  Kehrein  Katholische  Kirchenlieder,  Hymnen,  Psalmen  etc.  II,  20: 
zum  licht  der  HeidenschaßH).  —  II  Die  Version  bei  Karajan  dyn  slos  ?iie 
bertiorie  deheiner  slahte  si'tnde  ist  offenbar  wieder  eine  Abweichung  von  der 
uns  vorliegenden ;  wenn  sie  (mit  der  fehlenden  Reimzeile)  hier  eingesetzt 
würde,  erhielten  wir  8  Verszeilen  gegenüber  den  6  Zeilen  des  lateinischen 
Original?.  —  III  zeirde:  erde  scheinen  mir  als  Reimworte  den  Vorzug  zu 
verdienen  vor  (zeirde  derj  weit:  -tvsserioelt  (vgl.  auch:  juiigfraii'  der  weit  zierde 
im   Cölner  Cxebetbuch   a.   a.   O.) 


Die  Mariensequeiiz  im   Liederlnich  (ky  Anna  von   Köln.  1 1 

Die  boitschaff  he  dir  brachte, 
Die  got  vurbedachte. 
Dat  sullen  wir  betrachten. 

VI      Der  werlde  konynck  ind  dat   lam 
Geweidich  van  dem  stein  quam 
Der  woestenyen  Moab, 
Die  den  suessen  smach  gaft", 
Up  den  berch  der  dochter  Syon. 
Hilp  ons  in  Ebron. 

VII.     Des  argen  slangen  lyst, 

Der  ons  bedroich  in  korter  fryst, 
Haestu  bestrycket  starck 
In  licht  in  der  hellen  sarck. 
All  de  werlt  van  yren  sonden 
Haes  du  ontbonden. 

VIII.     Van  dir  haent  wir 

Werde  moder  sonderlich 
Dat  wir  öfteren  wunderlich. 
Dat  gütliche  lamp  heilsam, 
Van  dir,  tzarte  ionffer,   quam. 
Maria,  kuysche  reyne 
Vruchtber  alleyne, 
Du  bys  genaden  rieh 
Troist  ons  entlich, 
Dat  wir  sin  neissen  ewenclich. 

VI  >das  Lamb  den  König  und  Fürsten  der  Welt»  in  der  niederdeutschen 
Prosaversion  a.  a.  O.  —  VII  Im  4,  Verse  ist  das  Subjekt  he  erspart  und  dem 
vorhergehenden  Satze  zu  entnehmen:  »und  er  liegt  usw.»  —  VIII  Der  Anfang 
des  Textes  ist  nicht  in  seiner  ursprünglichen  Form  zu  ermitteln.  —  sonderlich 
als  Epitheton  der  Maria  ist  auch  sonst  belegt.  —  ivunderlich  ist  offenbar  als 
Adverb  aufzufassen  ;  es  hat  in  der  ursprünglichen  Fassung  entweder  (wie  in 
dem  obenstehenden  hypothetischen  Texte)  das  \N'ort  'mysterialiter'  oder  auch 
den  Ausdruck  'mirum  in  modum'  wiedergegeben.  —  Ich  habe  im  letzten 
Verse  niezzen  eingesetzt,  —  ein  Wort,  welches  in  anderen  Originalliedern 
der  Sammlung  gestanden  hat  und  vom  Schreiber  durch  gehruchen  ersetzt 
worden   ist,   wodurch   der  Reim   verloren   ging. 


12  H.   Sttolahti^ 

IX.      De  waren  Abrahams  kynt, 
De  da  wsserwelt  synt, 
Die  sagen  den  waren  gotz   schyn, 
Der  da  so  rechte  fyn 
Van  Moyses  angesicht  luchte, 
Also  die  ioden  duchten; 
Dat  geschach  in  figuren 
Gotlicher  naturen. 
Hilp  ons,  keyseryn, 
Des  hemels  brodes  werdich  syn. 

X      Hilp  ons,  dat  wir  moessen 
Den  bornen  gotz  groissen, 
Der  da  also  suesse 
Van  dem  stein  is  wssgeflossen. 
An  kuyscheit  ons  stercke, 
Dat  wir  wail  myrcken 
An  dem  cruytz  den  slangen 
lemerlich  vur  dir  hangen. 

XI.     Help  ons  zo  dem  vure, 
Dat  sanffte  int  gehure 
Als  der  bussch  du  droge; 
Du  weres  so  genoege, 
Dat  dir  nit  enseirde, 
Got  dich  dat  leirde. 
Reyniche  du  uns  hertz  int  mont, 
Die  sonde  was  dir  onkunt. 

XII.     Hoir  ons,  Maria  modermait, 
Dyn  kynt  dir  nit  versaet 
Des  du  biddes. 

X  Die  Herstellung  der  ersten  Hälfte  der  Strophe  ist  unsicher;  vielleicht 
stand  ursprünglich  niezzen  (bezw.  neten)  im  Reime.  —  XII  Ob  in  dieser 
Strophe  der  Reim  sich  noch  über  die  dritte  Zeile  erstreckte  (etwa:  »des  du 
biddes  unverzaet»),  ist  nicht  zu  entscheiden;  dasselbe  gilt  auch  von  den 
dreizeiligen  Strophen   XIII  und  XV. 


Die  Mariensequeiiz  im  Liederbuch  der  .Ir.iia  von   Köhi.  13 

XIII.  Ihesu,   mach  ons  gesont, 

Vur  vvilche  dich  zu  aller  stunt 
Die  jonfter  int  moder  biddet. 

XIV.  Lais  ons  schauwen  den  bornen  clair, 
Das  gotliche  flos  wunderbair 

Mit  Beliehen  hertzen  ougen, 

X\'.      Dat  des  leuens  smach  suessen 
Der  geist  gebruychen  moesse 
Int  dynen  die  genade  crists 

XVI.     Mit  wercken  inde  worden; 

Die  heischen  ons  up  die  porten 
Zo  des  hemels  orten. 
Na  desem  eilende  ons  sy  bekant 
In  vrouden  ommer  des  vaders  lant. 

Amen. 
XIV    Die    Herstellung  dieser  stark  verderbten  Strophe  ist  wie  die  der 
folgenden  ganz  hypothetisch.  —  XV  dynen   =   verdienen. 

Die  geographische  und  chronologische  Fixierung  des 
Originalgedichts  wird  natürlich  erschwert  durch  die  schlechte 
Überlieferung.  Die  Sprache  im  Versinnern  muss  bei  der 
Ermittelung  der  Heimat  gänzlich  aus  dem  Spiel  gelassen  wer- 
den, und  von  den  Reimen  kommen  nur  die  sicher  überlieferten 
in  Betracht.  Besonders  wertvoll  sind  die  beiden  ersten  Reime 
Sterne  (gerne,  vernej :  dirne  und  porte :  roirte,  deren  Echtheit 
durch  den  Auszug  aus  der  von  Karajan  beschriebenen  Hand- 
schrift ausser  Zweifel  steht.  Der  erstgenannte  zeigt,  dass  in 
der  Mundart  des  Dichters  derne  gesprochen  wurde;  damit 
fällt  für  uns  Oberdeutschland  aus.  Aus  dem  letztgenannten 
Reim  geht  hervor,  dass  für  den  mittelhochdeutschen  Diphthon- 
gen ICO  in  der  Heimat  des  Verfassers  die  monophthongische 
Aussprache  (oj  herrschte;  dies  ist  der  Fall  in  Niederdeutsch- 
land und  auf  hochdeutschem  Sprachgebiet  im  grössten  Teile 
des  Mittelfränkischen,  im  Nassauischen,  nordwestlichen  Hessen 
und  in  der  Wetterau  (vgl.  Behaghel  in  Pauls  Grundriss-§  52 
und  Michels  Mhd.  Elementarbuch  §  146  Anm.  2).  Nun  zeigen 
die  Reime  (he)  brachte :  [sullen  wir)  betrachten,  (wir)  myrcken: 


14  MiszelU :   A.  Lüngfors,  Note  additiounelle  etc. 

stercke  (Imper.),  beirde:  (die  propheten)  geirden  einen  Abfall 
des  auslautenden  «,  der  auf  hochdeutschem  Boden  ziemlich 
weit  verbreitet  (vgl.  Behaghel  a.  a.  C).  §  loo,  Michels  a.  a. 
O.  §  174),  für  den  grössten  Teil  von  Niederdeutschland  da- 
gegen nicht  charakteristisch  ist.  Somit  \vi.irde  das  eigentliche 
niederdeutsche  Sprachgebiet  ausscheiden,  und  wir  gelangen 
nach  Niederfranken  und  den  oben  genannten  mitteldeutschen 
Gegenden;  hier  sind  auch  die  assimilierte  Form  lam  und  die 
Verbalformen  quam  und  beirde  geläufig,  welche  wohl  zu  den 
sicheren  Reimworten  gezählt  werden  dürfen.  Wenn  somit 
das  Gedicht  in  Mittelfranken  oder  in  den  nächsten  Nachbar- 
gebieten (vielleicht  in  Niederfranken)  entstanden  ist,  so  ist  der 
Unterschied  zwischen  diesen  Mundarten  und  der  Sprache  des 
Schreibers  nicht  sehr  gross,  und  ich  habe  daher  seine  Ortho- 
graphie bei  der  Herstellung  des  Gedichts  beibehalten. 

Die  zeitliche  Differenz  zwischen  Dichter  und  Schreiber 
lässt  sich  nicht  genau  feststellen,  aber  da  das  Gedicht,  wie 
der  Auszug  v.  Karajans  zeigt,  bereits  in  der  ersten  Hälfte 
des  15.  Jahrhunderts  ausserhalb  der  heimatlichen  Grenzen 
bekannt  war,  können  wir  vorläufig  den  terminus  ad  quem 
der  Entstehung  um  das  Jahr  1400  setzen.  Eine  eingehende 
Analyse  des  Gedichts  auf  Grund  der  vorliegenden  schlechten 
Überlieferung  würde  kaum  zu  sichereren  chronologischen 
Schlüssen  führen,  und  wir  müssen  daher  auf  diese  verzichten, 
bis  ein  neuer  P^und  auftaucht.  Dass  ein  solcher  kein  »pium 
desiderium»  zu  sein  braucht,  zeigt  die  obengenannte  Mitteilung 
V.  Karajans. 

H.  Suolahti. 


Miszelle. 


Note  additionnelle  ä  la  Notice  sur  deux  liures  d' Heu  res 
en/umines  du  Xl/'  siec/e.  [Me'm.  de  la  Soc.  nco-phil.  de  Helsing- 
fors,  t.  V,  pp.  479—504). 

Je  me  permets  de  publier  ici  quelques  precieuses  remar- 
ques que  M.  l'abbe  F.  Duine,  apres  avoir  lu  un  tirage  a  part 
de  mon  article,  a  bien  voulu   me  faire  parvenir: 


Besprechtingeii.  .1.  WalUnskold,  Sc/nvau- Behrens,  Gramm,  des  Aftz.  8.  AuJ/,    15 

«Comme  vous  avez  mis  sans  doute  les  noms  des  saints 
de  la  litanie  dans  l'ordre  du  manuscrit  (p.  495,  n.  i),  il  s'en 
suit  que  le  culte  de  Goulven  est  le  trait  dominant  du  livre 
d'Heures.  —  Je  n'avais  pas  encore  rencontre  (soit  dans  les 
ouvrages  liturgiques,  soit  dans  les  volumes  de  piete  privee) 
la  fete  de  la  «Translation  de  saint  Goulven».  Elle  se  rap- 
porte  ä  une  ceremonie  qui  eut  lieu  ä  Rennes  le  23  aoüt 
1336.  —  Mevemii  est  une  faute  du  copiste  pour  Mevenni, 
comme  Moderamini  pour  Moderanni  ou  Moderamni.  On 
trouve  aussi  au  moyen  age  la  forme  Moderandus  (qui  est 
moins  ancienne). 

UAnasta  de  la  page  503  est  certainement  l'Anastasia 
si  populaire,  dont  on  disait  qu'elle  avait  aide  la  Vierge  dans 
l'accouchement  de  la  Creche.» 

J'aurais  du  citer  dans  ma  Notice  l'importante  etude  de 
M.  Leopold  Delisle  sur  les  Heures  de  Blanche  de  France, 
duchesse  d' Orleans  (extrait  de  la  Bibliothcque  de  l'Ecole  des 
Chartes,  t.  LXVI,  1905),  dont  il  m'a  gracieusement  fait  cadeau, 
J'y  vois  qu'une  poesie  sur  les  sept  peches  mortels  dont  j'avais 
parle  dans  la  note  de  la  page  499,  se  retrouve  dans  le 
manuscrit  de  la  Bibliotheque  princiere  de  Wernigerode  (fol. 
289).  M.  Naetebus  vient  de  m'ecrire  qu'on  en  trouve  une 
sixieme  copie  dans  le  ms.  984  de  la  Bibliotheque  nationale, 
fol.  32—33- 

A.  Längfors. 


Besprechungen. 

Eduard  Schwan,  Grammatik  des  Altfranzösischen.  Neu  be- 
arbeitet vun  Dietrich  Behrens.  Achte,  revidierte  und  um  «Mate- 
rialien zur  Einführung  in  das  Studium  der  altfranzösischen  Mund- 
arten» vermehrte  Auflage.  Leipzig,  O.  R.  Reisland,  1909.  VIII  -\- 
348  S.   8:0. 


l6  Besprechungen.  A.    Wallensköld, 

Die  achte  Auflage  der  mit  Recht  so  hoch  geschätzten  Schwan- 
Eehrens'schen  altfranzösischen  Grammatik  bietet  eine  wesentliche 
Neuerung  dar:  einen  57  Seiten  umfassenden,  dem  Studium  der 
afrz.  Mundarten  gewidmeten  III.  Teil  (I.  Teil:  Lautlehre;  II.  Teil: 
Formenlehre).  Die  neuen  «Materialien»  bestehen  aus  43  Urkunden 
des  XIII.  Jahrhunderts  aus  den  verschiedenen  Dialektgebieten  Frank- 
reichs nebst  einer  rekapitulierenden  «Übersicht  über  die  wichtigsten 
in  vorstehenden  Urkunden  hervortretenden  dialektischen  Eigentüm- 
lichkeiten und  deren  Verbreitung».  Die  Urkunden  selbst  sind  mit 
Hinweisen  auf  die  vorhergehende  Grammatik  sowie  mit  einigen 
nützlichen   Realnotizen  versehen. 

Diese  linguistisch  kommentierte  Urkundensammlung  ist  ein 
entschiedener  Gewinn  für  unsere  Kenntnis  der  afrz.  Mundarten,  und 
jeder  Romanist  muss  Prof.  Behrens  dankbar  sein  für  die  Veröffent- 
lichung dieser  Materialien,  welche  seit  einer  Reihe  von  Jahren  sei- 
nen Vorlesungen  über  die  afrz.  Mundarten  zu  Grunde  gelegt  wor- 
den sind  (Vorwort  S.  VI).  Es  scheint  mir  nur,  als  ob  diese  neue 
dritte  Abteilung  nicht  ganz  mit  dem  Charakter  der  beiden  ersten  Ab- 
teilungen übereinstimme.  Wir  sind  ja  daran  gewöhnt,  die  Schwan'sche 
Grammatik  als  ein  Examenskompendium  zu  betrachten,  das  in 
knapper,  apodiktischer  Form  dem  Studierenden  ungefähr  das 
mitteilt,  was  er  inbezug  auf  altfranzösische  Grammatik  zu  wissen 
braucht.  Mit  den  orthographisch  wechselnden  und  Anfängern  sicher 
teilweise  schwerverständlichen  Urkunden  kommen  wir  entschieden 
über  das  Elementarstadium  hinaus.  Es  wäre  daher  vielleicht  ange- 
messener gewesen,  die  kommentierte  Urkundensammlung  als  ein 
besonderes  Werkchen  herauszugeben. 

Was  übrigens  die  methodische  Einrichtung  des  Buches  be- 
trifft, verweise  ich  auf  meine  kurze  Besprechung  der  sechsten  Auf- 
lage (Neuph.  Mitt.  1904,  S.  81  fg.),  wo  ich  einige  Verbesserungen 
vorschlage,  die  in  der  vorliegenden  Auflage  unberücksichtigt  geblie- 
ben sind. 

Da  ich  das  Buch  in  seiner  neuen  Gestalt  wieder  durchgele- 
sen habe,  erlaube  ich  mir  eine  Anzahl  Einzelbemerkungen  hier  fol- 
gen zu  lassen : 

§  5,  I,  Z.  10  (s.  auch  §  33t),  a,  Z.  6).  Wenn  man  für  maijit 
als  Etymon  kelt.  *manti  annimmt,  bleibt  ja  der  Diphthong  ai 
unerklärlich  Ich  ziehe  daher  eine  Kontamination  von  magnum 
oder  germ.  manag  und  tantum  (etwa  *manctum)  vor.  —  § 
5,  S.  5,  Z.  7.  Die  Form  esiiel  kommt  nur  ausnahmsweise  vor; 
gewöhnlich  heisst  es  ja  isnel.  Wie  das  prosthetische  /  zu  erklären 
ist,  weiss  ich  allerdings  nicht.  —  §  6.  Diesem  Paragraphen  hätte 
mit  Vorteil  eine  Karte  des  französischen  Sprachgebietes  beigefügt 
werden    können.    —     §     12,    2,    Z.     11.    Unter    den  gelehrten 


Sc/ncafi- Behrens,    Gravunatik  iles  Altfra>iz'dsisclien,  S.   Aujl.  17 

Wörtern  findet  sich,  wegen  des  fehlenden  palatalen  Reibelautes 
[i],  auch  seel.  Indessen  wird  §  152,  Anm.,  die  Möglichkeit 
einer  volkstümliihen  (dialektischen)  Entwickelung  zugegeben,  welche 
wohl,  inbezug  auf  ganz  gewöhnliche  Wörter  wie  peor  u.  s.  w., 
vorzuziehen  ist.  —  §  20,  3,  Anm.,  Z.  13  ff.  Das  Schwinden 
des  Hiatus-7^  findet  nach  geminiertem  Verschlusslaut  (battuo) 
oder  Konsonantengruppe  (mortuum,  februarium)  statt;  dage- 
gen *jenuarium  >  Jenvier;  annualem  >  anvel;  aqua  > 
etie,  eve;  u.  s.  w.  —  §  26,  i,  Z.  4.  Eine  regelmässige  Entwicke- 
lung Ovum  >>  *ou  scheint  mir  sehr  problematisch  zu  sein.  Denn 
warum  sollte  in  diesem  Worte  die  Singularform  {nef)  nicht  auf 
den'  lat.  Ackusativ  zurückgehen  ?  Die  Entwickelung  des  Laut- 
komplexes -ovu-  braucht  nicht  a  priori  analog  derjenigen  der 
Komplexe  -ivu-,  -evu-  und  -avu-  zu  sein.  —  §  3Ö,  Z.  3 
(s.  auch  §  38,  Z.  5;  ^  81,  Z.  5).  Die  Dissimilation  in  finire  > 
fetiir  ist  wohl  als  eine  regelmässige  Lautentwickelung  zu  betrach- 
ten :  fimi-  ist  ein  später  eingebürgerter  Latinismus.  —  §  41,  Z.  1 1 
(s.  auch  §  266,  Anm.,  Z.  8).  So  viel  ich  weiss,  wird  das  init.  e 
in  meneille  gewöhnlich  so  erklärt,  dass  das  lat.  1.  in  niTrabilia 
aus  irgend  welcher  Ursache  (etwa  Dissimilation  auf  dem  Stadium 
*miribilia?)  zu  /  verkürzt  worden  ist.  Dieser  Auffassung  muss 
entschieden  ein  Ende  gemacht  werden :  das  init.  e  in  afrz.  mer- 
veille  war  offen,  wie  aus  der  nordpik. -wallon.  Schreibung  mietvetlie 
hervorgeht;  vgl.  meine  Ausgabe  von  «Florence  de  Rome>,  Bd.  I 
(1909),  App.,  Verse  417 1  und  4521  [mierveilles),  2^26  [esmiejvilla). 
Wie  das  offene  e  aber  zu  erklären  ist,  weiss  ich  nicht.  —  §  60, 
Anm.,  Z.  3  (s.  auch  §  200,  i,  Z.  7).  Das  Afrz.  hat  ursprünglich 
nicht  dueil^  sondern  duel  {dol  Alex.,  dol,  doel,  deol  Rol.),  postver- 
bale Bildung  aus  doloir.  Dass  dolium  belegt  ist  (s.  Dict.  gen.  s.  v. 
deuil),  bedeutet  nichts  gegen  die  Tatsache,  dass  in  den  altfranzö- 
sischen Denkmälern  eine  Mouillierung  des  /  nicht  angedeutet  wird. 
—  §  81,  Anm.,  Z.  4.  In  *demedium  statt  dimidium  liegt  na- 
türlich Präfixverfauschung,  und  nicht  (wie  in  vekinu)  Dissimilation 
vor.  —  §  122,  2,  c,  Z.  6  (s.  auch  §  230,  3).  Ist  überhaupt  eine 
Form  coidier  (mit  off.  0)  anzutreffen?  Afrz.  cuidier  sowie  aprov. 
cuidar  fordern  entschieden  ein  vlat.  ^cügitare;  vgl.  Rom.  XXXIV, 
332.  —  §  143,  I,  Z.  8.  Lieber  *exradicat;  s.  Dict.  gen.  s.  v. 
arracher.  —  !;v  148,  2,  Anm.,  Z.  4.  Der  äusseren  Form  nach 
könnte  clerc  als  Erbwort  aufgefasst  werden.  —  §  155,  Z.  5.  Eine 
Form  lieve  kann  wohl  nicht  als  Durchgangsform  zwischen  *legwa 
und  Heue  angesetzt  werden.  Die  u-Yoxvcl  muss  in  derartigen  Fällen 
ursprünglicher  als  die  v-Yoiva.  sein.  —  §  158,  2,  Z.  7.  Die  regel- 
mässige afrz.  Form  von  *extorqu8re  ist  estortre;  estordie  ibt  eine 
spätere,    durch    Angleichung    an    andere    -rdre-    Verba  entstandene 


l8  Besprechungen.   .1,    Walleusköld, 

Bildung.  Vgl.  i^  164,  Anm.,  wo  tor<lie  zxi&  torhe  ^\.%  durch  Dissimila- 
tion entstanden  erklärt  wird.  -  §  158,  2,  Anm.,  Z.  12.  \\eswegen 
Einfluss  von  senestrc  auf  destre  anzunehmen,  da  ja  das  letztere  Wort 
ganz  regelmässig  ist?  —  i:?  158,  2,  Anm.,  Z.  25.  Wenn  überhaupt 
das  einem  g  entsprechende  /  in  esmeralde  u.  s.  w.  frz.  je  anders  als 
«  gelautet  hat,  darf  es  wohl  eher  als  ein  späterer  lauianalogischer 
Eindringling  betrachtet  werden,  und  sollte  somit  nach  «  folgen:  y>g 
zu  u  (/)».  Vgl.  inbetreff  des  Übergangs  gm  >•  um  die  frühen  J^elege: 
«pegma  non  peuma»  App.  Pr.  85:  «Sagma:  soma  uel  sella»  Reich. 
Gl.  348;  u.  A.  —  §  160,  3,  Anm.,  Z.  15.  Da  assener  zentral- 
französisch ist,  scheint  die  Herleitung  aus  germ.  sin  angemessener 
zu  sein,  zumal  eine  Schreibung  mit  ,^^7/  sehr  selten  ist.  —  i^  164, 
Z.  I.  Die  Entwickelung  ryr  zu  rdr  scheint  mir  eine  Z\\ischenstufe 
mit  palatalem  (mouilliertem)  r  zu  fordern.  — •  §  174,  2,  Z.  2.  Der 
Infinitiv  fnUre  faudre  ist  wohl  eine  aus  dem  Fut.-Kond.  entstandene 
sekundäre    Infinitivform.     Das    Vlat.  hatte  *f allere  und  *fallire. 

—  §  189,  Z.  3 — 4  (s.  auch  §§  283,  S.  143,  Z.  I  V.  u.,  und  297, 
Z.  II  —  12).  Ich  weiss  nicht,  welche  giltigen  Gründe  Prof.  B.  hätte, 
nicht  an  die  primitive  Entwickelung  eines  /-Lautes  zwischen  gestütz- 
tem n  und  dem  flexivischem  -s  zu  glauben  (diurnus  ~^  jornz  > 
jorz  '^  Jors).   Eine  solche   Entwickelung  ist  ja  phonetisch  (energische 

Aussprache  des  dentalen  Nasalen!)  ganz  natürlich  (vgl.  annus^ 
am).  Allerdings  scheint  die  vereinfachte  Aussprache  jors  schon  in 
der  zweiten  Hälfte  des  XII.  Jhts  üblich  zu  sein;  s.j'ors:  esio7sYv. 
22^1 — 2,  j'ors:  tors  (turres)  Erec  1897 — 8,  wo  Foerster  m.  E. 
unrichtig    z  gedruckt  hat  (vgl.  seine  Einleitung  zu  Cliges  §   27,  ö). 

—  §  195,  Z.  9.  Minder  kann  unmöglich  auf  minutiare,  das  ja 
init.  i  hat,  zurückgehen.  Schuchardts  Herleitung  (Rom.  Et.  I,  31) 
aus  *mincidum  ist  immerhin  annehmbarer.  -—  §  245,  Anm., 
Z.  9.  Veut  und  filleus  (neben  dteiä,  ieus  etc.)  können  auch  so  er- 
klärt werden,  dass  das  erste  Element  des  Triphthongen  ueu  nach 
labialem  Konsonanten  schwindet  {^'"z>?ieut  >>  veuf)  und  nach  palat.  / 
auf  der  Stufe  ieu  in  den  vorhergehenden  Laut  aufgeht  {^filliens  > 
filleus);  vgl.  feu,  jeu  neben  Heu.  —  §  276,  Anm.,  Z.  8.  Stgfies  darf 
als  gelehrtes  Wort  nicht  in  Betracht  genommen  werden.  —  §  279, 

1,  -d.  Nach  dem  oben  gesagten  wäre  zu  den  genannten  Lautver- 
bindungen auch  rn -\- s  hinzuzufügen.  —  §  321,  1.  Verf.  hätte 
auch  mit  der  Entwickelungsmöglichkeit :  prokl.  ego  >»  eo  >»  io^» 
jo  ~>  je    rechnen  können.  —  §  321,   2,  Anm.,   Z.   3.     Kann  nicht 

mi  ziemlich  sicher  als  die  lautregelmässige  Fortsetzung  des  lat.  Da- 
tivs mihi  betrachtet  werden?  —  §  322,  i  (s.  auch  §  333,  i). 
Ich  glaube  vielmehr,  dass  ille  durch  seinen  Gegensatz  hicbeein- 
flusst  worden  ist  (*illi(c)  nach  hie,  *illui(c)  nach  huic).  —  §  339, 

2,  S.    195,  Z.  6.  Wenn  ein  afrz.  ez  (<;  estis)  je  existiert  hat,  kann 


Schionn-Behrens,    Grammatik  des  Altfranzüsischen,   S.   Aiiß.  19 

es  jedenfalls  nicht  mit  seinem  offenen  e  zur  Verbreitung  der  En- 
dung -ez  (<;  -atis)  beigetragen  haben.  - —  ^^  342,  i.  Ich  stelle 
mir  die  Entstehung  der  Endungen  -ames,  -imes  so  vor,  dass  der 
Ton  vokal  nicht  frei  war  (-avimus  >>  -avmus  >  -ammus,  -ivi- 
m  u  s  >  -i  v  m  u  s  >  -i  m  m  u  s),  wodurch  auch  das  fin.  e.  der  frz. 
Endungen  seine  Erklärung  als  Stützvokal  finden  kann  (vgl.  Neuph. 
Mitt.  1908,  S.  21  fg.).  —  §  348,  2,  a,  Z.  6—7  (s.  auch  §385). 
Nach  §  50  müssten  ja  veniamund  teneam  regelmässig  vigne 
und  tigne  gegeben  haben.  Vieg/ie  und  liegne  würden  somit  auf  An- 
gleichung  an  den  Stamm  vien-  beruhen.  —  §  3O1,  i.  Ich  vermisse 
die  nicht  ungewöhnliche  lautregelmässige  Konjunktivform  atä.  ■ — 
>j  402.  Liegt  nicht  in  den  vom  Verf.  gegebenen  Formen  snei/,  suelt, 
suelenl,  sueille  des  Verbums  soldre  Verwechslung  mit  dem  Verbum 
soloir  (s  o  1  e  r  e)  vor  ?  Die  primitive  Präsensflexion  war  wohl  sol  (statt 
''^solf),  so/s,  soll,  solvotis,  solvez,  solvent.  Im  Konjunktiv  scheint  das 
analogisch  gebildete  soille  die  älteste  bekannte  Form  zu  sein. 

Was  die  Urkundensammlung  betrifft,  so  wäre  es  wohl  päda- 
gogischer gewesen,  offenbar  fehlerhafte  Schreibungen  der  benutz- 
ten Vorlagen  (die  ich  allerdings  nicht  gesehen  habe)  zu  ver- 
bessern. So  findet  man  öfters  (z.  B.  I,  2;  XII,  11.  15;  XIII,  i; 
XIV,  1;  XX,  i;  XXVII,  10.  16.  17.  33.  40.  44.  51.  61:  XXVIII, 
7.  19)  als  Nominativform  des  Sing,  abbcs^  wo  man,  wenigstens  in 
den  Urkvmden,  in  welchen  zwischen  -c  und  -s  der  Endung  ein 
Unterschied  besteht,  abbes  (<;  abbas)  zu  lesen  hat  (vgl.  XV,  2.  13). 

—  Urk.  I,  S.  249,  Z.  19:  avra,  nicht  aura.  —  Urk.  XI,  Z.  4: 
ouii,  nicht  ovit.  —  Urk.  XI V^  S.  262,  Z.  14:  com,  nicht  co7n: 
Z.  20:  d^ome,  nicht  dorne.  —  Urk.  XXX,  S.  280,  Z.  21:  a  venir, 
nicht  avenir.  —  Urk.  XXXIII,  S.  283,  Z.  2:  povres,  viioSA  poiires 
(vgl.  unten  Z.    15). 

Zur  «Übersicht»  etc.  (S.  295  ff.)  sei  bemerkt:  i.  In  ai  für 
e  [vairwit,  matt,  etc.)  sehe  ich  nicht  ein  a  mit  /-Nachlaut,  sondern 
eine  Bezeichnung  des  ^- Lautes.  —  5.  Sieremeni  ist  höchst  be- 
merkenswert wegen  der  Diphthongierung  eines  sekundären  ^-Lautes 
(sacramentum  >  sairement  >  sereme7it~^  sieremeni).  —  S.  Zu 
ovit  s.  oben.  —  11.  Die  Fälle  mit  ai  für  e  in  geschl.  Silbe  {vai- 
lunt,  aiqicaistety  aquaist,  niait,  aictit,  maix,  aisteie)  sind  wohl  nicht 
mit    den  anderen  Diphthongen  gleichzustellen.    Vgl.   oben  unter    i. 

—  42.  Vgl.   das  zu  §    160  gesagte. 

Schliesslich  mögen  folgende  Druck-  und  Schreibfehler  erwähnt 
werden:  §  30,  a,  7,  Z.  2:  1.  vlat.  boccu.  —  §  30,  b,  3,  Z.  5:  I. 
Hlupawig  (vgl.  S.  32,  Z.  2).  —  §  293,  Z.  3  v.  u:  1.  prefatio.  — 
§  303,  a,  Z.  11:  1.  vielz.  —  §  306,  S.  166,  Z.  2:  1.  frz.  -67116.  — 
S  346,  S.  205,  Z.  i:  1.  seilt.  —  §  427.  Z.  9:  1.  lecevoir;  Z.  14: 
1.     mentoivre.     —    Urk.    V,   Z.    27:   1.   peusc:ent;   Z.   31:   Die  Noten- 


20  Besprechiini;;e>t.    Ciitstm'   Schmidt, 

nuiiimcr  (ig)  hat  keine  Entsprechung  in  den  Noten.  —  Urk.  IX, 
Z.  17:  1.  aime'.  —  Urk.  XXII,  S.  271,  Z.  2}^:  I.  deviseit.  —  S. 
308,  Z.  15  V.  u:  \.  Poeme  morak  —  S.  319,  Z.  12  v.  u:  Die 
Paragraphennummer  ist  falsch. 

A.    WailensköM. 


Renward  Brandstetter,  Renward  Cysat  (1545 — 1614),  der 
Begründer  der  schweizerischen  Volkskunde.  Luzern.  Verlag  der 
Buchhandlung  Haag,    1909.      107   S.   8". 

Prof.  Brandstetter  bietet  in  diesem  Buch  (Nr.  8  seiner  Mo- 
nographien zur  vollständigen  sprachlichen  und  volkskundlichen  Er- 
forschung Alt-Luzerns)  eine  reiche  Auswahl  von  folkloristischem 
Stoff  aus  dem  bändefüllenden  originalen  Nachlass  bezw.  aus  Ko- 
pien verloren  gegangener  Urschriften  des  Luzerner  Stadtschreibers 
Cysat,  dessen  Name  dem  Germanisten  aus  der  Geschichte  des  äl- 
teren Schweizerdeutsch  bekannt  ist.  Vorangestellt  ist  ein  trefflich 
orientierender  Ueberblick  über  den  Lebensgang  des  alten  Poly- 
histors und  seine  Stellung  zu  den  Anschauungen  seiner  Zeit,  eine 
Charakteristik  seiner  Forscherpersönlichkeit  und  Bemerkungen  über 
die  Edition  seiner  Handschriften  (I).  Eine  kurzgefasste,  aber  sehr 
wichtige  Zusammenstellung  der  folkloristischen  Terminologie  (II) 
leitet  hiernach  zu  dem  ersten  Abschnitt  der  Mitteilungen,  zu  denen 
über  die  Hauptschauplätze  des  ausgewählten  Stoffes  über  (III),  in 
dem  naturgemäss  auf  Traditionen  über  Lokalnamen  aus  Luzern 
und  Umgebung  einiges  Licht  fällt  1.)  Es  folgt  sodann  ein  Kapitel : 
»Die  Natur  und  der  natürliche  Mensch  im  Spiegel  der  Volksan- 
schauung» (IV)  mit  teilweise  uniken  Angaben  zur  Volksmedizin, 
Beispielen  aus  der  »Puwrenpractic»  (Bauernregeln)  u.  a.,  und  nach 
diesem  in  zwei  grossen  Abschnitten  (V-VI)  der  kompakteste  Teil 
der  Mitteilungen,  der  Volksglaube :  einerseits  die  altgermanischen 
Traditionen,  m  denen  die  Sagen  vom  Wuotis-(Guotis-)heer,  dem 
Türst  (Wilden  Jäger)  und  dem  geisterhaften  Heerestross  als  eigen- 
artige Gruppe  ^)  unstreitig  das  Hauptintresse  beanspruchen,  anderer- 
seits die  nichtgermanische  Sphäre,  d.  h.  die  christliche  mit  ihrem 
Teufelsglauben,  ihren  Legenden  usw.  Weitere  Kapitel  enthalten 
Beispiele  älterer  und  relativ  neuerer  Sagenbildung  lokalen  Geprä- 
ges   (hier    aber    auch    u.    a.    zum  Leben  im  Recht :   Gottesurteile) 


^)  Wegen  »Firn»,  für  das  nach  dein  Schweizerischen  Idiotikon  eine 
Stelle  bei  Cysat,  vorliegendes  Buch  §  47,  der  älteste  Beleg  wäre,  mag 
man  jetzt  Weigand  \Vb,   P  unter  dem   Wort  vergleichen. 

^)  Die  sonst  in  Luzerner  Sagen  jüngerer  Buchung  mit  dem  Türst 
jagende  »Sträggelen»  finden  wir  hier  in  anderem  Zusammenhang  (Kap.  VIII 
§   227    »Bolsternächte ))  wieder. 


Remvard  Bra)uhtette)\   Remvard  Cysat.  21 

(VII)  und  ausführliche  Angaben  über  Volkslustbarkeiten  (Feste, 
Zusammenkünfte)  (VIII),  ferner  Züge  zur  Volkspoesie,  worunter 
Volkswitz  (IX),  und  hieran  anschliessend  eine  Auslese  aus  dem 
Wortschatz  der  Volkssprache  der  Cysatischen  Zeit  (Pflanzen-  und 
Tiernamen,  eni  paar  Volksetymologien)  (X).  Den  Beschluss  macht 
eine  Darstellung  der  volkstümlichen  Gebärdensprache  nach  (  ysats 
Dramatik  (XL). 

Im  einzelnen  ist  jedes  Kapitel  so  ausserordentlich  vielseitig, 
dass  ein  eingehendes  Referat  hier  nicht  in  Frage  kommen 
kann.  Nur  im  allgemeinen  noch  ein  paar  Worte.  Cysat  hat  sich 
nicht  damit  begnügt  eine  Sage,  einen  Brauch  usw.  mit  einer  No- 
tiz abzatun,  sondern  mit  echt  wissenschaftlicher  Gründlichkeit  ist 
er  bemüht  gewesen  immer  neue  Belege  zu  finden,  und  dabei  hat 
er  seine  Gewährsmänner  zu  wählen  gewusst  (er  spricht  von  »Fa- 
belwerck»  d.  h.  unwahren,  und  »Märi»,  betrüglich  erfundenen 
Geschichten;  sog.  Märchen  überliefert  er  nicht,  höchstens  lassen 
sich  hie  und  da  einzelne  märchenhafte  Züge  ausziehen).  Auf  diese 
Weise  hat  er  vielfach  nicht  wenig  »Varianten»  einer  Ueberliefe- 
rung  verzeichnen  können,  die  er  in  bunter  Folge  in  seine  Samm- 
lungen eingetragen  hat.  Diese  verschiedenen  Fassungen  wie 
auch  die  Einzelüberlieferungen  finden  wir  jetzt  in  den  ent- 
sprechenden Kapiteln  (s.  o.)  unter  den  ihnen  zukommenden 
Stichwörtern  vereinigt.  Jede  Einzelheit  ist  auf  ihre  Volkstümlich- 
keit geprüft,  in  Fällen,  wo  eigene  Angaben  Cysats  (vgl.  Cysats 
Terminologie)  vermisst  werden,  nach  dem  gegenwärtigen  Stand  der 
Tradition  oder  mit  Hilfe  anderer  Gründe.  Das  Kriterium  der 
zweiten  Art  betont  Prof.  Brandstetter  verhältnismässig  selten,  aber 
wie  schon  eine  Durchmusterung  der  bekanntesten  schweizerischen 
Sagenbücher  zeigt,  nur,  um  nicht  einer  billigen  Wissenschaftlichkeit 
einen  Tribut  zu  entrichten.  Zudem  kam  es  ihm  nicht  darauf  an 
eine  sagenvergleichende  Abhandlung  im  Anschluss  an  Cysat  zu 
schreiben,  sondern  darauf  das  Material  als  solches  kritisch  ausge- 
wählt, mit  den  nötigen  Erläuterungen  versehen  und  nach  grossen  Ge- 
sichtspunkten geordnet  zu  übergeben.  Der  Dank  dafür  kann  da- 
durch nicht  verringert  werden,  dass  sich  der  Boden,  von  dem  es 
geemtet  ist,  äusserlich  betrachtet  auf  die  engste  Heimat  beschränkt. 

Möchte  das  Buch,  das  dem  Freund  der  Volkskunde  nicht 
nur  durch  die  in  ihrer  Art  einzige  Gestalt  des  Luzemer  Stadt- 
schreibers, sondern  auch  durch  den  sicheren  Blick  und  die  wohl- 
tuende Sachlichkeit  seines  Herausgebers  imponiert,  dazu  beitragen 
die  Notwendigkeit  der  Durchforschung  sonstiger,  wenn  auch  weni- 
ger ergiebiger  älterer  Quellen  nach  gleich  wissenschaftlicher  Me- 
thode in  weitesten  Kreisen  darzutun  und  zu  gleich  liebevoller  Ar- 
beit anregen.  Gustav  Schmidt. 


22  Besprcclnitigen.    Ci.   Schmidt^   R.  Pestalozzi,   Syntaktische  Reitrüge. 

Rudolf  Pestalozzi,  Sytitaktische  Beiträge:  I.  Systematik  der 
Syntax  seit  Ries.  —  //.  Die  Casus  in  Johannes  Kesslers  Sabbata. 
(Teutonia,  Arbeiten  zur  germanischen  Philologie,  herausgegeben  von 
Dr.  phil.  Wilhelm  Uhl,  ao.  Professor  an  der  Albertus-Universi- 
tät zu  Königsberg.  12.  Heft).  Leipzig,  Eduard  Avenarius,  igog. 
80  S.  gr.   80. 

Die  beiden  unter  dem  obigen  Haupttitel  vereinigten  Studien 
hängen  insofern  eng  miteinander  zusammen,  als  der  Vf.  gewisse 
Gesichtspunkte,  zu  denen  er  in  seinen  grundsätzlichen  Ausführun- 
gen gelangt  ist,  für  die  Darstellung  des  Kasusgebrauchs  in  der  St. 
Galler  Chronik  (aufgezeichnet  1524 — 40)  verwertet.  Der  erste  Beitrag 
geht  jedoch  zugleich  weit  über  das  eine  beschränkte  Kapitel  der 
Gruppenlehre  hinaus:  er  unterwirft  mehrere  gesamtsyntaktische  Ar- 
beiten aus  den  Jahren  1895 — igo6  einer  kritischen  Prüfung  auf 
die  syntaktische  Systematik  überhaupt. 

Der  Vf.  zeigt  in  seiner  Stellungnahme  zu  einzelnen  Proble- 
men einen  bemerkenswerten  Anschluss  an  die  Riesschen  Reform- 
gedanken, die  er  nach  allem  sicher  erfasst  hat.  In  anderen  Punk- 
ten wägt  er  die  geltend  gemachten  Auffassungen  kritisch  gegen- 
eniander  ab,  wie  er  denn  überhaupt  nicht  darauf  ausgeht  neue  Ideen 
in  die  Debatte  zu  werfen.  So  hält  er  sich  in  der,  man  darf  wohl 
sagen  jetzt  wichtigsten  Frage  der  Systematik,  in  der  Sütterlin  (S. 
und  Waag,  vgl.  auch  vorher  S.,  Wesen  der  sprachl.  Gebilde,  S. 
151)  den  Mut  gehabt  hat  mit  der  Riesschen  Anschauung  zu  bre- 
chen, durchaus  an  seinen  Meister,  wenn  er  bei  der  Auffassung  von 
Wortgruppen-  und  Satzlehre  als  selbständigen  koordinierten  Kapi- 
teln der  Syntax  beharrt.  Wie  Ries  betont  er  die  Notwendigkeit 
einer  syntaktischen  Bildungslehre,  die  freilich  ein  frommer  Wunsch 
bleiben  wird,  solange  nicht  alle  Vorarbeiten  erledigt  sind.  Und 
schliesslich  bricht  er  eine  Lanze  für  die  Riessche  Auffassung  von 
der  Stellung  der  Grammatik  und  Stilistik  zueinander.  Etwas  freier 
wird  sein  Standpunkt  in  der  Frage  nach  der  Unterbringung  der 
Kasuslehre.  Während  Ries  die  syntaktischen  Wortformen  aus  die- 
ser prinzipiell  der  Syntax  zusprechen  wollte,  konstatiert  Vf.  in  der 
Praxis  eine  Scheidung:  die  Monographisten  sind  Ries  gefolgt,  die 
Historiker  haben  das  ganze  Kapitel  in  die  Wortbedeutungslehre 
eingestellt.  Die  Gründe  sind  für  ihn  nicht  zwingend,  doch  lässt 
auch  er  als  Monographist  in  seinem  Beitrag  II  die  Riessche  For- 
derung mit  vollem  Recht  ausschlaggebend  sein.  Eine  gewisse 
Bewegungsfreiheit  aus  Zweckmässigkeitsrücksichten  räumt  er  ferner 
bei  der  Abgrenzung  der  Wortbedeutungslehre  ein  (dabei  handelt 
es  sich  speziell  um  die  Unterbringung  der  zusammengesetzten  For- 
men   des    Zeitworts),    insofern    als    er  das  Verlassen  des  formalen 


./.  Lang/ors,  H.  Martin,  Les  Peintres  de  iiiss.  et  la  miniature  en  Frame.     23 

Gesichtspunktes  in  einem  Lehrbuch  als  entschuldbar  bezeichnet.  In 
der  Feststellung  des  begrifflichen  Einteilungsprinzips  in  der  Grup- 
penlehre befürwortet  Vf.  den  Modus  Behaghels,  den  er  schon  in 
seiner  Inauguraldissertation  mit  Glück  in  Anwendung  gebracht 
hatte:  also  »Bestimmungs-  und  Erweiterungsgruppen  mit  den  Wort- 
arten als  Teilungsgrund». 

In  schroffen  Gegensatz  zu  Ries  tritt  \{.  nur  in  einem  Punkt, 
in  der  Auffassung  der  adverbialen  Kasus.  Mit  H.  Seedorf  will  er 
dieselben  grundsätzlich  in  die  Syntax  gestellt  wissen,  »da  die  Ka- 
susendungen in  diesen  Fällen  eine  Beziehung  zu  anderen  Worten 
ausdrücken».  Aber  indem  er  dann  die  von  Ries  imd  Seedorf  be- 
tonte Möglichkeit  verallgemeinert,  dass  >gewisse  Formantien  (hier 
also  Kasusendungen)  durch  nachträgliche  Entwicklung  syntaktisch 
werden  können»,  bringt  er  in  dem  Beitrag  II  unter  adverb.  Geni- 
tiv bezw.  Dativ,  echten  syntaktischen  Gefügen  koordiniert,  zugleich 
auch  alles  unter,  was  von  adverbialen  Wortformen  ein  entsprechen- 
des Formans  darbietet.  Hier  finden  wir  denn  »erstarrte»  Gebilde 
wie  anderigs,  besits,  hinterrücks,  erstmals,  ilends  u.  a.,  allenthalben 
usw.,  Adverbia  auf  -liehen.  Was  diese  in  einer  sonst  streng  be- 
schreibenden syntaktischen  Darstellung  zu  suchen  haben,  ist  mir 
nicht  erfindlich.  Belege  wie  hinterrücks,  allenthalben,  die  Adverbia 
auf  -liehen  usw.  hält  Vf.  natürlich  selber  nicht  für  Wortgefüge,  d. 
h.  Wortgefüge  vom  Standpunkt  J.  Kesslers^  was  doch  das  ent- 
scheidende sein  muss.  Sie  und  die  übrigen  erstarrten  Gebilde  ge- 
hören in  die  Wortlehre,  und  nicht  einmal  die  Rücksicht  auf  Voll- 
ständigkeit verteidigt  ihre  Aufnahme  in  die  Syntax. 

Im  übrigen  ist  die  zweite  Abhandlung  eine  sorgfältige  Ar- 
beit, sie  erschöpft  offenbar  den  Stoff  zugleich  vollständig.  Sehr 
zu  loben  ist,  dass  sich  Vf.  nicht  damit  begnügt  hat  die  Kasus- 
formen an  sich  in  ihrer  syntaktischen  Verwendung  zum  Gegen- 
stand seiner  Untersuchungen  zu  machen,  sondern  auch  in  jedem 
Fall  die  konkurrierenden  präpositionalen  und  die  sonstigen  kasuel- 
len Fügungen  berücksichtigt.  Dadurch  sind  diese  syntaktischen 
Gebilde  an  sich  in  klarere  Beleuchtung  gerückt  und  ist  auch  ohne 
Beeinträchtigung  der  deskriptiven  Darstellugsweise  dem  Historiker 
in  vortrefflicher  Weise  vorgearbeitet. 

Gustav   Schmidt. 


Henry  Martin,  Les  Peintres  de  manuscrits  et  la  mitiiature 
en  France,  etude  critique,  illustree  de  vingt-quatre  planches  hors 
texte.  Paris,  Henri  Laurens,  editeur,  1909.  127  p.  in-S".  Prix  fr. 
3:  50,   relie  toile. 


24  rtespreihii)io;en.   Artur  Langfors^ 

Aux  Premiers  figes  de  la  miniature,  a  l'epoque  iiuTOvin- 
gienne  et  sous  les  premiers  Carolingiens,  les  enlumineurs  sont  presque 
exclusivement  sous  Tinfluence  des  artistes  byzantins.  Le  traitement 
du  costume,  par  exemple  dans  les  portraits  d'empereurs  ou  de 
rois,  montre  un  dessin  qui  fait  penser  a  l'art  antique.  L'activite 
des  artistes,  qui  sont  pour  la  plupart  des  religieux,  s'exerce  du 
reste  presque  exclusivement  dans  l'illustration  de  Bibles,  de  Psau- 
tiers  et  de  livres  de  liturgie.  L'influence  byzantine  dure  jusqu  ä 
la  fin  du  XP  siede.  A  partir  de  cette  date,  les  peintres  exe- 
cutent  bien  peu  de  miniatures  de  pleine  page.  Ils  s'interessent,  en 
revanche,  a  la  riche  ornementation  des  pages.  Leurs  dessins 
compliques  aboutissent  souvent  au  monstrueux  et  au  grotesque.  Ils 
ne  connaissent  presque  pas  d'autres  couleurs  que  le  rouge,  le  bleu 
et  le  noir.  «Au  douzieme  siccle  cependant  apparait  une  couleur 
nouvelle,  le  vert,  qui  peut  etre  consideree  comme  caractcristique 
de  cette  epoque.  On  ne  la  trouve  guere  auparavant;  on  ne  la 
rencontre  pour  ainsi  dire  plus  au  XIIP  siecle.»  ^ 

C'est  vers  l'epoque  de  Philippe-Auguste  que  l'art,  jusque-lä, 
comme  la  litterature,  au  service  de  l'eglise,  commence  ä  sortir  des 
couvents.  A  cote  des  livres  de  piete,  tres  nombreux  au  cours  de 
tout  le  moyen  äge,  apparaissent  des  oeuvres  profanes  luxueusement 
executees  par  des  laiques  qui  ont  pour  metier  de  copier  et  d'en- 
luminer  des  livres.  C'est  Paris  qui  a  ete  le  berceau  et  (|ui  reste 
longtemps  le  centre  de  ce  nouvel  art  laique, 

quell'arte 
Che  alluminare  chiamata  e   in   Parisi.  ^ 

Mais  les  peintres  du  XIIP  siecle,  n'ayant  aucune  idee  de  la 
perspective  et  de  la  proportion,  sont  encore  des  «primitifs».  L'ob- 
servation  de  la  nature  est  encore  assez  superficielle.     Ce  n'est  que 


^  P.  12.  —  M.  Paul  Meyer  (Bulleii7i  de  la  Socicte  des  anciens  textes, 
1901,  p.  74),  en  parlant  du  manuscrit  Douce  252  a  Oxford,  qu'il  place  «aux 
premieres  annees  du  Xllle  siecle,  sinon  aux  dernieres  du  XIIe>,  constate  que 
les  initiales  sonl  alternativement  rouges  et  vertes,  «ce  qui  est  un  signe  d'an- 
ciennete».  II  en  est  de  meme  (voir  Roriiania,  1909,  p.  483)  du  manuscrit 
Cotlon,  Nero  A.  V  du  Musee  britannique,  qui  a  ete  execute  en  Angleterre  ä 
la  fin  du  Xlle  siecle  ou  au  commencement  du  Xllle.  On  sait  que  le  celebre 
l'ragment  de  Bruxelles  qui  nous  a  conserve  une  partie  de  la  chanson  de 
Gormofid  et  Isei/ibart  offre  cette  meme  particularite  que  les  initiales  de  laisses 
sont  successivement  rouges  et  vertes.  Le  dernier  editeur,  M.  Bayot  (ed. 
photocollographique,  p.  IV),  dit  que  ce  manuscrit  date  da  Xllle  siecle  (autre- 
fois  il  l'avait  trop  rajeuni;  voir  Bulletin  d' histoire  lmo;uistique  et  littiraire  fran- 
laise  des  Fays-Bas,  annee    1901,   p.   28   et  note    i). 

*  Dante,  Purgatorio,  canto  XI,  80 — 81  (cite  par  le  comte  Paul  Dur- 
rieu  dans  le  Journal  des  Savants,    1909,   p.    5). 


Henry  Martin,   Les  Peintres  de  manuscrits  et  In  »liiiiature  en  France.      25 

sous  Philippe  le  Bei  et  ses  fils  que  la  peinture  atteint  une  plus 
grande  perfection.  Alors  nous  rencontrons  le  premier  grand  nom 
dans  l'histoire  de  la  peinture  en  France,  celui  de  Jean  Pucelle. 
C'est  ä  M.  L.  Delisle  que  revient  l'honneur  d'avoir  d'abord  trouvt' 
ce  nom  dans  une  note  presque  imperceptible  au  bas  dune  page 
du  manuscrit  lat.  10483  (Breviaire  de  Belleville)  ^  et  d'avoir  mis 
cet  artiste  au  rang  qui  lui  appartient.  On  connait  aujourd'hui 
au  moins  trois  admirables  manuscrits  qui  ont  ete  executes,  sinon 
en  entier  par  lui,  au  moins  sous  sa  direction  et  avec  sa  colla- 
boration.  Autour  de  lui  se  groupent  un  certain  nombre  d'artistes 
([ui,  comme  lui,  se  distinguent  des  peintres  anterieurs  par  un  sen- 
timent  plus  developpe  de  ia  nature  et  par  la  grande  perfection 
dans  l'ornementation  des  pages,  groupe  que  l'on  peut  considerer 
comme  l'ecole  de  Jean  Pucelle.  Nous  connaissons  les  noms  de 
quelques  artistes  de  ses  contemporains  et  collaborateurs,  mais  pres- 
que rien  que  les  noms.  De  Pucelle  lui-meme  nous  savons  bien 
peu  de  chose:  nous  savons  qu'il  collabora,  outre  au  manuscrit 
precite,  ä  une  Bible  iatine  executee  en  1327  (Bibl.  nat.  lat.  11935); 
que  l'inventaire  des  manuscrits  du  duc  de  Berry  designe  sous  son 
nom  un  livre  d'Heures,  qui  est  probablement  le  meme  qui  se 
trouve  actuellement  dans  la  bibliotheque  de  IM"^  la  baronne  Adolphe 
de  Rothschild,  et  que  Jean  Pucelle  figure,  ä  une  date  comprise 
entre  13 19  et  1324,  dans  un  compte  de  la  confrerie  de  Saint- 
Jacques-aux-Pelerins  de  Paris,  comme  auteur  du  sceau  de  cette 
confrerie.  C'est  ä  peu  pres  tout.  Mais  ce  que  nous  savons  de 
lui  suffit  pour  mettre  en  evidence  sa  place  dans  l'histoire  de  la 
miniature.  «Tout  l'art  de  l'enlumineur  est  en  germe  dans  les 
Oeuvres  de  cette  incomparable  ecole  de  Pucelle.  Jusqu'ä  la  fin, 
jusqu'ä  ce  que  la  miniature  se  transforme  avec  Jean  Fouquet, 
tous  nos  enlumineurs  francais,  et  meme  quelques  etrangers,  suivront 
le  sillon  trace  par  l'auteur  du  Breviaire  de  Belleville.  Les  bons 
miniaturistes  de  Charles  V,  plusieurs  de  ceux  qui  travaillerent  pour 
le  duc  de  Berry,  sans  en  excepter  Jacquemart  de  Hesdin,  descen- 
dent  de  Pucelle.»  - 

Une  nouvelle  epoque  dans  l'histoire  de  la  peinture  en  France, 
cpoque  qui  comprend  surtout  les  regnes  de  Charles  V  et  de 
Charles  VI,  est  marquee  par  ce  que  M.  H.  Martin  designe  sous 
la  rubrique  «l'afflux  flamand».  Parmi  les  meilleurs  miniaturistes 
de  cette  epoque  nous  en  rencontrons  plus  d'un  dont  le  nom  accuse 
l'origine  septentrionale :  Jean  de  Bondolf,  dit  aussi  Hennequin  de 
Bruges,    Jacquemart    de    Hesdin,    Pol    de    Limbourg  et  ses  freres. 


'  Voir  L,  Delisle,  Kecherches  sur  la  librairie  de  Charles  V,  planche  XVI. 
*  Henry  Martin,   Les  Miniaturistes  h  l'exposition  des  iPrijuitifs  frangais» 
t^dans  le  Bulletin  du  bibliophile,    1904,   p.   454). 


26        ßesprcchu7igeti.  A.   LängJ'ors,   //.   Martin,   Les  Peivtres  de  inss.  etc. 

Tous  ces  artistes  voyagent  beaucoup,  peut-etre  parce  qu'ils  n't-taient 
pas  exclusivement  des  miniaturistes :  on  les  chargea  souvent  de  la 
decoration  des  salles  de  chateaux.  Quelques-uns  allerent  meme 
en  Italie  et  profiteient  sans  doute  des  ocuvres  d'art  Italien  — 
moins  peut-etre  des  livres  enlumines,  rar  l'art  de  la  miniature  n'etait 
pas  encore  tres  en  vogue  en  Italie;  mais  ce  sont  surtout  les  gran- 
des  peintures  murales  des  maitres  italieus  qui  ont  du  inspirer  les 
artistes  francais.  Parmi  les  artistes  de  cette  epoque,  a  cote  de 
ceux  qui  viennent  d'etre  cites,  mentionnons  Andre  Beauneveu,  ori- 
ginaire  de  Valenciennes  et  actif  pendant  la  seconde  moitie  du 
Xn'*=  siede,  tour  a  tour  architecte,  sculpteur,  peintre  et  enlumineur. 
C'est  cette  ccole  qui  a  cree  en  France  le  paysage:  ces  paysages 
prennent  le  plus  souvent  place  dans  les  calendriers,  ou  ils  ont 
pour  but  d'illustrer  les  differentes  occupations  pendant  les  mois  de 
l'annee. 

Le  debut  du  XV^  siecle  designe  l'apogee  de  Tillustration  des 
livres.  Mais  si,  sous  Charles  V  et  Charles  VI,  les  artistes  se  grou- 
paient  surtout  autour  de  la  personne  du  roi,  il  n'en  est  plus  de 
meme  depuis  l'avenement  de  Charles  VII.  Le  plus  grand  pro- 
tecteur  des  artistes  est  des  lors  le  cousin  du  roi,  le  duc  Philippe 
le  Bon  de  Bourgogne.  A  la  cour  brillante  du  duc  de  Bourgogne 
travaillaient  constamment  un  grand  nombre  de  copistes  et  de  mi- 
niaturistes, qui  devaient  augmenter  la  bibliotheque  que  cet  ardent 
bibliophile  avait  re^ue  en  heritage  de  ses  predecesseurs  Philippe  le 
Hardi  et  Jean  sans  Peur.  La  plus  grande  partie  des  livres  de 
luxe  executes  pour  Philippe  le  Bon  forment  aujourd'hui  le  noyau 
de  la  section  des  manuscrits  ä  la  Bibliotheque  Royale  de  Bruxelles. 
—  Meme  apres  la  mort  (en  1467)  de  Philippe  le  Bon,  ce  n'est 
pas  ä  la  cour  du  roi  de  France  que  se  trouve  le  centre  de  l'acti- 
vite  artisticjue.  Une  nouvelie  ecole  provinciale  s'etait  formee,  l'ecole 
tourangelle,  dont  le  fondateur  et  chef  etait  Jean  Fouquet,  ne  a 
Tours  et  mort  vers  1480.  Cet  artiste  presque  moderne  avait  se- 
joume  ä  Rome,  et,  d'autre  part,  il  avait  subi  l'influence  des  artistes 
du  Nord.  C'est  un  artiste  d'un  realisme  tres  prononce,  qui  revele 
son  goüt  presque  bourgeois  meme  en  traitant  les  sujets  les  plus 
abstraits. 

On  peut  dire  —  pour  nommer  encore  le  peintre  le  plus  en 
vue  ä  la  fin  du  XV^  siecle  et  au  debut  du  XVP  —  qu'avec 
Jean  Bourdichon  meurt  le  demier  des  grands  miniaturistes  francais. 
Le  XVI«  siecle  ne  produit  que  quelc[ues  rares  portraits  de  valeur. 
Si  du  XVII«  siecle  on  a  conserve  quelques  volumes  calligraphies 
cjui  sont  ornes  de  miniatures  et  du  XVIIP  quelques  frontispices 
dans  des  livres  offerts  ä  un  prince,  on  ne  peut  pourtant  plus  parier 


//'.   5.,    Guido  Manacorda,    Germania  I-'ilologica.  27 

ä  ces    epoques  d'un  vcritable  art  de  l'enluminure :  c'est  l'invention 
de  rimprimerie  qui  lui  avait  donne  le  coup   mortel. 

Teile  est,  dans  les  grands  traits,  l'histoire  que  nous  trace  de 
ia  miniature  en  France  M.  Henry  Martin  dans  les  six  chapitres 
d'un  beau  petit  livre  qui  fait  partie  de  la  serie  «Les  grands 
artistes,  collection  placee  sous  le  haut  patronage  de  l'Administra- 
tion  des  beaux-arts».  Pour  tous  ceux  qui  aiment  ä  feuilletcr  les 
anciens  manuscrits  enlumines,  je  ne  saurais  recommander  un  guide 
plus  autorise  que  le  savant  administrateur  de  la  Bibliotheque  de 
r  Arsenal. 

Artur  Läng/ois. 


Guido  Manacorda,  Germania  Filologica.  Guida  bibliogra- 
fica  per  gli  studiosi  e  per  gli  insegnanti  di  lingua  e  letteratura  le- 
desca  con  circa  20,000  indicazioni.  (remona  19 10.  280  S. 
gross  8:0.      Lire    10. 

Der  Verf.,  Bibliotekar  und  Privatdozent  an  der  L'niversität 
Catania,  hat  hüher  sein  Interesse  für  deutsche  Litteratur  und 
deutsches  Kulturleben  durch  wissenschaftliche  Publikationen  bezeugt, 
worunter  eine  grössere  Abhandlung  über  die  lateinische  Poesie  der 
Humanistenzeit  in  Deutschland  und  eine  über  Wielands  Grazien, 
erschienen  in  einer  von  ihm  selbst  begründeten  und  geleiteten 
Zeitschrift,  »Studi  di  Filologia  moderna»  (s.  unten  S.  42).  In  dem  vor- 
liegenden Werke  hat  er  eine  summarische,  aber  im  Grossen  und 
Ganzen  vollständige  Bibliographie  über  deutsche  Sprach-  und  Lit- 
teraturforschung  geben  wollen;  dazu  kommt  ein  erstes  Kapitel,  das 
allgemeinere  Angaben  enthält:  »Repertori  generali»,  »Bibliografie 
speciali,»  »Biografie»,  »Instituti  di  cultura»,  »Periodici».  Der 
Haupteil  umfasst:  »Linguistica»  «nd  »Letteratura»,  und  in  einem 
»Appendice»,  das  aber  genau  so  wichtig  ist  wie  die  vorhergehenden 
Abschnitte,  folgt  ein  »Dizionario  Bibliografico»,  worin  die  Namen 
der  Schriftsteller  alphabetisch  geordnet  sind,  nebst  Angaben  über 
Editionen  und   Erläuterungsschnften. 

Es  fällt  auf,  dass  der  erste  Teil  verhältnismässig  umfangreich 
ist,  obgleich  er  ja  eigentlich  seinem  Inhalte  nach  als  eine  Ein- 
leitung betrachtet  werden  sollte.  Es  sieht  fast  so  aus,  als  hätte 
der  Verf.  seine  Arbeit  anfänglich  zu  breit  angelegt,  und  als  wäre 
er  nachher  gezwungen  worden,  seinen  Plan  einzuschränken.  Nur 
so  erklärt  sich,  scheint  mir,  der  Umstand  z.  B.,  dass  ein  so  gros- 
ser Raum  der  Aufzählung  der  Bibliotheken  in  allen  deutschen  und 
schweizerisch- deutschen  Städten  gewidmet  ist,  mit  Angaben  über 
ihre  Geschichte  u.  s.  w.,  dass  über  die   Biographien  der  deutschen 


28  Besprechuno cn,   E.   Freudentkai, 

Kuplerstit  her  bibliographishe  Angaben  mitgeteilt  werden,  dass  die 
Stadtgeschichte,  insofern  sie  sich  auf  lokale  Schriftsteller  bezieht, 
ausführlich  exploatiert  wird,  dass  ein  vollständiger  Katalog  der  Uni- 
versitätsgeschichten gegeben  wird,  und  mehr  desgleichen,  das  an 
und  für  sich  natürlich  ganz  nützlich  sein  kann,  aber  für  einen 
Philologen  und  Litterarhistoriker  bedeutend  weniger  Wert  hat  als 
Manches,  das  man  in  den  spateren  Abschnitten  vermisst.  Der 
durch  grössere  Enthaltsamkeit  in  Bezug  auf  die  allgemeine  Abtei- 
lung für  die  späteren  gewonnene  Raum  hätte  aucli  mit  \^»rteil  zu 
einigen  Angaben  über  den  relativen  Wert  verschiedener  Publika- 
tionen gebraucht  werden  können.  In  dieser  Hinsicht  herrscht  In- 
konsequenz; doch  kann  man  sagen,  dass  die  blosse  nackte  Auf- 
zählung als  Regel  gilt.  Gegen  die  ^Aufstellung  kann  eins  und  das 
andere  eingewendet  werden.  W'as  hat  es  z.  B.  für  einen  realen 
Nutzen,  eine  Abteilung  für  »Festschriften»  zu  geben,  von  deren 
Inhalt  man  keine  Ahnung  bekommt?  Wie  kann  man  sich  in  dem 
Verzeichnis  der  allgemeinen  deutschen  Litteraturgeschichten  orien- 
tieren (S.  i68 — 6q),  da  nicht  nur  nicht  die  geringste  Kritik,  son- 
dern auch  keine  Angabe  über  den  Umfang  vorkommt?  Wäre  es 
nicht,  vom  Standpunkte  der  Studien,  viel  besser  gewesen,  die 
monographische  Bibliographie  nach  Arten,  anstatt  nach  Perioden 
(mit  Unterabteilungen  für  die  Arten)  zu  ordnen? 

Doch,  gegen  eine  solche  Arbeit  können  immer  Bemerkun- 
gen und  Einwände  gemacht  werden.  Besonders  müssen  die  An- 
sichten über  das,  was  von  Einzelheiten  aufzunehmen  war  und  was 
nicht,  auseinandergehen.  Das  wichtigste  ist  freilich,  dass  keine 
grundlegenden  Arbeiten  fehlen.  In  dieser  Hinsicht  glaube  ich  nach 
einer  flüchtigen  Lektüre  feststellen  zu  können,  dass  nichts  Wesent- 
liches einzuwenden  ist.  *) 

Auf  alle  Fälle  wird  Manacordas  Buch  von  allergrösstem 
Nutzen  sein,  und  Philologen  und  Litteraturforscher  werden  ihm  gleich 
dankbar  bleiben  für  die  unendliche  Mühe,  die  Einsicht  und  das 
Verständnis,    als    deren  Ergebnis  der  stattliche  Band  sich  darstellt. 

W.   S. 


Teodor  Suominen,  Ännchen  und  Heinrich.  Ein  Winterse- 
mester aus  dem  fröhlichen  Schülerleben.  Ekenäs,   1909.  70  S.  8:0. 

Die  originelle  Ausstattimg  des  Buches  mit  dem  Bändchen  in 
den  deutschen  Farben  macht  einen  angenehmen  Eindruck,  der 
durch    den    Titel    des  Buches  noch  verstärkt  wird.      Der  Verfasser 


*)     Doch    finde    ich     z.    B.,    dass     für    Goethes  Briefwechsel    mit   Frau 
V.  Stein  nicht  die  grundlegende  Schöll'sche  Ausgabe  verzeichnet  ist. 


Teodor  Suomiven,   Annchen  und  Heinrich.  29 

zeigt  dadurch,  dass  er  dem  wichtigen  pädagogischen  Grundsatz, 
den  Unterricht  so  anziehend  als  möglich  zu  machen,  in  der  Theorie 
huldigt.  Der  begleitende  französische  Aufsatz  auf  der  Innenseite 
des  Deckels  klärt  den  Leser  darüber  auf,  dass  Herr  Suominen  in 
bezug  auf  den  Sprachunterricht  diese  Idee  in  der  direkten  Methode 
verwirklicht  findet.  In  wie  fem  das  vorliegende  Lehrbuch  den  be- 
kannten, hier  aufs  neue  hervorgehobenen  Grundsätzen  entspricht, 
darüber  mag  der  Leser  selbst  nach  folgenden  Mitteilungen  über 
den  Inhalt  seinen  Ausschlag  geben:  »...  nous  avons  fait  choix  des 
vocables  les  plus  accessibles  ä  la  classe  et,  ä  cet  effet,  nous  avons 
cherche  la  matiere  de  notre  enseignement  dans  la  classe  meme, 
dans  ses  objets  et  sa  vie. » 

Was  enthält  nun  der  Text  des  Buches  über  die  Klasse'^  Bei 
den  grossen  Ansprüchen,  die  der  Verfasser  selbst  auf  Inhalt  und 
Methode  eines  Lehrbuches  stellt,  kann  ich  es  mir  nicht  versagen, 
das  erste  Stück  die  Schule  hier  vollständig  wiederzugeben. 

»Anriehen  und  Heinrich  sprechen  Deutsch.  Der  Lehrer  fragt:  \\  o 
ist  das  Kucn  r 

—  Heinrich  sagt:  Das  Buch  ist  hier.  Der  Lehrer  fragt:  Was  habt 
ihr  heute  auf:  Der  Bruder  sagt:  Wir  haben  nichts  (!).  Die  Schwester  sagt: 
Die  Hefte  sind  da,  schreiben  wir  nicht?  Der  Lehrer  sagt:  Richtig,  Annchen! 
Jetzt  schreiben  wir !  Die  Kinder  schreiben.  Die  Glocke  läutet.  Die  Kinder 
gehen   hinaus.   Sie  haben   zehn   Minuten   Pause.» 

Schon  den  ersten  Satz  Ä.  und  H.  sprechen  Deutsch  sollen  die 
Schüler  ohne  Übersetzung  verstehen,  nachsprechen  und  beantworten 
lernen.  Höchst  wahrscheinlich  gibt  es  nun  in  jeder  Klasse  irgend 
einen  Schüler,  der  die  Worte  Deutsch  sprechen  früher  gehört  hat. 
Bei  diesen  wird  die  Übung,  wenn  auch  unter  Mühen,  gelingen. 
Hat  der  Lehrer  aber  eine  Klasse  finnischer  Schüler  vor  sich,  wie 
man  doch  bei  uns  oft  voraussetzen  muss,  dann  scheinen  mir  die 
Anstrengungen  des  Lehrers,  einen  solchen  Satz  durch  Umschrei- 
bungen und  Hinweisungen  aufs  Schwedische  zu  erklären,  eine  ver- 
gebliche Aufopferung  von  Mühe  und  Zeit.  Durch  zwei  Wörter  der 
Muttersprache  als  Erklärung  würde  der  Satz  gewiss  direkter  und 
klarer  ins  Verständnis  der  Kinder  dringen.  Ebenso  verhält  es  sich 
mit  dem  folgenden :  Der  Lehrer  fragt :  Was  habt  ihr  auf?  usw.  Auch 
das  können  nur  einige  erraten  und  der  Unterricht  geht  also  für  die 
meisten  im  Wesentlichen  verloren.  Noch  sei  bemerkt,  dass  im  Lese- 
stück nicht  von  der  eigenen  Klasse  der  lernenden  Schüler,  sondern 
von  gedachten  Kameraden  in  Deutschland  die  Rede  ist. 

So  viel  über  die  Schwierigkeiten  diesen  Text  zu  verstehen. 
Gehen  wir  nun  ans  Lernen  und  Wiedergeben  desselben,  da  setzt 
man  voraus,  der  Verf.  habe  doch  seine  eigenen  Vorschriften  be- 
folgt: >ne  pas  faire  un  pas  en  avant  sans  preciser,  sans  fixer  une 
forme    nouvelle    de    langue,    et  ne  pas  aborder  plusieurs  difficultes 


30  Besprechungen.   E.   Frendenthal, 

ii  la  fois  .  .  .  empccher  les  enfaiits  de  parier  nc'gre  en  allemand.  >  Das 
fasst  der  Verf.  so  auf:  Im  ersten  Stückchen  und  also  in  der  ersten 
Stunde  soll  der  Schüler  den  Artikel  im  Mask.,  Fem.  u.  Neutr. 
Sing.  u.  im  Plural  lernen,  ausserdem  drei  Pluralformen  fürs  Substan- 
tiv (Hefte,  Kinder,  Minuten),  und  Verben  in  allen  drei  Personen 
des  Plurals  u.  der  dritten  Person  Sing.  Und  doch  betont  der  Ver- 
fasser ausdrücklich  das  Prinzip  vom  «moindre  effort».  Um  so  viele 
grammatische  Formen  mit  den  Schülern  nach  der  direkten  Methode 
zu  üben,  brauche  ich  ein  paar  Monate. 

Prüfen  wir  nun  schliesslich  den  Inhalt  des  Stückchens  von 
dem  oben  erwähnten  Standpunkt  des  «fröhlichen»  Schülerlebens, 
«l'action  qui  Interesse  par  dessus  tout»,  dann  kann  ich  mich  nur 
darüber  wundern,  wie  verschieden  die  Begriffe  vom  Interessanten 
und  Fesselnden  sein  können  und  meine  Pflicht  als  Referent  und 
Pädagog  zwingt  mich  hinzuzufügen,  dass  eine  Stunde,  wie  sie  hier 
den  Kindern  vorgeführt  wird  —  wo  der  Lehrer  so  unvorbereitet 
zur  Stunde  kommt,  dass  er  sich  von  den  Schülern  sagen  lassen 
muss,  womit  sie  sich  beschäftigen  sollen,  —  an  sich  ein  unerquick- 
liches Bild  bietet  und  schwerlich  in  zweiter  Hand  selbst  von  dem 
besten  Lehrer  fesselnd  gemacht  werden  kann. 

»Die  Glocke  läutet,  die  Kinder  gehen  hinaus >,  —  wenn  dies 
nämlich  direkt  ausgeführt  und  nicht  bloss  geschildert  wird,  —  ist 
sicher  das  einzige,  was  hier  Beifall  findet  und  leicht  von  den  Kin- 
dern behalten  wird. 

Der  Verfasser  befindet  sich  im  Irrtum,  da  ei  ein  Aufzählen 
von  Gegenständen,  wie  man  dies  bei  Berlitz  u.  a.  findet,  in  seiner 
Einleitung  als  langweilig  für  den  Schüler  bezeichnet.  Im  gramma- 
tischen Teil  hat  er  selbst  sehr  lange  Reihen  von  Wörtern  zusam- 
mengestellt. Natürlich  gibt  es  auch  ^^des  c'numerations  scches  ei/roides->->, 
aber  die  Eigenschaften  von  trocken  und  kalt  werden  schon  wesent- 
lich dadurch  vermieden,  dass  die  Gegenstände  gruppenweise  nach 
der  Ähnlichkeit  oder  anderer  Zusammengehörigkeit  geordnet  wer- 
den. Ferner  lehrt  die  Erfahrung,  dass  ein  mechanisches  Nach- 
sprechen fremder  Laute,  wenn  man  sich  nur  etwas  dabei  denken 
kann,  anfangs  gar  nicht  langweilig  ist.  Erst  wenn  die  Schüler  so 
weit  k(3mmen,  dass  sie  selbständig  grammatische  Personen  und 
Genera  unterscheiden  sollen,  dann  fangen  die  Gefahren  der  Ermü- 
dung des  Interesses  für  die  weniger  Begabten  an.  Die  Erwerbung 
eines  gewissen  Wortschatzes  in  der  fremden  Sprache  ist  nun  einmal 
für  jeden  unerlässlich,  und  der  Lehrer  möge  zu  diesem  Zwecke 
neben  andern  geeigneten  Mitteln  nur  auch  den  Reiz  der  Neuheit 
zur  Geltung  kommen  lassen. 

Die  Besprechung  des  ersten  Stückes  hat  mich  veranlasst,  bei- 
nah   den    ganzen    Unterschied   in  unserer  Auffassung  der  direkten 


Teodor  Suomiiien,  Ätinchen  und  Heinrich.  31 

Methode  bei  der  praktischen  Anwendung  derselben  darzulegen  — 
in  der  Theorie  dürften  wir  einig  sein.  Allerdings  gebe  ich  gerne 
zu,  dass  gerade  der  erste  Anfang  des  Unterrichtes,  wo  jedes  Wort 
der  fremden  Sprache  als  unbekannt  vorausgesetzt  werden  muss,  der 
für  den  \'erfasser  am  meisten  beengende  ist.  Mit  der  wachsenden 
W'ortkenntnis  des  Schülers  und  jeder  neuen  grammatischen  Form 
mehrt  sich  die  Freiheit  des  Verfassers,  darum  gilt  es  aber  auch, 
gerade  die  ersten  Gründe  auf  das  sorgfähigste  auszuarbeiten. 

Auch  im  zweiten  Stück,  Dei^  Morgen,  drängen  sich  einem 
nämlich  dieselben  Bemerkungen  auf  wie  im  ersten.  Nach  den  we- 
nigen vorhergehenden  Beispielen  für  Substantive  sind  die  Schüler 
noch  nicht  reif,  die  Stellvertre'er  derselben,  die  Pronomina,  im 
Nominativ  und  Ackus.  zu  lernen.  Auch  ist  der  Inhalt  hier  sehr 
eigentümlicher  Art:  «Es  ist  Morgen  und  sehr  spät.  Heinrich  kleidet 
sich  an.  Er  steht  ftüh  auf.»  So  eben  hiess  es  ja,  es  ist  sehr  spät? 
Auch  die  Zusammenstellung  der  beiden  Sätze :  HeinricSx  bütstet  die 
Kleider.  Er  bürstet  sie  (diese?)  und  Annchen  kämmt  sich  sind  Incon- 
sequenzen,  die  Herr  S.  sicher  in  einem  Aufsatze  der  Muttersprache 
seines  Schülers  tadeln  würde:  in  der  fremden  Sprache  sind  sie  ge- 
wiss nicht  von  besserer  Wirkung.  In  dem  dritten  Stücke :  Auf 
Besuch  bei  de?n  Kameraden  sollen  die  Schüler  nun  schon  die  For- 
men in  das  Wohnzimmer  und  in  dem  Wohfizimtner  auseinander  halten 
lernen.  Das  geht  doch  entschieden  zu  schnell. 

Der  Te.xt  scheint  mir  überhaupt  nur  zum  Lesen  und  Über- 
setzen brauchbar,  aber  nicht  als  Grundlage  für  einen  systematischen 
Unterricht  in  der  Grammatik.  Sind  wir  darüber  einig,  dass  wir  zu- 
nächst nur  ein  Lesebuch  vor  uns  haben,  wo  durchaus  nicht  jeder 
Satz  ins  Gedächtnis  eingeprägt  zu  werden  braucht  und  einen  Teil 
eines  systematisch  geordneten  Materiales  ausmacht,  dann  können 
wir  uns  auch  vorstellen,  dass  es  in  der  Hand  eines  geschickten 
Lehrers  die  nötigen  Beispiele  liefert,  um  nach  und  nach  eine 
grammatische  Regel  nach  der  anderen  festzustellen.  Nur  müssen 
diese  nicht  so  schnell  aufeinanderfolgen,  wie  dies  im  Buche  vor- 
geschrieben ist.  Auch  ist  ein  gewöhnliches  Wörterverzeichnis  schon 
derjenigen  Schüler  wegen  notwendig,  die  etwa  eine  Stunde  ver- 
säumt haben. 

Als  sprachliche  Unrichtigkeiten  im  Texte  sollten  zum  Fehler- 
verzeichnis am  Schlüsse  noch  folgende  gefügt  werden :  S.  6 :  Gebt 
her  die  Eintrittskarten  (Wortstellung!).  —  S.  12,  Z.  2  u.  5  v.  u.: 
ein  gutes  Waffen.  —  S.  14:  Wie  viel  bleib/  sitzen?  (von  12  Vö- 
geln). —  S.    16:   Bald  befand  er  sich  z«  ö'^;^;  Tag,  bald  in  der  Nacht. 

Zu  18  Seiten  Text  gehören  47  Seiten  grammatische  Tabellen 
und  Paradigmen.  Eigentliche  Regeln  fehlen.  Diese  soll  der  Schüler 
wahrscheinlich  mit  Hilfe  des  Lehrers  bilden.  Das  ist  ja  an  und  für 


32  Besprecliungeu .   Anna  BohtihoJ\ 

sich  ein  riclitiges  Verfahren,  nur  befreit  es  den  Verfasser  nicht 
viin  der  Verpflichtung,  die  endgiltige  Form  der  Regel  festzustellen. 
Wir  müssen  ja  besinnen,  dass  nicht  einmal  tler  Lehrer  immer  sicher 
ist,  ob  er  beim  Gebrauch  der  fremden  Sprache  die  richtigen  Aus- 
drucksweisen trifft.  Die  Kinder  müssen  in  tadelloser  Form  sagen 
können,  wann  das  Adjektiv  dekliniert  wird  und  wann  nicht,  usw. 
Diese  Regeln  prägen  sich  auch  um  so  fester  ein,  wenn  sie  immer 
mit  denselben,  im  Buch  gegebenen  Worten  wiederholt  werden. 

—  An  sich  sind  die  Tabellen  übersichtlic  h  und  enthalten 
vieles  über  das  hinaus,  Aas  man  auf  einer  unteren  Stufe  des 
Unterrichtes  verlangen  kann. 

E.   Freuderitlial. 


M.    M.    Arnold  Schmer,  Neuenglische  Elementargrammatik. 

Heidelberg,    C.    ^^'inter,     igog.     VIII    -f   216  S.   8:0.      Preis  Mk. 
2:  40  geb. 

Professor  Schröers  Grammatik  ist  für  Studenten,  die  dem 
Unterricht  der  Lektoren  an  den  deutschen  Hochschulen  beiwohnen, 
überhaupt  für  denkende  Erwachsene  bestimmt;  ihnen  soll  sie  ein 
Hilfs-  und  Nachschlagebuch  sein.  Der  gebildete  Laie  soll,  wenn 
er  über  sprachgeschichtliche  Dinge  nachgrübelt,  in  den  zwei  ersten 
Kapiteln  der  Lautlehre  und  in  der  Wortbildungslehre  Aufklärung 
über  seine  Fragen  erhalten.  Im  Übrigen  gibt  das  Buch  in  Ele- 
mentartatsachen ein  »Gerippe  der  Grammatik».  Der  Verfasser 
wdll  dem  erwachsenen  Anfänger  durch  fertig  dargebotene  Abstrak- 
tionen keinen  Zwang  anlegen,  daher  hat  er  die  Syntax  als  solche 
ausgeschlossen  und  einem  besonderen  Werke  zugedacht. 

Die  Lautlehre  umfasst  59  Seiten,  wovon  die  zwei  ersten 
Kapitel,  »Aussprache  und  Schreibung»  und  »Schwankungen  der 
Aussprache  und  das  beste  Englisch»,  die  Lautentwickelung  allge- 
mein geschichtlich  darstellen.  Sie  sind  eine  übersichtliche  Ein- 
führung in  die  Elemente  der  Lautlehre,  durch  eine  Menge  von 
Beispielen  illustriert.  —  Das  dritte  Kapitel  der  Lautlehre,  «Die  ein- 
zelnen englischen  Sprachlaute  und  ihre  Bezeichnung»,  enthält  die 
phonetische  Transskription  mit  bildlichen  Darstellungen  einiger 
Zungenstellungen.  Die  Transskription  ist  einfach  und  verständlich, 
in  vielen  Fällen  sind  dialektische  Laute  angegeben.  Der  r-Laut 
wird  (§§  7,  10,  II,  36,  41)  am  eingehendsten  behandelt.  Dem 
Verfasser  erscheint  es  am  praktischsten,  keinen  Unterschied  zwischen 
der  Transskription  solcher  Wörter  wie  Ifird,  ivord,  father  und 
anderer  wie  here  is,  vaty  zu  machen.  In  der  Londoner  Aus- 
sprache   ist    aber    ein  deutlicher  Unterschied  erkennbar,   er  müsste 


iJ/.   M.   Arnohi  Schröer,  Netienglischc   F.lementargrammatik.  33 

also  auch  angegeben  werden.  Man  möchte  die  Wörter  Imd,  7vdid 
fä'^31,  ja  vielleicht  sogar  bvd,  ivdd,  fVChd,  dagegen  aber  hi3xiz, 
ve9.it,  Iransskribiert  sehen.  Dass  das  kurze  End-/  ein  nach  e  hin- 
neigender Laut  ist,  müsste  gesagt,  wenn  auch  nicht  in  der  Trans- 
skription angedeutet  werden.  Überflüssig  erscheinen  dagegen  die 
Bezeichnungen  der  Konsonantverbindungen  dz,  is,  gz,  ks,  die 
schon  als  einzelne  Laute  besprochen  werden.  —  Das  vierte  Kapitel 
der  Lautlehre  enthält  die  englischen  Buchstaben  mit  zahlreichen 
Beispielen  ihrer  vielen  verschiedenen  Aussprachen. 

l\\  der  Formenlehre  gibt  der  Verfasser  seinem  Prinzip  ge- 
mäss, die  Grammatik  zu  einem  Nachschlagebuch  zu  machen,  mehr 
Beispiele,  als  man  in  solchen  Büchern  gewöhnlich  findet  und  macht 
sich  sogar  die  Mühe,  die  meisten  nicht  deutlich  erkennbar  abge- 
leiteten Adverbien  und  sogar  eine  grosse  Anzahl  von  Partikeln 
aufzuzählen.  Ausserdem  gibt  er  ein  alphabetisches  Verzeichnis  der 
Wortausgänge  flektierter  Wortformen,  um  dem  Schüler  die  ortho- 
graphischen Veränderungen  zu  verdeutlichen.  Alles  ist  einfach 
und  klar  aufgestellt,  nur  bei  den  Pronomina  könnte  einiges  weg- 
fallen. Statt,  wie  der  Verfasser  es  tut,  diese  Wörter  zu  flektieren 
1,  0/  me,  io  tue,  me,  genügte  es  wohl  die  Formen  zu  nennen  und 
hinzuzufügen,  dass  die  Objektsform  immer  nach  Präpositionen  ge- 
bräuchlich ist. 

Das  nächste  Kapitel  heisst  »Akzent  und  Tonabstufung». 
Es  weist  unter  anderem  auf  .  die  den  Deutschen  und  auch  uns 
fremde,  gleiche  Betonung,  level  siress,  gewisser  zusammengesetzter 
Wörter  hin,  deutet  also  an,  dass  der  Verfasser  die  grösste  Sorg- 
falt in  der  Aussprache  fordert.  Er  scheint  aber  nicht  an  die  All- 
macht der  phonetischen  Transskription  zu  glauben,  denn  er  sagt 
am  Ende  dieses  Kapitels  anlässlich  seiner  hierauf  folgenden,  zu 
jedem  Kapitel  der  Formenlehre  gehörigen  Sammlung  von  Beispiel- 
sätzen, dass  die  Transskription  derselben  nicht  als  Original,  son- 
dern als  elementare  Anleitung,  sich  in  die  originale  Fremdsprache 
systematisch  einzuarbeiten,  zu  betrachten  ist.  —  Von  den  Lehrern, 
resp.  Lektoren,  fordert  er  aber,  wie  mir  scheint,  zu  viel :  er  will, 
dass  die  genannten  Beispielsätze  als  Ausgangspunkt  für  Gesprächs- 
übungen benutzt  werden  sollen.  Aus  einzelnen,  kurzen,  unzusam- 
menhängenden Sätzen  ist  leider  nicht  viel  Unterhaltungsstoff  zu 
schöpfen. 

Zuletzt  noch  die  Wortbildungslehre.  Kapitel  1,  »Wortschatz 
und  Sprachbeherrschung»;  II,  »Wortschatz  und  Wortbildung»  — 
»Lehre  von  den  Suffixen  und  Präfixen»  —  »Alphabetisches  Verzeich- 
nis der  Suffixe»  —  »Suffixe  und  Präfixe  mit  Beispielen  und  geschicht- 
lichen Erklärungen».  Über  das  Sprachgeschichtliche  dieser  Kapi- 
tel,   wie    des    Buches  überhaupt,  darf  ich  mir  nicht  herausnehmen, 


34  ProtokoUe  des  A^euphiloloi(ischen    Vereitis. 

ein  Urteil  abzugeben.  Nur  zwei  ganz  unwesentliche  Bemerkun- 
gen mögen  erlaubt  sein:  unter  den  Wörtern  auf  -//;  (17)  vermisse 
ich  Kiplings  Neubildung  coollh  und  unter  denjenigen  auf  -ey  (54) 
steht  die  unbekanntere  Form  causey,  frz.  chausse'e,  statt  der  ge- 
bräuchlicheren,  volksetymologischen   Form  causeivay. 

Mit  einem  Anhang  »Übersetzung  der  Beispielsätze»,  schliesst 
das  Buch.  Leider!  Warum  folgt  nicht  noch  ein  alphabetischer 
Index  der  angeführten  Wörter,  wie  ihn  die  englischen  Bücher  ha- 
ben. Damit  hätte  der  Verfasser  seine  Absicht  verwirklicht.  So 
aber  muss  es  dem  mit  der  Sprache  weniger  Vertrauten  schwer 
fallen,  das  reiche  Material  zu  überblicken.  Das  Buch  wäre  mit 
einem  Index  ein  »Buch  für  Alle»  gewesen,  ohne  denselben  ist 
es  —  eine  ausserordentlich  übersichtliche,  mit  praktischem  Blick  für 
das  Wesentliche  verfasste  Grammatik. 

Anna  Bohnhof. 


Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins  vom  1 1 . 
Dezember  190Q,  bei. welcher  Sitzung  der  Ehrenpräsi- 
dent Professor  W.  Söderhjelm,  der  Vorstand  und  10 
Mitglieder  anwesend  waren. 

§    I- 

Das    Protokoll    der    letzten    Sitzung  wurde  verlesen  und  ge- 
schlossen. 

§  2. 

Als    neues    Mitglied    wurde  Dr  K.   S.   Laurila  aufgenommen. 

§  3- 
Prof.  W.  Söderhjelm  hielt  einen  Vortrag  über  die  Autorschaft 
der  »Cent  Nouvelles  Nouvelles.:>  Nach  einem  Überblick  über  die 
verschiedenen  Ansichten  in  Bezug  auf  die  Hypothese,  dass  diese 
berühmte  Sammlung  von  Antoine  de  La  Säle  herrühre,  kam  der 
Vortragende  zu  dem  Resultat,  dass,  wenn  auch  für  diese  Hypothese 
sehr  gewichtige  Gründe  angeführt  worden  sind,  man  sie  doch  mit 
gewisser  Reser^•ation  aufnehmen  muss,  weil  die  inneren  Berührungs- 
punkte mit  den  übrigen  Werken  La  Sales  nicht  ins  Auge  springen. 


Protokolle  des  Ncnphilologischen    Vereins.  35 

In  dieser  schwierigen  Frage  wollte  der  Vortr.  nichts  bestimmtes 
äussern,  er  hatte  vielmehr  die  Sache  zur  Sprache  gebracht  um 
zu  zeigen,  in  welcher  Weise  und  auf  welchem  methodischen  Wege 
solche  Probleme  in  der  litteraturhistorischen  Forschung  angegriffen 
werden.  Er  fügte  hinzu,  dass  die  Stilistik  bei  der  Lösung  ähn- 
licher Fragen  grosse  Hilfe  leisten  könne,  nur  müsse  man  darauf 
Acht  geben,  dass  man  in  der  Beurteilung  der  Schreibart  nicht  allzu 
mechanisch  verfahre,  was  zuweilen  geschehen  ist,  und  alle  die  in 
Betracht  kommenden  Faktoren  herbeiziehen  müsse. 

§  4- 

Prof.  A.  Wallenshöld  besprach  kurz:  W.  Meyer-Lübke,  Ein- 
führung in  das  Studium  der  romanischen  Sprachwissenschaft  (zweite 
Aufl.,  1909),  und  Hugo  Hultenberg,  Grammaire  fran^aise  ä  l'usage 
de  l'enseignement  secondaire  en  Suede  (Stockholm,  1909).  Zuletzt 
sprach   Prof.  W.   für  die  Verbreitung  des  Maitre  phonetique. 

In  fidem: 
A.  Längfors. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins  vom  29. 
Januar  19 10,  bei  welcher  Sitzung  der  Ehrenpräsident 
Prof.  W.  Söderhjelm,  der  Vorstand  und  17  Mitglieder 
anwesend  waren. 

§    I. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung   des  Herbstsemesters  wurde 
verlesen  und  geschlossen. 


Als  neues  Mitglied  wurde  Cand.  phil.  Arvid  Nummelin  auf- 
genommen. 

§  3. 

Es  wurde  gemeldet,  dass  an  die  Stelle  des  zum  Revisor  er- 
wählten Fräulein  Aurora  Munthe,  die  verreist  war,  Fräulein  Ruth 
Hedvall  getreten  war.  Der  zweite  Revisor,  Cand.  phil.  Eivald 
Müller,  verlas  folgenden   Bericht: 

((.Bericht  der  Revisoren 

Über    die    Kassenverwaltung  des  Neuphilologischen  Vereins  für  die 
Periode   i.  Januar   1908 — i.  Januar   1909. 


36 


Protokolle  des  Neuphilologischen    J'ereins. 


Einnahmen : 

Eintrittsgeld   der  Neupliilologenversammlung     .     .  Fmk  _]65:  — 

Jahresabgaben  der  Mitglieder »  762:  — 

Abonnements    der    Neuphil.   Mitteilungen  und  für 

verkaufte  alte  Jalirgänge »  536:  03 

Von  der  Universität  für  die  Neuphilol.   Mitteilun- 
gen angewiesen »  500:  — 

Verkaufte  Exemplare  der   «Memoires»     ....  »  28:04 

Zinsen  für   igo8 »  5i-3i 

Summe     Fmk   2,342:  38 
In  der  Kasse  den    i.  Januar  1909 »       1,654:  69 

Summe     Fmk  3,997:  07 

Ausgaben: 

Für  die  Neuphilologenversammlung Fmk  477:  98 

Druckkosten  der  Neuphil.  Mitt.  (Nr.  i — 7,    1909)  »  1,288:46 

Verfasserhonorar  für  die  Neuphil.   Mitt.    1907      .  »  22:  50 

Verfasserhonorare  für    IQ08 »  542:02 

Distribution  der  Neuphil.   Mitteilungen     ....  »  108:  89 

Korrespondenz  und  Stempelmarken »  8:  95 

Anzeigen »  107:40 

Bedienung »  50:  — 

Jahresfest »  32:  75 

Ehrenbezeugungen »  134:  24 

Summe     Fmk   2,773:  19 
In  der  Kasse  den   i.  Januar   1910 »       1,223:  88 

Summe  Fmk     3,997:  07 

Bei  der  heute  bewerkstelligten  Revision  der  Kassenverwal- 
tung haben  w'w  sämtliche  Posten  mit  den  uns  vorgelegten  Verifi- 
katen  übereinstimmend  gefunden,  und  schlagen  wir  deshalb  vor, 
dem  Kassenverwalter  Decharge  zu  erteilen. 

Helsingfors  d.   29.  Januar   19 10. 

Ruth   Hedvall.  Eivald  Fr.   Müller.  y> 

Dem  Kassenverwalter,  Dozenten  A.  Längfors,  wurde  Decharge 
erteilt. 

§   4- 

Der  Vorsitzende  teilte  mit,  dass  mehrere  ausländische  Ge- 
lehrte,   denen    Exemplare   des  soeben  erschienenen  fünften  Bandes 


Protokolle  des  Neuphilologischeu    Vereins.  37 

der  Menioires  zugeschickt  worden  waren,  dem  Vorstande  des  Ver- 
eins Dankschreiben  hatten  zukommen  lassen.  Der  Ehrenpräsident 
Prof.  W.  Söder/ijelni,  dem  der  neuerschienene  Band  zur  Vollen- 
dung seines  50.  Lebensjahres  gewidmet  war,  dankte  dem  Verein 
mit  einer  längeren  Ansprache. 


Der  Vorsitzende  meldete,  dass  die  Neuphilologisch^  Gesell- 
schaft an  der  Universität  in  S:t  Petersburg  den  Verein  eingeladen 
hatte  an  dem  Fest  teilzunehmen,  das  anlässlich  der  Vollendung 
des  25.  Tätigkeitsjahres  der  Gesellschalft  am  6.  Februar  (24.  Januar 
alten  Stils)  gefeiert  wird.  Es  wurde  beschlossen,  der  Neuphilolo- 
gischen Gesellschaft  in  S:t  Petersburg  einen  Glückwunsch  zu  über- 
senden. 


Professor  W.  Söderhjebn  besprach  kurz  einige  neue  Bücher: 
Guido  INIanacorda,  Germania  Filologica  (Cremona  1910);  Studi  di 
Filologia  Moderna,  her.  von  G.  Manacorda  (Catania),  Jahrg.  19 10, 
Hefte  3 — 4;  und  eine  in  tschechischer  Sprache  veröffentlichte 
grössere  Arbeit  über  die  Märchen forschung  in  Böhmen  von  Dr. 
V.  Tilly  (Prag),  der  den  Lesern  der  Neuph.  Mitt.  durch  seine 
\'eröffentlichung  einer  tschechischen  Version  des  Sibyllenparadieses 
(s.  Neuph.  Mitt.    1908,   S.   ']2   fgg.)  bekannt  ist. 


Prof.  A.  Walleiisköld  brachte  die  Frage  zur  Diskussion,  was 
die  finländischen  Studenten  zu  tun  haben,  um  dief  ranzüsische 
Sprache  am  besten  praktisch  zu  erlernen.  Er  äusserte 
dabei  hauptsächlich   Folgendes: 

Von  der  Schule  her  hat  der  junge  Student  im  Allgemeinen 
ziemlich  dürftige  Kenntnisse  in  der  praktischen  Handhabung  der 
französischen  Sprache.  Wählt  er  dann  als  Examensfach  die  ro- 
manische Philologie,  so  muss  er  sich  selbstverständlich  die  nötige 
Übung  in  dem  mündlichen  und  schriftlichen  Gebrauch  jener  Sprache 
verschaffen  Dabei  stehen  ihm  zunächst  folgende  Auswege  zur 
Verfügung:  der  Unterricht  beim  Lektor  der  französischen  Sprache 
an  der  Universität,  ein  Kursus  im  «Institut  der  modernen  Sprachen» 
und  schliesslich  Privatstunden.  Mit  diesen  Mitteln  kann  er  sich 
aber  kaum  die  für  ein  «Laudatur»  genügenden  praktischen  Kennt- 
nisse der  französischen  Sprache  erwerben.  Er  muss  folglich,  nach- 
dem er  den  Unterricht  des  Universitätslektors  gebührend  benutzt 
hat,  sich  einige  Zeit  im  Auslande  in  einer  französisch  sprechenden 


38  Protokolle  des  Ncuphilologisthen    Vereins. 

Gegend  aufhalten.  Besonders  bieten  dann  die  in  Frankreich  und 
in  der  Schweiz  üblichen  Ferienkurse  («cours  de  vacances»)  gute 
Gelegenheit  dar,  sich  leicht  und  schnell  in  der  französischen  Sprache 
zu  vervollkommnen.  Von  den  Ferienkursen  in  Deutschland,  Frank- 
reich und  der  Schweiz  ist  mehrmals  in  unserer  pädagogischen  Zeit- 
schrift sowie  in  den  Neuphilologischen  Mitteilungen  die  Rede  ge- 
wesen. Den  letzten  Aitikcl  über  den  Gegenstand  (aus  dem  Jahre 
1904)  schrieb  Fräulein  H.  Andersin  (Tidskrift  utg.  af  Pedagogiska 
föreningen  i  Finland;  in  kürzerer  Form  schon  1903  in  den  Neuph. 
Mitt.  erschienen).  Die  Eindrücke,  welche  finländische  Teilnehmer 
von  den  Ferienkursen  erhalten  haben,  waren  ziemlich  verschieden. 
Für  die  Universitätslehrer  aber,  welche  inbetreff  der  Wahl  eines 
Ferienkursus  um  Rat  befragt  worden  sind,  ist  es  sehr  schwierig 
gewesen  sich  bestimmt  auszusprechen,  da  ja  der  Vorzug  des  einen 
oder  anderen  Ferienkursus  durch  gewisse  Umstände,  die  von  Jahr 
zu  Jahr  wechseln  (Lehrerpersonal,  Anzahl  der  Teilnehmer,  u.  s.  w.), 
bedingt  ist.  Ein  guter  Wegweiser  ist  natürlich  im  Allgemeinen 
das  praktisch  angelegte  «Handbuch  für  einen  Studienaufenthalt 
im  französischen  Sprachgebiet»  von  Ph.  Rossmann  (Dritte  Ausg. 
1907).  Wichtig  ist  es  aber,  fortwährend  neues,  zuverlässiges  Ma- 
terial zur  Beurteilung  der  Vorteile  der  resp.  Ferienkurse  zu  erhalten. 
Prof.  W.  war  infolge  dessen  auf  den  Gedanken  gekommen,  spe- 
zialisierte Reiseberichte  von  denjenigen  Studenten  zu  verlangen, 
welche  mit  den  von  der  Historisch-philologischen  Sektion  jährlich  im 
Frühjahrssemester  verteilten  Reisestipendien  ä  Fmk  500:  —  ins 
Ausland  gehen,  um  Französisch,  meistens  in  einem  Ferienkursus,  zu 
studieren.  Das  Ergebnis  jener  Studienreisen  könnte  dann  einem 
weiteren  Kreise,  wie  dem  Neuphilologischen  Verein,  in  irgend 
einer  Form  mitgeteilt  werden.  Im  vergangenen  Jahr  (1909)  wurde 
dieser  Gedanke  zum  ersten  Male  verwirklicht.  Von  den  vier  Stu- 
denten, welche  Reisestipendien  erhielten,  um  Französisch  zu  studie- 
ren, sind  die  gewünschten  Reiseberichte  eingegangen,  und  Prof. 
W.  wollte  sie  dem  Vereine  in  Kürze  wiedergeben,  in  der  Hoffnung, 
dass  hiermit  ein  Anfang  in  der  Zusammenstellung  der  Urteile  über 
die  resp.  Ferienkurse  gemacht  sei. 

A.  —  Ferienkurse  in  Dijo?i  (i.  Juli — 31.  Okt.).  Die  prak- 
tischen Ausspracheübungen  waren  mangelhaft,  die  Konversations- 
übungen dagegen  ziemlich  gut  organisiert.  Teilweise  sehr  interes- 
sante Vorträge.  Der  Totaleindruck  war  nicht  durchaus  vorteilhaft. 
Für  das  gesellige  Leben  war  gut  gesorgt.  Die  Teilnehmer  waren 
nicht  allzu  zahlreich.  Der  Berichterstatter  empfielt  überhaupt  einen 
Ort  in  der  Provinz,  und  nicht  Paris,  weil  man  dort  mehr  Gele- 
genheit findet  in  einem  rein  französischen  Milieu  zu  leben 

B.  —  Ferienkurse  in   Geneve   (sechs  Wochen).     Vortrefflicher 


Protokolle  des  Ncuphilelogischen    Vereins.  39 

Ausspracheunterricht  durch  Privatdozent  W.  Thudichun,.  Sonstige 
Übungen  und  Vorträge  waren  auch  gelungen.  Nur  die  Konversa- 
tionsübungen waren,  wegen  der  vielen  Teilnehmer  (306)  und  der 
wenigen  Lehrer,  nicht  sehr  fördernd.  Der  Berichterstatter  hätte 
überhaujit  einen  praktischeren  Charakter  der  Kurse  gewünscht  (Lese- 
und  Sprechübungen  im  Vordergrund).  Er  billigt  durchaus,  dass 
man  sich  ia  den  Kursen  nicht  mit  der  Geschichte  der  Sprache, 
sondern  hauptsächlich  nur  mit  der  lebenden  Sprache  beschäftigt. 
Um  sich  Kentnisse  in  der  historischen  Emwickelung  der  französi- 
schen Sprache  zu  erwerben,  brauche  man  nicht  ins  Ausland  zu 
fahren. 

C.  —  Ferienkurse  in  Besanfon  (i.  Juli — 31.  Okt.)  Eine 
gewisse  Oberflächlichkeit  in  den  mitgeteilten  Tatsachen  gab  sich  zu 
erkennen.  Der  phonetische  Unterricht  war  allzu  elementar.  Besser 
betrieben  wurden  Grammatik  und  Stilistik.  Am  besten  waren  die 
Vorlesungen  über  Litteratur  und  Litteraturgeschichte.  Dagegen  waren 
die  praktischen  Übungen  ganz  verfehlt.  Das  gesellige  Leben  war 
gut  organisiert.  Als  eine  Art  Fortsetzung  desselben  wurde  eine 
«Association  generale  des  etudiants  etrangers  de  l'universite  de 
Besanc^on»  mit  einem  monatlich  erscheinenden  «Bulletin»  gegrün- 
det. Der  Berichterstatter  hat  im  Allgemeinen  keine  Ursache  seine 
Wahl  zu  bereuen. 

D.  —  Aufenthalt  in  Paris  in  dem  Institut  Saint-Germain 
(60,  nie  des  Ecoles);  Ferienkurse  in  Saint- Valery-en-Caux  (Juli — 
Aug.).  In  dem  Institut,  mit  welchem  ein  gutes  Pensionat  ver- 
bunden ist,  war  der  Unterricht  methodisch  und  praktisch  einge- 
richtet. Der  Ausspracheunterricht,  von  dem  Leiter  des  Unterneh- 
mens, Herrn  Emile  Villemin,  mitgeteilt,  war  besonders  gelungen. 
Hauptziel  des  Unterrichts  war  die  Einführung  in  die  moderne 
Sprache.  Nebenbei  wurde  auch  historische  Grammatik  getrieben. 
—  Die  Ferienkurse  in  Saint- Valery-en-Caux  (Nähe  von  Paris), 
welche  auch  unter  der  Leitung  des  Herrn  Villemin  standen,  waren 
gut  organisiert.  Nur  die  Konversationsübungen  Hessen  zu  wünschen 
übrig.  Ein  Vorteil  war,  dass  die  Anzahl  der  Teilnehmer  nicht 
sehr  gross  war  (diese  Ferienkurse  finden  erst  seit  paar  Jahren  statt). 

Wie  aus  diesem  kurzen  Referate  hervorgelit,  waren  unsere 
vier  Studenten  im  Grossen  und  Ganzen  mit  ihren  Reisen  zufrieden. 
Ihre  Berichte  geben  einen  zuverlässigen  Eindruck  von  dem  Cha- 
rakter der  angewandten  Methoden.  Was  im  Allgemeinen  zu  fehlen 
scheint,  ist  ein  wirklich  praktisch  angeordneter  Kursus  in  der  münd- 
lichen Anwendung  der  französischen  Sprache. 

Zum  Schluss  sprach  Prof.  W.  den  Wunsch  aus,  dass  auch 
in  der  Zukunft  Studierende,  welche  die  französische  Sprache  im 
Auslande,    besonders    in  den  verschiedenen  Ferienkursen,  praktisch 


40  Ei>igesan<He   Litterotur, 

studieren,  detaillierte  Reiseberichte  dem  Neuphilologischen  Verein 
mitteilen  wollten,  damit  man  ein  hinreichendes  Material  inbetreff 
der  Wahl  eines  Studienaufenthaltortes  in  den  Sommerferien  erhal- 
ten könne. 

In  der  nach  dem  Vortrag  entstandenen  Diskussion  bemerkte 
zuerst  Prof.  Söderhjelm,  dass  die  referierten  Berichte  von  den  aus- 
ländischen Ferienkursen  eine  vorteilhaftere  Vorstellung  gaben  als 
man  früher  bei  uns  gehabt  hatte;  ei  betonte  die  Notwendigkeit 
eines  ausländischen  Studienaufenthalts  vor  der  Erlangung  des  Zeug- 
nisses «laudatur».  —  Lektor  Poirot  fand,  dass  unsere  Studenten 
zu  wenig  schriftliche  Übersetzungsübungen  ins  Französische  machen. 
Damit  den  Studenten  der  phonetische  Unterricht  im  Auslande 
wirklich  nützlich  werde,  wäre  es  gut,  dass  sie  von  dem  ein- 
heimischen Lehrer  der  Phonetik  einen  Zettel  mit  Angabe  der  per- 
sönlichen Aussprachefehler  eines  Jeden  bekämen,  welche  der  aus- 
ländische Lehrer  sodann  sich  bemühen  sollte  zu  korrigieren.  — 
Dr  K.  S.  Laiiiila  empfahl  besonders  die  kleinen  Ferienkurse  an 
der  Westküste  Frankreichs  und  fand  einen  Führer  für  einheimische 
Neuphilologen  wünschenswert. 

In  fidem: 
A.   Längfors. 


Eingesandte  Litteratur. 

Erik  Björkman,  Nordische  Personennamen  in  England  in  alt- 
und  frühraittel-englischer  Zeit.  Ein  Beitrag  zur  englischen  Namen- 
kunde (=  Studien  zur  englischen  Philologie,  herausgegeben  von 
Lorenz  Morsbach.  XXXVII).  Halle  a.  S.,  Max  Niemeyer,  19 lo. 
XIII  +   217  S.  8:0. 

Heinrich  Breimeier,  Eigenheiten  des  französischen  Ausdrucks 
und  ihre  Übersetzung  ins  Deutsche.  Dresden  und  Leipzig,  C.  A, 
Koch  (H.  Ehlers),  19 10.  VIII  -j-  72  S.  8:0  (=  Neusprachliche 
Abhandlungen  aus  den  Gebieten  der  Phraseologie,  Realien,  Stili- 
stik und  Synonymik  unter  Berücksichtigung  der  Etymologie.  Heraus- 
gegeben von  Dr.   Clemens   Klöpper-Rostock.  XVII.   Heft). 

Ferdinand  Brunot,  Histoire  de  la  langue  franc^aise  des  ori- 
gines  ä  1900.  Tome  III:  La  Formation  de  la  Langue  classique 
(1600 — 1660).  Premiere  partie.  Paris,  Armand  Colin,  1909. 
XXXIV  +  420  p.  gr.  in-80.   Prix:    12   fr.   50,  rel.    17   fr. 

Congres  International  tenu  ä  Paris  du  14 
au  17  avril  1909.  Compte  rendu  general  public  par  les 
soins  de  M.  Georges  Delobel.  En  depot  Librairie  Henry  Paulin  & 
C'^,  Paris,    1909.   847   p.  gr.  in- 8". 


Eingesandte   f.itteratur.  41 

Ce  magnifique  volume,  cdite  par  la  «Societe  des  profes- 
seurs  de  langues  Vivantes  de  l'enseignement  public»,  est 
consacre  ä  l'interessant  congres  dont  les  traits  principaux 
ont  ete  relates  dans  notre  revue  (annce  1009,  pp.  141  —  58) 
par  M.  Henri  Schoen. 

Gernaanisch-romanische  Monatsschrift,  in 
Verbindung  mit  F.  Holthausen,  W.  Meyer-Lübke,  V.  Michels,  W. 
Streitberg  herausgegeben  von  Heinrich  Schröder.  H.  Jahrgang,  Heft 
I  (Januar  19 10).  Inhalt:  Gustav  Neckel,  Etwas  von  germanischer 
Sagenforschung;  Karl  Luick,  Über  Sprachmelodisches  in  deutscher 
und  englischer  Dichtung;  Leon  Kellner,  Englische  Wortforschung; 
W.  Duschinsky,  Über  den  gegenwärtigen  Stand  der  orthographischen 
Reform  in  Frankreich;  Walther  Küchler,  Das  französische  Theater 
der  Gegenwart,  HI ;  Bücherschau,  Selbstanzeigen,  Vereine  und 
Versammlungen,  Nachrichten. 

«Die  GR^I  hat  sich  als  Ziel  gesteckt,  eine  engere  Ver- 
bindung zwischen  Universität  und  Schule  herzustellen  und 
die  im  Schuldienst  stehenden  Philologen  auf  dem  Gesamt- 
gebiet ihrer  Wissenschaft  fortgesetzt  auf  dem  laufenden  zu 
erhalten  durch  abgerundete  kritisch  orientierende  Aufsätze 
über  die  Fortschritte  der  Forschung  auf  allen  Einzelgebieten 
der  germanischen  und  romanischen  Philologie.  Dabei  soll 
das  Deutsche,  Englische  und  Französische  im  Vordergrund 
stehen,  die  Literatur  und  Sprache  auch  der  jüngsten  Zeit 
bis  in  die  Gegenwart  hinein  Berücksichtigung  finden  und 
überall  das  Wichtigere  eingehender  behandelt  werden.  Diese 
zusammenfassenden  Aufsätze  sollen  alle  wichtigen  Einzel- 
untersuchungen kritisch  verarbeiten,  durch  ausreichende  Litera- 
turnachweise einem  eindringenden  Studium  den  Weg  ebnen 
und  zur  Mitarbeit  an  den  noch  zu  lösenden  Fragen  anregen.» 
Der  Bezugspreis  fürs  Ausland  beträgt  portofrei  7  Mark; 
man  wende  sich  an  Carl  Winter's  Universitätsbuchhandlung, 
Heidelberg. 

R.  Lenz,  Programa  de  la  Sociedad  de  Folklore  Chilene, 
fundada  en  Santiago  de  Chile  el  18  de  Julio  de  1909.  Santiago 
de  Chile,  Lourdes,  1909.  24  pajs  8:0  —  Contenido :  Estatutos 
de  la  Sociedad;  Lista  de  los  miembros ;  Bibliografia;  R.  Lenz, 
Etnologia  i  Folklore;  Programa  para  estudios  de  folklore  chileno; 
Fonetica  chilena  i  reglas  para  la  trascripcion  de  documentos  en 
dialecto  chileno. 

Ouido  Manacorda,  Germania  Filologica.  Guida  bibliografica 
per  gli  Studiosi  e  per  gli  insegnanti  di  lingua  e  letteratura  tedesca 
con  circa  20.000  indicazioni.  Cremona,  Ditta  Pietro  Fezzi,  19 10. 
281   p.  gr.  in-8''.   Prezzo  L.    10: — . 


42  Schriflenaustausch. 

Kr.  Nyrop,   Fransk  Verslcxre  i  Omrids.  K0benhavn,  Gylden- 
dalske  Boghandel  —  Nordisk    Forlag,    1910.    XII-(-ioo  p.  in- 

Johannes  Öhqiiist,  Deutsche  Prosa  und  Dichtung  nebsi 
l'bungsstücken  für  (len  Schukmterricht  bearbeitet.  Vierte,  verbes 
scrte  und  mit  Bildern  versehene  Auflage.  Helsingfors,  Verlags 
geseilschaft  Otava,  19 10.  XX-f-356  S.  8:0.  Preis  geb.  Fmk  3:  75 
Hans  Strigl,  Sprachwissenschaft  für  alle.  II.  Jahrgang,  Nr 
7— II. 

Studi  di  Filologia  Moderna,  190g,  fas(\  3 — 4. 
Seit  d.  J.  1908  erscheint  in  Catania  eine  unseren  Stu- 
dien gewidmete  Zeitschrift  mit  dem  obigen  Titel,  heraus- 
gegeben von  G.  Manacorda.  Die  uns  zugeschickten  Hefte 
bilden  zusammen  einen  200  Seiten  starken  Band  und  ent- 
halten grössere  Artikel  über  litterarische  und  wissenschaftliche 
Kritik  in  Frankreich  im  igrten  Jhdt  (v.  A.  Galletti),  über 
die  Schicksale  Cervantes'  in  Italien  im  1 6:ten  Jhdt  (v.  E.  Mele) 
und  über  Wielands  Grazien  (v.  Manacorda).  Eine  wie  es 
scheint  sehr  vollständige  Bücher-  und  Zeitschriften- Bibliographie 
ist  beigegeben.  Sie  ist  unpraktisch  aufgestellt,  nicht  nach 
Materien,  sondern  nach  den  verschiedenen  Ländern,  wo  die 
Schriften  erscheinen.  Die  Zs.  kostet  für  das  Ausland  20  lire 
jährlich,  es  geht  aber  nicht  deutlich  hervor,  wie  viele  Hefte 
ein  Jahrgang  enthält  (wahrscheinlich  vier).  —  Von  finnlän- 
dischen  Veröffentlichungen  sind  die  Neuphil.  Mitt.  und 
Längfors-Söderhjelms  Ausgabe  der  Vie  de  samt  Quentin  er- 
wähnt. 


Schriftenaustausch. 

Bibliogmphia  phonetica,  1909,  Nr.  12,  19 10,  Nr.  i — 2, 
und  Annotationes  phoneticae,  1909,  Nr.  10 — 12.  —  In  der  Bibl. 
phon.  1909  wird  unter  Nr.  513  erwähnt  der  Artikel  J.  Öhquist's 
über  die  Anwendung  der  Sprechmaschine  im  Sprachunterricht, 
welcher  in  den  Neuph.  Mitt.  (1909,  S.  169 — 77)  erschienen  ist. 
—  Unter  den  von  den  Ann.  Phon,  verzeichneten  Vorlesungen  und 
Übungen  über  Phonetik  in  den  Jahren  1909  und  19 10  (Nr.  35) 
befinden  sich  auch  die  phonetischen  Übungen  jf.  Poirofs  an  un- 
serer Universität. 

Bulletin  de  dialectologie  romane,  annee  I,  n:os  3 — 4.  Som- 
maire:  J.   Huber,  Sprachgeographie;  Comptes-rendus;  etc. 

Modern  Language  Notes,  Vol.  XXIV,  No.  8  (Dec.  1909); 
XXV,  No.    1  —  2   (Jan. -Febr.    19 10). 


Mitteilungen,  43 

Moderna  Spräk,  III.  Jahrg.,  Nr.  ()  (Dez.  1909).  Enthält 
u.  A.:  Artur  Korlen,  Till  undervisningen  i  tysk  uttalsteknik:  I. 
«seh»-,   «ich»-,   «ach»-ljuden;  II.  o-,  ö-,  u-,  ü-ljud  (S.  131  — 153). 

Päivä   1909,  Nr.   47 — 8;    19 10,  Nr.    i  — 12. 

Rassegna  bibliografica  della  letteratum  italiana,  anno  XVII 
(i()09),  fasc.    10 — ir— 12. 

Revue  germaniqiie  (Allemagne — Angleterre — Etats-Unis — 
Pays-ßas — Scandinavie).  Sixieme  annee,  n^  i  (janvier-fevrier  19 10), 
128  p.  in-8''.  Sommaire:  Frederic  Stolberg  et  la  Revolution 
fran(;aise,  par  A.  Chuquet;  Gilbert  Keith  Chesterton,  par  J.  Blum; 
En  marge  de  Nietzsche,  par  L.  BenDist-Hanappier;  Documents  divers, 
par  Camille  Pitollet;  Litterature  comparee,  par  F.  Baldensperger; 
Le  Theatre  anglais,  par  Th.  Ruyssen :  Comptes  rendus  critiques; 
Bulletin ;  Bibliographie ;   Revue  des  revues. 

«La    Revue    Germanique  est  publiee  sous  les  auspices   de 

rUniversite    de    Lille  et  parait  cinq  fois  par  an   (i"  janvier, 

I"  mars,    i"  juillet,    i"  novembre),  en  fascicules  d'environ  8 

feuilles  in-S"  formant  un  volume  d'environ  640  pages.» 

Prix    d'abonnement    pour    l'etranger:    16  fr.;  s'adresser  a 

M.  F.  Piquet,   65,  rue  Brule-Maison,   Lille. 


Mitteilungen. 

Einheimische  Publikationen:  Memoires  de  la 
Societe  neo-philologiqae  de  Helsingfors,  tome  V.  Helsingfors, 
Waseniuska  Bokhandeln  (en  distribution)  —  Paris,  H.  Champion  — 
Leipzig,  Otto  Harrassowitz,  1909.  559  S.  8:0.  Preis:  Fmk  12;  für 
Mitglieder  des  Vereins  die  Hälfte  (zu  beziehen  durch  Doz.  A. 
Langfors,  Kronbärgsg.  11,  Helsingfors).  —  Inhalt:  Dedicace  (a  M. 
Söderhjelm,  president  d'honneur  de  la  Societe,  a  l'occasion  de  son 
cinquantieme  anniversaire,  avec  son  portrait)";  Emil  Zilliacus,  Gio- 
vanni Pascoli  et  l'antiquite,  etude  de  litterature  comparee  (S.  i  — 135); 
U.  Lindelöf,  Die  altenglischen  Glossen  im  Bosworth- Psalter,  Brit. 
Mus.  Ms.  Addit.  37517  (S.  137  —  231);  Oiva  Joh.  Tallgren ;  ^\yc 
la  rime  italienne  et  les  Siciliens  du  XIIP  siecle,  observations  sur 
les  voyelles  fermees  et  ouvertes  (S.  233 — 374);  A.  Wallensköld, 
La  construction  du  complement  des  comparatifs  et  des  expressions 
comparatives  dans  les  langues  romanes  (S.  375  —  478);  y4r/«r  Za«^- 
fors,  Notice  sur  deux  livres  d'Heures  enlumines  du  XV^  siecle, 
appartenant  ä  M™^  la  Baronne  Edvard  Kisinger,  avec  deux  planches 
hors  texte  (S.  479 — 504);  Hugo   Suolahti,  Eine  mittelhochdeutsche 


44  MUtcilufigen. 

Paraphrase  der  Sequenz  «Ave  praoclara  maris  Stella»  (S.  505 — 
548);  M.  Wasenius,  Liste  des  travaux  sur  les  langues  et  iitteratu- 
res  romanes  et  gerraaniques  publics  par  des  auteurs  finlandais  ou 
parus  en  Finlande  au  cours  des  annees  1906 — 1908  (S.  549 — 557). 
—  A.  Wallensköld,  Florence  de  Rome,  chanson  d'aventure  du  pre- 
mier  quart  du  XIIP  siccle.  Tome  premier.  Paris,  Firmin-Didot 
et  C>^   1909.   296  p.  in-S*'.  (Le  tome  II  a  paru  en   1907). 

Ausländische  Besprechungen  einheimischer 
Publikationen:  A.  Längfors  et  W.  Söderhjelm,  La  Vie  de 
Saint  Quentin  par  Huon  le  Roi  de  Cambrai,  von  K.  Sneijders  de 
Vogel,  Museum  XVII,  Nr.  2 ;  W.  Söderhjelm,  Les  inspirateurs 
des  «Quinze  joyes  de  Mariage»,  in  Romania  XXXVIII,  S.  630; 
W.  O.  Strejig,  Haus  und  Hof  im  Französischen,  von  E.  Tappolet, 
Literaturblatt  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  1909,  Sp.  405 — 8;  A.  Jean- 
roy, Annales  du  Midi,  XXI,  S.  149;  H.  Suolahti,  Die  deutschen 
Vogelnamen,  von  Fr.  Kluge,  Zs.  f.  deutsche  Wortforschung  XI, 
S.  318 — 9;  P.  Tietsch,  Zs.  d.  allg.  deutschen  Sprachvereins,  19 10, 
S.  19 — 21;  A.  Thumb,  Frankf.  Zeitung,  23.  Jan.  1910;  0.  J. 
Tallgren,  Le  passage  difficile  de  la  chanson  Amorosa  donna 
fina  de  Rinaldo  d'Aquino  (Neuph.  Mitt.  1909,  S.  85  fg.),  in 
Rass.  bibl.  della  lett.  ital.  XVII,  S.  261;  E.  Zilliaciis,  Giovanni 
Pascoli  et  l'antiquite,  von  B.  Wiese,  Deutsche  Literaturzeitung 
1909,  Nr.  41;  A.  de  Gubematis,  II  Popolo  Romano  vom  16. 
Aug.  1909;  G.  S.  Gargäno,  II  Marzocco  vom  i.  Aug.  1909; 
E.  Pistelli,  Atene  e  Roma,  Sept. — Okt.  1909;  M.  Paoli,  Bulletin 
italien  vom  5.  Jan.  19 10;  Fr.  Book,  Svenska  Dagbladet  vom  24. 
Aug.   1909. 

Universitätsnachrichten.  Dr.  Oiva  Joh.  Tall- 
gyen  ist  den  4.  Jan.  d.  J.  zum  Dozenten  der  südromanischen  Spra- 
chen ernannt  worden:  Dr.  Alexis  von  Kraemer  den  29.  Jan.  d. 
J.  zum  Lektor  der  französischen  Sprache  auf  zwei  Probejahre. 

Ferienkurse:  In  Besanron  vom  i.  Juli  bis  i.  Nov.  — 
In  Paris,  veranstaltet  von  der  Alliance  fran(;-aise,  vom  i .  bis  31. 
Juli  und  vom   i .  bis  31.  Aug. 

Studierende  und  Pädagogen,  welche  wegen  des  prakti- 
schen Erlernens  einer  fremden  Sprache  (Deutsch, 
Französisch,  Englisch)  einige  Zeit  im  Auslande  verweilt  haben, 
werden  gebeten,  an  die  Redaktion  dieses  Blattes  soweit  möglich 
detallierte  Reiseberichte  einzusenden,  damit  wir  im  Stande  wären, 
gegebenfalls  über  einschlägige  Fragen  Auskunft  zu  erteilen. 


NeupHiioiogische 
•  •  /aitteiujNqen 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  \/erein  in   Helsingfors. 

L    Acht  Nummern  jährlich.     Preis:   4  Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 

|v  I  4:  30    durch    die    Post  und     5  Fmk  durch  die  Buchhandlungen.     ' 

\lX.    3/4  il    Zahlerde  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich,    jj       1(^10 

('   —  Abonnementsbetrag,    Beiträge,  sowie  Bücher  zur  Besprechung   [ 

!|    bittet  man  an  die  Redaktion  (Adr.    Prof.  A.  W  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d,     ] 

Vestra  Hamngatan  5)  zu  senden.  || 

Adolf  Tobler. 

In   memoria  m. 

Der  am  i8.  März  d.  J.  stattgefundene  Tod  des  Berliner 
Altmeisters  der  romanischen  Philologie  hat  unter  allen  Roma- 
nisten die  tiefste  Trauer  erweckt.  Wir  sehen  ja  vollends  ein, 
welcher  ungeheure  Verlust  das  Hinscheiden  des  grossen  For- 
schers für  unsere  Wissenschaft  ist.  So  mag  es  auch  dem 
Verfasser  dieser  Zeilen,  der  das  Glück  gehabt  hat,  Adolf  Tobler 
als  Lehrer  persönlich  kennen  zu  lernen,  gestattet  sein,  seinem 
Andenken  einige  Worte  dankbarer  Erinnerung  in  diesem  Blatte 
zu   widmen. 

Adolf  Tobler,  in  Zürich  im  Jahre  1835  geboren,  lag  seit 
seiner  ersten  Studentenzeit  dem  Studium  der  romanischen 
Sprachen  ob.  Er  war  eine  Zeit  lang  Diez'  Schüler  in  Bonn 
und  erwarb  sich  durch  Reisen  in  Frankreich  und  Italien  ge- 
diegene Kenntnisse  in  den  Sprachen  und  Litteraturen  jener 
Länder.  Zuerst  als  Gymnasiallehrer  in  Solothurn  angestellt, 
folgte  er  im  Jahre  1866  einem  Rufe  nach  Bern,  wo  er  im 
kantonalen  Gymnasium  Unterricht  im  Französischen  und  Ita- 
lienischen erteilte  und  sich  bald  als  Privatdozent  für  roma- 
nische Philologie  an  der  dortigen  Universität  habilitierte.  Im 
folgenden  Jahr  (1867)  siedelte  er  als  Extraordinarius  nach  Berlin 
über  und  wurde  im  Jahre  1870  zum  ordentlichen  Professor 
der     romanischen    Philologie    ebendaselbst    ernannt.     Vierzig 


46  ./.    lV,illeiisköhl, 

Jahre  hatte  Tobler  in  dieser  Eigenschaft  an  der  Friedrich- 
Wilhelms-Universität  mit  niemals  versagender  Pflichttreue 
und  mit  dem  allergrössten  Erfolg  das  Zepter  geführt,  als  der 
Tod  seinem  glorreichen  Leben  im  Dienste  der  Wissenschaft 
ein  Ende  machte,  kurz  vor  dem  Augenblicke,  wo  er  seine 
Tätigkeit  als  Lehrer  für  immer  niederlegen  sollte. 

Es  ist  nicht  meine  Absicht,  in  diesen  Zeilen  zu  ver- 
suchen, ein  vollständiges  Bild  davon  zu  geben,  was  Tobler 
für  die  romanische  Philologie  getan  hat.  Die  Fachleute  wissen 
ja,  auf  wie  verschiedenen  romanischen  Spezialgebieten  er 
seinen  wissenschaftlichen  Scharfsinn,  seine  methodische  Prä- 
zision und  seine  staunenswerte  Gelehrsamkeit  gezeigt  hat. 
Alles,  was  Tobler  geschrieben  hat,  ist,  wenn  auch  bisweilen 
seine  Erklärungen  wissenschaftlicher  Tatsachen  auf  Widerstand 
gestossen  sind,  so  gründlich  überwogen,  so  allseitig  beleuchtet, 
dass  man  immer  mit  seinem  Standpunkt  in  der  betreffenden 
Frage  als  mit  dem  wichtigsten  rechnen  muss.  In  mancher 
Hinsicht  ist  Toblers  Tätigkeit  als  Romanist  bahnbrechend  und 
hat  auf  die  jüngere  Generation  einen  mächtigen  Einfluss  aus- 
geübt. Man  denkt  dabei  natürlich  besonders  an  bestimmte 
Werke  von  ihm.  Wie  lehrreich  für  alle  folgenden  Herausgeber 
mittelalterlicher  Texte  war  z.  B.  seine  kleine  Ausgabe  der 
altfranzösischen  Parabel  von  dem  echten  Ringe!  Wie  besonnen 
und  frei  von  subjektiven  Teorien  ist  seine  gelehrte  Darstellung 
der  Entwickelungsgeschichte  des  französischen  Versbaus!  Und 
schliesslich,  wie  bewundernswürdig  in  ihrer  psychologischen 
Feinheit  und  ihrer  logischen  Schärfe  sind  seine  syntaktischen 
Untersuchungen,  diese  »Vermischten  Beiträge»,  welche  ihm 
seinen  grössten  Ruhm  als  Eröffner  neuer  Bahnen  verschafft 
haben  und  welche  als  Muster  syntaktischer  Forschung  für  alle 
Zeiten  gelten  können!  Und  dazu  kommt,  dass  seine  ganze 
Darstellung  auf  einer  ausserordentlichen  Genauigkeit  im  Ein- 
zelnen ruht,  die  die  ungewöhnliche  Solidität  der  wissenschaft- 
lichen Auslegung  bedingt  und  von  vorneherein  das  ruhigste 
Vertrauen  einflösst. 

Als  Vorleser  und  Leiter  wissenschaftlicher  Übungen  war 
Tobler  in  seiner  Art  ausgezeichnet.     Er   war   kein   glänzender 


Adolf  'J'obkr.      In    memoriam.  47 

Redner,  aber  was  er  sagte  war  so  klar  und  so  wohl  ab- 
gewogen, dass  man  seinem  Unterricht  mit  vollständiger  An- 
dacht folgte.  In  Anbetracht  der  einfachen  Klarheit  seiner  Vor- 
lesungen wirkt  es  überraschend,  dass  sein  Stil,  trotz  aller 
logischen  Schärfe,  oft  so  schwerfällig  ist.  Diese  Schwerfällig- 
keit, oder  sagen  wir  lieber:  zusammengedrängte  Ausdrucks- 
weise, war  aber  absichtlich.  Tobler  war  der  Meinung,  dass 
es  gar  nicht  schadet,  wenn  ein  Satzgebäude  verwickelt  ist, 
falls  dieses  doch  schliesslich  logisch  und  grammatisch  richtig 
dasteht:  Nachdenken  tue  Jedermann  wohl!  Charakteristisch 
für  Tobler  ist  daher  auch  was  er  in  der  Vorrede  zur  vierten 
Auflage  seines  »Versbaus»  wegen  des  dreizehn  Zeilen  langen, 
oft  als  Curiosum  angeführten  ersten  Satzes  der  ersten  und 
zweiten  Auflage  desselben  Werkes  äussert:  »Der  berüchtigte 
erste  Satz  .  .  .  steht  noch  immer  da ;  aber  schon  seit  der  dritten 
Auflage  eingeführt  durch  einen  andern  Satz,  aus  dem  man 
erfährt,  dass  man  jenen  nicht  zu  lesen  braucht.» 

Aus  diesen  Worten  ersieht  man  auch,  dass  Tobler  einen 
Sinn  für  Humor  hatte,  und  dieser  Charakterzug  kam  oft 
während  seiner  Vorlesungen  und  Seminarübungen  zum  Vor- 
schein. Ich  erinnere  mich  noch  seines  feinen,  ironischen 
Lächelns  und  seiner  kurzen  humorvollen  Bemerkungen,  wenn 
er  menschliche  Dummheit  in  irgendwelcher  Form  vor  sich  sah. 
Tobler  war  daher  ebenso  gefürchtet  wie  bewundert  von  seinen 
Schülern.  Und  man  erzählte  damals,  als  ich  in  Berlin  stu- 
dierte, mit  einem  gewissen  Schaudern  die  unheimliche  Situa- 
tion eines  jungen  Studenten,  der  vor  dem  strengen  Lehrer 
von  seinen  »Gemischten  Beiträgen»  sprach.  Im  Grunde  war 
Tobler  aber  wohlwollend  und  gut,  und  die  Herzen  aller  derer 
zog  er  an  sich,  die  ihn  näher  kannten.  Persönlich  denke  ich 
mit  den  Gefühlen  wärmster  Dankbarkeit  an  den  ausgezeich- 
neten Lehrer,  unter  dessen  Leitung  ich  meine  ersten  Schritte 
auf  dem  Gebiete  der  romanischen  Philologie  getan  habe. 

A.    Wallensköld. 


48  IV.   Söderlijelm, 


Bemerkungen  zur  Disciplina  Clericalis  und  ihren 
französischen  Bearbeitungen. 

Die  unter  diesem  Namen  bekannte  erste  occidentalische 
Sammlung  morgenländischer  Geschichten  und  Sprüche,  von 
dem  getauften  jiidischen  Arzte  Rabbi  Moise  Sephardi  (später 
Petrus  und  nach  seinem  Taufpathen  Alfonsi,  sc.  filius  spiri- 
tualis,  genannt)  um  iiio  zusammengestellt  und  nachher  in 
Übersetzungen  und  Bearbeitungen  über  ganz  Europa,  von 
Spanien  und  Italien  bis  Island,  verbreitet,  ist,  seitdem  Valen- 
tin Schmidt  i.  J.  1827  den  lateinischen  Text  mit  weitläufigem 
Kommentar  herausgab  (ohne  zu  wissen,  dass  er  schon  drei 
Jahre  früher  veröffentlicht  war),  nicht  Gegenstand  einer  Ge- 
sammtarbeit  gewesen.  Vor  dreissig  Jahren  brachte  die  Romama 
folgende  Notiz:  »MM.  Thor  Sundby  et  Kr.  Nyrop  s'occupent 
d'une  nouvelle  edition  de  la  version  en  prose  frangaise  de  la 
Disciplina  Clericalis,  imprimee  fort  impartaitement  par  l'abbe 
Labouderie  en  1826  (soll  sein  1824).  Un  bon  texte  de  cette 
Version  se  trouve  dans  le  meme  ms.  de  Copenhague  .  .  .  Les 
deux  philologues  danois  songent  ä  joindre  a  leur  edition 
l'original  latin,  et,  ce  qui  serait  fort  precieux,  les  deux  tra- 
ductions  en  vers.»^  Seitdem  ist  ja  vieles  für  die  Kentnis  der 
DC  und  besonders  ihrer  Bearbeitungen  getan  worden'^,  aber 
der  oft  ausgedrückte  Wunsch,  dass  von  dem  lateinischen 
Texte  und  den  frz  Bearbeitungen  eine  neue  kritische  Ausgabe 
erscheine,  ist  nicht  in  Erfüllung  gegangen.  Die  von  der  So- 
ciete  des  Bibliophiles  i.  J.  1824  durch  abbe  Labouderie  be- 
sorgte   Ausgabe  des  Originals  und  einer  Versredaktion  nebst 


'   Romania,   t.  IX  (1880),   .S.   344. 

^  Ich  nenne  hier  die  verdienstvolle,  aber  keineswegs  vollständige  (und 
in  einigen  Punkten  nicht  ganz  zuverlässige)  Bibliographie  bei  V.  Chauvin, 
Bibliographie  arabe,  t.  IX,  1905,  die  Veröffentlichung  der  isländischen,  fast 
alle  Geschichten  umfassenden  Bearbeitung  in  H.  Gering,  Islendzk  Aeventyri, 
1882  —  84  (die  Chauvin  nicht  genau  zu  kennen  scheint  /.  c.  .s.  14),  und  die 
Ausgaben  frz  Bearbeitungen  durch  Roesle  (Mayhinger  Text,  München  1899) 
und  Ducarain  (s.  unten),  die  später  als  Chauvin's  Bibliographie  erschienen  sind 
und  also   nicht  dort  verzeichnet  werden   konnten. 


Bemerkungen  zur  Disciplina   Clericalis  etc.  49 

Abdruck  eines  frx  Prosatextes  ist  indessen  äusserst  schwer 
zugänglich  und  nimmt  nicht,  ebensowenig  wie  die  Schmidt'sche 
Publikation  des  lateinischen  Textes,  auf  genügendes  Hdsmate- 
rial  Rücksicht.  Der  Barbazan-Meonsche  Abdruck  einer  an- 
deren Version  der  französischen  Versbearbeitung  ist  nicht 
vielseitiger,  da  er  sich  auf  eine  einzige  Hds  stützt;  und 
schliesslich  knüpfen  sich  an  diese  Texte  sowie  an  die  Be- 
arbeitungen und  Übersetzungen  in  anderen  Sprachen  so  viele 
Fragen  an,  die  noch  nie  in  einem  Zusammenhange  erörtert 
worden  sind,  dass  der  Gegenstand  auch  von  diesem  Stand- 
punkte eine  Bearbeitung  erheischt. 

Als  ich  vor  einigen  Jahren  in  Brüssel  die  Prosa-Hds, 
nach  der  Labouderie  (oder  richtiger  Meon)  seine  Veröffent- 
lichung gemacht  hatte,  kollationierte,  kam  ich  auf  den  Ge- 
danken, mich  mit  dieser  Aufgabe  ernstlich  zu  beschäftigen. 
Mein  Freund  Kr.  Nyrop,  an  den  ich  mich  zunächst  wandte 
um  zu  erfahren,  ob  er  die  von  seinem  inzwischen  verschie- 
denen Lehrer,  dem  bekannten  Biographen  Brunetto  Latini's, 
und  ihm  angegriffene  Arbeit  weiter  verfolgen  würde,  teilte 
mir  mit,  dass  er  es  aufgegeben  hatte  und  stellte  zu  meiner 
Verfügung  das  von  ihnen  zusammengebrachte  Material,  das 
aus  Abschriften  der  Kopenhagener  Hds,  der  Pavia-,  der  May- 
hingen-  und  einer  Pariser-Hds  der  frz  Version  sowie  aus 
mehreren,  nicht  immer  vollständigen  Kollationen  der  Pariser- 
und  Brüsseler-Hdss  des  lateinischen  Textes  und  einer  Verglei- 
chung  des  Labouderie'schen  frz  Textes  mit  der  Londoner  Hds 
bestand.  Ich  teilte  dann  im  Litteraturblatt  Februar  1907  mit, 
dass  ich  mit  einer  grösseren  Arbeit  über  die  Texte  der  DC 
beschäftigt  war,  und  bekam  von  Gaston  Raynaud  zum  Ge- 
schenk zwei  Abschriften  der  Harley-Hdss  eines  frz  Verstexies. 
Ich  habe  nunmehr  eine  Menge  von  lateinischen  Hdss  des 
Originals  an  verschiedenen  Stellen  kollationiert  —  in  Italien, 
Frankreich,  Deutschland,  Oesterreich,  Holland,  Belgien,  Eng- 
land —  und  auch  in  Bezug  auf  die  französischen  Texte  ein 
so  gut  wie  vollständiges  Material  für  eine  Ausgabe  zusammen- 
gebracht, entweder  durch  eigene  Kollationen  und  Abschriften 
oder    durch    den  Beistand   freundlicher  Mithelfer,     Es  ist  also 


50  H'.   Söderlijclin. 

meine  Absicht  möglichst  bald  eine  zusammenfassende  Dar- 
stellung der  diesbezüglichen  Verhältnisse  zu  geben,  und  da 
ich  das  Glück  gehabt  habe,  Dr  A.  Hilka  in  Breslau  zum 
Mitarbeiter  in  dem  Fertigstellen  der  Texte  zu  gewinnen, 
nachher  eine  Ausgabe  aller  dieser  Versionen  zu  veranstalten. 
Vorläufig  gebe  ich  hier  einige  Mitteilungen  aus  meinen 
Notizen. 

1.     Zur  Biographie  des  Petrus  Alfonsi. 

Eine  feststehende  Tradition  lässt  ihn  i.  J.  1062  geboren  sein. 
So  noch  Menendez  y  Pelayo  in  seinen  Origenes  de  la  Novela, 
1905,  S.  XXXVI,  G.  A.  K(ohut)  in  der  letzten  Ausgabe  der 
Jewish  Encyclopedia,  1901,  s.  v.  Alfonsi,  etc.  Diese  Angabe 
beruht  auf  einer  Mitteilung,  die  in  der  Vorrede  der  Dialogi 
des  Verfassers  vorkommt  und  wo  er  von  seiner  Taufe  sagt: 
»Hoc  autem  factum  est  anno  a  nativitate  Domini  millesimo 
centesimo  sexto,  aetatis  meae  anno  quadragesimo  quarto, 
mense  JuHo,  die  natalis  Apostolorum  Petri  et  Pauli.»  Dies 
scheint  ja  vollständig  klar.  Nun  haben  aber,  und  fast  zu 
gleicher  Zeit  und,  wie  es  dünkt,  von  einander  unabhängig, 
zwei  neuere  Forscher  schon  1893  festgestellt,  dass  diese  An- 
gabe auf  eine  irrtümliche  Lesart  zurückgeht.  In  einer  Londoner 
Hds  der  Dialogi  (BM  Harley.  3861)  fand  einerseits  Ward  eine 
andere  Version,  die  folgendermassen  lautete:  »Hoc  autem 
factum  est  anno  a  nativitate  domini  M"^,  C""^,  VL'^'^'^  era  M"^, 
Cma  XL'"%  1111'=*,  und  deutet:  »that  is  to  say,  he  was  baptized 
in  the  Octave  of  Peter  and  Paul  (June  29 — ^July  6)  A.  D.  1106, 
and  1144  of  the  Era  of  Spain.  But  the  words  »era  M"^  C™'», 
are  changed  in  the  printed  editions  into  »aetatis  meae  anno».^ 
Ganz  in  derselben  Weise  berichtet  Rose  in  seinem  Katalog 
der  lateinischen  Hdss  in  Berlin,  dass  in  einer  dort  befind 
liehen  Hds  der  Dialogi  steht:  »Hoc  autem  etc.  anno  M.  C. 
VI°  era  M^  C^  XL^  IIIF*  mense  iulio.  die  natal.  etc.»,  was 
er    vollständig    ebenso    deutet    wie  Ward'-.     Hiernach  ist  nur 

*  Ward,    Caialogue  of  ronianccs,  II,   235   fl". 

*  Rose,    Verzeichnis  (kr  lat.  Hdss,  I,    118. 


I-leiiierkiniiicii   zm    /)  i  s  c  i p  /  i  n  a    C  l  e  r  i  c  n  1 1  s  etc.  51 

ein  einziges  Datum  im  Leben  des  Petnas  Alfonsi  bekannt, 
nämlich  das  seiner  Konversion;  in  welchem  Alter  er  damals 
stand,  bleibt  uns  im  Gegenteil  einstweilen  verborgen.'  Auch 
sein  Todesjahr  kennen  wir  nicht;  es  ist  nicht  zu  ergründen, 
woher  Casimir  Oudin  ^  die  Nachricht  hat,  dass  Petrus  iiio 
gestorben  sei,  wie  er,  um  Labouderie's  Ausdruck  zu  ge- 
brauchen, »insinuiert».  Das  ist  jedenfalls  glaublicher,  als  die 
Angabe  bei  Gröber,  der  unsern  Verfasser  in  demselben  Jahre 
sterben  lässt,   in  dem  er  getauft  wurde.  ^ 

In  der  Vorrede  der  Dialogi  \\g\ssX.  es  u.  A. :  »Fuit  autem 
pater  meus  spiritualis  Alfonsus  gloriosus  Hispaniae  Imperator.» 
Es  haben  sich  besonders  spanische  Geschichtsschreiber  darüber 
gestritten,  ob  hiermit  Alfons  VI  von  Leon  und  Castilien,  der 
zur  Zeit  der  Taufe  diesen  Titel  trug^  oder  aber  Alfons  I  von 
Aragonien,  der  Batallador,  gemeint  sei.  Da  nun  die  aller- 
meisten Hdss  bezeugen,  dass  Petrus  getauft  wurde  »in  sede 
Oscensis  civitatis»,  also  Huesca  in  Aragonien,  so  scheint  für 
die  letzgenannte  Ansicht  alle  Wahrscheinlichkeit  vorzuliegen. 
Wenn  im  Gegenteil  noch  Amador  de  los  Rios  die  Möglich- 
keit der  anderen  Alternative  verteidigt,  so  geschieht  es,  weil  in 
irgend  einer  Hds  die  eben  citierte  Stelle  einen  derartigen  Wort- 
laut hat,  (»Osmensis»  oder  vielleicht  »Oxmensis»),  dass  man  an 
die  Stadt  Osma  in  Alt-Castilien  denkt.*  Es  scheint,  als  ob  Ward 
diesen  Knoten  am  glücklichsten  gelöst  hätte,  wenn  er  sagt, 
dass  das  Werk  wol  nicht  gleich  nach  der  Taufe  geschrieben 
wurde    (es    hatte    ja    zum    Anlass    die  vielen  Angriffe,  denen 


'  Aus  der  Einleitung  zur  Ausgabe  der  Societe  des  Bib  iophiles  S.  I 
gellt  hervor,  dass  der  Verf.  (Labouderie  oder  Meon)  eine  Ahnung  von  dem 
richtigen  Sachverhältnis  gehabt  hat,  obgleich  er  nicht  die  Schlussfolgerung 
hat  ziehen  können :  er  sagt  dass  Rabbi  Moise  zum  Christentum  überging 
»ä  Tage  de  quarantequatre  ans»  und  dass  er  1106  »(1144  de  l'ere  d'Espagne)» 
getauft  wurde.     • 

-  Casimir  Oudin,  CoDimentarii  de  scriptoribus  ecdesiasticis,  1722,  t.  II, 
col     992. 

■''   Gröber,    Grundriss  der  romanischen  Philologie,   II,    i,   216.    " 

^  Amador  de  los  Rios,  Hisioria  Critica  de  In  literatura  espiniota.  1862, 
II,   240   f. 


52  IV.   Söderlijclm, 

Petrus  von  selten  seiner  früheren  Glaubensgenossen  wegen 
seines  Abfalls  ausgesetzt  worden  war),  sondern  zwischen  den 
Jahren  1109,  wo  Alfons  I  nach  dem  Tode  Alfons'  VI  den 
Titel  Kaiser  von  Spanien  annahm,  und  11 14,  wo  er  auf  seine 
kastilischen  Rechte  verzichtete.  Ward  meint,  man  könne  aus 
diesem  Umstände  jedenfalls  keine  Schlüsse  auf  die  Abfassungs- 
zeit der  DC  im  Verhältnis  zu  derjenigen  der  Dialogi  ziehen.  ^ 
Das  ist  wahr,  aber  immerhin  steht  es  fest  (man  braucht  nur 
die  ersten  Worte  des  Werkes  zu  lesen),  dass  die  DC  nach 
der  Taufe  geschrieben  worden  ist,  und  Schmidt  hat  ohne 
Zweifel  Recht,  wenn  er  wegen  des  devoten  Anfangs  die  bei- 
den Schriften  chronologisch  nicht  weit  von  einander  verlegt.  ^ 

Ein  spanischer  Theologe  aus  dem  XV  Jhdt,  Alphonsus 
Spina,  berichtet  in  seiner  besonders  gegen  die  Juden  gerichte- 
ten Arbeit  Fortalitium  fidei,  dass  Petrus  Arzt  des  spanischen 
Kaisers  Alfons  war  (er  nennt  ihn  auch  »sapientissimus  inter 
Judaeos»).^  Wir  haben  keinen  Anlass,  die  Richtigkeit  dieser 
Angabe  zu  bezweifeln,  da  Spina  mit  allen  auf  die  spanischen 
Juden  und  besonders  auf  ihr  Verhältnis  zum  Christentum 
bezüglichen  Umständen  genau  bekannt  war.  In  einer  Cam- 
bridger Hds  der  DC  steht  aber  eine  andere  Nachricht,  die 
bisher  unbeachtet  geblieben  ist.  Es  heisst  nämlich  dort:  »Dixit 
petrus  amphulsus  servus  Christi  Jhesu  henrici  primi  Regis 
anglorum  medicus  compositor  hujus  libri».'^  Hier  hätten  wir 
also  die  wichtige  Notiz,  dass  unser  Verfasser  später  nach 
England  gekommen  sei,  und  zwar  als  Leibarzt  des  Königs,  wie 
er  es  in  Spanien  gewesen  war.  Diese  Angabe  ist  aber  einstweilen 
mit  Vorsicht  aufzunehmen.  Sie  findet  sich  sonst  nirgends  in 
den  Hdss  oder  anderwärts.  Man  kann  sich  denken,  dass  der 
Schreiber  der  Cambridger  Hds,  die  aus  dem  XIII  Jhdt  stammt, 
oder  ihrer  Vorlage  eine  Ahnung  von  der  Stellung  des  Petrus 
am    Hofe  des  spanischen  Herrschers   hatte  und  die  Tradition 


'  Ward,  /.   c. 

■  Fr    Wilh.   Val.   Schmidt,   Pe/r/  Alfoiisi  üisdplina   CUrkalis,   S.    5. 

•■*  .'^chmdt,  /.  f.,  S.   6. 

■•  Diese   Hds  hat  Dr    Hilka   kollationiert. 


Bemerkungen  zur  Disciplina   Clcricalis  etc.  53 

dann  auf  heimische  Verhältnisse  anpasste.  So  Hesse  sich  die 
Behauptung  erklären,  die  ja  sonst  an  und  für  sich  nichts  un- 
mögliches enthält,  aber  jedenfalls  erst  durch  zuverlässigere 
dokumentarische  Belege  gestützt  werden  müsste. 


2.     Lateinische  Handschriften. 

Soweit  ich  bis  jetzt  habe  erforschen  können,  befinden  sich 
in  europäischen  Bibliotheken  gegen  vierzig  Hdss  des  Original- 
textes, die  man  als  vollständig  bezeichnen  kann  (einige  darin 
einbegrilTen,  die  die  moralischen  Reflexionen  weglassen,  also 
nicht  eine  Reproduktion  des  Werkes,  sondern  eine  Sammlung 
von  »Exempla»  geben  wollen).  Eine  andere  Gruppe  bilden 
diejenigen,  welche  nur  eine  gewisse  Anzahl  der  Geschichten 
aufgenommen  haben;  von  denen  kenne  ich  ungefähr  zehn. 
Dazu  kommen  natürlich  diejenigen  Beispiel-  und  Historien- 
sammlungen, welche  unter  andern  auch  Geschichten  von 
Petrus  Alfonsi  enthalten  —  ich  meine  dann  nicht  die 
bekannten  Predigtsammlungen,  die  durch  den  Druck  verbrei- 
tet sind. 

Die  ältesten  von  den  der  ersten  Kategorie  angehörigen 
Hdss  stammen  noch  aus  dem  XII  Jhdt;  es  sind  deren  drei, 
von  welchen  die  zwei,  die  ich  einstweilen  kenne  (Berlin  und 
Oxford,  die  dritte  liegt  in  Linz),  jedenfalls  kaum  direkte  Ab- 
kömmlinge der  Originalhds  sein  können.  Die  meisten  gehören 
dem  XIII — XIV  Jhdt  an.  einige  dem  XV  und  eine  dem  XVI 
Jhdt.  Von  Rom  bis  Uppsala,  von  Krakau  und  Wien  bis 
Cheltenham  giebt  es  Exemplare  in  den  meisten  grösseren 
Bibliotheken.  Eigentümlicher  Weise  nur  nicht  in  Spanien. 
Angaben  über  eine  in  Madrid  liegende  lateinische  Hds  fehlen 
nicht,  aber  sie  scheint  jetzt  verschollen;  wenigstens  habe  ich 
trotz  verschiedener  Anfragen  und  eines  Kollegen  persönlicher 
Bemühungen  nichts  darüber  erfahren  können. 

Im  Grunde  weichen  diese  Hdss  trotz  der  Menge  und 
der  zeitlichen  Distanz  sehr  wenig  von  einander  ab.  Die  aller- 
meisten   schliessen    sich    so    eng    an  die  Version  des  Labou- 


54  W;   Söiür/ijehii, 

derie'schen  Druckes  an,  dass  die  Verschiedenheiten  nur  in 
orthographischen  Einzelheiten,  der  Stellung  der  Wörter,  Aus- 
lassung einiger  Wörter  und  Sätze  u.  s.  w.  bestehen.  Unter 
diesen  kann  man  jedoch  zwei  von  einander  darin  abweichende 
Typen  unterscheiden,  dass  die  einen  an  einigen  Stellen,  z.  B. 
am  Schluss  des  zweiten  Kapitels,  Zusätze  haben,  welche  in 
den  anderen  fehlen,  oder  richtiger  gesagt,  dass  diese  verkürzt 
sind.  Die  Abweichungen  sind  aber  von  geringem  Belang. 
Selten  ist  die  Reihenfolge  der  Erzählungen  verändert,  noch 
seltener  sind  Einschiebungen  von  neuen  Geschichten.  Solches 
bietet  z.  B.  die  interessante  Pariserhds  BN  fr.  16505,  die  aus 
dem  XIII  Jhdt  stammt.  Das  ist  eine  Sammlung  von  Beispielen 
für  die  Predigt,  gehört  also  eigentlich  streng  genommen  nicht  zu 
den  selbständigen  Abschriften  der  DC,  aber  diese  ist  doch 
fast  vollständig  in  die  Sammlung  aufgenommen;  die  Hds  kann 
also  als  eine  Kopie  gelten  oder  vielmehr  als  eins  von  den  aller 
frühesten  Beispielen  einer  Überarbeitung  zu  direkten  prak- 
tischen Zwecken.  Manches  stimmt  auch  ganz  wörtlich  mit  dem 
gewöhnlichen  Texte  überein,  anderes  ist  bearbeitet  und  zwar 
in  eine  fliessendere  und  unterhaltendere  Form  umgesetzt. 
Dies  bezieht  sich  besonders  auf  die  Geschichten,  welche  die 
Weiberlist  zum  Gegenstand  haben.  Zu  einer  von  diesen  fügt 
ausserdem  unsere  Hds  einen  Zusatz  hinzu,  den  ich  sonst  nirgends 
gefunden  habe.  Es  handelt  sich  um  den  einäugigen  Winzer, 
dem  die  Frau  bei  seiner  unerwarteten  Rückkehr  das  während 
der  Arbeit  draussen  beschädigte  gesunde  Auge  mit  einem  Kuss 
zudrückt,  damit  der  Liebhaber  verschwinden  könne.  Hier  setzt 
nun  die  Hds  folgendermassen  fort:  Es  geschah  später,  dass 
die  Frau  (die  sich  also  nicht  hatte  verbessern  lassen)  wieder 
einmal  ihren  Liebhaber  in  der  Abwesenheit  des  Mannes  bei 
sich  hatte,  und  dass  dieser  zu  früh  heimkam.  Im  ersten 
Augenblicke  verworren,  ersinnt  jedoch  die  Frau  sogleich  eine 
neue  List.  Sie  eilt  ihrem  Manne  entgegen  und  ruft  aus,  dass 
Gott  ihm  gewiss  die  Gnade  erwiesen  hat,  sein  blindes  Auge 
zu  öffnen.  Da  der  Mann  es  verneint,  bittet  sie  ihn,  das  gesunde 
Auge  zu  schliessen  um  die  Probe  zu  machen,  und  unterdessen 
schleicht  der  Liebhaber  weg.    Hieran  schliesst  sich  dann  eine 


Be werkungen  zur  Disciplina   Clericalts  etc.  55 

Geschichte,  die  sich  auch  nicht  in  den  Redaktionen  der  DC 
findet,  nämlich  von  der  Frau,  die  ihren  Mann  bewegt  einen 
Zahn  ausreissen  zu  lassen  unter  dem  Vorwande  dass  er  stinke, 
und  diesen  dann  dem  Liebhaber  giebt,  der  vor  seinen  Freun- 
den mit  seinem  ungewöhnlichen  Triumphe  prahlt.  —  In  dieser 
Hds  fehlt,  ausser  anderem,  auch  begreiflicherweise  der  Anfang 
und  der  Schluss  der  DC,  und  das  wort  »Arabs»  ist  jedesmal, 
wo  es  sonst  vorkommt,  weggelassen;  die  Geschichten  werden 
mit  dem  Titel  Exemplum  eingeleitet.  —  Eine  Hds,  die  in 
ähnlicher  Weise  die  ganze  DC  aufgenommen  hat,  mit  Aus- 
nahme der  verbindenden  Reflexionen  (eine  Anzahl  solcher  findet 
sich  jedoch  am  Schluss),  ist  die  in  Göttingen  befindliche  Theol. 
140,  über  deren  Verhältnis  zur  DC  der  Katalog  nicht  ge- 
nügenden Aufschluss  giebt.  Der  Text  ist  überhaupt  eine 
von  den  ganz  gewöhnlichen,  nur  an  einzelnen  Stellen  weicht 
er  ab,  besonders  sind  die  Geschichten  hier  und  da  verkürzt. 
Es  ist  klar,  dass  diese  Redaktionen  keinen  Beitrag  zur  Her- 
stellung des  kritischen  Textes  liefern  können,  mit  Ausnahme 
vielleicht  von  ganz  vereinzelten  Stellen,  wo  in  einer  alten 
Hds  dieser  Art  eine  gute  Lesung  sich  möglicherweise  finden 
könnte. 

Die  beiden  im  Druck  erschienenen  Versionen  sind  mehr 
oder  weniger  willkürlich  zusammengestallte  Mischtexte.  Labou- 
derie  sagt  in  seiner  Vorrede,  dass  Meon  für  die  Kollation 
dieses  Textes  sieben  Hdss  der  königlichen  Bibliothek  und  noch 
einige  andere  gebraucht  hätte.  In  der  Tat  scheint  sein  Text 
ziemlich  genau  demjenigen  der  BN  fr.  144 13  zu  folgen;  nicht 
einmal  die  Fehler  sind  verbessert,  nur  ist  einiges  aus  andern 
Hdss  hinzugefügt.  Das  »Explicit»  ist  aus  der  Hds  16252 
herübergenommen;  es  findet  sich  in  dieser  Form  auch  in  der 
Hds  5397. 

3.     Die  französischen  Versbearbeitungen. 

A.  Die  Version  Labouderie  (L)  ist  durch  fünf 
Hdss  vertreten,  welche  alle,  ausser  einer,  die  BN  fr.  12 581 
(wir  nennen  sie  F),  durch  Drucke  oder  Beschreibungen  einiger- 


56  Ar.   Söderhjelm, 

massen  bekannt  sind.  Wie  G.  Paris  gesehen  hat,  ist  für  die 
genannte  Ausgabe  die  jetzt  in  London  befindliche  Hds  BM 
Add.  10289  (A)  benutzt  worden.  Er  glaubte  jedoch,  dass  Meon, 
der  eigentliche  Redaktor  des  Textes,  eine  in  England  ver- 
fertigte Abschrift  vor  sich  hatte.  ^  Indessen  ist  es  ganz  deut- 
lich, dass  Meon  diese  selbe  Hds,  die  erst  1836  von  Paris 
nach  London  kam  (sie  hatte  der  Heber'schen  Samlung  an- 
gehört), durchgängig  benutzt  hat.  Alle  die  einzelnen  Zeilen, 
welche  in  Add.  10289  fehlen,  wie  auch  die  grösseren  Stücke, 
die  dieser  Hds  abgehen,  hat  Meon  aus  der  Hds  BN  12 581 
ersetzt.  Vor  allem  die  Erzählung  des  Schneidergesellen 
Nediu,  die  in  L  das  XXVLte  Kapitel  bildet  und  denselben 
Platz  auch  in  der  letzgenannten  Hds  einnimmt.  Das  merk- 
würdige mit  dieser  Geschichte  ist,  dass  sie  hier  ziemlich  genau, 
oft  ganz  wörtlich,  mit  der  jüngeren  Redaktion  derselben 
Geschichte  bei  Barbazan-Meon  übereinstimmt^,  während  die 
zwei  Versionen  sonst  ganz  verschiedene  Bearbeitungen  des 
Originals  darstellen.  Diese  Erzählung  findet  sich  sonst  in 
keiner  der  Hdss,  die  die  ältere  Versredaktion  (L)  enthalten. 
Der  Schreiber  von  F  hat  sie  also  aus  einer  der  anderen 
Gruppe  angehörenden  Hds  herübergenommen.  —  Das  ist 
nicht  die  einzige  Geschichte,  die  in  L  fehlt:  auch  die  nächst- 
vorhergehende, Du  Vilain  qui  sonjoit  (XXV),  geht  der  Hds  A 
ab  und  ist  aus  F  ergänzt  worden,  ebenso  wie  die  Hälfte  der 
XXIV:ten  Geschichte,  oder  von  Vers  28  (S.  171)  bis  zum 
Schluss.  Es  ist  aber  zu  bemerken,  dass  hier  nicht  die  Version 
Barbazan-Meon,  sondern  dieselbe,  die  die  übrigen  Hdss  bieten 
und  die  vollständig  von  jener  abweicht,  in  F  steht.  Sonst 
hat  A  an  vielen  Stellen  Lücken,  gewöhnlich  von  zwei,  zu- 
weilen von  vier,  einmal  von  zwölf  Zeilen.  Hier  hat  überall 
die  andere  Hds  Ersatz  bieten  können,  wie  sie  auch  zuweilen 
die  richtige    Lesart  abgegeben  hat.     Ein  kritischer  Text  wird 


*  Einleitung  zu  den  T^-ois  versions  rimees  de  l' Evavgile  de  Nicodlme 
{Societe  des  anciens  textes  fi-angais   1885J,   S.    XXI  f. 

-  Diese  Geschichte  hat  bei  Barbazan-Meon,  Fabliaux  et  Contes, 
MDCCCVIII,  die  Nummer  XVIII,  nicht  10,  wie  ein  Druckfehler  bei  Grö- 
ber,  /.  c,   S.   693   angiebt. 


Bemerktingen  zur  Disciplina  Clericalts  etc.  57 

in  dieser  Beziehung  grossen  Nutzen  von  der  besagten  Hds 
ziehen  können.  Dass  Meon  keine  Hds  ausser  diesen  beiden 
gekannt  hat,  geht  auch  daraus  hervor,  dass  er  einen  in  F 
fehlenden  Vers  in  XXV  (V.  18,  S.  173)  nicht  hat  ersetzen 
können:  sowohl  die  Hds  Pavia  (P)  als  die  Wallerstein'sche 
in  Mayhingen  (M)  wie  auch  die  sonst  vor  allem  in  Bezug  auf 
die  Reihenfolge  der  Geschichten  sehr  willkürliche  Ashburnham- 
Hds  (jetzt  in  der  BN,  Nouv.  acquis.  fr.  7517;  ich  nenne 
sie  N),  die  Paul  Meyer  beschrieben  hat,^  haben  aber  hier  die 
fehlende   Zeile  und  die  richtige  Lesart. 

Die  Hds  BN  12581  schliesst  mit  den  Reflexionen  nach 
der  Nediu-Geschichte  (LS.  179,  V.  124).  Ihr  fehlt  fast  der  ganze 
Schluss  der  XXIILten  Erzählung  (V.  145—182,  L  S.  168— 
169).  Sie  ersetzt  dies  alles  mit  den  vier  Versen,  welche  in 
den  übrigen  drei  Hdss  in  etwas  variierter  Form  (die  Hdss  P 
und  M  haben  sechs  Verse)  am  Schluss  der  Geschichte  stehen. 
Das  »Glossema»  (Mussafia's  Ausdruck^),  mit  dem  P  schliesst, 
findet  sich  auch  in  M,  aber  nicht  in  F.  —  M  ist  die  einzige  Hds 
dieser  Version,  die  die  Geschichte  von  Marianus  mitteilt.  A 
ist  wieder  die  einzige,  die  die  Geschichte  von  dem  Vater,  der 
seine  ganze  Habe  seinen  Töchtern  überliess,  enthält.  P  ist 
ebenfalls  alleiniger  Mitteiler  der  symbolischen  Geschichte  von 
dem  einjährigen  Könige  aus  Barlaam  und  Josaphat.  So  ent- 
halten alle  diese  Hdss  je  eine  Geschichte,  die  nicht  in  den  an- 
deren steht.  Dazu  hat  noch  P  das  Kapitel  von  Socrates  (Dioge- 
nes) herübergenommen,    das   in  den  anderen   weggelassen  ist. 

Die  jüngste  dieser  Hdss  scheint  P  zu  sein.  Sie  ist  auch 
die  längste,  indem  sie  etwas  mehr  als  4800  Verse  enthält; 
M  hat  4641,  A  ung.  4620,  F  4542  Verse.  N  ist  die  kürzeste, 
die  Bearbeitung  der  DC  umfasst  dort  4071  Verse.  (P.  Meyer 
sagt,  dass  jede  Seite  22  V.  hat,  aber  die  Zahl  wechselt,  und 
von  f:o  1 1  an  ist  sie  regelmässig  26,  mit  Ausnahme  später 
hinzugefügter,  unten  stehender  Verse,  die  in  der  ziemlich 
nachlässig  verfertigten  Hds  hie  und  da  vorkommen.) 


*  Bulletin  de  la   Soc.  des  anc.  textes  fr.^    1887,   S.   82    ff. 

*  Sitzungsberichte    der    Akademie    der    Wissenschaften    zu    Wien.      Philo- 
sophisch-hist.   Classe.      XIV  Bd.      1870,   S.    557   fif. 


58  JF.   Söikrhjelm, 

Einer  detaillierten  Untersuchung  mag  es  vorbehalten  bleiben, 
das  Verhältnis  zwischen  diesen  Hdss  genauer  zu  bestimmen. 
Ich  bemerke  nur  hier,  dass  in  sehr  vielen  Fällen  eine  nähere 
Verwandtschaft  zwischen  A,  M  und  P  zu  belegen  ist;  in  den 
meisten  von  diesen  Fällen  geht  auch  N  mit  den  genannten 
Hdss.  So  fehlen  in  allen  diesen:  Einleitung  V.  59  —  78  (L  S.  3; 
der  Anfang  fehlt  überhaupt  in  N);  II,  233 — -234  (L  S.  32); 
III,  61—64  (L  S.  36);  87—88  (L  S.  42);  VII,  27—28 
(L  S.  48);  XI,  I  Ol  — 102  (LS.  64).  In  A,  P  und  M  fehlen  auch 
XI,  39 — 40,  in  M  ausserdem  auch  37 — 38;  (N  hat  diese  Verse, 
aber  vor  und  nach  ihnen  fehlen  vier  Zeilen).  An  allen  diesen 
Stellen  steht  F  für  sich.  Die  letzgenannte  Hds  geht  an  drei 
Stellen  zusammen  mit  M  gegen  A,  N  und  P  (XXI,  125  — 126, 
L  S.  150;  XXII,  261—262,  L  S.  161;  XXIII,  25  —  36,  L  S.  164), 
während  an  einer  Stelle  N  sich  an  M  und  F  gegen  die  an- 
deren anschliesst,  jedoch  mit  starker  Alteration  der  Lesart 
(XII,  23  —  24,  L  S.  78).  In  A  und  M  fehlen  die  V.  Einl.  16—17 
(L  S.  i)  und  XII,  3 — 4  (L  S.  ']'])\  an  der  ersten  Stelle  hat  N 
wie  gesagt  eine  Lücke,  an  der  anderen  geht  sie  mit  F  zu- 
sammen. 

B.  Die  Version  Barbazan-Meon  (BzM).  Der  in 
den  Fabliaux  et  Contes,  II,  39  ff.  gedruckte  Text  ist  voll- 
ständig (nicht,  wie  Mussafia  sagt,  unvollständig)  nach  der  Hds 
BN  fr.  191 52  (nicht,  wie  Gröber  sagt,  »zum  Teil»  nach  dieser 
Hds)  kopiert,  nur  mit  verschiedenen  vom  Herausgeber  selbst 
herrührenden  Verbesserungen.  Mussafia's  Behauptung  stützt 
sich  darauf,  dass  zwischen  die  Geschichten  und  die  Lehren 
räsonnierende  und  hinweisende  Stücke  eingeschaltet  sind;  aber 
diese  beziehen  sich  garnicht  auf  etwas  ausgelassenes,  sondern 
auf  das  folgende,  zuweilen  auch  auf  das  vorhergehende.  Der 
Herausgeber  hat,  wie  ja  auch  aus  der  Vorrede  ersichtlich  ist, 
keine  andere  Hds  gekannt,  sonst  hätte  er  die  Lücken  aus- 
gebessert, die  zufolge  des  schlechten  Zustandes  der  Hds  hier 
und  da  vorkommen  und  zu  denen  in  allen  anderen  Hdss  der 
entsprechende  Text  vorhanden  ist.  An  verschiedenen  Stellen 
hat  der  Hg  aber  eine  Lücke  vorausgesetzt,  wo  eine  solche  in 


Femcrktingen  zur  Disciplina   C/cricalis  etc.  59 

der  Tat  garnicht  vorhanden  ist,  sondern  der  Reim  einfach 
verdorben.  So  II,  44  (BzM  S.  54),  wo  unter  der  Vorausset- 
zung, dass  etwas  fehlt,  eigentlich  die  Lücke  zwei  Verse  hätte 
umfassen  miissen;  aber  in  der  Tat  fehlt  nichts.  Die  Ausgabe 
zeigt  folgendes: 

Ne  a  l'orine,  ne  au  pox 

Ne  truevent  pas  qu'il  soit  lie, 

aber  die  anderen  Hdss  zeigen,  dass  der  zweite  Vers  Ne 
truevent  quil  soit  feverous  heissen  muss  und  dass  also  hier 
nur  ein  verdorbener  Reim  zu  ändern  war.  —  Etwas  verschieden 
ist  die  Stelle  in  der  Geschichte  V,  78  (S.  78).    Der  Druck  hat: 

Si  com  ä  un  Clerc  ja  avint, 

Qui  en  mauvais  leu  s'enbati, 
80    Por  ce  je  te  comment  et  pri. 

V.  78 — 79  lauten  aber  nach  den  anderen  Hdss:  Si  com 
a  un  clerc  avint  ja  Qui  en  mauvais  leu  sen  ala,  und  der 
V.  80  der  Ausgabe  ist  ein  Zusatz  des  missverstehenden 
Kopisten.  Die  Lücke  XIII,  112  (S.  iii)  gehört  zu  109,  wo 
nach  dem  V. :  Qui  sont  tuit  plein  d'or  et  d'argent  der  folgende 
einzuschieben  ist:  Et  de  mout  riche  gar7tement.  II,  192  und 
XIII,  HO  fehlt  dagegen  richtig  an  der  mit  Strichen  ange- 
gebenen Stelle  je  ein  Vers. 

Übrigens  beziehen  sich  die  Änderungen  nur  auf  Kleinig- 
keiten; zuweilen  sind  sie  ganz  berechtigt,  wo  ein  Vers  ver- 
bessert oder  eine  richtige  Form  hergestellt  wird,  an  anderen 
Stellen  ist  ein  sehr  willkürlicher  Hang  zur  Modernisierung 
vorhanden,  so  wenn  si  für  se,  le  fiz  statt  li  filz,  egare  für 
esgare  u.  s.  w.  gesetzt  wird.  Sonst  verändert  der  Hg  zuweilen 
die  Wortstellung,  wie  II,  55  Por  qui  est  si  d'amor  surpris 
statt  hdslich  d'amor  si,  oder  ganz  unbegreiflich  ein  Tempus 
wie  II,  100  Guide  statt  Cuida  und  drgl.  Aber  im  grossen 
und  ganzen   folgt  der  Text  getreu   der   Hds. 


6o  II'.    Söderltjelin, 

Diese  Hds  hat  das  Verdienst,  in  Bezug  auf  die  Geschichten 
vollständig  zu  sein  (mit  Ausnahme  einer  (jeschichte,  die  über- 
haupt keine  von  den  Versionen  übersetzt  hat),  aber  tadellos 
ist  sie  bei  weitem  nicht,  wie  schon  die  angeführten  Stellen 
bezeugen.  Von  allen  anderen  Hdss  weicht  sie  in  der  Hinsicht 
ab,  dass  sie  eine  zum  allergrössten  Teil  gute  Versifikation 
bietet,  während  die  anderen,  die  auf  englischem  Boden  ent- 
standen sind,  die  gewöhnliche  anglonormannische  Nachlässig- 
keit in  der  Behandlung  des  Silbenmasses  zeigen.  Beim  Ver- 
gleich mit  diesen  Hdss  fällt  daneben  folgendes  auf.  Unsere  Hds 
(wir  nennen  sie  B)  hat  überhaupt  reine  Reime,  nur  eine  geringe 
Anzahl  von  Verbindungen  ie  :  e  kommen  vor,  während  die  in 
den  anderen  Hdss  sehr  zahlreichen  Reime  dieser  Art  hier 
sonst  durch  reine  Verbindungen  vertreten  sind.  Da  man  weiss, 
wie  gerne  die  anglonormannischen  Schreiber  sich  der  ihnen 
geläufigen  Freiheit  in  dieser  Beziehung  überliessen,  liegt  ja 
von  vornherein  die  Annahme  nahe,  dass  ein  solcher  Kopist 
die  Reime  eines  etwa  kontinentalnormannischen  Originals,  das 
ursprünglich  einige  derartige  Verbindungen  enthielt,  um- 
gestaltet hätte.  Der  in  Frage  stehende  Text  scheint  aber 
Andeutungen  in  ganz  entgegengesetzter  Richtung  zu  enthalten, 
nämlich  dass  der  Schreiber  von  B  oder  ihrer  Vorlage  eben 
bemüht  gewesen  sei,  die  agln  Reime  zu  beseitigen  und  eine 
gute  Versifikation  herzustellen,  dass  er  aber  in  diesem  Bemühen 
nicht  immer  Glück  hatte,  sondern  zuweilen  die  fehlerhaften 
Reime  stehen  zu  lassen  gezwungen  war,  zuweilen  wieder  zu  einem 
schlechten  Notausweg  gegriffen  hat,  der  den  Vers  noch 
schlechter  machte  als  er  in  seiner  agln,  diesen  Schreiber 
erschreckenden  Gestalt  war.     So  steht  I,    193  (BzM  S.   51): 

Dites  moi,  s'il  vos  puet  membrer. 
Savez  Ol  d'aucun  conter 
193    Q^i  cüst  un  entier  ami, 
Volentiers  en  vorroie  oir. 

Die  anderen  Hdss  bieten  hier  (193 — 4)  entweder:  Ou  en 
aucun  liu  parier  De  aucun  qui  eust  mi  ami  e?iter,  oder :   Ki  eust 


Bemerkungen  zu?-  Disciplina   Clericalis  etc.  6i 

un  ami  enter  Mult  le  voldroie  escuter.  Diese  Reime  schienen  dem 
Schreiber  unrichtig,  und  er  hat  verbessert,  jedoch  ohne  Erfolg. 
Noch  deutlicher  geht  diese  seine  Methode  aus  einer  anderen 
Stelle  hervor.  Der  Anfang  der  siebenten  Geschichte  lautet 
in  den  agln  Hdss:  Uns  prodom,  (o  oi  conter,  Ala  sa  vigne 
vendenger  —  da  aber  der  Reim  seinem  Ohr  unrichtig  schien, 
versuchte  der  Schreiber  ihn  zu  verbessern,  fand  aber  keine 
glücklichere  Substitution  als:  G'di  ja  ä'un  preudome  dire, 
Qui  aloit  vendanger  sa  vigne.  —  An  anderen  Stellen  scheint 
die  Verbesserung,  wenn  auch  einen  richtigen  Reim,  so  doch 
eine  gezwungenere  Lesart  eingeführt  zu  haben.  So  heisst  es 
V.  26  (S.  j6)  in  den  agln  Hdss:  Cil  ala  la  parte  garder 
Et  fist  asez  den  son  mester,  welchen  ungenauen  Reim  der 
Schreiber  durch  folgende  Substitution  in  der  zweiten  Zeile 
geändert  hat :  Et  fist  si  com  il  dut  aler,  was  wenig  Sinn  hat. 
Andere  solche  wenig  geglückte  Verbesserungen  könnten  citiert 
werden. 

Wenn  es  also  nun  feststeht,  dass  der  Kopist  die  Reime 
ie :  e  zu  entfernen  bemüht  war,  und  wenn  man  ex  analogia 
mit  den  Stellen,  wo  wir  ihn  an  seiner  Arbeit  ertappen, 
schliessen  kann,  dass  auch  die  anderen  Stellen,  wo  die  übrigen 
Hdss  diesen  Reim  zeigen,  die  ursprüngliche  Gestalt  des  Ge- 
dichts darstellen,  so  würde  also  das  Gedicht  eine  sehr  grosse 
Zahl  solcher  Reime  enthalten  haben,  grösser  als  sie  in  den 
kontinentalnormannischen  Gedichten  zu  sein  pflegen.  Ver- 
glichen mit  dem  Umstände,  dass  es,  nach  den  übrigen  Hdss 
zu  urteilen,  eine  weite  Verbreitung  auf  agln  Boden  gefunden 
hatte,  legt  dieses  Sachverhältnis  den  Gedanken  nahe,  dass 
das  Original  agln  gewesen  ist.  Die  in  B  gut  erhaltene  Versi- 
fikation  brauchte  ja  nicht  dagegen  zu  sprechen,  da  es  nicht 
an  agln  Gedichten  mit  regelrechter  Metrik  fehlt.  Aber  wir 
haben  keine  entscheidenden  Beweise:  von  den  spezifischen 
agln  Merkmalen  kommen,  so  viel  ich  sehen  kann  —  eine  genaue 
Untersuchung  habe  ich  nicht  veranstaltet,  auch  noch  keine 
Klassifikation  der  Hdss  —  in  den  Reimen  wenige  vor,  und 
es  bleibt  fraglich,  ob  die  Summe  so  gross  ist,  dass  man  einen 
bestimmten  Schluss  in  der  angegebenen  Richtung  ziehen  könnte. 


62  W-^.   S'öderhjehn, 

Wenigstens  vier  von  den  Hdss,  die  wir  noch  ausser  B 
besitzen,  bezeugen  auf  den  ersten  Blick  ihren  agln  Ursprung. 
Eine,  vielleicht  die  jüngste  von  allen,  die  Hs  Reuen  O.  35  (R), 
die  dem  XIV  Jhdt  angeliört,  ist  in  Bezug  auf  Lesarten  nahe 
mit  B  verwandt,  zeigt  aber  keine  besonderen  agln  Sprachzüge, 
vermeidet  vielmehr  konsequent  die  Vermischung  von  o  und  u 
in  der  Schrift,  lässt  neben  ei  die  Schreibung  mit  oi  zu  und 
weist  sogar  einige  Pikardismen  auf,  wie  carme  für  charme. 
Aber  die  Reime  stimmen  mit  denen  in  den  rein  agln  Hdss 
überein,  die  Versifikation  ist  durchgehend  schlecht,  und  übri- 
gens der  Text  stark  entstellt,  oft  unbegreiflich,  wie  auch  die 
Hds  sehr  nachlässig  ausgeführt  und  auch  wegen  ihres  äus- 
seren Zustandes  nicht  leicht  leserlich  ist. 

Eine  andere  Hds,  die  bei  der  Rekonstruktion  eines 
kritischen  Textes  gleich  wie  die  letzgenannte  wenig  Dienste 
leisten  wird,  ist  die  in  London  befindliche  BM  Harley.  527  (h). 
Man  kann  ihren  Text  geradezu  als  eine  Bearbeitung  be- 
zeichnen, denn  obgleich  er  alle  Geschichten,  mit  Ausnahme 
vierer,  des  BzM:schen  Textes  wiedergiebt  und  dazu  noch  eine 
der  DC  fremde  Geschichte  bringt,  so  enthält  er  doch  nur 
2146  Verse,  also  ungefähr  150  weniger  als  die  Edition.  Dies 
beruht  darauf,  dass  die  Geschichten  zum  Teil  (nicht  alle)  sehr 
verkürzt  sind,  die  moralischen  Reflexionen  entweder  zu.sam- 
mengezogen  oder  vollständig  weggelassen.  In  Bezug  auf  die 
letzteren  hat  der  Kompilator  ein  eigentümliches  Verfahren 
beobachtet.  Nachdem  er  den  Anfang,  47  Verse,  in  ziemlich 
getreuem  Anschluss  an  den  gewöhnlichen  Text  wiedergegeben 
hat,  tritt  eine  Lücke  von  22  Versen  ein,  darnach  setzt  er 
wieder  fort  (25  V.),  dann  kommen  7  V.  eigenen  Zusatzes, 
dann  III,  7— lO,  75 — 88,  91  —  106,  253 — 260,  45 — 48,  108 — 
III,  dann  einige  Verse  aus  dem  Kapitel  Du  chastoiement 
am  Schluss  (BzM  S.  138),  dann  XIX,  35—56,  dann  wieder  III, 
112 — 128,  149 — 152,  189 — 190,  221 — 228,  261 — 266,  dann 
wieder  einiges  aus  dem  Du  chastoiement,  dann  XXV,  II2 — 126, 
dann  XIX,  29 — 32,  dann  einzelne  Verse  aus  II  und  III  und  der 
Einleitung.  Nachher  beginnt  die  zweite  Erzählung.  Man  kann 
sich    vorstellen,    wie    dies  alles  mit  einander  zusammenhängt! 


fienierkungen  zur  Di s cip lina   C lericalis  etc.  63 

Die  der  DC  fremde  Geschichte  ist  statt  der  zehnten, 
Du  Fableor,  eingeschaltet,  weil  der  Kompilator  wahrscheinlich 
noch  einen  pikanten  Beweis  für  die  Untreue  der  Frauen  liefern 
wollte.  Es  ist  dieselbe  Erzählung,  die  sich  bei  Barbazan-Meon 
-II,  91  und  Montaiglon-Raynaud,  I,  126  unter  dem  Titel  Le 
Cuvier  findet,  nur  ist  sie  hier  ganz  verschiedenartig  und  zwar 
weder  dem  Inhalte  noch  der  Form  nach  vorteilhafter  dar- 
gestellt. Da  mir  diese  Version  sonst  unbekannt  ist,  mag  sie 
hier  mitgeteilt  werden. 

Li  sires  en  sun  bosioin  alat, 

E  dist  ke  mult  i  demurra. 

La  dame  maunde  son  ami, 

Baigner  le  vout,  puis  esbanir. 
5    A  sa  veisine  envea, 

Sa  cuve  a  baigner  apromta, 

En  le  ele  de  la  meisun  le  baina, 

Le  US  de  la  sale  ben  ferraa. 

Li  sires  fu  cuntremaunde, 
10    A  l'oustel  tost  est  repeire. 

II  hurte  a  le  us,  haut  ad  crie. 

La  cuve  unt  il  tost  reverse, 

Li  chapelain  desuz  rausce; 

Le  US  unt  ouert,  e  entre  einz 
15    Li  sire  out  estraunge  genz. 

Li  quisine  fet  haster, 

Ore  endreites  vout  manger. 

II  unt  lave  e  sunt  asis, 

Mult  ben  fet  servir  ses  amis. 
20    A  taunt  i  vint  une  meschine, 

Devaunt  la  dame  sei  encline: 

Munseignur  vint  ore  a  l'ostel, 

Sun  bain  cumanda  aprester; 

Pur  sa  cuve   sui  venue, 
25    Ples  vus  ke  hors  je  la  remue? 

Dist  la  dame:  Nu  freez, 

Ja  la  mein  ne  i  meterez; 

Va  t'en,  tost  jeo  le  enverai, 

Si  tost  cum  fere  le  porai. 
30    Cele  se  turne,  a  l'ostel  vient, 

Sa  dame  lui  maunde:  Ne  le  as  tu  nient? 

Arere  cur,  si  tu  ne  le  as, 

Jeo  meimes  vendrai  pur  pas. 


64  W^.   Söderhjelm, 

Cele  returne,  tauntost  curut, 
35    Li  sire  demaunde  quei  ele  ust: 

Rendez  li  tost,  ne  le  retenez ! 

La  dame  fu  mult  esmaiez. 

^"a  vien,  dist  ele,  od  mei    parlez, 

E  je  te  dirai  ke  en  friez; 
40    Arere  tent,  va  tanttost  curaunt, 

Ta  dame  di  ke  jeo  li   maunt 

Ke  ja  ne  m'urge  (?  ,  a  Den  ne  place, 

Desque  el  besoin  de  dame  sace. 

Kant  sa  veisine  6i  le  aveit 
45    Dune  purpense  mult  estreit, 

En  sa  quisine  tost  ala, 

La  mesun  pus  aluma, 

Le  uches  (/.  ucher)  mult  haut  ad  fet  lever 

Pur  la  dame  desencumbrer. 
50    Le  cri  i  vint,  il  levent  sus 

La  table,  tresseilerent  tuz, 

Ne  remist  en  le  hostel  un  sul 

Fers  la  dame  e  sun  lecheur. 

La  cuve  en  oste  e  il  s'en  vet, 
55    Des  ore  en  unt  il  nul  pleit. 

Die  nächste  Hds  an  der  Reihe  ist  der  Cod.  Digby  86 
(D)  in  Oxford,  bekannt  vor  allem  durch  die  Beschreibung 
Stengels,^  der  ihr  wahrscheinlich  doch  ein  etwas  zu  hohes 
Alter  gegeben,  indem  sie  wol,  wie  Paul  Meyer  behauptet  hat,* 
aus  der  Mitte  des  XIV  und  nicht  aus  dem  Ende  des  XIII 
Jhdts  stammt.  Stengel  hat  den  Anfang  und  den  Schluss 
mitgeteilt  und  den  betreffenden  Text  mit  zwei  andern  ver- 
glichen (Harl.  527  und  B,  jedoch  nicht  immer  exakt,  so  z.  B. 
fehlen  die  V.  13 — 18  des  Cod.  Digby  auch  in  der  erst- 
genannten Hds).  Im  allgemeinen  kann  man  wol  sagen,  dass 
diese  Hds  in  Einzelheiten  eine  Gruppe  für  sich  gegenüber 
der  Mehrzahl  der  anderen  bildet. 

Die  Hds  Harley.  4388  des  BM  (H)  ist  älter  als  die  vor- 
hergehende, sie  stammt  wahrscheinlich  aus  dem  zweiten  Drittel 

'  Codüevt  titanu  scriptum  Digby  S6  .  .  .  descripsit  .  .  .  MDCCCLXXI, 
S.   II   flf. 

^  Romania^   t.   I  (1S72),   S.   245. 


i 


Bemerkungen   zur  Discip lina   Clericalis  etc.  65 

des  XIII  JhdtsS  hat  ursprünglich  wol  das  ganze  Gedicht  ent- 
halten, oder  nach  Ward's  Berechnung  ungefähr  vierzig  Verse 
weniger  als  B,  mit  der  sie  übrigens  ziemlich  genau  überein- 
stimmt, nur  dass  die  Versifikation,  wie  schon  gesagt,  schlechter 
ist,  die  Schreibung  anglonormannisch  und  hie  und  da  aus 
Nachlässigkeit  ein  Vers  ausgelassen.  Dagegen  enthält  sie 
Lesarten,  welche  offenbar  das  ursprünglich  richtige  gegenüber 
B  darstellen,  neben  anderen,  die  wieder  verdorben  sind.  Durch 
das  Fehlen  von  nicht  minder  als  8  f:os  ist  eine  sehr  um- 
fangreiche Lücke  entstanden,  die  von  dem  Anfang  der  Ge- 
schichte XIII  bis  zur  Mitte  der  Geschichte  XXIV  reicht.  Die 
Hds  enthält  somit  in  ihrem  jetzigen  Zustande  nur  2399  Verse. 

Schliesslich  ist  zu  erwähnen  die  Cheltenhamer  Hds  in 
der  Bibliothek  Philipps  (C).  Sie  ist  nur  durch  die  Beschreibung 
Paul  Meyer 's  in  den  Notices  et  Extraits,  XXXIV,  i,  S.  197  ff. 
bekannt,  wo  auch  einige  Zeilen  von  dem  Anfang  und  dem 
Schluss  mitgeteilt  sind.  In  Bezug  auf  die  Geschichten  ist  sie 
vollständig,  enthält  also  auch  diejenigen,  die  in  D  fehlen.  Der 
Text  ist  im  allgemeinen  recht  gut  und  weicht  nicht  allzusehr 
von  demjenigen  in  B  ab.  Die  Hds  stellt  wol  die  früheste 
und  korrekteste  agln  Abschrift  dar,  die  wir  besitzen;  ob  sie 
aber  direkt  auf  das  Original  zurückgeht,  kann  ich  einstweilen 
nicht  entscheiden,  glaube  es  aber  gewiss  nicht. 

Um  wenigstens  eine  Idee  von  dem  Verhältnis  der  ver- 
schiedenen sechs  Hdss  zu  einander  zu  geben,  drucke  ich  hier 
80  Verse  nach  C  ab  und  gebe  vollständige  Varianten.  Ich 
wähle  zwei  Stellen  aus  der  Einleitung  und  der  ersten  Ge- 
schichte. 

Beu  fiz,  par  Deu  te  pri  le  veir,         (BzM  S.  43,  V.  69). 
De  la  furmie  aprenc  saveir, 
Ki  en  este  vait  purchagant 
Dunt  pusse  vivre  en  avant; 

I  B  por  D  l>eau  doiu  fiz  pur  deu  le  voir  H  F"iz  ieo  te  pri  par  d.  1.  v. 
h  pur  —   2    BR    A    la  f.    h    pren    —    3  BR  Dont  el   p.     D  vivre  puise  — 


'   Laut    Mitteilung    von  Herrn  G.  F.   Warner  im  Departement  der  Mss 
des  BM. 


66  IK   Sbderhjelm, 

5    En  este  quert,  e  fet  que  sage, 

Dont  pusse  vivre  a  l'ivernage. 

Beau  fiz,  e  del  coc  te  comant 

Ke  ne  seit  de  tei  plus  vaillaunt, 

Ki  s'esveille  a  Teinsjornaunt 
lO    E  vet  guareisun  queraunt. 

Beau  fiz,  quant  vient  a  l'ajourner, 

Dune  ne  dois  tu  pas  reposer,  (80) 

A  muster  en  deiz  dunk  aler 

Deu  deprier  e  aurer, 
15    K'il  te  defende  a  icel  jour 

De  pecche  par  sa  grant  dulgor. 

Li  coc  refait  un  autre  rien: 

Se[s)  set  femmes  ciiastie  bien. 

Mes  si  tu  ne  poez  chastier 
20    Une  seule  ne  justisier, 

Dune  est  li  cos,  cument  ke  seit. 

Plus  fort  de  tei  en  un  endreit.  (90) 

Beau  fiz,  pren  guarde  del  chen: 

N'oblie  pas  ki  li  fet  bien; 
25    Si  aucum  par  bien  regarde  te  eit 

E  tu  ublies  le  bien  fait, 

Dune  avra  en  aucune  guise 

5  B  quant  el  fait  D  si  fest  h  ersetzt  4 — 5  durch:  U  divesce  nent  iie  ames  A  labour 
eyens(?)  tuz  nes  —  6  BHR  en  iv.  D  vivre  puise  le  iv.  —  7  H  Fiz  del  coc 
ieo  te  c.  R  del  ce  te  c.  h  6  —  7:  Mes  gard  ke  ne  seit  plus  veilaunt  Le  coc 
de  tei,  jo  te  cumaunt  —  8  D  plus  de  toi  ne  s.  H  Ke  il  ne  seit  de  tei  plus 
s.  —  9  BHR  l'ajornant  D  Ki  se  leve  en  la  jornant  —  1 1  BDH  lenjorner 
h  Tut  ausi  quant  vent  au  j.  HE  quant  vient  al  ajorner  —  12  H  Unc  ne 
deis  p.  r.  h  Dunk  ne  dei  pas  r.  —  13  BDR  mostier  doiz  dunques  H  al 
muster  deis  d.  a.  h  ten  deis  —  14  BR  Por  d.  proier  D  E  d.  pr.  e  demaunder 
H  Deu  preer  e  a.  h  Deus  aurer  e  prier  —  15  D  Qui  —  16  D  gr&nl  fehlt 
H  D'encumbrement  de  deshonur  —  17  (Die  folgenden  ij  Verse  sind  in  B 
durch  den  Zustand  der  Hds  verstümmelt^  so  dass  die  ziveite  Hälfte  immer  fehlt) 
BD  si  fait  R  Li  cocs  fait  h  ersetzt  die  Verse  17—20  durch:  Si  li  coc  leve 
einz  de  tei  Grant  vilte  vus  ert  si  cum  ieo  crei  —  18  BR  Ses  cinq,  f.  D 
See  .V.  femmes  justise  il.  b.  19  R  ne  fehlt  —  Nach  20  fügt  D  hinzu:  Donke 
ad  li  koks  en  une  guise  Plus  ke  tu  nas  de  franchise  —  21  D  E  si  est 
comenl  —  22    H  Meillur  de  t.  h  Avaunt  de  t.  --  26  B  Se  h  sun  b.  —  27   B 


ßemerkungen  zur  Dtscipliua   C/ericaiis  etc.  67 

Li  chien  plus  que  tu  de  franchise. 

Beau  fiz,  un  autre  rien  te  di: 
30    Ne  te  soit  poi  de  un  enemi, 

Ne  trop  ne  te  soit  pas  avis 

D'aveir  eine  .c.  u  plus  amis.  (loo) 

Beau  fiz,  ne  loer  tun  ami 

Enceis  que  tu  saches  ben  de  fi 
35    Si  il  te  eime  bien  vereiement; 

Tu  le  savras  a  l'espruvement. 

Un  esample  te  vuil  conter,  (BzM  s.  44  V,  i). 

E  tu  pense  de  l'escouter. 

Uns  proddom  estoit  en  Arabe,  Conte  l. 

40    Icels  out  nun  Lucanabe, 

Si  estoit  del  siecle  mut  sage, 

Si  este[it]  de  mult  grant  aige. 

Avint  si  ki  il  ammaladi, 

Morir  quida  trestout  de  fi; 
45    A  sun  fiz  ad  dunk  demaunde: 

Quanz  amis  as  tu  purchace 

Tant  cum  as  vescu  entre  gent? 

E  li  fiz  li  dit:  plus  de  cent.  (10) 

Li  peres  entent  bien  assez 
50    K'il  nes  aveit  pas  espruvez. 

Mout  as,  dist  il,  espleite 

Si  tu  en  as  ja  tant  purchace, 

I^onc  auras  D  ad  li  chens  en  une  g.  h  aura  plus  en  cele  guise  —  28  D  plus 
ke  tu  nas  de  f.  H  plus  de  tei  h  plus  fehlt  —  29  H  Chier  f.  une  rien  — 
30  B  de  un  ami  D  de  un  bon  ami  R  de  ton  ennemi  —  32  BHR  ou  cent 
on  plus  D  h  (die  diese  Stelle  viel  späte?-  bringt)  De  aver  cent  ou  plus  —  33 
HR  ne  loe  D  loez  pas  H  Cher  fiz  ne  leisser  tun  ami  —  34  BD  Ains  (einz) 
h  fehlt  für  das  Folgende  —  35  D  parfitement  H  S'il  aime  tei  veraiement 
—  36  BR  le  fehlt  —  37  D  Une  ensample  te  dirrai  H  te  voil  mustrer  — 
38  B  penses  D  Si  cum  counter  oy  le  ai  H  en  pens  —  39  C  fehlerhaft  Ababe 
H  arabie  —  40  B  Si  avoit  a  non  Lucinabe  D  Ke  avoit  H  Cil  out  a  num 
Lucanaibe  (pro  Lucanabie)  —  RH  out  .  .  .  Lucanabie  —  41  BHR  II  estoit 
D  Sestoit  —  42  BHR  E  si  est.  D  E  si  estoit  hom  —  46  B  conqueste  H  se 
aveit  purch.  —  48  BR  Le  filz  li  a  dit  DE  eil  respoundi  —  49  B  Li  peres 
entendi  assez  —  50  B  Ke  nes  a  pas  bien  D  ke  ne  les  out  pas  espr.  H  Ke 
nes  aveit  --51   BDR  bien  espl.    H  Si  dit  mult  as  b   espl.  —  52   BR  i  as  tant 


68  IV.   Söderhjelm, 

Mes  tu  ne  te  deis  pas  vaunter 

Enceis  que  vienge  al  espruver. 
55    Beau  fiz,  mout  ad  ke  jo  sui  ne, 

Encore  n'ai  pas  si  espleite, 

Uncore  n'ai  jo  pas  purchace 

Fors  d'un  seul  ami  la  meite.  (20) 

Va  toust,  espruve  tes  amis 
60    Endementiers  ke  jeo  sui  vifs, 

Que  tu  saches  veraiement 

Si  nul  te  eime  parfitement. 

Volentiers,  dist  li  bachiler, 

Mes  ore  me  ditz  dunk  primer 
65    Curnent  jes  devrai  espruver, 

E  jol  ferai  saunz  demurer. 

E  sis  pere  toust  li  enseigna 

Cument  il  les  espruvera:  (30) 

Va,  dist  il,  ocir  un  veel 
70    E  pus  le  met  en  un  sachel, 

E  si  l'ensanglente  defors 

E  puis  sil  porte  cum  un  cors. 

Di  ke  home  as  ociz, 

E  vien  de  nuit  a  des  amis, 
75    E  crie  lur  pur  Deu  merci 

E  di  ke  as  un  hemme  murdri, 

Prie  les  en  tutes  amurs 

K'il  te  facent  aucun  succurs. 

Par  tant  savras  veraiement 
80    Si  nul  te  eime  parfitement.  (40) 

D  tu  as  tauns  H  en  fehlt  —  53  BR  dois  mie  v.  —  54  BR  Ains  que 
viegnes  D  Einz  que  venge  —  55  DH  ieo  fu  H  Beau  fehlt  —  56  B  Et  si 
n'ai-ge  pas  tant  erre  H  nai  mie  R  nay  je  pas  -  57  B  Que  ge  me  soie 
porchacie  H  nai  pas  uncore  p.  R  ()ue  ie  ay  si  me  porchace_^  (57  —  58  sind 
in  H  umge7vorfen)  —  59  D  esprouer  —  60  B  Denientre  R  Endementre  i|ue 
suy  —  61 — 66  Die  zweite  Hälfte  der  Verse  fehlt  in  B  — -61  R  tu  le  saches 
—  64  B  dites  se  vos  volez  H  m'en  dites  R  dites  tout  prives  —  65  BD  les  doi 
H  Cum  io  les  dei  R  ies  doy  —  67  BR  Et  li  peres  D  Sun  pere  H  Sis  peres 
. . .  enseignot  —  69  D  Va  toust  H  ocie  —  70  D  Si  le  boutez  H  Pus  sil  met  — 
71 — 72   fehlen    in   B  —   71    D  lensaunglantez  —   73    BDHR  D'aucun  home 


1 


Bemerkungen  zur  Distiplina   C/ericalis  etc.  69 

Hier  ist,  wie  man  sieht,  die  Übereinstimmung  unter  den 
Hdss  noch  eine  ziemlich  grosse.  Es  giebt  aber  Stellen,  wo 
sie  viel  stärker  auseinander  gehen.  Eine  solche  findet  sich  in 
der  zwölften  Erzählung,  der  bekannten  Geschichte  von  dem 
ausgesperrten  Ehemanne,  die  man  gewöhnlich  »Puteus»  nennt. 
Die  vier  Hdss,  die  ich  hier  zu  meiner  Verfügung  habe  (mir 
fehlt  die  Kollation  von  C  und  R)  zeigen  folgende  Abwei- 
chungen. Die  vier  und  sechzig  ersten  Verse  (BzM  p.  99 — 
10 1)  gehen  so  ziemlich  zusammen  in  BDHh,  nur  dass  h  sie 
auf  42  herunterbringt,  ohne  die  logische  Konnexion  aufzu- 
geben. Die  folgenden  44  Verse  ersetzt  D  durch  eine  Ver- 
kürzung, die  nur  17  Verse  enthält,  BHh  gehen  hier  wieder 
einigermassen  zusammen,  nur  dass  h  am  Schluss  stark  ver- 
kürzt. Im  Wortlaut  verspürt  man  eine  nahe  Verwandtschaft 
zwischen  H  und  h.  —  Es  ist  die  lebhaft  erzählte  Stelle,  wo 
die  List  der  Frau  dargestellt  wird:  wie  diese  ihren  Mann  jeden 
Abend  besäuft,  wie  sie  zu  ihrem  Liebhaber  schleicht,  wie  der 
Mann  Verdacht  zu  schöpfen  beginnt  und  ^schliesslich  die  Frau 
aussperrt.  Dies  alles  wird  in  D  auf  folgende,  nur  in  den 
letzen  Zeilen  mit  den  anderen  Hdss  übereinstimmende  Weise 
geschildert : 

Quant  il  estoit  fort  endormi, 

Ele  prist  les  clefs,  les  us  overi, 

E  son  lecheur  la  geita 

E  a  sa  meison  la  mena. 
5    Ensemble  sunt  tout  la  nuit 

Od  lur  joye,  od  lur  deduit. 

Quant  le  prodom  est  apergu 

Cum  faitement  il  est  degu, 

Tost  s'en  va  son  us  fermer, 
10    E  quant  vint  a  l'ajorner, 

Cele  i  vint  e  vout  entrer. 

Mes  par  crier  ne  par  plurer 

BHR  qu'aies  o.  —  74  B  Fui  t'en  D  E  ven  a  un  de  tes  H  tes  R  Et  mesiie 
od  tout  a  tes  amys  —  75  HR  Et  lor  prie  D  Si  lui  priez  H  E  lur  crie  — 
76  D  hom  —  77  ER  lor  D  vSi  lui  prie/  H  E  pri  lur  —  78  D  face  — 
79  D  saverez  au  mon  escienl  —  80  H  Salcuns. 


70  /F.    So  der hj eint , 

Ne  la  lessa  il  pas  entrer, 
Einz  li  dist  qu'il  moustroit 
15    A  ses  parens  e  lur  dirroit 
Cum  faitement  ele  lui  servoit. 
La  compaignie  od  lui  ne  averoit. 

För  den  Schluss  der  Geschichte  ist  hauptsächlich  wieder 
Übereinstimmung  zwischen  BDH  vorhanden  (nur  dass  in  D  2, 
in  H  4  Zeilen  an  derselben  Stelle  fehlen),  während  h  diese 
letzten  90  Verse  mit  einem  Drittel  verkürzt. 

4.     Französische  Prosa. 

In  der  am  Anfang  dieses  Aufsatzes  citierten  Notiz  in 
der  Romania  1880  liest  man,  dass  der  frz  Prosatext  von 
Labouderie  »fort  imparfaitement»  gedruckt  worden  sei.  In- 
sofern als  der  Hg  (also  eigentlich  Meon)  nur  eine  einzige 
Hds  benutzt  hat,  während  wir  zwei  besitzen,  und  also  die 
Fehler  nicht  hat  berichtigen  können  V  kann  dieses  Urteil  be- 
rechtigt sein,  sonst  aber  nicht,  denn  der  Abdruck  ist  als  solcher 
überhaupt  befriedigend.  So  viel  ich  sehen  kann,  liegt  eine 
einzige  falsche  Interpretation  vor,  nämUch  Seite  3,  Z.  6,  wo  statt 
ayent  repris  natürlich  ay  entrepris  zu  lesen  ist.  Sonst  ändert 
der  Hg  zuweilen  mit  wenig  Sinn  für  den  afz  Sprachgebrauch, 
so  wie  wenn  er  S.  15  je  le  te  in  je  te  le,  oder  S.  45  eschappe 
un  peril  in  e.  au  peril  umtauscht  oder  S.  105  vor  lejidemain 
ein  le  einführt.  Durchgehend  ändert  er  aber  die  Ortographie 
der  Hds  in  der  Beziehung,  dass  er  überall  das  finale  s,  das 
Regel  ist,  durch  s  ersetzt. 

Die  Brüsseler  Hds  11 043 — 44  scheint  um  die  Mitte  des 
XV  Jhdts  geschrieben  zu  sein.  Sie  figuriert  in  dem  Inven- 
tarium,  das  nach  Philipps  des  Guten  Tode  in  Brügge  gegen 
1467  aufgesetzt  wurde.  Meon  schreibt  die  Übersetzung  Jean 
Mielot  zu,  ohne  den  Grund  dieser  Annahme  anzugeben.  Sie 
hat  auch  keinen  Erfolg  gehabt,  obgleich  man  sie  noch  hie  und 

'  Einige  von  ihnen  waren  so  offenbar,  dass  der  Hg  sie  geändert  hat; 
andere  ebenso  grobe  Fehler  der  Hds   hat  er  stehen  lassen. 


ReiiurkuTif^en  zur  Discplina   Cleriialis  etc.  71 

da  als  Tatsache  angeführt  sieht.  ^  Um  sie  abzulehnen,  genügt 
das  Mcon  und  auch  anderen  unbekannte  Faktum,  dass  die 
Kopenhagener  Hds  (K),  die  aus  dem  Anfang  des  XIV  Jhdts 
stammt,  auf  dieselbe  Vorlage  zurückgeht  wie  die  Brüsseler 
(B);  also  datiert  nicht  die  Übersetzung,  wie  der  Hg  sagt,  aus 
dem  XV  Jhdt,  sondern  sie  ist  wenigstens  1 50  Jahre  älter  als 
die  Hds  B. 

Dass  diese  beiden  Hdss  eng  zusammen  gehören,  sieht 
man  auf  den  ersten  Blick,  trotz  der  Verschiedenheit  des  äus- 
seren Habitus:  K  ist  nämlich  stark  pikardisch,  wogegen 
B  nur  einige  Spuren  dieser  dialektalen  Färbung  trägt,  die 
Vermengung  von  s  und  z  und  vereinzelte  Beispiele  von  ch 
für  c,  welche  jedenfalls  angeben,  dass  ein  pikardisches  Origi- 
nal vorgelegen  hat.  K  stellt  wol  auch  inhaltlich  dieses  Origi- 
nal getreuer  dar  als  B,  welche  Lücken  (wenn  auch  nicht 
grössere)  hat  und  überhaupt  den  Eindruck  einer  weniger  sorg- 
fältigen Arbeit  macht.  Dass  sie  nicht  eine  unmittelbare,  nur 
in  Bezug  auf  den  Dialekt  veränderte  Abschrift  von  K  sein 
kann,  beweisen  einige  Stellen,  wo  sich  B  näher  an  das  latei- 
nische Original  anlehnt.^ 

*  In  seinem  sonst  so  guten  und  erschöpfenden  Autsatze  über  Mieloi 
Revjie  d'historie  iitteraire,  1907,  427  ff.)  sagt  Perdrizet  nur,  dass  M.  nach 
Meon  auch  die  DC  übersetzt  hätte,  >mais  l'editeur  a  omis  d'indiquer  oü  se 
trouvait  le  ms.  de  la  iraduction»  (S,  481).  Natürlich  haben  Meon  und  sein 
Nachsager  Labouderie  die  Brüsseler  Hds  gemeint,  denn  sie  kannten  keine  andere. 

^  Scheinbare  Schwierigkeiten  machen  einige  Stellen,  wo  die  beiden 
Hdss  ziemlich  stark  auseinandergehen  und  auch  keine  ganz  zu  dem  lat.  Origi- 
nal stimmt.  Ich  citiere  als  Beispiel  den  Schluss  der  Einleitung  [Ed.  Labou- 
derie, S.    10  — ii). 

Lat.  Original.     Z.   13  —  24. 

Fili,  ne  sit  formica  sapientior  te,  fjua  congregat  in  sestate  unde  vival 
in  hyeme.  Fili,  ne  sit  gallus  vigilantior  te,  qui  in  matutinis  vigilat,  et  tu 
dermis  Fili,  ne  sit  gallus  fortior  te,  qui  justificat  deceni  uxores  suas,  tu 
solam  castigare  non  potes.  Fili,  ne  sit  canis  corde  nobilior  te,  qui  bene- 
faclorum  suorum  non  obliviscitur:  tu  autem  benefactorum  tuorum  oblivisceris. 
Fili,  ne  videatur  tibi  parum  unum  habere  inimicum,  vel  nimium  mille  habere 
amicos. 

Hds    B. 

Soyez  sages  aussi  comme  le  fourmil,  qui  assemble  en  Teste  dont  eile 
vit  l'yver.     Beaux  filz,  ne  soyes  mie  moins  noble  que  le  chien :  il  ne  mescon- 


7«  IV.   Söderhjelm, 

Auch  die  neuerdings  von  J.  Ducamin  herausgegebene 
gascognische  Version  ^  (Hds  von  der  Mitte  des  XV  Jhdts  in 
Madrid)  steht  in  sehr  nahem  Verwandtschaftsverhältnis  zu 
diesen  französischen  Texten,  und  schon  vor  vielen  Jahren 
behauptete  Paul  Meyer,  dass  sie  auf  den  von  Labouderie 
herausgegebenen  zurückgehen  müsse.  ^  Wenn  man  diese 
beiden  Texte  genau  mit  einander  vergleicht,  stösst  man  indes- 
sen auf  Stellen,  die  das  Gegenteil  zu  bezeugen  scheinen,  indem 
der  gascognische  Text  (G)  mit  dem  lateinischen  zusammen- 
geht und  von  B  abweicht.  An  vielen  solchen  Stellen,  z.  B. 
in  der  zweiten  Erzählung,  löst  K  dieses  Rätsel,  indem  sie  die 
mit  dem  lateinischen  und  dem  gascognischen  Text  zugleich 
übereinstimmende    Lesart  bringt.     Am  deutlichsten  zeigt  sich 

gnoist  mie  ceulx  qui  bien  lui  fönt  si  comme  tu  fais.  Beaux  filz,  ne  soyes 
inie  plus  pareceu.x  du  coq  qui  justice  deux  (L  hat  verbessert :  dix)  femmes, 
et  tu  n'en  pues  justicier  une.     Filz,  se  tu  as  un  ennemi,  c'est  trop. 

Hds    K. 

Soies  sage  ausi  comtne  li  fourmis  qui  assamble  en  este  che  qua  il  li 
couvient  l'iver.  Biax  fiex,  ne  soies  mie  plus  parchex  du  coc  qui  veille  en 
Teure  de  matines  et  tu  dors.  Et  si  ne  soies  plus  de  ceus  qui  waitent  et 
justicent  femmes  et  tu  n'en  pues  castoier  une.  Fiex,  ne  soies  mie  mains 
nobles  qua  li  chians,  car  il  ne  mesconnoist  mie  chiaus  qui  bien  li  fönt  si  que 
tu  fais.  Fiex,  se  tu  as  un  anemi,  chou  est  trop.  Se  tu  as  mil  amis,  che 
n'est  mie  trop. 

Der  Hahn  und  seine  zwei  Eigenschaften  scheinen  eine  gewisse  Ver- 
wirrung zustande  gebracht  zu  haben.  Auch  in  den  lat.  Hdss  gehen  an  dieser 
Stelle  die  Lesarten  von  einander,  jedoch  nur  in  Bezug  auf  die  Reihenfolge 
der  Sätze.  Jedenfalls  ist  in  B  die  Eigenschaft  des  Hahns,  die  durch  »vigi- 
lantior»  im  lat.  Text  ausgedrückt  ist,  seinem  Verhältnis  zu  seinen  Frauen 
angepasst,  und  in  K  ist  der  Satz,  der  dieses  letztere  auszudrücken  versucht, 
offenbar  verdorben  (nach  plus  fehlt  ein  Adj.  ceus  ist  vielleicht  Entstellung  vom 
Plur.  cos).  Alles  deutet  darauf  hin,  dass  die  Vorlage  dieser  beiden  Hdss  an 
dieser  Stelle  undeutlich  war. 

Die  Hs  K  nennt  den  Schneiderlehrling  Nedui  (das  ist  der  richtige 
Name)  der  Geschichte  XVIII  durchgehend  Endieii. 

'  S.  Roniania,  t.  XXXVII  (1908),  S.  616  f.  —  Die  unrichtige  Form 
Lucatiina  ist  nicht  ein  fehler  des  Herausgebers,  denn  auch  K  hat  sie,  wie 
überhaupt  der  Name  auch  in  den  lat.  Hdss  in  verschiedenen  Variationen 
auftritt. 

^  Romama,  t.   VI  (1877),   S.    151    f. 


Bemerkungen  zur  Disciplina   C lericalis  etc.  73 

die  Übereinstimmung  in  den  letzten  Zeilen  des  Textes,  wo 
alle  die  drei  französischen  Versionen  mit  einander  überein- 
stimmen, während  keine  von  den  lat.  Hdss,  die  ich  kenne  und 
welche  zwei  verschiedene  Variationen  dieser  Stelle  aufweisen, 
diese  Redaktion  hat.  Alles  findet  jedoch  nicht  so  leicht  seine 
Erklärung,  sondern  es  giebt  Stellen,  wo  G  allein  richtig  nach 
dem  Original  sich  fügt,  während  die  beiden  anderen  fehl 
gehen.  So  am  Anfang  der  Geschichte  vom  dem  Schneider- 
lehrling, wo  B  und  K  von  dem  lat.:  At  ille  discipulos  sntores 
habebat  quormn  quisque  artificiose  sue  bat  quod  magister  .  .  . 
incidebat  die  Übersetzung  geben:  .  .  .  qui  bien  cognoissent 
ce  que  le  maistre  tailloit,  wogegen  G  richtig  übersetzt:  qui 
cozent  ben  toiz  so  que  lo  cordurey  tailhaue.  Dies  zeigt,  dass 
der  gase.  Übersetzer  nicht  auf  dieselbe  Vorlage  zurückgeht 
wie  die  beiden  anderen.  ^  Ich  stelle  mir  einstweilen,  ohne 
den  ganzen  Text  genau  verglichen  zu  haben,  das  Hdsver- 
hältnis  ungefähr  so  vor: 

O  (Originalübersetzung) 


5.     Französische  Fragmente. 

Erzählungen  der  DC,  aus  dem  Zusammenhange  los- 
gerückt und  natürlich  ohne  das  Beiwerk  von  moralisierenden 
Reflexionen,    finden   sich    in    sehr  vielen  lateinischen  Beispiel- 


^  Die  soeben  citierte  Stelle  aus  dem  Schluss  der  Einleitung  lautet  in 
der  gascognischen  Übersetzung,  besser  als  in  den  oben  angeführten  frz  Ver- 
sionen,  aber  auch  nicht  ganz  wortgetreu,  folgendermassen : 

>  Sies  sabi  eissi  come  la  formitz  qui  amasse  en  estiu  so  que  diu  myngar 
et  biure  1-ibren.  Beu  filh,  no  sies  pas  tu  plus  necgligent  que  lo  beguey  qui 
beilhe  a  l-ora  de  malinas  et  tu  dormes.  Et  tu  ne  sies  plus  nessi  que  le  quot 
qui  seruis  et  contenta  .X.  femnes  et  tu  non  potz  punt  contenta  la.  Filh, 
no  sies  pas  myng  noble  que  lo  can.  Car  et  no  mesconhos  pas  aquet  qui  ben 
lo  fey,  si  comme  tu  feys,  Filh,  si  tu  as  .C.  amicz,  so  no  es  pas  trop;  si  lu 
as  .1.  ennamic,  so  es  trop.  » 


74  ^^-   Söderhjelnt^ 

und  Predigtsammlungen.  Ob  man  sie  auch  häufig  in  un- 
gedruckten französischen  Werken  ähnlicher  Art  antrifft,  kann 
ich  nicht  sagen,  da  ich  diese  Sammlungen  nicht  durch- 
gemustert habe.  Th.  Crane,  der  vorzügliche  Kenner  dieser 
Litteratur,  weiss  nicht  andere  französische  Sammlungen  zu  erwäh- 
nen, als  die  drei  Hdss  derselben  Kollektion,  die  auch  ich,  schon 
bevor  ich  seine  Notiz  sah,  durchgesehen  hatte,  nämlich  BN  fr. 
435,  91 1  und  1834,  alle  aus  dem  XV  Jhdt,  und  dann  eine  Hds  in 
BM,  Harl.  4403.  ^  Die  zwei  erstgenannten  Pariser  Hdss  enthalten 
fünf  Geschichten,  die  direkt  aus  der  DC  übersetzt  sind,  nämlich: 
zwei  Freunde,  der  Traum  des  Bauers,  der  Brunnen,  Alexander, 
der  Pförtner  (n:o  II,  XVII,  XII,  XXX  und  V  bei  Labouderie); 
in  der  letzgenannten  fehlen  die  zweite  und  die  dritte  Erzählung, 
sie  enthält  also  nur  drei.  Der  Text  ist  von  der  frz  Prosa- 
übersetzung, die  wir  kennen  gelernt  haben,  vollständig  unab 
hängig;  eine  von  den  Geschichten,  der  Pförtner,  ist  ziemlich  frei 
behandelt  und  enthält  am  Schluss  eine  allegorische  Auslegung 
was  darauf  hindeutet,  dass  sie  irgend  einer  lateinischen  Bei 
Spielsammlung,  wo  solche  Auslegungen  häufig  vorkamen,  nach 
gebildet  ist.  Die  ganze  Geschichte  mag  hier  als  Probe  ab 
gedruckt  werden  nach  der  Hds  BN  fr.  435. 

Piere  Alphons  raconte  d'un  seigneur  qui  fist  une  ordonnance  en  son 
chastel  que  tous  ceulx  qui  vouldroient  entrer  ou  chastel,  s'ilz  avoient  aucune 
faulte  sur  leur  corps,  ilz  paieroieni  ung  denier,  et  donna  ce  droit  a  son  portier. 
Advint  ung  jour  qu'il  y  entra  ung  bossu  bien  emmantelle.  Le  portier  luy 
denianda  ung  denier  pour  celle  bosse.  Cii  respondit  rudement  qu'il  n'en 
payeroit  ja  denier.  Le  portier  en  fut  mal  content  et  luy  tollit  son  chapperon 
et  trouva  qu'il  estoit  teignoux ;  s'il  luy  dist  qu'il  payeroit  deux  deniers.  Tant 
monteirent  leurs  paroUes  qu'ilz  prindrent  Tun  l'autre  a  bras,  mais  le  bossu 
cheut  dessoubz,  et  trouva  le  portier  qu'il  n'avoit  qu'un  oeul  et  si  estoit  ron- 
gneux  et  desrompu  et  pour  ce,  veulsist  ou  non,  il  luy  fist  payer  cinq  deniers 
pour  ces  cinq  deffaultes,  et  il  eust  este  quite  au  premier  s'il  eust  voulu  payer 
pour  ung  denier.  Ainsi  a  cest  exemple  se  nous  ne  payons  a  Dieu  ligierement 
ce  que  nous  luy  devons,  c'est  assavoir  que  nous  nous  confessons  si  tost  adonc 
nous  avons  peche,  et  nous  attendons  longuement,  ung  peehe  actrait  l'autre 
et  ainsi  de  Tun  en  l'autre  nous  serons  trouvez  deffaillans  en  tant  de  manieres 
que  a  peu  nous  en  savrons  nous  aquiter. 


'    The    Exenipla    of   Jacques    de     lltry,    ed.    by    Th.   Fr.    Crane,    1890, 
S.  CXI. 


ij 


Betmrkungen  zut    Disciplina   Clericalis  etc-  75 

Paul  Meyer  hat  in  der  in  England  im  XIV  Jhdt  geschrie- 
benen Hds  BM  Harl.  3775,  die  eine  bunte  Menge  von  verschie- 
denen Sachen  enthält,  mitten  in  einem  biblischen  Gedicht  die 
Bearbeitung  einer  Geschichte  (V^I)  der  DC  gefunden  und  sie 
veröfifentlicht.^  Er  sagt  hiervon:  »il  introduit  assez  mala- 
droitement  un  conte  qu'il  aura  pris  directement  dans  la 
Disciplina  Clericalis  de  Pierre  Alphonse,  ou,  de  seconde  main, 
dans  quelque  recueil  d'exempla.y)"^  Er  citiert  dann  für  die  ent- 
sprechende Geschichte  die  Ausgabe  der  Bibliophiles.  Hätte 
er  aber  die  andere  Versbearbeitung,  die  von  Baibazan-Meon 
veröffentlichte,  eingesehen,  so  hätte  er  sogleich  gefunden,  dass 
das  sehr  schlecht  vcrsifizierte  und  auch  sonst  verdorbene  Stück 
sich  doch  als  eng  verwandt  mit  dieser  Version  zeigt,  ja  die 
Reime  sind  durchgängig  dieselben,  ausser  am  Schluss,  wo 
sie  mit  der  Hds  D  übereinstimmen^.  Das  Gedicht  ist  also 
nichts  anders  als  eine  schlechte  Abschrift  dieser  Version. 

Ein  anderes  von  P.  Meyer  veröftentlichtes  Stück,  eine 
Versbearbeitung  der  Geschichte  von  dem  halben  Freunde, 
gehört  nicht  hierher;  sie  beruht  auf  einer  Kontamination  mit 
einer  Geschichte  in  Barlaam  und  Josaphat.^ 

W.  Söderhjelm. 


•   Roinania,  t.  XXXVI  (1907),  S.    198  f. 

«  /.  c.  S.   186. 

"  Wenn  dieser  unkundige  Kopist  schreibt  : 

Duy  clers  alerunt  en  lur  dedut, 
Hors  de  une  cite  ce  cuntrerunt, 
und    diesen    zweiten  Vers  mit  den  zwei  folgenden  reimen  lässt,  so  ist  es  nur 
ein    Missverständnis    der    Vorlage;    hier    stand:    Hois   d'une    cite    conire    ntiit 
(BzM   weicht  hier  ein  wenig  ab,  aber  das  bedeutet  garnichts). 
^   Komania,   t.   XXXV  (1906),   S.   38   IT. 


76  J.   Aaivik, 

L'insuffisance  de  la  därivation  franpaise 

La  vitalite  d'une  langue  et  la  chance  quelle  a  de  vaincre 
dans  la  lutte  actuelle  des  langues  depend,  certes,  avant  tout 
de  la  superiorite  de  Situation  politique,  de  nombre  et  de  civi- 
lisation  du  peuple  qui  la  parle.  Une  nation  superieure  aux 
autres  sous  ce  rapport  finira  par  imposer  son  idionie  ä 
Thumanitc  entiere,  ainsi  que  faillirent  le  faire  la  Grece  antique 
et  plus  tard  Rome.  Cependant  cette  Suprematie  dune  langue 
tient  non  seulement  ä  des  causes  exterieures,  mais  aussi  dans 
une  certaine  mesure  ä  des  qualites  interieures,  inherentes  au 
genie  meme  de  la  langue,  telles  que  la  richesse  du  vocabulaire, 
une  syntaxe  souple  et  susceptible  de  toutes  sortes  de  nuances, 
une  Phraseologie  abondante  et  variee.  Naturellement  ces  qua- 
lites ne  sont  pas  dues  au  Hasard,  mais  sont  les  consequences 
necessaires  des  conditions  materielles  oü  evolue  la  langue, 
ou  bien  des  manifestations  de  la  psychologie  primordiale 
du  peuple  qui  l'a  creee.  II  y  en  a  surtout  une  qui,  moins 
que  le  lexique  et  la  phraseologie,  semble  dependre  des  causes 
exterieures  et  par  lä  etre  le  moins  susceptible  de  perfection- 
nement,  mais  qui,  ä  eile  seule,  est  dejä  capable  de  conferer 
une  certaine  superiorite  ä  la  langue  qui  en  est  douee.  C'est 
la  faculte  de  former,  soit  par  composition,  soit  par  derivation, 
de  nouveaux  mots  qui  traduisent  de  nouvelles  combinaisons 
et  de  nouveaux  rapports  d'idees.  Cette  precieuse  vertu  intrin- 
seque  ne  s'acquiert  plus  pour  une  langue  deja  formee, 
si  une  fois  eile  n'est  pas  donnee  par  le  genie  meme  de 
l'idiome.  Le  grec  la  possedait  ä  un  tres  haut  degre,  et  c'est 
lä  aussi  un  de  ses  avantages  comme  langue  scientifique  et 
philosophique,  avantage  que  son  rival  et  son  heritier,  le  latin, 
ne  connut  jamais.  La  facilite  qu'avait  cette  merveilleuse  langue 
de  former  des  mots  composes  etait  teile  qu'Aristophane, 
dans  une  de  ses  comedies  (L'Assemblee  des  femmes),  s'est 
plu  ä  en  creer  un  qui  ne  compte  ni  plus  ni  moins  de  73 
syllabes.  Aussi,  quand  dans  la  terminologie  scientifique  on 
a    besoin    d'un    mot    compose    de  deux  ou  plusieurs  notions, 


I.'instiffisafue  de  la  (fet-iva/iofi  frafifaise,  77 

a-t-on  toujours  recours  au  grec,  parce  que  le  latin  ne  s'y 
adapte  qu'en  des  cas  rares  et   exceptionnels. 

Cette  facultc  de  deriver  des  mots  Tun  de  lautre  ou  de 
les  fornier  ä  l'aide  de  la  composition  est  tres  differente  dans 
les  grandes  langues  civilisees  du  monde,  Les  langues  germani- 
ques  en  sont  le  mieux  douees.  Les  idiomes  slaves  y  excel- 
lent  aussi.  De  lä  les  incontestables  avantages  qu'en  tirent  ces 
langues.  Mais  quel  est  l'etat  du  frangais  sous  ce  rapport? 
Chose  curieuse  et  paradoxale,  la  langue  qui  est  reputee  par 
tant  de  qualites,  dont  on  vante  la  clarte,  la  logique  et  la 
grdce,  «la  plus  delitahle  des  langues»,  qui  pendant  quelque 
temps  etait  consideree  comme  langue  universelle,  se  trouve 
etre,  quant  ä  cette  faculte,  dans  une  Situation  d'inferiorite 
evidente  ä  l'egard  des  langues  germaniques  et  slaves.  Ainsi 
que  toute  la  famiile  romane,  le  frangais  est  atteint  de  l'in- 
capacite,  heritage  du  latin,  de  former  des  mots  composes. 
Le  nombre  de  ceux  qu'il  a  est  fort  restreint,  et  encore  la 
plupart  en  sont  de  purs  emprunts  grecs  ou  latins.  Aussi  des  vo- 
cables  pour  des  notions  indispensables  comme  zzveckmässigkeit, 
Vielseitigkeit  lui  feront-ils  ä  jamais  defaut,  ä  moins  que  Ton 
ne  s'avise  de  les  emprunter  tout  d'une  piece  au  grec.  Mais 
meme  la  faculte  de  former  des  mots  par  derivation  montre 
d'inquietantes  impuissances  et  de  singulieres  atrophies.  Dans 
aucune  langue  les  mots  ne  sont  si  infeconds,  si  steriles  et  si 
stereotypiquement  figes  que  dans  le  frangais.  Gräce  ä  ce 
defaut,  le  frangais  est  condamne  ä  pietiner  sur  place,  ä  de- 
meurer  stationnaire,  pendant  que  ses  rivaux,  l'anglais  et  l'alle- 
mand,  et  aussi  le  russe,  poussent  leur  frondaison  touffue 
de  nouveaux  mots,  evoluent  sans  cesse  et  lui  fönt  une  heureuse 
concurrence.  Et  ä  vrai  dire  ils  l'ont  dejä  detrone  de  la 
Position  privilegiee  de  langue  universelle. 

I>'ideal  de  derivation  serait  une  souplesse  et  une  variete 
extremes  de  moyens  de  former  des  mots.  II  ne  devrait  pas 
y  avoir  de  prefixes  et  de  suffixes  improductifs.  Par  exemple,  de 
chaque  substantif  il  serait  permis  de  deriver  un  adjectif  pos- 
sessif  ou  qualiiicatif  et  de  cet  adjectif  un  substantif  abstrait, 
puis  de  chaciue  adjectif  un  privatif  et  le  substantif  correspon- 


■j8  7.   Aa7iiik, 

dant.  Chaque  verbe  clevrait  donner  un  substantif  dcverbal 
indiquant  l'action  et  un  autre  exprimant  le  resultat  de  l'action. 
¥A  ainsi  de  suite.  Les  langues  germaniques  et  aussi  les  slaves, 
comme  le  russe,  realisent  ä  peu  pres  cet  ideal.  Mais  le  fran- 
gais  en  est  ioin.  Examinons  quelques  cas  de  la  derivation 
francaise  comparativement  ä  l'anglais  surtout,  mais  aussi  ä 
Tallemand,  pour  en  voir  les  insuffisances  et  les  lacunes.  Tout 
d'abord  le  frangais  est  refractaire  a  former  des  adjectifs  priva- 
tifs.  Ceux  qui  existent  sont  en  nombre  limite  et  remontent 
souvent  dcjä  ä  l'antiquite  classique,  comme  immortel,  inconsla?tt, 
irrevocable,  inevitable,  hnpur,  illicite  etc.  Mais  il  y  a  nombre 
d 'adjectifs  et  de  participes  qui  n'ont  pas  de  ces  privatifs,  qui 
seraient  quelquefois  tres  necessaires,  comme  mür,  suspect, 
liquide,  methodique ,  musical,  poetique,  permanent,  souple,  pas- 
sionne,  bu,  vu,  lu,  dit,  atme,  aimable,  moderne  etc.,  car  la  lan- 
gue  ne  connait  pas  de  ces  formes  supposees  comme  *immür, 
^illiquide,  *insouple,  '^inaime,  '''immoderne  etc.  Pourtant  l'anglais 
les  a:  illiquide,  immethodical,  imprecise.  Ou  ä  defaut  du  pre- 
fixe  latin,  qui  est  un  peu  improductif,  on  y  a  la  ressource  de 
les  obtenir  ä  l'aide  du  prefixe  germanique  un-,  que  l'on  peut 
accoler  ä  n'importe  quel  mot.  L'allemand  et  les  autres  langues 
germaniques,  de  meme  que  le  finnois  et  le  russe,  ont  le  meme 
avantage.  Meme  les  autres  langues  romanes,  comme  l'italien 
et  l'espagnol,  manifestent  aussi  plus  de  souplesse  et  d'abon- 
dance  sous  ce  rapport.  Quelquefois  on  se  demande  avec 
stupefaction  comment  certaines  notions  negatives  si  simples,  si 
quotidiennes  n'ont  pas  de  designations  verbales;  les  der- 
nieres  auraient  du  s'imposer  par  la  force  de  la  necessite. 
Tres  typique  et  tres  illustratif  est  le  cas  que  presentent 
le  mot  allemand  unnatitrlich  et  l'anglais  unnatural.  Cette 
notion  si  elementaire  et  si  frequente  n'a  pas  de  mot  en  frangais, 
car  *innaturel  n'existe  pas.  Mais  l'italien  l'a:  innaturale,  l'es- 
pagnol aussi:  innatural.  On  s'etonne  que  dans  une  langue 
civilis^e  on  ait  pu  se  passer  d'un  mot  si  necessaire  et  dont 
la  derivation  est  au  surplus  si  aisee  et  s'ofifre  comme  d'elle- 
meme.  Aussi  la  remplace-t-on  plutot  par  des  expressions  (pas 
naturrl,    covtre  Jiaturr,  surnaturel)   t[ui   ne  sont  pas  tout  ä   fait 


l.' insufßsaiici  de  la   tlhnHitioii  jHi>naise.  79 

exactes  ni  adcquates  a  *innaturel.  Et  cela  s'appelle  la  puretc 
du  style.  Car  rccrivain  a  qui  l'idee  viendrait  de  le  creer  — 
ce  qui  est  peu  probable  —  scrait  taxe  d'avoir  commis  avec 
ce  ncologisme  une  impardonnable  faute  stylistique.  Comment 
veut-on  donc  qu'une  langue  s'enrichisse? 

Mais  la  nccessitc  est  plus  forte  et  prevaut  contre  toutes 
les  theories  et  tous  les  prejuges,  si  enracines  soient-ils.  Dans 
les  derniers  temps  on  commence,  en  negligeant  la  tradition, 
a  former  des  privatifs  avec  plus  d'audace  et  d'habitude.  J'ai 
note  dans  les  journaux  et  chez  les  auteurs  plus  recents  des 
mots  tels  que  ininteressant,  insatisfait,  insatisfaction,  inculture, 
invu,  inentendu,  qui  jadis  auraient  fait  l'horreur  d'un  acade- 
micien.  Meme  dans  les  lexiques  qui  visent  ä  etre  complets, 
ils  ne  sont  encore  admis  qu'ä  titre  de  neologismes. 

Un  autre  defaut  de  la  derivation  frangaise,  c'est  sa  re- 
pugnance  ä  former  des  adjectifs  possessifs  ou  relatifs.  Quel- 
ques adjectifs  de  cette  nature  sont  d'une  formation  assez 
recente,  quoiqu'ils  paraissent  presque  indispensables,  comme 
adtural,  talentueux.  Le  dernier  est  attribue  aux  Goncourt. 
Mais  il  y  a  des  adjectifs  allemands,  anglais  ou  russes  qui 
n'auront  jamais  leurs  correspondants  en  francais,  comme  effekt- 
voll, geschmackvoll,  geschmacklos,  allgemeinmenschlich,  räumlich 
(anglais  spatial).  D'autre  part,  il  y  a  une  foule  de  cas  oü  les 
adjectifs  seraient  possibles  grace  a  des  formations  analogiques 
et  gräce  ä  l'exemple  de  l'anglais;  malheureusement  le  conser- 
vatisme  du  frangais  ne  s'y  decide  pas.  Ainsi  des  mots  tels 
que  temperament,  race,  education,  diniensiori  n'ont  pas  d'adjec- 
tifs  comme  en  anglais,  oü  l'on  dit  couramment:  tempera- 
mental, racial,  educational,  diviensional .  Le  frangais  est  en 
general  avare  d'adjectifs  en  -al  et  -el.  Dans  de  pareils  cas 
on  s'en  tire  ordinairement  ä  l'aide  de  la  preposition  de,  de 
Sorte  que  l'anglais  temperamental  differences,  racial  character 
serait  traduit  differences  de  temperament,  caractere  de  race. 
Mais  ce  procedc  peut  avoir  ses  inconvenients:  il  en  rcsulte 
ces  interminables  et  inevitables  repetions  de  de  qui  fönt 
le  desespoir  des  bons  stylistes.  Et,  en  somme,  pourquoi  ne 
pas    former    en    frangais  aussi  abondamment  de  ces  adjectifs, 


So  y.   Aaii<tk\ 

si  une  langue  moins  latine  en  use  et  en  abuse  tant?  Diffe- 
rences  temperamentales ,  caractere  racial  ou  radgue,  reforme 
educationnelle  semble  dans  de  certains  cas  plus  commode, 
plus  expressif  et  plus  elegant  memo  (|uc  les  formations  ä  l'aide 
de  de.  Et  puis  le  frangais  possede  dejä  nombre  de  derives 
analogues:  gouvernemental,  deparlemental^  presidentiel,  asce?i- 
sionnel. 

Mais  ce  qui  fait  la  plus  grave  insuffisance,  et  la  plus 
carasteristique,  de  la  derivation  frangaise,  c'est  la  difficultc, 
voire  l'impossibilite,  ou  eile  se  trouve  de  former  des  substan- 
tifs  abstraits  et  deverbaux.  En  cela  l'anglais  et  surtout  l'alle- 
mand  lui  sont  infiniment  superieurs.  On  a  l'adjectif  succinct, 
mais  Ion  n'a  pas  de  mot  qui  envisage  cette  qualite  en  soi, 
comme  absolue,  detachee  de  tout  sujet  auquel  eile  pourrait  s'appli- 
quer.  Mais  l'anglais  en  a  un :  snccijictness.  De  meme  on  a  l'adjectif 
abrupt^  les  participes  elahore,  blase^  eveille;  on  n'a  pas  ce  qui 
corresponde  ä  abruptness,  ä  elaborateness,  ä  blasiertheit'^ ,  a 
svegliatezza  (allemand  aufgeweckheit),  tous  des  mots  tres  ne- 
cessaires  et  presque  indispensables.  Certes,  on  s'en  tire  comme 
toujours  ä  l'aide  de  la  circonlocution:  caractere  succinct,  qualite 
e'laboree,  etat  blase.  Mais  dans  certains  cas  et  certaines  combi- 
naisons  de  phrases,  cela  est  stylistiquement  incommode  et  fait 
un  efFet  lourd  et  maladroit,  tandis  qu'un  seul  mot  exprimant 
tout  donnerait  plus  d'aisance,  de  concision  et  d'elegance  au 
style.  Et,  en  somme,  posseder  le  plus  grand  nombre  de 
mots  abstraits,  pouvoir  englober  dans  un  seul  vocable  toute 
une  combinaison  d'idees  pour  former  de  ces  mots  des  idees 
encore  plus  complexes,  n'est-pas  cela  l'ideal  de  toute  langue 
qui  veut  servir  de  digne  intermcdiaire  ä  notre  culture  de  plus 
en  plus  multiple  et  intense }  Et  puis  les  notions  exprimees  par 
un  seul  mot  ont  l'avantage  d'etre  plus  discernables,  plus 
conscientes  a  notre  esprit,  le  mot  nous  obligeant  a  les  considerer 
comme  des  unites  distinctes.  II  ne  faut  donc  pas  parier  de 
mots  hiutiles  que  l'on  pourrait  exprimer  autrement.    Une  langue 


'  J'ai   rencontre   chez   Peladan   (Vice   supreme)  blasetiietit,   ijue   le  dictior 
naire  de  Sachs-Villatte   conlient  aussi,   mais   ä  titre  de   ncologisine. 


L'tustiffisatice  de  In   (icriintioit  fratii;aise.  8l 

rebelle  aux  mots  abstraits  temoigne,  chez  le  peuple  qui  le 
parle,  de  peu  de  faculte  d'abstraction,  ce  qui  n'est  pas  im  cloge. 
C'est  precisement  le  cas  du  frangais.  II  y  a  iä  une  foule 
d'adjectifs  dont  on  aurait  pu,  a  l'exemple  des  cas  analogues, 
former  des  substantifs.  Mais  on  ne  l'a  pas  fait,  parce  qu'a 
personne  l'idee  n'est  venue  de  les  concevoir  et  de  se  les 
representer  sous  une  forme  abstraite.  Dans  les  autres  langues 
pourtant,  en  anglais,  en  allemand,  en  russe,  les  derives  sub- 
stantifs sont  assez  frequents  et  usuels.  De  tels  adjectifs  sont: 
mi'connaissable,  fastidieux,  raisonnable,  inevitable,  scientißquc^ 
artificiel,  incorporel,  consciencieux,  proportionncl,  expressif,  men- 
songer,  naiurel,  inoui,  instnictif  etc.  Des  abstraits  supposes  de 
ces  mots  feraient  l'horreur  de  tout  Frangais :  '^^müonnaissabiliU, 
'^iw'vitabilitr,  *scientificitc,  '■'artificialitc,  Srrevocababilite ,  *con- 
scienciosiU,  "^^ proportionnaliti ,  *expressivitr,  * instinctivite ,  '^men- 
songereU  etc.  Mais  ces  memes  mots  n'ont  rien  d'etrange  en 
anglais:  artificiality,  proportionality,  inevitability,  incorporeiiy ; 
ou,  si  la  terminaison  latine  -ty  y  parait  trop  solennelle, 
on  emploie  le  suffixe  germanique  -ness,  qui  est  bon  pour 
chaque  adjectif:  Unnatur alness,  expressiveness,  sensitiv eness, 
fastidiousness.  Tres  instructif  est  le  cas  du  verbe  atteindre 
et  de  ses  derives  ä  faire.  Jusqu'ici  le  frangais  n'a  pas  de 
mots  qui  correspondent  a  1 'allemand  erreichbar,  unerreichbar, 
Unerreichbarkeit.  Les  derives  atteignable ,  inatteignable  semblent 
encore  des  neologismes  assez  frais.  Je  ne  les  ai  rencontres  que 
dans  un  des  derniers  romans  de  Bourget.  Mais  personne  n'a 
problablement  ose  construire  des  monstres  (au  point  de 
vue  frangais)  comme  *attetgnabilite  et  *inatteignabilitt,  quoique 
les  derives  correspondants  de  la  meme  racine  latine  existent 
en  anglais:  attainableness,  unattainableness.  Ces  abstraits, 
on  les  a  jusqu'ici  remplaces  par  accessible  et  ses  derives,  ce 
qui  n'est  pas  tout  ä  fait  identicjue.  Pour  quelques  mots  on  a 
en  frangais  la  ressource  d'exprimcr  l'abstrait  par  l'adjectif 
meme,  pris  substantivement:  le  vague,  le  ridicule,  l'equivoque, 
le  pittoresque  (en  anglais  picturesqueness),  la  disparate,  Vinoui 
[inouisme  cite    par    Brunot),   le  traqique.      Goncourt  et  Daudet 


82  J.   Aawtk, 

ont  abusc  de  ce  proccde,  qui  d'ailleurs  n'est  [)raticablc  cju  ä 
l'egard  dun  nombre  limite  d'adjectifs. 

Ouelquefois  aussi,  quoique  beaucoup  plus  rarenient,  il 
se  rencontre  des  phenomenes  inverses:  on  a  le  substantif,  mais 
l'adjectif  dont  ce  substantif  est  originairement  derive  manque 
en  frangais,  bien  qu'il  existe  en  latin,  temoins  de  tels  mots 
comme  kilariU,  quittude,  desuitude.  Dans  Ic  dernier  temps 
quelques  ecrivains  ont,  comme  par  une  derivation  regressive, 
restituc  la  forme  primitive  hilare  (Maupassant,  Huysmans), 
quiet,  d(suet  (Huysmans).  ^  Mais  il  y  a  beaucoup  d'autres 
mots  latins  dont  les  formes  de  depart  n'existent  pas  en  fran- 
gais, comme  urgence,  assertion,  expectaiion,  occurrence  etc. 
Pourtant  l'anglais,  quoique  moins  latin,  les  a  adoptees,  celles-lä 
aussi :   to  urge,  to  assert,  to  expect,  to  occurr. 

On  pourrait  encore  trouver  d'autres  categories  sem- 
blables  et  en  multiplier  infiniment  les  exemples.  Ici  je  n'ai 
choisi  que  quelques  cas  typiques  qui  suffisent,  je  l'espere,  a 
demontrer  ma  these:  l'insuffisance  et  la  difficulte  de  la  deri- 
vation frangaise.  Cette  difliculte  tient  en  partie  peut-eire  a 
l'heterogeneite  de  la  langue;  les  Clements,  les  suffixes  ä  l'aide 
desquels  on  forme  par  exemple  les  substantifs  abstraits  sont 
trop  savants  et  paraissent  aux  Frangais  trop  pedantesques. 
Mais  principalement  il  faut  y  voir  comme  cause  le  caractere 
general  du  peuple,  la  mentalite,  la  psychologie  nationale,  qui 
a  cree  et  forme  la  langue  en  accord  avec  ses  besoins.  De  lä  rien 
d'etonnant  que  les  Frangais  soient  eux-memes  si  peu  conscients 
de  ce  qui  nous  parait  comme  un  defaut.  Pour  eux  ce  n'en  est  pas 
un.  Car  comment  expliquer  autrement  cette  hostilite  qu'ils 
ont  toujours  professee  envers  toute  tentative  de  creer  et  d'intro- 
duire  de  nouveaux  mots?  Depuis  le  XVIP  siecle  c'est  comme 
une  malediction  qui  a  pese  sur  la  langue  frangaise  en  entra- 
vant  son  libre  developpement.  Car  outre  l'Academie,  dont  le 
conservatisme  lexical  est  notoire,  meme  ceux  qui  generalement 
passent  pour  de  hardis  novateurs,  des  revolutionnaires  de  la 
langue,  ont  montre  beaucoup  de  reserve  sur  le  chapitre  de  la 


Sachs-Villatte   les   martiue  dune   comete. 


f^'ifisuffisance  de  la   dcrivatipii  frnticaise,  83 

vraie  ncologie.  Les  efiforts  qu'ils  y  ont  faits  sont  timides  et 
Sans  Systeme.  Victor  Hugo  condamnait  le  neologisme;  Theo- 
phile Gautier  disait  que,  puisqu'il  n'y  a  pas  de  nouvelles  idees, 
ä  quoi  bon  des  mots  nouveaux.  Flaubert,  ce  chercheur  mani- 
aque  d'une  expression  verbale  adequate  et  ideale,  aurait  cer- 
tainement  eu  besoin  de  quelques  adjectifs  negatifs  et  de  quel- 
ques substantifs  abstraits  pour  la  precision  de  ses  formules, 
mais  chez  lui  le  styliste  preoccupe  d'une  langue  harmo- 
nieuse  et  neutre  interdisait  la  creation  des  neologismes  comme 
detruisant  cette  qualite  de  style.  Seules  les  dernieres  ecoles 
litteraires,  les  dccadents,  les  symbolistes  et  les  impressionnistes, 
ont  fait  des  efforts  plus  conscients  et  plus  hardis  dans  le 
domaine  de  la  neologie.  Ils  ont  mis  presque  une  certaine 
coquetterie  a  parer  leur  iangue  de  vocables  insolites  et  desuets. 
Mais  chez  ceux-lä  meme  les  resultats  sont  sporadiques,  isoles 
et  Sans  Systeme,  surtout  quant  ä  la  derivation  de  privatifs  et 
de  substantifs  abstraits.  Entre  autres  chez  Peladan  j'ai  note  une 
tendance  visible  pour  la  Formation  d'abstraits  comme  ins- 
thictiviti ,  co7itempor anritt  etc.  Et  les  critiques  (Brunetiere, 
Lemaitre,  Faguet,  Pellissier),  loin  de  les  encourager  dans  cette 
voie,  ne  manquent  jamais  de  parier  de  leurs  neologismes 
inutiles  et  superflus;  ils  leur  reprochent  d'alterer  par  lä  la 
purete  du  style  et  de  pecher  contre  la  soi-disant  tradition 
classique. 

Mais,  ainsi  que  je  Tai  dejä  remarque,  la  necessitc  prati- 
que  prime  tout  et  va  l'emporter  sur  ces  prejuges  neologo- 
phdbes.  Cette  necessite  se  fait  sentir  surtout  dans  la 
terminologie  scientifique,  oü  l'on  a  eu  besoin  de  former  de 
tels  abstraits  que  toxiciU,  vasomotriciU,  inconmiensurabilite. 
Dans  un  article  de  revue  j'ai  rencontre  insaisissabilitv .  Et  puis 
il  y  a  beaucoup  a  attendre  du  contact  avec  les  langues 
etrangeres.  La  communication  materielle  et  intellectuelle  de- 
vient  de  jour  en  jour  plus  rapide  et  plus  intense,  les  chemins 
de  fer  se  multiplient  et  bientot  les  acroplanes  vont  passer 
trcs  vite  dun  etat  a  l'autre.  Dcsormais  il  serait  impossible  ä 
une    nation    ou  a  une   langue  de  se  soustraire  a  l'influence  et 


84  /-iespiciiunxeir.      .1.    W'nllonkoU, 

a  l'exemple    ctrangcrs.      Vx    je    crois    c|uc    Ic  frarn^ais  nc  fera 
qu'en  profiter. 

Ces  vues  cjue  Ion  vicnt  d'exposcr  ici  en  les  illustrant  de 
quehiues  exemplcs  ne  sont  ciue  des  rcflexions  <^cncrales  et 
eparses.  Pour  les  etudier  a  fond,  pour  les  envisager  sous 
toutes  les  faces  et  pour  les  presenter  d'une  fagon  plus  claire 
et  plus  convaincante,  il  faudrait  ccrire  tout  un  volume  qui 
exigerait  un  travail  preliminaire  plus  minutieux  et  complet. 
Et  il  nie  semble  qu'une  teile  etude,  (|ui  reste  encore  a  faire, 
serait  assez  interessante  et  assez  curieuse  au  point  de  vue  de 
la  Psychologie  comparative  des  langues  et  surtout  au  point 
de  vue  du  developpement  des  idiomes  modernes. 

J.  Aazvik. 


Besprechungen. 

Kr.  Nyrop,  Fransk  Vcrslarc  i  Oinrids.  Kobenhavn,  Gyldeii- 
dalske   Boghandcl  —  Nordisk  Forlag,    igio.  XII   +    loo  p.   in-8". 

Ce  Pre'cis  de  me'lrique  franraise,  dedic  a  M.  Werner  Soder- 
hjelm,  «Finlands  hojt  fortjente  Humanist,  med  Tak  for  varigt 
Venskab»,  est  un  manuel  destine  ä  l'enseignement  universitaire. 
L'auteur  y  montre,  comme,  du  reste,  dans  tout  ce  qu'il  ecrit,  des 
qualitcs  eminentes:  un  savoir  etendu  et  sür,  une  methode  excellente 
d'exposition  et  une  remarquable  clarte  de  style.  Le  livre  de  M. 
Nyrop  peut  donc  etre  vivement  recommande  ä  tous  ceux  ä  qui 
l'ouvrage  classique  du  regrette  maitre  de  1' Universite  de  Berlin 
serait  trop  long  ä  lire. 

II  y  a  cependant  un  chapitre,  ceiui  sur  la  mesure  du  vers 
(chap.  IV),  oü  M.  Nyrop  me  semble  etre  entre  dans  des  details 
tout  ä  fait  superflus  et  avoir  fausse  un  peu  la  conception  ration- 
nelle  du  vers  fran^ais.  J'entends  ce  qu'il  dit  de  la  cesure  et  de 
l'accent  d'intensite. 

Voyons  d'abord  la  cesure.  Selon  M.  Nyrop,  la  cesure  est 
une  pause  voulue  et  logicjue  dans  le  corps  d'un  vers  d'une 
certaine  longueur;  anciennement,  la  place  de  cette  cesure  etait 
fixee  pour  chaque  texte  en  vers  (pour  les  textes  en  alexandrins 
toujours  au  milieu  du  vers) :  cependant,  des  le  debut  du  XIX^  siede, 
et    quelquefois    deja    plus    tot,    meme    au    moyen    äge,  on  trouve 


A';-    A>;<'/>,   Fransk    ]'crsl<c)c  i  Oiinitt's.  85 

sporaditiuenient  une  cesure,  dite  romantüjue,  qui  peut  rtre  placce 
apres  n'importe  (|uelle  syllabe,  sinon  tout  a  fait  au  commcncemcnt 
ou  a  la  fin  du  vers;  dans  l'alexandrin,  on  a  mcme  admis  une 
double  cesure  {coupe  teniaite).  Je  dois  avouer  ([ue  M.  Nyrop  me 
semble  avoir  fait  trop  d'honneur  a  catte  cesure  romantique\  eile 
n'est,  au  fond,  qu'une  negligence,  voulue  ou  non,  de  l'ancienne 
cesure  fixe,  negligence  cju'on  a  essaye  a  posteriori  d'eriger  eii 
svstcme.  Tobler,  cjui  definit  la  cesure  comme  une  pause  ([ui, 
pour  Ic  mcme  genre  de  vers,  est  toujours  placee  au  mcme  endroit 
[Vom  franz.  Versbau^,  p.  93),  dcmontre  fort  bien  [ouvr.  citc,  p. 
1 1 6  SS.)  comment,  par  le  fait  meme  qu'on  a  ncgligc  l'ancienne 
«rsure  reguliere,  des  pauses  logiques  ont  pu  et  du  s'introduire  apres 
(lautres  syllabes  que  la  sixieme  (dans  l'alexandrinj.  Mais  ces 
pauses  secondaires,  qui  apparaissent  tantot  ä  un  endroit,  tantot  a 
un  autre,  ne  sont  pas  des  ce'sures  dans  l'acception  qu'il  faut  donner, 
et  que  Tobler  donne,  a  ce  mot,  puisque  l'idee  fondamentale  de 
la  cesure,  c'est  le  repos  regulier  amenage  dans  le  corps  d'un  vers. 
Et  a  un  autre  point  de  vue  encore,  Tobler  me  semble  mieux 
caracteriser  la  cesure  que  ne  le  fait  M.  Nyrop :  il  dit  {ouvr.  cite, 
p.  03)  Ljue  la  cesure  implicjue  au  moins  la  possibilile  de  faire  une 
pause.  Si  (.ela  est  vrai,  et  je  l'admets  pour  ma  part,  beaucoup 
des  exemples  de  M.  Nyrop  oü  il  veut  retrouver  une  cesure  «ro- 
mantique»  presentent  tout  bonnement  une  cesure  ordinaire  peu 
marquee,  ä  cote  de  latiuelle  une  ou  deux  pauses  secondaires 
attirent  parliculierement  lattention.  Je  considererais  donc  comme 
des  vers  a  cesuie  classique  (affaiblie)  les  vers  suivants  d'Andrc 
Chenier,  cites  par  M.  Nyrop  (p.  54)  comme  les  premiers  exempie.s 
modernes  de  la  cesure  roniantique  : 

II  toid  les  hras,   il  tombe  a  genoux ;   il  lui  crie  .   .    . 
Mais  sois   jnon  höte.    Ici  l'oii   halt  plus   <jue  l'cn/cr  .   .   . 
Toujours   i',)re,   toujours   debile,   chancelant  .    .    ., 

et  de  meme  tous  les  vers  du  §  50,  donnes  comme  exemples 
sporadiques  de  la  cesure  romaiilique  au  moyen  age  et  pendant  la 
Periode  classique.  Au  moyen  age,  les  exemples  d'une  cesure  placee 
apres  un  mot  d'accentuation  faible  ne  sont  pas  rares;  ce  n'est  que 
plus  tard  que  s'est  fait  valoir  la  regle  classique  de  la  pause  indi- 
quee  par  le  contexte.  Ce  que  l'ecole  romantique  a  surtout  change 
par  rapport  a  cette  cesure,  c'est  qu'elle  a  aboli  la  pause  logique 
apres  une  syllabe  determinee,  tout  en  laissant  d'ordinaire  l'ancienne 
cesure  coincider  avec  la  fin  d'un  mot  accentue  (cf.  Tobler,  ouvr. 
cite,  p.  117),  ce  qui  a  naturellement  amene  l'introduction  spora- 
dique    de    pauses    plus    marquees.      Mais    on    est  alle  encore  plus 


86  nes/^rcr/tiDizf't.      ./.    Wnllcvskölci, 

loin:  la  resure  classiciue  a  simplement  ete  abolie  par  le  fait  que 
p.  ex.  la  sixieme  syllabe  d'un  alexaüdrin  se  trouvc  a  rintcrieur 
d'un  mot  ou  est  forme  par  un  mot  pleinement  atone.  Voy.  les 
exemples  suivants,  donnes  par  M.  Nyrop  (§  49),  cü  il  me  semble 
tout  ä  fait  superflu  de  parier  d'une  cesure  quelconque  (les  ca- 
racteres  gras  indiquent  la  syllabe  apres  laquelle  aurait  du  venir  la 
cesure,  et  les  traits  verticaux,  les  cesures  «romantiques»  admises 
par  M,   Nyrop): 

yusqtih   rc  que  le  devniet  cri  I  räle  et  sapaise. 
Tu  files   ä   ton  rouel  /   le  triste    echeveau. 
Mais  de  fautomne  renaitra  '  Pete  plus   l)eau. 
Oii  je  /Hai  j  pensiveniei/t      la   blanche  Inine. 
Et  Voiseau   bleu  j  sur  le   mais  !  en  floraison. 
Oiseau  I  sur  re  päle   roscau  /  fleuri  jadis. 

Enfm,  toute  idee  de  cesure  doit  naturellement  disparaitre  en 
face  d'un  vers  hendecasyllabique  comme  celui-ci  (Verlaine,  Nyrop 
§61): 

M'attendtisseiit,    me  flecliissent,    viapitoient. 

Cf.  encore  les  alexandrins  suivants  sans  resure  tires  de  Ver- 
laine, Prologue  supprivie  ä  uti  livre  '■^d'invectives»  ( Parallelement ,  ed. 
L.  Vanier,    1894,  p.   81    ss.): 

Mcs  fevimes,    tout  es !  et  ce   liest  pas  effrayatit ; 

Et  voiis  auttes,  Parisieiines  ä  Nxces; 

Et  saine  de  la  femme  seule  que  Von    eut ; 

A   cause   de  cette  faiblesse,   fleur  du  corps ; 

Accueillent  d'escroqueiie  apre  le  poete ; 

Qui  tTiagacent  .   .   .  Muses,   ot,   sjis  a  la  vermijie .' 

Sotnme  toute,  il  me  semble  assez  inutile  de  s'etendre  lon- 
■guement  sur  les  differentes  possibilites  de  cesures  tomantiques,  puis- 
tiue  de  telles  «cesures»  ne  sont,  au  fond,  que  la  consequence 
inevitable  de  la  negligence  de  la  cesure  classique.  M.  Nyrop 
semble  avoir  trop  suivi  les  theories  des  auteurs  de  metriques  fran- 
caises,  interessantes  en  sei,  mais  negligeables  dans  un  manuel 
elementaire. 

Ma  seconde  remarcjue  de  principe  conceme  toutes  les  indi- 
cations  de  Vi.  Nyrop  sur  le  placement  des  accents  d'intensite. 
Ainsi,  pour  prendre  un  exemple,  M.  Nyrop  dit,  en  parlant  de 
X hexasyllabe  (§  55),  qu'on  trouve  accentuee,  outre  la  derniere 
syllabe,    la    syllabe  3,  ou  bien  la  syllabe  2,  ou  bien  la  syllabe  4, 


k'y.    Xyrop.    l-iansk    l'oslure  i    OnirUs,  87 

ou  bien  les  syllabes  2  et  4.  A  quoi  hon  tout  cela?  II  est  <  lair 
que  le  mouveraent  rythmique  de  la  phrase  demande  que  certaines 
syllabes  soient  plus  fortement  accentuees  cjue  d'autres.  Mais  cela 
n'a  absolument  rien  a  faire  avec  la  construction  technique  du  vers 
franrais.  Toute  succession  dun  certain  nombre  de  syllabes,  sous 
la  condition  qu'on  observe  encore  la  cesure  (et  cela  meme  n'est 
plus  necessaire),  ainsi  (jue  certaines  regles  metriques  sur  l'hiatus 
etc.,  forme  un  vers  francais  techniquemenl  correct.  Donc  pourquoi 
parier,  dans  un  pre'cis  de  metrique  fran(;aise,  de  toutes  ces  possi- 
bilitcs  d'at;centuation? 

J'aurais    peut-etre    encore    quelques    remarques    de    detail   ;i 
faire.   Ainsi,   M.   Nyrop   dit  au  §    16   qu'un   vers  comme 

C'est  le  btit  de  la   nie,   c  est  le  seid  espoir 

pourrait  bien  se  rencontrer  dans  Tancienne  litterature  franraise.  [e 
ne  le  nie  pas  expressement,  mais  l'exemple  est  cependant  mal 
choisi,  parce  qu'un  alexandriii  evoque  l'idee  d'un  poeme  epique, 
et  ce  n'est  guere  que  dans  la  poesie  lyrique  qu'on  rencontre  des 
vers  Sans  cesure.  —  Au  §  ic),  2^  AI.  Nyrop  cite  Conon  de  Bethune: 

Mais    bele    da?ne    se  doit  bien  garder. 

Dans  mon  edition  des  chansons  de  ce  trouvere,  je  crois  avoir 
donne  la  bonne  lecon  d'apres  deux  autres  mss.  (VIII^  2,  3): 

Mais  bien  se   doit  bone   dame  garder. 

—  Immcdiatement  apres,  en  parlant  toujours  de  la  cesure  etijambantc, 
M.   Nyrop  s'etonne  de  ce  vers  de  Racine: 

Un  songe    (nie  devrais-je  imjuieter  d'un  songe?) 

Je  ne  comprends  pas  tres  bien  ce  qu'il  y  a  detonnant  dans 
ce  vers,  sinon  que  je,  qui  appartient  au  premier  hemistiche,  perd 
son  e  par  elision  devant  la  voyeile  initiale  du  second  hemistiche, 
tout  comme  le  ferait  Ve  final  d'un  mot  dissyllabique.  Ou  est-ce 
(jue  M.  Nyrop  n'aurait  attribue  t|ue  trois  syllabes  au  mot  inquietef  ? 
Le  mot  compte  cependant  pour  quatre  syllabes  (cf.  Tobler,  ouvr. 
cite,  p.  79:  inquijet).  —  En  parlant  de  la  ritjie  au  §  25,  2^,  M. 
Nyrop  dit  qu'elle  est  constituee  par  l'accord  phonetique  de  la 
voyeile  tonique  et  des  «consonnes  environnantes»  («omgivende  kon- 
sonanter»). II  aurait  fallu  dire:  «de  la  voyeile  tonique  et  des 
phonemes  eventuels  qui  suivent»,  en  ajoutant  que  l'accord  peut 
s'ctendre  aussi  aux  phonemes  qui  precedent.  —  ^^  36,  i*^.  Le  fait 
que,  chez  les  classiques,  on  trouve  en  rime  Brittannicus:  confus. 
Burrhus:  vettus,    etc.    ne    prouve    pas    necessairement  qu'il  se  soit 


88      ncsf^nchitii;rci!.  .1.    Wnllciiskold,   F.   Brufiol.  flhl.  ,ic  la  lan;ri,e  frauc.  IIl. 

agi  dune  rime  pour  Tdil.  Vu  lamuissement  frecjuent  de  \s 
finale  (voy.  Thurot,  De  la  pronovc.  franc.  II,  pp.  17 — 37),  on 
peut  admettre  cjue  Racine  prononrait  Britannicu(s)  et  Burihu(s)  ; 
cf.  Tobler,  oiwr.  cite,  p.  141.  Plus  tard,  toat  en  commenrant 
a  prononcer  toujours  \ s  finale  des  mots  011  eile  pouvait  anterieure- 
ment  ctre  muette,  on  a  continue  a  admettre  ces  mc-mes  rime>, 
devenues  maintenant  des  rimes  pour  l'ctil  (si  l'on  ne  prcfere  pas 
fausser  la  pronondation).  —  Dans  le  mcme  paragraphe  (v?  36,  2"), 
il  y  a  une  petite  inadvertance  concernant  les  rimes  inexactes  du 
type  viiracle:  obstacle.  M.  Nyrop  parle  de  «voyelles  qui  s'ecrivent 
de  la  meme  fa(;on»;  ses  exeinples  fenime :  infame,  fache:  lache,  elc. 
montrent  que  l'orthographe  aussi  peut  varier.  —  II  y  a  une  con- 
tradiction  apparente  entre  ies  i^§  '^'j  et  3g,  2".  Dans  celui-la 
l'auteur  dit  que  les  mots  composes  ne  doivent  pas  rimer  entre 
eux  ni  avec  les  mots  simples  correspondants  (ainsi  les  rimes  ordre: 
ile'sordre,  oinbre:  penomhre,  venir:  revenir,  conduiie :  introdtdre  sont 
prohibees).  Dans  le  §  39,  2^,  au  contraire,  M.  Nyrop  donne,  et 
avec  raison,  comme  permises  les  rimes  jout :  sejour,  biiche :  embüche, 
garder :  regarder,  souvenir :  avenir,  inadame:  vidame,  f)ont :  afftont, 
fail:  parfait,  pertnetlre:  promettre.  INI.  Nyrop  aurait  du  explicfuer 
plus  en  detail  que  la  possibilite  de  rimer  ensemble  un  mot  simple 
et  son  compose,  ou  deux  composes  a  prefixe  different,  depend 
essentiellement  du  rapport  semantique  de  ces  mots:  si  le  compose 
n'est  pas  senti  comme  etant  un  compose  du  mot  simple,  ou  si 
les  deux  composes  n'evoquent  pas  l'idee  du  mot  simple  dont  ils 
pn  iviennent,  la  rime  en  question  est  theoriquement  admissible. 

Je  termine  cette  critique,  peut-etre  trop  meticuleuse,  en  sou- 
hailant  a  l'excellent  petit  manuel  de  M.  Nyrop  le  favorable  ac- 
cueil  quil  merite  aupres  du  public  qui  s'interesse  aux  questions 
de  metrique  fran(;aise. 

A.    Wnllemköld 


Ferdinand  Brunot,  Histoirc  de  la  langue  fnuigaisc  des  ori- 
gines  ä  1900.  Tome  III:  La  Formation  de  la  Langue  classiquc 
(lOoo — 1660),  Premiere  partie.  Paris,  Armand  Colin,  1909.  XXXIV 
-f- 420  p.   in-8".      Prix    12    fr.   50,  rel.    17   fr. 

Avec  le  troisieme  tome  de  Tocuvre  magistrale  de  M.  Brunot^, 
lequel  est  le  remaniement  complet  du  chapitre  XI  du  quatrieme 
tome    de    X  Histoire    de    la    Latti^tie  ei  de  la   Litterature  franraise  de 


*   Pour  les   tomes  prccedents,    voir    Neuph.   Mitt.     1905,   pp.    109 — 113, 
et   1907,  p.  29. 


./.    Lihigjors,   Stai/  von  Holstein,   I.e  Roina^t  d' Athis  et  rrophilias.  89 

M.  Petit  de  Julleville,  nous  abordons  le  francais  moderne.  De  la 
facon  claire  et  elegante  que  l'on  connait,  M.  Brunot  nous  depeint, 
dans  son  «livre  premier»,  les  lüttes  entre  las  reformateurs  (Mal- 
herbe, Vaugelas  et  leurs  partisans),  d'un  cote,  et  l'opposition,  reprc- 
sentce  surtout  par  La  Molhe  Le  Vayer,  de  l'autre.  L'oeuvre  d'epu- 
ration  et  de  rcglementation  y  est  finement  analysee  en  ses  grands 
traits,  et  le  livre  se  termine  par  des  apercus  sommaires  sur  «la 
preriosilc»  et  «le  burlesque».  Les  livres  II  et  III,  qui  occupent 
la  plus  grande  partie  du  tome,  traitent  en  detail  du  Lexüjue  et  de 
la  Morphologie  du  francais  de  la  periode  1600 — 1660.  Tout  cela 
est  fort  interessant  et  nous  fait  assister,  avec  un  plaisir  intellectuel 
tles   plus  vifs,  ä  la  naissance  laborieuse  du  francais  moderne. 

Ne  m'etant  pas  specialement  occupe  du  francais  de  la  periode 
classique,  je  ne  suis  pas  a  meme  d'entreprendre  un  examen  critique 
des  materiaux  abondants  que  nous  presente  I\I.  Brunot.  Connais- 
sant  le  savoir  etendu  et  l'exactitude  scrupuleuse  de  l'eminent  pro- 
fesseur  de  Paris,  je  suis  a  priori  enclin  a  admettre  la  justesse  de 
ce  qu'il  avance. 

Un  «Index  lexicologique»,  place  ;\  la  fin  du  volume, 
rendra   de  grands  Services. 

A.    Wallensköld. 


Lage  F.  W.  Stael  von  Holstein,  Le  Roman  d'Athis  et 
Prophilias,  ctitde  liticraire  sur  ses  cleiix  versions.  These  de  ducto- 
rat.     Upsal    190g.    127   p.  in-8°. 

Athis  et  Ptophtltas^  roman  ecrit  par  un  certain  Alexandre  au 
debut  du  XIIP  siecle,  est,  comme  on  sait,  l'histoire  d'une  amitie 
indissoluble  entre  deux  jeunes  hommes,  theme  dont  Amis  et  Amiies 
est  une  Variante  aussi  celebre,  mais  entierement  independante  du 
roman  etudie  par  le  baron  Stael  v.  Holstein.  Le  texte  en  a  ete 
conserve  dans  huit  manuscrits,  dont  un,  se  trouvant,  depuis  l'cpoque 
de  la  reine  Chrisline,  a  la  Bibliotheque  royale  de  Stockholm  et 
exe<-ute  par  un  copiste  lorrain,  avait  deja  en  1882  ete  etudie  par 
M.  Harald  Borg,  qui,  dans  sa  these  de  doctorat,  publiait  la  pre- 
miere  partie  du  roman,  soit  2505   vers. 

Un  des  huit  manuscrits,  celui  de  Tours,  donne  une  version 
tres  differente  et  notablement  plus  courte  que  celle  de  tous  les 
autres  manuscrits.  II  est  mutile,  mais  en  etat  complet  il  ne  devait 
pas  contenir  beaucoup  plus  de  öooo  vers,  tandis  que  la  redaction 
donnee  par  les  autres  manuscrits  en  a  plus  de  22000.  C'est 
le  manuscrit  de  Tours  qui,  selon  le  baron  Stael  v.  Llolstein, 
presente    la    redaction    primitive.      C'est  probablement    la  deuxieme 


QO      Hesf^reclnina^fn.    .1,    Walleusk'olii,  //.  /^reiineiei\  Eit^.  ifes  Jrz.  Ausdrucks. 

nouvelle  de  Pierre  Alphonse  qui  a  servi  de  modele  au  poeme 
franrais,  et  c'est  celui-ci  qui,  avec  le  recit  de  Pierre  Alphonse, 
a  inspire  a  Boccace  la  nouvelle  VIII  de  la  deuxieme  journc'-e  du 
Decame'ron.  11  n'y  a  pas  lieu  de  croire  —  corame  on  l'a  fait 
autrefois  —  que  le  poeme  franrais  aurait  cte  imite  d'un  roman 
grec.  Les  materiaux  utilises  par  le  redacteur  de  la  version  amplifiee 
proviennent  de  la  lilterature  francj-aise  contemporaine,  surtout  des 
romans  de  Thebes,  de  Troie^  (X Eiie'as  et  d'Ale.xanäre,  ainsi  que 
des  bestiaires,  et  un  certain  nombre  de  noms  propres  ont  ete 
empruntes  de  Bovo7i  de  Haumtone. 

Tel  est,  dans  les  grands  trails,  le  lontenu  de  cettc  ctude 
soignee,  qui  a  pour  but  de  servir  de  complement  ä  Tedition  criti- 
que  du  poeme  qui  doit  paraitre,  par  les  soins  de  M.  Alfons  Hilka, 
dans   les   publications   de  la    Gesellschaft  für  romanische   Litteralur. 

Ä.    Laiigfors. 


Heinrich  Breimeier,  Eigenheiten  des  französischen  Ausdrucks 
und  ihre  Übersetzung  ins  Deutsche.  Dresden  und  Leipzig,  C.  A. 
Koch,  10 lo.  VIII  -f-  72  S.  8:0  (=  Neuspiachliche  Abhandlungen 
aus  den  Gebieten  der  Phraseologie,  Realien,  Stilistik  und  Synony- 
mik, unter  Beiücksichtigung  der  Etymologie.  Herausgegeben  von 
Dr.   Clemens  Klöpper-Rostock.   XVII.   Heft). 

Eine  gewiss  sehr  nützliche  Arbeit!  Durch  eine  verständige 
Übersetzung  einer  Menge  nach  grammatischen  Kategorien  (Wort- 
stellung, Artikel,  Substantiv,  u.  s.  \v.)  geordneter  ausgewählter  franzö- 
sischer Sätze,  Wortgruppen  und  Wörter  will  der  Verf.  »die  schäd- 
liche Einwirkung  des  Herübersetzens  auf  die  Muttersprache»  ver- 
mindern. So  weit  Rez.  beurteilen  kann,  sind  auch  seine  Über- 
setzungen mit  feinem  Gefühle  für  die  Verschiedenheiten  der  beiden 
Sprachen  getan.  Schade  nur,  dass  die  Zahl  der  Druckfehler  in 
den    französischen    Beispielen    das    gebührende  Mass  überschreitet! 

Obgleich  das  Buch  nur  für  Deutsche  bestimmt  ist,  können 
doch  auch  unsere  Sprachpädagogen  es  mit  guter  Ausbeute  durch- 
lesen, da  sie  durch  dasselbe  auf  viele  Eigenheiten  des  franzö- 
sischen Stils,  die  sie  etwa  früher  nicht  betuerkt  haben,  aufmerksam 
gemacht  werden. 

Zu  Anfang  des  Buches  findet  sich  eine  willkommene  kurze 
Übersicht  über  die  Entwickelung  der  französischen  Sprache,  welche 
Übersicht  allerdings  in  den  Einzelheiten  Ungenauigkeiten  und  Irr- 
tümer enthält.  U.  a.  \\ird  (S.  3)  Joachim  du  Bellay  »Jean  du 
Bellav»   genannt. 

A.    IValle/isköld. 


/)/.    M'.,    y.    Öhquist,    Peuischc    /'rosii   iitid  /hc/ititni;,   4.    .in//.  91 

Johannes  Öhquist,  Deutsche  Prosa  und  Dichtung  nebst 
Übungsstücken  für  den  Schulunterricht.  4.  verbesserte  Auflage, 
Helsingfors,   Otava,    iqio.      Preis:   3:  75    Fmk. 

In  welcher  Beziehung  die  vorliegende  neue  Auflage  des  Ije- 
kannten  Lesebuches  sich  von  den  vorhergehenden  unterscheidet, 
geht  deutlich  aus  dem  Vorworte  zu  derselben  hervor.  Dort  heisst 
es  nämlich:  «Das  immer  allgemeiner  werdende  Verlangen  nach 
mehr  Realien  in  unseren  fremdsprachlichen  Lehrbüchern  hat  mich 
veranlasst,  in  dieser  vierten  Auflage  eine  Reihe  von  Stücken  durch 
andere  zu  ersetzen,  die  besonders  die  Landeskunde  zum  Gegenstand 
haben».  Von  Stücken,  die  also  in  dieser  Auflage  neu  sind,  mögen 
erwähnt  werden :  Das  Riesengebirge,  Die  Elbe,  Hamburg,  Der 
Tiergarten,  Leipzig  und  seine  Messe,  Das  beste  Deutsch  und  ein 
Stück  aus  Bielschowskys  Goethebiographie,  von  denen  einige  auch 
in  dem  im  vorigen  Jahr  erschienenen  Lesebuch  von  Lektor  Nyström 
zu  finden  sind.  Dagegen  sind  solche  kulturgeschichtlichen  und 
geographischen  Stücke,  die  sich  nicht  besonders  auf  Deutschland 
und  deutsche  Verhältnisse  beziehen,  wie  Die  Einführung  der  Seide 
in  Europa,  Das  tote  Meer  u.  a.  ausgeschlossen  worden.  An  und 
für  sich  bezeichnet  diese  Vertauschung  einiger  Stücke  gegen  die 
obenerwähnten  einen  Fortschritt  und  einen  Gewinn  für  das  Lese- 
buch, das  dadurch  in  der  Tat  nicht  nur  in  einer  neuen,  sondern 
in  einer  wahrhaftig  > verbesserten»  Auflage  vorliegt.  Nur  entstehen 
beim  Unterricht  leicht  gewisse  Schwierigkeiten  mit  den  vielen  ver- 
schiedenen Auflagen  eines  Buches,  denn  oft  kommen  diese  alle 
gleichzeitig  in  derselben  Klasse  vor.  Aus  praktischen  Gründen 
müssen  dann  nur  die  Stücke  durchgenommen  werden,  welche  allen 
Auflagen  gemeinsam  sind.  Und  so  können  Jahre  vergehen,  bis 
die  grosse  Mehrzahl  der  Schüler  endlich  die  neueste  Auflage 
besitzt,  und  die  »Verbesserungen»  derselben  schliesslich  dem  Un- 
terricht zu  Gute  kommen  können.  Hoffentlich  wird  die  nächste 
Auflage  der  »Prosa  und  Dichtung»  keine  neuen  Stücke  enthalten! 
—  Die  neu  erschienene  Auflage  präsentiert  sich  sonst  in  einer 
schöneren  Ausstattung  als  irgend  eine  der  alten;  sie  ist  auf  gutem 
Papier  gedruckt  und  mit  guten   Bildern  versehen. 

M.    W. 


92  r>otok'olk  ll'^s  Netiphiloloi^ischen    Verehis. 


Protokolle  des  Neuphllologlscben  Vereins. 


Protokoll     des     Neuphilologischen     Vereins 
vom   2*).   Februar    igio,   bei   welcher  Sitzung  ( 
N'orstand   und    i6   Mitglieder  anwesend   waren. 


er 


§    I- 

Das     Protokoll     der    letzten    Sitzung    wurde  verlesen   und  ge- 
schlossen. 


Als  neues  Mitglied  wurde  Stud.  Katl  Magnus  Westerhmd 
aufgenonunen. 

§  3- 

Zum  Jahrcsfestkommittc  wurden  gewählt:  Prof.  Wallensköld, 
Fräulein  Bohnhof,  Fräulein  Hedvali  Magister  Ah'tnan  und  Frau 
Räbe7'i;//. 


^   4- 

Dr  K.  S.  Laurila  referierte  die  Frage  nach  der  Ausbildung 
der  neusprachliclien  Lehrer.  Das  Referat  mündete  in  folgende 
Thesen  aus: 

i)  Um  neuere  Sprachen  erfolgreich  zu  unterrichten  muss 
der  Lehrer  vor  allem  die  betreffende  Sprache  in  ihrer  modernen 
Gestalt  möglichst  vollkommen  beherrschen  und  mit  dem  Kultur- 
leben des  betreffenden  Landes  möglichst  vielseitig  vertraut  sein. 
Ohne  die  nötige  phonetische  und  sprachgeschichlhche  Schulung 
preiszugeben  oder  zu  vernachlässigen,  muss  deshalb  schon  bei  der 
wissenschaftlichen  Vorbereitung  des  angehenden  Lehrers  (auf  der 
Universität)  auf  diese  Seiten  ein  starker  Nachdruck  gelegt  werden. 
Dazu  wird  es  vielleicht  nötig  sein,  bei  den  Examina  eine  gewisse 
Wahlfreiheit  zu  gestatten,  so  dass  diejenigen  Studierenden,  welche 
sich  ausdrücklich  für  den  Lehrerberuf  vorbereiten,  sich  nicht  so  sehr 
in  die  ältesten  Perioden  der  Sprachentwicklung  zu  vertiefen  brauchen, 
sondern  statt  dessen  eine  grössere  Vertrautheit  mit  irgend  einer 
Seite  (Literatur,  Geschichte,  soziale  und  Bildungseinrichtungen. 
Sitten  u.  dergl.)  an  der  neueren  Kulturentwicklung  des  beireffenden 
Volkes  aufweisen  müssen  und  auch  ihre  Laudaturabhandlungen 
über  ein  solches  Thema  schreiben    dürfen. 


Protokolle  des   Xeupkilologischcn    Vereins.  93 

2)  Die  pädagodische  Vorbereitung  der  neuspracliliclien  Lehrer 
bei  uns  ist  mangelhaft  in  der  Beziehung,  dass  von  den  angehenden 
neusprachlichen  Lehrern  keine  gründlichere  Kenntnis  der  speziell 
neusprachlichen  Unterrichts- Methodik  verlangt  wird.  Diese  Kennt- 
nis könnte  am  besten  während  des  Probejahres  am  Normallyceum 
erworben  werden,  und  sollte  es  dem  betreffenden  Oberlehrer  oblie- 
gen, die  neusprachlichen  Lehramtskandidaten  in  die  neusprachliche 
Methodik  einzuführen  und  sie  darin  zu  prüfen. 

3)  Die  praktische  Vorbereitung  der  neusprachlichen  Lehrer, 
näml.  die  Erlangung  der  nötigen  Sprachbeherrschung,  ist  bei  uns 
wegen  der  geographischen  und  politischen  Lage  des  Landes  und 
wegen  der  Seltenheit  des  ausländischen  Verkehrs  schwieriger  als  in 
anderen  Ländern.  Deshalb  sollte  es  im  Staatsinteresse  liegen, 
reichlich  für  Stipendien  zu  sorgen.  Einige  von  diesen  sollten  auch 
etwas  grösser  sein  und  zu  einem  längeren  Aufenthalt  verpflichten 
als  nur  über  die  Ferien,  und  sie  sollten  nur  an  diejenigen  ver- 
geben werden,  die  einen  bestimmten  Studienplan  einreichten  und 
sich  verpflichteten,  nach  der  Reise  entweder  über  ein  pädagogisches 
oder    ein    wissenschaftliches  Thema  eine  Publikation  zu  schreiben. 

Auch  Lektor  Poirot  fand,  dass  eine  Änderung  in  dem  jetzi- 
gen Universitätsunterricht  eintreten  müsse:  die  praktische  Fertig- 
keit, die  Kenntnis  der  Realien,  das  Eindringen  in  das  Wesen  des 
fremden  Volkes  komme  jetzt  zu  kurz  im  Unterricht.  Worauf  dies 
beruht,  sei  schwer  zu  sagen.  Daran  seien  jedenfalls  aber  auch 
die  Studenten  schuld,  die  zu  unreif  sind,  wenn  sie  auf  die  Uni- 
versität kommen,  und  einer  allzu  utilitaristischen  Anschauungsweise 
huldigen,  indem  sie  nur  das  lernen,  was  zu  den  Examensforde- 
rungen gehört.  Das  einzige  Mittel,  um  eine  bessere  Sachlage  zu 
erzielen,  sei,  dass  das  Examen  auf  einen  anderen  Fuss  gestellt 
werde.  Das  Programm  müsse  daraufhin  geändert  werden,  dass 
die  Studenten  ein  tieferes  Verständnis  moderner  Texte  erwerben. 
Früher  gab  es  ein  Examen,  wo  das  Literatur-  und  Kulturgeschicht- 
liche ebenso  wie  die  praktische  Sprachfertigkeit  besonders  ins  Auge 
gefasst  wHirde,  das  Lehramtskandidatexamen.  Dasselbe  ist  jetzt 
abgeschafft  worden,  aber  dafür  müsse  ein  Ersatz  eintreten.  Die 
scharfe  Trennung  der  eigentlichen  Philologie  und  des  Litteratur- 
studiums  habe  ihre  Ungelegenheiten.  Es  sei  ein  Fehler,  dass  die 
künftigen  Lehrer  der  neueren  Sprachen  nicht  in  modernen  Litte- 
raturtexten  geprüft  werden. 

Professor  Wallensköld  fand,  dass  die  vom  Referenten  hervor- 
gehobene Ungelegen heit  eine  Folge  der  zweifachen  Aufgabe  der 
Universitätsexamina  (Vorbereitung  der  künftigen  Gelehrten  und  der 
künftigen  Schullehrer)  wäre.  Eine  Wahlfreiheit  in  den  Examens- 
forderungen   in    der    vom    Referenten    bezeichneten    Richtung   sei 


94  Protokolle  (fcs  A\iiip/iilo!oi^/i-/ieii    rercins. 

praktisch  scliwer  durchführbar;  eine  gewisse  Wahlfrciheit  sei  schon 
vorhanden.  Um  eine  genauere  Kontrolle  über  die  praktische  Sprach- 
fertigkeit zu  gewinnen,  könnte  diese  Prüfung  dein  Universitätslektor 
überlassen  werden. 

Was  den  zweiten  Punkt  betrifft,  glaubte  Oberlehrer  Dr  Hao- 
fon,  dass  der  Referent  die  Leitung  der  Lehrerkandidaten  an  den 
Normallyceen  nach  etwas  veralteten  \^erhältnissen  beurteilt  habe : 
die  Sachlage  sei  jetzt  eine  bessere. 

Dr  Hortlins,  wollte  auf  einige  Missverhältnisse  an  den  Nor- 
mallyceen aufmerksam  machen.  Besonders  sei  es  unbillig,  dass 
die  praktischen  Proben  nach  keinen  bestimmten  Gründen  beurteilt 
werden  und  dass  dem  Beurteilten  keine  Gelegenheit  geboten  werde, 
sich  gegen  ein  allzu  subjektives  Urteil  zu  verteidigen.  • —  Ober- 
lehrer Dr  Hagfors  fand,  dass  diese  Sache  in  dem  Neuphilologischeh 
Verein  nicht  diskutiert  werden  könne. 

In  fidem: 

A.  Längfors. 


Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  15.  März  19 10  (Jahresfest),  bei  welcher 
Sitzung  der  Ehrenpräsident  Prof.  W.  Söderhjelm, 
der  Vorstand  und  25  Mitglieder  anwesend  waren. 

§    I- 

Lektor  y.  Poirot  hielt  einen  Vortrag  über  das  Thema:  «Unc 
societe  secrete  en  France  au  dix-septicme  siccle  (La  compagnie  du 
Tres-Saint  Sacrement) » . 


Es  folgte  ein  geselliges  Beisammensein,  wol^ei  Reden  von 
den  Professoren  Walleiisköld  und  Söderhjebii  gehalten  wurtlen.  Das 
Programm  enthielt  ein  kleines  französisches  Theaterstück,  Gesang, 
eine  Festpublikation   («Unphilologische  Mitteilungen»),  u.  a. 

In  fidem: 
A.   Längfors. 


F.iiigcsani/tc    Fittciatuy.       ScIniflciKxiistauscIi.  95 

Eingesandte  Litteratur. 

Otto  Breitkreuz,  Comment  dit-on?  Lexikalischer  Ratgeber 
fiir  den  Schul-  und  Selbstunterricht.  Dresden  und  Leipzig,  C.  A. 
Koch,    1910.      146  S.   8:0.     Preis  Mk.   2:  40. 

der  ortograhf,  halpmonatsl)lat  führ  lauttroie  rechtschrai- 
bung  und  latainschrift,  sowi  fülir  reformen  auf  anderen  gebiten, 
herausgegäben  fon  sprahchlerer  f.  mälis  in  noistat  (holst.),  i .  jahrg. 
nr.    I    (i.  april    iQio),   2   (16.  april    ig  10). 

Aus    den    obigen    Zeilen  geht  genügend  hervor, 
wie    weit    die    Reformorthographie    dieser   neuen  Zeit- 
schrift geht.      Hinzuzufügen  ist  nur,   dass  das  Verteilen 
eines    Wortes    auf   zwei  Zeilen  von  gar  keinen   Regeln 
bestimmt    wird.      Man  findet  daher:   s-owohl,   ersi-nnen, 
wört-ern,  usw.   —  Das  Blatt  kostet  jährlich  2  Mk  (jede 
Nummer  a  8  Seiten  8:0). 
Rainön    Menendez    Pidal,    L'epopee    castillane  a  travers  la 
littcrature   espagnole.     Traduction    de    Henri    Merirme.     Avec  une 
Preface    de    Ernest    Mirimee.     Paris,    A.   Colin,    19 10.      XXVI   -|- 
306  p.   in-8''.      Prix:   3   fr.   50. 

W.  Söderlijelm  ^  N.  Tötterman,  Premier  livre  de  lectures 
francaises.  Vocabulaire  franrais-finnois.  Helsingfors,  Soc.  Otava, 
19 10.    130  p.  in-ßO. 

Hans  Strigl,  Spraclnvissenschaft  für  alle.  IL  Jahrgang,  Nr. 
12 — 15.  Wien,  L.  Weiss,    ig  10. 


Schriftenaustausch. 

Bibliographia  phonetica  igio  (V.  Jahrg.),  Nr.  3—4,  und 
Annotationcs  plwneticae  19 10  (IV.  Jahrg.),  Nr.    i — 3. 

Modern  Language  Notes,  Vol.  XXV  (1910),  No.  3 — 4. 

Moderna  Spräk  19 10  (IV.  Jahrg.),  Nr.  i — 4.  —  Enthält 
u.  A. :  S.  3.  Uniform  Grammatical  Terminology  (Abstract  of  the 
Interim  Report  of  the  British  Joint  Committee) ;  S.  17.  The  Prin- 
cipal  Holiday  Courses,   British  and  Continental  (19 10). 

Museum,  Maandblad  voor  Philologie  en  Geschiedenis  cnder 
redactie  van  P.  J.  Blök,  J.  J.  Salverda  de  Grave,  A.  Kluyver  en 
J.  S.  Speyer.  Uitgaaf  van  A.  W.  Sijthoff's  uitg.-m'j.,  te  Leiden. 
I7:de  Jaargang,  N:o  i — 8  (Oct.  190g  —  Mei  19 10). 

Päivä,  Jahrg.    19 10,  Nr.    13 — 20. 

Rassegna  bibliografica  della  letteratura  italiana,  anno  XVIII 
(ig  10),  fasc.    I — 2 — 3. 

Revue  germanique  19 10  (6=  annce),  n:os  2—3.  Sommaire: 
No.  2.  E.  Seiliiere,  Le  frere  d'armes  de  Nietzsche:  Erwin  Rohde; 
F.  Olivere,    George    Moore;    etc.  —  N:o  3.  C.  Pitollet,    Un  John 


96 


Kni).\  iillcmaiid  au  XIX'^  siede:  Le  Pasteur  Chrlstoph-Joseph-Rudolf 
Dulon,  tlc  Jircme;  I .  Chaffurin,  La  Crise  religieuse  de  George 
Kliot;  F.  Piquet,  Un  Manuscrit  inedit  de  Goctlie:  La  Mission 
tlicatrale  de  Wilhelm   Meister:   etc. 


Mitteilungen. 


Personalien.  Professor  IV.  Söderhjelm  ist  am  12.  März 
d.  J.  {a.  St.)  zum  Ehrenmitglied  der  Neuphilologischen  Gesellschaft 
an  der  Petersburger  Universität  ernannt  worden. 

Einheimische  Beiträge  zu  ausländischen  Publi- 
kationen: Olaf  Homcn,  Bespr.  von  W.  Küchler,  Französische 
Romantik,  im  Literaturblatt  f.  germ.  u.  rom.  Phil.  XXXI  (19 10), 
Sp.  106 — 11;  T.  E.  Karsten,  Ein  westgermanischer  Namenstypus 
in  Finnland,  in  der  Zs.  f.  Deutsche  Wortforschung  XII  (19 10),  S.  87 
— 93 ;  A.  Längfors,  La  Vie  de  sainte  Catherine  par  le  peintre  Estienne 
Lanquelier,  Rom.  XXXIX  (19 10),  S.  54 — 9;  A.  Wallensköld,  Bespr. 
von  Kr.  Sandfeld  Jensen,  Bisaetningerne  i  moderne  fransk,  in  Le 
Maitre  Phon.  19 10,  S.  46 — 7  (x\uszug,  in  Lautschrift,  aus  den 
Neuph.   Mitt.    1909,  S.   225  —  7). 

Ausländische  Besprechungen  einheimischer 
Publikationen:  A.  Längfors  et  W.  Söderhjelm,  La  Vie  de  saint 
Quentin  par  Huon  le  Roi  de  Cambrai,  von  G.  Huet,  Le  Moyen 
Age  1909,  Sept.-Oct;  E.  Stengel,  Zs.  f.  frz.  Spr.  u.  Lit.  XXXV, 
Ref.,  S.  192 — 6;  H.  Suolahli,  Die  deutschen  Vogelnamen,  von 
H.  Schröder,  Germ. -rom.  Monatsschrift  II,  S.  186 — 7;  F.  Piquet, 
Rev.  crit.  19 10,  Nr.  8;  O.  J.  Tallgren,  Sur  la  rime  italienne  et 
les  Siciliens  du  XIIP  siecle  (Mem.  V,  235 — 74),  in  Rass.  bibl. 
della  lett.  ital.  XVIII  (1910),  S.  69-  70;  Giorn.  stör,  della  lett. 
ital.  LV  (1910),  S.  419 — 21. 

An  den  im  Januar  1909  in  Helsingfors  abgehal- 
tenen Neuphilologentagen  wurde  bekanntlich  der  Unterricht 
in  der  s.  g.  allgemeinen  Grammatik  zum  Gegenstande  einer  Diskus- 
sion gemacht,  an  welcher  auch  die  gleichzeitig  hier  versammelten 
Lehrer  der  beiden  einheimischen  Sprachen  teilnahmen.  Die  Refe- 
renten der  Frage,  die  Doktoren  Hagfors  und  Saxen,  waren  beide 
der  Ansicht,  dass  der  Unterricht  der  allgemeinen  Grammatik  nicht 
ausschliesslich  den  Lehrern  der  Muttersprache  obliegen  sollte,  son- 
dern dass  auch  die  Lehrer  der  übrigen  Sprachen  sich  daran  be- 
teiligen müssten.  Um  nun  einen  genauen  Plan  für  diese  vorgeschla- 
gene Arbeitsverteilung  auszuarbeiten,  wurde  ein  aus  8  Personen 
bestehendes   Kommittee  eingesetzt.    Das  Kommittee  hielt  seine  erste 


.Mitteilungen.  97 

Sitzung  bald  nach  den  Neuphilologentagen  und  teilte  sich  für  die 
Ausführung  seines  Auftrages  in  zwei  Abteilungen,  eine  für  die 
finnischen  und  eine  für  die  schwedischen  Schulen.  Beide  Abtei- 
lungen haben  nunmehr  die  Arbeit  zum  Abschluss  gebracht  und  jede 
ihren  kurzen  Bericht  ausgearbeitet,  aus  welchen  Berichten  ersichtlich 
sein  wird,  wie  sich  das  Kommittce  die  Verteilung  des  grundlegenden 
allgemeingrammatischen  Unterrichts  auf  die  verschiedenen  Sprachen 
gedacht  hat.  Diese  Berichte  werden  als  Anhänge  zu  den  Jahres- 
berichten der  beiden  Normallyceen  zu  Helsingfors  über  das  Schul- 
jahr 1909 — 10  gedruckt  werden.  An  sämtliche  Schulen  des  Landes 
werden  Separatabdrucke  der  Berichte  in  genügender  x\nzahl  ver- 
sandt werden.  Die  neusprachlichen  Lehrer  und  Lehrerinnen  werden 
hierdurch  aufgefordert,  von  den  Vorschlägen  des  Kommittces 
Kenntnis  nehmen  zu  wollen. 

Ferienkurse:  In  Besaiiron  vom  i.  Juli  bis  31.  Okt.  — 
In  Caen  {Riva-Bella)  vom  2.  Juli  bis  31.  Okt.  —  In  Dijo?i  wora. 
4.  Juli  bis  30.  Okt.  (mehrere  Kurse).  —  In  Geneve  vom  16.  bis 
27.  Aug.  —  In  Lausanne  vom  21.  Juli  \yvs,  31.  Aug.  —  In  Mar- 
burg vom  4.  bis  23.  Juli  und  vom  4.  bis  24.  Aug.  —  In  Oxford  vora. 
2.  bis  2Q.  Aug.  —  In  Routn  vom  4.  Juli  bis  27.  Aug.  —  In 
Versailles  vom  27.  Juli  bis  18.  Aug.  und  vom  19.  Aug.  bis  10. 
Sept.   —  S.   auch   »Moderna  Spräk»,    1910,  Nr.   2,  S.    17   ff. 

Chronique  etymologique  des  langues  romanes. 
Depuis  quelques  annees  la  science  etymologique  a  fait  de  rapides 
progres  dans  le  domaine  des  langues  romanes.  Les  resultats  des 
recherches,  faites  par  un  tres  grand  nombre  de  savants,  sur  les 
origines  du  vocabulaire  roman,  sont  malheureusement  disperses  dans 
des  revues,  deja  nombreuses,  dans  les  glossaires  qui  accompagnent 
les  cditions  critiques  d'anciens  textes,  dans  les  dictionnaires  etymo- 
logiques,  dans  d'autres  ouvrages  dont  le  nombre  va  toujours  en 
augmentant. 

D'autre  part,  aucun  ouvrage  de  reference  ne  s'est  propose 
de  noter,  ä  mesure  qu'ils  paraissent,  tant  les  resultats  acquis  en 
matiere  d'etymologie  romane  que  les  hypotheses  quelquefois  fructu- 
euses  auxquelles  a  donne  lieu  l'etude  du  vocabulaire  roman.  Et 
cependant  le  temps  est  venu,  nous  semble-t-il,  de  creer  pour  le 
savant  un  moyen  de  se  mettre,  le  plus  promptement  possible,  au 
courant  de  ce  qui  a  ete  fait  dans  cet  ordre  de  recherches;  s'il 
s'occupe  d'etymologie  lui-meme,  il  est  evident  qu'il  lui  Importe  de 
savoir  tout  ce  qui  a  ete  dit  sur  le  probleme  special  qui,  ä  un 
moment  donne,  concentre  son  attention;  s'il  ne  s'en  occupe  pas,  il 
veut  pour  le  moins  constater  les  resultats  auxquels  on  a  abouti. 

La  Societe  Internationale  de  Dialectologie  Romane  se  propose 
d'enregistrer  dans  sa  Revue,   d'une  facon  sommaire,  les  resultats  de 


98  Miiteilungen. 

toutes  les  recherches  ctymologiques  qui  concernent  les  langues  roma- 
nes  et  qui  ne  sont  pas  d'un  intcret  purement  local  et  de  tenir  le 
registre  au  courant  de  tout  ce  qui  se  publiera  ä  l'avenir. 

C'est  dans  le  but  de  faciliter  cette  täche  que  les  soussignes, 
s'adressant  ä  tous  les  savants  qui  s'occupent  de  philologie  romane, 
aux  editeurs  et  rcdacteurs  des  revues,  les  prient  instamment  de  bieii 
vouloir  contiibuer  au  succes  de  cette  entreprise,  en  envoyant,  aussi- 
tot  que  possible  apres  la  publication,  un  exemplaire  de  tout  ouvrage 
d'interet  etymologique  (traites  speciaux,  glossaires,  melanges),  ou  s'il 
s'agit  d'articles  de  revue,  le  numero  de  la  revue  ou  ua  tirage  ä 
part  de  l'article  au  Secretaire  de  la  Societe  Internationale  de  Dialecto- 
logie  Romane,    Richard  Wagnerstrasse  43,    Halle  a.  S.  (AUemagne). 

P.  Barbier  fils,  Leeds.  B.   Schädel,     Halle  a.  S. 

Berichtigungen:  S.   44,   Z.    17,  lies:   P.  Pietsch. 


NeupHiioioqische 

•  •  MITTEIUJNGEN 

Herausgegeben  vom  Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 


Acht  Nummern  jährlich.     Preis:   4  Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 

rv  //>   ,[    4:   30    durch    die    Post  und     5  Fmk  durch  die  Buchhandlungen. 

IzP-    5.' V        Zahlerde  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich. 

—  Abonnementsbetrag,    Beiträge,  sowie  Bücher  zur  Be^trechting 

bittet  man  an   die   Redaktion   (Adr.     Prof.   A.   Wallensköld, 

Vestra   Hamngatan   5)   zu  senden 


1910 


Die  estnischen  Worte  im  Deutschen  der  baltischen  Ostsee- 
Provinzen. 

Im  Laufe  der  700  Jahre,  die  seit  der  ersten  Besiedelung 
der  baltischen  Ostseeprovinzen  durch  die  deutschen  Ritter  und 
ihr  Gefolge  vergangen  sind,  hat  die  deutsche  Sprache  hier  ein 
so  eigenes,  verschiedenartiges  Gepräge  erhalten,  dass  sie  Mund- 
art genannt  werden  kann,  obgleich  ihr,  als  Sprache  der 
Gebildeten,  die  Merkmale  der  lebendigen  Volksdialekte  fehlen. 
Das  mundartliche  Gepräge  verdankt  das  baltische  Deutsch  in 
wesentlichem  Masse  den  Berührungen  mit  anderen  Idiomen. 
Auf  dem  baltischen  Kolonisationsgebiet,  dessen  eigentliche 
Landesbevölkerung  aus  Finnen,  Esten,  Leiten  besteht  und  des- 
sen Verwaltung  anderthalb  hundert  Jahre  lang  in  den  Hän- 
den der  Schweden  war  und  seit  den  letzten  zwei  Jahrhun- 
derten russisch  ist,  ist  die  deutsche  Sprache  in  ganz  beson- 
ders hohem  Grade  fremden  Einflüssen  ausgesetzt  gewesen. 
Dass  sie  sich  doch  diesen  Einflüssen  gegenüber  als  verhält- 
nismässig konservativ  gezeigt  hat,  beruht  eben  darauf,  dass 
sie  eine  Sprache  der  Gebildeten  und  der  höheren  Kultur 
gewesen  und  als  solche  auch  in  steter  Fühlung  mit  der  hoch- 
deutschen Literatursprache  geblieben  ist.  Aus  diesem  höhe- 
ren Kulturniveau  der  Deutschen  erklärt  sich  andererseits  die 
massenhafte  Übernahme  deutscher  Worte  in  das  Estnische 
und  Lettische;  im   Vergleich  mit  diesem   Vorgang  ist  die  ent- 


lOO  Hugo  Suolahti, 

gegengesetzte  Beeinflussung  des  Deutschen  durch  die  Landes- 
sprachen ziemlich  gering  gewesen. 

Die  Beziehungen  zwischen  der  Sprache  der  deutschen 
Kolonisten  und  den  Idiomen  der  alten  Landesbevölkerung  sind 
noch  nicht  eingehend  untersucht  worden.  Doch  hat  man  seit 
längerer  Zeit  in  den  baltisch-deutschen  Idiotiken  diesen  Din- 
gen Aufmerksamkeit  gewidmet  und  Dr.  K.  Sallmann  hat  in 
den  »Neuen  Beiträgen  zur  deutschen  Mundart  in  Estland» 
(1880)  die  Fremdworte  in  besondere  alphabetisch  geordnete 
Verzeichnisse  gesammelt.  Speziell  die  estnisch-deutschen  Be- 
rührungen sind  in  den  allerletzten  Jahren  bemerkt  worden. 
Die  Beeinflussung  des  Estnischen  durch  das  Deutsche  fasst 
Dr.  W.  Schlüter  ins  Auge  in  einem  ausführlichen  Vortrag, 
der  in  den  Sitzungsberichten  der  Gelehrten  Estnischen  Gesell- 
schaft für  1909  erschienen  ist.  Von  dem  entgegengesetzten 
Einfluss  des  Estnischen  auf  das  baltische  Deutsch  handelt 
wieder  ein  im  Jahrgang  1906  dieser  Zeitschrift  erschienener 
Aufsatz  von  Dr.  H.  Ojansuu.  Nach  einem  orientierenden 
Überblick  auf  die  frühere  Literatur,  in  der  dieses  Thema  in 
irgendwelcher  Weise  behandelt  oder  gestreift  worden  ist  — 
ausser  den  Idiotiken  kommen  nur  die  Schriften  Sallmanns 
und  einige  Zeitschriftenartikel  in  Betracht  — ,  giebt  Ojansuu 
eine  Auslese  von  den  in  Hupeis  »Idiotikon  der  deutschen 
Sprache  in  Lief-  und  Ehstland»  (1795)  und  Sallmanns  bereits 
erwähnten  Verzeichnissen  vorkommenden  estnischen  Ausdrüc- 
ken. Diese  Zusammenstellung  ist  jedoch  blos  darauf  abgesehen, 
die  kulturelle  Bedeutung  des  estnischen  Einflusses  anzudeuten 
und  sie  beschränkt  sich  deshalb  nur  auf  einen  Teil  (etwa  50) 
der  Entlehnungen,  der  unter  zwei  Rubriken  (i  Kinderpflege; 
2  Lebensmittel  und  gesellschaftliche  Verhältnisse)  mit  Angabe 
des  estnischen  Etymons  untergebracht  ist. 

Es  wäre  eine  sehr  verlockende  Aufgabe  den  estnischen 
Einfluss  im  baltischen  Deutsch  an  der  Hand  der  literarischen 
Quellen  und  der  modernen  gesprochenen  Sprache  eingehend 
zu  untersuchen,  wobei  die  chronologische  Aufnahme  und  die 
geographische  Verbreitung  der  einzelnen  Ausdrücke  genau 
festgestellt    und     der    Intensitätsgrad   ihrer    Einbürgerung  be- 


Die  estnischen    Worte  itn   Deutschen  der  baltischen   Ostseeprovinzen.       loi 

Stimmt  werden  müsste;  natürlich  wären  auch  die  Wortüber- 
setzungen und  soweit  möglich  die  phraseologische  und 
syntaktische  Beeinflussung  zu  berücksichtigen.  Sicherlich 
würde  eine  solche  geschichtliche  Untersuchung  der  fremden 
Einflüsse  auch  dazu  beitragen  eine  Anzahl  der  Rätsel  zu  lösen, 
welche  sich  auf  baltischem  Boden  knüpfen  und  baltische, 
slavische,  finnische  und  germanische  Sprachen  umfassen.  Viel- 
leicht werde  ich  noch  Gelegenheit  haben,  den  hier  berührten 
Gegenstand  zu  einer  allseitigen  Behandlung  aufzunehmen. 
Vorläufig  schien  es  mir  aber  wichtig  doch  einmal  die  in  die 
baltischen  Idiotika  aufgenommenen  estnischen  Sprachelemente 
annähernd  vollständig  zusammenzustellen.  Ausser  Sallmanns 
bereits  erwähnten  wichtigen  und  verdienstlichen  Verzeichnis- 
sen, die  jedoch  unvollständig  und  nicht  frei  von  Irrtümern 
sind,  habe  ich  Hupeis  Idiotikon  und  v.  Gutzeits  Wörterschatz 
der  deutschen  Sprache  Livlands  (1859  ^)  f"it  Hinblick  auf 
die  estnischen  Worte  durchgeblättert.  In  jenem  Hilfsbuch  ist 
bereits  bei  einer  grossen  Anzahl  von  Worten  die  estnische 
Herkunft  —  meistens  richtig  —  bemerkt  und  angegeben  wor- 
den; auch  in  Gutzeits  VV^örterbuch,  wo  das  vollständig  unwis- 
senschaftliche Etymologisieren  mit  allerlei  unverständigen  Be- 
merkungen über  die  Worterklärungen  Grimms  so  unangenehm 
wirkt,  findet  man  nicht  selten  einen  richtigen  Hinweis  auf  das 
Estnische.  Ich  habe  die  von  Hupel,  Gutzeit  oder  Sallmann 
als  estnisch  angegebenen  Ausdrücke  ^  gesichtet  und  dabei  eine 
Anzahl  echtdeutscher,  slavischer  oder  lettischer  Elemente  aus- 
gesondert-; das  Verzeichnis  ist  andererseits  mit  Ausdrücken 
vermehrt  worden,  auf  deren  estnische  Herkunft  bisher  nicht 
aufmerksam  gemacht  worden  ist. 


*  Im  nachtolgenden  Verzeichnis  habe  ich  die  eventuellen  Hinweise  der 
genannten    Quellen    auf    die    estnische   Herkunft  der   Worte   immer  angegeben. 

^  Da  die  Etymologien  der  estnischen  Worte  im  aügemeinen  noch  wenig 
untersucht  worden  sind,  war  es  in  einigen  Fällen  schwer  zu  entscheiden,  ob 
der  betreffende  Ausdruck  aus  dem  Estnischen  übernommen  worden  ist  oder 
nicht.  Doch  habe  ich  \  ersucht,  soweit  möglich,  blos  die  Fälle  zu  berück- 
sichtigen, wo  nur  estnische  Provenienz  vorliegen  kann.  Eine  Scheidung  zwi- 
schen lettiichen  und  estnischen  Entlehnungen  ist  jedoch  manchmal  nicht  möglich. 


I02  Hugo  Suolahti, 

abtummen,  »tummig  machen,  eine  Suppe  oder  Sauce» 
(Gutzeit  Nachtr.).  vgl.  Tu  mm. 

Arro,  der,  »(Ehstn.)  heisst  eine  etwas  hoch  liegende 
trockene  auch  mit  Gesträuch  bewachsene  Stelle:  daher  redet 
man  von  Arroland  welches  zum  Acker  taugt,  und  von  Arro- 
heuschlägen  die  ein  kurzes  nahrhaftes  Gras  oder  auch  Klee 
liefern»  (Hupel).  Aus  estn.  aru,  aro  'fruchtbares,  trocken 
gelegenes  Land,  trockene  Wiese'. 

auskoljen,  »ausziehen,  die  Wohnung  wechseln,  Sall- 
man  S.  89.  In  Lettland  nicht.  Nach  d.  Estn.».  (Gutzeit 
Nachtr.).   vgl.  koljen. 

Baverkiilmit,  das,  (Gutzeit  Nachtr.).   vgl.   Külmit. 

Bauersölge,  »Nesteltrichter  od.  Trichternestel  der  est- 
nischen Bäuerinnen»   (Gutzeit  Nachtr.).  vgl.   Sölge. 

hepaiev,  »liebkosend  mit  den  Händen  streicheln»  (Gut- 
zeit Nachtr).   vgl.   paien. 

Brücken-Kubjas,  der,  »ist  derjenige  Bauer  welcher  bey 
der  Strassen-  und  Wege-Ausbesserung  eines  Landguts  in 
ehstnischen  Distrikten  die  Aufsicht  führt»  —  —  (Hupel). 
vgl.    Kubjas. 

einhallig,  »unrichtig  f.  einhalgig,  einscheitig»  (Gutzeit 
Nachtr.).   vgl.    hall  ig. 

Fischermaie,  die,  »Fischerhaus.  Im  alten  Bernau  beim 
J.  1560:  die  Reuffen  in  die  Fischer  Maien  gefallen,  die  Leutte 
erwürget  und  gefangen  genohmen,  nach  C.  Russwurm,  Nach- 
richten über  Alt-Pernau.  Die  Fischerhäu.ser,  bemerkt  Russ- 
wurm, scheinen  auf  beiden  Seiten  des  Pernauflusses  gelegen  zu 
haben,  die  bei  Altpernau  hiessen  Fischer  Mai,  wahrscheinlich 
vom  estn.  maiad  Häuser.  Nach  Sallmann  S.  17  ist  Fischer- 
mai der  estnische  Begräbnisplatz  bei  Reval  (von  Maja  Haus). 
Ursprünglich  eine  Ansiedelung  an  der  See,  welche  zur  Zeit 
ihrer  Zerstörung  im  J.  1570  zweihundert  Häuser  enthielt.  — 
Die  Fischermay  ist  der  Name  eines  Platzes  in  der  Vorstadt 
Revals,  welcher  schon  im  13.  Jahrh.  begegnet» .  (Gut- 
zeit Nachtr.).  Aus  estn.  maja  'Haus,  Hütte,  Wohnung, 
Herberge'    (welches    wieder  in  alter  Zeit  dem   lett.  niäja  ent- 


I 


Die  estnische?!    Worte  im   Detitschen  der  baltischen   Ostseeprovinzen.       103 

lehnt    ist,    s.    Thomsen    Beröringer    mellem    de  finske  og  de 
baltiske  (litauisk-lettiske)  Sprog  (1890)  S.    198). 

Habertumm,  der,  »st.  Habergrützsuppe»  (Hupel).  vgl. 
Tum  m. 

Hakja/g  »(Ehstn.)  d.  i.  ein  kleiner  Haufen  von  Roggen- 
garben auf  dem  Felde»  (Hupel).  Aus  estn.  hakkjalg  'kleiner 
Schober  von  fünf  Garben'. 

Halje,  die,  »(aus  dem  Ehstn.),  d.  i.  Scheit,  Brandscheit, 
ein  ofenrecht  gespaltetes  oder  gehauenes  Holzstück»  (Hupel). 
Nach  Gutzeit  ist  Halge  vorzugsweise  im  estn.  Livland  ge- 
bräuchlich, kommt  aber  auch  in  Lettland  und  Riga  zuweilen 
vor;  er  belegt  das  Wort  aus  Reval  schon  aus  dem  Jahre 
1535.     Aus  estn.  halg  'Holzscheit'. 

hallig  »heisst  dasjenige  Brantscheit,  welches  die  ofen- 
rechte Länge  hat  oder  ungefähr  i  Elle  lang  ist;  ein  längeres 
heisst  nach  Verhältniss,  2  oder  3  hallig»  (Hupel).  Nach  Gut- 
zeit, der  das  Wort  in  der  Form  halgig  anführt,  ist  haWg 
die  gewöhnliche  Aussprache  im  estnischen  Teil  Livlands. 
Adjektivische  Ableitung  von  Halge. 

Heurettel,  die,  »(halb  Ehstn.)  st.  Heurauffe»  (Hupel). 
vgl.    Rettel. 

Hirsnik,  der,  »(Ehstn.)  ist  ein  Unteraufseher  vom  Bauer- 
stande bey  Frohnarbeiten,  der  auch  zugleich  die  Stelle  ei- 
nes Dorfsältesten  vertrit.  Einige  nennen  ihn  unrichtig, 
Hirschnik».  (Hupel).  Aus  estn.  hrsn'k  'Bauerrichter,  Anführer 
beim  Fischen  (der  die  Stange,  hirs,  regiert)'. 

Holzhalje,    die,    »Holzscheit»   (Gutzeit),   vgl.   Hai  je. 

Hohriid,  die,  »(halb  Ehstn.)  d.  i.  eine  aufgethürmte  Reihe 
Brennholz»  (Hupel).  Aus  estn.  r'tt.  Gen.  rida  'Reihe  (zusam- 
mengeknüpfter Netze,  aufgestapelten   Holzes  etc.)'. 

Hükjterregge,  die,  »Art  Schlitten  im  estnischen  Livland. 
Halbestnisch».     (Gutzeit),   vgl.   Regge. 

jorren,  »schwatzen  ist  mir  von  AI.  Stein  als  Dörpt. 
Stud.  Ausdruck  angegeben.  Dem  Estn.  entlehnt  vie  d.  folg.». 
(Gutzeit).  Bei  Sallmann  S.  19  wird  das  Verbum  in  der  Bedeu- 
tung 'weinerlich  reden'  angeführt.  Aus  estn.  jorima,  jorisema 
'einen    wirren,    grellen    Ton    von   sich  geben,  undeutlich,   un- 


io4  Hugo  Suolakti, 

verständlich  sprechen,  brummen,  murmeln,  mit  singendem 
Tone  lesen,  plappern'. 

Jorro,  das,  »(Ehstn.)  hört  man  in  ehstnischen  Distrikten 
St.  leeres  oder  einfältiges  Geschwätz  besonders  wenn  es  oft 
wiederholt  wird.  Einige  sagen  dafür  Jurw,  doch  noch  häu- 
figer Lorro  welches  gleichfals  aus  dem  Ehstn.  entlehnt  ist». 
(Hupel).  Aus  estn.  joru,  joro,  juro  'Gemurmel,  Gebrumme, 
unarticulierter  Ton,  leeres  Geschwätz,   Geplapper». 

Jummel,  das,  »Benennung  einer  Abgabe.  Die  seit  1765 
unerlaubten  Abforderungen  (dem  Käufer  zum  Besten):  ein  L'ß 
vom  S'ffi  Bürgerbest,  —  —  der  Handvoll  oder  Knuckenflachs 
und  Hanf  von  jedem  S'S  unter  dem  Namen  von  Jummel  oder 
das  Äquivalent  dafür  zu  1 1  V4  Groschen  Alberts  —  sollen 
gänzlich  aufgehoben  sein.  —  Die  Flachswracker  bekamen 
das  Jummel  Flachs  von  den  Bauern,  welche  dasselbe  bereits 
fertig  hielten;  sie  bekamen  an  Jummel  so  und  soviel,  Kämme- 
reiger. Prot,  von  1668.  —  Woher  das  Wort?»  (Gutzeit). 
Im  Nachtrag  des  Wörterschatzes  giebt  Gutzeit  für  den  Aus- 
druck Jummel  mehrere  Belege  aus  den  Protokollen  des  ri- 
gaschen  Kämmereigerichts  aus  dem  Ende  des  17.  Jhs.;  überall 
handelt  es  sich  um  Flachsabgaben.  Das  Wort  stammt  offen- 
bar aus  dem  Estnischen:  jumm.  Gen.  juninii  (im  Pernauschen 
Kreis  Livlands)  'ein  an  dem  einen  Ende  gebundenes  Flachs- 
bündel, welches  zehn  Hände  voll  enthält';  inbezug  auf  die 
Bildungsweise  des  deutschen  Wortes  vgl.    Per  gel. 

Kadd^k  »st.  Wacholder,  führt  Bergm.  an,  und  scheint 
aus  dem  Ehstn,  genommen  zu  seyn.  Andre  sagen  Kaddak. 
aber  beides  ist  pöb.»  (Hupel).  Nach  Gutzeit  ist  Kaddick  die 
gewöhnliche  Benennung  des  Wachholders  in  Riga  und  Lett- 
land. In  dieser  Form,  die  auch  in  Preussen  und  Pommern 
vorkommt  (s.  Frischbier  Preuss.  Wb.  1,324),  ist  das  Wort  aus 
dem  litauischen  [kadagys]  oder  aus  dem  Preussischen  [kadegis) 
entlehnt,  s.  Thomsen  a.  a.  O.  S.  176.  Aus  dem  Litauischen 
drang  der  Name  schon  in  alter  Zeit  in  die  finnischen  Sprachen 
(s.  Thomsen  a.  a.  O.)  und  aus  dem  estnischen  kadakas,  kodnk 
stammt  —  wie  Gutzeit  richtig  vermutet  —  die  in  Estland 
gebrauchte  deutsche  Form  Kaddak. 


Die  estnischen    Worte  im   Deutschen  der  haltischen   Ostseeprovinzen       105 

Kaekb  oder  Kab^  wofür  in  Gutzeits  Wörterschatz  zwei 
Belege  angeführt  werden,  entspricht,  wie  dort  richtig  bemerkt 
wird,  dem  estn.  kaewe-pü  'Stange,  womit  das  trocknende 
Getreide  gelüftet  wird'. 

Kaimut,  der,  »ist  ein  verbotener  Begräbnisplatz  wo  die 
Bauren  vormals  heimlich  begruben.  Zuweilen  wird  dadurch 
eine  (eingegangene)  Kapelle  bezeichnet».  (Hupel).  Gutzeit 
weist  auf  den  estnischen  Ursprung  des  Wortes  hin.  Aus  estn. 
ka/m,  Plur.  kalniiid  [kalmut)  'Grabstätte  (ungeweihte),  heid- 
nische Opfer-  oder  Begräbnisstelle,  überh.  Gottesacker;  dial. 
Kapelle';  vgl.   Ojansuu  a.  a.   O.  S.  97. 

Kalzen,  »pl.  Fetzen,  Lumpen,  ([estn.]  kalts).  Eig.  die 
bei  den  finnischen  Völkern  des  Altertums  statt  der  Hosen 
dienenden  Strumpfschäfte  aus  Rennthierfussfellen».  (Sallmann 
S.  19).  Der  Ausdruck  ist  kein  altes  finnisches  Wort,  wie 
Sallmann  zu  glauben  scheint,  sondern  beruht  in  letzter  Linie 
auf  ital.  calzo,  afrz.  chalce  'Bein-  und  Fussbekleidung',  das 
ins  Mittelhochdeutsche  als  kalze,  kolze  entlehnt  wurde.  In 
der  genannten  Bedeutung  drang  das  Wort,  das  auch  in  den 
slavischen  Sprachen  sich  findet  (s.  Mikkola  Berührungen 
zwischen  den  westfinn.  und  slav,  Sprachen  (1894)  S.  124),  in 
die  finnischen  Sprachen  (estn.  kalts.  Gen.  kaltsu  ^  =  finn. 
kalsu),  wurde  aber  wohl  hier  auf  die  von  Finnen  und  Esten 
getragenen  Fussbinden  oder  -läppen  übertragen  {jala-kaltsud] 
und  erhielt  so  die  erweiterte  Bedeutung  'Fetzen,  Lumpen'. 
Die  Deutschen  haben  das  Wort  in  diesem  Sinne  offenbar  aus 
dem  Estnischen  übernommen. 

Kap  bei  Hupel  s.  v.  Kippe,  die,  »(Lett.)  ist  ein  kleines 
hölzernes  Schöpfgefäss  mit  einem  Handgriffe,  ein  Schöpfei- 
merchen. Einige  sagen  nach  dem  Ehstn.  dafür  Äa/».  Wahrschein- 
lich ist  Kap  aus  dem  gleichbedeutenden  estn.  kapp  entlehnt.  Dage- 
gen ist  deutsches  Kippe  (bei  Gutzeit  Kuppe),  dem  in  gleicher 
Bedeutung  lett.  k'ipis,  k'ipe,  k'ipa  und  estn.  kipp,  kibu,  kiba 
(=1=   finn.  kippo)  entsprechen,  wahrscheinlich  kein    Fremdwort; 


^  =  leinener    Strumpf  ohne  Füssling,   leinene  Hose.     In  die  estnische 
Sprache    kam    das    Wort    wohl    durch    die    Vermittlung    der  deutschen  Ritter, 


1  o6  Hugo  Suolahti, 

nach  Grimms  Wb.  V,  686  kommt  Kiepe  an  der  sächsischen 
Elbe  im  Sinne  von  'Schöpfgelte'  vor.  Die  Geschichte  des 
Wortes  ist  nicht  genügend  aufgeklärt. 

Karjakrants,  »dunkelfarbiger  Schäferhund  mit  veissem 
Halsstreifen»  (Sallmann  S.  17).  Aus  estn.  Gen.  karja  (Nom. 
kari)  'Heerde'  und  krants  'Hund  (zunächst  Name  für  dunkel- 
farbige  Hunde  mit  weissem  Halsstreifen)'. 

Karp,  der,  »(Ehstn.)  heisst  überhaupt  eine  Schachtel, 
auch  zuweilen  ein  Kästchen.  Bergm.  schreibt  die  Karpe-». 
(Hupel).  Alte  Belege  bei  Gutzeit.  Das  Wort  ist  vielleicht 
entlehnt  aus  dem  estn  ka'rp  'Schachtel'  und  dem  lett.  kürpa  'ein 
ovales  hölzernes  Kästchen' ;  über  die  weiteren  Beziehungen  s. 
Thomsen  a.  a.  O.   S.    181    fif. 

Karri-Hund,  der,  »(halb  Ehstn.)  st.  Viehhund»  (Hupel). 
Aus  estn.  kari.  Gen.  karja  'Heerde'. 

Karr.'ak,  der,  »Kärrjack,  schlechter  Rauchtabak».  Gut- 
zeit (Wörtersch.  Nachtr.)  erklärt  den  Ausdruck  von  der  Insel 
Cariago  in  Westindien  (wie  Tabak  von  Tabago).  Die  Neben- 
form Karjajäk  und  die  Bedeutung  »einheimischer  schlechter 
Bauertabak»  sowie  der  estnische  Ausdruck  karjajügu  pudel 
'Branntweinflasche'  zeigen  aber,  dass  die  von  Sallmann  (S.  17) 
gegebene  Deutung  aus  estn.  kari,  Gen.  karja  (s.  Karjakrants) 
und  Jak  'Jakob'  richtig  ist. 

Karrtbrunnen,  Karristrasse,  Karriivasser  bei  Sallmann 
S.    17.  vgl.    Karr  ihu  nd. 

Karro-Egge  s.  v.  Egge,  die,  »st.  Ege.  Man  hat  hier 
zwey  Arten,  beide  ohne  Eisen,  nemlich  i)  die  Pflock-  oder 
Blockegge  mit  hölzernen  Pflöcken,  welche  von  Einigen  die 
Klapperegge  genannt  wird;  2)  die  Strauch-  oder  Zweigegge, 
welche  aus  abgestumpften  Zweigen,  sonderlich  von  Nadel- 
holz, besteht  und  zuweilen  die  Zacken-  doch  noch  häufiger  nach 
dem  Ehstn.  die  Karro-Egge  heisst.  Nur  selten  sieht  man  die 
mit  eisernen  Zacken».  (Hupel).  Nach  estn.  karu-äes  [karu  = 
Bär)  'Strauchegge'. 

Kaselne,  die,  »im  Scherz,  Einspänner,  insbesondere 
schlechter,  elender  Art,  Furmannswagen,  dessen  Pferd  einer 
Ziege,    lett.    kasa,  gleicht.  Eine  K.   nemen,  eine  K.   besteigen 


Die  estnischen    Worte  im   Deutschen  der  haltischen   Ostseeprovinzen.       107 

LI.  ä.  In  den  20  und  30  Jahren  dies.  [19.J  Jahrh.  oft  auch  Kasaing, 
oder  Kas  sefurmann^ .  (Gutzeit  Nachtr.).  —  Mit  dem  Hinweis 
auf  lett.  kasa  wird  Gutzeit  nicht  die  richtige  Erklärung  treffen. 
Diese  scheint  sich  vielmehr  aus  dem  estn.  kas's  'Katze'  [kassi- 
Ine  'auf  eine  Katze  bezüglich')  zu  ergeben,  denn  Katze  hat 
nach  Gutzeit  Wörterschatz  Nachtr.  in  Livland  auch  die  Bedeu- 
tung  'elendes,  kleines  Pferd'   (vgl.  Katzenfuhrmann). 

Käss,  »Netz  zum  Tragen  von  Heu»  (bei  Sallmann  S.  17). 
Aus    estn.    käs's    'Netz  um  Heu  u.  dgl.  zu  tragen». 

katki,  »entzwei»,  von  Sallmann  S.  ii  irrtümlich  als  eine 
Entlehnung  aus  dem  Russischen  angesehen.  Das  Wort  stammt 
aus  dem  gleichlautenden  und  gleichbedeutenden  estnischen 
kat'ki. 

Keck,  der,  »(Ehstn.)  d.  i.  Blutklos,  Blutkuchen»  (Hupel). 
Nach  Gutzeit  wird  Kek  {Kä(c)k)  im  estnischen  Livland 
gebraucht.  Aus  estn.  käkk  'Klos,  Ballen,  Blutklos';  vgl.  Thomsen 
a.    a.    O.   S.   258. 

Kehhik,  der  und  das,  »(Ehstn.)  ist  ein  Kornmaass  das 
einen  halben  rigischen  Loof  beträgt»  (Hupel).  Aus  estn.  kehtk 
'ein  halbes  Lof,  ein  Gefäss  aus  Rinde'. 

Kelk,  »kleiner  Rutschschlitten»  (Sallmann  S.  17).  Aus 
estn.  kelk  'Handschlitten'. 

Kert,  der,  »(Ehstn.)  d.  i.  dünner  Mehlbrey»  (Hupel).  Aus 
estn.  kört  'Mehlsuppe,  dünn  gekochte  Grütze,  Welling'. 

Kicki  »ist  ein  Kinderspiel  wenn  sie  sich  verstecken» 
(Hupel);  vgl.  auch  Gutzeit  s.  v.  kicki  und  ki  kil  und  Sall- 
mann S.  17,  wo  unter  den  estnischen  Entlehnungen  ktcki! 
kickul  (Ausruf  von  Kindern,  die  sich  versteckt  haben,  um  die 
Suchenden  auf  sich  aufmerksam  zu  machen)  angeführt  wird. 
Dass  der  Ausdruck,  welcher  in  derselben  Bedeutung  im  Est- 
nischen begegnet,  in  dieser  Sprache  gebildet  und  daraus 
ins  Deutsche  übernommen  worden  ist,  dürfte  sicher  sein;  er 
hängt  offenbar  mit  estn.  kikkima  'die  Ohren  spitzen,  Männchen 
machen,  niederhocken'   u.  a.  zusammen. 

Kicki  spiel,  »eine  Art  Versteckspiel  der  Kinder,  Hupel. 
Kicki  spielen,  Bergmann».    (Gutzeit). 

Killo   »oft  St.  Killoströmling.    Revaler  Killos  werden  oft 


io8  Hugo  Suolahti, 

ausgeboten»,  bei  Gutzeit  Nachtr.,  wo  der  estnische  Ursprung 
des  Wortes  erkannt  ist.  Aus  estn.  kilu  'kleine  Strömlingsart 
(Clupea  Sprattus  L,  Meletta  Vulgaris  Val.);  das  lett.  k'ilis 
stammt  aus  dem  Finn. -Estnischen,  s.  Thomsen  a.  a.  O.  S.  261. 

Küloheinier  »im  Scherz  f.  Killoströmling.  In  Riga,  schon 
in   den   30  Jahren»   (Gutzeit  Nachtr.).  vgl.  Killo. 

Killoströmlivg,  der;  »Gadebusch  sagt:  es  giebt  bei  uns 
zwei  Gattungen  Strömlinge,  eine  grössere  und  eine  kleinere. 
Die  kleineren  nennt  man  in  Livland  Killoströmlinge;  sie  sind 
den  Sardellen  ähnlich  und  werden  statt  derselben  gebraucht. 
Hueck  sagt:  Der  Killoströmling,  clupea  killo,  ist  eine  sehr 
kleine  Art  der  Strömlinge,  kommt  fast  ausschliesslich  bei 
Reval  und  Baltischport  vor  und  geht  eingemacht  als  schmack- 
hafte Vorkost  durchs  ganze  Land».    (Gutzeit),  vgl.  Killo. 

Kirchenkülmit, —  —  »Getreideabgabe  für  die  Kirchen» 
(Gutzeit),    vgl.  Kulm  it. 

kis !  kisl  »sagt  man,  wenn  man  im  Scherz  über  einen 
Anwesenden  spottet»  (Hupel).  Sallmann  S.  17  führt  kis!  kis] 
(Ausruf  der  Verspottung  und  Schadenfreude)  unter  den  est- 
nischen Entlehnungen  an.  Aus  estn.  kisl  kisl  (Spott,  Schaden- 
freude). 

Kise,  die,  »(Ehstn.  und  Lett.)  st.  Kaulbars»  (Hupel).  Nach 
Gutzeit  scheint  das  Wort,  »wenn  es  noch  gebräuchlich,  auf  Est- 
livland  sich  zu  beschränken;  in  Riga  u.  Lettland  ist  es  unbe- 
kannt.» Daher  ist  Entlehnung  aus  dem  estn.  k'isk  (Gen.  klza) 
Kaulbars,  Stint'  wahrscheinlicher  als  Übernahme  aus  dem  gleich- 
bedeutenden lett.  klsis;  das  lett.  Wort  ist  nach  Thomsen 
a.  a.  O.  S.  262  aus  den  finnischen  Sprachen  übernommen 
worden. 

Köjainutter,  »Hausaufseherin,  Hausweib  ([estn.l  koda,  G. 
koja  'Haus')»   (Sallmann  S.    18). 

Kol,  der,  »(Ehstn.)  st.  Gespenst,  Popanz,  Schreckbild, 
pöb.»    (Hupel).     Aus  estn.  koll    'Popanz'. 

Kollumats,  »die  allen  Kindern  in  Estland  wohlbekannte 
Schreckgestalt»   (Sallmann  S.    18).  vgl.  Kol. 

kolchen  oder  koljen  »(vermuthlich  aus  dem  Ehstn.)  heisst 
1)    kramen,    aufräumen,    in    Ordnung  bringen;    2)  mit  seinen 


Die  estnischen    Worte  im  Deutschen  der  haitischen   Ostseeprovinzen.       109 

Habseligkeiten  an  einen  andern  Ort  ziehen,  welches  man  auch 
wegkolchen  nennt»  (Hupel).  Nach  Gutzeit  kommt  der  Aus- 
druck vermutlich  nur  in  Estland  und  Estlivland  vor,  in  Lett- 
land und  Riga  sei  er  in  beiden  Bedeutungen  unbekannt.  Vgl. 
auch  koljen,  nmkolje7i  bei  Sallmann  S.  19.  Aus  estn.  kolima 
'kramen,  suchen  (seine  Sachen,  sein  Gepäck);  —  umziehen 
(aus  einer  Wohnung),   fortziehen,  auswandern'. 

Korde,  die,  »i)  bestimmt  abwechselnder  Dienst,  Wechsel- 
gehorch, nach  dem  estn.  Worte  Kord  oder  Kord,  Reihe, 
Ordnung,  Mal.  —  —  Auffallen  muss,  wie  das  estn.  Wort 
Kord  in  Lett-  und  Kurland  so  Wurzel  fasste,  dass  das  ent- 
sprechende lett.  Kahrta  ins  Deutsche  nicht  übergehen  konnte. 
Auf  vielen  Gütern  Livlands  ist  es  übrigens  nie  recht  gebräuch- 
lich geworden  und  verschwindet  jetzt  gleichzeitig  mit  der 
Frone.  —  Aus  dem  unverstandenen  fremden  Worte  entwic- 
kelte sich  sonderbarer  Weise  eine  zweite  Bedeutung:  2)  im 
Wechselgehorch  fronender  Arbeiter.  —  —  —  Stender  lässt 
das  Geschlecht  unbezeichnet;  Ullmann  hat  geradezu;  der  und 
die  Korde,  zum  Wechselgehorch  (Korde)  beim  Vieh  Gekom- 
mene, lett.  Kahrtneeks.  Hupel  im  Idiotikon  erklärt:  Magd, 
welche  von  den  Bauern  nach  der  Reihe  zur  Besorgung  des 
Hofviehes  auf  gewisse  Tage  gestellt  wird.  —  —  Auch  in 
dieser  Bedeutung  ist  das  lettische  Wort  nicht  ins  hiesige 
Deutsch  übergegangen;  aber  selbst  Korde  ist  in  dieser  Bed. 
auf  vielen  Gütern  ungebräuchlich  gewesen,  während  die  fol- 
gende, dritte  Bedeutung  sich  sehr  allgemein  einbürgerte.  3) 
Bauermagd  zu  allerlei  Hofsdiensten,  in  der  Stube,  Küche, 
beim  Spinnen,  beim  Vieh  und  dgl.»  (Gutzeit).  Über  alte  Be- 
legstellen aus  dem  14 — 16.  Jh  ,  in  denen  unser  Wort  in  der 
Bedeutung  »Ordnung,  Reihe»  vorkonmit,  s.  Wörtersch.  u. 
Nachtrag  s.  v.;  die  Vermutung  Gutzeits,  dass  es  sich  hier 
um  ein  anderes  Wort  handle,  dürfte  nicht  richtig  sein.  Das 
estn.  Etymon  ist  kord  (körd).  Gen.  korra  'Ordnung,  gehörige 
Ordnung,  gute  Beschaffenheit,  Aufeinanderfolge,  Reihenfolge, 
Reihe';  über  weitere  Beziehungen  des  Wortes  s.  Thomsen 
a.  a.  O.  S.   185  f. 

korden,     »einen    Acker,    wenden,    kehren,    zum    zweiten 


1 1  o  Hugo  Suolahti, 

Mal  pflügen.  —  —  —  Auffallen  muss  — ,  wie  Lange  ein  Wort 
verzeichnen  konnte,  und  zwar  so  einfach,  ganz  ohne  Erklärung, 
als  ob  es  allgemein  in  Livland  bekannt  wäre,  da  es  doch  zu 
seiner  Zeit  in  Lett-  und  Kurland  kaum  oder  gar  nicht  ge- 
bräuchlich oder  bekannt  war.  Oder  galt  Lange'n,  welcher 
die  deutsche  Sprache  umfänglich  kannte  und  keine  est-deutschen 
Ausdrücke  in  seinem  Wörterbuch  gibt,  der  Ausdruck  korden 
für  deutsch.?  —  Hupel  leitet  das  Wort  aus  dem  Estnischen 
—  —  — .  Übrigens  scheint  der  Ausdruck  aus  Estland  und 
dem  estnischen  Livland  nach  Lettland  gekommen  und  das 
lettländische  kartagen  und  karteien,  welche  im  Estnischen 
ungebräuchlich  sind,  allmälig  zu  verdrängen;  doch  wird  es 
von  Vielen  gemieden  und  durch  zweiten  Pflug,  Krümelpflug 
ersetzt».  (Gutzeit).  Aus  estn.  kordama,  kwäma  'i)  die  Reihe 
halten,  die  Reihe  durchgehen;  —  2)  multipliciren,  wiederholen, 
spec.  zum  zweiten  Male  pflügen'. 

Kordekerl  bei  Gutzeit.  vgl.   Korde. 

Kordenarbeit  bei  Gutzeit.   vgl.   Korde. 

Kord(en) Pfluge  der,  »der  zweite  Pflug,  das  zweite  Pflü- 
gen»; Belege  bei  Gutzeit.   vgl.    Korde. 

Kordenspinnerei,  die,  »Spinnerei  durch  Korden  (Bauer- 
mägde)»  (Gutzeit),  vgl.    Korde. 

Kordevolk  bei  Gutzeit.   vgl.  Korde. 

Kubjas,  der,  »(Ehstn.)  ist  der  Aufseher  bey  Erohnarbei- 
ten  in  ehstnischen  Distrikten.  Oft  nennt  man  jeden  Be- 
obachter oder  Antreiber  ebenso,  z.  B.  ich  habe  keinen  Kubjas 
nöthig».  (Hupel).  »Die  balt.  Monatsschrift  I,  3,  281  sagt: 
Wagger  nennt  man  in  Kurland  die  die  Guts  Wirtschaft  gemäss 
den  Anordnungen  des  Gutsverwalters  unmittelbar  leitenden 
Aufseher.  Sie  sind  durchgängig  den  Eingeborenen  angehörig. 
Im  lett.  Theile  Liviands  gebraucht  man  dafür  die  Bezeichnung: 
Strosche  (unzweifelhaft  das  slav.  Storosch,  Wächter),  Starost 
(slav.  Ältester),  und  Schilter;  im  estnischen  Theile  Liviands, 
auf  Ösel  und  in  Estland:  »Kubjas.»  —  Nach  Gadebusch :  ein 
estnisches  in  Livland  sehr  gebräuchliches  Wort,  Bauernauf- 
seher, hauptsächlich  bei  ihrer  Feldarbeit.  Jedoch  wird  es 
auch  in  den  Städten  gebraucht,  wo  man  Raths-Kubbjas,  Brand- 


Die  estnischen    Worte  im   Deutschen  der  haltischen   Ostseeprovinzen.       1 1 1 

Kubbjas  u.  s.  w.  hat».  (Gutzeit).  Aus  estn.  ^^^<^/«j 'Frohnvogt, 
Aufseher  der  Arbeiter' ;  das  gleichlautende  lett.  Wort  stammt 
aus  dem   Estnischen,  s.  Thomsen  a.  a.  O.   S.  262. 

Kuddrussen  »(Ehstn.)  sind  kleine  Korallen  von  allerley 
Farben,  welche  die  Ehstinnen  als  einen  Besatz  auf  ihren 
Unterröcken  tragen»  (Hupel).  Aus  estn.  kudrus  'Glasperle, 
Koralle,   Staubperle  (z.   Ausnähen)'. 

Kui  oder  Kuje,  die,  »(Ehstn.)  ist  ein  grosser  kegelförmi- 
ger Haufen  z.  B.  Stroh,  Heu,  Korn.  Bergm.  sagt  Wetterhau- 
fen». (Hupel).  Das  Wort,  welches  in  Estland,  Livland  und 
Kurland  vorkommt,  wird  von  Gutzeit  aus  mehreren  alten  Quel- 
len belegt.  Aus  estn.  ku/u.  Gen.  kuhja  'Haufen,  Schober 
(Heu,  Stroh,  Getreide)' ;  das  lett.  ku'ija  stammt  aus  den  finnischen 
Sprachen,  s.  Thomsen  a.  a.   O.   S.   262. 

Kullaichen,  das,  »(Ehstn.  eigentlich  Kullake)  ein  Schmei- 
chelwort welches  nach  einer  genauen  Uebersetzung  etwa  Gold- 
chen heissen  möchte;  aber  es  bedeutet  mein  Liebchen,  Theu- 
rer!»  (Hupel).  Nach  estn.  kullakene,  Dimin.  von  kuld  'Gold' 
(Schmeichelwort). 

Külla- Kubjas,  der,  »(Ehstn.)  ist  ein  Dorfs- Aufseher  oder 
Aeltester  in  ehstnischen  Distrikten»   (Hupel).  vgl.  Kubjas. 

Knlle,  der,  »scherzweise  Benennung  eines  Esten,  welche 
Gelegenheit  gibt,  einem  Ausländer  vorzuspiegeln,  dass,  da 
jeder  mit  Kulle  angerufene  Este  auf  den  Anruf  hört,  jeder 
Este  den  Taufnamen  Kulle  führt.  Denselben  Scherz  hat  man 
mit  Letten  sich  durch  das  Wort  Klauss  (hör!)  erlaubt».  (Gut- 
zeit). Dass  dieser  ursprünglich  scherzhafte  Ausdruck,  der  auf 
estn.  kule  'hör'  (zu  knlma,  kulleinä)  beruht,  eine  weite  Ver- 
breitung gefunden  hat,  zeigt  das  Kompositum  KulleJivolk 
(Dem  »Kullenvolke»  zur  Beute  werden),  welches  Gutzeit  im 
Nachtrag  seines  Wörterschatzes  aus  dem  Petersburger  Herold 
V.  J.  1876  (113)  zitiert,  sowie  Marktkulle,  das  ich  aus  den 
»Skizzen  aus  Dorpat»    (1862)  S.  63  verzeichnet  habe. 

Kullcrkup,  »eine  gelbblühende  Pflanze,  Trollius  Europaeus, 
estn.  kulderkup,  inselschwed.  gylderknupi>  —  —  -  (Sallmann 
S.  53).  Aus.  estn.  kullerkupp  'Trollblume  (Trollius  euro- 
paeus L)'. 


112  Hugo  Suolahti, 

Killmet,  das,  >ist  ein  Kornmaass  welches  nach  seiner 
verschiedenen  Grösse  bald  73  bald  V4  bald  Ve  Loof  beträgt. 
Fischer  schreibt  ÄV/7;«//».  (Hupel).  Gutzeit  belegt  den  Ausdruck 
schon  aus  einer  Urkunde  v.  J.  1242:»  unum  kulmet  avenae.» 
Aus  estn.  küliniet,  külimit  'ein  Getreidemass  von  verschiede- 
ner Grösse'  (aus  estn.  küli,  külw  'Saat'  und  mot  'Maass' 
zusammengesetzt,  vgl.  Thomsen  a.  a.  O.  S.  263  und  Ojansuu 
a.  a.   O.  S.  95). 

Kiilmetmass,  -statte,  -stelle  bei  Gutzeit  Wörtersch.  und 
Nachtr.  vgl.  Külmet. 

Kumme,  die,  wird  ausser  in  den  in  Deutschland  be- 
kannten Bedeutungen  noch  im  'Sinne  von  »Verdeck  oder 
Bedeckung  über  einem  gemeinen  Fuhrwerk»  gebraucht.  Diese 
Bedeutung  ist  vielleicht  —  wie  Hupel  angiebt  —  aus  dem 
Estnischen  za  erklären,  wo  das  aus  dem  Deutschen  über- 
nommene kumm  (Gen.  kummi)  auch  von  dem  gewölbten  Ver- 
deck eines  Wagens  [kummigan'anker''\^^^&vi  mit  einem  Ver- 
deck') verwendet  wird. 

Knmmscklitten,  der,  »(halb  Ehstn.)  ist  ein  deutscher  oder 
halbbedeckter  Schlitten»   (Hupel).   vgl.  Kumme. 

Kurat,  »Schimpfname,  eig.  Teufel»,  bei  Sallmann  S.  18 
im  Verzeichnis  der  estnischen  Entlehnungen.  Aus  estn.  kurat 
'Teufel'. 

Kurn  oder  Kurni-Spiel,  »(Ehstn.)  eine  Art  von  Kegelspiel 
mit  kurzen  Stöcken»  (Hupel).  Nach  Gutzeit  werden  die  klei- 
nen runden  Hölzchen  Kurni  genannt,  welche  im  Kur7iispiel 
in  einer  Reihe  aufgestellt  werden  und  nach  denen  mit  einem 
Knüttel  geworfen  wird;  »das  Kurnispiel  ist  ein  estnisches 
Bauerspiel,  welches  einigermassen  dem  Kegelspiel  ähnelt  und 
in  Livland  sehr  verbreitet  ist.»  Eine  ausführliche  Beschreibung 
dieses  Spiels  bei  Sallmann  S.  18.  Aus  estn.  kurn.  Gen.  kurni  'Ku- 
gel, kleines  cylinderförmiges  Holzstück  (zu  einem  Spiele )'. 

kiitten,  »Land  durch  Küttisbrennen  urbar  machen»,  bei 
Gutzeit,  wo  Belege  angeführt  werden,  vgl.   Küttis. 

Kiittis,  der,  »(Ehstn.)  ist  eine  Fruchtbarmachung  des 
Ackers  durch  Feuer,  indem  man  trockenes  Holz  oder  Strauch- 
werk mit    der  aufgepflügten  Erde  bedeckt,  dasselbe  anzündet, 


I 


Die  estnischen    Worte  im   Deutschen  der  baltischen   Ostseeprovinzen.       113 

dann  die  Asche  ausbreitet,  und  bald  darauf  die  Saat  verrichtet» 
(Hupel).  Nach  Gutzeit  ist  das  Küttisbrennen  ein  estnischer 
Gebrauch,  der  früher  in  Livland  unbekannt  war;  jetzt  sei  er 
auch  in  Liv-  und  Kurland  gewöhnlich  und  bestehe  vorzugs- 
weise in  einem  Durchbrennen  oder  Durchräuchern  des  Rasens 
oder  der  aufgeschichteten  Erde.  Verbote  des  Küttismachens 
erwähnt  Gutzeit  aus  den  Jahren  1739,  1754,  1769  Aus  den 
angeführten  Belegen  geht  hervor,  dass  Küttis  in  zweifacher 
Bedeutung  gebraucht  wird:  i)  das  Rasenbrennen,  2)  das  ge- 
brannte Land.  Aus  estn.  kittis  'Heizen,  Brennen,  Schwenden; 
—  Brennmaterial,  aus  Strauchwerk  und  Rasen  gebildete  Hau- 
fen (zum  Schwenden  des  gerodeten   Landes)'. 

Kiittisacker,  -brand,  -brennen,  -fetter,  -Jiaufen,  -holz,  -land, 
-Strauch  bei  Gutzeit.   vgl.   Küttis. 

küttissen  bei  Gutzeit   =   kütten. 

Lachslont,  der,  bei  Gutzeit.  vgl.   Lom. 

Lage,  die,  »heisst  die  Decke  eines  Gemachs  oder  andern 
Gebäudes»  (Hupel).  Gutzeit  bezeugt  den  Gebrauch  des  Aus- 
drucks für  Livland.  Das  Wort,  das  in  der  deutschen  Sprache 
der  Ostseeprovinzen  allgemein  verwendet  wird,  beruht  auf 
dem  estnischen  Worte  lagi  (Gen.  lae)  'Decke',  welches  mit  dem 
in  der  Sprache  vorhandenen  Ausdruck  Lage  volksetymolo- 
gisch verknüpft  wurde. 

Lagebalken,  »Balken,  auf  denen  die  Zimmerdecke  ruht» 
(Gutzeit),  vgl.  Lage. 

Laps,  »Kind»  in  .Sallmanns  Verzeichnis  der  estn.  Entleh- 
nungen S.    18.     Aus  estn.  laps  'Kind'. 

Latere,  die,  »ist  eine  von  3  Seiten  eingeschlossene  mit 
Krippe  und  Heurauffe  versehene  Stelle  für  ein  Pferd»  (Hupel). 
Nach  Gutzeit  gehört  das  Wort  nur  der  Sprache  der  Gebil- 
deten, nicht  der  Halbdeutschen,  an.  Im  Estnischen  entspricht 
latar  [lahter].  Gen.  latra  'Pferdestand  (im  Stalle)'.  Das  deut- 
sche Wort  dürfte  mit  Sallmann  für  eine  Entlehnung  aus  dem 
Estnischen  anzusehen  sein. 

Latte,  die,  »sprechen  in  Riga  Einige  st.  Lette,  Laden- 
tisch»  (Gutzeit  Nachtr.).   vgl.  Lette. 

Leker,     der,      »hölzernes,     buttenähnliches     Gefäss».    bei 


I  1 4  Hugo  Suola/iii, 

Gutzeit,  wo  auf  das  estn.  lähker  und  das  lett.  legeris  hinge- 
wiesen wird.  Dem  deutschen  Ausdruck  liegt  das  estnische 
Wort  [lähker  'Lägel,   kleines  Fässchen,  Schlauch')  zu  Grunde. 

Lette,  die,  »nach  Gadebusch  in  Livland  die  Klappe  an  dem 
Tisch  in  einem  Kramladen,  sonst  aber  auch  jeder  Klapptisch. 
—  In  Riga:  Ladentisch,  Verkaufstisch,  Tonbank  in  Buden>. 
(Gutzeit).  Das  Wort,  welchem  im  Estnischen  lett  [lekt]  (Gen. 
leti)  'Verkaufstisch'  entspricht,  ist  nicht  aufgeklärt;  möglicher- 
weise ist  deutsches  Lette  aus  dem  Estnischen  übernommen 
worden. 

Lipchen,  »Bäffchen.  Die  Prediger  tragen  in  Liv-  und  Est- 
land kleine  Kragen  (Lipchen,  Überschläge),  in  der  Domkirche 
Rigas  aber  die  etwas  sonderbaren  runden  weissen  Halskra- 
gen, Hupel.  Für  Riga  mir  unbekannt».  (Gutzeit).  Wahrschein- 
lich liegt  dem  deutschen  Ausdruck  das  estn.  lipp^  Gen.  lipu 
'Flagge,  Wimpel,  Fahne,  Wetterfahne,  langes  Band  (an  der 
Haube  oder  Mütze)',  welches  auch  Gutzeit  zum  Vergleich  her- 
anzieht, zu  Grunde;  vgl.  auch  finn.  liperi  'Bäffchen  des  Pre- 
digers'. 

Lom,  der,  »Zugstelle  der  Fischer,  Lohm,  in  der  Viel- 
zahl Lohme,  Lohmen,  und  Löhme,  das  lett.  Lohma  Fischzug 
und  estn.  loom»,  bei  Gutzeit,  wo  das  Wort  aus  dem  Jahre 
1646  belegt  wird.  Aus  estn.  lotn  'Fischzug  (mit  dem  grossen 
Netze),  die  Stelle  dazu,  Fangstelle,  Einkreisung  (von  Wölfen 
und  anderem  Wild)';  das  lettische  Wort  stammt  aus  den  fin- 
nischen Sprachen,  s.  Thomsen  a.  a.   O.   S.   267. 

Lombse,  eine  von  Gutzeit  mit  Fragezeichen  versehene 
Form,  für  welche  zwei  Belegstellen  zitiert  werden:  »Busch- 
Acker,  Lombsen,  Rödinge,  Huer-Acker»  (in  einer  Ordnung 
der  Bauern);  Lohmesse  im  Sinn  von  Küttisse  bei  Neiden- 
burg. Es  steckt  hier  der  estn.  Ausdruck  Idmis  (Gen.  Idmise) 
'Schwende,  Rodung'. 

lorchen.,  »ein  Wort,  das  ich  nur  aus  Hupeis  estn.  Wb. 
1818   belegen    kann    und  das  Hupel  als  livländisch  bezeichnet: 

umherstreichen,  umherstorgen,  estn.  lorkma  oder  lorkuma. 

Wenn    lorchen  noch  vorkommen  sollte,  so  sicher  nur  im  est- 


Die  estnischen    Worte  int  Deutschen  der  baltischen   Ostseeprovinzen.       115 

nischen  Livland».  (Gutzeit).  Aus  estn.  lorkuma  'sich  umher- 
treiben". 

lorren,  plappern,  schwatzen»  in  Sallmanns  Verzeichnis 
der  estnischen  ^Entlehnungen  S.  20.  Aus  estn.  lorima,  lorisema 
plappern,   schwatzen'. 

Lorro,  »leeres,  einfältiges  Geschwätz;»  vgl.  Jorro.  Aus 
estn.   lori  'Geschwätz',  lorutama  'schwatzen,  plaudern'. 

Lucht,  die,  »(vermuthlich  Ehstn.  und  Lett.  auch  wohl  aus 
dem  Russ.)  ist  eine  niedrig  liegende  flache  und  fruchtbare 
Wiese,  sonderlich  an  einem  Bache,  der  sie  zuweilen,  vornehm- 
lich im  Frühjahr,  bewässert»  (Hupel);  »Uferwiese,  entgegen 
der  Landwiese»  (Gutzeit).  Aus  estn.  luhi  'niedrige  Bachwiese, 
welche  bei  Hochwasser  überschwemmt  wird,  auch  die  darauf 
wachsenden  Cyperaceen'.  Das  estnische  Wort  ist  in  alter 
Zeit  entlehnt  aus  lit.  Ihksztas  'Rohrgras'  =  lett.  lukste  'Heu- 
schlag, Wiese  auf  morastigem  Grunde'  (s.  Thomsen  a.  a.  O.  S.  1 97); 
aus  dem  Lettischen  stammt  die  deutsche  Form  Luxt[e)  (bei 
(jutzeit). 

Luchtheu,  das,  »Heu  von  einer  Lucht,  Hupel;  auch:  Bach- 
heu»  (Gutzeit),  vgl.  Lucht. 

LuchtheuscJiläge  »werden,  sagt  Gadebusch,  in  Livland  ge- 
nannt diejenigen  Wiesen,  welche  an  dem  Ufer  eines  Stromes 
oder  Baches  liegen,  und  den  Landheuschlägen,  die  in  Wäldern 
und    Büschen    sind,    entgegengesetzt»    (Gutzeit),    vgl.    Lucht. 

Lüpsik,  »Melkgefäss  (Oesel,  nach  einer  mündlichen  Mittei- 
lung)  =   estn.  //V/>.!r;>^  . 'Melkkübel'»   bei  Ojansuu  a.  a.  O.  S.  92. 

Lurjus,  der,  »d.  i.  Lümmel,  Taugenichts»  (Hupel);  bei 
Sallmann  im  Verzeichnis  der  estnischen  Entlehnungen  S.  53 
in  der  Form  Lurjes.  Aus  estn.  lurjus  'Schlingel,  verkehrter 
Mensch  (Schimpfwort)'. 

Mägus  jutt,  »süsses  Geplauder,  besonders  gebr.  von  dem 
in  die  Länge  gezogenen  Vorzimmergeplauder  beim  Abschied 
nach  abgestattetem  Besuch»,  bei  Sallmann  a.  a.  O.  S.  18.  Aus 
estn.  magus  'süss'  und  jutt  'Rede,  Gespräch,  Unterhaltung, 
Plauderei,  Gerede,   Gerücht'. 

Ma-murak,  »Knackelbeere  (fragaria  collina)»  bei  Sallmann 


Il6  Hugo  Suolakti, 

a.  a.   O.  S.    i8.     Aus  estn.   mümurak  'Knackelbeere  (Fragaria 
collina  Ehrh.)' 

Marktkulle  vgl.  Kulle. 

Mehltumm  bei  Gutzeit.  vgl.   Tu  mm. 

Molkus,  der,  »Tolpatsch,  in  den  ersten  Elementen  uner- 
fahrener Mensch»,  wird  von  Sallmann  S.  14  auf  russ.  moxo- 
K0C0C7,  'Milchkalb',  von  Gutzeit  auf  lett.  ntulkis  'Tropf,  Dumm- 
hut' zurückgeführt.  Dem  deutschen  Worte  liegt  aber  zu  Grunde 
estn.  molkus  'Bengel,  Einfaltspinsel,  einfältiger,  ungeschlach- 
ter Mensch';  an  das  lett.  Wort  schliesst  sich  dagegen  die 
von  Gutzeit  angeführte  Form  Mulks  (der),  einfältiger  Mensch, 
Murchel,  an. 

Mulk,  »Zaunpforte  mit  beweglichen  Riegeln  in  horizon- 
taler Richtung»  in  Sallmanns  Verzeichnis  estnischer  Entleh- 
nungen S.  18.  Aus  estn.  mulk  'Oeffnung  im  Zaun  (zum  Durch- 
gehen, St.  einer  Pforte),  überh.  Loch'. 

Mussing  oder  Musso  auch  Muscho  »st.  Kuss.  pöb.». 
Nach  Hupel  wären  alle  drei  Ausdrücke,  wenigstens  der  letzte, 
aus  dem  Lett.  \muscha\  entlehnt;  aber  die  Worte  beruhen 
eher  auf  estn.  muku,  muzo  (in  der  Kindersprache)  'Mund, 
Kuss,  Schmatz'. 

Nab(b)er,  die,  »(Ehstn.)  heisst  in  einigen  Gegenden  ein 
Getraidehaufen  auf  dem  Felde»  (Hupel).  Das  Wort  ist  dem 
estn.  nabr.  Gen.  nabra  'Kornhaufen,  Kornschober'  entlehnt. 

Naten  »(aus  dem  Ehstn.)  hört  man  in  vielen  Gegenden 
das  Kraut  nennen  welches  Deutsche  und  Bauern  als  den  er- 
sten grünen  Kohl  des  Frühjahrs  essen.  Einige  erklären  es 
für  Bärenklau  (Hieracium  Sphondylium)  Andere  für  die  Po- 
dagraria  oder  Angelica  minor».  (Hupel).  Nach  Gutzeit  ist 
Nate  (die)  im  estnischen  Livland  dasselbe  was  im  lettischen 
Garse,  Garsen,  lett.  gahrses,  Aegopodium  podagraria,  Giersch. 
Geissfuss;  die  Blätter  werden  in  Estland  statt  sog.  Grünkohls 
benutzt,  in  Lettland  höchstens  von  Bauern.  Wahrscheinlich 
ist  Nate  ins  Deutsche  aus  dem  Estnischen  [nät'  PI.  nüdid 
'Giersch')  übernommen  worden,  aber  die  Esten  und  Finnen 
haben  nach  Mikkola  a.  a.  O.  S.  145  das  Wort  aus  dem 
Slavischen  entlehnt. 


Die  estnischen    Worte  im   Deutschen  de?-  baltischen   Ostseeprovinzen.       I17 

nauen,  »miauen,  von  Katzen».  Gutzeit  verweist  auf  lett. 
naut,  naudeht;  das  deutsche  Wort  könnte  auch  auf  estn. 
naiigma,  näuguma  'miauen'  zurückgeführt  werden. 

7iirken,  »kurzen  Trab  laufen»  in  Sallmanns  Verzeichnis 
der  estnischen  Entlehnungen  S.  20  mit  Hinweis  auf  das  gleich- 
bedeutende estnische  Etymon  nirkima. 

Norkensäge,  die,  bei  Gutzeit.  vgl.  Nurke. 

Nurke,  die,  »(Ehstn.  nicht  Norke  wie  Bergm.  und  Lange 
schreiben)  heisst  i)  die  Verbindung  der  Balken  in  den  Ecken 
an  hölzernen  Wänden,  auch  2)  die  Vertiefung  welche  man 
zu  solchem  Ende  in  einen  Balken  hauet;  3)  eine  Wandecke, 
4)  ein  Winkel,  5)  das  Ende  eines  Balkens  welches  über  die 
Ecken-Verbindung  hinaus  reicht»  (Hupel).  In  den  ältesten 
Zeugnissen,  die  Gutzeit  (im  Wörtersch.  und  Nachtr.)  anführt, 
lautet  das  Wort  Norke  (die)  und  Norken  (der).  Aus  estn. 
nurk  (Gen.  nurga)  'Winkel,  Ecke,  Kante'. 

pai  »(Ehstn.)  heisst  i)  lieb,  theuer  z.  B.  du  bist  ein  pai 
Kind!  2)  die  Liebkosung,  so  sagt  man  das  Kind  macht  pai 
d.  i.  es  streichelt,  liebkoset,  bittet  durch  Geberden»  (Hupel). 
Nach  Gutzeit  kommt  das  Wort  jetzt  in  Riga  in  der  Bed. 
'lieb,  teuer,  gut'  vor.  Aus  estn.  pai  'gut,  lieb';  daraus  auch  nach 
Thomsen  a.  a.  O.     S.  272  das  lett.  paij  entlehnt. 

Paichen,  das,  »(Ehstn.)  d.  i.  Liebchen,  eine  schätzbare 
Sache,  z.  B.  er  hat  viele  Paichen,  nemlich  Kostbarkeiten,  Geld 
u.  d.  g.  seit.»  (Hupel).  Nach  Gutzeit  in  Riga  unbekannt 
gewesen,  wie  auch  heute  ungebräuchlich.  Diminutive  Ablei- 
tung nach  estn.  pai  (Gen.  pahi)  'Spielwerk,   Spielsache'. 

paitn,  »streicheln» ;  nach  Gutzeit  in  Livland  gewöhnlich, 
für  Estland  von  Sallmann  S.  20  bezeugt.  Aus  estn.  paiunia, 
paitama  'streicheln'. 

Pank,  der;  »mit  diesem  Ausdruck  werden  auf  Ösel  und 
Moon  steile  Felsküsten  bezeichnet.  Daher  der  sog.  Mustel- 
pank  u.  a.».  (Gutzeit).  Aus  estn.  pank  'festes  Gestein,  Fels, 
Klint  u.  s.  w.',  wie  das  anlaut.  p  zeigt. 

Pärg,  der,  »(Ehstn.  lies  Park)  heisst  der  Kopfschmuck 
welchen  die  estnischen  Dirnen  um  ihre  blossen  Haare  tragen, 
das  Kopfband,  sonderlich  wenn  es  breit  und  hoch  ist»  (Hupel). 


Il8  Hugo  Suolahti, 

Eine  genaue  Beschreibung  dieses  Kopfschmuckes,  der  jetzt 
verschwunden  sein  soll,  bei  Gutzeit.  Aus  estn.  parg  (perg) 
'Kranz,  Kopfband,  eine  kronenartige  Kopfbedeckung  der  jun- 
gen Mädchen'. 

Parmis  bei  Gutzeit  aus  livl.  Landtagsverh.  v.J.  1643/59 
belegt:  »Ein  Parmi^  Heuw  .  .;  etzliche  Parmes  Heuwe»;  vgl. 
auch  Nachtr.  s.  v.  Fernes.  Der  Ausdruck  beruht,  wie  Gut- 
zeit bemerkt,  auf  estn.  parnias  'Schooss,  Schoossvoll'. 

Parse  bei  Gutzeit,  wo  Hupel  zitiert  wird:  »Färsen  sind 
die  langen  Latten,  auf  welchen  das  Getreide  in  der  Heitzriege 
gedörret  wird;  und:  »Das  estn.  pars  Sparre  und  innerste 
Riegenlage,  auf  welcher  das  Korn  zum  Dreschen  trocknet». 
Aus  estn.  pars  ('Gen.  parre)  'Latte,   Stange'. 

Pas  sei  oder  Pastel,  der,  »d.  i.  Bauerschuh  oder  eigent- 
licher eine  aus  rohem  Leder  verfertigte  die  Stelle  eines  Schuhes 
vertretende  Socke  (nicht  Sohle  wie  Bergm.  meinet,  welcher 
auch  Sandale  dafür  empfiehlt).  Das  Wort  scheint  aus  dem 
Lettischen  herzurühren  >.  (Hupel).  Eine  ausführlichere  Beschrei- 
bung dieses  Bundschuhes,  das  von  Esten  und  Letten  getragen 
wird,  findet  sich  bei  Gutzeit  s.  v.  Pastel.  —  Das  Wort  geht 
in  letzter  Linie  auf  türkisches  postal  zurück,  das  zunächst  in 
den  slavischen  Sprachen  als  poln.  postoty  'Bastschuhe'  u.  s.  w. 
Eingang  fand  und  von  hier  aus  als  pastala  in  die  lettische 
Sprache  übernommen  wurde,  s.  Thomsen  a.  a.  O.  S.  207. 
Die  Schreibung  Postel  (in  Lindners  Sammlung  liefländischer 
Provinzialwörter),  welche  nach  Gutzeit  sich  in  den  ältesten 
Zeugnissen  des  Worts  findet  (schon  in  einer  lat.  Urkunde  von 
1300,  welche  Beschwerden  des  Bischofs  v.  Kurland  enthält: 
postelen),  deutet  auf  polnische  Vermittlung.  In  der  gewöhn- 
lichen Gestalt  Pastel  ist  der  Ausdruck  ins  Deutsche  aus  dem 
Lettischen  übernommen  worden;  die  Form  Passei  stammt 
aber  aus  dem  estn. passei [nehen pastal, pastel)  'Bauerschuh',  das 
nach  Thomsen  a.  a.   O.   dem  lettischen  Worte  entlehnt  ist. 

Passelfell  auch  Passelleder,  das,  »ist  eine  rohe  Pferde- 
oder Rindshaut  daraus  man  Passein   schneiden   kan»    (Hupel). 

Passiniutter  f.,  »Aufwärterin»  nach  estn.  passima  'auf- 
warten, bedienen'  in  Sallmanns  Verzeichnis  S.  20. 


Die  estnischen    Worte  im  Deutschen  der  baliischen   Ostseeprovinzen.       il^ 

Peldik,  der,  »(Ehstn.)  st.  heimliches  Gemach,  Abtrit. 
pöb.»   (Hupel).  Aus  estn.  peVdik  'Abtritt,  heimliches  Gemach'. 

Pener  oder  Penar,  der,  »(Ehstn.)  d.  i.  Ackerscheidung, 
Rain»  —  —  (Hupel).  Relege  bei  Gutzeit.  Aus  estn.  penar 
'F'eldrain,  Feldrand,  Beet,   Striemen'. 

Pergel,  der,  »ist  ein  Lichtspan  von  Kien-  oder  Birken- 
holz» —  —  (Hupel).  Gutzeit,  der  für  das  Wort  ältere  Be- 
lege bringt,  weist  auf  dessen  estn,  Ursprung  hin.  Pergel  ist  von 
dem  estn.  perg  'Kienspan  (z.  Brennen  und  sonst)'  mit  einem 
deutschen  Suffixe  gebildet,   wie  Jummel  von  estn.  jumm. 

Pergeldach,  nach  Gutzeit  in  Lettland  kaum  gebraucht, 
vgl.  Pergel. 

Pergelfeuer  bei  Gutzeit.  vgl.  Per  gel. 

Per  gelholz  »heisst  w^oraus  sich  die  dünnen  Späne,  als 
der  hiesigen  Bauern  ihr  gewöhnliches  Licht,  leicht  spalten 
(liefl.  spleissen)  lassen»   (Hupel).     vgl.  Per  gel. 

pergelig,  »von  Menschen,  hager,  dünn  wie  ein  Pergel- 
holz»   (Gutzeit).     Adjektivische  Ableitung  von  Pergel. 

Pergelkole  bei  Gutzeit.     vgl.  Per  gel. 

pergeln,  »Holz  zu  Pergel  machen»  (Gutzeit),  vgl.  Pergel. 

Pergelnägel  »zur  Befestigung  der  Pergeltafeln»  (Gutzeit 
Nachtr.).  vgl.  Pergel. 

Pergelscheit,  »Kienholz»   (Gutzeit),  vgl.  Per  gel. 

pergeltrocken,  »sehr  trocken,  von  Holz»  (Gutzeit),  vgl. 
P  e  r  gel. 

Pergelu7ig,  »Versehen  einer  Wand  mit  Pergeltafeln» 
(Gutzeit),  vgl.  Per  gel. 

Pielbeer-  oder  Pihlbcerenbmim,  der,  »d.  i.  Sperber-  oder 
Ebereschbeerbaum,  (Sorbus  aucuparia).  Die  Frucht,  nemlich 
die  Pihlbeere,  wird  auch  doch  nur  selten  Eibischbeere  ge- 
nannt». (Hupel).  Auf  die  estnische  Herkunft  des  Wortes  hat 
schon  Frisch  verwiesen.  Nach  estn.  pihl,  pihlak  (danach  lett. 
pfladsis,  pTlags,  s.  Thomsen  a.  a.  O.  s.  273)  'Eberesehe, 
Vogelbeerbaum'. 

pirren,  »weinen,  greinen,  quarren,  häufig  in  der  Zusam- 
mensetzung Pirrlise  Ouärrthrine,  Plärrlise»  bei  Sallmann  S.  20 
mit  Hinweis  auf  das  estn.  Etymon  pirima  'weinen,  greinen, 
plärren'. 


I20  Hugo  Suolakii, 

Fixen,  »eigentlich  Piksen  (aus  dem  Lett,  und  Ehstn.  hört 
man  nur  in  der  vielfachen  Zahl)  st.  Hosen,  pöb.  oder  scherz- 
weise» (Hupel).  Nach  Gutzeit  in  Riga  und  Livland  wohl  nie 
vorgekommen.  Das  anlautende  p  in  diesem  eigtl.  nieder- 
deutschen Ausdruck  (Biichse(n),  Bnxe(n))  deutet  auf  das  estn. 
püks  (PI.  püksid)  'Hosen'. 

Pöbbol  od.  Pöbbolik  bei  Gutzeit.   vgl.   Popolle. 

Pobel,  »kleiner,  bis  13  Lispfund  schwerer,  nicht  in  Mat- 
ten eingeschlagener  Flachspacken»  (Sallmann  S.  71).  Aus 
dem  gleichbedeutenden  estn.  pobel. 

Poiso,  >  kleiner  Junge»  in  Sallmanns  Verzeichnis  estni- 
scher Entlehnungen  S.  18.  Aus  estn.  pois\  Gen. /<?/^^/ 'Junge, 
Bursche,  unverheirateter  junger  Mann'.  Näheres  über  das  estn. 
Wort  bei  Thomsen  a.  a.  O.  S.  273. 

Pöner  bei  Gutzeit.  vgl.  Pen  er. 

Popölle,  der,  »heisst  in  einigen  Gegenden  ein  Bauer 
welcher  von  seinen  Ländereien  die  man  Popollenland  nennt, 
mit  den  übrigen  Bauern  zwar  einerley  Frohndienste  aber  we- 
niger Abgaben  leistet»  (Hupel).  Nach  Gutzeit,  der  ebenso 
wie  frühere  Erklärer  das  Wort  richtig  aus  dem  Estnischen 
herleitet,  ist  dieses  in  Lettland  unbekannt.  Das  zu  Grunde 
liegende  estn  pobul  (Gen.  pobuli)  'Badstüber,  kleiner  Bauer- 
wirt; Stelle  eines  Badstübers,  kleinen  Wirtes'  bezw.  pobulik 
'Badstüber,  kleiner  Bauerwirt'  stammt  nach  Mikkola  a.  a.  O. 
S.   89  aus  dem  gleichbedeutenden  russ.   ooöbU'.. 

Priester kulmei  führt  Gutzeit  mit  alten  Belegen  an.  vgl. 
Külmet. 

Puddi,  »Kinderbrei,  Eingebrocktes.  Die  ersten  Paten- 
geschenke an  kleine  Kinder  sind  die  Puddil'öffel  und  das 
Puddinäpfchen-».  (Sallmann  a.  a.  O.  S.  18).  Aus  estn.  pudi 
'Brei,  Eingebrocktes,  fig.  Mischmasch'. 

Puddipaddi,  »Mischmasch»  bei  Sallmann  a.  a.  O.  Aus 
estn.  pudi-padi  'Mischmasch'. 

Ptiddipaddikravi,  »das  Durcheinander  von  werthlosen 
Kleinigkeiten,  Krempel,  Plunder»  bei  Sallmann  a.  a.  O.  vgl. 
Pud  dipadd  i. 

Pulk,   »Pflock»     bei    Sallmann    a.    a.    O.    Aus  est.  pulk 


Die  estnischen    Worte  im  Deutschen  der  baltischen   Ostseeprovinzen.       121 

'Pflock'    (daraus    nach    Thomsen  a.  a.   O.   S.   274  lett.  pulka, 

pul k' IS). 

Pulkajunker,  der,  »in  Deutschland  Krautjunker».  Nach 
Gutzeit  scheint  der  Ausdruck  für  Livland  sich  auf  das  est^ 
nische  Gebiet  zu  beschränken.  Die  Beziehung  zu  estn.  pulk 
(Gen.  pulga)  'Pflock;  Keim  (bes.  an  Getreide);  kleiner  Fisch; 
Kotstückchen;  Letter  (in  der  Druckerei);  (scherzw.)  Rubel'  ist 
nicht  ganz  durchsichtig. 

pulkern,  »pfuschen,  Adj.  pulkerig  ungeschickt».  Nach 
Sallmann  a.  a.  O.  wäre  das  Verbum  eig.  vom  Zählen  an  dem 
Kerbholz  (Pulkaholz),  dann  überhaupt  von  ungeschickter,  klot- 
ziger Arbeit  verwendet.  Diese  Erklärung  ist  nicht  wahrschein- 
lich ;  die  Beziehung  zu  Pulk  bleibt  wie  bei  Pulkajunker  unklar. 

Puskar,  der,  »(Ehstn.)  st.  Lutter  (der  aus  dem  sieden- 
den Meesch  abgetriebene  Korngeist»  (Hupel).  Aus  estn. 
puskar  'ungeklärter  Branntwein,  Fusel'. 

Raib  oder  Raibe,  das,  »(Ehstn.)  wird  als  Scheltwort  st. 
Aas  gesagt,  pöb.»  (Hupel).  Nach  Gutzeit  wird  der  Ausdruck 
bei  den  dörptschen  Studenten  auf  Weiber  bezogen.  Aus  estn. 
raibe  'Aas'. 

Ranken  »(Ehstn.  ist  nur  in  der  vielfachen  Zahl  gebräuch- 
lich) st.  Kummet»  (Hupel).  Nach  Gutzeit  kommt  der  Aus- 
druck im  estnischen  Livland  und  in  Estland  vor;  für  Riga 
sparsam  und  nur  aus  früherer  Zeit  zu  belegen.  Wahrscheinlich 
ein  germanisches  Wort,  das  aber  von  den  Deutschen  Estlands 
aus  dem  estn.  rang  (Plur.  rahnid)  'Kummet'  übernommen  wor- 
den zu  sein  schemt. 

Rankenband,  -holz,  -kissen,  -polster  bei  Gutzeit.  vgl. 
Ranken. 

Rankenr Jemen  oder  Rankenstricke  »sind  die  2  Kummet- 
bänder vermittelst  deren  das  Pferd  zwischen  die  Femern  an- 
oder eingespannet  wird»   (Hupel).  vgl.   Ranken. 

Rankenschnur  bei  Gutzeit.   vgl.   Ranken. 

Rauke,  die,  »(Ehstn.)  ist  ein  langer  Haufe  von  abgeärnd- 
tetem  Sommergetraide  auf  dem  Felde.  Wenn  sie  auf  einem 
Lattengerüste  dachförmig  gemacht  wird,  damit  der  Wind  da- 
zwischen   hindurch    streiche,    so  heisst  sie  eine  hohle  Rauke. 


122  Hugo  Suolahii, 

Einige  nennen  auch  das  Balkengerüste  auf  welchem  die  Erb- 
sen vor  dem  Ausdreschen  in  der  Luft  trocknen,  eineRauke>. 
(Hupel).  Aus  estn.  röuk  (rauk)  'aufrecht  stehender  Stab, 
Pflock  (röugud  '(auf  dem  Felde)  die  Stäbe,  zwischen  welchen 
die  Feldfrüchte  zum  Trocknen  aufgeschichtet  werden');  Korn- 
haufen, die  zwischen  Stäben  aufgeschichteten  Feldfrüchte'. 

Rel7S,  der,  »Fisch  cyprinus  maräuula,  kleine  Maräne, 
nach  Hueck  coregonus  muränula,  bekanntlich  die  Haupt- 
nahrung der  Bewohner  am  Feipus  und  Embach».  Hupel  sagt: 
Rebs,  Marene,  Art  Häringe,  die  in  den  Landseen,  sonderlich 
in  der  Feipus,  häufig  gefangen  werden.  Der  Name  vielleicht 
aus  dem  estnischen  räbus*.  —  —  —  (Gutzeit).  Aus  estn. 
rllbus  'Rebs,  Weissfisch,  Salmo  (Coregonus)  maraenula';  lett. 
repsis  stammt  nach  Thomsen  a.  a.  O.  S.  275  aus  den  fin- 
nischen Sprachen. 

Reddel  s.  Rette  1. 

Reddelwagen,    »Leiterwagen»    bei  Gutzeit.    vgl.   Rettel. 

Regge,  die,  »(Ehstn.)  ist  der  Fuhr-  oder  Holzschlitten 
(der  Bauern  gewöhnliches  Winterfuhrwerk,  welches  einer 
Schleife  gleicht)»  (Hupel).  Sallmann  a.  a.  O.  S.  18  giebt  die 
F^orm  Reggi.  Aus  estn.  regi  'Bauerschlitten,  Schleife',  das 
nach  Thomsen  a.  a.  O.  S,  210  f.  aus  dem  lit.  räges  =  lett. 
ragus,  raga  stammt.  Die  deutsche  Form  Ragge  oder  Raggen, 
die  nach  Gutzeit  in  Riga  und  Lettland  gilt,  schliesst  sich  dem 
lett.   Worte  an. 

Rettel,  die,  »(Ehstn.)  heisst  i)  die  Heuraufife;  2)  eine 
Leiter,  pöb.  3)  die  Lehnen  des  Bauerwagens  zwischen  welche 
die  Last  gelegt  wird  (weil  sie  Leitern  mit  dichten  Sprossen 
ähnlich  sehen)»  —  —  —  (Hupel).  Nach  Gutzeit  kommt 
Reddel  (wofür  im  estn.  Gebiet  auch  Rettel)  in  Lettland  und 
Riga  wohl  nur  in  2  Bedeutungen  vor:  i)  Raufe  in  Ställen; 
2)  Leiter  am  Bauerwagen.  Der  Ausdruck  stammt  aus  dem 
estn.  redel  'Leiter,  Raufe  (im  Stall)'  oder  aus  dem  gleichbe- 
deut.    lett.  redele. 

Riege,  die,  »heisst  i)  die  Korndarre,  welche  auch  die 
warme  Riege  genannt  wird;  2)  das  Gebäude  worin  sich  jene 
befindet,    aber    darneben    die    Tenne   welche  den  Namen  der 


Die  estnischen    Worte  im  Deutschen  der  baltischen    Ostseeprovinzen.       123 

Vorrige  führt;  3)  uneigentlich  jedes  Bauerhaus,  weil  es  einer 
Riege  ähnlich  siehet  und  auch  derselben  Stelle  vertrit.  Lange 
schreibt  Rije^  Rüge  und  Rüje ;  Andre  sagen  zuweilen  Rie  oder 
Rihe^  auch  Bergm.  schreibt  immer  Rie^.  (Hupel).  Ausführlich 
wird  Rige  von  Gutzeit  behandelt,  der  dafür  mehrere  Belege 
aus  dem  16.  Jh.  anführt.  Das  Wort,  welches  in  den  baltischen, 
slavischen  und  finnischen  Sprachen  sowie  im  Schwedischen 
vorkommt,  ist  —  wie  Wichmann,  Suomen  Museo  Jahrg.  1895, 
S.  91  und  Jahrg.  1898,  S.  52  nachgewiesen  hat  —  ein  fin- 
nisch-ugrisches Wort.  Die  baltischen  Deutschen  haben  es  aber 
wahrscheinlich  durch  die  Vermittlung  des  Lettischen  (rija,  rija) 
erhalten,  kaum  direkt  aus  dem  Estnischen  (rei  (Gen.  reie)  rehi, 
rihi,  riha,  rih);  vgl.  auch  Thomsen  a.  a.   ü.  S.   276. 

Riegenabschauer ,    -  aufseher,    -  ausbeute,    -  brand,    -  bund, 

-  dieb,     •  diebstal,     -  dreschen^     -  dr escher,     -  dunst,     -  empfang, 

-  garten,  -  heizer,  •  holz,  -  kehricht,  -  kerl,   -  ofen,  -  scheu7ie,  -  sieb, 

-  stelle,  -  stock,  •  thür  bei  Gutzeit  (Riegenkerl  schon  bei  Hupel). 
vgl.  Riege. 

Rüd,  das,  »(Ehstn.)  ist  ein  Leinwandskittel»  (Hupel).  Aus 
estn.  rüd'  'leinener  Rock,  Kittel'. 

Ripse  oder  Augen-Ripse,  die,  »(sprich  Rihpse,  Ehstn.) 
hört  man  zuweilen  st.  Augenwimper,  pöb.»  (Hupel).  Aus 
estn.  ripse  'Wimper,   Wimperhaare'. 

Roop,  der,  »(Ehstn.)  hört  man  zuweilen  st.  Ofenkrücke, 
pöb.»  (Hupel).  Nach  Gutzeit  kommt  das  Wort  nur  in  Estnisch- 
Livland  vor.  Aus  estn.  röp  'Bogen  ;  Schiebschaufel,  Schürholz'. 

Ropsheed  s.  v.  Heed  (»st.  Werg,  Abwerg»)  »was  beim 
Schwingen  abgeht,  das  heist  Ropsheed  i^2\h  aus  dem  Ehstn.)» 
(Hupel).  Nach  estn.  rops  'Schwingen,  Schwung',  ropsitakud 
'gröbste,  beim  Schwingen  des  Flachses  abfallende  Heede'. 

Rübenküttis,  der,  »Küttis  zu  einem  Rübenfeld  oder  einer 
Rübenpflanzung»   (Gutzeit),  vgl.  Küttis. 

Rucke,  die,  »(aus  dem  Dörptisch-Ehstn.)  ist  ein  kleiner 
kegelförmiger  Heuhaufe  auf  der  Wiese»  (Hupel).  Nach  einem 
Belege,  den  Gutzeit  anführt,  bezeichnet  das  Wort  auch  lange, 
etwa  I  72  Faden  hohe  oben  dachförmig  zulaufende  Getreide- 
haufen.    Aus  dörptisch-estn.   rukk  'Schober'. 


124  Hugo  Suolahti, 

Sade,  die,  »(Ehstn.)  ist  ein  kleiner  kegelförmiger  Haufe, 
sonderlich  von  Heu  auf  der  Wiese.  Saden  sollen  nach  Bergm. 
Anzeige,  aufgerichtete  Bäume  seyn,  auf  welchen  man  die 
Erbsen  in  der  Luft  trocknen  lässt  ehe  sie  ausgedroschen  wer- 
den». (Hupel).  Nach  Gutzeit  gilt  Sade  in  Estland;  in  Lett- 
land dafür  Gubhe.  Sallmann  weist  in  seinem  Verzeichnis  S. 
20  auf  das  estn.  Etymon  hin:  süd  '»Sade»,  kleiner  Heuscho- 
ber (ein   Fuder  enthaltend)'. 

Sadenstrauch  bei  Gutzeit.  vgl.  Sade. 

Salve,  die,  »eines  Brunnens,  Brunnenholz. In  Riga- 
Lettland  unbekannt;  das  estnische  salw  oder  salwe  Brunnen- 
kasten». (Gutzeit).  Nach  estn.  sarwis-püd  'Brunnenkasten, 
Brunneneinfassung,  Getreidekasten  im  Speicher'  (salw,  Gen. 
salwe  'Kornkasten'). 

Seppik,  »mit  Hefen  gebackenes,  nicht  gesäuertes  Brot 
aus  geschrotenem  Weizenmehl»  in  Sallmanns  Verzeichnis  S. 
i8  f.     Aus  dem  gleichbedeutenden  estn.  sepik. 

Silme  f.,  »das  tief  ins  Land  einschneidende  und  dort 
sich  ausbreitende  Seewasser»  bei  Sallmann  a.  a.  O.  S.  20 
mit  dem  estn.  Etymon  silm.  Gen.  silma  'Auge;  Loch,  Oehr 
etc. ;  Meeresarm,  schmale  Meerenge  und  die  tiefste  Stelle 
darin,  Seemündung'. 

S'ölg,  das,  »ist  die  grosse  Brustschnalle  oder  Spange  der 
Ehstinnen  (Ehstn.)»  (Hupel).  Aus  estn.  söVg  'Spange,  Brust- 
spange'. 

Sulg(k),  »der  Säuglingen  in  den  Mund  gesteckte  Lutsch- 
beutel» bei  Sallmann  a.  a.  O.  S,  19  mit  Hinweis  auf  estn.  sulg 
'Verstopfung',  sulguma  'verstopfen,  schliessen'. 

Sulpe,  die,  »(Ehstn.)  ist  eingeweichtes  Viehfutter,  sonder- 
lich Häckerling  mit  Mehl»  (Hupel).  Aus.  estn.  sul'p  (Gen. 
sulbi)  'Mehltrank  mit  Häcksel  gemischt  (für  das    Vieh)'. 

Taim,  der,  und  Taimchen,  das,  —  —  »Das  Taimchen 
ist  ein  Seefisch,  der,  wie  der  Lachs,  in  die  Flüsse  hinaufsteigt, 
die  Forelle  ein  Bach-  oder  Flussfisch ;  die  Bachforelle  sieht 
dem  Taimchen  ganz  unähnlich,  letzteres  dagegen  dem  Lachse 

ganz  ähnlich,  namentlich  auch  hinsichtlich  der  Fettflosse 

Im  estnischen  taim,  junger  Lachs,  lett.  taims  eine  Art  Lachs» 


Die  estnischen    Worte  im  Deutschen  der  haltischen   Ostseeprovinzen.       125 

—  —  bei  Gutzeit,  wo  der  Name  schon  aus  einer  Urkunde 
V.  J.  1341  (piscium  qui  taynien  dicitur)  nachgewiesen  wird. 
Aus  estn.  taim  'Lachsforelle  (Salmo  taimen  Pall.)'  =  liv.  tainiin, 
finn.  taimen,  auch  schwed.  tannen  und  russ.  maü.vem:  das 
lett.  tatms  stammt  wahrscheinlich  aus  den  finnischen  Sprachen, 
s.   Thomsen  a.  a.  O.  S.   281. 

Tallitaya,  »bäuerlicher  Gemeindevorsteher»  bei  Sallmann 
a.  a.  O.  Aus  estn.  taVVitaja  'Besteller,  Besorger,  Ausrichter, 
Bauerrichter',  walla-i.      'Gemeindeältester'. 

Tannaw,  die,  »(Ehstn.)  d.  i.  ein  Weg  zwischen  2  Zäu- 
nen oder  ein  Zaun  weg»  (Hupel).  Aus  estn.  tanaw,  tanuw 
'Gasse,   Weg  zwischen  Zäunen  oder  Häusern'. 

Tar,  Taar,  Thar,  Thart7'ank,  der,  »ein  in  Livland  ge- 
bräuchliches Getränk  gemeiner  Leute,   welches  entsteht,  wenn 

man  gekochtes  Wasser  auf  geschrotenes  Mehl  giesst Es 

ist  ein  estnisches  Wort»  —  —  (Gutzeit).  Aus  estn.  tiü,  Gen. 
türi  'Dünnbier,  Kofent'. 

Taudias,  »ein  Fisch  —  — ;  vielleicht  Zahnbrachsen, 
sparus  dentex»  —  —  (Gutzeit).  Aus  estn.  iöudjas,  töugjas 
(an  den  Ufern  des  Peipussees)  'eine  Cyprinusart  (Cyprinus 
rapax  Fall.,  Leuciscus  Aspius  L). 

Teiöe  belegt  Gutzeit  in  der  Verbindung  »Alandbleier 
oder  Teiben»  und  vermutet,  dass  es  falsch  st.  Turben  ge- 
druckt sei.  Die  Form  ist  aber  nicht  fehlerhaft;  sie  geht  zurück 
auf  estn.  täib,  teib  'eine  Abart  des  Alantbleiers  (wahrschein- 
lich Squalius,  oder  Cyprinus  leuciscus),  von  welchem  nach 
Thomsen  a.   a.   O.   S.   281   auch  lett.  teiba  herzuleiten  ist. 

tibol  tibo!  »Lockruf  für  Hühner»  bei  Sallmann  a.  a.  O. 
Ins  Deutsche  aus  dem  estn.  tibu,  tibo  'Hühnchen',  tihul  tibu! 
(Lockruf  für  Hühner)  übernommen ;  die  im  lettischen  Livland 
übliche  Form  des  Lockrufes  ist  nach  Gutzeit  tipp!  tipp!  {=  lett. 
tib!  tib!). 

ticken,  »nach  dem  Weinen  krainprhaft  schluchzen»  bei 
Sallmann  a.  a.  O.  S.  20.  Vielleicht  aus  dem  Estnischen;  hier  ent- 
spricht in  gleicher  Bedeutung  das  Verbum  tiksuma. 

tilken,  tilksen,  »tröpfeln»  bei  Sallmann  a.  a.  O.,  wohl 
aus  estn.  tilkuma,  ttlksama  'tropfen,  triefen,  tröpfeln'. 


126  Hugo  Suolahti^ 

Tiss,  der,  »wird  gemeiniglich  im  Scherz  st.  Brust  oder 
Zitz  gesagt.  Tiss  geben  heisst  das  Kind  stillen  oder  säugen, 
pöb.».  Nach  Gutzeit  meist  in  der  Form  Tisse  (die).  Aus  estn. 
iis's.  Gen.  tissi  'Zitze,   weibliche  Brust'. 

Titti,  Tiita,  »ganz  kleines  Kind»  bei  Sallmann  a.  a.  O. 
S.    19.  Aus  estn.  titt,  tita  'Puppe,  fig,  kleines  Kind'. 

toosten  oder  tooksen  »heisst  bey  Feuer  Fische  schneiden» 
(in  dem  in  der  Zeitschrift  »Für  Geist  und  Herz»  erschienenen 
Aufsatz  von  —  e  »Phraseologie  meines  Vaterlandes»)  aus 
estn.  tdsk{a)ma  'mit  Feuer  fischen' ;  nach  Ojansuu  a.  a.  O.  S.  89. 

Torru-pill,  »Dudelsack»  bei  Sallmann  a.  a.  O.,  aus  dem 
gleichbedeutenden  estnischen  ioru-piir . 

iucken  »(Ehstn.)  heisst  sitzend  schlummern»  ■ —  —  (Hu- 
pel).  Das  anlautende  /  zeigt,  dass  es  sich  hier  um  eine 
Entlehnung  aus  dem  estn.  iukkuma  'schlummern'  handelt. 

Tumm,  der,  oder  die  Tumme,  »heisst  i)  Grützschleim 
z.  B.  Gersten-  oder  Habertumm;  2)  eine  dicklig  gemachte 
Brühe;  3)  die  Zuthat  wodurch  eine  Brühe  dicklig  gemacht 
wird,  nemlich  Ey,  geröstetes  Mehl,  Reibbrod:  so  sagt  man: 
lege  etwas  Tumm  in  die  Suppe  !  davon  haben  wir  auch  das 
Beywort  tummig  oder  wie  Lange  schreibt  tummicht  st.  dick- 
Hg»  (Hupel).  Sallmann,  der  das  Wort  unter  den  estnischen 
Entlehnungen  S.  19  anführt,  erwähnt  auch  Tummsuppe, 
tummen,  abtummen  'säumig  machen'  und  das  Adj.  tumm.  Aus 
estn.  tumm  'Schleim  von  Hafer  oder  Gerste'  [tume  'unklar, 
dunkel,  trübe,  glanzlos,  dunkelfarbig,   dumpf). 

Turbe,  die,  »f.  Dünakarpe»  (Hupel).  Aus  estn.  turzuas. 
Gen.  turba,  süd-estn.  turb  (Squalius  dobula)  =  liv.  türba 
'Bleier  (Cyprinus  ballerus)',  finn.  turppa  'Karpfen;  Aspe  (Aspius 
rapax),  Rapfen  (Squalius  cephalus)';  das  lett.  turba  stammt 
aus    den    finnischen    Sprachen,    s.  Thomsen   a.  a.  O.  S.  282. 

umkoljen  vgl .    k  o  1  j  e  n . 

verlorren,  »die  Zeit  verschwatzen»  bei  Sallmann  S.  107. 
vgl.  Lorro. 

verlurjen,  »schlingelhaft  werden,  verlumpen»  bei  Sallmann 
S.  107.  Nach  Gutzeit  wohl  auf  Estland  beschränkt;  vielleicht 
in  Estlivland.  vgl.  Lurjus. 


Die  estnischen    Worte  im  Deutschen  der  haltischen   Ostseeprovinzen.       127 

verpergeln,  »i)  mit  Pergelgeflecht  beschlagen;  —  2)  von 
Fleischspeisen,    trocken    werden    oder    machen    (wie   Pergel)» 

—  —  (Gutzeit),   vgl.    Per  gel. 

verpirren,  »ins  Weinen  hineingeraten»  bei  Sallmann 
S.  107;  nach  Gutzeit  in  Livland  kaum  vorkommend,  vgl. 
pi  rren. 

verpulkern,  »verpfuschen»  bei  Sallmann  S.  108;  nach 
Gutzeit  wohl  nur  im  estnischen  Livland.  vgl.  pulkern. 

Vorriege  oder  Vorrie,  die,  »d.  i.  Dreschtenne»  (Hupel). 
vgl.    Riege. 

Wacke,  die,  »(ein  schon  in  liefl.  Urkunden  vorkommen- 
des Wort)  heisst  Gebiet,  Gegend;  jezt  bezeichnet  man  da- 
durch einen  kleinen  Distrikt  im  Kirchspiel  den  mehrere  Bauer- 
wirthschaften  ausmachen.  Einige  sagen  Wackus  oder  Wag- 
gus». (Hupel).  Auf  die  estnische  Herkunft  des  Ausdrucks 
macht  Sallmann  S.  21  aufmerksam.  Aus  estn.  wakk  (Gen. 
waku)  'District,  Bezirk';  Näheres  über  das  Wort,  welches 
auch  dem  lett.  zuaka  zu  Grunde  liegt,  bei  Thomsen  a.  a.  O. 
S.  285. 

Wackenbuch,  das,  »(vom  gleich  vorhergehenden  Wort 
Wacke)  ist  das  Verzeichniss  von  der  Beschaffenheit  eines  Land- 
guts und  dessen  Gebietsleuten  nach  ihrem  Vermögen  und 
ihren  Pflichten.  Man  nennt  es  Krons-  oder  Revisions  Wacken- 
buch  wenn  es  bey  der  Haaken  Revision  ist  angefertigt  wor- 
den; und  dann  enthält  es  auch  die  Anzeige  von  den  Apper- 
tinenzien ;  hingegen  stehen  in  dem  Hofs-  Wackenbuch,  welches 
der  Besitzer  für  sich  aufsezt,  hauptsächlich  die  Abgaben  und 
Frohndienste  der  Bauern.  Lezteres  könte  man  nach  Bergm. 
Aeusserung  das  Pflichtbuch  nennen,  ersteres  hingegen  eigent- 
lich nicht».  (Hupel).  vgl.  Wacke. 

Wagger  »nennt  man  in  Kurland  die  die  Gutswirtschaft 
gemäss  den  Anordnungen  des  Gutsverwalters  unmittelbar  lei- 
tenden Aufseher.  Sie  sind  durchgängig  den  Eingeborenen 
angehörig»  —  —  in  der  Balt.  Monatschrift  I,  3,281, 
zitiert  von  Gutzeit  s.  v.  Kubjas  (s.  dieses).     Der  Ausdruck, 

—  obgleich    kein    estnisches  Wort  —  ist    in  dieses  Verzeich- 
nis aufgenommen  worden,  weil  er  einer  verwandten  finnischen 


128       Hugo  Suolahii,  Die  estn.   Worte  im  Deutsche?!  der  halt,  Ostseeprovinzen. 

Sprache  entstammt:  er  beruht  auf  dem  hv.  wagür  'Dorfälte- 
ster, Frohnvogt»;  das  lett.  zuagare,  wagaris  ist  nach  Thom- 
sen  a.   a.  O.     S.   283  aus  dem  Livischen  entlehnt. 

JVai'm,  der,  »(Ehstn.)  heisst  in  ehstnischen  Distrikten  ein 
Frohnarbeiter  zu  Fuss  oder  ein  Handarbeiter  am  Hofe» 
(Hupel).  Aus  estn.  zcaim  'Geist,  Seele,  Gefühl,  Empfindung 
Kraft;   Seele,  Person,  Arbeiter'. 

Wain,  der,  »(Ehstn.)  ist  ein  leerer  Platz  in  oder  neben 
dem  Dorf,  auch  wohl  bey  einem  einzeln  stehenden  Bauerhaus, 
welcher  als  eine  Gemeinheit  gemeiniglich  den  Kindern  zu  ihrer 
Belustigung  und  den  Schweinen  zur  Weide  dient.  Man 
könte  ihn  etwa  Anger  nennen».  (Hupel).  Aus  estn.  wainiu, 
gewöhnl.  ivainu  'Rasenplatz,  Anger'. 

Warbe  f.,  »Leitersprosse»  in  Sallmanns  Verzeichnis  S.  21. 
Aus  estn.  zvarb  'Stab,  Stock,  Leitersprosse,  Dreschflegel  (aus 
einem  gekrümmten  Stabe  bestehend).  Stiel'. 

VVisen  »(aus  dem  Ehstn.  und  Lett.)  sind  Bastschuhe  (des 
Landvolks  gewöhnliche  Sommerschuhe).  Aus  dem  gleichbe- 
deutenden lett.  wTse,  zvisa  oder  dem  dörpt-estn.  zvlsk  {zuiz), 
(Gen.  wl.su,  zviza,  wuo) ;  das  estn.  Wort  stammt  jedenfalls 
aus  dem  Lettischen,  s.  Thomsen  a.  a.  O.     S.   244. 

Dieses  auf  einer  flüchtigen  Durchsicht  der  wichtigsten 
lexikaHschen  Hilfsmittel  beruhende  Verzeichnis  der  estnischen 
Worte  im  Deutschen  wird  sich  nicht  unbeträchtlich  vermehren 
lassen,  wenn  die  literarischen  Quellen  erschöpft  ^  und  an  der 
gesprochenen  Sprache  Beobachtungen  angestellt  werden.  Übri- 
gens sind  ja  die  Wortübersetzungen  in  dem  Verzeichnis  gar 
nicht  berücksichtigt  worden.  Doch  gewährt  schon  die  vor- 
liegende Liste  eine  deutliche  Vorstellung  von  der  kulturellen 
Art  des  estnischen  Einflusses.  Es  treten  uns  hier  die  Esten 
vor  allem  als  Ackerbauer  und  als  Feldarbeiter  der  deutschen 
Herren  entgegen.  Die  weitaus  grösste  Zahl  der  estnischen 
Entlehnungen  beziehen  sich  auf  die  Landwirtschaft  und  damit 


*)  Gutzeits    Wörterschatz  der  Sprache   Livlands,  der  eine  ganze  Menge 
älterer  und  neuerer  Quellen  berücksichtigt,  ist  nicht  ganz  vollständig  erschienen. 


Besprechungen.      A.    Wallensköld,  yärnst?-öm,  Rec.  de  chans.  pietises  I.       129 

in  Zusammenhang  stehende  Begriffe.  Aber  auch  auf  den 
F'ischfang  der  Esten  deuten  mehrere  Ausdrücke,  zumal  die 
vielen  Fischnamen.  Eine  besondere  Begriffsgruppe  bilden  fer- 
ner die  Worte  der  Kinderstube,  welche  die  estnischen  Wär- 
terinnen in  die  Sprache  der  Herrschaften  gebracht  haben. 
Die  dienende  Stellung  der  alten  Landesbevölkerung  wird  wohl 
auch  betont  durch  die  estnischen  Schimpfworte,  welche  die 
deutschen  Herren  gelernt  haben.  Es  bleiben  dann  noch  übrig 
eine  Anzahl  Ausdrücke,  die  auf  Begriffe  weisen,  welche  spe- 
ziell den  Esten  charakteristisch  sind,  wie  die  Tracht  und 
die  Speisen. 

Hus:o  Suolahti. 


Besprechungen. 

Edw.  Järnström,  Recueil  de  chansons  pieuses  du  XIII' 
siede,  I.  (^  Annales  Academise  Seien tiarum  Fennicae.  Ser.  B. 
Tom.  III.  N:o    i).     Helsinki    19 10.      176   -j-   IV  p.  in-80. 

La  publication  integrale  des  chansons  pieuses  du  XIILe 
sii-cle  imitees  de  chansons  profanes,  voila  le  but  louable  que  s'est 
propose  M.  Järnström.  Dans  le  present  volume,  M.  J.  nous  donne 
une  edition  critique  de  soixante-cinq  chansons  pieuses,  accom- 
pagnee  d'un  glossaire  des  mots  relativement  peu  usites  et  d'une 
liste  des  noms  propres.  YHntroduction  (de  treize  pages)  donne  les 
informations  necessaires  sur  les  manuscrits  contenant  les  chansons 
du  volume  en  question,  ainsi  que  sur  le  principe  Selon  lequel 
l'edition  a  ete  etablie.  M.  J.  n'a  pas  essaye  de  classer  systema- 
tiquement  ces  chansons  pour  la  plupart  anonymes  ^  ce  qui  n'aurait 
guere  pu  donner  un  resultat  satisfaisant ;  il  se  contente  de  publier 
les  chansons  dans  lordre  oü  elles  se  trouvent  dans  les  mss.  qu'il 
a  pris  pour  base  de  son  edition.  Ont  ete  ainsi  utiliscs  les  mss.: 
Bibl.  nat.  f  fr.  24406  (Schwan:  Vg,  Raynaud:  Pb^'^),  Berne  389 
iSchw.:   C,  Rayn.:   B'^^),  Modene,  Este,  prov.   (Schw.:  H,  Rayn.:  M), 


'  Comme  auieurs  de  chansons  pieuses  sont  indiques  par  nos  mss.: 
Jacques  de  Cambrai  fsept  chansons),  Aubertin  d'Areynes  (deux  chansons), 
I,ambert  Ferri  (deux  chansons),  Gilles  de  le  Crois  (une  chanson),  Guillaume 
le  Vinier  (trois  chansons),  Richard  de  Fournival  (une  chanson),  Moniot  d'Arras 
(deux  chansons',  Jacques  le  Vinier  (deux  chansons),  Pierot  de  Niele  (une 
chanson),  Adam  de  la  Halle  (deux  chansons ;  voy.  plus  bas),  Guillaume  de 
Bethune  (deux  chansons). 


130  ßespreckuni^en,      A.    WalUfiskölU., 

Oxford,  Douce  308  (Schw.:  I,  Rayn.:  O),  Rome,  Vat.  1490  (Schw.: 
a,  Rayn.:  R^).  En  outre,  M.  J.  a  naturellement  mis  a  contribution 
certains  autres  mss.  en  tant  qu'ils  contiennent  les  chansons  pieuses 
des  mss.  precitcs.  II  a  mcme  cru  devoir  introduire  une  <  hanson 
dAdam  de  la  Halle  cjui  ne  se  trouve  dans  aucun  de  ces  mss., 
parte  que  le  bagage  litteraire  de  ce  trouvere  ne  contient  en  tout 
tjue  deux  chansons  pieuses  (l'autre  chanson  se  tiouve  dans  le  ms. 
du  Vatican).  Quant  a  la  langue  des  chansons  du  recueil,  M.  J. 
se  contente  de  reproduire  pour  chaque  chanson  la  graphie  du  ms. 
qu'il  a  pris  pour  base  du  texte.  Pour  ce  qui  conceme  le  genre 
litteraire  en  question,  M.  J.  nous  promet  une  etude  d'ensemble  a 
la  fin  du  second  tome  de  son  recueil.  Mentionnons  enfin  que  le 
texte  de  chaque  chanson  est  precede  dune  notice  ou  l'auteur 
discute  les  differentes  questions  se  rapportant  a  la  chanson  en 
question:  provenance,  versification,  choix  des  lerons,  langue,  etc. 
Apres  chaque  chanson  viennent  des  Remarques  servant  a  interpreter 
les  passages  difficiles  ou    particulierement  interessants  du  texte. 

L'edition  de  M.  J.  est,  en  somme,  fort  satisfaisante.  L'auteur 
montre  une  connaissance  approfondie  de  l'ancien  francais  et  un 
jugement  eclairc  dans  ses  essais  de  restitution  des  passages  corrom- 
pus  du  texte.  II  s'est  donne  beaucoup  de  peine  pour  retrouver 
les  modeles  possibles  de  ses  chansons  pieuses,  et  il  est  seulement 
a  regretter  c^ue  l'auteur  nait  pas  pu  etendre  ses  comparaisons  ä 
la  musique.  Un  detail  que  je  napprouve  pas,  c'est  que  M.  J., 
dans  ses  notations  des  rimes,  ne  distingue  pas,  dune  fa(;on  quel- 
conque,  les  rimes  feminines  des  rimes  masculines  (ainsi,  pour  la 
chanson   II,  il  donne  ababbabhbb  au   lieu  de  p.  ex.  a^ba^bba^bbbb). 

II  y  a  cependant  im  point  capital  que  M.  J.  me  semble  avoir 
neglige.  C'est  la  question  dialectale.  Les  seuls  faits  linguistiques 
auxquels  M.  J.  attribue  une  valeur  dialectale  sont:  -  ^«  -  ne  rimant 
pas  avec  -  an  -  (trait  picard),  -  ;>  <c!  -  iee  (trait  picard  ou  lorrain), 
-  i(e)us  <;  il  -f-  s  (trait  picard).  Par  contre,  il  n'attache  aucune 
importance  aux  traits  suivants:  -  s :  -z  IV,  VI,  VII,  VIII,  XV, 
XVI,  XIX,  XX,  XXXI,  XXXII.  XXXV,  XXXIX,  XLI,  XLIV, 
XLV,  XLVIII,  XLIX,  L,  LH,  LIII,  LIX,  LXII  (trait  picard  ou 
lorrain),  les  infinitifs  ve'ir  II,  24;  XXX,  5;  XXXIII,  14  et  ca'ir 
LXIIL  38  (trait  picard  ou  lorrain),  le  pronom  mi  XXXVIII,  17. 
44;  XXXIX,  50  (trait  picard  ou  lorrain),  les  formes  verbales 
allongees  du  type  averai  III,  14;  VI,  34:  XXIII,  5;  XXVI,  22; 
XXVII,  34;  XLII,  8;  XLVI,  2-];  LXIV,  60  (trait  picard  ou 
lorrain),  les  formes  pronominales  abregees  nos  no^  vos  vo  XIX, 
13;  XLII,  21;  XLVI,  6;  LVIII,  22.  24  (trait  essentiellement 
picard),  les  desinences  monosyllabiques  -  iens:  estiens  LII,  46  et  -  iez: 
estiez  VII,    i^i,  feriez  VII,   35    (trait  picard),   \q  ^\xh']oncWi  doigfte  XI, 


Echo.  Järnström,  R ecueil  de  chansons  pieuses  I.  13 1 

3.  0.  10  (irait  lorrain;  voy.  R.  Schubert,  Probl.  d.  Iiist.  frz.  For- 
menlehre I,  p.  20),  ramuissement  d'un  e  en  hiatus:  consus  XLVI, 
3;  re(us  LXII,  10.  11;  rei;ut  (pt.  p.)  LXIII,  20  (trait  picard),  la 
dcsineoce  -  omes :  criomes  XLVI,  7  (trait  picard),  les  Vivat?,  proiete: 
mnniete:  entiere:  miete  (medicum)  owproiite:  manire:  entire :  mite 
LV  (trait  picard),  chiaus  <C  ecce-illos  LX,  22  (trait  picard), 
en/ir:  -  ir  LXIII,  30  (trait  picard).  Probablement,  M.  J.  est  d'avis 
que  les  faits  linguistiques  t^ue  je  viens  d'cnumerer  ne  constituent 
plus  des  criteriums  dialectaux  assures  pour  le  ireizieme  siecle:  que 
p.  ex.,  a  l'epoque  de  nos  chansons,  un  trouvere  de  l'Ile-de- 
France  pouvait  deja  faire  rimer  -  .y  et  -  c.  D'autre  part,  certaines 
particularites  dialectales,  p.  ex.  -  omes,  se  rencontrent  un  peu  partout. 
Je  crois  cependant  que  M.  J.  a  agi  avec  trop  de  circonspection. 
11  est  certain  qu'au  XIILe  siecle  le  francien,  le  picard  et  le  lorrain 
se    comportaient    diffcremment  par  rapport  ä  Tevolution  de  -  c  en 

-  s.  On  n'a,  pour  s'en  convaincre,  qua  jeter  un  coup  d'oeil  sur 
quelques-unes  des  chartes  que  vient  de  publier  M.  Behrens  dans 
la  huitieme  edition  de  la  Gramviaire  de  Schwan.  Dans  la  Charte 
francienne  n''  I  (Saint-Denis,  1260),  il  y  a  encore  toujours  -z; 
la  Charte  lorraine  n°  XV  (Metz,  12 12)  donne  dejä  des  exemples 
de  la  confusion  entre  -  s  et  -  z  (cens,  aiis,  besons,  Girars;  annauz) ; 
enfin  la  charte  picarde  n°  II  (Abbeville,  1272)  ne  presente  jamais 
un  -  5.  II  me  semble  donc  qu'on  a  le  droit  de  dire  que,  si  une 
chanson  presente  en  meme  temps  les  rimes  -s:  -z  et  en:  an, 
eile  provient  de  l'Est  de  la  France,  et  non  du  Centre.  En  tenant 
compte  des  traits  dialectaux  mentionnes,  on  peut  classer  nos  chan- 
sons de  la  facoa  suivante : 

a)  Chansons  picardes:  VII  (-  s:  -  z,  -  iee  >»  -  ?V,  estiez  31  et 
feriez  35  dissyllabiques;  M.  J.:  l'auteur  n'est  pas  originaire  du  Centre 
de  la  France),   VIII  (- .y;   -  z,  en  ne  rime  pas  avec  a«),  XV  {- s : 

-  z,  en  ne  rime  pas  avec  an;  M.  J. :  l'origine  picarde  est  probable), 
XIX  (- .y ;  -  z,  vo  13),  XXV  {en  ne  rime  pas  avec  an),  XXXIV 
(-  i  1  i  s  >  -  ieus  ;  ms.  C:  yaikes  de  Canbrai),  XL  [en  ne  rime  pas 
avec  an;  un  ms.  attribue  la  chanson  ä  Lambert  Ferri,  attribution 
confirmee  par  l'envoi),  XLI  (-  s:  -  5,  en  ne  rime  pas  avec  an; 
attribution  d'un  ms.:  Gilles  de  le  Ctois),  XLII  [en  ne  rime  pas 
avec  an,  avetoiit  8,  vos  21;  M.  J. :  origine  picarde),  XLIV  (- y;  -  z, 
en  ne  rime  pas  avec  aii),  XLVI  [consus  3,  vo  6,  criomes  7,  averait 
27),  XLVII  (-iee  >  -  ie,  -ilis  >  -  ijis,  -s:  -  z;  M.  J.:  origine 
picarde),  LI  (-  ilis  >  -  ieus;  attribution  des  mss.  aT:  Maistre 
Willaumes  li  Viniers),  LH  (-ilis  >  -ieus,  -s:  -  z,  estiens  46 
dissyllabique;  attribution  des  mss.  aMT;  Maisire  Willaumes  li  Vi- 
n'ers),  LV  (proiere:  mire ;  attribution  du  ms.  a:  Mo7iiol),  LVI 
(en    ne    rime    pas    avec    an;  attribution  du  ms.  a:  Monios),   LVII 


132  Besprechungen.     A.    Wallenskölif, 

(en  ne  rime  pas  avec  an  :  attribution  du  ms.  a :  maistre  Jakes  li 
Viniers),  LVIII  (vo  22,  nos  24;  la  chanson  est  attribuee  a  maistre 
yakes  par  l'unique  ms.  a),  LX  (- iee  >  -  ie,  chiaus  {%zct.-\\\o%)'. 
-  iaus  (-  e  1 1  u  s) ;  attribuee  par  quatre  mss.  a  Adam  de  la  Halle ), 
LXI  (en  ne  rime  pas  avec  an;  auteur:  Adam  de  la  Halle),  LXH 
(- s:  -2,  pt.  reciis  lO,  II ;  attributioa  du  ms.  a:  Willaumes  de 
Bet/iune),  LXHI  (en  ne  rime  pas  avec  an,  -iee  >  -  ie,  qäir :  -  ir, 
blance  :  abondance,  pt.  re(:ut  2C,  entir :  -  ir ;  attribution  du  ms.  a: 
Willaumes  de  Bethune),  LXIV  (filius  >  fieiis,  -s:  -  z,  isteront  60, 
cependant  atent:  -  ant ;   M.  J.:   origine  picarde). 

b)  Chansons  lorraines :  IH  (obed'ience :  ance,  devetoit  14),  VI 
(-  s :  -  z,  en:  an,  avera  34;  M.  J.:  l'auteur  n'est  pas  du  Nord),  XI 
(doigne:  -  oigjie),  XXXI  (- s:  -  z,  fils :  -  i's,  en :  an;  attribution  du 
ms.  C:  Jaikes  de  Canhrai),  XXXII  (- s:  -  z,  fils :  -  is ;  attribution 
du  ms.  C:  Jaikes  de  Canhrai^,  XXXV  (-  s:  -  z,  fils  [l'unique  ms. 
donne:  fily.  -  is ;  attribution  du  ms.  C:  Jaikes  de  Catibrai),  XLVIII 
(-s:  -  z,  en:  an;  INI.  J. :  l'auteur  n'est  pas  du  Nord),  XLIX  (pur- 
catoite:  -  aire,  -s:  -z;  M.  J.  admet  dubitativement  une  origine 
lorraine). 

c)  Chansons  picardes  ou  lorraines:  I  (deveroiit  48),  II  (ve'ir: 
-ir).  IV  (-s:  -  z),  XVI  (-s:  -z,  en:  an,  mais  pas  dans  le  meme 
Couplet),  XX  (-s:  -z),  XXIII  (averai  5),  XXVI  (avera  22), 
XXVII  (a7Jera  34;,  XXIX  (-iee  >  -  ie ;  M.  J. :  l'auteur  est  peut- 
etre  du  Nord),  XXX  (ve'i'r:  -  ir,  -  iee  >  -  je;  attribution  du  ms. 
C:  Jaikes  de   Canbrai),    XXXIII   [ve'ir:   -  ir;  attribution   du  ms.    C : 

Jaikes  de  Canbrai),  XXXVI  (-  iee  >  -  ie ;  attribution  du  ms.  C\ 
Jaikes  de  Canbrai),  XXXVII  -  iee  ^  -  ie :  attribution  du  ms.  C: 
Aubertin  dez  Areiios),  XXXVIII  (mi:  -  i:  attribution  du  ms.  C: 
Aubertins  de  Arenos),  XXXIX  (-  s:  -  z,  mi:  -  i;  I'envoi  donne  comme 
auteur  de  la  chanson  Lambert  Ferri,  trouvere  picard  d'apres  XL),  i 
XLIII  (-  s:  -  z,  en  corrigeant  les  rimes  du  troisieme  couplet  [voy.  \ 
plus  bas];  la  rime  pure  en  -ance  peut  etre  fortuite ; /«/.f ."  -?'?  parle  | 
plutot  en  faveur  du  dialecte  lorrain,  ainsi  que  vienont  10  =  me-  | 
nerent ;  cf.  l'attitude  incertaine  de  M.  J.,  p.  112),  XLV  (- s:  -z),  | 
L  (-s:  -z;  rimes  tres  corrompues),  LIII  {-s:  -z;  attribution  du  I 
ms.  M:  Guillaume  le  Vinier,  du  ms.  a:  Jacques  le  Vinier),  LIX  | 
(-  s:   -  z;  attribution  du  ms.   a:  Pierot  de  Niele),  LXV  (-  iee  >  -  ie).       I 

d)  Chansons  lorraines  ou  franriennes:  X  (enfant:  -  ent ;  Selon 
M.  J.,  enfant  est  trop  isole  pour  permettre  des  conclusions  sur 
l'origine  de  la  chanson),  XII  \en:  an;  M.  J. :  l'auteur  a  du  etre 
originaire  du  Centre  ou  de  TEst  de  la  France),  XVII  (en:  an; 
cependant  toutes  les  rimes  en  an  se  trouvent  dans  le  dernier  et 
septieme  couplet),  XXII  (Adan:  -ent),  XXVIII  (en:  an;  M.  J. :  f 
l'auteur  etait  originaire  du    Centre  ou  de  l'Est  de  la  France),  LIV      < 


Edw.  yärnström,   Recueil  de  chansons  pieuscs  I.  133 

1671 :  an ;  attr.  du  ms.  a :  maistre  Ricars  de  Fournival;  peut-ctre  la 
rime  isolee  aidant :  -  ent  est-elle  une  faute  de  copiste  ou,  comme 
le  veut  M.  J.,  imputable  a  l'mfluence  du  dialecte  francien,  qui  etait 
familier  ä  Richard  de  Fournival  (t  vers  1260)  «depuis  les  annees 
de  sa  jeunesse,  qu'il  avait  passees  pres  de  la  cour  de  Philippe- 
Auguste,  oü  son  pere  fut  appele  en  qualite  de  medecin  ordinaire 
du  roi»). 

e)  Chansons  qui  ne  peuvent  etre  classees  dialectalement :  V, 
IX,  XIII,  XIV,  XVIII,  XXI,  XXIV. 

Le  classement  que  nous  venons  de  faire  est,  pour  plusieurs 
des  chansons,  corrobore  par  les  attributions  d'auteur  des  mss.  En 
outre,  ces  attributions  nous  permettent  de  ranger,  avec  plus  ou 
moins  de  certitude,  quelques-unes  des  chansons  du  groupe  c  (chan- 
sons picardes  ou  lorraines)  parmi  les  chansons  picardes  du  groupe 
a.  II  ny  a  pas  de  contradictions  serieuses  entre  la  langue  et 
les  attributions  des  mss.  sinon  pour  trois  chansons  (XXXI,  XXXII 
et  XXXV\  attribuees  par  le  ms.  de  Berne  ä  Jacques  de  Cam- 
brai,  tandis  que  la  langue  parait  appartenir  ä  l'Est  de  la  France. 
M.  J.  (p.  81)  est  d'avis  que  1 'authenticite  des  sept  chansons  attri- 
buees par  C  ä  Jacques  de  Cambrai  (n:os  XXX — XXXVI)  n'est 
pas  douteuse,  et  j'avoue  que  l'argumentation  de  M.  J.  est  fort 
'  onvaincante.  II  faudrait  donc  croire  que  ce  poete  picard  se  per- 
mettait  de  rimer  fils:  -is  (dans  les  trois  pieces)  et  que  la  rime 
en :  an  de  la  chanson  XXXI  {se?i,  Moysen :  pellican,  Habrahan, 
sanc,  Adam)  est  une  licence  pareille  a  Celles  que  nous  avons  pu 
constater  pour  les  chansons  LIV  (aidant:  -eni)  et  LXIV  [alent: 
-aut). 

II  est  ä  regretter  que  M.  J.  n'ait  pas  apporte  tout  le  soin 
necessaire  ä  la  reproduction  exacte  des  le^ons  des  mss.  Dans  les 
Errata  se  trouvent  corrigees  un  certain  nombre  d'erreurs  que  j'avais 
pu  constater  lors  de  mon  examen  de  l'ouvrage  de  M.  J.,  qui  a 
ete  presente  comme  these  de  doctorat  ä  notre  Universite  (pour  le 
ms.  a,  M.  J.  avait  mis  a  ma  disposition  une  reproduction  photo- 
graphique  qu'il  s'etait  procuree).  Mais  mon  controle  na  pas  pu 
s'etendre  ä  tous  les  mss.  et  n'a  pas  ete  absolument  rigoureux,  de 
Sorte  qu'il  est  fort  probable  qu'il  reste  encore  beaucoup  d'erreurs 
non  corrigees. 

Voici  quelques  remarques  de  detail:  I,  p.  20.  Pour  le 
groupement  CI  contre  V,  M.  J.  aurait  pu  aussi  renvoyer  a  Schwan, 
A/rz.  Liedeth.,  p.  222,  et  ä  mon  edition  des  chansons  de  Conon 
de  Bethune,  p.  73.  —  I,  40.  J'admets  la  graphie  ovec  (con- 
tamination  de  o  <C  aut  et  de  avec);  voy.  encore  VII,  7  et 
XXI,  17.  —  II,  35.  Mettez  une  virgule  apres  Theofilus.  — 
IV,    33.      Lisez    Rin,    (lecjon    du    ms.     C)     au    Heu    de    ru.     — 


134  Besprechungen.     A.    Walknsköld, 

V,  48.  Lisez  Li  Juif  (cf.  VII,  31;  etc.).  —  V,  50— ,52.  Je 
prefere  regarder  Franfois  et  grec  et  ermiii  Et  tout  latiguaige 
aptouve  (omme  coordonne  avec  le  latin ;  je  raettrais  donc  une 
virgule    a    la  fin  du  v.   50  et  je  supprimerais  la  virgule  au  v.   51. 

—  VIT,  20.  La  correction  de  a  en  en  me  paraTt  superflue.  — 
X,  19.  Lisez  Nes  que  (cf.  XII,  17).  —  XI,  i.  Le  modele 
de  la  .chanson  prcsentant  flors  et  glais  et  verdure,  il  semble  pro- 
bable que  limitation  a  eu  7tois  et  glace  et  froidure  (le(,^on  de  C) 
et  non  pas  ces  memes  mots  dans  un  ordre  {glace  et  nois  et  fr.) 
qui  rappelle  moins  le  texte  du  modele.  —  XII,  p.  42.  Ce 
sont  seulement  les  deux  premiers  couplets  de  la  chanson  Rayn. 
393  qui  riment  en  -  aut  et  en  -  er.  —  XII,  p.  44,  Rem.  Le 
sens  des  vers  31 — 32  doit  etre:  «II  öte  ses  vieux  habits  (c'est- 
a-dire  un  objet  de  peu  de  valeur)  pour  les  donner  ä  Ja  mere  de 
Dieu».  —  XIII,  31.  Lisez  crüeuse  (cf.  XXXIX,  21  et  au 
Gloss.).  —  XIV,  2.  Retablissez  la  le9on  de  C:  viercir.  — 
XIV,  6  (et  Rem.,  p.  48).  Lisez  plutot  avec  C:  enserchier  (exami- 
ner,  etudier)  au  lieu  de  etichargier.  Moustrer  aura  ici  un  sens  ana- 
logue,  et  non  pas  celui  de  «mettre  au  monde».  «La  Nature  fut 
ebahie  en  l'examinant  et  en  l'etudiant».  —  XVII,  40.  Mettez  un 
point  ä  la  fin  du  vers.  —  XIX,  31.  Corrigez:  Et  ne  fust  mes  de 
lein  s.  —  XXI,  I.  Lisez  puis  que.  —  XXI,  4 — 5.  Je  lis,  en 
gardant  1' ordre  des  vers  donne  par  les  deux  mss:  Quar  nus  ne 
s  i  potroit  tant  aseivir  (Or  ai  mespris:  mesentendre  mi  servir),  «Car 
personne  ne  pourrait  tant  la  servir  (Je  me  trompe:  se  mepiendre 
dans  son  service)».  —  XXII,  p.  62.  La  chanson  Rayn.  1463 
est  attribuee  ä  Gace  Brule  par  le  ms.  R.  C'est  la  chanson  XLI 
du  recueil,  et  non  pas  XL,  qui,  ä  partir  du  quatrieme  couplet,  a 
la  meme  structure  strophique  que  XXII.  —  XXII,  15  et  16. 
Les  formes  sisiesme  et  sept'üsme  me  paraissent  fort  suspectes.  Je 
propose:  Au  sisiesme  jour  fist  Adan,  Au  septiesme  se  reposa.  — 
XXIII,  31.  Lisez  d'umilite.  —  XXIII,  36.  M.  J.  n'aurait 
pas  du  corriger  a?ainne  en  erain?ie.  Cf.,  pour  araiji,  Meyer-Lübke, 
Hist.  ßz.  Gr.,  §  226.  —  XXIV,  p.  67.  Ce  ne  sont  que  les 
Couplets  II — IV  de  Rayn.  1 7  qui  ont  la  meme  structure  strophique 
que    XXIV;    les   couplets  I  et  V  ont  deux  vers  de  plus  ä  la  fin. 

—  XXIV,  31.  Comme  /«//  est  d'ordinaire  dissyllabique,  je 
propose  de  lire:  Dont  li  Juis  mespnesure .  —  XXIV,  35.  En- 
conchie  (4  syll.)  est  une  forme  impossible  (on  s'attendrait  ä  encoii- 
chiie   <;   in-cum-cacata);  je  propose  ^w/ö.s-(rÄfV  (*  in  toxi  c  ata), 

empoisonnee».  —  XXV,  Rem.  au  v.  9.  Pareil  est  le  compl. 
attr.  de  acointier,  employe  substantivement.  —  XXVII,  Rem.  au 
v.    23.      Terniere    =    taisuiere    <[    *taxonaria,   fr.   raod.   tanicre. 

—  XXVIII,    6.     Corrigez:   vois  plaignant.  —  XXVIII,    17.  Lisez 


Ed-cV.  yärnsifötn,  Recueil  de  chaitsons  pieuses  1.  135 

lerme'(s).  —  XXIX,  27  et  Rem.  Peut-rtre  faudrait-il  lire:  N'au 
resoriir  dou  laz.  —  XXXI,  12  — 13.  Virgule  apres  le  v.  12,  et 
point  et  virgule  apres  le  v.  13.  —  XXXI,  33  et  Rem.  A  cause 
de  la  forme  irreguliere  du  cas  sujet  (Hon),  je  prefcrerais  garder  la 
leron  de  C:  et  li  fiers  hont.  —  XXXI,  42.  Corrigez:  ««^/'(ms.).  — 
.\XXII,  3.  Corrigez:  not  (ms.).  —  XXXIII,  20.  Corrigez: 
Entre  fuis.  —  XXXIV,  17.  Point  a  la  fin  du  vers.  —  XXXIV, 
s6.  Comme  ctimiiieus  est  sans  doute  le  pluriel  de  criminel,  il  faut 
rorriger  pechie  en  pechies.  —7  XXXV,  20.  Peut-etre:  Ptoies  en  sott  vos 
rhiers  fis.  —  XXXVII,  II.  Corrigez:  vo  gent.  —  XL,  4.  Lisez 
plutot:  en  cui  cors  (lecon  de  C).  —  XL,  41.  Snijüe  Crois  est  peut- 
ctre  Sainte-Croix,  commune  de  Belgique  (Flandre-Occ),  arr.  de 
Bruges.  —  XL,  43  et  Rem.  Je  lis:  Di  au  diien,  ke  Fern  a 
ralu,  et  je  comprends:  «Dis  au  doyen,  qui  a  aide  Ferri».  Cf. 
dans   Godefroy,  s.   v.   i'aloir  (VIII,    143,   b): 

Por  vos    valeir   et  aidier 
E  por  vos  toz   Teconforter 
(Ben.,  D.   de  Norm.  II,    13 139,  ed.  Michel). 

—  XLI,  74.  Corrigez:  dcl  ciel  a  monf.  —  XLI,  77.  Peut- 
rtre  faut-il  lire:  Et  ki  ja  niais  ici  setont.  —  XLII,  4.  Lisez: 
Virgc  —  XLII,  29.  Corrigez:  Sans  euer  repenti  (cf.  p.  109).  — 
XLII,  40.  Corrigez:  En  att  departi.  —  XLIII,  9.  Corrigez: 
Si  nel.  —  XLIII,  17.  Corrigez:  ro7n  ot  les  eus  07ris.  —  XLIII, 
19.  Corrigez:  mercis.  —  XLIII,  24.  Lisez:  Cansi  (ms.).  — 
XLIII,  36.  Corrigez:  l'on  li  pot  doneir.  —  XLIV,  p.  114.  Quant 
ä  la  disposition  des  rimes,  il  faut  remarquer  que  c'est  seulement 
dans  le  troisieme  complet  que  deux  rimes  (c  et  d)  sont  identiques; 
dans  les  couplets  II  et  V,  les  rimes  a  et  c,  parce  que  des 
rimes  riches,  ne  sont  pas  identiques  (\\:  consenteis:  tormenteis, 
niais  formeis:  deformeis ;  V:  enluniineis:  domineis,  mais  leprandeis: 
nprendeis).  —  XLIV,  16.  Point  et  virgule  a  la  fin  du  vers.  —  XLIV, 
29.  Virgule  ä  la  fin  du  vers.  —  XLIV,  40.  Retablissez  Isi  (ms.).  — 
XLV,  2.  Corrigez:  color  (cf.  amor  7).  —  XLV,  8.  Corrigez:  au 
pecheor.  —  XLVI,  14.  Corrigez:  o/i?«/yi///(// manque  dans  l'unique 
ms.).  —  XLVIII,  29 — 32.  Point  apres  le  v.  29;  au  v.  31,  lisez: 
Se  ne  fuxieis,  dou  etc.;  point  d'interrogation  ä  la  fin  du  v.  32. 
Je  comprends:  «Ne  serions-nous  pas  tous  perdus,  si  vous  n'exis- 
tiez  pas,  ä  cause  du  mefait  d'Eve?»  —  XLVIII,  36.  Lisez:  m'i.  — 
XLIX,  5 — 6  et  Rem.  Corrigez:  Vers  moi,  qui  suis  de  euer  petis 
En  vos  servit  dont  etc.  —  XLIX,  25.  La  forme  non  flechie  de- 
montre  qu'il  vaut  mieux  ecrire  de  put  aite.  —  XLIX,  ^^2.  Lisez: 
m'j.  —  L,  21  —  2.  Corrigez:  Quant  Deus  voit  c'a  genoillon  Sa  meire 
est  por  efc.  —   L,   i'].    Corrigez:  ferai  de  gre  i  et,  par  conscquent. 


136        Besprechungen.     A.    Wallensköld,  Järnströw,  Rec.  de  chans.  pieuses  I. 

V.     29:     7'0    costeit.     —     L,     33.      Corrigez:     doit    on     tien     (:  hieri). 

—  LI,  5 — ö.  Point  et  virgule  ä  la  fin  du  v.  5,  et  point  a  la  fin 
du  V.  6.  —  LI,  60.  Le  ms.  a  a  un  point  de  suppression  au- 
dessous  de  17  initial  de  lamortele.  Je  lis  donc:  Por  rou  a  hien 
fait  amort  ele,  «A  cause  de  cela,  eile  {la  mort)  incite  (amo)dre)  a 
faire  du  bien».  —  LH,  24.  Ajoutez  une  virgule  a  la  fin  du  vers; 
je    considcre    respasse    comme  un  indicatif.  —  LV,   7.     Lisez:   tut. 

—  LV,  Str.  IL  Les  rimes  a  sont  plutot  en  -ire  (les  trois  mss. 
donnent  mire  17).  —  LVI,  14.  Lisez  plutot:  Piec'a  (voy.  aussi 
LXIV,  15).  —  LVIII,  37.  Corrigez:  Qjie  pa?  vous  avoit  amee, 
«par  le  fait  tjue  nous  vous  aurons  aimee».  —  LIX,  5.  Virgule 
au  Heu  de  point.  —  LIX,  58.  Ce  vers  n'a  pas  de  cesure,  tout 
comme  le  v.  28  {voy.  Rem.).  —  LXII,  36.  Lisez:  en  sus.  — 
LXIII,  10.  Lisez:  plantee.  —  LXIII,  44.  Corrigez:  Cel  {va.%).  — 
LXV,    15.      Corrigez:  grant  saintee. 

Lorsqu'il  s'agit  d'un  Glossaire  ne  contenant  que  les  mots 
le  raoins  usites,  un  critique  est  presque  toujours  tente  de  trouver 
que  l'auteur  donne  en  meme  temps  trop  et  trop  peu.  Je  me 
contenterai  d'indiquer  quelques  mots  qui,  ce  me  semble,  auraient 
du  se  trouver  dans  le  Glossaite:  atameir  XLIII,  8,  «entamer»  ; 
avoir  (soi)  XXV,  21,  «se  conduire» ;  enjeler  LI,  26,  «geler»; 
ßourcele  LI,  24,  «petite  fleur»;  ierre,  s.  f.  XXVII,  3;  perdre 
XLVIII,  30,  «perir»;  signoiiment  XLVII,  18,  «seigneurialement» 
(de  signoril).  Le  Glossaire  donne,  d'ailleurs,  lieu  aux  remarques 
qui  suivent:  acointier,  XXV,  g,  s.  m.,  «abord».  —  ainorcele,  voy. 
ci-dessus,  p.  136.  —  asseurer  (soi),  «avoir  confiance».  — ^  cotele, 
pris  au  fig.  =  «corps».  —  crimineiis,  voy.  ci-dessus,  p.  135.  — 
delgie  est  retabli  par  conjecture.  —  desconßre:  pt.  p.  desconfis  XLI, 
14.  —  desvoier  XVIII,  20  est  employe  comme  verbe  pronominal  {se  se 
rapporte  aux  deux  verbes:  embatre  et  desvoier).  —  enconchier,  voy. 
ci-dessus,  p.  134.  —  entendre  XXI,  4,  voy.  ci-dessus,  p.  134.  — 
erainne  XXIII,  36,  voy.  ci-dessus,  p.  134.  - — garnii  {soi),  «se  pre- 
parer».  —  gesir  (soi),  «etre  couche».  —  guenchir,  v.  n.,  «se  de- 
toumei».  —  inginiere  est  retabli  par  conjecture  (ms.  i?igietres).  — 
/oial    est    une    erreur;    il  s'agit  du  suhsX.  joiel,    «bijou»    {ci.  jouel). 

—  Kieus,  «choix»,  est  une  forme  bien  singuliere.  Ne  s'agirait-il 
pas  plutot  du  plur.  de  cueil  (ses  kieus),  subst.  postverbal  de  cueillir 
{un  exemple  dans  Litlre)?  —  mairer.  II  s'agit  de  mairier  <; 
macerare  (voy.  Tobler,  Gott.  Gel.  Anz.  1867,  p.  918).  — 
marcir  XIV,  2,  voy.  ci-dessus,  p,  134.  —  maure  se  lit  LXIII, 
39.  —  mesestance,  «chagrin»,  se  lit  XXVI  22;  XXVIII,  26.  — 
mespresure  se  lit  aussi  XXIV,   31.  —  miere,   voy.  ci-dessus,  p.  136, 

—  viont,  voy.  ci-dessus,  p.  135.  —  moustrer.  Corrigez  XXVII,  22 
en    XXVII,     10.  Pour  XIV,  6,  voy.  ci-dessus,  p.    134.   —  poesiif. 


Hugo  Suolahti,    Wilhelm    Uhl,    Winiliod.  137 

Ajoutez  poestis  XLIX,  8  (en  rime).  —  remenbrance.  Ajoutez  re- 
mambrance  XXXVIII,  i.  —  resartir,  voy.  ci-dessus  p.  135.  — 
resorl.  Ajoutez  LIV,  29.  —  respasser,  voy.  ci-dessus,  p.  136.  — 
retraire.  Employe  comme  verbe  pronominal  (subj.  retraie)  au  sens 
de  «retoumer»  XXX,  i.  —  rouse.  II  s'agit  du  subst.  tousee, 
«rosee»  (voy.  les  termes  opposes:  clere  —  tenebrout,  joiouse  — 
tristour,  ßamtne  —  rousee).  —  sainte,  voy.  ci-dessus,  p.  136.  • —  terniere, 
voy.  ci-dessus,  p.  134.  —  tourner.  Com'gez:  «se  former».  —  traire. 
LX,  27  «tirer  une  fleche,  frapper».  —  venin,  «trahison,  complot  >. 
Dans  la  Liste  des  Noms,  il  manque  Lambert  Ferri  XXXIX, 
52.  —  Pour  Jeu  et  Jeus  voy.  ci  dessus,  p.  135  (bis).  —  Salemon. 
Le  nom  est  au  pluriel  X,  }^2  et  XVIII,  32. 

A.    WalUnsköld. 


Wilhelm  Uhl,  Winiliod  {=  Teutonia,  Arbeiten  zur  germa- 
nischen Philologie  5.  Heft).     Leipzig    1908.     VII -(- 427   S. 

Die  Untersuchung  Professor  Uhls,  des  Herausgebers  der  Teu- 
tonia-Sammlung,  knüpft  an  die  bekannte  Stelle  des  Karolingischen 
Kapitulars  an,  wo  der  deutsche  Ausdruck  imniliod  vorkommt: 
»Et  nulla  abbatissa  foras  monasterio  exire  non  prsesumat  sine  no- 
stra  jussione  nee  sibi  subditas  facere  permittat;  et  earum  claustra 
sint  bene  firmata,  et  nullatenus  ibi  uuinileodes  scribere  vel  mittere 
praisumant:  et  de  pallore  earum  propter  sanguinis  minuationem» 
(■Nlon.  Germ.  Leg.  Sect.  II:  Capit.  regum  Franc.  I,  63).  Die  schwie- 
rige Textstelle  ist  von  den  Interpretatoren  verschieden  gedeutet  wor- 
den. Jakob  Grimm,  Lachmann  und  INIüllenhoff  erklärten  mit  Rück- 
sicht auf  die  ahd.  Glossen  '  ivinileod  =  plebeios  psalmos  seculares  can- 
tilenas'  etc.  und  das  Subst.  -wini  'Geselle'  den  deutschen  Ausdruck 
des  Kapitulars  als  »weltliches  Gesellschaftslied»,  so  dass  der  betref- 
fende Teil  des  Textes  als  ein  Verbot  für  die  Nonnen  weltliche 
Lieder  aufzuschreiben  oder  unter  die  Leute  zu  verbreiten  verstan- 
den wurde.  Weniger  Beifall  fand  wohl  in  der  letztea  Zeit  die 
besonders  von  Kögel  vertretene  Auffassung,  wonach  iviniliod  die 
Bedeutung  von  'Liebeslied'  gehabt  habe. 

Uhl,  der  seine  Untersuchung  in  vier  Abschnitte  eingeteilt  hat, 
kritisiert  in  dem  ersten  von  diesen,  »dem  negativen  Teile»  (S.  2 — 60), 
die  obengenannten  und  auch  andere  Deutungen  seiner  Vorgänger 
und  weist  sie  alle  als  mehr  oder  weniger  hinfällig  ab.  Übrigens  fin- 
det sich  in  diesem  »negativen»  Abschnitt  auch  hie  und  da  Posi- 
tives. So  z.  B.  in  der  Analyse  der  mhd.  Belege  des  Wortes  tcine, 
die  nach  dem  Verfasser  den  Beigeschmack  »des  Untergeordne- 
ten»,  »des  Knechtsmässigen»    haben   sollen.     Schon  hier  wird  der 


138  Besprechungen.      Hu^o  Suolahti, 

Leser  über  die  Art  der  Beweisführung  stutzig.  In  einer  aus  Velde- 
kes  Eneide  zitierten  Stelle,  wo  Proserpina  »die  aide  7vintey>  Plutos 
genannt  wird,  soll  die  Bedeutung  »abhängige  Dienerin»  wenigstens 
nicht  auszuschliessen  sein,  weil  Proserpina  »sehr  wohl  als  die  Skla- 
vin Plutos  angesehen  werden»  konnte.  Dasselbe  sei  der  Fall  in 
einer  anderen  aus  der  Eneide  herangezogenen  Stelle,  wo  Lavinia 
»die  skone  ivinje*  des  Aeneas  heisst;  denn  Lavinia  sei  von  ihrem 
Besieger  und  Geliebten  Aeneas  abhängig  gewesen.  Noch  weniger 
als  in  diesen  Fällen  vermag  man  dem  Verfasser  in  der  Auffassung 
Rüedigers,  des  -»ivine  der  Gotelinde»,  als  eine  Art  »Prinzgemahl» 
oder  als   »ein  armer  Parvenü»   beizustimmen. 

Aber  für  Uhl  ist  es  eigentlich  nicht  um  das  Subst.  imne  za 
tun,  denn  dieses  steckt  seiner  Meinung  nach  gar  nicht  in  dem  zusam- 
mengesetzten iciniliod.  Die  erschlossene  Bedeutung  des  »Unter- 
geordneten», des  »Knechtsmässigen»  ist  für  ihn  nur  deshalb  wich- 
tig, weil  er  dadurch  eine  Brücke  zum  Verbum  ivijijaii  "^arbeiten, 
erarbeiten'  findet.  Dieses  schwache  Verbum  ist  es  nämlich  — 
wie  Uhl  in  »dem  positiven  Teil»  seines  Buches  (S.  60—150)  nä- 
her ausführt  — ,  das  »dem  Kompositum  joiiiiliod  die  erste  Hälfte 
geschenkt»  haben  soll.  Somit  wäre  der  vielumstrittene  deutsche 
Ausdruck  des  Karolingischen  Kapitulars  als  »gemeinsames  Arbeits- 
lied» oder  noch  besser  als  »gemeinsames  Erwerbslied»  zu  erklären. 
Aber  auch  für  den  lateinischen  Text  des  Kapitulars  hat  Uhl  eine 
ganz  neue  Erklärung;  die  Deutungen  früherer  Interpretatoren  wer- 
den als  »stümperhaft-kümmerliche  Hypothesen»  bezeichnet,  welche 
»sprachlich  wie  sachlicli  hinfällig  sind».  Das  Verbum  scribere  er- 
stens bedeute  nicht  einfach  »schreiben»,  sondern  damit  sei  das  Anle- 
gen schriftlicher  Liedersammlungen  gemeint.  Ferner  sei  aber  auch 
mittere  nicht  einfach  mit  »schicken»  zu  übersetzen;  es  habe  viel- 
mehr an  der  betreffenden  Stelle  die  Bedeutung  »aufführen».  Diese 
Bedeutung  kann  nun  Uhl  freilich  nicht  aus  dem  klassischen  Latein 
nachweisen,  aber  mit  der  ihm  eigenen  Leichtigkeit  sich  über  Hin- 
demisse hinwegzusetzen,  verweist  er  auf  das  Kompositum  commit- 
tere  und  auf  eine  spätlateinische  Belegstelle,  wo  auch  das  Simplex 
den  Sinn  von  »ins  Werk  setzen»  haben  könnte.  Nach  diesen 
Ausführungen  würde  unser  Kapitulartext  also  folgendermassen  zu 
verstehen  sein:  »und  auf  keine  Weise  sollen  sie  [die  Nonnen] 
dort  Erwerbslieder  aufzuzeichnen  oder  etwa  gar  aufzuführen  sich 
unterstehen». 

Nachdem  der  Verfasser,  auf  den  das  schöne  Werk  Büchers 
über  Arbeit  und  Rhytmus  in  verhängnisvoller  Weise  eingewirkt  hat, 
seine  merkwürdige  Deutung  des  Kapitulartextes  gegeben,  schildert 
er  zunächst  die  urzeitlichen  »Erwerbslieder»  oder  AVinnelieder», 
wie  er  sich  dieselben    vorstellt.     Sie    hatten    vermutlich  einen  laut- 


IVilhelni    Uhl,    Wmiliod.  139 

: aalenden  Refrain  am  Strophenschlusse,  welcher  »das  Behacken 
der  Wurzelgewächse  nachahmte-.  »Das  Behacken  geschah  höchst- 
wahrscheinlich mittels  eines  kleinen  eggenartigen  Handinstrumen- 
tes, welches  die  Schlingpflanzen  vom  Erdboden  hinwegräumte  und 
dann  mit  einer  durchreissenden  Bewegung  in  das  Erdreich  hinein- 
-lestossen  wurde;  ein  Pflügen  en  m'iniature!  Diese  Tätigkeit  ist 
von  einem  Geräusche  begleitet,  welches  durch  die  Wurzel  ivinn 
reproduziert  worden  zu  sein  scheint.  Man  versuche  gelegentlich 
tiieses  Geräusch  zu  erneuem :  bei  der  Gartenarbeit  im  Sommer 
kann  man  Studien  dazu  machen.  Der  Grund  und  Boden,  auf 
dem  das  Experiment  voi  sich  geht,  muss  dabei  trocken  sein;  bei 
nassem  Boden  würde  die  ^^'urzel  icisch  entstehen.  Man  hüte  sich, 
liier  im   Detail  sich   zu  verlieren». 

Von  diesen  urzeitlichen  Verhältnissen  werden  wir  im  dritten 
Abschnitt  des  Buches  (>Das  Winnelied»  S.  151  —  287)  in  die 
neueste  Zeit  versetzt.  Nach  einem  Excurs  über  die  Kapitularstelle 
et  de  pallore  earum  propter  sanguinis  minuationem»  und  den  Ader- 
lass  in  den  Klöstern  führt  uns  der  Verfasser  die  modernen  »Winne- 
lieder»  (Säemanns-,  ^Müller-,  Flachsbrecher-,  Melker-,  Büttnerlieder 
u.  s.  w.)  mit  Zitaten  aus  denselben  vor.  Der  Rahmen  ist  sehr 
^\eit  gespannt:  sogar  das  von  Kaiser  Wilhelm  komponierte  Lied 
von  Ägir  findet  hier  unter  der  Rubrik  >das  amateurmässige  Winne- 
lied» seinen  Platz.  —  Die  »Winnelieder»  sondert  Uhl  in  zwei 
Haupttypen,  je  nachdem,  ob  sie  vorzugsw'eise  von  Männern  oder 
von  Frauen  gesungen  werden.  Die  weiblichen  Winnelieder,  welche 
bei  gewissen  Beschäftigungen  der  Frauen  gesurgen  wurden,  hielt 
man  offenbar  für  teuflisch.  Dies  folgert  Uhl  daraus,  dass  die  Frauen 
für  dämonisch  gelten,  was  wieder  aus  dem  seltsamen  Wesen  der 
Frau  sich  erklärt,  denn  sie  »wirtschaftet  im  ganzen  oft  rabiat,  und 
sie  betreibt  auch  ihr  jeweiliges  Metier  nicht  selten  furios».  Da 
gerade  die  weiblichen  Winnelieder  mit  dem  Aberglauben  in  Ver- 
bindung standen,  so  wurden  sie  von  der  Kirche  besonders  ver- 
folgt. Von  hier  aus  kommt  nun  der  Verfasser  noch  einmal  zu 
der  Kapitularstelle  zurück.  Dass  es  dort  gerade  den  Nonnen  ver- 
boten wird  Erwerbslieder  zu  singen,  könne  Zufall  sein:  >doch  er- 
klärt sich  dieser  Umstand  nach  unseren  Ausführungen  jetzt  ganz 
ohne  Zwang,  i;nd  vielleicht  noch  mit  grösserer  Wahrscheinlichkeit, 
folgendermassen :  Die  männlichen  Erwerbslieder  (also  die  winiliod 
in  Mönchsklöstern)  brauchten  aus  dem  Grurde  nicht  untersagt  zu 
werden,  weil  die  maskuline  (akquisitorische)  Arbeit  nicht  so  stark 
mit  dem  Aberglauben  verknüpft  ist  wie  die  feminine  (produktive) 
Arbeit,  oder  besser  gesagt,  weil  jene  Tätigkeit  fast  gar  nichts  mit 
weiblichen  Vorstellungen  zu  tun  hat». 

Die  unnatürlich  breite  Darstellungsweise  und  der  Mangel  an 


140  Besprechungen.      Hugo  Suolahti,    ]Vilhelm    Chi,    W'inüiod. 

Konzentration,  welche  für  das  Buch  kennzeichnend  sind,  kommen 
sehr  deutlich  zum  Vorschein  im  vierten  Abschnitt  (»Die  Lieder- 
bücher» S.  287 — 424),  der  nach  einer  Erörterung  des  Wortes  Lied 
und  damit  mehr  oder  weniger  nahe  zusammenhängender  Dinge 
eine  Darstellung  von  den  verschiedensten  modernen  Liedersamm- 
lungen (u.  a.  von  den  Liedern  der  Touristen,  Radfahrer,  Skiläufer) 
giebt.  Nicht  selten  erinnert  der  Stil  des  Verfassers  an  den  der 
Buchhändlerkataloge.  Ich  hebe  nur  einige  Stellen  hervor.  S.  311: 
»Die  protestantische  Sammlung  von  Ahlfeld-Kretzschmar-Stöbe  wurde 
bereits  oben  S.  224  empfohlen;  sie  zeigt  4  stimmigen  Satz  (resp. 
Klaviersatz  mit  Violin-  und  Basschlüssel)  —  —  —  — .  Diese 
brauchbare  Sammlung  kann  auch  als  Notenbuch  benutzt  und  auf 
den  Notenständer  des  Klaviers  gestellt  werden».  S.  344:  »Beide 
Sammlungen  sind  vorn  mit  je  einem  Bilde  geziert:  i)  Brustbild 
Kaiser  A\'ilhelms  II,  in  der  Parade- Uniform  der  Gardes  du  Corps; 
2)  Kaiser  Friedrich  zu  Pferde  auf  dem  Schlachtfelde;  Unterschrift: 
Die  Wacht  am  Rhein».  Charakteristisch  für  den  gemütlich-plau- 
dernden  Ton  des  Verfassers  sind  ferner  Bemerkungen  wie  z.  B. 
S.  376:  »Zur  Erlangung  eines  wirklich  guten  Abstinentenliedes 
würde  sich  vielleicht  ein  Preisausschreiben  empfehlen  (oder  ist  viel- 
leicht etwa  bereits  ein  solches  ergangen,  und  welches  war  in  die- 
sem Falle  das  Resultat?)».  Was  das  Preisausschreiben  zur  Erlan- 
gung eines  Abstinentenliedes  mit  dem  winüiod-VioW^va.  zu  tun 
hat,  will  auch  dem  nicht  recht  einleuchten,  der  die  Gabe  des  Ver- 
fassers Altes  und  Neues  mit  einander  zu  kombinieren  bereits  hat 
kennen  lernen.  Als  Probe  dieser  Gabe  mag  noch  die  S.  397 
zitierte  Bemerkung  in  dem  Kaiserlichen  Volksliederbuche  »Auffüh- 
rungsrechte vorbehalten!»  genannt  werden,  welche  Uhl  zu  einer 
Kombination  mit  dem  Verbum  miltere  des  Karolirgischen  Kapitu- 
lars  geführt  hat:  »Dies  ist  wiederum  eine  Stütze  für  die  oben 
S.  95  f.  vorgetragene  Hypothese  über  die  Bedeutung  des  Verbums 
viittere.  Heute  noch  wird  der  Vortrag  eines  mehrstimmigen  Lie- 
des ganz  allgemein  als  eine  Aufführung  angesehen;  wenigstens  in 
den  beteiligten  Kreisen  und  die  sind  hier  allein  massgebend». 

Leider  ist  es  —  wie  aus  dem  Obengesagten  schon  hervor- 
gehen dürfte  —  nicht  allein  die  äussere  Darstellungsweise  des  Ver- 
fassers, gegen  welche  der  Leser  mit  Recht  sich  sträubt.  Beson- 
ders unglücklich  ausgefallen  sind  die  etymologischen  Erörterungen, 
mögen  sie  nun  »den  kulturhistorischen  Hintergrund  haben,  der  von 
den  strengen  Grammatikern  allerdings  nicht  anerkannt  wird»,  wie 
etwa  die  Verbindung  von  ahd.  harpha  als  »Rupfinstrument(!)»  mit 
ahd.  herpisl  'Herbst'  (S.  143^,  oder  aber  einen  rein  grammatischen 
Hintergrund  haben,  wie  die  Behauptung,  dass  in  dem  j  des  altnord. 
Ljdpahättr    das    altertümliche  Wesen    der  Schreibung  (der  Urform 


A.    IVallensköld,   Hans  Stri^l,   Sprachivissenschaft  für  alle.        '       141 

Ivjtiv)  bewahrt  sein  soll  (S  288  f.).  Da  weiss  man  wirklich  nicht, 
ob  man  die  Angabe  Uhls,  dass  ivineleas  guma  altnordisch  sei,  als 
blossen  Druckfehler  aufzufassen  hat.  —  Aber  auch  auf  Gebieten, 
die  dem  Verfasser  offenbar  bekannter  sind  als  die  vergleichende 
indogermanische  und  die  germanische  Grammatik,  muss  man  gegen 
seine  Ausführungen  Einwand  erheben.  Auf  eine  detaillierle  Aus- 
einandersetzung mit  Uhls  Theorie  über  das  Winiliod  muss  ich  hier 
verzichten;  abgesehen  von  richtigen  Einzelbemerkungen  ist  sie  im 
Ganzen  als  verfehlt  zu  bezeichnen.  Es  ist  schade,  dass  man  der 
Arbeit  des  Verfassers,  die  ja  doch  nach  seiner  eigenen  Aussage  ein 
halbes  Menschenalter  gefordert  hat,  das  von  ihm  erhoffte  Epitheton 
eines    »Torso  aus  Marmor»   mit    bestem  Willen  nicht  geben  kann. 

HuQO  Suolahti. 


Hans  Strigl,  Sprachwissenschaft  für  alle.  Kleine  gemein- 
verständliche sprachgeschichtliche  und  sprachvergleichende  Aufsätze. 
II.  Jahrgang.  Wien,  L.  Weiss,  1909 — 10.  315  S.  8:0.  Preis 
K  5:  40    =    Mk.  4:  50. 

Der  zweite  Jahrgang  der  kleinen  populär- wissenschaftlichen 
Zeitschrift  ist  ebenso  unterhaltend  imd  anregend  wie  der  erste,  von 
welchem  in  diesem  Blatte  (1909,  S.  197  f.)  die  Rede  gewiesen 
ist.  Nur  scheint  es  mir,  als  ob  die  Zitate  aus  dem  guten  Abra- 
ham a  Sancta  Clara  doch  allzu  viel  Platz  einnehmen.  INIit  aller  Ach- 
tung vor  dem  originellen  österreichischen  Prediger,  kann  ich  nicht 
finden,  dass  all  sein  »Weisheit  und  Witz»  unter  die  etymologischen 
Plaudereien  passt  oder  dass  eine  so  ausführliche  Behandlung  des 
Präfixes  un-  bei  Abraham  a  Sancta  Clara,  wie  sie  der  Verf.  beliebt, 
das  Interesse  der  Laien  aufrecht  zu  erhalten  im  Stande  sein 
kann.  Es  muss  aber  zugestanden  werden,  dass  Prof.  Strigl  über- 
haupt seine  Darstellung  sehr  geschickt  zu  variieren  versteht.  Ich 
nenne  als  ein  gutes  Beispiel  den  Artikel  »King  Goal»  (S.  273  ff)., 
wo  der  Verf.,  von  einem  Gespräche  Eckermanns  mit  Goethe  aus- 
gehend, eine  Reihe  mineralogischer  Ausdrücke  sprachgeschichtlich 
erläutert. 

Ich  lasse  hier  einige  Einzelbemerkungen  folgen,  die  das  Durch- 
lesen der  zwanzig  Heftchen  mir  suggeriert   hat: 

S.  22.  Der  Übergang  le  lossignol  in  le  iossig7ioi  wird  als 
durch  »die  Schwierigkeit  der  Aussprache»  gefördert  erklärt.  Bes- 
ser als  solche  subjektive  Erklärungen  zu  geben,  wäre  einfach  von 
»Dissimilation»  zu  reden.  —  S.  24  f.  Die  Enlwickelung  des  lat. 
Diphthongen  au  ist  nicht  richtig  dargestellt.    Das  zu  Ende  der  römi- 


142     Besprechungen.     A.    IVallensköli^,   Slrigl,   Sprachwissenschaft  fia-  alle. 

sehen  Kaiserzeit  erscheinende  0  statt  au  hat  mit  dem  altfrz.  o 
in  aloe  nichts  zu  tun.  Dieses  letztere  0  ist  nicht  gemeinromanisch 
(s.  prov.  alauzd).  Auch  ist  ou  in  alouette  niemals  Diphthong  ge- 
wesen. Das  lat.  0  <;  au,  wenn  es  im  Rom.  geblieben  ist,  ist 
dem  geschlossenen  vlat.  0  gleichzustellen  (coda  >  frz.  gueue).  — 
S.  3O,  Z.  12  V.  u.  Lies:  goose.  —  S.  43,  Z.  lO  v.  u:  Die  Aus- 
sprache von  measles  (nicht  measles]  hätte  mit  mizlz  {z  =  tön.  dent. 
Spirans)  wiedergegeben  werden  sollen.  —  S.  60.  Das  «  in  wem 
ist  wahrscheinlich  unter  analogischem  Kinfluss  des  Nom.  werz,  ivers 
verschwunden;  also  nicht  eine  lautregelmässige  Entwicke- 
lung!  —  S.  62,  Z.  16.  Lies:  moisson.  —  S.  86,  Füssn.  2.  Mor- 
dieu  ist  nicht  eine  »Verstümmelung  von  viort  de  Dieuy>,  sondern 
gleich  mort  Dieu,  wo  Dieu  nach  afrz.  Gewohnheit  Genitivbedeu- 
tung hat.  — -  S.  105,  Fussn.  i.  Frz.  e'iavi  setzt  vlat.  *stagnum 
voraus.  —  S.  114,  Z.  5.  Engl,  gatden  stammt  aus  einem  afrz. 
Dialekte,  wo  g  vor  a  nicht  in  j  übergegangen  war  (norm,  gardin). 

—  S.  150,  Z.  10  V.  u.  Da  seh  auch  einen  »dentalen»  Laut  be- 
zeichnet, hätte  Verf.  von  dem  »ocklusiven»  Elemente  von  tsch  re- 
den sollen.  —  S.  151,  Z.  8  f:  Lat.  intervok.  p  ist  durch  v  im 
Auslaut  /  geworden  (*capum  >  * c'ävo  >  c/ief).  —  S.  152,  Z.  7. 
Eine  Reduktion  von  cc  zu  c  in  accapars  ist  keineswegs  anzuneh- 
men, da  c  in  solcher  Stellung  yod  gegeben  halte  (vgl.  pacare  > 
frz.  payer).  —  S.  153,  Z.  10.  Lies:  se  iraient.  —  S.  166,  Z.  7  ff. 
Verf.  sagt:  »Doch  folgen  nebentonige  Vokale  auch  sonst  bisweilen 
den  Lautgesetzen  nicht  mit  jener  Präzision,  wie  die  den  Hauptton 
tragenden».  Das  klingt  etwas  altmodisch!  Wir  müssen  daran 
festhalten,  dass  die  Lautgesetze  konstant  sind.  Nur  können  wir  bis 
jetzt  nicht  immer  die  scheinbaren  Ausnahmen  erklären.  —  S.  178, 
Fussn.  I.  Nicht  der  »häufige  Gebrauch»  in  sich,  sondern  der 
häufige  Gebrauch  einer  nachlässig  (z.  B.  in  vortoniger  Stellung) 
ausgesprochenen    Form,  bedingt  die    scheinb?re    Unregelmässigkeit. 

—  S.  179.  Frz.  joli  bedeutet  nicht  mehr  »munter»;  s.  dage- 
gen engl,  jolly.  —  S.  182,  Z.  11.  Druckfehler:  ütsum  statt 
üstum.  —  S,  184,  FussD.  2.  Es  ist  sehr  fraglich,  ob  das  -(?  der  ersten 
Person  Sing.  Präs.  Ind.  der  -(?;--Verba  sein  Dasein  den  beiden  an- 
deren Personen  des  Singulars  verdankt.  Ich  glaube  vieiraehr  an 
den  Einfluss  des  semble-Ty^^xx?,.  —  S.  185,  Z.  13  u.  14.  Lies: 
tu  telieves  und  tu  lieves.  —  S.  205,  Z.  5.  Lies:  englisches  twelve.  — 
S.  217,  Fussn.  I.  Lies:  b(xuf,  und  so  oft  ce  statt  oe.  —  S.  219, 
Fussn.     Die  Endung   -ant  stammt  aus  der  ersten  lat.  Konjugation. 

—  S.  226,  Z.  5:  Vlat.  illum  hat  nicht  //gegeben,  dem  viel- 
mehr eine  mask.  Form  *illi  entspricht.  —  S.  228,  Z.  6  v.  u. 
Frz.  or  kommt  von  ha(c)  hora  >  *aora  >  *aura,  also  nicht 
vom    einfachen    höra,    das    frz.    heure    gegeben    hat.    —  S.   229. 


E.   Hag/ois,  Söderhjelm  et   Tötterman,   Premier  livre  de  ledurcs  fran(.    143 

Z.  13.  Ob  que  in  lorsque  dem  lat.  ijUGd  entspricht,  ist  sehr  frag- 
lich. \\'ahrscheinHch  steckt  darin  qui  aus  antevok.  quia.  — 
S  22g,  Z.  15  ff.  Die  Etymologie  e7icore  <  (ad)  hanc  horam 
kann  nicht  richtig  sein,  da  ore  sicher  <;  ha-hora.  Vielleicht  darf 
man  unquam-ha-hora  als  Etymon  ansetzen,  da  ja  die  Schrei- 
bung oncore  altfrz.  sehr  gewöhnhch  ist.  —  S.  229,  Z.  18  ff.  In 
desormais  steckt  wieder  ha-hora  (de-ex-ha-hora-magis). — 
S.  230,  Z.  6  V.  u.  Das  Verbum  penser  ist  natürlich  Lehnwort.  — 
S.  260,  Z.  9  V.  u.  Obgleich  parvis  älter  ist  als  paradis,  kann  es 
doch  nicht  als  »echt  volkstümlich  >  betrachtet  werden.  Aus  pa- 
rets  wäre  regelmässig  "^paris  geworden.  —  S.  261,  Z.  17  f.  Das 
g  iu  navigare  wird  vor  a  regelmässig  \ßf\,  später  [|];  das 
freie  a  nach  Palatal  wird  ie.  —  S.  263,  Z.  4  ff.  Da  augurium 
in  der  bet.  Silbe  kurzes  u  hatte,  würde  man  zwei-  (nicht  drei-) 
silbiges  * a-oir  erwarten.  Indessen  scheint  «-(-«aus  irgendwel- 
cher Ursache  ein  geschlossenes  11  gegeben  zu  haben.  Später  un- 
ten wird  gesagt,  dass  eür  durch  Hiatusschwund  eur  (sprich:  ör) 
wird.  Natürlich  ist  die  Durchgangsstufe  [e)ur  (sprich:  ür)  anzu- 
nehmen. —  S.  283,  Z.  18.  Der  Name  des  schwedischen  Mine- 
ralogen war   »Cronstedt».  A.    Wallensköld. 

W.  Söderhjelm  et  N.  Tötterman,  Premier  livre  de  lectures 
frangaises.     Helsingfors,  Societe  Otava.   1909.    190  pages. 

Ce  que  les  auteurs  ont  donne  par  le  livre  cite  ci-dessus, 
c'est,  comme  ils  le  disent  eux-memes  dans  la  preface,  une  edition 
abregee  de  leur  livre  de  lecture  paru  pour  la  premiere  fois  en 
1891.  Des  180  morceaux  qu'il  contenait  alors,  ils  ont  supprime 
ä  peu  pres  la  moitie  (une  trentaine  de  poesies  et.  entre 
aulres,  un  assez  grand  nombre  de  textes  se  rapportant  ä  diverses 
parties  de  la  grammaire);  la  nouvelle  edition  n'en  a  que  95.  Ils 
ont  aussi  change  l'ordre  des  textes  publies,  mais  ils  n'y  ont  rien 
ajoute  de  nouveau  (ä  l'exception  dune  transcription  phonetique  des 
dix  Premiers  morceaux,  de  deux  cartes  et  de  quelques  iraages,  sur 
lesquelles  voir  plus  basj. 

Le  plan  du  Uvre  est  tres  simple.  II  est  facile  d'y  distinguer 
deux  groupes  de  textes:  Tun  consistant  en  morceaux  composes 
principalement  en  vue  de  fournir  des  materiaux  ou  des  exemples 
a  l'enseignement  de  la  grammaire,  lautre  forme  de  morceaux  n'ayant 
pas  de  but  grammatical  direct  ou  special.  Les  auteurs  ont  com- 
pose  leur  livre  en  faisant  altemer  les  textes  de  ces  deux  catego- 
ries  les  uns  avec  les  aiitres. 

D'abord  quelques  mots  sur  les  textes  de  la  demiere  categorie. 
Parmi    ceux-ci    les    eleves,    apres    avoir    appris,   dans  les  premiers 


144  Besprechungen.     E.  Hagfors, 

morceaux  du  livre,  un  certain  nombre  de  vocables  et  d'expres- 
sions  se  rapportant  a  la  vie  journaliere,  trouvent  d'abord  des 
anecdotes,  des  fables,  des  contes  populaires,  de  petits  pocmes.  A 
mesure  cjue  l'on  avance  dans  le  livre,  la  valeur  littc'raire  des  lectures 
augmente.  On  y  trouve  des  leltres  de  Victor  Hugo  et  de  M'"<=  de 
Sevignc,  des  pocmes  de  Beranger,  de  Chateaubriand,  d'AIfred  de 
Musset  et  de  Victor  Hugo,  des  pages  choisies  de  Daudet,  de 
Maupassant  et  de  Sarcey.  Je  constate  aussi  que  les  auteurs  n'ont 
pas  neglige  le  principe  de  donner  aux  eleves  des  renseignements  sur 
le  pays  et  le  peuple  dont  ils  apprennent  la  langue.  Ce  n'est  pas  la, 
il  est  vrai,  le  seul  et  unique  principe  qui  ait  dicte  le  choix  des 
textes  —  et  qu'il  en  soit  ainsi,  c'est,  je  crois,  un  avantage  — , 
mais  les  auteurs  lui  ont  pourtant  accorde  un  rule  assez  conside- 
rable,  en  inserant  dans  leur  livre  une  serie  de  descriptions  des 
curiosites  de  Paris  ^,  accompagnees  d'images  et  d'un  plan  de  Paris, 
ainsi  qu'un  certain  nombre  de  morceaux  ayant  pour  objet  des 
episodes  de  l'histoire  de  la  France.  Les  vues  de  Paris,  belles  et  bien 
prises,  sont  a  saluer  comme  une  innovation  heureuse  et  contribue- 
ront  Sans  doute  beaucoup  ä  captiver  l'interet  des  eleves  pour  les 
morceaux  cju'elles  accompagnent.  La  geographie  est  representee 
par  un  coup  d'oeil  sur  la  France  et  par  une  carte  de  la  France. 
On  s'apercoit  facilement  que  les  auteurs  ont  pris  soin  de  donner 
aux  lectures  le  plus  d'interet  et  de  variete  possible,  et  je  crois 
qu'üs  y  ont  bien  reussi.  Notons  encore  une  qualite  qui  n'est 
pas  sans  importance  pour  le  succes  du  livre.  C'est  que  les  textes 
sont  en  gcneral  faciles  et  que  les  difficultes  vont  en  s'augmentant 
graduell ement.  En  somme,  je  n'hesite  pas  ä  dire  qu'  ä  mon  avis 
les  textes  de  ce  groupe  sont  propres  ä  satisfaire  entierement  aux 
besoins  de  l'enseignement,  et  que  les  parties  litteraires  du  livre 
sont  pleines  de  merite. 

Passons  ä  l'autre  groupe  de  textes  que  nous  avons  siguale 
plus  haut,  aux  textes  qui,  tout  en  servant  de  morceaux  de  lec- 
ture,  ont  en  meme  temps  pour  but  plus  ou  moins  apparent  de 
faire  ressortir  certains  faits  grammaticaux.  ^     Sous  la  forme    d'une 

*  Ces  morceaux  servent  aussi  de  collections  d'exemples  des  formes  de 
certains  verbes  irreguliers,  et  se  rattachent  ainsi  au  premier  groupe  de  tex- 
tes que  nous   venons  de    mentionner. 

^  Comme  nous  l'avons  dejä  dit,  les  auteurs  ont  supprime  un  grand 
nombre  des  morceaux  de  ce  genre  qui  se  trouvaient  dans  la  premiere  edi- 
tion.  II  n'est  pas  facile  de  se  rendre  compte  des  principes  qu'ils  ont  suivis 
en  faisant  le  choix  des  morceaux  publies  dans  la  nouvelle  edition.  On  se 
demande  p.  ex.  pourquoi  de  tous  les  morceaux  se  rapportant  aux  formes  des 
verbes  avoir  et  ctre  un  seul  —  servant  ä  faire  apprendre  le  conditionnel 
present  —  est  garde,  les  autres  supprimes,  ou  bien  pourquoi  on  a  supprime 
les  morceaux  qui  donnaient  des  exemples  des  formes  du  subjonctif  des  ver- 
bes reguliers,  mais  garde  ceux  qui  se  rapportent  aux  temps  de  l'indicatif. 


//'.   Söderhjdvi  et  N,    Töttcrman,   Premier  livre  de  lediires  fran^aises,      145 

lettre,  d'un  dialogue,  d'une  description,  d'un  redt  de  voyage,  ces 
morceaux  ne  sont  le  plus  souvent  que  des  collections  deguisees 
(i'exemples  grammaticaux.  Le  plus  souvent  ils  sont  empruntrs  au 
Premier  livre  de  francais  de  Bierbaum,  quelques-uns  aussi  aux 
dialogues  francais  de  Storm,  et  j'avoue  que  j'ai  ete  un  peu  surpris 
de  les  retrouver  dans  un  livre  de  date  recente.  Ce  n'est  pas  qu'ils 
ne  soient  bien  faits  et  habilement  composes.  Au  contraire,  je  crois 
qu'ils  sont  excellents  dans  leur  genre.  Je  ne  pretends  pas  non  plus 
qu'ils  ne  puissent  etre  utiles  aux  cleves  et  rendre  des  Services  au 
professeur  dans  l'enseignement  des  formes  grammaticales.  Celles-ci 
se  fixent,  sans  doute,  mieux  dans  la  memoire  des  eleves  a  l'aide 
du  grand  nombre  des  exemples  donncs  dans  le  texte.  Mais  cela 
n'empeche  pourtant  pas  que  le  genre  lui-meme  ne  soit  vieilli,  que 
les  textes  n'aient  necessairement  quelque  chose  de  factice  et  que 
leur  lecture  ne  devienne  par  la  meme  ennuyeuse  aux  eleves.  C'est 
pourquoi  j'aurais,  pour  ma  part,  prefere  ä  ces  textes  des  exercices 
grammaticaux  comme  il  y  en  a  dans  plusieurs  cours  elementaires 
de  langues  modernes,  parus  pendant  ces  dernieres  annees.  11  y 
en  avait  dans  le  premier  livre  de  lectures  francaises  que  nos  au- 
teurs  ont  public  en  1899,  et  je  regrette  qu'on  ne  trouve  rien  de 
semblable  dans  le  nouveau  livre.  Je  regrette  en  general  que  les 
parties  de  ce  livre  qui  se  rapportent  ä  la  grammaire,  ne  soient 
pas  plus  directement  adaptees  aux  methodes  modernes  d'enseig- 
nement,  qui  visent  ä  une  actjuisition  pratique  des  langues  etran- 
geres.  On  va  m'objecter  peut-etre  que  dans  nos  lycees  le  but  de 
l'enseignement  du  franc^ais  n'est  pas  et  ne  peut  pas  etre  de  nature 
essentiellement  pratique.  Cela,  je  ne  le  conteste  pas.  Mais  il  faut 
bien  y  enseigner  les  elements  de  la  grammaire,  et  je  suis  convaincu 
que,  si  l'on  veut  interesser  les  eleves  ä  cet  enseignement  et  leur 
faire  apprendre  d'une  maniere  naturelle  les  formes  grammaticales, 
c'est  la  methode  basce  sur  les  exercices  pratiques  qu'il  faut  em- 
ployer,  meme  en  ne  commen9ant  qu'en   sixieme. 

Le  livre  est  accompagne  d'un  vocabulaire  fran(;ais-finnois 
formant  un  volume  a  part.  II  contient  une  liste  speciale  de  mots 
pour  chacun  des  vingt  premiers  morceaux  et  un  vocabulaire  alpha- 
betique  pour  le  reste  des  textes.  Dans  la  preface  les  auteurs 
disent  que  le  livre  suppose  l'emploi  du  vocabulaire  alphabetique 
des  le  debut  a  cöte  des  listes  de  mots  dressees  par  morceaux. 
Je  ne  comprends  pas  tres  bien  ce  que  les  auteurs  ont  voulu  dire 
par  lä.  II  est  facile  de  voir  que  les  listes  speciales  suffisent  pleine- 
ment  ä  la  comprehension  des  morceaux  correspondants,  sans  qu'on 
ait  recours  au  vocabulaire  alphabetique.  EUes  ne  donnent  pas,  il 
est  vrai,  les  significations  premieres  des  mots  employes  au  figure,  et 
les  auteurs  ont  peut-etre  voulu  dire  que  les  eleves  pourront   treu- 


146       Besprechungen,   A.    Wallensköld,   Otto  ßteükreuz,   Coviment  äii-on  ? 

ver  ces  renseignemenls  dans  le  vocabulaire.  Mais  alors  il  aurait 
cte  bon  d'indiquer  les  cas  ou  il  faut  consulter  le  vocabulaire.  — 
A  propos  de  celui-ci  il  faut  dire  que  c'est  dommage  que  la  pro- 
nonciation  des  vocables  n'y  soit  pas  indiquce  en  transcnption  pho- 
netique.  Les  textes  transcrits  etant  peu  nombreux,  une  transcription 
des  vocables  aurait  sensiblement  facilite  le  travail  des  cleves,  en 
aidant  leur  memoire  et  en  donnant  de  nombreux  points  d'appui 
a  leur  prononciation  incertaine. 

Encore  une  petite  remarque  avant  de  finir.  Je  crois  que  le 
livie  aurait  gagne  un  avantage  pratique  considcrable,  si  les  auteurs 
l'avaient  fait  accompagner  d'un  precis  de  grammaire.  Au  defaut 
d'un  tel,  les  cleves  qui  se  serviront  de  ce  livre  seront  obliges  de  se 
pourvoir  de  la  grammaire  publice  par  nos  auteurs  en  1900.  Or, 
celle-ci  est  un  peu  trop  detaillee,  surtout  pour  les  eleves  de  la 
ligne  classique.  Et  puis  il  y  a  aussi  la  question  du  prix,  qui  n'est 
pas  tout  ä  fait  negligeable.  II  existe  des  ecoles  oü  eile  peut  avoir 
une  certaine  influence  sur  le  choix  du  livre  ä  employer. 

E.  Hagfojs. 


Otto  Brcitkrenz,  Comment  dit-on?  Lexikalischer  Ratgeber  für 
den  Schul-  und  Selbstunterricht.   Dresden  und  Leipzig,  C.  A.  Koch, 

IQIO.     146    S.     8:0. 

Das  Buch  zerfällt  in  zwei  Teile.  Im  ersten  führt  der  Verf. 
in  alphabetischer  Reihenfolge  deutsche  Lehnwörter  nebst 
ihren  französischen  Entsprechungen  an  (z.  B.  aBttOtttt  anormal, 
-e;  anomal,  -e.  —  5l6normität  anomalie  f.).  In  der  zweiten  giebt 
er  uns,  ebenso  alphabetisch  geordnet,  eine  Reihe  deutscher 
Wörter  mit  ihren  verschiedenen,  näher  beleuchteten  französischen 
Übersetzungen  (z.  B.  ^uSgattg*  "Scr  —  be§  ^QUle^  la  sortie 
de  la  maison.  ^er  —  einer  <Sacl)e  l'issue  d'une  affaire.  sortie  f. 
^^unöcfift:  ba§  ^^uögel)en,  bie  ^^lu§tot)rt;  nud):  ^lugfall  aii^.  einer 
^efiung.  issue  f.  perft:  Slu^gangSöffnung). 

Das  Werkchen  kann  getrost  als  sehr  gelungen  bezeichnet 
werden  und  wird  den  Französisch  lernenden  Deutschen  sicher  grosse 
Dienste  leisten.  Auch  bei  uns,  die  wir  ja  gewöhnlich  die  deutsche 
Sprache  verstehen,  kann  es  mit  ^^orteil  als  Nachschlagewerk  be- 
nutzt werden. 

Gegen  den  Plan  der  Arbeit  hätte  ich  nur  einzuwenden,  dass 
eine  Aussprachebezeichnung  der  französischen  Wörter  gänzlich  fehlt 
(nur  die  beiden  //  werden  bisweilen  unterschieden).  Wenigstens  hätte 
der  Verf.  s.  g.  Unregelmässigkeiten  der  Aussprache  angeben  kön- 
nen    (z.     B.     atcbe'ologue,     respect,     hlocus,    pathos,    phebus,   chorus. 


Protokolle  des  Neuphilologischen    Vereins.  147 

faisan,  obus,  yacht),  In  folgenden  Fällen  vermisse  ich  französische 
Wörter:  ^Uti^l  j'urisronsu/le;  Objcft :  gramm.  regime,  rotn/>lemenl: 

^oli^tft:  gaidien  de  la  pai.\\  9ie^enfion :  compie  tendu;  re,^enfieven : 

tefidre  compte  (de);  Igntufttlcf):  syntaxique;  S3e5eutUng:  le  sens 
d'uTi  7710t.  Bemerkte  Fehler:  S.  16,  Z.  12:  lies  duelliste;  S.  35, 
Z.  10—9  V.  u.:  teile  ab:  corres-pondant;  S.  99,  Z.  4  —  5:  teile  ab: 
ensei-gnes. 

A.    Wallensköld. 


Protokolle  des  Neuphllologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  16.  April  1910,  bei  welcher  Sitzung  der 
Ehrenpräsident  Prof.  Söderhjelm,  der  Vorstand 
und   16  Mitglieder  anwesend  waren. 

§   I- 

Die  Protokolle  der  beiden  letzten  Sitzungen  wurden  verlesen. 
Professor  Söderhjelm  wollte,  anlässlich  Lektor  Poirots  Äusserung 
im  Protokolle  vom  26.  Februar,  hervorheben,  dass  er  die  neu- 
sprachlichen Kandidaten  immer  auch  in  modernen  Texten  geprüft 
habe. 


Als  neue  Mitglieder  wurden  aufgenommen:  Fräulein  Hatitia 
Granström,  die  Studenten  Fräulein  Aale  Ilmoniemi,  Fräulein  Ma- 
rianne   Tollander  und  Cand.  phil.  Eero   llvonen. 

§  3- 

Der  Vorsitzende  teilte  mit,  der  Verein  habe  als  Beitrag  zur 
Bestreitung  der  Druckkosten  des  fünften  Bandes  der  Memoires  von 
dem  Consistorium  Academicum  2000  Fmk  und  aus  dem  Läng- 
manschen Fonds   1000  Fmk  erhalten. 

§  4- 

Der  Vorsitzende  meldete,  der  Verein  habe  von  Prof.  A. 
[eanroy  in  Paris  als  Geschenk  erhalten:  Poesies  completes  du  Trou- 
badour Marcabru,  publiees  par  le  Dr  J.-M.-L.  Dejeanne  (Biblio- 
theque  meridionale,    i"^^   Serie,  t.  XII). 


148  Jahresherichi  des  Neuf>hilologischen    Vereins. 

^  5- 

Oberlehrer  Dr  Hagfors  machte  eine  Mitteilung  über  die  Tä- 
tigkeit des  von  der  Neuphilologenversammlung  eingesetzten  Kom- 
mitees  für  die  Regelung  des  Unterrichts  in  dei  s.  g.  allgemeinen 
Grammatik  (siehe  Neuphil.  Mitt,  S.   96  —  7). 

§  6. 

Prof.  Wallensköld  hielt  eine  Rede  zum  Andenken  Adolf 
Toblers  (s.  Neuphil.   Mitt.,  S.   45  —  7). 


Professor  Söderhjelm  referierte  die  von  Prof.  Kr.  Nyrop  her- 
ausgegebene Sammlung  sagengeschichtlicher  Monographien  «For- 
tids  sagn  og  sänge»,  von  der  sieben  Bände  erschienen  sind  und 
die  fortgesetzt  werden  wird. 


Frau    E.    Freudenthal  hielt  einen  Vortrag  über  Goethe  nach 
seinen  Briefen  aus  den  Jahren    1765 — 1770. 

In  fidem: 
A.   Längfors. 


Jahresbericbt  des  Neuphilologischen  Vereins  für  das 
akademische  Jahr  1909—1910. 

Der  Neuphilologische  Verein  hat  innerhalb  seines  dreiund- 
zwanzigsten Tätigkeitsjahres  acht  Sitzungen,  vier  in  jedem  Semester, 
gehalten,  die  durchschnittlich  von  15  Mitgliedern  besucht 
wurden.  Dabei  wurden,  ausser  kürzeren  Mitteilungen  und  Bücher- 
besprechungen, acht  Vorträge  gehalten,  von  denen  vier  pädago- 
gischen, drei  litterarhistorischen  und  einer  kulturgeschichtlichen 
Inhalts  war.  Das  Jahresfest  wurde,  wie  gewöhnlich,  den  15.  März 
gefeiert. 

Was  die  Publikationen  des  Vereins  betrifft,  so  ist  der  Druck 
des  fünften  Bandes  der  «Memoires»  in  den  letzten  Tagen  des  Jahres 
1 909  beendigt  und  das  erste  Exemplar  am  i .  Januar  dieses  Jahres 
dem  Ehrenpräsidenten  Professor  Söderhjelm  überreicht  worden.  Die 
üblichen  acht  Nummern  der  »Neuphilologischen  Mitteilungen»  sind 
während    des    Jahres    1909    in    fünf    Lieferungen  erschienen.      Der 


Eingesandte  Litteraitir.  149 

ungewöhnliche  Umfang  dieses  Jahrganges  —  234  Seiten  —  erklärt 
sich  dadurch,  dass  das  erste  Doppelheft  vier  von  den  an  der 
Neuphilologenversammlung  gehaltenen  Vorträgen  in  extenso  ent- 
hält.     Die  Zahl  der  Abonnenten  beträgt  jetzt   117. 

Nach  dem  durch  den  Tod  des  Senators  Otto  Donner  {^.m.  17. 
September  1909)  und  des  Staatsrats  C.  G.  Estlander  {zxa  28.  August 
19 10)  erlittenen  Verlust  zählt  der  Verein  nur  drei  Ehrenmitglie- 
der.    Die  zahlenden  Mitglieder  belaufen  sich  auf   128. 

Die  Zusammensetzung  des  Vorstandes  war  folgende:  als  erster 
Vorsitzender  und  zugleich  als  Redakteur  der  «Neuphilologischen 
Mitteilungen»  fungierte  Professor  A.  Wallensköld,  als  zweiter  Vor- 
sitzender Dr  H.  Suolahti  und  als  Schriftführer  und  Kassenverwal- 
ter der  Unterzeichnete. 

Helsingfors  den    i.   Oktober    19 10. 

Arlur  Lä?igfois. 


Eingesandte  Litteratur. 

Hanna  Andersin,  iVn  English  Primer  —  Englanninkielen  al- 
keiskirja.  Helsingfors,  Otava,  19 10.  IX  -|-  140  -f-  84  S.  8:0.  Preis: 
Fmk  3:  50. 

»  »      ,    An    English    Primer  —   Engelsk   elementarbok. 

Helsingfors,  Otava,  19 10.  IX  -f-  140  -f-  §3  S.  8:0.  Preis:  Fmk 
3:  50. 

Dietrich  Behrens,  Beiträge  zur  französischen  Wortgeschichte 
und  Grammatik.  Studien  und  Kritiken.  Halle  a.  S.,  Max  Nie- 
meyer,   1910.  1x4-500  S.   8:0.   Preis:   Rmk.    12: — . 

Henri  Bourgeois,  La  legende  de  Suur-ToU,  le  Geant  d'OEsel. 
Rennes,  Fr.  Simon,  19 10.  19  p.  in-8".  (Extrait  de  la  »Revue 
des  Traditions  populaires»,  avril — mai    19 10). 

Notice  sur  l'Idiome  sudesthonien.  Extrait, 
pp.   89—104. 

Compte  rendu  de  Herm.  Möller,  Indoeuro- 
pcßisk-semitisk  sammenlignende  Glossarium, 
Kobenhavn    1909.  Extrait,  pp.    150 — 153. 

Julio  Vicuiia  Cifuentes,  Mitos  y  supersticiones  recogidos  de 
la  tradicion  oral  (Estudios  de  folklore  chileno).  Primera  serie: 
Mitos.  Trabajo  presentado  impreso  por  su  autor  al  Congreso  Cien- 
tifico  Internacional  Americano  cjue  se  reunira  en  Buenos  Aires  en 
Junio  de   19 10.     Imprenta  Universitaria,    1910.      56  p.  ia-8". 

»  »,   Coa,  jerga  de  los  delincuentes  chilenos.  Estudi  oy 


1 50  Eingesandte  Litteraiur. 

vocabulario.  Obra  presentada  impresa  por  su  autor  al  Congreso 
Cientifico  Internacional  Americano  que  se  reunirä  en  Buenos  Aires, 
en  Julio  de   1910.      Imprenta  Universitaria,    19 10.    146  p.  in-S". 

Kerstin  Härd  of  Segerstad,  Quelques  commentaires  sur  la 
plus  ancienne  chanson  d'etats  franraise,  Le  Livre  des  Manieres 
d'Etienne  de  Fougeres.  Upsal,  Edv.  Berling,  1906,  100  p.  in- 8". 
Prix:   2   kr. 

/.  E.  Kerkkola,  Grands  ecrivains  franrais  modernes.  Hei- 
singfors,  Otava,    19 10.    171   p.  in-8". 

Uno  Lindelöf  och  Johannes  Öhquist,  Tysk  spräklära.  Tredje 
genomsedda  upplagan.      Helsingfors,  Otava,  19 10.  V  -j-  264  S.  8:0. 

Solnin  Nyström,  Deutsches  Lehrbuch  für  den  Anfangsunter- 
richt. Zweite  veränderte  und  vermehrte  Auflage.  Borgä,  W.  Sö- 
derström,  19 10.  Finnische  Auflage:  VIII  -\-  263  S.  8:0.  —  Schwe- 
dische Auflage:   VIII -j- 260  S.   8:0.     Preis:  Fmk  3:25. 

Om  undervisningen  i  s.  k.  allmän  grammatik. 
Kommitteförslag.  Helsingfors  19 10.  8  S.  8*.  —  N.  s.  yleis- 
kieliopin  opetuksesta.     Koraitean  ehdotus.    11    S.   8". 

Heinrich  Robe,  Die  Inversion  des  Subjekts  im  Französischen 
des  XIX.  Jahrhunderts.  Inaugural-Dissertation  (Tübingen).  Tü- 
bingen, I.  J.   Heckenhauer,    1910.  X -f-  107   S.   8:0. 

Axel  Rosendahl,  Ranskankielen  oppikirja  alotteleville.  Toinen 
lisätty  painos.  Porvoo,  W.  Söderström,  19 10.  VIII  -\-  2^2  S.  Preis: 
Fmk  3:  25. 

»  »      ,  Deutsches  Lesebuch  für    Handelsschulen.      Hel- 

singfors, Y.  Weilin  &  Kumpp  ,    19 10.   191    S.  8:0.  Preis:  Fmk  3:  — . 

Jos.  Sanneg,  Dictionnaire  etymologique  de  la  langue  fran- 
raise, rime  par  ordre  alphabetique  retrospectif.  Französisch- deut- 
sches Wörter-  und  Namenbuch  nach  den  Endungen  rückläufig- 
alphabetisch geordnet.  Reim-  und  Ableitungs- Wörterbuch  der  fran- 
zösischen Sprache.  3.  Heft:  Die  Wörter  und  Namen  auf  -e  (bis 
nature).  Preis:  Rmk  1,25:  — .  Hannover- List  u.  Berlin,  Carl  Meyer 
(Gustav  Prior),   19 10.  SS.    155 — 235. 

Der  Nutzen  eines  »rückläufig-alphabetisch»  geord- 
neten Wörterbuchs  kommt  mir  sehr  problematisch  vor. 
Der  daran  ungewöhnte  Leser,  welcher  ein  Wort  nach- 
schlägt, verliert  Zeit.  Andererseits  können  die  verschie- 
denen Ableitungsendungen  z.  B.  durch  Nummern,  wie 
eben  der  Verf.  selbst  es  getan,  angedeutet  werden. 
Die  Etymologien  sind  im  Allgemeinen  zuverlässig. 

A.    W. 

Hans  Strigl,  Sprachwissenschaft  für  alle.  II.  Jahrgang.  Nr. 
16 — 20;  III  Jahrgang,  Nr   i.   2,  Wien,  L.  Weiss,    19 10. 


Schriftenaustausch.  151 

Henrik  Ussing,  Om  det  indbyrdes  Forhold  mellem  Helte- 
kvadene  i  ^Eldre  Edda.  Kobenhavn,  G.  E.  C  Oad,  ig  10.  176 
S.  8:0. 

Paavo  IFa/r/?,  Saksalainen  kauppakirjeenvaihtoSuomenkauppa- 
oppilaitoksia  varten.  — ■  Deutsche  Handelskorrespondenz  für  fin- 
nische Handelslehranslalten.  Helsinki,  Otava,  1910.  XHI -(-  150 
S.   8:0.     Preis:  Fmk  2:  50,  geb.:  Fmk  3:  --. 


Schriftenaustausch. 

"  -4 

(Juillet — Dec.    1908). 

Annales  de  la  Faculte  des  Lettres  d'Aix.  ^Tome  HI,  n°=  i 
— 4  (1909).  Contient  entre  autres:  P.  67:  J.-E.  Spenle,  Rahel 
(M""^  Varnhagen  von  Ense),  Histoire  d'un  Salon  romantique  en 
Allemagne;  P.  325:  L.  Constans,  Un  precurseur  desfelibres:  Claude 
Peyrot,  prieur  de  Pradinas. 

Bibliograph ia  plwnetica   1910  (V.  Jahrg.),  Nr.  5  —  7. 

Bulletin  de  dialectologie  romane,  T.  H,  n"  i — 2  (Janvier 
— Juin  19 10).  Sommaire:  B.  Schädel,  Über  Schwankungen  und 
Fehlergrenzen  beim  phonetischen  Notieren;  G.  Panconcelli-Calzia, 
Le  applicazioni  degli  apparecchi  fonautoglifici  (fonografo  e  grammo- 
fono)  nella  linguistica;  L.  Gauchat,  Sprachforschung  im  Terrain; 
Comptes  rendus;  etc. 

Modern  Language  Notes,  Vol.  XXV  (19 10),  No.  5 — 6. 

Moderna  Spräk  19 10  (Jahrg.  IV),  Nr.  5  —  6.  Inhalt:  A. 
Korlen,  Ett  planerat  försök  med  infödd  Assistent  för  Spräkundervis- 
ningen;  Virgile  Pinot,  Une  satire  litteraire  et  un  nouvel  art  poe- 
tique:   Chantecler;  etc. 

Museum,  i-]^^  Jaarg.,  N^  9 — 12  (Juni — Sept.  19 10);  iB*^^ 
Jaarg.  N"   i    (Oct.    19 10). 

Päivä   19 10,  Nr.   21 — ^39. 

Rassegna  bibliografica  della  letteratura  italiana,  anno  XVIH 
(1910),  fasc.  4 — 5 — 6 — 7 — 8 — 9. 

Revista  de  la  Sociedad  de  Folklore  chileno.  Tomo  I  (19 10), 
Entrega  I'':  Ramon  A.  Laval,  Del  latin  en  el  folk-lore  chileno,  25 
pag.;  Entrega  2.^:  Ramon  A.  Laval,  Cuentos  chilenos  de  nunca 
acabar,  44  pag.;  Ent.  3.^  i  4.^:  Ramon  A.  Laval,  Oraciones,  en- 
salmos  i  conjuros  del  pueblo  chileno,  comparados  con  los  cjue 
se  dicen  en  Espana,    132  pag. 

Revue ^  germanique  19 10  (6"=  annee),  n"  4.  Sommaire:  E. 
Scilliere,  I/Kmancipation  d'Erwin  Rohde;  R  Michaud,  Emerson  et 
Nietzsche;  etc. 


152  Mitteilungen, 

Studi    di  Filologia  Moderna,  Anno  III  (19 10),  fasc.    i  —  2. 
Sommario:  Vittoria  Buonanno,  Fischart  e  Rabelais;  etc. 
Virlttäjä    19 10  (XIV.  Jahrg.),  Nr.    i — 6. 

Mitteilungen. 

Staatsrat  C.  G.  Estlatider^  der  ehemalige  Professor  der  x\sthe- 
tik  und  modernen  Litteratur  an  unserer  Universität,  Ehrenmitglied 
unseres  Neuphilologischen  Vereins,  ist  arn  28.  Aug.  in  einem  Le- 
bensalter von   76  Jahren  in  Helsingfors  gestorben. 

Einheimische  Publikationen:  T.  E.  Karsten, 
Die  mitteldeutsche  poetische  Paraphrase  des  Buches  Hiob,  nach 
der  Hs.  des  Kgl.  Staatsarchivs  zu  Königsberg.  Berlin,  Weidmann, 
19 10.  15  -j-  270  S.  8'\  mit  zwei  Tafeln  in  Lichtdruck.  — -  W. 
Söderhjelm,  La  Nouvelle  Fran^aise  au  XV«  siecle.  Paris,  H.  Cham- 
pion,   1910.     XII -(- 235  p.  in-8". 

Einheimische  Beiträge  zu  ausländischen 
Publikationen:  A.  Läng/ors,  Contributions  ä  la  Bipliogra- 
phie  des  Piaintes  de  la  Merge,  in  der  Revue  des  langues  roma- 
ncs.  Band  LIII  (1910),  S.  58—69.  —  A.  Wa/iensköld,  Bespr.  von 
R.  Lenz  i  A.  Diez,  Gramatica  escolar  de  la  Lengua  francesa  5^  ed. 
(1909);  F.  N.  Fmck,  Die  Sprachstämme  des  Erdkreises;  und  F.  N. 
Finck,  Die  Haupttypen  des  Sprachbaus,  in  Le  Maiire  Phon.  19 10, 
S.    109 — III. 

Ausländische  Besprechungen  einheimischer 
Publikationen:  A.  La/igfors  et  W.  Söderhjelm,  La  Vis  de 
Saint  Quentin  par  Hucn  le  Roi  de  Cambrai,  bespr.  von  Ernest 
Langlois  in  der  Bibliotheque  de  l'Ecole  des  Chartes,  janvier-avrili9io, 
S.  93 — 94;  W.  Söderhjehi,  La  Nouvelle  Fran(;aise  au  XV^  siecle  u. 
W.  Söderhjelm,  Bemerkungen  zur  Disciplina  Clericalis  und  ihren  fran- 
zösischen Bearbeitungen  (Neuphil.  Mitteil.  19 10),  kurz  angez.  im 
Archiv  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  und  Literaturen  Bd. 
CXXIV,  S.  442.  444.  T.  Södethjelm  <^  W.  Söderhjelm,  Italiensk 
Renässans,  2.  Aufl..  besp-.  von  P.  E.  P.  in  Studi  di  Fil.  Mod. 
III,  151  f.;  //.  Suolahti,  Die  deutschen  Vogelnamen,  kurz  angez. 
in  Studi  di  Fil.  Mod.  III,  135  und  Diana,  Monatl.  Organ  des 
Schweizer  Jäger-  und  Wildschutz-Vereins  XXVIII,  153;  ausführlich 
besprochen  von  Edward  Schröder  im  Anzeiger  für  deutsches  Alter- 
tum und  deutsche  Litteratur  XXXIV,  i,  S.  i — 7.  A.  Wallensköld, 
Den  nyprovensaliska  nationalitetsrörelsen  (Finsk  Tidskr,  LXVI),  kurz 
angez.  von  J.  R[onjat]  in  der  Rev.  des  langues  rom.  19 10,  S.  195; 
A.  Wallensköld,  La  construction  du  complement  des  comparatifs 
etc.   (Mem.   V),   bespr.  von  H.    Yvon,  in  Rom.   XXXIX,   S.  425  f. 

Berichtigungen:  S.  18,  Z.  17  v.  u.,  statt  ^  lies:  i. 
—  S.  82,  Z.    14,  lies:  io  occur. 


NEUPtillOlOQISCHE 

•  •  mitteiujngen 

Herausgegeben  vom   Neuphilologischen  Verein  in  Helsingfors. 


Acht  Nummern  jährlich.      Preis:   4  Fmk  direkt  bei  der  Redaktion, 

f\  /A  'I    4"   30    durch    die    Post  und     5  Fmk  durch  die  Buchhandhingen. 

IjP.    7/0       Zahlerde  Mitglieder  des  Vereins  erhalten  das  Blatt  unentgeltlich. 

—  Abonnemenlsbetrag,    Beitrage,  sowie  Bücher  zur  Besprechung 

bittet  man  an  die  Redaktion  (Adr.    Prof.  A.  W  a  1 1  e  n  s  k  ö  1  d, 

Vestra   Hamugatan   5)   zu  senden 


^10 


Zur  Kenntnis  der  inchoativen  Alctionsart  im  Deutsclien. 
I. 

In  meiner  im  Jahre  1907  veröffentlichten  Schrift  'Beiträge 
zur  Geschichte  der  e-Verba  im  Altgermanischen'  (Memoires 
de  la  Societe  neo  philologique  de  Helsingfors  II)  wurden  die 
altgermanischen  Verba  der  e-Konjugation  (der  3.  schw.  Kl.)  mit 
Rücksicht  auf  ihre  Genesis  (ihr  Alter,  ihre  Bildungsweise  und 
ihre  Verwandtschaftsverhältnisse)  einer  übersichtlichen  Betrach- 
tung unterzogen.  Ich  suchte  den  Ursprung  und  das  Wesen 
der  einzelnen  Verba  richtig  zu  erkennen,  um  danach  ihre 
Stellung  in  der  Gesamtheit  der  verbalen  e-Bildungen  näher 
bestimmen  zu  können.  Das  Material  ist  hauptsächlich  nur 
dem  Althochdeutschen  entnommen,  wenn  auch  die  anderen  ger- 
manischen Sprachen  oft  zur  weiteren  Erhellung  herangezogen 
werden  mussten.  Die  Hauptaufgabe  der  Untersuchung  lag 
darin,  zwischen  den  alten  urgermanischen  und  den  abgeleite- 
ten, einzelsprachlichen  Bildungen  möglichst  feste  Grenzen  zu 
ziehen.  Eins  der  wichtigsten  Kriterien  ihrer  Unterscheidung 
lag  in  der  Ursprung  ichen  Biegungsweise.  Die  urgermanische 
Flexion  der  e- Verba  zeichnete  sich  durch  einen  geregelten 
Wechsel  zwischen  e-  und  y-Formen  aus.  In  den  Einzelsprachen 
ist  zwar  dieser  Suffixwechsel  in  verschiedener  Richtung  aus- 
geglichen worden,  hat  aber  doch  überall  zahlreiche  Reste  und 
Spuren    hinterlassen,    die    als    Beweise    für  die  urgermanische 


'54 


7'.   E,   Karsten. 


Herkunft  der  betreffenden  Verba  gelten  können.  In  gewis- 
sem Gegensatz  zu  den  anderen  westgermanischen  Sprachen, 
dem  Altsächsischen,  Altfriesischen  und  Angelsächsischen, 
wo  der  alte  präsentische  y^-Stamm  noch  verhältnismässig  klar 
hervortritt,  ist  im  Althochdeutschen  fast  vollständig  die  e-Form 
zur  Herrschaft  gekommen,  aber  zerstreute  Reste  und  Verall- 
gemeinerungen der  /Flexion  finden  sich  auch  hier  daneben. 
Unter  Beachtung  dieses  Gesichtspunktes  wurden  die  ahd. 
e-Verba  zunächst  in  zwei  Hauptgruppen  geordnet:  primäre 
und  denominative  Bildungen.  Innerhalb  dieser  Klassen  sind 
dann  die  eigentlichen  e-Bildungen  und  die  —  wie  es  scheint 
—  erst  sekundär  in  die  e-Klasse  übergetretenen  geschieden 
worden.  Diese  letzteren  stehen  alle  neben  ahd.  ö- Verben.  Aus- 
ser der  Berührung  mit  der /-Klasse  begegnet  nämlich  im  Ahd., 
wie  in  anderen  altgermanischen  Sprachen,  sehr  häufig  auch 
eine  Schwankung  zwischen  der  e-  und  der  ö-Konjugation. 
Die  sprachhistorische  Erklärung  des  letztgenannten  Flexions- 
wechsels gehört  immer  noch  zu  den  ungelösten  Fragen  der 
althochdeutschen  Formbildungslehre.  Die  Ursache  dieser  Dop- 
pelformationen könnte,  wie  Streitberg  Urgerm.  Grammatik 
S.  311,  313  annimmt,  in  einem  urgermanischen  lautgesetz- 
lichen Zusammenfall  verschiedener  Formen  der  ieur.  t-  und 
«-Flexion  gesucht  werden  (indem  ä  und  e  schon  urgermanisch 
zu  a  verkürzt  werden  mussten).  In  den  meisten  Fällen  dürf- 
ten die  Doppelbildungen  (namentlich  im  As.  und  Ags.)  jedoch, 
wie  Wilmanns  D.  Grammatik  III  S.  90  bemerkt,  erst  durch 
den  jüngeren  Verfall  der  dritten  Konjugation  und  die  wach- 
sende Herrschaft  der  ö-Verba,  hervorgerufen  sein.  Was  be- 
sonders das  Althochdeutsche  betrifft,  stellt  sich  die  ö-Flexion, 
wäe  Hirt  Idg.  Anzeiger  1900  S.  112  (in  seiner  Besprechung 
meiner  Schrift)  hervorhebt,  vielfach  erst  in  der  Komposition 
ein:  vgl,  ahd.  borgen:  ar-borgön,  zilen:  gi-,  herazilön,  got. 
and-,  ga-tilön,  u.  s.  w.  Der  wirkliche  Grund  dieser  Erschei- 
nung ist  aber  damit  noch  nicht  gegeben. 

Auch  für  das  Althochdeutsche  trug  meine  hier  berührte 
Untersuchung  einen  nur  vorläufigen  Charakter.  Nur  in  Bezug 
auf   die    älteren    Belege    (8. — 10.    Jh.)  hatte  ich  irgendwelche 


Zur  Kennttiis  der  inchoativen  Aktionsart  im   Deutschen.  155 

Vollständigkeit  angestrebt,  aber  auch  diese  waren  hauptsäch- 
lich aus  Graffs  Sprachschatz  gesammelt.  Die  für  sprachhisto- 
rische Untersuchungen  dieser  Art  nur  mit  grosser  Schwierig- 
keit zu  benutzenden  Althochdeutschen  Glossen  von  Steinmeyer 
und  Sievers  hatte  ich  diesmal  nur  gelegentlich  zu  Rate  ziehen 
können.  ^ 

Da  ich  aber  später  meine  Arbeiten  über  dieses  Thema 
wieder  aufgenommen  hatte,  musste  ich  allmählig  davon  über- 
zeugt werden,  dass  gerade  unsere  ausgiebigsten  ahd.  Sprach- 
denkmäler, die  besagten  'Ahd.  Glossen',  auch  in  ihrer  neu- 
revidierten Fassung  (Steinmeyer — Sievers)  für  eine  Durchfüh- 
rung des  ursprünglichen  Programms  nicht  zu  verwerten  waren. 
Um  die  Art  meiner  Bedenken  kurz  anzudeuten,  begnüge  ich 
mich  mit  einem  Hinweis  auf  die  Erörterungen  über  den  Vo- 
kalismus der  ahd.  Nebensilben  bei  J.  F  r  a  n  c  k  in  seiner  jüngst 
erschienenen  'Altfränkischen  Grammatik'  S.  59:  *  Der  weniger 
bestimmte  Klang  der  Vokale  steigerte  in  der  Hand  ungeübter 
Schreiber  noch  die  sowieso  vorhandene  Mannichfaltigkeit  und 
Unsicherheit.  Unter  diesen  Umständen  treffen  für  die  histo- 
rische Erklärung  oft  die  verschiedensten  Möglichkeiten  zu- 
sammen: älterer  und  jüngerer  Vokalwechsel  durch  Ablaut  und 
Ausgleich  in  den  Suffixen,  durch  Assimilation  und  anderen, 
landschaftlich  vielleicht  wieder  verschiedenen,  Lautwandel, 
Ausgleiche  in  den  Flexionsendungen,  Formen  stärkerer  und 
schwächerer  Betonung  und  mangelhafte  Schreibung  konkur- 
rieren untereinander  und  nötigen  die  Erklärung  häufig  sich 
mit  der  Andeutung  verschiedener  Möglichkeiten  zu  begnügen!» 

»Die  Kürzung  von  Längen  in  Nebensilben  kann  je  nach  den 
Umständen  zu  den  verschiedensten  Zeiten  stattgefunden  haben. 
Auch  ist  es  nicht  gesagt,  dass  das  schwache  a  erst  zu  der 
Zeit  in  der  Sprache  vorhanden  gewesen  sei,  da  für  die  über- 
wiegende Zahl  der  Nebensilben  in  der  Schreibung  e  allge- 
meiner   auftritt.     Ferner    ist    es    nicht  unwahrscheinlich,  dass 


^  Dies  hängt  Z.  T.  damit  zusammen,  dass  meine  Schrift  einen  Teil  vom 
Band  II  der  'Memoires  de  la  Societe  neo-philoiogique  de  Helsingfors'  bildet. 
Die  Herausgabe  des  Bandes  konnte  nicht  aufgeschoben  werden. 


156  T.   E.   Kar  Sien, 

gerade  in  Bezug  auf  die  Nebensilben  die  geschriebene  Sprache 
von  früh  an  konservative  Neigungen  gehegt.  Im  ganzen  di.irfte 
unsere  Grammatik  die  F'estigkeit  der  Längen  •  und  vollen  Vo- 
kale in  diesen  Silben  etwas  überschätzen».  »Diese  Kritik  gilt 
besonders  auch  den  so  häufigen  verbalen  Doppelformen  auf 
-en:  -ön,  worüber  das  nähere  bei  Franck  S.  249.  Über  den 
rechten  Charakter  dieser  Erscheinung  ist  es  nach  Franck  nicht 
leicht  sicher  zu  urteilen.  Analogiebildung  nach  der  ö/^Klasse 
scheint  das  gewöhnlichste  gewesen  zu  sein,  in  anderen  Fällen 
dürfte  der  scheinbare  e«-Typus  durch  Schwächung  des  o  (ö) 
zu  e  erklärt  werden  müssen. 

Derartige  Erscheinungen  finden  sich  auch  im  Altbai- 
rischen ;  sieh  J.  Schatz,  Altbairische  Grammatik  (Göttingen 
1907),  S.   158  f. 

Die  ahd.  (wenigstens  scheinbaren)  Doppelbildungen  nach 
der  2.  und  3.  Konjug.  gestatten  also  in  der  Mehrzahl  der  Fälle 
keine  sichere  sprachhistorische  Beurteilung.  Die  nötigen  Vor- 
untersuchungen fehlen  noch.  Unter  diesen  Umständen  kön- 
nen unsere  Kenntnisse  in  dem  Bereiche  der  ahd.  e-Verba  und 
ihrer  jüngeren  Entsprechungen  nur  nach  bestimmter  begriff- 
licher Abgrenzung  des  Stoffes  weitergeführt  werden.  Wenn 
wir  die  Formengruppe  der  e-Verba  vom  Gesichtspunkte  ihrer 
wichtigsten  einzelsprachlichen  (ahd.)  Begriffsverwendung  be- 
trachten wollen,  eröffnen  sich  unserer  Weiterforschung  mehrere 
sprachhistorisch  interessante  Probleme,  deren  Lösung  nicht 
schon  von  vorne  herein  als  mehr  oder  weniger  aussichtslos 
bezeichnet  zu  werden  braucht. 

Unter  den  drei  Aktionsarten  des  germanischen  Verbums 
- —  der  inchoativen,  der  durativen  oder  imperfektiven  und 
der  perfektiven,  bezeichnet  die  erstgenannte  den  allmäh- 
lichen Übergang  von  einem  Zustand  in  den 
andern.  Die  gotischen  Verba  der  4.  schwachen  Konjuga- 
tion auf  -nan  und  die  überaus  zahlreichen  nordischen,  von 
verbaler  und  nominaler,  ganz  besonders  adjektivischer  Grund- 
lage aus  gebildeten  Verba  auf  -na  sind  intransitiv-inchoativ. 
Bei  den  gotischen  Verben  ist  eine  starke  Neigung  zur  Per- 
fektivierung  durch  Zusammensetzung  vorhanden:  von  58  beleg- 


Zur  Kenntnis  der  inchoativen  Aktionsart  im  Deutschen.  157 

ten  Verben  sind  nur  10  nicht  komponiert  (s.  W.  Streit berg, 
Gotisches  Elementarbuch  §  292).  Als  produktives  Wortbil- 
dungselement erscheint  das  verbale  «-Suffix  allerdings  nur  im 
Gotischen  und  in  den  skandinavischen  Sprachen.  Auf  west- 
germanischem Boden  hat  es  nur  einige  schwache  Spuren  hin- 
terlassen. Zunächst  seien  hier  aus  dem  Angelsächsi- 
schen folgende  intransitive  ?z-Verba  angeführt,  die 
sich  nach  Form  und  Bedeutung  an  die  gotisch-nordischen 
«-Inchoativa  schliessen.  Verbale  Ableitungen  sind  ä-zvcecnian, 
07i-wmcnia7i  (vgl.  got.  ga-zvak?ian,  schwed.  vakna),  druncnian 
(on-druncnian)  'to  become  intoxicated,  be  drowned'  (ahd. 
trunkanen,  schwed.  dnmkjta),  iv^snian  =  weornian,  forzvisnian 
^  for-wecrnian,  äwrsntan  (ahd.  wesanen  'trocknen',  schwed. 
vissna  'welken'),  leornmn,  liornian  =  ahd.  lernen,  Urnen  'ler- 
nen', eacnian  'increase'  (=  got.  auknan),  swarnian,  stvor- 
7iian  'coagulate'  (zu  srvoren,  sivaren  part.).  Denominative  In- 
choativbildungen sind  die  ags.  Verba  ge-beorthnian,  -brecht- 
nmn  'become  bright'  (brecht  adj.),  molsnian  'become  mouldy, 
decay'  (mols  subst.  'decay'),  Die  Funktion  der  gotisch-nor- 
dischen ?^-Inchoativa  haben  im  Ags.,  wie  im  Ahd.,  die  deno- 
minativen,  meistens  von  Adjektiven  aus  geschaffenen  -ian- 
(=  ahd.  -en-)  Verba  übernommen.  Solcher  giebt  es  eine 
bedeutende  Anzahl:  vgl.  bläcian  'become  pale'  (ahd.  6/^/f^e?/;, 
cealdian  'become  cold'  (ahd.  kalten),  cölian  'become  cold'  (ahd. 
kuolen),  fealwian  'grow  yellow'  (ahd.  falawen)  u.  s.  w.;  auch 
Komposita:  U-blädan  'become  pale',  ä-cealdian  'become  cold', 
ä-cölian  'become  cool',  ä-czvidan  'come  to  life  again',  a-dea- 
dian  'become  dead',  for-heardian  'become  hard'  (vgl.  ahd. 
ir-harten),  for-searian  'witter,  dry  up'  (vgl.  ahd.  ar-soren)  u. 
s.  w.  Neben  den  ags.  inchoativen  Verben  gehen  nicht  selten 
gleichgebildete  durative  Verba,  welche  die  Handlung  in  ihrer 
ununterbrochenen  Dauer  oder  Kontinuität  bezeichnen:  vgl. 
batian  'be  in  good  condition'  und  'grow  fat',  biterian  'be 
bitter'  (trans.  'make  bitter'),  brddian  'be  broad'  (trans.  'spread'), 
cielian  'be  cold',  cupian  'be  known'  u.  s.  w. 

Die    hochdeutschen    w-Inchoativa  sind  nicht  zahl- 
reicher: 


158  'r.   /i.    Karsten, 

ahd.  lernen,  Urnen  =  ags.  leornian,  asächs.  llnön  (got. 
*liznan,  liznödä),  aus  dem  Partizip  des  st.  ^tw.  got.  lais  'ich 
weiss';  lernen  eig.  =  'erfahren,  gelehrt  werden'; 

ahd.  tvesanen  'marcescere,  arescere',  ar-zvesanen  'emar- 
cescere,  senescere',  ßr-toesenen  'senescere';  vgl.  oben  u.  ags. 
wisnian; 

ahd.  ir-storcJiaiien  'gelidum  fieri',  gi-storchanen  'obrigere' 
(got.  ga-staurknan  'erstarren',  aisl.  schwed.  storkna).  Zur  Wz. 
stork-  in  aisl.  styrkr  'Stärke,  Kraft',  styrkia  'stärken',  lit.  stre 
giu  'erstarre'; 

ahd.  trunkanen  'trunken  werden  oder  sein',  vgl.  oben 
ags.  druncnian. 

ahd.  stornen  'attonitum  esse,  stupescere'  (nschwed.  dial. 
sturna  'plötzlich  erschrocken  werden',  s.  Rietz  Sv.  dialektlex, 
S.  679),  vgl.  lat.  con-ster-näre  'bestürzt  machen'.  —  Denomi- 
nativ sind 

ahd.  ir-truckanen  'arescere',  mhd.  getruckenen  'trocken 
werden',  ver-truckene7i  'vertrocknen':  zum  ahd,  trockan,  mhd. 
trocken  'trocken'. 

ahd.  wolchenön  (Ahd.  Gl.  i,  142,  23  uuolchnonti)  'wol- 
kig werden,  voll  Wolken  sein'  (Schade    1197). 

mhd.  eraltenen  (i    mal)  =  eralten. 

Im  Althochdeutschen  wie  im  Angelsächsischen 
wird  die  inchoative  Aktionsart  in  der  Regel  durch  denomina- 
tive  e-Verba  ausgedrückt.  In  meiner  oben  erwähnten  Unter- 
suchung über  die  ahd.  e-Verba  wurden  diese  hauptsächlich 
vom  Gesichtspunkte  ihrer  Formbildung  zusammengestellt.  Ich 
gebe  hier  eine  erneuerte  Sammlung  derjenigen  Elemente  die- 
ses Materials,  die  denominativen  Ursprungs  sind,  aber  jetzt 
mit  der  begrifflichen  Seite  als  Hauptgegenstand  meiner  Be- 
trachtung. Das  Material  kann  ich  diesmal  etwas  vollständiger 
vorlegen,  aber  die  Behandlung  desselben  muss  andererseits  an 
dieser  Stelle  auf  eine  möglichst  knappe  Übersicht  beschränkt 
werden.  Ein  besonderes  Gewicht  wird  auf  die  lat.  Über- 
setzungen gelegt.  Die  parallelen  Verba  nach  der  /-Klasse 
sind  auch  angeführt.  Auf  Literaturbelege  muss  ich  in  dieser 
vorläufigen  Fassung  des  Themas  verzichten. 


Ztii'  Kenntnis  der  inchoaliven   Aktionsart  tin   /)ciilsclien.  159 

Die  primären  Bildungen  dieser  Klasse  kennzeichnen  sich 
vorzugsweise  durch  durative  Aktionsart  und  intransitive  Be- 
deutung. Diese  ihrem  Stammausgang  anhaftende  begriffliche 
Funktion  hat  sich  dann  analogisch  auch  auf  die  zahlreichen 
einzelsprachlichen  Neubildungen  übertragen.  Ich  gebe  zu- 
nächst eine  kurze  Übersicht 

Der  denominativen  oder  neben  Nomina  stehenden 
e-Verba  mit  intransitiv-durativer^  Funktion. 

Neben  Substantti  'en : 

smakken,  smakhen,  mhd.  smacken,  smachen  'Geschmack 
von  sich  geben,  schmecken',  auch  'riechen',  gi-smahh'&n  'sa- 
pere':  ahd.  smac  'Geschmack';  vgl.  ahd.  sniecken  'schmecken, 
Geschmack  empfinden'. 

[skranken]  scranchün  und  scrmicJion,  mhd.  schranken  'in 
verschränkter  Stellung  sein';  vgl.  ahd.  skrencJien,  mhd.  schrenken 
'schräg  stellen'. 

ar-heigen  'aestuare,  urere',  fer-heien  'durch  Hitze  ausge- 
trocknet sein',  vgl.  mhd.  he7en  intr.  'brennen':  ahd.  hei  n.  'Hitze'. 

hörnen  'mit  Hörnern  versehen  sein'  (v.  Monde):  ahd. 
hörn  n. 

stecchen  'fixum  esse':  ahd.  steccho  'Stecken'. 

donen  'extensum  esse':  ahd.  thona  f.   'palmes,  Ranke'. 

gi-nüaen,  gnäaen  und  ginädön,  mhd.  genaden,  gnaden 
'gnädig  sein',  vgl.  as.  gi-näthon  dass.;  ahd.  gi?zäda  f. 

rasten  und  rastön  'requiescere,  pausare',  ga-rasten  're- 
quiescere,  cessare,  respirare',  and.  Ps.  rastön  'requiescere';  vgl. 
bi-restjan,  inni-restjan  'requiescere':  ahd.  rasta  f.   'Meile'. 

ruowen  und  ruaivön  'quiescere,  requiescere':  ahd.  ruowa 
f.  'Ruhe'. 

rüwen,  räwön  'quiescere,  requiescere':  ahd.  räwa  f.  = 
ruowa. 

wahten,    mhd.    irahten    'Wache    halten':    ahd.    wahta  f. 

warten  'videre,  cernere,  m.  m.':  ahd.  wart(o)  m.  'Wäch- 
ter', waria  f.   'Warte';  Komposita:  ana-^  ar-,  bi-,  duruh- ,  furi- , 


'   In   den  unten  angeführten  K  o  m  p  o  s  i  t  i  s   ist  die  durative  Aktionsart 
oft  in   eine  perfektive  übergegangen. 


l6o  T.   E.   Karsten, 

ga-,  gegen-,  haranidar-,  hina-,  ubar-,   nz-,  zvidar-,    zua-warten; 
vgl.  ga-zvartön,  folzvartön,  zuo-zvartdn. 

anguslen  und  angustön  'angi',  arangusten  dass.:  ahd.  an- 
gust  stf. 

[bogen]  pogen  'krumm  oder  gekrümmt  sein';  bogo  m. 
'Bogen'. 

storren  'eminere',  mhd.  storren  'hervorstehen,  ragen',  ndd, 
stujTcn  'starren',  got.  and-staurran  'unwillig  anstarren'",  ahd. 
storro  m.,  mhd.  storre  'Baumstumpf,  Klotz'. 

Neben  Adjekt.ven: 

fasten  und  fastön  'jejunare',  got.  fastan,  -aida  'halten, 
beobachten':  ahd.  festi  'fest'. 

sparm  'parcere,  fovere',  ga-sparen  'servare,  reservare'; 
vgl.  aisl.  spara  und  ags.  spanan  nach  der  e-Klasse.  Zu  ahd. 
spar  adj. 

Staren  'insidiari',  7iidar-staren  '.starr  niederblicken',  vgl. 
aisl.  stara  'anstarren'  nach  der  e-Klasse.  Zu  ahd.  stara(blint), 
mhd.  star-(b't  7id)  u.   s.  w. 

barmen  'misereri'  (bi-armen)\  ar-barmen  dass.,  vgl.  got. 
arman,  -aula,  gaarman  'erbarmen'. 

haften  'hserere,  tenerc';  vgl.  ana ,  ga-,  z-samana,  zuo- 
haften,  trans.  heft^an  'nectere'.     Zu  ahd.  haft  'gefangen'. 

heizen  'fervere,  exaestuare',  ga-he:zen  'ignire';  vgl.  unten 
ar-heizen.     Zu  ahd.  hez  'heiss'. 

lazen  'tardare',  mhd.  lazzen  'träge  sein,  säumen':  ahd.  laz. 

mihhilen  'eminere',  vgl.  ags.  m  clian  'increase  in  size 
or  quantity',  tr.  u.  intr. 

seien  'dolere',  mhd.  seren  'ser  sein  oder  werden,  Schmerz 
leiden'. 

swelchen  'marcere,  marcidum  esse':  mhd.  svu'elc  'welk, 
mürbe';  vgl.  dagegen  die  Inchoativa  mhd.  swelcen  'welk  werden'; 
nhd.  bair.  schwelken,  schzjuelchen  'welken'  und  das  perfektive 
neubair.   verschzvelchen  'verwelken';  s.  Schade  s.  v.    szjuelchen. 

tmnben  'desipere',  vgl.  ar-tumbm  unten. 

molazven    'tabere',   vgl.  mhd.  molivik  'weich  wie  Staub'. 

zagen,  mhd.  zagen  'versagt  sein':  ahd.  zago,  zag  'zag- 
haft, feige';  vgl.  erzagen  'verzagen'. 


Zur  Kenntnis  der  inchoativen  Aktionsart  im  Deutschen.  l6l 

Stillen  'quitetem  esse,  silere,  stupere';  vgl.  ga-stilltn  'qui- 
escere',  aber  auch  inchoativ:  'mitescere,  resipiscere,  contices- 
cere',  bi-stillen  'desinere',  un-stillen  'insolescere'. 

harten  'manere',  ga-hartm  'ma.neve' ,  ga-Ztartön  'indurare', 
ar-harten  'indurare',  nhd.  erharten  'hart  werden'. 

gräwen  'canere':  ahd.  gräo  'grau'. 

ar-träken  'pigere,  taedere',  bi-trägen  't^edere':  ahd.  trägi 
'träge';  vgl.  dagegen  tragen  'langve.scere'. 

balden  'pra^sumere',  jr-balden,  -ön  'praesumere':  ahd.  bald. 

halden  'vergere,  inclinare',  anahaldm  'imniinere':  ahd. 
hald  'vorwärts  geneigt'. 

hlüten,  mhd.  lilten  iaut  oder  tönend  sein':  ahd.  hlüt 
'laut'. 

inagaren  'squalere':  ahd.  magar  'mager'. 

snellen  'vigere':  ahd.  snel. 

stammen  'balbutire':  ahd.  stam  'stammelnd';  vgl.  ar- 
stammen  'obmutescere'. 

stracken,  stracchen  'strack  sein'. 

pliden  'gaudere,  laetari',  un-bliden  'tristari':  ahd.  blldi 
'laetus'. 

walben  'volubilem  esse':  ahd.  welbe  in  shiezvelbe  'rotundus'. 

bazen  'melius  habere'. 

Schon  unter  den  primären  e  Verben  kommen  inchoative 
Anklänge  vor,  vor  allem  bei  den  zusammengesetzten :  vgl. 
kleben  'adhaerere'  und  'lentescere',  trüren  'contristari',  swigen 
'silere,  tacere':  gaszvigen  'obmutescere',  dagm  'tacere':  ga- 
dagen  'conticiscere'  (vgl.  lat  con-ticere),  ivahhen  'vigilare':  ar- 
tvaclien  'expergisci',  magen  'valere,  vigere':  ga-unmagen  'lang- 
vescere'.  Die  eigentlichen  Träger  der  inchoativen  Aktionsart 
unter  den  ahd.  e-Verben  sind  allenfalls  die  denominativen 
Bildungen.  Diese  werde  ich  in  einem  folgenden  Artikel  er- 
örtern. 

T.  E.  Karsten. 


l62  IVnlfer  O.   Streng; 

Quelques  reflexions  sur  la  popularisation  de  la  linguistique 
moderne. 

Cote  ä  cote  avec  le  progres  de  la  science  s'est  mani- 
feste le  desir  de  vouloir  la  rendre  comprehensible  ä  la  masse 
de  la  population.  On  a  commencc  a  regarder  la  science 
non  pas  comme  une  chose  appartenant  exclusivement 
aux  savants,  aux  lettres  ou  aux  classes  soit-disant  superieures, 
mais  comme  un  bien  plus  ou  moins  commun  ä  tous.  Voilä 
pourquoi  dans  toute  science  on  a  cherche  ä  en  populariser 
les  resultats. 

Quant  ä  la  linguistique,  eile  est  restee  relativement  inac- 
cessible  aux  tentatives  qui  ont  eu  pour  but  d'interesser  le  grand 
public  aux  questions  qui  regardent  le  langage  ou  les  mots.  Les 
philologues  eux-memes  en  sont  sans  doute  responsables.  Ils 
n'ont  pas  tenu  ä  rendre  leur  science  abordable  ä  tous  en  don- 
nant  ä  leurs  etudes  linguistiques  une  forme  plus  populaire; 
du  reste,  ces  etudes  ont  generalement  ete  publiees  dans  les  pe- 
riodiques  les  plus  scientifiques  possible,  et  ce  n'est  que  rare- 
ment  qu'on  s'est  adresse  au  profanum  vulgus.  D'autre  part 
les  ouvrages  bien  connus  de  Dauzat,  Greenough-Kittrege,  Sei- 
del etc.  qui  traitent  de  la  vie  ou  de  la  marche  des  mots, 
sont  loin  d'etre  destines  au  peuple,  si  vulgarisatrice  que  soit 
leur  tendance,  et  quoiqu'ils  etudient  des  expressions  et  des 
mots  qui  sont  d'un  usage  familier   dans  la  langue  des  lecteurs. 

II  n'y  a  jusqu'ici,que  je  sache,  qu'une  seule  tentative 
de  ce  genre  qu'on  pourrait  appeler  populaire  dans  le  sens 
propre  de  ce  mot:  j'entends  le  petit  periodique  Sprachwissen- 
schaf t  für  alle,  public  par  le  savant  autrichien  Strigl,  et  dont  on 
trouve  des  comptes  rendus  dans  les  Neuphilol.  Mitteil,  igog 
et  dans  le  numero  5  —  6  de  l'annee  courante.  Quelques 
mots  sur  la  possibilite  d'une  teile  entreprise  chez  nous. 

Si  bonne  que  soit  l'intention  de  l'auteur  de  vouloir  dans 
ses  »petites  etudes  populaires  de  linguistique  historique  et 
comparee»  interesser  ses  compatriotes  ä  la  linguistique  par 
de  courtes  biographies  de  mots  allemands,  frangais,  anglais 
etc.,  je  ne  suis  pas  porte  ä  croire  que  la  tentative  ainsi 
congue  puisse  reussir  chez  nous,  ä  l'heure  qu'il  est. 


Quelques  reßexions  sur  la  popularisation  de  la  lin^uistique  moJer>ie.      163 

I{n  Allemagne,  le  pays  de  la  linguistique  par  excellence, 
il  n'est  point  surprenant  de  constater  raccueil  favorable  que 
tout  le  monde  a  fait  ä  ces  petites  biographies  de  mots.  II 
n'en  serait  pas  de  meme  chez  nous.  En  ce  temps  d'utili- 
tarisme  les  hommes  ne  sont  point  portes  ä  l'ideal. 

Mais  faut-il  alors  s'en  tenir  la?  faut-il  se  laisser  decou- 
rager  par  la  pensee  que  la  grande  masse  chez  nous  serait 
incapable  ä  jamais  de  s'interesser  ä  de  telles  questions  et  qu'elle 
ne  les  comprendrait  pas?  Mais  enfin,  comment  les  lui  faire 
comprendre,  comment  l'amener  ä  s'y  interesser,  si  l'on  n'essaye 
meme  pas  de  trouver  un  moyen  de  le  faire?  La  seule  fagon 
de  faire  connaitre  quelque  chose,  c'est  d'en  parier.  Mais 
comment  en  parier?  par  oü  commencer? 

Prendre  n'importe  quel  mot  ctranger  et  l'etudier  au  point 
de  vue  de  son  histoire,  le  comparer  aux  autres  mots  corres- 
pondants  dans  une  autre  langue  et  en  tirer  des  conclusions 
par  ex.  au  sujet  du  developpement  de  la  forme  ou  bien  de 
la  signification  du  mot,  voilä  qui  est  interessant  pour  le  lin- 
guiste,  mais  la  grande  masse,  eile  reste  indifferente.  Je 
crois  qu'il  y  a  tres  peu  de  mots  dont  l'etude  historique  et 
comparative  puisse  interesser  la  masse  de  la  population  fin- 
landaise  ä  l'heure  qu'il  est.  Aussi  serais-je  dispose  ä  croire 
qu'il  faudrait  commencer  chez  nous  dans  les  ecoles. 

En  y  expliquant  des  textes  etrangers,  on  devrait  s'arre- 
ter  surtout  aux  mots  qui  se  pretent  facilement  ä  des  con- 
siderations  sur  leur  histoire  soit  morphologique  soit  surtout 
semasiologique.  Si  l'on  pouvait  arriver  ä  interesser  les  ele- 
ves  de  nos  ecoles  superieures  aux  questions  de  langage,  nous 
aurions,  nous  aussi,  dans  une  dizaine  d'annees  un  public  qui 
ne  trouverait  plus  que  tout  ce  qui  regarde  la  langue  et  son 
»assommante»  grammaire  est  insupportable.  Alors  une  entre- 
prise  comme  celle  de  M.  Strigl  ne  serait  plus  un  reve  impos- 
sible  a  realiser,   mais     quelque  chose  de  tout  naturel. 

Seulement,  comment  arriver  ä  interesser  les  eleves  de  nos 
ecoles  ä  la  linguistique,  lorsqu'on  sait  qu'une  tres  grande 
partie  de  nos  professeurs  de  lycee  considerent  cette  re- 
forme   comme    plus  ou  moins  inutile?     On  pourrait  peut-etre 


l64  IVnäcr   O.   Sireng, 

penser  a  de  petits  commentaires  raisonncs,  ä  cote  des  diction- 
naires,  qui  contiendraient  des  apergus  sur  l'histoire  et,  pour 
commencer,  par  ex.  des  mots  entres  dans  l'usage  international, 
des  discussions  tant  au  point  de  vue  morphologique  et  syn- 
taxique  que  surtout  au  point  de  vue  semasiologique.  Je  crois 
aussi  qu'il  faudrait  tächer  de  remedier  ä  cet  inconvenient 
ä  rUniversite,  qui  prepare  les  professeurs  de  langues  Vivantes 
ä  leur  future  carriere.  Qu'il  soit  loin  de  moi  de  vouloir  ac- 
cuser  ceux  qui  dirigent  les  etudes  de  linguistique  moderne 
ä  notre  Universite  de  ne  pas  avoir  eu  assez  d'intcret  pour  la 
science  qu'ils  professent  pour  pouvoir  en  eveiller  chez  leurs 
eleves,  mais  ce  sont  ceux-ci  qui  montrent  une  indifference 
incontestee  ä  ce  sujet. 

Ici  nous  touchons  a  une  question  qui  est  autant 
discutee  que  digne  d'etre  observee.  Je  veux  dire  la  future 
reorganisation  des  etudes  neo-philologiques  de  ceux  qui  se 
destinent  au  professorat,  reorganisation  impatiemment  desiree  et 
attendue.  Si,engeneral,  on  est  d'accord  pour  regretterqu'ä  l'Uni- 
versite  la  preparation  des  professeurs  d'ecole  ne  soit  pas  plus  ex- 
clusivement  appropriee  aux  besoins  des  ecoles,  on  Test  ä  plus 
forte  raison  pour  ce  qui  regarde  les  etudes  neo-philologiques.  Ce 
n'est  pas  ici  la  place  de  discuter  cette  question,  et,  d'ailleurs, 
je  me  sens  incapable  de  le  faire.  Mais  qu'il  me  soit  permis, 
ä  propos  de  cette  question,  de  faire  une  remarque  subjective 
qui  s'y  rattache.  Je  ne  crois  pas  qu'il  y  ait  beaucoup  de  pro- 
fesseurs de  langues  modernes  qui  n'avouent  pas  que  la  plus 
grande  partie  du  savoir  linguistique  qu'il  leur  a  fallu  ap- 
prendre  ä  l'Universite  leur  ait  ete  inutile  dans  leur  enseigne- 
ment  ä  l'ecole,  tandis  que,  d'un  autre  cote,  il  y  a  des  parties 
de  la  linguistique  qu'ils  regrettent  de  ne  pas  assez  connaitre. 
Quant  ä  l'histoire  de  la  langue,  le  surmenage  de  la  memoire 
par  toutes  les  transmutations  des  voyelles  et  des  consonnes 
dans  les  dififerentes  periodes  de  la  langue  —  etude  absolu- 
ment  necessaire  pour  quiconque  veut  approfondir  ses  connais- 
sances  historiques  de  la  langue  —  est,  d'apres  mon  avis, 
non  seulement  inutile  pour  un  professeur  d'ecole,  mais  il  est 
aussi  propre  ä  tuer  son    interet.     Si,  au  contraire,  il  y  a  quel- 


Quelques  rcßexions  sur  la  popularisation  de  la  Hn^ruistiquc  moderne.      165 

que  chose  dans  la  linguistique  qui  soit  digne  d'etre  etudie 
par  ceux  qui  se  preparent  ä  la  carriere  pedagogique  —  un 
peil  de  phonetique  historique  est  naturellement  indispensable 
aussi  pour  eux  — ,  c'est  la  semantique.  Rien  de  plus  interes- 
sant que  le  developpement  historique  du  sens  des  mots; 
c'est  de  räme  des  choses  qu'on  a  besoin.  II  n'est  pas  ne- 
cessaire  ici  de  rappeler  que  la  linguistique,  par  la  semantique, 
a  d'etroits  rapports  avec  la  psychologie  et  la  sociologie.  Mais 
retournons  ä  notre  question. 

A  cöte  de  ce  qu'il  faut  esperer  de  la  part  des  ecoles 
et,  en  premier  lieu,  de  la  part  de  l'Universite,  on  pourrait  peut- 
etre  dejä  maintenant  essayer  de  preparer  le  terrain,  pour  qu'il 
soit  plus  apte  ä  recevoir  la  semence. 

Les  seuls  mots,  d'apres  mon  avis,  auxquels  on  pourrait 
peut-etre  des  maintenant  recourir  et  ä  l'aide  desquels  on 
pourrait  demontrer  quelques-uns  des  plus  remarquables  faits 
de  la  linguistique,  les  seuls  dont  le  developpement  tant  mor- 
phologique  que  semantique  parviendrait  peut-etre  ä  eveiller 
de  l'interet  chez  le  public  non  initie  ä  la  linguistique,  ce 
sont  les  mots  entres  dans  l'usage  international.  Prenons 
p.  ex.  le  mot  boulevard,  qui  s'est  vulgarise  aussi  bien  en  fin- 
nois  qu'en  suedois.  Le  grand  voyage  de  ce  mot  d'origine 
germanique  ä  travers  le  monde  roman  tout  entier  pour  re- 
venir  de  nouveau,  apres  s'etre  revetu  en  France  de  l'uniforme 
obligatoire  de  l'epoque,  ä  son  pays  natal  et  pour  arriver 
enfin  jusqu'ä  nous,  cette  histoire  soit-disant  exterieure  du 
mot  est  dejä  interessante;  le  developpement  du  sens,  com- 
mengant  par  «une  espece  de  barricade»  et  finissant  par  «une 
rue  moderne  plantee  d'arbres»,  ne  Test  pas  moins,  car  il  ren- 
ferme  tout  un  chapitre  de  civilisation  ancienne.  Mais  ce  n'est 
pas  ici  la  place  d'insister  sur  des  details.  Je  voulais  seulement 
dire  par  cet  exemple  que  c'est  par  les  mots  de  culture,  qui 
sont  connus  dans  notre  langue  sous  une  forme  ou  sous  une 
autre,  qu'il  faut  commencer  pour  interesser  le  public,  les  mots 
tout  ä  fait  etrangers  lui  etant  indifferents.  Si  l'on  arrivait  ä 
grouper  de  tels  mots  de  culture  connus  representant  un  groupe 
d'idees    quelconque    et,    par  l'etude   historique  et  comparative 


l66        BesprecliHvgen.     J,   Poirof^   11.    Gutzmann,   Physiologie  der  Stimme. 

de  ces  mots,  a  populariser  les  lois  fondamentales  de  la  lin- 
guistique,  voila,  d'apres  mon  avis,  tout  ce  qu'on  pourrait 
faire  chez  nous  ä  rheure  actuelle.  Ce  serait  une  fagon  preli- 
minaire  de  preparer  le  terrain ;  c'est  ä  l'Universite  et  aux 
ecoles  de  faire  le  reste. 

Walter  O.  Streng. 


Besprechungen. 

Hermann  G  atz  mann,  Physiologie  der  Stimme  und  Sprache 
(=  Die  Wissenschaft,  Sammlung  naturw.  und  mathem.  Monogra- 
phien. Heft  29).  Braunschweig,  Vieweg  u.  Sohn,  190g;  X-|-2o8 
Pp.  8:0,  92   Figures. 

On  a  longtemps  manque  d'un  court  expose  des  principes 
physiologiques  de  la  phonelique  qui  füt  au  courant  des  derniers 
resultats  de  la  science.  Le  chapitre  de  Nagel  dans  son  Manuel 
de  Physiologie  avait  dejä  comble  en  partie  cette  lacune.  Voici  main- 
tenant  qu'un  specialiste  bien  connu,  M.  Gutzmann,  professeur  ä 
Berlin,  nous  donne  ce  livre  indispensable. 

M.  G.  s'est  specialise  dans  l'etude  et  le  traitement  de  la 
phonetique  pathologique,  oü  il  a  acquis  une  maitrise  reconnue  de 
tous;  mais  il  a  aussi  donne  ä  la  physiologie  normale  de  la  voix 
et  du  langage  d'importantes  contributions.  C'est  dire  qu'on  sent 
ä  chaque  page  de  son  ouvrage  l'auteur  familiarise  avec  les  moin- 
dres  detail s  du  sujet. 

Le  livre  est  divise  en  deux  sections,  dont  la  premiere  traite 
de  la  respiration  et  de  la  voix,  et  la  seconde  des  sons  articules. 
Des  considerations  anatomiques  ouvrent  chaque  section;  l'expose 
des  resultats  acquis  ä  la  physiologie  est  precede  d'un  expose  des 
methodes  de  recherche  sur  lesquelles  ils  se  fondent.  Le  livre,  illus- 
tre de  nombreuses  gravures,  renferme  ce  qu'un  philologue  soucieux 
d'etudier  serieusement  la  phonetique  a  besoin  de  connaitre  de  cette 
branche.  Je  recommande  en  pariiculier  a  cette  classe  de  lec- 
teurs,  que  je  souhaite  nombreuse,  toute  la  premiere  section,  qui, 
par  l'abondance  et  la  precision  des  renseignements,  me  parait  etre 
un  chef-d'oeuvre  d'exposition.  —  Traitant  des  methodes  de  recherche, 
M.  G.,  Sans  dissimuler  la  necessite  des  methodes  d'enregistrement 
(qui  voudrait  d'ailleurs  la  contester  quand  il  est  question  de  la 
physiologie  generale  de  la  voix  et  du  langage?),  sait  fort  bien  mettre 
cn  lumiere  les  Services  que  les  methodes  d'observaiion  par  l'ou'ie, 
la  vue  et  le  toucher    ont    rendus    et    peuvent  rendre  encore  dans 


Hugo  Suolakli,   Hans  Schuh,   Deutsches   Fretmlwörtejinich.  167 

cette  branche;  on  est  heureux  de  trouver  ce  sens  de  la  tradition 
scientifique  chez  un  maitre  des  nouvelles  mcthodes.  Tous  les 
chapitres  consacres  aux  meihodes  abondent  en  observations  pene- 
trantes, fruit  d'une  longue  pratique. 

Je  terminerai  en  indiquant  quelques  desiderata  pour  une  edi- 
tion  que  je  voudrais  voir  bientot  sortir  de  la  presse.  —  Quoique 
le  titre  de  l'ouvrage  (et  peut-etre  le  plan  de  la  collection)  semble 
exclure  des  considerations  d'acoustique,  je  crois  que  le  livre  gagne- 
rait,  pour  des  philologues,  s'il  conlenait  une  petite  section  exposant 
les  notions  acoustiques  necessaires.  II  offrirait  alors  ä  cette  classe 
de  lecteurs  le  compendium  complet  des  connaissances  acoustiques 
et  physiologiques  qai  leur  sont  necessaires.  —  Parmi  les  meiho- 
des d'observation  du  larynx,  on  regrette  de  ne  pas  voir  brievement 
exposee  la  laryngoscopie.  —  P-  39  l'auteur  rappelle  avec  Nagel 
que  le  raecanisme  de  la  voix  de  fausset  reste  encore  inexplique. 
Comme  la  glotte  ne  se  ferme  pas  entierement,  et  que  le  larynx, 
dans  ces  condiiions,  ne  peut  fonctionner  comme  embouchure  mem- 
braneuse  (Zungenpfeife),  il  reste  ä  trouver  une  explication.  Mais 
n'y  a-t-il  pas  lieu  de  songer,  avec  M.  Guiüemin,  ä  l'application 
des  idees  de  Lootens,  et  d'essayer  au  moins  d'expüquer  le  fonction- 
nement  du  larynx  comme  celui  d'une  embouchure  de  flute  (Lip- 
penpfeife), et  specialement  d'un  appeau?  —  Puisque  je  cite  ici 
le  nom  trop  oublie  de  Lootens,  j'ajoute  que  l'etude  des  «cyclones 
de  Lootens»  formes  dans  l'appareil  buccal,  dejä  commencee  par 
Zwaardemaker,  meriierait  au  moins  une  mention  dans  ce  petit  livre. 

J.  Poirot. 


Hans  Schulz,  Deutsches  Fremdwöiierbiich.  Eiste  Lieferung: 
A — Batterie.  Strassburg.  Verlag  von  Karl  J.  Trübner  19 10.  Preis: 
RM    i:   50. 

Wenn  wir  es  hier  mit  einem  Fremdwörterbuch  von  der  Art 
des  bekannten  Werkes  von  Heyse  zu  tun  hätten,  so  wäre  darüber 
nicht  viel  zu  sagen,  denn  solche  auf  rein  praktische  Zwecke  abge- 
sehene deutsche  Fremdwörterbücher  haben  wir  ja  schon  mehrere. 
Es  handelt  sich  aber  diesmal  um  ein  wissenschaftliches 
Wörterbuch,  wo  die  Worte  geschichtlich  behandelt  sind,  und  ein 
solches  hat  uns  bis  jetzt  gefehlt.  Das  Erscheinen  des  neuen  Wör- 
terbuchs ist  um  so  erfreulicher  als  die  Fremdworte,  die  von  dem 
Deutschen  Wörterbuch  der  Brüder  Grimm  prinzipiell  ausgeschlossen 
wurden,  überhaupt  wenig  untersucht  worden  sind. 

Das  vorliegende  Werk  ist  aus  dem  Boden  der  modernen  Wort- 
forschung emporgewachsen.     Der  Verfasser  hat  gerade  in  der  nach- 


l68    Besprechung eti.  Hugo  Sudahii,  Hans  Schulz-^  Deutsches  Fretnd^vörterliuch. 

sten  Nähe  des  Centralherdes  für  dieses  Forschungsgebiet  seine  Scliu- 
lung  erhalten  und  sein  Name  ist  in  den  Spähen  der  Zeitschrift  für 
deutsche  Wortforschung  uns  schon  öfters  begegnet.  Die  Art,  wie 
er  das  umfangreiche  Material  für  sein  Fremdwörterbuch  bearbeitet 
hat,  zeigt  auch  deutlich  die  Vorzüge  der  neuen  Methode,  welche 
das  Wort  von  dem  ersten  Auftreten  durch  die  verschiedenen  Ent- 
wicklungsphasen verfolgt  und  sich  bemüht  den  Verbreitungs-  und 
Geltungsbereich  desselben  möglichst  sicher  zu  bestimmen. 

Die  einzelnen  Artikel  des  Wörterbuchs  sind  so  abgefasst,  dass 
nach  dem  Stichwort  und  dessen  Umschreibung  das  Verhältnis  zu 
dem  zugrunde  liegenden  Etymon  erörtert,  die  Zeit  der  Entleh- 
nung und  der  Einbürgerung  festgestellt  und  die  weitere  Geschichte 
kurz  skizziert  wird;  darauf  folgen  mit  kleinerem  Druck  die  Beleg- 
stellen, die  uns  den  Entwicklungsgang  im  Einzelnen  verfolgen  lassen. 
Diese  Belege  sind  aus  den  Sammlungen  des  Verfassers  sehr  ge- 
schickt gewählt,  so  dass  sie  das  Wesentliche  in  der  Entwicklungs- 
geschichte der  Worte  hervorheben.  Zu  diesem  Zwecke  genügen 
dem  Verfasser,  der  überall  die  grösste  Knappheit  und  Kürze  an- 
strebt und  wirklich  auch  eine  bewundernswerte  Exaktheit  des  Aus- 
drucks und  Konzentration  der  Darstellung  aufweist,  ofc  nur  ganz 
wenige  Belege.  Die  mitgeteilten  Quellenangaben  zeugen  nicht  allein 
von  grosser  Belesenheit  und  eifrigem  Sammeln  sondern  auch  von 
der  Kunst  des  Verfassers  den  Worten  am  richtigen  Ort  nachzu- 
spüren. 

Es  leuchtet  ohne  weiteres  ein,  dass  der  Plan  des  Werkes 
und  die  eingehende  Bearbeitung  des  Materials  eine  Beschränkung 
des  vorhandenen  Wortvorrats  nötig  machten.  Die  rein  technischen 
Worte  wurden  daher  grundsätzlich  ausgeschlossen  und  ebenso  alle 
völlig  veralteten  Ausdrücke;  aufgenommen  wurde  überhaupt  das 
was  dem  Gebildeten  unserer  Zeit  wirklich  geläufig  ist.  Im  allge- 
meinen wird  man  die  Wahl  des  Verfassers  bei  der  Aufnahme  von 
Worten  billigen  können  und  je  weiter  das  Werk  furtschreitet,  desto 
deutlicher  treten  wühl  die  Prinzipien  zum  Vorschein,  von  denen 
der  Verfasser  sich  hierbei  hat  leiten  lassen.  Vorläufig  sieht  man 
es  nicht  immer  so  klar  ein,  warum  ein  Wort  aufgenommen,  ein 
anderes  ausgelassen  worden  ist.  Ich  denke  z.  B.  an  das  kultur- 
geschichtlich interessante  Wort  Alchimie,  welches  fehlt,  währe  d 
Astrologie  berücksichtigt  wird.  Auch  frage  ich  n  ich,  f  b  Ausdrücke 
wie  Ägypt'sche  Ftnstetnis  in  den  Rahmen  dieses  Wörterbuchs  hin  ein- 
gehören sollten. 

Der  Verfasser  hat  selbst  ausdrücklich  erklärt,  dass  er  es  nicht 
erstrebt  hat,  den  jeweils  frühes  en  Beleg  auf  der  ganzen  Linie  bei- 
zubringen; er  hält  es  für  wichtiger,  duich  eine  Reihe  von  Zeug- 
nissen die  Einbürgerung    eines  Wortes    als  sicher  zu    erweisen,  als 


Suolahti,  Schissel von  Fhschenberg,  Das  Adj.  als  Epith.  im  Liebesliede  des  rs.  Jhs.  1 69 

einen  vereinzelten  Beleg  hinzustellen,  der  bei  genauerem  Zusehen 
oft  nur  ein  gelegentliches  Einmischen  eines  fremden  Ausdrucks,  nicht 
immer  seine  wirkliche  Entlehnung  verbürgt.  Auch  hierin  wird  man 
sicher  dem  Verfasser  Recht  geben  müssen.  In  einigen  Fällen  hätte 
ich  jedoch  gerne  gesehen,  dass  der  erste  Beleg  mitgeteilt  worden 
wäre.  Schulz  sagt,  dass  Argument  schon  in  der  Reformationszeit 
üblich  war;  ein  Hinweis  auf  das  Auftreten  des  Wortes  im  Renner 
(um  1300)  wäre  meines  Erachtens  von  Beiarg  gewesen,  weil  es 
hier  kaum  zufällig  vorkommt,  sondern  charakteristisch  ist  für  eine 
neue  Kulturrichtung.  In  bezug  auf  appellieren  bemerkt  Schulz,  dass  es 
in  der  Gerichtssprache  im  Sinne  von  'um  Hilfe  ansprechen'  seit  dem 
15.  Jahrh.  geläufig  ist;  interessant  ist,  dass  der  Ausdruck  in  die- 
sem S;nne  schon  bei  Heinzelin  von  Konstanz  (also  um  1300) 
auftritt:  »hinnän  ich  appelliere  und  ziuhez  für  die  minne».  Aber 
der  Verfasser,  der  ja  nur  gelegentlich  bis  ins  Mittelhochdeutsche 
hinaufsteigt,  hat  vielleicht  seine  Ausführungen  hier  nicht  weit  aus- 
dehnen wollen  aus  Rücksicht  auf  den  Umfang  des  Buches  und 
auch  mit  Hinblick  auf  seinen  Leserkreis. 

Dr.  Schulz'  Fremdwörterbuch  bietet  nämlich  nicht  nur  dem 
Fachmann  reichlichen  Genuss  durch  den  neuen  Stoff  und  die  vor- 
zügliche Darstellung  desselben,  es  wird  auch  sicher  in  weiteren 
Kreisen  viele  interessierte  Leser  finden.  Ich  hoffe,  dass  alle  Lehrer 
der  deutschen  Sprache  bei  uns  mit  dem  lehrreichen  Werke  Be- 
kanntschaft machea  werden. 

Hugo  Süolahti. 


Otmar  Sohissel  uon  Fieschenberg,  Das  Adjektiv  als  Epi- 
theton im  Liebesliede  des  zwölften  Jahrhunderts  {=  Teutonia,  Ar- 
beiten zur  germanischen  Ptiilologie,  11.  Heft).  Leipzig.  Eduard 
Avenarius.      1908.     XIII -j-  144  S.     Preis  RM.  3:50. 

Schissel  von  Fieschenberg  hat  den  Gegenstand  seiner  Untersu- 
chung scharf  begrenzt  urd  sich  redlich  bemüht,  innerhalb  der  ges  eck- 
ten Grenzen  bleibend,  das  Thema  möglichst  vielseitig  und  erschöpfend 
zu  behandeln.  Im  ersten  Kapitel  (S.  i — 69)  werden  die  Epitheta 
von  allgemein  charakteristischem  Wer  e  analysiert,  das  zweite  Ka- 
pitel (S.  70—91)  behandelt  die  in  epithetischen  Verbindungen  vor- 
kommenden inhaltlichen  Elemente,  d.  h.  die  Substantivbegriffe,  so- 
wie die  selten  erscheinenden  Epitheta,  im  dritten  Kapitel  (S.  92 
— 136)  wird  der  Anteil  der  einzelnen  Dichter  an  dem  Epitheta- 
material klargestellt. 

Obgleich  man  gerne  gewünscht  hätte,  dass  der  Verfasser  auch 
von    aussen    her  seinen  Gegenstand  betrachtet  und  das  historische 


lyo   Bcsprechtingev,  A.  IV.,  Rabe,  Die  Inversiofi  des  Subjekts  im  Frz.  des  XIX.  Jhs. 

Moment  etwas  mehr  betont  hätte,  so  wird  man  doch  zugeben  müs- 
sen, dass  die  enge  Begrenzung  den  Wert  der  sorgsamen  Unter- 
suchung nicht  wesenthch  beeinträchtigt. 

Aus  den  Ausführungen  Schisseis  ergeben  sich  folgende  Re- 
sultate: i)  »Das  Epitheton  neigte  im  höfischen  Liebesliede  des  12. 
Jhs.  zur  Formelbildung.  Eine  Reihe  von  Substantiven  verschmolz 
mit  ihm  zu  einheitlicher  Bedeutung,  die  im  Laufe  häufiger  Ver- 
wendung verblassen,  das  Beiwort  also  zum  Epitheton  ornans  erstar- 
ren konnte».  2)  »Die  wenigen  Substantiva  dieser  Formeln  wip — 
vrouwe,  man,  muot,  wan,  swaere,  not,  munt,vo- 
g  e  1 1  i  n  zeigen,  dass  die  typisierende  höfische  Charakteristik  durch 
Beiwörter  auf  eng  umgrenzte  sachliche  Gruppen  eingeschränkt  war, 
deren  eizelae  Bestandteile  feste  Typen  bildeten:  es  handelte  sich 
um  »den»  man,  »das»  wip,  seltener  in  standesmässiger  Fär- 
bung um  »die»  vrouwe.  Durch  Beifügung  von  Epithetis  brauch- 
ten sie  dann  nur  noch  für  die  vorliegende  Situation  bestimmt  zu 
werden.»  3)  »Über  die  einzelnen  Dichter  ist  zusammenfassend 
nur  zu  sagen,  dass  sie  sich  alle  in  die  »objektive»  Darstellungs- 
weise typisch-höfischer  Kunstübung  gefunden  haben  und  dass  es 
keinem  glückte,  auch  von  keinem  gewollt  war,  davon  abzugehen. 
Nur  die  Art,  wie  sie  ihre  Persönlichkeit  in  die  bestehende  Form 
fügten,  verleiht  ihrer  Dichtung  originelle  Einzelzüge.  Daaait  ist  das 
allgemeine  Gesetz  gegeben,  das  der  höfischen  Minnelyrik  und  ih- 
rem Stile  zugrunde  liegt:  die  Form  war  das  primäre,  aber  auch 
die  innere  Form,  also  der  Stil  und  das  kompositionelle  Schema 
der  Gedichte,  in  das  sich  die  einzelnen  stilistischen  Formeln  streng 
proportional  einpassten.  Die  Frage  nach  dem  Erlebniswerte  des 
Inhaltes  löst  sich  dadurch  von  selbst  in  nichts  auf:  er  musste  Null 
sein  in  einem  Cento  von  Formeln,  der  nach  einem  festen  äusseren 
Schema  aufgebaut  war!» 

Der  ^'erfasser  scheint  jedoch  beim  Ziehen  dieser  Schlüsse  im 
dritten  Punkte  zu  weit  gegangen  zu  sein,  denn  so  allgemein  wie  das 
Resultat  hier  formuliert  worden  ist,  ergiebt  es  sich  nicht  aus  der 
innerhalb  enger  Grenzen  sich  bewegenden  Untersuchung.  Sonst  aber 
steht  die  Formulierung  der  Resultate  durchaus  im  Einklang  mit  den 
Ausführungen  des  Verfassers,  die  einen  wertvollen  Beitrag  zur 
mittelhochdeutschen  Stilistik  bilden.  Hugo  Suolahü. 

Heinrich  Rabe,  Die  Inversion  des  Subjekts  im  Französischen 
des  XIX.  Jahrhunderts.  Inaugural- Dissertation.  Tübingen,  J.  J. 
Heckenhauer,    19 10.     X-f-107   S.     8:0. 

Diese  Arbeit  ist  eine  auf  eine  reiche  Fülle  von  Beispielen 
gestützte,    sehr    lobenswerte    syntaktische  Einzeluntersuchung.      Der 


U.  Lindelöf,  Max  Förster,  English  Authors.  171 

Verf.  weist  überzeugend  nach,  wie  sehr  stilistische  Gründe  bei  den 
verschiedenen  Inversionsraöglichkeiten  mitwirken  können.  Die  ältere 
Sprache  wird  auch  einigermassen  berücksichtigt.  Da  der  Verf.  S.  86 
bei  der  Behandlung  der  »Voranstellung  des  Partizips»  etant  do7nie, 
y  compris  und  passe  bespricht,  fragt  man  sich,  warum  er  nicht  auch 
anderer  präpositioneil  angewandter  Partizipien  (ci-joint,  ci-inclus, 
approiive,  e.xcepte,  non  comptis,  suppose,  enteiidu,  oui,  attendii,  vu, 
eu  (egaid),  hormis,  rez  (couper  tez  terre),  u.  s.  w.)  Erwähnung  tut. 
Dass  in  einem  Satze  wie  N'unporte  le  prix!  (S.  16)  n'importe  vsi- 
persönlich  und  le  prix  als  Ackusativ  der  Beziehung  zu  fassen  sein 
könnte,   kommt  mir  unmöglich  vor.  A.    W. 


Max  Förster,  English  Authors.  On  the  basis  of  a  selec- 
tion  by  Ludwig  Herrig.  Braunschweig  (George  Westermann)  191 1; 
VIII-)-335  S.  gross  8:0  (zum  grössten  Teil  zweispaltig).  Preis 
geb.  RM.  3:  50. 

Das  vorliegende  Buch  ist  eine  verkürzte  Bearbeitung  der  be- 
kannten »British  Classical  Authors»  von  Herrig- Förster  (vgl.  dar- 
über meine  Rezension  in  Neuphilol.  Mitt.  1905,  S.  31  f).  Die 
Zahl  der  aufgenommenen  Schriftsteller  ist  beträchtlich  reduziert,  vor 
allem  für  die  älteren  Perioden  (lö — 18  Jahrb.);  zwei  Drittel  des 
Buches  sind  Dichtern  und  Prosaschriftstellern  des  19.  Jahrhunderts 
gewidmet.  Die  Neubearbeitung  beschränkt  sich  indessen  keines- 
wegs auf  Ausschliessung  und  Kürzung;  vielmehr  kommen  zahl- 
reiche Stücke  vor,  die  in  das  grössere  Buch  nicht  aufgenommen 
waren,  und  einige  Schriftsteller  sind  hier  vertreten,  von  denen  das 
ähere  Werk  keine  Proben  mitteilte,  weshalb  das  neue  Buch  auch 
als  Ergänzung  der  »Classical  Authors»  gebraucht  werden  kann. 
Die  Auswahl  ist  überhaupt  vorzüglich  und  für  die  verschiedenen 
Seiten  der  englischen  Liiteratur  —  auch  der  gelehrten  —  reprä- 
sentativ. Die  biographischen  Notizen  über  die  verschiedenen  Schrift- 
steller sind  kürzer  als  in  dem  älteren  Werke  und  auch  sonst  z.  T. 
umgearbeitet.  Ein  Glossar  erklärt  alle  seltenen  und  schwierigen  Wör- 
ter, die  in  den  Textproben  vorkommen.  Die  Karten  des  grösseren 
Werkes  kommen  auch  in  den  »English  Authors»  vor;  ausserdem 
finden  sich  hier  24  Porträts  englischer  und  amerikanischer  Schrift- 
steller. Das  Buch  trägt  durchgehends  denselben  Charakier  der 
Gründlichkeit  und  Sorgfalt,  der  dem  grösseren  Werke  eigen  ist.  Die 
grössere  Ausgabe  wird  neben  den  English  Authors  auch  weiterhin 
fortbestehen.  U.  Lindelöf. 


172  Besprechungen,      Hugo  Suo/ahii, 

Solmu  Ny ström,  Deutsches  Lehrbuch  für  den  Anfangsunter- 
richt. Zweite  veränderte  und  vermehrte  Auflage.  Borgä.  Wer- 
ner Söderström  osakeyhtiö.    VIII-l-263   S.     Preis  FM.   3:  2^. 

Als  ich  in  dem  Jahrgang  1907  der  Neuphilologischen  Mit- 
teilungen (S.  107  ff.)  das  neue  Elementarbuch  von  Ny&tröm  an- 
zeigte, sprach  ich  als  meine  lebhafte  Überzeugung  aus,  dass  es 
noch  viele  Auflagen  erleben  werde.  Nun  liegt  —  nach  einem 
Zwischenraum  von  drei  Jahren  —  die  zweite  Auflage  in  stark  ver- 
änderter Fassung  vor. 

Indem  ich  die  Leser  dieser  ZeitschrJfc  auf  die  neue  Auflage 
aufmerksam  mache,  verzichte  ich  aus  naheliegenden  Gründen  auf 
eine  ausführliche  Charakteristik  derselben.  Die  Vorzüge  und  Schwä- 
chen eines  Lehrbuches  treten  ja  in  ihren  Einzelheiten  erst  beim 
Gebrauch  desselben  deutlich  hervor  und  ich  kann  daher  beim  Man- 
gel praktischer  Erfahrung  hier  nur  von  dem  Eindruck  Bericht  er- 
statten, den  das  Buch  auf  den  Leser  macht.  Hoffentlich  werden 
demnächst  die  Lehrer,  welche  deutschen  Elementarunterricht  ertei- 
len, sowohl  öffentlich  wie  privatim  dem  Publikum  und  dem  Ver- 
fasser über  ihre  Erfahrungen  genaue  Auskunft  geben.  Gerade  sol- 
chen Winken  und  Ratschlägen  erfahrener  Schulmänner  verdankt 
Nyström  —  wie  wir  aus  dem  Vorwort  ersehen  —  auch  einen  Teil 
der  Verbesserungen,  welche  die  vorliegende  Auflage  aufweist;  der 
grösste  Teil  derselben  beruht  offenbar  auf  Erwägungen,  die  sich 
aus  der  eigenen  Praxis  des  Verfassers  ergeben  haben. 

Dio  zweite  Auflage  unterscheidet  sich  schon  äusserlich  von 
ihrem  Vorgänger  durch  das  grössere  Format  und  den  grösseren 
Umfang.  Dies  ist  nicht  nur  dadurch  bedingt  w^orden,  dass  die 
früher  im  Zusammenhang  mit  den  Wolter  Verzeichnissen  mitgeteil- 
ten Winke  über  die  Behandlung  der  Lesestücke  weiter  ausgearbeitet 
worden  sind,  so  dass  sie  unter  einer  besonderen  Rubrik  (»Münd- 
liche und  schriftliche  Aufgaben»)  vereinigt  einen  weiten  Raum  ein- 
nehmen, sondern  auch  dadurch,  dass  zu  den  früheren  vier  Abschnit- 
ten des  Textes  noch  ein  fünfter  und  ein  sechster  hinzugekommen 
sind.  Die  Lesestücke  dieser  letzten  Textabschnitte  hat  der  Verfas- 
ser teils  aus  früheren  Abschnitten  der  alten  Auflage,  teils  aus  sei- 
nem im  Jahre  1908  erschienenen  Deutschen  Lesebuche  herübei- 
genommen,  ein  geringerer  Teil  derselben  sind  für  uns  ganz  neu. 
Auch  in  den  übrigen  Abschnitten  sind  alte  Lesestücke  vielfach  durch 
neue  ersetzt  worden  und  andere  haben  ihren  Platz  gewechselt,  so 
dass  das  Buch  ein  ganz  anderes  Aussehen  bekommen  hat  als  frü- 
her. Neu  ist  auch  das  vor  dem  eigentlichen  Texte  stehende  kleine 
Kapitel   »Reime  und  Verschen». 

Man    sieht    also    gleich  auf  den  ersten  Blick,  dass  der  Ver- 


SolfiiH  Ayströiii,   Deutsches  Lehrbuch,  2.  Auf.  173 

fasser  nicht  auf  seinen  Lorbeeren  ruhen  geblieben  ist,  sondern  an 
seinem  Buche  eifrig  weitergearbeitet  hat.  Eine  nähere  Bekanntschaft 
mit  demselben  zeigt,  dass  die  Vorzüge  der  alten  Auflage  durch 
die  starke  Umarbeitung  sich  keineswegs  verwischt  haben,  sondern 
im  Gegenteil  deutlicher  hervortreten.  Überhaupt  sind  die  charak- 
teristischen Eigenschaften  des  Buches  trotz  der  Veränderungen  im 
wesentlichen  dieselben  geblieben;  sie  hängen  eben  mit  dem  ganzen 
Naturell  des  Verfassers  besonders  eng  zusammen.  So  ist  denn  auch 
der  Humor,  der  erfrischend  durch  die  Lesestiicke  der  alten  Auf- 
lage durchzog,  im  Laufe  der  drei  Jahre  rieht  versiegt,  und  auch 
diesmal  frage  ich  mich,  ob  nicht  das  anekdotenhafte  Element  im 
Texte  —  zugegeben,  dass  es  sich  für  den  Anfangsunterricht  beson- 
ders gut  eignet  —  doch  etwas  zu  stark  überwiegt.  Auch  finde 
ich,  dass  die  zahlreichen  kaiserlich-königlichen  Anekdoten  in  unse- 
rer demokratischen  Zeit  sich  etwas  altmodisch  ausnehmen.  Im 
allgemeinen  wird  man  aber  die  am  Texte  vorgenommenen  Ände- 
rungen getrost  mit  dem  Verfasser  als  »Verbesserungen»  bezeichnen 
können  und  dies  nicht  allein  mit  Rücksicht  auf  den  für  die  Ele- 
mentarschüler geeigneten  Anschauungskreis  und  die  klare,  einfache 
Sprache,  sondern  auch  mit  Rücksicht  auf  die  im  Texte  za  Tage 
tretende  Methode  des  Unterrichts. 

In  der  alten  Auflage  hatte  der  vorwärts  stürmende  Verfas- 
ser seinem  lebhaften  Temperament  entsprechend  doch  zu  viel  gram- 
matischer Schwierigkeiten  in  die  ersten  Lesestücke  verlegt  und  noch 
dazu  eben  diese  Lesestücke  blos  in  ihren  Umrissen  entworfen,  so 
dass  dem  Lehrer  die  Arbeit  sehr  schwer  gemacht  wurde.  Die 
neue  Auflage  führt  die  grammatischen  Formen  in  ruhigerem  Tempo 
vor  und  die  Lesestücke,  die  et\\'as  ausführlicher  geworden  sind, 
werden  durch  die  oben  bereits  erwähnten  ganz  vorzüglichen  »münd- 
lichen und  schriftlichen  Aufgaben»  kommentiert.  Für  meinen  per- 
sönlichen Geschmack  könnte  das  Tempo  allerdings  noch  ein  wenig 
langsamer  sein.  Auf  den  ersten  4  Seiten  wird  vielleicht  etwas  zu  viel 
grammatischen  Materials  geboten;  die  Schüler  werden  hier  nicht 
allein  mit  den  Nominativformen  der  beiden  Artikel  und  den  Prä- 
sensformen (Indik.  und  Imper.)  der  starken  und  schwachen  Verba 
bekannt  gemacht,  sondern  auch  mit  der  Präsensflexion  des  Hilfs- 
verbums  sein  u.  a.  Nach  diesen  8  Stt\cken  folgt  allerdings  eine 
Ruhestelle  (Nr  9),  wo  Schüler  und  Lehrer  wieder  aufatmen  kön- 
nen. Inbezug  auf  die  Reihenfolge  des  vorgeführten  Formenstof- 
fes vermag  ich  nunmehr  bis  auf  einige  Einzelheiten  dem  Verfasser 
beizustimmen  und  möchte  sein  Geschick  in  der  Behandlung  dieses 
Stoffes  ebenso  wie  des  Wortmaterials,  mit  welchem  operiert  wird, 
ausdrücklich  betonen. 

In  dem  kleinen  Abriss  der  Grammatik  lassen  die    Formulie- 


174     Besprechungen,   U.  Lindelöf,   Ilanna  Andersin,   An  English  Prhner. 

rungen  einiger  Regeln  an  Exaktheit  zu  wünschen  übrig  (so  die 
Definition  des  Umlauts  und  die  Regeln,  welche  den  Umlaut  der 
Neutra  betreffen,  ferner  die  Regeln  über  die  Bildung  der  Ordnungs- 
zahlen und  des  Superlativs,  sowie  die  Erklärung  zusammengesetzter 
Verba).  —  Das  Wörterverzeichnis  ist  nicht  ganz  frei  von  Druck- 
fehlern, Ein  schlimmes  Versehen  findet  sich  S.  170:  Die  Feminina 
haben  im  Plural  keine  Biegungsendung». 

Nyströms  Lehrbuch  bedarf  keiner  besonderen  Empfehlung 
mehr.  Es  hat  sich  in  dem  Unterricht  rasch  eingebürgert  und  dass 
es  dort  einen  gesicherten  Platz  behaupten  wird,  dafür  bürgt  nicht 
nur  der  Erfolg  der  ersten  Auflage  sondern  auch  der  Fortschritt, 
den  das  Buch  in  seiner  neuen  Gestalt  bezeichnet. 

Hugo  Suolahü. 


Hanna  Andersin,  An  English  Primer.  IX-f-140-1-83  Sei- 
ten 8:0.  Helsingfors  (Otava)  19 10;  in  zwei  Ausgaben  erschienen, 
eine  mit  schwedischer,  die  andere  mit  finnischer  Wiedergabe  der 
Vokabeln. 

Das  vorliegende,  für  den  Schulunterricht  ausgearbeitete  Ele- 
mentarbuch enthält  eine  beträchtliche  Anzahl  englischer  Lesestücke 
in  Prosa  und  Vers,  mit  ganz  einfachen  Stücken  beginnend  und 
allmählich  zu  etwas  schwierigeren  fortschreitend.  Die  Auswahl  ist 
mit  Umsicht  und  Geschick  gemacht  und  bietet  vor  allem 
eine  gt^nügende  Merge  »nützlicher»  Siücke,  welche  in  systema- 
tischer Weise  gewisse  begrifflich  zusammengehörende  Gruppen  von 
Wörtern  und  Ausdrücken  vorführen,  sowie  einige  Lesestücke,  die 
verschiedene  Seiten  des  englischen  Lebens  beleuchten.  Ein  sorg- 
fältiges Studium  dieser  Stücke  wird  dem  Schüler  einen  im  prak- 
tischen Leben  sehr  zu  statten  kommenden  Vorrat  von  Wörtern 
und  idiomatischen  Ausdrücken  beibringen.  Es  fehlt  aber  im  Buche 
auch  nicht  an  kleinen,  zum  Teil  recht  amüsanten,  Anekdoten,  so- 
wie an  kurzen  Erzählungen,  Sprichwörtern,  u.  dgl.,  und  die  poe- 
tischen Stücke,  geben  dem  Leser  Proben  von  verschiedenen  Arten 
englischer  Dichtung.  Die  Zusammenstellung  des  Lesebuchs  muss 
überhaupt  als  sehr  gelungen  bezeichnet  werden.  Eine  Anzahl  gut 
ausgefallener  Bilder  tragen  dazu  bei,  dem  Lehrbuch  einen  anzie- 
henden Charakter  zu  verleihen,  und  auch  die  Musik  kommt  zu 
ihrem  Recht,  indem  am  Ende  des  Buches  einige  populäre  Lieder 
mitgeteilt  werden.     Die  Korrektur  ist  durchgehends   sehr  sorgfältig. 

Dem  Lesebuch  schliesst  sich  als  zweiter  Teil  ein  vollständi- 
ges Wörterverzeichnis  an.  Dieser  lexikalische  Teil  giebt  zu  den  Stüc- 
ken    I — 25    eine  vollständige  phonetische  Transskription  und  eine 


Efitgegvung.     B.  Schädel,  Zur  Aussprache  lies  Katalanischen.  175 

Übersetzung;  zu  den  Stücken  26 — 65  werden  besondere  Wörter- 
verzeichnisse gegeben;  schliesslich  folgt  ein  alphabetisches  Glossar 
zu  den  Stücken  66 — 125.  Das  Wörterverzeichnis  ist  durchgängig 
mit  phonetischer  Transskription  versehen  (System  der  Association 
Phonctique  Internationale).  Der  Rez.  hat  seinesteils  nie  die  so 
gewöhnliche  Transskription  der  englischen  Vokale  in  name,  go  durch 
neim,  gou  recht  billigen  können,  sondern  hält  die  (im  New  English 
Dictionary,  sowie  in  Grieb  -  Schröers  Wörterbuch  und  in  Herrig — 
Försters  British  Classical  Authors  befolgte)  Bezeichnung  f7e' m,  gö" 
für  korrekter;  doch  werden  andere  wohl  in  dieser  Frage  anderer 
Ansicht  sein. 

Zum  Schluss  ein  paar  Bemerkungen  zum  Wörterbuch.  Bei 
aller  Sorgfalt  sind  anscheinend  doch  einige  in  den  Lesestilcken 
vorkommende  Wörter  nicht  im  Glossar  verzeichnet  worden,  so 
z.  B.  reslaurafil  (Seite  26),  beaver  {hat  S.  60  letzte  Zeile),  trout 
(S.  83),  Urne  (S.  100,  Z.  3),  boiinet  (S.  lOi,  Z.  12),  dorne  S.  1 1 1, 
Z.  4  v.  u.).  —  Einigemal  genügen  die  im  Glossar  gegebenen  Bedeu- 
tungen nicht  um  den  in  gewissen  Lesestücken  vorkommenden  Ge- 
brauch eines  Wortes  klar  zu  machen;  so  z.  B.  bei  bcdy  (vgl.  S.  46, 
Z.  5);  bursar  (S.  54,  Z.  4  v.  u.,  hier  entschieden  nicht  »Stipen- 
diat», sondern  »skattmästare»  oder  »ekonom»);  favour  {?>.  80,  Z.  i), 
juash  (S.  94,  Z.  2  V.  u.);  für  dispense  =  undvara  (S.  37,  Z.  3  v.  u.) 
sollte  dispense  witli  stehen ;  bei  stuck  wird  auf  Inf.  stick  hingewie- 
sen, der  indessen  gar  nicht  im  Glossar  vorkommt.  Irreführend  ist 
durch  zu  grosse  Kürze  eine  Angabe  wie  bound,  gunga;  inf.  biiid. 
Inkonsequent  ist  die  Transskription  jostle  =  d^ossl,  neben  castle 
=   ka:sl. 

Das  Lehrbuch  Frl.  Andersins  wird  dem  englischen  Unterricht 
in  unseren  Schulen  gewiss  vorzügliche  Dienste  leisten  können.  Im 
Vorwort  wird  das  baldige  Erscheinen  einer  sich  an  dasselbe  an- 
schliessenden Elementargrammatik  in  Aussicht  gestellt. 

U.   Lindelöf. 


Entgegnung. 

Zur  Aussprache  des  Katalanischen. 

Über  diesen  Gegenstand  hat  Herr  Oiva  Joh.  T  a  1 1  g  r  e  n 
in  dieser  Zeitschrift  (1909,  S.  219 — 25)  bei  Gelegenheit  der  dan- 
kenswert eingehenden  und  von  speziellem  Interesse  zeugenden  Be- 
sprechung meines  Manual  de  fonetica  catalana  eine  Reihe  von  Be- 
merkungen gebracht.  Wenn  ich  mich  zu  ihnen  hier  äussere,  so 
geschieht    dies    nicht  nur,  weil  Manches  darin  in  sachlicher  Bezie- 


176  Entgegnung.     B.  Schädel, 

hung  eine  Richtigstellung  erheischt,  sondern  auch  besonders,  weil 
es  sich  hier  um  einige  methodische  Fragen  handelt,  zu  denen  Herr 
Tallgren  in  ein  gewisses  Verhältnis  tritt. 

Er  sagt  S.  219,  dass  mein  (1908  erschienenes)  Manual  das 
erste  dieser  Art  sei  und  dass  der  erste,  der  katalanische  Texte  in 
phonetischer  Umschrift  publiziert  habe,  Herr  J.  M^  Arteaga 
Pereira  {Maitre  phoiietique  1904)  gewesen  se'.  Das  kann  so 
verstanden  werden,  als  wenn  nach  der  nur  sehr  kurzen  Sprach- 
probe des  Herrn  Arteaga  nichts  Katalanisches  mehr  phonetisch 
gedruckt  worden  wäre.  Ich  verweise  auf  ca.  20  Seiten  phoneti- 
scher Texte  aus  Mallorca,  die  ich  IQ05  herausgab  {Mundartliches 
aus   Mallorca,   S.    7   ff.) 

S.  220  sagt  Herr  Tallgren,  dass  ich  ia  meinem  Manual  64 
katalanische  Laute  unterscheide  und  dass  ich  ia  meiner  Arbeit 
über  die  katalanischen  Pyrenäendialekte  deren  72  zähle.  Das  Letz- 
tere ist  unrichtig.  Es  sind  nicht  etwa  noch  8  hinzaentdeckt  oder 
im  Manual  s.  Zt.  von  mir  vergessen  worden,  sondern  unter  den 
72  phonetischen  Zeichen,  die  Herr  Tallgren  in  der  neueren  Arbeit 
vorgefunden  hat,  bedeutet  eine  ganze  Anzahl  Laute,  die  auf  dem 
gesamten  katalanischen  Sprachgebiet  unbekannt  sind.  Sie 
sind  für  languedocische  und  französische  Beispiele  vorgesehen,  die 
ich  in  {  honetischer  Umschrift  zi'iere.  ■DParmt  les  sons  pns  en  con- 
sideration  dans  ce  travftil,  mais  non  pas  dans  le  M anual,  il  faut 
noter  siftout  les  voyelles  ante'rieures  artondies  [ce]  [ü]  ei  des  sons 
apparemes-i) .  Wer  das  liest,  glaubt,  in  den  katalanischen  Pyrenäen 
exisn- rten  gründete  Vorderzunger  vokale,  die  in  meinem  Manual 
fehlten.  Das  ist  völlig  unnch'ig.  » Une  espece  d'  [ce]  avait  ete 
de  ä  Signale,  pour  Majorque,  par  Sardihandy.  dans  le  Grundriss, 
1^,  S.  84g».  Es  ist,  wie  ich  schon  bei  verschit denen  Gelegen- 
heiten hervorgehoben  habe,  ein  grober  phonetischer  Fehler,  von 
emem  mallorkinischen  [oe]  zu  sprechen.  Er  ist  zuerst  von  Brekke, 
Romania  1888,  91  ff.  oder  vielmehr  dessen  Gewährsmännern  auf- 
gebracht, und  von  Saroihandy  nur  n;ichgesprcchen  worden,  vgl. 
meinen  Bericht  über  die  katalar  ische  Philologie  (1905),  S    9. 

S.  221  Wird  gefragt,  ob  die  phoneüsche  Schreibung  der  im 
Text  als  Beispiele  zitierten  Einzelworte  die  Aussprache  desselben 
Individuums  repräsentiere  wie  diejenige  der  zusammenhängenden 
phonetischen  Texte  am  Schluss.  Es  wäre  dasselbe  den  Verfasser 
eines  Handbuches  der  französischen  Aussprache,  der  le  jour  mit 
[Ia  gur],  Ia  femme  mit  [Ia  fam]  transskribiert,  zu  fragen,  von  welchem 
Indiv  duum  er  hier  die  Aussprache  wiedergiebt.  Ich  habe  die 
Beispiele  für  die  einzelnen  Laute  natürlich  so  gewählt,  dass,  falls 
individuelle  oder  (innerhalb  der  Gegend  von  Barcelona)  regionale 
Schwankungen   in    der  Aussprache  vorkommen,  dieselben  zu  mini- 


Zur  Aussprachi  des  Kalalanischcn.  177 

mal  und  akustisch  zu  irrelevant  sind,  als  dass  sie  in  diesem  Hand- 
buch berücksichtigt  za  werden  brauchten.  Es  ist  zweierlei,  ob  ich 
ein  Individuum  le  jour  oder  la  rahö  aussprechen  lasse  oder  ob  ich 
einen  zusammenhängenden  Text  transskribiere,  dessen  Werte  mir 
gegeben  sind  und  bei  dem  die  verschiedenartigsten  Faktoren  er- 
hebliche Schwankungen  nicht  nur  von  Gegend  zu  Gegend,  von 
Sujet  zu  Sujet,  sondern  auch  in  der  Sprache  des  gleichen  Indivi- 
diuims  bedingen.  Die  Transskription  meiner  Beispiele  stellt  die 
Aussprache  von  Hunderttausenden  dar,  d'ejenige  der  Texte  e  i  - 
n  e  s   Individuums. 

S.  221  rügt  es  Herr  Tallgren,  i )  dass  ich  S.  9  [b]  von 
franz.  hoire  gleichsetze  mit  [b]  von  kastilisch  buenas,  brazo;  2) 
dass  ich  einem  katalanischen  Leser  zumute  zu  merken,  was  ge- 
meint ist,  wenn  ich,  um  ihm  den  Unterschied  zwischen  [b]  und 
[t)]  klar  zu  machen,  für  [b]  als  Beispiel  —  ausser  dem  franz. 
boire,  it.  bello  —  das  katal.  bona  fiit,  hlanch  und  das  kas'il.  bue- 
nas,  brazo,  für  [Tj]  katal.  faba,  käst,  haba  nenne.  Ad  i)  kann 
ich  nur  sagen,  dass  nach  meinen  Beobachtungen  an  Kastiliern  so- 
wohl einzeln  artikulierte  Worie  (nur  solche  gebe  ich  als  Bei- 
spiel) als  solche,  die  auf  eine  Pause  folgen,  das  wesentliche 
Element,  auf  das  es  hier  ankommt,  nämlich  a  0  (Jespersen),  durch- 
aus mit  fracz.  boire,  it.  bello  gemein  haben,  und  ich  glaube  nicht, 
dass  ich  hier  abnorme  Aussprachen  beobachtet  habe  oder  falsch 
beobachtete.  Ob  a  0  vorliegt  oder  nicht,  ist  so  ziemlich  das 
Simpelste,  was  es  in  der  Phonetik  zu  beobachten  giebt.  Ad  2) 
gebe  ich  zu,  dass  es  noch  deutlicher  wäre  zu  sagen:  »Kastil. 
buenas,  brazo  nach  einer  Pause»;  aber  ich  gebe  ja  hier  nur  eine 
yybreu  espltcaaö  provisionah,  und  dem  Leser  wird,  was  Herr  Tall- 
gren übersehen  zu  haben  scheint,  S.  37 — 40  in  nicht  misszuver- 
stehender Weise  klar  gemacht,  wie  sich  [b]  und  [T)]  unterscheiden. 

S.  221:  »;7  doit  y  avoir  une  fawe  d'impresston  fächeiise  daiis 
la  ttansctiptton  du  casl.  el  vino,  qui  se  prononce,  tion  pas  avec  [b] , 
mais  avec  un  son  tout  different  qui  est  de'cide'mefii  le  fticatif  cotres- 
pondanh-).  Nein,  es  ist  kein  Druckfehler.  Ich  leugne  keines- 
wegs, dass  die  von  Tallgren  als  einzig  hingestellte  Aussprache  [el 
t)ino]  im  Kasiilischen  existiert,  also  dass  nach  /  ein  a  2  in  diesem 
Laut  vorkommen  kann,  behaupte  jedoch,  dass  auch  [b]  mit  a  0 
sich  häufig  beobachten  lässt  und  zitiere  und  nenne  an  der  betref- 
fenden S;elle  unzweideutig  diese  Artikulationswe'se.  An  der  von 
Tallgren  zitierten  Stelle  von  Menendez  Pidal's  Manual  finde  ich 
keine  Angabe  des  Inhalts,  dass  nach  /  ein  a  0  nicht  vorkommt, 
dagegen  die  unrichtige  Angabe  >->En  boca  de  catalanes  y  valencianos, 
la  V  es  labiodentah    ('\gl.   irein   Manual,   S.   37 — 40). 

ib.    Ich  halte  es  für  sehr  dankenswert  und  nützlich,  dass  Unguis- 


178  Entgegnu7i^^ ,     B.  Schädel, 

tisclien  und  sonstigen  Büchern  etwaige  Druckfehler  von  ihren  Rezen- 
senten nachgewiesen  und  korrigiert  werden.  Dagegen  halte  ich  es  für 
nicht  wünschensAvert,  wenn  sich  die  Sitte  einbürgerte,  dass  vermutungs- 
weise von  »faules  d'impiestion  prohables>y,  die  nicht  näher  genannt 
werden  und  noch  weniger  als  solche  glaubhauft  gemacht  werden, 
gesprochen  wird.  Jedenfalls  verwahre  ich  mich  für  meine  Person 
dagegen,  dass  man  mir  solche  fiktiven  Druckfehler  aufkreidet  und 
dadurch  meiner  Arbeitsweise  den  Charakter  der  Lodderigkeit  an- 
hängt.    Wenn  Heir  Tallgren 

S.  223  bemerkt:  M.  Schädel  tratiscrit  (/>.  81,  l.  ^4)  les  rocjues 
avec  [s] .  On  s'altendrait  du  rnoms  n  [z] ,  >^avant  la  consomie  so- 
noreT>  .  .  .  que  faut-il penser  de  cette  dualite  de  transcription  diumenge, 
fingit,  angel  .  .  .  ious  avec  [&] ,  vis- a -ins  de  menges,  eail  avec  [g], 
el  cela  pre'ciseme7il,  patmi  les  exemples  de  ce  son?  M.  Arleaga  pro- 
nonce  le  /i/,  »oder  wenn  er  S.  224  oben  sagt  yla  transcriplion 
offre  des  inconse'quences-»  und  diese  Inkonsequenzen  als  Hörfehler, 
Schreibfehler,  Druckfehler  erklären  will,  oder  ib.  feststellt:  »/<?j  in- 
te'rcssants phe'nomenes  d' assimilation  regressive  ou  avticipante  .  .  .  ne  sont 
pas  tendus  avec  beaucoup  de  1  egularite'f> ,  Avährend  » J^  Arteaga 
admet  les  assimilalions  de  celle  espece  avec  loute  regularile»,  so  stellt 
sich  Herr  Tallgren  hiermit  auf  einen  Standpunkt,  der  so  entfernt 
ist  von  dem  Standpunkt  derer,  die  es  mit  der  Aufnahme  und 
Beobachtung  lebender  Idiome  zu  tun  haben,  dass  es  mir  fast  aus- 
sichtslos erscheint  in  dieser  methodischen  und  prinzipiellen  Frage 
—  und  um  eine  solche  handelt  es  sich  hier  —  mich  mit  dem 
Herrn  Rezensenten  auseinanderzusetzen.  Herr  Tallgren  stellt  sich, 
wie  ich  aus  seinen  vorstehenden  Bemerkungen  g'aube  entnehmen 
zu  müssen,  die  Sprache  —  ich  meine  jetzt  die  lebendige,  wirk- 
liche, nicht  die  papierene  Sprache  —  als  etwas  Einheitliches,  Star- 
res, Uniformes  vor,  und  er  setzt  zum  Mindesten  voraus,  dass  ein 
und  dasselbe  Individuum  ein  und  dasselbe  Wort  stets  gleich  aus- 
sprechen müsse.  Wenn  meine  Transskription  die  von  ihm  voraus- 
gesetzte Uniformität  nicht  zeigt,  so  schliesst  er  ohne  \\'eiteres  — 
dass  sie  falsch  sei.  —  Jeder,  der  viel  nach  der  lebenden  Sprache 
phonetische  Niederschriften  angefertigt  hat,  weiss,  was  von  solch 
regularisierten,  uniformen,  »konsequenten»  Transskriptionen  zu 
halten  ist.  Ihr  klassisches  Ebenmaass  rührt  daher,  dass  der  Ver- 
fasser aus  Angst,  dass  ihm  die  papierene  Kritik  Hörfehler,  Schreib- 
fehler, Druckfehler  vorwirft,  hinterher  am  Schreibtisch  seine  Nie- 
derschrift »kritisch»  bearbeitet,  d.  h.  fälscht.  Solches  regularlsie- 
rende  Verwi.«^chen  und  Retouchieren  der  tatsächlichen  Lautfolgen 
möge  mir  Herr  Tallgren  nicht  zumuten.  Gewiss,  Herr  Arteaga 
■»admet-}'  dieses  oder  »verwirft»  jenes.  Das  nenne  ich  phone- 
tischen   Purismus.      Wir     aber     haben    festzustellen,  was  das  Indi- 


Zur  Ausspraclu  des  Katalanischen.  179 

viduura,  das  wir  beobachten,  an  Lautfolgen  produziert  und  diese 
rücksichtslos  mit  den  phonetischen  Zeichen,  die  wir  gewählt  haben 
und  unter  peinlichster  Beobachtung  der  lautlichen  Unterscheidungen, 
die  ihnen  zu  Grunde  liegen,  zu  notieren.  Und  wenn  wir  dies  tun, 
ergiebt  sich  eben,  dass  ein  und  dasselbe  Individuum  das  eine  Mal  les 
roques  mit  [s]  ausspricht,  weil  es  aus  irgend  einem  Grunde  die  beiden 
Worte  nicht  so  eng  verbindet  als  ein  anderes  Mal,  wo  es  bei  den- 
selben Worten  [z]  artikuliert;  oder  dass  es  [beanstandet  von  Herrn 
Tallgren,  S.  224]  das  eine  Mal  viatje  mit  [gg],  das  andere  Mal 
vilatje,  paisatje  mit  [c]  ausspricht;  zwölf  Mal  esquerra  mit  [e],  ein- 
mal mit  [e].  Herr  Tallgren  sagt,  das  sind  Hörfehler.  Ich  sage 
ihm,  dass  ich  mein  phonetisches  Handwerk  aufgeben  würde,  wenn 
ich  nicht  im  S'ande  wäre  derartig  primitive  Dinge  wäe  \^^^  — 
[c].  [s]  —  [z],  [e]  —  [e]  auch  in  schnellster  Rede  zu  erkennen. 
Vorläufig  übe  ich  es  aber  noch  aus  und  protestiere  ich  gegen  die 
Unterstellung  ^Us  textes  de  M.  Schädel  ne  sont  pas  dignes  de  toute 
confiance» ,  und  zwar  hinsichtlich  der  -»distinction  ä  faire  entre  les 
sons  nio  2  et  j,  9  et  12,  24  ^i  3^  tespectivement».  Soviel  ich  weiss, 
habe  ich  die  Existenz  gerade  dieser  Lautunterschiede  (es  handelt 
sich  um  [b]  —  [Ij],  [d]  —  [(!],  [g]  —  [g])  im  Katalanischen  über- 
haupt zuerst  nachgewiesen. 

Im  Einzelnen  möchte  ich  Herrn  Tallgren  noch  darauf  auf- 
merksam machen,  dass  zwischen  [-nga]  und  [-cza]  kein  Ab- 
grund klafft,   vgl.  Jespersen,   Lehrbuch  S.   62. 

S.  221  unten  bis  S.  222  unten.  Das  Raisonnement  Tallgrens 
über  lange  Konsonanten  ist  mir  nicht  verständlich.  —  //  y  a  Heu 
d^objecter,  d'abord,  qu^ä  la  d'fference  des  Italiens,  les  Catalavs  ne 
possedent  point  dans  leur  lavgue  ces  continues  piolongees  [assss .  .  .  a] 
auxquelles  C auteur  ve'-t  se  referer,  pas  p'us  qut/s  ne  conna'ssent  les 
explosives  (ou  pluioi:  plosives)  prolo7igeesy>.      Wenn    ich  S.   26  sage: 

r>Per  comprendre  exactametit  la  di/etencia  entre  Is  sons  conti- 
tiuus  i  eis  esplosius,   que's  pronuncim  aqueys   boldtous  de  fonenies 

1.      [asa,   afa,   asa,   ata,   ala] 

2      [apa,  ata,   akaj . 

A  la  Serie  i)  pot  un,  menttes  li  duri  Fale,  allargar  tot  quant 
vulia  la  duraciö  de  la  consonant:  [assss  .  .  .  a,  aß'ff .  .  .  a,  aS-sss  .  .  .  a, 
arrrr  .  .  .  a,   allll .    .  a]   u.   s.    w.», 

so  bedeutet  das  doch  nicht,  die  Katalanen  besässen  in  ihrer  Sprache 
ein  gedehntes  s,  f,  s\  Das  scheint  Herr  Tallgren  falsch  aufgefasst 
zu  haben.  Seine  Versicherung  gedehnte  Verschluss  laute 
kämen  nicht  vor,  ist  sehr  irrig.  Gewiss,  die  doppelten  Konsonan- 
ten des  Lateinischen  sind  im  Katalanischen  kurz.  Aber  dass  la- 
teinische einfache  Konsonanten  unter  gewissen  Bedingungen   heute 


l8o  Oiva  Joh.    Tullgren, 

lang  sind,  ist  aus  meinem  Manual,  S.  37,  zu  ersehen.  Siehe  il). 
S.   50  (gg).     Auf  Mallorca  giebt  es   [li]   und   [l'l']   u.  s.  w. 

S.  223.  Herr  Tallgren  fragt:  /'  -s  precedanl  l'r  naffecte-ü 
doiic  point  dans  le  catalan  entendu  par  M.  Schädel  ce  son  curieux 
tres  disli'nct  et  du  [z]  et  de  f  [s]  qui  se  produit  sous  ces  conditiofis 
en  castillan  ^dos  reales  etc.)i>.  —  Das  von  mir  gehörte  Katalanisch 
ist  dasjenige  der  gesamten  Pyrenäen,  der  Sphäre  von  Barcelona, 
das  von  Valencia  und  das  der  Balearen.  Da  kommt  das,  was 
Herr  Tallgren  hier  im  Auge  zu  haben  scheint,  nicht  vor.  Übri- 
gens sollte  er  nicht  von  T>ce  son  curieux >->  reden,  da  es  sich  um 
je  nach  dem  folgenden  Konsonanten  verschiedene  Laute  im  Kasti- 
lischen  handelt. 

S.  223.  -»Nous  autres  non  Calalans,  nous  aimerions  aussi  ä 
savoir  un  peu  si  le  son  71:0  48»  (d.  h.  [a])  »est  circonscrit  aux  seuls 
mots  offrant,  apres  fa,  un  son  palatal  du  ä  la  presence  dUin  yod. 
Des  exemples  figurant  sous  les  n:os  48  —  50  et  passim  cette  conclusion 
semble  se  degager.  La  voyelle  n'.o  48  se  trouve  en  ca'xa  [ka^a]  all 
(allium),  rnais  non  pas  en  cavall,  vall,  mirall  (mot  d'emprunt?)  ni 
7ion  plus,  ce  qui  est  inattendu{\)en  palla  (palcam),  S.  j6».  Auch 
ich  möchte  es  gerne  wissen;  wenn  ich  die  Bedingungen  nicht  an- 
gab, unter  denen  [a]  auftritt,  so  geschah  dies  nicht  nur  deshalb, 
sondern  auch  weil  ich  eine  Anleitung  zum  Unterscheiden,  Beobach- 
ten und  Notieren  von  Lauten,  nicht  aber  eine  historische  Lautlehre 
schrieb.  Dass  ich  nicht  w^eiss,  wann  [a]  auftritt,  liegt  daran,  dass 
von  Dorf  zu  Dorf,  von  Individui^m  zu  Individuum  die  ratio  eine 
andere  ist.  Ich  habe  den  Eindruck,  dass  sich  der  Herr  Rezensent 
diese  Dinge  viel  einfacher  vorstellt  als  sie  in  Wirklichkeit,  im 
Terrain  selbst  sind. 

Halle  a.  S.  B.  Schädel. 

Encore    cjuelques    remarques    sur    »B.    Scliädel,    Maiiual 
de  fonetica  catala?ia»,  ä    propos    de    l'article  precedent. 

Ma  connaissance  personnelle  du  catalan  parle  est,  comme  je 
Tai  dejä  fait  remarquer,  malheureusement  insuffisante.  Comme, 
d'autre  part,  M.  Schädel,  qui  est  un  professionnel,  insiste  d'une 
maniere  peremptoire  sur  la  correction  de  ses  transcriptions,  je  dois 
me  scntir  desarme  en  ce  qui  concerne  celles  de  mes  attaques  contre 
lesquelles    M.    Schädel    proteste. 

Tout  en  remerciant  M.  Schädel  des  corrections  qu'il  a  ap- 
portees  a  certains  de'ails  de  ma  crilique,  je  me  permettrai  toutefois 
de  lui  adresser  un  certain  nombre  de  questions  relatives  ä  l'im- 
portant  petit  livre  qui  nous  cccupe.  D^abord,  cependant,  je  voudrais 
m'arreter  ä  quelques  petites  remarques  d'un  caractere  special. 


Encore  quelques  rei/tarques  sur  »/>\  Sduidcl,  Manual  (k  fonctka  catalnnan.      l8l 

»-S".  j2oy>.  — :  Je  vois  que  je  me  suis  trompc  quant  au  nombre 
des  sons  catalans  notes  dans  le  nouveau  travail  de  M.  Schädel 
{RDR).  Mon  erreur  depend  du  fait  que  je  n'ai  point  trouve 
indique  dans  celui-ci  que  les  sons  n:os  1 1,  42^ — 45,  69 — 71  soient 
etrangers  a  tout  le  domaine  catalan.  Pas  meme  la  deuxieme  partie 
de  la  n.  figurant  ä  la  p.  86  ne  pouvait  suffire  pour  m'apprendre 
que  le  catalan  pyreneen  ne  possede  point  1'  [oe].  C'est  ainsi  que  j'ai 
ete  amene,  par  mon  devoir  de  critique,  a  constater  une  difference 
qui  devait  me  paraitre  imporlante. 

y>S.  221  rügt  es...».  —  Oui,  j'ai  voulu  dire  que  precisement 
lä  oü  il  s'agit  d'une  öreu  esplicaciö  proiisioiial,  il  faut  que  les  exem- 
ples  soient  bien  choisis.  Je  suis  sur  que  M.  Schädel  lui-meme  se 
rendra  compte  un  jour  de  toute  la  difference  qu'il  y  a  entre  le  b 
de  btienas,  brazo  (meme  si  ces  mots  sont  prononces  isolement)  et 
celui  des  mots  que  je  propose  en  passant,  p.  221,  au  milieu.  Or, 
c'est    ce   dernier  b  qui  ressemble   de  pres  au  b  franc^ais  ou  italien. 

f>S.  221:-».  —  Je  ne  savais  pas  que  la  prononciation  [el  bino] 
existe  en  Castille  ä  cote  de  celle  certainement  beaucoup  plus  cou- 
rante  [el  t).'no];  ä  nous  deux,  ä  tous  les  hispanisants,  d'etudier  encore 
ce  point  Poui  le  moment,  je  voudrais  toutefois  protester  contre  la 
fa^on  dont  M.  Schädel  cite  ce  »[b]»  caslillan  de  el  vino,  comme 
si  c'etait  la  un  fait  normal.  —  A  la  marge  du  passage  de  Menen- 
dez  Pidal  concernant  le  [v]  des  »catalanes  y  valencianos»,  j'avais 
copie  il  y  a  un  an  la  notice  importante  du  Manual dQ  S.,  n:o  7,  p.  43. 

•»S.  221  unten  bis  S.  222  unten-».  Pourquoi  donc  cet  »en 
bas»  ?  Je  ne  veux  pas  repeter  ici  ce  que  j'ai  dejä  dit.  —  De  meme, 
je  dois  persister  a  appeler  peu  heureuse  la  fa9on  dont  M.  Schädel 
rend  compte  de  l'arliculation  des  »explosives»  (»plosives»)  prolon- 
gees  de  l'italien.  L'existence  en  catalan  des  ■>•> gedehnten  Verschlusslaute-i) , 
de  cette  espece  dont  M.  Schädel  parle  [pobble,  -gg-],  ne  contribue  pas, 
Selon  mon  opinion,  a  rendre  »exactement»  comprehensible  ä  un  Cata- 
lan la  pretendue  difference  caracteristique  des  deux  cas  [asa,  afa,  esa, 
ara,  ala]  (consonnes  prolongeables)  et  [apa,  ata,  aka]  (consonnes  non- 
prolongeables,  selon  M.  Schädel!).  —  II  est  vrai  qu'il  ne  doit  pas  etre 
facile,  j'en  conviens  volontiers,  de  communiquer  ces  observations 
par  des  formules  ä  la  fois  claires  et  epuisant  le  sujet,  surtout  dans 
un  manuel  eleraentaire.  — 

Encore  une  fois  les  phenomenes  d'assimilation  regressive  ou 
anticipante  (Schädel:  ^S.  22^»  etc.).  Je  sais  bien  que  c'est  lä  une 
chose  qu'il  faut  noter  definitivement  sur-le-champ,  sans  qu'il  soit 
permis  d'y  entreprendre  plus  tard  ce  que  je  pourrai  peut-etre 
appeler  normalisation  dans  un  seus  positif  (cf.  plus  bas).  —  Je  sais 
bien  que  non  seulement  les  dialectologues,  mais  aussi  les  appareils 
phonautographiques  donnent   et  doivent  toujours  donner  des  nota- 


i82  Oiva  Joh.    Tallgren, 

tions  plus  ou  moins  »incocsequentes»  ä  ce  sujet.  J'ai  essaye  de 
montrer  ma  fa(;on  d'envisager  le  point  en  question,  l;i  oü  je  disais 
(p.  225):  »...  encore  parait-il  sur  que  l'assimilation  anticipante  en 
question  n'affecte  souvent  qu'une  partie  du  phoneme  prccedent, 
surtout  dans  un  parier  peu  rapide,  ce  qui  peut  rendre  difficile  de 
proceder  avec  une  consequence  absolue».  Et  il  ne  me  choquerait 
pas  de  voir  transcrire  le  fran^ais  raconte-moi  ra  avec  [t],  vis-ä-vis 
de  raco7tte-nous  (a,  avec  un  [d]  ä  la  place  du  /.  On  peut  entendre 
ces  deux  prononcialions,  en  style  familier,  meme  sans  qu'il  y  ait 
de  difference  de  rapidile  notable.  Ce  qui  peut  expliquer  la  diffe- 
rence  de  sonorisation,  c'est  ici,  je  pense,  la  distance  plus  ou  moins 
grande  qui  separe  les  points  d'articulation,  [m]  pouvant  ne  pas 
assimiler  le  /  pour  une  aussi  grande  partie  que  le  fait  le 
son  plus  »proche»,  le  [n].  Que  ■»ein  und  dasselbe  Individuum  ein 
und  dasselbe  Wort  stets  gleich  aussprechen  müsse-»,  on  voit  que  je  ne 
Tai  pas  cru,  il  y  a  un  an;  et,  si  M.  Schädel  le  soup(;onne,  il  est 
probablement  amene  ä  cela  par  ma  fa^on  un  peu  imprudente  de 
me  servir  des  expressions  »consequent»,  »regularite»  etc.  —  Or, 
laissant  des  maintenant  de  cote  tout  ce  qui  se  rapporte  a  mes 
connaissances  personnelles,  je  passerai  ä  ce  qui  nous  importe  ici, 
c'est  a  dire,  a  formuler  les  quelques  questions  que  j'ai  a  adresser 
ä  M.  Schädel. 

Mes  questions  se  rapportent  a  certains  points  oü  un  pho- 
neme est  donne  tel  quel,  quoique  figurant  dans  un  voisinage  qui 
le  modifie  ailleurs.  Faut-il  supposer  que  le  sujet  a  du  faire  dans 
tous  ces  cas  une  pause  plus  ou  moins  sensible,  qu'il  »aus  irgend 
einem  Grtmde  die  beiden  Worte  nicht  so  eng  verbindet  als  ein  anderes 
Mal»}  Faut-il  supposer  une  »pause»  ou  une  absence  de  liaison  reelle 
partout  oü  M.  Schädel  ne  note  pas  ce  qu'on  appelle  soit  assimilation 
regressive  (ou  progressive:  IV  de  aixampla,  v.  plus  bas,  57),  soit  sonori- 
sation intervocalique,  soit  Substitution  d'une  plosive  [b,  d,  g]  par  une 
fricative?  Suis-je  autorise  a  entrecouper,  conformement  ä  ceci,  le 
texte  transcrit  par  M.  Schädel?  Je  reproduirai  ici  certains  pa^^sages 
de  ce  texte  sous  sa  forme  non-phonetique  (la  plus  commode  au 
point  de  vue  typographicjue),  en  y  admettant,  outre  la  ponctuation 
ordinaire  teile  qu'elle  est  donnee  dans  le  Manual,  des  traits  verti- 
caux,  numerotes,  destmes  a  marquer  celles  des  pauses  en  question 
qui  sont  plus  ou  moins  vraisemblables  au  point  de  vue  du  sens, 
et  puis,  des  chiffres  en  gros  caracteres  destines  ä  mettre  en  relief 
le  reste  de  ces  pauses,  qui  nous  Interessent  ici.  Je  me  sers,  en 
outre,  de  traits  d'union  doubles  (en  caracteres  gothiques)  pour 
marquer  quelques  points  interessants  oü  l'assimilation  sandhique  est 
notee.  Voici  ce  que  j'obtiens;  et  je  demande:  n'y  a-t-il  rien  a 
corriger  dans  les  cas  marques  par  les  gros  chiffres? 


Encore  quelques  remarques  sur  tB.  Sc/iädel,  Manual  de  fonetica  catalana »,      183 

(Je  prefere  laisser  de  cote  ici  des  quelques  cas  de  [c]  in- 
tervocaIit[ue ;  je  ne  me  preoccuperai  pas  non  plus  de  la  facon  cu- 
rieuse  et  multiforme  dont  est  notee  la  conjonction  /,  de  meme  c[ue 
la  voyelle  de  l'article  w«,   una). 

Les  chiffres  marginaux  indiquent  d'une  facon  approximative 
la  ligne  correspondante  du  texte  de  M.  Schädel. 

Vagant'    per    la   montanya, 
Pastors I'  i  remades. 

Quant    un|^  se   troba  tot  sol  a   la   montanya,   senss   altra  companyia  que 
la    =dels    faigs    i  *|delss    abets,    sens=    altra    conversa    que'l  gai   murmuri   ^|dels 
xaragalls  *  esmunyint-se  sota  l'herba  o  l'infinidament?  carinyosa  complanta  =del      5 
svent  a  travers;   del  =bosc,  es  quan   un|*  se  n'enamora  =de  ;deb6.  ...   I  un  hom    II 
deixa    allargar    les=    estoness    de    contemp91aci6,     i,    mai  prou  assadollatlO  de 
ses:   =belleses,  eil  1    qui   l'ha  =vista  =de   =dia,   la  =voll2   sorpendre  a  la   nit. 

Es  13  una  matinada  =d'Agost  i  fa  unes=  dugues=  hores'*  que  he  passat 
per  Noedes,  l'hivernal  svilatge  que  ;d6na  nom  als:  estanys  tenebrosos|'^  encla-  15 
vatsl6  entre  Is  pics|'^jVorersl8  al  Madres,  l'allQterös  ciml^"  que  separa  '1- 
pai's  catala  ;del  gabaig,  Vaig  pujant,  pujant,  enci21sats==  els=  uUs,  vi22gorisat 
per-'  la  puresa  i  la  temperanga  '*|de  l'aire,  content  del25  priraer  boci  20 
26d'excursiö  i  aducj''  de  la  soletat  que  m  vol28ta,  quan  ''^  sobtosament 
entro  en  el  =bosc. 

üh    quin,^"    böse   mes  temptador!      El=    cami,  poc   fresat,   gira3  Igonceja 
entre    faigs|^"-    gegantins  que  allä  als   cap;    -d'amont  del   33brancain|'*  son   ata-   25 
paitsss  de  fulla  que  tot  tremolantj^^  transparenta  la  =blavor  ^''|del37   cel.    Vaig 
fent=   cami  tot  afalagant-me  les;   orelles|^**  les=  miP®  remors  =   de  la   Natura,   am 
les    quals  ^°    armonisa  1  ritmic41    brugitl*^  de  les;   meves   trepitjades.      A  terra 
hi   ha  =bran(jues   seques   que   les=   =ventades  fortes  o  el  llamp  han  escjueixat.  De   30 
tant    en:   tant,   el    :verd    obscur  d'un=   pi   s=   destaca  *'^  del  ;verd  alegroi   =de  la 
fageda  ;  pero  Is  pins  sovintegen  mes  com  mes:  :va,  fins  que  sento  les=  esquellesl^* 
del=   primer  remat.   Aviats   veig  les  clapes=   d'herba  i  =vaques  qui   hi  pasturanp^   35 
tranquil-lament,   meniresl*"  algunes   corren   esbogerrades  tot;  ventant  desespera- 
dament  la  cua.  Ja  hi   söc ;  ja  trobo  un=  vailet|*'  rabada  que  m'acompanya  on48t 
es|**  el=  pastor. 

L'estreta   svall]^"  que  porta  '1  riverol|^^  que  =ve  =dels52  gorcs,    es   tota  40 
ella  uns  tarter,  pero  en  el53  fons  corre  l'aigua  sobre  uns  suau  llit34  de  molsa. 
Despres|^^    la  svallj^'*    s'aixamp571a,  i  a  l'esquerra  s'aixeca  uns  serrat  llarguis- 
sim|^*  tot  cobertl^^  de  sbosc,  d'herba  i  sde  mates.  De  sobte  comengo  a  ''^Iveure 
sblavejar    el  gorc    Estelat.   La  sorpresa  produida  per  l'apariciö  sde  tanta  aigua   45 
ens   mig^'  del62s  cims63  espadats  s'apodera  sdel  meu  esperit,  perque  ess  una 
impressiö  inesperada   que  ss   grava  fonda,  fonda.    No  'ms   cango  sde   mirar  less 
Uatesl''"*  bellu65gadices    que    l'airet    forma...;   ess   uns   suau  gronxolar  .  .  .   Un-    51 
tronc  d'abet  colossalj'^''    que   less   neus|*''   o  el  llamp   han68   mort,  que  les  sven- 
tades  fortes|''-'  han70  fet  tornar  ''Iblancs   com  el  marbre  ,  , .   M'ajec   a  la  svora    58 
sde  l'aigua  i  em  delito  llarga  estona  contemplant  ara  l'estany,  ara'172  cel,  ara 
■les73    roquesl^*    immenses,    grises,  enasprades.    Oh!   Que  '^jdolQs  ess  divagar  60 
aqui   i   en76   tal77  positura  !    Que  hermöss  deu  esser  en  una  nit  estelada  '*|veure 
com  s'hi   emmirallen  less   estrelles.    .  .  .  dels  pobres  pastors|^-'  isolatsss  del  mon.   66 
L'estanyP  fa   neixer  sentimentsj*^   de  sveneraciö  i   sde  respecte.     An   el82  qui 
s'hi  ha  trobat  ams   tempestalsss  de  torb  o  amb   el  svent;   xiulant  en=   fosca    nit, 
li  acut  . .  .  Aquest  esl*"  lloc84  de  sbruixess   i  sde  sdiables.     Un85   cop  a    l'anyyo 
hi  sve    1  rector  sde  Noedes|'*'''  a  sbeneir-lo  pera  allunyar-ne  resperit87  del  mal. 


i84  Owa  Joh.    Tallgrev, 

75  Ningil  **|gosaria  tirar-hi  una  pedra,  pers  por  sde .  .  .  nuvols  prenyats=s  de 
llam89ps|""  i  trons.  ...  i  sensc  inoure  m  d'aje91gut,  maquinalmentl"-  ^''■° 
una   pedra   i   in'entretinc    veienl  los:  ondcrelcs  <|ue  fa,   i   eis    cercols  com;   s'en- 

gQ  grandeixen,   fins  que  ®'|desapareix   a  :dins94  l'aigua. 

Avant  de  continuer,  je  prie  le  lecteur  de  bien  vouloir  obser- 
ver  que  le  -/  des  cas  comme  i,  7,  35,  92,  de  meme,  l'-rde  36, 
X-t-  de  2,  le  -p-  de  8g,  ne  se  prononcent  pas. 

Si  je  me  suis  permis  de  maltraiter  ainsi  un  texte  admirable 
—  le  sympathique  auteur  puisse-t-il  ne  jamais  voir  cette  publi- 
cation!  —  je  Tai  fait  pour  pouvoir  preciser  un  peu  ce  que,  d'une 
fagon  moins  detaillee,  j'ai  ose  dire  dans  ma  critique  et  ce  que  j'ai 
a  demander  ici  ä  M.  Schädel.  On  voit  que  j'ai  täche  d'eviter 
l'emploi  des  gros  chiffres  et  de  me  servir  au  contraire  autant  que 
possible  de  simples  traits  verticaux.  Ces  derniers  ne  donnent  lieu 
ä  aucune  discussion;  en  effet,  on  congoit  ä  la  rigueur  que  le  sujet 
a  pu  s'arreter  tant  soit  peu  dans  les  cas  comme  3  =  8,  4,  5,  6, 
15  etc.;  et  l'etude  de  ces  cas  peut  constituer  un  bon  moyen  de 
se  faire  une  idee  de  la  fa(7on  dont  le  sujet  a  fait  la  lecture  de 
son  texte.  En  effet,  certaines  gens  lisent  ä  haute  voix  de  cette 
maniere  saccadee.  Du  reste,  il  est  naturel  qu'apres  un  temps  fort 
phraseologique  (i,  2,  30.  .  .),  les  phenomenes  sandhiques  ne  se 
produisent  pas  avec  autant  de  facilite  qu'ailleurs.  Or,  si  dejä  quelques- 
uns  de  ces  cas  d'absence  de  liaison  peuvent  paraitre  inattendus  (24, 
36,  60  .  .  .),  ä  plus  forte  raison  doit-il  etre  permis  de  demarder  ä  M. 
Schädel  s'il  est  sür  de  ne  pas  avoir  omis  quelque  petit  signe  diacritique, 
du  moins,  dans  un  certain  nombre  des  cas  marques  par  les  gros 
chiffres.  II  convient  de  diriger  ä  ce  sujet  l'attention  sur  7,  11  =  82, 
12,  13  (cas  un  peu  different  de  49,  83),  16  et  63,  18,  26,  ainsi 
que  sur  10,  54,  87;  de  plus,  encore  une  fois,  sur  41,  sur  84;  33; 
37  et  ']z;  52  .  . .;  avant  tout,  sur  25,  53,  70,  l6-'J,  85  et,  ä  beau- 
coup  plus  forte  raison  encore,  sur  9,  19,  28,  48,  57,  62,  85,  oü 
un  tout  petit  cercle  doit  avoir  ete  omis  par  erreur,  sous  les  leltres 
interessantes, comme  cela  est  bien  le  cas  de  brunziri^^.^,']),  de  cometi(ar 
(p.  54),  de  capitä  (p.  85,  deux  fois),  et  aussi  de  llarguisshn  (p.  79), 
sanlissim  (p.  83),  etc.  J'ose  encore  demander  si  mon  expression 
»fautes  d'impression  probables»  (citee  par  Schädel  sous  »p.  221 
ib.»)  peut  paraitre  inattendue  en  vue  des  cas  comme  22,  31,  65, 
91,  dont  je  pourrai  augmenter  le  nombre  avec  des  transcriptions  tirees 
du  morceau  en  vers.  Enfin,  on  dcsirerait  en  savoir  plus  long  sur 
la  transcription  de  14  (-[z]),  21  {-r  muitie  sourd),  39  (-/  moitie 
sourd).  ^ 


'  Pour  ne  pas  charger  le  texte  de  trop  de  signes,  je  laisse  de  cote  cer- 
tains  aulres  points  que  j'avais  ä  preciser.  —  D'autre  part,  je  tiens  a  corriger 
ici  une  de  mes  propres  erreurs.  »Arteaga  1908»,  que  je  cite,  enlre  autres,  ä 
la  p.  225,  vers  le  milieu,  ne  donne  pas  esquetfa  avec  [e].  Le  mot  cite  par 
lui  est  eszuerra. 


lincorc  quelques  rciiiayijHCs  sur  >/?   Schädel,  Manual  de  fonctica  catahuia^       185 

M.  Schädel  a  lui-meme  demontre  recemment  [BDR  II,  p.  i — ) 
iju'un  phoneticien  non-roman  ne  commet  pas  necessairement  beau- 
coup  de  fautes  en  observant  des  phonemes  ou  des  mots  isoles 
prononccs  par  des  Catalans.  Mais  ceci  n'exclut  point  qu'il  puisse  y 
avoir  des  fautes  de  transcription  dans  le  livre  dont  il  s'agit.  Pas 
non  plus  le  fait  que  c'est  M.  Schädel  lui-meme  qui  a  le  premier 
constate  l'existence  en  catalan  de  certains  Lautiinlerschiede  (fin  de  l'ali- 
nea,  »-S*.  -^-\?»)  ne  garantit  a  priori  i\u&  les  üanscriptions  en  question 
soient  cxecutees  avec  tout  le  soin  necessaire.  INI.  Schädel  dit:  >->Hen 
Tallgren  sagt,  es  sind  Hö>/ehlery>.  Ce  n'est  pas  precisement  cela  que 
j'ai  dit,  et  je  ne  le  dis  pas  pour  tous  les  cas.   — 

Le  Systeme  vocalique  du  catalan  offre  un  point  qui  fait  l'effet 
detre  encore  plus  difficile  ä  etudier  que  les  questions  de  la  sono- 
risation  partielle  etc.;  —  je  pense,  entre  autres  choses,  ä  l'incroyable 
multitude  de  varietes  observables  non  seulement  d'un  individu  a 
un  autre,  mais  aussi  chez  un  meine  individu:  je  pense,  en  general, 
ä  la  difficulie  de  fixer  y  et,  aussi,  /:/.  Je  me  permettrai,  avant  de 
finir,  quelques  notes  concernant  la  position  que  M.  Schädel  prend 
a  l'egard  de  ce  point  difficile. 

Dans  ce  que  je  me  permettrai  d'appeler  transcription  cou- 
rante  du  Manual,  les  voyelles  atones  remontant  a  a  ou  <?  comme 
Celles  des  mots  hbme,  dbna,  llevör,  canii  sont  toates  rendues  par 
[9];  on  n'y  constate  nulle  part  cette  differenciation  de  nos  voyelles 
qui  caracterise  et  les  textes  et  l'expose  theorique  de  M.  Arteaga 
(1908,  p.  452:  [9]  final,  [b]  protonique ').  Autro  part,  toutefois,  M. 
Schädel  semble  tres  enclin  a  admettre  cette  differenciation.  Je  fais 
alluslon  ä  un  passage  de  RJb  VIII  (public  en  1908),  p.  I  194. 
M.  Schädel  dit  ici  en  rendant  compte  d'un  travail  catalan  de  carac- 
tere  phonetique:  »i«  der  Tat  lässt  sich  in  Barcelona  beobachten,  dass, 
wenn  der  Auslautvokal  des  Wortes,  mag  er  nun  auf  a  oder  e  zurück- 
gehen, auch  den  reinen  Indifferenzlaut  darstellt,  ein  der  Tonsilbe  direkt 
vorangehendes  a  oder  e  >>  e  (c.  a  d.  [a])  mit  ettvas  stärkerem  di- Ge- 
halt gesprochen  luird:  noch  mehr  ist  dies  der  Fall,  zvo  der  Vorton 
zivei  Silben  vor  dem  Hauptton  steht  und  unter  seiner  Wirkung  die 
gänzliclie  Reduktion  des  a  und  e  zu  e  u?if erblieb,  geiadezu  die  Stufe 
a  erhalten  ist.-»  C'est  bien  M.  Schädel  lui-meme  qui  le  constate? 
Or,  la  transcription  du  Manual  (je  fa's  abstraction  des  n:os  57 — 60) 
rend  toutes  ces  voyelles,  comme  je  le  disais,  par  cet  [a]  c[ui  »noffre 
pas  de  traces  de  r[a]»  (v.  n:o  60:  -»no  posseex  cap  rastre  del  so  [aj.  .  .»). 
D'autre  part,  encore,  M.  Schädel  dira  en  1909,  en  rendant  brie- 
vement  compte  de  Arteaga  1908:  »e,  a  in  demati  (Verf.  [dvmoti]) 


'  M.  Arteaga  ecrit  toutefois  [aV]  et   non  pas  [bT];  v.  /.  c, 
P-  454- 


i8ö  Oiva  Joh.    Tallgrcn, 

soll  ande's  kliiioen  als  in  vida  (Verf.  [bi^9]).  Auch  hierviit  stirnmeii 
meine  Beobachtungen  in  der  cstpyrenäischen  und  harcelo7ii sehen  Gebend 
nicht  ühetein.  Der  in  meinem  Manual  unter  N:o  ho  .  .  .  beschriebene, 
vom  Verf.  unter  [vj  verstandene  Laut  kommt  im  Barcelonischeii  ausser 
lor  /!/...  ivohl  kaum  vor,  jedenfalls  nicht  in  demati  (=  [d9m3tij)y> 
[BDR  I,  p.  23).  II  me  parait  fort  difficile  de  mettre  en  accord  ces 
affirmations  contraires  concernant  sie  barcelonais».  On  est  tente  de 
se  demander:  Est-il  sür  que,  l'annee  suivante,  M.  Schädel  ne  va  pas 
modifier  encore  une  fois  sa  formule? 

Mais  ce  qui  precede  semble  donner  lieu  ä  une  reflexion  plus 
importante. 

Des  notes  du  barcelonais  parle  que  le  dialectologue  allemand 
avait  prlses  jadis  et  auxquelles  se  rapporte  la  phrase  precltee: 
■»In  der  Tat  lässt  sich  in  Batrelcna  beobachten ..  .•»,  ont  ete,  soit 
exclues  du  Manual  soit  modifiees,  tandisque  d'autres  notations  y 
ont  ete  admises  telles  quelles.  Or,  s'il  en  est  ainsi,  j'estime  que 
M.  Schädel  a  bien  fait  de  se  corriger.  —  Ou  bien,  il  se  peut 
que  la  prononciation  barcelonaise  lui  ait  paru  offrir  parfois  une 
voyelle  flasque  protonique,  articulee  avec  des  A,  ß,  y  qui  l'ont 
fait  songer  ä  V\jf\.  Comme  toutefois  cette  maniere  d'articuler  ne 
lui  a  point  semble  etre  la  courante,  il  a  prefere  ecrire  partout 
[a].  Pour  mon  compte  je  ne  vois  rien  de  blamable  en  cec',  car 
il  n'etait  qaestion  lä  que  de  cette  espece  de  »Schwankungen  in  der 
Aussprache-»  qui  sont  »zu  minimal  und  akustich  zu  irrelevant .  .  . 
als  dass  sie  in  diesem  Handbuch  berücksichtigt  zu  zverden  brauchten». 
Nous  voila  en  presence  d'une  espece  de  »normalisation  negative», 
qu'il  est  en  tout  cas  interessant  de  constater  chez  M.  SchJldel. 

Or,  Ton  se  demande:  n'eüt-il  pas  ete  utile  d'aller  un  peu 
plus  loin  encore,  dans  cette  meme  direction  ?  Puisque  l'on  peut  tou- 
jours  constater  un  grand  nombre  de  nuances  correspondant  a  cha- 
cun  des  signes  d'une  notation  alphabetique;  puisqu'il  est  a  priori 
impossible  d'inventer  un  si'gne  special  pour  chacune  de  ces  nuan- 
ces; et  puisque,  enfin,  un  sujet  ne  prononcera  jamais  une  serie 
de  phonemes  deux  fois  de  suite  exactement  de  la  meine  maniere, 
ä  quoi  bon  fausser  la  prononciation  par  une  transcription  qui  exa- 
gere  l'importance  de  ces  nuances  accidentelles  ?  Car  c'est  bien  fausser 
un  peu  la  prononciation  que  de  transcrlre,  une  fois  -[ara],  et  une 
autre  fois,  -[agga]:  dans  la  realite,  on  doit  cependant  avoir,  la  plu- 
part  cies  fois,  quelque  chose  d'intermediaire.  '     Sans  vouloir  unifor- 


'  Je  dirai  en  passant  que,  pendant  les  quelques  jüurs  que  j'ai  eu  l'occa- 
sion  d'observer  directement  le  catalan  parle,  la  consonne  de  -atje  m'a  fait 
l'effet  d'etre  le  plus  souvent  un  [g]  qui  s'assouidit,  ä  peine  commence.  Si  cette 
articulation  se  reiicontre  chez  beaucoup  de  Catalans,  on  pourrait  peut-eire  se 
servir    de  la  transcription    »[g]»,   c.   ä.  d.  [g]   sourd   quant   a   la    derniere  partie 


Encorc  quelques  remarques  sur  tB.  Schädel,  Manual  de  fonetica  iatalaiia>.      187 

mer  ou  »normaliser»  autant  que  le  fait  M.  Arteaga  (cf.  mon  expres- 
sion  »ce  qui  est  curieux»,  p.  225,  en  haut),  j'ose  declarer  croire  ä 
ce  sujet  que  M.  Schädel  est  alle  un  peu  trop  loin  dans  le  sens 
contraire,  ä  part  le  cas  de  la  voyelle  [a]  et  —  les  fautes  d'impression. 
En  d'autres  termes:  ou  ma  critique  etait  injuste  et  la  transcription 
de  M.  Schädel  est  bonne  metne  dans  des  cas  comme  [sagirsn] 
(ou  Ton  s'attendrait  a  [ü]  ;  p.  83,  1.  13),  ce  qui  signifierait  que 
IM.  Schädel  a  reproduit  des  nuances  accidentelles  qui  parais- 
sent  encore  plus  minimal  und  ahisUsch  irrelevant  que  les  differentes 
nuances  representecs  par  le  signe  3;  ou  les  textes  phonctiques  en 
question  offrent  un  trop  grand  nombre  de  fautes.  J'ose  ajouter  que 
la  deux"eme  de  ces  alternatives  me  parait  ctre  de  beaucoup  la  plus 
vraisemblable  dans  la  plupart  des  cas  en  question:  et,  s'il  m'etait 
arrive  de  porter  un  jugement  injuste  sur  quelques-uns  de  ces  cas, 
j'espere  que  M.  Schädel  voudra  bien  me  le  faire  savoir. 

Somme  toute,  l'etat  des  textes  phonetiques  offerts  dans  le 
Marina',  est  tel  qu'il  me  semble  tres  difficile  de  reprendre  mon  accu- 
sation. 

Ceux  que  la  phonctique  catalane  Interesse  et  ejui  ne  peuvent 
pas  se  rendre  en  Calalogne,  doivent  en  tout  cas  etudier,  k  cote  du 
Manual  de  M.  Schädel,  l'autre  travail  important  paiu  dans  la  meme 
annee,  celui  de  JNI.  Arteaga  Pereira.  Le  desaccord  que  l'on  observe 
entre  les  indications  de  ces  deux  auteurs,  dans  un  grand  nomb.e  de 
cas,  est  d'autant  plus  digne  d'ctre  pris  en  consideration  que  la 
transcription  du  catalaniste  allemacd,  meme  lä  ou  eile  est  constante, 
offre  certaines  particularites  qui  sont  en  pleine  contradiction  avec 
ce  que  nous  dit  le  phoneticien  catalan.  Bien  entendu,  ce  grammat'.ci 
ceüant  n'implique  pas  pour  chaque  point  que  Tun  ou  lautre  ait  neces- 
sairement  (ort!  —  Une  liste  complete  des  points  de  controverse  en 
qaestion  pourrait  offrir  de  l'interet,  etant  donne  surlout  que  Tarticle 
de  M.  Arteaga  est  diff.clement  accessible.  Mais  un  travail  de  ce 
genre  m'entrainerait  trop  loin. 

Oiva  Joh.    T alleren. 


de  sa  duration.   Ce  serait   encore,    i!   est  vrai,  une  indication  tres  grossicre,  mais 
(|ui   harmoniserait  avec   celle  de    l'assourdissement  de   »i,  «  etc. 


j88  Protokolle  des  AUuphilologiscIien    Vereins. 

Protokolle  des  Neuphilologischen  Vereins. 

Protokoll  des  Neuphilologischen  Vereins 
vom  I.  Oktober  1910,  bei  welcher  Sitzung  der 
Vorstand  und  6   Mitglieder  anwesend  waren. 

§    I- 
Der  Vorsitzende    Prof.     A.    Wallensköld   eröffnete  die  Sitzung 
mit  folgender  Ansprathe,  welche  die  Anwesenden  stehend  anhörten: 

»Meine  Herren! 

Indem  ich  die  erste  Sitzung  dieses  akademischen  Jahres  er- 
öffne, habe  ich  die  traurige  Pflicht  Ihnen  den  am  28.  August  d.  J. 
erfolgten  Tod  unseres  Ehrenmitglieds,  Staatsrat  Carl  Gustaf  Esilaii- 
fet,  kundzugeben.  Welche  Bedeutung  der  Verstorbene  für  die 
Entwickelung  des  Kulturlebens  Finnlands  überhaupt  gehabt,  ist  nicht 
hier  der  Ort  hervorzuheben.  Was  uns  direkt  interessiert,  ist  seine 
Stellung  zu  den  neuphilologischen  Studien  in  Finnland.  In  dieser 
Hinsicht  kann  Estlander  gewissermassen  als  der  erste  Vertreter  der 
neuphilologischen  Studien  an  unserer  Universität  betrachtet  wer- 
den. Seit  1860  als  Lehrer  der  Ästhetik  und  modernen  Litteratur 
an  der  Helsingforser  Hochschule  wirkend,  zuerst  als  Dozent,  dann 
als  Inhaber  des  für  diese  Disziplin  errichteten  festen  Lehrstuhls, 
hat  Estlander  während  seiner  38-jährigen  Lehrertätigket  und  auch 
nach  seinem  im  Jahre  1898  erfolgten  Abschied  als  Emeritus  meh- 
rere wertvolle  Beiträge  zu  der  Litteraturgeschichte  der  germanischen 
und  romanischen  Völker  im  Mittelalter  gegeben,  und  somit  auch  für 
diejenige  Seite  der  modernen  Philologie,  welche  die  ältere  littera- 
rische Produktion  der  betr.  Völker  umfasst,  gewirkt. 

Schon  die  Doktorschrift  Estlanders  (1858)  behandelte  einen 
Gegenstand  aus  der  Litteraturgeschichte  des  Mittelalters:  »Richard 
Löw>enherz  in  der  Geschichte  und  in  der  Poesie»  (in  schwedischer 
Sprache),  und  auch  sein  Spezimen  für  die  Dozentur,  »Die  Volks- 
lieder von  Robin  Hood»  (in  schwedischer  Sprache,  1859),  kann 
als  zum  Gebiet  der  modernen  Philologie  gehörig  angesehen  wer- 
den. Als  Dozent  veröffentlichte  er  in  den  Acta  Societatis  scien- 
tiarum  Fennicae  eine  schwedische  Übersetzung  des  »Poema  del 
Cid»  nebst  einer  kritischen  und  historischen  Einleitung  (1863,  schwe- 
disch), sowie  »Pieces  inedites  du  roman  de  Tristan,  precedees  de 
recherches  sur  son  origine  et  son  developpement»  (1866),  und  im 
Jahre  1868  erschienen  als  Professorsspezimen  seine  »Beiträge  zur 
Geschichte  der  provenzaüschen  Litteratur»  (schwedisch).  Ausser- 
dem hat  er,  ausser  einigen  kleineren  Beiträgen  zur  älteren  Litte- 
raturgeschichte, noch  so  spät  wie   1900,  den  ersten  Teil  einer  alige- 


Protokolle  des  N^ciiphilologiscltcn    Vereins.  189 

me'nen  Lilteraturgesch'chte  der  modernen  Völker,  welcher  aus  sei- 
nen Vorlesungen  hervorgegangen  war,  veröffentlicht. 

Estlander  war  als  Litteraturhistoriker  ein  Vertreter  der  älte- 
ren ästhetischen  Richtung,  für  welche  die  moderne  philologische, 
rein  objektive  Forschungsmethode  noch  fremd  war.  Seine  umfas- 
senden Kenntnisse  und  sein  feines  ästhetisches  Gefühl  geben  aber 
denjenigen  seiner  litterarhistorischen  Arbeiten,  welche  zu  unseicm 
Gebiete  gezählt  werden  können,  einen  dauernden  Wert. 

Als  unser  Verein  im  Jahre  1888  begründet  wurde,  war  es 
natürlich,  dass  Professor  Estlander  zu  dessen  erstem  Ehrenmitglied 
gewählt  wurde.  In  dieser  Eigenschaft  zeigte  er  uns  bei  mehreren 
Gelegenheiten  seine  wohlwollende  Gesinnung,  obgleich  er  sich  nicht 
für  die  rein  sprachwissenschaftliche  Seite  unserer  Bestrebungen  inte- 
ressieren konnte.  Als  Beispiel  der  Liebenswürdigkeit  des  Altmei- 
sters gegen  uns  mag  hervorgehoben  werden,  dass  er  sogar  einmal 
einen  Beitrag  für  unsere  »Neuphilologischen  Mitteilungen»  geliefert  hat : 
eine  Besprechung  von  Johan  Visings  Arbeit  über  die  provenza- 
lische  Troubadourpoesie  (1904). 

Der  Verlust  dieses  hochgeschätzten  Gönners  und  Freundes 
muss  uns  alle  sehr  schmerzlich  berühren.  Um  unserer  Dankbar- 
keit und  Verehrung  zu  dem  Verstorbenen  einen  bescheidenen  Aus- 
druck zu  geben,  wurde  von  dem  Vorstande  des  Vereins  auf  sei- 
nem Grabe  ein  Blumenkranz  niedergelegt,  dessen  Inschrift   lautete: 

»Hommage  reconnaissant 
de  la  Socicte  neo-philologique  de  Helsingfors 
a  son  membre  honoraire  v euere 
Carl  Gustaf  Estlander». 

Möge  der  Name  des  verstorbenen  Veteranen  im  Gedächtnis 
unserer  Vereinsmitglieder  immer  fortleben  als  der  des  ersten  Pioniers 
auf  dem  neuphilologischen    Studiengebiete  an  unserer  Univers'tät!» 


Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  des  Frühjahrssemesters  wurde 
verlesen  und  geschlossen. 

>?  3- 
Der    Sekretär    Dr.  A.    Lang/ors    verlas    den  Jahresbericht  für 
das  akademische  Jahr   1909  — 19 10. 

§  4. 
Die  Vorstandswahl  für  das   akademische  Jahr   19 10 — 11  er- 
gab folgendes  Resultat:  Zum  ersten  und  zweiten  Vorsitzenden  war- 


IQO  rrolokoUe  des  Nciiphilologischcn    Vereins . 

den  Prof.  A.  Wallenshöld  und  Dr.  //.  Suolahti  wiedergewählt.  Als 
Schriftfülirer  und  Kassenverwalter  anstatt  Dr.  A.  Längfors,  der  wegen 
Zeitmangels  verhindert  war  das  Sekretariat  zu  übernehmen,  wurde 
Mag.  phil.  K.  A.  Nynnan  gewählt.  Zu  Revisoren  wurden  die  Dok- 
toren   0.  /.    Tallgren  und   E.  Järnström   gewählt. 


Prof.  A.  Wallenshöld  hielt  einen  Vortrag  über  den  Gegen- 
stand: Die  Popularisierung  der  Sprachwissenschaft.  Es  wäre,  meinte 
der  Vortragende,  wünschenswert,  dass  populär  gehaltene  sprachwissen- 
schaftliche Werke  verfasst  würden.  Dadurch  sei  es  möglich,  ein 
grösseres  Publikum  als  ausschliesslich  die  philologisch  Gebildeten  für 
einschlägige  Fragen  zu  interessieren.  Auch  habe  man  in  der  letzteren 
Zeit  immer  mehr  die  grosse  Bedeutung  eingesehen,  die  darin  liegt, 
dass  das  Volk  zunächst  mit  der  Entwickelung  seiner  Muttersprache 
bekannt  gemacht  wird.  Leider  sei  bei  uns  in  dieser  Hinsicht  noch 
sehr  wenig  getan  worden.  Anders  verhalte  es  sich  allerdings  in 
Deutschland  und  Frankreich.  Da  sei  man  schon  seit  längerer  Zeit 
bestrebt^  dem  Volk  in  das  Leben  der  Sprache,  wie  in  die  Fort- 
schritte der  modernen  Sprachwissenschaft,  Einblick  zu  gewähren. 
Verschiedene  Werke  seien  erschienen,  die  dieses  Ziel  im  Auge 
haben.  Eine  besonders  glückliche  Lösung  hätten  diese  Bestre- 
bungen gefunden  in  der  von  Prof.  H.  Strigl  in  Wien  herausgege- 
benen Zeitschrift:  Sprachwissenschaft  für  alle.  Prof.  Strigl  sei 
bestrebt,  seine  Leser  mit  dem  Wesen  der  Wortforschung  bekannt 
zu  machen,  was  sicherlich  auf  grosses  Interesse  rechnen  könne. 
Trotz  zahlreicher  Fehler  in  den  Details  habe  die  Zeitschrift,  ins- 
besondere durch  ihre  anregende  Darstel'ungsweise,  einen  im  grossen 
und  ganzen  vorteilhaften  Eindruck  auf  den  Vortragenden  gemacht. 
Zum  Schluss  sprach  der  Vortragende  den  Wunsch  aus,  dass  die  Scliul- 
lehrer  sich  öfter  mit  Etymologisieren  beschäftigen  sollten,  als  dies 
gewöhnlich  der  Fall  sei.  Dabei  könnte  die  erwähnte  Zeitschrift  ih- 
nen gute  Dienste  leisten. 

Dr.  Suolahti  fand  die  von  Prof.  Wallensköld  ausgesprochenen 
Wünsche  sehr  beachlenswert  und  meinte,  dass  es  sogar  die  Pflicht  der 
Gelehrten  sei,  die  Wissenschaft  so  populär  als  möglich  darzustellen. 
In  Deutschland  sei  das  Interesse  für  sprachliche  Fragen  schon  so 
lebhaft,  dass  es  gar  nicht  selten  sei,  in  den  Spalten  der  allgemei- 
nen Zeitungen  Artikel  zu  fiaden,  die  so  spezielle  Sachen  wie  indo- 
germanische Sprachforschung  behandelten.  Andernteiis  solle  man 
sich  davor  hüten,  dass  man  nicht  allzu  grosse  Anforderungen  an  das 
Interesse  des  Publikums  für  hierhergehörige  Fragen  stelle.  Was  die 
Muttersprache    anlangt,    könne    man    sicher  auf  Interesse  rechnen; 


Protokolle  des  Nctiphilologischen    Vereins.  191 

wenn  es  sich  um  fremde  Sprachen  handle,  müsse  man  viel  beschei- 
dener sein. 

Prof.  Lindelöf  hob  hervor,  dass  die  Verhältnisse  in  Deutsch- 
land und  bei  uns,  was  den  neusprachlichen  Schulunterricht  betrifft, 
völlig  verschieden  seien.  Während  man  in  den  deutschen  Real- 
gymnasien über  48  Stunden  für  fremde  Hauptsprachen  verfügt, 
was  ein  tieferes  Eindringen  in  die  Sprache  ermöglicht,  sei  die  Stun- 
denzahl bei  uns  viel  zu  gering,  als  dass  man  einen  grösseren  Er- 
folg von  derartigen  Bestrebungen  erwarten  könne. 

In  fidem 

K-  A.  Nyman. 


Protokoll  des  Neuphilologjschen  Vereins  vom 
22.  Oktober  1910,  bei  welcher  Sitzung  der  Vor- 
stand und  20  Personen,  unter  denen  einige  ein- 
geladene Gäste,  anwesend  waren. 

§   I- 
Das    Protokoll    der    letzten    Sitzung   wurde  verlesen  und  ge- 


schlossen. 


Die  Diskussion  behandelte  den  Vorschlag  des  währenci  der 
im  Januar  IQ09  in  Helsingfors  abgehaltenen  Neuphilologentage 
niedergesetzten  Komitees  betreffs  des  Unterrichts  in  der  sogenannten  all- 
i^emeinen  Grai7imatik.  Da  die  Frage  allgemein  grammatischer  Art 
war  und  die  Erlangung  von  Einigkeit  darin  von  praktischer  und 
prinz'pieller  Bedeutung  ist,  waren  auch  Lehrer  und  Lehrerinnen 
dei   beiden  einheimischen  Sprachen  eingeladen  worden. 

Die  Diskussion  wurde  von  Prof.  A.  Wallensköld  eingeleitet, 
der  eine  kurze  Übersicht  über  frühere  Behandlungen  dieser  Frage 
gab.  Bei  den  Neuphilologentagen  1909  sei  sie  erörtert  worden,  wobei 
die  Referenten,  die  Doktoren  Hui^fors  und  Sa.xe'n,  darin  eins  ge- 
wesen seien,  dass  es  infolge  der  kleinen  Stundenzahl,  worüber  die 
Muttersprache  verfügt,  dieser  Sprache  allein  nicht  zukomme,  den 
Unterricht  in  der  sogenannten  allgemeinen  Grammatik  zu  erteilen, 
sondern  dass  jede  Sprache  in  die  Arbeit  für  die  Befestigung  der 
grammatikalischen  Vorkenntnisse,  die  die  Muttersprache  zuerst  mitge- 
teilt, hineingezogen  werden  solle.  Um  einen  eingehenden  Vor- 
schlag zustande  zu  bringen,  sei  ein  Komitee  niedergesetzt  worden, 
dessen    erste    Sitzung  im  Januar    1909    stattfand.     Der    Komitee- 


192  r rot ok olle  des  Neiiphilologischeu    Vereins. 

bcricht  sei  in  Tabellenform  abgefasst  und  bespreche  die  verschie- 
clenen  grammatikalischen  Begriffe,  die  in  den  respektiven  Klassen  zur 
Sprache  genommen  werden  sollten.  Es  komme  jetzt,  sagte  Prof. 
W.,  auf  die  Diskussion  an,  abzumachen,  ob  der  Vorschlag  des 
Komitees  als  befriedigend  oder  nicht  angesehen  werden  könne. 

Dr.  Kajslen  war  der  Meinung,  dass  man  noch  zu  viel  einer 
toten  Gramniatikdressur  anheimgefallen  sei.  Der  Unterricht  in  den 
modernen  Sprachen  würde  viel  gewinnen,  wenn  die  phraseologische 
Seite  der  Sprache  mehr  als  bis  jetzt  beobachtet  würde.  Was  den 
Komiteebericht  betreffe,  habe  die  Muttersprache  einen  verhältnis- 
mässig zu  grossen  Raum  erhalten.  In  gleich  hohem  Grade  komme 
es  den  Lehrern  der  fremden  Sprachen  zu,  an  der  grammatischen 
Schulung  teilzunehmen. 

Prof.  Wallensköld  entgegnete  Dr.  Karsten,  dass  eine  Reduk- 
tion in  dem  Grammatikunterricht  schweilich  denkbar  sei,  so  lange 
(las  Abiturientenexamen  die  jetzige  Form  habe.  Doch  solle  man 
keineswegs  den  Wert  der  Grammatikdressur  überschätzen.  Die 
Grammatik  sei  nur  Mittel,  nicht  Zweck.  Der  beste  Unterricht  in 
den  modernen  Sprachen  sei  doch  schliesslich  derjenige,  der  auf 
praktische  Weise  mitgeteilt  wird.  Besonders  solle  man  es  auf  den 
niederen  Stufen  der  Schule  beachten. 

Prof.  Lindelöf  fand,  dass  der  Ausdruck  »allgemeine  Gramma- 
tik» sehr  schwankend  sei.  Man  vermeide  deshalb  so  viel  als  mög- 
lich von  allgemeinen  grammatikalischen  Begriffen  zu  sprechen  und 
strebe  vielmehr  darnach,  den  Unterricht  in  den  verschiedenen 
Sprachen  so  individuell  als  möglich  zu  machen.  Übrigens  stimmte 
Prof.  L.  mit  dem  Komitee  darin  völlig  überein,  dass  ein  Zusam- 
menwirken von  den  Sprachlehrern  wünschenswert  sei.  Es  sei  zu- 
erst die  Sache  der  Muttersprache,  den  grundlegenden  grammatika- 
lischen Unterricht  zu  erteilen,  der  dann  von  den  verschiedenen  an- 
deren Sprachen  vertieft  und  erweitert  ^v■erden  solle. 

Dr.  Sa.xm  wollte  den  Umstand,  dass  die  Muttersprache  in 
dem  Komiteebericht  einen,  wie  es  scheinen  könne,  zu  grossen  Raum 
erhalten  habe,  damit  erklären,  dass  es  keineswegs  die  Meinung 
gewesen  sei,  der  Muttersprache  allein  die  Erlernung  der  betreffenden 
Begriffe  anzuvertrauen,  sondern  dass  der  Lehrer  der  Muttersprache 
sie  zuerst  zur  Sprache  nehme  und  dass  die  so  erworbene  Kennt- 
nis später  von  den  übrigen  Sprachlehrern  mehr  spezialisiert  werde. 

Dr.  Hagfors  konstatierte,  dass  d'e  Diskussion  gezeigt  habe, 
dass  man,  von  einzelnen  Details  abgesehen,  mit  dem  Komitee  ei- 
nig sei.  Man  solle  daher  in  der  Praxis  zur  Realisierung  des  von 
dem  Komitee  gemachten  Vorschlags  schreiten. 

Als  das  Endresultat  der  Diskussion  wurde  festgestellt,  dass 
es  wohl  der  Muttersprache  zukomme,  den  grundlegenden  gramma- 


Eingesandte  Litteratur,      AfUteilungen,  193 

tischen  Unterricht  zu  erteilen,  was  aber  keiaeswegs  die  übrigen 
Lehrer  befreie  von  einer  mit  Rücksicht  auf  die  verschiedenartige 
Struktur  der  respektiven  Sprachen  immerfort  geschehenden  Befesti- 
gung und  Erweiterung  des  erlangten  Wissens.  Im  Anschluss  an 
den  von  Dr.  Hagfors  ausgesprochenen  Wunsch  beschioss  der  Verein 
schliesslich  eine  Aufforderung  an  Sprachlehrer  und  -lehrerinnen  zu 
richten,  in  der  Praxis  dem  von  dem  Komitee  gemachten  Vorsclilag 
versuchsweise  zu  folgen. 

In  fidem: 

K  A.  Nyman. 


Eingesandte  Litteratur. 

//ff/zs  5/'n'g'/,  Sprachwissenschaft  für  alle.  III.  Jahrg.  Nr.  3 — 5. 
Wien,  L.   Weiss,    igio. 

Wilhelm  Victor,  Einführung  in  das  Studium  der  englischen 
Philologie  als  Fach  des  höheren  Lehramts.  Vierte  umgearbeitete 
Auflage.     Marburg  i.   H.,  N.   G.   Elwert,    igio.  XII -|-  142   S.   8:0. 


Schriftenaustausch. 

Modem    Langiiage    Notes,  Vol.  XXV,  No,  7  (Nov.   19 10). 

Moderna  Spräk,  Jahrgang  IV,  Nr.  7— 8  (Okt. —  No/.  19 10). 
Entliält  u.  a.  S.    106:    E.  A.   Meyer,    Atkinsons    Mou'h-Measurer. 

Museum,   iS'^^  Jaargang,   N:o  2 — 3   (Nov. — Dec.    iqio). 

Päivä   19 10,  Nr.  40  —  45. 

Revue  gennanique,  6<=  annee,  N°  5  (Nov.— Dec.  19 10).  Som- 
maire:  L.  Pineau,  L'Histoire  et  la  Poesie  populaire  au  moyen  age 
scandinave;  J.-E.  Spenle,  La  Religion  artistique  de  Bettina:  Goethe 
et  Beethoven,  etc. 

Virittäjä   19 10,  Nr.   7. 


Mitteilungen. 

An   die   LeJiier  und  Lehrerinnen   der  deutschen   Spiache. 

Wiederliolt  gelangen  an  mich  Anfragen,  ob  es  einen  Schlüs- 
sel" zu  meinem  deutschen  Übungsbuche  giebt.  Es  giebt  keinen, 
und  zwar  aus  dem  Grunde,  weil  ich  im  Zweifel  b.'n,  ob  der  Nut- 
zen   eines    solchen    den    Missbrauch,    der   damit  betrieben  werden 


1 94  Mitteilungen, 

könnte,  und  den  daraus  resultirenden  Schaden  aufwiegen  würde, 
selbst  unter  der  Voraussetzung,  dass  das  Buch  nicht  in  den  Han- 
del gelangte,  sondern  nur  direkt  an  Lehrer  und  Lehrerinnen  abge- 
geben würde.  Ich  bin  indessen  bereit  unter  der  oben  angegebe- 
nen Voraussetzung  einen  Schlüssel  (nicht  als  glatte  Übersetzung, 
sondern  als  Variantensammlung  der  schwierigen  Stellen)  drucken  zu 
lassen,  falls  nicht  Stimmen  aus  Kollegenkreisen  sich  ausdrücklich 
dagegen  vernehmen  lassen.  Ich  wäre  deshalb  meinen  verehrten  Kol- 
legen und  Kolleginnen  für  eine  Aussprache  hierüber  dankbar. 
Helsingfors,   Mikaelsgatan    i,  d.    12   November   19 10. 

JohaniuKs    Ohijujst. 

Einheimische  Publikationen:  T.  E.  Karsten, 
Äldre  germansk  kultur  i  Finland  belyst  af  ortnamnen  (Studier  i  noid. 
filol.  II,  Nr.  2),  Helsingfors  19 10,  47  S.  —  Werner  Söderkjelm, 
Studier  i  fransk  berättarkonst.  I.  Novellens  anor.  Helsingfors,  Lilius 
c'v   Hertzberg,    19 10.   287   S.   S:o. 

Ausländische  Besprechungen  einheimi- 
scher Publikationen:  Memo'res  de  la  Societc  ne'o-philologi- 
que  de  Helsingfors,  Bd.  V,  bespr.  von  J.  J.  Hartman  im  Museum 
XVIII,  Sp.  49—51  (fast  ausschliesslich  den  Aufsalz  von  E.  Zillia- 
cus,  »Giovanni  Pascoli  et  l'antiquite»,  behandelnd).  —  A.  Wallen- 
sköld,  La  Construction  du  complement  des  comparatifs  etc.  (Mem. 
de  la  Soc.  neo-phil.  de  Helsingfors,  V),  bespr.  von  H.  Naef 
(Trieste)  in  Le  Maitre  Phon.    19 10,  S.    157  —  9. 

Berichtigungen:  Der  Verfasser  der  oben  S.  149  er- 
wähnten »Notice  sur  i'Idiome  sud-esthonien»  und  »Compte-rendu 
de  H.  Möller,  Indo-europ?eisk-semitisk  sammenlignende  Glossarium» 
ist  Henri  Bowi'eois. 


SEP  t     lOCf 


FB 

Neuphilologische  Mittel 

5 

lungen 

i;^3 

Jg. 10-12 

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