NEUPHILOLOGISCHE
n L
MITTEILUNGEN
ZEHXTl-R JAHRGANG
1908
-55-
527200^
HELSINGFORS
AKTIEBOLAGET HANDELSTRYCKERIET
1908
f;
Inhaltsverzeichnis.
I. Aufzätze.
Seite
Hirn, Yrjö, Note sur la Ballade des dames du temps jadis . . 103
Laurila, K. S., Über die Stellung der Gesprächsübungen beim neu
sprachlichen Unterricht in unseren Schulen 51
Längfors, A., Moy. haut-all. sambelieren < anc fr. cembeler . 175
Streng^ Walter O.. Über einige Benennungen des Weink« Hers in Frank
reich I
Söcterhjelin, IV., Die Langenscheidlschen Hilfsmittel für den modernen
Sprachunterricht ... 27
— » , Eine tschechische Version der Reise ins Sibj-Uenparadies. . . 72
— > — . Die Teilung der modernsprachlichen Professur 130
-D — , Les nouvelles francaises du Ms. Vatic. Reg. 1716 159
Tallgren, Oiva Joh., Observations sur les manuscrits de l'Astronomie
d'Alphonse X le Sage, roi de Castille 110
Walletisköld, A., Le sort des voyelles posttoniques finales du latin en
ancien frangais 7
Ziliuiats, Emil, La legende d'Europe dans les litteratures classiques et
dans la poesie frangaise ....115
II. Besprechungen.
Bohnhof, Anna, The Junior English Reader (A. Mbg) 93
Curtius, Anna, Der französische Aufsatz im deutschen Schulunterricht
(A. Lhidforsj 39
Dauzat, Albert, Essai de methodologie linguistique dans le domaine des
langues et des patois romans (A. Wallensköldj 88
Diuioß\ Paul, Qiuvres completes de Andre Chenier Cy. Poirotj , . . 13 j
Horthng, Ivar, Studien über die ö Verba im Altsächsischen CT. E.
Karsten) 37
.Vyrop, Kr,, Grammaire historique de la langue francaise, t. III (A.
Wallensköldj 192
Plaget, Arthur, Le Miroir aux dames (W, Söderhjelmj 134
Seite
Rosendahl, Axel, Chrestomathie frangaise (Ivar Hortung J 147
Rutz, Ottmar, Neue Entdeckungen von der menschlichen Stimme (J,
Poirot) 190
Schmidt, H., und Tissidre, Jean, Französische Unterrichtssprache (A.
WalUnsköld) 194
Streng, Walter O., Haus und Hof im Französischen f IV. S'öderhjeliii) . 32
Studier i modern spräkvetenskap, Bd. IV (VV, Söderhjehnj . . . . 136
Vianey, Joseph, Les sources de Leconte de Lisle CJ Poirot j . . . . 189
IVefidel, Hugo, Die Entwicklung der Nachtonvokale aus dem Lateinischen
ins Altprovenzalische (A. Wallen sköld) 184
Ohqnist, Johannes, Tysk övningsbok, Saksankielen Harjoituskirja, Skriv-
prov för Studentexamen i Tyska, Saksankielen Kirjoituskokeet
Ylioppilastutkintoa varten, Tysk Elementarbok, Saksankielen Al-
keiskirja (^ISI . W — sj 91
III. Nachrichten über die Tätigkeit des Neuphilologischen
Vereins.
Die Neuphilologenversammlung 11. — 13. Jan. 1909 157
Protokolle des Neuphilologischen Vereins (Dez. 1907) 44
— ?> — (Jan. März 1908) . 94
— > — (April 1908) . . 149
— » — (Sept. — 7. Nov. 1908) 195
Verzeichnis der Mitglieder 202
IV. Eingesandte Litteratur . 48, 100, 153, 203
Schriftenaustausch 48, lOi, 154, 204
V. Mitteilungen ... 49, loi, 155, 204
NeupHiioidgische
• • MITTEIUJNQEN
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
: Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
-. 4: 30 durch die Post und 5 Fmk. durch die Buchhandlungen, j
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bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. Wallensköld, h
I Vestra Hamngatan 5;^ zu senden. |'
Über einige Benennungen des Weinkellers
in Frankreich.
Das römische Wohnhaus, worin Raum genug war für
das Unterbringen aller nötigen Lebensbedürfnisse unter dem-
selben Dache, hatte seine besondere Vorratskammer i, c e 1 1 a
promptuaria, nicht nur für Wein (c. v i n a r i a), sondern
auch für Öl (c. o 1 e a r i a), Holz (c. 1 i g n a r i a). Fleisch
(c a r n a r i u m), Korn (g r a n a r i u m), u. s. w. Später
sind wohl infolge der Einengung des Raumes u,nd der
verbesserten Handels- und Verkehrsverhältnisse teils diese
verschiedenartigen Vorratskammern unnötig geworden (so c a r-
n a r i u m), teils hat man die notwendigsten dieser Lebens-
mittel in selbständigen Wirtschaftsgebäuden untergebracht, so
das Korn in Scheunen, das Holz in Schuppen, u. s. w., teils
aber werden besondere Räume entweder unmittelbar unter
dem Dache angebracht (vgl. lt. g r a n a r i u m > frz. grenier
' Für die Vorratskammer im Allgem. wurde ausser dem obener-
wähnten cella (promptuaria, penaria) noch cellarium, proma,
apotheca und thesaurus verwendet, bei Du Gange (DC.=Glossarium
mediae et infimae latinitatis) daneben foreria ? «cella penaria», m a g a-
senum und o f f i c i n a e, «in quibus asservantur, quae ad victum aut alios
usus monachorum spectant. Gtierardo officina est cella promptuaria
peculiaris, ubi res cibariae unius et eiusdem generis separatim ab aliis conser-
vantur. j>
2 IValter O. Streng,
und lt. fumarium) oder unter der Wohnung eingerichtet,
wie der Keller für den Wein. Dieser letzte Begriff ;; Wein-
keller >, der von so ausserordentlich grosser Bedeutung für das
landwirtschaftliche Leben in Frankreich sein dürfte, hat von
alters her dem schöpferischen Volksgeiste eine ganze Menge
Neubezeichnungen entlockt. Ohne Ansprüche auf Vollständig-
keit bei der Besprechung der für diesen Begriff in Betracht
kommenden Benennungen zu erheben, werde ich im Folgen-
den zuerst die lateinischen Benennungen ins Auge fassen,
um dann bei den auf gallischem Boden anzutreffenden er-
schliessen zu können, was von ihnen als Erbgut, was wiederum
als Neugeschaffenes erscheint.
Gewöhnlich benannte man, wie schon oben angedeutet,
den Weinkeller im kl. Lat. mit cella vinaria'; eine
Vorratskammer für spez. alten Wein hiess veterarium.
Neben diesen, die als Bezeichnungen eines Weinkellers für
das Galioromanische verloren gegangen sind, müssen aber
einige Bedeutungsspezialisierungen bei den klassischlat. Be-
nennungen einer Vorratskammer vorausgesetzt werden. Sowie
apotheca, die Benennung einer Vorratskammer im Allge-
meinen, auch speziell für «Weinlager im obern Teile des Hauses»
angewendet wurde, so muss auch c e 1 1 a r i u m höchst wahr-
scheinlich schon sehr früh für den spezielleren Begrift' «Wein-
keller» verwendet worden sein (vgl. c e 1 a r i u m pro c e 1 -
larium «cella vinaria» DC). C e 1 1 a r i u ui lebt, wie be-
kannt, im schriftfrz. cellier weiter fort (vgl. ahd. chelläri, nhd.
Keller, engl, cellar, schwed. källare, finn. kellari) und ist
auch mundartl. nicht unbelegt, so wall, cell (Remacle •^),
chlier (Sigard^); lothr, s^ley } m. «cave» (Lahm*); frz.
Schweiz seil, (de Lavallaz ^) ; lang, ce'ie } (D'Hombres-Charvet ®),
* Mit cella vinaria wurde eigentl. die Gährkammer für den
Wein benannt, aus welcher er dann in die apotheca — s. dies W.
oben — gebracht wurde.
- Dictionnaire wallon et frangais. II. ed.
* Dictionnaire du wallon de Mons etc. Paris 1870.
* Le patois de la Baroche.
^ Essai sur le patois d'Heremence. Paris 1899.
® Dictionnaire languedocien-frangais. Alais 1884.
über einige Benennungen des Weinkellers in Frankreich. 3
cclie (Vayssier '). Altbearn. cerer («Quant troberan vin macu-
lat en los cerers^-> Arch. des Basses-Pyrenees bei Lespy-Raym. 2)
setzt vielleicht ein * c e 1 e r i u m voraus.
Ausser den obenerwähnten lat. Benennungen, die in der
klassischen Latinität vorkamen, belegt DC. noch folgende
vulgärsprachliche Wörter: bova «cella vinaria, Gall. cave»
(Addim. Carp.), r o c a «cella in rupe excisa, nostris röche,
pro cella vinaria, vulgo cave», cava «cella depressa, in qua
vinum oleumve reconditur, Gall. cave», cavea, canaba
«cella vinaria», alcha «pars aedis, in qua sunt cupae»
(Addim. Carp.), bersa «cella vinaria, Gall. cellier», c 1 u-
zellum, cuba «cella vinaria, locus, ubi cupae servantur»,
taberna^ und vossura «cella vinaria, Gall. cave». Nur
die vier ersten dieser vulgären Benennungen treten im Gallo-
romanischen für unseren Begriff später auf.
1. Ein bova liegt dem afrz. bove («Comme Robert
Fuscien eust d'aventure trouve une bove ou cave ouverte»
von Sigard bei DC. zitiert) «grotte, caverne, cave» (Gdfr. *)
zugrunde. Nach G. kommt das Wort noch in den \'olks-
mundarten von Arras und Cambrai vor, wo es «arriere-cave
dans laquelle on tient le vin sous clef» bedeutet («Une des
choses remarquables dans la ville d'Arras, ce sont ces caves
profondes nommees boves, en latin hypogecs. Ce sont des
lieux Souterrains, assez vastes, sans soupirail, la plupart voütes
sans magonnerie, mais soutenus par des pilliers de pierre :
on y encave du vin, etc.»). Von Sigard ist das W. in
dieser Bed. etwas nordöstlicher, in Mons, belegt.
2. r o c a lebt im afrz. röche, roiche fort, welches
Gdfr. mit «maison», aber daneben mit «cave» erklärt: «en la
röche de couvent .VIII. tonneaux d'angomoys» (vgl. Gdfr.
und Folgendes bei DC. : «Icellui Jehan avoit trouve ladite
exposant en sa roiche ou cave» Lit. remiss. ann. 1393).
' Dict. patois-frangais du departement de l'Aveyron. 1879.
Dict. bearnais ancien et moderne. Montpellier 1887.
•' Ein tabernäl kommt bei Vayssier (Languedoc) in der Bed. «espece
de cave, de rez-de-chaussee, oü Ion serre toute sorte de choses» vor.
■* Dict. de l'ancienne langue fran^aise etc. (Godefroy).
4 IValter O. Streftg,
3. Das vulgärsprachl. cava hat bekanntlich, zwar nur
lehnwörtUch, die schriftsprachHche Form cave ergeben; mund-
artlich findet sich das W. wohl über ganz Frankreich belegt.
4. Auf ein *c a v e u m (pro c a v e a) könnte vielleicht
das besonders im Gase, übliche chay «bätiment, partie du
bätiment au ras du sol, oü on löge le vin, l'eau-de-vie»
(Lespy-Raym.) zurückgeführt werden. " Es wird in derselben
Form auch von Durrieux ^ und Duplan ^ belegt und kommt
fast ähnlich geschrieben ausserdem in Saintonge u. Poitou
vor, so chai «cellier ä vin, ä eau-de-vie» bei Eveille ^, Jönain '^j
Rousseau ^ (vgl. hiermit das schriftsprachl. chai «vaste cellier
pour les vins, les eaux-de-vie» bei HDT. ®). Nur die Schrei-
bung chai (Moncaut ''), ckais (Favre ^) scheinen einem Etymon
*c a V e u m zu widersprechen. Eine Form chaiz findet sich
bei Eveille zitiert, hier aber in der Bed. eines Speichers ?
im Allgem. : «Les marchands — — — payeront les louages
de ces maisons, chaiz ou ouvrouers (}) esqueKs mettront et
tiendront leurs marchandises» (Coustumier general de France,
T I, S. 707). Ob das von Mstrl. ^ diesem chai zugrunde
gelegte «b. lat. c h a y u m» andrerseits von einem lat. c a d u s
«Krug» abzuleiten ist, scheint ebenso problematisch, wenn-
gleich es begrifflich auf der Hand läge (vgl. unten cubie,
gerlie, u. a.).
Neben den obenerwähnten Benennungen eines Wein-
kellers, die zum Teil diesen Begriff schon im Lat. bezeichnet
haben, von denen aber, wie aus dem Obigen ersichtlich
ist, nur ein geringer Teil im Galloromanischen fortlebt,
tauchen hie und da Bezeichnungen auf, die wahrscheinlich
erst später für diese neue Verwendung Aufnahme gefunden
Dict. etymologique de la langue gasconne. 1901.
Patois de Bigorre.
Glossaire saintongeais. 1887.
Dict, du patois saintongeais. 1869.
Glossaire poitevin, 1869.
Dict. general (Hatzfeld-Darmesteter-Thomas).
Dict. gascon-frangais. 1863.
Glossaire du Poitou, de la Saintonge et de l'Aunis. 1S67.
Lou tresor dou Felibrige (Mistral).
über einige Benennungen des Weinkellers in Frankreich. 5
haben und die vom Volke mit den ihm zu Gebote stehenden
Mitteln neugeschaffen worden sind.
Eine in den provenzalischen Mundarten gelegentlich
vorkommende Bildungsweise von neuen Benennungen eines
Weinkellers scheint die Hinzufügung des für die Bezeichnung
der Räume so gewöhnlichen Suffixes - a r i u m ( - a 1 e) zu
einem Worte, das etwa «Krug», «Kufe» oder ein tragbares
Gefäss überhaupt bedeutet, gewesen zu sein. So muss man
sich nämlich zweifelsohne die Entstehung solcher Benennungen
denken wie lim. aibii:, lang, cubic, gase. cubH (lat. c u p a -j-
Sufif. - a r i u m), die mit «Heu oü sont les cuves, cellier>
(Mstrl.) erklärt werden (vgl. afrz. lehnw. cubarie: «Lequel
Choucial s'enfouy en la cubarie dudit hostel» Gdfr., und nfrz
aiverie -<endroit du cellier oü se trouvent les cuves» HDT.,
welche beide Formen das Suff. - a r i a, resp. -crie, voraus-
setzen), auvergn. gerlie, jarlie (lt. gerula -j- -ariumf)
und schliesslich tinal in Gers (Puitspelu \ tmor, tinard : ibd.).
Tarn und den benachbarten Departements (Gary ^, Couzinie ^)
in der Bed. «cellier pour les cuves» (lat. t i n a «Weinbutte»
-f- Suff. - a 1 e), tineyriöl, teneyriäl, tinoyrouol (t i n a -|~ - a r i a
-j- -a 1 e) «cellier ou cave oü sont les cuves vinaires» (Vayssier),
tinailli (ausgespr. tinalki), tenailler (Suff, -alia -{- -arium).
Über die Entstehung der zwei letzten Benennungen vgl.
Folgendes: «II est probable que les grandes cuves se sont
appelees tinailles (comp, fulaüles), et que c'est sur ce mot
qu'a ete fait tinailli. Quant ä la forme tenailler, eile est due
ä l'infl. de fr. tenailles, lorsque l'on n'a plus su ce que c'etait
qu'une tinaille-» (Puitspelu).
Eine «Grotte» nennt man den Keller gelegentlich in
Savoyen, so crota in Montagny (Const.-Desorm. *), in Provence
croto (Avril ^, Mstrl.), und in Lang, croto, croutou (D'Hombres-
Charv. ; Suff. - o n e m).
' Dictionnaire etymologique du patois lyonnais. 1887 — 1890.
- Dict. patois-fr. ä l'usage du departement du Tarn et des departe-
ments circonvoisins. 1845.
' Dict. de la langue romano-castraise et des contrees limitrophes. 1850.
* Dict savoyard. 1902.
■' Dict. provengalfr. 1839.
6 IValter O. Stteng^ Über eifiige Benennungen des Weinkellers etc.
Die P^igenschaft des Kellers, dass er im Sommer frisch
ist und deshalb zum Sommeraufenthalt geeignet, hat die Be-
nennung estivo, estibo in Lang, und Gase. (MstrI.) hervorge-
rufen (lt. a e s t i V a).
Benennungen wie debäs, enbäs, endebds, die ich bei
Vayssier (Languedoc) für «cave» belegt habe, sowie basse-
goutte «petit cellier ä l'arriere de quelques habitations» (Jossier
Pere, Patois de l'Yonne) und veilloi (Thibault ^), veilloir
(Meniere 2) werden offensichtlich in der erweiterten Bed.
«cave» = «espace souterrain» gebraucht und kommen hier
also nicht in Betracht.
Zuletzt sei hier auf eine Benennung kurz hingewiesen,
deren Ursprung dunkel zu sein scheint. Es ist dies das afrz.
cetor : «xA. Johan de Vilar et a ses compagnion por treire les
.VI. bosses de vin fürs dou cetor, por chargier et deschargier
et misurar» (1418, Arch. Frib., comptes des Tresoriers, bei
Gdfr.) und das noch in Savoyen belegte entsprechende s'etor
ou cetor ^ Taninges (Const.-Desorm.). Diese ebenerwähnten
zwei Wörter werden von CD. mit zwei anderen savoyischen
Wörtern sertb, sartb (Chambery) mx^A fartb (Annecy) zusammen-
gestellt und stimmen völlig mit den von Bridel ■* in Montreux
in der frz. Schweiz für «cellier» gebuchten fairtho, certho
überein. Const.-Desorm. scheint für die obenerwähnten Formen
ein lat. Etymon suturnus (?) annehmen zu wollen (vgl.
bei ihm folgende Zitate: «pro duabus fenestris suturni»
aus «Extraits des comptes de la chatellenie d'Annecy» in
Rev. Sav. 1900, S. 303, und «Suturnus ou souturnus,
en patois cetour, sertb ou fartb ; piece situee au rez-de-chaussee
servant generalement de cellier» Partage d'une maison situee
ä Abondance, contenant la mentione d'un cetour, soit cave,
165 1, 19 mars). Doch vorausgesetzt, ein fairtho, farto könnte
irgendwie auf ein lat. suturnus zurückgeführt werden,
so bleibt doch noch dieses lat. Wort zu erklären.
Walter 0. Streu o^.
Glossaire du pays blaisois. 1892.
Gloss. angevin etymologique, 1880.
Gloss, du pat. de la Suisse romande. i866.
Le sort des voyelles posttoniques finales du latin
en ancien franpais
Dans un article public l'annee passee dans les Melanges
Chabaneau (Erlangen, Fr. Junge), pp. 105 — 117, M. Jules
Cornu, le savant professeur de philologie romane ä l'Univer-
site de Graz, a esquisse une nouvelle theorie de la «chute de
la voyelle finale» en frangais. Par cette theorie M. Cornu
croit pouvoir expliquer certaines irregularites apparentes dans
le developpement des voyelles posttoniques finales en ancien
frangais. Le raisonnement de M. Cornu ne m'ayant pas con-
vaincu, je me permets d'aborder ä nouveau cette question si
interessante, qui ne me semble pas, dans tous ses details,
avoir ete encore düment examinee. Le but de ces pages sera
de demontrer que les cas cites par M. Cornu a l'appui de
sa theorie se laissent expliquer autrement, k l'aide de sup-
positions qui n'impliquent pas, comnie le fait ä un certain
degre la theorie de M. Cornu, une derogation ä la conception
regue de l'activite des «lois phonetiques».
Voici d'abord un bref expose des regles phonetiques en
cours sur le developpement des voyelles posttoniques finales
du latin en ancien frangais:^)
1:0 A s'affaiblit en e feminin et reste tel au moins
durant la premiere periode de l'ancien frangais (dura >•
dure, d u r a s > dures).
2:0 Les autres voyelles s'amuissent dejä avant l'appari-
tion des premiers monuments litteraires (v i g i n t i > vint,
V e n i t >> vient, s e n t i r e >> sentir, f e r r u m >» fer, m u -
r o s >> murs), sauf
a) si la voyelle finale (/ ou i") peut former diphtongue
avec la voyelle tonique (c u i > ad, c a n t a (v) i > chantai,
p o t u i >> poi, d e u m > dieu, c 1 a v u m ;> cloti, 1 o c u m >
Heu), ou
Cf. p. ex. Kr. Nyrop, (ha/niii. hist., I. I'-', §§ 248—253.
8 A. U'alletisköld ,
b) si la voyelle finale, sous la forme d'un e feminin,
subsiste en qualite de voyelle d'appui (p a t r e m > pe[d)re,
t e n e r u m >> tendrc, vendunt>» vendent, computum >
cojite, p u 1 i c e m > puce) ^
Quant aux cas qui sont en contradiction avec ces regles,
on ne les considere que corame des exceptions apparentes:
on y voit soit des «mots savants» (f<r/^j/r <; c ae 1 e s t e m),
soit des «formations analogiques» (fem. gründe <C g r a. n-
d e m -f- -<^)> soit enfin des «cas isoles», plus ou moins dififi-
ciles ä expliquer, mais n'impliquant en aucune fagon une
vcritable derogation aux regles precitees [or <; h a (c) -h or a,
somes <C s u m u s).
Or, M. Cornu, basant sa theorie precisement sur l'exis-
tence de ces «cas isoles», declare qu"il y a lieu d'etablir
comme regle fundamentale pour toutes les voyelles finales du
latin qu'elles subsistent en ancien frangais sous la forme d^un
e feminin, non seulement en qualite de voyelles d'appui, mais
aussi quand elles fönt partie d'un mot se trouvant «ä la
pause», tandis qu'elles tombent, si le mot en question est
employe proclitiquement, «dans le corps de la phrase». D'apres
cette regle, un mot comme or (<< h a (c) -h o r a) ^ serait la
' On peut diviser ce dernier groupe de mots en deux sous-groupes:
i:o Mots dans lesquels la voyelle finale est precedee ou entouree de
consonnes qui necessitent dans tous les cas une voyelle d'appui p a t r e m,
t e n e r u m, v e n d u n t).
2:0 Mots proparoxytons dans lesquels la voyelle penultieme est entouree
de consonnes qui n'exigent pas de voyelle d'appui, lorsque ces consonnes se
suivent immediatement dans des mots paroxytons (computum, pulicem;
cf. r e d e m p tu m > ;r^«/, f a 1 c e m >yß/;). Ce traitement different s'ex
plique par le fait que dans le prämier cas la voyelle finale portait en latin
un accent secondaire (cf. P. E. Lindström, Am/iärkningar tili de obetonade vo-
kakrnas bort/all i iiägra nordfratiska ortnavin, Diss. Upsal, 1892, p. 34 s,;
W. P. Shepard, A Contribution io tlic History of the Cfiaccented J'o7vcls iit
Old French, Diss. Heidelberg, 1897, p. 45).
^ M. Cornu (voy. Rom., VII, p. 358) fait venir le mot or de ad-
h o r a m, mais cette etymologie me parait fort improbable, parce (|ue dans
l'expression ad-horam (/est une consonne intervocalique et qu'un d inter-
vocalique ne disparait que pendant la periode frangaise. Cf. H. .Suchier, /.s.f.
roiii. Phil., III, p. 149.
Le sort des voyelUs posttoniques finales du laiiu en ancien ßamais. 9
forme protonique normale generalisee, tandis que somes (<; su-
m u s) representerait la conservation de la voyelle finale dans
un mot employe de preference ä la pause. Mais il y aurait
une difference importante ä etablir entre le developpement des
dififerentes atones finales du latin: elles ne tombent pas simul-
tanement dans des conditions phonetiques identiques. Selon
M. Cornu, c'est la voyelle e qui tombe le plus facilement,
viennent ensuite 1 et 0 [u], et en dernier Heu on a la voyelle a.
A la pause, cette derniere voyelle ne s'etait pas encore
amuie en ancien frangais, tandis que Tamuissement des autres
voyelles s'etait deja successivement accompli vers cette
epoque, excepte dans certains cas, non precises par M. Cornu,
oü les consonnes avoisinantes auraient retarde la chute
de la voyelle finale ^
Ce qui me parait a priori parier contre cette theorie
du developpement des voyelles finales du latin en frangais,
c'est qu'elle s'appuie sur un nombre tres restreint de cas pro-
bants En ce qui concerne la chute d'un a final par suite
de l'emploi protonique des mots respectifs, M. Cornu ne cite
que les cas suivants:
Les formes de l'article feminin des, as, es:
icez, cez (ä cote de icestes, cestes)\
noz, voz (ä cöte de nosires, vostres)\
■ Je dois avouer que je ne comprends pas tres bien M. Cornu quand
il dit (p. H2): «Les consonnes avoisinantes, parfois aussi la frcqtience de cer-
iaines expressions, ont dii häter ou retarder la chute de la finale atone». Si,
par les mots que j'ai impriines en italiques, M, Cornu veut dire qu'une ex-
pression qui, employee protoniquement, perd sa voyelle finale, mais la garde
en Position tonique, a ete employee protoniquement si frequemment que la
forme raccourcie a supplante l'autre ä la pause, et vice versa, son raisonne-
ment est certainement correct. Mais si, comme je le soupgonne, M. Cornu
est d'avis que \c fait (ju'une expression est tres souvent employee peut en
luimeme occasionner la chute prematuree de la voyelle finale, je ne saurais par-
lager son opinion, car, ainsi que j'ai täche de le demontrer ailleurs {Abha>td-
hingen Herrn Prof. Dr. Adolf Tobler .... dargebracht, p. 301 ss.), ce n'esl
pas l'emploi frequent en lui-meme, mais cet emploi frequent combine avec
une prononciation particulierement negligee, causee par l'insignifiance syn-
taxique et semantique du mot, qui en delermine l'usure extraordinaire.
10 A. IVallensköld,
el, eis (ä cote de ele, eles)\
or, encor, lors (a cote de ore, encore, lores)\
buer, mar (a cote de mare)\
onc, ainc, prov. anc (ä cote de onques, ainques);
fors, hors, prov. fors (a cote de prov. fora, foras)\
chies, prov. chas:
puist (ä cote de pinsse)\
l'imparfait ert, iert (a cote de ere{t), iere)\ ^
lait [let], 3:e pers. sing, du pres. de l'ind. du verbe laier :
seit [soit), ait, les imparfaits et conditionnels en -eit {-oii),
les imparfaits normands en -out, -ot (a cote de aiet et des
imparfaits et conditionnels en -eiet).^
Meme si on peut allonger cette liste de quelques exem-
ples isoles ^, eile n'est certes pas tres imposante aupres de
la masse enorme de formes dont l'atone finale -e, provenant
d'un a latin, ne s'est jamais amuie en ancien frangais, quoique
les mots en question aient du etre employes souvent en posi-
tion protonique, savoir: les substantifs de la i:ere declinaison
latine (y compris les pluriels neutres du type f o 1 i a), les formes
feminines des adjectifs et pronoms [bone — bones, cele — celes,
etc.) et les formes verbales en -^ <; -a, -am, -a t et en
■es < - a s [atme, vende, ve?idcie, amoue, aimes, vendes, ven-
deies, amoues, etc.), avec les exceptions enumerees ci-dessus.
Et pour le cas oü une autre voyelle finale que a s'est
conservee sous la forme d'un e feminin en ancien frangais,
le nombre des exemples apportes ä l'appui de cette conser-
vation est encore moindre que celui des exemples cites a
' Estce i|ue jamais il y a eu, a la 2:e pers. du sing., une forme a-
bregee iers (ers), ä cote de ieres {eres), comme le semble admettre M. Cornu (p.
lll)r MM. Bonnard et Salmon, dans leur Graminaire somniaire de fanden
francais, p. 47, ne mentionnent pas de forme abregee.
* M. Cornu cite les formes longues sostendreiet dans \ Etdalie, aiet, sa-
veiet, doceiet, penteiei, vietreiet, astreiet, fereiet dans le Fragment de Valencien-
nes. On peut ajouter esuardouet (l(zs uuardott&') Pass. 190.
^ Je pense ä voist, iruisl, doint, doinst (ä cote de voise, trtässe et des
premieres personnes doigne, doinse).
Le sori des voyelUs positoniques finales du latin en ancien frani;ais. 1 1
l'appui de la chute d'un a final en position protonique. M.
Cornu n'enregistre que les formes suivantes:
Les formes verbales en nies et -tes [somes, estes, etc.);
l'adv. primes (p r i m u s);
cheue (*capum) et verme (v e r m e m) du Fragmeiit
de Valenciennes. ^
II est vrai qu'il mentionne encore eschame, some,
damno (Serm.), dorne dame, ohne orme, Guülelme, keime,
chaline, alve, fevre, aredre, preveire, altre, ledre, salvedre,
faitre, duiire, mais ces exemples ne parlent ni pour ni
contre la theorie de M. Cornu, puisque leur voyelle finale est
reconnue par tout le monde comme une voyelle d'appui. ^
De la quantite considerable de formes latines a finale atone
autre que «, il n'y aurait donc en somme que deux desinences
verbales et trois mots isoles qui auraient conserve leur
voyelle finale, sans que cette voyelle ait eu sa raison d'etre
phonetique en qualite de voyelle d'appui. Comment expliquer
un phenomene .si curieux? M. Cornu ne täche meme pas de
le faire. II se contente de constater que, pour des raisons
phonetiques quelconques, dans certains cas cet e final a sub
siste en ancien franc^ais dans des mots employes souvent ä
la pause et que dans d'autres cas (beaucoup plus nombreux)
il a disparu avant l'apparition des premiers monuments litte-
raires i^sous l'influence des formes protoniques correspon-
dantesr).
' M. Cornu ajoute, en parlant de verme, que la contrefinale s'esl egale-
ment conservee dans fernteied et enfermeied (Alexis, Quatre livres des Jyois).
' Les formes dam dan (d a m n u m) et davi dan{i) (d o m n u m), qui
sont en contradiction avec la regle qui dit que le groupe vin exige une
voyelle d'appui, sont donnees par M. Cornu comme des formes protoniques
ayant perdu leur e tout comme les mots en e final venant de Va latin. In-
dependamment de ce ([u'il faut penser de ces dernieres formes, on peut ex-
pliquer les formes dam <; d a m n u m et datn <. d o m n u m autrement que ne
le fait M. Cornu. Le premier dam peut etre une derivation postverbale (voy.
Meyer-Lübke, Gramm., I, § 313). Le second dam est ou bien la forme pro
tonique antevocalique [dam'Eu/emiicn) genetalisee ou bien une forme tirce
analogiquement du feminin dame (voy. Meyer-Lübke, /. c).
12 .7. U'alkusköld,
Est ce que toute cette theorie ne fait pas l'effet d'etre
bätie sur le sable? Quelles raisons aurions-nous de supposer^
pour la periode prelitteraire du frangais, un si profond proces
d'unification et de repartition agissant, pour \a final, en faveur
des formes toniques, pour les autres voyelles, en faveur des
formes protoniques, proces auquel n'aurait pu echapper qu'un
nombre tres restreint de formes? Et si encore il n'y avait
pas d'autre moyen d'ex'pliquer ces «exceptions» ! Mais on a
au contraire, pour la plupart d'elles, trouve des explications
fort plausibles, et a cause de Celles, peu nombreuses, qui
sont encore plus ou moins inexpliquees, on n'a certes pas
le droit de construire une nouvelle theorie qui serait peu com-
patible avec ce que nous connaissons aujourd'hui de la lutte
entre les formes toniques et atones des mots.
Et il y a encore un argument positif qui parle contre
la theorie de M. Cornu pour ce qui concerne la chute de \a
final en position protonique: le desaccord qui existerait entre
le developpement de cette voyelle et celui de \a contrefinal.
On a raison de se demander comment il se pourrait qu'un a
contrefinal restät sous la forme d"un c feminin, tandis qu'un a
final employe en position protonique, c'est-a dire dans une posi-
tion correspondant le plus souvent ä celle de la contrefinale d'un
mot simple, s'amuirait (cf. ore vient <:;ha(c)-hora venit
' II y a bien aussi un certain nombre d'exceptions ä la regle de la
conservation de I'ö contrefinal en ancien frangais sous la forme d'un e femi-
nin. Mais ces exceptions ne sont qu'apparentes, puisque, dans la plupart des
cas, la disparition de cette voyelle contrefinale, dans le voisinage d"une liquide
ou d'une nasale, est un phenomene posterieur, appartenant au developpement
special du frangais (sacramentum > saireiiient > seri/ie?it), et que, dans
d'autres cas, les formes frangaises remonteni ä des etymons latins sans a
contrefinal [sevrer <Z seperare, non < separare) ou sont des formations
analogiques posterieures (pic. acatrons, a cause des doublets meteronsweirons);
cf A Darmesteter, A'ow., V, pp, 143 et 145; W. P. Schepard, .4 Contribution to the
History of the Unaccented Vo'wels in Old French, Diss. Heidelberg, 1897, p. 64 ss. ;
E.Herzog, Sireitfragen der romanischen Philologie, I, p. 105 ss ; H. Suchier, Aue.
et Ä'^iiS', p. 80 {acatrons)\ etc. Ce n'est que dans le cas oü un a contrefinal
latin a disparu entre deux ;■ ou entre n (et peut-etre rl) et r {Jurrai, donrai,
parrai < parlerai) que ramuYssement de cet a me semble devoir eire attri-
Le sorl des voyelles posttoniques finales dn latin en ancien francuis. 13
Dans ce qui suit jexaminerai un a un les exeniples
apportes par M. Cornu ä l'appui de sa theorie, et je tache-
rai de demontrer qu'ils se laissent tous expliquer autrement,
Sans qu'on ait besoin de recourir a des hypotheses extra-
vagantes.
Poiir ce qui concerne la chute de \a posttonique final,
il y a d'abord ä supprimer les formes fors [hors], chies, lait
et soit comme ne venant pas de mots latins avec a final.
Fors [hors] est le latin foris, l'ablatif pluriel bien
connu usite ä cöte de l'accusatif pluriel foras. II n'y a
rien d'etonnant ä ce qu'un ablatif souvent employe ait em-
piete sur les fonctions de l'accusatif correspondant. "^
Chies vient de l'ablatif dun substantif postclassique
casus, qui n'est nullement aussi «problematique» et «peu vrai-
semblable» que le dit M. Cornu (p. io8)^; voy. les recherches
concluantes de M:lle E. Richter, Zs. f. roni. Phil., XXXI, p.
571 ss.
Comme lait a ä ses cotes une 2:e personne sing, lais,
un imperatif lai et un futur-conditionnel lairai-lairoie, il
semble evident qu'il ne s'agit pas, dans tous ces cas, de for-
mes abregees du verbe laier, mais bien de formes regulieres
d"un verbe *laiir'^. Avec M. Thomas {Essais, p. 322 ss.) je
bue dejä ä l'epoque prelilteraire (cf. Neuph. MM., 1907, p. 58). L'assertion
de M. Herzog [otntr. die, p. 106) qu'une teile chute prelilteraire aurait dii
donner naissance aux formes '^mendrai et *dondrai (cf. vendrai <Z venire-
habeo) n'est pas fondee a mon avis, car ramuissement de Va contrefinal, bien
que prelitteraire, n'a guere pu avoir lieu qn apres l'amuissement des autres voyel-
les contrefinales, donc probablement ä une epoque oü la rencontre de « et r
n'amenait plus, en francien, l'intercalation dune explosive dentale.
' Les quelques exemples qu'on connait de la forme fibres pourraient
remonter ä f o r a s ; cf. W. P. Shepard, A Contribution to the History of the
i'naccented Vowels in Old French, p. 15.
- Dejä en 1882, M. Cornu faisait venir a. fr. chies, a. port. cas de
c a s a, en supposant que <.\a de casa est tombe parce qu'il se trouvaii avoir
un accent moins fort que le mot suivant» {Rom., XI. p. 84).
' De laii, lais, lai, lairai, etc., l'analogie de fait — faire aidant, on a
peut etre plus tard tire un infinitif ^laire (c'est la forme admise par M. Paul
Meyer dans le glossaire du ronian de L' Escoufle).
14 A. Walle nskölt/,
crois que les deux vcrbes peuvent venir du germ. lagjan.
II serait cependant aussi possible que '''laür seul füt primitif,
et que les formes laier, laie, etc. eussent ete creees sous
l'influence du synonyme laissier.
A soit correspondait en latin classique s i t ou, par abre-
gement syntaxique, s i t (cf. forsitan<;fors sit, an), et
c'est de cette derniere forme que vient regulierement soit. II
est vrai que, dans toute la Romania, excepte precisement la
Gaule septentrionale, c'est la forme analogique s i a t qui a
prevalu (prov. sia, it. sia, rhet. (eng.) saya^, mais cela nem-
peche evidemment pas que la forme primitive s i t n'ait pu,.
pour une raison ou une autre, continuer ä vivre en France.
Si soit etait la forme abregee d'un seiet anterieur, on s'at-
tendrait ä trouver en ancien frangais cette derniere forme.
Or, il n'y a dans les plus anciens textes que seit {Senn. I, 7:
Sit, Alex, toujours seit). ^
Les mots qui restent et pour lesquels il est necessaire
d'admettre la chute irreguliere d'un a final peuvent etre di-
vises en trois categories. A la premiere appartiennent as,
des., es, icez [ces], noz et voz; ä la seconde, el (avec son plu-
riel els\ or., encor, loris), buer, mar et onc [ainc)\ ä la troi-
sieme, les subjonctifs ait et puist, l'imparfait ert [iert) et les
imparfaits (conditionnels) en -eit et -out.
La premier groupe [as, des, es, icez, noz, voz) contient
des mots employes protoniquement et qui presentent aussi
comme formes masculines des anomalies (^.f «< a d-i 1 1 o s, ä
cote de eus << i 1 1 o s, noz <nostros, ä cote de nostres^
etc.) qui ne s'expliquent que par une prononciation particu-
lierement negligee, causee par l'insignifiance syntaxique
' Le roumain a fie (•< fiat), tandis que les formes espagnole et
portugaise (esp, sea, port. sejd) remontent ä s e d e a t (voy. Menendez Pidal,
Manual eleniental de granidtua historica espanola, 2:e ed., § Il6, l).
^ 11 n'y a pas a tenir compte des graphies ffranco-)provengales sia
de la Passion 240, 360 (cf. Thurneysen, Das Verbum etre, etc., p. 17) et sie
du Frai;tn. d' Alexandre 8, et les exemples posterieurs de soie, soiet (voy. Ny-
rop, Gramm, II, § 139, Obs.) sont sans deute dus ä l'analogie des verbes
en -ir, -re et -oir (vende vendes vende : soie soies soie).
Le soft des voyeUes posttoniqties finales du latin en aticien frani-ais. 1 5
et semantique de ces mots (cf. ci-dessus p. 9, note). On
pourrait donc croire qu'aussi un a final entre consonnes est
tombe en ancien fran^ais dans de telles conditions d'accen-
tuation. Ce serait avant tout le cas pour les formes de l'ar-
ticle, mot atone semantiquement insignifiant par excellence.
Mais il y a une autre possibilite. Le masculin etant, comme
on sait, tres souvent grammaticalement plus important que le
feminin (voy. p. ex., en franc^ais, le mot gens et l'accord des
adjectifs avec des substantifs de genre different), il se pour-
rait que ce fussent tout simplement les formes masculines as, des,
es, icez [cez\ noz, voz qui eussent supplante les formes femi-
nines '^ales, "^deles, *enles, icestes [cestes), nostres, vostres. ^
Dans la seconde categorie {el, or, encor, lor[s), buer,
mar, onc, amc) nous avons des mots se terminant primitive-
ment par e"^ qui ont du etre employes si souvent en posi-
tion protonique devant des mots commengant par un^ voyelle
que les formes elidees se sont peu a peu generalisees ■^.
Enfin, pour le troisieme groupe [att, puist, -eit, -out, ert)
il faut Sans aucun doute chercher une influence analogique
quelconque de la part d'autres troisiemes personnes du sin-
gulier. — Pour ait la chose semble claire: les verbes avoir
et estre ayant souvent des fonctions pareilles (comme v^erbe
' Cf., pour rtj, des, es, Meyer-Lübke, Gramm., II, § 104 M. Rydberg
{Zur Gesch. des frz. p, p. 417) admet l'influence de la forme masculine sur la
forme fem.nine pour le mot des.
- Eis est forme analogiquement sur tf/, et l'j- de lors est l'addition ad-
verbiale connue.
" Cf. W. P. Shepard, A Conlrtöution to t/ie History 0/ the L 'naccented
Voivels in Old French (1897), p. 14 s. On a quelquefois voulu expliqufr la
chute de cet -e par l'emploi frequent du mot en soi-meme (voy., pour or,
Schwan-Behrens, Gramm!', § 10, 4, b, Anm ; pour or et lors, Meyer-Lübke,
Gramm., I, § 634). Je ne peux naturellement pas partager cette opinion (cf.
ci dessus p. 9, note', et des mots comme or, encor, lors, onc, ainc me sem-
blent difficilement pouvoir etre classes parmi ceux dont le «peu d'itiipor-
tance au point de vue syntaxique» (Meyer-Lübke, /. c.) a cause l'alteration violente.
Tout au plus peut-on faire cette supposition pour le pronom el {eis) et les
exclamations buer et mar, ces dernieres etant aussi autrement irregulierement
developpees (cf. Meyer-Lübke, /. c.)
l6 A. WaUcnsköld,
auxiliaire), seit a fort bien pu influencer aiet. ^ — Quant au
subjonctif puist, comme son emploi syntaxique ne le rappro-
che pas de soit et qu'il n'y a pas eu non plus de ressem-
blance purement phonetique entre les deux verbes qui eüt pu
amener le changement dt puisse (*possiat) txi puisf^, je prefere
regarder cette derniere forme comme due a l'analogie des formes
phonetiquement pareilles pruist^), ruist, truist, facilement expli-
cables par la contamination des formes en -sse [pruisse, ruisse,
truisse) avec les formes primitives '^^p7-uet (probet) "^'^ruit (ro-
get), "^triiet (*tropet).^ Je crois aussi que la masse d'impar-
faits du subjonctif reguliers en -st [portast, partist, oiist, etc.),
ä cöte de premieres et secondes personnes du sing, en -sse,
-sses ^, a beaucoup contribue a la naissance de puist (?),
ruist, truist, estuist, voist, dornst, etc — Pour les imparfaits
(conditionnels) en -oit et -out, ainsi que l'imparfait ert, l'ex-
plication est moins facile, parce qu'il n'y a aucun imparfait de
l'indicatif qui n'ait du primitivement se terminer en -et (<C -at).
Je doute fort que ce soit le temps correspondant du subjonc-
tif qui ait pu exercer une influence analogique sur les desi-
nences de l'imparfait de l'indicatif ° Le rapport semantique
' Cf. Thurneysen, Das Verbnvi etre, p 27; Bartsch Horning, p. 54;
Schwanl^ehrens, GrammS', § 340, 2, Anm.
- II me seinble difficile de faire deriver puist du latin classique p o s -
s i t (Willenberg, ConJ. Praes,, p. 432 ; Thurneysen, Das Verbum etre, pp. 18
et 27 s.), ([ui aurait du donner *post, II faudrait alors admettre une influence
secondaire du radical frangais puiss-.
* Quant aux subjonctifs pruisse, ruisse, truisse, (estuisse) memes, ils sont
probablement dus, ä leur tour, a l'influence analogique Aeputsse; cf. Ny-
rop, Gramm., U, §§ 116, 4°, et 137, 4". II y aurait donc eu des influences ana-
logiques reciproques.
* Je regarde les i:eres et 2:es personnes du sing, en -sse et -sses comme
dues ä l'influence analogique des subjonctifs presents en -e et -es (<; -am, -as).
La 3:e pers. du sing, s'est probablement soustraite ä l'influence du present du
subjonctif ä cause de son emploi plus frequent. C'est de meme aujourd'hui ia
3:e pers. du sing, de l'imparfait du subjonctif qui, de toutes les personnes de
ce temps, parait etre la seule qui s'entende encore quelquefois dans le langage
familier.
° C'est l'opinion emise par Schwan Behrens, Gramw.'^, § 341, Anni., et
Meyer-Lübke, Gramm., II, ^ 258.
Le sort des voyelles posttoniques finales du iaiin en ana'en fravfais. 17
eiitre ces deux temps me parait avoir ete tres peu intime,
et la ressemblance phonetique etait nulle. II faut, selon toute
probabilite, chercher une influence analogique de caractere
nettement phonetique pour expliquer -eit, -out et ert. A mon
avis, seit a fait naitre -eit [seie seies seit : -eie -eies -eit [pour
-(?7W])S -out a etc cree sous l'influence de <?«/<; h a b u i t,
et ert [iert] est du a une confusion avec le futur iert, peut-
etre facilitee par l'analogie des autres 3:es personnes de l'im-
parfait sans -e- -.
J'arrive maintenant aux cas, cites par M. Cornu, oü une
voyelle finale autre que a s'est conservee en ancien fran-
gais. Si Ton elimine les cas oü cette voyelle est universelle-
ment consideree comme une voyelle d'appui (apres les groupes
de consonnes mn, Im, In, cons. -f- r), il ne reste, comme je
Tai expose ci-dessus (p. 11), que les desinences verbales
-mes et -tes, ainsi que les mots primes, cheue [Fr. de Va/.)
et verme [Fr. de Va/.)
Si nous examinons d'abord les trois mots isoles, il
semble evident que primcs (ecrit primos St Leg. 7) ne vient
pas de p r i m u s, mais de p r i m ä (h o r ä) -}- l'-J adverbiale
connue. Cf. roum. prima Puscariu, Etym. Wb. der rum. Spr.,
I, no. 1384.
Pour cheue, forme bien singuliere, on peut se contenter
de l'explication ingenieuse de Koschwitz [Comm., p. 132),
selon laquelle le scribe par l'addition d'un -e ä ckeu, pro-
nonce chev, a voulu indiquer le caractere consonantique de
cet u.
Verme, enfin, me parait etre tout simplement une graphie
moitie latine. Qu'il ne soit pas permis d'en regarder IV final
comme une espece de voyelle d'appui, c'est ce qui ressort
' Cf. Thurneysen, ouvr. citi, p. 32 s.; Nyrop, Gramm., II, § 161, 3".
- M. Thurneysen [otivr. cite, p. 19) considere l'imparf, iert comme du
uniquement ä l'influence des autres imparfaits.
i8 A. Wallensköld,
non seulemcnt du developpement connu du mot v e r m e m
[verm, plus tard ver, sous l'influence du suj. sing, et reg.
pl. vers), mais aussi des formes de l'ancien frangais ferm
/Jfr < f i r m u m (fr. niod. ferme est probablement la forme
feminine generalisee, voy. Nyrop, Gramm., II, § 38c), enferni
enfer {aniferm Alex. 44 e, 1 12 a) < i n f i r m u m, estor {*estorm
n'a pas ete releve, que je sache) < germ. stürm, dorm dor
< * d o r m o , etc. Ajoutons ä cela que meme le groupe
rm -\- consonne ne donne pas naissance ä une voyelle d'appui
(v e r m i s ) vers, f i r m u s > fers, i n f i r m u s > enfers, germ.
s t u r m -f- -J" ) estors, dermis dor mit) dors dort). On
peut donc etre persuade que la forme isolee du Fragment
de Valenciennes ^ ne peut etre qu'un latinisme ou un simple
lapsiis calami, A la rigueur, on pourrait encore considerer
le verme du Fragment de Valenciennes non comme venant
de V e r m e m, mais de *v e r m i n e m, atteste par l'it. ver-
mine (ä cote de verme), mil., abruzz vermene., romagn. virman,
a. esp. biei-ven, astur, vierten., prov., cat., mall, verme (ä cote
de verm), etc. (W. Meyer, Die Schicksale des lat. Neutrums,
p. 67; Puscariu, Etym. Wb. der rum. Spr., I, no. 1881).^
Restent les desinences verbales -mes et -tes, qui sont
les plus difficiles ä expliquer. En premier lieu, le plus pru-
dent me parait etre d'ecarter toute Hypothese d'une influence
analogique de l'une de ces desinences sur l'autre, soit de la
desinence de la i:e pers. du plur. sur celle de la 2:e pers.^.
' Si la voyelle contrefinale semble s'etre conservee dans fermeted et
enfer meted (voy. ci dessus p. ii, n. i), on a, d'autre part, /erte, enferte, dor
toir <Z dormitorium, etc. Les formes fermeted et enfervieted sont sürement
des mots savants ; cf. H. Berger, Die Lehnwörter in der frz. Sprache ältester
Zeit, pp. 116 {enfertnetei) et 137 {fermetet).
^ Koschwitz {Comtn., p. 132)' admet une «ionnation analogique mo-
inentanee» d'apres terme, chartne, etc., mais je suis, avec M. Cornu, tres
sceptique en ce qui concerne les analogies purement phonetiques sans aucune
connexion semantique dans les cas oü les deux groupes de phonemes se ren-
contrent deja dans la langue (cf. Abhandl. Herrn Prof Dr. Adolf Tobler . . .
dargebracht, p. 298 s.).
* Pour une teile opinion, voy. E. Koschwitz, Comtn.^ p. 131 (faites);
A. Behrens, Die Enduno der zweiten Person Plur., Diss. Greifswald, 1890,
Le sort des voyelUs posttoniqties finales du latin en ancieii fravgais. 1 9
soit de la 2:e pers. du plur. sur celle de la i:e pers. ' C'est
qu'il n'y a aucun Heu seniantique entre ces deux desi-
nences, excepte l'idce de pluralitc, qui ne saurait compter,
puisqu'il y a aussi la 3:6 pers. du pluriel. Et Ton ne peut
non plus etablir aucune proportion d'analogie acceptable entre
ces desinences et les autres terminaisons de la i:e et la 2:e
pers. du plur. {^ons : -ez = -mes : -tesP). II me semble donc
necessaire de traiter chacune de ces deux desinences ä part.
Examinons d'abord la desinence -mes. La question est
de savoir si eile peut resulter d'un developpement normal
de -mus, avec la voyelle finale conservee comme voyelle
d'appui. Je crois qu'on peut repondre affirniativement, ex-
cepte pour somes et les desinences dialectales -onus et -iemes,
qui doivent ctre analogiques. II n'y a rien, il me semble,
qui puisse s'opposer a l'etablissement d'une regle phonetique
Selon laquelle une voyelle finale d'appui serait necessaire,
en ancien frangais, entre m et jt (ou peut-etre tout simple-
ment apres m) dans les mots venant de proparoxytons latins.
Par cette regle sexpliqueraient les presents faci-
m u s ) faimes et d i c i ni u s ) dimes, le fijtur e r i m u s ) ier-
mes, les parfaits ploravimus ) plorames, p a r t i v i -
mus) partimes, habuimus) oüvies, f u i m u s > fumes,
etc. A l'epoque oü la penultieme atone se pronongait encore,
la syllabe finale, en raison de la rythmicite de l'accent d'in-
tensite, portait un faible accent secondaire, süffisant a con-
server un phoneme vocalique entre m et s, quand la voyelle
penultieme s amuissait ^. Tout au plus pourrait-on considerer
les parfaits du type oümes [fumes) comme des formations
analogiques d 'apres les autres parfaits en -mes, si on admet
la contraction de ui en une voyelle simple (ü) de si bonne heure
pp. 48 {chantastes, ^Ic.), 49 {faites, dites, iraites); H. Suchier, Grundr. der
roni. Pliil.^ I-, p. 733 {chantastes, sentistes, faiies, diies); Schwan-Behrens,
Gramm f', % 339, 2, Anm. i {/aites, dites); Meyer.Lübke, Gramm. ^ I, § 313
faitcs) ; etc.
' Four cette opinion, voy. Nyrop, Gramm., II, § 49, 5" [chantames,
conduisimes., dimes, fumes).
^ Voy. ci-dessus p. 8, n. i.
20 A. Wallensköld,
que l'accentuation de ces mots etait devenue egale a celle
des paroxytons, auquel cas un dcveloppement regulier de
* h a b u m u s aurait donne oiins en frangais. Qu'on n'invoque
pas contre l'hypothese dune voyelle d'appui dans les mots
venant de proparoxytons latins en -mus le fait que les ter-
minaisons -mus, -mos, -mis, -mes des paroxytons latins
se developpent soit en -s (f i r m u s, f i r m o s ) fers^ v e r-
m i s, V e r m e s > z^<f/-j, d o r m i s > «a^cri-), soit en -ns (ra-
mus, ramos) rains, f a m e s ) fains), car il y a en franpais
des exemples assures d'un traitement different selon qu'il
s'agit d'un proparoxyton ou d'un paroxyton latin. On n'a
qu'ä comparer:
äste < hospitem avec ost (^ h o s t e m,
tiede <( t e p i d u m » j-^/' <( s e p t e m,
erce <*herpicem » merz < m e r c e m,
et surtout (cf. ci-dessus p. 8, note i):
puce <( p u 1 i c e m avec falz ■( f a 1 c e m,
conte (computum » reent <( redemptum.
Si nous examinons separement les differents cas pre-
sentant la desinence verbale -mes, nous avons d'abord fai-
mes et dimes. La question est de savoir si ce sont lä les
formes primitives, ou s'il faut admettre comme premieres
formes *faismes et *dismes conformement ä a c i n u m ) aisne,
c i c i n u m > cisne, g r a c i 1 e m > graisle ^. Con)me cepen-
dant il n'y a pas de mots frangais qui puissent nous ren-
seigner avec certitude sur le dcveloppement de c dans la
combinaison - c i m u m, le nombre ordinal disme (deci-
m u m) pouvant etre influence par le nombre cardinal corres-
pondant et l'origine de la desinence -isme des nombres ordi-
^ Voy., pour cette derniere opinion, G. Rydberg, Le developpement de
facere dans Us langues romanes, Diss. Upsal, 1893, p. 104 s.
Le sort des voyelles posttoniques finales du latin en arteten frangais. 2 1
naux onzisme, etc. etant fort incertaine i, il semble impossible
de se prononcer categoriquement en faveur de l'une ou de
lautre alternative. Mais, si l'hypothese du developpement
facimus, dicimus) '^f aisnies, *dismes se trouvait etre
la bonne, IV final de ces dernieres formes serait une voyelle
d'appui ordinaire (cf. batesme < baptismum, pcsme < p e s-
s i m u m, meesme < *metipsimum, blasme < b 1 a s p h e-
m u m, estnCy der. postv. de esmer < aestimare, etc.), qui
se serait conservee dans faimes et dimes, formes refaites avec
les radicaux fai-, di-. Si, au contraire, faimes et dimes repre-
sentent le developpement normal de c dans de telles condi-
tions phonetiques ^, ces formes tombent sous la regle que je
viens d'etablir. -^
Le futur iermes [ermes\ qui tombe probablement aussi
sous cette regle, pourrait ä la rigueur presenter un cas nor-
mal de voyelle d'appui apres le groupe roman rm, puisque
e r e m u m a donne erme *.
Quant aux parfaits en -ames et -imes, ils remontent ne-
cessairement aux formes du latin classique en - a v i m u s et
-ivimus. Si le latin vulgaire de la Gaule avait eu -aumus
(ou -amus) et -imus, le frangais n'aurait pu donner que
-ons (ou -ains) et -ins. Or, il n'y a pas de trace en frangais
de parfaits primitifs en -ons (ou -ains) et -i7is. Les parfaits
en -ons et -i7is qu'on trouve quelquefois au moyen äge dans
les dialectes de l'Est et du Nord, sont des formations ana-
iogiques postcrieures ^. Dans les desinences -ames, -imes
« -a vi m u s, -ivimus) IV final pourrait, d'ailleurs, etre
' Cf. G. Rydberg, ouvr. cite, p. 105. 11 y a aussi le developpement
isole *Jacomus (it. Giacomd)") Jahnes, qui resle inexplique.
* C'est l'avis de Koschwitz (Comm., p. 131), Schwan [Zs.f. roin, Phil.,
XIl, p. 195), et d'autres.
■'' Koschwitz {Comm., p. 131) admet une voyelle d'appui apres ym.
* Le mot erme {herme) est cependant peut etre savant ä cause de la
non diphtongaison de \'e ouvert (gr. SQrjfiog; en esp. yermo); cf. precisement
e r i m u s > iermes. Voy. d'autre part l'it. ermo avec e ferme.
•' Voy. Meyer-Lübke, Gramm.., II, § 273.
22 //. VVallciisköld^
considere commc une voyelle d'appui ordinaire (cf. nuemc <
*n o V i m u m ?).
J'ai dit plus haut (p. 19) qu'il faut peut-etre considerer
la desinence du parfait -mnes [oümes, funies, etc.) non comme
un developpement regulier de -uimus, mais comme une
formation analogique d'apres les autres parfaits. L'absence
d'autres mots en -uimus que ces parfaits rend tres difficile
la decision concernant le developpement normal. Si l'on
compare avec les formes correspondantes d'une autre langue
romane, l'italien, on voit que la desinence -eimno [avemmo <
h a b u i m u s, etc.), ou le double m n'est pas phonetiquement
justifie S est analogique, tandis qwQ fummo (fuimus) pour-
rait etre une formation reguliere.
Restent maintenant somes et les desinences dialectales
•omes et -iemes, qui ne me semblent pouvoir etre expliques
que par une influence analogique quelconque. Quant ä somes,
je crois que l'hypothese ingenieuse de Gaston Paris [Rom.,
XXI, p. 354) est la seule qui puisse nous satisfaire. A
cote de la forme normale soms [sons] on avait en ancien
frangais esmes, remontant au latin e s m u s '^ ou cree ä l'aide
du radical frangais es- (tire de es, est, etc.) ^. Par la conta-
mination de so7ns et esmes est nee la forme somes. De lä
est entree dialectalement la desinence -omes dans le present
du verbe aveir (ä cause des fonctions communes de ces deux
verbes auxiliaires) et les futurs, puis dans les presents de
l'indicatif et du subjonctif des autres verbes {posciomes Fragm.
de Val. 33), ainsi que dans les imparfaits et les conditionnels
' M. MeycrlAibke [Gramm., II, § 269) parait enclin ä admettre un
redonhlement normal de \'»i conformement a la regle qu'en Italien une voyelle
tonique breve amene le redoublement de la consonne suivante {da mi >
dämmt). Mais, comme le deplacement de l'accent (- ü i m u s >• - u i m u s)
doit appartenir ä l'epoque latine, et qu'en latin vulgaire Vi href devenait
un e ferme long en syllabe ouverte (cf. s i m u s > it. semo), cette regle ne
peut guere expliquer - i m u s > - emmo.
* Voy., pour cette opinion, G. Paris, /. c.
^ On adraet surtout l'influence analogique de estes; voy. Thurneysen,
Das Verbum etre, p. 16; Nyrop, Gramm., II, §§ 55, 4", et 119, 6°; etc.
Lc sort des voyelUs posttoniques finales du latin en ancien f7-an(ais, 23
[-iomes). La desinence -iemes est une contamination de -[i)omes
et -iens «-eamus, -iamus)^, Tout isolee est la forme
fomes [= faiines), directement calquee sur somes'^).
J'arrive enfin ä la desinence -Us, dont l'explication est
certainement la plus difficile de toutes. Autant que je con-
nais, on est d'accord pour dire que -stis (dans e s t i s, -as-
tis, -istis, -uistis) aurait du donner regulierement -z,
en raison du developpement hostis)^'^, Christus)
Criz, ecce-istos ) icez, etc. De meme, on admet que -itis
(dans facitis, dicitis)^ aurait du se developper normale-
ment en -z, tout comme *placitus, *vocitus en platz,
viiiz. ^ Or, le fait que dans les deux cas la desinence - 1 i s
a comme correspondant frangais -tes, avec la voyelle con-
servee, est propre ä nous etonner beaucoup. J'ai dejä dit
plus haut (p. 18) qu'une transformation analogique de cette
desinence sous l'influence de la desinence -mes parait fort
invraisemblable, et j'ajoute ici que, comme il s'agit en partie
' M. Meyer-Lübke croit qu'on «a affaire dans ce cas ä des forma
tions analogiques d'apres le parfait, qui ont probablement commence ä l'im-
parfait du subjonctif» [Rom., XXI, p. 350). Suppositior. bien inutile,
puisque -omes et -iemes appartiennent au meme domaine dialectal (voy. I.o-
rentz. Die Erste Fers. Flur, des Verbtims im Afrz..^ p. 40}.
- Voy. Lorentz, oiivr. cite, p. 22; G. Paris, Rom., XXI, p, 355.
* La forme de l'a. fr. traites (A. Harnisch, Die altprov. PrcBsens- und
Imperfect- Bildung, Marburg 1886, 19; G. Paris, Rom., XXI, p, 356, n. 4)
ne vient guere directement de * t r a g i t i s, mais doit plutot etre consi-
deree comtne creee posterieurement en analogie avec faiies; voy. Schwan
Behrens, Gramm.^, % 339, 2, Anm. i. 11 est aussi extremement probable
que les formes modernes en -ies des patois de l'Est, signalees par M. Cha-
baneau {^Rev. des langues romanes, XXI, j). 152; cf. Risop, Begrißsvei-iuandt-
schaft u. Sprachentwickelung, p. 28, n. 2), sont des foni.alions analogiques
(voy. Nyrop, Gramm., II, § 57, 4**, Rem.; H. Suchier, Grundr. d. rom. Fhil.,
I', P. 774 s.).
^ M. Rydberg {Le developpement de facere dans les langues romanes,
p. 105) admet cependanl un developpement normal de facitis en
*faistes; plait viendrait de * p 1 a c t u m, forme analogique creee en vertu de
I'association facio-factum, etc. Hypothese peu probable, vu que */aistes
n'a jamais ete releve et que, dans aucun proparoxyton, - c i t- ne semblc
avoir donne autre chose que -//-.
24 ^- IVallensköld,
de formes certainement tres usitees {estes, faites, dites), j'ai
a priori de la peine ä croire a autre chose qu'a un deve-
loppement phoneticiue regulier de ces formes, et alors aussi
de tous les parfaits en -stcs. Cela ctant, il s'agit de trouver
la Solution de la contradiction apparente entre le developpe-
ment de ces formes verbales et celui de mots comme oz
(h o s t i s) et plaiz (* p 1 a c i t u s). Voici une explication
que je me permets de soumettre ä la discussion de mes
collegues.
Considerons d'abord faites et diies. Comme il ne pa-
rait y avoir aucune raison de supposer un developpement
different selon la nature de la voyelle finale {i ou «), je sup-
pose que plaiz, viiiz, etc. ne viennent pas directement des
nominatifs latins * p 1 a c i t u s, * v o c i t u s^ etc., ni des ac-
cusatifs pluriels * p 1 a c i t o s, '=' v o c i t o s, etc., mais des
formes frangaises plait, vuii, etc. avec addition supplemen-
taire de Vs flexionnel. En faveur de cette Hypothese Ton
peut citer de nombreux mots niasculins pour lesquels il est
hors de doute que le cas-sujet singulier est analogiquement
refait. Mentionnons les noms en -nz { -nt- -\- -s (nom. latin en
- n s) : monz, denz, semblanz, etc. (exception : i n f a n s ) enfes) ;
les noms en -ofts <( -on- -f- -s (nom. lat. en -o): lions, char-
bons, etc. (exceptions: bcr, conipain, lerre^ etc.); les mots
blies (b o V e m -|- ■s\ piez (p e d e m -f- -s\ dus (d u c e m -f- -s)^
lievres (1 e p o r e m -f- -s), etc. (nom. lat. b o s, p e s, d u x,
lepus); les neutres devenus niasculins qui n'ont pas d'.y ä
l'accusatif: fers (ferrum -\- -i-), corz (c o r n u -\- -s), novs
(n o m e n -j- -s\ etc.; les infinitifs substantives : li baisiers, li
venirs: etc. Meme si, dans plusieurs de ces cas, la creation
d'un nouveau nominatif remonte au latin vulgaire *, il n'est
pas possible d'attribuer tout ce mouvement d'unification dejä
au latin. Comme le montrent ä l'evidence entre autres les
^ Voy. les exemples reunis par O. Densusianu, Hist. de la langue
roumaine, I, pp. 129 ss., 136 ss., et C. H. Grandgent, An Jntrodudion to
Vulgär Latin, % 367. M. Nyrop {Adjektivernes Könsböjning, p. 77, n. 6)
mentionne des collections d'exemples anterieures.
Lc sorl des vovclks posttoniiiucs ßiiaks du latiii cii aiicicn ßamais. 25
infinitifs substantives et le mot savant dus [duc -f s), il y a
des cas assures ou le cas-sujet frangais a du ctre forme ana-
logiquement par l'addition dune -s au cas-reginie. II ne
semble donc pas etre trop temeraire d'expliquer plairs, vuiz^
etc. par l'addition de Xs flexionnel aux cas-regimes plait, vuit,
etc. Mais il y a une objection ä faire, dont je ne meconnais
nullement Timportance: c'est qua les formes platz, vuiz, etc.
ne sont pas non plus alors les representants directs des pluriels
*placitos, *vocitos (qui, d'apres mon Hypothese, au-
raient donne regulierement '''p/aites, '^vuites), tandis que monz,
liojis, bues, etc. peuvent venir directement des accusatifs plu-
riels montes, leones, boves. II n'y a que des mots
savants comme dus (reg. plur.) qui semblent presupposer une
formation analogique a l'aide du reg. sing. Mais le singulier
ctant cependant, en regle generale, plus usite que le pluriel
(les singularia ta7ituin sont aussi beaucoup plus nombreux
que les pluralia tantutn), il me semble permis d'admettre que,
dans certains cas, c'est la forme du reg. sing, qui est le point
de depart de la formation non seulement du nom. sing., mais
aussi des deux cas du pluriel. ^
Un raisonnement analogue me semble pouvoir expliquer
la forme estcs et les desinences -astes, -istes, -ustes. EUes
representent le developpement normal de la combinaison st -)-
voyelle -|- s. Les formes <?,:;, Criz, ßiz (fustis), maz (germ.
m a s t -f- -s]-, tenipcz (t e m p e s t- -(- s), prcvoz (p r a e p o s i tu s),
paz (p a s t u s), etc. sont toutes refaites sur le reg. sing, {ost,
etc.) ä une epoque oü le groupe st -f- s n'exigeait plus une
voyelle d'appui, mais se simpliliait par la disparition de la
premiere s. Par contre, on trouve de bonne heure -stes ä
la 2:e pers. du sing, du prcs. du subj. des verbes en -ster
[aprestes, prcstes, ostcs) ^, mais il est possible que ce soient
' Le caractere secondaire du cas-sujel pluriel est assure pour lous les
cas des types amici > r/wf, fagi "^ fou, etc., ainsi que pour les cas ou
1'/ final aurail dii changer un e, l tonique en /; *m e s i (pour menses)
> weis iiiois.
'' Voy. Willenberg, ConJ. Praes., p. 388.
26
.1. lyaile/iskölä, Lc sott Jcs voyelks posUon. fin. du lat. en a. fr.
la deja des formations analogiques ^ On peut comparer ce
double developpetnent de st -{- s ä celui de ^ -|- j dans des
mots comme 1 a x o ) lais d'un cöte, et s i c c u s fou sec -\- -s)
) ses de l'autre. II n'y a donc probablement que le mot
icez cez (qu'il semble plus prudent de ne pas considerer comme
refait sur le sing, cest) qui fournisse l'exemple d'une contrac-
tion primitive de st -j- voyelle -f- •5' en x. Mais ce cas isole
est facile ä expliquer: par sa nature meme ecce-istos a
ete souvent employe protoniquement sous une forme parti-
culierement negligee (voy. ci-dessus p. 9, note), d'oü la con-
traction irreguliere de st -\- s en z (cf. n o s t r o s ) noz).
Je suis arrive au bout de cet examen rapide des cas
allegues par M. Cornu en faveur de sa theorie. Je crois
avoir demontre qu'il_" n'y aucune necessite d'admettre ni la
chute äncienne dun a final en position proclitique, ni la
conservation sporadique des autres voyelles sinon dans cer-
tains cas rigoureusement determines (diphtongaison, voyelles
d'appui). Mais, par lä, j'ai ete amene ä etablir trois nouvelles
regles concernant la conservation en ancien frangais dune
voyelle posttonique finale comme voyelle d'appui, savoir:
i) Entre m et s'^) dans les mots venant de proparoxy-
tons latins (f a c i m u s y faimes).
2) Entre t &\. s dans la meme categorie de mots (fa-
c i t i s y faites).
3) Entre i"/ et j' (e s t i s > cstes).
A. WalUfisköld.
' Cf. W. P. Shepard, ouvr. citc, p. 23. — II faut lenir peu de coinpte
de la comparaison avec s e x t u s > sis-les (au Heu de sestes, sous l'influence
de sis), puisque le cas regime a egalement un -e {sisie).
' Ou peutetre tout simplement apres m; cf. ci dessus p. 19.
Die Langenscheidtschen Hilfsmittel für den modernen
Sprachunterricht.
Die Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung (Prof. G.
Langenscheidt) in Berlin-Schöneberg hat mir seit einigen
Jahren regelmässig Proben ihrer ungemein reichen Tätigkeit
auf dem Gebiete des Unterrichts in den modernen Sprachen
zugehen lassen, und es ist für mich eine angenehme Pflicht,
in diesen Blättern auf die betreffenden Bücher aufmerksam
zu machen. Sie sind nicht das Resultat der Bemühungen des
einen oder des anderen beliebigen Schulmannes oder sonstigen
Lehrers der neueren Sprachen, der in einer Grammatik, in einem
Wörterbuche, in einer Chrestomathie seine persönliche Auffas-
sung von der Methode in die Praxis umsetzen will, sondern sie
sind alle der Ausdruck einer bestimmten methodischen Rich-
tung, die die Leiter des Unternehmens selbst konzipiert haben
und die sie auf allen Gebieten fruchtbar machen wollen.
Diese Methode bezweckt vor allem die gründliche Erlernung
der betreffenden Sprache; aber sie sinkt nie zu einem blossen
Gedächtnislernen herab, hält sich auch keineswegs an den
Sprachvorrat, der, wie bei gewissen anderen Methoden, nur
die ,, Kellner- und Portiersprache" umfasst, sondern sie fusst
immer auf teoretisch wissenschaftlicher Grundlage, und viele
von den in Frage stehenden Büchern können mit reichem
P>trag für rein wissenschaftliche Zwecke angewendet werden.
Dies ist vor allem der Fall mit den grossen Wörter-
büchern. Ich brauche hier keine Worte zu spenden über das
grosse encyklopädische Wörterbuch der französischen und
deutschen Sprache von Sachs- Villatte, das ja jedermann
bekannt ist und in der Hand jedes Romanisten sich wenig-
stens einige Male befunden hat ; dasselbe gilt wohl auch für das
entsprechende Werk für Englisch und Deutsch von Muret-
Sanders. Besonders empfehlen möchte ich jedoch die
kleinere Bearbeitung des erstgenannten Wörterbuches, die
Irland- und Schulausgabe, in zwei Teilen, französisch-deutsch
28 II'. Söderhjdm.
und deutsch-französisch, zusammen 2098 Seiten in gross
Oktav, mit einer Menge einleitender grammatikalischer,
litterarhistorischer und sachlicher Bemerkungen. In einem
Bande gebunden kostet dieses Werk nur Rni. 15: — , in
zwei Bänden eine Mark mehr, jeder Band Rm. 8. Ver-
gleicht man den deutsch-französischen Teil mit dem schwe-
disch-französischen Schulthess, so wird man wohl finden,
dass der letztere reicher an Beispielen ist und überhaupt
weitläufigere Artikel enthält ; dafür ist er aber auch beträchtlich
teurer. Der kleine französisch-schwedische Schulthess (der
einzige existierende) kann aber mit unserem französisch
deutschen Teil an Umfang und Reichtum kaum verglichen
werden. Kurz, dieses Wörterbuch ist für jedermann, der so
gut deutsch versteht, dass es ihm keine Schwierigkeit macht
ein deutsches Werk zu benutzen, das beste lexikalische Hilfs-
mittel, das einem Studierenden der französischen Sprache
empfohlen werden kann, und es dürfte seinen gegebenen
Platz in unseren Schulbiblioteken sowie in der Büchersamm-
lung des Neuphilologen haben. — Über die fonetische Be-
zeichnungsweise dieser Wörterbücher haben sich viele geäus-
sert, und ich will nicht darauf eingehen; sie könnte gewiss
in grössere Übereinstimmung mit jetzt gebräuchlichen Bezeich-
nungsweisen gebracht werden; da sie aber, um allen ohne
Schwierigkeit zugänglich zu sein, so einfach als möglich
abgefasst werden musste und durch eine strenge Konsequenz
sich jedenfalls auszeichnet, kann sie für ihren Zweck als
brauchbar angesehen werden.
Auch von Muret-Sanders existiert eine ähnliche, ebenso
preisbillige Hand- und Schulausgabe; ich kenne sie aus
eigener Erfahrung nicht, habe aber allen Grund vorauszusetzen,
dass sie ihrer französischen Schwesterausgabe an Wert nicht
nachgiebt. Ausserdem hat die Verlagsbuchhandlung ein
anderes englisch-deutsches und deutsch-englisches Wörterbuch
von Grieb-Schröer herstellen lassen, das etwas grösser ist als
die letzgenannte Ausgabe (zwei Teile gebunden ä Rm. 8:50),
und vielleicht einen noch entwickelteren Standpunkt bezeichnet.
Um in diesem Zusammenhange auch von andern in
Die Langensiheidtschen Hilfstnittel ß'ir den modernen Sprachunterricht. 29
demselben Verlage erschienenen lexikalischen Arbeiten zu
sprechen, will ich zuerst nicht unerwähnt lassen, dass die
Neuphilologen von zwei Wörterbüchern der klassischen Sprachen
grossen Nutzen haben können. Es sind dies das von Dr.
Hermann Menge zusammengestellte Griechisch-deutsche Schul-
w'örterbucJi und sein Lateinisch-deutsches ScJiuhvdrterbucIi, beide
mit besonderer Berücksichtigung der Etymologie (resp. 635
und 813 Seiten, Preis 8 Rm. für das gebundene Exemplar).
Von berufener Seite sind die besten Urteile auch über diese
Bücher ausgesprochen worden; aus Erfahrung kann ich die
Vorzüglichkeit des handlichen, klaren, an Beispielen reichen
und trefflich aufgestellten lateinischen Wörterbuches bestätigen.
Für den Romanisten genügt es vollständig.
Die Taschenwörterbücher bilden eine besondere Reihe.
Es sind solche vorhanden für nicht weniger als zwölf Sprachen,
und noch andere sind in Vorbereitung. Das zuletzt erschienene
ist für Dänisch-Norwegisch, und es ist zwar die erste Arbeit
dieser Art, wo eine genaue Bezeichnung für die dänische
Aussprache eingeführt ist. Zu bedauern ist nur, dass nicht
die norwegische Aussprache dieselbe Behandlung erfahren
hat; der Titel ist somit ein wenig irreführend, indem nur die
norwegische Schriftsprache hier in Betracht kommt. Dies
nur beiläufig bemerkt. — Soviel ich sonst diese Bücher
kenne, kann ich sie durchaus empfehlen. Sie sind von Ein-
heimischen oder wenigstens mit Hülfe solcher zusammen-
gestellt, sie umfassen auf c. lOOO Seiten etwa 50,000 Stich-
wörter (nämlich die beiden Teile, deutsch-fremde Spr., fremde
Spr. deutsch, zusammen), sie sind leserlich und bequem und
dabei höchst billig: ein Teil kostet gebunden 2 Rm., die
beiden Teile zusammen 3:50. Von der englischen und der
französischen Ausgabe sind bisher 500,000 Bände abgesetzt,
was ja an und für sich schon eine gute Empfehlung ist. Ich
habe besonders die italienische Ausgabe benutzt; sie ist für
praktische Zwecke vollständig genügend, will aber keines-
wegs ein Parlör sein, etwa in dem Sinne der Meyerschen
Sprachführer. Sie enthält natürlich weniger als das viel
grössere Wörterbuch von Michaelis, aber sie kann mit Hecker's
30 W. Söderhjelni,
bekanntem Werke verglichen werden, denn ohne eine ähnliche
Menge von idiomatischen Ausdrücken zu bringen wie dieses,
steht sie in Bezug auf Reichtum des Wortmateriales ihm kaum
nach. Für Romanisten sind noch, ausser dem französischen
Wörterbuche von Villatte, die spanischen und portugiesischen
zu empfehlen (von dem letztgenannten erscheint jedoch der
portugiesisch- deutsche Teil erst Ende dieses Jahres).
An diese kleinen und doch so vollständigen Wörterbücher
schliessen sich kleine Sachtv'örterbiicher über Land und Leute
an. Bis jetzt sind solche für Frankreich, England, Amerika,
Italien und Spanien erschienen. Auch hier habe ich das
italienische besonders gebraucht und fand darin eine Fülle
guter Auskunft und lehrreicher Notizen, u. A. über eigentüm-
liche, dem Fremden weniger bekannte Verhältnisse in dem
betreffenden Lande. Freilich, alles was ein Reisender zu
wissen wünscht, steht ja nicht darin, einige Urteile möchte
man nach gewonnener Erfahrung nicht ganz unterschreiben,
bei verschiedenen Artikeln merkt man es zu gut, dass sie
ein Italiener und nicht ein fremder Beobachter geschrieben
hat, aber jedenfalls kann das bequeme, billige Buch als ein
nützlicher Reisegefährte dienen und sein Studium nicht nur
belehrend, sondern auch ergötzlich sein. Einen Anhang
bilden einige Konversationsübungen unter dem Titel ,,Viaggio
a Roma", in dem gewöhnlichen Stile.
Einen ganz besonderen Zweig der Verlagstätigkeit haben
wir dann in den bekannten Toussaint-Langenscheidtschen
Unterrichtsbriefen, die auf einer speziellen Methode beruhen
und den gründlichen Selbstunterricht Erwachsener bezwecken.
Über den spanischen Band dieser Briefe wurde früher an
dieser Stelle gesprochen (Jahrg. 1902, ^^/g— ^° 10, S. 18), und das
zur Charakteristik der Methode und zum Lobe der Ausführung
damals gesagte kann in Bezug auf die später erschienenen
Bände — den italienischen und den schwedischen — nur
wiederholt werden. Mit bewunderungswürdiger Konsequenz
ist alles ausgearbeitet, und der fleissig Lernende kann nicht
umhin, in einigen Monaten die Sprache einigermassen zu
Die Lauge nscheidtschen Hilfsmittel für ilev niodertien Spraihuriierriiht. 31
beherrschen. Aber Fleiss und Beharrlichkeit sind ganz
ununigänghche Bedingungen um zu diesem Ziele zu gelangen.
Die Unterrichtsbriefe bilden dicke Bände und kosten
nicht wenig: Rm. 27. Kleinere Ausgaben sind nicht erschienen,
würden wohl auch nicht demselben Zwecke dienen können.
Für Englisch und Italienisch existiert jedenfalls eine gewisse
Art von Zusammenschmelzung der Unterrichtsbriefe, der
Taschen- und der Sachwörterbücher unter dem Titel Der
kleine Toussaint-Langenscheidt, zur schnellen Aneignung der
Umgangssprache durch Selbstunterricht. Ausschliesslich die
nächsten praktischen Zwecke ins Auge fassend, enthalten
diese Konversations- und Reisesprachführer in grammatika-
lischer und, wie es scheint, auch in lexikalischer Hinsicht
alles, was man von einem solchen Handbuche zu erwarten
berechtigt ist. Eine moderne Neuerung besteht darin, dass
sie auch für Sprechmaschinen eingerichtet sind, und können
solche durch die Verlagsbuchhandlung bezogen werden —
für Rm. 200.
Es liegt ausserhalb der Absicht dieser Zeilen, alle die
mannigfaltigen Hilfsmittel für die Erlernung moderner Sprachen,
die die Firma noch ausgesandt hat, zu besprechen — es sind
Sprachlehren nach der originalen ,, humoristischen" Methode
Olivier, es sind Konversationsbücher, Briefsteller, Grammatiken,
Phraseologien, fremdsprachliche Gedichtsammlungen, Litteratur-
geschichten, Spezialwerke für Kaufleute, u. s. w. Es mögen
nur noch zum Schluss die bekannten Parisismen und Londo-
nismen hervorgehoben werden, die dem Philologen und jedem
anderen sprachlich Interessierten einen vorzüglichen Einblick
in den ,, Slang" der grossen Weltstädte gewähren.
Die rastlose Tätigkeit der genannten Verlagsbuchhandlung
im Dienste der modernen Sprachen und der Weltkultur
verdient auch bei uns Anerkennung und Unterstützung zu
finden. Für die Studierenden sind viele von den be-
sprochenen Büchern billige und nützliche Hilfsmittel bei ihren
Studien.
W. Söderhjelm.
32 Besprechungen. IV. S'öcierhjelm,
Besprechungen.
Walter 0. Streng, Haus und Hof im Französischen. Mit
besonderer Berücksichtigung der Mundarten. Versuch einer
onomasiologischen Studie. — Helsingfors 1907. Druckerei der
Finnischen Litteratur-Gesellschaft. 168 S. 8:0.
Der \'erfasser, der das Thema für diese Doktordissertation
schon vor einigen Jahren von Prof. Fr. Neumann in Heidelberg
bekam, hat mit grosser Ausdauer seine Aufgabe zu Ende geführt.
Sein Fleiss und seine Beharrlichkeit verdienen ein um so grösseres
Lob, als er sie unter sehr ungünstigen Verhältnissen an den Tag
gelegt hat. In seiner Heimat, wo er seine Arbeit redigierte, stand
ihm natürlich nur ein geringer Teil des Materials zu Gebote, und
an dem kleinen Orte, wo er als Lehrer wirkt, hat er nicht einmal
das wenige, was sich hier in der Haupstadt findet, zur Kontrolle
gebrauchen können. Sein Eifer kann wahrlich als Beispiel dienen
für diejeningen, welche nach Antritt eines festen Lehreramtes in
der Provinz sich von allen Verpflichtungen ihrer weiteren wissen-
schaftliclien Ausbildung gegenüber als losgelöst betrachten.
Methodisch lehnt sich die Abhandlung (die übrigens nicht
nur das Frz., sondern auch das Provenzalische, berücksichtigt) an
die bekannten Arbeiten von Tappolet über die Verwandtschafts-
namen und von Zauner über die Namen der Körperteile an.
Beinahe allzu intim : der Verf. hat nicht genug in Erwägung
gezogen, dass bei einer Untersuchung über die Namen der Gruppe
«Haus und Hof» nicht immer in derselben Weise verfahren werden
konnte, als wenn man die Namen der Körperteile betrachtet, denn
bei der ersteren spielen natürlich kulturgeschichtliche Gesichtspunkte
in viel weiterem Maasse mit. Die grossen Schwierigkeiten, die
seine Aufgabe in dieser Hinsicht bietet, hat der Verf. nicht xxhox-
sehen, wie aus seiner Vorrede hervorgeht (S. 3—4). Doch muss
man sagen, dass er sie im Laufe der Arbeit meistens nicht einmal
anzufassen versucht hat, und das Resultat dieses Verfahrens ist,
dass das Bild der Entwickelung, das er uns giebt, in nicht wenigen
Fällen dunkel, in emigen sogar schief geworden ist. Die wenigsten
von den in Frage stehenden Benennungen der Kulturgegenstande
sind solche, dass sich ihre Geschichte mit Hülfe von lauter
etymologischen und semasiologischen Zusammenstellungen aufhellen
Hesse ; fast überall spielt die Begriffsgeschichte eine wichtige Rolle.
Selbständige ethnographische Forschungen konnte man wohl nicht
vom Verf. verlangen ; aber die Litteratur, die er für diese Seite
WnHer 0. Streng, Haus und Hof im Framösischef!. 33
seiner Aufgabe benutzt hat, scheint nur das allgemeinste und am
leichtesten zugängliche zu umfassen ; ich frage mich z. ß., ob er
nicht von dem Werke de Foville's Enquete sw les conditions de
riiabitation en France, mit historischer Einleitung zum zweiten
Teile von J. Flat;h, 1899, Nutzen hätte haben können (ich kenne
das Buch freilich nicht), und auf dem Gebiete sind auch ver-
gleichende Untersuchungen vorhanden, die ihm gewisse Ausblicke
über das Gebiet ermöglicht hätten. Auf alle Fälle kann man
nicht eine Behandlung ohne weiteres gutheissen^ die oft gamicht
nach den begrifflichen Bedingungen fragt, die die Geschichte eines
Ausdruckes oder einer Gruppe von Ausdrücken regeln. Der Verf.
.scheint z. B. ganz gleichgültig einem solchen Probleme gegenüber
zu stehen, wie demjenigen, welches die mannigfaltigen Benennungen
des Gartens in den Dialekten bietet : er macht nicht einmal einen
Versuch, diese Mannigfaltigkeit zu erklären, präzisiert nicht einmal
den genauen Sinn der verschiedenen Namen. Und doch würde
gewiss z. B. das scheinbar so verworrene Durcheinander im
Gebrauche \on Wörtern wie ort, cotatti, j ardin, verger, ouche, an
\erschiedenen Orten oder an einem und demselben Orte zu
verschiedenen Zeiten, sich durch eine genauere Untersuchung
dieser äusseren Verhältnisse wenigstens zum Teil aufklären lassen,
und man könnte Einsicht in solche Fragen erlangen wie z. B.
\\eshalb ein Wort wie jardin so weit \erbreitet, während eins wie
casal auf eine Provinz beschränkt geblieben ist. Das alles beruht
sicher nicht auf dem Zufall. Solcher Fragen lässt die Abhandlung
eine Menge offen.
Mangelnde Genauigkeit in der Stellung des Problems macht
sich mehr als einmal bemerkbar und deutet auf eine allzu schema-
lische Konzeption des Gegenstandes hin. So z. B. übersieht der
Verf. bei der Behandlung der verschiedenen Benennungen für
Schweinestall, Kuhstall, Pferdestall etc., dass, wenn eins von diesen
Gegenständen mit einem Namen benannt ist, welcher beispielsweise
in die Kategorie von «Hütte» gehört, dieser Name nicht direkt
auf den betreffenden Gegenstand übergegangen ist, sondern erst
durch ein Zwischenglied, das wahrscheinlich überhaupt «Stall»
bedeutet hat — obgleich sich Belege nicht mehr finden — , und
dann auf die verschiedenen Gattungen sich spezialisiert hat. Eine
ähnliche falsche Herleitung kommt auch bei den Begriffen Schuppen,
Scheune u. s. w. vor. Hätte der Verf. diesen wie es scheint ganz
von sich selbst darbietenden richtigen Gesichtspunkt beachtet, so
wären seine Ausführungen in diesen Kapiteln viel einfacher, klarer
und exakter ausgefallen. — Ein Opfer wird der Schablone auch
in dem etymologischen Teile der Abhandlung dargebracht. Der
Verf. glaiibt die Etymologien immer aus dem Latein herholen
34 Bespyechu)ii;eii. 11^. Sdilerhjelm^
und ilie vorauszusetzenden lateinischen Etyma anführen zu müssen,
auch wo wir es ganz deutlich mit späteren Bildungen, Ableitungen,
Zusammensetzungen innerhalb des Frz., mit Lehnwörtern u. s. w.
zu tun haben. Diese konstruierten und höchst sonderbaren
Urformen sagen uns ja garnichts anderes, als dass der Autor
seine historische Grammatik einigermassen beherrscht; und den
historischen Vorgang stellen sie in ein falsches Licht.
Die für eine Untersuchung wie die vorliegende erforderlichen
dialektologischen Kenntnisse hat sich der Verfasser durch ein
emsiges Umsehen in den vorhandenen Wörterbüchern, Mono-
graphien und sonstigen einschlägigen Arbeiten verschafft, und den
Atlas linguistique hat er, wo es in Frage kommen konnte, fleissig
benutzt. Es wäre zu viel zu verlangen, dass er sich diesen
Arbeiten gegenüber mit der Kritik bewaffnet hätte, die von Seiten
eines einheimischen, zumal mit den Dialekten vertrauten Forschers
in Bezug auf einige von den Quellen ohne Zweifel nicht ausge-
blieben wäre. Aber eine Frage hätte sich doch der Verf. stellen
müssen und Antwort darauf hätte er wohl durch geeignete Nach-
forschungen erhalten, nämlich ob wirklich alle die Wörter, deren
Gebrauch er auf gewisse Dialekte begrenzt und auf deren etymo-
logisches Erforschen er oft verzichtet, spezifisch für einen Dialekt
sind oder ob nicht hie und da ein Wort, das in der ganzen
Vulgärsprache Frankreichs gang und gäbe ist, sich zufälligerweise
auf einem bestimmten Platze festgesetzt hat, den Sieg über den
heimischen Ausdruck davontragend. So finde ich z. B. turne
(S. 47) im grossen Larousse als «maison malpropre, mal tenue»
angeführt und mit einem litterarischen Belege gestützt; es liegt
nahe an der Hand hier ein weit verbreitetes Argot-Wort zu
vermuten, und ein Kenner der französischen Dialekte teilt mir mit,
dass es sich wirklich so verhält und dass das Wort ohne Zweifel
von Hause aus als ein provenzalisches Lehnwort betrachtet
werden muss.
Ich hebe im Einzelnen noch einiges hervor, teilweise um
diese Behauptungen zu stützen.
S. 6. Schon hier in der Einleitung macht sich eine gewisse
Unsicherheit in der Bestimmung der Grenzen zwischen «Ver-
schiebung» und «Verwechslung» bemerkbar. — S. 13 und sonst.
Chalet kann doch wohl nicht die Bedeutung von «Landgut»
haben! — S. 15. Als Ableitung von mansum hätte Verf. auch
ynanse erwähnen sollen, das er selbst S. 19 Anm. citiert und das
nach DG. «petit domaine rural» bedeutet. — S. 17. Es ist unrichtig
zu sagen, dass die lat. Benennungen «völlig untergegangen waren» ;
s"e waren nur auf andere Begriffe übertragen worden. — Hier ist
ein bei Godefroy befindliches Wort grangeage weggelassen. — S.
Walter O. Fitreng, Hans iiful Hof im Fra»zösischen. 35
20. Verf. behandelt l)eiläufig die Ursache dazu, dass, wie er es
nennt, eine «Verschiebung» von Ochsenstall, Kuhstall >• Landgut
vorsichgegangen ist; aber die Erklärung, die richtig ist, bildet ein
hervorragendes Moment im onomastischen Entwicklungsprozess und
hätte als solches behandelt werden sollen. — S. 21. Wenn Verf. afz.
plaisseis u. s. \v. behandelt, und sonst den Begriff «Villa» aus-
schliesst, so liegt hier eine kleine Inkonsequenz vor; er scheint
sich die Bedeutung etwas anders vorzustellen als Godefroy. Wenn
er übrigens plaisseis, pleisseiz, placiz auf *p 1 a x ( u s ), p 1 e x ( u s )
-j- e t u s (i c i u m) zurückführt, so ist das nicht richtig, denn das
Wort ist im Afz. dreisilbig. - — S. 30. Bei einem Citate aus
Hennegau: n le man (= maison) fragt sich der Verf.: «Ist das
W. als Mask. zu verstehen?», aber das ist ja die regelrechte
Form für den Obliq. fem. in diesem Dialekte! — Note. Weshalb
Fragezeichennach «prov. niaiso-»} Levy, Prov. Supplem. Wb. (das
der Verf. übrigens nicht gekannt zu haben scheint) citiert zwei
Belege im Reim ; sonst giebt L. auch andere Formen, die eine
Erwähnung verdient hätten. — S. 31. Bei den Nachkommen des lat.
casa hätte case «petite habitation» (DG.) Platz finden sollen,
\'ielleicht auch das Lehnwort casi7io und das daraus in letzter
Zeit neugebildete casin (z. B. Schneider, Rome, S. 197). Vgl. für das
Prov. S. 40. — Die Ausführung über h o s p i t a 1 e leidet an
Dunkelheit und Ungenauigkeit : so sagt Verf., dass das Wort im 17.
Jhdt seine «ursprüngliche Bedeutung» wiedergewonnen hat; diese
ist aber nach ihm: «zu den Gästen gehörig», «Gasthaus», «Wirts-
haus». — S. 36. Unter «C. Entlehnungen» hätte but «Wohnung»
(Norm. Körting) Platz finden sollen. — S. 39. Lat. capanna
l)raucht nicht vermutet zu werden, da es bei Isidor vorkommt. —
Die Ansetzung eines vulgärlat. *c a s s i n a für das offenbar späte
Lehnwort cassine ist eine Konsequenz der vom Verf. befolgten
etymologischen Methode. — S. 44. Wenn Verf. nfrz. huite als
Lehnwort aus dem ahd. h u 1 1 a betrachtet, so ist das mindestens
schlecht ausgedriickt; hntte kommt übrigens erst im löten Jhdt
vor. Dagegen fmdet sich ein Dim. hiäeletie schon im I4ten Jhdt. —
S. 45. Als Entlehnung (es handelt sich um die Bedeutung «Hütte»)
betrachtet der Verf. auch das Wort löge (ahd. 1 o u b a). Hier ist
aber nur von einer Entlehnung in etymologischem Sinne, nicht
in semasiologischem, die Rede, denn im Afz. bewahrte das Wort
anfangs die Bedeutung von «Schutzdach» (in beschränktem Sinne)
und nahm erst später die Bedeutung von «petite maison» an;
also hat innerhalb der frz. Sprachperiode eine Verschiebung
stattgefunden, und das Wort war unter diese Rubrik zu führen. —
Übrigens setzt Verf. in demselben Stücke für Wörter wie caloge
eine Kontamination zwischen loi>e und cabane voraus, während
36 Besprechungen. IV. Söderhjelni, Walter O. Streng, Haus und Hof etc.
er auf der vorhergehenden Seite das Präfix ca als eine für die
Benennungen «Hütte» spezifische ansieht. — S. 46. Verf. sagt:
«Aus dem Griechischen entlehnt ist: baüo hatte» etc., das in
Südfrankreich vorkommt. Aber das Wort ist in der Form baiia
in ganz Nord-Italien bekannt (vgl. M. Ponza, Vocabolario Pie-
montese-Italiano s. v.) und braucht garnicht so weit wie in Griechen-
land gesucht zu werden. — S. 61. Verf. citiert afz. estra, «Vorhof»,
mit der Passion als älteste Belegstelle ; das ist auch das einzige Mal,
wo das Wort so lautet, und aus selbstverständlichen Gründen ; sonst
heisst es ja immer estre. — S. 63, Fussnote. Wenn Verf. annimmt, dass
Formen wie boe, bu u. s. w. aus b o v e m entwickelt sind und be-
hauptet, «die Verschiebung der Bezeichnung des Tieres zu der die
Tiere einschliessenden Stallung» liege nahe, so ist hier ein Fall, wo er
eben seine Behauptung mit Beispielen, etwa auch aus anderen
Sprachen, hätte stützen sollen; mir ist keine solche Verschiebung
bekannt. — S. 69. Verf. macht sich grosse Mühe mit
den «Bedeutungsverschiebungen» und «Funktionsverwechslungen»
zwischen den Begriffen Schweinestall, Pferdestall etc., wo einfach
eine erste allgemeinere Bedeutung und dann Spezialisierung in
verschiedenen Richtungen angenommen werden muss. Dies zeigt
sich ja auch, wenn man an Ausdrücke wie etable ä moulons, brebis
etc. denkt (vgl. S. 70). Bemerkungen ähnlicher Art sind übrigens
auf jeder Seite in diesen Kapiteln zu machen. — S. 87. «Das afrz.
oisellerie hat seine urspr. Bed. im Afrz. verloren»; soll heissen
«im Nfrz.» — S. go. Die Zusammenstellung von jii, jou, joiic,
«toit aux poules», mit ndl. j u k hat Mackel S. 26 als aus lautlichen
Gründen unannehmbar erwiesen. — S. 98 — 99. Bei ahd. s c ü r a,
afz. sctire nimmt Verf. eine «Verschiebung von Schuppen» an, aber
das Wort bedeutet ursprunglich «Wetterdach, Schutz», dann
«Scheuer», vgl. Kluge. — S. 117 — 118. Im Gegensatz zum
Verf. finde ich die Annahme einer Kontamination von lat.
a n g a r i a, «Frohnfuhrvverk», mit germ. w a r d a, wardön als
Erzeugerin des Wortes hangar «sowohl lautgesetzlich als auch
begrifflich» ausgeschlossen. — S. 129. Verf. etymologisiert: frühe <C
fricda aus frlgere, «brach liegen», das lange t beibehalten durch
Differenzierung in der Bedeutung mit frigid um, «kalt». Wenig
wahrscheinlich !
Ich übergehe verschiedene andere Einwände, die noch gegen
die Gruppierung, die Beweisführung und die Darstellung im
Einzelnen gemacht werden könnten und formuliere als mein Schluss-
urteil, dass die Abhandlung einen schätzenswerten Beitrag zur
Dialekt-Lexikographie bildet, aber trotz vieler guter Gedanken und
des darauf verwendeten grossen Fleisses allzu mechanisch in der
Ivar Hortling, Studien ither die Q-Verha im Altsächsischen. 37
Behandlung ist, um das zu sein, was sie eigentlich sein sollte,
nämlich eine onomasiologische Studie über die Ausdrücke der
Begriffsgruppe «Haus und Hof» in der französischen Sprache
älterer und neuerer Zeit. __, ^ , , . ,
W. Ciöderhjelm.
luar Hortling, Studien über die o-Veiha im AltsächsiscJien.
Helsingfors 1907 (H:forser Centraldruckerei). X -(- 114 S. 8:0
Die Abhandlung gehört zu einem Gebiete der germanischen
Sprachwissenschaft, wo manche wichtige Fragen immernoch ihrer
Lösung harren. Eine nähere Aufklärung der verschiedenen Typen
schwacher Verba, besonders mit Rücksicht auf ihr Alter, ihre
Verbreitung und Verwandtschaft, ist gewiss eine der nächstliegen-
den Aufgaben der historischen Verballehre des Germanischen.
Zu dieser Forschung giebt Hortling mit seiner Untersuchung über
die altsächsischen Verba der \\. schwachen Konjugation einen sehr
willkommenen Beitrag.
Der Begriff «Altsächsisch» ist in der gewöhnlichen einge-
schränkten Bemerkung gefasst. Altniederdeutsche Texte, deren
jMundart — sächsisch oder fränkisch — nicht sicher bestimmbar
ist, sind nur insofern verwertet worden, als sie weitere Belege für
das streng altsächsische Material bieten. Die Arbeil hätte jedoch
sowohl lexikalisch als sprachgeschichtlich an Wert gewonnen, wenn
auch diese mehr oder weniger zweideutigen Texte, wie sie jetzt
in Gallees «Vonstudien zu einem altniederd. Wörterbuche» bequem
zu Gebot stehen, in ausgedehnterem Maasse benutzt worden
wären; vgl. z. B. zu brakon ,krachen' (bei H. S. 35) das lautlich
nahe verwandte gibiükon ,brachen' bei Gallee S. 94.
Von diesem principiellen Standpunkte aus betrachtet, ist die
bei H. gebotene Materialsammlung der altsächs. schwachen ö- Verba,
so viel ich gefunden habe, erschöpfend und trägt überhaupt das
Gepräge gewissenhafter Arbeit. Sämmtliche Flexionsformen nebst
ihren Belegen sind beigefügt.
Die Arbeit zerfällt in zwei Hauptabteilungen: A- Eigentliche
ö- Verba und B- Veiba mit sekundärer ö-Flexion. In der ersten
Gruppe unterscheidet H. 4 Kategorien : I. ö- Verba neben Nomina,
die er wieder nach den verschiedenen zu Grunde liegenden
Flexionsklassen verteilt, IL ö-Verba neben starken Verben,
III. Ö-Verba mit konsonantischen Suffixen und IV. Isolierte
ö-Verba. Die zweite Hauptgruppe umfasst «sekundäre» ö- Verba,
die ursprünglich zur g-Klasse gehört zu haben scheinen. Die
Annahme älterer e-FIexion für einen beträchtlichen Teil der as.
Ö-Verba (für etwa 36 unter im ganzen 211 Verben) gründet sich
38 Besprechungen. T. E. Karsien, Ivar Hortlhig, Studien aber die Q-Verha etc.
auf verschiedene Kriterien formaler und begrifflicher Art sowie
auf die Beweiskraft der Nachbardialekte, in denen nicht selten
e-Verba gegenüber synonymen as. ö-Formationen stehen. Ein
«Rückblick auf die ö-Verba» behandelt die Frage nach den
Suffixformen (-ä- und äio-), «Doppel- und Parallelbildungen»
nach der I. und III. sw. Konjug., die Verbreitung der as. ö-Verba
über das germ. Sprachgebiet sowie die Stammverhältnisse dieser
Bildungen.
Diese in der Natur der behandelten Frage begründete Ein-
teilung ist im gi-ossen ganzen glücklich durchgeführt worden, wenn
auch weniger wahrscheinliche Ansätze und sogar Irrtümer nicht
ganz fehlen. Die sprachgeschichtliche Auffassung der ö-Verba ist
im allgem. richtig und zeugt von gründlichen Kenntnissen in den
betreffenden Teilen der historischen Grammatik, wie auch in der
etymologischen Literatur. Nur gelegentlich ist eine wichtigere
^^'ortdeutung übersehen worden.
Im Einzelnen beschränke ich mich auf folgende Anmer-
kungen : Die neue Zusammenstellung von hripson (S. 48) mit lat.
crepate finde ich entschieden richtig. Hierfür spricht schon die
lat. Glossierung increpat (Hortl. S. 71). Der glückliche Gedanke
hätte jedoch eine etwas nähere Ausführung erheischt. Lat. in-
crepare bedeutet in übertragenem Sinne .schelten, verweisen', wie
auch das as. Vb. As. hripson steht für ^hrifison > *hrifso?i, vgl.
ags. rocpsan für icefsaii, mhd. repsen für refseri , tadeln'. Falk-Torp
Ordb. II. S. 106 schreiben unrichtig as. lipson statt hripson und setzen
fehlerhaft eine idg. Wz. rip- voraus. Mndl. holl. berispe7i , tadeln'
enthält wohl dasselbe Vb. ; vgl. as. nspnnga (?) bei Wadst. 194. —
Zu geskon S. 49: nschw. gäspa (eine neue ansprechende Kombi-
nierung), vgl. ahd. forscon = forspon. — Bemerkenswert ist weiter
u. a. die für as. röbhon (S. 15) wahrscheinlich gemachte Bed.
,bekleiden' (anstatt ,berauben'). — S. 2 : eron ist richtiger als altes
e-Vb. zu fassen, vgl. ahd. eren mit mehreren Formen nach der
y-Flexion (ahd. ereon <^ '^erjon mit Übertritt in die ö-Klasse), isl.
eira, rbe nach der 7-KI. ; auch ags. drian ist nach Sievers, Ags.
Gr. § 411, Anm. 5, ein altes e-Vb. — In escan Hei. C. 823
(neben escon in M.) ist a nicht sicher die Schwächung eines 0 :
neben escon gebt as. escian, wo das ableitende / verloren gegangen
sein könnte, wie in as. farcopan = farcopian, tuißan = tuifiian usw.
(vgl. Schlüter, Unters. S. 98). Neben ö-Formen in Hei. M. gehen
auch sonst nicht selten y-Formen in C. — S. 4 : Zu fargumon
vgl. eine neue Deutung bei Falk-Torp Ordb. I. S. 226. — As.
tökon, ags. löcian verbindet H. (nach Schade und Kluge) mit ahd.
luogen, lohen, aber mit Unreclit (s. Zupitza, Gutturale S. 209,
215). — S. 32: dmbhon neben dröbhi ,trübe' hat wahrscheinlich
Anna Curiitts, Der französische Aufsatz im deutschen Schulunterricht, 39
ü für ö in der Stellung vor labial, bh, ganz wie as. tmneat Hei.
^I. 1554 (vgl. sonst römon 7iiomoti) vor dem lab. vi. Kein Ab-
laut, wie Hortl. S. 97 vermutet. — S. 40, 41 : Statt buloti,
flülon sind wahrscheinlich bidoji, fIoio?i anzusetzen ; vgl. isl. bi^a.,
aÖ, ßota, ab. — S. 56 ff.: Unter den «sekundären» Ö-Verben
bespricht H. zuerst eine Gruppe, die sich auf Grund «formaler
Kriterien» als alte e-Verba er\veisen. Die Art dieser Kriterien
hätte näher bestimmt werden müssen. Sämmtliche hier aufgeführte
19 Verba haben e- Parallelen in den germ. Schwestersprachen.
Die allermeisten zeigen aber daneben «formale» altsächsische
Spuren älterer e- Flexion : i anstatt oder neben e (bezw. u : 0) in
der Stammsilbe in bib/io/i, hlinon, klibhon (and. Ps. clevon), libhon,
lebhon, llnon (ahd. Urnen : lernen), tiliayi, ivunon, tvonon; die Formen
mit i, u als Stammvokal dürften aus dem y-Stamme eines alten
e-Verbs herrühren, dessen ableitende / in as. binmrnie (ahd.
mornen) und rumeat (vgl. ahd. rämen) noch erhalten ist. Ein a
in der Endung folgender Verbformen ist als Schwächung eines e
zu betrachten: fnran, folgan, gehalan, hatan, hatandiero, tohlinandi,
birnorna^ rotat, sorgandie, bisorgan, tholan. Warum aber auch
hangon, gihmnon, thagon in diese Gruppe eingeordnet sind, sieht
man nicht ein. Sie gehören vielmehr zur 3. Unterabteilung (ö-Vb,
die nur durch ihre e-Parallelen in verw. Sprachen auf ältere
e-Biegung hindeuten). — S. 57: In hangondi, hnngöthiön ist d : Ih
wohl kein gramm. Wechsel, vgl. Holth. § 412, Anm. 3.
T. E. Karsien.
Anna Curtius, Der französische Aufsatz im deutschen Schul-
unterricht. Eine Anleitung zur Gestaltung der freien schriftlichen
Arbeiten im französischen Sprach- und Literaturunterricht. Leipzig,
Veriag der Dürr'schen Buchhandlung, 1907. 296 S. 8". Preis:
ueb. 4 M., elegant gebunden 4 M. 80 Pf.
L'auteur a mis en tete de son livre cette devise d'un col-
legue, I\L H. Borbein : «Die freien Arbeiten sind die Blüte des
ganzen neusprachlichen Unterrichts; wie aber diese bei der Pflanze
den Samen zu neuem Leben enthält, so wirken auch jene be-
fruchtend auf alle übrigen Zweige des Unterrichts». Dans sa
preface eile cite encore de M. Borbein cette phrase: «Die metho-
dische Behandlung der freien schriftlichen Übungen ist eins der
schwersten, vielleicht das schwerste Problem des neusprachlichen
Unterrichts». Elle dit aus.si avec M. Borbein que les composi-
tions naisscnt organiquement des exercices oraux et des travaux
ecrils etroitement unis, et se piopose de donner dans son livre,
40 BcsprechuH^en. .4. Lindfors^
avec quelques conseils sur la methode, une collection de redac-
tions oü le lecteur puisse trouver ce qu'il liii faut ou dont il
puisse simplement s'inspirer.
II s'agit d'ecoles de jeunes filles superieuies ainsi que de
seminaires pour institutrices. M:lle Curtius est «Oberlehrerin»
d'une ecole superieure de jeunes filles et du seminaire de Leipzig.
Pour les classes inferieures (7 : ieme - 3 : ieme) l'auteur se
contente de foumir quelques redactions basees sur des lectures. Dans
les conseils qui les precedent sur la methode, eile recommande
de faire ces sortes de travaux des la premiere annee
d'enseignement du frangais, l'esprit des enfants ayant alors la
Souplesse qui permet de cultiver avec succes des exercices utiles
au travail de redaction d'un äge plus avance. Les petits travaux
ecrits, resultat d'un traitenient preparatoire qui consiste en
questions et rcponses, imitations et transformations du texte, se
fönt, dit l'auteur, avec un tres grand plaisir, qui se trouve augmente,
si le professeur donne quelquefois la matiere de la redaction lui-
meme.
La troisieme annee l'auteur inaugure le traitement d'une
fable de La Fontaine, etant d'avis que c'est le devoir de tout
professeur d'eveiller le goüt pour l'etude de ce poete essentielle-
ment franyais, et eile va jusqu'ä consacrer, l'annee suivante,
plusieurs heures de legon ä faire le canevas d'une composition
intitulee Portrait du Renard d'' apres les fables de La Fontaine.
Les differentes parties du plan sont trouvees au moyen de con-
versations, sont ecrites ä la maison, ensuite lues en classe, et la
composition ainsi preparee est faite a l'ecole «sans avoir ete apprise
par coeur», de Sorte qu'on peut, Selon l'auteur, parier d'un
travail de redaction. Exiger une composition sans cette sorte de
preparation serait mal comprendre la täche du professeur. II
s'agit d'amener les eleves ä s'exprimer en franyais au moyen de
mots et de touniures connus au lieu de leur faire ecrire en
fran9ais ce qu'ils ont pense en allemand.
En troisieme (la cinquieme annee de fran(;ais) s'ajoute au
livre de lecture un ouvrage en prose. Les eleves sont tenues a
prendre des notes qui leur fourniront plus tard la matiere des
travaux ecrits.
C'est aux deux dernieres classes que l'auteur consacre la
plus grande partie de son livre. La collection de modeles est
tres riche. Une partie de ces modeles sont des copies d'eleves,
les autres sont tires d'ouvrages consultes, ou bien composes par
le professeur.
Les travaux de redaction sont de trois especes :
I. Compositions dont le sujet est tire de la lecture.
.htfia Cur/ius, Per frnnzösisihc Aufsat', im (kutschen Schuluntcnidit. 41
2. Narrations.
3. Descriptions.
Les travaux de la premiere espece sont les plus importants.
Sur la base de differents chapitres sont faites de petites compo-
sitions speciales, qui peuvent etre resumecs en une plus grande,
comme par exemple celle qui est intitulee Dmidet artistc, faite
apres la lecture des chapitres V, VI et VII de Le Petit Chose
(edition pour ecoles par Lion-Kühtmann). D'autres compositions,
comme Portrait du Petit Chose ou Jacques, persoiinification de
Vamour f ratet nel, sont faites apres la lecture de tout l'ouvrage.
L'auteur regarde les portraits comme le meilleur moyen de faire
voir la capacite des eleves.
II va Sans dire que la composition doit paraitre ä leleve
le resultat de la lecture, tandis qu'au professeur c'est la base du
traitement preparatoire. Les idees et la forme sont donnees ä un
certain degre et l'eleve s'en sert d'une maniere plus ou moins
independante. L'auteur recommande de n'employer servilement
ni les modeles ni les canevas. II faut, au contraire, exiger du
professeur un travail preparatoire consciencieux en meme temps
que le tact qui lui permet de s'ecarter du plan pour cöder aux
impulsions donnees pai les reponses ou les observations individuelles
des eleves.
Des la deuxieme (lasse les travaux ecrits peuvent se faire
en jjartie a la maison, le temps qu'on peut consacrer ä la
composition etant tres limite. Si, par exemple, la lecture d'un
ouvrage comme Le Petit Chose demande ä peu pres six mois,
on ne peut exiger que deux ou trois petites compositions et une
grande.
La Fontaine occupe une place importante dans les travaux
ecrits des classes superieures. La lecture des fables donne trois
especes de compositions: Recits de Fables, Analyses de Fables
et Sujets tires de Fables. Ce traitement des fables prepare au
traitement litteraire d'un degre superieur. Comme echantillons de
la demiere des trois categories mentionnees il y a: Portrait du
Lion : Comparaisoji de la fable de La Fontaine: Le Chat, la Belette
et le petit Lapin avec sa source: Livre des Lumieres ou la conduite
des rois, compose par le sage Pilpay Indien ; Montrer par quelques
e.xeinples t origitialite de La Fontaine dans la fable; Le Loup et le
Chien chez La Fontaine et chez Phcdre.
L'auteur ne juge pas possible de traiter en une annee plus
de trois ouvrages, et propose, apres les fables, une comedie :
M:lle de la SeigUere ou Les Pre'cieuses Ridictiles, selon le programme
litteraire qui sera choisi pour la ciasse suivante.
Pour les narrations et les descriptions, l'auteur s'attend bien
42 Besprechungen. A. Lindfors,
a ce que le lecteur s'etonne un peu en voyant ce qui est propose
apres des portraits et des analyses comme ceux que viennent de
faire les eleves. Les modeles de cette espece sont choisis pour
des ecoles oü Ton ne peut viser qu'ä un but inf^rieur. Mais,
Selon M:lle Curtius, le traitement d'une petite narration ou d'une
description comparativement facile peut etre fort utile, meme
quand il s'agit d'eleves qui s'occupent de preference de la lecture
des grands ecrivains. L'histoire est lue une fois, puis racontee
par une eleve et ensuite ecrite en classe. Quelquefois on n'en
donne que le canevas. Les descriptions, utiles avant tout pour
faire parier la langue dont on a besoin tous les jours, sont le
resultat d'observations de l'objet qu'on doit decrire, apres quoi le
plan est dresse de la meme maniere que quand il s'agit de travaux
ayant pour base des lectures.
La derniere annee (la septieme de fran^ais, classe I) est
la continuation de la precedente. Le roman, la fable et la
comedie inaugures, il est possible de choisir plusieurs series de
travaux favorisant les differents buts qu'on peut se proposer ä
l'education litteraire. Quant ä la methode, l'auteur conseille
d'employer les memes especes de travaux que dans les classes
inferieures. Pour la composition de leltres, el'e se prononce dans
le meme sens que M. Borbein, qui dit que le soin du style
epistolaire ne saurait etre compris dans la mission de l'ecole.
Le professeur ne peut qu'indiquer les formules d'usage, mais on
peut, Selon M:lle Curtius, se servir avec succes de la correspon-
dance internationale d'ecoliers.
Parmi les modeles je citerai de la premiere categorie : La
Provence d^ apres les Letlres de tnon moniin; Comment Alphonse
Daudel HO US apparali - il dans les Letties de tnon nioidin? ; Lopti-
niisme des Parisiens pendant la guerre d'aprcs Le siege de Paris
par Saicey ; Caractere du vieux Legoez dans Le Flibustier par Jean
Richeptn : Le problenie psychologique dans Pdme de Janik d' apres le
meme ouvrag' ; L Action des Femmes Savantes de Molicre ; Les
Pc'danls dans les Femmes Savanies ; Le Bourgeois selon Molicre
d\jprh Clnysalc des Femmes Savantes.
Les narrations sont naturellement plus longues et plus diffi-
ciles qu'auparavant, et parmi les descriptions se trouvent, entre
autres, Le Charmeur (P Oiseaux des Ttdleries et Cochers d' Omnibus
et Cochets de Fiacre, mais l'auteur fait observer que celles-ci ne
sauraient etre faites que par des eleves tres avancees.
Aiii/a Ciirfiiis, Der fra/izösisc/ie Aufsatz im (Iculschen Schulitntenicht, 43
La seconde moitic du livre est omsacree aux travaux ccrits
du seininaire. L'auleur insiste sur les difficultes causees par
riuegalite des capacites, vu que les eleves qui entrent au seminaire
ont acquis leurs connaissances du fran(,-ais dans des ecoles qui
suivent des programnies bien differents.
La lecture d'ceuvres litteraires est seule la base des travaux
ecrits, ce qui fait que pour l'enseignement de la litterature Ton
ne se contente point de Conferences faites par le professeur et
repetees par les eleves. La methode est au contraire la meme
qu'ä l'ecole. Les eleves sont amenees ä trouver elles-memes et
la matiere et la forme de la composition.
Pendant la premiere annee chaque tache doit etre travaillee
de nuiniere \\ pouvoir ctre ecrite, quoicjue la plupart des resumes
restent non ecrits. Afin d'obtenir une certaine surete dans le
travail, il faut proceder avec lenteur en prenant le plus de soin
po.ssil)le. Le professeur donne quelquefois ä une ou ä quelcjues
eleves un ouvrage sur le sujet qu'on traite en classe, et ces eleves
en fönt des resumes c^ui contribuent ä eveiller l'interet de leurs
caraarades et ä augmenter leurs connaissances. «S'il se trouvc
dans les travaux des eleves des tournures de pluase-? prises dans
Lanson, dans Faguet ou dans Lemaitre, il n'y a pas ä s'en
plaindre. II ne faut pas deraander ä des eleves un style original ;
elles ne produiraicnt que du mauvais fran^ais. En employant
dans diverses occasions des tournures fran^aises on en fait sa
propriete. Le travail en classe empeche de les copier directe-
ment. »
A la fin de la troisieme annee du seminaire, on fait faire
i'haque mois une composition de repetition et, ä la fin cie l'annee,
a lieu l'examen final, ou les eleves fönt en deux heures une
'omposition sur un sujet quelconque tire de leur cours de litte-
lature.
La collection de modeles comprend deux series de travaux :
Celle de 1902 — 1905, qui contient des sujets de romans, des
Sujets historiques, des sujets dramatiques et des sujets pedagogi-
ques, et Celle de 1903 — 1906, qui contient les meraes Categcries
sauf les sujets historique,s, qui sont remplaces par des sujets de
critique.
Les auteurs representes dans ces deux series sont: Bazin,
Daudet, George Sand, Merimee, Anatole France, Taine, Corneille,
Racine, Victor Hugo, Moliere, Rousseau, Montaigne et Madame
de Stael. L'auteur fait obser\er ([u'il ne faut pas regarder ces
series comrae les seules preferables. II faut chercher ä developper
chez les eleves le gout de ce genre d'etudes en les mettant en
etat dapprofondir une Serie de sujets, afin qu'elles cherchent plus
44 Protokolle des Xetiphilologiseken Vereins.
tard d'autres domaines ou aller puiser leur connaissance du monde
frati(;ais.
II suffit de parcourir les copies des eleves du seminaire
pour voir ä quel point le professeur a atteint son but. Elles sc
montrent familiarisees avec les grands esprits dont elles viennent
d'etudier les oeuvres a un point qui permet de croire qu'elles
continueront leurs etudes avec plaisir et, quant ä la maniere dont
elles s'expriment, l'on ne peut demander davantage.
Si Ton pouvait chez nous suivre un programme comme
celui de M:lle Curtius, ce serait dans les ecoles de jeuaes filles
dont la continuation correspond aux seminaiies d'Allemagne, et
c'est aux professeurs de ces ecoles que son livre deviendrait une
source precieuse. Les indications d'ouvrages consultes, ainsi que
d'editions ä l'usage des eleves, sont fort utiles, et la riche coUec-
tion de canevas et de compositions se trouve encore augmentee
par un appendice contenant un recueil de copies d'eleves fran(;ais,
publie avec l'autorisation du ministre de l'instruction publique de
France.
A. Lindfors.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 7. Dezember 1907, bei welcher Sitzung
der erste Vorsitzende, der Sekretär und 15
Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Dcss Protokoll der letzten Sitzung \\-urde verlesen und ge-
schlossen.
§ 2.
Der Vorsitzende teilte mit, der Verein habe von Prof. A.
]eanroy folgende Bücher als Geschenk erhalten : Ph. Aug. Becker,
Grundriss der altfranzösischen Literatur, i. Teil. Älteste Denk-
mäler. Nationale Pleldendichtung (Sammlung romanischer Ele-
mentar- und Handbücher. IL Reihe, i. Band). Heidelberg 1907;
und E. Portal, Letteratura provcnzalc. I moderni trovatori (Manuali
Hoepli, Serie scientifica 105). iVIilano 1907.
Protokolle des Neuphilologischen J'eteins.
§ 3-
Professor W. Söderhjelm berichtete in einem Vortrage über
eine neuentdeckte Version der Geschichte des Sibyllenparadieses
in tschechischer Sprat:he. ^ Es entstand eine kurze Diskussion
über einige Details, an der sich Prof. A. Wallensköld, Lektor
\. Poirot, Prof. Jos. Mandelstam, Prof. W. Söderhjelm, Fräulein
Dr. phil. f. af Forselles und Fräulein A. Krook beteiligten.
§ 4-
Mag. phil. M. Waseiiius behandelte anlässlich des neuen
Buches Lektor S. Nyströms : «Deutsches Lesebuch für den
Anfangsunterricht» die Frage von dem Grammatikunterricht auf
den niedrigeren Stadien. Der Platz, den die Grammatik, seitdem
die Reformmethode bei uns eingeführt worden, im deutschen
Anfangsunterricht eingenommen habe, sei bescheidener gewesen,
als zu der Zeit, wo die alte Methode noch hen-schte. Dabei sei
man jedoch in dem Reformeifer vielleicht oft zu weit gegangen,
und allem Anschein nach werde die Ansicht immer allgemeiner,
dass die Grammatik auf dem Elementarstadium mehr und gründ-
licher getrieben werden müsse, als es nunmehr in der Regel ge-
schehe. Das obenerwähnte Elementarbuch Lektor N:s bezeichne
in der Hinsicht einen Fortschritt, dass durch die von ihm ver-
wendete intime Verknüpfung von Text und Grammatik der Lehrer
gezwungen werde sich viel mit der Grammatik zu beschäftigen,
freilich immer nach den Prinzipien der Reformmethode. Der
Text bestehe aus Anekdoten und Erzählungen einerseits und be-
schreibenden Stücken andererseits, welche letzteren die Grundlage
des Grammatikunterrichts bildeten und bei welchen immer an-
gegeben sei, was in jedem Falle aus der Grammatik aufgenommen
werden solle. Um den Lehrern zu erleichtem, den Grammatik-
unterricht so vielseitig wie möglich zu machen, gebe er bei jedem
Lesestücke gute Winke und Fingerzeige. — Man könne wohl an
der Arbeit aussetzen, dass Lektor N. \üelleicht zu grosses Gewicht
auf die Grammatik lege. Sein Buch hätte nur dadurch gewonnen,
wenn kleine Erzählungen öfter, als es jetzt der Fall sei, einge-
schaltet worden wären. So wie die Aufstellung jetzt sei, hätten
die Schüler nicht immer die genügende Zeit das Eriernte ordentlich
zu befestigen. Im Grossen und Ganzen habe er bei der Wahl
des grammatischen Stoffes das Richtige getroffen. Doch hätte
Einiges aus der Formenlehre, wie z. B. der Konditionalis und die
' Prof. S. wirf! später in diesem Ulalte eine tleutsche Übersctzun|
dieser Version veröffentlichen.
46 Protokolle des Neiiphilologischeit Veieins.
substantivierten Adjektive, weggelassen werden können, wogegen er
Anderes (z. B. die zusammengesetzten Verba und die Präpositionen
mit dem Dat. und die mit dem Ack.) vermisse. Das Buch mache
den Eindruck, dass der Schüler durch dasselbe schon auf dem
Elemcntarstadium zu einer sit;heren Beherrschung der Foimenlehre
gelangen könne. Statt fortwährend auf den höheren Klassen die
Formenlehre einzuüben, könne man dort nun mehr Zeit der Lite-
ratur der fremden Sprache widmen.
Mag. W. stellte folgende These zur Diskussion auf : Die
Grammatik muss im Anschluss an den deutschen Text des Lehr-
buches mit der Konsequenz und Intensität betrieben werden, dass
die Formenlehre innerhalb drei Jahre von den Schülern der Real-
linie vollkommen beherrscht wird.
Prof. A. Wallejisköld woUle hervorheben, dass es auf einem
Missverständnis beruhe, wenn Mag. W. behaupte, dass die Re-
former die Grammatik nicht genügend geschätzt hätten. Diese
hätten nie beabsichtigt, dass die Schüler in der Formenlehre
schwach sein sollten. Nur die alte Art und Weise, nach welcher
die Grammatik ihrer selbst wegen betrieben worden sei, sei von
den Freunden der Reform bekämpft worden. Prof. W'. wolle
nicht leugnen, dass die Resultate zuweilen übel ausgefallen seien;
dies sei aber der Fehler des Lehrers, nicht derjenige der Methode.
Prof. W. Söderhjelvi gab Prof. Wallensköld Recht darin,
dass es eigentlich kein Unterschied sei zwischen dem, wonach
man jetzt strebe, und dem, was die Reformfreunde ursprünglich
angestrebt hätten. — Es sei aber ein Aberglaube, wenn man
jeden kleinen Fehler gegen die Formenlehre für so furchtbar
halte. Dass man bei uns so viel Zeit auf das Erlernen und die
Einübung der Formen verwende, beruhe wohl nur darauf, dass
die Schüler im Maturitäisexamen schriftliche Übersetzungen aus-
führen müssen. Viel wichtiger und nützlicher sei in der Tat den
Schülern Phrasen und einen grösseren \\'^ortvorrat beizubringen.
Fräulein Amta Bohnhoj war ganz derselben Ansicht wie die
Professoren W. und S. — Als ein grosses Verdienst des fraglichen
Elementarbuches hob Fräulein B. weiter hervor, dass der Lehrer
nie bei der Anwendung desselben dazu verleitet werde, die ^lutter-
sprache zu reden.
Dr. phil. A. Roseudahl sei nicht so ganz von der Vorzüglich-
keit des Buches Lektor N:s überzeugt. Es tue keineswegs allen
den Forderungen Genüge, die man an ein für unsere Realschulen
bestimmtes Elementarbuch stellen müsse, obgleich es allerdings
einen Fortschritt im Vergleich mit den früher hier angewendeten
bezeichne. — Dr. R. zeigte an einigen Beispielen gewisse Schwächen
des Buches: Der Verfasser folge nicht immer den Prinzipien der
Protokolle des A'euphilologischen Vereins, 47
Reformmethode, indem es vorkomme, dass man nicht alle in Frage
stehenden Formen im Texte belegt finde und der Text überhaupt
zu wenig Beispiele mit einzuübenden Formen gebe. Weiter sei
dei grammatische Stoff nicht ganz gleichmässig verteilt und die
verschiedenen Teile der Grammatik hätten nicht immer ihren
rechten Platz. So seien im Anfang des Buches zu viel Sachen
auf einmal und zu rasch nach einander behandelt und z. B. die
Deklination der schwachen Adjektive erst in dem für das zweite
Jahr bestimmten Abschritt aufgenommen. Die Winke für den
Lehrer, wie die Grammatik zu den verschiedenen Stücken appli-
ziert werden müsse, seien zu knapp und ihr Nutzen deshalb sehr
klein. — Übrigens schloss sich Dr. R. ganz der von Mag. W.
vorgeschlagenen These an.
Mag. M. Wasenius wollte gegen Prof. Wallensköld hervor-
heben, dass die Reformer bei uns der Grammatik den ihr zu-
kommenden Platz wohl in der Theorie gegeben hätten, aber in
der Praxis sei dies ganz gewiss nicht immer geschehen. Wie
Prof. Söde.rhjelm, so sei auch er von der Bedeutung eines grossen
Wortvorrates für den Schüler überzeugt. Diese Seite werde von
Lektor N. keineswegs versäumt; im Gegenteil habe er stets vor
Augen, den Schülern einen guten und reichhaltigen Wortvorrat
zu geben. — Auch sei Mag. W. mit Dr. Rosendahl darin einig,
dass der Verfasser in der ersten Abteilung zu viel grammatischen
Stoff anhäufe und dass die Grammatik in dem ganzen Buche
gleichmässiger verteilt werden müsse. Übrigens habe er hier keine
eingehende Kritik des Buches beabsichtigt; eine solche von Dr.
H. Suolahti sei schon in den Neuphil. Mitteil, erschienen, und
später werde er selbst Gelegenheit haben in «Tidskrift utgifven af
Pedagogiska föreningen i Finland» eine Detailkritik zu ver-
(■■) ff entlichen.
Prof. W. Söderhjebn hob die Bedeutung der Tatsache lier-
\or, dass jetzt ein neues Lehrbuch für den modernen Sprach-
unterricht zur Diskussion aufgenommen worden sei. Es sei eine
der Hauptaufgaben des Vereins jedes neue einheimische Lehrbuch
einer eingehenden Kritik zu unterwerfen und zwar am besten,
nachdem es schon eine kürzere Zeit im Brauch gewesen sei.
in fidem:
Hoher Peter se)i.
48 Eingesandte 7.i/fe7afur. SrMftenattstattsfh.
Eingesandte Litteratur.
Hermavu Paul, Deutsches Wörterbuch. Erste Hälfte. Zweite
vermehrte Auflage. Halle a. S., M. Niemeyer, igoB. 352 S.
gr. 8:0
Johannes Öliquisl, T\sk Elementarbok. Fjärde omarbetade
upplagan. Helsingfors, Otava, 1907. 219 S. 8:0. (Nebst einem
8 Seiten umfassenden Bilderbogen).
Derselbe, Saksankielen Alkeiskirja. Viides uudistettu painos.
Helsingissä, Otava, 1907. 223 S. 8:0. (Nebst dem oben erwähnten
Bilderbogen).
Derselbe, Tysk Övningsbok. Tredje omarbetade upplagan.
Helsingfors, Otava, 1907. 205 S. 8:0.
Derselbe, Saksankielen Harjoituskirja. Kolmas uudistettu
painos. Suomeksi sovittanut V. R. Helsingissä, Otava, 1907.
220 S. 8:0.
Derselbe, Skrivprov för Studentexamen i Tyska. Helsingfors,
Otava, 1907. 49 S. 8:0. Preis: i Fmk.
Derselbe, Saksankielen Kirjoituskokeet Ylioppilastutkintoa
varten. Helsingissä, Otava, 1907. 50 S. 8:0. Preis: 1 Fmk.
Wilhelm Hörn, Historische neuenglische Grammatik. I. Teil :
Lautlehre. Mit einer Karte. Strassburg, K. Trübner, 1908.
XVI, 239 S. 8:0. Preis: 5 Mark 50 Pf.
A?i7ta Bahnhof, The Junior English Reader. With Glossary
and Notes. Helsingfors, Helios, 1908. 1964-137 S. 8:0.
Preis: Fmk. 5:25. (Das Wörterbuch sowohl in schwedischer wie
in finnischer Ausgabe).
Schriftenaustausch.
Jahresbericht der Kgl. Bibliothek zn Berlin. 1905/06 u.
1906/07.
Modejn Languas,e Notes, Bd. XXH, Nr. 7—8, Bd. XXHI,
Nr. I — 2.
Bibliographia phonetica, 1907, Nr. ll — 12.
Päivä, viikkolehti suomalaista kultuuria varten, 1908, Nr. i — 7.
Virittäjä, 1907, Nr. 4 — 8.
Moderna Spräk, Svensk Mänadsrevy för undervisningen i de
tre huvudspräken, utgiven av Emil Rodhe under medverkan av
C. S. Fearenside, Camille Polack, Ernst A. Meyer. IL Jahrg.
(1908), Nr. I — 2. — Die zwei Hefte enthalten ausser Be-
Mi/Zeiiiinf^efi.
siirechungen, Schreibübungen, etc. folgende Aufsätze : Carl ( ).
Koch Remarks on the Use of the Reflexive Pronouns ia Modern
Eiiglish; F. Leray, La loi des trois consonnes. — Der Abonne-
memspreis für den Jahrgang (9 Hefte) beträgt 6 Mk. 50 Pf.
Die Zeitschrift ist durch Ringner & Enewalds Bokhandel, Göte-
itorg, zu beziehen.
Mitteilungen.
Dr. Torsfe?i SöJerhjelm, der junge vielversprechende Neu-
philologe, welcher in der letzten Zeit sich mit dtr italienischen
Litleraturgeschichte beschäftigt hatte, ist am 19. Januar nach einer
kurzen Krankheit in Florenz gestorben.
Lic. phil. Artur Läuiifors ist den 24. Februar zum Dozenten
der romanischen Philologie ernannt worden.
Von Prof. A. Wallensköld ist in den «Publications de la
Societe des anciens textes francais» für das Jahr 1907 erschienen:
Florence de Rome, chanson d'aventure du premier quart du XIII e
siecle, Tome second. 381 S. 8:0. (Der erste Band des Werkes
wird später erscheinen).
Einheimische Beiträge zu ausländischen
Zeitschriften: Dr. Hugo Suolahli-Palaiidet, Die althochdeut-
schen Deminutivbildungen auf inkilin, in der Zeitschr. f. deutsche
Wortforschung, Bd. IX, S. 170— 181; Dr. T. E. Karsten, Zur
Frage nach den «gotischen» Lehnwörtern im Finnischen, in den
Indog. Forschungen, Bd. XXII, S. 290 — 307; Prof. W. Söderhjelm,
Besprechung von P. Champion, Le Manuscrit autographe des
poesies de Charles d'Orleans (Paris 1907) in der Deutschen
Liteiaturzeilung 1908, Sp 102 — 104; Lektor/ Poirot, Besprechung
von Panconcelli-Calzia, Bibliographia phonetica (die sieben ersten
Nummern) im Archiv f. gesamte Psychologie, Bd. X, S. 162 — 166.
Ausländische Besprechungen einheimischer
Publikationen: Männires de la Societe ?ie'o-philoiogi'/ite ii
Ilelsingfors^ Bd. IV, bespr. von Kr. Sandfeld Jensen in Nordisk
Tidsknft for Filologi, 1908, S. 82 — 84; Oiva Joh. Tallgren, La
Caya o Consonantes de Pero Guillen de Segovia, I, bespr. von
R. M[enendez] P[idal] in Cultura, 1907, S. 1058— 1061, und
1;. Schädel in Zeitschr. f. rom. Philo!.. Bd. XXXII, S. 118— 120.
50 Mitteilungen.
Ferienkurse: In Paris vom i. bis 31. Juli igo8 und
vom I. bis- 31. Aug. 1908, veranstaltet von der Alliance fran(,-aise.
— In Marburg vom 8. bis 29. Juli und vom 5. bis 26. Aug. —
In Lnusaiuie vom 20. Juli bis 28. Aug. — Nähere Auskunft giebt
die Redaktion dieses Blattes.
NEUPrillOlOQISCHE
• • mitteiiunqen
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
-. 4: 30 durch die Post und 5 Fmk. durch die Buchhandlungen. 1;
IJp^ X/i I Zahlende Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich, (j IClOS
■*^ ^ 1 — Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung ; •'
bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. W a 1 1 e n s k ö 1 d,
Vestra Hamngatan 5) zu senden.
Über die Stellung der Gesprächsübungen beim neusprach-
lichen Unterricht in unseren Schulen.
Unter neusprachlichem Unterricht verstehe ich hier
speziell den Unterricht im Deutschen und unter unseren
Schulen in erster Linie die Reallyceen und zwar die
finnischen, von denen allein ich persönliche Erfahrungen
habe. Was aber von dem Unterricht einer modernen
Sprache in einer Art von Schulen gilt, hat immer mutatis
mutandis mehr oder weniger seine Anwendung auch in Bezug
auf andere moderne Sprachen und andere Schulformen.
Die schwierige Lage des neusprachlichen Lehrers an
unseren finnischen Reallyceen gerade in Bezug auf den
Unterricht der deutschen Sprache ist jedem Beteiligten ge-
nügend bekannt. Die Forderungen, die man an diesen
Unterricht stellt und unbedingt stellen muss, sind — obgleich
an und für sich äusserst gering und bescheiden — im Ver-
hältnis zu dem, was man in Wirklichkeit leisten und er-
reichen kann, doch oft zu gross.
Besondere Schwierigkeiten bereitet dem Lehrer der
deutschen Sprache nun auch der Umstand, dass er gewisser-
massen ein doppeltes Ziel im Auge haben muss. Ohne
Zweifel muss er es für seine Hauptaufgabe ansehen, seinen
Schülern eine solche Reife im Deutschen zu geben, dass sie
52 Ä' S. Lata-ila,
ohne grössere Schwierigkeit deutsche Literatur benutzen und
verstehen können um mit Erfolg auf der Universität oder
auf anderen Hochschulen, wo eine solche Fähigkeit notwendig
ist, ihre Studien fortsetzen zu können. Aber doch ist dieser
so zu sagen literarisch - wissenschaftliche Zweck nicht der
Einzige, den der Unterricht im Deutschen zu verfolgen hat.
Auch das praktische Leben fordert sein Recht. Die Schüler,
welche aus unseren Schulen hervorgehen, kommen nicht allein
mit deutschen Büchern, sie kommen auch mit deutschen
Menschen in Berührung und auch für diesen Fall müssen
sie auf irgend eine Weise ausgerüstet sein. Der Lehrer muss
also bestrebt sein, seinen Schülern nicht allein die Fähigkeit
zu geben, deutsche Literatur zu verstehen, sondern auch eine
gewisse, wenn auch bescheidene, Sprechfertigkeit. Dieser
letztere Zweck, näml. die Erlangung einer Sprechfertigkeit,
ist für einen grossen Teil der Schüler, nämlich für die meisten
von denen, die nicht das ganze Lyceum absolviren, sondern
von den mittleren Klassen abgehen um z. B. die kauf-
männische oder irgend eine andere praktische Bahn einzu-
schlagen, oft sogar wichtiger, als der erstere Zweck, näml.
die Fähigkeit deutsche Literatur benutzen und verstehen zu
können. Auch auf den Vorteil dieser äusserst zahlreichen
Schüler muss der Lehrer Rücksicht nehmen und deshalb um
so mehr Gewicht auf die Erlangung der Sprechfertigkeit legen.
Ich möchte hier nun einige Erfahrungen und Reflexionen
darüber aussprechen, wie man eben diesen Forderungen ge-
recht werden kann, die das praktische Leben an den Unter-
richt der deutschen Sprache in unseren Reallyceen stellt und
welche Mittel und Wege es da giebt, diese nötige Sprech-
fertigkeit zu erlangen. Ich schicke nur noch voraus, dass ich
hier von allen Theorien und methodologischen Prinzipien-
fragen absehe und mich lediglich auf den Boden unserer
eigentümlichen realen Verhältnisse und unserer äusserst be-
schränkten Möglichkeiten stelle. ^
' Über ungefähr dasselbe Thema wie hier haben schon früher zwei
hervorragende neusprachliche Lehrer in unserem Lande Abhandlungen ge-
schrieben. In dem Schulprogramm der finnischen Töchterschule zai Helsing-
über die Stellung der Gesprächsi'tbtingen beim neusprachlichen Unterricht. 53
In aller Allgemeinheit lässt es sich nun sagen, dass zur
Erlangung der Sprechfertigkeit besondere Konversations- oder
Gesprächsübungen nötig sind. Aber man muss nun auch
etwas genauer zeigen, welche Stellung diese Gesprächs-
übungen in unseren Reallyceen am besten haben können,
d. h. auf welchen Stufen und in welcher Ausdehnung, durch
zvelche Mittel und auf welche Weise sie zu betreiben sind.
Was die erste Frage betrifft, so dürfte in der Beziehung
nicht viel Uneinigkeit herrschen können. Ohne Zweifel sind
die systematischen Gesprächsübungen auf den Anfangs- und
Mittelstufen am besten an ihrem Platze. Genauer möchte
ich sagen, dass sie in den Reallyceen bei dem jetzigen
Stundenplan von der III. bis zur VI. Klasse iiüt bestem Er-
folg betrieben werden können und überhaupt so lange als
das Lesebuch als Lektürstoff benutzt nnd noch kein zu-
sammenhängender Text gelesen wird.
Die Gründe, die für diese Reihenfolge sprechen, liegen
ziemlich nahe. Erstens fordert schon die Rücksicht auf die
zahlreichen Schüler, die von der V. und VI. Klasse ab-
fors (1906) hat Fräulein Hanna Andersin einen kurzen Aufsatz cHavainto-
opetus sovitettuna vieraitten kielten alkeisopetukseen» veröffentlicht. Und in
der Zeitschr. des Pädag. Vereins ist schon im Jahre 1901 ein Aufsatz von
Dr. A. Rosendahl tHavaintometoodista elävien vieraiden kielten opetuksessa»
erschienen, der in derselben Zeitschrift auch eine kleine Polemik zwischen
dem Verfasser und Herrn I. Hortling veranlasste. — Der Aufsatz Frl.
Andersins ist ganz kurz, bezieht sich zunächst auf die Töchterschulen und
sucht nur in aller Kürze die allgemeine Katur der «Anschauungsmethode»
und ihre Hauptvorzüge klar zu machen ohne näher zu zeigen, wie dieselbe
im FLinzelnen anzuwenden sei. — Der Aufsatz Dr. R:s ist bedeutend aus-
führlicher und erschöpfender und berichtet auch von den persönlichen Er-
fahrungen des Verfassers, obgleich auch Dr. R. mehr bei den Prinzipien-
fragen und bei der Entwicklungsgeschichte der Anschauungsmethode verweilt.
In der Hauptsache glaube ich mich mit diesen beiden geehrten Kollegen in
Übereinstimmung zu befinden. Ich verzichte aber hier auf jede allgemein-
prinzipielle Diskussion und nehme die Sache nur von der praktischen Seite,
indem ich zu zeigen suche, wie diejenige «Anschauungsmethode», die ich für die
Richtige halte, in unseren Reallyceen praktisch durchzuführen und anzuwenden
ist. So hoffe ich, wird mein kleiner Aufsatz eine gewisse Ergänzung zu den
beiden erwähnten bilden.
54 -^i . -'>• Laurila^
gehen, die Verlegung der Gesprächsübungen auf die Anfangs-
und Mittelstufen. Von diesen Abgegangenen werden näml.
nur die wenigsten je die deutsche Sprache zu wissenschaft-
lichen Studien oder zu sonstigen literarischen Zwecken
brauchen. Aber für die meisten ist eine, wenn auch geringe,
praktische Fertigkeit in dieser Sprache später im Leben sehr
willkommen. Die Schule leistet ihnen also einen guten
Dienst, wenn sie darauf Rücksicht nimmt diesen Abgehenden
in erster Linie das zu geben, was ihnen später im Leben
vor allem wichtig sein wird, näml. praktische Sprechfertigkeit.
Aber ausserdem hat man auf den Anfangs- und Mittel-
stufen auch am besten Zeit zu freistehenden systematischen
Gesprächsübungen. Schon die Stundenzahl im Deutschen ist
auf den unteren Stufen etwas grösser als auf den oberen,
wo ausserdem die bevorstehende Maturitätsprüfung dem ganzen
Unterricht eine bestimmte Richtung vorschreibt. Aber auch
abgesehen von der geringen Stundenanzahl und der nahe be-
vorstehenden Maturitätsprüfung, würden die freistehenden gerade
auf praktische Sprechfertigkeit hinzielenden systematischen
Gesprächsübungen auf den oberen Stufen nicht so gut an
ihrem Platze sein wie auf den Anfangs- und Mittelstufen.
In der VIL und VIIL Klasse muss man notwendigerweise
schon zusammenhängenden Text lesen und wenigstens
zum Teil auch Poesie und überhaupt s. g. «Klassiker».
Der deutsche Unterricht auf diesen höheren Stufen — so
weit er nicht allein Dressur für das Abiturium ist — muss
somit vorwiegend einen literarisch-ästhetischen Charakter haben
und darf nicht mehr, wenigstens nicht hauptsächlich, der im
alltäglichen Leben nötigen praktischen Sprechfertigkeit dienst-
bar gemacht werden. Auch muss man schon auf diesen
Stufen, um überhaupt etwas von der Literatur lesen zu
können, so grosse Aufgaben geben, dass zu der allseitigen
Besprechung und Erläuterung des Gelesenen die ganze Stunde
nötig ist, und daneben freistehenden praktischen Gesprächs-
übungen keine Zeit übrig bleibt. Auf den Anfangs- und
Mittelstufen dagegen, wo noch das Lesebuch benutzt wird,
müssen die Aufgaben in der Regel noch so kurz sein, dass
( 'ber die Stellung der Gesprächsübungen beim netisprachlichen L 'ntcrricht. 5 5
ZU freistehenden Gesprächsübungen oft noch reichlich Zeit
übrig bleibt.
Aber der prinzipiell wichtigste Grund, der für die Ver-
legung der freistehenden systematischen Gesprächsübungen
auf die Anfangs- und Mittelstufen spricht, ist doch der, dass
dieselben hier dem geistigen Entwicklungsstand der Schüler
am besten entsprechen. Die freistehenden Gesprächsübungen
müssen sich immer doch hauptsächlich auf zwei Faktoren
stützen: auf unmittelbare i\nschauung und auf den Nach-
ahmungstrieb, und diese geistigen Fähigkeiten sind gerade
bei den jungen Schülern besonders stark. In einem späteren
Alter lebt man nicht mehr so sehr in der unmittelbaren An-
schauung und auch der Nachahmungstrieb ist nicht mehr so
rege, dagegen entwickelt sich mehr die Verstandestätigkeit
und das Abstraktionsvermögen. Diesem veränderten geistigen
Entwicklungsstand muss nun auch der Unterricht Rechnung
tragen und immer am meisten gerade an diejenigen Fähig-
keiten appelliren, die in jedem Alter am stärksten hervor-
treten.
Was dann die Frage betrifft, in welcher Ausdehnung
solche freistehenden gerade auf praktische Sprechfertigkeit
abzielenden Gesprächsübungen in den Reallyceen gepflegt
werden sollen, so können wohl die Ansichten in dem Punkte
viel mehr auseinander gehen als in dem eben berührten.
Persönlich bin ich der Ansicht, dass trotz allem das Lese
buch und überhaupt die Lektüre, im weitesten Sinne des
Wortes, auch auf den Anfangs- und Mittelstufen das Centrum
des ganzen Unterrichts bilden soll und dass somit den frei-
stehenden Gesprächsübungen — für so wichtig und nützlich
ich dieselben auch halte ^ doch nur eine Nebenrolle zu-
kommt. Und ich wäre beinahe geneigt zu glauben, dass sie
nur in dieser Nebenrolle den besten Dienst leisten können.
Räumt man ihnen allzu viel Platz ein, macht man sie ge-
wissermassen zur Hauptsache und zum Centrum des Unter-
richts, wirken sie leicht ermüdend sowohl auf den Lehrer wie
auf die Schüler, werden mechanisch, einförmig und langweilig
und verfehlen schliesslich gänzlich ihren Zweck. Das Le.se-
$6 K. S. Laurila,
buch hat das Gute für sich, dass es nach so vielen ver-
schiedenen Richtungen verwertet werden kann und also viel
Gelegenheit zur Abwechslung bietet. Ausserdem ist es
etwas Handgreifliches und Festes. Wenn der Schüler eine
bestimmte Anzahl von Seiten aus dem Lesebuch durch-
gearbeitet hat, so hat sowohl er wie der Lehrer das sichere
Gefühl, dass er etwas gelernt hat, weil das Gelernte gewisser-
massen immer vor den Augen liegt. Auch deshalb eignet
sich das Lesebuch so gut zum Träger des ganzen Unterrichts.
Dagegen haben die freistehenden Gespräch.sübungen etwas
«Luftiges» und Schwebendes an sich. Der Schüler, der eine
bestimmte Anzahl von Konversationsstunden mitgemacht hat,
hat nie dasselbe sichere Gefühl etwas geleistet und gelernt
zu haben wie jener, der eine bestimmte Anzahl von Seiten
aus dem Lesebuch durchgearbeitet hat.
Auch würde ich es nicht für zweckmässig halten den Ge-
sprächsübungen z. B. eine besondere Stunde vorzubehalten
und sie somit von dem übrigen Unterricht zu trennen. Durch
diese Anordnung ginge näml. ein grosser Teil des Nutzens,
den die Gesprächsübungen bringen können, verloren. Sie
würden nicht mehr so sehr zur Abwechslung und zur An-
reizung des Interesses beitragen können, wie wenn sie anders
gestellt werden. Diese Bedeutung und Rolle eines ab-
wechselnden und Interesse erregenden Faktors haben die
Gesprächsübungen am besten, wenn sie im nächsten An-
schluss an die Lektüre stehen und nur einen Teil der Unter-
richtsstunde, den näml., der übrig bleibt, wenn die Aufgabe
aus dem Lesebuch erledigt ist, in Anspruch nehmen. Na-
türlich muss der Lehrer dann auch dafür Sorge tragen und
es so einrichten, dass wenigstens in der Regel nach der
Erledigung der Lesebuchaufgabe lO — 20 Minuten zum Ge-
spräch übrig bleiben. So eingerichtet, werden die Gesprächs-
übungen von den Schülern mehr als Vergnügen betrachtet,
und es ist oft ganz auffallend, wie interessirt und wach sie
wiederum werden, nachdem die Behandlung des Lesestoffes
sie schon etwas abgespannt und ein wenig schlaff gemacht
hat. Auch für den Lehrer sind die Gesprächsübungen in
i'bc7- die Stellung der GesprächsübtDigen heim neusprac/ilichen Unterricht. 57
dieser F'orm und in dieser Ausdehnung eine angenehme Ab-
wechslung. Sollte man aber eine ganze Stunde Gespräch
führen, dann ist es kaum zu vermeiden, dass auch der
geistreichste Lehrer etwas abgespannt und ermüdet wird und
nicht mehr so anregend und unterhaltend wirken kann. Kann
man aber nicht mehr mit lebhaftem Interesse und mit
persönlicher Freude und Begeisterung Gespräch führen, dann
wäre es vielleicht besser es gar nicht zu tun, denn ein
mechanisches, schablonenmässiges, interesseloses Gespräch
kann leicht ebenso sehr schaden wie nützen. ^
Es fragt sich nun weiter, durch welche Mittel die Ge-
sprächsübungen am besten geführt werden können.
In dem Vorangehenden sind die hier in Frage stehen-
den Gesprächsübungen schon des öfteren als «freistehend»
bezeichnet worden. Dies könnte vielleicht eine solche
Auffassung veranlassen, als wären keine besonderen Mittel bei
den Gesprächsübungen nötig, sondern man könnte nur über
Wind und Wetter und über alles, was sonst dem Lehrer und
eventuell auch den Schülern gelegentlich einfällt, Gespräch
führen. Auch eine solche Möglichkeit möchte ich nicht un-
bedingt und gänzlich abweisen. Als Ausnahme kann es ja
interessant und anregend sein, wenn ein Gesprächsthema so
zu sagen aus der Luft gegriffen oder improvisirt wird.
Irgend ein Tagesereignis in Deutschland oder sogar ein
neutrales im eigenen Lande oder in dem Leben der
Schule, irgend eine Sitte oder Seite oder Erscheinung des
deutschen Lebens, die durch irgend welchen Zufall berührt
worden ist und die wichtig und interessant genug ist um
auch den Schülern näher erklärt zu werden, kann gelegentlich
sehr gut und mit grossem Vorteil zum Gegenstand eines
Gesprächs gemacht werden und eine Bereicherung der Kennt-
nisse der Schüler sowohl in realer wie in sprachlicher Hin-
' Hier liegt eben die Gefahr z. B. der Eerlitzmethode und anderer
ähnlichen einseitigen Gesprächsmethoden, die besonders leicht in Schablone
ausarten und deshalb abstumpfend und ermüdend wirken. Wenigstens machte
auf mich einen solchen Eindruck der Besuch der Berlitzmusterschule, die auf
der Weltausstellung zu Liittich im Jahre 1905 in Tätigkeit war.
58 K. S. Laurila,
sieht zur Folge haben. Aber diese Art von Gespräch setzt
immer ein ungewöhnliches improvisatorisches Talent und eine
ungewöhnliche geistige Regsamkeit von der Seite des Lehrers
voraus, und auch wenn diese Voraussetzungen vorhanden
sind, darf eine solche- sporadische Art von Gespräch nicht
zur Regel werden, denn eben nur als Seltenheit wirkt sie
anregend. Es gilt doch als Regel, dass auch in dem frei-
stehenden Gespräch irgend ein Zusammenhang, ein Ziel und
eine Richtung und sogar eine Methode sein muss. Wollte
man es zur Regel machen nur auf die Einfälle des Augen-
blicks hin Gespräch zu führen, würde daraus nur ein zu-
sammenhangsloses Gewirr entstehen ohne Richtung und Ziel
und alles würde sich schliesslich in leere Luft verflüchtigen
oder man würde am Ende meistens auf dieselben Wege
zurückkommen und sich somit nur wiederholen. Wenn das
Gespräch hier als «freistehend» bezeichnet worden ist, so ist
damit nur gemeint, dass, da kein gedruckter Text dem Ge-
spräch zugrunde liegt, es nicht eine Wiedergabe oder
Wiedererzählung eines Gelesenen oder eines früher Erzählten
ist, sondern eine Neuschöpfung auf Grund eines innerlich
oder äusserlich Angeschauten. Aber ein anschauliches Objekt
oder wenigstens ein anschaulicher Ausgangspunkt für diese
Neuschöpfung muss da in der Regel vorhanden sein, ein
Ariadnefaden, an den sich das Gespräch anknüpft und der
demselben Ziel und Richtung giebt.
Wie bekannt werden auch in unseren Schulen als solche
Anschauungsmittel bei dem Sprachunterricht Bilder benutzt.
Ich möchte hier einen flüchtigen Blick auf diese in unseren
Schulen am meisten benutzten Sprachbilder und ihre relative
Brauchbarkeit werfen.
Am meisten in Anwendung sind wohl in unseren
Schulen die bekannten hölzelschen Bilder. Von diesen wie-
derum dürften die «Jahreszeiten» vielleicht am bekanntesten
sein. Doch finde ich nicht, dass die hölzelschen Jahreszeiten
zum praktischen Gesprächsunterricht gerade in unseren
Schulen besonders geeignet sind.
Erstens sind die etnographischen und Naturverhältnisse,
Cher (üc Slcllung tkr Gesprächsiihungen heim neusprachlichen i nterrkht. 5 9
die in diesen Bildern dem Schüler entgegentreten von den
unsrigen vollständig verschieden. Unseren Schülern bieten
also diese Bilder kein bekanntes Anschauungsmaterial. Zwei-
tens ist es eben infolge dieser Verschiedenheit der Verhält-
nisse auch dem Lehrer sprachlich äusserst schwierig sich mit
voller Sicherheit auf diesem fremden Gebiete zu bewegen,
immer selbst die richtigen Ausdrücke zu finden und immer
bereit zu sein auf alle Fragen der Schüler zu antworten.
Nur die wenigsten Lehrer sind mit dem deutschen, bezw.
schweizerischen Landleben so völlig vertraut, dass sie dieses
Gebiet auch sprachlich mit voller Sicherheit beherrschen, alle
landwirtschaftlichen und sonstigen im Landleben wichtigen
richtigen Ausdrücke kennen. Natürlich kann der Lehrer sich
auf das Gespräch vorbereiten ; er kann den zum Bilde ge-
hörigen Text durchlesen oder die ihm unbekannten Aus-
drücke im Wörterbuch nachschlagen. Das ist aber alles nur
eine Nothilfe und kann nie die eigene Anschauung und die
darauf sich stützende sichere lebendige Kenntnis ersetzen.
Man kann ja zur Not auch mit Hilfe des Wörterbuches und
des beigegebenen Textes Gespräch führen, aber ein interes-
santes und anregendes Gespräch wird daraus sicherlich nicht,
denn mit lebendigem, ansteckendem Interesse kann man nur
über etwas sprechen, was man aus eigener Anschauung kennt.
Und dann ist da immer die Gefahr vorhanden, dass man
in einen so zu sagen «papierenen» Stil verfällt. Alles was
der Lehrer sagt, ist vielleicht richtig, hat aber nur den be-
denklichen Fehler, dass man in dem betreffenden Lande
nicht so sagt. Die Ausdrücke, die der Lehrer benutzt, sind
nur Schul- und Buchausdrücke und keine Ausdrücke des
lebendigen Lebens.
Aber noch wichtiger als alles dies ist der Einwand,
dass der Sprachstofif, der mit Hilfe der «Jahreszeiten» den
Schülern gegeben wird, durchaus nicht ein solcher ist, wor-
auf es gerade bei praktischen Gesprächsübungen in erster
Linie ankommt. Die Gesprächsübungen sollen ja eine Vor-
bereitung, eine Ausrüstung für die Bedürfnisse des späteren
realen Lebens sein, müssen also gerade das bieten, was in
6o K. S. I.aurila,
dem realen Leben später vor allem wichtig und nötig sein
wird. Wie viele von unseren Schülern kommen aber nun je
mit dem deutschen, bezw. schweizerischen Land\Q}otn in Be-
rührung? Vielleicht einer von looo. Warum soll man ihnen
also allerlei seltene Ausdrücke einpauken, die sich auf das
deutsche Bauernhaus, auf Enten und Schafe, auf Wasser-
mühle, auf Landwirtschaft und Viehzucht beziehen, wenn
man doch von vornherein weiss, dass sie niemals, oder
wenigstens beinahe niemals, in die Lage kommen werden
diese /\usdrücke zu benutzen, dass dieses Wissen also im
voraus bestimmt ist ein totes Kapital zu werden? Wenn
unsere Schüler je nach Deutschland kommen, so kommen
sie doch in der Regel nach den Städten, und beinahe aus-
schliesslich nur nach den Städten und nicht auf das Land.
Was sie also da sehen werden, sind Häfen und Bahnhöfe,
Strassenbahnen und Eisenbahnen und allerlei andere Verkehrs-
mittel, Hotels, Gasthäuser und Strassenleben, Droschken-
kutscher, Kellner und Portiers, Theater, Konzerte und Städte-
leben im Allgemeinen. W'arum will man ihnen also nicht
auch in erster Linie einen solchen Sprachstoff geben, den
sie nötig haben werden und der sich auf solche Gebiete des
Lebens bezieht, mit denen sie am meisten in Berührung
kommen werden?
Nun giebt es von Hölzel auch andere Bilder, die we-
nigstens teilweise solchen Anschauungsstoff bieten, der zu
den Zwecken der praktischen Gesprächsübungen geeignet
sein könnte. Es giebt erstens eigentliche Städtebilder (Paris,
London, Wien, Prag), dann einige Bilder, die gewisse Seiten
des städtischen Lebens darstellen, wie «Der Hafen», «Der
Hausbau», «Berg- und Hüttenwerk». Ausserdem giebt es
ein Bild, das eine moderne Grosstadt im Allgemeinen und
schliesslich eines, das das Innere einer modernen Wohnung
darstellt.
Was die hölzelschen Städtebilder betrifft, wenigstens
diejenigen, die ich gesehen habe, sind dieselben offenbar nicht
mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des Sprachunterrichts ent-
worfen, sondern wollen ganz anderen Zwecken dienen. Sie
über die Stellung der Gesprächsiibtaigen beim ?ieusprachliclicn l'uterricht. 6l
geben nur ein ganz zusammengedrängtes Panorama von der
betr. Stadt in der Vogelperspektive und würden sich sehr
schlecht zum Gegenstand der Gesprächsübungen eignen.
Von den übrigen hölzelschen Bildern möchte ich sagen,
dass nur die zwei letztgenannten zu unserem Zweck gut brauch-
bar sind. Das Bild Nr. 15 («Der Hausbau») bietet wohl reichen
Anschauungsstoff dar, aber führt das Gespräch auf ein allzu spe-
zielles Gebiet, wo der Lehrer sich in den gewöhnlichen Fäl-
len weder sachlich noch sprachlich mit voller Sicherheit be-
wegen kann. Und wenn er das auch könnte, so wäre es ja
doch offenbar verkehrt den Schülern allerlei bautechnische
Spezialausdrücke einzupauken, die sie meistens niemals brauchen
werden und dabei das Nächstliegende und Nötigste zu ver-
nachlässigen. Dasselbe gilt noch mehr von dem Bilde Nr.
16 («Berg- und Hüttenwerk»). Was das Bild Nr. 14 («Der
Hafen») betrifft, so ist auch das in der hölzelschen Ausführung
mehr zum Anschauungsunterricht als zum fremdsprachlichen
Unterricht geeignet. Es fehlt dem Bilde die nötige Über-
sichtlichkeit und Grosszügigkeit, die notwendige Bedingungen
sind, wenn ein Bild zum fremdsprachlichen Unterricht taugen
soll. Die beim Sprachunterricht brauchbaren Bilder müssen
immer ziemlich allgemein gehalten sein. Sie müssen nur die
grossen Hauptzüge eines Lebensgebiets darstellen. Da darf
nicht allzu viel Stoff, vor allem nicht allzu viel Detail,
angehäuft sein, denn das ist nur geeignet zu verwirren und
das Gespräch allzu sehr auf Spezialgebiete zu lenken, was beim
Sprachunterricht in der Schule nicht der Zweck sein kann.
Die hölzelschen Bilder Nr. 8 («Die Stadt») und Nr. 13
(«Die Wohnung») erfüllen dagegen meiner Ansicht nach
ganz glücklich diejenigen Forderungen, die man an ein beim
Sprachunterricht brauchbares Bild stellen muss. Von denen
wird aber noch später ausführlicher die Rede sein.
Ausser den hölzelschen giebt es noch eine Menge von
anderen Bildern, die beim Sprachunterricht vielleicht in Frage
kommen könnten und von denen einige wohl auch in unseren
Schulen gelegentlich benutzt werden. So giebt es z. B. eine
Menge geographischer Charakterbilder und Städtebilder von
02 K, S. Lanrila^
Lehmann, ebenso von Schreiber und von vielen anderen.
Da aber diese Bilder nicht zur Benutzung beim Sprachunter-
richt, sondern zu ganz anderen Zwecken bestimmt sind, sind
dieselben nur in seltenen F'ällen und in sehr beschränktem Mass
beim Sprachunterricht brauchbar. Einige von den lehmann-
schen Städtebildern z B. wären vielleicht sonst ganz gut,
aber nicht deutlich und scharf markirt genug um in der
Klasse von allen auch etwas weiter sitzenden Schülern ge-
sehen zu werden. Dagegen giebt es von Schreiber eine
Wandtafel zur Veranschaulichung geographischer Grundbegriffe,
die auch zwar nicht mit Rücksicht auf den Sprachunterricht
gemacht ist, die aber trotzdem meiner Ansicht nach sich
dazu ganz gut eignet und die ich persönlich oft benutzt habe.
Die Ausw^ahl an wirklich brauchbaren, besonders für
die Zwecke des Sprachunterrichts bestimmten Bildern ist also
gar nicht so gross wäe man bei der heutzutage herrschenden
Leichtighkeit der Herstellung und bei den daraus folgenden bil-
ligen Preisen erwarten könnte. Wenigstens soweit ich weiss,
fehlen viele beim Sprachunterricht sehr nötige Bilder, die mit
grosser Leichtigkeit herzustellen wären. So müsste z. B. ganz
notwendig ein gutes, übersichtliches und deutliches Bild vor-
handen sein, das den Hafen einer modernen Seestadt dar-
stellte, so wie derselbe für die Zwecke des Sprachunterrichts
dargestellt werden sollte. Da dürfte nicht die technische Seite
des Hafenlebens mit allen Maschinen, Waaren und Geräten
im Vordergrund sein, sondern der Verkehr sollte da nach
denjenigen Hauptseiten hin übersichtlich veranschaulicht werden,
die gerade den Reisenden interessiren und ihm wichtig
sind. So sollte da z. B. ein eben angekommenes Schiff mit
Reisenden an Bord zu sehen sein, und auf der Landungs-
brücke sollten diejenigen Menschentypen sichtbar sein, die
bei solchen Gelegenheiten auf den Reisenden warten : Schutz-
leute, Gepäckträger, Droschkenkutscher, Hoteldiener, Zoll-
beamte u. s. w. Dann könnte da auch eine Zollvisitation
veranschaulicht sein, wie auch andere Hauptverrichtungen,
die sich bei der Ankunft in einer fremden Stadt im Hafen
abspielen. Ebenso könnte da die Abfahrt vom Hafen mit
rhcr die Stellung der Gesprächs Übungen beim ueiisprachliihen Interriclit. 63
allem, was dazu gehört, in grossen Zügen veranschaulicht
sein. Noch notwendiger wäre es sogar mehrere Bilder zu
haben, die einen modernen Bahnhof darstellten. Ein Bild
könnte die Vorderseite und die Ankunft auf dem Bahnhof,
mit den Droschken, Gepäckträgern und dergleichen darstellen.
Ein zweites Bild sollte das Innere des Bahnhofs, die grosse
Halle, mit den Schaltern, den verschiedenen Expeditionen
und allen übrigen Hauptverrichtungen, die sich in der Vor-
halle abspielen, veranschaulichen. Ganz willkommen wäre
noch ein Bild von dem Wartesaal mit dem Büffet und den
Kellnern, aber noch notwendiger ein Bild, das den Bahnsteig
mit den Geleisen, Tunneln und allem, was dahin gehört,
darstellte.
Auch sollte noch ein Bild vorhanden sein, das ein Ho-
tel, wenigstens die Ankunft in dem Hotel sowie den Vor-
raum mit dem Portier, den verschiedenen Dienern und allem
Übrigen, was dem Reisenden dort begegnet, darstellte, ebenso
wie auch solche Bilder, die ein Gasthaus und verschiedene
charakteristische Momente und Seiten des Strassenlebens ver-
anschaulichten. Solche Bilder des modernen städtischen Le-
bens würden eben einen solchen Anschauungsstofif bieten, der
bei praktischen Gesprächsübungen vor allem nötig ist und
an den sich auch gerade solche Ausdrücke anknüpfen, die
der Schüler später im Leben in erster Linie brauchen wird,
sobald es ihm auf praktische Sprachfertigkeit ankommt.
Aber von diesen Wünschen und Betrachtungen kehren
wir jetzt zurück zu den tatsächlich vorhandenen Bildern um
etwas ausführlicher zu zeigen, wie dann praktische Gesprächs-
übungen mit Hilfe derselben geordnet werden können.
Ich möchte am liebsten mit dem hölzelschen Bilde Nr.
13 (Die Wohnung) anfangen. Der Anschauungsstoff, der in
diesem Bilde dem Schüler entgegentritt, liegt ihm am näch-
sten und ist ihm am vertrautesten. Auch wird das Gespräch,
das sich an dieses Bild anknüpft, wie von selbst genügend
einfach und dem Fassungsvermögen des Kindes angepasst
sein. Man kann da die ganze Zeit in unmittelbarer An-
64 -Ä'. •^. Laurila,
schauung bleiben und hat doch Stoff genug und einen inte-
ressanten und anregenden Stoff.
Es fragt sich nun, ob man den ganzen Unterricht mit
dem Bilde und den sich daran anschliessenden Gesprächen
anfangen • soll, oder ob man den Schülern zuerst mit Hilfe
des Lesebuches einen kleinen Wortvorrat und irgend welche
Ahnung von den Formen beibringen soll. Persönlich ziehe
ich die letztere Verfahrungsweise vor. Dies deshalb, weil
ich finde, dass ein Gespräch, wobei die Schüler keine eigene
Tätigkeit entfalten können, sondern nur ausschliesslich auf
blosse Nachahmung und auf blosses Nachsagen angewiesen
sind, sowohl den Schülern wie auch dem Lehrer leicht In-
teresse tötend und langweilig werden kann. Wenn das Ge-
spräch dagegen erst nach einigen Wochen, wo die Schüler
schon im Stande sind ganz kurze und einfache Sätze zu
bilden, anfängt, dann kommt den Schülern zu dem Interesse,
das eine unmittelbare Anschauung ihnen immer bereitet, noch
die Freude an der eigenen Tätigkeit hinzu, welche bei allem
Unterricht ein äusserst wichtiger und beachtenswerter Faktor
ist. Doch möchte ich dies keineswegs als eine positive Regel
aufstellen. Es kann vielleicht viele Lehrer geben, die gleich
mit Gespräch und Anschauung anfangen und es doch ver-
stehen auch die eigene Tätigkeit der Schüler dabei zu ihrem
Recht kommen zu lassen und zu fördern. Ich weiss nur,
dass mir die letztere Verfahrungsweise besser gelingt und
das schreibe ich der eben angedeuteten psychologischen Tat-
sache zu.
Wie man nun aber in dieser Beziehung auch tut, ob
man gleich oder erst nach einigen Wochen mit dem Gespräch
anfängt, im Grossen und Ganzen wird die Verfahrungsweise
doch dieselbe sein. Es gilt nur sich an das Angeschaute zu
halten und dasselbe in Worte zu kleiden, sich über das An-
geschaute in der fremden Sprache Rechenschaft zu leisten.
Doch muss meiner Ansicht nach besonders betont werden,
dass das Gespräch nicht in eine leere Aufzählung der ange-
schauten Gegenstände ausarten darf, sondern man muss tat-
sächlich ein wirkliches Gespräch führen. Man darf nicht
Über die Stellung der Gespräc/isiibungen heim tieusprachlichen Unterricht. 65
etwa so verfahren, wie ich geistlose und phantasielose Ber-
litzmethodiker habe verfahren sehen, dass man nur die auf
dem Bilde sichtbaren Gegenstände vom einen Ende zum An-
deren aufzählt: das ist ein Grossvater, das ist ein Mädchen,
das ist ein Tisch, das ist ein Stuhl u. s. w. um dann die-
selbe Reihe noch einmal mit der stereotypen Frage «Was
ist das?» zu durchlaufen. Auf solche Weise ist das ganze
Bild in paar Stunden erledigt, und ein solches stumpfsinniges
und mechaniches «Gespräch» wäre auch kaum länger aus-
zuhalten. Wenn das Bild zu einem wirklichen Gespräch An-
lass geben soll, dann muss man länger bei jedem einzelnen
Gegenstand verweilen, ihn allseitiger besprechen und daraus
eine Serie machen.
Um zu dem als Beispiel benutzten Bilde Hölzeis (Die
Wohnung) zurückzukehren, könnte man das Gespräch z. B
etwa folgender Weise anfangen:
Man zeigt zuerst auf das Bild im Ganzen und fragt:
Was sehen wir hier? Antwort: Wir sehen ein Zimmer. —
Was ist das für ein Zimmer? — Das ist ein Esszimmer
(Speisezimmer, Speisesaal). — Was sehen wir im Esszimmer?
— Wir sehen Menschen. — Wie viele Menschen sehen wir?
— Wir sehen sieben, acht, neun (jenachdem) Menschen. Dann
zeigt man auf irgend eine von den Personen, z. B. auf den
in der Mitte des Zimmers sitzenden Grossvater und fragt:
Wer ist dies? Antwort: Das ist ein Herr. — Was ist das
für ein Herr? — Das ist ein alter Herr. — Wie sieht man,
dass es ein alter Herr ist? — Er hat graues Haar und grauen
Bart. — Wie alt ist dieser Herr? — Er ist 60 (65 oder so
etwas) Jahr alt. — Wer ist dieser alte Herr? — Es ist der
Grossvater. - Was tut der Grossvater? — Er liest. — Was
liest er? -- Er liest eine Zeitung. — U. s. w.
Die neuen Wörter und Ausdrücke muss der Lehrer
natürlich zuerst selbst sagen, an die schwarze Tafel schreiben
und sich dessen vergewissern, dass dieselben von den Schü-
lern verstanden werden. Und so geht man weiter. Wenn
das Thema « Grossvater >- einigermassen erschöpft ist, gebt
man zu den anderen Personen, zu dem spielenden Mäd-
66 K. S. Laurila,
chen, zu der Mutter mit dem Kinde, zu dem lesenden Jungen
und dem Vater u. s. w. über und berührt immer auch die
Gegenstände, die in der nächsten Umgebung der Personen
sich befinden so wie die Beschäftigungen der verschiedenen
Personen. Auf diese Weise wird das Familienleben nach
ihren wichtigsten Seiten hin besprochen und die sich darauf
beziehenden Ausdrücke werden dabei gelernt.
So muss auch bei der Weiterführung der Gespräche
immer darauf geachtet werden, dass das Gespräch sich immer
auf eine bestimmte Seite des Lebens, so zu sagen auf einen
bestimmten Anschauungskreis konzentrirt und diesen so eini-
germassen allseitig erschöpft. Dies giebt eben dem Gespräch
Ziel und Richtung und einen gewissen Zusammenhang und
schützt vor der Gefahr ins Uferlose abzuschweifen oder sich
selbst beständig zu wiederholen. So weit muss also auch
das freistehende Gespräch systematisch und planmässig sein.
Aber allzu systematisch und planmässig darf es auch
nicht werden, was sonst sehr leicht geschehen kann. Ich
glaube nicht, dass es dem Gespräch zum Vorteil ist, wenn
es nach einem vorher genau bestimmten Programm, etwa
nach einem gedruckten Wortverzeichnis oder sonst nach einem
fertigen Text, treu und pedantisch geführt wird. Nur die
allgemeine Richtung und der Anschauungskreis, in dem man
sich bewegen will, müssen im Voraus bestimmt sein. Der
Lehrer muss immer wissen, wohin er schliesslich kommen
und welche Seite des Lebens er sprachlich bearbeiten will,
und wenn das Gespräch sich von seiner Richtung verirrt, muss
er verstehen es in seine richtigen Bahnen zurückzulenken.
Aber es führen viele Wege nach einem Ziel, und ein be-
stimmter Anschauungskreis kann in sehr verschiedener Rei-
henfolge und sonst auf sehr verschiedene Weisen sprachlich
bearbeitet und ausgenützt werden. Es wird dem Lehrer lang-
weilig, wenn er das Gespräch immer nach einer bestimmten
unveränderten Schablone führt, und ein Mangel an eigenem
Interesse auf der Seite des Lehrers wirkt gleich unmittelbar
auch auf die Schüler. Deshalb ist Abwechslung auch in
dieser Beziehung nötig. Im Einzelnen kann das Gespräch
l'her die Sieihing der Gespriichsithungen beivi 7!eitsprachliche>i UnlerricJü. 67
immer mehr oder weniger Improvisation sein, und manches
kann der Eingebung und dem Einfall des Augenblicks über-
lassen bleiben. Jenachdem was die Schüler am meisten zu
mteressiren scheint, wie ihre Antworten fallen und wonach
sie selbst auch eventuell fragen, kann man bald diesen, bald
jenen Weg einschlagen, bald hier, bald dort länger verwei-
len, wenn man nur zusieht, dass schliesslich doch der be-
stimmte Anschauungskreis gut und vielseitig ausgenützt wor-
den ist.
Nachdem «Die Wohnung» gut und vielseitig ausgenützt
ist, kann man entweder eine von den «Jahreszeiten» oder
auch die Wandtafel «Die geographischen Grundbegriffe» zur
Unterlage des Gesprächs nehmen. Das letztere Bild bildet
meiner Ansicht nach sogar eine bes.sere Ergänzung zur «Woh-
nung» als irgend eine von den Jahreszeiten, denn während
die Wohnung das Menschenleben in seiner Intimität darstellt,
führt jenes andere Bild die Aussenseite des Menschenlebens
und die äussere Natur in ihren grossen Hauptzügen vor die
Augen und lenkt das Gespräch somit auf ein ganz neues
Gebiet, wo ganz andere Wörter und Ausdrücke in Anwen-
dung kommen müssen. Man sieht auf jenem Bild erstens
die wichtigsten geographischen Formationen: ein offenes Meer
mit Buchten und Halbinseln, einen Binnensee, einen Fluss,
verschiedene Berge, Wälder, Wiesen und Äcker. Weiter
sieht man, die Aussenseite des Menschenlebens darstellend,
eine Stadt mit ihrer Umgebung, eine Eisenbahn mit Tunneln
und Brücken, eine Landstrasse, eine Fabrik, Landhäuser, eine
Kirche u. s. w. Alle diese verschiedenen Gegenstände kön-
nen nun mit gro.ssem Vorteil zu Mittelpunkten lehrreicher und
interessanter Gesprächsserien gemacht werden, wobei wie-
derum darauf zu achten ist, dass die eine Serie die andere
glücklich ergänzt und alle zusammen eine gewisse Einheit
bilden, sich um einen bestimmten Mittelpunkt gruppiren und
eine bestimmte Seite des Lebens so ziemlich allseitig be-
leuchten.
Auf die Anwendung der hölzelschen «Jahreszeiten»
brauche ich hier wohl nicht mehr näher einzugehen. Dabei
sind natürlich dieselben allgemeinen Gesichtspunkte zu beachten
wie bei der Benutzung der hier schon behandelten Bilder.
Nur auf Eins möchte ich im Vorbeigehen aufmerksam machen.
Bei der Benutzung der «Jahreszeiten» muss man meiner An-
sicht nach besonders darauf Rücksicht nehmen, dass man
sich nicht allzu viel in die Eigentümlichkeiten des darin dar-
gestellten Landlebens vertieft, sondern mehr das Menschen-
leben und aus dem Landleben nur seine so zu sagen all-
gemeingültigen Seiten berücksichtigt. Dies aus Gründen, auf
die im Vorangehenden schon hingewiesen worden ist.
Bei der Weiterführung der Sprechübungen verdienen
nun meiner Ansicht nach zwei Gesichtspunkte immer mehr
Beachtung. Auf diese Gesichtspunkte möchte ich hier deshalb
kurz hinweisen.
Auf je höhere Stufen man kommt, desto freier kann
und beinahe auch muss man sich dem Bilde gegenüber ver-
halten. Man kann sich von der unmittelbaren ^) äusseren
Anschauung immer mehr loslösen und sich mehr auf die
innere Anschauung stützen. Das Angeschaute wird nur zum
Ausgangspunkt und zum ersten Anlass zu Vorstellungsserien,
die sich nicht mehr direkt an ein anschauliches Objekt an-
lehnen, sondern auf der Reproduktion beruhen. So kann man,
um ein Beispiel zu nehmen, bei der Betrachtung der Kirche,
die in dem Bilde «Geogr. Grundbegriffe» zu sehen ist, auch das
Innere der Kirche, ja sogar den Verlauf eines Gottesdienstes
u. s. w. besprechen, obgleich alles dies in dem Bilde nicht
zu sehen ist. Dabei muss man sich also auf innere Anschau-
ung stützen und mit reproduzirten Vorstellungen operiren.
Dies ist aber auf den höheren Stufen gewissermassen nötig,
denn sonst wird das Gespräch für reifere Schüler allzu ein-
fach und inhaltlich bedeutungslos, wenn man sich gar nicht
von der äusseren Anschauung entfernen darf. Dabei ist na-
') Unter «unmittelbarer» Anschauung verstehe ich hier, wie übrigens
in diesem ganzen Aufsatz, Vorstellungskomplexe, die durch einen vorhande-
nen konkreten Reiz hervorgerufen werden, dieser Reiz mag nun dann ein
wirklicher Gegenstand oder ein anschauliches Bild von solchen sein.
('her die Stellung ihr Gespriichsi'ihuni^cti heim tieiisprachliche); Cnter/ic/i/. 69
türlich wiederum zu beachten, dass man sich nicht allzu weit
von dem Bilde entfernt, sondern beständig mit dem Ange-
schauten in Fühlung bleibt und immer wieder zu demselben
zurückkehrt. — Übrigens finde ich, dass diese Loslösung von
dem Angeschauten und dieses freiere Verhalten dem Bilde
gegenüber sich so ziemlich von selbst ergiebt: die Schüler
treiben den Lehrer dazu. Mit zunehmendem Alter und fort-
schreitender Entwicklung wird das Interes.se der Schüler an
der unmittelbaren Anschauung etwas schwächer und statt
dessen ihr Drang nach weiteren Ausblicken und grösserer
Bewegungsfreiheit auch in geistiger Hinsicht stärker, und diesem
veränderten Entwicklungsstand braucht der Lehrer nur Rech-
nung zu tragen um in dieser Beziehung so ziemlich sicher
das Richtige zu treffen.
Mehr Mühe und planmässige Überlegung fordert die
Berücksichtigung eines anderen, wenigstens meiner Ansicht
nach sehr wichtigen Gesichtspunktes.
Wie bei dem Sprachunterricht überhaupt, so müsste
man auch bei den praktischen Sprechübungen immer bestrebt
sein den Schülern etwas auch sachlich Wichtiges und För-
derndes zu geben, ihre Kenntnisse nicht allein sprachlich,
sondern auch inhaltlich zu bereichern und zu erweitern. Sonst
heisst es ja wohl, dass man nicht gut zweien Herren dienen
kann. Aber beim Sprachunterricht gilt diese Regel nicht.
Da dient man erst dann gut, wenn man nicht einem Herrn
dient. Um die Sprache gut zu unterrichten, darf man nicht die
Sprache allein unterrichten. Man muss immer bestrebt sein
das Sachliche mit dem Sprachlichen zu verbinden. So auch
bei den Sprechübungen.
In bescheidenem Masse kann dies nun auch schon von
Anfang an geschehen. Aber mit stärkerem Nachdruck und
in grösserer Ausdehnung kann diese sachliche Seite doch erst
auf etwas höheren Stufen berücksichtigt werden. Zu diesem
Zweck, finde ich nun, ist ein fortlaufendes, systematisch aus-
gedachtes Gespräch, das eine Reise nach und in dem Lande,
dessen Sprache es zu erlernen gilt, zum Gegenstand und Inhalt
hat, sehr nützlich. Dieses Gespräch — oder vielmehr diese Serie
70 K. S. I.aurila,
von Gesprächen — findet meiner Ansicht nach am besten in
der VI. Klasse statt, kann aber schon in der V. angefangen
werden und bildet somit den Abschluss der ganzen freistehen-
den praktischen Sprechübungen. Die in unseren Schulen
vorhandenen Bilder geben allerdings keineswegs einen ge-
nügenden unmittelbaren Anschauungstoff zu einem sol-
chen, ein systematisches Ganzes bildenden Reisegespräch,
und eben zu diesem Zwecke wären die oben beschrie-
benen und vermissten Bilder des Städtelebens sehr nötig.
Doch eignet sich die hölzelsche «Stadt» ganz gut zum Aus-
gangs- und Mittelpunkt einer solchen Gesprächsserie, und in
Ermangelung des nötigen Anschauungsstoffes muss man sich
dabei entsprechend mehr auf die innere Anschauung stützen
und so die Lücken ausfüllen.
Seit längerer Zeit habe ich jedes Jahr ein solches Reise-
gespräch in der VI. Klasse gehabt, obgleich man nicht im-
mer genügend Zeit hat dasselbe allseitig genug zu machen
und zum richtigen Abschluss zu bringen.
Wir besprechen zuerst die Wege, die von unserem
Lande nach Deutschland führen und haben dabei Gelegen-
heit auch die geographischen Kenntnisse der Schüler etwas auf-
zufrischen, was übrigens oft sehr nötig ist, denn beinahe
jedes Jahr merkt man, dass viele Schüler in der VI. Klasse
keine Ahnung davon haben, mit welchen Städten in Deutsch-
land wir direkte Dampferverbindung haben. Dann folgt die
Ankunft im Hafen der betreffenden Stadt (Stettin, Lübeck
oder Hamburg), eine vorherige Orientirung in dem Reisehand-
buch über dieselbe, Zollvisitation, Beförderung des Gepäcks,
Erwähnung der verschiedenen Droschkenklassen und überhaupt
Berührung aller wichtigsten Verrichtungen, die sich bei der
Ankunft im Hafen abspielen. So kommen wir nach dem
Hotel, haben ein Gespräch mit dem Portier, bekommen unser
Zimmer und lernen die verschiedenen Hoteldiener kennen
sowie ihre Rollen und Obliegenheiten dem Reisenden gegen-
über. Dann essen wir eine Mahlzeit in unserem Hotel und
lernen die dabei zur Anwendung kommenden Ausdrücke, ver-
langen eine Zeitung und machen uns mit Hilfe dersel-
über die Stellung </?;- Gespräcitsiibungcn beim neusprachlichen Unterricht. 71
ben und unseres Reisehandbuchs ein Programm für die Dauer
unseres Aufenthalts zurecht. Einen Abend verbringen wir
z. B. im Theater, besuchen die wichtigsten Sehenswürdig-
keiten der Stadt: Kirchen, Museen, Tiergärten, merkwürdige
Gebäude u. s. w. und lernen nebenbei die Verkehrsmittel
einer modernen Grosstadt und ihre Benutzung kennen, wozu das
hölzelsche Bild teilweise guten Anschauungsstoff bietet. Nach-
dem unser Programm erledigt ist, machen wir unsere Vorberei-
tungen zur Weiterreise, fahren nach dem Bahnhof und be-
sprechen alles, was wir da zu beobachten haben, kommen
in den Zug und reisen nach einer anderen Stadt, wobei na-
türlich alles, was auf der Reise sprachlich und sachlich wichtig
ist, berührt wird.
Natürlich wird dieses ganze Gespräch nicht in einer
Folge erledigt, sondern in kleineren Abschnitten. Immer nach
paar drei Stunden wird halt gemacht und das Besprochene
wiederholt. Und wenn ein längerer Abschnitt erledigt ist,
ist es zweckmässig ihn in einer schriftlichen Arbeit in der Klasse
bearbeiten zu lassen. So wird das Gelernte gesichert und
befestigt. Dasselbe gilt natürlich auch von den übrigen Ge-
sprächsserien.
Die ganze Zeit sind auch bei allen praktischen Sprech-
übungen, aber noch besonders bei diesem Reisegespräch zwei
Gesichtspunkte massgebend. Man muss bestrebt sein den
Schülern solchen Sprachstoff beizubringen, den sie gerade
im praktischen Leben brauchen werden. Zweitens muss man
bestrebt sein auch ihre sachlichen Kenntnisse in entsprechen-
der Richtung zu erweitern. Wenn es sich speziell wie hier
um den deutschen Unterricht handelt, so gilt es dabei natür-
lich zunächst die Kenntnisse der Schüler über Deutschland,
deutsches Leben und deutsche Sitten zu erweitern. Und das
kann nun auch ganz glücklich — und ich möchte sagen
diskret — bei solchen praktischen Sprechübungen geschehen.
In der VI. Klasse unserer Reallyceen denke ich mir
die hier in Frage stehenden praktischen Sprechübungen ab-
geschlossen. Wenn in dieser Zeit auch nicht mehr als die
hier in erster Linie erwähnten sieben Bilder erschöpfend und
72 W. Söderhjelm,
gut verwertet worden sind, so kann man sicher sein, dass
wenigstens die besseren Schüler im praktischen Leben, was
die Sprechfertigkeit im Deutschen betrifft, nicht so ganz ratlos
dastehen werden, und dass dabei ihre Kenntnisse auch in
sachlicher Hinsicht schätzensw'ert erweitert worden sind. Und
ausserdem ist noch zu berücksichtigen, dass sie dabei doch
ungefähr dasselbe Pensum aus dem Lesebuch und der Gram-
matik erledigt haben wie sonst.
K. S. Laurila.
Eine tschechiscbe Version der Reise ins Sibyllen-
Paradies.
Dr. V. Tille, Dozent an der tschechischen Staatsuni-
versität in Prag, hat neulich in den Verhandlungen der
Mährischen gelehrten Gesellschaft eine kuriose Version der
Geschichte von dem Sibyllenparadies veröffentlicht, unter
dem Titel : Räj Krälovny Sibylly. Liierärni Studie. Dr.
Tille hat die Güte gehabt, mir eine deutsche Übersetzung
des Textes zu übersenden und mir die Erlaubnis zu ihrer
Veröffentlichung zu geben. Leider ist es mir, wegen meiner
Unkenntnis der tschechischen Sprache, nicht möglich die
Ausführungen Dr. Tilles, die er seiner Edition beigegeben
hat, zu beurteilen und zu gebrauchen; da er mich ausdrück-
lich um meine Ansicht über das Verhältnis seines Textes zu
dem von mir herausgegebenen Antoine de La Sale'schen
bittet, setze ich voraus, dass er diese Seite nicht berührt hat.
Ich gebe unten den Text nach Dr. Tilles Übersetzung,
durch einige Bemerkungen von ihm selbst eingeleitet, und
werde nachher die Parallelen hervorheben, die der Text mit
den früher bekannten bietet.
I.
Dr Tille schreibt:
Zwei tschechische Drucke, welche als Anhang zu den
Sibyllinischen Prophezeiungen die Beschreibung der Reise in das
Eine tschechische Version der Reise ins Sihyllenparadies. 73
Paradies der Königin Sibylle enthalten, wurden im XVI. Jahr-
hundert in Prag fertig gestellt.
Der ältere Druck, aus dem J. 1579, stammt aus der Alt-
städter Buch druck er ei des Burian Walda, ist jedoch nur in einer
Abschrift in der stark beschädigten Papierhandschrift des XVIII.
Jahrhunderts in der Olmützer Studienbibliothek (IV. F. 13) er-
halten. Ich fand diese nirgends erwähnte Abschrift des sonst
unbekannten Buches im J. 1 894 und schrieb dieselbe ab. Während
meines Aufenthaltes in Paris wurde ich durch G. Paris mit dem
Stoffe des Buches näher bekannt, so dass ich nach meiner Rück-
kelir eine umfangreiche Studie über denselben nebst der Abschrift
des böhmischen Textes der böhmischen gelehrten Gesellschaft zur
\'eröffentlichung vorlegen konnte. Da jedoch die Gesellschaft den
Fund für nicht wichtig genug hielt, um wenigstens die Abschrift
des Textes in ihren Anzeiger aufzunehmen, so blieb das Manuskript
jahrelang liegen, bis sich die mährische gelehrte Gesellschaft ent-
schloss, den Text mit einer kurzen Einleitung in den letzten zwei
Heften ihrer Zeitschrift drucken zu lassen.
Der jüngere Druck wird zuerst von J. Jirecek in der
böhmischen Zeitschrift Svetozor im Jge 1876 erwähnt. Jirecek
beschreibt daselbst einen alten Sammelband und führt aus seinem
Inhalte unter Anderem auch einen Druck des Altstädter Buch-
druckers Georg Tscherny aus d. J. 1586 an, welcher als Anhang
auch eine sonst unbekannte Beschreibung des Sibyllinischen Para-
dieses enthalten soll. Wie ich mich jedoch überzeugt habe, ist
dieses Exemplar nur ein Fragment und endet eben mit jener
Seite, auf welcher sich der Titel und einige Zeilen der in dem
Olmützer Manuskripte erhaltenen «Beschreibung» befinden.
Ich habe die beiden Texte, so weit sie erhalten sind, ver-
glichen und fand, dass es zwei stilistisch verschiedene Redaktionen
desselben Werkes seien. Da jedoch, abgesehen von den Sibylli-
nischen Prophezeiungen und der Aufzählung der verschiedenen
Sibyllen, in dem jüngeren Texte so gut wie nichts von der Be-
schreibung des Sibyllinischen Paradieses erhalten blieb, so sind
wir in dieser Beziehung ausschliesslich auf die ältere Redaktion
angewiesen.
Dieselbe ist eine recht unbeholfene Übersetzung oder Be-
arbeitung einer sonst unbekannten Quelle. Der Abschreiber des
Druckes verdarb noch seine Vorlage durch eine Unzahl von
Schreibfehlern und missverstandenen Wendungen, so dass der uns
überlieferte Text sprachlich und stilistisch erbärmlich zugerichtet
erscheint. Die Übersetzung gibt tunlichst getreu den Sinn des
Textes wieder und folgt nur auf jenen Stellen, welche für die
Ratlosigkeit des Übersetzers beziehungsweise Abschreibers besonders
74 ^. S ö der hj elvi,
charakteristisch sind, wörtlich den Eigentümlichkeiten der auch
in böhmischer Sprache ungewöhnlichen Ausdrucksweise und Wortfolge.
V. Tille.
[21 a]. Beschreibung einer Reise, welche der Priester
Mathias, Pfarrer aus Solez, mit seinem Gefährten Raphael,
ebenfalls aus Solez, unternommen haben, um die Sibylle
zu sehen. In was für einem und wie schönem Orte die
Königin Sibylle ihre Wohnung hat, und wie mühsam jene
zwei zu ihr gelangt sind.
Als wir uns auf diese Reise begeben hatten und durch
viele, verschiedene Länder und Gegenden der Welt gereist waren,
so kamen wir zwischen {sie) jene Länder, d. h. Hybernien und
Portugalien, und Neapel, in jenes Gebirge, wo [2 1 b] die Sibylle
5 wohnt. In diesem Gebirge wächst verschiedenartiges Holz {sie),
wohlriechende Kräuter. Als wir in die Nähe von diesem Gebirge
kamen, sahen wir eine schneeweisse Mauer, rund wie ein Kranz
oder eine Krone. Dieselbe ist etwa eine Meile lang und breit.
Jener Ort ist zwischen zwei Bergen von [dieser] Mauer umgeben.
'o Als wir zu dieser Mauer näher kamen, fanden wir einen Mann,
w^elcher in jenem Gebirge Schweine hütet, den fragten wir, woher
er sei. Er antwortete dass er aus einem nicht weit gelegenen
Dorfe sei, und fragte uns ebenfalls, woher wir kommen und wohin
wir zu gehen beabsichtigen. Wir erzählten ihm alles in lateinischer
15 Sprache und fragten dann, was das für schöne weisse Mauern
wären. Der Mann antwortete uns, dass dort Deanen (?) seien,
wo die Sibylle wohne \2.2 a]. Als wir daselbst eine geraume
Weile mit jenem Manne plaudernd sassen, hörten wir ein un-
mässiges Jauchzen und Schreien von hocherfreuten Sängern und
20 Sängerinnen, so wie auch Trompeter, Orgel {sie) und allerlei Ge-
sanginstrumente {sie). Dies hörend, fragten wir erschrocken jenen
Mann, was jenes Geschrei bedeutet. Er sagte, er wisse nichts
davon, da er niemals dort gewesen, erzählte jedoch, dass er,
während er seine Heerde hütete, nicht einmal oder zweimal,
25 sondern öfters solches Singen hörte. Wir sagten ihm, dass wir
gerne dorthin gehen möchten, er riet uns jedoch nicht dazu, wollte
uns vielmehr von dieser Absicht abwenden. Als er uns jedoch
nicht überreden konnte, so sprach er : « Wollt ihr hingehen, so
ist es von hier aus unmöglich; ihr müsst das ganze Gebirge um-
30 gehen, um zu dem Einsiedler Anton \^2Z b] zu gelangen».
Als wir zu diesem kamen, nahm er uns sehr liebenswürdig
mit sich in sein Häuschen, seine Hütte, und fragte, woher wir
sind und wohin wir zu gehen beabsichtigen. Wir teilten ihm vor
Rifie tschechische Version der Reise ins Sihyllenparadies. 75
Allem mit, woher wir kommen und wie wir durch sehr viele
Länder und Gegenden, grosse Berge und Wüsten zu ihm gelangt 35
sind, und dass wir zu der Prophetin Sibylle zu gehen entschlossen
sind. Als er dies hörte, weinte er höchst bitterlich und riet uns
davon ab. Als er uns jedoch davon nicht abwenden konnte,
schickte er uns zu Konstantin; Konstantin schickte uns, nachdem
er unsere Absicht erfahren, zu Barabas; Barabas schickte uns, 40
nachdem er unsere Absicht erfahren, zu Eustachius; Eustachius
schickte uns, nachdem er unsere Absicht erfahren, zu dem Ein-
siedler Paul, bei welchem wir fünf Tage blieben. Als uns Paul
nicht überreden und davon abwenden konnte, schenkte er jedem
[23 a] ein auf Pergament gemaltes Kreuz, um es auf einem kurzen 45
Faden um den Hals zu hängen und nichts weiter {sie).
Nachdem wir von dem Einsiedler Paul Abschied genommen
hatten, kamen wir zu einer eisernen Pforte, welche Amenitas, d. h.
Ergötzen heisst. Nach dem Anklopfen öffnete uns der Pförtner
sofort. Dann kamen wir zu einer anderen Pforte, welche Ostiimi 5°
laetitiae, d, h. Pforte der Freude heisst ; auch hier öffnete uns
der Pförtner sofort nach dem Anklopfen. Dann sind wir zu der
dritten Pforte, welche Dulcedo. d. h. die süsse Pforte heisst, ge-
gangen, und auch da wurde uns sofort nach dem Anklopfen ge-
öffnet. Dann sind wir bis zu der vierten Pforte, welche Lucis 55
hnbitaciilum, d. h. die Wohnung der Freude {sie) heisst, gegangen;
auch da öffnete uds nach dem Anklopfen der Pförtner sofort.
Als wir zuletzt zu der fünften Pforte gekommen waren, sass da-
neben ein Mann im Schlafe, der bis zum j(üngsten) Gericht schlafen
wird. Und diese kupferne Pforte heisst Deana. 60
Als wir zu derselben gekommen waren, klopften wir eben-
falls an. Auf das Klopfen kamen sofort zwei wunderschöne
Mädchen, öffneten jedoch nicht die Pforte, sondern lugten nach
uns durch ein in der Thür angebrachtes Loch und fragten uns,
was wir begehren oder suchen, und warum wir gekommen sind. 65
Wir gaben ihnen zur Antwort, dass wir gerne zu ihnen hinüber-
kommen möchten, sie mögen uns die Pforte öffnen. Sie ant-
worteten uns zwar liebenswürdig und einschmeichelnd, Hessen uns
jedoch eine Weile warten, bis sie uns bei der Sibylle angemeldet
hätten. Sibylle schickte sie sofort wieder zu uns mit der Frage, 7°
wie lange wir dort zu bleiben beabsichtigen ; ob für immer oder
nicht. Wir sagten, dass [24 a] nicht für immer. Sie fragten uns
nochmals, wie lange wir dort verweilen wollen. Wir gaben zur
Antwort, so lange es uns gefallen wird. Als sie dies hörten,
Hessen sie uns nochmals warten, Ijis sie die Antwort der Sibylle 75
überbracht hätten. Nach einer Weile kamen die zwei Mädchen
wieder zurück und öffneten uns die Pforte.
76 PV. Söderhjelm,
Als wir eingetreten waren, kam uns die Sibylle, mit einer
goldenen Krone auf dem Haupte und in seidenes, mit reinem
So Gold, Perlen und Edelsteinen durchwirktes Gewand gekleidet, ent-
gegen. Andere Mädchen und Frauen reichten uns goldene und
silberne Kleider so wie auch viele andere Sachen, wir nahmen
jedoch, von dem Einsiedler Paul unterrichtet [24 b], nichts an,
Sie führten uns mit grosser Freude bis zu dem Throne der
85 Sibylle, welche sich auf den Thron setzte und uns zu ihren Füssen
uns setzen Hess. Dann fing sie wohlwollend an, mit uns über
andere Sachen (sie) zu reden. Was wir dort gesehen und getan
hatten, konnte ich wegen der Eigenartigkeit des Geschehenen
nicht aufzeichnen. Denn (sie) vor Allem hiess sie uns in ihrem
90 Zelte wohnen. Hier sollst du auch dies erfahren: es gibt dort
weder Regen noch Kälte und Schnee, weder Nacht, noch Finsternis,
weder Hunger noch Durst ; es herrscht dort beständig reiner und
heller Tag, und auch Ergötzen hast du dort {sie), Gold, Perlen
und Edelsteine gibt es dort in Hülle und Fülle, so dass es un-
95 möglich ist, eine so grosse Menge andeuten oder durcli eine Ziffer
ausdrücken zu wollen. (Weiter von dem Throne oder dem Stuhle (sie) ).
Von dem Throne (dem Stuhle) der Sibylle.
Der Thron (der Stuhl), auf welchem die Sibylle zu sitzen
pflegt, ist aus purem und reinem Golde, aus Edelsteinen und
100 reinen Perlen hergestellt. Derselbe ist 20 Ellen hoch und 12
Ellen breit; die Stiege jedoch, welche zu ihm führt, ist aus reinem
Silber. Um den Thron herum sind, so weit man mit einer guten
Armbrust den Bolzen schiessen könnte, überall auf dem Boden
Teppiche ausgebreitet.
105 Während der Unterhaltung fragten wir die Sibylle, woher sie
sei. Sie gab uns zur Antwort, von Babylon. Ihr Vater war ein
babylonischer Fürst, der nachmalige trojanische König, namens
Pryamus, ihre Mutter jedoch hiess Hekuba. Sie selbst hiess, wie
sie uns mitteilte, [25 b] zuerst Liberlina, wurde jedoch später von
iio einigen Königen ihrer bedeutender Weisheit und Schönheit wegen
Sibylle benannt. Sie ist über alle Massen schön, vorzüglich {sie),
vom angenehmen Äusseren, schön im Gesicht, bereitwillig und
liebenswürdig unterhaltend, mit Gold, Silber und verschiedenartigen
Perlen, Edelsteinen und mit Ruhm (sie) äusserst reich geschmückt
115 und aufgeputzt. Auf beiden Armen trägt sie, wie breite Ringe,
goldene Reife, und in jedem Reife 15 kostbare Edelsteine, auf
dem Kopf eine goldene Krone. Sie geht beständig mit losem
Haar und unterhält sich reclit süss und liebenswürdig mit ihren
Zuhörern (sie) .
120 Nachdem wir uns mit ihr längere Zeit unterhalten hatten,
fragte sie Raphael : « Ich bitte dich, o Wunderschöne und Ruhm-
Eine tschechische Version der Reise ins Sibyllenparadies. 77
reiche, zürne mir nicht, wenn ich mit Eurer Durchlaucht verwegen
rede. Sie antwortete: « . . . . sprich». Raphael sagte «Ich bitte
Sie, etwa uns zu sagen, wohin Sie nach dem Tode kommeii
werden.» Sibylle antwortete: «Über Alles, was ihr mich fragen 125
werdet, will ich euch Auskunft geben, das Eine jedoch werde ich
euch nicht erzählen». Nochmals sagten wir zu ihr: «Bitte,, sagen
Sie uns die Wahrheit [darüber], was ich (sie) Sie fragen werde.
Sie sagte: «Fraget». Ich sagte: «Wir haben in unserem Lande
gehört, diejenigen, welche hier bei Ihnen waren, sollen erzählt 13°
haben, dass Sie nur im Gesichte und auf der vorderen Seite
menschliche Gestalt haben, auf der Rückseite jedoch, am Rücken
(sie) einem Trog (sie) gleichen». Als sie dies hörte, lachte sie
liebenswürdig und sagte: «Auch wir haben manchmal so was
gehört; das sagen jedoch nur diejenigen, welche nie hier bei uns ^35
waren. Kommt jedoch mit, um zu erfahren, ob es wahr ist,
oder nicht.» Sie führte uns auf eine wunderschöne, mit ver-
schiedenartigen buschigen und wohlduftenden Bäumen bepflanzte
Wiese. Diese Wiese ist in der Nähe der Deanen, von einer
Mauer der Deanen umgürtet und umzäunt [26 b]. Nur bis '4°
dahin dürfen sie gehen und nicht weiter. Die Thür öffnend sind
\vir mit der Sibylle auf jene Wiese gekommen. Sie führte uns
in ihr Zelt, welches aus Goldbrokat und Batist gewebt und mit
allerlei Perlen und Edelsteinen höchst sauber verziert ist, zog mit
Raphaels Hilfe ihr kostbares Gewand, welches sie trug, aus, so '45
dass sie splitternackt war und sagte zu uns: «Sehet und tastet».
Wir sahen, dass sie vorne wie hinten einen echten Leib hat — und
.sonst auch. Sibylle sprach: «Habt ihr gesehen und glaubet?»
Wir antworteten: «Wir glauben.» Die Mädchen zogen sie wieder
an. Dann bat sie uns sofort: «Bleibet, da ihr länger nicht wollt, 150
ein Jahr mit mir, und ich schwöre und verspreche euch bei
meiner Gesundheit, euch die [richtige] Zeit zu sagen, damit ihr
hinausgelangen könnt». Wir versprachen ihr also, bis zu einer
gewissen Zeit mit ihr zu bleiben. Als sie dies hörte, freute sie
sich sehr. 155
Auf jener Wiese wachsen duftende Bäume, Zimmet^ Balsam,
Aloe, Weihrauch, verschiedene Arten von Apfel- und Birnbäumen,
Mandelbäume, Feigen, Wachholder, und der Paradiesfluss, namens
Gion, fliesst. durch dieselbe. Da merke wohl, dass auf dieser, an
den Deanen [gelegenen] Wiese es auch manchmal regnet. Wir 160
sahen dort auch eine unzählige Menge von Perlen, welche wie
Sand auf dem Boden liegen. Um das Zelt herum ist der Boden
der Wiese mit reinstem Marmor und Alabaster gepflastert.
Als wir dort bereits manches gesehen und besichtigt haben,
fragten wir die Sibylle, wie viele Frauen und Mädchen dort seien. 165
78 IV. Sö./er/ijclni.
Sie gal) uns die Zahl des weiblichen Geschlechtes (sie) mit etwa
4080 [27 b], diejenige der Männer jedoch mit etwa 3215 an.
Wir sollen auch wissen (sie) dass sie nicht nach Belieben aus-
gehen können. Ich füge noch bei, dass sie nirgends hin, nur
170 auf jene bereits erwähnte Wiese gehen können, dorthin gehen sie
jedoch wann sie wollen. Diese Wiese ist von den Deanen um-
geben, und es herrscht daselbst nie — so wie zwischen [sie] den
Deanen — Nacht, Kälte oder Hitze; nur hie und da kommt
Regen, wegen des erwähnten Obstes, damit es wachse (sie). Zu-
175 letzt, nachdem wir uns mit ihr über verschiedene Gegenstände
unterhalten hatten, baten wir sie, uns die Zeit und die Stunde zu
sagen, während welcher wir werden weggehen können. Denn
niemand kann von dort wegkommen ausser in derselben Stunde,
während welcher er hinkam. Jedem, der zu ihnen kommt, wenn
180 er auch dreissig Jahre l)ei ihnen zu bleiben willig ist, wird jene
Stunde, in welcher er hinkam, mitgeteilt. Versäumt er einmal
diese Stunde, so wird er nie wieder von ihnen weggehen können.
Uns wurde jedoch, als wir uns [bereits] neun Monate dort auf-
hielten, die erwähnte Stunde mitgeteilt, und so jedem [sie): wer
185 die Stunde versäumt und nicht fortgeht, muss dort bleiben. Denn
{sie) sie pflegen auch durch ihre liebenswürdige Reden und durch
Geschenke, welche sie den Leuten anbieten, [die Besucher] zu
verführen und betrügen, bis die Zeit vorüber ist Als die Sibylle
jedoch von uns hörte, dass wir endlich von ihnen weggehen
190 wollen, sagte sie: «Ich sehe, dass ihr vernünftige und witzige
Männer seit; deswegen ist es mir angenehm, mich mit euch zu
unterhalten, und so bitte icli euch, noch einige Tage mit uns
hier zu verweilen». Wir versprachen ihr noch acht Tage zu
bleiben. Da sprach Sibylle mit sichtlich nachdrücklicher Stimme :
195 «Bei meiner Gesundheit versichere ich euch [28 b] so wie sich
mein Herz über eure Ankunft freute, so ist es wieder wegen
eurer Abreise traurig gewortlen. Ich will euch jedoch das, was
auf der Reise vorkommeu und geschehen soll, prophezeien. Nach-
dem ihr von mir weggehen und in die Stadt Tripolim die Kleinere
200 kommen werdet, so wird euch nachher die Pest ül)erfallen, so
dass man euch durch keine Stadt jenes Landes durchlassen und
in keine einlassen wiid. Ihr werdet auf dem Schiffe über das
Meer fahren müssen, bis ihr nach Rom kommen werdet. Dort
wirst du, Mathias, auf dem Felde der Pilger, d. h. auf dem
205 Töpferfelde, von dem Tode ereilt werden. Du jedoch, liebreizend-
ster Raphael, wirst nicht sterben, sondern noch eine Zeit lang am
Leben bleiben». Nach diesen Worten umarmte sie den Raphael,
sagend : « Genug und noch mehr als genug plage und quäle ich
mich, dass ich dich nicht länger behalten und keine Kurzweil mehr
Eiuc tschechisihe Version de}- Reise ins Sibylkiipaiadies. 79
mit dir, Lieber, geniessen soll» [29a]. Als sie dies gesprochen, 210
befahl sie dem zu ihren Füssen sitzenden Raphael aufzustehen.
Kr stand auf und verbeugte sich höchst ehrerbietig. Sibylle stand
auf und befahl allen zu schweigen. Es entstand eine tiefe Stille,
so dass niemand muckste (sie). Sibylle gürtete die goldene Binde,
mit welcher sie umgürtet war, ab, schlug ihn zum Ritter ^ und 215
gab ihr goldenes Scliwert, welches sie in ihrer Hand hielt, in
seine Hand. Und es entstand dort eine Freude, wie sie jahre-
lang dort nicht gewesen. Als das Alles vollbracht war, erklärten
wir, dass wir endlich gehen wollen. Nachdem wir dies gesagt
hatten, küsste sie uns beide und sprach höchst liebenswürdig : 220
«Gehet mit Freude und in voller Gesundheit». Wir gingen, und
sie schlössen die Tür hinter uns sofort zu. Als wir von ihr zu
den [29 b] erwähnten Pforten kamen, so wurde uns überall nach
dem Anklopfen sofort geöffnet. Wir gingen dann zu dem Ein-
siedler Paul und stellten ihm jene Kreuze, weiche uns derselbe 225
gegeben hatte, zurück.
Die Mauern, welche Deanen umgegeben, Hess ein mächtiger
König von Piktavien, namens Alexander, wegen des vielen Volkes,
welches in der ersten Zeit der Sibylle in Haufen zuströmte, er-
bauen. An dieser Mauer ist mit folgenden Worten eine Inschrift 230
aufgeschrieben: «Ich, Alexander, König von Piktavien, liess im
Jahre 309 auf die Bitte des allerheiligsten Vaters in Christo,
Herrn Papstes Kliment des Ersten diese Mauern um die Deanen
erbauen.» Jene Sibylle zeigte auch dem römischen Kaiser
Oktavian die Jungfrau Maria mit dem Kinde in der Sonne. Sie 235
prophezeite auch, als sie noch im Hause ihres Vaters weilte,
jenen Königen, welche ihrer Weisheit wegen [30 a] zu ihr fragen
kamen, die Geburt des göttlichen Sohnes von der Jungfrau Maria,
und auch was vor dem Jüngsten Gericht und am Tage des
Jüngsten Gerichts geschehen soll, so wie noch mehr, wie die 240
Auserwählten Gottes mit Gott sich freuen und die Bösen mit
dem Lucifer und seinen Teufeln im ewigen Feuer ununterbrochen
brennen werden. Ich lasse davon al), noch mehr zu schreiben,
da wir darüber genug Schriften besitzen. Diese Prophezeiung ist
nach der Inschrift (sie) des Königs von Piktavien mit goldenen 245
Buchstaben auf jener Mauer geschrieben.
Als alle diese Ereignisse vollbracht waren, gingen wir den
uns von der Sibylle vorgeschriebenen Weg, über sehr hohe Berge,
bis wir nach Rom kamen. Als wir uns in Rom bei der Frau
Anna, welche aus dem Polenlande stammt — sie hat ein Haus
250
' Im Böhmischen heisst «zum Ritler schlagen» wörtlich «zum Ritter
gürten».
8o IV, S'oderhjehn,
unweit \'c)n Sankt Peter - einige Wochen aufgehalten haben,
verfiel der hochwürdige Priester Mathias, mein allerliebster Vater
und zugleich Reisegefährte, in eine schwere Krankheit [30 b] und
starb. Ich habe ihn in der Erde der Pilger (sie), auf dem
255 Töpferfeldc, welches links von Sankt Peter liegt, mit eigenen
Händen begraben. Nachdem ich über den Verlust meines lieben
Reisegefährten genug geweint hatte, besuchte ich nacli einigen
Tagen die römischen Kirchen, unter welchen es sieben Haupt-
kifchen gibt. Sie heissen: die erste bei Sankt Peter, die zweite bei
260 Sankt [ohann, die dritte des hl. Kreuzes, che vierte bei Sankt
Marcus, die fünfte der hl. Maria Magdalena, die sechste der hl.
Jungfrau Prakcede, die siebente der heiligen Jungfrau Maria de
Mercede; ausser diesen gibt es noch 155. Die alle habe ich be-
schrieben und auch besichtigt. Von dort ging ich nach Venedig
265 und gelangte unversehrt und wohl bis in mein liebes Vaterland.
Gott der Herr, Einer in der Dreieinigkeit, sei dafür gelobt bis in
die Ewigkeit. Amen.
Des Priesters Mathias und Raphaels kurze Beschrei-
bung des irdischen Paradieses, bei (sie) welchem dieselben
waren.
[31 a]. Unser Weg führte uns über verschiedene wunder-
bare, fürchterliche Wüsten und grosse Berge, bis wir endlich zum
irdischen Paradiese, wo Adam und Eva geschaffen wurden, ge-
langten. Da knieten wir nieder und beteten kniend, Gott den
5 Herrn demütig und andächtig bittend, er möge uns gnädig sein
und Erbarmen mit uns haben.
Jedermann soll also wissen, dass das Paradies auf einem
sehr hohen Berge liegt; es gibt keinen höheren Berg auf der
ganzen Welt. Es hat eine feurige, d. h. aus Flammen bestehende,
'o bis zum Himmel hinauf [ragende] Mauer um sich. Dieser Ort
ist über alle Massen ergötzlich. Wir sahen dort einen Vogel
w^elcher Pelikan, böhmisch [31 b] «Schediper» ^ heisst und etwas
grösser ist, als ein Adler. Es ist das ein schmucker, schöner
Vogel, hat rötliches und graues Gefieder, eine sehr, sehr scharfe
15 Nase (sie), die Beine nicht zu hoch, den Hals nicht zu lang, die
Flügel nicht lang und singt sehr süss. Aus dem Paradiese fliessen
vier Flüsse: der erste hat ein sehr süsses Wasser; jeder einzelne
(sie) hat folgende drei Namen: Ganges, Gion, Nyllus. Der zweite
mit grauem Gefieder.
F.iue tschechische Versioti der Reise ins Sihyllenpaiadies. 8i
ist Ffizon, der dritte Tygris, der vierte Euffrates. Der erste fliesst
durch Indien, der zweite durch Europa, der dritte durch Afrika, 20
Armenien, Medien und Persien, der vierte zuletzt fliesst durch
Aegypten. Wir sahen dort im Paradiese auch Schlangen mit
Jungfrauen- oder Mädchenköpfen und mit langen Haaren. Aus
ihrem Geschlechte war die Schlange, welche Eva verführte ^ [32 a]
. . . dass es keine Schlange, sondern der Teufel gewesen wäre. 25
Das ist jedoch auch nicht wahr. Manche fügen noch bei, dass
die Schlange nicht reden könne, denn wer hätte je eine Schlange
mit menschlichem oder jungfräulichem Kopfe gesehen? Diesen
gebe ich zur Antwort, dass ich mit meinem lieben Gefährten
Mathias solche Schlangen mit Jungfrauen- oder mit Menschen- 3°
köpfen an (sie) dem Paradiese gesehen habe. Denn obwohl es
wahr ist, dass die Schlange nicht reden kann, so war doch der
Teufel in die Schlange gefahren, redete mit Eva und betrog sie
auf diese Weise. Denn diese Schlangen gingen, bevor eine von
ihnen Eva verführte, wie Menschen auf ihren Füssen und 35
mit gehobenem Haupte herum. Jetzt kriechen sie jedoch auf
ihren Brüsten und heissen Dracopedes. Wir sahen daselbst auch
Schlangen, welche lateinisch Cerastes heissen und acht Hürner
auf der Stirn tragen.
Auf der Heimkehr pilgerten wir von dort vierzehn Tage 4°
durch [32 b] sehr grosse Wüsten, bis wir in bekanntere Länder
kamen, und ich allein dann aus Rom in mein Haus [gelangte].
Gott der Herr, .Einer in der hl. Dreieinigkeit, sei dafür gelobt.
Amen.
Gedruckt in der Prager Altstadt bei Burian Walda Impresor
im Jahre 1579.
IL
Wir erkennen in diesem Berichte ohne Schwierigkeit
die wesentlichsten Züge der Sage vom Sibyllenparadies, so
wie sie im Volksbuch von Guerino il Meschino und bei
Antoine de La Säle überliefert ist. Ebenso leicht können
wir verschiedene neu hinzugekommene Elemente unter-
scheiden. Wir wollen im Folgenden die Übereinstimmungen
und Verschiedenheiten im Einzelnen betrachten.
Das erste was uns auffällt, ist die Bestimmung der
Lokalität. «Jenes Gebirge wo die Sibylle wohnt» ist nach
Auf dieser Stelle hat der Abschreiber einige Zeilen ausgelassen.
82 /'/'. Söderhjelm,
dem Berichte zwischen Hibernien-PorUigal und Neapel ge-
legen, also an einem Orte, den man auf der Reise von Irland
an der Pyrenäischen Halbinsel vorüber nach Neapel passiert.
Man könnte versucht sein, an Sizilien zu denken und von
vornherein eine Verschmelzung der am Aetna haftenden
Morgana-Sage mit der Sibyllensage anzunehmen; ^ aber es
wäre dies das einzige Mal, wo eine Kontamination in dieser
Richtung vorkäme, denn wenn die Sibylle von Norcia viel-
leicht, wie Baist meint, ^ eine dorthin übergesiedelte und um-
benannte Morgana ist, so findet sich für den umgekehrten
Vorgang absolut kein Anhaltspunkt. Er könnte sich wohl
in der dämmrigen Phantasie des Verfassers abgespielt
haben: dieser hatte gewisse dunkle Vorstellungen von der einen
und der anderen Sage und könnte sie zusammengemengt
haben. Aber einfacher erklärt sich die erwähnte geo-
graphische Angabe als eine Erinnerung an die Stelle im
Gneri7io^ wo der Held, aus Messina kommend, nach Italien
geht um das Gebirge der Sibylle zu finden, ins «Reich
Calabrien» kommt und dort den Berg sucht, aber in Reggio
erfährt, dass es in der Mitte Italiens liege. Der Verf. unseres
Berichtes hat die weitere Ausführung (wo Guerino nach
Norcia geht) nicht verfolgt, sei es, dass er die Darstellung
nicht im Gedächtnis behalten hat, sei es, dass er sie ab-
sichtlich und um grössere Wahrscheinlichkeit für sich selbst
zu gewinnen, nicht beachtete. Hier muss man auch an die
Lokalisierung der Sibylle in Cumae denken, wahrscheinlich
eben dem Ort. wo die Reisenden, wenn sie überhaupt irgend
eine persönliche Erfahrung von dem «Sibyllenparadiese»
hatten, die altberühmte Grotte in Augenschein nahmen.
Das Gebirge der Sibylle wird als ein Ort beschrieben,
wo «verschiedenartiges Holz und wohlriechende Kräuter»
wachsen (Text, Zeile 5 — 6). Man mag Antoine de La Säle
vergleichen: «les herbes et fleurs de toutes coulleurs et
' Vgl. Kluge und Baist, Ihr Venusber^, S. 33.
- L. c, S. 34.
F.ine tschechiscJie Version der Reise ins Sibyllenparadies. S3
estranges manieres qui sont sy odorans». ^ Hier ist jedoch
zu bemerken, dass alle die Paradiesbeschreibungen in der
religiösen Litteratur, zu denen wir gleich kommen, von einer
solchen Üppigkeit der Vegetation und von einer duftenden
Aue reden. - Der Ausdruck stimmt allenfalls sehr genau
mit La Sale's Beschreibung. — Dass es zwei Berge sind
(Z. 9), ist mit der Angabe sowohl im italienischen Volks-
buch wie bei La Säle übereinstimmend ; bei dem letzteren
finden wir auch eine Mauer, die den See zwischen den
Bergen umgiebt. In unserem Texte ist aber die schneeweisse
Mauer, die «rund wie ein Kranz oder eine Kronen» hoch auf
dem Gebirge glänzt, nicht der La Sale'schen Beschreibung
des Nekromantenberges entnommen, sondern sie ist offenbar
dieselbe, die schon in der Apocalypse '^ den Himmel umgiebt
und dann in fast allen mittelalterlichen «Visionen» und < Para-
diesreisen», wo die seligen Gefilde vorkommen, eben diese
Stätte der Heiligen prachtvoll umschiiesst. — Diese Mauern
werden hier «Deanen» genannt; an einer anderen Stelle (Z. 60)
wird derselbe Name für eine kupferne Pforte gebraucht; was
er bedeutet und woher er stammt, ist mir nicht ersichtlich.
Aus dem Berge ertönt Gesang und Geschrei, auch Klang
von Orgeln und verschiedenen Instrumenten. Bei La Säle hört
man eine laute Stimme im Berge schreien. Wir haben es
aber wieder eher mit einer Erinnerung an religiöse Schriften
obenerwähnter Art zu tun : in der Vision des Tundalus wer-
den sogar Orgel und alle möglichen Instrumente genannt,
wie hier.-^
Der Schweinehirt sowohl als der Einsiedler in unserem
Texte wollen die Besucher von ihrer Absicht abwenden;
ebenso der Gastwirt und der «ufficiale del castello» im
Guerino — der erstere spielt dort die Rolle unseres Schweine-
hirten als Wegweiser zu den Eremiten. Der erste Einsiedler
' S. III meiner Ausgabe in den Alemoires de la Soc. neo-pkil., T. II.
-' Vgl. hierüber C, Pritsche in den Ro/ii. Forsch. II, 253 u. s. w.
" 21, 10 — 22.
■* Vgl. die schwedische Version in yöns Buddes bok (Skrifter uigifna
af Svenska Litteratursällskapet i Finland, XXXI, S. I17J.
84 ^' Södcrhjelm,
erfährt von den langen Irrfahrten der Besucher in derselben
Weise wie der Offizier im Guerino ; und wie der erstere
«bitterlich weinte», so taten auch die drei Eremiten, zu denen
Guerino kommt: «feceli piangere tutti e tre». Mit diesen
Eremiten decken sich einigermassen die vier übrigen Ein-
siedler in unserem Text; sie erinnern uns sonst an Beschrei-
bungen frommer Pilgerfahrten, wo der Reisende von Etappe
zu Etappe fortschreitet und sich bei klugen und heiligen
Männern um das Ziel erkundigt. — Wie die Eremiten im
Guerino alle ein kleines Kreuz in der Hand haben und das
gottlose Beginnen des Helden verurteilen, so giebt der letzte
Einsiedler in unserem Text (Z. 45) jedem ein gemaltes Kreuz
um die Gefahren zu beschwören.
Jetzt folgt mit den Namen «Amenitas», «Ostium laetitiae»,
«Dulcedo», «Kucis habitaculum» eine neue Erinnerung an die
religiöse Lektüre. Ob der Verf. hier an irgend welche Dar-
stellung angeknüpft hat, in der die verschiedenen Stufen der
Seligkeit oder der paradiesischen Freuden die genannten Na-
men der Pforten tragen, das zu verifizieren bin ich hier nicht
im Stande ; ^ vielleicht sind die Namen auch irgend einem
Mariengebet entnommen, wo sie als symbolische Attribute
der heiligen Jungfrau figurierten. -
Hieraufsetzt die Sage wieder ein. Die schönen Mädchen,
welche die Reisenden empfangen, ohne die Tür vorläufig zu
öffnen, fragen was sie suchen, dann zu der Sibylle wieder
gehen, dann zurückkehren und eine neue Frage an sie stellen —
das ist ziemlich genau dieselbe Scene wie bei La Säle, ausser
dass die Zahl der empfangenden Damen dort nicht bestimmt
ist. Die Sibylle kommt ihnen entgegen — wie im Guerino;
sie trägt eine Krone auf dem Haupte : so sind in den Visionen
gewöhnlich die Weiber mit goldenen Kronen geschmückt.
' In der Vision des Barontus ist der Himmel in Thore, welche die
Abstufung der Seligkeit andeuten, eingeteilt (Pritsche, /. c, S. 247.)
- Als solche finde ich wenigstens « Amenitas t> und «Dulcedo», aber
auch Attribute, die den beiden anderen sehr nahe kommen («Habitaculum
gloriae, sapientiae», «Ostium celi, salulisi etc.); vgl. den Index Marianus bei
Migne, Patr. lat., T. 220.
Eine tschechische Version der Reise ins Sibyllcnparadies. 85
Schöne Damen reichen den Besuchern goldene und silberne
Kleider — wie bei La Säle — sie wollen aber nichts an-
nehmen, sondern bleiben so wie sie sind — ein asketischer
Zug, der da ist, um ihre Standhaftigkeit zu unterstreichen.
Die Sibylle setzt sich auf ihren Thron — bei La Säle sitzt
sie schon da, als der Besucher eingeführt wird. Die Schilderung
des Sibyllenparadieses ist nahe übereinstimmend mit der-
jenigen bei La Säle, aber sie erinnert auch an den Wohnort
der Glückseligen in den Visionen. ^
In dem jetzt folgenden Abschnitt stellen die Besucher
an die Sibylle einige Fragen, u. A. wohin sie und ihr Hof-
staat nach dem Tode kommen, aber sie will keine Antwort
geben. Genau dasselbe kommt vor bei La Säle: «Et quant
le monde finera, Madame, que devenrrez vousx ? . . . «n'en
veuillez plus savoir>. Was sie sonst über ihre Herkunft
erzählt (Z. 105 ff.), ist höchst phantastisch. Offenbar will
der Verf. hier seine Vertrautheit mit den alten Traditionen von
den zehn Sibyllen zeigen, obgleich er mit ihnen etwas frei
schaltet. Es verdient vielleicht bemerkt zu werden, dass in
La Sale's Salade, nach der Beschreibung des Paradieses, ein
(von mir nicht gedruckter) Abschnitt vorhanden ist, in dem
nach Isidors Etymologien und anderen Quellen eine längere
Ausführung über die Sibyllen enthalten ist. Hier wird die
fünfte, Ensilla oder Trophilla, als in Babylon geboren dar-
gestellt, und die Eryträische Sibylle wird, wie auch sonst,
in Verbindung mit Troja gebracht. Es wird ja zuweilen auch
der Sibylle von Cumae trojanischer Ursprung zugeschrieben.
Daher wohl die Abstammung der unsrigen von «Pryamus».
Der Name «Libertina» ist offenbar eine Entstellung von
«Tiburtina», die zehnte Sibylle, die besonders ausführlich bei
La Säle beschrieben wird.
Die Andeutung an das unnatürliche Aussehen der Si-
byllenweiber ist eine Reminiscenz an die einmal wöchentlich
^ Ich frage mich, ob nicht auch die ganze Sage vom SihyWenparadies
im gewissen Grade von diesen Visionen oder Fahrten nach dem irdischen
Paradies abhängig ist. Schon der Name deutet auf eine Kontamination der
alten Sibyllensage mit solchen Legenden.
86 ir. Söderhjelm,
vorsichcjehende Verwandlung der Damen in Schlangen und
Ungeheuer im Guerino und bei La Säle. Hier spielt jedoch
am anderes, weit verbreitetes Sagenmotiv ein : die Gestalten,
die im Rücken wie ein Trog aussehen, finden sich sogar in
finnländischen Sagen — die burleske Art aber, wie die Rei-
senden von der Falschheit dieser Beschuldigung in Bezug
auf die Sibylle handgreiflich überzeugt werden, scheint unserer
Version ganz eigen zu sein.
Wenn unser Bericht das Geschick derjenigen feststellt,
die die richtige Stunde zum Austreten aus dem Paradiese
versäumen, so stimmt dies in den Hauptzügen mit der La
Sale'schen Version, obgleich die Zeitbestimmungen dort viel
verwickelter sind. Die Zahl 30 spielt jedenfalls in beiden
eine wichtige Rolle.
In dem Satze: «sie pflegen ... zu verführen und zu be-
trügen, bis die Zeit vorüber ist» (Z. 186 f.) finden wir einen
schwachen Nachklang an die im Volksbuch sehr realistisch
geschilderten Verführungskünste der Sibylle. — Sie willigt
aber hier ohne weiteres in den Abschied ein und ist nicht
erzürnt, wie im Guerino, redet vielmehr die Reisenden sehr
freundlich an, wie bei La Säle — sie hatte auch dort nicht
denselben Anlass zum Zorn wie im italienischen Volksbuch ! —
und schenkt ihnen zum Schluss ein goldenes Schwert, wie
sie bei La Säle dem Scheidenden die goldene «vergette»
giebt. — Die Prophezeiungen über die künftigen Reisen erinnern
an diejenigen, welche dem Guerino beim Abschied zu Teil
werden.
Für die folgenden Ausführungen über die Deanen, ihren
Bau, den König Alexander von Pictavien und den sagen-
haften Papst Klemens I vermag ich keine Quellen aufzu-
weisen. — Der Rest beruht ohne Zweifel auf eigenen Er-
lebnissen — das einzige, was in diese Kategorie geführt
werden kann.
Wie aus der obigen Darstellung hervorgeht, findet
sich in dem Bericht des böhmischen Italiafahrers ein sehr
deutlicher Anklang an die beiden litterarischen Überlieferungen
der Sibyllensage, die hier zum Vergleich angezogen worden
Eine tschechische Version de)- Reise ins Sibyllenparadies. 87
sind. Ob nun diese Spuren direkt aus der Lektüre der beiden
Schriften herrühren oder ob sie mündlichen italienischen Tradi-
tionen entstammen, welche eine Mischung der verschiedenen
V'ersionen darstellen, das ist nun natürlich nicht leicht zu sagen.
Für das V^olksbuch kann jedoch, wie ich meine, eine direkte
Einwirkung angenommen werden; aber es scheint mir auch
keineswegs ausgeschlossen, dass unserem Reisenden die Salade
des La Säle bekannt war. Ein Paar ziemlich wortgetreue
Entlehnungen könnten in dieser Richtung als Zeugen citiert
werden; übrigens, wenn er seine genaue Kenntnis dieser X-'er-
sion der mündlichen Überlieferung zu verdanken hätte, so
würde dies beinahe auf einen Besuch in der Gegend von
Norcia hinweisen, vorüber der Bericht aber keine Andeutung
enthält.
Besonders der letzte Teil der Erzählung scheint mir
jedenfalls das Faktum einer Reise nach Italien und Rom
ausser Zweifel zu setzen. Leider giebt uns die Überlieferung
keinen Anhaltspunkt um das Datum dieser Reise und der
Abfassung des Berichtes näher zu bestimmen. Wahrscheinlich
ist aber, dass dieses nicht allzu lange Zeit vor der V^erfertigung
des oben erwähnten Druckes geschehen ist. Es wäre interes-
sant zu wissen, wie die Sibyllenprophezeiungen, von denen
Dr. Tille spricht, abgefasst sind und ob sie in irgend welcher
Weise an La Säle erinnern. Um diese alten Geschichten neu
auszustaffieren und zu gleicher Zeit seinen Reiseerinnerungen
eine eigentümliche Anziehungskraft zu verleihen, hat wohl der
Verfasser seine Erzählung niedergeschrieben. Den Anlass
hat ihm offenbar das italienische Volksbuch von Guerino il
MescJiino gegeben, und nicht nur die Kapitel über das Sibyllen-
paradies, sondern auch diejenigen, wo von der Patricius-
Legende die Rede ist. ^ Dazu kamen Elemente der anderen
Version der Sibyllensage, mit denen der Verf. in Italien oder
später Bekanntschaft gemacht hatte. Um seinen und seines
Reisegefährten guten Ruf zu bewahren, hat er fast alles entfernt.
' Vgl. Dunlop-Liebrecht, Prosadichtungen, S. 316 ff. In der mir zu-
gänglichen populären Ausgabe des Guerino fehlt dieser Abschnitt vollständig.
88 Besprechu)ige>t. A. lValle?tsk'öld,
was sie irgendwie in ein falsches Licht hätte stellen können,
und noch dazu die religiösen Bestandteile durch Erinnerungen
an andere erbauliche Legenden verstärkt. Dabei ist auch
eine Sage mituntergelaufen, die in naher Verbindung mit
einem Motiv der Sibyllensage steht und weit verbreitet war.
Schliesslich hat der Verfasser alle diese Elemente nach seinem
persönlichen Geschmack zu einem eigentümlichen Ganzen
umgemodelt.
Ob unser Erzähler auch die Tannhäusersage gekannt
hat, ist nicht zu ersehen. Jedenfalls könnte man den Mann,
der vor der fünften Pforte sitzt und da bis zum jüngsten
Tag wird sitzen bleiben, als eine Entsprechung zu dem
«Greise» ansehen, der sich in der frühesten deutschen Version
der genannten Sage findet und — wohl ohne Grund ^ — mit
dem getreuen Eckart identifiziert worden ist. Alles deutet
jedoch darauf hin, dass hier kein deutscher Einfluss vorliegt.
W. Söderhjelm.
Besprechungen.
A/bert Dauzat, Essai de viethodologie linguistique dans le
domaine des langues et des patois tomans. These pour le doctorat
es-lettres, presentee a la Faculte des Lettres de 1' Universite de
Paris. Paris, H. Champion, 1906. 295 p. gr. in-8''. Prix 10 francs.
L'auteur, a\antageusement connu par ses recherches sur le
patois de ^^inzelles (Basse- Auvergne), veut, dans le present ouvrage,
dünner aux romanistes un expose clair et exact des principes
methodologiques ä suivre; il veut «degager les regles de methode
qui sont a l'etat latent dans les travaux des romanistes» (p, 5).
Cet ouvrage doit donc, en quelque sorte, etre pour les romanistes
ce que sont les Prinzipien de Paul pour les linguistes en general.
Mais la difference est grande, aussi bien dans la composition que
dans les idees! Le livre de M. Dauzat a l'avantage d'etre fort
elegamment ecrit et tres facile ä lire; dans sa seconde partie, qui
concerne l'etude des patois, il est en outre plein de conseils prati-
' G. Paris, Ligendes du iiioyen age, S. 125, n. — \'gl. auch H.
Dübi in der Zeitschrift des Vereins für Volkskunde^ XVII (1907), S. 250 ff.
A. Daitzat, Essai de mithodologie linguistique etc. 89
ques de la plus grande utilitc. Ce qui, par contre, me semble
amoindrir la valeur de l'ouvrage, c'est la fagon un peu cavalitre
dont l'auteur tranche quelques-uns des problemes les plus cpi-
neux de la methodologie linguisticiue, sans tenir compte des
hypotheses anterieures. Cela vient en partie de ce que l'auteur ne
parait pas avoir connu bon nombre des ouvrages de linguistique
generale parus hors de France, notamment en AUemagne. N'est-ce
pas un signe caracterislique de cette exclusivite nationale de M.
Dau/.at qu'il ne cite pas une seule fois son grand devancier
Hermann Paul? Malgrc cela. Touvrage de M. Dauzat est certaine-
ment digne des plus grands eloges; il temoigne d'une nettete
d'esprit et d'un bon sens pratique qui en rendent la lecture en
meme temps fort attrayante et tres utile.
Se je voulais donner i( i un compte rendu detaille de cet
ouvrage, cela m'amenerait trop loin. Je dois donc me bomer ä
en faire ressortir quelques particularites qui m'ont spccialement
frappe.
D'abord, il }• a a noter la division du livre en deux parties,
l'une intitulee Les langues romanes, l'autre^ L e'tude des
patois. Une teile distinction entre les langues romanes, d'une part,
et les parlers vivants qui en fort partie, de l'autre, est naturellement
tres peu «methodique», mais, en lisant le livre, on comprend que
l'auteur a voulu traiter scparement ces etudes dialectologicjues qu'il
affectionne tout particulierement et dont il proclame, et certainement
avec raison, la grande importance, non seulement pour notre
connaissance des langues romanes, mais aussi pour notre comprc-
hension du developpement de la langue en general. Aussi cette
partie de l'ouvrage est-elle du plus haut interet et contribuera
certainement ä donner un nouvel essor aux etudes dialectologiques
en France.
Un autre trait caracteristique de l'ouvrage de M. Dauzat,
c'est la division de la linguistique en deux branches capitales: la
phonetique ou etude des sons, et la semantique ou etude des
idees dans leurs rapporLs avec les sons. La semantique, ä son
tour, se divise en: morphologie (modifications de forme, dues ä
des causes psychiques), lexicologie (variations de sens des mots)
et syntaxe (relations des mots entre eux). Comme M. Dauzat
definit toujours tres exactement les termes qu'il emploie, je ne
vois pas d'inconvenient ä cette extension inusitee de l'idce du mot
«semantique».
Parmi les chapitres les plus interessants de l'ouvrage de M.
D. je mentionnerai celui il, IV, 3) oü l'auteur nous donne une
explication physiologique de la cause des evolutions phonetiques.
Selon lui, les sons changent, «parce que les organes vocaux semodifient
90 Besprechungen. A. Wallensköld, A. Dauzat, l-'.ssai de inctliodologic etc.
eux-memes» (p. 94). Et cette modification des organes vocaux est due
ä des causes ethniques, au croisement des individus, a l'influence de la
race. On comprend alors la simultan cito — düment constatc'e bien des
fois — des evolutions phonctiques rhez les individus d'une meme
localite, et surtout leur apparition presqu'au meme moment sur
des aires parfois tres vastes. Ni la «loi du moindre effort» ni
la theorie de l'origine individuelle des alterations phonctiques,
considcrees comme des imitations incompletes, ne sauraient ex-
pliquer, d'une maniere süffisante, cette evolution phonetique si-
multance et independante, qu'un phoneticien celebre a tache d'ex-
pliquer par l'hypothese «d'une sorte d'an^mie, d'un affaiblissement
graduel et transitoire des centres nerveux qui aboutissent aux
muscles, siege de I ' evolution ». ^) Mieux que cette Hypothese
singuliere, celle de M. Dauzat parait s'accorder avez les idees
actuellement en cours sur Taction des lois phonctiques. Seulement,
il me semble possible de combiner la theorie de M. Dauzat avec
cjlle de la «loi du moindre effort». II n'est pas vrai, quoi qu'en
dise M. D., que cette «loi» suppose une cause reflechie (p. 91).
Ainsi, le phenomene inconscient de Tassimilation, dans son sens le
plus etendu, est bien, du moins en partie, le resultat d'une pro-
nonciation simplifiee (voy. p. ex. le changement d'une explosive
soiirde en une explosive ou une fricative sonore entre deux voyelles,
c'est-ä-dire entre deux phonemes sonores: lat. ripa > prov. esp.
port. riba, rhet. riva, fr. rive). Si M. D. affirme que les modi-
fications phonctiques ne sont pas toujours des «affaiblissements»,
il a certainement raison; mais aussi ne faut-il pas oublier que la
«loi du moindre effort» est ä chaque instant contrecarree par une
certaine «loi d'emphase», qui exerce son influence surtout sur les
voyelles toniques en les allongeant et en les diphtonguant. C'est
de la lutte de ces differents facteurs, parmi lesquels la differen-
ciation des organes vocaux joue un role des plus importants. que
me semble sortir l'evolution phonetique d'une langue.
Le merite de l'ouvrage de M. D. ne consiste pas tant en
la nouveaute et l'originalite des idees qu'en la facon claire et
elegante dont il aborde les problemes epineux de la linguistique et
en ses conseils utiles aux patoisants.
A. WaUe7isköld.
') Abbe Rousselot, Les modiftcatioiis phonetique du langage etudiees
dans le patois d'une famille de Cellefrouin, Revue des patois gallo-romans, t. V,
Suppl., p. 42 [414].
J. Ö/i(fuist, Tysk öviiingsbok ; Saksankielen Harjoituskirja ; etc. 91
Öhquist, Johannes, Tysk Övningsbok. Tredje omarbetade
upplagan. Helsingfors, Otava, 1907. 205 S. 8:0.
Derselbe, Saksankielen Ilm-joituskirja. Kolmas uudistettu
painos. Suomeksi sovittanut ]/ . R. Helsingissä, Otava, 1907.
220 S. 8:0.
Derselbe, Shivprov ßr SUideutexamen i Tyska. Helsingfors,
Otava, 1907. 49 S. 8:0. Preis: i Fmk.
Derselbe, Saksankielen Kirjoituskokeei Ylioppilastutkintoa vatten.
Helsingissä, Otava, 1907. 50 S. 8:0. Preis: i Fmk.
Derselbe, Tysk Elemetitarbok. Fjärde omarbetade upplagan.
Helsingfors, (Jtava, 1907. 219 S. 8:0. (Nebst einem 8 Seiten um-
fassenden Bilderbogen I.
Derselbe, Saksankielen Alkeiskirja. Viides uudistettu painos.
Helsingissä, Otava, 1907. 22}^ S. 8:0. (Nebst dem obenerwähnten
Bilderbügen).
Die neuerschienenen Auflagen der obenerwähnten bekannten
Lehrbücher Lektor Öhquists liegen diesmal in immer wesentlich
umgearbeiteter Form vor.
So tritt das «Übungsbuch» jetzt als ein fast ganz neues
Buch auf und «zwar in zweierlei Beziehungen»: teils um «frisches
Übersetzungsmaterial» teils um eine grössere Zahl leichter Übungs-
stücke bieten zu können. Es ist wohl kaum nötig hervorzuheben,
dass der Herausgeber des Buches in beiden diesen Beziehungen
einem lebhaften Wunsch der Lehrer entgegenkommt. In der ersten
Abteilung ist nicht nur das schon befindliche Übungsmaterial vermehrt,
sondern sind ausserdem auch Übungsstücke hinzugefügt worden,
welche sich auf Kapitel in der Grammatik beziehen, die in den
früheren Auflagen nicht behandelt sind. In der zweiten, «syste-
matischen» Abteilung hat jeder Abschnitt jetzt ein oder mehrere
aus kurzen und leichten Sätzen zusammengestellte Stücke erhalten,
welche so zu sagen direkte Beispiele zu den grammatischen Regeln
bilden.
Von diesen Stücken sind einige jedoch allzu einfach, wie
z. B. St. 100, 141 — 143, welche blos Substantive und allerlei
Verbformen aufzählen, die ebenso gut ohne Buch in derselben
Weise eingeübt werden könnten. Statt der drei letzteren hätte
man lieber z. B. ein gutes Übungsstück für die Passivformen ge-
wünscht. Von den Stücken der dritten Abteilung sind nur die
zehn ersten «der früheren Auflagen in die neue herübergenommen,
das Übrige aber vollständig durch neue Stücke ersetzt.» Der
Inhalt ist abwechselnd; die Zahl der leichten Stücke ist aber hier
kaum grösser als früher; einige Anekdoten sind dem Hoppe'schen
Übungsbuche entnommen. Zum Schlüsse dieser Abteilung giebt
92 Besprechungen. M. IV — s, y. Öhquist, Tysk Övningsbok; etc.
es «einige Kapitel aus der deutschen Litteraturgeschichte», wo die
deutsche Litteratur in ihren Hauptepochen behandelt wird. Diese
glückliche Idee ist der allergrössten Anerkennung wert. Die
Schüler bekommen dadurch eine freilich sehr bescheidene, aber
doch orientirende litterargeschichtliche Kenntnis, welche mancher
Lehrer ihnen vielleicht sonst keine Gelegenheit zu geben findet.
So lange es keine für unsere Schulen geeignete deutsche Litteratur-
kunde giebt, kann ja eine solche kurze Übersicht von 1 7 Seiten
eine Mission zu erfüllen haben. Auch vom principiellen Ge.sichts-
punkte aus ist es wohl richtig danach zu streben, in die Über-
setzungsstücke für die höheren Klassen einen realen Stoff einzu-
führen, so dass der zu übersetzende Text nicht nur als sprachliche
Übung, sondern auch des Inhalts wegen durchgearbeitet zu werden
verdient.
Trotzdem die Übersetzungsstücke für das Maturitätsexaraen
aus dieser neuen Auflage ausgeschieden worden sind, umfasst sie
doch etwa 20 Seiten mehr als die früheren. Wie aus dem obigen
Verzeichnis hervorgeht, sind diese Stücke (sogar für das Jahr 1907)
als ein besonderes mit einem Wörterbuch versehenes Heft er-
schienen.
Das « Elementarbuch > hat eine ganze neue Abteilung er-
halten, wodurch die Schüler stufenweise in das Wichtigste der
Formenlehre der deutschen Sprache eingeführt werden sollen. In
jedem Stück giebt es einige Musterbeispiele in der Form von
Fragen und Antworten, imd in Analogie mit denselben sollen die
Scliüler dann ähnliche Fragen beantworten. Von solchen Fragen
findet man auch im Buche eine ganze Menge. Im Anfang eines
jeden Stückes stehn eine Anzahl Wörter, welche den nötigen Wort-
vorrat für diese Sprechübungen liefern sollen; zu dieser Abteilung
gehört ausserdem ein Heftchen mit Bildern, welche die Gegenstände,
worüber gesprochen werden soll, darstellen. Wahrscheinlich um
den Preis des Buches nicht zu erhöhen, hat aber dieser Bilder-
bogen ein sehr dürftiges Aussehen erhalten. Man würde sich
lieber mit einer geringeren Anzahl von den einzelnen abgebildeten
Gegenständen begnügen, mit denen man übrigens in den meisten
Fällen (wie z. B. Bleistift, Feder, Heft, Buch, u. a.) ebenso gut
«in natura» operiren könnte, um statt dessen das letzte Bild in
Farben gut ausgeführt zu haben. Was die iVnordnung des
Stoffes dieser Abteilung und die Absicht mit derselben sonst be-
trifft, sagt der Verfasser darüber im Vorworte u. a. folgendes:
«Den Stoff der ersten Abteilung habe ich sowohl in grammatischer
Hinsicht wie im Wortschatz möglichst einzuschränken gesucht. Es
ist in grammatischer Hinsicht nur das herangezogen worden, was
zu einer einfachen Satzbildung in gewöhnlicher Unterhaltung un-
A. Ml)g, A. Bohnhof, The Jtinior Englisli Reackr. 93
bedingt notwendig ist. . . . Der Zweck der beigegebenen Ab-
bildungen ist übrigens nicht so sehr ein lexikalischer als vielmehr ein
formell -grammatischer : sie sollen vermittelst der verschiedenen
Farben und Grössen dazu dienen die Flexion der Nomina prak-
tisch einzuüben. . . . Die am Ende eines jeden Stückes gegebenen
Frage- und Antwortübungen sind deshalb nicht als erschöpfend zu be-
trachten, sondern sollen für den Lehrer das Schema abgeben,
nach welchem er diese Uebungen beliebig variiren kann und muss.»
Ohne Zweifel ist diese Abteilung ein Gewinn für das Buch.
Die Stücke sind sehr systematisch und melodisch zusammengestellt;
es ist aber fraglich, ob sie auch immer sich leicht und mit Erfolg
und Interesse in der Praxis behandeln lassen. Der Rec. wird
später Gelegenheit haben die neue Auflage in seinem Unterrichte
anzuwenden, und wird dann noch einmal auf diese Abteilung des
Buches zurückkommen. - — Die Grammatik ist, abgesehen von
einigen teilweise kaum nötigen Ergänzungen, leider unverändert ge-
blieben. Da nun die obenerwähnte Abteilung schon beabsichtigt,
den Schülern das wichtigste der Formenlehre durch Beispiele und
praktische Übungen beizubringen, hätte man auch eine gänzliche
Umarbeitung der Grammatik erwartet, wodurch diese zusammen-
fassender^ übersichtlicher und einfacher gemacht worden wäre. —
Von den Lesestücken sind einige in die neue Abteilung hinüber-
gezogen; sonst sind die alten beibehalten. Auch hier hätte man
aber gern Veränderungen gewünscht. Also trotz des Neuen, was
der Verfasser in seiner neuen Auflage bietet, möchte man noch
mehr Neues haben. ^ rjr
The Junior EngUsli Reader ivith Glossary and Notes, edited
by Anna Bohnhof. Helsingfors, The Helios Company Ltd, 1908.
Price 5:2,5.
Miss Bohnhof's new Reader is intended for junior classes,
and in that respect it certainly fills a great \\ant in our English
school-literature. The book begins with a historical part containing
Short tales and descriptions from the history of England, arranged
in chronological order. The historical pieces are well chosen, also
from the literary point of view, and in connection with them it
is easy for an interested teacher to give hints on the development
of English literature during the chief periods described in these
narratives. I should only like to make the remark that this part
comes too early. It would be more natural to have it at the
end of the book, as it is rauch more difficult than the second
part, requiring more knowledge of English and implying a greater
94 Protokolle des Neuphilologiscken Vet-eins.
development of the pupils. The second part contains anecdotes
and Short stories, some of which are very suitable for young read-
ers and easy enough for beginners. And, I am glad to say, I
find very little of the usual English maudlin sentimentality in
them. — The book ends with two longer stories: Mowgli's Brothers
and an extract from Peter Simple. As to the latter, I think
it is not quite so well chosen as the previous stories, being too
long and ending rather abruptly. Another complete story would
perhaps have been niore adapted to attract the attention of
young pupils.
In connection with the Reader there is a Glossary (Finnish
& Swedish), with Notes, bound as a separate volume, handy to
use, and to be kept inside the same cover as the chief volume.
It will be welcome to the pupils saving them the trouble of look-
ing out words from big dictionaries.
As something quite unusual for school-books in Finland I
may mention the exceedingly pretty binding.
Another astonishing thing — especially in an English book
printed in Finland — is the fact that there are so few misprints
in it, but, urhappily enough, most of them appear on the very
first pages, on account of which the first impression is not so
good as it would be without the mistakes.'
The book will certainly find a wide circulation among stu-
dents of the English language.
A. Mbg.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 25. Januar 1908, bei welcher Sitzung der
Vorstand und 1 1 Mitglieder anwesend waren.
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
Der Vorsitzende sprach einige warme Worte zum Andenken
des am 19. Januar in Florenz verstorbenen ^Mitgliedes des Neur
philologischen Vereins, Dr. phil. Torsten Söderhjelm, aus. Diese-
Protokolle des iVettphilologischen Vereins. 95
Verlust sei um so schmerzlicher, als man alle Ursache gehabt
habe, von Seiten des jungen Gelehrten eine ungewöhnliche wissen-
schaftliche Tätigkeit zu erwarten. Schon durcli seine Abhandlung
für den Doktorgrad über die Sprache in einem altfranzösischen
Texte habe er sich als ein geschickter Neuphilologe gezeigt ; sein
eigentliches Interesse habe sich jedoch der Litteraturgeschichte der
romanischen \'ölker zugewandt. Im dem für das grosse Publikum
bestimmten Buche über die italienische Renaissance, das er unter
Mitwirkung seines Bruders, des Ehrenpräsidenten des \'ereins,
Ende IQ07 veröffentlicht habe, seien seine seltenen Anlagen als
Gelehrter und Stilist recht zum ^"orschein gekommen. Unsere
l'niversität hätte zweifelsohne in kurzer Zeit die Gelegenheit ge-
habt ihn in den Kreis ihrer Lehrer als Dozenten der Litteratur-
geschichte einzuführen. Sein Tod sei also ein ungeheurer Verlust
für alle Freunde der Wissenschaft und vor allem für den \'erein,
der zum grossen Teil aus Kameraden des \'erstorbenen bestehe.
§ 3-
Prof. Werner Söderhjelm, der nicht persönlich anwesend war,
hatte einen Aufsatz über die im Langenscheidtsc:hen \^erlage
herausgegebenen Hilfsmittel für den modernen Sprachunterricht
verfasst, der von Prof. A. Wallensköld verlesen wurde. ^
§ 4.
Prof. Jos. Mandehtam besprach die zwei bis jetzt erschienenen
Teile von Wundts « ^'ölkerpsychologie, 2:ter Band: Mythus und
Religion». Wegen der Fülle des Stoffes und mit Rücksicht auf
die knapp zugemessene Zeit wollte sich Prof. M. hauptsächlich auf
ein Referat des Inhaltes des grossen Werkes beschränken. —
Nachdem er die einleitenden Auslegungen Wundts über die psycho-
logische Natur der Phantasie in aller Kürze referiert und auf
das 2:te Kapitel hingewiesen hatte, welches die psychologischen
Grundlagen einer Theorie der Kunst erörtert, kam er zu den folgen-
den Kapiteln, welche von dem Mythus handeln. — Um seine
eigene Auffassung klarer zu begründen, beginne \\'undt mit einer
Übersicht über die bisherigen Theorien; dann teile er die Grundlagen
seines Systems mit. Die Auffassung \\'undts ruhe durchaus auf
psychologischen Tatsachen und ziehe die Ergebnisse sowohl der
neueren experimentellen Psychologie wie die der Völkerpsychologie
zu Rate. So scheide er z. B den Mythus von der Dichtung
und führe beide auf verschiedene psychologische Funktionen zurück.
Sieh Neuphil. Miueil. dieses Jahres S. 27 ff.
96 Protokolle des N^euphilologischen Vereins.
Dieser streng psychologische Gesichtspunkt und das Bestreben,
aprioristische Spekulation fernzuhalten, seien als besondere Ver-
dienste des Werkes hervorzuheben. — Von dem Inhalt des zweiten
Teiles, der die Seelenvorstellungen und die damit zusammenhängen-
den niedrigeren Kultus-, Mythus- und Geisterformen behandelt, gab
Prof. Mandelstam eine allgemeine Andeutung und besprach nur
einige Punkte etwas eingehender, z. B. die Behandlung des primi-
tiven Animismus und seines Verhältnisses zum Fetischismus, die
Theorie der Tabugebote und der daraus entsprungenen Sühne-
zeremonien, den Ahnenkultus, den Dämonenglauben und die damit
verwandten Kultusformen. — Prof. M. sprach zum Schluss den
Wunsch aus, diejenigen Mitglieder des Vereins, die sich für die
mythologischen Forschungen interessieren, möchten die Arbeit
W^undts eingehend studieren.
Lektor /. Poirot sei dem Referenten dankbar dafür, dass er
den Verein mit den Ansichten Wundts bekannt gemacht habe.
Wie alle Werke dieses Verfassers, bezeichne auch dieses einen
wissenschaftlichen Gewinn und enthalte eine Menge beachtenswerter
Gesichtspunkte. Da jedoch das Buch erst mit dem dritten Bande
vollständig vorliegen werde, sei es jetzt zu früh mit einer Haupt-
kritik der darin enthaltenen Theorien hervorzutreten. — In einem
wesentlichen Punkte könne Lektor P. den Ansichten W:s nicht
beitreten. W. trenne nämlich den Mythus von der Religion und
führe sie beide auf verschiedene psychologische Vorstellungen zurück.
Die Gründe für diese Trennung habe W. noch nicht angeführt,
sie schienen aber wohl auf seiner ganzen Auffassung der Ent-
wickelung zu beruhen. W. bestreite es nämlich, dass ein Keim
sich verbreiten könne, der schon alle Entwickelungsmöglichkeiten
in sich enthalte. Die Richtigkeit dieses metaphysischen Postulates
wolle aber Lektor P. nicht einleuchten. — Befremdend sei weiter,
dass W. auf die Forschungen der französischen Antropologen keine
Rücksichten nehme. Er stütze sich immer nur auf individuell-
psychologische Theorien. Ein grosser Gewinn wäre es gewesen,
wenn er das gesellschaftliche Leben mehr analysiert und die Sozio-
logie öfter zu Rate gezogen hätte. — Weiter vermisse man bei
W. die Erklärung des Begriffes des «Heiligen» (sacrum), der sehr
schwer zu definieren sei und zu dessen Analyse die individuelle
Psychologie nicht genüge, sondern die starken Einwirkungen der
Individuen auf einander mit einbezogen werden müssten. — Eine
schwache Seite des Buches sei hauptsächlich, dass W. sich noch
nicht von der individuellen Psychologie befreit habe, und weiter
dass er den Aufbau seiner Theorie zu sehr von seinem allgemeinen
psychologischen System abhängig gemacht habe.
Prof. Jos. Mandelstam wollte gegen Lektor P. hervorheben,
Protokolle des Neuphilologischen Vereins. 97
dass AA'. seine Theorie ausschliesslich mit der Beihilfe einer ganzen
Reihe empirischer Fakta aufbaue : nichts sei bei ihm lose Speku-
lation. — Wie W., sei Prof. INI. der Ansicht, dass Religion und
Mythologie ganz zu trennen seien, wenn auch gegenseitige Verbin-
dungspunkte keineswegs fehlten. Was die Rolle der Soziologie be-
treffe, so könne diese Wissenschaft hier, wo der Verfasser zu dem
ganz primären Zustande und zu den Individuen zurückgehen
müsse, von keinem besonders grossen Nutzen sein. Obgleich W.
sich prinzipiell skeptisch gegen die soziologische Forschungsmethode
stelle, untersuche er dennoch, wo nötig, soziale Verhältnisse. —
Schliesslich habe W. den Begriff des «Heiligen» genügend her-
vorgehoben, indem er diesen Begriff bei den Kulturvölkern dem
Begriff der Furcht bei den Primitiven entgegensetze.
In fidem:
Hoher Petersen.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 2 2. Februar 1908, bei welcher Sitzung der
Vorstand und g Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und
geschlossen.
§ 2.
Der Bericht der Revisoren für das Jahr 1Q07 wurde verlesen:
Bericht der Revisoren
über die Kassenverwaltung des Neuphilologischen Vereins für die
Periode i. Januar 1907 — i. Januar 1908.
Einnahmen:
Abonnements der Neuphil. Mitteil Fmk 394: —
Jahresabgaben der Mitglieder » 594: —
Von der Universität für die N. INI. angewiesen . » 500: —
Verkaufte Exemplare der «Mcmoires» T. I — IV . » 93: 57
Zinsen » 43: 80
Summe Fmk 1625: 37
In der Kasse den i. Januar 1907 » 1477: 49
Summe Fmk 3102: 86
98 l'rotokolle des Neuphilologischc7i Vereins.
Ausgaben:
Druckkosten der Neuphil. Mitteil. (Nr. 5/8 1906). Fmk 412: 82
» » » :> (Nr. 1/4 1907). » 381: 64
Verfasserhonorare für die Neuphii. Mitteil. » 293: 75
Porto, Stempelmarken und Distribution. . . > 129: 41
Transport von «IMcmoires» I — IV » 2: 10
Anzeigen » 82: —
Bedienung « 42: —
Jahresfest 48: 50
Telegramm » 6: 70
Summe Fmk 1398: 92
In der Kasse den i. Januar 1908 » 1703: 94
Summe Fmk 3102: 86
Helsingfors d. 15. Februar 1908.
Holger Petersen.
Bei der heute bewerkstelligten Revision der Kassenverwaltung
haben wir sämtliche Posten mit den uns vorgelegten Verifikaten
übereinstimmend gefunden, und schlagen wir deshalb vor dem
Kassenverwalter Decharge zu erteilen.
Helsingfors den 22. Februar 1908.
Maisie Stolize?tberg. Ediv. Järnstjötn.
Dem Kassenverwalter wurde Decharge erteilt.
§ 3.
Der Vorsitzende teilte mit, der Verein habe auch dieses
Jahr vom Consistorium Academicum eine Summe von 500 Fmk.
als einen Beitrag für die Bestreitung der Druckkosten der «Neu-
philologischen Mitteilungen :> erhalten.
^ 4-
Als Mitglieder des Jahresfestkomitees wurden vorgeschlagen
und gewählt: Professor A. Wallensköld, Lektor |. Poirot, Mag.
phil. Fräulein M. Stoltzenberg und Student Johan Vasenius.
b^ 5-
Der Vorsitzende teilte mit, der Verein «Nyfilologiska sällskapet»
in Stockholm habe ihm den Prospekt des 4:ten Bandes seiner
Protokolle des Neuphil ologischen Vereins 99
Publikation : <^ Studier i modern spräkvetenskap» zugesandt, und
sei der Vorsitzende bereit Abonnemente entgegenzunehmen.
§ ^■
Prof. A. Wallensköld gab ein ausführliches Referat von fol-
gendem Buche . Albert Dauzat : « Essai de methodologie linguistique
dans le domaine des langues et des patois romans. These pour
le doctorat es-lettres (Paris).» Paris, H. Champion, 1906. ^
Prof. Hugo Pipping wollte anlässlich des Referates einen bei
der Veränderung der Sprache mitwirkenden Faktor erwähnen, der,
so viel er wisse, nie früher beachtet worden sei. Der Umstand,
dass der Sprechende die Wörter sowohl durch den Ohrgang als
durch die eustachische Röhre hört, der Hörende aber die Laute
nur durch den Ohrgang auffängt, bewirke, dass dieser die Wörter
auf eine etwas andere Weise höre als jener. Dies werde auch
dadurch bewiesen, dass man seine eigene Stimme in dem Phono-
graphen nicht recht erkennen könne. Da also das Kind, das die
Sprache lernen soll und die Laute der Eltern zu imitieren versucht,
diese anders höre und auffasse, als die Eltern selbst, habe man
hier mit einer Ursache einer steten successiven \^eränderung in
der Aussprache von Generation zu Generation zu tun.
In fidem:
Holger Petersen.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 14. März IQ08 (Jahresfest), bei welcher
Sitzung der Ehrenpräsident, der erste Vorsitzende,
der Schriftführer und 24 Mitglieder anwesend waren.
Als neue Mitglieder des Vereins wurden vorgeschlagen und
gewählt: die Studenten Fräulein Alma Ulrika Fogde, Fräulein Signe
Ingehorg Appelberg, Fräulein Aurora Munthe, Fräulein Agnes Lan-
genskjöld und Herr K. A. Nyman.
Vgl. die Besprechung oben S. 88.
Emzesavdte [.itterahir.
Professor Weiner Söderlijelm hielt einen \'ortrag über die
erste abendländische Sammlung, von t)rientalischen Erzählungen, die
s. g. «Disciphna clericalis».
Es folgte ein geselliges Beisammensein, wobei die drei letzten
Scenen der <; Farce de maitre Pierre Pathelin» von Mitgliedern des
Vereins aufgeführt wurden, nachdem Lektor J. Poirot einige orien-
tierende Bemerkungen über den Inhalt des Stückes vorausgeschickt
hatte. Beim Souper brachte der Vorsitzende einen Toast auf die
Ehrenmitglieder, den Ehrenpräsidenten Prof. W. Söderhjelm, und
den ehemaligen Vizepräsidenten und Redakteur der «Neuphil.
Mitteil.», den Dozenten Hugo Suolahti, der sich gegenwärtig im
Auslande aufhält und dem Verein ein Telegramm zugesandt hatte,
aus. Prof. Jos. Mandelstam sprach in einigen Worten dem Präsi-
denten, Prof. Axel Wallensköld, den Dank der Vereinsmitglieder
aus. Im Laufe des Abends trugen einige Mitglieder mit verschie-
denen Gesangnummern zur Unterhaltung bei.
In fidem :
Holder Petersen.
Eingesandte Litteratur.
Alois Brandl, Geschichte der altenglischen Literatur. I. Teil :
Angelsächsische Periode bis zur Mitte des zwölften Jahrhunderts
(Sonderabdruck aus der zweiten Auflage von Pauls Grundriss der
germanischen Philologie). Strassburg, Karl J. Trübner, 1Q08.
204 S. gr. 8:0. Preis: 4 Mark 80 Pf., geb. 5 Mark 60 Pf.
F. A . Mohr, Taschenwörterbuch der dänischen und deutschen
Sprache (Methode Toussaint-Langenscheidt). I. Teil: Dänisch-
Norwegisch-Deutsch. XIV, 646 S. — Teil II : Deutsch-Dänisch.
VI, 474 S. — Anhang: Das deutsche Zeitwort, Schema der Konju-
gation und Wörterbuch der Zeitwörter, verfasst von Prof. Dr. Dan.
Sanders, revidiert und bearbeitet von Dr. Julius Du77icke. 40 S.
Berlin-Schöneberg, Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung (Prof.
G. Langenscheidt), o. J. Preis: 3 M. 50 Pf.
Schriften austausch. Mitteilungen. lOi
Axel RosendahL Chrestomathie francaise. Morceaux choisis
de prose et de poesie. Avec 34 illustrations. Borgä, W. Söder-
ström, 1908. 172 S. 8:0
Moriz Schittenhelm, Zur stilistischen Verwendung des Wortes
euer in der altfranzösischen Dichtung. (Diss. Tübingen). Halle a.
S., 1907. 80 S. 8:0.
Karl Vollmöller, Briefe Konrad Hofmanns an Eduard von
Kausler aus den Jahren 1848 bis 1873, mit Einleitung und An-
merkungen. Nebst zwei Beilagen: i. Das Geusenliederbuch von 161 1,
2. Dr. Karl Friedrich Wilhelm Lanz, und zwei Tafeln. Erlangen,
Fr. Junge, 1907. (Sonderabzug aus den Melanges Chabaneau,
Rom. Forschungen XXIII, S. 1041 — 1086).
Hzigo Wendel, Die Entwicklung der Nachtonvokale aus dem
Lateinischen ins Altprovenzalische. (Diss. Tübingen). Halle a.
S., 1906. 122 S. 8:0.
Schriftenaustausch.
Antero Viputmi, Suomalaisen Kirjallisuuden Seuran kustan-
tama kansanrunouden kerääjäin ja tutkijain lehti. Toimittaja Väinö
Salminen. Helsingissä, Otava. I. Jahrg. (1Q08), Nr. i — 2. —
Diese neue folkloristische Zeitschrift erscheint als Beiblatt zu der
Zeitschrift Virittäjä.
Bibliographia phonetica, 1908, Nr. l — 2.
Le Mahre Phone'lique, 1907, Sept.— Dez.
Modern Language Notes, Bd. XXIII (1908), Nr. 3 — 4.
Moderna spräk, IL Jahrg. (1908), Nr. 3. — Enthält die
Fortsetzung des Artikels F. Leray's : La loi des trois consonnes.
Päivä, 1908, Nr. 9 — 17.
Rassegna bibliografica della letteratura italiana, Jahrg. X\T
(1908), Heft I— 2-3.'
Virittäjä, Jahrg. XII 1 1908), Nr. i — 4.
Mitteilungen.
Ausländische Besprechungen einheimischer Pu-
blikationen: Memotres de la Socie'te Tieo-philologique ä Helsing-
fors, Bd. IV, bespr. von F. Ed Schneegans in Zeitschrift für ro-
manische Philologie, XXXII (1908), S. 255 f.;/. Runeberg, Etudes
I02 Mitteilungen.
sur la Geste Rainouart, bespr. von Raymond Weeks in Romania,
XXXVII (1908), S. 165 f.; A. Wallensköld, Le conte de la femme
chaste convoitee par son beau-frere, bespr. von P. M[eyer] in
Romania, XXXVII (1908), S. 191 f., von A. Jeanroy in Journal
des Savants, 1908, S. 153 — 154, und in Literarisches Zentral-
blatt, 1908, Sp. 303; Oiva Joh. Tallgren, La Gaya 6 Conso-
nantes de Pero Guillen de Segovia, I, kurz angez. im Arch. f. das
Studium d. neueren Spr. u. Lit., Bd. CXIX, S. 480.
Ferienkurse: In Boulog?ie-sur-Mer (veranstaltet von der
Universität in Lille mit Beihilfe der AUiance fran<;aise) vom i. bis
28. Aug. 1908. — In BesariQon vom i. Juli bis i. Nov. 1908.
— In Genf vom 16. Juli bis 29. Aug. — Nähere Auskunft bei
der Redaktion dieses Blattes.
NeupHiioioqische
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Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
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bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. Wallensköld, j
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Note sur la Ballade des dames du temps jadis
Dans le Bulletin de l'Academie royale des sciences et
des lettres de Danemark, 1907, n:o 2, M. Kr. Nyrop a public
une Ä'^ote sur une hailade de Villon. C'est la Ballade des
dames du temps jadis que visent les commentaires du savant
professeur. Sa note ne donne pourtant pas une analyse du
contenu poetique de la bailade — Gaston Paris a rendu
superflue toute Interpretation ä ce sujet. M. Nyrop se borne
ä traiter de la formule rhetorique : «oü est Flora — — oü
est la tres sage Hellois» etc., dont Villon s'est servi dans
ce celebre poeme, de meme que dans la Ballade des seigneurs
du temps jadis et dans la Ballade en vieil langage frangois.
Le cadre de tous ces poemes est traditionnel, comme on le
sait, et differents auteurs en ont dejä de bonne heure montre
certains prototypes. ^ Dans la note du savant danois sont
reunis un certain nombre d'expressions poetiques de la question
melancolique: oü sont ceux qui ont vecu avant nous? Mais
M, Nyrop n'a sans doute pas voulu epuiser la matiere. II
' Dans la Revue aitique du 3 fevrier 1908 (p. 96) M. A. J[eanroy]
renvoie, pour completer les materiaux recueillis par M. Nyrop, ä la these de
Campaux sur Villon et ä Puymaigre, La cotir liäeratj-e de doii Jeatt IL Ni
Tun ni l'autre de ce^ ouvrages ne nous a ete accessible.
I04 Yrjö Ilirji,
ne faut donc pas considcrer comme une critique de son
travail l'essai fait ici de completer ses indications.
Les premieres et les plus anciennes des poesies citees
par M. Nyrop sont deux hymnes latines, l'une du Xl-e siecle,
dit-on, et lautre du Xlll-e. Toutes les deux ont dejä ete,
comme le dit M. Nyrop, citees par M. H. Havelock Ellis. ^
Toutefois M. Ellis n'a imprime que quelques fragments de
ces hymnes, et les citations de M. Nyrop sont egalement
incompletes. ^ II est vrai que les extraits qu'il donne sont
suffisants pour prouver la concordance avec les ballades des
dames et des seigneurs defunts. Mais ils ne donnent pas
une idee assez nette du caractere des poemes latins. Ainsi,
de la premiere hymne (celle dans laquelle la caducite des
choses est comparee ä la glace qui degele sous le soleil —
«oü sont les neiges d'antan!»), le titre et les quatre premieres
strophes ont ete omises. Si on en jugeait par cet echantillon
insuffisant, on ne saurait pas que
Audi, tellus; audi, magni maris limbus
— c'est le premier vers du poeme original — est une hymne
purement liturgique qui a souvent ete chantee ä l'eglise aux
visfiles des morts. ^
' H. Havelock Ellis, Villon and Church Hymn^ (The Academy
27 mai 1882)
- On peut dire en passant que M. John Addington Symonds — peut-
etre inspire par Tarticle de M. Havelock Ellis ■ — a mis en vers anglais la
premiere de ces hymnes (Franfois Villon and tivo latin Church Hymns, dans
The Academy du 2 dec. 1882). L'autre a, selon Symonds, ete traduite en
anglais dejä au temps d'Elisabeth.
' Pour un texte complet et abondamment annote comp. Blume,
Tropen des Missale. Zweite Folge (Analecta hymnica 49), p. 378 — 80 (Super
Libera me Dotnine). Le titre du poeme est dans quelques manuscrits Prosa
seu sequentia pro defunctis, dans d'autres In officio mortuorurn. Les nombreuses
variantes prouvent qu'il a ete tres repandu. On le cite le plus souvent d'apres
le texte qu'en a donne, dejä en 181 7, Rambach dans son Anthologie christ-
licher Gesänge^ I, p. 361. Des notices historiques sur le poeme sont donnees
par Rambach, p. 354 — 5. II est ä noter, que les deux premiers vers Audi
tellus etc. forment aussi le debut d'un poeme plus ancien De die novissimo
(Blume, ouvr. c., p. 369 suiv.) qu'il ne faut par> confondre avec notre
sequence.
Note sur la Ballade des dames die temps jadis. 105
L'autre poeme a ete traite par M. Nyrop d'une maniere
plus incomplete encore. II pourrait toutefois donner lieu ä
plus dune Observation interessante. Cette chanson — eile
n'etait sans doute pas, comme Audi iellus, une hymne
destinee ä etre chantee ä l'eglise aux offices liturgiques, mais
plutöt une poesie de reflexion d'un caractere prive et tres
personnel — est un des produits les plus debattus de la
poesie medievale. Elle a pour titre De vanitate mundi ou
De cüjitemptu mundi et traite de la vanite de la gloire plutot
que de l'inconstance de la vie. Les vers imprimes par
M. Nyrop:
Die ubi Salomon, olim tarn nobilis,
Vel ubi Sampson est, dux invincibilis? '
sont precedes d'une Strophe qui par ses reflexions generales
donne une explication des Die ubi souvent repetes:
Cur mundus militat sub vana gloria
Cujus prosperitas est transitoria?
Tarn cito labitur ejus potentia
Quam vasa figuli quoe sunt fragilia.
Ce poeme a, comme le dit M. Nyrop, ete attribue ä
Jacopone da l'odi. On peut ajouter ici qu'on a meme cru
savoir dans quelles circonstances il a ete compose. Le poete
franciscain aurait compose Cur mundus militat pour se consoler,
quand il avait ete emprisonne par Boniface VIII. - D'autres
ecrivains assurent, par contre, que Jacopone aurait seulement
admire le poeme et qu'il l'aurait souvent copie pour ses
amis, ^ ce qui aurait fait que dans quelques manuscrits le
poeme en question a pris place parmi ses propres ecrits. *
' Rambach, Anthologie, I, p. 279 suiv. ; Patrologia latina, ed Migne,
184, coli. 1313 — 16; Daniel, Thesaurus hymnologicus. II. p, 379. Comp.
Blume, Pia dictamina dans les Analecta hymnica, 33, p. 267 — 8.
* Comp. Haureau, Su7- les poetnes latins atti-ibues a saint Bernard (Jour-
nal des savants, 1882, p. 177). Selon une autre anecdote Jacopone aurait
presente ce poeme, avec une chanson italienne, comme une espece de preuve
de maturite, a quelques moines fraiiciscains qui hesitaient ä le recevoir dans
leur couvent (Ozanam, Les poetes franciscains, p. 139).
^ Comp. Haureau, oitvr. c, p. 178,
■* Voy. JuUian, Dictionary of Hymnology, p. 1082.
io6 Yrj'ö Hirn,
II existe pourtant d'autres traditions qui designent
l'auteur de Cur mundus niilitat comme «Golias». C'est ä
cause de cela que la chanson en question a souvent ete citee
sous le nom de Walter Mapes. ^ II serait incontestablement
interessant qu'un poeme qui a tant de points communs avec
la ballade de Villon eüt ete compose par un autre poete de
cabaret. Malheureusement il n'y a que peu de savants qui
se soient prononces en faveur de cette Hypothese. Dans les
anciens recueils Cm- mundus porte un autre nom qui a un
son tout autre que celui de l'auteur de Mihi est propositum:
c'est qu'on le cite comme l'oeuvre de saint Bernard. '^
II est, comme on sait, incertain si saint Bernard a
compose une seule des hymnes qui dans les anciennes edi-
tions ont ete admises parmi ses oeuvres. Le grand cycle
de louanges de la Viefge est aujourd'hui attribue ä son
homonyme moins celebre, Bernhardus Morlanensis. -^ C'est
egalement sans doute ä cause d'une confusion des noms que
Cur mundus, oeuvre d'un auteur qu'il faut bien designer comme
inconnu, a ete attribue ä «Bernhardus Clarevallensis». Car
Bernard, moine de Morlaix (ou Morias), * a, lui aussi, ecrit
un poeme intitule De conteniptu niundi. C'est un poeme en
hexametres leonins dont le style prolixe et didactique ne
ressemble guere ni ä la ballade de Villon ni ä ses prototypes
' Comp. Rambach, Anthologie, I, p. 269 ; Edelestand du Meri), Foesies
fopulaires latines du moyen age, p. 126.
^ Dans les redactions publiees par Mabillon (Sancti Bernardi Opera
omnia, vol. II, 2, p. 1771) et par Rambach et Migne (ouvr. c.) les premiers
vers se lisent ainsi :
O miranda vanitas ! o divitiarum
Amor lamentabilis ! o virus amarum !
Cui- imindus mihtat a ete ici, comme l'a fait observer du IVIeril, reuni a
tort avec quatre strophes d'un autre poeme avec lequel il a eu de commun
le titre et le contenu general, mais dont il se distingue par la forme metrique
et le style. Comp, du Meril, ouvr. c., p. 125,
^ Haureau, ouvr. c., p. 408 ; Dreves, Hymnographi latini, II (Ana-
lecta hymnicn, },o), p. 423.
■* Pour l'interpretation du mot Morlanensis, comp. Anal, hytnn., 50,
P- 423.
Note Sit} la Ballade des dames du temps jadis. 107
cites ci-dessus. Mais on trouve dans ce poeme aussi les
memes questions rhetoriques qui sont si souvent repetees dans
la poesie medievale. Nous imprimons ici quelques vers qui
touchent directement ä notre sujet:
Est ubi gloria nunc Babylonia ? sunt ubi dirus
Nabugodonosor? et Darii vigor ? illeque Cyrus?
Nunc ubi curia, pompaque Julia? Caesar, obisti;
te truculentior, orbe potentior ipse fuisti.
Nunc ubi Marius atque Fabricius inscius auri?
Mors ubi nobilis et memorabilis actio Pauli ?
Diva Philippica, vox ubi coelica nunc Ciceronis ?
Fax ubi civibus alque rebellibus ira Catonisr
Nunc ubi Regulus, aut ubi Romulus, aut ubi Remus?'
De la litterature en langues modernes M. Nyrop signale
une ballade italienne anonyme du Xlll-e ou du XlV-e siecle
et deux poesies anglaises, l'une de Thomas Haies, l'autre de
John Lydgate. Mais il ne mentionne pas les deux strophes
dans Le miroir des dames et des demoiselles"^ qui se rapprochent
tant des interjections de Villon:
Las! et ou sont celles qui piega furent,
Dont les beautez raconte mainte hystoire?
Judich, Hester, qui tant grant beaute eurent,
Dont mencion fait la bible et memoire r
Las! et ou sont de Heleine et Lucresse
Les grans beautez, et de Sydoine aussi ?
Faillies sont et mortes en detresse
Passe long temps, et vous mourres ainsi.
Quand il s'agit de la ballade de Villon, on est tente
de renvoyer ä un poeme de son protecteur et confrere en
Apollon, Charles d'Orleans, qui traite — sans questions
rhetoriques, il est vrai — du theme des «helles dames du
temps jadis» :
' Bernardi Morlanensis De conienipiu fiiundi, Liber primus (The
anglo-latin satirical poets and epigrainmatists of the I2th Century, ed. by
Th. Wright. Vol. II, p. 37 — 38). Les vers cites ci-dessus ont ete imprimes
par Edelestand du Meril, ouvr. c, p. 126.
- Public par M. Werner Söderhjelm dans les Neuphil. Mitteil., 1904,
n:o 2, p. 35.
Io8 y^rjö //hfl,
Au vieil temps grand renom couroit
De Creseide, Yseud, Elaine
Et maintes autres qu'on nommoit
Parfaites en beaute hautaine:
Mais, au derrain, en son demaine,
La mort las prist piteusement. '
On a naturelleinent tort de parier d'un rapport, ou
meme d'une ressemblance intrinseque, avec la bailade de
Villon chaque fois qu'un poete se sert de la formule :
«Oü sont ». Remy de Gourmont qui, dans son livre
Le laiin mystique, cite Cur mundus comme le prototype de
la Ballade des danies du teinps jadis s'est donc laisse induire
en erreur, quand il continue : «Meme theme en le Pianto de
la Chiesa reducta a mal stato de Jacopone da Todi».^ II
est vrai que dans ce chatiment le poete s'ecrie: Do son li
patri pien de fede do son li profeti pien desperanza
— — — Do son li apostoli pien de fervore Do son
li martiri pien de forteza etc. Mais ce ne sont pas
des reflexions sur la mort et l'aneantissement qui ont amene
sa plainte, Jacopone cherche les prophetes, les peres et les
martyrs parmi les vivants, et il exprime son amertume parce
que l'Eglise ne possede plus des heros pareils ä ceux qui
donnerent de l'eclat ä son äge heroique. ^
On peut toutefois etre persuade que des formules comme
«Oü sont les » de Villon ont ete employees dans la
litterature bien avant le Xll-e siecle, epoque oü a ete
composee l'hymne funebre Audi tellus. Nous avons annote,
dans la Co?isolatio philosophi(X de Boece, les vers suivants
que les poetes medievaux se sont peut-etre rappeles:
^ Las poemes de Villon et da Charles d'Orleans sont compares
entre eux par Gerusaz dans son Hisioire de la litterature franfaise, I, p.
289. Je dois ce renvoi ä mon ami M. A. Llngfors.
- Remy de Gourmont, Le latin inystique., p. 203, 205 — 6.
•^ Pour une traduction frangaise et une analyse du poeme, voy. Oza-
nam, Les poetes frandscains, p. 154 — 5. Les oeuvres completes de Jacopone
ne m'ont pas ete accessibles, mais M. W. Söderhjelm m'a signale que le
poeme ciie a ete imprime dans la Zeitschrift für roinanische Philologie, III,
p. 190 suiv.
-J
N'ote sur la Ballade des dames du temps jadis. 109
Quid o superbi colla mortali jugo
Frustra levare gestiunt ?
Licet remotos fama per populos means
Diffusa linguas explicet.
Et magna titulis fulgeat claris domus :
Mors spernit altam gloriam,
Involvit humile pariter et celsum caput,
Aequatque summis infima.
Ubi nunc fidelis ossa Fabricii manent ?
Quid Brutus, aut rigidus Cato ? '
Comme archetype de tous ces Ubi sunt ont pourra peut-
etre considerer les questions ironiques que fait Sennacherib
devant les Juifs et leur roi Hischias, 2 Rois, 18, 34: Ubi est
deus Ematk, et Arphad, ubi est deus Sepharnaim, Anu et Ana?
et 2 Rois, 19, 13: Ubi est rex EmatJi et rex Arpad, et rex
civitatis Sepharvaim, Anu et Ana? «Oü sont le roi de
Hamath, et le roi d'Arpad et les rois de Sepharvaiin, Hava
et Iva?» II est d'autant plus probable que ces cris de triomphe
sur les ennemis, morts depuis longtemps, des Assuriens sont
restes graves dans la memoire des poetes medievaux, que les
questions du livre des Rois sont textuellement repetees chez
Esaie, 36,19 et 37,13.
Combien la formule Ubi sunt qui ante nos fuere a ete
aimee au moyen äge de meme qu'ä l'epoque moderne, cela
ressort clairement des sermons. ^ Nous ne suivrons pourtant
pas le developpement posterieur du motif. La bailade de
Villon reste de tout temps l'expression la plus belle du regret
des hommes sur la beaute et la force qui disparaissent comme
«la neige d'antan». Toutes les formes anterieures de cette
pensee nous interessent comme ses predecesseurs, toutes les
redactions posterieures ne sont que des faibles repliques ou
des parodies sans valeur. Yrjö Hirn.
^ Boetius, Consolaiio philosophia , lib. II, cap. VII. On est frappe
par le fait que dejä Boece a pour ses questions choisi les memes noms, Fabrice,
Brutus et Caton, qui se rencontrent si souvent dans les poemes posterieurs.
* Dans Schuck, Svensk Literatur hisioria, I, p. 321, est citee une
oraison funebre suedoise par Silvester Johannes Phrygius (1572 — 1628J qui
avec des noms nouveaux repete les vieilles questions: «Oü est le vieux
Mathusalem? — — — Oü est le fort Samson f — — — Oü est le
bei Absalon ? — — — Oü est le sage Asael?»
I lo Oiva Joh. 7'alls^re?t,
Observations sur les manuscrits de l'Ästronomie
d'Alphonse X le Sage, roi de Gastille
La compilation astronomique du roi-polygraphe espa-
gnol, du XIII:e siecle, publice par M. Rico y Sinobas, en
1863 — 6^, ^ constituait dans l'origine un gros volume conte-
nant seize traites divers de Saber de Astronomia. Garde
actuellement dans la Bibliotheque de la Faculte de Droit de
rUniversite de Madrid, il nous reste un precieux in-folio du
XIII:e siecle, luxueusement execute, mais mutile ä diverses
epoques, qui a probablement appartenu au roi lui-meme.
Ayant ete longtemps conserve ä l'Ecole des Hautes Etudes
d'Alcalä (Complutum), ce manuscrit est connu sous le nom
de Complutense (C). Ses lacunes, considerables aujourd'hui,
surtout vers le commencement du ms., ne sont completees
que par des fragments d'autres mss. espagnols, plus recents
de deux siecles ou davantage, et, en outre, par le cod. vati-
can. 8174 (V), qui contient une ancienne traduction italienne
faite sur le Complutense, des 1341, et qui n'a subi que
des mutilations de peu d'importance. A en juger par ce
que nous connaissons sur le ms. Italien, chaque partie de
C nous a ete conservee par un ms. espagnol quelconque.
Abstraction faite d'un passage situe plus loin dans
l'ouvrage et, aussi, des fragments des Tablas Alfonsis qui
semblent avoir toujours fait defaut au ms. Compl., il n'y a
que le premier des cinq tomes de la publication de M. Rico y
Sinobas qui renferme des portions de texte reconstituees
^ Libros del saber de Ast)-onoiiiia del rey D. AUonso X de Castilla,
compilados, anotados y comentados por Don Manuel Rico y Sinobas. Obra
publicada de Real Orden. Madrid, 1863 — 67. Cinq tomes grand in-folio —
L'editeur a la velleite d'uniformer sans rien dire l'orthographe (qui n'est pas
tres homogene meme dans le ms. C), semblant donner la preference a des
graphies ou formes supposees plus archaiques. L'arbitraire atteint son maxi-
mum aux pages 7 — 80 du premier tome, pour lesquelles il a fallu recourir
a des mss. plus recents. II est ä regretter que le savant professeur de
Santiago de Chile, M. F. Hanssen, ait entrepris ses Estudios ortogräficos
sohre la Astronomia del rei D. Alfonso X (Sant. de Chile, 1895) sur le texte
de M. Rico y Sinobas.
Obsey-vations stir ies tnss. de l' Astronomie d' Alphonse X. 1 1 1
d apres Ies mss. tardifs, ä defaut de feuilles correspondantes
dans le ms. du XIII:e siecle. Voici la liste des mss. connus aux-
([uels il faut recourir pour cette reconstitution, avec l'indication
des passages de la publication de M. Rico y S. oü ils sont
decrits: Ms. Complutense (C, XIII:e s.), de la Fac. de Droit
de Madrid ; v. tome I, page LXXXIX et la suiv. ; t. V, pp.
6 — 10, 103 — 108. — Ms. de Madrid, Acad. de la Historia, est.
26, gr. 4, D, num. 97 (H ; quelques feuilles, du XV:e s.,
d'autres: de la fin du XVI:e) ; v. t. I, pp. XC et suiv.; t. V,
pp. 12 — 14 et 109 — 113. — Ms. de Madrid, Bibl. Nac. 1197,
anc. L 3 (N, XVI:e s.); v. t. I, p. XC; t. V, pp. 17—18
et 118 — 121.
Voici comment se distribuent ces mss. pour le texte
contenu dans le premier tome ^:
Pages 3—4: CN
5 — 6 ne contiennent pas de texte
7—8: HN
9-16: H
17—80: HN
81 — 122: CHN
123: CH
124—141: C
142—143: CH
144 — 152 n'ont pas de correspondance dans
Ies mss.
153—208: C.
Le ms. H, comme nous l'avons dit tout ä l'heure, con-
siste de deux parties, dont la premiere (Hi) montre l'ecriture
du XV:e siecle et le second (H 2) ne remonte qu'ä la fin du
siecle suivant. M. Rico y S., en rendant compte de ce ms ,
dit (V, 109) que l'ecriture plus recente commence au fol. 9r,
et l'on voit par Ies indications de l'editeur, apres avoir corrige
une erreur '"^ ä la p. 109 oü nous sommes, que le texte rela-
' La fa^on dont l'editeur a ordonne son livre — ce n'est qu'en se
rapportant aux descriptions des manuscrits indiquees ci dessus (descriptions
pas tres exactes, du reste) que l'on peut demeler quels sont Ies mss. pour
un passage donne — rend assez difficile la premiere orientation en ce qui
concerne le rapport entre le texte et le ou Ies mss.
■^ Pour la hoja 8, verso, lire «Concluye el teste de la Ossa Mayort.
112 Oiva Joh. Tallgren,
tif ä la constellation de la Grande Ourse se trouve etre copie
deux fois, c'est-ä-dire aux fols. /r et 8v, oü l'ecriture est
Celle du XV:e s. (Hi), et aux fols. gr et lov, oü l'on a
l'ecriture plus recente (H2) \ tandis que les autres constella-
tions ne seraient traitees qu'une fois chacune, soit dans la
partie plus ancienne, soit dans la recente du ins.
En examinant le ms. H, le printemps de 1908, je pus
voir qu'en realite l'on a recours ä quelques pages de plus
de ce texte Hi destine ä jouer un role assez important dans
une future edition critique de V Astronomie d'Alphonse
le Sage.
On voit par la concordance des mss. donnee plus haut
que presque tout le texte correspondant aux pages 7 — 143
de l'edition se trouve en H. Quant aux deux parties de ce
ms., l'on a d'abord, jusqu'k la p. 18, Hi uniquement; pour
les suivantes 19 et 20, oü il s'agit de la Grande Ourse, nous
possedons et Hi (fols. j r et 8 v) et H2 (9 r et lov), comme
il a ete dit tout ä l'heure.
Or, pour les pp. 21 et 22 (constellation du Serpent),
l'on a recours non seulement, comme l'indique l'editeur, ä H2,
mais aussi ä Hi. Ce dernier texte se lit par transparence,
sur deux feuilles collees respectivement derriere les fols. gr
et 10 V dont nous venons de parier. II en est de meme
pour la suite : des feuilles de Hi se trouvent sous H2.
J'eus la satisfaction, dans le courant de mes collations
des mss. de V Astronomie, de pouvoir relever ces interessan-
tes legons Hi, lisibles ä travers ces feuilles superposees qui
portent sur leur face anterieure la laide ecriture de la fin du
XVI:e siecle. Voici la concordance^ de ces feuilles H 1 qu'on
' Les faces intermediaires 7v ä 8r et gv a lor portent les planches
correspondantes, representant respectivement la Petite et la Grande Ourse.
- Gnlce au caractere particulier de notre texte — il consiste de
morceaux d'etendue ä peu pres identique, alternant avec des planches occu-
pant, dans l'edition, une page juste et, dans le ms., les deux faces du livre
ouvert — il est possible d'etablir une concordance par pages entre l'edition
et le manuscrit.
Obsei-vaüons sur Ics mss. de f Astronomie d' Alphonse X. 113
pourrait appeler retrouvces, puisque l'editeur les ignore. Pour
plus de clarte, j'ajouterai dans une troisieme colonne l'indi-
cation des passages correspondants du II 2.
js de l'edition
Hl
H_.
21 et 22
sous
9r
et
lOV
II r et
12 V
23 et 24
sous
II r
et
12 V
I3r et
14 V
25 et 26
sous
I3r
et
14 V
15 r et
i6v
27 et 28
sous
151-
et
l6v
17 r et
18 V
29 et 30
sous
I7r
et
i8v
igr et
20 V
31 et 32
sous
igr
et
20 V
21 r et
22 V
Total, douze iiouvelles pages manuscrites, le fol. 20
etant la derniere des feuilles doubles.
Je rappellerai que les pages intermediaires non indi-
quees ci-dessus (9 V, lor, 1 1 v, 12 r etc.) sont remplies par de
grandes planches. La legende que porte chacune de ces
planches est ecrite, en partie, par la main H 1, mais eile a
ete completee par H2. L'indication de tous les details sur
ce point — details omis en bloc par l'editeur — m'entraine-
rait trop loin. Je me borne ici ä noter que le tout porte ä
croire que le copiste H2 a trouve le ms. Hi inacheve quant
aux planches, car (exception faite de la planche de la Couronne Bo-
reale) nous ne retrouvons la main Hi que dans lepremier secteur
de la «roue» {ruedaj des planches, la legende des autres sec-
teurs ayant ete ecrite par H2. De plus, pour concentrer
maintenant notre attention sur les rapports intrinseques, il
faut faire remarquer que, comme le montrent mes collations ^
' Par exemple, pour un passage qui se lit ä la p. 20 de l'edition:
Hl la tergera por q(ue) no les abo(n)da q(ue) no(n lo enten,diendo
q(ue) lo desprecien. Mas avn q(ui^ere(n) . . .
H2 la tergera porque non les abonda de que ellos non lo entienden
la despregian non lo entendiendo. Mas aun quieren .
M. Rico y S. donne, pour ce passage, un texte conforme ä N. C'est
un manuscrit fort lisible, de haut luxe, mais il faut s'en mefier ä cause des
libertes que se permet le copiste, et non pas seulement en matiere d'orthographe.
Tout en ne m'etant propose originairement qu'une collation rainutieuse
des arabismes de Y Astronomie du roi Alphonse sur CVHi NH-.-, j'ai ete
amene, par l'interSt que semble offrir le sujet, ä entreprendre en plus toute une
114 (^'^« Joh. Tallgren, Ohservations sur les mss. de l' Astronomie etc.
des passages qu'ont en commun ces deux textes, H2 n'est
pas une copie de Hi. Or, admis ce dernier point, et etant
donncque — pour m'en rapporter toujours a mes collations
— le copiste Ha n'a pas non plus eu le ms. N sous les yeux,
il faut se demander: quel etait donc le ms. qui a servi de
prototype a notre copiste pour ces feuilles qui faisaient de-
faut dans C en 1562 (v. Rico y S., t. V 8 et 26)? Sans
vouloir attacher plus d'importance que ne le fait M. Rico y
S. au fait qu'a la fin de ce meme ms. H se trouvent, ecrites
toujours par la main H 2, quelques feuilles de provenance in-
connue \ je m'avoue porte ä soupgonner qu'apres tout il a
pu exister quelque manuscrit ou fragment de manuscrit alphon-
sin, distinct du Codex Complutensis, encore vers 1600. Etait-
ce l'original de celui-ci? En etait-ce une copie aujourd'hui
perdue? Le possedons-nous ä Oxford (cf. Rico y S., V
14 — 16)? Voilä des questions qu'il serait interessant de voir
tranchees.
J'ose esperer que les collations que j'ai faites sur les
mss. CH1NH2 suffiront pour en etablir la filiation, et que
l'edition critique des mots arabes de V Astronomie d'Alphonse
le Sage que je voudrais publier un jour, contribuera,
eile aussi, ä eclaircir la question de l'original de l'ouvrage.
Actuellement, d'autres travaux m'empechent de m'arreter
davantage sur cet attrayant texte du moyen äge espagnol-
arabe.
Oiva Joh. Tallgren.
Serie de collations comprenant des passages entiers, que j'espere pouvoir un
jour mettre ä profit. — J'ajouterai ä cette occasion que je reconnais la main
Hl, dont je me suis occupe cidessus, dans la premiere partie (jusqu'au fol.
97 V inclusivement) du ms. de Madrid, Bibl. Nac, ancien L 97, laquelle
contient, entre autres choses, l'important prologue des Tablas imprime par M.
Rico y S. dans le tome IV; et, de plus, qu'un portraitau crayon, peutetre le
meme que l'editeur dit avoir vu jadis dans le ms. L 97, se trouve aujour-
d'hui colle au fol. 133 v de N.
' Voir V 12, 13, 14, 113.
Emil Zilliacus, La legende d'Europe. II5
La lägende d'Europe dans les littäratures classiques et
dans la poesie frangaise
La legende de l'enlevement d'Europe a constitue un
theme favori des poetes et artistes anciens. Dans les beaux-
arts on peut suivre le motif a travers presque toutes les perio-
des, depuis l'epoque qui precede les guerres mediques jusqu'ä
la decadence romaine, et on le retrouve dans toutes les bran-
ches de l'art: sur les vases peints, les mosaiques et les fres-
ques, en reliefs et en sculptures, sur des monnaies et des
camees. Ce sont surtout deux moments du mythe qui ont
attire les artistes: la scene qui precede immediatement l'en-
levement, oü Europe et ses compagnes cueillent des fleurs
sur la prairie, tandis que le taureau, s'approchant d'elle, se
couche ä ses pieds et lui offre son dos; puis la scene de
l'enlevement proprement dit, oü le taureau s'eloigne avec
son butin.
Cette derniere Situation est la plus frequemment repro-
duite. Europe est alors generalement representee assise sur
le dos du taureau; parfois eile tient encore des fleurs dans
les mains; mais d'ordinaire eile s'accroche dune main ä une
corne, lautre embrassant le cou de l'animal, ou s'appuyant
sur son dos, ou enfin retenant un coin du manteau qui flotte
ä l'air ou est gonfle par le vent. Seules quelques scenes de
la basse epoque, surtout des fresques pompeiennes, montrent
Europe flottant ä cöte du taureau, une main autour de son
cou, ou bien couchee sur son dos; dans ces deux cas eile
est ordinairement nue. Souvent la traversee prend le ca-
ractere dun cortege mythologique triomphal. Un Eros alle
plane au-dessus du groupe, qui est entoure de Nereides mon-
tees sur des dauphins et des hippocampes, etc.
Les formes poetiques de la legende d'Europe conservees
jusqu'a nos jours datent toutes de la fin de l'antiquite, ä
l'exception de quelques Fragments insignifiants; elles appar-
tiennent a l'epoque alexandrine ou l'epoque imperiale romaine.
'j Cf. Overbeck, Kunstmythologie, II, pp. 420 — 465.
1 1 6 Kmil Zilliacus^
En grec nous avons une assez longue Idylle de Moschos, un
dialogue de Lucien, deux passages des Dioiiysiagues de Non-
nos; dans la litterature romaine, une ode d'Horace, un episode
des MetanwrpJioses d'Ovide et un passage de ses Fastes.
Comme nous le verrons par la suite, il regne une grande
concordance, entre la poesie et les beaux-arts, dans la maniere
de concevoir et de traiter le mythe.
L'«epyllion» de Moschos commence par le recit d'un
rcve envoye par Cypris ä la vierge Europe, fille de Phoinix,
une nuit vers le matin, ä l'heure des reves veridiques, oü le
sommeil se pose sur les paupieres plus doux que le miel et
rend les membres sans force. Elle voit deux continents,
VAsie et le continent situe en face, sous l'aspect de deux
femmes qui se la disputent. L'une embrasse Europe comme
sa propre fille, mais l'autre saisit la jeune fille avec force et
l'enleve, du reste sans resistance de la part d'Europe, decla-
rant que celle-ci lui appartient par le decret du destin. Alors
Europe se reveille efifrayee et croit encore voir les deux fem-
mes devant eile. Qui d'entre les dieux avait envoye l'appa-
rition, et que signifiait ce reve? Qui etait cette femme etran-
gere? Puissent les dieux accomplir le reve pour son plus
grand bien.
Elle se leve et va trouver ses compagnes de jeu, avec
qui eile a coutume de former des rondes, de se baigner sur
le rivage ou de cueillir des fleurs sur les prairies. Celles-ci
arrivent tout de suite, et la troupe descend vers une prairie
au bord de la mer, oü elles se rassemblent souvent pour
jouir de la beaute des roses et du mugissement des vagues.
Elles ont toutes une corbeille ä fleurs dans la main; celle
d'Europe, un ouvrage de Vulcain, est ornee de reliefs de
divers metaux. On y voit la fille d'Inachos, lo, sous la forme
d'une genisse, errant le long de la mer, tandis que deux hom-
mes la regardent du haut d'un rocher eleve; Zeus la caresse
et, sur les bords du Nil, lui rend sa forme feminine; Hermes
est debout pres d'Argos mort, et du sang de celui-ci s'eleve
un oiseau dont les alles brillent de couleurs variees.
Arrivees sur la prairie, chacune cherche sa fleur favorite.
La ligende d'Europe. 117
Certaines cueillent les narcisses, d'autres l'hyacinthe, la vio-
lette ou le thym, ou la chevelure odorante du safran; et au
milieu de la troupe se tient la princesse avec une brassee de
roses couleur de flamme, rayonnante comme la deesse de
l'amour parmi les Graces. Mais eile ne jouira pas longtemps
des fleurs, et ne conservera pas intacte sa ceinture virginale.
Zeus la voit, et il est au meme moment blesse des traits de
la deesse de l'amour. Pour eviter la colere jalouse de Hera
et tromper plus aisement la jeune fiUe, il se change en un
taureau. Mais non un de ceux qui tirent la charrue ou le
chariot, qui sont nourris ä l'etable ou paissent avec les trou-
peaux : il a sur tout le corps un pelage d'un jaune d'or, avec
une tache argentee sur le front, ses yeux brillent, et sur sa
tete se dressent des cornes egales comme les pointes du
croissant lunaire. Quand il apparait sur la prairie, les jeunes
filles ne s'effrayent pas; toutes veulent s'approcher et cares-
ser le taureau, dont l'odeur divine l'emporte sur les parfums
de la prairie. II s'arrete devant Europe et lui leche le cou.
Elle lui rend ses caresses, essuie l'ecume de sa bouche et le
baise. Enfin il plie le genou devant eile et lui offre son large
dos. Europe appelle ses amies et les invite ä s'asseoir sur
le dos du taureau. II est si doux et si aimable, dit-elle, et
a la raison d'un homme; il ne lui manque que la parole.
Et eile s'assied sur le dos du taureau ; mais aussitot
celui-ci se dresse, fuit avec eile vers le rivage et se precipite
dans la mer. Les vagues s'aplanissent ä son passage. Les
dauphins forment des rondes joyeuses; les Nereides apparais-
sent a la surface et les suivent, montees sur des monstres
marins; Poseidon lui-meme conduit le cortege, et les Tri-
tons, musiciens bruyants de la mer, entonnent des airs nupti-
aux dans leurs conques aux spirales allongees. D'une main
Europe saisit une des cornes du taureau ; l'autre retient le
manteau de pourpre pour l'empecher de trainer dans l'eau;
comme la voile d'un navire, le large manteau est gonflc par
les vents. Quand la terre paternelle a disparu et que la jeune
fiUe ne voit plus que le ciel et l'eau, eile jette autour d'elle
des regards effrayes et s'ecrie:
1 1 8 Emil Zilliacus,
«Oü me conduis-tu, eher taureau, et comment peux-tu
traverser les eaux? La mer est navigable aiix vaisseaux
rapides, mais les taureaux tremblent devant les sentiers de la
mer. Quel doux breuvage veux-tu trouver ici, et quelle nour-
riture? Ou bien es- tu un dieu? Car les dauphins de la mer
ne voyagent pas sur la terre ferme ni les taureaux ä travers
les mers; mais toi, tu parcours intrepide les terres et les mers,
et tu vas sans doule bientot t'elever dans les airs et voler
comme les oiseaux rapides. Malheur ä moi, infortunee, qui
ai quitte la maison de mon pere. Sois-moi propice, dieu qui
ebranle la terre, maitre de la vaste mer ä l'ecume blanche;
car ce n'est sans doute pas sans ton aide que je suis ainsi
transportee sur cette route humide. >
Alors le taureau aux belles cornes lui repond:
«Calme-toi, jeune fille, et ne crains pas les flots de la
mer. Je suis Zeus lui-meme, bien que ma passion pour toi
m'ait decide ä prendre la figure d'un taureau. Nous serons
bientot en Crete, oü je suis ne et oü tes noces vont se cele-
brer. Tu me donneras des fils au nom illustre, qui porteront
le sceptre royal parmi les hommes.»
Ainsi parle le taureau, et ses paroles se realisent. Ouand
ils ont atteint la Crete, Zeus reprend sa forme originale, et
delie la ceinture d'Europe. La vierge devient epouse et mere,
et enfante des fils ä Zeus.
Le poeme de Moschos est plastique et pittoresque ä la
fois, aimable et gracieux, relativement simple et sans artifice.
Cependant l'expression de l'etonnement et de la frayeur de
la jeune fille, quand eile se trouve tout a coup sur la mer
deserte, enlevee par le taureau, parait plus recherchee et spiri-
tuelle que vraie ^).
Chez Horace '^) on n'a pas de description detaillee de
l'enlevement; une longue plainte d'Europe constitue le centre
de l'exposition; toutefois ce monologue n'est pas place comme
chez Moschos au cours de la traversee, mais apres l'arrivee
') Cf A. et M. Croiset, Hist. de la litt, gr., V, p. 253.
2) Liv. III, ode XXVIl, v. 25-76.
La legende d'Europe. 119
en Crete. II est precede d'un tres court expose des evene-
ments anterieurs, et ici aussi Horace s'ecarte du poete grec:
la traversee s'accomplit ä la demi-clarte d'une nuit etoilee. La
monologue temoigne aussi d'une nouvelle conception. Tandis
que les paroles de la jeune fille chez Moschos ne refletent
que la crainte devant sa Situation dangereuse et l'etonnement
de voir le taureau se frayer sa route ä travers les flots, elles
trahissent ici le remords. Europe se reproche de ne pas
avoir cherche la mort, et pourtant, dit-elle, la mort serait une
peine trop legere pour sa faute, l'amour du taureau. Mais
tout ä coup Venus, suivie de l'Amour, lui apparait. Cesse tes
reproches. dit la deesse de l'amour. Ne sais-tu pas que tu
es l'epouse de Jupiter? Cesse de sangloter et apprends a sup-
porter avec dignite ton grand bonheur: une partie de la terre
portera ton nom.
Dans les MetamorpJwses ^), Ovide raconte comment Jupi-
ter envoie Mercure ä Sidon avec l'ordre de conduire le trou-
peau royal du päturage sur la montagne jusqu'au rivage de
la mer, oü la fille du roi Agenor -) a coutume de jouer avec
des jeunes filles tyriennes. Le roi des dieux se change lui-
meme en un taureau et se Joint au troupeau. La scene sur
le rivage est en somme la meme que chez Moschos, avec
quelques details nouveaux. C'est ainsi que le taureau est
dun blanc de neige; pendant le jeu, Europe lui met une cou-
ronne autour des cornes. La maniere dont Europe fait la
traversee s'ecarte de Moschos et rappeile la mise en scene
que nous connaissons par plusieurs formes dans les beaux-
arts: de la main droite Europe tient une des cornes, tandis
que de l'autre eile s'appuie sur le dos de ranimal:
Pavet haec litusque ablata relictum
respicit et dextra cornum tenet, altera dorso
imposita est; tremulae sinuantur flamine vestes.
') II, 836-875.
^) Chez Moschos Europe etait la fille de Phoini
Xlliade, XIV, 321.
I20 Etiiil '/Alliacus,
Un passage des Fastes ^) nous donne une Variante de
cette scene avec une foule de details nouveaux et gracieux.
La jeune fille tient d'une main la criniere du taureau, de
l'autre son manteau, et sa chevelure blonde flotte au vent;
souvent eile retire ä eile ses petits pieds de peur des vagues,
tandis que le taureau divin se plonge de temps ä autre dans
l'eau, pour qu'Europe s'attache plus fortement ä lui. Enfin
nous trouvons ici pour la premiere fois le changement du
taureau en une constellation, et, comme dans Horace, il est
dit qu'une partie du monde portera le nom de la jeune fille:
Praebuit ut taurus Tyriae sua terga puellae
luppiter et falsa cornua fronte tulit.
illa iubam dextra, laeva retinebat amictus,
et timor ipse novi causa decoris erat,
aura sinus implet, flavos movet aura capillos:
Sidoni sie fueras aspicienda lovi!
saepe puellares subduxit ab aequore plantas
et metuit tactus assilientis aquae: -)
saepe deus prudens tergum demisit in undas,
haereat ut coUo fortius illa suo.
litoribus tactis stabat sine cornibus ullis
luppiter inque deum de bove versus erat,
taurus init coelum, te, Sidoni, luppiter implet,
parsque tuum terrae tertia nonien habet.
Le dernier des Dialogues des dieux marins de Lucien
a pour interlocuteurs Zephyre et Notos. Le premier parle
d'un cortege triomphal qu'il a vu sur la mer; mais Notos
vient des cötes de l'Inde et ne sait pas de quoi il est ques-
tion. Alors Zephyre lui raconte comment la fille d'Agenor,
1) V, 605—618.
-) Nous trouvons la scene decrite encore une fois, de meme et pres-
que dans les memes termes, Metam., VI, 105 — 107:
ipsa videbatur terras spectare relictas
et comites clamare suas tactumque vereri
assilientis aquae timidasque reducere plantas.
La legende d' Europe. 121
Europe, a ete ravie par Jupiter deguise en taureau, et la
description de renlevement est faite en traits rapides emprun-
tes ä Moschos. Mais la partie principale du recit est con-
sacree ä la description du cortege triomphal sur la mer, et
la mythologie joue ici un role bien plus grand que chez
Moschos, en meme temps qu'elle a le caractere romantique
de la basse antiquite. Des Eros planent autour du couple
si pres de l'eau que la pointe de leurs pieds heurte parfois
les vagues; ils portent des torches enflammees et chantent
un Hymne nuptial. Battant des mains, les Nereides chevau-
chent des dauphins, et les Tritons et autres etres de la mer,
dont la vue ne cause pas d'efifroi, s'empressent autour de la
jeune fille. En avant du cortege se tient Poseidon sur son
char, accompagne de son epouse Amphitrite, et ä la fin vient
la deesse de l'amour, dans une conque trainee par des Tritons,
repandant des fleurs sur la fiancee. Le cortege se dirige de
la Phenicie vers la Crete. Quand ils sont arrives, Zeus quitte
sa figure de taureau et conduit la jeune fille vers la grotte
de Dicte. Celle-ci rougit et baisse les yeux, car eile sait
dejä ce qui l'attend.
Des deux passages des Dionysiaques de Nonnos qui
traitent du mythe d'Europe ^), le premier est une description
prolixe de la traversee, surchargee de comparaisons et de
details. Nonnos a suivi en general la version de Moschos,
bien qu'il ait brode sur le tissu relativement simple du poeme
alexandrin. En un point cependant il a montre plus de dis-
cernement que son predecesseur: chez lui ce n'est pas la jeune
fille qui exprime son etonnement de voir le taureau si fami-
lier avec la mer, mais un marin grec que le hasard rend
temoin pendant ses courses errantes de ce spectacle singulier.
II est vrai que ses reflexions sont encore plus subtiles et
recherchees que celles d'Europe chez Moschos.
Dans l'autre passage, Nonnos introduit un element nou-
veau et amüsant: la Jalousie de Hera. Puisse Phcebus, s'ecrie-
t-elle, assister son pere, pour eviter qu'un paysan ne le prenne
1) I, 46—137, 321—361.
122 Emil Zilliacus,
et ne l'attelle a la charrue; ou plutot que cela arrive, car
alors on pourrait l'exhorter a supporter avec patience le dou-
ble fleau des paysans et des amours. C'est dommage que
lo, tandis qu'elle etait genisse, n'ait pas vu Zeus sous sa
forme actuelle. Qu'il prenne encore garde ä Hermes, qui
pourrait, fidele ä son habitude, voler son propre pere. Si
Argos, le bouvier de Hera, etait encore vivant, il entrainerait
Zeus vers un päturage inaccessible et ferait danser le bäton
sur son dos. — Puis vient une description realiste de la scene
d'amour entre Zeus et Europe. Apres avoir rendu mere la
jeune fille, il la remet ä la garde du roi Asterion, et sa figure
de taureau va se placer au firmament comme constellation.
La Renaissance frangaise avait pour l'antiquite tout entiere
le meme interet et la meme admiration, sans distinguer entre
les epoques: Alexandrie etait aussi bien qu'Athenes le but
du pelerinage des poetes. Parmi les auteurs de la Pleiade,
beaucoup puiserent leurs inspirations dans la poesie bucoli-
que de la fin de la litterature grecque, et chez un d'entre
eux, Jean-Antoine de Baif, nous rencontrons une Imitation de
l'idylle de Moschos sur Europe.
Le Ravissement d' Europe est en bien des passages une
transposition de l'original. La marche de l'action est absolu-
ment la meme, et l'on peut dire que BaiT n'a rien retranche
de ce qu'il trouvait chez Moschos; mais il a ajoute de son pro-
pre fonds beaucoup de developpements; il a repris et deve-
loppe des points seulement indiques chez le poete grec, et
orne des details simples et insignifiants. Les cent soixante-
six vers de Moschos sont devenus chez lui quatre cents. Et
il ne reste que peu de chose du ton et de l'esprit de l'ori-
ginal grec: l'allure simple et plastique a disparu pour faire
place ä la gräce naive, mais un peu manieree de la vieille
langue frangaise. Le relief alexandrin s'est transforme en une
sculpture de Jean Goujon ou de Germain Pilon ; la fille du
roi grec est devenue une princesse frangaise.
La legende d'Europe. 123
Le poeme commence par une longue dedicace, et la
scene du reve, decrite comme dans Moschos, est suivie d'une
description de l'aurore et du lever du soleil qui n'a pas de
parallele dans l'original:
L'Aube au rosin atour
Les cieux voysins bigarroit alentour,
Le parsemant de safran et de roses:
Et le soleil, ses barrieres descloses,
Mit sous le joug ses chevaux souflefeux,
Enflammant l'air de ses epars cheveux.
Europe a douze compagnes de jeu (Moschos n'indique
aucun nombre) qui constituent l'elite de mille jeunes filles.
Parmi les occupations qui leur servent de passe-temps, les
rondes ont fait place au plaisir peu commun pour des jeunes
filles de la chasse dans les rochers et les ravins ^). Puis
Baif decrit longuement la toilette matinale d'Europe, comme
s'il s'agissait d'une dame de la Renaissance frangaise, sans
essayer de donner ä la scene le moindre coloris grec:
Et pour abillement
Sur toy tu mis une cotte de soye
Rayee d'or, qui luysamment ondoye
Parmi l'eclat d'un serien satin :
Puis te chaussant d'un bienfaitis patin,
A ribans d'or ä ta jambe lie,
Hativement tu prens ä chaque pie.
D'un ceinturon a doubles chesnons d'or
Desus les flaues tu te ceignois encor . . .
Les poetes de la Renaissance aimaient la profusion des
fleurs: la poesie de la Pleiade est remplie de leur eclat et de
leur parfum. Baif ne se contente pas de la peinture que
Moschos donne de la riche floraison de la prairie; il enumere
un plus grand nombre d'especes:
') Est-ce une reminiscence de la comparaison avec Artemis dans
l'episode de Nausicaa, avec lequel la scene sur le rivage a une ressemblance
indiscutable?
124 Emil Zilliacus,
Sans nulle epargne on y serre les lis,
Les bossinets, l'cEillet, et le narcis,
Et le safran : le tin, la mariolaine,
Le serpolet, s'arrachent de la plaine.
D'apres Baif Jupiter se rend de Cyrcne ä Troie, quand,
du haut des airs, il apergoit la jeune fille sur le rivage, et
se seilt enflamme pour eile d'un violent desir. Apres une
comparasion homerique de Jupiter avec un vautour qui a
decouvert un lievre sur la plaine et plane en cercle au-dessus
de lui dans les airs, arrive tout ä coup une Imitation d'Ovide
assez longue et imprevue:
Amour et gravite
En mesme Heu n'ont jamais habite:
Ce tout puissant, ce pere des hauts Dieux,
Qui fait trembler et la terre et les cieux,
Hochant le chef: qui a la destre arniee
Du feu vangeur d'une foudre enflammee . . .
II se deguise, et sous un bceuf se cele. ^)
D'autres reminiscences d'Ovide se sont glissees aussi
dans la description du taureau et dans la scene sur le rivage.
C'est ainsi que le pelage du taureau est d'une blancheur
eclatante; il s'est Joint ä un troupeau qui est descendu de la
montagne voisine pour paitre sur la prairie; pendant le jeu,
Europe couronne son front et ses cornes. Et il est tres
curieux que, en decrivant le taureau, Baif fasse dejä une
allusion ä son changement en constellation, d'autant plus qu'il
ne reviendra plus sur cette metamorphose :
Si que deslors on l'eust peu juger digne
D'estre au ciel mis pour le douziesine signe.
') Non bene conveniunt nee in una sede raorantur
maiestas et amor. sceptri gravitate relicta
ille pate.- rectorque deum, cui dextra trisulcis
ignibus armata est, qui nutu concubit orbem,
induitur faciem tauri . . .
Metamorphoses II, v. 846 — 850.
La legende d'Europe. 125
L'enlevement lui-meme est decrit en conformite avec
Moschos:
Europe estant dessus le bceuf assise
D'une des mains une corne tient prise,
D'une, craignant les flots de la marine,
Elle troussoit sa vesture pourprine.
Dessus son dos dans un guimple de toyle
Le vent s'entonne ainsi qu'en une voyle ...
Mais la jeune fille est encore plus touchante dans son inno-
cence, encore plus naive chez Baif que chez Moschos. Ouand
eile est entrainee ä travers les mers sur le dos du tau-
reau vers des destins inconnus, eile regrette surtout les fleurs
qui tombent de sa corbeille dans la mer:
Incontinant les fleurettes qui furent
En son panier dans la marine churent,
Et rien si fort eile ne regrettoit,
Teile simplesse en la pucelle estoit.
La suite copie fidelement le texte grec, et le poeme se
termine, comme dans l'original, par les noces de Jupiter et
d'Europe:
Et denouant le viergeal demiceint
Qu'Europe avoit pour l'heure encore ceint,
Ensemble fit et femme et mere, celle,
Oui jusqu'ä lors avoit este pucelle.
Au XVIILe siecle nous trouvons le mythe d'Europe
dans une des ödes pompeuses et vides de Lebrun '); et ici
c'est Horace qui a ete le modele principal. Le poeme com-
mence par une plainte librement imitee de celle d'Horace.
On pourra juger par la strophe suivante de l'imitation, lä oü
eile se rapproche le plus de l'original:
V Europe. (Euvres choisies de Lebrun. Paris, 1830, p. 74.
126 Emil Zilliacus,
Mais quelle ile soudaine ofifre au loin ses rivages?
Ah! s'il est sur ces bords quelques monstres sauvages,
Ou'ils viennent de mes jours terminer les horreurs;
Avant qu'un noir chagrin me seche et me dcvore,
Puisse-je, belle encore,
Des tigres affames repaitre les fureurs ! ^)
Mais Lebrun s'ecarte d'Horace en ce qu'il place cette
plainte au milieu de la mer. En outre, quand ils ont atteint
la Crete, ce n'est pas Venus, mais Jupiter lui-meme qui, apres
avoir quitte sa forme animale, explique a Europe Je mystere.
Dans la prediction faite ä la jeune fille, que son nom sera
donne ä une partie de la terre, le poete saisit l'occasion de
placer des flatteries aux princes:
C'est lä qu'est ton empire: il doit braver les Parques.
Oue de peuples rivaux 1 que de puissants monarques
Te doivent leur naissance, et leur gloire, et leurs noms!
Mais Europe, ta fille ä mes yeux la plus chere,
Doux espoir de son pere,
C'est la reine des lis, Vamante des Bourbons.
Puis vient un episode sur la puissance et la gloire fu-
tures des Bourbons. Leur trone projettera son ombre sur le
monde entier, ils depasseront de la tete les autres souverains ;
ils porteront dans leurs mains l'olivier pacifique et la foudre
guerriere; ils vaincront et instruiront toute la terre. Le poeme
se termine par une scene d'amour dans le style gracieux et
nianiere de l'epoque.
O deorum
siquis haec audis, utinam inter errem
nuda leones ;
antequam turpis macies decentes
occupet malas teneraeque sucus
defluat praedae, speciosa quaero
pascere tigres.
(Liv. III, Ode XXVII, v. 50—56).
La legende d' Eu7ope. 127
La poesie alexandrine et la poesie elegiaque romaine
constituaient les sources principales de l'inspiration antique
d'Andre Chenier. Avec son vif interet pour les mythes
d'amour bizarres et pervers si goütes de l'antiquite finissante,
il ne manqua pas de s'arreter sur la legende d'Europe et du
taureau. et nous avons chez lui jusqu'ä trois developpements
de ce sujet: deux figurent dans les poesies antiques, le troi-
sieme au deuxieme chant de X Art d'aimer. Nous n'exami
nerons ici que les deux premiers; le troisieme n'est qu'une
simple ebauche.
L'un des poemes antiques est une traduction aisee, mais
sans couleur, de l'idylle de Moschos, qui commence avec le
vers 71 de l'original ^); eile suit de tres pres le texte, mais
n'offre que peu d'interet.
L'autre est par contre plus original et de plus grande
valeur. C'est une description du relief dune coupe, et il est
tres vraisemblable que c'est la corbeille d'Europe qui en a
donne au poete l'idee premiere; car cette corbeille represen-
tait aussi une des aventures amoureuses de Jupiter, celle avec
lo deguisee en genisse. Le poeme etait destine ä entrer
dans une composition de plus longue haieine, qui est restee
inachevee, mais dont nous avons conserve l'esquisse suivante
en prose:
«Des nymphes et des satyres chantent dans une grotte
qu'il faut peindre bien romantique, pittoresque, divine, en sou-
pant avec des coupes ciselees. Chacun chante le sujet re-
presente sur la coupe; Tun: «Etranger, ce taureau^) . . .»;
l'autre, Pasiphae ^)\ d'autres, d'autres . . .» *).
Le poeme commence par cette belle description de la
traversee :
') CEuvres completes de Andre Chenier, ed. P. Dimoff, I, p. 48.
-) Premiers mots du poeme ici en quesiion.
') Nous avons deux poesies de Chenier traitant de Tamour de Pa-
siphae pour le taureau cretois.
*) CEuvres completes, ed. P. Dimoff, I, p. 250.
128 Emil Züliacus^
Etranger, ce taureau qu'au sein des mers profondes
D'un pied leger et sür tu vois fendre les ondes,
Est le seul que jamais Amphitrite ait porte.
II nage aux bords cretois. Une jeune beaute
Dont le vent fait voler l'echarpe obeissante
Sur ses flancs est assise, et d'une main tremblante
Tient sa corne d'ivoire, et, les pleurs dans les yeux,
Appelle ses parents, ses compagnes, ses jeux;
Et, redoutant la vague et ses assauts humides,
Retire et veut sous soi cacher ses pieds tiniides.
Les trois premiers vers imitent la fin d'un petit poeme
pseudoanacreontique *). Les derniers sont non pas, comme
le croyait Becq de P'ouquieres, ^) une Imitation des Fastes
d'Ovide, mais, comme il resulte du canevas en prose de Che-
nier, une traduction du passage dejä cite des Metamor-
phoses, liv. VL ^)
Puis vient une appreciation elogieuse de l'oeuvre d'art
et une explication du motif: le taureau n'est autre que le roi
des dieux, et la jeune fille est la vierge tyrienne Europe.
Apres une courte description de l'enlevement, le poeme se
termine ainsi :
Et le divin nageur,
Le taureau roi des dieux, 1 'humide ravisseur
^) Ovx av de xavQoq ak'/.oq
s^ ayt?.TjQ i)Mo9eiq
tnkevoe ttjv &(/J.aaaav,
El fjiTj fibvoq ixüvog.
(Fragment 52 chez Bergk, Po'etae lyrici graeci).
V. Beccj de Fouquieres, Pocsies de Andre Chenier. Edition critique'^,
p. 109 — HO, et la note de Chenier lui-meme, reproduite dans les editions G.
de Chenier et P. Dimoff.
-) Loc. cit.
^) Et comites clamare suas tactumque vereri
assilientis aquae timidasque reducere plantas.
(Metamorphoses VI, v. lo6- — 107).
La legende d' Europe.
A dejä passe Chypre et ses rives fertiles
Et s'approche de Crete et va voir les cent villes. M
Des poetes frangais qui ont traite de renlevement
d'Europe, c'est Leconte de Lisle qui a ecrit le poeme le plus
original et le plus parfait. L'action de L Enlevement d Euro-
pcia ^) est, dans ses grandes lignes, la meme que chez
Moschos: il n'y a que peu de changements. Le poeme est en
general tres raccourci; tout ce qui precede la scene du rivage
a ete supprime, et le poeme se termine par les paroles ras-
surantes du taureau ä la jeune fille. D'autre part, le debut
consiste en une description de l'aurore qui ne se rencontre
pas chez le poete grec. *) Mais la vraie nouveaute reside dans
la conception et la mise en cEuvre des details. Quelle im-
pression de fraicheur poetique et de nouveaute donne par
exemple la description du taureau nageant, avec ses qualites
plastiques; on voit le poitrail puissant labourer l'eau et l'ha-
leine fumer autour des naseaux :
Mais lui nageait toujours vers l'horizon sans bornes,
Refoulant du poitrail le poids des grandes Eaux
Sur qui resplendissait la pointe de ses cornes
A travers le brouillard qu'exhalaient ses naseaux.
') Le dernier vers renfenne une reminiscence d'Horace qui a echappe
a la sagacite de Becq de Fouquieres:
quae simul centum tetigit potentem
oppidis Creten ....
(III, XXVII, 33-34).
'-) Dertiiers poemes.
•'*) J. Vianey emet la supposition que Leconte de Lisle a peutetre
^ecrit l'aurore avec une arriere-pensee. «II decrit la naissance de l'aurore — ce
que n'avait pas fait Moschos — peutetre avec l'arrierepensee de rappeler au
lecteur le mythe solaire qui fut certainement la premiere origine de la le-
gende» {Les Sources de Leconte de Lisle ^ p. 340). Cela semble pourtant
peu vraisemblable. Si on veut supposer un motif particulier, une in-
fluence exterieure, ne serait-il pas aussi simple de croire ä une influence de
Baif, chez lequel une description du matin commence aussi le recit propre-
ment dit de la scene de l'enlevement?
130 l'V. Söderhjelm,
Dans les strophes finales, J. Vianey veut voir un Sym-
bole Cache, un dessein de celebrer la culture grecque. I.a
jeune fille qui porte !e nom de notre continent, et qui est
enlevee de la cote d'Asie vers la Crete, symboliserait la dif-
fusion de la clvilisation de l'Orient en Grece et en Europe ^).
Mais rien ne parle en faveur de cette hypothcse. La fin du
poeme de Leconte de Lisle ne renferme aucun element qu'on
n'ait dejä rencontre chez Moschos, et il est peu probable
qu'il ait voulu nous donner autre chose qu'une vision plastique
tiree du monde de beaute de la legende grecque.
Emil Zilliacus.
Die Teilung der modernsprachlichen Professur.
Endlich sind wir also so weit gekommen ! Laut einer
Verordnung vom 28. August dieses Jahres ist die Professur
der germanischen und romanischen Philologie in zwei geteilt
worden, und wir haben also das, wonach wir so lange ge-
strebt: ein Ordinariat für germanische, resp. deutsche Philo-
logie und ein gleiches für romanische Philologie. Das Eng-
lische ist einstweilen durch eine persönliche ausserordentliche
Professur vertreten, die seit zwei Jahren besteht.
Wollen wir uns die Schicksale dieser Frage kurz ver-
gegenwärtigen.
Im Jahre 1866, also vor zwei und vierzig Jahren \x\2lc\\\.^
der damalige Professor der finnischen Sprache und Litteratur,
der berühmte Forscher und Dichter August Ahlqvist den
Antrag, dass statt der bestehenden Lektorate für deutsch und
französisch zwei ordentliche Professuren errichtet werden soll-
ten. Der Antrag wurde abgelehnt. Dreizehn Jahre später
wurde er durch den damaligen Professor der Aesthetik und
Litteraturgeschichte C. G. Estlander erneuert, diesmal jedoch
in der Form, dass nur eine Professur für die beiden Zweige
') Loc. dt.
Die Teilung der modernsprachlichen Professur. 131
der modernen Philologie in Frage käme ; aber trotz dieser
Modifikation und trotz der Autorität des Vorschlagstellers,
der sich selbst mit philologischen Studien beschäftigt hatte,
erfuhr die Sache denselben Widerstand wie früher. Einige
Jahre später hatten sich aber unsere Studien von selbst zu
der Universität Zutritt verschafft, indem ein Dozent der Litte-
raturgeschichte über romanische Philologie zu lesen anfing;
ihm wurde auch ein kleines Examen in diesem Fach und in
germanischer Philologie übertragen, und 1889 habilitierte er
sich für Romanistik. Im selben Jahre griffen die Schulbe-
hörden ein und schlugen an höchster Stelle vor, dass, um die
zweckmässige Ausbildung von Lehrern in den modernen
Sprachen zu garantieren, ein geordneter wissenschaftlicher Un-
terricht in diesen Fächern an der Universität eingeführt wer-
den sollte. Als hierauf keine Antwort sich vernehmen Hess,
wurde die Sache von den Universitätsrepräsentanten dem
Landtage 1891 vorgelegt. Da sich die Zahl der Studierenden
in stetem Zuwachs befand und dazu noch im selben Jahre
wieder ein Forscher sich für romanische Philologie habilitiert
hatte, schien aller Anlass vorhanden, der von dem Landtag
einstimmig befürworteten Sache eine glückliche Lösung zu
geben. Im Senat verhielt sich aber eine einflussreiche Mi-
norität ablehnend, und demgemäss wurde die Petition in Pe-
tersburg verworfen.
Man behalf sich nun damit, dass — drei Jahre später
— eine ausserordentliche Professur dem ältesten Dozenten der
romanischen Philologie zuerteilt wurde, mit Unterrichts- und
Examinationspflicht auch in der germanischen Philologie. Mit
Rücksicht auf die grosse Zahl der Zuhörer und Examinanden
konnte dann, als die Verhältnisse günstiger schienen, i. J.
1897 wieder der alte Vorschlag erneuert werden, und dies-
mal mit besserem Erfolg: im Sommer 1898 wurde in der
Tat ein Ordinariat für germanische und romanische Philo-
logie errichtet.
Es dauerte natürlich nicht lange, bevor man zu der Ein-
sicht kam, dass diese Massregel keineswegs den Bedürfnissen
entsprach. Schwieriger aber war es zu wissen, wie man mit
132 IV. Söderhjelm,
Aussicht auf Erfolg einen Schritt weiter machen könnte. Um
eine Teilung zu Stande zu bringen, schlug man i. J. 1901 vor,
die germanische Philologie einer festen a. o. Professur zu
i.iberweisen. Der damalige Generalgouverneur Bobrikofif fand
an diesem Plane wenig Gefallen : er äusserte sich in der Rich-
tung, dass es vollkommen unniitz wäre in Finnland dem Stu-
dium anderer Sprachen obzuliegen als der russischen, und
der Vorschlag wurde nicht einmal höchsten Orts vorge-
tragen. Es ging also weiter wie früher, nur dass im Som-
mer 1905 ein neuer a. o. Professor der romanischen Philologie
ernannt wurde. Nachdem dann im Herbst desselben Jahres
wieder Ordnung in unseren inneren Verhältnissen zustande
gebracht worden war und man alle die noch nicht endgültig
gelösten Anträge hervor holte, wurde in Bezug auf den ge-
nannten Vorschlag von der Regierung an das Konsistorium
der Universität eine Frage gerichtet. Nach vielen Beratungen
und Überlegungen führte dies schliesslich zu dem oben er-
wähnten Resultate.
Wohl ist es wahr, dass die faktische Teilung der P'ächer
schon eingetreten war, indem der neue a. o. Professor der
romanischen Philologie 1905 die Examination in seinem Fache
übernahm und der Ordinarius die germanische Philologie be-
hielt. Dieses Arrangement konnte jedoch nur einen provi-
sorischen Charakter haben, um so mehr, als ja der Ordinarius
kein Fachmann in dem ihm durch den Gang der Entwick-
lung übriggebliebenen Zweige war. Durch die neue Ver-
ordnung ist nun die Sache für lange Zeiten befriedigend ge-
löst. Für unser ganzes Kulturleben werden hoffentlich die
jetzt frei und in ihrem ganzen Umfange zu betreibenden neu-
philologischen Studien von einer noch grösseren Bedeutung
als bisher werden. Deutsche Sprache und deutsche Kultur
stehen uns nahe, in unserer ganzen geistigen Entwickelung
haben sie eine überaus grosse Rolle gespielt, und diese his-
torischen .sowie auch die ethnologischen, geographischen u. a.
Verhältnisse werden es für uns unumgänglich machen, immer
in allernächste Berührung mit der deutschen Wissenschaft
Die Teilung der modernspracklichcn Professur. 133
lind sonstigen Kultur zu treten. Für ein kleines Volk aber
ist es ja nützlich und notwendig, überall das Beste zu suchen
und seinen Horizont in verschiedenster Weise zu erweitern.
Und als Gegengewicht zu der Schwere und dem etwas un-
klaren und dämmrigen in unserer Beanlagung soll uns alles,
was wir aus der französischen Klarheit, Verstandesschärfe,
künstlerisch gemodelten Sprache u. s. w. erlernen, höchst
willkommen sein, um garnicht von den Schätzen zu sprechen,
die ein näheres Eindringen in die geistige Welt nicht nur
der Franzosen, aber auch der Italiener und der Spanier mit
Hülfe der Sprachkentnis uns eröffnen kann.
Um diesen idealen Zielen der modernen Philologie ge-
recht zu werden, ist es aber ganz unumgänglich, dass wir
eben das Wort Philologie in seiner weitesten Bedeutung auf-
fassen und gebrauchen. Nicht Spracherlernung allein, sei es
historisch oder modern aufgefasst, soll der Zweck derjenigen
sein, welche in den Wirkungskreis der neuen Professuren
treten, um sich in ihrem Schutze für das Leben auszubilden,
nicht sprachmeisterisch allein soll die Aufgabe der Inhaber
dieser Plätze sich gestalten. Wir müssen uns immer bewusst
sein, dass wir Neuphilologen die allernächsten Vermittler
zwischen der kultursuchenden Jugend unseres Landes und den
ausländischen Kulturquellen sind, und deswegen müssen wir
versuchen, unsern Schülern diese Quellen mit Hülfe der
Sprache so allseitig wie möglich zu eröffnen, mit andern
Worten, nicht nur die Sprache an und für sich, sondern eben
auch als Form eines litterarischen und überhaupt geistigen
Inhaltes zu betrachten.
W. Söderhjelm.
134 Besprechutige?! . W. Scderhjeliii^
Besprecbungen.
Le Miroir aux danies. l'üeme incdit du XV:e siccle, public
avec une introduction par Arthur Plaget. (Recucil de travaux
publies par la Faculte des lettres de l'Academie de Neuchätel. II).
Neuchätel, 1908. 87 p. in-8:o.
M. Arthur Piaget, professeur ä la Faculte des lettres de Neu-
chätel, est sans doule parmi les romanistes vivants celui cjui con-
nait le mieux la poesie frani^aise du quinzieme siecle. Depuis vingt
ans, epoque oü il debuta par sa remarcjuable dissertation sur Martin
le Franc — ce bon prevot de Lausanne qui, dans son Champion
des Dames, prenait si noblement la defense des femmes attaquees
d'une faron brutale dans une masse de productions litteraires du
temps — , il a public une serie d'etudes, dont chacune apporte a
la science quelque chose de nouveau et dont la plus importante
traite des imitations de la Belle dame sans merci d' Alain Chartier.
Gräce ä ses connaissances uniques des manuscrits, ä une sagacite
lucide et a une critique toujours en eveil, M. Piaget a pu jeter de
la lumiere dans bien des recoins obscurs de cette litterature, de-
brouiller l'histoire des personnages, corriger des attributions tradi-
tionnellts et fausses et en fixer d'autres. De cette facjoa il a, on
peat le dire sans exageration, pose les fondements d'une etude
historique et serieuse des poetes du XV:e siecle et de leurs Oeu-
vres. II est ä souhaiter seulement que M. Piaget lui-meme nous
donne bientöt cette etude d'ensemble.
La publication du texte du Miroir anx dames a fourni ä M.
Piaget une nouvelle occasion pour un pareil travail de deblayage.
Ce poeme a ete considere jusqu'ici par ceux qui l'ont connu —
et ils ne sont pas nombreux — comme une oeuvre d' Alain Char-
tier, parce qu'il se trouve dans le meme manuscrit que d'autres
ouvrages du «doux poete» de la cour de Charles VII. Or, M.
Piaget, en ecartant par des analogies convaincantes cette raison,
demontre que dans le poeme, qui d'un beut ä l'autre est un ser-
mon contre l'extravagance des toilettes feminines, on parle de pie-
ces d'habillement qui ne sont entrees en usage que vers 1450 —
et Alain Chartier etait mort depuis 1430. Non moins probantes
sont les preuves que fournit l'esprit meme du poeme. Alain Char-
tier, serviteur et chanteur infatigable du beau sexe, et qui avait voue
a son Service, seien ce qu'il dit lui-meme, «cueur, corps, sens,
langue, plume et bouche», n'aurait jamais pu tonner contre les
femmes de la maniere de l'auteur du Miroir: d'autre part rien,
chez celui-ci, ne denote un poete courtois de la trempe d'Alain
et ses nombreux collegues; au contraire, c' est un sermonneur rigide
./. Fitii^et, Le Miroh- tiiiv (himes. 135
et quelquefois meme brutal. De plus, il ressort d'un passage du
poeme que l'auteur s'adresse a iles provinciales ; or, nous savons
qu' Alain Chartier passa la plus grande partie de sa vie a Paris.
Donc, il est clair que le Miroir doit etre raye de la liste des
ouvrages de ce poete.
Notre poeme partagera ainsi le sort de tant de morceaux,
en prose et en vers, que leur existence dans des manuscrits ren-
fermant des pieces authentiques de Chartier a fait ranger parmi
les produits de sa plume. M. Piaget nous donne, en resumant
des recherches anterieures, surtout les siennes propres, et en y
ajoutant de nouvelles observations, un catalogue surprenant des
fausses attributions dans la demiere edition de Chartier, celle de
Du Chesne: sur les 809 pages de cette edition, 425 seulement ren-
ferment des oeuvres qui sont indiscutablement de Chartier; 384
sont ä retrancher. Parmi les dernieres, celles que remplit X Histoire
de Charles VII, qui a donne ä Alain le renoiii d'historien (comme
tel il figure encore dans la 2:e edition de la Bio -Bibliographie
d'Ulysse Chevalier), et qui forme la base essentielle pour une dis-
sertation allemande sur la s\ntaxe de la prose de Chartier! On
n'a pas ete beaucoup plus heureux pour ses vers. En 1881 a
paru un ouvrage de M. Hannapel sur la Poetique d'Alain Char-
tier, fonde sur trente-deux pieces lyriques, dont une dizaine seule-
ment sont de lui. D'un autre cote, M. Piaget a restitue a Alain
Chartier le Cmial, que M. Heuckenkamp avait attribue a un hu-
maniste italien, attribution ä lacjuelle ont applaudi dans le temps
G. Paris, Gröber et d'autres, mais qui ä present n'est plus soutenue
de personne.
Le poeme tout entier est, je Tai deja dit, une invective
contre la parure nouvelle des femmes, dont nous apprenons ä con-
naitre quelques details. Dans son courroux, l'auteur devient par-
fois amüsant. La tete de la femme, dit-il entre autres, est la par-
tie la plus excellente du corps; la nature l'a faite ronde comme
une sphere, et la forme ronde est la plus belle et la plus parfaite
de toutes. Or, les dames mettent tout leur soin ä defaire ce que
Dieu a fait, car elles rendent leurs tetes carrees ou longues ou cor-
nues. Elles portent sur la tete des toiles grandes et eparpillees
comme des voiles de vaisseaux, et on voit dans leurs coiffures
jusqu'a huit cornes. Les cornes sont l'enseigne des betes et non
l'enseigne de rhumilite, qui seule convient aux femmes et que Dieu a mise
sur la tete d'Eve. Puis l'auteur s'en prend aux «coUets», ä l'ou-
vetture par devant, au retroussis, oü il y a trois doigts de plumes,
depouille «de bestes dont les corps sont morts». II combat tou-
tes ces «diableriesv par une argumentation remplie de renvois ä
la Bible.
136 ßesprcc/iungeu. W, Söderkjelm,
Le texte du Miroir est conserve dans trois inanuscrits, dont
le ineilleur a l'Escurial (A). Pour la plus grande partie, l'cditeur
a pu suivre fidclement cette version, fjui est tres bonne. Qa et lä
il a introduit la legon de BC, et ä (luekiues rares endroits, oü
tous les manuscrits sont älteres, il a fait des emendations heureuses
(p. ex. V. 909, 910, 914). Le poeme se presente ainsi dans une
forme tres satisfaisante. Les observations que je me permets
d'ajouter, ne concement que des details de peu d'importance.
M. Piaget a defendu jadis (cf. Romania, XXVII, p. 591 ss.)
la these que les poetes des XIV:e — XVI:e siecles n'etaient pas
tres rigoureux en ce cjui concerne Temploi de V/iiatus: ils s'en ser-
vaient quand le vers par cela devenait plus facile ä bfitir, ils l'evitaient
quand il pouvaient se tirer d'affaire sans cette infraction aux
regles habituelles. C'est ce point de vue qui a empeche l'editeur
de proceder ä des corrections la meme oü il y a des hiatus i(^x\.
inusites, comme v. 569. En tout cas, j'aurais prefere au v. 645
la legon de BC : Quant par la ville je iroie ä celle de A : Quant
parmi la ville iroie, d'abord parce que la construction grammaticale
se trouve en analogie avec le vers precedent, et puis parce que
X hiatus apres je est moins choquant que l'autre (cf. Tobler, Vers-
bau^, p. 60). Et n'aurait-il pas mieux valu accepter au v. 738 la
lecjon de BC: Potir plus complaire a leurs viaris, par laquelle on
aurait pu eviter le facheux hiatus : complaire a ?
V. 107, la lecon de A n'etait pas ä attaquer, cf. v. 1076.
— De meme, v. 353, crestien (A) aussi bien que terrien. — Peut-
etre aurait-on pu laisser intacte aussi la le(;-on de A au v. 769:
Que (= car), mais l'autre est en tout cas preferable au point de
vue de l'euphonie. ■ — D'autre part, j'aurais prefere v. 434 la le^on
de BC, eu egard ä la tendance visible de l'auteur d'employer des
rimes identiques (p. ex. str. 20, 89, 1C9, 112). — La forme ex-
tremement laconique des notes cause parfois de l'embarras, p. ex.
504 et 910; la note de 735 est incomprehensible, puisque c'est
justement la le(;on notee cjui se trouve dans le texte. — Note
778: faute d'impression pour 770.
W. Södcrhjelm.
Studier i modern spräkvetenskap utgivna af Nyfilologiska säll-
skapet i Stockholm. IV. Uppsala 1908. Almqvist & Wiksells bok-
tryckeri-A.-B. VIII + 291 S. 8:0. Kr. 5.
Nach einer dreijährigen Pause (s. Neuphil. Mitt. 1905 S.
88 ff.) veniffentlicht der Stockholmer Verein wieder einen starken
Band, diesmal zehn Aufsätze enthaltend, die wiederum sehr ver-
Studier i modern sprakvetenskap, /V. 137
schiedene Gebiete der modernen Philologie berühren. Als Supple-
ment zu Band II, S. i — lo, wo Carl Wahlund chronologisch-geo-
graphische Schemata der afz. I.itteratur während der Zeit Ludwigs
des Heiligen gab (s. Neuphil. Milt. 15/4 — 15/5 IQ02, S. 25), ist zuerst
eine kleine Landschaftskarte beigefügt.
S. I — 44. Carl Wahlund. Hei. Peter af Luxemburg (136g
— i^^yj- Honom ä gnade biografier. Honom tillskrifven Jippbyggelsebok.
Wahlund behandelt das Erbauungsbuch, das unter mehreren Na-
men dem heil. Peter von Luxemburg zugeschrieben wird, der
achtzehnjährig als Bischof von Metz und Kardinal starb. Zuerst
wird eine vollständige Biographie des jungen Kirchenhelden gege-
ben, wo natürlich weder die minuti(Jsesten Ar. gaben über einschlä-
gige Verhältnisse (z. B. über solche, die gleich Peter in ihrem
Testament verordnet haben, dass ihre Beerdigung einfach sein
sollte, wie Victor Hugo !), noch eine Liste der Reliquien, teilweise
mit Maassangaben, fehlen. Das zweite Kapitel giebt eine Ueber-
sicht aller der wichtigeren während eines halben Jahrtausends Pe-
ter gewidmeten Biographieen, das dritte behandelt schliesslich
den Inhalt des s. g. Li7>ret und giebt eine vollständige Biblio-
graphie der Handschriften und Ausgaben. Die Frage ob das Buch
wirklich von Peter geschrieben ist, will W. nicht entscheiden, be-
trachtet sie auch als unlösbar; doch weist er auf einige Parallelen
mit andern Schriften von P. hin und scheint selbst von der Authen-
ticität überzeugt. Nachdem er über das (auch früher nicht ausser
Acht gelassene) Vorbild des Buches, Dieta Salutis, gesprochen und
einige andere religiöse Schriften angeführt hat, wovon sich Spuren
in dem Traktate finden, druckt er einen bisher nicht veröffentlich-
ten kurzen Brief Peters ab, den dieser von seinem Totenbette an
einen älteren Vetter sandte und der voll von schönen, in einer
bündigen, innigen Sprache ausgedrückten Lehren ist. Die Hds. ist
nicht erhalten, nur eine Kopie findet sich in der Arsenalbibliothek
zu Paris.
Wahrscheinlich werden wir diese Zusammenstellungen näch-
stens als Einleitung zu einer neuen Ausgabe des Livret wiederfin-
den. Dann erscheinen sie natürlich in einer den Fachleuten ge-
läufigeren Sprache als der schwedischen. Vielleicht wird Prof. Wah-
lund dann auch einiges sagen über die Hinweise auf Peters Buch,
die in der späteren didaktischen Litteratur zu finden sind und die
er diesmal unterdrückt hat. Ich denke, dass es ihm nicht ent-
gangen ist — denn ihm entgeht überhaupt nichts — , dass ein
solcher Hinweis in den Emeignemenis von Anne de France (vor
1505, ed. Chazaud, Moulins 1878, sub n:o 3) steht: die Fürstin
138 Besprechuns;ci>. IV. Söderlijelin,
fordert ihre Tochter auf, verschiedene fromme lUii her zu lesen,
unter andern das von »s. Pierre de I.uxembourg > .
S. 45 — 93. A. M al m s ted t. Me'langes svnla.\i(]ues. J. Fulur
et Conditionuel. II. Infinitil. III. Des locntions etnphaiv/jies.
Der Verf. setzt hier die Reflexionen über s\ntaktische Dinge
fort, deren Art und Vorzüge wir aus den vorhergehenden Bänden
der ^> Studier» kennen. Das erste Kapitel umfasst eine Darstellung
verschiedener Funktionen des Futurums und des Konditionalis
im Französischen, vor allem solcher, die von dem Standpunkte
des gewöhnlichen Gebrauchs dieser Formen mehr oder weniger
überraschend wirken. Viel Nachdenken, umfangreiche Lektüre,
gesundes Urteil sind in diesen lehrreichen Ausführungen vereinigt.
Es handelt sich jetzt nichtso sehr um neue Theorieen, als um eine
Zusammenfassung und Kritik der früheren, wobei der Verf. aber
auch zahlreiche eigene Beispiele zu den älteren hinzufügt und die
ihm richtig scheinenden Erklärungen mit neuen Argumenten stützt.
Die ganze Darstellung hätte aber viel gewonnen, wenn der Verf.
etwas mehr Ordnung und Übersichtlichkeit in seine Ausführungen
gebracht hätte. Es wirkt z. B. unharmonisch, dass mitten in der
Behandlung der französischen Fälle der Gebrauch des Futurums
in anderen Sprachen, besonders der schwedischen, als Ausgangs-
punkt gesetzt wird und semasiologisch entsprechende Ausdrucks-
weisen im Frz., die nichts mit dem Futurum zu tun haben,
vorgeführt werden. An mehreren Stellen hätte schon eine deut-
lichere typographische Anordnung mehr Klarheit herbeigeführt.
Es würde zu weit führen, hier die einzelnen Punkte geriauer
zu besprechen. Nur einiges mag hervorgehoben werden.
Der erste Fall, den der Verf. behandelt, ist der, wo man
ein Perfectum praesens erwarten würde und dennoch ein Futurum
exactum steht : M. Clievreid n 'aura pas iongtemps surve'cu ä so//
fils. L'illustre ce7itenai)e est mott ce inatin. Er hat nichts gegen
Toblers Erklärung dieser Fälle und citiert Cledats darauf gestützte
nähere Ausführungen, indem er in Zweifel zieht, ob man immer
zwischen den verschiedenen Fällen so genaue Grenzen feststellen
könne wie C. es will. Ich bin in fast allen Punkten ganz der
Meinung des Verf:s, aber ich frage mich, ob dieae Sei-
ten nicht besser für die Darlegung der Verschiebungen in
der Bedeutung und der Berührungen zwischen temporeller und
modaler Verwendung hätten verwandt werden können : damit wäre
eine wirkliche Übersicht des ganzen interessanten Vorganges ge-
wonnen. I( h kann mich auch nicht mit der Aussage des Verf:s
S. 5 1 ein\erstanden erklären. Er sagt, dass in allen den Fällen,
Studier i modern spraki>etenskap^ IV. 139
die er eben litiert hat, das Futurum exactum »remplace» das
Perfectum praesens. Aber wenn einer ausruft : conime le jatdin est
en bon etat! und dann hinzufügt: le jaidinier sera 7'enu, so ist das
selbstverständlich ganz was anderes, als wenn er sagte : le jardinier
est venu, denn in diesem Falle würde er ein ihm bekanntes Fak-
tum konstatieren, in jenem aber vermutet er nur, dass die Ursache
zu dem guten Stand des Gartens der Besuch des Gärtners gewesen
sei. So stellt sich wenigstens der Sinn dar, wenn der Satz ohne
anderen Zusammenhang dasteht, und von einem »remplacement»
kann wohl nicht die Rede sein — Der Verf. behandelt dann
entsprechende Fälle des einfachen Futurums, giebt Ausdrücken
wie : Ciceroii dira oder : Idee, re'pondrn Littre . . . (wo dann ein fertiges
Citat fc)lgt) ihren richtigen Platz (^ si ion Ten/ exaniitiet, on troii-
vera que C. dit, que Littre re'pond), führt auch hierher Sätze, wo
ein verstärkendes Adverb nebenbei steht ') und citiert mit Fug
als Parallele zu der futurischen Konstruktion die Konstruktion mit
Präteritum statt Präsens in einer allgemein gültigen Aussage: Qui
ne sait se borner ne sut jamais e'crire. Richtig bemerkt M. auch,
dass Boileau seinen Gedanken in dieser Zeile als eine Erfahrung
ausgedrückt hat, und dass er : ne saura jamais e'crire ganz gut hätte
sagen können, wenn der Vers nicht eine kürzere Form ^•erlangt
hätte. So wird es sich auch in vielen von den futurischen Fällen
wohl zunächst um stilistische Nuancen handeln. — S. 54 — 55 be-
merkt der Verf., dass das einfache Futurum — einer von seinen
Kollegen hat schon diese Beobachtung gemacht — äusserst selten
in vermutender Bedeutung in der Litteratur vorkommt, wenn es
sich nämlich um gegenwärtige Zeit handelt. Obgleich dies nun
eigentlich keine Entdeckung ist und von jedem Franzosen auch
für die mündliche Rede hätte bezeugt werden können, verdiente
es jedoch darauf aufmerksam gemacht zu werden, da die Grammatiker
eigentümlicher Weise die Regel ohne irgend welche Reservation
feststellen. Aber ist es nicht möglich, eine noch stärkere Beschrän-
kung einzuführen und zu sagen, dass in diesem Falle nur das
Verbum etre in Frage kommt? Wenigstens habe ich keine Bei-
spiele mit andern Verben bei den Grammatikern gefunden, und
ein französischer Freund teilt mir mit, dass auch ihm nur die
Form sera in dieser Verwendung geläufig ist.
Da der Verf. auch sonst andere Sprachen zum \'ergleich
heranzieht — was am rechten Platze sehr gut und für die
') Ich verstehe nur nicht, was die Unterscheidung in »loi psycho-
logique» und »loi naturelle» S. 52 mit der Konstruktion zu tun hat: sie be-
zieht sich ja ausschliesslich auf den realen Inhalt der betreffenden Sätze, die
Psychologie der Ausdnicksweise bleibt doch vollständig dieselbe, wenn man
von psychischen oder materiellen Vorgängen redet.
I40 Besprechungen. IV. Söderhjelm,
Psycliologie der Sprache lehrreich ist — , hätte er hier nicht nur
auf das identische er wird krank sein, sondern auch auf die
schwedisch- deutsche Konstruktion han skall -onrn sjuk — et soll
krank sein (= »ich höre, man hat mir erzählt, dass er krank ist»)
hinweisen können. Es ist interessant zu sehen, wie in diesen
letzten Ausdrücken das vermutende Futurumsich nur auf eine objektive
Aussage bezieht, während es im Frz. auf die subjektive Vermutung
beschränkt ist. Im Grunde genommen ist jedoch der Vorgang
derselbe: man appelliert in beiden Fällen an eine in der Zukunft
vorsichgehende Konstatierung: »es wird sich zeigen, dass er
krank ist» o. A; nur liegt in dem einen Falle der Anstoss zu
der Annahme im Gedankengang des Sprechenden selbst, während
er in dem anderen von aussen kommt.
Der nächste Abschnitt beschäftigt sich mit der Konstruktion
si +) Kond. und ihrer Erklärung, die jedoch schon von Tobler in
erschöpfender Weise gegeben worden ist ; auch beschränkt sich der
Verf. auf Hinweise und neue Beispiele. Einige Fälle von si -\- Fu-
turum werden dann citiert ; Verf. meint, dass an ihre Statt eine
Konstruktion mit devoir -(- Inf. mit Vorteil treten k(")nnte ; das eine
sclieint aber kaum besser als das andere.
Der dritte Abschnitt handelt von gewissen hypothetischen
Sätzen im Schwedischen und den verschiedenen Arten, wie man
sie im Frz. ausdrückt, der vierte von einem von Tobler zur Ge-
nüge erörterten Gebrauch des Konditionalis (Le train pnitit . . . oii
ne les reveriait plus, Gedanke nicht des Erzählenden, sondern der
anwesenden Personen), und der Verf. hat ihn aufgenommen, scheint
es, um der Verbreitungeines Missverständnisses m Bastin's Glanvres vor-
zubeugen. Der fünfte Abschnitt ist dem »obligatorischen» Konditio-
nal und Futur gewidmet. Hier kann man mit Fug m. einigen
Punkten verschiedener Meinung sehi. Ich finde z B. den »jussi-
ven» Sinn in Beispielen wie: on e'ctira ad libitum . . . oder ceäe
expfession sera Hne simple mc'taphore ziemlich fernliegend. Noch
weniger leuchtet er mir ein in dem Satze: Pourquoi ne conimence-
rais-je pas l'annee en vous la souhailant bonne et heureuse?
Ich sehe nicht, dass der Konditionalis hier »suggere l'idee de
l'obligation», da es sich einfach um eine stilistische Wendung han-
delt, der man höchstens den Sinn: »weshalb sollte ich nicht das
Jahr . . . beginnen — ebensogut wie auf irgend eine andere Weise?»
dürfte beilegen können. Ebenso ist es zweifelhaft, ob der folgende
Satz einen jussiven oder ob er nicht vielmehr einen vermutenden
Sinn hat: Pour occuper l' Atigleteire , Alberoni compta:t jeter sur eile
le rot de Suede, qui renverserait la dynastic ... — Zum Schluss
findet der Verf. Anlass, sich über die Konstruktion je le feiais si
je pouvais zu verbreiten, wobei er die höchst einfache Erklärung
I
Studier i modern spnikveteuskap, IV. 141
von Sei'heha)e als das Ei des Columbus hinstellt; da man ge-
wohnt war, mit einem Futurum im Hauptsatze nicht ein Futurum
sondern ein Präsens im liedingungssatze zu verbinden, schien es
auch, wenn im Hauptsatze ein Futurum exaktum stand — ent-
sprechend lat. (/eheham facete > facere habebavi — , angemessen,
im Nebensatze das dem Präsens gegenüber stehende Tempus,
nämlich Imperfekt, zu gebrauchen. So ansprechend dies auch ist,
so können doch wohl nicht Gesichtspunkte wie die von Tobler in
Verm. Beitr. W (zweite Aufl.), S. 154 ff., und von Meyer- Lübke
in der Ro7)i. Synt. S. 737 herbeigezogenen ganz ausser Acht ge-
lassen werden.
Die letzte Abteilung dieses Kapitels beschäftigt sich mit dem
umschreibenden Futurum. Verf. will geltend machen, dass das s.
g. »Futur immediat» garnicht immer eine unmittelbar bevorste-
hende Handlung aussagt und dass im Gegenteil die einfache Fu-
turalform zuweilen mehr »immediat» ist als die periphrastische.
Es handelt sich hier, glaube ich — und Lektor Poirot bestätigt
diese Ansicht — , um stilistische Nuancen. Wenn es auch in der
Schrift heisst: je vous dirai immediateuient, so würde man das
kaum sagen ; das Adverb immediateuient macht in diesem Beispiel
den Gebrauch des »unmittelbaren» Futurums überflüssig, was wie-
der nicht hindert, dass man in der mündlichen Rede recht gut
sagen kann : je vais vous dire tout de suite. Wenn es weiter heisst:
Seulen!e?il, je vais vous dire : Rouge t etc., so kann dies auch darauf
beruhen, dass hier die Form dirai allzu kurz und trocken erschei-
nen würde — nicht darauf, wie M. meint, dass die zwei Sätze
von einander unabhängig und durch zwei Punkte getrennt sind. ^)
— ■ Schliesslich hebt M. hervor, dass je veux ganz in demselben
Sinne gebrauclit wird, wie je vais, zur Bildung des Futurums. Wenn
diese Tatsache im Allgemeinen nicht genügend hervorgehoben
worden ist, so ist wohl der Grund dazu der, dass man noch nicht je
veux als ein Hilfsverb empfunden hat ; mehrere von den Beispielen
zeigen aber, dass es in der Tat vollständig als solches fungiert.
Das zweite Kapitel der Me'langes handelt von dem Infinitiv
mit de. Hier sind ein Paar gute Bemerkungen zu verzeichnen.
M. zeigt, dass keine von den bisherigen Erklärungen der Kon-
struktion Infinitiv-Subjekt mit de erschöpfend ist, sondern dass die
Erscheinung als ein Produkt von mehreren Faktoren betrachtet
werden muss, und er führt als Parallele richtig den deutschen Aus-
druck es ist eine schöne Sache ?i?n die Gestaidheit an. Weiter zeigt
') Ich habe M. früher vorgeworfen, dass er eine gewisse Tendenz
hat, rein äusserliche grammatikalische Verhältnisse mit den psychologischen
zusammenzuwerfen. Auch dieser Aufsatz ist hiervon nicht ganz frei.
142 Besprediiini^eri. W, Söderh/ehii,
er durch viele Beispiele, wie sehr in den letzten Jahrzehnten der
Gebrauch dieses Infinitivs mit </«' an der Spitze des Satzes zuge-
nommen hat.
In dem letzten Kapitel zieht M. rüstig ins Feld gegen einige,
die sich erlaubt hatten, seinen früheren Aufsatz über emphatische
Sätze in einem oder anderem Punkte zu kritisi(Ten. Die Polemik
ist vorwiegend gegen Alfred Schulze gerichtet und durchweg in
einem sehr scharfen T^ne geführt. Auch mich beehrt M. mit
einem kleinen Hiebe. Dass ich aber recht gehabt habe, ihm
eine gewisse Unklarheit in seiner Begriffsdefinition vorzuwerfen,
beweist der Umstand, dass er sich hier genötigt findet, dieselbe zupräci-
sieren (z. B. 88). Übrigens wird man, welcher Ansicht man auch
sein mag, diese neuen Ausfülirungen willkommen heissen, da sie zur
Klärung der Sache nur beitragen.
S. 94 — 105. Eilcrt Ekii'nll. Till (/et en^elska riksspräkets
histona.
Verf. kommt in dieser kleinen Studie, die vielmehr als eine
»vorläufige Mitteilung» anzusehen ist, zu folgendem Resultate :
Die Londoner Aussprache ist wenigstens seit der späteren Hälfte
des vierzehnten Jahrhunderts als die musterhafte angesehen worden
und hat sich auch über andere Teile des Landes verbreitet. Doch
war noch während des folgenden Jahrhunderts provinzielle Aus-
sprache unter den Gebildeten gewöhnlich ; bis zum Ende des Jahr-
hunderts wenigstens in entfernteren Provinzen. Wir haben keine
sicheren Mitteilungen über die Ausbreitung der Reichsaussprache.
Seit dem sechzehnten Jhdt sind die Angaben über die provinzielle
Aussprache sehr spärlich ; darin haben wir wohl einen Beweis da-
für zu sehen, dass die Reichsau sspraclie schon eine bedeutende
Verbreitung gefunden hatte.
S. 107 — 162. Fr. Wulff. Det svensha spräkets tjänlighet i
ai/tika metim:
W. will die Frage beantworten, i>b die schwedische Sprache
geeignet ist, in antiken Versmaassen gebraucht zu werden, was er
vollständig bejaht. Es kommt ihm zunächst darauf an zu zeigen,
inwiefern die Betonungs- und Quantitätsverhältnisse seiner Mutter-
sprache denjenigen der alten Sprachen entsprechen, und er führt
weitläufig und manches aus seinen früheren Schriften wiederholend
aus, dass sich der Charakter des Schwedischen in diesen Bezie-
hungen sehr günstig stellt. Eine Menge von Einzelheiten werden
dabei erörtert im Anschluss an seine eigenen vortrefflichen Petrarca-
Übersetzungen, die einen grossen Teil seines eigentümlichen und
Studier i /notier ii sprakvetenskap, IV. I43
hübschen T'etrana-buches ') bilden und von denen er hier
einige in phonetischer Umschrift mitteilt. — Seltsam mutet es an,
dass in dem schwedisch geschriebenen Aufsatze plötzlich zwei
weitläufige Fussnoten stehen, die franzcisisch abgefasst sind !
S. it>3 — 185. Ruhen G : s 0 11 Ber<^. Novalis orh Fouque
i S-('erige.
Der Titel dieses Aufsatzes ist irreführend : er enthält kei-
neswegs eine vollständige Darstellung des Verhältnisses der schwe-
dischen Romantiker zu den beiden genannten deutschen, sondern
nur, wie es scheint, das erste, einleitende Kapitel einer solchen
Untersuchung, und er beschäftigt sich nur mit Novalis. Wir erfah-
ren, dass der Name dieses Dichters sehr oft in der Korrespondenz undjin
den Zeitungen der schwedischen Romantiker wiederkehrt und dass
auch einiges von ihm übersetzt wird ; dagegen ist doch wohl nicht
sein Einfluss auf die schwedische Litteratur durch diesen Aufsatz
erledigt — man denke nur an Almqvist. Das »folgende», worauf
hingewiesen wird, olme dass es noch hier erscheint, erwartet man
jedenfalls mit gespanntem Interesse, da der Verf. seinen Gegenstand
vortrefflich kennt und eine vergleichende Studie dieser Art sowohl
für die schwedische wie für die deutsche Litteraturgeschichte wich-
tig ist In seiner gegenwärtigen Form aber ist natürlich der Auf-
satz ganz fragmentarisch. — S. 170 steht ein Satz, der bei einem
so vorzüglichen Sprachkenner und so strengen Sprachkritiker wie
B. überrascht: Det första inflytande fnhi Novalis pä Atterbom,
livilket man ansettsig kunna spära, ät G. H. J. Lj ungg re 11 s v 1 1 raii d e
i Sv. Vitt. Häfdet etc. Man sieht, welche groben Lapsus zuweilen
auch den besten unterlaufen.
S. 187 — 204. /. Re i II i u s. Onomatopoetische Bezeichnungen für
tnensrhliche Wesen, besonders im Deutschen und Englischen.
Es werden diese Benennungen in zwei Hauptgruppen geteilt,
nämlich die aktiven, d. h. solche, die Laute oder Geräusche, welche
die betreffenden Wesen selbst hervorbringen, darstellen, wie z. B.
vovvov für Hund, Vorwärts für Blücher u. s. w., und die passiven, d.
h. Benennungen nach dem Lautgebilde, das dem benannten ge-
genüber geäussert wird oder geäussert werden könnte, wio Tausend-
sasa, Gargan tua (von que grand tu as, näml. Ic goster), Tauge-
nichts, schw. passopp (Kellner), engl, go-betiveen (»Unterhändler,
Zwischenträger»), u. s. w. Beide Kategorieen krmnen dann sowohl
Noraina propria als appellativa enthalten. Eine ganze Menge von
') En Svensk Petrarca-Bok I — U. Stockholm 1905--1907.
144 Ncspreihu/ii^eri, IV. Söder/z/e/w.
teilweise recht lustigen Beispielen wird angeführt. Sie könnten,
denke ich, aus verschiedenen Sprachen leicht vermehrt werden.
Eine aktiv-appellative Bildung fällt mir eben ins Gedächtnis: fin-
nische Arbeiter, aus Amerika kommend, meinten, man würde viel
besser hier arbeiten, wenn man solche liöör-oppia wie dort hätte
(»Aufseher», vow dem Zurufe hear up!).
S. 205 — 240. Ake W:son Muni he. Strödda anteckningar
07t! /rasen »här ligger en huntf begraven» och nägra närstäende iitttyck.
Wir haben hier ein höchst amüsantes Gegenstück zu des
Verf:s früheren Untersuchungen über den Ausdruck »hvar är
katten?» u. Ä. im zweiten Bande dieser Sammlung. Der Aufsatz
ist aber nicht nur unterhaltend, sondern ebenso gelehrt als lehr-
reich, und das Resultat ausgedehnter Forschung wie schar-
fen Nachdenkens und Kombinierens. Von dem begrabenem Hunde
im Schwedischen, den der Verf. in verschiedenen Gestalten belegt,
der aber meistenteils als unbestimmt, »ein Hund», auftritt, ist der
Schritt zur entsprechenden deutschen Redensart schnell gemacht
— nur dass hier der Hund fast immer bestimmt und somit eine
andere Nuance in der Bedeutung vorhanden ist: während schw.
här ligger en hund begraimi so viel bedeutet wie : « hier ist etwas
schiefes, dieses ist nicht wie es sein soll» oder sogar: fraus aliqua
szibest, wird der deutsche Ausdruck erklärt als = »da ist der
Kern der Sache» oder »da liegt der Grund des Übels», oder
aber »daran stösst sich die Sache». Auf dem entwicklungsgeschicht-
lichen Wege dieses Ausdrucks findet man dann auch im Deut-
schen den Hund mit »verborgenem Schatz» identificiert, was das
Wort im Bairischen bedeuten soll, und dann bei Hans Sachs in
einem Zusammenhang gebraucht, wo die Redeweise einfach »da
ist das Geld» besagen will. Der Verf. zeigt, wie nicht nur der
Hund, sondern auch alle möglichen andern Tiere herbeigezogen
worden sind, Wolf, Fuchs, Hase, Katze und sogar Menschen,
w4e im deutschen Ausdruck : »da liegen (sitzen) die Pfeifer» oder
»Musikanten» oder »Spielmänner». Alle diese Varianten verfolgt
er in sehr umsichtiger Weise und kommt zum Schluss zu folgen-
dem Resultate: In vielen älteren und neueren Sprachen ist zu-
nächst eine Redensart vorhanden, durch welche, unter dem Bilde
eines versteckten oder lauernden Tieres (»begraben» heisst nämlich
überall von vorneherein »vergraben», »versteckt»), das Vorhanden-
sein einer geahnten tückischen Gefahr konstatiert wird, z. B. grie-
chisch »ein Skorpion unter dem Steine», lat. »eine Schlange im
Grase», engl, »eine Kröte im Stroh», franz. »ein Aal unter dem
Steine», deutsch und skand. die citierten Ausdrücke. Von diesem,
Sliii/ier i inoderit spniki'etenskap^ IV. 145
wie Muntlie annimmt, ursprünglichen Typus in unbestimmter Form
geilen dann andere Varianten aus, in welchen das Tier die be-
stimmte Form bekommt, am häufigsten im Deutschen. Die zweite
Hauptgruppe bilden wieder andere gleichfalls in mehreren euro-
päischen Sprachen auftretende bildliche Tier-Ausdrücke, in wek hen
unter dem Bilde eines gesuchten und gefundenen (oder nicht ge-
fundenen) Tieres — eines Hasen — das Wesentliche in einem
Verhältnis, dessen Kernpunkt oder Grund, angegeben wird, vor
allem der Grund zu einer Schwierigkeit, das Hindernis. Der Ur-
typus dieser Ausdrücke scheint »da liegt der Hase» (im Gras, im
Pfeffer u. s. w.) zu sein. Es ist anzunehmen, dass in beiden Fäl-
len nicht autochtone Produktion, sondern Entlehnung von der ei-
nen Sprache zu der andern vorliegt, und höchst wahrscheinlich
gehen alle Typen in den modernen Sprachen auf den lateinischen
Typus ; latet anguis in lierba zurück, der wieder auf dem alten
griechischen Skorpion-Ausdruck beruht. — Die beiden Haupt-
gruppen : frans aliqiia subesi und hitir illae lacrimae sind, trotz ihrer
bestimmten Abgrenzung, immerhin nahe mit einander verwandt und
haben sich auch deswegen analogisch berührt, besonders innerhalb
des neutralen Kreises, der durch die Varianten »merken wo die
Bestie versteckt liegt >^ «merken wo der Hase liegt» vertreten ist.
Auch andere Ausdrücke, mit Tieren oder ohne, haben sicher im
Laufe der Zeiten ihren Einfluss auf die ursprünglichen Typen
ausgeübt.
Man sieht schon hieraus, wie verwickelt die Geschichte eines
solchen Ausdrucks sein kann. Im allgemeinen ist man geneigt dem
Verfasser beizustimmen, da alles was er sagt sehr plausibel er-
scheint. Nur fragt man sich, wie die Sprachen dazu gekommen
sind, statt der in solchen Phrasen natürlichen Tiere wie Schlange
und Skorpion andere, z. B. den Hund, zu substituieren.
S. 241 — 253. R. J:son Bergqvist. Nägra subjektiva tids-
mdtt i svenskan ocJi tvskaii.
Unter »subjektiven Zeitmaassen» versteht der Verf. im Ge-
gensatz zu »objektiven» (Jahr, Stunde, Minute u. s. w.) soldie,
die die individuelle Auffassung des Sprechenden von der Länge
oder Kürze eines Zeitmaasses aussagen und die keinen realen In-
halt haben, sondern nur einen relativen, der von der jeweiligen
subjektiven Auffassung des Sprechenden über die Dauer der Zeit
abhängt. Was für den einen »kürzlich» heisst, ist nicht dasselbe
für den andern : pflegt man eine Person nur einmal jedes zweite
Jahr zu sehen, so kann man eine vor drei Monaten geschehene
lung als '>vor kurzer Zeit» staltgefunden bezeichnen, wenn
146 l^csprechiiiii^cn. IV. SöderhjeltK, Studier i mod. spr<ikv., IV.
man sich aber täglich zu treffen gewohnt ist, nimmt der Zwisclien-
raum von drei Monaten ganz andere Dimensionen an. Verf. un-
tersucht nun, m welchem Verhältnis deutsche Ausdrücke wie gerade»,
»vor kurzem, »vorhin», »neulich» u. Ä. zu entsprechenden Aus-
drücken im Schwedischen stehen; er hebt die verschiedenen Be-
deutungsnüancen hervor und macht auf die Fehler aufmerksam,
die bei der Übersetzung nahe liegen und öfters begangen
werden. — Der kleine Aufsatz ist voll von feinen sprachpsycho-
logischen und semasiologischen Bemerkungen und hat auch einen
ganz besonderen praktischen Nutzen für Lehrer und Studierende
des Deutschen. Es wäre sehr zu wünschen, dass öfter solche ver-
gleichenden semasiologischen Betrachtungen von berufenen Philo-
logen ange.stellt würden, denn sie entschleiern nicht nur sprach-
psychologische Geheimnisse, sondern öffnen auch das Auge den
feineren Bedeutungsnüancen, welche bei häufiger Berührung zweier
noch dazu nahe verwandter Sprachen Gefahr laufen leicht über-
sehen zu werden; das Ohr stumpft sich ihnen gegenüber leicht ab
— wenn es sie überhaupt je erfasst hat.
S. 255 — 25g. A. Terra c ]i e r. A tilira, fr. oiiche.
Das veraltete und dialektische Wort oiuhe bedeutet nach dem
Dict. gen. »ein Stück Erde besserer Qualität, das neben dem Hause
sich befindet und gewöhnlich als Garten gebraucht wird». Diez
führt das Wort zu einem vlt. olca (woher Streng, Haus u. Hoj
im Frz. S. 130 die Form olchia hat, weiss ich nicht), während es
Körting von occo. -aie herleitet (schon von Streng zurückgewiesen)
und Bonnet und das Dict. gen. (vgl. auch Thurneysen S. 108)
darin ein keltisches Wort erblicken. T. sucht nun olca zu erklä-
ren, indem er es als eine vlt. Form des kl. lat. aulica betrachtet,
welches dann mit zu ergänzendem terra »das zum Hof gehörende
Grundstück» bedeutete, später wieder durch eine Verschiebung wie
casa -\- -ale > chesal die Bedeutung von Garten erlaiigt hätte (die
anderen von T. angeführten Wörter bieten nicht ganz denselben
analogischen Vorgang, sondern .««ind von vorneherein Substantiva 1 .
Der Annahme scheint kaum etwas im Wege zu stehen ; aus der
soeben citierten Abhandlung von Streng kann man ersehen, wxe
viele und verschiedenartige Verschiebungen die frz. Worte die-
ser Gruppe überhaupt erfahre a haben.
S. 261 — 278. Erik S/aa/f. Deu.v cliartes leonaises.
Diese Texte stammen aus dem XHI. Jhdt; der eine ist als
historisches, der andere als lingvistisches Dokument interessant.
Staaff fügt zu der Ausgabe einige sprachliche Bemerkungen hinzu,
welche seine grosse Arbeit über den leonesischen Dialekt ergänzen.
Ivar Hortimg, Axel Roscinhihl, Chrestomathie frayigaisc. 147
Am Schluss des, wie man sieht, wertvollen und inhaltsreichen
Bandes steht wie gewöhnlich eine Bibliographie der von schwe-
dischen Forschern während der Jahre 1905 — 1907 venjffentlichleu
Arbeiten. Die Liste ist ganz imponierend.
W. Söderlijeliii.
Axel Rosendahl, Clirestomalliic franraise. Morceaux choisis
de prose et de poesie. Avec 34 illustrations. 172 p. 8:0. La
mcme auteur: Aaklsosellinen sanaluettelo lukukirjaan Chrestomathie
frarcaise. Alfabetisk ordlista tili Chrestomathie franc^aise. 135 p.
8:0. Editeurs: Werrer Södersiröm Osakeyhtiö, Borgä. 1908.
L'auteur veut dans ce recueil montrer ä grands traits les
phases successives a travers lesquelles Ic peiiple franrais a e'volue
depiiis ses origiues jnsquä nos jours. II presente aüx eleves un
tableau bref «de l'histoire de la civilisation, de la langue et de la
litterature francaises». Le livre se divise donc en deux paities,
dont la premiere contient des recits tires de Thistoire de France
et la seconde donne mi abrege d'histoire de la litterature fran-
caise. II y a encore dans cette seconde partie des biographies,
auxquelles se joignent des specimens et de brefs extraits des
(x-uvres des meilleurs ecrivains. Enfin, dans l'Appendice, lauteur
donne des notes expli( atives et biographiques.
Tel est en quelques mots le livre. C'est avec joie qu'on
peut constater que l'auteur a reussi a donner quelque chose de nou-
veau et de vraiment instructif. Les morceäux sont en general
choisis avec jugement et bon goüt, et ils offriront sans doute aux
eleves une lecture interessante. Le lecteur peut faire la connais-
sance des Gaulois et des Francs, de Charlemagne comme legis-
lateur, comme protecteur des lettres, des sciences et des arts. II
peut jeter un coup d'tcil sur la feodalitc, sur l'architet ture ogivale,
sur l'industrie et le commerce au moyen age. II apprend l'histoire
de Jearme d'Arc, le regime de Louis XIV et la Revolution, ainsi
(jic l'histoire du grand Napoleon. II va connaitre l'esprit fran-
cais (les morceaux de La Marseillaise, de La Colonne Vendome et
d'autres sont de vraies perles!). — Les recits sont entrecoupes de
portraits et d'illustrations caractcristiques, qui contribuent, eux aussi,
H r<ndre la lecture interessante et instruclive. Quelques-uns des
morceaux, comme par exempje «La vie mondaine sous Louis XV»,
sont peut-etre un peu abstraits et difficiles. Mais, comme je l'ai deja
dit, le choix en general est parfait.
Quant ä la seconde partie, eile n'est pas moins bien trouvee
que la premiere. Ne lisez que le morceau «Origine et formation
de la langue francaise». C'est du vrai franrais, et c'est un peu
148 /. Hortlins;, A. Rosoulahl, CItrcst. fratii,.
de Philologie en quelques pages. — L'histoire de la litterature est
pre'cntce dans l'ordre chronologique, ce qui est excellent. L'eleve
ayant parcouru ce livre aura, j'en suis sür, le sentiment d'avoir
appris quelque chose pour la vie. II est introduit dans la poesie
epique du moyen age, dans la Renaissance, aux salons litteraires.
II fait connaissance des classitjues francais, du romantisme et de
son developpenient, de la poesie lyrique, du theatre et du roman.
Las noms les plus illustres de la litterature fran^aise y sont repre-
sentes. On aurait pu peut-etre en ajouter quelques autres. Mais
ce n'est qu'une affaire de goüt. Pour ma part, j'aurais voulu un
extrait du roman de V. Hugo «Les miserables» plutot que de
ceux de Zola. C'est une lecture qui Interesse toujours les jeunes
gens. En parlant de Dumas pere, on aurait pu nommer quelques
romans comme p. ex. «Les Trois Mousquetaires» et «Le Comte
de Monte Cristo», etc.
Quant aux notes explicatives, elles sont bonnes en general,
et le vocabulaire est assez complet. La prononciation des mots
est indiquee en transcription phonetique. (La note sur Eugene
Scribe — page 170 — est inutile, comparez le texte page 133, 20!).
Cependant pour mieux comprendre les morceaux les plus difficiles,
on souhaiterait quelques notes et quelques vocabies en plus de ceux
qu'on y trouve. Pourquoi l'auteur n'a-t-il pas donne p. ex. les expressions
depar la plaitie (46, 16), en tenir Heu {j2, 25), si bien que (64, 16), le
faisceau (73, 19) (traduit seulement par «knippe, bunt«), saprelotte
etc. ? Aussi les eleves auront-ils sans doute beaucoup de peine ä
comprendre sans commentaire les passages suivants : Mais la ciainte
pri7icipale de la secousse dominaif dans les entretiens (73, lO), . . .
s'inclina dans les rayons du couchant (73, 29), C'e'tait comme du
temps >^ Souvenirs du siege» {y/^, 4), . . . prises dans une espece de inaillot
ä pois de couleur (63, 28),... des hommes couraient dessus (64, 26),
Dixi de ventte tnatris nieae : Dcus meus es tu (156, 33), et d'autres.
La forme feminine de l'adjectif vieux (vocabulaire page 133) au-
rait du etre donnee. II aurait ete tres utile d'avoir les
formes feminines des adjectifs en -.r et en -/ Je crois aussi qu'une
indication sur la maniere de scander les vers francais aurait ete
ä sa place.
En lisant le livre j'ai observe quelques fautes d'impression,
qui seront corrigees ici. Ce sont les suivantes :
Page
73 1. 21:
Autour
lisez .
Autour
82 » 10:
ce
»
se
117 » 9:
montone
»
monotone
147 » 2-]:
de le
»
de la
150 » 25:
aloutte
»
alouette
160 » 17:
setait
»
sentail
Protokolle des Neuphilologischen Vereins. 149
Page 102 1. 3: gourdronnees lisez: goudronnees
» 163 » i: froid. » froid
» 167 » 6: Joseph. » Joseph,
1 70 > I : Allemage
-
Allemagne
le vocabulaire:
6 1. 36: ambasad
lisez
ambassad
45 » 13: epä-sipe
»
emä'sipe
57 » 36: min sann
»
min sann
71 » 28: insuffisament
»
insuffisamment
75 » 3: derifrän
därifrän
89 » 10: septsbägs-
»
spetsbägs-
1 0 1 » 7 : pricesse
»
princesse
131 » 41: helst
»
halst
Le livre est du reste tres convenable. II est vendu 3: 75
dans les librairies. Le vocabulaire coüte 2: 25.
h'ar Hortlinif.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 4. April 1908, bei welcher Sitzung der
Ehrenpräsident, der Vorstand und 24 Mit-
glieder anwesend waren.
§ I-
Die Protokolle der beiden letzten Sitzungen wurden verlesen
und geschlossen.
Als neue Mitglieder des Vereins wurden vorgeschlagen und
gewählt: Stud. phil. Fräulein Evi Gustafson und Stud. phil. Fräu-
lein Alvina Tikander.
Professor W. Söderhjelm referierte die Frage von der An-
stellung eines Oberinspektors für die modernen Sprachen an der
Schuloberbehörde. Prof. S. hob hervor, dass trotz der grossen
Fortschritte, die der neusprachliche Unterricht während der letzten
vierzig Jahre gemacht, keine Anstalten gemacht worden seien, um
150 J'rotoko/le des h'euphilologischen Vereins.
eine notwendige Einheitlichkeit ifi der Methode herbeizuführen und
die Lehrer einer richtigen Wertung ihrer Kenntnisse und ihrer pä-
dagogischen Fähigkeit zu versichern. Diesem Mangel könne durch die
Anstellung eines Oberinspektors für die modernen lebenden Sprac hen
— Deutsch, Französisch und Englisch — abgeholfen werden, zu wel-
chem Posten ein sowohl wissenschaftlich kompetenter als in dem
Unterricht erfahrener Pädagog gewählt werden solle. Der Referent
schlug vor, dass der Neuphilologische Verein in einer Eingabe an
den Senat die Anstellung eines Oberinspektors für die modernen
Sprc(^hen verlangen sollte.
Dieser Vorschlag fand Beifall und ein Komitee wurde ein-
gesetzt um die Eingabe des Vereins an den Senat zu redigieren.
Als Mitglieder dieses Komitees wurden gewählt : Professor W. Sö-
derhjelni, Professor A. Wallensköld, Dr. A. Rosendahl und der
Schriftführer. Der Vorsitzende und der Sekretär wurden beauf-
tragt das (besuch im Namen des Vereins einzureichen.
Der Vorsitzende teilte mit, ein Pädagog in der Provinz habe
in einem Brief an ihn den Gedanken an eine allgemeine Zusam-
menkunft von Lehrern und Lehrerinnen der modernen Sprachen
nahegelegt, und er wolle jetzt diese Frage dem ^'erein zur Dis-
kussion vorlegen.
Dieser Gedanke wurde von den Anwesenden mit Interesse
aufgenommen. Als geeigneter Zeitpunkt für die in Frage stehende
Zusammenkunft wurde der Anfang des Juni oder auch die Weih-
nachtsferien 1908 — 1909 in Betracht genommen. Obgleich viele,
die sicli in der Frage äusserten, der Meinung waren, dass die Zeit
etwas zu knapp sei um schon diesen Sommer die Zusammenkunft
zu ermöglichen, zeigte es sich dennoch bei der Abstimmung, dass
die Mehrzahl den Anfang des Juni dieses Jahres als den geeig-
netsten Zeitpunkt hielt. Es wurde beschlossen durch ein Zirkular-
schreiben die Ansichten der Lehrer in der Provinz in dieser Frage
einzuholen. Erst in der folgenden Sitzung des Neuphilologischen
Vereins soll der definitive Beschluss gefasst werden. Ein Ko-
mitee von fünf Personen, zu dessen Mitgliedern Prof. A. Wallen-
sköld, Dr. L Uschakoff, Dr. E. Hagfors, Dr. I. Hortung und Fräu-
lein E. Lahtonen gewählt wurden, wurde beauftragt das Zirkular
abzufassen und es den Pädagogen in der Provinz zuzusenden.
Professor U. Limülöf referierte die Vorschläge zu einer durcli-
greifenden Reform des Abiturientenexamens, die in dem vom Staate
Protokolle des Neuphilologischen Vereins. 151
eingesetzten Schulkomitee gemacht worden sind und die binnen
kurzem im Druck erscheinen werden.
In fidem:
Hoher Petersen.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 25. April 1908, bei welcher Sitzung der
Ehrenpräsident Prof. Söderhjelm, der erste
Vorsitzende Prof. Wallensköld und 16 Vereins-
mitglieder anwesend waren.
Der Vorsitzende teilte mit, dass der Sekretär verhindert sei
dieser Sitzung beizuwohnen und dass Dr. Hortling die Funktionen
des Sekretärs für diesmal übernehme.
§ 2.
Das Protokoll der vorigen Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
§ 3.
Als neues Vereinsmitglied wurde vom Vorsitzenden Lektor
John Dover Wilson angemeldet.
§ 4-
Lektor Poirot hielt einen Vortrag im Anschluss an Joseph
Vianey's »Les sources de Leconte de Lisle».
Der Vorsitzende teilte mit, dass die Idee von Neuphilologen-
tagen in Helsingfors von den Pädagogen der Provinz mit Interesse
aufgenommen worden sei. Alle 9 1 Antworten, die auf ein nach der
Provinz gesandtes Fragezirkular eingelaufen sind, seien bejahend.
Hinsichtlich des Zeitpunktes der Neuphilologentage seien die An-
sichten geteilt: 49 Stimmen seien für die Weihnachtsferien gegeben,
während 39 Stimmen den Anfang des Juni bevorzugen. Nur zwei
152 Pf-oiokollc des Neupliilologischcii Vereins.
Stimmen seien für das Ende des Augusts gegeben, und eine Per-
son halte es für gleichgültig, wann die Tage stattfinden. Auf
Grund des Resultats der Enquete wurde beschlossen, dass Neu-
philologejitagc in Ilelsingfors gehalten werden sollen. Dr. Hagfors
hob hervor, dass es eine übereilte Arbeit würde, sich für den Juni
dieses Jahres zu entschliessen, dies besonders mit Hinsicht auf das
Erhalten wertvoller Referate. Auch würde die Arbeit des Vor-
standes sehr mühsam werden. Dr. Hagfors wurde von Dr. Uscha-
koff unterstützt, der ausserdem glaubte, dass die Helsingforser Philolo-
gen sich während der Weinachtsferien zahlreicher anschliessen würden.
Prof. Söderhjelm war der Meinung, dass die Zeit zum Vorberei-
ten der Neuphilogentage bis etwa Anfang Januar ganz genügend
sei, es könne aber nicht geleugnet werden, dass der Frühling die
geeignetste Zeit wäre. Der Beschluss des Vereins wurde, dass
die ISleu Philologen tage im Januar igog vor Beginn des Frühlingsse-
niesters abgehalten luerden sollten.
Auf Vorschlag des Vorsitsenden wurden alle vorbereitenden
Arbeiten und die Einladungen zu den Neuphilologentagen einem
Vorstand überlassen, der aus 7 Personen bestehen sollte. Zu
Mitgliedern dieses Vorstandes wurden gewählt die Professoren
Wallensköld und Lindelöf, die Oberlehrer Hagfors und Uschakoff,
Dr. Hortling, sowie die Fräulein Andersin und Längström.
Der Vorsitzende teilte weiter mit, dass 26 verschiedene
Diskussionsfragen für die Neuphilologentage von den Lehrern der Pro-
vinz vorgeschlagen worden seien. Ausserdem habe eine Lehrerin
in Helsingfors eine Diskussionsfrage vorgeschlagen. Dr. Uschakoff
sprach sich in Bezug auf den Umfang des Programmes aus und
wollte festgestellt haben, ob nur pädagogische Diskussionsfragen
oder daneben auch rein wissenschaftliche Fragen mit aufgenommen
werden sollten. Dr. Hagfors hielt dafür, dass auch wissenschaftliche Fra-
gen vorkommen sollten. Prof. Söderhjelm hob die belebende Einwirkung
hervor, welche wissenschaftliche Vorträge auf die Teilnehmer aus-
üben müssen. Fand, dass die Neuphilologentage als verfehlt
angesehen werden müssten, wenn man sich nur mit pädagogischen
Fragen begnügte. Der Redner glaubte, dass die Universitätslehrer
Gelegenheit haben werden wissenschaftliche Vorträge zu halten,
die auf das Interesse der Teilnehmer rechnen können, wie z. B.
Mitteilungen über den jetzigen Stand der verschiedenen Zweige der
Sprachwissenschaft, u. s. w. Der allgemeine Eindruck der Dis-
kussion war, dass nebst den pädagogischen Fragen wissenschaft-
liche Vorträge ins Programm mit aufgenommen werden sollten.
Hinsichtlich der Sprache, die an den Neuphilologentagen zur
Anwendung kommen sollte, sprach sich Lektor Poirot in dei Rich-
tung aus, dass die wissenschaftlichen Vorträge in einer fremden
Eiugesiiiidte I.itterntur. '53
Sprache gehalten werden sollten ; was aber die Diskussion der pä-
dagogischen Fragen betrifft, bezweifelte er, dass sie mit gutem Er-
folg in einer fremden Sprache geführt werden könnten. Prof.
Sr)derhjelm fand, dass die Referate in einer fremden Sprache
gehalten werden könnten, die sich auch für offizielle Reden gut
eignete. Letzteres mit Hinsicht auf die Zweisprachigkeit bei uns.
Schloss sich übrigens der Ansicht Lektor Poirots an.
Es wurde beschlossen, dass der Vorstand der Neuphilolo-
gentage dem Neuphilologischen Verein seinerzeit einen Vorschlag
zum Programm vorlegen sollte.
In fidem:
Ivnr Hortlins..
Eingesandte Litteratur.
A. Berloin, La Parole Humaine. Etudes de philologie nou-
velle d'apres une langue d'Amerique. Paris, PL Champion — Montreal,
Beauchemin & C:ie, 1908. 221 p. in-8:o. Prix: 5 francs.
Ouvrage absolument fantaisiste et denue de toute valeur
scientifique ! L'auteur, qui n'est pas linguiste de profession,
prend pour base de ses recherches la langue algique, parlee
par des tribus indiennes de l'Amerique du Nord. II etablit
des comparaisons stupefiantes entre cette langue et les lan-
gues indo-europeennes (le grec, le latin, l'anglais et l'alle-
mand), ainsi que l'hebreu, et il arrive a la conclusion que la
langue algique a du etre la langue primitive, celle parlee
par nos premiers ancetres, Adam (alg. atam, respirer) et Eve
(alg. iw, femme), dans le Paradis terrestre. Sat sapienti! A. W.
Emil Biirgef, Deutsche Frauenbriefe aus zwei Jahrhunderten.
Mit vier Bildnissen. Frankfurt a. Main und Berlin, M. Diesterweg,
1908 (= Diesterwegs Deutsche Volksausgaben. Vierter Band.
Hei. von Direktor E. Keller). VI -j- 240 S. 8:0. Preis: geh. M.
i: 50, geb. 3:00.
Expose des pnncipes de l' Association phonäique internationale.
Chez P. Passy, Bourg-la-Reine, et D. Jones, Wimbledon, IQ08.
20 p. Prix: o fr. 50.
Lucy E. Earrer, La Vie et les Qluvres de Claude de Sain-
liens, alias Claudius Holyband. Paris, H. Champion, 1908. VII
-|- 115 p. in-8:o. Prix: 4 francs.
Pierre Horluc et Georges Marinet, Bibliographie de la syntaxe
du francais (1840 — 1905). Lyon, A. Rey — Paris, A. Picard et
Fils, 1908 (= Annales de l'Universite de Lyon. Nouvelle serie.
154 Eingesandte Litteraiur. Schriftenaustausch.
II. Droit, Lettres. — Fascicule 20). XI -[- 320 p. ,<;r. iii-8:o.
Prix: 6 francs.
L'ouvrage, qui contient 3109 indications bibliographiques,
groupees methodiquement, rendra de bons Services ä (|ui-
conque s'occupe de la syntaxe historique du fran^ais. II manque
parmi les ouvrages et articles cites le livre si important de
M. Ebeling: Probleme der romanischen Svnlax. tome prämier
(1905). ' A. W.
Solmu Nyström, Deutsches Lesebuch. Mit vierzig Illustratio-
nen und einer Karte von Deutschland. Borgä, W. Söderström,
1908. 295 S. 8:0. Preis: 3: 75 Fmk.
Jean Passy et Adolphe Rambeau, Chrestomatliie francaise. Mor-
ceaux choisis de prose et de poesie avec prononciation figuree a
l'usage des etrangers, precedes d'une introduction sur la methode
phonetique. Troisieme edition revue et corrigee. Leipzig et Ber-
lin, B. G. Teubner, 1908. LX -(-250 p. in-8:o.
Nous n'avons pas besoin de recommander cet excellent
ouvrage, paru sous les auspices de l'Association Phonetiqne
Internationale. La lecture de textes en transcription pho-
netique est ce qu'il y a de plus utile pour ceux qui veulent
acquerir des notions precises sur la prononciation d'une lan-
gue etrangere. A. W.
Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch. Zweite Hälfte. Zweite
vermehrte Auflage. Halle a. S., M. Niemeyer, 1908. SS. 353 —
690. Preis: Mk. 10.
Ch. Albert Sechehaye, Programme et methodes de la linguis-
tique theorique (Psychologie du langage). Paris, H. Champion - —
Leipzig, O. Harrassowitz — Geneve, A. Eggimann et C:ie, 1908.
XIX + 267 p. in-8:o.
Schriftenaustausch.
Annales de la Faculte de Droit d'Aix. Tome I (1907).
Annales de la Faculte des Lettres d'Aix. Tome I (1907).
Die früheren Annales des Faculte's de Droit et des Lettres
d'Aix erscheinen fortan in zwei verschiedenen Serien.
Bibliographia phonetica, 1908, Nr. 3 — 6.
Bibliotheque metidionale, publice sous les auspices de la Fa-
culte des Lettres de Toulouse. 2:e serie. Tome XII.
Enthält: Paul Courteault. Blaise de Monluc historien. Etüde
critique sur le texte et la valeur historique des Commentaires (Avec
un Portrait et C[uatre cartesi. Toulouse, Ed. Privat, 1908. XLVIII
+ 685 S. gr. 8:0.
Mitteilungen, 155
Moderii Language Notes, Bd. XXIII (1908), Nr. 5 — 6.
Moderna spräk, 1908, Nr. 4 — 6.
Enthalten: F. Leray, La loi des trois consonnes; Besprechun-
gen; Übersetzungsübungen; u. s. w.
Päivä, 1908, Nr, 18 — 40.
Rassegna hibliografica della letteratura italiana. Jahrg. XVI
(1908), Heft 7—8—9.
Shidier i modern spräk'üetenskap, utgivna av Nyfilologiska säll-
skapet i Stockholm. Bd. IV. Uppsala, Almqvist & "Wiksell, 1908.
VIII -I- 291 S. 8:0.
Virittäjä, Jahrg. XII (1908), Nr. 5.
Mitteilungen.
Einheimische Beiträge zu ausländischen
Zeitschriften: Dr. H. Suolahti- Palander, Ein alter Ausdruck
der deutschen Arzneikunde, in Zeitschrift für Deutsche Wortforschung,
Bd. X (1908), S. 225 f.; Prof. W. Södethjelm, Besprechung von
Kr. Nyrop, Note sur une ballade de Villon, in Deutsche Literatur-
zeitung, 1908, Sp. 1573.
Ausländische Besprechungen einheimi-
scher Publikationen: A. Längfors, Li Regres Nostre
Dame par Huon le Roi de Cambrai, bespr. von A. Jeanroy, Re-
vue critique, I908, S. 267 — 8; von A. Tobler, Archiv für das
Studium der neueren Sprachen und Literaturen, CXX (1908), S.
217 — 22; von P. M(eyer), Romania, XXXVII (1908), S. 314—5;
— A. Wallensköld, Le conte de la femme chaste convoitee par
son beau-frere, bespr. von Walther Küchler, Zeitschrift für franz.
Sprache und Litteratur, XXXIII (1908), II, S. 67 — 70; ein-
gehend referiert von Ludwig Karl (Karl Lajos) in einem in
der ungarischen , Zeitschrift »Ethnographia» (1908) erschiene-
nen Artikel (Arpadhazi Szent Erzsebet es az üldözött artat-
lan nö mondaja, d. h. Die heilige Elisabeth vom Hause Arpad
und die Legende von der unschuldig verfolgten Frau), welcher
auch eine dem Herausgeber des »Conte de la femme chaste»
etc. unbekannt gebliebene Version der Sage, mit »Ysabella» (= Eli-
sabeth) als Heldin, mitteilt.
Die von prof. W. Söderhjelm i. J. 1904 herausgegebene
Abhandlung Spuren 7'ou Ciceros verlornem Traktate De Virtuttbus
1 56 Mittältingen.
hei einem französischen Sclniftslcller des fünfzehnten Jahrhunderts?
ist neulich einer Göttinger Dissertation der klassischen Philologie
von H. Knoellinger zu Grunde gelegt worden. Die Vermutung
prof. S:s, dass Antoine de la Säle uns Auszüge aus einer damals
noch vorhandenen Handschrift des genannten ciceronianischen Trak-
tates mitgeteilt hat, wird von dem Verf. durch eine eingehende
Betrachtung des afz. in S:s Arbeit mitgeteilten Textes — den er
ins Lateinische übersetzt — • und einschlägiger Umstände noch
glaublicher gemacht. Die Dissertation ist später selbständig bei
Teubner in Leipzig in dessen »Bibliotheca scriptoruni graecorum et
romanorum» erschienen unter dem Titel: M. Tullii Ciceronis de
vitttdibus libri fragmenta.
Während dieses Jahres hat sich eine internationale
Gesellschaft für romanische Dialektologie (mit
Brüssel als Hauptort) gebildet. Der Verein wird eine »Revue de
dialectologie romane», sowie ein »Bulletin de dialectologie ro-
mane», herausgeben. Das ganze Arbeitsgebiet ist in 17 Bezirke
verteilt worden, von denen die skandinavischen Länder und Fin-
land (mit Doz. E. Staaff in Upsala als Repräsentant in der Re-
daktionskommission) eines bilden. Der jährliche Beitrag ist für
aktive Mitglieder 25 Francs, für passive Mitglieder, die nur das
Bulletin erhalten, 10 Francs. Um Mitglied zu werden, hat man
sich an Privatdozent B. Schädel (Richard Wagnerstrasse 43, Halle
a. S.) zu wenden.
An der Londoner Universität werden während des akade-
mischen Jahres 1908 — 1909 von Daniel Jones, P/[. A., einem der
Herausgeber des Maitre Phonetique, phonetische Kurse
in Englisch und Französisch für Ausländer organi-
siert. Sekretär des Unternehmens ist ^^'alter W. Seton, University
College, Gower Street, London, W. C.
Am I. Nov. d. J. wird im Paris (Hotel des Societes savan-
tes, 28, rue Serpente) ein Institut franrais pour etrangers eröffnet
werden. Direktor des Instituts ist Charles Schweitzer, docteur es
lettres, professeur agrege honoraire de l'Universite. Die Kosten
für die Teilnahme an die praktischen Sprachkurse betragen von
40 Francs (i Monat) bis 180 Francs (6 Monate).
NEUPrillOlOQISCHE
• • MITTEIUJNGEN
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
rv A *■ 3° durch die Post und q Fmk durch die Buchhandlungen.
|}r. 7/8 Zahlende Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich. 1 |Ö0$
l| — Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung 1 '
[1 bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. Wallensköld, ;j
I Vestra Harangatan 5) zu senden. i
Die Neuphilologenversammlung lt.— 13. Jan. 1909.
In seiner letzten Sitzung des vorigen Semesters, am 25.
April 1908, fasste der Neuphilologische Verein den Beschluss,
zu Anfang des nächsten Kalenderjahres vor Beginn des Früh-
jahrssemesters eine allgemeine Zusammenkunft der Lehrer
und Lehrerinnen der s. g. modernen Sprachen in Finnland
zu Stande zu bringen. Der Ausschuss, welcher in derselben
Sitzung gewählt wurde um diese »Neuphilologenversammlung»
vorzubereiten, legte dem Verein in seiner Sitzung vom 26.
September ein präliminares Programm für die Zusammenkunft
vor. Der Ausschuss ist jetzt im Stande das (abgesehen von
unerwarteten Änderungen) definitive Programm für diese
Neuphilologenversammlung, welche am 11. — 13. Januar 1909
im Gebäude der wissenschaftlichen Gesellschaften (Kasärng. 24)
stattfinden wird, den Mitgliedern des Vereins sowie anderen
Interessierten mitzuteilen :
1 \. Januar.
p — // Uhr vorm. Die Zusammenkunft wird vom Vor-
sitzenden des Neuphilologischen Vereins, Prof. A. Wallensköld,
durch eine kürzere Anrede eröffnet. — Wahl eines Vorsitzenden
sowie zweier Vize-Präsidenten und zweier Schriftführer. —
Diskussion: Die s. g. allgemeine Graiimiatik beim Unterricht
158 Die Neuphilologenversaviviliinii ti. — 13. Jan. igog.
in der Muttersprache und den Fremdsprachen an den Real-
lehranstalten (Ref. Oberlehrer Dr. E. Hagfors, Helsingfors,
und Dr. R. Saxcn, Helsingfors, der letztere als spezieller
Vertreter der zu dieser Diskussion eingeladenen Teilnehmer
an der um dieselbe Zeit stattfindenden V^ersammlung der
Lehrer und Lehrerinnen der einheimischen Sprachen).
// — 12 Uhr vorm. Frühstückspause.
12 — I Uhr nachm. Vortrag von Prof. W. Söderhjelm:
Die neue Stilfonschung und ihre Methoden.
I — -j Uhr nachm. Diskussion: Das Ziel des neusprach-
lichen Unterrichts in Finnland (Ref. Dr. L Hortling, Helsingfors).
j — § Uhr nachm. Mittagspause.
5 — 6 Uhr nachm. Vortrag von Lektor J. Poirot : Les
methodes de la phonetique experimentale (demonstrations
pratiques dans 1 Institut physiologique, Brobärgsterrassen 20).
6 — 8 Uhr nachm. Diskussion (in demselben Lokal) :
English in the School (Ref. Fräulein Hanna Granström,
Helsingfors).
12. Januar.
p — II Uhr vorm. Diskussion : Zur Methodik des neu-
sprachlichen Unterrichts in Finnland (Ref. Oberlehrer Dr. \.
Uschakofif, Helsingfors).
// — 12 Uhr vorm. Frühstückspause.
12 — / Uhr nachm. Vortrag von Doz. H. Suolahti: Die
Aufgaben der deutschen Wortforschung.
I — 3 Uhr nachm. Diskussion: Die Wahl der Lektüre
für die oberen Klassen (Ref. Lektor S. Nyström, Viborg).
j — ß Uhr nachm. Mittagspause.
5 — 6 Uhr nachm. Vortrag von Lektor J. D. Wilson:
The Past and Future of the English Stage.
6 — 8 Uhr nachm. Diskussion: Die Behandlung der
Texte in den oberen Klassen (Ref. Mag. phil. U. Berglund,
Jakobstad).
13. Januar.
p — II Uhr vorm. Diskussion: Die Anwendung der
Fremdsprache beim neusprachlichen Unterricht (Ref. Rektor
Cand. phil. L. Granit, Kotka).
^F. Söderhjeltn, Les nouvelles frangaises du Ms. Vatic, Reg, iji6, 159
II— 12 Uhr vorm. Frükstückspause.
12 — / Uhr nachm. Vortrag von Doz. A. Längfors:
Nouvelles theories sur la formation des Chansons de geste.
/ — ;9 Uhr nachm. Diskussion: Die schriftlichen Klassen-
arbeiten (Ref. Fräulein Mag. phil. A. Ottelin, Viborg).
^ — 5 Uhr 7iachm. Mittagspause.
5 — 6 Uhr nachm. Vortrag von Lektor J. Öhquist: Ro-
mantik und Klassik in der modernen deutschen Dichtung.
6 — 8 Uhr nachm. Diskussion: Die neusprachliche Lit-
teratur der Schülerbibliotheken (Ref. Lektor W. Juutilainen,
Nyslott). — Schlussvvorte des Vorsitzenden.
Die Vorträge werden in einer fremden Sprache gehalten.
Bei den Diskussionen steht es den Teilnehmern frei, entweder
eine fremde Sprache oder die einheimischen Sprachen zu
benutzen.
Mitgliedskarten zu einem Preise von Fmk. 3 sind vom
9. Januar ab beim Wachtmeister J. Wilhelmsson, Kasärng. 24,
zu haben.
Für das gesellige Zusammensein an den Abenden der
Kongresstage werden seiner Zeit nötige Anstalten getroffen
werden.
Helsingfors den 28. Nov. 1908.
Der Ausschuss.
Les nouvelles franpaises du Ms. Vatic. Reg. 1716.
II y a dejä dix-huit ans, M. Ernest Langlois donnait ä
savoir aux romanisants qu'il existait dans un manuscrit du
fonds de la reine Christine au Vatican un recueil de nouvelles
l6o fV. Söderhjelin,
frangaises provenant du XV<= siecle et jusqui'ci inconnu ^
Des indications peu douteuses montraient que ces nouvelles
etaient ecrites ä Sens, et les rubriques des differents morceaux,
enumerees par M. Langlois 2, trahissaient une compilation d'ele-
ments tres divers. Gaston Paris, dans son article sur la
nouvelle frangaise aux XV^ et XVP siecles, imprime dans le
Journal des Savants 1895, regretta en passant que le recueil
de Sens ne füt pas encore edite, mais en annonga aussi la
publication prochaine ^. En effet, le maitre avait promis de
collaborer avec M. Langlois pour cette publication, mais pour
des raisons expliquees ä la fin de l'introduction de M. Langlois ^,
11 n'en fut den. Apres des vicissitudes de toute sorte, les
nouvelles senonaises ont ete mises ä la lumiere finalement
par les soins de M. Langlois seul. Elles ont paru, ce qui
etait bien naturel du reste, dans la jolie et utile Bibliotheque
frangaise du XV^ siecle de M. Honore Champion. Tous ceux
qui s'interessent ä la litterature frangaise de cette periode de
transition et de fermentation sauront gre ä M. Langlois de
s'etre decide ä faire connaitre au public le resultat complet
de sa belle decouverte, d'autant plus qu'il a du se soumettre
ä la peine de refaire toutes les recherches pour le commen-
taire, ses premieres notes ayant disparu dans des destinees
mysterieuses.
Pendant la longue attente de la publication, ces nouvelles
n'etaient pourtant pas restees dans l'oubli. M. Karl Vossler,
qui suffit ä tout et qui s'interesse ä tout, s'etait mis ä examiner
soigneusement le manuscrit du Vatican apres M. Langlois, et
en til, en 1902, l'objet d'une etude tres meritoire, se rapportant
surtout aux sources des differents recits et publice dans les
' Dans son important article sur les manuscrits frangais de Rome, No-
tices et extraits des manuscrits, t. XXXIII, II (M. Langlois lui-meme renvoie
au tome XXII).
* Cependant, il n'avait donne que 41 numeros. Dans Fedition il y
en a 45. M, Vossler avait reuni, ä ce qu'il parait, trois tout petits morceaux
en un seul, de sorte qu'il obtint 43 numeros.
^ Fascicule de Mai, p. 290,
* P. XI— XII.
Les nouvelles frafifnises du Ms. Vatic, Reg. 17 1 6, 161
Studien zur vergleichenden LitteraturgescJiichte de M. Koch 1.
II ressortait de cette etude qu'on pouvait relever des
sources ou des versions correspondantes pour une tres grande
partie des nouvelles, et que ces sources representaient des
genres litteraires assez difFerents, allant des fableaux jusqu'ä
la Bible. C'est cette diversite de matieres qui faisait croire
ä M. Vossler que l'on avait affaire ä un recueil pareil ä ceux,
tres nombreux au moyen äge et pendant la Renaissance,
qui furent composes dans un but pedagogique. M. V. allait
encore plus loin: il voulait voir dans cette compilation des
debris du livre perdu des enseignements pour ses fils que le
Chevalier de La Tour Landry dit avoir compose comme pen-
dant ä son livre sur l'education de ses fiUes ^. A l'appui de
cette derniere hypothese, il cite le fait que deux passages de
ce livre qui devaient se trouver aussi dans les enseignements
aux fils peuvent en effet etre identifies, quoique pas tout ä
fait sous la meme forme, dans le recueil senonais ^. Ces deux
conjectures ont ete refutees par M. Langlois, et, ä ce que je
crois, avec raison. — Quant ä la date de la composition du
recueil, M. Vossler l'avait dejä placee ä la fin du XV^ siecle ^
et M. Langlois est du meme avis, en admettant pourtant »la
seconde moitie» du siecle.
M. Vossler, apres avoir jete un coup d'oeil sur les origines
et le developpement de la novellistique frangaise, confronte
notre recueil avec les Cent nouvelles nouvelles, en avangant
qu'il marque un recul sur celles-ci, ä moins qu'on ne puisse
les considerer comme un »degre anterieur.» Mais la difference
de ces deux productions est dans le genre aussi bien que
dans la qualite, et c'est pourquoi on ne saurait parier, du moins
Selon moi, d'une »reaction» ä l'egard des Cent n. n. Le
1 Fase. I, p. 3—36.
" Loc. dt. p. 34 et suiv.
* On pourrait noter encore, ä la rigueur, cette ressemblance que dans
le livre du Chevalier, comme dans notre recueil, ä plusieurs endroits le rstyle
a garde des rimes provenant des modeles en vers. — Le style, par ailleurs,
est tres different.
* Loc. cit. p. 8.
l62 IV. SöderhjelDi,
recueil compose ä la cour de Genappes transplante d'un coup
sur le sol frangais un genre qui avait fleuri en Italic dejä au
XIV= siecle, avec sa forme et ses manieres ^; il devient l'ancetre
de cette novellistique qui fleurit si abondamment en France
pendant le XVP siecle et dont, malgre des interruptions, la
tradition s'est maintenue jusqu'ä nos jours. La compilation
de Sens, au contraire, est comme un reservoir oü se sont
reunis plusieurs des courants qui traversent le domaine de la
»novellistique» frangaise avant le XV'^ siecle.
La »nouvelle», en effet, est une designation vague, et
l'esthetique moderne n'a pas meme reussi ä lui assigner une
signification bien delimitee. Nous somraes habitues a l'appliquer,
dans la litterature frangaise des temps anciens, surtout ä des
produits du genre italien, des anecdotes developpees, oü une
Situation extraordinaire evoque notre interet ou bien un
personnage est caracterise par quelque trait psychologique
ressortant ä un moment donne de ses actions, oü l'observation
de la realite se fait sentir d'une fagon. convaincante et le style
prend des allures degagees pour s'elever peu ä peu jusqu'au
domaine de l'art. Mais cette conception n'est pas rigoureuse
et ne peut pas l'etre. D'abord, la comprehension du mot
»nouvelle» ne permet guere qu'on ecarte les oeuvres poetiques
en l'appliquant uniquement aux contes en prose; et il y a
des lais et des fableaux qui portent les marques de la nou-
velle posterieure. Ensuite, la technique de la nouvelle s'annonce
dejä dans differents ouvrages de contenu romantique ou devot,
et, de l'autre cöte, des sujets novellistiques peuvent etre exposes
dans une forme etroite et simple qui n'a pas de trace de l'art
d'ecrire: tels les exemples de moralite et les anecdotes. En
somme, il est extremement difficile de faire une repartition
nette entre ce qui est «nou\elle» et ce qui ne Test pas, et nous
devons peutetre nous contenter de ranger dans cette categorie,
au moins pour ce qui est des temps primitifs, tout court recit
oü il y a tant soit peu d'action.
' Cela ii'empeche pas, bien entendu, qu'il n'y ait pas eu d'efforts
considerables dans le genre du court recit realiste; voy. plus loin.
Lcs nonvelUs ßanfaises du Ms. l'atic. Reg. ijiö. 163
Mais meme si nous dcfinissons la nouvelle d'une maniere
plus etroite, si nous y cherchons la peinture realiste et l'obser-
vation psychologique, nous ne pouvons pas pretendre que sa
premiere apparition en France, a la fin du XV'' siecle, se
fasse indepcndamment de toute tradition.
Le fil de cette tradition part des lais et des fableaux.
Le lai du Fresne, n'est-ce pas un essai de peinture psychologique
dans un cadre etroit, et le lai du Laustic, ne se rapproche-t-il
pas, par l'observation realiste des details, la composition unie
et la touche legere, encore davantage de la nouvelle moderne?
Le lai de Y Espervier ne traite-t-il pas le meme sujet qui revient
tant de fois dans la novellistique posterieure et qui provient
des recueils orientaux: le mari retournant trop tot ä la maison
est berne par sa femme adultere? Malgre le manque de sens
artistique qui caracterise en g^neral les fableaux, il y en a
pourtant qui non seulement sont bien racontes, mais encore
se distinguent, dans la mise en ceuvre, par une forme
que nous pouvons appeler artistique au plein sens du mot:
tels Richeut, Auberee, oü la psychologie est assez robuste,
mais la fagon de conter vraiment superieure, et le fableau
Des dous changeors, oü l'intrigue est de la simplicite habituelle,
mais oü il y a une tres fine Observation psychologique dans
la maniere dont est racontee la vengeance de la femme bru-
talisee par son mari ; tel la Boiirse pleine de sens avec sa
charmante peinture de la vie de famille, du mari leger et de
la femme indulgente. Ces exemples sont pris un peu au
Hasard et il peut y en avoir d'autres. En tout cas, il n'est
pas juste de dire, je crois, que les novellistes des temps
posterieurs ne soient redevables aux fableaux frangais que des
Sujets; ils auraient pu apprendre de plus d'un de ces fabulistes
la maniere de mettre en relief les caracteres et de donner au
recit une note exacte de verite et au style le mouvement
necessaire pour vivifier le dialogue et la marche de l'action.
Ils trouvaient aussi des modeles dans de petits »romans»,
comme la touchante histoire de la Chastelaine de Vergi, dont
les peintures intimes du coeur feminin ont ete comparees avec
raison a ce que la litterature moderne offre de mieux comme
164 ^. Söderhjelm,
etude de la psychologie amoureuse. Et dans ce genre, je
n'ai pas besoin de nommer le chef d'ceuvre, Aticassin et Nicolete,
oü la forme versifiee alterne dejä avec la prose Puis, ce sont,
au meme XIIP siecle, de petits »romans» roniantiques encore,
le Constant VEnipereour, la Comtesse de Ponihieu et Le Roi
Floire et la belle Jehanne, oü nous rencontrons parfois dans
la peinture des caracteres et surtout dans le dialogue des traits
qui nous rappellent vivement la nouvelle moderne.
A cote de ces produits, nous pouvons noter les remanie-
ments, soit en vers ou en prose, des oeuvres moralisantes, comme
la Disciplina Clericalis et les Sept Sages. La raison pour
laquelle elles ont ete mises en forme vulgaire n'a probablement
rien ä faire avec leur destination primitive. C'est dans les
sermons et les recueils composes dans un but edifiant que se
prolonge leur role educateur; mais si elles ont ete revetues
d'une forme litteraire, c'est sans doute parce qu'elles contenaient
de petites histoires piquantes ou autrement amüsantes, que le
public prenait un certain plaisir ä entendre. En les appropriant
ainsi aux besoins de ce public, les remanieurs ont quelquefois
pris soin d'ajouter des details et des accessoires realistes qui
donnent au recit plus de vie qu'il n'en a dans l'original; et
ce genre de litterature se rattache ainsi, autrement encore
que par ses sujets, ä la novellistique des siecles suivants.
Malgre l'etendue que nous avons donnee ici au mot
»nouvelle», nous ne pouvons guere considerer les ouvrages
du XIV^ siecle que l'on a publies sous ce nom, comme des
nouvelles. Le recueil de Moland et d'Hericault ^ en comprend
trois; la premiere est biblique comme sujet et comme style,
la seconde est une longue histoire dans le ton de la chronique,
et la troisieme est une traduction de l'ouvrage de jeunesse
de Boccace, Filostrato, composee, non pas au XIV^ , mais en
plein XV'^ siecle -. Ces pretendues »nouvelles» ont, par con-
' Nouvelles Jrangaises en frose du XlVe siede. Bibliotheque Elzevi-
rienne, Paris 1858.
^ Cette supposition n'est pas de date recente, mais eile n'a acquis
de certitude qu'avec l'article tres substantiel et convaincant de M. Henri
Hauvette dans le Bulletin italien, t. VII, n° 4, Octobre — Decembre 1907, p.
298 et suivv.
Lcs noin'cllcs frani;aises du Ms. l'atic. Reg. 17 16. 165
sequent, fort peu de connexion avec la nouvelle posterieure
proprement dite. Au contraire, le Üvre du Chevalier de La
Tour contient un certain nombre de petites histoires de la
categoire des exempla et brodees en partie sur des sujets
repandus dans la litterature narrative ^; mais la plupart de
ces histoires sont racontees sans aucun souci de la forme 2.
Une longue periode vide — et tout d'un coup nous
rencontrons sur notre chemin Les quinze joycs de mariage.
Ouel progres sur tout ce qui precede ! Quelle psychologie sur-
prenante et quel art exquis! II est vrai que quelques-uns
de ces chapitres sont des descriptions plutot que des recits,
niais dans d'autres, au contraire, l'element narratif prevaut
absolument et prend des allures si vives et dramatiques qu'ils
peuvent etre consideres comme de vrais types de nouvelles.
Et c'est pourquoi cet ouvrage marque une date dans l'his-
toire de la novellistique frangaise, et non pas seulement
dans Celle de la satire. C'est lui aussi qui introduit dans la
litterature frangaise le bourgeois peint au vif avec sa vie
prosaique de famille: nous savons que dans les contes cites
ci-dessus il s'agissait des Chevaliers ou bien, comme dans les
fableaux, des moines ou des xvilains». A certains egards,
l'observation de la realite, l'etude des faiblesses du caractere
humain et la perfection de la technique dans cet ouvrage
auraient pu servir de modeles accomplis. Mais par la porte
qui s'ouvre ainsi a deux battants ä la nouvelle moderne, nous
ne voyons personne entrer sur les traces de l'auteur de ce
chef-d'oeuvre.
N'oublions cependant pas qu'Antoine de la Säle doit
etre place assez pres de cet auteur (sinon meme identifie
avec lui, question ä laquelle je ne veux pas toucher ici).
La fin du Petit JeJian de Saintre, qui forme un episode a
part, a tout ä fait l'empreinte d'une nouvelle — c'est une
' Quelques-unes racontent visiblement des faits reels.
^ Nous ne devons pas oublier ici les contes devots pris de la Vie des
anciens peres, et contenant plusieurs excellents traits de moeurs et des carac-
teristiques tres vives; cellesci, au moins en partie, se trouvent cependant
dejä dans les sources latines.
l66 IV. Söderlijelm,
Situation etroitement bornee, tres habilement developpee et
servant de cadre ä une etude psychologique, le tout decrit avec
une verve et une vie dramatique parfaites. Dun tout autre
genre est la nouvelle — car cet episode peut bien etre de-
signe ainsi — qui forme le premier des exemples du Recon-
fort. C'est aussi une etude de caractere feminin, mais combien
differente de la precedente: une etude des sentiments d'une
mere dans une des situations les plus difficiles de la vie, oü
il s'agit de choisir entre l'amour maternel et l'honneur du mari
et de la patrie, menee avec un realisme poignant et un art
qui en fait le premier vrai recit »sentimental» de la littera-
ture frangaise. — Si nous ajoutons encore les Arrets d'amour
de Martial d'Auvergne, oü l'element novellistique joue un
assez grand role, et, peut- etre, le roman de Jehan de Paris,
qui en somme n'est autre chose qu'une nouvelle un peu am-
plement developpee, nous avons nomme les principaux ouvra-
ges qui forment au XV^ siecle, avant et avec les Cent nou-
velles nouvelles, la contribution de la France au genre litte-
raire de la nouvelle. ^
On pourra juger, j'espere, par cet apergu rapide- com-
bien est variable, pendant la periode de son developpement,
le caractere de ce qu'on peut appeler la »nouvelle» et combien
il sera difficile d'assigner au contenu du ms. du Vatican une
place bien marquee dans ce developpement.
Aussi l'editeur s'abstient-il de toute conjecture a cet
egard. II est d'autant plus explicite en ce qui concerne la
valeur litteraire de son recueii. »Le style et la langue du
compilateur sont completement depourvus d'interet», dit-il;
»ceux de ses chapitres dont les originaux sont connus ne valent
I
* Les nourelles de Philippe de Vigneulles sont malheureusement en-
core inedites, et n'auront guere la chance de voir la lumiere tant qu'un par-
ticulier, par une discretion tres malplacee, semble-t-il, gardera le manuscrit
scelle de sept sceaux.
^ J'ai l'intention de le developper et de l'approfondir, surtout au point
de vue de l'analyse esthetique, dans une etude d'ensemble sur les debuts de
la nouvelle frangaise et l'art de conter au XV:e siecle, qui paraitra dans le
courant de l'annee prochaine.
Les nouvelles /ran(aises du Ms. J'otic. Reg, iji6. 167
pas qu'on les public» ; et il ajoute : »au contraire, les contes
dont les sources immediates sont inconnues fournissent une
contribution tres appreciable ä certains chapitres de l'histoire
litteraire». ^ M. Vossler est un juge moins severe. II ne
voit certes pas dans l'auteur un grand talent, - mais ä quel-
ques endroits il s'arrete pour lui reconnaitre certaines qualites
de conteur: parlant du n:o XII (la fille sans mains), il appelle
le miracle, qui ne se trouve pas dans les sources, »speciale-
ment beau et original»;^ l'histoire du larron et meurtrier
Thibault le Roux est designee par lui comme »habilement
racontee»;"^ dans le n:o IX (l'odeur du roti payee du son de
l'or), il trouve »remarquable» »die musterhaft retardierende
Art der Erzählung und die starke Lokal färbe »; -^ l'histoire
salomonienne n:o XXIX est, selon lui, pleine d'observation
fine et de vie dramatique;^ et il trouve que l'histoire de
Termite Galiache, qui fut repris de ce qu'il riait de la mort
de tout chretien et l'expliquait en renvoyant aux plaisirs
d'outre-tombe (n:o XIII), est »racontee d'une maniere char-
mante» (»reizend erzählt»). '' En parlant du n:o XXXVIII,
»De troys Chevaliers qui s'entraymoient» (c'est l'histoire des
trois livres: de conscience, de science et de sapience), il appelle
la scene de la conversion au bois »stimmungsvoll und sug-
gestiv». ^
Sans vouloir souscrire ä tous les adjectifs de M. Voss-
ler, je ne suis pourtant pas non plus tout ä fait de l'avis de
M. Langlois. Certes, je ne comparerai pas notre auteur aux
ecrivains du XV^ siecle dont il a ete question plus haut. Mais
je trouve que le jugement de M. Langlois sur le style »lourd
et plat comme un texte de chancellerie» pourrait souffrir une
* Introduction, p. X.
^ Loc. cit. p. 13.
* Loc. dt. p, 15.
* Loc. cit. p. 19.
'" Loc cit. p. 20.
" I-oc cit. p. 20
' Loc. cit. pag. 23.
•* Loc. cit. pag. 32.
i68 IV. Söderhjelm,
modification. Ouelquefois, et meme souvent, le style a un
cachet de simplicite et de naturel qui produit une impression
assez sympathique. Si Ton compare, comme l'a fait M.
Vossler, le chapitre XXIX ä une histoire correspondante (mais
pas aussi apparentee que le laisse croire la juxtaposition en-
treprise par M. V.) dans le livre du chevalier de La Tour,
on peut voir quelle difference de style il y a en efifet
entre celle-ci, qui est vraiment »lourde et plate», et notre
histoire, qui, sans ofifrir precisement les qualites que lui attri-
bue M. Vossler, est racontee d'une maniere limpide et agreable,
sans un mot d'ornement, il est vrai, mais aussi sans rien
supprimer d'essentiel; l'image qu'elle donne de la Situation
est vivante, quoique pas draniatique, et il n'y a pas une seule
expression triviale qui aplatirait l'impression. II faut dire
aussi des chapitres IX, X et XIII qu'ils sont assez bien ra-
contes (si, pour la derniere, l'auteur n'a eu d'autre source que
X Historia Lausiaca, il merite meme un compliment pour son
arrangement). Dans le chapitre XII, la scene qui se passe
entre le comte et les dames religieuses et oü il decouvre son
fils dans le petit gamin qui se met entre ses jambes et qu'il
croit etre ä une des nonnains, est bien dialoguee et amüsante. ^
De meme, le recit du miracle qui precede a ete releve avec
raison par M. Vossler. ^. Mais quand l'auteur reussit, c'est
plutöt inconsciemment. II semble avoir une certaine idee de
ce qu'exige le recit en prose, si Ton peut juger d'apres l'effort
qu'il fait au commencement du chapitre IX pour vivifier la
description de son original en y introduisant un dialogue;
mais cela est tout a fait rudimentaire et sporadique, et ne mene
ä rien. D'un autre cote, il supprime a plusieurs endroits les
discours et tout autre moyen d'entretenir le lecteur, pour faire
ressortir seulement les points essentiels de l'action et, surtout,
la moralisation cachee sous eile. Quant ä la composition, il
' Edition, p. 66.
^ Malheureusement, je ne peux me former aucun jugement sur la
scene du n:o XXXVIII, louee par M. Vossler, car M. Langlois a supprime
precisement ce passage dans son edition.
Les nouvclks /rangaises dti Ms. Vatic. Reg. 17 16, 169
saisit vraiment toute occasion pour faire montre de son peu
d'habilete. Ainsi, dejä la premiere histoire, qui par son sujet
trcs repandu appartient au »cycle de la gageure», prouve
qu'il ne sait pas se servir d'un motif donne pour bien en-
chainer les evenements; ^ dans le chapitre XIV, il commet
differentes maladresses en arrangeant le beau sujet du Vair
palcfroi: dans XV, il omet des traits essentiels, et dans
XXV^I, »il a ote, en supprimant certains details, dit M. Lan-
glois, toute signification ä son recit». Quand, par contre, il
introduit dans le chapitre VIII un motif d'un autre conte_ le
recit regoit par lä un petit surplus de vivacite. - Mais ici
encore, il est permis d'avoir des doutes sur l'intention artis-
tique de l'auteur. — II est difficile de dire ä quelle mesure
l'arrangement du chapitre VII doit etre attribue k notre auteur
il s'agit du sujet tres connu du mari qui confesse ä sa femme
qu'il a commis un meurtre et qui, ä la suite d'une quereile,
est denonce par eile. Mais il se trouve ajoute ici un autre
theme, celui du pretre qui confesse le meurtrier de son pere;
ce fils est si indulgent que non seulement il absout le meur-
trier, ce qui est son devoir, mais qu'il lui donne encore son
cheval pour lui faciliter sa disparition. Or, cette refonte n'est
pas Sans donner plus de mouvement au recit, raconte, du
raste, d'une maniere excessivement breve et sans esprit. La
reflexion moralisante ä la fin, qui se termine par cette maxime:
»car femme, n'en doubtez mie, ne peut celer que ce qu'elle
ne sait pas», semble bien provenir de l'auteur lui-meme, bien
qu'en general il n'ait pas l'habitude de resumer ses doctrines
par de telles conclusions. ^ — Si quelquefois nous trou-
vons chez lui des episodes bien ajustes qui ne se retrouvent
pas dans les versions connues des memes themes, nous ne
sommes malheureusement pas autorises ä y voir des preuves
' Cela a pu etre ainsi dans sa source immediate, mais en tout cas il
ne s'en est pas apergu.
- Edition, p. 47 et suivv.
' Eu egard ä l'exemple de ce chapitre VII et ä celui du chap. X (ed.
p. 57), il etait exagere de dire que l'auteur »n'exprime pas» la morale qu'on
pourrait tirer de ses histoires (Introduction, p. V)
I yo IV Söderhjelm,
de son esprit de composition, car ils auront pu faire partie
d'un modele perdu; tel est p. ex. le miracle du chap. XII,
dont il a ete dejä parle. Quelques cas oü l'auteur n'a fait
que resumer en prose, en le concentrant fortement, un conte
versifie qui nous est reste (comme les chap. XIX, ^ XXI '^ et
XXV ^), nous donnent une idee nette de sa maniere de traiter
ses sources. On se figure aisement qu'il a employe aussi le
meme procede pour d'autres nouvelles dont les originaux
nous sont inconnus.
Quant ä ces sources, M. Vossler en avait dejä releve,
comme j'ai dit plus haut, un assez grand nombre, et les notes
de M. Langlois coincident naturellement en partie avec les
siennes. ^ Celui-ci, en omettant les references et ressemblan-
' Voy. Vosslcr, loc. cit p. 26 et suiv.
^ Vossler, loc. cit p. 24 et suivv.
* Voy. redition.
* Pour le chapitre VI, les deux savants semblent etre d'opinion tres
differente. M. Vossler [Joe. cit. p. 16) renvoie au fableau de la Bourse pleine
de icns et dit que notre nouvelle presente »quelques differences, pourtant ins'gni-
fiantes», en donnant la forme plus simple et resserree. M. V. ne dit pourtant
pas expressement que l'auteur des nouvelles du Vatican se serait servi du
fdbleau comme modele, mais on peut le comprendre dans ce sens. En tout
cas, M. Langlois (ed. p. 42) dit: »rien n'autorise ä croire que l'auteur . . . ait
connu ce poeme». II est peu probable, bien entendu, que les fableaux aient
ete connus ä cette epoque dans leur forme originale, et il y a meme, entre
autres differences, une addiiion (les XX pieces d'or que le mari demande ä sa
femme). Mais, d'un autre cote, les ressemblances sont tellement grandes que
la nouvelle du Vatican tire sans aucun doute son origine d'un remaniement
du fableau. — On remarquera dans cette nouvelle (p. 40) un passage qui
exprime peut-etre les pensees interieures de l'auteur: > comme fönt ces quo-
quars et musars qui tiennent et cuident que telles femmes paillardes les
ayment pour ce que leurs amys les appellent et par devant leur fönt le beau
beau, et en derriere le syzeau. Tels badins se degoivent, car pour ce ne
lez ayment mie telles femmes rusees, mais seulement leur argent; car ce serait
fort que telles femmes lez amassent quant elles raesmes ne se ayment mie ne
Dieu aussy. Et se elles se aymassent, leur honneur gardassent et leurs ames».
Dans le fableau, il n'est parle de Dieu nulle part. ■ — Je note une coincidence
qui est probablement fortuite: dans la meme connexion, le fableau et la nou-
velle se servent de la meme expression: la fille dit au mari: »ci n'avez que
faire» (fabl.) et »qu'elle n'avait que faire de luy» (ed. p, 41). — En general,
le style est dans cette nouvelle un peu plus precis et realjste que d'ordinaire.
Les noitvelles frattfaises du Ms, Vatic. Reg. 17 16. 171
ces eloignees de M. V., ajoute aussi quelques indications nou-
velles. Mais, s'il ressort clairement de ces recherches que
l'independance et la faculte creatrice de l'auteur sont presque
nulles, les sources immediates de plusieurs de ses nouvelles
nous restent neanmoins obscures. Malgre les ressemblances
avec des variantes connues de contes tres en vogue, les
versions du ms. du Vatican ofifrent cependant des traits qui
excluent rimitation directe. Dans plusieurs de ces cas, M.
Langlois suppose un poeme perdu comme modele, en s'ap-
puyant sur le fait que le texte abonde en mots consonants,
dans lesquels on peut voir des traces de rimes, et que l'on
peut quelquefois meme discerner des vers entiers. Cela est
incontestable pour certains morceaux. Mais faut-il croire que
partout oü cette particularite se trouve nous ayons affaire ä un
poeme perdu? Cela supposerait presque une floraison tardive de
contes en vers, en partie differents des fableaux et pour une
autre partie emanant d'eux: notre recueil indiquerait seul
l'existence d'au moins une demi-douzaine de tels poemes
dont on ne sait rien. Les chapitres III et, surtout, IV sont
tres riches en mots rimes. ^ Mais, si l'on suppose, comme
le fait M. Langlois, un original rime pour le chap. II,
oü il y a tres peu de traces de rimes (damoiselles : pucelles,
plaisir: desir, dist: mist), il faudra le faire aussi pour bon
nombre d'autres. P. ex. pour le chap. V, concernant lequel
l'editeur admet cependant l'hypothese que l'auteur a compose
lui-meme sa fable, en prenant les themes dans les ouvrages
d'edification, oü ils couraient. Or, selon sa these, le chapitre
devrait supposer un modele rime, car il y a beaucoup d'ele-
' M. Langlois n'en a pas releve pour le chap. III. En voici quel-
ques-uns (abstraction faite des formes verbales analogues qui se suivent et qui
peuvent dependre d'autres causes): p. 10, serviteur: seigneur, deceue: perdue,
rien: bien; p. ii, femme: diffemme, luxure: ordure, Loys: apris, moy: foy,
amy: niary : tiiy ; p. 12, serment: secretement: pareillevient^ Dieu: Heu, depariy:
inerry, belle: jouvencelle, chiche: riche; p. 13, rire: dire; etc. — On peut ajou-
ter, dans le chap. IV, ä ceux enumeres par M. Langlois: p, 19, sage: aage,
chiere : premiere ; p. 21, soubsrire : dire; p. 25, Monseigneur : honneur, rien:
bien; p. 30, exploitta: fait a.
172 IV. Södcrhjelm,
nients stylistiques du genre cite. Voyons un peu. P. 34, faucon:
heron^ vist: enquist, respondy: Maubruny; p. 35, ienebreux:
hideux, Malbruny: luy, dampnacion: contricion, presire : maisire,
mauvaiz: scez ; p. 36, esvanouy : cecy, esmerveüle: pechie, Mal-
bruny: failly\ p. ^fj, paradiz: chetifz, malades: fades, niagni-
ficence: puissance, joieusete: Oysivete; p. 38, oy: esbaJiy, enfer:
Lucifer. La supposition s'appliquerait aussi naturellement au
chap VI (thetne de fableau, voy. ci-dessus), qui montre un
pour-cent ä peu pres egal de rimes. ^ Nous en trouvons
encore dans le chap. VIII (escuier: Ogier, eile: damoiselle,
pu Celle: belle, enquist: dist, sachant: desplaisant, gue : passe,
la: advisa, salarie : parente), et meme dans une nouvelle pour
laquelle il est difficile de supposer un original en vers, celle de la
fumee du roti et le son de l'or, chap. IX: satisfait: plait, rire:
dire, Sachet: longuet, appointenient: argent: demourant, respondy :
oy? II est vrai que dans les trois premiers de ces exemples
le voisinage tres proche des deux mots consonants (seray
je satisfait sans plait; prinrent a rire et a dire; apporte en
un sacket assez longuet) ecarte l'hypothese de vers rimes
anterieurement ; mais, d'un autre cote, ce phenomene vient
justement corroborer une supposition ä laquelle j'arrive niainte-
nant. C'est que, si avec tout cela ^ nous prenons en conside-
' P. 40, Symoftvet: vayiet, achette: g7-e ; p. 41, demanda: cela^ gouverne-
7nent : especialment, dez ; apparcevrez, face : grace, ame : fenime, vestu : perdu :
fiialosiru, compaignie : degnrnie.
^ Fumee: humee p, 53 sont trop eloignes Tun de l'autre pour etre
pris en consideration.
^ Comparez encore chap. X, p. 55, con/ession: pardon, avoit: tendroit,
poursuyvy : luy ; chap. XII, p. 61, Yole: parole, 7)ioy: loy, tellentent : content;
p, 62, France: finance; p. 63, cruaulte: blasme, deshonneur : createur, voy: roy ;
chap. XIV, p. 71, escuier: chassier ; p. 72, amy: merry, commenfa: la, desir:
plaisir; p. 73, Dieu: Heu, droitture: creature; chap. XV (voy. l'edit. p. 79, n, i,
et ajoutez: abstineme : patience , voue: chastete) ; chap. XVt, p. 80, Ipartratee: nee,
Albine: voisine; p. 81, fait: effect, Romine: komme, Rommains: prouchains ;
chap. XLV, mort: fort, pouoir: decevoir (2 fois). — J'admets que plusiears de
ces juxtapositions, ici comme dans les chapitres precedents, prises chacune ä
part ne donneraient guere lieu ä des remarques, mais, se presentant en si
grand nombre, elles ne peuvent pas etre considerees comme le produit du pur
hasard.
Les nom'eUes framaises du Ms. Vatic. Reg. ijib. 173
ration que l'auteur aime ä ranger ensemble des formes verbales,
adverbiales et d'autres qui riment entre elles \ en leur donnant
volontiers la place a la fin de la phrase et en provoquant
ainsi par le rythme et l'accent qui tornbe sur ces formes une
inipression de rimes^; que, ä plusieurs endroits oü il n'y a
pas de veritables rimes, il essaie pourtant d'etablir des asso-
nances; que quelques-uns de ces accouplements reviennent
plusieurs fois (comme Dieu : lieu)\ et, si nous y ajoutons les
exemples des constellations intimes de deux mots rimant en-
semble, comme Celles que je viens de citer ä l'instant, on
pourra, je crois, constater chez notre compilateur un certain
goüt pour cet element musical dans le style — penchant esthetique
assez pueril et le seul, du reste, dont on puisse l'accuser! —
et une certaine preoccupation de le satisfaire quand Toccasion
se presentait, sans que ce soit pourtant devenu un principe.
Peut-etre a-t-il congu cette petite inclination en s'occupant de
textes rimes; en tout cas, il n'est point necessaire de voir
partout oü appar^issent chez lui des mots consonants lies
ensemble par une chaine plus ou moins cadencee d'autres
mots, des traces dun poeme pcrdu qu'il aurait imite.
Quoi qu'il en soit, il n'y a presque pas de morceau dont
on puisse dire qu'il soit original, et, quand on en trouve un,
c'est une anecdote dans le style du chapitre XXVII, histoire
absolument insignifiante de la conversion d'un pecheur. Rien
qui porte le cachet de la realite; i'espece de sens reel qui
semble percer dans la methode de donner des noms ordinaires
ä tous les personnages, ne va pas jusqu'ä peindre les moeurs
et les evenements de l'entourage. M. Langlois pense que la
dixieme nouvclle, »d'ung larron et murdrer nomme Thibault
' P. ex. les imparfaits au commencement du chap. V, et ä la fin du
chap. XLV cette lirade »que sachons penser sainteinent, parier sagement et
ouvrer proufitablement, especialement a nostre sauvement et des aultres.» Dans
le meme dernier chapitre, cette phrase encore appartient ici: »car tout ainsy
comme cely qui a longuement assailly.t
^ La prose narrative de ces temps n'est pas etrangere ä une rheiorique
pareille; mais ici l'auteur s'en sert trop abondamment ])our que rintenlion ne
perce pas.
174 ^^^' Söder/tje/m, Lcs nouvelles ßinnaises du Ms, Vatic. Reg, lyiö.
le Roux», serait peut-etre une histoire vraie ^. C'est le theme
bien connu du danger de s'associer comme compagnon de
voyage un individu etranger; il est illustre ici, comme d'habitude,
par l'assassinat de l'autre compagnon, mais il est contamine
avec un stratageme invente par le meurtrier pour dissimuler
son crime. Ce stratageme cependant me parait un peu trop
ingenieux et trop complique pour qu'il soit copie directement
sur la realite.
M. Vossler avait vu dans l'auteur »probablement» un
pretre '^. M. Langlois cite une expression qui tendrait ä
confirmer cette supposition, mais il ne se prononce pas
tres nettement. Je ne crois guere qu'on puisse douter de l'etat
de l'auteur; s'il n'avait pas pris la soutane, du moins etait-il
un homme serieux et adonne aux choses spirituelles. Les
Sujets religieux forment une partie considerable, plus que la
moitie, de son ouvrage, et dans les contes profanes il y a
souvent des expressions et des reflexions pieuses^; il evite,
comme l'a remarque M. Langlois, tout terme grossier, meme
quand ses sujets et ses originaux etaient de nature ä en faire
excuser l'emploi. A la fin du recueil, il y a deux sermons;
et je me demande si le trait signale plus haut dans son style,
la recherche d'une certaine Harmonie, n'indiquerait pas aussi,
en effet, un predicateur qui pense ä faire sonner ses tirades.
— Je ne veux pas dire par lä qu'on doive voir dans son
recueil un traite pedagogique et edifiant. Mais, s'il a voulu
faire metier de conteur, il a pourtant assez mal compris sa tache.
Inutile d'ajouter que M. Langlois a apporte le plus grand
soiu ä sa publication. Ses notes, ajoutees ä la fin de chaque
morceau, sont precises et serrees, mais süffisantes. Un ample
vocabulaire fournit une contribution bienvenue ä la connais-
sance de la prose du XV^ siecle. En somme, le volume est
loin d'etre depourvu d'interet, quoique ce soient surtout les
I
^ M. Vossler avait aussi suppose qu'il pourrait y avoir »un grain de
verite> dans l'historie (loc. dt. p. 19).
^ Loc. dt. p. 25.
* Voy p. ex. le chap. III, p. lO: »Pleust a Dieu que chacun» etc.
A. Längfors, Moy. haut all. s a 7)i h e Her en < anc, fr. cevibeler. 175
cötes negatifs, pour ainsi dire, du recueil qui en donnent le
plus. II n'ajoute rien ä nos notions sur le developpement de
la nouvelle frangaise, rnais il sert ä mettre en relief les merites
de ceux qui vraiment ont cree le style narratif pendant ce
siecle; et, en puisant tant de fois dans des versions de contes
qui nous sont inconnues, il apporte aussi par ses variantes
quelques additions ä l'histoire folkloristique de ces sujets.
L'exterieur du volume est charmant, 1 'Impression excel-
lente et le prix modeste.
W. S'öderhjelm.
Moy. haut-all. sambelieren < anc. fr. cembeler
Dans le poeme de Gottfried de Strasbourg, l'education
chevaleresque de Tristan est racontee entre autres dans les
vers suivants^:
2101 über diz allez lernet er
mit dem schilte und mit dem sper
behendecliche riten,
daz ors ze beiden siten
2105 bescheidenliche rüeren,
von Sprunge ez freche fiieren.
turnieren und leisieren,
mit schenkein sambelieren *
rechte und nach ritterlichem site
21 10 hie bankete er sich ofte mite
— ce qui veut dire, pour parier avec M. Bedier^, qu'«il
apprit encore ä chevaucher en portant l'ecu et la lance, ä
' Gottfried von Strassburg, Tristan.^ herausgegeben von Karl Marold.
Erster Teil: Text. Leipzig, 1906. Le tome I seul a paru jusqu'ä present.
^ Variantes : samlieren, samfiielieren, samiliren.
* Le Roman de Tristan, par Thomas, poeme du XILe siecle, public
par Joseph Bedier. Tome I: Texte, p. 29. Paris, 1902 fPublication de la
Societe des anciens textes).
176 A. Längfors, Moy. haut-all. s a m b e li e 7- en ( a7ic. fr. cembeler.
^peronner adroitement les deux flancs du destrier, ä le faire
sauter hardiment, volter, galoper, le frein abandonne, h le
presser des genoux-».
Ce doit etre le seul exemple du verbe sambelieren en
moyen haut-allemand. Wilhelm Hertz ecrivait a ce propos:
»'mit Schenkeln schambelieren' ist ein Pleonasmus: denn
'schambelieren', ein, wie es scheint, von Gottfried selbst aus
Jambe gebildetes Wort, hiesse schon an sich 'dem Rosse die
Schenkel geben' ».^ Le rapprochement avec 'jambe' avait
dejä ete fait bien plus tot^, et je ne veux nuUement en con-
tester la justesse. Je voudrais seulement emettre une hypo-
these qui n'a pas encore ete faite, que je sache. Je me de-
mande si le poete allemand ne s'est pas souvenu du verbe
frangais cembeler, dont il ignorait peut-etre le sens exact et
qu'il rapportait, ä tort, au mot 'jambe'. Cembeler, chenbeler,
etc. 'joüter, combattre' n'est pas extremement frequent en an-
cien frangais^, tandis que son radical le swhsXdinW^ cembel'^,
'defi porte par une troupe en armes, et les joütes ou les
combats qui s'en suivent', est tres abondaniment atteste.
' Tristan und Isolde von Gottfried von Strassburg. Neu bearbeitet
von W, Hertz. Dritte Autlage, 1901, p. 501.
* Voy. Benecke, Müller et Zarncke, MUtelhochdeiitsches Wörterbuch,
II, Leipzig, 1863 {s. v. SAMBELIERE).
* Voy. le Dictionnaire de Godefroy, j-. v. CEMBELER et CEMBILLER.
* Pour l'etyraologie, voy. Körting, Lat.-rom. IVörierb?, n° 2731, et
Diez, Etytn. IVörterb,, p. 346.
A. Längfors.
Besprechungen, y. Poirot, P, Diiitoff, (Euvres compl. de A. Chenier. 177
Besprechungen.
Oeuvres compli'tes de Andre Chenier. Publiees d'apres les
manuscrits par Paul Dimoff. I. Bucoliques. Paris, Delagrave,
s. d. (1907). I vol. in-i2, XXXIV -(- 322 pp. 3 fr. 50.
Le sort, comme on le sait, s'est acharne sur la per&onne et
l'oeuvre de Chenier. Le tribunal revjlutionnaire a tranche dans sa
maturite un talent poetique plein de promcsses. Des manuscrits
laisses par le poete une partie s'est perdue, semble-t-il, irreme-
diablement ; car, si tout est possible, il faut une forte dose de con-
fiance pour croire que les papiers disparas de la Vallee aux Loups
se retrouveront jamais, et meme qu'ils existent encore. L'autre,
la Hasse gardee avec un sein jaloux par un neveu qui ne sut
meme pas en donner une edition convenable, fut soustraite ä ce-
lui qu'A. France appelle le prince des editeurs, Becq de Fou-
quieres. La mort enleva ce demier avant qu'il eüt pu faire une
troisieme edition critique, que lui seul pouvait nous donner ä
cette epoque. Heredi:?, qui avait forme le plan de reprendre ce
travail, ne put aller lui aussi au delä du premier volume. II y
avait de cjuoi decouragcr meme des esprits peu portes ä la su-
perstition. Felicitons-nnus donc doublement qu'un nouvel editeur
se soit rencontre, ä qui sa jeunesse doit donner l'cspoir de vaincre
le charme, et de terminer enfin le monument attendu: une edition
diplomatique complete avec un commentaire approfondi.
A en juger par le premier volume, M. Dimoff parait bien
qualifie pour cette besogne, une des plus difficiles que presente la
Philologie fran^aise moderne. Le probleme est du meme genre
que celui des Pensees: dans le desordre des manuscrits, est-il pos-
sible d'etablir un classement des morceaux? et ce classement a-t-il
meme existe definitif dans l'esprit de l'auteur? Questions obscures
dans les deux cas, et qui appellent une meme reponse: si un tel
classement a existe dars l'esprit de l'auteur, nous n'en pouvons
retrouver que des Iraces insuffisantes. II faut se resigner ä ran-
ger les fragmenis, abstract'on faite de que'ques grandes categories
qui s'imposent, dans l'ordre le plus commode pour la lecture.
Une autre difficulte consiste dans la disparition d'un groupe
de manuscrits, malheureusement les plus interessants: ceux des
poemes publies par H. de Latouche en 1819, qui sont les plus
longs et les plus acheves. C'est lä surtout, ainsi que dans le
proces devant le tribunal revolutionraire, qu'on saisit la fatalite qui
s'est attachee ä Chenier. Deux jours auraient 5auve la vie du poete;
deux ans auraient sauve ses manuscrits. On ne saurait trop deplorer que
Becq, quand il red'geait en 1868 et 1869 sa 2:e edition, n'ait pas eu
178 Besprechungen. J. Poirot,
l'idee de faire les recherches qu'il entreprit en 1874. II eüt alors
Sans doute appris avec la meme facilite que plus tard que ces
manuscrits etaient conserves par Mlle de Flaugergues, et a cette
date, avant la guerre de 1870, il aurait pu en avoir communica-
tion, en prendre copie, peut-etre meme en obtenir le depot; de
toute fa9on, le pillage de la maison de la Vallee aux Loups n'au-
rait pas eu les consequences desastreuses que l'on sait ^ — Avec
quelque goüt et quelque discretion que Latouche ait procede, il
est en effet ä craindre qu'il n'ait change le lexte en certains en-
droits. Parfois nous avons, parmi les manuscrits restes en pos-
session de la famille, des copies de pieces dont Latouche a con-
serve le manuscrit; et ces copies offrent quelque possibilite de
controle; mais souvent cette ressource manque. Or il suffit
de comparer p. ex. Le Metidtani dans l'edition de 18 19 et dans
l'edition donnee par Fayolle pour voir que necessairement Tun des
deux editeurs, et peut-etre les deux, ont modifie le texte original.
II faut donc faire, en pareil cas, un choix arbitraire, ä moins qu'il
ne soit possible un jour d'appliquer ici le criteriura metrique qui,
entre les mains de Sievers et de ses eleves, a deja donne de bons
resultats pour la critique des textes allemands.
Les manuscrits presentent du reste des difficultes d'un autre
genre, que le nouvel editeur a bien exposees; alles consistent .sur-
tout dans la reunion sur un meme papier de notes, ebauches,
plans ressortissant sürement ä des groupes ou oeuvres differentes.
L'ordre adeipte est donc necessairement arbitraire. Les editeurs
precedents pla^aient en tete les pieces achevees {iSAveugle, Oaris-
tys, etc.) ou les plus longues, rejetant vers la fin les fragments
et les esquissey. M. Dimoff reparlit les pieces d'apres leur con-
tenu en sections: Invocations poe'tiques ; Les Dieux ; Les Heros et
les Fahles, etc, avec les subdivisions necessaires. C'est un principe
egalement admissible, et auquel on s'habitue assez vite. Dans
ces subdivisions, les morceaux sont en general places par ordre
de dimensions decroissantes.
Les principes suivis par M. D. dans Fetablissement du texte me
paraissent sages^; en particulier ce qu'il dit de la ponctuation est
tres plausible. II met en lutniere l'interet qui s'attache ä la ponc-
tuation de Chenier comme indice du grouperaent ryihmique du
vers. Cette ponctuation fournira un point d'appui serieux dans
^ J'ai constate avec plaisir que, dans son Introduction, M. Dimoff,
parlant de ce pillage, n'accuse pas directement, comme tant d'autres, les Alle-
mands d'un acte dont les auteurs sont inconnus.
^ L'editeur accentue les citations grecques des mss de Chenier. Celui-
ci n'accentuait pourtant pas le grec ; il me parait discutable d'ajouler
les accents.
Paul Dirnoff, Giuvres compliies de Atidre Chenier. 179
l'etude qu'il faudra faire un jour sur le rythme du vers d'Andre
Chenier, lequel parait different du vers classique sans etre dejä le
vers romantique.
La collation des mss a ete faite avec beaucoup de soin par
l'editeur: et, en tout etat de cause, cette edition aura le merite
de nous donner le texte et toutes les variantes, le vrai Chenier,
dont Tedition G. de Chenier ne nous fournissait encore qu'une
image incomplcte. En particulier la ponctuation y etait fantaisiste
et changeait souvent le sens des vers. — J'ai confronte Tedition
nouvelle avec les collations de quelques pieces de Chenier que
j'avais prises moi-meme en 1901 ä Paris; et, m'appuyant sur les
resultats de cette comparaison, je presenterai ici quelques re-
marques.
1:0 Dans l'indication des variantes corrigees (lec^on primitive
ou corrections modifiees ensuite), le Systeme adopte par l'editeur
n'est pas satisfaisant. II indique p. ex. dans le fragment p. 154
(sect. L'Amour et les Amants, XII, n** 4), au vers 4
Des belements iovitaiiis partout ino7it oppelee
une Variante en note: « i:ere lecon non biffee: des belements confus.»
— En realite le mss donne seulement lointains au-dessus de con-
fus; les mots des belemeiits ne sont pas ecrits deux fois, comme
on pourrait le croire d'apres la note. II eüt donc fallu, ou mettre
simplenient en note confus, ou au moins placer des belemetits entre
crochets. De meme dans tous les cas analogues.
2:0 Pour l'orthographe, l'editeur a pousse un peu loin peut-
etre le principe de modernisation. II me parait exagere p, ex.
de rejeter le pluriel -ns des noms et participes en -nt. L'ortho-
graphe des noms propres est aussi parfois contestable. P. 156,
V. 2-j ^ M. D. Orthographie Phebiis ; le mss porte phoebus; il se-
rait plus conforme meme ä nos habitudes modernes de gardei oe^
— En tout cas, il me semble necessaire, dans le commentaire
qu'annonce la preface generale, de traiter specialement cette question
et d'indiquer les principes orthographiques de Chenier, autant
qu'on puisse les degager de ses mss. Cette orthographe, incon-
testablement negligee, se montrera peut-etre moins capricieuse qu'il
ne semblerait au premier abord. C'est du moins l'impression que
me donnent mes collations.
3:0 II eüt ete bon, dans une edition d'un caractere aussi
nettement diplomatique, d'indiquer les caracteristiques des mss.
Cela aurait pu se faire ä la hn -de l'introduction speciale au vo-
lume; on aurait ainsi le signalement des mss.
4:0 Enfin, il n'aurait pas ete inutile d'avoir ä la fin du vo-
i8o Besprechungen. J. Poiroi,
lume une table de coDcordance de Tedition nouvelle avec Celle de
G. de Chcnier. C'est d'autant plus nccessaire que la disposition
des fragments est toute differente, et que d'autre part l'arrangeraent
actuel des mss, qui provient de G. de Chenier, rappelle ä certains
egards Tordre de son cdition. J'ai du perdre un certain tempi ä
chercher dans la nouvelle edition, en vue de la collation, les frag-
ments dont j'avais pris la rcference d'apres ledition G. de C. En
repondant ä ce desideratum pour les volumes suivants, Tediteur
rendrait Service ä ceux qui veulent etudier le pocte.
Je releverai ici les points oü, dapres mes coUations, il y
aurait une inexactitude dans les indications de lediteur. Je suis
l'ordre des mss, non de Teditiori.
Sect. L'Amour et les Amants, XII, n" 6, p. 156. — V. 28:
pas de point d'intenogation dans le mss. — V. 3 1 : la i:ere legon sur-
chargee n'a pas de point d'excl. apres ah. — — Sect. La Mort
et les Tombeaux, VI, n" 2, i. 43 — 44, p. 278. L'edit. donne:
La pierre de nia tombe ä la race future
Dira quun seul hymen delia 7tia ceinture.
Sans autre indication que l'absence de point final dans le mss.
En realiie le mss, si j"ai copie exactement, porte biffes: la pierre
de ma tombe ä i, puis recrit au-dessus de ä l: tombe et ä la suite
de ä l: ä la race fiitiite. De meme dira . . . . ma est biffe; dit
est recrit et biffe dans Finterligne au-dessus de dira. — — Sect.
Details et choses de la vie rustique, VIII, 10, p. 239. Ma col-
lation differe de Tedit. sur les points suivants: de en surcharge, en
dessous da?i. — de solertia biffe. — V. 3. L'edit. donne en note:
«les mots /<f dauphin surcharges d'une correction illisible». J'ai lu au
contraire : le dauphin ecrit en surcharge ; en dessous plus d'un l.
II me semble evident que le dauphin est la \q(;o\\ definitive, et non
pas la le^on surchargee. — V. 5. L'addition des virgules me
semble discutable. Elles ne figurent pas dans le mss. Sans doute,
elles paraissent naturelles, vu la longueur de l'incise. Mais elles chan-
gent la melodie du vers, et la faussent. Les signes de ponctuation
ont garde en franyais, plus que dabs toute autre langue, leur va-
leur primitive de signes musicaux, et on peut poser en pr ncipe
que partout oü uu auteur en place, il a en vue un mouvement
mehdique ou rv^thmique determine; et inversement que, dans une
Constitution de texte, il faut ne placer que des signes qui ne
troublent pas la melodie rcsultant du contexte. Dans le cas pre-
sent, le texte de l'editeur:
Oic, sous des doiifts legers, niie ßüte aux doux sons
\
?
Paul Diinoß\ (.Ein res coinpletes de Andre Chenier, l8i
impose, par la double virgule equi\alant ä une parenihese, une chute
melodique de Tindse, prononcee sur un ton sensiblement plns bas;
cette chute reagit sur tout le vers, et specialement sur les mots
environnants, qu'elle fait baisser pour les plier ä la courbe gene-
rale. — Le vers ainsi constitue est, dans sa tonalite, trop bas
pour un vers de Chenier, comme le montre la comparaison avec
ceux qui Tentourent. Au contraire, Fabsence de ponctuation, c. ä
d. la le^on du mss, empeche cette chute generale et maintient
le vers ä la tonalite du morceau entier. — — Sect. Enfants,
jeunes gar90ns et jeunes filles, III, p. 96. — L. 3 : sons un joli
(edit. dans). — V. 3: ses : le i:er s en surcharge de (/. -- —
Sect Les Dieux, X, 5, pp. 32 — 33. — V. 5, note: legers n'est
pas biffe dans le mss. — V. 8: la note est mal redigee. Le point
et virgule ä la fin du vers est reste evidemment de la i:ere le9on,
qui, Selon ma collation, serait eile s'enfuit et non eile le fiiit. —
V. g: de loin : de en surcharge, au-dessous et, qui se ratlache ä
la lec^on biffee du v. 8. La correction a donc du eire immediate.
— V. 15 : cette en surcharge, au-dessous son. — — Sect. L'Amour
et les Amants, XI, p. 153, 3. — V. 5: respirant : aftt en
surcharge, au-dessous er. Ceci semblerait indiquer, si ma lecture
n'est pas fauiive, que Chenier avait d'abord ecrit seulement les
deux demiers hemistiches de 4—5
— — — — retetiant mon haleine
— — — — 7ie respirer qtiä pei/ie
et qa'en remplissant les vers il a ete amene ä changer l'inf. en
part. pres. — V. 9. La correction helles biffee dans l'interligne est
liee ä la modification du vers 6 Le morceau etait primitivement
destine ä un gar^on, puis est passe dans la boLche d'une femme.
— — Ibid., p. 152, 2. — V. 3 : l'edition G. de C. donne ä la
fin du vers deux points, lecon que ma collation semble confirmer,
au lieu du point de l'editeur. — V. 1 1 : semble encore ignoter :
semble en ecrits en surcharge de doit ign. — V. 15: moi en sur-
charge de toi, lapsus evident. — — Sect. Les Chanteurs, I (L'Aveugle).
Nous ne possedons plus le mss sur lequel de Latouche avait fait
son edition ; mais il reste un mss fragmentaire de l'episode du
combat des Centaures et des Lapithes, qui montre un texte iden-
tique sauf les deux premiers vers, et sur lequel on peut s'appuyer.
L'edit. a repris en quelques en droits la ponctuation de ce mss
contre celle de l'edit. de 18 19; a mon avis il l'a fait trop rare-
ment. Nous savons, par l'etude des mss restes, que la ponctua-
t'on de C. est ires speciale; et il est evident que Latouche l'a
profondement modifiee, et aura traite arbitrairement sur ce point
l82 Besprechungen. J. Poirot,
les donnees des mss. En cas de conflit entre la ponctuation de
Latouche et celle d'un fragment de mss, meme si ce Fragment,
comme cela parait etre le cas ici, n'est pas une pure et simple
copie partielle du mss perdu, je crois que c'est le mss qui doit
l'emporter en autorite. Donc je n'hesiterais pas a rejeter au vers
2 2 1 le point et virgule apres atteiids, qui abaisse trop le ton du
premier hemistiche, et ä adopter soit la virgule du mss, seit un
signe de meme valeur musicale tel que les deux points. — Lei»
quatre signes de ponctuation du vers suivant
Traitre! Mais, avaiil Int, siir le Centaure impie,
dont aucun n'est dans le mss, sont aussi trop nombreux et don-
nent au vers une allure staccato et une tonalite assez basse qui
ne conviennent pas au vers de Chenier. La virgule finale doit
disparaitre et peut-etre aussi celle apres Mais. — V. 241 sqq,
note: l'indication que l'edit. reproduit la ponctuation du mss n'est
pas litteralement exacte. Si je ne me suis pas trompe, le mss
donne ä la fin de 241 et de 245 un point; il n'y a pas de virgule
apres Egee au v. 247 et apres apet^oit au v. 248. — Plus loin (v.
240), et pour des raisons du meme genre que ci-dessus, je pre-
fere la ponctuation du mss, c. ä d. l'absence de virgules au second
hemistiche. — — Sect. Les Esclaves, I (La Liberte). — Dans l'in-
dication de Chenier idylle, III, 3, le III est biffe. — V. 28, note:
»La chouette et l ecrit en surcharge de mots illisibles», dit l'edit.:
J'ai lu en dessous le iioir hibou. — V. 48: 7iotre en surcharge de
ton. — V. 53: ajissi en surcharge; au-dessous je lis ami (?), qui
semble une faute de lecture corrigee sur-le-champ. — V. 79 : si
ma collation est exacte, il y a ä la fin du vers une virgule. —
V. 96 : ä la fin du vers, un point, ponctuation que l'on peut conser-
ver. — V. 103: favotables en surcharge de secourablts. — V. 118:
ä la fin ma collation donne deux points. — V. 127: je ne vois
pas bien pourquoi l'edit. supprime apres 0 la virgule donnee par
le mss, et qui concorde avec le point d'exclamation indique par
l'edit. ä la fin du vers suivant. — V. 137: le mss, de meme que
dans des cas analogues, donne, comme l'edit. le dit du reste, les
mots et moi je sans virgule apres moi. La regularite de cette
ponctuation, qui exclut toute idee de hasard, me semble consti-
tuer une indication nette d'un debit legato sans chute melodique
ä la fin de tnoi; pour le berger l'allure est plus rapide, et la voix
a le timbre special caracteristique de ce style «dur et sauvage»
qui, d'apres le canevas en prose, est celui de l'esclave. II fallait
donc conserver la ponctuation du mss. Aux vers 45 et 86 il en
sera de meme, avec un debit legato plus lent et un timbre de
I
Paul Diinoff', Üiuvres cotnpletes de Andre Chcnier, 183
voix correspondant au style «doux et fleuri» du chevrier. — V.
140: le second hemistiche est recrit en surcharge; au-dessous le
second hemistiche du vers suivant. Cette erreur de copie, avec
Celle du v. 53, montre bien, je crois, que ce mss est une Sorte
de mise au net, comme le dit G. de C. L'edit. aurait donc pu
etre plus affirmatif dans la note du debut relative au mss. — V.
145: chevre est ä la fois ecrit en surcharge et dans l'interligne.
Au-dessous de la surcharge je lis breb (?), ce qui serait encore
une faute d'inad\ertance dans la mise au net^. — V. 146: ma
collation donne un point ä la fin du vers. — V. 152: ces : c en
surcharge de /. — V. 158: le 8 du chiffre 158 est en surcharge
d'un 6. — — Sect. Details et choses de la vie rustique, VIII, 2,
p. 236. C'est le morceau connu: Fille djt vienx pasteur. Le
mss, ce qui n'est pas toujours le cas, est sürement le mss original,
plein de corrcctions qui permettent de se rendre compte de la
maniere dont Chenier travaillait. II m'a paru, lorsque j'ai eu le
mss entre les mains, que l'indicaticn grecque /?orx aLX et une
partie des correclions etaient d'une ecriture plus grosse et d'une date
ulterieure La difference peut pourtant tenir ä des reprises de plume,
comme c'est sürement le cas pour la 2:e partie du veis 6 ä par-
tir de — — eras. Sous cette reserve, et en designant par B les
corrections ou additions ulterieures, il faudrait, selon moi, attribuer
ä la correction B:
V. I le soir ta (interligne, rayes)
V. 2 treiife vases cVargile
V. 3 crains la genisse pourpre, au farouche regard
V. 3 et blatte (interligne, rayes)
V. 4 toujours seule et qui pait ä l'e'cart
V. 8 ei lent ne demeure plie.
Comme on le voit, il ne reste ä glaner apres Tediteur que
des vetilles dans les mss : et j'ajoute que, ne pouvant controler
les mss, je ne voudrais pas af firm er que j'aie partout raison. —
Je termine en souhaitant ä cette edition le succes qu'elle merite,
et en exprimant le vceu que les volumes suivants ne se fassent
pas trop attendre. En particulier le dernier, contenant les oeuvres
cn prose, remplira une lacune jusqu'ici impossible ä combler.
/. Poirot.
' Chenier aura pu par dislraction penser ä brebis niere qui figure dans
sa traduction de ia gSie epigr. de Leonidas de Tarente, ed. Dimoff, p. 268.
184 Besprechungen, .1. IVa/iensköh/,
Hugo Wendel, Die Entwicklung der Nachtonvokale aus dem
Lateitiisc/ien ins Altprovemalische. Diss. Tübingen. Halle a. d. S.,
1906. 122 S. 8:0.
Der Verf. vorliegender Dissertation hat seinen Gegenstand in
klarer, übersichtlicher Weise behandelt und die Endresultate, zu
welchen er gekommen ist, dürfen wohl im Grossen und Ganzen
als endgültig betrachtet werden. Ich gebe sie hier nach des Verf:s
eigener Zusammenstellung (S. 119 fg.):
A) Die nebentonigen Nachtonvokale:
1. fallen, ausser a {m a c u 1 a ^ malha, tepida >■
tebeza) :
a) wenn der unbetonte Nachtonvokal in vorprov. Zeit aus-
fällt (laridum > *1 a r d o > lart) ,
b) wenn der unbetonte Nachtonvokal lautlicher Verhält-
nisse halber (siehe C 2 a — e) nicht ausfallen konnte (t e p i d u m >
tebe, juvenem > jove^^ v i n c e r e > venser, a n g e 1 u m ^
angel, episcopum > ebesque) ;
2. bleiben erhalten:
a) ^enn in prov. Zeit erst synkopiert wurde (h o s p i t e m
> osde),
b ) bei den unter i . erwähnten Fällen, wenn lautlicher Verhält-
nisse halber (s. B 2 a — b) ein Schwinden des Vokals unmöglich
war (p o p u 1 u m ;> pöble, sufferunt > sofron, m i s e r u n t
^ meseron).
B) Die schwachtonigen Nachtonvokale :
1 . fallen ausser a (surdum ]> sort, s c a la > escala) ;
2. bleiben erhalten:
a) nach Kons. -|- Liquida (p a t r e m > paire) oder
Kons. -}- Nasal (s p a s m u m > espasme), falls diese Verbindun-
gen zur Zeit des Abfalls der schwachtonigen Nachtonvokale noch
nicht vereinfacht wa^en (p a t r e m >• pair [dial.], somnum >>
son) ; nach Liquida -f- Nasal steht nie Stützvokal (u 1 m u m
> olm) ;
b) vor nt (respondent ."> respondent) ;
c) vor r nach mediopalataler oder dentaler Spirans (s o r-
d i d i o r > sordeger, grossior > gtueysser) (vgl. hiezu C 2 c) ;
d) wenn der schwachtonige Nachtonvokal mit dem Ton-
vokal eine diphthongische Verbindung eingeht (f u i ]> fui, d e u m
> deti) .
C) Die unbetonten Nachtonvokale:
1 . fallen (laridum >• lart, h o s p i t e m >» osde, s a b-
b a t u m > sabde) ;
2. bleiben erhalten:
H. VVcHcül, Die Ent-vickhing der A'achtonvoka/e aus dein. Lat. ins Aliprov. 185
a) vor spirantisch gewordenem </ ( t e p i d u m > tebe, t e-
p i d a m > tebezn) ;
b) vor n (j u v e n e m '^ jove) ;
c) vor r nach mediopalataler oder dentaler Spirans (v i n -
c e r e >> venser, texere > tcisser) , bisweilen auch nach Kons,
-f- lab. Spirans (p u 1 v e r a >» polvera, s o 1 v e r e > solver oder
solvrej :
d) vor /nach mediopalataler Spirans (a n g e 1 u m > a?ige/,
fragilem > /f^g^O -"
e) sonst um unliebsame Konsonantenhäufungen zu vermei-
den (1 a c r i m a > lagrenia).
Gegen obige Darstellung hätte ich nur in Betreff folgender
Punkte Einwände zu machen :
B 2 a. Formen wie pair ( <; p a t r e m), fiah ( <; f r a -
t r e m), mair ( < m a t r e m), Peir (<; P e t r u m), derer (< d e -
r e t r o) würde ich lieber als in vortoniger Stellung entstandene
Schnell sprechformen ansehen, als sie mit dem Verf. (S. 96) einem
hypothetischen Dialekte zuschreiben, in welchem /;- zu ir (r) in so
früher Zeit übergegangen wäre, dass der Endvokal nachher noch
hätte schwinden können. Dasselbe gilt /rijz'ijr (<. *p r eb y t e r u m,
S. 30). Was arbir (<; a r b i t r i u m) betrifft (S. 82), ist es m.
E. ganz entschieden eine Analogiebildung nach anderen Substanti-
ven auf -ir [constr, dezir, u. s. w ), wenn es nicht einfach eine
postverbale Bildung ist.
C 2 d. Wenngleich ich nicht bezweifle, dass auch vor / nach
mediopalataler Spirans der Pänultimavokal hat bleiben müssen, finde
ich indessen, dass die Formen angel und fragel nichts beweisen,
da sie entschieden gelehrt sind. Man vergleiche nur afrz. aiigele
und Jraile (statt des zu erwartenden *frail) .
Was man in methodischer Hinsicht gegen die Arbeit Wen-
deis einzuwenden hat, scheint mir hauptsächlich darin zu bestehen,
dass der Verf. fortwährend verschiedene provenzalische Entwick-
lungsformen desselben lateinischen Wortes anführt, ohne einen
ernstlichen Versuch zu machen, dieselben auch dialektal und
zeitlich abzugrenzen. Als typisches Beispiel sei angeführt : i n -
s u 1 a > iscla oder > ilha, illa, iln einerseits und >
irla oder ila andererseits (S. 18). Es würde natürlich gelten
nachzuforschen, in welchen Gegenden aus "^isJa durch Entstehung
eines Cbergangslautes iscla geworden ist, und in welchen *isla,
*izla (ein */V/a ist überhaupt undenkbar) einerseits *iyla, ilha, an-
dererseits irla und, mit gänzlichem Schwund der Spirans, ila ge-
geben hat. Ich verweise hier nur auf die von Mistral in seinem
»Tresor» (s. v. 116) angeführten neuprovenzalischen Formen : lim.
ilo, ilho, gask. illo, lang, inlo, rhcd. islo, isclo, sowie auf den Ar-
l86 Besprechungen . A. Wallen sköld,
tikel Hoinings in der Zeitschr. f. rom. Phil. XXIII, S. 413 fg.,
über den »Wandel \on s vor Konsonant zu y in Frankreich.^)
Ein anderer schwacher Punkt in der Darstellung des Ver-
fassers ist, dass er sich allzu gewagt mit allerlei vulgärlateinischen
Etymologien herumtummelt. Ich führe an : *R h o d a r u m (pr.
Rozer, S. 29), *s c a n d a r u m (pr. escandre, esclandre, S. 29),
*o r d i r e m (pr ordre, S. 30), *t e r t i r u m (pr. iertre, S. 31),
*a s i r u m (pr. azer, S. 32), *fraxirum (pr. /raisser, S. 34),
*c u 1 c i r u m (pr. colser, S. 38), *c u 1 c i r a m (pr. cossera, S. 38),
*tymbarum (pr. timbre, S. 48), *sirapem (pr. serbe, S 53),
diem *domiricum (pr. diniere, dimergue, S. 69), *m o r a -
cum (pr. morgue, S. 69), *m a r i c u m (pr. niargue, S. 69), *m o-
racam (pr. inorga, S. 69), *m a n d ü c a t (pr. manja, S. yi),
*p r e n d e o (pr. prenh, S. 86). Der Verf. hat alle diese Formen,
allerdings mit einer gewissen Reservation (s. das unter den »Vor-
bemerkungen /) über templa <[ *t e m p o 1 a gesagte), rekonstruiert,
um eine normale provenzalische Lautentwicklung geben zu
können. Es ist aber m. E. ganz und gar unwahrscheinlich, dass
Formen wie *d o m i r i c u m und *m o r a c u m je existiert haben.
In den angeführten prov. Formen sehe ich daher provenza-
lische Umbildungen : in Rozer, azer, fraisser, colser (nebst der
Ableitung colsera) kann r (statt ;;) analogisch sein, ebenso gut wie
das angefügte r in eher (< i 1 i c e m, S 68), sauzer (< s a 1 i c e m,
S. 68), t07iser {<- r u m i c e m, S. 70); in escandre, ordre, timbre
einerseits, in serbe, dimergue, morgue, margue andererseits ist das
lat. n (l) beim Zusammentreffen mit dem vorhergehenden oder
nachfolgenden tönenden Explosivlaut zu r geworden wahrscheinlich
infolge dialektaler (languedoc'ischer ?) Aussprache jener übrigens
wohl teilweise halbgelehrten Wörter (vgl. MeyerLübke, Gramm. I,
§ 530); terire geht wahrscheinlich auf *t e r m i t e m (mit epenth.
r) zurück (vgl. Rom. XXV, 94 fg.) ; manja ist Neubildung mit
dem Stamm der endungsbetonten Formen [rnanjar etc.; vgl. die
regelmässige Form manduia Bartsch, Chrest. ^ 10, 10); und was
schliesslich prenh betrifft, so kann es mit ziemlicher Sicherheit als
Analogiebildung nach tenli betrachtet werden (wegen der begriff-
lichen Verwandtschaft und der gegenseitigen Beeinflussung von
prendere und teuere vgl. Risop, Begriffsverwandtschaft und
Sprachentwickelung, S. 13 fg.).
Im Übrigen hätte ich einige Einzelbemerkungen zu machen:
S. 6, Z. 5 : d o m n u m ist ja mehrfach belegt worden (vgl. auch
Verf , S. 45). — S. II, Z. 8: An die ehemalige Existenz einer
Form serir (ebenso wie der Formen <?«.f^»2/ S iio, -adr S. lio, -idr
S. III, -edr S. iii, u. s. w.) fällt es mir aus phonetischen Gründen
schwer zu glauben; ohne eine eigentliche Metathese anzunehmen.
//. IVendel, Die Enhukklung der xVathtonvokale aus dem Lat, ins Altprov. 187
betrachte ich das Auftreten des Stützvokals als eine unmittel-
bare Folge des Vcrstummens des lat. Nachtonvokales. — S. 14,
Z. 2 I : Es ist keineswegs ausgemacht, dass frz. fable und faible
gelehrte Wörter sind (vgl. Nyrop, Gramm. I, § 376, 1:0). Der
Hinweis auf Berger, Die Lehnwörter etc, S. 100 fg., sollte nur
diable gelten. — S. 15, Z. 13 v. u.: Als Etymon des prov. templa
ist wohl *temp(u)la (statt tempora) anzusetzen (s. Mise. ling.
in onore die Gr. Ascoli, S. 92). — S. 17, Z. 4 v. u.: *Arta-
lem statt *A r 1 a t e m als Etymon von Arie erweckt Bedenken;
die Metathese, die wahrscheinlich stattgefunden hat, gehört vielmehr
der frühprovenzalischen Entwicklung: *Arlede > *Ardele > Ardle
> Arlle (so Thomas, Ess., S. 124). — S. 18, Z. 10 v. u.: Der
Verf. betrachtet teula {< t e g u 1 a) und leula (< 1 i g u 1 aj als
»mehr oder weniger gelehrt entwickelt». Ich möchte lieber (vgl.
Berger, a. a. O., S. 245, Fussnote) die Wörter als volkstümlich
ansehen : die besondere Entwicklung erkläre sich aus der durch
den Einfluss des Schriftlateins im Vulgärlatein beibehaltenen pro-
paroxytonischen Aussprache der Wörter. — S. 24, Z 19: Die
Form redebre (< r e d i m e r e) muss analogisch sein (Einfluss von
erebre < e r i p e r e ?). — S. 27, Z. 10 v. u.: Suffero hat
keine semantische Berührungspunkte mit o f f e r o ; dass geschl.
vlat. 0 ist, wie öfters, aus nicht völlig aufgehellten Ursachen vor
labialem Konsonante offen geworden (vgl. ploure unten auf der-
selben Seite). — S. 28, Fussn. i : Ich kann nicht an die Ent-
wicklung *cree'r > crer, *veer > ver, ^comee'r > comer glauben.
Wie wären das intervok. d und das vorton. e so früh verschwun-
den ? \"ielleicht sind crer, ver und comer aus creire, veire, comeire
unter Einfluss der -^r-Verba entstandene Kurzformen. — S. 30,
Z. 18 und Fussn. 2: Preire (mit off. e) wird als Subjektsform ge-
braucht (s. Flamenca, her. v. P. Meyer [1901], V. 2470, 2474,
2503, 2634, 3297, 3599, 5515 [:Peire]); und kommt daher
vom Nom. *p r e b i t e r. — S. 3 i, Z. 19 : Der Verf. spricht von »re-
gelmässigen» Adverbialformen auf -mens neben denen auf -ijient.
Die Endung -ment ist indessen die einzig regelmässige (< -m e n t e).
Domens neben domentre erklärt sich am besten durch analogische
Einwirkung von Seiten der Parallelformen dins (< d e - i n t u s)
und dintre (<; d e - i n t e r). — S. 32, Z 7 v. u. : Es kann wohl
als sicher angenommen werden, dass das r der Perfekta wie rema-
ron dem analogischen Einfluss der zahlreichen Perfektformen auf
-eron, -iron, u. s. w. sein Dasein schuldet. — S. 34, Z. 19 (vgl.
S. 10 1, Z. 18): Plais geht wohl auf eine vlat. Form *p 1 a x i t
zurück. — S. 36, Fussn. 2 : Far kann eine direkte Fortsetzung
des vlat. f a r e sein (vgl G. Rydberg, Le developpement de facere,
S. 14, 29 fg., 47 fg.) — S. 65, Z 10 V. u.: Verglichen mit afrz.
1 88 Besprichungen. A, Wallensköld, H. Wendel, Die Entio. der Nachtonvok etc.
doie, sp. dedo, kann wohl doch pr det dem von Crescini ange-
nommenen vlat. *d 1 1 u m enisprechen. — S. 68, Z. ii: Doussa
entspricht viehnehr einem vlat, *d u 1 c i a (danach ist auch *d u 1-
cium > dols S. loi, Z. 6 V. u. anzusetzen); vgl. Nyrop, Gramm.
II, § 384, 3", Rem. — S. 71, Z. II v. u.: ich frage mich, ib
der Verf. mit Recht *fordz9 (mit tönendem dz) als Durchgangsstufe
für forficem '> foisa angegeben hat; ich würde lieber */orts9
annehmen. Man vergleiche nur neuprov. (lang.) /otces mit z. B.
qua tot ge, quatorze (< quattuordecim) und beachte die ent-
sprechenden Verhältnisse im Frz , um zu der Überzeugung zu
gelangen, dass aus der Konsonantenverbindung dz kein tonl. s vor
Vokal enstandeu ist. Dasselbe gilt pajisa {< p a n t i c e m, S. 73,
Z. 1 1 V. u.), verglichen mit onze (< u n d e c i m). — S. 80, Z.
2 v. u. : Wie hätten die Substantiva auf -aire (< -a t o r) auf die
Bildung der unregelmässigen Formen cotitmire (< c o n t r a r i u m),
Daire (< *D ä r i u m), vaire (< v a r i u m) einwirken können ?
Es geht doch wahrlich nicht an, eine solche lautliche Ana-
logie (ohne die geringste Bedeulungsgeme.nschafi) anzunehmen Con-
traire und Daire sind natürlich halbgelehrte Ausdrücke; aus dem
Frz. kennt man ja dieselben Wörter, Was vaire betrifft, neben dem man
die regelmässige Form vair hat, weiss ich nicht recht, wie dasselbe
zu erklären ist: es könnte allerdings auch ein späterer halbgelehrter
Eindringling sein. Ebenso unmotiviert ist es auch, in Betreff der
Wörter mattire (< martyriu m), sospire (< suspirium),
lire (< 1 i 1 i u m) analogische Einwirkung von Seiten der Substan-
tiva auf -tte (<: -iter) anzunehmen (s. S. 81, Z. 4). Martire ist
ja sicher gelehrten Ursprungs (vgl. afrz. martirie, martire). — S.
88, Z 12: Die Form ueis (< o s t i u m), die ich nur aus dem
einzigen Belege bei Raynouard (Lex. rom. V, 455) kenne, ist
verdächtig. Die gewöhnliche prov. Form ist uis (hiiis, us), die
auf vlat. *ü s t i u m, das auch von den übrigen romanischen
Sprachen gefordert wird, zurückgeht. Vgl. Meyer-Lübke, Zs. f.
rom. Phil. XXV, 355 fg. — 8. 88, Z. 10— 11 und 7 v. u. : Der
Verf. halte vielleicht mit einigen Worten die Formen pantai (<
*p a n t a s i u m) und bai (< b a s i u m, b a s i e t) erklären kön-
nen. Das -s ist m. E. in Folge analogischer Einflüsse verschwun-
den. Ich nehme an, dass das Schluss-i- einst als Nominativ-
endung aufgefasst wurde und so neue Obliquaformen ohne dasselbe
geschaffen wurden, und da'^s dann zu bai das neue Verbum baiar
(vgl Flamenca, ed. P. Meyer [1901], baia [baisa] : -ata 2597,
3203. 4072, 5935) gebildet wurde. — S 88, Z. i v. u. : Lat.
a n X i u m hat kaum prov. ais geben können (wegen des Schwun-
des des nasalen Konsonanten) Eme befriedigende Etymologie
der prov. Wörter ais, aissa, atssos ist m. W. noch nicht gegeben
y Poirot^ Joseph Vianey, Les sources de Leconte de IJsle, 189
worden. — S. 92, Z 15: Prov. leun (■< t e n u e ni) soll zeigen,
tlass bei Nomina Kons. -|- Hiatus-?/ sich anders entwickelt hat
als bei den Perfektfornien auf -in. Ich bezweifle eine solche Dif-
ferenzierung nach Wortklassen. Vielleicht ist teun ein gelehrtes
Wort (vgl. Grandgent, An Outline etc., § 72 Nw; s. dagegen
Thomas, Rom. XXXIV, 333, der nicht gesehen hat, dass -pu- -\-
Vokal eine besondere Entwicklung durchgemacht). — S. 103, Z.
2 V. u. : Formen wie niu {< n i d u m), welche den Schwund
eines intervok. d zeigen, sind katalanischen Urspiungs (vgl. Grand-
gent, a. a. O., § 65, D, 2). Deshalb geht die normale Form
vau ( I . Sg. Pr. Ind. von anat^ auf *v a o zurück, welches auch
von den übrigen romanischen Sprachen postuliert wird. Mit J.
Huber (Zs. f. rom. Phil. XXXI, 374) billige ich nicht, was Wen-
del über Kurzformen zu fagum etc. sagt; es handelt sich um
noch näher zu untersuchende dialektale Unterschiede (vgl. Grand-
gent, a. a. O., § 65, G, (3), l). -— S. HO, Z. 14: Soll »afr.
noz, 7iosy> heissen.
Bemerkte Druckfehler: S. 14, Z. 8 v. u.: lumbnlum ; S. i6,
Z. 2 V. u.: Rom. 33 S. 261; S. 30, Z. 20: fraire; S. 48, Z. 5
V. u. : iuvejiem. A. Wallensköld.
Joseph Vianey, Les sources de Leco7ite de Lisle (= Travaux
et memoires de Montpellier. Serie litteraire. I). Montpellier, Cou-
let et fils, 1907. I V. in-8:o. VI-l-399 p.
Voici un livre longtemps desire par tous ceux qui s'interes-
sent au grand Pamassien. Avec le travail, d'allure surtout bio-
graphique, des freres M.-A. Leblond.. il formera la base des etudes
ulterieures sur Leconte de Lisle.
L'etude de M. Vianey est faite avec le plus grand soin;
eile embrasse tous les poemes de Leconte de Lisle, sauf les oeuvres
chretiennes de la premiere pericde (la Passion, Marie-Madeleine). L'au-
teur se defend avec modestie «d'avoir l'ambition de dire le der-
nier mot sur Leconte de Lisle» ; mais je crois que sur les points
traites par lui, ses indications resisteront ä la critique dans presque
tous les cas. C'est dire que l'ouvrage doit entrer dans la biblio-
theque de quiconque etudie d'un peu pres la poesie contem-
poraine.
Le travail de depouillement fait par M. Vianey revele un
fait peut-etre un peu inattendu. Les sources du poete, malgre la
Variete infinie de son oeuvre, ne sont en somme pas tres nom-
breuses. Les poemes hindous proviennent des traductions du
Rig-Veda par Langlois (1848), du Bhagavata Purana par Burnouf
igo Besprechungen. J. Poirot,
(1840), du Ramayaiia par Fauche (1854), et d'un recueil de poe-
sies populaires hindoues par Lamairesse (1867). — L'Inde poste-
rieure, celle d'Aureng-Zeib, est tiree d'un appendice ä \ Histoire
generale de l'Iiide anciemie et modertie, de de Maries (1828). —
La niasse assez imposante des poemes scandinaves sort des Chants
populaires du Nord de X. Marmier (1842). — Le livre de Leou-
zon Le Duc: La Finlande (1845) a inspire les poemes finnois;
et ainsi de suite. Exception doit etre faite, d'abord bien entendu
pour les poemes tires de l'antiquite classique, et aussi pour les
poemes celtiques: Leconte de Lisle, peut-etre ä cause de ses ori-
gines bretonnes, semble avoir suivi avec un certain interet les
publkations relatives aux anciennes traditions celtiques.
Parmi les trouvailles du livre, je citerai, parce qu'elle Inte-
resse les lecteurs finlandais, l'etude sur les sources du Runoia.
L'imitation du Kalevala etait evidente; mais la fin du poeme
s'ecarte de l'epopee finnoise. M. Vianey montre qu'elle est ins-
piree du Glaive runiqiie de Nicander, que Leconte de Lisle trou-
vait en appendice chez Leouzon Le Duc.
Je ne veux pas m'etendre sur l'analyse de l'ouvrage, espe-
rant que ce que j'en ai dit eveillera l'interet pour ce beau iravail.
La these de M. Zilliacus, dont j'ai fait ici meme le compte-
rendu, abordait aussi la question des sources, pour les poemes
grecs et latins. M. Vianey ne parait avoir connu ni Tun ni l'autre.
Sur certains po.'nts il a vu mieux que nous; ailleurs M. Z. a cer-
tainement raison. — C'est ainsi que le poeme d! Helene est süre-
ment tire du petit poeme de Kolouthos, L' Enlevement d' Helene ;
M. Z. ne l'a pas vu, et mes conjectures tombent: les pieces de
Banville sont elles aussi inspirees de Kolouthos. - — Par contre M.
Vianey croit ä tort que la mise en scene de Khirön, la visite
d'Orphee au centaure, est imaginee et tiree du prologue de la
Chute d'un Ange (p. 358, p. 367, note). II a oublie l'epopee
orphique des Argonautes, signalee par M. Zilliacus.
Bien que son travail porte avant tout sur les sturces et leur
emploi, M. Vianey nous donne quelquefois des mterpretations,
soit de ces sources, soit des poemes de Leconte de Lisle. C'etait
souvent inutile; et les declarations categoriques qui fönt des legen-
des ou mythes des symboles naturalistes sont des plus di?cutables.
Elles pourraient etre supprimees sans que Touvrage y perdit rien;
il y gagnerait meme ä mes yeux.
J. Poirot.
Dr. Ottmar Rutz, Neue Entdeckungen von der menschlichen
Stimme. München, Beck, 1908. i Bd. gr. 8:0. VIII-f-158 S.
^
0. Rutz, Neue Entdeckungen von der menschlichen Siir/inie. 191
Ein Buch, das zuerst befremdend, nachher aber anregend
wirkt. Es enthält das Resultat langjähriger Untersuchungen des
verstorbenen Sängers Joseph Rutz (f 1B95), nachher von seiner
Wittwe und seinem Sohn fortgesetzt. — Obwohl die Arbeit in
erster Linie die Bildung der Singstimme berücksichtigt, so enthält
sie manches, was für Philologen und Phonetiker beachtenswert ist.
Der Kern der Lehre besteht darin, dass Rutz festgestellt
hat, dass die stilgemässe Wiedergabe von verschiedenen Musik-
werken (bzw. Dichtungen) verschiedene Stimmqualitäten erfordert,
und dass die.se Sümmqualitäten nur durch bestimmte Körperhaltun-
gen überhaupt zu erreichen sind. Die Stimmqualitäten und Kör-
perhaltungen sind als Ausdrucksbewegungen der jeweiligen Stimmung
des vorzutragenden Stückes anzusehen, und als solche von dieser
Stimmung unzertrennlich. Jeder Versuch, ein bestimmtes Stück
mit anderer Körperhaltung wiederzugeben, führt zu einem nicht
befriedigenden Resultat: der Vortrag ist nicht stilgemäss, und der
Stimm apparat wird misshandelt. Die psychologische Begründung
macht keine Schwierigkeit bei dem jetzigen Zustande der Theorie
von den Gemütsaffekten.
Ganz neu dürfte die Beobachtung sein, dass die allgemeine
Rumpfhaltung und speziell die Bauchmuskulatur und die Taille
von entscheidender Wirkung auf die Stimmqualität ist. Nach
Rutz gäbe es drei grundverschiedene Typen, die sozusagen »Arti-
kulationsbasen» sind, und weitermodifiziert werden können. Jeder
Dichter oder Komponist hat einen bestimmten Grundtypus. Mo-
zart, Beethoven, Wagner unter den Komponisten, Goethe, Schiller,
Heine unter den Dichtem können als Beispiele von den 3 Typen
dienen.
In die Einzelheiten einzugehen, verbietet sowohl der Raum
als der Charakter dieser Publikation. Der Inhalt lies^e sich übri-
gens schwer zu'^ammenfassen, um so mehr^ als das Buch eher
eine Anleitung zu Selbstversuchen als eine rein doktrinäre Darstel-
lung sein will.
Ich möchte jedoch hervorheben, dass Rutz seine Beobachtun-
gen als Kriterium zur Beurteilung von Urheberschaftsfragen be-
nutzte. So wies er nach, dass das bekannte Lied »Willst du
dein Herz mir geben» nicht von J. S. Bach, sondern von Gio-
vannini herstammt, wie es Frau Bach mitteilt. — Diese Resultate
sind um so merkwürdiger, als sie mit den Forschungsmethoden
Sievers' auf dem Gebiet der Dichtung übereinstimmen.
Was die Beurteilung der Arbeit betrifft, so kann ich über
die gesangtechnische Seite keine selbständige Meinung ausdrücken.
Nur .so \iel ist mir bekannt, dass ein bekanntei Sänger dafür sehr
interessiert war; ebenso weiss ich, dass Amateure, die die Lehre
192 Besprechungen. .1. IVallensköld,
probierten, sich von ihrer Richtigkeit überzeugt haben. Und be-
züglich der sprachlichen Seite sind meine bisherigen Erfahrungen
ganz zu Gunsten dieser Theorie ausgefallen. — Bei dem Mei-
nungsaustausch, der meinem Referat im Neuphilologischen Verem
folgte, erwies es sich, dass Rutz zu Beobachtungen gekommen war,
die mit gewissen Resultaten der Forschungen Pippings übereinstim-
men. Rutz merkte, dass es im Stimmregister eine kritische Stelle
giebt, wo der Ton seine Klangfarbe ändert (O. Rutz, S. 22); die
von ihm angegebene Note ist dieselbe, wo Pipping eine Register-
änderung beobachtete, und welche nach Ausführungen dieses Forschers
dem Resonanzton des Brustkastens entspräche. — Das Buch
sei allen denjenigen zur Lektüre und Kontrolle wärmstens emp-
fohlen, die sich für den kunstgemässen Vortrag von Dichtungen
und Gesängen interessieren. Zu einer Zeit, wo einseitige, oft
falsche, Geschmacksrichtungen eine drohende Gefahr bilden, kann
die Lehre von Rutz schon dadurch heilsam wirken, dass sie den
Geist für das innere Leben der Werke öffnet.
/. Poirot.
Kr. Nywp, Gratnmaire hisiorique de la langue ftan^aise. Tome
troisieme. Copenhague, Gyldendalske Boghandel, 1908. VIII -|-
459 P »''• in-8:o. Prix 10 fr.
Le savant danois, donttout le monde admire I'activiteinfatigable,
vient de publier le troisieme tome de son excellente Grammaire histori-
que de la laiigue frangaise'^ , traitant de la «formation des mots». Nous
possedons dejä de bonnes monographi^s se rapportant aux diverses
parties du domaine linguistique en question — je pense avant tout
aux etudes magistrales d'Arsene Darmesteter sur les «mots com-
poses» et les «mots nouveaux» — , mais M. Nyiop a reussi
ä nous donner ici une etude d'ensemble qui, tout en se fondant
sur des recherches anterieures, faites par d'autres, contient beau-
coup de remarques personnelles du plus haut interet. L'impression
totale qui se degage de cette oeuvre, c'est une Sensation agreable
de securite: on sent et on sait qu'on est conduit, ä travers cette
fourmiliere de formes Vivantes et caduques, par un guide experi-
mente, doue d'un savoir etonnamraent etendu et d'un bon sens
parfait. Je veux specialement appuyer sur cette demiere qualite:
on peut etre un erudit de premier ordre, mais manquer en meme
' Pour les tomes precedents, voy. Neuph. Mitt. 1899, no. '^,'11 — '^12,
p. 10 (2:e ed. du t. I:er: 1904, p. 117); 1903, p. 145.
Kr. Nyrop, Graminaire historique de la langue fraiifaise, i. III. 193
temps de bon sens, de la faculte de discerner ce qui est admis-
siblc, sinon tout ä fait certain, de ce qui est tout hypothetique.
M. Nyrop possede, a mon avis, au plus haut degre ce bon sens
linguistique, si indispensable ä l'auteur d'un livre destine ä l'en-
seignement universitaire. II evite, de parti pris, les hypotheses
hardies et se contente scuvent de declarer que l'explication de
tel et tel fait est incertaine (voy. p. ex., sur -/^r<-arium, § 248
et Add.). Cette retenue est certainement commandee par le
caractere de Touvrage, mais on ne laisse pas de regretter que
l'auteur ne täche pas plus souvent de contribuer ä la Solution des
problemes linguistiques particulierement epineux.
L'ensemble de l'ouvrage de M. Nyrop produit donc une
impression extremement favorable; aussi ne saurais-je avoir que des
bagatelles ä critiquer.
P. 17, 1. 3 d'en bas: M. Nyrop emploie le terme «fin-
landais» en parlant de la langue «finnoise>-. Nous employons
«finlandais» pour ce qui concerne la Finlande tout entiere,
comprenant aussi bien la nationalite de langue suedoise que celle
de langue finnoise. — P. 83, 1. 13 d'en bas: ons pechables, lisez:
uns pechables. — P. 137, 1. II : daneisdie, lisez: danesche. — P.
161 (§ 340, i*^): J'ajoute que, par analogie, la forme grantle (m.)
s'est introduite dans la terminologie geologique. — P. 269, I. 4
d'en bas: aide-de-camp, lisez: aide de camp (cf. p. 261, 1. 4 d'en
bas). — P. 274, 1. 15 d'en bas: look-out. II s'agit probablement
du mot lock-oii/, look-out n'etant pas employe en fran(;:ais, que je
Sache. — P. 282, 1. 8: Je prefere avec Körting, Lat.-rom. Wb^,
n:os 2Q58 et 9370, faire venir tandis de tan tos dies; cf. les
exemples de Godefroy s. v. tandis. De meme il y a, selon mon
avis, dies dans quandis (quantos dies) et jadis (jam [habet]
dies), p. 286, s. V. Diu. — P. 283, 1. 5 d'en bas: soventez foiz,
lisez: soventes foiz. — P. 286, 1. 8: Inutile d'avoir mentionn^,
surtout en premier lieu, la Variante graphique aisne\ possible seule-
ment apres l'amuissement de \s dans ainsne. — P. 287: Post.
Je regarde *postius comme une elymologie absolument assuree.
De meme *antius ) az;z2 (avec la diphtongaison inexplic[uee!).
L'idee de comparatif, adherente aux mots post et ante, a amene
les comparatifs *postius et *antius. L'explication que donne M.
Nyrop p. 402 (add. au § 592) est inutilement complicjuee. —
P. 288, 1. 9: Voir vient plutot de verum, employe adverbiale-
ment. — P. 290, 1. 8 d^en bas: M. Nyrop admet encore apud
hoc ) avec (cf. p. 301). II me semble que Tetymologie ab hoc
(voy. E. Richter, Ab im Romanischen, p. 103 ss.) n'est plus ä
rejetcr. — P. 302, 1. 6: ens, lisez: enz. — P. 302, 1. 14 d'en
bas: h.]o\i.\.ez: jnsqne-lä. — P. 307, 1. 15: Le developpement des
194 Besprechungen. A, IVallensköld, Schmidt Tisscdre, Franz. Unterrichtssprache.
autres langues romanes montre que la conjonction que ne peut venir
ni de quod ni de quam. Avec M. G. Rydberg {Zur Gesch. des
frz. 9, II, 2, p. 357 SS.), je crois que le fran^ais que vient de
quia, devenu qui en position antevocalique. — P. 337, 1. 17:
fau, lisez plutot fou {d'oii Jofiet); fau doit etre considere comme
dialectal.
II faut esperer que les tomes restants de la Grammaire
historique, traitant de la semantique et de la syntaxe, ne se lais-
seront pas trop attendre.
A. Wallensköld.
H. Schmidt und Jean Tissedre, Französische Uriteyrichts-
sprache. Ein Hilfsbuch für höhere Lehranstalten. Dresden und
Leipzig, C. A. Koch, 1909. 64 S. 8:0. Preis: Rmk. i: — .
Die Verfasser sagen im Vorwort: »Nach den preussischen
Lehrplänen von 1901 sollen die an die Lektüre angeschlossenen
Sprechübungen durch solche ergänzt werden, die den regelmässigen
Vorgängen und Verhältnissen des täglichen Lebens gelten, damit
neben der literarischen Sprache der Schriftsteller die Phraseologie
der Umgangssprache zu ihrem Recht kommt. Zu der Sprache des
täglichen Lebens gehört aber für Lehier und Schüler auch die
Unterrichtssprache, und gerade diese ist wegen der leichten und
ungezwungenen Form ihrer Wendungen vortrefflich geeignet, von
Anfang an das Ohr des Lernenden an ein schnelles Erfassen der
fremden Laute zu gewöhnen und seinem Gedächtnis mühelos eine
reiche Fälle idiomatischer Ausdrücke einzuprägen, die in den ge-
wöhnlichen Lehrbüchern nur zu einem geringen Teile enthalten
sind. Eine Auswahl solcher Wendungen bietet die vorliegende
Schrift, die einem mehr als zehnjärigen, ebenso freundschaftlichen
wie regen Briefwechsel der Verfasser ihre Entstehung verdankt.»
Die gute Idee der Verfasser ist in sehr glücklicher Weise reali-
siert worden. Die Sprechübungen sind ungezwungen und allseitig.
Das Anführen synonymer Ausdrücke ist besonders zu loben. So-
mit kann das Büchlein den Lehrern und Lehrerinnen der franzö-
sischen Sprache aufs Beste empfohlen werden.
Da der eine der Verfasser ein Franzose ist, wirkt es über-
raschend, dass einige Sprachfehler mit untergelaufen sind. Rez. hat fol-
gende bemerkt: S. 16, Z. 2 v. u.: Quel est le sens litteraire, statt
littiial. (Wie ist es mit dem Pas litter aire S. 35, Z. 6 v. u.?) —
S. 33, Z. I v. u.: signiße ist falsch abgeteilt worden, da gn immer
zur folgenden Zeile übergeführt werden müssen. — S. 57, Z. 4:
I
4
Protokolle des xVetipltilologischen Vereins. 195
La semaine derniere il n'y a pas eu francais, statt de ßmifais. —
S. 58, Z. 10: J'ai 7nal de tete, statt u?t mal. — S. 59, Z. 15:
Es fehlt das Komma nach Directetir in dem Satze: les dispenses
sont accordees par le Directeur qui exige un certificat delivre
par un medecin.
A. Wallensköld.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischea Vereins
vom 26. September 1908, bei welcher Sitzung
der Ehrenpräsident Prof. W. Söderhjelm, der
erste Vorsitzende Prof. A. Wallensköld und
12 Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Der Vorsitzende Prof. Walle?isköld begrüsste die Anwesenden
mit folgender Ansprache:
»Meine Damen und Herren!
Indem wir jetzt ein neues Wirksamkeitsjahr des Vereins
beginnen, sei es mir gestattet, einen kurzen Rückblick auf das
akademische Jahr 1907 — 1908 zu werfen. Das Leben des Ver-
eins ist während dieser Zeit ruhig verflossen mit regelmässigen
Sitzungen etwa jede dritte Woche, wobei Fragen neuphilologischer
sowie sprachpädagogischer Natur behandelt worden sind. Es muss
nur bedauert werden, dass die jüngeren Mitglieder des Vereins
unseren Bestrebungen ziemlich wenig Interesse gezeigt haben. Gegen
Ende des letzten Semesters ergriff der Verein die Initiative zu
einer allgemeinen Zusammenkunft von Lehrern und Lehrerinnen der
modernen Sprachen, bei welcher schwebende sprachpädagogische
Fragen erörtert werden sollten. Da auf das Zirkular, das aus-
gesandt wurde, um die Stimmung der Sprachpädagogen einer sol-
chen Zusammenkunft gegenüber zu erfahren, eine grosse Anzahl
Antworten eingegangen sind, haben wir Ursache zu hoffen, dass
die Neuphilologenversammlung, die Anfang Januar 1909 stattfinden
wird, auf lebhaften Anschluss rechnen kann.
Die neuphilologischen Studien ausserhalb unseres Vereins,
nämlich an der Universität, haben als Gewinn zu verzeichnen: die
196 Protokolle des Neuphilologische?i Vereins.
Anstellung eines neuen Dozenten der romanischen Philolog'e seit
diesem Semester, sowie die neulich durchgeführte Teilung der Pro-
fessur der germanischen und romanischen Philologie in zwei un-
abhängige Lehrstühle.
In der Hoffnung, dass unser Verein auch während des
jetzt begonnenen akademischen Jahres seine Stellung als Förderer
der neuphilok.gischen Studien und der sprachpädagogischen Metho-
dik in unserem Lande wirksam behaupten wird, habe ich die Ehre
die Sitzung zu eröffnen.»
Die Vorstandswahl für das akademische Jahr 1908 — 1909
ergab folgendes Resultat: Als erster Vorsitzender wurde Prof. A.
Walleiisköld wiedergewählt. Anstatt Prof. U. Lindelöf, der sich
im Auslande aufhalten wird, und Mag. phil. H. Petersen, der we-
gen Zeitmangels die Funktionen des Sekretärs nicht mehr annehmen
konnte, wurden als zweiter Vorsitzender Dr H. Siwlahti und als
Schriftführer und Kas-enverwalter Dr A. Lä?igfors gewählt. Als
Revisoren wurden gewählt: Fräulein Dr /enny af Forseiles und
Mag. phil. M. Wasenius.
§ 3.
Das Protokoll der letzten Sitzung des Frühjahrssemesters
wurde verlesen und geschlossen.
§ 4-
Der Sekretär Dr Längfors verlas folgenden Jahresbericht für
das akademische Jahr 1907 — 8:
»Wie die vorhergehenden ist das einundzwanzigste Tätigkeits-
jahr des Neuphilolcgischen Vereins ruhig und ohne Störungen
verflossen. — »Die Neuphilologischen Mitteilungen» erschienen auch
während 1907 in 8 Nummern, und von dem Jahrgange 1908
sind schon 2 Doppelhefte gedruckt worden. Als Redakteur fun-
gierte Professor Axel Wallensköld. Die Zahl der Abonnenten für
das Kalenderjahr 1908 beträgt, ausser den Mitgliedern, 81 Personen
und die der Freiexemplare 81, von denen 67 ins Ausland ge-
schickt worden sind. Als einen Beitrag zu den Druckkosten der
Zeitschrift hat die Universität, ebenso wie in den drei letzten
Jahren, eine Summe von 500 Fmk. angewiesen.
In der Zusammensetzung des Vorstandes war eine Verände-
rung eingetreten, indem Professor Uno Lindelöf statt des bisheri-
Protokolle des A'etiph-.lologischen Vereins. 197
gen zweiten Vorsitzenden, Dr. Hugo Suolahti, der sich während
des ganzen Jahres im Auslande aufgehalten hat, zum Vize-Präsi-
denten gewählt wurde. Als erster Vorsitzender fungierte wie frü-
her Professor Axel Wallensköld und als Schriftführer und Kassen-
verwalter INIag. phil. Holger Petersen. — Die Anzahl der or-
dentlichen Mitglieder betrug 120, von denen 16 Neueingetretene.
— 9 Sitzungen wurden abgehalten, 4 im Herbstsemester und 5
im Frühjahrssemester, mit im Ganzen gleichartigem Programme wie
in den vorigen Jahren. Das Jahresfest wurde am 14. März gefeiert.
Helsingfors den 2b. September 1908.
Holger Petersen
Schriftführer des Neuphilologischen Vereins 1907 — 1908, >
§ 5-
Prof. W. Söderhjelm teilte mit, dass einige einheimische Neu-
philologen den von Frau Elsa v. Blanckensee in Marburg ange-
ordneten Kursen in deutscher Phonetik ucd Diktion beigewohnt
hätten und Frau v. B. als eine vorzügliche Lehrerin und Vortrags-
künstlerin bezeichneten. Prof. S. hielt es für wünschenswert, dass
Frau V. B. für einen solchen kürzeren Kursus in Helsingfors en-
gagiert werden könnte. Nach einer Diskussion, an welcher die
Prof. Wallensköld und Söderhjelm, Dr Suolahti, Lektor Poitot und
M^ag. Wasenius teilnamen, wurde es einem Komitee, als dessen Mit-
glieder Fräulein Längström, Dr Suolahti und Mag. Wasenius ge-
wählt wurden, überlassen, wegen der Bewerkstelligung dieses Planes
mit Frau v. B. in Verbindung zu treten.
§ 6.
Folgende neue Bücher wurden von Prof. Wallensköld kurz
angezeigt: Krön, Guide epistolaire (Freiburg, J. Bielefelds Verlag,
1908) und ähnliche Anleitungen für italienische und spanische
Korrespondenz.
Folgender Bericht des Komitees der im nächsten Januar zu
haltenden Neuphilologenversammlung wurde von Prof. Wallensköld
verlesen :
»An den Neuphilologischen Verein.
Dem Beschluss des Neuphilologischen Vereins von 25. April
d. J. gemäss, beehrt sich das Komitee der Neuphilologenversamm-
198 Protokolle des Nettphilologischen Vereins.
lung, dem Verein die Ergebnisse seiner vorbereitenden Massregeln
zur Anordnung derselben vorzulegen.
Die Enquete, welche unter den modernsprachlichen Lehrern
und Lehrerinnen in der Provinz letzten Frühling veranstaltet wurde,
brachte unter anderen Wünschen hinsichtlich der Neuphilologen-
versammlung auch Vorschläge zu einer Menge Diskussionsfragen.
Das Resultat der Enquete wurde schon in der genannten Sitzung
von dem Herrn Vorsitzenden mitgeteilt, weshalb eine Wiederholung
dieser Details hier überflüssig sein dürfte.
Das Komitee trat nachher dreimal zusammen. In Anbetracht
dessen, dass so wenige von den Helsingforser Pädagogen der oben-
erwähnten Sitzung beiwohnten, richtete das Komitee an die Lehrer
und Lehrerinnen in Helsingfors dasselbe Zirkularschreiben, wie
früher an die Lehrer der Provinz. Drei neue Diskussionsfragen
wurden von jenen eingereicht. Unter sämtlichen Diskussionsfragen
erscheinen folgende dem Komitee für geeignet, der Neuphilologen-
Versammlung zur Diskussion vorgelegt zu werden:
i) Das Studium der allgemeinen Grammatik beim Unter-
richt der Muttersprache und der Fremdsprache an den Reallehr-
anstalten. (Ref. Dr. Hagfors; die Frage wird unter Teilnahme
von Lehrern der einheimischen Sprachen behandelt, die auch einen
Referenten ausersehen )
2) Die Wahl der Lektüre für die höheren Klassen. (Ref.
Lektor Nyström.)
3) Zur Methodik des neusprachlichen Unterrichts bei uns.
(Ref. Dr. Utchakoff.)
4) Das Ziel des neusprachlichen Unterrichts bei uns. (Ref.
Dr. Hortling.)
5) Die Behandlung der Texte auf den höheren (und mitt-
leren) Stadien. (Ref. Magister Berglund.)
Ausser den oben erwähnten Fragen war die Absicht, noch
folgende Diskussionsfragen aufzunehmen, für die aber einstweilen
keine Referenten zu finden waren:
6) Die Algesche Methode beim Elementarunterricht der mo-
dernen Sprachen und damit zusammenhängende Fragen.
7) Die theoretische und praküsche Ausbildung der Lehrer
der modernen Sprachen.
8) Die schriftlichen Arbeiten und Übersetzungen (einschliess-
lich des Studentenexamens).
9) Die Anwendung der fremden Sprache beim Unterricht
(der Grammatik).
10) Die Anschaffung modernsprachlicher Litteratur für die
Schulbibliotheken.
Protokolle des Xeup/iilologischen Vereins. 199
11) In welcher Ausdehnung ist die Memorierung der Texte
wünschenswert ?
Die Sitzungen finden am Montag, Dienstag und Mittwoch
den II., 12. und 13. Januar 1909 statt und zwar nach folgen-
dem Programm:
9 — II U. vorm. Diskussion (über eine zu referierende
Frage).
11 — 12 » » Frühstückspause.
12 — I » nachm. Wissenschaftlicher Vortrag.
I — 3 » ;> Diskussion (wie oben).
3 — 5 » » Mittagspause.
5 — 6 » » Wissenschaftlicher Vortrag.
6 — 8 » » Diskussion (wie oben).
Die Vorträge werden von Universitätslehrern der modernen
Sprachen gehalten.
Helsingfors den 2^. September 1908.
Im Auftrage des Komitees:
A. Wallensköld.
Ivar Hortling.yy
Nach einer kürzeren Diskussion, an welcher Dr Hagfors,
Prof. Söderhjelm und Lektor Poirot teilnamen, wurde der Vorschlag
des Komitees angenommen.
Professor Söderhjelm hielt, aus Anlass der neuerschienenen
Arbeit von Helene Jacobius, »Die Erziehung des Edelfräuleins im
alten Frankreich, nach Dichtungen des XII., XIII. und XIV. Jahr-
hunderts», einen Vortrag über Frauenerziehung im Mittelalter.
In fidem:
A. Längfors.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 17. Oktober 1908, bei welcher Sitzung
der Ehrenpräsident Professor W. Söderhjelm,
der Vorstand und 1 1 Mitglieder anwesend
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
§ 2.
Die infolge des Wechsels des Kassenverwalters zur Revision
der Kasse ausersehenen Revisoren erstatteten folgenden Bericht:
»Bei der heute bewerkstelligten Revision der Kassenverwaltung
des Neuphil. Vereins, bei welcher wir einen Kassenbestand von
Fmk 1,702: 47 vorgefunden, haben wir konstatirt, dass die Ver-
waltung und die Rechnungen auf eine durchaus befriedigende
Weise geführt worden sind, und schlagen deshalb vor, dem
zurücktretenden Kassenverwalter, Magister H. Petersen, Decharge zu
erteilen.
Helsingfors den 17. Oktober igo8.
Jemiy af Forselles. Matias Wasemus.»
Dem vorigen Kassen Verwalter Mag. //. Petersen wurde De-
charge erteilt.
§ 3.
Als neue Mitglieder des Vereins wurden aufgenommen:
Stud. Fräulein Estet Carpen, Stud. Fräulein Ai7io Caven und Fräu-
lein Betta Solitander,
^ 4-
Der Verein beschloss den fünften Band der »Memoires» in
der nächsten Zukunft herauszugeben und übertrug dem Vorstande
die Ausgabe zu besorgen.
§ 5-
Nach der neuerschienenen Arbeit von O. Rutz, »Neue Ent-
deckungen von der menschlichen Stimme», referierte Lektor /.
i
Protokolle des A^eiiphilologischen Vereins, 20 1
Poirot die Theorien dieses Verfassers über die Einwirkung der Hal-
tung auf die Klangfarbe der menschlichen Stimme ^. An der
Diskussion nahmen die Professoren H. Pipping, W. Söderhjelm
und A. Wallensköld sowie Mag. phil. M. Wasenius teil.
§ 6.
Prof. W. Söderhjelm besprach kurz : » Causeries parisiennes ,
recueil de dialogues ä l'usage des etrangers» von A. Peschier
(Langenscheidtsche Verlagsbuchhandlung, Berlin-Schöneberg, igo8).
In fidem:
A, Längfors.
Protokoll des Neuphilologischen Ver-
eins vom 7. November 1908, bei welcher
Sitzung der Vorstand und 12 Mitglieder
anwesend waren.
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
§ 2.
Als neues Mitglied wurde Universitätslektor Jean Schlegel auf-
genommen.
§ 3-
Professor A. Wallensköld besprach den neuerschienenen dritten
Band (»Formation des mots») von Kr. Nyrops »Grammaire his-
torique de la langue fran^aise. » ^
§ 4.
Dr H. Suolahti referierte eine Sammlung kulturgeschtlicher
Vorträge und Aufsätze von Fr. Kluge, die unter dem Titel »Bunte
Blätter» erschienen sind (Freiburg i. B., 1908).
In fidem:
A. Ldngfois.
Vgl. oben S. 190.
Vgl. oben S. 192.
Verzeichnis der Mitglieder.
Verzeichnis der Mitglieder des Neupliiiologisclien Vereins
am Ende des Jabres 1908.
Ehrenrnitglicder :
Donner, Otto, Senator.
Estlander, C. G., Staatsrat.
Freudenthal, A. O., Professor.
Gustafssor., F., Professor.
Ehrenpräsident :
Söderhjelm, W., Professor.
Präsident :
Wallensköld, A., Professor.
Vizepräsident :
Suolahti, V. H., Dozent.
Schn/tf/ihrer :
Längfors. A., Dozent.
Mitglieder:
Almark, J. M., Mag. phil.
Andersin, Hanna, Lehrerin.
Antman, Helmi, Mag, phil.
Appelberg, Signe, Student.
Arppe, Selma, Mag. phil.
Björnberg, J. A., Student.
Blomstedt, William, Mag. phil.
Bläfield, Hanna, Lehrerin.
Bohnhof, Anna, Lehrerin.
Brofeldt, F., Student.
Brotherus, Vera, Frau.
Brusen, Sigrid, Cand. phil.
Burmeister, Sigrid, Cand. phil.
Carpen, Ester, Student.
Caven, Aino, Student.
Cronvall, U., Student.
Edelfelt, Annie, Lehrerin.
Edelfelt, Bertha, Lehrerin.
Eichinger, Lydia, Lehrerin.
Eklund, Edit", Student.
Ellinen, Mathilda, Lehrerin.
Engblom, Gerda, Student.
Engström, Hedvig, Mag. phil.
Estlander, Hedvig, Lehrerin
Fogde, Ulrika, Cand. phil.
af Forseiles, Jenny, Dr. phil.
Forsman, Aino, Student.
Forss, Bruno, Student.
I Frenckell, Alice, Lehrerin.
Freudenthal, Edla, Frau, Lehrerin.
Friman, Siiri, Lehrerin.
Frosterus, Emmy, Frau.
Furuhjelm, Ake, Mag. phil.
Godenhjelm, B. F., Professor.
Grönmark, Signe, Student.
Grönstiand, Helmi, Cand. phil.
Gustafson, Evi, Student.
Göhle, Aina, Cand. phil.
Hackman, O., Dr. phil.
Hagfors, E., Dr. phil., Oberlehrer.
Hahl, Julia, Cand. phil.
Heinonen, Tyyni, Student.
von Hertzen, Ellen, Student.
Hilden, B. E., Cand. phil.
Homen, O., Mag. phil.
Hortling, I., Lic. phil.
Ilmoni, Synnöve, Mag. phil.
Jakobsson, M., Mag. phil.
Jewstratoff, E., Mag. phil.
Järnström, E., Mag. phil.
Kaestlin Burjam, Aduli, Frau, Mag.
phil.
Karsten, T. E., Dozent.
Katara, P., Mag. phil.
Kivilinna, O., Cand. phil.
Kolström, Helmi, Lehrerin.
Koskimies, Arno, Student,
von Kraemer, Agnes, Frau.
von Krsemer, Alexis, Dr. pliil.
Krook, Anna, Lehrerin
KuUhem, Estrid, Mag. phil.
Kullhem, Hanna, Lehrerin,
Lager: tarn, Wilhelmina, Frau.
Langenskjöld, Agnes, Student.
Lindelöf, Ester, Student.
Lindelöf. Uno, Professor.
Lindfors, Augusta, Lehrerin.
Lindgren, Gerda, Frau, Mag. phil.
Lindslröm, F. J., Mag. phil.
Lindström, Ida, Lehrerin.
Lunelund, Dagny, Frau.
Langström, Selma, Lehrerin.
Malmberg, Aino, Frau.
Mandelslam, J., Staatsrat.
Mitterniaier, M., Lehramtskandidat
Müller, Ewald, Student.
Eingesandte LitUratur.
203
Munthe, Aurora, Student,
von Nandelstadh, Herta, Lehrerin.
Nyman, K. A , Student.
Petersen, Holger, Mag. phil.
Pipping, Aline, Lehrerin.
Pipping, Anna, Frau.
Pipping, Hugo, Professor.
Poirot, Hjördis, P'rau.
Poirot, Jean, Universitätslehrer,
de Pont, Fanny, J"rau.
Procope, Hjalmar, Student.
Reims, Verner, Mag. phil.
Reuter, J. N., Profes?or.
Rosendahl, Axel, Dr. phil., Lektor.
Runeberg, Hj. J., Dr. phil
Räbergh, Tony, Frau.
Salonen, E., Frau.
Schlegel, Anna, Lehrerin.
Schlegel, Jean, Universitätslektor.
Schmidt, G , Dr. phil., Universitäts-
lektor.
von Schoultz, Jenny, Cand. phil.
Segerstrale, Anna, Lehrerin.
Sjöros, Bruno, Dr. phil.
Solitander, Berta, Fräulein.
Standertskjöld, Mercedes, Student.
Stoltzenberg, Maisi, Mag. phil.
Sumelius, Rafael, Bankbeamter.
Sutinen, P. J., Student.
Tallgren, Oiva Joh., Dr. phil.
Thillot, Alna, Frau.
Tikander, Alvina, Student,
von Troil, Mathilda, Lehrerin.
Tötterman, Nanna, Lehrerin.
Uschakoff", L, Dr. phil., Oberlehrer.
Vasenius, Johan, Student.
Vuoritsalo, Nuutti, Mag, phil.
Wallensköld, Dagmar, Frau.
Waren, Paavo, Mag. phil.
Wasenius, Matias, Mag. phil.
Wiik, K. H., Student.
Wilson, J. D., Universitätslektor.
Zilliacus, Emil, Dr. phil.
Öhquist, Alexander, Lehrer.
Öhquist, Johannes, Universitätslektor.
Eingesandte Litteratur:
Hugo Hagelift, British Institutions. From English Sources
for the Use of Schools. Containing one Map, one fall-page Illus-
tration in Colour and forty-one in Black and White. Stockholm,
A. Bonnier, 1908. IX -|- i4o p. 8vo.
Nuova Rassegna di Letterat ure moderne, f ondata
da A. Tossani nel 1903. Anno VI (1908), N. 4, 7 — 8. Direzione
e Amministrazione : Firenze, 63, Via Ricasoli.
Die Zeitschrift enhält Übersichten über die neueste
Litterati/r dtr verschiedenen Länder sowie Proben die-
ser Litteratur in italienischer Übersetzung. In den uns
zugesandten Nummern behandelt Herr R. Luzi die
litterarischen Verhältnisse in Skandinavien und Finnland.
//. Schmidt und /. Tissedre, Französische Unterrichtssprache.
Ein Hilfsbuch für höhere Lehranstalten. Dresden und Leipzig,
C. A. Koch, 1909. 64 S. 8:0. Pre^s i Mk.
Rolf Seyfang, Quellen und Vorbilder des Epos »Gaufrey».
Inaug.-Diss. Tübingen. Borna-Leipzig, 1908. 100 S. 8:0.
Silviae vel potius Aetheriae peregrinatio ad loca
San et a, her. von W. Heraeus (Sammlung vulgärlateinischer Texte,
her. von W. Heraeus und H. Morf, Heft i). Heidelberg, C. Win-
ter, 1908.
+ 52 S. 8:0. Preis Mk. i: 20.
204 Schriftcnaustatisch. Mitteilungen.
»Diese neue Sammlung lateinischer Texte will
wichtigeres Material für die Kenntnis des Vulgärlateins,
zumal zerstreutes und schwer erreichbares, in handlichen
und billigen Ausgaben weiteren Kreisen zugänglich
machen. Sie will insbesondere als Grundlage für ent-
sprechende Seminarübungen dem Romanisten wie Lati-
nisten dienen, denen der Mangel an geeigneten Ausgaben
sich oft empfindlich fühlbar macht, so dass die vulgär-
lateinische Lektüre im Universitätsstudium nicht den
Platz einnimmt, der ihr um ihrer sprachgeschichtlichen
Bedeutung willen zukommt. Zum Abdruck kommen
Literaturwerke, Inschriften, Grammatikerschriften, Glos-
sarien u. a., teils vollständig, teils in Auszügen, jedoch
ohne Kommentar, nötigenfalls mit knappem kritischem
Apparat, mit literarhistorischer Einleitung und Litera-
lurangaben.»
Wilhelm Vütor, Deutsches Aussprachewörterbuch. i. Heft.
A-biogenetisch. Leipzig, O. R. Reisland, 1908. 48 S. 8:0. Preis i
Mark 20 Pfg.
Franz Winterstein, Die Verkehrs-Sprachen der Erde. Zweite
vermehrte Auflage. M. Diesterweg, Frankfurt a. Main und Berlin,
1908. 52 S. 8:0. Preis i Rmk.
Schriftenaustausch.
Antero Vipiinen, Jahrg. 1908, Nr. 3.
Bibliographia phonetica, Jahrg. 1908, Nr. 7 — 10.
Modem Language Notes, Jahrg. 1908, Nr. 7.
Modetna sptäk, Jahrg. 1908, Nr. 7.
Päivä, Jahrg. 1908, Nr. 41—47.
Virittäjä, Jahrg. 1908, Nr. 6 — 7.
Mitteilungen.
Ausländische Besprechungen einheimischer
Publikationen: A. Längfors, Li Regres Nostre Dame par Huon
le Roi de Cambrai, bespr. von G. Huet, Le Moyen Age, 1908,
S. 228—9.
r-^'
)fcnpbilolo9i$cbe
Mitteilungen
'i
^>9,.,Tvof^«^^
JIr. 1/2 1909
Inhalt
dieser den 1. März 1909 ausgegebenen Doppelnunnmer :
Seite
/. Hg, Bericht über die Neuphilologenversammlung in Hel-
singfors ii. — 13. Jan. 1909 i
W. Söderhjehn, Stil-Aesthetik und Stilstudien 13
//. Suolahti, Über Methode und Aufgaben der deutschen
Wortforschung 28
A. Lä?ig/ors, Les theories sur la formation des chansons de
geste 45
fohannes Öhquist, Romantik und Klassik in der modernen
deutschen Dichtung 57
J. Poirot, ]\Iiszelle: Quantität und dynamischer Akzent . . 74
Besprechungen:
Fr. Kluge, Bunte Blätter, von H. Suolahti 7^
W. Heraeus, Ausg. von Silviae vel potius Aetheriae peregri-
natio ad loca sancta, von F. Gustafsson . . . 78
JI. Hageliii, British Institutions, von Anna Bohnhof ... 79
Fr. Winlerstein, Die Verkehrs-Sprachen der Erde, von A. W. 80
Protokolle des Neuphilologischen Vereins. . . 81
Eingesandte Litteratur 82
Mitteilungen 84
NEUPHILOLOGISCHE
MITTEILUNGEN
EI.FTHR lAlIKGANG
1909
-^-
HELSlNGFlJRS
AKTIEBOLAGEl HANDELS'! RYCKKKIEJ
1909
1//
Inhaltsverzeichnis.
I. Aufsätze.
Seile
Hlpiiliiijg, / . Bericht über die Neuphilologenversammlung in Helsing-
fors 11.^ — 13. Jan. 1909 I
Lungfors^ .4., Les iheories sur la formation des chansons de geste . . 45
Öhquist, Johannes, Romantik und Klassik in der modernen deutschen
Dichtung 57
— »^. Die Sprechmaschine und ihre Anwendung im Sprachunterricht . 169
Pipping, Hugo, Sandhierscheinungen in Runeninschriften 213
Poirot, y., Miszelle : Quantität und dynamischer Akzent . . . 74, 1,234
Srfioen, Henri, Le Congres International des Langues Vivantes de Paris
(13—17 avril 19091 141
Söderhjelni, //'.. Stil-Aesthetik und Stilstudien . 13
— » — . Note sur un manuscrit des Exempla de Jacques de Vitry . I13
Streng, Walter 0.. Über das P^nster und dessen Namen im Französischen
und Provenzalischen 96
Suolahti, H.. Über Methode und Aufgaben der deutschen Wortforschung 28
Tallgren, Oiva Joh., Le passage difFicile de la chanson Amorosa
donna fina de Kinaldo d'AquinO 85
II. Besprechungen.
Beyer, F., Französische Phonetik. Dritte Auflage, bearb. von II. Kling-
hardt '^J. Poirotj 161
Brandl, Alois, Geschichte der altenglischen Literatur Ci'. f/indeiöf) . 184
Burger, Emil, Deutsche Frauenbriefe aus zwei Jahrhunderten (Gtistav
Schmidt) 184
Guesnon, A., Publicaiions nouvelles sur les trouveres artesiens fK. yärn-
ströin) 202
Hagelin, H., British Jnstitutions (Anna Bohnhojj 79
Heraeus, IV., Ausg. von Silviae vel potius Aetheriae peregrinatio ad loca
sancta CF. Gustaf sson) 78
Hörn, Wilhelm. Historische neuenglische Grammatik, I (U. Lindelöf) 183
Kerkkola, I. F.. Deutsche Stilproben f F. Hagforsj . 163
Kluge, Fr., Bunte Blätter (H. Suolahti) 77
Kock, Axel, Svensk Ijudhistoria I — II, 1 (Hugo Pipping) ..... 177
V
Seite
iVyrop, Ar., Italiensk Kejseledsager f.L P.) .130
— » — , Poesie frangaise 1800 — 1850 ( A. Walleiisköhl) 131
Nyström, S., Deutsches Lesebuch (M. IVaseniusJ 132
Paul, //., Deutsches Wörterbuch Zwerte Auflage (H. S.) 162
Prichsch, 7., Ein altfranzösisches Mariengebet, Drei altlothringische
Mariengebete, Zwei altfranzösische Mariengebete (A. Ldngfors) 127
Rodhe, Einil, Moderne erzählende Prosa CI. i'schakoff) 228
Pousseloi, P.-J-^ Principes de phoneti(|ue experimentale, t. IT (J. Pohof) 120
Sandfeld Jensen^ A'r., Bisaemingerne i moderne fransk C.l. Wallensköldj zii,
Schädel, B., Manual de fonetica catalana (Oiva Joh. Tallgren) . . . 219
Sch»ndt, //.. und Smith, Harry B., Englische Unterrichtssprache
(Anna Boltnliofj 227
Schoen, Henri, Frangois Coppee, l'homme et le poete CA. ;■. Kracmerj 196
Sechehaye, Ch.-Albert, Programme et methodes de la linguistique theori-
que (J. Poiroi) 19S
Seydel, Paul, Experimentelle Versuche über die labialen Verschlusslaute
im Deutschen und Französischen mit besonderer Berücksichtigung
methodischer Fragen (J. Poiroi j . 187
Sexfang, R„ Quellen und Vorbilder des Epos '(iaufrey' (L-F) . . 129
Stengel, E, Der Schlussteil der Chanson d'Anseis de Mes CA. I.-Fj . 203
Strigl, Hans, Sprachwissenschaft für alle, I. Jahrgang CA. Wallensköldj 197
Vietor, PV., Deutsches Aussprachewörterbuch, i. Heft CJ. Ö.J . . . 126
Wintersiein, Fr., Die Verkehrs Sprachen der Erde C-4. IV-J .... 80
Zimmer, H., Meyer, K , Stern, /.. Chr., Morf, H. und MeyerLiibke^ W .,
Die romanischen Literaturen und Sprachen mit Einschluss des
Keltischen CW. Söderhjeli/i) 159
III. Nachrichten über die Tätigkeit des Neuhilologischen
Vereins.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins (28. Nov. 1908) 81
— >— (6. Febr.— 15. März 1909) 134
— » — 13. April 1909) . 166
— » — (24. April — 25. Sept. 1909) 203
— >— (16. Okt.— 13. Nov. 1909; 229
Jahresbericht des Neuphilologischen Vereins für das akademische Jahr
I9u8— 1909 207
IV. Eingesandte Litteratur . 82, 138, 167, 208, 231
Schriftenaustausch 83, 139, 168, 210, 233
V. Mitteilungen. . 84. 140. 168, 211, 233
VI. Berichtigungen ........ 234
NEUPrillOlOQISCHE
• • MITTEllUNQEN
Herausgegeben vom Xeuphilologischen Verein in Helsingfors.
Acht Nummern jahrlich, l'reis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
4: 30 durch die Post und 5 Fmk durch die BuchhandUmgen.
Zahlende Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich. lööö
— Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung " "
bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. W a 1 1 e n s k ö 1 d, ,
Vestra Hamngatan 5) zu senden. I
Bericht über die Neupliiiologenversammlung in Helsingfors
II.— 13. Januar 1909.
Es unterliegt keinem Zweifel, dass ein lange gefühltes
Bedürfnis erfüllt wurde, als die modernsprachlichen Lehrer
und Lehrerinnen Finnlands zu gemeinsamen Beratungen zu-
sammenkamen. Diese Neuphilologenversammlung ist die erste
in ihrer Art bei uns und hat somit für unsere Bestrebungen
eine grundlegende Bedeutung.
Die Versammlung fand im Hause der Wissenschaftlichen
Gesellschaften unter lebhaftem Anschluss (etwa i6o Anwesende)
am II. — 13. Januar d. J. statt. Als Präsident des Neuphilo-
logischen Vereins eröffnete Professor Wallensköld die Ver-
sammlung, wobei er u. a. den Wunsch aussprach, dass das
Zusammensein für die pädagogische Tätigkeit der Teilnehmer
von Nutzen sein und auch dazu beitragen werde, die Sprach-
pädagogen aus den verschiedenen Gegenden Finnlands in
nähere persönliche Berührung mit einander zu bringen. Durch
Acklamation wurde zum obersten Leiter der Diskussionen
Professor Söderhjelm ausersehen. Zu Vizepräsidenten wurden
Oberlehrer Doktor Hagfors und Lektor Juutilainen gewählt.
Als Schriftführer fungierten Mag. phil. Waren und Dr.
1 lortling.
Von den auf dem Programme stehenden Fragen (s.
Xeuph. Mitt. 1908, S. 157) wurde zuerst die Allgemeine
2 Bericht über die A^euphilologenvcrsammluti^ in Helsingfors.
Grammatik beim Unterricht in der Muttersprache und in den
Fremdsprachen a7i de?i Reallehranstalten behandelt (Referen-
ten Oberlehrer Dr. Hagfors, Helsingfors, und Oberl. Dr. Sa-
xen, Helsingfors). Ersterer referierte die Frage vom Stand-
punkte der fremdsprachlichen Lehrer aus, letzterer von dem
der Lehrer der Muttersprache. Zur Diskussion dieser Frage
hatte man nämlich die Teilnehmer an einer Konferenz von
Lehrern der Muttersprache, die gleichzeitig in Helsingfors
stattfand, eingeladen. Die Diskussion bewegte sich um die
Prinzipienfrage, wie sich der Unterricht der sog. allgemeinen
Grammatik auf die verschiedenen Sprachlehrer verteilen soll.
Beide Referenten waren der Ansicht, dass wir mit einer
sog. allgemeinen Grammatik zu rechnen haben. Nur ein
paar Redner (Prof, Vasenius, Dr. Rosendahl) stellten sich auf
den Standpunkt, der das Vorhandensein einer allgemeinen
Grammatik überhaupt nicht anerkennt.
Dr. Hagfors meinte, die Hauptfrage könne nur durch
gemeinsame Arbeit der Lehrer der Muttersprache und der-
jenigen der Fremdsprachen gelöst werden. Der Lehrer der
Muttersprache soll sich daran in dem Masse beteiligen, wie
es die Muttersprache selbst für ihre eigenen Zwecke nötig
hat. Den Lehrern der Fremdsprachen liegt es ob, die Grundlage
in der allgemeinen Grammatik, welche die Schijler in dem
muttersprachlichen Unterricht erhalten haben, zu erweitern und
zu vervollkommnen und zwar je nach dem Charakter und
den Bedürfnissen der betreffenden fremden Sprache. Referent
schlug vor, die Sprachlehrer der lateinlosen Schulen sollten
näher überlegen und beschliessen, was in dieser Hinsicht den
Lehrern der Muttersprache zukommt und was denen der Fremd-
sprachen.
Dr. Saxen meinte auch, dass die Muttersprache im
Sprachunterricht eine zentrale Stellung einnehmen muss, das
vereinigende Glied sein soll, welches das grammatikalische
Wissen der Schüler zu einem System verbindet. Die Mutter-
sprache könne sich nicht, ohne auf ihre eigenen grossen Auf-
gaben zu verzichten, darein finden, ein bequemes Hülfsmittel
für die Erlernung anderer Sprachen zu werden. Der Zweck
Bericht über die Neuphilologenversammlung in Helsingfors. 3
des Unterrichts der muttersprachlichen Grammatik sei nur,
den Gesetzen zu folgen, die in ihrem eigenen Material stec-
ken. Zum Ausgangspunkt für die sprachlichen Übungen
müsse die eigene Produktion der Schüler genommen werden.
Der muttersprachliche Unterricht müsse hinsichtlich der all-
gemeinen Grammatik ein grundlegender werden. Referent
stellte folgende Thesen auf: i) Die Grammatik der Mutter-
sprache hat zur Aufgabe, die Muttersprache zu lehren; ihr
können keine fremden Obliegenheiten aufgezwungen werden.
2) Die Muttersprache soll die grundlegende Sprache der Schule
sein, denn sie soll a) auf der Unterstufe die Schüler mit den
wichtigsten grammatikalischen Grundbegriffen bekannt machen,
b) auf der Oberstufe durch eine systematische Darstellung
der Laut-, Formen- und Bedeutungslehre der Muttersprache
sowie durch zahlreiche Vergleiche mit älteren Sprachperioden
und sprachlichen Erscheinungen in anderen Sprachen den
Schülern eine lebendige Einsicht in das Sprachleben und da-
selbst geltende Gesetze geben. 3) Der Unterricht der mutter-
sprachlichen Grammatik soll in der Richtung hin reformiert
werden, dass das Studium der Grammatik auf die oberen
Stufen verlegt wird, während auf der Unterstufe nur Notizen
über diejenigen grammatikalischen Begriffe mitgeteilt werden,
welche für die Sprech- und Schreibübungen notwendig sind.
Bei der Diskussion dieser Frage umfasste die Ver-
sammlung die von den Referenten dargelegten Ansichten und
Thesen, und stimmte auch folgenden von Professor Vasenius
hervorgehobenen allgemeinen Gesichtspunkten bei: Die auf-
gäbe der Schule ist nicht allein, Sprachforscher zu erziehen,
sondern auch Mitbürger. Man muss darauf achten, inwieweit
der Unterricht der Grammatik auf die Gedankenweise des
Menschen einwirkt. Keine logischen Kategorien in einer
Sprache können auf eine andere Sprache übertragen werden.
Wenn das zugegeben wird, so wird das gegenseitige Ver-
ständnis unter den verschiedenen Menschen in hohem Grade
erleichtert. Jede Sprache hat ihre eigene Logik. Wir sollten
die Gedanken anderer denken lernen.
4 Bericht i'ibcr die Neuphilologenversaiiiinlivig in Helsingfors.
Um zu einem praktischen Resultat in der von den Re-
ferenten vorgeschlagenen Richtung zu gelangen, wurde behufs
Ausarbeitung eines praktischen Programms, nach dem der
Unterricht der Grammatik betrieben werden sollte, ein Komitee
eingesetzt.
Zweite Frage: Das Ziel des modernsprachlichen Unter-
richts in Finnland (Referent Dr. Hortling, Helsingfors). Die
erste Bedingung, um ein gutes Ziel zu erreichen, sei das In-
teresse der Schüler zu wecken. Dies könne nur dadurch
geschehen, dass das Verhältnis zwischen Lehrern und Schü-
lern ein vertrauensvolles ist. Referent betonte, dass der
Bildungswert der Kultursprachen darin liegt, die geistigen
Kräfte der Schüler zu entwickeln. Dies gelinge dadurch, dass
ilie Schüler mit den repräsentativen Persönlichkeiten der
Sprache sowie der Gedankenwelt und den Bestrebungen füh-
render Geister bekannt gemacht werden. Die modernen Spra-
chen seien als Vermittler der Bildung mit den klassischen
gleichwertig, die Anerkennung dieser Tatsache müssten wir er-
streben. In Bezug auf das Endziel des Schulunterrichts
stellte Referent folgende Thesen auf: Das Ziel des Unterrichts
soll sein: i) Eine korrekte Aussprache sowie die Fähigkeit,
fremdsprachlichen Text fliessend vorzulesen. 2) Die Fähig-
keit, Schriften eines nicht allzu schwerverständlichen fremd-
sprachlichen Schriftstellers im Original zu verstehen, was durch
Herübersetzung kontrolliert wird. 3) Die Kenntnis der Werke
einiger klassischen und modernen Schriftsteller und, womöglich,
ein Einblick in die Litteraturgeschichte. 4) Ein Einblick in
die kulturelle Entwickelung des fremden Volkes. 5) Gründ-
liche Kenntnis der wichtigsten Punkte der Grammatik. 6) Einige
Fähigkeit, sich in der fremden Sprache auszudrücken. —
Hinsichtlich der Nebensprachen könnten von obenerwähnten
Thesen die »gründliche» Kenntnis der Grammatik sowie die
Sprechfertigkeit als Forderungen wegfallen.
Bei der Diskussion wurden die Punkte i) und 2) als
solche angenommen. Der dritte und der vierte Punkt wurden
zusammengezogen und mit der Veränderung angenommen,
dass die moderne Litteratur vor die klassische gestellt werden
Bericht i'i/ier die XeiipliilolcigenversaDuiiluiig in I lelsingfors. 5
sollte. Die Punkte 5) und 6) wurden gutgeheissen. Hin-
sichtlich der Nebensprachen könne weniger Gewicht auf die
Punkte 5) und 6) gelegt werden.
Dritte Frage: Ejtglish in oiir Schools (Referent Frl.
Granström, Helsingfors). Referent hob hervor, dass zur Zeit
in unseren Reallehranstalten nur 4 Wochenstunden für das
Fnglische angewiesen sind. In Privat- und gemischten Schulen
hat man eine höhere Stundenzahl. Die Schüler der Privatschulen
haben deshalb auch bessere Kenntnisse im Englischen als die
der Staatslyzeen. Referent stellte folgende Thesen auf: i) Ob-
gleich die für das Englische in unseren Schulen angewiesene
Stundenzahl genügend ist, um den Schülern eine verhältnis-
mässig befriedigende Fähigkeit beizubringen, die Sprache zu
verstehen und Litteratur zu lesen, so genügt diese Stundenzahl
nicht, um die Schüler für Universitätsstudien vorzubereiten.
Der Vorschlag des Schulkomitees, wonach die Stundenzahl
für das Englische bedeutend vermehrt würde, sollte daher
von Seiten der Neuphilologenversammlung Unterstützung fin-
den. 2^ Beim Unterricht des Englischen sollten folgende
Ziele erstrebt werden: a) Die Fähigkeit, einen massig schwie-
rigen englischen Text zu verstehen, b) Die Fähigkeit, sorg-
fältiges Sprechen und einen populären englischen Vortrag zu
verstehen, c) Einige Fähigkeit, die Sprache mündlich zu ge-
brauchen. 3) Als Lehrbücher sollten gebraucht werden: a) Ein
kurzes Elementarbuch, wo die Aussprache- und Sprechübun-
gen zugleich Beispiele für die elementare Grammatik liefern
(die Aussprache soll in phonetischer Umschrift gegeben sein);
b) ein (mit dem oben erwähnten gleichzeitig zu gebrauchen-
des) Lesebuch, wo auf leichtere Texte schwierigere folgen;
auch soll das Lesebuch eine genügende Anzahl leichtfasslicher
Stücke enthalten, die sich für kursorisches Lesen eignen;
c) ein Le.sebuch (am liebsten eine längere Erzählung) mit
englischem Kommentar, so dass die Übersetzung vermieden
werden kann.
Vierte Frage: Die Methodik des modernsprachlicJu'7i elemen-
taren Unterrichts in Finnland {Referent Oherl. Dr.Uschakoff, Hel-
singfors). Referent hatte einen ausführlichen Plan eines Ele-
6 Bericht über die Neuphilologeuversatninlting in Ilelsiugfors.
mentarbuches entworfen. Die Grundzüge dieses Plans gehen
aus folgenden Thesen hervor: i) Das elementare Studium
der fremdsprachlichen Grammatik geschieht am geeignetsten
im Anschluss an einen besonderen grammatisch-praktischen
Kursus, welcher teils Mustersätze enthält, mit deren Hülfe
die grammatischen Formen zuerst studiert werden, teils Ü-
bungssätze, um das Gelernte genauer zu befestigen. Bei der
Behandlung beider Arten von Sätzen kommen sowohl die
Umbildungs- und Ergänzungsmethode als die Übersetzungs-
methode zur Anwendung. 2) Der grammatisch-praktische Kur-
sus dient auch zur Einübung von Vokabeln, und Ausdrücken
wie auch zum Erwerben einer gewissen Fertigkeit in der
einfachen Umgangssprache. Zu demselben Zwecke dient
auch ein im Elementarbuche vorkommendes Vokabular. 3) Die
im Elementarbuche vorkommenden Lesestücke dienen vor allem
den Zwecken der Lektüre, nur in geringerem Masse zum
Einüben der grammatischen Formen und der Elemente der
Umgangssprache. 4) Das Vokabular bezieht sich hauptsäch-
lich auf den Wortvorrat der im grammatisch-praktischen Kur-
sus des Elementarbuches vorkommenden Lesestücke, mit nöti-
gen Ergänzungen. Es besteht aus einem fortlaufenden und
einem nach verschiedenen Bedeutungskategorien aufgestellten,
systematischen Teil, welche, dasselbe Wortmaterial enthaltend,
nur auf verschiedene Weise zusammengestellt sind. Das Vo-
kabular soll sich für ein von den Texten unabhängiges,
konkretes Wortstudium eignen, weshalb die Formen, Kon-
struktionen und die verschiedenen Bedeutungen der Wörter
durch Beispiele beleuchtet werden sollen, vorzugsweise in der
Form vollständiger Sätze,
Bei der Diskussion wurde als ein wichtiges Moment
hervorgehoben, dass das Studium der Grammatik auf einem
den Schülern bekannten Material fusst. Punkt i) wurde an-
genommen. In Bezug auf die Punkte 2) und 3) wurde die
Ansicht ausgesprochen, dass Sprechübungen auch im An-
schluss an die Lesestücke vorkommen können, aber dann
hauptsächlich um das Verständnis des Textes zu erleichtern. An-
dererseits wurde hervorgehoben, dass der Wertschatz haupt-
Perichl iiber die Neuphilologenvcrsammlung in Ilelsingfors. 7
sächlich den Lesestücken entnommen werden sollte und nicht
dem grammatisch-praktischen Kursus. V^on dem Texte un-
abhängige Sprechübungen sollten nicht neben der Text-
behandlung vorkommen. Punkt 4) wurde auf Gesuch des
Referenten gar nicht diskutiert.
Fünfte Frage: Die Wahl der Lektüre für die oberen
Klassen (Referent Lektor Nyström, Wiborg). Referent be-
tonte, dass die Wahl der Texte von dem Ziel beruht, das
man mit der Lektüre erstrebt. Wenn das Hauptziel nur ist,
den Forderungen des Abiturientenexamens Genüge zu leisten,
so wäre es am zweckmässigsten, das Lesebuch während der
ganzen Schulzeit anzuwenden. Aber der Sprachunterricht hat
auch eine ideelle Seite. Er soll den Gesichtskreis des Schü-
lers in ethischer und ästhetischer Hinsicht erweitern, sein Ur-
teilsvermögen entwickeln, seine Ideenwelt bereichern und den
Schüler in die Kultur des betreffenden Landes einführen,
u. s. w. Referent schlug mit Hinsicht auf die Schulverhält-
nisse bei uns vor, dass ein Lesebuch und Litteratur neben-
einander studiert werden sollten. In der 6:ten Klasse im
Frühlingssemester fängt das Studium der Schönlitteratur an
(Novellen). In der 7:ten Klasse werden Klassiker studiert,
in der 8:ten Kl. moderne Schriftsteller (Novellen, Romane,
Schauspiele), auch fremdsprachliche Zeitungen. Endlich be-
tonte Referent den Übelstand, dass wir bei uns keinen Schul-
bücherkanon besitzen. Ein Komitee von 6—8 Personen sollte
ein Verzeichnis über Schriftsteller machen, deren Schriften in
Schulausgaben herausgegeben werden sollten. Jeder Band
sollte eine kurze Biographie des Verfassers enthalten, wie auch
einen Bericht über die Stellung des Verfassers in der Litteratur-
geschichte und die Bedeutung der betreffenden Arbeit in der
Produktion des Verfassers. Jeder Band sollte gehörig kom-
mentiert und mit einem erschöpfenden Wörterverzeichnis ver-
sehen sein. Die Texte sollten nicht »für Schulzwecke nor
malisiert werden», doch könnten gewisse Partien referiert
vorkommen.
Die Versammlung unterstützte den Vorschlag des Refe-
renten inbetrefif eines Komitees und sprach den Wunsch aus.
8 Fctic/it übe) die A'eupkilologenversaviviluni^ in Helsini^fors .
dass Referent selbst wegen der Verwirklichung der Idee ans
Werk gehen sollte.
Sechste Frage: Die Behandlung der Texte in den oberen
Klassen (Referent Mag. phil. Berglund, Jakobstad). Referent
schlug folgende Thesen vor: i) Bevor die Schüler einen Text
zu Hause präparieren, erklärt der Lehrer in der Klasse Wör-
ter und Ausdrücke in Bezug auf den Inhalt und die Aus-
sprache. 2) In der folgenden Lektion werden, auf Anfrage
des Schülers, weitere Erklärungen des Textes gegeben, be-
ziehungsweise nötige Realnotizen historischer, geographischer,
ethnographischer, allgemein kultureller Art, u. s. w. Darauf
folgt die Übersetzung und Verlesung des Textes. 3) Die
zweite Behandlung des Textes besteht je nach seiner Beschaf-
fenheit aus einer erneuten Übersetzung, möglicherweise mit
einer Musterübersetzung komplettiert, aus Abfragen von Wör-
tern und Ausdrücken, aus einer Übersetzung ohne Buch, aus
einer partiellen Memorierung des Gelesenen oder endlich aus
einem Gespräch, das sich auf den Inhalt des Textes bezieht.
4) Nachdem ein Text durchgearbeitet ist, werden Mitteilungen
über den Verfasser gegeben und Fragen allgemeiner Natur
diskutiert, die den Text berühren. 5) Aus praktischen Grün-
den kann ein Referat von weniger bedeutenden Teilen des
Textes an die Stelle der genaueren Behandlung treten. 6) Bei
der Behandlung eines Textes »ex tempore» giebt der Lehrer
zuerst orientierende Notizen über den Inhalt, dann lesen die
Schüler und übersetzen schwierigere Stellen. Oder der Leh-
rer verliest den Text und macht Fragen, wodurch er sich über-
zeugt, ob die Schüler den Inhalt verstanden haben, wonach
das Gelesene durch Diskussion, Lesen aus dem Buche und
Schreiben an die Tafel dem Gedächtnis eingeprägt wird.
7) Der Text wird gehörig begrenzt und eingeteilt. Die Ver-
besserung gemachter Fehler gebührt in erster Linie den Schü-
lern. 8) Bei der Behandlung der Texte kommt vorzugsweise
die fremde Sprache zur Anwendung.
Bei der Diskussion wurde die Anmerkung gemacht,
dass es misslich wäre, den Schülern zu überlassen, selbst
nötige Erklärungen zu fordern. Die Schüler seien selbst nicht
Bericht i'ihcr die Xeu/'/iilo/o:fenversa»iiiilung in Ifelsiiigfors. 9
im Klaren darüber, was in dem betrettenden Texte schwer ist
und was nicht. Im allgemeinen seien sie gar nicht geneigt,
Fragen zu machen. Daraus folge, dass nötige Erklärungen
ausbleiben, wenn der Lehrer selbst nicht kontrolliert, inwie-
weit die Schüler den Text verstanden haben. Ferner wurden
Stimmen laut gegen eine Übersetzung in der Ausdehnung,
wie es der Referent vorgeschlagen (vgl. Punkte 2 und 3).
Siebente Frage : Die Amvendung der Fremdsprache hei
dem Neusprachlichen Unterricht (Referent Rektor Granit,
Kotka). Referent stellte folgende Thesen auf: i ) Die fremde
Sprache kommt schon auf den unteren Stufen zur Anwendung
und zwar sowohl beim Anschauungsunterricht als dem auditiv-
mündlichen V^erfahren, darf aber nicht den Gebrauch der
Muttersprache ausschliessen. 2) Auf der Mittelstufe wird die
Fremdsprache als hauptsächliche Unterrichtssprache beim Le-
sen der Texte gebraucht und zwar sowohl bei der Vorberei-
tung einer neuen Aufgabe als beim Abfragen einer alten.
Doch wird auch Herübersetzung gebraucht, wo es nötig
scheint. Die Bedeutung der Wörter und Ausdrücke wird
mit Hülfe der Fremdsprache durch Umschreibungen, Syno-
nyme und andere methodische Verfahrungsweisen klar ge-
macht, oder, wo es not tut, mit Hülfe der Muttersprache.
Die Methode setzt voraus, dass auf früheren Stadien die
Übersetzungsmethode nicht gebraucht worden ist. 3) Auf
den Oberstufen erhält die Muttersprache grössere Anwendung
als auf der Mittelstufe sowohl bei der Herübersetzung als
auch bei Erklärungen. Doch komme die Muttersprache auch
hier zur Anwendung nur insofern die fremde Sprache das Ver-
ständnis des Textes verhindert oder verzögert. 4) Beim Un-
terricht der Grammatik kommt die Fremdsprache auf der
Unterstufe nur in einfacheren Fällen zur Anwendung. 5) Auf
der Mittel- und besonders auf der Oberstufe hat die An-
w^endung der Muttersprache grössere Voraussetzungen ein
gründliches Verstehen der schwierigeren Stellen der Gramma-
tik zu vermitteln als die Fremdsprache.
Von obenangeführten Thesen nahm die Versammlung
die erste mit folgenden Veränderungen an: der Ausdruck
lO Bericht über die Neuphiloloiie7iver Sammlung in Helsingfors .
>;darf aber nicht den Gebrauch der Muttersprache ausschlies-
sen» sollte in »was aber nicht den Gebrauch der Mutter-
sprache auszuschliessen braucht», verändert werden. Punkt
3) erhielt folgende Formulierung: Auf den oberen Stufen
kann die Muttersprache vorkommen, wo der Gebrauch der
fremden Sprache das Verständnis des Textes verzögert. Hin-
sichtlich der Punkte 4) und 5) sollte die Fremdsprache bei
der Behandlung leichterer grammatikalischer Erscheinungen
zur Anwendung kommen, sonst die Muttersprache.
Achte Frage: Die schriftlichen Klassenarbeiten (Refe-
rent Mag. phil. Frl. Ottelin. Wiborg). Referent betonte, dass
man heutzutage auf die häuslichen schriftlichen Arbeiten nicht
viel Wert legt, sie seien ein Notbehelf in Fällen, wo
man auf der Oberstufe eine zu geringe Stundenzahl hat.
Am liebsten meide man sie ganz und mache die schriftlichen
Arbeiten zu Klassenarbeiten, verlege sie in die Stunden, wo
sie »ein gutes Zuchtmittel des Willens» sein sollen, indem
sie mehr als die mündlichen Übungen zur Geistesgegenwart,
zum Zusammenraffen der Kräfte im gegebenen Moment ge-
wöhnen können. Auch sei es von grosser Bedeutung, das
Auge so früh wie möglich als Hülfe beim Lernen anzuwen-
den, also nach dem ersten propädeutischen Kursus, in welchem
wir Lautierübungen und einfache Sprechübungen anstellen,
schon zur Feder und Kreide zu greifen und diese dann fest in
der Hand zu behalten die ganze Schule hindurch. Planlose,
unvorbereitete, schriftliche Übungen seien vollkommen wertlos.
Die Formen müssten erst durch vorhergehende mündliche
Übungen sicher geworden sein. Referent schlug folgende
Thesen vor: i) Die Klassentafel soll von den Schülern weit
mehr gebraucht werden als bisher. 2) Die Schreibübungen
auf den unteren und mittleren Stufen schliessen sich dem gram-
matikalischen Unterricht an, den verschiedenen mündlichen
Übungen (auch Übersetzungen), ohne die keine Sicherheit in
dem Gebrauch der Formen zu erzielen ist. 3) Von Wichtig-
keit, um die Worte und Konstruktionsweisen einzuprägen, ist
es auch, dass gelesene Texte durch allerlei Umbildungen durch-
gearbeitet und vertieft werden. Zahlreiche wörtliche Retro-
Bericht über die A^eup/tilologenversaintnlung in Helsingfors. 1 1
Versionen befördern jedoch gedankenloses Auswendiglernen.
4) Auf der Oberstufe (2 Klassen vor dem Abiturium) kom-
men Hinübersetzungen in grösserem Umfange vor, die jedoch
manchmal mit freieren Arbeiten im Anschluss an gelesene
Texte abwechseln.
Punkt I) wurde folgendermassen geändert: Die Klassen-
tafel soll von den Schülern fleissig gebraucht werden. Die
übrigen Thesen wurden nach einer kurzen Diskussion an-
genommen.
Neunte Frage : Die neusprachliche Litteratur der Schii-
lerbihliotheken (Referent Lektor Juutilainen, Nyslott). Refe-
rent ging von dem Gesichtspunkte aus, dass die Litteratur
die Grundlage alles Lernens sein soll. Deshalb sei es von
nöten, dass das Interesse der Schüler für litterarische Studien
auch ausserhalb der Schule geweckt wird. Für solche selb-
ständigen Studien eignet sich am besten sprachlich leichte
und inhaltlich interessante Litteratur. Die Litteratur der Schü-
lerbibliotheken soll abwechselnd sein.
Referent schlug vor, dass Schülerbibliotheken m allen
Schulen eingerichtet werden sollten. Die Versammlung schloss
sich dem V^orschlag an und sprach den Wunsch aus, dass Re-
ferent sein Referat veröffentliche und ein Verzeichnis über
solche neusprachliche Litteratur mache, die sich für Schüler-
bibliotheken eignet.
Nachdem die Diskussionsfragen des Programms be-
handelt worden waren, wurden noch einige praktisch-pädago-
gische Fragen als Erwünschtes der Versammlung vorgelegt,
die aber wegen der knappen Zeit nicht diskutiert werden konn-
ten, sondern dem Neuphilologischen Verein übersandt wurden.
Der Verein sollte eventuell weitere Massregeln in Bezug auf
dieselben treffen. Es waren dies folgende Fragen: i) Die
Lehrer der deutschen Sprache an den unteren Klassen unse-
rer Reallyzeen und an den 5-klassigen gemischten Staats-
schulen sollten Fachleute sein (Lektor Juutilainen). 2) Reise-
stipendien sollten mehr als bisher ausgegeben werden, auch
für Lehrer und Lehrerinnen der englischen Sprache (Dr. Ro-
sendahl und Frl. Bohnhof); 3) die Kollegen der deutschen
12 Bericht über die Neuphiloloiienversainmluiii:; in Hclsiiigfors,
Sprache sollten von ihrer Unterrichtspflicht inbetreff der fin
nischen Sprache befreit werden (Mag. phil. Granit-Ilmoniemi)
4) die Vergütung für Korrekturen der schriftlichen Schüler
arbeiten sollte angemessenerer Weise als bisher verteilt wer
den (Dr. l'iosendahl); 5) genauere Bestimmungen für die Kom
petenzforderungen sollten festgestellt werden (Dr. Rosendahl)
6) die Veranstaltung einer Enquete inbetrefif der in den Schu
len anzuwendenden Lehrmethode (Mag. phil. Granit- Ilmo
niemi).
Ausser den Diskussionsfragen hatte der Programmaus-
schuss zwei wissenschaftliche Vorträge an jedem der Kon-
gresstage angeordnet (s. Neuph. Mitt. 1908, S. 157 ff.). Die
Vorträge weckten lebhaftes Interesse. Vier derselben werden
in dieser Nummer veröffentlicht.
Von Seiten der anwesenden Pädagogen wurde dem
Vorsitzenden Prof Söderhjelm von Mag. phil. Granit-Ilmo-
niemi ein warmer Dank dargebracht für die bedeutende Ar-
beit, die Prof. Söderhjelm zu Gunsten der neuphilologischen
Studien ausgeführt hat und zwar als Universitetslehrer, als
ehemaliger Vorsitzender des Vereins und auch als Vorsitzen-
der dieser Versammlung.
An jedem Kongresstage kamen die Teilnehmer des
Abends im Restaurant zusammen und brachten die Zeit in
zwangloser Geselligkeit zu. Neue Bekanntschaften wurden an-
geknüpft, und aus den Augen aller Teilnehmer leuchtete volle
Befriedigung mit dieser ersten Neuphilologenversammlung. —
Die vielen Fragen, die man noch gern diskutiert hätte, wenn
man Zeit gehabt hätte, und das grosse Interesse, das man
für diesen Kongress gezeigt hatte, gestatten die Vermutung,
dass es nicht viele Jahre dauern wird, bis die Neuphilologen
Fmnlands wieder zusammenkommen.
/. Hg.
Stil'Aesthetik und Stilstudien.
Vortrag in der Neuphilologenversaminlung zu Ilelsingfors den ii. |anuar 1909.
I.
Schriften über den Stil haben schon die Alten veröftent-
licht, und der Renaissancezeit gehört ein so selbständiges und
treffliches Werk an, wie das Buch des neapolitanischen Hu-
manisten Pontanus De sermone. Später hat man sich in allen
Kulturlandern mit Stilproblemen abgegeben, mehr oder weniger
teoretisch, man hat über den Begriff des Stils und des guten
Stils gehandelt und Anleitungen zum Erwerben eines künst-
lerischen Stils verfasst. In jüngster Zeit ist aber das Interesse
für diesen Zweig der Wissenschaft wieder mehr in den Vorder-
grund getreten: neue Gesichtspunkte werden aufgestellt, und
die Stilistik ist auf dem Wege, als selbständige Disziplin mit
in die ersten Reihen der humanistischen Wissenschaften
zu rücken. Ja, man hat es sogar versucht, die ganze bisherige
Sprachwissenschaft auf den Kopf zu stellen und eine neue zu
begründen, die anstatt der einzelnen historischen Untersuchungen
über Laute, Formen und syntaktische Erscheinungen den
sprachlichen Stil als Zusammenfassung des ganzen Materials
und als einziges wirkliches Bild der Evolution der Rede zum
Gegenstand haben soll. Sie hätte zur Aufgabe, den Stil vom
ästhetischen Standpunkt aus zu betrachten und müsste also
eine rein ästhetische Wissenschaft sein.
Wenn auch die meisten Sprachforscher diesen revolu-
tionären Ansprüchen der Stileiferer ihre Unterstützung entziehen
werden, so wird man doch gerne einräumen, dass hier Ideen
und Forderungen an den Tag getreten sind, die die grösste.
Aufmerksamkeit verdienen. Und wenn man auch nicht die
Methoden der herrschenden Philologie ohne Weiteres über
den Haufen werfen wird, um an ihre Stelle etwas zu setzen,
wofür noch keine Methoden ausgebildet sind, so werden wol
jedenfalls die .stilistischen Fragen immer mehr in den Vorder-
grund rücken und den dürren grammatisch-statistischen Unter-
14 l^y. Söderhjelm,
suchungen einen heilsamen Abbruch tun. Besonders werden,
wie ich glaube, die Stil-Ästhetiker das zu Stande gebracht
haben, dass die stilistischen Untersuchungen sich mit der
künstlerischen Seite des Ausdrucks beschäftigen, anstatt, wie
es bisher meistenteils der Fall gewesen ist, nur das Material
über den stilistischen Gebrauch der Schriftsteller zusammenzu-
stellen. Ob aber eine solche ästhetische Betrachtung des
Stils in den Händen der Philologen (im gewöhnlichen Sinne
des Wortes) fruchtbar werden kann, oder ob nicht vielmehr
ganz besondere Beanlagung, feines Gefühl und feines Ohr,
ausgebildeter Geschmack und ästhetisch-psychologischer Scharf-
sinn dazu nötig sein werden, dass lässt sich erst dann beurteilen,
wenn Proben solcher Untersuchungen nach einer annehmbaren
Methode wirklich vorliegen.
Es würde mich viel zu weit führen, wenn ich hier einen
vollständigen Überblick über die Stilforschung der neueren
Zeit zu geben, die Vertreter und ihre Werke alle einzeln zu
nennen und ihre Ansichten Punkt für Punkt zu erörtern
versuchte. Ich muss mich damit begnügen, die jetzigen Be-
strebungen in grossen Zügen Ihnen vorzuführen, um Ihre
Aufmerksamkeit auf diese Bewegung zu lenken und Ihnen
anzudeuten, wie fruchtbar stilistische Untersuchungen für das
allseitige Verständnis eines Dichters gemacht werden können —
und gewissermassen bezieht sich dieses auch auf die Schule.
P^ür die Geschichte der neueren Stilistik giebt es übrigens ein
kleines Buch, das, obgleich weder methodisch aufgestellt noch
kritisch abgefasst, gute Auskunft über die einschlägigen Ar-
beiten giebt und daher empfohlen werden kann, nämlich Olof
Östergren, Stüistisk spräkvetenskap, Stockholm 1907.
Ich beschränke mich also hier auf einige Hauptpunkte.
Zunächst wurden in neuester Zeit die Beziehungen
zwischen Sprachwissenschaft und Ästhetik von dem italienischen
Gelehrten Benedetto Croce in seinem grossen Werke Estetica
come scienza deWespressione e linguistica generale (erste ita-
lienische Ausgabe 1902, deutsche Übersetzung 1905) kräftig
betont. Ich sage in neuester Zeit, denn die Lehre ist, we-
Stil-Aesthetik und Stilstudien. 15
nigstens in ihren Umrissen, nicht neu, sie wurde schon prin-
zipiell von dem grossen Philosophen Giambattista Vico (1668
— 1744) angedeutet und von Wilhelm von Humboldt gewisser-
massen formuliert. Croce hat aber zuerst die äussersten Kon-
sequenzen dieser Lehren gezogen. Seine Arbeit ist nur zum
geringeren Teil eine teoretische Darlegung, der grösste Teil
beschäftigt sich mit der Geschichte der Ästhetik und will
zeigen, auf welchen Irrwegen die Ästhetiker überhaupt bisher
gewandelt sind. Croce gelangt zu folgenden Ergebnissen.
Die Ästhetik ist die Wissenschaft von dem geistigen Ausdruck;
die Sprachwissenschaft gehört zu den auf dem intuitiven
Erkenntnissvermögen gegründeten historischen Wissenschaften
und bildet also einen Teil der Ästhetik; die Kunstwissenschaft
und die Sprachwissenschaft, die Ästhetik und die Linguistik
sind nicht zwei getrennte, sei es beigeordnete, sei es nicht
zusammengehörige Wissenschaften, sondern eine einzige Wis-
senschaft. »Nicht als ob es dabei eine besondere Linguistik
gäbe, sondern die gesuchte linguistische Wissenschaft, die
allgemeine Linguistik ist, soweit sie überhaupt zur Wissenschaft
und Philosophie gehört, nichts anderes als die Ästhetik. Wer
sich mit allgemeiner Linguistik, mit wissenschaftlicher Linguistik
beschäftigt, der beschäftigt sich mit ästhetischen Problemen
und umgekehrt. Philosophie der Sprache und Philosophie der
Kunst sind ein und dasselbe.» Wenn die Linguistik nicht
Ästhetik wäre, dann dürfte sie nicht den Ausdruck zum Ge-
genstande haben, der eben der ästhetische Vorgang ist; die
Sprache ist ja eben Ausdruck. Eine besondere Linguistik
würde eine besondere Klasse von Ausdrücken zum Gegenstande
haben, aber solche giebt es überhaupt nicht. Zwischen Sprache
und Stil kann man unmöglich unterscheiden. Das W'esen der
Sprache und ihre Wirklichkeit liegt nicht in isolierten und
kombinierbaren Wörtern, sondern in lebendigen Reden, die
dem Sinn nach unteilbar sind und die nichts anderes als
ästhetische Ausdrücke und Produkte sind. Die Linguisten
und Glottologen, sagt Croce weiter, die philosophisch begabt
sind, sind in derselben Lage wie Arbeiter, die mit einer
Bergdurchquerung beschäftigt sind: an einem gewissen Punkt
l6 //'. SöderJijelin,
müssen sie die Stimmen ihrer Kameraden hören, der IMiilo-
sophen der Ästhetik. Und dann fasst er in einem letzten
Satz seine Lehren zusammen, aber nicht ohne eine gewisse
Einschränkung: »Bei einer gewissen Höhe wissenschaftlicher
Bearbeitung angelangt, niuss die Linguistik, soweit sie Philo-
sophie ist, in der Ästhetik aufgehen.»
Wie Croce's ganzes ästhetisches System, sind diese
Ansichten aus einer leidenschaftlichen Bekämpfung des For-
malismus einerseits und der metaphysischen Haarspalterei
andererseits hervorgegangen. Wie seiner Ansicht nach die
ganze Ästhetik darin fehlgegangen ist, dass sie sich mit lauter
Formverhältnissen herumtummelte, so besteht der Fehler der
Sprachwissenschaft auch darin, dass sie die Sprache in formale
Elemente zersetzt und sich nicht mit der Sprache als Ausdruck
der Gedanken abgiebt. Schon Humboldt wies hierauf hin,
schon für ihn war die »innere Sprache» das wichtigste, aber
sein Fehler war, dass er nicht erkannte — ebensowenig wie
sein Schüler Steinthal, der den althergebrachten Zusammenhang
zwischen Logik und Grammatik doch endgültig löste — , dass
diese »innere Sprache» vollständig identisch mit der Poesie
ist und dass die Prosa nicht eine andere Form als die Poesie
bedeutet, sondern einen anderen Inhalt. Jeder sprachliche
Vorgang ist ein Ausdruck oder eine ästhetisch-geistige Syn-
these. Die Sprache ist immer Schöpfung, das, was linguistisch
ausgesprochen wird, wiederholt sich nicht, die stets neuen
Eindrücke veranlassen beständige Änderungen in Klang und
Bedeutung, das heisst immer neue Ausdrücke. Deswegen ist
die Sprachgeschichte eine Art von Kunstgeschichte, denn sie
ist die Geschichte der Formen des geistigen Ausdruckes. Die
x'\ufgabe der Sprachwissenschaft — so formuliert sie der
enthusiastische Schüler Croce's, prof. Karl Vossler — ist keine
andere, als diesen Geist als die alleinigwirkende Ursache sämmt-
licher Sprachformen zu erweisen. »Auch nicht die kleinste
akustische Nuance», so setzt Vossler in seiner etwas interjek-
torischen Art fort, »auch nicht die unscheinbarste lautliche
Metathesis, auch nicht der elendste parasitische Laut darf der
Phonetik oder der Akustik oder der isolierten Lautlehre zur
Stil-Aestheiik und Stilstudien. 17
alleinigen Erklärung preisgegeben werden!» Alle diese Dis-
ziplinen sind 7iu}- beschreibende Hülfsdisziplinen und können
uns die Bedingungen zeigen, unter denen sich die Sprache
wandelt, »aber in aller Welt nicht die Ursache!» Die Ursache
ist nämlich der menschliche Geist mit seinen unerschöpflichen
individuellen Intuitionen, und )die alleinherrschende Königin
der Philologie ist die Ästhetik.» — Das wichtigste in der
Sprache ist der Akzent; wenn man ihn erfasst, eriasst man
auch den Geist der Sprache. Der Akzent ist das Bindeglied
zwischen Stilistik oder Ästhetik und Lautlehre; aus ihm, heraus
muss aller Lautwandel erklärt werden. Vossler führt in seinen
zwei Arbeiten: Positivismus und Idealismus in der Sprach-
wissenschaft und Sprache als Schöpfung und Entzvicklung,
diese Gesichtspunkte weiter aus. Ebensowenig wie zwei Arme,
ein Kopf, ein Rumpf und zwei Beine einen lebendigen Men-
schen bilden, ebensowenig bilden die Laute, Silben, Sätze die
Sprache. Es ist der Geist der menschlichen Rede, der diese
Elemente der Rede schöpft, nicht alle für sich, sondern alle
auf einmal. Will man aus praktischen Gründen die alte Ein-
teilung beibehalten, so müssen jedenfalls alle Erscheinungen,
die von den niedrigen Wissenschaftszweigen, Lautlehre u. s. w.
aufgezeichnet und beschrieben worden sind, ihre Erklärung
in der höchsten Disziplin, in der Stilistik finden. Die Auf-
gaben dieser Stilistik werden zweierlei Art sein: einmal muss
sie die individuelle sprachliche Schöpfung in ihren Intentionen
studieren, sie muss die künstlerische Absicht feststellen, die
die Lautänderungen hervorbringt, sie muss die ästhetischen
Regelausnahmen von den durch Analogie und Zufall bewirkten
unterscheiden und überhaupt jede Nuance beleuchten, die von
der Tradition wenn auch noch so wenig abweicht. Das ist
die Wissenschaft von der Sprache als Schöpfung. Anderer-
seits muss sie die sprachlichen Ausdrucksformen nach Zeit
und Raum zusammenfassen und gruppieren und sie nach ihrer
Verwandtschaft, nach den » Völkerindividuen* untersuchen.
Hier wird die sonst so geringgeschätzte »positivistische» Methode
wieder in Gnaden aufgenommen, ihre Umsicht und Genauigkeit
l8 //'. Söderhjelm,
werden für diesen Zweck in Anspruch genommen — aber
selbstverständlich nur als Mittel auf dem Wege zum grossen Ziel.
Es ist natürlich nicht möglich, hier auf die ästhetischen
Prinzipien genauer einzugehen, aus denen Croce's System
aufgebaut ist. Wie schon gesagt, will er vor Allem auf jedem
ästhetischen Gebiete diejenigen Richtungen bekämpfen, die
seiner Ansicht nach nur auf formale Begriffe hinausgehen,
ohne den Kern der Sache, die geistige Tätigkeit in ihrem
innersten Wesen zu berühren. Er geht in diesen Bestrebun-
gen so weit, dass er das, was wir geneigt wären, eben unter
die Benennung »Ausdruck» zu fassen, wie z. B. die verschie-
denen Litteraturgattungen, Epos, Drama, u. s. w., verwirft,
um nur unter »Ausdruck» einen geistigen Vorgang, die
»ästhetisch-geistige Synthese» zu verstehen, der ein Eindruck
vorangeht und die von der »psychischen Kehrseite des Aus-
drucks (ästhetischer Genuss)» und der »physischen Kehrseite
des Ausdrucks (Töne, Klänge, Verbindungen von Farben und
Linien u. s. w.)» begleitet wird. Der Ausdruck ist also nicht
die Note des Komponisten, das Wort des Dichters u. dergl.,
sondern eben der genannte geistige Prozess. Und da auch
die Erzeugungen des Sprachbewusstseins einen solchen voraus-
setzen, und wesentlich aus ihm bestehen, gehören die davon
abhängenden Erscheinungen in die Ästhetik ebenso gut wie
alle anderen analogen Erscheinungen. — Dies alles ist nun,
offen gestanden, nicht ganz klar; aber das muss man jedenfalls
einräumen, dass Croce in seinem Bestreben, alles Mögliche, was
ausschliesslich eine Form, eine Äusserung ist, auf seinen
richtigen Wert zu reduzieren, im Grunde recht hat und dass
sein Versuch, mit der metaphysischen Ästhetik tüchtig auf-
zuräumen, mit Freude begrüsst werden muss.
Wenn man nun aber auch zugiebt, dass die Sprach-
wissenschaft, »soweit sie Philosophie ist», um Croce's Worte
zu gebrauchen — das heisst, nach unserer Meinung, soweit
sie das Hauptgewicht auf die Harmonie zwischen dem geistigen
Inhalte und der Art ihn mitzuteilen legt — gewissermassen
in der Ästhetik aufgeht, so ist damit doch bei weitem nicht
Stil-Aesthetik titid Stilstudien. 19
gesagt, dass man daraus so revolutionäre Folgerungen zu
ziehen braucht, wie es Vossler tut. Denn es wird weder
möglich noch nötig sein, die ganze Linguistik in die Lehre
vom Stil aufgehen zu lassen. Es ist wahr, dass Laute und
Silben nicht die Sprache bilden, ebensowenig wie zwei Arme
etc. den ganzen Menschen bilden. Aber darf deswegen nicht
die Anatomie des Menschen eine spezielle Wissenschaft sein.''
Mit der Spezialisierung und Vertiefung, die unserer wissen-
schaftlichen Methode überhaupt eigen ist, werden die linguis-
tischen »Hülfsdisziplinen» eine jede für sich als selbständige
Forschungsgebiete fortleben, innerhalb deren viel Scharfsinn
und Mühe wie bisher angewandt werden wird, um die sich
darbietenden Probleme zu lösen. Den Phonetikern, den Syn-
taktikern u. s. w. bleiben noch immer grosse Aufgaben übrig,
denen sie ihrer Anlage und ihrem Können gemäss nachzuge-
hen versuchen, ebenso wie in allen anderen Wissenschaften
Kleinarbeit gemacht werden muss, bevor man zu den grossen
Synthesen vordringt. Wenn nun Vossler behauptet, solche
Sachen wie die junggrammatische Lehre von der Ausnahms-
losigkeit der Lautgesetze, die Unterscheidung zwischen einem
physiologischen und einem psychologischen Moment in der
Sprachentwicklung u. s. w. wären ein Unsinn, so ist das vielleicht
an und für sich richtig — denn nichts ist definitiv, und ein
wesentlich methodisches Resultat wie dieses kann sich nach
einer gewissen Zeit als unhaltbar zeigen ; aber mit der Stilistik
hat das wirklich nichts zu tun, denn kein einziger Sprach-
forscher wird wol behaupten, dass die Sprache als Offenbarung
der Gedanken, als Stil, als Kunst auf Lautverschiebungen
oder analogischen Prozessen beruhe. Um dem Grimme die
Spitze abzubrechen, hätte es nur bedurft, anstatt »Sprachent-
wicklung» »Lautentvvicklung» zu setzen, wie natürlich ein jeder
von diesen verketzerten dummen Philologen stillschweigend tut.
^ — Es ist übertrieben, ja, es kann als theoretische Haarspalterei
bezeichnet werden, wenn man behauptet, dass jeder sprachliche
Ausdruck eine Neuschöpfung bedeute. Zwar ist es ja richtig,
dass die Worte unendlich viele Nuancen haben können, je
nach dem Zusammenhang der Rede, nach der Situation, nach
20 IV, Söder/iJeliJi.
der Individualität des Sprechenden oder Schreibenden; aber
es muss doch andererseits als Tatsache gelten, dass die Mit-
teilung und das Verständnis eben dadurch ermöglicht werden,
dass es ein konventionelles Sprachmaterial giebt, welches im
Grossen und Ganzen, ja oft sogar bis in die tiefste Vibration
der Bedeutung hinein, sich gleich bleibt. Und höchst interessant
wäre es übrigens zu sehen, wie sich eine sprachwissenschaft-
liche Methode gestalten würde, die die lautlichen Verän-
derungen auf ästhetische Bedingungen zurückzuführen im
Stande wäre. Bis wir das Losungswort dieser neuen Methode
in einer Form besitzen, die uns wirklich befriedigt,
müssen wir, glaube ich, uns damit begnügen, der Sprach-
wissenschaft zu lassen was ihr gehört hat und nur darauf
zu dringen, dass die litterarhistorisch-ästhetische
Forschung der stilistischen Seite der schriftstellerischen Pro-
duktion eine immer grössere Aufmerksamkeit zuwendet. Es
wird sich nicht verhindern lassen, dass in der Linguistik, wie
in fast allen Wissenschaften, immer ein gutes Stück rein
mechanischer Arbeit zu erledigen bleibt; will jemand solche
Arbeit als Wissenschaft betrachten, so ist das seine Sache —
die Wissenschaft an und für sich wird dadurch nicht aus
ihren Bahnen gelenkt, und der Zorn der Reformatoren braucht
sich deshalb nicht gegen sie zu wenden. Aber wahr ist es,
dass in dieser Richtung vielleicht allzu viel gesündigt wird
und dass dadurch die Philologie in schlechten Ruf gekommen
ist. Und so muss man hoffen, dass die Bestrebungen der
Stilenthusiasten wenigstens das zu Stande gebracht haben
werden, dass sich neue Forschungsgegenstände auftun, die den
Sprachsinn und die Spekulation der Arbeiter mehr auf die
Probe stellen als die statistischen u. dgl. Aufgaben, welche
sich vollständig an die Aussenseite der Sprache halten und
mehr von dem Ordnungssinn als von der wissenschaftlichen
Begabung des Auktors Zeugnis ablegen.
II.
Schon bevor das P2vangelium der Stilistik in dieser
umstürzlerischen Weise von Croce und Vossler gepredigt wurde.
Stil- .lest hetik und Stihtudiai. 21
hatte Prof. Ernst Elster in seinen Prinzipien der Litteratur-
ivissenschaft (1897) eine Lanze für die Kombination Stilistik-
Litteraturgeschichte gebrochen. Indem er auf den Wert sti-
listischer Untersuchungen für die Kenntnis der Schriftsteller und
der litterarischen Entwicklung überhaupt besteht, scheidet er
jedoch die sprachUche Aufgabe des Litterarhistorikers von
der des Sprachforschers. Auch er betont aber, wie Croce
und V^ossler, den Gefülswert, der den einzelnen Sprachbestand-
teilen und Sprachgefügen beizumessen ist, und zeigt, wie dieser
im Einzelnen hervortritt, wenn man z. B. Formen wie »das
Brot das du issest» und »das Brot das du isst>> mit einander
vergleicht, und natürlich noch mehr, wenn grössere Wortge-
{\ige in Betracht kommen. Der Forscher, der sich mit solchen
Untersuchungen abgiebt, muss aber den Hintergrund der nor-
malen Sprache und ihrer Entwicklung gut kennen, um in
zweckmässiger Weise die künstlerische Gestaltung des indivi-
duellen Sprachgebrauchs beurteilen zu können. Deswegen
giebt Elster im Anhang zu seinem ersten Teil (dem einzigen
bisher erschienenen) eine Übersicht über die historische Laut-
und Formenlehre des Deutschen. Er betont meiner Ansicht
nach zu viel die Grammatik und muss selbst zugeben, dass
die stilistische Arbeit, so wie er sie empfiehlt, sich zuweilen voll-
ständig mit der grammatischen deckt. Dieses einerseits und ein
allzugrosses Streben nach Normierung andererseits, auch eine
zuweilen .schwerfallig-pompöse Terminologie, tun den sonst
verständigen und fruchtbringenden Erwägungen gewissen Ein-
trag. — Ein anderes Werk, das ich hier nennen will, obgleich
es in Ostergrens Buch umständlich erwähnt worden ist, ist
R. M. Meyers Deutsche Stilistik (1906). In manchen Stücken
viel zu schematisierend und kategorisierend (siehe z. B. die
unendlichen Klassen und Definitionen der verschiedenen sti-
listischen Figuren), ist dieses Buch jedenfalls ein erster Versuch
die Stilistik auf moderner wissenschaftlicher Grundlage aufzu-
bauen und hat dadurch seinen grossen Wert, wobei es voll
von persönlichen, geistreichen und weitschauenden Bemerkungen
ist, eine Menge von treffenden Beispielen bringt und fast
die ganze einschlägige Litteratur verzeichnet. Das Werk will
22 II : SöJerhjclm,
aber ein Lehrbuch sein (es bildet einen Teil der Serie »Hand-
buch des deutschen Unterrichts an höheren Schulen») und
keine wissenschaftliche Untersuchung, obgleich es auch gute
Winke für solche giebt. Welchen Gewinn aber die stilistisch-
ästhetische Betrachtung der Kenntnis eines grossen Dichters
zuführen kann, davon zeugt das Buch des Deutsch-Amerika-
ners Ewald Boucke: Wort und Bedeutung m Goethes Sprache
(1901), ein feines, eigentümlich tiefes Werk, das trotz einiger
Abstraktion durch die genaue Prüfung gewisser Goethescher
Ausdrücke ihren Gefühlswert und besonderen Inhalt in höchst
interessanter Weise beleuchtet und andererseits den Charakter
des Dichters im Lichte seines Wortgebrauchs nicht minder
fesselnd darstellt. Eine zweite Abteilung des Buches verfolgt
die Entwicklung spezieller Wortbedeutungen bei Goethe von
seiner Jugend bis zu seinem Alter. Kurzum, ein Werk, das
in mancher Hinsicht das Modell für eine moderne Stilunter-
suchung abgeben kann und das sich im Besitz eines jeden
Goethefreundes und -lesers befinden sollte.
In methodischer und systematischer Hinsicht haben die
Franzosen nicht viel zum Ausbau der modernen Stilistik bei-
getragen. Seit alten Zeiten widmen sie ja, wie man weiss,
ihrem Stile die allergrösste Aufmerksamkeit und betrachten
sich mit Recht als unerreichte Muster in Bezug auf die durch-
sichtig klare Schönheit ihrer Stilkunst. Aber wenn es auch
wahr ist, dass Bufifon den berühmten und fundamentalen Satz:
»le style, c'est l'homme meme» ausgesprochen hat, so zog
jedenfalls die Forschung von der Erkenntnis dieser Tatsache
fast keine Resultate. Ich rechne dazu nicht die zahllosen
Lehrbücher in der Kunst des Schreibens, welche schon in
die Hände der Schüler gegeben werden und nicht selten auf
dem Bücherbrett des Gelehrten und des Schriftstellers einen
nicht unbemerkten Platz einnehmen. Eine solche Art d^ecrire
und dazu noch »enseigne en vingt legons» ist auch das erste
Werk desjenigen Franzosen, der sich in letzter Zeit am meisten
mit Stilfragen beschäftigt hat, Antoine Albalat. Es ist für diese
ganze pädagogisch-stilistische Richtung sehr bezeichnend; noch
Stil- .lest hetik und Stihludtcn. 23
mehr gilt dies vielleicht von dem folgenden Buch desselben Schrift-
stellers: La forniation du style enseignee par V assimilation des au-
teurs. Es sind Anleitungen zum guten Stil, in ganz praktischem
Sinne durchgeführt und mit Beispielen aus guten Autoren be-
leuchtet. Als höchstes Ideal gilt für den Verfasser der Stil, der den
klassischen Autoren am nächsten kommt und von ihnen Klarheit,
Präzision, rhytmischen Klang erlernt hat. Für Albalat hat
die Persönlichkeit wenig Bedeutung, das wichtigste ist, dass
man so schreibt wie die grossen Muster, und nach seiner
Meinung kann ein jeder einen solchen Stil durch genaue
Beobachtung und ungesparte Mühe erwerben! Aus guten
(iründen verteidigt gegen Albalat der spirituelle, vielschreibende
Ästhetiker, Philosoph und Romanverfasser Remy de Gourmont
in seinem Buche Le Probleme du Style aufs schärfste das
Recht des Individualismus im Stile. Aber wenn auch die
Bücher Albalat's an jenem grossen Irrtum leiden — der zum
Teil durch die Tradition und den Stilunterricht in den Schu-
len erklärlich wird — , sind sie doch nicht ohne Nutzen und
Wert. Im Gegenteil, wir lernen aus ihnen einen guten fran-
zösischen Stil mit einem schlechten vergleichen, werden
dadurch auf eine Menge von Einzelheiten aufmerksam, die
uns sonst entgehen, und finden eine gute Anleitung zur
Entwicklung unserer Kritik in Bezug auf den Stil; dieses gilt
keineswegs nur für das Französische, denn die Beobachtungen
sind so allgemeiner Art, dass wir sie ohne Weiteres auch auf
die Muttersprache beziehen können. Eine mehr wissenschaft-
liche Methode hat Albalat jedenfalls in einem dritten Buche
zur Anwendung gebracht, nämlich: Le travail du style enseigne
par les corrections manuscrites des grands ecrivains. Hier
giebt er eine Masse von sehr instruktiven Beispielen der Stil-
arbeit mehrerer bekannter Autoren, zeigt, wie sie erst allmäh-
lich zu der definitiven Form gelangt sind und warum sie ihre
Änderungen vorgenommen haben, und so können wir wirklich
an der Hand dieser Änderungen die geistige Schöpfung des
Schriftstellers in ihren Entwicklungsphasen verfolgen und an
dem endgültig geprägten Ausdrucke seinen vollen geistigen
Inhalt und die ganze Absicht des Gedankens erfassen. Unge-
24 lt\ Sö,iirhjelm,
mein lehrreich sind in der Tat diese Beispiele, und das Buch
ist für die Stilforschunoj in praktischer Hinsicht von der
grössten Bedeutung. — Fiir Schulzwecke bestimmt, aber auch
für sonstige Stilstudien nützlich ist das Buch von G. Rudier:
L explication francaise , principes et applications : es enthält einen
sehr verständigen teoretischen Teil und dann die genaue
inhaltliche und stilistische Analyse von sechs Texten verschie-
dener Schriftsteller. In der allerletzten Zeit ist von dem
bekannten Litterarhistoriker G. Lanson eine Arbeit erschienen
unter dem Titel: ü Art de la prose. Dieses Buch hat keinen
eigentlich wissenschaftlichen Zweck, sondern es ist nur eine
Sammlung von Beispielen künstlerischer Prosa, welche dazu
bestimmt sind »de fournir un guide et une excitation a la
classe nombreuse de moyenne culture . . . qui continuent,
apres l'ecole ou le lycee, de s'interesser ä la litterature.» »Je
voudrais», fügt Lanson hinzu, »que ce livre les aidat ä raffiner
leur sensibilite litteraire, ä aiguiser leur goüt _et ä multiplier
leurs jouissances en les nuangant. » Aber ein Mann mit der
Beanlagung Lanson's kann nicht umhin, auch der Wissenschaft
zu dienen. Und so finden wir in seinem Buche nicht nur
charakteristische Proben der Kunstprosa verschiedener Perio-
den, sondern auch höchst wertvolle Erläuterungen zu denselben,
Vergleiche, Erklärungen, Charakteristiken der verschiedenen
Stilkünstler als solche u. s. w.; daran schliesst sich eine einlei-
tende Betrachtung über die Frage, inwiefern es eine Kunst
der Prosa überhaupt giebt und ein ■ Schlusskapitel mit Proben
der »falschen Stilkunst»; dieses Kapitel ist nicht das am
wenigsten interessante in dem Buche, denn es beleuchtet ganz
vortrefflich den Unterschied zwischen echter und unechter
Kunst. Es schliesst mit dem sens moral: »Aimons la prose
d'art et n'en faisons jamais» — also eine sehr vernünftige
Mahnung an alle diejenigen, welche sich vielleicht durch
Albalat's Bücher ermuntert und befähigt fühlten, Kunstprosa
nach berühmten Mustern zu schaffen. In grossen, sehr all-
gemein gehaltenen Zügen giebt Lanson's Buch einen Überblick
über die Entwicklung der französischen Kunstprosa von
Rabelais bis auf unsere Tage; es zeigt dabei auch die Wege,
1
Slil-Aesthetik und Stihtudien. 25
welche die stilistischen Untersuchungen zu beschreiten haben,
und wird hoffentlich den Jüngern der Wissenschaft eine Menge
von schönen Aufgaben eröffnen. Wo bietet sich ein dank-
bareres Feld für solche Untersuchungen dar, als eben in der
grossen Prosalitteratur Frankreichs!
Auch in England hat man sich in letzter Zeit sehr viel
mit Stilfragen beschäftigt. Ich weise auf keine besonderen
Werke hin, teils weil ich sie nicht aus unmittelbarer Erfahrung
kenne, teils weil sie, wie es scheint, nichts besonders Neues
bieten. Ausserdem sind sie bei Meyer und teilweise auch bei
östergren verzeichnet. Der letztere bespricht gleichfalls die
einschlägigen skandinavischen Arbeiten.
III.
Kann man nun in Bezug auf die Methode der stilis-
tischen Untersuchungen im künstlerischen Sinne irgend welches
allgemeine Resultat aus den bisherigen Untersuchungen her-
vorgehen sehen? Lässt es sich sagen, ob und inwiefern die
neueren stilistischen Arbeiten wirklich in den Bezirk der ästhe-
tischen Wissenschaft fallen und ob diese ganze Disziplin eine
ausgesprochene Neigung zeigt, sich der Ästhetik zuzugesellen?
Das Material ist zu gering um eine bestimmte Antwort
zu erlauben. So viel kann jedoch wol behauptet werden, dass
manche von den Abhandlungen, welche sich mit stilistischen
Untersuchungen beschäftigen (auch solche, die von Vorkämp-
fern der neuen Richtung verfasst sind, wie Ostergrens Studien
über den Stil des schwedischen Romantikers Törneros), sowol
in Bezug auf den Stoff als ihrer methodischen Seite nach in
keiner Weise von den schematischen lexikalischen Untersu-
chungen, die wir zur Genüge kennen, abweichen und also
eigentlich sehr wenig Propaganda für die empfohlene Betrach-
tungsweise und für die Umwälzung in der Sprachwissenschaft
gemacht haben. Wenn man die Fremdwörter bei einem
Schriftsteller verzeichnet, so kann das ja einen Beitrag zur Kennt-
nis seines litterarischen Geschmacks oder seiner sprachlichen
26 IV. Söderhjelm,
Individualität geben, aber ein solches Verzeichnis ist doch
weit davon entfernt, sein Gefühlsleben, sein künstlerisches Innere
so zu beleuchten, wie es die Stilästhetiker wollen; wenn man
über die Stileigentümlichkeiten der Poesie im Vergleich mit
denen der Prosa handelt (ich denke an eine andere schwedische
Arbeit), so erreicht man nichts anderes als ein Kuriositäts-
Interesse, falls man nicht jede einzelne PZrscheinung genau
prüft und festzustellen versucht, was auf äusserem Anlass, Reim
und Metrum beruht, was auf Archaismus und Konvention der
poetischen Sprachen u. s. w. und was auf bewusster Absicht
des Dichters. Wie schwierig aber eine solche Scheidung
sich gestalten muss, leuchtet von selbst ein.
Eine Hauptaufgabe der stilistisch-ästhetischen Unter-
suchungen wird darin bestehen, die Dichtungen als Kunstwerke
zu analysieren, die Elemente festzustellen, aus welchen sie
sich aufbauen, die Mittel, durch welche sie ihre Wirkungen
erreichen. Es kommen hier in Betracht Wortwahl, Bilder,
Rhytmus, Klang u. s. w., aber auch ästhetische und psycho-
logische Erwägungen der Ursachen, weshalb der Dichter eben
das Wort, das Satzgefüge, die Metapher angewandt hat. Es
ist klar, dass hier, und besonders in Bezug auf den letzten
Punkt, die individuelle Auffassung einen sehr freien Spielraum
hat (wde man schon an den Proben bei Vossler sehen kann).
Eine äusserst diskrete Handhabung solcher Untersuchungen
wird von Nöten sein, um sie nicht in Verruf zu bringen,
eine gründliche Vertiefung in die Art, die Denkweise und
die Sprache des Schriftstellers und ein sicherer Takt. Aber,
wie gesagt, die Aufgabe ist eine der wichtigsten und bietet
eine Fülle anziehender Arbeit, gelingt auch vielleicht vollstän-
dig eher denen, deren Muttersprache die Sprache des betref-
fenden Schriftstellers ist. Durch die Analyse sämtlicher Stücke
eines Dichters gewinnt man natürlich ein vollständiges Bild
seiner künstlerischen Verfahrungsweise. Der methodische
Vorgang soll hier nicht verschieden sein von demjenigen, den
man bei ähnlichen Untersuchungen über bildende Kunst ver-
wendet. Das lexikalische und grammatische Zusammenstellen
wäre zu vergleichen mit einer Methode, die bei Studien über
Stil-Aestlutik und Stilstudien. 27
die Technik eines Malers einzelne Farben unter ihren Rubriken
zusammenstellte und dann die Bilder und die Stellen auf den
Bildern aufzählte, wo diese Farben angebracht sind. Es kann
nicht ausdrücklich genug betont werden, dass nur die ver-
ständige Synthese in dem einen wie in dem anderen Falle
ein ästetisch zu verwertendes Resultat ergiebt, dass nur eine
zusammenhängende Betrachtung dem ästetischen Zweck, d. h.
dem eigentlichen Zweck der Stilistik entspricht. Alles andere
wird nur trocknes Aufzählen und dürre Materialiensammlung.
Welches Licht würde aber eine solche Stilanalyse mit seinen
zusammenfassenden Folgerungen z. B. über die Kunst unseres
Runeberg werfen, diese Kunst, die mit so erstaunlich einfachen
Mitteln so grosse Wirkungen hervorbringt und wo jedes
alltägliche, einfache Wort durch einen neuen Inhalt belebt
und frisch geprägt wird!
Oben wurde Boucke's Arbeit über Goethes Sprache er-
wähnt. Aus ihr geht hervor, mit welchem Erfolg die stilis-
tische Ästhetik in den Dienst des gründlichen psychologischen
Studiums des Dichternaturells gestellt werden kann. Auch
hier denkt man an Runeberg: wie fruchtbar könnte eben eine
solche Methode für die Kenntnis seiner Eigenart werden; er,
der ja in gewissen beliebten und oft angewandten Worten
und Wendungen seinen ganzen Charakter klarlegt. Ein
anderes Beispel der Verwertung solcher Untersuchungen für
weitere Zwecke bietet G. Sarrazin in seiner höchst interessanten
und wirklich gross angelegten Arbeit Aus Shakespeares
Meiste rzverkstatt, StilgescJiichtliche Studien (1906). Im Verein
mit anderen Faktoren, aber ganz besonders hervorgehoben,
dienen bei ihm die stilistischen Beobachtungen dazu, den
Kunstwert Shakespeare'scher Stücke gründlich zu würdigen
und den chronologischen Zusammenhang unter ihnen festzu-
stellen. In bewunderungswürdiger Weise versteht er es, ohne
auf unnötige Details einzugehen, die stilistischen Charakte-
ristika in ihren Hauptzügen vorzuführen und für seine Zwecke
zu verwerten; man sieht, welche mühsame Arbeit dahinter
liegt, aber man braucht ihr nicht in allen Einzelheiten zu
28 //. Suolahti,
folgen. So ist auch hier die ästetische Stilistik ein Mittel /Air
Erlangung psychologischer oder historischer Wahrheit.
Das Gebiet der ästhetischen Stilistik, im richtigen Sinne
gepflegt, wird holTentlich in der Litteraturgeschichte als For-
schung über die litterarische Kunst fernerhin einen bedeutenden
Platz einnehmen. In allen Richtungen scheint man in der
Sprachwissenschaft jetzt zu einer so zu sagen »beseelteren»
Arbeit gelangen zu wollen. Neben dem dürren und vielfach
unfruchtbaren Etymologisieren hat sich jetzt die inhaltreiche
Wortforschung Hahn gebrochen; mit ihr hängt zusammen das
immer regere Interesse für die Bedeutungslehre; die syntak-
tischen Arbeiten vertiefen sich immer mehr psychologisch; und
so verlangt auch die Stilistik einen breiteren Raum, indem
sie sogar die hergebrachten Schemata verlässt und in den
Dienst tieferer künstlerischen Ziele tritt. Wollen wir hoffen,
dass es ihren Pflegern bald gelingen wird, die richtigen Me-
thoden für die ästhetische Stilforschung festzustellen, damit
nicht die ganze Disziplin der Gefahr ausgesetzt werde, in
willkürliches subjektives Ästhetisieren zu zerfliessen.
W. Söderhjelni.
Über Methode und Aufgaben der deutschen Wort-
forschung.
Vortrag in der Neuphilologenversammlung zu Helsingfors den 12. Januar 1909.
Die vom Zusammenhang der Rede losgelösten Worte
haben schon vor langen Zeiten den menschlichen Geist be-
schäftigt. Wenn man zunächst von der Interpretation der
Worte absieht, die beim Erlernen einer fremden Sprache nö
tig gewesen und auf verschiedene Art betrieben worden ist,
und nur das Interesse ins Auge fasst, welches die Worte um
ihrer selbst willen auf sich gelenkt haben, ohne dass irgend
ein praktischer Zweck damit verbunden war, so finden wir,
dass dieses Interesse schon frühzeitig vorhanden gewesen ist.
(ht-r Methode uml Aufgaben der dcuischen IVort/orsc/iung. 29
Es beginnt mit der spekulativen Geistestätigkeit des Men-
schen. Indem man anfing über das Werden und Sein über-
haupt nachzudenken, wandte sich die Aufmerksamkeit auch
der Sprache zu. Den Mittelpunkt des Interesses bildete die
Entstehung der Sprache oder der Ursprung der Worte. Nicht
immer entsprang dieses Interesse in älteren Zeiten einem un-
mittelbaren reinen Wissensdrang. In der klassischen Zeit be-
treiben einzelne Wissenschaftszweige eine Art Wortforschung
oder Worterklärung zu Zwecken, welche mit den Aufgaben
dieser Disziplinen in Verbindung stehen. So finden wir die
Philosophen als Worterklärer, wenn sie ihre Lehren über
bestimmte Begriffe durch die Erklärung der entsprechen-
den Worte erhärten wollen. Ähnlich verhält es sich manch-
mal bei den Historikern, die hie und da eine Wortdeutung
anführen um eine Behauptung sprachlich zu stützen. Auch
die alten Zoologen und Botaniker streuen häufig in ihre Werke
sprachliche Bemerkungen, welche bestimmte Eigenschaften
der Tiere oder Blumen illustrieren sollen. Aber neben die-
ser Art Wortdeutung, welche wie ein Ornament in einer be-
stimmten Wissenschaft verwendet wird, geht eine andere, die
sich . erklären lässt aus der dem Menschen innewohnenden
Neigung die Dinge auf ihren kausalen Ursprung zurück-
zuführen. Hier haben wir die ersten Keime derjenigen For-
schung zu sehen, die nach der Herkunft der Worte fragt und
die gewöhnlich mit dem Ausdruck Etymologie bezeichnet wird.
Es ist kein Wunder, dass die Etymologie der Teil der
Sprachgeschichte ist, der am meisten die grossen Massen an-
gezogen hat und die seit jeher von Laien betrieben worden
und noch immerfort betrieben wird. Ein jeder, der etwas
Beobachtungsgabe und Phantasie besitzt, wird in dem Wort-
schatz seiner Muttersprache PZlemente finden, die er mit ande-
ren in kausalen Zusammenhang stellen kann. Wer dazu
noch andere Sprachen kennt, dem wird manche gegenseitige
Übereinstimmung einleuchten, die sein Interesse erweckt und
seine Gedanken beschäftigt. Die wohlfeilen Erfolge lassen
die Befriedigung fühlen, welche die Lösung eines Rätsels oder
überhaupt eine gelungene Gedankenarbeit gewährt und er-
30 //. Suolahti,
wecken Lust zu weiteren Kombinationen und Streifzügen auf
diesem Gebiet. So begreift man, dass die Etymologie seit jeher
ein Tummelplatz laienhafter Phantastereien gewesen und auch
bis auf unsere Tage geblieben ist. Zu einer wissenschaft-
lichen Disziplin wurde die Etymologie aber erst in der Zeit,
wo sie mit der Sprachwissenschaft in Verbindung trat.
Wollte man die Umrisse ihrer Geschichte entwerfen, so
müsste man die Geschichte der Sprachwissenschaft in ihren
Hauptzügen darstellen, denn in engster Verbindung mit der
Grammatik hat die Etymologie die Kinderschuhe abgenutzt
und ist gross gezogen worden.
Die geschichtliche und kritische Anschauungsweise, welche
in der wissenschaftlichen Forschung der Neuzeit allmählich
vordrang und insbesondere durch die Aufklärung des i8.
Jahrhunderts angebahnt wurde, machte sich auch in der Sprach-
forschung geltend. Besonders fruchtbringend wurde sie für
die junge germanische Sprachwissenschaft, wo sie zuerst zu
einer Erkenntnis der Gesetzmässigkeit führte, die in der Ent-
wicklung der Sprache herrscht. Schon um die Wende des
17. und 18. Jahrhunderts hatte Lambert ten Kate im Sprach-
leben Ordnung und Regelmässigkeit bemerkt und wiohtige
Spracherscheinungen, den Ablaut und die Analogie, entdeckt,
aber er steht allein unter den Fachgelehrten seiner Zeit und
noch eines vollen Jahrhunderts bedarf es, bevor seine Ent-
deckungen weiter entwickelt werden. Der nächste Schritt
zur Bildung der germanischen Sprachwissenschaft wird von
Rasmus Rask getan, der in seiner im Jahre 181 1 erschienenen
Schrift »Vejledning til det Islandske eller gamle NordiskeSprog»
das Gesetz der ersten germanischen Lautverschiebung andeu-
tet und eine annähernd richtige Auffassung des Umlauts hat.
Was von ten Kate und Rask vorbereitet war, wird von Jacob
Grimm weiter ausgeführt und klar formuliert. Die neu auf-
gedeckten Gesetze lassen nun überall Folgerichtigkeit und
Gesetzmässigkeit erkennen, lange Reihen analoger Fälle wer-
den blossgelegt und unter denselben Gesichtspunkt geordnet.
Erst mit Grimm wird die germanische Sprachwissenschaft
über Methode und Aufgaben der deutschen H^ort/orschung. 31
über das Niveau des zufälligen Sammelns und Vergleichens
endgültig erhoben; sie wird zu einer methodischen Disziplin.
Ungefähr zu gleicher Zeit wie Grimm die Resultate
seiner Forschungen in der Deutschen Grammatik (1819 — 1837)
niederlegte, die dadurch zu einem Grundstein der geschichtlichen
Sprachforschung ward, wurde die vergleichende indogerma-
nische Sprachwissenschaft durch Franz Bopp ins Leben gerufen.
Die von Jacob Grimm festgelegten Lautgesetze, die teil-
weise direkt in den Bereich der neuen Wissenschaft fielen,
wurden bald von dieser verwertet und weitergeführt. Als
wichtiges Hülfsmittel um die Zusammenhänge der verwandten
indogermanischen Sprachen klarzulegen trat nun die Ety-
mologie in den Dienst der vergleichenden indogermanischen
Grammatik. Beide Disziplinen ergänzten einander und arbeiteten
einander in die Hände; die Etymologie verglich und prüfte die
einzelnen Worte und lieferte so das Material für die Grammatik,
die es in den grösseren Zusammenhang stellte. Die gezo-
genen Konsequenzen kamen der Arbeitsweise der Etymologie
zugute.
So verfeinerte sich die Methode immer mehr und
mehr. Aber je mehr man überall Gesetzmässigkeit in der
Entwickelung der Laute entdeckte und je mehr es gelang
für die einzelnen Fälle der Lautveränderung analoge Fälle zu
finden, desto mehr wurde die Auffassung vorbereitet, dass es
überhaupt keinen zufälligen Lautwechsel gebe, sondern dass
alle Veränderungen sich unter bestimmte Gesetze einordnen
Hessen. In den achziger Jahren wurde die neue Auffassung
in dem Schlagwort »die Lautgesetze wirken ausnahmslos» aus-
gesprochen und rief eine erbitterte Fehde zwischen den älteren
Forschern und den Anhängern der neuen Theorie hervor.
Noch heute findet man manchmal Äusserungen, welche zeigen,
dass man inbezug auf die Ausnahmslosigkeit der Lautgesetze
zu keiner vollständigen Übereinstimmung gelangt ist. Aber
es scheint mir, dass die Meinungsdivergenzen, welche in dieser
Frage unter den Linguisten heute herrschen — ich sehe hier
von den Ansichten derjenigen ab, denen eine strenge laut-
32 //. Suolahli,
geschichtliche Schulung abgeht nicht sehr tiefgehender
Art sind.
Die Errungenschaften, welche die Etymologie durch die
immer exakter und feiner gewordene Methode erworben hat,
lassen sich am besten überschauen in den etymologischen
Hilfsbüchern. Der Wortschatz der meisten germanischen
Sprachen hat eine eigene etymologische Behandlung erfahren,
für die übrigen stehen Bearbeitungen bereits in Aussicht.
Wenn man das für den deutschen Wortschatz massgebende
Etymologische Wörterbuch Kluges näher ins Auge fasst und
die 6. Auflagen, welche dasselbe erlebt hat, mit einander
vergleicht, so wird einem aufmerksamen Beobachter der all-
mählich sich verändernde Charakter des Buches nicht entgehen.
Es macht sich mit den neuen Auflagen immer mehr eine
Tendenz bemerkbar, die aussergermanische Sprachvergleichung
und die entlegenen vorgeschichtlichen Perioden aus dem Mit-
telpunkte des Interesses zu verdrängen und die interne Sprach-
geschichte und die geschichtlichen Perioden, besonders auch die
moderne Zeit, unter die Lupe zu nehmen. Man darf wohl
hier einen modernen Zug in der deutschen Sprachforschung
erblicken, einen Zug, welcher dahin strebt, die Etymologie zur
Wortforschung zu erweitern. Legte man früher den Haupt-
wert darauf, die Herkunft der Worte zu ermitteln, so will
man heute das ganze Leben des Wortes kennen, nicht nur
den Ursprung und die Vorgeschichte, sondern seine Geschichte.
Wenn man den Ausdruck Wortforschung in einem derartigen
weiten Sinne auffasst, so sind die Brüder Grimm als Begrün-
der dieser Disziplin zu betrachten: die deutsche Wortforschung
beginnt mit dem Deutschen Wörterbuch und entfaltet sich
und wächst mit ihm,
Deutsche Wörterbücher hatte es vor dem grossen Unter-
nehmen der Brüder Grimm eine Menge gegeben. Der erste
Anfang eines solchen fällt bereits in die Zeit, wo die inter-
linearen deutschen W^orte in einem lateinischen Texte von
Klosterbrüdern gesammelt und mit der beigefügten lateini-
schen Übersetzung alphabetisch oder sachlich geordnet
wurden. Aus diesen Glossaren entwickelten sich später
über Methode und Aufgaben der deutschen Wortforschung. 33
grössere Wörterbücher, die allmählich ausführlicher werden
und im 18. Jh. einen beträchtlichen Umfang erreichen. In
Adelungs »Versuch eines vollständigen grammatisch-kritischen
Wörterbuchs der Hochdeutschen Mundart^' (1774— 1786) ist
schon ein grosser Teil des neuhochdeutschen W'ortvorrats
untergebracht. Aber in diesen Wörterbüchern wird nur der
Wortstand einer gewissen Zeit verzeichnet. Deutungen von
Worten werden zwar gegeben, aber eine geschichtliche Be-
trachtung des Materials fehlt. Eine rühmliche Ausnahme
macht nur das Teutsch-lateinische Wörterbuch von Johann
Leonhard Frisch (1741), welches neben guten Etymologien
für die Worte oft reichliche Belege aus den Quellen der nächst
vergangenen drei Jahrhunderte bringt und daher den Namen
eines historischen Wörterbuchs beanspruchen darf. Aber die
Anführung von Belegen und Zitaten ist doch nur fragmen-
tarischer und gelegentlicher Art und eine strenge Methode ist
in dieser Hinsicht nicht zu bemerken.
Die älteren Perioden der deutschen Sprache waren ja
lange vor dem Beginn des Grimmschen Wörterbuchs auf-
geschlossen worden und der Wortvorrat zum grossen Teil
aus den Texten ausgezogen und verzeichnet. Aber die Worte
und Wortformen wurden verglichen und geprüft, blos insofern
dies zum Verständnis der Texte oder für die historische Gram-
matik nötig war. Eine eigentliche deutsche Wortforschung
beginnt, wie gesagt, erst mit der Begründung des ersten
wirklich geschichtlichen Wörterbuches, des Grimmschen Wör-
terbuchs.
Auf Grund eines für damalige Verhältnisse sehr beträcht-
lichen Materials hat Jacob Grimm in den von ihm ausgearbeite-
ten Bänden die Geschichte der Worte in ihren Grundzügen dar-
gestellt. Leider hat er dabei aber nicht alle Perioden mit
gleichem Interesse berücksichtigt; die Vergangenheit wird auf
Kosten der Gegenwart stark bevorzugt. Der Vorliebe für das
Alte und der Abneigung gegen das Neue, welche einen Zug
seiner Persönlichkeit bilden und in der romantischen Zeit-
richtung wurzeln, konnte er auch bei der Ausarbeitung
des Wörterbuchs nicht entsagen. In dem wunderbar feinen
34 //. Siiola/i/i.
und von einem poetischen I lauch clurchwobenen Vorwort,
wo er über die Entstehung des Unternehmens und seine Ar-
beitsweise Bericht erstattet, spricht er diese Neigung deutlich
aus. »Wer nun», heisst es da, »unsere alte Sprache erforscht,
und mit beobachtender Seele bald der Vorzüge gewahr wird,
die sie gegenüber der heutigen auszeichnen, sieht anfangs sich
unvermerkt zu allen Denkmälern der Vorzeit hingezogen und
von denen der Gegenwart abgewandt. Je weiter aufwärts er klim-
men kann, desto schöner und vollkommener dünkt ihm die
leibliche Gestalt der Sprache, je näher ihrer jetzigen F'assung
er tritt, desto weher thut ihm jene Macht und Gewandtheit
der Form in Abnahme und Verfall zu finden». So begreift
es sich denn, dass Jacob Grimm überall, wo es sich tun
lässt, seine Belege aus den Texten älterer Sprachperioden holt,
und den modernen Sprachgebrauch ausser Acht lässt. Aus
den persönlichen Neigungen erklärt sich auch der Umstand,
dass er das kulturgeschichtlich so interessante Fremdwort aus
dem V/örterbuch ausschloss. Er hielt es für eine Pflicht der
Sprachforschung und zumal eines deutschen Wörterbuchs dem
Fremden Widerstand zu leisten und daher sich der Fremd-
worte zu enthalten, welche in der Sprache nicht fest eingebür-
gert waren. Die Neigungen und Gewohnheiten J. Grimms
brachten es ferner mit sich, dass er der vorgeschichtlichen, über
die germanische Zeit hinauslaufenden Etymologie eine be-
sonders grosse Aufmerksamkeit widmet. »Etymologie i.st
das Salz oder die Würze des Wörterbuchs», heisst es im
Vorwort, »ohne deren Zuthat .seine Speise noch Ungeschmack
bliebe: man mag auch manches gern roh geniessen und lie-
ber als versalzen». Diese sprachvergleichende Arbeit ent-
sprach überhaupt viel mehr den Neigungen Jacob Grimms,
als die eigentliche interne Wortgeschichte, für welche sein
Bruder Wilhelm mehr Sinn und Voraussetzungen hatte.
Die Brüder Grimm haben von ihrem Wörterbuche
die ersten Buchstaben A, B, C. D, E und einen Teil von F
fertig gebracht, die nur drei Bände ausfüllen. Der erste Fort-
setzer des grossen Unternehmens, Rudolf Hildebrand, hat schon
den von ihnen aufgestellten Rahmen gesprengt, indem er den
l'bi'r Methode uml Aufgaben der deutschen Wort/orsi/iHi/g. 35
Umfang des ihm anvertrauten Bandes auf das I^oppelte davon
brachte, was im ursprünglichen Plane lag. Diese l^rweiterung des
Umfangs war notwendig, denn sie war bedingt durch die er-
weiterte Auffassung von den Methoden und Zielen der Wort-
forschung, welche Hildebrand hatte. Er bevorzugt nicht ein-
seitig die älteren Perioden; seine Arbeitsweise umspannt die
ganze Geschichte der Worte und erst mit ihm gelangt der
moderne Sprachgebrauch zu seinem Rechte. Dies bedeutet
einen gewaltigen Fortschritt in der Methode der deutschen
Wortforschung.
Bezeichnend für die Intentionen Hildebrands sind
die Worte, mit denen er in der im Mai 1873 datierten
Vorrede des K -Bandes über die einseitige etymologische
Forschung den Stab bricht. »Am meisten hätt ich», äussert er
hier, »auf dem Herzen über die liebe Etymologie, die sich
z. B. nachweislich noch immer nicht ganz aus alten Vorur-
teilen losgestrickt hat, wozu sich denn auch dieses und jenes
neue gesellte. Ein Vorurteil z. B. ist es gleich, wenn man
vielfach noch meint, dass sie die Hauptaufgabe der
Sprachforschung sei. Worte sind wie Menschen, und wer
bei einem Worte nur fragt wo kommt es her? der machts
eigentlich wie ein Polizeibeamter, der von einem Manne aus-
ser Namen und Stand nur zu wissen braucht wo und wann
er geboren ist, lauter Dinge die für den wahren Wert des
Mannes im Leben fast oder ganz gleichgültig sind. Das Le-
ben eines Wortes brauchen wir für die höhern Zwecke,
d. h. den Antheil den es an dem gesamten Leben äusserlich
und innerlich hat und gehabt hat, und von diesem Leben ist
der Ursprung nur ein Endchen, das uns eher fehlen kann als
ein erwachsenes Dasein und Wirken, wie Menschen vorkom-
men, die ihr Geburtsjahr nicht wissen, ohne an ihrem Werte da-
durch das Mindeste einzubüssen». Und er schliesst mit dem
Wunsche, dass die Sprachwissenschaft von dem krankhaften
abstrakten Denken zu einem sachlicheren und gegenständ-
licheren übergehen sollte. Hildebrand betont damit den gros-
sen Wert der sog. Reahen oder der sachlichen Seite für
die Wortkunde und stellt die Wortgeschichte in Verbindung
36 //. Siiola/itt,
mit der Kulturgeschichte. Sorgfältig und genau untersucht
er die Quellen und den mundartlichen Gebrauch der Worte
um ein möglichst vielseitiges Bild von ihrem Leben liefern
zu können.
So hat denn die interne Wortgeschichte in Hilde-
brand einen geschickten Bearbeiter erhalten, dessen feine
Beobachtung und sorgfältige Methode uns so viele wichtige Ar-
tikel gebracht hat. Allerdings darf eine unbefangene Kritik nicht
verschweigen, dass Hildebrand die strenge granmiatikalische
Schulung abging und dass er nicht auf der Hohe mit den
Resultaten der historischen Grammatik stand. Daher ist ihm
nicht immer die nötige Ordnung des Materials gelungen und
er wird, wenn ich hier einen von J. Grimm verwendeten Aus-
druck gebrauchen darf, von den wie dichte Schneeflocken
fallenden Belegen eingeschneit.
Ich will hier nicht die Geschichte des Grimmschen Wör-
terbuchs näher verfolgen, unter dessen Flügeln die deutsche
Wortforschung gepflegt worden ist. Wer sich die Mühe giebt
die im Erscheinen begriffenen Teile, welche heute von
Wunderlich und von Bahder ausgearbeitet werden, mit der
Arbeit der älteren Bearbeiter zu vergleichen, wird leicht sehen,
dass die deutsche Wortforschung mit grossen Schritten fort-
schreitet und in der Methode immer sicherer wird. Diese
Beobachtung lässt den Wortforscher fast den Ärger verges-
sen, den er sonst über das langsame Fortschreiten des Wör-
terbuchs empfindet.
Erwähnt muss aber noch werden die Begründung
einer eigenen Zeitschrift für die deutsche Wortforschung.
Im Jahre 1901 erschien der erste Band dieser von
Kluge herausgegebenen Zeitschrift, deren nächster Zweck
ist, die Lücken in den sehr ungleichmässig ausgearbeiteten
Teilen des Deutschen Wörterbuchs auszufüllen und den noch
ausstehenden Bänden vorzuarbeiten. Die Bedeutung der
Zeitschrift ragt aber weit über dieses Ziel hinaus. Die jetzt
vorliegenden 10 Bände enthalten eine Menge von wichtigen
Artikeln, welche die Wortgeschichte von verschiedenen Sei-
ten anfassen und sie in den mannigfaltigsten Schattierungen
l'ho MctJwdc und Aufi^nhcn der deutschen Worlforschtini;;. 37
zeigen. Die Kulturgeschichte und die Sprachgeschichte tre-
ten in enge Verbindung mit einander, in die Schale der Dinge
wird — wie es Hildebrand werlangte - der Kern eingelegt.
Interessant sind u. a. auch die ausführlichen Artikel, welche
einem einzigen Worte oder Ausdruck gelten. Sie sind - wie
Kluge sich ausgedrückt hat — wie Biographien bedeutender
Personen und haben wie diese ihren bedeutsamen Zweck
neben den Gesamtdarstellungen. In Kluges Zeitschrift hat
die deutsche Wortforschung eine ausserordentlich wichtige
Zentralisierung und auch einen methodischen Wegweiser erhalten.
So bietet die Wortforschung Deutschlands den anderen Ländern
noch immer ein nachahmenswertes Muster, während diese die
Lehren des Grimmschen Wörterbuchs benutzt haben, um grosse
Wörterbuchunternehmungen ins Leben zu rufen, die methodisch
höher als die Lehrmeisterin stehen.
Wie aus dem Ebengesagten hervorgeht, ist die Wort-
forschung eine neue Disziplin, deren Methode besonders in
den letzten Jahrzehnten sich ausgebildet und die noch manche
Aufgabe zu lösen hat. Es sei mir hier gestattet einige
Fragen, welche sich auf Methode und Aufgaben dieser Wis-
senschaft beziehen, kurz zu streifen.
Es kann nicht scharf genug betont werden, dass für
die Darstellung der Geschichte eines Wortes die Belege so
vollständig wie nur möglich aus den Quellen zusammengestellt
werden müssen. Die verschiedenen Schattierungen, welche
die Bedeutung eines Wortes durchlaufen hat, lassen sich oft
nur dann genau feststellen, wenn die Belege in zeitlicher
Folge auf einander so folgen, dass auch kleine Lücken und
Sprünge vermieden werden.
Aber wichtig ist auch die Wahl von Belegen; ihre An-
führung ist nur da berechtigt, wo sie wirklich die Geschichte
des W^ortes beleuchten, sei es, dass sie das Vorkommen
desselben in einer bestimmten Zeit oder an einem bestimmten
Orte oder in bestimmten Kreisen angeben oder dass durch
sie eine besondere Nuance in der Bedeutung des Wortes her-
vorgehoben wird. Man kann sich des Eindrucks nicht erweh-
ren, dass die Belege in wortgeschichtlichen Arbeiten manchmal
38 //. SuolnhH,
nur als unnütze Ornamente angeführt werden. Eine Anführung
von vielen absolut gleichwertigen Belegen kann ja auch einen
statistischen Zweck haben, insofern sie als Zeugen für den
seltenen oder häufigen Gebrauch des Wortes stehen. Hei
solchen statistischen Angaben ist aber eine grosse Vorsicht
vonnöten, besonders in den Perioden, wo die Quellen nur
sparsam fliessen. So vor Allem in der althochdeutschen
Periode.
Den grössten Teil der althochdeutschen Ouellen bil-
den bekanntlich die Glossen oder die in den Klöstern ent-
standenen Wörterverzeichnisse. Abgesehen davon, dass die
uns erhaltenen Glossen nur einen Bruchteil des damaligen
W^ortbestandes enthalten und so ein höchst mangelhaftes Bild
von diesem geben, ist zu beachten, dass diese Glossare zum
grossen Teil auf biblischer Basis beruhen. Die in der Bibel
vorkommenden Worte wurden häufig glossiert und sind dann
in alphabetische und sachliche Wörterverzeichnisse gewandert,
wo sie im Vergleich mit nichtbiblischen viel öfter figurieren.
Dagegen hängt es oft nur vom Zufall ab, ob ein in der Bi-
bel nicht vorkommendes Wort belegt ist oder nicht. Manch-
mal findet man in einer einzigen Glossenhandschrift der alt-
hochdeutschen Zeit ein Wort belegt, das dann erst in der
neuhochdeutschen Periode wieder auftaucht. Daher ist es immer
beim Fehlen eines nichtbiblischen Wortes vorerst nötig zu prüfen,
ob zur Aufnahme desselben eine Gelegenheit vorhanden war
oder nicht. Besonders wichtig ist aber ferner, dass der Cha-
rakter der Quellen, aus denen die Belege geholt werden, auf
die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit hin geprüft wird.
Oft werden aus den althochdeutschen Glossen mehrere Zeug-
nisse für ein Wort angeführt, welche bei genauerem Ansehen alle
auf ein und dasselbe Original zurückweisen und also ein einziges
selbständiges Zeugnis des betr. Wortes repräsentieren. In der
grossen Glossensammlung von Steinmeyer und Sievers ist der
Grad der gegenseitigen Verwandschaft der Handschriften von
den Herausgebern z. T. bestimmt, z. T. blos angedeutet. Nur
wenige Glossare sind inbezug auf Entstehung und Mundart
näher untersucht worden, Viele Glossenhandschriften sind
l'her Methode tiiid Aufgaben der deutschen VVorifor schutig, 39
bekanntlich Konglomerate, deren verschiedene Bestandteile
oft verständnislos von einem Schreiber in einander hinein-
gearbeitet sind und die aus verschiedenen Zeiten und Gegen-
den stammen; für die deutsche Wortforschung wäre es äus-
serst wichtig, dass die Sammelhandschriften in ihre einzelnen
Teile zerlegt und dass sie mundartlich und zeitlich bestimmt
würden.
Wer sich eingehender mit den alten deutschen Glos-
saren beschäftigt hat, der ist vielleicht hie und da auf Worte
gestossen, die zwar wie deutsche Worte aussehen, die aber,
wenn man sie näher prüft, sich als Mischlinge erweisen, welche
von einem deutschen Schreiber aus einer angelsächsischen
Vorlage abgeschrieben sind oder umgekehrt. Nur einige die-
ser Mischlinge sind als solche ermittelt worden, die übri-
gen gelten als deutsch. Bekanntlich haben bei der Einführung
des Christentums in Deutschland angelsächsische Missionäre und
Mönche eine bedeutsame Tätigkeit ausgeübt und als Spuren die-
ser Tätigkeit sind uns angelsächsische Glossen in den Glossaren
des Kontinents erhalten geblieben. Bis jetzt fehlt eine genaue Un-
tersuchung des angelsächsischen Einflusses in Deutschland und
eine Zusammenstellung der angelsächsischen oder angelsäch-
sisch gefärbten Glossen.
In der mittelhochdeutschen Zeit fliessen die Quellen
reichlicher und wir sind deshalb nicht so sehr auf Glossare
angewiesen wie in der althochdeutschen Periode. Immerhin
spielen auch die Glossenhandschriften der mhd. Zeit als Quel-
len für die deutsche Wortforschung eine beträchtliche Rolle.
Auch für sie gilt dasselbe was bereits von den älteren ge-
sagt wurde. Einzeluntersuchungen fehlen, die über Ent-
stehung, Komposition und Mundart Rechenschaft geben wür-
den. Solange solche noch ausstehen, ist grosse Vorsicht in
der Benutzung derselben nötig. Um ein Beispiel zu neh-
men, sieht man manchmal Belege aus dem in Nürnberg
gedruckten Vocab. theuton. (1482) angeführt, welche das Vor-
kommen des Wortes im fränkischen Baiern beweisen sollen.
Wer dieses Glossar aber in der Hand gehabt und durch-
blättert hat, der findet bald, dass es ein .sehr unzuverlässiger
40 //. Suolahti,
Ratgeber für den damaligen nürnbergischen Dialekt ist. Oft
stösst man da z. B. auf Worte, die zwar in hochdeutschem
Gewände auftreten aber faktisch nur in Niederdeutschland
gang und gäbe sind.
Folgen wir den Quellen dieser Art weiter in die früh-
neuhochdeutsche Periode hinauf, so haben wir eine Anzahl
wichtiger Vokabulare aus dem i6. Jh.: die Vocabula von Eber
und Peucer, die Nomenciatoren eines Junius oder eines Chyt-
raeus, das Onomalticon von Golius u. s. w. Prüfen wir sie
genauer auf ihre Selbständigkeit hin, so stellt es sich heraus,
dass sie alle einander und ältere Quellen einfach abschreiben.
Und so geht es w-eiter in den folgenden Jahrhunderten. Selb-
ständig abgefasste Vokabulare fehlen und selten trifft man
Quellen, welche die Vorgänger erwähnen, aus denen geschöpft
wurde. So kann es vorkommen, dass alte Worte, die längst aus-
gestorben sind, Jahrhunderte später noch weiter geschrieben
und verzeichnet werden, als ob sie noch in lebendigem
Sprachgebrauch vorhanden wären. Mitunter kann man auch
entdecken, dass ein falsch gelesenes Wort in der fehlerhaften
Lesart durch die Quellen vieler Jahrhunderte bis auf unsere Zeit
weiter geschleppt wird und dass ein einfacher Druckfehler im
i6. Jh. noch im 19. Jh. treu wiederholt wird. So habe ich
z. B. in Grimms Wörterbuch eine Anzahl solcher toten Worte
gefunden, welche sich als Entstellungen in Heinschs Teutscher
Sprach (1616) oder in anderen fehlerhaften Drucken erweisen.
Ebenso werden als gutes deutsches Sprachgut sehr viele
Worte verzeichnet, welche, wenn man ihren Spuren folgt, ge-
lehrte Übersetzungen oder Nachbildungen fremder Ausdrücke
sind, die nach der ersten Quelle mechanisch wiederholt werden
ohne irgend welche Lebenskraft zu besitzen.
Eine grosse philologische Akribie inbezug auf diese
Art Quellen ist also dem Wortforscher vonnöten, und ganz
besonders dann, wenn die Belege für eine bestimmte Zeit
beweisend sein sollen.
Will man ein vollständiges Bild von dem Leben eines
Wortes gewinnen, so hat man die geographische Verbreitung
desselben zu bestimmen. Wichtig ist dies auch, wo es gilt den
über Mct/iixk umi .lu/i^diioi der deutschen H^or/foischioii;. 41
Ursprung eines Wortes aufzudecken. Wenn es sich um eine
interne Bildung handelt, so ist die geographische Begrenzung
der ältesten erreichbaren Belege oft die notwendige Voraus-
setzung für die richtige Deutung. Gelingt es den Ort des ersten
Auftretens eines W'ortes näher zu bestimmen und zu begren-
zen, so ergiebt sich oft die Deutung gerade aus dem für diese
Gegend charakteristischen Wortbestande. Hier leisten die
Dialektwörterbücher dem Wortforscher also gute Dienste.
An der Hand der schon vorhandenen Dialektlexica lässt
sich die heutige Verbreitung" der Worte annähernd gut feststellen.
Wo es sich dagegen um den mundartlichen Gebrauch eines Aus-
drucks in älteren Perioden handelt, da muss man vielfach sich die
Belege aus der mundartlichen Literatur zusammensuchen. Teil-
weise liegen doch auch schon ausführliche historische Dialekt-
wörterbücher vor, welche die mundartlichen Belege aus den
älteren Zeiten anführen und so die Arbeit des Wortforschers
in hohem Grade erleichtern. Das älteste Wörterbuch dieser
Art, das Bayerische Wörterbuch von Schmeller (bearbeitet
von Frommann), leistet noch erhebliche Dienste, die Methode
der Ausarbeitung und Darstellung entspricht aber nicht mehr
modernen Anforderungen. Am höchsten in methodischer
Hinsicht steht das im Erscheinen begriffene Schwäbische
Wörterbuch Fischers, das möglichst vollständig die schwä-
bischen Quellen ausschöpft. Der schweizerische Wortstand
ist in dem grossartigen, noch nicht vollendeten Idiotikon von
Staub und Tobler zusammengestellt und bearbeitet. Ein sehr
gutes historisches Wörterbuch, obgleich weniger vollständig,
ist das von Martin und Lienhart gelieferte Wörterbuch der
elsässischen Mundarten.
Für andere Gegenden sind historische Dialektwörter-
bücher noch ein Desiderium. Vorläufig liegen aus die-
sen Gebieten blos Wörterbücher vor, welche den mundart-
lichen Wortbestand ohne geschichtliche Darstellung verzeichnen.
Eine Benutzung derselben muss immer mit einer gewissen
Reservation geschehen, denn in ihnen ist oft nicht nur der
gegenwärtige Wortstand ge.sammelt, sondern es sind auch
Worte aus der alteren mundartlichen Literatur ausgezogen,
42
so dass man manchmal nicht weiss, ob ein Wort noch im
lebendigen Sprachgebrauch vorkommt oder nicht. Neuere
Wörterbücher geben jedoch durch einen besonderen Vermerk an
dass ein Wort veraltet ist. Schlimmer ist, dass die Quellen, aus de
nen die Worte ausgezogen sind, nicht mit nötiger Umsicht ge
prüft worden sind. Es werden aus ihnen Worte aufgenom
men, die in dem betreffenden Dialekt gar nicht vorkommen
sondern in letzter Instanz aus Werken stammen, die in ganz
anderen Gegenden geschrieben sind. So stehen z. B. in Frisch-
biers Preussischem Wörterbuch manche Ausdrücke, welche
sich bei genauer Untersuchung als alte elsässische Dialektworte
erweisen. Auch gegen das vorzügliche Schweizerische Idioti-
kon kann man die Anmerkung machen, dass manchmal eine
Quelle nicht mit wünschenswerter Akribie behandelt worden
ist. So z. B. ist das wichtige Werk Historia animalium von
Konrad Gessner nicht im lateinischen Originale, sondern in
der deutschen Bearbeitung benutzt worden. Da Gessner im
lateinischen Texte deutsche Worte aus verschiedenen Land-
schaften mit Angabe des Orts anführt und diese Ortsangaben
nicht in der deutschen Bearbeitung beibehalten worden sind,
so sind Worte in das Schweizerische Idiotikon aufgenommen
worden, die Gessner etwa aus Niederdeutschland oder Mittel-
deutschland kennt.
Die Dialektwörterbücher lassen meistens den Wortfor-
scher im Zweifel darüber, ob ein Wort wirklich volkstümlich,
oder ob es in bestimmten Kreisen verwendet wird, oder ob
es nur ein gelehrtes Literaturwort ist. In den meisten Fällen
kann nur eine ganz genaue Biographie des Wortes über diese
Dinge Bescheid geben. Und eine besonders interessante Auf-
gabe ist es gerade, den Prozess zu verfolgen, wie ein gelehrtes
Wort — etwa die Nachbildung eines lateinischen Wortes —
allmählich sich verbreitet und durch Predigt und viel gelesene
Bücher immer volkstümlicher wird. Man kann dabei die
Beobachtung machen, dass eine für volkstümlich gehaltene
Sage oder ein mythologischer Zug, welcher an ein Wort sich
anknüpft, ebenso wie dieses, auf klassischen Einfluss zurück-
zuführen ist, Aber überall weist ja die Wortgeschichte über
f'her Methode und Aufgoben der dciit.u/ien Wortforschung. 43
das rein Sprachliche auf das Sachliche hinaus und die Ge-
schichte im weitesten Sinne des Wortes aufgefasst, sowohl die
Kultur- wie die politische Geschichte umfassend, bietet sich
überall als Erklärerin an, während wieder die sprachliche
Untersuchung auf diese fördernd und unterstützend wirkt.
Noch bleibt aber ein Wort übrig zu sagen über die
vergleichende Wortforschung, die man besonders gerne unter
dem Ausdruck Etymologie versteht. Wenn die grosse Be-
deutung der internen Wortgeschichte im Vorhergehenden be-
sonders betont worden ist, so soll damit keineswegs die Be-
deutung der vergleichenden Etymologie in Abrede gestellt
werden. Nur ist zu bemerken, dass die interne Wortgeschichte
die nötige Grundlage für die vergleichende liefert. Dies ver-
gessen diejenigen, welche nur mit dem Wörterbuch in der
Hand arbeiten und daraus aufs Geratewohl nach Worten grei-
fen, welche mit Lautkomplexen in verwandten Sprachen ver-
glichen werden. Ein alter Beleg ist nicht immer durch-
sichtig und giebt dann nicht den Schlüssel zum Verständnis
eines Wortes; manchmal wird dieses erst durch die weitere
Geschichte erklärt.
Oft nimmt aber der vergleichende Sprachforscher sein
Material nicht allein aus alten Sprachperioden, sondern
aus modernen Mundarten. Hier ist eine besondere Zurück-
haltung geboten. Gewiss steckt in Dialekten auch viel alter-
tümliches Sprachgut, das in der Literatur älterer Zeiten nicht
belegt worden ist, aber oft lässt es sich nicht auf den ersten
Blick sagen, ob eine erst in der modernen Mundart auf-
tauchende Wortform alten Datums oder eine neue Bildung
ist; das vermag in vielen Fällen nur eme eingehende Unter-
suchung ihrer Geschichte zu entscheiden. Überhaupt muss
der Etymologe zuerst prüfen, ob ein Wort mit internen Mit-
teln zu erklären ist, bevor er nach auswärtigen Verwandt-
schaften sich umsieht.
Und sobald er sich auf vorgeschichtlichem Boden befindet,
wo das weite Feld der Möglichkeiten und Kombinationen
sich ihm eröffnet, ist eine gewisse Resignation mehr als jemals
sonst nötig. Die Rätsel lassen sich nicht mit Gewalt lösen und
44 //. Stio/dhti, Chcy Mdliodc it. Aufgahoi (Icr deutschen Wortfoyschung.
es ist manchmal besser, vage Hypothesen zu unterdrücken als
sie auszusprechen. Denn diese werden oft von der vergleichen-
den Grammatik für weitere Zwecke verwertet und dienen als
Grundlage bei der Feststellung der Lautgesetze.
Die strenge lautgesetzliche Methode überschätzt manchmal
ihre Tragweite und schiesst daher übers Ziel. Konstruierte
Urformen werden wie auf einem Schachbrett hin und her
geschoben, bis es gelingt sie unter gewisse Formeln und Nor-
men zu bringen, so dass der Schein einer gesetzmässigen
Entwicklung entsteht. Vielfach begnügt man sich dabei nur
damit, dass alles, was sich auf den Wortstamm bezieht, in
Ordnung ist, und schenkt der Bildungsweise des Wortes nur
geringe Beachtung, obwohl diese ein so äusserst wich-
tiger Faktor bei der Bestimmung des Verwandtschaftsgrades
ist. Besonders wird aber der Inhalt des Lautkörpers oder
die Bedeutung misshandelt, indem man einer lautlich möglichen
Etymologie zuliebe die innere Wahrscheinlichkeit opfert.
Freilich vermag über das, was in dieser Beziehung sich als
natürlich ergiebt oder nicht, nur das subjektive Gefühl zu
entscheiden. Und es scheint eben manchen Etymologen,
welche auf der Höhe mit den Resultaten der historischen
Lautlehre stehen, das Gefühl des Wahrscheinlichen ab-
zugehen.
Eine übertriebene Vorsicht ist allerdings auch nicht zu
loben, insofern sie zur Hyperkritik wird. Und es wäre wirk-
lich schade, wenn alle Einfälle, welche nicht ganz sicher
erscheinen, deshalb unterdrückt würden. Manchmal hilft eine
Andeutung oder ein Hinweis anderen ein Stück weiter und
hindert sie vor dem Betreten falscher Wege. Aber die Hypo-
thesen sollten auch in hypothetischer Weise ausgesprochen
werden und nicht, wie heute oft der Fall ist, als kategorische
Lehrsätze.
X'orgeschichtliche Hypothesen und etymologische Kom-
binationsarbeit dürfen in der deutschen Wortforschung auch
künftighin nicht fehlen, aber besonders wichtig ist vorläufig
noch die Erschliessung der geschichtlichen Tatsachen.
//. Suolahti.
Les thäories sur la formation des Chansons de geste
Conference faite, le 13 janvier 1909, au congrcs des professeurs de langues
modernes reuni a Ilelsingfors.
La Chanso7i de Roland, qui ouvre si brillaniment la
liiterature frangaise, est — personne, ne le conteste — un
poeme historique en ce sens qu'il celebre un veritable evene-
ment historique. Cette chanson de geste nous parle d'une
defaite que Charlemagne essuie de la part des Sarrasins, defaite
qui lui enleve la fleur de ses Chevaliers, ses douze pairs, dont
le premier etait Roland, son neveu bien-aime. D'autre part,
l'histoire, representee dans ce cas special par \ Historia
Karoli d'Einhard, nous raconte que, en 'J'j'i, l'arriere-garde
de l'armee de Charles, roi de France, qui revenait d'une
expedition en somme heureuse dans le Nord de l'Espagne,
fut surprise dans la vallee de Roncevaux par les Basques,
habitants des montagnes; les bagages qu'elle protegeait furent
pilles et tous ceux qui la composaient tues, parmi eux le
senechal Eggihard, le comte du palais Anselm et Hrodland,
comte de la marche de Bretagne. Comment se fait-il que
Roland, cet obscur comte de la marche de Bretagne, soit
devenu le principal personnage de la chanson de geste, l'in-
comparable heros, neveu de l'empereur, le premier de ses
douze pairs, tandis que de ces compagnons morts en meme
temps il ne reste meme pas les noms dans le poeme? A
cette question Gaston Paris nous repond ceci^: «En realite
les chansons de geste remontent bien, au moins les plus an-
ciennes, ä des faits historiques, mais elles n'en doivent pas
en general la connaissance ä des chroniques latines : elles
sont les amplifications de chants contemporains des evene-
ments. Le desastre de Roncevaux fit sur les imagi-
nations une vive impression et suscita sans doute des chants
nombreux. Des trois que mentionne l'historien Einhard, Eggi-
hard, Anshelm et Hrodland, un seul cependant, et prccisc-
Exiraits Je la Chanson de Koland, introduction, p. VII et X.
46 . /. /.<ini;/'ors,
ment le dcrnier, s'est niaintciui dans la tradition cpique, dont
Roland est devenu l'incomparable heros. D'oü vient cette etrange
difference de traitement? IVobablement de ce qua le poeme
de Roncevaux a pour premiere base Ics chants epiques des
hommes de Roland, des habitants de la J^retagne frangaise:
la chanson teile que nous l'avons, apres tous les remainenients
qu'elle a subis, garde encore des traces visibles de son ori-
gine bretonne.»
Selon I'histoire, ce sont les Basques des Pyrcnees qui
attaqucnt l'arriere-garde de Charlemagne; dans le poeme, les
Basques sont devenus des Sarrasins. En 778 le Charlemagne
de I'histoire n'a que trente-sept ans; dans le poeme, c'est
un vieillard:
. Par grant irur chevalchet li reis Charles,
De sur la brunie li gist sa blanche barbe.
Si nous demandons comment il faut expliquer les grandes
differences entre les donnees de I'histoire et Celles de la
chanson de geste, on nous repondra peut-etre par ces autres
mots de Gaston Paris: «C'est la deformalion de I'histoire par
la poesie. '» Ces deux phrases de Gaston Paris que je viens
de citer donnent la substance meme de la doctrine sur la
Formation des chansons de geste qui a ete plus ou moins
generalement acceptee jusqu'aux dernieres annees et qui, bien
qu'exposee sous la forme de theories dififerentes, n'est, dans
le fond, qu'une seule et meme theorie.
Le trait commun entre ces systemes est qu'ils suppo-
sent tous que les chansons de geste qui nous ont ete con-
servees remontent par un nombre infini de chansons inter-
mediaires jusqu'aux evenements historiques memes qui en for-
ment le noyau.
La difference entre les divers systemes consiste surtout
dans la question de savoir sous quel aspect il faut se representer
les premieres formations legendaires, en d'autres termes, la
Roncevaux, dans /.egem/es du inoyen age.
<l
/.CS ilüoiies siir la forniatiou t/es r/iansoiis Je i^este. 47
question de savoir comment se fit Iclaboration de la matiere
epique et sa mise en oeuvre
La theorie de Gaston Paris et de son ecole, theorie
frangaise par excellence, est celle des cantilenes ou des chants
lyricoepiques. Cette theorie, qui a ete adaptee ä l'etude des
chansons de geste frangaises dcja par Jonckbloet et develop-
pee plus tard par Leon Gautier, est la menie que la theorie
de F. A. Wolf sur les chants homeriques et celle de K. Lach-
mann sur le Nibeln7igenlied. Cette theorie suppose l'existence
de chants contemporains qui devaient donner une image fidcle
et naive des evenements tels qu'ils se refletaient chez le
peuple, et ces cantilenes lyrico-epiques, plus breves et de
rythme plus rapide, qui avaient precede les vastes narrations
epiques, sont considerees comme la source des chansons de
geste, qui ne sont que des cantilenes cousues ensemble. La
tache principale de ceux qui etudient les chansons de geste
est donc, d'apres cette doctrine, d'une part, de decouvrir les
evenements historiques qui avaient provoque des chansons,
et, d'autre part, de designer et de disjoindre de l'ensemble
d'une chanson de geste des episodes qui avaient jadis vecu
comme des chants isoles et de tacher de reconstituer, ou au
moins d'entrevoir, par des Operations logiques, des formes
plus archaiques que les poemes que nous avons.
Prenons comme exemple le cycle de Guillaume d'Orange.
Un cycle est l'histoire d'une famille epique, la suite des poe-
mes qui en presentent les generations successives et les for-
tunes variees. Dans le cycle de Guillaume d'Orange, «une
meme idee poetique circule d'un roman ä un autre. II faut
defendre la Catalogne, la Provence et le Languedoc contre
les Sarrasins d'Espagne. Charlemagne est au loin, ou tenu
pour vieilli et pour caduc; ou bien il est mort, et ä sa place
regne son fiis Louis, debile et couard. Au defaut du roi et
remplissant pour lui sa täche, ä Narbonne, ä Orange, a Ge-
rone, campee sur les terres paiennes, une famille heroique
defendra la chretiente. C'est la geste de Guillaume d'Orange,
le fier lignage
4» ^1. I.aiigfors,
(Jui tant sofri de peine sor sarrazine genl.»
Le heros central, dit Gaston Paris, est Ciuillaume, appele (Juillaume
Fierebrace, Guillaume au Court Nez et Guillaume d'Orange. Nous ne con
naissons aucun Guillaume qui, anterieurement au Xlle siecle, ait p:)ssede la
ville d'Orange, dont la conquete sur les Sarrasins, dejä dans les poemes du
XIc siecle, etait attribuee ä ce heros. Quoi qu'il en soit, ce Guillaume epique
a de bonne heure ete identifie avec le Guillaume historique qui, nonime en
790 comte de Toulouse, livra sur les bords de l'Orbieu, en 793, une bataille
sanglante, conquit la Catalogne dans une suite d'expeditions heureuses, et entra
en 806 dans le cloitre de Gellone [aujourd'hui Saint Guilhemdu-Desert,
pres de Montpellier] . . . D'autres Guillaume vinrent se confondre avec le
heros ordinaire des chansons meridionales. Deja dans la Vie latine de saint
Gidllauine de (klloie, nous le voyons devenu Guillaume d'Orange et mele avec
Guillaume le Pieux, duc d'Aquitaine, son arriere-petit-fils, dont les relations
avec l'eglise de Brioude etaient aitribuees par la tradition ä son bisa'ieul.
Mais une contamination bien plus importante devait se produire dans
le nord de la France, oü les chansons sur Guillaume d'Orange avaient penetre
de bonne heure. La un autre Guillaume etait devenu heros epique appar-
tenant originairement, lui aussi, ä une province, mais transporte par les Jon
gleurs dans le grand courant de l'epopee feodale . . . On fusionna les poemes
qui chantaient ce personnage (Guill. de Montreuil ') avec ceux qui celebraieni
Guillaume d'Orange. — Un troisieme personnage, difficile ä bien determiner
fournit sans doute le nom de Guillaume au court uez et l'episode de l'expedi-
tion du heros en Italic ou il defend le pape contre une invasion sarrasine.
— Le surnom de Fierebrace est tellement frequent (ju'on ne peut pas en
conclure l'immixtion dans l'epopee dun autre Guillaume qui l'aurait porte
reellement ; mais il est tres possible que d'autres personnages de ce nom,
objets aussi de chants epiques, aient ete consideres par les Jongleurs comme
identiques ä Guillaume d'Orange, qui avait deja absorbe ceux que nous avons
designes. II est probable qu'on substitua meme Guillaume ä un personnage
d'un autre nom, pour lui faire jouer un role dans le couronnement de Louis
le Pieux, par son pere, ä Ai\. en 813, solennite qui avait vivement frappe
l'imagination populaire et dont les chants avaient conserve le Souvenir . . . •
On voit que cette explication de Gaston Paris part de
la meme idee dont je parlais tout ä l'heure: ä savoir que
les differents evenements attaches par les auteurs de chansons
de geste au nom de Guillaume d'Orange auraient primitivement
' [On a demontre depuis que le pretendu personnage historique que
Gaston Paris appelle Guillaume de Montreuil n'a jamais existe : il doit son
apparition dans l'histoire k un passage d'un chroni(|ueur qui a ete mal in-
terprete].
I
\
Les theories sur la formation des chansons de geste. 49
eu pour heros plusieurs personnages historiques qui auraient ete
celebres dans des chansons originairement distinctes qui se
seraient plus tard reunies et confondues par l'unification des
principaux personnages. J'abandonne ici le cycle de Guil-
laume d'Orange pour dire plus loin quelques mots de la
critique que l'on a adressee contre cette explication, et je
continue mon expose sommaire des theories sur la formation
des chansons de geste.
L'apparition en 1884 du livre de Pio Rajna, Le origini
delVepopea francese, designe une nouvelle phase dans l'etude
de l'epopee frangaise. Le savant italien tache de rendre
probable l'idee qu'il y a un rapport direct entre les chansons de
geste frangaises et les chants heroiques des Francs. D'apres
cette theorie, les predecesseurs des chansons de geste conser-
vees ne seraient plus des chants lyricoepiques, donc des
poemes d'un caractere foncierement different, mais des chan-
sons de meme caractere que les poemes conserves, seulement
plus courtes, mais en tout cas de veritables epopees. Dans
un compte-rendu paru, il y a un an \ dans le Literarisches
Zentralblatt, M. VV. Foerster se declare expressement partisan
de cette theorie. II ecrit: «La theorie de Gaston Paris a
ete ecartee des l'apparition du livre de M. Rajna et eile n'a
du reste jamais ete acceptee en Allemagne. La «Rosen-
krantz-Theorie» de Lachmann, qui a ete importee en France
par Gautier, a ete egalement pour Homere et le Nibelun-
genlied abandonnee depuis longtemps : on ne peut supposer
qu'un poeme qui dejä dans la premiere redaction contenait
la fable entiere, de meme que l'on est oblige de considerer
chaque chanson populaire comme l'oeuvre dun seul poele.»
Et un peu plus loin il continue: «Pourquoi les Provengaux
n'ont-ils pas d'epopees.^ Ou demandons d'une maniere plus
generale: Pourquoi les Italiens et les Espagnols n'en ont ils
point } Partout il y a un fond soit italique, soit celtique, soit
iberique, avec une couche germanique dessus. Pourquoi, parmi
tous les peuples romans, les Frangais sont-ils les seuls qui aient
Jan vier 1908.
50 ./. Lang/ors,
une epopee? Dans le Midi de la France, les conditions
etaient pourtant les memes, avec la seule differene qu'ici, au
Heu des Francs du Nord, c'etaient des Goths et des Bür-
gendes. C'est donc necessairement la difterence entre les
differents peuples germaniques qui explique le fait que les
Frangais du Nord ont une ancienne epopee nationale: ils la
doivent aux Francs (l'ancienne ecole de Gautier et Gaston
Paris avait raison en cela, et plus tard Pio Rajna l'a prouve
d'une maniere solide). Les Francs avaient sans doute apporte
la poesie epique avec eux de leur ancienne patrie germanique.
Ainsi nous avons retabli une chaine de developpement inin-
terrompu qui explique tout.» Je ne pretends nuUement avoir
toute la competence necessaire pour critiquer l'illustre pro-
fesseur de Bonn, mais il me semble tout de meme que son
raisonnement impliquerait des consequences peu acceptables
si on se servait d'un raisonnement analogue pour expliquer
pourquoi certains peuples non romans ont une epopee popu-
laire, tandis que les peuples voisins n'en ont point.
Le Systeme de Rajna, comme les autres, suppose entre
le fait historique et la chanson de geste qui le celebre une
Serie ininterrompue de remaniements qui avaient pour suite une
alteration continuelle des faits primitifs. Pour rendre plus
comprehensible la grande alteration des faits historiques qui
est presentee par les poemes conserves, certains savants ont
imagine une autre explication pour la formation des legendes
epiques, D'apres eux, les premieres formations legendaires,
contemporaines, ou ä peu pres, aux evenements historiques
memes, n'etaient plus des chants lyrico-epiques ni des epo-
pees primitives plus courtes que Celles qui ont ete conservees,
mais des recits populaires en prose, transmis oralement de
generation en, generation, et ce sont ces recits en prose qui
plus tard, ä un temps indetermine, auraient servi aux poetes
epiques. Cette theorie des recits populaires en prose («epische
Sagen») a ete jadis exposee par M. Paul Meyer en France
et defendue plus tard en Allemagne entre autres par MM. Ed-
mund Stengel et C. Voretzsch, et tout dernierement, dans
Les theories sur la formation des chansons de geste, 51
une forme un peu modifiee, par M. Hermann Suchier ^: «L'ori-
gine d'un recit populaire peut remonter jusqu'aux evenements
historiques, mais il peut aussi etre provoque, ä une epoque
plus recente, par une communication savante, provenant par
exemple d'une chronique latine. Ce dernier procede doit etre
plus rare.»
Toutes ces theories des origines de l'epopee frangaise
se reclament en derniere analyse d'un meme principe plus
ou moins generalement accepte: ä savoir que les romans du
XIP et du XIIP siecle ne sont que le dernier aboutisse-
ment d'un travail poetique commence plusieurs siecles plus
tot; que l'epopee frangaise est «nee des evenements expri-
mant les sentiments de ceux qui y prenaient part»; que
la legende de Charlemagne et de ses compagnons est essen-
tiellement l'oeuvre de leurs contemporains, que Guillaume
d'Orange et Roland et Ogier et les autres furent d'abord
celebres de leur vivant ou des une epoque voisine de leur
mort.
On a dispute sur ces diverses theories, mais, jusqu'ä
ces derniers temps, on a accepte l'essence meme de cette
explication. II y a pourtant eu des sceptiques. II y en a
eu qui se sont demande comment les chansons de geste, si
vraiment elles datent du temps de Charlemagne, ont pu sur-
vivre par exemple aux temps de desordre et d'anarchie du
X^ siecle. Ils se sont etonnes de l'extraordinaire vitalite des
pretendues traditions orales qui a fait conserver quelques traits
historiques tres precis dans certaines chansons de geste. Ils
se sont demande: comment se fait-il que, si dejä au neu-
vieme et au dixieme siecle il y a eu une riche litterature
epique, il ne nous soit parvenu le moindre fragment de ces
chansons primitives ni un seul temoignage sur qui en attestat
l'existence? Avant tout, c'est avec la plus grande hesitation
qu'ils ont admis cette force mysterieuse qui fait que plusieurs
evenements qui se sont produits en realite dans l'espace d'une
Zeitschrift fih- romanische Philologie, 1908, p. 735.
52 A. At/»i(/prs,
centaine d'annees ou plus, se sont confondus en un seul, pour
la raison que les principaux personnages avaient le meme
noni, p. ex. Guillauine. Parmi ces sceptiques il faut nommer
avant tout M. Ph. Aug. Becker, aujourd'hui professeur ä
l'universite de Vienne. C'est lui qui, depuis une quinzaine
d'annees, s'est le plus vaillamment attaque au vieux Systeme
< romantique» — le mot est de lui — qui jusqu'aux derniers
temps a seul domine l'etude des chansons de geste ^. Le
travail inappreciable de cet eminent romaniste a un caractere
plutot destructif, si je puis dire, et il na pas propose d'ex-
plication d'une portee generale.
II a bien vu qu'une des faiblesses principales des expli-
cations proposees jusqu'ici etait qu'elles ne donnaient aucune
reponse ä la question de savoir d'oii dependait le choix des
heros celebres dans la poesie, choix qui generalement ne
correspondait nullement ä l'importance que les personnages
devenus des heros de chansons de geste avaient eu dans la
realite. Mais la nouvelle explication a ete donnee par le suc-
cesseur de Gaston Paris ä la chaire de litterature frangaise
du moyen äge au College de France, M. Joseph Bedier, dans
son nouvel ouvrage Les Legendes epiques'^, qui, bien qu'encore
inacheve, est aujourd'hui incontestablement le travail le plus
important sur ce genre litteraire.
Dans le premier volume de son grand ouvrage, qui for-
mera quatre volumes, M. Bedier etudie la legende de Guillaume
d'Orange. J'ai dit precedemment qu'un personnage historique
du temps de Charlemagne, Guillaume comte de Toulouse,
plus tard moine ä Gellone, avait depuis longtemps ete consi-
' Je Signale en passanl son petit manuel Grutidriss der alifranz'ösischen
Literatur (Älteste Denkmäler. Nationale Heldevdichtung, Heidelberg 1907), qui
est un modele de clarte et d'exaclitude.
' Les Legendes epiques, recherches sur la for/nution des chansons de geste
(Paris, Librairie H. Champion). Deux volumes ont paru, dates de 1908:
I. Le Cycle de Guillaume d'Orange. — II. La Legende de Girard de Rous-
sillon. La Legende de la Conquete de la Bretagne par le roi Charlemagne.
Les Chansons de geste et les routes d'Italie. Ogier de Danemark et Saint-
Faron de Meaux. La Legende de Raoul de Cambrai.
Les theories sur la forntaiion des chansons de geste. 53
derö comme le prototype du Guillaume epique, mais que
d'autres Guillaume etaient venus se confondre, disait-on,
avec ce Guillaume et ajoutaient ä sa biographie poetique
des traits qui originairement n'y appartenaient pas. Cette
explication est considerablement modifiee par M. Bedier. II
constate qu'entre le Guillaume historique et le Guillaume
epique il y a ceci de commun : ils sont tous les deux de
vaillants champions de la chretiente contre les infideles ; la
femme du comte de Toulouse, comme celle de Guillaume
d'Orange, s'appelle Guibourc, et vers la fin de leur vie, les
deux heros se retirent dans le monastere de Gellone, oü ils
meurent en odeur de saintete. Pour le reste, tous les pre-
tendus traits historiques dans les poemes du cycle de Guil-
laume sont pure fable et dus ä l'imagination du poete. Mais
oü les auteurs des chansons de geste ont-ils appris les quel-
ques traits historiques tres sürs que j'ai signales tout ä l'heure?
Ils les ont appris des moines de Gellone. Gar Gellone est
situe sur la grande route de peleringe qui conduit de Paris ä
Saint-Gilles en Provence et a Saint-Jacques en Galice. II
n'est pas douteux que p. ex. les auteurs du Charroi de
Nhnes et du Montage Guillaume ont eux-memes par-
couru ce chemin, tellement il est bien decrit dans leurs poe-
mes. On sait depuis longtemps que les pelerins enten-
daient sur leur chemin chanter des chansons de geste. Ber-
trand de Bar-sur-Aube, auteur de deux poemes appartenant
au cycle de Guillaume, dit expressement qu'il a interroge un
pelerin revenant de Saint-Jacques de Galice et de Saint-Pierre
de Rome:
A un juedi, cant dou mostier issi,
Ot escoute un gaillart pallerin
Qui ot Saint Jaique aore et servi
Et par Saint Piere de Rome reverti.
Cil li conta ce que il sot de fi,
Les aventures que a repaire o'i
Et les grans poines que dans Girars soufri,
Ains qu'il eüsl Viane.
(Girari i/e Viane).
54 ^- Langfors,
«Cette route (qui conduisait de Paris a Saint-Gilles en Pro-
vence et de lä en Espagne), de grandes troupes de pelerins
la battaient au XP et au XII^ siecles : c'est l'epoque des pre-
mieres croisades, et ils sont pleins de l'esprit de ces temps
aventureux. Dans toutes les villes du Midi qu'ils traversent,
on leur montre des ruines faites, leur dit-on, par les Sarrasins.
La terre d'Espagne vers laquelle ils s'acheminent est encore
en grande partie occupee par les Musultnans. Sur leur route
se dresse un sanctuaire, Gellone, oü repose le corps de Gull-
laume, jadis ennemi glorieux de ces Musulmans. N'est-ce pas
lä, de l'excitation religieuse et guerriere des ces pelerins, de
l'esprit de croisade, des offices liturgiques oü l'on celebrait
la gloire du «saint athlete de Dieu», des prieres sur son tom-
beau, n'est-ce pas lä, demande M. Bedier, que naquit la legende
de Guillaume? Ces fictions embryonnaires, les moines de
diverses eglises interessees ä retenir les pelerins et ä les edi-
fier, les Jongleurs nomades, sürs de trouver aux abords de ces
eglises le public forain et souvent renouvele qui les faisait
vivre, les ont developpees.»
Mais le cas du cycle de Guillaume d'Orange n'est pas
isole En etendant plus loin ses investigations, M. Bedier
constate que d'autres epopees s'attachent egalement ä certains
sanctuaires beaucoup frequentes. Le heros de la chanson de
geste de Girard de Roussillojt etait venere comme saint dans
l'abbaye de Vezelay en Bourgogne, tout ä fait comme saint
Guillaume etait le patron du monastere de Gellone. La
chanson de Gormojid et Isembart s'attache de pres ä l'abbaye
de Saint-Riquier. Dans certaines autres chansons de geste
l'abbaye de Saint-Denis joue un role egalement important.
De meme, il n'y a aucune chanson de geste qui soit localisee
en Italie, si ce n'est sur les grandes routes de pelerinage qui
conduisaient ä Rome ou aux ports d'embarquement pour la
Terre Sainte. C'est sur de pareUles constatations que M. Be-
dier fonde sa nouvelle theorie de l'origine des chansons de
geste, theorie dont voici le resume.
«II n'est point prouve, comme on le croit communement,
que les romans de chevalerie du XIP et du XIIP siecles derivent.
Les theories sur la forinaiiov des chansons de geste. 55
par une tradition litteraire ininterrompue, de «cantil^nes» ou
de «chants lyricoepiques», plus vieux de plusieurs centaines
d'annees ... Ce n'est pas necessairement dans une hypo-
thetique epopee contemporaine de Charlemagne qu'il faut
chercher les origines des romans du XIP et du XIIP siecles;
c'est, a l'ordinaire, dans les sentiments et dans les idees, dans
les goüts et dans les interets des hommes du XIP et du
XIIP siecles. Les chansons de geste, colportees par des Jon-
gleurs nomades, etaient surtout destinees ä ces publics forains
que des exhibitions de reliques et des marches attiraient
autour des principaux sanctuaires. A peu d'exceptions pres,
les legendes epiques du moyen äge se rattachent chacune a
une certaine abbaye, qui etait alors but de pelerinage ou
etape de pelerinage ou qui se dressait sur Templacement ou
sur le chemin d'une foire illustre. C'est lä, aux abords de
ces divers sanctuaires, que les legendes epiques se sont for-
mees, par l'effort combine de moines et de Jongleurs pareille-
ment Interesses a attirer et ä retenir, ä edifier et ä recreer
un meme public de marchands et de pelerins.»
J'ai täche de donner un apergu des differentes theories
sur la formation des chansons de geste, apergu qui n'est que
trop incomplet et qui, pour des raisons faciles ä voir, ne peut
etre exempt de partialite.
Tous les critiques qui ont parle du nouvel ouvrage de
M. Bedier l'ont fait en termes les plus elogieux. Mais il va
de soi qu'une theorie tellement revolutionnaire, qui veut annu-
1er a peu pres tout ce que l'on a ecrit jusqu'ä present sur
l'origine des chansons de geste, ne sera acceptee du premier
coup par tout le monde. Nous avons dejä ete temoins d'une
polemique entre M. Bedier et un representant de l'ancienne
ecole, M. A. Longnon, ä propos de Raoul de Cambrai, et j'ai
cite ici meme un compte-rendu sceptique de M. Foerster. Je
n'ai pas besoin de dire combien la question est difficile. II
suffira de signaler que la discussion se deroule souvent autour
d'un document dont il n'existe pas encore d'edition qui soit
$6 .1. Ldngfors, Les iheorics siir /n fonnd/iou des cfiansons lic geste.
accessible ä tout le monde: j'entends la ChanQun de Willame
nouvellement decouverte, docurnent dont le temoignage est
tres diversement interpretc par les critiques. Et M. Be-
dier sait mieux que personne que la discussion n'est que
commencee. II dit, a propos de la polemique avec M.
Longnon, que les representants de Tancienne ecole repeteront
sans doute pendant des annees encore l'idee qui domine leurs
divers travaux sur les chansons de geste: ä savoir que si l'on
trouve dans un roman du XII<= et du XIIP siecle quelque
Souvenir d'evenements historiques d'une epoque reculee, ce
Souvenir provient necessairement d'une «cantil^ne», d'un poeme
plus ancien^ contemporain de ces evenements. «Mais», ajoute
M. Bedier avec une juste fierte, «nous sommes plusieurs qui
ne le disons plus; et c'est precisement ce qu'il y a de change
dans la critique des chansons de geste».
Au debut de cet apergu j'ai parle de la Chanson de
Roland. Pour finir, je me permets de revenir au meme sujet.
L'etude de M. Bedier sur cette chanson de geste n'a pas
encore paru, mais je crois que, quand eile paraitra, eile nous
dira ä peu pres ceci.
Si la ville de Blaye, oü Roland fut enterre, et si Ron-
cevaux n'etaient situes sur la route de pelerins qui conduit ä
Saint-Jacques de Compostelle, le nom de Roland dans la Vita
Karoli d'Einhard serait sans doute lettre morte comme
ceux de ses compagnons tombes en 778. La Chanson de
Roland doit probablement son existence, non ä des chants ä
peu pres contemporains ä sa mort, mais ä un heureux hasard
qui, trois siecles apres le desastre, conduisait ä Roncevaux,
avec d'autres pelerins, un poete d'une Imagination puissante
et grande. C'est sur la route de pelerins qu'il entendait
parier du Roland historique — que les religieux des divers
^ On pourrait peut etre reprocher ä M. Bedier d' adresser sa critique
trop exclusivement contre la theorie de Gaston Paris et de negliger un peu
les autres, notaniment celle qui suppose des recits oraux comme la source
des chansons de geste.
y. Öluiiiist, Roniaiitik ii. Klassik in ikr iiwikrucn dcutsihcn IHchtung. 57
sanctuaires connaissaient pour avoir lu les chroniques — et
il composa son poeme sous l'impression des recits qu'il
entendait sur la scene meme des evenements, oü, dans son
Imagination de poete, il lui semblait voir revivre les Chevaliers
de Tempereur ä la barbe fleurie et entendre le son du cor
de Roland mourir dans les precipices des Pyrenees.
A. Längfors.
Romantik und Klassik in der modernen deutschen Diclitung.'
Vortrag, gehalten in der Neuphilologenversammlung zu Helsingfors
den 13. Januar 1909.
In Zeiten des Übergangs, wo es an einer Kultursyntese
fehlt, die der Zeit eine feste Physiognomie, einen Stil aufdrückt,
befinden sich die Ideale, die allgemein geistigen wie die
speziell künstlerischen, in einem stetigen Fluss und Verwand-
lungsprozess. Da sehen wir ein fortwährendes Suchen und
Tasten, ein Verwerfen dessen, was noch eben angebetet worden,
und eine fanatische Begeisterung für Neues, nur weil es neu,
weil es etwas Anderes ist.
Seit einigen Jahrzehnten befindet sich die deutsche
Litteratur in einem solchen Zustande des Tastens und Suchens.
Nachdem die klassische Spätkunst Goethes von der Gefühlsextase
der Romantiker überwuchert und diese wiederum durch die
nüchterne und journalistisch geschäftsmässige Litteratur des
Jungen Deutschland zurückgedrängt worden war, suchten
Nachgeborene auf dem Schutt der Jahrzehnte das einmal so
üppige Korn der Klassiker zu pflanzen. Aber das war nur
ein schwächlicher Nachklang. Es breitete sich jene Epigonen-
litteratur aus, die allen Zusammenhang mit dem Leben verlor
' Nachfolgende Ausführungen sind zum Teil durch Gesichtspunkte
angeregt, die Samuel Lublinski in seinen geistreichen, aber leider ungemein
verworren und unübersichtlich disponirten Büchern >l)ie Bilanz der Moderne»
und »Der Ausgang der Moderne» entwickelt.
58 Johannes Öhquist,
und schliesslich in den Untiefen der Unterhaltungslitteratur
und journalistischen Oberflächlichkeit versandete. In dem
politischen und sozialen Aufschwung, der auf den grossen Krieg
von 1870 — 71 folgte, ward alle geistige Kraft in die Kämpfe
des öffentlichen Lebens hineingezogen, und Pflege und Schutz
der intimeren Kultur geriet in die Hände des plötzlich zur
Herrschaft gelangten Parvenüs. Genusssucht und Erwerbsgier,
Verachtung jeglicher idealen Lebensauffassung und ein kunst-
feindlicher Materialismus, das ist der Boden, aus dem eine
Reaktion aufwachsen musste.
Die Männer, die gegen dieses geistige Elend ankämpfen
wollten, fanden keine Führer in der Heimat. So richtete man
seine Blicke nach dem Ausland. Und da waren es drei
Länder, von denen aus beinahe gleichzeitig die Anregungen
zu einer Wiedergeburt der Dichtung kamen. Ibsen — Dosto-
jewski und Tolstoj — und vor allen Zola wurden die Lehr-
meister der jungen Generation in Deutschland.
Von wie unklarer und rein teoretischer Natur diese
Bewegung anfangs in Deutschland war, geht schon aus der
Tatsache hervor, dass Zola mit seinem Buch über den experi-
mentellen Roman der geistige Vater des Naturalismus in
Deutschland werden konnte. Denn dieser experimentelle
Roman, der sich analog mit den Naturwissenschaften auf
Beobachtung und nur auf Beobachtung stützen soll, ist durch
die Zolasche Definition des Kunstwerkes von vornherein wider-
legt. Ein Stück Natur, durch das Temperament des Künst-
lers gesehen, ist schon nicht mehr ein naturalistisches Kunst-
werk im eigentlichen Sinne. Aber dem Künstler Zola kam
es gar nicht auf die Wissenschaft an. Was er suchte, war
die grosse Form, der Stil, die Monumentalität. Er war ein
Nachzügler der Revolution, und wollte gegen Laster und
Gebrechen der menschlichen Gesellschaft den gerechten Kampf
des idealistisch-romantischen Weltverbesserers kämpfen. Um
diesen Kampf mit dem gehörigen Patos führen zu können,
musste er die von ihm bekämpften Feinde vergrössern und
ins Monumentale emporsteigern. Er schuf daher jene myto-
logischen Ungeheuer, die er auf den Namen Milieu taufte:
i
Romantik und Klassik in ihr modernen deutschen Dichtung. 59
die Branntvveinschenke, die Eisenbahn, die Börse, die Gross-
stadt. Das sind alles Schöpfungen seines Temperaments, in
denen er das industrielle, kapitalistische und soziale Getriebe
seiner Zeit monumentalisirte, aber keineswegs ein exaktes
Bild der Wirklichkeit im Sinne des konsequenten Naturalis-
mus gab.
Trotzalledem war es gerade Zola, dem die neue Richtung
in Deutschland ihre entscheidende Anregung verdankt. Denn
auf ihn stützen sich, trotzdem sie ihn zugleich bekämpfen,
die beiden Schriftsteller, Arno Holz und Johannes Schlaf,
die zum ersten mal in Deutschland den Naturalismus als
ästetisches Prinzip und Dogma konsequent durchführten,
indem sie das Temperament ganz eliminirten und die Metode
der Naturwissenschaft, so genau wie dies überhaupt möglich
war, auf die Dichtkunst zu übertragen suchten. Zum Para-
digma ihrer Kunstgrammatik ward das berühmte Gleichnis
vom fallenden Blatt, wo jede Phase dieses Fallens mit intimster
Exaktheit und Genauigkeit geschildert wird.
In künstlerischen Naturen musste diese mikroskopische
Pedanterie zum litterarischen Impressionismus führen. Denn
da das menschliche Leben nicht in seiner Breite und Fülle
mikroskopisch geschildert werden kann, ward der momentane
Vorgang zum eigentlichen Stoff der exakten Manier. Es
sollten also vor allem die Augenblickseindrücke, die Impres-
sionen wiedergespiegelt werden. Die liebevolle Versenkung
in den Moment, die übergenaue Beobachtung von Licht-,
Luft- und Raumerscheinungen ergab eine malerische Stimmung,
die allmählich eine Sensibilität erzeugen musste, die sich gegen
die massive und doktrinäre Wuchtigkeit eines Zola auflehnte.
Wie bei Zola das Milieu, so wurde nun bei den Impressio-
nisten die Stimmung der eigentliche Held, und der Mensch
wurde ihr preisgegeben und ausgeliefert, und ging in ihr auf.
Trotz aller Intimität war man aber dabei nicht der
Gefahr entgangen sich in einem Labyrint von Kleinkram zu
verirren. In dem Verlangen nach Wahrheit und Natur, das
sich in so raffinirter Weise differenzirt hatte, kam man
schliesslich zu Kunstwerken, die im Grunde nichts anderes
6o
yolinniics Öh(]uist,
waren als Flickteppiche, bunte kaleidoskopische Sammelsurien
von Einzelheiten, denen das geistige Band fehlte. Dieses enge
Gebiet des eigentlichen Naturalismus musste sich über kurz
oder lang erschöpfen: die Mühlsteine der Dichter begannen
gegen einander zu reiben, weil es kein Korn mehr zu
mahlen gab.
In dieser geistigen und künstlerischen Armut erwacht
nun eine Sehnsucht, von einer solchen Tretmühle des Alltags,
von diesem Minotaurus »Milieu» befreit zu werden, eine
Sehnsucht vom Handgreiflichen, Sinnfälligen zum Seelischen,
vom roh Stofflichen zum künstlerisch Formalen, vom Demokra-
tischen, Sozialen, Nivellirenden zum Aristokratischen, Aparten.
Und da tritt in den Gang der litterarischen Entwickelung
der Einfluss eines Mannes, der dieser Sehnsucht einen be-
rückenden Ausdruck verleiht: Friedrich Nietzsche. Um 1890,
nachdem sein Zarathustra erschienen, geht sein Stern auf,
und er wird zum Führer und Abgott der neuen Reaktion
gegen den Naturalismus.
Dass Nietzsche zum geistigen Vater der modernen
Romantik wurde, liegt nur zum Teil in seinem eigenen Wesen
begründet, denn er ist seiner ganzen Denk- und Empfindungs-
weise nach nur ein Halbblutromantiker. Sein Abfall von
Wagner, denr Romantiker kat' exochen, zeigt das schon. Aber
auch seine Weltanschauung stimmt nicht mit der der eigent-
lichen Romantiker überein. Sie ist ganz auf das Diesseits
gerichtet. Allerdings wollte auch er dieses Diesseits durch
die Tiefe religiösen Lebens verinnerlichen, aber ohne in
einen Jenseitsglauben zu verfallen. Noch etwas anderes trennt
ihn von der Romantik: sein Stil. In seinem Hauptwerk, dem
Zarathustra, ist es allerdings der Dityrambus, der das Ganze
beherrscht, aber es ist ein streng gezügelter, auf seine kürzeste
Formel zusammengedrängter Dityrambus. Hier wie in seinem
ganzen Werk ist ihm die eherne Härte des Römertums das
Muster. »Gedrängt, streng, mit so viel Substanz als möglich
auf dem Grund, eine kalte Bosheit gegen das schöne Wort»
— das ist das Ideal, das er erstrebt. Zum ersten mal geschieht
I
Roinotilik uinl Klassik in iler nioilerneu ilevtschoi Pic/itmii;. 61
es hier, dass ein Romantiker ein grosser und herber Stil-
künstler wird.
Zum Neuromantiker wurde Nietzsche durch den Konflikt,
in den er zu seiner eigenen Zeit geriet. Was Nietzsche im
letzten Grunde erstrebte, war Kultur, Kultur in jenem höchsten
Sinne, wie sie das Ziel aller grossen Epochen der Menschheit
gewesen, als Verschmelzung des Nützlichen und Wissenschaft-
lichen mit höchster und erlebter Kunst und Ästetik, als
elastische Einheit von Wissen und Glauben, Gemüt und Intellekt.
Was aber sah er rings um sich.' Ein Banausentum, das sich
mit seiner auf Erfolge der Technik aufgebauten Zivilisation
brüstete. Diese Zivilisation der Vielzuvielen, die er inbrünstig
und rücksichtslos hasste. Er hätte logischerweise Weltflucht
predigen müssen, aber statt des Nirwana erhob er die Macht
auf den Tron der Werte und verlangte eine Differenzirung,
Vertiefung, Verfeinerung der modernen Seele, um eine für
eine neue, wirkliche Kultur empfängliche und zeugungskräftige
Rasse zu züchten. Und hier Hess er sich von dem darwi-
nistischen Dogma der natürlichen Zuchtwahl zu seinem roman-
tischen Traum vom Übermenschen verleiten, dem Übermen-
schen, der ihm zum Symbol wurde für den Gipfel- und Höhe-
punkt menschlicher Kultur, den zu erhoffen er sich berech-
tigt glaubte.
In dir selbst sollst du das Gesetz tragen, sagt Nietzsche-
Zarathustra. Und unverbrüchlich sollte dieses Gesetz gelten,
für ihn wie für alle anderen. Aus dem freien und grossen
Menschen, der eine ganz neue Art darstellen sollte, leitete
er die künftige Kultur her, aus dem grossen Menschen, der
hart und grausam und unerbittlich gegen sich selbst sein
musste, wenn er Kultur zeugen und schaffen wollte. Das
war seine Religion vom Übermenschen, und an diesem
Übermenschen ward er selber zum Romantiker.
Dass Nietzsches Sehnsucht nach einer Kultur und damit
sein Traum vom Übermenschen ein Traum blieb und ein
Traum bleiben musste, war seine eigene Schuld. Was allein
der Boden einer künftigen Kultur werden konnte, die moderne
demokratische Welt der Technik und Nivellirung, existirte
62 yohanties Öhqtdst,
nicht für ihn. Er liebte sie nicht, verstand sie nicht und
suchte keine Verbindung mit ihr. Für ihn existirte nur das
eine grosse Individuum, mit dem er die Welt aus den Angeln
heben wollte. Und diese Einseitigkeit seiner Natur ward zum
Verhängnis für die ganze Richtung, die von ihm ihren Aus-
gang nimmt und die wir mit dem Namen Neuromantik
bezeichnen.
Was ist, was will nun diese Neuromantik.? Zur Klar-
stellung des Begriffs mag zuerst gesagt werden, was sie nicht
will, um damit zugleich den wesentlichen Unterschied zwischen
ihr und jener alten Romantik aus dem Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts festzustellen. Sie hat nichts mit irgend einer
nationalistisch-altdeutschen Strömung zu tun; sie hat keine
antiquarisch-historischen Interessen; sie weiss nichts von einer
volksliedmässigen Tendenz. Sie ist mit einem Wort etwas
wesentlich anderes als was wir unter dem litteraturhistorischen
Begriff der deutschen Romantik verstehen.
Aber Eines hat sie mit jener wie mit aller Romantik
gemein: das was wir in dem einen Wort »Identität» zusam-
menfassen. Der Romantiker ist nicht nur Künstler, er ist
auch Religiöser. Er erlebt in seinem Gemüt das ungeheure
Gefühl der Alleinheit des Weltganzen, die Identität, gegenüber
welcher alle Einzelerscheinungen verschwinden. So wird ihm
die Kunst, das Kunstwerk, in einem viel tieferen Sinne als
gewöhnlich Symbol. Und in diesem Identitätsgefühl geht
seine Sehnsucht noch weiter: er will in den Urgrund alles
Seins eindringen, er will erfühlen was die Welt im Innersten
zusammenhält, er will in sich selbst das Weltall reproduziren,
er will Gott sein.
Diese Mystik ist der goldene Schleier, der in mehr
oder weniger dichten Falten ein jegliches romantische Kunst-
werk umwallt. Es stehen denn auch tatsächlich schon an der
Schwelle der modernen Romantik drei Dichtergestalten, in
denen dieser Mystizismus bis zur höchsten Potenz, ja Absur-
dität gesteigert ist: Paul Scheerbart, Peter Hille und Alfred
Mombert. Alle drei haben mit der Wirklichkeit schlechter-
dings nichts zu tun. Es ist für sie überhaupt ein fataler
Romantik und Klassik in der modernen deutsihen Dichtung, 63
Zufall, dass etwas Körperliches ihnen anhaftet, denn sie stehen
in einem ausschliesslichen und ununterbrochenen Kontakt mit
dem Kosmos und der Welt des Unsichtbaren. Und dieser
Kosmos ist ihnen nicht etwas Anbetungswürdiges und Heiliges,
sondern ein persönliches Besitztum, das ihnen nur deshalb
aus den Händen gleitet oder sich ihnen nicht in die Hände
giebt, weil es ihnen nicht gelingt den Schlüssel zu dessen
Mysterium zu finden.
Der Epikuräer Scheerbart sieht in dem Weltall ein
schönes Schauspiel, das in einem Traum- und Opiumrausch
genossen werden soll. Der Gemütsmystiker Hille will in
seinem panteistischen Allgefühl alles überhaupt erleben, was
zwischen Himmel und Erde vorsichgeht, und der Lyriker
Mombert endlich möchte sich mit der Weltseele selbst identi-
fiziren, indem er in den Halluzinationen eines im Fieber
Glühenden, oder im Kraftgefühl eines weltschöpferischen Gottes
oder schliesslich in den Grübeleien einer allmächtigen Univer-
salweltvernunft dem Mysterium des Daseins beizukommen sucht.
Die Kunst dieser Dichter musste an den beiden Klippen
zu Grunde gehen, an denen alle extreme Romantik von jeher
gescheitert ist: an der Überspanntheit und an der Formlo.sigkeit.
Diese beiden Grundfehler hat die moderne Romantik in
ihrem weiteren Verlauf überwinden gelernt. Und vor allem
ist .sie schon sehr bald aus der Formlosigkeit in eine höchst
raffinirte Formkunst, ja, in ein Ästeten- und Artistentum
übergeschlagen, das einen einseitigen Kultus der Form zum
Prinzip erhob.
Als der typische Vertreter dieser Seite der Neuromantik
erscheint der Lyriker Stefan George und der um ihn sich
schaarende Kreis der »Blätter für die Kunst». Hier finden
wir den entschiedensten Gegensatz und Todfeind des Natura-
lismus. Schon das erste Auftreten dieser Lyriker ist kenn-
zeichnend für ihren artistisch exklusiven Standpunkt. Ihre
Gedichte erschienen viele Jahre lang in Ausgaben, die nicht
in die Öffentlichkeit gelangten, sondern nur einem engen
Kreis Gleichgesinnter zugänglich waren. Um ihre Kunst dem
profanum vulgus noch unzugänglicher zu machen, ersannen
64 Johannes Öhquist,
sie zu den inneren Hindernissen, die in einer bis zur Unver-
ständlichkeit gedrängten Sprache bestehen, noch äussere: sie
schafften Majuskeln und Interpunktion beinahe vollständig ab
und gefielen sich darin dem Leser Rätsel aufzugeben.
Ihr letztes Ziel ist ein weltfremder Tempel der Schönheit;
ihr Programm: die Kunst um der Kunst willen; ihr Mittel:
eine auf die kürzeste Formel gebrachte Sprachkunst. Vor
allem wegen dieser Energie der Konzentration in Stil und
Ausdruck kann Georges Bedeutung für die formale Weiterent-
wicklung der deutschen Lyrik nicht hoch genug eingeschätzt
werden. Mit der kleinsten Kraft sind hier die grössten Wir-
kungen erzielt. In seinen Gedichten sind ganze Rosenbüsche
zu Fläschchen Rosenöl destillirt. Die Reinheit und Intensität
der Stimmung erreicht hier eine früher nicht gekannte Stärke.
Es ist in formaler Beziehung eine selten gesehene Harmonie
zwischen Wollen und Können.
Leider genügt aber der geistige Gehalt nicht immer,
um diese Poesie auch für die Kulturentwickelung im Grossen
fruchtbringend und bedeutsam zu machen. Sie ist allerdings
reich an inhaltlichen Schönheiten: wundervolle Landschaftsidyl-
len wechseln ab mit Bekenntnissen von heroischer Zartheit
und visionären Träumen, die in ihrer Körperlosigkeit und
Sehnsucht über Irdisches hinausgehen. Aber anderseits wer-
den oft Bagatellen oder nichtssagende Sensationen durch die
preziöse Form zu einer Höhe hinaufgeschraubt, wo ihre Nich-
tigkeit in einem schreienden Gegensatz zu dem prunkvollen
Gewände steht. Vor allem aber ist die Konzentration des
bildlichen und sprachlichen Ausdrucks meist zu weit getrieben
und gemahnt nicht selten an den schwierigsten Odenstil
Klopstocks, so dass man auf Stücke stossen kann, die selbst
bei der genauesten Analyse ungelöste Rätsel bleiben. Jeden-
falls bleibt der litterarische Einfluss Georges wesentlich auf
die Form beschränkt, wie er auch infolge dieser seiner Ein-
seitigkeit nur für die eine Seite der Neuromantik repräsentativ
ist, wie es die drei erstgenannten Dichter nur für die andere
Seite, wenn auch nur in beinahe karrikirter Weise, waren.
Wollen wir die Neuromantik in ihrem ganzen Wesen,
Romantik iirn/ K'/assik ifi (kr modernen detitschen Diclitun^s.. 65
in ihren beiden hervorstechenden Äusserungsformen, der Mystik
und dem formalistischen Schönheitskultus, kennen lernen, so
müssen wir uns zu einem anderen Dichter wenden, in welchem
diese beiden Seiten, das Mystische allerdings in einseitig
sensualistischer, das formal Artistische dagegen in fast typisch
vollendeter Weise, zum Ausdruck gekommen sind, und der
deshalb als der eigentliche und interessanteste Repräsentant
der modernen Romantik zu betrachten ist. Dieser Dichter
ist der Wiener Hugo von Hofmannsthal.
1874 geboren, begann er neunzehnjährig als feiner und
geschmeidiger Wortkünstler, der in graziösen kleinen Vers-
dramen den Worten eine bis dahin in der deutschen Sprache
nicht dagewesene zärtliche Sinnlichkeit und üppige Wollust
einhauchte. »Er hat zuweilen Worte — sagt ein Kritiker — ,
die man wie mit Fruchtsaft gefüllte Bonbons auf der Zunge
zergehen lassen muss, um sie zu geniessen, und vielleicht ist
seine Poesie für manche grosse Kinder, die sich an ihr delek-
tiren, eine Art poetischer Konditorei». Er berauscht sich am
Klang seiner eigenen Sprache und diese selbst wird ihm zu
einer Art Mysterium, das er für fähig hält, mit magischer
Kraft eine Welt, einen Organismus, ein Drama heraufzu-
beschwören. Das malerische Wort in wollautender Rytmik
wird für ihn zu einem mystischen Stellvertreter der rea-
len Dinge.
Diese Neigung zur Mystik führt ihn dann in seiner
weiteren Entwicklung von der blos auf Stimmung ausgehenden
Formkunst zum Mytos, das ja ein symbolisirtes Allgefühl,
ein vergegenständlichtes Seelenerlebnis ist und darum auf
den Romantiker als solchen eine unwiderstehliche Anziehungs
kraft ausübt. Er fühlte sich zu jenen dumpfen Uranfängen
hingezogen, wo die schreckerfüllte Phantasie des Wilden Dämo-
nen und Götter schuf. Und in seiner romantischen Einseitig-
keit sieht er im Urleben des Menschen nur das vernunftlose,
dunkle Triebleben, die Mystik. Die Art und Weise, wie er
z. B. die Entstehung des Opfers erklärt, ist hierfür kennzeich-
nend. In dem Opfer, das — unbefangen und mit nüchternen
Augen betrachtet — seinen Ursprung wol nur in dem Wunsch
66 yohan7Hs Öhquisi,
des Menschen hat den zürnenden Gott zu bestechen oder ihm
zu danken, sieht Hofmannsthal das wollüstige J3edürfnis des
Menschen sich selber der geheimnisvoll nach seinem Blut
dürstenden Gottheit zu opfern, nur die mystische Wollust des
Sterbens. Genau in derselben Weise sieht er in der Ge-
schwisterehe, die ein sittlicher Fortschritt war, weil sie die bis
dahin übliche Ehe zwischen Eltern und Kindern verdrängen
sollte, nur die Mystik der Blutschande.
Dieser Hang zu einer sensualistischen Mystik sucht sich
denn auch in seiner weiteren litterarischen Produktion in den
griechischen Sagen von Ödipus und von Elektra einen Tum-
melplatz, wo er sich in seiner ganzen brünstig patetischen
Wildheit austoben kann. Diese Gestalten, die bei dem
griechischen Dichter trotz der Last eines dunklen Schicksals
in dem klaren und kalten Lichte eines bewussten und ver-
nünftigen Willens handeln, werden bei Hofmannsthal zu
Besessenen und Hysterischen, die von Blutrausch und mysti-
schen Seelenkräften beherrscht werden.
An dieser späteren Entwicklungsphase der Hofmannsthal-
sehen Dichtung können wir am besten wie an einem Schul-
beispiel sehen, wie die moderne Romantik in eine ähnliche,
wenn auch viel schlimmere Sackgasse geriet, wie der Natura-
lismus. Der Letztere hatte den freien Menschen unter der
Wucht des Milieus erdrückt. Der seiner Handlungsfreiheit
beraubte Mensch konnte sich nicht rühren, weil Vererbung
und Umwelt ihm die Flügel seines Willens lähmten.
Von diesem Schwergewicht der Dinge und Massen
machte sich die Romantik frei. Aber sie hatte genau den-
selben Instinkt und denselben Glauben an die Abhängigkeit
des Menschen wie der Naturalismus, nur dass sie an die
Stelle des abgesetzten Tyrannen » Milieu > einen anderen auf
den Tron erhob, nämlich die eigene Seele des Menschen.
Die Abhängigkeit ward dadurch nur noch verstärkt und ver-
innerlicht. Denn die soziale und physiologische Abhängigkeit
der Naturalisten beschränkte sich doch im Grunde nur auf
das Leibliche. Es war ein Kampf dagegen in der einen oder
anderen Form denkbar. Die moderne Romantik stellte aber
Romantik und Klassik in der modernen deutschen Dichtung. 67
den Menschen in .Vbhangigkeii von etwas ganz Mystischem,
von den Sensationen des eigenen Ichs, welches man zudem
in phantastischer Weise mit Mächten identifizirte, die eo ipso
als stärker empfunden wurden als der menschliche Wille.
Die Folge hiervon war, dass die Erlebnisse der eigenen
Seele, auch die geringfügigsten, masslos übertrieben wurden.
Man Hess ein ganzes Heer von Impressionen auf der fein-
gestimmten Seele spielen und gab diese Impressionen in ihren
augenblicklichen Nuancen, in ihren flüchtigsten Stimmungen
mit luxuriösem Raffinement wieder. So wurde das kleinste
Gefühl für genügend und wert befunden eine grosse Form
zu füllen, und um dies zu ermöglichen, musste man entweder
das Gefühlchen sehr ernst nehmen und aufblasen, oder auch
die Unzulänglichkeit des Inhalts durch äussere Mittel, Kostüm-
flitter und artistische Tricks zu verdecken suchen. Und um
dieser subjektiven Selbstbespiegelung und Stimmungsschwel-
gerei einen Schein von Berechtigung zu verleihen, appellirte
man an das Schlagwort Individualität, Persönlichkeit.
So übertrieben dies erscheinen mag und auch tatsächlich
war, so hatte der Neuromantiker, wenn er um sich blickte,
doch nicht so ganz unrecht, wenn er auf diesen Kultus der
Innerlichkeit und des Subjektivismus stolz war. Denn rings
um sich sah er eine prosaische Welt des Philistertums sich
breit machen, die nichts anderes kannte und anerkannte als
Zweckmässigkeit und Nutzen und daneben als gelegentliche
Verzierung des Daseins das oberflächliche Vergnügen des
Witzes und der Sensation. Er sah sich als den Einzigen,
der noch treu jenes Feuer der Idealität hütete, das in der
reinen und edlen Seele der Jugend glüht, den Einzigen, der
in der Festlichkeit des Daseins mehr suchte als blosse Zer-
streuung. Und in diesem Tempeldienst der Zartheit und
Empfindlichkeit fühlte er sich nicht ohne Grund als den einzigen
wirklich Kulturellen in der Moderne.
Es konnte aber nicht ausbleiben, dass diese an sich
berechtigte ideale Lebensempfindung bei der vollständigen
Entfremdung von allem wirklichen Leben, der die Romantiker
frönten, schliesslich zu einer Entartung führen musste, die von
68 yohanties Ohquist,
selbst eine nach Gesundung drängende Reaktion ins Leben
rief. Die künstlerisch vornehme Isolirung wurde zu hyste-
rischem Hochmut, zu einer Überschätzung des eigenen Wertes,
zu einem Snobismus, der mit dem Ich einen Götzendienst
trieb und der eigenen Willenlosigkeit und Abhängigkeit von
den subtilsten zufälligen Stimmungen Weihrauch streute.
Gegen dieses Überhandnehmen des Passiven und Schwa-
chen, gegen diese Anschauung, dass alles relativ sei, alles
fliesse, gegen diese sensualistische Mystik, gegen diese über-
triebene Formkunst, die mit dem schönen Wort allein Leben
zu erzeugen sich vermass, macht sich heute naturgemäss eine
Gegenströmung geltend.
Man sehnt sich nun wieder nach etwas Neuem.
Was ist und worin nun besteht dieses Neue.? Die An-
hänger der Opposition gegen die Neuromantik nennen es
eine neue klassische Kunst. Auf das Wort kommt es hier
nicht an. Ich will es gleich ihnen Klassik nennen, auch weil
damit zugleich die Gefahren angedeutet sind, die in dieser
neuen Richtung lauern.
Es ist nicht zu bestreiten, dass die Zeit endlich des
Träumens, der Stimmungen und des nur wollautenden Wortes
satt und überdrüssig ist. Die Zeit strebt nach Präzision,
Klarheit, Einfachheit und geschlossener Einheit. Die Zeit
sehnt sich nach einer starken und tiefen, aber zugleich gesunden
Kunst, nach einer Kunst, die gleich weit entfernt ist von der
platten Armut des Naturalismus wie der kränklichen Verfeine-
rung der Neuromantik, einer Kunst, die eine Syntese der
naturalistischen Wahrhaftigkeit und der romantischen Inner-
lichkeit giebt und die den Menschen befreit aus dem doppelten
Joch des groben Milieus und der sublimen Mystik und ihm
das wiedergiebt, dessen ihn Naturalismus und Romantik beraubt
haben: den Willen und die Kraft zu handeln.
Und auf allen drei Gebieten der Dichtung, der Ly^ik,
der Erzählung und dem Drama, wird nun um neue Formen
und einen neuen Inhalt gekämpft. In Lyrik und Erzählung
handelt es sich allerdings vorläufig nur erst um die Vorberei-
tung. Die Erfüllung liegt noch im weiten Felde. In der
Romafitik und Klassik in der modernen deutschen Dichtung. 69
Lyrik weist Stefan George den Weg in die Zukunft; von ihm
aus beginnt eine neue Bahn und Richtung. Die beiden anderen
Dichter, die man heutzutage gemeinhin als die Führer des
lyrischen Deutschland betrachtet, Richard Dehmel und Detlev
von Liliencron, bezeichnen nicht den Anfang einer neuen
Epoche, sondern den Gipfelpunkt und Abschluss einer zu
Ende gehenden alten. In ihnen tobt sich der Naturalismus
und eine sensualistische Romantik lyrisch aus. Erst in Stefan
George zeigen sich die Anfänge eines neuen Stiles, der nur
noch die Übertreibungen und Auswüchse des Bahnbrechers
abstreifen und sich mit einem Inhalt füllen muss, der unmittel-
bar aus dem Gefühlsleben der Moderne geschöpft ist, um
einer grossen und breiten Wirkung sicher zu sein.
In der Erzählung hatte sich unter dem unkünstlerisch
nivellirenden Einfluss des Naturalismus eine vollständige Ver-
quickung der Gattungen vollzogen, so dass die Bezeichnungen
Roman und Novelle überhaupt Inhalts- und bedeutungslos
geworden waren. Nun sucht man wieder zu einer reinlichen
Scheidung der Begriffe zu gelangen und für die Novelle das
Gebiet des psychologisch interessanten Einzelfalls abzugrenzen,
während man dem Roman die Schilderung der geistigen und
sozialen Strömungen, des wogenden Lebens der Massen, oder
auch die ins Breite ausgeführte Entwicklungsgeschichte des
Einzelnen zuweist. Das ganz unter dem sozialen Zwang
stehende Massenleben der Moderne scheint sich aber bisher
einer epischen Syntese grossen Stils zu widersetzen. Der
Einzige, der dazu fähig gewesen wäre, Emile Zola, war in
naturalistisch-romantischen Doktrinen befangen und schaltete
deshalb willkürlich mit seinem Material. Die Versuche, die
bisher in Deutschland in dieser Richtung unternommen worden
sind, unter denen Thomas Manns »Buddenbrooks» wol der
bedeutendste ist, sind immer mehr psychologischer als sozialer
Natur gewesen.
Am heftigsten ist der Kampf um eine neue Kunst auf
dem Gebiet des Dramas entbrannt. Von jeher ist das Drama
das Feld gewesen, auf dem die litterarischen Revolutionen
ihre ersten und heissesten Schlachten schlugen. In dem
70 Johannes Öhquist,
beutigen Kampf gegen die Neuromantik in Deutschland ist
dies umso natürlicher, als die Vorkämpfer um die neue Rich-
tung grade auf dem Gebiet des Dramas sich auf einen Dichter
stützen können, der schon lange vor dem Naturalismus sich
anschickte eine neue Klassik in Deutschland zu begründen
und nun, 45 Jahre nach seinem Tode, zu einer neuen gewaltigen
Wirkung auferstanden ist.
FriedricJi Hebbel versuchte zu einer Zeit, wo Journalismus
und Politik die Oberhand hatten, durch grüblerische Bohrarbeit
hinter das Geheimnis der dramatischen Wirkung zu kommen
und durch eigene dichterische Produktion das Problem des
Tragischen zu lösen. Sein dichterisches Werk blieb, trotz
der Grösse des Wollens und Könnens, ein Torso, weil die
Schöpfungen seiner Phantasie an des abstrakten Gedankens
Blässe kränkelten und weil bei ihm übertriebene Bewusstheit
die gesunde aber zarte Blume naiven Schaffens überwucherte.
Aber in seinen in den Tagebüchern niedergelegten Re-
flexionen gab er die von ihm gefundene Lösung des Pro-
blems vom Tragischen, an welche die heute zur Geburt
drängende neue Klassik anzuknüpfen sucht.
Nicht in dem Inhalt des menschlichen Wollens — sagt
er — liegt die dramatische Verschuldung, sondern unmittelbar
in dem Willen selbst, in der starren, eigenmächtigen Aus-
dehnung des Ich, so dass es dramatisch völlig gleichgültig
ist, ob der Held an einer vortrefflichen oder verderblichen
Bestrebung scheitert. Das Wollen an sich ist, wie bei Schopen-
hauer, Sünde, weil das Individuum durch das Wollen selbst
sich stärker geltend zu machen sucht als die Welt verträgt.
Diese letztere bedarf aber dennoch auch wiederum der Indi-
vidualitäten, und gerade hierin liegt die Tragik, dass ein Indi-
viduum Dinge vollbringen muss, gleichsam im welthistorischen
Auftrage, mit deren Vollbringung es sich doch selbst vernichtet.
Diesen Gedanken Hebbels hat nun Wilhelm von Scholz
genauer durchgeführt und in dem Satz von dem sich selbst
setzenden Konflikt formulirt. Zwei Momente — sagt er —
kennzeichnen die Antitesen des sich selbst setzenden Kon-
fliktes: die innere Nähe zu einander und ihre Unvereinbarkeit.
Romantik und Klassik in der modernen deutschen Dichtung. 71
Die eine Willensäusserung hat unvermeidlich die andere,
entgegengesetzte zur Folge, und doch können beide nicht neben
einander bestehen, die eine niuss siegen, die andere unterliegen.
Also in jedem Willen selber liegt bereits der Keim seines
eigenen eventuellen Unterganges: das ist der sich selbst setzende
Konflikt. Der Romantiker und Mystiker empfand nur die
Alleinheit ohne Dualismus; für ihn gab es keinen Konflikt.
Der Rationalist sah überall nur den Zwiespalt klaffen. Erst
der Tragiker kommt zu der schmerzlichen Erkenntnis, dass
in dem einen Willen die zwei Antitesen unzertrennlich und
doch unvereinbar eingeschlossen sind: Leben und Tod. Diese
Wesenseinheit und Unversöhnbarkeit ist es, die als tragische
Spannung empfunden wird.
Überall im modernen Leben, in allen Lebensverhältnissen
steckt ein latenter Konflikt, eine geheime Spannung und zu-
gleich eine Zusammengehörigkeit und Vermittelung, die aus
dem Gefühl der Solidarität entspringt. Am schärfsten tritt
das z. B. in den ökonomisch-sozialen Fragen und Kämpfen
zu Tage, in Politik und Kultur, in Staat und Gesellschaft, in
Gesellschaft und dem Einzelnen. Ganz abgesehen von den
rein persönlichen Willenskonflikten des Individuums. Diese
Lebenskonflikte konnte das naturalistische Drama nicht als
Kampf zum Austrag bringen, weil es nur die eine Seite des
Problems sah: die Abhängigkeit, nicht aber die Spannung,
die Kraft, den Gegensatz. Das neuromantische Drama war
noch schlimmer dran. Der Naturalismus eines Gerhart Haupt-
mann arbeitete wenigstens das eine Element, die harte Ab-
hängigkeit, mit klarer Schärfe heraus. Im neuromantischen
Drama weiss man aber überhaupt nicht mehr, ob es sich um
Abhängigkeit oder Willkür handelt. Die Neuromantiker können
überhaupt kein tragisches Schicksal aufbringen und suchen
darum als Surrogat eine Hingabe an seelische Verstimmungen.
Darum verlangen Wilhelm von Scholz und sein Mit-
kämpfer Paul Ernst für das neue Drama die Befreiung des
Menschen von dem Joch der Mächte, unter die Naturalismus
und Romantik ihn drückten und zu einem passiven Schwäch-
ling degradirten. Unser Zeitalter ist technisch, sozial und
72 yohannes Öhquist,
politisch und zittert vor verhaltener und nach innen gedrängter
Energie. Das Kraftgefühl dieser neuen und aufbauenden
Epoche muss durch die Kunst in eine höhere Sphäre erhoben
und dadurch geadelt und gesteigert werden. Das neue Drama
muss darum Abbild und Gleichnis für das Los grossangelegter
Willensnaturen sein, und es muss ausser der geschlossenen
Form, dem logischen Aufbau und einer klaren Handlung einen
durchdachten und durchgeführten Willenskonflikt enthalten.
Und im Einzelnen fassen sie ihre Forderungen in folgende
Punkte zusammen: das wichtigste dramatische Gesetz ist: im
Anfang war die Situation; aus ihrer Logik ist alles andere
herzuleiten. Das Psychologische insbesondere kommt erst
nachher und ist wie die Farbe an einem Gebäude. Der Bau
muss fest und sicher stehen auch ohne diese Farbe. Deshalb
entwickelt sich die Handlung nicht aus dem Charakter des
Helden, sondern aus seinem Schicksal und zwar dort, wo sich
dieses Schicksal zu einer entscheidenden Situation ausgestaltet.
Ferner: die Tragödie setzt ein, sobald der Held von
dem Schicksal gezwungen wird, in einem Gegensatz zu seinem
Charakter zu handeln. Soll das tragische Gefühl in uns
erwachen, so ist nötig, dass ein wertvoller Mensch gerade in
seinem Wert Grund und Anla.ss seines Unterganges trägt.
Und schliesslich: ein Drama grossen Stils spielt mit Vorliebe
in entlegener oder phantastischer Zeit. Der Zuschauer wird
nicht fortwährend an sich und seine kleinliche Alltagsumgebung
erinnert. Er erlebt alles nicht psychologisch, kleinlich, sondern
grösser, ferner, vom Zufälligen entkleideter, künstlerischer.
Man sieht: diese Forderungen sind teils sehr allgemeiner
Art, teils enthalten sie Altbekanntes oder wenigstens nicht
lauter Dinge, die nicht schon von jeher von jedem wirklichen
Dramatiker mehr oder weniger bewusst beachtet und ange-
wandt worden wären. Ihr Hauptwert liegt auch in der
symptomatischen Bedeutung, die ihnen in dem heutigen Kampf
gegen die Neuromantik zukommt. In ihnen kommt zum
Ausdruck das Verlangen der Zeit nach Klarheit, nach Kraft,
nach Tat, nach aktiven und positiven Naturen mit ausge-
prägtem Wollen und Fähigkeit zum Handeln.
Romantik und Klassik in der modernen deutschen Dichtuno. 73
Ob dieses Verlangen erfüllt werden und ob es auf dem
von Wilhelm von Scholz und Paul Ernst angegebenen Wege
geschehen wird, bleibt abzuwarten. Beide genannten Dichter
haben in einer Reihe von eigenen Dichtungen diese in ihren
teoretischen Erörterungen verfochtenen Prinzipien einer »klassi-
schen» Kunst zu verwirklichen gesucht, ohne dass man jedoch
diesen Versuchen vorläufig eine grössere Bedeutung beimessen
könnte. Schon ein äusserer Umstand stellt den Erfolg dieser
Bemühungen in Frage: die Wahl historisch weit entfernter
oder gar phantastischer Zeiten und ungewöhnlicher Schauplätze
ist, trotz der beachtenswerten Gesichtspunkte, die W. v. Scholz
dafür sprechen lässt, durchaus nicht immer dazu angetan
dem Drama zum Vorteil zu gereichen. Und der Vers im
Drama, insbesondere der fünffüssige Jambus, den die beiden
genannten Dichter bevorzugen, ist so eng mit der Vorstellung
einer alten überwundenen Klassik verbunden, dass ein modernes
Empfinden sich unwillkürlich dagegen sträubt, diese beiden
Faktoren, die das Drama mit Gewalt aus der Gegenwart und
aus der Wirklichkeit herausheben, als unumgängliche Bedingun-
gen für eine moderne Klassik anzuerkennen.
Dazu kommt, dass Hebbel durchaus nicht, und am
wenigsten in seinen teoretischen Untersuchungen, dazu ge-
eignet ist als Muster für kommende Dramatiker zu gelten. Er
ist im Gegenteil eine Gefahr für dieselben. Seine Ästetik
war im Grunde nichts anderes als eine leidenschaftliche Selbst-
verteidigung und hatte vor allem den Zweck seine auf die
Hegeische Dreitesenteorie konstruirte Dramatik als die einzig
richtige zu demonstriren. Ein Weitergehen auf der von Hebbel
vorgezeichneten Bahn würde unrettbar zu einer vollständigen
Verknöcherung der dramatischen Dichtung führen.
So sehen wir die deutsche Dichtung heute nach jahr-
zehntelangem Experimentiren wiederum im Zeichen des ratlosen
Suchens und Tastens. W'as sie sucht ist, was alle Kunst von
jeher erstrebt hat: Stil. Weder dem Naturalismus noch der
Neuromantik war es gegeben ihn zu finden, und ob dies der
neuen Klassik gelingen wird, ist auch fraglich; denn Stil in
Kunst und Dichtung, wie er in den grossen Epochen zu
74 7. Potrot,
Tage tritt, in der guten Zeit der Hellenen, der Renässance,
dem späteren klassischen Zeitalter, ist möglich nur dann, wenn
eine Kultursyntese vorhanden ist, d. h. wenn die Idealität
einer Zeit einen bestimmten, von den kulturtragenden und
führenden Geistern anerkannten Ausdruck gefunden und eine
allgemein herrschende charakteristische Richtung genommen
hat. Das ist heute, im Zeitalter der krassesten Gegensätze
und Divergenzen auf allen Gebieten, noch nicht der Fall.
Wenn dies einmal geschehen ^ und die Ubergangs-
epoche, in der wir leben, kann ja nicht ewig währen — ,
dann, ja dann werden auch Kunst und Dichtung mit sicherem
Instinkt wie ein Geschenk vom Himmel ihren Stil finden.
Johannes Öhquist.
Miszelle.
Quantität und dynamischer Akzent.
In dieser Zeitschrift ist die Arbeit Dr. E. Rosengrens
früher erwähnt worden, deren Schlussfolgerungen dahin gingen,
dass der dynamische Akzent der modernen (z. B. germanischen)
Metrik und die lange Quantität der klassischen Metrik wesent-
lich gleich sein sollten. Bezüglich dieser Theorie, und haupt-
sächlich des als experimentelle Stütze vorgebrachten Ver-
suches mit der Umkehrung phonographischer Aufnahmen,
wurde hier und im Bd IV unsrer Memoires eine kleine Dis-
kussion geführt.
Immerhin hatten zur Zeit weder Prof. Wallensköld
noch ich Gelegenheit gehabt, den Versuch nachzuma-
chen; nur wusste man, dass Jespersen* ein den Angaben
Dr. E. Rosengrens entgegengesetztes Resultat erhalten hatte.
— Diesen Herbst bot sich aber die Gelegenheit, diese
Phonetische Grundfyagcn .
Miszelle: Quantität und dynamische^- Akzent. 75
Angaben nachzuprüfen, und zwar auf dem von der Universität
angekauften Phonographen, der vom Phonogramm-Archiv der
Wiener Akademie bestellt wurde. Dieser Apparat verwendet
Platten anstatt Walzen. Das Exemplar des phonetischen
Laboratoriums wird durch einen Elektromotor unter Zwischen-
schaltung von Stufenscheiben angetrieben. Die Umkehrung der
Umdrehungsrichtung geschieht also einfach durch Änderung in
der Anordnung der Antriebsschnur.
Der Versuch wurde am 30. November in der Gegen-
wart der Professoren H. Pipping und A. Wallensköld aus-
geführt. Als Versuchsperson hatte sich Mag. L. Kettunen
liebenswürdig zur Verfügung gestellt. Die Wahl einer finnisch-
sprechenden Person empfahl sich dadurch, dass das Finnische
alle möglichen Ouantitätskombinationen gestattet, und dass
es immerhin besser ist, wirklich vorkommende Wörter als
künstliche Phoneme aufzunehmen.
Hineingesprochen wurden folgende Wörter:
1:0 vakka N. Sg. »der Trog» und
2:0 vakat N. PI.
:o
puuttuu 3 Sg. Ind. Präs. zu puuttua »fehlen;
4:0 aasi N. Sg. »der Esel»
5:0 satama N. Sg. »der Hafen»
6:0 vaaietus N. Sg. »die Bekleidung»
7:0 kokoomus N. Sg. »die Koalition»
8:0 takaa »von hinten».
Die Wörter wurden nach einander, mit kleinen Inter-
vallen hineingesprochen, in 2 Serien. Auf den Vorschlag
Prof Pippings wurde in jeder Serie das letzte Wort takaa
mehrmals hintereinander in taktmässiger Folge ausgesprochen,
damit auch der rhytmische Einfluss beobachtet werden könnte.
Bekanntlich hat das Finnische Anfangsbetonung; das Doppel-
zeichen bezeichnet die Länge des Vokals und die Geminirung
des Konsonanten.
Nach den Angaben Dr. Rosengrens wurden, bei Um-
kehrung von ättigas, sorragis, die Wörter sagitta, sigärros
mit Akzentverschiebung vernommen. Man durfte also erwarten,
76 7. Pohot, A/is-.t'l/c: Quantität und dynamischer Akzent.
dass -vakka, puuttuu, takaa bei der Umkehrung akkav, uuttuup,
aakat mit Akzent auf der ersten Silbe, und kokoomus ein
paroxytonisches suniookok ergeben würden.
Trotz gewisser technisciier Mängel der Aufnahme, die
hauptsäcHHch auf einer unvollkommenen Hobelung der Platte
beruhen dürften, wurden die Vokale und die Akzentverhält-
nisse mit voller Sicherheit wahrgenommen. Die umgekehrten
Wörter behielten samt und sonders ihren Akzent auf demselben
Vokal, also alle oxytonisch, unabhängig von der Quantität
der Laute, d. h. vom Abstand zwischen den Silbengipfeln.
Sogar in der Folge aakataakat u. s. w. vermochte der lange
Vokal nicht das Hauptgewicht zu sich zu ziehen, sondern
das kurze a wurde deutlich als stärker wahrgenommen. Dar-
über waren wir alle vier einig.
Ich will auch hier erwähnen, dass derselbe Versuch frü-
her im Wiener Phonogramm-Archiv vom Assistenten F. Hauser
angestellt worden war. Ich selber konnte ihn in Mai d. J.,
dank der Liebenswürdigkeit Herrn Hausers, nachmachen.
Weder ich noch irgend einer der Herren, welche den frü-
heren Versuchen beiwohnten, haben eine Akzentverschiebung
beobachten können.
Natürlich stehen die Angaben Dr. Rosengrens ausser
Zweifel. Er selbst und die Zuhörer in Upsala haben den
Eindruck der Akzentverschiebung gewonnen. Bei der Über-
einstimmung aber derjenigen, die Kontrollversuche anstellten,
muss man wohl dieses Resultat einer akustischen Gewohnheit
zuschreiben, einer spezifisch schwedischen Neigung, Länge
und Gewicht (oder Akzent) als unzertrennlich zu betrachten.
Der Versuch kann aber nicht als Beweis für die Theorie Dr.
Rosengrens angeführt werden.
y, Poirot.
i
Besprechungen. H. SuoUihti, Fr. Kluge, fiun/e Platte? . 77
Besprechungen.
Friedrich Kluge, Bunte Blätter. Kulturgeschichtliche Vor-
träge unil Aufsätze. Freiburg (Baden). J. Bielefelds Verlag 1908.
213 S.
Nicht zum ersten Mal bietet Kluge in dem vorliegenden
elegant ausgestatteten Bändchen eine Sammlung von philologischen
Aufsätzen, die sowohl für den Fachmann, wie auch für
das grosse Publikum bestimmt sind. Manchem Leser unseres
Blattes dürfte das im Jahre 1907 erschienene Büchlein »Unser
Deutsch» ^ bekannt sein, welches ebenfalls eine Auswahl von Vor-
trägen und Aufsätzen des unermüdlichen Gelehrten, die früher in
verschiedenen Zeitschriften oder Zeitungen zerstreut waren, ent-
hält. Die »Bunten Blätter» haben aber ein wesentlich anderes
Gepräge als die frühere Sammlung, indem in ihnen das kultur-
geschichtliche Moment besonders stark betont wird und das sprach-
geschichtliche dementsprechend zurücktritt. Manche Aufsätze lassen
den Leser kaum merken, dass alles sich hier doch von einer sprach-
wissenschaftlichen Grundlage erhebt.
Von den 23 Aufsätzen, welche das Buch enthält, behandeln
die allermeisten kulturgeschichtliche Probleme. Die Sammlung wird
eingeleitet durch einen ausführlichen Artikel »vom geschichtlichen Dr.
Faust», wo uns eine Biographie des bekannten Schwarzkünstlers
gegeben wird. Dasselbe Zeitalter des Aberglaubens, in welches
das Leben Dr. Fausts fällt, bildet auch das Milieu für die Fabeleien
von dem sagenberühmten Venusberg, von dem der zweite Aufsatz
im Anschluss an »die bahnbrechenden Untersuchungen» von Gaston
Paris und Söderhjelm handelt. In die Zeit des absterbenden Mit-
telalters führt uns der Aufsatz über »die fahrenden Schüler», diese
Landstreicher, »w'elche mit Erfolg auf die Leichtgläubigkeit und
Dummheit des ungebildeten Volkes rechneten, mit Amuletten und
Zauberformeln Wunderkuren versprachen» u. s. w. In einem be-
sonderen Artikel wird eine solche Zauberformel, das sogenannte
»Johannesevangelium», geschildert, das die Anfangsworte des Evan-
geliums ver\vertet. »Wenn Goethes Faust nächtlicherweile in der
Stille der Osternacht in der einsamen Studierstube zum Johannes-
evangelium greift», so kommt hier also ein historischer Zug des 16.
Jahrhunderts zur Anwendung. An Goethes Faustgedicht knüpfen
auch die Untersuchungen über »Fausts Zauberross» und die Re-
densart »Wir wollen einen Papst erwählen» an, welche aus den
Vgl. Neuphilologiscbe Mitteilungen 1907, S, 30.
78 ßesprecbu»i;en . F. Cus/ajsscfi, Silviae tcI pothds Actheriae perei()ifiaiio ed.
Studentischen Trinksitten erlilärt wird. Das stude:.üsclic Leben uud
Treiben der vergangenen Jahrhunderte liefert ferner den Hinter-
grund für die Aufsätze, in denen »Alter und Name des Sala-
manders» und (.ler Ursprung des Spruches »ergo bibamus» erörtert
werden. — ■ An der Hand alter Reisewerke führt uns der Verfasser
von Deutschland nach Konstantinopel, von wo das moderne Abend-
land das künstliche Eis bezogen, und noch weiter nach dem Orient,
wo wir die Heimat der Brieftaube und des Christbaums kennen
lernen. — Aus dem Inhalt des Buches mögen schliesslich noch die
Vorträge über »die Sprache Shakespeares» und »die sprachgeschicht-
liche Stellung Schillers» besonders hervorgehoben werden.
Alle diese Aufsätze sind dem sprachwissenschafdichen Boden
entsprossen. Die kulturgeschichtlichen Bilder^ welche die Bunten
Blätter uns entrollen, sind Resultate der modernen deutschen Wort-
forschung, die überall über das rein Sprachliche hinausweist und
breite Aussichten in das Geistesleben vergangener Zeiten eröffnet.
Diese Art Sprachgeschichte vermag oft auch die weiteren Leser-
kreise anzuziehen. Ein ganz besonderes Interesse gewähren aber
solche kulturgeschichtlich-sprachgeschichtlichen Aufsätze, wenn sie,
wie die hier angezeigten, von dem Koryphäen der deutsehen
Wortforschung herrühren, dessen feine stilistische Kunst uns so
wohl bekannt ist. H. Suolahti.
Silviae vel potius Aetheriae peregrinatio ad loca sancta, her-
ausgegeben von W. Heraeus (Sammlung vulgärlateinischer Texte,
her. von W. Heraeus und H. Morf, Heft i). Heidelberg, C. Win-
ter, 1908. V+52 S. 8:0. Preis Mk 1:20.
Die erste Schrift der oben gerannten Sammlung, über deren
Zweck man die Neuph. Mitteil. 1908, S. 203 — 4 vergleiche, ist
eine nicht gar zu dürftige, in der jedoch wenig hervortretenden Form
eines Briefes verfasste, mit zahlreichen Bibelstellen gespickte
Beschreibung einer Reise von Jerusalem nach Konstantinopel über
Sinai, Nebo, die Heimat Hiobs, Antiochia, Edessa, Charrae, Tar-
sus, Seleukia, Chalkedon. Den Schliiss bildet eine ausführliche
Schilderung der Gottesdienste in Jerusalem.
Die Verfasserin der Schrift, die schon eine ganze Litteratur
hervorgerufen hat, ist eine Nonne oder Äbtissin Aetheria (oder
Eucheria ?) aus Spanien, vielleicht in Gallien geboren; die Ab-
fassungszeit fällt zwischen 381 und 388 nach Heraeus u. A., wenn
nicht kurz vor 394. Die einzige fragmentarische Handschrift,
saec. XI, erst 1887 entdeckt, stammt aus Monte Cassino, ist so-
A. Bahnhof, H. Rni^elin, British Institution s. 79
mit auch in orthographischen Dingen sehr zuverlässlich, was gegen
Heraeus hervorzuheben ist.
Der Romanist wird hier viele Leckerbissen — ebenso viele
Greuel der Latinist — finden, wie ahitatio, ospitium, oslias neben
hitut, hac, lieremus, hostium, hispatium; per giro neben per girurn;
fietur, facitur, pervenhis fuerit ; vadere, manducare, traversare, girare,
camsare (auch bei Ennius), medianus, tarn sera erat, allgemein
grandis, infans und petra ; se tendere, se iungere, se movere (passiv);
facit se hora quinta, exire habebamus, libenter habes, habebat mille
passos ; in ante, de contra, de intro, de foris, foras, at übt autem,
ac sie ergo. Solche Dinge, wie besonders die vielen rein syntak-
tischen Eigentümlichkeiten, sollte man jedoch aus dem Texte heraus-
lesen. Der Ausgabe, die ja Seminarzwecken dient, ist kein Kom-
mentar, nur ein kurzer text kritisch er Apparat beigegeben. Vivant
sequentes! F. Gustaf SSO n.
Hugo Hagel in, British Institutions from Englisii Sources for
the Use of Schools. Containing one Map, one fuU-page Illustra-
tion in Colour and forty-one in Black and White. Stockholm,
Albert Bonnier, 1908. IX-(-i40 p. 8:0.
A book which contains a great deal of Information. If the
ideal to be aimed at in compiling a school reader were not pri-
marily its literary value, it would be an ideal book of its kind.
The Code for the Swedish Realskola of 1906 recommends
the teaching of »the ordinary expressions of daily life that refer
to time, money, weights, measures, dwellings, food, topography of
the capital, geography of the country and the social structure of
the people as well as the knowledge of the political, municipal,
and social institutions of the nation, its judiciary and educational
System, and the currents of ideas reflected in all this», in other
words, knowledge of what the Germans call »Realien». The de-
mand for a short suramary of the most important »Realien» was
the origin of Mr. Hagelin 's book.
In thirteen chapters, among which there are headings such
as Sovereign and Parltament (I), Rates and Taxes (V), Votets and
Elections (VI), Ediication (VIII), the author touches on everything
of importance. Chapter VI, Voters and Elections, would interest
young Finnish readers on account of the recent changes in our
System of voting and our young diet with its many very »young»
members. The description of the English universities, chapter
VIII, Education, ought to impress those who are themselves on
the way to the university. — Altogether, notes included, of which
8o Besprechmigen, A. /F., /•>• Whiterstcin, Die Verkehrs-Spraclieu (1er Erik.
some are in English, the book contaius a small history uf Kngüsh
civilization (see htisiitigs, Scandinavian hns -\- ting etc.). — The
language is not difficult, yet the great number of technical terms
makes it hard reading, fit only for more advanced pupiis. — Of
imperfections of language the first chapter contains an example:
»The government of Great Britain is a constitutional monarchy»
ought of course to be »Great Britain is a constitutional monarchy».
— All the few errata are carefully corrected on a slip of paper
to be inserted in the book.
Mr. Hagelin does not belong to the one-sided supporters of
the study of the ; Realien», contained in his book. In a separate
paper, sent round to all the schools which have introduced it, he
desires them to use it alongside with the literary texts, which are
to form the principal reading. Further, he does not wish his
book to be taken up until the two last years; if studied earlier,
it is to be used as a book of reference. He even mentions that
it might only be read cursorily, thus forming a kind of recapitula-
tion of all the knowledge about English life that students have
by degrees collected from different sources. — When a sufficient
number of lessons are devoted to English in our schools, the study
of this book may be warmly recommended.
Anna Bahnhof.
Franz Winterstein, Die Verkehrs-Sprachen der Erde. Zweite
vermehrte Auflage.j M. Diesterweg, Frankfurt a, Main und Berlin,
1908. 52 S. 8:0. Preis 1 Rmk.
Der Verf. vorliegender Schrift will zeigen, dass die hoch-
deutsche Sprache, die von 87 Millionen Menschen als Mutter-
sprache angewandt wird und in stetem Zuwachs sich befindet, am
geeignetsten ist eine internationale Verkehrssprache zu wer-
den. Zu dem, was über die Ausbreitung des Deutschen gesagt
wird, wäre etwa hinzuzufügen, dass in Finnland das Deutsche die
am meisten bevorzugte fremde Sprache ist, da ja der Schulunter-
richt Deutsch als grundlegende fremde Sprache hinstellt. Das
interessante und gut geschriebene, allerdings aber ziemlich chau-
vinistisch gefärbte Büchlein sei bestens empfohlen.
A. W.
Protokolle des Neuphllologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Yei-
eins vom 28. November 1908, bei welcher
Sitzung der Ehrenpräsident Prof. Söder-
hjelm, der Vorstand und 25 Mitglieder
anwesend waren.
§ r-
Das Protokoll der vorigen Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
Als neue Mitglieder wurden aufgenommen: Fräulein Hebni
G)ö7istrand, Cand. phil., Fräulein Jenny von Schoultz, Cand. phil..
und Dr. phil. Emil ZiUiacns.
Das Programm der am 11., 12. und 13. Januar zu halten-
den Neuphilologenversammlung wurde festgestellt. ^
§ 4.
Dr. H. Suolahli referierte nach dem Sonderabdruck einen in
den Finnisch-ugrischen Forschungen bald erscheinenden Artikel
von Prof. H. Paasonen : »Zur Frage von der Urverwandtschaft der
finnisch-ugrischen und indoeuropäischen Sprachen».
§ 5-
Universitätslektor J. Schlegel hielt einen Vortrag über das
\ Tema: »Les tendances de la litterature francaise contemporaine ; .
In fidem:
A. Längfors.
' S. Neuphil. Mitt., 1908, S. 157.
Eingesandte Litteratur.
George F. Black, A Gypsy Bibliograpliy. Provisional Issue,
1909. Printed privately for the Members of the Gypsy Lore
Society, 6 Hope Place, Liverpool, by T. & A. Constable, Printers
to His Majesty at the Edinburgh University Press. 4-f-3i9 pp. 8:0.
»In compiling the follovving bibliographv the aim
has been to give a complete account of the literature
relating to the Gypsies — good, bad, and indifferent. —
— — — In the hope of making the list, by colla-
boration, more complete than would otherwise be the
case, it has been decided to issue, before its appear-
ance in the Journal, a preiiminary edition in a tenta-
tive form. — — — — To all who thus collaborate a
copy of the Bibliography will be sent when it is pu-
blished in its final form.» — — —
-All interested in the study of the Gypsies are
invited to join the Gypsy Lore Society. Its aim is to
promote and facilitate such study by the publication
of a Journal each quarterly number of which consists
of 96 large octavo pages, liberally illustrated.
The annual subscription to the Society is one pound
Sterling — — — - — .»
Die Kultur der Gegenwart, herausgegeben von
Paul Hinneberg, Teil I, x^bteilung XI, I: Die romanischen Litera-
turen und Sprachen mit Einschluss des Keltischen, von Hein) ich
Zimmer, Kimo Mever, Ludivig Christian Stern, Heinrich Morf, Wil-
helm Meyer-Liibke. Berlin u. Leipzig, B. G. Teubner, 1909. ^TI
-f-499 S. gr. 8:0. Preis geh. 12 Mk, geb. 14 Mk.
Germanisch -romanische Monatsschrift, in
Verbindung mit F. Holthausen, IV. Meyer- LüMe, V. Michels, IV.
Streitberg herausg. von Heinrich Schröder (Kiel), Jahrg. I (1909),
Heft I, 80 S. 8:0. Heidelberg, C. Winter. Bezugspreis für den
Jahrgang (12 Hefte) 6 Mark. Inhalt des Heftes: W. Streitberg,
Die Zukunft der deutschen Sprache; G. Neckel, Zur Einführung
in die Runenforschung I. Die Rvmen paläographisch und sprach-
geschichtlich: R. Petsch, Zur Einführung in das Studium Friedrich
Hebbels; A. Eichler, Ein Englischer Melancholiker: James Thom-
son der Jüngere; W. Küchler, Das französische Theater der Ge-
genwart I. Fran(;ois de Curel: Kleine Beiträge, Sprechsaal. Be-
sprechungen, Vereine und Versammlungen, Hochschul- und Per-
sonalnachrichten, Zeitschriften, neuerschienene Bücher.
Eifigesandtc I.itteratur. Schriftenaustausch. 83
Kr. Nyrop, Italiensk Reiseledsager. Kjobenhavn, Det Schu-
botheske Forlag, igo8. 96 S. 12:0.
Poesie franraise 1800 — 1850, publice et annotee
par A/. Nyrop. Copenhague et Christiania, Gyldendalske Boghan-
(lel -Nnrclisk Forlag, iqoQ. VII+152 S. 8:0. 2 Kr. 25.
Valfrid Vasenliis, Ruotsinkielen alkeiskurssi: Sävelmiä —
Begynnelsekurs i svenska: Melodier. Helsingfors, Otava, igo8.
VIII -1-40 S.
Enhält Melodien zu einer Anzahl schwedischer
Kinclerlieder. Der Verf., Lehrer der schwedischen
Sprache in einer finnischen Schule, betrachtet nach
eigener Erfahrung das Chorsingen der beim Sprach-
unterricht einzuübenden Lieder als ein vorzügliches
Mittel, das Interesse der Schüler zu erwecken und die
richtige Aussprache zu befestigen.
Schriftenaustausch.
Antero Vipunen, Jahrg. iqo8, Nr. 4.
Blblivgraphia phonetica, Jahrg. i c)o8, Nr. 1 1 u. 12; i qoq,
Nr. I.
Modern Language Notes, Jahrg. 1908, Nr. 7: 1909,
Nr. 1—2.
Moderna Spräk, Jahrg. 1908, Nr. 8 — 9. — Unter dem
Titel »Phonopädagogische Rubrik» beginnt Dr. G. Panconcelli-
Calzia in der Nr. 8 eine Serie Besprechungen verschiedener Phono-
graph- und Grammophonplatten, welche, wenn man sich der phon-
autographischen Apparate beim Sprachunterricht zu bedienen ver-
steht, zu diesem Zwecke verwendbar sind.
Nuova Rassegna di Letteratare moderne, Jahrg. 1908, Nr.
9 — 10.
Päivä, Jahrg. 1908, Nr. 48 — 51: 1909, Nr. i — 7.
Rassegna bibliographica della letteratura moderna, Jahrg.
1908, Nr. 10 — II — 12.
Revue de Provence et de langue d'Oc, artistique, litteraire,
scientifique et historique. Nouvelle serie, 1909 (XP annee), n°^
I — 2. Redactif)n &: Administration: Marseille, 17, rue de lEtrieu.
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Virittäjä, Jahrg. 1908, Nr. 8.
Mitteilungen.
Einli ei mische Beiträge zu ausländischen
Publikationen: Dr. H. Suolahli, Mundartliche Nachklänge
der alten Deminutivbildungen auf inkilTn in der Zeilschr. f.
deutsche Wortforschung, Bd. X, S. 253 — 5.
Ausländische Besprechungen einheimischer
Publikationen: Neuphilologische Mitteilunge?i, Jahrg. 1907,
bespr. von P. Meyer, Romania XXXVII (1908), S. 622 — 3; A.
Längjors, Li Regres Nostre Dame par Huon le Roi de Cambrai,
bespr. von E. Stengel, Zeitschr. für franz. Spr. und Litt. XXXIII
(1908), Ref. S. 163 — 7; W. O. Streng, Haus und Hof im Fran-
zösischen, bespr. von Adolf Zauner, Zeitschr. für rem. Philol.
XXXII (1909), S. g4 — 6: von W. Meyer- Lübke, Wörter und
Sachen, Jahrg. I, Heft i.
NEUPrillDlOQISCHE
• • AVITlEllLJNQEH
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Vestra Hamngatan 5) zu senden 1 *
Le passage difficile de la chanson Amorosa donna fina
de Rinaldo d Aquino
En presence de la poesie lyrique italienne primitive,
de ces restes que nous en ont conserves les trois beaux
canzonieri du XIIP siecle, on eprouve un singulier sentiment
de confusion. Les manuscrits en question appartiennent tous
ä des dialectes assurement tout autres que celui ou ceux oü
les plus anciennes chansons ont ete congues et redigees.
Un grand nonibre de rimeurs, nommes ou non ä la rubri-
que des poesies, nous sont inconnus. Peu personnelles, les
chansons ne nous fournissent que rarement quelque donnee
biographique plus ou moins douteuse ; elles restent lä, temoins
mysterieux qui ne savent souvent donner ä nos questions
qu'une seule reponse repetee ä l'infini: »il m'a fait», sans
nous dire aujourd'hui plus qu'hier qui etait cet homme, s'il
parlait le sicilien ou un dialecte du Nord, s'il a chante dans
les premieres ou plutot dans la cinquieme ou sixieme decade
de ce merveilieux XIII^ siecle qui vit naitre et se developper
rapidement la langue et la poesie d'art en Italie, siecle de ce
siciliano illustre qui devenait, par une serie de transformations
dependant pour une grande partie de la Situation geographi-
que des divers centres litteraires, la langue des grands tre-
centisti florentins, l'italien.
86 Oiva Joh. Tallgren,
Rien de plus genant que cette difficulte d'etablir une
Classification chronologique et geographique, dans l'etude d'une
litterature et d'une langue jeunes, pour lesquelles deux ou trois
decades valent ce qu'ailleurs vaut un siecle. Meme dans les
cas oü nous connaissons le nom de l'auteur et oü sa correspon-
dance poetique — sur laquelle les rubriques nous permettent
parfois de former des conclusions — nous donne quelque
point de repere pour le placer entre les plus anciens ou entre
les epigones; meme dans les cas heureux oü nous connaissons
un fertain nombre de details positifs, la date approximative
de la chanson, la patrie de l'auteur, le sens du texte; meme
si nous ne sommes pas tres ignorants de l'ancien dialecte,
pour l'epoque dont il s'agit, il nous arrive de rester perplexes,
par exemple, en presence de certaines especes de rimes, qui
ont donne naissance ä plus d'un travail serieux et n'en parais-
sent pas moins difficiles ä expliquer.
II nous faudra tres probablement renoncer ä la pensee
de Jamals connaitre un peu exactement la forme originaire
des plus anciennes chansons italiennes. Les futures editions
critiques ne nous donneront ces textes, semble-t-il, que dans
une orthographe ne s'ecartant pas essentiellement de celle des
Chansonniers toscans. Etablir un texte, dans notre cas, c'est
opter entre les legons des manuscrits (si nous en possedons
plus d'un), en apportant, le cas echeant, des modifications
necessaires, principalement au point de vue du sens. C'est
bien peu de chose pour le metricien, pour le phonetiste, et
meme pour le lexicologue! —
Dans le present cas, nous n'aurons guere ä nous occu-
per que de quelques questions d'interpretation.
Qu'il suffise de dire, au prealable, que Rinaldo d'Aquino,
celebre par sa chanson d'amour faisant allusion ä une croisade,
probablement celle de 1242, est peu connu ^ comme la plu-
' En fait de recherches biographiques plus recentes concernant Rinaldo
d'Aquino, il faut mentionner sunout, sans compter le livre indique dans la
note suivante, trois travaux de Fr. Scandone parus en 1897, 1900 et 1901,
nommes par Mario Pelaez au commencement de son important compte rendu
f.e piissai^e difßcile de la chayts. Amorosa Uonna fin a de R . d' Aquinu , 87
part des rimeurs du XIII' siecle. Dans les quelques chan-
sons qui nous ont ete conservees de lui, il y a un passage
oü il semble indiquer — d'une fagon indirecte — le pays dont
il etait venu ä la cour de Frederic II de Hohenstauffen. La
localite nommee est Montella, situee ä l'Est de Naples, sur
les Apennins; et le passage en question est precisement celui
que je tächerai ici de rendre un peu plus comprehensible.
Dans le numero de juin-juillet-aoüt de 1906 de la
Rassegna Bibliografica della Letteratura Italiana (XIV), p.
164, Mario Pelaez rend compte d'une reconstitution critique
qui a ete proposee pour notre passage par Francesco Scan-
done, en 1904 ^ Je ne sais pas si la fagon de voir de M.
Scandone a ete jugee acceptable par d'autres qui auraient
ecrit depuis lui sur le passage en question; M. Pelaez, lui,
tout en trouvant contestables deux conclusions que Scan-
done veut deduire de son texte reconstitue, ne s'oppose pas
d'une fagon expresse ä accepter cette reconstitution.
La poesie Amorosa donna fina, qui se lit, par exemple,
dans la Crestomazia de Monaci -, nous a ete conservee par
deux des chansonniers plus anciens, soit le Laur.-Red. IX,
dans l'edition duquel eile correspond au numero 119, et le
Vatic. 37^3, oü eile se trouve sous le numero XXXIV. Mais,
pour notre passage, on n'a qu'ä confronter les editions di-
plomatiques des deux chansonniers ^ pour voir que les deux
textes representent une seule source, tellement les divergences
en sont peu importantes; en effet, comme la demontre N. Caix,
que nous citerons toul a l'heure, et Fr. Torraca, Stndi su la Urica italia>ia
del duecenio, Bologne, Zanichelli, 1902. Des quatre etudes publiees de 1894
ä 1897 que contient, remaniees, ce recueil de l'illustre professeur de Naples,
c'est la deuxieme (La sctiola poetica siciliana) oü il est question de Rinaldo,
p. 102 et les suiv., pp. 189 — 203.
' Francesco Scandone, Notizie hiograficke di rimatori della saiola poe-
tica siciliana. con docuiiienti. Naples, Typogr. Giannini, 1904.
- V. 83 et la suiv.
•' // Canzouiere Laurenziano Rediano 9, pubblicato per cura di Tom-
inaso Casini. Bologne, Romagnoli, 1900. — // Libro de varie romanze vul-
gare, Cod. Vat. 37gs, a cura di S. Satta — F. Egidi — G. B. Fesla, Rome,
Societä Filologica Romana, 1903 — 1906.
88 Orvti Job. Tallf^ren,
la partie du Laur. oü se trouve la chanson n:o 119 ' a ete
ecrite par une main plus recente (B) que le reste de ce ma-
nuscrit (le plus ancien, peut-etre, des Chansonniers Italiens);
et ce copiste B doit n'avoir eu sous les yeux que le meme
manuscrit aujourd'hui perdu qui a servi de prototype aux
parties correspondantes du Vat. 3yg3 '-.
Voici d'abord, pour la Strophe en question, Tun de ces
deux textes ä peu pres contemporains, avec les quelques varian-
tes qu'en offre l'autre:
Law.- Red. IX, n:o I19. Vat. jygj, n:o 34.
S elo sollazo nonauesse. Sello
50. senon dauoi losenlnanie seiiundauoi losembianie.
conparlamento isguardare comparlamento sguardare.
lagran gioia quando uollesse. la grangioia . . . uolesse.
perche pato pene tante. prer]che .
chio nonle poria contare; . . nole . . . comlare.
55. Nedanullomo che sia. Neda nuUomo
lamia uoglia nondiria. . . . uolglia no[n]diria.
douesse morire penando.
senoneste vmontellese. umontellese.
cioeluostro seruentese.
60. auoi lo dica jncantando. . . lodico". .....
Voici maintenant la reconstitution proposee par Scandone:
S'ello sollazo no' avesse,
50. Se non da voi ! Lo sembiante
' Chez Caix (v. la note suivante), notre chanson porte le numero 120.
Cette difference de numeration, sur laquelle on s'attendrait ä trouver quelque
avertissement dans la Prefazione de l'edition, provient de ce que Caix a compte
comme un numero ä pari la chanson (ici anonyme) de Notar Giacomo, S'io
dollio non e inaratnllia , qui, en efFet, figure comme poesie ä part dans le Chan-
sonnier V^at. jygs (n:o XIV, dans V Indice), mais que cette chanson est im-
primee dans l'edition du Laur. (p. 192) a continuation de la chanson prece-
dente numerotee de 112.
* N. Caix, Le origini della Lingua poetica italiarta. Principn di grani-
inaiica siorica italiana.^ ricavati dallo studio dei manoscritti. Con una introduzione
suila formazione degli aniichi canzonieri italiani. Floren ce, l.e Monnier, 1880.
— Page 26, en haut, et la suiv. (resumes); p. 37.
^ L'editeur note: iidico o dica} lez. incerta».
Lc pasia^c (Hfßiilc de la chans. Aniorosn donnn finn de R. d' Aquino. 89
Con parlamento sguardare
L'ä (gran gioi !) quando volesse ?
Perche pato pene lante ?
Ch'io no'le poria contare :
55. Ne di nuUo mo', che sia,
La mia voglia non diria,
(Dovesse morir penando}
Se non este 'n montellese ;
Cioe, il vostro serventese
60. A voi lo dico, in cantando.
La legon Ne di au vers 55 s'ecarte de celle des mss;
— faut-il croire que c'est lä un ecart motive par des raisons
de critique ? ^ En aucun cas, la correction n'a ete faite pour
la premiere fois par M. Scandone; pour ne pas remonter jus-
qu'aux editions plus anciennes, la legon Ne di se trouve dejä
chez Monaci. Ne sera-t-il donc pas possible de maintenir
teile quelle la legon des mss? On se deniande aussi si la
forme 710 (v. 49), et surtout si la forme recente md pour
modo (v. 55) pourra inspirer de la confiance dans un texte
meridional du XIIP siecle. N'ayant point et ne pouvant pas
avoir l'intention d'entrer dans une critique detaillee de l'inter-
pretation ci dessus reproduite, je voudrais en tenter une autre,
qui, Selon moi, correspondrait mieux, sous certains rapports,
au caractere de l'ancienne poesie sicilienne.
Le poete vient de nous dire, dans les strophes prece-
dentes, que son amorosa donna fina est belle et cruelle, qu'elle
ne lui a accorde qu'un seul baiser, qu'elle lui a ote son coeur
a force de lancer, en cachette, de ces sguardi niicidiali (v. 34),
de ces regards d'amoureuse qui tuent. - Tout cela est dit
dans un style bien limpide ; dans toute la chanson, le poete
adresse la parole ä sa dame. Ensuite — et nous en voilä
arrives a l'avant-derniere des cinq strophes — il continue:
' Je ne connais le livre de Scandone (|ue par les comptes rendus de
M. I'elaez, publies Tun dans la Rassegna bibliogr. d. letterat. ital., XIV, pp.
153 -172, et l'autre dans le Kritischer Jahresbericht de Vollmöller, VIII (1908),
p II 93 et la suiv.
* Au vers 32 il faudra iire, avec le Vat., savete, et non pas savere
coinnie doiine le Lmir,
90 Ohui Jo/t. Tnlli^reti,
'Que ne tuez-vous pas un autre! Vous m'avez mis dans un
feu qui m'enflamme de toutes parts. Tout ce monde est fait
de neige ^, [tandis tjue moij je suis brüle ^ par un feu
si vif qu'il m'aneantit ■^, et jcelal avec des flammes invisibles
qui allument la neige; et je brule au beau milieu de la glace.
C'est lä le feu de l'amour qui brüle le fin amoureux, s'il n'a
pas obtenu le sollazo!
Voici comment ä peu pres je me figure la suite —
et ce serait lä le contenu de la Strophe dont il s'agit:
'Le soulas, ce serait de regarder votre beautc. Ne le pouvant
pas, j'ai d'innombrables souffrances ; et en dusse-je mourir, je
ne parlerais de mon amour qua vous seule'. Ces pensees —
un peu incoherentes dans l'original — , je les trouve exprimees
de la fagon suivante ä peu pres:
'Je n'aurais pas le soulas, si ce n'etait celui de vous
' La legon meue, au v. 40, ne donne pas de sens et saurait ä peine
etre admise a la rimc pour une seconde fois. II est facile de conjecturer veue.
— J'avoue toutefois que je ne retrouve pas ailleurs, exprimee de cette fagon
un peu originale, l'image d'une region neigeuse representant l'humanite, chauf
fee en un seul point (l'aniant) })ar un feu mysterieux, l'amour. Le poete se
trouve au foyer d'un verre ardent qui l'aneantit, lui seul; il est amoureux ä
un tel degre qu'en comparaison avec lui, tout le monde est froid comme de
la neige, — L'on peul confronter ce passage avec la seconde Strophe de la
celebre chanson de Guido delle Colonne, Ancor ke faigua per lo foco lassi,
mais on verra que la difference est considerahle. Dans les exemples cites
par Gaspary, Die Sicilianische Dichterschule (1878), p. 76, il est question de
tout autre chose. — Sans compter notre passage, le mot neue rime avec meue
dans la premiere strophe de la chanson citee tout ä l'heure et dans la qua
trieme de Amando lungamente, de Notar Giacomo [Canz. Palat., n:o lO; >• Chig.
L VIII JOS, n:o 234); il rime avec dipartiue dans la 3^ str. de la eh. Oi
lasso nom pensai de »Rex Federigo» {Canz. Laur.-Red. 9, B, n:o 117) ou de
Rugierone di Palermo {Canz, Vat, J7gs-, n:o XLVIIH), v. Monaci, Crestom.
I, 74; et il rime avec deue dans la 46 str. de la eh. D'amoroso paese, de Tom-
maso di Sasso di Messina {Canz. Laur.-Red, g, B, n:o 115; Val. jygj, n:o
21). En sicilien, l'on a, en effet, nivi dipartivi divi, et, dans l'anc. sie., mivi.
^ Au lieu de »rateso» que donne le Canz. Vat., lire raceso,
* Les mss. donnent che 7/ie ne consuma (avec des variantes d'ortho-
graphe). Je lis, au lieu de »mene», meue; et, comme l'octonaire parait etre
tres facile ä restituer presque partout dans notre chanson, je me demande s'il
ne faudra pas suppleer ici un dissyllabe, p. ex. che meue [iui/o] consuma.
T.c passage (Uffinli de la chans, Amorosa donna fina de R. d' Aquino, 91
parier et de regarder votre visage, la Grande Joie, aussi sou-
vent que je le voudrais . Aussi ai-je tant de soufifrances que
je ne les saurais point compter. Et dusse-je mourir en souf-
frant, je ne manifesterais ma passion ä personne au monde
— a moins que ce Montellois-ci, c'est-ä-dire votre serviteur, ne
vous en parlat ä vous, en chantant'.
C'est recherche, c'est guinde, c est tout ce que Ton veut,
mais c'est, j'ose le croire, acceptable pour le texte dont
il s'agit.
Pour arriver ä cette traduction, j'ai fait quelques legeres
modifications au texte traditionnel, et j'ai pris d'autres points
de ce texte dans un sens un peu autre que ne l'a fait
M. Scandone.
Vers 49. Dans le Lanr. (que je regrette de n'avoir exa-
mine qu'en passant, lors d'un sejour ä Florence) le premier
mot de notre stance semble etre ecrit elo, sans initiale, mais
avec un s ecrit en marge, en caractere petit. ^ II faut lire,
^ II y a (]uelque incertitude sur ce point. De X Indice de l'edition il
semble ressortir (cf. Pre/azione, p. XV) que l'ß initial de notre poesie a ete
supplee par une main posterieure ä B; dans le texte, l'editeur admet pour le
present cas un a minuscule gros, caractere dont la signification n'est pas indi-
quee dans la preface et qui n'est employe que jusqu'ä la p. 206 inclusive-
ment, c'est-ä-dire uniquement dans les canzoni, Quant ä celles-ci, et pour
ne m'en tenir qu'aux strophes initiales (les seules qui permettent une compa-
raison avec le registre), il est embarrassant de constater quelque inconsequence,
en vue de laciuelle on ne se rend pas facilement compte de la valeur exacte
de ces initiales en caractere gros. Ainsi, la chanson commengant, a la p.
190. par Anamoranza, se trouve dans V Indice sous Anamoranza et non pas
sous la legon traditionnelle La nanioranza . . .; au contraire, Liegramente canto
]). 205) et Vtora la dolze sperama (ibid.) ne se trouvent enregistres que sous
(1 et /; [a] Liegramente .. . et [tJVtota . . .; c'est dire que. dans le registre,
ces dernieres chansons se trouvent etre traitees de la meme fagon que Celles
dont l'initiale est imprimee dans le texte avec l'enigmatique caractere gros.
Quoi qu'il en soit — de Caix, ouvr. die, p. 257, il ressort que l'a- du vers
amorosa donna fina se lit dans le ms., ecrit en marge et en caractere petit
(par la main B ou par une posterieure ? je ne le sais pas) — , il faut admettre
qu'en general ces initiales, tantol copiees en marge, tantot laissees en blanc
par la premiere main, n'ont pas de chances de pouvoir toujours nous convain-
cre. Si le prototype commun, aujourd'hui introuvable, du \'at. et du I^aur. B
92 Oiva Joh. Tall_s;ren,
ou Selo, suppos6 que \s du prototype de Vat.-haur. repre-
sente la bonne legon, ou Kelo, Chelo\ c'est-a-dire, dans notre
vers, probablement Sei ou Kel. Scandone admet se en tete
du discours principal; en effet, 1' Italien ne repugne pas absolu-
ment, semble-t-il, ^ ä ces tours de phrase fort communs en
espagnol qu'on est habitue de voir exprimes d'ordinaire par
che. Dans Tun et dans l'autre cas, le sens sera celui-ci : 'c'est
que je n'aurais point ce bonheur-lä, sinon . . .'; et perche (v. 53)
aura la signification de 'a cause de quoi', comme par exemple
dans la premiere strophe de la eh. Assai credetti cielare ( Vat.
n:o XXXIX, Laur. n:o 121) et fort souvent d'ailleurs. Qu'on
ait ä faire ä un discours conditionnel subordonne ä un inter-
rogatif perche pato pene taute, ch'io non le poria contare?, cela
semble invraisemblable, car, si je ne me trompe, de pareilles
questions rhetoriques ne se rencontrent guere chez les lyriques
provengalisants. Le subjonctif fauesse) dans un discours prin-
cipal n'est pas frequent, mais doit etre admis comme possible -.
— V. 50. Au lieu du mot da qu'offrent les mss., je voudrais
lire di. On comprend facilement qu'un copiste a pu, apres
a porte Sello, il se peul encore ires bien que cet .S' ne represenle point ce
qu'ecrivit un jour Messer Rinaldo,
' Voy., par exemple, Vockeradt, Lehrbuch der ital. Sprache (Berlin, 1878).
p. 474; Tommaseo Bellini, Dizionario della lingua italiana {lS6l — 79), s v. Se,
article n:o LXXVII.
- II est vrai que dans la liueralure relative ä la langue des lyriques
italiens primitifs (Gaspary, ouTr. cite\ Caix, ouvr. iite\ Cesareo, La poesia
sidliana sotto gli Svroi, Catania 1894") je ne trouve qu'un seul exemple, indi-
que par Cesareo (p. 189), de l'emploi du subjonctif au lieu du conditionnel.
Mais donne par deux chansonniers bien heterogene^, Palat. 418 in:o 21, str. 5^
et Vai.jjgs (n:o LXXIII, str. 6; Cesareo n'indique que \g Palat), cet exemple
doit etre considere comme sur : .SV de lo suo parlare non mi fasse tanto fera,
dicesse alcuna cosa . . . solo per confortare (je fais abstraction de quelques varian-
tes d'orthographe), 'si eile ne gardait pas un si cruel silence envers moi. eile
dirait un mot pour me conforter'. — Encore le mot se. dans le cas du vers
49, pourrait-il peut-etre avoir ete substitue ä un ke originaire, tout simple-
ment parce que le copiste a lu le vers jusqu'ä la fin avant de le copier et
que, le moment d'apres, le mot final auesse est venu lui suggerer, gräce ä
cette forme, l'idee d'une proposition conditionnelle, je veux dire, d'une phrase
commencant par se. En somme, je crois que le temoignage des »deux» mss.,
sur ce point, nous laisse les mains libres.
f.e passa^e difficiU de la chans. Avtorosa donna fina de R. d' Aquino. 93
des mots signifiant ä peu pres 'je n'aurais pas de plaisir',
prendre un se non dt uoi au sens de 'si je ne Tai de vous'
et substituer a di un »da». — Fera-t-on de l'injustice aux
anciens poetes en supposant qu'un d'eux ait admis une tour-
nure de phrase aussi libre que celle-ci : non auesse ü sollazo
se non isguardare il uostro sembiante, je n'aurais pas le bon-
heur, si ce n'etait celui de vous regarder' ? Toutefois, j'ose
songer ä la possibilite d'admettre une forme verbale ignoree,
si je ne me trompe, par les paradigmes etablis jusqu'ici :
isguardare = ('sguardara') 'sguardasse, '-arem', laquelle, comme
sens, irait ici ä merveille: 'je n'aurais pas le soulas, si je ne
reoardais votre beaute', '. . . a nioins de voir votre beaute' '.
' l'our ce qui est de Texislence dune pareille tonne, dans le style
poetique ancien italien, je ne jjuis ni'en rapporter pour le moment. il esi vrai.
qu'ä deux exeinples un peu analogues, dont Tun eile par Gaspary [Sia/ia-
nische DichieiSLiuiIe, p. 187, note). Celui-ci se trouve dans un sonnet de Dante
da Maiano :
S'eo troveria — di niia disia — pielale,
Piü in dignitate — alzate — me tenire,
Che s'io avir(e) — dovire — lo'mperiato ;
— l)assage oü les formes ietme dovire sont expliquees par Gaspary comme
representanl tetma dovira — ienera dovera, »modifiziert dem schwierigen Reime
in jener Spielerei zu Liebe, wie alzaie für alzaio steht». L'autre exemple
serail ce seruire que je crois voir dans la derniere Strophe de la eh. Ttttio lo
iiionddo uiue sanza guerra {Tat. Jjgj, na) CXVl; du poeie sicilien
Folca(l)chieri di Siena ;
Dolcie madonna, poi ch'eo mi moragin,
Non trouerai chi si bene te seruire
Tutta tua volontate.
Ch'unque non uolli ne uolglio ne uoragio
Se non di tuto a fare a piacere
A la uostra amistate.
On est donc en presence des fonnes isguardare teniie dovire \o\x lenere dorere ■
la rime ne s'y oppose pas) seruire, toutes employees dans un meme sens. ä peu
pres; et il faut dire que, selon loule probabilite, lorsque nous possederons
enfin des editions critiques de la poesie primitive, on constatera que les cas
oü de telles formes paraissent entrer au jeu. sont plus nombreux que cela.
Quoi qu'il en seil, il me semble (|ue Ion a des motifs pour songer ä une
survivance possible, dans certains dialectes de l'Italie du XlII:e siecle, du
type morphologique a m a v e r o subsistant dans l'ancien roumain, dans le
macedonien, dans l'espagnol et le portugais (MeyerLübke, Grammatik der
94 Ohm yoh. Tnllgren,
— V. 52. La forme gioi est frequente. — Quelle personne
faut-il supposer comme sujet du verbe uolesse? Pour etablir
ma traduction, j'ai admis qu'il s'agit ici de la premiere per-
sonne; mais la phrase gagnera peut-etre en finesse, en esprit
chevaleresque, des que l'on prendra tiolesse au sens de la
3:^me: '. . . si l'on ne me laisse admirer votre visage, ma
grande joie, toutes les fois qu'elle (la Grande Joiel) veut bien
me l'accorder', ou bien encore '. . . admirer votre visage,
toutes les fois que la Grande Joie veut bien me le permettre'.
— Au vers 55, je trouve qu'il n'y a aucune difficulte a
admettre teile quelle la legon des mss. ned a nuW o. q. s.,
qui me parait donner un sens excellent correspondant ä un
des lieux communs de la poesie occitanique ^ — Le vers 58
est tres embarrassant. Qu'est-ce que c'est que cet u o\x v
precedant le mot montellese t M. Scandone lit, au lieu de
r«, un n, expliquant se non cste V/ montellese par 'si ce n'est
pas dans le patois de Montella' — Interpretation que Scandone
ne trouve pas solidement justifiee. L'autographe portait
peut-etre
sinun istumuntellisi,
d'ou, par une degeneration successive operee par les copistes
toscanisants, on a pu avoir a un moment donne
se non estv/nionlellese
-~- je suppose que \u a pu etre garde par une raison paleo-
graphique quelconque, par exemple ä cause d'une forme
speciale ou dune ecriture en surcharge, ou bien encore, tout
simplement, parce qu'un copiste toscan na naturellement pas
eu l'idee d'entreprendre de ces recherches geographiques qui
lui auraient ete necessaires pour savoir si un lieu du midi
s'appelle Montella ou »Umontella.« Este, on le sait, etait la
rotnan. Sprachen, II, p. 353 et la suiv.), ou peut-etre mieux encore ä celle de
ce aniarem qui existait Qarej dans l'ancien sarde logoud. et qui se relrouve,
inodifie par l'analogie, dans le dialecte moderne (ouvr. citi, II, p. 297).
' Voy. Gaspary, Süilianische Dühterschuk, p. 60 et la suiv. ; Cesareo,
La poesia siciliana sotto gli Svevi, p. 253.
l.e passngc (fi/fici/e de la chaiis, Aniorosa dontin fina de R. d' Aquino. 95
forme verbale representant est, employee dans le siciliano
illustre concurremment avec e, sinon ä Texclusion de cette
derniere forme, et cet este a ete, selon moi, introduit ici au Heu
du pronom esto i.stum, qui n'apparait qu'assez rarement, il est
vrai, mais que le copiste lui-meme vient d'admettre plus haut
dans notre poesie ^ Voilä comment je me figure que estu-
montellese a pu donner ä son tour este umontellese. Je crois
donc qu'il faut lire notre vers ainsi (dans l'orthographe gene-
rale de l'epoque des chansonniers):
se non esto Monlellese.
Cette legon cadre sans doute mieux dans la phrase que ne
le ferait la legon traditionnelle
se non este u[nj Monlellese,
laquelle, apres tout, ne parait pas beaucoup plus facile ä
expliquer au point de vue paleographique, etant donne qu'a
en juger par l'admirable edition diplomatique du chansonnier
du Vatican, il n'arrivait que tres rarement d'abrevier \n de
un, vn par un de ces traits horizontaux superposes ä la voyelle
qui pouvaient etre omis par inadvertance. — V. 59. uostro
seruentese doit bien etre pris ici au sens de votre serviteur' ^
et non pas dans celui du provengal serventes, comme le suppose
Scandone. — V. 60. lo se trouve assez loin du mot uoglia
pour etre justifie au neutre.
Je voudrais donc proposer pour notre Strophe la forme
suivante, la meme qui a servi de base pour la traduction
donnee plus haut:
C'he'l sollazo non auesse,
50. Se non di uoi lo senibiante
con parlatnenlo sguardare,
la gran gioi, quando uolesse.
perche pato pene tante,
chio non le poria contare.
* Voy. vers 40.
- 'Serviteur' est ce <|ue signifie seiiienlese dans la poesie Dispielutn
morie e Jera, au v. 34; voy. Monaci Cresi., p. 96 i^Vat. n:o 75).
96 IVa/fi-} O S/rent:,
55. Ned a null' omo che sia
la inia uoglia non diria,
douesse morir penando —
se non eslo Montellese
(cioe'l uostro seruentese)
60. a uoi lo dica in cantandc
Oiva Joh. rallgren.
Über das Fenster und dessen Namen im Französischen
und Provenzaiischen.
I Fenster, Dachfenster.
Sowie die Germanen liebten die keltischen Gallier das
Wanderleben. Da aus dem Altertum nur unsichere Nach-
richten über die Lebens- und Wohnungsverhältnisse der Gallier
vorliegen, kann nichts mit Bestimmtheit von ihren Bauten gesagt
werden. Wahrscheinlich ist jedoch, dass ihre Häuser oder
vielmehr Hütten denjenigen der alten Germanen nicht sehr
unähnlich waren. Die Wohnungen der letzteren konnten ohne
Mühe auf Wagen fortgeschafft werden und sie wurden sogar
in mittelalterlichen Rechtsbüchern zur fahrenden Habe gezählt.
Das Fenster an solchen Hütten, wenn es nicht ganz fehlte,
war wohl nichts anderes als ein kleines Loch, was auch sei-
ne germ. Namen zu bezeugen scheinen (vgl. ahd. ougatora
etwa »Augentor» und anord. vindauga »Windauge»).
Durch die Römer lernten die Gallier den Steinbau kennen
und mit ihm die römische Einrichtung der Fensteröffnung. Das
römische fenestra, das mit diesem Begriffe von den Galliern
übernommen wurde, bezeichnete ursprünglich, wie bekannt, die
Fensteröffnung in der Mauer, welche die Alten erst nur mit
Läden, Vorhängen oder Gittern versahen.
Als später Fensterscheiben aus Spiegelstein, dann ge-
schliffenem Achat oder Marmor, später aus Hörn und end-
Über das Fenster unii dessen Nnmen im Franz. und Frm'enz. 97
lieh aus Glas gefertigt wurden, ging der alte Name auf dieses
Ganze über. Somit bezeichnet das afrz. fenestre (gelegentl.
uiasc), nfrz. fenetre nicht nur Fensteröffnung, sondern auch
die zum V^erschluss dienenden Teile: die Glasscheiben, Holz-
teile u. s. w. Fenetre ist in allen Mundarten über ganz
Frankreich gang und gebe (vgl. Atl. linguistique, Fase. 12,
carte 549 A u. B), nur spärlich kommen andere Wörter vor.
Die im Wallonischen vorkommende Form finiesse (Defre-
c\\^\xy.^), fenyes^ fenes (Rmcl.-, Niederländer^), finies (Hor-
ning'*. vgl. Atl. ling.) setzt das altwall, feniestre, welches
unter anderem bei Body (Bullet, de la Soc. liegeoise 1863-65)
belegt ist, voraus. Als eine gewöhnliche Erscheinung bei
fenetre in den Mundarten mag die Metathesis des r [/erriete,
farmte, furnite bei Labourasse ^, ferniete Vermesse ^, freneste,
frineste, frieste Lespy-Raym."^; vgl. Atl. ling.) und die allmäh-
liche Abschwächung und der schliessliche Abfall der An-
fangssilbe [estro und dim. estrou bei Beronie^, estro Avril^,
n. Atl. ling. in B.-du-Rhone, Var, hiestra Duplan ^", hüstre
Lespy-Raym.) erwähnt werden. Auf einer Agglutination des
Wortes mit dem bestimmten Artikel (s. Nyrop, Gramm, hist.,
I. 489. 2., Rem.) beruht vielleicht die in Bearn belegte Form
arieste (»le parier vers la montagne», arrieste Ossau bei
Lespy-Raym.), oder hat man es hier einfach mit dem im Gase,
bekannten Vorschlag vor r- zu tun. Zwar kennt Atl. ling.
die Form nicht, und möglich ist, dass sie veraltet ist; sie
' Recueil de comparaisons populaires wallonnes (Bulletin de la Societe
liegeoise, II:e sehe, 9).
- Remacle (Rmcl.): Diction. wallon-frariQais. II:e ed.
■'' Die Mundart von Namur (Zeitschr. f. rom. l'hil. 24).
* Zur Kunde des Neuwallonischen (Zeitschr. f. rem. Phil. 9).
'" Glossaire abrege du patois de la Meuse, notamment de celui des
Vouthons. 1887.
* Diction. du patois de la Flandre fran^aise. Douai 1867.
^ Diction. hearnais analen et moderne. Montpellier 1887.
'* Diction. du patois du Bas-Limousin (Correze) etc.
" Diction. provengal-frangais.
'" Patois de Bigorre.
98 fVü/Ur O. Streng,
kommt aber auch bei Mistral ^ vor und ist unzweifelhaft mit
den auch daselbst vorkommenden y9'2<?j/'ö, /r/^^/*? (Mstrl., Lesp.-
Raym.), herteste (Lespy-Raym.), heriesta (Duplan) zusammen-
zustellen.
Neben fenestra wurde das lat. foramen »Öffnung»,
»Loch» in dem Vulgärlatein auch gelegentlich für »Fenster»
gebraucht (s. Du Gange "^), ist aber von dem ersteren zurück-
gedrängt worden.
Ganz natürlich war es, dass der Hauptzweck
des Fensters, nämlich die Erleuchtung, das Licht (vgl.
engl. Skylight), schon früh mehrere Namen für diesen Be-
griff veranlasst hat, Namen, die jedoch vor dem gewöhn-
lichen fenestra meistenteils zurückgewichen sind oder
nur eine spezielle Art Fenster bedeuten. Hier zuerst das
lat. lumen »Licht», metonymisch »jede Öffnung, wo Licht
eindringen kann» (Georges-^), dann »Fensteröffnung» und
»Fenster» im allgem.: »luminum spatia relinquere», Vitr.
(Georges), »nee alia lumina sive fenestrae poterunt
fieri in muro dictae masurae» (DG). Dieses lat. Wort so-
wie auch ein vulg. lat. clareira »fenestra, a clarere
sie dicta, quod praebet claritatem seu lucem» (DG.), an wel-
ches in diesem Zusammenhange gedacht werden kann, sind
als Bezeichnungen eines Fensters spurlos untergegangen.
Wohl von lat. lucem »Licht» und dem Adj. lucanus
»zum Tageslicht gehörig» (Georges) sind die vulg. lat. luca-
nar »foramen in domo» und lucern a, luquerna: In pariete
proprio vel communi nemo debet facere fenestram vel
lucernam» (DG.) abgeleitet. Auf diese sind wohl, trotz
einigem Bedenken*, das afrz. lucan[n)e, luquenne und nfrz.
* Lou Tresor döu Felibrige (Mstrl.).
* Glossarium mediae et infimae latinitatis (DC).
* Ausführliches latein. Handwörterbuch.
■* Nach Körting ist »jedenfalls» die Diez'sche Ableitung frz. /ucarne ( lat.
lue er na unhaltbar. Zwar bietet das afrz. luamne, welches die älteste Stufe
des Wortes (1261 bei Godfr.) sein dürfte, nicht geringe Schwierigkeiten; es
fehlt ja hier einerseits das r, und anderseits ist hier ein a statt lat. e. Dohc
kommt das \V. schon vom Anfang des folg. Jahrh.:s an mit r vor, und von die-
über das Fenster und dessen .Vaineii im Franz. und Prm'etiz. 99
lucarne (»alteration de l'anc. frang. lucane» etc., Dict. general,
Hatzfeld-Darm. -Thomas) zurückzuführen, wie es schon Diez
in seinem Wörterb. getan hat. Lucarne bedeutet bekanntlich
ein »Dachfenster» und tritt schon im XIII. Jh. auf (vgl. Gode-
froy), zu einer Zeit also, wo man nach VioUet-le-Duc' anfing
die Häuser mit hohen Dächern zu bauen, so dass oft mehrere
Stockwerke unter dem Dach angebracht werden konnten.
Zu demselben Stamme (etwa eine Ableitung von lu-
cubrum »schwaches Licht»? vgl. Körting) gehört vielleicht
— wenn nicht einfach an eine Agglutination mit dem be-
stimmten Artikel und einem Verbalsubstantiv von mundartli-
chem ouvrir zu denken ist — das wall, leuvrai »petite lucarne
donnant de la lunucre et de l'air aux fenils; une petite
Ouvertüre dans la toiture, recouverte d'une feuille cintree en
plomb ou en zinc. Dans les toits en chaume, le leuvrai est
recouvert de chaume» (Body, Vocab. des couvreurs en chaume
etc. in Bullet, de la Soc. lieg. lO — 12); dasselbe W. auch bei
Forir- belegbar. So selten diese Bezeichnungs weise für Fen-
ser Zeit ab werden die Belege bei Gdfr. bald mit r l)ald ohne r geschrieben.
In den Mundarten sind die Formen mit r ebenso häufig wie die ohne r.
Auch könnte man hier an die oft schwache Aussprache des vorkonsonantischen
r im Mittelalter denken (vgl. Nyrop, Gramm, hist., I. § 362). Was das a
des afrz. Wortes betrifft, könnte es vielleicht unter gelehrtem Einfluss von
Wörtern wie lucanus, lucanar erklärt werden; an einen ähnlichen Über-
gang wie im lat. per ) nfrz. par ist im XIII. Jh. noch kaum zu denken. Je
denfalls spricht m. E. die begriffliche Übereinstimmung der beiden Wörter
zu sehr für die Annahme einer Etymologie lucarne < lue er na, um diese Be
denklichkeiten hinsichtlich der Lautgestalt überwinden zu lassen.
Meyer (Zeitschr. f. rom. Phil. XI, 255) vermutet hier einen Zusam-
menhang mit deutsch. Luke, welches sich ja in den ausserromanischen
Sprachen sehr fruchtbar erwiesen; jedoch wirkt das Suff. an{n)e, -enne und
noch mehr das nfrz. -arne befremdend. Mit einem deutsch. Luke ist
dagegen unzweifelhaft das afrz. hiquet, lucquet zusammenzustellen, welches
Gdfr. mit »lucarne» erklärt, aber, wie es mir scheint, mit Unrecht, vgl.
näml. »- — — lucquet pour donner veue au celier» fPiece de 1593, s.
Gdfr.), wo lucquet etwa für >soupirail> steht.
' iJictionnaire' raisonne de l'.'Xrchitecture francaise du .\I:e au X\'l:e
siecle.
* Dict. liegeois-frangais. 1866.
lOO Walter O. Streng,
ster in der neueren Sprache auch sein dürfte, kommen auch
andere Ansätze in dieser Richtung vor: so z. B. sagt man ja
noch »pratiquer un jour dans un mur», »avoir des jours sur
la rue», wo jour etwa in der Bed. von Fenster gebraucht wird.
Ein jour^ journ wird auch gelegentlich bei Mstrl. mit »fenetre»
erklärt, was auch den Ausdruck jour de croto für »soupirail
de cave» erklärt. Hier sei gelegentlich das schriftsprachl.
abat-jour, egentl. das was das Licht niederschlägt (abattre)
dann »fenetre de prison» (Htzf.-D.-T.) erwähnt.
Dass es an bildlichen Bezeichnungen bei diesem Be-
griffe nicht fehlt, ist begreiflich: hat ja ein Haus sein Gesicht [la
face, Fasade), seine Stirn (die Fronte). Bald ist ein rundes
Fenster wie ein Auge (vgl. oben vindauga), die grosse, öde
Fläche des Giebels ringsum ist wie die aussergewöhnlich
breite Stirn eines Ochsen, das Bild ist da, und die Bezeich-
nung oeil-de-boeuf, oueilh de buou (Durrieux i), el-de-bioou (Gary-)
ergiebt sich von selbst; bald ist das Fenster wie der Mund,
und wir haben das afrz. bouchel, bouciau (Gdfr.) oder prov.
bouchal, boujal (Mstrl.) in der Bed. »lucarne», »oeil de boeuf».
In diesem Zusammenhang mögen auch das prov. gorgeo-de-
loup^ »fenetre pratiquee au toit d'une maison» (Avril), gorjo-
de-loup »lucarne» (Mstrl.) und das in Yonne belegte goulotte
»passage etroit, trou, petite fenetre» (Jossier Pere*) erwähnt
werden, obgleich wohl entstanden in Hinsicht auf die Enge
eines kleinen Dachfensters und also eigentlich nicht hierher
gehörend, wo von bildlichen Ausdrücken, bei denen das Auge,
der Mund massgebend gewesen, die Rede ist.
Aber nicht nur diese obenerwähnten Körperteile selbst
haben Bezeichnungen des Fensters hervorgerufen, auch die
' Dictionnaire etymologique de la langue gascoiine, 1901.
- Diction. patois-frang. ä l'usage du dep. du Tarn etc., 1845.
' In Languedoc kommt ein loup, lou in der Bed. »Fenster, Dach
tenster» vor: so bei Gary »lucarne», Couzinie (Dict. de la langue romano-
castraise, 1850): »loup» (I), »lucarne» und D'Hombres et Charvet (Dict. lan-
guedocien-fr., 1884): »louve», »petite fenetre, lucarne pour communiquer les
combles d'une maison sur les toits».
'' Diction. des pat. de ^^■onne, 1882.
Cbe7- das Fenster und dessen Namen im Franz. und Proz'em. loi
Eigenschaften, die diesen Körperteilen anhaften können,
scheinen zu neuen Fensternamen Veranlassung gegeben zu
haben. Mstrl. belegt in der Gironde in der Bed. »lucarne», ein
checo, cJieque, welches trotz seines befremdenden Zischlautes
im Anlaut vielleicht auf lat. caeca »lichtlos», »blind», das
schon in lat. Zeit in ähnlicher Bedeutung angewendet wurde
(vgl. das W. als Attribut z. B. bei spiramenta, foresu. dgl.),
zurückzuführen ist. Ein anderes Wort, das mit diesem in
begriftlicher Verbindung steht, ist das hauptsächlich im Südosten
des spez. französischen Sprachgebiets verzeichnete bornbtte
»lucarne» (Perrault-Dabot ^). Vergleicht man nämlich diese
Form mit den von Jossier Pere in denselben Gebieten beleg-
ten boirne, bornotte, borgnotte, bomotte, die bald mit »petite
fenetre», bald mit »oeuil-de-bceuf» und »lucarne» erklärt sind,
so liegt es auf der Hand, diese Ausdrücke mit schriftsprach-
lichem borgne in Verbindung zu bringen, und man hätte es
hier mit einem bildlichen Ausdruck zu tun, wobei an die
oft einzeln wie das Auge des Einäugigen vorkommenden
Dachfenster gedacht würde (vgl. auch schriftsprachl. fenetre
borgne^ schwed. blindfönster). Jaubert'-^ belegt ein boumotte
»trou de forme ronde, petite fenetre».
Weisen die zwei letztgenannten Wortgruppen auf Eigen-
schaften des Auges hin, so weisen die folgenden Benennungen,
falls ihre Herleitung richtig, was jedoch Zweifel unterworfen
ist, auf den Mund hin. Mistral leitet ein prov. baieto »lu-
carne d'un toit» von *bada (*badare nach Körting »den
Mund aufreissen, müssig gaffen») ab, das e aber wäre jeden-
falls unprovenzalisch. Ein in älteren wallonischen Mundarten-
wörterbüchern vorkommender Beleg ist weiter bawett (Rmcl.,
Forir, Mathelot, Vocab. de l'artisan magon in Bullet, lieg.
lo — 12), bazvette (Body, Voc. des couvreurs en chaume in
Bullet, lieg. 1866 — 68, 10 — 12), der mit »lucarne» erklärt ist.
Body definiert das Wort, ausser mit »lucarne», mit »ouverture
Lc patois bourguignon, 1897.
Glossaire du Centre de la PVance.
102 H^'aäer O. Streng,
par oü l'on peut dawi, regarder» und Grandgagnage ^ leitet es
von ahd. bei ton ab, welches vielleicht mit badare zusam-
menhängt. Unmöglich finde ich es nicht, dass sich bawette
von altfrz. baer entwickelt hätte, das hiatusvermildernde w
Hesse sich ähnlicherweise erklären wie z. B. in pouvoir aus afrz.
pouoir. In den von Labourasse (Meuse) belegten bawrette,
bawratte, bourotie wäre der Infinitiv noch deutlich zu er-
blicken.
Ist aber schon der Mund ein Vergleichungsobjekt, der
bei den volkssprachlichen Namenbildungen des Fensters selten
zur Anwendung kommt, so ist das Ohr es noch weniger. Nur
eine einzige Benennung des Fensters, die übrigens schon ver-
altet zu sein scheint, habe ich belegen können, bei der das
Ohr oder das Hören den Namen hervorgerufen haben dürfte.
Es ist das von Couzinie^ erwähnte aouzidos »fenetre, Ouver-
türe d'un clocher par oü le son se repand», eine Benennung,
wobei deutlich der Hauptzweck des Fensters oder der Fen-
steröffnung, hier die Beförderung des Glockenläutens, das
bessere Hören (audire) der Glocken, den Namen gegeben hat.
Vgl. hiermit afrz. oie, ouye in der Bed. »Luftloch in einem
Keller»: »petite ouverture pour aerer un lieu quelconque, et
principalement les caves», »«« ouy de cave-t> Arch. Vienne,
Poitiers 1741 (s. Gdfr.), und das mundartliche W. unter »Kel-
lerloch».
Ein bildlicher Ausdruck, den die äussere Form des
Fensters dem bildreichen Wortschatze des Volkes entlockt
hat, ist noch gase, luno, luo »Mond», hier »trou rond ;
fenetre ronde, oeuil-de-boeuf» (Mstrl.). Die dim. Form dieses
Wortes findet sich bei Lespy-Raym. in der Bed. »petite lu-
carne» : Sien feites dues fenestres . . . e dessus luetz un o
dus» (»Artistes en Bearn», texte bearnais, cit. v. Lespy Raym.
unter /a^, tuet). Vgl. mit dieser Form bei Mstrl. luneto, lueio
und die Bed. des Wortes luneto de croto »soupirail de cave».
* Diction, de la langue wall., 1845.
* Diction. de la langue romanocastraise ei des contrees Jimitro-
phes, 1850.
C'bei- das Fevste?- und dessen JVatnen im Franz. und Prcmenz. 103
Eine Art Bedeutungsverschiebung von dem Fenster be-
grifflich naheliegenden Gegenständen liegt in folgenden
wohl veralteten Benennungen eines Dachfensters vor: nach
Body (Vocab. des couvreurs en chaume, en ardoise etc. in
Bull, de la Soc. lieg, lo — -12) wird larmire für »lucarne du
toit» gebraucht. Das W., welches gewöhnlich männl. ist,
kommt ausser in diesem Beleg auch mundartlich weiblich vor
und bedeutet überall im Osten Frankreichs, wo es vorkommt,
>soupirail de cave» : so wall, larmire (Kinable^), lothr. larmier
(Haillant-), fr.-comt. (Monnier^, Poulet^), champ. (Baudouin •'^,
Tarbe^), Saöne-et-Loire (Fertiault '^), Lyon (Puitspelu ^). Es
läge an der Hand eine Bedeutungsverschiebung von »Luft-
loch im Keller», »Kellerfenster > zu »Dachfenster» anzunehmen
— eine Verschiebung in entgegengesetzter Richtung kommt
auch vor: so definiert z. B. Avril die Bed. des Wortes lu-
carno folgendermassen : »Ouvertüre que l'on fait pour donner
de l'air ou du jour ä une cavt\ ou a quelque autre lieu Sou-
terrain — , doch wäre es vielleicht auch nicht unmöglich diese
Bedeutungsverschiebung näher an den Ursprung des Wortes
zu setzen, wenn nicht gerade an das Auge, woraus die Trä-
nen [lärme] fliessen, so doch an die Dachrinne oder das
Loch^, wodurch das Traufwasser hinabfliesst; beide, sowohl
Dachfenster als Dachrinne, haben jedenfalls eine ähnliche
' Glossaire technologique wall.-frang. du metier des brasseurs (Bullet.
de la Soc. lieg. II. 13.).
* Essai sur un patois vosgien (Annales de la Soc. d'emulation du de-
partement des Vosges, 1885 — 86).
* Vocab. de la langue rustiqne et populaire de la Sequanie. 1857 58.
* Essai d'un vocab. elymol. du pal. de PlancherlesMines (Haute-
Saone), 1878.
'" Gloss. du pat. de la Foret de Clairvaux, 1886.
* Recherches sur l'histoire du langage de Champagne, 1851.
'' Dict. du langage popul. verduno-chälonnais (Saöne-et-Loire), 1896.
* Dict. etymol. du pat. lycnnais, 1887 — 90.
'' 11 n'est pas douteux qu'ä l'origine /e larmier ne füt un trou destine
ä evacuer les eaux d'une toiture ou d'une terrasse. Le sens s'est ensuile
etendu ä des trous qui n'avaienl pas la meme fonction, tels quun soupirail
de cave» (Puitspelu).
I04 IVaiter O. Streng,
Funktion, das erste hinsichtlich des Lichts und der Luft, die
letztgenannte hinsichtlich des Wassers. Eine Verschiebung
dieser Art scheint übrigens das afrz. levier in der Bed. »lu-
carne» (Gdfr.) zu beweisen, falls dieses Wort, wie leicht zu
vermuten, als eine mit dem bestimmten Artikel verschmolzene
Form des evier »Gussstein» (von runder Form oder mit einem
runden Loch versehen?) aufzufassen ist; hat sich nämlich aus
afrz. urspr. » Gussstein » ein Dachfenster (!) entwickeln können,
so liegt die Annahme einer Verschiebung von »Dachrinne»
zu »Dachfenster» näher.
Eine andere Benennung des Dachfensters, die ihren
Ursprung einer Bedeutungsverschiebung verdankt, ist das
gase, arquere^ »petite fenetre, lucarne» (Lespy-Raym.); in
derselben Bed. auch bei Mstrl. [arquieiro, archiero) und
D'Hombres-Charv. '^ [arquiHro). »Ce mot vient de son
ancienne application aux meurtrieres par oü tiraient les
archers qu'on nommait arquiesf (D'Hombres-Charv.). Das
W. hat mithin ursprünglich eine »Schiessscharte» bedeutet
(vgl. unter archeria bei DC), und die Form der Schiess-
scharte habe also die neue Verwendung veranlasst. Die Ver-
schiebung von »Schiessscharte» liegtauch vor im wall, bäbecina:
li chet k'e gripe so l'teü po \ bäbectnn — le chat est monte
au toit par la lucarne» (Forir), bäbhine (Recueil de comparai-
sons pop. wall, par Defrecheux. Bull, de la Soc. lieg. IL, ser. 9),
habecine (Body: Voc. des charrons, charpentiers etc. Bull. 1863,
1865 und Id.: Voc. des couvreurs en chaume etc., s. oben)
und bab-et-sinn (Rmcl.). Das W. bedeutet überall »lucarne,
Sorte de petite fenetre pratiquee au toit pour donner du jour
aux greniers, aux chambres du comble» (Rmcl.) und geht
nach Grandgagnage auf ein altwall, babescine zurück, in
Namur barbakene, welches wiederum ein arabisches Lehnwort
bärbakkhaneh »galerie servant de rampart au devant
^ Bei Du Gange: archeria »fenestricula obloiigior in urbium castro-
rumque muris». Wohl rekonstruiert. Littre hat noch archiere in der Bed.
»lucarne», das W. scheint aber schriftsprachlich veraltet zu sein, in der letzten
Ausgabe des Dictionnaire de l'Academie findet sich das \V. nicht mehr.
' Dict. languedocien-frang., 1884.
über das Fenster und dessen Namen im Franz. und Provenz. 105
d'une porte» (Ziemann: Mhd. Wörterb. nach Grdgagn.) sein
dürfte. Über die Bedeutungsverschiebung und Bed. des schrift-
sprachlichen barbacane »fenetre longue et etroite dans les
eglises du moyen age» s. Dict. general, Hatzf.-Darm.-Th. Ausser
im Wall, kommt das W. in der obenerwähnten Bed. meines
Wissens in den Mundarten nicht mehr vor. Tbibault (Gloss.
du pays blaisois) belegt zwar ein männl. barbecain »lucarne»
(ein älterer Beleg barbequin aus dem Jahre 1616 findet sich
auch bei ihm), doch wäre ich geneigt eine gewöhnlichere Ver-
wendung des Wortes in dieser Bed. zu bezweifeln. Das von
Atl. ling. unter fenetre in den Alpes-Maritimes verzeichnete
bärkä (ß bezeichnet ein betontes offenes ä) kommt auch bei
Andrews (Vocab. frangais-mentonais) vor, wo barcan männl.
und mit »fenetre» erklärt ist. Unzweifelhaft hat man es hier
nur mit einer volkssprachlichen Verkürzung des obenerwähn-
ten barbacane in dessen männlicher, nasal auslautender Form
(vgl. oben barbecain) zu tun.
Eine Bedeutungsverschiebung von dem zum Dach
gehörigen zum Dachfenster liegt bei schriftsprachli-
chem mansarde »fenetre pratiquee dans la partie presque
verticale du toit a comble brise» vor, welcher letzt-
genannte Begriff »gebrochenes Dach» wie bekannt seinen
Namen mansarde dem berühmten Architekten Mansard
verdankt. Auch faitiere (von faite »Firste»), früher wohl
lucarne faitiere, jetzt oft allein für sich: »lucarne pra-
tiquee dans le toit etc.» gehört hierher. Vgl. eine ähn-
liche Wortbildung beim finnischen lakeinen: ursprünglich
das zur Decke gehörige, die in den primitivsten Wohnun-
gen der Finnen, den .sogenannten kota, in der Decke (finn.
laki = Decke) befindliche Öffnung, durch welche der Rauch
hmausging, später eine Luke oben in der Wand unmittelbar
unter der Decke, eine Luke, die zu demselben Zwecke
diente wie früher. Dass dieses finn. W. lakeinen gerade
für Fenster oder Dachfenster irgendwo gebraucht wäre,
wüsste ich nicht; jedoch dürfte die Annahme nicht allzu ge-
wagt sein, dass in den ursprünglicheren Verhältnissen diese
in der Wand angebrachte Öffnung nicht nur als Abzugsloch
sondern auch als Fenster angewandt worden sei, und' dass
io6 Walter 0. Streng,
auch ihr Name die mit einem zuzuschiebenden Laden ver-
sehene Fensteröfifnung bezeichnet habe.
Wir kommen jetzt zu den Fensternamen, die durch eine
Bedeutungsverschiebung pars pro toto hervorgerufen sind.
Hier kommen natürlich die drei Hauptteile des Fensters :
der Rahmen, das Kreuz und die Scheibe in Betracht. Der
Fensterrahmen, n^r?.. chassis (capsicium aus lt. capsa »Be-
hältniss» Georges), liegt dem pikardischen Ausdruck cassis
»fenetre», auch »carreau de fenetre» zugrunde. Das W. ist
nach Atl. ling. (unter fenetre) auch nur in der Picardie, nämlich
im Departement Somme anzutreffen, wo es in zwei Formen
kast [kasi], kas^ (Suff, -inum) vorliegt. In diesem Zusammen-
hang sei kurz auf eine Bedeutungsspezialisierung »Einschnitt»
(z. B. in die Mauer) — Öffnung. Fensteröffnung (Fensterrah-
men) — Fenster bei dem afrz. entaille »fenetre» hingewiesen.
Der vom Kreuz [croix < c r u c e m) umfasste Raum,
die mit dem Kreuz versehene Öffnung (Fen.steröffnung) und
schliesslich das Fenster iaberhaupt, oder vielleicht richtiger —
gleichwie »das zusammen (simul) gelegte» *assimulata
eine assemblee »die versammelten Leute», »die Versammlung»
ergeben hat — das zum Kreuz gelegte, die ein Kreuz bil-
denden Stein- oder Holzteile des Fensters, das Fenster selbst,
eine derartige Bedeutungsverschiebung muss dem schrift-
sprachlich vorkommenden Ausdruck croisee in der Bed. »Fen-
ster» vorausgesetzt werden. Schriftsprachlich dürfte das W.
in dieser Bedeutung hauptsächlich nur in der Poesie ge-
bräuchlich sein, mundartlich ist es neben f£?tetre die ver-
breitetste Bezeichnung für Fenster. Es ist über ganz West-
und Nordfrankreich neben fenetre belegbar — auf dem prov.
Sprachgebiet nur im Gascognischen (dep. Gers, Landes, Lot-
et-Gar., Gironde) — und kommt auch spärlich im Osten vor,
so in den Dep.:s Marne, Meuse, H. -Marne, C.-d'Or, Saone-
et-L., Nievre, Yonne u. Loiret (vgl. näheres Atl. ling.). Die
mundartlichen Belege in Atl. ling. zeigen überall, auch auf dem
obenerwähnten gascogn. Gebiete^, eine Form, die auf eine späte
' Die lautregelmässige Form crotz (crucem) weisst der altbearnesische
Beleg crotseya »fenitre en croix > (Lespy-Raym.) noch auf.
über das Fenster und dessen Namen im Franz. und Provenz. 107
Entlehnung aus der neufranzösischen Schriftsprache deutet!
so ist die erste Silbe gewöhnlich mit kriva- (selten mit krwe-)
bezeichnet, eine Aussprache, die in der Schriftsprache höchstens
in das 15. Jahrhundert zurückreicht (vgl. Nyrop, Gramm,
hist., I. § 160).
Die dritte pars pro toto war, wie gesagt, die Scheibe.
Schon die Römer hatten für Fenster eine derartige Benen-
nung: specular oder specularia, eigentl. »Fensterschei-
ben» aus einem durchsichtigen Stein, Spiegelstein lapis spe-
cular is, »der sich in dünne Blätter teilen lässt» (Georges),
dann das ganze Fenster selbst. In der vulg. Sprache bedeutet
specular schon »vitrea fenestra» (DC). Dass aber das \^/ ort
specular für Fenster überhaupt, nicht nur speziell für Fen-
ster mit Scheiben aus Spiegelstein angewandt worden ist,
scheint die Hinzufügung eines Adjektivums wie corneum (s.
Georges) zu beweisen. Das W. ist auf dem gallo-romanischen Ge-
biete, soviel ich weiss, für unseren Begriff verloren gegangen. Auch
ein fenestra Cornea oder specular corneum findet sich im
Galloroman. nicht weiterentwickelt. Darf man vielleicht schon
daraus schliessen, dass die Zeit der Fensterscheiben aus
Spiegelstein und Hörn, wenn derartige Fensterscheiben auch
mit dem Bauwesen der Römer nach Gallien gekommen wä-
ren, jedenfalls nicht lange gewährt hat, und dass diese primi-
tiveren Scheiben als weniger zweckmässig schon früh von den
Glasscheiben verdrängt worden sind? Das lat. vit rum »Glas
als durchsichtige Masse» fing in der vulg. Sprache an
den aus dieser Masse verfertigten Gegenstand, sowie die
Fensterscheibe zu bezeichnen; die Verwendung der Fenster-
scheibe schlechthin für Fenster liegt aber nahe, und beson-
ders nahe in der Volkssprache, wo mit dem Fenster vielleicht
die einzige Scheibe gemeint wird. Eine derartige Bedeutungs-
verschiebung: Glas als Fenster, kommt auch im Finn. vor,
wo ich oft last (oder klasi ; schwed. glas) für Fenster im
allgem. gehört habe. Du Gange übersetzt schon vitra mit
»fenestra vitrea». Diese pars pro toto kommt noch in einigen
Mundarten vor, so belegt Delboulle * aus der Norm, ein vitre
Glossaire de la Vallee d'Yeres. 1876.
io8 H'nltcr O. Streng.
in der Bed. »fenetre d'une maison» (in Atl. ling. findet sich
ein Beleg zilt[r) ausser in den norm. Dep :s Calvados u. Seine-
Inf. noch in Marne und auf dem. wall. Geb.) und Vayssier '
bitro »fenetre avec carreaux de verre». Umgestaltungen des
Wortes durch Suffixe hat es mehrere als Bezeichnungen für
Fenster gegeben, so afrz. verial'^ »fenetre vitree (Gdfr.; Suff,
-ale), yN2\\. vitrinn (nfrz. vitrine; Suff, -ina) »sorte de fenetre
en saillie» (Rmcl., Forir), bürg, voreire »fenetre vitree»
(Mignard-^; Suff, -aria; vgl. schriftspr. verriere »fenetre ornee
de vitraux peints» HDT.), pic. voisiere? (Corblet ■*), alles For-
men, die wahrscheinlich schon veraltet sind, wenigstens kom-
men sie im Atl. ling. nicht mehr vor.
Eine eigentümliche Bezeichnung für Dachfenster ist das
schriftsprachliche iabatiere, welches eigentl. eine Tabaksdose
— daher auch früher tabaquiere aus /rt^^^c (span. tabaco) — ,
eine Tabaksdose, deren Deckel mit Angeln befestigt ist,
bedeutet, dann eine Fensterscheibe, die, einseitig befestigt, ähn-
licherweise zu öffnen ist, und dann das ganze Fenster.
Kleines »Viereck» (quater nio.^) wird kurzum das Dach-
fenster in der Champagne und im Dep. Yonne benannt, wo For-
men wie cairriiau. «r^r«^«« (Jossier Pere ; Suff, eil um), querniotte
(Tarbe, Saubinet'^; Suff, -ottum) belegt worden sind (vgl.
schwed. ruta »Viereck», »Fensterscheibe» für Fenster).
Zuletzt sollen einige Fensterbenennungen erwähnt wer-
den, die ihren Ursprung der Mode, dem Baustil eines gewis-
sen Volkes oder Landes, einer gewissen Stadt verdanken und
deshalb aus dem Namen des Volkes oder der Stadt gebildet
sind. So erklärt sich das in Saone-et-Loire belegte flamanche
»lucarne d'un grenier, petite fenetre d'une mansarde» (Fertiault),
* Dict. patois-frang. du departement de l'Aveyron, 1879.
■^ veriale: >Mandamus quod in Omnibus parietibus seu domibus
— — . — factis seu faciendis numquam fiat hostium, vel fenestra, vel ve-
riale» (DC).
* Vocab. raisonne et conipare du dialecte — — — de Bour-
gogne, 1870.
* Gloss. etymol. et comparatif du pat. picard, ancien et mod., 185 1.
* Vocab. du bas langage remois, 1845.
l'her ,1ns Fenster und dessen Valien im Franz, und Prorenz. 109
dasselbe auch bei Perrault-Dab.: »terme de construction, fe-
netre ä saillie hors du toit, suivant la mode ßamandcA (»La
chose et le mot sont probablement une importation faite en
Bourgogne au temps des ducs» Perr.-Dab.).
Nach DelbouUe benennt man in Vallee d'Yeres ein »fe-
netre percee dans le grenier d'une maison» mit belle-voisine.
Unzweifelhaft dasselbe W. wie das afrz. Adj. belvoisin, bial-
voisin, biauvisen, welches Gdfr. mit »fabrique ä Beauvais, ä la
mode de Beauvais» erklärt: ^une fenestre biauvisenne^ (1304.
Trav. aux chat. des c:tes d'Art., s. Gdfr.). Vgl. mit diesen zwei
zuletzt erwähnten Fensterbezeichnungen das wall, attique (»terme
de menuiserie, chässis d'imposte; la partie immobile d'une
fenetre qui se trouve au-dessus des deux vantaux» bei Body,
Voc. des charrons, charpentiers et menuisiers in Bull, de la
Soc. lieg. 1863, 65), welches seinen Ursprung wohl einem Bau-
stil mit attischen Pfeilern besonders an den oberen Teilen
eines Gebäudes verdankt.
Ein deutsches Lehnwort ist das in der frz. Schweiz be-
legte vouapa, vapa »fenetre en verre peint», welches wohl
dem deutschen Wappen entstammt: »sur ces vitraux sont
ordinairement peintes les armoiries du maitre de la maison
ou de ses amis, qui lui ont fait cadeau d'une fenetre peinte,
quand il a bäti sa maison» (Bridel, Gloss. du pays de la
suisse rom. in Mem. et documents publies par la Soc. d'histoire
de la Suisse rom. XXI).
Ein Bodenfenster oder vielmehr eine einfache Luke be-
zeichnet ^gerbtere» in einigen Mundarten, so guerbiere in
der Normandie, (Moisy ^ Metivier 2), \o\}m . jerblr (^o\[^wA\ j eul-
bire, jeurbire (Jaclot^), BasMaine jerbyer (Dottin°), welche
entweder so zu erklären, dass durch diese Luke »on fait
passer les gerbes» (Dottin) oder da.ss sie »etait bouchee de
gerbes» (Metivier; »A Guernesey guerbiere est le nom que
' Diel, du patois norniand (region centrale), 1887.
- Dict. franco-norm. (Guernesey), 1870.
* Vocab. du pat. du pays messin (Romania 1873, 1876).
* Vocab. patois du pays messin, 1854.
* Gloss. du Bas-Maine, 1899.
HO Walte?- O. Streng,
Ion donne ä la fenctre, bouchee de gerbes, d'un grenier a
foin» Moisy).
Unklar sind folgende Benennungen eines Fensters, resp.
Dachfensters: Bas-Maine kdnuf [e ^ e »moyen»; u = u fr.;
/^=ch fr.) »lucarne» (Dottin), \X.?i\. balueri ^., balüarda »finestra»
(Nigra in Arch. glottologico III. 53), savoy. Iwhi m. »petita
lucarne, cjeuil de bceuf» (Const.-Desorm. \ Sequanie, Franche-
Comte tchafa »lucarne» in Montbeliard (Monnier) und ital.
b{:ra, büra (Atl. ling.).
II. Kellerfenster. Kellerloch.
Das Kellerloch dient hauptsächlich als Dunstloch, Ab-
zugsloch, in zweiter Linie kommt auch die Bedeutung des
Kellerlochs als »Lichtloch» in Betracht. Kein Wunder des-
halb, dass auch jener Begriff eine bedeutende Rolle bei der Na-
mengebung eines Kellerfensters gespielt hat. Schon die Rö-
mer hatten ihr spiraculum »Luftloch» aus spirare »at-
men, hauchen» gebildet, ein Ausdruck, der im Afrz. sowohl
in erbwörtl. Form wie espirail [spiral] als gelehrt spiracle^
beide in der Bed. »Kellerloch», vorkommt. Ein spiracu-
lum lebt in dieser Bed. auch im Prov. (Altprov..?) fort: espirai
(Mstrl.), spiray (Andrews'^), espiralh (Duplan). Auf *spirale
(aus spirare) gehen Formen wie espirau, espirai [bespiral,
respiral bei Mstrl.; vgl. sp. respiradero) zurück.
Neben lat. spiraculum aus spirare ist wohl schon
früh aus suspirare »ausdunsten» ein *suspiraculum ge-
bildet worden, welches als Grundwort für die gewöhn!, schrift-
sprachliche Benennung soupiraü » Kellerloch y> vorausgesetzt
werden muss. Dasselbe auch im Prov. belegbar: lang, sous-
pirail (Gary), gase, soupiralh (Duplan) in derselben Bed.
War hinsichtlich des lat. spiraculum schon das »Aus-
dunsten» der massgebende Faktor bei der Benennung des
Begriffes, so zeigt sich dieser Faktor in noch mannigfaltigerer
' Diction. savoyard, 1902
- Vocab. frang.-mentonais, 1877.
j
über das Fenster und dessen Namen im Franz. und Prwenz. iil
Weise bei den neueren Benennungen lebendig. Bevor wir
aber zu diesen kommen, mögen einige andere Benennungen
des Begriffes erwähnt werden, denen eine einfache Bedeutungs-
spezialisierung zugrunde liegt. So wird kurzum mit »Loch»
das Kellerloch benannt: traou »soupirail»^ in Provence (Avril),
afrz. pertuis »soupirail» (Gdfr.), und endlich das im Norden und
besonders im Osten gewöhnliche larmier, wovon oben näheres
unter »Fenster». Ein »Loch» liegt vielleicht, obgleich das
Etymon dunkel ist, noch folgenden Wörtern zugrunde: norm.
buette »Ouvertüre pour laisser penetrer le jour dans une cave»
(DelbouUe), wall, bo'etter (vielleicht richtiger mit wall, bawette
zusammenzustellen) »soupirail» (Sigart^). Ein buette könnte
als Weiterentwicklung von buhot »camini spiraculum» (DC.)
aufgefasst werden, welches wiederum nach Littre eine dimin.
Form von (^«zr^buga »trou» sein sollte. Das W. wäre
somit aus germ. buk (vgl. bei Körting ital. buca »Loch» unter
diesem W.) abzuleiten. Zu demselben Stamme buk müsste
man vielleicht auch bwelö, Bas-Maine, in der Bed. »soupirail»
(Dottin, Suppl.) zurückführen.
Zwischen dem Begriff »Loch» überhaupt und spez.
»Dunstloch» hegt das Loch, wovon überhaupt etwas ausgeht:
champ. essort »soupirail de cave» (Saubinet, Tarbe), afrz.
essort : fit et assit une croisee de fer sur l' essort cCune cave
etc. (1431, Arch. legisl. de Reims L 506. Gdfr.); das Loch,
wovon etwas ausströmt, ausstrahlt: wall, rayelle »sou-
pirail» ist unzweifelhaft von lat. radiäre (radius) »strahlen»,
afrz. raiier »strahlen, strömen» (Körting) abzuleiten (vgl. frz.
rayere »Wasserleitungsrohr»).
Das Kellerloch als »Luftloch» : gase, eiriau, airiau, lim.
eirial, lang, airial »soupirail» (Mstrl.; etwa < lat. aeriale,
aer »Luft»); als »Windloch»: afrz. esventail »soupirail» (Gdfr.)
und gelegentl. ventülon (id.); als »Hauchloch», »Dunstloch» :
prov. alenadou »soupirail» (Mstrl; <( vulg. lat. *halena, viel-
' Das Beispiel Avrils lässt aber eine Spezialisierung gar nicht vermu-
ten, hier xvixaX. traou nur »Loch»: utraou que douno d'er ä uno crotto» (Avril).
''■ Dict. du wallon de Mons et de la plus grande partie du Hai-
naut, 1870.
I 12 Walter O. Strens:, (""her iL Fenster u. dessen Natnen im Franz. u. Prm^ena.
leicht eine Kontamination von halare »hauchen, ausdünsten»
und anhelare »atmen»).
Bei allen Benennungen eines »Kellerfensters», die bis
jetzt berührt worden, wenn wir von den ßedeutungsspeziaii-
sierungen von »Loch» absehen, ist das »Dunstloch», »Ab-
zugsloch» bei der Namengebung charakteristisch gewesen (vgl.
finn. ibnareikä, henkireikä). Ganz unbedeutend ist aber auch
nicht der Einfluss derjenigen Begrifife auf die Bezeichnung
eines »Kellerlochs» gewesen, die mit der Beleuchtung zu.sam-
menhängen. Hier das pik. eclair »soupirail» (Corblet; vgl.
unter »Fenster» vulg. lat. clareria), hier jotir de croto »sou-
pirail de cave» (Mstrl.; vgl. unter »Fenster») und einige eben-
falls vereinzelte Benennungen, die mit der l^eleuchtung ver-
wandte Begrifife bezeichnen und schon unter »Fenster» erwähnt
s\nd: fenestroun »soupirail» (Avril; eigentl. »kleines Fenster»;
dim. Sufif. -onem) und lucarno (daselbst; vgl. unter larmier
unter »Fenster»).
Unter den bildlichen Ausdrücken kommt auch hier der
Mund in Betracht, mag dann die äussere Form oder die
Funktion des Mundes, das Trinken — das Luftloch »trinkt»
die Luft herein — Vergleichungspunkte mit einem Abzugsloch
eines Kellers geliefert haben: prov. boujau (gase), /?ouja/ (lang.,
lim.), bouchal (gase.) »soupirail d'une cave» (Mistral, Vayssier),
afrz. boucati (Gdfr.), vgl. das W. unter »Fenster». Auf ein
»trinken» (lt. bibere) muss vielleicht gase, beyriäl [beyro]
»soupirail, ouverture etroite pratiquee aux caves etc. pour
donner un peu d'air ou de jour» zurückgeführt werden, oder,
was mir annehmbarer scheint, liegt hier das obenerwähnte
vulg. lat. veria le, etwa »Glasfenster» (das anlautende <^ unter
spanischem Einfluss), zugrunde, eine Annahme, die um so mehr
plausibel erscheint, da ja auch das afrz. W. in dieser Bed.
vorkommt: le suppliant s'en entra dedans la cave .... par
ledit verial etc. (Gdfr.).
Wir haben oben unter »Fenster» das afrz. oie, ouye
und ouy de cave erwähnt (ein ouie de cave belegt auch Moisy
in der Bed. »soupirail pour eclairer et aerer les caves .sous
terre»). Die äussere Form dieser Wörter Hesse sich durch
ff'. Söderhjdfu, Note sur un manuscrit des Exempla de yaajues de Vitry. I13
ouir (lt. audire) erklären, und wir hätten es hier mit einer
Benennung zu tun, wo das Luftloch des Kellers oder dessen
Funktion mit einem Ohr oder der Funktion desselben ver-
glichen würde. Vielleicht ist aber das in Blois von Thibault ^
belegte ouis »petite Ouvertüre qui sert ä Paeration d'une cave»
dasselbe W. wie ouie oben; jenes ouis, welches Th. auch in
der Form, houis verzeichnet, ist wiederum unzweifelhaft von
lat. *ustium »Tür» abzuleiten; somit läge hier eine Be-
deutungsverschiebung von Tür zu Fenster und weiter zu
Kellerfenster, Kellerloch vor (vgl. portug. janella »Fenster» <
januella, dim. lt. janua »Tür»).
»Der kleine Mond» heisst das Kellerloch in der Gascogne :
luneto de croto (vgl. luneto oben unter »Fenster»).
»Kleines Viereck»: cairniau, carniau neben »lucarne» auch
»soupirail» (Jossier Pere; vgl. oben »Fenster»).
»Schiessscharte»: lang, arquieiro neben »lucarne» auch
»soupirail» (Mstrl., D'Hombres-Charv.; vgl. oben »Fenster»).
Puitspelu belegt ein W. furignon »larmier de cave» und
leitet es von fitro »füret» (?) ab: -»furignon = trow par oü
passe le füret».
Afrz. buse, buise »conduit, soupirail» (Gdfr.) und fr.-comt.
bieno (?) »soupirail» (Monnier) sind unklar.
Walter 0. Strenp\
Note sur un manuscrit des Exempla de Jacques de Vitry
Dans le Catalogue des manuscrits de la Bibliotheque de
V Arsenal, par H. Martin, on apprend que le manuscrit lat. 1 100
(100 H. L.) contient comme dernier numero un recueil
d'exemples de la Disciplina Clericalis de Petrus Alphonsi. "^
Ce recueil commengant au f:o 65 et le manuscrit comprenant
' Gloss. du pays blaisois, 1892.
- T. II, 1886, p. 279. »N:o 6 f:o 65. Exempla quedain ex libris
Petri Alfonsi. f:o 96 v" — 97. Tahula exemplornm.»
114 ^- ^öderhjelm^
en tout 96 f:os, on s'attend par suite ä trouver ici une copie
complete du livre du juif espagnol, si repandu pendant le
moyen age. Or, il n'en est rien. Les exemples tires de la
Disciplina ne sont qu'au nonibre de cinq ^ et ne s'etendent
qu'au f:o 68 r:o. La suite est une collection d'exemples tiree
du recueil des Sermones vulgares du celebre predicateur
Jacques de Vitry [\ 1240). On n'a pas besoin de confronter
les textes pour constater ce fait, car on lit ä l'endroit precite:
IncipiufJt quedam exempla que narrat niagister iacobus de
viteriacho (ou plutot viteuiachd) in sermonibus suis.
C'est probablement a cause de cette Omission dans le
catalogue que le manuscrit n'a pas ete nomme par l'editeur
des Exempla, T. F. Crane ^. Lecoy de la Marche, qui dans
son livre La Chaire fran^aise au moyen äge ^ donne une
liste des manuscrits de Jacques de Vitry, ne le mentionne
pas non plus. Cela n'est vrainient d'aucune importance, le
manuscrit en question datant, selon une annotation ä la fin,
de l'an 1418 et le choix des exemples qui s'y trouve etantä peu
pres le meme que dans un autre manuscrit connu, et plus ancien,
celui de la Bibliotheque Nationale de Paris, fonds lat. 18134*.
Comme ce manuscrit, le nötre contient d'abord toute une suite
d'histoires qui ne sont pas de Jacques de Vitry: sur 105
exemples il y a 39 etrangers ä notre auteur et 66 qui peuvent etre
identifies avec des chapitres de l'edition de Crane. Mais le
fait merite d'etre signale, d'abord pour la constatation de
l'existence d'une autre copie du ms B. N. 181 34 et ensuite
pour ne pas induire en erreur ceux qui cherchent des traces
de la Disciplina Clericalis dans les recueils d'exemples.
Je donnerai ci-dessous les rubriques des histoires du ms
de l'Arsenal telles qu'elles sont dans le texte (les rubriques
de la table different un peu), et je mettrai en parenthese les
correspondances de l'edition de Crane.
' Ce sont les numeros i, 2, ii, I2 et 17 selon l'edition de Labouderie.
- The Exempla or illustrative Stories froin the Sermones Vulgares of
Jacques de Vitry. Edited by Thomas Frederick Crane. London, Folk-Lore
Society, 1890.
ä Paris 1868. P. 474.
■• Voy. Crane, Introduction, p. L — LI.
Note su> un manuscrii des Exempla de yaajues de Viiry. I15
Notre manuscrit suit tres fidelement l'ordre des histoires
dans le ms B. N. 18134. II omet cependant six histoires de
ce ms, dont une n'est qu'une repetition d'une autre, et il a une
histoire que le ms plus ancien n'a pas. II s'arrete aussi
beaucoup plus tot que l'autre, car dans le ms 18134 il y a
en somme 137 morceaux, dont 27 viennent apres la derniere
des histoires de notre manuscrit ^
De abbate et monachis quibus demones illuserunt.
De homine qui hospitatus est apud Christum, contrarium
exemplo precedenti.
De episcopo parisiensi.
De beato Bernardo et de duobus ejus monachis egro-
tantibus.
De Aristotele et uxori Alexandri.
De Magistro Sella et contra illos qui mortuos defraudant.
De heremita cui diabolus in specie hominis ministrabat
et quomodo decepit eum.
De equo prelati quem frater ejus quadam arte optinuit.
De prelato delicato qui factus est monachus cisterniencis.
De predicatore qui dedit asinum leprosis.
De homine illo qui se ipsum cruci affixit.
De illo qui in fine orationis cogitavit si haberet equum
cum sella.
De illo qui minus percussus ab amico magis lesum se
reputavit.
De converso et de buffone.
De archiepiscopo remensi et de eodem converso.
De Sancto Theobaldo et de demone qui eum voluit
impedire.
De diabolo qui duxit uxorem cujus lingvam non potebat
sustinere.
* M. Edw. Järnström a bien voulu collationner pour moi les rubriques
du ms 18134. — Les identifications avec ce manuscrit ont ete faites par
M. Crane dans son edition p. L note. II y a cependant lä quelques'erreurs
(fautes d'impression) que je me permets de corriger. Ligne 2: XLV (XIV),
lisez XLV (XV); ligne 3: LIV (LVII), lisez LIV (LVIII); ligne 8: LXXXIII
(CXXXIII), lisez LXXXIII (CXXXII); ligne 10: LXXXIX (CLXXVI), lisez
LXXXTX CLXXVII).
Ii6 IV. Söderhjehn,
De illo qui commendavit uxoreni suani diabolo.
De diabolo et de füre.
De monacho qui noluit videri a niatre.
De illo qui petiit patri ut daret ei duas uxores.
De pio dolo quo sanctus Bernardus militem ad religionem
induxit.
De Sarraceno qui non exierat a Damasco.
De monacho abstinente ad cujus partes oleum habundavit.
De illo qui scrinia plena lapidibusreponebat in monasteriis.
De abbate et monacho pecunioso.
De filia comitis tholosani et ejus matre.
De saraceno cui curati sunt oculi per calcem vivam.
De illo qui ligavit cepe calidum super oculos suos.
De simia qui denarios perjecit in mare.
De sacerdote qui per contentionem cantavit vesperas.
De Maugreno qui fecit scolarem ligare.
De Maugreno qui non sciebat cartam legere.
De hermita qui cum baculo volebat ejicere denarum de
cella sua.
De juvene quem diabolus temptavit et superavit.
De episcopo qui revelavit cuidani regi crimen filie sue.
De milite qui peccata sua confiteri nolebat.
De rege iniquo a demonibus liberato et salvato.
De curiali cujus sepultura incensa est.
De sancta moniali que in ecclesia sepulta dimidia appa-
ruit incendi. (Crane CCLXXII).
De corpore Valentini ab ecclesia post mortem projecto. '
De diabolo portante saccum. (Crane XIX).
De asino amplexante dominum suum.
De discipulo mortuo. (Crane XXXI).
De illo qui appellavit ne daretur ei eucharistia. (Crane
XXXIX).
De rege qui semper tristis erat quando curiam tenebat.
(Crane XLII).
De rege qui adoravit pauperes. (Crane XLVII).
^ Ici, le ms B. N. 18134 intercale deux histoires: De duobus burgensibus
de rustico, et De duobus ioculatoribus.
A'ote stir un niantiscrit des Exempla de Jacques de Vitry. 117
De vetula que ollam effregit et lac effudit. (Crane LI).
De nionacho qui missus ad causas nunquam obtinebat. ^
(Crane LH).
De moniali qui sibi oculos eruit. (Crane LVII).
De moniali qui procuravit ut comprehenderetur. (Crane
LVIII).
De pulice et febre. (Crane LIX).
De moniali qui non poterat exire a claustro quando
ymagini b. marie inclinabat ^. (Crane LX).
De virgine quam miles de prostibulo liberavit. (Crane LXI).
De virgine quam leo liberavit. (Crane LXIV).
De milite concurrente ad martirium et de cophino rosarum.
(Crane CCCVIL.
De abbate qui nolebat manducare parvos pisces. (Crane
LXX).
De paupere qui cantabat et letabatur. (Crane LXVI).
De iniquo procuratore et joculatore. (Crane LXVII).
De abbate qui latronem convertit. (Crane LXV^III).
De sacerdote et asino. (Crane LVI).
De heremita danipnato et latrone salvato. (Crane LXXII).
De diabolo amphoras vacuas reportante. (Crane LXXV).
De heremita qui patrem suum occidit. (Crane LXXVI).
De rege et milite qui viderunt pauperem letantem et
cantantem. (Crane LXXVIII).
De filio regis qui nunquam viderat mulieres. (Crane
LXXXII).
De nobili domina que pellicium suum dedit pauperi
mulieri. (Crane XCIII).
De leproso quem consueverat comes Theobaldus visitare.
(Crane XCIV).
De nobili muliere que leprosum tulit in domum suam
(Crane XCV).
De iohanne episcopo Alexandrino qui contendebat cum
deo. (Crane XCVII).
' Ms B. N. 181 34 intercale: De monacho qui missus est ad vendendum
asinos.
- Celle hisloire nianque dans le ins B. N. 18134
Ii8 IV. Söikrhjelw,
De sancto Furseo abbate qui capani a feneratore accepit
(Crane XCIX).
De milite quodam et paupere clerico. (Crane CHI).
De angelo et hermita qui sepelierunt peregrinum.
(Crane CIV).
De niuliere que nolebat expendere telam ad sepeliendum
maritum suuni. (Crane CVII).
De angelo qui ducit hercniitani ad diversa hospicia.
(Crane CIX).
De milite qui retinuit equum cognati sui. (Crane CXIV).
De iuvene qui dixit patri ut consuetudinem renioveret
de terra sua. (Crane CXVI).
De Saladino qui fecit circumferri modicum tele. (Crane
CXIX).
De beata maria que filium suum dabat accipientibus
crucis Signum. (Crane CXXI).
De heremita cujus cella remota erat ab aqua. (Crane
CXXVIII).
De peregrino cujus animam Deus cum gaudio extraxit a
corpore. ' (Crane CXXXII).
De feneratore qui pecuniam suam in tres partes diuisit.
(Crane CLXVIII).
De illo qui in morte jussit pecuniam dari ad usuram ut
inde fierent elemosine. (Crane CI.XIX).
De feneratore qui animam suam commendavit diabolo.
(Crane CLXX).
De monachis quos fenerator post mortem verberavit.
(Crane CLXXVI).
De feneratore cujus cadaver asinus tulit ad furcas.
(Crane CLXXVII).
De milite avaro et ejus capa. (Crane CLXXXI)
De muliere qui semper erat contraria viro suo. (Crane
CCXXXVII).
De muliere que consueverat jurare. (Crane CCXX).
' Ms B. N. 18134 intercale: De illo (jui ab indignis sacerdolibus nolebat
recipere sacramentum.
Note sur im »inuuscrit des Exevtfla de Jacques de Viiry. 119
De muliere que appellabat maritum suum pediculosuni.
(Crane CCXXI).
De muliere que pratuni dicebat esse tonsum. (Ciane
CCXXII)
De homine qui inhibuit uxori ne digitum poneret in fora-
mine, (Crane CCXXVIII).
De muliere que inebriavit maritum suum. (Crane
CCXXXl).
De muliere que mortuum maritum suspendit. (Crane
CCXXXII) \
De cyconia que commisit adulterum. (Crane CCXXXIV),
De muliere cui inhibuit maritus ne intraret furnum.
(Crane CCXXXVI).
De heremita qui pallium suum fecore cadaveris mortue
mulieris implevit. (Crane CCXLV).
De muliere que nocte venit ad cellam heremite. (Crane
CCXLVI).
De quadam muliere peccatrice. (Crane CCLXXXII).
De clerico qui peccata sua scripsit et flendo peccata
delevit. (Crane CCCI).
De illo qui faciebat patrem suum jacere in stabulo.
(Crane CCLXXXVIII).
De monacho qui ferrum calidum sine lesione in manu
tenebat. (Crane CCXLVII).
De invido et avaro. (Crane CXCVI).
De lecatore et meretrice. (Crane CC).
De ioculatore qui carnes salsas comedebat in tempestate
maris. (Crane CCIII).
W. Söderhjelm.
' Ms B. N. 18134 intercale : De uetula que decepit castam mulierem
et De muliere que inebriavit maritum suum.
I20 Bespreclitingcii. y. Poirot.
Besprechungen.
Labbe P.-J. Rousselot, Piincipes de phonctiquc exper'unentak .
Tome II. Paris, Weiter, iqoS. 1 vol. 8^, S.S. 639—1252.30 Frcs
netto.
Der lange erwartete Schlussband des grossen Werkes Rousse-
lots ist endlich nach einer Unterbrechung von 7 Jahren erschienen.
Neben Scriptures Elements of experimental phoiietics bildet es das
vollständigste Nachschlagebuch, das wir augenblicklich besitzen ; und
es hat vor Scriptures Arbeit den Vorteil grösserer Vollständigkeit
in philologischer Hhisicht. (ierade dieser Charakter dürfte die
Arbeit besonders denjenigen Forschern empfehlen, die die Phonetik
mit Rücksicht auf die philologischen Probleme oder auf die Sprach-
heilkunde treiben. Die praktischen (sprachwis-.eDSchaftlichen oder
medizinischen) Anwendungen treten überall in den Vordeigrund;
die rein theoretischen Probleme werden weniger eingehend erörtert,
wie dies bei einem Verfasser zu erwarten (und durchaus zu billi-
gen) war, der als Philologe an die experimentelle Phonetik lieran-
trat, und später ein wachsendes Interesse für die Tätigkeit des
Institut de Laryngologie et d'Orthophonie in Paris gehegt hat. Aus
dem Umstand, dass die Redaktion sich über eine lange Zeit hinaus-
zog, und der Verfasser inzwischen neue Forschungsgebiete betrat,
folgen Unebenheiten in der Komposition, die der Verfasser selbst
in einer ; Nachrede > eingesteht, ohne dass man ihm deshalb einen
Vorw^urf machen dürfte; man muss umgekehrt für die Fülle des
dargebotenen Materials dankbar sein. — Dieser Band ist wie der
erstere reich illustriert (326 Figg.)
Das W'erk will nur die Prinzipien der Experimentalphonetik
behandeln, und dem angehenden Forscher einen Leitfaden bieten.
Danach muss es auch beurteilt werden. Es ist kein (Irundriss der
Phonetik vom experimentellen Standpunkte aus, und man darf nicht
erwarten, über alle Fragen eine Antwort zu finden.
Der irste Band behandelte die akustischen Grundbegriffe, das
Gehör, die Versut;hsme1hoden, die Klangfarbe, die Sprechorgane,
und im Kap. VI, Abt. i — 2 die allgemeinen Artikulationsverhält-
nisse und allgemeinen Merkmale der Lautklassen. Der vorliegende
2:te Band bringt zuerst (Kap. VI, Abt. 2, Schluss) nach überwie-
gend genetischen Gesichtspunkten die verschiedenen Laute : Vokale
Ss. 646 — 850 (Rolle der Zunge, der Lippen, des Kiefers, des Se-
gels, des Kehlkopfes, akustische Eigenschaften des Ansatzrohres,
Luftstrom und Luftdruck), dann die Konsonanten (859 — 920),
auch genetisch und akustisch ; weiter verschwindende oder begin-
nende Laute (920 — 936). Die Abt. 3 ist der niederen Kombina-
tionslehre gewidmet (936 — 989), Abt. 4 den Gestaltqualitäten der
I.'al'l'C P.-J. A'otisselot, Principes de plionciiqtu expcriiiiaitale, t. II. 121
/usammenhängenden Rede: Quantität, Tonhöhe, Intensität, Accent
und Rythmus 1989 — i 100). — Im Kap. VII (1109 — 1161) wer-
den die sprachpädagogisclien und medizinischen Anvendungen der
experimentellen Phonetik dargestellt. Ein Anhang giebt, ausser
Ergänzungen zum ersten Band, praktische Winke z.ur Fourierschen
Analyse.
Als besonders interessant will ich hervorheben : Slrömungs-
verhältnisse für die Vokale (Strömungsge<;chwindigkeit, Lootenssche
^^'irbel im Ansatzrohr): akustische Analyse nach der Stimmgabel-
methode, mit Koenigs Tonreihe und Resonatorenserie ausgeführt:
Hörbarkeit und Verständlichkeit von Tönen und Klängen (Lauten)
bei wechselndem Abstand, Versuche, die für das Studium der
physiologischen Intensität und der Gehörsempfindungen wertvoll
sind. Ein Nachteil des Werkes ist dagegen die spärliche Anfüh-
rung der einschlägigen Literatur. Ein Register über alle Bilder
wäre am Schlüsse des Werkes willkommen gewesen.
Zum Schluss will ich eine Anzahl Bemerkungen über einzelne
Punkte zusammenbringen, die mir beim ersten Durchlesen aufge-
fallen sind.
S. 6q2. — Zur Veranschauüchung der Lippenbewegung für
die frz. Vokale des Pariserdialektes wird eine Zusammenstellung
von Aufnahmen der Mundstellungen nach Zünd-Burguet ^) gegeben.
Ich kann meine früher hierselbst (I907, f. 37 — 44) entwickelten
Ansichten nur wiederholen-): die Form der Mundöffnung hat bei
/, y, u einen anderen Charakter als für e, 0, <>. Die Zusammer-
stellung bringt das noch klarer zum Vorschein: die Artikulation
des »?/ moyen» (halbgeschlossenes u \'on bouche] weist gegen die
des geschlossenen 0 einen Mangel an Runzelung der Lippen und
einen weniger scharfen Schatten unter der unteren Lippe auf, die
deutlich eine Zurückdrängung der Vorstülpung voraussetzen. Ebenso
ist die Mundspalte für das halbgeschlossene v (in shc\ breiter als
für das geschlossene o '^l.
') Die Artikulationen sind z. T. von den Bildern in Rousselols Prccis
de prononciaiion franfaise etwas verschieden, stimmen aber im yrossen und
ganzen überein.
"'' Einen weiteren Beweis für diese Auffassung will ich hier kurz erwäh-
nen. Ich habe früher (Deux questions de j)honeti([ue frangaise. Mem. de la
See. III) nachgewiesen, dass die Bindungsform von / mit nachfolgendem
labialisiertem Vokal verschieden ist, je nachdem der Vokal ein niederer '[o, ö)
oder ein hoher Vokal {y, u) ist. Vor hohem Vokal stellt sich als Übergangs-
laut eine Art Lippen r ein, das sogar vor geschlossenen c, .' fehlt. Nun fehlt
auch der Zwischenlaut vor den gerundenten »Halbvokalen), r.;', 1/ ( puis, pois\
eben weil die Lippenartikulation den o, .>, und nicht den tt, y Charakter hat.
■') Es würde noch besser hervortreten, wenn man auch Protilaufnahmen
hätte; es ist ein Mangel der Methode, dass es an solchen fehlt.
122 Besprec/iiitii^CM, y, Poirot^
S- 813 fgg. — Die Strömungsverhältnisse der bei den Arti-
kulationen ausgetriebenen Luft werden vom Verf. auf Grund eige-
ner und anderei- Versuche studiert. Merkwürdigerweise bleiben die
Arbeiten Zwaardemakers ^) unberücksichtigt, die auf diesem Gebiet,
und speziell in technischer Hinsicht, von grosser Bedeutung sind.
Zwaardemaker liat folgende Apparate konstruiert: einen Aerodro-
mograph (Arch. f. Anat. u. Phys , physich Abt. 1904, Ss. 243 — 264)
zur Bestimmung der Form und des Volums des Luftstromes; eine
federnde Windfahne (ebda, 1902, Suppl. Ss. 399 fgg): einen Aero-
dromometer (Zs f. Instrumentenkunde, 1908). Zwaardemaker und
Minkema haben über die bei der Artikulation in der Mundhöhle
auftretenden Wirbel wertvolle Angaben veröffentlicht. - Auch
hätten die bahnbrechenden Untersuchungen des Paters Lootens
Erwähnung verdient.
Ss. 864 fgg. — Hier wird die Artikulation eigentümlicher
georgischer Verschlusslaute besprochen. Der Verf. sagt S. 865.
Fussn., dass sie bereits von Dr Azoulay 1902 bemerkt worden
waren, hat aber übersehen, dass Sievers diese Laute in seiner
Phonetik noch früher erwähnt und beschrieben hatte. Die 2 Ele-
mente, die R. auf Grund seiner Experimente als charakteristisch
hervorhebt: geringe Menge der ausgetriebenen Luft und Hebung
des Kehlkopfes, finden sich dort richtig angezeigt ^).
Ss. 872 fgg. Der Verf. kommt zum dänischen Stosston. Nach
den überzeugenden Kurven, die er mitteilt, hat der normale insel-
dänische Stosston keinen vollständigen Glottisschluss. Ob die jüt-
ländischen Dialekte diesen Schluss kennen, bleibt eine offene Frage ^).
— Zu ähnlichen Schlüssen bin ich betreffend den lettischen Stoss-
ton gekommen. Die Kurven, die ich von 4 Letten (aus Kurland
und Livland) erhalten habe, weisen durchg^hends auf Tonbehar-
rung während des gestossenen Sonors. Nur ist die Stelle des Stosses
durch plötzliche, starke Verminderung der Amplituden gekennzeich-
net (also gewaltige Einschnürung der Stimmritze). Auch scheinen
Veränderungen in der Tonhöhe dem Stosse zu folgen; ich will je-
doch keine Behauptung wagen, bevor ich die Wellen gemessen
habe. Die Kurven sehen den dänischen sehr ähnlich aus.
Ss. 886 fgg. — Der Verf. bespricht die tönenden Aspiraten.
Seinen früheren Skeptizismus hat er aufgegeben. Doch erhellt aus
dem Wortlaut seiner Ausführungen nicht, ob er tönende Aspiration
') Auch im Anhang vermisst man den Hinweis darauf.
*) Beiläufig gesagt, kann dieses Beispiel einzelnen Verächtern der
Untersuchungen mit dem blossen Gehör zum Nachdenken empfohlen werden.
^) Wie mir Prof. H. Pipping mitteilte, war K. Verner in Aarhus ge-
boren, und seine Angaben über den Stosston könnten daher seiner eigenen
Aussprache entsprochen haben.
L'abbe P.-y. Rousselot, Principe s de phoncticjue expcrimenla/c, t. II. 123
nur bei Lenes, oder auch bei Portes zugiebt. Die angeführten
Beispiele gelten jedenfalls nur aspirierte Lenes (stimmhafte Media-
aspirata,^ der idg. Grammatik) : so im Loangodialekt (Bantusprach-
gruppe) und im Neuirischen. — Dass auch Portes mit tönender
Aspiration gebildet werden können, scheint mir ausser Zweifel. Die
Experimente Hr Adzarians für das Armenische sind insofern nicht
klar, als aus dem Texte nicht genügend hervorgeht, ob die Okklu-
sive einen Portis- oder Lenischarakter haben (Tenuis oder tonlose
Medial, und die Beobachtung Sievers' (Vorhandensein von Lenes
und Portes mit tönender Aspiration nebeneinander im armenischen
Dialekt von Astarak) wird dadurch nicht umgeworfen. — Der
lappische Dialekt von Inari hat aber ein ausgebildetes System von
aspirierten Tenues, wo sich die Aspiration, sowohl für mein Ohr
wie auch auf den Kurven, als tönend erweist. Darüber wird die
Abhandlung Mag. P. Äimäs hoffentlich Auskunft geben.
S. gi5 werden Palatogramme von den englischen und franzö-
sischen jr//-Lauten mitgeteilt. Das Bild ist dem Ptecis de pronon-
ciation fra7i(;aise, S. 62 entnonmien : es kann aber unmöglich richtig
sein, wie mir die erste Benutzung des Precis für meine Vorlesun-
gen gezeigt hat. Nach dem Bilde wäre frz ch dental und mit
schmaler Rinne gebildet, englisches sh dagegen cacurainal mit brei-
ter Rinne. Ein Blick auf das Bild des Precis S. 59 für die .f-Laute
zeigt das umgekehrte Verhältnis, und erklärt auch den Unterschied.
Es entstand beim Drucken des Ptnis eine \^erwechselung, indem
frz ch in das i'-Bild, frz s in das .st//- Bild geriet, was der Verf.
auch diesmal übersehen hat.
Ss. 97g fgg. Hier wird die Silbenzählung behandelt. Die
Ausführungen des Verf. sind zu kurz, und treffen m. E. den Kern
der Präge nicht. Überhaupt hätte der ganze Abschnitt wegbleiben
können, denn die dort erörterte Präge gehört eher in das metrische
(jebiet als in das phonetische. Den Phonetiker interessiert nur
das Problem: nach welchen Kriterien giebt sich die Silbe zu
erkennen, und welche Veränderungen dürfen deren Elemente, be-
sonders das sonantische, erleiden, ohne den Eindruck der Silbe
zu vernichten? Darüber erfährt man a. a. O. nichts; der Verf.
betrachtet nur die Frage von der Silbenzählung im frz. Verse, unil
zwar in Bezug auf 2 streitige Pälle (Reduzierung von Vokalen zu
Halbvokalen im Hiatus und Verlust des unbetonten ?). Er geht
vom > heutigen poetischen Vortrag» aus, was gerade bedenklich
ist; denn nicht der Durchschnittsvortrag, auch nicht der Vortrag
»der besten Künstler» darf als Grundlage der metrischen Por-
schung dienen, sondern der sinn- und stilgemässe Vortrag, was
bereits eine strenge Wahl des Materials voraussetzt. M. E. muss
die Präge experimentell folgen dermassen gefasst werden. Dass der
124 Besprechungen. J. roirot ^
Dichter eine gewisse Silben/.ahl hat schreiben wollen, ist un-
zweifelhaft, und der Vortrag muss so eingerichtet werden, dass
diese Silbenzahl herauskommt. Dadurch wird oft schon das Tempo
(z. B. bei Hiatus im Inlaut) gegeben, und mit dem Tempo folgen
weitere lautliche Charaktere des Vortrags, die von denen der ge-
wöhnlichen Rede abweichen. Was die 3 betrifft, brauchen sie
nicht als solche (als Stellungslaute) artikuliert zu werden: sondern
der Eindruck kann durch andere Mittel (abweichende Artikulations-
und besonders Bindungsformen der umgebenden Laute) hervorge-
rufen werden. Was für Mittel in casti zur Anwendung kommen,
das darf und muss die Phonetik erforschen; über die Quali-
fizierung des Vortrags hat aber nur die Metrik, bzw. die Rythmik
zu urteilen. — Der Verf. sagt S. 982: »je crois cjue pour l'oreille
fii l [im Vers: ia fetnme se leva saus dire une parole. vorgetragen la
fam S3lva\ correspondent a deux syllabes seulement diminuees et
non supprimees. » Da lag eben das phonetische Problem. Sofern
der Vortrag rythmisch-metrisch gut war, muss eben (falls wirklich
kein reduziertes d dazwischen lag) die Artikulation von m, l eine
ungewöhnliche gewesen sein (z. B. länger, oder stärker tönend,
oder mit anderer Modulation, grösserer Intensität als sonst, o.
dgt.). War der Vortrag dagegen metrisch falsch, dann ist er zu
einer wissenschaftlichen Erforschung überhaupt unbrauchbar, ^\'ir
müssen einerseits die metrischen und phonetischen Gesichtspunkte
geschieden halten, andrerseits darauf bestehen, dass nicht jede
Versdeklaraation zur Grundlage einer phonetischen Theorie des
Verses dienen kann: sonst entgleist bald die ganze Forschung.
S. 10 17 ist dem Verf. eine fehlerhafte Formel enschlüpft.
Wenn eine gleiche Kraft auf verschiedene (ähnlich gebaute)
Sümmgabeln einwirkt und gesetzt, a^^ a^, a.^, . . . seien die
Schwingungsamplituden der Stimmgabeln, und Z^, 4, /, • • ■ deren
Schwingungsperioden, gilt nach den Experimenten Rousselots fol-
gende Relation:
a, c?2 Ö3
S. I o 1 7 sagt er, dass die » Wellenlänge » 1 lapsus, muss hier
»Periode» heissen), durch die Schwingangszahl ersetzt werden
kann, hat aber übersehen, dass die Schwingungzahl n = — , und
nicht / ist; die Gleichunngen
I 0,50 0,25
233.5 ~ 467 ~ 934
L'abbc P.-J. Rotisselot, Prhicipes de phonctiquc expcrimetiiale, t. Jl. 125
sind evident falsch, denn sie erj^eben i = = -. Es soll
416
also stehen a^ n^ = a^ //., = Ö3 11^. Diese Grösse nennt nun R.
die »mechanische Intensität». Mit der akustischen (physikalischen)
Intensität ist sie aber nicht identisch, und das Verhältnis beider
Grössen wird nirgends erörtert. Obige Formel erlaubt nur (falls
das Gesetz für die ganze Tonskala gilt, und gleichen Reiz
vorausgesetzt), aus der Amplitude einer gegebenen Stimmgabel die
Amplituden aller anderen, und, unter Berücksichtigung des De-
krements, die totale Schwingungsbahn jeder Gabel für einen ge-
wissen Zeitraum zu berechnen; sie giebt aber die akustische Inten-
sität gar nicht. Die physikalische Intensität muss bekanntlich aus
dem Ausdruck für die lebende Kraft der schwingenden Stimm-
gabel hergeleitet werden, also nach der Formel K = li 2 m v-.
Die Massen in der untersuchten Stimmgabeln sind wohl un-
gleich, und müssten also mit in die Formel kommen. Die Grösse
V ist ehie Funktion der Amplituden und Schwingucgszahlen, die
also in die Intensitätsformel mit ihren Quadraten hineinkommen
müssen. Es ist doch klar, dass der Ton, den ungleich grosse
Gabeln bei gleichem Reiz geben, ebenso wohl ungleich stark ist,
wie ungleich hoch. Das Verhältnis der Intensitäten I^^, I2 von 2
Stimmgabeln wäre also unter diesen Umständen
nach welcher Formel die gleich darauf erwähnten \'ersuche (Ss.
1017 fgg.) zu beurteilen wären Der Vorgang bei diesen Ver-
suchen erhellt nicht klar aus dem Wortlaut des Verf. (»Les me-
mes diapasons, cbranles avec la meme force et maintenus avec
1 archet au meme point»): waren gleiche Amplituden erreicht, oder
nur gleiche Anschlagskraft angewendet.^ Es scheint jedoch, als
wäre hier gleiche Amplitude zu verstehen (was wiederum ungleiche
akustische Intensität zur Folge hat); denn, wenn man in obiger
Formel die a^ streicht, und statt ii^.^, rr^: 4 n^^, 16 71^, schreibt,
wodurch n-^ wieder schwindet, so bekommt man für das Verhältnis
der Hörbarkeitsabstände
h 4^2 i3'*o 3,86' /g 16 W3 82,5 23,4'
was, in Anbetracht der unvolkcmmenen Versuchsanordnungen,
leidlich gut .stimmen würde. — \\'eiter muss dann die Anwendung
126 Besptechunf;e>t. y. O., IV. Victor, Deutsches Aussprachewörterbuch, i Heft.
der Formel /= auf S. 821 ab<j:elehnt werden, denn sie ergiebl
l = a l, statt d^ /-.
S. 1086. — (Jegen meine (und Pippings) Methode für die
Berechnung der Intensität zusammengesetzter Wellen durch Be-
rechnung und Summierung der Partialintensitäten wendet R. ein,
dass sie die Interferenzen der Teiltöne nicht berücksichtigt. Der
Einwand ist mir nicht ganz klar. Die Interferenzen der Teiltöne
geben sich bei der Kurve der gesamten Welle kund, und kommen also
bei den Ampiitudenbestimmungen zum Ausdruck; wenn sie für ver-
schiedene Wellen verschieden sind, so ändert sich auch die Form der
Gesamtkurve, und dementsprechend die Verteilung der Amplituden für
die Teiltöne. Man müsste dann annehmen, dass die Intenshäten
anders interferieren als die Amplituden; und dagegen habe ich meine
Bedenken. Ich glaube, diese Methode ist, in dem jetzigen
Zustande der akustischen Forschung, die sicherste.
Das Werk Rousselots darf in der Bibliothek des Fachmannes
nicht fehlen. Daneben kann es dem Philologen und dem Päda-
gogen zum Nachschlagen warm empfohlen werden.
J. Poirot.
Wilhelm i/ietor, Deatsclies Aussprachewörterbuch, i Heft.
A-biogenetisch. Leipzig, O. R. Reisland, 1Q08. S. i — 48.
Seit 1882 schwebt die Frage über die Herausgabe eines
deutschen orthoepischen Wörterbuches in der Luft. Dass das in
N:o 4 des »Litteraturblattes für germanische und romanische
Philologie» jenes Jahres angekündigte Wörterbuch von W. Victor
damals ein frommer Wunsch bleiben musste, lag nicht nur daran,
dass der Verfasser anderweitig in Anspruch genommen wurde, son-
dern auch an Hindernissen rein sachlicher Art. Die einschlägigen
Streitfragen waren noch ein vollkommen unbearbeitetes Feld und
das Ideal einer mustergültigen Aussprache nur erst theoretisch
aufgestellt; in der Praxis herrschten hinsichtlich der Verwirklichung
dieses Ideals noch sehr verworrene und einander widersprechende
Ansichten. Drei Jahre später erschien dann W. Victors Büchlein
»Die Aussprache des Schriftdeutschen», das neben Textproben
in Lautschrift den ersten Versuch eines kleinen orthoepischen
Wörterbuches brachte. Und 1898 endlich trat die bekannte ^Büh-
nenkooferenz» zusammen^ deren Ergebnisse Professor Th. Siebs
unter dem Titel »Deutsche Bühnenaussprache» veröffentlichte.
Nach diesen ein halbes Menschenalter währenden Vorbereitungen,
./. I.intgfois, y, Friel'sch, Ein altfrauzösisches Mariengebet; u. A. 127
Prüfungen und Beratungen sind die prinzipiellen Gesichtspunkte
nun soweit geklärt und festgelegt, dass an eine endgültige lexi-
kalische Bearbeitung des Aussprachematerials geschritten werden
konnte. Die Geduld der Sprachpädagogen, besonders im Auslande,
ist durch die lange Vorbereitung auf eine harte Probe gestellt
worden. Mit umso gr(').*serer Befriedigung begrüssen wir nun das
Erscheinen dieses Werkes, das, nach dem ersten Heft zu urteilen,
eine ebenso zuverlässige wie gründliche und umfassende Belelirung
verspricht. Das Werk soll 25 Bogen umfassen, die in etwa 8
Heften (a 40 Pf.) ausgegeben werden, und giebt nicht nur deutsche
Wörter, sondern auch Fremdwörter und Namen. Es stellt sich
in den Dienst der Ausspracheeinigung, die sich ja seit geraumer
Zeit auf der deutschen Bühne und mit zunehmender Deutlichkeit
auch im weiteren Kreise der Gebildeten beim mündlichen Gebrauch
der Schriftsprache vollzieht, und zwar dergestalt, dass ihrem hoch-
deutschen (mittel- und süddeutschen) Formen- und Wortschatz
eine niederdeutsche (norddeutsche) Lautgebung zuteil wird. Die
zur Anwendung gekommene Lautschrift ist natürlich die der Asso-
ciation phonetitjue internationale.
Wir werden auf das Werk, sobald es vollständig vorliegt,
zurückkommen und wünschen ihm die Verbreitung in Fach- und
Laienkreisen, die ihm gebührt; wir hoffen, dass es dem ver-
dienstvollen Verfasser vergönnt sein möge, uns recht bald mit dem
Schlussheft dieses grossen Werkes zu beschenken, das seine wissen-
schaftlichen und praktischen Bemühungen um eine einheitliche
^lusteraussprache des Deutschen in würdiger Weise krönen wird.
J. (l
J. Priebsch, Ein altfranzösisches Mariengebet (Sonderabdruck aus
dem Archiv für das Studium der neueren Sprachen und
Literaturen, Band CXXL Hefr. 1-2).
— » — Drei altlothringische Mariengebete (Sonderabdruck aus der
Zeitschrift für französische Sprache und Litteratur, 1908).
— — Zwei altfranzösische Mariengebete (From the Modern Lan-
guage Review, Vol. IV, N:o i, October, 1908, &: N:o 2,
January, 1909).
Ces trois memoires donnent le texte de six pocsies pieuses,
toutes, a l'exception de la dernicre, signalees par M. Priebsch pour
la prämiere fois.
1. La premicre — une pricre ä la Vierge dans la forme
128 Bespreilninifeii. .1 /.////a/o/s, J. Prie/>sih, Ein alt/ranz, Marictigebet; ii. .1.
assez rare de (.[uatrains de decasyllabt s monorimes ' (debut: 7?«?/;/^
i/awe, ki porlas la didntr, La viedlejcine de vte al pecchut) — est
tiree du ms. anglonormand Royal 2. A. IX du British Museum.
II. Les irois poemes mentionnes en second lieu proviennent
d'un livre de priores ccrit, probablemcnt a Metz, ä Fusage d'une
dame. II est aujourd'hui cote Brit. Mus. Harl. 2955. Le premier
(debut: Ave lies i^loriouse dame d'umiliteit, Ave tres preciouse l s de
■oirginiteit) est la traduction d'une pocsie latine imprimce par Dreves
C'est une paraphrase de \Äve Maria en 15 quatrains d'ale.xandrins
monorimes ^ (dans les str. IV, V, VII — X les vers riment pourtant
deux et deux). Comme c'est ordinairement le cas des pciesies fran-
caises inserees dans les livres de devotion en hitin, les vers sont tres
incorrects, et il est douteux qu'ils aient jamais cte autrement construits.
M. P. augmente de cinq numeros la liste de ces paraphra^es dres-
see jadis par M. Paul Meyer et par moi. ^ -- Le second poeme
a pour modeles deux poesies latines imprimces par Mone. La forme
employee est le sixain rimant aabccb^ (debut: Ave virge gratiouse.
Virge meire glo7iovse). Au debut, les vers sont de huit syllabes,
mais ailleurs il y en a de dix syllabes. Des dix strophes du poeme,
la quatrieme et la cinquieme sont tout ä fait irregulieres, ce qui
semble provenir des modeles latins. — Le troisieme poeme, qui
est en forme de dix quatrains d'octosyllabes rimant aahb ^ (debut:
Ave dame, de cui voll naistre E soi de Ion /sai)it/ laU repaistre) ne
semble pas etre une traduction du latin.
III. En troisieme lieu M. P. publie deux poemes qui ont
pour sujet les (juinze joies de Notre Dame. Le premier — 15
«strophes d'Helinand» (debut: Recorder voil la jote pritneie, Ke ve-
loyinent esteit rivere) — est tire du ms. Royal 11. B. III du Musee
Britannique (XIV:e siecle). Ce voIume a jadis appartenu ä l'abbaye
Bury St Edmunds. L'editeur suppose que le poeme aurait ete
compose par un mo:ne de cette abbaye, le meme qui a inscrit
son nom au dernier feuillet: Frater Maitinus me scripsit. Je crois
pourtant que ce n'est que le copiste, car cette forme strophique
n'a guere ete usitee en Angleterre^ . Notre poeme aura pu etre
compose en Norman die. — Je signale au v. i 1 1 le verbe curieux
' A ajouter au groupe VII de Naetebus, A'ic/it /yr. Stropii., p. 56.
- A ajouter au groupe VIII de Naetebus.
^ V. Mein, de la Soc. neo phil ^ IV, p. 351 et suiv. — Ori peut se
demander si le verbe qui se trouve au v. 53, Jhesuz rois aiiieroitz, qui fainie
totit le tnunde, est vraiment le meme (jue celui riu'enregistre Godefrov s. v.
KAMMER.
■* A ajouter au groupe LXV de Naetebus.
'" A ajouter au groupe XL de Naetebus.
" Comp. Naetebus, p 132.
Lt., /\ol/ Scvßjfig. i,>!icl/e)i und l'orbihler des Epos ' liau/rey' . 129
enr'iner 'devenir du vin', que le poete emploie en parlant des noces
de Cana (Feseil feive pure e?ivmer) ^.
Chacun des poemes mentionncs ci-dessus a ete conserve par
un seul manuscrit. II n'en est pas de meme du pocme que M. P.
imprime en dernier lieu: on en connait huit manuscrits, dont sept
signales par M. Paul Meyer -. L'editeur a choisi pour son cdition
deux manuscrits executes dans l'Est; il reproduit le texte du ms.
de Troyes n^ 1905 et donne au bas des pages les variantes du
ms. d'Oxford, Bodl. Doqce 39 (actuellement cote 21613). II e.st
toutefois a peu pres certain que le poeme n'a pas ete compose
dans ce dialecte. Les rimes liosse: largesse, lioisse: destresce, auxquelles
l'editeur semble attacher de riniportance (p. 73), ne prouvent na-
turellement rien, paisque ces mots transcrits en franc^ais central
{liece, largece, destrece) donnent des rimes parfaitement regulieres. I!
aurait mieux valu imprimer un manuscrit ecrit dans un dialecte du
centre. — La transcription parait en general correcte. Recor iqi
doit pourtant etre mal dechiffre pour retor.
Pour qu'on puisse arriver a mettre un peu d'ordre dans la
riche litterature pieuse, qui tenait une si grande place dans la vie
du moyen age, il est necessafre qu'un nombre süffisant de speci-
mens en soient mis au jour. Les travaux precites de M. Priebsch
doivent etre designes comme une contribution bienvenue a la con-
naissance de ce genre litteraire trop neglige.
A. Längfors.
Rolf Seyfang, Quellen und Vorbilder des Epos 'Gaufrey.
Dissertation . . . der Universität zu Tübingen. Borna-Leipzig, I908.
100 p. in-S'-*.
Gaufrey, public en 1859 P^*" ^uessard et Chabaille, est une
chanson de geste de l'epoque de decadence qu'aujourd'hui on ne
lit pas souvent — pas plus qu'on ne le faisait au moyen äge, a
en juger par le fait qu'on ne connait qu'un seul poeme medieval qui
en fasse mention (Maugis d'Aigremont). C'est l'histoire des douze
fils de Doon de Mayence^ mais surtout de Gaufrey, qui fut le
pere du celebre Ogier de Danemark. L'auteur de cette chanson
de geste a voulu combler la lacune qui existait entre Thistoire du
grand-pere, Doon, et celle du petit-fils, Ogier, en racontant com-
ment le pere de celui.-ci, Gaufiey, conquit son fief, la terre de
' Dans toutes les publicalions mentionnees ci-dessus, M. P. relegue aux
notes les legons corrigees des manuscrits; il aurait mieux valu les mettre au
pied de la page.
" Bull, de la Soc. des anc. textes, 1901, p. 68.
1 30 Besprechungen, .1. /'., h'r. Nyrop, Italiensk Rejscledsager.
Danemark. Le poete n'a aucune originalitc. Les donnees dont
il a besoin, il !es prend ä Doon de Mavence et a la Chevalerie
Ogier, et il les mele aux mille et une banalites de la littrrature
i'-pique. M. Seyfang est quelquefois tente de voir des indices
d'emprunt direct la oü il s'agit plutnt de lieux communs dont il
est difficile de prouver la provenancc. En somme, toutefois, son
travail, ecrit dans un style parfois un peu trop verbeux, donne des
rcsultats ciui semblent a peu prcs döfinitifs.
L-F.
Kr. Nyrop, Italiensk Rejseledsager. Kj0benha\n, Det
Schubotheske Forlag, iqo8. q6 S. 12:0.
Die vorzüglichen Lehr- und Lesebücher des Prof. Kr. Nyrop
haben, wie bekannt, den Unterricht und das Selbststudium des
Italienischen in den skandinavischen Ländern in hohem Grade
erleichtert. Vorliegendes Büchlein hat eine ganz besondere Auf-
gabe: es will demjenigen Publikum als Reisebegleiter dienen, das
vor der Abreise nach Italien sich noch gar nicht mit dem Erlernen
der Sprache befasst hat. Allerlei gute Ratschläge werden erteilt,
die einem auf der Eisenbahn, in Museen und Kirchen, in den
Kaufläden, beim Mieten von Zimmern und vor allem beim Essen
und Trinken von Nutzen sein können. Zu demselben Zwecke liegt
ein Verzeichnis der notwendigsten Wörter und eine nicht sehr
grosse, aber gut gewählte Anzahl von Phrasen, Fragen und Ant-
worten vor. Von Grammatik ist überhaupt eicht die Rede.
Die italienische Aussprache wird kurz und bündig angegeben
und vieles, das einer dänischen Zunge besonders schwer fallen dürfte,
wird sehr gut hervorgehoben. Die beiden e- und o-Laute werden,
sowie in Nyrop's Grammatik, durch verschiedene Accente bezeichnet:
leider wird aber hier nicht wie dort die weiche Aussprache des .?
und des z (in Wörtern wie rosa und pranzo) angegeben. Viel eher
hätte doch die Bemerkung (S. 1 1 .) über die alltägliche Aussprache
von c (als seh anstatt tsch) und die (auf S. 12 ) über die floren-
tinische Aussprache von c (als // anstatt k) wegfallen können. Die
erstere kommt ja jedenfalls nur zwischen zwei Vokalen vor, während
die andere für vulgär und sehr wenig nachahmens\\ert gilt, was
wieder gar nicht hervorgehoben wird.
»Italiensk Rejseledsager» kann auch schwedisch-sprechenden
Touristen aufs beste anempfohlen werden. Das Büchlein ist sehr
praktisch eingerichtet und von bequemem Taschenformat.
A. P.
.-/. Wallcnsköld, Poesie frati^aise iSoo — iSjo p. p. k'r Nyrop. 131
Poesie frangaise 1800 1850, publice et annotee par Kr.
Nyrop. Copenhague et Christiama, Gyldendalske Boghandel — Nor-
disk Forlag, 1909. VII-f-152 p. in-8:o. Prix: 2 Kr. 25.
M. Nvrop, savant illustre double d'un pedagogue judicieux,
a eu l'excellente idee de composer un Recueil de textes frajirais
pris dans las meilleurs auteurs et poetes francais pour servir de
base ä renseignement universitaire du francais. A l'heure actuelle,
il a paru trois fascicules de cet ouvrage. Le premier de ces fas-
cicules, public dcjä en 1895, est consacre a la philoiogü francaise
et contient des extraits des oeuvres linguistiques de quelques sa-
vants franrais, parmi lesquels il faut mentionner tout particuiiere-
ment Littrc, G. Paris, A. Darmesteter, Breal, Paul Meyer, Jeanroy
et A. Thomas. Le second fascicule, paru en 1 905, est une antho-
logie de poesies de la seconde moitie du XIX:e siccle [Poesie Jmji-
raise 1850 — igoo). Enfin, le troisieme fascicule, dont le tilre est
donne ci-dessus, nous fait connaitre quelques-une ; des meilleures
poesies des grands lyriques de la premiere moitie du siecle passe :
Bcranger, Theophile Gautier, Victor Hugo, Lamartine, Musset et
Alfred de Vigny. Les deux derniers fascicules sont munis de ?io-
tes explicatives (en francais), dans lesquelles M. Nyrop donne des
eclaircissements utiles ä la comprehension du texte. Je ne trouve
rien d'important a redire ä ces «notes» claires et souvent interes-
santes, sinon que M. Nyrop aurait bien pu en donner davantage,
sans crainte du superflu. Que M. Nyrop me permette seulement
d'indiquer brievement le sens du vers de Victor Hugo
Mesurez la hauteur du geanl sur la poudre
[ödes II, no. 4, sect. II, str. 6, v. 4; ed. p, 76.)
que l'editeur declare obscur (p. 149). Voici l'explication que je
propose, d'accord avec mon collegue M.Jean Poirot, que j'ai con-
sulte lä-dessus:
Victor Hugo veut dire, dans la Strophe en question, qu'on
a exagerc la grandeur de Napoleon. II na pu faire ce qu'il a
fait que gräce ä la nation francaise, a laquelle revient par conse-
quent une bonne partie de sa gloire. De son vivant, Napoleon
faisait l'effet d'un geant enorme. Maintenant, apres sa chute, il
est plus facile de mesurer exactement sa stature. «Mesurez la
hauteur du geant maintenant qu'il est etendu par terre, [et vous
verrez qu'il est moins grand qu'il ne paraissait] » .
A. Wallensköld.
132 Besprechungen. .)/. Wasenitis,
Solmu Nyström, Deutsches Lesebuch. Borgä, W. Söderstnim,
IQ08. 295 S. 8:0 Dazu »Sanaluettelo» 41 + 100 S.
Das Lesebuch zerfällt in drei Abteilungea: »Vorbereitende
Übungen», »Leichte Stücke verschiedenen Inhalts» und »Deutschland,
Land und Leute. Aus der deutschen Litteratur», von denen die
beiden ersten zum grössten Teil schon aus dem vor etwa andert-
halb Jahren erschienenen Lehrbuch desselben Verf. bekannt sind.
Der Plan, nach welchem diese zwei Abteilungen zusammengestellt
sind, ist im wesentliclien derselbe wie im Lehrbuche. \\'as die
Anordnung der Grammatik betrifft, kommen gewisse Verän-
derungen bezw. Verbesserungen in bezug auf die Folge, in
welcher die verschiedenen Flexionsformen aufgenommen werden,
vor. Sonst scheint die Behandlung des grammatikalischen Stoffes
überhaupt in dieser Version des Buches ruhiger und gleich massiger
zu sein, obgleich der Verf. auch hier dann und wann zu rasch
vorwärts geht und der Text bisweilen zu wenig Material für die
nach den angegebenen Anweisungen einzuübende Grammatik bietet.
^Vollständig neu ist dagegen die dritte Abteilung, die auch
separat gebunden vorliegt und für die Oberstufe berechnet ist.
Nach modernen Prinzipien will sie, wie ja schon aus der Überschrift
hervorgeht, durch die Lektüre den Schülern auch reale Kenntnisse
von dem deu sehen Lande und \^olke beibringen. Obgleich die
»Realien künde» also einen ganz bedeutenden Platz im Buche
einnimmt, ist das ästhetische Element keineswegs versäumt, und
eine genügend grosse Menge \on hübschen Gedichten und Erzäh-
lungen kommen zwischen den Stücken realen Inhalts vor, wodurch
eine wünschenswerte Abwechslung in der Lektüre erreicht wird.
Übrigens sind diese Stücke aus der schönen Litteratur oft so gewählt,
dass sie sich in irgend einer Beziehung stofflich an das eben vorher
behandelte reale Tema anschliesseu. Die Wahl der Texte findet
der Rez. im grossen und ganzen sehr gut getroffen; sie sind
überhaupt instruktiv mid unterhaltend. Als besonders verdienstvoll
mögen die Schilderungen der Volksstämme der verschiedenen
Landesteile Deutschlands nach O. Weise hervorgehoben werden.
Diese Beschreibungen von den Bayern, Alemannen, Preussen u. s. w.
bilden so zu sagen das Zentrale des Buches und geben demselben
seinen Charakter. Um dieselben gruppiren sich oft dann dem
Inhalt nach andere Stücke. Am zahlreichsten sind die geogra-
phischen, von denen einige jedoch ziemlich überflüssig wirken, wie
z. B. St. 17, 44, 46, deren Beschreibungen eigentümlicher Erschei-
nungen in Norddeutschland und der Schweiz teils allzu speziell
erscheinen teils wiederholen, was auch in anderen Stücken zu lesen
steht. Es giebt zuweilen des Guten ein Irischen zu viel. St. i'S
Solmu Nyström. Deutsches Lesebuch, 133
scheint dem Rez. sehr trocken. Unter den historischen Stücken
findet man drei oder vier ganz fesselnde Kulturbilder aus der
älteren Geschichte Deutschlands; aus der neueren deutschen (be-
schichte giebt es dagegen sehr wenig. Dies beruht vielleicht teilweise
darauf, dass in der zweiten Abteilung des Buches auch Erzählungen
aus derselben vorkommen. Von den St. 63 — 70, die den deutschen
Klassikern gewidmet sind, gefällt dem Rez. St. 67 »Eine Aufführung
der 'Räuber'» weniger. Es würd darin vielmehr von dem Auftreten
der deutschen Studenten als von der Aufführung des berühmten Dra-
mas gesprochen, und das Stück zeigt vielmehr wie der »Landesfürst»
als wie Schiller von den Deutschen verehrt wurde. Im Gedichte Ȇber
allen Gipfeln» ist ein Druckfehler! ?) zu notiren: Vög/evi sta.n Vögelein.
Sonst kommen im Buche, wie schon hervorgehoben wurde, Gedichte
und Erzählungen ganz zahlreich vor nicht nur aus der klassischen
sondern auch aus der neueren Litteratur, und sogar die modernsten
Dichter sind durch Auszüge aus Frenssens Jörn Uhl und Otto
Emsts Asmus Semper vertreten. — Ohne Zweifel giebt das Lese-
buch den Schülern ein recht anschauliches Bild von Deutschland und
deutschen Verhältnissen. Doch bleiben darin einige ganz wichtige
Gebiete, wie z. B. Handel und Industrie, das Militärwesen, die
Wissenschaft, fast völlig unberührt, abgesehen von einigen Worten
hie und da. Es wäre aber wünschenswert gewesen, dass auch
diese Gebiete ihre besonderen Stücke erhalten hätten, um das
Bild von deutschem Leben und Wirken zu ergänzen. Das Buch
brauchte dadurch nicht um allzu viel Seiten grösser zu werden,
da ja einige von den jetzt daiin befindlichen Stücken statt dessen
mit Vorteil weggelassen w- erden könnten, wie z. B. eben die
vom Rez. oben als weniger gut bezeichneten. Zu diesen gehört
auch St. 74, das dem Rez. ziemlich geschmacklos und übertrieben
scheint.
Das Buch ist mit 40 Illustrationen und einer Landkarte von
Deutschland versehen. Für die erste Abteilung giebt es zum
Schlüsse für jede Lektion ein Wörterverzeichnis; für die zwei
letzteren sind alphabetische Verzeichnisse besonders erschienen,
leider aber nur in der finnischen Sprache. Hoffentlich wird Hr.
N. in der nächsten Zukunft, d. h. vor Beginn des nächsten Herbst-
semesters, auch für die schwedischen Schulen solche Verzeichnisse
herausgeben. Denn das Buch verdient in unsere Schulen einge-
führt zu werden.
M. IVasemns.
134 Protokolle des Neitpliilologischen Vereins,
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 6. Februar 1909, bei welcher Sitzung der
Ehrenpräsident Prof. W. Söderhjelm, der Vor-
stand und 16 Mitglieder anwesend waren.
§ I.
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
§ 2.
Als neue Mitglieder des Vereins wurden aufgenommen : Mag.
phil. Fräulein Ireiie Ernele'us, Fräulein Emma Hirn, Fräulein Maria
Lavonius und Student Johannes Aavik.
§ 3.
Der Bericht der Revisoren für das Jahr 1908 wurde verlesen:
»Bericht der Revisoren
über die Kassenverwaltung des Neuphilologischen \^ereins für die
Periode I. Januar 1908 — i. Januar 1909.
Einnahmen:
Abonnements der Neuphil. Mitteilungen .... Fmk 358: 85
Jahresabgaben für das akad. Jahr 1907 — 8 (Jan.
1908) » 696: —
Jahresabgaben für das akad. Jahr 1908 — 9 (Dez.
1908) » 711: —
Von der Universität für die N. M. angewiesen . » 500: —
Verkaufte Exemplare der »Memoires» T. IV . . » 12: 80
Zinsen für 1907 » 47: 15
Summe Fmk 2,325: 80
In der Kasse den i. Januar 1908 » 1,703:94
Summe Fmk 4,029: 74
Protokolle des AUuphilologischett Vereins. 135
Ausgaben:
Druckkosten der Neuphil. INIitt. (Nr. 5 — 8 1907) Fmk 420: 37
» » » » (Nr. I — 8 1908) » 1,200:95
Verfasserhonorare für die Neuphil. Mitt » 280: —
Porto, Stempelmarken und Distribution .... » 226: 73
Anzeigen » 83: 50
Bedienung » 74: —
Jahresfest » 50: —
Druckkosten für ein Zirkular » 30: —
Verzeichnis der Lehrer der neueren Sprachen . » 8: —
Eingekaufte vergriffene Hefte der Neuphil. Mitt. » i: 50
Summe Fmk 2,375: 05
In der Kasse den i. Januar 1909 » 1,654: 69
Summe Fmk 4,029: 74
Bei der heute bewerkstelligten Revision der Kassenverwaltung
haben wir sämtliche Posten mit den uns vorgelegten Verifikaten
übereinstimmend gefunden, und schlagen wir deshalb vor, dem
Kassenverwalter Decharge zu erteilen.
Helsingfors d. 6. Februar 1909.
Jeimy af Forselies. Maltas Wasemus.»
Dem Kassenverwalter, Dozenten A. Längfors, wurde De-
charge erteilt.
§ 4-
Der Vorsitzende teilte mit, der Vorstand habe das Ehren-
mitglied des Vereins, Staatsrat C. G. Estlander, der sich in Gar-
done-Riviera befand, mit folgendem Telegramm anlässlich seines
75. Geburtstages den 31. Januar begrüsst:
» Felicitations respectueuses.
Pour la Socicte Neo-philologique:
Söderhjelm. WallenskölJ. Siiolahli. Lä?igfors.y>
§ 5-
Der Vorsitzende erwähnte, Professor A. Jeanroy in Toulouse
habe den Verein wiederum durch Zusendung eines Sympatiebewei-
ses (des Buches »Les Troubadours, leurs vies, leurs oeuvres, leur
influence» Paris 1908, von J. Anglade) erfreut.
136 Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
l 6.
Der Vorsitzende meldete, der Vorstand des Vereins habe
die Einladung angenommen, mit der Direccii'm General de Esta-
distica del Uruguay (Montevideo) in Schriftenaustausch zu treten.
§ 7.
Dr Oiva yoh. Tallgren hielt einen Vortrag über dcis Thema:
»La pocsie sicilienne au XIILe siccle».
Dr /. Ilortling verlas den Bericht über die im )aimar abge-
haltene Neuphilologenversammlung ^
Anlässlich des von der Neuphilologenversammlung ausgespro-
chenen Wunsches, dass der Neuphilologische Verein gewisse von
der Neuphilologenversammlung wegen Mangel an Zeit nicht end-
gültig behandelte Fragen zur Diskussion aufnehmen sollte, um
dann eventuelle weitere Massregeln zu treffen, wurde ein Ko-
mitee eingesetzt, zu dessen Mitgliedern der Vorstand des Vereins
sowie Prof. Söderhjelm, Dr E. Hagfors und Dr /. Hortung ge-
wählt wurden.
In fidem:
A. Längfors.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 2"]. Februar 1909, bei welcher Sitzung der
Ehrenpräsident Prof. W. Söderhjelm, der erste
Vorsitzende Prof. A. Wallensköld und 19 Mit-
glieder anwesend waren.
§ I.
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
§ 2.
Als Mitglieder des Jahresfestkomitees wurden gewählt: Fräu-
lein A. Bohnhof, Fräulein E. Lindelöf, Frau T. Räbergh. die Her-
ren Stud. /' Vasenius und Mag. phil. M. Wasenius.
S. Neuphil. MiU. 1909, S. I — 12.
rrotokollc des Neiiphilologischen Vereins. 137
§ 3-
Das im § 9 des Protokolls der vorigen Sitzung erwähnte
Komitee erstattete Bericht über seine Tätigkeit; Prof. Söderhjelm
meldete, dass er \erhiDdert gewesen sei, an der Arbeit des Ko-
mitees teilzunehmen. Der Verein beschloss, in Übereinstimmung
mit dem Vorschlage des Komitees:
i) in einer an den Senat gerichteten Einlage zu ersuchen,
dass die drei für die Lehrer der deutschen und der französischen
Sprache bestimmten Reisestipendien auf sechs vermehrt würden,
und dass auch Lehrer der englischen Sprache berechtigt würden
sich um diese Stipendien zu bewerben;
2) in einem an die Schulbehörde gerichteten Schreiben zu
ersuchen, dass die Schulbehörde für eine neue Regulierung der den
Lektoren der deutschen Sprache zukommenden Honorare für Heft-
korrekturen Schritte ergreifen möge, und zwar in der Richtung,
dass dieses Honorar demjenigen gleichgesetzt würde, das die Lek-
toren der lateinischen Sprache erhielten, und dass für Klassen mit
mehr als 30 Schülern dasselbe in doppelter Höhe berechnet würde.
Prof. W. Söderhjelm hielt einen Vortrag über die wissen-
schaftliche Ausbildung der modemsprachlichen Lehrer, der in fol-
gende Thesen ausmündete:
i) Der akademische Unterricht in den modenien Sprachen
muss einen durchaus wissenschaftlichen Charakter haben, wenn er
auf der Höhe des Unterrichts in anderen Fächern stehen will;
dies ist nur möglich, wenn die historische Sprachentwickelung genü-
gend ins Auge gefasst wird.
2) Die lebende Sprache soll dabei nie ausser Acht gelassen
werden; es ist wünschenswert, dass auch der historische Unterricht,
mehr als bisher geschehen, von ihr ausgeht und dass sie auch in
anderen Hinsichten sorgfältig beleuchtet wird; deswegen soll-
ten auch die wissenschaftlichen Lehrer fleissig über moderne
Texte lesen.
3) Es wäre zu wünschen, dass die Lektoren besondere Kurse
für angehende Neuphilologen veranstalteten und ihnen nicht das
Zeugnis gäben, bevor dieselben alle billigen Anforderungen erfüllen.
Im Examen bei dem Professor wird auf die Übersetzungsprobe ein
besonderes Gewicht gelegt.
4) Für das litterarische Examen wird eine Anzahl Texte
vorgeschrieben.
Die an diese Thesen sich anknüpfende Diskussion, an wel-
cher Prof. A. Wallemköld, die Universitätslektoren f. Schlegel, f. Öh-
138 fro/oko/k lies Neuphi/olo^s^ischen l'ereins. Emgesandte Liiteraiur.
qtiist und /. Poirot sowie Oberlehrer Dr E. Hagfors teilnamen, be-
rührte besonders die Verhältnisse zwischen dem Unterricht der
Lektoren und demjenigen der Professoren (bezw. Dozenten). Der
Erstgenannte wollte besonders hervorheben, dass es viel angemes-
sener sei, den sprachgeschichtlichen Unterricht an einen mittel-
alterlichen als an einen modernen Text anzuknüpfen.
In fidem:
A. Längfors.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 15. März 190Q (Jahresfest), bei welcher
Sitzung der Ehrenpräsident, der erste und zweite
Vorsitzende und 30 Mitglieder anwesend waren.
In der Abwesenheit des Schriftführers wurde das
Protokoll von Mag. phil. M. Wasenius geführt.
Professor A. Walle?isköld hielt in schwedischer Sprache einen
Vortrag über die »neuprovenzalische Nationalitätsbewegung».
§ 2.
Es folgte ein geselliges Beisammensein, wobei Reden von
den Professoren Söderhjelm und Wallensköld gehalten wurden.
Das Programm enthieh Gesang und Musik, eine Festpublika-
tion, u. a.
In fidem:
Matias Wasem'us.
Eingesandte Litteratur.
J. Fürstenliojf, De l'adoption du francais comme langue
auxiliaire internationale. 22 p. in-8:o. (Extrait de la Revue des
Ide'es, 15 oct. 1908).
L'auteur, professeur de 1' Extension universitaire
de Belgique, veut demontrer 1:0 »le besoin urgent
d'une langue auxiliaire», 2:0 »l'inadmissibilite des lan-
gues mortes et artificielles » , 3:0 »les raisons philologi-
ques, historiques et politiques qui designent la langue
Schrifteriaustausch. 1 39
fran(;'aise au choix des peuples pour leurs echanges
internationaux». M. F. parait ctre l'ame directrice d'un
groupe d'hommes de science qui s'est constitur en
comitc provisoire d'une »entente scientifique internatio-
nale pour l'adoption d'une langue auxiliaire». Les
personnes qui adherent a ce programme et voudraient
etre inscrites parmi les membres du Comite d' Organi-
sation d'une Enteilte scioitifique internationale pout Vadop-
tio7i du francais covime langtie auxiliaite sont priees de
s'adresser ä M. J. Fürstenhoff, 33, rue de Toulouse,
ä Bruxelles.
/. E. K^rkkola, Deutsche Stilproben: Lesestücke für die obe-
ren Klassen höherer Lehranstalten ausgewählt und bearbeitet. Hel-
singfors, Otava, 1909. 158 S. 8:0. Preis Fmk. 2: 75.
E. Lefevre, Le Cinquantenaire de Mireio (1859 — 1909).
Notes Bibliographiques et Iconographiques. 21 p. in-8:o. (Extrait
de la Revue de Provence et de Langue d'Oc, Nouv. ser., n:os 3 et
4, mars et avril 1909).
Rudolf Pestalozzi, Syntaktische Beiträge: L Systematik der
Syntax seit Ries ; IL Die Casus in Johannes Kesslers Sabbata.
Leipzig, Ed. Avenarius, 1909. 80 S. 8:0. Preis Rmk. 3. (= Teu-
tonia, Arbeiten zur germanischen Philologie, herausgegeben von
Dr. phil. Wilhelm Uhl, ao. Professor an der Albertus-Universität
zu Königsberg. 12. Heft).
B. Schädel, Manual de fonetica catalana. Cöthen, O. Schulze,
1908. Vlll-f 88 S. 8:0.
Schriftenaustausch.
Bibliographia phonetica, Jahrg. 1909, Nr. 2.
Bulletin de dialectobgie romane, annee I (1909), no. i
(Janv. — mars). — Contient, entre autres, un article fort interessant
de H. Morf intitule Mtmdarteiiforschting und Geschichte auf roma-
nischem Gebiet (17 p.).
Maal og mitine, Norske Studier. Utgit av Bymaals-Laget
ved Magnus Olsen, i. hefte 1909. Bymaals-lagets forlag, Kristia-
nia (0vre Slotsgade 29). Kommissiona:r for utlandet: H. Asche-
houg & C:o, Kristiania. — - Dieses erste Heft der neuen Zeitschrift,
welche dem Studium des norwegischen Geisteslebens von uralter
Zeit bis zu unseren Tagen gewidmet ist, enthält u. a. wertvolle
Aufsätze von Moltke Moe (»Det mytiske t^enkesaet») und Magnus
Olsen (»Fra gammebiorsk myte og kultus»). Preis: 3 Kronen
jährlich (10 Druckbogen).
I40 Mittcihmgev.
Modern Languagc Notes, Vol. XX r\' (igog), No. ^
Päivü, Jalirg. 1909, Nr. 8 — 14.
Revue de Provence et de langiie d'Oc, annce 1009, n:os
3—4. — Contiennent, entre autres, la suite et la fin de V Est/uisse
d'une Histoire de la litteratiire bearnaise, pai- L. Batcave, et Le
Cinquantenaire de Mireio, Notes Bibliograpliiques et Ironographiques
fi8f;o — iqoq) par Ed. Lefevre.
Mitteilungen.
Ferienkurse: In 3^ena vom 4. bis 1 7. August. — In
Marburg vom 7. bis 28. Juli (erster Kursus) und vom 4. bis 25.
August (zweiter Kursus). — In Paris (Alliance fran^aise) vom i.
bis 31. Juli (erster Kursus) und vom i. bis 31. August (zweiter
Kursus). — In Versailles vom 29. Juli bis 21. August (erster Kur-
sus) und vom 23. August bis 14. September (zweiter Kursus).
Ausländische Adressen: Hamburg, Pension Inter-
nationale (Fräulein Winckel), Holzdamm 38; Jena, Fräulein Went-
zell, Forstweg 14, und Frau Mahr, Gartenstr. 4; Osnabrück, Frau
Dr. Toni Denckmann, CoUegienwali 12 C ; Weimar, Pension von
Berg, Wörthstr. 37; sämtlich empfohlen von Fräulein Maria Lavo-
nius, Helsingfors, Georgsg. 2.
Der Redaktion sind folgende Schreiben zugekommen:
»Im Begriff eine neue Auflage meines deutschen Lehrbuchs
zu veranstalten, gestatte ich mir, an die verehrten Kollegen, die
dasselbe im Unterrichte benutzt haben, die Bitte zu richten, mir
ihre Erfahrungen mitzuteilen und mich auf Mängel aufmerksam
zu machen. Anregungen zu Änderungen und Verbesserungen er-
bitte ich mir unter der Adresse: Wiborg, Pellervostr. 16. Die
zweite Auflage geht Anfang Juni in die Presse.
Solmii Nyström .
»Im Juni beginnt die Drucklegung einer neuen Auflage mei-
nes Lesebuches Deutsche Prosa und Dichtung . Ich wäre dank-
bar, wenn die Damen und Herren, denen irgend welche Verände-
rungen in Plan und Aufstellung des Buches wünschenwert erschei-
nen, mir vor dem i Juni diesbezügliche Mitteilungen machen
wollten. Helsingfors, Michaelsstr. i.
Johannes Öhquist .
HEUPrillOlOQISCHE
• • MITTEIIJUNQEN
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
, Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion, 1
n« I- \ *'• 3° '^"'■'^h "^'^ P°^' ""'^ 5 Fmk durch die Buchhandlungen.
I/P. 5 j Zahlende Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich, jj l^O^
— Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung
' bittet man an die Redaktion lAdr. Prof. A. Wallensköld, J
\\ Vestra Hamngatan 5) zu senden. ||
Le Congres International des Langues Vivantes de Paris
113—17 avril 1909)
Ses travaux, ses rcsultats et sa signification.
Un congres international, comme celui qui s'est tenu ä
Paris au printemps dernier, offre un interet general ä plus
d'un point de vue. D'abord, il est toujours utile d'entendre
discuter, par les hommes les plus competents de nations di-
verses, les problemes qui touchent ä l'^ducation et ä l'instruc-
tion de la jeunesse; on aime ä apprendre quelles furent leurs
experiences personnelles, quels sont les resultats qu'ils ont
obtenus, quelles sont leurs esperances et aussi quelles furent
leurs deceptions dans leur oeuvre pedagogique et dans leur
tache quotidienne. II ne saurait etre indifferent ä un honime
cultive de connaitre comment les representants des difierents
pays civilises cherchent ä adopter, en vue d'un but commun, des
methodes speciales, appropriees aux besoins et aux habitudes
intellectuelles ou sociales de leurs compatriotes et de leur
generation. Enfin, il est reellement captivant de voir comment
chaque nation cherche ä realiser son ideal d'une education
moderne et quels moyens eile emploie pour parvenir ä ce but.
Plus un congres est international, plus il y a de chances
pour que les membres qui en fönt partie s'elevent au-dessus
des petites questions de clocher, au-dessus des problemes
142 Henri Schoen,
d'interet materiel (traitement, nombre d'heiires de Service, droits
professionncls, retraite, etc.), qui se posent diffcreniment dans
chaque pays et qui n'ont d'interet que pour le corps ensei-
gnant; tout poussera les orateurs et les rapporteurs ä discuter
les questions plus generales qui preoccupent l'elite de toutes
les nations europeennes.
C'est ce qui est arrive pour le congres organise par la
«Societe des professeurs de langues Vivantes de l'enseignement
public», sous la presidence d'honneur de M. le Ministre de
rinstruction publique, de M. le Ministre du Commerce et de
rindustrie, et de M. le Ministre des Afifaires etrangeres. Si
l'assemblee internationale n'a pas trouve la Solution definitive
de tous les problemes poses — et quel est le congres qui a
resolu toutes les difficultes? — du moins n'a-t-elle aborde que des
questions d'un interet general, auxquelles sont egalement inte-
ressees toutes les nations qui s'occupent de langues Vivantes.
De lä son importance et son interet.
Ce caractere international apparait d'une fagon tres nette
dans le vaste programme des travaux du Congres.
Vu le nombre et la variete des questions ä traiter, le
comite avait decide, dans ses reunions preliminaires, de diviser
les travaux en trois grandes sections.
La Premiere de ces seciions fut consacree ä la discussion
de toutes les questions se rapportant ä la preparation des
futurs professeurs de langues Vivantes en France et dans les
autres pays. Le Congres a etudie comment il convient de donner
aux etudiants une solide preparation generale, aussi bien litte-
raire que philosophique ; car il est aujourd'hui admis, non seu-
lement en France, mais dans tous les pays oü l'on enseigne les
langues Vivantes, que les professeurs de cette branche doivent
avoir une culture generale egale ä celle de leurs collegues.
Puis l'assemblee a examine comment on peut faciliter
aux etudiants l'acquisition parfaite, la connaissance pratigne
de la langue etrangere qu'ils seront charges d'enseigner ^ Si
' Rapport de M. PICQUET, professeur de litterature etrangere ä l'Uni
versite de Lille.
Le Congrh International des Langues Vivantes de PaHs. 143
les delegues de toutes les nations civilisees ont reconnu que
le terme necessaire des etudes philologiques doit etre un sejour
aussi prolongc que possible [au moins douze a quinze niois) en
pays etranger, ils ont ete non moins unanimes ä proclamer que
des efforts energiques doivent etre faits pour developper les
connaissances pratiques et perfectionner la prononciation des
jeunes philologues.
Les recentes decouvertes de la phonetique viennent
apporter aux professeurs de faculte un secours inespere. Dans
un rapport remarquable, un ancien attache au laboratoire de
phonetique experimentale du College de France, M. ZÜND-
BURGUET, a montre comment la methode imitative doit etre
completee par des procedes relevant directement de la con-
naissance des organes de la parole, autrement dit de la phy-
siologie vocale ou phonetique. II existe aujourd'hui tout un
ensemble de moyens pratiques et d'appareils simples et peu
coüteux, qui permettent d'ameliorer, de redresser et de corriger
la prononciation des eleves, meme les moins bien doues. Les
resultats sont, parait-il, tres satisfaisants, et l'experience des
congressistes allemands est venue confirmer les affirmations
du savant frangais.
De plus, on devrait donner aux futurs professeurs des
connaissances plus etendues sur les moeurs et sur l'histoire de la
langue et de la grammaire d'un peuple ^. Le jour oü l'on fera
comprendre aux etudiants le poi4rquoi des faits linguistiques
qu'ils ont pu constater, ils retiendront beaucoup mieux ce
qu'on leur a montre; lorsqu'ils connaitront les moeurs, l'esprit,
les sentiments, les habitudes d'un peuple, ils en apprendront le
langage avec plus de plaisir. Et quant ä l'histoire de la langue,
comment pourrait-on la separer de celle de la litterature? La
connaissance de l'ancienne langue et de son evolution seculaire
n'est-elle pas necessaire pour comprendre les formes actueües
d'une langue europeenne quelconque ? Les conclusions de M.
Thomas, professeur ä l'Universite de Lyon, prenant l'anglais
pour exemple, ont ete decisives ä ce point de vue. «La
' Discours et rapport de M. KAKL P.REUL, professeur ä l'Universite de
Cambridge.
144 Henri Schoen,
connaissance du vieil anglais ^, dit-il, est indispensable ä qui
veut bien comprendre la morphologie, la syntaxe et le voca-
bulaire de l'anglais moderne. Elle permet au philologue d'en
suivre les transformations historiques, d'en marquer les tendances
et d'en saisir Tesprit. Elle explique, ä certains egards, le
developpenient de la litterature et la marche de la civilisation
dans les pays anglosaxons. Cette etude presente un exemple
unique de l'evolution d'un menie idiome germanicjue pendant
1300 ans.»
* .1:
La seconde section etudia les questions se rapportant aux
progranimes des ecoles secondaires (lycees, Colleges, gymnases,
ecoles reales, etc.) et aux methodes de l'enseignement des lan-
gues Vivantes en France et dans les autres pays. Les impor-
tantes questions de granimaire surtout furent l'objet de dis-
cussions nombreuses et parfois assez vives. La grammaire
doit avoir une place importante, meme dans l'enseignement des
professeurs qui sont les plus ardents partisans de la methode
directe. Toutes les tentatives pour se passer d'elle ou pour la
reduire ä la portion congrue ont piteusement echoue, du moins
dans l'enseignement public, oü les classes de langues Vivantes
sont nombreuses Sur ce point, tous les membres du Congres
ont ete d'accord.
Mass la difficulte commence des qu'on essaie de deter-
miner comment cet enseignement doit etre donne. La grammaire
doit-elle s'enseigner dans des legons speciales, independamment
du vocabulaire et des lectures, soit pour toutes les periodes des
etudes, soit pour certaines d'entre elles.? Faut-i! subordonner un
enseignement a l'autre.^ Teiles sont les premieres questions
qui se posaient.
En general, l'opinion qui semble avoir prevalu est qu'il
faut combiner l'enseignement de la grammaire avec les autres
exercices -.
' Par vieil artglais, M. Thomas enlend «la langue ai terieure ä l'epoque
d'Elisabeth et remontant jusqu'au septieme siecle de notre ere>.
* Conclusions du rapporteur, Madame E. KAHN, professeur au lycee
de jeunes filles de Versailles.
Le Congres International (üs I.angues Vivantes de Paris. 145
Les professeurs frangais surtout paraissent trcs preoccupes
de la necessite d'eviter ä leurs eleves l'ennui d'une heute entiere
consacree ä l'etude de regles grammaticales. Beaucoup d'en-
tre eux manifestent une veritable aversion pour les «paradigmes»
et les tableaux schematiques, qui leur rappellent les methodes
arides d'autrefois ^. Ils voudraient rendre toutes leurs legons
«attrayantes», et beaucoup de professeurs allemands et anglais,
surtout parmi les jeunes, cherchent ä les suivre dans cette voie.
Ce qui frappe le plus dans les rapports presentes au
Congres par MM. HAMMER, de Vienne, SCHARFF, de l'Athenee
royal de Liege, KIRKMAN, delegue du «Joint Committee on
Grammatical Terminology», et par les nombreux representants
de l'Allemagne qui ont pris part aux discussions, c'est que chaque
peuple congoit Tenseignement grammatical selon les tendances
particulieres de son esprit propre, selon les habitudes generales
qu'il a acquises peu ä peu dans l'etude d'autres branches.
Tandis que les Frangais veulent avant tout «alleger»
leur enseignement et le rendre aussi agreable que possible,
Autrichiens et Allemands cherchent ä «systematiser», ä «enre-
gimenter» en quelque sorte les regles de grammaire, pour en
faire un ensemble imposant et solide, qu'ils voudraient intro-
duire dans totis les etablissements d'enseignement secondaire
de leurs pays. M. HAMMER, de Vienne, voudrait meme que
cette uniformite devint internationale. II emet le voeu qu'une
commission internationale de professeurs elabore, le plus tot
possible, ce qu'il appelle une terniinologie granmiaticale inter-
nationale unifiee, et la grande majorite des congressistes ne
lui a pas ete hostile.
Les Anglais, toujours pratiques, sont, avec raison, par-
tisans de la theorie du moindre efifort. Et M. KIRKMAN, au
nom de son comite, demande instamment que tous les pro-
fesseurs de la meme brauche, ainsi que tous les maitres qui
fönt des cours aux mcmes eleves, quelle que soit la langue
qu'ils enseignent, maternelle, anciennc ou moderne, adoptent
Condorcet.
Rapport de M. BOURGOGNE, professeur de langue anglaise au lycee
146 FTem-i Schoen,
enfin u^te terminologie identiqne: ce sera, dit-il, autant de temps
de gagne pour les eleves, qui pourront alors porter leurs efTorts
sur des matieres plus utiles.
Les nombreux professeurs de lycees frangais qui ont
fait des Communications au Congres — il y a eu yne trentaine de
rapports sur les questions de grammaire — paraissent avoir
trouve le juste milieu entre un enseignement grammatical trop
systematique, et par cela meme un peu aride, et la methode
du «petit bonheur», subordonnant l'enseignement au Hasard
des lectures ou de la conversation.
Ils poserent, presque tous, en principe, que l'enseignement
grammatical doit toiijours etre appuye par des exemples et
proceder de ces exemples, que par consequent ceux-ci doivent
preceder plutot que suivre la regle, qu'il faut reduire les regles
et les series d'exceptions au strict necessaire, que les connais-
sances grammaticales doivent etre entretenues par la lecture,
par l'analyse logique des textes, par de nombreux exercices
oraux et ecrits, et enfin par l'usage methodique d'un cahier
special de grammaire, oü les eleves consigneront eux-memes
leurs observations. ^)
Enfin, chose que certains partisans de la methode directe
voulaient interdire, la grande majorite des congressistes a
reconnu que la langue materielle pourra et devra intervenir,
des que l'emploi exclusif de la langue etrangere creerait aux
eleves des difficultes inutiles.
II y a lä un efibrt interessant et caracteristique pour
eviter les inconvenients de la methode nouvelle.
La troisihne scction s'occupa de toutes les questions se
rapportant ä l'enseignement extrascolaire et postscolaire des
langues Vivantes en France et dans les autres pays. Ce Tut
eile qui eut ä traiter les problemes les plus nouveaux et les
plus actuels.
Les lansfues Vivantes ont ete Tun des nombreux vehicules
^ Le rapport de Miss C. F. SHEARSON de Londres a abouti aux memes
conclusions.
Le Congres International des Lcngues Vivantes de Paris. 147
dont les sports se sont servis pour penetrer peu ä peu en France,
oü la jeunesse, absorbee par les etudes greco-latines, les
ignorait ou les dedaignait. Maintenant, ce sont elles qui servent
de raison ou pretexte ä des distractions utiles et ä des plaisirs
nouveaux.
II y a trente ou quarante ans, les parents frangais auraient
souri, si on leur avait dit que le temps viendrait oü ils enver-
raient leurs enfants seuls ä l'etranger, et oü ils echangeraient,
pour un temps donne, leur fils ou leur fille contre le fils ou
la fille d'une famille allemande ou anglaise, espagnole, ita-
lienne ou russe.
Et pourtant, tout cela est devenu une realite, et une realite
si vivante et si prospere qu'un grand Congres international a
consacre a ces innovations une seance presque entiere, une
Serie de rapports remarquables et plusieurs heures de discus-
sion animee.
L'utilite, pour toiis les eleves, d'un voyage au pays dont
on veut posseder la langue, n'est plus contestee par personne.
Mais, ce qui est interessant, c'est de voir qu'on voudrait faire
rentrer un tel voyage dans le cycle des etudes secondaires.
Le but que s'est propose le Congres, en recommandant de
multiplier les bourses de voyage, est tres caracteristique ä ce
point de vue.
«Considerant, dit un voeu vote ä l'unanimite, que les
bourses de voyage ont un but doublement utile, celui de rendre
Service au titulaire de la bourse, et celui, non moins important,
de domier aux familles un bon exemple, et de creer un courant
important d'idees vers Icducation nouvellc, le Congres de 1909
emet le voeu que ces bourses se multiplient le plus possible
et que les pouvoirs publics, comme aussi l'initiative privee,
pretent ä cette oeuvre eminemment utile le concours le plus
devoue et le plus actif.»
Le travail le plus important de cette section Tut un
rapport de M. GERARD sur les bourses de voyage. Rien n'est
plus interessant que les impressions des jeunes titulaires de
ces bourses. On sent que de tels voyages ä l'etranger elar-
gissent l'esprit, fouettent les energies, et aussi, selon un mot
148 Henri Schoen,
de M. Pierre Baudin, fortifient le patriotisme par la conipa-
raison avec les autres pays.
Ces voyages sont prepares par la Correspondance scolaire
internationale^ dont Tun des fondateurs les plus devoues, M.
Mielle, a entretenu rassemblee avec toute la chaleur de la
conviction et de renthousiasme.
v-Nos lettres deviennent de veriiables epanckementsy>,
ecrivait au rapporteur, dans une lettre charmante, une gracieuse
fillette du Midi; et ces echanges d'opinions et de sentiments
afifectueux sont souvent l'origine de liens durables. Ces faits,
si minimes qu'ils soient, ont, eux aussi, leur importance inter-
nationale et economique, car ils contribuent au rapprochement
des peuples civilises. De tout petits faits, peuvent naitre de
tres grands effets.
II en est de meme des echanges d'enfants que plusieurs
congressistes ont etudies et vivement recommandes ^. Sur 100
echanges, il n'y a pas, en moyenne, deux reclamations de
parents mecontents, et c'est ä peine si trois ou quatre noms,
sur plusieurs centaines de familles, ont dij etre rayes de la
liste par le comite, pour des faits d'ailleurs sans gravite, tels
que manque de confort ou de tact. Les resultats peuvent
donc etre consideres comme tres satisfaisants au point de vue
international '^.
Enfin, ä la fin de ses travaux, le Congres a passe du
domaine professionnel et technique dans celui de la vie eco-
nomique et sociale des nations modernes.
De nos jours, les langues Vivantes sont devenues Tun
des principaux facteurs du developpement economique et com-
mercial d'un peuple. Elles penetrent beaucoup plus profonde-
' Pour la France, le Directeur de la Socicti d'echa>ige international
est M. TONI-MATHIEU.
^ La Societe d'echange international des enfants et des jeunes gens pour
l'etude des langues etrangeres a son bureau frangais ä Paris, 36, boulevard de
Magenta. Elle envoie gratoitement les formules de questionnaires et les notices
indiquant les conditions de ces echanges, qui ne coütent aux familles que les
frais du voyage.
Le Congres Intcruatiofial des Lang lies Vivantes de Paris. 149
ment dans la vie populaire que les langues mortes. Celles-ci
sont et ont toujours ete reservees ä une elite, peu nombreuse
par rapport a l'ensenible de la population. Elles n'ont jamais
penetre dans les classes populaires. Les langues modernes,
au contraire, ont une tendance toujours plus marquee ä debor-
der par-dessus les limites de l'enseignement superieur et
secondaire, pour penetrer de plus en plus dans Venseignement
primaire et arriver ainsi jusqu'aux couches vraiment populaires
de la nation.
En effet, si reellement les langues Vivantes sont les
meilleures auxiliaires du commerce en general et particulierement
de tous les echanges internationaux, pourquoi ne pas les mettre
a la portee des milliers de travailleurs, de commergants et de
representants, auxquels elles pourraient apporter un peu plus
de bienetre, un peu de richesse peut-etre? N'a-t on pas dit,
non sans apparence de raison, que les langues Vivantes ont
ete Tun des principaux facteurs du developpement industriel
et commercial reellement prodigieux de l'Allemagne contem-
poraine ?
Apres avoir etudie les questions relatives ä la «formation
professionnelle» des professeurs de langues modernes et les
delicats problemes de mcthode, le Congres ne pouvait donc
rester indifferent a tout ce qui touche au role social et econo-
mique des langues Vivantes.
Voilä pour quelle raison M. MADY, professeur au lycee
Janson de-Sailly, est venu proposer ä l'assemblee de demander
la creation de nombreux cours d'adultes et la reorganisation
de ceux qui existent dejä pour les langues modernes. Apres
avoir fait une etude approfondie de leur Organisation, de leur
but et de leur fonctionnement, il reclame, pour leurs maitres
et pour leurs eleves, des encouragements serieux, moraux et
aussi materiels.
Voilä pourquoi M. PINLOCHE, du lycee Michelet et de
l'Ecole polytechnique, propose energiquement la creation
d'mstiiuts speciaux des Imigucs Vivantes, sortes de laboratoires
scientifiques et pratiques, destines ä l'etude de la pensee et
de la culture des peuples etrangers.
150 Henri Schoen,
Ces nouveaux Instituts seraient ouverts ä toutes les catc-
gories de travailleurs, commergants, industriels, representants,
qui, Sans rechercher aucun grade acadcmique ou aucun diplome
universitaire, auraient interet ä entretenir ou ä completer les
notions acquises; ils mettraient a la disposition du public non
seulement des cours sur les moeurs, la litterature, le commerce
et l'industrie des pays etrangers, mais encore un bureau de
renseignenients sur tout ce qui touche ä leur evolution ccono-
mique, et une sorte de musee special, analogue aux celebres
musees commerciaux de l'Allemagne. Ce seraient des centres
de recherches et d'etudes relatives aux langues Vivantes, ouverts
au public comme certains instituts de physique, de chimie ou
d'histoire naturelle.
C'est encore pour la mcnic raison que M. GLAUSER, dans
un remarquable memoire depose sur le bureau du Congres et
dont les conclusions ont ete distribuees ä l'assemblee, recom-
manda de creer des cours populaires d'expansion commerciale,
analogues ä ceux qui existent dejä en Sucde, et que d'autres
rapporteurs reclamerent la creation, ä Paris, d'un bureau central,
destine ä recueillir les demandes de professeurs de frangais
ä l'etranger.
A cet interet social, economique et national des questions
traitees ä la fin du Congres, est venu s'ajouter un interet inter-
national de premier ordre.
Le venerable professeur MERIMEE, de Toulouse, exposa
ä l'assemblee, avec la verve du Midi, comment son Universite a
compris l'expansion universitaire et comment eile a cree, en
pleine Espagne, un institut frangais prospere, dont les cours
speciaux fönt penetrer dans ce pays la connaissance et le
respect de nos institutions, de nos mceurs, de nos lettres et
de nos arts, et etablissent, entre les deux pays, des liens
toujours plus etroits, dont sortira une entente de plus en plus
cordiale, une alliance peut-etre.
Enfin, le distingue directeur de la Revue de Belgique,
M. le professeur MAURICE WILMOTTE, a montre Ja necessite
Le Conp-es Ivternational des Langues Vh'ontes de Paris. 1 5 1
urgente de fonder, ä Paris, un bureau central, destinc a donner
de l'unite a tous les efforts isoles tentes en Orient par des
commergants de langue frangaise; il y a encore beaucoup a
faire en Turquie et dans tout l'Orient, et les nations occiden-
tales sont loin d'avoir tire de la Situation actuelle tout le
parti possible.
Les assistants etrarigers ^. dont M. MOLITOR a longuement
entretenu l'assemblee, les lecteurs ctrangers dans ies Universites,
qui ont fait le sujet de discussions interessantes, contribuent
pour leur part aux progres de cette penetration reciproque de
l'esprit des nations modernes que le Congres a appelee de
tous ses voeux. Chaque assistant etranger, chaque lecteur
d'Universite doit frayer la voie ä l'influence morale et ä
l'expansion economique du pays quil represente. En faisant
mieux connaitre sa patrie, il preparera les esprits a l'apprecier
et ä l'aimer.
Ainsi, depuis les petites lettres des enfants des ecoles
jusqu'aux grands bureaux internationaux et aux futurs instituts
de langues Vivantes, toutes les forces vives dune nation mo-
derne devront concourir au developpement de son rayonnement
moral, de son expansion industrielle et commerciale en Europe
et dans le reste du monde.
II ne peut rentrer dans le cadre limite d'une etude aussi
restreinte que celle-ci, d'analyser tous les vreux emis et votes
par l'assemblee, apres des etudes consciencieuses et des dis-
cussions fort animees. Du moins voudrions-nous esquisser, en
terminant, quels furent les resultats generaux, quelle est la
signification internationale et, en quelque sorte, la philosophie
du Congres.
' La question de la Situation materielle des assistants a ete confiee ä
une commission internationale et sera portee ä l'ordre du jour du prochain
congres. D'apres les renseigneinents qui nous sont parvenus, il parait que
les assistants allemands goiiteraient fort peu le regime des lycees frangais et
voudraient etre loges et nourris en debors de l'elablissement, dans une famille
de leur choix, comme les assistants elrangers en Allemagne. Ce voeu parait,
du reste, fort legitime.
152 Henri Schoen^
Ce qui frappe tout d'abord l'observateiir impartial et
averti, c'est qu'im grand congres des langues Vivantes ait eu
autant de succes dans un pays qui, pendant longtemps, a fait
peu de cas des langues etrangeres Vivantes. II y a vingt ans,
les organisateurs n'auraient pas reuni quatre-vingfs delegues.
Aujourd'hui, ils ont vu pres de six cents congressistes repondre
ä leur invitation. Pres d'un tiers etaient des etrangers, venus
de Hollande, de Belgique, d'Italie, d'Espagne, de Suisse, de
Russie, d'Autriche, de Bulgarie, des EtatsUnis et surtout
d'Allemagne et d'Angleterre. C'est bien lä une nouvelle preuve
de l'interet general que soulevent actuellement les langues
Vivantes dans tous les pays civilises, et surtout dans les pays
colonisateurs et qui se considerent coinme charges d'une mis-
sion civilisatrice.
La seconde remarque qui s'impose est le fait que le
Congres a ete preside par Tun des professeurs de frangais les
plus distingues de la Sorbonne, M. BRUNOT. Faut-il ne voir
dans cette circonstance qu'une simple Ironie du hasard? Non
certes! Comme l'indiquait spirituellement le president lui-meme,
dans son magistral discours d'ouverturc, c'est lä un signe des
temps nouveaux. Longtemps la langue frangalse s'etait tenue
ä l'ecart des autres langues rrodernes. Arrivee ä un haut
degre de maturite bien avant les langues germaniques et
anglo-saxonnes, consideree presque partout comme l'heritiere
legitime des langues grecque et romaine, eile avait ete placee
— faut-il dire elevee? — sur le meme rang que les langues
mortes.
Cette solidarite avec les langues anciennes menagait de
l'arreter dans son evolution necessaire et l'empechait de rester
en communication continuelle avec toutes les manifestations de
la vie mod'erne. Retenue par des traditions trop rigides, eile
etait obligee de laisser penetrer dans son sein une foule d'ex-
pressions anglaises ou germaniques pour designer les plaisirs
de la vie moderne ou les decouvertes nouvelles de la science
et de l'industrie.
Or, cette langue si fiere parait sentir aujourd'hui que
le moment est venu de sortir de son isolement, de quitter
Le Congres Ivternational des Lafigues Vivantes de Paris. 153
les hauts sommets oü regnent — toujours plus c-loignces de
nous — les langues mortes dans leur majestueuse splendeur,
pour se rapprocher des autres langues modernes, (ju'elle a
enfin cesse de dedaigner.
Voila le sens symbolique de la nomination d'un professeur
de frangais comme president d'une assemblee de professeurs
d'allemand, d'anglais, d'italien, d'espagnol ou de russe. Ce
choix signifie que la langue frangaise veut desormais entrer
dans la lice, rester en communication constante avec tous les
besoins et toutes les manifestations de la vie moderne et, tout
en gardant quelques-unes des qualites qui en fönt une langue
classique, apprendre de ses soeurs plus jeunes et plus souples
ä se plier aux exigences de la vie moderne et ä s'adapter
de mieux en mieux aux nuances toujours plus delicates de la
pensee contemporaine.
Interet croissant pour l'etude des langues Vivantes, rap-
prochement du frangais et des autres langues modernes, telles
sont donc les premieres indications que nous donne le Congres
de Paris.
Les resultats des deliberations sont-ils aussi heureux au
point de vue special de l'en^eignement des langues Vivantes
proprement dit?
Ici encore, le programme lui-meme, tel qu'il a ete etabli
par le comite avant l'ouverture du Congres, mais apres müre
reflexion et apres de longues discussions, est extremement
significatif.
En efifet, il y a seulement sept ou huit ans, il eüt ete etabli
tout autrement.
Alors on se demandait encore, du moins en France, quel
doit etre le but de l'enseignement des langues Vivantes.
Faut-il les apprendre pour pouvoir lire ou consulter un auteur,
pour savoir ecrire une lettre ou une note, ou pour arriver ä
s'exprimer dans une langue etrangere? Lire, ecrire ou parier,
teile etait la question qui se posait en France ä tous les pro-
fesseurs de langues modernes.
154 Hem-i Schoen,
Aujourd'hui, le problenie est tranche. II est universelle-
ment reconnu qu'il faut, autant que possible, faire marcher de
front la conversation, la lecture et l'ccriture. II faut faire
appel a toutes les facultes et a toiis les organes de l'cnfant,
aux oreilles, aux yeux, ä la main elle-meme. Sur sc point,
tous les congressistes ont ete unanimes, ä quelque nation qu'ils
appartinssent.
De l'accord sur le but ä atteindre devait proceder lo-
giquement et naturellement l'entente sur la methode ä suivre.
En eftet, tant qu'on voulait se contenter de lire et d'ecrire,
la methode ancienne, appliquee depuis des siecles ä l'etude
des langues mortes, pouvait suffire, ä la rigueur, pour arriver
au resultat desire.
Mais, des qu'on eut compris la necessite de la conver-
sation, une methode nouvelle s'imposait. II ne s'agissait plus
de traduire perpetuellement, de passer son temps ä faire des
themes et des versions, car le «fort en theme» pouvait etre
absolument incapable de demander son chemin ou de Comman-
der un repas en pays etranger.
Alors, vers 1904 et 1905, beaucoup de professeurs frangais
passerent d'un extreme ä l'autre. La conversation remplaga le
theme; la lecture rapide bannit la version; les tableaux muraux
et les Images firent releguer la^grammaire sur les rayons les
plus eleves des bibliotheques; l'ancien dictionnaire dut ceder
la place ä d'elegants lexiques, ornes de nombreuses vignettes,
mais Sans un mot de frangais; et les partisans enthousiastes
de la methode nouvelle ecrivirent en langue etrangere ä
l'endroit le plus apparent de leur classe transformee, selon les
prescriptions ministerielles, en <petitc AUemagne», en «petite
Angleterre» :
ICI
DEFENSE EST FAITE DE PARLER FRANgAIS
Amende
{variable selon les ctablissements).
On esperait que l'enfant, n'entendant plus un mot de frangais
dans la classe de langues Vivantes, allait s'habituer ä penser
dans la langue etrangere par une sorte (fi?ttuition directe, que
Le Congres International des Latigues Vivantes de Paris. 155
les langues Vivantes, sous l'influence magique et toate puissante
d'un milieu artificiel, allaient s'imposer a l'esprit des eleves
par la force merveilleuse de l'habitude.
Helas! cette belle Illusion ne tarda pas ä s'cvanouir.
Les professeurs frangais, le Congres l'a prouve, firent exacte-
ment les memes experiences que beaucoup de leurs collegues
allemands, quelques annees avant eux. On s'apergut bientot
que la plupart des eleves etaient desorientes par cette methode
qui pouvait donner de bons resultats dans des legons particulieres,
mais qui etait d'une application difficile ou impossible dans
des classes de trente ä quarante eleves. L'enfant, depourvu de
notions precises, prive de granimaire, ou a peu pres, sans dic-
tionnaire qu'il put comprendre, l'esprit sature d'images plus
ou moins flottantes, errait sur un ocean brumeux de notions
vagues et se perdait dans le clair-obscur de l'ä-peu-pres. ')
II y eut alors, entre 1904 et 1906, pour l'enseignement
des langues Vivantes en France, une crise nouvelle, dans la-
quelle la methode directe faillit sombrer.
Or, le Congres de Paris a prouve qu'aujourd'hui ce
danger est ecarte. Si tous les membres de l'assemblee ont
reconnu que la methode des langues Vivantes doit etre difife-
rente de celle qui reussit pour les langues mortes, ils ont
reconnu a Vnnanimite qu'un enseignement grammatical complet
et bien gradue est absolument necessaire et que la parole
ecrite doit completer harmonieusement l'enseignement oral.
Ce n'est qu'ä ce prix qu'on peut arriver ä des notions
precises et claires.
La question de methode gmerale peut donc etre consi-
deree comme resolue en France, comme eile Test dejä en
AUemagne et dans d'autres pays. Les professeurs de langues
Vivantes garderont la methode directe, mais ce ne sera pas
la methode exageree et intransigeante des premiers jours: ce
* Voir ä ce sujet les articles remarquables de M. SCHMIDT dans la
Revue de l' Enseignement des Langues Vivantes, de 1907, 1908 el 1909, —
Quand on regarde de pres les Instructions ministerielles de 1902, on ne larde
pas ä reconnaitre qu'elles ne sont pas aussi inlransigeantes qu'on l'a cru, ä
lort. Ce sont les jeunes neophytes qui oni rencheri sur les reglements.
156 Henri Schoen,
sera une methode vivante et feconde, une methodc directe
attenuee et perfectionnee, plagant la conversation et les
exercices pratiques au prämier rang, donnant une place im-
portante ä la grammaire, et n'excluant plus la langue niatcr-
nelle dans les cas difficiles, ni meme la version ^) ecrite ou
orale, ä cote des narrations et des exercices de tout genre
en langue etrangere.
Ce qui s'est dessine d'une fagon de plus en plus nette,
ä mesure que le Congres avangait dans ses travaux, c'est le
desir devenu gcneral de trouver tme forme nouvelle de l'edu-
cation moderne, plus conforme que l'ideal ancien aux besoins
et aux aspirations du vingtiemc siecle. Aux humanites d'an-
tan, ä l'education greco-latine, on oppose aujourd'hui des
humanites nouvelles, une education integrale et moderne, pra-
tique et utilitaire.
Et cela, ce ne sont pas seulement des professeurs de lan-
gues Vivantes qui l'ont demande. Des admirateurs des huma
nites anciennes, des hommes penetres de haute culture greco-
latine, tels que le professeur Brunot et le directeur de l'ensei-
gnement secondaire, M. Jules Gautier, ont ete les premiers ä
l'affirmer. Notre generation a le sentiment que l'education
secondaire du dix-neuvieme siecle ne peut suffire aux generations
futures. Nous sommes ä une epoque de transition. Places
entre un Systeme d'education qui agonise et un Systeme nou-
veau qui s'essaie ä naitre, nous sentons qu'il faut marcher
') Pour le theme, il y a hesitation en France. On en a trop abuse ja-
dis pour ne pas le considerer comme la bete noire de notre enseignement —
Cependant des pedagogues aussi autorises que M, BECK, le distingue directeur
de V Ecole alsacieune, recommandent d'en faire tin emploi modere. Car, presque
tous nos eleves transforment, helas ! la narration en theme oral, mais en theme
vague et imprecis, evitant ou tournant les difficultes, ce qui est la pire des
methodes
Dans tous les cas, ce qu'on devra reiablir, au moins a partir de cer-
taines classes, c'est un hon dictionnaire, avec traduction en langue maternelle,
non ä la place, mais a cote du lexique en langue etrangere, dont les imager)
interessent les enfants.
Le Congres International des Langues Vivantes de Paris. 157
avec son temps. A des besoins nouveaux, jadis meconnus,
il faut bien faire correspondre une education nouvelle. Ce
qui est apparu comnie Tun des resultats les plus certains du
Congres de 1909, c'est qu'ä cote — je ne dis pas ä la place
— des humanites anciennes, il s'agit de realiser, aussi bien
en France qu'en Allemagne, en Angleterre, en Autriche, en
Russie, en Italie, en Espagne et ailleurs, un ideal nouveau de
V education integrale. Et Tun des facteurs les plus importants
de ces humanites nouvelles sera l'etude approfondie des lan-
gues Vivantes. ^)
Mais cet enseignement ne pourra avoir une valeur edu-
cative et une portee civilisatrice et morale que si, ä l'etude de
la langue, s'associe toujours celle des moeurs, de l'esprit, de
la litterature, de l'histoire nationale des peuples dont on ap-
prend le langage. II ne s'agit pas seulement d'apprendre des
mots, des phrases, des regles de grammaire ou de syntaxe;
il s'agit de penetrer dans la vie d'un peuple etranger apres
avoir ete initie aux lois de sa langue.
Et quand les peuples se connaitront mieux, ils s'aime-
ront et s'apprecieront davantage.
Ainsi l'etude des langues Vivantes contribuera, pour sa
part, au rapprochement des peuples qui sont ä la tete de la
civilisation moderne. Elle contribuera, eile aussi, ä realiser
ce bei ideal de la fraternite humaine, que nous appelons de
nos voeux les plus ardents.
Et si maintenant, parvenu au terme de notre etude,
nous considerons tous les details pratiques dont s'est occupe
') II est interessant de constater que, pour ce qui concerne la valeur
educative des langues Vivantes, les deliberations du Congres de Paris ont
abouti ä des resultats qui concordent absolument avec ceux du Congres na-
tional des neophilologues finlandais, reunis ä Helsingfors, le ii, 12 et 13
Janvier 1909 (Voir l'interessant rapport de M, I. Hg. dans les Neuphüolo-
gische Mitteilutigen 1909, pp. i — 12).
158 Henri Schoen, Le Congres Intern, des Langties ]'wantes de Paris.
le Congres ä la lumiere de cet ideal d'une education nouvelle,
nous verrons qu'ils concourent tous au meme but: la prepa-
ration de cet edifice futur d'une education integrale qui doit
amener un rapprochement entre les nations civilisees. Cette
correspondance internationale, ä laquelle des hommes devoues
ont consacre tant de temps, eile ne fait que preparer ces voya-
ges ä l'etranger qui seront le couronnement necessaire des
humanites futures. Ces eleves allemands ou anglais, Italiens,
espagnols ou russes, qui commencent a penetrer dans les
faniilles et dans certains etablissements d'enseignement secon-
daire, a titre d'echanges, seront pour leurs jeunes camarades
les Premiers exemples d'une mentalite etrangere. Ces assis-
tants, qui ont souleve des discussions assez vives, seront, au
sein des lycees, Colleges, gymnases ou ecoles reales, les foyers
d'oü se repandront autour d'eux quelques rayons de la cul-
ture etrangere. Ces lecteurs qui, un jour, ne manqueront dans
aucune universite europeenne, seront les champions de la
civilisation de leur pays au milieu des futurs educateurs de
la jeunesse. Et enfin, ces cours d'adultes, ces bureaux inter-
nationaux, ces musees du commerce international et de l'in-
dustrie etrangere, tout cela contribuera ä developper, ä main-
tenir et ä completer les connaissances une fois acquises, si
bien que l'education integrale de l'avenir, qui aura commence
dans un etablissement d'education secondaire, qui se sera
completee par un voyage ä l'etranger, continuera ä se deve-
lopper apres l'ecole.
Qui pourrait affirmer qu'une teile education, faite d'ob-
servation attentive, de curiosite satisfaite, de comparaisons
repetees, d'etudes detaillees et precises, de tolerance et de
liberte, n'a pas une valeur intellectuelle et morale au moins
egale ä celle des humanites anciennesr
Paris, en mai 1909.
Henri Schoen
Docteur es lettres
Professeur agrege de 1' Universite.
Besprechungen. W. Söderhjelin, Die Kultur der Gegenwart /, AV, /. 159
Besprechungen.
Die romanischen Literaturen und Sprachen mit Eitischluss
des Keltischen von Heinrich Zimmer. Kuno Meyer. Ludwig
Christian Stern. Heinrich Morf. Wilhelm Meyer-Lübhe. (Die
Kultur der Gegenwart, herausgegeben von Paul Hinneberg, Teil I,
Abteilung XI, i). 1909. Berlin und Leipzig. B. G. Teubner.
VII -f- 499 S. gross 8:0.
Fürwahr, es muss eine missliche Aufgabe sein, einen so über-
reichen Stoff, wie z. B. die Geschichte der Literatur sämmtlicher
romanischer Völker, auf eine höchst beschränkte Seitenzahl zusam-
menzudrängen. Den Ansprüchen auf wissenschaftliche Zuverlässig-
,ieit, relative Vollständigkeit und populär-fesselnde Darstellung zu-
gleich gerecht zu werden, dazu gehört in dieser Lage ein ganz be-
sonderes Talent. Nicht ohne Bekümmernis würde man, scheint
es, zu einem solchen Unternehmen schreiten. Aber von dieser Stim-
mung merkt man keine Spur, weder bei den keltischen, noch
bei den romanischen Mitarbeitern dieses Bandes. Alles ist mit über-
legenem Geschick gemacht. — Um vjn dem Teile zu sprechen, der
dem Ref. am nächsten liegt, muss man sagen, dass Prof. Morf die
Aufgabe, die sämmtlichen romanischen Literaturen parallel zu be-
handeln, ganz vorzüglich gelöst hat. Es kommt natürlich nicht
auf vollständige Büchertitel und Inhaltsanalysen an, sondern auf die
grossen wesentlichen Züge, und in dieser Beziehung kann man sich
kaum eine Darstellung denken, die mit einer ähnlichen Klarheit und
mit einem so guten Urteil das Wichtige und Notwendige geben würde.
Dabei ist auf keinem einzigen Punkte der Schablone gehuldigt wor-
den, im Gegenteil, man muss sich wundern, wie sehr die Urteile
persönlich sind und wie frisch die Form, die sie umhüllt. Nicht
selten findet der Verf. sogar Gelegenheit, auf Beziehungen zwischen
einzelnen romanischen Schriftstellern und der ausländischen Litera-
tur zu verweisen, und zwar auch hier in ganz persönlicher Weise
(so z. B. wenn er von Theophile Gaulier und Heine spricht oder
von George Sands Einfluss auf Turgenjew und — was jedoch mehr
zweifelhaft ist — Tolstoj). Und vor Allem ist die Art, in wel-
cher die komparative Behandlung französischer, italienischer, spanischer
Literatur geschieht, ganz bewunderungswürdig. Prof. Morf be-
trachtet die Literatur so wie sie allein betrachtet werden muss,
als einen Faktor des gesammten kulturellen Lebens, und deswegen
lässt er nie die allgemeinen geschichtlichen Gesichtspunkte ausser
Acht. Und so giebt diese zusammengedrängte romanische Lite-
raturgeschichte einen fesselnden, belehrenden und — das kann
getrost hinzugefügt werden — tiefen Einblick in die Geisteswelt
l6o Besprechun«;en. IV, Söderhjelm, Die Kultm- der Gegenwart /, XI, i.
der romanischen Völker überliaupt und ihre Entwickelung durch
einen Zeitraum von achtzehnhundert Jahren. — Die Arbeit wäre
nicht so persönlich wie sie ist, wenn sie nicht im Einzelnen zuwei-
len — aber freilich selten — zum Widerspruch herausfordern würde.
Ich nenne nur eine Stelle, S. 232. Der Verf. erklärt hier den
Umstand, dass die frz. Sprache bis auf den heutigen Tag den Über-
setzungen widerstrebt und Shakespeare, Dante, Goethe, Heine ein-
fach travestiert, durch die alte akademische Kritik (Vaugelas), die
»den Charakter grammatischer Nörgelei und puristischer Kleinkrä-
merei trägt». Aber beruht das wirklich nur darauf? Giebt es nicht
im tiefsten Geiste der Sprache selbst etwas, das fremden Vorstel-
lungen nicht gerecht werden kann? Ich glaube, ja. Und dieses
kommt natürlich von dem Volksgeiste, für den die Sprache nur
ein Ausdruck ist. Ein jeder, der den Durchschnittscharakter der
Franzosen kennt, weiss aber, wie grundwesentlich er von dem Cha-
rakter besonders der germanischen Völker verchieden ist und wie
wenig die Gallier diesen verstehen. Kann es dann Wunder neh-
men, dass sie nicht die tiefsten Ausgüsse des intimen Seelenlebens
in der Poesie darstellen können, und braucht man die Schuld dafür
allein einer jahrhundertelangen äusseren Tradition zuzuschreiben?
Und schliesslich, wie wenig vermag nun eigentlich die deutsche
Zunge die stilistischen Feinheiten eines Anatole France zu imitie-
ren? Mann sollte es übrigens einmal ver.>*uchen, eine psychologisch-
komparative Studie über gewisse Kultursprachen vorzunehmen, ihre
Ausdrucksmittel für seelische Zustände, ihren poetischen Bildervor-
rat u. s. w. unter einander eingehend zu vergleichen; und man
käme sicher zu interessanten völkerpsychologischen Ergebnissen.
Nicht minder ansprechend ist der den keltischen Literaturen
und Sprachen gewidmete Teil. Besonders das Kapitel »Sprache
und Literatur der Kelten im Allgemeinen» von Heinrich Zimmer,
dem Führer der deutschen Keltisten, ist überaus fesselnd sowohl
durch den vortrefflich gegliederten und reich belehrenden Inhalt —
dabei sind die Ausführungen über moderne Zuslände in der Kelten-
welt nicht die am wenigsten interessanten — als durch die ge-
schmackvoll harmonische, künstlerisch behagliche und beherrschte
Fonn. Über die irisch-gälische Literatur berichtet Kuno Meyer,
über die schottisch-gälische und die Manx-Literatur sowie über die
kymrische (walisische) und die kornische und bretonische Literatur,
Ludwig Chr. Stern.
Zum Schluss giebt Meyer-Lübke auf c. 50 Seiten einen all-
gemeinen Überblick über die Entwicklung der romanischen Sprachen,
natürlich nicht auf Einzelheiten eingehend, sondern solche Haupt-
probleme ^^ie das Verhältnis zwischen Lateinisch und Romanisch,
den Wortschatz, die Namenforschung berührend.
y. Poirot, F. Beyer, Französische Phonetik, j. Aufl. i6i
Der ganze Rand ist von höchstem Wert und kann als ein
Muster für populär-wissenschaftliche Darstellung gelten. Der Roma-
nist vom Fach gewinnt in dem Buche einen für ihn unzweifel-
haft sehr nützlichen Einblick in die Keltistik, zu dem er wohl sonst
nicht allzu leicht Gelegenheit findet, der Studiererde hat in Morfs
Literaturgeschichte einen tiefflichen und mit neuen Gesichtspunkten
bereichernden Repetitionskursus, und derjenige, der sich um seiner
allgemeinen Bildung willen hier orientiert, wird sicher nicht die Lek-
türe bereuen.
W. Söderhjelm.
F. Beyer, Französische Phonetik für Lehrer und Studierende.
Dritte Auflage, im Auftrage des Verfassers neu bearbeitet von
H. Klinghardt. Cöthen, Otto Schulze, 1908. I vol. 8^, XVI
+ 243 PP-
L'eloge du manuel de Beyer n'est plus ä faire, et le succes
du livre montre combien il est apprecie. Cette fois l'auteur n'a pu
lui-meme revoir la nouvelle edition, et la tache a ete confiee ä
M. Klinghardt, dont la competence est egalement connue.
La troisieme edition n'a pas subi de changements compara-
bles a ceux de la seconde. La disposition generale est restee la
meme. I/introduction theorique a ete etendue; certains developpe-
ments, p. ex. sur la nature articulatoire des «semi-voyelles» fran-
caises, ont disparu comme inutiles, d'autres ont ete ajoutes, p. ex.
sur la nature des occlusivcs francaises. La disposition typographi-
que a ete chargee en ce que les exemples en ccriture phonetique
(de l'af) sont imprimes en caracteres gras.
Les qualites de l'ouvrage sont restees les memes : clarte de
l'exposition, applications pedagogiques, developpements et exemples
nombreux, particulierement dans la phoretique combinatoire.
Par contre il ne semble pas que le progres realise sur la
seconde edition soit comparable a celui de celle-ci sur la premier-^. En
particulier les indications bibliographiques sont löin d'etre comple-
tes. Tout cequi a ete public dans La Parole p. ex. est reste lettre morte.
Et il ne parait pas qu'on ait tire des ouvrages recents cites dans
la bibliographie tout le parti qu'il y avait Heu: ceci s'applique sur-
tout au Pre'cis de Rousselot, qui aiirait dii provoquer des modifi-
cations dans l'expose des voyelles et des sifflantes (distinction des
deux qualites pour les 3 voyelks hautes, labialisation des voyelles
nasales, articulation des sifflantes).
L'expose des voyelles est fait d'apres des principes articula-
toires. Comme la theorie acoustique des voyelles franc^aises (reso-
102 Fesprcchuns:cn. If. S., H. Paul, Deutsches Wörterbuch, 2. Aufl.
nance, timbre) ou manque encore, ou n'etait pas faite a l'epoque
de la revision, on ne peut blamer cette lacune.
Dans Texposc des co.nsonnes, K., ä propos des occlusives
sourdes, a modifie le point de vue de Beyer, et lui substitue sa
theorie, d 'apres laquelle les tenues fran^dises ont une fermelure
de la glotte (cf. Die Neueren Spr. XIV, passim). Je ne puis me
rendre aux arguments de K.; mais je me reserve de revenir plus
amplement sur ce probleme dans le compte-rendu d'une etude de
P. Seydel. *
Traitant de la (juantite en franc^ais, K. ajoute a l'appendice
de Beyer sur les recherches experimentales de Wagner des declara-
tions sceptiques sur la vaieur de la phonetique experimentale. II
faut avouer que la place etait bien mal choisie. On peut faire
des reserves sur la portee des methodes experimentales, et je suis
tout le premier ä dire qu'elles ont, surtout ä l'heure presente, des
limites d'applicaton ; mais, s'il est un domaine qui leur appartienne,
c'est avant tout celui de la quantitc. En renon(;-ant ä tirer parti
des resultats obtenus par Wagner et par Gregoire (<^Duree de la
syllabe frani^aise», dans La Parole), on diminue la vaieur du livre,
qui ne peut cjue gagner a accentucr le caractere scientifique. Dans
la theorie de l'accent, on aurait pu aussi profiter des etudes experi-
mentales.
Ces reproches ne visent pas ä oter au maiiuel de Beyer sa
vaieur. II reste a nies yeux, av(c celui de Nyrop, Ic meilleur
precis que nous ayons; mais il deviendrait hors de pair s'il s'assimi-
lait les resultats certains acquis des maintenant par les methodes
experimentales. Je ne puis qu'exprimer en terminant le voeu que
ce desir seit realise dans une quatrieme edition, que F. Beyer, esperons-
le, ne sera pas contraint d'abandonner ä un autre.
/. Poirot.
Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch. Zweite vermehrte
Auflage. Halle a. S, igo8. 690 S. Preis 10 RM.
Pauls Wörterbuch wendet sich an alle Gebildeten, welche
sich für deutsche Sprachgeschichte interessieren, in erster Linie ist
es jedoch für die Lehrer bestimmt, die Unterricht im Deutschen
' Die labialen Verschhtsslaute des Deutschen und Französischen experi-
mentell untersucht, Breslau 1908, Aderholz, (S.-A. aus dem Jahresbericht der
schles. Gesellsch f. vaterländische Cultur 1908) l,e compte rendu de ce travail,
continuation d'une ihese sur le meine siijet, paraitra dans le procbain numero
des Neuph. Mitt._
PI. Hagfors, I. E. Kerkkola, Deutsche Siilproben. 163
erteilen. Sowohl für den Universitätslehrer wie für den Studenten
ist das Werk ein ebenso unumgängliches Hilfsbuch wie Kluges
Etymologisches Wörterbuch. Diese beiden Lexica, die in ihrer
Anlage ganz verschieden sind, ergänzen sich auf das vortrefflichste.
Während in Kluges Wörterbuch die Herkunft und Verwandt-
schaft der Worte erörtert und die weitere Geschichte derselben in
ihren wichtigsten Zügen dargestellt wird, nimmt Paul nur die
neueste Zeit, speziell die letzten Jahrhunderte, unter die Lupe und
zieht ältere Epochen bloss dann heran, wenn dies zum Verständnis
des neuhochdeutschen Sprachgebrauches notwendig ist. Damit hängt
denn auch zum Teil die Verschiedenheit in der Behandlungsweise
des Materials zusammen. Kluge lässt in seinem Buche die äussere
Entwicklungsgeschichte des Wortes besonders stark hervortreten,
bei Paul dagegen wird mehr die semasiologische Seite betont
und die Verwendung des Wortes im Satzzusammenhange berück-
sichtigt. Dadurch nimmt die Phraseologie in dem Panischen
Wörterbuch einen wichtigen Platz ein und ein gutes Stück von
der Syntax ist da hineingearbeitet. Besonders interessant sind die
ausführlichen Artikel über die Pronomina und Partikeln, welche
Paul mit seinem bekannten Scharfsinn behandelt hat.
Die zwölf Jahre, welche seit dem Erscheinen der ersten Auf-
lage verflossen sind, haben manche wichtige wortgeschichtliche Ar-
beiten und Aufsätze hervorgebracht, die Paul neben den reich-
haltigen eigenen Sammlungen für die jetzt vorliegende zweite
Auflage verwertet hat. Durch diese Zusätze ist sie um ein Fünftel
grösser geworden als die erste Auflage.
Eine Änderung in der Anlage des Baches ist insofern vor-
genommen worden, dass Etymologien reichlicher als früher mitge-
teilt sind. Hierbei bat der Verfasser nur die ihm wirklich einleuch-
tenden Deutungen aufgenommen. Dass man trotzdem in verein-
zelten Fällen inbezug auf die gegebene Etymologie verschiedener
Meinung sein kann, ist ja ganz natürlich.
Überhaupt ist der Charakter des Buches bewahrt worden;
auch die typographische Anordnung ist dieselbe geblieben. In
dieser Hinsicht hätte man jedoch eine Änderung gewünscht;
die langen Artikel hätten doch irgendwie übersichtlicher gemacht
werden können, wenn auch der auffallend dichte und kleine Druck
wegen des billigen Preises beibehalten werden musste.
H. S.
Deutsche Stilproben. Lesestücke für die oberen Klassen
höherer Lehranstalten, ausgewählt und bearbeitet von /. £. Kerh'
hold. Helsingfors, Otava, 1909. 158 S.
104 Besprechungen. E. Hagfors,
Den deutschen Lesebüchern von Öhquist, Rosendahl, Ny-
ström ist neuerdings das hier oben genannte Buch zur Seite getreten.
Während aber die ersteren mit einer elementaren, für die untere
und mittlere Stufe bestimmten Abteilung beginnen, enthält das
vorliegende Buch keine solche, sondern ist als Fortsetzung des
Elementarkurses gedacht und nur für die Oberstufe bestimmt. Dem
Umfange nach ist es etwas kleiner als die entsprechenden letzten
Abteilungen der Ltsebücher von Rosendahl oder Nyström, und
bietet auch nicht dieselbe Mannigfaltigkeit des Stoffes wie diese.
Auf seinen 1.58 Seiten bringt das Buch 25 kürzere und längere
Stücke, unter denen 8 Gedichte sind. Und während sowohl
Rosendahl als Nyström in ihren Büchern einen einheitlichen Plan
verfolgen und die Schüler über Deutschland und deutsche Verhält-
nisse in Vergangenheit und Gegenwart belehren wollen, sind hier die
Stücke in freier Abwechslung aneinandergereiht, ohne anderes
zusammenhaltendes Band als eine gewisse chronologische Reihen-
folge, auch diese nicht streng durchgeführt, und ohne andere Be-
stimmung als »den Leser durch Form und Inhalt zu selbständiger
Lektüre grösserer deutscher Werke vorzubereiten und anzuspornen»,
wie der Herausgeber in seiner Vorbemerkung sagt. Der Heraus-
geber hat wohl eben nur eine Anzahl verschiedenartiger Stilproben
geben wollen.
Unter den Prosastücken (ich gruppiere sie hier nach dem
Inhalte) herrschen die litteraturgeschichtlichen und historischen
Schilderungen vor: J. W. Goethe (eine Charakteristik des Dichters
in körperlicher und geistiger Hinsicht, nach P. J. Möbius); Karl
August, Grossherzog v. Sachsen- Weimar (nach Bielschowsky) ; Goe-
thes Reise nach Rom (nach Bielschowsky); Goethes Haus (von
K. Immermann); Der Erfolg der »Räuber» (nach K. Berger);
Schillers Tod (von J. Wychgram); Albas erste Anordnungen in den
Niederlanden und Charakteristik Wilhelms v. Oranien (von Schiller);
Die Erhebung Preussens im Jahre 18 13 (von Treitschke); von kunst-
geschichtlichem oder -philosophischem Inhalt ist ein Stück: Christus
in der Kunst (von Riehl). Daneben finden sich ein paar feine,
poetische Naturbeschreibungen oder -maiereien: Der Zauber der
Heidelandschaft (von A. Biese) und Schilderungen der Einöde (von J.
Aho u. Ad. Paul, aus Brausewetters »Finnland») und eine populär-
philosophische Betrachtung: Über das Erhabene und Schöne (von I.
Kant). Der Briefstil ist durch zwei Briefe des jungen Goethe an
seine Schwester Cornelie vertreten, die Erzählung durch Mörikes
Mozart auf der Reise nach Prag, die humoristische Novelle durch
einen Auszug aus Seidels Leberecht Hühnchen, die Komödie
durch ein Bruchstück aus Freytags Journalisten.
Die Gedichte der Sammlung sind: Gudrun, Vierundzwan-
/. E. Kerkkola, Deutsche Siilproben. 165
zigstes Abenteuer; Frühling und Frauen (W. v. d. Vogelweide); Jo-
hannes Kant (G. Schwab); Der Taucher (Schiller); Aus den Reise-
blättern (Lenau); Wallenstein (Freih. v. Zedlitz); Belsazer (Heine);
Der Wanderer (Schmidt v. Lübeck).
SprachHch dürften die Stücke den Durchschnittsschülern
keine allzugrossen Schwierigkeiten bereiten. Inhaltlich müssen sie
als gediegen und lesenswert bezeichnet werden, und ich kann mir nichts
anderes denken, als dass sie meistens wohl geeignet sind junge
Gemüter anzuziehen und ihr Interesse zu fesseln. Nur das erste
Stück: »Über das Erhabene und Schöne» kommt mir recht trocken
vor. Auch hinsichtlich der Darstellungsweise und des Stiles scheint
es mir dem Herausgeber gelungen zu sein, bei der Auswahl seiner
Stücke für jede Art etwas musterhaftes zu finden. Eine Ausnahme
möchte ich nur für Heine machen, der mir in dem Buche nicht
gut vertreten zu sein scheint; das einzige Gedicht von ihm, Belsazer,
ist doch für den Erotiker wie für den Satiriker Heine ebenso w^enig
charakterisiisch. Die Satire ist übrigens in der Sammlung auch
sonst nicht vertreten. Gern hätte ich auch gesehen, dass das
Bruchstück der »Journalisten» nicht so knapp zugeschnitten wäre
wie es ist; man erfährt da ihren Plan, Herrn Piepenbrink für ihre
Partei zu gewinnen, nicht aber, wie sie denselben ins Werk setzen.
Vielleicht ist aber das gerade gut, vielleicht erregt das bei den
Schülern nur um so mehr die Lust, die Komödie näher kennen
zu lernen.
Am meisten gefallen mir die ziemlich zahlreichen Stücke, die
sich mehr oder weniger direkt auf Goethe und Schiller beziehen
(auch das Stück über Grossherzog Karl August rechne ich hierher).
Ausser ihrem interessanten Inhalte haben sie noch das Verdienst,
dass sie dem Lehrer eine willkommene Gelegenheit, oder viele,
bieten, noch mehr Biographisches und Litteraturgeschichtliches übei
die beiden Dichter einleitungs- oder anhangsweise den Schülern
mitzuteilen. Sie lassen sich in dieser Weise leicht zu einem Ge-
samtbilde des Dichterpaares und der Weimarer Glanzperiode der
deutschen Litteraturgeschichte erweitern, und es ist ja sehr wün-
schenswert, dass die Schüler vor dem Verlassen der Schule wenig-
stens mit dieser einen Periode etwas genauer Bekanntschaft ge-
macht haben. Hier ist nicht der Ort, eingehender über diesen
Punkt zu sprechen, der mit der Frage, ob sich die Klassiker für
die Schullektüre eignen, nahe zusammenhängt. Es sei nur bemerkt,
dass ich es für sehr wahrscheinlich halte, dass eine solche Bekannt-
schaft mit Schiller und Goethe viel eher die Schüler zu selbstän-
diger Lektüre der Werke dieser Dichter anspornen wird, als eine
schulmässige Lektüre und Behandlung eines von diesen Werken
selbst.
l66 Protokolle des N^euphilologischen Vereins.
Aus dem Gesagten dürfte hervorgehen, dass und warum
meiner Ansicht nach das Buch es verdient, zur Anwendung in
unseren Schulen empfohlen zu werden. In dern letzten Schuljahre,
wo die Arbeit in der Klasse schon Ende Februar aufhört, und
wo in den Anstalten von realem Typus ein beträchtlicher Teil der
dem deutschen Unterrichte zur Verfügung stehenden Stunden
durch die Schreib Übungen der Lektüre entzogen wird, ist es
schwerlich denkbar, dass man mit einem Drama oder sonst einem
grösseren Litteraturwerke, das ein zusammenhängendes Ganzes
bildet, fertig werden könnte. Mit seinen kurzen Stücken, deren
jedes ein kleines unabhängiges Ganzes bildet, und von denen je
nach der zu Gebote stehenden Zeit eine grössere oder geringere
Anzahl durchgenommen werden kann, dürfte deshalb das vorliegende
Buch geeignet sein, besonders in der obersten Klasse unserer
Realanstalten zum Gegenstand der Lektüre gewählt zu werden.
E. Hagfors.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 3. April 1909, bei welcher Sitzung der
Vorstand und 7 Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Die Protokolle der beiden letzten Sitzungen wurden verlesen
und geschlossen.
§ 2.
Als neues Mitglied wurde Cand. phil. Fräulein Matilda
Ekström aufgenommen.
§ 3-
Der Vorsitzende, Prof. A. Wallensköld, teilte mit, dass die
Schüler Professor W. Victors anlässlich seines 25-jährigen Jubi-
läums als Universitätslehrer in Marburg beschlossen hätten, ihm
eine Dankadresse zu überreichen, sowie zu Gunsten der kläglich
ausgestatteten englischen Seminarbibliothek in Marburg eine Geld-
sammlung zu veranstalten und den Betrag Herrn Prof. Victor zu
freier Verfügung zu überweisen; ausserdem werde eine Festschrift
vorbereitet. Prof. Wallensköld erklärte sich willig die Übersendung
eventueller Geldbeiträge zu vermitteln.
Eiftgesandte Litteratur. 167
^ 4-
Dr. /. Hortling meldete, dass die Unkosten für das Re-
digieren und den Druck des soeben erschienenen Protokolles der
Neuphilologenversammlung den von der Regierung bewilligten
Anschlag von Fmk 500 um etwa Fmk 50 überschritten hatten,
und stellte anheim, dass der Verein das Defizit decken möchte.
Die Beschlussfassung wurde auf die folgende Sitzung verschoben.
§ 5-
Der von Dr. A. Rosendahl in der Neuphilologenversammlung
gemachte Vorschlag, welcher die den Lehrern der neueren Sprachen
auferlegten Kompetenzforderungen betraf, wurde von dem Antrag-
steller zurückgenommen, weil die neuesten Bestimmungen für
Universitätsexamina seinen ^\'ünschen in den wichtigsten Punkten
Genüge leisten.
§ 6.
Lektor J. Poirot besprach den neuerschienenen zweiten
Band der »Principes de phonetique experimentale» von Abbe
Rousselot. 1)
In fidem:
A. Längfors.
Eingesandte Litteratur.
Atvid Gabtielson, Rime as a criterion of the pronunciation
of Spenser, Pope, Byron, and Swinburne. Uppsala, Almqvist &
Wiksell, 1909. XVI -f- 211 pag. 8:0.
Fr. Kluge, Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache.
Siebente verbesserte und vermehrte Auflage. Erste Lieferung:
A-Fohlen. Strassburg, Karl J. Trübner, 1909. 144 S. gr. 8:0.
Preis: Rmk. 2: 50.
H. Schmidt und Harry B. Smith, Englische Unterrichts-
sprache. Ein Hilfsbuch für höhere Lehranstalten. Dresden und
Leipzig, C. A. Koch, 1909. 66 S. 8:0. Preis: M. l: — .
Henri Schoen, La metaphysique de Hermann Lotze ou la
Philosophie des actions et des reactions reciproques (Avec un
Portrait de Lotze en similigravure). Paris, Libr. Fischbacher, 1908.
293 p. in-8:o. Prix 7 fr. 50 c.
Henri Schoen, Francois Coppee, l'homme et le poete (1842 —
1908). Paris, Libr. Fischbacher, 1909. 107 p. in-8:o. Prix 2 fr.
'j S. Neuphil. Mitt., 1909, S. 120 ff.
l68 Schrißettaustausch, Mitteilungen.
Hans Strigl, Sprachwissenschaft für alle. Kleine gemeinver-
ständliche sprachgeschichtliche und sprachvergleichende Aufsätze.
I. Jahrg. Nr, i, 5, 11 und 15. Wien, L. Weiss, 1908 — 9.
Jedes Heftchen a 16 Seiten (Einzelnpreis 30 h = 25 Pf.).
Jahrespreis mit Postzusendung K 5: 40 = Mk. 4: 50. Erscheint
mit Ausnahme der Monate Juli und August am i. und 15. jedes
Monates.
Schriftenaustausch.
Annales de la Faculte des Lettres d'Aix. Tome II. N:os
I — 2 (Janvier-Juin 1908). — Contient: Louis Ducros, Jean-
Jacques Rousseau. De Gencve ä l'Hermitage (1712 — 1757). 228 p.
Annotationes phoneticae, III. Jahrg. (1909), N:r i — 3.
Antero Vipunen, Jahrg. 1909, Nr. l — 2.
Anuario estadistico de la Repüblica Oriental del Urugtiav.
Tomo I (Aiios 1907 — 908). Montevideo 1909. LIX -\- c)C)() pag. 4:0.
Bibliographia phoiietica, IV. Jahrg. {1909), Nr. 3 — 4.
Modern Language Notes, Vol. XXIV (1909), No. 4 — 5.
Moderna Spräk, Jahrg. 1909, Nr. 5. — Enthält die Fortse*-
zung einer Folge von Notes lexicographiques sur » Cytano de
Beigerac>->, von C. Polack.
Pätvä, Jahrg. 1909, Nr. 15 —20.
Revue de Provence et de laiigue d^Oc, annee 1909, n:os
5 — 7. — Dans le nuniero double 6 — 7, M. Edmond Lefevre
commence un Petit Dictionnaire des Felibres, contenant une bi-
bliographie minutieuse de tout ce cjui a paru en proven^al, ainsi
que sur la langue d'Oc, ses poetes et ses ecrivains.
Virittäjä, Jahrg. 1Q09, Nr. I — 5.
Mitteilungen.
Einheimische Publikationen: In » Ofversigt af
Finska Vetenskaps-Societetens Förhandlingar», LI (1008 — 1909):
Werner Söderhjelm, Les inspirateurs des »Quinze joyes de raa-
riage» (25 S.), und Emil Zilliacus, Die Sage von Gyges und
Kandaules bei einigen modernen Dichtern (35 S.).
Ausländische Besprechungen einheimi-
scher Publikationen: A. Längfors, Li Regres Nostre
Dame par Huon le Roi de Cambrai, bespr. von J. Anglade,
Revue des langues romanes, LH (iqoq), S. 83 — 4, und Ernest
Langlois, Bibl. de l'Ecole des Charles, 1909, S. 131 — 4.
Ferienkurse: In Dijon vom i . Juli bis 3 1 . Okt. —
In Geneve vom 15. Juli bis 28. August. — In Ronen vom 15.
Juli bis 25. August.
NEUPrillOlDGISCHE
• • MITIEIIJJNQEN
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
Dr e/7
Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
4: 30 durch die Post und 5 Fmk durch die Buchhandlungen.
Zahlerde Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich.
— Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung
bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. W a 1 1 e n s k ö 1 d,
Vestra Hamngatan 5) zu senden.
IW
Die Sprechmaschine und ihre Anwendung im
Sprachunterricht.
Bekanntlich ist Edison der Erfinder der ersten Sprech-
maschine, die er Fonograf nannte. Das Prinzip der Sprech-
maschine beruht, in Kürze ausgedriickt, darauf, dass ein scharfer
Stift, der mit einer den Laut empfangenden Schalldose ver-
bunden ist, von den durch die Schalldose vermittelten Lauten
in Vibration versetzt wird und diese Vibrationen auf einer in
Bewegung versetzten weichen Wachsfläche, über die er läuft,
einzeichnet. Wenn man nun eine Nadel oder, wie beim Edi-
sonfonografen, einen Safir über jene Spuren laufen lässt, so
gerät sie in vollkommen identische Vibrationen, teilt diese
Vibrationen der Schalldose mit und reproduzirt auf diese Weise
die Laute, die hineingespielt, gesungen oder gesprochen wor-
den, in mehr oder weniger vollkommener Weise. Edison be-
nutzte bei seinem Fonografen eine runde Walze, auf welcher
die Schalldose wagerecht aufliegt; indem die Walze in roti-
rende Bewegung versetzt wird, pflügt der vibrirende Safir
Furchen in die Walze, die je nach Farbe und Stärke des
Tones in der Tiefe variiren.
Es erwies sich jedoch, dass durch diese Art der Auf-
nahme — Furchung einer Walze von oben nach unten — eine genü-
gend korrekte und laute Wiedergabe der Töne nicht zu erzielen
war. Es musste ein Verfahren erfunden werden, wo die
I70 Johannes Öhquist,
Membran der auf dem schreibenden Stift lastenden Schalldose
nicht in die Tiefe, sondern nach den Seiten vibrirte. Berli-
ner, ein Deutsch Amerikaner, fand zwanzig Jahre später dies
Verfahren. Er konstruirte den Tonarm derart, dass die Schall-
dose nicht über der die Lautfurchen empfangenden Fläche
horizontal auflag, sondern senkrecht i.iber ihr stand. Nun
ging die Vibrationsbewegung der lautempfindlichen Membran
nicht mehr von unten nach oben, sondern von links nach
rechts, und die Spuren, die die Nadel zeichnete, waren nicht mehr
an Tiefe wechselnde Furchen, sondern Zickzackkurven. Bei
dieser Art von Aufnahmen konnten natürlich keine Walzen
als Unterlage der schreibenden Nadel zur Anwendung kom-
men, sondern nur flache und runde Platten, auf welchen die
Nadel spiralförmig von aussen nach innen ihre Kurven zieht.
Hierin besteht nun der Unterschied zwischen Fonograf und
Grammofon: der Erstere arbeitet mit Walzen und schreibt
nur Edisonschrift, der Letztere arbeitet mit Platten und schreibt
in der Regel Berlinerschrift; es giebt aber auch für den Gram-
mofon Aufnahmen mit Edisonschrift.'^)
Wenn man die beiden Apparate auf ihre Vorzüge und
Mängel hin mit einander vergleicht, so kann man meines
Erachtens nicht dem einen von ihnen unbedingt den Vorrang
vor dem anderen einräumen, denn je nach dem Zweck, zu
dem sie verwandt werden sollen, besitzt jeder von ihnen Vor-
züge, die dem anderen abgehen. Es giebt Fachleute, die der
Ansicht sind, dass das Grammofon die Töne korrekter wieder-
giebt. Das ist im allgemeinen möglich. Ich habe meiner-
seits so gute Fonografen gehört, dass es mir schwierig war
einen Unterschied in der Korrektheit zu konstatiren
Der Fonograf hat den Vorzug des leichteren Gewichts
und der grösseren Billigkeit. Die Edisonschen Fonografen
sind allerdings etwas teurer; der billigste kostet 60 Reichs-
mark. Von den Excelsiorfonografen kostet dagegen der billig-
') Ich beschränke mich hierauf diese allgemeine Unterscheidung, ohne
auf die vielfachen Detailvariationen in Schalldosen und Diafragmen einzugehen
(Grafofon, Multifon, Bettini-Mikro-Fonograf u. s. w.)
Die Sprechinashine uml ihre Amvendiing im Sf^rachunterricht. 171
ste nur 28 Reichsmark, ist blos 26X20X22 Cm gross und
wiegt mit dem Geiiäuse nur etwas über 3 V2 Kilogramm. Für
eine Klasse ist ein solcher Apparat allerdings zu schwach.
Für Schulzwecke würde erst ein Standard-Edisonfonograf zu
130 Reichsmark genügen. Ein unschätzbarer Vorzug, den
der Fonograf vor dem Grammofon hat, besteht darin, dass
man mit dem Fonografen selbst Aufnahmen machen kann.
Man braucht sich nur mit der dazu nötigen besonderen Auf-
nahmeschal Idose nebst Aufnahmetrichter zu versehen. Es
werden zu diesem Zweck Blankwalzen aus Wachs, sog. Weich-
walzen im Gegensatz zu den fertig bespielten aus anderem
Material hergestellten sog. Hartgusswalzen, verkauft, die etwa
40 bis 50 Pfennig das Stück kosten und ungefähr 60 mal
gespielt werden können. Nach Verbrauch werden die Walzen
abgeschliffen, was acht bis zehn mal geschehen kann. Das
Abschleifen besorgen die grossen Sprechmaschinengeschäfte
für 15 Pfennig pro Stück. Man kann aber das Abschleifen
auch selber besorgen, wenn man sich eine Abschleifvorrichtung,
die zwischen 30 und 40 Mark kostet, verschafft hat.
Der grosse Vorzug, den das Grammofon vor dem Fono-
grafen hat, liegt in der Stärke des Tones. In dieser Bezie-
hung kann der Fonograf mit dem Grammofon nicht wettei-
fern. Besonders die sog. Starktonplatten geben sogar auf
mittelgrossen Grammofonen die Laute in einer Stärke wieder,
die nur in ganz grossen Räumen notwendig oder sogar er-
träglich ist. Die Nachteile eines guten Grammofons bestehen
in dem verhältnismässig höheren Preise und dem Umfang und
Gewicht des Apparats. Ein für eine grosse Klasse geeigneter
Apparat, der auch grössere Platten spielt, also zwei Federwerke
hat, ist immerhin nicht unter 150 Reichsmark zu haben und
ist ein schwer zu transportirendes Ding. Hinwiederum hat
das Grammofon den Vorzug vor dem Fonografen, dass es im
Handel eine bedeutend grössere Anzahl gesprochener Platten
giebt als Walzen, und dass das Grammofonrepertoire für
Rezitation sicher viel rascher sich vergrössern wird, als das-
jenige des Fonografen. Für Schulzwecke halte ich also für
172 Johannes 0/i(juist,
meinen Teil das Grammofon, hauptsächlich seines viel stärke-
ren Tones halber, für geeigneter.
In welcher Weise soll nun die Sprechmaschine im Sprach-
unterricht Verwendung finden? Um diese Frage richtig zu
beantworten, müssen wir uns über die Kapazität der Maschine,
über ihre Fähigkeit menschliche Laute zu reproduziren im
Klaren sein. Eine Autorität auf fonautografischem Gebiet, wie
Professor Viktor A. Reko, meint, man könne die Sprech-
maschine beim fonetischen Unterricht zur Erlernung und Ein-
übung fremder Laute anwenden, und andere allzu begeisterte
Fürsprecher der Sprechmaschine sind sogar der Ansicht, dass
dieselbe den Lehrer ersetzen könnte. Dies ist, wie schon ein
besonnener und kritischer Fachmann auf dem Gebiet der
Fonautografie, Dr Panconcelli-Calzia, wiederholt betont hat,
wenigstens vorläufig eine absolute Unmöglichkeit. Von ei-
nem Ersatz für den Lehrer kann schon deshalb keine Rede
sein, weil ja die Maschine eben nur eine Maschine ist. Selbst
bei den vollkommensten Sprechmaschinen wird immer der
Lehrer nicht nur unentbehrlich bleiben, sondern auch die
Hauptrolle beim Unterricht spielen.
Was wiederum die Frage von der Lautschulung, den
speziellen fonetischen Übungen mit Hilfe der Sprechmaschine
betrifft, so stellt hier die Wiedergabefähigkeit derselben bis
jetzt noch unüberwindliche Schwierigkeiten entgegen. Erstens
ist das nebenherlaufende Nadelgeräusch, weniger beim Fono-
grafen als beim Grammofon, selbst bei den besten Maschinen
und Platten, so stark und ununterbrochen, dass eine vollstän-
dig reine und ungestörte Wiedergabe einzelner Laute nur aus-
nahmsweise vorkommen kann. Herr Braun, Besitzer der Elwert-
schen Verlagsbuchhandlung in Marburg, hat die Absicht ei-
nen Apparat in den Handel zu bringen, bei dem die Aufnah-
men nicht auf Platten oder Walzen stattfinden, sondern auf
eigens zu diesem Zweck hergestellten Bändern. Das Nadel-
geräusch soll auf diesem Apparat so gut wie gar nicht zu
hören sein. Leider stösst die Herstellung des Apparats aus
anderen technischen Gründen noch auf Hindernisse, so dass
es unsicher ist, wann und ob er überhaupt vollendet werden
Die Sprechinaschine ttnd ihre Anwendung im Sprachnnteiricht. 173
kann. Inbezug auf dieses Nadelgeräusch will ich aber bei-
läufig bemerken, dass es in den Fällen, wo es nicht auf
spezielle fonetische Übungen ankommt, unwesentlich ist. Im
Anfang wird es auf jeden Ungewohnten störend wirken, nach
einiger Übung wird es aber kaum mehr vernommen.
Ferner aber — und das ist das Wichtigste und Ent-
scheidende — ist die Sprechmaschine heutzutage noch nicht
im Stande sämtliche Laute der menschlichen Stimme wieder-
zugeben, geschweige denn korrekt wiederzugeben. Selbst die
vollkommensten Sprechmaschinen geben die Laute im allge-
meinen nur verhältnismässig gut, und nur einzelne Vokale (und
einen Konsonanten: das r) ganz deutlich wieder. Gewisse
Wörter und Laute können nicht naturgetreu, manche über-
haupt nicht reproduzirt werden. Zwischen tonlosen und
tönenden Lauten ist manchmal der Unterschied kaum zu mer-
ken. Auslautendes w, f, 1 verschwinden meist ganz, s und
z sind nur in Ausnahmefällen deutlich hörbar, auch die in-
lautenden w, f, s, z kommen nur schwer zum Ausdruck.^)
Für wissenschaftliche oder auch nur für spezielle Schul-
studien und als Mittel für Lautübungen kann die Sprechma-
schine also noch lange nicht dienen. Sie ist überhaupt ein
Apparat, an dessen Leistungen man noch keine absoluten
Forderungen stellen kann, sondern bei dem man gewisse Män-
gel und Unbequemlichkeiten mit in den Kauf nehmen muss,
wenn man aus ihm den Nutzen ziehen will, den er bringen
kann. Denn trotz aller erwähnten Mängel kann die Sprech-
maschine tatsächlich auch im Sprachunterricht von grossem
Nutzen sein. Man muss nur ihre Anwendung auf die Ge-
biete beschränken, wo es nicht so sehr auf die genaue Arti-
kuiirung eines jeden einzelnen Lautes, als vielmehr auf eine
mehr allgemeine Charakterisirung ganzer grösserer Lautkom-
plexe, sozusagen auf die Mimik und die Gebärde des Sprechens,
auf die Satzmodulation ankommt.
In dieser Beziehung leistet die Maschine schon heutigentags
ganz Vorzügliches. Es kommt auch hier natürlich auf die
Vgl. Die Neueren Sprachen 1909 P.d. XVI .S. 568.
174 yohainies Ö/u/uist,
Qualität des Apparates und auf die Geschicklichkeit desjeni-
gen, der die Aufnahme und Wiedergabe bewerkstelligt, an,
wo aber diese Bedingungen erfüllt sind, erhalten wir Wieder-
gaben, die den Sprachunterricht wesentlich fördern können.
Um sich hiervon zu überzeugen, lasse man sich doch einmal
eine kleine Erzählung, beispielsweise das von Minnie Hahlo
gesprochene Märchen von der »Prinzessin auf der Erbse > auf
einer guten Maschine vorsprechen. Diese kleine Erzählung
will allerdings in erster Linie als Beispiel der Vortrags kunst
dienen, indem das rein Rezitatorische darin stärker betont ist,
als man solches von Schülern zu fordern pflegt. Aber trotz-
alledem kann auch dieses Stück als eine gute Illustration dafür
dienen, dass die Sprechmaschine grade in einem wichtigen
Teil des Sprachunterrichts, nämlich für musterhaftes Lesen
fremdsprachiger Texte, für das Hören und Verstehen des
gesprocheneji fremden Idioms und für das Verständnis des
lautlichen Gesamtcharakters desselben unschätzbare Dienste
leisten kann. In ähnlicher Weise können kleine Lesestücke,
wie sie schon in den Anfangsstadien vorkommen, in syste-
matisch geordneter Folge durch die Sprechmaschine in ge-
nuiner Form dem Schüler nahe gebracht werden.*)
Jeder praktisch erfahrene Schulmann wird zugeben, dass
es sich mit der speziellen Einübung einzelner Laute ungefähr
ebenso verhält wie mit der Einübung einzelner Vokabeln:
wenn man sich darauf beschränkt, so entspricht die darauf
verwandte Mühe und Zeit nicht dem erzielten Erfolg und Nut-
zen. Erst im zusammenhängenden Satz prägen sich Worte
wie auch Laute dauernd dem Gedächtnis ein. Da die Sprech-
maschine nicht alle Laute gut reproduziren kann, muss sich
selbstverständlich die Ausspracheübung an der Hand der
Maschine darauf beschränken, das fremde Idiom in ihrem allge-
meinen lautlichen Charakter im Auge zu haben. Die erste
^) Die Langenscheidtsche Verlagshandlung in Berlin hat derartige
französische Walzen bereits in den Handel gebracht, doch schienen mir die
Aufnahmen, die ich zu hören Gelegenheit hatte, nicht vollkommen befriedi-
gend. Dasselbe gilt von den Aufnahmen der Elwertschen Verlagsbuchhandlung,
die ich hörte.
Die Sprechmaschinc und ihre Amvemhmg im Sprachunterricht. 175
Vorbereitung, Erklärung und Einübung unbekannter neuer Laute
kann und muss immer dem Lehrer vorbehalten bleiben. Wenn
diese Laute aber einmal bekannt sind, dann erkennt der Schüler
sie im Zusammenhang, auch wenn sie weniger deutlich arti-
kulirt erscheinen.
Und hier tritt nun die Sprechmaschine in ihre Rechte.
Sie giebt das was kein Lehrer, der nicht selbst Ausländer ist,
geben kann : das genuine Sprechen des fremden Idioms. Der
Nutzen der Sprechmaschine beschränkt sich in diesem Fall
nicht auf die Klasse allein, auch für den Lehrer bietet sie
eine Handhabe und ein Hilfsmittel seine eigene Aussprache
zu kontroUiren und zu verbessern. (Dies alles selbstverständlich
unter Voraussetzung musterhafter Aufnahmen durch eingeborene
und fonetisch geschulte Fachleute). Und hierzu kommt noch
Eins, was selbst der Ausländer-Lehrer nicht bieten kann: die
Sprechmaschine bringt dem Schüler nicht nur eine muster-
hafte und genuine Aussprache des fremden Idioms zu Gehör,
sondern sie giebt ihm auch Gelegenheit, die verschiedenen
Nuancen kennen zu lernen, durch die sich Personen aus
verschiedenen Gegenden des betreffenden Landes in ihrer Aus-
sprache unterscheiden. Es giebt bereits eine ganze Reihe von
Aufnahmen (Prof. Miethe, Prof. Slaby, Zeppelin, Freiherr von
Hagen u. a.), bei denen man diese Unterschiede in interres-
santer Weise beobachten kann.
Schliesslich ist auch nicht der Nutzen zu unterschätzen,
den die Sprechmaschine bei Rezitations- und Vortragsübungen
haben kann. Solche Übungen sind ja bei uns leider wenig
gebräuchlich. Aber dieses hat ohne Zweifel seinen Haupt-
grund im Lehrer selbst, der sich einer solchen Aufgabe nicht
gewachsen fühlt.
Die Bedeutung der Sprechmaschinen für den Sprachunter-
richt ist auch schon vielfach von Fachleuten erkannt worden,
und es sind an vielen Schulen im Auslande bereits seit mehre-
ren Jahren praktische Versuche mit denselben angestellt wor-
den. Besonders in England haben sich die Schulbehörden
für die Frage interessirt und mit den angestellten Versuchen
176 yohanncs Öhquist^ Die Sprechinasc/iine etc.
günstige Erfahrungen gemacht.^) In einem ihrer Erlasse heisst
es u. a. »Die Erfahrungen, die man nun mehrere Jahre hin-
durch mit den modernen Sprechmaschinen im praktischen
Unterrichtswesen gemacht hat, sind gut und befriedigend ge-
wesen, und es werden insbesondere in Mädchenschulen erforder-
lichenfalls alsbald neue und mehr Sprechmaschinen zur Einstel-
lung gelangen. Ohne Zweifel giebt es in den Bezirken mancher
Schulen einige Lehrer und auch Lehrerinnen, die über ein
vorzügliches Organ verfügen, wie es aber andere Lehrer nicht
haben, und warum soll man nicht diese günstige Gelegenheit
benutzen, mittelst der Sprechmaschine eine derartige vorzüg-
liche Vortragskunst weiter zu verbreiten?» Karl Breul berich-
tet, dass in Dänemark die Sprechmaschine an den Schulen
wie an der Universität Kopenhagen viel benutzt wird. In
London lassen sich manche Schulen die Lektionen aus den
Lehrbüchern von ausländischen Fachleuten auf Fonografen-
walzen sprechen und benutzen diese im Unterricht. Das eng-
lische Seminar an der Universität in Wien benutzt schon seit
längerer Zeit eine Plattensprechmaschine. Die damit erzielten
Ergebnisse sind nach dem übereinstimmenden Urteil der Pro-
fessoren Dr Schipper und Lektor Dr Phuge ausserordentlich
befriedigend, namentlich was den Tonfall und die Klangfarbe
betrifft. Ebenso wird an der teologischen Fakultät der Uni-
versität Wien seit Beginn des Sommersemesters 1906 ein
Fonograf verwendet, der bei den homiletischen Übungen gute
Dienste leistet. Professor Thudichum verwendet schon seit
Jahren den Fonografen im französischen Sprachunterricht an
der Universität Genf und an der K. K. Franz Josef Real-
schule in Wien werden Texte zu den bekannten Hölzelschen
Bildern sowie Rezitationen auf der Sprechmaschine im Unter-
richt verwendet, u. s. w.
Ich fasse meine Ausführungen nun in folgende Tesen
zusammen:
') Die folgenden Angaben z. Teil nach : Viktor A. Reko, Sprachen-
erlernung mit Hilfe der Sprechmaschine. Winke für Lehrer und Selbsiunter-
richttreibende. Stuttgart, 1908. S. 19 ff.
Besprechungen. Hugo Pipping, Axel Kock, Svensk Ijudltistoria I — //,/. 177
i) Für die Lautschulung im eigentlichen Sinne ist die
Sprechmaschine in ihrem heutigen Zustande nicht genügend.
Hier hat der Lehrer die vorbereitende und wol auch die
Hauptarbeit zu leisten.
2) Für die Satzmodulation, die Diktion und den Vor-
trag wird die Sprechmaschine in den meisten Fällen, und für
die Kenntnis der genuinen Aussprache des fremden Idioms
immer bessere Dienste leisten als der Lehrer.
3) Infolge dessen kann die vernünftige Anwendung
guter Sprechmaschinen im Sprachunterricht immer nur von
Nutzen sein, und werden die darauf verwandten Kosten stets
ihrem Zweck entsprechen.
Johannes Öhquist.
Besprechungen.
Axel Kook, Svensk Ijudhistoria I, Lund, iqo6, .504 S. 8:0;
II, I, Lund, Kjog, 240 S. 8:0.
Aus eigenem Antrieb wäre ich wahrscheinlich nicht dazu ge-
kommen, eine Anzeige von Kock's »S\ensk Ijudhistoria» zu schrei-
ben. Vor 3 Jahren erhielt ich indessen die Aufforderung das erste
Heft dieses Werkes in der »Deutschen Literaturzeitung» anzuzeigen
und konnte mich der Erledigung dieses Auftrages nicht entziehen ^.
Jetzt hat mich die Redaktion der Neuphilologischen Mitteilun-
gen dringead gebeten, eine zweite Rezension zu schreiben, und so
habe ich mich entschliessen müssen, Kock's Werk, von dem in-
zwischen noch zwei Hefte erschienen sind, noch einmal anzuzeigen.
Die Behandlung der einfachen Vokale ist jetzt abgeschlossen,
und die Lehre von den Diphtongen wurde in Angriff genommen.
Wenn man bedenkt, dass Kock's dreissigjährige Tätigkeit als For-
scher fast auf allen Gebieten der ahschwedischen Lautlehre tiefe
Spuren hinteriassen hat, so versteht es sich von selbst, dass eine
' Siehe Deutsche Literaturzeitung 27. April 1907. Sp, 1055 — 57. Ich
benütze die Gelegenheit zu bemerken, dass ich keine einzige Korrektur mei-
ner Anzeige lesen durfte, weshalb sie eine Reihe von Fehlern enthält, welche
im Manuskript nicht vorhanden waren. Sp. 1056; 18 steht § 83, 2 c, lies:
§ 83. Ibidem steht: tonlosen, lies: infortis. Sp. 1056:52 steht: palatalisieren,
lies: depalatalisieren. Die übrigen Fehler sind nicht irreführend.
lyS Besprechungen. Hugo Pipping^
Zusammenfassung von dem, was Kock jetzt über diese Fragen
denkt, von jedem Freunde der schwedischen Sprachforschung mit
Freuden begrüsst werden muss. In sehr vielen Fällen ist die Kodi-
fikation von Kock's Resultaten zu gleicher Zeit eine Zusammen-
stellung von Ansichten, welche, von Kock stammend, seit Jahren
Allgemeingut der gelehrten Welt sind. Aber andererseits ist un-
sere Kenntnis des Altschwedischen noch sehr lückenhaft. Keine
Alles umfassende Darstellung der altschwedischen Lautlehre kann
deshalb als ein monumentum cere perennivs betrachtet werden. Viel-
mehr werden neue Forschungen von Zeit zu Zeit grosse Verän-
derungen der herrschenden Ansichten herbeiführen. Dieses Übel-
standes ist Kock sich wohl nicht ganz unbewusst.
Ich wähle ein naheliegendes Beispiel. Es ist bekannt, dass
gewisse altschwedische Urkunden, vor allem die Haupthandschriften
des älteren Väs.göta-Gesetzes und des Östgöta-Gesetzes neben
normalem ce sehr oft die Schreibung a zeigen.
In »Svensk akcent» I 13Q, Fussnote i, hat Kock diese Er-
scheinung mit Rücksicht auf Vgl I besprochen und hat bemerkt,
dass die Stellung vor ;- die Anwendung von a statt cc begünstige,
was mit der Aussprache in mehreren südschwedischen Volksmund-
arten gut übereinstimmt. Von dieser wichtigen Beobachtung macht
Kock in Svensk Ijudhistoria, wie es scheint, wenig Gebrauch ^
und ist bemüht für die Anwendung von a statt (e eine Reihe von
Spezialerklärungen zu geben ^, und doch bleibt eine beträchtliche
Anzahl von Fällen übrig, in welchen Kock annehmen muss, dass
Schreibfehler vorliegen. S. 257 finden wir indessen, dass Kock
selbst an der Zweckmässigkeit dieses Vorgehens zweifelt. In Öst-
götalagens Ijudlära S. 21 ff. hatte Olson hervorgehoben, dass der
häufige Gebrauch von a statt ce in Vgl I und Ög auf eine, viel-
leicht nur in gewissen Stellungen eingetretene, dialektische Verschie-
bung des a\ zurückzuführen sei. Gegenüber dieser Vermutung
01s ons verhält sich Kock Sv. Ij. I S. 257 f. nicht ganz ableh-
nend und versucht sogar die Stellung anzugeben, in welcher oc sich
dem a genähert hätte. Kock meint, dass diese Entwickelung viel-
leicht nach ;■ stattgefunden habe.
Da ich mich in den letzten zwei Jahren recht viel mit dem
älteren Västgötagesetze beschäftigt habe, so glaube ich in der Lage
zu sein, neue Beiträge zur Lösung dieses Problems liefern zu kön-
nen. Bevor ich meine Ansichten über diese Dinge auseinander-
setze, muss ich aber einige von Kock und Anderen mit Unrecht
aufgeführte Belege aus der Welt schaffen.
• Siehe I § 305, S. 246, aber auch § 298, S. 239 flf.
2 Siehe I \% 292—316, Ss. 235 — 259.
Axel Kock, Svensk Ijudhisioria I — //,/. 179
3spi gaar Vgl I, Schlyter S. 52: 14, Kock I S. 2 58
gehört nicht zum Zeitwort goera 'machen', sondern zu *^ä, awnord.
gä 'achten'. Man beachte die Schreibung mit zwei a nicht nur in
Vgl I, sondern auch in Vgl II, Schlyter S. IQ4, Fussnote 38.
Ein zweiter und noch wichtigerer Beweis ist die Genitivrektion \Jies\,
welche in Vgl II, Schlyter IQ4: 2, bewahrt ist und meiner An-
sicht nach auch in Vgl I vorhanden war, indem fjact aus [loes [nicht
l)cer, wie Schlyter glaubt] geändert wurde. — Auch mit Rück-
sicht auf die Bedeutung ist die Lesung gaar sehr zu empfehlen.
Inf. drapic soll nach Kock I S. 252 einmal in Vgl I vor-
kommen. Diese in der grammatischen Literatur nicht zum ersten
Mal auftauchende Form ist durchaus apokryphisch. Nach Karlsson
Ark. f. nord. fil. I 390 soll sie in Br vorkommen, aber Br
[Schlyter 72: 17] hat 3spi drap^x, und *drapct- nirgends.
3spi aR 'ist' auf dem Runenstein von Hauggrän [Bugge
Runverser S. 288^ Noreen Aschw. Gr. S. 486, Kock Sv. Ijudh.
I S. 245] soll meiner Ansicht nach auch gestrichen werden. Ich
habe die Hauggräner Inschrift wiederholt untersucht und photo-
giaphiert, und ich wage zu behaupten, dass wir nicht pet aR. son-
dern peiaR ohne Spatium zwischen / und a zu lesen haben. Dieses
petaR ist wiederum als l)etta' r mit apokopiertem i zu lesen, genau
so wie das Dalagesetz presttr = presti 'r hat ^.
Ich habe nicht übersehen, dass G. L. stets Jntia, nicht *petta
hat, aber dieser Einwand, den ich mir selbst gemacht habe, fällt
■weg, wenn mann bedenkt, dass die Hauggräner Inschrift weiter
unten die Form apf pesi- \_=J)essi] zeigt.
Die grosse Mehrzahl der sicher belegten altschwedischen
Formen mit a statt (e lassen sich meiner Ansicht nach unter der
Annahme erklären, dass ce auf einem Gebiete, welches zum min-
desten Teile von Västergötland, Östergötland und Smäland [das
Vätterngebiet] umfassle, sich dem a soweit näherte;, dass "es ab-
wechselnd mit ce und a bezeichnet werden konnte, und zwar fand
dieser Übergang statt, icenn dem ce ein r oder eine Geminata un-
mittelbar folgte. Wenn diese Annahme gebilligt wird, braucht man
nicht anzunehmen, dass eine Menge von ganz verschiedenartigen
Vorgängen die Verdrängung von ce durch a herbeigeführt hätte,
und man versteht auch, warum eine und dieselbe Handschrift sehr
oft in einer ganzen Reihe von Wörtern eine schwankende Orto-
graphie \ce — a\ aufweist.
Belege für meine Auffassung habe ich aus folgenden Schrif-
1 Kock Ark. f. nord. fil. XXIV 196 f.
"^ Die Rune p ist so stark beschädigt, dass ich sie nicht lesen konnte
aber der Punkt auf dem e ist vollkommen deutlich.
i8o Bes/^recktatgen. Hugo Pipping,
ten zusaininengestellt: Vgl I — IV', Bia? '"^j < )g ^, Bu "^, SK und cod.
\l vom Smäländischen Kircliengesetz ^.
I. a/' < CBr:
bara Vgl I [2], SK cod B, Ög. barom Bu [2] 6, >/ jar/ Vgl III.
!i\i'\ar(e Vgl I [4]. gania Bu [2]. gatnegce Vgl III. gatjn Vgl I.
o^fl;/>tf Vgl III. haraj} Vgl I [7]. harajie, /rö:ra{)e Vgl III. harap,
harcel) Ög [5]. harra Bu. ^ö^ö, ^«r^ ()g. clatcKx Vgl III. markcer
Vgl I [18]'. svarice Vgl I. suaria Ög. .yyör? Vgl I. sz^ar/ Ög.
varice [2], r'orz', varicendi Vgl I. varpios, varpia [= z/f^/zV?] ^ Vgl II,
3 spi Kar Ög. varma Bu. varuldena Bu. nsm varpczr, uatJjcerY^ I.
ns ya?^ Vgl I. 3 spi ar Vgl I [3], Vgl III. 3ppi a;?< Vgl I [3],
Vgl III [2], Ög, SK cod B. relat. ar Vgl I [4], Ög. subst. ar Ög.
subst. aro Bu. arfpcer, aruingice Vgl I. arwipt Vgl IL pron. ds
/>ar Vgl I. adv. Par Vgl I. '
In einigen von diesen Fallen steht der Vokal vor geminier-
tem r und die <7-Modifikation erklärt sich also auch nach dem
Moment:
II. a (^ Ce in der Stellung vor Geminata :
1. agg(cegg: baggia ög. /aggia SK cod. B. lagics Vgl I.
logia Bu. laggcET Vgl I. laggi Vgl I, SK cod. B. laggin Ög. as
(Sita lagin ( )g. v b slaghla ^ Ög. v b naghla ^ Bu.
2 . akk < mhh .■ akki Vgl I. n e g. akki, akke, a s n akka Ög.
3. all < ce//; prät. /a/ [= awnord. /<r//] Vgl l. falle [= /^//a]
Vgl lil, fall [=/cBld'\ Vgl III. fallts, f alias Ög. Äö«^ ^«^//o Bu.
/ malli Vgl I. malliim Ög [2]. a//<^r Vgl I [49]. a//fr Vgl III.
alla Ög [2], SK cod B. jjra// Ög i». dualia?^^ Bu. /^a/za ^ SK cod.
B. [vgl. hiermit habiitiz Bu]. /a//a ^^ Ög [vgl. hiermit tals Vgl 1].
4. flf/WW { cemm : matskammce Vgl I. kor\n\skanimu Og. skiaml)
Bi^e. sambir [nach inf *ja/«OT/(^ ^^] Vgl III.
5. fl!A7A7 <^ CP/7A7 .' almannigs, ahnanningi Vgl I. bramice Vgl I.
brafitiir Og. braiino Vgl II. hanna Bu [2]. hanni Vgl I [3]. hanni
Vgl III. hanne Ög, Bu. kannedom Bii. kanriir Vgl I ^^. panniggum Br.
' Vgl. Karlsson Ark. f. nord. fil. I, S. 385—392.
^ Vgl. Zetterberg Bjärköarättens Ijud och böjningslära, S. i f.
■** Vgl. Olson Östgötalagens Ijudlära, S. I — 23.
■* Vgl. Ottelin Studier öfver Codex Bureanus, passim.
'" Vgl. Björkman Smalandslagens Ijudlära, S. 5—6 und 57.
" Siehe Ottelin I Ss. 58, 59. II Ss. 64, 143.
' Neben nncrkar [12].
** Vgl. Karlsson Ark. f. nord. fil. I 391. Noreen Aschw Gr.
§ 308. 2 a.
•' Vgl. kmgglu Vgl I 58:4. Noreen Aschw. Gr § 296. 2.
'" Vgl. prals, as pral Vgl I. Doppelschreibung des / in a s ist sowohl
in Vgl I [2 mal] und Vgl II als auch in G. L. belegt.
'* Vgl. Noreen Aschw. Gr. § 296. i.
'- Vgl. prät. kande Bu.
Axel Kork^ Svensk Ijudhisioria I — II, r. l8l
pannivgum Vgl IV, Ög. pcmningce Vgl \W. panninga \_2\, pannin gaiii
C)g. man Vgl I, Vgl II, Vgl III, ( )g. tiianni, Ivanni, tvanmim Vgl I
[O]. pranni [8], prani Vgl I. pmnni Vgl I. konj. an ^ Vgl I [=;],
SK, Ög [4]. Pan Vgl I '[2], Ög [2].
6. app(^3epp: scappu Vgl III [2]. scapnce Vgl III. drapei
Vgl I. dtap-^r Br. drapeer Ög [2]. dtaptr Vgl IL Öw/er Vgl II [2] -.
7. ass <^ aSSS.- vb /aj^« Bu. kyndehnasso Bu. sicelainasswx SK.
/>ö.fj2' \'gl I. hasskap(£r Ög. vrass-nlice Vgl I. vaslum ^ Br.
8. att(^8ett: siunattingcer ^ Vgl I [15]. ra//«wi Vgl \\. Jnat-
iande Ög. />«//a, ^a//^ Vgl I. ra/ Vgl III, Ög. gialcsr'"' Vgl I.
j«//a 6 SK cod. B. 2«.yrt://d; ^ Bu.
Ich habe oben eine Reihe von Belegen gegeben, in welchen
a statt ce vor einem Konsonanten angetroffen wird, dessen Länge
wohl allgemein anerkannt ist, und es scheint mir, dass wir getrost
annehmen können, dass (Z in solcher Stellung sich dem a genähert
hat. Wenn dies anerkannt wird, können wir, wo die Belege nicht
zu spärlich sind, die Schreibung mit a statt ce als ein Kriterium
der Länge des folgenden Konsonanten benützen.
Es ist bekannt, dass in gewissen awnord. Handschriften / und n
in den Verbindungen Id, li, 7id, nt doppelt geschrieben werden "*,
und von solcher Doppelschreibung finden sich auch in altschwedischen
Handschriften zahlreiche Spuren ^.
Es scheint noch keine Einigkeit darüber vorhanden zu sein,
in welcher Ausdehnung diese Doppelschreibung die Qualität, die
Quantität, oder die Qualität und Quantität der /-und »-Laute be-
' Doppelschreibung nicht selten. Vgl. Björkraan S. 52. Noreen
Aschw. Gr. § 299. Wimmer Lresebog'' S. 190, Pipping Guta lag och
Guta Saga, Ordbok S. 27 ^fyr enn~\ und S 89 [^ß enn, pann\
' Vgl II Addil. hat oft doppelgeschriebenes / in drapa^ wo die Stamm-
silbe geschlossen ist: dr^ppev 243:17, d}-app 247:6. 247:10. 247:13,
d7iEppnce 248: 18. In Vgl IV ist / nach stimmhaftem Laute überall gedehnt,
auch wenn der vorhergehende Vokal in offener Silbe stand. Z. B. koppa [2I,
skipp(tn [2], skippcEt [4], skippce.dhi, skippaf^i, skippis, grippin. Anders Noreen
Aschw. Gr. § 296. Anm 2.
^ Vgl. Noreen Aschw. Gr. § 296. 2.
* 14 mal siuniEttingCEr.
'" Vgl. Noreen Aschw. Gr. § 296. 4.
^ Vgl. Noreen Aschw. Gr. § 296 1.
' Siehe Noreen Aisl. Gr.^ § 269. 3 und dort citierte Literatur.
^ Z. B. Vgl 1: halldm-, gillde'n. Vgl II: villdh. Vgl II Addit: gillt,
skylldasi. Vgl IV: tallt. Bu : milldasie, villde, elld. Vm: ellder [2], ellde [2],
elld, elldar, enfallt, Uoefallt, urficdlda:r, gillda, qillde, [o]gilldar [9], [o]gilldr [2],
{o]gtlld [6], [o]gillt [5], ogilldir [3], ogilldar, gilldror, galld, gallda etc. [47],
hallda etc. [25], halldier [18], hallder, halldr, pylldcer, salldi, scellde [4], salld [3],
skyllder [2], -walld [6], siallfswall^, vallda [2], wallda, willde [2], galltcer, gallie.
i82 Bcsprecliurii^en. Hus^o Pippini;, Axel Kock, Svensk Ijudhistoria I — //,/.
zeichnen soll ^ Für w-irkliche Dehnung spricht die Schreibung mit
a statt (R in folgenden Fällen :
halldar Vgl \, hald&r SK, haldo^r Ög [2] kalda ßu, W«/ Ög,
halz Bise, ualt'^ Vgl I, Ög, altir Vgl I, frandcBr [2] Ög, hande,
handi, handoRr, hanjjcer Vgl I, hanper Vgl III, hanta Bu, inlandin-
gcer, utlandi7io(ci , 7äla?idzk, iande, uanda Og, rantaer Vgl I.
Sekundäre Dehnung von intervokalischem m ist in mehreren
altwestg. Denkmälern belegt. In Vgl II finden wir: kumnin [= *kum-
min\ ensammin [2], in Vgl II Addit.: ensammce, ensammmn, in Vgl II
K : ru7nmi, sommar, mizswiimars, in Vgl III : ro m ineii, vhemmolih
[2], in Vgl IV: Vtdhemmfje, forncemmis, lat. hummulo, in Vgl I
K: rummi. Dass eine entsprechende Dehnung auch schon in der
Sprache des Vgl I vorhanden war ^, wird vielleicht durch den Vokal
in fornamix angedeutet. Natürlich ist die Annahme von einem
Schreibfehler nicht ausgeschlossen, aber die Zusammenstellung von
fornamix in Vgl I mit forncemmis in Vgl IV scheint mir doch ver-
lockend.
Ich könnte noch eine Menge von Fällen aufzählen, in welchen
die hier besprochenen Schriften a statt ce haben, und wo die Deh-
nung des folgenden Konsonanten wahrscheinlich oder wenigstens
nicht ausgeschlossen ist. Ich werde das Problem nächstens anderswo
ausführlich besprechen. Was ich jetzt vorgebracht habe, dürfte
jedenfalls genügen um zu zeigen, dass es in der altschwedischen
Lautlehre noch recht wichtige Fragen giebt, deren bisherige Be-
handlung ungenügend war.
Ein abschliessendes Werk im strengen Sinne des Wortes ist
Kock's 'Svensk Ljudhistoria' also nicht. Aber m dieser grossan-
gelegten Arbeit begrüssen wir, wie ich oben schon gesagt habe,
eine höchst notwendige Zusammenfassung von dem, was ein seit
Jahrzehnten führender Forscher auf dem Gebiete der schwedischen
Lautgeschichte jetzt über diese Dinge denkt. Und wer soviele Pro-
bleme endgültig gelöst hat wie Kock, wird es ruhig tragen können,
dass andere Forscher ihm nicht immer zustimmen.
Hugo Pipping.
^ Siehe Noreen Aisl. Gr.* § 269. 3, Aschw. Gr. § 38. Anm. i und
dort cilierle Literatur, Sv. Landsm. I 354. Kock Fsv. Ijudl. S. 398.
* Prät. von valda, welches, wie ich vermute, nach dem Musler halda,
prät. h(cH gebildet wurde. Sonst anders aufgefasst.
^ Die Form ruxnnii in Vgl I K darf nicht als Beweismaterial benützt
werden, denn die Sprache in K ist von der der übrigen Teile des Gesetz-
buches wesentlich verschieden. Die wichtigsten Unterschiede sind folgende:
Normaler Svarabhaktivokal ist in K unbedingt e, sonst unbedingt ct. E statt if
in Starktoniger Silbe tritt in K acht mal häufiger auf als sonst [41 "o gegen
etwa 5 "/oj- Der Übergang ia > kr in schwachtonigen Silben ist in K Aus
nähme [20 »/o], sonst Regel [83 7o].
U. Lindeiöf, Wilhelm Hörn, Hisi. neueuglische Grammatik, I. 183
Wilhelm Hörn, Historische neuenglische Grammatik, I. Laut-
lehre. XVI -f- 239 S. Strassburg, Trübner, igo8.
Der durch frühere Untersuchungen auf dem Gebiete der eng-
lischen Lautgeschichte rühmlichst bekannte Verfasser giebt in dem
vorliegenden, klar und übersichtlich aufgestellten und auch typo-
graphisch ansprechenden Buche eine zusammenfassende Darstellung
der Entwickelung des englischen Lautsystems vom Ausgang der
mittelenglischen Periode bis zum heutigen Tag. Sämtliche der For-
schung zu Gebote stehenden Hilfsmittel werden mit grösster Um-
sicht zu Rate gezogen und ausgebeutet, so vor allem die Angaben
der Grammatiker imd Orthoepisten und die neuenglischen Mund-
arten, insofern diese die Lautentwickelung der Gemeinsprache be-
leuchten. Der Verfasser sucht überall, zumal in dem ersten und
ausführlichsten Teil der Arbeit — der Darstellung der Vokale in
hochtonigen Silben — , die ungestörte Entwickelung des Lautes und
die verschiedenea Beeinflussungen durch Nachbarlaute scharf zu prä-
zisieren und den Gang der Entwickelung chronologisch klar zu
legen. Ein besonderes prinzipielles Interesse bieten die Erklärungen
durch Einfluss des Schriftbildes oder durch mundartlichen Einschlag.
Am Ende des Baches verden die Resultate nochmals in gedräng-
ter Form und in einer tabellarischen Übersicht der Geschichte der
Vokale zusammengefasst. Ein ausführliches Wortregister erleichtert
sehr den Gebrauch des an Beispielen überaus reichen Buches.
Beigefügt ist eine Dialektkarte nach Ellis. — Soeben ist mir der
erste Teil von Jespersen's Modern English Grammar (Heidelberg
190g) in die Hände gekommen, der denselben Gegenstand behan-
delt wie das Horn'sche Buch, aber in Bezug auf Aufstellung ein
ganz anderes System befolgt. Eine Vergleichung dieser beiden auf
der Höhe der gegenwärtigen Forschung stehenden Darstellungen
der neuenglischen Lautgeschichte lässt die Schwierigkeitea dieses
Gebietes der Sprachentwickelung in scharfer Beleuchtung hervortreten.
Abweichungen kommen vor, rieht nur in der Auffassung von Einzel-
heiten (so z. B. betreffend die Entwickelung der neuenglischen
ä-Laute), sondern auch in der Verwertung der Hilfsquellen und
den Prinzipien der Erklärung (z. B. hinsichtlich der Ausdehnung,
in welcher mundartliche Einflüsse auf die Gemeinsprache ange-
nommen werden dürfen). Das beinahe gleichzeitige Erscheinen der
beiden Werke kann nicht umhin, die weitere Forschung auf dem
Gebiete der englischen Lautgeschichte kräftig zu fördern — eine
Forschung, die nicht nur für dieses spezielle Gebiet Bedeutung
hat, sondern auch in ungemein hohem Grade geeignet ist, die all-
gemeinen Prinzipien der Sprachentwickelung zu beleuchten.
U. Lindeiöf.
184 Bcsptediutigcu. U, LindeiöJ\ Alois ßrandl, Gesch. der altengl. Literatur.
Alois Brandl, Geschichte der altenglischen Literatur. Sonder-
ausgabe aus der zweiten Auflage von Pauls »Grundriss der ger-
manischen Philologie». 204 S. gr. 8:0. Strassburg, Trübner, igo8.
Nur in grösster Kürze will ich die Aufmerksamkeit auf dieses
bedeutende Werk des hochverdienten Gelehrten richten, das um
so willkommener ist, als ja in der ersten Auflage des Grundrisses
die ten Brink anvertraute Behandlung der altenglischen Litteratur
durch den Tod des Verfassers unvollendet blieb. Brandl giebt in
dem hier vorliegenden Buche eine Darstellung der altenglischen
Litteraturgeschichte von den ersten Anfängen bis zur Mitte des
zwölften Jahrhunderts. Er bezeichnet (S. 3) sein Werk als einen
»schlichten Wegweiser mit nüchterner Systematik und möglichst
vollständiger Aufzählung auch minderwertigen Materials, soweit es
gedruckt ist». In dieser Charakterisierung seiner Arbeit ist Prof,
Brandl indessen viel zu bescheiden, denn neben den mehr syste-
matisierenden Teilen und der reichhaltigen Bibliographie enthält
das Buch auch manche Abschnitte ästhetischen und kulturgeschicht-
lichen Charakters, welche die Lektüre des »schlichten Wegweisers»
sehr fesselnd machen. Ich brauche nicht zu sagen, dass Brandts
Buch einem jeden, der sich mit altenglischer Litteratur oder Philo-
logie beschäftigt, unentbehrlich ist.
U. Lindelöf.
Emil Burger, Deutsche Frauenbriefe aus zwei Jahrhunderten.
Mit vier Bildnissen. Frankfurt a. Main und Berlin, Verlag von
Moritz Diesterweg, 1908. Diesterwegs deutsche Volksausgaben, hrsg.
von Direktor E. Keller, Band 4.
Das Interesse für den Privatbrief hat während der letzten
zehn Jahre in Deutschland eine ungeheure Steigerung erfahren, die
sich nicht nur darin äussert, dass immer neue Briefwechsel-Litera-
tur auf den Markt geworfen wird und Auszüge aus dem angesam-
melten Briefschatz für weitere Kreise zu billigem Preis herausge-
geben werden, sondern auch darin, dass man Briefe verschiedener
Persönlichkeiten unter kulturgeschichtlich wichtigen Gesichtspunkten
zu selbständigen Büchern vereinigt. So bescherte uns 1905 J. Zeitler
eine schöne Auslese deutscher Liebesbriefe aus neun Jahrhunderten,
und so hat es jetzt E. Burger unternommen, den Anteil der Frau
an der deutschen Briefliteratur wie überhaupt an dem deutschen
Geistesleben der letzten zweihundert Jahre in einer hübsch ausge-
statteten Sammlung von 100 FrauenbrJefen zu veranschaulichen.
Er führt uns von einer der grössten Briefschreiberinnen vor dem
Gustaz' Schmidt, Emil Btirger, Deutsche Fratieubricfe. 1S5
Herrn, der pfälzischen Fürstentochter Elisabeth Charlotte, die wäh-
rend eines 50-jährigen Lebens am Hofe Ludwigs XIV. zäh an
ihrer heimischen Sprache und an ihrer Liebe zur Heimat festhielt,
direkt in die deutsche Literatur. Die Vermittlung zwischen dem in
allen Regungen unverkennbaren Kind des 17. Jh und der ersten
Periode des neuen deutschen Schrifttums schaffen einige Briefe von
Gottscheds Gattin. Am Eingang der merkwürdigen Zeit stehen
Klopstocks Braut Meta Moller und Herders spätere Gattin als
Repräsentantinnen der gefühlsseligen Schwärmerei; später folgen
Lessings Eva als Typus des prosaischeren Menschen der frideri-
zianischen Ära und ausserhalb des literarischen Lebens die wuchtige
Gestalt Maria Theresias. Danach schliesst sich der Brief fest um
zwei bestimmte Mittelpunkte zusammen, um Goethe und Schiller,
nach Schülers Tode ausserdem um das grosse weltgeschichtliche
Ereignis am Anfang des 19 Jh. Nur einmal flammt zwischendurch
das Gestirn Jean Pauls auf. Viele, die den beiden grossen Dichtem
nahegestanden haben, als Mutter, Schwester, Braut und Gattin, als
Freundin und Gönnerin, melden von deren äusserem Leben und
Schaffen und teilen ihre eigenen Gedanken darüber mit. Von den
Kreisen zweigen sich einzelne Frauengestalten ab : so die Humboldts,
aus deren Briefen sich ein Stück deutscher Familiengeschichte webt,
andere finden wir zwischen 1806 und 13 wieder, wie Glieder der
Schillerschen und Kömerschen Familie, denen sich die Königin
Luise von Preussen, Johanna Schopenhauer und die nachmalige
Frau von Clausewitz anschliessen, letztere schnell über die Zeitver-
hältnisse hinauswachsend. Wie Schillers Tod noch lange in den
Briefen nachwirkt, so erweckt Goethes Hingang noch einmal einen
lauten Widerhall im Frauenbrief: ein ausführlicher Bericht Luise
Seidlers gibt eine Vorstellung davon. Hiemach aber findet sich in
dem Buche keine Persönlichkeit und kein Ereignis mehr, die wie
in dem vorausgehenden klassischen Zeitalter des deutschen Briefes
eine grössere Schar von Briefschreiberinnen um sich za sammeln
vermögen. So vereinigt Grillparzers Name nur einseitig die Briefe
Clara Wiecks und Kati Fröhlichs, und ganz unvermittelt findet sich
darauf, während der Humboldt-Bülowsche Briefwechsel für sich
fortdauert, Annette von Droste-Hülshoff ein. Und so ist es auch
mit den Gestalten, die uns in den übrigen Nummern der Samm-
lung entgegentreten : von dem Leben der deutschen Frau daheim
während des Krieges von 1870 und 71 erzählt nur ein Brief von
Luise Reuter, und flüchtig genug erinnern einige Zeilen von ihr,
von Luise von Francjois und der Grossherzogin Luise von Baden
an die neueste Zeit der deutschen Literatur und Philologie. Ein
Anhang bringt noch einen Brief der Frau von Clausewitz, einen
Brief, wie ihn nur eine deutsche Frau schreiben wird und der für
l86 /Besprechungen. Gustav Sihinidt^ Emil Bürger, Deutsche Frauenbriefe.
den wenigstens in dieser Sammlung etwas gipfellosen letzten Teil
der Geschichte des deutschen Privatbriefs einigermassen entschädi-
gen soll.
Der Herausgeber hat seine Briefe nicht nach den Namen
der Verfasserinnen gruppiert, sondern sie, wie es bei dem einzelnen
Briefwechsel Brauch ist, in streng chronologischer Reihenfolge geord-
net. Das war ein glücklicher Gedanke, denn nur so treten ja für
weitere Kreise gewisse grosse zeit- und kulturgeschichtliche Zusam-
menhänge deutlich vor, so können grosse Persönlichkeiten, Strömun-
gen und Stimmungen der Zeit mühelos erkannt werden, so wird
schliesslich die Lektüre, wegen des jedem bekannten äusseren Ganges
der Ereignisse, bedeutend erleichtert und mit einem treibenden Mo-
ment versehen, fraglich mag es dabei erscheinen, ob sich der Anteil
der Frau an dem Geistesleben zusammenhängend und für alle
Perioden lediglich aus den Frauenbriefen herausarbeiten lässt. Schon
die obige Uebersicht zeigt, dass dies nicht möglich ist, ganz einfach
darum nicht, weil es noch immer an Material fehlt. Und so wird
denn die Auswahl der Briefe je länger je mehr durch einen engeren
Gesichtspunkt mitbestimmt: wo direke Einflüsse der Briefschreibe-
rinnen aus ihren Briefen nicht her\'orgeholt werden können, geht
man darauf aus Material zusammenzubringen, das in erster Linie
die Schreibende selbst möglichst treffend charakterisiert. Die Bedeu-
tung der Frau für den kulturellen Fortschritt wird sich in ihrer
Empfänglichkeit für das Bedeutende im Kulturleben spiegeln, und
so wird der engere Gesichtspunkt doch wieder dem weiteren dienen.
Dem Herausgeber ist es unstreitig gelungen viel Bedeutsames
beizubringen. Besondere Wünsche mag freilich mancher haben. So
vermisst man wohl hin und wieder einen Zug, ohne den das Bild
einer Briefschreiberin nicht vollständig wird: bei Liselotte z. B. die
Pfaffenantipathie und die Grämlichkeit ihrer alten Tage, bei Eva
König etwas warme Regungen, t.hne die sie doch etwas zu haus-
backen und ehrpusselig erscheint, bei der Frau Rat Goethe das
Reimtalent. Auch die Bedeutung Kati Fröhlichs für das Schaffen
Grillparzers ahnt man aus den beiden mitgeteilten Briefen nicht.
Freilich ist bisher nichts weiter von ihr an den Dichter gedruckt.
Schliesslich fragt es sich, ob der Herausgeber gut daran getan hat
aus der allgemeinen Entwicklung des Volkes wesentlich nur die
Literatur- und Kriegsgeschichte herauszugreifen und zu illustrieren.
Da einmal mit Clara Wiecks Brief an Robert Schumann die Musik
gestreift war, konnte auch der Richard Wagnersche Kreis berück-
sichtigt werden, aus dessen Briefwech>el mancherlei Wertvolles liätte
gewonnen werden können. Durch Streichung von hie und da Wie-
derholtem und einigem leicht Errafften hätte gut Platz für Proben
aus dem bezeichneten und anderen Kulturgebieten geschaffen und
J, Poirot^ Faul Scydel, Experimentelle Versuche. 187
das Hundert der Briefe voll gemacht werden können. Jedenfalls
hätte der Reiz, der ohnehin von den Briefen der in der Samm-
lung auftretenden 37 Frauen ausgeht, sich dadurch noch wesentlich
verdichten lassen.
Zu guter Letzt ein paar philologische Bemerkungen, Ein
Quellennachweis teilt mit, woher der Herausgeber sein Material
genommen hat (Nachträgliches in den Anmerkungen zu den Nr.
43 und öl) Nach den Erläuterungen und Einführungen der hier
angegebenen Literatur sind auch meistens die zum Verständnis
mancher Punkte notwendigen Anmerkungen bearbeitet. Sieht man
Sich die Textgestaltung näher an, so muss man sich wundern, wes-
halb dieselbe den Quellen nicht immer getreu folgt. Während z. B.
der Brief Anna Hölzeis an Schiller buchstäblich genau mit allen
orthographischen Ungeheuerlichkeiten abgedruckt ist, gibt es in der
Sammlung kaum einen Brief der Goethemutter, in dem nicht kleine
Änderungen der Schreibung vorgenommen sind. Ebenso in den
Briefen der Liselotte. Die Briefe Kati Fröhlichs sind durchweg
modernisiert (der genaue Abdruck im Jahrbuch der Griilparzer-
Gesellschaft, Bd. 5). Dieses Verfahren ist oft und mit Recht getadelt
worden; wo es sich nicht um moderne Umsetzung des ganzen
Textes handelt, beruht es offenbar auf Nachlässigkeit. Zu Ottilie
V. Goethes Brief an ihren Vater S. 189 Z. 23 gibt das Goethe-
jahrbuch Bd. 28 S. 41 ausdrücklich eine Lücke hinter »weissen»
an; Burger berücksichtigt den Wink indes ebenso wenig wie die
Eriäuterung, die Bd. 5 S. 237 der Schriften der Goethegesellschaft
zu »Cere» (S. 77 Z. 16 der vorliegenden Sammlung) für erforder-
lich gehalten wird. Anderseits hätten wohl Ludwigs XIV. Kriegs-
minister Marquis de Louvois (S. 21 Z. ig) und Frl. von Goech-
hausen (S. 61 Z. 6 usw.) ein paar Worte verdient. Infolge eines
Druckfehlers ist in der Anmerkung zu Nr. 96 als Todesjahr Fritz
Reuters 1873 statt 1874 angegeben. — Eine Einleitung, in der
nicht ohne gewaltsame Anknüpfungen eine Charakteristik der Brief-
schreiberinnen versucht wird, ein willkommenes Personenverzeichnis
und vier Reproduktionen der bekanntesten Bildnisse der Frau Rat
Goethe, Elisabeth Charlottes, Charlotte Schillers und der Königin
Luise von Preussen sind dem Buche beigegeben.
Gustai^ Schmidt.
Paul Seydel, Experimentelle Versuche über die labialen Ver-
schlusslaute im Deutschen und Französischen mit besonderer Be-
rücksichtigung methodischer Fragen (Im experimentell-sprachwissen-
schaftlichen Laboratorium der Breslauer Universität), Kapitel I bis
III. Breslau, Fleischmann, 1908, 67 Ss. 8:0 (Diss.). — Ders., Die
l88 ßisprechiDi^oi. J. Poirot,
labialen Vcrschlusslaute des Deutschen und Französischen, experi-
mentell untersucht (S.-A. aus dem Jahresbericht der Schles. Ge-
sellschaft für vaterl. Cultur 1908, 32 Ss. 8:0. — Zugleich Kap.
IV der vorhergehenden Arbeit).
Der Verfasser hat ein Problem in Angriff genommen, das
öfters der Gegenstand der Forschung gewesen, und trotzdem in
mancher Hinsicht unklar geblieben ist. Er hat sich der experi-
mentellen Methode bedient, und dabei die nötige Kritik geübt, so
dass diese Erstlingsarbeit dem Verfasser und dem Laboratorium
zu Ehren gereicht, und eine willkommene Beieicherung der pho-
netischen Literatur bezeichnet.
Die Dissertation enthält nur die Einleitung: historischer Über-
blick der Theorien über die Natur der Verschlusslaute, und Dar-
stellung der Versuchsanordnungen. Die Abhandlung enthält das
Versuchsmaterial und die Resultate, welche viele Faktoren berück-
sichtigen: Einfluss des Akzentes, der Stellung (An-, In- und Auslaut),
des folgenden Vokals, und Unterschiede zwischen Media und Tenuis.
Die Hauptresultate sind folgende:
1:0. Die antevokalische Tenuis wird desto kräftiger artiku-
liert, je stärker der Vokal betont ist. — Die Tenuis zwischen un-
betonten Vokalen zeigt eine deutliche Neigung zum Mediatypus,
ein Vorgang, den der Verf. mit dem Vernerschen Gesetz vergleicht,
was vielleicht nicht ganz einwandfrei ist.
2:0. Der Verlauf der Druckkurve ist verschieden je nach
der Stellung im phonetischen Kontinuum. Bei anlautender Ex-
plosiva erreicht der Druck sein Maximum erst unmittelbar vor der
Explosion, inlautend aber ein Stück vorher, so dass der eigentliche
Verschluss durch annähernd gleichen Druck charakterisiert wird.
Feinere Unterschiede lassen sich bei dem 2:ten Typus feststellen.
— Die Explosion bei auslautender Tenuis hat mitunter gefehlt:
diese Erscheinung ist mir bei meinen Untersuchungen über finnisch-
ugrische Dialekte massenhaft begegnet,
3:0. Im Deutschen untersche det sich p von b durch stärkere
Artikulation und breitere Glottisstellung; im Frz. ist p stärker arti-
kuliert, hat aber geringere Öffnung der Stimmritze, wobei verschie-
dene Grade wohl vorhanden sind. — Gegenüber deutschem b ist
frz. b stimmhafter, hat aber stärkeren Munddruck, und kommt sogar
dem deutschen p gleich; frz. p hat noch stärkeren Munddruck als
der deutsche Laut; der nachfolgende Vokal hebt aber im Deutschen
später an, als im Französischen.
4:0. Als Hauptunterschiede zwischen Media und Tenuis
sieht der Verf. die Tonverhältnisse und die Art der Wiederöffnung.
Die Tenuis ist Sprengungslaut; die typische Media hat stimmhafte
Paul Seytül, Experimentelle Versuche über die labialen Verschlusslaute. 189
Plosion und Lösungsöffnung. Doch genügt nur der eine Faktor
um den Eindruck der Media hervorzurufen : Stimmhaftigkeit trotz
einer Öffnung, die mehr den Charakter der Sprengung trägt (frz.),
oder Lösung trotz Stimmlcsigkeit (deutsch).
Im Punkte 3 stimme ich dem Verf. nicht ohne Vorbehalt
bei; die anderen Resuhate dürften aber von bleibendem Wert sein,
und einige Streitfragen erledigen, bzw. neue Forschungen anbah-
nen. Die Arbeit verdient also die volle Aufmerksamkeit der
Fachleute.
Ich gehe jetzt zu den einzelnen Anmerkungen über.
Zur Versuchstechnik. — Der Verf. registrierte gleichzeitig:
1:0 die Schwingungen der Stimmbänder, durch E. Meyers
Kehlkopfkapsel untersucht ;
2:0 den inneren Munddruck, durch ein kleines Rohr, hinter
die Zähne gesetzt;
3:0 die Luftausströmung, durch einen Mundtrichter.
Diese drei Apparate waren mit je einem Mareyschen Tambour
verbunden. Eine eingehende Beschreibung findet sich in der Diss. —
Damit hat der Verf. wertwolle Resultate erzielt; die Anordnung
hat aber auch ihre Mängel:
1:0 die Gesamtbewegungen des Kehlkopfes werden nicht
registriert, oder sind keiner Deutung fähig. Dass jedoch solche Be-
wegungen vorhanden sind, zeigen die Kurven. Man müssle eine
besondere Einrichtung für deren Aufzeichnung verwenden.
2:0 eine metallene Kapsel hat den Nachteil der Eigenschwin-
gungen; besser wäre bei derartigen Versuchen ein ganz kleiner
Ballon aus dickem Gummi, wie man sie zum Aufstreuen von In-
sektpulver gebraucht, dessen Boden und Seiten man schneidet, um
ihn der Form des Schildknorpels anzupassen, und den man ein-
fach mit Pflaster oder Kitt anklebt, statt ihn mit einer Halsbinde
festzuschnallen, was die freien Bewegungen leicht stören kann.
3:0 der Druckzeichner von Dr S. hat die gute Eigenschaft,
dass er für den Ton, wie es scheint, sehr empfindlich ist, und
dürfte in dieser Beziehung die gewöhnlichen Einrichtungen über-
treffen. Er gestattet aber erstens keine absolute Messung des
Druckes, da er wohl schwer zu aichen ist. Andrerseits ist die
ganze Rohrleitung von Luft gefüllt, und, abgesehen von den De-
formationen, die aus dem wechselnden Lumenprofil der Leitung
herrühren, sind Verdichtung der Luft, Erweiterung der Wände,
Spannungsunterschiede der Membran zu befürchten. — Zweck-
mässig wäre eine Verbindung dieses Druckmessers mit einem em-
pfindlichen Manometer nach Hürthle (mit Gummimembran), dessen
Leitung mit Wasser gefüllt wird (daher kein Verlust durch Luft-
verdichtung). Es ist um so mehr zu empfehlen, als die Schwin-
igo Besprechungen. J. Poirot,
gungen tler Drucklinie die Messungen sehr erschweren, während
die Linie des Hürthleschen Manometers keine Kräuselungen auf-
weist.
4:e die Tambouren waren mit Gummiraembranen bedeckt,
unter Erreichung möglichst gleicher Anfangsspannung. Für Ver-
suche, die sich über mehrere Tage erstrecken, ist aber das Gummi
kein geeignetes Material, da es die Spannung zu sehr ändert,
ausserdem nicht lange tauglich bleibt. Weit bessere Dienste leistet
das Goldschlägerhäutchen, das man in verschiedenen Dicken be-
kommen kann; es ändert seine Spannung nicht wesentlich, ist für
Ton gut empfindlich, genügend elastisch, ausserdem beinahe unbe-
grenzt dauerhaft.
5:0 die Luftstromleitung trägt am Eingang eine Zwischen-
membran, wodurch die Luftsäule der Leitung von der Aussenluft
isoliert wird. Nach den Kontrollversuchen des V. (Diss. S. 52)
soll diese Einrichtung keine Störung der relativen Verhältnisse für
die Explosion (Höhe und Zeit) zur Folge haben. Unberücksichtigt
blieb aber der Einfluss auf die Tonverhältnisse. Dass die Explo-
sionslinie weniger steil wird (also Verzögerung des Gipfels), ist von
vornherein zu erwarten, da eine Massenbewegung der Luftsäule
dazu nötig ist, die von der Zwischenmembran verzögert wird; es
ist aber nicht sicher, und kaum wahrscheinlich, dass die Moleku-
larbewegungen (Tonschwingungen) dieselbe Verspätung erfahren.
Man kann vermuten, dass sie sich unbehindert verpflanzen, und
daher einen scheinbaren Vorsprung haben werden. Was diese
Annahme nahe legt, ist eben der Umstand, dass die Vokalschwin-
gungen für deutsche anlautende, also tonlos aspirierte, p unmittel-
bar beim Gipfel, und für frz. p mitten in der aufsteigenden Linie
anheben, während die normalen Formen, die sonst in der Litera-
tur bekannt sind, die Tonschwingungen für frz. p gewöhnlich erst
beim Gipfel, und für deutsche p ein Stück nach dem Gipfel zei-
gen. Dieser Umstand wirkt allerdings auf relative Angaben nicht
schwer, denn es bleibt bestehen, dass zwischen reiner und aspi-
rierter Tenuis ein Unterschied in der Zeit für die Erscheinung des
Tones vorliegt; die absoluten Angaben aber (wann der Ton er-
scheint) sind verdächtig.
6:0 nicht unbedenklich ist der Umstand, dass die frz. Ver-
suchspersonen auch die deutschen Sätze mitsprachen ; eigentlich
kann man damit nur Zwitterlaute bekommen, die kaum brauchbar
sind. Die Stärkeunterschiede in verschiedenen Satzstellungen sind
im Frz. viel geringer als im Deutschen, und aus dem Bestreben,
alla iedesca auszusprechen, können nur zu leicht unnatürliche Ar-
tikulationen entstehen, die man weder für Frz., noch für Deutsch
betrachten kann. Noch mehr zu bedauern ist, dass in den bei-
Paul Scydel, Experimentelle Versuche über die labialen Verschlusslaute, igi
gegebenen Kurven beinahe nur Proben aus diesen verdächtigen
Sätzen als frz. Tenuesbeispiele mitgeteilt sind.
Zu den Abbildungen. — Eine Auswahl von 30 Kurven in
vergrösserter Skala wird hinzugefügt (am Schluss der Abh.) Leider
ist keine Liste beigegeben. An sich ist es schon unbequem, aus den
letzten 8 Seiten die Erklärungen für jede Kurve (Versuchsperson,
gesprochene Laute) herauszuholen ; ausserdem erweist es sich, dass
ein Irrtum vorliegt: Kurve 29 soll (S. 28) von Rolle IV, Satz 15!
herrühren: weder Rolle IV noch Satz 15 f sind aber S. 1 1 zu
finden, und man weiss also weder wer noch was gemeint ist; bei
der Aufstellung einer Liste wäre dies dem V. wohl aufgefallen, —
Die ^^■ahl der reproduzierten Kurven lässt einen für die frz. Laute
wahrscheinlich sehr instruktiven Fall vermissen: in y>7ie parkz pas
bas'-> dürfte der Gegensatz der beiden letzten Silben schlagend sein.
— Ein weiterer Mangel liegt darin, dass die wichtigen synchronen
Punkte der 3 Linien (Kehlkopf, Druck, Luftstrom) nicht durch
Striche oder Punkte markiert sind; auch ist keine Möglichkeit vor-
handen, es nachträglich einzuführen, da die Ausschläge der zwei
letzten Linien gross sind, und der V. nirgends die Länge der
Schreibhebel (Radius des Verschiebungsbogens) angiebt, womit der
Leser die Konstruktion selbst machen könnte. ^)
Zu den Restdtaten. — Einfluss des Akzentes. — Die gewonnenen
Resultate rechtfertigen nicht ohne weiteres den Satz, dass »die
Stärke des Akzents sich in Druck- und Explosionshöhe des die
betreffende Silbe anlautenden Verschlusslautes genau wiedergiebt»
(Abh. S. 24). Denn wir stehen doch einer Ausnahme gegenüber: im
Satze Pipin erinnett an Wörter wie pip. mit satzbetontem pip, ist
das antevo'^alische p in pip meist weniger stark, und höchstens
ebenso stark wie das zweite p von Pipiti (satzunbetont). Der
Verf. registriert das merkwürdige Resultat, giebt aber keine Erklä-
rung dafür. Ob die intervokalische Stellung da eine Rolle spielt?
denn es wird wohl zwischen luie und pip eine geringe Pause oder
sonstige Grenze vorhanden sein, die das p zu einem anlautenden
macht. Das Problem müsste von neuem untersucht werden, wobei
zweisilbige Wörter mit Anfangsbetonung, z. B. Pappe, Puppe, heran-
zuziehen wären. Pipm ist nämlich deshalb weniger gut, weil es
oxytoniert ist, und mit pip keinen direkten Vergleich erlaubt: in
dem einen Falle stehen beide p vor dem betonten Vokal, im an-
deren vor und nach. '^)
'j Der V. setzt in seiner Diss. S. 64 die synchronen Punkte für die
Korrektion an verschiedenen Höhen auf eine gerade Linie; dies ist natürlich
unrichtig, da der Hebel einen Kreisbogen beschreibt.
-) Ein Mangel der gewählten Sätze, die als Wortmaterial dienten, ist
es ferner, dass die Kontrastwörler nur im Satzanfang bzw. Ende standen,
aber nicht in der Mitte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Mittelstellung
teilweise andere Resultate ergeben hätte.
192 Besprechungen. J. Poiroi,
Die Form der Slimmritze luähtend des Verschlusses. — Es ist
bekanntlich eine umstrittene Frage, ob der Kehlkopf für die Bildung
der frz. Tenues Glottisöffnung oder Glottisschluss hat. Rosapelly
(Mem. de la Soc. de Lim^uist. IX 1896, S. 493 fgg.) und Zünd-
Burguet (Recherches expcr. et laryngoscopiques sur les consonnes
labiales m, b, p in Archives intern, de Lnryngologie, 1903, S. 2 2
fgg.) haben den Kehlkopf laryngoskopisch untersucht, und kommen
zu entgegengesetzten Resuhaten: nach Rosapelly ist die Glottis
offen, nach Zünd-Burguet ist sie geschlossen. — Klinghardt
(Neuere Spr. XIV, 85 — 88 und passim) ist auch für Glottisschluss
eingetreten, nur auf Grund anderer Erwägungen. Seine Argumente
sind: die Hebung des Kehlkopfes für die Bildung der frz. Tenues,
die man mit dem Finger fühlen kann, und die geringe Luftaus-
strömung gegenüber den deutschen Tenues, die u. a. durch das
Ausblasen der brennenden Kerze zu veranschaulichen ist. P. Passy
dagegen (Neuere Spr. XIV, passim, in der Polemik mit Klinghardt)
vertritt denselben Standpunkt wie Rosapelly.
Wie Dr S. richtig hervorhebt, kann keine dieser Auffassun-
gen als gesichert gelten. Die Kehlkopfbetastung giebt über das
Zeitverhältnis zwischen den verschiedenen Artikulationsmomenten
keinen Aufschluss; das Kerzenexperiment beweist im besten Falle
nur, dass die aspirierte Tenuis eine stärkere Luftausströmung be-
wirkt als die reine Tenuis; Rückschlüsse von der akustischen Wir-
kung (sauberer, trockener Klang der frz. Tenues) auf die Glottis-
artikulation sind selbstredend nur mit grösster Kritik aufzunehmen.
Was schliesslich die Laryngoskopie betrifft, so lehne ich sie hier
von vorneherein ab ; wir haben keine Garantie dafür, dass die
Kehlkopfartikulation bei offenem Munde, also verhindertem Ver-
schluss, eine normale sein wird.
Es bleiben also nur drei Wege offen:
1:0 in Ausnahmefällen eine direkte Beobachtung, nämlich
durch Bronchoskopie tracheotomisierter Patienten;
2:0 eine direkte Experimentierung im Kehlkopfe, die aber,
bei dem jetzigen Stand der Technik, auf schier unüberwindliche
Schwierigkeiten stösst. Man kann an folgende Anijrdnung denken:
die Stimmbänder wären mit feinen Silberblättern zu bekleiden, die,
mit dünnen Drähten verbunden, eine elektrische Leitung bei Stimm-
bandkontakt schliessen würden. Der Versuch wäre zuerst unter
lokaler Anästhesie auszuführen, und Hesse sich vielleicht am Ende
bei leichter Anästhesie wiederholen. Ganz einwandsfrei wäre der
Versuch allerdings nur ohne Betäubung der Stimmbänder: ob man
eine Person dazu trainieren kann, bleibe dahingestellt.
3:0 indirekte Rückschlüsse aus anderen Artikulationsmomen-
ten, vor allem aus dem gesammten Habitus des Verschlusslautes.
Paul Seydel, Experimentelle Versuche über die labialen Verschlusslaute. 193
Zu diesem Auswege, dem einzigen unter normalen Verhältnissen,
hat Dr S. gegriffen, und zwar geht er von dem Vergleich zwischen
Druck- und Explosionsstärke aus (unter sonst gleichen Umständen,
d. h. in derselben Vokalumgebung und in ähnlicher Satzstellung).
Sein Raisonnement lässt sich folgendermassen ausdrücken: die
Ausatmung der Luft während der Explosion des Verschlusslautes
wird durch das Verhalten der Stimmritze (Lumenweite des Wind-
rohres) geregelt. Haben also zwei Tenues bei sonst gleichem Mund-
druck verschiedene Excursionshöhen der Explosionslinie, so weist
das auf verschiedene Ausatmungskraft, also verschiedene Offnungs-
grade der Stimmritze. Er misst dann Druckstfirke und Explo-
sionshöhe, und berechnet die relative Explosionshöhe, auf gleiche
Druckstärke (:= i) reduziert.
Auf Grund dieser Berechnung bemerkt Dr S., dass die frz.
Tenues eine geringere Explosionshöhe (i : 1,3) zeigen als die deut-
schen (Max. 1:3, Min. 1:1,5), woraus er schliesst, dass »der
Öffnungsgrad des Kehlkopfes beim frz. p geringer ist als bei Stimm-
stellung» (S. 27).
Diese Schlussfolgerung ist aber m. E. vorzeitig. Voraus-
gesetzt, dass der Mundtrichter jedesmal wirklich gle'ch auflag, und
weiter dass die Artikulation s Verhältnisse der frz. Tenues natürlich
waren (vgl oben S. iqo, 6:0), so ist die Sache nicht so enfach. Die
grössere Ausschlagsweite der deutschen Tenues geht wohl Hand
m Hand mit dem Umstände, dass die Tonschwmgungen des Vo-
kales später anheben ; besonders gilt dies für die aspirierten Tenues,
während der Ton für den Vokal im Frz. sehr früh nach dem An-
fang der Explosion beginnt. So viel steht also fest, dass der Kehl-
kopf die Stimmstellung im Frz. frühei als im Dtsch. einnimmt. Ob
er aber von der offenen oder von der geschlossenen Stellung aus-
geht, ist auf diese Weise nicht zu erschliessen. Ebenso gut kann
man sich vorstellen, dass die Stimmritze während des Verschlusses
weiter ist als für die Stimmstellung (sie braucht ja nicht weit offen
zu sein), und sich bei der Explosion sofort zusammenzieht, wo-
durch die Ausströmung geschwächt wird. Ähnliche Verhältnisse
liegen sicher im Deutschen vor (Verengerung der Glottis, wenn-
gleich später oder langsamer eintretend). Warum die Ausbreitung
der Glottis, die man nach Dr S. für das Frz. anzunehmen hat,
geradezu eine Schwächung des Luftstromes zur Folge haben muss,
bleibt mir unklar. Man müsste wenigstens beweisen, dass der-
jenige Teil des Explosionsausschlages, der dem Vokal vorangeht,
also der Anfang (etwa die Hälfte bei den Kurven Dr S:s), weniger
steil ist als im Dtsch.; und auch das wäre kein entscheidendes
Moment, denn es handelt sich im Anfang wohl nur um die Mund-
luft, deren Ausströmung hauptsächlich durch den Druck geregelt
194 Besprcihungcn. J. Poirot,
ist. Besser wäre dann die Beri'uksichtigung der Strömungsgeschwin-
digkeit, also des Differentialquotienten der Strömungsfunktion,
der aber schwer zu bestimmen ist. — Das Verhältnis, worauf der
V. seine Folgerungen baut, scheint mir also nicht eindeutig zu sein.
Der Vergleich mit den ^-Kurven ist auch deshalb nicht beweis-
kräftig, weil dort keine Glottisveränderung zustande kommt. Als
Resultat dieser Erörterung möchte ich deswegen sagen : non iiquel.
Vielleicht wird man der Lösung näher kommen, wenn man
andere Momente berücksichtigt, vor allem den absoluten Wert der
Druckstärke. Es ist Schade, dass Herr Roudet, der vor einigen
Jahren den Luftdruck bei einem tracheotomisierten Franzosen un-
tersuchte ^), erstens nur das Druckmaximum mit dem sehr primi-
tiven Rohrmanometer beobachtet hat, statt den Verlauf der Druck-
kurve mit einem elastischen Manometer aufzuzeichnen, und zwei-
tens nur den trachealen Druck, und nicht gleichzeitig den Mund-
druck beobachtete. Man kann erwarten, dass der Munddruck
für die Media geringer ist als der Trachealdruck, weil ein Teil
der Kraft zur Tonbildung verbraucht wird; sollte es sich dagegen
erweisen, das der Druck für die Tenuis beiderseits der Stimmritze
gleich ist, so würde dies ein gegen die Theorie der geschlossenen
Stimmritze schwer wiegendes Argument sein. Es ist nämlich kaum
anzunehmen, dass das Luftquantum, das bei geschlossener Glottis
im Munde eingesperrt ist, durch die geringen zur Verfügung stehen-
den Mittel zu dem hohen Druck verdichtet werden könnte, den
Roudet beobachtet hat; die Massenhebung des Kehlkopfes dürfte
auch dazu nicht ausreichen. — Auch sprechen Kurven wie n:o
30 frz. pou nicht dafür. Die Kehlkopflinie sinkt gegen den
Schluss des p, was möglicherweise eine Hebung des Kehlkopfes
bedeutet (durch das bedingte relative Vacuum bei festgeschnallter
Kapsel); der Munddruck hat aber bereits einen ziemlich hohen
Wert erreicht. — Es müssten also m. E. neue Versuche angestellt
werden, die auf Feststellung sowohl des absoluten Munddruckes wie
der Kehlkcpfbewegungen ausgiengen. Könnte der Versuch Rou-
dets wiederholt, und gleichzeitig eine Bronchoskopie vorgenommen
werden, wäre wohl die Frage gelöst.
Die Werte aber, die ich mit Hürthles Manometer bei frü-
heren Versuchen an mir selbst und Hn Gauthiot aus Paris für
imsere Occlusiven bekommen habe, sind für die Tenuis so hoch,
ddss ich schwerlich einen Stimmritzenschluss annehmen kann.
Die Heranziehung der kaukasischen Laute liefert auch gute
Anhaltspunkte. Es ist immerhin zu beklagen, dass die Untersuchungen
') Recherches sur le role de la pression sousglottique, La Parole,
[900, 599 fgg.
Paul Seydel^ Ex/ieiimeutelle Versuche über die labialen Verschlusslautc. 195
Über georgische Tenues, die sich bei Rousselot, Principes, II, S. 80 2 fgg.
finden, nicht zugleich auf Feststellung des Munddruckes hinaus-
giengen. Zwischen den »tenues avulsives», die R. mit/' bezeichnet,
und den (wühl aspirierten) />' besteht nach R.s Versuchen ein
grosser Unterschied in der Quantität der ausgetriebenen Luft. Sie-
vers vermutet bekanntlich Glottisschluss ; deshalb wäre es wün-
schenswert zu wissen, wie stark der Munddruck ist. Es hat übri-
gens den Anschein, als wäre der Verschluss von keiner Drucker-
höhung begleitet. Nach Fig. 552, S. 864 in R.s Principes (was
ich jetzt erst merke, und meinem früheren Referat hinzufügen will)
hat nämlich Rousselot, um zu bestimmen, ob inspiratorische Arti-
kulation vorlag, die Luft gleichzeitig innerhalb und ausserhalb des
INIundes untersucht (also genau die Anordnung Dr S:s). Der Ver-
schluss, der an der oberen Linie gut zu verfolgen ist (äusserer Luft-
strom), weist im Munde keine Erhöhung der Druckhnie, sondern erst
bei der Aufhebung des Verschlusses einen scharfen, kurzen Stoss auf.
Dies spricht entschieden für die Auffassung von Sievers : geschlossene
Stimmritze, und gleichzeitige Öffnung beider Verschlüsse. Weiter
bestätigt es m. E. das oben Gesagte, die Unmöglichkeit, nur das
intraorale Luftquantum zu einem merklichen Druck zu verdichten.
Die Druckkurven der frz. Tenues sind aber von diesem Bilde weit
entfernt, und zeigen auf den vorliegenden Kurven ebenso grossen
Druck wie die deutschen, die anerkanntermassen mit offener Stimm-
ritze gebildet werden. Je mehr ich dem Problem nachdenke, um
so weniger kann ich mich der Ansicht des V:s anschliessen.
Ufigelöste Probleme. ■ — Eine Seite des Problems hat auch Dr
?. unerforscht gelassen, nämlich die Spannung, speziell d'e Lippen-
spannung. Diese ist leicht zu untersuchen, nämlich mit einem
Gummib.TlIon nach Rousselot, in Verbindung mit einem Mareyschen
Tambour, oder besser mit einem elastischen Manometer (vgl J.
Poirot, Quantite et accent dynamique, Me'm. de la Soc. IV). Die
Untersuchung des Unterschiedes zwischen betonter und unbetonter
Stellung, zwischen frz. und dtsch. Lauten dürfte wertvolle Resultate
liefern. Speziell zwischen frz. und deutschen Tenues besteht ein
grosser Unterschied, der die akustische A^erschiedenheit zum guten
Teil bedinge. Die Spannung der frz. Tenuis ist so stark, dass m;m
ein charakteristisches p-, /-, i-Geräusch durch blosse Öffnung des
Mundes bei zurückgehaltener Atmung hervorbringen kann. Ein
deutsches aspiriertes p liefert unter denselben Bedingungen kein
Geräusch, oder nur ein schwaches; h verklingt natürlich nur sehr
schwach, m klanglos.
Auch hätte das geminierte />, das jedenfalls im Satzzusam-
menhang (oder in der Komposition) entsteht, ein Studium verdient,
sowohl hin.sichtlich der Druckkurve wie der übrigen Eigenschaften.
196 Besprechungen. A. v. Krämer, Henri Schoeti^ Francois Coppee.
Weiter vermisst man eine Darstellung des Zeitverliältnisses
zwischen Explosion und Auftreten des folgenden Vokales, was be-
sonders für deutsche Tenues in verschiedenen Stellungen interessant
wäre, da, nach der herrschenden Auffassung, die Tenuis im Wort-
anlaut aspiriert, im Wortinlaut dagegen unaspiriert ist. Zur Ver-
suchsanordnung s. üben S. i()0, 5:0.
Schliesslich wären die Massenbewegungen des Kehlkopfes
festzustellen. Ganz einwandfreie Apparate besitzen wir allerdings
bis jetzt nicht; eine Modifikation der Anordnung Zwaardemakers
dürfte aber gute Dienste leisten. — Der Stützpunkt für das Hebel-
system muss nämlich eher oben gesucht werden, etwa durch ein
Stirnband, als unten, da sonst die Bewegungen des Brustkorbes
störend einwirken und schwer zu eliminieren sind.
J. Poirot.
Henri Schoen, Frangois Coppee, Uhoinme et le poete (1842 —
1908). 105 p. in- 8:0. Paris, Fischbacher, IQ09. Prix 2 fr.
M. Schoen a voulu expliquer l'oeuvre de Coppee p^-r sa vie.
Dans le compte-rendu qua l'editeur a Joint a la brochure, il est dit
qu'aucun des critiques fran(,-ais n'etait mieux prepare que M. S.
ä entreprendre ce travail; il a suivi de pres Tevolution dramatique
de cet ecrivain et il connait, mieux que personne, les sources his-
toriques et psychologiques de sa pensce. Si c'est le cas, on se
demande pourquoi M. S. n'ajoute rien a ce qu'on connaissait
dejä de la biographie de Coppee; ä moins qu'il ne reserve ses
revelations pour la prochaine brochure, ä laquelle il fait allusion
dans une note au bas de la page 103, cette etude «qui jettera
une lumiere nouvelle sur les differentes idylles du poete et sur son
attitude dans laffdire Dreyfus.»
Quant ä l'analyse critique des drames et des poesies, eile est
plutAt insignifiante. Voici, d'apres M. Schoen, l'impression finale
qui se degage de l'oeuvre de Coppee :
«Qu'importe, dans une ceuvre aussi vaste, quelques parties
faibles, si les perles les plus authentiques y sont nombreuses et
s'il se degage de l'ensemble une Impression d'art, qui touche et qui
eleve l'ame du lecteur». «Coppee restera le poeie prefere des petits-
et des desherites, des vaincus et des resignes de la vie.»
A. V. Krcemer.
I
A. IVallensköld, Hans Strigl, Sprachwissenschaft für alle. 197
Hans Strigl, Sprachwissenschaß für alle. Kleine gemein-
verständliche sprachgeschichtliche und sprachvergleichende Aufsätze.
1. Jahrgang. Wien, L. Weiss, 1908 — 1909. 340 S. 8:0. Preis
K 5: 40 = Mk. 4: 50.
Es ist höchst befremdend, wie wenig das grosse Publikum
von sprachwissenschaftlichen Dingen überhaupt weiss. Und doch
sollte man glauben, dass eine gewisse Vertrautheit mit der Ent-
wickelungsgeschichte der eigenen Sprache und ihrer inneren Be-
ziehung zu den verwandten Sprachen einem gebildeten Menschen
ein gar grosses Interesse schenken müsste. Dass es aber nicht so
ist, dass im Gegenteil linguistische Fragen als sehr »trockne» Ge-
genstände des allgemeinmenschlichen Wissens betrachtet werden,
daran sind wohl vor Allem die Philologen selbst Schuld. Sie ha-
ben es im Allgemeinen nicht versucht, ihre Wissenschaft zu popu-
larisieren, die Früchte ihres Wissens ihren nicht-philologischen Mit-
menschen in geniessbarer Form darzubieten.
Dies will nun Prof. Strigl tun. In einer Reihe von kleinen
Aufsätzen berichtet er in leichtfasslicher Weise über den Ursprung
und die Entwickelungsgeschichte einer stattlichen Menge deutscher,
englischer, französischer und lateinischer Wörter mit ^Anknüpfungen
an andere Sprachen (Altindisch, Griechisch, Italienisch, Slawisch u.
s. \\.), und behandelt dabei auch gewisse Lautentsprechungen ver-
wandter Sprachen (Latein und Französisch, Englisch und Deutsch).
Die Darstellung ist durchgehends populär, ohne grossen wissen-
schaftlichen Apparat, um nicht den Uneingeweihten abzuschrecken.
Der Philologe erkennt aber, dass der Verf. gute wissenschaftliche
Kenntnisse besitzt. Rez., der allerdrings von den zwanzig Heftchen
des Jahrganges nur die Nr. i, 5, 11, 15 — 17, 19 — 20 kennt, hat
blos wenige Irrtümer wahrgenommen. Inbetreff der romanischen
Worterklärungen sei Folgendes bemerkt:
S. .5, frz. pour und prou. Es ist sehr fraglich, ob der Übergang
von p07- in pour mit Recht als »Dipthongierung» angegeben werden
kann, da mit ou in dem proklitisch gebrauchten Worte sicher nur
ein «-Laut bezeichnet wurde. Was proti »Vorteil» betrifft, scheint
mir die Etymologie prode viel glaubhafter als pro. — S. j"/,
Fussn., afrz. se gaber. In der Karlsreise wird gaber nur intransitiv
oder transitiv gebraucht. Auch sonst ist das reflexive Verb
seltener. — S. 79, afrz. alte claire espee. Die afrz. Form von
clara ist dere. — S. 79, Fussn. i. Die erste Auflage des
Dictionnaire de l'Academie francaise ist vom Jahre 1694, nicht
1695. — S. 175, frz. Cousin, »Stechmücke». Verf. sagt, dass man
»besser coucin schriebe», da das Wort von vlat. culicinum
komme. Wie wäie es möglich coiictn zu schreiben, da ja die
198 Besprechungen. J. Pohot,
Aussprache s fordert? — S. 23:^, lat. per ) frz. /)<?;-. Verf. meint,
par sei »eine nicht lautgesetzmässige Form, da e in dieser Stellung
zu ie wird». Er hat offenbar rieht daran gedacht, dass e in vor-
toniger Stellung nicht diphthongieren kann. Er hätte das Wort
lieber mit matche <( mercatum u. s. w. vergleichen sollen. —
S. 238, afrz. meaille ) maaille. Die Sprache hätte das »unange-
nehm klingende, die Aussprache erschwerende Zusammentreffen
zweier Vokale» zu tilgen gesucht. Solche »euphonische» Erklä-
rungen sind besser zu vermeiden: der unbewusst vorsichgehende
Assimilation sprozess ist eine hinreichende Ursache. — S. 302,
Fussn. I, afrz. puie. Aus den Worten des Verf. geht n cht her-
vor, dass puie eine x\bleiiung mit dem Suffix -ata ist: *podiata
> puie. ^)
Rez. schenkt dem Unternehmen Prof. Strigls die grösste
Anerkennung und wünscht lebhaft, dass die kleinen Heftchen recht
viele Leser finden mögen.
A. Wallensköld.
Seche/iaye (Oh. -Albert), Programme et methodes de la lin-
guistique theorique. Psychologie du langage. — Paris, Cham-
pion, 1908. I v. in-8°, XIX-267 pp.
Les dernieres annees ont vu naitre un grand nombre d'ouvra-
ges traitant des principes generaux de la science du langage, et
le sujet repond visiblement aux preoccupations de beaucoup de
linguistes. L'ouvrage de Wundt a suscite loute une serie de tra-
vaux theoriques. Celui de M. Sechehaye semble etre ne de
reflexions personnelles independantes de l'oeuvre du philosophe
allemand; mais la critique de Wundt y a pris une grande place.
M. S. justifie d'abord l'existence d'une linguistique theorique
ou science generale du langage, et montre comment cette science
exige la fusion de donnees psychologiques et de donnees linguisti-
ques. II critique ensuite la tentative de synthese presentee par
Wundt, ä laquelle il reproche suriout de partir de la psychologie
individuelle et de ne pas tenir un compte süffisant du probletne
grammatical, c'est ä dire des conditions d'existence et d'evolution,
dans la collectivite linguistique, du Systeme de symboles consiiiuant
le langage.
L'auteur propose alors un autre programme. II remarque
que le langage comprend a la fois un Systeme conventionnel (ele-
ments grammaticaux) impose par la communaute, plus ou moins
') Schreibfehler S. 243. Z. 8: lies -nd nach h
I
Scchehaye (Ch.-. Albert), Programme et methodes de la liiigtdstujue theoriqne.
199
independant de l'initiative individuelle du sujet parlant, et cjui
ressortit a la psychologie collective, et un Systeme emotion nel
(elcments extra-grammaticaux ou pregrammaticaux) fait de l'etat
Psychologie [ue du sujet parlant au moment 011 il parle, variable
par consequent, et qui releve de la Psychologie individuelle, ie
premier venant en quelque sorte s'intercaler dans le second.
L'etude de l'element affectif du langage est dejä poussce
maintenant assez loin. Celle de l'element grammatical ou intel-
lectuel est l'objet propre du livre. Elle doit partir de principes
rationnels generaux et etre essentiellement deductive dans sa me-
thode. M. S. envisage le langage sous deux aspects. II y a une
partie reellement et pleinement conventionnelle: c'est la matiere
des syraboles employes pour l'expression des idees, les sons, dont
l'etude constitue la <'phonologie». Mais la forme abstraite dont
se revet l'idee, c'est ä dire le contenu conceptuel des symboles
grammaticaux, les procedes en usage pour les mettre en relations
et exprimer les articulations de la pensee, tout cela releve en
grande partie de la logique ou des lois psychologiques generales, en
tant qu'expression de la pensee. Cette forme du langage constit lera
la «morphologie». Ces deux disciplines enfin etudieront ä la fois
les systemes tels qu'ils existent ä un moment donne et l'evolution
de ces systemes. L'objet que doit poursuivre la science generale
du langage est de rechercher les conditions generales dans les-
c[uelles se produit l'adaptation constante du langage a la psycho-
logie des sujets parlants, ou «la relation qu'il y a entre l'evolu-
tion des sujets parlants et l'evolution de leur langage».
L'ouvrage temoigne incontestablement de longues reflexions
sur ces problemes generaux et d'une grande penetration de pensee.
On y trouvera, dans le detail, beaucoup de remarques justes et
nouvelles, tant sur l'evolution des sons que sur celle des formes.
Ce que j'apprecie le plus peut-etre dans l'ouvrage, et ce qui me
semble le plus juste dans la critique que M S. fait de l'oeuvre
de Wundt, c'est la mise en relief de ce qu'il appelle le probleme
grammatical. II veut dire par lä que Wundt et, avec lui, les
psyrholog;:es sont trop souvent preoccupes d'expliciuer la genese
psychologique de tel ou tel phenomene linguistique, mais negligent
le fait que le Systeme grammatical preexiste comme un facteur qui
s'impose a l'individu et limite son activite creatrice ou modifica-
trice. La langue que parle chaque homme est un Systeme d'ha-
bitudes, une Organisation de representations et d'images motrices
qui lui sont imposees; eile a sa vie propre en quelque sorte, et
suscite p. ex. par une sorte d'attraction ps\chologique les crcations
analogiques qui constituent, comme on le sait, l'expression de nos
pensees dans l'immense majorite des cas. En d'auires termes.
200 Besprechungen, y. Poirot,
daus les cas oü les psychologues voicnt par exemple des l'orma-
tions par association de deux Clements linguisticjues, on oublie
trop volontiers que ce qui est donne dans l'esprit, ce ne sont pas
seulement les deux Clements, mais ieur mode d'association selon
les habitudes grammaticales, et que cette relation prcexiste meme
souvent aux elements a associer.
Par contre, je ne puis me rallier aux tendanres dcductives
que' l'auteur manifeste dans ses constructions. II y a pour moi
irop de souci de partir de considerations logi(|ues e^u psychologi-
ques generales. Un autre reproche qu'on peut faire au livre est
que les idees y sont revetues d'une forme difficile ä comprendre.
C'etait ou jamais le cas de chercher avant tout a etre clair. En-
fin quelques helvetismes dcparent rä et la la langue (p. ex. p. 7:
avoir nffaire avec).
Tel qu'il se presente, I'ouvrage merite de retenir l'attention
des linguistes qui ne veulent pas etre de purs empiristes. Dirai-je
pourtant c^ue je trouve trop ambitieuse la lache que l'auteur s'est
proposee, et que plus d'agnosticisme me semble mieux cadrer avec
l'etat actuel de notre science?
M. Sechehaye reproche aux linguistes d 'avoir trop neglige la
linguistique theorique, et aux psychologues de negliger l'etude du
langage en tant que constituant un Systeme organise. Nul ne
contestera que la linguistique theorique ne soit encore dans l'en-
fance; mais lä n'est pas la question: peut-il en etre autrement?
Pour construire une Synthese generale avec quelques chances de
succes, il faut une base solide, c'est ä dire des constructions par-
tielles dejä assez avancees. C'est parce qu'un bon nombre des
chapitres de la physique constituent chacun ä part un Systeme
bien lie qu'on peut tenter des hypotheses generales reliant ces
chapitres, en d'autres termes, une theorie generale de la matiere.
Nous sommes encore loin de compte en matiere linguistique.
Chacun sait que les seules familles de langues etudiees avec detail
sont l'indo-europeen et le semitique; le groupe finno-ougrien est
encore en retard; l'elude des langues ouralo-altaiques est ä peine
entamee, et une foule de familles sont a peu pres inconnues. —
En outre, meme dans le domaine indo-europeen, combien reste-t-il
ä faire! Deux chapitres seulement sont assez avances pour qu'il
s'en degage des lois: la phonetique et la morphologie (derivation,
flexion, emploi des formes). La semantique et la syntaxe pro-
prement dite sont encore au berceau. — J'irai meme plus loin:
que savons-nous de la phonetique? La phonetique historique a
fait de grands progres; mais eile n'aboutit guere qu'ä poser des
equations phonetiques, c'est ä dire un Systeme de relations formel-
les entre differentes etapes principales de l'evolution des sons.
Scchehayc (Ch.Albcrtj, Programme cl mcthodes (k Ui linguistu/ue thcorupte. 20I
L'cvolution elle-meme, les conditions et le dcroulement du Proces-
sus sont encore lettre morte, parce qu'il nous manque la connais-
sance approfondie des dialectes actucls, seul champ d'observation
ou Ton puisse saisir les faits dans leur variete, leur imbrication et
leur developpement. Si imparfaite que soit a l'heure actuelle l'ctude
des dialectes vivants, eile a dejä montre cpe les lois les plus
generales de la phonetique historique ne peuvent etre acceptees
que sous benefice d'inventaire, et que la linguistique historique a
ete dans certains cas trompee par des «mirages phonetiques». Je
suis sür que l'etude serieuse et compleie des dialectes bouleversera
nos idees traditionnelles; je suis convaincu egalement que cette
confusion n'aura qu'un temps, et que de grandes lois se degage-
ront de nouveau; mais seront-ce les memes que les principes actuels?
Et, dans cet etat d'indecision des hypotheses elementaires sur les-
quelles se fonderaient la construction generale, quelle confiance
merite une Synthese generale et qui voudra y employer un temps
peut-etre perdu?
La linguistique generale a dejä trop souffert de l'erreur con-
sistant ä prendre pour une forme necessaire du langage ce qui
n'est que la loi contingente d'une famille de langues. Le peril
est connu; mais pour s'en garder, il faudrait que les types de
langues existants eussent ete reduits en systemes. M. S. semble
avoir conc^u l'idee de son travail ä l'occasion d'une question de
syntaxe qu'il s'etait posee (p. 22): trouver, pour se guider dans
l'evolution d'une categorie syntactique en francais, «une methode
vraiment rationnelle pour l'etude des transformations syntactiques».
Mais pouvons-nous, dans notre ignorance des faits syntactiques
eux-memes, dresser un principe general de classement; et n'cst-il
pas plus sage, j'entends plus conforme aux exigences scientifiques,
de se borner ä trouver un mode de groupement provisoire? —
Car enfin, ä quoi peuvent mener des principes tres generaux dans
l'etat fragmentaire de nos connaissances ? Ne nous dissimulons
pas que ces principes ne peuvent pas etre des hypotheses direc-
trices, mais seulement des postulats tres vagues. M. S. dit p. ex.
que l'on peut supposer une relation entre le Systeme phonetique
d'une langue et les tendances psychologiques du peuple qui la
parle. D'accord; mais, outre que le postulat est indemontrable
jusqu'ä present, on ne peut rien en tirer; dire que la preference
de l'italien pour les voyelles claires tiendrait ä ce que l'Italien aime
la vie au dehors, la couleur etc. (p. 158), c'est faire de la littera-
ture et non de la science. Une hypothese scientifique ne se justifie
pas seulement par son caractere logique: il faut encore qu'elle soit
feconde dans l'etat de la science oü on l'emet. On pourrait relever
encore d'autres exemples de ce genre dans l'ouvrage.
202 Besprechmigen. E. Järnströni, A. Guesno?i, J'uhL nouv. sur Ics trou. art.
En rcsume, je crois (ju'il est facile de critiquer les idees gene-
rales de la linguistique actuelle, et de dire en quoi elles sont
insuffisantes. Mais quant a pretendre tracer un plan d'ensemble
qui ne peut etre que celui de la science future du langage, c'est
une Illusion. II faut se rcsigner, me semble-t-il, aux tficlies plus
modestes: poser p. ex. des principes pour tel ou tel chapitre de
la linguistique, pour servir a classer provisoirement les faits sous
des rubriques qui nous sont ä nous commodes. Je reprendrais
volontiers, en le retournant, le mot de Leibniz sur les metaphysi-
ciens, qui, selon lui, ont raison dans ce qu'ils affirment et tort
dans ce qu'ils nient: le critique scientifique a raison dans son
a;uvre negative, mais son oeuvre positive est fortement sujette ä
caution. Mais le degre de confiance qu'on place dans la philo-
sophie des sciences dopend en somme du temperament de chacun.
Et je veux rcpeter en terminant qu'il y a beaucoup ä apprendre
dans le livre de M. Sechehaye.
J. Poitot.
A. Guesnon, Publications noiivelles sar les troiiveres arte-
sii'/is. Extrait du Moyen Age, 2:e Serie, Tome XIII (Mars —
Avril 1 909). 31p.
M. Guesnon, dont la brillante serie d'articles sur les trou-
veres artesiens est bien connue de tous ceux qui s'occupent de la
poesie courtoise, publie dans le N° de Mars — Avril du Moyen
Age un compte rendu des editions critiques de cinq chansonniers
du XIIP siecle: Jean de Neuville, publ. p. M. M. Richter, Perrin
d'Angicourt, publ. p. M. G. Steffens, Jean de Renti et Oede de
la Couroierie, publ. tous les deux p. M. J. Spanke, enfin la ma-
gistrale edition des chansons de Cardon de Croisilles par M. H.
Suchier.
A cote de tres heureuses corrections aux textes etablis par
les editeurs, on trouve dans cet article, comme toujours chez M.
Guesnon, de precieux renseignements historiques et biographiques.
Nous y releverons deux points interessants. M. Richter n'etait
pas parvenu ä identifier son trouvere; par un raisonnement aussi
ingenieux que savamment documente, M. Guesnon nous demontre
que Jean de Neuville ne fut point un personnage obscur, mais
bien un membre de la famille des Chevaliers de Neuville pres
d'Arras, famille renommee par ses qualites guerrieres et chevale-
resques. II figure dans des chartes jusqu'en 1246 comme heritier
de la seigneurie, mais en 1254 le seigneur est dejä Gilles, frere
puisne de Jean. II serait donc mort avant cette date, et son
.4. L-F, E. Stengel, Der Scklussteil der Chanson d' Anseis de Mes. 203
oeuvre poetique appartiendrait par consequent au second quart
du Xin<= siede.
La seconde ([uestion concerne l'origine de Perrin d'Angicourt.
AI. Guesnon n'accepte pas l'idee de M. Steffens, qui voit dans
Angicourt ou Angecourt une forme alteree pour Achicoutt, nom
d'un petit village aux portes d'Arras. Gelte hypothese est ety-
mologiquement insoutenable II faut bien croire que Perrin etait
originaire d'Angicourt en Beauvoisis, pres de Liancourt.
E. jfärnström.
E. Stengel, Der Schlussteil der Chanson d' Anseis de Mes,
nach den Hss. LSN in Paris und U in Rom (Festschrift der Uni-
versität Greifswald, ausgegeben zum Rektoratswechsel am 15. Mai
1909)- 55 S. in-8:o.
M. Stengel avait deja en 1894 (ä propos d'une discussion
concemant la metrique) imprime dans la Zettschrift für französische
Sprache und Litteratur, XVI^, p. 228, une trentaine de vers de
cette chanson inedite appartenant a la geste des Lorrains. En
1904 il en imprima un extrait plus long dans la Festschrift de
rUniversite de Greifswald. Les 56 laisses, soit 1836 vers, con-
tenues dans la presente publication fönt suite au morceau public
dans la precedente Festschrift. Quatre manuscrits ont ete mis ä
profit (Bibl. nat. fr. 4988 et 24377, Ars. 3143 et Vatic. Urb.
357), et le texte critique parait etabli d'une maniere qui est digne
du celebre romaniste de Greifswald.
A. L-F.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins vom 24.
April 1909, bei welcher Sitzung der Vorstand und 11
Mitglieder anwesend waren.
§ I.
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
Der Vorsitzende, Prof. A. Wallensköld, teilte mit, der Verein
habe auch dieses Jalir vom Consistorium Academicum eine Summe
204 Protokolle des A'euphilologischen Vereins.
von 500 Fmk. als einen Beitrag für die Bestreitung der Druck-
kosten iler »Neuphilologischen Mitteilungen» erhalten.
§ 3-
Der Verein beschloss seinem Ehrenpräsidenten, Prof. W. Sö-
derhjelm, an seinem 50. Geburtstage den 26. Juli eine Adresse
zu überreichen.
§ 4-
Prof. A. Walte7isköld erstattete folgenden Bericht:
»Bericht
über die Kassenverwaltung der Neuphilologenversammlung in Hel-
singfors 11. — 13. Januar 1909:
Einnahmen:
Mitgliederkarten a Fmk. 3 Fmk 465: —
Defizit in der Kasse » 50: 98
Summe Fmk 515: 98
Ausgaben:
Verzeichnis der modernsprachl. Lehrer Finnlands Fmk 8: —
Zirkular » 30: —
Korrespondenz (approximativ) » 20: —
Mitgliederkarten » n: 5°
Bedienung » 33: —
Honorar der Schriftführer »260: —
Druckkosten des Protokolls » 127: 48 1)
Distribution des Protokolls » 26: —
Summe Fmk 515: 98
Helsingfors den 24. April 1909.
A. WaUensköld.
Präs. des Ausschusses.»
Der Verein beschloss das Defizit von Fmk. 50: 98 aus
seinen Geldern zu decken.
') Die Drackkosten betrugen Fmk. 627: 48 ; die Regierung haue aber
Fmk. 500 zu diesem Zwecke bewilligt.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins. 205
Der Vorsitzende empfahl eine Büchersammlung, die von dem
Verlagsgeschäft »La Renaissance du Livre», 7, Place Saint-Michel,
Paris, herausgegeben wird: »Tous les Chefs-d'Giuvre de la Litterature
Francaise», 100 Bände für 75 Francs.
§ 6.
Frau Professor Edla Freude7ithal hielt einen Vortrag, worin
sie die folgenden zwei Fragen behandelte:
i) In welchem Grade sind deutsche Buchstaben beim Un-
terrichte zu empfehlen?
Im Interesse der Erlernung und Verbreitung der deutschen
Sprache im Auslande sei es wünschenswert, dass die Deutschen
selbst mit der Abschaffung der deutschen Schreibschrift Ernst machen
und schon in den Volksschulen die lateinischen Buchstaben für
den gewöhnlichen Gebrauch einführen. Mit Rücksicht auf den
gegenwärtigen Gebrauch der deutschen Buchstaben in Deutsch-
land sei es für unsere Schulen zu empfehlen, dass die Schüler
zwar in der Regel Deutsch mit lateinischen Buchstaben schreiben,
aber doch so viel Belehrung in deutscher Schreibschrift erhalten,
dass sie dieselbe eventuell lesen können.
2) In welchem Grade ist Auswendiglernen beim Unterrichte
zu empfehlen?
Die direkte oder imitative Methode beim Sprachunterrichte
stütze sich in hohem Grade auf das Gedächtnis und ermögliche
infolgedessen auch manchem sonst in geistiger Beziehung weniger
Begabten das Erlernen der fremden Sprache. Da das Auswendig-
lernen aber auch in hohem Grade missbraucht werden könne und
vielfach missbraucht worden sei, entstehe die Frage: Wieviel Aus-
wendiglernen darf man vom Schüler verlangen? Frau F. antwortete
auf diese Frage: »Nur das, was der Lehrer selbst fliessend kann.
Verwerflich ist ein kleinliches, langweiliges Abfragen mit dem Lehr-
buch in der Hand. Nur das mag gelernt werden, was an sich
lernenswert ist (z. B. bekannte Lieder) oder was man oft braucht.
Um Anstrengung und allzu lange Hausarbeit zu vermeiden, ist es
zu empfehlen, ä la Gouin oder Berlitz während der Stunde selbst
durch mündliche Wiederholung eine Reihe von Sätzen oder Ver-
sen einzuprägen.»
§ 7-
Professor A. Wallensköld referierte ein neues Buch von A.
Dauzat: »La Langue francaise d'aujourd'hui» (Librairie Armand
Colin, Paris). In fidem:
A . Länofots.
2o6 Protokolle des Neuphilologischeti Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins vom 25.
September 1909, bei weUher Sitzung der Vorstand
und I I Mitglieder, sowie als Gast Rector magnificus
Professor I. A. Heikel, anwesend waren.
Der Vorsitzende, Professor Wallensküld, begrüsste die Anwe-
senden mit folgender Ansprache:
»Meine Damen und Herren!
Über das letzte Tätigkeitsjahr unseres Vereins ist etwas Be-
merkenswertes nicht zu berichten. In den Sitzungen, welche etwa
jeden dritten Sonnabend während der akademischen Semester
stattfanden, sind, wie auch früher, teils philologische, teils sprach-
pädagogische Fragen verschiedener Art erörtert worden. Dem
Vereine muss indessen auch zum Verdienst angerechnet werden,
dass die allgemeine Versammlung der Neuphilologen Finnlands
in Helsingfors zu Anfang dieses Kalenderjahres stattfinden konnte.
Was unsere Veröffentlichungen betrifft, so werden die »Neu-
philologischen Mitteilungen» allmählich durch Heranziehen neuer
Kräfte umfangreicher und reichhaltiger, wobei die Redaktion stets
bemüht gewesen ist, bei der Behandlung philologischer Fragen, so
weit möglich, einen streng wissenschaftlichen Standpunkt einzuneh-
men. Von unseren »Memoires» wird hoffentlich der V. Band noch
vor Ausgang dieses Kalenderjahres erscheinen.
Laut Vereinsbeschluss extra protocoUum wird dieser V. Band
der »Memoires» unserem Ehrenpräsidenten, Herrn Professor W.
Söderhjelm, gewidmet werden, und zwar aus Anlass seines am 26.
Juli vollendeten fünfzigsten Lebensjahres. An jenem Tage machten
ihm im Namen des Vereins die beiden obersten Funktionäre des-
selben ihre Aufwartung, wobei ihm eine kunstvoll ausgestattete Adresse
dargebracht wurde, welche im V. Band der »Memoires» als Ein-
leitung abgedruckt werden wird.
Schliesslich habe ich eine Trauernachricht mitzuteilen, den
am 1 7. September plötzlich erfolgten Tod unseres Ehrenmitgliedes,
des Senators Otto Donner. Bei der feierlichen Bestattung war der
Verein durch seinen Präsidenten und seinen Vize-Präsidenten
repräsentiert, wobei der Erstere einige Worte zum Andenken des
Verstorbenen äusserte. Ein Kranz mit der Inschrift:
. »Hommage reconnaissant
de la Societe neo-philologique de Helsingfors
au Senateur Otto Donner,
membre honoraire»
Jahresbericht des Neuphilologischen Vereins. 207
wurde von uns beiden auf seinem Grab niedergelegt. Ich fordere
die Anwesenden auf, das Andenken unseres hochgeschätzten, dem
Vereine so wohlwollend gesinnten Ehrenmitgliedes dadurch zu ehren,
dass wir uns von unseren Plätzen erheben.
(Die Anwesenden erhoben sich.)
Ich erkläre hiemit die erste Sitzung dieses akademischen
Jahres für eröffnet.»
Das Protokoll der letzten Sitzung des Frühjahrssemesters
.'urde verlesen und geschlossen.
Der Sekretär verlas den Jahresbericht für das akademische
§ 4-
Für das akademische Jahr 1909 — 19 10 wurden wieder-
gewählt: als erster Vorsitzender Prof. A. Wallensköld, als zweiter
Vorsitzender Dr H. Suolahti und als Schriftführer und Kassenver-
walter Dr A. Längfors. Als Revisoren wurden gewählt: Fräulein
Aurora Munthe und Cand. phil. E. Müller.
§ 5-
Universitätslektor /. Öhqiiisl hielt einen Vortrag über Sprech-
maschinen und ihre Verwendung im Sprachunterricht (mit Demon-
strationen) ", wonach eine kürzere Diskussion folgte.
In fidem:
A. Längfors.
Jahresbericht des Neuphilologischen Vereins für das
akademische Jahr 1908-1909.
Das Hauptereignis innerhalb des zweiundzwanzigsten Tätig-
keitsjahres des Neuphilologischen Vereins ist die von ihm zusammen-
gerufene Neuphiloiügenversamralung, zu der die neusprachlichen
S. unten.
S. oben S. 169 ff.
2o8 lÜHi^esandlc /.itteratur.
Lehrer in einer Anzahl von etwa i8o am ii. — 13. Januar dieses
Jahres in Hclsingfors zusammenliamen. Die Verhandlungen der
ersten finländischen Neuphilologenversammlung sind in einer beson-
deren, 103 Seiten umfassenden Schrift veröffentlicht worden.
Was die eigentlichen Publikationen des Vereins betrifft, so
wurde der fünfte Band der »Mcmoires» im Frühjahr in Druck
gegeben. Der Band wird dem Ehrenpräsidenten, Professor Werner
Söderhjelm, anlässlich seines 50. Geburtstages am 26. Juli d.J., gewid-
met werden. Die »Neuphilologischen Mitteilungen» sind nach dem-
selben Plan wie früher erschienen. Der Jahrgang 1908 zählt 204
Seiten und ist umfassender als irgend einer der früheren Jahrgänge.
Die Zeitschrift ist im Auslande, besonders in der romanistischen
Welt, mit Sympathie begrüsst worden. Die Neuphilologenver-
sammlung hat eine Zunahme der einheimischen Abonnenten zur
Folge gehabt, deren unsere Zeitschrift jetzt 125 zählt. Eine Zunahme
weist ebenfalls die Zahl der zahlenden INIitglieder des Vereins
auf, die jetzt 127 beträgt.
Die Zusammensetzung des Vorstandes war folgende: als
erster Vorsitzender und zugleich als Redaktor der »Neuphilolo-
gischen Mitteilungen» fungierte Professor A. WallensköU , als zweiter
Vorsitzender Dr //. Suolahti und als Schriftführer der Unterzeichnete.
Es fanden q Sitzungen statt, im Herbstsemester 4 und im
Frühjahrssemester 5. Dabei wurden, ausser kürzeren Mitteilungen
und zahlreichen Bücherbesprechungen, 7 Vorträge gehalten, von
denen 3 litterarhistorischen, 2 sprachpädagogischen, einer kultur-
geschichtlichen und einer phonetischen Inhalts war. Die Sitzungen
wurden durchschnittlich von 16 Mitgliedern besucht. — Das Jahres-
fest wurde, wie gewöhnlich, den 1 5 . März gefeiert.
Helsingfors den 25. September 1909.
A. Längfors.
Eingesandte Litteratur.
Aue assin et Nicolette, texte critique accompagnc
de paradigmes et d'un lexicjue, par Hermann Suchier. Septieme
edition, avec une table contenant la notation musicale. Traduction
franyaise par Alberl Counsoii. Paderborn, F. Schoeningh, igou.
XI+136 S. 8:0.
«La 7^ edition n'a, pour le texte, presque pas
subi de changements. » Dans les commentaires qui
suivent le texte et dans le glossaire, M. Suchier a in-
troduit quelques ameliorations. Ce qui est nouveau,
c'est la table contenant les notes musicales avec la
transcription en notation moderne.
Eingesandte Litteratur. 209
Maix Born, Nachträge zu A. H. Murray: A New English
Dictionary on Historical Principles. I. Teil. Berlin W.-Schöneberg,
W. Sommer, 1909. 48 S. 8:0. (= Wissenschaftliche Beilage zum
Jahresbericht der Chamisso-Schule in Schöneberg. Ostern 1909).
Remvard Brandstetter, Ren ward Cysat (1545 — 16 14), der
Begründer der schweizerischen Volkskunde. Luzern, Buchh. Haag,
1909. HO S. 8:0 (= Renward Brandstetters Monographien zur
vollständigen sprachlichen und volkskundlichen Erforschung Alt-
Luzems. VIII).
A. Guesnon, Publications nouvelles sur les trouveres artesiens.
Notices biographiques, Textes et Commentaires. Poesie lyrique:
I. Jean de Neuville. — II. Perrin d'Angicourt. — III. Jean
de Renti. — IV. Oede de la Couroierie. — V. Cardon de
Croisilles. Paris, H. Champion, 1909. 31 p. in-8:o (= Extrait
du Moyen Age, 2:e serie, tome XIII, pp. 65 — 93).
Axel Kock, Svensk Ijudhistoria. Första delen: 1906, II-|-
504 S. 8:0, Preis Kr. 4,25 = M. 5,00. — Andra delen, förra
hälften: 1909, 240 S. 8:0, Preis Kr. 2,50 = M. 3,00. Lund,
C. W. K. Gleerup, und Leipzig, Otto Harrassowitz.
Ludivig Kolisch, Portugiesisches Lesebuch. I. Teil. Wien,
Export- Akademie des k. k. Österr. Handelsmuseums, 1909. 144
S. 8:0. Preis i K 80 h.
«Das vorliegende Lesebuch hat den Zweck, den
Studierenden an der Hand von ausgewählten Aufsät-
zen in die portugiesische Sprache einzuführen und
gleichzeitig — soweit dies im Rahmen eines kleinen
Handbüchleins geschehen kann — mit dem portugie-
sischen Leben, Fühlen und Denken vertraut zu machen.»
Armand Praviel et J.-R. de Brotesse, L' Anthologie du Feli-
brige. Morceaux choisis des grands Poetes de la Renaissance
meridionale au XIX*= siecle. Avec avant-propos et notices bio-
bibliographiques. Paris, Nouv. Libr. Nat., 1909. XVH-343 p.
in-8:o. Prix: 3 fr. 50.
Paul Reiche, Beiträge zu Artur Längfors' Ausgabe des Regret
Nostre Dame. Inaug.-Diss. Berlin. Berlin, Mayer & Müller, 1909.
62 S. 8:0.
Emil Rodhe, Moderne erzählende Prosa, mit Anmerkungen
herausgegeben (= Moderne deutsche Schriftsteller. X). Stockholm,
C. E. Fritze, 1909. 103 S. 8:0.
Kr. Sandfeld Jensen, Bisaetningerne i moderne Fransk. En
Haandbog for Studerende og Laerere. Kobenhavn — Kristiania,
Gyldendalske Boghandel — Nordisk Forlag, 1909. 256 S. 8:0.
Otmar Schiszel von Fieschenberg, Das Adjektiv als Epitheton
im Liebesliede des zwölften Jahrhunderts. Leipzig, E. Avenarius,
2IO Schrißenaustausch.
igo8. XV-I-144 S. 8:0. (= Teutonia, Arbeiten zur germ.
Philol, her. von W. Uhl, 11. Heft).
na7is Slrigl, Sprachwissenschaft für alle. Kleine gemeinver-
ständliche sprachgeschichtliche und sprachvergleichende Aufsätze.
I. Jahrg., Nr. 16, 17, ig und 20. Wien, L. Weiss, 1909.
Teodor Stiominen, Ännchen und Heinrich. Ein Wintersemester
aus dem fröhlichen Schülerleben. Ekenäs, Ekenäs Tryckeri Aktie-
bolag, 1909. 70 S. Preis Fmk. i: 50.
Wilhelm Uhl, Winiliod. Leipzig, E. Avenarius, 1908. VIII
-j- 427 S. 8:0. (= Teutonia, Arbeiten zur germ. Philol,, her. v.
W. Uhl, 5. Heft).
Schriftenaustausch.
Annales de la Faadte de Droit d'Aiv. Tome II, n:os 1 — 2
(Janvier — Juni 1908).
Annales de la Faculte des Lettres d'Atx. Tome II, n:os 3 — 4
(Juillet-Decembre 1908), — Contient la suite de: Louis Ducros,
Jean-Jacques Rousseau. De Geneve a l'Hermitage (i 7 12 — 1757).
Pp. 229 — 418.
Annotaiiones phoneticae, III. Jahrg. (igoc)), Nr. 4 — 9.
Bibliographia phonetica, IV. Jahrg. (1909), Nr. 5 — 9.
Bulletin de dialectologie romarie, annee I (1909), no. 2.
Maal og Minne, Norske Studier. 2. Heft 1909.
Modern Langua^e Notes, Vol. XXIV (1909), No. 6.
Moderna Spräk. III. Jahrg. (1909), Nr. 1 — 4 und 6 — 7. —
Die Hefte enthalten u. A.: S. 8 ff., C. E. Göransson, Zur Flexion
des substantivierten Adjektivs als Sprachbezeichnurg (s. auch S.
36 ff.); S. 26 ff. und 33 ff., C. Polack, Notes lexicologiques sur
«Cyrano de Bergerac» (wegen der Fortsetzung s. Neuph. Mitt.
1909, S. 168); S. 97 ff., Daniel Jones, The Pronunciation of
Early English; S. lOi ff., E. Walberg, Poule, terme de jeu.
Päivä, Jahrg. 1909, Nr. 21 — 40.
Rassegna bibliografica della letteratura italiana, anno XVII
(1909), fasc. 4 — 9.
Revue de Provence et de langue d'Oc, annee 1909, nos. 8
— 12. — Signaions: Jules Ronjat, La langue proven^ale, ses limi-
tes geographiques, ses dialectes (p. 177 ss.); Johannes Plantadis,
Esquisse historique de la litterature limousine (p. 199 ss.)
Mitteilungen. 211
Spräk och Stil. Tidskrift för nysvensk spräkforskning, utgi-
vcn av Bengt Hesselman, Olof Östergren, Rüben G:son Berg.
UpVala. IX. Jahrg. (1909), Heft 1—2. — Enthält u. A.: Rüben
G:son Berg, Döende länord ; Nat. Beckman, Till frägan om gram-
matiska kategorier och grammalisk terminologi; Lars Levander, I
vad man kan ett bymfil kallas enhetligt?
Virittäjä, Jahrg. 1909, Nr. 6.
Mitteilungen.
Einheimische Publikationen: /. E. Kerkkola,
Tieteellis-käytännöllisiä apukeinoja saksan kieliopin opetukseen (Turku,
Polytypos, 1909, 2 1 S. 8:0). — U. Lindelöf, Der Lambeth-
Psalter, eine altenglische Interlinearversion des Psalters in der Hs.
427 der Erzbischöflichen Lambeth Palace Library. I. Text und
Glossar (Acta Soc. Scient. Fenn., tom. XXXV, N:o i, 323 S. 4-0).
— Artur Läui^fors et Werner Söderhjelm, l^2t. Vie de saint Quentin
par Huon le Roi de Cambrai (Acta Soc. Scient. Fenn., tom. XXXVIII,
N:o I, XXV+68 S. 4:0). — Hugo Suolahti, Die deutschen Vogel-
namen. Eine wortgeschichtliche Untersuchung (Strassburg, Karl J.
Trübner, 1909, XXXIII-l-540 S. 8:0).
Einheimische Beiträge zu ausländischen
Publikationen: Edla FreudenthaL Vorschläge (in Bezug auf
i) den Gebrauch deutscher Schreibschrift und 2) das Auswendig-
lernen beim Sprabhunterricht), in Die Neueren Sprachen XVII, 5.
Heft (Aug.). — T. E. Karsten, Altdeutsche Kulturströmungen im
Spiegel des finnischen Lehnworts, in Indog. Forsch. XXVI, S. 236
— 57. — Artur Längfors, Bespr. von Paul Meyer, Notice sur la
Bible des sept etats du monde de Geufroi de Paris, in Zs. f. franz.
Spr. und Litt. XXXIV, Ref. S. 154—7. — A. Walknsköld, Der
Neuphilologische Verein in Helsingfors, in Germ.-rom. Monatsschrift
I, S. 527 fg.
Ausländische Besprechungen einheimischer
Publikationen: A. Längfors et W. Söderhjelm, La Vie de
Saint Quentin par Huon le Roi de Cambrai, von A. Jeanroy, Rev.
crit. 1909, Nr. 40, S. 221 — 2; kurz angezeigt in Arch. f. das
Studium der neu. Spr. u. Lit. CXXII, S. 460. — Neuphilologische
Mitteilungen, Jahrg. 1908, von Paul Meyer, Romania XXXVIII,
S. 468 fg. — /. Poirot, Quantität und dynamischer Akzent (Neuph.
Mitteilunsien.
Mitt. 190g, S. 74 — 6), von G. Panconcelli-Calzia, BüjI. phon. 190g,
unter Nr. 265. — W. Söderbjelm, Les inspirateurs des Quinze joyes
de mariage, kurz angezeigt in Arch. f. das Studium der neu. Spr.
u. Lit. CXXII, S. 464.
Voranzeige: Dr A. Längfors bereitet eine kritische
Ausgabe des »Roman de Favel» vor.
NEUPrillOlDGISCHE
• • MITTEIUJNQEH
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
jl Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmlc direkt bei der Redaktioa, 1
rw A jl 4: 30 durch die Post und 5 Fmk durch die Buchhandlungen. »aa
liP. Q - Zahlende Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich. I^O^
— Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung
i bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. \V a 1 1 e n s k ö 1 d,
1 Vestra Hamngatan 5) zu senden.
Sandhierscheinungen in Runeninschriften.
Nach W i mm e r , De danske Runemindesmaerker, Andet
Bind, K0benhavn 1899 — 1901, S. 285 fif. steht auf dem Od-
dumer-Stein geschrieben: purulfs. sati. stain. u. s. w., obgleich
man statt purulfs zunächst purulfr: erwarten möchte. Dieser
Konsonantenaustausch wurde von W i m m e r mehrmals be-
sprochen. A. a. O. S. 289 sagt Wimmer: 'purulfs har
bortkastet naevneformsendelsen -r og urigtig tilföjet -s under
indflydelse af det folgende sati.' S. 291 spricht Wimmer
von 'den opl0sning af sproget, som rober sig i nsevneformen
purulfs .' Im Band IV. 2, Kobenhavn 1908, S. LXXIII
heisst es: ' — — — den unge Oddum sten, der i nf. har
purulfs, idet n?cvneformsendelsen a- (rj er bortkastet og s
tilföjet pä grund af det folgende sati.'
Brate hat den zweiten Band von Wimmer 's Rune-
mindesmrerker in K. Vitt. Hist, o. Antiqv. Akad. Mänadsblad
1901 angezeigt und äussert sich auf der vierten Seite seiner
Anzeige folgendermassen über die Form purulfs: 'Det synes
mig tvifvelaktigt, huruvida — — — felristningen purulfs. sati
iskall tydas sä, att »fturulfs har bortkastet naevneformendel-
sen -R og urigtig tilföjet -s under indflydelse af det folgende
\sati^ och icke snarare purulfs bör anses som felristning för
yrnrulfR under inflytande af det följande sati.'
214 Hugo Pippin«:,
Brate betrachtet purulfs also entschieden als fehler-
haft, und auch W immer sieht, vor allem im Band II, in
dieser Form etwas Abnormes.
Ich habe die Schreibung purulfs. sali immer als eine
streng phonetische Bezeichnung der faktischen Aussprache
betrachtet, indem ks auch in satzphonetischer Verbindung
zu SS assimiliert werden musste. Dass die Assimilation ks
> SS in den nordischen Sprachen regelrecht war, halte ich für
unzweifelhaft. Siehe hierüber Ljungstedt Grunddragen af
modersmälets historia, Stockholm 1898, S. 204, Pipping
Om runinskrifterna pä de nyfunna Ardrestenarna, Uppsala
1901, S. 25 f. und Noreen Altschwedische Grammatik
§ 297 Anm. 2. Aus däni.schen Runeninschriften können wenig-
stens folgende Beispiele dieser Assimilation zusammengestellt
werden: gs askis (^'^askiRS Wimmer II S. 267, apf^)^.yz =
*passi < *paRsi II S. 49, S. 137 f., S. 212, S. 379, npf
pasi W S. 131. Die phonetische Wahrscheinlichkeit der Assi-
milation RS > SS ist schon durch die von allen Forschern aner-
kannte Assimilation sr > ss gegeben, und ich sehe keinen
Grund, mit Kock Ark. f. nord. fil. XI 322 Fussnote 2,
Noreen Altschwedische Grammatik § 251 und Wimmer
II 267 von einem angeblichen Wegfall des R vor s zu reden.
Genau so wie die Verbindungen sR und rs ohne Un-
terschied zu SS wurden, sind die Verbindungen rR und Rr
sicherlich in rr zusammengefallen. Die Assimilation rR > rr
ist schon längst anerkannt, aber die Verbindung Rr ist sehr
selten und ihre Entwickelung deshalb wenig beachtet worden.
Wenn Rr, wie ich glaube, zu rr wurde, lässt sich indessen
awnord. drer aus ^unreR < ""unrreR < *unRaraiR bequem ablei-
ten. 1 Und in der Schreibung Y^purlf Xrispi auf dem Runen-
^ Etwas anders bei Noreen Aisl. Gr. HI § 267. 2 c, v. Friesen
Till den nordiska spräkhistorien, Uppsala 1901, S. 64 und wieder anders
Kock Ark. f. nord. fil. XV 334, Fussnote 1. Von Kock's Darstellung ,
\^unRi-eR y *unreR durch Ausstossung von r\ weicht die meinige nur wenig .^'
ab. Dagegen halte ich es nicht für ausgeschlossen, dass die von Noreen
und V. Friesen angenommene Zwischenstufe *unnreR zu *u^re7- hätte wer-
den müssen. Vgl. Noreen Aisl. Gr. HI J 252.
li
Sand/tierscheintwgen in Runeninschriftefi . 215
Stein von Hedeby jW immer I. 2 S. 108 113] sehe ich einen
noch besseren Beweis für die Assimilation i<r ) rr. W i m m e r
a. a. O. S. 112 meint, dass das a- in der fünf konsonantischen
Verbindung rl/nr weggefallen sei.
Ich glaube nun, dass die Vereinfachung von Konsonan-
tenverbindungen im Allgemeinen nicht durch direkte Aus-
stossung bewirkt wurde, sonder vielmehr durch Assimilation,
indem zunächst einer von den Nachbarlauten Ersatzdehnung
erhielt. In dieser Weise erklärt es sich auch ganz einfach,
dass die Schreibung uitrint. su [Runenstein von Tillise, Wim-
mer II S. 489 fif.] mit uitrik. susi [Stein von Sandby, Wim-
mer II S. 481 ff.^ abwechselt. In der dreikonsonantischen
Verbindung -ngs- [witring. suj wurde g zuweilen durch den
Einfluss des Simplex witring bewahrt [SandbyJ, zuweilen
schwand es lautgesetzlich [Tillise], aber nicht spurlos, sondern
eine Dehnung des z; hinterlassend. Als sich vv nachher vor
dem dentalen s zu nn weiter entwickelte ^, wurde t wie immer
zwischen nn und s eingeschoben. ^ Auch in diesem Falle hat
Wimmer die richtige Erklärung gestreift [siehe W immer
IV 2, S. XXV a, wo Noreen Ark. VI 336 und Koc k Ark.
VII 307 f. zitiert werden], aber doch nicht ganz gefunden,
was u. a. daraus erhellt, dass er [II S. 495 und IV. 2 S.
XXV a] uitrint mit witrind transskribiert.
Gering Z. f. d. Phil. XXXVIII S. 125, Fussn. 2 und
S. 127 scheint die Form uitrint geradezu als einen Schreib-
fehler zu betrachten, denn er schreibt: uitrint (lies: uitrink].
Auf dem Runenstein von Ardre n:o III -^ wird npm
vom dem. Prori. teils [jaiK, teils pai': geschrieben. An Ver-
1
* Vgl. Noreen Ark. f. nord. fil. VI 336. Altschw. Gr. § 281. 2.
* Ganz dieselbe Erklärung passt für aschw. attirganz [< -ga7tgs\ und
Ahnliches, Vgl. die etwas abweichende Darstellung K o c k' s in Ark. f. nord,
fil. VII S. 307 f.
^ P i p p i n g Om runinskrifterna pä de nyfunna Ardre-stenarna. Upp-
sala 1901. S. 15 — 22. Noreen Altschwedische Grammatik S. 481 f.
2l6 Hugo Pipping,
suchen die Form JyaR zu erklären hat es nicht gefehlt \ aber
es muss hervorgehoben werden, dass es sich in diesem Falle
nicht nur darum handelt, die Entstehung einer beliebigen Form
paii zu erklären, sondern es muss womöglich der Grund
herausgefunden werden, warum derselbe Ritzer die Formen
l)aR und J)aiK abwechselnd gebraucht. Ich habe a. a. O. S.
17 hervorgehoben, dass agotl. npm JtaR eine Sandhiform sein
könne, jedoch ohne diesen Gedanken bis in die Einzelheiten
zu verfolgen. - Diess lässt sich aber, wie ich jetzt sehe, ohne
Schwierigkeit machen.
Im Agotl. ist der Diphtong ai bekanntlich vor Geminata
zu a geworden. '^ Die Form JiaK findet sich auf dem Stein
von Ardre n:o III in der Verbindung Jm^+seiu, wo rs sicher
lieh als SS gesprochen wurde, obgleich die beiden Laute nicht
demselben Worte angehörten. Die intime Verbindung des
Pronomens mit seinem Prädikate wird auch in der Schrift
angedeutet, in dem das sonst regelmässig ausgeschriebene
Trennungszeichen in der Verbindung JiaiKkiarJm auf demsel-
ben Runensteine fehlt.
Es ist gewiss kein Zufall, dass der Diphtong ai vor der
Konsonantenverbindung Rk unversehrt blieb, aber vor der aus
RS entstandenen Geminata ss zu a kontrahiert wurde.
Ganz interessant ist es zu sehen, wie der Ritzer zwischen
phonetischer und etymologischer Schreibung schwankt. Wenn
er paR statt patR schreibt, folgt er seinem Ohre, aber nur bis
zu einem gewissen Grade, indem er das r der Normalform
JjaiR entnimmt. In ganz genau phonetischer Runenschrift
würde man pas + setu, nicht p)aR + setu verlangen.
' Siehe die von Noreen Altschw. Gr. § 508. 10 verzeichnete Li-
teratur.
^ Es heisst a, a. O. 'En öfvergäng paiR > poR kan pä Gotland hafva
uppkommit, da diftongen vid yttre sandhi kom att stä framför tvä konsonan-
ter.' Dass der Übergang vor anderen Konsonantengruppen als Geminaten
stattgefunden habe, glaube ich jetzt nicht mehr.
^ Söderberg Forngutnisk Ijudlära S. 32, W i m m e r Dobefonten
i Äkirkeby Kirke S. 51, Noreen Altschw. Gr. § 124, i, Pipping Guta
lag och Guta saga, Inledning S. LXl.
i
Sandhierscheimmgen in Runeninschriften. 21 7
Dass die hier gegebene Erklärung der Schreibung ])aR
[Ardre III] die richtige ist, geht daraus hervor, dass derselbe
Ritzer auch den Diphtong au vor satzphonetischer Geminata
zu a kontrahiert. ^
Die Konjunktion auk ist in den Ardre-Inschriften häufig
belegt [Ardre I 2 mal, Ardre VI einmal, Ardre VII einmal],
aber in der Inschrift III steht statt auk dreimal ak. Diese
Form war schon vorher aus Inschriften auf dem Festlande
bekannt und war verschiedentlich kommentiert worden. ^
Aber die Regelmässigkeit, mit welcher nicht nur die meisten
von den Ardre-Steinen, sondern die gotländischen Inschriften
des ii:ten Jahrhunderts überhaupt die Form auk aufweisen,^
zwingt uns zu untersuchen, ob etwa ganz besondere Umstände
die Schreibung ak in der dritten Ardre-Inschrift hervorgerufen
haben.
Schon in meiner Schrift 'Om runinskrifterna pä de ny-
funna Ardre-stenarna' S. 17 hatte ich hervorgehoben, dass
agotl. ak sich in satzphonetischer Stellung vor Geminata
aus auk hat entwickeln können. Es muss in der That
gleich auffallen, dass in zwei von den belegten 3 Fällen das
nachfolgende Wort mit k anfängt \ak + katKuatr und ak +
kaiRaiaut(r) ^]. Das k in kaiR bezeichnet allerdings in der
^ Über die agotl. Kontraktion au ') a vor Geminata siehe S ö d e r-
berg Fgotl, Ijudl. S. 32, W i m m e r Dobefonten i Äkirkeby Kirke S. 51,
Noreen Aschw. Gr. § 123. i, Pipping Guta lag och Guta saga. In-
ledning S. LXI.
^ Bugge Forsaringen S. Ii, 20 und 37, Mänadsblad 1877 S. 531
und 534, Runverser S. 119, 239, Kock Om nigra atona S. 17, Fussnote 2,
Noreen Altschwedische Grammatik § 91, mom. 3, Dieterich Runen-
Sprachschatz S. 228.
" Stainkumbla I, II 7 mal, Hauggrän 5 mal, Sjonhem I, II, III 6
mal, Böge [vgl. S ö d e r b e r g— B r a t e Ülands runinskrifter S. 47] einmal,
Sanda [vgl. Stephens II 777 ff., wo die Inschrift nicht ganz korrekt
wiedergegeben wird] einmal auk und einmal aug. Vom dritten Sjonhemer-
Stein und den StainkumblaSteinen abgesehen habe ich alle diese Inschriften
selbst untersucht.
* Noreen Allschwedische Grammatik S. 481 schreibt kaiRaiaut[R],
was nur ein Druckfehler sein kann. Nach Konsonanten zeigt Ardre III immer
r nicht /C.
2l8 Uti^o PippiHi^, Sandkicrsiheinungen in Runetiinschrißen.
Regel den stimmhaften Laut g, aber nach einem k wird das
g seinen Stinmiton eingebüsst haben, so dass aus ^+^eine
Geminata wurde. In dem dritten Falle ak + aiuatr steht der
Vokal in ak scheinbar vor einem einfachen Konsonanten.
Aber bei näherer Betrachtung wird es sich ergeben, dass er
auch hier vor einer Geminata gestanden hat.
Meiner Ansicht nach beweisen die Verhältnisse im Deut-
schen und die Regeln der Alliteration und der Quantität in
der altgermanischen Metrik, dass die Vokale der germanischen
Sprachen in älterer Zeit nie im absoluten Anlaut standen,
sondern dass ihnen stets eine Kehlkopfplosion vorausging. ^
Wo das mit dem Kehlkopfverschluss beginnende Wort sich ei-
nem vorhergehenden Worte direkt anschloss, wird der Plosions-
laut weggefallen sein, aber kaum spurlos. Sehr belehrend
sind in dieser Hinsicht die Sandhierscheinungen im Finni-
schen. Ein Wort, welches sich vor einem vokalisch anlautenden
Worte auf den Kehlkopfverschlusslaut endigt, ersetzt diesen
mit dem Anfangslaut des folgenden Wortes, wenn dieses kon-
sonantischen Anlaut hat. - Z. B. anna olla aber annam mulle,
tule aina aber tulet tänne. Es kommt mir a priori wahr-
scheinlich vor, dass der Kehlkopfverschlusslaut in den nor-
dischen Sprachen beim Wegfall eine ähnliche Dehnung des
angrenzenden Konsonanten bewirkt hat. Hierdurch erklärt es
sich auch, dass kurzsilbige Einsilbler in der Komposition als
metrisch lang galten, auch wenn das zweite Kompositionsglied
vokalischen Anlaut hatte. ^ Man könnte allerdings annehmen,
dass die Anlehnung an das Simplex den Kehlkopfverschluss
und somit auch die Positionslänge bewahrt hätte. Aber in
' Über die Alliteration als Beweis für den festen Einsatz siehe S i e -
vers Altgermanische Metrik § i8. 2. Die Einwände von Kock Östnor-
diska och latinska medeltidsordsprak, Inledning S. 113, Fussnote i, sind von
Sjöros Mälahattr S. 25, Fussnote 2 beseitigt worden. Über die Bedeu-
tung des Kehlkopfverschlusses für die (Quantität, siehe Fuhr Die Metrik
des Westgermanischen Alliterationsverses S. 27, P i p p i n g Bidrag tili Edda-
metriken S. I und Sjöros Mälahattr S. 24.
^ Pel tonen Fuhetaito S. 116 f.
^ S i e v e r s Altgermanische Metrik § 37. 3, S. 58.
I
Pesprccltuugai. O, J. 7'allgrcf!, B. Schädel, Mantinl de fonetica cat. 219
postkonsonantischer Stellung wird es doch schwierig sein, den
Kehlkopfverschluss ohne besondere Anstrengung aufrecht zu
erhalten. Die Dehnung des vorhergehenden Konsonanten lässt
sich bedeutend leichter zustandebringen.
Im Altschw. wird die vom schwindenden Kehlkopfver-
schlusse bewirkte Dehnung eines vorhergehenden Konsonanten
zuweilen durch Doppelschreibung bezeichnet. In diesem Sinne
verstehe ich die Schreibungen yö;-r(^^<? Vgl. I Schlyter S.
55: 21, forrepe Vgl. I 56: \, forredhum Vgl. IV 308: 12,
308: 20. ^
Wenn diese meine Vermutungen als richtig befunden
werden, dürfen wir annehmen, das ak + qiuatr auf dem dritten
Ardre-Stein eine Aussprache akkaiuatr bezeichnet. Und so-
mit würde es sich herausgestellt haben, dass die Konjunktion
auk in den gotländischcn Runeninschriften des ii:ten Jahr-
hunderts nur dann zu ak wurde, wenn der Diphtong au vor
einer Geminata stand, was mit einer längst bekannten altgot-
ländischen Lautregel vollkommen übereinstimmt.
Hugo Pipping.
Besprechungen.
Dr. B. Schädel, Manual de fonetica catalana. — Cöthen,
Otto Schulze Verlag, 1908. Diposit per Espanya : Alvar Verdaguer,
llibreria, Rambla del Centre 5, Barcelona. — i v. petit in-8",
VIII-88 pp.
Ce livre de ['eminent romaniste de Halle est Je prämier
manuel de phonetique catalane qui existe. ^ Ecrit en catalan, avec
' Anders Kock Studier öfver fornsvensk Ijudlära S. 415, Noreen
Altschwedische Grammatik § 242. Anm, i.
^ Le premier ä proprement parier qui ait public des textes phoneti-
ques catalans, c'est le phonetiste barcelonnais M. J. M». Arteaga Pereira ; v.
Mattre phonetique, 1904, pp. 119 — 123. Cet auteur donne, entre autres, une
dizaine de lignes qui se retrouvent chez M. Schädel, avec des divergences
dont celuici attribue la cause principale ä des differences dialectales des deux
Sujets. J'aurai l'occasion plus loin de discuter quelques-unes de ces divergen-
ces. De plus, M. Arteaga a public recemment, dans les actes du Primer Con-
gres Internacional de la Llengua catalana tenu en 1906 (tome public ä Barce-
lone, 1908), pp. 445 — 465, un magnifique »coup d'oeil general sur la phone-
220 Besprechungen, Oiva Joh. Tallgren,
une dedicace en allemand a Neumann, il s'adresse en premiere ligne
ä des Catalans. En particulier, il a pour but de mettre ceux-ci a
meme de contribuer dument ä la grande tache de ret ueillir, en
les transcTivant phonctiquement, des specimens des differents par-
lers populaires. Cette en([ucte phonctique ä son tour est destinee
ä former la base necessaire du futur Diccionari de la llengua cata-
lana, vaste entreprise ä laquelle a donne l'initative et que dirige
l'infatigable dialectologue, l'Abbe Alcover. Fervet opus! Oui, c'est
une ardeur au travail belle et merveilleuse dont fönt preuve les
philologues catalans de nos jours.
Divise en cinq chapitres, le Manual est muni d'une breve
introduction mettant en relief la necessite de recourir ä une ortho-
graphe plus phonetic^ue que celle ordinaire et les principes ä suivre
pour etablir cette orthographe. Le chapitre I est reserve ä la des-
cription physiologique des organes vocaux; le chap. II offre, en
onze pages excellemment ordonnees, les prenotions phonetiques
necessaires pour pouvoir distinguer et definir des sons. Le chap. III
{})}> PP) contient une description systematique des sons catalans,
dont l'auteur enregistre ici 64 ^; ceux-ci y sont passes en revue
un ä un; nombre d'exemples et des observations speciales accom-
pagnent les plus importants de ces petits articles, et, le cas echeant,
un nouvel alinea marque Falles dels estrangers donne des avertisse-
ments tres interessants concernant la prononciation plus ou moins
fausse des Castillans, Francais, Italiens ou Allemands parlant le
catalan ; enfin, chaque numero offre ce que l'on pourrait appeler
une concordance des divers systemes de transcription (Böhmer,
Ascoli, Gillieron, Ass. Phonetique). Dans le chap. IV, intitule »Z>^
rentonaciö, durada i inteiisiiat dels sons. Grupos d'expiraciö», il est
explique pourquoi les textes phonetiques donnes dans le chap. V
n'offrent point d'indications se rapportant ä la hauteur musicale, ä
la quantite et ä l'accent dynamique ^. Les textes phonetiques de
tique catalane» (sous titre : »Son caractere particulier dans la famille neo-latine»).
C'est un travail d'erudition tres important, redige en catalan, mais poursui-
vant un but tout autre que l'elementaire Mamial de M. Schädel. — Dans ce
qui suit, je me servirai, pour citer Tun ou l'autre des travaux de M. Arteaga,
des deux indications »Arteaga (1904)», »Arteaga (1908)».
' L'auteur en compte 72 dans le magnifique travail qui a commence ä
paraitre dans la nouvelle Revue de dialedologie rotnane : Die katalanischen Pyre-
näendialekte. Parmi les sons pris en consideration dans ce travail, mais non
pas dans le Manual, il faut noter surtout les voyelles anterieures arrondies
[oe] [ü] et des sons apparentes. Une espece d'[ce] avait ete dejä signale, pour
Majorque, par Saroihandy, dans le Grundriss, I*, p. 849,
* Dans les textes de M. Schädel, l'iaccent principal» d'un mot donne
correspond ä la syllabe portant une vocal tivanta, qu'il est facile de recon-
naitre au premier coup d'reil — L'agencement des »mots phonetiques», c'est-
ä-dire la repartition en groupes d'expiration, n'est pas indique dans ces textes
i
B. Schäiiel, Manual de fonetica catalana. 221
ce dernier chapitre (de meme, les mots transcrits figurant dans les
chapitres prccedents ?) reproduisent la prononciation d'un mcdecin.
catalan scjournant ä Halle.
Comme on doit s'y attendre, puisqu'il s'agit d'un livre destine
ä etre employi; principalement par des novices, le Manual de fone-
tica est trcs facile, tres agreable a lire, en mcme temps qu'il pa-
rait etre base sur les resultats actuels de la science (i'incomparable
Lehrbuch der Phonetik de Jespersen!).
Ma connaissance personnelle du catalan parle etant tres in-
suffisante, je dois ne m'occuper ici que de deux details concernant
une autre langue citee et du cote methodique.
Je ne voudrais pas que le son b dans le fr. boire et dans
l'ital. belle eüt ete identifie ici (p. 9) avec le son du b dans les
mots castillans buenas, brazo. Que le /5 et le y initiaux de l'ortho-
graphe castillane moderne puissent avoir, apres pause, un son tres
ressemblant (mais non pas identique!) ä celui du b francais, [b],
cela est un fait etabli ; mais ce [b] castillan initial, que l'on entend
dans des cas comme iVen, Paco! [ben, pako] ou ibtuja!, n'est
pas bien represente par les mots buenas, btazo. Ce n'est pas sou-
vent que ce dernier mot se rencontre sans article, au commence-
ment d'une phrase. Parmi les lecteurs de M. Schädel — tres nom-
breux, je l'espere! — il y en aura plus d'un sachant le castillan,
mais non pas le francais ni l'italien, qui ne saura pas trop ä quoi
s'en tenir en presence de la pretendue diversite phonique des deux
b de brazo, haba. Quant a buefias, ce mot a trop souvent, meme
apres pause, une prononciation differente de celle avec [b] pour pou-
voir convenablement etre cite ici comme exemple. II eüt ete ne-
cessaire d'indiquer au moins, d'une facon definitive et claire, qu'il
s'agit ici de la prononciation apres pause. — Chap. III, n:o 7 (p. 43),
il doit y avoir une faute d'impression facheuse dans la transcrip-
tion du cast. el vino, qui se prononce, non pas avec [b], mais
avec un son tout different qui est decidement le fricatif correspon-
dant 1. Plus avant dans le livre, les fautes d'impression probables
de cette espece deviennent tres nombreuses.
»Pour comprendre exactement la difference entre les sons
Continus et ceux explosifs», ainsi dit l'auteur ä la p. 26, on n'a
depourvus de toute ponctuation ; ils offrent au contraire la repartition en mots
de l'orthographe usuelle, C'est un inconvenient ; il est peu commode de se
reporter constamment ä la page opposee pour consulter, sur le texte ordinaire,
la ponctuation. N'aurait-il pas ete possible de menager des intervalles de lar-
geur double ou davantage pour marquer la Separation des groupes d'expira-
tion, une fois que la ponctuation ordinaire paraissait indigne de figurer dans
le texte phonetique .-
' \'., p. ex., Menendez Pidal, Manual ekinental de gramätica hist. espa-
Tiola ^, p. 68.
222 Iksprcchtaigcn. Oiva yoh. Tallgrin,
qu'ä prunoncer les deux series i) [asa, afa, asa, ara, ala] et 2) [apa,
ata, aka]. Dans i), il est possible de prolonger la prononciation
des consonnes aussi longtemps que dure l'lialeine, tantlis que cette
articulation prolongee serait, selon l'auteur, impossible en 2). Suit
une Observation peu heureuse concemant X\\:a\. fatlo etc., ou l'occlu-
sion est declarce durer un petit peu {una mica) plus longtemps cjue
d'ordinaire: Nota 2. Aduc en la restreta durada deh sons esplosius
es possible un allargatnent. Succeex axb tot allargantse una mica la
tancadura que preceex a l' esplos iö ; Vespay de temps efitre la formaciö
de la tancadura y la seva desfeta tesulta amb axb me's gros que lo
acostumat. Tals sons esplosius estesos, allargats, els-e diu Tita-
liä en les paraules f>fatto», ^appoy>, -usaccoy), etc. . . . Contre tout ce
raisonnement desline ä rendre la chose bien claire ä l'aide de faits
connus, il y a lieu d'objecter, d'abord, qu'ä la difference des Italiens,
les Catalans ne possedent point dans leur langue ces continues pro-
longees ([assssss . . . a] etc.) auxquelles l'auteur veut se referer, pas
plus qu'ils ne connaissent les explosives (ou plutot: plosives) pro-
longees \ ensuite, que 1' articulation d'un son de cette derniere espece,
tel que celui correspondant au »/ double» de fatto, peut durer du
moins aussi longtemps que 1' articulation d'une »continue» teile que
r»/ double» de fallo. Pendant les quelques secondes que peut
durer l'articulation prolongee du [t], les organes vocaux gardent la
Position meme qu'ils occupaient au moment de l'implosion 2. II sera
inutile de rappeler qu'en tant qu'il s'agit de plosives sourdes, il ne
faut pas prendre l'expression »duree» dans le sens de 'duree du
»son»'; cf. Jespersen, /. c, § 166. En un mot, je trouve tout ce
passage peu exact, peu clair et peu utile. — La definition des
voyelles donnee ä la p. 26 ne tient pas compte de ce que les
voyelles peuvent etre chuchotees sans cesser d'etre des voyelles.
En ce sens, donc, les vocals sordes (p. 25, n.) existent en catalan
aussi. — Puisqu'il est facile de distinguer nettement le [b] et le
[p] chuchotes ([aba], [apa], etc.), je ne puis croire que toute la
difference qu'il y a entre les plosives sonores et les sourdes depende
de l'activite ou non des cordes vocales (pp. 17, 18); cf. Jespersen,
/. c, §§ (102), 10,5, ou ce fait ne me parait cependant pas etre
mis suffisamment en relief.
Apres ces quelques remarques sur les chapitres de caractere
theorique, qui fönt en general une bonne impression, autant qu'un
non-professionnei peut en juger, il v a lieu de s'arreter sur deux
^ Dans des cas comme cap pa, pas de pain , il doit s'agir, non pas
d'une articulation prolongee, mais plutot, je pense, d'une gemination de cette
espece dont Jespersen parle, /. c, § 204.
- Du moins dans ma langue maternelle. Les Suedois de Finlande pro-
noncent leurs plosives sourdes prolongees de la meme fagon.
ß. Schädel, Manual de fonclica raialanu. 223
points du cliap. III. — L'cnumeration systematique des sons catalans
tiu'il renferme est accompagnc'e, romme je Tai dit, de quehjues
observations descriptives, telles que celle cjui met en relief l'arti-
culation speciale de r[s] catalan.
II est dit ici, sous le n:o 10, que Vs de l'orthographe a le
son de [z] »avant une consonne sonore». Transc;rits, les exemples
suivants semblent montier qu'il l'a parfois aussi apres une con-
sonne sonore: esmorSar [ibid.), endinsar (n:o 1 1), alsina (n:o il),
transcrits avec [z] ; au contraire, cansar, alfalsal, halsem, caUa,
comensar etc.^ avec [s]. Cette dualite peut preter a quelque con Fu-
sion, car tout le monde ne sait pas que le [z] postconsonnantique
de esmorsar et de alsina est etymologique (esp. almorzar, enzina,
avec des z anciennenient sonores), et que le [z] de endivsar peut
dependre de l'analogie de la sonorisation frequente de 1'-^ de dins,
ä la liaison. N'aurait-il pas ete bon de donner ici en note un pe-
tit avertissement de cette espece (ou d'ecrire, non pas esmorsar,
alsina, mais esmorzar, alzina ...)?. -- Encore le n:o 10. Une question
de curieux : \-s precedant IV- n'affecte-t-il donc point dans le catalan
entendu par M. Schädel ce son curieux tres distinct et du [z] et
de r[s] qui se produit sous ces conditions en castillan {dos reales
etc.)? M. Schädel transcrit (p. 81, 1. 59) leS roques avec [s]. On
s'attendrait du moins a [z], »avant la consonne sonore». Je con-
sulte Arteaga (1Q08) et je trouve ä ce sujet des indications tres
precises et tres positives; je me borne ä renvoyer ä la p. 450,
vers le bas. — N:o 20. Chez Böhmer, Ascoli et l'Ass. Phon., la
transciption de ce son, qui »differe de r[r] par un plus grand
nombre de vibrations», c'est bien [rr] ! — N:os 22, 24. Pronon-
ce-t-on a Barcelone [g] ou [z] dans ns;e, rge? Le renseignement
qui nous est donne, c'est que g^ , g^ n'a le son de [g] qu'au com-
mencement d'une phrase et apres pause, et que le [g], entre voyel-
les, »se change en [z].* Etant donnee cette indication incomplete,
(jue faut-il penser de cette dualite de transcription : diuniefige (n:o 9),
fingit (6), angel (16, et p. 83, 1. 26), enginy (32), engegaven (p. 83,
1. 32), tous avec [z], vis-ä-vis de menge s {22\ ecrit avec [g], et
cela, precisement, parmi les exemples de ce son? M. Arteaga pro-
nonce le [z] ! — Nous autres non Catalans, nous aimerions aussi
ä savoir un peu si le son n:o 48 [a de madame, Paris, bizarte) est
circonscrit aux seuls mots offrant, apres Va, un son palatal du a
la presence d'un yod. Des exemples figurant sous les n:os 48 — 50
et passim cette conclusion semble se degager. La voyelle n:o 48
se trouve en caixa [kasa] all (allium), mais non pas en cavall,
vall, mirall (mot d'emprunt?), ni non plus, ce qui est inattendu, en
palla (paleam), p. 36. — N:os 49, 50. Confusion (juant au signe
de l'Ass. Phonetique, qui en a bien un pour \ä de male, päle.
224 Besprechungen, O. J. 'J'allgren, ß. Schädel, Manual de Jon. cat,
Les lextes phonetiques. II y a plus d'un point oü la confiance
du lecteur est mise a l'epreuve quant au soin apporte ä ce
travail. La transcription offre des inconscquences dont pourrait
etre tendue responsable, non pas toujours la pronondation de M.
Isidro VillA et les autres sujets, mais ou roreille qui a per<;u les
sons ou la main qui a dirigc la plume. — La terminaison -at^e.
Dans le chap. III, n:o 22, ou on a plusieurs exemples (viaige etc.,
coratjös etc.), tj est rendu par [gg]; de meme dars les textes (pp.
77-fin), pour ce qui est de la position ä la protonique. A la post-
tonique, les textes donnent [c] : vilalge (p. 77, 1. 15), paisalge (p.
81, 1. i). — Mots en ai.v- ou ax-. En general, je trouve [as]-;
aixamplar offre la sourde sous les n:os i et 37, mais la sonore
ä la p. 70, 1. 42. — übet, abietem: avec [e], p. 79, 1. 53 (et
Arteaga 1904); avec [e], p. 77, 1. 2. — esquerra (esp. izquierdd):
avec [e], p. 85, 1. 56 (et Arteaga 1908, p. 447); avec [e], p. 79,
1. 42. — encisar ('enchanter') : avec [z], p. ']'], 1. 7 (et Arteaga);
avec [s], ibid.^ I. 19. ^ — -ejar: giragonceja avec [e], p. 77, 1. 24;
sovin'egen avec [e], p, 79, 1. 33 et n:o 24.
Les interessants phenomenes d'assimilation regressive ou anti-
cipante, tels qua la sonorisation de la consonne finale soutde de-
vant un mot commenc^ant par une consonne sonore, ne sont pas
rendus avec beaucoup de regularite. A en croire la transcription
(et cf. le n:o 10), le sujet a prononce, dans la grande majorite de
ces cas (avant de, p. ex.), le [z] et non pas r[s]. Or, ä part les
cas oü Ton doit supposer qu'il a pu faire une petite pause, on se
demande s'il n'aura pas prononce [z] dans les cas suivants oü M.
Schädel donne [s] : les esquelleS del primet (p. 79, I. 34), deis gotcs
(1. 39), ilateS bellugadices (1. 49), tempS de sega (p. 85, 1. 46; la
transcription donne -[ms], avec un [m] moitic sourd), tteS guardes
{ibid., 1. 47), als diputats (i. 51; [1] moitie sourd), jutgeS de
(1. 52), sentimentS de veneraciö (p. 81, 1. 67; cf. '/$■ seus encantS
no teneii, p. 77, 1. 9, oü la transcr. donne -[kanz no]). — Et il
ne s'agit pas que de \-s. Puisque \n de gran comte etc. est
transcrit avec un [?^] moitie sourd, est-il exact de rendre Vn de
hon cop de fair, de ha7i cremada, de deien que eta, pour m'en
tenir ä la page 83, avec [n]? — Le -/, dans llit de molsa (p. 79,
1. 41), dans coberl de hose [ibid., 1. 43) ou dans assadollat de ses
belleses (p. 77, 1. 12; Arteaga donne ici le [d]), a-t-il eu le meme
son que dans he passai per7 Peut-etre; cf. en tout cas, chez M.
Schädel lui-raeme, isolals del mön (p. 81, 1. 66), tempestats de torb
(1. 68), etc., oü Is est rendu par [dz], et, surtout, tot vetilant (p.
79, 1. 37), aviat veig (1. 34), avec des t rendus par [d]. — Et
ritmiC brugit, transcrit avec [k] ? — Qu'est-ce, enfin, qu'un bon
tambour Marey aurait enregistre dans ces cas?
A. Wallensköld, Kr. Savilfeld ycnsen^ Riscrtvingerne i moderne fransk, 225
II est impi^rtant de constater que M. Arteaga admet les
assimilations de cette espece avec toute rcgularitc- et dans une
extension bien plus grande que ne le fait M. Schädel ; il les admet
meme (1904) a travers la pause ou, du moins, avant des intervalles
marques par lui-mcme avec une virgule, ce qui est curieux. Evi-
demment, la transcription de M. Arteaga represente une rc'citation
ideale plus rapide que la transcription du savant allemand; encore
parait-il sür que l'assimilation anticipante en question n'affecte
souvent qu'une parlie du phoneme precedent, surtout dans un
parier peu rapide, ce qui peut rendre difficile de proceder avec
une consequence absolue; mais ces considcrations ne suffisent pas,
il faut bien le dire, pour expliquer toutes les inconsequences en
question. — Un autre point ou les textes de M. Schädel ne sont pas
dignes de toute confiance, c'est la distinction ;i faire entre les sons
n:o 2 et 3, g et 12, 34 et 3Ö respectivement. Faut-il croire qu'i!
s'agit de nombre de fautes d'impression ?
Au point de vue des jeunes Catalans qui prendront les
transcriptions en question pour modeles, il eiit ete a desirer que
celles-ci offrissent une plus grande perfection.
Rien n'est plus facile que de faire des critiques de detail sur
un travail de precision. En ayant fait, je ne veux pas terminer
sans repeter que le Manual de fonetica catalana a de tres grands
merites. II faut souhaiter que, gräce ä la grandiose activite du cata-
laniste de Halle et ä l'appui pecuniaire de la Diputaciun provincial
de Barcelone, les dialectes catalans puissent sortir bientöt du rang
des parlers romans les moins connus pour entrer au nombre de
ceux qui sont bien etudies.
Avec les textes phonetiques ci-dessus cites sous les yeux, il
serait extremement interessant de faire maintenant quelques obser-
vations comparatives sur la prononciation du catalan medieval, que
je connais par mes extraits du Torcimany, dictionnaire de Ja rime
inedit, ecrit vers 1400. Est-ce que M. Schädel, qui en a, lui aussi,
fait des extraits, et cela avant moi, ne voudra pas entreprendre un
jour ce travail-lä?
Oiva /oh. Talloren.
Kr. Sandfeld Jensen, Biscctningeme i moderne fransk. En
haandbog for studerende og laerere. Gyldendalske boghandel —
Nordisk forlag. Kobenhavn og Kristiania, igog. 256 p. in-S**.
M. Sandfeld Jensen, le tres distingue savant danois, nous
donne, dans ce livre, une fort belle etude sur les propositions sub-
ordonnees en fran^ais moderne. L'auteur a largeraent mis a
226 Besprechungen. A. VValknsköId, Kr. Snndfeld yensen, Bisdtv. i mod. fr.
rontribution les auteiirs fran(;ais dont l'attivitc litteraire est poste-
rieure ;\ l'annee 1870; ce n'est, au contraire, quc rarement qu'il
refere aux epocjues plus anciennes. II s'agit donc, dans cet ou-
vrage, presque exclusivement d'une analyse metliodi(|ue de l'emploi
actuel, tant litteraire que familier, et meme populaire, des diffcrentes
especes de propositions subordonnees, ainsi que de leurs equi-
valents. Ce n'est qu'en passant que l'auteur nous explique
quelquefois la genese d'une construction syntaxique. Etant donne
le but de l'auteur, l'ouvrage me semble digne des plus grands
eloges: l'expose est clair et attrayant, la collection d'exemples est
suffisamment riebe et l'interpretation tles faits exposcs temoigne d'un
jugement cclaire. Aussi n'aurais-je, ai)res une premiere lecture de
l'ouvrage, que peu de choses ;\ critiquer.
L'auteur divise (§ i) les pro])ositions subordonnees en trois
categories: i" propositions subordonnees substantives, qui rem-
plissent les fonctions de substantifs (Nous avons appris (]uil est
parli = Nous aiwns appris son depart); 2" propositions subordon-
nees adjectives, qui ont la valeur d'adjectifs (Un enfant qui es/
sain dort tranquillement = Un enfant sain dort tranquillement) ; et
3" propositions subordonnees adverbiales, qui equivalent ä des
complements adverbiaux (J'etais parti avant qu'tl arrivät = J' etais
parti avant son arrivce). Cette division est parfaite, les termes
substantif, adjectif et adverbe se correspondant grammaticalement.
Mais alors, pourquoi l'auteur remplace-t-il plus tard le ternie pw-
positions subordonne'es adjectives par propositions relatives (§3/ ss.)?
Le terme piopositioits relatives implique une tout autre Classification:
en propositions introduites par le que completif, propositions in-
terrogatives et propcsitions conjonctionnelles (a part Celles amenees
par le que completif). Probablement l'auteur a cru devoir intro-
duire ce changement, parce qu'il a vu que certaines propositions
relatives ont la valeur de substantifs (Qui dort d'me) ou d'adverbes
(Je retourne d'oii je viens). Quant aux propositions relatives in-
troduites par oü (d'oü, etc.) sans antecedent, l'auteur dit lui-meme
{§§ 66, Rem., et 90) qu'elles auraient pu etre classees comme
des «propositions locatives» dans la 3*^ categorie. II y a donc
dans tout cela une certaine inconsequence, que l'auteur aurait bien
fait d'eviter d'une fagon ou d'une autre.
En parlant de que en double fonction (completive et com-
parative) au § 3, l'auteur cite en note, comme emploi analogue de
de, la phrase Plaise au ciel que cette fillettelä t'en apporte un peu
(sc. d'ambiiion) d'oii eile vient. A mon avis, il ne faut pas sous-
entendre un simple de, mais un antecedent tel que de fendroit.
C'est donc une construction elliptique dans le genre de Je retourne
d^oü je viens (§ 66), oü c'est lä qui manque.
Anna Bahnhof, Ff. SchiiiüU und Harry B. Smith, Engl. Unterrichtssprache. 227
J'ai l'impression nette (|ue, de nos jours, tout -y//f s'emploie
de prefc-rence avec le subjonctif, au sens exact de si — <jue. Ce (jue
l'auteur dit au § 155 (Rem.) ne me semble donc pas concluant.
Tout — que avec l'indicatif, servant ä constater expressement un fait,
paraTt aujourd'hui avoir un caractere tout litteraire. Cf. ce qu'en
dit Plattner, Ausf. Gramm. III, il, p. 203 ss.
Dans les exemples que donne l'auteur (§ 157, i*) de <juel-
(jue — que avec un substantif interpose, ce dernier n'est pas le sujet,
comme dit l'auteur, mais le regime de la proposition.
A plusieurs endroits (p. ex. §§ 172, 2** et 184, 1°, Rem. i),
l'auteur parle de l'imparfait du subjonctif, ou il est evidemment
question du plus-que-parfait (imparfait du verbe auxiliaire).
II y a, dans les citations, un assez grand nornbre de faules
de lecture et d'impression. Notons :i la fin le facheux Inpsus:
le cathedral (§ 92, 1. 9).
A. Wallensköld.
H. Schmidt und Harry B. Smith, Englische Unterrichts-
sprache. Ein Hilfsbuch für höhere Lehranstalten. Dresden und
Leipzig, C. A. Koch, 1909. 66 S. 8". Preis M. i: — .
The book is most interesting, showing as it does, what an
immense number of words and phrases niay be taught without
any extra study at home.
In Germany it is prescribed for teachers of modern languages
not only to devote part of the lesson to conversation, but from
the very beginning to use the foreign language in teaching. With
this in view, the authors rightly consider that a book containing
the expressions needful for the said purpose may be of use to
teachers. With the exception of grammar, which according to the
authors had best be taught in the mother tongue, all subjects are
touched upon that can reasonably come within the scope of an
English lesson.
The Contents are divided into 3 1 chapters, beginning with
Lessons, Recitation, Conversational and Reading Exercises (why not
Conversation and Reading?), Pen and Ink, The Teacher hands back
the Written Work (why not The Teacher gives back the Home
Work?), etc. and ending with Choice of Career. ßesides the ordi-
nary questions such as: what chapter of the grammar did I give
you to learn — teil the story which we read the other day — ,
there is an embarras de richesse of useful matter. Numberless
expressions, for instance the marks, by which an English teacher
judges his pupils' work, punishments and rewards in English and
228 Besprcchtiiis^ev. f. l^schakoff, Emil Roiihe, Moc/erfie erzählende Prosa,
American schools, the adminislration of the said schools etc. are
undoubtedly of interest to advanced pupils. Yet there is some-
thing wanting. A chapter headed E.\pla?iatiofi of Words and Phrases,
to be used by those who teach acrording to the so-called Direct
Method and containing expressions such as: give me a synonym of
this word, teil the opposite of it, explain the phrase by using the
present participle, give an equivalent of this expression, — is what
one would have looked for in a book of this kind. The chapter
would have added greatly to the value of the book.
If it is not taking too great a liberty, the book having been
written and revised by English teachers, I would venture to make
a few remarks on the text. The qutstion — what part of your
text-book were you to prepare for to-day? — seems too com-
prehensive. — You should have put a paper cover over your
copy-book in order to keep the regulär covers ciean — might be
said more simply as follows: you should put a paper back on
your copy-book to keep the covers clean. — The teachers' meet-
ing room — ought to be — the teachers' common room. — Per-
mission to leave the class ought to include permission to leave
the room.
With the exception of these and a few more minor details
the book is most valuable and may be warmly recommended to
teachers of English.
Alma BoJnihof.
Moderne erzählende Prosa. Mit Anmerkungen herausgegeben
von Emil Rodhe (= Moderne deutsche Schriftsteller. X). Stock-
holm, C. E. Fritze, 1909. 103 S. 8:0.
Der auf dem Gebiete der neusprachlichen Schulliteratur uner-
müdlich tätige Privatdozent an der Göteborger Hochschule Lektor
Emil Rodhe hat in diesem neuen Band der bekannten C. E. Fritze-
schen Schulbibliothek eine Auswahl von fünf kurzen Erzählungen
moderner deutscher Schriftsteller für die Lektüre der oberen Schul-
stufe publiziert. Nach meiner Ansicht sollten bei einer solchen
Auswahl — zumal wenn sie für unsere finnländischen Schulen mit
ihrer beschränkten Stundenzahl berechnet ist — alle Texte prinzi-
piell ausgeschlossen werden, die lediglich oder wenigstens zunächst
als Unterhaltungsliteratur zu bezeichnen sind, und nur solches in
Betracht kommen, was inhaltlich und stilistisch das tiefere Interesse
der Schüler fesseln kann. In dieser Beziehung scheinen mir die
recht banale »Weihnachtsgeschichte» von Ludwig Ganghof er: »Das
Geheimnis der Mischune;», wie wohl auch »Vornehme Menschen»
/'rotoko/le des A'enp/iilo/oxis<hen l'etehts. 229
von Hermann I leiberg kaum berechtigte Ansprüche zu erfüllen.
Die letztere Erzählung leidet überdies an einem störenden Kom-
positionsfehler an der Stelle, wo geschildert wird, wie ein angeblich
rückständiges Verfasserhonorar der Hauptperson der Novelle ano-
nym (oder mit Fälschung der Unterschrift eines Buchverlegers ?)
zugesandt wird. Literarisch höher steht ein ganz kurzes Stück »Tra-
gik im Alltagsrock» von der früh verstorbenen begabten Schriftstel-
lerin Margarete von Bülow, sowie »Der Sybarit» von Ilse Frapan,
wo aber das Sonderliche, fast möchte man sagen Pathologische an
dem Charakter des mit grosser Kunst gezeichneten alten Herrn
vielleicht dem rechten Genuss bei der Schullektüre hinderlich sein
wird. Als einen sehr guten Griff möchte ich die Aufnahme der
historischen Erzählung »Friede auf Erden» von Adolf Schmitthenner
bezeichnen, die dem jugendlichen Leser ein ergreifendes und wohl
treues Bild aus den verwilderten Zeiten des 30-jährigen Krieges gibt.
Der dem Texte beigefügte Kommentar zeichnet sich, wie
immer bei den von Rodhe besorgten Schulausgaben modernsprach-
licher Schriftsteller, durch Gründlichkeit und ungewöhnliche Sach-
kenntnis aus. Die Aussprache schwierigerer Wörter und die Unter-
schiede des nord- und süddeutschen Sprachgebrauchs sowie ver-
schiedener Stilarten werden berücksichtigt. Einiges dürfte indessen
zunächst nur für den Lehrer von Interesse sein.
/. Uschako/J.
Protokolle des Neupbilologiscben Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins vom 16,
Oktober 1909, bei welcher Sitzung der Ehrenpräsident
Prof. Söderhjelm, der Vorstand und 14 Älitglieder,
und als Gast Frau Elsa von Blanckensee aus Marburg
anwesend waren.
§ I.
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde veriesen und ge-
schlossen.
§ 2.
Als neue Mitglieder wurden aufgenommen : Fräulein Ca7in
Becker und Stud. Fräulein Ruth Iledvall.
Protokolle des Neuphiloloi^ischeu l'ereiiis.
S 3-
Professor jf. Mandelstam hielt einen Vortrag über die Schwie-
rigkeiten beim Feststellen der Merkmale des französischen roman-
tischen Stils. Seine Ansichten referierte Prof. Mandelstam folgender-
massen: »Den Stil der Schriftsteller der sogenanten romantischen
Schule in Frankreich zu kenr, zeichnen, in der Weise wie sich z.
B. der klassische Stil darstellen lässt, scheint eine der schwierigsten
Aufgaben zu sein, da es überhaupt fast unmöglich ist die ganze
romantische Richtung ungezwungen in (Irenzen einzuhegen. — Einer-
seits hat der sogenannte Romantismus seinen Lauf noch lange nicht
vollbracht; so stehen manche Poeten und Denker unserer Zeit be-
züglich der ästhetischen und philosophischen Anschauungen mit
denen der ersten Hälfte des I9:ten Jahrhunderts in enger Ver-
wandtschaft. Andererseits haben die Romantiker eine grosse Menge
von Elementen der vor ihnen herrschenden Richtungen in sich auf-
genommen. Bezüglich des französischen Stils sind zahllose Beispiele
aufzuweisen, die ihn von dem klassischen in keiner Weise unterschei-
den; spezifische Merkmale sind nicht aufzufinden. Ebenso wäre es z. B.
schwer den Stil der jetzigen Symbolisten von demjenigen zu unter-
scheiden, den einige Romantiker pflegen. — Die ausführliche und
gute neueste Arbeit eines russischen Gelehrten de la Barte versucht
auf Grund eingehender Untersuchungen über jeden Schriftsteller im
Einzelnen den romantischen Stil festzusetzen; ob es ihm aber gelingt
allgemeine charakteristische Züge aufzufinden, ist eine andere Frage.
— Es ist also Grund vorhanden die Bezeichnung »romantisch» zu
eliminieren, da sie keinen Inhalt in sich birgt.»
Professor W. Söderhjelm war der Ansicht, man solle nicht zu
viel generalisieren. Man könne die Romantik nicht mit einer kur-
zen Phrase definieren. Eine vollständige Darstellung des franzö-
sischen Romantismus könne nicht gegeben werden, bevor eine ge-
nügende Anzahl von Einzeluntersuchungen über die Individualität
der verschiedenen Schriftsteller vorliege, was gegenwärtig noch nicht
der Fall sei.
Frau Elsa v. Blanckensee trug mit vollendeter Kunst einige
Gedichte modemer deutscher Autoren vor.
I
In fidem:
A . Längfors.
F.ingesandte Luieraiur, 231
Protokoll des Neuphilologischen Vereins vom 13.
November 1909, bei welcher Sitzung der erste Vor-
silzende und 12 Mitglieder anwesend waren.
>j I-
Der Vorsitzende teilte mit, dass der Sekretär verhindert sei
dieser Sitzung beizuwohnen und dass der Unterzeichnete die Funk-
tionen des Sekretärs für diesmal übernehme.
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
Als neues Vereinsmitglied wurde vom Vorsitzenden Frau
Agda Wiien angemeldet.
Dr. 1. Uschakoff referierte in schwedischer Sprache eine Ab-
handlung von Walter Fevrell : »Bidrag tili de modema främmande
spräkens metodik med särskild hänsyn tili de svenska läroverken
jämte en inledande historik över spräkundervisningens utveckling»
(Uppsala 1909). Es entspann sich eine Diskussion, an der sich,
ausser dem Referenten, Prof. A. Wallensköld, Oberlehrer E. Hagfors,
Frl. H. Kohlröni und Frau Prof. E. Freudenthal beteiligten, und
welche sich insbesondere um diejenige Frage bewegte, inwiefern und
warum die Anhänger der neueren Lehrmethode zu der Übersetzung
und zu andern Mitteln Zuflucht genommen haben, welche die Ver-
treter dieser Richtung ursprünglich nicht anwendeten.
In fidem:
Oiva /oh. Tallgren.
Eingesandte Litteratur.
Ouide des etudiants a Paris pour l'annee sco-
laire 1909 — i 9 i o. Litteratures et langues romanes (fran^ais,
provencal, italien, espagnol, roumain). Paris, H. Champion, 1909.
39 p. in-8^ I fr.
«Nous avons pense que nous aiderions les etu-
diants romanistes frangais et etrangers ä tirer parti de
nos ressources en professeurs et en Instruments de tra-
232 l'.in^esaniitc /.ii/cinlur.
vail en reunissant dans ce petit guide quelques rensei-
gnements essentiels; nous n'y avons pas indi(|ue tout
te qui peut et doit inicresser ä Paris l'ctudiant roma-
niste et en particulier nous nous sommes resignes ä ne
donner aucune indication relative ä l'enseignement de
rhistoire politique, sociale ou religieuse et de l'histoire
des arts, a l'enseignement de la linguisticjue indo-euro-
peenne ou des diverses langues et litteratures non-ro-
manes qui ont eu quelque contact avec les langues ou
litteratures romanes; c'est assez dire que notre brochure
ne pretend pas ä ctre un plan d'ctudes, mais seule-
ment un guide pratique et sommaire pour les etudes
philologiques romanes. »
Les Cinq Langues, Journal des langues allemande, an-
glaise, espagnole, francaise, italienne. Publicalion bi-mensuelle illustree,
paraissant !e 5 et le 20 de chaque mois, du 5 octobre au 20
juillet inclusivement. Paris, Vuibert et Nony. 10^ annee, no. 2 (20
oct. 1909), 48 pp. Abonnement annuel (pour l'etranger): 10 fr.,
trois langues: 7 fr. 50, deux langues: 6 fr., une langue: 4 fr. .50.
Prix du numero : o fr. 50.
«Ce Journal s'adresse aux ecoliers et aux adultes, ä
ceux qui apprennent et a ceux qui veulent ne pas
oublier.» - — — —
«II y a une partie en chacune des langues alle-
mande, anglaise, espagnole, francaise, iialienne. Elles ne
sont pas la traduction l'une de l'autre. Cependant, il
y a regulierement dans chaque numero une partie
commune en cinq langues, de sorte que les lecteurs
ont des traductions en se reportant d'une partie ä
d'autres,
«Une sixieme partie, en francais, portant le titre
Supplement, est consacree ä l'insertion de sujets
d'examens et de concours et de leurs corriges, d'articles
bibliographiques, d'articles de pedagogie, etc. »
«Les abonnes aux Cinq Langues qui desirent
correspondre avec un etranger de leur age peuvent
s'adresser ä nous.»
M. M. Arnold Schiöer, Neuenglische Elementargrammatik.
Heidelberg, C. Wioter, 1909. VIII -f- 216 S. 8:0. Preis Mk. 2: 40 geb.
Eduard Schwan, Grammatik des Altfranzösischen. Neu be-
arbeitet von Dietrich Behrens. Achte, revidierte und um »Materia-
lien zur Einführung in das Studium der altfranzösischen Mundarten»
vermehrte Auflage. Leipzig, O. R. Reisland, 1909. VIII -[-348 S. 8:0.
W. Söderhjelm &= N. 1 älter man, Premier livre de lectures
i
Seht iftcnaitstousih. MiiUilu/igcii. 233
franraiscs. Helsingfors, Otava, 190g. 194 p. in-8^ (avec une carte
de la France et un plan de Par,s)
Hans Ä/7^/, Sprachwissenschaft für alle. II. Jahrgang, Nr. i — h.
Schriftenaustausch.
An/ero Vtpune?i, IL Jahrg (1QO9), Nr. 3 — 4.
Rihliogmphia phonetica, IV. Jahrg. (1909), Nr. 10— 11.
Modern Language Notes, Vol. XXIV (1909), No. 7 (Nov.).
Moderna Spräk, III. Jahrg. (igog), Nr. 8 (Nov.).
Päivä iqog, Nr. 41 — 4O.
Smaaskrifter iitg. af Selskab for Gerniansk Filologi, Nr i ,5 :
Altyske Annexionslaerdomme om dansk Land og Folk af Gudmund
Schütte (1909, 144 S. 8:0).
Suomalaisen Tiedeakatemian toDnituksia — Annales Acadonice
Scientiarum Fennicce. Ser. B, tom. I (1909): Nr. i. Kustavi Qto-
ten/elt, Über die alten Kvänen und Kvänland; 2. Arthur Hjelt,
Drei syrisch-nestorianische Grabinschriften; 3. V. J. Mansikka, Über
russische Zauberformeln mit Berücksichtigung der Blut- und Ver-
reokungssegen; 4. K. R. Melander, Über die Hamarteilung in Fin-
land im 17. Jahrhundert.
Virittäjä 1909, Nr. 6 — 8.
Mitteilungen.
Einheimische Beiträge zu ausländischen Publi-
kationen: E. Freudenthal, Bespr. von F. Ney, M. Bruneneek und
L. Behrsin, Lehrbuch der deutschen Sprache (Kiew, 1907), in Die
Neueren Sprachen XVII, S. 506 — 10. — J. Poiiot, Bespr. von Bi-
bliographia phonetica 1907, Heft 2, und 1909, Heft i, in Archiv
für Psychologie XV, S. 170 — 6. — W. Södethjelm, Bespr. von
Olof Östergren, Stilistisk spräkvetenskap (Stockholm, 1907), in Arch.
f. das Studium d. neu. Spr. u. Lit. CXXIII, S. 189 — 90.
Ausländische Besprechungen einheimischer Pu-
blikationen: H. Suolahti, Die deutschen Vogelnamen, bespr. in
Lit. Zentralbl. 1909, Sp. 1503.
234 Berichtigungen.
Berichtigungen
Zu Neuph. Mitt. igog, S. 74 fgg.
Meine Ausführungen bedürfen einer Ergänzung und einer
Berichtigung. — Einer Ergänzung, insofern als, ausser Jespersen und
dem Leiter des Wiener Phonogramm-Archives, auch Dr. Pancon-
celli-Calzia den Umkehrungsversuch am Phonographen angestellt
hat, wobei weder er noch andere Personen eine Akzentverschie-
bung wahrgenommen haben (Vgl Dr P.-C. in Medizinisch-pädagog.
Monatsschrift f. die gesamte Sprachheilkunde, 1907, [Mai] S. 133).
— Einer Berichtigung, indem der Versuch dei Kongressisten in
Uppsala nicht vorgeführt wurde.
Bei dieser Sachlage dürfen wir wohl die Tatsache der Ak-
zentverschiebung als eine Illusion bezeichnen.
J. Poirot.
S. 212, Z. 6, lies: »Roman de Fauvel».
)fcttpbilolo9i$clic
iVlittcilitnscn
x^,-;
Kr. 1/2 1910
Inhalt
dieser den 18. März 1910 ausgegebenen Doppelnunnnner
Seile
Hugo Suolalifi, nie JMariensequenz im Liederbucli der Anna
von Köln I
Miszelle: A. Ldn^fois, Note additionnelle ;i la Notice sur
deux livres d'Heures enlumines du X\'^ siede ... 14
B e s j) r e i h u n g e n :
ScJnvaii-Behiens, Grammatik des Altfranzösischen, 8. Aufl.,
von A. WallensköU 15
R. Braiidsteltcr, Ren^vard Cysat, von Gustav Sclwiid! . . . 20
R. Pestalozzi, Syntaktische Beiträge, von (rustav Schmidt . 22
H. Martin, Les Peintres de manuscrits et ia miniature en
France, von Artiir Längfors 23
G. Manaiorda, Germania Filologica, von W. S. .... 27
T. Suominen, Ännchen und Heinrich, von E. Futidentlial . 28
M. M. Arnold Schröet, Neuenglische Elementargrammatik,
von Anna Bohnhof }^2
Protokolle des Neuphilo logisc h en Vereins. . . 34
Eingesandte Litteratur 40
Mitteilungen 43
NEUPHILOLOGISCHE
MITTEILUNGEN
VcL. \2
ZW()!.FTER JAHRGANG
I9IO
-^-
IIELSINGFORS
AKIIKIIOI.ACET HANDELS'IRVCXKKIK V
1910
Inhaltsverzeichnis.
I. Aufsätze.
Seite
Aa'oik, y., L'insuffisance de la derivation francaise 76
Karsten, T. /s"., Zur Kenntnis der inchoativen Aktionsart im Deutschen, 1 153
Längfors, A.. Miszelle : Note additionnelle ä la Notice sur deux Hvres
d'Heures enlumines du XV:e siecle . 14
Söderkjeli/t, // '., Bemerkungen zur ] ) i s c i p 1 i n a CM e r i c a 1 i s und ih-
ren französischen Bearbeitungen 48
Streng, Walter O , Quelques reflexions sur la popularisation de la lin-
guistique moderne 162
Suolafiti, H., Die Mariensequenz im Liederbuche der Anna von Köln i
— > — , Die estnischen Worte im Deutschen der baltischen Ostseepro-
vinzen 99
W'allensköld, A., Adolf Tobler. In memoriam . 45
II. Besprechungen.
Andirsin, Hanna, An English Primer (V. Lindelöfj 174
ßrandstetter, Remvard, Renvi'ard Cysat (1545 — 1614) (Gustav Sclimidt) 20
Breimekr, Hei7irich, Eigenheiten des französischen Ausdrucks und ihre
Übersetzung ins Deutsche (A, Walletisköld) 90
Breitkreuz, Otto, Comment dit-on? (A. IVallensköhlj 146
Brunot, Ferdinand, Histoire de la langue frangaise des origines ä 1900,
T. III. (A. Wallensköldj 88
Förster, Max, English Authors (U. Lindelöf) 171
Gutzinann, Hermann, Physiologie der Stimme und Sprache (J. Poirot) 166
Järnströi)!, Ediv., Recueil de chansons picuses du XIII:e siecle, I (A.
IVallensköldj 129
Manacorda, Guido, Germania Filologica (W. S j 27
Martin, Henry, Les Peintres de manuscrits et la miniaturc en France
(Artur Ldngforsj 23
Nyrop^ h'r., Fransk Verslsere i Omrids (A, IVallenskoldj 84
Nyströin, Solmu, Deutsches Lehrbuch für den Anfangsunterricht, 2. Auflage
(Hugo Suolahti) 172
Seite
ÖJiquist, Joha7ines^ Deutsche Prosa und Dichtung, 4. Auflage (M. W ) 91
Pestalozzi^ Rudolf, Syntaktische Beiträge 1— II (GustoT Schntidtj ... 22
Rabe, IJeinricIi^ ] )ie Inversion des Subjekis im Französischen des XIX.
Jhs. (A. IV.J 170
S.hissel von Fieschenberg, Otniar, Das Adjektiv als Epitheton im Liebes
Hede des zwölften Jhs. (Hugo Stiolahtij 169
Sj/itöer, M. M. Arnold, Neuenglische Elementargrammatik (Anna Bvkii-
lioj) 32
S.:hulz, Ha/is, Deutsches Fremdwörterbuch, i. Lieferung (fhigo Suolahti) 167
Schwan, Eduard, Grammatik des Altfranzösischen. Neu bearbeitet von
Dietrich Behrens, 8. Auflage (A. Wallenskold) ...... 15
Söderhjeltn, IV. et Tötternian, N., Premier livre de lectures frangaises
(E. Hag/ors) . 143
Sta'Jl von Holstein, Lage F. W., Le Roman d'Athis et Prophdias (A.
Längfors) 89
Strigl, Hans, Sprachwissenschaft für alle, IL Jahrgang ('.-i. Wallen sköldj 141
Suo/ninen, Teodor, Ani.chen und Heinrich (E. Freudenthalj .... 28
LUil, Wilhelm, Winiliod (Hugo Suolahti) 137
in. Entgegnung: Zur Aussprache des Katalanischen, von Ä iV/^äf/i?/ 175
Antwort: Encore quelques remarques sur »B. Schädel, Manual
de fcnetica catalana>, a propos de l'arlic'.e precedent, von
Oiva Joh. Falloren 180
IV. Nachrichten über die Tätigkeit des Neuphilologischen
Vereins.
Protokolle des Neuphilologischcn Vereins (11. Dez. 1909 — 29. Jan. 1910) 34
-s — (26. Febr. — 15. März 19 10) 92
• -» — (16 April 1910) 147
• -»— (I. Okt.— 22. Okt. 1910) 188
Jahresbericht des Neuphilologischen Vereins für das akademische Jahr
1909 — 1910 148
V. Eingesandte Literatur . 40, 95, 149, 193
Schriftenaustausch 42, 95, 151, 193
VI. Mitteilungen ... 43, 96, 152, 193
NeupHiioioqische
• • mitteiujNqeh
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
Acht Nummern jährlich. Prei>: i Fmk direkt bei der Redaktion,
|v / 4: 30 durch die Post und 5 Fmk durch die Buchhandlungen. < »ia
UT- 1/2 Zahlerde Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich. j| I^IO
i — Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung \\
bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. W a 1 1 e n s k ö 1 d.
Vestra Hamngatan 5) zu senden. j
Die Mariensequenz im Liederbuch der Anna von Köln.
In der Zeitschrift für deutsche Philologie XXI, 129 ff.
hat Bolte den Inhalt eines im Besitze der Berliner Kgl. Bib-
liothek befindlichen Liederbuches (Mscr. Germ. oct. 280) be-
schrieben und daraus Proben mitgeteilt. Das aus 177 Blättern
kleinsten Formats bestehende Büchlein enthält im Ganzen 82
geistliche Lieder, von denen 15 lateinische Texte, die übrigen
aber deutsche Gedichte sind. Die Sprache der letzteren hat
Bolte nicht näher analysiert, er bemerkt nur kurz, dass sie in
einem niederrheinischen Dialekte abgefasst sind und dass
ihnen zwei aus dem 15. Jahrhundert stammende Sammlungen
niederländischer Gedichte gleicher Art zeitlich und örtlich
nahe stehen. Wie aus einigen in das Liederbuch eingetra-
genen Notizen hervorgeht, hat dasselbe einst »anna von collen»
gehört, und Bolte vermutet in dieser Anna von Köln nach
dem Inhalt der Sammlung eine Begine oder Nonne, welche
zu Anfang des 16. Jahrhunderts im Niederrheinischen lebte.
Die Gedichte sind von verschiedenen Händen geschrieben:
den ältesten Bestandteil bilden der Schrift nach die Blätter
129a — 134b, die »offenbar im 15. Jahrhundert noch den Anfang
eines besonderen Büchleins bildeten», während die übrigen
Blätter »meist eine etwas jüngere Hand» zeigen.
Als Text zu Noten steht auf Bl. IIS^»— 123^ eine deutsche
Übertragung der bekannten lateinischen Sequenz > Ave prae-
2 //. Siwlahti,
clara maris Stella». Die Melodie ist dieselbe, welche Häumker
»Das Katholische deutsche Kirchenlied in seinen Singweisen»
(Freiburg 1883) II, ^6 mitgeteilt hat, aber der Text stimmt
mit keiner der sonst bekannten Versionen dieser Sequenz
überein ^). Nur die Anfangsworte »Ich grois dich gerne, meres
Sterne» sind dieselben wie in der Übersetzung des Mönchs
von Salzburg, dann schlägt das Lied ganz andere Wege ein.
Da die vorliegende Sequenzversion — auch von einem all-
gemeineren Gesichtspunkt betrachtet, als ein Glied in der
Geschichte der Mariensequenzen — recht interessant ist, habe
ich sie aus der Handschrift abgeschrieben und drucke sie hier
zunächst in der überlieferten verderbten Gestalt ab.
grois
Bl. 1 1 5 a Ih dich gerne me^ris sterne
dem volcke luchtes du so
verne du gotliche dirne
Eya du godes portze dy
Bl, 115 b slos ney roirte Eyn gotlich
licht d= clairheit d= sonen
schy ey wairh' 1 mysch;
licher forme de droechs du
verborge Maget der
Bl. 116 a werelt zeirde du bys T der
werelt wsserwelt ey söne
des mane schy ^y wune / ge=
süt mach de smertze de
dich lieff ha~et vä hertze
Bl. 116 b Troistery guede vä yesse
ey wüschel roide äna die
mod" dich beirde dy kyt
vns des er~nerde de pphe-
des
te gerde Gabriel
*) Vgl. meine Untersuchung »Eine miUelhochdeutsche Paraphrase der
Sequenz »Ave praeclara maris Stella» in den Memoires de la Societe neo-
philologique de Helsingfors V, 510 f.
Die Mariensequeuz im Lictlerbuch der Anna von Köln.
RI. 117 a snelle zo dir qua du godes
Celle die boitschafif he dir
brachte die got vur bedach;
te dat sulle wir ömer be=
trachte. Der konyck i
Bl. 117 b dat lät vä moab gewel;
dich qua du^ch de suessen
smach d^ woestenye gaff
vp de berch d^ dochter syon
hilp ons i ebrö. Des
Bl. 118 a arge släge lijst d^ ons
bedroich I korter fryss halt
bestrycket starck in licht
I d" helle sarck all dese
w^elt vä yre sonde du öt=
Bl. 118 b byndes Vä dir häet
wir werde mod^ sonderlich d'
wir offere d' offer wum
derlich dat gotliche läp
heilsam vä dir qua du
Bl. 119 a tzarte ionff' reyne maria
kuyssche vruchtber alley
du bys genade rieh troist
ons entlich dt wir moesse
gotz gebrueche ewenclich
Bl. 119 b Dat wäre abrahams
kyt de da wsserwelt syt
die sage de schyn d« da
was so rechte fyn d^ vä
moyses angesicht luchte
Bl. 120 a also die iode duchte d'
geschach T figure gotlicher
nature hilp ons keyseryn
dat wir nioessen des hemels
brodes werdich syn Hilp
Bl. 120 b ons dat dat wir moessen
got also groissen de born als
4 //. Stwlahti,
SO suesse der da vä de stej-
is wss geflossen an kuysch'
ons stercke dat wir wail
Bl. 121 a myrcke an de cruytz ie=
merlich de slange sich
vur dir häge Help
ons zo vure edel du vure
dat du sanfifte droges als
Bl. 121 b der bussch du weres so
genoege dat dir n' en
schade got dich d' leir;
de mont hertz inde rey;
nicheit die sonde was
Bl. 122 a dir onkude Moder
mait maria hoir
ons dy kynt dir n' v^saet
des du biddes Mach
ons gesont Jhesu vur
Bl. 122 b wilche die jonffer inde
moder dich biddet De
borne clair lais ös schau=
we gotliches flos d' se=
lieh' in' des hertze ou;
ge Des leues smach
Bl. 123 a is so suesse de geist in'
genade ömer me dyns
gebruyche moesse e''ris;
wercke in' de worden
die heische ös vp die
Bl. 123 b portze zo des hemels
orte na deseni eilende
ons sy bekät in' vrou=
de ömer des vaders lät.
Arne.
Die sprachlichen Eigenheiten der Überlieferung zeigen,
dass der Schreiber ein Mittelfranke war. Aus dem Voka-
Die Marienseqiienz im Liederbuch der Anna von Köhi. 5
lismus sei hervorgehoben der charakteristische z/^y-Nach-
schlag, der bei den langen Vokalen häufig ist (clair, lais, haent:
leirde: moyses, troist, hoir; gcbruechen, gebruychen) und beim
kurzen a in wail, beim kurzen e in beirde und beim kurzen
0 in boitscJiaff belegt ist. Weiter ist zu beachten, dass e
einigemal durch i (niynschlicher, myrcken, wilche), umgekehrt
/ manchmal durch e (dese, hemels, werdich, help neben hilp)
wiedergegeben wird, dass für o ein a eintritt in van (immer)
und waü und dass u besonders häufig durch 0 vertreten wird
(vor Nasal + Kons. : sonde, sonderlich, sonne, ionffer, onkunde,
inont, gesont, ons, neben gesunt, vns, rcunderlick, wunschelroide,
icu7tne, vor r -\- Kons, in korter und in offener Silbe in
konynck und iodcn)^)\ 0 für i [ie) steht in ommer. Von den
alten Diphthongen ist uo monophthongiert, in der Regel zu
o (oft mit Nachschlag): zo, moder, droges, roirte, roide, bed?-oich,
aber auch zu u [tie): guede; dieselben Bezeichnungen finden
sich für den entsprechenden Umlaut: grois, moessen, zvoestenye
— suesse. Auch der Diphthong ie erscheint monophthongiert
— zu ^ (oder /), daneben kommt aber die diphthongische
Bezeichnung vor: ney, zeirde, de, licht — die, He ff. Von
den übrigen Diphthongen wird in durch u (bezw. ui) wieder-
gegeben; ou ist erhalten in ougen, mit au bezeichnet in schau-
ive7i. Von den Umlauten werden nur die a- und «^-Umlaute
in der Schrift (durch e) ausgedrückt. Für die Mundart cha-
rakteristisch ist die Verdunkelung des unbetonten e im Praefix
ent- (ontbyndes)'^). — Konsonantismus: Von den charakteri-
stischen neutralen Pronominalformen, die im Mittelfränkischen
altes / unverändert bewahren, ist in unserem Denkmal nur
dat (oft) belegt; sonst kommt unverschobenes t noch in der
Adjektivform korter vor. — German. / ist in nachvokalischer
Stellung verschoben im Suffixe -schaf [boitschaff), unverscho-
ben in der Präposition up. Die Doppelspirans ff in offer,
offeren kommt hier nicht in Betracht, denn sie repräsentiert
') Vgl. u. a. bievers Oxforderj Benedictinerregel (Tübingen 1887)
S. XXI.
*) Vgl. z. B. John Meier Bruder Hermanns 1-eben der Gräfin lolande
von Vianden (Germanistische Abhandlungen, 7. Heft) S. XXV.
6 //. Siiolahti,
lateinisches jj in dem zu Grunde liegenden Etymon offerre
(vgl. Kluge Et. VVb'. S. 337, John Meier a. a. O. S. XLII).
Anlautendes / findet sich nur in dem Fremdwort />or/£r^,- das
einzige Beispiel für den postkonsonantischen Laut ist das
unverschobene p in hilp (öfter). — Der verschobene alte k-
Laut wird mit ch (selten h) bezeichnet. Dieses Zeichen begeg-
net auch für das im Auslaut stehende unverschobene k [smach],
besonders oft für den >^-Laut, der inlautendem g entspricht
(bedroich, geiveldich, zuerdich, berch), ferner noch für eben
diesen ^-Laut [droechs, licht 'liegt'), — b bleibt im Anlaut,
während es im Auslaut nach Konsonanten zu / wird flanip);
das nachvokalische /; wird im Inlaut durch 11 fleuens), im
Auslaut durch ff^) [gaff, lieff) wiedergegeben. — Das ger-
manische d erscheint überhaupt unverändert, abgesehen vom
Auslaut, wo es durch t ersetzt wird ; doch kommt in der
Verbindung -rd- neben erhaltenem d (gerden, beirde, ernerde,
leirde) auch / vor (roirte, orte, tzarte). An Einzelheiten seien
noch hervorgehoben der Abtall des auslautenden / in boit-
schaß, der Ausfall von g in verzaet und ionßer, das g (für w) in
sagen 's^hen *''), die Verbalformen bis, is usw., die Pronominalform
he 'er', die Partikelform inde (in) 'und' usw. — Versuchen wir die
mittelfränkische Heimat des Schreibers enger zu begrenzen,
so weist uns das unverschobene p in hilp nördlich der Eifel-
linie, und auf das ripuarische Gebiet deuten auch einige andere
Eigenheiten \ Das Gesammtbild, welches die Sprache unseres
Denkmals ergiebt, stimmt vollständig zu dem, welches Richard
Heinzel Geschichte der Niederfränkischen Geschäftssprache
S. 273 von der Mundart IV (dem Dialekt Kölns und seiner
Umgebung im 13. — 15. Jh.) entwirft, und die Mundart des Schrei-
bers kann als das Kölnische des 15. Jahrhunderts fixiert
werden. Somit weist die sprachliche Betrachtung in dieselbe
') h nur im Namen Moah. ''') Vgl. John iMeier a. a. O. S. XLIV.
*) Vgl. u. a. John Meier Einleitung zu Bruder Hermanns Leben der Gräfin
lolande von Vianden, P. Wüst Einleitung zu der Lilie (Deutsche Texte des
Mittelalters Bd. XIV) S. IX ff. u. XVI, Nörrenberg Lautverschiebungsstufe
des Mittelfränkischen PBB IX, 371.
Die Marie>isei/iie7iz im Liedtrbuch dir Anna von Köln. 7
Gegend wie die Notiz über die einstige Besitzerin der Lieder-
sammlung.
Dass die oben abgedruckte Überlieferung nicht die ein-
zige ist, welche die vorliegende Sequenzversion bewahrt, geht
aus einer Mitteilung Th. von Karajans in der Frühlingsgabe
für Freunde älterer Literatur (1839) S. 145 fif. hervor, wo
eine im Besitze des Wiener Antiquarbuchhändlers Matthäus
Kuppitsch befindliche Handschrift beschrieben wird ^). Diese
Handschrift enthält auf Bl. 134 unser Gedicht mit der Über-
schrift »Ave pr^eclara in ein ander weisse als man singt mit
der noten-, und der Anfang, den Karajan mitteilt, lautet hier:
»Ich grüss dich gerne
meres sterne
den heyden leuchtest so verne
du gotliche dierne.
Ey du gotes pforte
din slosz beruorte
deheiner slahte sünde.»
Da das spätere Schicksal der Handschrift nicht bekannt ist,
und auch keine anderen Handschriften vorhanden zu sein
scheinen, welche diese Sequenzversion enthalten, sind wir
lediglich auf die Überlieferung des Berliner Liederbuchs hinge-
wiesen. Diese ist nun, wie schon ein flüchtiger Blick zeigt,
sehr verderbt; wie manche andere Lieder der Sammlung, ist
auch dieses offenbar aus dem Gedächtnis niedergeschrieben.
Von einer eigentlichen Rekonstruktion des Textes kann unter
diesen Umständen nicht die Rede sein. Doch werde ich ver-
suchen, die Strophen des Gedichts aufzubauen um einen les-
baren Text zu bieten, bemerke aber ausdrücklich, dass ich
mir keineswegs einbilde, damit die Einzelheiten des Originals
wiederzugeben. Diese können natürlich nur durch den Fund
neuer Überlieferungen hergestellt werden. Bei dem Aufbau
der Strophen liefert das lateinische Originalgedicht einen guten
') V'gl. meine oben zitierte Abhandlung S. 521.
8 H. Suolahü,
Anhaltspunkt, denn eine Untersuchung der besterhaltenen
Teile des deutschen Textes zeigt, dass der Nachdichter die
Verszahl der lateinischen Strophen beibehalten hat. Dies trilTt
freilich nicht zu, wenn die Strophen so in Verse eingeteilt
werden wie es Dreves Analecta hymnica medii sevi Bd. 50,
S. 313 tut, aber die Einteilung, welche Mone Lateinische
Hymnen des Mittelalters II, 355 bietet, kann ohne Schwierig-
keit zu Grunde gelegt werden. Offenbar hat das Originalge-
dicht dem deutschen Dichter gerade in der Fassung vorgele-
gen, in welcher es bei Mone gedruckt ist. Bezeichnend sind
in dieser Beziehung die lateinischen Strophen mit ungerader
Verszahl, denen bei dem deutschen Dichter Strophen mit
einem Dreireim entsprechen. Derartige Strophen sind z. B.
die vierte und die fünfte, die bei Mone aus 5, bei Dreves
dagegen aus 6 Verszeilen bestehen.
Vor dem in Strophenform gebrachten deutschen Texte
gebe ich zunächst das lateinische Original nach dem Mone-
schen Abdruck.
Ave praeclara maris Stella
in lucem gentium,
Maria, divinitus orta.
Euge dei porta,
quae non aperta
veritatis lumen,
ipsum solem justitiae
indutum carne,
ducis in orbem.
Te, plenam fide
virgam almam stirpis Jesse
nasciturani
priores desideraverant
patres et prophetae.
Te lignum vitae
sancto rorante pneumate
parituram
divini floris amygdalum
signavit Gabrihel.
Virgo, decus mundi,
regina coeli,
praeelecta ut sol,
pulchra lunaris ut fulgor,
agnosce omnes
te diligentes.
Tu agnum regem,
terrae dominatorem,
Moabitici
de petra deserti
ad montem filiae
Sion traduxisti.
J^ic Mariensequenz
Liederbuch der Anna 7'on Köln.
Tuque furentem
Leviathan serpentem
tortuosumque
et vectem collidens
damnoso crimine
mundum exemisti.
Hinc gentium nos
reliquae, tuae sub
cultu memoriae,
mirum in modum
quem es enixa
propitiationis agnum,
regnantem coelo
aeternaliter
devocamus ad aram
mactandum mysterialiter.
Hinc manna verum
Israhelitis veris
Abrahae filiis
admirantibus
quondam, Moysi
quod typus figurabat, jam
nunc
abducto velo
datur perspici ;
ora virgo, nos illo
pane coeli dignos effici.
Fac fontem dulcem,
quem in deserto
petra praemonstravit,
degustare cum sincera fide
renesque constringi,
lotos in mari
anguem aeneum
in cruce speculari.
Fac igni sancto
patrisque verbo,
quod rubus ut flamma
tu portasti, virgo mater
facta,
pecuali pelle,
discincto pede,
mundis labiis
cordeque propinquare.
Audi nos,
nam te filius
nihil negans honorat.
Salva nos,
Ihesu, pro quibus
virgo mater te orat.
Fac fontem boni visere,
da purae mentis oculos
in te defigere.
Quo hausto sapientiae
saporem vitae sapiat
mens intelligere,
Christianismi
fidem operibus redimire
beatoque fine
ex hujus incolatu,
saeculi auctor, ad te
transire.
lO //. Suolakti,
I. Ich grois dich gerne, meris sterne,
Dem volcke luchtes du so verne,
Du gotliche dirne.
II. Eya, du godes porte,
Dyn slos sich ney roirte.
Eyn licht gotlicher clairheit,
Den sonnenschyn der wairheit
In mynschlicher sorgen,
Den droechs du verborgen.
III. Maget der werelt zeirde
Du bys in hemel ind erde
Eyn wsserwelte sonne,
Als manen schyn eyn wunne.
Gesunt mach den smertzen
De dich lieff haent van hertzen.
IV. Dich, troisteryn guede.
Van Yesse eyn wunschelroide,
Anna die moder beirde;
Dyn kynt vns des gewerde
Des de propheten gerden.
V. Gabriel quam snelle
Zo dir, du godes celle;
I Diese erste Strophe zeigt, dass unsere Version von der bei Karajan
gedruckten abweicht: jene hat im 2. V'erse detu volcke (ebenso: »to eynen
lichte des meynen volckest in der niederdeutschen Prosaversion bei Mone a. a.
O. S. 384), während diese den heyden schreibt (ebenso im Cölner Gebet-
buch bei Kehrein Katholische Kirchenlieder, Hymnen, Psalmen etc. II, 20:
zum licht der HeidenschaßH). — II Die Version bei Karajan dyn slos ?iie
bertiorie deheiner slahte si'tnde ist offenbar wieder eine Abweichung von der
uns vorliegenden ; wenn sie (mit der fehlenden Reimzeile) hier eingesetzt
würde, erhielten wir 8 Verszeilen gegenüber den 6 Zeilen des lateinischen
Original?. — III zeirde: erde scheinen mir als Reimworte den Vorzug zu
verdienen vor (zeirde derj weit: -tvsserioelt (vgl. auch: juiigfraii' der weit zierde
im Cölner Cxebetbuch a. a. O.)
Die Mariensequeiiz im Liederlnich (ky Anna von Köln. 1 1
Die boitschaff he dir brachte,
Die got vurbedachte.
Dat sullen wir betrachten.
VI Der werlde konynck ind dat lam
Geweidich van dem stein quam
Der woestenyen Moab,
Die den suessen smach gaft",
Up den berch der dochter Syon.
Hilp ons in Ebron.
VII. Des argen slangen lyst,
Der ons bedroich in korter fryst,
Haestu bestrycket starck
In licht in der hellen sarck.
All de werlt van yren sonden
Haes du ontbonden.
VIII. Van dir haent wir
Werde moder sonderlich
Dat wir öfteren wunderlich.
Dat gütliche lamp heilsam,
Van dir, tzarte ionffer, quam.
Maria, kuysche reyne
Vruchtber alleyne,
Du bys genaden rieh
Troist ons entlich,
Dat wir sin neissen ewenclich.
VI >das Lamb den König und Fürsten der Welt» in der niederdeutschen
Prosaversion a. a. O. — VII Im 4, Verse ist das Subjekt he erspart und dem
vorhergehenden Satze zu entnehmen: »und er liegt usw.» — VIII Der Anfang
des Textes ist nicht in seiner ursprünglichen Form zu ermitteln. — sonderlich
als Epitheton der Maria ist auch sonst belegt. — ivunderlich ist offenbar als
Adverb aufzufassen ; es hat in der ursprünglichen Fassung entweder (wie in
dem obenstehenden hypothetischen Texte) das \N'ort 'mysterialiter' oder auch
den Ausdruck 'mirum in modum' wiedergegeben. — Ich habe im letzten
Verse niezzen eingesetzt, — ein Wort, welches in anderen Originalliedern
der Sammlung gestanden hat und vom Schreiber durch gehruchen ersetzt
worden ist, wodurch der Reim verloren ging.
12 H. Sttolahti^
IX. De waren Abrahams kynt,
De da wsserwelt synt,
Die sagen den waren gotz schyn,
Der da so rechte fyn
Van Moyses angesicht luchte,
Also die ioden duchten;
Dat geschach in figuren
Gotlicher naturen.
Hilp ons, keyseryn,
Des hemels brodes werdich syn.
X Hilp ons, dat wir moessen
Den bornen gotz groissen,
Der da also suesse
Van dem stein is wssgeflossen.
An kuyscheit ons stercke,
Dat wir wail myrcken
An dem cruytz den slangen
lemerlich vur dir hangen.
XI. Help ons zo dem vure,
Dat sanffte int gehure
Als der bussch du droge;
Du weres so genoege,
Dat dir nit enseirde,
Got dich dat leirde.
Reyniche du uns hertz int mont,
Die sonde was dir onkunt.
XII. Hoir ons, Maria modermait,
Dyn kynt dir nit versaet
Des du biddes.
X Die Herstellung der ersten Hälfte der Strophe ist unsicher; vielleicht
stand ursprünglich niezzen (bezw. neten) im Reime. — XII Ob in dieser
Strophe der Reim sich noch über die dritte Zeile erstreckte (etwa: »des du
biddes unverzaet»), ist nicht zu entscheiden; dasselbe gilt auch von den
dreizeiligen Strophen XIII und XV.
Die Mariensequeiiz im Liederbuch der .Ir.iia von Köhi. 13
XIII. Ihesu, mach ons gesont,
Vur vvilche dich zu aller stunt
Die jonfter int moder biddet.
XIV. Lais ons schauwen den bornen clair,
Das gotliche flos wunderbair
Mit Beliehen hertzen ougen,
X\'. Dat des leuens smach suessen
Der geist gebruychen moesse
Int dynen die genade crists
XVI. Mit wercken inde worden;
Die heischen ons up die porten
Zo des hemels orten.
Na desem eilende ons sy bekant
In vrouden ommer des vaders lant.
Amen.
XIV Die Herstellung dieser stark verderbten Strophe ist wie die der
folgenden ganz hypothetisch. — XV dynen = verdienen.
Die geographische und chronologische Fixierung des
Originalgedichts wird natürlich erschwert durch die schlechte
Überlieferung. Die Sprache im Versinnern muss bei der
Ermittelung der Heimat gänzlich aus dem Spiel gelassen wer-
den, und von den Reimen kommen nur die sicher überlieferten
in Betracht. Besonders wertvoll sind die beiden ersten Reime
Sterne (gerne, vernej : dirne und porte : roirte, deren Echtheit
durch den Auszug aus der von Karajan beschriebenen Hand-
schrift ausser Zweifel steht. Der erstgenannte zeigt, dass in
der Mundart des Dichters derne gesprochen wurde; damit
fällt für uns Oberdeutschland aus. Aus dem letztgenannten
Reim geht hervor, dass für den mittelhochdeutschen Diphthon-
gen ICO in der Heimat des Verfassers die monophthongische
Aussprache (oj herrschte; dies ist der Fall in Niederdeutsch-
land und auf hochdeutschem Sprachgebiet im grössten Teile
des Mittelfränkischen, im Nassauischen, nordwestlichen Hessen
und in der Wetterau (vgl. Behaghel in Pauls Grundriss-§ 52
und Michels Mhd. Elementarbuch § 146 Anm. 2). Nun zeigen
die Reime (he) brachte : [sullen wir) betrachten, (wir) myrcken:
14 MiszelU : A. Lüngfors, Note additiounelle etc.
stercke (Imper.), beirde: (die propheten) geirden einen Abfall
des auslautenden «, der auf hochdeutschem Boden ziemlich
weit verbreitet (vgl. Behaghel a. a. C). § loo, Michels a. a.
O. § 174), für den grössten Teil von Niederdeutschland da-
gegen nicht charakteristisch ist. Somit \vi.irde das eigentliche
niederdeutsche Sprachgebiet ausscheiden, und wir gelangen
nach Niederfranken und den oben genannten mitteldeutschen
Gegenden; hier sind auch die assimilierte Form lam und die
Verbalformen quam und beirde geläufig, welche wohl zu den
sicheren Reimworten gezählt werden dürfen. Wenn somit
das Gedicht in Mittelfranken oder in den nächsten Nachbar-
gebieten (vielleicht in Niederfranken) entstanden ist, so ist der
Unterschied zwischen diesen Mundarten und der Sprache des
Schreibers nicht sehr gross, und ich habe daher seine Ortho-
graphie bei der Herstellung des Gedichts beibehalten.
Die zeitliche Differenz zwischen Dichter und Schreiber
lässt sich nicht genau feststellen, aber da das Gedicht, wie
der Auszug v. Karajans zeigt, bereits in der ersten Hälfte
des 15. Jahrhunderts ausserhalb der heimatlichen Grenzen
bekannt war, können wir vorläufig den terminus ad quem
der Entstehung um das Jahr 1400 setzen. Eine eingehende
Analyse des Gedichts auf Grund der vorliegenden schlechten
Überlieferung würde kaum zu sichereren chronologischen
Schlüssen führen, und wir müssen daher auf diese verzichten,
bis ein neuer P^und auftaucht. Dass ein solcher kein »pium
desiderium» zu sein braucht, zeigt die obengenannte Mitteilung
V. Karajans.
H. Suolahti.
Miszelle.
Note additionnelle ä la Notice sur deux liures d' Heu res
en/umines du Xl/' siec/e. [Me'm. de la Soc. nco-phil. de Helsing-
fors, t. V, pp. 479—504).
Je me permets de publier ici quelques precieuses remar-
ques que M. l'abbe F. Duine, apres avoir lu un tirage a part
de mon article, a bien voulu me faire parvenir:
Besprechtingeii. .1. WalUnskold, Sc/nvau- Behrens, Gramm, des Aftz. 8. AuJ/, 15
«Comme vous avez mis sans doute les noms des saints
de la litanie dans l'ordre du manuscrit (p. 495, n. i), il s'en
suit que le culte de Goulven est le trait dominant du livre
d'Heures. — Je n'avais pas encore rencontre (soit dans les
ouvrages liturgiques, soit dans les volumes de piete privee)
la fete de la «Translation de saint Goulven». Elle se rap-
porte ä une ceremonie qui eut lieu ä Rennes le 23 aoüt
1336. — Mevemii est une faute du copiste pour Mevenni,
comme Moderamini pour Moderanni ou Moderamni. On
trouve aussi au moyen age la forme Moderandus (qui est
moins ancienne).
UAnasta de la page 503 est certainement l'Anastasia
si populaire, dont on disait qu'elle avait aide la Vierge dans
l'accouchement de la Creche.»
J'aurais du citer dans ma Notice l'importante etude de
M. Leopold Delisle sur les Heures de Blanche de France,
duchesse d' Orleans (extrait de la Bibliothcque de l'Ecole des
Chartes, t. LXVI, 1905), dont il m'a gracieusement fait cadeau,
J'y vois qu'une poesie sur les sept peches mortels dont j'avais
parle dans la note de la page 499, se retrouve dans le
manuscrit de la Bibliotheque princiere de Wernigerode (fol.
289). M. Naetebus vient de m'ecrire qu'on en trouve une
sixieme copie dans le ms. 984 de la Bibliotheque nationale,
fol. 32—33-
A. Längfors.
Besprechungen.
Eduard Schwan, Grammatik des Altfranzösischen. Neu be-
arbeitet vun Dietrich Behrens. Achte, revidierte und um «Mate-
rialien zur Einführung in das Studium der altfranzösischen Mund-
arten» vermehrte Auflage. Leipzig, O. R. Reisland, 1909. VIII -\-
348 S. 8:0.
l6 Besprechungen. A. Wallensköld,
Die achte Auflage der mit Recht so hoch geschätzten Schwan-
Eehrens'schen altfranzösischen Grammatik bietet eine wesentliche
Neuerung dar: einen 57 Seiten umfassenden, dem Studium der
afrz. Mundarten gewidmeten III. Teil (I. Teil: Lautlehre; II. Teil:
Formenlehre). Die neuen «Materialien» bestehen aus 43 Urkunden
des XIII. Jahrhunderts aus den verschiedenen Dialektgebieten Frank-
reichs nebst einer rekapitulierenden «Übersicht über die wichtigsten
in vorstehenden Urkunden hervortretenden dialektischen Eigentüm-
lichkeiten und deren Verbreitung». Die Urkunden selbst sind mit
Hinweisen auf die vorhergehende Grammatik sowie mit einigen
nützlichen Realnotizen versehen.
Diese linguistisch kommentierte Urkundensammlung ist ein
entschiedener Gewinn für unsere Kenntnis der afrz. Mundarten, und
jeder Romanist muss Prof. Behrens dankbar sein für die Veröffent-
lichung dieser Materialien, welche seit einer Reihe von Jahren sei-
nen Vorlesungen über die afrz. Mundarten zu Grunde gelegt wor-
den sind (Vorwort S. VI). Es scheint mir nur, als ob diese neue
dritte Abteilung nicht ganz mit dem Charakter der beiden ersten Ab-
teilungen übereinstimme. Wir sind ja daran gewöhnt, die Schwan'sche
Grammatik als ein Examenskompendium zu betrachten, das in
knapper, apodiktischer Form dem Studierenden ungefähr das
mitteilt, was er inbezug auf altfranzösische Grammatik zu wissen
braucht. Mit den orthographisch wechselnden und Anfängern sicher
teilweise schwerverständlichen Urkunden kommen wir entschieden
über das Elementarstadium hinaus. Es wäre daher vielleicht ange-
messener gewesen, die kommentierte Urkundensammlung als ein
besonderes Werkchen herauszugeben.
Was übrigens die methodische Einrichtung des Buches be-
trifft, verweise ich auf meine kurze Besprechung der sechsten Auf-
lage (Neuph. Mitt. 1904, S. 81 fg.), wo ich einige Verbesserungen
vorschlage, die in der vorliegenden Auflage unberücksichtigt geblie-
ben sind.
Da ich das Buch in seiner neuen Gestalt wieder durchgele-
sen habe, erlaube ich mir eine Anzahl Einzelbemerkungen hier fol-
gen zu lassen :
§ 5, I, Z. 10 (s. auch § 33t), a, Z. 6). Wenn man für maijit
als Etymon kelt. *manti annimmt, bleibt ja der Diphthong ai
unerklärlich Ich ziehe daher eine Kontamination von magnum
oder germ. manag und tantum (etwa *manctum) vor. — §
5, S. 5, Z. 7. Die Form esiiel kommt nur ausnahmsweise vor;
gewöhnlich heisst es ja isnel. Wie das prosthetische / zu erklären
ist, weiss ich allerdings nicht. — § 6. Diesem Paragraphen hätte
mit Vorteil eine Karte des französischen Sprachgebietes beigefügt
werden können. — § 12, 2, Z. 11. Unter den gelehrten
Sc/ncafi- Behrens, Gravunatik iles Altfra>iz'dsisclien, S. Aujl. 17
Wörtern findet sich, wegen des fehlenden palatalen Reibelautes
[i], auch seel. Indessen wird § 152, Anm., die Möglichkeit
einer volkstümliihen (dialektischen) Entwickelung zugegeben, welche
wohl, inbezug auf ganz gewöhnliche Wörter wie peor u. s. w.,
vorzuziehen ist. — § 20, 3, Anm., Z. 13 ff. Das Schwinden
des Hiatus-7^ findet nach geminiertem Verschlusslaut (battuo)
oder Konsonantengruppe (mortuum, februarium) statt; dage-
gen *jenuarium > Jenvier; annualem > anvel; aqua >
etie, eve; u. s. w. — § 26, i, Z. 4. Eine regelmässige Entwicke-
lung Ovum >> *ou scheint mir sehr problematisch zu sein. Denn
warum sollte in diesem Worte die Singularform {nef) nicht auf
den' lat. Ackusativ zurückgehen ? Die Entwickelung des Laut-
komplexes -ovu- braucht nicht a priori analog derjenigen der
Komplexe -ivu-, -evu- und -avu- zu sein. — § 3Ö, Z. 3
(s. auch § 38, Z. 5; ^ 81, Z. 5). Die Dissimilation in finire >
fetiir ist wohl als eine regelmässige Lautentwickelung zu betrach-
ten : fimi- ist ein später eingebürgerter Latinismus. — § 41, Z. 1 1
(s. auch § 266, Anm., Z. 8). So viel ich weiss, wird das init. e
in meneille gewöhnlich so erklärt, dass das lat. 1. in niTrabilia
aus irgend welcher Ursache (etwa Dissimilation auf dem Stadium
*miribilia?) zu / verkürzt worden ist. Dieser Auffassung muss
entschieden ein Ende gemacht werden : das init. e in afrz. mer-
veille war offen, wie aus der nordpik. -wallon. Schreibung mietvetlie
hervorgeht; vgl. meine Ausgabe von «Florence de Rome>, Bd. I
(1909), App., Verse 417 1 und 4521 [mierveilles), 2^26 [esmiejvilla).
Wie das offene e aber zu erklären ist, weiss ich nicht. — § 60,
Anm., Z. 3 (s. auch § 200, i, Z. 7). Das Afrz. hat ursprünglich
nicht dueil^ sondern duel {dol Alex., dol, doel, deol Rol.), postver-
bale Bildung aus doloir. Dass dolium belegt ist (s. Dict. gen. s. v.
deuil), bedeutet nichts gegen die Tatsache, dass in den altfranzö-
sischen Denkmälern eine Mouillierung des / nicht angedeutet wird.
— § 81, Anm., Z. 4. In *demedium statt dimidium liegt na-
türlich Präfixverfauschung, und nicht (wie in vekinu) Dissimilation
vor. — § 122, 2, c, Z. 6 (s. auch § 230, 3). Ist überhaupt eine
Form coidier (mit off. 0) anzutreffen? Afrz. cuidier sowie aprov.
cuidar fordern entschieden ein vlat. ^cügitare; vgl. Rom. XXXIV,
332. — § 143, I, Z. 8. Lieber *exradicat; s. Dict. gen. s. v.
arracher. — !;v 148, 2, Anm., Z. 4. Der äusseren Form nach
könnte clerc als Erbwort aufgefasst werden. — § 155, Z. 5. Eine
Form lieve kann wohl nicht als Durchgangsform zwischen *legwa
und Heue angesetzt werden. Die u-Yoxvcl muss in derartigen Fällen
ursprünglicher als die v-Yoiva. sein. — § 158, 2, Z. 7. Die regel-
mässige afrz. Form von *extorqu8re ist estortre; estordie ibt eine
spätere, durch Angleichung an andere -rdre- Verba entstandene
l8 Besprechungen. .1, Walleusköld,
Bildung. Vgl. i^ 164, Anm., wo tor<lie zxi& torhe ^\.% durch Dissimila-
tion entstanden erklärt wird. - § 158, 2, Anm., Z. 12. \\eswegen
Einfluss von senestrc auf destre anzunehmen, da ja das letztere Wort
ganz regelmässig ist? — i:? 158, 2, Anm., Z. 25. Wenn überhaupt
das einem g entsprechende / in esmeralde u. s. w. frz. je anders als
« gelautet hat, darf es wohl eher als ein späterer lauianalogischer
Eindringling betrachtet werden, und sollte somit nach « folgen: y>g
zu u (/)». Vgl. inbetreff des Übergangs gm >• um die frühen J^elege:
«pegma non peuma» App. Pr. 85: «Sagma: soma uel sella» Reich.
Gl. 348; u. A. — § 160, 3, Anm., Z. 15. Da assener zentral-
französisch ist, scheint die Herleitung aus germ. sin angemessener
zu sein, zumal eine Schreibung mit ,^^7/ sehr selten ist. — i^ 164,
Z. I. Die Entwickelung ryr zu rdr scheint mir eine Z\\ischenstufe
mit palatalem (mouilliertem) r zu fordern. — • § 174, 2, Z. 2. Der
Infinitiv fnUre faudre ist wohl eine aus dem Fut.-Kond. entstandene
sekundäre Infinitivform. Das Vlat. hatte *f allere und *fallire.
— § 189, Z. 3 — 4 (s. auch §§ 283, S. 143, Z. I V. u., und 297,
Z. II — 12). Ich weiss nicht, welche giltigen Gründe Prof. B. hätte,
nicht an die primitive Entwickelung eines /-Lautes zwischen gestütz-
tem n und dem flexivischem -s zu glauben (diurnus ~^ jornz >
jorz '^ Jors). Eine solche Entwickelung ist ja phonetisch (energische
Aussprache des dentalen Nasalen!) ganz natürlich (vgl. annus^
am). Allerdings scheint die vereinfachte Aussprache jors schon in
der zweiten Hälfte des XII. Jhts üblich zu sein; s.j'ors: esio7sYv.
22^1 — 2, j'ors: tors (turres) Erec 1897 — 8, wo Foerster m. E.
unrichtig z gedruckt hat (vgl. seine Einleitung zu Cliges § 27, ö).
— § 195, Z. 9. Minder kann unmöglich auf minutiare, das ja
init. i hat, zurückgehen. Schuchardts Herleitung (Rom. Et. I, 31)
aus *mincidum ist immerhin annehmbarer. -— § 245, Anm.,
Z. 9. Veut und filleus (neben dteiä, ieus etc.) können auch so er-
klärt werden, dass das erste Element des Triphthongen ueu nach
labialem Konsonanten schwindet {^'"z>?ieut >> veuf) und nach palat. /
auf der Stufe ieu in den vorhergehenden Laut aufgeht {^filliens >
filleus); vgl. feu, jeu neben Heu. — § 276, Anm., Z. 8. Stgfies darf
als gelehrtes Wort nicht in Betracht genommen werden. — § 279,
1, -d. Nach dem oben gesagten wäre zu den genannten Lautver-
bindungen auch rn -\- s hinzuzufügen. — § 321, 1. Verf. hätte
auch mit der Entwickelungsmöglichkeit : prokl. ego >» eo >» io^»
jo ~> je rechnen können. — § 321, 2, Anm., Z. 3. Kann nicht
mi ziemlich sicher als die lautregelmässige Fortsetzung des lat. Da-
tivs mihi betrachtet werden? — § 322, i (s. auch § 333, i).
Ich glaube vielmehr, dass ille durch seinen Gegensatz hicbeein-
flusst worden ist (*illi(c) nach hie, *illui(c) nach huic). — § 339,
2, S. 195, Z. 6. Wenn ein afrz. ez (<; estis) je existiert hat, kann
Schionn-Behrens, Grammatik des Altfranzüsischen, S. Aiiß. 19
es jedenfalls nicht mit seinem offenen e zur Verbreitung der En-
dung -ez (<; -atis) beigetragen haben. - — ^^ 342, i. Ich stelle
mir die Entstehung der Endungen -ames, -imes so vor, dass der
Ton vokal nicht frei war (-avimus >> -avmus > -ammus, -ivi-
m u s > -i v m u s > -i m m u s), wodurch auch das fin. e. der frz.
Endungen seine Erklärung als Stützvokal finden kann (vgl. Neuph.
Mitt. 1908, S. 21 fg.). — § 348, 2, a, Z. 6—7 (s. auch §385).
Nach § 50 müssten ja veniamund teneam regelmässig vigne
und tigne gegeben haben. Vieg/ie und liegne würden somit auf An-
gleichung an den Stamm vien- beruhen. — § 3O1, i. Ich vermisse
die nicht ungewöhnliche lautregelmässige Konjunktivform atä. ■ —
>j 402. Liegt nicht in den vom Verf. gegebenen Formen snei/, suelt,
suelenl, sueille des Verbums soldre Verwechslung mit dem Verbum
soloir (s o 1 e r e) vor ? Die primitive Präsensflexion war wohl sol (statt
''^solf), so/s, soll, solvotis, solvez, solvent. Im Konjunktiv scheint das
analogisch gebildete soille die älteste bekannte Form zu sein.
Was die Urkundensammlung betrifft, so wäre es wohl päda-
gogischer gewesen, offenbar fehlerhafte Schreibungen der benutz-
ten Vorlagen (die ich allerdings nicht gesehen habe) zu ver-
bessern. So findet man öfters (z. B. I, 2; XII, 11. 15; XIII, i;
XIV, 1; XX, i; XXVII, 10. 16. 17. 33. 40. 44. 51. 61: XXVIII,
7. 19) als Nominativform des Sing, abbcs^ wo man, wenigstens in
den Urkvmden, in welchen zwischen -c und -s der Endung ein
Unterschied besteht, abbes (<; abbas) zu lesen hat (vgl. XV, 2. 13).
— Urk. I, S. 249, Z. 19: avra, nicht aura. — Urk. XI, Z. 4:
ouii, nicht ovit. — Urk. XI V^ S. 262, Z. 14: com, nicht co7n:
Z. 20: d^ome, nicht dorne. — Urk. XXX, S. 280, Z. 21: a venir,
nicht avenir. — Urk. XXXIII, S. 283, Z. 2: povres, viioSA poiires
(vgl. unten Z. 15).
Zur «Übersicht» etc. (S. 295 ff.) sei bemerkt: i. In ai für
e [vairwit, matt, etc.) sehe ich nicht ein a mit /-Nachlaut, sondern
eine Bezeichnung des ^- Lautes. — 5. Sieremeni ist höchst be-
merkenswert wegen der Diphthongierung eines sekundären ^-Lautes
(sacramentum > sairement > sereme7it~^ sieremeni). — S. Zu
ovit s. oben. — 11. Die Fälle mit ai für e in geschl. Silbe {vai-
lunt, aiqicaistety aquaist, niait, aictit, maix, aisteie) sind wohl nicht
mit den anderen Diphthongen gleichzustellen. Vgl. oben unter i.
— 42. Vgl. das zu § 160 gesagte.
Schliesslich mögen folgende Druck- und Schreibfehler erwähnt
werden: § 30, a, 7, Z. 2: 1. vlat. boccu. — § 30, b, 3, Z. 5: I.
Hlupawig (vgl. S. 32, Z. 2). — § 293, Z. 3 v. u: 1. prefatio. —
§ 303, a, Z. 11: 1. vielz. — § 306, S. 166, Z. 2: 1. frz. -67116. —
S 346, S. 205, Z. i: 1. seilt. — § 427. Z. 9: 1. lecevoir; Z. 14:
1. mentoivre. — Urk. V, Z. 27: 1. peusc:ent; Z. 31: Die Noten-
20 Besprechiini;;e>t. Ciitstm' Schmidt,
nuiiimcr (ig) hat keine Entsprechung in den Noten. — Urk. IX,
Z. 17: 1. aime'. — Urk. XXII, S. 271, Z. 2}^: I. deviseit. — S.
308, Z. 15 V. u: \. Poeme morak — S. 319, Z. 12 v. u: Die
Paragraphennummer ist falsch.
A. WailensköM.
Renward Brandstetter, Renward Cysat (1545 — 1614), der
Begründer der schweizerischen Volkskunde. Luzern. Verlag der
Buchhandlung Haag, 1909. 107 S. 8".
Prof. Brandstetter bietet in diesem Buch (Nr. 8 seiner Mo-
nographien zur vollständigen sprachlichen und volkskundlichen Er-
forschung Alt-Luzerns) eine reiche Auswahl von folkloristischem
Stoff aus dem bändefüllenden originalen Nachlass bezw. aus Ko-
pien verloren gegangener Urschriften des Luzerner Stadtschreibers
Cysat, dessen Name dem Germanisten aus der Geschichte des äl-
teren Schweizerdeutsch bekannt ist. Vorangestellt ist ein trefflich
orientierender Ueberblick über den Lebensgang des alten Poly-
histors und seine Stellung zu den Anschauungen seiner Zeit, eine
Charakteristik seiner Forscherpersönlichkeit und Bemerkungen über
die Edition seiner Handschriften (I). Eine kurzgefasste, aber sehr
wichtige Zusammenstellung der folkloristischen Terminologie (II)
leitet hiernach zu dem ersten Abschnitt der Mitteilungen, zu denen
über die Hauptschauplätze des ausgewählten Stoffes über (III), in
dem naturgemäss auf Traditionen über Lokalnamen aus Luzern
und Umgebung einiges Licht fällt 1.) Es folgt sodann ein Kapitel :
»Die Natur und der natürliche Mensch im Spiegel der Volksan-
schauung» (IV) mit teilweise uniken Angaben zur Volksmedizin,
Beispielen aus der »Puwrenpractic» (Bauernregeln) u. a., und nach
diesem in zwei grossen Abschnitten (V-VI) der kompakteste Teil
der Mitteilungen, der Volksglaube : einerseits die altgermanischen
Traditionen, m denen die Sagen vom Wuotis-(Guotis-)heer, dem
Türst (Wilden Jäger) und dem geisterhaften Heerestross als eigen-
artige Gruppe ^) unstreitig das Hauptintresse beanspruchen, anderer-
seits die nichtgermanische Sphäre, d. h. die christliche mit ihrem
Teufelsglauben, ihren Legenden usw. Weitere Kapitel enthalten
Beispiele älterer und relativ neuerer Sagenbildung lokalen Geprä-
ges (hier aber auch u. a. zum Leben im Recht : Gottesurteile)
^) Wegen »Firn», für das nach dein Schweizerischen Idiotikon eine
Stelle bei Cysat, vorliegendes Buch § 47, der älteste Beleg wäre, mag
man jetzt Weigand \Vb, P unter dem Wort vergleichen.
^) Die sonst in Luzerner Sagen jüngerer Buchung mit dem Türst
jagende »Sträggelen» finden wir hier in anderem Zusammenhang (Kap. VIII
§ 227 »Bolsternächte )) wieder.
Remvard Bra)uhtette)\ Remvard Cysat. 21
(VII) und ausführliche Angaben über Volkslustbarkeiten (Feste,
Zusammenkünfte) (VIII), ferner Züge zur Volkspoesie, worunter
Volkswitz (IX), und hieran anschliessend eine Auslese aus dem
Wortschatz der Volkssprache der Cysatischen Zeit (Pflanzen- und
Tiernamen, eni paar Volksetymologien) (X). Den Beschluss macht
eine Darstellung der volkstümlichen Gebärdensprache nach ( ysats
Dramatik (XL).
Im einzelnen ist jedes Kapitel so ausserordentlich vielseitig,
dass ein eingehendes Referat hier nicht in Frage kommen
kann. Nur im allgemeinen noch ein paar Worte. Cysat hat sich
nicht damit begnügt eine Sage, einen Brauch usw. mit einer No-
tiz abzatun, sondern mit echt wissenschaftlicher Gründlichkeit ist
er bemüht gewesen immer neue Belege zu finden, und dabei hat
er seine Gewährsmänner zu wählen gewusst (er spricht von »Fa-
belwerck» d. h. unwahren, und »Märi», betrüglich erfundenen
Geschichten; sog. Märchen überliefert er nicht, höchstens lassen
sich hie und da einzelne märchenhafte Züge ausziehen). Auf diese
Weise hat er vielfach nicht wenig »Varianten» einer Ueberliefe-
rung verzeichnen können, die er in bunter Folge in seine Samm-
lungen eingetragen hat. Diese verschiedenen Fassungen wie
auch die Einzelüberlieferungen finden wir jetzt in den ent-
sprechenden Kapiteln (s. o.) unter den ihnen zukommenden
Stichwörtern vereinigt. Jede Einzelheit ist auf ihre Volkstümlich-
keit geprüft, in Fällen, wo eigene Angaben Cysats (vgl. Cysats
Terminologie) vermisst werden, nach dem gegenwärtigen Stand der
Tradition oder mit Hilfe anderer Gründe. Das Kriterium der
zweiten Art betont Prof. Brandstetter verhältnismässig selten, aber
wie schon eine Durchmusterung der bekanntesten schweizerischen
Sagenbücher zeigt, nur, um nicht einer billigen Wissenschaftlichkeit
einen Tribut zu entrichten. Zudem kam es ihm nicht darauf an
eine sagenvergleichende Abhandlung im Anschluss an Cysat zu
schreiben, sondern darauf das Material als solches kritisch ausge-
wählt, mit den nötigen Erläuterungen versehen und nach grossen Ge-
sichtspunkten geordnet zu übergeben. Der Dank dafür kann da-
durch nicht verringert werden, dass sich der Boden, von dem es
geemtet ist, äusserlich betrachtet auf die engste Heimat beschränkt.
Möchte das Buch, das dem Freund der Volkskunde nicht
nur durch die in ihrer Art einzige Gestalt des Luzemer Stadt-
schreibers, sondern auch durch den sicheren Blick und die wohl-
tuende Sachlichkeit seines Herausgebers imponiert, dazu beitragen
die Notwendigkeit der Durchforschung sonstiger, wenn auch weni-
ger ergiebiger älterer Quellen nach gleich wissenschaftlicher Me-
thode in weitesten Kreisen darzutun und zu gleich liebevoller Ar-
beit anregen. Gustav Schmidt.
22 Besprcclnitigen. Ci. Schmidt^ R. Pestalozzi, Syntaktische Reitrüge.
Rudolf Pestalozzi, Sytitaktische Beiträge: I. Systematik der
Syntax seit Ries. — //. Die Casus in Johannes Kesslers Sabbata.
(Teutonia, Arbeiten zur germanischen Philologie, herausgegeben von
Dr. phil. Wilhelm Uhl, ao. Professor an der Albertus-Universi-
tät zu Königsberg. 12. Heft). Leipzig, Eduard Avenarius, igog.
80 S. gr. 80.
Die beiden unter dem obigen Haupttitel vereinigten Studien
hängen insofern eng miteinander zusammen, als der Vf. gewisse
Gesichtspunkte, zu denen er in seinen grundsätzlichen Ausführun-
gen gelangt ist, für die Darstellung des Kasusgebrauchs in der St.
Galler Chronik (aufgezeichnet 1524 — 40) verwertet. Der erste Beitrag
geht jedoch zugleich weit über das eine beschränkte Kapitel der
Gruppenlehre hinaus: er unterwirft mehrere gesamtsyntaktische Ar-
beiten aus den Jahren 1895 — igo6 einer kritischen Prüfung auf
die syntaktische Systematik überhaupt.
Der Vf. zeigt in seiner Stellungnahme zu einzelnen Proble-
men einen bemerkenswerten Anschluss an die Riesschen Reform-
gedanken, die er nach allem sicher erfasst hat. In anderen Punk-
ten wägt er die geltend gemachten Auffassungen kritisch gegen-
eniander ab, wie er denn überhaupt nicht darauf ausgeht neue Ideen
in die Debatte zu werfen. So hält er sich in der, man darf wohl
sagen jetzt wichtigsten Frage der Systematik, in der Sütterlin (S.
und Waag, vgl. auch vorher S., Wesen der sprachl. Gebilde, S.
151) den Mut gehabt hat mit der Riesschen Anschauung zu bre-
chen, durchaus an seinen Meister, wenn er bei der Auffassung von
Wortgruppen- und Satzlehre als selbständigen koordinierten Kapi-
teln der Syntax beharrt. Wie Ries betont er die Notwendigkeit
einer syntaktischen Bildungslehre, die freilich ein frommer Wunsch
bleiben wird, solange nicht alle Vorarbeiten erledigt sind. Und
schliesslich bricht er eine Lanze für die Riessche Auffassung von
der Stellung der Grammatik und Stilistik zueinander. Etwas freier
wird sein Standpunkt in der Frage nach der Unterbringung der
Kasuslehre. Während Ries die syntaktischen Wortformen aus die-
ser prinzipiell der Syntax zusprechen wollte, konstatiert Vf. in der
Praxis eine Scheidung: die Monographisten sind Ries gefolgt, die
Historiker haben das ganze Kapitel in die Wortbedeutungslehre
eingestellt. Die Gründe sind für ihn nicht zwingend, doch lässt
auch er als Monographist in seinem Beitrag II die Riessche For-
derung mit vollem Recht ausschlaggebend sein. Eine gewisse
Bewegungsfreiheit aus Zweckmässigkeitsrücksichten räumt er ferner
bei der Abgrenzung der Wortbedeutungslehre ein (dabei handelt
es sich speziell um die Unterbringung der zusammengesetzten For-
men des Zeitworts), insofern als er das Verlassen des formalen
./. Lang/ors, H. Martin, Les Peintres de iiiss. et la miniature en Frame. 23
Gesichtspunktes in einem Lehrbuch als entschuldbar bezeichnet. In
der Feststellung des begrifflichen Einteilungsprinzips in der Grup-
penlehre befürwortet Vf. den Modus Behaghels, den er schon in
seiner Inauguraldissertation mit Glück in Anwendung gebracht
hatte: also »Bestimmungs- und Erweiterungsgruppen mit den Wort-
arten als Teilungsgrund».
In schroffen Gegensatz zu Ries tritt \{. nur in einem Punkt,
in der Auffassung der adverbialen Kasus. Mit H. Seedorf will er
dieselben grundsätzlich in die Syntax gestellt wissen, »da die Ka-
susendungen in diesen Fällen eine Beziehung zu anderen Worten
ausdrücken». Aber indem er dann die von Ries imd Seedorf be-
tonte Möglichkeit verallgemeinert, dass >gewisse Formantien (hier
also Kasusendungen) durch nachträgliche Entwicklung syntaktisch
werden können», bringt er in dem Beitrag II unter adverb. Geni-
tiv bezw. Dativ, echten syntaktischen Gefügen koordiniert, zugleich
auch alles unter, was von adverbialen Wortformen ein entsprechen-
des Formans darbietet. Hier finden wir denn »erstarrte» Gebilde
wie anderigs, besits, hinterrücks, erstmals, ilends u. a., allenthalben
usw., Adverbia auf -liehen. Was diese in einer sonst streng be-
schreibenden syntaktischen Darstellung zu suchen haben, ist mir
nicht erfindlich. Belege wie hinterrücks, allenthalben, die Adverbia
auf -liehen usw. hält Vf. natürlich selber nicht für Wortgefüge, d.
h. Wortgefüge vom Standpunkt J. Kesslers^ was doch das ent-
scheidende sein muss. Sie und die übrigen erstarrten Gebilde ge-
hören in die Wortlehre, und nicht einmal die Rücksicht auf Voll-
ständigkeit verteidigt ihre Aufnahme in die Syntax.
Im übrigen ist die zweite Abhandlung eine sorgfältige Ar-
beit, sie erschöpft offenbar den Stoff zugleich vollständig. Sehr
zu loben ist, dass sich Vf. nicht damit begnügt hat die Kasus-
formen an sich in ihrer syntaktischen Verwendung zum Gegen-
stand seiner Untersuchungen zu machen, sondern auch in jedem
Fall die konkurrierenden präpositionalen und die sonstigen kasuel-
len Fügungen berücksichtigt. Dadurch sind diese syntaktischen
Gebilde an sich in klarere Beleuchtung gerückt und ist auch ohne
Beeinträchtigung der deskriptiven Darstellugsweise dem Historiker
in vortrefflicher Weise vorgearbeitet.
Gustav Schmidt.
Henry Martin, Les Peintres de manuscrits et la mitiiature
en France, etude critique, illustree de vingt-quatre planches hors
texte. Paris, Henri Laurens, editeur, 1909. 127 p. in-S". Prix fr.
3: 50, relie toile.
24 rtespreihii)io;en. Artur Langfors^
Aux Premiers figes de la miniature, a l'epoque iiuTOvin-
gienne et sous les premiers Carolingiens, les enlumineurs sont presque
exclusivement sous Tinfluence des artistes byzantins. Le traitement
du costume, par exemple dans les portraits d'empereurs ou de
rois, montre un dessin qui fait penser a l'art antique. L'activite
des artistes, qui sont pour la plupart des religieux, s'exerce du
reste presque exclusivement dans l'illustration de Bibles, de Psau-
tiers et de livres de liturgie. L'influence byzantine dure jusqu ä
la fin du XP siede. A partir de cette date, les peintres exe-
cutent bien peu de miniatures de pleine page. Ils s'interessent, en
revanche, a la riche ornementation des pages. Leurs dessins
compliques aboutissent souvent au monstrueux et au grotesque. Ils
ne connaissent presque pas d'autres couleurs que le rouge, le bleu
et le noir. «Au douzieme siccle cependant apparait une couleur
nouvelle, le vert, qui peut etre consideree comme caractcristique
de cette epoque. On ne la trouve guere auparavant; on ne la
rencontre pour ainsi dire plus au XIIP siecle.» ^
C'est vers l'epoque de Philippe-Auguste que l'art, jusque-lä,
comme la litterature, au service de l'eglise, commence ä sortir des
couvents. A cote des livres de piete, tres nombreux au cours de
tout le moyen äge, apparaissent des oeuvres profanes luxueusement
executees par des laiques qui ont pour metier de copier et d'en-
luminer des livres. C'est Paris qui a ete le berceau et (|ui reste
longtemps le centre de ce nouvel art laique,
quell'arte
Che alluminare chiamata e in Parisi. ^
Mais les peintres du XIIP siecle, n'ayant aucune idee de la
perspective et de la proportion, sont encore des «primitifs». L'ob-
servation de la nature est encore assez superficielle. Ce n'est que
^ P. 12. — M. Paul Meyer (Bulleii7i de la Socicte des anciens textes,
1901, p. 74), en parlant du manuscrit Douce 252 a Oxford, qu'il place «aux
premieres annees du Xllle siecle, sinon aux dernieres du XIIe>, constate que
les initiales sonl alternativement rouges et vertes, «ce qui est un signe d'an-
ciennete». II en est de meme (voir Roriiania, 1909, p. 483) du manuscrit
Cotlon, Nero A. V du Musee britannique, qui a ete execute en Angleterre ä
la fin du Xlle siecle ou au commencement du Xllle. On sait que le celebre
l'ragment de Bruxelles qui nous a conserve une partie de la chanson de
Gormofid et Isei/ibart offre cette meme particularite que les initiales de laisses
sont successivement rouges et vertes. Le dernier editeur, M. Bayot (ed.
photocollographique, p. IV), dit que ce manuscrit date da Xllle siecle (autre-
fois il l'avait trop rajeuni; voir Bulletin d' histoire lmo;uistique et littiraire fran-
laise des Fays-Bas, annee 1901, p. 28 et note i).
* Dante, Purgatorio, canto XI, 80 — 81 (cite par le comte Paul Dur-
rieu dans le Journal des Savants, 1909, p. 5).
Henry Martin, Les Peintres de manuscrits et In »liiiiature en France. 25
sous Philippe le Bei et ses fils que la peinture atteint une plus
grande perfection. Alors nous rencontrons le premier grand nom
dans l'histoire de la peinture en France, celui de Jean Pucelle.
C'est ä M. L. Delisle que revient l'honneur d'avoir d'abord trouvt'
ce nom dans une note presque imperceptible au bas dune page
du manuscrit lat. 10483 (Breviaire de Belleville) ^ et d'avoir mis
cet artiste au rang qui lui appartient. On connait aujourd'hui
au moins trois admirables manuscrits qui ont ete executes, sinon
en entier par lui, au moins sous sa direction et avec sa colla-
boration. Autour de lui se groupent un certain nombre d'artistes
([ui, comme lui, se distinguent des peintres anterieurs par un sen-
timent plus developpe de ia nature et par la grande perfection
dans l'ornementation des pages, groupe que l'on peut considerer
comme l'ecole de Jean Pucelle. Nous connaissons les noms de
quelques artistes de ses contemporains et collaborateurs, mais pres-
que rien que les noms. De Pucelle lui-meme nous savons bien
peu de chose: nous savons qu'il collabora, outre au manuscrit
precite, ä une Bible iatine executee en 1327 (Bibl. nat. lat. 11935);
que l'inventaire des manuscrits du duc de Berry designe sous son
nom un livre d'Heures, qui est probablement le meme qui se
trouve actuellement dans la bibliotheque de IM"^ la baronne Adolphe
de Rothschild, et que Jean Pucelle figure, ä une date comprise
entre 13 19 et 1324, dans un compte de la confrerie de Saint-
Jacques-aux-Pelerins de Paris, comme auteur du sceau de cette
confrerie. C'est ä peu pres tout. Mais ce que nous savons de
lui suffit pour mettre en evidence sa place dans l'histoire de la
miniature. «Tout l'art de l'enlumineur est en germe dans les
Oeuvres de cette incomparable ecole de Pucelle. Jusqu'ä la fin,
jusqu'ä ce que la miniature se transforme avec Jean Fouquet,
tous nos enlumineurs francais, et meme quelques etrangers, suivront
le sillon trace par l'auteur du Breviaire de Belleville. Les bons
miniaturistes de Charles V, plusieurs de ceux qui travaillerent pour
le duc de Berry, sans en excepter Jacquemart de Hesdin, descen-
dent de Pucelle.» -
Une nouvelle epoque dans l'histoire de la peinture en France,
cpoque qui comprend surtout les regnes de Charles V et de
Charles VI, est marquee par ce que M. H. Martin designe sous
la rubrique «l'afflux flamand». Parmi les meilleurs miniaturistes
de cette epoque nous en rencontrons plus d'un dont le nom accuse
l'origine septentrionale : Jean de Bondolf, dit aussi Hennequin de
Bruges, Jacquemart de Hesdin, Pol de Limbourg et ses freres.
' Voir L, Delisle, Kecherches sur la librairie de Charles V, planche XVI.
* Henry Martin, Les Miniaturistes h l'exposition des iPrijuitifs frangais»
t^dans le Bulletin du bibliophile, 1904, p. 454).
26 ßesprcchu7igeti. A. LängJ'ors, //. Martin, Les Peivtres de inss. etc.
Tous ces artistes voyagent beaucoup, peut-etre parce qu'ils n't-taient
pas exclusivement des miniaturistes : on les chargea souvent de la
decoration des salles de chateaux. Quelques-uns allerent meme
en Italie et profiteient sans doute des ocuvres d'art Italien —
moins peut-etre des livres enlumines, rar l'art de la miniature n'etait
pas encore tres en vogue en Italie; mais ce sont surtout les gran-
des peintures murales des maitres italieus qui ont du inspirer les
artistes francais. Parmi les artistes de cette epoque, a cote de
ceux qui viennent d'etre cites, mentionnons Andre Beauneveu, ori-
ginaire de Valenciennes et actif pendant la seconde moitie du
Xn'*= siede, tour a tour architecte, sculpteur, peintre et enlumineur.
C'est cette ccole qui a cree en France le paysage: ces paysages
prennent le plus souvent place dans les calendriers, ou ils ont
pour but d'illustrer les differentes occupations pendant les mois de
l'annee.
Le debut du XV^ siecle designe l'apogee de Tillustration des
livres. Mais si, sous Charles V et Charles VI, les artistes se grou-
paient surtout autour de la personne du roi, il n'en est plus de
meme depuis l'avenement de Charles VII. Le plus grand pro-
tecteur des artistes est des lors le cousin du roi, le duc Philippe
le Bon de Bourgogne. A la cour brillante du duc de Bourgogne
travaillaient constamment un grand nombre de copistes et de mi-
niaturistes, qui devaient augmenter la bibliotheque que cet ardent
bibliophile avait re^ue en heritage de ses predecesseurs Philippe le
Hardi et Jean sans Peur. La plus grande partie des livres de
luxe executes pour Philippe le Bon forment aujourd'hui le noyau
de la section des manuscrits ä la Bibliotheque Royale de Bruxelles.
— Meme apres la mort (en 1467) de Philippe le Bon, ce n'est
pas ä la cour du roi de France que se trouve le centre de l'acti-
vite artisticjue. Une nouvelie ecole provinciale s'etait formee, l'ecole
tourangelle, dont le fondateur et chef etait Jean Fouquet, ne a
Tours et mort vers 1480. Cet artiste presque moderne avait se-
joume ä Rome, et, d'autre part, il avait subi l'influence des artistes
du Nord. C'est un artiste d'un realisme tres prononce, qui revele
son goüt presque bourgeois meme en traitant les sujets les plus
abstraits.
On peut dire — pour nommer encore le peintre le plus en
vue ä la fin du XV^ siecle et au debut du XVP — qu'avec
Jean Bourdichon meurt le demier des grands miniaturistes francais.
Le XVI« siecle ne produit que quelc[ues rares portraits de valeur.
Si du XVII« siecle on a conserve quelques volumes calligraphies
cjui sont ornes de miniatures et du XVIIP quelques frontispices
dans des livres offerts ä un prince, on ne peut pourtant plus parier
//'. 5., Guido Manacorda, Germania I-'ilologica. 27
ä ces epoques d'un vcritable art de l'enluminure : c'est l'invention
de rimprimerie qui lui avait donne le coup mortel.
Teile est, dans les grands traits, l'histoire que nous trace de
ia miniature en France M. Henry Martin dans les six chapitres
d'un beau petit livre qui fait partie de la serie «Les grands
artistes, collection placee sous le haut patronage de l'Administra-
tion des beaux-arts». Pour tous ceux qui aiment ä feuilletcr les
anciens manuscrits enlumines, je ne saurais recommander un guide
plus autorise que le savant administrateur de la Bibliotheque de
r Arsenal.
Artur Läng/ois.
Guido Manacorda, Germania Filologica. Guida bibliogra-
fica per gli studiosi e per gli insegnanti di lingua e letteratura le-
desca con circa 20,000 indicazioni. (remona 19 10. 280 S.
gross 8:0. Lire 10.
Der Verf., Bibliotekar und Privatdozent an der L'niversität
Catania, hat hüher sein Interesse für deutsche Litteratur und
deutsches Kulturleben durch wissenschaftliche Publikationen bezeugt,
worunter eine grössere Abhandlung über die lateinische Poesie der
Humanistenzeit in Deutschland und eine über Wielands Grazien,
erschienen in einer von ihm selbst begründeten und geleiteten
Zeitschrift, »Studi di Filologia moderna» (s. unten S. 42). In dem vor-
liegenden Werke hat er eine summarische, aber im Grossen und
Ganzen vollständige Bibliographie über deutsche Sprach- und Lit-
teraturforschung geben wollen; dazu kommt ein erstes Kapitel, das
allgemeinere Angaben enthält: »Repertori generali», »Bibliografie
speciali,» »Biografie», »Instituti di cultura», »Periodici». Der
Haupteil umfasst: »Linguistica» «nd »Letteratura», und in einem
»Appendice», das aber genau so wichtig ist wie die vorhergehenden
Abschnitte, folgt ein »Dizionario Bibliografico», worin die Namen
der Schriftsteller alphabetisch geordnet sind, nebst Angaben über
Editionen und Erläuterungsschnften.
Es fällt auf, dass der erste Teil verhältnismässig umfangreich
ist, obgleich er ja eigentlich seinem Inhalte nach als eine Ein-
leitung betrachtet werden sollte. Es sieht fast so aus, als hätte
der Verf. seine Arbeit anfänglich zu breit angelegt, und als wäre
er nachher gezwungen worden, seinen Plan einzuschränken. Nur
so erklärt sich, scheint mir, der Umstand z. B., dass ein so gros-
ser Raum der Aufzählung der Bibliotheken in allen deutschen und
schweizerisch- deutschen Städten gewidmet ist, mit Angaben über
ihre Geschichte u. s. w., dass über die Biographien der deutschen
28 Besprechuno cn, E. Freudentkai,
Kuplerstit her bibliographishe Angaben mitgeteilt werden, dass die
Stadtgeschichte, insofern sie sich auf lokale Schriftsteller bezieht,
ausführlich exploatiert wird, dass ein vollständiger Katalog der Uni-
versitätsgeschichten gegeben wird, und mehr desgleichen, das an
und für sich natürlich ganz nützlich sein kann, aber für einen
Philologen und Litterarhistoriker bedeutend weniger Wert hat als
Manches, das man in den spateren Abschnitten vermisst. Der
durch grössere Enthaltsamkeit in Bezug auf die allgemeine Abtei-
lung für die späteren gewonnene Raum hätte aucli mit \^»rteil zu
einigen Angaben über den relativen Wert verschiedener Publika-
tionen gebraucht werden können. In dieser Hinsicht herrscht In-
konsequenz; doch kann man sagen, dass die blosse nackte Auf-
zählung als Regel gilt. Gegen die ^Aufstellung kann eins und das
andere eingewendet werden. W'as hat es z. B. für einen realen
Nutzen, eine Abteilung für »Festschriften» zu geben, von deren
Inhalt man keine Ahnung bekommt? Wie kann man sich in dem
Verzeichnis der allgemeinen deutschen Litteraturgeschichten orien-
tieren (S. i68 — 6q), da nicht nur nicht die geringste Kritik, son-
dern auch keine Angabe über den Umfang vorkommt? Wäre es
nicht, vom Standpunkte der Studien, viel besser gewesen, die
monographische Bibliographie nach Arten, anstatt nach Perioden
(mit Unterabteilungen für die Arten) zu ordnen?
Doch, gegen eine solche Arbeit können immer Bemerkun-
gen und Einwände gemacht werden. Besonders müssen die An-
sichten über das, was von Einzelheiten aufzunehmen war und was
nicht, auseinandergehen. Das wichtigste ist freilich, dass keine
grundlegenden Arbeiten fehlen. In dieser Hinsicht glaube ich nach
einer flüchtigen Lektüre feststellen zu können, dass nichts Wesent-
liches einzuwenden ist. *)
Auf alle Fälle wird Manacordas Buch von allergrösstem
Nutzen sein, und Philologen und Litteraturforscher werden ihm gleich
dankbar bleiben für die unendliche Mühe, die Einsicht und das
Verständnis, als deren Ergebnis der stattliche Band sich darstellt.
W. S.
Teodor Suominen, Ännchen und Heinrich. Ein Winterse-
mester aus dem fröhlichen Schülerleben. Ekenäs, 1909. 70 S. 8:0.
Die originelle Ausstattimg des Buches mit dem Bändchen in
den deutschen Farben macht einen angenehmen Eindruck, der
durch den Titel des Buches noch verstärkt wird. Der Verfasser
*) Doch finde ich z. B., dass für Goethes Briefwechsel mit Frau
V. Stein nicht die grundlegende Schöll'sche Ausgabe verzeichnet ist.
Teodor Suomiven, Annchen und Heinrich. 29
zeigt dadurch, dass er dem wichtigen pädagogischen Grundsatz,
den Unterricht so anziehend als möglich zu machen, in der Theorie
huldigt. Der begleitende französische Aufsatz auf der Innenseite
des Deckels klärt den Leser darüber auf, dass Herr Suominen in
bezug auf den Sprachunterricht diese Idee in der direkten Methode
verwirklicht findet. In wie fem das vorliegende Lehrbuch den be-
kannten, hier aufs neue hervorgehobenen Grundsätzen entspricht,
darüber mag der Leser selbst nach folgenden Mitteilungen über
den Inhalt seinen Ausschlag geben: »... nous avons fait choix des
vocables les plus accessibles ä la classe et, ä cet effet, nous avons
cherche la matiere de notre enseignement dans la classe meme,
dans ses objets et sa vie. »
Was enthält nun der Text des Buches über die Klasse'^ Bei
den grossen Ansprüchen, die der Verfasser selbst auf Inhalt und
Methode eines Lehrbuches stellt, kann ich es mir nicht versagen,
das erste Stück die Schule hier vollständig wiederzugeben.
»Anriehen und Heinrich sprechen Deutsch. Der Lehrer fragt: \\ o
ist das Kucn r
— Heinrich sagt: Das Buch ist hier. Der Lehrer fragt: Was habt
ihr heute auf: Der Bruder sagt: Wir haben nichts (!). Die Schwester sagt:
Die Hefte sind da, schreiben wir nicht? Der Lehrer sagt: Richtig, Annchen!
Jetzt schreiben wir ! Die Kinder schreiben. Die Glocke läutet. Die Kinder
gehen hinaus. Sie haben zehn Minuten Pause.»
Schon den ersten Satz Ä. und H. sprechen Deutsch sollen die
Schüler ohne Übersetzung verstehen, nachsprechen und beantworten
lernen. Höchst wahrscheinlich gibt es nun in jeder Klasse irgend
einen Schüler, der die Worte Deutsch sprechen früher gehört hat.
Bei diesen wird die Übung, wenn auch unter Mühen, gelingen.
Hat der Lehrer aber eine Klasse finnischer Schüler vor sich, wie
man doch bei uns oft voraussetzen muss, dann scheinen mir die
Anstrengungen des Lehrers, einen solchen Satz durch Umschrei-
bungen und Hinweisungen aufs Schwedische zu erklären, eine ver-
gebliche Aufopferung von Mühe und Zeit. Durch zwei Wörter der
Muttersprache als Erklärung würde der Satz gewiss direkter und
klarer ins Verständnis der Kinder dringen. Ebenso verhält es sich
mit dem folgenden : Der Lehrer fragt : Was habt ihr auf? usw. Auch
das können nur einige erraten und der Unterricht geht also für die
meisten im Wesentlichen verloren. Noch sei bemerkt, dass im Lese-
stück nicht von der eigenen Klasse der lernenden Schüler, sondern
von gedachten Kameraden in Deutschland die Rede ist.
So viel über die Schwierigkeiten diesen Text zu verstehen.
Gehen wir nun ans Lernen und Wiedergeben desselben, da setzt
man voraus, der Verf. habe doch seine eigenen Vorschriften be-
folgt: >ne pas faire un pas en avant sans preciser, sans fixer une
forme nouvelle de langue, et ne pas aborder plusieurs difficultes
30 Besprechungen. E. Frendenthal,
ii la fois . . . empccher les enfaiits de parier nc'gre en allemand. > Das
fasst der Verf. so auf: Im ersten Stückchen und also in der ersten
Stunde soll der Schüler den Artikel im Mask., Fem. u. Neutr.
Sing. u. im Plural lernen, ausserdem drei Pluralformen fürs Substan-
tiv (Hefte, Kinder, Minuten), und Verben in allen drei Personen
des Plurals u. der dritten Person Sing. Und doch betont der Ver-
fasser ausdrücklich das Prinzip vom «moindre effort». Um so viele
grammatische Formen mit den Schülern nach der direkten Methode
zu üben, brauche ich ein paar Monate.
Prüfen wir nun schliesslich den Inhalt des Stückchens von
dem oben erwähnten Standpunkt des «fröhlichen» Schülerlebens,
«l'action qui Interesse par dessus tout», dann kann ich mich nur
darüber wundern, wie verschieden die Begriffe vom Interessanten
und Fesselnden sein können und meine Pflicht als Referent und
Pädagog zwingt mich hinzuzufügen, dass eine Stunde, wie sie hier
den Kindern vorgeführt wird — wo der Lehrer so unvorbereitet
zur Stunde kommt, dass er sich von den Schülern sagen lassen
muss, womit sie sich beschäftigen sollen, — an sich ein unerquick-
liches Bild bietet und schwerlich in zweiter Hand selbst von dem
besten Lehrer fesselnd gemacht werden kann.
»Die Glocke läutet, die Kinder gehen hinaus >, — wenn dies
nämlich direkt ausgeführt und nicht bloss geschildert wird, — ist
sicher das einzige, was hier Beifall findet und leicht von den Kin-
dern behalten wird.
Der Verfasser befindet sich im Irrtum, da ei ein Aufzählen
von Gegenständen, wie man dies bei Berlitz u. a. findet, in seiner
Einleitung als langweilig für den Schüler bezeichnet. Im gramma-
tischen Teil hat er selbst sehr lange Reihen von Wörtern zusam-
mengestellt. Natürlich gibt es auch ^^des c'numerations scches ei/roides->->,
aber die Eigenschaften von trocken und kalt werden schon wesent-
lich dadurch vermieden, dass die Gegenstände gruppenweise nach
der Ähnlichkeit oder anderer Zusammengehörigkeit geordnet wer-
den. Ferner lehrt die Erfahrung, dass ein mechanisches Nach-
sprechen fremder Laute, wenn man sich nur etwas dabei denken
kann, anfangs gar nicht langweilig ist. Erst wenn die Schüler so
weit k(3mmen, dass sie selbständig grammatische Personen und
Genera unterscheiden sollen, dann fangen die Gefahren der Ermü-
dung des Interesses für die weniger Begabten an. Die Erwerbung
eines gewissen Wortschatzes in der fremden Sprache ist nun einmal
für jeden unerlässlich, und der Lehrer möge zu diesem Zwecke
neben andern geeigneten Mitteln nur auch den Reiz der Neuheit
zur Geltung kommen lassen.
Die Besprechung des ersten Stückes hat mich veranlasst, bei-
nah den ganzen Unterschied in unserer Auffassung der direkten
Teodor Suomiiien, Ätinchen und Heinrich. 31
Methode bei der praktischen Anwendung derselben darzulegen —
in der Theorie dürften wir einig sein. Allerdings gebe ich gerne
zu, dass gerade der erste Anfang des Unterrichtes, wo jedes Wort
der fremden Sprache als unbekannt vorausgesetzt werden muss, der
für den \'erfasser am meisten beengende ist. Mit der wachsenden
W'ortkenntnis des Schülers und jeder neuen grammatischen Form
mehrt sich die Freiheit des Verfassers, darum gilt es aber auch,
gerade die ersten Gründe auf das sorgfähigste auszuarbeiten.
Auch im zweiten Stück, Dei^ Morgen, drängen sich einem
nämlich dieselben Bemerkungen auf wie im ersten. Nach den we-
nigen vorhergehenden Beispielen für Substantive sind die Schüler
noch nicht reif, die Stellvertre'er derselben, die Pronomina, im
Nominativ und Ackus. zu lernen. Auch ist der Inhalt hier sehr
eigentümlicher Art: «Es ist Morgen und sehr spät. Heinrich kleidet
sich an. Er steht ftüh auf.» So eben hiess es ja, es ist sehr spät?
Auch die Zusammenstellung der beiden Sätze : HeinricSx bütstet die
Kleider. Er bürstet sie (diese?) und Annchen kämmt sich sind Incon-
sequenzen, die Herr S. sicher in einem Aufsatze der Muttersprache
seines Schülers tadeln würde: in der fremden Sprache sind sie ge-
wiss nicht von besserer Wirkung. In dem dritten Stücke : Auf
Besuch bei de?n Kameraden sollen die Schüler nun schon die For-
men in das Wohnzimmer und in dem Wohfizimtner auseinander halten
lernen. Das geht doch entschieden zu schnell.
Der Te.xt scheint mir überhaupt nur zum Lesen und Über-
setzen brauchbar, aber nicht als Grundlage für einen systematischen
Unterricht in der Grammatik. Sind wir darüber einig, dass wir zu-
nächst nur ein Lesebuch vor uns haben, wo durchaus nicht jeder
Satz ins Gedächtnis eingeprägt zu werden braucht und einen Teil
eines systematisch geordneten Materiales ausmacht, dann können
wir uns auch vorstellen, dass es in der Hand eines geschickten
Lehrers die nötigen Beispiele liefert, um nach und nach eine
grammatische Regel nach der anderen festzustellen. Nur müssen
diese nicht so schnell aufeinanderfolgen, wie dies im Buche vor-
geschrieben ist. Auch ist ein gewöhnliches Wörterverzeichnis schon
derjenigen Schüler wegen notwendig, die etwa eine Stunde ver-
säumt haben.
Als sprachliche Unrichtigkeiten im Texte sollten zum Fehler-
verzeichnis am Schlüsse noch folgende gefügt werden : S. 6 : Gebt
her die Eintrittskarten (Wortstellung!). — S. 12, Z. 2 u. 5 v. u.:
ein gutes Waffen. — S. 14: Wie viel bleib/ sitzen? (von 12 Vö-
geln). — S. 16: Bald befand er sich z« ö'^;^; Tag, bald in der Nacht.
Zu 18 Seiten Text gehören 47 Seiten grammatische Tabellen
und Paradigmen. Eigentliche Regeln fehlen. Diese soll der Schüler
wahrscheinlich mit Hilfe des Lehrers bilden. Das ist ja an und für
32 Besprecliungeu . Anna BohtihoJ\
sich ein riclitiges Verfahren, nur befreit es den Verfasser nicht
viin der Verpflichtung, die endgiltige Form der Regel festzustellen.
Wir müssen ja besinnen, dass nicht einmal tler Lehrer immer sicher
ist, ob er beim Gebrauch der fremden Sprache die richtigen Aus-
drucksweisen trifft. Die Kinder müssen in tadelloser Form sagen
können, wann das Adjektiv dekliniert wird und wann nicht, usw.
Diese Regeln prägen sich auch um so fester ein, wenn sie immer
mit denselben, im Buch gegebenen Worten wiederholt werden.
— An sich sind die Tabellen übersichtlic h und enthalten
vieles über das hinaus, Aas man auf einer unteren Stufe des
Unterrichtes verlangen kann.
E. Freuderitlial.
M. M. Arnold Schmer, Neuenglische Elementargrammatik.
Heidelberg, C. ^^'inter, igog. VIII -f 216 S. 8:0. Preis Mk.
2: 40 geb.
Professor Schröers Grammatik ist für Studenten, die dem
Unterricht der Lektoren an den deutschen Hochschulen beiwohnen,
überhaupt für denkende Erwachsene bestimmt; ihnen soll sie ein
Hilfs- und Nachschlagebuch sein. Der gebildete Laie soll, wenn
er über sprachgeschichtliche Dinge nachgrübelt, in den zwei ersten
Kapiteln der Lautlehre und in der Wortbildungslehre Aufklärung
über seine Fragen erhalten. Im Übrigen gibt das Buch in Ele-
mentartatsachen ein »Gerippe der Grammatik». Der Verfasser
wdll dem erwachsenen Anfänger durch fertig dargebotene Abstrak-
tionen keinen Zwang anlegen, daher hat er die Syntax als solche
ausgeschlossen und einem besonderen Werke zugedacht.
Die Lautlehre umfasst 59 Seiten, wovon die zwei ersten
Kapitel, »Aussprache und Schreibung» und »Schwankungen der
Aussprache und das beste Englisch», die Lautentwickelung allge-
mein geschichtlich darstellen. Sie sind eine übersichtliche Ein-
führung in die Elemente der Lautlehre, durch eine Menge von
Beispielen illustriert. — Das dritte Kapitel der Lautlehre, «Die ein-
zelnen englischen Sprachlaute und ihre Bezeichnung», enthält die
phonetische Transskription mit bildlichen Darstellungen einiger
Zungenstellungen. Die Transskription ist einfach und verständlich,
in vielen Fällen sind dialektische Laute angegeben. Der r-Laut
wird (§§ 7, 10, II, 36, 41) am eingehendsten behandelt. Dem
Verfasser erscheint es am praktischsten, keinen Unterschied zwischen
der Transskription solcher Wörter wie Ifird, ivord, father und
anderer wie here is, vaty zu machen. In der Londoner Aus-
sprache ist aber ein deutlicher Unterschied erkennbar, er müsste
iJ/. M. Arnohi Schröer, Netienglischc F.lementargrammatik. 33
also auch angegeben werden. Man möchte die Wörter Imd, 7vdid
fä'^31, ja vielleicht sogar bvd, ivdd, fVChd, dagegen aber hi3xiz,
ve9.it, Iransskribiert sehen. Dass das kurze End-/ ein nach e hin-
neigender Laut ist, müsste gesagt, wenn auch nicht in der Trans-
skription angedeutet werden. Überflüssig erscheinen dagegen die
Bezeichnungen der Konsonantverbindungen dz, is, gz, ks, die
schon als einzelne Laute besprochen werden. — Das vierte Kapitel
der Lautlehre enthält die englischen Buchstaben mit zahlreichen
Beispielen ihrer vielen verschiedenen Aussprachen.
l\\ der Formenlehre gibt der Verfasser seinem Prinzip ge-
mäss, die Grammatik zu einem Nachschlagebuch zu machen, mehr
Beispiele, als man in solchen Büchern gewöhnlich findet und macht
sich sogar die Mühe, die meisten nicht deutlich erkennbar abge-
leiteten Adverbien und sogar eine grosse Anzahl von Partikeln
aufzuzählen. Ausserdem gibt er ein alphabetisches Verzeichnis der
Wortausgänge flektierter Wortformen, um dem Schüler die ortho-
graphischen Veränderungen zu verdeutlichen. Alles ist einfach
und klar aufgestellt, nur bei den Pronomina könnte einiges weg-
fallen. Statt, wie der Verfasser es tut, diese Wörter zu flektieren
1, 0/ me, io tue, me, genügte es wohl die Formen zu nennen und
hinzuzufügen, dass die Objektsform immer nach Präpositionen ge-
bräuchlich ist.
Das nächste Kapitel heisst »Akzent und Tonabstufung».
Es weist unter anderem auf . die den Deutschen und auch uns
fremde, gleiche Betonung, level siress, gewisser zusammengesetzter
Wörter hin, deutet also an, dass der Verfasser die grösste Sorg-
falt in der Aussprache fordert. Er scheint aber nicht an die All-
macht der phonetischen Transskription zu glauben, denn er sagt
am Ende dieses Kapitels anlässlich seiner hierauf folgenden, zu
jedem Kapitel der Formenlehre gehörigen Sammlung von Beispiel-
sätzen, dass die Transskription derselben nicht als Original, son-
dern als elementare Anleitung, sich in die originale Fremdsprache
systematisch einzuarbeiten, zu betrachten ist. — Von den Lehrern,
resp. Lektoren, fordert er aber, wie mir scheint, zu viel : er will,
dass die genannten Beispielsätze als Ausgangspunkt für Gesprächs-
übungen benutzt werden sollen. Aus einzelnen, kurzen, unzusam-
menhängenden Sätzen ist leider nicht viel Unterhaltungsstoff zu
schöpfen.
Zuletzt noch die Wortbildungslehre. Kapitel 1, »Wortschatz
und Sprachbeherrschung»; II, »Wortschatz und Wortbildung» —
»Lehre von den Suffixen und Präfixen» — »Alphabetisches Verzeich-
nis der Suffixe» — »Suffixe und Präfixe mit Beispielen und geschicht-
lichen Erklärungen». Über das Sprachgeschichtliche dieser Kapi-
tel, wie des Buches überhaupt, darf ich mir nicht herausnehmen,
34 ProtokoUe des A^euphiloloi(ischen Vereitis.
ein Urteil abzugeben. Nur zwei ganz unwesentliche Bemerkun-
gen mögen erlaubt sein: unter den Wörtern auf -//; (17) vermisse
ich Kiplings Neubildung coollh und unter denjenigen auf -ey (54)
steht die unbekanntere Form causey, frz. chausse'e, statt der ge-
bräuchlicheren, volksetymologischen Form causeivay.
Mit einem Anhang »Übersetzung der Beispielsätze», schliesst
das Buch. Leider! Warum folgt nicht noch ein alphabetischer
Index der angeführten Wörter, wie ihn die englischen Bücher ha-
ben. Damit hätte der Verfasser seine Absicht verwirklicht. So
aber muss es dem mit der Sprache weniger Vertrauten schwer
fallen, das reiche Material zu überblicken. Das Buch wäre mit
einem Index ein »Buch für Alle» gewesen, ohne denselben ist
es — eine ausserordentlich übersichtliche, mit praktischem Blick für
das Wesentliche verfasste Grammatik.
Anna Bohnhof.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins vom 1 1 .
Dezember 190Q, bei. welcher Sitzung der Ehrenpräsi-
dent Professor W. Söderhjelm, der Vorstand und 10
Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
§ 2.
Als neues Mitglied wurde Dr K. S. Laurila aufgenommen.
§ 3-
Prof. W. Söderhjelm hielt einen Vortrag über die Autorschaft
der »Cent Nouvelles Nouvelles.:> Nach einem Überblick über die
verschiedenen Ansichten in Bezug auf die Hypothese, dass diese
berühmte Sammlung von Antoine de La Säle herrühre, kam der
Vortragende zu dem Resultat, dass, wenn auch für diese Hypothese
sehr gewichtige Gründe angeführt worden sind, man sie doch mit
gewisser Reser^•ation aufnehmen muss, weil die inneren Berührungs-
punkte mit den übrigen Werken La Sales nicht ins Auge springen.
Protokolle des Ncnphilologischen Vereins. 35
In dieser schwierigen Frage wollte der Vortr. nichts bestimmtes
äussern, er hatte vielmehr die Sache zur Sprache gebracht um
zu zeigen, in welcher Weise und auf welchem methodischen Wege
solche Probleme in der litteraturhistorischen Forschung angegriffen
werden. Er fügte hinzu, dass die Stilistik bei der Lösung ähn-
licher Fragen grosse Hilfe leisten könne, nur müsse man darauf
Acht geben, dass man in der Beurteilung der Schreibart nicht allzu
mechanisch verfahre, was zuweilen geschehen ist, und alle die in
Betracht kommenden Faktoren herbeiziehen müsse.
§ 4-
Prof. A. Wallenshöld besprach kurz: W. Meyer-Lübke, Ein-
führung in das Studium der romanischen Sprachwissenschaft (zweite
Aufl., 1909), und Hugo Hultenberg, Grammaire fran^aise ä l'usage
de l'enseignement secondaire en Suede (Stockholm, 1909). Zuletzt
sprach Prof. W. für die Verbreitung des Maitre phonetique.
In fidem:
A. Längfors.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins vom 29.
Januar 19 10, bei welcher Sitzung der Ehrenpräsident
Prof. W. Söderhjelm, der Vorstand und 17 Mitglieder
anwesend waren.
§ I.
Das Protokoll der letzten Sitzung des Herbstsemesters wurde
verlesen und geschlossen.
Als neues Mitglied wurde Cand. phil. Arvid Nummelin auf-
genommen.
§ 3.
Es wurde gemeldet, dass an die Stelle des zum Revisor er-
wählten Fräulein Aurora Munthe, die verreist war, Fräulein Ruth
Hedvall getreten war. Der zweite Revisor, Cand. phil. Eivald
Müller, verlas folgenden Bericht:
((.Bericht der Revisoren
Über die Kassenverwaltung des Neuphilologischen Vereins für die
Periode i. Januar 1908 — i. Januar 1909.
36
Protokolle des Neuphilologischen J'ereins.
Einnahmen :
Eintrittsgeld der Neupliilologenversammlung . . Fmk _]65: —
Jahresabgaben der Mitglieder » 762: —
Abonnements der Neuphil. Mitteilungen und für
verkaufte alte Jalirgänge » 536: 03
Von der Universität für die Neuphilol. Mitteilun-
gen angewiesen » 500: —
Verkaufte Exemplare der «Memoires» .... » 28:04
Zinsen für igo8 » 5i-3i
Summe Fmk 2,342: 38
In der Kasse den i. Januar 1909 » 1,654: 69
Summe Fmk 3,997: 07
Ausgaben:
Für die Neuphilologenversammlung Fmk 477: 98
Druckkosten der Neuphil. Mitt. (Nr. i — 7, 1909) » 1,288:46
Verfasserhonorar für die Neuphil. Mitt. 1907 . » 22: 50
Verfasserhonorare für IQ08 » 542:02
Distribution der Neuphil. Mitteilungen .... » 108: 89
Korrespondenz und Stempelmarken » 8: 95
Anzeigen » 107:40
Bedienung » 50: —
Jahresfest » 32: 75
Ehrenbezeugungen » 134: 24
Summe Fmk 2,773: 19
In der Kasse den i. Januar 1910 » 1,223: 88
Summe Fmk 3,997: 07
Bei der heute bewerkstelligten Revision der Kassenverwal-
tung haben w'w sämtliche Posten mit den uns vorgelegten Verifi-
katen übereinstimmend gefunden, und schlagen wir deshalb vor,
dem Kassenverwalter Decharge zu erteilen.
Helsingfors d. 29. Januar 19 10.
Ruth Hedvall. Eivald Fr. Müller. y>
Dem Kassenverwalter, Dozenten A. Längfors, wurde Decharge
erteilt.
§ 4-
Der Vorsitzende teilte mit, dass mehrere ausländische Ge-
lehrte, denen Exemplare des soeben erschienenen fünften Bandes
Protokolle des Neuphilologischeu Vereins. 37
der Menioires zugeschickt worden waren, dem Vorstande des Ver-
eins Dankschreiben hatten zukommen lassen. Der Ehrenpräsident
Prof. W. Söder/ijelni, dem der neuerschienene Band zur Vollen-
dung seines 50. Lebensjahres gewidmet war, dankte dem Verein
mit einer längeren Ansprache.
Der Vorsitzende meldete, dass die Neuphilologisch^ Gesell-
schaft an der Universität in S:t Petersburg den Verein eingeladen
hatte an dem Fest teilzunehmen, das anlässlich der Vollendung
des 25. Tätigkeitsjahres der Gesellschalft am 6. Februar (24. Januar
alten Stils) gefeiert wird. Es wurde beschlossen, der Neuphilolo-
gischen Gesellschaft in S:t Petersburg einen Glückwunsch zu über-
senden.
Professor W. Söderhjebn besprach kurz einige neue Bücher:
Guido INIanacorda, Germania Filologica (Cremona 1910); Studi di
Filologia Moderna, her. von G. Manacorda (Catania), Jahrg. 19 10,
Hefte 3 — 4; und eine in tschechischer Sprache veröffentlichte
grössere Arbeit über die Märchen forschung in Böhmen von Dr.
V. Tilly (Prag), der den Lesern der Neuph. Mitt. durch seine
\'eröffentlichung einer tschechischen Version des Sibyllenparadieses
(s. Neuph. Mitt. 1908, S. ']2 fgg.) bekannt ist.
Prof. A. Walleiisköld brachte die Frage zur Diskussion, was
die finländischen Studenten zu tun haben, um dief ranzüsische
Sprache am besten praktisch zu erlernen. Er äusserte
dabei hauptsächlich Folgendes:
Von der Schule her hat der junge Student im Allgemeinen
ziemlich dürftige Kenntnisse in der praktischen Handhabung der
französischen Sprache. Wählt er dann als Examensfach die ro-
manische Philologie, so muss er sich selbstverständlich die nötige
Übung in dem mündlichen und schriftlichen Gebrauch jener Sprache
verschaffen Dabei stehen ihm zunächst folgende Auswege zur
Verfügung: der Unterricht beim Lektor der französischen Sprache
an der Universität, ein Kursus im «Institut der modernen Sprachen»
und schliesslich Privatstunden. Mit diesen Mitteln kann er sich
aber kaum die für ein «Laudatur» genügenden praktischen Kennt-
nisse der französischen Sprache erwerben. Er muss folglich, nach-
dem er den Unterricht des Universitätslektors gebührend benutzt
hat, sich einige Zeit im Auslande in einer französisch sprechenden
38 Protokolle des Ncuphilologisthen Vereins.
Gegend aufhalten. Besonders bieten dann die in Frankreich und
in der Schweiz üblichen Ferienkurse («cours de vacances») gute
Gelegenheit dar, sich leicht und schnell in der französischen Sprache
zu vervollkommnen. Von den Ferienkursen in Deutschland, Frank-
reich und der Schweiz ist mehrmals in unserer pädagogischen Zeit-
schrift sowie in den Neuphilologischen Mitteilungen die Rede ge-
wesen. Den letzten Aitikcl über den Gegenstand (aus dem Jahre
1904) schrieb Fräulein H. Andersin (Tidskrift utg. af Pedagogiska
föreningen i Finland; in kürzerer Form schon 1903 in den Neuph.
Mitt. erschienen). Die Eindrücke, welche finländische Teilnehmer
von den Ferienkursen erhalten haben, waren ziemlich verschieden.
Für die Universitätslehrer aber, welche inbetreff der Wahl eines
Ferienkursus um Rat befragt worden sind, ist es sehr schwierig
gewesen sich bestimmt auszusprechen, da ja der Vorzug des einen
oder anderen Ferienkursus durch gewisse Umstände, die von Jahr
zu Jahr wechseln (Lehrerpersonal, Anzahl der Teilnehmer, u. s. w.),
bedingt ist. Ein guter Wegweiser ist natürlich im Allgemeinen
das praktisch angelegte «Handbuch für einen Studienaufenthalt
im französischen Sprachgebiet» von Ph. Rossmann (Dritte Ausg.
1907). Wichtig ist es aber, fortwährend neues, zuverlässiges Ma-
terial zur Beurteilung der Vorteile der resp. Ferienkurse zu erhalten.
Prof. W. war infolge dessen auf den Gedanken gekommen, spe-
zialisierte Reiseberichte von denjenigen Studenten zu verlangen,
welche mit den von der Historisch-philologischen Sektion jährlich im
Frühjahrssemester verteilten Reisestipendien ä Fmk 500: — ins
Ausland gehen, um Französisch, meistens in einem Ferienkursus, zu
studieren. Das Ergebnis jener Studienreisen könnte dann einem
weiteren Kreise, wie dem Neuphilologischen Verein, in irgend
einer Form mitgeteilt werden. Im vergangenen Jahr (1909) wurde
dieser Gedanke zum ersten Male verwirklicht. Von den vier Stu-
denten, welche Reisestipendien erhielten, um Französisch zu studie-
ren, sind die gewünschten Reiseberichte eingegangen, und Prof.
W. wollte sie dem Vereine in Kürze wiedergeben, in der Hoffnung,
dass hiermit ein Anfang in der Zusammenstellung der Urteile über
die resp. Ferienkurse gemacht sei.
A. — Ferienkurse in Dijo?i (i. Juli — 31. Okt.). Die prak-
tischen Ausspracheübungen waren mangelhaft, die Konversations-
übungen dagegen ziemlich gut organisiert. Teilweise sehr interes-
sante Vorträge. Der Totaleindruck war nicht durchaus vorteilhaft.
Für das gesellige Leben war gut gesorgt. Die Teilnehmer waren
nicht allzu zahlreich. Der Berichterstatter empfielt überhaupt einen
Ort in der Provinz, und nicht Paris, weil man dort mehr Gele-
genheit findet in einem rein französischen Milieu zu leben
B. — Ferienkurse in Geneve (sechs Wochen). Vortrefflicher
Protokolle des Ncuphilelogischen Vereins. 39
Ausspracheunterricht durch Privatdozent W. Thudichun,. Sonstige
Übungen und Vorträge waren auch gelungen. Nur die Konversa-
tionsübungen waren, wegen der vielen Teilnehmer (306) und der
wenigen Lehrer, nicht sehr fördernd. Der Berichterstatter hätte
überhaujit einen praktischeren Charakter der Kurse gewünscht (Lese-
und Sprechübungen im Vordergrund). Er billigt durchaus, dass
man sich ia den Kursen nicht mit der Geschichte der Sprache,
sondern hauptsächlich nur mit der lebenden Sprache beschäftigt.
Um sich Kentnisse in der historischen Emwickelung der französi-
schen Sprache zu erwerben, brauche man nicht ins Ausland zu
fahren.
C. — Ferienkurse in Besanfon (i. Juli — 31. Okt.) Eine
gewisse Oberflächlichkeit in den mitgeteilten Tatsachen gab sich zu
erkennen. Der phonetische Unterricht war allzu elementar. Besser
betrieben wurden Grammatik und Stilistik. Am besten waren die
Vorlesungen über Litteratur und Litteraturgeschichte. Dagegen waren
die praktischen Übungen ganz verfehlt. Das gesellige Leben war
gut organisiert. Als eine Art Fortsetzung desselben wurde eine
«Association generale des etudiants etrangers de l'universite de
Besanc^on» mit einem monatlich erscheinenden «Bulletin» gegrün-
det. Der Berichterstatter hat im Allgemeinen keine Ursache seine
Wahl zu bereuen.
D. — Aufenthalt in Paris in dem Institut Saint-Germain
(60, nie des Ecoles); Ferienkurse in Saint- Valery-en-Caux (Juli —
Aug.). In dem Institut, mit welchem ein gutes Pensionat ver-
bunden ist, war der Unterricht methodisch und praktisch einge-
richtet. Der Ausspracheunterricht, von dem Leiter des Unterneh-
mens, Herrn Emile Villemin, mitgeteilt, war besonders gelungen.
Hauptziel des Unterrichts war die Einführung in die moderne
Sprache. Nebenbei wurde auch historische Grammatik getrieben.
— Die Ferienkurse in Saint- Valery-en-Caux (Nähe von Paris),
welche auch unter der Leitung des Herrn Villemin standen, waren
gut organisiert. Nur die Konversationsübungen Hessen zu wünschen
übrig. Ein Vorteil war, dass die Anzahl der Teilnehmer nicht
sehr gross war (diese Ferienkurse finden erst seit paar Jahren statt).
Wie aus diesem kurzen Referate hervorgelit, waren unsere
vier Studenten im Grossen und Ganzen mit ihren Reisen zufrieden.
Ihre Berichte geben einen zuverlässigen Eindruck von dem Cha-
rakter der angewandten Methoden. Was im Allgemeinen zu fehlen
scheint, ist ein wirklich praktisch angeordneter Kursus in der münd-
lichen Anwendung der französischen Sprache.
Zum Schluss sprach Prof. W. den Wunsch aus, dass auch
in der Zukunft Studierende, welche die französische Sprache im
Auslande, besonders in den verschiedenen Ferienkursen, praktisch
40 Ei>igesan<He Litterotur,
studieren, detaillierte Reiseberichte dem Neuphilologischen Verein
mitteilen wollten, damit man ein hinreichendes Material inbetreff
der Wahl eines Studienaufenthaltortes in den Sommerferien erhal-
ten könne.
In der nach dem Vortrag entstandenen Diskussion bemerkte
zuerst Prof. Söderhjelm, dass die referierten Berichte von den aus-
ländischen Ferienkursen eine vorteilhaftere Vorstellung gaben als
man früher bei uns gehabt hatte; ei betonte die Notwendigkeit
eines ausländischen Studienaufenthalts vor der Erlangung des Zeug-
nisses «laudatur». — Lektor Poirot fand, dass unsere Studenten
zu wenig schriftliche Übersetzungsübungen ins Französische machen.
Damit den Studenten der phonetische Unterricht im Auslande
wirklich nützlich werde, wäre es gut, dass sie von dem ein-
heimischen Lehrer der Phonetik einen Zettel mit Angabe der per-
sönlichen Aussprachefehler eines Jeden bekämen, welche der aus-
ländische Lehrer sodann sich bemühen sollte zu korrigieren. —
Dr K. S. Laiiiila empfahl besonders die kleinen Ferienkurse an
der Westküste Frankreichs und fand einen Führer für einheimische
Neuphilologen wünschenswert.
In fidem:
A. Längfors.
Eingesandte Litteratur.
Erik Björkman, Nordische Personennamen in England in alt-
und frühraittel-englischer Zeit. Ein Beitrag zur englischen Namen-
kunde (= Studien zur englischen Philologie, herausgegeben von
Lorenz Morsbach. XXXVII). Halle a. S., Max Niemeyer, 19 lo.
XIII + 217 S. 8:0.
Heinrich Breimeier, Eigenheiten des französischen Ausdrucks
und ihre Übersetzung ins Deutsche. Dresden und Leipzig, C. A,
Koch (H. Ehlers), 19 10. VIII -j- 72 S. 8:0 (= Neusprachliche
Abhandlungen aus den Gebieten der Phraseologie, Realien, Stili-
stik und Synonymik unter Berücksichtigung der Etymologie. Heraus-
gegeben von Dr. Clemens Klöpper-Rostock. XVII. Heft).
Ferdinand Brunot, Histoire de la langue franc^aise des ori-
gines ä 1900. Tome III: La Formation de la Langue classique
(1600 — 1660). Premiere partie. Paris, Armand Colin, 1909.
XXXIV + 420 p. gr. in-80. Prix: 12 fr. 50, rel. 17 fr.
Congres International tenu ä Paris du 14
au 17 avril 1909. Compte rendu general public par les
soins de M. Georges Delobel. En depot Librairie Henry Paulin &
C'^, Paris, 1909. 847 p. gr. in- 8".
Eingesandte f.itteratur. 41
Ce magnifique volume, cdite par la «Societe des profes-
seurs de langues Vivantes de l'enseignement public», est
consacre ä l'interessant congres dont les traits principaux
ont ete relates dans notre revue (annce 1009, pp. 141 — 58)
par M. Henri Schoen.
Gernaanisch-romanische Monatsschrift, in
Verbindung mit F. Holthausen, W. Meyer-Lübke, V. Michels, W.
Streitberg herausgegeben von Heinrich Schröder. H. Jahrgang, Heft
I (Januar 19 10). Inhalt: Gustav Neckel, Etwas von germanischer
Sagenforschung; Karl Luick, Über Sprachmelodisches in deutscher
und englischer Dichtung; Leon Kellner, Englische Wortforschung;
W. Duschinsky, Über den gegenwärtigen Stand der orthographischen
Reform in Frankreich; Walther Küchler, Das französische Theater
der Gegenwart, HI ; Bücherschau, Selbstanzeigen, Vereine und
Versammlungen, Nachrichten.
«Die GR^I hat sich als Ziel gesteckt, eine engere Ver-
bindung zwischen Universität und Schule herzustellen und
die im Schuldienst stehenden Philologen auf dem Gesamt-
gebiet ihrer Wissenschaft fortgesetzt auf dem laufenden zu
erhalten durch abgerundete kritisch orientierende Aufsätze
über die Fortschritte der Forschung auf allen Einzelgebieten
der germanischen und romanischen Philologie. Dabei soll
das Deutsche, Englische und Französische im Vordergrund
stehen, die Literatur und Sprache auch der jüngsten Zeit
bis in die Gegenwart hinein Berücksichtigung finden und
überall das Wichtigere eingehender behandelt werden. Diese
zusammenfassenden Aufsätze sollen alle wichtigen Einzel-
untersuchungen kritisch verarbeiten, durch ausreichende Litera-
turnachweise einem eindringenden Studium den Weg ebnen
und zur Mitarbeit an den noch zu lösenden Fragen anregen.»
Der Bezugspreis fürs Ausland beträgt portofrei 7 Mark;
man wende sich an Carl Winter's Universitätsbuchhandlung,
Heidelberg.
R. Lenz, Programa de la Sociedad de Folklore Chilene,
fundada en Santiago de Chile el 18 de Julio de 1909. Santiago
de Chile, Lourdes, 1909. 24 pajs 8:0 — Contenido : Estatutos
de la Sociedad; Lista de los miembros ; Bibliografia; R. Lenz,
Etnologia i Folklore; Programa para estudios de folklore chileno;
Fonetica chilena i reglas para la trascripcion de documentos en
dialecto chileno.
Ouido Manacorda, Germania Filologica. Guida bibliografica
per gli Studiosi e per gli insegnanti di lingua e letteratura tedesca
con circa 20.000 indicazioni. Cremona, Ditta Pietro Fezzi, 19 10.
281 p. gr. in-8''. Prezzo L. 10: — .
42 Schriflenaustausch.
Kr. Nyrop, Fransk Verslcxre i Omrids. K0benhavn, Gylden-
dalske Boghandel — Nordisk Forlag, 1910. XII-(-ioo p. in-
Johannes Öhqiiist, Deutsche Prosa und Dichtung nebsi
l'bungsstücken für (len Schukmterricht bearbeitet. Vierte, verbes
scrte und mit Bildern versehene Auflage. Helsingfors, Verlags
geseilschaft Otava, 19 10. XX-f-356 S. 8:0. Preis geb. Fmk 3: 75
Hans Strigl, Sprachwissenschaft für alle. II. Jahrgang, Nr
7— II.
Studi di Filologia Moderna, 190g, fas(\ 3 — 4.
Seit d. J. 1908 erscheint in Catania eine unseren Stu-
dien gewidmete Zeitschrift mit dem obigen Titel, heraus-
gegeben von G. Manacorda. Die uns zugeschickten Hefte
bilden zusammen einen 200 Seiten starken Band und ent-
halten grössere Artikel über litterarische und wissenschaftliche
Kritik in Frankreich im igrten Jhdt (v. A. Galletti), über
die Schicksale Cervantes' in Italien im 1 6:ten Jhdt (v. E. Mele)
und über Wielands Grazien (v. Manacorda). Eine wie es
scheint sehr vollständige Bücher- und Zeitschriften- Bibliographie
ist beigegeben. Sie ist unpraktisch aufgestellt, nicht nach
Materien, sondern nach den verschiedenen Ländern, wo die
Schriften erscheinen. Die Zs. kostet für das Ausland 20 lire
jährlich, es geht aber nicht deutlich hervor, wie viele Hefte
ein Jahrgang enthält (wahrscheinlich vier). — Von finnlän-
dischen Veröffentlichungen sind die Neuphil. Mitt. und
Längfors-Söderhjelms Ausgabe der Vie de samt Quentin er-
wähnt.
Schriftenaustausch.
Bibliogmphia phonetica, 1909, Nr. 12, 19 10, Nr. i — 2,
und Annotationes phoneticae, 1909, Nr. 10 — 12. — In der Bibl.
phon. 1909 wird unter Nr. 513 erwähnt der Artikel J. Öhquist's
über die Anwendung der Sprechmaschine im Sprachunterricht,
welcher in den Neuph. Mitt. (1909, S. 169 — 77) erschienen ist.
— Unter den von den Ann. Phon, verzeichneten Vorlesungen und
Übungen über Phonetik in den Jahren 1909 und 19 10 (Nr. 35)
befinden sich auch die phonetischen Übungen jf. Poirofs an un-
serer Universität.
Bulletin de dialectologie romane, annee I, n:os 3 — 4. Som-
maire: J. Huber, Sprachgeographie; Comptes-rendus; etc.
Modern Language Notes, Vol. XXIV, No. 8 (Dec. 1909);
XXV, No. 1 — 2 (Jan. -Febr. 19 10).
Mitteilungen, 43
Moderna Spräk, III. Jahrg., Nr. () (Dez. 1909). Enthält
u. A.: Artur Korlen, Till undervisningen i tysk uttalsteknik: I.
«seh»-, «ich»-, «ach»-ljuden; II. o-, ö-, u-, ü-ljud (S. 131 — 153).
Päivä 1909, Nr. 47 — 8; 19 10, Nr. i — 12.
Rassegna bibliografica della letteratum italiana, anno XVII
(i()09), fasc. 10 — ir— 12.
Revue germaniqiie (Allemagne — Angleterre — Etats-Unis —
Pays-ßas — Scandinavie). Sixieme annee, n^ i (janvier-fevrier 19 10),
128 p. in-8''. Sommaire: Frederic Stolberg et la Revolution
fran(;aise, par A. Chuquet; Gilbert Keith Chesterton, par J. Blum;
En marge de Nietzsche, par L. BenDist-Hanappier; Documents divers,
par Camille Pitollet; Litterature comparee, par F. Baldensperger;
Le Theatre anglais, par Th. Ruyssen : Comptes rendus critiques;
Bulletin ; Bibliographie ; Revue des revues.
«La Revue Germanique est publiee sous les auspices de
rUniversite de Lille et parait cinq fois par an (i" janvier,
I" mars, i" juillet, i" novembre), en fascicules d'environ 8
feuilles in-S" formant un volume d'environ 640 pages.»
Prix d'abonnement pour l'etranger: 16 fr.; s'adresser a
M. F. Piquet, 65, rue Brule-Maison, Lille.
Mitteilungen.
Einheimische Publikationen: Memoires de la
Societe neo-philologiqae de Helsingfors, tome V. Helsingfors,
Waseniuska Bokhandeln (en distribution) — Paris, H. Champion —
Leipzig, Otto Harrassowitz, 1909. 559 S. 8:0. Preis: Fmk 12; für
Mitglieder des Vereins die Hälfte (zu beziehen durch Doz. A.
Langfors, Kronbärgsg. 11, Helsingfors). — Inhalt: Dedicace (a M.
Söderhjelm, president d'honneur de la Societe, a l'occasion de son
cinquantieme anniversaire, avec son portrait)"; Emil Zilliacus, Gio-
vanni Pascoli et l'antiquite, etude de litterature comparee (S. i — 135);
U. Lindelöf, Die altenglischen Glossen im Bosworth- Psalter, Brit.
Mus. Ms. Addit. 37517 (S. 137 — 231); Oiva Joh. Tallgren ; ^\yc
la rime italienne et les Siciliens du XIIP siecle, observations sur
les voyelles fermees et ouvertes (S. 233 — 374); A. Wallensköld,
La construction du complement des comparatifs et des expressions
comparatives dans les langues romanes (S. 375 — 478); y4r/«r Za«^-
fors, Notice sur deux livres d'Heures enlumines du XV^ siecle,
appartenant ä M™^ la Baronne Edvard Kisinger, avec deux planches
hors texte (S. 479 — 504); Hugo Suolahti, Eine mittelhochdeutsche
44 MUtcilufigen.
Paraphrase der Sequenz «Ave praoclara maris Stella» (S. 505 —
548); M. Wasenius, Liste des travaux sur les langues et iitteratu-
res romanes et gerraaniques publics par des auteurs finlandais ou
parus en Finlande au cours des annees 1906 — 1908 (S. 549 — 557).
— A. Wallensköld, Florence de Rome, chanson d'aventure du pre-
mier quart du XIIP siccle. Tome premier. Paris, Firmin-Didot
et C>^ 1909. 296 p. in-S*'. (Le tome II a paru en 1907).
Ausländische Besprechungen einheimischer
Publikationen: A. Längfors et W. Söderhjelm, La Vie de
Saint Quentin par Huon le Roi de Cambrai, von K. Sneijders de
Vogel, Museum XVII, Nr. 2 ; W. Söderhjelm, Les inspirateurs
des «Quinze joyes de Mariage», in Romania XXXVIII, S. 630;
W. O. Strejig, Haus und Hof im Französischen, von E. Tappolet,
Literaturblatt f. germ. u. rom. Phil. 1909, Sp. 405 — 8; A. Jean-
roy, Annales du Midi, XXI, S. 149; H. Suolahti, Die deutschen
Vogelnamen, von Fr. Kluge, Zs. f. deutsche Wortforschung XI,
S. 318 — 9; P. Tietsch, Zs. d. allg. deutschen Sprachvereins, 19 10,
S. 19 — 21; A. Thumb, Frankf. Zeitung, 23. Jan. 1910; 0. J.
Tallgren, Le passage difficile de la chanson Amorosa donna
fina de Rinaldo d'Aquino (Neuph. Mitt. 1909, S. 85 fg.), in
Rass. bibl. della lett. ital. XVII, S. 261; E. Zilliaciis, Giovanni
Pascoli et l'antiquite, von B. Wiese, Deutsche Literaturzeitung
1909, Nr. 41; A. de Gubematis, II Popolo Romano vom 16.
Aug. 1909; G. S. Gargäno, II Marzocco vom i. Aug. 1909;
E. Pistelli, Atene e Roma, Sept. — Okt. 1909; M. Paoli, Bulletin
italien vom 5. Jan. 19 10; Fr. Book, Svenska Dagbladet vom 24.
Aug. 1909.
Universitätsnachrichten. Dr. Oiva Joh. Tall-
gyen ist den 4. Jan. d. J. zum Dozenten der südromanischen Spra-
chen ernannt worden: Dr. Alexis von Kraemer den 29. Jan. d.
J. zum Lektor der französischen Sprache auf zwei Probejahre.
Ferienkurse: In Besanron vom i. Juli bis i. Nov. —
In Paris, veranstaltet von der Alliance fran(;-aise, vom i . bis 31.
Juli und vom i . bis 31. Aug.
Studierende und Pädagogen, welche wegen des prakti-
schen Erlernens einer fremden Sprache (Deutsch,
Französisch, Englisch) einige Zeit im Auslande verweilt haben,
werden gebeten, an die Redaktion dieses Blattes soweit möglich
detallierte Reiseberichte einzusenden, damit wir im Stande wären,
gegebenfalls über einschlägige Fragen Auskunft zu erteilen.
NeupHiioiogische
• • /aitteiujNqen
Herausgegeben vom Neuphilologischen \/erein in Helsingfors.
L Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
|v I 4: 30 durch die Post und 5 Fmk durch die Buchhandlungen. '
\lX. 3/4 il Zahlerde Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich, jj 1(^10
(' — Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Besprechung [
!| bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. W a 1 1 e n s k ö 1 d, ]
Vestra Hamngatan 5) zu senden. ||
Adolf Tobler.
In memoria m.
Der am i8. März d. J. stattgefundene Tod des Berliner
Altmeisters der romanischen Philologie hat unter allen Roma-
nisten die tiefste Trauer erweckt. Wir sehen ja vollends ein,
welcher ungeheure Verlust das Hinscheiden des grossen For-
schers für unsere Wissenschaft ist. So mag es auch dem
Verfasser dieser Zeilen, der das Glück gehabt hat, Adolf Tobler
als Lehrer persönlich kennen zu lernen, gestattet sein, seinem
Andenken einige Worte dankbarer Erinnerung in diesem Blatte
zu widmen.
Adolf Tobler, in Zürich im Jahre 1835 geboren, lag seit
seiner ersten Studentenzeit dem Studium der romanischen
Sprachen ob. Er war eine Zeit lang Diez' Schüler in Bonn
und erwarb sich durch Reisen in Frankreich und Italien ge-
diegene Kenntnisse in den Sprachen und Litteraturen jener
Länder. Zuerst als Gymnasiallehrer in Solothurn angestellt,
folgte er im Jahre 1866 einem Rufe nach Bern, wo er im
kantonalen Gymnasium Unterricht im Französischen und Ita-
lienischen erteilte und sich bald als Privatdozent für roma-
nische Philologie an der dortigen Universität habilitierte. Im
folgenden Jahr (1867) siedelte er als Extraordinarius nach Berlin
über und wurde im Jahre 1870 zum ordentlichen Professor
der romanischen Philologie ebendaselbst ernannt. Vierzig
46 ./. lV,illeiisköhl,
Jahre hatte Tobler in dieser Eigenschaft an der Friedrich-
Wilhelms-Universität mit niemals versagender Pflichttreue
und mit dem allergrössten Erfolg das Zepter geführt, als der
Tod seinem glorreichen Leben im Dienste der Wissenschaft
ein Ende machte, kurz vor dem Augenblicke, wo er seine
Tätigkeit als Lehrer für immer niederlegen sollte.
Es ist nicht meine Absicht, in diesen Zeilen zu ver-
suchen, ein vollständiges Bild davon zu geben, was Tobler
für die romanische Philologie getan hat. Die Fachleute wissen
ja, auf wie verschiedenen romanischen Spezialgebieten er
seinen wissenschaftlichen Scharfsinn, seine methodische Prä-
zision und seine staunenswerte Gelehrsamkeit gezeigt hat.
Alles, was Tobler geschrieben hat, ist, wenn auch bisweilen
seine Erklärungen wissenschaftlicher Tatsachen auf Widerstand
gestossen sind, so gründlich überwogen, so allseitig beleuchtet,
dass man immer mit seinem Standpunkt in der betreffenden
Frage als mit dem wichtigsten rechnen muss. In mancher
Hinsicht ist Toblers Tätigkeit als Romanist bahnbrechend und
hat auf die jüngere Generation einen mächtigen Einfluss aus-
geübt. Man denkt dabei natürlich besonders an bestimmte
Werke von ihm. Wie lehrreich für alle folgenden Herausgeber
mittelalterlicher Texte war z. B. seine kleine Ausgabe der
altfranzösischen Parabel von dem echten Ringe! Wie besonnen
und frei von subjektiven Teorien ist seine gelehrte Darstellung
der Entwickelungsgeschichte des französischen Versbaus! Und
schliesslich, wie bewundernswürdig in ihrer psychologischen
Feinheit und ihrer logischen Schärfe sind seine syntaktischen
Untersuchungen, diese »Vermischten Beiträge», welche ihm
seinen grössten Ruhm als Eröffner neuer Bahnen verschafft
haben und welche als Muster syntaktischer Forschung für alle
Zeiten gelten können! Und dazu kommt, dass seine ganze
Darstellung auf einer ausserordentlichen Genauigkeit im Ein-
zelnen ruht, die die ungewöhnliche Solidität der wissenschaft-
lichen Auslegung bedingt und von vorneherein das ruhigste
Vertrauen einflösst.
Als Vorleser und Leiter wissenschaftlicher Übungen war
Tobler in seiner Art ausgezeichnet. Er war kein glänzender
Adolf 'J'obkr. In memoriam. 47
Redner, aber was er sagte war so klar und so wohl ab-
gewogen, dass man seinem Unterricht mit vollständiger An-
dacht folgte. In Anbetracht der einfachen Klarheit seiner Vor-
lesungen wirkt es überraschend, dass sein Stil, trotz aller
logischen Schärfe, oft so schwerfällig ist. Diese Schwerfällig-
keit, oder sagen wir lieber: zusammengedrängte Ausdrucks-
weise, war aber absichtlich. Tobler war der Meinung, dass
es gar nicht schadet, wenn ein Satzgebäude verwickelt ist,
falls dieses doch schliesslich logisch und grammatisch richtig
dasteht: Nachdenken tue Jedermann wohl! Charakteristisch
für Tobler ist daher auch was er in der Vorrede zur vierten
Auflage seines »Versbaus» wegen des dreizehn Zeilen langen,
oft als Curiosum angeführten ersten Satzes der ersten und
zweiten Auflage desselben Werkes äussert: »Der berüchtigte
erste Satz . . . steht noch immer da ; aber schon seit der dritten
Auflage eingeführt durch einen andern Satz, aus dem man
erfährt, dass man jenen nicht zu lesen braucht.»
Aus diesen Worten ersieht man auch, dass Tobler einen
Sinn für Humor hatte, und dieser Charakterzug kam oft
während seiner Vorlesungen und Seminarübungen zum Vor-
schein. Ich erinnere mich noch seines feinen, ironischen
Lächelns und seiner kurzen humorvollen Bemerkungen, wenn
er menschliche Dummheit in irgendwelcher Form vor sich sah.
Tobler war daher ebenso gefürchtet wie bewundert von seinen
Schülern. Und man erzählte damals, als ich in Berlin stu-
dierte, mit einem gewissen Schaudern die unheimliche Situa-
tion eines jungen Studenten, der vor dem strengen Lehrer
von seinen »Gemischten Beiträgen» sprach. Im Grunde war
Tobler aber wohlwollend und gut, und die Herzen aller derer
zog er an sich, die ihn näher kannten. Persönlich denke ich
mit den Gefühlen wärmster Dankbarkeit an den ausgezeich-
neten Lehrer, unter dessen Leitung ich meine ersten Schritte
auf dem Gebiete der romanischen Philologie getan habe.
A. Wallensköld.
48 IV. Söderlijelm,
Bemerkungen zur Disciplina Clericalis und ihren
französischen Bearbeitungen.
Die unter diesem Namen bekannte erste occidentalische
Sammlung morgenländischer Geschichten und Sprüche, von
dem getauften jiidischen Arzte Rabbi Moise Sephardi (später
Petrus und nach seinem Taufpathen Alfonsi, sc. filius spiri-
tualis, genannt) um iiio zusammengestellt und nachher in
Übersetzungen und Bearbeitungen über ganz Europa, von
Spanien und Italien bis Island, verbreitet, ist, seitdem Valen-
tin Schmidt i. J. 1827 den lateinischen Text mit weitläufigem
Kommentar herausgab (ohne zu wissen, dass er schon drei
Jahre früher veröffentlicht war), nicht Gegenstand einer Ge-
sammtarbeit gewesen. Vor dreissig Jahren brachte die Romama
folgende Notiz: »MM. Thor Sundby et Kr. Nyrop s'occupent
d'une nouvelle edition de la version en prose frangaise de la
Disciplina Clericalis, imprimee fort impartaitement par l'abbe
Labouderie en 1826 (soll sein 1824). Un bon texte de cette
Version se trouve dans le meme ms. de Copenhague . . . Les
deux philologues danois songent ä joindre a leur edition
l'original latin, et, ce qui serait fort precieux, les deux tra-
ductions en vers.»^ Seitdem ist ja vieles für die Kentnis der
DC und besonders ihrer Bearbeitungen getan worden'^, aber
der oft ausgedrückte Wunsch, dass von dem lateinischen
Texte und den frz Bearbeitungen eine neue kritische Ausgabe
erscheine, ist nicht in Erfüllung gegangen. Die von der So-
ciete des Bibliophiles i. J. 1824 durch abbe Labouderie be-
sorgte Ausgabe des Originals und einer Versredaktion nebst
' Romania, t. IX (1880), .S. 344.
^ Ich nenne hier die verdienstvolle, aber keineswegs vollständige (und
in einigen Punkten nicht ganz zuverlässige) Bibliographie bei V. Chauvin,
Bibliographie arabe, t. IX, 1905, die Veröffentlichung der isländischen, fast
alle Geschichten umfassenden Bearbeitung in H. Gering, Islendzk Aeventyri,
1882 — 84 (die Chauvin nicht genau zu kennen scheint /. c. .s. 14), und die
Ausgaben frz Bearbeitungen durch Roesle (Mayhinger Text, München 1899)
und Ducarain (s. unten), die später als Chauvin's Bibliographie erschienen sind
und also nicht dort verzeichnet werden konnten.
Bemerkungen zur Disciplina Clericalis etc. 49
Abdruck eines frx Prosatextes ist indessen äusserst schwer
zugänglich und nimmt nicht, ebensowenig wie die Schmidt'sche
Publikation des lateinischen Textes, auf genügendes Hdsmate-
rial Rücksicht. Der Barbazan-Meonsche Abdruck einer an-
deren Version der französischen Versbearbeitung ist nicht
vielseitiger, da er sich auf eine einzige Hds stützt; und
schliesslich knüpfen sich an diese Texte sowie an die Be-
arbeitungen und Übersetzungen in anderen Sprachen so viele
Fragen an, die noch nie in einem Zusammenhange erörtert
worden sind, dass der Gegenstand auch von diesem Stand-
punkte eine Bearbeitung erheischt.
Als ich vor einigen Jahren in Brüssel die Prosa-Hds,
nach der Labouderie (oder richtiger Meon) seine Veröffent-
lichung gemacht hatte, kollationierte, kam ich auf den Ge-
danken, mich mit dieser Aufgabe ernstlich zu beschäftigen.
Mein Freund Kr. Nyrop, an den ich mich zunächst wandte
um zu erfahren, ob er die von seinem inzwischen verschie-
denen Lehrer, dem bekannten Biographen Brunetto Latini's,
und ihm angegriffene Arbeit weiter verfolgen würde, teilte
mir mit, dass er es aufgegeben hatte und stellte zu meiner
Verfügung das von ihnen zusammengebrachte Material, das
aus Abschriften der Kopenhagener Hds, der Pavia-, der May-
hingen- und einer Pariser-Hds der frz Version sowie aus
mehreren, nicht immer vollständigen Kollationen der Pariser-
und Brüsseler-Hdss des lateinischen Textes und einer Verglei-
chung des Labouderie'schen frz Textes mit der Londoner Hds
bestand. Ich teilte dann im Litteraturblatt Februar 1907 mit,
dass ich mit einer grösseren Arbeit über die Texte der DC
beschäftigt war, und bekam von Gaston Raynaud zum Ge-
schenk zwei Abschriften der Harley-Hdss eines frz Verstexies.
Ich habe nunmehr eine Menge von lateinischen Hdss des
Originals an verschiedenen Stellen kollationiert — in Italien,
Frankreich, Deutschland, Oesterreich, Holland, Belgien, Eng-
land — und auch in Bezug auf die französischen Texte ein
so gut wie vollständiges Material für eine Ausgabe zusammen-
gebracht, entweder durch eigene Kollationen und Abschriften
oder durch den Beistand freundlicher Mithelfer, Es ist also
50 H'. Söderlijclin.
meine Absicht möglichst bald eine zusammenfassende Dar-
stellung der diesbezüglichen Verhältnisse zu geben, und da
ich das Glück gehabt habe, Dr A. Hilka in Breslau zum
Mitarbeiter in dem Fertigstellen der Texte zu gewinnen,
nachher eine Ausgabe aller dieser Versionen zu veranstalten.
Vorläufig gebe ich hier einige Mitteilungen aus meinen
Notizen.
1. Zur Biographie des Petrus Alfonsi.
Eine feststehende Tradition lässt ihn i. J. 1062 geboren sein.
So noch Menendez y Pelayo in seinen Origenes de la Novela,
1905, S. XXXVI, G. A. K(ohut) in der letzten Ausgabe der
Jewish Encyclopedia, 1901, s. v. Alfonsi, etc. Diese Angabe
beruht auf einer Mitteilung, die in der Vorrede der Dialogi
des Verfassers vorkommt und wo er von seiner Taufe sagt:
»Hoc autem factum est anno a nativitate Domini millesimo
centesimo sexto, aetatis meae anno quadragesimo quarto,
mense JuHo, die natalis Apostolorum Petri et Pauli.» Dies
scheint ja vollständig klar. Nun haben aber, und fast zu
gleicher Zeit und, wie es dünkt, von einander unabhängig,
zwei neuere Forscher schon 1893 festgestellt, dass diese An-
gabe auf eine irrtümliche Lesart zurückgeht. In einer Londoner
Hds der Dialogi (BM Harley. 3861) fand einerseits Ward eine
andere Version, die folgendermassen lautete: »Hoc autem
factum est anno a nativitate domini M"^, C""^, VL'^'^'^ era M"^,
Cma XL'"% 1111'=*, und deutet: »that is to say, he was baptized
in the Octave of Peter and Paul (June 29 — ^July 6) A. D. 1106,
and 1144 of the Era of Spain. But the words »era M"^ C™'»,
are changed in the printed editions into »aetatis meae anno».^
Ganz in derselben Weise berichtet Rose in seinem Katalog
der lateinischen Hdss in Berlin, dass in einer dort befind
liehen Hds der Dialogi steht: »Hoc autem etc. anno M. C.
VI° era M^ C^ XL^ IIIF* mense iulio. die natal. etc.», was
er vollständig ebenso deutet wie Ward'-. Hiernach ist nur
* Ward, Caialogue of ronianccs, II, 235 fl".
* Rose, Verzeichnis (kr lat. Hdss, I, 118.
I-leiiierkiniiicii zm /) i s c i p / i n a C l e r i c n 1 1 s etc. 51
ein einziges Datum im Leben des Petnas Alfonsi bekannt,
nämlich das seiner Konversion; in welchem Alter er damals
stand, bleibt uns im Gegenteil einstweilen verborgen.' Auch
sein Todesjahr kennen wir nicht; es ist nicht zu ergründen,
woher Casimir Oudin ^ die Nachricht hat, dass Petrus iiio
gestorben sei, wie er, um Labouderie's Ausdruck zu ge-
brauchen, »insinuiert». Das ist jedenfalls glaublicher, als die
Angabe bei Gröber, der unsern Verfasser in demselben Jahre
sterben lässt, in dem er getauft wurde. ^
In der Vorrede der Dialogi \\g\ssX. es u. A. : »Fuit autem
pater meus spiritualis Alfonsus gloriosus Hispaniae Imperator.»
Es haben sich besonders spanische Geschichtsschreiber darüber
gestritten, ob hiermit Alfons VI von Leon und Castilien, der
zur Zeit der Taufe diesen Titel trug^ oder aber Alfons I von
Aragonien, der Batallador, gemeint sei. Da nun die aller-
meisten Hdss bezeugen, dass Petrus getauft wurde »in sede
Oscensis civitatis», also Huesca in Aragonien, so scheint für
die letzgenannte Ansicht alle Wahrscheinlichkeit vorzuliegen.
Wenn im Gegenteil noch Amador de los Rios die Möglich-
keit der anderen Alternative verteidigt, so geschieht es, weil in
irgend einer Hds die eben citierte Stelle einen derartigen Wort-
laut hat, (»Osmensis» oder vielleicht »Oxmensis»), dass man an
die Stadt Osma in Alt-Castilien denkt.* Es scheint, als ob Ward
diesen Knoten am glücklichsten gelöst hätte, wenn er sagt,
dass das Werk wol nicht gleich nach der Taufe geschrieben
wurde (es hatte ja zum Anlass die vielen Angriffe, denen
' Aus der Einleitung zur Ausgabe der Societe des Bib iophiles S. I
gellt hervor, dass der Verf. (Labouderie oder Meon) eine Ahnung von dem
richtigen Sachverhältnis gehabt hat, obgleich er nicht die Schlussfolgerung
hat ziehen können : er sagt dass Rabbi Moise zum Christentum überging
»ä Tage de quarantequatre ans» und dass er 1106 »(1144 de l'ere d'Espagne)»
getauft wurde. •
- Casimir Oudin, CoDimentarii de scriptoribus ecdesiasticis, 1722, t. II,
col 992.
■'' Gröber, Grundriss der romanischen Philologie, II, i, 216. "
^ Amador de los Rios, Hisioria Critica de In literatura espiniota. 1862,
II, 240 f.
52 IV. Söderlijclm,
Petrus von selten seiner früheren Glaubensgenossen wegen
seines Abfalls ausgesetzt worden war), sondern zwischen den
Jahren 1109, wo Alfons I nach dem Tode Alfons' VI den
Titel Kaiser von Spanien annahm, und 11 14, wo er auf seine
kastilischen Rechte verzichtete. Ward meint, man könne aus
diesem Umstände jedenfalls keine Schlüsse auf die Abfassungs-
zeit der DC im Verhältnis zu derjenigen der Dialogi ziehen. ^
Das ist wahr, aber immerhin steht es fest (man braucht nur
die ersten Worte des Werkes zu lesen), dass die DC nach
der Taufe geschrieben worden ist, und Schmidt hat ohne
Zweifel Recht, wenn er wegen des devoten Anfangs die bei-
den Schriften chronologisch nicht weit von einander verlegt. ^
Ein spanischer Theologe aus dem XV Jhdt, Alphonsus
Spina, berichtet in seiner besonders gegen die Juden gerichte-
ten Arbeit Fortalitium fidei, dass Petrus Arzt des spanischen
Kaisers Alfons war (er nennt ihn auch »sapientissimus inter
Judaeos»).^ Wir haben keinen Anlass, die Richtigkeit dieser
Angabe zu bezweifeln, da Spina mit allen auf die spanischen
Juden und besonders auf ihr Verhältnis zum Christentum
bezüglichen Umständen genau bekannt war. In einer Cam-
bridger Hds der DC steht aber eine andere Nachricht, die
bisher unbeachtet geblieben ist. Es heisst nämlich dort: »Dixit
petrus amphulsus servus Christi Jhesu henrici primi Regis
anglorum medicus compositor hujus libri».'^ Hier hätten wir
also die wichtige Notiz, dass unser Verfasser später nach
England gekommen sei, und zwar als Leibarzt des Königs, wie
er es in Spanien gewesen war. Diese Angabe ist aber einstweilen
mit Vorsicht aufzunehmen. Sie findet sich sonst nirgends in
den Hdss oder anderwärts. Man kann sich denken, dass der
Schreiber der Cambridger Hds, die aus dem XIII Jhdt stammt,
oder ihrer Vorlage eine Ahnung von der Stellung des Petrus
am Hofe des spanischen Herrschers hatte und die Tradition
' Ward, /. c.
■ Fr Wilh. Val. Schmidt, Pe/r/ Alfoiisi üisdplina CUrkalis, S. 5.
•■* .'^chmdt, /. f., S. 6.
■• Diese Hds hat Dr Hilka kollationiert.
Bemerkungen zur Disciplina Clcricalis etc. 53
dann auf heimische Verhältnisse anpasste. So Hesse sich die
Behauptung erklären, die ja sonst an und für sich nichts un-
mögliches enthält, aber jedenfalls erst durch zuverlässigere
dokumentarische Belege gestützt werden müsste.
2. Lateinische Handschriften.
Soweit ich bis jetzt habe erforschen können, befinden sich
in europäischen Bibliotheken gegen vierzig Hdss des Original-
textes, die man als vollständig bezeichnen kann (einige darin
einbegrilTen, die die moralischen Reflexionen weglassen, also
nicht eine Reproduktion des Werkes, sondern eine Sammlung
von »Exempla» geben wollen). Eine andere Gruppe bilden
diejenigen, welche nur eine gewisse Anzahl der Geschichten
aufgenommen haben; von denen kenne ich ungefähr zehn.
Dazu kommen natürlich diejenigen Beispiel- und Historien-
sammlungen, welche unter andern auch Geschichten von
Petrus Alfonsi enthalten — ich meine dann nicht die
bekannten Predigtsammlungen, die durch den Druck verbrei-
tet sind.
Die ältesten von den der ersten Kategorie angehörigen
Hdss stammen noch aus dem XII Jhdt; es sind deren drei,
von welchen die zwei, die ich einstweilen kenne (Berlin und
Oxford, die dritte liegt in Linz), jedenfalls kaum direkte Ab-
kömmlinge der Originalhds sein können. Die meisten gehören
dem XIII — XIV Jhdt an. einige dem XV und eine dem XVI
Jhdt. Von Rom bis Uppsala, von Krakau und Wien bis
Cheltenham giebt es Exemplare in den meisten grösseren
Bibliotheken. Eigentümlicher Weise nur nicht in Spanien.
Angaben über eine in Madrid liegende lateinische Hds fehlen
nicht, aber sie scheint jetzt verschollen; wenigstens habe ich
trotz verschiedener Anfragen und eines Kollegen persönlicher
Bemühungen nichts darüber erfahren können.
Im Grunde weichen diese Hdss trotz der Menge und
der zeitlichen Distanz sehr wenig von einander ab. Die aller-
meisten schliessen sich so eng an die Version des Labou-
54 W; Söiür/ijehii,
derie'schen Druckes an, dass die Verschiedenheiten nur in
orthographischen Einzelheiten, der Stellung der Wörter, Aus-
lassung einiger Wörter und Sätze u. s. w. bestehen. Unter
diesen kann man jedoch zwei von einander darin abweichende
Typen unterscheiden, dass die einen an einigen Stellen, z. B.
am Schluss des zweiten Kapitels, Zusätze haben, welche in
den anderen fehlen, oder richtiger gesagt, dass diese verkürzt
sind. Die Abweichungen sind aber von geringem Belang.
Selten ist die Reihenfolge der Erzählungen verändert, noch
seltener sind Einschiebungen von neuen Geschichten. Solches
bietet z. B. die interessante Pariserhds BN fr. 16505, die aus
dem XIII Jhdt stammt. Das ist eine Sammlung von Beispielen
für die Predigt, gehört also eigentlich streng genommen nicht zu
den selbständigen Abschriften der DC, aber diese ist doch
fast vollständig in die Sammlung aufgenommen; die Hds kann
also als eine Kopie gelten oder vielmehr als eins von den aller
frühesten Beispielen einer Überarbeitung zu direkten prak-
tischen Zwecken. Manches stimmt auch ganz wörtlich mit dem
gewöhnlichen Texte überein, anderes ist bearbeitet und zwar
in eine fliessendere und unterhaltendere Form umgesetzt.
Dies bezieht sich besonders auf die Geschichten, welche die
Weiberlist zum Gegenstand haben. Zu einer von diesen fügt
ausserdem unsere Hds einen Zusatz hinzu, den ich sonst nirgends
gefunden habe. Es handelt sich um den einäugigen Winzer,
dem die Frau bei seiner unerwarteten Rückkehr das während
der Arbeit draussen beschädigte gesunde Auge mit einem Kuss
zudrückt, damit der Liebhaber verschwinden könne. Hier setzt
nun die Hds folgendermassen fort: Es geschah später, dass
die Frau (die sich also nicht hatte verbessern lassen) wieder
einmal ihren Liebhaber in der Abwesenheit des Mannes bei
sich hatte, und dass dieser zu früh heimkam. Im ersten
Augenblicke verworren, ersinnt jedoch die Frau sogleich eine
neue List. Sie eilt ihrem Manne entgegen und ruft aus, dass
Gott ihm gewiss die Gnade erwiesen hat, sein blindes Auge
zu öffnen. Da der Mann es verneint, bittet sie ihn, das gesunde
Auge zu schliessen um die Probe zu machen, und unterdessen
schleicht der Liebhaber weg. Hieran schliesst sich dann eine
Be werkungen zur Disciplina Clericalts etc. 55
Geschichte, die sich auch nicht in den Redaktionen der DC
findet, nämlich von der Frau, die ihren Mann bewegt einen
Zahn ausreissen zu lassen unter dem Vorwande dass er stinke,
und diesen dann dem Liebhaber giebt, der vor seinen Freun-
den mit seinem ungewöhnlichen Triumphe prahlt. — In dieser
Hds fehlt, ausser anderem, auch begreiflicherweise der Anfang
und der Schluss der DC, und das wort »Arabs» ist jedesmal,
wo es sonst vorkommt, weggelassen; die Geschichten werden
mit dem Titel Exemplum eingeleitet. — Eine Hds, die in
ähnlicher Weise die ganze DC aufgenommen hat, mit Aus-
nahme der verbindenden Reflexionen (eine Anzahl solcher findet
sich jedoch am Schluss), ist die in Göttingen befindliche Theol.
140, über deren Verhältnis zur DC der Katalog nicht ge-
nügenden Aufschluss giebt. Der Text ist überhaupt eine
von den ganz gewöhnlichen, nur an einzelnen Stellen weicht
er ab, besonders sind die Geschichten hier und da verkürzt.
Es ist klar, dass diese Redaktionen keinen Beitrag zur Her-
stellung des kritischen Textes liefern können, mit Ausnahme
vielleicht von ganz vereinzelten Stellen, wo in einer alten
Hds dieser Art eine gute Lesung sich möglicherweise finden
könnte.
Die beiden im Druck erschienenen Versionen sind mehr
oder weniger willkürlich zusammengestallte Mischtexte. Labou-
derie sagt in seiner Vorrede, dass Meon für die Kollation
dieses Textes sieben Hdss der königlichen Bibliothek und noch
einige andere gebraucht hätte. In der Tat scheint sein Text
ziemlich genau demjenigen der BN fr. 144 13 zu folgen; nicht
einmal die Fehler sind verbessert, nur ist einiges aus andern
Hdss hinzugefügt. Das »Explicit» ist aus der Hds 16252
herübergenommen; es findet sich in dieser Form auch in der
Hds 5397.
3. Die französischen Versbearbeitungen.
A. Die Version Labouderie (L) ist durch fünf
Hdss vertreten, welche alle, ausser einer, die BN fr. 12 581
(wir nennen sie F), durch Drucke oder Beschreibungen einiger-
56 Ar. Söderhjelm,
massen bekannt sind. Wie G. Paris gesehen hat, ist für die
genannte Ausgabe die jetzt in London befindliche Hds BM
Add. 10289 (A) benutzt worden. Er glaubte jedoch, dass Meon,
der eigentliche Redaktor des Textes, eine in England ver-
fertigte Abschrift vor sich hatte. ^ Indessen ist es ganz deut-
lich, dass Meon diese selbe Hds, die erst 1836 von Paris
nach London kam (sie hatte der Heber'schen Samlung an-
gehört), durchgängig benutzt hat. Alle die einzelnen Zeilen,
welche in Add. 10289 fehlen, wie auch die grösseren Stücke,
die dieser Hds abgehen, hat Meon aus der Hds BN 12 581
ersetzt. Vor allem die Erzählung des Schneidergesellen
Nediu, die in L das XXVLte Kapitel bildet und denselben
Platz auch in der letzgenannten Hds einnimmt. Das merk-
würdige mit dieser Geschichte ist, dass sie hier ziemlich genau,
oft ganz wörtlich, mit der jüngeren Redaktion derselben
Geschichte bei Barbazan-Meon übereinstimmt^, während die
zwei Versionen sonst ganz verschiedene Bearbeitungen des
Originals darstellen. Diese Erzählung findet sich sonst in
keiner der Hdss, die die ältere Versredaktion (L) enthalten.
Der Schreiber von F hat sie also aus einer der anderen
Gruppe angehörenden Hds herübergenommen. — Das ist
nicht die einzige Geschichte, die in L fehlt: auch die nächst-
vorhergehende, Du Vilain qui sonjoit (XXV), geht der Hds A
ab und ist aus F ergänzt worden, ebenso wie die Hälfte der
XXIV:ten Geschichte, oder von Vers 28 (S. 171) bis zum
Schluss. Es ist aber zu bemerken, dass hier nicht die Version
Barbazan-Meon, sondern dieselbe, die die übrigen Hdss bieten
und die vollständig von jener abweicht, in F steht. Sonst
hat A an vielen Stellen Lücken, gewöhnlich von zwei, zu-
weilen von vier, einmal von zwölf Zeilen. Hier hat überall
die andere Hds Ersatz bieten können, wie sie auch zuweilen
die richtige Lesart abgegeben hat. Ein kritischer Text wird
* Einleitung zu den T^-ois versions rimees de l' Evavgile de Nicodlme
{Societe des anciens textes fi-angais 1885J, S. XXI f.
- Diese Geschichte hat bei Barbazan-Meon, Fabliaux et Contes,
MDCCCVIII, die Nummer XVIII, nicht 10, wie ein Druckfehler bei Grö-
ber, /. c, S. 693 angiebt.
Bemerktingen zur Disciplina Clericalts etc. 57
in dieser Beziehung grossen Nutzen von der besagten Hds
ziehen können. Dass Meon keine Hds ausser diesen beiden
gekannt hat, geht auch daraus hervor, dass er einen in F
fehlenden Vers in XXV (V. 18, S. 173) nicht hat ersetzen
können: sowohl die Hds Pavia (P) als die Wallerstein'sche
in Mayhingen (M) wie auch die sonst vor allem in Bezug auf
die Reihenfolge der Geschichten sehr willkürliche Ashburnham-
Hds (jetzt in der BN, Nouv. acquis. fr. 7517; ich nenne
sie N), die Paul Meyer beschrieben hat,^ haben aber hier die
fehlende Zeile und die richtige Lesart.
Die Hds BN 12581 schliesst mit den Reflexionen nach
der Nediu-Geschichte (LS. 179, V. 124). Ihr fehlt fast der ganze
Schluss der XXIILten Erzählung (V. 145—182, L S. 168—
169). Sie ersetzt dies alles mit den vier Versen, welche in
den übrigen drei Hdss in etwas variierter Form (die Hdss P
und M haben sechs Verse) am Schluss der Geschichte stehen.
Das »Glossema» (Mussafia's Ausdruck^), mit dem P schliesst,
findet sich auch in M, aber nicht in F. — M ist die einzige Hds
dieser Version, die die Geschichte von Marianus mitteilt. A
ist wieder die einzige, die die Geschichte von dem Vater, der
seine ganze Habe seinen Töchtern überliess, enthält. P ist
ebenfalls alleiniger Mitteiler der symbolischen Geschichte von
dem einjährigen Könige aus Barlaam und Josaphat. So ent-
halten alle diese Hdss je eine Geschichte, die nicht in den an-
deren steht. Dazu hat noch P das Kapitel von Socrates (Dioge-
nes) herübergenommen, das in den anderen weggelassen ist.
Die jüngste dieser Hdss scheint P zu sein. Sie ist auch
die längste, indem sie etwas mehr als 4800 Verse enthält;
M hat 4641, A ung. 4620, F 4542 Verse. N ist die kürzeste,
die Bearbeitung der DC umfasst dort 4071 Verse. (P. Meyer
sagt, dass jede Seite 22 V. hat, aber die Zahl wechselt, und
von f:o 1 1 an ist sie regelmässig 26, mit Ausnahme später
hinzugefügter, unten stehender Verse, die in der ziemlich
nachlässig verfertigten Hds hie und da vorkommen.)
* Bulletin de la Soc. des anc. textes fr.^ 1887, S. 82 ff.
* Sitzungsberichte der Akademie der Wissenschaften zu Wien. Philo-
sophisch-hist. Classe. XIV Bd. 1870, S. 557 fif.
58 JF. Söikrhjelm,
Einer detaillierten Untersuchung mag es vorbehalten bleiben,
das Verhältnis zwischen diesen Hdss genauer zu bestimmen.
Ich bemerke nur hier, dass in sehr vielen Fällen eine nähere
Verwandtschaft zwischen A, M und P zu belegen ist; in den
meisten von diesen Fällen geht auch N mit den genannten
Hdss. So fehlen in allen diesen: Einleitung V. 59 — 78 (L S. 3;
der Anfang fehlt überhaupt in N); II, 233 — -234 (L S. 32);
III, 61—64 (L S. 36); 87—88 (L S. 42); VII, 27—28
(L S. 48); XI, I Ol — 102 (LS. 64). In A, P und M fehlen auch
XI, 39 — 40, in M ausserdem auch 37 — 38; (N hat diese Verse,
aber vor und nach ihnen fehlen vier Zeilen). An allen diesen
Stellen steht F für sich. Die letzgenannte Hds geht an drei
Stellen zusammen mit M gegen A, N und P (XXI, 125 — 126,
L S. 150; XXII, 261—262, L S. 161; XXIII, 25 — 36, L S. 164),
während an einer Stelle N sich an M und F gegen die an-
deren anschliesst, jedoch mit starker Alteration der Lesart
(XII, 23 — 24, L S. 78). In A und M fehlen die V. Einl. 16—17
(L S. i) und XII, 3 — 4 (L S. ']'])\ an der ersten Stelle hat N
wie gesagt eine Lücke, an der anderen geht sie mit F zu-
sammen.
B. Die Version Barbazan-Meon (BzM). Der in
den Fabliaux et Contes, II, 39 ff. gedruckte Text ist voll-
ständig (nicht, wie Mussafia sagt, unvollständig) nach der Hds
BN fr. 191 52 (nicht, wie Gröber sagt, »zum Teil» nach dieser
Hds) kopiert, nur mit verschiedenen vom Herausgeber selbst
herrührenden Verbesserungen. Mussafia's Behauptung stützt
sich darauf, dass zwischen die Geschichten und die Lehren
räsonnierende und hinweisende Stücke eingeschaltet sind; aber
diese beziehen sich garnicht auf etwas ausgelassenes, sondern
auf das folgende, zuweilen auch auf das vorhergehende. Der
Herausgeber hat, wie ja auch aus der Vorrede ersichtlich ist,
keine andere Hds gekannt, sonst hätte er die Lücken aus-
gebessert, die zufolge des schlechten Zustandes der Hds hier
und da vorkommen und zu denen in allen anderen Hdss der
entsprechende Text vorhanden ist. An verschiedenen Stellen
hat der Hg aber eine Lücke vorausgesetzt, wo eine solche in
Femcrktingen zur Disciplina C/cricalis etc. 59
der Tat garnicht vorhanden ist, sondern der Reim einfach
verdorben. So II, 44 (BzM S. 54), wo unter der Vorausset-
zung, dass etwas fehlt, eigentlich die Lücke zwei Verse hätte
umfassen miissen; aber in der Tat fehlt nichts. Die Ausgabe
zeigt folgendes:
Ne a l'orine, ne au pox
Ne truevent pas qu'il soit lie,
aber die anderen Hdss zeigen, dass der zweite Vers Ne
truevent quil soit feverous heissen muss und dass also hier
nur ein verdorbener Reim zu ändern war. — Etwas verschieden
ist die Stelle in der Geschichte V, 78 (S. 78). Der Druck hat:
Si com ä un Clerc ja avint,
Qui en mauvais leu s'enbati,
80 Por ce je te comment et pri.
V. 78 — 79 lauten aber nach den anderen Hdss: Si com
a un clerc avint ja Qui en mauvais leu sen ala, und der
V. 80 der Ausgabe ist ein Zusatz des missverstehenden
Kopisten. Die Lücke XIII, 112 (S. iii) gehört zu 109, wo
nach dem V. : Qui sont tuit plein d'or et d'argent der folgende
einzuschieben ist: Et de mout riche gar7tement. II, 192 und
XIII, HO fehlt dagegen richtig an der mit Strichen ange-
gebenen Stelle je ein Vers.
Übrigens beziehen sich die Änderungen nur auf Kleinig-
keiten; zuweilen sind sie ganz berechtigt, wo ein Vers ver-
bessert oder eine richtige Form hergestellt wird, an anderen
Stellen ist ein sehr willkürlicher Hang zur Modernisierung
vorhanden, so wenn si für se, le fiz statt li filz, egare für
esgare u. s. w. gesetzt wird. Sonst verändert der Hg zuweilen
die Wortstellung, wie II, 55 Por qui est si d'amor surpris
statt hdslich d'amor si, oder ganz unbegreiflich ein Tempus
wie II, 100 Guide statt Cuida und drgl. Aber im grossen
und ganzen folgt der Text getreu der Hds.
6o II'. Söderltjelin,
Diese Hds hat das Verdienst, in Bezug auf die Geschichten
vollständig zu sein (mit Ausnahme einer (jeschichte, die über-
haupt keine von den Versionen übersetzt hat), aber tadellos
ist sie bei weitem nicht, wie schon die angeführten Stellen
bezeugen. Von allen anderen Hdss weicht sie in der Hinsicht
ab, dass sie eine zum allergrössten Teil gute Versifikation
bietet, während die anderen, die auf englischem Boden ent-
standen sind, die gewöhnliche anglonormannische Nachlässig-
keit in der Behandlung des Silbenmasses zeigen. Beim Ver-
gleich mit diesen Hdss fällt daneben folgendes auf. Unsere Hds
(wir nennen sie B) hat überhaupt reine Reime, nur eine geringe
Anzahl von Verbindungen ie : e kommen vor, während die in
den anderen Hdss sehr zahlreichen Reime dieser Art hier
sonst durch reine Verbindungen vertreten sind. Da man weiss,
wie gerne die anglonormannischen Schreiber sich der ihnen
geläufigen Freiheit in dieser Beziehung überliessen, liegt ja
von vornherein die Annahme nahe, dass ein solcher Kopist
die Reime eines etwa kontinentalnormannischen Originals, das
ursprünglich einige derartige Verbindungen enthielt, um-
gestaltet hätte. Der in Frage stehende Text scheint aber
Andeutungen in ganz entgegengesetzter Richtung zu enthalten,
nämlich dass der Schreiber von B oder ihrer Vorlage eben
bemüht gewesen sei, die agln Reime zu beseitigen und eine
gute Versifikation herzustellen, dass er aber in diesem Bemühen
nicht immer Glück hatte, sondern zuweilen die fehlerhaften
Reime stehen zu lassen gezwungen war, zuweilen wieder zu einem
schlechten Notausweg gegriffen hat, der den Vers noch
schlechter machte als er in seiner agln, diesen Schreiber
erschreckenden Gestalt war. So steht I, 193 (BzM S. 51):
Dites moi, s'il vos puet membrer.
Savez Ol d'aucun conter
193 Q^i cüst un entier ami,
Volentiers en vorroie oir.
Die anderen Hdss bieten hier (193 — 4) entweder: Ou en
aucun liu parier De aucun qui eust mi ami e?iter, oder : Ki eust
Bemerkungen zu?- Disciplina Clericalis etc. 6i
un ami enter Mult le voldroie escuter. Diese Reime schienen dem
Schreiber unrichtig, und er hat verbessert, jedoch ohne Erfolg.
Noch deutlicher geht diese seine Methode aus einer anderen
Stelle hervor. Der Anfang der siebenten Geschichte lautet
in den agln Hdss: Uns prodom, (o oi conter, Ala sa vigne
vendenger — da aber der Reim seinem Ohr unrichtig schien,
versuchte der Schreiber ihn zu verbessern, fand aber keine
glücklichere Substitution als: G'di ja ä'un preudome dire,
Qui aloit vendanger sa vigne. — An anderen Stellen scheint
die Verbesserung, wenn auch einen richtigen Reim, so doch
eine gezwungenere Lesart eingeführt zu haben. So heisst es
V. 26 (S. j6) in den agln Hdss: Cil ala la parte garder
Et fist asez den son mester, welchen ungenauen Reim der
Schreiber durch folgende Substitution in der zweiten Zeile
geändert hat : Et fist si com il dut aler, was wenig Sinn hat.
Andere solche wenig geglückte Verbesserungen könnten citiert
werden.
Wenn es also nun feststeht, dass der Kopist die Reime
ie : e zu entfernen bemüht war, und wenn man ex analogia
mit den Stellen, wo wir ihn an seiner Arbeit ertappen,
schliessen kann, dass auch die anderen Stellen, wo die übrigen
Hdss diesen Reim zeigen, die ursprüngliche Gestalt des Ge-
dichts darstellen, so würde also das Gedicht eine sehr grosse
Zahl solcher Reime enthalten haben, grösser als sie in den
kontinentalnormannischen Gedichten zu sein pflegen. Ver-
glichen mit dem Umstände, dass es, nach den übrigen Hdss
zu urteilen, eine weite Verbreitung auf agln Boden gefunden
hatte, legt dieses Sachverhältnis den Gedanken nahe, dass
das Original agln gewesen ist. Die in B gut erhaltene Versi-
fikation brauchte ja nicht dagegen zu sprechen, da es nicht
an agln Gedichten mit regelrechter Metrik fehlt. Aber wir
haben keine entscheidenden Beweise: von den spezifischen
agln Merkmalen kommen, so viel ich sehen kann — eine genaue
Untersuchung habe ich nicht veranstaltet, auch noch keine
Klassifikation der Hdss — in den Reimen wenige vor, und
es bleibt fraglich, ob die Summe so gross ist, dass man einen
bestimmten Schluss in der angegebenen Richtung ziehen könnte.
62 W-^. S'öderhjehn,
Wenigstens vier von den Hdss, die wir noch ausser B
besitzen, bezeugen auf den ersten Blick ihren agln Ursprung.
Eine, vielleicht die jüngste von allen, die Hs Reuen O. 35 (R),
die dem XIV Jhdt angeliört, ist in Bezug auf Lesarten nahe
mit B verwandt, zeigt aber keine besonderen agln Sprachzüge,
vermeidet vielmehr konsequent die Vermischung von o und u
in der Schrift, lässt neben ei die Schreibung mit oi zu und
weist sogar einige Pikardismen auf, wie carme für charme.
Aber die Reime stimmen mit denen in den rein agln Hdss
überein, die Versifikation ist durchgehend schlecht, und übri-
gens der Text stark entstellt, oft unbegreiflich, wie auch die
Hds sehr nachlässig ausgeführt und auch wegen ihres äus-
seren Zustandes nicht leicht leserlich ist.
Eine andere Hds, die bei der Rekonstruktion eines
kritischen Textes gleich wie die letzgenannte wenig Dienste
leisten wird, ist die in London befindliche BM Harley. 527 (h).
Man kann ihren Text geradezu als eine Bearbeitung be-
zeichnen, denn obgleich er alle Geschichten, mit Ausnahme
vierer, des BzM:schen Textes wiedergiebt und dazu noch eine
der DC fremde Geschichte bringt, so enthält er doch nur
2146 Verse, also ungefähr 150 weniger als die Edition. Dies
beruht darauf, dass die Geschichten zum Teil (nicht alle) sehr
verkürzt sind, die moralischen Reflexionen entweder zu.sam-
mengezogen oder vollständig weggelassen. In Bezug auf die
letzteren hat der Kompilator ein eigentümliches Verfahren
beobachtet. Nachdem er den Anfang, 47 Verse, in ziemlich
getreuem Anschluss an den gewöhnlichen Text wiedergegeben
hat, tritt eine Lücke von 22 Versen ein, darnach setzt er
wieder fort (25 V.), dann kommen 7 V. eigenen Zusatzes,
dann III, 7— lO, 75 — 88, 91 — 106, 253 — 260, 45 — 48, 108 —
III, dann einige Verse aus dem Kapitel Du chastoiement
am Schluss (BzM S. 138), dann XIX, 35—56, dann wieder III,
112 — 128, 149 — 152, 189 — 190, 221 — 228, 261 — 266, dann
wieder einiges aus dem Du chastoiement, dann XXV, II2 — 126,
dann XIX, 29 — 32, dann einzelne Verse aus II und III und der
Einleitung. Nachher beginnt die zweite Erzählung. Man kann
sich vorstellen, wie dies alles mit einander zusammenhängt!
fienierkungen zur Di s cip lina C lericalis etc. 63
Die der DC fremde Geschichte ist statt der zehnten,
Du Fableor, eingeschaltet, weil der Kompilator wahrscheinlich
noch einen pikanten Beweis für die Untreue der Frauen liefern
wollte. Es ist dieselbe Erzählung, die sich bei Barbazan-Meon
-II, 91 und Montaiglon-Raynaud, I, 126 unter dem Titel Le
Cuvier findet, nur ist sie hier ganz verschiedenartig und zwar
weder dem Inhalte noch der Form nach vorteilhafter dar-
gestellt. Da mir diese Version sonst unbekannt ist, mag sie
hier mitgeteilt werden.
Li sires en sun bosioin alat,
E dist ke mult i demurra.
La dame maunde son ami,
Baigner le vout, puis esbanir.
5 A sa veisine envea,
Sa cuve a baigner apromta,
En le ele de la meisun le baina,
Le US de la sale ben ferraa.
Li sires fu cuntremaunde,
10 A l'oustel tost est repeire.
II hurte a le us, haut ad crie.
La cuve unt il tost reverse,
Li chapelain desuz rausce;
Le US unt ouert, e entre einz
15 Li sire out estraunge genz.
Li quisine fet haster,
Ore endreites vout manger.
II unt lave e sunt asis,
Mult ben fet servir ses amis.
20 A taunt i vint une meschine,
Devaunt la dame sei encline:
Munseignur vint ore a l'ostel,
Sun bain cumanda aprester;
Pur sa cuve sui venue,
25 Ples vus ke hors je la remue?
Dist la dame: Nu freez,
Ja la mein ne i meterez;
Va t'en, tost jeo le enverai,
Si tost cum fere le porai.
30 Cele se turne, a l'ostel vient,
Sa dame lui maunde: Ne le as tu nient?
Arere cur, si tu ne le as,
Jeo meimes vendrai pur pas.
64 W^. Söderhjelm,
Cele returne, tauntost curut,
35 Li sire demaunde quei ele ust:
Rendez li tost, ne le retenez !
La dame fu mult esmaiez.
^"a vien, dist ele, od mei parlez,
E je te dirai ke en friez;
40 Arere tent, va tanttost curaunt,
Ta dame di ke jeo li maunt
Ke ja ne m'urge (? , a Den ne place,
Desque el besoin de dame sace.
Kant sa veisine 6i le aveit
45 Dune purpense mult estreit,
En sa quisine tost ala,
La mesun pus aluma,
Le uches (/. ucher) mult haut ad fet lever
Pur la dame desencumbrer.
50 Le cri i vint, il levent sus
La table, tresseilerent tuz,
Ne remist en le hostel un sul
Fers la dame e sun lecheur.
La cuve en oste e il s'en vet,
55 Des ore en unt il nul pleit.
Die nächste Hds an der Reihe ist der Cod. Digby 86
(D) in Oxford, bekannt vor allem durch die Beschreibung
Stengels,^ der ihr wahrscheinlich doch ein etwas zu hohes
Alter gegeben, indem sie wol, wie Paul Meyer behauptet hat,*
aus der Mitte des XIV und nicht aus dem Ende des XIII
Jhdts stammt. Stengel hat den Anfang und den Schluss
mitgeteilt und den betreffenden Text mit zwei andern ver-
glichen (Harl. 527 und B, jedoch nicht immer exakt, so z. B.
fehlen die V. 13 — 18 des Cod. Digby auch in der erst-
genannten Hds). Im allgemeinen kann man wol sagen, dass
diese Hds in Einzelheiten eine Gruppe für sich gegenüber
der Mehrzahl der anderen bildet.
Die Hds Harley. 4388 des BM (H) ist älter als die vor-
hergehende, sie stammt wahrscheinlich aus dem zweiten Drittel
' Codüevt titanu scriptum Digby S6 . . . descripsit . . . MDCCCLXXI,
S. II flf.
^ Romania^ t. I (1S72), S. 245.
i
Bemerkungen zur Discip lina Clericalis etc. 65
des XIII JhdtsS hat ursprünglich wol das ganze Gedicht ent-
halten, oder nach Ward's Berechnung ungefähr vierzig Verse
weniger als B, mit der sie übrigens ziemlich genau überein-
stimmt, nur dass die Versifikation, wie schon gesagt, schlechter
ist, die Schreibung anglonormannisch und hie und da aus
Nachlässigkeit ein Vers ausgelassen. Dagegen enthält sie
Lesarten, welche offenbar das ursprünglich richtige gegenüber
B darstellen, neben anderen, die wieder verdorben sind. Durch
das Fehlen von nicht minder als 8 f:os ist eine sehr um-
fangreiche Lücke entstanden, die von dem Anfang der Ge-
schichte XIII bis zur Mitte der Geschichte XXIV reicht. Die
Hds enthält somit in ihrem jetzigen Zustande nur 2399 Verse.
Schliesslich ist zu erwähnen die Cheltenhamer Hds in
der Bibliothek Philipps (C). Sie ist nur durch die Beschreibung
Paul Meyer 's in den Notices et Extraits, XXXIV, i, S. 197 ff.
bekannt, wo auch einige Zeilen von dem Anfang und dem
Schluss mitgeteilt sind. In Bezug auf die Geschichten ist sie
vollständig, enthält also auch diejenigen, die in D fehlen. Der
Text ist im allgemeinen recht gut und weicht nicht allzusehr
von demjenigen in B ab. Die Hds stellt wol die früheste
und korrekteste agln Abschrift dar, die wir besitzen; ob sie
aber direkt auf das Original zurückgeht, kann ich einstweilen
nicht entscheiden, glaube es aber gewiss nicht.
Um wenigstens eine Idee von dem Verhältnis der ver-
schiedenen sechs Hdss zu einander zu geben, drucke ich hier
80 Verse nach C ab und gebe vollständige Varianten. Ich
wähle zwei Stellen aus der Einleitung und der ersten Ge-
schichte.
Beu fiz, par Deu te pri le veir, (BzM S. 43, V. 69).
De la furmie aprenc saveir,
Ki en este vait purchagant
Dunt pusse vivre en avant;
I B por D l>eau doiu fiz pur deu le voir H F"iz ieo te pri par d. 1. v.
h pur — 2 BR A la f. h pren — 3 BR Dont el p. D vivre puise —
' Laut Mitteilung von Herrn G. F. Warner im Departement der Mss
des BM.
66 IK Sbderhjelm,
5 En este quert, e fet que sage,
Dont pusse vivre a l'ivernage.
Beau fiz, e del coc te comant
Ke ne seit de tei plus vaillaunt,
Ki s'esveille a Teinsjornaunt
lO E vet guareisun queraunt.
Beau fiz, quant vient a l'ajourner,
Dune ne dois tu pas reposer, (80)
A muster en deiz dunk aler
Deu deprier e aurer,
15 K'il te defende a icel jour
De pecche par sa grant dulgor.
Li coc refait un autre rien:
Se[s) set femmes ciiastie bien.
Mes si tu ne poez chastier
20 Une seule ne justisier,
Dune est li cos, cument ke seit.
Plus fort de tei en un endreit. (90)
Beau fiz, pren guarde del chen:
N'oblie pas ki li fet bien;
25 Si aucum par bien regarde te eit
E tu ublies le bien fait,
Dune avra en aucune guise
5 B quant el fait D si fest h ersetzt 4 — 5 durch: U divesce nent iie ames A labour
eyens(?) tuz nes — 6 BHR en iv. D vivre puise le iv. — 7 H Fiz del coc
ieo te c. R del ce te c. h 6 — 7: Mes gard ke ne seit plus veilaunt Le coc
de tei, jo te cumaunt — 8 D plus de toi ne s. H Ke il ne seit de tei plus
s. — 9 BHR l'ajornant D Ki se leve en la jornant — 1 1 BDH lenjorner
h Tut ausi quant vent au j. HE quant vient al ajorner — 12 H Unc ne
deis p. r. h Dunk ne dei pas r. — 13 BDR mostier doiz dunques H al
muster deis d. a. h ten deis — 14 BR Por d. proier D E d. pr. e demaunder
H Deu preer e a. h Deus aurer e prier — 15 D Qui — 16 D gr&nl fehlt
H D'encumbrement de deshonur — 17 (Die folgenden ij Verse sind in B
durch den Zustand der Hds verstümmelt^ so dass die ziveite Hälfte immer fehlt)
BD si fait R Li cocs fait h ersetzt die Verse 17—20 durch: Si li coc leve
einz de tei Grant vilte vus ert si cum ieo crei — 18 BR Ses cinq, f. D
See .V. femmes justise il. b. 19 R ne fehlt — Nach 20 fügt D hinzu: Donke
ad li koks en une guise Plus ke tu nas de franchise — 21 D E si est
comenl — 22 H Meillur de t. h Avaunt de t. -- 26 B Se h sun b. — 27 B
ßemerkungen zur Dtscipliua C/ericaiis etc. 67
Li chien plus que tu de franchise.
Beau fiz, un autre rien te di:
30 Ne te soit poi de un enemi,
Ne trop ne te soit pas avis
D'aveir eine .c. u plus amis. (loo)
Beau fiz, ne loer tun ami
Enceis que tu saches ben de fi
35 Si il te eime bien vereiement;
Tu le savras a l'espruvement.
Un esample te vuil conter, (BzM s. 44 V, i).
E tu pense de l'escouter.
Uns proddom estoit en Arabe, Conte l.
40 Icels out nun Lucanabe,
Si estoit del siecle mut sage,
Si este[it] de mult grant aige.
Avint si ki il ammaladi,
Morir quida trestout de fi;
45 A sun fiz ad dunk demaunde:
Quanz amis as tu purchace
Tant cum as vescu entre gent?
E li fiz li dit: plus de cent. (10)
Li peres entent bien assez
50 K'il nes aveit pas espruvez.
Mout as, dist il, espleite
Si tu en as ja tant purchace,
I^onc auras D ad li chens en une g. h aura plus en cele guise — 28 D plus
ke tu nas de f. H plus de tei h plus fehlt — 29 H Chier f. une rien —
30 B de un ami D de un bon ami R de ton ennemi — 32 BHR ou cent
on plus D h (die diese Stelle viel späte?- bringt) De aver cent ou plus — 33
HR ne loe D loez pas H Cher fiz ne leisser tun ami — 34 BD Ains (einz)
h fehlt für das Folgende — 35 D parfitement H S'il aime tei veraiement
— 36 BR le fehlt — 37 D Une ensample te dirrai H te voil mustrer —
38 B penses D Si cum counter oy le ai H en pens — 39 C fehlerhaft Ababe
H arabie — 40 B Si avoit a non Lucinabe D Ke avoit H Cil out a num
Lucanaibe (pro Lucanabie) — RH out . . . Lucanabie — 41 BHR II estoit
D Sestoit — 42 BHR E si est. D E si estoit hom — 46 B conqueste H se
aveit purch. — 48 BR Le filz li a dit DE eil respoundi — 49 B Li peres
entendi assez — 50 B Ke nes a pas bien D ke ne les out pas espr. H Ke
nes aveit --51 BDR bien espl. H Si dit mult as b espl. — 52 BR i as tant
68 IV. Söderhjelm,
Mes tu ne te deis pas vaunter
Enceis que vienge al espruver.
55 Beau fiz, mout ad ke jo sui ne,
Encore n'ai pas si espleite,
Uncore n'ai jo pas purchace
Fors d'un seul ami la meite. (20)
Va toust, espruve tes amis
60 Endementiers ke jeo sui vifs,
Que tu saches veraiement
Si nul te eime parfitement.
Volentiers, dist li bachiler,
Mes ore me ditz dunk primer
65 Curnent jes devrai espruver,
E jol ferai saunz demurer.
E sis pere toust li enseigna
Cument il les espruvera: (30)
Va, dist il, ocir un veel
70 E pus le met en un sachel,
E si l'ensanglente defors
E puis sil porte cum un cors.
Di ke home as ociz,
E vien de nuit a des amis,
75 E crie lur pur Deu merci
E di ke as un hemme murdri,
Prie les en tutes amurs
K'il te facent aucun succurs.
Par tant savras veraiement
80 Si nul te eime parfitement. (40)
D tu as tauns H en fehlt — 53 BR dois mie v. — 54 BR Ains que
viegnes D Einz que venge — 55 DH ieo fu H Beau fehlt — 56 B Et si
n'ai-ge pas tant erre H nai mie R nay je pas - 57 B Que ge me soie
porchacie H nai pas uncore p. R ()ue ie ay si me porchace_^ (57 — 58 sind
in H umge7vorfen) — 59 D esprouer — 60 B Denientre R Endementre i|ue
suy — 61 — 66 Die zweite Hälfte der Verse fehlt in B — -61 R tu le saches
— 64 B dites se vos volez H m'en dites R dites tout prives — 65 BD les doi
H Cum io les dei R ies doy — 67 BR Et li peres D Sun pere H Sis peres
. . . enseignot — 69 D Va toust H ocie — 70 D Si le boutez H Pus sil met —
71 — 72 fehlen in B — 71 D lensaunglantez — 73 BDHR D'aucun home
1
Bemerkungen zur Distiplina C/ericalis etc. 69
Hier ist, wie man sieht, die Übereinstimmung unter den
Hdss noch eine ziemlich grosse. Es giebt aber Stellen, wo
sie viel stärker auseinander gehen. Eine solche findet sich in
der zwölften Erzählung, der bekannten Geschichte von dem
ausgesperrten Ehemanne, die man gewöhnlich »Puteus» nennt.
Die vier Hdss, die ich hier zu meiner Verfügung habe (mir
fehlt die Kollation von C und R) zeigen folgende Abwei-
chungen. Die vier und sechzig ersten Verse (BzM p. 99 —
10 1) gehen so ziemlich zusammen in BDHh, nur dass h sie
auf 42 herunterbringt, ohne die logische Konnexion aufzu-
geben. Die folgenden 44 Verse ersetzt D durch eine Ver-
kürzung, die nur 17 Verse enthält, BHh gehen hier wieder
einigermassen zusammen, nur dass h am Schluss stark ver-
kürzt. Im Wortlaut verspürt man eine nahe Verwandtschaft
zwischen H und h. — Es ist die lebhaft erzählte Stelle, wo
die List der Frau dargestellt wird: wie diese ihren Mann jeden
Abend besäuft, wie sie zu ihrem Liebhaber schleicht, wie der
Mann Verdacht zu schöpfen beginnt und ^schliesslich die Frau
aussperrt. Dies alles wird in D auf folgende, nur in den
letzen Zeilen mit den anderen Hdss übereinstimmende Weise
geschildert :
Quant il estoit fort endormi,
Ele prist les clefs, les us overi,
E son lecheur la geita
E a sa meison la mena.
5 Ensemble sunt tout la nuit
Od lur joye, od lur deduit.
Quant le prodom est apergu
Cum faitement il est degu,
Tost s'en va son us fermer,
10 E quant vint a l'ajorner,
Cele i vint e vout entrer.
Mes par crier ne par plurer
BHR qu'aies o. — 74 B Fui t'en D E ven a un de tes H tes R Et mesiie
od tout a tes amys — 75 HR Et lor prie D Si lui priez H E lur crie —
76 D hom — 77 ER lor D vSi lui prie/ H E pri lur — 78 D face —
79 D saverez au mon escienl — 80 H Salcuns.
70 /F. So der hj eint ,
Ne la lessa il pas entrer,
Einz li dist qu'il moustroit
15 A ses parens e lur dirroit
Cum faitement ele lui servoit.
La compaignie od lui ne averoit.
För den Schluss der Geschichte ist hauptsächlich wieder
Übereinstimmung zwischen BDH vorhanden (nur dass in D 2,
in H 4 Zeilen an derselben Stelle fehlen), während h diese
letzten 90 Verse mit einem Drittel verkürzt.
4. Französische Prosa.
In der am Anfang dieses Aufsatzes citierten Notiz in
der Romania 1880 liest man, dass der frz Prosatext von
Labouderie »fort imparfaitement» gedruckt worden sei. In-
sofern als der Hg (also eigentlich Meon) nur eine einzige
Hds benutzt hat, während wir zwei besitzen, und also die
Fehler nicht hat berichtigen können V kann dieses Urteil be-
rechtigt sein, sonst aber nicht, denn der Abdruck ist als solcher
überhaupt befriedigend. So viel ich sehen kann, liegt eine
einzige falsche Interpretation vor, nämUch Seite 3, Z. 6, wo statt
ayent repris natürlich ay entrepris zu lesen ist. Sonst ändert
der Hg zuweilen mit wenig Sinn für den afz Sprachgebrauch,
so wie wenn er S. 15 je le te in je te le, oder S. 45 eschappe
un peril in e. au peril umtauscht oder S. 105 vor lejidemain
ein le einführt. Durchgehend ändert er aber die Ortographie
der Hds in der Beziehung, dass er überall das finale s, das
Regel ist, durch s ersetzt.
Die Brüsseler Hds 11 043 — 44 scheint um die Mitte des
XV Jhdts geschrieben zu sein. Sie figuriert in dem Inven-
tarium, das nach Philipps des Guten Tode in Brügge gegen
1467 aufgesetzt wurde. Meon schreibt die Übersetzung Jean
Mielot zu, ohne den Grund dieser Annahme anzugeben. Sie
hat auch keinen Erfolg gehabt, obgleich man sie noch hie und
' Einige von ihnen waren so offenbar, dass der Hg sie geändert hat;
andere ebenso grobe Fehler der Hds hat er stehen lassen.
ReiiurkuTif^en zur Discplina Cleriialis etc. 71
da als Tatsache angeführt sieht. ^ Um sie abzulehnen, genügt
das Mcon und auch anderen unbekannte Faktum, dass die
Kopenhagener Hds (K), die aus dem Anfang des XIV Jhdts
stammt, auf dieselbe Vorlage zurückgeht wie die Brüsseler
(B); also datiert nicht die Übersetzung, wie der Hg sagt, aus
dem XV Jhdt, sondern sie ist wenigstens 1 50 Jahre älter als
die Hds B.
Dass diese beiden Hdss eng zusammen gehören, sieht
man auf den ersten Blick, trotz der Verschiedenheit des äus-
seren Habitus: K ist nämlich stark pikardisch, wogegen
B nur einige Spuren dieser dialektalen Färbung trägt, die
Vermengung von s und z und vereinzelte Beispiele von ch
für c, welche jedenfalls angeben, dass ein pikardisches Origi-
nal vorgelegen hat. K stellt wol auch inhaltlich dieses Origi-
nal getreuer dar als B, welche Lücken (wenn auch nicht
grössere) hat und überhaupt den Eindruck einer weniger sorg-
fältigen Arbeit macht. Dass sie nicht eine unmittelbare, nur
in Bezug auf den Dialekt veränderte Abschrift von K sein
kann, beweisen einige Stellen, wo sich B näher an das latei-
nische Original anlehnt.^
* In seinem sonst so guten und erschöpfenden Autsatze über Mieloi
Revjie d'historie iitteraire, 1907, 427 ff.) sagt Perdrizet nur, dass M. nach
Meon auch die DC übersetzt hätte, >mais l'editeur a omis d'indiquer oü se
trouvait le ms. de la iraduction» (S, 481). Natürlich haben Meon und sein
Nachsager Labouderie die Brüsseler Hds gemeint, denn sie kannten keine andere.
^ Scheinbare Schwierigkeiten machen einige Stellen, wo die beiden
Hdss ziemlich stark auseinandergehen und auch keine ganz zu dem lat. Origi-
nal stimmt. Ich citiere als Beispiel den Schluss der Einleitung [Ed. Labou-
derie, S. 10 — ii).
Lat. Original. Z. 13 — 24.
Fili, ne sit formica sapientior te, fjua congregat in sestate unde vival
in hyeme. Fili, ne sit gallus vigilantior te, qui in matutinis vigilat, et tu
dermis Fili, ne sit gallus fortior te, qui justificat deceni uxores suas, tu
solam castigare non potes. Fili, ne sit canis corde nobilior te, qui bene-
faclorum suorum non obliviscitur: tu autem benefactorum tuorum oblivisceris.
Fili, ne videatur tibi parum unum habere inimicum, vel nimium mille habere
amicos.
Hds B.
Soyez sages aussi comme le fourmil, qui assemble en Teste dont eile
vit l'yver. Beaux filz, ne soyes mie moins noble que le chien : il ne mescon-
7« IV. Söderhjelm,
Auch die neuerdings von J. Ducamin herausgegebene
gascognische Version ^ (Hds von der Mitte des XV Jhdts in
Madrid) steht in sehr nahem Verwandtschaftsverhältnis zu
diesen französischen Texten, und schon vor vielen Jahren
behauptete Paul Meyer, dass sie auf den von Labouderie
herausgegebenen zurückgehen müsse. ^ Wenn man diese
beiden Texte genau mit einander vergleicht, stösst man indes-
sen auf Stellen, die das Gegenteil zu bezeugen scheinen, indem
der gascognische Text (G) mit dem lateinischen zusammen-
geht und von B abweicht. An vielen solchen Stellen, z. B.
in der zweiten Erzählung, löst K dieses Rätsel, indem sie die
mit dem lateinischen und dem gascognischen Text zugleich
übereinstimmende Lesart bringt. Am deutlichsten zeigt sich
gnoist mie ceulx qui bien lui fönt si comme tu fais. Beaux filz, ne soyes
inie plus pareceu.x du coq qui justice deux (L hat verbessert : dix) femmes,
et tu n'en pues justicier une. Filz, se tu as un ennemi, c'est trop.
Hds K.
Soies sage ausi comtne li fourmis qui assamble en este che qua il li
couvient l'iver. Biax fiex, ne soies mie plus parchex du coc qui veille en
Teure de matines et tu dors. Et si ne soies plus de ceus qui waitent et
justicent femmes et tu n'en pues castoier une. Fiex, ne soies mie mains
nobles qua li chians, car il ne mesconnoist mie chiaus qui bien li fönt si que
tu fais. Fiex, se tu as un anemi, chou est trop. Se tu as mil amis, che
n'est mie trop.
Der Hahn und seine zwei Eigenschaften scheinen eine gewisse Ver-
wirrung zustande gebracht zu haben. Auch in den lat. Hdss gehen an dieser
Stelle die Lesarten von einander, jedoch nur in Bezug auf die Reihenfolge
der Sätze. Jedenfalls ist in B die Eigenschaft des Hahns, die durch »vigi-
lantior» im lat. Text ausgedrückt ist, seinem Verhältnis zu seinen Frauen
angepasst, und in K ist der Satz, der dieses letztere auszudrücken versucht,
offenbar verdorben (nach plus fehlt ein Adj. ceus ist vielleicht Entstellung vom
Plur. cos). Alles deutet darauf hin, dass die Vorlage dieser beiden Hdss an
dieser Stelle undeutlich war.
Die Hs K nennt den Schneiderlehrling Nedui (das ist der richtige
Name) der Geschichte XVIII durchgehend Endieii.
' S. Roniania, t. XXXVII (1908), S. 616 f. — Die unrichtige Form
Lucatiina ist nicht ein fehler des Herausgebers, denn auch K hat sie, wie
überhaupt der Name auch in den lat. Hdss in verschiedenen Variationen
auftritt.
^ Romama, t. VI (1877), S. 151 f.
Bemerkungen zur Disciplina C lericalis etc. 73
die Übereinstimmung in den letzten Zeilen des Textes, wo
alle die drei französischen Versionen mit einander überein-
stimmen, während keine von den lat. Hdss, die ich kenne und
welche zwei verschiedene Variationen dieser Stelle aufweisen,
diese Redaktion hat. Alles findet jedoch nicht so leicht seine
Erklärung, sondern es giebt Stellen, wo G allein richtig nach
dem Original sich fügt, während die beiden anderen fehl
gehen. So am Anfang der Geschichte vom dem Schneider-
lehrling, wo B und K von dem lat.: At ille discipulos sntores
habebat quormn quisque artificiose sue bat quod magister . . .
incidebat die Übersetzung geben: . . . qui bien cognoissent
ce que le maistre tailloit, wogegen G richtig übersetzt: qui
cozent ben toiz so que lo cordurey tailhaue. Dies zeigt, dass
der gase. Übersetzer nicht auf dieselbe Vorlage zurückgeht
wie die beiden anderen. ^ Ich stelle mir einstweilen, ohne
den ganzen Text genau verglichen zu haben, das Hdsver-
hältnis ungefähr so vor:
O (Originalübersetzung)
5. Französische Fragmente.
Erzählungen der DC, aus dem Zusammenhange los-
gerückt und natürlich ohne das Beiwerk von moralisierenden
Reflexionen, finden sich in sehr vielen lateinischen Beispiel-
^ Die soeben citierte Stelle aus dem Schluss der Einleitung lautet in
der gascognischen Übersetzung, besser als in den oben angeführten frz Ver-
sionen, aber auch nicht ganz wortgetreu, folgendermassen :
> Sies sabi eissi come la formitz qui amasse en estiu so que diu myngar
et biure 1-ibren. Beu filh, no sies pas tu plus necgligent que lo beguey qui
beilhe a l-ora de malinas et tu dormes. Et tu ne sies plus nessi que le quot
qui seruis et contenta .X. femnes et tu non potz punt contenta la. Filh,
no sies pas myng noble que lo can. Car et no mesconhos pas aquet qui ben
lo fey, si comme tu feys, Filh, si tu as .C. amicz, so no es pas trop; si lu
as .1. ennamic, so es trop. »
74 ^^- Söderhjelnt^
und Predigtsammlungen. Ob man sie auch häufig in un-
gedruckten französischen Werken ähnlicher Art antrifft, kann
ich nicht sagen, da ich diese Sammlungen nicht durch-
gemustert habe. Th. Crane, der vorzügliche Kenner dieser
Litteratur, weiss nicht andere französische Sammlungen zu erwäh-
nen, als die drei Hdss derselben Kollektion, die auch ich, schon
bevor ich seine Notiz sah, durchgesehen hatte, nämlich BN fr.
435, 91 1 und 1834, alle aus dem XV Jhdt, und dann eine Hds in
BM, Harl. 4403. ^ Die zwei erstgenannten Pariser Hdss enthalten
fünf Geschichten, die direkt aus der DC übersetzt sind, nämlich:
zwei Freunde, der Traum des Bauers, der Brunnen, Alexander,
der Pförtner (n:o II, XVII, XII, XXX und V bei Labouderie);
in der letzgenannten fehlen die zweite und die dritte Erzählung,
sie enthält also nur drei. Der Text ist von der frz Prosa-
übersetzung, die wir kennen gelernt haben, vollständig unab
hängig; eine von den Geschichten, der Pförtner, ist ziemlich frei
behandelt und enthält am Schluss eine allegorische Auslegung
was darauf hindeutet, dass sie irgend einer lateinischen Bei
Spielsammlung, wo solche Auslegungen häufig vorkamen, nach
gebildet ist. Die ganze Geschichte mag hier als Probe ab
gedruckt werden nach der Hds BN fr. 435.
Piere Alphons raconte d'un seigneur qui fist une ordonnance en son
chastel que tous ceulx qui vouldroient entrer ou chastel, s'ilz avoient aucune
faulte sur leur corps, ilz paieroieni ung denier, et donna ce droit a son portier.
Advint ung jour qu'il y entra ung bossu bien emmantelle. Le portier luy
denianda ung denier pour celle bosse. Cii respondit rudement qu'il n'en
payeroit ja denier. Le portier en fut mal content et luy tollit son chapperon
et trouva qu'il estoit teignoux ; s'il luy dist qu'il payeroit deux deniers. Tant
monteirent leurs paroUes qu'ilz prindrent Tun l'autre a bras, mais le bossu
cheut dessoubz, et trouva le portier qu'il n'avoit qu'un oeul et si estoit ron-
gneux et desrompu et pour ce, veulsist ou non, il luy fist payer cinq deniers
pour ces cinq deffaultes, et il eust este quite au premier s'il eust voulu payer
pour ung denier. Ainsi a cest exemple se nous ne payons a Dieu ligierement
ce que nous luy devons, c'est assavoir que nous nous confessons si tost adonc
nous avons peche, et nous attendons longuement, ung peehe actrait l'autre
et ainsi de Tun en l'autre nous serons trouvez deffaillans en tant de manieres
que a peu nous en savrons nous aquiter.
' The Exenipla of Jacques de lltry, ed. by Th. Fr. Crane, 1890,
S. CXI.
ij
Betmrkungen zut Disciplina Clericalis etc- 75
Paul Meyer hat in der in England im XIV Jhdt geschrie-
benen Hds BM Harl. 3775, die eine bunte Menge von verschie-
denen Sachen enthält, mitten in einem biblischen Gedicht die
Bearbeitung einer Geschichte (V^I) der DC gefunden und sie
veröfifentlicht.^ Er sagt hiervon: »il introduit assez mala-
droitement un conte qu'il aura pris directement dans la
Disciplina Clericalis de Pierre Alphonse, ou, de seconde main,
dans quelque recueil d'exempla.y)"^ Er citiert dann für die ent-
sprechende Geschichte die Ausgabe der Bibliophiles. Hätte
er aber die andere Versbearbeitung, die von Baibazan-Meon
veröffentlichte, eingesehen, so hätte er sogleich gefunden, dass
das sehr schlecht vcrsifizierte und auch sonst verdorbene Stück
sich doch als eng verwandt mit dieser Version zeigt, ja die
Reime sind durchgängig dieselben, ausser am Schluss, wo
sie mit der Hds D übereinstimmen^. Das Gedicht ist also
nichts anders als eine schlechte Abschrift dieser Version.
Ein anderes von P. Meyer veröftentlichtes Stück, eine
Versbearbeitung der Geschichte von dem halben Freunde,
gehört nicht hierher; sie beruht auf einer Kontamination mit
einer Geschichte in Barlaam und Josaphat.^
W. Söderhjelm.
• Roinania, t. XXXVI (1907), S. 198 f.
« /. c. S. 186.
" Wenn dieser unkundige Kopist schreibt :
Duy clers alerunt en lur dedut,
Hors de une cite ce cuntrerunt,
und diesen zweiten Vers mit den zwei folgenden reimen lässt, so ist es nur
ein Missverständnis der Vorlage; hier stand: Hois d'une cite conire ntiit
(BzM weicht hier ein wenig ab, aber das bedeutet garnichts).
^ Komania, t. XXXV (1906), S. 38 IT.
76 J. Aaivik,
L'insuffisance de la därivation franpaise
La vitalite d'une langue et la chance quelle a de vaincre
dans la lutte actuelle des langues depend, certes, avant tout
de la superiorite de Situation politique, de nombre et de civi-
lisation du peuple qui la parle. Une nation superieure aux
autres sous ce rapport finira par imposer son idionie ä
Thumanitc entiere, ainsi que faillirent le faire la Grece antique
et plus tard Rome. Cependant cette Suprematie dune langue
tient non seulement ä des causes exterieures, mais aussi dans
une certaine mesure ä des qualites interieures, inherentes au
genie meme de la langue, telles que la richesse du vocabulaire,
une syntaxe souple et susceptible de toutes sortes de nuances,
une Phraseologie abondante et variee. Naturellement ces qua-
lites ne sont pas dues au Hasard, mais sont les consequences
necessaires des conditions materielles oü evolue la langue,
ou bien des manifestations de la psychologie primordiale
du peuple qui l'a creee. II y en a surtout une qui, moins
que le lexique et la phraseologie, semble dependre des causes
exterieures et par lä etre le moins susceptible de perfection-
nement, mais qui, ä eile seule, est dejä capable de conferer
une certaine superiorite ä la langue qui en est douee. C'est
la faculte de former, soit par composition, soit par derivation,
de nouveaux mots qui traduisent de nouvelles combinaisons
et de nouveaux rapports d'idees. Cette precieuse vertu intrin-
seque ne s'acquiert plus pour une langue deja formee,
si une fois eile n'est pas donnee par le genie meme de
l'idiome. Le grec la possedait ä un tres haut degre, et c'est
lä aussi un de ses avantages comme langue scientifique et
philosophique, avantage que son rival et son heritier, le latin,
ne connut jamais. La facilite qu'avait cette merveilleuse langue
de former des mots composes etait teile qu'Aristophane,
dans une de ses comedies (L'Assemblee des femmes), s'est
plu ä en creer un qui ne compte ni plus ni moins de 73
syllabes. Aussi, quand dans la terminologie scientifique on
a besoin d'un mot compose de deux ou plusieurs notions,
I.'instiffisafue de la (fet-iva/iofi frafifaise, 77
a-t-on toujours recours au grec, parce que le latin ne s'y
adapte qu'en des cas rares et exceptionnels.
Cette facultc de deriver des mots Tun de lautre ou de
les fornier ä l'aide de la composition est tres differente dans
les grandes langues civilisees du monde, Les langues germani-
ques en sont le mieux douees. Les idiomes slaves y excel-
lent aussi. De lä les incontestables avantages qu'en tirent ces
langues. Mais quel est l'etat du frangais sous ce rapport?
Chose curieuse et paradoxale, la langue qui est reputee par
tant de qualites, dont on vante la clarte, la logique et la
grdce, «la plus delitahle des langues», qui pendant quelque
temps etait consideree comme langue universelle, se trouve
etre, quant ä cette faculte, dans une Situation d'inferiorite
evidente ä l'egard des langues germaniques et slaves. Ainsi
que toute la famiile romane, le frangais est atteint de l'in-
capacite, heritage du latin, de former des mots composes.
Le nombre de ceux qu'il a est fort restreint, et encore la
plupart en sont de purs emprunts grecs ou latins. Aussi des vo-
cables pour des notions indispensables comme zzveckmässigkeit,
Vielseitigkeit lui feront-ils ä jamais defaut, ä moins que Ton
ne s'avise de les emprunter tout d'une piece au grec. Mais
meme la faculte de former des mots par derivation montre
d'inquietantes impuissances et de singulieres atrophies. Dans
aucune langue les mots ne sont si infeconds, si steriles et si
stereotypiquement figes que dans le frangais. Gräce ä ce
defaut, le frangais est condamne ä pietiner sur place, ä de-
meurer stationnaire, pendant que ses rivaux, l'anglais et l'alle-
mand, et aussi le russe, poussent leur frondaison touffue
de nouveaux mots, evoluent sans cesse et lui fönt une heureuse
concurrence. Et ä vrai dire ils l'ont dejä detrone de la
Position privilegiee de langue universelle.
I>'ideal de derivation serait une souplesse et une variete
extremes de moyens de former des mots. II ne devrait pas
y avoir de prefixes et de suffixes improductifs. Par exemple, de
chaque substantif il serait permis de deriver un adjectif pos-
sessif ou qualiiicatif et de cet adjectif un substantif abstrait,
puis de chaciue adjectif un privatif et le substantif correspon-
■j8 7. Aa7iiik,
dant. Chaque verbe clevrait donner un substantif dcverbal
indiquant l'action et un autre exprimant le resultat de l'action.
¥A ainsi de suite. Les langues germaniques et aussi les slaves,
comme le russe, realisent ä peu pres cet ideal. Mais le fran-
gais en est ioin. Examinons quelques cas de la derivation
francaise comparativement ä l'anglais surtout, mais aussi ä
Tallemand, pour en voir les insuffisances et les lacunes. Tout
d'abord le frangais est refractaire a former des adjectifs priva-
tifs. Ceux qui existent sont en nombre limite et remontent
souvent dcjä ä l'antiquite classique, comme immortel, inconsla?tt,
irrevocable, inevitable, hnpur, illicite etc. Mais il y a nombre
d 'adjectifs et de participes qui n'ont pas de ces privatifs, qui
seraient quelquefois tres necessaires, comme mür, suspect,
liquide, methodique , musical, poetique, permanent, souple, pas-
sionne, bu, vu, lu, dit, atme, aimable, moderne etc., car la lan-
gue ne connait pas de ces formes supposees comme *immür,
^illiquide, *insouple, '^inaime, '''immoderne etc. Pourtant l'anglais
les a: illiquide, immethodical, imprecise. Ou ä defaut du pre-
fixe latin, qui est un peu improductif, on y a la ressource de
les obtenir ä l'aide du prefixe germanique un-, que l'on peut
accoler ä n'importe quel mot. L'allemand et les autres langues
germaniques, de meme que le finnois et le russe, ont le meme
avantage. Meme les autres langues romanes, comme l'italien
et l'espagnol, manifestent aussi plus de souplesse et d'abon-
dance sous ce rapport. Quelquefois on se demande avec
stupefaction comment certaines notions negatives si simples, si
quotidiennes n'ont pas de designations verbales; les der-
nieres auraient du s'imposer par la force de la necessite.
Tres typique et tres illustratif est le cas que presentent
le mot allemand unnatitrlich et l'anglais unnatural. Cette
notion si elementaire et si frequente n'a pas de mot en frangais,
car *innaturel n'existe pas. Mais l'italien l'a: innaturale, l'es-
pagnol aussi: innatural. On s'etonne que dans une langue
civilis^e on ait pu se passer d'un mot si necessaire et dont
la derivation est au surplus si aisee et s'ofifre comme d'elle-
meme. Aussi la remplace-t-on plutot par des expressions (pas
naturrl, covtre Jiaturr, surnaturel) t[ui ne sont pas tout ä fait
l.' insufßsaiici de la tlhnHitioii jHi>naise. 79
exactes ni adcquates a *innaturel. Et cela s'appelle la puretc
du style. Car rccrivain a qui l'idee viendrait de le creer —
ce qui est peu probable — scrait taxe d'avoir commis avec
ce ncologisme une impardonnable faute stylistique. Comment
veut-on donc qu'une langue s'enrichisse?
Mais la nccessitc est plus forte et prevaut contre toutes
les theories et tous les prejuges, si enracines soient-ils. Dans
les derniers temps on commence, en negligeant la tradition,
a former des privatifs avec plus d'audace et d'habitude. J'ai
note dans les journaux et chez les auteurs plus recents des
mots tels que ininteressant, insatisfait, insatisfaction, inculture,
invu, inentendu, qui jadis auraient fait l'horreur d'un acade-
micien. Meme dans les lexiques qui visent ä etre complets,
ils ne sont encore admis qu'ä titre de neologismes.
Un autre defaut de la derivation frangaise, c'est sa re-
pugnance ä former des adjectifs possessifs ou relatifs. Quel-
ques adjectifs de cette nature sont d'une formation assez
recente, quoiqu'ils paraissent presque indispensables, comme
adtural, talentueux. Le dernier est attribue aux Goncourt.
Mais il y a des adjectifs allemands, anglais ou russes qui
n'auront jamais leurs correspondants en francais, comme effekt-
voll, geschmackvoll, geschmacklos, allgemeinmenschlich, räumlich
(anglais spatial). D'autre part, il y a une foule de cas oü les
adjectifs seraient possibles grace a des formations analogiques
et gräce ä l'exemple de l'anglais; malheureusement le conser-
vatisme du frangais ne s'y decide pas. Ainsi des mots tels
que temperament, race, education, diniensiori n'ont pas d'adjec-
tifs comme en anglais, oü l'on dit couramment: tempera-
mental, racial, educational, diviensional . Le frangais est en
general avare d'adjectifs en -al et -el. Dans de pareils cas
on s'en tire ordinairement ä l'aide de la preposition de, de
Sorte que l'anglais temperamental differences, racial character
serait traduit differences de temperament, caractere de race.
Mais ce procedc peut avoir ses inconvenients: il en rcsulte
ces interminables et inevitables repetions de de qui fönt
le desespoir des bons stylistes. Et, en somme, pourquoi ne
pas former en frangais aussi abondamment de ces adjectifs,
So y. Aaii<tk\
si une langue moins latine en use et en abuse tant? Diffe-
rences temperamentales , caractere racial ou radgue, reforme
educationnelle semble dans de certains cas plus commode,
plus expressif et plus elegant memo (|uc les formations ä l'aide
de de. Et puis le frangais possede dejä nombre de derives
analogues: gouvernemental, deparlemental^ presidentiel, asce?i-
sionnel.
Mais ce qui fait la plus grave insuffisance, et la plus
carasteristique, de la derivation frangaise, c'est la difficultc,
voire l'impossibilite, ou eile se trouve de former des substan-
tifs abstraits et deverbaux. En cela l'anglais et surtout l'alle-
mand lui sont infiniment superieurs. On a l'adjectif succinct,
mais Ion n'a pas de mot qui envisage cette qualite en soi,
comme absolue, detachee de tout sujet auquel eile pourrait s'appli-
quer. Mais l'anglais en a un : snccijictness. De meme on a l'adjectif
abrupt^ les participes elahore, blase^ eveille; on n'a pas ce qui
corresponde ä abruptness, ä elaborateness, ä blasiertheit'^ , a
svegliatezza (allemand aufgeweckheit), tous des mots tres ne-
cessaires et presque indispensables. Certes, on s'en tire comme
toujours ä l'aide de la circonlocution: caractere succinct, qualite
e'laboree, etat blase. Mais dans certains cas et certaines combi-
naisons de phrases, cela est stylistiquement incommode et fait
un efFet lourd et maladroit, tandis qu'un seul mot exprimant
tout donnerait plus d'aisance, de concision et d'elegance au
style. Et, en somme, posseder le plus grand nombre de
mots abstraits, pouvoir englober dans un seul vocable toute
une combinaison d'idees pour former de ces mots des idees
encore plus complexes, n'est-pas cela l'ideal de toute langue
qui veut servir de digne intermcdiaire ä notre culture de plus
en plus multiple et intense } Et puis les notions exprimees par
un seul mot ont l'avantage d'etre plus discernables, plus
conscientes a notre esprit, le mot nous obligeant a les considerer
comme des unites distinctes. II ne faut donc pas parier de
mots hiutiles que l'on pourrait exprimer autrement. Une langue
' J'ai rencontre chez Peladan (Vice supreme) blasetiietit, ijue le dictior
naire de Sachs-Villatte conlient aussi, mais ä titre de ncologisine.
L'tustiffisatice de In (icriintioit fratii;aise. 8l
rebelle aux mots abstraits temoigne, chez le peuple qui le
parle, de peu de faculte d'abstraction, ce qui n'est pas im cloge.
C'est precisement le cas du frangais. II y a iä une foule
d'adjectifs dont on aurait pu, a l'exemple des cas analogues,
former des substantifs. Mais on ne l'a pas fait, parce qu'a
personne l'idee n'est venue de les concevoir et de se les
representer sous une forme abstraite. Dans les autres langues
pourtant, en anglais, en allemand, en russe, les derives sub-
stantifs sont assez frequents et usuels. De tels adjectifs sont:
mi'connaissable, fastidieux, raisonnable, inevitable, scientißquc^
artificiel, incorporel, consciencieux, proportionncl, expressif, men-
songer, naiurel, inoui, instnictif etc. Des abstraits supposes de
ces mots feraient l'horreur de tout Frangais : '^^müonnaissabiliU,
'^iw'vitabilitr, *scientificitc, '■'artificialitc, Srrevocababilite , *con-
scienciosiU, "^^ proportionnaliti , *expressivitr, * instinctivite , '^men-
songereU etc. Mais ces memes mots n'ont rien d'etrange en
anglais: artificiality, proportionality, inevitability, incorporeiiy ;
ou, si la terminaison latine -ty y parait trop solennelle,
on emploie le suffixe germanique -ness, qui est bon pour
chaque adjectif: Unnatur alness, expressiveness, sensitiv eness,
fastidiousness. Tres instructif est le cas du verbe atteindre
et de ses derives ä faire. Jusqu'ici le frangais n'a pas de
mots qui correspondent a 1 'allemand erreichbar, unerreichbar,
Unerreichbarkeit. Les derives atteignable , inatteignable semblent
encore des neologismes assez frais. Je ne les ai rencontres que
dans un des derniers romans de Bourget. Mais personne n'a
problablement ose construire des monstres (au point de
vue frangais) comme *attetgnabilite et *inatteignabilitt, quoique
les derives correspondants de la meme racine latine existent
en anglais: attainableness, unattainableness. Ces abstraits,
on les a jusqu'ici remplaces par accessible et ses derives, ce
qui n'est pas tout ä fait identicjue. Pour quelques mots on a
en frangais la ressource d'exprimcr l'abstrait par l'adjectif
meme, pris substantivement: le vague, le ridicule, l'equivoque,
le pittoresque (en anglais picturesqueness), la disparate, Vinoui
[inouisme cite par Brunot), le traqique. Goncourt et Daudet
82 J. Aawtk,
ont abusc de ce proccde, qui d'ailleurs n'est [)raticablc cju ä
l'egard dun nombre limite d'adjectifs.
Ouelquefois aussi, quoique beaucoup plus rarenient, il
se rencontre des phenomenes inverses: on a le substantif, mais
l'adjectif dont ce substantif est originairement derive manque
en frangais, bien qu'il existe en latin, temoins de tels mots
comme kilariU, quittude, desuitude. Dans Ic dernier temps
quelques ecrivains ont, comme par une derivation regressive,
restituc la forme primitive hilare (Maupassant, Huysmans),
quiet, d(suet (Huysmans). ^ Mais il y a beaucoup d'autres
mots latins dont les formes de depart n'existent pas en fran-
gais, comme urgence, assertion, expectaiion, occurrence etc.
Pourtant l'anglais, quoique moins latin, les a adoptees, celles-lä
aussi : to urge, to assert, to expect, to occurr.
On pourrait encore trouver d'autres categories sem-
blables et en multiplier infiniment les exemples. Ici je n'ai
choisi que quelques cas typiques qui suffisent, je l'espere, a
demontrer ma these: l'insuffisance et la difficulte de la deri-
vation frangaise. Cette difliculte tient en partie peut-eire a
l'heterogeneite de la langue; les Clements, les suffixes ä l'aide
desquels on forme par exemple les substantifs abstraits sont
trop savants et paraissent aux Frangais trop pedantesques.
Mais principalement il faut y voir comme cause le caractere
general du peuple, la mentalite, la psychologie nationale, qui
a cree et forme la langue en accord avec ses besoins. De lä rien
d'etonnant que les Frangais soient eux-memes si peu conscients
de ce qui nous parait comme un defaut. Pour eux ce n'en est pas
un. Car comment expliquer autrement cette hostilite qu'ils
ont toujours professee envers toute tentative de creer et d'intro-
duire de nouveaux mots? Depuis le XVIP siecle c'est comme
une malediction qui a pese sur la langue frangaise en entra-
vant son libre developpement. Car outre l'Academie, dont le
conservatisme lexical est notoire, meme ceux qui generalement
passent pour de hardis novateurs, des revolutionnaires de la
langue, ont montre beaucoup de reserve sur le chapitre de la
Sachs-Villatte les martiue dune comete.
f^'ifisuffisance de la dcrivatipii frnticaise, 83
vraie ncologie. Les efiforts qu'ils y ont faits sont timides et
Sans Systeme. Victor Hugo condamnait le neologisme; Theo-
phile Gautier disait que, puisqu'il n'y a pas de nouvelles idees,
ä quoi bon des mots nouveaux. Flaubert, ce chercheur mani-
aque d'une expression verbale adequate et ideale, aurait cer-
tainement eu besoin de quelques adjectifs negatifs et de quel-
ques substantifs abstraits pour la precision de ses formules,
mais chez lui le styliste preoccupe d'une langue harmo-
nieuse et neutre interdisait la creation des neologismes comme
detruisant cette qualite de style. Seules les dernieres ecoles
litteraires, les dccadents, les symbolistes et les impressionnistes,
ont fait des efforts plus conscients et plus hardis dans le
domaine de la neologie. Ils ont mis presque une certaine
coquetterie a parer leur iangue de vocables insolites et desuets.
Mais chez ceux-lä meme les resultats sont sporadiques, isoles
et Sans Systeme, surtout quant ä la derivation de privatifs et
de substantifs abstraits. Entre autres chez Peladan j'ai note une
tendance visible pour la Formation d'abstraits comme ins-
thictiviti , co7itempor anritt etc. Et les critiques (Brunetiere,
Lemaitre, Faguet, Pellissier), loin de les encourager dans cette
voie, ne manquent jamais de parier de leurs neologismes
inutiles et superflus; ils leur reprochent d'alterer par lä la
purete du style et de pecher contre la soi-disant tradition
classique.
Mais, ainsi que je Tai dejä remarque, la necessitc prati-
que prime tout et va l'emporter sur ces prejuges neologo-
phdbes. Cette necessite se fait sentir surtout dans la
terminologie scientifique, oü l'on a eu besoin de former de
tels abstraits que toxiciU, vasomotriciU, inconmiensurabilite.
Dans un article de revue j'ai rencontre insaisissabilitv . Et puis
il y a beaucoup a attendre du contact avec les langues
etrangeres. La communication materielle et intellectuelle de-
vient de jour en jour plus rapide et plus intense, les chemins
de fer se multiplient et bientot les acroplanes vont passer
trcs vite dun etat a l'autre. Dcsormais il serait impossible ä
une nation ou a une langue de se soustraire a l'influence et
84 /-iespiciiunxeir. .1. W'nllonkoU,
a l'exemple ctrangcrs. Vx je crois c|uc Ic frarn^ais nc fera
qu'en profiter.
Ces vues cjue Ion vicnt d'exposcr ici en les illustrant de
quehiues exemplcs ne sont ciue des rcflexions <^cncrales et
eparses. Pour les etudier a fond, pour les envisager sous
toutes les faces et pour les presenter d'une fagon plus claire
et plus convaincante, il faudrait ccrire tout un volume qui
exigerait un travail preliminaire plus minutieux et complet.
Et il nie semble qu'une teile etude, (|ui reste encore a faire,
serait assez interessante et assez curieuse au point de vue de
la Psychologie comparative des langues et surtout au point
de vue du developpement des idiomes modernes.
J. Aazvik.
Besprechungen.
Kr. Nyrop, Fransk Vcrslarc i Oinrids. Kobenhavn, Gyldeii-
dalske Boghandcl — Nordisk Forlag, igio. XII + loo p. in-8".
Ce Pre'cis de me'lrique franraise, dedic a M. Werner Soder-
hjelm, «Finlands hojt fortjente Humanist, med Tak for varigt
Venskab», est un manuel destine ä l'enseignement universitaire.
L'auteur y montre, comme, du reste, dans tout ce qu'il ecrit, des
qualitcs eminentes: un savoir etendu et sür, une methode excellente
d'exposition et une remarquable clarte de style. Le livre de M.
Nyrop peut donc etre vivement recommande ä tous ceux ä qui
l'ouvrage classique du regrette maitre de 1' Universite de Berlin
serait trop long ä lire.
II y a cependant un chapitre, ceiui sur la mesure du vers
(chap. IV), oü M. Nyrop me semble etre entre dans des details
tout ä fait superflus et avoir fausse un peu la conception ration-
nelle du vers fran^ais. J'entends ce qu'il dit de la cesure et de
l'accent d'intensite.
Voyons d'abord la cesure. Selon M. Nyrop, la cesure est
une pause voulue et logicjue dans le corps d'un vers d'une
certaine longueur; anciennement, la place de cette cesure etait
fixee pour chaque texte en vers (pour les textes en alexandrins
toujours au milieu du vers) : cependant, des le debut du XIX^ siede,
et quelquefois deja plus tot, meme au moyen äge, on trouve
A';- A>;<'/>, Fransk ]'crsl<c)c i Oiinitt's. 85
sporaditiuenient une cesure, dite romantüjue, qui peut rtre placce
apres n'importe (|uelle syllabe, sinon tout a fait au commcncemcnt
ou a la fin du vers; dans l'alexandrin, on a mcme admis une
double cesure {coupe teniaite). Je dois avouer ([ue M. Nyrop me
semble avoir fait trop d'honneur a catte cesure romantique\ eile
n'est, au fond, qu'une negligence, voulue ou non, de l'ancienne
cesure fixe, negligence cju'on a essaye a posteriori d'eriger eii
svstcme. Tobler, cjui definit la cesure comme une pause ([ui,
pour Ic mcme genre de vers, est toujours placee au mcme endroit
[Vom franz. Versbau^, p. 93), dcmontre fort bien [ouvr. citc, p.
1 1 6 SS.) comment, par le fait meme qu'on a ncgligc l'ancienne
«rsure reguliere, des pauses logiques ont pu et du s'introduire apres
(lautres syllabes que la sixieme (dans l'alexandrinj. Mais ces
pauses secondaires, qui apparaissent tantot ä un endroit, tantot a
un autre, ne sont pas des ce'sures dans l'acception qu'il faut donner,
et que Tobler donne, a ce mot, puisque l'idee fondamentale de
la cesure, c'est le repos regulier amenage dans le corps d'un vers.
Et a un autre point de vue encore, Tobler me semble mieux
caracteriser la cesure que ne le fait M. Nyrop : il dit {ouvr. cite,
p. 03) Ljue la cesure implicjue au moins la possibilile de faire une
pause. Si (.ela est vrai, et je l'admets pour ma part, beaucoup
des exemples de M. Nyrop oü il veut retrouver une cesure «ro-
mantique» presentent tout bonnement une cesure ordinaire peu
marquee, ä cote de latiuelle une ou deux pauses secondaires
attirent parliculierement lattention. Je considererais donc comme
des vers a cesuie classique (affaiblie) les vers suivants d'Andrc
Chenier, cites par M. Nyrop (p. 54) comme les premiers exempie.s
modernes de la cesure roniantique :
II toid les hras, il tombe a genoux ; il lui crie . . .
Mais sois jnon höte. Ici l'oii halt plus <jue l'cn/cr . . .
Toujours i',)re, toujours debile, chancelant . . .,
et de meme tous les vers du § 50, donnes comme exemples
sporadiques de la cesure romaiilique au moyen age et pendant la
Periode classique. Au moyen age, les exemples d'une cesure placee
apres un mot d'accentuation faible ne sont pas rares; ce n'est que
plus tard que s'est fait valoir la regle classique de la pause indi-
quee par le contexte. Ce que l'ecole romantique a surtout change
par rapport a cette cesure, c'est qu'elle a aboli la pause logique
apres une syllabe determinee, tout en laissant d'ordinaire l'ancienne
cesure coincider avec la fin d'un mot accentue (cf. Tobler, ouvr.
cite, p. 117), ce qui a naturellement amene l'introduction spora-
dique de pauses plus marquees. Mais on est alle encore plus
86 nes/^rcr/tiDizf't. ./. Wnllcvskölci,
loin: la resure classiciue a simplement ete abolie par le fait que
p. ex. la sixieme syllabe d'un alexaüdrin se trouvc a rintcrieur
d'un mot ou est forme par un mot pleinement atone. Voy. les
exemples suivants, donnes par M. Nyrop (§ 49), cü il me semble
tout ä fait superflu de parier d'une cesure quelconque (les ca-
racteres gras indiquent la syllabe apres laquelle aurait du venir la
cesure, et les traits verticaux, les cesures «romantiques» admises
par M, Nyrop):
yusqtih rc que le devniet cri I räle et sapaise.
Tu files ä ton rouel / le triste echeveau.
Mais de fautomne renaitra ' Pete plus l)eau.
Oii je /Hai j pensiveniei/t la blanche Inine.
Et Voiseau bleu j sur le mais ! en floraison.
Oiseau I sur re päle roscau / fleuri jadis.
Enfm, toute idee de cesure doit naturellement disparaitre en
face d'un vers hendecasyllabique comme celui-ci (Verlaine, Nyrop
§61):
M'attendtisseiit, me flecliissent, viapitoient.
Cf. encore les alexandrins suivants sans resure tires de Ver-
laine, Prologue supprivie ä uti livre '■^d'invectives» ( Parallelement , ed.
L. Vanier, 1894, p. 81 ss.):
Mcs fevimes, tout es ! et ce liest pas effrayatit ;
Et voiis auttes, Parisieiines ä Nxces;
Et saine de la femme seule que Von eut ;
A cause de cette faiblesse, fleur du corps ;
Accueillent d'escroqueiie apre le poete ;
Qui tTiagacent . . . Muses, ot, sjis a la vermijie .'
Sotnme toute, il me semble assez inutile de s'etendre lon-
■guement sur les differentes possibilites de cesures tomantiques, puis-
tiue de telles «cesures» ne sont, au fond, que la consequence
inevitable de la negligence de la cesure classique. M. Nyrop
semble avoir trop suivi les theories des auteurs de metriques fran-
caises, interessantes en sei, mais negligeables dans un manuel
elementaire.
Ma seconde remarcjue de principe conceme toutes les indi-
cations de Vi. Nyrop sur le placement des accents d'intensite.
Ainsi, pour prendre un exemple, M. Nyrop dit, en parlant de
X hexasyllabe (§ 55), qu'on trouve accentuee, outre la derniere
syllabe, la syllabe 3, ou bien la syllabe 2, ou bien la syllabe 4,
k'y. Xyrop. l-iansk l'oslure i OnirUs, 87
ou bien les syllabes 2 et 4. A quoi hon tout cela? II est < lair
que le mouveraent rythmique de la phrase demande que certaines
syllabes soient plus fortement accentuees cjue d'autres. Mais cela
n'a absolument rien a faire avec la construction technique du vers
franrais. Toute succession dun certain nombre de syllabes, sous
la condition qu'on observe encore la cesure (et cela meme n'est
plus necessaire), ainsi (jue certaines regles metriques sur l'hiatus
etc., forme un vers francais techniquemenl correct. Donc pourquoi
parier, dans un pre'cis de metrique fran(;aise, de toutes ces possi-
bilitcs d'at;centuation?
J'aurais peut-etre encore quelques remarques de detail ;i
faire. Ainsi, M. Nyrop dit au § 16 qu'un vers comme
C'est le btit de la nie, c est le seid espoir
pourrait bien se rencontrer dans Tancienne litterature franraise. [e
ne le nie pas expressement, mais l'exemple est cependant mal
choisi, parce qu'un alexandriii evoque l'idee d'un poeme epique,
et ce n'est guere que dans la poesie lyrique qu'on rencontre des
vers Sans cesure. — Au § ic), 2^ AI. Nyrop cite Conon de Bethune:
Mais bele da?ne se doit bien garder.
Dans mon edition des chansons de ce trouvere, je crois avoir
donne la bonne lecon d'apres deux autres mss. (VIII^ 2, 3):
Mais bien se doit bone dame garder.
— Immcdiatement apres, en parlant toujours de la cesure etijambantc,
M. Nyrop s'etonne de ce vers de Racine:
Un songe (nie devrais-je imjuieter d'un songe?)
Je ne comprends pas tres bien ce qu'il y a detonnant dans
ce vers, sinon que je, qui appartient au premier hemistiche, perd
son e par elision devant la voyeile initiale du second hemistiche,
tout comme le ferait Ve final d'un mot dissyllabique. Ou est-ce
(jue M. Nyrop n'aurait attribue t|ue trois syllabes au mot inquietef ?
Le mot compte cependant pour quatre syllabes (cf. Tobler, ouvr.
cite, p. 79: inquijet). — En parlant de la ritjie au § 25, 2^, M.
Nyrop dit qu'elle est constituee par l'accord phonetique de la
voyeile tonique et des «consonnes environnantes» («omgivende kon-
sonanter»). II aurait fallu dire: «de la voyeile tonique et des
phonemes eventuels qui suivent», en ajoutant que l'accord peut
s'ctendre aussi aux phonemes qui precedent. — ^^ 36, i*^. Le fait
que, chez les classiques, on trouve en rime Brittannicus: confus.
Burrhus: vettus, etc. ne prouve pas necessairement qu'il se soit
88 ncsf^nchitii;rci!. .1. Wnllciiskold, F. Brufiol. flhl. ,ic la lan;ri,e frauc. IIl.
agi dune rime pour Tdil. Vu lamuissement frecjuent de \s
finale (voy. Thurot, De la pronovc. franc. II, pp. 17 — 37), on
peut admettre cjue Racine prononrait Britannicu(s) et Burihu(s) ;
cf. Tobler, oiwr. cite, p. 141. Plus tard, toat en commenrant
a prononcer toujours \ s finale des mots 011 eile pouvait anterieure-
ment ctre muette, on a continue a admettre ces mc-mes rime>,
devenues maintenant des rimes pour l'ctil (si l'on ne prcfere pas
fausser la pronondation). — Dans le mcme paragraphe (v? 36, 2"),
il y a une petite inadvertance concernant les rimes inexactes du
type viiracle: obstacle. M. Nyrop parle de «voyelles qui s'ecrivent
de la meme fa(;on»; ses exeinples fenime : infame, fache: lache, elc.
montrent que l'orthographe aussi peut varier. — II y a une con-
tradiction apparente entre ies i^§ '^'j et 3g, 2". Dans celui-la
l'auteur dit que les mots composes ne doivent pas rimer entre
eux ni avec les mots simples correspondants (ainsi les rimes ordre:
ile'sordre, oinbre: penomhre, venir: revenir, conduiie : introdtdre sont
prohibees). Dans le § 39, 2^, au contraire, M. Nyrop donne, et
avec raison, comme permises les rimes jout : sejour, biiche : embüche,
garder : regarder, souvenir : avenir, inadame: vidame, f)ont : afftont,
fail: parfait, pertnetlre: promettre. INI. Nyrop aurait du explicfuer
plus en detail que la possibilite de rimer ensemble un mot simple
et son compose, ou deux composes a prefixe different, depend
essentiellement du rapport semantique de ces mots: si le compose
n'est pas senti comme etant un compose du mot simple, ou si
les deux composes n'evoquent pas l'idee du mot simple dont ils
pn iviennent, la rime en question est theoriquement admissible.
Je termine cette critique, peut-etre trop meticuleuse, en sou-
hailant a l'excellent petit manuel de M. Nyrop le favorable ac-
cueil quil merite aupres du public qui s'interesse aux questions
de metrique fran(;aise.
A. Wnllemköld
Ferdinand Brunot, Histoirc de la langue fnuigaisc des ori-
gines ä 1900. Tome III: La Formation de la Langue classiquc
(lOoo — 1660), Premiere partie. Paris, Armand Colin, 1909. XXXIV
-f- 420 p. in-8". Prix 12 fr. 50, rel. 17 fr.
Avec le troisieme tome de Tocuvre magistrale de M. Brunot^,
lequel est le remaniement complet du chapitre XI du quatrieme
tome de X Histoire de la Latti^tie ei de la Litterature franraise de
* Pour les tomes prccedents, voir Neuph. Mitt. 1905, pp. 109 — 113,
et 1907, p. 29.
./. Lihigjors, Stai/ von Holstein, I.e Roina^t d' Athis et rrophilias. 89
M. Petit de Julleville, nous abordons le francais moderne. De la
facon claire et elegante que l'on connait, M. Brunot nous depeint,
dans son «livre premier», les lüttes entre las reformateurs (Mal-
herbe, Vaugelas et leurs partisans), d'un cote, et l'opposition, reprc-
sentce surtout par La Molhe Le Vayer, de l'autre. L'oeuvre d'epu-
ration et de rcglementation y est finement analysee en ses grands
traits, et le livre se termine par des apercus sommaires sur «la
preriosilc» et «le burlesque». Les livres II et III, qui occupent
la plus grande partie du tome, traitent en detail du Lexüjue et de
la Morphologie du francais de la periode 1600 — 1660. Tout cela
est fort interessant et nous fait assister, avec un plaisir intellectuel
tles plus vifs, ä la naissance laborieuse du francais moderne.
Ne m'etant pas specialement occupe du francais de la periode
classique, je ne suis pas a meme d'entreprendre un examen critique
des materiaux abondants que nous presente I\I. Brunot. Connais-
sant le savoir etendu et l'exactitude scrupuleuse de l'eminent pro-
fesseur de Paris, je suis a priori enclin a admettre la justesse de
ce qu'il avance.
Un «Index lexicologique», place ;\ la fin du volume,
rendra de grands Services.
A. Wallensköld.
Lage F. W. Stael von Holstein, Le Roman d'Athis et
Prophilias, ctitde liticraire sur ses cleiix versions. These de ducto-
rat. Upsal 190g. 127 p. in-8°.
Athis et Ptophtltas^ roman ecrit par un certain Alexandre au
debut du XIIP siecle, est, comme on sait, l'histoire d'une amitie
indissoluble entre deux jeunes hommes, theme dont Amis et Amiies
est une Variante aussi celebre, mais entierement independante du
roman etudie par le baron Stael v. Holstein. Le texte en a ete
conserve dans huit manuscrits, dont un, se trouvant, depuis l'cpoque
de la reine Chrisline, a la Bibliotheque royale de Stockholm et
exe<-ute par un copiste lorrain, avait deja en 1882 ete etudie par
M. Harald Borg, qui, dans sa these de doctorat, publiait la pre-
miere partie du roman, soit 2505 vers.
Un des huit manuscrits, celui de Tours, donne une version
tres differente et notablement plus courte que celle de tous les
autres manuscrits. II est mutile, mais en etat complet il ne devait
pas contenir beaucoup plus de öooo vers, tandis que la redaction
donnee par les autres manuscrits en a plus de 22000. C'est
le manuscrit de Tours qui, selon le baron Stael v. Llolstein,
presente la redaction primitive. C'est probablement la deuxieme
QO Hesf^reclnina^fn. .1, Walleusk'olii, //. /^reiineiei\ Eit^. ifes Jrz. Ausdrucks.
nouvelle de Pierre Alphonse qui a servi de modele au poeme
franrais, et c'est celui-ci qui, avec le recit de Pierre Alphonse,
a inspire a Boccace la nouvelle VIII de la deuxieme journc'-e du
Decame'ron. 11 n'y a pas lieu de croire — corame on l'a fait
autrefois — que le poeme franrais aurait cte imite d'un roman
grec. Les materiaux utilises par le redacteur de la version amplifiee
proviennent de la lilterature francj-aise contemporaine, surtout des
romans de Thebes, de Troie^ (X Eiie'as et d'Ale.xanäre, ainsi que
des bestiaires, et un certain nombre de noms propres ont ete
empruntes de Bovo7i de Haumtone.
Tel est, dans les grands trails, le lontenu de cettc ctude
soignee, qui a pour but de servir de complement ä Tedition criti-
que du poeme qui doit paraitre, par les soins de M. Alfons Hilka,
dans les publications de la Gesellschaft für romanische Litteralur.
Ä. Laiigfors.
Heinrich Breimeier, Eigenheiten des französischen Ausdrucks
und ihre Übersetzung ins Deutsche. Dresden und Leipzig, C. A.
Koch, 10 lo. VIII -f- 72 S. 8:0 (= Neuspiachliche Abhandlungen
aus den Gebieten der Phraseologie, Realien, Stilistik und Synony-
mik, unter Beiücksichtigung der Etymologie. Herausgegeben von
Dr. Clemens Klöpper-Rostock. XVII. Heft).
Eine gewiss sehr nützliche Arbeit! Durch eine verständige
Übersetzung einer Menge nach grammatischen Kategorien (Wort-
stellung, Artikel, Substantiv, u. s. \v.) geordneter ausgewählter franzö-
sischer Sätze, Wortgruppen und Wörter will der Verf. »die schäd-
liche Einwirkung des Herübersetzens auf die Muttersprache» ver-
mindern. So weit Rez. beurteilen kann, sind auch seine Über-
setzungen mit feinem Gefühle für die Verschiedenheiten der beiden
Sprachen getan. Schade nur, dass die Zahl der Druckfehler in
den französischen Beispielen das gebührende Mass überschreitet!
Obgleich das Buch nur für Deutsche bestimmt ist, können
doch auch unsere Sprachpädagogen es mit guter Ausbeute durch-
lesen, da sie durch dasselbe auf viele Eigenheiten des franzö-
sischen Stils, die sie etwa früher nicht betuerkt haben, aufmerksam
gemacht werden.
Zu Anfang des Buches findet sich eine willkommene kurze
Übersicht über die Entwickelung der französischen Sprache, welche
Übersicht allerdings in den Einzelheiten Ungenauigkeiten und Irr-
tümer enthält. U. a. \\ird (S. 3) Joachim du Bellay »Jean du
Bellav» genannt.
A. IValle/isköld.
/)/. M'., y. Öhquist, Peuischc /'rosii iitid /hc/ititni;, 4. .in//. 91
Johannes Öhquist, Deutsche Prosa und Dichtung nebst
Übungsstücken für den Schulunterricht. 4. verbesserte Auflage,
Helsingfors, Otava, iqio. Preis: 3: 75 Fmk.
In welcher Beziehung die vorliegende neue Auflage des Ije-
kannten Lesebuches sich von den vorhergehenden unterscheidet,
geht deutlich aus dem Vorworte zu derselben hervor. Dort heisst
es nämlich: «Das immer allgemeiner werdende Verlangen nach
mehr Realien in unseren fremdsprachlichen Lehrbüchern hat mich
veranlasst, in dieser vierten Auflage eine Reihe von Stücken durch
andere zu ersetzen, die besonders die Landeskunde zum Gegenstand
haben». Von Stücken, die also in dieser Auflage neu sind, mögen
erwähnt werden : Das Riesengebirge, Die Elbe, Hamburg, Der
Tiergarten, Leipzig und seine Messe, Das beste Deutsch und ein
Stück aus Bielschowskys Goethebiographie, von denen einige auch
in dem im vorigen Jahr erschienenen Lesebuch von Lektor Nyström
zu finden sind. Dagegen sind solche kulturgeschichtlichen und
geographischen Stücke, die sich nicht besonders auf Deutschland
und deutsche Verhältnisse beziehen, wie Die Einführung der Seide
in Europa, Das tote Meer u. a. ausgeschlossen worden. An und
für sich bezeichnet diese Vertauschung einiger Stücke gegen die
obenerwähnten einen Fortschritt und einen Gewinn für das Lese-
buch, das dadurch in der Tat nicht nur in einer neuen, sondern
in einer wahrhaftig > verbesserten» Auflage vorliegt. Nur entstehen
beim Unterricht leicht gewisse Schwierigkeiten mit den vielen ver-
schiedenen Auflagen eines Buches, denn oft kommen diese alle
gleichzeitig in derselben Klasse vor. Aus praktischen Gründen
müssen dann nur die Stücke durchgenommen werden, welche allen
Auflagen gemeinsam sind. Und so können Jahre vergehen, bis
die grosse Mehrzahl der Schüler endlich die neueste Auflage
besitzt, und die »Verbesserungen» derselben schliesslich dem Un-
terricht zu Gute kommen können. Hoffentlich wird die nächste
Auflage der »Prosa und Dichtung» keine neuen Stücke enthalten!
— Die neu erschienene Auflage präsentiert sich sonst in einer
schöneren Ausstattung als irgend eine der alten; sie ist auf gutem
Papier gedruckt und mit guten Bildern versehen.
M. W.
92 r>otok'olk ll'^s Netiphiloloi^ischen Verehis.
Protokolle des Neuphllologlscben Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 2*). Februar igio, bei welcher Sitzung (
N'orstand und i6 Mitglieder anwesend waren.
er
§ I-
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
Als neues Mitglied wurde Stud. Katl Magnus Westerhmd
aufgenonunen.
§ 3-
Zum Jahrcsfestkommittc wurden gewählt: Prof. Wallensköld,
Fräulein Bohnhof, Fräulein Hedvali Magister Ah'tnan und Frau
Räbe7'i;//.
^ 4-
Dr K. S. Laurila referierte die Frage nach der Ausbildung
der neusprachliclien Lehrer. Das Referat mündete in folgende
Thesen aus:
i) Um neuere Sprachen erfolgreich zu unterrichten muss
der Lehrer vor allem die betreffende Sprache in ihrer modernen
Gestalt möglichst vollkommen beherrschen und mit dem Kultur-
leben des betreffenden Landes möglichst vielseitig vertraut sein.
Ohne die nötige phonetische und sprachgeschichlhche Schulung
preiszugeben oder zu vernachlässigen, muss deshalb schon bei der
wissenschaftlichen Vorbereitung des angehenden Lehrers (auf der
Universität) auf diese Seiten ein starker Nachdruck gelegt werden.
Dazu wird es vielleicht nötig sein, bei den Examina eine gewisse
Wahlfreiheit zu gestatten, so dass diejenigen Studierenden, welche
sich ausdrücklich für den Lehrerberuf vorbereiten, sich nicht so sehr
in die ältesten Perioden der Sprachentwicklung zu vertiefen brauchen,
sondern statt dessen eine grössere Vertrautheit mit irgend einer
Seite (Literatur, Geschichte, soziale und Bildungseinrichtungen.
Sitten u. dergl.) an der neueren Kulturentwicklung des beireffenden
Volkes aufweisen müssen und auch ihre Laudaturabhandlungen
über ein solches Thema schreiben dürfen.
Protokolle des Xeupkilologischcn Vereins. 93
2) Die pädagodische Vorbereitung der neuspracliliclien Lehrer
bei uns ist mangelhaft in der Beziehung, dass von den angehenden
neusprachlichen Lehrern keine gründlichere Kenntnis der speziell
neusprachlichen Unterrichts- Methodik verlangt wird. Diese Kennt-
nis könnte am besten während des Probejahres am Normallyceum
erworben werden, und sollte es dem betreffenden Oberlehrer oblie-
gen, die neusprachlichen Lehramtskandidaten in die neusprachliche
Methodik einzuführen und sie darin zu prüfen.
3) Die praktische Vorbereitung der neusprachlichen Lehrer,
näml. die Erlangung der nötigen Sprachbeherrschung, ist bei uns
wegen der geographischen und politischen Lage des Landes und
wegen der Seltenheit des ausländischen Verkehrs schwieriger als in
anderen Ländern. Deshalb sollte es im Staatsinteresse liegen,
reichlich für Stipendien zu sorgen. Einige von diesen sollten auch
etwas grösser sein und zu einem längeren Aufenthalt verpflichten
als nur über die Ferien, und sie sollten nur an diejenigen ver-
geben werden, die einen bestimmten Studienplan einreichten und
sich verpflichteten, nach der Reise entweder über ein pädagogisches
oder ein wissenschaftliches Thema eine Publikation zu schreiben.
Auch Lektor Poirot fand, dass eine Änderung in dem jetzi-
gen Universitätsunterricht eintreten müsse: die praktische Fertig-
keit, die Kenntnis der Realien, das Eindringen in das Wesen des
fremden Volkes komme jetzt zu kurz im Unterricht. Worauf dies
beruht, sei schwer zu sagen. Daran seien jedenfalls aber auch
die Studenten schuld, die zu unreif sind, wenn sie auf die Uni-
versität kommen, und einer allzu utilitaristischen Anschauungsweise
huldigen, indem sie nur das lernen, was zu den Examensforde-
rungen gehört. Das einzige Mittel, um eine bessere Sachlage zu
erzielen, sei, dass das Examen auf einen anderen Fuss gestellt
werde. Das Programm müsse daraufhin geändert werden, dass
die Studenten ein tieferes Verständnis moderner Texte erwerben.
Früher gab es ein Examen, wo das Literatur- und Kulturgeschicht-
liche ebenso wie die praktische Sprachfertigkeit besonders ins Auge
gefasst wHirde, das Lehramtskandidatexamen. Dasselbe ist jetzt
abgeschafft worden, aber dafür müsse ein Ersatz eintreten. Die
scharfe Trennung der eigentlichen Philologie und des Litteratur-
studiums habe ihre Ungelegenheiten. Es sei ein Fehler, dass die
künftigen Lehrer der neueren Sprachen nicht in modernen Litte-
raturtexten geprüft werden.
Professor Wallensköld fand, dass die vom Referenten hervor-
gehobene Ungelegen heit eine Folge der zweifachen Aufgabe der
Universitätsexamina (Vorbereitung der künftigen Gelehrten und der
künftigen Schullehrer) wäre. Eine Wahlfreiheit in den Examens-
forderungen in der vom Referenten bezeichneten Richtung sei
94 Protokolle (fcs A\iiip/iilo!oi^/i-/ieii rercins.
praktisch scliwer durchführbar; eine gewisse Wahlfrciheit sei schon
vorhanden. Um eine genauere Kontrolle über die praktische Sprach-
fertigkeit zu gewinnen, könnte diese Prüfung dein Universitätslektor
überlassen werden.
Was den zweiten Punkt betrifft, glaubte Oberlehrer Dr Hao-
fon, dass der Referent die Leitung der Lehrerkandidaten an den
Normallyceen nach etwas veralteten \^erhältnissen beurteilt habe :
die Sachlage sei jetzt eine bessere.
Dr Hortlins, wollte auf einige Missverhältnisse an den Nor-
mallyceen aufmerksam machen. Besonders sei es unbillig, dass
die praktischen Proben nach keinen bestimmten Gründen beurteilt
werden und dass dem Beurteilten keine Gelegenheit geboten werde,
sich gegen ein allzu subjektives Urteil zu verteidigen. • — Ober-
lehrer Dr Hagfors fand, dass diese Sache in dem Neuphilologischeh
Verein nicht diskutiert werden könne.
In fidem:
A. Längfors.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 15. März 19 10 (Jahresfest), bei welcher
Sitzung der Ehrenpräsident Prof. W. Söderhjelm,
der Vorstand und 25 Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Lektor y. Poirot hielt einen Vortrag über das Thema: «Unc
societe secrete en France au dix-septicme siccle (La compagnie du
Tres-Saint Sacrement) » .
Es folgte ein geselliges Beisammensein, wol^ei Reden von
den Professoren Walleiisköld und Söderhjebii gehalten wurtlen. Das
Programm enthielt ein kleines französisches Theaterstück, Gesang,
eine Festpublikation («Unphilologische Mitteilungen»), u. a.
In fidem:
A. Längfors.
F.iiigcsani/tc Fittciatuy. ScIniflciKxiistauscIi. 95
Eingesandte Litteratur.
Otto Breitkreuz, Comment dit-on? Lexikalischer Ratgeber
fiir den Schul- und Selbstunterricht. Dresden und Leipzig, C. A.
Koch, 1910. 146 S. 8:0. Preis Mk. 2: 40.
der ortograhf, halpmonatsl)lat führ lauttroie rechtschrai-
bung und latainschrift, sowi fülir reformen auf anderen gebiten,
herausgegäben fon sprahchlerer f. mälis in noistat (holst.), i . jahrg.
nr. I (i. april iQio), 2 (16. april ig 10).
Aus den obigen Zeilen geht genügend hervor,
wie weit die Reformorthographie dieser neuen Zeit-
schrift geht. Hinzuzufügen ist nur, dass das Verteilen
eines Wortes auf zwei Zeilen von gar keinen Regeln
bestimmt wird. Man findet daher: s-owohl, ersi-nnen,
wört-ern, usw. — Das Blatt kostet jährlich 2 Mk (jede
Nummer a 8 Seiten 8:0).
Rainön Menendez Pidal, L'epopee castillane a travers la
littcrature espagnole. Traduction de Henri Merirme. Avec une
Preface de Ernest Mirimee. Paris, A. Colin, 19 10. XXVI -|-
306 p. in-8''. Prix: 3 fr. 50.
W. Söderlijelm ^ N. Tötterman, Premier livre de lectures
francaises. Vocabulaire franrais-finnois. Helsingfors, Soc. Otava,
19 10. 130 p. in-ßO.
Hans Strigl, Spraclnvissenschaft für alle. IL Jahrgang, Nr.
12 — 15. Wien, L. Weiss, ig 10.
Schriftenaustausch.
Bibliographia phonetica igio (V. Jahrg.), Nr. 3—4, und
Annotationcs plwneticae 19 10 (IV. Jahrg.), Nr. i — 3.
Modern Language Notes, Vol. XXV (1910), No. 3 — 4.
Moderna Spräk 19 10 (IV. Jahrg.), Nr. i — 4. — Enthält
u. A. : S. 3. Uniform Grammatical Terminology (Abstract of the
Interim Report of the British Joint Committee) ; S. 17. The Prin-
cipal Holiday Courses, British and Continental (19 10).
Museum, Maandblad voor Philologie en Geschiedenis cnder
redactie van P. J. Blök, J. J. Salverda de Grave, A. Kluyver en
J. S. Speyer. Uitgaaf van A. W. Sijthoff's uitg.-m'j., te Leiden.
I7:de Jaargang, N:o i — 8 (Oct. 190g — Mei 19 10).
Päivä, Jahrg. 19 10, Nr. 13 — 20.
Rassegna bibliografica della letteratura italiana, anno XVIII
(ig 10), fasc. I — 2 — 3.
Revue germanique 19 10 (6= annce), n:os 2—3. Sommaire:
No. 2. E. Seiliiere, Le frere d'armes de Nietzsche: Erwin Rohde;
F. Olivere, George Moore; etc. — N:o 3. C. Pitollet, Un John
96
Kni).\ iillcmaiid au XIX'^ siede: Le Pasteur Chrlstoph-Joseph-Rudolf
Dulon, tlc Jircme; I . Chaffurin, La Crise religieuse de George
Kliot; F. Piquet, Un Manuscrit inedit de Goctlie: La Mission
tlicatrale de Wilhelm Meister: etc.
Mitteilungen.
Personalien. Professor IV. Söderhjelm ist am 12. März
d. J. {a. St.) zum Ehrenmitglied der Neuphilologischen Gesellschaft
an der Petersburger Universität ernannt worden.
Einheimische Beiträge zu ausländischen Publi-
kationen: Olaf Homcn, Bespr. von W. Küchler, Französische
Romantik, im Literaturblatt f. germ. u. rom. Phil. XXXI (19 10),
Sp. 106 — 11; T. E. Karsten, Ein westgermanischer Namenstypus
in Finnland, in der Zs. f. Deutsche Wortforschung XII (19 10), S. 87
— 93 ; A. Längfors, La Vie de sainte Catherine par le peintre Estienne
Lanquelier, Rom. XXXIX (19 10), S. 54 — 9; A. Wallensköld, Bespr.
von Kr. Sandfeld Jensen, Bisaetningerne i moderne fransk, in Le
Maitre Phon. 19 10, S. 46 — 7 (x\uszug, in Lautschrift, aus den
Neuph. Mitt. 1909, S. 225 — 7).
Ausländische Besprechungen einheimischer
Publikationen: A. Längfors et W. Söderhjelm, La Vie de saint
Quentin par Huon le Roi de Cambrai, von G. Huet, Le Moyen
Age 1909, Sept.-Oct; E. Stengel, Zs. f. frz. Spr. u. Lit. XXXV,
Ref., S. 192 — 6; H. Suolahli, Die deutschen Vogelnamen, von
H. Schröder, Germ. -rom. Monatsschrift II, S. 186 — 7; F. Piquet,
Rev. crit. 19 10, Nr. 8; O. J. Tallgren, Sur la rime italienne et
les Siciliens du XIIP siecle (Mem. V, 235 — 74), in Rass. bibl.
della lett. ital. XVIII (1910), S. 69- 70; Giorn. stör, della lett.
ital. LV (1910), S. 419 — 21.
An den im Januar 1909 in Helsingfors abgehal-
tenen Neuphilologentagen wurde bekanntlich der Unterricht
in der s. g. allgemeinen Grammatik zum Gegenstande einer Diskus-
sion gemacht, an welcher auch die gleichzeitig hier versammelten
Lehrer der beiden einheimischen Sprachen teilnahmen. Die Refe-
renten der Frage, die Doktoren Hagfors und Saxen, waren beide
der Ansicht, dass der Unterricht der allgemeinen Grammatik nicht
ausschliesslich den Lehrern der Muttersprache obliegen sollte, son-
dern dass auch die Lehrer der übrigen Sprachen sich daran be-
teiligen müssten. Um nun einen genauen Plan für diese vorgeschla-
gene Arbeitsverteilung auszuarbeiten, wurde ein aus 8 Personen
bestehendes Kommittee eingesetzt. Das Kommittee hielt seine erste
.Mitteilungen. 97
Sitzung bald nach den Neuphilologentagen und teilte sich für die
Ausführung seines Auftrages in zwei Abteilungen, eine für die
finnischen und eine für die schwedischen Schulen. Beide Abtei-
lungen haben nunmehr die Arbeit zum Abschluss gebracht und jede
ihren kurzen Bericht ausgearbeitet, aus welchen Berichten ersichtlich
sein wird, wie sich das Kommittce die Verteilung des grundlegenden
allgemeingrammatischen Unterrichts auf die verschiedenen Sprachen
gedacht hat. Diese Berichte werden als Anhänge zu den Jahres-
berichten der beiden Normallyceen zu Helsingfors über das Schul-
jahr 1909 — 10 gedruckt werden. An sämtliche Schulen des Landes
werden Separatabdrucke der Berichte in genügender x\nzahl ver-
sandt werden. Die neusprachlichen Lehrer und Lehrerinnen werden
hierdurch aufgefordert, von den Vorschlägen des Kommittces
Kenntnis nehmen zu wollen.
Ferienkurse: In Besaiiron vom i. Juli bis 31. Okt. —
In Caen {Riva-Bella) vom 2. Juli bis 31. Okt. — In Dijo?i wora.
4. Juli bis 30. Okt. (mehrere Kurse). — In Geneve vom 16. bis
27. Aug. — In Lausanne vom 21. Juli \yvs, 31. Aug. — In Mar-
burg vom 4. bis 23. Juli und vom 4. bis 24. Aug. — In Oxford vora.
2. bis 2Q. Aug. — In Routn vom 4. Juli bis 27. Aug. — In
Versailles vom 27. Juli bis 18. Aug. und vom 19. Aug. bis 10.
Sept. — S. auch »Moderna Spräk», 1910, Nr. 2, S. 17 ff.
Chronique etymologique des langues romanes.
Depuis quelques annees la science etymologique a fait de rapides
progres dans le domaine des langues romanes. Les resultats des
recherches, faites par un tres grand nombre de savants, sur les
origines du vocabulaire roman, sont malheureusement disperses dans
des revues, deja nombreuses, dans les glossaires qui accompagnent
les cditions critiques d'anciens textes, dans les dictionnaires etymo-
logiques, dans d'autres ouvrages dont le nombre va toujours en
augmentant.
D'autre part, aucun ouvrage de reference ne s'est propose
de noter, ä mesure qu'ils paraissent, tant les resultats acquis en
matiere d'etymologie romane que les hypotheses quelquefois fructu-
euses auxquelles a donne lieu l'etude du vocabulaire roman. Et
cependant le temps est venu, nous semble-t-il, de creer pour le
savant un moyen de se mettre, le plus promptement possible, au
courant de ce qui a ete fait dans cet ordre de recherches; s'il
s'occupe d'etymologie lui-meme, il est evident qu'il lui Importe de
savoir tout ce qui a ete dit sur le probleme special qui, ä un
moment donne, concentre son attention; s'il ne s'en occupe pas, il
veut pour le moins constater les resultats auxquels on a abouti.
La Societe Internationale de Dialectologie Romane se propose
d'enregistrer dans sa Revue, d'une facon sommaire, les resultats de
98 Miiteilungen.
toutes les recherches ctymologiques qui concernent les langues roma-
nes et qui ne sont pas d'un intcret purement local et de tenir le
registre au courant de tout ce qui se publiera ä l'avenir.
C'est dans le but de faciliter cette täche que les soussignes,
s'adressant ä tous les savants qui s'occupent de philologie romane,
aux editeurs et rcdacteurs des revues, les prient instamment de bieii
vouloir contiibuer au succes de cette entreprise, en envoyant, aussi-
tot que possible apres la publication, un exemplaire de tout ouvrage
d'interet etymologique (traites speciaux, glossaires, melanges), ou s'il
s'agit d'articles de revue, le numero de la revue ou ua tirage ä
part de l'article au Secretaire de la Societe Internationale de Dialecto-
logie Romane, Richard Wagnerstrasse 43, Halle a. S. (AUemagne).
P. Barbier fils, Leeds. B. Schädel, Halle a. S.
Berichtigungen: S. 44, Z. 17, lies: P. Pietsch.
NeupHiioioqische
• • MITTEIUJNGEN
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
rv //> ,[ 4: 30 durch die Post und 5 Fmk durch die Buchhandlungen.
IzP- 5.' V Zahlerde Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich.
— Abonnementsbetrag, Beiträge, sowie Bücher zur Be^trechting
bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. Wallensköld,
Vestra Hamngatan 5) zu senden
1910
Die estnischen Worte im Deutschen der baltischen Ostsee-
Provinzen.
Im Laufe der 700 Jahre, die seit der ersten Besiedelung
der baltischen Ostseeprovinzen durch die deutschen Ritter und
ihr Gefolge vergangen sind, hat die deutsche Sprache hier ein
so eigenes, verschiedenartiges Gepräge erhalten, dass sie Mund-
art genannt werden kann, obgleich ihr, als Sprache der
Gebildeten, die Merkmale der lebendigen Volksdialekte fehlen.
Das mundartliche Gepräge verdankt das baltische Deutsch in
wesentlichem Masse den Berührungen mit anderen Idiomen.
Auf dem baltischen Kolonisationsgebiet, dessen eigentliche
Landesbevölkerung aus Finnen, Esten, Leiten besteht und des-
sen Verwaltung anderthalb hundert Jahre lang in den Hän-
den der Schweden war und seit den letzten zwei Jahrhun-
derten russisch ist, ist die deutsche Sprache in ganz beson-
ders hohem Grade fremden Einflüssen ausgesetzt gewesen.
Dass sie sich doch diesen Einflüssen gegenüber als verhält-
nismässig konservativ gezeigt hat, beruht eben darauf, dass
sie eine Sprache der Gebildeten und der höheren Kultur
gewesen und als solche auch in steter Fühlung mit der hoch-
deutschen Literatursprache geblieben ist. Aus diesem höhe-
ren Kulturniveau der Deutschen erklärt sich andererseits die
massenhafte Übernahme deutscher Worte in das Estnische
und Lettische; im Vergleich mit diesem Vorgang ist die ent-
lOO Hugo Suolahti,
gegengesetzte Beeinflussung des Deutschen durch die Landes-
sprachen ziemlich gering gewesen.
Die Beziehungen zwischen der Sprache der deutschen
Kolonisten und den Idiomen der alten Landesbevölkerung sind
noch nicht eingehend untersucht worden. Doch hat man seit
längerer Zeit in den baltisch-deutschen Idiotiken diesen Din-
gen Aufmerksamkeit gewidmet und Dr. K. Sallmann hat in
den »Neuen Beiträgen zur deutschen Mundart in Estland»
(1880) die Fremdworte in besondere alphabetisch geordnete
Verzeichnisse gesammelt. Speziell die estnisch-deutschen Be-
rührungen sind in den allerletzten Jahren bemerkt worden.
Die Beeinflussung des Estnischen durch das Deutsche fasst
Dr. W. Schlüter ins Auge in einem ausführlichen Vortrag,
der in den Sitzungsberichten der Gelehrten Estnischen Gesell-
schaft für 1909 erschienen ist. Von dem entgegengesetzten
Einfluss des Estnischen auf das baltische Deutsch handelt
wieder ein im Jahrgang 1906 dieser Zeitschrift erschienener
Aufsatz von Dr. H. Ojansuu. Nach einem orientierenden
Überblick auf die frühere Literatur, in der dieses Thema in
irgendwelcher Weise behandelt oder gestreift worden ist —
ausser den Idiotiken kommen nur die Schriften Sallmanns
und einige Zeitschriftenartikel in Betracht — , giebt Ojansuu
eine Auslese von den in Hupeis »Idiotikon der deutschen
Sprache in Lief- und Ehstland» (1795) und Sallmanns bereits
erwähnten Verzeichnissen vorkommenden estnischen Ausdrüc-
ken. Diese Zusammenstellung ist jedoch blos darauf abgesehen,
die kulturelle Bedeutung des estnischen Einflusses anzudeuten
und sie beschränkt sich deshalb nur auf einen Teil (etwa 50)
der Entlehnungen, der unter zwei Rubriken (i Kinderpflege;
2 Lebensmittel und gesellschaftliche Verhältnisse) mit Angabe
des estnischen Etymons untergebracht ist.
Es wäre eine sehr verlockende Aufgabe den estnischen
Einfluss im baltischen Deutsch an der Hand der literarischen
Quellen und der modernen gesprochenen Sprache eingehend
zu untersuchen, wobei die chronologische Aufnahme und die
geographische Verbreitung der einzelnen Ausdrücke genau
festgestellt und der Intensitätsgrad ihrer Einbürgerung be-
Die estnischen Worte itn Deutschen der baltischen Ostseeprovinzen. loi
Stimmt werden müsste; natürlich wären auch die Wortüber-
setzungen und soweit möglich die phraseologische und
syntaktische Beeinflussung zu berücksichtigen. Sicherlich
würde eine solche geschichtliche Untersuchung der fremden
Einflüsse auch dazu beitragen eine Anzahl der Rätsel zu lösen,
welche sich auf baltischem Boden knüpfen und baltische,
slavische, finnische und germanische Sprachen umfassen. Viel-
leicht werde ich noch Gelegenheit haben, den hier berührten
Gegenstand zu einer allseitigen Behandlung aufzunehmen.
Vorläufig schien es mir aber wichtig doch einmal die in die
baltischen Idiotika aufgenommenen estnischen Sprachelemente
annähernd vollständig zusammenzustellen. Ausser Sallmanns
bereits erwähnten wichtigen und verdienstlichen Verzeichnis-
sen, die jedoch unvollständig und nicht frei von Irrtümern
sind, habe ich Hupeis Idiotikon und v. Gutzeits Wörterschatz
der deutschen Sprache Livlands (1859 ^) f"it Hinblick auf
die estnischen Worte durchgeblättert. In jenem Hilfsbuch ist
bereits bei einer grossen Anzahl von Worten die estnische
Herkunft — meistens richtig — bemerkt und angegeben wor-
den; auch in Gutzeits VV^örterbuch, wo das vollständig unwis-
senschaftliche Etymologisieren mit allerlei unverständigen Be-
merkungen über die Worterklärungen Grimms so unangenehm
wirkt, findet man nicht selten einen richtigen Hinweis auf das
Estnische. Ich habe die von Hupel, Gutzeit oder Sallmann
als estnisch angegebenen Ausdrücke ^ gesichtet und dabei eine
Anzahl echtdeutscher, slavischer oder lettischer Elemente aus-
gesondert-; das Verzeichnis ist andererseits mit Ausdrücken
vermehrt worden, auf deren estnische Herkunft bisher nicht
aufmerksam gemacht worden ist.
* Im nachtolgenden Verzeichnis habe ich die eventuellen Hinweise der
genannten Quellen auf die estnische Herkunft der Worte immer angegeben.
^ Da die Etymologien der estnischen Worte im aügemeinen noch wenig
untersucht worden sind, war es in einigen Fällen schwer zu entscheiden, ob
der betreffende Ausdruck aus dem Estnischen übernommen worden ist oder
nicht. Doch habe ich \ ersucht, soweit möglich, blos die Fälle zu berück-
sichtigen, wo nur estnische Provenienz vorliegen kann. Eine Scheidung zwi-
schen lettiichen und estnischen Entlehnungen ist jedoch manchmal nicht möglich.
I02 Hugo Suolahti,
abtummen, »tummig machen, eine Suppe oder Sauce»
(Gutzeit Nachtr.). vgl. Tu mm.
Arro, der, »(Ehstn.) heisst eine etwas hoch liegende
trockene auch mit Gesträuch bewachsene Stelle: daher redet
man von Arroland welches zum Acker taugt, und von Arro-
heuschlägen die ein kurzes nahrhaftes Gras oder auch Klee
liefern» (Hupel). Aus estn. aru, aro 'fruchtbares, trocken
gelegenes Land, trockene Wiese'.
auskoljen, »ausziehen, die Wohnung wechseln, Sall-
man S. 89. In Lettland nicht. Nach d. Estn.». (Gutzeit
Nachtr.). vgl. koljen.
Baverkiilmit, das, (Gutzeit Nachtr.). vgl. Külmit.
Bauersölge, »Nesteltrichter od. Trichternestel der est-
nischen Bäuerinnen» (Gutzeit Nachtr.). vgl. Sölge.
hepaiev, »liebkosend mit den Händen streicheln» (Gut-
zeit Nachtr). vgl. paien.
Brücken-Kubjas, der, »ist derjenige Bauer welcher bey
der Strassen- und Wege-Ausbesserung eines Landguts in
ehstnischen Distrikten die Aufsicht führt» — — (Hupel).
vgl. Kubjas.
einhallig, »unrichtig f. einhalgig, einscheitig» (Gutzeit
Nachtr.). vgl. hall ig.
Fischermaie, die, »Fischerhaus. Im alten Bernau beim
J. 1560: die Reuffen in die Fischer Maien gefallen, die Leutte
erwürget und gefangen genohmen, nach C. Russwurm, Nach-
richten über Alt-Pernau. Die Fischerhäu.ser, bemerkt Russ-
wurm, scheinen auf beiden Seiten des Pernauflusses gelegen zu
haben, die bei Altpernau hiessen Fischer Mai, wahrscheinlich
vom estn. maiad Häuser. Nach Sallmann S. 17 ist Fischer-
mai der estnische Begräbnisplatz bei Reval (von Maja Haus).
Ursprünglich eine Ansiedelung an der See, welche zur Zeit
ihrer Zerstörung im J. 1570 zweihundert Häuser enthielt. —
Die Fischermay ist der Name eines Platzes in der Vorstadt
Revals, welcher schon im 13. Jahrh. begegnet» . (Gut-
zeit Nachtr.). Aus estn. maja 'Haus, Hütte, Wohnung,
Herberge' (welches wieder in alter Zeit dem lett. niäja ent-
I
Die estnische?! Worte im Detitschen der baltischen Ostseeprovinzen. 103
lehnt ist, s. Thomsen Beröringer mellem de finske og de
baltiske (litauisk-lettiske) Sprog (1890) S. 198).
Habertumm, der, »st. Habergrützsuppe» (Hupel). vgl.
Tum m.
Hakja/g »(Ehstn.) d. i. ein kleiner Haufen von Roggen-
garben auf dem Felde» (Hupel). Aus estn. hakkjalg 'kleiner
Schober von fünf Garben'.
Halje, die, »(aus dem Ehstn.), d. i. Scheit, Brandscheit,
ein ofenrecht gespaltetes oder gehauenes Holzstück» (Hupel).
Nach Gutzeit ist Halge vorzugsweise im estn. Livland ge-
bräuchlich, kommt aber auch in Lettland und Riga zuweilen
vor; er belegt das Wort aus Reval schon aus dem Jahre
1535. Aus estn. halg 'Holzscheit'.
hallig »heisst dasjenige Brantscheit, welches die ofen-
rechte Länge hat oder ungefähr i Elle lang ist; ein längeres
heisst nach Verhältniss, 2 oder 3 hallig» (Hupel). Nach Gut-
zeit, der das Wort in der Form halgig anführt, ist haWg
die gewöhnliche Aussprache im estnischen Teil Livlands.
Adjektivische Ableitung von Halge.
Heurettel, die, »(halb Ehstn.) st. Heurauffe» (Hupel).
vgl. Rettel.
Hirsnik, der, »(Ehstn.) ist ein Unteraufseher vom Bauer-
stande bey Frohnarbeiten, der auch zugleich die Stelle ei-
nes Dorfsältesten vertrit. Einige nennen ihn unrichtig,
Hirschnik». (Hupel). Aus estn. hrsn'k 'Bauerrichter, Anführer
beim Fischen (der die Stange, hirs, regiert)'.
Holzhalje, die, »Holzscheit» (Gutzeit), vgl. Hai je.
Hohriid, die, »(halb Ehstn.) d. i. eine aufgethürmte Reihe
Brennholz» (Hupel). Aus estn. r'tt. Gen. rida 'Reihe (zusam-
mengeknüpfter Netze, aufgestapelten Holzes etc.)'.
Hükjterregge, die, »Art Schlitten im estnischen Livland.
Halbestnisch». (Gutzeit), vgl. Regge.
jorren, »schwatzen ist mir von AI. Stein als Dörpt.
Stud. Ausdruck angegeben. Dem Estn. entlehnt vie d. folg.».
(Gutzeit). Bei Sallmann S. 19 wird das Verbum in der Bedeu-
tung 'weinerlich reden' angeführt. Aus estn. jorima, jorisema
'einen wirren, grellen Ton von sich geben, undeutlich, un-
io4 Hugo Suolakti,
verständlich sprechen, brummen, murmeln, mit singendem
Tone lesen, plappern'.
Jorro, das, »(Ehstn.) hört man in ehstnischen Distrikten
St. leeres oder einfältiges Geschwätz besonders wenn es oft
wiederholt wird. Einige sagen dafür Jurw, doch noch häu-
figer Lorro welches gleichfals aus dem Ehstn. entlehnt ist».
(Hupel). Aus estn. joru, joro, juro 'Gemurmel, Gebrumme,
unarticulierter Ton, leeres Geschwätz, Geplapper».
Jummel, das, »Benennung einer Abgabe. Die seit 1765
unerlaubten Abforderungen (dem Käufer zum Besten): ein L'ß
vom S'ffi Bürgerbest, — — der Handvoll oder Knuckenflachs
und Hanf von jedem S'S unter dem Namen von Jummel oder
das Äquivalent dafür zu 1 1 V4 Groschen Alberts — sollen
gänzlich aufgehoben sein. — Die Flachswracker bekamen
das Jummel Flachs von den Bauern, welche dasselbe bereits
fertig hielten; sie bekamen an Jummel so und soviel, Kämme-
reiger. Prot, von 1668. — Woher das Wort?» (Gutzeit).
Im Nachtrag des Wörterschatzes giebt Gutzeit für den Aus-
druck Jummel mehrere Belege aus den Protokollen des ri-
gaschen Kämmereigerichts aus dem Ende des 17. Jhs.; überall
handelt es sich um Flachsabgaben. Das Wort stammt offen-
bar aus dem Estnischen: jumm. Gen. juninii (im Pernauschen
Kreis Livlands) 'ein an dem einen Ende gebundenes Flachs-
bündel, welches zehn Hände voll enthält'; inbezug auf die
Bildungsweise des deutschen Wortes vgl. Per gel.
Kadd^k »st. Wacholder, führt Bergm. an, und scheint
aus dem Ehstn, genommen zu seyn. Andre sagen Kaddak.
aber beides ist pöb.» (Hupel). Nach Gutzeit ist Kaddick die
gewöhnliche Benennung des Wachholders in Riga und Lett-
land. In dieser Form, die auch in Preussen und Pommern
vorkommt (s. Frischbier Preuss. Wb. 1,324), ist das Wort aus
dem litauischen [kadagys] oder aus dem Preussischen [kadegis)
entlehnt, s. Thomsen a. a. O. S. 176. Aus dem Litauischen
drang der Name schon in alter Zeit in die finnischen Sprachen
(s. Thomsen a. a. O.) und aus dem estnischen kadakas, kodnk
stammt — wie Gutzeit richtig vermutet — die in Estland
gebrauchte deutsche Form Kaddak.
Die estnischen Worte im Deutschen der haltischen Ostseeprovinzen 105
Kaekb oder Kab^ wofür in Gutzeits Wörterschatz zwei
Belege angeführt werden, entspricht, wie dort richtig bemerkt
wird, dem estn. kaewe-pü 'Stange, womit das trocknende
Getreide gelüftet wird'.
Kaimut, der, »ist ein verbotener Begräbnisplatz wo die
Bauren vormals heimlich begruben. Zuweilen wird dadurch
eine (eingegangene) Kapelle bezeichnet». (Hupel). Gutzeit
weist auf den estnischen Ursprung des Wortes hin. Aus estn.
ka/m, Plur. kalniiid [kalmut) 'Grabstätte (ungeweihte), heid-
nische Opfer- oder Begräbnisstelle, überh. Gottesacker; dial.
Kapelle'; vgl. Ojansuu a. a. O. S. 97.
Kalzen, »pl. Fetzen, Lumpen, ([estn.] kalts). Eig. die
bei den finnischen Völkern des Altertums statt der Hosen
dienenden Strumpfschäfte aus Rennthierfussfellen». (Sallmann
S. 19). Der Ausdruck ist kein altes finnisches Wort, wie
Sallmann zu glauben scheint, sondern beruht in letzter Linie
auf ital. calzo, afrz. chalce 'Bein- und Fussbekleidung', das
ins Mittelhochdeutsche als kalze, kolze entlehnt wurde. In
der genannten Bedeutung drang das Wort, das auch in den
slavischen Sprachen sich findet (s. Mikkola Berührungen
zwischen den westfinn. und slav, Sprachen (1894) S. 124), in
die finnischen Sprachen (estn. kalts. Gen. kaltsu ^ = finn.
kalsu), wurde aber wohl hier auf die von Finnen und Esten
getragenen Fussbinden oder -läppen übertragen {jala-kaltsud]
und erhielt so die erweiterte Bedeutung 'Fetzen, Lumpen'.
Die Deutschen haben das Wort in diesem Sinne offenbar aus
dem Estnischen übernommen.
Kap bei Hupel s. v. Kippe, die, »(Lett.) ist ein kleines
hölzernes Schöpfgefäss mit einem Handgriffe, ein Schöpfei-
merchen. Einige sagen nach dem Ehstn. dafür Äa/». Wahrschein-
lich ist Kap aus dem gleichbedeutenden estn. kapp entlehnt. Dage-
gen ist deutsches Kippe (bei Gutzeit Kuppe), dem in gleicher
Bedeutung lett. k'ipis, k'ipe, k'ipa und estn. kipp, kibu, kiba
(=1= finn. kippo) entsprechen, wahrscheinlich kein Fremdwort;
^ = leinener Strumpf ohne Füssling, leinene Hose. In die estnische
Sprache kam das Wort wohl durch die Vermittlung der deutschen Ritter,
1 o6 Hugo Suolahti,
nach Grimms Wb. V, 686 kommt Kiepe an der sächsischen
Elbe im Sinne von 'Schöpfgelte' vor. Die Geschichte des
Wortes ist nicht genügend aufgeklärt.
Karjakrants, »dunkelfarbiger Schäferhund mit veissem
Halsstreifen» (Sallmann S. 17). Aus estn. Gen. karja (Nom.
kari) 'Heerde' und krants 'Hund (zunächst Name für dunkel-
farbige Hunde mit weissem Halsstreifen)'.
Karp, der, »(Ehstn.) heisst überhaupt eine Schachtel,
auch zuweilen ein Kästchen. Bergm. schreibt die Karpe-».
(Hupel). Alte Belege bei Gutzeit. Das Wort ist vielleicht
entlehnt aus dem estn ka'rp 'Schachtel' und dem lett. kürpa 'ein
ovales hölzernes Kästchen' ; über die weiteren Beziehungen s.
Thomsen a. a. O. S. 181 fif.
Karri-Hund, der, »(halb Ehstn.) st. Viehhund» (Hupel).
Aus estn. kari. Gen. karja 'Heerde'.
Karr.'ak, der, »Kärrjack, schlechter Rauchtabak». Gut-
zeit (Wörtersch. Nachtr.) erklärt den Ausdruck von der Insel
Cariago in Westindien (wie Tabak von Tabago). Die Neben-
form Karjajäk und die Bedeutung »einheimischer schlechter
Bauertabak» sowie der estnische Ausdruck karjajügu pudel
'Branntweinflasche' zeigen aber, dass die von Sallmann (S. 17)
gegebene Deutung aus estn. kari, Gen. karja (s. Karjakrants)
und Jak 'Jakob' richtig ist.
Karrtbrunnen, Karristrasse, Karriivasser bei Sallmann
S. 17. vgl. Karr ihu nd.
Karro-Egge s. v. Egge, die, »st. Ege. Man hat hier
zwey Arten, beide ohne Eisen, nemlich i) die Pflock- oder
Blockegge mit hölzernen Pflöcken, welche von Einigen die
Klapperegge genannt wird; 2) die Strauch- oder Zweigegge,
welche aus abgestumpften Zweigen, sonderlich von Nadel-
holz, besteht und zuweilen die Zacken- doch noch häufiger nach
dem Ehstn. die Karro-Egge heisst. Nur selten sieht man die
mit eisernen Zacken». (Hupel). Nach estn. karu-äes [karu =
Bär) 'Strauchegge'.
Kaselne, die, »im Scherz, Einspänner, insbesondere
schlechter, elender Art, Furmannswagen, dessen Pferd einer
Ziege, lett. kasa, gleicht. Eine K. nemen, eine K. besteigen
Die estnischen Worte im Deutschen der haltischen Ostseeprovinzen. 107
LI. ä. In den 20 und 30 Jahren dies. [19.J Jahrh. oft auch Kasaing,
oder Kas sefurmann^ . (Gutzeit Nachtr.). — Mit dem Hinweis
auf lett. kasa wird Gutzeit nicht die richtige Erklärung treffen.
Diese scheint sich vielmehr aus dem estn. kas's 'Katze' [kassi-
Ine 'auf eine Katze bezüglich') zu ergeben, denn Katze hat
nach Gutzeit Wörterschatz Nachtr. in Livland auch die Bedeu-
tung 'elendes, kleines Pferd' (vgl. Katzenfuhrmann).
Käss, »Netz zum Tragen von Heu» (bei Sallmann S. 17).
Aus estn. käs's 'Netz um Heu u. dgl. zu tragen».
katki, »entzwei», von Sallmann S. ii irrtümlich als eine
Entlehnung aus dem Russischen angesehen. Das Wort stammt
aus dem gleichlautenden und gleichbedeutenden estnischen
kat'ki.
Keck, der, »(Ehstn.) d. i. Blutklos, Blutkuchen» (Hupel).
Nach Gutzeit wird Kek {Kä(c)k) im estnischen Livland
gebraucht. Aus estn. käkk 'Klos, Ballen, Blutklos'; vgl. Thomsen
a. a. O. S. 258.
Kehhik, der und das, »(Ehstn.) ist ein Kornmaass das
einen halben rigischen Loof beträgt» (Hupel). Aus estn. kehtk
'ein halbes Lof, ein Gefäss aus Rinde'.
Kelk, »kleiner Rutschschlitten» (Sallmann S. 17). Aus
estn. kelk 'Handschlitten'.
Kert, der, »(Ehstn.) d. i. dünner Mehlbrey» (Hupel). Aus
estn. kört 'Mehlsuppe, dünn gekochte Grütze, Welling'.
Kicki »ist ein Kinderspiel wenn sie sich verstecken»
(Hupel); vgl. auch Gutzeit s. v. kicki und ki kil und Sall-
mann S. 17, wo unter den estnischen Entlehnungen ktcki!
kickul (Ausruf von Kindern, die sich versteckt haben, um die
Suchenden auf sich aufmerksam zu machen) angeführt wird.
Dass der Ausdruck, welcher in derselben Bedeutung im Est-
nischen begegnet, in dieser Sprache gebildet und daraus
ins Deutsche übernommen worden ist, dürfte sicher sein; er
hängt offenbar mit estn. kikkima 'die Ohren spitzen, Männchen
machen, niederhocken' u. a. zusammen.
Kicki spiel, »eine Art Versteckspiel der Kinder, Hupel.
Kicki spielen, Bergmann». (Gutzeit).
Killo »oft St. Killoströmling. Revaler Killos werden oft
io8 Hugo Suolahti,
ausgeboten», bei Gutzeit Nachtr., wo der estnische Ursprung
des Wortes erkannt ist. Aus estn. kilu 'kleine Strömlingsart
(Clupea Sprattus L, Meletta Vulgaris Val.); das lett. k'ilis
stammt aus dem Finn. -Estnischen, s. Thomsen a. a. O. S. 261.
Küloheinier »im Scherz f. Killoströmling. In Riga, schon
in den 30 Jahren» (Gutzeit Nachtr.). vgl. Killo.
Killoströmlivg, der; »Gadebusch sagt: es giebt bei uns
zwei Gattungen Strömlinge, eine grössere und eine kleinere.
Die kleineren nennt man in Livland Killoströmlinge; sie sind
den Sardellen ähnlich und werden statt derselben gebraucht.
Hueck sagt: Der Killoströmling, clupea killo, ist eine sehr
kleine Art der Strömlinge, kommt fast ausschliesslich bei
Reval und Baltischport vor und geht eingemacht als schmack-
hafte Vorkost durchs ganze Land». (Gutzeit), vgl. Killo.
Kirchenkülmit, — — »Getreideabgabe für die Kirchen»
(Gutzeit), vgl. Kulm it.
kis ! kisl »sagt man, wenn man im Scherz über einen
Anwesenden spottet» (Hupel). Sallmann S. 17 führt kis! kis]
(Ausruf der Verspottung und Schadenfreude) unter den est-
nischen Entlehnungen an. Aus estn. kisl kisl (Spott, Schaden-
freude).
Kise, die, »(Ehstn. und Lett.) st. Kaulbars» (Hupel). Nach
Gutzeit scheint das Wort, »wenn es noch gebräuchlich, auf Est-
livland sich zu beschränken; in Riga u. Lettland ist es unbe-
kannt.» Daher ist Entlehnung aus dem estn. k'isk (Gen. klza)
Kaulbars, Stint' wahrscheinlicher als Übernahme aus dem gleich-
bedeutenden lett. klsis; das lett. Wort ist nach Thomsen
a. a. O. S. 262 aus den finnischen Sprachen übernommen
worden.
Köjainutter, »Hausaufseherin, Hausweib ([estn.l koda, G.
koja 'Haus')» (Sallmann S. 18).
Kol, der, »(Ehstn.) st. Gespenst, Popanz, Schreckbild,
pöb.» (Hupel). Aus estn. koll 'Popanz'.
Kollumats, »die allen Kindern in Estland wohlbekannte
Schreckgestalt» (Sallmann S. 18). vgl. Kol.
kolchen oder koljen »(vermuthlich aus dem Ehstn.) heisst
1) kramen, aufräumen, in Ordnung bringen; 2) mit seinen
Die estnischen Worte im Deutschen der haitischen Ostseeprovinzen. 109
Habseligkeiten an einen andern Ort ziehen, welches man auch
wegkolchen nennt» (Hupel). Nach Gutzeit kommt der Aus-
druck vermutlich nur in Estland und Estlivland vor, in Lett-
land und Riga sei er in beiden Bedeutungen unbekannt. Vgl.
auch koljen, nmkolje7i bei Sallmann S. 19. Aus estn. kolima
'kramen, suchen (seine Sachen, sein Gepäck); — umziehen
(aus einer Wohnung), fortziehen, auswandern'.
Korde, die, »i) bestimmt abwechselnder Dienst, Wechsel-
gehorch, nach dem estn. Worte Kord oder Kord, Reihe,
Ordnung, Mal. — — Auffallen muss, wie das estn. Wort
Kord in Lett- und Kurland so Wurzel fasste, dass das ent-
sprechende lett. Kahrta ins Deutsche nicht übergehen konnte.
Auf vielen Gütern Livlands ist es übrigens nie recht gebräuch-
lich geworden und verschwindet jetzt gleichzeitig mit der
Frone. — Aus dem unverstandenen fremden Worte entwic-
kelte sich sonderbarer Weise eine zweite Bedeutung: 2) im
Wechselgehorch fronender Arbeiter. — — — Stender lässt
das Geschlecht unbezeichnet; Ullmann hat geradezu; der und
die Korde, zum Wechselgehorch (Korde) beim Vieh Gekom-
mene, lett. Kahrtneeks. Hupel im Idiotikon erklärt: Magd,
welche von den Bauern nach der Reihe zur Besorgung des
Hofviehes auf gewisse Tage gestellt wird. — — Auch in
dieser Bedeutung ist das lettische Wort nicht ins hiesige
Deutsch übergegangen; aber selbst Korde ist in dieser Bed.
auf vielen Gütern ungebräuchlich gewesen, während die fol-
gende, dritte Bedeutung sich sehr allgemein einbürgerte. 3)
Bauermagd zu allerlei Hofsdiensten, in der Stube, Küche,
beim Spinnen, beim Vieh und dgl.» (Gutzeit). Über alte Be-
legstellen aus dem 14 — 16. Jh , in denen unser Wort in der
Bedeutung »Ordnung, Reihe» vorkonmit, s. Wörtersch. u.
Nachtrag s. v.; die Vermutung Gutzeits, dass es sich hier
um ein anderes Wort handle, dürfte nicht richtig sein. Das
estn. Etymon ist kord (körd). Gen. korra 'Ordnung, gehörige
Ordnung, gute Beschaffenheit, Aufeinanderfolge, Reihenfolge,
Reihe'; über weitere Beziehungen des Wortes s. Thomsen
a. a. O. S. 185 f.
korden, »einen Acker, wenden, kehren, zum zweiten
1 1 o Hugo Suolahti,
Mal pflügen. — — — Auffallen muss — , wie Lange ein Wort
verzeichnen konnte, und zwar so einfach, ganz ohne Erklärung,
als ob es allgemein in Livland bekannt wäre, da es doch zu
seiner Zeit in Lett- und Kurland kaum oder gar nicht ge-
bräuchlich oder bekannt war. Oder galt Lange'n, welcher
die deutsche Sprache umfänglich kannte und keine est-deutschen
Ausdrücke in seinem Wörterbuch gibt, der Ausdruck korden
für deutsch.? — Hupel leitet das Wort aus dem Estnischen
— — — . Übrigens scheint der Ausdruck aus Estland und
dem estnischen Livland nach Lettland gekommen und das
lettländische kartagen und karteien, welche im Estnischen
ungebräuchlich sind, allmälig zu verdrängen; doch wird es
von Vielen gemieden und durch zweiten Pflug, Krümelpflug
ersetzt». (Gutzeit). Aus estn. kordama, kwäma 'i) die Reihe
halten, die Reihe durchgehen; — 2) multipliciren, wiederholen,
spec. zum zweiten Male pflügen'.
Kordekerl bei Gutzeit. vgl. Korde.
Kordenarbeit bei Gutzeit. vgl. Korde.
Kord(en) Pfluge der, »der zweite Pflug, das zweite Pflü-
gen»; Belege bei Gutzeit. vgl. Korde.
Kordenspinnerei, die, »Spinnerei durch Korden (Bauer-
mägde)» (Gutzeit), vgl. Korde.
Kordevolk bei Gutzeit. vgl. Korde.
Kubjas, der, »(Ehstn.) ist der Aufseher bey Erohnarbei-
ten in ehstnischen Distrikten. Oft nennt man jeden Be-
obachter oder Antreiber ebenso, z. B. ich habe keinen Kubjas
nöthig». (Hupel). »Die balt. Monatsschrift I, 3, 281 sagt:
Wagger nennt man in Kurland die die Guts Wirtschaft gemäss
den Anordnungen des Gutsverwalters unmittelbar leitenden
Aufseher. Sie sind durchgängig den Eingeborenen angehörig.
Im lett. Theile Liviands gebraucht man dafür die Bezeichnung:
Strosche (unzweifelhaft das slav. Storosch, Wächter), Starost
(slav. Ältester), und Schilter; im estnischen Theile Liviands,
auf Ösel und in Estland: »Kubjas.» — Nach Gadebusch : ein
estnisches in Livland sehr gebräuchliches Wort, Bauernauf-
seher, hauptsächlich bei ihrer Feldarbeit. Jedoch wird es
auch in den Städten gebraucht, wo man Raths-Kubbjas, Brand-
Die estnischen Worte im Deutschen der haltischen Ostseeprovinzen. 1 1 1
Kubbjas u. s. w. hat». (Gutzeit). Aus estn. ^^^<^/«j 'Frohnvogt,
Aufseher der Arbeiter' ; das gleichlautende lett. Wort stammt
aus dem Estnischen, s. Thomsen a. a. O. S. 262.
Kuddrussen »(Ehstn.) sind kleine Korallen von allerley
Farben, welche die Ehstinnen als einen Besatz auf ihren
Unterröcken tragen» (Hupel). Aus estn. kudrus 'Glasperle,
Koralle, Staubperle (z. Ausnähen)'.
Kui oder Kuje, die, »(Ehstn.) ist ein grosser kegelförmi-
ger Haufen z. B. Stroh, Heu, Korn. Bergm. sagt Wetterhau-
fen». (Hupel). Das Wort, welches in Estland, Livland und
Kurland vorkommt, wird von Gutzeit aus mehreren alten Quel-
len belegt. Aus estn. ku/u. Gen. kuhja 'Haufen, Schober
(Heu, Stroh, Getreide)' ; das lett. ku'ija stammt aus den finnischen
Sprachen, s. Thomsen a. a. O. S. 262.
Kullaichen, das, »(Ehstn. eigentlich Kullake) ein Schmei-
chelwort welches nach einer genauen Uebersetzung etwa Gold-
chen heissen möchte; aber es bedeutet mein Liebchen, Theu-
rer!» (Hupel). Nach estn. kullakene, Dimin. von kuld 'Gold'
(Schmeichelwort).
Külla- Kubjas, der, »(Ehstn.) ist ein Dorfs- Aufseher oder
Aeltester in ehstnischen Distrikten» (Hupel). vgl. Kubjas.
Knlle, der, »scherzweise Benennung eines Esten, welche
Gelegenheit gibt, einem Ausländer vorzuspiegeln, dass, da
jeder mit Kulle angerufene Este auf den Anruf hört, jeder
Este den Taufnamen Kulle führt. Denselben Scherz hat man
mit Letten sich durch das Wort Klauss (hör!) erlaubt». (Gut-
zeit). Dass dieser ursprünglich scherzhafte Ausdruck, der auf
estn. kule 'hör' (zu knlma, kulleinä) beruht, eine weite Ver-
breitung gefunden hat, zeigt das Kompositum KulleJivolk
(Dem »Kullenvolke» zur Beute werden), welches Gutzeit im
Nachtrag seines Wörterschatzes aus dem Petersburger Herold
V. J. 1876 (113) zitiert, sowie Marktkulle, das ich aus den
»Skizzen aus Dorpat» (1862) S. 63 verzeichnet habe.
Kullcrkup, »eine gelbblühende Pflanze, Trollius Europaeus,
estn. kulderkup, inselschwed. gylderknupi> — — - (Sallmann
S. 53). Aus. estn. kullerkupp 'Trollblume (Trollius euro-
paeus L)'.
112 Hugo Suolahti,
Killmet, das, >ist ein Kornmaass welches nach seiner
verschiedenen Grösse bald 73 bald V4 bald Ve Loof beträgt.
Fischer schreibt ÄV/7;«//». (Hupel). Gutzeit belegt den Ausdruck
schon aus einer Urkunde v. J. 1242:» unum kulmet avenae.»
Aus estn. küliniet, külimit 'ein Getreidemass von verschiede-
ner Grösse' (aus estn. küli, külw 'Saat' und mot 'Maass'
zusammengesetzt, vgl. Thomsen a. a. O. S. 263 und Ojansuu
a. a. O. S. 95).
Kiilmetmass, -statte, -stelle bei Gutzeit Wörtersch. und
Nachtr. vgl. Külmet.
Kumme, die, wird ausser in den in Deutschland be-
kannten Bedeutungen noch im 'Sinne von »Verdeck oder
Bedeckung über einem gemeinen Fuhrwerk» gebraucht. Diese
Bedeutung ist vielleicht — wie Hupel angiebt — aus dem
Estnischen za erklären, wo das aus dem Deutschen über-
nommene kumm (Gen. kummi) auch von dem gewölbten Ver-
deck eines Wagens [kummigan'anker''\^^^&vi mit einem Ver-
deck') verwendet wird.
Knmmscklitten, der, »(halb Ehstn.) ist ein deutscher oder
halbbedeckter Schlitten» (Hupel). vgl. Kumme.
Kurat, »Schimpfname, eig. Teufel», bei Sallmann S. 18
im Verzeichnis der estnischen Entlehnungen. Aus estn. kurat
'Teufel'.
Kurn oder Kurni-Spiel, »(Ehstn.) eine Art von Kegelspiel
mit kurzen Stöcken» (Hupel). Nach Gutzeit werden die klei-
nen runden Hölzchen Kurni genannt, welche im Kur7iispiel
in einer Reihe aufgestellt werden und nach denen mit einem
Knüttel geworfen wird; »das Kurnispiel ist ein estnisches
Bauerspiel, welches einigermassen dem Kegelspiel ähnelt und
in Livland sehr verbreitet ist.» Eine ausführliche Beschreibung
dieses Spiels bei Sallmann S. 18. Aus estn. kurn. Gen. kurni 'Ku-
gel, kleines cylinderförmiges Holzstück (zu einem Spiele )'.
kiitten, »Land durch Küttisbrennen urbar machen», bei
Gutzeit, wo Belege angeführt werden, vgl. Küttis.
Kiittis, der, »(Ehstn.) ist eine Fruchtbarmachung des
Ackers durch Feuer, indem man trockenes Holz oder Strauch-
werk mit der aufgepflügten Erde bedeckt, dasselbe anzündet,
I
Die estnischen Worte im Deutschen der baltischen Ostseeprovinzen. 113
dann die Asche ausbreitet, und bald darauf die Saat verrichtet»
(Hupel). Nach Gutzeit ist das Küttisbrennen ein estnischer
Gebrauch, der früher in Livland unbekannt war; jetzt sei er
auch in Liv- und Kurland gewöhnlich und bestehe vorzugs-
weise in einem Durchbrennen oder Durchräuchern des Rasens
oder der aufgeschichteten Erde. Verbote des Küttismachens
erwähnt Gutzeit aus den Jahren 1739, 1754, 1769 Aus den
angeführten Belegen geht hervor, dass Küttis in zweifacher
Bedeutung gebraucht wird: i) das Rasenbrennen, 2) das ge-
brannte Land. Aus estn. kittis 'Heizen, Brennen, Schwenden;
— Brennmaterial, aus Strauchwerk und Rasen gebildete Hau-
fen (zum Schwenden des gerodeten Landes)'.
Kiittisacker, -brand, -brennen, -fetter, -Jiaufen, -holz, -land,
-Strauch bei Gutzeit. vgl. Küttis.
küttissen bei Gutzeit = kütten.
Lachslont, der, bei Gutzeit. vgl. Lom.
Lage, die, »heisst die Decke eines Gemachs oder andern
Gebäudes» (Hupel). Gutzeit bezeugt den Gebrauch des Aus-
drucks für Livland. Das Wort, das in der deutschen Sprache
der Ostseeprovinzen allgemein verwendet wird, beruht auf
dem estnischen Worte lagi (Gen. lae) 'Decke', welches mit dem
in der Sprache vorhandenen Ausdruck Lage volksetymolo-
gisch verknüpft wurde.
Lagebalken, »Balken, auf denen die Zimmerdecke ruht»
(Gutzeit), vgl. Lage.
Laps, »Kind» in .Sallmanns Verzeichnis der estn. Entleh-
nungen S. 18. Aus estn. laps 'Kind'.
Latere, die, »ist eine von 3 Seiten eingeschlossene mit
Krippe und Heurauffe versehene Stelle für ein Pferd» (Hupel).
Nach Gutzeit gehört das Wort nur der Sprache der Gebil-
deten, nicht der Halbdeutschen, an. Im Estnischen entspricht
latar [lahter]. Gen. latra 'Pferdestand (im Stalle)'. Das deut-
sche Wort dürfte mit Sallmann für eine Entlehnung aus dem
Estnischen anzusehen sein.
Latte, die, »sprechen in Riga Einige st. Lette, Laden-
tisch» (Gutzeit Nachtr.). vgl. Lette.
Leker, der, »hölzernes, buttenähnliches Gefäss». bei
I 1 4 Hugo Suola/iii,
Gutzeit, wo auf das estn. lähker und das lett. legeris hinge-
wiesen wird. Dem deutschen Ausdruck liegt das estnische
Wort [lähker 'Lägel, kleines Fässchen, Schlauch') zu Grunde.
Lette, die, »nach Gadebusch in Livland die Klappe an dem
Tisch in einem Kramladen, sonst aber auch jeder Klapptisch.
— In Riga: Ladentisch, Verkaufstisch, Tonbank in Buden>.
(Gutzeit). Das Wort, welchem im Estnischen lett [lekt] (Gen.
leti) 'Verkaufstisch' entspricht, ist nicht aufgeklärt; möglicher-
weise ist deutsches Lette aus dem Estnischen übernommen
worden.
Lipchen, »Bäffchen. Die Prediger tragen in Liv- und Est-
land kleine Kragen (Lipchen, Überschläge), in der Domkirche
Rigas aber die etwas sonderbaren runden weissen Halskra-
gen, Hupel. Für Riga mir unbekannt». (Gutzeit). Wahrschein-
lich liegt dem deutschen Ausdruck das estn. lipp^ Gen. lipu
'Flagge, Wimpel, Fahne, Wetterfahne, langes Band (an der
Haube oder Mütze)', welches auch Gutzeit zum Vergleich her-
anzieht, zu Grunde; vgl. auch finn. liperi 'Bäffchen des Pre-
digers'.
Lom, der, »Zugstelle der Fischer, Lohm, in der Viel-
zahl Lohme, Lohmen, und Löhme, das lett. Lohma Fischzug
und estn. loom», bei Gutzeit, wo das Wort aus dem Jahre
1646 belegt wird. Aus estn. lotn 'Fischzug (mit dem grossen
Netze), die Stelle dazu, Fangstelle, Einkreisung (von Wölfen
und anderem Wild)'; das lettische Wort stammt aus den fin-
nischen Sprachen, s. Thomsen a. a. O. S. 267.
Lombse, eine von Gutzeit mit Fragezeichen versehene
Form, für welche zwei Belegstellen zitiert werden: »Busch-
Acker, Lombsen, Rödinge, Huer-Acker» (in einer Ordnung
der Bauern); Lohmesse im Sinn von Küttisse bei Neiden-
burg. Es steckt hier der estn. Ausdruck Idmis (Gen. Idmise)
'Schwende, Rodung'.
lorchen., »ein Wort, das ich nur aus Hupeis estn. Wb.
1818 belegen kann und das Hupel als livländisch bezeichnet:
umherstreichen, umherstorgen, estn. lorkma oder lorkuma.
Wenn lorchen noch vorkommen sollte, so sicher nur im est-
Die estnischen Worte int Deutschen der baltischen Ostseeprovinzen. 115
nischen Livland». (Gutzeit). Aus estn. lorkuma 'sich umher-
treiben".
lorren, plappern, schwatzen» in Sallmanns Verzeichnis
der estnischen ^Entlehnungen S. 20. Aus estn. lorima, lorisema
plappern, schwatzen'.
Lorro, »leeres, einfältiges Geschwätz;» vgl. Jorro. Aus
estn. lori 'Geschwätz', lorutama 'schwatzen, plaudern'.
Lucht, die, »(vermuthlich Ehstn. und Lett. auch wohl aus
dem Russ.) ist eine niedrig liegende flache und fruchtbare
Wiese, sonderlich an einem Bache, der sie zuweilen, vornehm-
lich im Frühjahr, bewässert» (Hupel); »Uferwiese, entgegen
der Landwiese» (Gutzeit). Aus estn. luhi 'niedrige Bachwiese,
welche bei Hochwasser überschwemmt wird, auch die darauf
wachsenden Cyperaceen'. Das estnische Wort ist in alter
Zeit entlehnt aus lit. Ihksztas 'Rohrgras' = lett. lukste 'Heu-
schlag, Wiese auf morastigem Grunde' (s. Thomsen a. a. O. S. 1 97);
aus dem Lettischen stammt die deutsche Form Luxt[e) (bei
(jutzeit).
Luchtheu, das, »Heu von einer Lucht, Hupel; auch: Bach-
heu» (Gutzeit), vgl. Lucht.
LuchtheuscJiläge »werden, sagt Gadebusch, in Livland ge-
nannt diejenigen Wiesen, welche an dem Ufer eines Stromes
oder Baches liegen, und den Landheuschlägen, die in Wäldern
und Büschen sind, entgegengesetzt» (Gutzeit), vgl. Lucht.
Lüpsik, »Melkgefäss (Oesel, nach einer mündlichen Mittei-
lung) = estn. //V/>.!r;>^ . 'Melkkübel'» bei Ojansuu a. a. O. S. 92.
Lurjus, der, »d. i. Lümmel, Taugenichts» (Hupel); bei
Sallmann im Verzeichnis der estnischen Entlehnungen S. 53
in der Form Lurjes. Aus estn. lurjus 'Schlingel, verkehrter
Mensch (Schimpfwort)'.
Mägus jutt, »süsses Geplauder, besonders gebr. von dem
in die Länge gezogenen Vorzimmergeplauder beim Abschied
nach abgestattetem Besuch», bei Sallmann a. a. O. S. 18. Aus
estn. magus 'süss' und jutt 'Rede, Gespräch, Unterhaltung,
Plauderei, Gerede, Gerücht'.
Ma-murak, »Knackelbeere (fragaria collina)» bei Sallmann
Il6 Hugo Suolakti,
a. a. O. S. i8. Aus estn. mümurak 'Knackelbeere (Fragaria
collina Ehrh.)'
Marktkulle vgl. Kulle.
Mehltumm bei Gutzeit. vgl. Tu mm.
Molkus, der, »Tolpatsch, in den ersten Elementen uner-
fahrener Mensch», wird von Sallmann S. 14 auf russ. moxo-
K0C0C7, 'Milchkalb', von Gutzeit auf lett. ntulkis 'Tropf, Dumm-
hut' zurückgeführt. Dem deutschen Worte liegt aber zu Grunde
estn. molkus 'Bengel, Einfaltspinsel, einfältiger, ungeschlach-
ter Mensch'; an das lett. Wort schliesst sich dagegen die
von Gutzeit angeführte Form Mulks (der), einfältiger Mensch,
Murchel, an.
Mulk, »Zaunpforte mit beweglichen Riegeln in horizon-
taler Richtung» in Sallmanns Verzeichnis estnischer Entleh-
nungen S. 18. Aus estn. mulk 'Oeffnung im Zaun (zum Durch-
gehen, St. einer Pforte), überh. Loch'.
Mussing oder Musso auch Muscho »st. Kuss. pöb.».
Nach Hupel wären alle drei Ausdrücke, wenigstens der letzte,
aus dem Lett. \muscha\ entlehnt; aber die Worte beruhen
eher auf estn. muku, muzo (in der Kindersprache) 'Mund,
Kuss, Schmatz'.
Nab(b)er, die, »(Ehstn.) heisst in einigen Gegenden ein
Getraidehaufen auf dem Felde» (Hupel). Das Wort ist dem
estn. nabr. Gen. nabra 'Kornhaufen, Kornschober' entlehnt.
Naten »(aus dem Ehstn.) hört man in vielen Gegenden
das Kraut nennen welches Deutsche und Bauern als den er-
sten grünen Kohl des Frühjahrs essen. Einige erklären es
für Bärenklau (Hieracium Sphondylium) Andere für die Po-
dagraria oder Angelica minor». (Hupel). Nach Gutzeit ist
Nate (die) im estnischen Livland dasselbe was im lettischen
Garse, Garsen, lett. gahrses, Aegopodium podagraria, Giersch.
Geissfuss; die Blätter werden in Estland statt sog. Grünkohls
benutzt, in Lettland höchstens von Bauern. Wahrscheinlich
ist Nate ins Deutsche aus dem Estnischen [nät' PI. nüdid
'Giersch') übernommen worden, aber die Esten und Finnen
haben nach Mikkola a. a. O. S. 145 das Wort aus dem
Slavischen entlehnt.
Die estnischen Worte im Deutschen de?- baltischen Ostseeprovinzen. I17
nauen, »miauen, von Katzen». Gutzeit verweist auf lett.
naut, naudeht; das deutsche Wort könnte auch auf estn.
naiigma, näuguma 'miauen' zurückgeführt werden.
7iirken, »kurzen Trab laufen» in Sallmanns Verzeichnis
der estnischen Entlehnungen S. 20 mit Hinweis auf das gleich-
bedeutende estnische Etymon nirkima.
Norkensäge, die, bei Gutzeit. vgl. Nurke.
Nurke, die, »(Ehstn. nicht Norke wie Bergm. und Lange
schreiben) heisst i) die Verbindung der Balken in den Ecken
an hölzernen Wänden, auch 2) die Vertiefung welche man
zu solchem Ende in einen Balken hauet; 3) eine Wandecke,
4) ein Winkel, 5) das Ende eines Balkens welches über die
Ecken-Verbindung hinaus reicht» (Hupel). In den ältesten
Zeugnissen, die Gutzeit (im Wörtersch. und Nachtr.) anführt,
lautet das Wort Norke (die) und Norken (der). Aus estn.
nurk (Gen. nurga) 'Winkel, Ecke, Kante'.
pai »(Ehstn.) heisst i) lieb, theuer z. B. du bist ein pai
Kind! 2) die Liebkosung, so sagt man das Kind macht pai
d. i. es streichelt, liebkoset, bittet durch Geberden» (Hupel).
Nach Gutzeit kommt das Wort jetzt in Riga in der Bed.
'lieb, teuer, gut' vor. Aus estn. pai 'gut, lieb'; daraus auch nach
Thomsen a. a. O. S. 272 das lett. paij entlehnt.
Paichen, das, »(Ehstn.) d. i. Liebchen, eine schätzbare
Sache, z. B. er hat viele Paichen, nemlich Kostbarkeiten, Geld
u. d. g. seit.» (Hupel). Nach Gutzeit in Riga unbekannt
gewesen, wie auch heute ungebräuchlich. Diminutive Ablei-
tung nach estn. pai (Gen. pahi) 'Spielwerk, Spielsache'.
paitn, »streicheln» ; nach Gutzeit in Livland gewöhnlich,
für Estland von Sallmann S. 20 bezeugt. Aus estn. paiunia,
paitama 'streicheln'.
Pank, der; »mit diesem Ausdruck werden auf Ösel und
Moon steile Felsküsten bezeichnet. Daher der sog. Mustel-
pank u. a.». (Gutzeit). Aus estn. pank 'festes Gestein, Fels,
Klint u. s. w.', wie das anlaut. p zeigt.
Pärg, der, »(Ehstn. lies Park) heisst der Kopfschmuck
welchen die estnischen Dirnen um ihre blossen Haare tragen,
das Kopfband, sonderlich wenn es breit und hoch ist» (Hupel).
Il8 Hugo Suolahti,
Eine genaue Beschreibung dieses Kopfschmuckes, der jetzt
verschwunden sein soll, bei Gutzeit. Aus estn. parg (perg)
'Kranz, Kopfband, eine kronenartige Kopfbedeckung der jun-
gen Mädchen'.
Parmis bei Gutzeit aus livl. Landtagsverh. v.J. 1643/59
belegt: »Ein Parmi^ Heuw . .; etzliche Parmes Heuwe»; vgl.
auch Nachtr. s. v. Fernes. Der Ausdruck beruht, wie Gut-
zeit bemerkt, auf estn. parnias 'Schooss, Schoossvoll'.
Parse bei Gutzeit, wo Hupel zitiert wird: »Färsen sind
die langen Latten, auf welchen das Getreide in der Heitzriege
gedörret wird; und: »Das estn. pars Sparre und innerste
Riegenlage, auf welcher das Korn zum Dreschen trocknet».
Aus estn. pars ('Gen. parre) 'Latte, Stange'.
Pas sei oder Pastel, der, »d. i. Bauerschuh oder eigent-
licher eine aus rohem Leder verfertigte die Stelle eines Schuhes
vertretende Socke (nicht Sohle wie Bergm. meinet, welcher
auch Sandale dafür empfiehlt). Das Wort scheint aus dem
Lettischen herzurühren >. (Hupel). Eine ausführlichere Beschrei-
bung dieses Bundschuhes, das von Esten und Letten getragen
wird, findet sich bei Gutzeit s. v. Pastel. — Das Wort geht
in letzter Linie auf türkisches postal zurück, das zunächst in
den slavischen Sprachen als poln. postoty 'Bastschuhe' u. s. w.
Eingang fand und von hier aus als pastala in die lettische
Sprache übernommen wurde, s. Thomsen a. a. O. S. 207.
Die Schreibung Postel (in Lindners Sammlung liefländischer
Provinzialwörter), welche nach Gutzeit sich in den ältesten
Zeugnissen des Worts findet (schon in einer lat. Urkunde von
1300, welche Beschwerden des Bischofs v. Kurland enthält:
postelen), deutet auf polnische Vermittlung. In der gewöhn-
lichen Gestalt Pastel ist der Ausdruck ins Deutsche aus dem
Lettischen übernommen worden; die Form Passei stammt
aber aus dem estn. passei [nehen pastal, pastel) 'Bauerschuh', das
nach Thomsen a. a. O. dem lettischen Worte entlehnt ist.
Passelfell auch Passelleder, das, »ist eine rohe Pferde-
oder Rindshaut daraus man Passein schneiden kan» (Hupel).
Passiniutter f., »Aufwärterin» nach estn. passima 'auf-
warten, bedienen' in Sallmanns Verzeichnis S. 20.
Die estnischen Worte im Deutschen der baliischen Ostseeprovinzen. il^
Peldik, der, »(Ehstn.) st. heimliches Gemach, Abtrit.
pöb.» (Hupel). Aus estn. peVdik 'Abtritt, heimliches Gemach'.
Pener oder Penar, der, »(Ehstn.) d. i. Ackerscheidung,
Rain» — — (Hupel). Relege bei Gutzeit. Aus estn. penar
'F'eldrain, Feldrand, Beet, Striemen'.
Pergel, der, »ist ein Lichtspan von Kien- oder Birken-
holz» — — (Hupel). Gutzeit, der für das Wort ältere Be-
lege bringt, weist auf dessen estn, Ursprung hin. Pergel ist von
dem estn. perg 'Kienspan (z. Brennen und sonst)' mit einem
deutschen Suffixe gebildet, wie Jummel von estn. jumm.
Pergeldach, nach Gutzeit in Lettland kaum gebraucht,
vgl. Pergel.
Pergelfeuer bei Gutzeit. vgl. Per gel.
Per gelholz »heisst w^oraus sich die dünnen Späne, als
der hiesigen Bauern ihr gewöhnliches Licht, leicht spalten
(liefl. spleissen) lassen» (Hupel). vgl. Per gel.
pergelig, »von Menschen, hager, dünn wie ein Pergel-
holz» (Gutzeit). Adjektivische Ableitung von Pergel.
Pergelkole bei Gutzeit. vgl. Per gel.
pergeln, »Holz zu Pergel machen» (Gutzeit), vgl. Pergel.
Pergelnägel »zur Befestigung der Pergeltafeln» (Gutzeit
Nachtr.). vgl. Pergel.
Pergelscheit, »Kienholz» (Gutzeit), vgl. Per gel.
pergeltrocken, »sehr trocken, von Holz» (Gutzeit), vgl.
P e r gel.
Pergelu7ig, »Versehen einer Wand mit Pergeltafeln»
(Gutzeit), vgl. Per gel.
Pielbeer- oder Pihlbcerenbmim, der, »d. i. Sperber- oder
Ebereschbeerbaum, (Sorbus aucuparia). Die Frucht, nemlich
die Pihlbeere, wird auch doch nur selten Eibischbeere ge-
nannt». (Hupel). Auf die estnische Herkunft des Wortes hat
schon Frisch verwiesen. Nach estn. pihl, pihlak (danach lett.
pfladsis, pTlags, s. Thomsen a. a. O. s. 273) 'Eberesehe,
Vogelbeerbaum'.
pirren, »weinen, greinen, quarren, häufig in der Zusam-
mensetzung Pirrlise Ouärrthrine, Plärrlise» bei Sallmann S. 20
mit Hinweis auf das estn. Etymon pirima 'weinen, greinen,
plärren'.
I20 Hugo Suolakii,
Fixen, »eigentlich Piksen (aus dem Lett, und Ehstn. hört
man nur in der vielfachen Zahl) st. Hosen, pöb. oder scherz-
weise» (Hupel). Nach Gutzeit in Riga und Livland wohl nie
vorgekommen. Das anlautende p in diesem eigtl. nieder-
deutschen Ausdruck (Biichse(n), Bnxe(n)) deutet auf das estn.
püks (PI. püksid) 'Hosen'.
Pöbbol od. Pöbbolik bei Gutzeit. vgl. Popolle.
Pobel, »kleiner, bis 13 Lispfund schwerer, nicht in Mat-
ten eingeschlagener Flachspacken» (Sallmann S. 71). Aus
dem gleichbedeutenden estn. pobel.
Poiso, > kleiner Junge» in Sallmanns Verzeichnis estni-
scher Entlehnungen S. 18. Aus estn. pois\ Gen. /<?/^^/ 'Junge,
Bursche, unverheirateter junger Mann'. Näheres über das estn.
Wort bei Thomsen a. a. O. S. 273.
Pöner bei Gutzeit. vgl. Pen er.
Popölle, der, »heisst in einigen Gegenden ein Bauer
welcher von seinen Ländereien die man Popollenland nennt,
mit den übrigen Bauern zwar einerley Frohndienste aber we-
niger Abgaben leistet» (Hupel). Nach Gutzeit, der ebenso
wie frühere Erklärer das Wort richtig aus dem Estnischen
herleitet, ist dieses in Lettland unbekannt. Das zu Grunde
liegende estn pobul (Gen. pobuli) 'Badstüber, kleiner Bauer-
wirt; Stelle eines Badstübers, kleinen Wirtes' bezw. pobulik
'Badstüber, kleiner Bauerwirt' stammt nach Mikkola a. a. O.
S. 89 aus dem gleichbedeutenden russ. ooöbU'..
Priester kulmei führt Gutzeit mit alten Belegen an. vgl.
Külmet.
Puddi, »Kinderbrei, Eingebrocktes. Die ersten Paten-
geschenke an kleine Kinder sind die Puddil'öffel und das
Puddinäpfchen-». (Sallmann a. a. O. S. 18). Aus estn. pudi
'Brei, Eingebrocktes, fig. Mischmasch'.
Puddipaddi, »Mischmasch» bei Sallmann a. a. O. Aus
estn. pudi-padi 'Mischmasch'.
Ptiddipaddikravi, »das Durcheinander von werthlosen
Kleinigkeiten, Krempel, Plunder» bei Sallmann a. a. O. vgl.
Pud dipadd i.
Pulk, »Pflock» bei Sallmann a. a. O. Aus est. pulk
Die estnischen Worte im Deutschen der baltischen Ostseeprovinzen. 121
'Pflock' (daraus nach Thomsen a. a. O. S. 274 lett. pulka,
pul k' IS).
Pulkajunker, der, »in Deutschland Krautjunker». Nach
Gutzeit scheint der Ausdruck für Livland sich auf das est^
nische Gebiet zu beschränken. Die Beziehung zu estn. pulk
(Gen. pulga) 'Pflock; Keim (bes. an Getreide); kleiner Fisch;
Kotstückchen; Letter (in der Druckerei); (scherzw.) Rubel' ist
nicht ganz durchsichtig.
pulkern, »pfuschen, Adj. pulkerig ungeschickt». Nach
Sallmann a. a. O. wäre das Verbum eig. vom Zählen an dem
Kerbholz (Pulkaholz), dann überhaupt von ungeschickter, klot-
ziger Arbeit verwendet. Diese Erklärung ist nicht wahrschein-
lich ; die Beziehung zu Pulk bleibt wie bei Pulkajunker unklar.
Puskar, der, »(Ehstn.) st. Lutter (der aus dem sieden-
den Meesch abgetriebene Korngeist» (Hupel). Aus estn.
puskar 'ungeklärter Branntwein, Fusel'.
Raib oder Raibe, das, »(Ehstn.) wird als Scheltwort st.
Aas gesagt, pöb.» (Hupel). Nach Gutzeit wird der Ausdruck
bei den dörptschen Studenten auf Weiber bezogen. Aus estn.
raibe 'Aas'.
Ranken »(Ehstn. ist nur in der vielfachen Zahl gebräuch-
lich) st. Kummet» (Hupel). Nach Gutzeit kommt der Aus-
druck im estnischen Livland und in Estland vor; für Riga
sparsam und nur aus früherer Zeit zu belegen. Wahrscheinlich
ein germanisches Wort, das aber von den Deutschen Estlands
aus dem estn. rang (Plur. rahnid) 'Kummet' übernommen wor-
den zu sein schemt.
Rankenband, -holz, -kissen, -polster bei Gutzeit. vgl.
Ranken.
Rankenr Jemen oder Rankenstricke »sind die 2 Kummet-
bänder vermittelst deren das Pferd zwischen die Femern an-
oder eingespannet wird» (Hupel). vgl. Ranken.
Rankenschnur bei Gutzeit. vgl. Ranken.
Rauke, die, »(Ehstn.) ist ein langer Haufe von abgeärnd-
tetem Sommergetraide auf dem Felde. Wenn sie auf einem
Lattengerüste dachförmig gemacht wird, damit der Wind da-
zwischen hindurch streiche, so heisst sie eine hohle Rauke.
122 Hugo Suolahii,
Einige nennen auch das Balkengerüste auf welchem die Erb-
sen vor dem Ausdreschen in der Luft trocknen, eineRauke>.
(Hupel). Aus estn. röuk (rauk) 'aufrecht stehender Stab,
Pflock (röugud '(auf dem Felde) die Stäbe, zwischen welchen
die Feldfrüchte zum Trocknen aufgeschichtet werden'); Korn-
haufen, die zwischen Stäben aufgeschichteten Feldfrüchte'.
Rel7S, der, »Fisch cyprinus maräuula, kleine Maräne,
nach Hueck coregonus muränula, bekanntlich die Haupt-
nahrung der Bewohner am Feipus und Embach». Hupel sagt:
Rebs, Marene, Art Häringe, die in den Landseen, sonderlich
in der Feipus, häufig gefangen werden. Der Name vielleicht
aus dem estnischen räbus*. — — — (Gutzeit). Aus estn.
rllbus 'Rebs, Weissfisch, Salmo (Coregonus) maraenula'; lett.
repsis stammt nach Thomsen a. a. O. S. 275 aus den fin-
nischen Sprachen.
Reddel s. Rette 1.
Reddelwagen, »Leiterwagen» bei Gutzeit. vgl. Rettel.
Regge, die, »(Ehstn.) ist der Fuhr- oder Holzschlitten
(der Bauern gewöhnliches Winterfuhrwerk, welches einer
Schleife gleicht)» (Hupel). Sallmann a. a. O. S. 18 giebt die
F^orm Reggi. Aus estn. regi 'Bauerschlitten, Schleife', das
nach Thomsen a. a. O. S, 210 f. aus dem lit. räges = lett.
ragus, raga stammt. Die deutsche Form Ragge oder Raggen,
die nach Gutzeit in Riga und Lettland gilt, schliesst sich dem
lett. Worte an.
Rettel, die, »(Ehstn.) heisst i) die Heuraufife; 2) eine
Leiter, pöb. 3) die Lehnen des Bauerwagens zwischen welche
die Last gelegt wird (weil sie Leitern mit dichten Sprossen
ähnlich sehen)» — — — (Hupel). Nach Gutzeit kommt
Reddel (wofür im estn. Gebiet auch Rettel) in Lettland und
Riga wohl nur in 2 Bedeutungen vor: i) Raufe in Ställen;
2) Leiter am Bauerwagen. Der Ausdruck stammt aus dem
estn. redel 'Leiter, Raufe (im Stall)' oder aus dem gleichbe-
deut. lett. redele.
Riege, die, »heisst i) die Korndarre, welche auch die
warme Riege genannt wird; 2) das Gebäude worin sich jene
befindet, aber darneben die Tenne welche den Namen der
Die estnischen Worte im Deutschen der baltischen Ostseeprovinzen. 123
Vorrige führt; 3) uneigentlich jedes Bauerhaus, weil es einer
Riege ähnlich siehet und auch derselben Stelle vertrit. Lange
schreibt Rije^ Rüge und Rüje ; Andre sagen zuweilen Rie oder
Rihe^ auch Bergm. schreibt immer Rie^. (Hupel). Ausführlich
wird Rige von Gutzeit behandelt, der dafür mehrere Belege
aus dem 16. Jh. anführt. Das Wort, welches in den baltischen,
slavischen und finnischen Sprachen sowie im Schwedischen
vorkommt, ist — wie Wichmann, Suomen Museo Jahrg. 1895,
S. 91 und Jahrg. 1898, S. 52 nachgewiesen hat — ein fin-
nisch-ugrisches Wort. Die baltischen Deutschen haben es aber
wahrscheinlich durch die Vermittlung des Lettischen (rija, rija)
erhalten, kaum direkt aus dem Estnischen (rei (Gen. reie) rehi,
rihi, riha, rih); vgl. auch Thomsen a. a. ü. S. 276.
Riegenabschauer , - aufseher, - ausbeute, - brand, - bund,
- dieb, • diebstal, - dreschen^ - dr escher, - dunst, - empfang,
- garten, - heizer, • holz, - kehricht, - kerl, - ofen, - scheu7ie, - sieb,
- stelle, - stock, • thür bei Gutzeit (Riegenkerl schon bei Hupel).
vgl. Riege.
Rüd, das, »(Ehstn.) ist ein Leinwandskittel» (Hupel). Aus
estn. rüd' 'leinener Rock, Kittel'.
Ripse oder Augen-Ripse, die, »(sprich Rihpse, Ehstn.)
hört man zuweilen st. Augenwimper, pöb.» (Hupel). Aus
estn. ripse 'Wimper, Wimperhaare'.
Roop, der, »(Ehstn.) hört man zuweilen st. Ofenkrücke,
pöb.» (Hupel). Nach Gutzeit kommt das Wort nur in Estnisch-
Livland vor. Aus estn. röp 'Bogen ; Schiebschaufel, Schürholz'.
Ropsheed s. v. Heed (»st. Werg, Abwerg») »was beim
Schwingen abgeht, das heist Ropsheed i^2\h aus dem Ehstn.)»
(Hupel). Nach estn. rops 'Schwingen, Schwung', ropsitakud
'gröbste, beim Schwingen des Flachses abfallende Heede'.
Rübenküttis, der, »Küttis zu einem Rübenfeld oder einer
Rübenpflanzung» (Gutzeit), vgl. Küttis.
Rucke, die, »(aus dem Dörptisch-Ehstn.) ist ein kleiner
kegelförmiger Heuhaufe auf der Wiese» (Hupel). Nach einem
Belege, den Gutzeit anführt, bezeichnet das Wort auch lange,
etwa I 72 Faden hohe oben dachförmig zulaufende Getreide-
haufen. Aus dörptisch-estn. rukk 'Schober'.
124 Hugo Suolahti,
Sade, die, »(Ehstn.) ist ein kleiner kegelförmiger Haufe,
sonderlich von Heu auf der Wiese. Saden sollen nach Bergm.
Anzeige, aufgerichtete Bäume seyn, auf welchen man die
Erbsen in der Luft trocknen lässt ehe sie ausgedroschen wer-
den». (Hupel). Nach Gutzeit gilt Sade in Estland; in Lett-
land dafür Gubhe. Sallmann weist in seinem Verzeichnis S.
20 auf das estn. Etymon hin: süd '»Sade», kleiner Heuscho-
ber (ein Fuder enthaltend)'.
Sadenstrauch bei Gutzeit. vgl. Sade.
Salve, die, »eines Brunnens, Brunnenholz. In Riga-
Lettland unbekannt; das estnische salw oder salwe Brunnen-
kasten». (Gutzeit). Nach estn. sarwis-püd 'Brunnenkasten,
Brunneneinfassung, Getreidekasten im Speicher' (salw, Gen.
salwe 'Kornkasten').
Seppik, »mit Hefen gebackenes, nicht gesäuertes Brot
aus geschrotenem Weizenmehl» in Sallmanns Verzeichnis S.
i8 f. Aus dem gleichbedeutenden estn. sepik.
Silme f., »das tief ins Land einschneidende und dort
sich ausbreitende Seewasser» bei Sallmann a. a. O. S. 20
mit dem estn. Etymon silm. Gen. silma 'Auge; Loch, Oehr
etc. ; Meeresarm, schmale Meerenge und die tiefste Stelle
darin, Seemündung'.
S'ölg, das, »ist die grosse Brustschnalle oder Spange der
Ehstinnen (Ehstn.)» (Hupel). Aus estn. söVg 'Spange, Brust-
spange'.
Sulg(k), »der Säuglingen in den Mund gesteckte Lutsch-
beutel» bei Sallmann a. a. O. S, 19 mit Hinweis auf estn. sulg
'Verstopfung', sulguma 'verstopfen, schliessen'.
Sulpe, die, »(Ehstn.) ist eingeweichtes Viehfutter, sonder-
lich Häckerling mit Mehl» (Hupel). Aus. estn. sul'p (Gen.
sulbi) 'Mehltrank mit Häcksel gemischt (für das Vieh)'.
Taim, der, und Taimchen, das, — — »Das Taimchen
ist ein Seefisch, der, wie der Lachs, in die Flüsse hinaufsteigt,
die Forelle ein Bach- oder Flussfisch ; die Bachforelle sieht
dem Taimchen ganz unähnlich, letzteres dagegen dem Lachse
ganz ähnlich, namentlich auch hinsichtlich der Fettflosse
Im estnischen taim, junger Lachs, lett. taims eine Art Lachs»
Die estnischen Worte im Deutschen der haltischen Ostseeprovinzen. 125
— — bei Gutzeit, wo der Name schon aus einer Urkunde
V. J. 1341 (piscium qui taynien dicitur) nachgewiesen wird.
Aus estn. taim 'Lachsforelle (Salmo taimen Pall.)' = liv. tainiin,
finn. taimen, auch schwed. tannen und russ. maü.vem: das
lett. tatms stammt wahrscheinlich aus den finnischen Sprachen,
s. Thomsen a. a. O. S. 281.
Tallitaya, »bäuerlicher Gemeindevorsteher» bei Sallmann
a. a. O. Aus estn. taVVitaja 'Besteller, Besorger, Ausrichter,
Bauerrichter', walla-i. 'Gemeindeältester'.
Tannaw, die, »(Ehstn.) d. i. ein Weg zwischen 2 Zäu-
nen oder ein Zaun weg» (Hupel). Aus estn. tanaw, tanuw
'Gasse, Weg zwischen Zäunen oder Häusern'.
Tar, Taar, Thar, Thart7'ank, der, »ein in Livland ge-
bräuchliches Getränk gemeiner Leute, welches entsteht, wenn
man gekochtes Wasser auf geschrotenes Mehl giesst Es
ist ein estnisches Wort» — — (Gutzeit). Aus estn. tiü, Gen.
türi 'Dünnbier, Kofent'.
Taudias, »ein Fisch — — ; vielleicht Zahnbrachsen,
sparus dentex» — — (Gutzeit). Aus estn. iöudjas, töugjas
(an den Ufern des Peipussees) 'eine Cyprinusart (Cyprinus
rapax Fall., Leuciscus Aspius L).
Teiöe belegt Gutzeit in der Verbindung »Alandbleier
oder Teiben» und vermutet, dass es falsch st. Turben ge-
druckt sei. Die Form ist aber nicht fehlerhaft; sie geht zurück
auf estn. täib, teib 'eine Abart des Alantbleiers (wahrschein-
lich Squalius, oder Cyprinus leuciscus), von welchem nach
Thomsen a. a. O. S. 281 auch lett. teiba herzuleiten ist.
tibol tibo! »Lockruf für Hühner» bei Sallmann a. a. O.
Ins Deutsche aus dem estn. tibu, tibo 'Hühnchen', tihul tibu!
(Lockruf für Hühner) übernommen ; die im lettischen Livland
übliche Form des Lockrufes ist nach Gutzeit tipp! tipp! {= lett.
tib! tib!).
ticken, »nach dem Weinen krainprhaft schluchzen» bei
Sallmann a. a. O. S. 20. Vielleicht aus dem Estnischen; hier ent-
spricht in gleicher Bedeutung das Verbum tiksuma.
tilken, tilksen, »tröpfeln» bei Sallmann a. a. O., wohl
aus estn. tilkuma, ttlksama 'tropfen, triefen, tröpfeln'.
126 Hugo Suolahti^
Tiss, der, »wird gemeiniglich im Scherz st. Brust oder
Zitz gesagt. Tiss geben heisst das Kind stillen oder säugen,
pöb.». Nach Gutzeit meist in der Form Tisse (die). Aus estn.
iis's. Gen. tissi 'Zitze, weibliche Brust'.
Titti, Tiita, »ganz kleines Kind» bei Sallmann a. a. O.
S. 19. Aus estn. titt, tita 'Puppe, fig, kleines Kind'.
toosten oder tooksen »heisst bey Feuer Fische schneiden»
(in dem in der Zeitschrift »Für Geist und Herz» erschienenen
Aufsatz von — e »Phraseologie meines Vaterlandes») aus
estn. tdsk{a)ma 'mit Feuer fischen' ; nach Ojansuu a. a. O. S. 89.
Torru-pill, »Dudelsack» bei Sallmann a. a. O., aus dem
gleichbedeutenden estnischen ioru-piir .
iucken »(Ehstn.) heisst sitzend schlummern» ■ — — (Hu-
pel). Das anlautende / zeigt, dass es sich hier um eine
Entlehnung aus dem estn. iukkuma 'schlummern' handelt.
Tumm, der, oder die Tumme, »heisst i) Grützschleim
z. B. Gersten- oder Habertumm; 2) eine dicklig gemachte
Brühe; 3) die Zuthat wodurch eine Brühe dicklig gemacht
wird, nemlich Ey, geröstetes Mehl, Reibbrod: so sagt man:
lege etwas Tumm in die Suppe ! davon haben wir auch das
Beywort tummig oder wie Lange schreibt tummicht st. dick-
Hg» (Hupel). Sallmann, der das Wort unter den estnischen
Entlehnungen S. 19 anführt, erwähnt auch Tummsuppe,
tummen, abtummen 'säumig machen' und das Adj. tumm. Aus
estn. tumm 'Schleim von Hafer oder Gerste' [tume 'unklar,
dunkel, trübe, glanzlos, dunkelfarbig, dumpf).
Turbe, die, »f. Dünakarpe» (Hupel). Aus estn. turzuas.
Gen. turba, süd-estn. turb (Squalius dobula) = liv. türba
'Bleier (Cyprinus ballerus)', finn. turppa 'Karpfen; Aspe (Aspius
rapax), Rapfen (Squalius cephalus)'; das lett. turba stammt
aus den finnischen Sprachen, s. Thomsen a. a. O. S. 282.
umkoljen vgl . k o 1 j e n .
verlorren, »die Zeit verschwatzen» bei Sallmann S. 107.
vgl. Lorro.
verlurjen, »schlingelhaft werden, verlumpen» bei Sallmann
S. 107. Nach Gutzeit wohl auf Estland beschränkt; vielleicht
in Estlivland. vgl. Lurjus.
Die estnischen Worte im Deutschen der haltischen Ostseeprovinzen. 127
verpergeln, »i) mit Pergelgeflecht beschlagen; — 2) von
Fleischspeisen, trocken werden oder machen (wie Pergel)»
— — (Gutzeit), vgl. Per gel.
verpirren, »ins Weinen hineingeraten» bei Sallmann
S. 107; nach Gutzeit in Livland kaum vorkommend, vgl.
pi rren.
verpulkern, »verpfuschen» bei Sallmann S. 108; nach
Gutzeit wohl nur im estnischen Livland. vgl. pulkern.
Vorriege oder Vorrie, die, »d. i. Dreschtenne» (Hupel).
vgl. Riege.
Wacke, die, »(ein schon in liefl. Urkunden vorkommen-
des Wort) heisst Gebiet, Gegend; jezt bezeichnet man da-
durch einen kleinen Distrikt im Kirchspiel den mehrere Bauer-
wirthschaften ausmachen. Einige sagen Wackus oder Wag-
gus». (Hupel). Auf die estnische Herkunft des Ausdrucks
macht Sallmann S. 21 aufmerksam. Aus estn. wakk (Gen.
waku) 'District, Bezirk'; Näheres über das Wort, welches
auch dem lett. zuaka zu Grunde liegt, bei Thomsen a. a. O.
S. 285.
Wackenbuch, das, »(vom gleich vorhergehenden Wort
Wacke) ist das Verzeichniss von der Beschaffenheit eines Land-
guts und dessen Gebietsleuten nach ihrem Vermögen und
ihren Pflichten. Man nennt es Krons- oder Revisions Wacken-
buch wenn es bey der Haaken Revision ist angefertigt wor-
den; und dann enthält es auch die Anzeige von den Apper-
tinenzien ; hingegen stehen in dem Hofs- Wackenbuch, welches
der Besitzer für sich aufsezt, hauptsächlich die Abgaben und
Frohndienste der Bauern. Lezteres könte man nach Bergm.
Aeusserung das Pflichtbuch nennen, ersteres hingegen eigent-
lich nicht». (Hupel). vgl. Wacke.
Wagger »nennt man in Kurland die die Gutswirtschaft
gemäss den Anordnungen des Gutsverwalters unmittelbar lei-
tenden Aufseher. Sie sind durchgängig den Eingeborenen
angehörig» — — in der Balt. Monatschrift I, 3,281,
zitiert von Gutzeit s. v. Kubjas (s. dieses). Der Ausdruck,
— obgleich kein estnisches Wort — ist in dieses Verzeich-
nis aufgenommen worden, weil er einer verwandten finnischen
128 Hugo Suolahii, Die estn. Worte im Deutsche?! der halt, Ostseeprovinzen.
Sprache entstammt: er beruht auf dem hv. wagür 'Dorfälte-
ster, Frohnvogt»; das lett. zuagare, wagaris ist nach Thom-
sen a. a. O. S. 283 aus dem Livischen entlehnt.
JVai'm, der, »(Ehstn.) heisst in ehstnischen Distrikten ein
Frohnarbeiter zu Fuss oder ein Handarbeiter am Hofe»
(Hupel). Aus estn. zcaim 'Geist, Seele, Gefühl, Empfindung
Kraft; Seele, Person, Arbeiter'.
Wain, der, »(Ehstn.) ist ein leerer Platz in oder neben
dem Dorf, auch wohl bey einem einzeln stehenden Bauerhaus,
welcher als eine Gemeinheit gemeiniglich den Kindern zu ihrer
Belustigung und den Schweinen zur Weide dient. Man
könte ihn etwa Anger nennen». (Hupel). Aus estn. wainiu,
gewöhnl. ivainu 'Rasenplatz, Anger'.
Warbe f., »Leitersprosse» in Sallmanns Verzeichnis S. 21.
Aus estn. zvarb 'Stab, Stock, Leitersprosse, Dreschflegel (aus
einem gekrümmten Stabe bestehend). Stiel'.
VVisen »(aus dem Ehstn. und Lett.) sind Bastschuhe (des
Landvolks gewöhnliche Sommerschuhe). Aus dem gleichbe-
deutenden lett. wTse, zvisa oder dem dörpt-estn. zvlsk {zuiz),
(Gen. wl.su, zviza, wuo) ; das estn. Wort stammt jedenfalls
aus dem Lettischen, s. Thomsen a. a. O. S. 244.
Dieses auf einer flüchtigen Durchsicht der wichtigsten
lexikaHschen Hilfsmittel beruhende Verzeichnis der estnischen
Worte im Deutschen wird sich nicht unbeträchtlich vermehren
lassen, wenn die literarischen Quellen erschöpft ^ und an der
gesprochenen Sprache Beobachtungen angestellt werden. Übri-
gens sind ja die Wortübersetzungen in dem Verzeichnis gar
nicht berücksichtigt worden. Doch gewährt schon die vor-
liegende Liste eine deutliche Vorstellung von der kulturellen
Art des estnischen Einflusses. Es treten uns hier die Esten
vor allem als Ackerbauer und als Feldarbeiter der deutschen
Herren entgegen. Die weitaus grösste Zahl der estnischen
Entlehnungen beziehen sich auf die Landwirtschaft und damit
*) Gutzeits Wörterschatz der Sprache Livlands, der eine ganze Menge
älterer und neuerer Quellen berücksichtigt, ist nicht ganz vollständig erschienen.
Besprechungen. A. Wallensköld, yärnst?-öm, Rec. de chans. pietises I. 129
in Zusammenhang stehende Begriffe. Aber auch auf den
F'ischfang der Esten deuten mehrere Ausdrücke, zumal die
vielen Fischnamen. Eine besondere Begriffsgruppe bilden fer-
ner die Worte der Kinderstube, welche die estnischen Wär-
terinnen in die Sprache der Herrschaften gebracht haben.
Die dienende Stellung der alten Landesbevölkerung wird wohl
auch betont durch die estnischen Schimpfworte, welche die
deutschen Herren gelernt haben. Es bleiben dann noch übrig
eine Anzahl Ausdrücke, die auf Begriffe weisen, welche spe-
ziell den Esten charakteristisch sind, wie die Tracht und
die Speisen.
Hus:o Suolahti.
Besprechungen.
Edw. Järnström, Recueil de chansons pieuses du XIII'
siede, I. (^ Annales Academise Seien tiarum Fennicae. Ser. B.
Tom. III. N:o i). Helsinki 19 10. 176 -j- IV p. in-80.
La publication integrale des chansons pieuses du XIILe
sii-cle imitees de chansons profanes, voila le but louable que s'est
propose M. Järnström. Dans le present volume, M. J. nous donne
une edition critique de soixante-cinq chansons pieuses, accom-
pagnee d'un glossaire des mots relativement peu usites et d'une
liste des noms propres. YHntroduction (de treize pages) donne les
informations necessaires sur les manuscrits contenant les chansons
du volume en question, ainsi que sur le principe Selon lequel
l'edition a ete etablie. M. J. n'a pas essaye de classer systema-
tiquement ces chansons pour la plupart anonymes ^ ce qui n'aurait
guere pu donner un resultat satisfaisant ; il se contente de publier
les chansons dans lordre oü elles se trouvent dans les mss. qu'il
a pris pour base de son edition. Ont ete ainsi utiliscs les mss.:
Bibl. nat. f fr. 24406 (Schwan: Vg, Raynaud: Pb^'^), Berne 389
iSchw.: C, Rayn.: B'^^), Modene, Este, prov. (Schw.: H, Rayn.: M),
' Comme auieurs de chansons pieuses sont indiques par nos mss.:
Jacques de Cambrai fsept chansons), Aubertin d'Areynes (deux chansons),
I,ambert Ferri (deux chansons), Gilles de le Crois (une chanson), Guillaume
le Vinier (trois chansons), Richard de Fournival (une chanson), Moniot d'Arras
(deux chansons', Jacques le Vinier (deux chansons), Pierot de Niele (une
chanson), Adam de la Halle (deux chansons ; voy. plus bas), Guillaume de
Bethune (deux chansons).
130 ßespreckuni^en, A. WalUfiskölU.,
Oxford, Douce 308 (Schw.: I, Rayn.: O), Rome, Vat. 1490 (Schw.:
a, Rayn.: R^). En outre, M. J. a naturellement mis a contribution
certains autres mss. en tant qu'ils contiennent les chansons pieuses
des mss. precitcs. II a mcme cru devoir introduire une < hanson
dAdam de la Halle cjui ne se trouve dans aucun de ces mss.,
parte que le bagage litteraire de ce trouvere ne contient en tout
tjue deux chansons pieuses (l'autre chanson se tiouve dans le ms.
du Vatican). Quant a la langue des chansons du recueil, M. J.
se contente de reproduire pour chaque chanson la graphie du ms.
qu'il a pris pour base du texte. Pour ce qui conceme le genre
litteraire en question, M. J. nous promet une etude d'ensemble a
la fin du second tome de son recueil. Mentionnons enfin que le
texte de chaque chanson est precede dune notice ou l'auteur
discute les differentes questions se rapportant a la chanson en
question: provenance, versification, choix des lerons, langue, etc.
Apres chaque chanson viennent des Remarques servant a interpreter
les passages difficiles ou particulierement interessants du texte.
L'edition de M. J. est, en somme, fort satisfaisante. L'auteur
montre une connaissance approfondie de l'ancien francais et un
jugement eclairc dans ses essais de restitution des passages corrom-
pus du texte. II s'est donne beaucoup de peine pour retrouver
les modeles possibles de ses chansons pieuses, et il est seulement
a regretter c^ue l'auteur nait pas pu etendre ses comparaisons ä
la musique. Un detail que je napprouve pas, c'est que M. J.,
dans ses notations des rimes, ne distingue pas, dune fa(;on quel-
conque, les rimes feminines des rimes masculines (ainsi, pour la
chanson II, il donne ababbabhbb au lieu de p. ex. a^ba^bba^bbbb).
II y a cependant im point capital que M. J. me semble avoir
neglige. C'est la question dialectale. Les seuls faits linguistiques
auxquels M. J. attribue une valeur dialectale sont: - ^« - ne rimant
pas avec - an - (trait picard), - ;> <c! - iee (trait picard ou lorrain),
- i(e)us <; il -f- s (trait picard). Par contre, il n'attache aucune
importance aux traits suivants: - s : -z IV, VI, VII, VIII, XV,
XVI, XIX, XX, XXXI, XXXII. XXXV, XXXIX, XLI, XLIV,
XLV, XLVIII, XLIX, L, LH, LIII, LIX, LXII (trait picard ou
lorrain), les infinitifs ve'ir II, 24; XXX, 5; XXXIII, 14 et ca'ir
LXIIL 38 (trait picard ou lorrain), le pronom mi XXXVIII, 17.
44; XXXIX, 50 (trait picard ou lorrain), les formes verbales
allongees du type averai III, 14; VI, 34: XXIII, 5; XXVI, 22;
XXVII, 34; XLII, 8; XLVI, 2-]; LXIV, 60 (trait picard ou
lorrain), les formes pronominales abregees nos no^ vos vo XIX,
13; XLII, 21; XLVI, 6; LVIII, 22. 24 (trait essentiellement
picard), les desinences monosyllabiques - iens: estiens LII, 46 et - iez:
estiez VII, i^i, feriez VII, 35 (trait picard), \q ^\xh']oncWi doigfte XI,
Echo. Järnström, R ecueil de chansons pieuses I. 13 1
3. 0. 10 (irait lorrain; voy. R. Schubert, Probl. d. Iiist. frz. For-
menlehre I, p. 20), ramuissement d'un e en hiatus: consus XLVI,
3; re(us LXII, 10. 11; rei;ut (pt. p.) LXIII, 20 (trait picard), la
dcsineoce - omes : criomes XLVI, 7 (trait picard), les Vivat?, proiete:
mnniete: entiere: miete (medicum) owproiite: manire: entire : mite
LV (trait picard), chiaus <C ecce-illos LX, 22 (trait picard),
en/ir: - ir LXIII, 30 (trait picard). Probablement, M. J. est d'avis
que les faits linguistiques t^ue je viens d'cnumerer ne constituent
plus des criteriums dialectaux assures pour le ireizieme siecle: que
p. ex., a l'epoque de nos chansons, un trouvere de l'Ile-de-
France pouvait deja faire rimer - .y et - c. D'autre part, certaines
particularites dialectales, p. ex. - omes, se rencontrent un peu partout.
Je crois cependant que M. J. a agi avec trop de circonspection.
11 est certain qu'au XIILe siecle le francien, le picard et le lorrain
se comportaient diffcremment par rapport ä Tevolution de - c en
- s. On n'a, pour s'en convaincre, qua jeter un coup d'oeil sur
quelques-unes des chartes que vient de publier M. Behrens dans
la huitieme edition de la Gramviaire de Schwan. Dans la Charte
francienne n'' I (Saint-Denis, 1260), il y a encore toujours -z;
la Charte lorraine n° XV (Metz, 12 12) donne dejä des exemples
de la confusion entre - s et - z (cens, aiis, besons, Girars; annauz) ;
enfin la charte picarde n° II (Abbeville, 1272) ne presente jamais
un - 5. II me semble donc qu'on a le droit de dire que, si une
chanson presente en meme temps les rimes -s: -z et en: an,
eile provient de l'Est de la France, et non du Centre. En tenant
compte des traits dialectaux mentionnes, on peut classer nos chan-
sons de la facoa suivante :
a) Chansons picardes: VII (- s: - z, - iee >» - ?V, estiez 31 et
feriez 35 dissyllabiques; M. J.: l'auteur n'est pas originaire du Centre
de la France), VIII (- .y; - z, en ne rime pas avec a«), XV {- s :
- z, en ne rime pas avec an; M. J. : l'origine picarde est probable),
XIX (- .y ; - z, vo 13), XXV {en ne rime pas avec an), XXXIV
(- i 1 i s > - ieus ; ms. C: yaikes de Canbrai), XL [en ne rime pas
avec an; un ms. attribue la chanson ä Lambert Ferri, attribution
confirmee par l'envoi), XLI (- s: - 5, en ne rime pas avec an;
attribution d'un ms.: Gilles de le Ctois), XLII [en ne rime pas
avec an, avetoiit 8, vos 21; M. J. : origine picarde), XLIV (- y; - z,
en ne rime pas avec aii), XLVI [consus 3, vo 6, criomes 7, averait
27), XLVII (-iee > - ie, -ilis > - ijis, -s: - z; M. J.: origine
picarde), LI (- ilis > - ieus; attribution des mss. aT: Maistre
Willaumes li Viniers), LH (-ilis > -ieus, -s: - z, estiens 46
dissyllabique; attribution des mss. aMT; Maisire Willaumes li Vi-
n'ers), LV (proiere: mire ; attribution du ms. a: Mo7iiol), LVI
(en ne rime pas avec an; attribution du ms. a: Monios), LVII
132 Besprechungen. A. Wallenskölif,
(en ne rime pas avec an : attribution du ms. a : maistre Jakes li
Viniers), LVIII (vo 22, nos 24; la chanson est attribuee a maistre
yakes par l'unique ms. a), LX (- iee > - ie, chiaus {%zct.-\\\o%)'.
- iaus (- e 1 1 u s) ; attribuee par quatre mss. a Adam de la Halle ),
LXI (en ne rime pas avec an; auteur: Adam de la Halle), LXH
(- s: -2, pt. reciis lO, II ; attributioa du ms. a: Willaumes de
Bet/iune), LXHI (en ne rime pas avec an, -iee > - ie, qäir : - ir,
blance : abondance, pt. re(:ut 2C, entir : - ir ; attribution du ms. a:
Willaumes de Bethune), LXIV (filius > fieiis, -s: - z, isteront 60,
cependant atent: - ant ; M. J.: origine picarde).
b) Chansons lorraines : IH (obed'ience : ance, devetoit 14), VI
(- s : - z, en: an, avera 34; M. J.: l'auteur n'est pas du Nord), XI
(doigne: - oigjie), XXXI (- s: - z, fils : - i's, en : an; attribution du
ms. C: Jaikes de Canhrai), XXXII (- s: - z, fils : - is ; attribution
du ms. C: Jaikes de Canhrai^, XXXV (- s: - z, fils [l'unique ms.
donne: fily. - is ; attribution du ms. C: Jaikes de Catibrai), XLVIII
(-s: - z, en: an; INI. J. : l'auteur n'est pas du Nord), XLIX (pur-
catoite: - aire, -s: -z; M. J. admet dubitativement une origine
lorraine).
c) Chansons picardes ou lorraines: I (deveroiit 48), II (ve'ir:
-ir). IV (-s: - z), XVI (-s: -z, en: an, mais pas dans le meme
Couplet), XX (-s: -z), XXIII (averai 5), XXVI (avera 22),
XXVII (a7Jera 34;, XXIX (-iee > - ie ; M. J. : l'auteur est peut-
etre du Nord), XXX (ve'i'r: - ir, - iee > - je; attribution du ms.
C: Jaikes de Canbrai), XXXIII [ve'ir: - ir; attribution du ms. C :
Jaikes de Canbrai), XXXVI (- iee > - ie ; attribution du ms. C\
Jaikes de Canbrai), XXXVII - iee ^ - ie : attribution du ms. C:
Aubertin dez Areiios), XXXVIII (mi: - i: attribution du ms. C:
Aubertins de Arenos), XXXIX (- s: - z, mi: - i; I'envoi donne comme
auteur de la chanson Lambert Ferri, trouvere picard d'apres XL), i
XLIII (- s: - z, en corrigeant les rimes du troisieme couplet [voy. \
plus bas]; la rime pure en -ance peut etre fortuite ; /«/.f ." -?'? parle |
plutot en faveur du dialecte lorrain, ainsi que vienont 10 = me- |
nerent ; cf. l'attitude incertaine de M. J., p. 112), XLV (- s: -z), |
L (-s: -z; rimes tres corrompues), LIII {-s: -z; attribution du I
ms. M: Guillaume le Vinier, du ms. a: Jacques le Vinier), LIX |
(- s: - z; attribution du ms. a: Pierot de Niele), LXV (- iee > - ie). I
d) Chansons lorraines ou franriennes: X (enfant: - ent ; Selon
M. J., enfant est trop isole pour permettre des conclusions sur
l'origine de la chanson), XII \en: an; M. J. : l'auteur a du etre
originaire du Centre ou de TEst de la France), XVII (en: an;
cependant toutes les rimes en an se trouvent dans le dernier et
septieme couplet), XXII (Adan: -ent), XXVIII (en: an; M. J. : f
l'auteur etait originaire du Centre ou de l'Est de la France), LIV <
Edw. yärnström, Recueil de chansons pieuscs I. 133
1671 : an ; attr. du ms. a : maistre Ricars de Fournival; peut-ctre la
rime isolee aidant : - ent est-elle une faute de copiste ou, comme
le veut M. J., imputable a l'mfluence du dialecte francien, qui etait
familier ä Richard de Fournival (t vers 1260) «depuis les annees
de sa jeunesse, qu'il avait passees pres de la cour de Philippe-
Auguste, oü son pere fut appele en qualite de medecin ordinaire
du roi»).
e) Chansons qui ne peuvent etre classees dialectalement : V,
IX, XIII, XIV, XVIII, XXI, XXIV.
Le classement que nous venons de faire est, pour plusieurs
des chansons, corrobore par les attributions d'auteur des mss. En
outre, ces attributions nous permettent de ranger, avec plus ou
moins de certitude, quelques-unes des chansons du groupe c (chan-
sons picardes ou lorraines) parmi les chansons picardes du groupe
a. II ny a pas de contradictions serieuses entre la langue et
les attributions des mss. sinon pour trois chansons (XXXI, XXXII
et XXXV\ attribuees par le ms. de Berne ä Jacques de Cam-
brai, tandis que la langue parait appartenir ä l'Est de la France.
M. J. (p. 81) est d'avis que 1 'authenticite des sept chansons attri-
buees par C ä Jacques de Cambrai (n:os XXX — XXXVI) n'est
pas douteuse, et j'avoue que l'argumentation de M. J. est fort
' onvaincante. II faudrait donc croire que ce poete picard se per-
mettait de rimer fils: -is (dans les trois pieces) et que la rime
en : an de la chanson XXXI {se?i, Moysen : pellican, Habrahan,
sanc, Adam) est une licence pareille a Celles que nous avons pu
constater pour les chansons LIV (aidant: -eni) et LXIV [alent:
-aut).
II est ä regretter que M. J. n'ait pas apporte tout le soin
necessaire ä la reproduction exacte des le^ons des mss. Dans les
Errata se trouvent corrigees un certain nombre d'erreurs que j'avais
pu constater lors de mon examen de l'ouvrage de M. J., qui a
ete presente comme these de doctorat ä notre Universite (pour le
ms. a, M. J. avait mis a ma disposition une reproduction photo-
graphique qu'il s'etait procuree). Mais mon controle na pas pu
s'etendre ä tous les mss. et n'a pas ete absolument rigoureux, de
Sorte qu'il est fort probable qu'il reste encore beaucoup d'erreurs
non corrigees.
Voici quelques remarques de detail: I, p. 20. Pour le
groupement CI contre V, M. J. aurait pu aussi renvoyer a Schwan,
A/rz. Liedeth., p. 222, et ä mon edition des chansons de Conon
de Bethune, p. 73. — I, 40. J'admets la graphie ovec (con-
tamination de o <C aut et de avec); voy. encore VII, 7 et
XXI, 17. — II, 35. Mettez une virgule apres Theofilus. —
IV, 33. Lisez Rin, (lecjon du ms. C) au Heu de ru. —
134 Besprechungen. A. Walknsköld,
V, 48. Lisez Li Juif (cf. VII, 31; etc.). — V, 50— ,52. Je
prefere regarder Franfois et grec et ermiii Et tout latiguaige
aptouve (omme coordonne avec le latin ; je raettrais donc une
virgule a la fin du v. 50 et je supprimerais la virgule au v. 51.
— VIT, 20. La correction de a en en me paraTt superflue. —
X, 19. Lisez Nes que (cf. XII, 17). — XI, i. Le modele
de la .chanson prcsentant flors et glais et verdure, il semble pro-
bable que limitation a eu 7tois et glace et froidure (le(,^on de C)
et non pas ces memes mots dans un ordre {glace et nois et fr.)
qui rappelle moins le texte du modele. — XII, p. 42. Ce
sont seulement les deux premiers couplets de la chanson Rayn.
393 qui riment en - aut et en - er. — XII, p. 44, Rem. Le
sens des vers 31 — 32 doit etre: «II öte ses vieux habits (c'est-
a-dire un objet de peu de valeur) pour les donner ä Ja mere de
Dieu». — XIII, 31. Lisez crüeuse (cf. XXXIX, 21 et au
Gloss.). — XIV, 2. Retablissez la le9on de C: viercir. —
XIV, 6 (et Rem., p. 48). Lisez plutot avec C: enserchier (exami-
ner, etudier) au lieu de etichargier. Moustrer aura ici un sens ana-
logue, et non pas celui de «mettre au monde». «La Nature fut
ebahie en l'examinant et en l'etudiant». — XVII, 40. Mettez un
point ä la fin du vers. — XIX, 31. Corrigez: Et ne fust mes de
lein s. — XXI, I. Lisez puis que. — XXI, 4 — 5. Je lis, en
gardant 1' ordre des vers donne par les deux mss: Quar nus ne
s i potroit tant aseivir (Or ai mespris: mesentendre mi servir), «Car
personne ne pourrait tant la servir (Je me trompe: se mepiendre
dans son service)». — XXII, p. 62. La chanson Rayn. 1463
est attribuee ä Gace Brule par le ms. R. C'est la chanson XLI
du recueil, et non pas XL, qui, ä partir du quatrieme couplet, a
la meme structure strophique que XXII. — XXII, 15 et 16.
Les formes sisiesme et sept'üsme me paraissent fort suspectes. Je
propose: Au sisiesme jour fist Adan, Au septiesme se reposa. —
XXIII, 31. Lisez d'umilite. — XXIII, 36. M. J. n'aurait
pas du corriger a?ainne en erain?ie. Cf., pour araiji, Meyer-Lübke,
Hist. ßz. Gr., § 226. — XXIV, p. 67. Ce ne sont que les
Couplets II — IV de Rayn. 1 7 qui ont la meme structure strophique
que XXIV; les couplets I et V ont deux vers de plus ä la fin.
— XXIV, 31. Comme /«// est d'ordinaire dissyllabique, je
propose de lire: Dont li Juis mespnesure . — XXIV, 35. En-
conchie (4 syll.) est une forme impossible (on s'attendrait ä encoii-
chiie <; in-cum-cacata); je propose ^w/ö.s-(rÄfV (* in toxi c ata),
empoisonnee». — XXV, Rem. au v. 9. Pareil est le compl.
attr. de acointier, employe substantivement. — XXVII, Rem. au
v. 23. Terniere = taisuiere <[ *taxonaria, fr. raod. tanicre.
— XXVIII, 6. Corrigez: vois plaignant. — XXVIII, 17. Lisez
Ed-cV. yärnsifötn, Recueil de chaitsons pieuses 1. 135
lerme'(s). — XXIX, 27 et Rem. Peut-rtre faudrait-il lire: N'au
resoriir dou laz. — XXXI, 12 — 13. Virgule apres le v. 12, et
point et virgule apres le v. 13. — XXXI, 33 et Rem. A cause
de la forme irreguliere du cas sujet (Hon), je prefcrerais garder la
leron de C: et li fiers hont. — XXXI, 42. Corrigez: ««^/'(ms.). —
.\XXII, 3. Corrigez: not (ms.). — XXXIII, 20. Corrigez:
Entre fuis. — XXXIV, 17. Point a la fin du vers. — XXXIV,
s6. Comme ctimiiieus est sans doute le pluriel de criminel, il faut
rorriger pechie en pechies. —7 XXXV, 20. Peut-etre: Ptoies en sott vos
rhiers fis. — XXXVII, II. Corrigez: vo gent. — XL, 4. Lisez
plutot: en cui cors (lecon de C). — XL, 41. Snijüe Crois est peut-
ctre Sainte-Croix, commune de Belgique (Flandre-Occ), arr. de
Bruges. — XL, 43 et Rem. Je lis: Di au diien, ke Fern a
ralu, et je comprends: «Dis au doyen, qui a aide Ferri». Cf.
dans Godefroy, s. v. i'aloir (VIII, 143, b):
Por vos valeir et aidier
E por vos toz Teconforter
(Ben., D. de Norm. II, 13 139, ed. Michel).
— XLI, 74. Corrigez: dcl ciel a monf. — XLI, 77. Peut-
rtre faut-il lire: Et ki ja niais ici setont. — XLII, 4. Lisez:
Virgc — XLII, 29. Corrigez: Sans euer repenti (cf. p. 109). —
XLII, 40. Corrigez: En att departi. — XLIII, 9. Corrigez:
Si nel. — XLIII, 17. Corrigez: ro7n ot les eus 07ris. — XLIII,
19. Corrigez: mercis. — XLIII, 24. Lisez: Cansi (ms.). —
XLIII, 36. Corrigez: l'on li pot doneir. — XLIV, p. 114. Quant
ä la disposition des rimes, il faut remarquer que c'est seulement
dans le troisieme complet que deux rimes (c et d) sont identiques;
dans les couplets II et V, les rimes a et c, parce que des
rimes riches, ne sont pas identiques (\\: consenteis: tormenteis,
niais formeis: deformeis ; V: enluniineis: domineis, mais leprandeis:
nprendeis). — XLIV, 16. Point et virgule a la fin du vers. — XLIV,
29. Virgule ä la fin du vers. — XLIV, 40. Retablissez Isi (ms.). —
XLV, 2. Corrigez: color (cf. amor 7). — XLV, 8. Corrigez: au
pecheor. — XLVI, 14. Corrigez: o/i?«/yi///(// manque dans l'unique
ms.). — XLVIII, 29 — 32. Point apres le v. 29; au v. 31, lisez:
Se ne fuxieis, dou etc.; point d'interrogation ä la fin du v. 32.
Je comprends: «Ne serions-nous pas tous perdus, si vous n'exis-
tiez pas, ä cause du mefait d'Eve?» — XLVIII, 36. Lisez: m'i. —
XLIX, 5 — 6 et Rem. Corrigez: Vers moi, qui suis de euer petis
En vos servit dont etc. — XLIX, 25. La forme non flechie de-
montre qu'il vaut mieux ecrire de put aite. — XLIX, ^^2. Lisez:
m'j. — L, 21 — 2. Corrigez: Quant Deus voit c'a genoillon Sa meire
est por efc. — L, i']. Corrigez: ferai de gre i et, par conscquent.
136 Besprechungen. A. Wallensköld, Järnströw, Rec. de chans. pieuses I.
V. 29: 7'0 costeit. — L, 33. Corrigez: doit on tien (: hieri).
— LI, 5 — ö. Point et virgule ä la fin du v. 5, et point a la fin
du V. 6. — LI, 60. Le ms. a a un point de suppression au-
dessous de 17 initial de lamortele. Je lis donc: Por rou a hien
fait amort ele, «A cause de cela, eile {la mort) incite (amo)dre) a
faire du bien». — LH, 24. Ajoutez une virgule a la fin du vers;
je considcre respasse comme un indicatif. — LV, 7. Lisez: tut.
— LV, Str. IL Les rimes a sont plutot en -ire (les trois mss.
donnent mire 17). — LVI, 14. Lisez plutot: Piec'a (voy. aussi
LXIV, 15). — LVIII, 37. Corrigez: Qjie pa? vous avoit amee,
«par le fait tjue nous vous aurons aimee». — LIX, 5. Virgule
au Heu de point. — LIX, 58. Ce vers n'a pas de cesure, tout
comme le v. 28 {voy. Rem.). — LXII, 36. Lisez: en sus. —
LXIII, 10. Lisez: plantee. — LXIII, 44. Corrigez: Cel {va.%). —
LXV, 15. Corrigez: grant saintee.
Lorsqu'il s'agit d'un Glossaire ne contenant que les mots
le raoins usites, un critique est presque toujours tente de trouver
que l'auteur donne en meme temps trop et trop peu. Je me
contenterai d'indiquer quelques mots qui, ce me semble, auraient
du se trouver dans le Glossaite: atameir XLIII, 8, «entamer» ;
avoir (soi) XXV, 21, «se conduire» ; enjeler LI, 26, «geler»;
ßourcele LI, 24, «petite fleur»; ierre, s. f. XXVII, 3; perdre
XLVIII, 30, «perir»; signoiiment XLVII, 18, «seigneurialement»
(de signoril). Le Glossaire donne, d'ailleurs, lieu aux remarques
qui suivent: acointier, XXV, g, s. m., «abord». — ainorcele, voy.
ci-dessus, p. 136. — asseurer (soi), «avoir confiance». — ^ cotele,
pris au fig. = «corps». — crimineiis, voy. ci-dessus, p. 135. —
delgie est retabli par conjecture. — desconßre: pt. p. desconfis XLI,
14. — desvoier XVIII, 20 est employe comme verbe pronominal {se se
rapporte aux deux verbes: embatre et desvoier). — enconchier, voy.
ci-dessus, p. 134. — entendre XXI, 4, voy. ci-dessus, p. 134. —
erainne XXIII, 36, voy. ci-dessus, p. 134. - — garnii {soi), «se pre-
parer». — gesir (soi), «etre couche». — guenchir, v. n., «se de-
toumei». — inginiere est retabli par conjecture (ms. i?igietres). —
/oial est une erreur; il s'agit du suhsX. joiel, «bijou» {ci. jouel).
— Kieus, «choix», est une forme bien singuliere. Ne s'agirait-il
pas plutot du plur. de cueil (ses kieus), subst. postverbal de cueillir
{un exemple dans Litlre)? — mairer. II s'agit de mairier <;
macerare (voy. Tobler, Gott. Gel. Anz. 1867, p. 918). —
marcir XIV, 2, voy. ci-dessus, p, 134. — maure se lit LXIII,
39. — mesestance, «chagrin», se lit XXVI 22; XXVIII, 26. —
mespresure se lit aussi XXIV, 31. — miere, voy. ci-dessus, p. 136,
— viont, voy. ci-dessus, p. 135. — moustrer. Corrigez XXVII, 22
en XXVII, 10. Pour XIV, 6, voy. ci-dessus, p. 134. — poesiif.
Hugo Suolahti, Wilhelm Uhl, Winiliod. 137
Ajoutez poestis XLIX, 8 (en rime). — remenbrance. Ajoutez re-
mambrance XXXVIII, i. — resartir, voy. ci-dessus p. 135. —
resorl. Ajoutez LIV, 29. — respasser, voy. ci-dessus, p. 136. —
retraire. Employe comme verbe pronominal (subj. retraie) au sens
de «retoumer» XXX, i. — rouse. II s'agit du subst. tousee,
«rosee» (voy. les termes opposes: clere — tenebrout, joiouse —
tristour, ßamtne — rousee). — sainte, voy. ci-dessus, p. 136. • — terniere,
voy. ci-dessus, p. 134. — tourner. Com'gez: «se former». — traire.
LX, 27 «tirer une fleche, frapper». — venin, «trahison, complot >.
Dans la Liste des Noms, il manque Lambert Ferri XXXIX,
52. — Pour Jeu et Jeus voy. ci dessus, p. 135 (bis). — Salemon.
Le nom est au pluriel X, }^2 et XVIII, 32.
A. WalUnsköld.
Wilhelm Uhl, Winiliod {= Teutonia, Arbeiten zur germa-
nischen Philologie 5. Heft). Leipzig 1908. VII -(- 427 S.
Die Untersuchung Professor Uhls, des Herausgebers der Teu-
tonia-Sammlung, knüpft an die bekannte Stelle des Karolingischen
Kapitulars an, wo der deutsche Ausdruck imniliod vorkommt:
»Et nulla abbatissa foras monasterio exire non prsesumat sine no-
stra jussione nee sibi subditas facere permittat; et earum claustra
sint bene firmata, et nullatenus ibi uuinileodes scribere vel mittere
praisumant: et de pallore earum propter sanguinis minuationem»
(■Nlon. Germ. Leg. Sect. II: Capit. regum Franc. I, 63). Die schwie-
rige Textstelle ist von den Interpretatoren verschieden gedeutet wor-
den. Jakob Grimm, Lachmann und INIüllenhoff erklärten mit Rück-
sicht auf die ahd. Glossen ' ivinileod = plebeios psalmos seculares can-
tilenas' etc. und das Subst. -wini 'Geselle' den deutschen Ausdruck
des Kapitulars als »weltliches Gesellschaftslied», so dass der betref-
fende Teil des Textes als ein Verbot für die Nonnen weltliche
Lieder aufzuschreiben oder unter die Leute zu verbreiten verstan-
den wurde. Weniger Beifall fand wohl in der letztea Zeit die
besonders von Kögel vertretene Auffassung, wonach iviniliod die
Bedeutung von 'Liebeslied' gehabt habe.
Uhl, der seine Untersuchung in vier Abschnitte eingeteilt hat,
kritisiert in dem ersten von diesen, »dem negativen Teile» (S. 2 — 60),
die obengenannten und auch andere Deutungen seiner Vorgänger
und weist sie alle als mehr oder weniger hinfällig ab. Übrigens fin-
det sich in diesem »negativen» Abschnitt auch hie und da Posi-
tives. So z. B. in der Analyse der mhd. Belege des Wortes tcine,
die nach dem Verfasser den Beigeschmack »des Untergeordne-
ten», »des Knechtsmässigen» haben sollen. Schon hier wird der
138 Besprechungen. Hu^o Suolahti,
Leser über die Art der Beweisführung stutzig. In einer aus Velde-
kes Eneide zitierten Stelle, wo Proserpina »die aide 7vintey> Plutos
genannt wird, soll die Bedeutung »abhängige Dienerin» wenigstens
nicht auszuschliessen sein, weil Proserpina »sehr wohl als die Skla-
vin Plutos angesehen werden» konnte. Dasselbe sei der Fall in
einer anderen aus der Eneide herangezogenen Stelle, wo Lavinia
»die skone ivinje* des Aeneas heisst; denn Lavinia sei von ihrem
Besieger und Geliebten Aeneas abhängig gewesen. Noch weniger
als in diesen Fällen vermag man dem Verfasser in der Auffassung
Rüedigers, des -»ivine der Gotelinde», als eine Art »Prinzgemahl»
oder als »ein armer Parvenü» beizustimmen.
Aber für Uhl ist es eigentlich nicht um das Subst. imne za
tun, denn dieses steckt seiner Meinung nach gar nicht in dem zusam-
mengesetzten iciniliod. Die erschlossene Bedeutung des »Unter-
geordneten», des »Knechtsmässigen» ist für ihn nur deshalb wich-
tig, weil er dadurch eine Brücke zum Verbum ivijijaii "^arbeiten,
erarbeiten' findet. Dieses schwache Verbum ist es nämlich —
wie Uhl in »dem positiven Teil» seines Buches (S. 60—150) nä-
her ausführt — , das »dem Kompositum joiiiiliod die erste Hälfte
geschenkt» haben soll. Somit wäre der vielumstrittene deutsche
Ausdruck des Karolingischen Kapitulars als »gemeinsames Arbeits-
lied» oder noch besser als »gemeinsames Erwerbslied» zu erklären.
Aber auch für den lateinischen Text des Kapitulars hat Uhl eine
ganz neue Erklärung; die Deutungen früherer Interpretatoren wer-
den als »stümperhaft-kümmerliche Hypothesen» bezeichnet, welche
»sprachlich wie sachlicli hinfällig sind». Das Verbum scribere er-
stens bedeute nicht einfach »schreiben», sondern damit sei das Anle-
gen schriftlicher Liedersammlungen gemeint. Ferner sei aber auch
mittere nicht einfach mit »schicken» zu übersetzen; es habe viel-
mehr an der betreffenden Stelle die Bedeutung »aufführen». Diese
Bedeutung kann nun Uhl freilich nicht aus dem klassischen Latein
nachweisen, aber mit der ihm eigenen Leichtigkeit sich über Hin-
demisse hinwegzusetzen, verweist er auf das Kompositum commit-
tere und auf eine spätlateinische Belegstelle, wo auch das Simplex
den Sinn von »ins Werk setzen» haben könnte. Nach diesen
Ausführungen würde unser Kapitulartext also folgendermassen zu
verstehen sein: »und auf keine Weise sollen sie [die Nonnen]
dort Erwerbslieder aufzuzeichnen oder etwa gar aufzuführen sich
unterstehen».
Nachdem der Verfasser, auf den das schöne Werk Büchers
über Arbeit und Rhytmus in verhängnisvoller Weise eingewirkt hat,
seine merkwürdige Deutung des Kapitulartextes gegeben, schildert
er zunächst die urzeitlichen »Erwerbslieder» oder AVinnelieder»,
wie er sich dieselben vorstellt. Sie hatten vermutlich einen laut-
IVilhelni Uhl, Wmiliod. 139
: aalenden Refrain am Strophenschlusse, welcher »das Behacken
der Wurzelgewächse nachahmte-. »Das Behacken geschah höchst-
wahrscheinlich mittels eines kleinen eggenartigen Handinstrumen-
tes, welches die Schlingpflanzen vom Erdboden hinwegräumte und
dann mit einer durchreissenden Bewegung in das Erdreich hinein-
-lestossen wurde; ein Pflügen en m'iniature! Diese Tätigkeit ist
von einem Geräusche begleitet, welches durch die Wurzel ivinn
reproduziert worden zu sein scheint. Man versuche gelegentlich
tiieses Geräusch zu erneuem : bei der Gartenarbeit im Sommer
kann man Studien dazu machen. Der Grund und Boden, auf
dem das Experiment voi sich geht, muss dabei trocken sein; bei
nassem Boden würde die ^^'urzel icisch entstehen. Man hüte sich,
liier im Detail sich zu verlieren».
Von diesen urzeitlichen Verhältnissen werden wir im dritten
Abschnitt des Buches (>Das Winnelied» S. 151 — 287) in die
neueste Zeit versetzt. Nach einem Excurs über die Kapitularstelle
et de pallore earum propter sanguinis minuationem» und den Ader-
lass in den Klöstern führt uns der Verfasser die modernen »Winne-
lieder» (Säemanns-, ^Müller-, Flachsbrecher-, Melker-, Büttnerlieder
u. s. w.) mit Zitaten aus denselben vor. Der Rahmen ist sehr
^\eit gespannt: sogar das von Kaiser Wilhelm komponierte Lied
von Ägir findet hier unter der Rubrik >das amateurmässige Winne-
lied» seinen Platz. — Die »Winnelieder» sondert Uhl in zwei
Haupttypen, je nachdem, ob sie vorzugsw'eise von Männern oder
von Frauen gesungen werden. Die weiblichen Winnelieder, welche
bei gewissen Beschäftigungen der Frauen gesurgen wurden, hielt
man offenbar für teuflisch. Dies folgert Uhl daraus, dass die Frauen
für dämonisch gelten, was wieder aus dem seltsamen Wesen der
Frau sich erklärt, denn sie »wirtschaftet im ganzen oft rabiat, und
sie betreibt auch ihr jeweiliges Metier nicht selten furios». Da
gerade die weiblichen Winnelieder mit dem Aberglauben in Ver-
bindung standen, so wurden sie von der Kirche besonders ver-
folgt. Von hier aus kommt nun der Verfasser noch einmal zu
der Kapitularstelle zurück. Dass es dort gerade den Nonnen ver-
boten wird Erwerbslieder zu singen, könne Zufall sein: >doch er-
klärt sich dieser Umstand nach unseren Ausführungen jetzt ganz
ohne Zwang, i;nd vielleicht noch mit grösserer Wahrscheinlichkeit,
folgendermassen : Die männlichen Erwerbslieder (also die winiliod
in Mönchsklöstern) brauchten aus dem Grurde nicht untersagt zu
werden, weil die maskuline (akquisitorische) Arbeit nicht so stark
mit dem Aberglauben verknüpft ist wie die feminine (produktive)
Arbeit, oder besser gesagt, weil jene Tätigkeit fast gar nichts mit
weiblichen Vorstellungen zu tun hat».
Die unnatürlich breite Darstellungsweise und der Mangel an
140 Besprechungen. Hugo Suolahti, ]Vilhelm Chi, W'inüiod.
Konzentration, welche für das Buch kennzeichnend sind, kommen
sehr deutlich zum Vorschein im vierten Abschnitt (»Die Lieder-
bücher» S. 287 — 424), der nach einer Erörterung des Wortes Lied
und damit mehr oder weniger nahe zusammenhängender Dinge
eine Darstellung von den verschiedensten modernen Liedersamm-
lungen (u. a. von den Liedern der Touristen, Radfahrer, Skiläufer)
giebt. Nicht selten erinnert der Stil des Verfassers an den der
Buchhändlerkataloge. Ich hebe nur einige Stellen hervor. S. 311:
»Die protestantische Sammlung von Ahlfeld-Kretzschmar-Stöbe wurde
bereits oben S. 224 empfohlen; sie zeigt 4 stimmigen Satz (resp.
Klaviersatz mit Violin- und Basschlüssel) — — — — . Diese
brauchbare Sammlung kann auch als Notenbuch benutzt und auf
den Notenständer des Klaviers gestellt werden». S. 344: »Beide
Sammlungen sind vorn mit je einem Bilde geziert: i) Brustbild
Kaiser A\'ilhelms II, in der Parade- Uniform der Gardes du Corps;
2) Kaiser Friedrich zu Pferde auf dem Schlachtfelde; Unterschrift:
Die Wacht am Rhein». Charakteristisch für den gemütlich-plau-
dernden Ton des Verfassers sind ferner Bemerkungen wie z. B.
S. 376: »Zur Erlangung eines wirklich guten Abstinentenliedes
würde sich vielleicht ein Preisausschreiben empfehlen (oder ist viel-
leicht etwa bereits ein solches ergangen, und welches war in die-
sem Falle das Resultat?)». Was das Preisausschreiben zur Erlan-
gung eines Abstinentenliedes mit dem winüiod-VioW^va. zu tun
hat, will auch dem nicht recht einleuchten, der die Gabe des Ver-
fassers Altes und Neues mit einander zu kombinieren bereits hat
kennen lernen. Als Probe dieser Gabe mag noch die S. 397
zitierte Bemerkung in dem Kaiserlichen Volksliederbuche »Auffüh-
rungsrechte vorbehalten!» genannt werden, welche Uhl zu einer
Kombination mit dem Verbum miltere des Karolirgischen Kapitu-
lars geführt hat: »Dies ist wiederum eine Stütze für die oben
S. 95 f. vorgetragene Hypothese über die Bedeutung des Verbums
viittere. Heute noch wird der Vortrag eines mehrstimmigen Lie-
des ganz allgemein als eine Aufführung angesehen; wenigstens in
den beteiligten Kreisen und die sind hier allein massgebend».
Leider ist es — wie aus dem Obengesagten schon hervor-
gehen dürfte — nicht allein die äussere Darstellungsweise des Ver-
fassers, gegen welche der Leser mit Recht sich sträubt. Beson-
ders unglücklich ausgefallen sind die etymologischen Erörterungen,
mögen sie nun »den kulturhistorischen Hintergrund haben, der von
den strengen Grammatikern allerdings nicht anerkannt wird», wie
etwa die Verbindung von ahd. harpha als »Rupfinstrument(!)» mit
ahd. herpisl 'Herbst' (S. 143^, oder aber einen rein grammatischen
Hintergrund haben, wie die Behauptung, dass in dem j des altnord.
Ljdpahättr das altertümliche Wesen der Schreibung (der Urform
A. IVallensköld, Hans Stri^l, Sprachivissenschaft für alle. ' 141
Ivjtiv) bewahrt sein soll (S 288 f.). Da weiss man wirklich nicht,
ob man die Angabe Uhls, dass ivineleas guma altnordisch sei, als
blossen Druckfehler aufzufassen hat. — Aber auch auf Gebieten,
die dem Verfasser offenbar bekannter sind als die vergleichende
indogermanische und die germanische Grammatik, muss man gegen
seine Ausführungen Einwand erheben. Auf eine detaillierle Aus-
einandersetzung mit Uhls Theorie über das Winiliod muss ich hier
verzichten; abgesehen von richtigen Einzelbemerkungen ist sie im
Ganzen als verfehlt zu bezeichnen. Es ist schade, dass man der
Arbeit des Verfassers, die ja doch nach seiner eigenen Aussage ein
halbes Menschenalter gefordert hat, das von ihm erhoffte Epitheton
eines »Torso aus Marmor» mit bestem Willen nicht geben kann.
HuQO Suolahti.
Hans Strigl, Sprachwissenschaft für alle. Kleine gemein-
verständliche sprachgeschichtliche und sprachvergleichende Aufsätze.
II. Jahrgang. Wien, L. Weiss, 1909 — 10. 315 S. 8:0. Preis
K 5: 40 = Mk. 4: 50.
Der zweite Jahrgang der kleinen populär- wissenschaftlichen
Zeitschrift ist ebenso unterhaltend imd anregend wie der erste, von
welchem in diesem Blatte (1909, S. 197 f.) die Rede gewiesen
ist. Nur scheint es mir, als ob die Zitate aus dem guten Abra-
ham a Sancta Clara doch allzu viel Platz einnehmen. INIit aller Ach-
tung vor dem originellen österreichischen Prediger, kann ich nicht
finden, dass all sein »Weisheit und Witz» unter die etymologischen
Plaudereien passt oder dass eine so ausführliche Behandlung des
Präfixes un- bei Abraham a Sancta Clara, wie sie der Verf. beliebt,
das Interesse der Laien aufrecht zu erhalten im Stande sein
kann. Es muss aber zugestanden werden, dass Prof. Strigl über-
haupt seine Darstellung sehr geschickt zu variieren versteht. Ich
nenne als ein gutes Beispiel den Artikel »King Goal» (S. 273 ff).,
wo der Verf., von einem Gespräche Eckermanns mit Goethe aus-
gehend, eine Reihe mineralogischer Ausdrücke sprachgeschichtlich
erläutert.
Ich lasse hier einige Einzelbemerkungen folgen, die das Durch-
lesen der zwanzig Heftchen mir suggeriert hat:
S. 22. Der Übergang le lossignol in le iossig7ioi wird als
durch »die Schwierigkeit der Aussprache» gefördert erklärt. Bes-
ser als solche subjektive Erklärungen zu geben, wäre einfach von
»Dissimilation» zu reden. — S. 24 f. Die Enlwickelung des lat.
Diphthongen au ist nicht richtig dargestellt. Das zu Ende der römi-
142 Besprechungen. A. IVallensköli^, Slrigl, Sprachwissenschaft fia- alle.
sehen Kaiserzeit erscheinende 0 statt au hat mit dem altfrz. o
in aloe nichts zu tun. Dieses letztere 0 ist nicht gemeinromanisch
(s. prov. alauzd). Auch ist ou in alouette niemals Diphthong ge-
wesen. Das lat. 0 <; au, wenn es im Rom. geblieben ist, ist
dem geschlossenen vlat. 0 gleichzustellen (coda > frz. gueue). —
S. 3O, Z. 12 V. u. Lies: goose. — S. 43, Z. lO v. u: Die Aus-
sprache von measles (nicht measles] hätte mit mizlz {z = tön. dent.
Spirans) wiedergegeben werden sollen. — S. 60. Das « in wem
ist wahrscheinlich unter analogischem Kinfluss des Nom. werz, ivers
verschwunden; also nicht eine lautregelmässige Entwicke-
lung! — S. 62, Z. 16. Lies: moisson. — S. 86, Füssn. 2. Mor-
dieu ist nicht eine »Verstümmelung von viort de Dieuy>, sondern
gleich mort Dieu, wo Dieu nach afrz. Gewohnheit Genitivbedeu-
tung hat. — - S. 105, Fussn. i. Frz. e'iavi setzt vlat. *stagnum
voraus. — S. 114, Z. 5. Engl, gatden stammt aus einem afrz.
Dialekte, wo g vor a nicht in j übergegangen war (norm, gardin).
— S. 150, Z. 10 V. u. Da seh auch einen »dentalen» Laut be-
zeichnet, hätte Verf. von dem »ocklusiven» Elemente von tsch re-
den sollen. — S. 151, Z. 8 f: Lat. intervok. p ist durch v im
Auslaut / geworden (*capum > * c'ävo > c/ief). — S. 152, Z. 7.
Eine Reduktion von cc zu c in accapars ist keineswegs anzuneh-
men, da c in solcher Stellung yod gegeben halte (vgl. pacare >
frz. payer). — S. 153, Z. 10. Lies: se iraient. — S. 166, Z. 7 ff.
Verf. sagt: »Doch folgen nebentonige Vokale auch sonst bisweilen
den Lautgesetzen nicht mit jener Präzision, wie die den Hauptton
tragenden». Das klingt etwas altmodisch! Wir müssen daran
festhalten, dass die Lautgesetze konstant sind. Nur können wir bis
jetzt nicht immer die scheinbaren Ausnahmen erklären. — S. 178,
Fussn. I. Nicht der »häufige Gebrauch» in sich, sondern der
häufige Gebrauch einer nachlässig (z. B. in vortoniger Stellung)
ausgesprochenen Form, bedingt die scheinb?re Unregelmässigkeit.
— S. 179. Frz. joli bedeutet nicht mehr »munter»; s. dage-
gen engl, jolly. — S. 182, Z. 11. Druckfehler: ütsum statt
üstum. — S, 184, FussD. 2. Es ist sehr fraglich, ob das -(? der ersten
Person Sing. Präs. Ind. der -(?;--Verba sein Dasein den beiden an-
deren Personen des Singulars verdankt. Ich glaube vieiraehr an
den Einfluss des semble-Ty^^xx?,. — S. 185, Z. 13 u. 14. Lies:
tu telieves und tu lieves. — S. 205, Z. 5. Lies: englisches twelve. —
S. 217, Fussn. I. Lies: b(xuf, und so oft ce statt oe. — S. 219,
Fussn. Die Endung -ant stammt aus der ersten lat. Konjugation.
— S. 226, Z. 5: Vlat. illum hat nicht //gegeben, dem viel-
mehr eine mask. Form *illi entspricht. — S. 228, Z. 6 v. u.
Frz. or kommt von ha(c) hora > *aora > *aura, also nicht
vom einfachen höra, das frz. heure gegeben hat. — S. 229.
E. Hag/ois, Söderhjelm et Tötterman, Premier livre de ledurcs fran(. 143
Z. 13. Ob que in lorsque dem lat. ijUGd entspricht, ist sehr frag-
lich. \\'ahrscheinHch steckt darin qui aus antevok. quia. —
S 22g, Z. 15 ff. Die Etymologie e7icore < (ad) hanc horam
kann nicht richtig sein, da ore sicher <; ha-hora. Vielleicht darf
man unquam-ha-hora als Etymon ansetzen, da ja die Schrei-
bung oncore altfrz. sehr gewöhnhch ist. — S. 229, Z. 18 ff. In
desormais steckt wieder ha-hora (de-ex-ha-hora-magis). —
S. 230, Z. 6 V. u. Das Verbum penser ist natürlich Lehnwort. —
S. 260, Z. 9 V. u. Obgleich parvis älter ist als paradis, kann es
doch nicht als »echt volkstümlich > betrachtet werden. Aus pa-
rets wäre regelmässig "^paris geworden. — S. 261, Z. 17 f. Das
g iu navigare wird vor a regelmässig \ßf\, später [|]; das
freie a nach Palatal wird ie. — S. 263, Z. 4 ff. Da augurium
in der bet. Silbe kurzes u hatte, würde man zwei- (nicht drei-)
silbiges * a-oir erwarten. Indessen scheint «-(-«aus irgendwel-
cher Ursache ein geschlossenes 11 gegeben zu haben. Später un-
ten wird gesagt, dass eür durch Hiatusschwund eur (sprich: ör)
wird. Natürlich ist die Durchgangsstufe [e)ur (sprich: ür) anzu-
nehmen. — S. 283, Z. 18. Der Name des schwedischen Mine-
ralogen war »Cronstedt». A. Wallensköld.
W. Söderhjelm et N. Tötterman, Premier livre de lectures
frangaises. Helsingfors, Societe Otava. 1909. 190 pages.
Ce que les auteurs ont donne par le livre cite ci-dessus,
c'est, comme ils le disent eux-memes dans la preface, une edition
abregee de leur livre de lecture paru pour la premiere fois en
1891. Des 180 morceaux qu'il contenait alors, ils ont supprime
ä peu pres la moitie (une trentaine de poesies et. entre
aulres, un assez grand nombre de textes se rapportant ä diverses
parties de la grammaire); la nouvelle edition n'en a que 95. Ils
ont aussi change l'ordre des textes publies, mais ils n'y ont rien
ajoute de nouveau (ä l'exception dune transcription phonetique des
dix Premiers morceaux, de deux cartes et de quelques iraages, sur
lesquelles voir plus basj.
Le plan du Uvre est tres simple. II est facile d'y distinguer
deux groupes de textes: Tun consistant en morceaux composes
principalement en vue de fournir des materiaux ou des exemples
a l'enseignement de la grammaire, lautre forme de morceaux n'ayant
pas de but grammatical direct ou special. Les auteurs ont com-
pose leur livre en faisant altemer les textes de ces deux catego-
ries les uns avec les aiitres.
D'abord quelques mots sur les textes de la demiere categorie.
Parmi ceux-ci les eleves, apres avoir appris, dans les premiers
144 Besprechungen. E. Hagfors,
morceaux du livre, un certain nombre de vocables et d'expres-
sions se rapportant a la vie journaliere, trouvent d'abord des
anecdotes, des fables, des contes populaires, de petits pocmes. A
mesure cjue l'on avance dans le livre, la valeur littc'raire des lectures
augmente. On y trouve des leltres de Victor Hugo et de M'"<= de
Sevignc, des pocmes de Beranger, de Chateaubriand, d'AIfred de
Musset et de Victor Hugo, des pages choisies de Daudet, de
Maupassant et de Sarcey. Je constate aussi que les auteurs n'ont
pas neglige le principe de donner aux eleves des renseignements sur
le pays et le peuple dont ils apprennent la langue. Ce n'est pas la,
il est vrai, le seul et unique principe qui ait dicte le choix des
textes — et qu'il en soit ainsi, c'est, je crois, un avantage — ,
mais les auteurs lui ont pourtant accorde un rule assez conside-
rable, en inserant dans leur livre une serie de descriptions des
curiosites de Paris ^, accompagnees d'images et d'un plan de Paris,
ainsi qu'un certain nombre de morceaux ayant pour objet des
episodes de l'histoire de la France. Les vues de Paris, belles et bien
prises, sont a saluer comme une innovation heureuse et contribue-
ront Sans doute beaucoup ä captiver l'interet des eleves pour les
morceaux cju'elles accompagnent. La geographie est representee
par un coup d'oeil sur la France et par une carte de la France.
On s'apercoit facilement que les auteurs ont pris soin de donner
aux lectures le plus d'interet et de variete possible, et je crois
qu'üs y ont bien reussi. Notons encore une qualite qui n'est
pas sans importance pour le succes du livre. C'est que les textes
sont en gcneral faciles et que les difficultes vont en s'augmentant
graduell ement. En somme, je n'hesite pas ä dire qu' ä mon avis
les textes de ce groupe sont propres ä satisfaire entierement aux
besoins de l'enseignement, et que les parties litteraires du livre
sont pleines de merite.
Passons ä l'autre groupe de textes que nous avons siguale
plus haut, aux textes qui, tout en servant de morceaux de lec-
ture, ont en meme temps pour but plus ou moins apparent de
faire ressortir certains faits grammaticaux. ^ Sous la forme d'une
* Ces morceaux servent aussi de collections d'exemples des formes de
certains verbes irreguliers, et se rattachent ainsi au premier groupe de tex-
tes que nous venons de mentionner.
^ Comme nous l'avons dejä dit, les auteurs ont supprime un grand
nombre des morceaux de ce genre qui se trouvaient dans la premiere edi-
tion. II n'est pas facile de se rendre compte des principes qu'ils ont suivis
en faisant le choix des morceaux publies dans la nouvelle edition. On se
demande p. ex. pourquoi de tous les morceaux se rapportant aux formes des
verbes avoir et ctre un seul — servant ä faire apprendre le conditionnel
present — est garde, les autres supprimes, ou bien pourquoi on a supprime
les morceaux qui donnaient des exemples des formes du subjonctif des ver-
bes reguliers, mais garde ceux qui se rapportent aux temps de l'indicatif.
//'. Söderhjdvi et N, Töttcrman, Premier livre de lediires fran^aises, 145
lettre, d'un dialogue, d'une description, d'un redt de voyage, ces
morceaux ne sont le plus souvent que des collections deguisees
(i'exemples grammaticaux. Le plus souvent ils sont empruntrs au
Premier livre de francais de Bierbaum, quelques-uns aussi aux
dialogues francais de Storm, et j'avoue que j'ai ete un peu surpris
de les retrouver dans un livre de date recente. Ce n'est pas qu'ils
ne soient bien faits et habilement composes. Au contraire, je crois
qu'ils sont excellents dans leur genre. Je ne pretends pas non plus
qu'ils ne puissent etre utiles aux cleves et rendre des Services au
professeur dans l'enseignement des formes grammaticales. Celles-ci
se fixent, sans doute, mieux dans la memoire des eleves a l'aide
du grand nombre des exemples donncs dans le texte. Mais cela
n'empeche pourtant pas que le genre lui-meme ne soit vieilli, que
les textes n'aient necessairement quelque chose de factice et que
leur lecture ne devienne par la meme ennuyeuse aux eleves. C'est
pourquoi j'aurais, pour ma part, prefere ä ces textes des exercices
grammaticaux comme il y en a dans plusieurs cours elementaires
de langues modernes, parus pendant ces dernieres annees. 11 y
en avait dans le premier livre de lectures francaises que nos au-
teurs ont public en 1899, et je regrette qu'on ne trouve rien de
semblable dans le nouveau livre. Je regrette en general que les
parties de ce livre qui se rapportent ä la grammaire, ne soient
pas plus directement adaptees aux methodes modernes d'enseig-
nement, qui visent ä une actjuisition pratique des langues etran-
geres. On va m'objecter peut-etre que dans nos lycees le but de
l'enseignement du franc^ais n'est pas et ne peut pas etre de nature
essentiellement pratique. Cela, je ne le conteste pas. Mais il faut
bien y enseigner les elements de la grammaire, et je suis convaincu
que, si l'on veut interesser les eleves ä cet enseignement et leur
faire apprendre d'une maniere naturelle les formes grammaticales,
c'est la methode basce sur les exercices pratiques qu'il faut em-
ployer, meme en ne commen9ant qu'en sixieme.
Le livre est accompagne d'un vocabulaire fran(;ais-finnois
formant un volume a part. II contient une liste speciale de mots
pour chacun des vingt premiers morceaux et un vocabulaire alpha-
betique pour le reste des textes. Dans la preface les auteurs
disent que le livre suppose l'emploi du vocabulaire alphabetique
des le debut a cöte des listes de mots dressees par morceaux.
Je ne comprends pas tres bien ce que les auteurs ont voulu dire
par lä. II est facile de voir que les listes speciales suffisent pleine-
ment ä la comprehension des morceaux correspondants, sans qu'on
ait recours au vocabulaire alphabetique. EUes ne donnent pas, il
est vrai, les significations premieres des mots employes au figure, et
les auteurs ont peut-etre voulu dire que les eleves pourront treu-
146 Besprechungen, A. Wallensköld, Otto ßteükreuz, Coviment äii-on ?
ver ces renseignemenls dans le vocabulaire. Mais alors il aurait
cte bon d'indiquer les cas ou il faut consulter le vocabulaire. —
A propos de celui-ci il faut dire que c'est dommage que la pro-
nonciation des vocables n'y soit pas indiquce en transcnption pho-
netique. Les textes transcrits etant peu nombreux, une transcription
des vocables aurait sensiblement facilite le travail des cleves, en
aidant leur memoire et en donnant de nombreux points d'appui
a leur prononciation incertaine.
Encore une petite remarque avant de finir. Je crois que le
livie aurait gagne un avantage pratique considcrable, si les auteurs
l'avaient fait accompagner d'un precis de grammaire. Au defaut
d'un tel, les cleves qui se serviront de ce livre seront obliges de se
pourvoir de la grammaire publice par nos auteurs en 1900. Or,
celle-ci est un peu trop detaillee, surtout pour les eleves de la
ligne classique. Et puis il y a aussi la question du prix, qui n'est
pas tout ä fait negligeable. II existe des ecoles oü eile peut avoir
une certaine influence sur le choix du livre ä employer.
E. Hagfojs.
Otto Brcitkrenz, Comment dit-on? Lexikalischer Ratgeber für
den Schul- und Selbstunterricht. Dresden und Leipzig, C. A. Koch,
IQIO. 146 S. 8:0.
Das Buch zerfällt in zwei Teile. Im ersten führt der Verf.
in alphabetischer Reihenfolge deutsche Lehnwörter nebst
ihren französischen Entsprechungen an (z. B. aBttOtttt anormal,
-e; anomal, -e. — 5l6normität anomalie f.). In der zweiten giebt
er uns, ebenso alphabetisch geordnet, eine Reihe deutscher
Wörter mit ihren verschiedenen, näher beleuchteten französischen
Übersetzungen (z. B. ^uSgattg* "Scr — be§ ^QUle^ la sortie
de la maison. ^er — einer <Sacl)e l'issue d'une affaire. sortie f.
^^unöcfift: ba§ ^^uögel)en, bie ^^lu§tot)rt; nud): ^lugfall aii^. einer
^efiung. issue f. perft: Slu^gangSöffnung).
Das Werkchen kann getrost als sehr gelungen bezeichnet
werden und wird den Französisch lernenden Deutschen sicher grosse
Dienste leisten. Auch bei uns, die wir ja gewöhnlich die deutsche
Sprache verstehen, kann es mit ^^orteil als Nachschlagewerk be-
nutzt werden.
Gegen den Plan der Arbeit hätte ich nur einzuwenden, dass
eine Aussprachebezeichnung der französischen Wörter gänzlich fehlt
(nur die beiden // werden bisweilen unterschieden). Wenigstens hätte
der Verf. s. g. Unregelmässigkeiten der Aussprache angeben kön-
nen (z. B. atcbe'ologue, respect, hlocus, pathos, phebus, chorus.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins. 147
faisan, obus, yacht), In folgenden Fällen vermisse ich französische
Wörter: ^Uti^l j'urisronsu/le; Objcft : gramm. regime, rotn/>lemenl:
^oli^tft: gaidien de la pai.\\ 9ie^enfion : compie tendu; re,^enfieven :
tefidre compte (de); Igntufttlcf): syntaxique; S3e5eutUng: le sens
d'uTi 7710t. Bemerkte Fehler: S. 16, Z. 12: lies duelliste; S. 35,
Z. 10—9 V. u.: teile ab: corres-pondant; S. 99, Z. 4 — 5: teile ab:
ensei-gnes.
A. Wallensköld.
Protokolle des Neuphllologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom 16. April 1910, bei welcher Sitzung der
Ehrenpräsident Prof. Söderhjelm, der Vorstand
und 16 Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Die Protokolle der beiden letzten Sitzungen wurden verlesen.
Professor Söderhjelm wollte, anlässlich Lektor Poirots Äusserung
im Protokolle vom 26. Februar, hervorheben, dass er die neu-
sprachlichen Kandidaten immer auch in modernen Texten geprüft
habe.
Als neue Mitglieder wurden aufgenommen: Fräulein Hatitia
Granström, die Studenten Fräulein Aale Ilmoniemi, Fräulein Ma-
rianne Tollander und Cand. phil. Eero llvonen.
§ 3-
Der Vorsitzende teilte mit, der Verein habe als Beitrag zur
Bestreitung der Druckkosten des fünften Bandes der Memoires von
dem Consistorium Academicum 2000 Fmk und aus dem Läng-
manschen Fonds 1000 Fmk erhalten.
§ 4-
Der Vorsitzende meldete, der Verein habe von Prof. A.
[eanroy in Paris als Geschenk erhalten: Poesies completes du Trou-
badour Marcabru, publiees par le Dr J.-M.-L. Dejeanne (Biblio-
theque meridionale, i"^^ Serie, t. XII).
148 Jahresherichi des Neuf>hilologischen Vereins.
^ 5-
Oberlehrer Dr Hagfors machte eine Mitteilung über die Tä-
tigkeit des von der Neuphilologenversammlung eingesetzten Kom-
mitees für die Regelung des Unterrichts in dei s. g. allgemeinen
Grammatik (siehe Neuphil. Mitt, S. 96 — 7).
§ 6.
Prof. Wallensköld hielt eine Rede zum Andenken Adolf
Toblers (s. Neuphil. Mitt., S. 45 — 7).
Professor Söderhjelm referierte die von Prof. Kr. Nyrop her-
ausgegebene Sammlung sagengeschichtlicher Monographien «For-
tids sagn og sänge», von der sieben Bände erschienen sind und
die fortgesetzt werden wird.
Frau E. Freudenthal hielt einen Vortrag über Goethe nach
seinen Briefen aus den Jahren 1765 — 1770.
In fidem:
A. Längfors.
Jahresbericbt des Neuphilologischen Vereins für das
akademische Jahr 1909—1910.
Der Neuphilologische Verein hat innerhalb seines dreiund-
zwanzigsten Tätigkeitsjahres acht Sitzungen, vier in jedem Semester,
gehalten, die durchschnittlich von 15 Mitgliedern besucht
wurden. Dabei wurden, ausser kürzeren Mitteilungen und Bücher-
besprechungen, acht Vorträge gehalten, von denen vier pädago-
gischen, drei litterarhistorischen und einer kulturgeschichtlichen
Inhalts war. Das Jahresfest wurde, wie gewöhnlich, den 15. März
gefeiert.
Was die Publikationen des Vereins betrifft, so ist der Druck
des fünften Bandes der «Memoires» in den letzten Tagen des Jahres
1 909 beendigt und das erste Exemplar am i . Januar dieses Jahres
dem Ehrenpräsidenten Professor Söderhjelm überreicht worden. Die
üblichen acht Nummern der »Neuphilologischen Mitteilungen» sind
während des Jahres 1909 in fünf Lieferungen erschienen. Der
Eingesandte Litteraitir. 149
ungewöhnliche Umfang dieses Jahrganges — 234 Seiten — erklärt
sich dadurch, dass das erste Doppelheft vier von den an der
Neuphilologenversammlung gehaltenen Vorträgen in extenso ent-
hält. Die Zahl der Abonnenten beträgt jetzt 117.
Nach dem durch den Tod des Senators Otto Donner {^.m. 17.
September 1909) und des Staatsrats C. G. Estlander {zxa 28. August
19 10) erlittenen Verlust zählt der Verein nur drei Ehrenmitglie-
der. Die zahlenden Mitglieder belaufen sich auf 128.
Die Zusammensetzung des Vorstandes war folgende: als erster
Vorsitzender und zugleich als Redakteur der «Neuphilologischen
Mitteilungen» fungierte Professor A. Wallensköld, als zweiter Vor-
sitzender Dr H. Suolahti und als Schriftführer und Kassenverwal-
ter der Unterzeichnete.
Helsingfors den i. Oktober 19 10.
Arlur Lä?igfois.
Eingesandte Litteratur.
Hanna Andersin, iVn English Primer — Englanninkielen al-
keiskirja. Helsingfors, Otava, 19 10. IX -|- 140 -f- 84 S. 8:0. Preis:
Fmk 3: 50.
» » , An English Primer — Engelsk elementarbok.
Helsingfors, Otava, 19 10. IX -f- 140 -f- §3 S. 8:0. Preis: Fmk
3: 50.
Dietrich Behrens, Beiträge zur französischen Wortgeschichte
und Grammatik. Studien und Kritiken. Halle a. S., Max Nie-
meyer, 1910. 1x4-500 S. 8:0. Preis: Rmk. 12: — .
Henri Bourgeois, La legende de Suur-ToU, le Geant d'OEsel.
Rennes, Fr. Simon, 19 10. 19 p. in-8". (Extrait de la »Revue
des Traditions populaires», avril — mai 19 10).
Notice sur l'Idiome sudesthonien. Extrait,
pp. 89—104.
Compte rendu de Herm. Möller, Indoeuro-
pcßisk-semitisk sammenlignende Glossarium,
Kobenhavn 1909. Extrait, pp. 150 — 153.
Julio Vicuiia Cifuentes, Mitos y supersticiones recogidos de
la tradicion oral (Estudios de folklore chileno). Primera serie:
Mitos. Trabajo presentado impreso por su autor al Congreso Cien-
tifico Internacional Americano cjue se reunira en Buenos Aires en
Junio de 19 10. Imprenta Universitaria, 1910. 56 p. ia-8".
» », Coa, jerga de los delincuentes chilenos. Estudi oy
1 50 Eingesandte Litteraiur.
vocabulario. Obra presentada impresa por su autor al Congreso
Cientifico Internacional Americano que se reunirä en Buenos Aires,
en Julio de 1910. Imprenta Universitaria, 19 10. 146 p. in-S".
Kerstin Härd of Segerstad, Quelques commentaires sur la
plus ancienne chanson d'etats franraise, Le Livre des Manieres
d'Etienne de Fougeres. Upsal, Edv. Berling, 1906, 100 p. in- 8".
Prix: 2 kr.
/. E. Kerkkola, Grands ecrivains franrais modernes. Hei-
singfors, Otava, 19 10. 171 p. in-8".
Uno Lindelöf och Johannes Öhquist, Tysk spräklära. Tredje
genomsedda upplagan. Helsingfors, Otava, 19 10. V -j- 264 S. 8:0.
Solnin Nyström, Deutsches Lehrbuch für den Anfangsunter-
richt. Zweite veränderte und vermehrte Auflage. Borgä, W. Sö-
derström, 19 10. Finnische Auflage: VIII -\- 263 S. 8:0. — Schwe-
dische Auflage: VIII -j- 260 S. 8:0. Preis: Fmk 3:25.
Om undervisningen i s. k. allmän grammatik.
Kommitteförslag. Helsingfors 19 10. 8 S. 8*. — N. s. yleis-
kieliopin opetuksesta. Koraitean ehdotus. 11 S. 8".
Heinrich Robe, Die Inversion des Subjekts im Französischen
des XIX. Jahrhunderts. Inaugural-Dissertation (Tübingen). Tü-
bingen, I. J. Heckenhauer, 1910. X -f- 107 S. 8:0.
Axel Rosendahl, Ranskankielen oppikirja alotteleville. Toinen
lisätty painos. Porvoo, W. Söderström, 19 10. VIII -\- 2^2 S. Preis:
Fmk 3: 25.
» » , Deutsches Lesebuch für Handelsschulen. Hel-
singfors, Y. Weilin & Kumpp , 19 10. 191 S. 8:0. Preis: Fmk 3: — .
Jos. Sanneg, Dictionnaire etymologique de la langue fran-
raise, rime par ordre alphabetique retrospectif. Französisch- deut-
sches Wörter- und Namenbuch nach den Endungen rückläufig-
alphabetisch geordnet. Reim- und Ableitungs- Wörterbuch der fran-
zösischen Sprache. 3. Heft: Die Wörter und Namen auf -e (bis
nature). Preis: Rmk 1,25: — . Hannover- List u. Berlin, Carl Meyer
(Gustav Prior), 19 10. SS. 155 — 235.
Der Nutzen eines »rückläufig-alphabetisch» geord-
neten Wörterbuchs kommt mir sehr problematisch vor.
Der daran ungewöhnte Leser, welcher ein Wort nach-
schlägt, verliert Zeit. Andererseits können die verschie-
denen Ableitungsendungen z. B. durch Nummern, wie
eben der Verf. selbst es getan, angedeutet werden.
Die Etymologien sind im Allgemeinen zuverlässig.
A. W.
Hans Strigl, Sprachwissenschaft für alle. II. Jahrgang. Nr.
16 — 20; III Jahrgang, Nr i. 2, Wien, L. Weiss, 19 10.
Schriftenaustausch. 151
Henrik Ussing, Om det indbyrdes Forhold mellem Helte-
kvadene i ^Eldre Edda. Kobenhavn, G. E. C Oad, ig 10. 176
S. 8:0.
Paavo IFa/r/?, Saksalainen kauppakirjeenvaihtoSuomenkauppa-
oppilaitoksia varten. — ■ Deutsche Handelskorrespondenz für fin-
nische Handelslehranslalten. Helsinki, Otava, 1910. XHI -(- 150
S. 8:0. Preis: Fmk 2: 50, geb.: Fmk 3: --.
Schriftenaustausch.
" -4
(Juillet — Dec. 1908).
Annales de la Faculte des Lettres d'Aix. ^Tome HI, n°= i
— 4 (1909). Contient entre autres: P. 67: J.-E. Spenle, Rahel
(M""^ Varnhagen von Ense), Histoire d'un Salon romantique en
Allemagne; P. 325: L. Constans, Un precurseur desfelibres: Claude
Peyrot, prieur de Pradinas.
Bibliograph ia plwnetica 1910 (V. Jahrg.), Nr. 5 — 7.
Bulletin de dialectologie romane, T. H, n" i — 2 (Janvier
— Juin 19 10). Sommaire: B. Schädel, Über Schwankungen und
Fehlergrenzen beim phonetischen Notieren; G. Panconcelli-Calzia,
Le applicazioni degli apparecchi fonautoglifici (fonografo e grammo-
fono) nella linguistica; L. Gauchat, Sprachforschung im Terrain;
Comptes rendus; etc.
Modern Language Notes, Vol. XXV (19 10), No. 5 — 6.
Moderna Spräk 19 10 (Jahrg. IV), Nr. 5 — 6. Inhalt: A.
Korlen, Ett planerat försök med infödd Assistent för Spräkundervis-
ningen; Virgile Pinot, Une satire litteraire et un nouvel art poe-
tique: Chantecler; etc.
Museum, i-]^^ Jaarg., N^ 9 — 12 (Juni — Sept. 19 10); iB*^^
Jaarg. N" i (Oct. 19 10).
Päivä 19 10, Nr. 21 — ^39.
Rassegna bibliografica della letteratura italiana, anno XVIH
(1910), fasc. 4 — 5 — 6 — 7 — 8 — 9.
Revista de la Sociedad de Folklore chileno. Tomo I (19 10),
Entrega I'': Ramon A. Laval, Del latin en el folk-lore chileno, 25
pag.; Entrega 2.^: Ramon A. Laval, Cuentos chilenos de nunca
acabar, 44 pag.; Ent. 3.^ i 4.^: Ramon A. Laval, Oraciones, en-
salmos i conjuros del pueblo chileno, comparados con los cjue
se dicen en Espana, 132 pag.
Revue ^ germanique 19 10 (6"= annee), n" 4. Sommaire: E.
Scilliere, I/Kmancipation d'Erwin Rohde; R Michaud, Emerson et
Nietzsche; etc.
152 Mitteilungen,
Studi di Filologia Moderna, Anno III (19 10), fasc. i — 2.
Sommario: Vittoria Buonanno, Fischart e Rabelais; etc.
Virlttäjä 19 10 (XIV. Jahrg.), Nr. i — 6.
Mitteilungen.
Staatsrat C. G. Estlatider^ der ehemalige Professor der x\sthe-
tik und modernen Litteratur an unserer Universität, Ehrenmitglied
unseres Neuphilologischen Vereins, ist arn 28. Aug. in einem Le-
bensalter von 76 Jahren in Helsingfors gestorben.
Einheimische Publikationen: T. E. Karsten,
Die mitteldeutsche poetische Paraphrase des Buches Hiob, nach
der Hs. des Kgl. Staatsarchivs zu Königsberg. Berlin, Weidmann,
19 10. 15 -j- 270 S. 8'\ mit zwei Tafeln in Lichtdruck. — - W.
Söderhjelm, La Nouvelle Fran^aise au XV« siecle. Paris, H. Cham-
pion, 1910. XII -(- 235 p. in-8".
Einheimische Beiträge zu ausländischen
Publikationen: A. Läng/ors, Contributions ä la Bipliogra-
phie des Piaintes de la Merge, in der Revue des langues roma-
ncs. Band LIII (1910), S. 58—69. — A. Wa/iensköld, Bespr. von
R. Lenz i A. Diez, Gramatica escolar de la Lengua francesa 5^ ed.
(1909); F. N. Fmck, Die Sprachstämme des Erdkreises; und F. N.
Finck, Die Haupttypen des Sprachbaus, in Le Maiire Phon. 19 10,
S. 109 — III.
Ausländische Besprechungen einheimischer
Publikationen: A. La/igfors et W. Söderhjelm, La Vis de
Saint Quentin par Hucn le Roi de Cambrai, bespr. von Ernest
Langlois in der Bibliotheque de l'Ecole des Chartes, janvier-avrili9io,
S. 93 — 94; W. Söderhjehi, La Nouvelle Fran(;aise au XV^ siecle u.
W. Söderhjelm, Bemerkungen zur Disciplina Clericalis und ihren fran-
zösischen Bearbeitungen (Neuphil. Mitteil. 19 10), kurz angez. im
Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen Bd.
CXXIV, S. 442. 444. T. Södethjelm <^ W. Söderhjelm, Italiensk
Renässans, 2. Aufl.. besp-. von P. E. P. in Studi di Fil. Mod.
III, 151 f.; //. Suolahti, Die deutschen Vogelnamen, kurz angez.
in Studi di Fil. Mod. III, 135 und Diana, Monatl. Organ des
Schweizer Jäger- und Wildschutz-Vereins XXVIII, 153; ausführlich
besprochen von Edward Schröder im Anzeiger für deutsches Alter-
tum und deutsche Litteratur XXXIV, i, S. i — 7. A. Wallensköld,
Den nyprovensaliska nationalitetsrörelsen (Finsk Tidskr, LXVI), kurz
angez. von J. R[onjat] in der Rev. des langues rom. 19 10, S. 195;
A. Wallensköld, La construction du complement des comparatifs
etc. (Mem. V), bespr. von H. Yvon, in Rom. XXXIX, S. 425 f.
Berichtigungen: S. 18, Z. 17 v. u., statt ^ lies: i.
— S. 82, Z. 14, lies: io occur.
NEUPtillOlOQISCHE
• • mitteiujngen
Herausgegeben vom Neuphilologischen Verein in Helsingfors.
Acht Nummern jährlich. Preis: 4 Fmk direkt bei der Redaktion,
f\ /A 'I 4" 30 durch die Post und 5 Fmk durch die Buchhandhingen.
IjP. 7/0 Zahlerde Mitglieder des Vereins erhalten das Blatt unentgeltlich.
— Abonnemenlsbetrag, Beitrage, sowie Bücher zur Besprechung
bittet man an die Redaktion (Adr. Prof. A. W a 1 1 e n s k ö 1 d,
Vestra Hamugatan 5) zu senden
^10
Zur Kenntnis der inchoativen Alctionsart im Deutsclien.
I.
In meiner im Jahre 1907 veröffentlichten Schrift 'Beiträge
zur Geschichte der e-Verba im Altgermanischen' (Memoires
de la Societe neo philologique de Helsingfors II) wurden die
altgermanischen Verba der e-Konjugation (der 3. schw. Kl.) mit
Rücksicht auf ihre Genesis (ihr Alter, ihre Bildungsweise und
ihre Verwandtschaftsverhältnisse) einer übersichtlichen Betrach-
tung unterzogen. Ich suchte den Ursprung und das Wesen
der einzelnen Verba richtig zu erkennen, um danach ihre
Stellung in der Gesamtheit der verbalen e-Bildungen näher
bestimmen zu können. Das Material ist hauptsächlich nur
dem Althochdeutschen entnommen, wenn auch die anderen ger-
manischen Sprachen oft zur weiteren Erhellung herangezogen
werden mussten. Die Hauptaufgabe der Untersuchung lag
darin, zwischen den alten urgermanischen und den abgeleite-
ten, einzelsprachlichen Bildungen möglichst feste Grenzen zu
ziehen. Eins der wichtigsten Kriterien ihrer Unterscheidung
lag in der Ursprung ichen Biegungsweise. Die urgermanische
Flexion der e- Verba zeichnete sich durch einen geregelten
Wechsel zwischen e- und y-Formen aus. In den Einzelsprachen
ist zwar dieser Suffixwechsel in verschiedener Richtung aus-
geglichen worden, hat aber doch überall zahlreiche Reste und
Spuren hinterlassen, die als Beweise für die urgermanische
'54
7'. E, Karsten.
Herkunft der betreffenden Verba gelten können. In gewis-
sem Gegensatz zu den anderen westgermanischen Sprachen,
dem Altsächsischen, Altfriesischen und Angelsächsischen,
wo der alte präsentische y^-Stamm noch verhältnismässig klar
hervortritt, ist im Althochdeutschen fast vollständig die e-Form
zur Herrschaft gekommen, aber zerstreute Reste und Verall-
gemeinerungen der /Flexion finden sich auch hier daneben.
Unter Beachtung dieses Gesichtspunktes wurden die ahd.
e-Verba zunächst in zwei Hauptgruppen geordnet: primäre
und denominative Bildungen. Innerhalb dieser Klassen sind
dann die eigentlichen e-Bildungen und die — wie es scheint
— erst sekundär in die e-Klasse übergetretenen geschieden
worden. Diese letzteren stehen alle neben ahd. ö- Verben. Aus-
ser der Berührung mit der /-Klasse begegnet nämlich im Ahd.,
wie in anderen altgermanischen Sprachen, sehr häufig auch
eine Schwankung zwischen der e- und der ö-Konjugation.
Die sprachhistorische Erklärung des letztgenannten Flexions-
wechsels gehört immer noch zu den ungelösten Fragen der
althochdeutschen Formbildungslehre. Die Ursache dieser Dop-
pelformationen könnte, wie Streitberg Urgerm. Grammatik
S. 311, 313 annimmt, in einem urgermanischen lautgesetz-
lichen Zusammenfall verschiedener Formen der ieur. t- und
«-Flexion gesucht werden (indem ä und e schon urgermanisch
zu a verkürzt werden mussten). In den meisten Fällen dürf-
ten die Doppelbildungen (namentlich im As. und Ags.) jedoch,
wie Wilmanns D. Grammatik III S. 90 bemerkt, erst durch
den jüngeren Verfall der dritten Konjugation und die wach-
sende Herrschaft der ö-Verba, hervorgerufen sein. Was be-
sonders das Althochdeutsche betrifft, stellt sich die ö-Flexion,
wäe Hirt Idg. Anzeiger 1900 S. 112 (in seiner Besprechung
meiner Schrift) hervorhebt, vielfach erst in der Komposition
ein: vgl, ahd. borgen: ar-borgön, zilen: gi-, herazilön, got.
and-, ga-tilön, u. s. w. Der wirkliche Grund dieser Erschei-
nung ist aber damit noch nicht gegeben.
Auch für das Althochdeutsche trug meine hier berührte
Untersuchung einen nur vorläufigen Charakter. Nur in Bezug
auf die älteren Belege (8. — 10. Jh.) hatte ich irgendwelche
Zur Kennttiis der inchoativen Aktionsart im Deutschen. 155
Vollständigkeit angestrebt, aber auch diese waren hauptsäch-
lich aus Graffs Sprachschatz gesammelt. Die für sprachhisto-
rische Untersuchungen dieser Art nur mit grosser Schwierig-
keit zu benutzenden Althochdeutschen Glossen von Steinmeyer
und Sievers hatte ich diesmal nur gelegentlich zu Rate ziehen
können. ^
Da ich aber später meine Arbeiten über dieses Thema
wieder aufgenommen hatte, musste ich allmählig davon über-
zeugt werden, dass gerade unsere ausgiebigsten ahd. Sprach-
denkmäler, die besagten 'Ahd. Glossen', auch in ihrer neu-
revidierten Fassung (Steinmeyer — Sievers) für eine Durchfüh-
rung des ursprünglichen Programms nicht zu verwerten waren.
Um die Art meiner Bedenken kurz anzudeuten, begnüge ich
mich mit einem Hinweis auf die Erörterungen über den Vo-
kalismus der ahd. Nebensilben bei J. F r a n c k in seiner jüngst
erschienenen 'Altfränkischen Grammatik' S. 59: * Der weniger
bestimmte Klang der Vokale steigerte in der Hand ungeübter
Schreiber noch die sowieso vorhandene Mannichfaltigkeit und
Unsicherheit. Unter diesen Umständen treffen für die histo-
rische Erklärung oft die verschiedensten Möglichkeiten zu-
sammen: älterer und jüngerer Vokalwechsel durch Ablaut und
Ausgleich in den Suffixen, durch Assimilation und anderen,
landschaftlich vielleicht wieder verschiedenen, Lautwandel,
Ausgleiche in den Flexionsendungen, Formen stärkerer und
schwächerer Betonung und mangelhafte Schreibung konkur-
rieren untereinander und nötigen die Erklärung häufig sich
mit der Andeutung verschiedener Möglichkeiten zu begnügen!»
»Die Kürzung von Längen in Nebensilben kann je nach den
Umständen zu den verschiedensten Zeiten stattgefunden haben.
Auch ist es nicht gesagt, dass das schwache a erst zu der
Zeit in der Sprache vorhanden gewesen sei, da für die über-
wiegende Zahl der Nebensilben in der Schreibung e allge-
meiner auftritt. Ferner ist es nicht unwahrscheinlich, dass
^ Dies hängt Z. T. damit zusammen, dass meine Schrift einen Teil vom
Band II der 'Memoires de la Societe neo-philoiogique de Helsingfors' bildet.
Die Herausgabe des Bandes konnte nicht aufgeschoben werden.
156 T. E. Kar Sien,
gerade in Bezug auf die Nebensilben die geschriebene Sprache
von früh an konservative Neigungen gehegt. Im ganzen di.irfte
unsere Grammatik die F'estigkeit der Längen • und vollen Vo-
kale in diesen Silben etwas überschätzen». »Diese Kritik gilt
besonders auch den so häufigen verbalen Doppelformen auf
-en: -ön, worüber das nähere bei Franck S. 249. Über den
rechten Charakter dieser Erscheinung ist es nach Franck nicht
leicht sicher zu urteilen. Analogiebildung nach der ö/^Klasse
scheint das gewöhnlichste gewesen zu sein, in anderen Fällen
dürfte der scheinbare e«-Typus durch Schwächung des o (ö)
zu e erklärt werden müssen.
Derartige Erscheinungen finden sich auch im Altbai-
rischen ; sieh J. Schatz, Altbairische Grammatik (Göttingen
1907), S. 158 f.
Die ahd. (wenigstens scheinbaren) Doppelbildungen nach
der 2. und 3. Konjug. gestatten also in der Mehrzahl der Fälle
keine sichere sprachhistorische Beurteilung. Die nötigen Vor-
untersuchungen fehlen noch. Unter diesen Umständen kön-
nen unsere Kenntnisse in dem Bereiche der ahd. e-Verba und
ihrer jüngeren Entsprechungen nur nach bestimmter begriff-
licher Abgrenzung des Stoffes weitergeführt werden. Wenn
wir die Formengruppe der e-Verba vom Gesichtspunkte ihrer
wichtigsten einzelsprachlichen (ahd.) Begriffsverwendung be-
trachten wollen, eröffnen sich unserer Weiterforschung mehrere
sprachhistorisch interessante Probleme, deren Lösung nicht
schon von vorne herein als mehr oder weniger aussichtslos
bezeichnet zu werden braucht.
Unter den drei Aktionsarten des germanischen Verbums
- — der inchoativen, der durativen oder imperfektiven und
der perfektiven, bezeichnet die erstgenannte den allmäh-
lichen Übergang von einem Zustand in den
andern. Die gotischen Verba der 4. schwachen Konjuga-
tion auf -nan und die überaus zahlreichen nordischen, von
verbaler und nominaler, ganz besonders adjektivischer Grund-
lage aus gebildeten Verba auf -na sind intransitiv-inchoativ.
Bei den gotischen Verben ist eine starke Neigung zur Per-
fektivierung durch Zusammensetzung vorhanden: von 58 beleg-
Zur Kenntnis der inchoativen Aktionsart im Deutschen. 157
ten Verben sind nur 10 nicht komponiert (s. W. Streit berg,
Gotisches Elementarbuch § 292). Als produktives Wortbil-
dungselement erscheint das verbale «-Suffix allerdings nur im
Gotischen und in den skandinavischen Sprachen. Auf west-
germanischem Boden hat es nur einige schwache Spuren hin-
terlassen. Zunächst seien hier aus dem Angelsächsi-
schen folgende intransitive ?z-Verba angeführt, die
sich nach Form und Bedeutung an die gotisch-nordischen
«-Inchoativa schliessen. Verbale Ableitungen sind ä-zvcecnian,
07i-wmcnia7i (vgl. got. ga-zvak?ian, schwed. vakna), druncnian
(on-druncnian) 'to become intoxicated, be drowned' (ahd.
trunkanen, schwed. dnmkjta), iv^snian = weornian, forzvisnian
^ for-wecrnian, äwrsntan (ahd. wesanen 'trocknen', schwed.
vissna 'welken'), leornmn, liornian = ahd. lernen, Urnen 'ler-
nen', eacnian 'increase' (= got. auknan), swarnian, stvor-
7iian 'coagulate' (zu srvoren, sivaren part.). Denominative In-
choativbildungen sind die ags. Verba ge-beorthnian, -brecht-
nmn 'become bright' (brecht adj.), molsnian 'become mouldy,
decay' (mols subst. 'decay'), Die Funktion der gotisch-nor-
dischen ?^-Inchoativa haben im Ags., wie im Ahd., die deno-
minativen, meistens von Adjektiven aus geschaffenen -ian-
(= ahd. -en-) Verba übernommen. Solcher giebt es eine
bedeutende Anzahl: vgl. bläcian 'become pale' (ahd. 6/^/f^e?/;,
cealdian 'become cold' (ahd. kalten), cölian 'become cold' (ahd.
kuolen), fealwian 'grow yellow' (ahd. falawen) u. s. w.; auch
Komposita: U-blädan 'become pale', ä-cealdian 'become cold',
ä-cölian 'become cool', ä-czvidan 'come to life again', a-dea-
dian 'become dead', for-heardian 'become hard' (vgl. ahd.
ir-harten), for-searian 'witter, dry up' (vgl. ahd. ar-soren) u.
s. w. Neben den ags. inchoativen Verben gehen nicht selten
gleichgebildete durative Verba, welche die Handlung in ihrer
ununterbrochenen Dauer oder Kontinuität bezeichnen: vgl.
batian 'be in good condition' und 'grow fat', biterian 'be
bitter' (trans. 'make bitter'), brddian 'be broad' (trans. 'spread'),
cielian 'be cold', cupian 'be known' u. s. w.
Die hochdeutschen w-Inchoativa sind nicht zahl-
reicher:
158 'r. /i. Karsten,
ahd. lernen, Urnen = ags. leornian, asächs. llnön (got.
*liznan, liznödä), aus dem Partizip des st. ^tw. got. lais 'ich
weiss'; lernen eig. = 'erfahren, gelehrt werden';
ahd. tvesanen 'marcescere, arescere', ar-zvesanen 'emar-
cescere, senescere', ßr-toesenen 'senescere'; vgl. oben u. ags.
wisnian;
ahd. ir-storcJiaiien 'gelidum fieri', gi-storchanen 'obrigere'
(got. ga-staurknan 'erstarren', aisl. schwed. storkna). Zur Wz.
stork- in aisl. styrkr 'Stärke, Kraft', styrkia 'stärken', lit. stre
giu 'erstarre';
ahd. trunkanen 'trunken werden oder sein', vgl. oben
ags. druncnian.
ahd. stornen 'attonitum esse, stupescere' (nschwed. dial.
sturna 'plötzlich erschrocken werden', s. Rietz Sv. dialektlex,
S. 679), vgl. lat. con-ster-näre 'bestürzt machen'. — Denomi-
nativ sind
ahd. ir-truckanen 'arescere', mhd. getruckenen 'trocken
werden', ver-truckene7i 'vertrocknen': zum ahd, trockan, mhd.
trocken 'trocken'.
ahd. wolchenön (Ahd. Gl. i, 142, 23 uuolchnonti) 'wol-
kig werden, voll Wolken sein' (Schade 1197).
mhd. eraltenen (i mal) = eralten.
Im Althochdeutschen wie im Angelsächsischen
wird die inchoative Aktionsart in der Regel durch denomina-
tive e-Verba ausgedrückt. In meiner oben erwähnten Unter-
suchung über die ahd. e-Verba wurden diese hauptsächlich
vom Gesichtspunkte ihrer Formbildung zusammengestellt. Ich
gebe hier eine erneuerte Sammlung derjenigen Elemente die-
ses Materials, die denominativen Ursprungs sind, aber jetzt
mit der begrifflichen Seite als Hauptgegenstand meiner Be-
trachtung. Das Material kann ich diesmal etwas vollständiger
vorlegen, aber die Behandlung desselben muss andererseits an
dieser Stelle auf eine möglichst knappe Übersicht beschränkt
werden. Ein besonderes Gewicht wird auf die lat. Über-
setzungen gelegt. Die parallelen Verba nach der /-Klasse
sind auch angeführt. Auf Literaturbelege muss ich in dieser
vorläufigen Fassung des Themas verzichten.
Ztii' Kenntnis der inchoaliven Aktionsart tin /)ciilsclien. 159
Die primären Bildungen dieser Klasse kennzeichnen sich
vorzugsweise durch durative Aktionsart und intransitive Be-
deutung. Diese ihrem Stammausgang anhaftende begriffliche
Funktion hat sich dann analogisch auch auf die zahlreichen
einzelsprachlichen Neubildungen übertragen. Ich gebe zu-
nächst eine kurze Übersicht
Der denominativen oder neben Nomina stehenden
e-Verba mit intransitiv-durativer^ Funktion.
Neben Substantti 'en :
smakken, smakhen, mhd. smacken, smachen 'Geschmack
von sich geben, schmecken', auch 'riechen', gi-smahh'&n 'sa-
pere': ahd. smac 'Geschmack'; vgl. ahd. sniecken 'schmecken,
Geschmack empfinden'.
[skranken] scranchün und scrmicJion, mhd. schranken 'in
verschränkter Stellung sein'; vgl. ahd. skrencJien, mhd. schrenken
'schräg stellen'.
ar-heigen 'aestuare, urere', fer-heien 'durch Hitze ausge-
trocknet sein', vgl. mhd. he7en intr. 'brennen': ahd. hei n. 'Hitze'.
hörnen 'mit Hörnern versehen sein' (v. Monde): ahd.
hörn n.
stecchen 'fixum esse': ahd. steccho 'Stecken'.
donen 'extensum esse': ahd. thona f. 'palmes, Ranke'.
gi-nüaen, gnäaen und ginädön, mhd. genaden, gnaden
'gnädig sein', vgl. as. gi-näthon dass.; ahd. gi?zäda f.
rasten und rastön 'requiescere, pausare', ga-rasten 're-
quiescere, cessare, respirare', and. Ps. rastön 'requiescere'; vgl.
bi-restjan, inni-restjan 'requiescere': ahd. rasta f. 'Meile'.
ruowen und ruaivön 'quiescere, requiescere': ahd. ruowa
f. 'Ruhe'.
rüwen, räwön 'quiescere, requiescere': ahd. räwa f. =
ruowa.
wahten, mhd. irahten 'Wache halten': ahd. wahta f.
warten 'videre, cernere, m. m.': ahd. wart(o) m. 'Wäch-
ter', waria f. 'Warte'; Komposita: ana-^ ar-, bi-, duruh- , furi- ,
' In den unten angeführten K o m p o s i t i s ist die durative Aktionsart
oft in eine perfektive übergegangen.
l6o T. E. Karsten,
ga-, gegen-, haranidar-, hina-, ubar-, nz-, zvidar-, zua-warten;
vgl. ga-zvartön, folzvartön, zuo-zvartdn.
anguslen und angustön 'angi', arangusten dass.: ahd. an-
gust stf.
[bogen] pogen 'krumm oder gekrümmt sein'; bogo m.
'Bogen'.
storren 'eminere', mhd. storren 'hervorstehen, ragen', ndd,
stujTcn 'starren', got. and-staurran 'unwillig anstarren'", ahd.
storro m., mhd. storre 'Baumstumpf, Klotz'.
Neben Adjekt.ven:
fasten und fastön 'jejunare', got. fastan, -aida 'halten,
beobachten': ahd. festi 'fest'.
sparm 'parcere, fovere', ga-sparen 'servare, reservare';
vgl. aisl. spara und ags. spanan nach der e-Klasse. Zu ahd.
spar adj.
Staren 'insidiari', 7iidar-staren '.starr niederblicken', vgl.
aisl. stara 'anstarren' nach der e-Klasse. Zu ahd. stara(blint),
mhd. star-(b't 7id) u. s. w.
barmen 'misereri' (bi-armen)\ ar-barmen dass., vgl. got.
arman, -aula, gaarman 'erbarmen'.
haften 'hserere, tenerc'; vgl. ana , ga-, z-samana, zuo-
haften, trans. heft^an 'nectere'. Zu ahd. haft 'gefangen'.
heizen 'fervere, exaestuare', ga-he:zen 'ignire'; vgl. unten
ar-heizen. Zu ahd. hez 'heiss'.
lazen 'tardare', mhd. lazzen 'träge sein, säumen': ahd. laz.
mihhilen 'eminere', vgl. ags. m clian 'increase in size
or quantity', tr. u. intr.
seien 'dolere', mhd. seren 'ser sein oder werden, Schmerz
leiden'.
swelchen 'marcere, marcidum esse': mhd. svu'elc 'welk,
mürbe'; vgl. dagegen die Inchoativa mhd. swelcen 'welk werden';
nhd. bair. schwelken, schzjuelchen 'welken' und das perfektive
neubair. verschzvelchen 'verwelken'; s. Schade s. v. szjuelchen.
tmnben 'desipere', vgl. ar-tumbm unten.
molazven 'tabere', vgl. mhd. molivik 'weich wie Staub'.
zagen, mhd. zagen 'versagt sein': ahd. zago, zag 'zag-
haft, feige'; vgl. erzagen 'verzagen'.
Zur Kenntnis der inchoativen Aktionsart im Deutschen. l6l
Stillen 'quitetem esse, silere, stupere'; vgl. ga-stilltn 'qui-
escere', aber auch inchoativ: 'mitescere, resipiscere, contices-
cere', bi-stillen 'desinere', un-stillen 'insolescere'.
harten 'manere', ga-hartm 'ma.neve' , ga-Ztartön 'indurare',
ar-harten 'indurare', nhd. erharten 'hart werden'.
gräwen 'canere': ahd. gräo 'grau'.
ar-träken 'pigere, taedere', bi-trägen 't^edere': ahd. trägi
'träge'; vgl. dagegen tragen 'langve.scere'.
balden 'pra^sumere', jr-balden, -ön 'praesumere': ahd. bald.
halden 'vergere, inclinare', anahaldm 'imniinere': ahd.
hald 'vorwärts geneigt'.
hlüten, mhd. lilten iaut oder tönend sein': ahd. hlüt
'laut'.
inagaren 'squalere': ahd. magar 'mager'.
snellen 'vigere': ahd. snel.
stammen 'balbutire': ahd. stam 'stammelnd'; vgl. ar-
stammen 'obmutescere'.
stracken, stracchen 'strack sein'.
pliden 'gaudere, laetari', un-bliden 'tristari': ahd. blldi
'laetus'.
walben 'volubilem esse': ahd. welbe in shiezvelbe 'rotundus'.
bazen 'melius habere'.
Schon unter den primären e Verben kommen inchoative
Anklänge vor, vor allem bei den zusammengesetzten : vgl.
kleben 'adhaerere' und 'lentescere', trüren 'contristari', swigen
'silere, tacere': gaszvigen 'obmutescere', dagm 'tacere': ga-
dagen 'conticiscere' (vgl. lat con-ticere), ivahhen 'vigilare': ar-
tvaclien 'expergisci', magen 'valere, vigere': ga-unmagen 'lang-
vescere'. Die eigentlichen Träger der inchoativen Aktionsart
unter den ahd. e-Verben sind allenfalls die denominativen
Bildungen. Diese werde ich in einem folgenden Artikel er-
örtern.
T. E. Karsten.
l62 IVnlfer O. Streng;
Quelques reflexions sur la popularisation de la linguistique
moderne.
Cote ä cote avec le progres de la science s'est mani-
feste le desir de vouloir la rendre comprehensible ä la masse
de la population. On a commencc a regarder la science
non pas comme une chose appartenant exclusivement
aux savants, aux lettres ou aux classes soit-disant superieures,
mais comme un bien plus ou moins commun ä tous. Voilä
pourquoi dans toute science on a cherche ä en populariser
les resultats.
Quant ä la linguistique, eile est restee relativement inac-
cessible aux tentatives qui ont eu pour but d'interesser le grand
public aux questions qui regardent le langage ou les mots. Les
philologues eux-memes en sont sans doute responsables. Ils
n'ont pas tenu ä rendre leur science abordable ä tous en don-
nant ä leurs etudes linguistiques une forme plus populaire;
du reste, ces etudes ont generalement ete publiees dans les pe-
riodiques les plus scientifiques possible, et ce n'est que rare-
ment qu'on s'est adresse au profanum vulgus. D'autre part
les ouvrages bien connus de Dauzat, Greenough-Kittrege, Sei-
del etc. qui traitent de la vie ou de la marche des mots,
sont loin d'etre destines au peuple, si vulgarisatrice que soit
leur tendance, et quoiqu'ils etudient des expressions et des
mots qui sont d'un usage familier dans la langue des lecteurs.
II n'y a jusqu'ici,que je sache, qu'une seule tentative
de ce genre qu'on pourrait appeler populaire dans le sens
propre de ce mot: j'entends le petit periodique Sprachwissen-
schaf t für alle, public par le savant autrichien Strigl, et dont on
trouve des comptes rendus dans les Neuphilol. Mitteil, igog
et dans le numero 5 — 6 de l'annee courante. Quelques
mots sur la possibilite d'une teile entreprise chez nous.
Si bonne que soit l'intention de l'auteur de vouloir dans
ses »petites etudes populaires de linguistique historique et
comparee» interesser ses compatriotes ä la linguistique par
de courtes biographies de mots allemands, frangais, anglais
etc., je ne suis pas porte ä croire que la tentative ainsi
congue puisse reussir chez nous, ä l'heure qu'il est.
Quelques reßexions sur la popularisation de la lin^uistique moJer>ie. 163
I{n Allemagne, le pays de la linguistique par excellence,
il n'est point surprenant de constater raccueil favorable que
tout le monde a fait ä ces petites biographies de mots. II
n'en serait pas de meme chez nous. En ce temps d'utili-
tarisme les hommes ne sont point portes ä l'ideal.
Mais faut-il alors s'en tenir la? faut-il se laisser decou-
rager par la pensee que la grande masse chez nous serait
incapable ä jamais de s'interesser ä de telles questions et qu'elle
ne les comprendrait pas? Mais enfin, comment les lui faire
comprendre, comment l'amener ä s'y interesser, si l'on n'essaye
meme pas de trouver un moyen de le faire? La seule fagon
de faire connaitre quelque chose, c'est d'en parier. Mais
comment en parier? par oü commencer?
Prendre n'importe quel mot ctranger et l'etudier au point
de vue de son histoire, le comparer aux autres mots corres-
pondants dans une autre langue et en tirer des conclusions
par ex. au sujet du developpement de la forme ou bien de
la signification du mot, voilä qui est interessant pour le lin-
guiste, mais la grande masse, eile reste indifferente. Je
crois qu'il y a tres peu de mots dont l'etude historique et
comparative puisse interesser la masse de la population fin-
landaise ä l'heure qu'il est. Aussi serais-je dispose ä croire
qu'il faudrait commencer chez nous dans les ecoles.
En y expliquant des textes etrangers, on devrait s'arre-
ter surtout aux mots qui se pretent facilement ä des con-
siderations sur leur histoire soit morphologique soit surtout
semasiologique. Si l'on pouvait arriver ä interesser les ele-
ves de nos ecoles superieures aux questions de langage, nous
aurions, nous aussi, dans une dizaine d'annees un public qui
ne trouverait plus que tout ce qui regarde la langue et son
»assommante» grammaire est insupportable. Alors une entre-
prise comme celle de M. Strigl ne serait plus un reve impos-
sible a realiser, mais quelque chose de tout naturel.
Seulement, comment arriver ä interesser les eleves de nos
ecoles ä la linguistique, lorsqu'on sait qu'une tres grande
partie de nos professeurs de lycee considerent cette re-
forme comme plus ou moins inutile? On pourrait peut-etre
l64 IVnäcr O. Sireng,
penser a de petits commentaires raisonncs, ä cote des diction-
naires, qui contiendraient des apergus sur l'histoire et, pour
commencer, par ex. des mots entres dans l'usage international,
des discussions tant au point de vue morphologique et syn-
taxique que surtout au point de vue semasiologique. Je crois
aussi qu'il faudrait tächer de remedier ä cet inconvenient
ä rUniversite, qui prepare les professeurs de langues Vivantes
ä leur future carriere. Qu'il soit loin de moi de vouloir ac-
cuser ceux qui dirigent les etudes de linguistique moderne
ä notre Universite de ne pas avoir eu assez d'intcret pour la
science qu'ils professent pour pouvoir en eveiller chez leurs
eleves, mais ce sont ceux-ci qui montrent une indifference
incontestee ä ce sujet.
Ici nous touchons a une question qui est autant
discutee que digne d'etre observee. Je veux dire la future
reorganisation des etudes neo-philologiques de ceux qui se
destinent au professorat, reorganisation impatiemment desiree et
attendue. Si,engeneral, on est d'accord pour regretterqu'ä l'Uni-
versite la preparation des professeurs d'ecole ne soit pas plus ex-
clusivement appropriee aux besoins des ecoles, on Test ä plus
forte raison pour ce qui regarde les etudes neo-philologiques. Ce
n'est pas ici la place de discuter cette question, et, d'ailleurs,
je me sens incapable de le faire. Mais qu'il me soit permis,
ä propos de cette question, de faire une remarque subjective
qui s'y rattache. Je ne crois pas qu'il y ait beaucoup de pro-
fesseurs de langues modernes qui n'avouent pas que la plus
grande partie du savoir linguistique qu'il leur a fallu ap-
prendre ä l'Universite leur ait ete inutile dans leur enseigne-
ment ä l'ecole, tandis que, d'un autre cote, il y a des parties
de la linguistique qu'ils regrettent de ne pas assez connaitre.
Quant ä l'histoire de la langue, le surmenage de la memoire
par toutes les transmutations des voyelles et des consonnes
dans les dififerentes periodes de la langue — etude absolu-
ment necessaire pour quiconque veut approfondir ses connais-
sances historiques de la langue — est, d'apres mon avis,
non seulement inutile pour un professeur d'ecole, mais il est
aussi propre ä tuer son interet. Si, au contraire, il y a quel-
Quelques rcßexions sur la popularisation de la Hn^ruistiquc moderne. 165
que chose dans la linguistique qui soit digne d'etre etudie
par ceux qui se preparent ä la carriere pedagogique — un
peil de phonetique historique est naturellement indispensable
aussi pour eux — , c'est la semantique. Rien de plus interes-
sant que le developpement historique du sens des mots;
c'est de räme des choses qu'on a besoin. II n'est pas ne-
cessaire ici de rappeler que la linguistique, par la semantique,
a d'etroits rapports avec la psychologie et la sociologie. Mais
retournons ä notre question.
A cöte de ce qu'il faut esperer de la part des ecoles
et, en premier lieu, de la part de l'Universite, on pourrait peut-
etre dejä maintenant essayer de preparer le terrain, pour qu'il
soit plus apte ä recevoir la semence.
Les seuls mots, d'apres mon avis, auxquels on pourrait
peut-etre des maintenant recourir et ä l'aide desquels on
pourrait demontrer quelques-uns des plus remarquables faits
de la linguistique, les seuls dont le developpement tant mor-
phologique que semantique parviendrait peut-etre ä eveiller
de l'interet chez le public non initie ä la linguistique, ce
sont les mots entres dans l'usage international. Prenons
p. ex. le mot boulevard, qui s'est vulgarise aussi bien en fin-
nois qu'en suedois. Le grand voyage de ce mot d'origine
germanique ä travers le monde roman tout entier pour re-
venir de nouveau, apres s'etre revetu en France de l'uniforme
obligatoire de l'epoque, ä son pays natal et pour arriver
enfin jusqu'ä nous, cette histoire soit-disant exterieure du
mot est dejä interessante; le developpement du sens, com-
mengant par «une espece de barricade» et finissant par «une
rue moderne plantee d'arbres», ne Test pas moins, car il ren-
ferme tout un chapitre de civilisation ancienne. Mais ce n'est
pas ici la place d'insister sur des details. Je voulais seulement
dire par cet exemple que c'est par les mots de culture, qui
sont connus dans notre langue sous une forme ou sous une
autre, qu'il faut commencer pour interesser le public, les mots
tout ä fait etrangers lui etant indifferents. Si l'on arrivait ä
grouper de tels mots de culture connus representant un groupe
d'idees quelconque et, par l'etude historique et comparative
l66 BesprecliHvgen. J, Poirof^ 11. Gutzmann, Physiologie der Stimme.
de ces mots, a populariser les lois fondamentales de la lin-
guistique, voila, d'apres mon avis, tout ce qu'on pourrait
faire chez nous ä rheure actuelle. Ce serait une fagon preli-
minaire de preparer le terrain ; c'est ä l'Universite et aux
ecoles de faire le reste.
Walter O. Streng.
Besprechungen.
Hermann G atz mann, Physiologie der Stimme und Sprache
(= Die Wissenschaft, Sammlung naturw. und mathem. Monogra-
phien. Heft 29). Braunschweig, Vieweg u. Sohn, 190g; X-|-2o8
Pp. 8:0, 92 Figures.
On a longtemps manque d'un court expose des principes
physiologiques de la phonelique qui füt au courant des derniers
resultats de la science. Le chapitre de Nagel dans son Manuel
de Physiologie avait dejä comble en partie cette lacune. Voici main-
tenant qu'un specialiste bien connu, M. Gutzmann, professeur ä
Berlin, nous donne ce livre indispensable.
M. G. s'est specialise dans l'etude et le traitement de la
phonetique pathologique, oü il a acquis une maitrise reconnue de
tous; mais il a aussi donne ä la physiologie normale de la voix
et du langage d'importantes contributions. C'est dire qu'on sent
ä chaque page de son ouvrage l'auteur familiarise avec les moin-
dres detail s du sujet.
Le livre est divise en deux sections, dont la premiere traite
de la respiration et de la voix, et la seconde des sons articules.
Des considerations anatomiques ouvrent chaque section; l'expose
des resultats acquis ä la physiologie est precede d'un expose des
methodes de recherche sur lesquelles ils se fondent. Le livre, illus-
tre de nombreuses gravures, renferme ce qu'un philologue soucieux
d'etudier serieusement la phonetique a besoin de connaitre de cette
branche. Je recommande en pariiculier a cette classe de lec-
teurs, que je souhaite nombreuse, toute la premiere section, qui,
par l'abondance et la precision des renseignements, me parait etre
un chef-d'oeuvre d'exposition. — Traitant des methodes de recherche,
M. G., Sans dissimuler la necessite des methodes d'enregistrement
(qui voudrait d'ailleurs la contester quand il est question de la
physiologie generale de la voix et du langage?), sait fort bien mettre
cn lumiere les Services que les methodes d'observaiion par l'ou'ie,
la vue et le toucher ont rendus et peuvent rendre encore dans
Hugo Suolakli, Hans Schuh, Deutsches Fretmlwörtejinich. 167
cette branche; on est heureux de trouver ce sens de la tradition
scientifique chez un maitre des nouvelles mcthodes. Tous les
chapitres consacres aux meihodes abondent en observations pene-
trantes, fruit d'une longue pratique.
Je terminerai en indiquant quelques desiderata pour une edi-
tion que je voudrais voir bientot sortir de la presse. — Quoique
le titre de l'ouvrage (et peut-etre le plan de la collection) semble
exclure des considerations d'acoustique, je crois que le livre gagne-
rait, pour des philologues, s'il conlenait une petite section exposant
les notions acoustiques necessaires. II offrirait alors ä cette classe
de lecteurs le compendium complet des connaissances acoustiques
et physiologiques qai leur sont necessaires. — Parmi les meiho-
des d'observation du larynx, on regrette de ne pas voir brievement
exposee la laryngoscopie. — P- 39 l'auteur rappelle avec Nagel
que le raecanisme de la voix de fausset reste encore inexplique.
Comme la glotte ne se ferme pas entierement, et que le larynx,
dans ces condiiions, ne peut fonctionner comme embouchure mem-
braneuse (Zungenpfeife), il reste ä trouver une explication. Mais
n'y a-t-il pas lieu de songer, avec M. Guiüemin, ä l'application
des idees de Lootens, et d'essayer au moins d'expüquer le fonction-
nement du larynx comme celui d'une embouchure de flute (Lip-
penpfeife), et specialement d'un appeau? — Puisque je cite ici
le nom trop oublie de Lootens, j'ajoute que l'etude des «cyclones
de Lootens» formes dans l'appareil buccal, dejä commencee par
Zwaardemaker, meriierait au moins une mention dans ce petit livre.
J. Poirot.
Hans Schulz, Deutsches Fremdwöiierbiich. Eiste Lieferung:
A — Batterie. Strassburg. Verlag von Karl J. Trübner 19 10. Preis:
RM i: 50.
Wenn wir es hier mit einem Fremdwörterbuch von der Art
des bekannten Werkes von Heyse zu tun hätten, so wäre darüber
nicht viel zu sagen, denn solche auf rein praktische Zwecke abge-
sehene deutsche Fremdwörterbücher haben wir ja schon mehrere.
Es handelt sich aber diesmal um ein wissenschaftliches
Wörterbuch, wo die Worte geschichtlich behandelt sind, und ein
solches hat uns bis jetzt gefehlt. Das Erscheinen des neuen Wör-
terbuchs ist um so erfreulicher als die Fremdworte, die von dem
Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm prinzipiell ausgeschlossen
wurden, überhaupt wenig untersucht worden sind.
Das vorliegende Werk ist aus dem Boden der modernen Wort-
forschung emporgewachsen. Der Verfasser hat gerade in der nach-
l68 Besprechung eti. Hugo Sudahii, Hans Schulz-^ Deutsches Fretnd^vörterliuch.
sten Nähe des Centralherdes für dieses Forschungsgebiet seine Scliu-
lung erhalten und sein Name ist in den Spähen der Zeitschrift für
deutsche Wortforschung uns schon öfters begegnet. Die Art, wie
er das umfangreiche Material für sein Fremdwörterbuch bearbeitet
hat, zeigt auch deutlich die Vorzüge der neuen Methode, welche
das Wort von dem ersten Auftreten durch die verschiedenen Ent-
wicklungsphasen verfolgt und sich bemüht den Verbreitungs- und
Geltungsbereich desselben möglichst sicher zu bestimmen.
Die einzelnen Artikel des Wörterbuchs sind so abgefasst, dass
nach dem Stichwort und dessen Umschreibung das Verhältnis zu
dem zugrunde liegenden Etymon erörtert, die Zeit der Entleh-
nung und der Einbürgerung festgestellt und die weitere Geschichte
kurz skizziert wird; darauf folgen mit kleinerem Druck die Beleg-
stellen, die uns den Entwicklungsgang im Einzelnen verfolgen lassen.
Diese Belege sind aus den Sammlungen des Verfassers sehr ge-
schickt gewählt, so dass sie das Wesentliche in der Entwicklungs-
geschichte der Worte hervorheben. Zu diesem Zwecke genügen
dem Verfasser, der überall die grösste Knappheit und Kürze an-
strebt und wirklich auch eine bewundernswerte Exaktheit des Aus-
drucks und Konzentration der Darstellung aufweist, ofc nur ganz
wenige Belege. Die mitgeteilten Quellenangaben zeugen nicht allein
von grosser Belesenheit und eifrigem Sammeln sondern auch von
der Kunst des Verfassers den Worten am richtigen Ort nachzu-
spüren.
Es leuchtet ohne weiteres ein, dass der Plan des Werkes
und die eingehende Bearbeitung des Materials eine Beschränkung
des vorhandenen Wortvorrats nötig machten. Die rein technischen
Worte wurden daher grundsätzlich ausgeschlossen und ebenso alle
völlig veralteten Ausdrücke; aufgenommen wurde überhaupt das
was dem Gebildeten unserer Zeit wirklich geläufig ist. Im allge-
meinen wird man die Wahl des Verfassers bei der Aufnahme von
Worten billigen können und je weiter das Werk furtschreitet, desto
deutlicher treten wühl die Prinzipien zum Vorschein, von denen
der Verfasser sich hierbei hat leiten lassen. Vorläufig sieht man
es nicht immer so klar ein, warum ein Wort aufgenommen, ein
anderes ausgelassen worden ist. Ich denke z. B. an das kultur-
geschichtlich interessante Wort Alchimie, welches fehlt, währe d
Astrologie berücksichtigt wird. Auch frage ich n ich, f b Ausdrücke
wie Ägypt'sche Ftnstetnis in den Rahmen dieses Wörterbuchs hin ein-
gehören sollten.
Der Verfasser hat selbst ausdrücklich erklärt, dass er es nicht
erstrebt hat, den jeweils frühes en Beleg auf der ganzen Linie bei-
zubringen; er hält es für wichtiger, duich eine Reihe von Zeug-
nissen die Einbürgerung eines Wortes als sicher zu erweisen, als
Suolahti, Schissel von Fhschenberg, Das Adj. als Epith. im Liebesliede des rs. Jhs. 1 69
einen vereinzelten Beleg hinzustellen, der bei genauerem Zusehen
oft nur ein gelegentliches Einmischen eines fremden Ausdrucks, nicht
immer seine wirkliche Entlehnung verbürgt. Auch hierin wird man
sicher dem Verfasser Recht geben müssen. In einigen Fällen hätte
ich jedoch gerne gesehen, dass der erste Beleg mitgeteilt worden
wäre. Schulz sagt, dass Argument schon in der Reformationszeit
üblich war; ein Hinweis auf das Auftreten des Wortes im Renner
(um 1300) wäre meines Erachtens von Beiarg gewesen, weil es
hier kaum zufällig vorkommt, sondern charakteristisch ist für eine
neue Kulturrichtung. In bezug auf appellieren bemerkt Schulz, dass es
in der Gerichtssprache im Sinne von 'um Hilfe ansprechen' seit dem
15. Jahrh. geläufig ist; interessant ist, dass der Ausdruck in die-
sem S;nne schon bei Heinzelin von Konstanz (also um 1300)
auftritt: »hinnän ich appelliere und ziuhez für die minne». Aber
der Verfasser, der ja nur gelegentlich bis ins Mittelhochdeutsche
hinaufsteigt, hat vielleicht seine Ausführungen hier nicht weit aus-
dehnen wollen aus Rücksicht auf den Umfang des Buches und
auch mit Hinblick auf seinen Leserkreis.
Dr. Schulz' Fremdwörterbuch bietet nämlich nicht nur dem
Fachmann reichlichen Genuss durch den neuen Stoff und die vor-
zügliche Darstellung desselben, es wird auch sicher in weiteren
Kreisen viele interessierte Leser finden. Ich hoffe, dass alle Lehrer
der deutschen Sprache bei uns mit dem lehrreichen Werke Be-
kanntschaft machea werden.
Hugo Süolahti.
Otmar Sohissel uon Fieschenberg, Das Adjektiv als Epi-
theton im Liebesliede des zwölften Jahrhunderts {= Teutonia, Ar-
beiten zur germanischen Ptiilologie, 11. Heft). Leipzig. Eduard
Avenarius. 1908. XIII -j- 144 S. Preis RM. 3:50.
Schissel von Fieschenberg hat den Gegenstand seiner Untersu-
chung scharf begrenzt urd sich redlich bemüht, innerhalb der ges eck-
ten Grenzen bleibend, das Thema möglichst vielseitig und erschöpfend
zu behandeln. Im ersten Kapitel (S. i — 69) werden die Epitheta
von allgemein charakteristischem Wer e analysiert, das zweite Ka-
pitel (S. 70—91) behandelt die in epithetischen Verbindungen vor-
kommenden inhaltlichen Elemente, d. h. die Substantivbegriffe, so-
wie die selten erscheinenden Epitheta, im dritten Kapitel (S. 92
— 136) wird der Anteil der einzelnen Dichter an dem Epitheta-
material klargestellt.
Obgleich man gerne gewünscht hätte, dass der Verfasser auch
von aussen her seinen Gegenstand betrachtet und das historische
lyo Bcsprechtingev, A. IV., Rabe, Die Inversiofi des Subjekts im Frz. des XIX. Jhs.
Moment etwas mehr betont hätte, so wird man doch zugeben müs-
sen, dass die enge Begrenzung den Wert der sorgsamen Unter-
suchung nicht wesenthch beeinträchtigt.
Aus den Ausführungen Schisseis ergeben sich folgende Re-
sultate: i) »Das Epitheton neigte im höfischen Liebesliede des 12.
Jhs. zur Formelbildung. Eine Reihe von Substantiven verschmolz
mit ihm zu einheitlicher Bedeutung, die im Laufe häufiger Ver-
wendung verblassen, das Beiwort also zum Epitheton ornans erstar-
ren konnte». 2) »Die wenigen Substantiva dieser Formeln wip —
vrouwe, man, muot, wan, swaere, not, munt,vo-
g e 1 1 i n zeigen, dass die typisierende höfische Charakteristik durch
Beiwörter auf eng umgrenzte sachliche Gruppen eingeschränkt war,
deren eizelae Bestandteile feste Typen bildeten: es handelte sich
um »den» man, »das» wip, seltener in standesmässiger Fär-
bung um »die» vrouwe. Durch Beifügung von Epithetis brauch-
ten sie dann nur noch für die vorliegende Situation bestimmt zu
werden.» 3) »Über die einzelnen Dichter ist zusammenfassend
nur zu sagen, dass sie sich alle in die »objektive» Darstellungs-
weise typisch-höfischer Kunstübung gefunden haben und dass es
keinem glückte, auch von keinem gewollt war, davon abzugehen.
Nur die Art, wie sie ihre Persönlichkeit in die bestehende Form
fügten, verleiht ihrer Dichtung originelle Einzelzüge. Daaait ist das
allgemeine Gesetz gegeben, das der höfischen Minnelyrik und ih-
rem Stile zugrunde liegt: die Form war das primäre, aber auch
die innere Form, also der Stil und das kompositionelle Schema
der Gedichte, in das sich die einzelnen stilistischen Formeln streng
proportional einpassten. Die Frage nach dem Erlebniswerte des
Inhaltes löst sich dadurch von selbst in nichts auf: er musste Null
sein in einem Cento von Formeln, der nach einem festen äusseren
Schema aufgebaut war!»
Der ^'erfasser scheint jedoch beim Ziehen dieser Schlüsse im
dritten Punkte zu weit gegangen zu sein, denn so allgemein wie das
Resultat hier formuliert worden ist, ergiebt es sich nicht aus der
innerhalb enger Grenzen sich bewegenden Untersuchung. Sonst aber
steht die Formulierung der Resultate durchaus im Einklang mit den
Ausführungen des Verfassers, die einen wertvollen Beitrag zur
mittelhochdeutschen Stilistik bilden. Hugo Suolahü.
Heinrich Rabe, Die Inversion des Subjekts im Französischen
des XIX. Jahrhunderts. Inaugural- Dissertation. Tübingen, J. J.
Heckenhauer, 19 10. X-f-107 S. 8:0.
Diese Arbeit ist eine auf eine reiche Fülle von Beispielen
gestützte, sehr lobenswerte syntaktische Einzeluntersuchung. Der
U. Lindelöf, Max Förster, English Authors. 171
Verf. weist überzeugend nach, wie sehr stilistische Gründe bei den
verschiedenen Inversionsraöglichkeiten mitwirken können. Die ältere
Sprache wird auch einigermassen berücksichtigt. Da der Verf. S. 86
bei der Behandlung der »Voranstellung des Partizips» etant do7nie,
y compris und passe bespricht, fragt man sich, warum er nicht auch
anderer präpositioneil angewandter Partizipien (ci-joint, ci-inclus,
approiive, e.xcepte, non comptis, suppose, enteiidu, oui, attendii, vu,
eu (egaid), hormis, rez (couper tez terre), u. s. w.) Erwähnung tut.
Dass in einem Satze wie N'unporte le prix! (S. 16) n'importe vsi-
persönlich und le prix als Ackusativ der Beziehung zu fassen sein
könnte, kommt mir unmöglich vor. A. W.
Max Förster, English Authors. On the basis of a selec-
tion by Ludwig Herrig. Braunschweig (George Westermann) 191 1;
VIII-)-335 S. gross 8:0 (zum grössten Teil zweispaltig). Preis
geb. RM. 3: 50.
Das vorliegende Buch ist eine verkürzte Bearbeitung der be-
kannten »British Classical Authors» von Herrig- Förster (vgl. dar-
über meine Rezension in Neuphilol. Mitt. 1905, S. 31 f). Die
Zahl der aufgenommenen Schriftsteller ist beträchtlich reduziert, vor
allem für die älteren Perioden (lö — 18 Jahrb.); zwei Drittel des
Buches sind Dichtern und Prosaschriftstellern des 19. Jahrhunderts
gewidmet. Die Neubearbeitung beschränkt sich indessen keines-
wegs auf Ausschliessung und Kürzung; vielmehr kommen zahl-
reiche Stücke vor, die in das grössere Buch nicht aufgenommen
waren, und einige Schriftsteller sind hier vertreten, von denen das
ähere Werk keine Proben mitteilte, weshalb das neue Buch auch
als Ergänzung der »Classical Authors» gebraucht werden kann.
Die Auswahl ist überhaupt vorzüglich und für die verschiedenen
Seiten der englischen Liiteratur — auch der gelehrten — reprä-
sentativ. Die biographischen Notizen über die verschiedenen Schrift-
steller sind kürzer als in dem älteren Werke und auch sonst z. T.
umgearbeitet. Ein Glossar erklärt alle seltenen und schwierigen Wör-
ter, die in den Textproben vorkommen. Die Karten des grösseren
Werkes kommen auch in den »English Authors» vor; ausserdem
finden sich hier 24 Porträts englischer und amerikanischer Schrift-
steller. Das Buch trägt durchgehends denselben Charakier der
Gründlichkeit und Sorgfalt, der dem grösseren Werke eigen ist. Die
grössere Ausgabe wird neben den English Authors auch weiterhin
fortbestehen. U. Lindelöf.
172 Besprechungen, Hugo Suo/ahii,
Solmu Ny ström, Deutsches Lehrbuch für den Anfangsunter-
richt. Zweite veränderte und vermehrte Auflage. Borgä. Wer-
ner Söderström osakeyhtiö. VIII-l-263 S. Preis FM. 3: 2^.
Als ich in dem Jahrgang 1907 der Neuphilologischen Mit-
teilungen (S. 107 ff.) das neue Elementarbuch von Ny&tröm an-
zeigte, sprach ich als meine lebhafte Überzeugung aus, dass es
noch viele Auflagen erleben werde. Nun liegt — nach einem
Zwischenraum von drei Jahren — die zweite Auflage in stark ver-
änderter Fassung vor.
Indem ich die Leser dieser ZeitschrJfc auf die neue Auflage
aufmerksam mache, verzichte ich aus naheliegenden Gründen auf
eine ausführliche Charakteristik derselben. Die Vorzüge und Schwä-
chen eines Lehrbuches treten ja in ihren Einzelheiten erst beim
Gebrauch desselben deutlich hervor und ich kann daher beim Man-
gel praktischer Erfahrung hier nur von dem Eindruck Bericht er-
statten, den das Buch auf den Leser macht. Hoffentlich werden
demnächst die Lehrer, welche deutschen Elementarunterricht ertei-
len, sowohl öffentlich wie privatim dem Publikum und dem Ver-
fasser über ihre Erfahrungen genaue Auskunft geben. Gerade sol-
chen Winken und Ratschlägen erfahrener Schulmänner verdankt
Nyström — wie wir aus dem Vorwort ersehen — auch einen Teil
der Verbesserungen, welche die vorliegende Auflage aufweist; der
grösste Teil derselben beruht offenbar auf Erwägungen, die sich
aus der eigenen Praxis des Verfassers ergeben haben.
Dio zweite Auflage unterscheidet sich schon äusserlich von
ihrem Vorgänger durch das grössere Format und den grösseren
Umfang. Dies ist nicht nur dadurch bedingt w^orden, dass die
früher im Zusammenhang mit den Wolter Verzeichnissen mitgeteil-
ten Winke über die Behandlung der Lesestücke weiter ausgearbeitet
worden sind, so dass sie unter einer besonderen Rubrik (»Münd-
liche und schriftliche Aufgaben») vereinigt einen weiten Raum ein-
nehmen, sondern auch dadurch, dass zu den früheren vier Abschnit-
ten des Textes noch ein fünfter und ein sechster hinzugekommen
sind. Die Lesestücke dieser letzten Textabschnitte hat der Verfas-
ser teils aus früheren Abschnitten der alten Auflage, teils aus sei-
nem im Jahre 1908 erschienenen Deutschen Lesebuche herübei-
genommen, ein geringerer Teil derselben sind für uns ganz neu.
Auch in den übrigen Abschnitten sind alte Lesestücke vielfach durch
neue ersetzt worden und andere haben ihren Platz gewechselt, so
dass das Buch ein ganz anderes Aussehen bekommen hat als frü-
her. Neu ist auch das vor dem eigentlichen Texte stehende kleine
Kapitel »Reime und Verschen».
Man sieht also gleich auf den ersten Blick, dass der Ver-
SolfiiH Ayströiii, Deutsches Lehrbuch, 2. Auf. 173
fasser nicht auf seinen Lorbeeren ruhen geblieben ist, sondern an
seinem Buche eifrig weitergearbeitet hat. Eine nähere Bekanntschaft
mit demselben zeigt, dass die Vorzüge der alten Auflage durch
die starke Umarbeitung sich keineswegs verwischt haben, sondern
im Gegenteil deutlicher hervortreten. Überhaupt sind die charak-
teristischen Eigenschaften des Buches trotz der Veränderungen im
wesentlichen dieselben geblieben; sie hängen eben mit dem ganzen
Naturell des Verfassers besonders eng zusammen. So ist denn auch
der Humor, der erfrischend durch die Lesestiicke der alten Auf-
lage durchzog, im Laufe der drei Jahre rieht versiegt, und auch
diesmal frage ich mich, ob nicht das anekdotenhafte Element im
Texte — zugegeben, dass es sich für den Anfangsunterricht beson-
ders gut eignet — doch etwas zu stark überwiegt. Auch finde
ich, dass die zahlreichen kaiserlich-königlichen Anekdoten in unse-
rer demokratischen Zeit sich etwas altmodisch ausnehmen. Im
allgemeinen wird man aber die am Texte vorgenommenen Ände-
rungen getrost mit dem Verfasser als »Verbesserungen» bezeichnen
können und dies nicht allein mit Rücksicht auf den für die Ele-
mentarschüler geeigneten Anschauungskreis und die klare, einfache
Sprache, sondern auch mit Rücksicht auf die im Texte za Tage
tretende Methode des Unterrichts.
In der alten Auflage hatte der vorwärts stürmende Verfas-
ser seinem lebhaften Temperament entsprechend doch zu viel gram-
matischer Schwierigkeiten in die ersten Lesestücke verlegt und noch
dazu eben diese Lesestücke blos in ihren Umrissen entworfen, so
dass dem Lehrer die Arbeit sehr schwer gemacht wurde. Die
neue Auflage führt die grammatischen Formen in ruhigerem Tempo
vor und die Lesestücke, die et\\'as ausführlicher geworden sind,
werden durch die oben bereits erwähnten ganz vorzüglichen »münd-
lichen und schriftlichen Aufgaben» kommentiert. Für meinen per-
sönlichen Geschmack könnte das Tempo allerdings noch ein wenig
langsamer sein. Auf den ersten 4 Seiten wird vielleicht etwas zu viel
grammatischen Materials geboten; die Schüler werden hier nicht
allein mit den Nominativformen der beiden Artikel und den Prä-
sensformen (Indik. und Imper.) der starken und schwachen Verba
bekannt gemacht, sondern auch mit der Präsensflexion des Hilfs-
verbums sein u. a. Nach diesen 8 Stt\cken folgt allerdings eine
Ruhestelle (Nr 9), wo Schüler und Lehrer wieder aufatmen kön-
nen. Inbezug auf die Reihenfolge des vorgeführten Formenstof-
fes vermag ich nunmehr bis auf einige Einzelheiten dem Verfasser
beizustimmen und möchte sein Geschick in der Behandlung dieses
Stoffes ebenso wie des Wortmaterials, mit welchem operiert wird,
ausdrücklich betonen.
In dem kleinen Abriss der Grammatik lassen die Formulie-
174 Besprechungen, U. Lindelöf, Ilanna Andersin, An English Prhner.
rungen einiger Regeln an Exaktheit zu wünschen übrig (so die
Definition des Umlauts und die Regeln, welche den Umlaut der
Neutra betreffen, ferner die Regeln über die Bildung der Ordnungs-
zahlen und des Superlativs, sowie die Erklärung zusammengesetzter
Verba). — Das Wörterverzeichnis ist nicht ganz frei von Druck-
fehlern, Ein schlimmes Versehen findet sich S. 170: Die Feminina
haben im Plural keine Biegungsendung».
Nyströms Lehrbuch bedarf keiner besonderen Empfehlung
mehr. Es hat sich in dem Unterricht rasch eingebürgert und dass
es dort einen gesicherten Platz behaupten wird, dafür bürgt nicht
nur der Erfolg der ersten Auflage sondern auch der Fortschritt,
den das Buch in seiner neuen Gestalt bezeichnet.
Hugo Suolahü.
Hanna Andersin, An English Primer. IX-f-140-1-83 Sei-
ten 8:0. Helsingfors (Otava) 19 10; in zwei Ausgaben erschienen,
eine mit schwedischer, die andere mit finnischer Wiedergabe der
Vokabeln.
Das vorliegende, für den Schulunterricht ausgearbeitete Ele-
mentarbuch enthält eine beträchtliche Anzahl englischer Lesestücke
in Prosa und Vers, mit ganz einfachen Stücken beginnend und
allmählich zu etwas schwierigeren fortschreitend. Die Auswahl ist
mit Umsicht und Geschick gemacht und bietet vor allem
eine gt^nügende Merge »nützlicher» Siücke, welche in systema-
tischer Weise gewisse begrifflich zusammengehörende Gruppen von
Wörtern und Ausdrücken vorführen, sowie einige Lesestücke, die
verschiedene Seiten des englischen Lebens beleuchten. Ein sorg-
fältiges Studium dieser Stücke wird dem Schüler einen im prak-
tischen Leben sehr zu statten kommenden Vorrat von Wörtern
und idiomatischen Ausdrücken beibringen. Es fehlt aber im Buche
auch nicht an kleinen, zum Teil recht amüsanten, Anekdoten, so-
wie an kurzen Erzählungen, Sprichwörtern, u. dgl., und die poe-
tischen Stücke, geben dem Leser Proben von verschiedenen Arten
englischer Dichtung. Die Zusammenstellung des Lesebuchs muss
überhaupt als sehr gelungen bezeichnet werden. Eine Anzahl gut
ausgefallener Bilder tragen dazu bei, dem Lehrbuch einen anzie-
henden Charakter zu verleihen, und auch die Musik kommt zu
ihrem Recht, indem am Ende des Buches einige populäre Lieder
mitgeteilt werden. Die Korrektur ist durchgehends sehr sorgfältig.
Dem Lesebuch schliesst sich als zweiter Teil ein vollständi-
ges Wörterverzeichnis an. Dieser lexikalische Teil giebt zu den Stüc-
ken I — 25 eine vollständige phonetische Transskription und eine
Efitgegvung. B. Schädel, Zur Aussprache lies Katalanischen. 175
Übersetzung; zu den Stücken 26 — 65 werden besondere Wörter-
verzeichnisse gegeben; schliesslich folgt ein alphabetisches Glossar
zu den Stücken 66 — 125. Das Wörterverzeichnis ist durchgängig
mit phonetischer Transskription versehen (System der Association
Phonctique Internationale). Der Rez. hat seinesteils nie die so
gewöhnliche Transskription der englischen Vokale in name, go durch
neim, gou recht billigen können, sondern hält die (im New English
Dictionary, sowie in Grieb - Schröers Wörterbuch und in Herrig —
Försters British Classical Authors befolgte) Bezeichnung f7e' m, gö"
für korrekter; doch werden andere wohl in dieser Frage anderer
Ansicht sein.
Zum Schluss ein paar Bemerkungen zum Wörterbuch. Bei
aller Sorgfalt sind anscheinend doch einige in den Lesestilcken
vorkommende Wörter nicht im Glossar verzeichnet worden, so
z. B. reslaurafil (Seite 26), beaver {hat S. 60 letzte Zeile), trout
(S. 83), Urne (S. 100, Z. 3), boiinet (S. lOi, Z. 12), dorne S. 1 1 1,
Z. 4 v. u.). — Einigemal genügen die im Glossar gegebenen Bedeu-
tungen nicht um den in gewissen Lesestücken vorkommenden Ge-
brauch eines Wortes klar zu machen; so z. B. bei bcdy (vgl. S. 46,
Z. 5); bursar (S. 54, Z. 4 v. u., hier entschieden nicht »Stipen-
diat», sondern »skattmästare» oder »ekonom»); favour {?>. 80, Z. i),
juash (S. 94, Z. 2 V. u.); für dispense = undvara (S. 37, Z. 3 v. u.)
sollte dispense witli stehen ; bei stuck wird auf Inf. stick hingewie-
sen, der indessen gar nicht im Glossar vorkommt. Irreführend ist
durch zu grosse Kürze eine Angabe wie bound, gunga; inf. biiid.
Inkonsequent ist die Transskription jostle = d^ossl, neben castle
= ka:sl.
Das Lehrbuch Frl. Andersins wird dem englischen Unterricht
in unseren Schulen gewiss vorzügliche Dienste leisten können. Im
Vorwort wird das baldige Erscheinen einer sich an dasselbe an-
schliessenden Elementargrammatik in Aussicht gestellt.
U. Lindelöf.
Entgegnung.
Zur Aussprache des Katalanischen.
Über diesen Gegenstand hat Herr Oiva Joh. T a 1 1 g r e n
in dieser Zeitschrift (1909, S. 219 — 25) bei Gelegenheit der dan-
kenswert eingehenden und von speziellem Interesse zeugenden Be-
sprechung meines Manual de fonetica catalana eine Reihe von Be-
merkungen gebracht. Wenn ich mich zu ihnen hier äussere, so
geschieht dies nicht nur, weil Manches darin in sachlicher Bezie-
176 Entgegnung. B. Schädel,
hung eine Richtigstellung erheischt, sondern auch besonders, weil
es sich hier um einige methodische Fragen handelt, zu denen Herr
Tallgren in ein gewisses Verhältnis tritt.
Er sagt S. 219, dass mein (1908 erschienenes) Manual das
erste dieser Art sei und dass der erste, der katalanische Texte in
phonetischer Umschrift publiziert habe, Herr J. M^ Arteaga
Pereira {Maitre phoiietique 1904) gewesen se'. Das kann so
verstanden werden, als wenn nach der nur sehr kurzen Sprach-
probe des Herrn Arteaga nichts Katalanisches mehr phonetisch
gedruckt worden wäre. Ich verweise auf ca. 20 Seiten phoneti-
scher Texte aus Mallorca, die ich IQ05 herausgab {Mundartliches
aus Mallorca, S. 7 ff.)
S. 220 sagt Herr Tallgren, dass ich ia meinem Manual 64
katalanische Laute unterscheide und dass ich ia meiner Arbeit
über die katalanischen Pyrenäendialekte deren 72 zähle. Das Letz-
tere ist unrichtig. Es sind nicht etwa noch 8 hinzaentdeckt oder
im Manual s. Zt. von mir vergessen worden, sondern unter den
72 phonetischen Zeichen, die Herr Tallgren in der neueren Arbeit
vorgefunden hat, bedeutet eine ganze Anzahl Laute, die auf dem
gesamten katalanischen Sprachgebiet unbekannt sind. Sie
sind für languedocische und französische Beispiele vorgesehen, die
ich in { honetischer Umschrift zi'iere. ■DParmt les sons pns en con-
sideration dans ce travftil, mais non pas dans le M anual, il faut
noter siftout les voyelles ante'rieures artondies [ce] [ü] ei des sons
apparemes-i) . Wer das liest, glaubt, in den katalanischen Pyrenäen
exisn- rten gründete Vorderzunger vokale, die in meinem Manual
fehlten. Das ist völlig unnch'ig. » Une espece d' [ce] avait ete
de ä Signale, pour Majorque, par Sardihandy. dans le Grundriss,
1^, S. 84g». Es ist, wie ich schon bei verschit denen Gelegen-
heiten hervorgehoben habe, ein grober phonetischer Fehler, von
emem mallorkinischen [oe] zu sprechen. Er ist zuerst von Brekke,
Romania 1888, 91 ff. oder vielmehr dessen Gewährsmännern auf-
gebracht, und von Saroihandy nur n;ichgesprcchen worden, vgl.
meinen Bericht über die katalar ische Philologie (1905), S 9.
S. 221 Wird gefragt, ob die phoneüsche Schreibung der im
Text als Beispiele zitierten Einzelworte die Aussprache desselben
Individuums repräsentiere wie diejenige der zusammenhängenden
phonetischen Texte am Schluss. Es wäre dasselbe den Verfasser
eines Handbuches der französischen Aussprache, der le jour mit
[Ia gur], Ia femme mit [Ia fam] transskribiert, zu fragen, von welchem
Indiv duum er hier die Aussprache wiedergiebt. Ich habe die
Beispiele für die einzelnen Laute natürlich so gewählt, dass, falls
individuelle oder (innerhalb der Gegend von Barcelona) regionale
Schwankungen in der Aussprache vorkommen, dieselben zu mini-
Zur Aussprachi des Kalalanischcn. 177
mal und akustisch zu irrelevant sind, als dass sie in diesem Hand-
buch berücksichtigt za werden brauchten. Es ist zweierlei, ob ich
ein Individuum le jour oder la rahö aussprechen lasse oder ob ich
einen zusammenhängenden Text transskribiere, dessen Werte mir
gegeben sind und bei dem die verschiedenartigsten Faktoren er-
hebliche Schwankungen nicht nur von Gegend zu Gegend, von
Sujet zu Sujet, sondern auch in der Sprache des gleichen Indivi-
diuims bedingen. Die Transskription meiner Beispiele stellt die
Aussprache von Hunderttausenden dar, d'ejenige der Texte e i -
n e s Individuums.
S. 221 rügt es Herr Tallgren, i ) dass ich S. 9 [b] von
franz. hoire gleichsetze mit [b] von kastilisch buenas, brazo; 2)
dass ich einem katalanischen Leser zumute zu merken, was ge-
meint ist, wenn ich, um ihm den Unterschied zwischen [b] und
[t)] klar zu machen, für [b] als Beispiel — ausser dem franz.
boire, it. bello — das katal. bona fiit, hlanch und das kas'il. bue-
nas, brazo, für [Tj] katal. faba, käst, haba nenne. Ad i) kann
ich nur sagen, dass nach meinen Beobachtungen an Kastiliern so-
wohl einzeln artikulierte Worie (nur solche gebe ich als Bei-
spiel) als solche, die auf eine Pause folgen, das wesentliche
Element, auf das es hier ankommt, nämlich a 0 (Jespersen), durch-
aus mit fracz. boire, it. bello gemein haben, und ich glaube nicht,
dass ich hier abnorme Aussprachen beobachtet habe oder falsch
beobachtete. Ob a 0 vorliegt oder nicht, ist so ziemlich das
Simpelste, was es in der Phonetik zu beobachten giebt. Ad 2)
gebe ich zu, dass es noch deutlicher wäre zu sagen: »Kastil.
buenas, brazo nach einer Pause»; aber ich gebe ja hier nur eine
yybreu espltcaaö provisionah, und dem Leser wird, was Herr Tall-
gren übersehen zu haben scheint, S. 37 — 40 in nicht misszuver-
stehender Weise klar gemacht, wie sich [b] und [T)] unterscheiden.
S. 221: »;7 doit y avoir une fawe d'impresston fächeiise daiis
la ttansctiptton du casl. el vino, qui se prononce, tion pas avec [b] ,
mais avec un son tout different qui est de'cide'mefii le fticatif cotres-
pondanh-). Nein, es ist kein Druckfehler. Ich leugne keines-
wegs, dass die von Tallgren als einzig hingestellte Aussprache [el
t)ino] im Kasiilischen existiert, also dass nach / ein a 2 in diesem
Laut vorkommen kann, behaupte jedoch, dass auch [b] mit a 0
sich häufig beobachten lässt und zitiere und nenne an der betref-
fenden S;elle unzweideutig diese Artikulationswe'se. An der von
Tallgren zitierten Stelle von Menendez Pidal's Manual finde ich
keine Angabe des Inhalts, dass nach / ein a 0 nicht vorkommt,
dagegen die unrichtige Angabe >->En boca de catalanes y valencianos,
la V es labiodentah ('\gl. irein Manual, S. 37 — 40).
ib. Ich halte es für sehr dankenswert und nützlich, dass Unguis-
178 Entgegnu7i^^ , B. Schädel,
tisclien und sonstigen Büchern etwaige Druckfehler von ihren Rezen-
senten nachgewiesen und korrigiert werden. Dagegen halte ich es für
nicht wünschensAvert, wenn sich die Sitte einbürgerte, dass vermutungs-
weise von »faules d'impiestion prohables>y, die nicht näher genannt
werden und noch weniger als solche glaubhauft gemacht werden,
gesprochen wird. Jedenfalls verwahre ich mich für meine Person
dagegen, dass man mir solche fiktiven Druckfehler aufkreidet und
dadurch meiner Arbeitsweise den Charakter der Lodderigkeit an-
hängt. Wenn Heir Tallgren
S. 223 bemerkt: M. Schädel tratiscrit (/>. 81, l. ^4) les rocjues
avec [s] . On s'altendrait du rnoms n [z] , >^avant la consomie so-
noreT> . . . que faut-il penser de cette dualite de transcription diumenge,
fingit, angel . . . ious avec [&] , vis- a -ins de menges, eail avec [g],
el cela pre'ciseme7il, patmi les exemples de ce son? M. Arleaga pro-
nonce le /i/, »oder wenn er S. 224 oben sagt yla transcriplion
offre des inconse'quences-» und diese Inkonsequenzen als Hörfehler,
Schreibfehler, Druckfehler erklären will, oder ib. feststellt: »/<?j in-
te'rcssants phe'nomenes d' assimilation regressive ou avticipante . . . ne sont
pas tendus avec beaucoup de 1 egularite'f> , Avährend » J^ Arteaga
admet les assimilalions de celle espece avec loute regularile», so stellt
sich Herr Tallgren hiermit auf einen Standpunkt, der so entfernt
ist von dem Standpunkt derer, die es mit der Aufnahme und
Beobachtung lebender Idiome zu tun haben, dass es mir fast aus-
sichtslos erscheint in dieser methodischen und prinzipiellen Frage
— und um eine solche handelt es sich hier — mich mit dem
Herrn Rezensenten auseinanderzusetzen. Herr Tallgren stellt sich,
wie ich aus seinen vorstehenden Bemerkungen g'aube entnehmen
zu müssen, die Sprache — ich meine jetzt die lebendige, wirk-
liche, nicht die papierene Sprache — als etwas Einheitliches, Star-
res, Uniformes vor, und er setzt zum Mindesten voraus, dass ein
und dasselbe Individuum ein und dasselbe Wort stets gleich aus-
sprechen müsse. Wenn meine Transskription die von ihm voraus-
gesetzte Uniformität nicht zeigt, so schliesst er ohne \\'eiteres —
dass sie falsch sei. — Jeder, der viel nach der lebenden Sprache
phonetische Niederschriften angefertigt hat, weiss, was von solch
regularisierten, uniformen, »konsequenten» Transskriptionen zu
halten ist. Ihr klassisches Ebenmaass rührt daher, dass der Ver-
fasser aus Angst, dass ihm die papierene Kritik Hörfehler, Schreib-
fehler, Druckfehler vorwirft, hinterher am Schreibtisch seine Nie-
derschrift »kritisch» bearbeitet, d. h. fälscht. Solches regularlsie-
rende Verwi.«^chen und Retouchieren der tatsächlichen Lautfolgen
möge mir Herr Tallgren nicht zumuten. Gewiss, Herr Arteaga
■»admet-}' dieses oder »verwirft» jenes. Das nenne ich phone-
tischen Purismus. Wir aber haben festzustellen, was das Indi-
Zur Ausspraclu des Katalanischen. 179
viduura, das wir beobachten, an Lautfolgen produziert und diese
rücksichtslos mit den phonetischen Zeichen, die wir gewählt haben
und unter peinlichster Beobachtung der lautlichen Unterscheidungen,
die ihnen zu Grunde liegen, zu notieren. Und wenn wir dies tun,
ergiebt sich eben, dass ein und dasselbe Individuum das eine Mal les
roques mit [s] ausspricht, weil es aus irgend einem Grunde die beiden
Worte nicht so eng verbindet als ein anderes Mal, wo es bei den-
selben Worten [z] artikuliert; oder dass es [beanstandet von Herrn
Tallgren, S. 224] das eine Mal viatje mit [gg], das andere Mal
vilatje, paisatje mit [c] ausspricht; zwölf Mal esquerra mit [e], ein-
mal mit [e]. Herr Tallgren sagt, das sind Hörfehler. Ich sage
ihm, dass ich mein phonetisches Handwerk aufgeben würde, wenn
ich nicht im S'ande wäre derartig primitive Dinge wäe \^^^ —
[c]. [s] — [z], [e] — [e] auch in schnellster Rede zu erkennen.
Vorläufig übe ich es aber noch aus und protestiere ich gegen die
Unterstellung ^Us textes de M. Schädel ne sont pas dignes de toute
confiance» , und zwar hinsichtlich der -»distinction ä faire entre les
sons nio 2 et j, 9 et 12, 24 ^i 3^ tespectivement». Soviel ich weiss,
habe ich die Existenz gerade dieser Lautunterschiede (es handelt
sich um [b] — [Ij], [d] — [(!], [g] — [g]) im Katalanischen über-
haupt zuerst nachgewiesen.
Im Einzelnen möchte ich Herrn Tallgren noch darauf auf-
merksam machen, dass zwischen [-nga] und [-cza] kein Ab-
grund klafft, vgl. Jespersen, Lehrbuch S. 62.
S. 221 unten bis S. 222 unten. Das Raisonnement Tallgrens
über lange Konsonanten ist mir nicht verständlich. — // y a Heu
d^objecter, d'abord, qu^ä la d'fference des Italiens, les Catalavs ne
possedent point dans leur lavgue ces continues piolongees [assss . . . a]
auxquelles C auteur ve'-t se referer, pas p'us qut/s ne conna'ssent les
explosives (ou pluioi: plosives) prolo7igeesy>. Wenn ich S. 26 sage:
r>Per comprendre exactametit la di/etencia entre Is sons conti-
tiuus i eis esplosius, que's pronuncim aqueys boldtous de fonenies
1. [asa, afa, asa, ata, ala]
2 [apa, ata, akaj .
A la Serie i) pot un, menttes li duri Fale, allargar tot quant
vulia la duraciö de la consonant: [assss . . . a, aß'ff . . . a, aS-sss . . . a,
arrrr . . . a, allll . . a] u. s. w.»,
so bedeutet das doch nicht, die Katalanen besässen in ihrer Sprache
ein gedehntes s, f, s\ Das scheint Herr Tallgren falsch aufgefasst
zu haben. Seine Versicherung gedehnte Verschluss laute
kämen nicht vor, ist sehr irrig. Gewiss, die doppelten Konsonan-
ten des Lateinischen sind im Katalanischen kurz. Aber dass la-
teinische einfache Konsonanten unter gewissen Bedingungen heute
l8o Oiva Joh. Tullgren,
lang sind, ist aus meinem Manual, S. 37, zu ersehen. Siehe il).
S. 50 (gg). Auf Mallorca giebt es [li] und [l'l'] u. s. w.
S. 223. Herr Tallgren fragt: /' -s precedanl l'r naffecte-ü
doiic point dans le catalan entendu par M. Schädel ce son curieux
tres disli'nct et du [z] et de f [s] qui se produit sous ces conditiofis
en castillan ^dos reales etc.)i>. — Das von mir gehörte Katalanisch
ist dasjenige der gesamten Pyrenäen, der Sphäre von Barcelona,
das von Valencia und das der Balearen. Da kommt das, was
Herr Tallgren hier im Auge zu haben scheint, nicht vor. Übri-
gens sollte er nicht von T>ce son curieux >-> reden, da es sich um
je nach dem folgenden Konsonanten verschiedene Laute im Kasti-
lischen handelt.
S. 223. -»Nous autres non Calalans, nous aimerions aussi ä
savoir un peu si le son 71:0 48» (d. h. [a]) »est circonscrit aux seuls
mots offrant, apres fa, un son palatal du ä la presence dUin yod.
Des exemples figurant sous les n:os 48 — 50 et passim cette conclusion
semble se degager. La voyelle n'.o 48 se trouve en ca'xa [ka^a] all
(allium), rnais non pas en cavall, vall, mirall (mot d'emprunt?) ni
7ion plus, ce qui est inattendu{\)en palla (palcam), S. j6». Auch
ich möchte es gerne wissen; wenn ich die Bedingungen nicht an-
gab, unter denen [a] auftritt, so geschah dies nicht nur deshalb,
sondern auch weil ich eine Anleitung zum Unterscheiden, Beobach-
ten und Notieren von Lauten, nicht aber eine historische Lautlehre
schrieb. Dass ich nicht w^eiss, wann [a] auftritt, liegt daran, dass
von Dorf zu Dorf, von Individui^m zu Individuum die ratio eine
andere ist. Ich habe den Eindruck, dass sich der Herr Rezensent
diese Dinge viel einfacher vorstellt als sie in Wirklichkeit, im
Terrain selbst sind.
Halle a. S. B. Schädel.
Encore cjuelques remarques sur »B. Scliädel, Maiiual
de fonetica catala?ia», ä propos de l'article precedent.
Ma connaissance personnelle du catalan parle est, comme je
Tai dejä fait remarquer, malheureusement insuffisante. Comme,
d'autre part, M. Schädel, qui est un professionnel, insiste d'une
maniere peremptoire sur la correction de ses transcriptions, je dois
me scntir desarme en ce qui concerne celles de mes attaques contre
lesquelles M. Schädel proteste.
Tout en remerciant M. Schädel des corrections qu'il a ap-
portees a certains de'ails de ma crilique, je me permettrai toutefois
de lui adresser un certain nombre de questions relatives ä l'im-
portant petit livre qui nous cccupe. D^abord, cependant, je voudrais
m'arreter ä quelques petites remarques d'un caractere special.
Encore quelques rei/tarques sur »/>\ Sduidcl, Manual (k fonctka catalnnan. l8l
»-S". j2oy>. — : Je vois que je me suis trompc quant au nombre
des sons catalans notes dans le nouveau travail de M. Schädel
{RDR). Mon erreur depend du fait que je n'ai point trouve
indique dans celui-ci que les sons n:os 1 1, 42^ — 45, 69 — 71 soient
etrangers a tout le domaine catalan. Pas meme la deuxieme partie
de la n. figurant ä la p. 86 ne pouvait suffire pour m'apprendre
que le catalan pyreneen ne possede point 1' [oe]. C'est ainsi que j'ai
ete amene, par mon devoir de critique, a constater une difference
qui devait me paraitre imporlante.
y>S. 221 rügt es...». — Oui, j'ai voulu dire que precisement
lä oü il s'agit d'une öreu esplicaciö proiisioiial, il faut que les exem-
ples soient bien choisis. Je suis sur que M. Schädel lui-meme se
rendra compte un jour de toute la difference qu'il y a entre le b
de btienas, brazo (meme si ces mots sont prononces isolement) et
celui des mots que je propose en passant, p. 221, au milieu. Or,
c'est ce dernier b qui ressemble de pres au b franc^ais ou italien.
f>S. 221:-». — Je ne savais pas que la prononciation [el bino]
existe en Castille ä cote de celle certainement beaucoup plus cou-
rante [el t).'no]; ä nous deux, ä tous les hispanisants, d'etudier encore
ce point Poui le moment, je voudrais toutefois protester contre la
fa^on dont M. Schädel cite ce »[b]» caslillan de el vino, comme
si c'etait la un fait normal. — A la marge du passage de Menen-
dez Pidal concernant le [v] des »catalanes y valencianos», j'avais
copie il y a un an la notice importante du Manual dQ S., n:o 7, p. 43.
•»S. 221 unten bis S. 222 unten-». Pourquoi donc cet »en
bas» ? Je ne veux pas repeter ici ce que j'ai dejä dit. — De meme,
je dois persister a appeler peu heureuse la fa9on dont M. Schädel
rend compte de l'arliculation des »explosives» (»plosives») prolon-
gees de l'italien. L'existence en catalan des ■>•> gedehnten Verschlusslaute-i) ,
de cette espece dont M. Schädel parle [pobble, -gg-], ne contribue pas,
Selon mon opinion, a rendre »exactement» comprehensible ä un Cata-
lan la pretendue difference caracteristique des deux cas [asa, afa, esa,
ara, ala] (consonnes prolongeables) et [apa, ata, aka] (consonnes non-
prolongeables, selon M. Schädel!). — II est vrai qu'il ne doit pas etre
facile, j'en conviens volontiers, de communiquer ces observations
par des formules ä la fois claires et epuisant le sujet, surtout dans
un manuel eleraentaire. —
Encore une fois les phenomenes d'assimilation regressive ou
anticipante (Schädel: ^S. 22^» etc.). Je sais bien que c'est lä une
chose qu'il faut noter definitivement sur-le-champ, sans qu'il soit
permis d'y entreprendre plus tard ce que je pourrai peut-etre
appeler normalisation dans un seus positif (cf. plus bas). — Je sais
bien que non seulement les dialectologues, mais aussi les appareils
phonautographiques donnent et doivent toujours donner des nota-
i82 Oiva Joh. Tallgren,
tions plus ou moins »incocsequentes» ä ce sujet. J'ai essaye de
montrer ma fa(;on d'envisager le point en question, l;i oü je disais
(p. 225): »... encore parait-il sur que l'assimilation anticipante en
question n'affecte souvent qu'une partie du phoneme prccedent,
surtout dans un parier peu rapide, ce qui peut rendre difficile de
proceder avec une consequence absolue». Et il ne me choquerait
pas de voir transcrire le fran^ais raconte-moi ra avec [t], vis-ä-vis
de raco7tte-nous (a, avec un [d] ä la place du /. On peut entendre
ces deux prononcialions, en style familier, meme sans qu'il y ait
de difference de rapidile notable. Ce qui peut expliquer la diffe-
rence de sonorisation, c'est ici, je pense, la distance plus ou moins
grande qui separe les points d'articulation, [m] pouvant ne pas
assimiler le / pour une aussi grande partie que le fait le
son plus »proche», le [n]. Que ■»ein und dasselbe Individuum ein
und dasselbe Wort stets gleich aussprechen müsse-», on voit que je ne
Tai pas cru, il y a un an; et, si M. Schädel le soup(;onne, il est
probablement amene ä cela par ma fa^on un peu imprudente de
me servir des expressions »consequent», »regularite» etc. — Or,
laissant des maintenant de cote tout ce qui se rapporte a mes
connaissances personnelles, je passerai ä ce qui nous importe ici,
c'est a dire, a formuler les quelques questions que j'ai a adresser
ä M. Schädel.
Mes questions se rapportent a certains points oü un pho-
neme est donne tel quel, quoique figurant dans un voisinage qui
le modifie ailleurs. Faut-il supposer que le sujet a du faire dans
tous ces cas une pause plus ou moins sensible, qu'il »aus irgend
einem Grtmde die beiden Worte nicht so eng verbindet als ein anderes
Mal»} Faut-il supposer une »pause» ou une absence de liaison reelle
partout oü M. Schädel ne note pas ce qu'on appelle soit assimilation
regressive (ou progressive: IV de aixampla, v. plus bas, 57), soit sonori-
sation intervocalique, soit Substitution d'une plosive [b, d, g] par une
fricative? Suis-je autorise a entrecouper, conformement ä ceci, le
texte transcrit par M. Schädel? Je reproduirai ici certains pa^^sages
de ce texte sous sa forme non-phonetique (la plus commode au
point de vue typographicjue), en y admettant, outre la ponctuation
ordinaire teile qu'elle est donnee dans le Manual, des traits verti-
caux, numerotes, destmes a marquer celles des pauses en question
qui sont plus ou moins vraisemblables au point de vue du sens,
et puis, des chiffres en gros caracteres destines ä mettre en relief
le reste de ces pauses, qui nous Interessent ici. Je me sers, en
outre, de traits d'union doubles (en caracteres gothiques) pour
marquer quelques points interessants oü l'assimilation sandhique est
notee. Voici ce que j'obtiens; et je demande: n'y a-t-il rien a
corriger dans les cas marques par les gros chiffres?
Encore quelques remarques sur tB. Sc/iädel, Manual de fonetica catalana », 183
(Je prefere laisser de cote ici des quelques cas de [c] in-
tervocaIit[ue ; je ne me preoccuperai pas non plus de la facon cu-
rieuse et multiforme dont est notee la conjonction /, de meme c[ue
la voyelle de l'article w«, una).
Les chiffres marginaux indiquent d'une facon approximative
la ligne correspondante du texte de M. Schädel.
Vagant' per la montanya,
Pastors I' i remades.
Quant un|^ se troba tot sol a la montanya, senss altra companyia que
la =dels faigs i *|delss abets, sens= altra conversa que'l gai murmuri ^|dels
xaragalls * esmunyint-se sota l'herba o l'infinidament? carinyosa complanta =del 5
svent a travers; del =bosc, es quan un|* se n'enamora =de ;deb6. ... I un hom II
deixa allargar les= estoness de contemp91aci6, i, mai prou assadollatlO de
ses: =belleses, eil 1 qui l'ha =vista =de =dia, la =voll2 sorpendre a la nit.
Es 13 una matinada =d'Agost i fa unes= dugues= hores'* que he passat
per Noedes, l'hivernal svilatge que ;d6na nom als: estanys tenebrosos|'^ encla- 15
vatsl6 entre Is pics|'^jVorersl8 al Madres, l'allQterös ciml^" que separa '1-
pai's catala ;del gabaig, Vaig pujant, pujant, enci21sats== els= uUs, vi22gorisat
per-' la puresa i la temperanga '*|de l'aire, content del25 priraer boci 20
26d'excursiö i aducj'' de la soletat que m vol28ta, quan ''^ sobtosament
entro en el =bosc.
üh quin,^" böse mes temptador! El= cami, poc fresat, gira3 Igonceja
entre faigs|^"- gegantins que allä als cap; -d'amont del 33brancain|'* son ata- 25
paitsss de fulla que tot tremolantj^^ transparenta la =blavor ^''|del37 cel. Vaig
fent= cami tot afalagant-me les; orelles|^** les= miP® remors = de la Natura, am
les quals ^° armonisa 1 ritmic41 brugitl*^ de les; meves trepitjades. A terra
hi ha =bran(jues seques que les= =ventades fortes o el llamp han escjueixat. De 30
tant en: tant, el :verd obscur d'un= pi s= destaca *'^ del ;verd alegroi =de la
fageda ; pero Is pins sovintegen mes com mes: :va, fins que sento les= esquellesl^*
del= primer remat. Aviats veig les clapes= d'herba i =vaques qui hi pasturanp^ 35
tranquil-lament, meniresl*" algunes corren esbogerrades tot; ventant desespera-
dament la cua. Ja hi söc ; ja trobo un= vailet|*' rabada que m'acompanya on48t
es|** el= pastor.
L'estreta svall]^" que porta '1 riverol|^^ que =ve =dels52 gorcs, es tota 40
ella uns tarter, pero en el53 fons corre l'aigua sobre uns suau llit34 de molsa.
Despres|^^ la svallj^'* s'aixamp571a, i a l'esquerra s'aixeca uns serrat llarguis-
sim|^* tot cobertl^^ de sbosc, d'herba i sde mates. De sobte comengo a ''^Iveure
sblavejar el gorc Estelat. La sorpresa produida per l'apariciö sde tanta aigua 45
ens mig^' del62s cims63 espadats s'apodera sdel meu esperit, perque ess una
impressiö inesperada que ss grava fonda, fonda. No 'ms cango sde mirar less
Uatesl''"* bellu65gadices que l'airet forma...; ess uns suau gronxolar . . . Un- 51
tronc d'abet colossalj'^'' que less neus|*'' o el llamp han68 mort, que les sven-
tades fortes|''-' han70 fet tornar ''Iblancs com el marbre , , . M'ajec a la svora 58
sde l'aigua i em delito llarga estona contemplant ara l'estany, ara'172 cel, ara
■les73 roquesl^* immenses, grises, enasprades. Oh! Que '^jdolQs ess divagar 60
aqui i en76 tal77 positura ! Que hermöss deu esser en una nit estelada '*|veure
com s'hi emmirallen less estrelles. . . . dels pobres pastors|^-' isolatsss del mon. 66
L'estanyP fa neixer sentimentsj*^ de sveneraciö i sde respecte. An el82 qui
s'hi ha trobat ams tempestalsss de torb o amb el svent; xiulant en= fosca nit,
li acut . . . Aquest esl*" lloc84 de sbruixess i sde sdiables. Un85 cop a l'anyyo
hi sve 1 rector sde Noedes|'*''' a sbeneir-lo pera allunyar-ne resperit87 del mal.
i84 Owa Joh. Tallgrev,
75 Ningil **|gosaria tirar-hi una pedra, pers por sde . . . nuvols prenyats=s de
llam89ps|"" i trons. ... i sensc inoure m d'aje91gut, maquinalmentl"- ^''■°
una pedra i in'entretinc veienl los: ondcrelcs <|ue fa, i eis cercols com; s'en-
gQ grandeixen, fins que ®'|desapareix a :dins94 l'aigua.
Avant de continuer, je prie le lecteur de bien vouloir obser-
ver que le -/ des cas comme i, 7, 35, 92, de meme, l'-rde 36,
X-t- de 2, le -p- de 8g, ne se prononcent pas.
Si je me suis permis de maltraiter ainsi un texte admirable
— le sympathique auteur puisse-t-il ne jamais voir cette publi-
cation! — je Tai fait pour pouvoir preciser un peu ce que, d'une
fagon moins detaillee, j'ai ose dire dans ma critique et ce que j'ai
a demander ici ä M. Schädel. On voit que j'ai täche d'eviter
l'emploi des gros chiffres et de me servir au contraire autant que
possible de simples traits verticaux. Ces derniers ne donnent lieu
ä aucune discussion; en effet, on congoit ä la rigueur que le sujet
a pu s'arreter tant soit peu dans les cas comme 3 = 8, 4, 5, 6,
15 etc.; et l'etude de ces cas peut constituer un bon moyen de
se faire une idee de la fa(7on dont le sujet a fait la lecture de
son texte. En effet, certaines gens lisent ä haute voix de cette
maniere saccadee. Du reste, il est naturel qu'apres un temps fort
phraseologique (i, 2, 30. . .), les phenomenes sandhiques ne se
produisent pas avec autant de facilite qu'ailleurs. Or, si dejä quelques-
uns de ces cas d'absence de liaison peuvent paraitre inattendus (24,
36, 60 . . .), ä plus forte raison doit-il etre permis de demarder ä M.
Schädel s'il est sür de ne pas avoir omis quelque petit signe diacritique,
du moins, dans un certain nombre des cas marques par les gros
chiffres. II convient de diriger ä ce sujet l'attention sur 7, 11 = 82,
12, 13 (cas un peu different de 49, 83), 16 et 63, 18, 26, ainsi
que sur 10, 54, 87; de plus, encore une fois, sur 41, sur 84; 33;
37 et ']z; 52 . . .; avant tout, sur 25, 53, 70, l6-'J, 85 et, ä beau-
coup plus forte raison encore, sur 9, 19, 28, 48, 57, 62, 85, oü
un tout petit cercle doit avoir ete omis par erreur, sous les leltres
interessantes, comme cela est bien le cas de brunziri^^.^,']), de cometi(ar
(p. 54), de capitä (p. 85, deux fois), et aussi de llarguisshn (p. 79),
sanlissim (p. 83), etc. J'ose encore demander si mon expression
»fautes d'impression probables» (citee par Schädel sous »p. 221
ib.») peut paraitre inattendue en vue des cas comme 22, 31, 65,
91, dont je pourrai augmenter le nombre avec des transcriptions tirees
du morceau en vers. Enfin, on dcsirerait en savoir plus long sur
la transcription de 14 (-[z]), 21 {-r muitie sourd), 39 (-/ moitie
sourd). ^
' Pour ne pas charger le texte de trop de signes, je laisse de cote cer-
tains aulres points que j'avais ä preciser. — D'autre part, je tiens a corriger
ici une de mes propres erreurs. »Arteaga 1908», que je cite, enlre autres, ä
la p. 225, vers le milieu, ne donne pas esquetfa avec [e]. Le mot cite par
lui est eszuerra.
lincorc quelques rciiiayijHCs sur >/? Schädel, Manual de fonctica catahuia^ 185
M. Schädel a lui-meme demontre recemment [BDR II, p. i — )
iju'un phoneticien non-roman ne commet pas necessairement beau-
coup de fautes en observant des phonemes ou des mots isoles
prononccs par des Catalans. Mais ceci n'exclut point qu'il puisse y
avoir des fautes de transcription dans le livre dont il s'agit. Pas
non plus le fait que c'est M. Schädel lui-meme qui a le premier
constate l'existence en catalan de certains Lautiinlerschiede (fin de l'ali-
nea, »-S*. -^-\?») ne garantit a priori i\u& les üanscriptions en question
soient cxecutees avec tout le soin necessaire. INI. Schädel dit: >->Hen
Tallgren sagt, es sind Hö>/ehlery>. Ce n'est pas precisement cela que
j'ai dit, et je ne le dis pas pour tous les cas. —
Le Systeme vocalique du catalan offre un point qui fait l'effet
detre encore plus difficile ä etudier que les questions de la sono-
risation partielle etc.; — je pense, entre autres choses, ä l'incroyable
multitude de varietes observables non seulement d'un individu a
un autre, mais aussi chez un meine individu: je pense, en general,
ä la difficulie de fixer y et, aussi, /:/. Je me permettrai, avant de
finir, quelques notes concernant la position que M. Schädel prend
a l'egard de ce point difficile.
Dans ce que je me permettrai d'appeler transcription cou-
rante du Manual, les voyelles atones remontant a a ou <? comme
Celles des mots hbme, dbna, llevör, canii sont toates rendues par
[9]; on n'y constate nulle part cette differenciation de nos voyelles
qui caracterise et les textes et l'expose theorique de M. Arteaga
(1908, p. 452: [9] final, [b] protonique '). Autro part, toutefois, M.
Schädel semble tres enclin a admettre cette differenciation. Je fais
alluslon ä un passage de RJb VIII (public en 1908), p. I 194.
M. Schädel dit ici en rendant compte d'un travail catalan de carac-
tere phonetique: »i« der Tat lässt sich in Barcelona beobachten, dass,
wenn der Auslautvokal des Wortes, mag er nun auf a oder e zurück-
gehen, auch den reinen Indifferenzlaut darstellt, ein der Tonsilbe direkt
vorangehendes a oder e >> e (c. a d. [a]) mit ettvas stärkerem di- Ge-
halt gesprochen luird: noch mehr ist dies der Fall, zvo der Vorton
zivei Silben vor dem Hauptton steht und unter seiner Wirkung die
gänzliclie Reduktion des a und e zu e u?if erblieb, geiadezu die Stufe
a erhalten ist.-» C'est bien M. Schädel lui-meme qui le constate?
Or, la transcription du Manual (je fa's abstraction des n:os 57 — 60)
rend toutes ces voyelles, comme je le disais, par cet [a] c[ui »noffre
pas de traces de r[a]» (v. n:o 60: -»no posseex cap rastre del so [aj. . .»).
D'autre part, encore, M. Schädel dira en 1909, en rendant brie-
vement compte de Arteaga 1908: »e, a in demati (Verf. [dvmoti])
' M. Arteaga ecrit toutefois [aV] et non pas [bT]; v. /. c,
P- 454-
i8ö Oiva Joh. Tallgrcn,
soll ande's kliiioen als in vida (Verf. [bi^9]). Auch hierviit stirnmeii
meine Beobachtungen in der cstpyrenäischen und harcelo7ii sehen Gebend
nicht ühetein. Der in meinem Manual unter N:o ho . . . beschriebene,
vom Verf. unter [vj verstandene Laut kommt im Barcelonischeii ausser
lor /!/... ivohl kaum vor, jedenfalls nicht in demati (= [d9m3tij)y>
[BDR I, p. 23). II me parait fort difficile de mettre en accord ces
affirmations contraires concernant sie barcelonais». On est tente de
se demander: Est-il sür que, l'annee suivante, M. Schädel ne va pas
modifier encore une fois sa formule?
Mais ce qui precede semble donner lieu ä une reflexion plus
importante.
Des notes du barcelonais parle que le dialectologue allemand
avait prlses jadis et auxquelles se rapporte la phrase precltee:
■»In der Tat lässt sich in Batrelcna beobachten .. .•», ont ete, soit
exclues du Manual soit modifiees, tandisque d'autres notations y
ont ete admises telles quelles. Or, s'il en est ainsi, j'estime que
M. Schädel a bien fait de se corriger. — Ou bien, il se peut
que la prononciation barcelonaise lui ait paru offrir parfois une
voyelle flasque protonique, articulee avec des A, ß, y qui l'ont
fait songer ä V\jf\. Comme toutefois cette maniere d'articuler ne
lui a point semble etre la courante, il a prefere ecrire partout
[a]. Pour mon compte je ne vois rien de blamable en cec', car
il n'etait qaestion lä que de cette espece de »Schwankungen in der
Aussprache-» qui sont »zu minimal und akustich zu irrelevant . . .
als dass sie in diesem Handbuch berücksichtigt zu zverden brauchten».
Nous voila en presence d'une espece de »normalisation negative»,
qu'il est en tout cas interessant de constater chez M. SchJldel.
Or, Ton se demande: n'eüt-il pas ete utile d'aller un peu
plus loin encore, dans cette meme direction ? Puisque l'on peut tou-
jours constater un grand nombre de nuances correspondant a cha-
cun des signes d'une notation alphabetique; puisqu'il est a priori
impossible d'inventer un si'gne special pour chacune de ces nuan-
ces; et puisque, enfin, un sujet ne prononcera jamais une serie
de phonemes deux fois de suite exactement de la meine maniere,
ä quoi bon fausser la prononciation par une transcription qui exa-
gere l'importance de ces nuances accidentelles ? Car c'est bien fausser
un peu la prononciation que de transcrlre, une fois -[ara], et une
autre fois, -[agga]: dans la realite, on doit cependant avoir, la plu-
part cies fois, quelque chose d'intermediaire. ' Sans vouloir unifor-
' Je dirai en passant que, pendant les quelques jüurs que j'ai eu l'occa-
sion d'observer directement le catalan parle, la consonne de -atje m'a fait
l'effet d'etre le plus souvent un [g] qui s'assouidit, ä peine commence. Si cette
articulation se reiicontre chez beaucoup de Catalans, on pourrait peut-eire se
servir de la transcription »[g]», c. ä. d. [g] sourd quant a la derniere partie
Encorc quelques remarques sur tB. Schädel, Manual de fonetica iatalaiia>. 187
mer ou »normaliser» autant que le fait M. Arteaga (cf. mon expres-
sion »ce qui est curieux», p. 225, en haut), j'ose declarer croire ä
ce sujet que M. Schädel est alle un peu trop loin dans le sens
contraire, ä part le cas de la voyelle [a] et — les fautes d'impression.
En d'autres termes: ou ma critique etait injuste et la transcription
de M. Schädel est bonne metne dans des cas comme [sagirsn]
(ou Ton s'attendrait a [ü] ; p. 83, 1. 13), ce qui signifierait que
IM. Schädel a reproduit des nuances accidentelles qui parais-
sent encore plus minimal und ahisUsch irrelevant que les differentes
nuances representecs par le signe 3; ou les textes phonctiques en
question offrent un trop grand nombre de fautes. J'ose ajouter que
la deux"eme de ces alternatives me parait ctre de beaucoup la plus
vraisemblable dans la plupart des cas en question: et, s'il m'etait
arrive de porter un jugement injuste sur quelques-uns de ces cas,
j'espere que M. Schädel voudra bien me le faire savoir.
Somme toute, l'etat des textes phonetiques offerts dans le
Marina', est tel qu'il me semble tres difficile de reprendre mon accu-
sation.
Ceux que la phonctique catalane Interesse et ejui ne peuvent
pas se rendre en Calalogne, doivent en tout cas etudier, k cote du
Manual de M. Schädel, l'autre travail important paiu dans la meme
annee, celui de JNI. Arteaga Pereira. Le desaccord que l'on observe
entre les indications de ces deux auteurs, dans un grand nomb.e de
cas, est d'autant plus digne d'ctre pris en consideration que la
transcription du catalaniste allemacd, meme lä ou eile est constante,
offre certaines particularites qui sont en pleine contradiction avec
ce que nous dit le phoneticien catalan. Bien entendu, ce grammat'.ci
ceüant n'implique pas pour chaque point que Tun ou lautre ait neces-
sairement (ort! — Une liste complete des points de controverse en
qaestion pourrait offrir de l'interet, etant donne surlout que Tarticle
de M. Arteaga est diff.clement accessible. Mais un travail de ce
genre m'entrainerait trop loin.
Oiva Joh. T alleren.
de sa duration. Ce serait encore, i! est vrai, une indication tres grossicre, mais
(|ui harmoniserait avec celle de l'assourdissement de »i, « etc.
j88 Protokolle des AUuphilologiscIien Vereins.
Protokolle des Neuphilologischen Vereins.
Protokoll des Neuphilologischen Vereins
vom I. Oktober 1910, bei welcher Sitzung der
Vorstand und 6 Mitglieder anwesend waren.
§ I-
Der Vorsitzende Prof. A. Wallensköld eröffnete die Sitzung
mit folgender Ansprathe, welche die Anwesenden stehend anhörten:
»Meine Herren!
Indem ich die erste Sitzung dieses akademischen Jahres er-
öffne, habe ich die traurige Pflicht Ihnen den am 28. August d. J.
erfolgten Tod unseres Ehrenmitglieds, Staatsrat Carl Gustaf Esilaii-
fet, kundzugeben. Welche Bedeutung der Verstorbene für die
Entwickelung des Kulturlebens Finnlands überhaupt gehabt, ist nicht
hier der Ort hervorzuheben. Was uns direkt interessiert, ist seine
Stellung zu den neuphilologischen Studien in Finnland. In dieser
Hinsicht kann Estlander gewissermassen als der erste Vertreter der
neuphilologischen Studien an unserer Universität betrachtet wer-
den. Seit 1860 als Lehrer der Ästhetik und modernen Litteratur
an der Helsingforser Hochschule wirkend, zuerst als Dozent, dann
als Inhaber des für diese Disziplin errichteten festen Lehrstuhls,
hat Estlander während seiner 38-jährigen Lehrertätigket und auch
nach seinem im Jahre 1898 erfolgten Abschied als Emeritus meh-
rere wertvolle Beiträge zu der Litteraturgeschichte der germanischen
und romanischen Völker im Mittelalter gegeben, und somit auch für
diejenige Seite der modernen Philologie, welche die ältere littera-
rische Produktion der betr. Völker umfasst, gewirkt.
Schon die Doktorschrift Estlanders (1858) behandelte einen
Gegenstand aus der Litteraturgeschichte des Mittelalters: »Richard
Löw>enherz in der Geschichte und in der Poesie» (in schwedischer
Sprache), und auch sein Spezimen für die Dozentur, »Die Volks-
lieder von Robin Hood» (in schwedischer Sprache, 1859), kann
als zum Gebiet der modernen Philologie gehörig angesehen wer-
den. Als Dozent veröffentlichte er in den Acta Societatis scien-
tiarum Fennicae eine schwedische Übersetzung des »Poema del
Cid» nebst einer kritischen und historischen Einleitung (1863, schwe-
disch), sowie »Pieces inedites du roman de Tristan, precedees de
recherches sur son origine et son developpement» (1866), und im
Jahre 1868 erschienen als Professorsspezimen seine »Beiträge zur
Geschichte der provenzaüschen Litteratur» (schwedisch). Ausser-
dem hat er, ausser einigen kleineren Beiträgen zur älteren Litte-
raturgeschichte, noch so spät wie 1900, den ersten Teil einer alige-
Protokolle des N^ciiphilologiscltcn Vereins. 189
me'nen Lilteraturgesch'chte der modernen Völker, welcher aus sei-
nen Vorlesungen hervorgegangen war, veröffentlicht.
Estlander war als Litteraturhistoriker ein Vertreter der älte-
ren ästhetischen Richtung, für welche die moderne philologische,
rein objektive Forschungsmethode noch fremd war. Seine umfas-
senden Kenntnisse und sein feines ästhetisches Gefühl geben aber
denjenigen seiner litterarhistorischen Arbeiten, welche zu unseicm
Gebiete gezählt werden können, einen dauernden Wert.
Als unser Verein im Jahre 1888 begründet wurde, war es
natürlich, dass Professor Estlander zu dessen erstem Ehrenmitglied
gewählt wurde. In dieser Eigenschaft zeigte er uns bei mehreren
Gelegenheiten seine wohlwollende Gesinnung, obgleich er sich nicht
für die rein sprachwissenschaftliche Seite unserer Bestrebungen inte-
ressieren konnte. Als Beispiel der Liebenswürdigkeit des Altmei-
sters gegen uns mag hervorgehoben werden, dass er sogar einmal
einen Beitrag für unsere »Neuphilologischen Mitteilungen» geliefert hat :
eine Besprechung von Johan Visings Arbeit über die provenza-
lische Troubadourpoesie (1904).
Der Verlust dieses hochgeschätzten Gönners und Freundes
muss uns alle sehr schmerzlich berühren. Um unserer Dankbar-
keit und Verehrung zu dem Verstorbenen einen bescheidenen Aus-
druck zu geben, wurde von dem Vorstande des Vereins auf sei-
nem Grabe ein Blumenkranz niedergelegt, dessen Inschrift lautete:
»Hommage reconnaissant
de la Socicte neo-philologique de Helsingfors
a son membre honoraire v euere
Carl Gustaf Estlander».
Möge der Name des verstorbenen Veteranen im Gedächtnis
unserer Vereinsmitglieder immer fortleben als der des ersten Pioniers
auf dem neuphilologischen Studiengebiete an unserer Univers'tät!»
Das Protokoll der letzten Sitzung des Frühjahrssemesters wurde
verlesen und geschlossen.
>? 3-
Der Sekretär Dr. A. Lang/ors verlas den Jahresbericht für
das akademische Jahr 1909 — 19 10.
§ 4.
Die Vorstandswahl für das akademische Jahr 19 10 — 11 er-
gab folgendes Resultat: Zum ersten und zweiten Vorsitzenden war-
IQO rrolokoUe des Nciiphilologischcn Vereins .
den Prof. A. Wallenshöld und Dr. //. Suolahti wiedergewählt. Als
Schriftfülirer und Kassenverwalter anstatt Dr. A. Längfors, der wegen
Zeitmangels verhindert war das Sekretariat zu übernehmen, wurde
Mag. phil. K. A. Nynnan gewählt. Zu Revisoren wurden die Dok-
toren 0. /. Tallgren und E. Järnström gewählt.
Prof. A. Wallenshöld hielt einen Vortrag über den Gegen-
stand: Die Popularisierung der Sprachwissenschaft. Es wäre, meinte
der Vortragende, wünschenswert, dass populär gehaltene sprachwissen-
schaftliche Werke verfasst würden. Dadurch sei es möglich, ein
grösseres Publikum als ausschliesslich die philologisch Gebildeten für
einschlägige Fragen zu interessieren. Auch habe man in der letzteren
Zeit immer mehr die grosse Bedeutung eingesehen, die darin liegt,
dass das Volk zunächst mit der Entwickelung seiner Muttersprache
bekannt gemacht wird. Leider sei bei uns in dieser Hinsicht noch
sehr wenig getan worden. Anders verhalte es sich allerdings in
Deutschland und Frankreich. Da sei man schon seit längerer Zeit
bestrebt^ dem Volk in das Leben der Sprache, wie in die Fort-
schritte der modernen Sprachwissenschaft, Einblick zu gewähren.
Verschiedene Werke seien erschienen, die dieses Ziel im Auge
haben. Eine besonders glückliche Lösung hätten diese Bestre-
bungen gefunden in der von Prof. H. Strigl in Wien herausgege-
benen Zeitschrift: Sprachwissenschaft für alle. Prof. Strigl sei
bestrebt, seine Leser mit dem Wesen der Wortforschung bekannt
zu machen, was sicherlich auf grosses Interesse rechnen könne.
Trotz zahlreicher Fehler in den Details habe die Zeitschrift, ins-
besondere durch ihre anregende Darstel'ungsweise, einen im grossen
und ganzen vorteilhaften Eindruck auf den Vortragenden gemacht.
Zum Schluss sprach der Vortragende den Wunsch aus, dass die Scliul-
lehrer sich öfter mit Etymologisieren beschäftigen sollten, als dies
gewöhnlich der Fall sei. Dabei könnte die erwähnte Zeitschrift ih-
nen gute Dienste leisten.
Dr. Suolahti fand die von Prof. Wallensköld ausgesprochenen
Wünsche sehr beachlenswert und meinte, dass es sogar die Pflicht der
Gelehrten sei, die Wissenschaft so populär als möglich darzustellen.
In Deutschland sei das Interesse für sprachliche Fragen schon so
lebhaft, dass es gar nicht selten sei, in den Spalten der allgemei-
nen Zeitungen Artikel zu fiaden, die so spezielle Sachen wie indo-
germanische Sprachforschung behandelten. Andernteiis solle man
sich davor hüten, dass man nicht allzu grosse Anforderungen an das
Interesse des Publikums für hierhergehörige Fragen stelle. Was die
Muttersprache anlangt, könne man sicher auf Interesse rechnen;
Protokolle des Nctiphilologischen Vereins. 191
wenn es sich um fremde Sprachen handle, müsse man viel beschei-
dener sein.
Prof. Lindelöf hob hervor, dass die Verhältnisse in Deutsch-
land und bei uns, was den neusprachlichen Schulunterricht betrifft,
völlig verschieden seien. Während man in den deutschen Real-
gymnasien über 48 Stunden für fremde Hauptsprachen verfügt,
was ein tieferes Eindringen in die Sprache ermöglicht, sei die Stun-
denzahl bei uns viel zu gering, als dass man einen grösseren Er-
folg von derartigen Bestrebungen erwarten könne.
In fidem
K- A. Nyman.
Protokoll des Neuphilologjschen Vereins vom
22. Oktober 1910, bei welcher Sitzung der Vor-
stand und 20 Personen, unter denen einige ein-
geladene Gäste, anwesend waren.
§ I-
Das Protokoll der letzten Sitzung wurde verlesen und ge-
schlossen.
Die Diskussion behandelte den Vorschlag des währenci der
im Januar IQ09 in Helsingfors abgehaltenen Neuphilologentage
niedergesetzten Komitees betreffs des Unterrichts in der sogenannten all-
i^emeinen Grai7imatik. Da die Frage allgemein grammatischer Art
war und die Erlangung von Einigkeit darin von praktischer und
prinz'pieller Bedeutung ist, waren auch Lehrer und Lehrerinnen
dei beiden einheimischen Sprachen eingeladen worden.
Die Diskussion wurde von Prof. A. Wallensköld eingeleitet,
der eine kurze Übersicht über frühere Behandlungen dieser Frage
gab. Bei den Neuphilologentagen 1909 sei sie erörtert worden, wobei
die Referenten, die Doktoren Hui^fors und Sa.xe'n, darin eins ge-
wesen seien, dass es infolge der kleinen Stundenzahl, worüber die
Muttersprache verfügt, dieser Sprache allein nicht zukomme, den
Unterricht in der sogenannten allgemeinen Grammatik zu erteilen,
sondern dass jede Sprache in die Arbeit für die Befestigung der
grammatikalischen Vorkenntnisse, die die Muttersprache zuerst mitge-
teilt, hineingezogen werden solle. Um einen eingehenden Vor-
schlag zustande zu bringen, sei ein Komitee niedergesetzt worden,
dessen erste Sitzung im Januar 1909 stattfand. Der Komitee-
192 r rot ok olle des Neiiphilologischeu Vereins.
bcricht sei in Tabellenform abgefasst und bespreche die verschie-
clenen grammatikalischen Begriffe, die in den respektiven Klassen zur
Sprache genommen werden sollten. Es komme jetzt, sagte Prof.
W., auf die Diskussion an, abzumachen, ob der Vorschlag des
Komitees als befriedigend oder nicht angesehen werden könne.
Dr. Kajslen war der Meinung, dass man noch zu viel einer
toten Gramniatikdressur anheimgefallen sei. Der Unterricht in den
modernen Sprachen würde viel gewinnen, wenn die phraseologische
Seite der Sprache mehr als bis jetzt beobachtet würde. Was den
Komiteebericht betreffe, habe die Muttersprache einen verhältnis-
mässig zu grossen Raum erhalten. In gleich hohem Grade komme
es den Lehrern der fremden Sprachen zu, an der grammatischen
Schulung teilzunehmen.
Prof. Wallensköld entgegnete Dr. Karsten, dass eine Reduk-
tion in dem Grammatikunterricht schweilich denkbar sei, so lange
(las Abiturientenexamen die jetzige Form habe. Doch solle man
keineswegs den Wert der Grammatikdressur überschätzen. Die
Grammatik sei nur Mittel, nicht Zweck. Der beste Unterricht in
den modernen Sprachen sei doch schliesslich derjenige, der auf
praktische Weise mitgeteilt wird. Besonders solle man es auf den
niederen Stufen der Schule beachten.
Prof. Lindelöf fand, dass der Ausdruck »allgemeine Gramma-
tik» sehr schwankend sei. Man vermeide deshalb so viel als mög-
lich von allgemeinen grammatikalischen Begriffen zu sprechen und
strebe vielmehr darnach, den Unterricht in den verschiedenen
Sprachen so individuell als möglich zu machen. Übrigens stimmte
Prof. L. mit dem Komitee darin völlig überein, dass ein Zusam-
menwirken von den Sprachlehrern wünschenswert sei. Es sei zu-
erst die Sache der Muttersprache, den grundlegenden grammatika-
lischen Unterricht zu erteilen, der dann von den verschiedenen an-
deren Sprachen vertieft und erweitert ^v■erden solle.
Dr. Sa.xm wollte den Umstand, dass die Muttersprache in
dem Komiteebericht einen, wie es scheinen könne, zu grossen Raum
erhalten habe, damit erklären, dass es keineswegs die Meinung
gewesen sei, der Muttersprache allein die Erlernung der betreffenden
Begriffe anzuvertrauen, sondern dass der Lehrer der Muttersprache
sie zuerst zur Sprache nehme und dass die so erworbene Kennt-
nis später von den übrigen Sprachlehrern mehr spezialisiert werde.
Dr. Hagfors konstatierte, dass d'e Diskussion gezeigt habe,
dass man, von einzelnen Details abgesehen, mit dem Komitee ei-
nig sei. Man solle daher in der Praxis zur Realisierung des von
dem Komitee gemachten Vorschlags schreiten.
Als das Endresultat der Diskussion wurde festgestellt, dass
es wohl der Muttersprache zukomme, den grundlegenden gramma-
Eingesandte Litteratur, AfUteilungen, 193
tischen Unterricht zu erteilen, was aber keiaeswegs die übrigen
Lehrer befreie von einer mit Rücksicht auf die verschiedenartige
Struktur der respektiven Sprachen immerfort geschehenden Befesti-
gung und Erweiterung des erlangten Wissens. Im Anschluss an
den von Dr. Hagfors ausgesprochenen Wunsch beschioss der Verein
schliesslich eine Aufforderung an Sprachlehrer und -lehrerinnen zu
richten, in der Praxis dem von dem Komitee gemachten Vorsclilag
versuchsweise zu folgen.
In fidem:
K A. Nyman.
Eingesandte Litteratur.
//ff/zs 5/'n'g'/, Sprachwissenschaft für alle. III. Jahrg. Nr. 3 — 5.
Wien, L. Weiss, igio.
Wilhelm Victor, Einführung in das Studium der englischen
Philologie als Fach des höheren Lehramts. Vierte umgearbeitete
Auflage. Marburg i. H., N. G. Elwert, igio. XII -|- 142 S. 8:0.
Schriftenaustausch.
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Moderna Spräk, Jahrgang IV, Nr. 7— 8 (Okt. — No/. 19 10).
Entliält u. a. S. 106: E. A. Meyer, Atkinsons Mou'h-Measurer.
Museum, iS'^^ Jaargang, N:o 2 — 3 (Nov. — Dec. iqio).
Päivä 19 10, Nr. 40 — 45.
Revue gennanique, 6<= annee, N° 5 (Nov.— Dec. 19 10). Som-
maire: L. Pineau, L'Histoire et la Poesie populaire au moyen age
scandinave; J.-E. Spenle, La Religion artistique de Bettina: Goethe
et Beethoven, etc.
Virittäjä 19 10, Nr. 7.
Mitteilungen.
An die LeJiier und Lehrerinnen der deutschen Spiache.
Wiederliolt gelangen an mich Anfragen, ob es einen Schlüs-
sel" zu meinem deutschen Übungsbuche giebt. Es giebt keinen,
und zwar aus dem Grunde, weil ich im Zweifel b.'n, ob der Nut-
zen eines solchen den Missbrauch, der damit betrieben werden
1 94 Mitteilungen,
könnte, und den daraus resultirenden Schaden aufwiegen würde,
selbst unter der Voraussetzung, dass das Buch nicht in den Han-
del gelangte, sondern nur direkt an Lehrer und Lehrerinnen abge-
geben würde. Ich bin indessen bereit unter der oben angegebe-
nen Voraussetzung einen Schlüssel (nicht als glatte Übersetzung,
sondern als Variantensammlung der schwierigen Stellen) drucken zu
lassen, falls nicht Stimmen aus Kollegenkreisen sich ausdrücklich
dagegen vernehmen lassen. Ich wäre deshalb meinen verehrten Kol-
legen und Kolleginnen für eine Aussprache hierüber dankbar.
Helsingfors, Mikaelsgatan i, d. 12 November 19 10.
JohaniuKs Ohijujst.
Einheimische Publikationen: T. E. Karsten,
Äldre germansk kultur i Finland belyst af ortnamnen (Studier i noid.
filol. II, Nr. 2), Helsingfors 19 10, 47 S. — Werner Söderkjelm,
Studier i fransk berättarkonst. I. Novellens anor. Helsingfors, Lilius
c'v Hertzberg, 19 10. 287 S. S:o.
Ausländische Besprechungen einheimi-
scher Publikationen: Memo'res de la Societc ne'o-philologi-
que de Helsingfors, Bd. V, bespr. von J. J. Hartman im Museum
XVIII, Sp. 49—51 (fast ausschliesslich den Aufsalz von E. Zillia-
cus, »Giovanni Pascoli et l'antiquite», behandelnd). — A. Wallen-
sköld, La Construction du complement des comparatifs etc. (Mem.
de la Soc. neo-phil. de Helsingfors, V), bespr. von H. Naef
(Trieste) in Le Maitre Phon. 19 10, S. 157 — 9.
Berichtigungen: Der Verfasser der oben S. 149 er-
wähnten »Notice sur i'Idiome sud-esthonien» und »Compte-rendu
de H. Möller, Indo-europ?eisk-semitisk sammenlignende Glossarium»
ist Henri Bowi'eois.
SEP t lOCf
FB
Neuphilologische Mittel
5
lungen
i;^3
Jg. 10-12
PLEASE DO NOT REMOVE
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LIBRARY