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^7:
Nordisches Plankton
Zoologischer Teil
Zweiter Band
TUNICATA, MOLLUSCA
Kiel und Leipzig
Verlag von Lipsius & Tischer
l^£^M
Inhalt
III. DoHoliden Von Prof. Dr. Borgert
1901, pag. 1—4
Salpen Von Prof. Dr. Apstein
1901, pag. 5-10
Appendicularien Von Prof. Dr. Lohmann
1901, pag. 11-21
„ Nachtrag . . 1911, „ 23-29
Ascidienlarven Von Prof. Dr. Lohmann
1911, pag. 31—47
IV. Pteropoden Von Prof. Dr. Lenz
1906, pag. 1—8
Cephalopoden Von Prof. Dr. Pfeffer
1908, pag. 9-116
V. Gastropoden Von Prof. Dr. Simroth
1911, pag. 1—36
Acephalen Von Prof. Dr. Simroth
1913, pag. 37—55
/ 7 ^
III. Die nordischen Dolioliden.
Von
Dr. A. Borgert in Bonn.
Das eigentliche Verbreitungsgebiet dieser Familie, welche die drei
Gattungen Anchinia, Dolchinia und Doliolum umfasst, sind die wärmeren
Meerestheile.
Einzige nördlich vom 50. " n. Br. vorkommende Gattung: Doliolum, mit
4 Arten : Dol. krohni, Dol. sp., Dol. tritonis und Dol. naüonalis.
Von den vier Individuenformen, die der Entwicklungscyklus bei
Doliolum umfasst (Geschlechtsthier, Pflegethier, Nährthier und Amme) gleicht
das Pflegethier bis auf das Fehlen von Geschlechtsorganen und den Besitz
eines am hinteren Körperende ventral entspringenden kurzen Fortsatzes dem
Geschlechtsthiere. Nährthier bei den hier aufgeführten Arten unbekannt.
Amme nur von Dol. krohni beschrieben aber bisher nicht sicher von der
zu Dol. mülleri Krohn gehörenden unterschieden.
1. Doliolum krohni. Herdman 1888 (Fig. 1).
Öva/wur}^/
Fig. 1. Doliolum krohni.
Dol. krohni Herdman, W. A. Report upon the Tunicata of the Challenger.
Part III. Challenger-Report. Zoology Vol. XXVII. 1888.
— Borgert, A. Die Thaliacea der Plankton-Expedition. C. Ver-
theilung der Doliolen. Ergebn. d. Plankt.-Exped. Bd. IL
E. a. C. 1894.
— Borgert, A. Die Doliolum-Ausbeute des „Vettor Pisani".
Zoolog. Jahrb. Abth. f. Syst. etc. Bd. IX. 1896.
Nord. Plankton II.
III 1
IIJ 2 ^^- A- Borgert.
Geschlechtsthier. Kieme eine aufrecht stehende, nach hinten vor-
gewölbte Scheidewand zwischen Pharyngeal- und Cloakalhöhle bildend,
jederseits der Medianlinie mit zahlreichen (mehr als 12 und bis zu 45)
Spalten, die dorsal und ventral bei dem fünften Muskelreifen (eben vor oder
hinter demselben) beginnen. Endostyl lang, hinter dem zweiten Muskel-
reifen beginnend und bis beinahe an den fünften Muskelring nach hinten
sich erstreckend. Darmtractus U-förmig gebogen, zusammen mit Ovarium
und Hoden zwischen dem fünften und sechsten Muskelreifen gelegen.
Hoden von birn- oder keulenförmiger Gestalt, nach der ventralen Seite ge-
richtet und mit seinem Ende in eine Aussackung der Körperwandung hinein-
ragend. — Länge bis 7 mm.
Fundorte: Golfstrom, nördlicher und südlicher Ast; irminger See. (Im
Atlantik ausserdem noch im Floridastrom, der Sargasso-See und weiter
südlich in allen Stromgebieten bis zum Südaequatorialstrom an zahlreichen
Orten gefangen. — Im Pacifik westlich von Valparaiso und bei Callao
erbeutet.)
2. Doliolum sp. Borgert 1894 (Fig. 2).
Dol. sp. Borgert, A. Die Thaliacea der Plankton-Expedition. C. Ver-
theilung der Doliolen. Ergebn. d. Plankt.-Exped. Bd. II.
E. a. C. 1894.
Unsichere Art; von Dol. krohni haupt-
sächlich durch die Gestalt der Ge-
schlechtsorgane unterschieden, die hier
aufserdem auffallend schwach entwickelt
sind, auch wurde in keinem Falle ein
ausgebildetes Ei im Ovarium angetroffen.
/ _i . i _\ Vielleicht nur degenerirte Individuen der
Q,ndoslyl ; vorigen Art.
Fig. 2. Doliolum sp. Geschlechtsthier. Kieme eine auf-
recht stehende Scheidewand zwischen
Pharyngeal- und Cloakalhöhle mit zahlreichen Spalten, die sowohl
an der dorsalen wie an der ventralen Seite vor dem fünften Muskelringe
beginnen. Endostyl von bedeutender Länge, meist schon im ersten Inter-
muscularraume beginnend und beinahe bis an den fünften Muskelreifen nach
hinten sich erstreckend. Verdauungstractus U-förmig gebogen, zwischen
dem fünften und sechsten Muskelringe liegend. Ovarium hinter dem sechsten
Muskelreifen gelegen. Hoden von gestreckter schlauchförmiger Gestalt,
mehr oder minder geschlängelt, parallel zur Längsachse des Körpers nach
vorn verlaufend. — Länge bis annähernd 6 mm.
Fundorte: Nördlicher Ast des Golfstromes und Irminger See. (Ausser-
dem Grenzgebiet des Labrador- und Floridastromes, Sargasso-See und
Nord-Aequatorialstrom). Fast nur in Fängen aus etwas grösserer Tiefe.
Die nordischen Dolioliden.
III 3
3. Doliolum tritonis Herdman 1888 (Fig. 3).
Dol. denticulatum Q. u. G. Herdman, W. A. Report on the Tunicata of
the Triton. Transact. Roy. Soc. Edinb. Vol. XXXII.
Part I. 1883.
Dol. tritonis Herdman, W. A. Report upon the Tunicata of the Challenger.
Part III. Challenger-Report. Zoology Vol. XXVII. 1888.
— Borgert, A. Die Thaliacea der Plankton-Expedition. C. Ver-
theilung der Doiiolen. Ergebn. d. Plankt.-Exped. Bd. II.
E. a. C. 1894.
— Borgert, A. Die Doliolum-Ausbeute des „Vettor Pisani".
Zoolog. Jahrb. Abth. f. Syst. etc. Bd. IX. 1896.
— Fowler, H. Contributions to our knowledge of the plankton
of the Faeroe Channel. Nr. VI. Proc. Zool. Soc. London.
June 21. 1898.
Doliolum Vanhöffen, E. Grönland-Expedition der Gesellschaft f. Erd-
kunde z. Berlin 1891 — 1893. Bd. II. Theil I. 1897. Cap. 7.
Das Oberflächen-Plankton der Nordsee, des Atlantischen
Oceans und der Davis-Strasse.
JÜJ^-:.
Juetne
Geschlechtsthier. Kieme
länger als bei den vorigen beiden
Arten und stärker nach hinten
vorgewölbt, mit vielen Spalten,
die dorsal im dritten Intermus-
cularraume in der Nähe des
Nervenknotens beginnen, auf der
ventralen Körperseite unmittelbar
bei dem fünften Muskelreifen
Ovaium enden oder v^eiter nach vorn
Fig. 3. Doliolum tritonis. Intermuscularraumes reichen
können. Endostyl aus dem zweiten Intermuscularraume bis in den vierten
nach hinten sich erstreckend. Magen im fünften Intermuscularraume ge-
legen. Darm eine Spiraltour beschreibend und im fünften oder sechsten
Intermuscularraume ausmündend. Ovarium ventral dicht vor dem siebenten
Muskelreifen, selten hinter demselben, gelegen. Hoden von gestreckter,
mehr oder minder geschlängelter, wurstförmiger Gestalt und wechselnder
Länge, nach vorne schräg zur Rückenseite aufsteigend. — Länge bis 12 mm.
Fundorte: Nördlicher Ast des Golfstromes bei den Hebriden und
weiter westlich sowie zwischen Schottland und den Far Öer; Nordsee in
der Nähe der Shetland-Inseln. (Im Atlantik ausserdem noch Labradorstrom (?),
Floridastrom, Sargasso-See, Nordaequatorial-, Guinea- und Südaequatorial-
strom sowie südlicher Ast des Golfstromes. — Im Pacifik an verschiedenen
Stellen der Westküste Süd-Amerikas zwischen Valparaiso und Callao, ferner
ausserhalb des Golfes von Panama, östlich derGalapagos und bei Hongkong.)
Ili 1*
III 4
Dr. A. Borgert.
DoL nationalis
4. Doliolutn nationalis Borgert 1893 (Fig. 4).
Dol. challengeri var. Traustedt, M. P. A. Die Thaliacea der Plankton-
Expedition. Ergebn. d. Plankt.-Exped. Bd. IL
E. a. C. 1893.
Borgert, A. Die Thaliacea der Plankton-Expedition.
C. Vertheilung der Doliolen. Ergebn. der Plankt.-
Exped. Bd. II. E. a. C. 1894.
Borgert, A. Die Doliolum-Ausbeute des „Vettor
Pisani". Zoolog. Jahrb. Abth. f. Syst. etc. Bd. IX. 1896.
Fowler, H. Contributions to our knowledge of the
plankton of the Faeroe Channel Nr. VI. (On the
occurrence of Dol. nationalis in British waters) Proc.
Zool. Soc. London June 21. 1898.
Geschlechtsthier.
Jüerm
Jic</a
bnJoafyl
Kieme lang, nach hinten
stark vorgewölbt, mit
^^ zahlreichen Spalten, die
an der Rückenseite bei
dem zweiten Muskel-
reifen beginnen und ven-
tral zwischen dem vierten
und fünften Muskelringe
endigen. Endostyl etwa
vom zweiten bis an
den vierten Muskelreifen
reichend. Darm knie-
D^um tmctus förmig gebogen, bei dem
sechsten Muskelringe auf
der rechten Körper-
seite ausmündend. Ovarium im sechsten Intermuscularraume gelegen. Hoden
von gestreckter wurstförmiger oder keulenförmiger Gestalt und wechselnder
Länge, parallel zur Längsachse des Körpers nach vorn verlaufend. — Länge
3 mm und darüber.
Fundorte: Plymouth und Valentia (Südwestküste Irlands). (Die Art
ist eine ausgesprochene Warmwasserform, die den 50. " n. Br. nur vereinzelt
unter günstigen Bedingungen nach Norden zu überschreitet. Im Atlantik
im Floridastrome, der Sargasso-See, im Nordaequatorial-, Guinea- und Süd-
aequatorialstrom sowie im südlichen Ast des Golfstromes vorkommend. —
Im Mittelmeere bei Malaga erbeutet. — Im Pacifik an der Westküste Süd-
Amerikas an verschiedenen Stellen zwischen Coquimbo und Callao sowie
ausserhalb des Golfes von Panama gefangen.)
Fig. 4. Doliolutn nationalis.
Salpidae, Saipen.
Von
Dr. C. Apstein in Kiel.
Pelagische Tunicaten, deren oval bis schlauchförmiger Körper in einen
mehr oder weniger dicken Mantel eingehüllt ist. Der Mantel enthält Tunicin,
einen der Cellulose ähnlichen Stoff. Die Muskeln bilden meist keine voll-
ständigen Ringe. Die Kieme ist ein zwischen Flimmerrinne und Darm aus-
gespanntes Rohr. Bei den Saipen ist Generationswechsel (durch Chamisso
entdeckt) vorhanden: Die Geschlechtsform (forma gregata) bildet je nach
der Art 1 — 4 Embryonen, die ihrerseits als ungeschlechtliche Form (forma
solitaria) an einem Stolo die Geschlechtsform sprossen. Im Nordatlantischen
Ocean sind 3 Arten heimisch, die sich folgendermafsen unterscheiden lassen:
1) Muskulatur symmetrisch:
a) 4 Muskeln, die 3 ersten in einer Gruppe: S. mucronata greg.
b) 6 Muskeln vorhanden
a) 2 — 4 und 5 u. 6 je eine Gruppe bildend: S. mucronata sol.
ß) 1—4 und 5 u. 6 „ „ „ „ S. fusiformis greg.
c) 9 Muskeln, die 3 ersten und die beiden
letzten je eine Gruppe bildend S. fusiformis sol.
d) 11 Muskeln S. asymmetrica sol.
2) Muskulatur asymmetrisch: S. asymmetrica greg.
1) Salpa mucronata Forsk (Fig. 5 a, b.)
Syn: S. democratica mucronata Forsk.
Wichtigste Litteratur: *)
Forsk: Descript. animalium etc. quae in itinere orientalis abservavit.
Hauniae 1775.
Cuvier: Le regne animal. (Mollusques) Paris 1828.
Meyen: Beiträge zur Zoologie, gesammelt auf einer Reise um die Erde.
1. Abth. über die Saipen. Nova Acta Acad. caes. Leop. Carol. nat.
curios. Tom 16. 1832.
Quoy et Gaimard. Freycinet: Voyage autour du monde. Zool. Paris 1824.
Chamisso de animalibus quibusdam e classe vermium Linneana. Fase. 1
de Salpa Berolini 1819.
M' Jntosh: Some Observations on British Salpae (S. spinosa) Journ. Linnean
Soc. London. Zool. Vol. 9. 1868.
Traustedt: Bidrag til Kundskab om Salperne (Spolia atlantica) Vidensk.
Selsk. Skrifter. 6. Reihe. Nat. og Math. Afd. 1885.
— Die Thaliacea d. Plankton- Expedition. A. Systemat. Bearbeitung. 1893.
*) Weitere Litteratur siehe Traustedt 1885.
III 6
Salpidae, Salpen.
Herdman: Report upon the Tunicata III. Report on the sc. Results of the
Voyage of H. M. S. Challenger. Zoology. Vol. 27.
Brooks: The Genus Salpa. Mem. from the Biolog. Laborat. of the Johns
Hopkins University. Baltimore 1893.
Apstein: Die Thaliacea der Plankton-Expedition. B.: Vertheilung der
Salpen. 1894.
Aurivillius: Vergl. thiergeogr. Unters, über d. Plankton-Fauna des Skageraks.
Kgl. Sv. Vet. Akad. Handl. Bd. 30. Nr. 3. 1898. Stockholm.
Forma gregata (Fig. 5 a) Die Salpe vom Rücken gesehen.
Oval, Mantel dick, an der einen Seite oft eine kleine Ausbuchtung
tragend.
4 Muskeln vorhanden. Die 3 ersten
in der Mitte des Körpers gelegenen
zu einer Gruppe vereinigt, auf dem
Rücken nicht zusammenstossend;
der 4. dorsal quer verlaufend auf dem
Bauche etwas nach vorn gerichtet.
Ein- und Ausführöffnung dorsal.
1 Embryo. Darm blau gefärbt.
Länge: bis 15 mm.
Forma solitaria (Fig. 5 b) Die
Salpe vom Rücken gesehen.
Cylindrisch, Mantel dick mit 2
langen und mehreren kürzeren oft
gezackten Endanhängen.
6 Muskeln vorhanden. Der erste
auf dem Rücken unterbrochen, der
2 — 4. und 5 — 6. zu je einer Gruppe
auf dem Rücken vereinigt, auf dem
Bauche der 4. und 5. zusammen-
stossend. Stolo einen Ring um den
braunroten Darm bildend.
Fig.5a. S.mucronata forma gregata yomRücken
Länge: bis 25 mm. pig.Sb. „ „ „ solitaria „ „
Fundorte im Gebiete: Golfstrom- Figuren-Erklärung: *)
form* häufig zwischen Hebriden a) Einführöffnung, b) Ausführöffnung, d) Darm (Nucleus),
' ° ' e) Endostyl, f) Flimmerrinne, g) Gehirn mit Auge,
Faeroer und Norwegen bis in den i) Embryo, k) Kieme, st) stoio proiifer. i-e zahi der
Skagerak. Kanal. Muskeln.
Fundzeiten im Gebiet: Im Juli-August-September bei den Hebriden
(Apstein), im September-Oktober in allen Fjorden Norwegens (Sars), im
November-December im Skagerak (Aurivillius), im Juli im Kanal (Borgert).
Verbreitung: Cosmopolitisch, namentlich im warmen Gebiet in den
oberflächlichen Schichten.
*) In allen Figuren ist nur die Muskulatur des Rückens schwarz ausgezeichnet,
die der Einführöffnung und der Bauchseite angedeutet.
Dr. C. Apstein.
III 7
2) Salpa fusiformis Cuv. (Fig. 6 a b).
Syn.: Salpa runcinata fusiformis Cham. Cuv.
Wichtigste Litteratur:
Cuvier: Le regne animal (Mollusques) Paris 1828.
Chamisso: De animalibus quibusdam e classe vermium Linneana. Fase. 1
de Salpa. Berolini 1819.
M'Jntosh: Some observations on British Salpae. Journ. Linnean Sog.
London. Zool. Vol. 9. 1868.
Traustedt: Bidrag til Kundskab om Salperne (Spolia atlantica) Vidensk.
Selsk. Skrifter. 6. Reihe. Nat. og. Math. Afd. 1855.
— Die Thaliacea der Plankton-Expedition. A. Systemat. Bearbeitung. 1893.
Herdman: Report upon the Tunicata III. Report on the sc. Results of the
Voyage of H. M. S. Challenger. Zoology. Vol. 27.
Heider: Beiträge zur Embryologie von Salpa fusiformis Cuv. Abh. der
Senkenburg. Naturf. Ges. 1895. Jahrgang 18.
Apstein: Die Thaliacea der Plankton-Expedition. B.: Vertheilung der
Salpen. 1894.
Aurivillius: Vergl. thiergeogr. Unters, über d. Plankton-Fauna des Skage-
raks. Kgl. Sv. Vet. Akad. Handl. Bd. 30. Nr. 3. 1898. Stockholm.
Forma gregata (Fig. 6a.) Die
Salpe vom Rücken gesehen.
Spindelförmig, Mantel dick, na-
mentlich an den beiden v^eit aus-
gezogenen Enden. Ein- und Aus-
führöffnung dorsal.
Sechs Muskeln vorhanden. Der ^
erste bis vierte zu einer Gruppe ^
vereinigt, ebenso der fünfte und 3
sechste. Der vierte und fünfte stossen
an den Seiten zusammen. Muskeln
nur wenig auf die Bauchseite über-
greifend.
Darm rotgelb. Ein Embryo.
Länge: bis 65 mm.
Forma solitaria (Fig. 6b.) Die
Salpe vom Rücken gesehen.
Cylindrisch, Mantel dick, am
Hinterende zwei seitliche Verdick-
ungen zeigend. Ein- und Ausführ- Fig-6a. 5././5./.rm/s/or,7.fl^/-.^a/flvomRücken
..ff X • , Flg. 6b. „ „ „ solitaria „
Oltnung termmal. Bezeichnungen wie bei Figur 5.
Neun Muskeln vorhanden. Der erste bis dritte und achte bis neunte
zu je einer Gruppe vereinigt, die übrigen quer verlaufend. Alle nur wenig
auf die Bauchseite übergreifend.
III 8
Salpidae, Salpen.
Darm rotgelb.
Länge bis 70 mm.
Fundorte im Gebiete: Golfstromform, häufig zwischen Hebriden
Faeroer und Norwegen.
Fundzeiten im Gebiet: Juli-September bei den Hebriden. (Apstein.)
September-Oktober in Norwegischen Fjorden. (Sars.)
Verbreitung. Cosmopolitisch, häufig im Warm- aber auch im Kalt-
wasser der nördlichen Hemisphäre bisweilen gefunden. (Vom Challenger
bei und südöstl. d. Kerguelen.)
3. Salpa asymmetrica Fowler. (Fig. 7abc.)
Fowler: Contributions to our knowledge of the Plankton of the Faeroe
Channel in Proceed. of the Zoolog. Society London 1896.
Nr. 64. Taf. 50.
Forma gregata. (Fig. Tab) vom Rücken und Bauch gesehen.
a) b) c)
Fig. 7a. 5. asymmetrica forma gregata vom Rücken.
Fig. 7b. „ „ „ „ „ Bauch.
Fig. 7c. „ „ „ solitaria vom Rücken.
Bezeichnungen wie bei Fig. 5.
Oval, Mantel sehr dünn. Sehr grosse dorsal gelegene, mit breitem
Muskel umgebene Einführöffnung, terminal aber etwas seitlich gelegene
Ausführöffnung.
Sieben Muskeln vorhanden, der erste dorsal unterbrochen, der zweite
bis vierte zu einer Gruppe vereinigt, der fünfte quer laufend, der sechste
und siebente zum teil verschmolzen. Auf dem Bauche der erste bis fünfte
Muskel unsymmetrisch endend. Darm gelbbraun. Ein Embryo.
Länge: bis 12 mm. Breite: bis 5 mm.
Dr. C. Apstein,
III 9
Forma solitaria (Fig. 7c) vom Rücken.
Cylindrisch, Mantel sehr dünn. An den Seiten am hinteren Körper-
viertel mit je einem Anhange. (Embryonalcharacter?) Ein- und Ausführ-
öffnung terminal.
Elf Muskeln vorhanden, symmetrisch gebaut. Erster bis dritter Muskel
ebenso wie der vierte und fünfte, sowie neunte und zehnte Muskel zu je
einer Gruppe vereinigt. Stolo noch nicht erkennbar.
Länge: 2,5 mm. Breite: 1 mm (an grösserem Embryo gemessen.)
Fundorte: Faeroer-Kanal. (Fowler.)
Verbreitung: Bisher nur noch in 0" 20,2' N. Br., 6" 45' W. L. ge-
funden. (Deutsche Tiefsee-Expedition, Sept. 1898.)
Als Gäste sind zu betrachten und sollen nur kurz erwähnt werden:
1, Mit violettem Seitenorgan (Drüsen), Darm langgestreckt.
a) mitje einem violetten Seitenorgan, Kette ringförmig S. pinnata greg.
b) mit je fünf Seitenorganen, S. „ sol.
2. Ohne Seitenorgane, Darm aufgerollt (Nucleus).
a) 5 Muskeln vorhanden S. Tilesii greg.
b) 6
«) Muskeln 1 — 4 und 5 — 6 zu je einer Gruppe,
Muskeln 4 und 5 berühren sich nicht an der
S. maxima greg.
S. zonaria greg.
Seite wie bei S. fusiformis greg.
ß) alle Muskeln breit, quer über den Körper
laufend
y) sehr breite, fast ganz zusammenstofsende
Muskeln
c) 9 Muskeln quer über den Körper laufend
d) Viele (ca. 20) schmale Muskeln, Körper mit
zwei seitlichen Anhängen, Mantel mit Höckern S. Tilesii sol
S.
S.
zonaria sol.
maxima sol.
SÜ--
Verbreitung der Gäste.
Wichtigste Litteratur: Traustedt und
Apstein siehe oben bei S. mucronata.
S. pinnata, Forsk. (Fig. 8ab), zu der
Unterfamilie der Cyclosalpen der ring-
förmigen Kette wegen gehörig, ist bisher
zweimal im Gebiete gefunden, und zwar
westlich von Irland und in 56" N. Br. u.
30" W. L (Traustedt.)
Sonstige Verbreitung: Häufig überall
im warmem Teile des atlantischen OceansP'^g-^a-S.pinnataformagregatav. d.Seite.
und Mittelmeer. Bisher noch nicht aus^'^-^''- » » " solitaria.
1 ,. , 1 1-, •<•• , /-. . . Figuren-Erklärung: t) Hoden, so) Seitenorgan,
Indischem und Pacifischen Ocean sicher sonst wie Fig. 5.
bekannt gewesen. Im indischen Ocean fand ich sie auf der Deutschen Tief-
see-Expedition. Ich halte sie für cosmopolitisch.
Länge bis 56 mm f. greg, bis 75 mm f. sol.
III 10
Salpidae, Salpen.
S. maxima, Forsk. (Fig. 9a) forma gregata, 9b forma solitaria, beide
vom Rücken gesehen, ist nur einmal westlich von Irland gefunden. (Traustedt.)
Verbreitung: S. maxima ist häufig im warmen Teile des östlichen
Fig. 9ab. 5. maxima. Fig. lOab. 5. zonaria.
atlantischen Oceans und im Mittelmeer. Im Indischen und Pacifischen
Ocean (Apstein) ist diese Salpe einige Male gefangen, sogar im Kalt-
wasser am Cap Hörn.
Länge bis 150 mm f. greg., bis 135 mm f. sol.
S. zonaria, Fall. (Fig. 10a)
forma greg., (10b) f. sol vom
Rücken, ist dreimal im Gebiete
gefunden, an der Nordküste
Schottlands, südlich von Irland
und am Cap Farwel.
Verbreitung: Häufiger ge-
fangen im warmen Atlantischen
Gebiet, im Indischen und dem
westlichen Pacifischen Ocean
und in der Magalhaesstrafse.
Länge bis 50 mm f. greg., bis
65 mm forma sol.
S. Tilesii, Cuv., (Fig. IIa)
f. greg., (IIb) f. sol. beide vom
Rücken, ist einmal im Kanal be-
obachtet worden.
Verbreitung: Im warmen Gebiet
Pacifischen Oceans. Mittelmeer.
Länge bis 190 mm f. greg
Fig. Hab. 5. Tilesii.
des Atlantischen, Indischen und
bis 192 mm f. soL
Die Appendicularien.
Von
Dr. H. Lohmann, Kiel.
Kleine, freischwimmende Tunicaten mit breitem, an der
Bauchfläche des Rumpfes eingelenktem Ruderschwanz und einer
nur vom vorderen Rumpfepithel ausgeschiedenen periodisch
sich erneuernden, kompliziert gebauten gallertigen Tunica, die
bald eine der Mundpartie anhaftende Blase (Fritillaria), bald
aber ein das ganze Tier umhüllendes Gehäuse (Oikopleura)
bildet. DerSchwanz wird von Chorda und Nervenstrang durch-
zogen; seine Medianebene ist um 90'^ gegen die des Rumpfes
gedreht, so dafs das im Rumpfe dorsal liegende Nervenrohr im
Schwänze an der linken Seite liegt. Die Atemhöhle mündet
durch 2 Kiemengänge direkt nach aufsen, eine Kloaken-
höhle fehlt.
Von den 8 Gattungen und gegen 40 Arten der Appendicularien, die
bisher bekannt geworden sind, kommen im Nordischen Plankton nur
2 Gattungen und 8 Arten vor. Aber charakteristisch für die vom Pol
kommenden Ströme sind hiervon nur 4 Arten, alle anderen sind ursprüng-
lich Bewohner des warmen Gebietes, die jedoch zeitweise von den Aus-
läufern des Golfstromes bis in dieses Gebiet hineingeführt werden und zum
Teil sich offenbar auch hier eingebürgert haben. Zu den ersteren gehören:
Oikopleura vanhöffeni, Oik. diamissonis, Oik. labradoriensis und Fritillaria
borealis (typ.). Die ersten beiden Spezies zählen zu den gröfsten Appen-
dicularien, die man kennt (Rumpflänge 6 — 7 mm); alle 4 treten in grofser
Individuenzahl auf und spielen, wie es scheint, zu Zeiten eine erhebliche
Rolle im Stoffwechsel des Meeres. Die Einwanderer aus dem warmen Ge-
biete sind: Oik. dioica, Oik. fusiformis, Oik. longicauda und Oik. parva.
Im Sommer und Herbst (Juli — Oktober) sind sie bis zum 60. Grad N. Breite
in der Golfstromtrift südlich Island und weiter östlich bis zur norwegischen
Küste beobachtet worden, während im Frühling (Mai, Juni) und sicher auch
im Winter in diesem ganzen Gebiete und bis in die Nordsee hinein aus-
schliefslich polare Arten vorkommen. Doch ist Oik. dioica sehr widerstands-
fähig gegen niedere Temperaturen und tritt in der westlichen Ostsee noch
im Dezember auf, und Oik. parva hat sich sogar noch nördlich von Spitz-
III 12
Dr. H. Lohmann.
bergen gefunden. Beide Arten nehmen überhaupt eine eigenartige Stellung
ein: Oik. dioica ist neben /r/Y. öorca//s die widerstandsfähigste aller Appen-
dicularien, die vorwiegend in den Küstengewässern gedeiht, nach der offenen
See hin aber schnell an Häufigkeit abnimmt; während O/Ar. parva umgekehrt
an tiefes Wasser der hohen See gebunden ist, die Oberfläche meidet und
sich vorwiegend zwischen 100 und 600 m Tiefe aufhält. Sie hat sich in
dem tiefen arktischen Becken, das nördlich Spitzbergen beginnt, angesiedelt
und völlig einheimisch gemacht. Aus dem ganzen Gebiet der Golfstrom-
trift nördlich 60 Grad fehlen alle Angaben über das Auftreten der Appen-
dicularien in den verschiedenen Jahreszeiten.
Besonders erwünscht wäre eine
Untersuchung der Gehäuse der nordischen
Oikopleuren und der Gallertblase der Fri-
tillaria borealis. Ueber die letztere weifs
man noch garnichts, obwohl ihre Anlage
fast auf jedem Tiere sich findet; bei einer
verwandten Warmwasserart (Frit. megadiile) \\ . ./.j. ^
hat Fol dieselbe beobachtet (Fig. 12), Bau
und Funktion sind aber noch unbekannt.
Die Gehäuse von Oik. vanhöffeni und dia- Flg. 12. Gallertblase von Fritillaria
missonis haben Römer und Schaudinn sowie megadiile Fol (Nach: Fol, Ktudes Appen-
Mertens gesehen; sie sind faustgrofs und ^ic. Detroit Mcssinc, t. lo, f. 2).
. , , , . 7 - Das Tier ist von der Rückenfläche ge-
müssen sich daher ausgezeichnet zur ^^j^^^^^^^^^^^^^^^^ Leserzugewandt.
Untersuchung eignen. Eine verwandte
Art des Mittelmeeres bildet das in Fig. 13
abgebildete Gehäuse. Dasjenige von Oik.
dioica ist kugelig. Sie dienen zum Fang
der Nahrung, die in kleinsten Plankton-
organismen besteht, zur Locomotion und
zum Schutz gegen Feinde. Eine Konser-
vierung der sehr zarten Gebilde ist bisher
unmöglich; man fängt sie am besten un-
verletzt, wenn man statt des Eimers einen
Glashafen an das Netz bindet oder vom pjg ,3 Qehäuse von Oikopleura
Boote aus die Gehäuse mit einem Becher- o/ö/ca/is Leuck. (Nach: Lohmann, Ge-
glase schöpft. häuse d. Appcndic. in Schrft. Natw. Ver.
Die Färbung der Appendicularien ist Schleswig-Holstein, 1899, t. 2, f. 1.)
sehr variabel; Oik. chamissonis soll lebhaft ^"^ . ^' ^'?... '^, '?. ""8 ^"; '"
' das Gehäuse fortbewegt wird,
rot und gelb gefärbt sein; die Farben be-
ruhen nur teilweise auf Pigmentablagerungen, zum Teil sind es Interferenz-
erscheinungen, so vor allem am Schwanz. Teile der Gehäuse und der
Tiere leuchten bei einigen Arten sehr lebhaft. In Küstengewässern wird
wiederholt von einem schaarenweisen Auftreten der Appendicularien be-
richtet. Zusammenhängende Beobachtungen über alle diese Punkte liegen
noch nicht vor.
Die Appendicularien. III 13
Fritillaria borealis, aber bisweilen aucii die Oikopleuren, leiden oft
sehr unter einem birnförmigen pflanzlichen Ectoparasiten (Gymnodinium
pulvisculus Poiichet, Journ. Anat. Physiolog. t. 21, p. 59 — 66, 1885); ein ein-
ziges Tier kann 10 und mehr solcher Schmarotzer tragen.
Die Unterscheidung der Arten ist bei gut konserviertem Material leicht,
da alle Arten scharf von einander getrennt sind und keine „Uebergangs-
formen" vorkommen. Bei Massenkonservierungen bleibt indessen oft nur
der Darmknäuel und der Schwanz gut erhalten; bei einiger Uebung wird
man aber selbst dann nach Aufhellung in Glyzerin oder Nelkenöl an der
Form des Darmtraktus, der Schwanzflosse etc. die Bestimmung sicher aus-
führen können. Auch die Kiemengänge und die Munddrüsen, die fast
immer uoch zu erkennen sind, geben gute Anhaltspunkte. Ist bei den
Oikopleuren die Gehäuseanlage erhalten, so kann man aus dem Fehlen oder
Vorhandensein von besonders angeordneten und verschieden geformten
Auflagerungen auf der Oberfläche derselben manche Arten sehr leicht und
sicher bestimmen.
Uebersicht der Gattungen:
1) Rumpf gestreckt, mit breitem, flachen Rücken; die Kiemengänge münden we;it
vor dem After, dicht hinter der Mundöffnung. Schwanzflosse erst in einigem Abstände
von der Schwanzwurzel, aber hier sofort in ganzer Breite beginnend; bei der einzigen
nordischen Art an der Spitze breit ausgeschnitten: 1. Gen. Fritillaria.
2) Rumpf gedrungen, so hoch wie breit, mit Ausnahme des hintersten Abschnittes
im Querschnitt ein Dreieck bildend, dessen eine Seite die Bauchfläche, dessen gegenüber-
liegender Winkel die scharfe Rückenkante darstellt. Schwanzflosse gleich an der Schwanz-
wurzel, aber ganz schmal beginnend, distal allmählich sich verbreiternd, an der Spitze
nie ausgeschnitten: 2. Gen. Oikopleura.
1. Gen. Fritillaria Qu. et Gd.
1833. Fritillaria, Quoy et Gaimard in: Voyage de l'Astrolabe, Zoolog. IV.
1851. Eurycercus, W. Busch in: Beobachtg. Anatom. Physiolog. wirbelloser
Tiere, Berlin.
1854. Appendicularia pr. parte, Gegenbaur in: Zeitschr. wissensch. Zoologie
(Organisat. Appendicular).
1872. Fritillaria, Fol in: Mem. Soc. Phys. Hist. natur. Geneve, t. 21 (Etud.
Append. Detroit Messine).
Von den 16 bekannt gewordenen Arten kommt nur 1 im nordischen
Gebiete vor:
Fritillaria borealis Lohm. (typ.) (Fig. 14 und 15).
1874. Fritillaria sp., Sanders in: Monthly microscop. Journal, v. 11. (Con-
tribut. Knowledge of Append.).
1879. Fritillaria furcata, Moss in: Journ. Linnean Societ., v. 14 (Prelim.
Not. Surface-Faun. Arctic Sees).
III 14
Dr. H. Lohmann.
1896. Fritillaria borealis, Loh mann in: Ergebn. d. Plankton -Expedit,
(Appendicular.).
1896. Fritillaria borealis, Lohmann in: Biblioth. Zoolog., v. 20 (Zoolog.
Ergebn. d. v. d. Ges. Erdkunde Berlin ausges. Grönld.-Exped.).
1900. Fritillaria borealis, Lohmann in: Römer und Schaudinn, Fauna arctic
(Appendicularien).
Kiemenöffnungen klein und rund; Endostyl kurz und mit breitem
Vorderende. Oberlippe lang, trapezförmig; rechts und links in der Mund-
höhle eine grofse plasmatische Platte, die bei konservierten Tieren wie ein
TT
Fig. 14. Fig. 15,
Fig. 14. Fritillaria borealis, typ.; Rumpf von der Ventralfläche, nach dem Leben ge-
zeichnet. (Fauna Arctica, Die Appendicularien, 1900. p. 371, f. 1.).
Fig. 15. Fritillaria borealis, typ.; Seitenansicht des ganzen Tieres nach einem konser-
vierten Exemplare. (Ergebnisse d, Plankton-Expedit.; Appendicularien, t. 8, f. 6.)
fester kieferähnlicher Apparat aussieht. Der Magen liegt vor dem Darm.
Das kugelige Ovar berührt die Hinterwand des Darmes und ist ebenso wie
der langgestreckte Hoden median gelegen. Der die Eingeweide umhüllende
Teil des Rumpfes verbreitert sich hinter dem Darmknäuel feigenförmig und
trägt am Hinterrande zwei kleine Zipfel, ab und an aufserdem 2 gröfsere an
den Seitenrändern. Schwanz mit breiter Muskulatur und gespaltener Flossen-
spitze ohne besondere Drüsenzellen. — Länge des Rumpfes: 0,9 — 1,3 mm,
Smith-Sund, Baffinsbai, Davisstrafse, Labradorstrom, nördlich von Spitz-
bergen (jenseits 81 " Br.), Spitzbergen-See, Murmanküste, Nordsee, Ostsee,
Irminger See, Südküste Englands. — Mittelmeer, Bismarck-Archipel, Küste
von Feuerland.
Die Appendicularien. III 15
2. Gen, Oikopleura Mertens.
1831. Oikopleura, M. Mertens in: Mem. Acad. Petersbourg, 6 ser. t. 1
(Oikopleura diamissonis).
1846. Vexillaria, J. Müller in: Müllers Archiv {Vexillaria flabellum).
1851. Appendicularia, Huxley in: Philosophical Transact. (Remarks upon
Appendic. and Doliolum).
1872. Oikopleura, Fol in: Mem. Soc. Phys. Hist. nat. Geneve, t. 21 (Etudes
Appendic. Detroit Messine).
1873. Vexillaria, Eisen in: Svenska Akadem. Handling. v. 12 (Vexillaria
speciosa.)
Von den 12 bekannten Arten sind 7 im nordischen Plankton gefunden,
aber nur 3 sind ihm eigentümlich.
Uebersicht der Arten:
1) Zu beiden Seiten der Mundhöhle neben dem Endostyl liegt je
1 kugelige Drüsenzelle:
a) Schwanz enthält an der rechten Seite der Chorda zwischen
den Muskelplatten zahlreiche Bindegewebszellen von auf-
fallender Form (Subchordalzellen):
aa) nur 1 Ovar vorhanden:
«) Subchordalzellen klein, verästelt, sehr zahlreich und
dicht gelagert ; Gehäuseanlage mit vielen kleinen bohnen-
förmigen, scheinbar regellos verteilten Auflagerungen: 1) Oik. vanhöffeni.
ß) Subchordalzellen grofs, blasenförmig, in eine Längs-
reihe geordnet ; Gehäuseanlage mit vielen kolben-
förmigen Auflagerungen, die je einen fadenförmigen
Anhang tragen und zu ornamentartigen Zügen an- ^
geordnet sind : 2) Oik. labradoriensis.
bb) 2 Ovarien vorhanden: 3) Oik. chamissonis.
b) Schwanz mit nur 2 spindelförmigen, verästelten Subchordal-
zellen oder ganz ohne solche:
aa) 2 kleine, von einander entfernt liegende Subchordal-
zellen; Gehäuseanlage mit kleinen plättchenförmigen,
in kurze Reihen geordneten Auflagerungen; Darm mit
kugeligem Blindsack: 4) Oik. dioica.
bb) Subchordalzellen fehlen; Gehäuseanlage mit wenigen
röhrenförmigen Auflagerungen; Darm ohne Blindsack: 5) Oik. parva.
2) Munddrüsen fehlen:
a) Kapuze vorhanden; linker Magenlappen hinter der Cardia
mit einem dorsalwärts gerichteten, abgestutzten Blindsack: 6) Oik. longicauda.
b) Kapuze fehlt; linker Magenlappen hinter der Cardia in einen
langen schräg nach hinten und oben gerichteten, zugespitzten
Blindsack ausgezogen : 7) Oik. fusiformis.
1) Oikopleura vanhöffeni Lohm. (Fig. 16 und 17).
1879. Oik. rufescens Fol., Mos s in: Journ. Linn. Soc. v. 14 (Prelim. Not.
Surface-Fauna Arct. Seas).
1896. Oik. vanhöffeni, Lohmann in: Bibliotheca Zoolog. H. 20 (Zool. Erg.
Grönld.-Expedit.).
1900. Oik. vanhöffeni, Lohmann in: Fauna arctica (Appendicular.).
III 16
Dr. H. Lohmann.
Der linke Magenlappen ist im Umrifs von rundlicher Form und fällt
vor allem hinter der Einmündung der Speiseröhre sanft nach hinten und
ventral ab. Die Keimdrüsen bilden ein rundliches Packet hinter dem Darm-
knäuel, Nur bei jungen Individuen ist die Unterlippe entwickelt, später
verschwindet sie vollständig in einem membranösen, die ganze Mund-
öffnung umsäumenden Lippenrande. — Rumpf 2 — 7 mm lang.
y
Fig. 17.
Fig. 16. Oikopleura vanhöffeni, Seitenansicht des Rumpfes (Ergebnisse d. Plankton-
Expedit., Appendicular., t. 15, f. 4).
Fig. 17. Distaler Schwanzabschnitt (Schwanzflosse ist fortgelassen) von Oikopleura van-
höffeni. a. Subchordalzellen, b. Chorda, c. Muskulatur.
Diese Art ist die Charakterform des hohen Nordens; neben Fritillaria
borealis und Oik. labradoriensis kommt sie in der Baffinsbai und nördlich
Spitzbergen sehr häufig vor; während aber die beiden anderen Arten sich
zahlreich auch in der Nordsee und der Irmingersee finden, bleibt Oik.
vanhöffeni auf den hohen Norden beschränkt und kommt nur ganz ver-
einzelt bis zu den Shetland-Inseln nach Süden. Sie wurde beobachtet im:
Smith-Sund, Baffinsbai, Davisstrafse, Spitzbergensee, nördlich von Spitz-
bergen (jenseits 81 " Br.), norwegische Küste (nördl. von Hammerfest),
Murmanküste, südöstlich von den Shetland-Inseln.
2) Oik. labradoriensis Lohm. (Fig. 18 und 19).
1896. Oik. labradoriensis, Lohmann in: Biblioth. Zoolog. H. 20 (Zool. Ergeb.
Grönland-Exped.)
19(X). Oik. labradoriensis, Lohmann in: Fauna arctica (Appendicularien).
Der linke Magenlappen ist hoch trapezförmig im Umrifs und hinter
der Einmündung der Speiseröhre in einen kleinen Blindsack emporgezogen.
Die Keimdrüsen sind bei älteren Tieren häufig, aber keineswegs immer
Die Appendicularien.
m 17
an der hinteren Fläche in einen stumpfen Buckel ausgezogen. — Länge des
Rumpfes 1,5 — 2,4 mm.
f. oik.
Fig. 18. Fig. 19.
Fig. 18. Oikopleura labradoriensis, Seitenansicht des Rumpfes (kombiniert aus: Ergeb-
nisse d. Plankton-Expedit., Appendicularien, t. 14, f. 9 und t. 15, f. 10).
Fig. 19. Distaler Schwanzabschnitt (Schwanzflosse ist fortgelassen) von Oikopleura
labradoriensis. a. Subchordalzellen, b. Chorda, c. Muskulatur.
Baffinsbai, Davisstrafse, Labradorstrom, Irmingersee, nördlich von
Spitzbergen, Spitzbergensee, Murmanküste, Nordsee.
3) Oikopleura chamissonis Mertens.
? 1820. Appendicularia flagellum, Chamisso in: Nov. Act. Acad. Caes. Leop
Car. t. 10. (De animalibus quibusdam).
? 1825. Appendicularia flagellum, Eschscholz in: Isis von Oken.
1831. Oikopleura chamissonis, in: Mem. Acad. Petersbourg, 6 ser. t. 1.
(Oikopleura chamissonis).
1900. Oikopleura chamissonis, in: Fauna arctica (Appendicularien).
Der Schwanz ist im Verhältnis zum Rumpf auffällig kurz (knapp
3 mal so lang). — Rumpf 6 mm lang.
Asiatische Küste der Behringsstrafse.
4) Oikopleura dioica Fol. (Fig. 20 und 21).
? 1846. Vexillaria flabellum, J. Müller in: Müllers Archiv.
1856. Appendicularia flabellum pr. pt, Huxley in: Quart, journ. microscop.
science, v. 4 (Further observat. structure Append. flab.).
1872. Oikopleura dioica, Fol in: Mem. Soc. Phys. Hist. nat. Geneve, t. 21
(Etudes Appendic. Detroit Messine).
1873. Vexillaria speciosa, Eisen in: Svenska Akad. Handling. v. 12
(Vexillaria speciosa).
? 1878. Oikopleura malmi. Hartmann in: Sitzgsb. Ges. naturf. Freunde
Berlin (Oikopleura malmi).
1880. Oikopleura flabellum, Traustedt in: Danmarks Ascid. simplic.
Nord. Plankton. III 2
III 18
Dr. H. Lohmann.
1887. Oikopleiira flabelliim, Möbius in: V. Ber. Kommiss. Unters, deutsch.
Meere (System. Darst. Tiere d. Planktons).
1896. Oikopleiira dioica, Lohmann in: Bibliotheca Zoologica H. 20
(Zoolog. Erg. Grönland-Expedit., Appendicularien).
Der linke Magenlappen fällt hinter der Einmündung der Speiseröhre
fast senkrecht ventralwärts ab und hat nahezu quadratischen Umrifs. Die
einzige Appendicularie getrennten Geschlechtes. — Rumpf 1 — 1,3 mm lang.
W'
t(A< ,'
./
Fig. 20. Fig. 21.
Fig. 20. Oikopleura dioica, Seitenansicht des Rumpfes (Ergebnisse d. Plankton-Expedit.
Appendicularien, t. 17, f. 9).
Fig. 21. Distaler Schwanzabschnitt von Oikopleura dioica (Schwanzflosse ist fortgelassen).
a. Subchordalzelle, b. Chorda, c. Muskulatur.
Oik. dioica ist in den Küstengewässern und in brackischem Wasser
häufiger als auf hoher See; in der Ostsee dringt sie, wie mir Levander in
Helsingfors mitteilt, ab und an bis in den finnischen Meerbusen vor. In
der westlichen Ostsee tritt sie jedes Jahr regelmässig auf. Ihre Verbreitung
ist sehr ausgedehnt: nördlich der Hebriden, Nordsee, Kattegat, Skagerak,
Ostsee, Kanal, Bristol-Kanal. — Ganzes warmes Gebiet des atlantischen
Oceans, Mittelmeer, indischer Ocean (Zanzibar), stiller Ocean (chilen. Küste,
Bismarck-Archipel).
5) Oikopleura parva Lohm. (Fig. 22).
1896. Oikopleura parva, Lohmann in: Ergebnisse der Plankton-Expedit.
(Appendicularien).
19(X). Oikopleura parva, Lohmann in: Fauna arctica (Appendicularien).
Der linke Magenlappen ist von rundlich nierenförmigem Umrifs und
bildet einen kleinen Blindsack hinter der Einmündung der Speiseröhre. Der
Schwanz ist sehr lang und breit, fällt aber sofort durch seine Schlaffheit
auf; die breite Muskulatur ist nämlich über der Chorda ganz schwach ent-
wickelt, so dafs bei oberflächlicher Betrachtung jede Muskelplatte hier
Die Appendicularien.
III 19
unterbrochen zu sein scheint. Hieran, sowie an den eigentümlichen Auf-
lagerungen der Gehäuseanlage erkennt man die Art leicht. — Länge des
Rumpfes 0,8 mm.
Fig. 22. Oikopleura parva, Seitenansicht des Rumpfes (Ergebnisse der Plankton-Ex-
pedition, Appendicularien, kombiniert aus f. 1 u. 9 auf t. 13).
Oik. parva bevorzugt die Wasserschichten zwischen 100 und 650 m
Tiefe und kommt daher nur auf tiefem Wasser vor; an der Oberfläche ist
sie selten. Sie findet sich im warmen und im kalten Gebiet des atlantischen
Beckens: Irminger See, nördlich von Spitzbergen (jenseits 81" Br.). —
Warme Ströme des atlantischen Oceans, Mittelmeer, Bismarck-Archipel.
6) Oikopleura longicauda Vogt (Fig. 23).
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^yM
Fig. 23. Oikopleura longicauda, Seitenansicht des Rumpfes (unter Aenderung der Kapuze
nach frischem Material, aus: Ergebnisse d. Plankton-Exped., Appendicularien, t. 9, f. 9).
1854. Appendicularia longicauda, G. Vogt in: Mem. instit. national. Genevois,
t. 2 (Tuniciers nageants).
III 2*
in 20 Dr. H. Lohmann.
1872. Oikopkiira spissa, Fol in: Mem. Soc. Phys. Hist. nat. Geneve, t. 21
(Etudes Appendic. Detroit Messine).
1880. Oikopleiira velifera, Langerhans in: Zeitschr. wissensch. Zoologie,
B. 34 (Madeiras Appendicularien).
1896. Oikopkiira longkaiida, Loh mann in: Ergebnisse d. Plankton-Expedit.
(Appendicularien).
An der auffälligen, bei der Konservierung oft nach hinten umgeschlagenen
schleierartigen Kapuze und der eigentümlichen Form des linken Magen-
lappens ist diese Art sehr leicht zu erkennen. Die Muskulatur des Schwanzes
ist sehr breit und kräftig. — Rumpf 1 — 1,2 mm lang.
Nur 1 Exemplar dieser im warmen Wasser sehr gemeinen Art ist
bisher im nordischen Plankton gefunden und zwar im Juli unter 60 " nördl.
Br. in der Golfstromtrift südlich von Island (Erg. Planktonexpedit.). — Im
warmen Gebiet ist Oik. longkaiida in allen 3 Oceanbecken gefunden, auch
im Mittelmeer ist sie sehr häufig.
7) Oikopleura fusiformis Fol (Fig. 24).
1872. Oikopkura fusiformis, Fol in: Mem. Soc. Phys. Hist. nat Geneve,
t. 21 (£tudes Appendicul. Detroit Messine).
1896. Oikopkura fusiformis, Loh mann in: Bibliotheca Zoologica, H. 20
(Zool. Ergebn, Grönland-Expedit.)
1896. Oikopleura fusiformis, Lohmann in: Ergebnisse der Plankton-Ex-
pedition (Appendicularien).
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Fig. 24. Oikopleura fusiformis, Seitenansicht des Rumpfes (im Wesentlichen nach
Fol, Etudes Appendiculaires Detroit Messine, t. 3, f. 7).
Der langgestreckte, fast spindelförmige Rumpf, der nach hinten in
einen langen spitzen Blindsack ausgezogene linke Magenlappen und der
dünne, gestreckte Enddarm machen auch diese Art sehr leicht kenntlich. —
Rumpf 1 — 1,2 mm lang.
Die Appendicularien. HI 21
Obwohl diese Art wie die vorige im warmen Gebiete heimisch ist,
tritt sie doch zeitweise auch im Norden in gröfserer Menge auf; so ist sie
in der Golfstromtrift unter etwa 60'' nördlicher Breite und in der Nordsee
im September häufig. — Im Uebrigen kommt sie im warmen Gebiete aller
3 Oceane vor, ebenso im Mittelmeer.
In allen Figuren bezeichnen die gleichen Buchstaben dieselben Organe und zwar:
at. Athemhöhle.
auf. Gehäuseauflagerungen,
eh. Chorda.
d. Darm.
e. Endostyl.
ed. Enddarm.
e. oik. Eisen'scher Oikoplast.
f. oik. Forscher Oikoplast.
gh. Gehäuseanlage der Oikopleuren und Anlage
der Gallertblase der Fritillarien.
h. Herz.
hl. Hohlraum der Gallertblase von Fritillaria.
k. Kiemengangöffnung.
kp. Kapuze.
1. mg. linker Magenlappen,
mdr. Munddrüse,
mg. Magen,
ob. Oberlippe,
ov. Ovar,
sp. Speiseröhre,
t. Testikel.
ul. Unterlippe,
w. Wand der Gallertblase von Fritillaria.
III. Die Appendicularien.
Nachtrag
von
Prof. Dr. H. LOHMANN- KIEL, i)
Seit der Veröffentlichung der I. Lieferung des Nordischen Planktons im
Jahre 1901, die die Zusammenstellung der damals aus den Nordischen Meeren
bekannt gewordenen Appendicularien enthielt, sind durch die Untersuchungen der
Internationalen Meeresforschung 2 weitere Appendicularien-Arten in diesem Gebiete
beobachtet, deren Beschreibung hier nachgetragen sein mag.
Beide Arten {Appendicularia sicula Fol. und Fritillaria venusta Lohni;)
sind echte Bewohner des Warmwassergebietes, deren nördlichstes Vorkommen bis
dahin im Mittelmeer und vor der spanischen Ozeanküste gelegen war, und die
durch den Golfstrom an bestimmten Stellen des Meeres weit nach Norden fort-
geführt werden, wo sie dann als Fremdlinge unter den endemischen Arten sehr
auffallen. Die Funde sind ganz besonders interessant durch ihre räum-
liche und zeitliche Beschränkung, die wie es scheint von Jahr zu Jahr
erhalten bleibt. Sie sind räumlich auf die Süd-Norwegen vorgelagerte tiefe Rinne
am Eingang zum Skagerrak, sowie auf die Mai- und November-Terminfahrt be-
schränkt und kommen nur in dem unterhalb 200 m Tiefe gelegenen salzreichen
und relativ warmen Wasser vor, das auch hydrographisch als Golfstrom wasser
angesehen wird. Die Individuenzahl, in der die beiden Arten auftreten, ist stets
nur gering (1 — 4 Individ. i. Fang), sodaß ihr Auftreten nur bei einer quantitativen
Analyse der Fänge konstatiert werden kann und es nicht auffallend erscheint, daß
nicht jedes Jahr das Netz Exemplare erbeutet hat; doch sind 1902, 1903 und
1905 Individuen gefangen, 1904, 1906, 1907 und 1908 dagegen vermißt. Sehr
bemerkenswert ist ferner, daß Appendicularia sicula nur bei der Maifahrt
(30. IV. und 1. V. 1903; 16. V. 1905; an den Stationen 7, 8, 9, 10 bei Netz-
zügen aus 430 — 150, 330 — 150, 275—150, 250 — 15 m Tiefe), Fritillaria
venusta nur bei der Novemberfahrt (13./14. XI. 1902; 7. XL 1903; an der
Station. 7 jn Fängen aus 270 resp. 280-0 m Tiefe) gefangen wurde. Die
Individuen beider Arten, soweit ich sie selbst untersuchen konnte, waren gut ent-
wickelt, Ovar und Hoden normal ausgebildet und der Darm prall gefüllt. Die
Tiere müssen sich also trotz der niedrigen Temperatur von etwa 6^0. in guten
Existenzbedingungen befunden haben. Im Warm wassergebiet treten beide Arten
1) Abgeschlossen den 25. Oktober 1910.
Nord. Plankton. HI 2
24
H. Lohmann
gleichzeitig auf; sie sind auch dort meist sehr spärlich in den Fängen vertreten.
Wodurch es bedingt sein mag, daß der Golfstrom im Frühjahr nur Ap pendicularia,
im Winteranfang nur Friti Ilaria venusta bis in die norwegische Rinne verschleppt,
läßt sich vorläufig noch nicht verstehen. Dazu würden vor allem zahlreiche
Untersuchungen aus dem Eintrittsgebiet des Golfstromes in die Nordsee, zwischen
■Ar:'
•M-
•CO.;-
1. Appendicular|ia sicula Fol.
(1 und 2 nach Lohniann, Appendicularien der Plankton-Expedition, 3 und 4 nach Fol.,
Archives Zoologie Experimentaie, Bd. 3, Taf. 18, Fig. 2 und 4).
1. Ansicht des ganzen Tieres, von hinten. 2. Ventralansicht des Rumpfes, rd Rand des
Oikoplastenepithels. 3. Seitenansicht des Rumpfes, B Mundöffnung, E Endostyl, ot Stato-
lithenbläschen, b Wimperring im Kiemengange, b' äußere Öffnung des Kiemenganges,
q Gehäuseanlage, o Ovar, t Hoden, r Enddarm. 4. Tier im Gehäuse, Seitenansicht.
den Shetland- und Orkney-Inseln, nötig sein, sowie auch aus dem weiter westlich
im nordatlantischen Ozean gelegenen Abschnitte der Golfstrom-Bahn. Bisher liegen
aber aus diesem biologisch so außerordentlich interessanten Gebiete nur ganz
vereinzelte Untersuchungen über das Auftreten der verschiedenen Appendicularien-
Arten vor (Loh mann, Appendicularien der Plankton -Expedition, 1896, pag,
98 — 100, Taf. 23), die auch keine sicheren Schlüsse gestatten. Immerhin hat
Die Appendicularien. 25
Apsteins Hypothese, daß diese Golfstromformen durch einen Ast in die norwegische
Rinne gelangen, der gleich am F.intrittsort des Golfstromes in die Nordsee sich
abzweigt und ohne weiter südlich in die Nordsee vorzudringen, direkt von den
Shetland- und Orkney-Inseln aus nach Osten sich bewegt, sehr viel für sich. Es
würde dadurch verständlich werden, weshalb nirgends in der übrigen Nordsee
Spuren der beiden Arten sich haben nachweisen lassen, trotzdem zahlreiche Fänge
aus diesem Gebiete auf das sorgfältigste quantitativ analysiert wurden. Allerdings
steht der Nachweis der Warmwasserformen auf dem Wege zur norwegischen Rinne
noch aus.
Nach dem Hinzukommen dieser beiden Warmwasserarten würde der Be-
stimmungsschlüssel auf Seite 13 in folgender Weise zu erweitern sein:
Übersicht der Gattungen und Arten der Nordischen Appendicularien.
I. Kiemengänge münden weit vor dem After, dicht hinter der Mundöffnung;
Rücken des Vorderrumpfes (Kiemenkorb- Abschnitt) breit und flach;
1. Rumpf kurz, gedrungen; Keimdrüsen dem Darmknäuel eng angelagert;
Schwanzflosse nach dem Rumpfe zu allmählich verjüngt, am freien
Ende keilförmig ausgeschnitten, Schwanzmuskulatur sehr schmal.
Das Oikoplastenepithel scheidet ein das ganze Tier umhüllendes Ge-
häuse aus. Rumpflänge 450 |U. 1. Appendicularia sicula Fol.
2. Rumpf lang gestreckt; Keimdrüsen hinter dem Darmknäuel gelegen,
vorn ein kugliges Ovar, dahinter ein langer Hoden. Schwanzflosse
in einigem Abstände vom Rumpfe geradlinig abgeschnitten. Das
Oikoplastenepithel scheidet unter einer Kapuze eine Gallertblase ab,
die nur zum Nahrungserwerb dient und den vordersten Rumpf-
abschnitt nur einhüllt, wenn sie aufgebläht wird, sonst aber unter der
Kapuze verborgen liegt. (Fritillaria Qu. et Gd.)
a) Mundöffnung nur von membranösen Lappenbildungen um-
geben; Endostyl schmal und lang, von seinem Hinterende
ein Paket großer Zellen links von der Medianlinie nach hinten
ziehend (Pharyngealpacket). 2. Fritillaria venusta Lohm.
b) Mundöffnung rechts und links von je 1 plasmatischen Zell-
platte begrenzt, die bei conservierten Tieren wie eine kiefer-
ähnliche Bildung vorspringt; Endostyl kurz und breit,
Pharyngealpacket fehlt. 3. Fritillaria borealis Lohm.
II. Kiemengänge münden neben dem After, weit hinter der Mundöffnung;
Rücken des Vorderrumpfes (Kiemenkorb-Abschnitt) steil emporgerichtet.
Schwanzflosse nach dem Rumpfe zu allmählich verjüngt, am freien Ende
nie eingeschnitten. (Oikopleura Mert.)
4—10. Oikopleura vanhöffeni
usw. (siehe pag. 15 der 1. Lieferung).
26
H. Lolimann
1874.
1905.
1908.
Appendicularia sicula Fol. (Fig. i.)
Appendicularia sicula Fol., Fol. in Archives Zoologie Experimentale,
Bd. 3, pag. XLlX-LUi, Taf 18, Fig. 1—5.
Appendicularia sicula Fol., Lolimann in: Zoologische Jahrbücher,
Supplement z. Bd. 8, pag. 373 — 376.
Appendicularia sicula Fol., Apstein in: Beteiligung Deutschlands an
der International. Meeresforschung, Jahresbericht 4 '5, pag. 48—49
2. Fritillaria venusta Lohm. (nach Lohinann, Appendicularien der Plankton-Expedition).
1. Ventralansicht des Vorderrumpfes: dsl und vtl dorsaler und ventrale Mundiappen
kp Kapuze, end Endostyl, ph Pharyngealpaket. 2 Schwanz. 3. Seitenansicht des Darni-
knäuels mit junger Keimanlage: a Afterpapille, h Herzmuskel, Ov Ovar, Hd Hoden.
Diese Art ist im konservierten Materiale im allgemeinen leicht an der Form
des Schwanzes und des Rumpfes kenntlich; sie ist aber sehr zart und klein und
wird daher sehr leicht übersehen, um so mehr als sie merkwürdigerweise fast
immer nur in geringer Individuenzahl vorkommt.
Der Schwanz ist sehr zart und hinten breit ausgeschnitten; die Muskulatur
bildet nur ein ganz schmales Band. Der Rumpf macht auf den ersten Blick ganz
Die Appendicularien. 27
den Eindruck eines Oikopleura-Rumpfes, da die Keimdrüsen dem Darmknäuel
dicht aufgepackt sind, und nicht wie bei den übrigen Fritillariden in weiter Keim-
höhle frei hinter ihm hegen. Der Darmknäuel ist durch die enorme Größe des
Enddarmes ausgezeichnet, der dicht mit Fäcalballen gefüllt zu sein pflegt und den
ganzen hinteren Rumpfabschnitt kugelig auftreibt. Der Kiemenkorbabschnitt da-
gegen ist wie bei Fritillaria niedergedrückt, sodaß dann der Rumpf in der Seiten-
ansicht eine äußerst charakteristische Birnform erhält.
Das Oikoplastenepithel scheidet ein ellipsoides Gehäuse aus, das nur eine
große Öffnung und einen einheitlichen Hohlraum besitzt, an dessen Wand der
Öffnung gegenüber das Tier aufgehängt ist. Nach Fol. hat das glasklare Ge-
häuse einen Durchmesser von 1 V2 und 2'/2 mm. Das Tier selbst erreicht eine
Rumpflänge von 500 u.
Warmwassergebiet aller drei Oceane, Mittelmeer, Nordsee (Ende April, Mai
im salzreichen Golfwasser der norwegischen Rinne, unterhalb 200 m Tiefe).
Fritillaria venusta Lohm. (Flg. 2)
1896. Fritillaria venusta Lohm., Lohmann in: Ergebnisse der Plankton-Ex-
pedition, Appendicularien, pag. 46 — 47, Taf. 7, Fig. 1, 6, 10, 11.
1905. Fritillaria venusta Lohm., Lohmann in: Zoolog. Jahrbücher, Supplement
z. Bd. 8, pag. 373-376.
1908. Fritillaria venusta Lohm., Apstein in: Beteiligung Deutschlands an der
International. Meeresforschung, Jahresb. 4/5, pag. 48—49.
Von Fritillaria borealis unterscheidet diese Art sich leicht durch die außer-
ordentliche Breite der Schwanzflosse, durch das Fehlen der kieferähnlichen Plasma-
platten neben der Mundöffnung, dem schmalen, langen Endostyl und das sehr
auffällige Pharyngealpacket, das selbst bei sehr schlecht konservierten Individuen
meist noch gut zu erkennen ist. Das Ovar ist kugelig, der hinter ihm gelegene
Hoden gestreckt walzig; doch können beide Drüsen eng aneinander geschmiegt
sein und dann an der Berührungsstelle sich abplatten. Das größte Exemplar hatte
eine Rumpflänge von 1300 f^i.
Warmes Gebiet des atlantischen Ozeans; Mittelmeer; Nordsee: in der nor-
wegischen Rinne im November in Fängen aus mehr als 200 m Tiefe.
Die Larven von Oikopleura dioica Fol.
Durch R. Goldschmidt ist 1903 der Nachweis geführt, daß die jungen Tiere
der Küstenmeere bewohnenden Oikopleura dioica (Biolog. Zentralbl., Jahrg. 23,
Notiz über Entwickelung der Appendicularien) in ihrer Gestalt sehr erheblich von
den älteren Individuen abweichen, weil der Schwanz noch nicht vom ^Rumpfe
abgeknickt und pendelartig an der Bauchfläche des Tieres aufgehängt ist, sondern
mit dem Rumpfe fest verwachsen in die Verlängerung der Längsachse des Rumpfes
fällt. Die jungen Tiere, die von Delsman bei Helder in Holland und von mir
28
H. Lohmann
auch in der westlichen Ostsee vor Laboe im Plankton beobachtet wurden, haben
eine Gesamtlänge von 250 /«, wobei auf den Kiemenkorb- und Darmknäuel-Abschnitt,
der dem späteren Rumpfe entspricht, 90 fi kommen. Von Ascidienlarven
unterscheiden sie sich leicht durch das Fehlen aller Haftapparate.
Delsman fand die Larven Ende September, ich fing sie vom August bis November;
da Delsman auch im April Eier mit Embryonen nachweisen konnte, findet die
Fortpflanzung in der Nordsee jedenfalls im Frühjahr und Herbst statt, erstreckt
sich aber vielleicht auf die ganze Zeit vom Frühjahr bis zum Herbst Nach dem-
selben Beobachter (H. C. Delsman, Beiträge Entwickelungsgeschichte von Oikopleura
dioica, Verhandelg. Rijksinstit. Onderzoek d, Zee, 3. Deel, 1910) fallen die Larven
durch ihre völlige Hülflosigkeit im lebenden Plankton sehr auf, da sie passiv von
3. Larve von Oikopleura dioica Fol. (Nach Delsman, Entwickelungsgeschichte
von Oikopleura dioica.)
l. Eben ausgeschlüpfte Larve in Seitenansicht; 2. Der Rumpf einer etwas älteren Larve
in gleicher Lage. G Gehirnblase mit Statolith, N Nervenrohr, Ch Chorda, Mu Muskulatur,
Ent Schwanzdarmanlage, Eih leere Eihülle.
den Wasserströmungen mitgeführt werden und „nur von Zeit zu Zeit einige unstete
Zuckungen mit dem Schwänze" vollführen. Beim Ausschlüpfen besitzen sie weder
Mund noch After noch äußere Kiemenöffnungen, aber schon im Ei ist, wie bei
den Ascidienlarven, von dem gesamten Epithel der Haut eine feine Gallerthülle
ausgeschieden, während späterhin nur ein ganz bestimmter Abschnitt des Kiemen-
korb-Abschnittes des Rumpfes Gallertsubstanz abscheidet und das übrige Epithel
zu einer dünnen Membran reduziert wird. Dieser Unterschied in der Gallert-
bildung zwischen Larve und älterem Tier ist daher von allergrößter Bedeutung.
Im übrigen ist der Schwanz schon jetzt um 90 ^ gegen die Medianebene des
Vorderrumpfes gedreht, sodaß das Nervenrohr links, die Subchordalzellen rechts
von der Chorda liegen; letztere bilden anfangs einen kontinuierlichen Zeil-Strang
von Entodermzellen, der als Schwanzdarmanlage aufzufassen ist. Später wird der
Die Appendicularien. 29
Strang bis auf 2 Zellen in den Vorderrumpf zurückgezogen. Nach alledem haben
wir in der Larve von Oikopleura dioica nicht eine besondere Larven-
form zu sehen, sondern nur einen auf besonders frühem Entwicklungs-
stadium ausgeschlüpften Keim. Dieses Stadium ist daher auch wahrscheinlich
nur von sehr kurzer Dauer und keineswegs für alle Appendicularien charakteristisch.
So beobachtete ich im nordatlantischen Ozean zwischen den Azoren und New- York
auf hoher See eine Oikopleura-Art (die Spezies ließ sich nicht bestimmen) beim
Ausschlüpfen aus dem Ei, deren Schwanz schon im Ei spiralig um den Rumpf
des Keimes herumgelegt war und beim Verlassen der Hülle sofort seine definitive
Lage einnahm. Das Ei war etwas kleiner als das von Oikopleura dioica (75 fi D.),
aber wie dieses von einer glatten, farblosen, dünnen Membran umgeben. Nach
Delsman sind die Eier von Oikopleura dioica 88 /t groß.
III. Die Ascidienlarven
des Nordischen Planktons.
von
Prof. Dr. H. LOHMANN-KielJ)
Von den geschwänzten Larven der zahlreichen Ascidien-Arten, welche den
Boden und die Ränder der nordischen Meere bevölkern tritt, soweit bekannt, nur
eine sehr geringe Zahl aus dem Benthos in die Region des Plankton über. Im
Wesentlichen ist dies offenbar durch die Kürze des Schwärmstadiums bedingt,
das in vielen Fällen nur wenige Stunden währt, ja wie bei manchen Molguliden
sogar ganz ausfallen kann. Jedoch ist auf die Angaben über die Dauer des freien
Lebens, da sie naturgemäß in Aquarien gemacht wurden, kein sehr großes Gewicht
zu legen, um so weniger, als nachgewiesenermaßen die Individuen einer Art
sich hier sehr verschieden verhalten. Auch ist das Schwärmstadium keineswegs
bei den Mitgliedern einer Gattung oder einer natürlichen Abteilung gleich lang.
Es bedarf daher in jedem einzelnen Falle einer besondern Prüfung, und wahr-
scheinlich wird nur erst die sorgfältige Analyse der im Plankton wirklich auf-
tretenden Larven sichere Anhaltspunkte geben können. Bisher hat man sich aber
fast stets damit begnügt, einfach das Vorkommen von Ascidienlarven zu kon-
statieren. Noch ungünstiger steht es mit den pelagischen Eiern mancher Ascidien-
arten, die nur zum Teil mit Fortsätzen auf ihrer Hülle ausgestattet, zum Teil
einfach glatthüUig sind. Auch hier sind Aquarium-Versuche nicht einwandfrei,
da Eier die unter natürlichen Verhältnissen schwimmen, in Kulturen oft zu Boden
sinken, offenbar weil Dotter und Plasma bereits pathologische Veränderungen
erlitten haben. In den Planktonfängen sind sie aber nur an der Form des Embryos
sicher erkennbar.
Der Charakterisierung der einzelnen Formen schicke ich eine kurze Schilderung
der charakteristischen und für die Artunterscheidung wichtigen Bauverhältnisse der
Ascidienlarven, sowie Angaben über ihre Schwimmbewegung und Schwärmzeit
voraus.
Die Larven der Ascidien sind ausgezeichnet durch die Gliederung ihres
Körpers in einen Rumpf- und Schwanzabschnitt sowie durch die Umhüllung des
ganzen Körpers mit einer, dem Tunicin-Mantel der Geschlechtstiere homologen
1) Abgeschlossen den 22. November 1910. H. L.
tSkNQrd. Plankton HI* 3
in 32 H. Lohmann.
farblosen, durchsichtigen, von mesodermalen Zellen durchsetzten Cuticula, die auf
dem Schwänze zu einer breiten Ruderflosse entwickelt ist. Der Schwanz wird
von der Chorda und dem Nervenrohre durchzogen und enthält verschieden
mächtig entwickelte Muskelplatten, die wie bei den Copelaten rechts und links
von der durch Nervenrohr und Chorda festgelegten Medianebene liegen. Ent-
weder gehen Rumpf und Schwanz allmählig in einander über oder aber der
Schwanz ist scharf vom Rumpfe abgesetzt und erscheint wie bei den Cercarien
und Appendicularien als pendelartig am Rumpfe aufgehängter Anhang. Er ist in
allen mir bekannt gewordenen Fällen demjenigen Pole des Körpers, der die Haft-
apparate trägt, gegenüber eingelenkt, und da dieser Pol bei der Bewegung natur-
gemäß vorangeht, fällt er in die physiologische (oder biologische) Längsachse des
Tieres. Orientiert man aber die Larve nach ihrem Bau, so daß die Sinnesblase
dorsal, der Endostyl ventral, die Mundöffnung vorn zu liegen kommt, so tritt
klar hervor, daß die Haftapparate ventral unter dem Endostyl, die Schwanzwurzel
aber dorsal hinter der Gehirnblase liegen.
Von großem Interesse und voraussichtlich sehr bedeutungsvoll für die Auf-
fassung der Larven in phylogenetischer Beziehung ist das Verhältnis der ana-
tomischen Medianebene des Schwanzes zu der des Rumpfes. Embryonal haben
beide Körperabschnitte eine gleich gerichtete Medianlinie und nach Lahille gilt
das Gleiche für die freilebenden Larven, z. B. von Botryllus und Heterocarpa (Tuni-
ciers 1890, pag. 315). Nach Seeliger indessen erfolgt bei anderen Larven, z. B. bei
der von Clavellina späterhin eine Drehung des Schwanzes um 90 ^, genau in
derselben Weise wie bei den Appendicularien, so daß die ursprünglich dorso-
ventral gerichtete breite Flosse lateral zu liegen kommt und das Nervenrohr links,
das Schwanzentoderm rechts neben der Chorda liegt, die dorsal und ventral von
den Muskelplatten bedeckt wird. Seeliger ist geneigt, eine solche Achsendrehung
für alle Ascidienlarven vorauszusetzen ; dagegen spricht aber Lahilles sehr bestimmte
Angabe, und Seeligers eigene Bemerkung, daß die Drehung erst bei einer „außer-
ordentlich geringen" Zahl von Larven constatiert ist, muß gewiß zu Vorsicht
mahnen. Dagegen wird man mit großer Sicherheit annehmen können, daß wo
eine Drehung vorkommt, sie alle Organsysteme des Schwanzes in gleicher Weise
betrifft, also auch der Flossensaum aus einem verticalen zu einem
horizontalen wird. Das aber würde den leichtesten und sichersten Anhalts-
punkt geben, um zu entscheiden, ob bei einer Larve eine Drehung erfolgt ist oder
nicht. Da die Sinnesblase dorsal gelegen ist, so ist es leicht, den Rumpf auf die
Bauchfläche oder auf die Seite zu legen und danach die Orientierung der Schwanz-
flosse festzustellen. Man kann hiernach ab und zu schon aus den Abbildungen
einen Schluß ziehen; so ist bei der Larve von Synstyela incrustans Herdm.
(Challenger Reports, vol. 14, S. 45, fg. 11) der Schwanz zweifellos um 90 ^ gedreht,
bei der von Botryllus violaceus nicht gedreht. Jedenfalls erscheint es sehr wün-
schenswert, daß auf dieses Verhältnis mehr als bisher geachtet wird.
Während die Bedeutung einer solchen Schwanzdrehung für die Appendicularien
ohne Weiteres aus ihrer Lebensweise verständlich erscheint, ist das bei den Ascidien-
larven keineswegs der Fall. Für die Locomotion als solche, dürfte es ziemlich
Die Ascidienlarven. HI 33
gleichgültig sein, ob der lediglich als Propeller des Rumpfes dienende Schwanz
mit seiner Flosse dorso-ventral oder lateral gestellt ist. Dies dürfte in der Tat
für diejenigen Larven gelten, bei denen der Schwanz wie bei vielen Synascidien-
Larven, frei am Rumpfe aufgehängt erscheint, wie z. B. bei Diplosoma ; wo
er aber in allseitig fester Lage mit dem Rumpfe verwachsen ist, wie bei den ein-
fachen Ascidien und Clavellina, würde die Funktion des Schwanzes als Seitensteuer
durch die Drehung in die eines Höhensteuers übergehen, wenn man seitwärts,
oben und unten vom Tier aus rechnet und nicht auf den Wohnort überträgt.
Dies kann aber in doppelter Hinsicht von Bedeutung sein: einmal liegt die
Sinnesblase mit dem Auge unter der Rückenfläche des Tieres. Beim Schwimmen
wird daher, wie auch Reichert berichtet, diese Fläche dem Lichte zugewandt.
In solcher Lage fällt der nicht gedrehte Schwanz mit seiner Fläche in die Richtung
der Schwerkraft und leistet dem Wasser nur sehr geringen Widerstand; ist er
aber um 90 ^ gedreht, so steht er senkrecht zur Schwerkraft und wirkt mit seiner
Fläche als sehr wirksamer Schwebeapparat. Die Larve gleitet alsdann mit
ihrer Schwanzflosse im Wasser schräg empor oder herab, vor allem wenn
die Schwimmbahn wie bei den Copelaten sich auf eine Spirallinie zurückführen
läßt. In dieser Gleitwirkung dürfte der Hauptvorteil der Achsendrehung begründet
sein, der sowohl bei Copelaten wie bei Ascidienlarven diese merkwürdige Ver-
schiebung herbeiführte. Aber für die Larven bodenbewohnender, festsitzender Tiere,
wie die Ascidienlarven, kommt wohl noch ein zweiter Vorteil hinzu, daß nämlich
ein so gestellter Schwanz außerordentlich geeignet ist, die Larven vom Boden
zu erheben und in höhere und höhere Wasserschichten zu führen, während ein
dorso-ventral gestellter Schwanz zunächst nur seitliche Bewegungen auslöst.
Die Achsendrehung des Schwanzes würde also für Appendiciflarien wie für
Ascidienlarven zunächst die Bedeutung einer äußerst vorteilhaften An-
passung an das planktonische Leben besitzen, indem die Schwanz-
fläche senkrecht zur Schwerkraft eingestellt und das Schwimmen zu
einem Gleiten in schräger Bahn umgebildet wird. Da bei Copelaten
der Schwanz ventral, bei Ascidienlarven dorsal am Rumpfe eingelenkt ist, wird
man zunächst annehmen müssen, daß beide Tiergruppen selbstständig diese An-
passung erworben haben, wiewohl es sehr merkwürdig ist, daß die Drehung, soweit
bisher bekannt, stets so erfolgte, daß das Nervenrohr auf die linke Seite der Chorda
zu liegen kam. Bei den Copelaten ist diese Drehung des Schwanzes dann in
erfolgreichster Weise zur Steigerung der verschiedensten Lebensfunktionen (Loco-
motion, Nahrungserwerb, Gehäuseentfaltung) benutzt, während die Ascidienlarven
bei der kurzen Dauer ihres Stadiums auf dem Anfangsstadium der Anpassung
stehen geblieben sind. Vielleicht könnten aber genauere Untersuchungen noch
interessante Variationen in der Ausbildung der Achsendrehung ergeben.
Der Rumpf ist vor allem ausgezeichnet durch den am vorderen Pole sitzenden
Haftapparat, dessen Ausbildung ganz einfach aber auch außerordentlich kompliziert
sein kann und der sich daher gut zur Unterscheidung der verschiedenen Larven-
formen eignet. Er ist das den Ascidienlarven eigentümliche Organ,
durch dessen Nachweis also stets eine sichere Diagnose geführt
[II 34 H. Lohmann.
werden kann. Bei fast allen freilebenden Larven sind zunächst 3 Haftpapillen
am vorderen Rumpfende ausgebildet. Jedoch können sie in einzelnen Fällen auf
kleine Zipfel reduziert sein, wie bei Heterocarpa glomerata nach Lahille (Fig. 14) oder
sogar ganz fehlen, wie bei Caesira ampulloides nach van Beneden (Fig. 4). In
diesem letzteren Falle treibt der Rumpf unregelmäßige Fortsätze, mit denen die
Larve sich nach etwa 12 stündigem Umherschwimmen festsetzt. Die Haftpapillen sind
entweder sitzend wie bei Phallusiopsis mamillata (Fig. 5), Ciona intestinalis (Fig. 6) u.a.
oder aber gestielt wie bei Amaroucium proliferum(Fig. 12) und den meisten Synascidien-
larven. Im einfachsten Falle bilden sie einfache finger- oder kegelförmige Hautvorsprünge
aus hohen Epithelzellen (Ciona intestinalis) oder es tritt eine Differenzierung der
Papillen-Spitze in einen Endzapfen und einen wulstförmigen Basalrand des Zapfens
ein (wie bei Phallusia mentula [Fig.7]), die dann weiterhin, indem der Wulst zu einem
Becher auswächst, zu dem höchsten Grade der Ausbildung, wie bei Leptoclinum
lacazei (Fig. 3) führt. Über den feineren histologischen Aufbau der Haftpapillen ist indessen
noch wenig bekannt. Zu diesen Haftpapillen, die vor dem Endostyl dem vorderen
Körperende aufsitzen, können nun aber noch weitere Bildungen hinzukommen,
die den ganzen Haftapparat immer umfangreicher und komplizierter und damit
die Larve selbst, unter Einschränkung des Raumes für die Rumpfeingeweide, immer
schwerfälliger machen. Zunächst kann der Teil des Ektoderms, an dem die Papillen
entspringen, sich vom vorderen Körperende abschnüren und zu einem Papillen-
träger entwickeln, wie bei Clavellina (Fig. 10); ferner sprossen aber bei einer Reihe von
Larven von dem Basalteile des die Papillen tragenden Epithels fingerförmige Haut-
fortsätze hervor, die dann kranzförmig die Haftpapillen oder auch den Vorderrumpf
umgeben können und stets nach vorn gerichtet sind. Auch kann die Basis des Papillen
tragenden Rumpfabschnittes becherförmig nach vorn auswachsen und garnicht
oder nur am freien Rande in Fortsätze geteilt sein (Fig. 3). Die Zahl der Fort-
sätze (einige wenige bei Amaroucium proliferum, 8 bei Botryllus, etwa 14 — 20 bei
Heterocarpa, 24 bei Leptoclinum lacazei etc.) scheint ein gutes Unterscheidungsmerkmal
abzugeben. Man hat diese Hautfortsätze früher für Stolonen gehalten, aus denen
später Tochterindividuen hervorgehen sollten ; sie sind aber offenbar nur den
Mantelfortsätzen der festsitzenden Ascidien homolog und dienen dem Stoffwechsel
der von Zellen durchsetzten Mantelsubstanz.
Von den übrigen Organen des Rumpfes verdienen nur noch die Sinnesblase
und der Kiemenkorb eine nähere Besprechung. Beide stehen in Abhängigkeit von
einander, indem eine starke Entwicklung des Kiemenkorbes die Sinnesblase nur
zu geringer Entfaltung kommen läßt. Wo daher der Kiemenkorb bei den Larven
nur ein oder zwei Kiemenspalten ausbildet, nimmt die Sinnesblase einen großen
Raum im Rumpfe ein, wo aber der Kiemenkorb bereits in der Larve mehrere
Reihen von Kiemenspalten ausbildet, bleibt die Sinnesblase fast stets klein und
wird ganz dorsal verlagert. Nur die Larve von Clavellina macht hierin eine
Ausnahme. Am meisten reduziert ist die Sinnesblase da, wo bereits die Larve
durch Knospung Tochterindividuen (Blastozooide) bildet, wie bei vielen Synascidien-
Larven. Die Blastozooide entbehren der Sinnesblase überhaupt und nur das dem
Ei entsprossene Mutterindividuum (Oozooid) ist mit einer solchen versehen. Die
Die Ascidienlarven. HI 35
in der Sinnesblase liegenden Organe, vor allem das Auge und das statische Organ
bedürfen noch sehr genauer Untersuchungen. Sie bieten offenbar gute Merkmale
zur Unterscheidung der einzelnen Arten einander in ihrem sonstigen Bau sehr
ähnlicher Larven. Es kommt dabei vor allem die gegenseitige Lage von Auge
und Statolith, sowie der Bau der Linse und die Ausdehnung des Pigmentkörpers
über die Stäbchenzellen des Auges in Betracht.
Die Mantelsubstanz ist bei den längere Zeit freilebenden Larven meist farb-
los, durchsichtig und nur von relativ wenigen Zellen durchsetzt; bei vielen
Synascidien-Larven aber nimmt die Zahl der Zellen derartig zu, daß der Mantel
ein blasiges Aussehen erhält.
Ein Teil der Larven ist lebhaft gefärbt, andere sind farblos oder nur ganz
blaß gelblich. Das Pigment soll z. T. an Dottermassen gebunden sein, die im
Vorderrumpfe liegen und erst allmählig resorbiert werden. Die Larven von Hete-
rocarpa grossularia sind intensiv rot, die von Amaroucium proliferum goldgelb.
Die Größe der Larven schwankt zwischen 900 fi und 3,5 mm.
Über die Schwimmbewegung der Larven und die Dauer des pelagischen
Lebens sind die Angaben äußerst lückenhaft. Vielfach sind die Larven aus den
Bruträumen der Mutter herauspräpariert; aber auch wo die schwimmenden Larven
gefangen wurden, sind nur wenig Beobachtungen, die andere Dinge als die
Anatomie und Metamorphose betreffen, gemacht. Hier bleibt noch viel zu tun
übrig; denn ein Verständnis des Baues der verschiedenen Larven kann nicht durch
rein anatomische Studien erlangt werden, sondern nur unter sorgfältigster Beachtung
der Lebensführung.
Über die Bewegungen der Larven bemerkt Reichard (Botryllus violaceus
Mn. Edw.), daß die Sinnesblase beim Schwimmen stets oben lag und der Rumpf
ohne Drehung um seine Längsachse unter wurmartigen Bewegungen des Schwanzes
voran ging. Nach Seeliger durchmessen die Larven, ähnlich wie die Appendicularien,
immer nur kleine Strecken in einem Zuge, um dann zu pausieren und nach
einiger Zeit die Bewegung von Neuem aufzunehmen. „Die Larven verschiedener
Ascidien-Arten unterscheiden sich zuweilen ziemlich auffällig in der Art des
Schwimmens. Diese ist abhängig von der Länge und Breite des Ruderschwanzes
und nicht minder von der Größe und der Gestalt des Rumpfes. Wo dieser an
Volumen ganz besonders überwiegt, erfolgt die Bewegung mehr stoß- oder ruck-
weise und kann im ganzen genommen nur als eine langsame bezeichnet werden.
Ziemlich gewandt, an Amphioxus-Larven erinnernd, schwimmt die Ciona-Larve;
rascher noch bewegt sich die völlig intakte Larve der Clavelina". (Bronns Klassen
u. Ordnung. Bd. III, Suppl. pag. 832). Nach Castle sollen die Larven sehr licht-
empfindlich sein und Botryllus-Larven positiv, Larven von Ciona und Amarou-
cium negativ phototactisch sein.
Die Schwärmzeit ist nicht nur bei den verschiedenen Arten, sondern auch
bei den Individuen ein und derselben Art sehr verschieden. So beobachtete
Seeliger bei Ciona-Larven, daß einige bereits am ersten Tage, andere erst nach
mehreren Tagen, die Mehrzahl aber am Beginn des zweiten Tages sich festsetzten.
Gelegentlich kann sogar das freie Stadium bei einzelnen Individuen von Ciona
in 36 H. Lohmann.
ganz ausfallen, wenn der Eifollikel nicht normal durchrissen wird, aber das Tier
trotzdem am Leben bleibt und zur Ascidie auswächst. Doch sind dies schon
pathologische Verhältnisse und es wird, da alle Angaben über die Dauer der
Schwärmzeit auf Beobachtungen in der Gefangenschaft beruhen, überhaupt zu be-
denken sein, ob die erwähnten individuellen Schwankungen nicht auf den Einfluß
der ungünstigen und abnormen Existenzbedingungen zurückzuführen sind. Es sind
daher auch die na'chfolgenden Angaben, die ich in der Literatur gefunden habe,
nur mit großer Vorsicht aufzunehmen. Eine Schwärmzeit von nur wenigen Stunden
wird angegeben für die Larven von Ciona intestinalis, Perophora listeri und Cla-
vellina lepadiformis. Zwölf Stunden werden aufgeführt für die Larven von
Amaroucium proliferum und Caesira ampulloides, mehrere Tage für die Larve von
Phallusiopsis mamillata (2 — 3 Tage).') Wahrscheinlich ist die Schwärmzeit der meisten
Synascidien auf wenige Stunden beschränkt.
In Planktonfängen aus Küstengebieten sind Ascidienlarven vielfach gefangen;
doch ist bisher kein Versuch einer näheren Unterscheidung der Arten gemacht.
Mensen (Über das Plankton, 1887) fand in der westlichen Ostsee zwei Formen,
von denen die eine mit dickem, plumpen Rumpfe und intensiv roter Färbung zu
Cynthia (Dendrodoa) gestellt wurde^), die schlanke, farblose Art zu Ascidia (Ciona)
gehörte. Ihr Auftreten war so unregelmäßig, daß die starke Abhängigkeit von den
am Boden sitzenden Muttertieren sofort auffiel; so ergaben acht aufeinanderfolgende
Vertikalzüge (vom Grunde bis zur Oberfläche), die vom verankerten Schiffe aus im
Strome ausgeführt wurden, in 4 Fällen 0, in 4 Fällen 47 — 187 Larven in lOcbm
Wasser. Ein andermal ergaben Fänge an 6, je 2 Seemeilen auseinander liegenden
Stationen 5 mal 0 und l^mal 28 Larven in derselben Wassermasse. Die schlanken
Ascidien-Larven überwogen bei weitem an Zahl die plumpen Cynthia-Larven. Für
die westliche Ostsee dauert die Fangzeit der Larven von Juni bis Oktober.
Während der Internationalen Erforschung der nordischen Meere wurden
Ascidienlarven nach den Protokollen der Planktonfänge regelmäßiger nur im
Kanal und dem östlichen Teile der Nordsee, der etwa durch eine Linie von
Ipswich nach Brügge abgegrenzt wird, angetroffen und zwar durch die ganze
Breite dieses Meeresgebietes hindurch und bis über Brest hinaus nach Westen.
Meist wurden die Larven hier in Oberflächenfängen erbeutet; sie wurden während
aller vier Terminfahrten gefangen, am seltensten im Februar am häufigsten im August.
Außerdem wurden einzelne Fänge im Eingang zum Bristol-Kanal (Mai 1908), im
Skagerak (im Gebiet der norwegischen Rinne; Februar, Mai, November) und in
der nördlichen Nordsee (Stat. 13, Novemb.) gemacht, doch ist deren Zahl gegen-
über den Fängen im Kanal und der südlichen Nordsee ganz verschwindend klein
(etwa Yio)' ^s hängt dies offenbar mit den sehr starken Strömungen in diesem
') Dalyell gibt 12 Tage an; ich halte das für einen Druckfehler.
*) Wahrscheinlich die Larve von Cynthia grossularia Kupffer = Dendrodoa [Sty-
elopsis] grossularia (Ben ed.). Kupffer schreibt von ihr (Jahresber. Kommiss. 1872/73,
pag. 221 nur: „Larven sind intensiv rot, auch bei der ungefärbten Varietät". Eine nähere
Beschreibung oder Abbildung fehlt noch gänzlich. (Vergleiche auch S. 16 und 17 unter
Heterocarpa glomerata.)
Die Ascidienlarven.
III 37
Gebiete zusammen, durch die die Larven leicht von ihrem Geburtsorte fort in
die See hinausgetrieben werden.
Zum Schluß soll noch bemerkt werden, daß die Eier mancher Ascidien mit
frei lebenden Larven im Wasser schweben und also gleichfalls gelegentlich im Plankton
gefangen werden müßten. Dieselben sind zum Teil (Ciona, Phallusia) durch
fingerförmige Fortsätze ihrer Hülle ausgezeichnet, die nicht wie bei Eiern anderer
Tiere cuticularer Bildung sind, sondern aus je einer Follikelzelle („Papillenzelle")
bestehen (Fig. 1); anderen schwebenden Ascidien-
eiern fehlen aber diese Fortsätze. Die Eier von
Ciona intestinalis sind nach Seeliger (loc. cit.
pag. 699) 270—280» groß, können also die Maschen
der Müllergaze 20 nicht passieren. Ein Ei mit
glatter, farbloser Hülle aber nur 75 fi Durchmesser,
aus dem eine Ascidienlarve sich entwickelte, fand
ich im nordatlantischen Ozean in 65 ^ westl. Lg.
und 40 ö nörd. Br. Möglicherweise stammt es von
Ascidien die auf Sargassokraut in das Meer hinaus
getrieben waren.
Fig. 1. Reifes Ei von Ciona
intestinalis (nach Seeliger, pag.
697, Fig. 148 A).
In die nachfolgende Zusammenstellung habe ^ fingerförmige Fortsätze von
., it«j-i j <-^l•. FoUikelzellen gebildet; tz so-
lch nur solche Ascidienlarven aus dem Gebiete , t- * ,, < /u u
genannte „Testazellen" (haben
des nordischen Planktons aufgenommen, von denen ^^^ ^en späteren Mantelzellen
entweder nach Angaben über ihre Schwärmzeit oder nichts zu tun); ov Ei. "Vj.
aber nach ihrem Körperbau anzunehmen ist, daß
sie ein planktonisches Leben führen werden. Ausgeschlossen sind daher im
allgemeinen alle Larven, bei denen der Rumpf sehr groß, der Schwanz aber
sehr kurz ist und bei denen der Haftapparat in excessiver Weise entwickelt, die
Sinnesblase ganz reduziert ist, oder bei denen bereits durch Knospung ein oder
mehrere Blastozoide ausgebildet sind. Jedoch gebe ich beistehend die Abbildung
von ein paar solcher Larven (Fig. 2 u. 3), damit, falls sie einmal in die Netze
geraten sollten, ihre Identifizierung nicht auf Schwierigkeiten stößt. Im Wesent-
lichen sind also diejenigen Larven berücksichtigt, die sich durch einen kräftigen
Schwanz, einen relativ kleinen Rumpf und eine relativ hoch entwickelte Sinnes-
blase auszeichnen.
Eine Übersicht dieser Formen gestaltet sich wie folgt:
I. Ein Haftapparat fehlt; die Larve setzt sich mit unregelmäßigen Rumpffort-
sätzen bei Beginn der Metamorphose fest; Rumpflänge^) sowie Gesamtlänge
unbekannt. 1. Caesira (Molgula) ampulloides (v. Bened.).
II. Der Haftapparat ist wohl entwickelt und besteht zum mindesten aus drei Haft-
papillen am vorderen Rümpfende:
') Ohne Schwanz.
tu 3d
H. Lohmann.
1, Der Haftapparat wird nur aus den drei Haftpapillen gebildet, die dem
Vorderende des Rumpfes aufsitzen und in keiner Weise vom Rumpfe
gesondert sind:
a) Der Kiemenkorb wenig entwickelt, höchstens jederseits zwei Spalten
tragend; die Sinnesblase liegt im Innern des Rumpfes:
aa) Die Haftpapillen sind kurz, abgerundet; das Auge ist sehr
groß und berührt den Statolithen fast, Rumpflänge ca. 208 /u;
Gesamtlänge ca. 730 «.
2. Phallusiopsis (Phallusia) mammillaia Cuv.
Fig. 3. Eben ausgeschlüpfte Larve von Diplo-
soma lacazei (nach Lahille, pag. 114, Fig. 64). Stark
vergrößert. Außer dem oben liegenden Kiemenkorb
des Oozoids sind bereits die Kiemenkörbe von zwei
Blastozoiden entwickelt. Die langgestielten Haftpapillen
werden an ihrer Basis von einem mächtigen becher-
förmigen Kragen umgeben, dessen freier Rand finger-
förmig zerteilt ist. Der Haftapparat hat eine gewaltige
Größe erreicht. Mantelsubstanz wie in Fig. 1.
Fig. 2. Eben ausgeschlüpfte
Larve von Diplosoma lis-
te ri (nach Lahille, pag. 121) »Vi-
Oben liegt der Kiemenkorb des
Oozoids, unten sieht man auch
den des Blastozoids. Zwischen
den langgestielten Haftpapillen
stehen kolbenförmige Hautfort-
sätze. Die Mantelsubstanz ist
mit Blasenzellen durchsetzt.
bb) Die Haftpapillen sind lang, ohne Ringwulst und ohne End-
zapfen an der Spitze; Auge sehr groß, aber vom Statolithen
entfernt; Rumpflänge ca. 300 ;«; Gesamtlänge ca. 1500^«.
3. Ciona intestinalis (L.).
cc) Die Haftpapillen lang, mit Ringwulst und Endzapfen an
der Spitze; Crista des statischen Organes mit Blase. Rumpf-
länge ca. 133/«; Gesamtlänge nicht angegeben.
4, Phallusia (Ascidia) nientula (O. F. Müller.).
Die Ascidienlarven. IH 39
dd) Die Haftpapillen wie bei voriger Art gestaltet; Crista des
statischen Organs ohne Blase, Rumpflänge ca. 340 /«; Ge-
samtlänge ca. 950 fi. 5. Ciona canina (O. F. Müller.),
b) Der Kiemenkorb jederseits mit vier Reihen von Spalten; Sinnes-
blase ganz gegen die Dorsalfläche gedrängt; Rumpf- und Ge-
samtlänge nicht angegeben. 6. Perophora listeri Wiegm.
2. Der Haftapparat ist als besonderer Rumpfabschnitt abgeschnürt, so daß
ein Träger der Haftpapillen gebildet wird; Sinnesblase gegen die
Dorsalfläche gedrängt. Kiemenkorb jederseits mit zwei Reihen Spalten;
Rumpflänge ca. 560 /tt; Gesamtlänge ca. 2000 /«.
7. Clavellina lepadiformis O. F. Müller.
3. Außer den Haftpapillen sind noch Hautfortsätze entwickelt, die ent-
weder zwischen der Basis der Papillen entspringen oder kränz- oder
kragenförmig deren Basis umgeben:
a) Die Hautfortsätze entspringen zwischen den Papillen, die lang
gestielt sind; der Kiemenkorb hat vier Spaltreihen; Rumpflänge
ca. 112|u; Gesamtlänge ca. 268 ju.
8. Amaroucium prolifemm M. Edw.
b) Die Hautfortsätze bilden einen Kranz um die Basis der Haft-
papillen.
aa) Es sind nur acht Hautfortsätze vorhanden; die Haftpapillen
sind deutlich als kegelförmige Fortsätze entwickelt; Rumpf-
länge ca. 320 fi ; Gesamtlänge ca. 111 0 jw.
9. BotryllüS violaceus M. Edw.
bb) Es sind mehr Hautfortsätze vorhanden; die Haftpapillen
sind fast ganz geschwunden und nur in drei zipfelartigen
Fortsätzen noch erkennbar; Rumpflänge ca. 444 f.i; Ge-
samtlänge 1290 |M. 10. Heterocarpa glomerata (Aid.).
1. Larve von Caesira (Molgula) ampulloides (v. Bened.). (Fig. 4.)
1847. Larve von Ascidia ampulloides van Beneden in: Memoir. Academ, Royale
Belgique, t. XX, pag. 1—66, pl. 2, Fig. 23.
1872. Ascidia ampulloides
V. Ben. = Molgula ampul-
loides (v. Ben.) Giard.
Giard in: Arch.-Zool. Exp.
t. I, pag. 398—403.
~-"^i«.~.«»*^a. Van Beneden gibt keine
Fig. 4. Larve von Caesira ampulloides v. Beneden Größenangabe dieser inter-
(nach van Beneden, Taf. II, Fig. 23). ^ , ,. ..,,
• Di^ K tt u tit\ i j i^" essanten Larve, die er zwölf
a in Bildung begriffener Haftfortsatz am vorderen Korper- '.
ende, später entstehenananderenKörperstellenebensolche; Stunden schwimmend sah.
b Auge; c Mantel. Eigentliche Haftpapillen feh-
III 40
H. Lohmann.
Jen, doch bildet sich am Vorderende des Rumpfes ein formloser Fortsatz aus, dem
später andere an anderen Stellen des Rumpfes folgen und mittelst deren die Larve
sich festsetzt. Wie Kupffer bemerkt (Berichte der Kommission z. Unters, deutsch.
Meere, Bd. I, pag. 137), erwähnt van Beneden zwei Pigmentflecke für die Sinnes-
blase, obwohl er nur einen zeichnet.
2. Larve von PhaJiusiopsis (Phallusia) mammillata Cuv. (Fig. 5.)
1852. Larve von Phallusia mammillata Cuv„ Krohn in: Müllers Archiv f. Anat.,
Physiolog., Jahrg. 1852, pag. 312 ff.
1866. Larve von Phallusia mammillata Cuv., Kowalewsky in: Mem. Acad. Impör.
Science, St. Petersbourg, s6r. 7, tome X, No. 15.
1871. Larve von Phallusia mammillata Cuv., Kowalewsky in: Arch. mikrosk.
Anatomie, Bd. VII, pag. 101 u. ff.
Haftpapillen kurz, abgerundet, nach Krohn saugnapfähnlich vertieft. Auge
in der hinteren Wand der Gehirnblase liegend, sehr groß, die Stäbchenzellen eine
breite Zone hinter dem Pigmentkörper bildend, die Linse zehr stark gewölbt. In-
folge der mächtigen Entwickelung des Auges berührt die Linse den langgestielten
Fig. 5. Larve von Phallusiopsis mammillata Cuv. (nach A. Krohn).
(Jaf. VIII, Fig. 2.> a Mantel mit Zellen;, a u. c Chorda; f hinterer- Pigmentfleck (Auge);
e vorderer Pigmentfleck (Statisch Organ); g u. h Haftpapillen (nur zwei sind gezeichnet).
Sfatolitheh fast. (Auf Krohn's Zeichnung nicht erkennbar, wohl aber nach den
AbbiJduagen^Kovyalewskys.) E,s. ist interessafit, daß nach Kupffer. die Larven von
Ciona intestinalis und canina sich deutlich unterscheiden (Fig. 6 u. 8), während,
wie mir Hartmeyer freundlich mitteilt, jetzt alle Systematiker die Geschlechtstiere
als zu einer Art (C intest.) gehörig, betrachten! Es wäre daher eine neue Unter-
suchung sehr erwünscht. After dorsal gelegen; Chorda ursprünglich aus nu"r einer
Zellreihe gebildet. — Gesamtlänge etwa 730 n, Rumpf ohne Schwanz 208 /«. —
Die Larve schwimmt mehrere^ Tage umher.
3. Larve von Ciona intestinalis (L.). (Fig. 6.)
1866. Larve von Ascidia intestinalis, Kowalewsky in: Mem. Acad. Imper. Science,
St Petersbourg, ser. 7, tome X, No. 15.
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I ^ amtlänge 1500 fi,
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allusia (Ascidia)
0 * • I 0 > Ascidia mentula
* g g g } y \ Müller, Kupffer
P ^ 2f • N» likrosk. Anatom.,
Ö O- ? f .385 ff.
pH» f
• ■ ^ f lang, vor der
Ol 9i % y verdickt. Auge
1.4 salen Winkel der
egen ; Stäbchen-
rechten Seite un-
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• H» Pigmentkörper;
Pi 9 a des Statolithen
C2 « - ganze Gehirn-
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• ^ B & 3 zwei Zellreihen
I # M •
I j^ jesammtlänge ?,
hwanz ca. 133;«.
I h» B g Ciona canina
1 o
§ • :r.) (Fig. 8.)
vy.
n Ascidia canina
iViüller, Kupffer in:
;• Figur mit a bezeichnet), r Haftpapillen. ^rch. f. mikrosk. Anatom.
Bd. VI, pag. 115 ff.
Haftpapillen lang, mit knopfartiger Verdickung und mehreren kurzen, starren
und spitzen Borsten an der Spitze. Auge an der dorsalen Wand der Gehirnblase
III 40
len, doch bikl
später andere
sich festsetzt.
Meere, Bd. I,
blase, obwohl
2. Larvt
1852. Larve v
Physiok
1866. Larve v
Science,
1871. Larve \
Anatom i
Haftpapi
in der hinterer
breite Zone hi 'i> *
folge der mäcl '
4 ♦
Fig. 5.
CTaf. VIII, Fig. :
e vorderer Pign
Sfatolithen fast
Abbildungen I
Ciona intestinci
wie mir Hartn
als zu einer A
suchung sehr
Zellreihe gebil
Die Larve seh
3. Larve von Ciona intestinalis (L). (Fig. 6.)
1866. Larve von Ascidia intestinalis, Kowalewsky in: Mem. Acad, Imper. Science,
St. Petersbourg, ser. 7, tome X, No. 15.
Die Ascidienlarven.
III 41
1870. Larve von Ascidia- intestinalis, Kupffer in: Arch, mikrosk. Anatomie, Bd. VI,
pag. 150 u. ff.
Haftpapillen einfach kegelförmig, lang, ohne Knopf und Borsten. Auge an
der Hinterwand der Gehirnblase gelegen, groß, die Stäbchenzellen treten hinter
dem Pigmentkörper als radiär ge-
streifte Schicht deutlich hervor.
After seitlich mündend. Chorda
ursprünglich aus zwei Zellreihen
gebildet. — Gesamtlänge 1 500 f^i,
Rumpf ohne Schwanz 300 ii.
— Nur einige Stunden umher-
schwimmend.
-i—a
\--9
4. Larve von Phallusia (Ascidia)
mentula (O. F. Müller).
(Fig. 7.)
1872. Larve von Ascidia mentula
(Kupffer) O. F. Müller, Kupffer
Jn: Arch. mikrosk. Anatom.,
Bd. VIII, pag. 385 ff.
Haftpapillen lang, vor der
Spitze knopfartig verdickt. Auge
im hinteren dorsalen Winkel der
Gehirnblase gelegen ; Stäbchen-
zellen an der rechten Seite un-
bedeckt vom Pigmentkörper;
unter der Crista des Statolithen
eine Blase. Die ganze Gehirn-
blase weit nach vorn gerückt.
After seitlich gelegen (?). Chorda
ursprünglich aus zwei Zellreihen
gebildet. — Gesammtlänge ?,
Rumpf ohne Schwanz ca. 133iW.
5. Larve von Ciona canina
(O. F. Müller.) (Fig. 8.)
Fig. 6. Larve von Ciona intestina-
lis (L.) (nach Kowalewsky(Taf.II,Fig. 26/27).
Die linke Figur ^'^li ; die rechte Figur
stärker vergrößert, g Mantelsubstanz mit
i / einzelnen Zellen (z); o Mundöffnung, n
I ff Sinnesblase mit dem Auge (p) und dem, 1870. Larve von Ascidia canina
l/ statischen Organ, h Chorda (in d. linken O. F. Müller, Kupffer in:
;' Figur mit a bezeichnet), r Haftpapillen. ^^j-ch. f. mikrosk. Anatom.
Bd. VI, pag. 115 ff.
Haftpapillen lang, mit knopfartiger Verdickung und mehreren kurzen, starren
und spitzen Borsten an der Spitze. Auge an der dorsalen Wand der Gehirnblase
III 42
H. Lohmann.
Fig. 7. Larve von Phallusia mentula (O.F.Müller) (nach Kupffer, taf. XVII, Fig. 9),
ca. •''*'/,. Die Mantelsubstanz ist fortgelassen (!). a Sinnesblase, d Crista d. statischen
Organes mit der Blase unter dem Stiel des Statolithen; e Auge mit stäbchentragenden Zellen,
Pigment- und Linsenkörper; o Mundeinstülpung; k Kiemenkorb; 1 Darm; h Zentralkanal des
Nervenrohres; b u c Rumpf- und Caudalabschnitt des Nervenrohres; m Muskelzellen.
*^^?Eia
:^i
Fig. 8. Larve von Ciona canina (0. F. Müller)
(nach Kupffer, Taf. IX, Fig. 16). Von der linken Seite
gesehen; r Mundöffnung, 1 Auge, ihm gegenüber das
statische Organ; p Kanal des Nervenrohres; k die drei
Haftpapillen.
,^
Fig. 9.
Larve von Pero-
phora listeri Wiegm.
(nach Giard, pl. XXIV,
Fig. 6). nr Zellen in
der Mantelsubstanz; pa
die drei Haftpapillen;
ob u. (^ Anlage d. Mund-
öffnung; f Kiemen-
spalte; vis Auge mit
den Linsen (I); ot sta-
tisches Organ; end
Endostlyl; gs Blutkör-
perchen; CO Herz und
Herzbeutel; ch Chorda.
Die Ascidienlarven. HI 43
gelegen, Stäbchenzellen völlig verdeckt durch den Pfgmentkörper; Auge und Sta-
tolith diametral einander gegenüber liegend. After seitlich gelegen; Chorda ur-
sprünglich aus zwei Zellreihen gebildet. — Gesammtlänge ca. 950 /t, Rumpf ohne
Schwanz 340 fi.
Nach Kupffer ist diese Larve drehrund und ohne flossenartige Verbreiterung
der Schwanztunica.
6. Larve von Perophora listeri Wiegm. (Fig. 9.)
1872. Larve von P. 1., Giard in: Archiv Zool. Experim, t. I, pag. 501, ff.
1903. Larve von P. 1., Seeliger in: Bronns Klassen und Ordnungen d. Tierreichs,
Bd. III, Suppl. p. 824.
Haftpapillen zapfenförmig, mit einer becherförmigen Einsenkung an der Spitze,
in deren Grunde ein Knötchen von Mantelsubstanz sich befindet. Sinnesblase durch
die starke Entwickelung des Kiemenkorbes ganz dorsal verlagert; Auge an der dor-
salen Wand gelegen, mit drei eiförmigen, ungefähr gleich großen Linsen, die vom
Lumen der Sinnesblase abgewandt sind. Statisches Organ diametral dem Auge
gegenüber an der ventralen Wand gelegen. Kiemenkorb jederseits mit vier Reihen
von Spaltöffnungen. Die Chorda wird ursprünglich von nur einer Zellreihe ge-
bildet. Der Ruderschwanz ist mit einem breiten, hinten in eine kurze Spitze aus-
laufenden Flossenrand versehen. — Über die Größe der Larve habe ich keine
Angabe gefunden. — Die Schwärmzeit dauert nur sehr kurze Zeit.
7. Larve von Clavellina lepadiformis O. F. Müller. (Fig. 10.)
1872. Larve von Cl. lep., Giard in: Arch. Zool. Experim., t. 1, pag. 615, pl. 23, Fig. 2.
1885. Larve von Cl. lep.. Seeliger in: Jen. Zeitschr. Naturw., Bd. 18, pag. 86, 87.
1903. Larve von Cl. lep., Seeliger in: Bronns Klassen u. Ordnungen, Bd. 3, Suppl.,
pag. 773 ff.
Haftpapillen zapfenförmig, kurz, leicht knotig am freien Ende verdickt, von
einem mächtigen und langgestielten Papillenträger getragen, der dem Vorderende
Fig. 10. Larve von Clavellina lepadiformis O. F. Müller, linke Seite (nach Seeliger,
pag. 775). ^7i- hp die drei Haftpapillen; trg Träger der Haftpapillen; mt Mantelsubstanz;
end Endostyl; md Mundöffnung; sbl Sinnesblase; kk Kiemenspalten; n Nervenrohr (schwarz
gehalten); h Herz; mg Magen.
ni 44 H. Lohmann,
des Rumpfes vorgelagert ist, aber an der Ventralfläche desselben entspringt. Sinnes-
blase wie bei Perophora durch den weit entwickelten Kiemenkorb weit dorsal ver-
lagert; Auge an der dorsalen Wand, Pigmentkörper sehr stark, Linse aus zwei
übereinander liegenden, halbellipsoiden Teilen gebildet (äußere und innere Lage).
Statolith an der Ventralwand entspringend, klein (nach Giards Abbildungen liegt
der Statolith an der Vorderwand). Kiemenkorb jederseits mit zwei Reihen von
vier bis fünf Kiemenspalten. After dorsal. Chorda ursprünglich aus einer Zell-
reihe gebildet. — Gesamtlänge 1790—2100/*, Rumpf ohne Schwanz 525 bis
600 fi. — Die eben ausgeschlüpfte Larve schwimmt recht rasch und gewandt,
doch nur wenige Stunden, umher. Bei dem Ausschlüpfen stehen die verschiedenen
Individuen nicht immer auf gleicher Entwickelungsstufe, so können z. B. die beiden
Peribranchialräume bei vielen Larven bereits zu einem unpaaren Kloakenraum ver-
bunden, bei anderen noch völlig gesondert sein.
Im Anschluß an diese Art gebe ich auch die Abbildung und einige Be-
merkungen zu der Larve von Clavellina producta, obwohl sie nur sehr un-
genügend bekannt ist.
7a. Larve von Clavellina producta Miln. Edw. (Fig. 11.)
1842. Larve von Clav, pr., Milne Edwards in: Mt^m. Acad. Scienc. Instit. France,
t. 18, pag. 254 u. 255, pl. 2, Fig. 3 b.
Fig. 11. Larve von Clavellina producta (nach Milne Edwards,
pl. 2, Fig. 3b). Junge Larve in Seitenansicht.
Über diese Larve hat Milne Edwards keine näheren Angaben gemacht, auch
die Abbildung ist sehr ungenügend.
8. Larve von Amaroucium proliferum M. Edw. (Fig. 12.)
1842. Larve de l'Amarouque prolifere, Milne Edwards in: M6m. Acad. Scienc.
Inst. France, t. 18, pag. 244 ff., pl. 4, Fig. 8, 14, 15.
1884. Larve von Amaroucium proliferum, Maurice et Schulgin in: Annal. Scienc.
Naturell., 6. s^r., Zoolog., i 17, pag. 23 ff., pl. 10, Fig. 20, 21.
Haftapparate lang und in je einer knopfartigen Verdickung endend, die nach
Milne Edwards eine saugnapfartige Bildung besitzt; zwischen der Basis der Stiele
entspringen nach Maurice und Schulgins Zeichnung zipfelförmige Fortsätze, und
ähnliche Bildungen werden auch von Milne Edwards angegeben; doch sind sie
vielleicht nur den noch im Kloakenraum der Mutter lebenden, unfreien Larven
eigen. Die Sinnesblase ist ganz an die Dorsalfläche verdrängt und sehr klein;
das Auge enthält nach Maurice nur eine, nach Giard (Arch. Zoolog, experim.,
t. 1, pag. 672) aber drei Linsen; statt eines Statolithen, wie bei den anderen
Larven, sollen hier vier Statolithen vorkommen (Maurice, pag. 26). Aber diese
Die Ascidienlarven.
III 45
Verhältnisse bedürfen sicher neuer Prüfung. Die beiden Peribranchialsäcke münden
in einen gemeinsamen Kloai<enraum, der Kiemenkorb besitzt jederseits vier Reihen
von Spähen. Chorda ursprünghch aus einer Zehreihe gebildet. — Gesamtlänge 268 fi,
Rumpf ohne Schwanz 112|W.
Die Larven sind orangefarben gefärbt; so lange sie noch im Kloakenraum
der Mutter leben, liegt im vorderen Körperteile eine große gelbliche Dottermasse,
die aber bei den freischwimmenden Tieren fehlt. Diese schwimmen „en fretillant"
während der ersten Stunden umher, setzen sich dann aber mit einer ihrer Haft-
papillen fest.
Fig. 12. Larve von Amaroucium proliferum M. Edw. (die untere Figur nach Maurice
et Schulgin, pl 10, Fig. 20; die obere Figur nach Milne Edwards, pi. 4, Fig. 8). Untere
Figur: Seitenansicht einer Larve mit zwei.Kiemenspaltenreihen; ob Mundöffnung; end
Endostyl; v Nahrungsdotter; vn Sinnesblase; pa Haftpapillen, zwischen deren Basis je
ein Hautfortsatz sichtbar wird. — Obere Figur: Eben ausgeschlüpfte Larve; a u. a*
Mantelsubstanz; b" Haftpapillen, an deren Basis zwei knospenförmige Hautfortsätze sichtbar.
9. Larve von Botrylius vioiaceus M. Edw. (Fig. 13.)
1876. Laive von Botrylius vioiaceus. Reichert in: Abhandig. Königl. Akad. Wissen-
schaft. Berlin, pag. 131, Taf. 2 u. 3, Fig. 3.
Der sehr plumpe, eiförmige Rumpf trägt am vorderen Pole drei kegelförmige
Haftpapillen und in einer äquatorialen Zone acht dicke, fingerförmige Hautfort-
sätze; die Sinnesblase scheint nur klein und dicht unter die Rückenfläche gedrängt;
ihr feinerer Bau wurde von Reichert nicht aufgehellt. Der Schwanz, der vier bis
viereinhalbmal länger als der Rumpf ist, besitzt eine sehr breite, hinten stumpf ge-
rundete Flosse, die senkrecht steht und beweist, daß der Schwanz seine primäre
III 46
H, Lohniann.
pa pa
pa
Orientierung bewahrt hat und die Medianebene des Rumpfes
urvd Schwanzes die gleiche Lage besitzen. — Die Larven sind
orangegelb gefärbt; der Rumpf ist 350— 450 u lang, der Schwanz
vier bis viereinhalbmal länger; beim Schwimmen treibt der
Schwanz unter wurmförmigen Krümmungen und seitlichen
Schlägen des Schwanzendes den Rumpf vor
sich her, wobei die Sinnesblase stets dem Lichte
zugewandt bleibt, — Schwärmdauer unbekannt.
10. Larve von Heterocarpa glomerata (Alder).
(Fig. 14.)
1890. Larve von Styela glomerata Alder, Lahille
in : Recherch. Tuniciers, Toulouse, pag. 3 1 3,
Fig. 161.
1903. Larve von Heterocarpa (Styela) glomerata
Aid., Seeliger in: Bronns Klassen und
Ordnungen des Tierreiches, Bd. III, Suppl.
pag. 783, Fig. F.
Haftpapillen auf drei kleine
Spitzen reduziert (Fe.), die die
drei Ecken des abgeplatteten,
Fig. 13. Larve von Botryllus vio- saugnapfähnlichen Vorderendes
laceus M. Edw. (nach Reichert, Taf. des eiförmigen, plumpen Rumpfes
II u III, Fig. 3; beide Figuren sind ^^^^^^^ Der Papillenträger bildet
ft
verkleinert wiedergegeben). Figur
links: Linke Seitenansicht; man sieht ^in kolbenförmiges, m der Längs-
die in der primären Medianlinie liegende achse des Rumpfes gelegenes
Schwanzflosse in ihrer ganzen Aus- Organ (B), dessen Basis von
dehnung; der Schwanz hat also gar gj^ern Kranze fingerförmiger,
keine Achsendrehung erlitten; pa die . • w » u it a
..,,,, ... , ^. i, „ . nach vorn gerichteter Hautfort-
drei Haftpapillen; h die vier Haulfort-
sätzederlinkenSeite.- Figur rechts: Sätze umgeben wird. Innerhalb
Rückenansicht der Larve; v die durch- dieses Kranzes ist Dotter abge-
scheinende Sinnesblase; fl Kantenan- lagert, der bei den einzelnen
sieht der Schwanzflosse, die genau in Larven in sehr verschiedener P'k- >4. Larve
die Medianebene des Rumpfes fällt. .. • u t- a ^ a +•<,? ^i ^°" "«<ero-
^ Menge sich findet und tief rot carpa giome-
gefärbt ist, während der übrige Körper durch seine gelbe Farbe sich (na'^diLahiiiefpag.
auszeichnet. Der Schwanz besitzt eine sehr breite Flosse, die in der 3'3>- **/>• „.^l]'"
ausgeschlüpfte
Medianebene des Rumpfes stehen soll („La nagoire caudale se trouve Larve; Fe die drei
dans le plan vertical du corps de la larve", Lahille, pag. 315), mit reduzierten Haft-
einer stumpfen Spitze endet und durch quer verlaufende Verstärkungs- ben Hautfortsätze
streifen gestützt wird. Der feinere Bau ist noch nicht studiert. — der dargestellten
*" .. Fläche; B zen-
Gesamtlänge 1290|U, Rumpf ohne Schwanz 444 /t, — Über die traier Zapfen des
Dauer der Schwärmzeit habe ich keine Angaben gefunden. qn^ F^ossensaum
Sehr nahe mit der Larve von Heterocarpa glomerata Alder ^^^ Schwanzes,
stimmt offenbar die Larve von Dendrodoa (Styelopsis) grossuiaria
Die Ascidienlarven.
III 47
(Beneden) überein. Nach Material, das am 26. Juni 1901 bei Kiel gefangen war,
ist auch hier der kugelige oder ellipsoide Rumpf scharf vom Schwanz abgesetzt;
am Rumpfe bezeichnet ein hinten rechts gelegener Pigmentfleck die Lage der
Sinnesblase, während die ganze vordere Hälfte des Rumpfes von etwa 15 finger-
förmigen Fortsätzen umgeben wird. Der vordere Rumpfpol trägt 3 (oder 4?) sehr
kleine Haftapparate, die aber oft im konservierten Zustande nur
schwer erkennbar sind. Der Schwanz läuft, wie es scheint, in eine
sehr lange feine Spitze aus, die sich weit hinter das Chorda-Ende
fortsetzt. Die Körperzellen sind intensiv rot, die Tunica-Zellen hin-
gegen schwefelgelb gefärbt. Über die Körpergröße habe ich mir
leider keine Notizen gemacht. Für weitere Untersuchungen war
das Material nicht genügend konserviert.
Zum Schluß mag der Vollständigkeit halber noch eine von
Forbes und Hanley gegebene Abbildung der Larve von Stolonia
SOCialis Hartm. hier abgedruckt werden. Die Larve ist wie die Ascidie
tief rot gefärbt, und nach der Abbildung durch die sehr stark vor-
tretenden drei Haftpapillen am Vorderende des Rumpfes ausgezeichnet.
(Cynthia aggregata Forbes, in: Forbes und Hanley, History of British
Mollusca, London 1848, vol. I, pag. 41 und pl, 1), Fig. 5 u. 5e). Die
Autoren machen gar keine Angaben über Größe und Bau der Larven,
die sie in den Geschlechtstieren gefunden haben, so daß eine Einreihung unter die
übrigen Arten unmöglich ist.
Fig. 15. Larve
von stolonia
socialis (nach
Forbes u. Han-
ley, vol.I, pl. D.,
Fig. 5 a).
IV. Pteropoden.
Von
Prof. Dr. Lenz -Lübeck.
Von dieser mehr den wärmeren Meeresteilen angehörenden Tiergruppe
sind für die arktischen Meere nur zwei, zugleich circumpolare Arten
charakteristisch: Clione limacina und Limacina helicina. Im atlantischen Ozean
weist das Übergangsgebiet zur Warmwasserzone hierfür Limacina balea
(retroversa) auf. Aus dem Warmwassergebiet gehen in die arktischen Meeres-
teile häufiger: Clio pyramidata, ganz vereinzelt: Clio cuspidata und falcata,
Pneumodermopsis ciliata; im pacifischen Gebiet: Pneumoderma pacificum.
[Vgl. die von Meisen heim er 1. c. gegebenen klaren Übersichten und Karten.]
1. Limacina helicina (Phipps).
1773. Clio helicina Phipps, A Voyage towards the North Pole, p. 195.
1840. Limacina arctica Möller in: Tidskr. 1. R. 3. Bd. p. 488.
1872. „ pacifica Dali in: Amer. Journ. of Conch. Vol. VII, p. 138.
1878. „ „ G. O. Sars, Moll. Reg. arct. Norv. p. 328, Tab. 29,
Fig. 1 a — h.
1885. „ „ Rep. of Intern. Polar-Exp.to Point Barrow, Wash., p. 177.
1886. „ helicina Boas, Spolia atlantica in: Vidensk. Selsk. 6. R., Afd.
IV, 1. p. 41, Tab. 3, Fig. 22 (Radula).
1888. „ „ Pelseneer in: Chall. Exp. Pterop. II, p. 21.
1897. „ . arctica Vanhöffen in: Grönl. Exp. Bd. 2, p. 277.
1898. „ helicina Posselt, Grönl. Brachiop. og Bloddyr,, p. 253.
1905. „ „ Meisenheimer in: Deutsche Tiefseeexp. Bd. IX, p. 6
und Fauna Arct. Bd. IV, p. 409.
Schale sehr dünn, 5 — 6 Windungen, letzte Windung stark erweitert.
Nabel rund, groß und tief, von einem vorspringenden Rande eingefaßt. Ober-
fläche fein quergefurcht. Durchmesser bis 8 mm. Deckel dünn, glänzend,
länglich-oval, am Ende eine kurze Spirale. Flossen blattartig, breit, abgestutzt.
Fuß mit ausgebuchtetem Mittellappen und zwei vorderen Seitenlappen. Kopf
mit zwei ungleichen Tentakeln,
Nord Plankton, IV l
IV 2
Dr. Lenz.
(Nach Sars.)
Farbe: dunkelpurpurn bis violett, Flossen heller und durchscheinend.
Verbreitung circumpolar, selten über den 60*^ n. Br. nach Süden vor-
dringend. [Südwestküste Norwegens, atlantische Küste der Vereinigten Staaten.]
In den antarktischen Meeren die sehr ähnlichen, wenn nicht identischen
(vgl. Meisenheimer 1. c. p. 7, 9 und p. 412.) L antarctia Woodw. (Chall. Exp.
1. c. p. 22, Tab. I, Fig. 3 -4) und L. australis Eyd. et Soul. (Chall. Exp. 1. c.
p. 25, Tab. I, Fig. 6.) bei Cap. Hörn, Kerguelen, Heard Isl., Marion Isl. bis
Crozet zwischen dem 46 ^ und 63" s. Br.
2. Limacina balea Möller.
1841. Limacina balea Möller in: Tidskr. 1. R. 3. Bd. p. 489.
1853. Spiralis flemingii u. Mac andrei Forbes u. Stanley, Hist. Brit. Moll. II,
p. 384 u. 385, Tab. 57, Fig. 4—7.
1878. „ balea u. retroversus G. O. Sars. Moll. Reg. Arct. p. 329-330,
Tab. 29, Fig. 2 a — e, 3 a — f.
1886. Limacina balea Boas, Spolia atlantica in: Vidensk. Selsk. 6. R. Afd. IV,
1, p. 43.
1888. „ retroversa Pelseneer in: Chall. Exp. Pterop. II, p. 27.
1898. „ balea Posselt, Grönl. Brachiop. og. Bloddyr, p. 254.
1905. „ retroversa Meisenheimer in: Deutsche Tiefseeexp. Bd. IX,
p. 109 und Fauna Arct. Bd. IV, p. 419.
Limacina balea Möller.
(Nach Sars.)
Limacina retroversa [(Flemm.).
(Nach Sars.)
Pteropoderl.
IV 3
Schale dünn, glänzend, 6 — 10 Windungen, letzte Windung sehr groß,
über die Hälfte der Länge des Gehäuses einnehmend, mit deutlichem Nabel.
Länge bis 4,5 mm. Deckel wie bei L. helicina, aber im Verhältnis zur Länge
etwas breiter. Weichkörper dem von L. helicina ähnlich, mehr oder weniger
purpurn.
Die Form L. balea ist schlanker, Oberfläche mit zarten Längsstreifen
versehen, Länge bis 4,8 mm; L. retroversa kürzer, Oberfläche glatt, Länge
nur bis 2,8 mm.
Verbreitung von der Nordküste Norwegens, nördl. v. 71 ^ n. Br. an der
Westküste herab, Nordsee, Skagerak, Kieler Bucht, 24. Febr. 1884, Schottland,
Irland, Kanal, zwischen dem 57 — 61*^ n. Br. im atlant. Ozean, Davisstraße,
atlantische Küste der Vereinigten Staaten bis 38^ n. Br. hinunter.
Diese Art bewohnt die gemäßigten Meeresteile und meidet sowohl die
eigentlichen arktischen, kalten Stromgebiete, wie die wärmeren Gewässer der
tropischen Zone. (S. Meisenheimer.)
Auf die antarktischen Formen ward bereits bei der vorigen Art hingewiesen.
3. Clio pyramidata L.
1767. Clio pyramidata Linne, Syst. Nat. Ed. 12, p. 1094.
1886. Cleodora pyramidata Boas, 1. c. p. 69, Tab. 4, Fig. 47, Tab. 5, Fig. 74,
84—96, Tab. 6, Fig. 96—97.
1888. Clio pyramidata Pelseneer in: Chall. Exp. Pteropoda, II, p. 63.
1898. Cleodora pyramidata Posselt, Grönl. Brachiop. og. Bloddyr, p. 255.
1905. Clio pyramidata Meisenheimer in: Deutsche Tiefseeexp. Bd. IX, p. 21
und Fauna Arct. Bd. IV, p. 423.
(Nach Boas.)
Fig. 1. Rückenansicht der Schale.
„ 2. Seitenansicht „ „
„ 3. Querschnitt „ „
„ 4. Embryonalkapsel.
Schale dreieckig-rhombisch, nach hinten und den Seiten in je eine Spitze
auslaufend, in der Seitenansicht abgeplattet, geradegestreckt. Rückenseite mit
starker Mittelrippe und je zwei schwächeren Seitenrippen, Bauchseite in der
IV 1*
IV 4
Dr. Lenz.
Mittellinie breit vorgewölbt, die scharfen Seitenkanten nach vorn divergierend,
nach hinten allmählich verschwindend. Schalenöffnung dreieckig. Oberfläche
fast glatt, mit undeutlichen Querfurchen versehen. Fig. 2 Embryonalkammer.
Körper ähnlich wie bei Limacina, dunkelbraun. Länge bis 21 mm.
Verbreitung nach Meisenheimers Karte in der deutschen Tiefseeexpedition:
Atlant. Ozean zwischen dem 61*^ n. Br. und dem 40". s. Br.; im indischen
Ozean bis zur gleichen südlichen Breite, vereinzelt auch in gleicher Zone im
pazifischen Ozean beobachtet. Südnorwegen bis 61 *' n. Br., nach Grönland
hinüber, Eingang der Davisstraße (Posselti. ? Spitzbergen. [Pelseneer, Brit. Mus.]
Boas hat für diese nördliche atlantische Form die Bezeichnung var. angusta
gewählt, was nach Meisenheimer I. c. p. 425 und wohl mit Recht nicht aufrecht
zu halten ist.
4. Clio cuspidata (Bosc).
1802. Hyalaea cuspidata Bosc, Hist. nat. des Coquilles, II, p. 241. Tab. IX,
Fig. 5—7.
1886. Cleodora „ Boas, Spolia atl., Pteropod, p. 81, Tab. I, Fig. 2,
Tab. 2, Fig. 13, Tab. 5, Fig. 87—88, Tab. 4,
Fig. 51. (Embryonalschale.)
1888. Clio „ Pelseneer in: Chall. Exp. Pteropoda, II, p. 66.
1905. „ „ Meisenheimer in: Deutsche Tiefseeexped. Bd. IX,
p. 25 und Fauna arct. Bd. IV, p. 425.
(Nach Boas.)
(Nach Rang.)
Fig. 1. Rückenansicht der Schale
„ 2. Seitenansicht „ „
„ 3. Embryonalschale
„ 4. Ganzes Tier
„ 5 und 6. Ganz junge Embry-
onen (aus Bronni.
Diese an ihren langen seitlichen Fortsätzen leicht zu erkennende Art ist
zwischen Island und Grönland (59^56' N.) ein einziges Mal gefischt worden.
(Vgl. Boas I. c. p. 82.) Ihre eigentliche Verbreitung hat sie noch weit mehr
Pteropoden.
IV 5
als die vorige Art in den südlicher gelegenen Teilen des atlantischen Ozeans
und im Mittelmeer; auch aus dem indischen Ozean und den afrikanischen
Gewässern ist sie bekannt, in den australischen nur sehr vereinzelt beobachtet
worden. Länge bis 17 mm.
5. Clio falcata (Pfeffer).
1880. Cleodora falcata Pfeffer in: Abh. d. Naturw. Ver. Hamburg, Bd. VII,
p. 96, Fig. 19, 19a, 19b.
1887. „ „ • Munthe in: Bih. K. Svenska Akad. Handl., Bd, XIII,
Afd. 4, Nr. 2, p. 20.
1888. Clio polita Pelseneer in: Chall. Exp., Pteropoda II, p. 60.
1905. „ „ Meisenheimer in: Deutsche Tiefsee-Exp., Bd. IX, p. 20.
1905. „ falcata Meisenheimer in: Fauna arct., Bd. IV, p. 422.
1, 2 nach Pfeffer.
3 nach Pelseneer.
Fig. 1. Schale vom Rücken
„ 2. Schale von der Seite
„ 3. Embryonalkammer vom Rücken.
Schale glatt, schlank, dreieckig, Spitze nach der Rückseite aufgebogen
mit abgerundeter Embryonalkammer, welche von der Schale durch einen deut-
lichen Ring abgesetzt ist; Seitenkiele scharf, der ganzen Länge nach verlaufend.
Weichkörper nach Pfeffer dunkel-schwarzviolett. Länge bis 12,5 mm,
Breite 6 mm.
Bis jetzt nur vom Eingange der Davis-Straße und weiter nach Süden
zwischen dem 30 — 40" n. Br. und 40 — 50'^ w. L. Von der Challenger Exped.
leere Schalen bei den Canarischen Ins. und an der südamerikanischen Küste.
6. Pneumodermopsis ciliata (Gegenb.).
1855. Pneumoderma ciliatum Gegenbauer, Pteropoden und Heteropoden,
p. 213.
1886. Dexiobranchaea ciliata Boas, Spolia atlantica, p. 159, Tab. 7, Fig. 104,
Tab. 8, Fig. 113.
IV 6
Dr. Lenz.
1887. Dexiobranchaea ciliata Pelseneer, Chall. Exp. Pterop. I, p. 15, Tab. 1,
Fig. 1.
1905. Pneumodermopsis ciliata Meisenheimer, Deutsche Tiefsee-Exp., Bd. IX,
p. 46 und Fauna Arct., Bd. IV, p. 426.
Fig. 1. Tier von der Bauchseite (nach Boas)
„ 2. Kopf (nach Meisenheimer)
„ 3. Saugnäpfe (nach Boas).
Körper langgestreckt, hinten in eine Spitze auslaufend. Fuß wie bei
Clione limacina gebildet, Seitenlappen der ganzen Länge nach festgewachsen,
Flossen ruderförmig, am Grunde verschmälert. Drei mit Saugnäpfen besetzte
Arme, von denen die beiden seitlichen zu wirklichen Armen mit 7 — 9 Saug-
näpfen ausgebildet, während die mittleren 5 Saugnäpfe direkt auf-
gewachsen sind.
Farbe: grau-violett. Größe bis 12 mm.
Diese den wärmeren Teilen des nördl. Atlantischen Ozeans und dem
Mittelmeer angehörende Art ist vereinzelt bis zum 59" (Fylla 1884) und 61*^ n. Br.
(Triton 1882) beobachtet worden und mußte daher hier eine Stelle finden.
(Nach Boas und Meisenheimer.)
7. Pneumoderma pacificum Dali.
L872. Pneumodermon pacificum Dali in: Amer. Journ. of Conch. Vol. VII, p. 139.
1887. Pneumoderma „ Pelseneer in: Chall. Exp., Pteropod. I, p. 30,
Tab. 2, Fig. 4, 5.
1905. „ „ Meisenheimer in: Fauna Arct., Bd. IV, p. 427.
Pteropoden.
IV 7
Flg. 1. Von der Bauchseite
„ 2. Von der rechten Seite.
(Nach Pelseneer.)
Körper langgestreckt, hinten abgerundet, Kopf und Hals ebenfalls lang-
gestreckt. Seitenlappen des Fußes der ganzen Länge nach mit dem Körper
verwachsen, Mittellappen lang, zungenförmig; Flossen kürzer, am Hinterrande
tief eingeschnitten. Zwei Saugarme, auf ihrer nach innen gerichteten Median-
seite mit etwa 50 Saugnäpfchen besetzt. (Nach Meisenheimer.)
Farbe: purpurbraun, namentlich vorne an der rechten Seite. Länge
bis 25 mm.
Wie die vorige dem atlantischen, so gehört diese der wärmeren, nörd-
lichen Zone des pazifischen Ozeans an, ist aber ebenfalls ganz vereinzelt bis
nach Alaska zum 58" n. Br. an der nordamerikanischen Westküste hinauf
getrieben und dort beobachtet worden.
8. Clione limacina Phipps.
1773. Clio limacina Phipps, A Voyage towards the North Pole, p. 195.
1780. „ retusa O. Fabricius, Fauna Groenl. p. 334.
1878. Clione limacina G. O. Sars, Moll. Reg. Arct. p. 332; Tab. 29, Fig. 4a— e,
Tab. 16, Fig. 21a — i.
1886. „ „ Boas, Spolia atlantica, p. 162, Tab. 7, Fig. 101 — 103.
1898. „ „ Posselt, Groenl. Brachiop. og, Bloddyr., p. 256.
1905. „ „ Meisenheimer in : Deutsche Tiefseeexped., Bd. IX, p. 70
und Fauna Arct., Bd. IV, p. 413.
IV 8
Dr. Lenz.
Fig. 1. Tier von der Bauchseite
„ 2 Larvenform.
(Nach Boas.)
Ohne Schale. Kopf mit 4 Tentakeln, Fuß zwischen Kopf- und Runipf-
abschnitt. Flossen groß, abgerundet, dreieckig. Rumpf in der vorderen Hälfte
durch die Eingeweide meist stark aufgetrieben, nach hinten verjüngt, mit
deutlicher Spitze.
Farbe: Körper durchsichtig und farblos, hier und da mit lebhafter Färbung.
Am Kopf die drei Paar intensiv-roten Buccalkegel, Eingeweideknäuel rotbraun
oder gelblich durchscheinend, Flossen durchscheinend, etwas gelblich, Körper-
ende rot oder gelbrot. Länge 40 mm.
Verbreitung circumpolar; nördl. bis 8P 40', südl. zwischen Südnorwegen,
Schottland und Südgrönland, zwischen dem 56 und 6P n. Br., an der atlan-
tischen Küste Nordamerikas bis fast zum 35*' n. Br. herab.
Die Valdivia fand diese Art in der Nähe der Bouvet-Inseln an der Eisgrenze.
16. März 19U6.
IV. Die Cephalopoden
von
Professor Dr. G. Pfeffer in Hamburg.
Winke für die Bestimmung der nordischen Cephalopoden.
Die bisher beschriebenen nordischen Cephalopoden werden sich nach
den in vorliegender Arbeit gegebenen Beschreibungen und Abbildungen unschwer
bestimmen lassen. Es kann aber nicht ausbleiben, daß im Gebiet eine fernere
größere Zahl von Gattungen und Arten, besonders bathypelagischer Formen,
gefunden wird. Für die Bestimmung derselben mögen die folgenden Winke
dienen. Um zunächst die Gattung festzustellen, verwende man Hoyle's aus-
gezeichneten Schlüssel: A Diagnostic Key to the Genera of Recent Dibranchiate
Cephalopoda; für die Oegopsiden außerdem meine Synopsis, für die Cran-
chiiden Chun's System der Cranchien. Für die Art-Bestimmung kommen die
Arbeiten in Betracht über die Cephalopoden des nördlichen Europas, des
wärmeren gemäßigten Atlantischen Ozeans und der Ostküste Nordamerikas. Die
Westküste Frankreichs behandeln einige Arbeiten von Fischer, die Küste Spaniens
und Portugals solche von Girard; für das Mittelmeer kommen vorwiegend in
Betracht die Arbeiten von Verany, Carus,JoubinundJatta; für den Atlantischen
Ozean Joubin, sowie Fischer u. Joubin; für die Ostküste von Nordamerika die
vielen Arbeiten von Verrill. Schließlich mag noch aufmerksam gemacht werden
auf die Literatur-Zusammenstellungen, so besonders die von Jatta, außerdem
die von Hoyle (2) und die in vorliegender Arbeit gebrachte.
Kurze Übersicht der systematisch verwerteten Merkmaie.
Die Konsistenz des Körpers ist meist fleischig, muskulös; manchmal
häutig, häutig-gallertig, knorpelig-gallertig oder geradezu gallertig.
Die Färbung haftet an der Haut selber und entspricht außerdem der Aus-
bildung von kleineren und größeren Chromatophoren; diese fehlen selten, doch
finden sie sich, selbst wenn die Tiere sonst ganz farblos sind, auf der Außen-
IV 10
G. Pfeffer.
seile des Tentakel-Stieles und vor allem als große, phylogenetisch alte, auch
für die ersten Stadien der postembryonalen Entwicklung höchst bezeichnende
Flecke auf der Dorsalfläche des Kopfes. Leuchtorgane finden sich als Flecke
oder Tuberkel bei nordischen Onychoteuthiden, Enoploteuthiden, Histioteuthiden,
Ommatostrephiden und Cranchiiden, -auf dem Mantel, dem Kopf, den Augen, der
Außen- und Innenfläche der Arme; schließlich in der Mantelhöhle. Außerdem bei
Sepioliden als ein drüsiges Organ in der Mantelhöhle eben hinter dem Trichter.
Eine Zusammenstellung dieser Befunde gibt Hoyle (10) p. 12 ff. samt der Literatur.
Die Gestalt ist meist spindelförmig, mehr oder weniger nach hinten ver-
jüngt, aber auch kelchförmig, tonnenförmig, beuteiförmig; seltener dorsoventral
plattgedrückt.
Die Flosse der Dekapoden ist meist endständig, doch bleibt manchmal
das Hinterende des Mantelsackes in mehr oder weniger großem Bereich frei.
Wenn das Hinterende des Körpers in eine sehr schlanke, schließlich fast linien-
förmige Spitze ausgezogen ist, so ist es schwer zu sagen, ob man diese hin-
terste Spitze zum Mantelsack zu rechnen hat; es kommt darauf an, ob man
auf der Spitze noch feinste Flossensäume bemerken kann. — Die Octopoden
haben selten Flossen.
Der vordere Mantelrand der Dekapoden springt in der dorsalen Mittellinie
meist winkelig vor, doch ist die Ausprägung dieses Merkmales in vielen Fällen
vom Konservierungs-Zustande abhängig; für den Trichter findet sich am ven-
tralen Vorderrande des Mantels meist eine Auskehlung, die von zwei seitlichen
etwas vorspringenden Ecken (den Vorderenden der Mantelknorpel) begrenzt ist.
Fig. 1. Oegopside (Illex).
Kopf von der Seite gesehen.
Original-Zeichnung.
Fig. 2. Myopside (LoHgo).
Kopf von der Seite gesehen.
Original-Zeichnung.
Cephalopoden.
IV 11
Die Augenöffnung der Octopoden und myopsiden Dekapoden ist von der
Körperhaut überzogen; bei den letzteren findet sich häufig eine ventrale als
Lidfalte bezeichnete Hautduplikatur (Fig. 3). Bei den oegopsiden Dekapoden
(Fig. 1) ist die Haut über der Linse durch ein offenes Loch durchbrochen;
Fig. 3. Myopside (Sepia).
Kopf von der Seite gesehen. Original-Zeichnung.
meist hat dies Loch einen vorderen ventralen oder subventralen Sinus. Bei
den Cranchiiden zieht der starke Sphinkter das Loch häufig völlig zusammen,
sodaß seine Stelle von einem faltigen Tuberkel eingenommen wird.
Die Faltenbildungen des Halses bei den Dekapoden sind im höchsten
Maße bezeichnend; doch sind sie bei schlechtem Materiale zum Teil nur mit
großer Schwierigkeit zu sehen; außerdem fehlen sie in manchen Familien voll-
ständig. Zunächst finden sich zwei den Hals rings umziehende Quer- oder
Ringfalten, die bei den Ommatostrephiden ganz besonders kräftig ausge-
bildet sind (Fig. 1, 105). Zwischen diesen Querfalten verlaufen Längsfalten,
und zwar auf der ventralen und Seitenfläche des Halses die Halsfalten, und
auf der Dorsalfläche die Nackenfalten. Die Nackenfalten finden sich nur
bei Onychoteuthiden (Fig. 74). Bei größter Vollständigkeit sind die Halsfalten
in der Dreizahl vorhanden; die erste steht gleich neben der Trichtergrube, die
zweite trägt den olfaktorischen Tuberkel.
Die Arme haben häufig auf ihrer Außenfläche einen Schwimmsaum,
außerdem an beiden Seiten der Innenfläche je einen dünnhäutigen Schutz-
saum. Die Schutzsäume können sich zu bedeutenden Membranen entwickeln,
so besonders bei den Ommatostrephiden; sie sind meist von muskulösen Quer-
brücken gestützt, die in derselben Anzahl vorhanden sind, wie die Saugnäpfe.
Die Arme können, bei Octopoden wie Dekapoden, ähnlich wie die Zehen eines
Froschfußes, durch eine äußere Bindehaut in verschieden großem Bereich mit
einander verbunden sein (Fig. 15). Eine völlig andere Bildung, ist die bei
Histioteuthis auftretende Entwicklung einer inneren Verbindungshaut, die dann
kontinuierlich in die die Innenfläche der Arme bekleidende Haut und andrerseits
IV 12
G. Pfeffer.
in die Heftungen der Buccalhaut übergeht (Fig. 86). — Die Saugorgane auf
den Armen finden sich meist in zwei Reihen angeordnet, seltener in vier
unregehnäßigen oder regelmäßigen Reihen. Bei den Enoploteuthiden werden
die Saugnäpfe zum teil oder völHg in Haken umgewandelt, bei Gonatus die
a b
Fig. 4. Saugnäpfe eines großen Octopoden.
a von der Seite gesehen, b von oben gesehen.
Fig. 5.
a b
Saugnäpfe am Arme eines
großen Dekapoden.
a von der Seite gesehen, b von oben
gesehen.
Mittelreihen des Dorsalpaares und der
Lateralarme. — Die Saugnäpfe selber
sind bei Octopoden und Dekapoden nach
einem grundverschiedenen Typus gebaut.
Bei den Octopoden sind sie sitzend
bezw. von dem dicken, zylindrischen
Stiel nicht geschieden (Fig. 4); bei den
Dekapoden sind sie kugelig oder halb-
kugelig und stehen auf einem distal
häufig fast fadenförmig verschmälerten
Stiel (Fig. 5).
Die Dekapoden besitzen außer den acht Armen, die sie mit den Octo-
poden gemein haben, noch zwei in Taschen mehr oder weniger zurückziehbare
Tentakel. Bei jungen Tieren, besonders Ommatostrephiden, sind sie häufig
völlig in diese Taschen zurückgezogen; andrerseits verlieren eine Anzahl von
Arten die Tentakel mehr oder weniger regelmäßig im Alter. In all diesen Fällen
ist die Dekapoden-Natur aber meist leicht festzustellen durch die im allge-
meinen spindelförmige, bei den Octopoden nie vorkommende Gestalt, vor allem
aber durch die Bildung der Saugnäpfe auf den Armen. — Die Tentakel gliedern
sich meist in einen Stiel und eine verbreiterte platte Keule; letztere gliedert
sich in einen, die Hauptmasse der Keule darstellenden, Handteil mit be-
sonders großen Saugnäpfen oder Haken, einen proximal davon gelegenen
Karpalteil und einen distal davon gelegenen Dis talteil. Ein Schwimmsaum
findet sich häufig auf der Außenfläche der Keule, seltener zieht er sich als
niedriger Saum auch den Stiel entlang; seitlich zeigt die Keule meist je einen
Schutzsaum, dessen Fortsetzungen sich manchmal über die Länge des Stieles
als zwei Kanten verfolgen lassen. Auf dem Handteil sind meist vier Längs-
Cephalopoden. IV l3
reihen von Saugorganen entwickelt, nämlich zwei Mittelreihen meist größerer
Organe und zwei Randreihen meist kleinerer Organe. Für systematische Fest-
stellungen kann es von Vorteil sein, die Anzahl bezw. Stellung der Querreihen
der Saugnäpfe zu bezeichnen; es ist dann im Folgenden oft der Ausdruck
„Vierergruppe" für eine solche zu unregelmäßiger Gestalt auseinander gezogene
Querreihe gebraucht. — Der Distalteil zeichnet sich durch kleinere Näpfe und
oft auch durch vermehrte Zahl der Längsreihen aus. Der Karpalteil zeigt häufig
eine stark gelockerte und scheinbar unregelmäßige Anordnung der Näpfe; eine
sorgfältige Analyse stellt aber stets die Anzahl der Vierergruppen fest. Be-
sondere Ausgestaltungen des Karpalteils sind bei den Beschreibungen der
verschiedenen Familien und Gattungen erwähnt. — Bei den meisten Arten der
Oegopsiden ist ein Haftapparat entwickelt, durch den die beiden Tentakel sich
an einander fest saugen können; er besteht aus einem Haufen oder einer Reihe
meist kleinerer und in der Bezahnung der Ringe reduzierter Näpfe und damit
abwechselnder Haftknöpfchen bezw. zu soliden Haftknöpfchen umgewandelter
Saugorgane (z. B. Fig. 72, 113, 114). — Die Saugnäpfe, die bei jungen Tieren
die einzige Form der Saugorgane vorstellen, verändern sich bei den älteren
Tieren häufig in Haken.
Der Trichter liegt entweder frei an der Ventralfläche des Halses oder in
einer mehr oder weniger tiefen, mehr oder weniger scharf umschriebenen Grube.
Diese Grube zeigt bei den Ommatostrephiden noch besondere Differenzierungen
(siehe da). — Bei den meisten Oegopsiden und einer Anzahl Myopsiden zeigt
der Trichter auf seiner Dorsalfläche jederseits zwei, ihn mit der Ventralfläche
des Kopfes verbindende Adduktoren. Manchmal sind sie völlig mit einander zu
einer Platte verschmolzen, manchmal sind sie in die äußere Hautmuskulatur
des Halses aufgenommen, sodaß freie Adduktoren nicht vorhanden sind. Bei
den Ommatostrephiden sind die jederseitigen Adduktoren getrennt und die
äußeren ganz besonders stark und charakteristisch entwickelt. Bei den Sepio-
liden treten diese äußeren Adduktoren allein auf, sehr weit seitlich gestellt.
Die Buccalhaut hat meist sieben Zipfel und sieben Anheftungsstellen an
den Armen; die dorsale teilt sich manchmal, sodaß acht Zipfel und Heftungen
vorhanden sein können. Auch sechs Zipfel und Heftungen kommen vor (alte
Histioteuthis). Fori aquiferi zwischen den Heftungen sind meist sechs vor-
handen, seltener vier, drei oder zwei; vielleicht gibt es Cranchiiden ohne
alle Poren,
Die Bildung der Knorpel am Trichter und an der inneren Ventralwand
des Mantels geht aus der weiter unten gebrachten Übersicht der „Familien
der nordischen Oegopsiden" (pag. 61) hervor.
Die Schalenbildungen der nordischen Cephalopoden sind vielerlei Art,
erstens der Rückenknorpel der Octopoden, zweitens die Spirula-Schale, drittens
der Kalkschulp der Sepiiden, viertens der Chitinschulp oder der Gladius der
übrigen. Die Knorpel der Octopoden sind für die speziellere Systematik nicht
angewandt worden; die Spirula-Schale ist allgemein bekannt und kommt nur
IV 14 G.Pfeffer.
bei einer einzigen Art vor; der Kalkschulp der Sepiiden bietet eine außer-
ordentlictie Menge bester Meri<niale; aber es verlohnt sich nicht, wegen dreier
überaus leicht kenntlicher Arten eine verwickelte und bisher im einzelnen wenig
befriedigende Terminologie hier ausführlich darzustellen. Der chitinige Gla-
dius reicht entweder über die gesamte Rückenlänge des Mantels, oder er ist,
bei den Sepioliden, auf den vorderen Teil der Mantellänge beschränkt. Er
besteht aus einer medianen Rhachis, die meist einen dickeren, dunkleren
Mittelstreifen und zwei ebensolche Seitenstreifen erkennen läßt. Seitlich von
dieser Rhachis entspringt, den vorderen Teil der Rhachis frei lassend, je eine
Chitinlamelle, die mit ihrem Gegenstück und der Rhachis zusammen ein
schmales lanzettliches Blatt bildet, die Fahne. Selbst wenn die Fahne fast
auf der ganzen Länge der Rhachis unterdrückt ist, so findet sie sich doch stets
gegen die hintere Spitze des Gladius entwickelt; in der Mehrzahl der Fälle
neigen sich hier die seitlichen Ränder der Fahne ventralwärts gegen einander
und bilden einen längeren oder kürzeren, ventral teils offenen, teils geschlos-
senen, hohlen Endkonus. Bei den Onychoteuthiden sitzt dem terminalen Ende
des Konus noch eine solide, als Fortsetzung des dorsalen Mittelkieles des
Gladius erscheinende, längere oder kürzere Endspitze auf.
Einige Worte mögen schließlich noch Platz finden über den Dimor-
phismus der Geschlechter. Er drückt sich aus in der schmaleren Gestalt
des Kalkschulpes oder des Gladius der Männchen, ebenso zuweilen in be-
deutende!; Vergrößerung der Saugnäpfe an den Armen, nebst anderen Um-
bildungen an denselben, wie sie vor allem bei den Sepioliden auftreten.
Schließlich in der Hektokotylisierung im engsten Sinne. Diese besteht im
wesentlichen darin, daß die Saugnäpfe des hektokotylisierten Armes bezw. der
beiden hektokotylisierten Arme unscheinbarer werden bezw, mehr oder weniger
samt den distalen Teilen der Stiele verschwinden, daß dagegen die proximalen,
basalen Teile der Stiele, die Basalpolster, sich verdicken und eng an einander
schließen; an den so umgewandelten Teilen der Arme entwickelt sich der
Schutzsaum zu einer beträchtlichen Hautbildung. Bei den Octopoden kommen
weitere sonderbare Bildungen hinzu, die aber eine Besprechung an dieser Stelle
nicht erheischen. Eine zusammenfassende Darstellung der hierher gehörigen
Befunde ist gegeben von Hoyle (10) p. 1 ff.
Cephalopoden. IV 15
Ordnungen und Unterordnungen der Cephalopoda Dibranchiata.
I. Saugnäpfe sitzend, bezw. ungestielt, dem Arme mit einem breiten, zylinder-
förmigen Fuße aufsitzend, ohne Hornring (Fig. 4). Arme normaler Weise
acht. Ordnung Octopoda p. 15.
II. Saugnäpfe kugelig oder halbkugelig, auf einem dünnen Stiele aufsitzend, mit
Hornring (Fig. 5). Außer den acht Armen normaler Weise noch zwei
Tentakel. Ordnung Decapoda p. 24.
A. Augen von der kontinuierlichen Körperhaut bedeckt (Fig. 2, 3).
Unterordnung Myopsida p. 24.
B. Haut über der Linse von einer Öffnung unterbrochen (Fig. 1).
Unterordnung Oegopsida p. 61.
Ordnung Octopoda.
Familien und Gattungen der nordischen Octopoda.
I. Ein Paar ruderförmige Flossen an den Seiten des Leibes. Mantelöffnung
reduziert auf eine runde, den Trichter rings umschließende Öffnung. Leib
niedergedrückt, weich; Arme mit einer bis gegen die Spitzen reichenden
Verbindungshaut. Näpfe einreihig angeordnet, mit Cirren-Paaren abwechselnd.
Cirroteuthidae p. 23.
II. Keine Flossen oder eine den Leib breit umsäumende Flosse. Ventrale
Mantelöffnung groß, quer. Leib nicht niedergedrückt; fleischig und fest.
Arme nur am Grunde mit Verbindungshaut. Keine Girren. Keine Pori
aquiferi. Die Mantel-Verbindung besteht aus einer niedrigen Falte am
Hinterende des Trichters und entsprechender seichter Furche auf der Innen-
wand des Mantels. Hektokotylus auf die Spitze eines Armes des rechten
Paares beschränkt, nie frei werdend. Polypodidae p. 15.
A. Saugnäpfe in zwei Reihen Polypus.
B. Saugnäpfe in einer einzigen Reihe Mosdiites.
Familie Polypodidae.
Gattung Polypus Schneider 1784.
Nordische Arten der Gattung Polypus.
I. Arme kurz, wenig länger als der Mantelsack, an den Enden nicht in peit-
schenförmige Spitzen ausgezogen, spiralig stark eingerollt. Der Hektokotylus
IV 16 G. Pfeffer.
groß, etwa die Hälfte der Armlänge einnehmend. Eine Kante oder ein Haut-
saum um die Längs-Peripherie des Mantelsaci<es.
A. Haut auf der Dorsalfiäche glatt; über jedem Auge eine größere mit
papillenförmigen Unebenheiten besetzte Papille; außerdem finden sich
über die ganze Dorsalfläche hin sehr viele, sowohl größere wie kleinere,
Tuberkeln. Um die Peripherie des Mantelsackes läuft eine Kante oder
ein Hautsaum, der die tuberkeltragende Dorsalfläche von der glatten
Ventralfläche scheidet; dieser Saum ist jedoch am Hinterende des Tieres
nie in einen häutigen Lappen ausgezogen. (Diese Saumbildung ist an
schlecht konservierten Stücken undeutlich oder garnicht zu sehen
P. arcticus.
B. Haut auf der Dorsalfläche im allgemeinen glatt; über jedem Auge eine
kleine, einfache, spitze Papille; beim cf außerdem noch eine kleine Anzahl
kleiner weißer Tuberkel auf der Dorsalfläche. Die Seiten des Mantel-
sackes entlang läuft beim 9 ß'" deutlicher Hautsaum, der am Hinter-
rande des Mantels zu einem breiten Lappen ausgezogen ist; bei stark
kontrahierten Stücken ist diese Saumbildung undeutlich; beim cf «st der
Saum schwächer ausgebildet P. lentus.
IL Arme lang und schlank, etwa vier bis sechs mal so lang als der Mantel-
sack; die Spitzen peitschenförmig ausgezogen, nie in regelmäßiger Spirale
eingerollt. Der Hektokotylus klein, nur einen kleinen Teil bezw. die äußerste
Spitze des Armes einnehmend. Keine Kante oder Hautsaum um die
Peripherie des Mantelsackes.
A. Haut der Dorsalfläche warzig gefeldert, wie gepflastert; über dem Auge
drei einfache konische Papillen, und eine Unzahl gleicher Gebilde auf
der Dorsalfläche des Mantels; (diese Papillen sind bei schlecht konser-
vierten Stücken oft garnicht zu sehen) P. vulgaris.
B. Haut auf der Dorsalfläche im allgemeinen glatt; über jedem Auge eine
kleine einfache Papille P. piscatorum.
1. PoJypus arcticus Presch. (Fig. 6.)
1847. Prosch p. 53 Fig. 1 -3.
1857. Steenstrup Ann. Nat. Hist. (2) XX p. 97, Taf. 3 Fig. 2.
1890. Norman p. 466.
1890. Nichols p. 491.
1891. Lönnberg (1) p. 6.
1893. Appellöf (1) p. 1.
1896. Grieg p. 24.
1898. Posselt (3) p. 269.
1901. Knipowitsch (1) p. 538.
1873. Octopus bairdii Verrill (s. Verrill 1881, 1882).
1878. — — Sars p. 339; Taf. 33; Taf. XVII Fig. 8.
Cephalopoden.
IV 17
1881. Octopus bairdii Verrill (6) p. 368, Taf. 33, Fig. 1, la; Taf. 34 Fig. 5, 6;
Taf. 36 Fig. 10; Taf. 38 Fig. 8; Taf. 49 Fig. 4, 4a;
Taf. 51 Fig. 1, la. •
1882. - — Verrill (7) p. 395 (185); Taf. 41 Fig. 1, 2, 3a; Taf. 42
Fig. 1—5.
Die Beschaffenheit der Haut ist weich, fleischig. Die Arme sind im
allgemeinen nicht länger als der Körper, an den Enden meist stark eingerollt,
unter einander ziemlich gleich lang; die Bindehaut zwischen den Armen ist
stark ausgebildet; einige proximale Saugnäpfe stehen in einer einzigen Reihe.
Der Tintenbeutel fehlt. Der Hektokotylus zeigt (nach Knipowitsch wie nach
einem Stück des Hamburger Museums) elf Querleisten. Die Farbe ist nach Sars
und Knipowitsch ein dunkles violett, nach letzterem außerdem mit weißlichen
Fig. 6. Polypusarcticus Prosch. Natürliche Größe. Original-Zeichnung.
Flecken r nach Verrill und nach den Stücken des Hamburger Museums violett-
weißlich bezw. farblos. Das größte Stück Verrills mißt bis an die Spitzen der
Dorsalarme 170 mm, das Knipowitsch's 110, das größte der Stücke des
Hamburger Museums 100 mm.
Verbreitung: Ostküste Nordamerikas von New Foundland bis Süd-Carolina
(Verrill); Grönland (Posselt); 79» 27' N., 20^ 51' 0., 191 Fd. (Norwegische
Nordmeer-Exp.), 81» 14' N., 18^ 30' O. 497 m. (Knipowitsch); Nord-Norwegen,
Lofoten, Finmarken (Sars, Norman); Faroe Channel 345 — 632 Fd. (Norman),
S. W. Irland (Nichols).
2. Polypus lentus Verrill. (Fig. 7, 8.)
1880. Verrill, Am. J. Sc. XIX p. 138; Bull. Mus. Comp. Zool. VIII p. 108,
Taf. 4 Fig. 2.
Nord. Plankton. IV 2
IV 18 G. Pfeffer.
1881. Verrill (6) p. 375, Taf. 35 Fig. 1, 29; Taf. 51 Fig. 2 cT-
1882. — (7) p. 401 (191); Taf. 43 Fig. 1, 2; Taf. 44 Fig. 2.
1892. Appellöf (1) p. 4.
1896. Grieg p. 24.
1901. Friele u. Grieg p. 123.
Fig. 7. Polypus 1 e n t u sj Verrill, cT. Natürliche Größe. Nach Verrill.
Fig. 8. Polypus lentus Verrill, 9- Natürliche Größe. Nach Verrill.
Cephalopoden.
IV 19
Die Beschaffenheit der Haut ist weich, fleischig. Die Arme sind wie bei
O. arcticus, dick, verhältnismäßig kurz, ziemlich stark eingerollt, mit kräftig
entwickelter Bindehaut. Die Arme sind ziemlich gleich lang, zeigen jedoch
kleine Größenunterschiede; beim 9 1-3., 2. 4„ beim cT 1.2., 3.4. Der Hekto-
kotylus zeigt neun Quer-Rippen. Die Saugnäpfe stehen zweireihig bis zur Basis.
Die Länge des Verrill vorliegenden cT betrug von den Armspitzen bis
zum Hinterrande 95 mm, vom Auge bis zum Hinterende 34 mm.
Verbreitung: Ostküste Nord-Amerikas, nördlich bis Nova Scotia (Verrill);
660 41' N^ Qo 59' q 350 pd. (Norwegische Nordmeer-Exp., Appellöf, Friele
u. Grieg); Bergensfjord (Grieg).
3. Polypus piscatorum Verrill 1879. (Fig. 9, 10.)
1881. Verrill (6) p. 377, Taf. 36 Fig. 1, 2.
1882. — (7) p. 404 (194); Taf. 50 Fig. 1, 2.
1882—1885. Verrill (10) p. 248, Taf. 42 Fig. 5.
1886. Hoyle (2) p. 91.
1892. Appellöf (3) p. 3.
Fig. 10.
Polypus piscatorum Verrill, cT.
Ende des hektokotylisierten Armes.
Nach Verrill.
Fig. 9. Polypus piscatorum Verrill, $,
Natürliche Größe. Nach Verrill.
IV 2*
IV 20 G. Pfeffer.
1892. Octopus ergasticus Fischer, Journ. de Conch. 40 p. 299.
1906. — . — Fischer u. Joubin p. 325, Taf. 22 Fig. 1—4;
p. 324 Fig. B.
1907. Polypus profundicola Massy (1) p. 378.
Armlänge 2, 1, 3, 4; die untersten Saugnäpfe stehen in einer Reih«. Die
Bindehaut der Arme kürzer als bei P. arcticus. Der Hektol<otylus klein, aber
nicht so minimal wie bei P. vulgaris. — Farbe nach Verrill dunkel purpurn,
die Augenlider, der vordere Mantelrand und der Basalteil des Trichters weiß.
— Gesamtlänge 160 mm; vom Hinterrande bis zum Auge 39 mm, vom Hinter-
rande bis zum ventralen Mantelrande 30 mm.
Verbreitung: 66« 41' N., 6» 59' O., 350 Fd.; 78» 2' N., 9» 25' O., 416 Fd.
(Norwegische Nordmeer-Expedition (Appellöf); Faeroe Channel, 540 — 608 Fd.
(Knight Errant u. Triton Exp. Hoyle). Außerdem Ostküste Nord-Amerikas.
4. Polypus vulgaris Lamarck 1799. (Fig 11 — 13.)
1838. Ferussac u. Orbigny p. 26, Taf. 2, 3 bis; Taf. 8 Fig. 1, 2; Taf. 11 — 15.
1851. V^rany p. 16 Taf. 8.
1890. Norman p. 466.
1890. Carus p. 459.
1891. Lönnberg (1) p. 7.
1896. Jatta p. 212; Taf. 4, Fig. 1; Taf. 7, Fig. 9; Taf. 8, Fig. 6; Taf. 22,
Fig. 2—10; Taf. 23, Fig. 1—4. (Hier die ausführliche Literatur bis 1896.)
1900. Nichols p. 491.
1902. Hoyle (7) p. 204.
1904. Plymouth p. 295.
Die relative Armlänge scheint 3, 2, 4, 1 oder 2, 3, 4, 1. Die Verbindungs-
haut zwischen den Dorsalarmen ist weniger entwickelt als zwischen diesen und
den Lateralarmen, den beiden Lateralarmen, und Lateral- und Ventral-Armen.
Der Hektokotylus ist ganz minimal, die äußerste Armspitze einnehmend. Die
Farbe ist dunkel purpurn bei guten Spiritusstücken. Die Art erreicht eine
Gesamtlänge bis zu drei Metern.
Verbreitung: N.-W.-Küste Afrikas (Fischer u. Joubin), Madeira, Azoren,
Mittelmeer, Französische Küste, Irland, England an der Kanalküste, im Westen
bis zur Clyde. Das Vorkommen im Firth of Forth wird angezweifelt (Hoyle
u. Norman). Von Norwegen und Dänemark liegt kein verbürgter Fundort vor.
Außerdem wird die Art von den Tropen und Subtropen fast der ganzen Welt
angegeben.
Ich glaube, daß Polypus profundicola Massy und der sehr ähnliche
P. ergasticus Fischer zu P. piscatorum gehören.
Ganz nah verwandt ist sicherlich auch P. normani Massy (1) p. 379.
Da bisher nur ein Stück der Art bekannt geworden ist, so bleiben weitere
Feststellungen, ebenso wie Abbildungen, abzuwarten.
Cephalopoden.
IV 21
a b
Fig. 12.
Polypus vulgaris Lamarck.
a Hektoi<otylisiertes Arm-Ende
von innen, b von der Seite.
Fig. 13.
Polypus vulgaris Lamarck.
Hautstück, Lupenvergrößerung.
Original-Zeichnung.
Fig. 11. Polypus vulgaris Lamarck.
Natürliche Größe. Original-Zeichnung.
IV 22
G. Pfeffer.
Polypus profundicola
stammt von der Südwestküste
Irlands, 385—720 Faden; P.
ergasticus aus dem Atlan-
tischen Ozean von der Küste
der Sahara, 932-1 139m; Poly-
pus normani von der Süd-
westküste Irlands, 707 — 710
Faden.
Gattung Moschites
Schneider 1784.
Diagnose siehe p. 15.
Moschites cirrosa Lam. 1799
(Fig. 14.)
Eledone m os chata
V6ranyp.7,Taf.4,5,6.
— Posselt (1) p. 139.
(Hier Abbildungen des
Hektokotylus.)
— Carus p. 462.
— Norman p. 467.
— Lönnberg (1) p. 9.
— Jatta p. 239; Taf. 3
Fig. 4; Taf. 7 Fig. 3
u. 5; Taf. 26 Fig. 4
bis 13; Taf. 27 Fig. 1,
2, 3, 4, 10, 11. (Hier
auch die gesamte
Literatur.)
1896. — Norman p. 447.
1900. — Nichols p. 491.
1904. — Plymouth p. 295.
1891. Eledone cirrosa Lönn-
berg (1) p. 8.
Etwa 80 Näpfe auf jedem
Arm. Farbe der Spiritusstücke auf
dem Rücken schmutzig purpurn.
Die Gesamtlänge der größten
Stücke beträgt fast einen halben
Meter.
1851.
1889.
1890.
1890.
1891.
1896.
Fig. 14. Moschites cirrosa Lam.
Natürliche Größe. Original-Zeichnung.
Cephalopoden.
IV 23
Frankreich, Irland, England, Schottland, Faröer, Westküste Norwegens,
Jütische Westküste, Göteborg. (Norman, Posselt, Lönnberg); außerdem die
ozeanischen Küsten von Frankreich, Spanien und Portugal. Meist aus
größeren Tiefen.
Familie Cirroteuthidae.
Diagnose p. 15.
Gattung Cirroteuthis Eschricht.
Leib nicht niedergedrückt, die Länge des Mantelsackes mindestens gleich
der Breite derselben. Zwischen den Armen eine wohl entwickelte Bindehaut.
Cirroteuthis müJieri 1838. (Fig. 15.)
1838. Eschricht (1) p. 627, Taf. 46—48.
1846. Sciadephorus mülleri Reinhardt u. Prosch p. 165 ff,
1891. Lönnberg (1) p. 6.
1892. Appellöf (3) p. 1.
1898. Posselt (3) p. 269.
1901. Friele u. Grieg p. 123.
30 Saugnäpfe und 26 Paare Girren auf jedem Arm. Farbe hell purpurn
violett.
Grönland (Posselt, Lönnberg); 72» 36' N., 5« 12' O., 1280 Fd. (Appellöf,
Friele u. Grieg). Hoyle (Rep. Ireland 1902 u. 1903) erwähnt Cirroteuthis sp. von
der Westküste Irlands, 382 Faden.
Fig. 15. Cirroteuthis mülleri Eschricht. '/s natürl. Größe. Nach Eschricht.
IV 24 G. Pfeffer.
Ordnung Decapoda.
Diagnose siehe p. 15.
Unterordnung Myopsida.
Diagnose siehe p. 15.
Die Familien der nordischen Myopsiden.
I. Leib spindelförmig, nach hinten verjüngt, schlank; Flossen blattförmig oder
rhomboidal, nur den hinteren zwei Dritteln des Mantelsackes angehörig,
stets bis zum Hinterende desselben reichend, mindestens das vordere Drittel
desselben frei lassend. Augenhaut ohne ventrale Lidfalte (Fig. 2). Eine
ziemlich deutlich ausgeprägte Trichtergrube; deutliche freie Adduktoren des
Trichters, die dessen Dorsalwand mit dem Kopf verbinden (bei Loliolus
fehlend). Quer- und Längsfalten des Halses deutlich ausgeprägt. Der
federförmige Gladius reicht über den ganzen Mantelrücken. Der 4. linke
Arm hektokotylisiert. Loliginidae p. 24.
II. Leib beuteiförmig bezw. zylindrisch mit mehr oder weniger stumpf zuge-
rundetem Hinterende. Flossen rundlich, etwas mehr als eine halbe Kreis-
fläche ausmachend, in der Mitte der Länge der Mantelseiten befestigt,
sodaß der vordere und hintere Teil des Mantels frei von Flossenbildung
bleibt. Augenlid mit Lidfalte, die ventral, vorn und hinten um das Auge
herum entwickelt ist. Keine deutliche Trichtergrube; keine freien, die
Dorsalfläche des Trichters mit dem Kopfe verbindenden Adduktoren; da-
gegen ein charakteristischer äußerer Adduktor, der die Trichterbasis ober-
halb der Trichterknorpel mit dem Kopfe verbindet. Keine Ring- und Quer-
furchen des Halses. Ein drüsiges Leuchtorgan eben hinter dem Trichter.
Der rechte Ovidukt fehlt. Gladius fadenförmig, klein, nur über den vorderen
Teil des Mantelrückens hinwegreichend. Ein oder beide Arme des I.Paares
hektokotylisiert. Sepiolidae p. 31.
III. Leib im Umriß oval, dorso-ventral platt gedrückt. Die Flosse ist ausge-
bildet als ein ungefähr gleichbreiter, fast die gesamte Länge der Mantel-
seiten einnehmender Saum, der nur vorn und hinten ein kleines Stück
derselben frei läßt. Auge mit ventraler Lidfalte. Keine deutliche Trichter-
grube; keine freien Adduktoren an der Dorsalfläche des Trichters; keine
Ring- und Seitenfalten des Halses. Die Schale ist ein breiter, kalkiger
Schulp. Der 4. linke Arm hektokotylisiert. Sepiidae p. 56.
Familie Loliginidae.
Diagnose siehe pag. 24.
Cephalopoden. IV 25
Gattung Loligo Lamarck 1799.
Die Flossen bilden zusammen ein längliches Blatt, nie ein queres Oval.
Trichter mit deutlichen Adduktoren. Die Saugnäpfe mit hochstehendem Chitin-
rand. Spermatophoren haften in der Buccal-Region an einem runden Kissen
eben unterhalb des Mundes. Nur der distale Teil des linken Ventralarmes
hektokotylisiert.
Nordische Arten der Gattung Loligo.
A. Hinterrand des Mantelsackes allmählich zu einer stumpf zugerundeten End-
spitze verjüngt.
I. Die Näpfe auf den Mittelreihen der Tentakelkeule außerordentlich viel
größer (drei- bis viermal so groß) als die der Randreihen. Die Ringe
der großen Näpfe der Tentakelkeule manchmal (aber selten) ganz glatt,
meist auf dem ganzen Umkreise mit kleinen, entfernt stehenden konischen
Zähnen, ein Teil des Umkreises jedoch oft völlig ungezähnt. Ringe der
kleinen Tentakelnäpfe ringsum bezahnt, Zähne des höheren Randes größer
und einwärts gebogen. Ringe der Arme mit spitzen, nadeiförmigen, ein-
wärts gebogenen Zähnen auf dem höheren Rande, auf dem niedrigen
glatt L. vulgaris.
II. Die Näpfe auf den Mittelreihen der Tentakelkeule wenig größer als die
der Randreihen (etwa eineinhalb mal so groß); die Ringe derselben stets
auf dem ganzen Umkreise bezahnt, die Zähne konisch, ungleich groß,
meist ein großer und ein kleiner abwechselnd. Ringe der Randreihen
ebenso wie die der Mittelreihen. Ringe der Arme ringsum mit graden,
konischen, auf dem höheren Rande etwas größeren Zähnen L. forbesi.
B. Hinterende des Mantelsackes zu einer dünnen, scharfen, meist mehr oder
weniger lang ausgezogenen Endspitze verjüngt.
I. Größere und kleinere Zähne auf den Ringen der großen Tentakelnäpfe;
die größeren abgestumpft, zwischen je zwei größeren ein kleinerer spitzer.
Entfernung der vorderen und hinteren vertikalen Augen-Crista gleich
dem halben Augendurchmesser. Flossen 50 % der Mantellänge oder
weniger. Die Länge des spitz ausgezogenen, nur von linienförmigen
Flossenrudimenten gesäumten Mantelrandes stets unter 1 cm (2 — 8 mm)
L. marmorae.
II. Alle Zähne auf den Ringen der großen Tentakelnäpfe gleich gestaltet,
spitz, zwischen ihnen in der Regel keine kleineren Zahnbildungen. Ent-
fernung der vorderen und hinteren vertikalen Augen-Crista gleich dem
ganzen Augendurchmesser. Flossenlänge 55 — 60 % der Mantellänge.
Länge des spitz ausgezogenen, nur von linienförmigen Flossenrudimenten
gesäumten Mantelendes über 1 cm (10 — 45 mm) L. media.
IV 26
G. Pfeffer.
Fig. 17
Fig. 18
Loligo vulgaris Lamarck. Nat. Größe.
Original-Zeichnung.
— Nat. Größe. Ventral-Ansicht. Original-
Zeichnung.
Fig. 18. - Gladius. Natürl. Größe. Original-
Zeichnung.
Fig. 16.
Fig. 17.
Fig. 16
Cephalopoden. IV 27
1. Loligo vulgaris Lamarck 1799. (Fig. 16—18.)
1839. Förussac u. Orbigny p. 308, Calmars Taf. 8—10, 22; 23 Fig. 1—12.
1851. Verany p. 89 Taf. 34.
1890. Carus, p. 456.
1890. Norman p. 480.
1891. Lönnberg (1) p. 22.
1896. Jatta (2) p. 167; Taf. 3 Fig. 1; Taf. 7 Fig. 11; Taf. 8 Fig. 1; Taf. 17
Fig. 1 — 14, 16 — 20. (Hier auch die ausführliche Literatur.)
1902. Hoyle (7) p. 203.
1875. Loligo breviceps (Steenstrup) Lenz p. 23; Taf. 1, Fig. 5, 6; Taf. 2
Fig. 1—9.
1889. — — Posselt (1) p. 143.
Die Flosse nimmt etwa % der Mantellänge ein, sie ist blattförmig, ihre
Breite etwa gleich ^/^ der Länge. Gut erhaltene Stücke sind, besonders auf
dem Rücken, kräftig gefärbt, mit großen Chromatophoren. Die Art wird
ziemlich groß, Stücke mit über 200 mm Mantellänge sind nicht selten.
Verbreitung: Atlantische Küste Europas, Großbritannien, Skagerrak, Kattegat,
Westküste Jütlands, Travemünde.
2. Loligo forbesil Steenstrup 1856. (Fig. 19, 20.)
1856. Steenstrup (3a) p. 189, Taf. 1, Fig. 2.
1871. Lenz p. 135.
1885. Hoyle (la).
1886. „ (2) p. 29.
1889. Posselt (1) p. 143.
1890. Norman p. 480.
1890. Carus p. 455.
1891. Lönnberg p. 25.
1896. Jatta (2) p. 174; Taf. 8 Fig. 5; Taf. 30 Fig. 1 — 16. (Hier die aus-
führliche Literatur.)
1896. Herdman p. 447.
1900. Nichols p. 494.
1902. Hoyle (7) p. 197.
1904. Plymouth p. 294.
Die Flossenverhältnisse sind dieselben wie bei L. vulgaris. Die mir vor-
liegenden, freilich sämtlich nicht gut erhaltenen Stücke, sind schwach gefärbt.
Die Art wird groß; Norman berichtet von einem Gladius von 22 Zoll Länge.
Verbreitung: Westküste Frankreichs, Großbritannien, Westküste Norwegens,
Skagerrak, Kattegat und Westküste Jütlands. Außerdem Mittelmeer.
IV 28
G. Pfeffer.
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Fig. 19
Fig. 20
Fig. 19. Loligo forbesi Steenstrup. '/s natürl. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 20. — — — Tentakelkeule. Natürl. Größe. Original-Zeichnung.
3. Loligo media L. (Fig. 21—24.)
1851. V^rany p. 95 pt. Taf. 37 Fig. a, b.
1890. Norman p. 482.
1896. Jatta p. 183; Taf. 18 Fig. 3—14. (Hier die gesamte Literatur bis 1896.)
1896. Herdman p. 447.
1900. Nichols p. 494.
1902. Hoyle p. 197.
1904. Plymouth p. 294.
1908. Massy (2)
Cephalopoden.
IV 29
Flosse blattförmig, mit ausgezogener Spitze; bei älteren Männchen ist
diese Spitze so lang, wie der ganze vor den Flossen befindliche Teil des
Mantels.
Solange die Literatur sich mit den beiden Arten L. media und marmorae
beschäftigt, sind die Meinungen darüber hin und her gegangen, ob wir es mit
einer oder zwei Arten zu tun haben, indem L. media das Männchen von L.
U\
■m
22
Fig. 23
Natürl.
Fig. 21
Loligo media L. Langschwänziges Stück.
Größe. Original-Zeichnung.
— Langschwänziges Stück, Ventral-Ansicht. Natürl.
Größe. Original-Zeichnung.
— Langschwänziges Stück. Gladius. Natürl. Größe.
Original-Zeichnung.
— Kürzer geschwänztes Stück. Natürl. Größe. Ori-
ginal-Zeichnung.
IV 30
G. Pfeffer.
marmorae ist. Die ausführliche Literatur-Analyse beider Arten bei Jatta gibt
die Geschichte dieses Streites bis 1896. Nachzutragen ist nur noch, daß
Nichols und Hoyle beide Arten anerkennen, während Miß Massy den andern
Standpunkt vertritt. Ich habe mich auf den ersteren Standpunkt gestellt, aus-
gehend von eigenen Untersuchungen, die mein Kollege Herr Dr. Leschke die
Freundlichkeit hatte, auf eine weitere Anzahl von Stücken auszudehnen. Dar-
nach liegt die Sache so, daß bei L. media zwischen den einzelnen Zähnen an
den Ringen der großen Tentakelnäpfe in der Regel keine kleineren Zwischen-
zähne sich finden, oder daß dieselben nur selten und unregelmäßig auftreten.
Das andere, von der Entfernung der vorderen und hinteren Augencrista ge-
nommene Merkmal ist freilich nicht leicht festzustellen, da das Maß des
Augendurchmessers recht unsicher ist; ich will dieses Merkmal nicht stark hervor-
heben, aber auch nicht unterdrücken; es erfordert Nachprüfung an gut und
gleichmäßig konserviertem Material. — Schließlich will ich noch bemerken,
daß die von mehreren Autoren gebrachte Feststellung, die langschwänzigen
Stücke seien die Männchen, die kurzschwänzigen die Weibchen von L. media,
eine Lücke hat, insofern es möglich sein kann, daß diesen Autoren die noch
kurzschwänzigere Art L. marmorae garnicht vorgelegen hat.
Bei der allgemeinen großen Unsicherheit der Artbestimmung kann über
die Art nur gesagt werden, daß sie im nordisch-europäischen Plankton bis in
die deutsche Nordsee und westliche Ostsee sich vorfindet.
Fig. 25
Fig. 26
Fig. 27
Fig. 25. Loligo marmorae V^rany. Natürl. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 26. — — — Venlral-Ansicht. Natürl. Größe. Original-Zeichnung.
Flg. 27. — — — Gladius. „ » »
Cephalopoden. IV 31
4. Loligo marmorae Verany 1837. (Fig. 25—27.)
1851. Verany p. 95 pt. Tai 37, Fig. c.
1890. Norman p. 481.
1896. Jatta p. 179, Taf. 2 Fig. 2; Taf. 7 Fig. 16; Taf. 17 Fig. 15, 21—34.
(Hier die gesamte Literatur bis 1896.)
1900. Nichols p. 494.
1902. Hoyle (7) p. 197.
1904. Plymouth p. 294.
1908. Massy (2).
Flosse blattförmig, mit schwach ausgezogener Spitze. — Über die Un-
sicherheit dieser Art siehe unter L. media. — Es bleibt noch festzustellen,
wieweit die Art im nordischen Gebiete verbreitet ist; ein mir vorliegendes
Stüci<, das ich für L. marmorae halte, stammt von Plymouth.
Familie Sepiolidae.
Diagnose der hier in engerem Sinne angenommenen Familie pag. 24.
Gattungen der nordischen Sepiolidae.
I. Mantelrand in der MittelHnie des Rückens frei, die Nackenknorpel wohl
entwickelt.
A. Beide Dorsalarme des Männchen hektokotylisiert; die Arme tragen zwei
bis vier Reihen von Saugnäpfen; die Größe der Saugnäpfe nimmt nach
der Spitze der Arme hin allmählich ab Rossia.
B. Der linke Dorsalarm des Männchens hektokotylisiert; die Arme tragen
zwei Reihen von Saugnäpfen; gegen das distale Ende jedes Armes zu
werden die Saugnapfe plötzlich klein und ordnen sich in vier mehr
weniger regelmäßige Reihen Semirossia.
II. Mantelrand in der MittelHnie des Rückens mit dem Nacken verwachsen,
Nackenknorpel infolge dessen unterdrückt. Der linke Dorsalarm des Männ-
chens hektokotylisiert Sepiola.
Gattung Rossia Owen 1834.
Körper kurz, beuteiförmig, stumpf endigend. Kopf groß und breit, min-
destens so breit wie die Mantelöffnung. Augenöffnung von einer Lidfalte
umgeben. Dorsalrand der Iris schwach bogig die Pupillenöffnung einbuchtend
Arme verhältnismäßig lang und kräftig, mit zwei oder vier Reihen von Saug-
näpfen; die Vierreihigkeit ist manchmal deutlich, manchmal aber auch höchst
undeutlich und unregelmäßig ausgebildet. Näpfe auf der Tentakelkeule in vier
bis zehn Reihen. Flossen halbkreisförmig, breit angeheftet, nach hinten, be-
IV 32 G. Pfeffer.
sonders aber nach vorn die Anheftungsstelle weit überragend, meist von
beträchtlich mehr als halber Mantellänge. Mantelrand am Nacken frei, mit
deutlich ausgebildetem Nackenknorpel. Der Gladius ist federförmig, kurz,
etwa die Hälfte der Mantellänge einnehmend, wohl chitinisiert, mit deutlich
ausgebildeter lanzettlicher Fahne und Rhachis. Ob das häufig kopierte Bild
von G. O. Sars (Fig. 33), den Schulp von R. glaucopis darstellend, der Natur
ganz entspricht, möchte ich einigermaßen bezweifeln.
Der Dimorphismus der Geschlechter drückt sich darin aus, daß die
Saugnäpfe des 2., 3. und 4. Armpaares bezw. (bei den Arten mit vier Reihen)
die Näpfe der Außenreihen ebendieser Armpaare mehr oder weniger stark sich
vergrößern. Ferner in der eigentlichen Hektokotylisierung, die darin besteht,
daß an beiden Armen des 1. Paares sich im Bereiche der proximalen drei
Fünftel die Basalpolster der Näpfe der Außenreihe sich etwas verlängern,
aneinander drängen und so ein kammförmiges Aussehen jenes Teiles der seit-
lichen Armfläche hervorbringen; die ganze Bildung wird mehr oder weniger
überdeckt von einem deutlichen Schutzsaum, der sonst bei der Familie der
Sepioliden etwas ganz fremdartiges ist.
Nordische Arten der Gattung Rossia.
A. Tentakelkeule am Grunde mit sehr großen Näpfen, größer als die Näpfe
der Arme, am Grunde der Keule in vier Reihen angeordnet; die Näpfe auf
den Armen in zwei oder vier Reihen /?. mölleri.
B. Tentakelkeule mit sechs bis zehn Reihen von Näpfen, die viel kleiner sind
als die der Arme.
I. Näpfe der Arme in zwei Reihen (siehe p. 33); gut konservierte Stücke
zeigen Papillen auf der dorsalen Mantelfläche /?. glaucopis.
II. Näpfe der Arme am Grunde in zwei, weiter hinauf in vier regelmäßigen
Reihen (siehe p. 33); die dorsale Manteloberfläche zeigt nie Papillen
/?. macrosoma.
Die vorstehenden Arten dürften den Rang guter Arten beanspruchen;
außerdem sind noch aus den Gewässern unseres Gebietes eine größere Menge
von Arten beschrieben, die teils gar nicht genau festzustellen, teils mit mehr
oder weniger Sicherheit den oben aufgeführten drei Arten unterzuordnen sind.
Jedenfalls haben wir in dieser Gattung eine Anzahl anscheinend guter Merk-
male, die je nach dem Altersstande oder dem Erhaltungszustande der einzelnen
Stücke der Art sich verschieden ausprägen.
Mit der Bestimmung der einzelnen Arten von Rossia steht es ebenso,
wie mit denen von Sepioia; es gibt drei Arten, die eigentlich nicht hätten
verkannt werden dürfen, denn die Merkmale derselben sind, wenn man sich
an wirklich kennzeichnende Charaktere hält und geringwertige bezw. indivi-
duelle Merkmale beiseite läßt, konstant und leicht festzustellen. Eine andere
Frage ist es, ob diese Arten weitere bestimmt zu bezeichnende morphologische
Cephalopoden. IV 33
oder Lokal-Formen entwickeln, oder ob es noch Arten geringeren Wertes gibt,
die sich zwischen die drei Hauptarten einschieben. Das kann nur der fest-
stellen, der große Reihen der einzelnen Arten vor sich hat, und das ist bisher
noch Niemandem beschert gewesen. Immerhin liegt mir Material genug vor,
um mit den Angaben und Bildern der Literatur zusammen eine kurze Übersicht
zu geben der einzelnen Merkmale und ihrer verschiedenen Ausprägung bei
verschiedenem Konservierungszustand. Dies wird nicht nur beim Bestimmen
von Wert sein, sondern vielleicht auch Manchen abhalten, auf kleines Material
hin noch weitere neue Arten zu beschreiben.
Zunächst die Anordnung der Näpfe in zwei oder vier Reihen auf den
Armen. /?. macrosoma hat vier Reihen, R. mölleri und R. glaiicopis haben
zwei; da nun R. mölleri besonders große Näpfe auf den Tentakeln hat, so wären
hiernach die drei Arten leicht zu unterscheiden; wenn es nicht Angaben in
der Literatur und Bilder gäbe, die von „unregelmäßiger" Anordnung in mehr
als zwei Reihen berichteten. Diese Fälle lassen sich aber sofort auf die Norm
zurückführen und stellen sich als Ergebnisse des Konservierungs-Zustandes
der Stücke heraus, wenn wir bedenken, daß mit der Angabe der Vierreihigkeit
der Saugnäpfe von R. macrosoma das Wesentliche derselben noch nicht
erschöpft ist, sondern daß die Näpfe der Außenreihen schon beim Weibchen
merklich größer (Fig. 41), beim Männchen aber außerordentlich viel größer aus-
geprägt sind, als die der Innenreihen. Nun unterliegt es nach meinem Material
keinem Zweifel, daß bei schlecht konservierten Stücken mit schlaffen Armen
die Saugnäpfe so weit auseinander rücken, daß die regelmäßige Anordnung
in vier Reihen gestört und schließlich in eine Zweireihigkeit verwandelt wird.
Dann wechseln aber natürlich je ein großes und ein kleines Napf-Paar einander
ab, sodaß die Zweireihigkeit sich sofort als ein unnatürliches Produkt heraus-
stellt. — Umgekehrt aber kann ein besonders starker Kontraktionszustand die
zwei Reihen von R. mölleri und glaucopis so eng zusammen ziehen und in
einander schieben, daß eine unregelmäßige Drei- oder Vierreihigkeit hervor-
gebracht wird. Bei dieser Pseudo-Vierreihigkeit findet sich aber nie ein bemerk-
barer Unterschied zwischen der Napfgröße der äußeren und inneren Reihen,
sodaß auch hier die Feststellung des Normalzustandes keine Schwierigkeiten
macht. Außerdem ist noch zu bemerken, daß die vier Reihen bei R. macrosoma
deutlich bis zur Spitze der Arme reichen, während die Pseudo-Vierreihigkeit
(man vergleiche Fig. 37 von R. hyatti) nach der Spitze der Arme zu wieder
in regelrechte Zweireihigkeit übergeht.
Ein anderes gutes Merkmal ist die Größe und die Anzahl der Reihen
der Saugnäpfe auf der Tentakelkeule. Auf diese Weise unterscheidet sich
Rossia mölleri, deren Tentakel-Näpfe größer sind als die der Arme, leicht von den
übrigen Arten, deren Näpfe kleiner sind als die der Arme. Ebenso ist es
anzunehmen, daß sich für die Anzahl der Reihen auf der Tentakelkeule der
Arten von Rossia' bestimmte Feststellungen machen lassen, wie es schon zum
Teil auch geschehen ist. Wenn man aber nach der Analogie von Sepiola
Nord. Plankton. IV 3
IV 34 G. Pfeffer.
urteilen darf, so verändern sich sowohl die Größe wie die Anzahl der Reihen
mit fortschreitendem Wachstum, und es ist nicht einmal von vornherein zu
sagen, ob die Näpfe im Alter relativ und absolut größer werden, denn Sepiola
oweniana lehrt gerade das Umgekehrte. - So erfordert also die Feststellung
auch dieser Merkmale größeres Reihenmaterial von verschiedenem Lebensalter.
Die Länge der Arme im Verhältnis zum Mantelsack ist völlig abhängig
vom Konservierungs-Zustand. Ich habe vor mir schöne Stücke von /?. macro-
soma, erhalten von der Zoologischen Station in Neapel, bei denen die Bauch-
arme gleich zwei Drittel der Länge des Mantelsackes sind (gemessen, indem
ich die eine Zirkelspitze zwischen beide Baucharme, die andere an die Arm-
spitze lege); während ein mäßig konserviertes Stück derselben Art eine Arm-
länge von 12/.J der Länge des Mantelsackes ergibt. Bei dem letzteren sind
also die Arme relativ über doppelt so lang als bei den andern.
Ebenso ist die relative Länge der Arme ein Merkmal, das mit großer
Vorsicht benutzt werden muß. Von drei mir von Plymouth vorliegenden Stücken
der R. macrosoma, die ganz gleiche Konservierung zeigen, ist bei dem cT der
3. Arm kaum länger als der 2., bei den beiden 9 dagegen ganz beträchtlich.
Bei den gut konservierten Stücken von Neapel ist bei einem cT der 2. Arm
länger als der 3., bei einem andern cf auf der einen Seite der 3. ganz wenig,
auf der andern Seite beträchtlich länger als der 2,, bei dem 9 sind der 2.
und 3. Arm gleich lang. Bei einem ausgesprochen weichen Stück aus der
Nordsee (9) ist der 3. Arm etwas länger als der 2. Es zeigt dies zum min-
desten, daß Angaben über die relative Länge der Arme nur Wert haben bei
Beschreibung von Reihen gleicher Konservierung.
Daß es sich mit den Angaben über die Tentakellänge ebenso verhält,
ist klar. Um nur ein einziges Beispiel zu bringen, so zeigen meine guten
Neapolitaner Stücke von R. macrosoma eine Tentakellänge von 1 Vs der Mantel-
länge, während das weiche Stück aus der Nordsee fast die vierfache Länge
des Mantels aufweist.
Auch die Angaben über die Form des Mantelsackes sind mit Vorsicht
zu benutzen. Bei guten Stücken von R. macrosoma ist sie vorwiegend zylindrisch
mit stumpf zugerundetem Hinterende, die Breite des Sackes zwischen den
Flossen wenig mehr als die halbe Mantellänge. Bei schlechten Stücken da-
gegen ist der Mantelsack beuteiförmig, ebenso breit oder beträchtlich breiter
als lang. Daß die spitzere Endigung des Mantelsackes ein Ergebnis stärkerer
Kontraktion sein kann, wird in einem Falle von Verrill erwähnt. Wenn auch
hier der Vergleich mit Sepiola zulässig ist, so ist diesem Merkmal wenig Wert
beizumessen; unter dem großen mir vorliegenden Material von Sepiola oweniana
und ailantica von gleicher Konservierung finden sich solche, die vom Mittel
nach der Ausprägung der stumpferen wie der spitzigeren Endigung des Mantels
abweichen.
Die winkelförmige Ausziehung des dorsalen Mantelrandes in der Median-
linie findet sich, soweit ich nach meinem Material urteilen darf, nur bei schlecht
Cephalopoden. IV 35
konservierten Stücken; bei gut konservierten zeigt der dorsale Mantelrand
einen völlig gradlinigen Verlauf, oder er ist sogar in der Mittellinie etwas ein-
gezogen (Vergl. den Unterschied von Fig. 38 und 39). Wie es sich bei leben-
den Stücken verhält, ist freilich eine andere Frage.
Die Flossen sind bei alten Stücken größer, d. h. länger und breiter, als
bei jungen. Dies zeigen die von derselben Art gegebenen Abbildungen der
Literatur. Außerdem ist die Zunahme der Flossengröße mit dem Wachstum
ein allgemeines Gesetz bei den Cephalopoden, mit ganz w^enigen Ausnahmen.
Auch ist zu bemerken, daß schlechte Konservierung die Flosse vergrößert.
Schließlich ist noch anzuführen, daß ein ausgezeichnetes Merkmal, nämlich
die Besetzung der Dorsalhaut von Kopf und Mantel mit Papillen, anscheinend
bei schlechtem Konservierungszustande verschwindet. So unterscheidet sich
R. megaptera von /?. glaucopis einzig durch den Mangel der Papillen; beide
zur Beobachtung gelangten Stücke der ersteren Art waren aber ganz schlaff.
Erwähnt wird auch, daß die beiden Geschlechter (von R. glaucopis) in der Aus-
bildung der Papillen sich verschieden verhalten; schließlich geben einige Autoren
von R. palpebrosa keine Papillen an, während Appellöf solche feststellt. Auch
bei diesem ausgezeichneten Merkmal ist es also nötig, noch mehr gute Stücke
und eine größere Anzahl zu untersuchen, ehe über die einzelnen Arten völlige
Klarheit geschaffen werden kann.
Der mehr oder weniger stark ausgeprägte Dimorphismus der Geschlechter
in der Größe der Saugnäpfe auf den Armen ist sicherlich ein gutes Artmerkmal-
aber er ist bei alten Stücken stärker ausgebildet als bei jüngeren. Außerdem
finden sich auch für dieses Merkmal widersprechende bezw. nicht zusammen stim-
mende Angaben für dieselbe Art bei den einzelnen Autoren, die ihren Grund
aber ebensowohl oder noch viel mehr in unrichtiger Bestimmung der Arten
als in beträchtlicher Verschiedenheit des Merkmales bei den einzelnen Arten
haben mag.
Rossia mölleri Steenstrup 1856. (Fig. 28, 29.)
1856. Steenstrup, Vidensk. Selsk. Skr. p. 14.
1886. Becher p. 81.
1898. Posselt (3) p. 273.
1901. Knipowitsch (2) p. 411, Taf. IX f. 28, 29 (Habitusbild), Fig. 37 Radula.
1902. Joubin (3) p. 125, Fig. 27, 28.
Die Flossen sind sehr groß, selbst bei kleineren Stücken etwa drei Viertel
der Mantellänge betragend; bei großen Stücken erreichen sie den vorderen
Mantelrand, bei kleineren endigen sie ein Stück dahinter. — Das dritte Arm-
paar scheint an Länge die übrigen nicht besonders stark zu überragen. — Die
Näpfe der Arme stehen am Grunde der Arme zweireihig, nach oben unregel-
mäßig und undeutlich vierreihig; bei einigen Stücken ist von einer Vierreihigkeit
IV 3*
IV 36
G. Pfeffer.
garnicht zu reden; nach Posselt ist sie überhaupt bei den Männchen undeut-
licher; nach Knipowitsch und einem mir vorliegenden Stück scheint sie bei
älteren Stücken sich mehr auszubilden, während bei jüngeren die Zweireihigkeit
völlig deutlich ausgeprägt ist. — Die Näpfe der Keule sind groß, flach, mit weiter
Öffnung. Sie stehen am Grunde der Keule in vier Reihen, auf der distalen
Hälfte in sechs; die beiden oberen (dem Schwimmsaum der Keule zugewen-
deten) Reihen der Saugnäpfe des Keulengrundes sind besonders groß und
einige von ihnen stets größer als die größten Näpfe der Arme.
Fig. 28
Fig. 28. Rossiamölleri Steenstrup. Nat. Größe
Fig. 29. — — Hektokotyllsierte Arme. Nat. Größe
Fig. 29
Original-Zeichnung.
Nach Steenstrup-Joubin.
Über die Hektokotylisation s. Posselt (3) p. 274.
Die Oberseite ist dicht mit dunkelvioletten Chromatophoren besetzt,
weniger die Unterseite (Knipowitsch); das mir vorliegende Stück von Spitz-
bergen ist bleich, mit kleinen grauvioletten Chromatophoren ziemlich dicht
bestanden; es ist heller als irgend eine mir vor Augen gekommene Rossie.
Gesamtlänge bis 100 mm, vom Hinterende bis zum Armgrunde 74 mm,
der Mantelsack 52 mm; das mir vorliegende Stück hat eine Mantellänge von 28 mm.
Die Eier wurden von Kükenthal und Walter in Ost-Spitzbergen im
Innern des Schwammes Esperia consfricta angetroffen.
A. Krause nennt die von Kükenthal und Walter von Ost-Spitzbergen
heimgebrachte Art /?. glaucopis; das dem Hamburger Museum überlassene
von den drei Stücken ist jedoch sicher R. mölleri.
Verbreitung. West-Grönland (Posselt), Jan Mayen (Becher), Spitzbergen
(Mus. Hamb., leg. Kükenthal und Walter; Knipowitsch).
Cephalopoden. IV 37
Rossia glaucopis Loven 1845. (Fig. 30—37.)
1845. Loven (1) p. 135.
1878. G. O. Sars p. 337, Taf. 32 (Habitus-Bilder); Taf. XVII Fig. 6 (Radula).
1886. Hoyle (2) p. 116.
1886. Becher p. 81.
1890. Norman (1) p. 470.
1891. Lönnberg (1) p. 13.
1892. Appellöf (3) p. 7.
1898. Lönnberg (3) p. 791.
1898. Posselt (3) p. 275.
1900. Steenstrup (14).
1901. Knipowitsch (1) p. 538.
1902. Joubin (2) p. 130; Fig. 31, 32.
1869. Rossia papillifera Jeffreys p. 134.
1878. — siiblevis Verrill, Am. Journ. Sei. XVI p. 208.
1880. — — — op. cit. XIX p. 291, Taf. 15 Fig. 3.
1881. — — — Bull. Mus. Comp. Zool. VIII p. 104. Taf. 3
Fig. 2—4, Taf. 7 Fig. 4.
1881. — _ _ (6) p. 104, Taf. 30 Fig. 2; Taf. 31 Fig. 3;
Taf. 46 Fig. 4; Taf. 47 Fig. 2—4.
1882. — _ __ (7) p. 380; Taf. 34 Fig. 2—6; Taf. 37 Fig. 2.
1886. — — Hoyle (1) p. 117.
1890. — — Norman (1) p. 471.
1889. — — E. A. Smith (2) p. 420.
1900. — — Nichols p. 494.
1878. — hyatti Verrill, Am. Journ. Sei. XVI p. 208.
1880. — _ _ Op. cit. XIX p. 291; Taf. 15 Fig. 1, 2.
1881. — _ _ (6)p. 351; Taf. 27 Fig. 8, 9; Taf. 30 Fig. 1; Taf. 31.
1882. — _ _ (7) p. 377 (i67) Taf. 35 Fig. 2, 5, 6; Taf. 36
Fig. 3—6; Taf. 37 Fig. 1.
1898. — — Posselt (3) p. 267.
1902. — — Joubin (2) p. 123 Fig. 25.
1835. — palpebrosa Owen (1) p. 92; Taf. B. Fig. 1; Taf. C.
1885. — — Herzenstein p. 714.
1893. — . — Appellöf (3) p. 7, Fig. 7.
1898. — — Posselt (3) p. 27.
1902. — — Joubin (2) p. 120, Fig. 24.
Die Dorsalfläche trägt weißliche Papillen, die nach Joubins Beschreibung
ziemlich regelmäßig angeordnet sind. Die Flossen erreichen bei großen Stücken
bis zwei Drittel der Mantellänge bezw. kommen derselben fast gleich. Die
Arm-Näpfe sind, mit Ausnahme derer des dorsalen Paares, ziemlich groß, in
der Regel zweireihig geordnet (siehe auch p. 33). Die Näpfe der Keule sind
IV 38
G. Pfeffer.
klein, lang gestielt, in vielen Reihen; die genaue Anzahl der Reihen wird nirgends
angegeben; wenn es sich jedoch herausstellt, daß R. palpebrosa hierher zu
ziehen ist, so dürften acht bis zehn Reihen an der weitesten Stelle der Keule
die Regel sein. Das von Joubin (Fig. 30) abgebildete Stück, das sicher ein
Männchen ist, hat sehr viel größere Näpfe am 2. und 3. Arm, als das Fig. 29
Fig. 30
Fig. 31
Fig. 32
Fig. 33
Fig. 34
Fig. 35
Fig. 30. Rossiaglaucopis Lov6n. Nat. Größe. Nach Sars.
Fig. 31. — — — Arme u. Tentakeln, von oben gesehen. Nat. Größe.
Nach Sars.
Fig. 32. — _ _ Tentakelkeule. Vergrößert. Nach Sars.
Fig. 33. — — — Gladius. ^l^ nat. Größe. Nach Sars. (Der Kontur
der Fahne ist wohl nicht korrekt.)
Fig. 34. — palpebrosa Owen. Tentakelkeule. Vergrößert. Nach Appellöf.
Fig. 35. — sub levis Verill. Gladius. "/j nat. Größe. Nach Verrill.
Cephalopoden.
IV 39
abgebildete Weibchen. Über die
Hektokotylisierung s. Appellöf
(3) p. 7.
Die Farbe ist braunrötlich,
mit vielen kleinen Chromatophoren.
Länge ohne Arme 35 mm (Sars),
42 — 45 mm (Lönnberg). — Die
Eier finden sich in großer Menge
abgelegt in weichen Schwämmen
(Sars).
Steenstrup und H o y 1 e haben
R. papillifera als Synonym von
ö. glaucopis nachgewiesen. Rossia
sublevis Verrill ist sicher hierher
zu ziehen (Norman, Lönnberg (1).
Ebenso scheint R. hyatti (Fig.
36, 37) hierher zu gehören; mehrere
Autoren haben bereits auf die nahe
Verwandtschaft aufmerksam ge-
macht. Die Rückenfläche trägt
Papillen, die Flossenlänge beträgt
vier Siebentel bis zwei Drittel der
Mantellänge. Die Näpfe der Ten-
Fig. 36
Fig. 37
Fig. 36. Rossia hyatti Verrill. % nat. Größe. Nach Verrill.
Fig. 37. — — — Arme und Tentakeln. V, nat. Größe. Nach Verrill.
IV 40 G. Pfeffer.
takel sind sehr klein, kugelig, gedrängt in acht bis zehn Reihen stehend. Alles
dies deutet auf die Identität mit R. glaucopis. Die Näpfe der Arme stehen
zweireihig am Grunde der Arme, dann gedrängter in etwa vier Reihen, nach
der Spitze zu sind sie klein. Die Beachtung des Bildes (Fig. 37) zeigt, daß von
einer regelmäßigen Anordnung der Saugnäpfe in vier Reihen, wie bei /?,
macrosoma, hier nicht die Rede ist, und daß die scheinbare Vierreihigkeit
wohl eine verschobene Zweireihigkeit darstellt. — Die Art wird angegeben von
der Ostküste Nordamerikas, von Massachusetts bis New Foundland, 57 — 100 Fd.
(Verrill); West-Grönland, 25—40 Fd. (Posselt).
Ebenso möchte ich /?. palpebrosa Owen hierher ziehen. Die meisten
Autoren, auch Joubin, erwähnen keine Papillen der Rückenfläche, Appellöf betont
sie. Dies läßt möglicherweise annehmen, daß den verschiedenen Autoren nicht
dieselbe Art vorgelegen hat, oder daß die Stücke ohne Papillen sich vielleicht
in einem schlechten Erhaltungszustande befunden haben mögen. Die Flossen
sind groß, etwa drei Viertel bis vier Fünftel der Mantellänge. Die Saugnäpfe
der Arme stehen ziemlich unregelmäßig, doch in zwei Reihen am Grunde und
im allgemeinen in vier Reihen weiter hinauf, bei Männnchen und Weibchen
gleich groß in den vier Längsreihen desselben Armes. Die Näpfe der Seiten-
und Baucharme des Männchens größer als beim Weibchen. Die Näpfe des
proximalen Teiles der Keule sind in den oberen Reihen ungefähr von gleicher
Größe oder wenigstens nicht mehr als doppelt so groß wie in den unteren ;
gegen die Spitze zu nehmen sie allmählich und unmerklich an Größe ab und
stehen hier in fünf bis sechs Reihen. Jatta (2) p. 139, Taf. 15 Fig. !1— 20
beschreibt /?. palpebrosa aus dem Mittelmeer; ich finde jedoch keines der
oben (von Posselt und Appellöf) festgestellten Merkmale irgendwie deutlich
ausgeprägt oder hervorgehoben.
R. palpebrosa wird angegeben von West-Grönland (Posselt); 80*^ N., 8^ O.,
260 Fd. (Appellöf); Arktisches Rußland (Herzenstein).
Verbreitung von R. glaucopis: West-Grönland, bis 349 Faden (Posselt);
Faeroe Channel, 345 Fd. (Porcupine); nördlich der Shetland-Inseln, 60-100
Fd. (Jeffreys), 345 Fd. (Porcupine, Hoyle); Jan Mayen (Becher); Spitzbergen
(Lönnberg); zwischen Spitzbergen und Beeren-Insel, zwischen Beeren-Insel und
Norwegen, 123 — 191 Fd. (Appellöf); die ganze norwegische Küste, 40 — 250Fd.
(Loven, Sars, Grieg); Bohusiän (Lönnberg); S.-W.-Irland, 250 Fd. (Smith, Nichols);
Ostküste Nordamerikas, bis 450 Faden (Verrill); Patagonien, vor Cape Virgins,
52« 20' S., 67'^ 39' W., 55 Fd. (Hoyle).
Rossia macrosoma Delle Chiaje 1829. (Fig. 38—43.)
1829. Delle Chiaje, Mem. stör, animal. Taf. 71.
1838. Gervais und von Beneden p, 36, Taf. 6.
1839. F^russac und Orbigny p. 245. Sepioles Taf. 4 Fig. 13—24.
1851. V6rany p. 60, Taf. 23 Fig. a, b.
Cephalopoden.
IV 41
1869. Jeffreys (1) p. 133, Taf. 6 Fig. 6.
1890. Norman (1) p. 469.
1893. Appellöf (3) p. 8, Fig. 4 (Tentakelkeule).
1896. Jatta (2) p. 134, Taf. 2 Fig. 5; Taf. 15 Fig. 1 — 10 bis.
1900. Steenstrup (14) p. 292, Fig. 2; Taf. 16.
1902. Joubin (3) p. 118, Fig. 21, 22.
1842. Rossia Jacobi Ball., Proc. R. Irish Acad. II p. 139 Q.
1842. Rossia Owen! Ball, I. c.
1853. — — Forbes u. Hanley 223, Taf. SSS Fig. \^.
1886. — — Hoyle (2) p. 114, Taf. 15 Fig. 1—9.
1889. — — Posselt (1) p. 141.
1889. — — Smith (2) p. 420.
1891. — — Lönnberg (1) p. 15.
1869. Rossia Panceri Targioni-Tozzetti p. 46. Taf. 7 Fig. TcT.
1881. Rossia megaptera Verrill (6) p. 349. Taf. 38 Fig. 1; Taf. 46 Fig. 6.
— Ebenso Verrill (7).
1898. — — Posselt (3) p. 277.
1902. — — Joubin (2) p. 133, Fig. 33.
Ohne Papillen auf der Rücken-
fläche. Flossen von mittlererGröße,
auf einigen Abbildungen kaum
gleich der halben Mantellänge, bei
den vorliegenden Stücken im all-
gemeinen gleich der Hälfte bis zu
vier Siebenteln dieser Länge. Die
Näpfe der Arme sind groß, an der
Basis in zw^ei, u^eiter hinauf in
vier Reihen angeordnet, auf den
Seitenarmen bedeutend größer, als
auf dem Dorsal- und Ventralpaar.
Die Näpfe der Randreihen auf den
Seitenarmen sind beim 9 ein wenig,
aber deutlich, größer, als die der
Mittelreihen; beim (j" vergrößern
sie sich auf den Seitenarmen zum
vielfachen der Napfgröße der Mittel-
reihen. Die Hektokotylisierung
findet sich auf beiden Dorsalarmen
(vorliegende Stücke von Neapel);
oder abnormer Weise allein auf
dem linken (Norman). — Die
Tentakelkeule trägt etwa zehn
Reihen von Saugnäpfen, diese
Fig. 38
IV 42
G. Pfeffer.
Fig. 41
Fig. 42
Fig. 38. Rossiamacrosoma Delle Chiaje. Gut konserviertes Stück. Nat. Größe.
Original-Zeichnung.
Fig. 39. — Schlecht konserviertes Stück. Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 40. — Gladius. ''/, nat. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 41. — Stück des Armes des 9> um die Verschiedenheit der Saugnapf-Größe in
den äußeren und mittleren Reihen zu zeigen.
Fig. 42. — Tentakelkeule.
Cephalopoden.
IV 43
nehmen an Größe ab vom Grunde der
Keule nach der Spitze zu; ebenso
nehmen sie am Grunde der Keule selber
an Größe ab von der Außenkante zu
nach der Innenkante; die Näpfe der
Außenreihen sind etwa drei- bis fünfmal
so breit als die der Innenreihen.
Die Eier fanden sich abgelegt in
Hohlräumen von Esperia (Lönnbergp. 17)
oder in toten Schalen von Cyprina
islandica (Steenstrup p. 295, 296).
Es hat sich herausgestellt, daß die
nordische Form (R. oweni) von der
Mittelmeerform (R. macrosoma) artlich
nicht zu trennen ist; ebenso sind die
R.megapteraV Q.xx\\\ kaum etwas anderes
als sehr weiche Stücke von R.glaucopis.
Mantellänge ca. 40 mm; ein vor-
liegendes Stück des Hamburger Museums
aus der Nordsee zeigt 48 mm.
Die Farbe der Spiritus-Stücke
erscheint violettgrau fleichfarbig oder
ziemlich rein fleischfarbig mit vielen
kleinen purpurfarbenen Chromatophoren.
Verbreitung: Irland, England, Schott-
land (s. Norman, außerdem Herdman,
Nichols, Marine Biological Association)
Nordsee (Hamburger Museum ; der Fund-
ort ist nicht genau, das Stück stammt aus
dem Maule eines auf dem hiesigen Markte
verkauften Gadus aeglefinus); Süd- und West-Norwegen (Sars nach Norman);
Kattegat (Steenstrup, Lönnberg); Südschweden (Loven, Lönnberg); Mittelmeer
(Orbigny, Targioni-Tozzetti, Verany, Jatta). Außerdem Mittelmeer, im atlantischen
Ozean, in der Tiefe (512 m) bis zur Küste des französischen Sudan reichend
(Fischer u. Joubin).
Die zwei als R. megaptera Verrill beschriebenen Stücke stammen von
New Foundland, 150 Fd. (Verrill) und West-Grönland, 349 Fd. (Posselt).
Fig. 43.
Rossia megaptera Verrill.
Nat. Größe. Nach Verrill.
Gattung Semirossia steenstrup i887.
Da bisher nur eine einzige Art dieser Gattung bekannt geworden ist, so
ist es nicht sicher festzustellen, welche Merkmale der unten folgenden Art-
beschreibung in die Gattungsdiagnose herübergenommen werden müssen.
1880.
Verrill, Am. J
1880.
- (2) p.
1881.
- (5) p.
1881.
— (6j p.
1882.
- (7) p.
1891.
Lönnberg (1)
1886.
Hoyle (2) p.
IV 44 G. Pfeffer.
Sicher aber gehört hierher der freie Mantelrand, ebenso die eigenartige Hekto-
kotylisierung des Männchens, die nur am linken Dorsalarm auftritt. Ferner
aber sind als wahrscheinlich zur Gattungsdiagnose gehörig zu erwähnen: Die
außerordentliche Vergrößerung der Saugnäpfe des Männchens auf den mittleren
Teilen des 2., 3. und 4. Armpaares; das plötzliche Auftreten von vier Reihen
ganz kleiner Saugnäpfe an den Enden der Arme; schließlich der lappenförmig
in die Papiilenöffnung des Auges vorspringende Dorsalrand der Iris.
Semirossia tenera Verrill 1880. (Fig. 44—47.)
ourn. Sei. Arts XX p. 392.
360.
103, Taf. 3 Fig. 5— 5b; Taf. 7 Fig. 2— 2d, 3— 3b.
357, Taf. 46 Fig. 2—2 d, 3— 3 b; Taf. 47 Fig. 5— 5 b.
385 (175), Taf. 33, Taf. 34 Fig. 1.
p. 18.
118.
1887. Steenstrup (12) p. 89 ff.
1881. Rossia patagonica Smith p. 22, Taf. 3 Fig. 3.
1886. — — Hoyle (2) p. 119, Taf. 15 Fig. 10-18.
Die Flosse ist nach Verrill's Beschreibung gleich -/.s, nach den Abbildungen
V? bis V.5 der Mantellänge. Die Dorsalfläche hat keine Papillen. Von den
Armen ist das 2. Paar das längste.
Die Saugnäpfe der Arme sind deutlich in zwei Reihen angeordnet; nahe
der Spitze der Arme werden sie ziemlich plötzlich ganz klein und stehen hier
in vier Reihen gleich großer Näpfe; die Anordnung in vier Reihen ist nicht
immer deutlich; jedenfalls aber ist diese mehrreihige, scharf von der zwei-
reihigen Anordnung sich absetzende Bildung, außerordentlich bezeichnend. Die
Saugnäpfe sind bei beiden Geschlechtern auf der Mitte aller Arme, besonders
des 2., 3. und 4. Paares, vergrößert, beim Männchen aber ganz besonders stark.
Der rechte Dorsalarm des Männchens zeigt ungefähr dieselbe Bildung wie
beim Weibchen; der linke dagegen ist hektokotylisiert. Er ist verdickt, die
Näpfe sind klein und zahlreicher als auf dem rechten Arm, und sind nur an
der Basis des Armes in zwei Reihen geordnet, im übrigen stehen sie in vier
unregelmäßig gedrängten Reihen. Auf der Ventralseite des Armes sind die
Basal-Polster der Näpfe verlängert und hier findet sich eine über die proximalen
zwei Drittel des Armes reichende Schutzhaut entwickelt. (Verrill bildet dieselbe
nicht ab, beschreibt sie auch nicht; nach den Befunden der andern Mitglieder
der Familie, vor allem aber nach dem von S. patagonica, muß sie als wohl
ausgebildet angenommen werden.)
Die Näpfe auf der Tentakelkeule stehen in ungefähr acht Reihen, zwei
oder drei dem Dorsalrande genäherte Reihen haben stark vergrößerte Saugnäpfe
Cephalopoden.
IV 45
mit gezähneltem Innenrande des Chitinringes. Kleine Schutzmembranen finden
sich auf beiden Seiten der Keule; eine Schwimm-Membran ist wohl entwickelt.
Fig. 44
Fig. 46
Fig, 45
Fig. 47
Fig. 44. Semirossiatenera Verrill cf. »/, nat, Größe. Nach Verrill.
Fig. 45. - - _ $. 2/, „ „ „ „
Fig. 46. — — — Arme des hektokotilisierten cT von oben gesehen.
-/, nat. Größe. Nach Verrill.
Fig. 47. — - — Gladius. Nat. Größe. Nach Vferrill.
IV 46 G. Pfeffer.
Der Gladius ist dünn, dem von Rossia ähnlich, federförmig, mit breit
lanzettlicher Fahne; die Breite derselben ist nicht ganz gleich -7r> ihrer Länge,
die Länge gleich ^/g der Schulpenlänge.
Die Farbe des Tieres ist im Leben blaß und durchscheinend, mit zer-
streuten rosenroten Chromatophorcn. Bei Spiritus-Stücken ist die Grundfarbe
rötlich, dicht bedeckt mit großen Chromatophoren, die sich auch auf der
Innenfläche der Arme zwischen den Saugnäpfen finden. Der äußere Teil der
Flossen ist, wie gewöhnlich, farblos. Ein heller Streif am Mantelrande. — Die
Größe ist 25 bis 30 mm. — Verrill lagen eine größere Anzahl von Stücken vor.
Gar nicht zu unterscheiden von dieser Art, sowohl was die morphologischen,
wie die Färbungs-Merkmale angeht, ist 5. patagonica nach drei mir vorliegen-
den Stücken (einem Männchen der Hamburger Sammlung und zwei Weibchen
der Berliner (Sammlung Plate)).
Verbreitung: Amerikanische Küste von 32'*— 40*^ N. (Verrill). — Halifax
(43'^ N.) (Challenger, Hoyle). — Spitzbergen, Kings Bay (Lönnberg). — Nord-
küste von Sibirien (75-76" N., 1130 30' — 115'^ 30' O.) (Lönnberg). — Ost-,
Süd- und West-Patagonien (Smith; Challenger (Hoyle), Hamburger Museum
leg. Paeßler; Berliner Museum, leg. Plate).
Gattung Sepiola Leach 1817.
Körper kurz, ziemlich stumpf endigend. Kopf groß und breit, so breit
wie die Mantellöffnung. Augenöffnung von einer Lidfalte fast ganz umgeben.
Arme verhältnismäßig kurz, mit zwei Reihen von Saugnäpfen, die sich je nach
den Arten gegen das Ende der Arme hin mehr weniger regelmäßig in vier
Reihen anordnen können. Flossen halbkreisförmig, von etwa halber Körper-
länge, mit breiter Basis angeheftet, nach vorn zu bezw. auch nach hinten die
Basis häufig überragend. Mantel mit dem Kopfe in der dorsalen Mittellinie
in breitem Bereiche verwachsen, doch nur durch verhältnismäßig dünne, ober-
flächliche Haut, sodaß der Kontur der vorderen Mantelkante deutlich durch-
scheint. Demgemäß ist der dorsale Nackenknorpel nicht entwickelt; die
Knorpelspange des Trichters ist länglich, die entsprechende Knorpelleiste des
Mantels linienförmig. Der Trichter endigt sehr spitz. Halsfurchen, ebenso
wie Hals- und Nackenfalten sind nicht ausgeprägt. Der Gladius ist federförmig,
kurz, nur etwa den vierten vorderen Teil des Mantelsackes einnehmend; die
Fahne lanzettlich, allmählich in die Rhachis übergehend. Bei der schwäch-
lichen Ausbildung des Gladius ist es möglich, daß dieser einer weiten Variation
unterworfen ist; denn die von den einzelnen Arten gegebenen Abbildungen
weichen recht beträchtlich von einander ab. Andrerseits aber ist es ebenso
wahrscheinlich, daß die Bestimmungen der abgebildeten Stücke nicht einwands-
frei waren. Ich halte mich im Folgenden lediglich an die Beschreibung der
von mir selber präparierten Schulpen. — Das gleiche ist zu sagen von der
Bildung des Tintenbeutels, dessen Form Steenstrup einen ganz besonderen
Cephalopoden. IV 47
systematischen Wert zuschreibt. Da ich über die Bestimmung keines der mir
vorliegenden Stücke im unklaren war, so hatte ich keinen Grund, mein Material
in größerer Menge zu zerschneiden, um den wirklichen Wert der Form des
Tintenbeutels festzustellen.
Der Dimorphismus der Geschlechter ist bei der Gattung Sepiola ganz
besonders stark ausgeprägt, und zwar für die einzelnen Arten so überaus be-
zeichnend, daß, wenn alle anderen Merkmale im Stiche lassen, die Bestimmung
der regelrecht ausgebildeten Männchen keine Schwierigkeiten bieten kann. Zu
bemerken ist hierbei, daß man unter einer größeren Anzahl von Männchen ab
und zu ein Stück findet, bei dem der Dimorphismus unvollkommen ausgebildet,
oder auch die Rechts- und Linksausprägung umgekehrt ist; ferner daß auf den
beigegebenen bildlichen Darstellungen die Armkrone aus einander gelegt und
von der Mundseite aus gesehen dargestellt ist, sodaß natürlich die in Wirklichkeit
rechte bezw. linke Seite auf dem Bilde umgekehrt zur Darstellung kommen;
es ist also stets der äußerste Arm der linken Seite der Abbildung tatsächlich
der rechte Baucharm, der der rechten Seite der linke Baucharm.
Zunächst prägt sich der Dimorphismus beim Männchen aus durch eine
Bildung, die man als Hektokotylisierung zu bezeichnen gewohnt ist; sie findet
sich in normalem Zustande stets am linken Arm des 1. Paares. Oberhalb der
beiden proximalen Saugnapf-Paare dieses Armes steht ein ziemlich unregel-
mäßig gebildeter, mehrfach eingeschnittener Querwulst, der wohl entstanden
zu denken ist aus einem bezw. einem Paare stark umgewandelter, ihrer Näpfe
verlustig gegangener Basalpolster; ferner sind die Basalpolster der vergrößerten
Näpfe der Innenreihe dieses Armes zu einem, die betreffende Seitenfläche des
Armes kennzeichnenden, gefalteten Längswulst umgebildet. Und schließlich
haben sich die Basalwülste der weiter distal gelegenen kleineren Näpfe der
Innenreihe pallisadenförmig verlängert und isoliert, sodaß die Seitenfläche des
Armes ein kammartiges Aussehen erhält. Ein zweites Merkmal des Dimor-
phismus der Männchen ist die Verdickung des dritten Armpaares, zugleich mit
der Verkleinerung der Saugnäpfe dieses Paares. Drittens sind am L, 2. und
4. Paare eine für die einzelnen Arten ziemlich bestimmte Anzahl bestimmt
gestellter Saugnäpfe mehr oder weniger stark vergrößert.
Weitere eigenartige Ausprägungen ergeben sich dadurch, daß die ovale
Oberfläche des linken ersten Armes stark verbreitert sein kann (oweniana);
ferner dadurch, daß das dritte Armpaar bauchwärts eingebogen und in dieser
Stellung fixiert ist (oweniana und atlanüca).
Für die Praxis ist schließlich noch zu bemerken, daß die vergrößerten
Näpfe von Sepiola noch viel leichter abfallen als die übrigen, sodaß man sonst
gute Stücke ohne all die charakteristischen Bildungen in die Hand bekommen
kann; aber die auch nach diesen Verletzungen übrig bleibenden Merkmale des
Dimorphismus gestatten wohl stets eine sichere Bestimmung der Arten.
IV 48 G. Pfeffer.
Nordische Arten der Gattung Sepiola.
I. Dorsalarme am Grunde ohne oder fast ohne Verbindungshaut; der Spalt
zwischen beiden reicht deshalb fast ebenso weit nach hinten wie der zwischen
dem ersten und zweiten Armpaar. Saugnäpfe am Grunde der Keule klein
aber deutlich, in etwa sechs bis sieben Reihen stehend. (Diese Verhältnisse
sind mit einfacher Lupenvergrößerung deutlich zu erkennen.)
A. Näpfe der Arme nach den Spitzen der Ventralarme zu ganz allmählich
etwas kleiner werdend, an den Spitzen selber in zwei Reihen stehend
5. rondeleüi.
B. Näpfe kurz vor den Spitzen der Ventralarme plötzlich ganz überaus klein
werdend, hier in mindestens vier Reihen stehend S. atlantica.
II. Dorsalarme am Grunde ziemlich weit mit einander verwachsen, besonders
beim cT; der Spalt zwischen ihnen reicht deshalb längst nicht so weit nach
hinten, wie der zwischen dem ersten und zweiten Armpaar. Saugnäpfe der
Tentakel klein, in sehr vielen Reihen stehend, d. h. bei größeren Stücken
auf dem mittleren Teil der Keule in weit über zwanzig Reihen, bei den
jüngeren Stücken in etwa fünfzehn. Die Näpfe jüngerer Stücke sind absolut
und relativ größer als die der älteren Stücke, sodaß diese Verhältnisse mit
einfacher Lupen-Vergrößerung deutlich zu erkennen sind; bei den alten
Stücken aber erscheinen die Näpfe staub- oder griesartig, sodaß die Reihen bei
einfacher Lupen-Vergrößerung kaum zu zählen sind. Die Näpfe der Bauch-
arme werden allmählich (aber nie plötzlich) nach der Spitze zu kleiner,
schließlich ganz klein und stehen hier meist in drei oder vier Reihen.
S. oweniana.
Diese drei Arten sind bereits von Orbigny — abgesehen von den bei
diesem Autor üblichen Ungenauigkeiten — so gut gekennzeichnet, daß sie nie
hätten verkannt werden dürfen. Zu bemerken ist, daß es in dem Schlüssel
der Arten (1. c. p. 228 unter B) heißen muß ,inferieures' statt ,superieures'
(wie der Vergleich mit dem entsprechenden B auf p. 235 zeigt); ferner daß
die Beschreibung der Näpfe auf der Tentakelkeule von S. rondeleüi als
,excessivement petites' irre führt, da diese Bezeichung nur für 5. oweniana zutrifft;
schließlich daß auf der sonst guten Abbildung von S. oweniana (Sepioles tab. 3
Fig. 1) ein beträchtlicher Habitusfehler sich vorfindet, indem der Spalt zwischen
den Dorsalarmen sich ebenso weit nach hinten erstreckt, wie zwischen dem
Dorsal- und Dorsolateralarm, während die weite Verwachsung der Dorsalarme
bei S. oweniana eines der auffallendsten Merkmale darstellt.
V^rany, dessen schönes Werk auch heute noch für jeden Cephalopoden-
Forscher unentbehrlich ist, nimmt nur eine einzige Art an, S. rondeleüi. Die
von ihm als typische Form der Art betrachtete Form ist 5. oweniana. Die
Figuren a und b auf Taf. 22 stellen dies sofort fest. Die von ihm p. 38 als
Varietät aufgeführte, Taf. 22 Fig. c, d abgebildete Form ist dagegen die echte
S. rondeleüi.
Cephalopoden. IV 49
Steenstrup stellt fünf Arten auf, nämlich zu den durch Orbigny festge-
stellten Arten noch zwei andere, die in die Rubrik 11 des oben gebrachten
Schlüssels gehören, S. petersii und 5. scandica. Von diesen soll die erstere
dem Mittelmeer, die andere dem Nordmeer angehören; beide unterscheiden
sich von S. oweniana dadurch, daß die Näpfe aller Arme nur in zwei Reihen
angeordnet sind. Auch Carus schließt sich dieser Auffassung an. Mir liegen
eine größere Anzahl Stücke der Rubrik II aus dem Mittelmeer, zwei Stücke
von Gibraltar, viele von Plymouth und eines von Norwegen vor; und ich fühle
mich außerstande, eine Unterscheidung zu machen zwischen Arten bezw.
Varietäten, bei denen an den Spitzen der Ventralarme die Näpfe in zwei oder
mehr Reihen angeordnet sind. Es scheint mir, daß schlecht konservierte Stücke
stets nur zwei Reihen zeigen, besser konservierte drei oder vier, und daß die
Anordnung in mehr Reihen bei den Weibchen leichter zustande kommt, als
bei den Männchen. Ich halte demnach die Arten S. petersii und 5. scandica
für Synonyme von 5. oweniana.
Jatta unterscheidet zwei Arten, 5. rondeleüi und 5. aurantiaca nov. spec.
Beide gehören zu 5. oweniana (s. auch Boll. Soc. Napoli 17 p. 204 f.).
J 0 u b i n führt die echte 5. rondeleüi nicht auf, beschreibt dagegen S.
oweniana unter drei Namen (oweniana, scandica, rondeleüi).
Mir stehen die Bilder der ältesten Autoren nicht zur Verfügung; ich
glaube auch nicht, daß dieselben endgültig zu deuten sind. Deshalb nehme
ich Orbigny als denjenigen Autor an, der zuerst Ordnung in die Gattung
Sepiola gebracht hat und behalte seine Artbezeichnungen als maßgebend bei.
1. Sepiola oweniana Orbigny 1839. (Fig. 48—52.)
1839. Ferussac und Orbigny p. 229, Sepioles Taf. 3 Fig. 1—5.
1887. Steenstrup 11.
1889 — 1893. Carus p. 452.
1902. Joubin (3) p. 89, Fig. 5.
1887. Sepioja scandica Steenstrup (11) p. 65.
1889. — — Posselt (1) p. 141.
1889. — — Giard.
1890. — — Norman p. 472.
1891. — — Lönnberg (1) p. 11.
1902. — — Joubin p. 85, Fig. 2.
1906. — — Fischer u. Joubin p. 329.
1851. Sepiola rondeletii Verany Taf. 22 Fig. a, b.
1896. — — Jatta pt. p. 124.
1902. — — Joubin p. 85 Fig. 2.
1906. — — Fischer u. Joubin p. 328.
1896. Sepiola aurantiaca Jatta p. 130.
Nord. Plankton. IV 4
IV 50
G. Pfeffer.
Die Gestalt ist beträchtlich gestreckter als bei den beiden andern Arten;
die Breite des Mantelsackes zwischen den Flossen beträgt etwas mehr als die
halbe Länge desselben. — Die Fahne einer Schulpe, die ich präpariert habe,
ist in Form und Festigkeit schlecht ausgeprägt, ganz schmal lanzettlich, ihre
Breite beträgt etwa V.to der Schulpenlänge.
Die Grundfarbe ist ein helles Grau, das meist ausgesprochen ins Rötliche
spielt. Die Chromatophoren des Rückens sind meist klein, mit nur wenigen
großen darunter, violett oder weinrot; die Besetzung mit Chromatophoren ist
sparsamer, als bei den andern Arten, nur nach dem Hinterende des Leibes zu
Fig. 48
Fig. 49
Fig. 52
Fig.
48.
Fig.
49.
Fig.
50
Fig.
51.
Sepiola oweniana Orbigny.
Fig. 52. —
Fig. 51
9- Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Ein cf mit kleineren und weiter nach hinten
gestellten Flossen. Nat. Größe. Original-
Zeichnung.
Tentakelkeule, '/i nat. Größe. Original-Zeichnung.
cf . Auseinandergelegte Armkrone. '/« nat. Größe.
Original-Zeichnung.
Gladius, Vi nat. Größe. Original-Zeichnung.
Cephalopoden. IV 51
stehen sie dichter. Auf der Bauchseite finden sich entweder kleinere oder
größere Chromatophoren, eben so zerstreut wie bei 5. atlanüca. Die Chromato-
phoren der Arme sind i<lein oder von mittlerer Größe.
Die Männchen unterscheiden sich von den Weibchen durch eigenartige
Ausbildung der Arme, ebenso wie durch die Vergrößerung einiger Saugnäpfe;
doch erreichen die Näpfe niemals eine so absonderliche Größe, wie bei den
andern beiden Arten. Am 4. Armpaar finden sich vier bis fünf Paare ver-
größerter Näpfe. Das 3. Paar trägt nur ganz kleine Näpfe; die Arme sind
stark verdickt, in ihrem proximalen Teile nach dem Munde zu stark eingebogen,
in ihrem distalen Teile nach vorn gewandt. Das 2. Armpaar zeigt auf der
Außenreihe etwa fünf vergrößerte Näpfe, nicht jedoch auf der Innenreihe. Der
rechte Arm des 1. Paares trägt eine Anzahl von Paaren etwas vergrößerter
Saugnäpfe. Der linke Arm des 1. Paares ist außerordentlich bezeichnend für
die Art durch seine große Verbreiterung und das dadurch hervorgebrachte starke
Auseinanderweichen der beiden Reihen von Saugnäpfen. Über dem subbasalen
Querwulst finden sich zwei bis drei vergrößerte Näpfe auf der Innenreihe, dann
einige kleinere und dann eine Anzahl wieder etwas vergrößerte; der gefaltete
Längswulst an der Seitenfläche (d. h. an der der Medianlinie des Tieres zu-
gekehrten Fläche) des Armes ist deutlich ausgeprägt, dagegen scheint die bei
den übrigen Arten übliche Verlängerung der Polster der Näpfe nach dem distalen
Drittel des Armes zu wenig oder garnicht ausgebildet. — Es finden sich nicht
selten männliche Stücke mit unvollkommen ausgebildetem Dimorphismus.
Ein recht bemerkenswerter Unterschied findet sich zwischen den ganz
großen und mittelgroßen Stücken dieser Art vor; und dieser hat es ganz gewiß
mit verschuldet, daß die Artbestimmung bisher so unsicher war, bezw. daß
eine große Menge von Stücken, darunter sämtliche mittelgroßen Stücke von
5. oweniana, nicht genau bestimmt werden konnten. Den sicheren Weg führt
hier einzig und allein die Untersuchung der männlichen Stücke, denen sich
dann die Weibchen durch Habitus-Vergleichung der zugleich gefangenen Stücke
wie durch die übrigen Merkmale anschließen lassen. Besagte mittelgroße
Stücke halten nämlich in der Bildung der Saugnäpfe auf der Tentakelkeule
grade die Mitte zwischen 5. oweniana und 5. rondeletii, sowohl in der Anzahl
der Reihen wie in der Größe der Saugnäpfe. Während die großen Stücke
von S. oweniana sehr viele, weit über zwanzig Reihen von Saugnäpfen auf-
weisen und diese selber ganz minimal erscheinen, während andererseits S. ron-
deletii nur sechs bis sieben Reihen ziemlich großer Saugnäpfe besitzt: so
finden wir bei den mittelgroßen 5. oweniana die Näpfe in etwa dreizehn Reihen
angeordnet, und die Näpfe selber halten in der Größe etwa die Mitte zwischen
den alten Stücken von 5. oweniana und 5. rondeletii; und zwar sind die Näpfe
bezw. Hornringe derselben bei den mittleren Stücken von S. oweniana nicht
.nur relativ, sondern auch absolut größer als bei den ganz ausgewachsenen.
Jatta hat unter dem Name 5. rondeletii die beiden Arten S. rondeletii
und S. oweniana völlig zusammengeworfen; die meisten seiner Abbildungen
IV 4*
IV 52 G. Pfeffer.
beziehen sich indes auf 5. oweniana; so gibt das Bild Taf. 14 Fig. 28 eine
gute Darstellung des 1. und 2. linken Armes eines Männchens, ebenso Fig. 26
der ausgebreiteten Corona. — S. aurantica Jatta gehört zu S. oweniana, wie
die Bilder auf Taf. 14 klar zeigen.
Auch Joubin hat den Tatbestand nicht erkannt; seine 5. rondeletii ist
eine 5. oweniana.
Mir liegen eine große Anzahl von Stücken vor aus den verschiedensten
Teilen des Mittelmeeres, von Plymouth und von Kvernaesfjord (Christiania)
80—100 Faden.
Verbreitung: Mittelmeer (Orbigny, Verany, Carus, Steenstrup); Atl. Ozean an
der afrikanischen Küste bis zum französischen Sudan reichend, 106 — 512 m.
(Fischer u. Joubin); Irland (Nichols); Westküste Schottlands (Norman); Faröer
(Steenstrup); Roskoff (Giard); Dänemark und Schweden bis Kattegat. Süd- und
West-Norwegen (Posselt).
2. Sepiola rondeletii Orbigny 1839. (Fig. 53—57.)
1839. F^russac u. Orbigny p. 230. Sepioles Taf. 1 Fig. 1 - 6, Taf. 2, Taf. 3
Fig. 6—9.
1851. Verany Taf. 22 Fig. c, d.
1889—1893. Carus p. 452.
Bei der bisher herrschenden großen Unsicherheit in der Bestimmung der
Arten des Genus Sepiola dürfte es nicht ausgeschlossen sein, daß auch diese
Art des Mittelmeeres sich in den west- und nordeuropäischen Meeren findet,
wie es ja auch bereits mehrfach behauptet ist. Zu den oben bereits p. 48
im Schlüssel aufgeführten Merkmalen sei noch folgendes nachgetragen:
Die Gestalt des Mantelsackes ist eigentlich immer kurz beuteiförmig, mit
sehr stumpfem Hinterende; die Breite zwischen den Flossen beträgt meist drei
Viertel der Mantellänge. — Die Fahne des Gladius ist schmal lanzettlich und
nimmt etwa die Hälfte der ganzen Gladiuslänge ein; ihre Breite ist etwa Vij
der Länge. Die Form der Fahne ist im allgemeinen deutlich ausgedrückt. —
Die Grundfarbe der Spiritus-Stücke ist eine helle graue Fleischfarbe, meist
etwas ins Violette spielend. Auf dem Rücken stehen viele violette, meist mehr
ins Blaue spielende Chromatophoren, kleinere und größere gemischt, meist (mit
Ausnahme der Flossen) so dicht stehend, daß die Rückenfläche des Mantel-
sackes eine dunkel grauviolette Gesamtfärbung erhält. Auf der Bauchseite sind
die Chromatophoren meist gut isoliert, nicht so groß und nicht so weit stehend,
wie bei S. atlantica. Die Ventralfläche des Kopfes und der Arme ist mit
ziemlich kleinen Chromatophoren bestanden, die ebenfalls längst nicht so groß
sind, wie bei S. atlantica.
Der Dimorphismus der Geschlechter drückt sich in den folgenden Merk-
malen des Männchens aus: Am 4. Armpaare finden sich vier bis sechs Paare
stark vergrößerter kugelförmiger Näpfe. Das 3. Armpaar besitzt lauter kleine
Näpfe und ist nicht eingebogen. Das 2. Armpaar zeigt, wie das 4., vier bis
Cephalopoden.
IV 53
Fig. 54
Fig. 55
Fig. 53
Fig. 56
Fig. 53. Sepiolarondeletii Orbigny. 9- Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 57
Fig. 54.
Fig. 55.
Fig. 56.
Fig. 57.
Arm-Ende. ''/, nat. Größe. Original-Zeichnung.
Tentakelkeule. 2/, nat. Größe. „ „
cT. Auseinandergelegte Armkrone. 7i nat. Größe.
Original-Zeichnung.
Gladius. "Vi nat. Größe. Original-Zeichnung.
sechs Paare stark vergrößerter Näpfe. Am 1. rechten Arme finden sich etwa
vier schwach vergrößerte Näpfe auf der Innnenreihe; die entsprechenden der
Außenreihe sind dagegen klein. Der 1. linke Arm zeigt oberhalb des subbasalen
Wulstes zwei bis drei große Näpfe auf der Innenreihe; (die entsprechenden
der Außenreihe sind ganz schwach vergrößert;) die Polster dieser Näpfe sind
als ein faltiger Wulst auf der Innenseite des Armes entwickelt. Die distale
Hälfte des Armes ist hektokotylisiert, indem die Polster der Näpfe der Innen-
reihe sich verlängern und ziemlich eng an einander schließen, wodurch ein
kammförmiges- Aussehen der ganzen Reihenbildung hervorgebracht wird. —
Hervorzuheben ist noch, daß die vergrößerten Näpfe dieser Art größer sind
als bei S. atlantia und sehr viel größer als bei S. oweniana.
Die Mantellänge des größten mir vorliegenden Stückes ist 22 mm.
Als Autor der Art wird gewöhnlich Le ach angegeben; doch führt Le ach,
Zoolog. Mise. III p. 140 (1817) nur den Namen auf. Die ersten, die die Art
sicher bekennzeichnet haben, sind Ferussac und Orbigny.
Mittelmeer, vielleicht bezw. wahrscheinlich auch nordisch.
IV 54
G. Pfeffer.
3. Sepiola atlantica Orbigny 1839. (Fig. 58—62.)
1839. F^russac u. Orbigny p. 235, Sepioles Taf. 4 Fig.
1848—1853. Forbes u. Hanley p. 217, Taf. MMM Fig.
1887. Steenstrup (11).
1889. Giard.
1889. Posselt (1) p. 141.
1890. Norman p. 473.
1896. Lönnberg (1) p. 12.
1902. Joubin p. 91 Fig. 6, 7.
1—12.
Fig. 58
Fig. 59
Fig. 60
Fig. 61
Fig. 62
Fig. 58. Sepiola atlantica Orbigny. cf. Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 59. —
Fig. 60. —
Fig. 61. —
Fig. 62. -
— (f. Ventrai-Ansicfit. Nat. Größe. Original-
Zeichnung.
— Arm-Ende. */i nat. Größe. Original-Zeichnung.
— cf. Auseinandergelegte Armkrone. Nat. Größe.
Original-Zeichnung.
— Giadius. */i nat. Größe. Original-Zeichnung.
Cephalopoden. IV 55
Zu den bereits oben p. 48 gegebenen wichtigen systematischen Merk-
malen sei noch folgendes hinzugetragen: Die Form ist selten beuteiförmig mit
breitem, stumpfen Ende; meist ist sie kurz zylindrisch oder konisch, mit etwas
spitz zugerundetem Hinterende. Die Breite des Mantels zwischen den Flossen
ist im allgemeinen gleich vier Siebenteln der Mantellänge, höchstens gleich
zwei Dritteln. — Die Saugnäpfe am Grunde der Keule stehen in etwa sechs
Reihen; nach der Spitze der Keule zu werden sie bedeutend kleiner, ebenso
am Grunde der Keule nach der ventralen Seite zu. — Der Gladius ist kräftiger
und typischer ausgebildet als bei den andern beiden Arten; die breit lanzett-
liche Fahne erreicht etwa ^7 der Schulpenlänge; seine Breite ist etwa gleich V4
der Fahnenlänge und Vio der Gesamtlänge des Schulpes.
Die Grundfarbe der Spiritus-Stücke ist eine helle graue Fleischfarbe, die
entweder indifferent oder etwas mehr ins rötliche oder violette spielend ausgeprägt
ist. Die Chromatophoren sind dunkel grauviolett, manchmal auch mehr bläulich
oder weinrötlich. Auf dem Rticken sind sie meist klein, bis staubförmig, nach
den Flossen zu und nach hinten größer, manchmal auch auf dem übrigen
Bereich der Rückenfläche. Die Dorsalfläche des Kopfes ist manchmal ziemlich
schwach mit Chromatophoren bestanden, manchmal aber auch völlig von diesen
gefärbt. Auf der Ventralfläche finden sich bald größere, bald kleinere Chro-
matophoren, meist gemischt und meist die großen überwiegend und wohl isoliert.
Die Arme des Männchens sind folgendermaßen umgestaltet. Am 4. Arm-
paare sind vier bis fünf Napfpaare stark vergrößert. Das 3. Paar besitzt nur
kleine Näpfe; jeder Arm ist zunächst nach dem Munde des Tieres zu stark
eingebogen bis zur Berührung mit dem Arm der Gegenseite; von da aus
divergieren die Enden der Arme ventralwärts. Durch diese Bildung wird das
4. Armpaar ganz an die Ventralfläche des Tieres gepreßt, was den Männchen
dieser Art einen ganz eigentümlichen Habitus gibt. Am 2. Armpaar sind vier
bis fünf Näpfe der Außenreihe stark vergrößert; die Innenreihe besitzt etwa
drei, indessen nicht so stark vergrößerte Näpfe. Der rechte Arm des I.Paares
zeigt auf der Innenreihe etwa vier bis fünf vergrößerte Näpfe, während die
der Außenreihe ihre gewöhnliche Bildung aufweisen. Der linke Arm des
1. Paares ist überaus charakteristisch ausgebildet. Oberhalb des subbasalen
Wulstes finden sich auf der Innenreihe zwei bis drei nicht sehr stark vergrößerte
Näpfe; die dazu gehörigen Polster sind zu einem unregelmäßig gefalteten Wulste
auf der Seitenfläche des Armes umgewandelt. Auf der distalen Hälfte der
Innenreihe finden sich etwa drei stark vergrößerte Näpfe mit derselben Um-
bildung der dazu gehörigen Polster, Die Umwandlung der Polster am übrig-
bleibenden distalen Ende des Armes ist nicht bemerkenswert ausgeprägt und
nähert sich mehr der Bildung, wie bei den Weibchen. Durch die Ausbildung
der zwei gefalteten Wülste an der Seitenfläche des Armes zeigt dieser zwei
chiragrische Verdickungen und Verbiegungen.
Das größte vorliegende Stück hat 21 mm Mantellänge. Viele Stücke
von Plymouth und Neapel lagen vor.
IV 56 G. Pfeffer.
Verbreitung: Faröer (Steenstrup), Kanal-Inseln (Norman), Irische See
(Hoyle, Herdman), Plymouth (Biologische Station), Kanal und Pas de Calais
(Giard), Kattegatt, Süd-Schweden, Süd- und West-Norwegen (Steenstrup, Posselt,
Lönnberg). Ferner Mittelmeer; Atlantischer Ozean südlich bis zur Küste von
Marocco (Joubin 2).
Familie Sepiidae.
Die Diagnose s. pag 24.
Gattung Sepia Linne 1766.
Körper länglich, Breite (ohne Flosse) etwa gleich der halben Länge des
Mantelsackes; stets etwas platt gedrückt. Flossen schmal, als ein überall
annähernd gleich breiter Rand fast die ganze Längsseite des Mantels umsäumend,
am Hinterende meist deutlich unterbrochen. Keine Drüsenporen, weder am
Hinterende des Mantels, noch auf seiner Ventralfläche. — Kopf dick, mit dicken
vorspringenden Augen; diese mit Lidfalte. Arme kurz, mit vier oder zwei
Reihen von Saugnäpfen; im ersteren Falle die Mittelreihen etwas größer. Bei
Sepia officinalis und orbignyi ist die Vierreihigkeit sehr deutlich; he\ S. elegans
stehen sie in zwei Reihen, schieben sich aber, besonders auf der proximalen
Hälfte, so zusammen, daß sie sich unregelmäßig in drei bis vier Reihen anordnen.
Keine Schutz- und Schwimmsäume. — Trichter nur an seiner distalen Hälfte
frei, im übrigen völlig mit dem Halse verwachsen; demnach ist keine Spur
der Adduktoren des Trichters zu bemerken. Keine Trichtergrube. Trichter-
knorpel ohrförmig, vorn beträchtlich breiter als hinten, mit tiefer Grube. Der
entsprechende Knorpel auf der Innenfläche des Mantels nicht so lang, wie der
Trichterknorpel, eine zusammengedrückte, ziemlich breite und hohe Erhebung
darstellend. — Die Tentakelkeule hat fünf Reihen von Saugnäpfen; die mittlere
trägt besonders große Näpfe; in dem Schlüssel der Arten sind unter den
,großen Näpfen' solche verstanden, die größer sind, als irgendwelche Näpfe der
beiden die Mittelreihe flankierenden Reihen. — Eine befriedigende Morphologie
und Nomenklatur der Merkmale des Sepia-Schulpes gibt es noch nicht; ich
ziehe es daher vor, die Schulpen der drei nordischen Arten nicht näher zu
beschreiben; sie sind so außerordentlich bezeichnend und zeigen so leicht
wahrnehmbare Unterschiede, daß die beigefügten Original-Abbildungen zur
sicheren Bestimmung der Arten genügen.
Nordische Arten der Gattung Sepia.
I. Farbe im allgemeinen violettschwärzlich oder grauschwärzlich. Der Winkel
des dorsalen Vorsprungs am vorderen Mantelrande beträgt einen rechten
Winkel oder mehr. Die Flosse beginnt fast unmittelbar hinter dem vorderen
Mantelrande, ihr freier Rand überragt denselben nach vorn, ebenso wie das
Hinterende des Mantelrandes nach hinten. Die Näpfe der Arme stehen
Cephalopoden.
IV 57
deutlich in vier Reihen. Die Tentakelkeule ist länglich lanzettlich, fast so
lang wie . die Dorsalarme, die Reihe der großen Näpfe (siehe p. 56) zählt
fünf, bezw. auf dem linken Arm vier. Der Schulp hat hinten einen kleinen
Dorn, der gar nicht oder ganz schwach über das Hinterende des Mantels
hinausragt. Mantelbreite beträchtlich größer als die halbe Mantellänge.
S. officinalis.
Farbe im allgemeinen violettrötlich. Der Winkel des dorsalen Vorsprungs
am vorderen Mantelrande beträgt beträchtlich weniger als einen rechten
Winkel. Die Flosse beginnt beträchtlich hinter dem vorderen Mantelrande;
ihr freier Rand reicht nie bis an diesen heran. Tentakelkeule kurz halb-
eiförmig, etwa halb bis zwei drittel so lang wie die Dorsalarme. Mantel-
breite der halben Mantellänge gleichkommend oder geringer.
A. Die Armnäpfe stehen bei gut konservierten Stücken in vier Reihen. Die
Reihe der großen Näpfe auf den Tentakeln zählt vier bezw. am linken
Arm drei oder vier. Schulp hinten mit langem Dorn, der äußerlich weit
aus dem hinteren Ende des Mantelsackes heraus ragt. Mantelbreite etwa
gleich der halben Mantellänge. 5. orbignyana.
B. Die Armnäpfe stehen bei gut konservierten Stücken in zwei Reihen.
Die Reihe der großen Näpfe auf der Tentakelkeule zählt drei. Der Schulp
hat keinen Dorn, dagegen auf dem hinteren Teile der Dorsalfläche und
am Hinterende eine hochstehende Rippe, die äußerlich nicht wahrnehm-
bar ist. Mantelbreite längst nicht gleich der halben Mantellänge.
5. elegans.
1. Sepia officinalis Linne 1758. (Fig. 63, 64).
1758. Linnaeus, Systema Naturae Ed. X, p. 658.
1835 — 1848. Ferussac u. Orbigny p. 260. Seiches Taf. 1,
Taf. 2, Taf. 3 Fig. 1, 2, 3; Taf. 17 Fig. 1 — 12.
1851. Verany p. 65, Taf. 24, 25.
1890. Norman (1) p. 483.
1896. Jatta p. 149, Taf. 2 Fig. 3, Taf. 3 Fig. 3, Taf. 7
Fig. 18, Taf. 15 Fig. 37—47, Taf. 16 Fig. 1—9.
Die Mantelbreite ist stets größer als die halbe
Mantellänge. Die Farbe des lebenden Tieres ist von
Verany ausführlich beschrieben. Spiritus-Stücke sind im
allgemeinen dunkel violett-schwarzgrau; teils zeigen sie
auf dem Rücken Tuberkel, teils sind sie glatt.
Diese Art wird (nach Ve r a n y) bis 5 Kilogramm schwer;
das hierzu gehörige Längenmaß ist nicht angegeben.
Stücke von über 200 mm Mantellänge sind in den
nordischen Gewässern sicherlich nicht ungewöhnlich.
Fig. 64
IV 58
G. Pfeffer.
Fig. 63
Fig. 63. Sepia officlnalls L. Natürl. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 64. — — Schulp eines anderen Stüci<es von der Ventralseite.
Nat, Größe. Original-Zeichnung.
Cephalopoden.
IV 59
Ob es gut ausgeprägte Varietäten dieser Art gibt, vor allem ob die von
Lafont beschriebenen Arten 5. Fischeri und S. Filliouxii solche darstellen,
vermag ich nach dem mir vorliegenden Material nicht zu entscheiden.
Verbreitung: Mittelmeer (Orbigny, Verany, Carus, Jatta), West-Afrika,
Canaren (Ferussac u. Orbigny); Azoren (Girard), Portugal, Spanien, Frankreich,
Großbritannien, Nordsee (viele Autoren), Kattegatt. (Lönnberg (1) p. 19,
Posselt (1) p. 142.)
2. Sepia orbigny ana Ferussac 1826. (Fig. 65, 66.)
1826. Ferussac (t. Jatta (1) p. 156).
1896. Jatta (2) p. 156, Taf. 4 Fig. 4, Taf. 7 Fig. 17, 21; Taf 16 Fig. 9—16.
1902. Hoyle (9) p. 100.
1839. S. rupellaria Ferussac u. Orbigny p. 274, Taf. 3 Fig. 10—13.
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(I
V.
Fig. 65
Fig. 65. Sepia orbignyana Ferussac.
Fig. 66. — — —
Fig. 66
Nat. Größe Original-Zeichnung.
Schulp eines anderen Stückes von der Ventral-
seite. Nat. Größe. Original-Zeichnung.
IV 60
G. Pfeffer.
1853. S. rupellaria Forbes u. Hanley p. 241, Taf. PPP Fig. 2.
1890. — — Norman (1) p. 484.
1851. S. elegans Blainville. Verany p. 70, Taf. 26 Fig. a, e.
Spiritus-Stücke sind auf dem Rücken violettrötlich gefärbt. Die aus-
führliche Beschreibung der Färbung des lebendes Tieres findet sich bei Verany.
Die gewöhnliche Größe der Stücke ist etwa 70 mm Mantellänge, 90 mm
bis zum Anfang der Arme; das Maximum dieses letzteren Maßes beträgt nach
Verany 150 mm.
Verbreitung: Mittelmeer (Orbigny, Verany, Carus, Jatta), lusitanische Küste
Frankreichs (Fischer), Irland, England (Norman).
3. Sepia elegans Orbigny. (Fig. 67—69.)
1839. Fdrussac u. Orbigny p. 280, Seiches Taf. 8 Fig. 1—5; Taf. 27 Fig. 3— 6.
1890. Norman (1) p. 484.
1896. Jatta (2) p. Taf. 5 Fig. 5; Taf. 7 Fig. 13; Taf. 8 Fig. 7, 8; Taf. 16
Fig. 20—30.
1902. Hoyle (9) p. 200.
1851. S. biserialis Denys de Montfort; Verany p. 73, Taf. 26 Fig. f, k.
Fig. 68
Fig. 69
Fig. 67
Fig. 67. Sepia elegans Orbigny. Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 68. — — — Schulp von der Ventralseite. Nat. Größe. Original-
Zeichnung.
Fig. 69. — — — Hinterende des Schulpes von der Dorsalseite. Nat.
Größe. Original-Zeichnung.
Cephalopoden. IV 61
Die Farbe des lebenden Tieres ist im allgemeinen weißlich lila, durch
die Chromatophoren vveinrot, mit einer neben der Mittellinie des Rückens ge-
lagerten Doppelreihe großer, nicht ganz regelmäßig geformter und gestellter,
fast warziger, unrein gefärbter Flecke. Auf der hellen, im Leben opalisierenden
Bauchseite findet sich nahe dem Mantelrande je eine Reihe linearer opalweißer
oder silbriger Flecke. (Genaue Beschreibung s. Verany.) Erwachsene Stücke
haben etwa 50 mm Mantellänge.
Verbreitung: Mittelmeer (Orbigny, Verany, Carus, Jatta etc.), lusitanischc
Küsten Europas (Fischer etc.), Irland (Nichols), England (Norman^ Hoyle,
Marine Biological Association).
Familie Spirulidae.
Spirula peronii Lamarck 1822. (Fig. 70.)
Diese Art ist hier nur anhänglich aufzuführen; sie
kommt wohl sicher im Gebiet nicht vor; doch werden
die an der Oberfläche treibenden leeren Schalen des pjg 70,
öfteren bis über den 50. Breitengrad hinaus in unser Spirula peronii Lam.
Gebiet geführt. Schale. Nat. Größe.
Original-Zeichnung.
Unterordnung Oegopsida.
Familien der nordischen Oegopsida.
I. Trichter frei, d. h. mit der Innenfläche des Mantels nicht verwachsen, sondern
mit derselben durch je zwei zusammengehörige Knorpelpaare nach Bedarf
artikulierend (Fig. 73).
A. Trichterknorpel einfach, d. h. länglich oder schwach verjüngt, mit annähernd
parallelen Rändern und gerader, schmälerer oder breiterer Längsfurche,
nie eine Querfurche. Ventrale Mantelknorpel je eine schmale oder breite
fadenförmige Längsleiste, nie eine Querleiste (Fig. 73).
1. Gladius federförmig, Loligo-artig, d. h. aus einer vorn freien Rhachis
und einer schlank blattförmigen, mehr oder weniger dachförmigen Fahne
bestehend, die nach hinten allmählich ausläuft, ohne einen hohlen
Endkonus zu bilden.
a. Zwei Reihen Saugorgane auf den Armen, die sich bei den Erwachsenen
zum größeren Teil in Haken verwandeln. Vier Reihen von Saug-
organen auf der Tentakelkeule, die sich bei den Erwachsenen zum
Teil oder ganz in Haken verwandeln; außerdem auf der Keule ein
karpaler Haftapparat, bestehend aus einem Häufchen von Näpfen
und Haftknöpfchen. Enoploteuthidae p. 73.
IV 62 G. Pfeffer.
b. Zwei Reihen Näpfe auf den Armen, mehr als vier Reihen auf der
Tentakelkeule, die sich nie in Haken verwandeln; Haftapparat be-
stehend aus einer Reihe von Näpfen und Knöpfchen, die sich über
den Karpalteil und einen großen Teil des Tentakelstieles erstreckt.
Histioteuthidae p. 75.
2. Gladius federförmig, mit einem tiefen, hohlen Endkonus.
a. Auf den Armen zwei, auf den Tentakeln vier Reihen Näpfe, Haft-
apparat ein karpaler Haufe von Näpfen und Knöpfchen, ferner eine
Reihe, die sich über einen Teil des Tentakelstieles erstreckt (Fig. 89).
Ardiiteuthidae p. 81.
b. Auf den Armen vier regelmäßige Reihen von Saugorganen, deren
Mittelreihen sich an den Dorsal- und Lateralarmen der Erwachsenen
in Haken verwandeln; auf der Keule mehr als vier Reihen, deren
eine sich bei den Erwachsenen in Haken umwandelt; Haftapparat
eine Reihe abwechselnder Näpfe und Knöpfchen, die sich über
den Karpalteil und einen Teil des Tentakelstieles erstreckt (Fig. 82, 83).
Gonatidae p. 68.
3. Gladius breit oder schmaler federförmig, zum Teil mit völlig unterdrückter
Fahne, meist mit starkem Rückenkiel; mit einem meist ganz flach
löffeiförmigen Konus, auf dessen Ende eine den Dorsalkiel des Gladius
fortsetzende solide Endspitze aufgesetzt ist (Fig. 75, 76). Auf den Armen
zwei, auf der Tentakelkeule vier Reihen Saugorgane; die der Arme
verwandeln sich nie, die Mittelreihen derselben ^uf den Tentakel fast
immer (Ausnahme nur die Gattung Lycoteuthis) mit dem Alter in Haken;
die Randreihen bleiben entweder Saugnäpfe oder verwandeln sich in
Haken oder werden unterdrückt. Haftapparat ein karpaler Haufe
von Näpfen und Haftknöpfchen (Fig. 72). Quer- und Längsfalten am
Halse (Fig. 74). Onydioteuthidae p. 63.
4. Gladius Ommatostrephiden-artig, d. h. bis gegen das Hinterende nur
aus der Rhachis bestehend, am Ende ein tütenförmiger, tiefer, hohler
Konus (Fig. 95). Arme mit zwei, Tentakelkeule auf dem proximalen
Teile mit mehr als vier Reihen von Saugnäpfen. Weder Quer- noch
Längsfalten am Halse. Bradiioteuthidae p. 78.
B. Trichterknorpel ziemlich breit dreieckig, mit nach hinten divergierenden
Rändern, mit Längs- und Querfurche, die rechtwinkelig auf einander
stoßend eine J_ förmige Figur bilden; dieselbe Figur bilden dement-
sprechend die Längs- und Querleiste des Mantelknorpels (Fig. 113).
Gladius bis gegen das Hinterende nur aus der Rhachis bestehend, am
Ende ein tütenförmiger, tiefer, hohler Konus (Fig. 107, 108). Arme mit
zwei, Tentakel auf dem Handteil mit vier Reihen von Saugnäpfen (auf
dem Distalteiln bei lllex mit acht Reihen); Haftapparat eine kleine karpale
Reihe abwechselnder Näpfe und Knöpfchen (Fig. 1 1 1, 112, 116). Längs-
Cephalopoden. IV 63
und Querfalten des Halses deutlich ausgeprägt; eine tiefe Trichtergrube.
Die äußeren Adduktoren des Trichters als starke Muskeln entwickelt.
Ommatostrephidae p. 87.
II. Trichter mit der ventralen Wand des Mantels an zwei Stellen verwachsen;
diese Verwachsungsstellen des Mantels, ebenso wie die dritte in der dorsalen
Mittellinie, reichen bis an den Vorderrand des Mantels selber, sodaß im
Rücken Mantel und Nackenhaut kontinuierlich in einander übergehen können.
Trichter ohne äußerlich ausgebildete Adduktoren. Arme mit zwei, Tentakel
mit vier Reihen von Näpfen (ganz selten mit Haken im verwachsenen Zu-
stande); manchmal ein Haftapparat, bestehend aus einer Reihe abwechselnder
Näpfe und Haftknöpfchen auf dem distalen Teile des Tentakelstieles.
Crandiiidae p. 101.
Familie Onychoteuthidae.
Körper fleischig (nur bei der südlicheren Gattung Chaunoteuthis gallertig),
meist stark gefärbt; Kopf und Armapparat kräftig ausgebildet; Leib schlank,
Hinterende spitz ausgezogen, mit mittelgroßen bis großen endständigen Flossen
von quer rhombischer Gestalt. Auge mit tiefem Sinus. Die Quer- und Längs-
falten des Halses wohl ausgebildet, außerdem zuweilen Nackenfalten. Trichter
jederseits mit zwei zu je einer flachen Platte verwachsenen Adduktoren.
Trichtergrube meist deutlich, durch einen Hautsaum umrandet. Arme ohne
innere Heftungen, kantig, mit Schwimm- und Schutzsäumen, letztere manchmal
mit bemerkenswert ausgebildeten Querbrücken; Saugnäpfe in zwei Reihen, oft
mit einem seitlichen Tuberkel, die Ringe meist glatt. Tentakel (mit Ausnahme
von Chaunoteuthis) im Alter stets vorhanden. Die jungen Tiere tragen auf der
Keule vier Längsreihen von Saugnäpfen, von denen sich auf dem Handteile
die beiden mittleren fast stets in Haken umwandeln, während die der Rand-
reihen entweder das gleiche tun, oder als Saugnäpfe verbleiben, oder mehr
weniger unterdrückt werden. Am distalen Ende der Keule findet sich stets
eine Anzahl kleiner Näpfe, und auf dem Karpalteile ein meist von einem Haut-
saum eingefaßtes rundliches Haftpolster, welches aus Saugnäpfen und Haft-
knöpfchen besteht (Fig. 72). Die Mundhaut hat gewöhnlich sieben Zipfel mit
sieben Heftungen und sechs Poren. Der Schließknorpel des Trichters ist eine
ganz schlanke Platte, die vorn etwas spitz, hinten etwas stumpf endigt und
ein wenig geschwungen verläuft; die Grube ist ganz schmal, die Ränder breit;
die entsprechende Leiste des Mantels ist ganz dünn, linienförmig, und viel
länger als der Trichterknorpel (Fig. 73). Der Gladius zeigt eine im Querschnitt
dachförmig gestaltete Rhachis mit einem mindestens auf dem hintersten Teil des
Gladius solide werdenden dorsalen Mittelkiel; meistens ist dieser über einen größeren
Teil des Gladius als eine hohe solide Crista ausgebildet; dieser Kiel setzt sich stets
über den Endkonus hinweg als eine solide, meist lange, mehr oder weniger
schräg dem Konus aufsitzende Spitze fort, dies ist das bezeichnendste Merkmal
des Onychoteuthiden-Gladius. Eine Fahne ist bei den meisten Gattungen auä-
IV 64 G. Pfeffer.
gebildet, manchmal umfangreich, manchmal ganz schwach, manchmal fehlt sie
völlig bis auf den löffeiförmigen Endkonus, der nie unterdrückt ist (Fig. 75, 76).
Bei den Gattungen mit wohl ausgebildeter Fahne kann dieser Endkonus mit
dem Hauptteil der Fahne in kontinuierlicher Verbindung stehen oder aber von
dem Hauptteil der Fahne durch eine Strecke getrennt sein, die nur aus der
Rhachis besteht. — Eine Hektokotylisierung ist bei der eigentlichen Hauptmasse
der Familie noch nicht beobachtet. •
Die postembryonale Entwickelung kennzeichnet sich vor allem in dem
Längen- und Breitenwachstum der Flosse und in den bereits oben beschriebenen
Differenzierungen der Saugnäpfe auf der Tentakelkeule.
Nordische Gattungen der Onychoteuthidae.
I. Gladius schlank und schmal, Fahne eigentlich nur im mittleren Drittel der
Länge des Gladius zu einer schlank lanzettlichen Platte ausgebildet, deren
Breite etwa Vn der Gladiuslänge ausmacht; am Ende des Gladius ein kleiner
löffeiförmiger Konus, dem eine schmale, schlank dreieckige, chitinige, schräg
nach hinten und nach dem Rücken zu gewandte Endspitze aufgesetzt ist;
die Länge derselben beträgt noch nicht V20 der Gladiuslänge. In der Dorsal-
linie ist der größte Teil des Gladius zu einem starken Kiel erhoben, der
durch die Haut des Tieres hindurch als dunkler Strich zu sehen ist
Onydioteuthis.
IL Gladius federförmig, die breit lanzettliche Fahne nimmt fast die ganze Länge
desselben ein, ihre Breite etwa gleich Vio der Gladiuslänge. Der Löffel
am Ende des Gladius ist ganz flach und weit offen; ihm ist eine lange,
dicke, im Querschnitt dreieckige, knorpelige Endspitze aufgesetzt, die fast
grade nach hinten weist. Moroteuthis.
Gattung Onychoteuthis Lichtenstein 1818.
Körper fleischig, stark gefärbt. Leib schlank, nach hinten in eine lang
rübenförmige Spitze auslaufend. Flosse groß, meist breiter als lang, quer
rhombisch, mit gerundeten Seitenecken, hinten in eine Spitze ausgezogen.
Nacken jederseits der Mittellinie mit einer Querreihe höchst deutlich ausge-
prägter Nackenfalten. Näpfe der Arme ohne Zähne an den Ringen. Auf dem
Handteile der Tentakelkeule der Erwachsenen stets nur zwei Reihen von Haken,
nämlich eine Dorsalreihe von kleineren und eine Ventralreihe von größeren Haken.
Über den Gladius s. p. 14, 62 und in dem Schlüssel der nordischen Gattungen.
Die postembryonale Entwickelung prägt sich aus in dem Längen- und
Breitenwachstum der Flosse, vor allem aber in der Veränderung der Saugnäpfe
auf der Tentakelkeule. Die ganz jungen Stücke haben vier Reihen von Saug-
näpfen; das nächste Stadium bildet die beiden Mittelreihen in Haken um,
während die Randreihen von Näpfen noch erhalten bleiben; zu diesem Stadium
Cephalopoden. IV 65
gehört die Gattung Teleonydioteuthis Pfeffer 1900, wie ich s. Z. schon als
wahrscheinlich hinstellen konnte, mit aller Sicherheit. Schließlich gehen die
Seitenreihen völlig verloren. Zu erkennen sind die Jugendstadien von Onydio-
teuthis leicht an dem haarscharf zugespitzten Hinterende des Leibes, ein
Merkmal, das sonst nicht wieder vorkommt; ferner an dem durch die Rücken-
haut des Mantels dunkel durchscheinenden Kiel des Gladius. (Fig. 77).
Onychoteuthis banksii (Leach) 1817. (Fig. 71—77.)
1817. Leach, Zool. Mise. III p. 141.
1839. Ferussac u. Orbigny p. 30, Onychoteuthes pl. 1, 3, 3 bis, 4, 5, 7;
9 Fig. 1; 12 Fig. 1—9.
1886. Hoyle (2) p. 39.
1889. Posselt (1) p. 114.
1890. Norman (1) p. 475.
1891. Lönnberg (1) p. 37.
1900. Pfeffer (2) p. 159.
1902. Hoyle (7) p. 197.
Flosse groß, mehr als die hintere Hälfte des Mantelsackes einnehmend,
breiter als lang (abgesehen von äußerst seltenen individuellen Ausnahmen). Das
karpale Haftpolster der Tentakel besteht aus sieben bis zehn Näpfen und
Knöpfchen; der 5. bezw. 6. proximale Haken der Dorsalreihe springt deutlich
gegen die ventrale Reihe der großen Haken zu plötzlich hinein. Die Saugnäpfe
der Arme zum großen Teil mit birnförmigem Auswuchs. Gladius in seinem
mittleren Teile mit deutlicher schmaler Fahne, die mit dem löffeiförmigen Konus
am Hinterende des Konus nicht zusammenhängt; die aufgesetzte Spitze am
Ende des Konus von mäßiger Größe; Medianlinie der Rhachis stark erhoben,
hinten in einen besonders hohen und starken Kiel ansteigend, vorn viel stärker
chitinisiert als die Seitenränder der Rhachis, durch die Haut des Tieres als
scharfe dunkle Linie deutlich hindurch scheinend.
Das junge Tier ist beschrieben worden als Onydioteuthis (Teleoteuthis,
Teleonydioteuthis) Krohnii Ver. 1851, Loligo bianconii Ver. 1851, Teleoteuthis
caroli Joubin 1900).
Verbreitung: Banff, Schottland (Norman), die norwegische Küste bis
Hammerfest (Loven, Lönnberg); Skagerrak, Kattegatt (Lönnberg, Posselt). —
Außerdem Mittelmeer (Lönnberg, Pfeffer). — Sämtliche wärmeren und gemäßig-
ten Ozeane südlich bis zur Magalhaens-Straße. Die Fundorte in unserem
Gebiete sind selten.
Nord. Plankton. IV 5
IV 66
G. Pfeffer.
Fig. 72
Fig. 71
Fig. 74
Fig. 71. Onychoteuthis banlcsii Leach. ^^ nat. Größe. Original-Zeichnung.
— — — Tentaltellteule. 7i nat. Größe. Original-
Zeichnung.
Fig. 72.
Fig. 74.
Ansicht des Kopfes von der Dorsalseite, um
die Nackenfalten zu zeigen. Der Mantel ist
weggenommen, sodaß der median gelagerte
Nackenknorpel zu sehen ist. Nat. Größe.
Original-Zeichnung.
Cephalopoden.
IV 67
Fig. 73
Fig. 76 a
Fig. 77
Fig. 75
Fig. 76 b
Fig. 73.
Fig.
75.
Fig.
76 a.
Fig.
76 b.
Fig.
77.
Onychoteuthis banksii Leach. Ansicht von Kopf, Hals, Trichterknorpel von
der Ventralseite. Der in der ventralen Medianlinie aufgeschnittene und aus-
einander gelegte Mantel zeigt parallel der Schnittfläche die beiden faden-
förmigen Knorpel des Mantels. Nat. Größe. Original-Zeichnung.
— Gladius von der Bauchseite gesehen. Nat. Größe. Original-Zeichnung.
— Hinterende des Gladius, von der Seite gesehen. % nat. Größe. Original-
Zeichnung.
— Hinterende des Gladius, von der Bauchseite gesehen. 7i nat. Größe.
Original-Zeichnung.
— Junges Stück, a von oben, b von unten gesehen. 7i na^- Größe. Original-
Zeichnung.
IV 5*
IV 68 ' G. Pfeffer.
Gattung Moroteuthis Verrill 1881.
Leib schlank, die Flosse nimrnt etwa die Hälfte der Mantellänge ein;
sie ist rhomboidal, etwas länger als breit, oder umgekehrt. Tentakelkeule
Onychoteuthis-artig. Drei Halsfalten sind deutlich ausgeprägt. Die Mundhaut
hat sieben Heftungen, sechs Poren. Der Gladius ist bereits oben (p. 64) beschrieben.
Von dieser Gattung gibt es zwei Arten, eine nordische von Alaska und
eine südliche von der Magalhaens-Straße und Feuerland, die als Onydioteuthis
ingens Smith (1) p. 25, Taf. 3 Fig. 1 beschrieben wurde.
Moroteuthis robusta (Dali Mss.) Verrill 1876. (Fig. 78, 79.)
1876. Moroteuthis robusta Verrill, Am. Journ. Sei. XII p. 236.
1881. — — — (6) p. 195, 246, 395; Taf. 23, 24.
1882. — _ _ (7) p. 65, 209; Taf. 13, 14.
1882. Ancistroteuthis robusta Steenstrup (9) p. 150.
1900. — _ _ Thompson p. 992, Fig. 9.
1900. Moroteuthis robusta Pfeffer (2) p. 161.
Flossen trapezoidisch, von etwas mehr als halber Mantellänge, nach
hinten spitz ausgezogen, beträchtlich länger als breit. Die knorpelige, dem
Endkonus aufgesetzte Spitze ist sehr lang; nach den Messungen von Verrill
ist sie 31/2 mal nach Thompson's 4 mal in der Mantellänge enthalten. Zu
bemerken ist, daß keiner der beiden Autoren angibt, ob die Spitze in der
Ventral- oder Dorsallinie gemessen ist, die Dorsallinie ist um *7ö länger als die
Ventrallinie: wahrscheinlich ist die Dorsallinie gemessen. Aus den Bildern
aber kann man nichts endgültiges urteilen, denn die Figuren Verrills (6) Taf. 23
Fig. 4, 5 stellen nicht die ganze Schulpe, sondern sicherlich nur einen Teil
der Gesamtlänge und Gesamtbreite dar, wenn anders es erlaubt ist, die Be-
funde von M. ingens zum Vergleich zu benutzen.
Die Art wird außerordentlich groß; die Stücke Verrill's maßen nach Dali
46 bis 91,5 Zoll Mantellänge, das Stück Thompson's 62 Zoll.
Verbreitung: Alaska (Verrill; Dali, leg.) Unalaska (Thompson).
Familie Gonatidae.
Fleischig, stark gefärbt. Arme mit vier Reihen von Saugorganen; Tentakel
mit mehr als vier Reihen von Saugorganen; auf den Armen wie auf den
Tentakeln verwandeln sie sich im Alter zum Teil in Haken; ein reihenförmig
ausgebildeter Haftapparat auf Karpalteil und Tentakelstiel. Trichterknorpel und
Knorpelleisten des Mantels einfach. Gladius dem der Onychoteuthiden ähnlich,
doch mit hohlem tiefem Endkonus und ohne jede Spur einer soliden, terminal
aufgesetzten Endspitze.
Cephalopoden.
IV 69
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a b
Fig. 79
Fig. 78
Fig. 78. Moroteuthis robusta Dali.
Fig. 79 a. — — —
Fig. 79 b.
V25 nat. Größe. Nach Verrill.
Hinterende des Gladius, von der Bauchseite ge-
sehen. Vio nat. Größe. Nach Verrill. Es ist zu
bemerken, daß dies Bild in seinem oberen Teile
nur die Rhachis darstellt, ohne die Fahne.
Dasselbe von der Seite gesehen. Vio nat. Größe.
Nach Verrill.
IV 70 G. Pfeffer.
Gattung Gonatus Gray 1849.
Leib spindelförmig, nach hinten allmählich in eine lang rübenförmige
Spitze ausgezogen. Flossen endständig, auf die hintere Körperhälfte beschränkt,
quer rhombisch. Kopf dicker als die Mantelöffnung, dorsal gewölbt, ventral
platt. Augen groß, kräftig nach den Seiten vorspringend; Öffnung groß, mit
tiefem Sinus nahe dem Ventralrande. Der Kopf ist vom Hals durch eine
ringsherum ausgebildete Kante abgesetzt, welche der hinteren Querfalte der
Onychoteuthiden etc. entspricht; die vordere ist nicht eigentlich vorhanden,
sondern zwischen der ersten und zweiten Längsfalte als eine kurze Hautfalte
ausgeprägt. Drei Längsfalten, die erste am Rande der Trichtergrube; der
olfaktorische Tuberkel auf der zweiten Falte kräftiger ausgeprägt als bei den
Onychoteuthiden; die dritte Falte niedrig und ziemlich dünnhäutig. Die Trichter-
grube ist beträchtlich größer als der Trichter, länglich halboval, mit stumpf
gerundetem Vorderrande, ringsumher von einer deutlichen Kante und Hautfalte
eingefaßt. Zwei Paare Adduktoren, wie bei Onydioteiithis. Arme ziemlich
kräftig und etwas kantig, mit mäßig entwickelten Schwimmsäumen und An-
deutungen von Schutzsäumen. An den dorsalen und lateralen Armen zwei
Mittelreihen von Haken und zwei Randreihen von kleinen Saugnäpfen, am
Ventralpaar vier Reihen von Saugnäpfen, die der Randreihen kleiner; bei älteren
Stücken verlieren sich die Randreihen zum Teil. Tentakel lang; der Stiel mit
deutlicher Schwimmkante und einer von zwei Hautfalten eingesäumten inneren
Fläche. Keule deutlich verbreitert, am Distalteil vier Reihen von Saugnäpfen,
auf dem Handteile eine Mittelreihe von Haken, zusammengesetzt aus einem
ziemlich großen distalen Haken, einem darauf folgenden sehr großen Haken
und einigen kleinen proximalen Haken; ferner findet sich auf dem Handteile,
von der Hakenreihe durch je einen freien Längsraum getrennt, ein dorsaler
und ein ventraler, aus mehreren Reihen von Saugnäpfen bestehender Längs-
haufe. Die Saugnäpfe setzen sich auch über die Hälfte des Stieles fort als
je ein dorsaler und ventraler, durch kahlen Mittelraum getrennter Längsstreifen
von je drei Reihen kleiner Saugnäpfe; die mittleren Reihen dieses Teiles
stehen ziemlich locker und etwas unregelmäßig, die beiden Randreihen
dagegen sehr eng und regelmäßig. Außerordentlich charakteristisch ist
der Haftapparat; er erstreckt sich über die ganze Dorsalregion der distalen
Hälfte des Tentakelstieles und auf die proximale Hälfte der Keule; auf der
Keule besteht er aus etwa zehn mittelgroßen Saugnäpfen, deren Polster sich
als breite muskulöse Querstreifen von sehr verschiedener Länge bis zur Dorsal-
kante der Keule hinziehen, zwischen diesen Saugnäpfen steht je ein Haft-
knöpfchen; auf dem Stiel besteht der Haftapparat aus einer ganz dicht stehenden
Randreihe ganz kleiner Saugnäpfe und einer daneben verlaufenden Reihe von
Haftknöpfchen. Buccalhaut stark entwickelt, mit acht Heftungen und sieben
Zipfeln; sechs Poren. Der Trichterknorpel ist ganz schwach gebogen, vorn
spitz zulaufend, hinten breit, mit breit strichförmiger Längsfurche; der ventrale
Mantelknorpel ist eine fadenförmige Leiste und überragt den Trichterknorpel
Cephalopoden.
IV 71
nach hinten um ein Stück. Der Gladius hat eine schmale Rhachis und eine
ziemlich schmale, über mehr als zwei Drittel der Länge entwickelte Fahne mit
kräftiger Rand-Auflagerung; nach hinten neigen sich die Ränder flach und
schräg tütenförmig gegen einander und bilden schließlich einen kleinen, allseits
geschlossenen hohlen Endkonus. Eine terminale, aufgesetzte solide Spitze ist
nicht vorhanden.
Junge Tiere zeigen, wie üblich, statt der Haken auf den Armen und
Tentakeln Saugnäpfe; ferner eine verhältnismäßig kürzere und breitere Flosse
als die älteren Stücke.
Mit Sicherheit gehört nur eine einzige Gattung zu dieser Familie. Wahr-
scheinlich aber wird man sie ein wenig erweitern müssen, damit die Gattung
Dubioteuthis Joubin in ihr Platz findet.
Gonatus fabricii (Lichtenstein) 1818. (Fig. 80—84.)
1818. Onychoteuthis fabricii Lichtenstein, Sepien mit Krallen p. 13.
1842. — — Möller, Ind. Moll. Grönl. p. 3.
1880. Gonatus fabricii Steenstrup (7) p. 9. Taf. 1.
1881. — — Verrill (6) p. 291, Taf. 45 Fig. 1 — Ib, 2— 2d.
1882. — — — (7J p. 289, Taf. 15 Fig. 1 — Ic, 2-2d.
1882. — — Steenstrup (9) p. 143.
1886. — — Hoyle (2) p. 41, 174.
mi
%
Fig. 81
Fig. 82
Fig. 83
IV 72
G. Pfeffer.
1889. Gonatus fabricii Hoyle (4) p. 117ff.
1889.
1891.
1893.
1897.
1898.
1898.
Jatta (1) p. 66.
Lönnberg (1) p. 38.
Appellöf (3) p. 9.
Vanhöffen p. 193.
Lönnberg (3) p. 792. (Die subantarktische Form.)
Posselt (3) p. 279.
Fig. 80.
Fig. 81.
Fig. 82.
Fig. 83.
Fig. 84.
Fig. 80
Gonatus fabricii Lichtenstein
Fig. 84
'/o nat Größe. Nach Steenstrup.
Jünger. ^2 nat. Größe. Nach Sars.
Tentakelkeule des Stückes Fig. 80.
Größe. Zum Teil nach Steenstrup,
Tentakel des Stückes Fig. 81, Vergrößert.
Nach Sars.
Gladius. Nat. Größe. Nach Steenstrup.
V, nat.
Cephalopoden. IV 73
1900. Gonatus fabricii Pfeffer (2) p. 163.
1901. — — Friele u. Grieg p. 124.
1882. Lestoteuthis fabricii Verrill (6) p. 416; Taf. 15 Fig. 1— Ic, 2— 2d,
3-3f, 4; Taf. 45 Fig. 1 — Id.
1886. — — Dali. Proc. U. S. Nat. Mus. IX p. 209.
1849. Onychoteuthis kamtschatica Middendorf, p. 515 Taf. 12 Fig. 1—6.
1881. Lestoteuthis — Verrill (6) p. 251.
1849. Gonatus amoenus Gray, Brit. Mus. Catal. p. 18.
1858. — — Adams, Genera Rec. Moll. p. 36, Taf. 4 Fig. 2.
1878. — — Sars p. 336 Taf. 31.
1881. Cheloteuthis rapax Verrill (6) p. 293, Taf. 49 Fig. 1.
1882. — - — (7) p. 286 Taf. 15 Fig. 3— 3 f., 4.
1899. Gonatus antarcticus Lönnberg (4) Swed. Exp. Magall. p. 51.
Flossen der Erwachsenen -Vt bis Va der Mantellänge, ungefähr so breit
wie lang oder etwas breiter oder länger. Die Hakenreihe auf dem Handteile
der Tentakel besteht aus drei ganz kleinen und zwei sehr großen Haken. Die
Fahne des Gladius ist schlank lanzettlich. Die jüngeren Tiere zeigen ver-
hältnismäßig kürzere und breitere Flossen, solche von etwa 25 mm Mantellänge
noch keine Haken.
Nach dem mir vorliegenden, wenn auch nicht großen, doch ausreichen-
den Material aus arktischen wie subantarktischen Gegenden bin ich nicht im-
stande, die nördliche von der südlichen Form artlich zu trennen; sie bilden
aber wohl unterscheidbare Lokalformen, wie ein reichlicheres Material sämtlicher
Alters-Stadien wahrscheinlich noch sicherer entscheiden wird.
Verbreitung: Die ganze Davis-Straße, Grönland, Ostküste Nordamerikas,
Island, Faröer, Jan Meyen, Norwegen; Tiefen des nordatlantischen Ozeans;
Mittelmeer; Bering I. (Dali), Kamtschatka (Middendorf), Japan (Steenstrup, Mus.
Leyden); Cap der guten Hoffnung (Steenstrup); die südliche Form: Magelhaens-
Straße (Lönnberg, Mus. Hamburg).
Familie Enoploteuthidae.
Körpermuskulatur und Haut meist kräftig ausgebildet, in einem Falle
(Octopodoteuthis) gallertig; meist kräftig, selten schwach gefärbt (so Ociopo-
doteuthis); meist mit Leuchtorganen. Kopf und Armapparat ziemlich kräftig
entwickelt. Flossen meist groß und endständig, in einigen Gattungen vom
Hinterende des Tieres überragt; manchmal bis an den Vorderrand des Mantels
reichend. Mantelrand in der dorsalen Mittellinie stumpfwinkelig ausgezogen,
ventral mit Auskehlung. Augen groß, Öffnung mit schwachem Sinus. Quer-
und Längsfalten des Halses manchmal völlig entwickelt, meist schwer zu
erkennen. Trichtergrube verschieden stark ausgebildet; Adduktoren jederseits
zwei, zu je einer Platte verschmolzen; eine Trichterklappe. Arme meist kantig
mit Saumbildungen; bei Pyroteuthis mit einem beträchlichen, an junge
IV 74 G. Pfeffer.
Histioteuthis erinnernden Segel. In der Jugend mit zwei Reihen von Näpfen,
die im Alter teils verschwinden, teils sich in Haken umwandeln. Die Ten-
takelkeule der Jungen zeigt vier (die der jungen Odopodoteuthis anscheinend
zwei) Reihen von Näpfen; bei den älteren Stadien findet sich auf dem Proximal-
teil ein aus Näpfen und Knöpfchen gebildetes Haftpolster, ähnlich dem der
Onychoteuthiden, auf dem Distalteil vier Reihen von Näpfen; auf dem dazwischen
liegenden Handteil werden die Näpfe teils in Haken umgewandelt, teils ganze
Reihen unterdrückt. Bei Odopodoteuthis gehen die Tentakel im Alter verloren.
Buccalhaut verschieden geartet, in der Regel mit acht Zipfeln und Heftungen
und sechs Poren. Trichterknorpel einfach (selten schlank dreieckig) mit breiter,
ziemlich tiefer Längsgrube; Mantelknorpel länger als der Trichterknorpel, eine
kräftige linienförmige Leiste darstellend, Gladius Loligo-artig.
Die jungen Stücke zeigen an Armen und Tentakeln nur Saugnäpfe, ferner
ganz beträchtlich kürzere und schmälere Flossen als die erwachsenen; höchst
eigenartig erscheint die selbst bei recht jungen Stücken schon vollkommene
und regelrechte Ausbildung von Armen und Tentakeln, die bei den jungen
Stücken anderer Familien meist ein ganz embryonales Gepräge unvollkommener
Ausbildung zeigen.
Gattung Octopodoteuthis Rüppell 1844.
(Veranya Krohn 1847.)
Körper gallertig, ganz schwach gefärbt. Flossen der Erwachsenen sehr
groß. Arme der Erwachsenen mit zwei Reihen von Haken, am Ende nackt,
angeschwollen, mit stark gefärbten Chromatophoren. Tentakel im Alter fehlend,
in der Jugend mit anscheinend zwei Reihen von Saugnäpfen.
Die Anschwellungen an den Enden der Arme sind keine Hektokotylisierung
bezw. besondere Eigenschaft des Männchens. Sie entwickeln sich während
des Wachstums, in dem bei einem Stück von 2,7 mm Mantellänge nur am
lateroventralen Armpaar die Endanschwellung deutlich erkennbar wird; bei
einem Stück von 3,7 mm auch am laterodorsalen, weniger am ventralen; bei
einem Stück von 5,5 mm zeigt sie auch das Dorsalpaar. Eine wirkliche Hekto-
kotylisierung ist demnach bei der Gattung noch nicht gefunden.
Octopodoteuthis sicula Rüppell 1844. (Fig. 85.)
1851. Verania sicula Verany p. 86 Taf. 28.
1896. — - Jatta p. 92, Taf. 7 Fig. 14, Taf. 13 Fig. 1 — 12. (Hier
auch die Literatur von 1851 — 1896.)
1900. Octopodoteuthis sicula Pfeffer (2) p. 164, 166.
1907. — — Massy (1) p. 381.
Körper gallertig, ganz schwach gefärbt. Leuchtorgane, wenigstens in der
üblichen Form, nicht vorhanden. Flossen bei den Erwachsenen sehr groß,
Cephalopoden.
IV 75
über % der Mantellänge einnehmend, quer rhombisch mit gerundeten Ecken,
ihre Breite gleich dem anderthalbfachen der Länge; bis zum hinteren Körper-
ende reichend. Arme der Erwachsenen mit zwei Reihen Haken, am distalen
Ende nackt, angeschwollen, mit stark gefärbten
Chromatophoren. Tentakel im Alter fehlend, in
der Jugend vorhanden, mit zwei Reihen ganz
weniger, großer und kleiner Saugnäpfe. Die
Jungen zeichnen sich ferner dadurch aus, daß
die Flossen viel kleiner sind; bei Stücken von
3V2 mm Mantellänge sind sie noch nicht gleich
V4 der Mantellänge und stehen getrennt, das
Hinterende des Mantelsackes frei lassend; bei
Stücken von 7 mm Mantellänge sind die Flossen
schon gleich der halben Mantellänge, sehr breit,
bis zum hinteren Ende des Mantelsackes reichend
und dort mit einander vereinigt.
Das größte Stück, das mir bisher vor Augen
gekommen ist, ist zugleich das größte der bisher
bekannt gewordenen und mißt 32,5 mm Mantel-
länge bei 36 mm Flossenbreite. Jatta's Stücke
messen 25 mm Mantellänge bei 35 mm Flossen-
breite. Verany gibt 30 — 50 mm an für die Ge-
samtlänge. Ganz aus diesem Rahmen heraus fällt das einzige Stück, das
bisher im nordischen Gebiet beobachtet ist (Miß Massy), und eine Flossen-
breite von 117 mm besitzt. Da die Autorin außerdem sagt, daß die Arme
verstümmelt waren, so möchte ich den Zweifel nicht unterdrücken, daß es sich
in dem vorliegenden Falle vielleicht gar nicht um Octopodoteuthis sicula handelt.
Verbreitung: Mittelmeer; S.-W.-Küsle von Irland, 550—570 Faden (Miß
Massy).
Fig. 85.
Octopodoteuthis sicula
Rüppell.
Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Familie Histioteuthidae.
Körper fleischig-gallertig. Haut dick, weich, rot mit vielen Chromato-
phoren und Augen-artigen Leuchtorganen. Habitus Octopoden-artig, mit kleinem,
kurz kegelförmigem, stumpf endigendem Leib und mächtigem Kopf- und Arm-
Apparat. Flossen klein bezw. von mittlerer Größe, das Hinterende des Leibes
überragend, quer oval mit tief eingekerbtem Hinterrande. (Meist erscheint es,
als ob das Hinterende der Flosse von dem Hinterende des Mantels überragt
wird, es entspricht dies einer Verletzung, d. h. einer Lostrenriung der Flosse
von dem Hinterende des Mantels, die möglicherweise schon am lebenden Tiere
geschehen sein kann; bei jungen und gut erhaltenen Stücken ist der oben
geschilderte Sachverhalt der normale.) Mantelrand in der dorsalen Mittellinie
stumpf dreieckig ausgezogen; die ventrale Auskehlung wegen der Dicke und
IV 76 G Pfeffer.
Weiche der Mantel-Muskulatur und Haut bei den Erwachsenen nicht recht zu
beobachten. Augen ungeheuer groß, mit großer Augenöffnung, der Sinus nur
als schwacher Winkel angedeutet; die Gegend des rechten und des linken
Auges zeigt stets eine eigenartig unsymmetrische Ausbildung, die sich auch
über den ganzen Kopf und die Arme erstrecken kann. Querfurchen des Halses
nur als schwache Spuren angedeutet; von der zweiten Längsfalte nur der
kleine zapfenförmige olfaktorische Tuberkel ausgeprägt. Trichtergrube nicht
ausgebildet. Trichter mit je zwei jederseits zu einer einzigen Platte ziemlich
verwachsenen Adduktoren; eine kleine Trichterkiappe. Arme wenig kantig
mit mäßiger Ausbildung von Schwimm-Säumen. Saugnäpfe in zwei Reihen
auf den Ventralarmen kleiner. Orale Fläche der Arme mit dicker weicher Haut
bekleidet, die am Grunde der dorsalen und lateralen Arme von einem zum
andern reicht und so ein trichterförmiges Segel darstellt, das bei den er-
wachsenen Stücken der Gattung Histioteuthis sich über den größten Teil der
Arme erstreckt. Daß die Schutzsäume in die Bildung dieses Segels mit auf-
genommen sind, erkennt man aus der Lage des Segels sowohl wie aus den
innerhalb der Haut des Segels verlaufenden, für die Schutzsäume be-
zeichnenden, muskulösen Querbrücken. Tentakel lang; der Stiel dreikantig,
die Keule etwas verbreitert, meist mit Saumbildungen; an der Spitze
der Keule mit vier Reihen von Saugnäpfen, auf dem übrigen Teile der Keule
mit mehr als vier Längsreihen, deren eine besonders große Näpfe trägt. Haft-
apparat auf dem Karpalteile und der distalen Stielhälfte ausgeprägt; auf dem
Karpalteile besteht er aus einer dorsalen Randreihe abwechselnder Näpfe und
Knöpfchen, die, auf dem Stiele nach der ventralen Seite hinüberlaufend, sich
dort als ventrale Randreihe von abwechselnd je zwei Näpfchen und Knöpfchen
fortsetzt. Buccalhaut der Erwachsenen mit sechs Zipfeln und Heftungen. Trich-
terknorpel schwach gebogen, mit sehr breiter, nach hinten tiefer werdender
Längsfurche, von ganz schmalen Rändern eingefaßt; die entsprechenden Mantel-
knorpel breit fadenförmig, nach hinten breiter und höher werdend, nicht länger
als der Trichterknorpel. Gladius Loligo-artig.
Gattung Histioteuthis Orbigny 1839.
Die dorsalen und lateralen Arme in der Jugend über den basalen Teil,
im Alter über den größten Teil ihrer Länge durch ein häutiges Segel verbunden.
Die dorsalen und dorsolateralen Arme mit einer, die ventrolateralen mit zwei,
die ventralen mit drei Reihen von Leuchtflecken. Die Ringe an den Armnäpfen
haben auf dem hohen Rande zinnenförmige Einkerbungen; Näpfe auf den Ten-
takeln zeigen außer den Chitinringen keine weiteren, supplementären. Ver-
hornungen. Die Mundhaut der Erwachsenen mit sechs Zipfeln und Heftungen;
die der Jungen mit sieben Zipfeln und Heftungen.
Cephalopoden. IV 77
Histioteuthis bonelliana Ferussac 1835. (Fig. 86.)
1839. Histioteuthis bonelliana Ferussac u. Orbigny p. 327, Cranchies pl. 2.
1851. — — Verany p. 114, Taf. 19.
1900. — — Pfeffer (2) p. 170.
1907. - — Massy (1) p. 381.
1851. Histioteuthis rüppellii Verany p. 117, Taf. 20, 21.
1889. — — Weiß p. 83, Taf. 10, Fig. 8—12.
1893. — — Joubin, Recherches etc.
1879. — collinsii Verrill, Amer. Journ. Sei. XVII p. 241.
1881. — — (6) p. 234, 300, 404; Taf. 22, 26; Taf. 27
Fig. 3—5, Taf. 37 Fig. 5.
1882. — — (7) p. 121, 216; Taf. 23, Taf. 24 Fig. 3—6.
1885. Histiopsis atlantica Hoyle, Diagnoses II p. 201.
1886. — — — (2) p. 180; Taf. 30 Fig. 9—15.
Die Flosse der Erwachsenen ist nicht ganz halb so lang wie der Mantel-
sack, in der Gesamtform biskuit-förmig, d. h. an den beiden vorderen An-
heftungstellen sowohl wie in der Mitte des Hinterrandes tief eingekerbt. Die
Fig. 86. Histioteuthis bonelliana Ferussac. Ve nat. Größe. Original-Zeichnung.
IV 78 G. Pfeffer.
überaus vielen Einzelheiten in der Beschreibung wird die Bearbeitung der
Cephalopoden der Planktonfahrt bringen. Hisüopsis atlantica ist das junge Tier.
Die Farbe der Spiritusstücke ist ein dunkles Purpurrot. Die Art wird
recht groß; das abgebildete Stück zeigt ca. 190 mm Mantellänge und ca. 700mm
Länge vom Hinterende bis zu den Armspilzen.
Verbreitung: Südwestküste Schottlands, 70—795 Fd. (Massy); außerdem im
Mittelmeer, Küste Portugals, Azoren; an der Ostküste Nordamerikas und im
Südatlantischen Ozean.
Familie Brachioteuthidae.
Gestalt schlank, das Hinterende spitz. Flossen endständig, kreisförmig
oder quer rhombisch, mit herzförmigem Grunde. Die Konsistenz des Mantels
ist häutig, oder häutig-fleischig. Leuchtflecke sind nicht vorhanden. Der Kopf
ist schlanker oder kürzer bolzenförmig. Halsfalten schwach ausgeprägt; keine
Trichtergrube; zwei frei liegende Adduktoren. Eine kleine Trichterklappe.
Trichterknorpel einfach, länglich, mit breite/' tiefer Längsgrube und schmalen
Rändern; Mantelknorpel eine lineare Leiste, etwas länger als der Trichterknorpel.
Arme mit zwei Reihen von Saugnäpfen. Tentakel mittellang und schlank, der
Stiel erweitert sich ganz allmählich zur schlanken Keule; diese zerfällt in zwei
ungefähr gleiche Hälften von recht verschiedener Bildung, nämlich eine proxi-
male mit kleinen, und eine distale mit größeren Näpfen. Die distale Hälfte
beginnt proximal mit fünf bis sechs Reihen größerer Näpfe, die nach dem
freien Ende der Keule zu allmählich in vier Reihen übergehen und kleiner
werden; die Anzahl der Reihen bleibt bis zum Keulen-Ende vier. Die proximale
Hälfte trägt außerordentlich viele und ganz minimale, gedrängte, entweder nicht
deutlich in Reihen stehende oder aber mehr weniger deutlich etwa vierzehn
Längsreihen bildende Näpfe, die nach dem Tentakelstiel zu in vier, schließlich
in zwei Längsreihen übergehen. Ein Haftapparat ist nicht vorhanden. Gladius
Ommatostrephiden-artig, zum größten Teil nur aus der Rhachis bestehend,
mit größerem tütenförmigem, weit offenem Konus, dessen ventrale Ränder gegen
das Hinterende zu verwachsen können.
Die Familie hat zwei Gattungen Bradiioteuthis Verrill und Tracheloteuthis
Steenstrup, die sich aber schwerlich aufrecht erhalten lassen; sie unterscheiden
sich nur durch die Struktur der Körperhaut, die bei Tracheloteuthis häutig, bei
Bradiioteuthis häutig-fleischig ist, ferner durch die Färbung, die bei Trachelo-
teuthis ganz schwach, bei Brachioteuthis recht gesättigt ist; schließlich durch
die Flossenform und Flossengröße. Das sind aber sämtlich nur Art-Merkmale;
in allen morphologischen Merkmalen stimmen beide Gattungen völlig überein.
Gattung Tracheloteuthis Steenstrup 1882.
Körper spindelförmig, hinten in eine kleine Spitze ausgezogen. Mantel-
konsistenz häutig; Chromatophoren sehr sparsam auf der dorsalen Kopfseite
Cephalopoden. IV 79
vier große, weinrot gefärbte Embryonal-Flecke. Flossen annähernd kreisförmig
oder trapezisch mit herzförmigem Grunde, endständig, der hinteren Mantelhäifte
angehörig. Kopf ziemlich lang und schlank, schmäler als die Mantelöffnung,
wenig platt, gegenüber dem dünnen Hals bolzenförmig angeschwollen. Augen-
öffnung mit schwachem vorderen Sinus. Ringfalte des Halses im allgemeinen
nicht ausgeprägt, nur in einem Rudiment als Verbindung der Längsfalten vor-
handen. Drei nicht allzu deutlich ausgeprägte Längsfalten gleich hinter dem
Auge, die erste nur knopfförmig ausgebildet. Arme schlank, mit schwachen
Schwimmsäumen; auf der Ventralseite des 2. und 3. Armes Schutzsäume mit
deutlichen Querbrücken. Saugnäpfe kugelig, die Ringe auf der hohen Seite
mit Zähnen. Die Tentakel-Bildung ist bereits unter der Familien-Diagnose
besprochen; ebenso die Knorpel und der Gladius.
Oben wurde bereits gesagt, daß die Gattung Tradieloteuthis eigentlich
nicht generisch von Bradiioteuthis zu trennen sei; ich fühle mich jedoch zu
dieser Zusammenlegung nicht berechtigt, da ich kein meiner Bearbeitung an-
vertrautes Stück von Brachioteuthis vor mir habe und nur auf die Notizen
angewiesen bin, die ich mir gelegentlich der Betrachtung fremder Sammlungen
gemacht habe.
Für den Fall der Zusammenlegung ist der Name Tradieloteuthis einzu-
ziehen und dafür Brachioteuthis zu setzen. Nach den gebräuchlichen Literatur-
angaben stammen beide Namen aus dem Jahre 1881; dies ist jedoch nur zum
Teil richtig. Die Veröffentlichung des Namens ßra^yz/ofeu/Zz/s Verrill hat tat-
sächlich 1881 stattgefunden; die des Steenstrupschen Namens Tradieloteuthis
dagegen 1882, nämlich in den Videnskab. Meddel. Naturh. Forening Kjobenhavn
for 1881, die die Jahreszahl 1882 tragen. Die Notiz Steenstrups (p. 293 f.) bildet
das letzte Blatt des Bandes; das vorhergehende Blatt, eine Notiz Lütkens
darstellend, ist unterschrieben mit dem Datum 26. April 1882. Somit hat die
Veröffentlichung des Namens Tradieloteuthis nach dem 26. April 1882
stattgefunden.
Tracheloteuthis riisel Steenstrup 1882. (Fig. 93—95.)
1882. T. riisei Steenstrup (9) p. 294.
1886. — — Hoyle (2) p. 164, Taf. 28, Fig. 6—12.
1889. — — Weiß p. 85, Taf. 10 Fig. 1—4.
1897. - - Fowler p. 525.
1896. — — Lönnberg (2) p. 603.
1898. — — Steenstrup (13) p. 111 ff., TafeL
1900. — — Pfeffer (2) p. 175.
1905. — — Hoyle (10) p. 93; Taf. 14 Fig. 1—5.
1882. T. behnii Steenstrup (9) p. 294.
1898. — - — (13) p. 111 ff.
1884. Entomopsis velaini Rochebrune p. 21.
1884. — clouei — p. 21.
IV 80
G. Pfeffer.
1884. Verrllliola gracilis Pfeffer (1) p. 22, Fig. 28.
1884. — nympha — p. 23, Fig. 29.
Die Variationsweite der Art hinsichtlich der Größe und Form der Flosse
ist ziemlich groß; außerdem variiert die Form und Größe der Flosse nach dem
Alter; jedenfalls aber überschreitet sie nie die halbe Länge des Mantelsackes.
Über die ferneren Merkmale siehe Gattungsdiagnose.
Das größte bisher bekannt gewordene Stück zeigt 33 mm Mantellänge.
Fig. 93
Fig. 94
Fig. 95
Fig. 93. Tracheloteuthis riisei Steenstrup. Vi nat. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 94. — — — Ein andres Stück, von der Bauchseite
gesehen. *;, nat. Größe. Original-
Zeichnung.
Fig. 95. — — — Gladius, von der Bauchseite gesehen.
2/j nat. Größe. Original^Zeichnung.
Cephalopoden. IV 81
Vorkommen im nordischen Gebiet: 52^ N. 44*^ W. (Lönnberg); 60^ 2' N.,
50 49' W., 0—100 Fd., 60^ 29' N., 8*> 19' W. Oberfläche (Fowler); Westküste
Irlands, 175 Faden (Hoyle). — Außerdem sämtliche wärmeren Meere ein-
schließlich des Mittelmeeres.
Familie Architeuthidae.
Schließknorpel des Trichters einfach länglich, der vordere Mantelknorpel
eine einfache linienförmige Längsleiste. Auf den Armen zwei, auf den Tentakeln
vier Reihen von Näpfen; Haftapparat des Tentakels ein karpaler Haufe von
Näpfen und Knöpfchen, und eine Reihe, die sich über einen Teil des Tentakel-
stieles erstreckt. Gladius Loligo-artig mit kleinem Endkonus.
Gattung Architeuthis Steenstrup 1856.
(Mouchezis V^lain, Megateuthis Hilgendorf 1880.)
Körper spindelförmig, hinten schlank ausgezogen, kräftig gefärbt. Körper-
muskulatur schlaff. Flossen endständig, kurz, dem hinteren Viertel des
Mantels angehörig. Augenöffnung mit vorderem Sinus. Arme verhältnismäßig
lang, ohne Verbindungshaut; Schwimmsäume deutlich entwickelt; Saugnäpfe
ziemlich eng gestellt, ihre Ringe gezähnelt. Tentakel sehr lang, Keule wenig
verbreitert. Auf dem mittleren Teile der Keule vier Reihen großer Saugnäpfe
mit gezähnelten Ringen, die der beiden Mittelreihen die größten, distal
an Größe abnehmend. Auf dem Karpalteil ein umfangreicher Haftapparat,
bestehend aus einem Haufen von Haftknöpfchen und glattringigen Saugnäpfen 5
dieser Haftapparat setzt sich auch über einen großen Teil des Tentakelstieles
fort als eine größere Menge locker stehender, teils quer teils längs gestellter
Paare, bestehend aus je einem Haftknöpfchen und einem Saugnapf. Trichter-
grube vorhanden.
Eine Artunterscheidung dieser riesigsten aller Cephalopoden kann kaum
vorgenommen werden; die bisher beschriebenen Stücke waren meist an den
Strand geworfen und befanden sich in einem so schlaffen Zustande, daß die über
Armlänge, Flossenlänge und Flossenbreite gemachten Beobachtungen nicht zu
einer Artunterscheidung verwandt werden dürfen; die geringen Unterschiede in
der Bezahnung der Saugnäpfe an den Armen sind außerdem vielleicht auf
Geschlechts-Dimorphismus zurückzuführen. Eine Anzahl guter Stücke befinden
sich in verschiedenen Museen; aber es ist darüber bisher nichts genügendes
veröffentlicht worden. — Nördlich vom 50. Breitegrad sind bis jetzt gefunden
A. dux Steenstrup und A. monadius Steenstrup, A. harveyi Verrill und
A. princeps Verrill.
Nord. Plankton. IV 6
IV 82
G. Pfeffer.
Fig. 91
Fig. 87. Architeuthus princeps Verrill. Vs« nat. Größe. Nach Verrill.
Fig. 88. — Hinterende des Körpers, von der Bauchseite gesehen, mit der linken Flosse.
Diese ist unnatürlich verzerrt dargestellt, insofern die Spitze nicht nach der
Seite, sondern nach vorn gerichtet sein müßte, '/e nat. Größe. Nach Verrill.
Cephalopoden.
IV 83
■ l '
Fig 89.
Fig. 92
Fig. 89. Architeuthus harveyi Verrill. Tentakel eines jungen Stückes.
Nat. Größe. Nach Verill.
Fig. 90. „ dux Steenstrup. Gladius. Verkleinert. Nach
Steenstrup.
Fig. 91. — Hinterende des Gladius. Nat. Größe. Nach Steenstrup.
Fig. 92. — Ein Ring eines Arm-Saugnapfes. Nat. Größe. Nach Steens-
trup.
Fig. 90
IV 6*
IV 84 G. Pfeffer.
Architeuthus harveyl Verrill 1879. (Fig. 87—92.)
1881. A. harveyi Verrill (6) p. 197—200, 220, 221—222, 259—267, 359—398,
422—424, 429; Taf. 13—16, 16a, 26, 28.
1882. — — Verrill (7) p. 233—250, 432; Taf. 1-6. (Hier die aus-
führliche Literatur vor 1881.)
1881. A. princeps Verrill (6) p. 210—220, 429; Taf. 17—20.
1882. — — — (7) p. 251—260, 429; Taf. 7—11.
1891. — — Girard, J. Sei. Lisbon (2) II p. 214.
1857. A. monachus Steenstrup (4) p. 182 (nomen tantum).
1860. — — Harting p. 11, Taf. 1.
1881. — — Verrill (6) p. 238—240.
1882. — — — (7) p. 24, 51—62.
1889. — — Posselt (1) p. 144.
1890. — — Norman p. 478.
1891. — — Lönnberg (1) p. 35.
1900. — — Nichols p. 495.
1902. — — Hoyle (7) p. 197.
1857. A. dux Steenstrup (4) p. 182 (nomen tantum).
1875. — — Gervais, Journ. de Zool. IV p. 90.
1875. — — More, Ann. Nat. Hist. (4) XVI, p. 123, 124.
1875. — — — Zoologist (2) X. p. 4569—4571.
1881. — — Verrill (6) p. 238—240.
1882. — — — (7) p. 24, 51, 200. Taf. 12 Fig. 2, 3.
1898. — Steenstrup (14) p. 409 ff. Taf. III, IV.
1881. A. hartingi Verrill (6) p. 243.
1882. — - — (7) p. 53, 200, 222; Taf. 12, Fig. 1 — Ic. (Es ist
dies die oben unter A. monachus Harting 1860 auf-
geführte Form.)
1881. Plectoteuthis grandis Owen (3) p. 156 ff.; Taf. 34, 35. (Diese Art
ist auf einen einzelnen Arm gegründet, der
schon früher von Kent (Proc. Zool. Soc. 1874
p. 178 ff.) beschrieben ist.)
1881. — - Verrill (6) p. 400.
1882. — ._ _ (7) p. 57-59, 200, 222.
1882. — — Steenstrup (9) p. 164.
Leib dick spindelförmig; die größte Breite des Mantelsackes beträgt etwa
ein Drittel der Länge desselben und liegt etwas vor der Mitte; nach hinten
spitzt er sich, besonders stark im Bereiche der Flosse, rübenförmig zu. Die
dick fleischige Flosse ist kurz, ihre Anheftungslinie am Mantel etwa gleich
einem Fünftel der Länge desselben. "Die Gestalt der Flosse, wie sie Verrill
(unsere Fig. 88) abbildet, ist sicherlich nicht richtig gedeutet, wie der Vergleich
mit Fig. 87 ergibt. Man ersieht, daß der herzförmige Lappen, der den Flossen-
grund bei den meisten Cephalopoden auszeichnet (siehe z. B. Fig. 96, 100,
Cephalopoden. IV 85
104. 109), hier ganz außerordentlich mächtig entwickelt ist, daß er also in
natürlicher Lage nicht schräg vom Leibe abgestanden hat (wie Fig. 88 das zeigt),
sondern daß er, grade nach vorn gerichtet, der seitlichen Dorsalfläche des
Mantels dicht angelegen haben dürfte. Dann ist die in der Figur 88 als antero-
lateraler Rand der Flosse erscheinende Strecke tatsächlich der der Medianlinie
des Rückens zugekehrte Rand des überaus tief eingekerbten Lappens am
Flossengrunde, die scheinbare Seitenecke der Flosse ist die vordere Ecke des
Lappens am Grunde der Flosse, und schließlich der scheinbare postero-laterale
Rand der Flosse tatsächlich der gesamte Seitenrand der Flosse. Somit würde
die Flosse nicht die sonderbare, für Cephalopoden ganz fremdartige pfeilförmige
Gestalt besitzen, sondern sich als ein ziemlich schmales, hinten spitz ausge-
zogenes Oval darstellen.
Kopf breit und ziemlich kurz. Augenöffnung mit seichtem Sinus. Hals
mit drei Längsfalten. Trichtergrube seicht, glatt. Adduktoren des Trichters
mäßig entwickelt. Buccalhaut mit 7 Zipfeln und 7 Heftungen, von denen sich
die dorsale alsbald in zwei teilt. Schließknorpel des Trichters lang eiförmig;
die entsprechenden ventralen Mantelknorpel kurz, aus einer einfachen, kurzen,
schwach erhabenen Längsleiste bestehend.
Arme lang, mindestens so lang wie der Mantel, oftmals aber viel länger;
große relative Längen-Unterschiede scheinen nicht zu bestehen. Bei einigen
sind sie schlank, bei andern (vielleicht 9) sind sie am Grunde sehr dick. Die
Saugnapf-tragende Fläche ist an den drei oberen Armpaaren schmal, am ven-
tralen breit. Schmale Schutzsäume stets vorhanden. Schwimmsäume ebenfalls,
besonders am dritten Paare entwickelt. Chitinringe der Näpfe an den drei
oberen Armpaaren schief, auf der hohen Seite stets gezähnelt, meist auch auf
der niederen. Die Schiefheit der Ringe und die Ungleichheit in der Ausbildung
der Zähne des hohen und niederen Randes steigert sich nach der Spitze des
Armes zu immer mehr. Die Näpfe der Ventralarme stehen transversal weiter,
longitudinal einander näher als auf den übrigen Armen; die Näpfe selber sind
nur halb so groß als die entsprechenden der anderen Arme; ihre Ringe sind
sämtlich sehr schräg, die in Fig. 92 dargestellte (den basalen Teilen der drei
oberen Armen zugehörende) wenig schräge Form kommt an den Ventralarmen
überhaupt nicht vor.
Tentakel überaus ausdehnungsfähig, jedenfalls aber sehr lang (2V2- bis
4-fache Mantellänge), dünn, die Keule wenig verbreitert. Schutzsäume auf
beiden Seiten der Keule, auf ihrem Rücken ein Schwimmsaum. Die Keule
läßt die übliche Dreiteilung in Karpal-Teil, Hand-Teil und Distal-Teil unter-
scheiden. Auf dem größeren Teile des Tentakelstieles sind zerstreute Pärchen
von kleinen glattringigen Näpfen und entsprechenden Haftknöpfchen ausgebildet.
Gegen den Karpalteil der Keule zu rücken sie immer näher aneineinander und
drängen sich in immer mehr Längs- und Querreihen an einander, sodaß sie
allmählich die freie Oberfläche der Keule immer mehr ausfüllen; der Karpal-
teil würde demnach einen zahlreichen Haufen von glattringigen Näpfen und
IV 86 G. Pfeffer.
die gleiche Anzalil von Haftknöpfchen tragen, anscheinend die Näpfchen und
die Knöpfchen in unregelmäßig abwechselnden Querreihen. — Der Übergang
vom Karpus zur Hand wird gebildet durch zwölf bis zwanzig gestielte Näpfe
von etwa doppelter Größe der Karpal-Näpfe, mit gezähnelten Ringen.
Der eigentliche Hand-Teil zeigt zwei Medianreihen großer Näpfe und zwei
Marginalreihen noch nicht halb so großer. Die dem unteren Rand der Keule
genäherte Reihe der großen Näpfe zeigt 14, die andere 12 Näpfe. Diese Näpfe
sind weniger schief als die der Arme, die größten von ihnen nur um ein weniges
größer als die größten Näpfe der Arme. Ihre Ringe sind auf dem gesamten
Rande annähernd gleich gezähnelt. Die Näpfe der Marginalreihen sind schiefer,
die Zähne der Ringe verhältnismäßig länger und gekrümmter, besonders auf
dem hohen Rande.
Der seitlich zusammengedrückte Distalteil der Keule zeigt vier Längsreihen
(und etwa dreißig Querreihen) kleiner Näpfe, die nach dem Tentakel-Ende zu
an Größe abnehmen; die beiden der unteren Kante des Tentakels genäherten
Längsreihen haben deutlich größere Näpfe, als die der beiden anderen Reihen.
Die Ringe ähneln denen der Randreihen des Hand-Teiles. — Am äußersten
Ende der Keule steht eine kleine Terminal-Gruppe von ganz kleinen Näpfen
mit fast oder gänzlich glatten Ringen.
Die wenigen und unvollkommenen Beschreibungen des Gladius lassen
noch nicht die Einzelheiten dieses Gebildes klar erkennen, noch gestatten sie
eine vereinheitlichte Darstellung. Eine schlanke, Loligo-artige Feder mit hohlem
Endkonus ist aus der Abbildung Steenstrups (siehe unsere Figuren 90 und 91)
klar erkennbar.
Die Kiefer sind von Verrill und Steenstrup gut abgebildet, von ersterem
auch die Platten der Radula und der Gaumenhaut.
Die obige Beschreibung ist entworfen nach den Angaben von Verrill
über A. harveyi und A. princeps. Verrill gibt eine Anzahl Unterschiede an
zwischen beiden Arten; aber die genaue Vergleichung der Einzelbeschreibungen
läßt sie fast alle verschwinden. Es bleibt eigentlich nur die breiter dreieckige
Entwickelung zahlreicherer Zähnchen an den Ringen der Arm-Saugnäpfe bei
A. princeps und der stärkere und tiefere Einschnitt zwischen dem Hakenteil
und der Kaukante des Unterkiefers bei derselben Art als Unterschied übrig.
Ob es sich hier aber um Artmerkmale oder auch nur Merkmale von Varietäten
oder schließlich um Geschlechts-Unterschiede handelt, das alles müssen weitere
Untersuchungen lehren.
Die europäischen Arten gehen unter den Namen A. dux und A. monadius
Steenstrup; aber weder Steenstrup noch irgend jemand der nachfolgenden
Schriftsteller hat Beschreibungen veröffentlicht, die zur wissenschaftlichen Kenn-
zeichnung dieser Arten irgendwie genügen. Die Beschreibung More's (Ann.
Nat. Hist (4) XVI, 1875, p. 123 f.) von einem Tentakel zeigt aber, daß die
europäische Form artlich kaum von der amerikanischen zu trennen ist. Die
Cephalopoden. IV 87
bei den Azoren nicht seltene Form hat Girard als A. princeps Verrill be-
zeichnet. So dürfte man nach dem bisherigen Stande unserer Kenntnisse am
besten eine einzige nördliche Art von Arcfiiteuthus, nämlich A. harveyi, annehmen
und die einzelnen sogenannten Arten als Individual-Ausprägungen bezw. leichte
Lokalformen betrachten.
Die nordischen Architeuthen sind sehr groß und erreichen eine Mantel-
länge von mehr als zwei Metern.
Verbreitung: Island, Faröer, Kattegat, Jütländische Westküste (Steenstrup,
Posselt), Malmö (Lönnberg), Irland (More), Atl. Ozean (Steenstrup), Azoren
(Girard); Ostküste der Vereinigten Staaten bis Labrador (Verrill). - - Ferner
New Foundland (Verrill).
Familie Ommatostrephidae.
Körpermuskulatur und Haut kräftig ausgebildet, meist stark gefärbt und meist
ohne Leuchtorgane. Kopf und Armapparat meist bedeutend entwickelt. Leib
schlank, mit mittelgroßer endständiger Flosse von quer rhombischer Form.
Mantelrand mit einem flachen ventralen Ausschnitt für den Trichter und einer
mäßigen Ausziehung der dorsalen Mittellinie. Augen mittelgroß, mit großer
Öffnung und kräftigem Sinus. Quer- und Längsfalten des Halses vollständig;
sie erhalten in dieser Familie die kräftigste Ausbildung unter allen Oegopsiden.
Trichtergrube halbelliptisch, sehr tief und scharf eingesenkt; der vordere Ab-
schnitt meist durch eine halbmondförmige Falte als Foveola abgegrenzt und
mit Längsfalten versehen (Fig. 105). Jederseits zwei Paare von Adduktoren, die
äußeren mächtig entwickelt. (Es ist dies ein außerordentlich bezeichnendes Familien-
Merkmal, das außerdem nur noch den im Norden fehlenden Thysanoteuthiden und
in gewisser Hinsicht den Sepioliden [p. 24] zukommt). Der Trichter ist völlig
in die Trichtergrube eingesenkt und füllt sie fast ganz aus; eine Trichterklappe.
Arme kantig, mit Schwimmsäumen und Schutzsäumen; die letzteren sind von
Querbrücken durchzogen und entwickeln sich zum Teil zu außerordentlichem
Umfange; zwei Reihen von Saugnäpfen. Tentakel auf der Keule mit vier
Reihen von Saugnäpfen; die der beiden Mittelreihen größer; bei Illex auf dem
distalen Teile mit acht Reihen. Auf dem Karpalteil ziehen sich die einzelnen,
den vier Längsreihen entsprechenden Vierer-Gruppen von Näpfen etwas unregel-
mäßig auseinander; die proximale Gruppe besteht auf dem einen der beiden
Arme (meistens dem linken) nur aus drei Näpfen. Bei den meisten Gattungen
findet sich ein Haftapparat ausgebildet, indem eine geringe Anzahl von Näpfen
der dorsalen Randreihe (zum größten Teile dem Karpus, zum Teil auch der
Hand angehörig) sich verkleinert, wobei die Ringe auch meist die Zähne ver-
lieren; mit diesen Näpfen wechseln Haftknöpfchen ab. Buccalhaut mit sieben
IV 88 G. Pfeffer.
Zipfeln und sieben Heftungen, meist mit vier Poren, bei Illex mit sechs.
Trichterknorpel ziemlich breit dreieckig, mit _L förmiger Grube, d. h. mit einer
breiten, nach hinten eingeschnürten Längsgrube und einer rechtwinklig dazu
stehenden, schmalen Quergnibe; der entsprechende Knorpel des Mantels gleich-
falls _J_ förmig, mit einer breiten, hinten plötzlich fadenförmig eingeschnürten
Längsleiste und einer fadenförmigen Querleiste (Fig. 113). (Die Gattung Sym-
plectoteuthis, die hiervon eine Ausnahme macht, gehört nur den pazifischen
Meeren an.) Der Gladius besteht fast in seiner ganzen Längenausdehnung
nur aus der platten, mit drei verdickten Längsstreifen versehenen Rhachis; am
hinteren Teile findet sich ein flach tütenförmiger Konus mit sehr großer schräger
Öffnung, dessen Ränder sich allmählich zusammen neigen und gegen das Ende
des Gladius zu verwachsen, um hier einen kleinen hohlen Endkonus zu bilden.
Eine Hektokotylisierung findet sich bei allen Gattungen, doch ist sie nur
bei wenig Individuen ausgebildet. Sie besteht darin, daß an einem der Baucharme
die Saugnäpfe mehr weniger verschwinden und die Basaipolster derselben sich
stark papillenartig vergrößern, ferner darin, daß die Schutzsäume an dem be-
treffenden Teile des Armes sich oft kräftiger und dicker entwickeln. Bei
Todaropsis ist auch der andere Baucharm teilweise hektokotylisiert. Bei Illex
findet sich ein Geschlechts-Dimorphismus ausgeprägt durch starke Vergrößerung
der Saugnäpfe an den Armen der Männchen.
Die Veränderungen innerhalb der postembryonalen Entwickelung äußern
sich vorwiegend in dem Wachstum der Flosse. Die ganz jungen Stücke dieser
Familie sind an dem eigenartigen Trichterknorpel mitsamt der starken Aus-
bildung des äußeren Trichtermuskels leicht zu erkennen; die Zuordnung zu
den einzelnen Gattungen macht aber große Schwierigkeiten, da die unter-
scheidenden Merkmale bei ganz jungen Stücken so gut wie gar nicht festzu-
stellen sind. — Ganz junge Stadien dieser Famile sind als Rhynclioteuthis
Chun (besser Rhynchoteuthion, da Rhynchoteuthis Orbigny 1848 schon ver-
geben ist) beschrieben worden. (Chun (1) p. 716.) Mir liegt ein Stück von
Messina vor (8,5 mm Mantellänge), das den Übergang von Rhynchoteution in
die gewöhnliche Form der jungen Ommatostrephiden vermittelt. Zu der von
Chun angegebenen Literatur ist noch nachzutragen: Jatta (3) p. 28, Fig. 26 — 29;
Issel p. 217; Taf. 9, Fig. 13, 14.
Gattungen der nordischen Ommatostrephiden.
\. Trichtergrube ohne Foveola, ohne Halbmondfalte und ohne Längsfalten;
Tentakelkeule ohne Haftapparat.
A. Tentakelkeule an der Spitze mit acht Reihen von Saugnäpfen; Ringe der
großen Saugnäpfe der Keule glatt oder mit stumpfen zinnenförmigen Zähnen.
Buccalhaut vor dem 2. Arm mit Porus. Körper sehr schlank. Illex.
B. Tentakelkeule an der Spitze mit vier Reihen von Saugnäpfen, Ringe der
großen Saugnäpfe der Keule mit vielen kleinen dreieckigen Zähnen.
Cephalopoden. IV 89
Buccalhaut vor dem 2. Armpaar ohne Porus. Körper gedrungen.
Todaropsis.
II. Trichtergrube mit Foveola, Halbmondfalte und Längsfalten. Die Ringe an
den großen Saugnäpfen der Tentakel mit spitzigen, kräftigen Zähnen. Ten-
takelkeule mit mehr weniger vollkommenem bezw. deutlichem Haftapparat.
Buccalhaut vor dem 2. Arme ohne Porus.
A. Ringe der großen Saugnäpfe an den Tentakeln mit gleich großen Zähnen
oder einem einzigen größeren Zahn; der Saugnäpfe tragende Teil nimmt
mehr als die Hälfte der Keulenlänge ein; der Haftapparat der Tentakel-
keule ist unvollkommen und besteht aus einer der Dorsalkante der
Keule angehörigen kleinen Reihe von mäßig deutlich ausgebildeten Haft-
knöpfchen und damit abwechselnden Saugnäpfen, die sich durch Kleinheit
und schwächere Bezahnung der Ringe von den übrigen Ringen der dorsalen
Randreihe abheben. Schutzsäume am 2. und 3. Armpaar als schmale
Hautsäume entwickelt. Ommatostrephes.
B. Ringe der Saugnäpfe an den Tentakeln mit vier im Kreuz stehenden
größeren und stärkeren Zähnen; Tentakelkeule kürzer als die halbe Ten-
takellänge. Haftapparat besteht aus einer kleinen der Dorsalkante der
Keule angehörigen Reihe von deutlich ausgebildeten Haftknöpfchen und
damit abwechselnden kleinen Saugnäpfen mit glattem Rande der Ringe.
Die Schutzsäume, besonders die ventralen des 2. und 3. Armpaares,
mächtig entwickelt, mit deutlich ausgeprägten Querbrücken. Stenoteuthis.
Gattung lUex Steenstrup 1880.
Trichtergrube ohne Foveola, ohne Halbmondfalte und Längsfalten. Ten-
takelkeule auf dem Handteile mit vier Längsreihen von Näpfen; die der beiden
Mittelreihen viel größer als die Randreihen; Ringe der großen Näpfe glatt oder
mit stumpfen zinnenförmigen Zähnen. Auf dem distalen Teile der Tentakelkeule
viele kleine Saugnäpfe, die meist in acht Reihen angeordnet sind. Buccalhaut
vor dem 2. Armpaare mit Porus aquiferus. Bei den Männchen sind die Näpfe
auf den Lateralarmen stark vergrößert.
Illex illecebrosus (Lesueur) 1821. (Fig. 96—99.)
1821. Loligo illecebrosa Lesueur, Journ. Ac. Philadelphia II p. 95.
1839. Ommastrephes sagittatus Ferussac u. Orbigny p. 345; Calmars
pl. 4, 5, 7; Ommastrephes pl. 1, Fig. 1—10.
1851. Loligo sagittata 9 Verany p. 106, Taf. 32.
1851. Loligo coindetii Verany p. 110, Taf. 36 Fig. a, b, c.
1851. — pillae — p. 112, Taf. 36 Fig. d, f, g.
IV 90
G. Pfeffer.
1853. Ommastrephes sagittatus Forbes u. Hanley IV p. 231.
1862. — — Jeffreys V p. 139.
1880. — — Steenstrup (6) p. 82, 90 etc.
1880. — coindetii — (6) 1. c.
1881. — illecebrosus Verrill (6)p. 268,
Taf. 23; Taf. 29 Fig. 5, 5a; Taf. 37
Fig. 8; Taf. 39.
_ _ (7) p. 83, 202; Taf. 18—20.
coindetii Girard (1) p. 260,
1882.
1890.
1890.
1890.
1890.
1891.
1892.
1896.
1900.
1902.
Fig. 3g; (2) p. 38.
illecebrosa Girard p. 261,
Fig. 3 h.
— Norman 476.
— Carus p. 447.
— Lönnberg (1) p. 34.
— Posselt (2) p. 339; Fig. p. 346,
348; Taf. 8 Fig. 9, 10.
— Jatta (2) p. 71, Taf. 2 Fig. 1;
Taf.ll Fig.8— 19;Taf.l2Fig.l-3.
- Pfeffer (2) p. 179.
— Hoyle (7) p. 199.
Gestalt sehr schlank, die größte Breite
etwa 4V2 bis 6 mal in der Länge des Mantel-
sackes enthalten. Flosse kurz, von etwas
mehr als Vs der Mantellänge, ziemlich regel-
mäßig rhombisch mit gerundeten Seitenecken,
die Breite gleich dem anderthalbfachen der
Länge. Die Mittelreihen der Tentakelhand
zeigen sieben besonders große Näpfe; die
kleinen Näpfe auf dem Distalteile der Ten-
takelkeule stehen zuerst in 4 Längsreihen, die
sofort auf 5, 6, 7 bis 8 anwachsen und bei
der Achtzahl als Regel verbleiben. Der Karpal-
teil zeigt 3 Vierergruppen.
Verbreitung: Brighton und Kanal (Jeffreys);
Firth of Forth und Eastbourne (Norman). Im
übrigen ist die Art verbreitet an den Küsten von
West- und Südwest-Frankreich und Portugal;
ferner im Mittelmeer. — örtlich weit von dem
europäischen Gebiet getrennt, tritt die Art
wieder an der Ostküste Nordamerikas auf;
ob diese Form sich von der europäischen durch
unterscheidet, ist noch nicht sicher festgestellt.
Fig. 96
morphologische Merkmale
Cephalopoden.
IV 91
Fig. 97
.®j
«e:^
e
Fig. 99
Fig.
Fig. 96.
Fig. 97.
Fig. 98.
Fig. 99. —
Illex illecebrosus Les. ^s n^t. Größe. Original-Zeichnung.
— — — Ventralansiclit von Kopf, Hals und Trichter. Nat.
Größe. Original-Zeichnung.
— — — Tentakelkeule. % nat. Größe. Original-Zeichnung.
' a. Chitinring eines großen Saugnapfes der Tentakel-
keule, von der Seite gesehen. Nach Orbigny.
b, c. Chitinring eines Napfes vom Grunde der
Tentakelkeule, von oben und von der Seite ge-
sehen. Nach Orbigny.
d, e. Chitinring eines Napfes vom distalen Teile
der Tentakelkeule, von oben und von der Seite
gesehen. Nach Orbigny.
- l
IV 92
G. Pfeffer.
Gattung Todaropsis Girard 1889.
Trichtergrube ohne Foveola, ohne Halbmondfalte und Längsfalten. Die
Tentakelkeule zerfällt, wie bei Illex, in drei wohl zu unterscheidende Teile,
nämlich den mittleren Handteil mit etwa 8 Vierergruppen, den Karpalteil mit
einer einzigen etwas auseinander gezogenen Vierergruppe und dem Distalteil
mit vielen zu Vierergruppen angeordneten kleinen Näpfen. Die Buccalhaut vor
dem 2. Armpaare ohne Porus aquiferus.
Todaropsis eblanae (Ball) 1841. (Fig. 100-103.)
1841. Loligo eblanae Ball, Proc. Irish. Acad. I p. 363 Fig. 1—7.
1880. Ommastrephes eblanae Steenstrup (6) p. 97 (27).
1890. — — Norman p. 476.
1892. Illex — Hoyle (5) p. 189 Fig. 1, 2.
1900. Todaropsis — Nichols p. 495.
1900. — — Pfeffer (2) p. 179.
1902. — — Hoyle (7) p. 197.
1903. — — — (8). (Hier die Gesamtliteratur sehr
ausführlich.)
1904. — — Plymouth p. 294.
1889. — veranyi Girard (1) p. 204, p. 261 Taf.
1890. — — — (2) p. 43 Fig.
1891. — — Posselt (2) p. 357 (59).
1896. — — Jatta (2) p. 76; Taf. 2 Fig. 7; Taf. 12 Fig. 4— 19.
Gestalt kurz, die größte Breite noch nicht 3'/;; mal in der Länge des
Mantelsackes enthalten. Flossenlänge die halbe Mantellänge nicht ganz erreichend,
quer rhombisch mit gerundeten Ecken, die Breite
mehr als 1 '/2 der Länge. Die großen Ringe
auf den Näpfen der Tentakelkeule mit etwa 40
kleinen dreieckigen Zähnchen. — Ein Geschlechts-
Dimorphismus in der Bildung der Saugnäpfe an
den Lateralarmen ist nicht zu beobachten.
Verbreitung: Irland (die einzelnen Fundorte
s. Hoyle [8]); Plymouth (Hoyle, Plymouth); Nord-
see (Hoyle; Mus. Helgoland). Außerdem Spanien,
Portugal (Girard); Mittelmeer (Verany, Jatta). Fig. 103
Gattung Ommatostrephes Orbigny 1835.
Trichtergrube mit Foveola, Halbmondfalte und Längsfalten. Buccalhaut
vor dem 2. Armpaar ohne Porus aquiferus. Der Saugnäpfe tragende Teil des
Cephalopoden.
IV 93
Fig. 101
@
Fig.
Fig.
100.
101.
Todaropsis eblanaeBall.
Fig. 102.
Fig. 103.
Fig. 102
Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Ventralansicht von Kopf, Hals und Trichter. Nat.
Größe. Original-Zeichnung.
Tentakelkeule. % nat. Größe. Original-Zeichnung,
a, b. Chitinring der großen Tentakelnäpfe, von
oben und von der Seite gesehen. Nach Jatta.
c. Chitinring von einem Armnapf. Nach Jatta.
IV 94 G. Pfeffer.
Tentakels beträgt 55 bis 75 "/ü der Gesamtlänge und setzt sich nicht als Keule
von dem Stiel ab. Die Näpfe stehen durchgehends in vier Reihen; die beiden
Mittelreihen des schwach verbreiterten Handteiles der Keule tragen große Näpfe,
der Distalteil kleine Näpfe; der Karpalteil hat eine große Länge und trägt eine
größere Anzahl von Vierergruppen, als bei den anderen Gattungen (etwa fünf).
Die Zähne der großen Saugnäpfe auf den Tentakeln mit gleich großen Zähnen
oder einem einzigen größeren Zahn. Der Haftapparat besteht aus wenigen
dem Dorsal-Rande des proximalen Handteiles der Keule angehörigen Haft-
knöpfchen und einer entsprechenden Zahl besonders kleiner, jedoch mit Zähnen
auf den Ringen bewaffneter Saugnäpfchen. Schutzsäume des 2. und 3. Arm-
paares nur als schmale Hautsäume entwickelt. — Die grammatisch richtige
Form lautet Ommatostrephes und nicht Ommastrephes. Alle griechischen
Adjektive, die mit Omma zusammengesetzt sind, beginnen mit ommato — ;
hiermit ist also Hoyle's Rechtfertigung der anderen Schreibweise (7 p. 197) zu
verwerfen.
Ommatostrephes sagittatus Lamarck 1799. (Fig. 104—108.)
1880. Todarodes sagittatus Steenstrup (6) p. 105 ff.
1884. Ommatostrephes — Pfeffer (1) p. 28.
1886. — — Hoyle (2) p. 34, 168.
1889. — — Girard (1) p. 264.
1889. Todarodes — Posselt (1) p. 144.
1890. Ommatostrephes — — (2) p. 214.
1890. Todarodes — Posselt (2) p. 301 ff; Taf. 8, 9.
1890. — — Carus p. 447.
1890. Ommatostrephes — Norman p. 477.
1891. Todarodes — Lönnberg (1) p. 33.
1894. — — Joubin.
1896. — — Jatta (2) p. 81 Taf. 1; Taf. 10 Fig. 17—23;
Taf. 11 Fig. 1—7.
1900. — — Nichols p. 495.
1900. Ommatostrephes — Pfeffer (2) p. 179.
1902. — — Hoyle (7) p. 197.
1839. — todarus Ferussac u. Orbigny p. 349; Calmars Taf. 1;
Ommastr. Taf. 2 Fig. 4—10.
1851. Loligo — Verany p. 101 Taf. 33.
1853. Ommatostrephes — Forbes u. Hanley IV p. 233. Taf. RRR,
Fig. 2
1862. — — Jeffreys V p. 128.
1878. Ommatostrephes todarus Sars p. 334.
1885. — — Herzenstein p. 713.
1896. — — Grieg p. 23.
Cephalopoden.
IV 05
Fig. 104
Fig. 107
IV 96
G. Pfeffer.
Fig. 105
Fig. 106
Fig. 108
Fig. 104. Ommatostrepbes sagittatus Lam. '/s nat. Größe. Original-Zeichnung.
Fig. 105.
Fig. 106.
Fig. 107.
Fig. 108.
Ventralansicht von Kopf, Hals und Trichter.
Nat. Größe. Original-Zeichnung.
Teil der Tentakelkeule mit dem Haftapparat,
bestehend aus drei am linken Rande der Keule
sitzenden Haftknöpfchen und damit abwech-
selnden Ringen. Die ersteren sind in der
Zeichnung zu stark hervorgehoben. Nat. Größe.
Original-Zeichnung.
Gladius, vom Rücken gesehen. Nat. Größe.
Original-Zeichnung.
Hinteres Stück desselben, von der Seite ge-
sehen. Original-Zeichnung.
Schlank, die größte Breite etwa 'A der Manteliänge. Flosse der Er-
wachsenen die Hälfte der Mantellänge einnehmend, blattförmig bezw. rhomboidal
mit kräftig ausgezogener Endspitze; die Breite der Flosse überragt die Länge
um ein viertel oder weniger. Der Näpfchen tragende Teil des Tentakels beträgt
mehr als 75% der Gesamtlänge. Der mittlere Zahn auf der hohen Seite der
Näpfchen-Ringe an den Armen ist deutlich größer als seine Nachbarn. —
Die Art wird ziemlich groß.
Verbreitung: Irland (Nichols), England (Jeffreys), Schottland (Jeffreys), Shet-
land (Norman), Faröer, Island (Posselt); Norwegen, Finmarken (Sars), Murman-
Küste, Weißes Meer (Knipowitsch); Skagerrak, Kattegatt, Jütische Westküste
Cephalopoden. IV 97
fast bis zum Kleinen Belt (Lönnberg, Posselt). Außerdem an der atlantischen
Küste von Frankreich und Portugal; Mittelmeer; Madeira, Azoren (Girard).
Gattung Stenoteuthis Verrill 1880.
Trichtergrube mit Foveola, Halbmondfalte und Längsfalten. Der Handteil
der Tentakelkeule ist kürzer als die halbe Tentakellänge; auf dem Handteile
etwa 11 Vierergruppen, auf dem Karpalteile zwei; die Ringe der großen Saug-
näpfe zeigen sehr deutlich vier im Kreuz stehende größere und stärkere Zähne.
Der Haftapparat besteht aus einer kleinen Reihe (meist drei Stück) am Dorsal-
rand stehender Haftknöpfchen und ebenso vieler sehr kleiner Näpfchen ohne
Zähne an den Ringen. Die Schutzsäume, besonders die ventralen des 2. und
3. Armpaares sind außerordentlich stark entwickelt und übertreffen an Breite
die Armdicke um das mehrfache; sie sind durch muskulöse Querbrücken ge-
stützt, die nur wenig über den freien Rand des Saumes hervorspringen.
Die nordischen Arten der Gattung Stenoteuthis.
I. Haftapparat der Keule ziemlich weit vom proximalen Ende derselben ent-
fernt, sodaß proximalwärts von dem am meisten proximal gestellten Haft-
knöpfchen stets mehr als eine Vierergruppe von Saugnäpfen folgt. Das
2. Armpaar der älteren Stücke zeigt am Grunde des Armes keine außer-
gewöhnlich große Saugnäpfe; am 4. Paare sind die Näpfe in der Mitte des
Armes größer, als nach dem Ende des Armes. Der 2. und 3. Arm scheinen
stets die längsten zu sein. Farbe der Spiritus-Stücke vorwiegend violettblau.
5. bartramii.
II. Haftapparat der Keule ziemlich nahe am proximalen Ende derselben ge-
legen, zuweilen mit demselben zugleich proximal abschließend, sodaß
proximalwärts von dem am meisten proximal gestellten Haftknöpfchen
niemals eine vollständige Vierergruppe, sondern 0 — 3 Saugnäpfe folgen.
Das 2. Armpaar der älteren Stücke zeigt, besonders am Grunde des Armes,
ganz außergewöhnlich großen Saugnäpfe; am 4. Paare sind gegen Ende des
Armes die Näpfe bedeutend viel größer, als in der Mitte und am Grunde
des Armes. Der 4. Arm scheint stets der längste zu sein. Farbe der gut
erhaltenen Spiritus-Stücke vorwiegend schön rot. S. pteropus.
Stenoteuthis bartramii Lesueur 1821. (Fig. 109—115.)
1838. Ferussac u. Orbigny p. 347. Calmars Taf. 2, Ommastrephes Taf. 2,
Fig. 11, 12.
1881. Verrill (6 p.) 289.
1880. Steenstrup (7) p. 1 ff.
1882. Verrill (7) p. 322 (112).
Nord. Plankton. IV 7
IV 98
G. Pfeffer.
Fig. 114
Cephalopodes.
IV 99
a Fig. 113
Fig. 109.
Fig. 110.
Fig. 111.
Fig. 112.
Fig. 113.
Fig. 114.
Fig. 115.
Fig. 115
Stenoleuthis bartramii Les. '/< nat. Größe. Original-Zeichnung.
— — Kopf, Hals und Trichter, von der Bauchseite gesehen.
Nat. Größe. Original-Zeichnung.
— — Tentakelkeule eines gut konservierten Stückes.
7i nat. Größe. Original-Zeichnung. Der Haftapparat
befindet sich vor dem unteren Ende der Keule auf
der rechten Seite.
— — Unteres Ende der Tentakelkeule eines schlecht kon-
servierten Stückes. Vergrößert. Der Haftapparat
befindet sich auf der linken Seite des Bildes. Original-
Zeichnung.
— — a) der Trichterknorpel, b) der entsprechende Mantel-
knorpel, ^/i nat. Größe. Original-Zeichnung.
a, b. Chitinring eines großen Tentakelnapfes, von
der Seite und von oben gesehen. Nach Orbigny.
c, d. Chitinring eines Arm-Napfes, von der Seite
und von oben gesehen. Nach Orbigny.
— caroli Furtado. Vio na*- Größe. Nach Girard.
IV 7*
IV 100
G. Pfeffer.
1896. Jatta p. 64; Taf. 10, Fig. 1 — 16.
1900. Pfeffer (2) p. 180.
1887. Ommatostrephes caroli Furtado, 2 Tafeln.
1890. — — Girard (1) p. 205, 265.
1891. — — Lönnberg (1) p. 30, Taf.
Die Art ist sehr schlank, die größte Breite des Mantelsackes ist gegen
fünf mal in der Länge desselben enthalten. Die Flosse der Stücke gewöhn-
licher Größe ist gleich zwei Fünfteln der Länge des Mantelsackes, quer rhom-
bisch mit wenig abgerundeten Seitenecken, breit, die Breite fast gleich 1 ^/^
der Länge.
Es ist nach den bisher gelieferten Beschreibungen kein morphologisches
Merkmal vorhanden, woran man die bisher nur nach sehr großen Stücken be-
schriebene Art 5. caroli Furtado (Fig. 115) von 5. bartramii unterscheiden
könnte; der in den Abbildungen von Furtado und Lönnberg ungeheuer
ausgedehnte und winkelig vorgezogene Schutzsaum des 3. Armes dürfte be-
sonders in letzterem Punkte schwerlich das natürliche Verhalten wiedergeben.
— S. bartramii wird sehr groß. Er ist der häufigste Cephalopode in den
wärmeren Meeren, scheint aber nördlich vom 50. Breitengrad überaus selten zu
sein. Steenstrup erhielt ihn aus dem Magen von tiefer lebenden Fischen von
Island, Spitzbergen und der Davisstraße (6 p. 37). Für S. caroli wird angegeben
(außer Portugal) Faröer (Lönnberg). S. bartramii ist auch im Mittelmeer recht selten.
Stenoteuthis pteropus Steenstrup 1856. (Fig. 116.)
1880. Steenstrup (6).
1881. Verrill (6) p. 228 Taf. 27, Fig. 7, 7a;
Taf. 36 Fig. 5—9.
1882. — (7) p. 317 (107), 412 (202);
Taf. 7 Fig. 2; Taf. 17 Fig. 3—9.
1885. Steenstrup (10) p. 109 ff.
1891. Lönnberg (1) p. 32.
1892. Goodrich p. 314; Holzschnitte.
1898. Steenstrup (14) p. 25; Taf. 1 Fig. 5, 6;
Taf. 2 Fig. 1 -8.
1900. Pfeffer (2) p. 180.
1902. Hoyle (2) p. 197.
1905. Nichols (2) p. 54, Holzschnitt.
Die Art scheint plumper zu sein, als
S. bartramii; die größte Breite des Mantel-
sackes ist bei Stücken mittlerer Größe nicht
viel mehr als 3 V2 mal in der Mantellänge
enthalten; auch die Flosse erscheint umfangreicher; sie ist fast von halber
Mantellänge, ihr Hinterende nicht so zugespitzt, wie bei S. bartramii, ihre Breite
Fig. 116. Stenoteuthis pteropus
Steenstrup.
Proximales Ende der Tentakelkeule,
um den Haftapparat zu zeigen.
^;, nat. Größe. Original-Zeichnung.
Cephalopoden. IV 101
von etwas mehr als dem anderthalbfachen der Länge. — Diese Art gehört zu
den größten Cephalopoden.
Verbreitung: Englische Küste (Goodrich); Holländische Küste (Steenstrup).
— Außerdem im Mittelmeer, dem Atlantischen Ozean und vor allem in den
westindischen Meeren.
Familie Cranchiidae.
Leibesbeschaffenheit häutig, häutig-gallertig, gallertig oder fleischig, die
Arme auch der häutigen und gallertigen Formen etwas fleischig; meist wenig
gefärbt, zum Teil mit Leucht-Tuberkeln auf dem ventralen Augenrande. Auf
dem Mantel bei einigen Arten Chitinleisten und Chitintuberkel. Buccalhaut
mit sieben Heftungen. Arme meist von fast embryonaler Bildung, mit zwei
Reihen von Saugnäpfen, Tentakelkeule mit vier Reihen, deren mittlere beiden
bei alten Taonidium {Galiteuthis Joubin) sich in Haken umwandeln (s. Chun
p. 86); manchmal ein mehr weniger ausgebildeter Haftapparat. Mantel mit
dem Nacken und dem Trichter an drei Stellen verwachsen. Die dorsale Ver-
wachsungsstelle reicht nach vorn bis an den Mantelrand selber, sodaß dieser
im Nacken nie kappenförmig über die Verwachsungsstelle hinweg reichen kann
(wie es bei dem anormalen Ommatostrephiden Sympledoteuthis und der Familie
der Grimalditeuthiden der Fall ist). Nach hinten sind die Verwachsungsstellen
von Mantel und Trichter als zwei divergierende Streifen durch die Mantelhaut
hindurch erkennbar; diese Streifen, ebenso die Medianlinie des Rückens sind
die Stellen, auf denen sich die Knorpelleisten entwickeln. Der Gladius zeigt einen
schmäleren, den größten Teil seiner Länge einnehmenden vorderen Teil und
einen hinteren Konus, der entweder löffeiförmig und ventral weit offen gestaltet
ist, oder eine schlanke Endtüte zeigt.
Nordische Gattungen der Cranchiidae.
Mantel ohne chitinige Leisten. Flossen ansehnlich, an den Seiten des Mantels
befestigt. Augen sitzend, kugelig, ungeheuer groß.
A. Mantel gallertig, dunkel pigmentiert, mit vielen Chromatophoren. Arme (?)
knorpelig-gallertig, basal geheftet, sämtliche Saugnäpfe von mäßiger Größe;
Schutzsäume hyalin. Tentakel im Alter abgerissen (von jungen Stücken
unbekannt). Taoniiis.
B. Mantel häutig, dünn, farblos, mit wenigen Chromatophoren. Arme fleischig,
nicht geheftet; starke Schutzsäume mit Querbrücken, Saugnäpfe auf dem
distalen Teile des zweiten und dritten Paares zum Teil sehr groß. Ten-
takel mit vier Reihen von Näpfen, die sich über die distale Hälfte des
Stieles hin zur Seite einer Längsfurche erst in vier, dann in zwei Reihen
fortsetzen; die Näpfe dieser Reihen zum Teil in Haftknöpfchen umge-
IV 102 G. Pfeffer.
wandelt. Flosse von mittlerer Größe, eiförmig, hinten gerundet, an den
vorderen Anheftungsstellen herzförmig ausgeschnitten. Desmoteiithis.
II. Flossen ganz winzig und schmal, getrennt, an der Endspitze des Leibes
befestigt. Augen auf kurzen plumpen Stielen sitzend; auf dem ventralen
Augenrande eine rundlich höckerförmige Vorragung.
A. Tentakel mit vier Reihen von Saugnäpfen, die sich auch über den ganzen
Stiel ausbreiten. Owenia.
B. Saugnäpfe nur auf dem Handteil Hensenioteuthis.
Gattung Taonius Steenstrup 1861.
Leibesbeschaffenheit gallertig; Haut stark gefärbt, außerdem mit vielen
Chromatophoren bestanden. Leib lang spindelförmig, Hinterende in eine lange
Spitze ausgezogen. Flosse endständig, die hinteren zwei Fünftel des Mantels
einnehmend, schlank blattförmig mit riesig ausgezogener Spitze. (Da mir nur
Abbildungen zur Verfügung stehen, so kann ich nicht endgültig entscheiden,
ob die soeben gegebene Darstellung des Hinterendes von Taonius der Natur
entspricht oder die von Chun (p. 85), nach der das Hinterende des Leibes
die Flosse überragt; es kommt hierbei darauf an, ob ein Flossensaum bis an
die hintere Endspitze des Tieres zu verfolgen ist, oder nicht.) Augen ungeheuer
groß, kugelig, vorquellend, sitzend. Arme gerundet, kurz, etwas eingerollt,
anscheinend etwas gallertig, mit Verbindungshaut, die sich in die Schutzsäume
fortsetzt; Näpfe kugelig, mit kleiner Öffnung, am dorsalen und den lateralen
Paaren auf dem Mittelteile des Armes viel größer, breit und flach, mit weiter
Öffnung; Ringe der kleinen Näpfe mit glatten oder fast glatten Rändern, gegen
die Spitzen der Arme zu mit einigen breiten stumpfen Zähnen auf der hohen
Seite; Ringe der großen Näpfe mit einigen stumpfen Zähnen auf der hohen
Seite. Tentakel unbekannt, weil bei den zur Beobachtung gelangten Stücken
abgerissen. Trichter ziemlich groß. Gladius mit gleichbreiter Rhachis; die
breit lanzettliche Fahne nimmt fast die Hälfte des Gladius ein; ihre hintere
Hälfte ist eingerollt und bildet einen langen, schlanken, hohlen Endkonus.
Taonius pavo (Lesueur) 1821. (Fig. 117, 118).
1838. Loligopsis pavo F^russac u. Orbigny p. 321; Calmars Taf. 6 Fig. 1 — 4;
Loligopsis Taf. 6 Fig. 1 — 8. (Abbildungen u. Beschreibung nicht richtig.)
1861. Steenstrup (5) p. 83, 84.
1881. Verrill (6) p. 306.
1882. — (7) p. 340 (130).
1884. Hoyle (1) p. 318.
1886. — (2) p. 45.
1900. Pfeffer (2) p. 191.
1900. Joubin p. 106, Taf. 8, 8; Taf. 15, Fig. 16; Taf. 10 Fig. 7, 8, 9.
Cephalopoden.
IV 103
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Fig. 118
Fig. 117. Taonius pavo Les. */i nat. Größe. Ventral-Ansicht. i Nach Verrill u. Joubin
Fig. 118.
Dorsal-Ansicht.
kombiniert.
IV 104 G. Pfeffer.
1881. Desmoteuthis hyperborea Verrill (6) p. 302; Taf. 27 Fig. 1, 2;
Taf. 39 Fig. 1.
1882. — — — (7) p. 336 (126), Taf. 24 Fig. 1—3;
Taf. 25 Fig. 1, 2.
Schlank, die größte Breite etwa gleich ''y, oder wenn man die schlanke
Endspitze nicht mitrechnet, gleicli V'r, der Manteliänge. Flosse (ohne die End-
spitze) blattförmig, ihre Breite etwa 2\/.j mal in der Länge enthalten. Die Art
wird groß und erreicht eine Mantellänge von mehr als \'s Meter.
Verbreitung: New Foundland (Steenstrup); Golfstrom 55^ N. (Verrill).
Außerdem Madeira (Orbigny, Joubin).
Gattung Desmoteuthis Verrill 1881.
(Megalocranchia Pfeffer 1884.)
Haut dünn, glatt, blaß mit zerstreuten Chromatophoren. Leib spindel-
förmig bczw. schlank tonnenförmig, hinten spitz ausgezogen. Flosse endständig,
von sehr verschiedener Größe, eiförmig, hinten gerundet, der Grund herzförmig,
das Hinterende in der Mittellinie etwas eingekerbt. Augen sehr groß, kugelig,
vorquellend, sitzend. Arme zum Teil mit Schwimmsäumen, sämtlich mit großen,
Querbrücken tragenden Schutzsäumen. Saugnäpfe auf der distalen Hälfte der
Seitenarme besonders groß, die Ringe tragen, entweder nur auf der hohen
Seite oder aber nur den ganzen Rand, mit Ausnahme der niedrigsten Stelle,
herumreichend, niedrige, zinnenförmige Zähne. Tentakel mit dickem Stiele und
deutlicher Keule. Diese trägt vier Reihen von Näpfen, die Näpfe der Mittel-
reihen größer; Ringe mit scharf gekrümmten Zähnen, die entweder nur auf
der hohen Seite oder auf dem ganzen Umfange ausgebildet sind; vier bezw.
zwei Reihen von kleinen Näpfen ziehen sich, entweder mit Haftknöpfchen ab-
wechselnd oder ohne diese, die distale Hälfte des Stieles entlang. Buccalhaut
mit sieben Heftungen. Trichter mittelgroß, mit Klappe. Gladius (von D. hyper-
borea) mit einem schmalen Fahnenteil von zwei Fünfteln der Gladiuslänge,
der hohle Konus von einem Viertel der Fahnenlänge.
Desmoteuthis hyperborea Steenstrup 1861. (Fig. 119.)
1861. Taonius hyperboreus Steenstrup (5) p. 83.
1884. Hoyle (1) p. 321.
1886. — (2) p. 45, 191. Taf. 32 Fig. 12; Taf. 33 Fig. 1 — 11.
1890. Norman p. 474.
1891. Lönnberg p. 39.
1898. Posselt (3) p. 282.
1900. Pfeffer (2) p. 192.
1881. Desmoteuthis tenera Verrill (6) p. 412, Taf. 55 Fig. 2-2d; Taf. 56 Fig. 3.
1882. - — — (7) p. 416 (216), Taf. 45 Fig. 2— 2d;
Taf. 46 Fig. 3.
Cephalopoden.
IV 105
Fig. 120
Fig. 119
Fig. 119. Desmoteuthis hyperborea Steenstrup. Dorsal-Ansicht. Nat. Größe. Nach
Verrill.
Fig. 120. Owenia megaiops Frosch. Dorsal-Ansicht. 2/, nat. Größe. Original-Zeichnung.
IV 106 G. Pfeffer.
Ziemlich schlank, die Rreite des Mantels ist etwa 4'/2 mal in der Länge
desselben enthalten. Flosse schmal blattförmig, die Breite etwa 2'/2 mal in
der Länge enthalten, hinten stumpf zugerundet. Länge des Mantels nach einem
Stück von Verrill 116 mm.
Verbreitung: Nord-Grönland (Steenstrup); Jan Mayen (Friele nach Norman);
N.-W. von Irland, 560 10' N., 13» 16' W. (Porcupine, Hoyle). — Außerdem
W.-K. von Nordamerika (Verrill, Challenger, Hoyle).
Gattung Owenia Pro seh 1849.
Häutig, die Arme etwas fleischig, mit wenig Chromatophoren. Gestalt
ziemlich schlank bezw. gedrungen, mit schlank ausgezogener Spitze, an deren
Hinterende sich die beiden isolierten, schmalen, ganz minimalen Flossen ansetzen.
Augen auf kurzen, plumpen Stielen sitzend; die Augenleiste ist als ein großer
runder ventraler Höcker ausgeprägt; der olfaktorische Tuberkel ist ein flaches
kleines rundes Knöpfchen. Trichter ungeheuer groß, über die ganze Bauchseite
des Kopfes bis an den Armapparat reichend. Arme anscheinend nicht geheftet
und ohne Säume. Tentakel ziemlich lang, mit ganz schwacher Endanschwellung;
vier Reihen von Saugnäpfen, über den ganzen Tentakelstiel reichend; Näpfe
der Randreihen größer.
Owenia megalops Prosch 1847. (Fig. 120.)
1847. Cranchia megalops Prosch p. 64; Taf. Fig. 4—6.
1850. — — Mörch p. 57-64.
1861. — * — Steenstrup (5) p. 77.
1886. — — Hoyle (2) p. 44.
1900. Owenia — Pfeffer (2) p. 193.
1906. Cranchia — Hoyle (11) p. 161.
Jede der ganz kleinen Flossen ist blumenblattförmig mit verbreitertem,
stumpf zugerundetem freien Ende, oder schmal halbmondförmig (Prosch). Die
ausführliche Bearbeitung dieser Art kann erst in den Ergebnissen der Plankton-
Expedition erfolgen. Mantellänge etwa 18 mm.
Verbreitung: Grönland (Prosch); Biscayische Meerbusen, Oberfläche bis
100 Faden (Hoyle).
Gattung Hensenioteuthis Pfeffer 1900.
Diagnose s. pag. 102.
Hensenioteuthis joubini Pfeffer 1900.
1900. Pfeffer (2) p. 193.
Die Bearbeitung der Art erfolgt in den Ergebnissen der Plankton-Expedition.
Cephalopoden. IV 107
Anhänglich erwähne ich noch die Gattung Helicocranchia Massy 1907
((1) p. 382) mit der Art H. pfeffert. Nach der Beschreibung bin ich nicht
recht imstande, die systematische Stellung dieser Gattung festzustellen, da die
Autorin sich weder an meine, noch an Chun's Zusammenfassung der Gattung
der Cranchiiden hält. Außerdem zeigt die Art-Beschreibung eine Anzahl von
Merkmalen, die gar nicht recht in den Rahmen der Familie passen; es müssen
somit bildliche Darstellungen abgewartet werden.
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V. Die Gastropoden
des nordischen Planktons.
Von
Prof. Dr. H. Simroth in Leipzig.
Vorbemerkung.
Nach der Ankündigung sollten die Gastropodenlarven und die Hetero-
poden gesondert behandelt werden. Der Plan war kaum ausführbar in dieser
Form. Einmal wären dann die übrigen ausgebildeten Schnecken unberück-
sichtigt geblieben. Sodann gehen in der Literatur die spärlichen Angaben von
Kielfüßern in nordischen Gewässern irrtümlicherweise mit denen von Larven
aus einer anderen Familie durcheinander. Es schien daher am geratensten, die
Gastropoden gleich im Zusammenhange zu besprechen.
Es gibt wohl kaum eine Klasse, welche zum marinen Plankton im allge-
meinen einen so hohen, zum nordischen Plankton aber einen so minimalen
Prozentsatz beisteuert als die Gastropoden nach Ausschluß der Pteropoden,
über deren Berechtigung, als besondere Weichtierklasse zu gelten, die Akten
keineswegs geschlossen sein dürften. Die scharfe Beschränkung der pelagischen
Gastropoden auf die Warmwassergebiete betrifft ebensogut die erwachsenen
Formen, wie die Larven, zum mindestens insofern, als besondere Anpassungen
dabei in Frage kommen. Die typischen Vertreter im Plankton, die Heteropoden,
fallen beinahe ganz aus, Janthina wurde, wie sie, bisweilen in einer oder zwei
Arten an die britische Westküste getrieben, wenigstens mit dem Tier, von
anderen Arten nur leere Schalen, die hier keine Berücksichtigung verdienen.
Von den Opisthobranchien fehlt ebenso die Familie, die rein pelagisch geworden
ist, die Phyllirrhoiden. Will man die Bewohner der Sargassosee, insoweit sie
am Tang haften, zur pelagischen Fauna rechnen, so kommt eine andere gymno-
Nord. Plankton. V 1
V 2 Prof, Dr. H. Simroth.
branche Form in Frage, Scylloea pelagica. Auch sie wurde einmal von Jeffreys
an der englischen Westküste beobachtet, aber nicht an Sargassiim, sondern an
einer Laminaria. Vermutlich war sie mit Sargassum angetrieben, hatte dann
aber die absterbende Alge verlassen, um auf eine festgewachsene frische über-
zutreten. Damit ist wieder ein unsicherer Übergang gegeben, und derartige
finden sich in großer Menge, beinahe ohne Grenzen. Denn es scheint, außer
den Docoglossen und sessilen Formen, wie den Vermeten, beinahe jedem Vorder-
kiemer, mindestens bis zu einer gewissen Größe erlaubt, nach Art der Limnaeen
in umgekehrter Lage an dem von der Sohle erzeugten Schleimband an der
Oberfläche des Meeresspiegels zu hängen und zu kriechen. Schon der Umstand,
daß die geringste Wasserbewegung die Tiere von der Oberfläche losreißt und
zu Boden sinken läßt, macht es äußerst unwahrscheinlich, daß dieser Modus,
auf den ursprünglich das Floß von Janthina zurückgeht, eine von den Vorder-
kiemerarten im freien Wasser erbeuten läßt, und kein Mensch hat bis jetzt wohl
daran gedacht, irgend ein an den nordischen Küsten hausendes Prosobranch
auch nur als tychoplanktonisch zu betrachten.
Ähnliches gilt von tecti- oder steganobranchen Hinterkiemern, die ja schon
insofern unter den hemi- oder tychoplanktonischen Weichtieren zu erwarten
sein würden, als man von ihnen aus die Pteropoden abzuleiten pflegt, nach
Pelseneer's Vorgang in zwei Kolonnen. Der Übergang wird dadurch ver-
mittelt, daß benthonische Formen mit Hilfe seitlicher Fußverbreiterungen, die nach
der tieferen oder höheren Befestigung am Leibe als Parapodien oder Epipodien
unterschieden werden, sich schwimmend vom Boden zu erheben vermögen.
Philine, Bulla, Acera kommen hier in Betracht in steigender Reihenfolge,
namentlich ist von den beiden letzten gelegentliche Locomotion nach Pteropoden-
Art bezeugt. Doch wird dieser Gebrauch erst mehr ausgebildet in derselben
Gruppe bei dem mediterranen Gastropteron. Ahnliches gilt von Teihys
{== Aplysia autt.), die nach Jeffreys an den englischen Küsten in umge-
kehrter Lage am Wasserspiegel gleitend beobachtet wurde. Alle diese Tiere
bleiben aber sicherlich dem Grunde zu nahe und werden durch jede Störung
zu schnell auf den Boden getrieben, als daß sie jemals in das Netz des Plankton-
fischers geraten dürften. Aber als Übergangsformen zur hemipelagisch-plank-
tonischen Lebensweise müssen sie doch wohl erwähnt werden.
Ähnliche Verhältnisse gelten von den Larven. Die Vorderkiemer erzeugen
in den Warmwassergebieten eine große Summe echt pelagischer Jugendformen
mit Sonderanpassungen, die bisweilen außerordentliche circumäquatoriale Wan-
derungen zulassen. Das Velum zieht sich in lange Zipfel aus, welche als
Schwebmittel dienen, die Schale bildet den Mundsaum um, in Anlehnung an die
Velarfortsätze, denen ein bequemer Aus- und Eingang geschaffen wird. Das
Gewinde besetzt sich mit Schwebborsten. Die Umgestaltung wird in den meisten
Fällen so weit getrieben, daß die Zugehörigkeit zu den benthonischen erwach-
senen Formen des Littorals nur in wenigen Fällen, bei Dolium, Tritonium,
Purpura etwa, und auch da nur der Gattung nach festzustellen ist. Am weitesten
Die Gastropoden. V 3
geht die Umbildung bei den Lamellariiden, die, in erwachsenem Zustande einer
Nacktschnecke von gedrungener Gestalt ähnelnd, in der Jugend eine weite durch-
sichtige Schwimmschale oder Scaphoconcha haben, welche sie nach dem An-
landen abwerfen. Das Auftreten einer derartigen Echinospira im kalten Wasser
gehört aber zu solchen Ausnahmen, daß die Feststellung dieser Larvenform bei
Helgoland unter den anwesenden Zoologen Sensation erregte. Und wenn
südliche Purpuraarten. wie erwähnt, pelagische Larven haben, die von den
Einbuchtungen ihres Peristoms den Namen Sinusigera führen, so konnte ich
mich durch direkte Beobachtung von dem Wegfall dieser Larvenform bei unserer
nordischen Spezies überzeugen. Im zoologischen Institut der Universität Leipzig
waren vor etlichen Jahren einige kleinere Seewasseraquarien mit Nordseetieren
eingerichtet; darunter befand sich Purpura lapillus. Sie setzte im Frühjahr
reichlich ihre Eikapseln ab. Nach kurzer Zeit saßen unmittelbar daneben an
der Glaswand die jungen Schnecken. Das pelagische Stadium war zweifellos
nicht zur Ausbildung gekommen.
So kennen wir wohl aus entwicklungsgeschichtlichen Arbeiten manchen
Veliger, aber nur aus den Eikapseln oder kurz nach deren Verlassen im Aquarium.
Wohl werden aus dem Plankton gelegentlich Schneckenlarven und zwar in
reichlicher Anzahl gemeldet, niemals aber determiniert. Die meiste Wahrschein-
lichkeit gewinnt die Bestimmung hier nicht auf morphologischem Wege, sondern
auf chorologischem, indem man reiche Larvenvorkommnisse auf eine in vielen
Individuen auftretende benthonische Art in unmittelbarer Nachbarschaft bezieht.
Denn wenn auch die Ausbreitung der meist wenig beweglichen Gastropoden
mit Hilfe der schwimmenden Larven sich vollzieht, scheinen deren Wanderungen
doch in den Kaltwassergebieten nur auf kürzeste Strecken sich zu beschränken.
Einen weiteren Anhaltspunkt dürfte die Determination höchstens in einer
Richtung gewinnen, insofern als die tiefststehende Gruppe, die der Rhipido-
glossen, die wenigsten Schwimmlarven erzeugen dürfte, diese Jugendformen viel-
mehr erst eine spätere Anpassung auf fortgeschrittener Stufe zu sein scheinen,
bei Taenioglossen und Stenoglossen. Eine Ausnahme machen vielleicht, wenn
auch nur in mäßiger Breite, die docoglossen Patellen, die bei ihrem minimalen
Ortswechsel, der sie noch dazu fast immer wieder an genau dieselbe Wohn-
stätte zurückführt, der frei beweglichen Larven besonders bedürfen, um neue
Gebiete zu erobern. Doch haben wir von der Dauer der Larvenschwärmzeit
auch hier keine genaue Kunde, ganz abgesehen davon, daß die einschlägigen
Untersuchungen im Mittelmeer an der Neapeler Station angestellt sind und
somit keineswegs auf die nordischen Verhältnisse übertragen werden dürfen.
Ganz dasselbe gilt aber von den Veligerlarven der Opisthobranchien.
Deren lange Laichschnüre ergeben mit aller Gewißheit eine Unsumme
schwimmender Jugendformen; aber wir sind bis jetzt, so viel ich weiß, ohne
jeden Anhalt, um uns ein Urteil zu bilden über die Stadien, bis zu denen die
Schwebfähigkeit dauert, über die systematische Zugehörigkeit der einzelnen
Form, über die Geschwindigkeit, mit der sie sich entwickelt, und über die
1*
V 4 Prof. Dr. H. Simroth.
Ausgiebigkeit der Verbreitung, die aus den anderen eben genannten Faktoren
resultiert.
Die wenigen Daten, die uns auf diesem Feld zu Gebote stehen, stammen
wieder vom Mittelmeer; aber auch diese geben kaum näheren Aufschluß für
die Verhältnisse, offenbar weil die Hinterkiemer noch weniger zu pelagischem
Aufenthalt während der Jugendzeit neigen, als die Prosobranchien.
Mir scheint, man muß, um einigermaßen einen Einblick in die Gesetz-
mäßigkeit der Verhältnisse zu erlangen, ab ovo beginnen, und zwar in des
Wortes eigenster Bedeutung. So viel wir wissen, gibt es kein Gastropod,
das schwimmende Eier erzeugt. Von den pelagischen kennen wir als
typisches Opisthobranch Glaucus. Er befestigt seine Laichschnüre an Janthina-
schalen, oder am Segel der Velellen, deren Polypen er abweidete. Die Jan-
thiniden, Janthina und Recluzia, heften entweder ihre Eikapseln am eignen
Floß an, oder behalten die Eier länger im Oviduct und werden vivipar. Von
Heteropoden wissen wir, daß Eischnüre, aus der weiblichen Geschlechtsöffnung
heraushängend, mitgeschleppt werden. Ebenso verhält sich Phyllirrhoe.
Und wenn wir auch über das Fortpflanzungsgeschäft orientiert sind, so
spricht doch schon der Umstand, daß die marinen Vorder- und Hinterkiemer,
im Gegensatz zu den Landschnecken, viele kleine Eier in eine Eikapsel oder
Gotheca einzuschließen pflegen, durchaus gegen die Neigung zur Produktion
pelagisch schwimmender Eier.
Bei der Entwicklung namentlich der Wasserschnecken, im süßen wie im
salzigen Wasser, bedeckt sich der Embryo bald mit einem Wimperkleid, das
ihn im Ei rotieren läßt. Die Cilien erreichen ihre größte Länge in der Wim-
perschnur um den Kopf, die bei seitlichem Hervortreten das Velum bildet.
Allgemein wird wohl das Velum als Locomotionsorgan für das Schwimmen im
freien Wasser betrachtet, während es doch in unzähligen Fällen zur Rotation
innerhalb der Eischale benutzt wird. So macht z. B. das nördliche Oncidium,
0. celticum, von der europäischen Westküste, seine ganze Ontogenie bis zur
Verwandlung in die definitive Form, in der Eischale durch, der Veliger ist hier
im strengen Sinne kein Larven-, sondern ein Embryonalstadium.
Anders scheint das im wesentlichen mit zunehmender Wärme zu werden.
Hier wird wohl der Veliger in den meisten Fällen frei und führt ein pelagisches
oder hemipelagisches Larvenleben; und zwar nimmt das anscheinend zu mit
der Annäherung an den Äquator, oder unter Berücksichtigung der Strömungen
in den Warmwassergebieten schlechthin. Und nach demselben Gesetze, welches
die Schwebvorrichtungen ganz verschiedener Tiere in der Wärme steigert und
verlängert, z. B. die der Krebse, vergrößert sich auch das Velum, das sich in
Zipfel auszieht, und mit ihm die Dauer der pelagischen Lebensweise und die
Länge und Weite der Wanderungen. In den Tropen allein haben wir Trito-
nium-Arten, die in West- und Ostindien zugleich hausen, mit klaffender Lücke
dazwischen. Ihre großen Larven aber finden wir im freien Ozean auf der
ganzen Zwischenlinie, wobei es nur fraglich bleibt, ob sie jetzt noch um die
Die Gastropoden. V 5
Südspitze Afrikas herum und durcli die külile Agulhasströmung liindurch können.
Nach der Pendulationstheorie würde der Weg jedenfalls noch vor kürzerer
Zeit offengestanden haben, als wir während der Eiszeit oder selbst nach ihr
auf unserer atlantisch-indischen oder afrikanisch-europäischen Hemisphäre
weiter nördlich lagen und damit die Südspitze Afrikas nicht nur um den ent-
sprechenden Betrag gegen den Äquator vorrückte, sondern dabei zugleich noch
unter den Meeresspiegel tauchte und somit den tropischen Larven die Passage
freimachte. Ganz ähnlich läßt sich Dolium mit seiner großen pelagischen Larve,
der Macgillivrayia, beurteilen. Je weiter jedoch nach Norden, um so mehr
nehmen diese eupelagischen Larven ab, so daß sie bereits im Mittelmeer sich
auf wenige z. T. noch nicht determinierte Formen beschränken. Damit verkürzt
sich die Dauer und Weite ihrer jugendlichen Wanderungen.
Wie gering die Neigung der Larven zu pelagischer Lebensweise ursprüng-
lich ist, geht nicht nur aus dem Mangel der Schwimmformen bei den Rhipido-
glossen hervor, sondern dafür sprechen ebenso die Aglossen unter den
Vorderkiemern, d. h. die Familie der Eulimiden, mit ihrem Parasitismus an
Echinodermen. Morphologisch bezeugen sie ihr hohes Alter durch ihren Her-
maphroditismus, der sich noch dazu abstuft nach verschiedenen Graden, so
daß bald nur die einzelnen Follikel der Gonade als Hoden und Eierstöcke
getrennt sind, deren Produkte durch einen gemeinsamen Zwittergang abge-
leitet werden, bald die männliche und weibliche Drüse gesonderte Ausführwege
haben, die erst weiterhin sich vereinigen zu gemeinsamem Gange. Hier liegen
vermutlich die altertümlichsten Züge vor. Bekanntlich haben wir unter ihnen
alle möglichen Stufen der Um- und Rückbildung bei den erwachsenen, sodaß
Stilifer etv/a noch die typische Gastropodenschale hat, wobei nur der Fuß sich
reduziert und ein Scheinmantel die Befestigung am Wirt erleichtert, während
das andere Extrem in Entocomba mirabilis und ihren Verwandten vorliegt.
Hier sinkt der Körper der reifen Schnecke auf die Organisation eines Brut-
schlauches herab, wie sie bei den Trematoden vorkommen. Jene leben dem
entsprechend ectoparasitisch auf der Haut, wozu man die im Holothurienmagen
frei umherkriechenden Eulima-Arten rechnen mag, Entocomba aber ist mit
ihren Verwandten ein ächter Entoparasit, der nur nach Durchbohrung der
Leibeswände des Wirtes an seinen definitiven Wohnsitz gelangt. Den ver-
schiedenen Stufen entsprechen aber die Modifikationen in der Entwicklung.
Was hier von den Außenschmarotzern bekannt geworden ist, deutet auf direkte
Entwicklung ohne Schwimmlarve, denn die Jungen sitzen, bereits mit definitiver
Schale, in der Nähe des Muttertieres auf demselben Wirt. Ungelöst bleibt
allerdings die Frage der Übertragung auf ein anderes Wirtsindividium. Bei
den Binnenschmarotzern scheint die Gewinnung eines solchen nur möglich
durch den frei beweglichen Veliger. Und damit hängt's wohl zusammen, daß
diese Formen sich allein bei den Holothurien zu finden scheinen, deren häufiger
Zerfall in einzelne Stücke die Veligerlarven befreien würde, so daß sie sich
einen neuen Wirt suchen können. Aus dieser Gruppe ist, bei aller Unsicherheit
V 6 Prof. Dr. H. Simroth.
der biologischen Kenntnisse, die sich nur auf allgemeine Schlüsse gründen
können, ein Vertreter von der norwegischen Küste zu nennen. Wenn ich die
Form also im Nachstehenden mit aufnehme, so erscheint es doch völlig aus-
geschlossen, aus der Gestalt solcher Larven ohne Zusammenhang mit dem
Muttertier oder dem Wirt, also im freien pelagischen oder hemipelagischen
Zustand, eine sichere Bestimmung abzuleiten.
Noch eine Frage von allgemeiner Bedeutung ist hier aufzunehmen, die
nach der Tiefe. Pelseneer sucht im Allgemeinen bei der Erörterung die
Zugehörigkeit der Larvenschalen, welche sich im biscayischen Meerbusen fanden,
nach erwachsenen Formen, die abyssicol sind. Er geht ganz einfach von der
Annahme aus, daß die Schnecken des Littorals keine eupelagischen Larven
haben, zum mindestens keine, die größerer Wanderungen fähig wären, etwa
300 Kilometer und mehr. Auch dieser Standpunkt dürfte nur beschränkte
Berechtigung haben, für unsere gemäßigte und die kalte Zone nämlich. Ich
habe zwar selbst den Versuch gemacht, im Zusammenhange mit der Pendu-
lationstheorie, die planktonischen Larven aus dem Untertauchen der Küsten
herzuleiten. Wenn diese und mit ihnen die Schnecken der Strandregion in
tieferes Wasser kamen, so wurde dem Veliger gewissermaßen der Boden unter
den Füßen entzogen, und es war gezwungen, länger als früher an der Ober-
fläche zu treiben; ja ich habe die Hypothese erörtert, ob nicht die Wanderlinien
auf der südlichen Halbkugel, die u. a. Ost- und Westindien verbinden, an
welchen trotz der Entfernung die gleichen oder nahezu die gleichen Tritonium-
Arten hausen, noch den früheren Küstenlinien folgen; und die Rechnung stimmt
für das Tertiär, in dem diese modernen Gastropoden auftreten, durchaus.
Denn während wir damals nach Norden schwankten nnd über Wasser kamen,
näherte sich der Süden unserer atlantisch-indischen Hemisphäre dem Äquator
und tauchte unter. Aus dieser Betrachtungsweise dürfte indes keineswegs folgen,
daß die benthonischen Formen beim Untertauchen abyssische wurden; dazu
waren sie viel zu sehr an tropische Wärme gewöhnt und stenotherm. Sie
ertrugen höchstens eine mäßige Tiefe und starben dann aus, außer in den
Schwingpolgebieten; aber die verstärkte Anpassung ihrer Larven an die plank-
tonische Lebensweise scheint durch diesen Prozeß erworben zu sein. Als
sicher kann gelten, daß gerade die Gastropoden, deren Larven am weitesten
umgebildet sind und die längste eupelagische Periode durchmachen — Trilo-
nium, Dolium, Purpura — , typische Formen des Littorals sind, wenn sie auch
meist die Gezeitenzone selbst meiden. ^) Pelseneer's Anschauung, welche
die planktonischen Larven lediglich auf abyssicole Gastropoden beziehen möchte,
paßt also sicherlich nicht auf die Tropen. Trotzdem liegt es nahe, einen
') Mir wurde z. B. an den Azoren, als ich bei tiefstem Ebbestande an den Lava-
klippen des Strandes sammelte, von fischenden Knaben ein lebendes Tritonium zusammen
mit Julis zum Verkauf angeboten. Sie hatten Schnecke und Fisch in den Becken, die
noch eben Wasser enthielten, erbeutet, also gerade an der unteren Grenze der Gezeiten-
zone. Es ist wohl überflüssig, nach weiteren Beweisen zu suchen.
Die Oastropoden. V 7
solchen Zusammenhang zu suchen, teils weil in Kaltwassergebieten die Larven
der Strandformen weniger zu planktonischer Lebensweise neigen, teils weil
viele Tiere der Tiefsee, Fische z. B., ihre Eier und Jungen an die Oberfläche
schicken. Doch ist auch dieses Kapitel wohl noch wenig geklärt, und wir
können nichts tun, als den Gesichtspunkt mit hereinzuziehen, um zu künftiger
Arbeit anzuregen.
Einen Fingerzeig für die Beurteilung wenigstens der Wahrscheinlichkeit,
ob ein Gastropod eine pelagische oder hemipelagische Larve haben könnte,
ergibt vielleicht noch die Untersuchung der Eier, frisch abgelegt oder in den
früheren Stadien der Entwicklung. Für Crepidula konnte Conklin zeigen, daß
Arten mit dotterreichen Eiern eine direkte Entwicklung durchmachen, indem
die Larven, ohne überhaupt zu schwimmen, sich alsbald festsetzen. Bei Arten
dagegen mit wenig Dotter schwärmt die Larve mit Hilfe des Velums einige
Wochen hemipelagisch umher und wird dann gleichfalls seßhaft. Allerdings
könnte dieses Prinzip leicht durch die Tatsache gekreuzt werden, daß bei sehr
vielen Vorderkiemern die meisten der zahlreichen Eier in einer Ootheca wenigen
in der Entwicklung voraneilenden Embryonen zur Nahrung dienen, sodaß also
Dotterreichtum vermutlich durch die Geschwistereier ersetzt werden kann.
Vielleicht könnte man durch Berücksichtigung beider Tatsachen, des Dotter-
reichtums oder des Vorhandenseins zahlreicher Eier in einer Eikapsel, von
denen sich nur wenige entwickeln, wie z. B. bei Buccinum, allmählich einen
Schritt vorwärts kommen. Doch würde der Versuch, unsere nordischen Gastro-
poden danach in eine Tabelle zu ordnen, voraussichtlich viel zu lückenhaft
ausfallen, als daß man jetzt schon hoffen dürfte, damit einen wesentlichen
Schritt vorwärts zu tun.
Daß wenigstens in einer Gruppe eine typische Anpassung des Veliger
an die planktonische Lebensweise vorzuliegen scheint, werden die nachstehen-
den Einzelheiten ergeben.
V 8 Prof. Dr. H. Simroth.
Ordnung Prosobranchia. vorderkiemer.
Es lohnt sich kaum, die Vorderkiemer systematisch durchzunehmen. Höch-
stens lassen sich ein Paar Züge in der Entwicklung herausfinden. Die niedersten
Gruppen, die Docoglossen und Rhipidoglossen, d. h. die Diotocardien, bekunden
nach den spärlichen Beobachtungen die geringste Neigung, eine Mehrzahl von
Dottern in eine Eischale einzuschließen. Diese taucht vielmehr erst bei den
Monotocardien auf, jedoch keineswegs in systematischer Zunahme. Vielmehr
scheinen hier biologische Momente im Vordergründe zu stehen. Die Neigung
fehlt völlig auf dem Lande, ebenso bei den Lungenschnecken des Süßwassers.
Wir kommen darauf zurück.
Unterordnung Heteropoda. Kieifüßer.
Von den drei Familien der Heteropoden, den Atlantiden, Carinariiden und
Pterotracheiden, die alle drei im Mittelmeere bereits reichlich vertreten sind,
werden zwar einzelne Vertreter aus englischen Gewässern gemeldet; doch
bleiben die Angaben durchaus unsicher oder lassen sich als falsch nachweisen
bis auf die von einer Carinaria und einer Pterotracheenlarve, die von Pelseneer
zu Carinaria gerechnet wurde.
Der einzige Fall, daß eine Atlanta für das Nordseegebiet verzeichnet
wurde, betrifft die Meldung von M'Intosh.^) Danach wurde eine vereinzelte
junge Atlanta im September 1888 in der Bai von S. Andrews an der schot-
tischen Küste erbeutet. Die Angabe ist von Tesch, der in der Beschreibung
der Heteropoden der Siboga-Expedition-) alle in- der Literatur behandelten
Arten zusammengestellt hat, mit aufgenommen worden. Indessen deckt eine
kritische Betrachtung der Abbildungen, welche M'Intosh glücklicherweise
publiziert hat, einen Irrtum auf. Dem schottischen Autor fiel bereits der Unter-
schied zwischen seiner Schnecke und den typischen Atlanten auf; er glaubt
ihn aber durch ihre Jugendlichkeit erklären zu sollen und nimmt an, durch
eine Metamorphose würde die normale Form erreicht werden. Daran ist nicht
zu denken, das Tier ist vielmehr eine typische Echinospira, also eine Lamellarien-
larve (s. u.). Der Irrtum scheint um so verzeihlicher, als früher bereits d'Or-
bigny eine Echinospira unter dem Gattungsnamen Helicophlegma den Hetero-
poden einverleibt hatte. Somit sind die Atlantiden aus dem nordischen Plankton
zu streichen. Das wirft aber ein bezeichnendes Licht auf die Herkunft der
Gruppe; denn die Atlantiden, die noch am besten das Verhältnis zwischen
Weichkörper und Schale, in welche sie sich ganz zurückziehen können, ge-
wahrt haben, sind ohne Zweifel die ursprünglichste Familie. Dazu haben sie
sich am meisten noch ihre freie Beweglichkeit gewahrt. Sie heften sich noch
') M'Intosh. On a Heteropod in British waters. Ann. Mag. Nat. bist 1890.
*) J. J. Tesch. Die Heteropoden der Sibogaexpedition. Leiden 1906.
Die Gastropoden. V 9
nach Belieben mit dem Saugnapf, dem Rest der anfänglichen Kriechsohle, an
fremde Gegenstände an, die sie wieder verlassen, um in aktiven Schwimm-
bewegungen einen ihnen zusagenden Weg zu suchen. Ihre scharfe Beschränkung
auf die Warmwassergebiete beweist die Entstehung in solchen.
Die beiden anderen Familien, welche, ohne die Möglichketi der An-
heftung, rein pelagisch leben, lassen dort vielleicht noch eine gewisse Ab-
stufung in ihren planktonischen Anpassungen erkennen. Die Carinariiden
quellen aus der Schale, die sie behalten, unförmlich heraus, am stärksten
Pterosoma; damit geht der Verzicht auf freie Beweglichkeit am weitesten, so
daß sie Störungen, Wind und Wellen am meisten unterliegen. Die Ptero-
tracheiden sind zwar in der Anpassung an die pelagische Lebensweise am
weitesten vorgeschritten, namentlich durch den Verlust der Schale, haben aber
damit eine gewisse freie Beweglichkeit zurückgewonnen. Der Widerstand, den
die vorspringende Schale im Wasser fand, fällt weg, der Körper entbehrt aller
Vorsprünge außer der Flosse, meist sogar auch der Tentakel, die gallertige
Quellung nimmt wieder ab, und der schlankwalzenförmige Leib bildet einen
vorzüglichen Hautmuskelschlauch aus, er ist zu schlängelnden Bewegungen
nach Art der Fische befähigt.
Wenn diese theoretischen Erwägungen zu Recht bestehen, dann hätte
man zumeist noch Carinarien außerhalb der Warmwassergebiete zu erwarten,
da sie am ehesten verschlagen werden. Und das trifft in der Tat zu. Eine
erwachsene Carinaria wird öfters angetroffen, eine unbestimmbare Pterotracheen-
larve wurde nur einmal an der Südgrenze erbeutet. Die Fälle sind die folgenden :
Carinaria Lamarcki (Peron et Lesueur) Blainville 1817.
Fig. 1 und 2.
= Carinaria mediterranea Sowerby 1820—25. Tesch Taf. II, 55, 56, 57.
Die gequollene Haut ebenso mit Tuberkeln wie feinen Hautflecken bedeckt.
Eine Furche auf der Höhe der Tentakel und Augen setzt den Kopf von dem
viel mächtigeren Rumpfteil ab. Die Flosse ist groß, rundlich, mit einem großen
Saugnapf am Hinterrande. Die Tentakel sind lang. An der Unterseite des
Schwanzes, nahe der Spitze, findet sich besonders deutlich bei kleinen Exem-
plaren eine eigentümliche, paarige, horizontale Ausbreitung der Cutis, die, indem
die Ränder des rechten und linken Flossensaumes sich verbinden, einen nach
unten offenen Becher bildet. Eine Rückenflosse oder besser ein dorsaler
Flossensaum, der eine bestimmte Strecke hinter dem Rücken plötzlich als steil
aufsteigende Firste anfängt und bis zur Spitze des Schwanzes verläuft, ist wohl
ausgebildet. Die Schale ist stark gekrümmt mit niedergedrückter Spira und
eiförmiger Mündung. Der Kiel der dorsalen Kante ist quergerippt wie die
Schale. Länge des Tieres bis 220 mm, Höhe der Schale bis 41 mm.
V 10
Prof. Dr. H. Simroth.
Fig. 1.
a Carinaria Lamarcki, von links.
b Deren Schale von links, c dieselbe von unten.
Nach Tesch.
Nach den Zusammenstellungen von Tesch (I. c.) liegen die zahlreichen
bisher beschriebenen Fänge im Mittelmeer und nur einer im westlichen Atlantic,
in 380 n. Br. und 28" n. L
Fig. 2.
a Junge Carinaria Lamarcki von 3 mm Länge, b Deren Ende von unten,
au Vorkammer, bg Buccalganglion. bm Buccalmasse. e Auge, fi Flosse, fi' endstän-
dige Flosse, g Kieme, in Darm, li Leber, me Metapodium. oe Oesophagus, pa Mantel,
pg Pedalganglion, ra Radula. sh Schale, st Magen, su Saugnapf. Nach Pelseneer.
Die Gastropoden.
V 11
Dazu kommen jetzt die Funde, welche Anne L. Massy aus dem irischen
Gewässern meldet.') Sie liegen alle nahe an der Südwestküste von Irland,
bei Tearaght Lt., Co. Kerry, bei Dursey Hd., und einer im 5P N. und 12^ W.
Das kleinste Exemplar maß 25 mm, es kam aus ca. 800 m Tiefe herauf. Andere,
etwa 100 mm, stammten mehr von der Oberfläche. Einmal wurden 4, sonst
immer nur 1 Stück erbeutet.
Hierzu gesellt sich eine Jugendform (Fig. 2) von reichlich 3 mm Länge, die
Pelseneer aus der Biscayischen See beschrieb.-) Die nähere Bestimmung
war unmöglich, doch deutet die Lage des Saugnapfs und namentlich die Flosse
unter dem Schwanzende auf die Zugehörigkeit zu unserer Art.
Larven von Pterotrachea.
Fig. 3.
Ebendaher stammen viele noch jüngere Larven, die Pelseneer gleich-
falls zu Carinaria bezieht, die aber Tesch (1. c. S. 105) zu Pterotradiea ver-
weist. Die Schale und das sechszipflige Velum befinden sich noch in voller
Ausbildung; ebenso ist noch ein großes gewundenes Operculum vorhanden,
wiewohl das Mißverhältnis zwischen Schale und Tier es unwahrscheinlich
macht, daß noch ein Rückzug ins Haus möglich sei.
Fig. 3. Larve von Pterotrachea.
a Schale von unten, b Dieselbe von oben, c Das Tier, d Das ausgebreitete Velum.
e Auge, fl Flosse, m Mund, me Metapodium. op Operculum. su Saugnapf, t Tentakel.
v Velum. va vordere, vp hintere Velarzipfel. Nach Pelseneer.
') Anne L. Massy. The Pteropoda and Heteropoda of the coasts of Ireland. In:
Fisheries, Ireland, Sei. Invest. 1907 II. (1909.) Dublin 1909.
-') Pelseneer. Biscayan Plankton coUected during a cruise of H. M. S. Research
1900. Mollusca. Transact., Linn. soc. London 1906.
V 12
Prof. Dr. H. Simroth.
Die Meeresstrecke, die in Frage kommt, liegt zwischen 46*^ 43' und
470 29' n. Br. und 17o 15' und 8« 18' w. L. Ich würde daher diese Form
ganz bei Seite gelassen haben, wenn nicht Pelseneer sie in Beziehung zur
Carinaria gestellt hätte.
Farn. Janthinidae.
Auch die Janthinen sind lediglich Geschöpfe des warmen Wassers. Die
Gattung, die durch die Gestalt und Farbe der Schale noch an andere „ge-
wöhnliche" Schnecken anknüpft und etwa an eine Paliidina erinnert, Recluzia
ist rein auf die tropischen Teile des indo-pazifischen oder Ostpolgebietes
beschränkt, und es ist kein Fall bekannt geworden, daß sie jemals diesseits
des Suezkanales im Mittelmeer aufgetreten wäre. Erst die violette „Veilchen-
schnecke" Janthina bewohnt alle Warmwassergebiete. Mit dieser Ausbreitung
ist sie zwar in eine Anzahl größerer und kleinerer Formen zerfallen, die sich
durch Umfang, Form und Färbung der Schale, sowie durch die Fortpflanzung
unterscheiden, die aber ihre Grenzen gegeneinander zu verwischen scheinen.
•b p E. A. Smith will die mancherlei
Spezies, die in der Literatur kur-
sieren, auf Grund des Schalen-
materiales im Britischen Museum,
auf einige wenige reduzieren; doch
ist dabei die Morphologie und die
Biologie naturgemäß nicht berück-
sichtigt; wir sind weit entfernt,
etwa die Angaben, daß noch Augen-
rudi'mente vorhanden oder daß das
Osphradium schmal oder breit sei,
oder daß die Jungen gleich nach
dem Ausschlüpfen am mütterlichen
Floß bleiben oder daß sie erst
frei schwimmen vor dem Bau des
ersten eignen Flosses, mit be-
stimmten Schalenformen in sicheren
Zusammenhang zu bringen. Die
Sache ist ziemlich gleichgültig an
dieser Stelle, weil es sich doch
Fig. 4. Janthina fragilis mit Floß, "w ""i abnorme Vorkommnisse
von der Seite und von oben. handelt. Immerhin ist es uner-
b Luftblase, vom Propodium mit Schleim umhüllt, freulich Unsicherheit bestehen
c Schale /Schnauze 1 Floß, p Propodium, i^gs^n iu müssen,
t Tentakel. Nach Lacaze -Duthiers.
1) Gwyn Jeffreys. British Conchology. 5 Bände.
Die Gastropoden. V 13
Jeffreys') gibt an (Bd. III S. 167), daß verschiedene Spezies von Janthina,
von denen keine in den britischen Gewässern lebt, gelegentlich durch den
Golfstrom angetrieben werden. Die Art aber, die er als farbige Tafel dem
vierten Bande voranstellt, vermeidet er zu bezeichnen („Janthina and float").
Ich nehme daher das Bild, in der Voraussetzung, daß Jeffreys wenigstens ein
Exemplar der großen atlantischen Art zugrunde gelegt hat, oder ersetze es
vielmehr durch das, welches Lacaze-Duthiers gab, und nehme dazu die beiden
aus dem Atlantic anerkannten Arten auf, die für die Anspülungen durch den
Golfstrom wohl allein in Betracht kommen.
Die Janthinen haben eine dünne, undurchsichtige, lila bis violett gefärbte
Schale von kegelförmiger Gestalt mit breit ausgeschnittenem oder ausgeschweif-
tem Peristom. Das Tier, in frischem Zustande meist rot, trägt an der Basis
der vorgestreckten Schnauze gespaltene Fühler. Die Augen fehlen. Das
Charakteristische ist das Floß, das aus der Vertiefung des trichterförmig aus-
gehöhlten Fußes herauskommt und in ihr befestigt ist. Es ist auf das Schleim-
band zurückzuführen, das jede kriechende Schnecke hinter sich zurückläßt und
bei einem in umgekehrter Lage am Wasserspiegel gleitenden Tier auf dem
Wasser liegt und ihm den Halt gibt. Nur ist der Schleim derber erhärtet,
und der Vorderrand des Fußes, das Propodium, fügt ihm, indem es sich in
die Luft erhebt und zurückbiegt, vorn unausgesetzt von Schleim umgebene
Luftblasen an. Da die Secretion sowohl der trichterförmigen Sohle als des
auf der Hinterseite ausgehöhlten Propodiums ununterbrochen fortschreitet, ver-
längert sich das Floß, indem es nach hinten geschoben wird, kontinuierlich.
Man trifft daher in einem Schwärm Tiere mit ganz verschieden langem Floß.
Übermäßige Differenzen allerdings werden dadurch ausgeglichen, daß das
Hinterende allmählich durch den V/ellenschlag oder durch allmähliche Auflösung
im Seewasser sich abnutzt. Die erwachsenen Weibchen haben meist die Unter-
seite des Flosses dicht mit gestielten Eikapseln oder Ootheken besetzt, mit
vielen Eiern in jeder Ootheca. Die Verschiedenheiten des Flosses bedingen
mithin keine Artunterschiede und sind für die Determination belanglos. Eben-
sowenig Wert ist auf die Farbe des Weichkörpers zu legen. Denn auf Reiz,
der durch die Berührung beim Fang ausgelöst werden kann, entleert die in
der Mantelhöhle neben der Kieme gelegene Hypobranchialdrüse ein Purpur-
secret, das durch Grün in tiefes Ultramarin übergeht und die Weichteile ent-
sprechend umfärbt. Die Schale wird durch den Saft nicht mit gefärbt, sie
allein bleibt mithin für die Bestimmung maßgebend. Und danach erhalten wir:
Die großen Janthinen.
Janthina fragilis Lam. und J. globosa Swainson.
Fig. 5.
Im Mannal of Conchology (Series. Vol. 9) unterscheidet Tryon zwei große
Arten, Janthina fragilis Lam. und /. globosa Swainson. Beide haben violette
V 14
Prof. Dr. H. Simroth.
Schalen, bei / fragüis ist die Spina größer und mehr oder weniger gekielt;
bei J. globosa tritt die Spira zurück, der letzte Umgang schwillt bauchig auf,
und die Mündung erweitert sich. Das Violett überzieht bei J.fragilis die ganze
Schale, kann sich aber auch bei schärfer gekielten Formen auf den letzten
Umgang und besonders dessen Unterseite zurückziehen, sodaß die Spira weiß
bleibt mit einem Hauch von lila. Ähnlich ist bei / globosa die Columellar-
gegend besonders tief violett.
Fig. 5.
a Janthina fragilis. b J. fragilis var. britannica. c J. globosa, nat. Gr.
Nach Tryon.
Die Janthina fragilis hat nach Tryon eine Menge Synonyme: /. Cosfae
Mörch, y. vulgaris Gray, / violacea Adams, / penicephala Pcron, / violacea
Mörch, / grandis Brown, / bicolor Menke etc.
Unter den Varietäten wird die britannica Leach besonders hervorgehoben;
das Gewinde ist etwas höher, die Violet intensiver. Auch hierzu gibt's wieder
eine Anzahl Synonyme:/ rotundata Leach,/. grandis Reeve, / affinis Reeve,
y. fibula Reeve, / roseoia Reeve etc.
Beide Arten leben im Mittelmeer und im Atlantic, ohne daß festgestellt
wäre, welche am häufigsten an die britischen Küsten gelangt. Die Abbildung
von Jeffreys deutet aui Janthina fragilis var. britannica.
Die kleine Janthina. Janthina exigua Lam.
Fig. 6.
Die Form bleibt kleiner, das Gewinde ist höher, das Peristom an der
Spindelseite mehr ausgezogen, der letzte Umgang gekielt mit einer vertieften
Kiellinie, sie entspricht einem Ausschnitt der Außenlippe an der Mündung.
Die Schale ist violett, mit hellerer Nahtlinie. Die kleineren Schalen sind
meist dunkler.
Die Gastropoden.
V 15
Fig. 6.
Janthina exigua Lam. mit stärkerem und schwächerem Peristomausschnitt.
Nach Tryon.
Auch hierzu verschiedene Synonyme: J. bifida Nuttall, / Vinsoni Desh. etc.
Die Verbreitung weicht insofern von der der großen Arten ab, als die
kleine nicht im Mittelmeer vorkommt. Sie findet sich im Atlantic, im Indic
und Pacific.
Farn. Lamellariidae.
Die Lamellariiden, von Bergh als Marseniaden bezeichnet, sind in
erwachsenem Zustande Nacktschnecken, deren Schale ganz oder fast ganz vom
überwachsenden Mantel umschlossen und zu einer inneren geworden ist. Bei
Velutina allein ist sie noch frei und nur vorn ein Stück vom Mantel bedeckt.
Sie ernähren sich räuberisch von Hydrozoen, Alcyonarien und zusammen-
gesetzten Ascidien. Die Übereinstimmung ihrer Färbung und Zeichnung mit
den Beutetieren deuten darauf hin, daß sie dieselben niemals verlassen, daher
man sie ebensogut als Schmarotzer wie als Raubtiere bezeichnen kann. Der
Parasitismus erstreckt sich bis auf die Brutpflege. Das Tier frißt Höhlungen
in den Körper der Ascidien, in welchen es seine Eikapseln ablegt und die es
dann mit einem Deckel verschließt. So hat es Bergh von der Oncidiopsis
glacialis M. Sars beschrieben.
a
Fig. 7.
a Lameilaria latens Müll, von oben, b dieselbe von unten. Nach O. Sars.
c Schale von Lameilaria perspicua L. d Schale von Velutina laevigata Pennant.
V 16 Prof. Dr. H. Simroth.
Diese hochnordische Form mag den Ausgangspunkt bilden für die Meta-
morphose, welche die Larven durchmachen und die in den Warmwassergebieten
ihre höchste Steigerung erreicht. Die Larve sondert zunächst eine Schale ab,
die keinen Kalk enthält, sondern lediglich aus glasheliem Conchin zu bestehen
scheint. Sie wird durch eine wallartige Erhebung des Mantels von der Rücken-
fjäche abgehoben und dann durch einen osmotischen Vorgang, der vom Tier
seinen Ausgang nimmt und Flüssigkeit zwischen die Rückenfläche und die
Schale hineinpreßt, stark erweitert und vom Tier abgehoben. Die Larve bildet
dann nur einen kleinen Innenkörper innerhalb der weiten Schwimmschale oder
Scaphoconcha, mit der sie nur durch eine feine Membran, die den Mantelrand
mit der Mündung des weiten Gehäuses verbindet, in Zusammenhang bleibt.
Die Scaphoconcha scheint gleich auf einmal fertig gebildet zu werden und
nachher nicht weiter weder nach Form noch nach Größe sich zu ändern,
während die mit sechs Velarzipfeln versehene Larve im Innern weiter wächst
und dabei eine zweite, dünne, kalkige Schale erzeugt, welche der Mantelfläche
dicht anliegt und schließlich zur definitiven Schale wird. In der Scaphoconcha
führt die Larve ein rein pelagisches Leben. Nach dem Anlanden am Litoral
wirft sie dieselbe weg, wird zur Bodenform und wächst zur Nacktschnecke heran.
Für das Plankton kommen also nur die Larven mit der Scaphoconcha
in Betracht. Sie sind unter verschiedenen Gattungsnamen in der Literatur
eingeführt, mindestens zwei, Echinospira und Calcarella, sind mit Sicherheit auf
die Lamellariiden zu beziehen. Brownia und Jasonilla sind Synonyma. Man
kann wohl die Schwimmlarven in verschiedene Gruppen einteilen:
1) Larve mit rein kugliger, durchsichtiger Schale, die nur an einer
Seite einen schmalen Spalt hat. Sie sind erst neuerdings durch zwei deutsche
Expeditionen aufgefischt, durch die der Valdivia und die deutsche Südpolar-
expedition, und sollen künftig genauer beschrieben werden.
2) Larven mit kegelförmig aufgewundener Scaphoconcha. Diese als
Calcarella bezeichnete Form ist mit drei Spiralreihen von Dornen ausgestattet,
von denen die Mittelreihe, die gerade in der Mitte der Außenlippe des im
Gegensatz zur Spira vollkommen symmetrischen Peristoms hervorragt, die
größten Dornen trägt.
3) Larven mit symmetrischer Scaphoconcha, Echinospira. Von der Seite
gesehen, sind sie scheibenförmig, während der Querschnitt eine sehr ver-
schiedene, bald flache, bald beiderseits ausgezogene Spindelform hat. Das
hängt zusammen mit dem Stachelbesatz, und man kann wieder zwei Kategorien
aufstellen:
a. Scaphoconcha ohne Stacheln, flach scheibenförmig. Die Schwimm-
schale erhält nur durch verstärkte Spiralreifen erhöhte Festigkeit.
b. Die Spiralreifen werden zu Stachelkränzen, wovon zwei mediale und
zwei laterale zu unterscheiden sind. Die medialen wie die lateralen sind unter
einander nahezu kongruent oder besser symmetrisch.
Die Gasiropoden.
V 17
Diesen Formen scheint die Larve der Oncidiopsis groenlandica insofern
scharf gegenüberzustehen, als ein Unterschied zwisclien äußerer Scaphoconcha
und innerer Kalkschale nicht wahrzunehmen ist. Ob damit ein biologischer
Unterschied sich verbindet, ist bisher nicht bekannt geworden.
Von den verschiedenen Kategorien ist Nr. 1, mit der einfachsten Scapho-
concha, bisher nur auf die südlichen Meere, jenseits der Tropen, Nr. 2
Calcarelia, auf die Tropen selbst beschränkt. Die Echinospiren, Nr. 3, sind
Warmwasserformen, die gelegentlich aber bis in die Nordsee verschlagen werden,
und zwar sowohl von Nr. 3 a wie von Nr. 3 b je eine Form. Die grönländische
Larve nehme ich mit auf, wiewohl es keineswegs feststeht, daß sie ein pelagisches
Leben führt. Dazu kommen noch zwei Larven, die Pelseneer aus der biscayischen
See beschrieben hat und von denen er die eine auf Veliitina beziehen will.
Echinospira diaphana Krohn.
Fig. 8.
Die Larve, die Krohn im Mittelmeer entdeckte und die von der Plankton-
expedition weithin in den wärmeren Teilen des Atlantics gefunden wurde, ist
von Pelseneer aus dem biscayischen Busen wieder beschrieben, sie kommt
gelegentlich bis Helgoland vor.
Die durchsichtige Scaphoconcha ist vollkommen symmetrisch und mit vier
Kränzen von Dornen ausgestattet. Ihre Anordnung und das weite Peristom
ergibt sich aus den Abbildungen. Die Symmetrie scheint sekundär dadurch
zustande gekommen zu sein, daß die Spitze der Spira abbrach und nur der
letzte Umgang erhalten blieb. Eine Schnittserie ergab, daß die Schale am
Hinterende weit offen ist. Der Nabel in der Mitte ist dadurch zu einem Kanal
geworden, der offen von einer Seite zur anderen durchgeht. Die Schale ist
Nord. Plankton.
V 2
V 18
Prof. Dr. H. Simroth.
Fig. 8.
Echinospira diaphana, a von der Kante, b und c von der Seite, sli definitive Schale,
a und b nacli Pelseneer. c nach Simroth.
mithin in Wahrheit ein Ring (Fig. 8 c). Die Öffnung des Hinterendes wird durch
die seithchen Ausladungen des Pcristoms verdecl<t. Die Scaplioconcha erreicht
etwa 4 mm. Die Larve hat sechs Velarzipfei.
Wenn man allgemein diese Echinospira auf die Lameilaria perspicua be-
zieht, so folgt man einer Vermutung von Krohn, die erst noch der Bestätigung
harrt. Sie stützt sich auf das gemeinsame Vorkommen der Art und der Larve
im Mittelmeer. Die Radula mit 3 eigentümlichen Zähnen in einer Querreihe
paßt wenigstens zur Gattung.
Echinospira aus dem britischen Busen.
Fig. 9.
Pelseneer beschreibt eine ähnliche Larve, die immerhin wesentliche Unter-
schiede zeigt. Die vier Längsreifen sind nicht mit großen Dornen besetzt,
sondern nur, besonders nach der Mündung zu, gesägt. Das Mündungsende
hat sich losgelöst und springt frei vor. Die Scaphoconcha ist vollkommen
symmetrisch, aber nicht durchbohrt. Die Radula fand Pelseneer ganz ähnlich
wie bei der vorigen. Er vermutet daher, daß diese Echinospira zu der zweiten
Lamellarienspezies gehört, die allein noch im nördlichen Atlantic vorkommen
soll, nämlich zur Lameilaria tenuis Jeffreys, welche die Porcupine-Expedition
in ca. 1500 m Tiefe erbeutete.
Die Gastropoden.
V 19
^J^^^^^^^^^^^^J^^^^A^,
■■u.
Fig. 9.
Ech inospira aus dem biscayischen Busen von der Kante und von der Seite.
ia Larvenkörper, o Mündung der Scaphoconcha. r Ventrales Rostrum, am Peristom.
Nach Peiseneer.
Die Echinospira von M'Intosh.
Fig. 10.
Es wurde oben erwähnt, daß M'Intosh in der
Bai von S. Andrews an der schottischen Küste eine
Echinospira fischte und für eine Atlanta nahm. Sie hat
zwar viel Ähnlichkeit mit der vorigen Form, doch sind,
Fig. 10. Unbestimmte Echinospira von der Seite und von der Kante. Nach M'Intosh.
2*
V 20
Prof. Dr. H. Simrotli.
vorL einigen Konturiintcrscliicden abgesehen, die gekielten Reifen völlig glatt.
Mir erscheint es unmöglich, eine Vermutung über die Art auszusprechen, zu
der diese Larve geiiörcn mag; vielleiciit kann man an die Gattung Morscnia
Gray denken, die, ebenfalls eine echte Lamellariide, im Nordatlantic haust.
Die Larve von Oncidiopsis grönlandica.
Fig. 11 und 12.
Die Larve, die aus den Brutkapseln genommen wurde, hat offenbar keine
echte Scaphoconcha. Mindestens steht sie nicht so weit ab wie bei den
lichinospiren. Immerhin ist die Schale auffällig genug, durch ihre zahlreichen
'■^r>^-
Fig. 11.
Larve von Onciopsis groeiilandica Bergh. Von unten, von oben. Schale von der
Seite. Nach Bergh.
Längsleisten, ihre nahezu völlige Sym-
metrie und die Weite des Peristoms.
DasVelum, welches sich nicht in Zipfel
auszieht, tritt jedoch deutlich genug
hervor, daß man auf ein, wenn auch
kürzeres pelagisches Leben zu schließen
sich veranlaßt sieht. Die ausgebildete
Schnecke hat (\cn Habitus von Lameilaria,
doch ist der Mantel ganzrandig und stark
runzelig und wird hinten vom Fuß
überragt.
a
Fig. 12. Oncidiopsisgia Cialis M. Sars.
a die Schnecke von oben, b die Schale.
Nach O. Sars.
Die vermeintliche Velutina- Larve.
Fig. 13.
Eine Larve, die Pelseneer aus der Biscaya-See beschreibt, weicht von
der Echinospira nicht unwesentlich ab. Zwar flach scheibenförmig, entbehrt
sie doch aller Reifen und Dornen, und das Peristom ist nicht erweitert und
Die Gaslropoden.,
V 21
Fig. 13.
Larve von Velutina ? von der Kante und von der Seite, la Larvcnkürper.
Nach Pelseneer.
nicht symmetrisch - zudem hat die Larve nur vier VelarzipfeL Wie die
Echinospira, trägt sie ein spiraiiges Operculum von wenig Windungen.
Pelseneer denkt an die Zugehörigkeit zu Velutina flexilis Mont., der
einzigen Art des Genus, die im Nordatlantic und zwar abyssisch vorkommt.
Typische Schwimmlarven des nordischen Planktons.
Vielleicht führt die Reihe der Lamellariidenlarven einen Schritt weiter.
Die nachweislich eupelagischen und euplanktonischen Formen des warmen
Wassers haben ein vergrößertes, gespaltenes Segel mit vier oder sechs Zipfeln,
die Larve der hochnordischen Oncidiopsis dagegen zeigt nur, so weit sichs aus
den Abbildungen entnehmen läßt, jederseits einen geschlossenen Segellappen,
der etwas mehr als einen Halbkreis ausmacht. Wir kennen derartige Schwimm-
larven wenigstens von zwei Gattungen, von Rissoa und Hydrobia.
Larve von Hydrobia ulvae.
Fig. 14.
Henking^) beobachtete die Entwicklung der kleinen Hydrobia ulvae (a)
von unserer Nordsceküste bei Juist, wenigstens konnte es für beinahe sicher
gelten, daß die Eier, welche die Tiere in Häufchen, mit zusammengeklebten
Steinchen bedeckt, auf dem Rücken trugen, zu ihnen selbst gehörten und von
') H. Henking. Beiträge zur Kenntnis von Hydrobia ulvae und deren Brutpflege.
Ber. d. naturf. Ges. zu Freiburg i. Br. VIII 1894.
V 22
Prof. Dr. H. Simroth.
Artgenossen ihnen angeheftet waren, nicht von den Individuen selbst, die sie
trugen, denn auch junge und männliche Tiere waren mit den Sandcocons
behaftet. Jedes Ei liegt für sich in einer Schale (b). Die jungen Larven waren
kenntlich an einer dunklen S-förmigen Pigmentfigur auf dem Rücken. Das
Velum hatte denselben dunkelroten Farbstoff wie die Augen. Die Statocyste
enthielt einen Statolithen. Eine Radula wurde nicht gefunden. Die ältere
Larve hat größere Segellappen (c).
Fig. 14. Hydrobia ulvae.
a Erwachsene Schnecke von unten, vergr. b Embryo, zum Ausschlüpfen reif, c, d Eben
ausgeschlüpfte Larve, in die Schale zurückgezogen e Ältere Larve,
a Auge, f bewimperter Fuß. o Statocyste. op Operculum. p Pigmentfleck auf dem Rücken,
s Schale, vp dunkelkirschrotes Pigment des Velums. von der Farbe der Augen, w Wim-
perung des Velums.
Henking bemerkt, daß diese Larve bisher nur von Meyer und Möbius
beobachtet wurde und zwar in der Kieler Bucht, deren Molluskenfauna sie
beschrieben. Da sie für die Larve einen Durchmesser zwischen 0,2 und 0,4 mm
angeben, so war diese beträchtlich größer als die von Henking untersuchte.
Das veranlaßt ihn zu einem wichtigen, aber wahrscheinlich anfechtbaren Schluß.
Er will die Differenz auf die verschiedene Zeit, in der die Untersuchungen
stattfanden, beziehen. Henking's Larve stammt aus dem Anfange des Juni, die
Die Gastropoden. V 23
von Meyer und Möbius aus dem September. Mithin müßte die letztere
älter gewesen sein. Nun ist es sicherlich ganz ungewiß, ob sich die Nordsee-
larve biologisch ohne weiteres mit der aus der Ostsee vergleichen läßt, wir
wissen gar nichts von der Dauer der Laichzeiten, ob sie in beiden Gebieten
durchaus zusammenfallen und über welche Monate sie sich erstrecken. Wäre
Henkings Schluß berechtigt, dann kämen wir zu dem immerhin wichtigen Ergebnis,
daß die Larve von Hydrobia ihre Schwärmzeit im pelagischen Zustande auf
reichlich ein Vierteljahr ausdehnte und während der planktonischen Periode
beträchtlich heranwüchse. Wir wissen aber noch nicht einmal, ob sie in diesem
Zustande überhaupt Nahrung aufnimmt. Ja es läßt sich umgekehrt wohl wahr-
scheinlich machen, daß die Schwärmzeit mindestens in der Nordsee weit kürzer
ausfällt. Denn die Hydrobien sind in erster Linie Brackwasserformen, die ja
früher selbst in schwach salzigen Binnengewässern vorkamen, wie das sub-
fossile Vorkommen in den Mansfelder Seen beweist. Für eine solche Form
könnte aber eine lange planktonische Zeit schwerlich vorteilhaft sein, da die
Gefahr, ins salzige Wasser verschlagen zu werden, auf der Hand liegt.
Und so führt gleich der erste und vielleicht einzige Fall, der einer kritischen
Analyse einigermaßen zugänglich erscheinen mochte, auf lauter Unsicherheiten.
Rissoa oder Rissoia.
Fig. 15.
Die Larve, die von Loven beschrieben ist, als zu Rissoa costata Adams
gehörig, hat mit der vorigen die größte Ähnlichkeit und ist im wesentlichen
nur durch die weit größeren Segellappen unterschieden. Sie können ihr wohl,
da sie echt marin ist, zu längerem planktonischen Stadium verhelfen.
Die Ähnlichkeit der beiden Larven fällt wohl um so mehr ins Gewicht,
als die beiden Familien der Rissoiden und Hydrobiiden im System benachbart
sind und vielleicht mit mehr Recht in eine
Familie zusammengeworfen werfen. Die Unter-
schiede sind minimal. Die Radula ist ungefähr
gleich, jedenfalls geht die Verschiedenheit der
Zahnplatten kaum über Artwert hinaus, die
Tiere gleichen einander bis auf die feine Aus-
prägung, die sich in den Epipodiallappen aus-
spricht. Der Grund, daß man die Gruppen
auseinanderhält, ist vorwiegend, wie es scheint,
ein biologischer: Die Rissoen sind rein marin, F'g- l^-
die Hydrobiiden haben viele Vertreter, ja das Larve von Rissoa costata Adams.
Gros im Süßwasser, die brackischen, wie Loven.
Hydrobia, bilden den Übergang zum Meere,
innerhalb der Gruppe das Extrem. Hat man ein Recht, daraus eine systematische
Differenz herzuleiten? Meines Erachtens nicht. Fischersucht den biologischen
V 24 Prof. Dr. H. Siniroth.
Unterschied zu verschärfen durch die Bemerkung, daß die Hydrobiiden zeit-
weise in der Luft, außerhalb des Wassers, zu leben vermögen. Aber auch
den Rissoen wird ansdrückUch von Fischer undjeffreys z. T. eine ähnhche
Beziehung zugesprochen, sie sollen vielfach an einem Schleimfaden schwimmen.
Das bedeutet doch nichts anderes, als daß sie eine Eigenheit bewahrt haben,
die in erster Linie bei den Basommatophoren des Süßwassers ausgebildet ist.
Ja noch mehr, die Litiopiden stellt man ebenso unmittelbar neben die Rissoiden,
wie die Hydrobiiden, nur auf der anderen Seite. Aber gerade Litiopa, die am
Sargassum im Ozean treibt, hat mit ihrem Schleimfaden die Beziehung zur
freien Atmosphäre besonders eng verknüpft. Eine Litiopa, die vom Tang los-
gerissen wurde, soll sich an dem meterlangen Faden dadurch an der Ober-
fläche erhalten, daß sie ihm eine Luftblase einfügt. So soll sie schließlich
wieder mit einem Stück der Pflanze zusammenkommen.
Alle diese Verhältnisse decken meiner Meinung eine eng zusammenge-
hörige, kontinuierliche biologische Reihe auf, die vom Lande, zum mindesten
vom Süßwasser ins Meer führt. Der Umstand, daß die biologische Kette, die
sich aus sehr vielen Gliedern zusammensetzt, sich leicht in allen ihren Ab-
stufungen verfolgen läßt — man lese etwa bei Fischer nach — , scheint darauf
hinzudeuten, daß wir es mit einer jungen, in der Gegenwart in voller Umbildung
befindlichen, äußerst plastischen Gruppe zu tun haben. Und diese Plastizität
führt zur Entwicklung des Velums und der planktonischen Lebensweise beim
Übertritt ins Meer, klein bleibt es im Brackwasser bei Hydrobia, groß wird
es bei Rissoa im echten Salzwasser.
Wenn diese Betrachtungsweise richtig sein sollte, dann würde sie erklären,
warum gerade von diesen Formen allein im nordischen Plankton der ächte
Veiiger bekannt geworden ist, warum er fehlt bei den altmarinen Formen, die
aus wärmerer Tertiärzeit stammen. Sie würden, an wärmeres Wasser gewöhnt
und stenotherm, die zusagenden Bedingungen am besten am Boden finden und
die freie Schwimmiarve aufgeben. Umgekehrt würden die jüngeren Formen,
die in der Eiszeit ins Meer einwanderten, ihrer Vergangenheit nach eurytherm
sein, entsprechend den stärkeren Temperaturschwankungen auf dem Lande und
in den viel leichter zufrierenden Binnengewässern, sie würden daher die Lebens-
bedingungen der nördlichen Meere weit besser auszunützen verstehen und
planktonische Larven erwerben.
Freilich tritt hier wieder vielleicht zu sehr die theoretische Betrachtung
an Stelle der Beobachtungen; aber sie hat wenigstens insofern Berechtigung,
als sie sich nach Möglichkeit mit den spärlichen Beobachtungen abfindet.
Zweifelhafte Formen aus der Biscaya-See.
Vier Larvenformen, die Pelseneer beschrieb, erlaubten ihm verschiedene
Wahrscheinlichkeiten. Da sich nach dieser Interpretation die erwachsenen Arten
im borealen Gebiete des Atlantics finden, so sind die Larven hier mit aufzu-
Die Gastropoden.
V 25
nelimen. Nichtsdestoweniger erregt ihre Ausstattung mit vier Velarzipfeln
einiges Bedenken, denn es ist nach unseren bisherigen Erfahrungen aus-
schließlicher Besitz von Warmwasserformen; und es bleibt immerhin auffällig
genug, daß diese Larven bis jetzt nicht weiter nördlich gefunden wurden, so
daß man sich nur schwer vorstellen kann, wie sie an ihre abyssischen Wohn-
plätze, die z. T. hoch im Norden liegen, gelangen sollten, um dort ihre Ver-
wandlung durchzumachen.
•
Larve von Columbella haliaSti Jeffreys.
Fig. 16.
Ein bauchiges Schälchen mit Sipho-Ausguss, mit mäßig hoher Spira, glatt
vierlappiges Velum. Operculum spiralgewunden, pancispir oder oligogyr, mit
seitlichem Nucleus. Die Radula rhachigloß, mit schwach entwickelter Mittel-
platte. Die Lateralzähne charakteristisch für Columbella.
Fig. 16. Larve von Collumbella haliaeti Jeffreys.
a Leere Sciiale. b Larve von oben, c dieselbe von unten, d Operculum.
e eine Reihe Radulazähne.
c Rhachiszahn, 1 Lateralzahn der Radula. op Operculum. sh Schale, va vordere,
vd rechte, vs linke Velarzipfel. Nach Pelseneer.
Pelseneer diskutiert die spezifische Zugehörigkeit Columbella rustica
lebt an der portugiesischen Küste im Litoral. Abgesehen davon, daß die Larve
300 km entfernt von dieser Küste gefangen wurde, stimmen die Radulazähne
nicht Wohl aber passen sie zur C. haliaeti, die in der Tiefe des Nordatlantics
gemein ist, von den Shetlandinseln, Norwegen, Finmarken, Grönland, selbst an
der amerikanischen Seite bei Massachussetts; dazu häufig im Golf von Biscaya.
V 26
Prof. Dr. H. Simroth.
Wenn nun auch wirklich die Larve auf die letzteren Schnecken als Eltern
bezogen werden darf, so bleibt die Frage immer noch offen, wie sich die
nördlichen Formen fortpflanzen.
Pelseneer weist noch darauf hin, daß man nicht nur aus der Form des
Operculums einen systematischen Schluß ziehen dürfe. Bei den erwachsenen
Columbellen porzellanartig, dreieckig, mit seitlichem Nucleus, ist es bei der
Larve durchaus spiralig, wie vermutlich alle Deckel im Anfang.')
Larven von Natica.
Fig. 17.
Schälchen kuglig, glatt, ungefärbt, mit wenig erhabenem Gewinde. Oper-
culuni hornig, halbmondförmig, paucispir. Velum vierzipfelig; jeder Zipfel mit
einem dunklen Endfleck. Bei einem Vorkommnis fehlten jedoch die Flecken.
Die Radula deutete auf Natica, und zwar mit Bestimmtheit auf die Untergattung
Lunatica s. Naticina, bei welcher der erste Marginalzahn in zwei annähernd
gleichen Dentikeln endet. Die Gruppe ist im Nordatlantic genügend vertreten
und auch, worauf Pelseneer Gewicht legt, durch abyssische Formen, Natica
groenlandica, nana n. a. Das Verhalten der Nordformen bei der Fortpflanzung
bleibt der Zukunft aufzuklären.
a Sctiale mit Deckel.
Fig. 17. ^arve von Natica.
b Eine Reihe Raduiazähne. c Die Larve von vorn,
d Das Operculum.
c Rhachiszaliii der Radula. e Auge, f Fuß. 1 Lateralzalin, ni und m" Marginalzälnie der
Radula. op Operculum. pa Mantel, v Velarzipfel. Nach Pelseneer.
•) Dat^ci ist wohl der von Margillivrayia, der Doliuni-Larve, auszunehmen, da er
durch eine innere mediane Leiste halbiert wird.
Die Gastropoden. V 27
Verschiedene Larven noch hatPelseneer aus der Biscaya-See beschrieben,
von denen er zwei auf Coralliophila, eine auf Solarium beziehen will, alle drei
jedoch unsicher. Er sucht den Zusammenhang zunächst wenigstens insofern
auf positive Unterlage zu stellen, als von den fraglichen Gattungen sich Ver-
treter in dem Gebiete finden, das die Larven lieferte, — selbstverständlich die
unerläßliche Grundlage solcher Spekulationen, wobei freilich Pelseneer die
erwachsenen Formen wieder in der Tiefsee sucht. Bei keiner hat er die
Radula gefunden, behauptet aber bei den Coralliophilen wirkliche Abwesenheit,
während er bei Solarium mit dem langen Rüssel rechnet, der Pharynx und
Raspel weit ins Innere verlegt und ja auch die Entdeckung der letzteren bei
der erwachsenen Form sehr verzögert hat. Sollte man nicht bei der Schwierig-
keit, die Radula der Minutien zu präparieren, den negativen Beweis erst dann
anerkennen, wenn eine Schnittserie den Pharynx klargelegt hat? Ja bliebe
nicht selbst dann noch die bisher kaum jemals in Betracht gezogene Möglich-
keit, daß bei schwimmenden Larven, die wie die vorliegenden durch ihre vier
Velarzipfel eupelagische Lebensweise bekunden, die Abscheidung der Hartteile
in der Radulatasche erst später einsetzt? Haben wir die geringste Ahnung
von der Ernährung dieser Larven, außer daß bei einer derselben ein verbrei-
terter Rüssel zum Schöpfen von Mikroplankton ausgebildet zu sein scheint?
Doch davon ganz abgesehen, wir dürfen und müssen wohl diese Larven bei
Seite lassen, so lange sie nicht entweder im nordischen Plankton gefischt oder
als zu Gattungen gehörig erkannt werden, die in den borealen und arktischen
Teilen des Atlantics hausen. Von der Coralliophilalarve hat man vielleicht,
bei der ursprünglichen Abhängigkeit dieser Form von tropischen Korallenriffen
und bei der angenommenen Verwandtschaft mit Purpuriden, eine Larve zu
erwarten mit den typischen Peristom-Ausschnitten einer Sinusigera. Das Fehlen
dieser Schalenform kann als eine der bezeichnendsten Eigentümlichkeiten des
kalten Wassers gelten.
Die gewöhnlichen Larven der nordischen Prosobranchien.
Fig. 18,
Die dotterreichsten Eier scheinen die der höchststehenden Formen zu sein,
namentlich die der Rhachiglossen, wie Nassa, Fulgur, Fusus. Bei denen haben
wir also das wenigste zu erwarten von einem pelagischen Leben der Larve.
Die Rhipidoglossen und Docoglossen haben nach den spärlichen Untersuchungen,
die sich auf Patella und Trochus beschränken, einen Veliger oder besser eine
Trochophora, deren Segel oder Troch lediglich aus einem unterbrochenen Kranz
großer Wimperzellen besteht, ohne eine Spur von Ausladungen, geschweige
denn von Velarzipfeln. Das macht also an und für sich eine längere Schwärm-
periode in hohem Grade unwahrscheinlich. Bei den Arten der einzelnen
Gattungen finden sicherlich noch mancherlei Abstufungen statt. Über Trodius
haben wir verschiedene Angaben von Robert, die ich in den Bronn mit
aufgenommen habe. Danach unterscheiden sich die Spezies in solche, welche
V 28
Prof. Dr. H. Simrolh.
die Eier einzeln ablegen, und in solche, welche einen Gallertlaich produzieren.
Bei den ersteren tritt das Auskriechen des schwärmenden Veligers viel früher
ein, hält also auch etwas länger an. Die folgende Tabelle zeigt es ohne
weiteres, wenn wir hinzufügen, daß von den untersuchten Arten nur Trochiis
magus die Eier einzeln legt.
Pr. magus
Veliger vollendet 18 Stunden
Auskriechen 20 „
Beginn der Torsion der Schale 29 „
Ende derselben 36
Auftreten der Tentakel 90 „
Auftreter der Epipodialtaster 150 „
Auskriechen —
Pr. CO
nul
oides
Pr. striatus
24 Vs
Stu
niden
22 Stunden
30 '/2
»
34 „
36';2
»
42
54'/,
»
69 „
84 V.
t>
80
180 Vi
»
124
Fig. 18. Die Trochuslarve, während sie die Torsion ausführt,
m Mantel, p Fuß. v Veliim. Nach Robert.
Es ist beinahe selbstverständlich, daß das Segel des Veliger dieser Schnecken
zu unbedeutend entwickelt ist, um eine längere Wanderung zu gewährleisten.
Die Formen, deren Eier im Gallertband liegen, machen das ganze Trocho-
phorastadinm im Ei durch und kriechen in einer Vollendung aus, daß sie bereits
alle Eigenschaften des definitiven Tieres besitzen und überhaupt nicht schwim-
men. Ähnliches gilt von den Docoglossen, d. h. von Patella. Die noch
symmetrische Trochophora mit kräftig wimperndem Troch und starkem apicalen
Wimperschopf gehört dem embryonalen und nicht dem Larvenstadium an,
ebenso noch die Form mit weit abstehender Schale und ausgebildeter Fuß-
anlage, wie wir sie durch Patten kennen. Es ist vielleicht anzunehmen, daß
diese Stadien in wärmeren Meeren auf den freien Schwärmzustand fallen und
nicht in die Zeit, wo der Keimling noch in der Eischale steckt. Aber Be-
weise fehlen.
Von dem Parasiten £«/croxenos, den Kristine Bon nevie entdeckte und auf
seine Entwicklung untersuchte, habe ich eingangs erwähnt, daß die Gewinnung
Die Gastropoden. V 29
neuer Wirtstiere wolil nur durch freies Uniliersciiwärmen nach autotomischcm
Zerfall der Holothurie stattfinden könne. Aber die Beschreibung zeigt doch,
daß ein typisches Veluni mit Geißelzelien noch nicht einmal angelegt wird,
sondern eine breitere Bedeckung mit längeren Wimpern vorwiegt, von ver-
längerten Velarzipfeln gar nicht zu reden. Man wird also auf keinen Fall'
langes und weites Umherschweifen der Larven erwarten dürfen.
Noch kann man nach der Zeit fragen, wenn schwärmende Larven zu
erwarten sind. Es gäbe wohl einen Weg, mit einiger Wahrscheinlichkeit zu
einer Antwort zu gelangen. Man müßte aus der Literatur die Laichzeiten der
nordischen Vorderkiemer möglichst umfassend zusammenzustellen suchen; doch
würde man bereits auf systematische Vollständigkeit verzichten müssen; und
da nach der Zusammenstellung die Entscheidung, welche Formen planktonisch
leben, ohne große Aussicht auf Sicherheit zu treffen wäre, so habe ich den Ver-
such nicht unternommen. Für Strandformen, wie die Patellen und Littorinen,
soweit sie nicht schon vivipar sind, scheint es ausgeschlossen, daß die Larven
bei niederem Ebbestand die Eischale verlassen. Es könnten also reiche Larven-
fänge nach einer Springflut auf die Herkunft aus dem oberen Littorale deuten.
Doch sind mir Angaben in dieser Richtung nicht bekannt geworden (s. u.
Nachtrag).
V 30
Prof. Dr. H. Siinrolli.
2. Ordnung Opisthobranchia. Hintcrkiemer.
Es ist keine Larve beschrieben mit verlängerten Velarzipfeln, die Medi-
terranformen, wie sie z.B. Tri n diese aus dem Hafen von Genua zeichnet, haben
höchstens seitliche Ausladungen am Velum, die an relativer Ausdehnung noch
nicht an die von Rissoa heranreichen. Damit wird planktonisches Leben
nordischer Hinterkiemerlarven unwahrscheinlich oder doch zeitlich und räum-
lich stark eingeengt. Man könnte den Versuch machen, aus dem Umfange der
geographischen Verbreitung der einzelnen Arten einen Wahrscheinlichkeitsbeweis
abzuleiten auf das Verbreitungsgebiet, d. h. auf die Disposition der Larven zur
pelagischen Lebensweise. Doch käme da sofort, beim Dendronotus arbores-
cens z. B., die Konkurrenz einer zweiten Dispersionsmöglichkeit, indem die
definitiven kriechenden Formen mit losgerissenem Beeren- oder Blasentang
transportiert werden können. Ich beschränke mich daher außer den in der
Einleitung gegebenen Hinweisen (v. o.) lediglich auf
Scyllaea pelagica L.
Fig. lü.
Die Nacktschnecke zeigt nach Form und Farbe Mimicry nach dem Sar-
gassuni, auf dem sie lebt. Die Form betrifft die Anhänge. Der Körper ist
zunächst seitlich zusammengedrückt. Der gebogene Stirnrand, der jederseits
höckerig vorspringt, entbehrt doch der Fortsätze. Eigentliche Tentakel fehlen.
Dagegen sind die Riechfühler oder Rhinophoren stark entwickelt: an der Basis
eingeschnürt, weiterhin zusammengedrückt, hinten geflügelt, oben mit einer
Höhle, in welche die kleine, blättrige Keule zurückgezogen werden kann. Auf
dem schmalen Rücken folgen zwei Paar grobzackiger Rückenpapillen, zusammen-
Fig 19. Scyllaea pelagica.
a von rechts, b von unten, c von oben.
A RIeclitenlakel. B und C Rückenanhänge. D CrLsta auf dem Schwänzende.
E Genitalöffnung. F After. G Mund. H Fuß. Nach G. Cuvier.
Die Gastropoden. V 31
gedruckt und blattartig; sie sind auf der Innenseite mit einer großen Anzahl
kurzstämmiger Kiemenbüscliel besetzt. Das Hinterende trägt einen hohen Kamm,
der wieder mit seinen groben Zacken an das Sargassum gemahnt. Auch der
hat jederseits Kiemenbüschel. An der rechten Seite liegt vorn die Genital-
papille, weiter hinten, zwischen beiden Rückenanhängen oder Notoceraten, der
After zusammen mit dem Nierenporus. Der Fuß ist schmal.
Die Schnecke, deren übrige möglicherweise mit ihr zusammenfallende
Formen die tropischen und subtropischen Meere bewohnen, findet sich im
Bereiche des Golfstromes und kann mit dem treibenden Tang gelegentlich
wohl ziemlich weit nach Norden verschlagen werden, worauf dann zu achten
wäre. Die alten Figuren von Cuvier geben die Kennzeichen scharf genug
wieder.')
Übersicht.
Vielleicht keine Tiergruppe zeigt die Abhängigkeit von der Wärme so
scharf, als die Gastropoden. Wenn andere Klassen oder Ordnungen schwim-
mende Larven haben oder im erwachsenen Zustande pelagisch lebende Ver-
treter stellen, so ist es doch wohl meist so, daß Ordnungen, oder Unter-
ordnungen, oder Tribus, oder zum mindesten Familien durch die Wärme
geographisch gesondert werden, so daß eine größere oder engere Gruppe
entweder Warmwasser- oder Kaltwassergebiete bewohnt. Diese Scheidung
kommt bei den Gastropoden auch vor, aber doch nur in sehr beschränktem
Umfange, insofern, als die Unterordnung der Heteropoden und die Familien der
Janthiniden, Glauciden und Phyllirrhoiden reine Warmwasserformen bleiben.
Im Übrigen haben wir eine Unsumme von Schnecken, deren Larven in den
Tropen und Subtropen an die planktonische Lebensweise angepaßt sind,
während die nächsten Verwandten innerhalb der Gattung oder Familie zwar
bis in die arktischen Regionen vordringen, aber auf die schwimmende Lebens-
weise der Larven verzichten. Von der systematischen Zugehörigkeit ist zu
w,enig bekannt, als daß man über die Beteiligung der Gruppen ein bestimmtes
Urteil abgeben könnte; denn hemipelagische Larven gibt es sicherlich in sehr
vielen Gattungen, und zwar altertümlichen aus dem Paläozoicum wie jüngeren,
die erst im Mesozoicum auftauchen und in Kreide und Tertiär ihren Höhepunkt
erreichen oder erst in der Gegenwart am reichsten aufblühn; Rhipidoglossen
und Toxoglossen mögen etwa die Gegenpole darstellen in dieser Entwicklungs-
reihe. Von den hemipelagischen Larven sowohl der Vorder- als der Hinter-
kiemer wissen wir nicht, ob sie Nahrung zu sich nehmen, was von den
') Hier hätte selbst eine Untersuchung der Pulmonaten einzusetzen, die mit ver-
einzelten Gliedern niederer Gruppen in die Strandregion der nordischen Meere hereinragen,
einzelne Auriculiden, dazu Otina und Oncidium celticum. Meines Wissens hat keine der
hierher gehörigen Formen schwimmende Larven. Oncidium wurde bereits in der Ein-
leitung erwähnt. Die Erwachsenen sind streng benthonisch.
\' 32 Prof. Dr. H Simroth.
ciipelaf^isclien der Warmwassergebiete mindestens zum Teil mit Sicherheit
angenommen werden kann, ts fehlt gänzlich an Untersuchungen über den
Inhalt des Darnikanals. So lassen sich eine Menge Beziehungen zwischen
Benthos und Plankton auffinden, Übergänge, die bis jetzt durchaus verschwom-
men sind, weil das Urteil sich nicht auf genügende Beobachtungen und Tat-
sachen stützen kann. Immerhin lassen sich eine Anzahl Gesichtspunkte und
ninzelheiten herausschälen, die zum mindestens einen Anhalt gewähren können,
worauf künftige Untersucher in erster Linie zu achten haben. Diese mögen
zum Schluß in einer Anzahl von Sätzen zusammengestellt werden.
A. Larven.
1. Es gibt keine schwimmenden Gastropodeneier. Zum mindesten
wird man das behaupten dürfen für das einzelne Ei. Fraglich mag es bleiben,
ob die Laichschnüri' von Phyllirrhoe und den Heteropoden, wenn sie lang
werden, teilweise abbrechen und sich frei schwimmend weiter entwickeln.
Diese würden dann aber jedenfalls in die Warmwassergebiete fallen und vom
nordischen Plankton ausgeschlossen sein.
2. Die Larven beteiligen sich in verschiedenem Grade an den Schwimm-
vorgängen. Man kann wohl über das übliche Maß hinausgehen und drei
Stufen unterscheiden:
a) die Trochophora mit Wimperschnur am Kopf,
b) den einfachen Veliger mit seitlichen Ausladungen der Wimperschnur,
c) den secundären Veliger mit Fortsätzen an den Ausladungen oder
Velarzipfeln.
3. Das Trochophorastadium kommt wahrscheinlich bei keiner
nordischen Schnecke als erste Schwimmform vor. Doch kann man die
Larve von Trodius magiis bei der die Ausbildung eben erst beginnt, wohl
noch zu dieser Larvenform rechnen, und hätte dann bei Rhipidoglossen
den Beginn einer schwimmenden Trochophora.
4. Der einzelne Veliger wird wahrscheinlich bei sehr vielen
Vorder- und Hinterkiemern des Nordens frei und hemipelagisch,
doch in verschiedener Abstufung. Die höchste Stufe erreichen die Hydro-
biiden • Rissoiden.
5. Der secundäre Veliger mit Velarzipfeln ist eupelagisch und
eine Warmwasserform, die nur gelegentlich ins nordische Plankton ver-
schlagen wird — Echinospira (Lamellariiden). Er scheint seine normale Nord-
grenze in der biscayischen See zu haben.
6. Der einfache Veliger der nordischen Gastropoden dürfte lediglich
für die Ausbreitung der Art Bedeutung haben, er nimmt wahrscheinlich
keine Nahrung zu sich, da er nur kürzere Zeit schwimmt. Der secundäre
Die Gastropoden. V 33
Veliger des warmen Wassers nimmt, von vielen Arten wenigstens, zweifellos
Nahrung zu sich, da er beträchtlich an Größe zunimmt.
7. Dem einfachen Veliger des nordischen Planktons fehlen, entsprechend
seiner vorübergehenden Bedeutung, alle weiteren Umbildungen, die der sekundäre
Veliger des warmen Wassers namentlich an seiner Schale erworben hat:
Scaphoconcha der Lamellariiden, Umwandlung des Peristoms zu besonderen
Pforten für die Velarzipfel bei der Sinusigera, Schwebborsten auf der Schale.
8. Die Erhaltung der Art scheint im warmen Wasser vorwiegend
durch eine erhöhte Zahl schwimmender Larven, im kalten durch
bessere Ausstattung und Ernährung des Embryos gewährleistet
z;u werden.
9. Die bessere Ernährung des Embryos kann auf verschiedene
Weise erreicht werden:
a) Vereinigung der Eier in einem Gallertband. Dieser Modus
scheint bei Trochus vorzukommen, insofern als die Embryonen innerhalb des
Gallertlaiches viel später auskriechen als die in den einzelnen Eiern. Ob der
namentlich bei Hinterkiemern so verbreitete Gallertlaich eine ähnliche Bedeutung
hat, ist unbekannt.
b) Durch Vereinigung zahlreicher Dotter in einer Schale. Aus-
nahmsweise kommen solche Fälle auch auf dem Lande und im Süßwasser vor,
bei Gattungen, die sonst die Eier scharf trennen, wie Limax und Limnaea.
Die Ernährung des vorgeschrittenen Embryos auf Kosten der Geschwister ist
aber eine Versorgung, die — möglicherweise — im kalten Wasser vorwiegt.
c) Durch reichere Ausstattung mit Dottervorräten. Sie scheint den
höheren Formen, namentlich den Rhachiglossen, eigen. Die beste Versorgung
durch Viviparität, scheint mir noch kaum ein allgemeineres Urteil zu gestatten.
10. Die unter 8 und 9 gewonnenen Gesichtspunkte treten besonders
deutlich hervor bei dem ersten nordischen Veliger, d. h. dem der Rissoiden
-|- Hydrobiiden (-}- Litiopiden). Er geht vom einzelnen Ei mit nur einem
Dotter aus.
11. Möglich bleibt die Beziehung, die Pelseneer annimmt, zwischen dem
sekundären Veliger und abyssicolen Gastropoden. Feste Anhaltspunkte für die
Beurteilung sind kaum, oder doch nur sehr spärlich verhanden. Die Beschränkung
der sekundären Veliger auf die Warmwassergebiete, das umgekehrte Vorkommen
mancher darauf bezogenen Formen im Norden und die Unterdrückung gerade
dieser Larvenform durch kaltes Wasser machen den Zusammenhang sehr
problematisch.
B. Ausgebildete Gastropoden.
1 2. Die Wege, welche die erwachsenen Schnecken auf das hohe Meer hinaus-
führten, waren verschiedener Art. Man kann wohl folgende auseinanderhalten:
Nord. Plankton. 3
V 34 Prof. Dr. H. Simroth.
a) dauernd an Fremdkörpern, namentlich losgerissenen Tangen,
b) vorübergehende Befestigung an schwimmenden Fremdkörpern, die eine
Umbildung des Fußes bewirkte,
c) Gleiten an der Wasseroberfläche in umgekehrter Lage,
d) aktive Schwimmbewegungen durch seitliche Integumenterweiterung, Para-
podien und Epipodien, seltner durch ein Kopfsegel,
e) Umgestaltung des Körpers zur Fischform, anfangs vermutlich vermittelt
durch parasitäre oder symbiotische Befestigung an Coelenteraten.
Es läßt sich ohne weiteres beweisen, daß alle diese Modifikationen ihre
Wirkung in erster Linie im warmen Wasser äußerten. Hier kommt es nur
darauf an, zuzusehen, wieviel davon im Kaltwassergebiet geblieben ist, und da
zeigen sich wieder verschiedene Übergänge.
a) Warmwassergebiet: Scyllaeiden an Sargassum.
Übergänge: Verschlagen derselben an die irische Küste unter Übertritt
der Schnecke auf benthonische Tange. Vermutlich dazu gelegentliche Ver-
breitung von anderen Gymnobranchien, wie Dendronotus, an losgerissenen
Blasentangen, ebenso von Prosobranchien, Hydrobiiden, Patelliden u. a.
Der Frost des Winters macht es unwahrscheinlich, daß solcher gelegent-
liche Transport im nordischen Plankton eine Übergangsstufe zu dauernden
Verhältnissen, also eine beginnende Neuschöpfung darstellt.
b) Warmwassergebiet: Die Heteropoden, die in der primitiven Form der
Atlantiden sich noch vielfach anheften.
Übergänge: Verschlagen der Carinaria mediterranea, während die Atlantiden
selbst sich vollkommen aus dem kalten Wasser fernhalten. Als Neu-Anpassung
scheint dieser Modus im nordischen Plankton ausgeschlossen.
c) Warmwassergebiet: Das Gleiten an der Oberfläche hat in doppelter
Richtung zu planktonischen Formen geführt,
« durch Benutzung des Schleimbandes: Janthiniden,
ß durch Schwebfortsätze und Darmgase: Glaucus.
Übergänge: Nur der erstere Modus führt ins nordische Plankton über
janthiniden werden gelegentlich in die britischen Gewässer verschlagen. Zahl-
reiche Vorderkiemer können andererseits an dem durch die Sohle erzeugten
Schwimmband gleiten, doch wird das Vermögen beschränkt durch die Unfähig-
keit, sich in bewegtem Wasser zu halten. Nur eine Ausnahme scheint zu
existieren: Die Hydrobiiden -j- Rissoiden (-[- Litiopiden, letztere im Warm-
wassergebiet). Hier scheint in der Tat eine sich bildende Neuerwerbung vor-
zuliegen, wobei es noch der Aufklärung bedarf, wieviel auf Rechnung der
Fußdrüse, wieviel auf die Sekretion der Hypobranchialdrüse entfällt. Allerdings
dürfte auch wieder der Winter eine Schranke setzen, der die Einrichtung
schwerlich zu einer dauernden werden läßt.
Die Gastropoden. V 35
d) Warmwassergebiet: Parapodien und Epipodien haben zu den Ptero-
poden geführt, deren weit überwiegende Mehrzahl in den Tropen und Subtropen
lebt. Eine beginnende Neuanpassujig scheint in denselben Gebieten Aplysia
(= Tethys autt.) darzustellen.
Übergänge: Die Bulliden und Tethys (= Aplysia autt.) schwimmen
gelegentlich, doch nimmt diese Fähigkeit progressiv mit der Temperatur-
erniedrigung ab.
e) Warmwassergebiete: Freie Bewegung durch Umformung des Körpers
zur Fischgestalt liegt in der Linie Cephalopyge-Phyllirrhoe. Erstere haftet
noch mit Hilfe der Fußdrüse an Siphonophoren, letztere schwimmt völlig frei.
— Übergänge ins nordische Plankton scheinen zu fehlen.
Das Endergebnis ist wohl mager genug, in der Hauptsache negativ, einige
Warmwasserformen werden gelegentlich ins nordische Plankton verschlagen;
sonst werden in ihm alle echten Anpassungen an die pelagische Lebensweise
unterdrückt, mit einer einzigen positiven Ausnahme. Sie betrifft die Hydro-
biiden -\- Rissoiden des Litorals, kleine Schnecken, welche mehr als irgend
ein anderes marines Gastropod Beziehungen zur Süßwasserfauna haben, zu
der zahlreiche Gattungen der kaum zu trennenden Familien gehören. Sie zeigen
ebenso im larvalen wie im erwachsenen Zustand beim Übergang ins Meer
progressive Übergänge zur planktonischen Lebensweise.
Alle weitere Klärung muß der Zukunft überlassen bleiben.
^lachtrag.
Während der Drucklegung erschien eine einschlägige kurze Bemerkung
über die Fortpflanzung der englischen Arten von Littorina*) von Tattersall
(Athenaeum 13. Febr. 1909, S. 203—204). L. littorea, die nur bei tiefstem
Ebbestand der Atmosphäre ausgesetzt ist, legt die Eier in Cocons ab von
der Gestalt eines Panamahutes, die nicht befestigt zu werden scheinen und
daher bisher sich der Beobachtung entzogen; die Larve schlüpft als Trocho-
phora aus und wird nachher erst zum Veliger. Bei L. obtusata, die bei
gewöhnlicher Ebbe über Wasser kommt, schlüpft die Larve gleich als Veliger
aus. L. rudis und neritoides, welche an der Hochwassergrenze leben, sind
vivipar. Wieweit die Veliger sich vom Ufer entfernen, erfahren wir indes nicht.
*) B. B. Woodward. Darwiniom and Malacology. Presidential address Proceed.
malac. soc. London VIII. July 1909.
Inhalts-Übersicht.
Vorbemerkung 1
Einleitung 1
1. Ordnung: Prosobranchia, Vorderkiemer 8
1. Unterordnung: Heteropoda, Kielfüßer 8
Carinaria Lamarcki 9
Pterotrachea 11
Fam. Janthinidae 12
Janthina fragilis und globosa 13
„ exigua 14
Fam. Laniellariidae 15
Echinospira diaphana 17
„ aus Biskayischem Golf 18
„ von M'lntosh 18
Oncidiopsis groenlandica 20
Velutina 20
Typische Schwimmlarven des nordischen Planktons . . . .21
Hydrobia ulvae 21
Rissoa s. Rissoia 23
Zweifelhafte Formen aus der Biskaya-See 24
Columbella haliaeti 25
Natica 26
Die gewöhnlichen Larven der nordischen Prosobranchien . . .27
2. Ordnung: Opisthobranchia, Hinterkiemer 30
Scyllaea pelagica 30
Übersicht " . . 31
a. Larven 32
b. Ausgebildete Gastropoden 33
V. Die Acephalen
des nordischen Planktons.
Von
Prof. Dr. H. Simroth, Leipzig.
Muscheln sind Bodentiere, wie kaum irgend eine andere Gruppe, an
das Wasser so fest gebunden, daß es sich nur bei marinen um zeitweiliges
Ertragen der Exposition an die Atmosphäre handeln dürfte, bei tiefem Ebbe-
stand. Das scheint allein festgewachsene oder durch den Byssus angeheftete
Formen zu betreffen, die Baumaustern etwa an den Mangroven tropischer
Küsten, Mytilus bei uns. Die große Masse verbirgt sich im Schlamm und
zwar, wie es scheint, so weit, als er nicht bloß durchfeuchtet, sondern ganz
von Wasser durchsetzt ist, ohne Lücken mit gasförmiger Luft. Für das Süß-
wasser dürfte die Regel gelten, daß keine Muschel unter natürlichen Be-
dingungen jemals außer Wasser liegt, es wäre denn bei passivem Transport
durch die Luft, wenn sie sich an den Beinen eines Insektes, Molches oder
Vogels festgeklemmt hat.
Diese strenge Einseitigkeit erklärt auch den völligen Mangel jeder Sonder-
erwerbung für die Anpassung an die Luft. Ausgeschlossen selbst von vorüber-
gehender Exposition an die Luft scheinen alle Formen, die längere Siphonen
aus der Schale herausstrecken und damit den dichten Schalenschluß eingebüßt
haben. Allein die hermetisch schließenden Schalenhälften, deren ursprüngliche
Entstehung als Schutzmittel gegen Trocknis noch problematisch ist, befähigen
die Tiere zu vorübergehendem passiven Aufenthalt in der Atmosphäre.
Etwas weniger scharf ist die oecologische Einengung gegenüber dem
freien Wasser. Die Grenzen dürften sich allmählich erweitern in der Richtung
vom Süßwasser zum Meere. Die vorgeschrittenste Brutpflege haben die
Cycladiden des Süßwassers, welche die Jungen in völlig ausgebildetem Zu-
stande aus den Bruträumen entlassen. Die Najaden entleeren sie auf einem
früheren larvalen Stadium, das aber noch streng an den Boden gebunden ist
und durch Parasitismu seine Metamorphose vollendet, auch die aus den
Kiemen ausgestoßenen Glochidien bleiben am Boden liegen, bis ihr langer
Byssusfaden an der Bauchseite eines darüber hinstreichenden Fisches oder
einer Quappe haftet. Dreissensia endlich bildet die larvale Schwimmform
V 38 Simroth.
aus, welche die Verwandlung in das planl<tonische oder liemiplanktonische
Leben verlegt.
Dieser auf die Entwicklung gegründeten Kette entspricht die choro-
logische. Die Cycladiden steigen bis in die Seen unserer Hochgebirge auf,
die Najaden machen in mittleren Höhen Halt, Dreissensia beschränkt sich auf
die Flußläufe und Seen des Flachlandes.
Die Reihe läßt sich in allgemeinen Zügen in das Meer hinaus verfolgen.
Die Stufe der Cycladiden mit vollkommener Brutpflege verschwindet.
Die Stufe der Najaden beschränkt sich auf die anfängliche Brutpflege
in der Kieme, an Stelle des darauf folgenden Parasitismus tritt die hemi-
pelagische Larve der nächsten Stufe.
Die Stufe der Dreissensia mit dem Velum wird die herrschende.
Als vierte und letzte Stufe löst sich die Muschel in ihrer definitiven
Gestalt vom Boden und wird eupelagisch.
Die vierte Stufe wird, so viel wir wissen, nur von der kleinen Plank-
tomya erreicht, welche die Plankton-Expedition erbeutete. Dabei fehlt noch
der Nachweis, ob die Muschel auf hoher See geschlechtsreif wird, oder vor-
her anlandet. Die gleichmäßige Verbreitung bis in die Mitte des Oceans,
wohin ihr keine Bivalvenlarve zu folgen scheint, spricht für das erstere.
Planktomya scheidet aber aus dem nordischen Plankton aus, weil sie nach
der Ausbeute der Plankton-Expedition eine reine Warmwasserform ist, so gut
wie alle eupelagischen Gastropoden mit einziger Ausnahme einiger Ptero-
poden. Ob sich die Grenze auch südwärts einhalten läßt, mag dahin ge-
stellt bleiben. Die Valdivia-Expedition hat ähnliche, noch nicht veröffentlichte
Formen aus tieferem und damit kälterem Wasser heimgebracht. Auf der Nord-
hemisphäre ist davon nichts bekannt.
Somit bleibt für das nordische Plankton lediglich als allgemeine hemi-
pelagische Erscheinung der Ve liger. Als ganz vereinzelt konvmt dazu noch
eine höchst eigentümliche Vorstufe bei Yoldia, die durch Drew nach-
gewiesen wurde, eine Larvenform, die erst durch eine Metamorphose ins
Veligerstadium und durch dieses in die definitive Form übergeht (s. u.).
Es ist nicht leicht, für diese Larve eine Erklärung zu finden. Mir scheint
eine doppelte Möglichkeit gegeben. Yoldia, wiewohl auch in der Antarctis
und Snbantarctis weit verbreitet, gilt doch als typische Nordform, und die
Yoldiazeit der Ostsee, in welcher die aus dem Weissen Meere eingedrungene
Muschel im baltischen Meere herrschte, gilt für deren kälteste Periode während
oder unmittelbar nach der Eiszeit. Andererseits hat Yoldia in ihrer Anatomie
und Biologie Züge bewahrt, die ihr ein sehr hohes Alter zusprechen. Mit
Trigonia und Nucuia teilt sie noch den Kriechfuß, ebenso ist die Otocyste
s. Statocyste in einen seitlichen Canal verlängert, der allerdings nicht mehr
nach außen durchbricht, sondern blind endet, immerhin aber als a tavistisch
gelten darf. Über diese altertümlichen Verwandten greift jedoch der Ge-
brauch der Mundlappen oder Lippenfühler bei Yoldia wohl noch weit zurück,
Die Acephalen. V
wenn sie nach Drew's Beobachtungen nicht, wie bei anderen Muscheln, das
mit dem Atemwasser aufgenommene Mikroplankton in den Mund leiten, sondern
frei in den Mud vorgestreckt werden, um aus ihm die Kleintierwelt dem
Munde zuzuführen. Die Methode erinnert an die Grabfüsser oder Scapho-
poden, nur daß diese noch an den Fühlern besondere Greifwerkzeuge oder
Captacula aus umgewandelten und vergrößerten Sinnesknospen ausgebildet
haben. Auf jeden Fall rückt Yoldia in die altertümlichste Gesellschaft hinein.
Man könnte also die primäre Yoldialarve, wie wir sie wohl bezeichnen
können, entweder als secundäre Erwerbung, etwa in Anpassung an die Eiszeit,
betrachten, oder man erblickt in ihr ein uraltes Erbteil, das bis an die Wurzeln
des Mollusken-Typus zurück reicht. Nun wird in der Literatur bereits, z. B,
von Hescheler, auf die Ähnlichkeit jener Larve mit der von Dondersia hin-
gewiesen, d h. auf die einzige von Solenogastren etwas genauer bekannte
Jugendform. Ich wiederum habe deren Rückenplatten, die an vereinfachte
Rückenschalen der Chitonen erinnern, verwendet, um beide einander nächst-
stehende Formen nicht von den Turbellarien, sondern von den verwandten
Gastrotrichen abzuleiten. Diese ganze Kette von Argumenten würde die in
ihrer Herkunft und Verwandtschaft bisher absolut dunkeln Lamellibranchien
endlich in eine etwas bestimmtere Beziehung bringen, und damit würde das
nordische Plankton für unsere Gruppe das wichtigste Dokument enthalten.
Wenn nach dieser Auffassung die nordischen Muscheln eine allerälteste
Larvenform bewahrt haben und überaus konservativ geblieben sind, dann
wird es weniger überraschen, daß sie auch die sekundäre Larve, den Veliger
kaum verändert haben und alle jene oben erwähnten Anpassungen, welche die
Gliederung der Klasse ausmachen, erst nach Vollendung der hemipelagischen
Schwärmzeit und nach dem Anlanden am Boden erwarben. Das aber macht
die ungezählten Lamellibranchienveliger zu einem taxonomisch äußert un-
günstigen Bestandteil des nordischen Planktons, welches den Bearbeiter in
die unangenehmste Bedrängnis bringt; denn er findet nirgends Anhalt, die
schwimmenden Jugendformen zu erwachsenen in bestimmte Abhängigkeit
zu setzen.
Wir haben somit im nordischen Plankton von Acephalen zwei Formen
zu unterscheiden, den Veliger und die Yoldialarve.
Der Veliger.
Es ist sehr bezeichnend, daß alle Veliger, soweit bekannt, zwei
Schließmuskeln haben, in der typischen Lage der Dimyarier, allerdings nicht
unter gleichzeitiger Anlage beider; der vordere Adductor entsteht vielmehr über
dem Vorderdarm zuerst, später unter dem Enddarm der hintere. Es ist
kaum nötig, hier den bekannten Hinweis zu wiederholen, daß das Veliger-
stadium mit nur einem Adductor zu den Monomyariern keine phylogenetischen
Beziehungen hat, denn diese haben auch den hinteren Muskel ausgebildet, der
dem jungen Veliger noch fehlt. Die Umbildung zum Hetero- oder Monomyarier
vollzieht sich also erst nach der Schwärmzeit mit dem Beginn der benthonischen
V 40 Simroth.
Lebensweise. Diesen Satz zu erweisen, mö^en zwei Autoren genügen, von
den älteren Lov^n'), von den neueren Stafford^).
Schon die Tatsache, daß Lov6n seine Arbeit in vollem Bewußtsein von
der noch fortdauernden Geltung seiner vielfach fragmentarischen Beobachtungen
30 Jahre nach ihrem ersten Erscheinen durch Übersetzung ins Deutsche der
Wissenschaft bequem zugänglich machte, beweist, wie langsam die Fortschritte
auf diesem Gebiete sind. In der Tat gelang ihm die konsequente Verfolgung
der Entwicklungsgeschichte nur bei einigen besonders geeigneten Formen.
Modiolaria, in Ascidien hausend, konnte im Aquarium leicht gehalten und
zum Ausstoßen von Eiern und Sperma gebracht werden; Cardium legte kleine
Eier in die Schale ab, Montacuta behielt die Embryonen eine Zeit lang bei
sich. Mytilus erlaubte die spätere Entwicklung erst an den Jungen zu beobachten,
die bereits am Byssus der Alten saßen. Von den Veligern aber, die pelagisch
schwimmend gefischt wurden, ließ sich die Gattung nur im allemeinen ver-
muten, wohl nach geringen Differenzen der Schalenform. Lovön denkt an
Mya, Teilina, Mactra, Saxicava, Macula, doch ohne jede Sicherheit. Alle
waren Dimyarier.
Stafford gab sich die größte Mühe, unter den schwimmenden Larven
die der canadischen Auster herauszufinden (2). Das scheint um so wichtiger,
als andere Beobachter, auf amerikanischer und europäischer Seite, in dieser
Hinsicht keine Schwierigkeiten fanden. Der Grund ist einfach genug: sie
arbeiteten in mehr oder weniger abgeschlossenen Austernparks, wo andere
Muscheln ganz fehlen oder zum mindesten stark in den Hintergrund treten, ja
wo man selbst künstliche Befruchtung ausführt und Reinkulturen erzielt. Hier
scheinen also Staffords Erfahrungen besonders maßgebend; denn er war auf
die neubegründete canadische biologische Station angewiesen, arbeitete also
auf freiem Boden.
Im Sommer, vom Juli an, war das Wasser oft von Muschellarven dicht
bevölkert, so daß die übrige planktonische Lebewelt dagegen ganz in den
Hintergrund trat, ähnlich wie es Apstein in holsteinischen Seen fand, nur daß
dabei allein die Dreissensia in Frage kam, während der Meeresboden die alier-
verschiedensten Gattungen und Arten beherbergte. So geraten selbstverständ-
lich oft genug Massen von Lamellibranchienveligern ins Planktonnetz. Wir
sind auf den bestbekannten zunächst angewiesen, d. h. auf den der Auster.
Der Veliger von Ostrea.
Fig. 1.
Das diagnostische Merkmal, welches Stafford zur Erkennung der Auster-
larven führte, war merkwürdigerweise kein morphologisches, sondern ein oeko-
') S. Loven. Beiträge zur Kenntnis der Entwicklung der Mollusca Acephala Lamelli-
branchiata. Aus den Abhandlungen der Schwed. Ac. d. Wiss für das Jahr 1848 im Aus-
zug übersetzt. Mit 6 Kupfertafeln des Originals. Stockholm 1879.
2) J. Stafford. The Larva and Spat of the Canadian Oyster. a) amer. Natu-
ralist XXXIX. 1905. S. 42—44. b) ibid. XLIII 1909. S. 31—47. c) ibid. XLIV
1910. S. 343 -366.
Die Acephalen.
V 41
logisches, die rotbraune Färbung nämlich, die auch den alten eigen sein soll
und von ihm auf die Farbe des Meeresbodens zurückgeführt wird. Das
Merkmal hat leider nur lokalen Wert.
Morphologisch kommt vor allen Dingen der Umstand in Betracht, daß
die planktonische Larve während des pelagischen Lebens, das ungefähr einen
Monat dauert, Nahrung aufnimmt und auf etwa die dreifache Länge heran-
wächst, womit wesentliche Veränderungen verbunden sind. Sie betreffen zumeist
die Schale. Sie ist anfangs gleichklappig und symmetrisch. Die gerade
ad
H
Fig. 1.
Jugendstadien der canadischen Auster, A— G freischwimmende Larve, H junge Muschel
nach dem Festsetzen. A— C Endstadium der pelagischen Larve, A und C von links, B
von rechts. D und E ebensolche Larven, schwächer vergrößert, D schwimmend, E mit
dem Velum am ObjekUräger haftend, F und G Frontalschnitte durch eine solche Larve,
welche den wechselnden unteren Umriß des Fußes zeigen, I jüngste Larve mit noch
symmetricher Schale a After, ad Vorderer Schließmuskel, au Larvenauge, f Fuß, h Aus-
schnitt des Fußes (Hacke», i Darm, 1 Leber, m Mantel, mu Mund, oe Oesophagus,
ot Otocyste (Statocyste), pd Hinterer Schließmuskel, pg Pedalganglion, s Larvenschale
(Prodissoconcha), s' Definitive Schale, st Magen, v Velum. Nach I. Stafford.
Schloßlinie tritt deutlich hervor, da sie den obersten Rand bildet. Mit dem
Wachstum erheben sich aber die Umbonen, schräg nach oben und hinten
gerchtet, über die Schloßlinie, die jetzt nur noch undeutlich wahrnehmbar ist.
V 42 Simroth.
Damit beginnt aber die für die Gattung charakteristische Asymmetrie. Die
linke Schale wird größer und wölbt sich stärker, da sich die Larve nachher
mit ihr festsetzt. Sie folgt damit einem allgemeinen Gesetz, wonach, um den
Ausdruck zu gebrauchen, die Rechtshändigkeit im Tierreich vorwiegt. Unter
den Weichtieren zeigens namentlich die Gastropoden mit ihrer überwiegend
rechts gewundenen Schale und der rechts gelegenen Genitalöffnung. Ent-
sprechend bleibt auch bei der Auster die rechte Körperhälfte die beweglichere.
Auf diesem zweiten Stadium der planktonischen Periode ist also die Auster-
larve bereits gut gekennzeichnet und von den übrigen Muschellarven zu unter-
scheiden. Das ist aber auch das wesentlichste Merkmal, es beruht auf der
Richtung der Umbonen oder Schalenwirbel und der Asymmetrie der beiden
Hälften der Prodissoconcha, an die sich erst nach der Anheftung auf dem Boden
die definitive Schale unter stumpfem Winkel anschließt.
Von sonstigen Eigenheiten mögen folgende genannt sein, nach Stafford
a. Larvale Organe.
Das Velum vor dem Munde, mit besonderen Muskeln, die von einer
„Chitinösen" oder wohl conchinösen Stelle der Schale entspringen. Bei Erschütte-
rungen wird es eingezogen unter gleichzeitigem Schluß der Schale, also wohl
unter entsprechendem Zusammenhange des nervösen Apparates. Die Larve be-
ginnt zu sinken, im Gefäß bis auf den Boden, in freier See wohl nur, um in
tieferen, ruhigeren und wohl^ nach Bedarf auch kühleren Wasserschichten sich
wieder zu entfalten. Denn die Muschellarven fehlen bei stürmischem Wetter
an der Oberfläciie. Die Nahrungsaufnahme ist ebenso von der Entfaltung des
Velums abhängig. Denn es zieht bei seiner Ausbreitung zugleich den Mund,
der jetzt trichterförmig geöffnet ist, nach vorn. Wahrscheinlich dient der
Schlag seiner Geißeln gleichzeitig zur Beförderung von Mikroplankton in den
Mund.
Augenflecken sind vorhanden.
Oto Cysten oder Statocysten, die später infolge der Sessilität schwinden,
sind vorhanden. Stafford sah ein Dutzend Otoconien darin; auch Lacaze-
Duthiers gibt für die Larve der europäischen Auster, die nach Ryder der
amerikanischen absolut gleichen soll, mehrere an.
Auch den Fuß sah Stafford bei den älteren Veligern sich deutlich ent-
wickeln, während er von den früheren Untersuchern vermißt oder für ru-
dimentär gehalten wurde. Er kann völlig aus der Schale hervorgestreckt werden;
die Larve bedient sich seiner, um die Spitze auf die Schale hinaufzuschlagen
und sie von Fremdkörpern zu reinigen. Das wird besonders nötig, nachdem
sie zu Boden gesunken ist und leicht von Detritus überschüttet wird. In diesem
Stadium wird der Fuß auch noch als regelrechtes Locomotionsorgan gebraucht,
um eine passende Stelle zum Anheften aufzusuchen. Auf Querschnitten erschien
die ventrale Fläche des Fußes teils konvex, wie etwa bei einer Najade, teils
abgeplattet, teils vertieft. Die Vertiefung deutete auf die Anlage einer Bys-
susdrüse. Doch blieb es fraglich, wieweit eine solche zur Ausbildung gelangt
Die Acephalen. V 43
und ob sie bei der ersten Befestigung sich beteiligt. Die weitere definitive
erfolgt natürlich durch das Periostracum. Es mag nebenbei bemerkt sein, daß
gelegentlich bereits bei dem Veliger mit noch gleichklappiger Schale ohne
Umbone eine vorläufige Fixation an einer festen Unterlage vorzukommen
scheint, wobei es allerdings fraglich ist, ob solche auch zur normalen Entwick-
lung im freien Meere gehört.
Auch die Pedalganglien sind, im Zusammenhange mit den Otocysten und
dem Fuß, normal angelegt. Ihre Rudimentation gehört also zur postlarvalen
Entwicklung. Die Vermutung liegt nahe, daß der minimale Umfang bei der
erwachsenen Muschel weniger auf eine Rückbildung als auf die Stabilität des
larvalen Organs hinausläuft.
Der vordere Schließmuskel oder Adductor anterior ist bereits
erwähnt,
b. Bleibende Organe.
Vom Darm liegen Mund, Oesophagus und After in der Medianebene.
Der gewundene Hauptteil biegt asymmetrisch nach links aus. Mit dem Velum
schwindet die Beweglichkeit des Mundes.
Allmählich spriessen die Palpen oder Mundlappen heraus, ebenso die
Kiemen, letztere als eine noch geringe Anzahl knöpf- bis fingerförmiger Er-
hebungen, die auf einer gemeinsamen Leiste stehen. Die rechte und linke
Leiste stoßen hinten in der Mittellinie zusammen. Die Anlage entspricht den
inneren Kiemen der canadischen Auster. Die Correlation zwischen der Ent-
wicklung der Labialtaster und der Kieme leuchtet ein. Beim Veliger sorgt das
Velum sowohl für die Atmung wie für die Nahrungszufuhr, bei der bentho-
nischen Muschel bringen die Kiemen zugleich die mikroplanktonische Nahrung,
welche durch die Taster in den Mund geleitet wird.
Die Länge der Larven, welche im Hochsommer, wie erwähnt, etwa einen
Monat planktonisch zubringen, schwankt zwischen 7? und reichlich V3 mm.
Wir geben die Länge und Höhe, wie sie Stafford gemessen hat, ausführlich
wieder, deshalb weil das Verhältnis durchaus nicht konstant zu sein scheint, ein
Umstand, der für die Unterscheidung der verschiedenen Arten wohl von Be-
deutung sein kann, worauf wir gleich zurückkommen.
a
b
c
d
e
f
g
g sind die Maße der larvalen Schale oder der Umbone an einer bereits
sessilen und weiter gewachsenen Auster („spat"), sie werden von Stafford als
Maximum genommen.
Länge
Höhe
; in
0/0 der L
0,138 mm
0,131
mm =
= 95,70/0
0,144 „
0,138
„ —
- 95,10/0
0,241 „
0,207
»
= 85,90/0
0,276 „
0,241
V
- 87,30/0
0,345 „
0,296
»
- 88,70/0
0,372 „
0,345
»
- 92,70/0
0,384 „
0,369
» ^^
= 96,1 0/0
V 44 Simroth.
Wie man aus dem in Prozenten ausgedrückten Verhältnis zwischen
Schalenlänge und -höhe, das ich hinzugefügt habe, ersieht, sind die Schwankungen
in den Schalenumrissen nicht unbeträchtlich, da sie über '/lo ausmachen. Auch
läßt sich kaum eine gesetzmäßige, vom Wachstum abhängige Umbildung
erkennen. Die Schwankungen dürften vielmehr individuell sein, und die Zahlen
bedeuten etwa die Amplitude der larvalen Variabilität.
Über die Entfernungen, weiche die planktonische Austernlarve zurückzu-
legen vermag, wissen wir fast nichts. Jackson macht wenigstens die Angabe,
daß er welche gefischt hat in etwa 1 engl. Meile Entfernung von der
nächsten Austernbank. Man kann wohl fragen, ob nicht doch vereinzelte auch
außerhalb der Bank vorkommen. Ebenso wären wohl Strömungen zu beachten
oder dergl.
Andere Larven.
Wie Stafford sagt, ist es ihm gelungen, wenigstens noch zwei andere
planktonische Muschellarven unter der Menge zu erkennen, die von Mytilus
und von Venus mercenaria. Die ausführliche Begründung soll erst später er-
folgen. Es ist immerhin wenig genug, denn er macht 13 Gattungen namhaft,
die an der Untersuchungsstation vorkommen und auch wieder nur einen Bruch-
teil der dortigen Muschelfauna darstellen. Das erste Merkmal soll das Ver-
hältnis der Schalenlänge, der Schalenhöhe und der Länge des Schloßbandes
sein. Die Angaben lauten:
Länge Höhe Länge der Schloßlinie
Mytilus 15 10 11
Venus 15 13 10
Auster 15 13 7
Es ließen sich wohl nach den in der Literatur zerstreuten Abbildungen
noch einige ähnliche Maße zusammenstellen, doch würde schon der dritte
Faktor, die Länge des Schlosses, kaum abzulesen sein. Ohne diesen aber
würden die Maße, wie man aus dem Vergleich von Venus und Ostrea ohne
weiteres ersieht, wertlos sein, ich habe daher von dem Versuch absehen zu
sollen geglaubt.
Das Ergebnis ist mithin ein sehr dürftiges; und man kann sich höchstens
fragen, auf welche Weise dem Übel am besten beizukommen und die Lücke
allmählich auszufüllen ist. An der Auster ist wohl ohne weiteres ersichtlich,
daß die pelagische Lebensweise der Larve mit dem Wärmemaximum zusammen-
fällt. Die Schwärmzeit setzt erst ein ungefähr einen Monat nach dem höchsten
Sonnenstande, wenn Luft und Wasser ihre höchste Temperatur erhalten. Das
fällt zusammen mit dem Gesetz, wonach der Übergang zu pelagischer Lebens-
weise durch Wärme angeregt wird. Wie die Gastropoden, dürften auch die
Muscheln durch die Wärme zum planktonischen Schwärmen veranlaßt sein.
Doch leuchtet es alsbald ein, daß das Optimum für die beiden Molluskenklassen
vermutlich verschieden ist. Die pelagischen Gastropoden sind fast durchweg
reine Warmwasserformen, mit wenigen Ausnahmen neuer und abweichender
Die Acephalen. V 45
Anpassung. Das -Gros der marinen Lamellibranchien hat dagegen, wie es
scheint, den schwärmenden Veliger gleichmäßiger entwickelt. Umgekehrt aller-
dings scheint bei ihnen auch eine biologische Einengung am Platze. Der
Gastropodenveliger ist weit vielseitiger, denn zu ihm gehören alle die Larven
des warmen Wassers, die Sonderanpassungen an lange Wanderungen darstellen,
Echinospira, Macgillivrayia, Sinusigera, Brownia etc. Zwar bei allen scheint
die Schale, die später als Apex an der definitiven Schale noch abgesetzt ist,
eine spezifische Jugendausbildung zu sein, die man der Prodissoconcha der
Muscheln an die Seite stellen könnte; aber die Unterschiede sind bei den
Gastropoden nach Form, Struktur und Umfang weit größer als bei den
Lamellibranchien; ja die letzteren würden selbst dann nicht entfernt an den
Reichtum der pelagischen Gastropodenlarven heranreichen, wenn sich heraus-
stellen sollte, daß Planktomya keine erwachsene, sondern eine eupelagische
Jugendform wäre.
Wie ist die große Differenz zu erklären? Wie mir scheint, durch die
verschiedene Amplitude der Klassen. Die Gastropoden sind ursprünglich Land-
formen, die in großem Wechsel nach Zeit und Ort ins Meer eingewandert
sind, daher ihre Veliger, wenn auch auf derselben morphologischen und
biologischen Grundlage erwachsen, doch die Differenzen der terrestrischen
Vorstufen in allerlei Sonderausprägungen zum Ausdruck bringen. Bei den
Lamellibranchien dagegen hat der Veliger eine weit höhere phylogenetische
Bedeutung für die ganze Klasse. Die Vorfahren waren, soweit sie bereits
Molluskenmerkmale hatten, niemals Bewohner des Landes, und so hat sich bei
allen den marinen früh der Veliger entwickelt, noch bevor die Spaltung in die
verschiedenen Ordnungen eintrat. Die Palaeontologie lehrt, daß in den ältesten
Schichten die Muscheln über die Schnecken überwiegen; das kann zum guten
Teil in der terrestrischen Natur der ältesten Gastropoden begründet sein;
jedenfalls zeigt es die frühe Entwicklung der Muscheln im Meere. Somit ist
ihr Veliger eine palingenetische und archimorphe Erwerbung, und darauf be-
ruht wohl auch sein Gleichmaß nach anatomischem Bau, Größe und zeitlicher
Beschränkung, sowie seine geringe Abhängigkeit von den Breitengraden, d. h.
von der Temperatur.
Vielleicht könnte die Wärmebeziehung, welche die Schwärmzeit der
meisten nordischen Muschellarven in den Hochsommer zu verlegen scheint,
Anlaß geben zu bestimmterer Rechnung und Determination. Man könnte
nämlich die Laich- und Schwärmzeiten einzelner Formen mit deren allgemeiner
geographischer Verbreitung vergleichen und untersuchen, ob etwa Formen, die
nach ihrer Verwandtschaft nicht dem Norden angehören, in wärmeren Meeren
früher schwärmen und umgekehrt. Leider fehlen aber die Unterlagen für die
Beurteilung des einen Faktors, die Kenntnis nämlich der Schwärmzeiten.
Immerhin wird im nachstehenden eine ähnliche Rechnung aufgestellt.
V 46 Simroth.
Die Protobranchia.
Nach Pelseneer's Einteilung, die sich in erster Linie auf die Kiemen
stützt, bilden die Protobranchia die unterste und einfachste Stufe der Lamelli-
branchien. Das gleichmäßig taxodonte Schloß und der mit einer Kriechsohle
versehene Fuß unterstützen die Auffassung so gut, wie der oben erwähnte
Blindkanal an der Statocyste und die freie Nahrungsaufnahme, wenn auch
die anatomischen Charaktere wohl nicht überall nachgewiesen und geprüft
sind. Wichtig ist das von Pelseneer untersuchte Verhältnis zwischen den
Genital- und Excretionsorganen. Die Gonade mündet ins Pericard, die Zeu-
gungsstoffe wandern von hier durch die Niere, welche noch die Gestalt eines
gekrümmten Schlauches hat, nach außen, in der gleichen Anordnung wie bei
den Aplacophoren oder Solenogastren, auf die ja die Entwicklung hinweist.
Betonen mag man dabei, mit Hinblick auf den übereinstimmenden Veliger
der übrigen Muscheln, die Nebensächlichkeit früher in den Vordergrund ge-
stellter Merkmale. Wir finden Siphoniaten und Asiphoniaten dicht neben
einander; die hintere Verbindung der Mantelränder, die Entwicklung der
Siphonen und die dadurch bedingte sinupalliate Mantellinie an der Schale
sind also nur von secundärer Bedeutung, indem sie leicht durch die Lebens-
weise, die wieder mit der Beschaffenheit des Grundes zusammenhängt, ab-
geändert worden sind. Die einfache Kieme, deren äußere und innere Fiedor-
blättchen kurz und nicht, wie bei höheren Formen, eingeknickt sind, wechselt
doch noch in den relativen Größenverhältnissen dieser Blättchen so sehr
daß Fischer die beiden Familien, welche Pelseneer unter den Proto-
branchien vereinigt, weit auseinanderreißt und die Nuculiden seinen Tetra-
branchien, die Solenomyiden seinen Dibranchlen einverleibt. Da es sich aber
nur um kurze und ziemlich kompakte Kiemenblättchen handelt, so sind die
Unterschiede gerade hier unerheblich, so daß Pelseneer's Einteilung durchaus
berechtigt erscheint.
In der Einleitung habe ich besonders darauf hingewiesen, daß die auf-
fällige Larve, auf welche es hier ankommt, dem nordischen (arktischen und
antarktischen) Plankton eigentümlich zu sein scheint. Um den Wert dieser
Feststellung besser würdigen zu können, scheint es mir angezeigt, die
geographische und palaeontologische Verbreitung der Protobranchien kurz zu
betrachten. Denn sie ergibt mit völliger Schärfe die Abhängigkeit von der
Pendulationstheorie, woraus dann die Bedeutung der Larve ohne weiteres
folgt. Es wird genügen, hier Fischers Angaben zur Geltung zu bringen.
Verbreitung der Protobranchien.
Fam. Nuculidae.
Die Familie umfaßt nach Fischer 7 Unterfamilien, von denen aber die
letzte, nur fossil bekannte, ganz unsicher ist und daher besser ausscheidet,
wiewohl sie in das geographische Schema passen würde. Die Unterfamilien sind
1. die Nuculinen, 2. die Cucullellinen, 3. die Sareptinen, 4. die Ledinen, 5. die
Die Acephalen. V 47
Malletiinen, 6. die Lyrodesmatinen. Die Cucullellinen haben keine lebenden
Vertreter mehr, die Lyrodesmatinen nur einen.
Die Verbreitung ist die folgende:
Niicüla: in allen Meeren, z. T. abyssisch. Fossil in allen Perioden.
Cucullella: Silur, mit einer Reihe verwandter Gattungen.
Sarepta: Korea.
Leda: 80 Arten in allen Meeren und Tiefen; das Maximum arktisch. Fossil
in allen Perioden.
Yoldia: Arktisch und antarktisch. Fossil im Crag, Glazialablagerungen.
Malleüa: Chile, — Neuseeland.
Subgenus Neilo: Neuseeland. Fossil im patagonischen Tertiär.
Subgenus Pseudomalletia: abyssisch im Atlantic. Fossil im italienischen
Pliocän.
Tyndaria fossil im oberen Tertiär von Italien,
Phaseolus, der lebende Vertreter der Lyrodesmatinen: abyssisch im Atlantic.
Fossil im Pliocän von Italien.
Fam. Solenomyidae.
Solenomya: Mittelmeer — Ostküste von Nordamerika, Antillen, Patagonien,
— Australien, Neuseeland. Fossil in Kreide und Tertiär.
Dazu kommen in unsicherer Stellung ein Paar palaeozoische Gattungen. Aus
dieser Verbreitung kann man etwa folgende Schlüsse ziehen:
Nucula, in allen Meeren, Tiefen und geologischen Perioden, erlaubt
natürlich über die Herkunft nichts bestimmtes auszusagen, sie ist für die all-
mähliche Eroberung des Oceans seit ältester Zeit typischer Zeuge, wie ja
die Cucullellinen das frühe Aufblühen der Gruppe beweisen.
Für Sarepta als alten Rest ist höchstens die versprengte Lage im
Pacific, der so viele altertümliche Formen bewahrt hat, bezeichnend.
Leda, im Ganzen von derselben ungeheuren Amplitude wie Nucula,
deutet doch durch ihr arktisches Maximum schon in bestimmter Richtung, in
derselben, die bei Yoldia viel schärfer hervortritt; die Überwindung der Kälte
ist ja das Endziel der organischen Schöpfung, wobei die Pendulation die
Tiere in polarer Phase am weitesten gegen die kalten Regionen vorschiebt.
Musterhaft stellt sich Malletia dar als eine Form, die in polarer Phase der
Kälte ausgewichen ist, denn sie hat scharfe Symmetriestellung bei Chile und
Neuseeland, wo so manche altertümliche Gestalten hausen. Daß nicht eine
alte Landbrücke durch die Südsee oder über den Südpol die Diskontinuität
veranlaßt hat, beweist die Untergattung Pseudomalletia denn sie lebte auf
itaUenischem Boden in nördlicherer Lage nach der Eiszeit zu, wurde nach-
her bei äquatorialer Schwingungsphase untergetaucht und hielt sich in der
kühleren Tiefe des Atlantic. Das andere Subgenus Neilo hat dieselbe
diskontinuierliche Verbreitung wie Malletia selbst, nur mit dem Unterschiede, daß
der patagonische Flügel inswischen ausgestorben ist. Die Bestimmung des
fossilen Vorkommens aber gibt zu einer kritischen Bemerkung Anlaß. Nach
V 48 Simroth.
dem Gleichmaß, welches die Hauptgattung zeigt, ist es ganz unwahrscheinlich,
daß Neilo sehr viel früher in Patagonien angekommen ist, als in Neuseeland.
Mit anderen Worten, sie liegt vermutlich fossil in Patagonien nicht im
Tertiär, sondern in einer jüngeren, d. h. quartären Schicht, ganz in dem
Sinne, wie die meisten europäischen Geologen, welche in Südamerika ge-
arbeitet haben, den dortigen Formationen ein jüngeres Alter zusprechen, als
die einheimischen, wie Ameghino und von Ihering, welche, durch die relative
Gleichmäßigkeit der Schichten über große Strecken hin getäuscht, geringen
Unterschieden zu viel Gewicht für geologische Altersdifferenzen beizulegen
pflegen.
Tyndaria im oberen Tertiär von Italien zeigt wieder die Entstehung
in polarer Schwingungsphase als eine Stufe der Kälteanpassung, ebenso
Phaseolus mit demselben Ausweichen in die Tiefe des atlantischen Oceans
wie Pseudomalletia.
Solenomya endlich führt gewissermaßen noch einmal das ganze Bild
der Verschiebung vor. Entstanden im Mittelmeer, ist die Muschel der Ab-
kühlung während polarer Phase ausgewichen nach Südwesten und Südosten,
bis sie schließlich an den fernen Symmetriepunkten Patagonien einerseits,
Australien andererseits anlangte. Der Weg ist auf der westlichen Seite noch
klar vorgezeichnet, er führte entlang der Brücke, die den Westen des Medi-
terrangebiets mit den Antillen und über Trinidad mit Südamerika verband
und kreuzte die untergetauchte Landenge von Panama. Es wäre kaum ver-
wunderlich, wenn Solenomya auch noch auf der anderen Seite am Ostpol,
d. h. im malaiischen Archipel auftreten würde, als parallele Zwischenstation
im Osten.
Somit ergeben die Protobranchien ein typisches Bild konsequenter
Umbildung und Verbreitung. Wärmeren Gebieten entstammt, sind sie regel-
recht unter dem Schwingungskreis weiter nach Norden geschoben. Die den
Wechsel des Klimas nicht ertragen konnten, sind auf den vorgeschriebenen
Linien ausgewichen und -gewandert. Die am weitesten nach Norden vor-
drangen, haben dabei ihr äußeres Kleid seit dem Silur am wenigsten ge-
ändert, die Nuculiden sind am konstantesten geblieben während der
langen Zeit, ein konservativer Stamm, der nur allmählich die nördliche Kälte
ertragen lernte. Wenn gerade diese konservative Familie jetzt im Norden eine
eigentümliche Larve aufweist, welche aus theoretischen Gründen für besonders
altertümlich gelten muß, so wird ihre atavistische Bedeutung durch die aus
der Verbreitung sich ergebenden Schlüsse nur noch gesteigert und gesichert,
als Entwicklungsmodus aller ursprünglichsten Lamellibranchienformen.
Die Larve der Nuculiden.
Fig. 2-6.
Von Nucula hat Drew zwei Arten untersucht, N. proxima und N. delphi-
nodonta. Das Weibchen der letzteren baut aus Schleim, der Fremdkörper
einschließt, ein Gehäuse. Es wird dem Hinterrande der Schale angeheftet,
Die Acephalen. V 49
kommuniziert mit der Mantelhöhle und nimmt die Eier auf. In ihm machen
sie ihre Entwickelung durch. Mithin kommt der A^ac«/a- Embryo für das
Plankton nicht in Frage; gleichwohl ist er wichtig für die Beurteilung der
freischwimmenden Yoldia teils wegen der Übereinstimmung mit ihr, teils wegen
der geringen Abweichungen zwischen beiden Jugendformen, da sie phyloge-
netische Schlüsse erlauben.
Die Larve vowYoldia limatula macht nach Drew ein kurzes freischwimmen-
des, planktonisches Stadium durch. Nachdem sich die wimpernde Gastrula in die
Länge gestreckt hat, ordnet sich eine äußere Lage von großen Ectodermzellen
zu fünf hintereinander liegenden Ringen. An den drei mittleren gruppieren
sich die Cilien zu Wimperreifen. Das Vorderende, der Apicalpol, bildet eine
Scheitelplatte aus mit langem Wimperschopf, am Hinterende liegt der Blasto-
porus. An der Grenze zwischen dem ersten und zweiten Ringe sieht man
eine Einsenkung. Die Zellen, die hier an die Oberfläche reichen und in der
Tiefe mit denen der Scheitelplatte zusammenhängen, sind die Anlage der
Cerebralganglien.
Die fünf Ringe, deren Zellen durch ihre starke Vacuolisierung eine gewisse
histologische Degeneration bekunden, bilden eine Hülle, unter der sich das
definitive Ectoderm anlegt. Mit der Mitteldarmanlage verbindet sich ein
Stomodaeum, das sich von dem offenbleibenden Blastoporus, also von hinten
her, auf der Ventralseite einstülpt. Besonders große Ectodermzellen werden
zur Schalendrüse, die nur eine flache Einsenkung darstellt. Bald entsteht die
zweiklappige Schale mit den herabwachsenden Mantelfalten. Der Mitteldarm
erhält seine Leberaussackungen und bricht, ohne daß ein Proctodaeum sich
einstülpte, gegen den Blastoporus durch, sodaß nun der After über dem Mund
liegt. Ganz der Regel nach entsteht zuerst der vordere, dann der hintere
Schließmuskel. Die Furche, die zwischen den beiden ersten Zellringen auftrat,
vertieft sich zu zwei Taschen, in deren Grund die Ganglienzellen sich differenzieren.
Es sind also Cerebraltuben, die bei weiterer Einstülpung zu einem Kanal sich
vereinigen. Die Pedalganglien und die nach diesen auftretenden Visceral-
ganglien setzen sich mit den Cerebralganglien durch Kommissuren in Ver-
bindung. Die Otocysten entstehen durch Einstülpung vom Ectoderm aus.
Zwischen Stomodaeum und Mitteldarm legt sich der Fuß an, wobei zunächst
das lange Rohr des Stomodaeums in wunderlicher Weise vorn herabsteigt und
dann ventral von der Fußanlage nach hinten zieht. Hinten erscheint an der
inneren Mantelfläche die Kiemenanlage, viel später weiter vorn die Mundlappen,
beides erst nachdem die Larve die Hülle abgeworfen hat und zu Boden ge-
sunken, also benthonisch geworden ist. Abgeworfen werden die großen,
vacuolisierten Zellen der fünf Ringe, welche die äußere Hülle bilden, die
Scheitelplatte mit dem zu den Cerebralganglien führenden Kanal und das
Rohr des Stomodaeums bis zu der Gegend des definitiven Mundes, wobei
alles im Zusammenhange nach vorn über das Kopfende hinweggleitet. An
der benthonisch lebenden Muschel schwillt der Fuß bald zur typischen Form an.
Nord. Plankton. V 4
V 50
Simroth.
/^'Ä?^
Fig. 2.
Fig. 3.
Die Acephalen.
V 51
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 2—6. Yoldia limatula.
Fig. 2.
Larve von Yoldia limatula, 45 Stunden alt, von rechts, ac Cilien der Scheitelplatte.
bl Blastoporus. x Einsenkung, wo die Zellen, welche die Anlage des Cerebralganglions
bilden, an die Oberfläche treten.
Fig 3.
Medianer Sagittaischnitt durch ein 36 Stunden altes Stadium, von rechts, ap Scheitelplatte,
bl Blastoporus. cg Anlage des Cerebralganglions. mg Mitteldarm sg Schalendrüse.
std Stomodaeum.
Fig. 4.
Die gleiche Larve, 90 Stunden alt. aa vorderer Schließmuskel, ac Cilien der Scheitel-
platte, bl Blastoporus. cg Cerebralganglion. f Fuß. int Darm. 11 Linker Leberlappen,
ot Statocyste. pa Hinterer Schließmuskel, r Kanal von der Oberfläche zum Cerebral-
ganglion (Cerebraltubus). s Schale, std Stomodaeum. t Hülle.
Fig. 5.
Die gleiche Larve, im Begriff, die Larvenhülle abzuwerfen, von rechts. Bezeichnungen
wie in Fig. 4 Dazu: k Kieme, pg Pedalganglion, rl rechter Leberlappen, vg Visceral-
ganglion.
Fig. 6.
Junge Larve von Yoldia limatula, etwa 10 Tage alt, von rechts. Bezeichnungen wie in
Fig. 5. Dazu sto Magen.
Nach Drew, aus Lang-Hescheler.
V 52 Simroth.
Die beiden Nucula-Arten, bei denen infolge der Brutpflege kein frei-
schwimmendes Stadium vorkommt, haben im aligemeinen Embryonen von der
anfallenden Ausbildung der Yoldialarve, doch wie erwähnt, mit einigen Ab-
weichungen. Die Cilien sind nicht in typischen Wimperkränzen angeordnet,
und der Scheitelplatte fehlt der apicale Schopf langer Wimpern. Auch kommt
es bei der Entwickelung des Hirnes nicht zu Cerebraltuben, vielmehr bildet
die Anlage der Cerebralganglien mit der Scheitelplatte einen einheitlichen
Komplex.
Mutmaßliche Bedeutung der Yoldia-Larve.
Nach der Verbreitung in Raum und Zeit (s. o.) muß Macula als die
älteste Form der Prosobranchien gelten. Da kann es, nach der eingangs
betonten Verbreitung der Brutpflege innerhalb der Lamellibranchen kaum
zweifellos sein, daß die Brutpflege von Macula ein altes Erbteil ist. Die Yoldialarve
stellt mithin bereits ein secundäres Stadium dar, das zur planktonischen Lebens-
weise übergegangen ist. Folglich sind die Merkmale, die sie von der Nucula-
Larve') trennen, caenogenetisch. Das ist in erster Linie die Anlage regelrechter
Wimperreifen oder Trochs; sodann die weitere Entwicklung des sensitiven
Wimpernschopfs am Vorderende, da die selbständige Bewegung besondere
Orientierung erheischt. Vermutlich hängt damit sogleich auch die Verstärkung
des larvalen Hirnes zusammen, d. h. die Einstülpung von Cerebraltuben, welche
den Ganglien nach Erfordern Zellen zuführen. Doch ist über diesen Punkt
ein bestimmtes Urteil wohl mit besonderer Vorsicht abzugeben, deshalb weil für
die Cerebraltuben, die bei anderen Mollusken reichlich verbreitet sind, ein
ähnlicher Causalzusammenhang zunächst noch nicht zu finden ist.
Mehrfache Trochs haben bekanntlich noch verschiedene andere Mollusken-
larven und zwar von geringer Verwandtschaft, Scaphopoden nämlich und
Pteropoden. Man mag darin einen alten Verwandtschaftsgrad erblicken,
doch nicht als unmittelbares Erbteil gemeinsamer Ahnen, sondern als Folge
übereinstimmender Anpassung an die gleiche pelagische oder hemipelagische
Lebensweise,' als Konvergenzerscheinung also, freilich auf verwandtem Boden.
Für solche Deutung spricht schon die Verschiedenheit der Zellen, in denen
die Wimperreifen wurzeln. Sie sind sicher nicht überall die gleichen Riesen,
sondern gewöhnliche Epithelzellen, zum mindesten bei den Pteropoden.
Die Riesenzellen des Larvenepithels aber sind berechtigter Anlaß geworden
zur Vergleichung der Yoldia-Larve mit der von Dondersia, d. h. der einzigen
bisher etwas genauer bekannten Jugendform eines Apiacophoren. Die Dondersia-
Larve schlägt aber die Brücke nach verschiedenen Seiten. Uebereinstimmend
mit Yoldia sind zunächst die Ringe großer Zellen, die nachher abgeworfen
1) Über die Bezeichnung der freischwimmenden jungen Yoldia kann kein Zweifel
sein. Ob man aber die junge Nucula als Embryo oder als Larve aufführen will, kommt
wohl auf die gleiche Unsicherheit hinaus, wie beim jungen Beuteltier nach der Geburt im
Marsupium.
Die Acephalen. V 53
werden über das Vorderende hinweg. Selbst die Zahl ist wohl die gleiche.
Nur die Ordnung der Schwimmcilien ist eine andere. Der dritte Ring trägt,
velumartig, kräftige Geißeln, die übrigen haben gewöhnliche Wimperung. Das
apicale Geißelorgan ist das gleiche. Nach der Verwandlung, d. h. nach dem
Abwerfen der groben Hülle, hat die benthonische Larve ihre dachziegeligen
Rückenplatten, welche allgemein für die Verwandtschaft mit Chiton geltend
gemacht worden sind, außerdem aber noch Reihen seitlicher Platten, wie wohl
in die definitive Hautbedeckung der Aplacophoren übergehen, wo wir ebenso
oft Platten als Spicula finden, mit oder ohne starke Cuticulaentwicklung, so daß
ebenso oft die flachen Spicula auf dem Epithel frei aufliegen, als die Stacheln
eine dicke Cuticularschicht durchsetzen. Die Spicula aber werden von einer
Zelle erzeugt; und das legt den Gedanken nahe, daß die großen Zellen der
Hülle der Dondersia-Larve mit den Zellen, welche die Kalkplatten liefern, in
eine Gruppe gehören. Die Zellen der Hülle sind nur die vorderen Teile' des
Ectoderms, welche die planktonische Locomotion der Larve übernehmen und
nach Beendigung dieses Lebensabschnittes abgeworfen werden. Wir haben
somit ein Epithel, daß auf dem Rücken großzellig ist und regelmäßige Reihen
von Spiculis liefert, von denen die mittleren bei den Placophoren zu den
Rückenplatten werden. Eine solche Primitivform von Mollusken führt eben
nicht auf Turbellarien zurück, sondern auf Gastrotrichen. Und für diesen
Vergleich kann man noch verschiedene Momente anführen, nämlich die Ver-
schiedenheit in der Rückenbedeckung der Gastrotrichen entspricht der ver-
wandten Skulptur im Mantel der Chitoniden; bald sind es rhombische
Schuppen, bald Stacheln u. dergl. m.
Bündel von Spiculis, in der Anordnung parallel den Schalenplatten sind
unter den Gastrotrichen bereits vorgebildet, in den metamer angeordneten
Bündeln von Sinnesborsten bei Dasydytes, die ich wiederum den metameren
Excretionsöffnungen mancher Turbellarien — Giinda, Planarien — an die Seite setzte.
Die Verschiebung der ventralen Wimperung nach dem Vorderende, zur
Förderung der Schwimmbewegung, findet sich nicht nur bei der Yoldia- und
Dondersialarve, sondern sie hat, im übrigen in anderer Richtung, zu den
Rotatorien geführt, wie neuerdings Beauchampi) auseinandersetzte. In
ähnlicher Weise, wie ich früher (Entstehung der Landtiere) Gastrotrichen
und Rotatorien von Turbellarien ableitete, als halbe oder zeitweilige Trocken-
anpassung, schiebt er jetzt, allerdings ohne die biologische Speculation, die
Gastrotrichen zwischen die Turbellarien und Rotatorien ein, wobei er die
Zusammenschiebung des Wimperfeldes ans Vorderende schematisch genau
verfolgt.
Der Schluß, zu dem uns die Yoldia-Larve verhilft, dürfte also der sein,
daß die Lamellibranchien samt den Amphineuren nicht von Turbellarien
abstammen, sondern von Gastrotrichen. Die Turbellarien sind die Wurzel;
von ihnen aus entwickeln sich die Mollusken, die man auf das hypothetische
') P. M. Beauchamp. Recherches sur les Rotiferes: les formations tegumentaires
et l'appareil digestif. Arch. Zool. Experiment. (4) X.
V 54 Simroth.
Prorhipidoglossum zurückführt, unmittelbar, die Amphineuren und Lamelli-
branchien aber auf dem Umwege über die Gastrotrichen.
Noch mag hier eine morphologische Eigenheit herangezogen werden,
welche von ganz anderer Seite für die Verwandtschaft zwischen Lamelli-
ranchien und Amphineuren sprechen dürfte. Die Cyclasschale hat Poren,
und es scheint, daß sie Nerven und Sinnesorgane birgt. Sollte sich die
Angabe bewahrheiten, so würde die Muschelschale sich allein den Schalen-
platten der Chitoniden an die Seite stellen lassen und zu der aller anderen
Mollusken in scharfem Gegensatz stehen. Die Cycladiden aber würden das
altertümlichste Merkmal bewahrt haben, gleichgültig, wie sich ihre übrige
Organisation weiter umgebildet hat. Das gäbe eine höchst interessante Be-
ziehung. Niemand wird Bedenken tragen, den minimalen Pisidien, die bis
in die kleinsten Gewässer und bis in die höchsten Alpenseen vorgedrungen
sind, ein hohes Alter zuzusprechen, denn ein solcher Eroberungszug hat ein
langes Stück Erdgeschichte zur Voraussetzung. Hier hätten wir in der Kälte-
anpassung den stärksten Vorstoß im Süßwasser, als Parallele zu den Proto-
branchien im Meere. Es liegt nahe, beide Gruppen in alte Verbindung zu
bringen. Die Pisidien würden sich in ihrer Amplitude den Nuculiden an
die Seite stellen.
Da es die Theorie über die Phylogenie der Lamellibranchien nur unter-
stützen kann, wenn nicht nur sie, sondern auch die Rotatorien denselben, durch
die Pendulation bedingten geographischen Gesetzen folgen, so mag hier ein
Hinweis auf eine solche scharf ausgesprochene Beziehung am Platze sein.
Bekanntlich gelten die Rädertiere als Kosmopoliten, deren Schöpfungsherd
damit in unentwirrbares Dunkel gehüllt erscheint. Die eben erschienene Be-
arbeitung der Gruppe in Brauer's Süßwasserfauna Deutschlands erlaubt die
Feststellung, daß dem Panzer durchaus ein Stachelbesatz fehlt, denn die ein-
zige Callidina spinosa w'nd fraglich von Marburg angegeben (S. 22). Höch-
stens könnte man auf die polygonale Felderung bei Distyla hinweisen. Dem
gegenüber beschreibt J. Murray neue Formen von der pacifischen Seite,
von Japan und noch mehr von australischen Gebirgen, bei denen der Panzer
nicht nur gefeldert ist , sondern die meisten Felder je einen langen
Dorn tragen.
Hier springt die Ähnlichkeit mit der Rückenbedeckung der Gastrotrichen
weit mehr in die Augen. Das Vorkommen aber in fernen, abgelegenen
Gegenden, nach denen viele Tiere durch die Pendulation nachweislich von
uns aus abgeschoben sind, läßt den Schluß zu, daß auch sie von uns stammen.
Bei uns scheinen die Gastrotrichen zu Rotatorien geworden zu sein, unter fort-
schreitender Verschmelzung und Glättung des Panzers. Sollte da nicht die
Brutpflege ebenfalls ein gemeinsamer, von Urzeiten her ererbter Zug sein?
Bei den Süßwasserformen würde sie sich zur höchsten Vollkommenheit, die wir
innerhalb der Lamellibranchien antreffen, gesteigert haben, während sie bei
den Protobranchien schließlich nach der Regel der marinen Muscheln durch
die planktonische Lebensweise abgelöst wäre, in den ersten Anfängen freilich
Die Acephalen. V 55
und, was von höchstem Interesse, mit Erhaltung altertümlicher Merkmale.
Wie man sieht, fügt sich diese Auffassung von dem conservativen, palin-
genetischen Charakter der Yoldia-Larve der oben abgeleiteten, allgemeinen
Regel von dem conservativen Wesen der Muschellarven. Man hätte nur fest-
zustellen, daß sich die allerälteste Larvenschwimmform eben allein bei den
Protobranchien erhalten hat, um dann bei allen übrigen Gruppen von dem
gewöhnlichen Veliger abgelöst zu werden. Dieser wäre dann so gut wie
constant geblieben.
Die Ableitung des Ganzen aber in der vorliegenden Form scheint mir
durch die Beziehung der Protobranchien zu den Gastrotrichen nur mehr ge-
festigt. Diese bekunden allerdings durch ihr ganzes Verhalten, ihre Rücken-
bedeckung, ihren sapropelischen Aufenthalt und die auf Dauereier beschränkte
Fortpflanzung mit Nachdruck die Einwirkung früherer terrestrischer Lebens-
weise, wie sie vielleicht noch in den Tropen zu finden sein wird. Soweit
wir sie kennen, sind sie aber aufs Wasser beschränkt und zwar auf jene
Wasserschichten, in deren Schmutz die Cycladiden ihre höchste Entwicklung
erreichen. Jedenfalls aber beweisen sie, wenn wir sie als Vorfahren der
Lamellibranchien betrachten dürfen, deren Entstehung als Weichtierklasse im
Wasser, wie sie ja auch aus der Ernährung mit einiger Wahrscheinlichkeit
zu folgern ist. Damit wird ihr Veliger zu einer uraltererbten Einrichtung nach
der Einwanderung ins Meer.
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