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Full text of "Nova acta Academiae Caesareae Leopoldino-Carolinae Germanicae Naturae Curiosorum"

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COMPARATIVE ZOÖLOGY, 


AT HARVARD COLLEGE, CAMBRIDGE, MASS, 


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Verhandlungen 


der 


Kaiserlichen Leopoldinisch-Carolinischen Deutschen 
Akademie der Naturforscher. 


Drei und vierzigster Band. 


Mit 28 Tafeln. 


Halle, 1882. 


Druck von E. Blochmann und Sohn 


iınDresden. 


Für die Akademie in Commission bei W. Engelmann in Lei 


NOVA ACTA 


ACADEMIAE 


CAESAREAE LEOPOLDINO -CAROLINAE GERMANICAE 
NATURAE GURIOSORUM. 


TOMUS QUADRAGESIMUS TERTIUS. 


CUM TABULIS XXVI. 


HALIS SAXONUM, MDCCCLXXAXII. 


Bx offlicehna ME "BiIoehmanmliiveit HiilLlie 


Dresdae. 


Pro Academia apud W. Engelmann. Lipsiae 


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GUILIELMO I 


REGNI GERMANICI RESTITUTORI ET IMPERATORI GLORIOSISSIMO 


BORUSSORUM REGI AUGUSTISSIMO POTENTISSIMO 


ACADEMIAE CAESAREAE LEOPOLDINO-CAROLINAE GERMANICAE 
NATURAE CURIOSORUM 


PROTECTORI SUPREMO, AMPLISSIMO, CLEMENTISSIMO 


HOC QUADRAGESIMUM TERTIUM NOVORUM ACTORUM VOLUMEN 


SACRUM ESSE DESPONSUMQUE 


VOLUIT ACADEMIA 
PRAESIDE 


HERMANNO KNOBLAUCH. 


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11I. 


IV. 


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Inhalt des XLIIL Bandes. 


Ewald Theodor Bachmann. Darstellung der Ent- 
wickelungsgeschichte und des Baues der Samenschalen 
der Scrophularineen . 

Gustav Beyse. hingen über er ee 
Bau und das mechanische Prineip im Aufbau einiger 
Arten der Gattung Impatiens 

Dr. Oscar Drude. Die stossweisen We nern 
in der Blattentwickelung von Victoria regia Lindl. 

Hermann Engelhardt. Ueber die fossilen Pflanzen des 
Süsswassersandsteins von Grasseth. Ein neuer Bei- 
trag zur Kenntniss der fossilen Pflanzen Böhmens 

Dr. med. Th. Kölliker. Ueber das Os intermaxillare des 
Menschen und die Anatomie der Hasenscharte und des 
Wolfsrachens 


1— 180. 


. 181— 244. 
245— 272 
273 — 9324 


. 325— 396. 


Taf. I--IV. 


Taf. V-VII. 


. Taf. IX. 


Taf. X—XXI. 


Taf. XXO—XXVM. 


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NOVA ACTA 
der Ksl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher 
Band XLIN. Nr. 1. 


Darstellung 


der 


Entwickelungsgeschichte und des Baues der Samenschalen 


der 


Scrophularineen. 


Von 
Ewald Theodor Bachmann. 


Motto: 

„Die morphologische Vergleichung 
der vollendeten Zustände muss natur- 
gemäss der Erforschung der frühesten 
Zustände vorausgehen.“ 


Mit 4 Tafeln Nr. I-IV. 


Eingegangen bei der Akademie den 29. December 1879. 


HALLE. 
1831. 


Druck von E. Blochmann & Sohnin Dresden, 


Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. 


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Herrn Hofrath Dr. phil. et med. Schenk, 


Professor der Botanik und Director des bot. Gartens zu Leipzig, 


in höchster Dankbarkeit und Verehrung gewidmet 


vom 


Verfasser. 


„Ein grösseres Gewirre, als in der Lehre von den Samenintegumenten 
herrscht, ist kaum zu denken. Die heterogensten Dinge sind unter einem 
Namen zusammengeworfen, durchaus identische in ganz verschiedene Klassen 
von Ordnungen gebracht, und hier ist es durchaus nöthig, wenn man die 
Confusion nicht noch grösser machen will, den Faden gänzlich abzuschneiden 
und von vorn anzufangen“, so konnte Schleiden!) noch im Jahre 1861?) in 
dem Capitel seiner Grundzüge, welches von den Samenschalen handelt, schrei- 
ben. Noch lange fährt er in gleichem Tone fort und schliesst seine Klagen 
und Fingerzeige mit dem Worte: „Jede Bestimmung der Häute des reifen 
Samens ist durchaus nichtssagend, wenn nicht ihre Natur durch die Ent- 
wickelungsgeschichte nachgewiesen wurde.“ Die wissenschaftliche Botanik 
hat diese Winke befolgt und ist jetzt schon im Stande, eine Reihe von 
Schriften aufzuweisen, welche höchst werthvolle Beiträge zur Lehre vom Bau 
und der Entwickelungsgeschichte der Samenschale enthalten. Dieselben er- 
strecken sich, wie folgende Uebersicht beweist, auf eine nicht ganz geringe 
Anzahl von Pflanzenfamilien. Es sind nämlich zur Untersuchung gekommen: 

Monocotyledonen: 
Fam. Gramineen (Kudelka). 


Dicotyledonen: 
Monochlamydeen: 
Fam. Hydnoreen (Graf zu Solms-Laubach). 
„  Rafflesiaceen 53 


1) Schleiden, Grundzüge... 4. Auflage, pag. 537. 
2) Richtiger 1849, da die vierte Aufl. ein unveränderter Abdruck der im gen. Jahre 
erschienenen dritten Auflage ist. 


6 Ewald Theodor Bachmann. 


Aphanocyclische: 
Fam. Cruciferen (Sempolowski, v. Höhnel, Strandmark). 
„  Capparideen (Strandmark). 
Tetracyclische: 
Fam. Convolvulaceen (Lohde, Strandmark). 
„  Hydrophylleen (Strandmark). 
„  Solaneen (Lohde, Strandmark). 
»  Serophularineen (Chatin, Lange, Grönlund). 
„ Orobanchen (Caspary, Koch). 
»  Cucurbitaceen (Fickel, v. Höhnel, Strandmark). 
„  Pyrolaceen (Lange). 
»  Resedaceen (Strandmark). 
»  Violaceen (Strandmark). 
»  Tropaeoleen (Strandmark). 
„  Balsamineen (Lohde, Strandmark). 
»  Lineen (Cramer, Sempolowski). 
»  Oxalideen (Lohde). 
»  Geraniaceen (Strandmark). 
» Malvaceen (Lohde, Strandmark). 
» Euphorbieen (Gris, Treviranus). 
„  Portulaccaceen (Lohde). 
„„  Caryophylleen (Strandmark). 


Fam. Mimoseen (Strandmark). 
„  Caesalpinieen (Strandmark). 
» Papilionaceen (Sempolowski, Strandmark, Haberlandt). 


Es lehrt diese Uebersicht aber auch, wie viel noch zu thun übrig bleibt, 
zumal mehrere der betreffenden Untersuchungen nur den Bau der Testa des 
reifen Samens, nicht aber die Entwickelungsgeschichte derselben berücksichtigt 
haben und aus einigen Familien, z. B. der der Capparideen, Hydrophylleen, 
Resedaceen, Violaceen u. a. die Samen von nur einer oder doch sehr wenigen 
Species zur Untersuchung gekommen sind. 

Die Literatur über die Samenschale anlangend, so ist von Lohde!) 
und Fickel?) ein so vollständiges Verzeichniss derselben gegeben worden, 


!) Lohde, üb. d. Entwickelungsgesch. u. d. Bau einiger Samenschalen, in Schenk u. 
Luerssen, Mittheilungen II, 1. 

2) Fickel, üb. d. Anatomie u. Entwickelungsgesch. der Samenschale einiger Cueur- 
bitaceen, Inaug.-Diss. Lpzg. 1876, in Botan. Zeitung, Jahrg. 1876. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 1 


dass demselben nur noch wenige Ergänzungen und Nachträge beizufügen sind. 
Doch muss ich vorausschickend bemerken, dass ich hinsichtlich der Literatur, 
soweit sie die Scrophularineen betraf, nicht nur solche Schriften einem 
eingehenderen Studium unterwarf, welche speciell vom Bau der Samenschale 
handeln, sondern auch solche, die nur die äussere Form und Öberflächen- 
beschaffenheit, „die Skulptur“ der Testa berücksichtigen, endlich auch Mono- 
graphieen einzelner Gruppen oder Tribus, in welchen, der Aufgabe solcher 
Schriften angemessen, der Beschaffenheit der Samen nur ein ihrer Bedeutung 
für die Systematik adäquater Raum gegönnt werden darf. Was hingegen 
andere Familien anlangt, so habe ich Schriften, welche unter eine der beiden 
letzten Rubriken fallen, nur wenn sie mir gelegentlich unter die Hände kamen, 
benutzt, Lehrbücher der Pharmakognosie und ähnliche Werke aber ganz un- 
berücksichtigt gelassen. 

Zuerst erwähne ich Lindley,!) welcher die Testa von Maurandia 
Barclayana Lindl. mikroskopisch untersuchte und in ihrer Testa die in zier- 
lichster Weise netzförmig verdickten Epidermiszellen (reticulated cellular tissue) 
entdeckte und beschrieb. Dasselbe Gewebe fand dann Chavannes?) im Verein 
mit Brogniart in der Samenschale von Lophospermum, Bignonia Catalpa, 
Antirrhinum Asarina und majus, der meisten Linaria-Arten, von Di- 
gitalis und Chelone, adoptirt auch den Lindley’schen Ausdruck (tissu cellu- 
laire reticule) und spricht zum Schlusse die Vermuthung aus, dass es viel 
allgemeiner vorkommen möge, als man früher geglaubt habe, wahrscheinlich 
bei allen Serophularineen und in vielen anderen Familien. Ist dies nun auch 
nicht ganz zutreffend, so hat Chavannes doch jedenfalls die physiologische 
Bedeutung des tissu cellulaire reticule ganz richtig erkannt, wenn er sie darin 
sucht, 1. dass dadurch die Festigkeit und Resistenzfähigkeit des Samens er- 
höht, 2. aber die für den Keimungsprocess so wichtige Wasserzufuhr regulirt 
werde. Eine weitergehende Besprechung der Monogr. des Antirrh. unterlasse 
ich vorläufig, da sich mir bei der betreffenden Tribus noch öfters Gelegenheit 
bieten wird, auf dieselbe zurückzukommen. Dagegen muss ich an dieser 
Stelle, um Verwandtes an Verwandtes zu reihen, an die Abhandlung 


1) Edwards, Botanical Register, 1108. 


2) Chavannes, Monogr. des Antirrhinees 1833, pag. 26. 


s Ewald Theodor Bachmann. 


A. Braun’s!) über die Gattung Schweinfurthia erinnern, in welcher er eine 
höchst schätzenswerthe Ergänzung zu der eben genannten Monogr. des Antirrh. 
von Chavannes liefert, um so werthvoller, als der Verfasser sich keineswegs 
auf die im Titel genannte Gattung beschränkt, sondern die ganze Tribus der 
Antirrhineen in den Kreis seiner Betrachtungen zieht. 

Ueber Bau und Entwickelung der Samen von Viscum album besitzen 
wir eine Untersuchung aus der Feder Treviranus’,2) welche aber in einzelnen 
Punkten einen Angriff von Seiten Hofmeister's®) erfuhr, ob mit Recht oder 
Unrecht, wage ich nicht zu entscheiden; Treviranus®) blieb jedenfalls auf 
seiner zuerst ausgesprochenen Ansicht bestehen. Nur beiläufig will ich auf 
Schleiden) hinweisen, welcher der Mistel einen nackten Knospenkern zu- 
schreibt und die Samenknospe für das Ende der Blüthenaxe hält. — Die 
Arbeiten Treviranus’ iiber Magnolia und Ricinus sind bereits von Lohde 
eitirt worden. Doch verdienen zwei Abhandlungen von A. Gris®) über die 
letztgenannte Gattung namhaft gemacht zu werden. Zwischen beiden Forschern 
bestand ähnlich wie zwischen Asa-Gray und Miers betreffs Magnolia eine 
Meinungsdifferenz über die Hartschieht (couche erustac&e Gris, testa T'reviranus) 
der Samenschale, indem Gris dieselbe als die äusserste Schicht (Epidermis) 
des integumentum internum, Treviranus hingegen als die innerste Schicht 
des äusseren Integuments auffasst. Schleiden’) bekennt sich zu der Gris- 
schen Ansicht. Treviranus®) aber ist sogar sehr geneigt, anzunehmen, dass 
sich die äussere Eihaut aller Samen in eine innere harte Schicht und eine 
äussere spalte, welche letztere entweder nicht wahrnehmbar ist oder, wenn sie 


1) A. Braun, Ueber Schweinfurthia, eine neue Gattung von Scrophularineen. Monatsber. 
der k. preuss. Akad. d. W. zu Berl. 1866; Auszug in Bot. Ztg. 1867. 

2) Treviranus, Abhdle. d. k. bayr. Akad. d. W. zu München, VII. Bd., pag. 155. 

3) Hofmeister, Neue Beiträge zur Kenntniss der Embryobildung der Phanerogamen. 

#, Treyiranus, Ueber Frucht und Samenbau der Mistel. Bot. Ztg. 1858. 

5) Schleiden, Grundzüge. 4. Aufl., pag. 513, Fig. 253. 

6) Gris, Note sur le developpement de la graine du Riein. Ann. des sc. nat. Ser. IV, 
T. 15 — und: Note sur les teguments de la graine du Ricin.; ibid. T. 17. 

?) Schleiden, ]. c. pag. 538. 539. 

3) Treviranus, Wie entsteht die sogenannte Oberhaut der Samenschale (testa se- 
minis)? Sitzungsber. d. k. bayr. Akad. d. W. zu München. Jahrg. 1863, Bd. 2. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 9 


dies ist, sich verdickt und ein semen baccatum Gaertn., eine testa arilliformis, 
einen arillus elastieus darstellt oder endlich in eine im Wasser aufquellende 
Zellschicht übergeht! 

Die Samenschale der Orobanchen hat bereits 1854 seitens Caspary’s') 
eine Bearbeitung erfahren. Nach ihm ist das Integument ursprünglich durchaus 
einschichtig, am reifen Samen aber ist die Samenschale vom Chalazaende bis 
zur Mitte aus einer, von hier bis zum Mikropyleende aus zwei bis drei Zellen- 
lagen zusammengesetzt. Damit stehen jedoch die Beobachtungen Schacht’s 
in Widerspruch, da derselbe in seinen „Beiträgen zur Anatomie und Physiologie 
1851, pag. 170, Fig. 4“ in der Testa durchgängig zwei Zellschichten abbildet, 
was Caspary ebenso entschieden zurückweist, wie die Angabe Gärtner’s?) 
und Meyer's,?) der zufolge Orobanche zwei Integumente haben soll. Ausser- 
dem beschreibt Verf. die mikroskopischen Verdickungsformen der Zellen, um 
sie für systematische Zwecke zu verwerthen. Koch) in einer erst kürzlich 
erschienenen Abhandlung bestätigt die Angaben Caspary’s bis ins Einzelnste, 
kann dagegen den Verdickungsformen der Zellen der Testa wegen mannig- 
facher Uebergänge der einen Form in die andere nicht den hohen Werth für 
die Abgrenzung der Arten und Gattungen zuschreiben. 

Die Monographie der Hydrilleen (Anacharideen Endl.) von Caspary’) 
verdient weniger wegen einer für unsere Zwecke brauchbaren Darstellung des 
Baues der Samenschalen dieser Familie angezogen zu werden, thatsächlich 
fehlt ihr fast jede derartige Notiz, als vielmehr um der Kritik willen, die 
darin an der Publikation Chatin’s®) über den Samen von Vallisneria spinalis 
geübt wird. Dies ist wohl auch Grund genug, die Resultate der Chatin’schen 


!) Caspary, Ueber Samen, Keimung, Speecien und Nährpflanzen der Orobanchen. 
Flora 1854. 

?2) Gärtner, Suppl. Carpologiae 1805 (eitirt bei Caspary). 

3) Meyer, Flor. altaic. 1830, II (eitirt bei Caspary). 

*) Koch, Untersuchungen über die Entwickelung des Samens der Orobanchen. Berl. 
1877, in Pringsheim, Jahrb. Bd. XI. 

5) Caspary, Die Hydrilleen (Anacharideen Endl.) in Pringsheim, Jahrb. f. w. Bot. 
Ba. I. 

6) Chatin, Sur la graine et la germination du Vallisneria spiralis in Bull. de la Soe. 
bot. de France, T. III, pag. 295. 


Nova Acta XLIH. Nr. 1. 2 


10 Ewald Theodor Bachmann. 


Untersuchungen an dieser Stelle wenigstens auf sich beruhen zu lassen. Von 
viel höherem Werthe ist eine kurze Abhandlung Caspary’s!) über Elodea 
canadensis Rich., weil der Verf. in derselben, wenn auch mit nur kurzen 
Worten, den Bau und die schichtenweise Zusammensetzung der Integumente 
beschreibt, dies, in einer vortrefflichen Zeichnung veranschaulicht (Taf. IX. 
Fig. 1%) und dadurch für eine entwickelungsgeschichtliche Untersuchung der 
Testa der Wasserpest, wahrscheinlicherweise aber auch der verwandten Gat- 
tungen einen sicheren Ausgangs- und Stützpunkt geschaffen hat. 

Der Bau, aber nicht die Entwickelungsgeschichte der Samenschale der 
Rhamnaceae ist ziemlich ausführlich von Miers?) beschrieben worden. Hier- 
nach besitzen die genannten Testen eine aus eylinderförmigen, auf der Samen- 
fläche senkrecht stehenden Zellen zusammengesetzte Schicht; ausserdem hat 
der Verf. bei seinen Untersuchungen besonders auf den Verlauf der Raphe 
sein Augenmerk gerichtet. 

Buchenau’s®) Untersuchungen der Samen der deutschen Juncaceen 
gehen nicht über die äusserlichen Skulpturverhältnisse hinaus, erstrecken sich 
jedenfalls nicht auf den mikroskopischen Bau der Testa. Nur eins möge 
wegen seiner weiten Verbreitung auch in anderen Familien hier hervorgehoben 
werden: dass nämlich die netzige Zeichnung auf den Samen von Luzula und 
von Juncus-Arten von den Seitenwänden der Epidermiszellen herrührt, indem 
dieselben erhalten bleiben, während die „Haut der Maschen“, d. h. wohl die 
äussere Membran der Zellen, beim Vertrocknen des Samens einsinkt. 

Die Samenschale der Leguminosen hat bekanntlich ihren Bearbeiter in 
Sempolowski*) gefunden, dessen Schrift auch die fernere, hierher gehörige 
Literatur enthält. Betreffs der Epidermiszellen von Pisum sativum findet sich 
bereits in Hofmeister’s Lehre von der Pflanzenzelle (pag. 170) eine von 
Sempolowski nicht berücksichtigte Notiz, in Schleiden’s Grundzügen 


1) Caspary, Die Blüthe von Zlodea canadensis Rich. in Bot. Ztg. 1858. 


2, Miers, On the tribe Colletiae with some observations on the structure of the seed 
in the family of the Rhamnaceae (The Ann. and Mag. of Nat. Hist.) Ser. II, Vol. V. 


3) Buchenau, Ueber die Skulptur der Samenhaut bei den deutschen Juncaceen in 
Bot. Ztg. 1867. 


4) Sempolowski, Beiträge zur Kenntniss des Baues der Samenschale. Lpzg. 1874. 


‚Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 11 


(pag. 521) die Bemerkung: „bei den Leguminosen wird die innere Knospenhülle 
durch den sich ausdehnenden Knospenkern zur Resorption gebracht“, eine 
Bemerkung, die zwar seitens Sempolowski’s keine Correetur erfahren, that- 
sächlich aber durch des letzteren Untersuchungen sich als irrthümlich heraus- 
gestellt hat. — Einen gleichfalls sehr interessanten Beitrag zur Kenntniss der 
Samenschale der Papilionaceen, leider nur einer Gattung (Phaseolus) hat noch 
in jüngster Zeit Haberlandt!) gegeben, dessen Resultate ich aber nicht 
wiedergeben will, weil, um den Verf. selbst reden zu lassen, „trotz des 
charakteristischen Baues der Samenschale bei der Mehrzahl der Species von 
Phaseolus ein für die Gattung gültiges und dieselbe kennzeichnendes Merkmal 
oder ein ihr eigenthümlicher Complex von Merkmalen doch nicht vorhanden ist.“ 

Wenn ich die Dissertation Strandmark’s,?2) obwohl sie bereits von 
Fickel angeführt und, so weit sie sich auf Cucurbitaceen bezieht, besprochen 
worden ist, ebenfalls einer Würdigung unterziehe, so geschieht das im Anschluss 
an die Schriften über die Leguminosentesta; denn auch Strandmark hat 
einige Arten aus dieser Ordnung untersucht und, was von besonderem Interesse 
ist, nicht blos aus der Familie der Papilionaceen, sondern auch eine Mimosacee 
und eine Caesalpiniacee: Acacia Lophanta und Ceratonia Siliqua. Wie zu 
vermuthen war, die genannten drei Familien stehen sich ja in jeder Beziehung 
ausserordentlich nahe, haben die Strandmark’schen Untersuchungen den 
Nachweis geliefert, dass die Testa der Mimosaceae und Caesalpiniaceae weder 
was ihren schichtenweisen Aufbau, noch was die Form ihrer Zellen betrifft, 
überhaupt in keinem wesentlichen Punkte von dem für die Samenschale der 
Papilionaceen aufgestellten Typus abweiche. Ausser Cueurbitaceen und Legu- 
minosen hat Strandmark noch Balsamineae, Solaneae, Convolvulaceae, Malva- 
ceae, Oruciferae, Resedaceae, Capparideae, Geramiaceae, Tropeoleae, Hydrophylleae, 
Violarieae, Alsineae und Silineae untersucht, eine Anzahl der genannten Fa- 
milien allerdings nur in einer einzigen Art, andere nur in sehr wenigen. 
Immerhin jedoch können seine Untersuchungen auch in diesen Fällen zum 
Ausgangspunkte für umfassendere Bearbeitungen dienen. — Zu den Violarieae, 


!) Haberlandt, Ueber d. Entweklgsgesch. u. d. Bau d. Samenschale bes. der Gatt. 
Phaseolus; in Sitzungsber. d. k. k. Akad. d. W. zu Wien. Bd. LXXV, 1. Abth. 1877. 


2) Strandmark, Bidrag till kännedomen om fröskalets byggnad. Lund 1874. 
98 


12 Ewald Theodor Bachmann. 


von denen Strandmark nur Viola tricolor beschreibt, besitzen wir bereits 
eine kleine Ergänzung in einer kurzen Notiz über die Epidermiszellen der 
Samenschale von Viola odorata, von Purkinje, angeführt von Hofmeister,!) 
der zufolge beide Arten im Bau ihrer Oberhautzellen übereinstimmen. — Be- 
treffs der Tropaeoleen (Strandmark hat Tr. majus untersucht) habe ich eine 
Ausstellung zu machen, ausgehend von einer Notiz Schleiden’s,2) in welcher 
es wörtlich heisst: „die Bildung der äusseren Knospenhülle beginnt höher an 
der Samenknospe als die Bildung der inneren, so dass die obere Hälfte des 
Knospenkerns mit zwei Knospenhüllen bedeckt ist, die untere nur mit einer 
sehr dicken, einfachen Knospenhülle““ Dass das, was Schleiden im Texte 
allerdings auf Tropeoleae überhaupt bezieht, nach seiner Abbildung zu schliessen 
aber vielleicht nur an Tr. pentaphyllum wntersucht haben könnte, auch für 
Tropaeolum majus L. und Tr. aduncum Smith Geltung hat, das wissen wir 
von Schacht.?2) Nun erwähnt aber Strandmark von diesem Verhältnisse 
gar nichts, obgleich man doch a priori ein Recht hat, anzunehmen, dass sich 
eine so charakteristische Eigenthümlichkeit des Integuments auch noch an der 
völlig entwickelten Testa aussprechen wird; wenn das aber thatsächlich nicht 
der Fall sein sollte, so hätte dessen eben Erwähnung geschehen sollen. 

Das, was Lange?) über die Samen von Cerastium sagt, bezieht sich 
ausschliesslich auf die auch in dieser Gattung merkwürdige, epidermoidale 
Structur, wie nicht minder seine auf die Droseraceen bezüglichen Notizen, 
wogegen die über die Testa der Pyrolaceensamen auf mikroskopischen Unter- 
suchungen beruhen und eine ganz werthvolle, eingehende Beschreibung der 
Gestalten und Verdickungsformen enthalten, durch welche die Epidermiszellen 
der einzelnen Species ausgezeichnet sind. Am ausführlichsten verbreitet sich 
Lange über die Gattung Pedicularis; wenn ich trotzdem davon absehe, 
mich auf eine Resumtion seiner Resultate einzulassen, so geschieht das, wie 
ich glaube, mit Fug und Recht, weil die Vorführung meiner eigenen Unter- 


!) Hofmeister, Handbuch, I, 1, pag. 170. 
2) Schleiden, ]. c. pag. 510 und Fig. 249. 


3) Schacht, Entwickelungsgesch. des Pfl.-Embryon. Amsterdam 1850, pag. 149 und 
Taf. XXII. Fig. 1, 2, 9, 10. 


#) Lange, Bemaerkninger om fröenes form og skulptur hos beslaegtede arter in 
forskellige slaegter. Bot. Tidsskrift, Bd. IV. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 13 


suchungen hierzu eine bessere Gelegenheit bietet. Aus demselben Grunde 
lasse ich es an diesem Orte auch bei der blossen Nennung der Schrift 
Grönlund’s!) über die Entwickelungsgeschichte der Samenschale von Pedi- 
cularis palustris und silvatica bewenden. 

de Lanessau?) widerruft eine früher ausgesprochene Ansicht über 
die Samen von Garcinia Mangostana, dahingehend, dass die pulpöse Schicht 
desselben nicht ein Arillus, sondern ein Theil des Integuments sei. 

Als Nachtrag zu den Leguminosen führe ich eine Abhandlung van 
Tieghem’s?) an, nach welcher die Leichtigkeit der Leguminosensamen be- 
gründet ist 1. entweder in der Structur der Samenschale, 2. darin, dass die 
Testa zwar schwerer, aber das Endosperm (l’amande) durch eine Höhlung in 
seinem Inneren specifisch leichter sei als Wasser, 3. darin, dass sich beide von 
einander getrennt hätten, zwischen ihnen also ein lufterfüllter Raum entstanden sei. 

Hinsichtlich der Samenschalen und Pericarpien mit quellenden Schichten 
vermisse ich in allen Literaturverzeichnissen, sowohl denen von Lohde und 
Fickel, als auch in dem von Sempolowski, ein höchst werthvolles Werk, 
welches um so weniger hätte übersehen werden dürfen, als es allerlei Zurecht- 
stellungen der Hofmeister’schen Angaben über diesen Gegenstand enthält; 
ich meine die Abhandlung von Nägeli,t) welche sich mit dem inneren Bau 
der Zellmembran überhaupt, im 4. Capitel speciell mit den Gallertschichten 
der Epidermiszellen von Samen und Pericarpien beschäftigt. Es kann meine 
Aufgabe nicht sein, die Ergebnisse der Nägeli’schen Forschungen im Ein- 
zelnen vorzuführen, und ich verweise deshalb auf die Schrift selbst, wie auch 
auf die erst neuerdings erschienene Arbeit Uloth’s.5) 


1) Grönlund, Forskellen mellem fröenes ydre udseende hos Pedieularis silwatica og 
Pedieularis palustris betragtet i forhold til deres udviklingshistorie. Bot. Tidsskrift, Bd. IV. 

2) de Lanessau, Sur la structure de la graine du Garcinia Mangostana. (Bull. de 
la Soc. Linn. de Paris 1875, ref. in Bull. de la Soc. bot. de France XXIII. Rey. bibl. B.) 

3) van Tieghem, Obseryations sur la legerite et la structure de l’embryon de 
quelques Leguminoses. (Mem. de la soc. des se. nat. de Cherbourg XIX, ref. in Bull. de la 
soc. bot. de France XXITH. Rev. bibl. B.) 

#) Nägeli, Ueber den inneren Bau der vegetabilischen Zellenmembran. Sitzungsber, 
d. k. bayr. Akad. d. W. zu München. 1864, II, 2. 

5) Uloth, Ueber Pflanzenschleim und seine Entstehung in der Samenepidermis von 
Plantago maritima und Lepidium sativum. Flora 1875. 


14 Ewald Theodor Bachmann. 


An den Untersuchungen Fickel’s habe ich nur die eine Aussetzung 
zu machen, dass sich der Verfasser in Folge falscher Deutung des mikrosko- 
pischen Bildes zu einer ganz unrichtigen Auffassung des thatsächlichen Ver- 
haltens hat verleiten lassen. Er behauptet nämlich Seite 9 seiner Dissertation: 
„und ausserdem erfahren die Zellen der dritten Schicht (0) eine von innen 
nach aussen fortschreitende Theilung, wie sie im Querschnitt Fig. 15 zeigt.“ 
Die Zeichnungen sind alle richtig, sowohl die nach Längsschnitten, als auch 
die nach Querschnitten angefertigten. Wie lässt sich aber das vereinigen, 
dass die Schicht o im Längsschnitte (Fig. 17) nur aus einer, in den Quer- 
schnitten gesehen aus mehreren (bis 5 oder 7) Zellenlagen besteht? Der 
Widerspruch ist nur scheinbar und löst sich bei richtiger Interpretation der 
Querschnitte. In Wirklichkeit besteht die Schicht o nur aus einer Lage, im 
Reifezustand nicht minder wie im ersten Stadium ihrer Entwiekelung. Allein 
dass dieselbe schon ziemlich frühe, und in noch viel höherem Grade am reifen 
Samen, im Querschnitte betrachtet mehrere Lagen aufweist, beruht einfach 
darauf, dass, wie Fickel selbst richtig angiebt, die Zellen mit der Ebene des 
Querschnittes nicht parallel verlaufen, sondern schief auf derselben stehen. 
In Folge dessen müssen bei jedem Querschnitte mehrere Zellen der, ich 
wiederhole es, thatsächlich einschichtigen Lage o in verschiedener Höhe durch- 
schnitten werden, eine am Kopfende, wenn der Ausdruck erlaubt ist, mehrere 
in ihrem mittleren Theile und wieder eine am Fussende. Daher, dass die 
Neigung der Zellen erst allmählich eintritt, rührt es, dass der Querschnitt im 
frühesten Entwickelungsstadium wirklich nur eine Zellenlage (Fig. 140) auf- 
weist, im reifen Zustande aber aus mehr Lagen zusammengesetzt scheint, als 
in einem mittleren Stadium, weil eben der Neigungswinkel der Zellen mit 
zunehmendem Alter immer spitzer wird. Daher rührt endlich die auffallende 
Form- und Grössendifferenz der Zellen dieser Schicht im Querschnitte gesehen, 
zumal in Fig. 15, wodurch Fickel allerdings, da er einmal das Zustande- 
kommen von Theilungen durch Querscheidewände annahm, auf den Gedanken 
kommen musste, dass die T'heilung von aussen nach innen fortschreite. Von 
der Richtigkeit meiner Auffassungsweise gegenüber derjenigen Fickel’s kann 
man sich übrigens an einem möglichst dicken, aber durch Erwärmung in 
Kalihydrat durchsichtig gemachten Querschnitte unmittelbar überzeugen, weil 
man an einem solchen die einzelnen Zellen durch wechselnde Einstellung des 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 15 


Tubus von ihrem Aussenende bis zu ihrem Innenende zu verfolgen im 
Stande ist. 

Zum Schluss komme ich auf die Untersuchungen Chatin’s,!) die, wie 
schon aus dem Titel hervorgeht, für uns von besonderer Wichtigkeit sind und 
denen deshalb schon hier eine ausgedehntere Besprechung gewidmet werden 
muss, obschon ich gelegentlich der Vorführung meiner eigenen Resultate wieder- 
holt auf dieselben zurückzukommen habe. — Was zunächst die Solaneen an- 
belangt, so befindet sich Chatin mit Lohde in Widerspruch, erstens darin, 
dass er behauptet, die Samenknospe sei anatrop, während sie nach Lohde 
amphitrop ist, allerdings eine Abweichung von nicht allzuviel Belang. Der 
zweite Differenzpunkt dagegen ist wesentlich anderer Art und Bedeutung: 
nach Lohde?) bleiben nämlich die Zellen des einschichtigen Knospenkernes 
bestehen, bilden auf dem Querschnitte des Samens sogar eine „sehr ins Auge 
fallende“ Lage von runden oder viereckigen Zellen. Chatin3) auf der anderen 
Seite lässt den Knospenkern von dem sich ausbreitenden Endosperm völlig 
resorbirt werden. Betrefis der subepidermoidalen Schichten der Testa fehlt bei 
Chatin überhaupt jedwede Angabe und von den Epidermiszellen erwähnt er 
kaum mehr als die äussere Form in ihren allergröbsten Umrissen, dass ihre 
Wände verdickt und mehr oder weniger gebräunt seien. Vergleicht man nun 
mit der geradezu kläglichen Dürftiskeit dieser Resultate die Beschreibung des 
Baues der Epidermiszellen von Datura Stramonium, wie sie Lohde giebt, eine 
Beschreibung, in der ich den Glanzpunkt der ganzen Lohde’schen Schrift 
sehen möchte, eine Beschreibung, wie sie nur gegeben werden konnte auf 
Grund höchst sorgfältiger Studien und vollständiger Beherrschung der mikro- 
skopischen Technik, ich sage, vergleicht man hiermit die Angaben Chatin’s, 
so wird man kaum mehr in Zweifel sein können, wem man mehr Vertrauen 
schenken darf. Strandmark hat zwar auch eine Anzahl von Solaneen unter- 
sucht, aber nicht entwiekelungsgeschichtlich und kann eben deshalb das 
Schiedsrichteramt nicht übernehmen. — Auf die Serophularineen hat Chatin 


1) Chatin, Etudes sur le developpement de l’ovule et de la graine dans les Serophu- 
larindes, les Solandes, les Boragindes et les Labiees. — Ann. des sc, nat. ser. V, 1, 19. 


2) Lohde, ]. ce. pag. 59. 
3) Chatin, ]. ce. pag. 71. 


16 Ewald Theodor Bachmann. 


den Haupttheil seiner Arbeit verwendet, seine Studien aber dessenungeachtet 
bloss an 15 Species aus 7 Gattungen gemacht, welch letztere sich in 5 Tribus 
vertheilen, so dass also aus 6 Tribus überhaupt noch keine Samenschale zur 
Untersuchung gekommen ist. Diese 7 Gattungen sind aus Trib. I Verbascum 
(1 Sp.), aus Trib. HI Antirrhinum und Linaria (je mit 1 Sp.), aus Trib. V 
Digitalis (1 Sp.), aus Trib. IX Veronica (9 Sp.) und aus Trib. XI Euphrasia 
und Melampyrum (je mit 1 Sp.). Daraus ist ersichtlich, dass die Gattung 
Veronica weitaus am eingehendsten untersucht worden ist, allein trotzdem 
ist man nicht im Stande, auf Grund dessen sich ein Bild von dem Bau der 
Samenschale zu entwerfen, trotzdem vermisst man jede, aber auch jede An- 
gabe über den Bau der Epidermiszellen, obwohl derselbe höchst charakteristisch 
und auch für dieses Genus von hoher systematischer Bedeutung ist, trotzdem, 
fahre ich fort, erhält man nicht den geringsten Aufschluss über jene Eigen- 
thümlichkeit der Veronicasamen, welche seit Schleiden unter dem Namen 
der Cochlidiospermie bekannt, aber noch nicht völlig erkannt ist. Es ist 
wahr, der Verf. hat sich nicht speciell die Aufgabe gestellt, die Entwickelung 
der Samenschale zu untersuchen, sondern die der Samenknospe und des Sa- 
mens; immerhin ist aber jenes in diesem mit inbegriffen und durfte aus diesem 
Grunde nicht so arg vernachlässigt werden. — Andererseits muss anerkannt 
werden, dass Chatin viel Mühe und Fleiss verwandt hat, um die allmäh- 
lichen Formveränderungen des Embryosacks, die Entwickelung des Embryo, 
seine Form und Lage festzustellen, nur hat er bei Lösung der erstgenannten 
Aufgabe zu häufig das Wort „bizarr“ angewandt, statt der Sache auf den 
Srund zu gehen und eine nach Form und Mass möglichst genaue Beschrei- 
bung zu geben. 

Damit breche ich denn die kurze auf den Bau und die Entwickelung 
der Samenschale bezügliche literarische Uebersicht, welche, wie ich nochmals 
hervorhebe, keinen anderen Anspruch erhebt, als den, ein Nachtrag zu dem 
vollständigeren Lohde-Fickel’schen Literaturverzeichnisse zu sein, ab, um 
zur Darstellung meiner eigenen Untersuchungen überzugehen. Dieselben, im 
December vorigen Jahres begonnen, beschränkten sich anfänglich auf reife 
Samen und wurden erst später, als die zur Aussaat gekommenen Samen sich 
zu knospentragenden Pflanzen entwickelt hatten, auch auf die Entwickelungs- 
geschichte ausgedehnt. Zu den meisten Beobachtungen benutzte ich die Linsen- 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 17 


combination D,2 (2°) eines Zeiss’schen Mikroskops, seltener die Zusammen- 
stellung des Oc.2 mit den Objeetiven A(2), C(?) oder F(°%). Sämmtliche 
Zeichnungen wurden unter Anwendung eines Zeichenprismas entworfen. Ueber 
die Methode, Art der Präparation, Anwendung von Reagentien wird geeigneten 
Ortes referirt werden; hier nur so viel, dass von allen Samen Längs-, Quer- 
und Flächenschnitte zur Untersuchung gekommen sind und dass die Längs- 
schnitte so geführt worden sind, dass die Raphe in ihrem ganzen Verlaufe, 
der Hilus und die Mikropyle getroffen wurden. Die Flächenpräparate habe 
ich in der Regel so gewonnen, dass ich den ganzen Samen, je nach der 
Resistenzfähigkeit seiner Testa, in Kalilauge kochte oder vorher erst einen 
oder mehrere Tage in KHO liegen liess, worauf sich die T’esta gewöhnlich 
mit Leichtigkeit abheben oder abschaben liess. Durch vorsichtiges Zerzupfen 
unter dem einfachen Mikroskope gelang es mir meistentheils, die vorher in 


Zusammenhang gebliebenen, übereinander gelegenen Schichten zu isoliren. 
Wirkliche Flächenschnitte zu führen erwies sich, abgesehen von der grösseren 
Umständlichkeit des Verfahrens, für viele Samen als unzweckmässig, nämlich 
für alle diejenigen, welche, wie Verbascum, Alonsoa Digitalis, Chaenostoma, 
Lyperia u. A., ein vielfach gefurchtes, mit Rippen, Leisten, Vorsprüngen ver- 
sehenes Endosperm besitzen, weil sich unter dieser Voraussetzung die Testa, 
der Oberfläche des Eiweisses eng angeschmiegt, in alle Thäler und Furchen 
fortsetzt. In den wenigen Fällen endlich, in denen die Behandlung mit KHO 
nicht zum Ziele führte, habe ich mich der von v. Höhnel empfohlenen, 
allerdings weniger einfachen Präparationsweise bedient. Zuweilen genügten 
selbst die von Quer-, Längs- und Flächenschnitten gewonnenen Ansichten 
nicht, sich aus ihnen zusammen ein Bild von der Körperlichkeit complieirt 
gebauter Zellen zu construiren, und dann benutzte ich, dem bekannten, von 
Lohde, Fickel u. A. viel betretenen Wege folgend, das Schultz’sche 
Reagens, isolirte dadurch einzelne Zellen, um mir schliesslich durch Rollen 
unter dem Deckglase eine vollkommene, allseitige Anschauung von ihrem 
Baue zu verschaffen. Mehrere Schnitte sind überdies regelmässig der che- 
mischen Untersuchung geopfert worden. 

In der Anordnung und Reihenfolge der vorzuführenden Gattungen halte 
ich mich an das Endlicher’sche System, wie er es in seinen Genera plan- 
tarum etc. etc. niedergelegt hat. 


Nova Acta XLIH. Nr. 1. 3 


18 Ewald Theodor Bachmann. 


Tribus 1. Verbasceae. 
1. Die Gattung Scerophularia. 


Sämmtliche Arten, soweit sie von mir untersucht worden sind ($. Sam- 
bueifolia L., Ehrharti Stev., lucida L., peregrina L., vernalis L., 
arguta Soland., nodosa L., Balbisii, laciniata W. K., alpestris Gaz., 
canina L.), gleichen, was das Aeussere ihrer Samen betrifft, abgesehen von 
geringen graduellen Unterschieden, einander völlig. Die kleinen Samen, welche 
etwa die Form eines Kegelstumpfes haben, sind braun, je nach der Art heller 
oder dunkler. Ihre Oberfläche ist grubig vertieft, die Gruben sind ziemlich 
regelmässig geformt, meist in die Quere gestreckte Sechsecke, welche von 
Leisten wallartig umgeben sind. Wie der fertige Bau der Testa, so ist auch 
der Entwickelungsgang bei allen Samen der gleiche. 

Zur Zeit der Blüthe besteht das Integument der kleinen hemianatropen 
Samenknospe von Ser. Ehrharti aus ungefähr 6—7 Zellenlagen, von denen 
die innerste und die äusserste gegenüber den zwischen ihnen liegenden ganz 
besonders in die Augen fallen. Die Zellen der innersten Schicht sind unter- 
einander gleich hoch, stark radial gestreckt, also von prismatischer Gestalt 
und reichlicher mit Plasma erfüllt als die der Zwischenschichten. Letztere 
(Taf. 1. Fig. 1) sind meist polyedrisch, seltener rechteckig, nach Form und 
Grösse sehr verschieden und theilen sich durch radiale oder schiefe, seltener 
tangentiale Wände. Die Epidermiszellen sind im Quer- und Längsschnitt 
rechteckig, in der Flächenansicht gewöhnlich fünf- oder sechsseitig und in 
lebhafter Theilung durch radial stehende Scheidewände begriffen. Im nächsten 
Stadium (der Embryosack ist mit wenigen, sehr grossen Eiweisszellen erfüllt, 
Taf. 1. Fig. 2) finden wir im Integument eine Schicht mehr als vorher, ent- 
standen durch tangentiale Theilungen in den Zellen des parenchymatischen 
Zwischengewebes. Die Zellen des letzteren haben sich beträchtlich erweitert, 
ohne ihre Gestalt verändert zu haben; ihre Wände sind dünn geblieben, ihr 
Inhalt hat sich vermindert. Dasselbe gilt auch von den Epidermiszellen- 
Eine wesentliche Veränderung ist dagegen mit denen der innersten Lage vor- 
gegancen. Im Querschnitte betrachtet, haben sie sich allerdings nur beträchtlich 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 19 


tangential gestreckt, sind also in Richtung des Querumfanges tangential ge- 
wachsen (Taf. 1. Fig. 2a), wie sich daraus ergiebt, dass sich die Zahl der 
Zellen seit dem Stadium der Befruchtung gar nicht vermehrt hat, der Ring 
hingegen, den sie bilden, in Zusammenhang mit der starken Erweiterung des 
Embryosackes, einen viel grösseren Umfang angenommen hat; untereinander 
sind die Zellen (im Querschnitt betrachtet) an Grösse ungefähr gleich. 
Betrachtet man dagegen die Zellen im Längsschnitt oder von der 
Fläche her, so erkennt man, dass zwei Arten zur Ausbildung gekommen sind: 
grosse und kleine. Jene sind in Richtung des Längsumfanges 3—4 und 
selbst 5mal länger als diese (Taf. 1. Fig. 2 u. 2b). Die Höhe ist in beiden 
genau dieselbe (Taf. 1. Fig. 2) und auch die tangentiale Erstreckung in 
Richtung des Querumfanges ist, wie bereits gesagt, für beide gleich oder doch 
nur wenig verschieden. Die Zellen sind in Längsreihen geordnet, d.h. 
in Reihen, welche am Mikropylende beginnen und bis zum Chalaza- 
ende reichen (in Taf. 1. Fig. 2b ist diese Richtung durch den beigegebenen 
Pfeil angedeutet). In jeder Längsreihe wechseln grosse und kleine 
Zellen regelmässig mit einander ab: auf eine grosse folgen eine 
oder zwei, manchmal sogar drei kleine, dann wieder eine grosse 
u.s. f£ Die Zellen benachbarter Reihen alterniren mit einander, 
d. h. neben den grossen Zellen der Längsreihe b in Fig. 2b liegt 
nicht rechts und links je eine grosse, sondern eine oder mehrere 
kleine Zellen der Reihen a und c. Es wechseln also, wenn ich 
einen Vergleich gebrauchen darf, die grossen und die Gruppen 
der kleinen Zellen mit einander ab, wie die schwarzen und weissen 
Felder eines Schachbrettes. — Was die Entstehung der verschieden 
grossen aus ursprünglich gleich grossen Zellen anbelangt, so kann dieselbe 
nur darauf beruhen, dass sich letztere alle tangential in Richtung des Längs- 
umfanges gestreckt, die einen aber nicht getheilt haben, während die anderen 
durch radiale Wände getheilt worden sind, welche mit den längsten Seiten- 
wänden der Zellen parallel verlaufen. So sind die beiden kleinen zwischen 
den grossen Zellen &! und g? (Taf. 1. Fig. 2b) offenbar dadurch entstanden, 
dass die Scheidewand d aufgetreten ist; in der kleinen, zwischen g und g‘ 
gelegenen Zelle steht eine Theilung nahe bevor; die drei kleinen Zellen zwi- 
schen q und q‘ sind durch eine zweimalige "Theilung mittelst der Wände w 
3* 


30 Ewald Theodor Bachmann. 


und w’ entstanden. Aus alledem geht endlich hervor, dass die Theilungs- 
folge innerhalb der kleinen Zellen succedan ist. Ob dann und wann 
die eine oder andere der grossen Zellen noch eine kleine abschnüren kann 
durch eine Wand, welche in der Nähe ihrer langen Seitenwände liegt, halte 
ich, gestützt auf gute Gründe, für durchaus nicht unwahrscheinlich, obwohl 
ich nicht mit voller Bestimmtheit dafür eintreten kann, da ich es unterlassen 
musste, genauere Untersuchungen über diesen Punkt anzustellen, weil das nur 
auf Kosten anderer Untersuchungen hätte geschehen können, wodurch wieder 
die Gefahr einer zu ungleichmässigen Behandlung des Stoffes erwachsen wäre, 
andererseits weil diese Frage für die Entwickelungsgeschichte der Testa denn 
doch nicht von allzuhoher Bedeutung ist. Die Innenwände der grossen Zellen 
sind schwach ausgebaucht und bringen dadurch auf dem Embryosack seichte 
Eindrücke hervor. 

In einem folgenden, nur wenig älteren Stadium (Taf. 1. Fig. 3 u. 3a) 
ist diese Ausbauchung der grossen Zellen schon viel auffälliger geworden 
und dem entsprechend hat das Endosperm eine flach höckerige oder hügelige 
Oberflächenbeschaffenheit erlangt. Seine Hügel sind von den kleinen Zellen 
der innersten Schicht des Integuments bedeckt, in die Thäler ragen die 
grossen Zellen mit ihren ausgebauchten Innenmembranen hinein. Ausserdem 
sind grosse wie kleine Zellen allseitig gewachsen; denn wenn man bedenkt, 
dass Fig. 2 und 2a nach 250facher, Fig. 3 und 3a aber nach 120facher 
Vergrösserung gezeichnet sind, so lehrt der blosse Augenschein, dass die 
Zellen gegen vorhin fast die doppelte Höhe erreicht haben, dass sie in Rich- 
tung des Querumfanges gleichfalls etwa um das doppelte, in Richtung des 
Längsumfanges aber um das 2, 3—4fache gewachsen sind. Endlich ergiebt 
sich aus einem Vergleiche der beiden Figurenpaare, dass die Zahl der kleinen 
Zellen zugenommen hat; denn jetzt finden wir überhaupt keine derselben mehr 
einzeln, sondern wenigstens deren 2, aber auch 4—5 Zellen zu Gruppen 
vereinigt zwischen den grossen. Auch in dem durch die Figuren 4 und 4a 
dargestellten, gegen das vorige nur um sehr wenig fortgeschrittenen Stadium 
finden wir das bestätigt. Doch hat jetzt die Vorwölbung der Innenmembranen 
der grossen Zellen einen viel höheren Grad erreicht, und zwar in Folge da- 
von, dass das Endosperm auf seinen Hügeln viel stärker wächst als in den 
Thälern. Es drängt sich somit gewissermassen zwischen die grossen Zellen 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 2] 


ein und würde die kleinen vor sich herschieben, die grossen aber an ihrer 
Stelle liegen lassen, wenn beide nicht in innigem Verbande stünden; so 
schieben die Hügel des Endosperms die ganze innere Schicht, grosse und 
‘kleine Zellen vor sich her, d. h. nach der Epidermis des Integuments hin’ 
Daraus folgt, dass die Innenwände der grossen Zellen, um in Zusammenhang 
mit den im Wachsthum zurückbleibenden Punkten des Endosperms, den 
Thälern, zu bleiben, ein energisches Flächenwachsthum entfalten und daher 
eben der zunehmenden Tiefe der T'häler entsprechend sich immer mehr aus- 
bauchen müssen. Selbstverständlich alterniren die Hügel in derselben Weise 
wie die grossen Zellen der verschiedenen Längsreihen. — Die übrigen 
Schichten des Integuments sind in den durch Fig. 3 und 3a einerseits, Fig. 4 
und 4a andererseits vorgeführten Entwickelungszuständen fast ganz gleich 
beschaffen. Die Zellen des parenchymatischen Zwischengewebes sind alle 
tangential gestreckt, am stärksten die der äusseren Lagen; die der inneren 
Lagen sind bereits zusammengedrückt, wenn auch nicht in dem Grade, dass 
man ihre Zelllumina nicht mehr erkennen könnte; ihres Inhaltes sind sie bis 
auf geringe Spuren verlustig gegangen. Die Epidermiszellen sind gleichfalls 
stark tangential gestreckt und zwar vorwiegend in Richtung der Längsaxe 
des Samens; ihre Wände sind alle dünn. Im weiteren Verlaufe der Ent- 
wickelung werden die Schichten des Zwischengewebes in centrifugaler Reihen- 
folge immer mehr zusammengepresst (Taf. 1. Fig. 5), bis sie zuletzt keine 
einzige Zelle mehr erkennen lassen. Die Innenwand der Zellen der innersten 
Schicht hat sich unterdessen mässig verdickt, ebenso die Seitenwände in dem 
der Innenmembran zunächst liegenden Theile auf eine kurze Strecke hin, 
während sie in ihrem äusseren Theile so dünn geblieben sind, dass sie, dem 
Drucke des sich entwickelnden Eiweisses nachgebend, wellig verbogen und 
geknickt werden. Zu derselben Zeit entstehen auch auf den Innen- und Seiten- 
wänden der Epidermiszellen die anfangs sehr zarten Verdickungsstreifen. 

Der reife Same hat einen geraden Embryo; die Aussenmembran der 
Eiweissepidermis ist sehr dick und mehrfach geschichtet. Die Innenmembran 
der Zellen der innersten Schicht ist ziemlich dick, braun, vollständig cuticu- 
larisirt, hat eine bedeutende Resistenzfähigkeit gegen Säuren erhalten, hat mit 
einem Worte alle die Eigenschaften angenommen, welche die Schutzschicht 
einer Testa haben muss. Die Seitenwände sind, weil die ganze Schicht total 


22 Ewald Theodor Bachmann. 


zusammengepresst worden ist, nicht mehr sichtbar; nur auf den Hügeln des 
Endosperms zeigen Längsschnitte Andeutungen derselben in kleinen zahnartigen 
Vorsprüngen. Die Aussenmembran liegt der Innenwand unmittelbar auf, we- 
nigstens auf den Hügeln, während sie die Thäler von dem Gipfel des einen 
bis zu dem des anderen Hügels so zu sagen überbrückt. Aber auch hier ist 
sie als solche nicht erkennbar, weil sie sich von der Lamelle, zu welcher das 
parenchymatische Zwischengewebe zusammengedrückt ist, nicht im geringsten 
abhebt. Letztere besitzt nur in einer feinen, mit der Oberfläche des Samens 
parallelen Strichelung eine Andeutung ihrer ursprünglichen Zusammensetzung 
aus weiten Zellen und ist gleichfalls bräunlich. Nur in der Mikropyle- und 
Chalazaregion ist das Zwischengewebe, schon von Anfang an mächtiger ent- 
wickelt, nicht zur blossen Lamelle zusammengedrückt, sondern als dickeres 
Gewebepolster bestehen geblieben, obwohl auch hier keine Zelle mehr sichtbar 
ist. Auch von der Epidermis sieht man nichts als eine ringsum verlaufende, 
braune, dünne Lamelle, welcher in ziemlich regelmässigen Abständen breite, 
knotenartige Höcker von derselben Farbe aufsitzen. So auf Querschnitten, 
während auf Längsschnitten die eben erwähnten Knoten viel seltener und vor 
Allem in viel unregelmässigeren Abständen auftreten; dafür erheben sich zwi- 
schen diesen noch viel kleinere, enger stehende Vorsprünge in grosser Anzahl. 
Die Aufklärung über diesen Gegensatz giebt die Flächenansicht: die Zellen, 
mit meistentheils rechteckigen, fünf- oder sechsseitigen Umrissen, sind in 
Richtung der Längsaxe des Samens 2—3 und selbst 4mal länger als in 
Richtung seines Querdurchmessers. Die Breite ist bei allen ungefähr dieselbe, 
die Länge dagegen um so wechselnder. Auf der dünnen Innenwand verlaufen 
Verdiekungsleisten, alle rechtwinklig zur längsten Axe der Zelle, unter einander 
parallel und von einander in gleichen Abständen. Jede solche Verdickungs- 
leiste setzt sich zu beiden Seiten auf die beiden gleichfalls dünnen Seitenwände 
fort, nicht aber auf die Aussenwand; geschähe auch das letztere, dann hätten 
wir in der That geschlossene Ringfasern. Auf den Innenwänden bemerkt man 
nicht selten Anastomosen und Verzweigungen der Verdickungsleisten. Die 
erwähnte dünne, braune Lamelle ist die innere Membran der Epidermiszellen, 
die im Querschnitte zahlreicheren grossen Knoten sind Durchschnittsansichten 
von den Seitenwänden, die im Längsschnitt sichtbaren kleineren Erhebungen 
sind die Durchschnittsansichten der Verdickungsleisten. Die Seitenwände sind 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 23 


niedrig, aber nicht in dem Grade, wie es, nach der Höhe der Knoten zu 
schliessen, den Anschein hat; denn durch Benutzung geeigneter Reagentien 
kann man sich überzeugen, dass die Mehrzahl der Seitenwände gänzlich 
zusammengeschrumpft ist. Eine unmittelbare Anschauung von der Höhe der 
Epidermiszellen kann man nur in einem früheren, noch nicht bis zur Reife 
vorgeschrittenen Stadium gewinnen. Die Aussenwand hat sich am reifen 
Samen in Folge des Vertrocknens nach innen gelegt und ist deshalb nur selten 
sichtbar, am leichtesten noch bei $. laciniata und alpestris. 

In völlig gleicher Weise entwickeln sich Ser. vernalis und nodosa, 
ohne Zweifel aber auch alle anderen Arten der Gattung Scrophularia, da 
die reife Teesta bei allen ganz gleich gebaut ist. S. sambucifolia verdickt 
die Zellwände seiner Schutzschicht am stärksten und auch das Zwischen- 
gewebe ist hier in einer diekeren Schicht ausgebildet und erhalten geblieben, 
als bei anderen Species; am nächsten steht ihr in diesen Beziehungen noch 
S. Ehrharti. 


2. Die Gattung Verbascum. 


Die Samen dieser Gattung, aus der ich die Arten V. phoeniceum L,., 
phlomoides L., Blattaria L., Thapsus L., virgatum, rigidum, pulveru- 
lentum untersucht habe, sind nur wenig grösser als die von Scrophularia, 
in jeder anderen Beziehung aber von derselben Beschaffenheit wie diese und 
verdanken auch ihre Oberflächenskulptur dem Endosperm, indem dasselbe 
alternirende Längsreihen von mässig hohen, steil abfallenden Hügeln bildet. 

Der Entwickelungsgang ist bei allen Species derselbe und auch dem 
der Testa der Scrophularia-Samen ganz analog: Das noch nicht bis zur 
Spitze des Knospenkerns vorgedrungene Integument !) besteht aus nur 2—3 
Schichten kleiner mit Protoplasma dicht erfüllter Zellen, welche in so lebhafter 
Theilung begriffen sind, dass das Integument vier- bis fünfschichtig geworden 
ist, wenn es sich über der Kernwarze geschlossen hat; unter diesen Zellen- 
lagen tritt schon jetzt die Epidermis dadurch hervor, dass ihre Zellen gleiche 


1) Ich wähle F. phoeniceum zum Ausgangspunkt meiner Darstellungen über das 
Genus Verbascum. 


24 Ewald Theodor Bachmann. 


Grösse und Form haben. Zur Zeit der Blüthe hat das Integument ungefähr 
8 Schichten, von denen sich ausser der Epidermis auch noch die innerste Lage 
differenzirt hat. Die Zellen derselben zeichnen sich gegenüber den unregel- 
mässig gestalteten, meist aber fünf- und sechsseitigen Zellen des parenchy- 
matischen Zwischengewebes, d. h. des zwischen der innersten und äussersten 
Lage befindlichen Gewebes, dadurch aus, dass sie rechteckig, ziemlich gross, 
untereinander aber von gleicher Grösse sind, und endlich dadurch, dass sie 
dichter mit Protoplasma erfüllt sind, als die der Zwischenschichten. Von nun 
an vermehrt sich die Zahl der Schichten nicht mehr; die Zellen des Zwischen- 
gewebes erweitern sich beträchtlich und bedingen so vorzugsweise die nicht 
unbedeutende Dickenzunahme des Integuments. Die Epidermiszellen haben 
sich nur tangential und zwar vorwiegend in Richtung der Längsaxe der 
Samenknospe ausgedehnt, ohne an Höhe merklich zugenommen zu haben; das 
Plasma hat sich in beiden sehr vermindert. Die innerste Schicht hat sich in 
derselben Weise wie bei Scrophularia Ehrharti ausgebildet, d.h. es haben 
sich bereits grosse und kleine Zellen von einander geschieden, von denen die 
ersteren ihre Innenwand schwach nach innen ausgebaucht haben. Diese Aus- 
bauchung wird im Laufe der Entwickelung immer stärker und erreicht ihren 
Höhepunkt, wenn das Endosperm den Embryosack ganz erfüllt hat und nun 
beginnt, Hügel zu bilden. Die damit zusammenhängenden Wachsthumsvorgänge 
des Albumens, wie auch der innersten Schicht des Integuments sind übrigens 
ganz dieselben, wie wir sie bei Scrophularia kennen gelernt haben. Als 
einziger Unterschied wäre etwa der hervorzuheben, dass die grossen Zellen, 
aber auch die kleinen, weiter und höher werden als in den Samen jener 
Gattung, und dass, nachdem die mittlerweile rundlich gewordenen Zellen des 
Zwischengewebes schon bis zu einem gewissen Grade zusammengedrückt 
worden sind, die Zellen der innersten Schicht ihre Innenmembranen in der 
eigenthümlichen Weise verdicken, welche den Samen von Verbascum zu 
einem der interessantesten macht. Zu gleicher Zeit entstehen in den Epidermis- 
zellen, welche unterdessen eine in Richtung des Längsumfanges ziemlich starke 
tangentiale Streckung erfahren haben, die Verdickungsleisten, welche unter 
. einander parallel und rechtwinklig zur Längsaxe der Zellen auf deren Innen- 
und Seitenwand verlaufen. Dadurch erlangen diese Zellen mit denen der ent- 
sprechenden Schicht von Scrophularia eine solche Aehnlichkeit, dass eine 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 25 


nach letzteren gefertigte Zeichnung auch die Beschaffenheit der ersten ganz 
genau wiedergiebt. 

Am reifen Samen ist von dem ursprünglich sechsschichtigen ( V. phoe- 
niceum) oder siebenschichtigen (V. Thapsus) Zwischengewebe nichts als ein 
dünnes, farbloses Häutchen vorhanden, dessen anfängliche Zusammensetzung 
aus Zellen weder durch Erwärmen mit KHO oder mit der Schultz’schen 
Mischung von HNO; und KCIO,, noch auch durch eine wechselweise Be- 
handlung mit diesen beiden Flüssigkeiten sichtbar gemacht werden kann. Man 
wird daher nicht fehlgreifen, wenn man annimmt, dass eine so starke Reduction 
des betreffenden Gewebes nicht allein eine Folge der seitens des Endosperms 
bewirkten Zusammenpressung ist, sondern auch zum Theil auf Resorptions- 
vorgängen beruht. Die Wände der Epidermiszellen haben sich gebräunt, die 
Aussen- und Seitenmembranen sind verschrumpft, letztere auf Quer- und Längs- 
schnitten gewöhnlich nur als knotenartige Erhebungen sichtbar, während erstere 
der Innenwand in der Regel so dicht aufliegen, dass man beide kaum von 
einander zu unterscheiden vermag; nur selten sieht man sie von den Enden 
der Seitenwände in einem Bogen nach innen hängen. Die Zellen der innersten 
Schicht werden, noch ehe die Verdiekung der Innenmembran beginnt, gleich- 
falls zusammengepresst, und wenn diese erst die Hälfte ihrer definitiven Dicke 
erreicht hat, können ihre Seiten- und Aussenwände nur noch durch Anwendung 
aufquellender Mittel zur Anschauung gebracht werden; am reifen Samen ist 
auch das nicht mehr möglich, jedes Reagens versagt den Dienst: die Mem- 
branen sind resorbirt. Um so mächtiger hat sich die Innenmembran entwickelt; 
denn ihre Dicke kommt, um nur einen Vergleich zu gebrauchen, dem Durch- 
messer einer ganzen Endospermzelle gleich, übertrifft ihn sogar bisweilen. Sie 
liegt dem Eiweiss unmittelbar auf, folgt den Unebenheiten desselben überall 
hin, steigt mit ihm in die Tiefe der grubigen Depressionen und erhebt sich 
wiederum auf die Höhe der wallähnlichen Hügel, von welchen jene umschlossen 
werden. Ueberall ist aber ihre Dieke und Beschaffenheit die gleiche; auf 
Querschnitten zeigt sie nie, auf Längsschnitten nur selten und undeutlich die 
ehemaligen Zellgrenzen. Weit entfernt, homogen zu sein, besitzt sie ein so 
originelles Aussehen, dass sie kaum mit etwas Anderem verglichen werden 
kann; selbst unter ziemlich hoher Vergrösserung (Zeiss D,; — *) bekommt 
man nur den Eindruck einer äusserst feinen Punktirung, bestehend in unzähligen 


Nova Acta XLII. Nr. 1. 4 


26 Ewald Theodor Bachmann. 


kleinen braunen Punkten, welche, dicht nebeneinander stehend, mit helleren 
abwechseln. Nur am äusseren Rande kann man zuweilen einen der braunen 
Punkte eine kleine Strecke nach innen verfolgen, so dass er also nicht mehr 
einen Punkt, sondern eine Linie darstellt, an der man sogar häufig eine oder 
mehrere Einschnürungen, abwechselnd mit geringen Anschwellungen, unter- 
scheiden kann. Auch das ist nicht selten, dass sich zwei verlängerte Punkte, 
nachdem sie sich eingeschnürt haben, in einem Punkte vereinigen, welcher sich 
wieder nach innen verlängert, wodurch also eine Gabelung zu Stande gekommen 
ist, welche ihre beiden Aeste nach aussen wendet, den Stamm nach innen. 
Vie] schärfer treten solche Einzelheiten hervor, wenn man eine noch stärkere 
Vergrösserung zu Hilfe nimmt, wie etwa Syst. F (%). Dennoch ist selbst 
diese nieht ausreichend, die beschriebenen Randkörperchen wesentlich weiter 
nach innen zu verfolgen, weil hier die Punktirung viel zu eng wird. Nun 
zeigen die Epidermiszellen vieler Pedicularissamen eine sehr ähnliche Be- 
schaffenheit,. mit dem Unterschiede jedoch, dass bei letzteren alles grösser und 
weiter ist, ein Umstand, welcher die Klarheit des Bildes nicht nur erhöht, 
sondern auch die Interpretation sehr erleichtert. Lange hat denn auch bereits 
diesen merkwürdigen Membranbau an den Epidermiszellen des Samens von 
Pedicularis Sceptrum bemerkt, giebt sogar eine Abbildung davon und nennt 
die Verdiekungsweise schwammartig (svampagtig), eine Bezeichnung, die von 
dem thatsächlichen Verhältniss eine viel richtigere Vorstellung giebt, als die 
Zeichnung. Obwohl sich Lange auf eine Erklärung des genannten Ausdruckes 
nicht einlässt, so glaube ich doch das Rechte zu treffen, wenn ich ihn so 
deute, als ob die Membran von sehr zahlreichen, feinen Porenkanälen durch- 
setzt sei, die nicht nur in den verschiedensten Richtungen innerhalb der Zell- 
wand verlaufen, sondern sich auch in mannigfaltigster, höchst unregelmässiger 
Weise verzweigen und mittelst dieser zahlreichen Verästelungen eben so viele 
Anastomosen eingehen, alles zusammen Momente, welche wohl geeignet sind, 
einen wirklich schwammartigen Bau der Zellmembran entstehen zu lassen. Der 
Beschreibung nach ist übrigens schon seit langer Zeit ein ganz ähnlicher Bau 
bekannt und zwar von den Zellwänden der Testa von Bertholletia excelsa und 
vieler Magnolien, bei welch’ letzteren „die Tüpfelkanäle“ nach Hofmeister’) 


!) Hofmeister, Handbuch I, 1, $ 25, pag. 179. 


6) 
1 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 


„ein endloses in der ganzen Wand verbreitetes Netz bilden“. Aber schon die 
von Millardet gegebenen Abbildungen, noch mehr aber selbstgefertigte Prä- 
parate aus der Testa von Magnolia Youlan und M. grandiflora über- 
zeugten mich, dass der Bau dieser ganz ausserordentlich verschieden ist von 
dem der betreffenden Schicht in der Samenschale von Verbascum, in so hohem 
Grade verschieden, dass ich mich, nachdem ich Magnolia untersucht hatte, 
sofort zu einer zweiten möglichen Erklärungsweise hinneigte. Man könnte 
nämlich den Wechsel von helleren und dunklen Punkten für den Ausdruck 
einer Dichtigkeitsdifferenzirung ansehen, so nämlich, dass die zahllosen hellen 
Punkte Stellen grösster Dichtigkeit, die dunklen Punkte dagegen Stellen ge- 
ringster Dichtigkeit darstellten. Auch hierfür giebt es Analogien im Bereiche 
der Samenschalenkunde. So z. B. die von Lohde anfangs für Porenkanäle 
gehaltenen Differenzirungsstreifen in der stark verdickten Aussenmembran der 
Epidermiszellen von Portulaca oleracea. In derselben irrthümlichen Weise, 
wie Lohde vor seinem Widerrufe, deutete Hegelmaier die gleiche von ihm 
an den Epidermiszellen der Samenschale von Portulaca grandiflora be- 
obachtete Erscheinung. Bekannt ist das an Bast-, Holz- und anderen Zellen 
mit dicken Membranen so häufige Vorkommen von Differenzirungspunkten 
grösster, geringster und mittlerer Dichte, dadurch entstanden, dass Schichten- 
und Streifensysteme von ebenfalls verschiedener Dichte einander kreuzen und 
durchschneiden. Unter allen derartigen Fällen, wie sie beispielsweise von 
Hofmeister in seiner Lehre von der Pflanzenzelle SS 27, 23 beschrieben 
und aufgezählt werden, ist jedoch meines Wissens kein einziger, der sich mit 
dem Bilde nur entfernt vergleichen liesse, welches die innerste Schicht der 
Samenschale von Verbascum gewährt. Ausserdem sprechen gegen die An- 
nahme, dass bei Verbascum eine Differenzirungserscheinung vorliege, folgende 
Gründe: 1. Sind die Differenzirungspunkte Producte der Durchkreuzung von 
Schichten verschiedener Dichtigkeit — und diese Annahme ist in der wissen- 
schaftlichen Botanik eine allgemeine — so müssen sie eine durch die Richtung 
und Zahl jener Schichten- oder Streifensysteme bedingte Anordnung und sogar 
Form (rautenförmig, Hofmeister) besitzen. Beides hat auf Verbascum keine 
Anwendung, ebensowenig wie auf Pedicularis. 2. Chemische Reagentien, 
wie die ganze Reihe der Quellungsmittel einerseits, der wasserentziehenden 
Stoffe andererseits brachten nicht im geringsten eine sichtliche Veränderung 
4* 


28 Ewald Theodor Bachmann. 


der Zellmembran hervor, weder das einemal eine Quellung, noch das andere- 
mal eine Schrumpfung, weder eine Verstärkung des Gegensatzes zwischen den 
vorausgesetztermassen stärker und schwächer lichtbrechenden Punkten, noch 
auch ein Verschwimmen, Verblassen dieses Gegensatzes, während nach dem 
bekannten Nägeli’schen Gesetze dies oder jenes bei Anwendung des einen 
oder anderen Reagens eintreten müsste. — Ein zum Schluss angestelltes che- 
misches Experiment konnte gleichfalls die gewünschte Entscheidung nicht 
herbeiführen: ich brachte möglichst feine Schnitte in Barytwasser und liess 
auf dieses einen feinen Strom von Kohlensäure einwirken, welcher sofort einen 
Niederschlag von BaCO,; hervorrief. Wäre nun, so caleulirte ich, die im Rede 
stehende Membran „schwammartig“ verdickt, so müsste sich der Niederschlag 
auch in den feinen Poren sichtbar machen und zwar in Folge der Undurch- 
sichtigkeit der Körnchen des Barytcarbonats durch Verdunkelung. Das geschah 
jedoch nicht, die hellen Punkte blieben hell und damit wäre die Sache zu 
Gunsten der zweiten Ansicht entschieden, wenn nicht der Einwand dagegen 
erhoben werden könnte, dass der bei Berührung von BaH;0, und CO, ge- 
bildete Niederschlag zu grobkörnig sei, als dass er in jene feinen Porenkanäle 
eindringen könnte. Da auch die Entwickelungsgeschichte keinen Aufschluss 
zu geben im Stande war, muss ich die Frage unentschieden lassen und wende 
mich deshalb zu einer kurzen Betrachtung der Flächenansicht. Dieselbe ist 
für die Kenntniss der Schicht gerade deshalb wichtig, weil Quer- und Längs- 
schnitte, wie bereits erwähnt, die ehemalige Zusammensetzung aus einzelnen 
Zellen nicht immer mit Sicherheit erkennen lassen. Flächenschnitte herzu- 
stellen ist, wie sich aus der Schilderung der Oberflächenskulptur ergiebt, nicht 
wohl möglich. Denn wenn es für jeden Samen wünschenswerth ist, ein mög- 
lichst ausgehreitetes Stück der Testa zur Flächenansicht zu gewinnen, bei den 
Verbasceae ist es unerlässliche Bedingung, womöglich die ganze Tresta vom 
Endosperm abzuziehen, eine Manipulation, welche freilich nicht ohne Weiteres 
vorgenommen werden kann, sondern eine vorbereitende Behandlung mit er- 
wärmter Kalilauge oder Schultz’schem Reagens verlangt. Wohlgelungene Prä- 
parate zeigen nun wirklich die vorher vermisste zellige Structur. Die einzelnen 
Zellen sind jedoch nicht durch scharfe Contouren begrenzt, sondern durch mehr 
oder weniger breite Streifen, die sich von den Binnenräumen durch nichts 
Anderes als durch ein dunkleres Braun unterscheiden. Das rührt davon her, 


Darstellung der Entwickelumgsgeschichte etc. der Scerophularineen. 29 


dass auch die Seitenwände in ihrem inneren Theile auf eine ganz kurze Strecke 
hin verdickt sind. Bei Verbascum rigidum zeigt die Innenmembran auch 
auf Längsschnitten noch eine andere Andeutung der Zellgrenzen, darin be- 
stehend, . dass innerhalb der punktirt aussehenden Schicht eine Anzahl von 
dünnen, hellen, homogenen, also nicht punktirten Linien in radialer Richtung 
von innen nach aussen verlaufen. Ganz in Uebereinstimmnng mit der Flächen- 
ansicht findet man diese radialen Durchsetzungsstreifen niemals in den Thälern, 
fast nie auf Querschnitten, auf Längsschnitten dagegen regelmässig in wech- 
selnder Anzahl auf den Hügeln, je nach der Breite desselben, 2, 3, 4 und 
selbst 5 von ihnen. Ebenso ist der punktirte Theil unserer Schicht gegen 
das Eiweiss durch eine sehr zarte, helle, homogene, eutieulaähnliche Lamelle 
geschieden. 

Die Samenschalen der übrigen von mir untersuchten Species stimmen 
in allen Punkten mit der eben beschriebenen von V. phoeniceum überein. 
Selbst hinsichtlich der Mächtigkeit dieser oder jener Schicht, ein Punkt, in 
welchem gleichgebaute Testen verschiedener Arten aus einem und demselben 
Genus gern differiren, ist kaum ein bemerkenswerther Unterschied zu constatiren. 


3. Die Gattung Celsia. 


Wie schon äusserlich der Same von CO. betonicaefolia Desf. in nichts 
von dem irgend einer der vorgenannten Verbascum-Arten unterschieden ist, 
weder durch Farbe, noch Grösse, noch Oberflächenskulptur, so ist auch der 
mikroskopische Bau der Samenschalen in beiden Gattungen fast identisch; 
Grund genug, mich diesmal kurz zu fassen. Von den ausser CO. betonicae- 
folia Desf. noch untersuchten Species gleicht ©. Daenzeri Bche& et Chaub. 
am meisten der erstgenannten Art. Die Samen von CO. glandulosa ohne Aut. 
(aus dem botanischen Garten zu Prag) dagegen sind bedeutend kleiner und 
viel dunkler gefärbt, die von ©. orientalis zeichnen sich durch ihre Länge 
aus, die im Verhältniss zum Querdurchmesser so beträchtlich ist, dass sie im 
Vergleich mit den übrigen ein man kann fast sagen fremdartiges Aussehen 
haben. 

Bei Celsia glandulosa und C.orientalis ist die Schutzschicht etwa 
nur halb so dick, wie bei Verbascum; die Zellgrenzen machen sich wie bei 


30 Ewald Theodor Bachmann. 


V. rigidum durch hellere, homogene, auf der Samenoberfläche senkrecht 
stehende Lamellen kenntlich und ausserdem dadurch, dass auch die Seiten- 
wände in ihrem inneren Theile verdickt sind. Die Schutzschicht von C. be- 
tonicaefolia und ©. Daenzeri giebt an Mächtigkeit der der Verbascum- 
Arten nicht das geringste nach. In der Flächenansicht bietet sie bei allen 
Arten dieselben Eigenthümlichkeiten, dieselbe Anordnung der Zellen dar, wie 
es oben bei Scrophularia und Verbascum beschrieben worden ist. Ueber 
ihr liegt ein dünnes Häutchen zusammengepressten Gewebes, welches wieder 
von der Epidermis bedeckt wird, und auch diese stimmt in jeder Beziehung 
mit der des Samens von Scrophularia überein. 

Die Mikropyle befindet sich bei den drei bisher besprochenen Gattungen 
an dem dünneren oder spitzeren Ende des Samens. An diesem, wie auch am 
gegenüberliegenden Ende ist das Zwischengewebe nicht so stark zusammen- 
gepresst, wie an den langen Seiten des Samens und deshalb an diesen beiden 
Stellen als ein ziemlich dickes, braunes Polster mit der bekannten parallelen 
Strichelung bestehen geblieben. An der Mikropyle wendet sich die innerste 
Schicht flaschenhalsartig nach aussen und ist hier auch in Wirklichkeit unter- 
brochen, wodurch der Vergleich mit einem Flaschenhalse eine neue Stütze 
erhält. — Die Raphe, am reifen Samen oft kaum sichtbar, weil ihr Gewebe 
gleichfalls stark zusammengepresst worden ist, zieht von dem Mikropyleende 
nach dem gegenüberliegenden und zwar zwischen der innersten Schicht der 
Testa und deren Epidermis. 


4. Die Gattung Alonsoa. 


Stimmten die Samenschalen von Verbascum und Celsia fast bis zu 
völliger Identität mit einander überein, so zeigt Alonsoa plötzlich eine ganz 
auffallende Abweichung nicht bloss von den beiden genannten Gattungen, son- 
dern auch von Scrophularia. Zur Untersuchung sind von diesem Genus 
folgende Species gekommen: A. Warscewiczii Rgl., A. incisifolia R. et P., 
A. grandiflora, A. caulialata R. et P. und A. linifolia. Die Samen 
aller sind gross, vornehmlich die von A.incisifolia, dunkelbraun bis schwarz 
und eiförmig. Auf ihnen verlaufen Längsrippen in unbestimmter Anzahl, 
meistens 7 oder 8, selten 9, nie noch mehr. Diese Rippen sind ziemlich hoch 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scerophularineen. 31 


und verursacht durch die gleichen Unebenheiten des Endosperms. Ausserdem 
zeigt die Oberfläche unter der Loupe noch eine zahllose Menge von feinen, 
grubigen Vertiefungen, welche bei A. Warscewiezii am deutlichsten hervor- 
treten. 

Der Embryo ist bei allen Arten gerade und wendet seine Radieula 
dem spitzen, seine Cotyledonen dem stumpfen Ende des Samens zu; seine 
Zellen sind dünnwandig, dicht mit Plasma erfüllt, welches sich mit Jod gelb 
färbt, wie auch die Zellwände; bei Zusatz von H, SO, nehmen die letzteren 
jedoch eine schön blaue Färbung an, zum Beweis, dass sie noch aus reiner 
Cellulose bestehen. — Das Endosperm ist sehr mächtig ausgebildet; seine 
Zellen ‘besitzen ungewöhnlich feste Wände, wohl eine Folge davon, dass die- 
selben sehr diek sind; denn nicht nur die Aussenwand der Eiweissepidermis 
ist geschichtet, sondern auch die Membranen weiter einwärts gelegener Zellen, 
jene aber mit weit mehr Schichten ausgestattet, als diese. Mit Jod färben 
sie sich gelb und behalten diese Farbe auch nach Zusatz von H, SO,, zeigen 
aber nun in Folge der Einwirkung der Schwefelsäure ihre Schichten nicht nur 
deutlicher, sondern auch in grösserer Anzahl. 

Der Bau der Testa ist, die Epidermiszellen ausgenommen, bei allen 
Arten derselbe, und deshalb genügt es, wenn ich den einer einzigen Species 
genau schildere, gelegentlich aber auf etwaige kleine Differenzen aufmerksam 
mache. Zuerst jedoch muss ich auf eine Notiz, die Schenk!) gegeben hat 
und die sich auf die Beschaffenheit der Testa des reifen Samens bezieht, hin- 
weisen. Hinsichtlich der subepidermoidalen Schichten heisst es da: „Unter 
der Epidermis liegen 2—3 Reihen Plasma enthaltender Zellen, worauf eine 
Schicht braunwandiger Zellen folgt.“ Wenn diese Angabe nun auch in jeder 
Beziehung mit dem thatsächlichen Verhalten im Einklange steht, so bedarf 
sie doch einer kleinen Ergänzung, wie sich im Laufe meiner Darstellungen 
ergeben wird. 

Die innerste Schicht der Samenschale von A. ineisifolia (ich wähle 
diese Species als Ausgangspunkt) zeigt im Querschnitt betrachtet weiter nichts 
als eine verhältnissmässig sehr dicke, braune Lamelle, welche, dem Endosperm 
eng angeschmiegt, die Hügel und Thäler (als solche erscheinen die Längsrippen 


1) Schenk, Botan. Notizen in Würzburger naturw. Zeitschrift, 2. Bd. pag. 217. 


32 Ewald Theodor Bachmann. 


und Längsfurchen im Querschnitte) desselben unmittelbar bedeckt und um den 
ganzen Samen herumzieht, ‘ohne auch nur eine Spur von zelliger Zusammen- 
setzung zu offenbaren. Es ist das auch erklärlich, denn die betreffende dicke 
Lamelle ist nicht eine Zellschicht, sondern nur die Innenmembran der Zellen 
der innersten Zellenlage. In den Thälern beträgt ihre Dicke das Doppelte 
bis Dreifache von der auf einem Hügel gemessenen (Taf. 1. Fig. 6). Weil sie 
sehr spröde ist, zerbricht sie. beim Schneiden nicht selten und dann krimmen 
sich die hierbei entstandenen Theilstüicke mehr oder weniger stark nach innen, 
d. h. so, dass ihre dem Eiweiss zugewendete Concavität, welche anfangs sehr 
flach war, nun einen Kreisabschnitt mit viel kürzerem Radius repräsentirt. — 
Die zu diesen Innenmembranen gehörigen Seitenwände, nur im Längsschnitt 
sichtbar, stehen (eben im Längsschnitt gesehen) ziemlich dicht bei einander, in 
Distanzen, welche die geringste Dicke der Innenmembran nicht oder doch nur 
um wenig übertreffen. Allerdings treten sie nicht so ohne Weiteres hervor, 
sondern erst nach Behandlung möglichst dünner Schnitte mit erwärmter Kali- 
lauge und sind auch dann noch stark gewellt, geknickt, hin und her gebogen, 
das sicherste Anzeichen dafür, dass sie vor der Einwirkung der Kalilauge 
der Innenmembran gänzlich angepresst gewesen waren. Die Aussenwand ist 
ebenso wie die Seitenwände sehr dünn, meistens von dem über ihr und ihr 
selbst direct aufliegenden Gewebe gar nicht zu unterscheiden. — Bezüglich 
der Grössen- und Formverhältnisse der innersten oder Schutzschicht verweise 
ich auf Taf. 1. Fig. 6 u. 7, von denen erstere dieselbe in dem Querschnitt 
gesehen, letztere in der Flächenansicht darstellt. Der Pfeil bei Fig. 7 deutet 
durch seinen Verlauf die Längsaxe des Samens an; daraus ergiebt sich, dass 
die Zellen in Richtung des Querumfanges des Samens ausserordentlich stark 
tangential gestreckt sind. Dasselbe geht auch aus Fig. 6 hervor, aus der 
man aber ausserdem noch sieht, dass jede Zelle auf der Höhe einer Rippe 
(bei a in Fig. 6) beginnt, das benachbarte Thal durchläuft und wieder bis 
auf den Gipfel der nächsten Rippe (nach a’ in Fig. 6 die linke, nach a“ die 
rechte Zelle) gelangt, um hier zu endigen. Auf der Höhe der Rippen schieben 
sich die Zellen mit ihren Enden pallisadenartig zwischen einander (Fig. 7). 
In Richtung der Längsaxe, also in Richtung des der Fig. 7 beigegebenen 


m 


‘ 
Pfeiles gemessen, ist ihre Ausdehnung ausserordentlich gering, etwa Yıs-—!/eo 
von ihrer Erstreckung in Richtung des Querumfanges. Nach den Furchen oder. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 33 


Rippen des Samens sind sie in Längsreihen angeordnet (Fig. 7), welche am 
Mikropyleende beginnen und bis zum Chalazaende reichen. Die seitlichen oder 
gegenseitigen Grenzen dieser Längsreihen verlaufen, wie die Meridiane vom 
Siid- zum Nordpol, so auf der Höhe der Längsrippen vom Centrum des 
Mikropyleendes nach dem des Chalazaendes. Wie nun der Raum zwischen 
zwei Meridianen an den beiden Polen ein Minimum, am Aequator ein Maximum 
erreicht, so ist auch die tangentiale Erstreckung unserer Zellen in Richtung 
des Querumfanges in der Mitte der Samen am grössten, an den beiden Enden 
des Samens am kleinsten. Die tangentiale Erstreckung in Richtung des Längs- 
umfanges dagegen ist an allen Punkten, am Aequator nicht minder wie an den 
Polen, annähernd gleich. Deshalb tritt in der Flächenansicht einer der beiden 
Endflächen des Samens die Anordnung der Zellen in concentrischen Kreisen 
hervor, die reihenweise Anordnung zurück. Selbstverständlich strahlen die 
Längsreihen in den Polpunkten radienartig zusammen, während sie in Flächen- 
präparaten, die der Aequatorialregion des Samens entnommen worden sind, 
parallel mit einander verlaufen. Die Zahl der Längsfurchen stimmt überein 
mit der Zahl der Längsreihen, in welchen die Zellen der Schutzschicht an- 
geordnet sind. Denkt man sich also um den Samen eine Kreislinie gezogen, 
deren Durchmesser der Querdurchmesser des Samens ist, so hat man die Zahl 
der von dieser Linie berührten Zellen, wenn man die in dieser Linie liegenden 
Thäler zählt. Bei Scrophularia, Verbascum und Celsia ist das anders; 
denn hier ist die Zahl der von einer gleichen Linie berührten Zellen gleich 
der Anzahl der Hügel und der Anzahl der Thäler, also, vorausgesetzt, dass 
die Zahl der Thäler dieselbe ist wie bei Alonsoa, doppelt so gross als bei 
Alonsoa. Alonsoa incisifolia hat in der Regel S Längsfurchen, die innerste 
Zellschicht folglich ebensoviel Längsreihen. Doch nimmt die Zahl der letzteren 
in der Nähe der beiden Pole, da auch die Längsrippen nicht ganz bis zu 
ihnen reichen, schnell bis auf etwa die Hälfte ab. Denkt man sich eine andere 
Linie um den Samen gelegt, welche die Mikropyle und den gegenüberliegenden 
Punkt, kurz die beiden Pole schneidet, so ist die Anzahl der von dieser 
Ellipse getroffenen Zellen weit grösser, aber durch ein äusseres Merkmal nicht 
bestimmbar. Ebenso verhält es sich mit Scrophularia und Verwandten; 
denn auch bei ihnen ist die Menge der von einer gleichen Linie getroffenen 
Zellen grösser, als die Summe der Thäler und Hügel, welche in unserer 
Noya Acta XLIH. Nr. 1. 5 


34 Ewald Theodor Bachmann. 


Ellipse liegen, weil dieselbe zwar in jedem Thale nur eine Zelle, aber auf 
jedem Hügel eine unbestimmte Menge derselben (2—5) tangirt. Die Höhe 
der Zellen, d. h. ihre radiale Erstreckung, ist wie die der Innenwand ver- 
schieden, auf der Höhe der Rippen am geringsten, in den 'Thälern gemessen 
am bedeutendsten, wie schon daraus hervorgeht, dass die Aussenmembran zu 
einer Zeit, in welcher 'die Zellen von dem Endosperm noch nicht zusammen- 
gepresst worden sind, fast in gerader Linie von dem Gipfel der einen zu dem 
der anderen Rippe hinübergespannt sind. Aus alledem ergiebt sich die Gestalt 
der Zellen, welche ich in Taf. 2. Fig. 8 schematisch wiederzugeben versucht 
habe; der untere schattirte T’heil ist die Innenmembran; aus der Gestalt und 
den Grössenverhältnissen aber erklärt es sich, dass man nur in Längsschnitten 
und Flächenpräparaten die Seitenwände (oft freilich nur andeutungsweise) und 
überhaupt die zellige Structur der Schicht sehen kann. 

Die nun folgende Schicht scheint von Schenk übersehen worden zu 
sein. Die zwei bis drei Lagen plasmaführender Zellen liegen nämlich nicht, 
wie es nach der oben eitirten Stelle scheinen möchte, den braunwandigen 
Zellen, unter denen der Verf., da er noch weiter innerhalb gelegene nicht auf- 
führt, vermuthlich die der innersten Schicht verstanden hat, unmittelbar auf, 
sondern zwischen beiden befindet sich noch eine bei allen Arten ziemlich 
mächtige Schicht zusammengedrückten Gewebes. Dasselbe, an trockenen oder 
nur mit Wasser in Berührung gebrachten Schnitten schwieriger erkennbar, 
tritt bei Erwärmung mit KHO äusserst deutlich hervor und zeigt nun auch 
eine, allerdings bisweilen schon vorher wahrnehmbare, ‚parallele Strichelung. 
In den Thälern biegt diese Schicht (b in Fig. 6) nach innen, aber nicht so 
tief, dass sie, was auf den Hügeln der Fall ist, die Innenwand der innersten 
Schicht berührte; vielmehr findet sich bier ein kleiner, spaltenartiger Zwischen- 
raum (l,1 in Fig. 6), welcher aber nicht etwa ein Intercellularraum, sondern 
ein Rest des Lumens der Zellen der Schutzschicht ist. Wenn nicht schon 
die parallele Strichelung darauf hinwiese, dass die fragliche Schicht ein stark 
zusammengepresstes Gewebe ist, so würde die Flächenansicht den augen- 
scheinlichsten Beweis führen: nach letzterer zu urtheilen, besteht sie aus 
dünnwandigen rundlichen Zellen, welche kleine Intercellularräume zwischen 
sich lassen, also ein rein parenchymatisches Gewebe gebildet haben. Die 
farblosen Zellwände werden durch Jod gelb gefärbt, behalten diese Farbe 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 35 


auch nach Zusatz von H,SO,, sind also bis zu einem gewissen Grade cuti- 
eularisirt. 

Nun kommt als dritte die aus zwei bis drei Lagen plasmahaltiger 
Zellen bestehende Schicht. Ihre Zellen sind unregelmässig gestaltet, bisweilen 
abgerundet oder rechteckig, mit geradlinigen Umrissen, in der Flächenansicht 
fast ohne Ausnahme polyedrisch, meist finf- oder sechsseitig. Da sie dem 
nach aussen wirkenden Drucke des wachsenden Endosperms auch ausgesetzt 
gewesen und in Folge dessen auch etwas zusammengedrückt worden sind, 
stehen ihre Seitenwände selten rechtwinklig, sondern meist schief auf Aussen- 
und Innenwand, sind auch nicht selten stark gebogen. Alle Membranen sind 
dünn mit Ausnahme der äusseren, welche besonders bei A. incisifolia eine 
nicht unbedeutende Dicke erreicht, während sie bei A. löinifolia am dünnsten 
ist; mit Jod nehmen die Wände eine braungelbe Färbung an. Der Inhalt ist 
ein feinkörmiges Plasma; nur wenige Zellen (bei A. löinifolia mehr als bei 
irgend einer anderen Art) enthalten ausserdem noch einen kleineren oder 
grösseren gelben Oeltropfen. Ausser in den genannten weicht A. linifolia 
auch noch in anderen Beziehungen von den übrigen Arten ab. Zunächst 
schwankt die Zahl der dieser Schicht zugehörigen Zellenlagen zwischen wei- 
teren Grenzen; denn man wird auf jedem Quer- oder Längsschnitte Punkte 
finden, wo nur eine einzige weite Zelle den Raum zwischen der Epidermis 
und dem zusammengedrückten Gewebe einnimmt, und daneben solche, wo sich 
vier Zellen übereinander in einen nur um wenig grösseren Raum einzwängen. 
Das hängt aber damit zusammen, dass sich bei dieser Art, ganz unabhängig 
von der durch das Albumen verursachten Rippen- und Furchenbildung, ein- 
zelne Zellgruppen der Protoplasmaschicht hügelartig über das Niveau der 
anderen Zellen erheben; die Hügel sind es selbstverständlich, in welche die 
meisten, die Thäler, in welche die wenigsten Zellen fallen. Endlich sind die 
Zellwände, wie alle übrigen Membranen der ganzen Testa (bei A. linifolia) 
rothbraun, stechen deshalb von dem feinkörnigen, farblosen oder grauen Inhalte 
scharf ab, erzeugen gewissermassen ein aus dem grauen Hintergrunde mit 
dünnen, aber scharf gezeichneten Umrissen hervortretendes, mehr oder weniger 
grossmaschiges Netzwerk. 

Am meisten varürt die Epidermis; denn nicht einmal das für A. ineisi- 
folia u. A. giltige Merkmal der Gallertschichten in den Seiten- und Aussen- 


.x 


5* 


36 Ewald Theodor Bachmann. 


wänden ist auf alle anwendbar, u. z. ist es wieder A. löinifolia, welche die 
Ausnahme macht. Unter den übrigen nimmt wieder A. Warscewicz@i eine 
Sonderstellung ein, darauf beruhend, dass bei ihr die Aussenwände kegelartig, 
warzen- oder domförmig weit vorgewölbt sind und deshalb die Oberfläche bei 
Loupenvergrösserung mit zahlreichen feinen, fast stachelartigen Körnchen be- 
setzt zu sein scheint, während bei A. incisifolia, grandiflora und caulia- 
Tata die Aussenmembranen kaum merklich emporgewölbt sind, die Oberfläche 
der Samen dem entsprechend glatt oder höchstens fein grubig erscheint. Ehe 
ich jedoch auf die Details der drei letzteren eingehe, will ich erst, weil ich 
mich dabei auf die Untersuchungen Schenk’s stützen kann, die Beschreibung 
der Epidermiszellen von A. Warscewiczii geben. Die Angaben des genannten 
Forschers, die sich in der Hauptsache auf die gallertartig verdickten Seiten- 
und Aussenwände beziehen, bestätigend, füge ich nur noch hinzu, dass die 
Zellen, von der Fläche angesehen, polyedrisch sind, meist sechsseitig, und ganz 
scharfe, geradlinige Contouren haben. Letztere werden durch die Intercellular- 
substanz hervorgebracht, zu deren beiden Seiten, viel mächtiger entwickelt, die 
zahlreichen Gallertschichten liegen. Der braune Inhalt, ein Ueberbleibsel der 
ehemaligen Plasmas, ist wandständig,. behält seine Farbe bei Zusatz von Jod 
und wird durch nachträglich zugeführte Schwefelsäure allmählich zerstört. 
Auch die von Schenk beschriebene charakteristische Reaction von Jod und 
Schwefelsäure auf die Gallertschichten (röthlich-violette Färbung) kann ich be- 
stätigen. Was endlich die Innenmembranen anlangt, so sind sie zwar auch 
etwas verdickt, entbehren aber der Gallertschichten vollständig. 

A. incisifolia, grandiflora, caulialata stimmen, wie bereits erwähnt, 
im Bau ihrer Epidermis überein. In Uebereinstimmung mit der glatten Ober- 
fläche der Samen sind die Epidermiszellen im Quer- und Längsschnitt gesehen 
rechteckig; körperlich gedacht stellen sie, da ihre Flächenansicht meist sechs- 
seitige Contouren aufweist, niedrige, sechsflächige Säulen dar. Die Innen- 
membran ist, besonders bei A. incisifolia, ziemlich stark verdickt und tief 
braun. Die Seitenwände haben in ihrer ganzen Länge gleiche Dicke, und 
dann erscheint das Lumen der Zelle im Quer- und Längsschnitte unter der 
Form eines Rechteckes; oder die Seitenwände sind innen dünner und nehmen 
nach aussen allmählich an Dicke zu; in diesem Falle ist das Lumen kegel-, 
dom- oder glockenförmig. Der ersten Form ordnet sich auch die unter, wo 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 37 


das Lumen nach erfolgter Quellung der Gallertschichten die Gestalt eines Hutes 
hat, die Krempe nach aussen gewendet, mit dem Deckel auf der Innenwand 
sitzend; die Gallertschichten laufen dann mit winkligen Einbiegungen um die 
Vorsprünge der Hutkrempe herum und erst in den äussersten Schichten wird 
diese Unebenheit ausgeglichen. Der Form des Lumens entspricht, in jedem 
einzelnen Falle die der Gallertschichten; in dem zuerst erwähnten ist sie also 
der der Zelle gleich, im zweiten Falle sind die inneren Gallertschichten kappen- 
förmig, um, je weiter nach aussen, desto mehr die Gestaltung der äusseren 
Umrisse der Zelle anzunehmen. Die Mittellamelle der Seitenwände ist dünn, 
gelblich, oft etwas verbogen und geknickt, letzteres offenbar eine Folge des 
Schrumpfens; denn bei eintretender Quellung werden die Unebenheiten bald 
ausgeglichen. Die Aussenmembranen sind noch dicker als die Seitenwände; 
ihre Gallertschichten sind von einer Cuticula bedeckt, die bei A. ineisifolia 
dicker ist, als bei irgend einer anderen Art und durch ihre braune Färbung 
besonders schön hervortritt, wenn man die Gallertschichten durch J+ H, SO, 
röthlich-violett gefärbt hat. Bei der Herstellung von Flächenpräparaten löst 
sich die Cuticula in der Regel theilweise von den Gallertschichten los und 
ragt dann über die Ränder des Präparates als ein sehr zartes, farbloses Netz 
polyedrischer Zellen vor, was leicht zu Verwechselungen führen kann. Die 
Epidermiszellen von A. lönifolia endlich sind so niedrig, dass man sie tafel- 
förmig nennen kann; ihre Aussenwände sind dünn, die Seitenmembranen des- 
gleichen, die Innenwand dagegen ist sehr dick, braun und meist etwas nach 
innen gebogen; Gallertschichten fehlen durchaus. 

Die Entwickelungsgeschichte konnte ich nur an A. incisifolia ver- 
folgen, weil bis Mitte Juli von den anderen Arten noch keine zur Blüthe 
gelangt war. Doch wird man nicht irren, wenn man in Anbetracht der 
grossen Uebereinstimmung der verschiedenen Species im Bau der reifen 
Samenschale annimmt, dass auch die Entwickelungsgeschichte bei allen in 
derselben Weise abläuft. 

Vor der Befruchtung, zu einer Zeit, in welcher sich die Blüthe noch 
nicht entfaltet hat, ist der Knospenkern innerhalb der anatropen, sehr dicken 
Samenknospe von dem Embryosack schon völlig verdrängt worden. Das 
Integument besteht aus 6—7 Zellenlagen, unter denen die innerste und 
äusserste besonders in die Augen fallen. Die Zellen der innersten Lage 


38 Ewald Theodor Bachmann. 


(Taf. 2. Fig. 9) zeichnen sich durch ihre Grösse aus; ihr radialer Durchmesser 
ist dem tangentialen in Richtung des Querumfanges der Samenknospe etwa 
gleich; deshalb sind sie im Querschnitt betrachtet isodiametrisch; ihr in Rich- 
tung des Längsumfanges genommener tangentialer Durchmesser beträgt höch- 
stens die Hälfte oder ein Drittel des radialen. Querschnitte, in verschiedenen 
Höhen durch die Samenknospe geführt, weisen immer nur 8 Zellen auf, zum 
Beweise, dass die innerste Lage aus 8 Längsreihen von Zellen zusammen- 
gesetzt ist. Letztere sind reichlich mit einem Inhalte erfüllt, welcher in den 
Zellen, die die hintere, d. h. die dem Chalazaende zugewendete Hälfte des 
Embryosackes umgeben, plasmatischer Natur ist, während die übrigen Stärke- 
körnchen führen. Darauf folgen 4—5 Lagen von polyedrischen, ziemlich 
weiten, untereinander aber verschieden grossen Zellen: das parenchymatische 
Zwischengewebe. Der Inhalt ist auch Plasma, ausgenommen in den Zellen, 
welche das vordere, der Mikropyle zugewendete Ende des Embryosackes um- 
geben; denn diese führen Stärke. Die Zellen der Epidermis, denen der inner- 
sten Schicht an Grösse ungefähr gleich, sind rectangulär, meist isodiametrisch 
untereinander gleich hoch, dünnwandig und dicht mit Protoplasma erfüllt. 
Einige Zeit nach der Befruchtung findet man, dass der Embryosack 
gleich der Samenknospe stark gewachsen und spindelförmig geworden ist 
Grosse Eiweisszellen füllen ihn gänzlich aus. Das Integument ist in Folge 
rapider Zelltheilung innerhalb des Zwischengewebes sehr dick geworden: man 
zählt jetzt 12—13 Schichten, so dass auf das Zwischengewebe deren 10—11 
fallen würden. Die Zellen der innersten Schicht haben sich sehr wenig in 
radialer Richtung gestreckt; ebenso ist ihr in Richtung des Längsumfanges 
tangentialer Durchmesser, verglichen mit dem vorigen Stadium, kaum grösser 
geworden (Taf. 2. Fig. 10a). Daraus folgt, dass in ihnen eine sehr lebhafte 
Zelltheilung stattgefunden hat und zwar durch Radialwände, welche zur Ebene 
des Querschnittes parallel liegen. In Richtung des Querumfanges haben sie 
sich bedeutend tangential gestreckt, wie aus einer Vergleichung der beiden 
Figuren 9 und 10 unmittelbar hervorgeht; dabei darf jedoch nicht übersehen 
werden, dass Fig. 9 nach einer mehr als doppelt so starken Vergrösserung 
gezeichnet ist. Dem entsprechend hat sich die Zahl der Zellen, im Querschnitt 
gesehen, nicht vermehrt; es sind also immer noch 8 Längsreihen vorhanden, 
deren Zellen sämmtlich mit einem homogenen, gelblichen Plasma dicht erfüllt 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 39 


sind. Die Zellen des Zwischengewebes, dasselbe besteht, wie bereits gesagt, 
aus 10—11 Lagen, sind grösser geworden, besonders die der mittleren und 
äusseren Lagen, welche zugleich tangential gestreckt, wogegen die kleineren 
Zellen der inneren Lagen in der Regel isodiametrisch sind. Alle sind polyedrisch, 
geradlinig contourirt, die grösseren bisweilen auch krummlinig. Die zwei bis 
drei inneren Schichten führen Plasma, alle übrigen Stärke und zwar aussen 
reichlicher und grobkörmiger als innen. Die Epidermiszellen haben sich nur 
erweitert, aber ihre Form unverändert beibehalten. Der Inhalt ist Plasma mit 
wenig Chlorophyll. Ihre Aussenwand ist schwach verdickt. 

In einem noch späteren Stadium finden wir die Epidermiszellen erweitert, 
ihrer Form nach ganz unverändert. die Aussenwand, zwar ohne Gallertschichten, 
aber dieker als vorher; ihre Inhaltsmasse (Plasma) ist schön grün, folglich 
muss das Chlorophyll in ihnen zugenommen haben. Die Zahl der Zwischen- 
schichten hat nicht zugenommen, ihre Zellen aber haben sich ausserordentlich 
erweitert; die der innersten Lagen haben sehr diinne, meist krumme Wände: 
ihr Inhalt ist ganz oder doch zum grössten Theil verloren gegangen; Inter- 
cellularräume sind noch nicht zwischen ihnen bemerkbar. Die Zellen der zwei 
bis drei äusseren Schichten sind polyedrisch, haben geradlinige Umrisse und 
führen eine grosse Menge von Stärkekörnchen, nicht aber Chlorophyll. Ihre 
Wände sind nur um wenig dicker als die der inneren Zellen; bloss die 
Aussenwände der Zellen der äusseren, d.h. der ersten subepidermoidalen Lage, 
sind durch eine Dicke ausgezeichnet, welche der der Aussenwand von den 
Epidermiszellen kaum etwas nachgiebt (Taf. 1. Fig. I11b). Auch die Zellen 
der innersten Schicht haben an Grösse bedeutend zugenommen, und zwar nach 
allen Richtungen des Raumes verhältnissmässig in gleich hohem Grade; denn 
wie die Vergleichung der Figuren 10, 10a und 11, 11a lehrt, sind die Grössen- 
verhältnisse zwischen radialem, -tangentialem Quer- und tangentialem Längs- 
durchmesser dieselben geblieben., Dagegen ist eine andere wichtige Veränderung 
mit ihnen vorgegangen; ihre Innenmembranen haben sich nämlich nach dem 
Endosperm zu wellenförmig ausgestülpt; freilich haben sie diese Ausstülpung 
nicht selbstständig ausgeführt, sondern passiv, wenn ich mich so ausdrücken 
darf. Ich meine so: das Endosperm, das im vorigen Stadium noch einen 
kreisrunden Umfang hatte, hat jetzt einen wellenförmigen angenommen und zwar 
in Folge davon, dass sich diejenigen Eiweisszellen, welche innerhalb der im 


40 Ewald Theodor Bachmann. 


Querschnitte sichtbaren kleinen Seitenwände (a, a in Fig. 10 und 11) der 
Zellen der Schutzschicht liegen, durch lebhafte Theilung vielfach vermehrt 
haben. Dies macht sich im @Q@uerschnitte an den betreffenden Stellen durch 
die Bildung von anfangs niedrigen, später immer höher werdenden Hügeln 
kenntlich. Da nun die betreffenden kleinen Seitenwände gemäss der reihen- 
weisen Anordnung der Schutzschichtzellen gleichfalls in einer Linie oder Längs- 
reihe auf einander folgen (a bis a’ in Fig. 10a und lla), so müssen die Er- 
hebungen des Eiweisses in Wirklichkeit Längsrippen sein. Weil nun die 
Schutzschicht aus S Längsreihen von Zellen besteht, muss auch das Endosperm 
S Längsrippen haben; bei anderen Arten ist die Siebenzahl die gewöhnlichere. 
In den Furchen ist das Wachsthum der Endospermzellen und die Lebhaftigkeit 
ihrer Theilungen am geringsten, folglich schreibt sich die Entstehung der 
Rippen und Furchen aus dem Gegensatze zwischen localisirter stärkster und 
geringster Wachsthumsenergie her. Die Innenwände der Zellen der Schutz- 
schicht müssen, um den Oberflächenveränderungen des Eiweisses folgen zu 
können, in Richtung des Querumfanges ein starkes Flächenwachsthum entfalten, 
aus alledem aber erklärt sich ihre nach innen gerichtete Ausstülpung. Die 
Dicke der Innenmembran, zwar beträchtlicher als im vorhergehenden Stadium, 
ist immer noch ziemlich gering. Der die Zellen dicht erfüllende Inhalt ist 
plasmatischer Natur. 

Späterhin treten in den Aussen- und Seitenwänden der Epidermiszellen 
die Gallertschichten auf. Die inneren Schichten des parenchymatischen Zwischen- 
gewebes runden ihre Zellen ab und lassen hierdurch ein Netz von kleineren 
und grösseren Intercellularräumen entstehen, um nun gänzlich zusammengepresst 
zu werden. Die Zellen der ersten, zweiten und dritten Zellenlage verwandeln 
ihren Inhalt in Plasma, verdicken ihre Wände nur mässig, werden aber dessen- 
ungeachtet nicht zusammengedrückt. Die Zellen der innersten Schicht erleiden, 
abgesehen von einer stetigen, beträchtlichen ‚Grössenzunahme, nur noch eine 
ausserordentlich starke Verdickung ihrer Innenmembran — und damit ist die 
Testa in dem Stadium angelangt, welches, als dem reifen Samen angehörig, 
bereits eingehend beschrieben worden ist. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 41 


5. Die Gattung Calceolaria. 


Der Same von Calceolaria chelidonoides H.Bonpl. ist sehr klein, 
gelblichroth und mit einer Anzahl (gewöhnlich 8) stark erhabener Längsrippen 
geschmückt, steht folglich seinem Aeusseren nach den Alonsoa-Samen am näch- 
sten. Der mikroskopische Bau der Testa hingegen weist ihr eine Mittelstellung 
zwischen Alonsoa einerseits, Scrophularia, Verbascum und Celsia anderer- 
seits zu. Die innerste Schicht (Schutzschicht) gleicht in Entwickelungsgeschichte 
und Bau der von Alonsoa völlig; doch sind die Membranen röthlich gefärbt 
und nur mässig verdickt. Von einer Schieht zusammengepressten Gewebes ist 
am reifen Samen wenig oder nichts zu sehen, und durch diese schwache Aus- 
bildung des Zwischengewebes erinnert Calceolaria an Scrophularia und 
Verwandte. Allerdings macht sich auch gleich wieder ein Unterschied geltend; 
denn während das Zwischengewebe von Scrophularia ete. sieben und noch 
mehr Zellenlagen zählt, besteht es bei unserer Gattung zu keiner Zeit aus 
mehr als zwei Schichten kleiner polyedrischer Zellen. Endlich erinnern die 
Epidermiszellen durch die Dünne ihrer Wände, ihre geringe Höhe und tafel- 
förmige Gestalt an die von Scrophularia, "unterscheiden sich aber von den- 
selben dadurch, dass ihre Umrisse geschlängelt sind und nur die Seitenwände 
radiale, unverzweigte Verdickungsleisten tragen. In der Flächenansicht erscheinen 
letztere nur als kleine, knotenartige Verdiekungen, mit denen die zarten Umriss- 
linien besetzt sind. Die über der Raphe liegenden Epidermiszellen sind sehr 
schmal, aber mindestens eben so lang wie die anderen; ihre langen Seiten- 
wände sind gar nicht oder nur ganz schwach gebuchtet und gleichfalls mit 
den kleinen Knötchen versehen. Durchschnittlich liegen vier solcher Zellen 
nebeneinander und bilden so einen sehr in die Augen fallenden Streifen, wel- 
‘cher von der Mikropyleregion bis zur gegenüberliegenden Seite zieht. Die 
Innenwand hat keine Verdickungsleisten, ebensowenig die Aussenmembran. Die 
Zellwände des Eiweisses zeichnen sich durch sehr bedeutende Consistenz aus. 

Um bei der üblichen Zusammenfassung der Resultate am Schlusse der 
ganzen Arbeit über der Masse des Stoffes nicht den Faden zu verlieren und 
die Uebersichtlichkeit zu schädigen, ziehe ich es vor, schon nach Vorführung 
jeder einzelnen Tribus ein Resume der auf dieselbe bezüglichen Thatsachen 
zu geben, so zunächst für die Verbasceae: 

Nova Acta XLIIH. Nr. 1. 6 


42 


Ewald Theodor Bachmann. 


. Als Schutzschicht fungirt die innerste Zellenlage der Testa, obgleich bei Alonsoa 


auch die Epidermis eine nicht geringe Resistenzfähigkeit besitzt. 


. Die Zellen der Schutzschicht sind untereinander nach Form und Grösse sehr 


verschieden (Scrophularia, Verbascum, Celsia) oder sehr ähnlich, fast gleich 
(Alonsoa, Calceolaria). 


. Damit steht die Oberflächenskulptur der Samen in Zusammenhang: in dem einen 


Falle alternirende Längsreihen von Hügeln und Thälern, im anderen Längs- 
rippen. 


. Die Oberflächenskulptur ist eine Folge localisirter maximaler und minimaler 


Wachsthumsenergie innerhalb des Eiweisses. 


. Zwischen der Schutzschicht und der Epidermis befindet sich eine Schicht paren- 


chymatischen Gewebes, das am reifen Samen entweder völlig zusammengepresst 
worden ist (Scrophularia, Verbascum, Celsia, Calceolaria) oder dessen äusserste 
Zellenlagen noch wohl erhalten sind (Alonsoa). 


. Die Epidermis, nur bei Alonsoa von einiger Mächtiskeit, weist dreierlei Zell- 


formen auf, die eine gemeinsam für die Genera Scerophularia, Verbascum und 
Celsia, die andere, von der ersten nur wenig verschieden, bei Calceolaria, die 
dritte bei Alonsoa. 


. Die Farbe der Samen rührt her von den Membranen vorzüglich der Schutz- 


schicht, bei Alonsoa aber auch von dem Inhalte der Zellen der Epidermis und 
äusseren, nicht zusammengedrückten Lagen des Zwischengewebes. 


Tribus II. Hemimerideae. 


6. Die Gattung Nemesia. 


Von den drei durch mich untersuchten Arten der Gattung Nemesia, 


nämlich N. floribunda Dougl., N. chamaedrifolia Vent. und N. versi- 
color E. May wähle ich als Ausgangspunkt für die Besprechung des Baues 
ihrer Samenschale die zuerst genannte Species: N. floribunda Dougl., weil 
ihr Same aus gewissen, später noch zu erörternden Gründen einer erfolgreichen 


Untersuchung die wenigsten Schwierigkeiten entgegenstellt. 


Vor der Befruchtung ist das Integument der anatropen Samenknospe 


vierschichtig und besteht aus unter sich gleich grossen polyedrischen Zellen, 
während die der Epidermis, im Quer- und Längsschnitt gesehen, rechteckig 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 43 


sind. Nach erfolgter Befruchtung ist das Integument fünf- bis sechsschichtig, 
und zwar in Folge von tangentialen Theilungen, welche aber nicht in einer 
einzigen bestimmten Zellenlage erfolgt sind, sondern in Zellen verschiedener 
subepidermoidaler Zellenlagen, wie das aus der unregelmässigen, nichts weniger 
als reihenweisen Anordnung der Zellen, ihrer verschiedenen, zwischen weiten 
Grenzen schwankenden Grösse und Form mit Evidenz hervorgeht. Nur die 
Zellen der innersten Lage machen davon eine Ausnahme, indem sie alle von 
fast gleicher Grösse und gleicher Gestalt (reetangulär), übrigens aber gleich 
den Zellen der anderen subepidermoidalen Lagen dünnwandig und dicht mit 
Plasma erfüllt sind. Die Epidermiszellen sind durch ihre radiale Streckung 
ausgezeichnet, vermehren sich, indem sie durch radiale Theilungswände getheilt 
werden und haben eine schwach verdickte Aussenmembran. In der Flächen- 
ansicht zeigen sie auch meistens rechteckige Formen, welche zur Längsaxe 
der Samenknospe tangential gestreckt sind. Sie enthalten gleichfalls Plasma. 

Von nun an nimmt das Integument an Schichtenzahl nicht mehr zu. 
Die Zellen aller subepidermoidalen Lagen runden sich je länger je mehr ab, 
so dass sich zwischen ihnen kleine Intercellularräume bilden, strecken sich 
mehr oder weniger tangential und wandeln ihren plasmatischen Inhalt in Stärke- 
körnchen von mässiger Grösse um. Der Abrundungsprocess schreitet allmählich 
von innen nach aussen (centrifugal) fort, woraus es sich erklärt, dass in dem 
durch Taf. 1. Fig. 12 dargestellten Stadium die Zellen der ersten subepidermoidalen 
Schicht noch polyedrisch sind, also geradlinige Contouren haben; überdies sind 
sie am reichlichsten mit Stärke erfüllt und enthalten auch Chlorophyll, daher 
die intensiv grüne Färbung dieser Lage. Die Epidermiszellen haben sich nicht 
unbedeutend vergrössert, sind in der Regel isodiametrisch oder tangential, selten 
radial gestreckt und besitzen farblose Amylumkörnchen. An einigen von ihnen 
ist aber ausserdem eine andere höchst bemerkenswerthe Veränderung, die 
Anlage des Flügels, eingetreten. Eine Reihe der Epidermiszellen, welche 
bei der Mikropyle beginnt, längs der Raphe bis zum Chalazaende und von 
diesem wieder auf der der Raphe gegenüberliegenden Seite des Samens bis 
zur Mikropyle verläuft, also gemäss dem Umrisse der Samenknospe elliptisch 
ist, streckt sich radial. Im Querschnitte sieht man natürlich nur zwei dieser 
Zellen, die eine (f m Fig. 12) über der Raphe, die andere ihr diametral 
gegenüberliegende, hier nicht mit gezeichnete, auf der anderen Seite des Samens. 

6* 


44 Ewald Theodor Bachmann. 


Die der jungen Flügelzelle benachbarten Epidermiszellen haben sich gleichfalls 
radial gestreckt, aber nicht in so hohem Grade wie jene, und zwar um so 
weniger, je entfernter die betreffende Zelle von f liegt, also d,d weniger als f, 
bb weniger als d,d; die Zellen a,a und die noch weiter entfernten haben sich 
nicht im geringsten radial gestreckt. Ausserdem hat aber auch in der Aussen- 
wand der Zelle f ein starkes Flächenwachsthum stattgefunden, wie aus dem 
grossen Bogen, den sie nach aussen beschreibt, hervorgeht. Die Aussen- 
membranen der Zellen d,d und b,b haben sich zwar auch ausgedehnt, allein 
bei weitem nicht in dem Masse, wie die der Flügelzelle. Daher kommt es, 
dass die Seitenwände der letzteren gebogen sind und nach aussen divergiren. 
Diese Seitenwände wachsen von jetzt ab nicht mehr in die Länge, eben so 
wenig wie die der benachbarten Zellen (zwischen d und b). Das springt un- 
mittelbar in die Augen, wenn man die Länge der Seitenwände der ent- 
sprechenden Zellen in den Figuren 12, 13 und 14 vergleicht. Damit ist aber 
nun nicht etwa die Flügelbildung überhaupt sistirt, sondern wird von jetzt ab 
durch das Wachsthum der Aussenmembran vermittelt. Die der Zelle f wölbt 
sich in einem immer höheren Bogen nach aussen (Taf. 1. Fig. 13), bis sie in 
Fig. 14 auf dem Höhepunkt ihrer Ausdehnung angelangt ist. Die Aussen- 
wände der benachbarten Zellen (dd, bb) wachsen nur so lange, bis sie die 
Divergenz und Krümmung der Seitenwände der Flügelzelle aufgehoben haben, 
wodurch es bewirkt wird, dass schliesslich die beiden Schenkel der Aussen- 
wand, wenn ich diesen Ausdruck wählen darf, die geradlinige Fortsetzung der 
Seitenwände bilden (Taf. 1. Fig. 14) und damit ist der Flügel auf der letzten 
Stufe seiner Entwiekelung angelangt. Es wäre also nur noch nöthig, die Ent- 
wickelung der übrigen Epidermiszellen und der subepidermoidalen Schichten 
bis zum Reifezustand des Samens nachzutragen. Was letztere anbelangt, so 
verlieren sie vollends ihren Inhalt, die inneren Lagen zuerst, die äussere 
chlorophyllführende zuletzt und werden von dem rasch heranwachsenden 
Embryosacke in centrifugaler Folge zusammengepresst. Weit auffälligere 
Veränderungen ereignen sich an der Epidermis. In einem Stadium, welchem 
Fig. 13 entspricht, strecken einzelne der bisher niedrig gebliebenen Zellen ihre 
Seitenwände in radialer Richtung ebenso stark, wie wir es von den Flügel- 
zellen kennen gelernt haben; ihre Aussenwand dagegen wölbt sich nur ganz 
schwach hervor, und darin ist es begründet, dass die fraglichen Zellen, obwohl 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 45 


ihre Seitenwände nicht niedriger sind als die der Flügelzellen, nicht im ent- 
ferntesten den letzteren an Höhe gleichkommen. Indem die benachbarten Zellen 
an diesem Wachsthum, jedoch mit geringerer Intensität, theilnehmen, entstehen 
die kleinen hügelartigen Zellgruppen, die den reifen Samen schmücken (Taf. 1. 
Fig. 14). Das Wachsthum der höchsten Hügelzellen unterscheidet sich also 
von dem der Flügelzellen nur dadurch, dass es fast ausschliesslich auf die 
Seitenwände beschränkt bleibt, während bei diesen das der Aussenmembran 
sogar das energischere ist. Mit der Hügelbildung beginnt auch die Bildung 
der Ringfasern und der Netzfaserverdickungen. Jene sind an den Seiten- 
wänden zuerst merklich, erst etwas später die zarten Netzfasern, welche die 
Innenwände, und die gröberen, welche einige Aussenmembranen verdicken, 
Eigenthümlichkeiten, auf welche ich nun, bei der Schilderung des reifen 
Samens, näher eingehen werde. 

Der Form nach ist derselbe lang eiförmig, schmal geflügelt, was zur 
Folge hat, dass er, im Ganzen betrachtet, wie plattgedrückt aussieht. An 
einem Samen, es ist das immerhin der Hervorhebung werth, habe ich noch 
einen dritten Flügel, oder vielmehr, da derselbe nicht um den ganzen Samen 
herumlief, nur die Hälfte eines dritten gesehen, welcher in Verbindung mit 
dem ersten eine dreikantige Gestalt hervorbrachte. Die Flächen, mit unbewaff- 
netem Auge betrachtet nur rauh, zeigen unter 10—20facher Vergrösserung 
kleine, längliche, in schuppenähnlicher Dichtigkeit nebeneinander liegende Hügel. 
Seine Farbe ist ein helles Braun, das von dem radiär gestreiften Flügel an 
Helligkeit des Tones noch übertroffen wird. Der gerade Embryo liegt in einem 
verhältnissmässig dünnwandigen, also wenig widerstandsfähigen Eiweiss. 

Die Testa lässt nur zwei Schichten erkennen: die innere besteht nur 
in einer dünnen, bräunlichen Lamelle stark zusammengepressten Gewebes, 
welche im Quer- resp. Längsschnitt nicht die leiseste Andeutung einer zelligen 
Structur aufweist; isolirt man aber das erwähnte Häutchen durch eine geeignete 
Präparationsmethode in der Weise, dass man die Flächenansicht gewinnt, so 
erscheint eine solche Fülle von zarten Linien, krummen und geraden, dass es 
unmöglich ist, die Zellgrenzen festzustellen und nur der Vermuthung Raum 
gegeben werden kann, dass es mehr als eine Zellenlage gewesen ist, die hier 
zu cuticulaähnlicher Dünne zusammengepresst worden sind, eine Vermuthung, 
welche durch die Entwickelungsgeschichte, wie wir bereits gesehen haben, volle 


46 Ewald Theodor Bachmann. 


Bestätigung erhält. Unmittelbar darüber liegt die Epidermis, welche wegen 
der sonderbaren Form ihrer Zellen eine genauere Beschreibung verdient. 

Ihr Umriss ist, von der Fläche gesehen, polyedrisch und in Richtung 
der Längsaxe des Samens gestreckt. Die Höhe, d.h. die radiäre Erstreckung 
der Zellen, wechselt sehr; ja in einer und derselben Zelle sind die einander 
gegenüberliesenden Seitenwände abweichend hoch. So haben in Fig. 14 nur 
die mit a bezeichneten Zellen gleich hohe Seitenwände, während in allen 
übrigen Zellen die eine höher ist als die andere, z. B. in Zelle b die rechte 
zweimal, in Zelle b‘ drei- bis viermal höher als die linke Seitenmembran. 
Deshalb könnte man solche Zellen, wenn ihre Aussenmembran nicht gewölbt, 
sondern eben wäre, mit einer schief abgestutzten Säule vergleichen. Die zweite 
Absonderlichkeit der Epidermiszellen besteht darin, dass die Seitenwände im 
@Quer- und Längsschnitt betrachtet wie spindelförmig verdickt aussehen. Unten 
und oben, oder, was dasselbe sagt, an ihrem inneren und äusseren Ende sind 
sie am diünnsten und nehmen von beiden Punkten nach der Mitte hin allmählich 
an Stärke zu, um in der Mitte selbst das Maximum ihrer Dicke zu erreichen. 
Sehr oft, besonders, wenn die betreffende Zellwand zu den hohen gehört, ist 
der innere Thheil derselben, beispielsweise die ganze innere Hälfte, gleichmässig 
dünn und nur die äussere Hälfte in der beschriebenen Weise verdickt. Denkt 
man sich nun die Verdickungsform, wie sie der Quer- und Längsschnitt zur 
Erscheinung bringt, auf die ganze Zelle übertragen, so ergiebt sich, dass die 
Seitenwände derselben durch eine einzige Ringfaser verdiekt sind. Freilich 
hat diese Ringfaser in radialer Richtung eine Höhe, die den Vergleich mit 
einem breiten, um die Zelle herumlaufenden Bande viel geeigneter erscheinen 
lässt. In Zellen wie a,a in Fig. 14 hat der Verdiekungsring völlig regel- 
mässige Gestalt und Lage; nicht so in Zellen, wie b,b‘, d. h. in Zellen mit 
verschieden, hohen Seitenwänden. Denn mit der Höhe der Seitenwand wächst 
die Höhe des Ringes (— Breite des Bandes), welcher folglich nun nicht mehr 
die Form eines überall gleich hohen Reifes hat, sondern sich etwa mit einem 
Siegelringe vergleichen lässt. Der innere dünne Theil der Seitenmembranen, 
gleichviel ob hoch oder’ niedrig, ist mit Verdickungsleisten versehen, welche in 
Beziehung zur Samenoberfläche radial stehen, meist untereinander parallel ver- 
laufen, zuweilen aber auch, besonders wenn der betreffende dünne Theil eine 
genügende Höhe hat, sich verzweigen, Anastomosen eingehen und so ein weit- 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 47 


maschiges Netz von Verdickungsleisten bilden können. Die Innenmembran ist 
dünn, aber mit zarten Netzfaserverdickungen versehen. Die Aussenwände, 
ebenfalls dünn, hängen in den niedrigen Zellen häufig schlaff nach innen oder 
sind zerrissen oder fehlen gänzlich, während die der hohen Zellen kuppel- 
förmig nach aussen gewölbt und noch wohl erhalten sind. Dieser Gegensatz 
erklärt sich ‘einfach dadurch, dass die Aussenmembranen der hohen Zellen mit 
ziemlich dicken Netzfasern bedeckt und dadurch jene Resistenzfähigkeit erhalten 
haben, die es ihnen ermöglicht, den Verschrumpfungs- und Eintrocknungs- 
vorgängen, sowie anderen äusseren Einwirkungen, denen die unverdickten 
Aussenwände der niedrigen Epidermiszellen erliegen, mit Erfolg Widerstand 
entgegenzusetzen. Die Flügelzellen haben mehr als die doppelte Höhe der 
höchsten Hügelzellen, folglich die Gestalt hoher Säulen. Ihre Wände sind mit 
zweierlei, allerdings verwandten Verdickungsformen ausgestattet. So ist in: 
Fig. 14 die innere Hälfte der Zelle f mit vier breiten, allmählich an Dicke 
zu- und wieder abnehmenden Verdickungsbändern bedeckt, während die äussere 
Hälfte dünne, schmale, oft verzweigte Ringfasern trägt, welche in der Nähe 
des kuppelförmigen Endes der Zelle in Längsfasern übergehen. Letztere 
strahlen in diesem Ende radienartig zusammen, was jedoch auf Querschnitten 
bei weitem nicht so schön hervortritt, wie in der Flächenansicht des Flügels. 
Alle Membranen sind gelblich gefärbt und ceuticularisirt, am stärksten aber die 
Seitenwände, welche überdies in ihrem verdickten T'heile ganz deutlich eine 
Mittellamelle von dichterer Beschaffenheit und stärkerem Lichtbrechungs- 
vermögen aufweisen, 

Die Samen von Nemesia chamaedrifolia unterscheiden sich von denen 
der eben besprochenen Art zunächst durch ihre bedeutendere Grösse und ihren 
breiteren Flügel. Dasselbe gilt auch von N. versicolor; allein während jene 
braun gefärbt sind, sind die der dritten Species fast rein weiss. Unter der 
Loupe erblickt man auf den Flächen des Samens ein äusserst feines Netz, 
welches durch die Form und Anordnung seiner Maschen in frappantester 
Weise an das zellige Bild erinnert, welches eine Honigwabe gewährt. Hervor- 
gebracht wird dasselbe dadurch, dass allen Epidermiszellen, die höchsten 
Hügelzellen ausgenommen, die Aussenmembran verloren gegangen ist. Die ganze 
Epidermis ist durch Vermittelung der zusammengedrückten subepidermoidalen 
Schichten so locker mit dem Endosperm verbunden, dass sie in Folge des 


“ 


48 Ewald Theodor Bachmann. 


Sechnitte$ gewöhnlich von ihm getrennt wird, sich verschiebt u. s. w., über- 
haupt dünne, wirklich brauchbare Schnitte zu fertigen, nieht leicht gestattet. 
So gelang es mir erst, nachdem ich die Samen in Gummi arabicum eingebettet 
hatte, mich davon zu überzeugen, dass der Bau der Epidermiszellen mit der 
gegebenen Beschreibung übereinstimme. 


1. Die Gattung Diaseia. 


Nicht die entfernteste Aehnlichkeit, weder im äusseren noch im inneren 
Bau, mit dem Samen von Nemesia hat der von Diascia violacea. Der- 
selbe, nur von mässiger Grösse, hat im Allgemeinen die Form eines drei- 
axigen Ellipsoids, eine ziemlich glatte Oberfläche, dunkelbraune Färbung und 
ist hohl, ein Merkmal, das ihn vor vielen anderen auszeichnet. 

Auf einer Seite, ich will sie, ohne länger nach einem vielleicht be- 
zeichnenderen Namen zu suchen, die Bauchseite nennen, führen drei Oeff- 
nungen in den inneren Hohlraum; eine grosse liegt in der Medianlinie des 
Samens, hat eine elliptische Contour; ihre grosse Axe liegt in der grössten 
Axe des Samens, so dass die Oeffnung von einem medianen Längsschnitt 
genau halbirt wird. Rechts und links von derselben und etwas nach der 
Rückenseite hingerückt, liegen zwei kleine kanalartige Durchbohrungen, welche 
gleichfalls in den Innenraum führen, aber nur von einem Querschnitte getroffen 
werden können, welcher gerade durch die mittlere und kleine Axe des Samens 
führt, letzteren also halbirt. Natürlich wird dabei auch die mittlere Oeffnung 
mit durchschnitten, aber nicht so, dass ihre grosse, sondern so, dass ihre 
kleine Axe in die Schnittebene zu liegen kommt, wie das in Taf. 1. Fig. 16 
dargestellt ist (o ist die grosse, mittlere Oeffnung, e,c sind die kleinen, schief 
nach oben und innen laufenden Kanäle, h ist der Hohlraum des Samens). 
Fig. 15 giebt die Ansicht wieder, welche man gewinnt, wenn man den Samen 
von der Bauchseite her betrachtet: Die Linie 1 giebt die längste, m die mittlere 
Axe des Samens an; die kleinste würde im Durchschnittspunkte von l und m 
auf der Papierfläche senkrecht stehen, die Buchstaben o und ce haben hier 
dieselbe Bedeutung wie in Fig. 16. Das Endosperm mit dem Embryo liegt 
auf der Rückenseite des Samens, ist flach concav-convex, beinahe plan-convex, 
von schildförmiger Gestalt, nimmt aber, wie ein Blick auf Fig. 16 lehrt, 
nicht die Hälfte von dem Volumen des ganzen Samens ein; seine concave 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 49 


Seite ist in der Medianlinie zu einer flachen Längsrippe erhöht. Die Bauch- 
seite wird ausschliesslich von der Epidermis der Samenschale gebildet, weil 
sich dieselbe hier in weitem Bogen von der ihr zugewandten concaven Seite 
des Eiweisses abhebt (Taf. 1. Fig. 16); zwischen beiden befindet sich ein grosser 
Hohlraum (h,h). Was die übrigen Theile der Testa betrifft, so ist die convexe 
Seite des Eiweisses mit einer dicken, dunkelbraunen Schicht bedeckt, dem 
Reste der Samenschale; denn trotz ihrer Dicke ist es nicht möglich, weder 
im Flächen- noch im Querschnitte, eine zellige Structur nachzuweisen. Kochen 
in Kali bewirkt kein Aufquellen, Mazeration in Schultz’schem Reagens 
führt nur Fetzen und Theilstücke dieker Membranen, nie aber eine nur halb- 
wegs in ihren Formen erhaltene Zelle vor Augen. In nicht unbeträchtlichen 
Distanzen stehen von der betreffenden Schicht in schiefer Richtung hohe, 
dornenartige Fortsätze ab, entweder stark radial gestreckte Epidermiszellen 
oder die Rudimente der ehemaligen Seitenwände, letzteres natürlich nur unter 
der Voraussetzung, dass die Aussen- und ein Theil der Seitenwände durch 
äussere Einflüsse zerstört worden sind. In diesem Falle wäre die dem 
Endosperm aufliegende braune Schicht weiter nichts als die Gesammtheit der 
Innenmembranen aller Epidermiszellen. An der Peripherie des Eiweisses setzt 
sich die Epidermis der Testa in den, man kann wohl sagen flügelartigen An- 
hang fort, welchen wir vorher als die Bauchwand des Samens bezeichneten. 
Dieselbe ist einschichtig; ihre Zellen sind radial bedeutend gestreckt, in der 
Flächenansicht meist fünf- oder sechsseitig, haben also die Form von eben 
solchen Säulen. Allerdings ist die Stellung der Zellen zum Umfange des 
Samens nicht überall genau radial, sondern nur in der Umgebung der kleinen 
Kanäle (e,c). Je ferner dagegen die betreffenden Zellen dem Kanale liegen, 
desto mehr weichen sie von jener Direction ab. Anders gesagt, die säulen- 
förmigen Zellen stehen nicht unter einander parallel, sondern divergiren nach 
innen. Damit steht in Zusammenhang, dass die meisten dieser Zellen etwas 
gekrümmt sind, um so stärker, je weiter sie von den Kanälen ec, c entfernt 
sind; selbstverständlich ist auf solche Zellen der Vergleich mit Prismen nur 
unter gewissen Beschränkungen anwendbar. Uebrigens verweise ich auf Taf. 1. 
Fig. 16, welche alle diese Verhältnisse (Grösse, Form, Richtung der Zellen u. s. w.) 
besser veranschaulicht, als es mit Worten zu beschreiben ist. Die Seitenwände 
sind sehr dick und zwar in Folge ungemein starker Netzfasern, welche weite 
Nova Acta XLIH. Nr. 1. 7 


50 Ewald Theodor Bachmann. 


Maschen zwischen sich lassen. In ähnlicher Dicke, aber ohne Verdickungs- 
leisten, ist die Aussenmembran ausgebildet, wohingegen die Innenmembran 
dünn ist. Alle Wände sind tief braun gefärbt. — Die concave Seite des 
Endosperms endlich ist von einer dünnen gelben Lamelle bedeckt, ohne Zweifel 
nichts Anderes, als das Ueberbleibsel eines ehemaligen subepidermoidalen 
Gewebes. 

Ob der im reifen Samen leere Hohlraum ursprünglich mit Gewebe aus- 
gefüllt gewesen und erst durch Vertroecknung und Zerstörung desselben zum 
Hohlraum geworden, oder aber ob er von Anfang an hohl gewesen ist, die 
„Bauchwand“ also als eine eigentliche Flügelbildung betrachtet werden darf, 
was aus dem Raphengewebe geworden ist, welche Bedeutung die drei Oeft- 
nungen in der Bauchwand haben, wie die Testa auf der convexen Seite des 
Endosperms „beschaffen ist u. s. w., alles das sind Verhältnisse, über welche 
einzig und allein die Entwickelungsgeschichte Aufklärung geben kann. Dass 
ich die nöthigen Aufschlüsse nicht geben kann, liegt daran, dass die im 
hiesigen botanischen Garten zur Aussaat gekommenen Samen nicht gekeimt 
hatten, mir also das zu entwickelungsgeschichtlichen Untersuchungen unerläss- 
liche Material nicht zu Gebote stand. 

Um der Analogie willen sei hier der Bau eines anderen hohlen Samens 
beschrieben, eines Samens, der freilich zu Diascia, überhaupt zu den Serophu- 
larineen, in keiner näheren Beziehung steht: ich meine den von Thunbergia 
alata Hook., einer Acanthacee. Derselbe, von der Form eines zweiaxigen 
Ellipsoides, zeigt, von der Ricken- und Bauchfläche gesehen, einen genau 
kreisrunden Umfang, ist schwarz und auf der convexen Seite runzelig. Zu 
dem Samen von Diascia stellt er sich sogleich dadurch in strieten Gegensatz, 
dass der weitaus grösste Theil seines Volumens von dem Eiweiss in Anspruch 
genommen wird und nur ein viel kleinerer Theil für den Hohlraum und die 
Bauchwandung übrig bleibt. Das Endosperm, im Querschnitte einem Halb- 
monde, körperlich betrachtet einer dicken Achatschale, wie sie in chemischen 
Laboratorien gebraucht wird, nicht wnähnlich, ist ausser seiner voluminösen 
Ausbildung noch durch eine ziemlich auffallende Härte ausgezeichnet, eine 
Härte, die auf der Dicke der Zellwände und ihrer Differenzirung in Schichten 
von abweichender Dichte beruht. Auf seiner convexen Seite ist es von einer 
starken und wohlerhaltenen Testa bedeckt, deren Epidermiszellen im Verhältniss 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 5l 


zu ihrer tangentialen oder Flächenausdehnung eine nur geringe Höhe haben. 
Am Rande, wo convexe und concave Seite zusammenstossen, geht diese Form 
der Epidermiszellen plötzlich in die sehr langer, schwach gekrimmter Prismen 
über. Die höchsten derselben stehen am Rande; ihre Höhe wird, je näher ihr 
Insertionspunkt dem Centrum der coneaven Seite liegt, gradweise geringer, 
bis die Epidermis bei der durch b,b bezeichneten Ringwucherung eines klein- 
und rundzelligen Gewebes ganz verschwindet. Der kreisfürmige innerste, im 
Querschnitt durch b, b begrenzte Raum entbehrt demnach der Epidermis. 

Die hohle Form des Samens von Thunbergia wird also hervorgebracht 
und begonnen durch die ziemlich beträchtliche Concavität des Endosperms, 
vollendet aber durch eine Ringwucherung der Epidermis (a,a in Taf. 2. Fig. 17) 
und darin stimmt die Acanthacee mit der Serophularinee überein, in den 
Einzelheiten der Structur differiren sie. 

Ausser den genannten Gattungen haben mir aus der zweiten Tribus 
keine weiteren vorgelegen. In Anbetracht dessen wäre es gewagt, verallge- 
meinernd ein für die ganze Abtheilung giltiges Bild zu entwerfen, zumal die 
Samen der untersuchten Genera so ausserordentlich verschieden gebaut sind. 
Dessenungeachtet lassen sie einige gemeinsame Eigenschaften erkennen, durch 
welche sie sich zu den Verbasceen in scharfen Gegensatz stellen, die also 
schon aus diesem Grunde einer besonderen Hervorhebung werth sind: 

1. Alle subepidermoidalen Schichten, auch die imnerste, werden zum Theil resorbirt, 
zum Theil stark zusammengepresst. 

2. Als Schutzschicht fungirt die Epidermis. 

3. Die Oberflächenskulptur der Samen von Nemesia wird nicht durch das Eiweiss, 
sondern von der Epidermis der Testa hervorgebracht, indem einzelne Zellen der- 
selben stärker radial wachsen als die anderen. 

In einem anderen wichtigen Punkte stimmen die Hemimerideen mit den 

Verbasceen, wie überhaupt mit allen anderen Samen überein: 


4. Die Desorganisation der subepidermoidalen Zellenlagen geht in centrifugaler 
Reihenfolge vor sich. 

5. Was den Flügel von Nemesia betrifft, so kann derselbe, weil nur die Epidermis 
an seiner Entstehung Theil nimmt, mit emem Haargebilde verglichen werden; 
ich hebe das hervor, weil die nun folgende dritte Tribus uns Flügelbildungen 
vorführt, welche analoger Weise in die Kategorie der Emergenzen fallen müssten. 

6. Die Farbe der Samenschale rührt nur von der der Zellwände her. 


52 Ewald Theodor Bachmann. 


Tribus III. Antirrhineae. 


Keine andere Tribus der Scerophularineen weist eine solche Fülle 
der Zellformen, der Verdickungsweisen, der Skulpturverhältnisse auf, wie die 
der Antirrhineen. Ich erinnere nur an die artenreiche Gattung Linaria, 
von welcher Lange,!) allerdings nur mit Bezug auf die Form und Oberflächen- 
beschaffenheit ihrer Samen, sagt, wenn man beispielsweise die von L. vulgaris, 
spartea, L. Pelisseriana und Elatine betrachte, würde man versucht sein, 
zu glauben, dass man Arten aus vier verschiedenen Gattungen, nicht aber aus 
einer einzigen vor sich habe. Schleiden?) hebt neben den Verbasceen die 
Antirrhineen als diejenige Abtheilung der Serophularineen hervor, welche 
sich durch einen ungewöhnlichen Reichthum an Verdickungs- und Zellformen 
auszeichne und Chavannes°) erkennt den Antirrhineen zwei Hauptformen 
von Samen zu, welche aber je nach den Arten viele Modificationen erleiden 
könnten; er unterscheidet nämlich geflügelte und nicht geflügelte Samen, 
unter denen vorzüglich letztere beträchtlich variiren sollen. Kein Wunder, 
dass „die Beschaffenheit der Samen bei den Antirrhineen von hoher 
Wichtigkeit für die Unterscheidung und Gruppirung der Arten ist“; besonders, 
wenn man sich nicht auf bloss äusserliche Form-, Grössen- und Skulptur- 
verschiedenheiten beschränkt, sondern auch den mikroskopischen Bau in Be- 
tracht zieht. 


8. Die Gattung Anarrhinum. 


Die Samen von A. bellidifolium Desf., einer der wenigen Arten 
dieser Gattung, sind sehr klein, „semina minima“ nennt sie Chavannes, 
länglich rund, braun und auf ihrer Oberfläche mit einer grossen Anzahl dicht 
bei einander stehender, kleiner Zapfen oder Höcker geschmückt. — Die Ent- 
wickelungsgeschichte konnte ich nicht untersuchen, weil die Samen nicht auf- 


1) Lange, Bemaerkninger ete. Bot. Tidsskrift pag. 232. 
2) Schleiden, Grundzüge, pag. 539. 


®) Chavannes, Monogr. des, Antirrhinees, pag. 25. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophlarineen. 53 


gegangen waren, muss mich folglich auf eine Beschreibung der reifen Testa 
beschränken. 

Dieselbe ist aus drei Schichten zusammengesetzt. Die innerste besteht 
aus einer Lage dünnwandiger, inhaltsleerer Zellen, deren tangentiale Ausdehnung 
den radialen Durchmesser um das zwei- bis dreifache an Länge übertrifft. Die 
Form derselben ist also am zutreffendsten mit der einer Tafel zu vergleichen, 
zumal auch die in der Flächenansicht gebotenen Umrisse dieser Zellen mit 
wenig Ausnahmen die Gestalt von Vierecken haben, oft sogar ganz genau 
rechteckig oder gar quadratisch sind. Da überdies alle Zellen ungefähr gleiche 
Grösse haben, gleichviel ob im Quer- oder Längsschnitt oder in einem Flächen- 
präparate gesehen, da ferner die Membranen gelblich oder gelbbraun gefärbt 
sind und dadurch zu der darunterliegenden farblosen Aussenmembran der 
Eiweissepidermis in einem scharfen Farbencontraste stehen, ist es erklärlich, 
dass diese einzige Zellenlage trotz der Kleinheit ihrer Elemente und trotz der 
Dünne ihrer Membranen doch sehr in die Augen fällt. Die Zellhäute nehmen 
in Jod höchstens eine etwas lebhaftere Gelbfärbung an, verändern sich bei 
Zusatz von concentrirter H, SO, lange Zeit gar nicht, sind folglich eutieularisirt. 
Der Gestalt ihrer Zellen wegen und um der Constanz willen, mit welcher 
diese Schicht nicht nur bei sämmtlichen Antirrhineen, sondern auch noch 
in anderen Tribus auftritt, ein Umstand, der schon aus praktischen Gründen 
eine kurze, präcise Benennung wünschenswerth erscheinen lässt, ich sage, um 
deswillen werde ich dieselbe, einen ähnlichen Ausdruck von Chatin (la couche 
quadrangulaire) adoptirend, die quadratische Schicht nennen. 

Unmittelbar auf die quadratische Schicht folgt nach aussen eine Lage 
zusammengedrückten Gewebes, die sich aber als solches erst ausweist, wenn 
man die Testa mit ' concentrirter Kalilauge erwärmt hat. Vorher schwach 
gelblich gefärbt, wird sie unter der erwähnten Behandlung farblos, ist überall, 
ausgenommen in der Mikropyleregion und der dieser gegenüberliegenden Seite, 
zu einer dünnen Lamelle zusammengedrückt, wogegen sie an den beiden be- 
zeichneten Punkten als ein dickes Gewebepolster bestehen geblieben ist. 

Die letzte und äusserste Schicht ist die Epidermis, welche die be- 
schriebenen zapfen- und buckelartigen Erhebungen der Samenschale erzeugt. 
Das Endosperm dagegen zeigt auch nicht die geringste Spur einer Hügel- oder 
Thalbildung, im Querschnitt ist seine Peripherie genau kreisrund, im Längs- 


54 Ewald Theodor Bachmann. 


schnitt elliptisch. Folglich müssen unter den Epidermiszellen bezüglich ihrer 
radialen Erstreckung starke Gegensätze obwalten. Und in der That lassen 
sich in der Epidermis von Anarrhinum Samen zweierlei Zellformen unter- 
scheiden: niedrige Zellen, die an der Bildung der Zapfen und Hügel keinen 
Antheil nehmen, und radial mehr oder weniger gestreckte, hügelbildende. 
Die Innen- und Seitenwände beider Formen sind dünn, gelblich gefärbt, jene 
überhaupt ohne alle Verdickungsleisten, gleichviel welcher Form, diese mit 
Netzfasern. Die Aussenmembran ist am dieksten und dunkler als die übrigen 
Zellhäute; die der niedrigen Zellen ist zu einer kleinen, spitzen Pyramide 
erhoben, welche aber nicht solid ist; denn, wie man sich auf Schnitten, die 
eine solche pyramidale Ausstülpung halbiren, überzeugen kann, das Lumen 
der Zelle setzt sich nach oben in dieselbe hinein fort. Auch die Hügelzellen 
tragen nicht selten einen derartigen Höcker, welcher jedoch in der Regel 
niedriger ist, als der der anderen Zellen. In der Flächenansicht sind die 
Epidermiszellen fast regelmässig sechsseitig. 


9. Die Gattung Linaria. 


Chavannes in seiner Monogr. des Antirrhinees stellt im Jahre 1833 
88 wohl unterschiedene Species der Gattung Linaria auf, zu denen mittler- 
weile noch andere hinzugekommen sind. Von den 19 Arten, die ich unter- 
sucht habe, sind nur 17 in dem Verzeichnisse Chavannes’ zu finden. Die 
beiden anderen sind L. praetermissa Delastri aus dem botanischen Garten 
zu Berlin und L. Salzmanni Boiss. (violacea Cosr.) aus Kopenhagen, die 
erste, wie ich gleich vorausschickend bemerken will, in die Section Chaenor- 
rhinum Chav., die zweite in die Section Linariastrum Chav. (Typus 
versicolor) gehörig. Wenn man in Betracht zieht, dass Chavannes die Ein- 
theilung seiner Gattung, die Abgrenzung von Arten oder ganzer „subdivisiones“ 
vielfach auf die Form und Oberflächenskulptur der Samen stützt, so kann man 
wohl mit Recht eine grosse Mannigfaltigkeit derselben voraussetzen. Und in 
der That, man muss A. Braun!) zustimmen, wenn er den Formenkreis in 
der Beschaffenheit der Samen bei ZLinaria den grössten nennt. Dasselbe gilt 


1) A. Braun, Ueber Schweinfurthia. Monatsber. d. k. preuse. Akad. d. W. zu Berlin. 
1866, pag. 864. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 55 


aber auch von der mikroskopischen Beschaffenheit der Samen; denn obwohl 
Chavannes!) in der Testa der meisten Linaria-Samen, gleichviel ob sie in 
einen Flügel verlängert waren oder nicht, das „tissu cellulaire reticul&“ ge- 
funden hat — und das muss unter gewissen Einschränkungen als richtig an- 
erkannt werden — so bietet doch selbst diese Gewebeschicht in fast jedem 
Samen eine Besonderheit, eine individuelle Eigenthümlichkeit dar. Uebrigens 
kenne ich ausser der eben angeführten Notiz Chavannes’ nur noch eine ein- 
zige, in welcher eine Angabe über den mikroskopischen Bau der Testa von 
Linaria gemacht wird und zwar von Chatin über Linaria minor. Denn 
so gross die Rolle ist, welche die Samen von Linaria in der botanischen 
Literatur spielen, immer und immer wieder ist es nur die gröbere, äussere 
Beschaffenheit, welche beschrieben und für systematische oder andere Zwecke 
verwerthet wird. Deshalb bedarf es wohl keiner besonderen Rechtfertigung, 
wenn ich in der folgenden Darlegung meiner durch mikroskopische Unter- 
suchungen gewonnenen Resultate mit etwas mehr Ausführlichkeit vorgehe, als 
es bei anderen minder wichtigen und minder interessanten Genera geschehen 
ist und noch wird. Dabei halte ich mich an die von Chavannes aufgestellte 
Gruppirung und beginne demgemäss mit der 


Section Chaenorrhinum, 


aus welcher die Species L. minor Desf., L. littoralis Willd., L. praeter- 
missa Delastri, L. origanifolia DC. und L. persica Chav. zur Unter- 
suchung gekommen sind. 

Die Samen der genannten Arten sind eiförmig; auf ihnen verlaufen in 
gleichen Abständen scharfe, geradlinige, untereinander parallele Längsrippen 
in der Mehrzahl von einem Ende bis zum anderen über die ganze Länge des 
Samens, zum Theil auch nur bis zur Mitte oder wenig über diese hinaus, 
ähnlich wie es Chavannes auf Taf. 5. Fig. 14 seines Werkes von L. ori- 
ganifolia abbildet. Das Bild des Querschnittes ist (vgl. ebd. Taf. 2. Fig. 15) 
das einer Scheibe, deren Rand mit kleinen Zähnen besetzt ist, der Umriss des 
Längsschnittes dagegen ist rein eiförmig und entbehrt aller Erhebungen, Zähne 
oder Höcker. Anders bei L. persica, denn deren Same besitzt, um gleich 


I) Chavannes, ]. c. pag. 26. 


56 Ewald Theodor Bachmann. 


m 


eine zutreffende Beschreibung Braun’s anzuführen, „6 bis 7 stärkere, etwas 
geschlängelte, durch niedrige Querrunzeln unvollständig verbundene Rippen.“ 
Unterscheidet sich in Anknüpfung hieran die Contour des Querschnittes kaum 
von der der vorher erwähnten Samen, so zeichnet sich der Längsschnitt da- 
durch aus, dass er auch hügelartige Vorsprünge aufweist. — Bei Loupen- 
vergrösserung betrachtet, erscheint die Oberfläche aller rauh, gekörnelt. Die 
Farbe ist bei allen braun und schwankt bei den verschiedenen Arten nur 
zwischen einer helleren und dunkleren Nüance, ebenso wie sich die bezüglich 
der Grössenverhältnisse vorkommenden Schwankungen nur innerhalb enger 
Grenzen bewegen. Das Endosperm ist im Verhältniss zum Embryo und zu 
der Kleinheit des Samens recht mächtig entwickelt, in der Regel mit 5 bis 6° 
oder sogar 7 Schichten; nur am Mikropyleende sind deren weniger und die 
Zellen hier noch dünnwandiger als an anderen Stellen. Bloss die Aussen- 
membran der Eiweissepidermis ist in der Regel so stark verdickt, dass man 
an ihr mehrere Schichten verschiedener Dichtigkeit unterscheiden kann. Nach 
Chatin!) sind seine Zellen mit Stärke (matiere amylacee) erfüllt, was mit 
meinen Beobachtungen insofern nicht übereinstimmt, als ich bei Zusatz von 
Jod eine Braunfärbung des Inhaltes bemerken konnte, nicht aber eine Bläuung. 
Die Oberfläche des Eiweisses ist völlig glatt, ohne jede Hügel- und Thal- oder 
Rippen- und Furchenbildung. In diesen Punkten gilt das, was für die eine 
Art giltig ist, auch von den anderen. Nicht so die Testa, deren Bau ich 
deshalb Art für Art beschreiben muss. 


Linaria minor Desf. 


Die anatrope Samenknospe zur Zeit der Blüthe betrachtet, zeichnet sich 
durch ihre ungewöhnliche Dicke aus; in Anbetracht dessen, dass diese Dicke 
vorwiegend auf Kosten des Integumentes kommt, da der Embryosack sehr 
dünn ist, lässt sich schon im Voraus vermuthen, dass dasselbe aus einer nicht 
geringen Anzahl von Schichten zusammengesetzt ist; und in der That zählt 
man in diesem Stadium deren etwa 7 in dem dicksten Theile des Integuments, 
weniger in den dünneren, der Mikropyle benachbarten. Sämmtliche Zellen sind 
so dicht mit Protoplasma erfüllt, dass die Deutlichkeit des Gewebenetzes da- 


1) Chatin, 1. c. pag. 60. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 57 


durch wesentlich beeinträchtigt wird; sie sind polyedrisch, die der Epidermis 
und der innersten Schicht viereckig; letztere sind ausserdem noch durch ihre 
Kleinheit ausgezeichnet. 

Nach der Befruchtung nimmt der Embryosack, der bereits im vorigen 
Stadium den Knospenkern völlig verdrängt hatte, durch Anschwellung in seinem 
mittleren Theile, eine dick spindelförmige Gestalt an. Die Zellen der innersten 
Schicht haben sich nicht merklich vergrössert, werden dagegen durch radiale 
Wände vielfach getheilt; die der übrigen subepidermoidalen Lagen (5—6) hin- 
gegen erweitern sich im Laufe der Zeit immer mehr und in demselben Masse 
wird der Gegensatz zwischen der innersten und den äusseren Schichten immer 
auffallender. Die Zellen der ersteren sind in jeder Ansicht betrachtet fast 
genau rechteckig (Taf. 2. Fig. 18 u. 19), also körperlich gedacht Parallelepipeda, 
und noch dicht mit homogenem Plasma erfüllt. Die Zellen der anderen sub- 
epidermoidalen Schichten haben keine bestimmte, regelmässige Gestalt, zum 
Theil rundliche Contouren, sind in Folge dessen durch kleine Intercellular- 
räume getrennt, bilden also ein typisches Parenchymgewebe und führen in 
reichlicher Menge kleine Stärkekörnchen. Die Epidermiszellen sind gewöhnlich 
schwach tangential gestreckt, noch dünnwandig und gleichfalls reich an 
Stärkeeinschlüssen. 

Im Laufe der ferneren Entwickelung nimmt der mittlerweile von 
Endospermzellen gänzlich erfüllte Embryosack an Volumen immer mehr zu; 
die Zellen der quadratischen Schicht, wie wir auch hier die innerste nennen 
können, vergrössern sich nur um ein Geringes, behalten aber noch lange ihr 
Plasma, wogegen die des parenchymatischen Zwischengewebes ihren Inhalt 
bald verlieren, zuerst die inneren, zuletzt die äusseren Lagen. Die Epidermis- 
zellen haben sich zum Theil gestreckt, zum Theil sind sie niedrig geblieben. 
An 10—12 vom Mikropyle bis zum Chalazaende verlaufenden Längslinien 
erheben sich neben einander je 3—4 Zellreihen über das Niveau der anderen 
Epidermiszellen, wodurch eine gleiche Anzahl von Längsrippen (10—12) ent- 
steht, deren jede, wie bereits gesagt, aus 3—4 Längszellenreihen zusammen- 
gesetzt ist. Die Zellen der mittelsten Reihe werden am- höchsten, die der 
benachbarten gehen allmählich in das Niveau der”iniedrigen Epidermiszellen 
über; selbstverständlich kann man dies nur in Querschnitten sehen (Taf. 2. 
Fig. 21), welche zugleich darüber belehren, dass die hier als steile Hügel 

Nova Acta XLIN. Nr. 1. 8 


58 Ewald Theodor Bachmann. 


erscheinenden Längsrippen durch 6, 7 und noch mehr niedrige Zellen von 
einander getrennt sind; ebenso selbstverständlich ist es, dass auf Längsschnitten 
der Gegensatz von hohen und niedrigen Zellen nicht hervortreten kann, da 
man auf einem solchen entweder nur radial gestreckte oder nicht gestreckte 
findet. Im ersten Falle ist der Schnitt durch eine Rippe (Taf. 2. Fig. 20), 
im letzten durch eine Furche gegangen. Alle Zellen, hohe wie niedrige, sind 
noch ziemlich reichlich mit Stärkekörnchen erfüllt und dünnwandig, die Wände 
farblos. Erst wenn die rippenbildenden Zellen ihre definitive Grösse erreicht 
haben, verlieren sie alle ihren Inhalt und verdicken ihre Aussen- und Seiten- 
wände derart, wie man es an der reifen Samenschale findet, um zuletzt die 
ihnen eigenthümliche Braunfärbung anzunehmen. Unterdessen sind die inneren 
Lagen des Zwischengewebes von dem heranwachsenden Endosperm zusammen- 
gedrückt worden; dasselbe geschieht mit den äusseren, nachdem deren Zellen 
ihren Inhalt auch eingebüsst haben und dieser Process ist, noch ehe die 
Membranen der Epidermiszellen sich gebräunt haben, schon so weit vor- 
geschritten, dass zu dieser Zeit von dem ganzen Zwischengewebe nicht mehr 
eine einzige Zelle in ihrer Form und Grösse erhalten ist. Dagegen kann man 
in der quadratischen Schicht noch jede einzelne Zelle unterscheiden; dieselben 
geben nun ihren Inhalt auch an das Endosperm ab und vollenden ihre Ent- 
wickelung damit, dass sie ihre Wände bräunen und cuticularisiren. 

Am reifen Samen sind dieselben Schichten zu unterscheiden, welche 
die Testa von Anarrhinum aufwies. Die quadratische Schicht besteht 
aus sehr kleinen, tangential schwach gestreckten Zellen. Das Zwischen- 
gewebe ist zu einer so dünnen Lage zusammengepresst, dass sie erst durch 
Erwärmen des Präparates in Kali nachweisbar wird. Nur in der Mikropyle- 
region, der gegenüberliegenden Seite und der diese beiden Punkte verbindenden 
Raphenlinie ist es schon vor Anwendung eines Quellung verursachenden Reagens 
sichtbar. Die Innenwand aller Epidermiszellen ist dünn, ihre Seitenwände 
aber durch Netzfasern verdickt. In den niedrigen Zellen kann allerdings 
wegen der geringen Höhe ihrer Seitenwände der netzförmige Typus nicht 
recht zur Ausbildung kommen, wenn ich mich so ausdrücken darf, und wird 
dann durch 3—4 nebeneinander gereihte, weite Tüpfel ersetzt. Die Aussen- 
membran aller Zellen ist sehr dick, wenigstens drei- bis viermal stärker als 
die Innenwände, und besitzt ein ganz eigenartiges, äusserst fein körneliches 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 59 


oder punktirtes Aussehen, nicht bloss in der Flächenansicht, sondern auch in 
feinen Quer- und Längsschnitten deutlich sichtbar; ganz dünne Schnitte zeigen 
ausserdem drei Schichten: zwei dickere, dunklere, die jenes körneliche Aussehen 
im extremsten Masse besitzen, und eine zwischen beiden befindliche dünnere, 
hellere. Alle diese Erscheinungen, hellere und dunklere Punkte, hellere und 
dunklere Schichten, sind weiter nichts, als der Ausdruck einer weitgehenden 
Dichtigkeitsdifferenzirung, welche mit dem Cutieularisirungsvorgange der Aussen- 
membran in engstem Zusammenhange steht. Jede niedrige Zelle trägt wie 
bei Anarrhinum einen kleinen spitzen Höcker, gewöhnlich aber auch die hohen 
Zellen und zwar entweder am Fusse oder höher oben; im letzteren Falle sind 
sie flacher und kleiner. Diese Cutieularzapfen sind es, welche das Seite 57 
erwähnte, rauhe, gekörnelte Aussehen der Samenoberfläche verursachen. Die 
Farbe des Samens hat ihren Grund vornehmlich in der dunkeln Färbung der 
Aussenwand der Epidermiszellen; ihre gelben Seiten- und Innenwände und die 
eben so gefärbten Membranen der quadratischen Schicht dagegen können hier- 
bei weniger in Betracht kommen. 

Die Resultate, zu denen Chatin bei der Untersuchung von Linaria 
minor gekommen ist, stehen mit den meinigen in vielfachem Widerspruch, 
weshalb es mir vergönnt sein mag, sie einer kurzen Kritik zu unterziehen. 
Nachdem er den Bau der Längsrippen beschrieben hat, fährt er fort!): „la 
couche limitante de la graine, sur laquelle s’appuient ces saillies (d.h. die im 
Querschnitt als Vorsprünge erscheinenden Längsrippen), est formee par une 
ligne de cellules &paisses, rectangwlaires, generalement vides de tout granule 
organique et formees par les assises moyennes du tegument ovulaire.“ Meines 
Erachtens kann der Verf. unter der betreffenden Schicht, da er sie „la couche 
limitante“, ihre Zellen an einer anderen Stelle „cellules peripheriques“ nennt, 
keine andere als die Epidermis gemeint haben, allem Anscheine nach aber 
nur die niedrigen Zellen; denn wenn er sie aus den mittleren Schichten des 
Integuments entstehen lässt, so muss er als Ursprungsstätte der hohen, rippen- 
bildenden Zellen die Epidermis des Integuments aufgefasst haben. So richtig 
dieses ist, so falsch ist jenes. Er fährt dann fort: „En dehors de ces cellules 
peripheriques se trouve une zone formde par trois ou quatre rangs d’utrieules 


1) Chatin, ]. ce. pag, 60. 


60 Ewald Theodor Bachmann. 


ä parois plus minces, & contours polyedriques mais semblant tendre vers la 
forme quadrangulaire; la premiere ligne de ces cellules renferme parfois quel- 
ques granules les autres n’en offrent pas trace. Ces assises appartiennent 
a la zone profonde du tegument.“ Die Beschreibung passt nur auf die 
subepidermoidalen Schichten; deren giebt es aber nicht bloss 3—4, sondern 
6—7, und sie sind nicht die innersten, sondern die mittleren Schichten des 
Integuments. Die innerste, die quadratische Schicht, hat Chatin gänzlich 
übersehen; denn ihrer thut er nirgends Erwähnung, weder ausdrücklich noch 
andeutungsweise. 

Linaria praetermissa gleicht der eben beschriebenen Art im Bau 
der Testa vollständig. ZL. littoralis zeichnet sich nur durch seine grösseren 
Zellen in der quadratischen Schicht aus und dadurch, dass auf den Seiten- 
wänden der niedrigen Epidermiszellen die Verdickungsleisten in der Regel 
radial verlaufen und sich dem entsprechend verzweigen. Die Raphe verläuft 
bei allen unterhalb der Epidermis gewöhnlich in einer Längsfurche An der 
Mikropyle ist die quadratische Schicht flaschenhalsartig nach aussen gewendet 
und hier unterbrochen, wie das Taf. 2. Fig. 25 zeigt; denn obwohl die 
Zeichnung einer anderen Art entnommen worden ist, so kann sie, wenigstens 
in Hinsicht der Mikropyle, auch mit vollem Rechte für Z. minor und Ver- 
wandte gelten. 

Linaria origanifolia gehört nach Chavannes in die Section 
Chaenorrhinum; A. Braun trennt jedoch nach dem Vorgange von End- 
lieber diese Section in zwei: a) Microrrhinum (L. minor, praetermissa, 
littoralis u. A.), b) Ohaenorrhinum sensu strietiori (L. origanifolia, villosa u. A.) 
und stützt sich dabei vorzüglich auf die Art und Weise des Aufspringens der 
Kapseln und auf die äussere Beschaffenheit der Samen; aber auch der mikro- 
skopische Bau der Testa liefert eine neue Stütze für seine Ansicht. Denn 
bei L. origanifolia sind nicht nur die Innenwände der Epidermiszellen dünn 
und ohne Netzfasern, überhaupt ohne alle Verdickungsformen, sondern auch 
deren Seitenwände und durch diese Eigenthümlichkeit stellt sich die genannte 
Art in einen scharfen Gegensatz zu den Mierorrhinen Endl. Die Aussen- 
membran zeigt dieselbe Beschaffenheit wie die von L. minor, ebenso die 
Zapfen, welche auf jenen stehen. Selbst in der Entwickelungsgeschichte glei- 
chen beide einander bis zur völligen Uebereinstimmung der Schichtenzahl. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 61 


Linaria persica Chav. 


Linaria persica Chav. wird von Chavannes!) als eine „species 
incertae sedis“ am Ende der Gattung aufgeführt und dies in einer beigegebenen 
Anmerkung damit gerechtfertigt, dass er weder die Kapseln noch die Samen, 
als die zu einer endgiltigen Bestimmung einzig geeigneten Organe, habe sehen 
können. Gleichzeitig spricht der Verf. die auf andere Beobachtungen gegründete 
Vermuthung aus, dass L. persica ihren Platz an der Seite der Chaenorrhinen 
Chav. finden müsste. Zu denselben Resultaten kommt A. Braun,?) ja er zieht 
den Kreis ihrer Verwandtschaft noch enger und stellt sie, allerdings mit einiger 
Reserve, zu den Mierorrhinen Endl. — Das Aufspringen der Kapsel erfolgt 
nun weder in der für Ohaenorrhinum Endl. noch auch in der für Micror- 
rhinum Endl. charakteristischen Weise, weder durch drei Zähne am oberen 
Ende der Kapsel (Microrrhinum), noch klappenartig durch einen einzigen an 
derselben Stelle ( Chaenorrhinum), sondern die Dehiscenz ist septicid. Dem 
widerspricht freilich ein von A. Braun?) gleich am Eingang seiner Schrift 
mit allem Nachdruck hingestellter Satz: „Von allen übrigen Serophularineen 
sind die Antirrhineen dadurch abweichend, dass die Kapsel weder 
septicid noch loculieid aufspringt.“ Dagegen habe ich mich mehrfach 
überzeugen können, dass die Fruchtblätter an ihren zugleich als Scheidewand 
fungirenden Rändern auseinander gewichen waren. Sodann wies auch eine 
mikroskopische Untersuchung an diesen Stellen ein dünnwandiges, aus rund- 
lichen Zellen bestehendes, also parenchymatisches Gewebe zwischen zwei 
Schichten ausserordentlich stark verdickter Zellen nach. Bei der geringsten 
Volumen- oder Richtungsänderung der diekwandigen Schichten, Vorgänge, die 
durch Feuchtigkeitswechsel beständig herbeigeführt werden können, muss ein 
Zerreissen des parenchymatischen Gewebes und damit ein Aufspringen der 
Kapsel an den Rändern der Fruchtblätter erfolgen. Ob sich in Folge dessen 
eine Berichtigung der obigen Behauptung A. Braun’s über die Dehiscenz der 
Kapseln der Antirrhineen nöthig machen würde, oder ob der Linaria persica 


1) Chavannes, ]. c. pag. 174. 
2) A. Braun, |. c. pag. 866. 
3) A. Braun, |. c. pag. 862. 


62 Ewald Theodor Bachmann. 


eine ganz andere Stellung im System angewiesen werden müsste, das vermag 
ich nicht zu entscheiden. In um so höherem Grade verdient der Same unsere 
Beachtung; und im der That kann er, sowohl was seine äussere Beschaffenheit, 
als auch was die mikroskopische Structur seiner Testa anlangt, in keine andere 
als in die Tribus der Antirrhineen gebracht werden, innerhalb dieser aber 
ähnelt er wieder den Samen der Microrrhinen am meisten. 

Die Entwickelungsgeschichte ist, abgesehen davon, dass im Zwischen- 
gewebe 9—10 Zellenlagen zur Ausbildung kommen, genau dieselbe, wie bei 
L. minor. Bei der mikroskopischen Betrachtung der reifen Testa fällt zu- 
nächst in die Augen, dass die Hügel (Querschnitte der Rippen) viel dichter 
stehen, einer dem anderen folgt, zuweilen ohne Unterbrechung seitens niedriger 
Zellen, während bei L. minor zwischen zwei Hügeln immer eine Strecke von 
5, 6 bis 7 niedrigen Zellen liest. Ausserdem sind die Hügel verschieden 
hoch; manchmal hat der eine die doppelte Höhe eines benachbarten; manche 
sind wieder ausserordentlich breit und dann hat man es ohne Zweifel mit 
einer ihrer ganzen Länge nach durchschnittenen Querrippe zu thun. Die 
Länge der höchsten Zellen beträgt oft das 15- bis 20fache ihres geringsten 
@Querdurchmessers, ich sage ihres geringsten, denn in verschiedenen Höhen 
gemessen zeigen die Zellen der höheren Rippen nicht gleiche Durchmesser, 
sondern innen den kleinsten, an ihrem äusseren Ende den grössten, anders 
gesagt, die Weite der Zellen nimmt in centrifugaler Richtung zu. Doch findet 
das, wie ich ausdrücklich hervorheben muss, auf die wenig gestreckten Zellen 
der niedrigeren Hügel resp. Rippen keine Anwendung, wenigstens ist an ihnen 
der erwähnte Unterschied in der Weite kaum merklich. Andererseits zeigen 
selbst die höchsten Zellen, auf Längsschnitten betrachtet, keine nach aussen 
zunehmende Erweiterung ihres Lumens. Dennoch liest in diesem Gegensatze 
kein Widerspruch; derselbe löst sich vielmehr von selbst, wenn man unter 
der allgemein giltigen Voraussetzung, dass die Seitenwände radial stehen 
müssen, die Form des Samens in Betracht zieht, d. h. die starke Krümmung, 
welche seine Peripherie im Querschnitte, und die schwache, welche sie im 
Längsschnitte zeigt. Die Aussenwände der Epidermiszellen sind immer nach 
aussen gewölbt, bei den verschiedenen Zellen in wechselndem Grade, am 
geringsten bei den niedrigen, stärker bei den rippenbildenden Zellen. Daraus 
erklärt es sich auch, dass die Abhänge der Hügel nicht geradlinig, sondern 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 63 


in mehr oder minder stark hervortretenden Absätzen aufsteigen. Die niedrigen 
Zellen tragen in der Mitte ihrer Aussenfläche eine kleine, ganz solide 
Cutieularerhebung von beinahe ceylindrischer Gestalt, Zäpfchen, die mit ganz 
schmaler Basis der Aussenmembran aufsitzen, entweder rechtwinklig oder 
schief geneigt, die manchmal sogar ein wenig gekrümmt sind. Im Uebrigen 
gleicht die Aussenwand in ihrer Beschaffenheit und Färbung der von L. minor 
vollständig. 

Die Innen- und Seitenwände sind dünn, schwach gelblich gefärbt, jene 
überhaupt ohne alle Verdiekungsformen, diese dagegen, wenn sie gestreckten 
Zellen angehören, mit Spiralfasern versehen, welche sich allerdings durch 
wiederholte Verzweigungen und Anastomosen dem netzförmigen Typus sehr 
annähern können, und auch hierdurch stellt sich Z. persica als den Mieror- 
rhinen nahe verwandt heraus. Ueberdies liegen zwischen den Verdiekungs- 
leisten, also in den unverdickten Flächenpartien der Seitenwände kleine Tüpfel 
in nicht geringer Anzahl verstreut, die trotzdem aber leicht übersehen werden, 
und zwar einmal wegen ihrer Kleinheit, dann aber auch, weil man den Tubus 
des Mikroskopes niedriger einstellen muss, um sie zu sehen; nur einigemal 
fand ich auch die eine oder andere Verdickungsleiste von einem Tüpfel 
durchbohrt. 


Section Cymbalaria Chav. 


Aus der Section Oymbalaria habe ich leider nur zwei Arten: 
L. Cymbalaria L. und L. pilosa DC. untersuchen können, leider, sage ich, 
denn aus gewissen, gleich anzuführenden Gründen verdiente gerade sie eine 
auf alle Arten ausgedehnte Untersuchung ihrer Samenschalen. In seiner schon 
mehrfach erwähnten Abhandlung über Schweinfurthia behauptet nämlich 
A. Braun (l. ce. pag. 865) gegenüber Chavannes, welcher bekanntermassen 
aus Oymbalaria und Verwandten die zweite Section seiner Gattung Linaria 
gemacht hat, dass sich Cymbalaria, Maurandia und Asarina in der Be- 
schaffenheit der Samen aneinander reihten und sogar (pag. 860), dass Oym- 
balarias den Rang einer eigenen Gattung verdiene und zwar auf Grund der 
Dehiscenz ihrer Kapsel. Wenn letzteres Merkmal besonders durchschlagend 
ist, so ist doch auch das von der äusseren Beschaffenheit der Samen her- 
genommene, trotz der weiteren Grenzen, innerhalb welcher sich die Samen 


64 Ewald Theodor Bachmann. 


nach Form und Skulptur bewegen, nicht ohne Gewicht, um so mehr, als auch 
der mikroskopische Bau der Samenschale von L. Cymbalaria und pilosa eine 
Eigenthümlichkeit aufweist, wie sie in keiner anderen Section, bei keiner 
anderen Species wieder gefunden wird, die aber — und dadurch werden die 
Braun’schen Angaben bestätigt — bei Antirrhinum Asarina und Mau- 
randia, ausserdem allerdings auch bei Lophospermum wiederkehrt. 

Der Same von L. pilosa ist fast kugelrund, schwarz oder tiefbraun 
mit breiten, untereinander gleich hohen Leisten, welche, nach allen denkbaren 
Richtungen verlaufend, sich zu einem engmaschigen Netze vereinigen, dicht 
bedeckt. Unter starker Loupenvergrösserung wird überdies noch jene durch 
zapfenartige Erhebungen der Aussenmembranen hervorgerufene bereits be- 
schriebene Rauhigkeit sichtbar. Ganz ähnlich ist auch der Same von L. Oym- 
balaria beschaffen, doch sind seine Leisten höher, schärfer, häufig auch länger, 
fast rippenartig. Der Embryo ist bei beiden sehr kurz, im Verhältniss zu 
seiner Länge dick und liegt etwas excentrisch, insofern als sein Radicularende 
nur durch zwei bis drei Lagen kleiner, das Cotyledonarende dagegen durch 
sieben bis acht Lagen grösserer Zellen von der Testa getrennt ist. Aber 
nicht bloss hierdurch wird es der Radicula erleichtert, nach aussen zu dringen, 
sondern auch dadurch, dass die innerste Schicht der Testa an der Mikropyle 
wie bei den Chaenorrhinen unterbrochen ist (vgl. auch Taf. 2. Fig. 28). 

Die Entwickelung der Samenknospe von L. Cymbalaria geht folgender- 
massen vor sich. Zur Zeit der Blüthe ist das Integument der sehr dieken 
Samenknospe aus etwa sieben bis acht Zellenlagen zusammengesetzt; die 
Zellen sind alle ziemlich klein, polyedrisch und so dicht mit Plasma erfüllt, 
dass die Erkennung des Zellnetzes sehr erschwert wird; aus dem Grunde war 
es mir auch nicht möglich, mit voller Sicherheit zu entscheiden, ob sich die 
innerste Schicht schon jetzt deutlich differenzirt hatte. Die Epidermiszellen 
treten gegenüber denen der subepidermoidalen Lagen nur durch ihre im Quer- 
und Längsschnitt rechteckige Form und ihre gleichmässige Höhe hervor. 

Nach erfolgter Befruchtung der Samenknospe fällt die innerste Schicht 
des Integuments durch die Kleinheit ihrer Zellen und die Masse des Plasmas, 
mit welchem dieselben förmlich vollgestopft sind, sehr in die Augen. Die 
Zellen der übrigen subepidermoidalen Lagen, des Zwischengewebes, wie man 
jetzt sagen darf, haben sich beträchtlich erweitert (Taf. 2. Fig. 22), womit es 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 65 


zusammenhängt, dass sie nur zum grösseren oder kleineren Theile mit Inhalt 
(Plasma, untermischt mit wenigen Stärkekörnchen) erfüllt sind; ihre Contouren 
sind geradlinig, sie selbst polyedrisch. Die Epidermiszellen haben sich nur 
erweitert, sonst aber nicht verändert. | 

Später nehmen die Zellen des Zwischengewebes immer mehr an Grösse 
zu, vornehmlich aber die der mittleren Lagen, während die der inneren und 
äusseren kleiner bleiben; zugleich runden sie sich ab und werden in Folge 
dessen durch kleine, aber mit der Zeit wachsende Intercellularräume getrennt. 
Ihr Inhalt ist jetzt Stärke, wie auch der der Epidermiszellen. Mit letzteren 
ist die wichtigste Veränderung vorgegangen: die meisten von ihnen haben sich 
radial stark gestreckt und dadurch Hügel (Rippen oder Runzeln) erzeugt, 
welche zum Theil hinter denen von L. persica an Höhe nicht viel zurück- 
bleiben. Nach aussen erweitern sich die hohen Zellen so sehr (Taf. 2. Fig. 23), 
dass der Durchschnitt einer Rippe fast den Anblick eines Fächers darbietet. 
Alle ihre Wände sind noch dünn und farblos. 

Mit dem parenchymatischen Zwischengewebe geht von nun an weiter 
keine Veränderung vor sich, als dass es seine Stärke verliert, zuerst die 
inneren, hierauf die mittleren, zuletzt die äusseren Lagen, und dass es von 
dem sich ausdehnenden Endosperm, gleichfalls unter centrifugalem Fortschritt, 
zusammengepresst wird. Noch ehe dieser Process die mittleren Schichten er- 
reicht hat, fangen die Zellen der ersten subepidermoidalen Lage an, ihre 
Wände durch äusserst zarte Ringfasern zu verdicken; dasselbe geschieht nun 
mit den Zellen der nächst inneren und endlich auch mit denen der dritten 
subepidermoidalen Lage, wobei jedoch bemerkt werden muss, dass dieser Vor- 
gang durchaus nicht im ganzen Umfange der Samenknospe genau schrittweise 
von Schicht zu Schicht fortschreitet, vielmehr an einem Punkte rascher die 
dritte Schicht erreicht als am anderen. Unterdessen sind auch die Seiten- 
wände der Epidermiszellen durch Netzfasern verdickt worden; die Zellen der 
quadratischen Schicht haben ihren Inhalt an das Eiweiss abgegeben; das 
Zwischengewebe ist bis auf die äusseren drei Lagen, welche zusammen die 
Ringfaserschicht heissen könnten, zusammengedrückt worden; alle Mem- 
branen bräunen sich, besonders aber die Aussenwand der Epidermiszellen, 
welche sich ausserdem noch sehr verdickt — und damit ist die Testa am 
Ziel- und Endpunkte ihrer Entwickelung angelangt. 

Nova Acta XLIH. Nr. 1. 


“o 


66 Ewald Theodor Bachmann. 


Die reife Testa hat nach alledem nicht drei, sondern vier verschiedene 
Schichten: 1. Die quadratische Schicht ist ziemlich grosszellig, unterscheidet 
sich aber sonst in keinem anderen Punkte von der der bereits vorgeführten 
Species. 2. Sie ist von einer dünnen, bräunlichen Lamelle bedeckt, welche 
durch völlige Zusammenpressung der vier inneren Lagen des parenchymatischen 
Zwischengewebes zu dem geworden ist, was sie eben ist. Hierauf folgt in 
der Richtung nach aussen 3. die Ringfaserschicht, welche im Allgemeinen 
aus drei, stellenweise aber auch nur aus zwei Lagen tangential gestreckter, 
rundlicher, unregelmässig gestalteter Zellen besteht. Die Gestalt‘ der Zellen 
bringt es mit sich, dass zwischen ihnen kleinere und grössere Intercellular- 
räume vorkommen. Die gelbgefärbten Membranen sind zwar äusserst zart 
und dünn, aber mit Verdickungsleisten bedeckt, deren Höhe die Dicke der 
Membran, wie man sich an gelungenen Schnitten überzeugen kann, um das 
Mehrfache übersteigt. Die Verdickungsleisten laufen alle mit einander parallel 
und ringförmig um die ganze Zelle herum, verzweigen sich aber auch öfters 
und bilden Queranastomosen (Taf. 2. Fig. 23), jedoch ohne sich hierdurch dem 
netztörmigen Typus merklich zu nähern; diesen Verdickungsleisten ist es ohne 
Zweifel zuzuschreiben, dass das Gewebe den nach aussen gerichteten Druck- 
wirkungen des sich entwickelnden Endosperms mit Erfolg widerstehen kann, 
wenigstens bis zu einem gewissen Grade; denn obgleich seine Zellen im reifen 
Samen stets mehr oder weniger stark zusammengepresst sind, so sind sie es 
doch nie in dem Grade, dass sie auf Zusatz von Kalilauge nicht wieder ihre 
ursprüngliche Form annähmen. 4. Die Epidermis besteht, wie bereits ge- 
sagt, aus hohen, hügel- resp. rippenbildenden und niedrigen Zellen; erstere 
wiegen an Zahl weitaus vor, wie schon daraus hervorgeht, dass mehrere be- 
nachbarte Hügel, im Querschnitte gesehen, selten durch mehr als eine bis zwei, 
höchstens drei niedrige Zellen getrennt sind. Fast jede Zelle trägt einen so- 
liden Cuticularzapfen von derselben schlanken Form, wie die bei L. persica 
beschriebenen, aber dadurch ausgezeichnet, dass sie nach allen Seiten kleine 
stachelartige Fortsätze ausgeschickt haben, wodurch der Zapfen ein Aussehen 
gewinnt, welches entfernt an einen Morgenstern erinnert. Die Innenmembran 
ist dünn, ebenso die Seitenwände; doch sind letztere mit Netzfaserverdickungen 
geschmückt, welche ein sehr zierliches Bild liefern, da die Verdickungsleisten 
so angeordnet sind, dass sie grosse, kreisrunde, dünne Membranstellen, weiten 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 67 


Tüpfeln vergleichlich, umgrenzen, zwischen denselben aber auch noch kleinere, 
eckige Flächen unverdickt lassen und so ein Netzwerk erzeugen, das einem 
Rohrstuhlgeflecht nicht unähnlich ist. Der dicken, braunen Aussenmembran 
fehlt das durch zahlreiche Differenzirungspunkte verschiedener Dichtigkeit her- 
vorgerufene feinkörnige Aussehen. 

L. pilosa unterscheidet sich, wenn ich von der Entwickelungsgeschichte, 
welche ich wegen Mangels an Material nicht untersuchen konnte, absehe, da- 
durch von L. Oymbalaria, dass ihre Rippen oder Runzeln in der Regel 
nicht so hoch werden und die Cuticularzapfen zwar grösser sind, aber der 
kleinen, seitlichen Fortsätze entbehren. Dazu kommt, dass sich ihre Richtungen 
öfters kreuzen, zumal in der Tiefe der Thäler, wo die Zapfen der niedrigen 
Zellen radiär vom Samen abstehen, während die der nächst höheren Zellen 
senkrecht auf deren steilen Aussenwänden stehen. 


Section Elatinoides Chav. 


Aus der Section Elatinoides Chav. hat mir der Same nur einer 
einzigen Art zur Verfügung gestanden, der von L. spuria Mill. Derselbe 
ist zwar auch eiförmig, aber nicht dunkel, sondern hellbraun, und wenn nicht 
der grösste, so doch einer der grössten unter den von mir untersuchten 
Linaria-Samen. Die Oberfläche ist mit einem äusserst zierlichen Netzwerke 
mässig hoher Rippen geschmückt. 

Die Testa besteht aus denselben drei Schichten, aus denen auch die 
der Chaenorrhinen zusammengesetzt ist. 1. Die Zellen der quadratischen 
Schicht sind im Längs- und Querschnitt radial gestreckt, während sie bei den 
Chaenorrhinen und Cymbalarien stets tangential gestreckt waren; damit hängt 
es zusammen, dass einzelne, jedoch sehr wenige dieser Zellen noch durch eine 
Tangentialwand in zwei übereinander liegende Zellen getheilt worden sind. 
2. Die braune Lamelle zusammengepressten Zwischengewebes ist so dick, 
wie bei keiner der bisher beschriebenen Arten; durch Erwärmen in KHO 
quillt sie so stark auf, dass man fast jede einzelne Zelle der ersten sub- 
epidermoidalen Lage erkennen kann. Ob das seinen Grund darin hat, dass 
ungewöhnlich viel Schichten ausgebildet, oder aber, dass dieselben nicht so 
sehr zusammengepresst worden sind, wie es bei anderen Samen der Fall ist, 
das vermag ich, weil mir das für die Entwickelungsgeschichte nöthige Unter- 


9* 


63 Ewald Theodor Bachmann. 


suchungsmaterial fehlte, nicht zu entscheiden. 3. Die Epidermis endlich ist, 
entsprechend der Oberflächenskulptur der Samen, in Uebereinstimmung mit 
allen zeither beschriebenen Linaria-Samen aus hohen und niedrigen Zellen 
zusammengesetzt. In den hohen übersteigt der radiale Durchmesser den 
tangentialen im Allgemeinen nicht um das fünf- bis sechsfache. Die Innen- 
und Seitenwände sind mässig verdiekt und von sehr kleinen, engen Tüpteln 
an einzelnen, zerstreuten Punkten durchbohrt; die Grösse und selbst die Zahl 
derselben ist so gering, dass sie leicht übersehen werden können. Die Aussen- 
membran ist sehr zart und dünn, so sehr nämlich, dass sie beim Eintrocknen 
des Samens ihre normale Lage nicht behaupten kann, sondern sich in einem 
tiefen Bogen nach innen, in den Raum ihrer Zelle hineinsenkt; aus der Tiefe 
dieses Bogens kann man schliessen, dass sie an einem noch ganz frischen, 
unverschrumpften Samen gerade nach der entgegengesetzten Seite, also nach 
aussen, in einem kuppelförmigen Bogen hervorgewölbt ist. Die spärliche 
Tüpfelung auf den Innen- und Seitenwänden einerseits, die Dünne 
der Aussenmembran andererseits, das sind die beiden Punkte, durch 
welche sich L. spuria von allen anderen ZLinaria-Arten unterscheidet, nicht 
nur von den bereits betrachteten, sondern auch, wie ich vorausschickend be- 
merken will, von denen der vierten Section. Sämmtliche Membranen sind 
gelbbraun gefärbt. 


Section Linariastrum Chav. 


Die Samen der artenreichen Section Zinariastrum lassen sich natur- 
gemäss in zwei Gruppen theilen, deren eine die ungeflügelten, die zweite die 
gefligelten umfasst. Von jenen habe ich Z. versicolor Moench, L. Salz- 
manni Boiss., L. minutiflora Meyer, L. genistaefolia Mill, L. tri- 
phylla Mill. und L. striata DC., von diesen L. vulgaris Mill, L. are- 
naria DC. L. lusitanica Hoffmsg. et Link., L. caesia DC. und 
L.saxatilis Hoffmsg. et Link untersucht. Erstere, schon äusserlich höchst 
wechselvoll ausgebildet und nicht minder mit mikroskopischen Structurverschie- 
denheiten ausgestattet, treten hinsichtlich der Beschaffenheit des Endosperms 
wieder nach zwei Seiten auseinander: L. versicolor, L. Salzmanni, L. tri- 
phylla und L. minutiflora besitzen ein Endosperm mit, allgemein gesagt, 
unebener Oberfläche, wie es uns zuerst bei den Verbasceen, noch nicht 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 69 


aber bei den Antirrhineen entgegengetreten ist. L. genistaefolia und 
striata hingegen schliessen sich in dieser Hinsicht an die bisher besprochenen 
Antirrhineen an. 

Linaria versicolor. 

Der Same von L.versicolor ist rundlich, aber nicht genau kreisrund, 
lang gestreckt und der Länge nach halbmondförmig gekrümmt. Auf ihm ver- 
laufen eine Anzahl (5—7) mässig hoher Querrippen, allein nicht um den 
ganzen Samen, ringförmig herum; denn auf der flach concaven Raphenseite 
lassen sie die Mittellinie frei. Daraus erklärt es sich, dass die gegenüber- 
liegende, stark convexe Seite in Längsschnitten wellenförmig gebogen ist, wo- 
gegen die Raphenseite zwar etwas gekrümmt (ihrer Concavität entsprechend), 
aber ohne alle Aus- und Einbuchtungen verläuft (Taf. 2. Fig. 24). Doch 
mache ich ausdrücklich darauf aufmerksam, dass Längsschnitte, welche nicht 
genau median durch den Samen geführt worden sind, auch auf der Raphen- 
seite eine wellenförmige Contour zeigen; denn die Querrippen fehlen dieser 
Seite nicht gänzlich, sondern laufen von rechts und links bis in unmittelbare 
Nähe der in der Medianlinie dahinziehenden Raphenregion, welche nur einen 
verhältnissmässig schmalen Längsstreifen von der ganzen Raphenseite ein- 
nimmt. Unter 20- bis 30facher Vergrösserung erscheint die Oberfläche rauh, 
wie fein gekörnelt. Die Farbe des Samens ist schwarz. Der Embryo ist in 
Anpassung an die Form des ganzen Samens nach derselben Seite und in 
gleichem Maasse gekrümmt (Taf. 2. Fig. 24). Das Endosperm zeichnet sich 
durch weiter nichts als durch seine Querrippen aus. 

Vor der Befruchtung ist die anatrope Samenknospe noch stielrund; ihr 
Integument besteht aus 7 Zellenlagen, unter denen die innerste und äusserste 
durch die rectanguläre Form ihrer Zellen besonders in die Augen fallen, da 
die der Zwischenschichten polyedrisch sind. 

Kurz nach der Befruchtung findet sich im Zwischengewebe eine Schicht 
mehr als vorher; die Zellen desselben haben sich sehr erweitert und sind 
nicht mehr so reichlich mit Plasma erfüllt, wie im vorigen Stadium, und wie 
die kleineren der innersten Lage; die Epidermiszellen sind allseitig gewachsen, 
ohne sonstige Veränderungen erfahren zu haben. 

In einem dritten, schon ziemlich weit vorgeschrittenen, durch Taf. 2. 
Fig. 25 u. 26 dargestellten Stadium hat sich der vorher dünn spindelförmige 


o Ewald Theodor Bachmann. 


Embryosack zur Eiform erweitert und nach vorn sowohl, wie auch nach dem 
Ende der Raphe zwei kleine, spitze Fortsätze getrieben, welche des Endosperms 
entbehren, während der mittlere, dicke Theil gänzlich damit erfüllt ist. Die 
Zellen der innersten Schicht des Integuments haben sich nach keiner Richtung 
merklich vergrössert, woraus folgt, dass sie eine lebhafte Theilung durch 
Radiärwände erlitten haben und noch erleiden. Die auffälligste Veränderung 
ist mit dem Zwischengewebe vorgegangen. Dasselbe hat nämlich eine Anzahl 
(in Fig. 25 sind es 7) von Querrippen gebildet, indem sich in ihm ebensoviel 
quer um den Samen herumlaufende, kreisförmige Linien (in Fig. 25 durch 
die punktirten Curven bezeichnet) des stärksten Wachsthums constituirt haben. 
Zwischen diesen liegen selbstverständlich kreisförmige Linien geringster 
Wachsthumsenergie. Aber auch unter den Curven stärksten Wachsthums ist 
die Energie desselben nicht gleich gross, sondern am grössten in der mittleren 
Curve, am schwächsten in der ersten und letzten. Die mittlere Rippe wird 
in Folge dessen die höchste, die erste und letzte bleiben am niedrigsten, gross 
ist freilich der Unterschied nicht. Dieses maximale Wachsthum, durch welches 
die Querrippen erzeugt werden, wird fast ausschliesslich durch Zellvergrösserung, 
weniger durch Zelltheilung vermittelt. Es erweitern sich nämlich die Zellen, 
welche in den Curven stärksten Wachsthums liegen, viel stärker als die in 
den Curven geringsten Wachsthums befindlichen, ‘doch nehmen an der Er- 
weiterung immer nur die äusseren Lagen Antheil, niemals die inneren. Endlich 
ist das Wachsthum innerhalb jeder einzelnen Zelle zwar ein allseitiges, im 
Allgemeinen jedoch das radiale am stärksten. Dass die Zelltheilung bei der 
Rippenbildung keine grosse Rolle spielt, davon kann man sich mit Leichtigkeit 
überzeugen, wenn man die Zellen zählt, einmal in gerader Linie vom Embryo- 
sack bis zum Höhepunkt einer Rippe, das anderemal ebenso bis zu einer 
Furche. Die innersten Lagen des Zwischengewebes sind, nachdem sie ihren 
Inhalt gänzlich eingebüsst haben, vom Endosperm zusammengedrückt worden 
(Taf. 2. Fig. 26). Die den äusseren Lagen angehörigen, zur Zeit noch nicht 
zusammengepressten Zellen enthalten in spärlicher Menge kleine Stärkekörnchen. 
Die Epidermiszellen haben sich alle tangential gestreckt; in der Flächenansicht 
sind sie polyedrisch und zwar fast immer fünf- oder sechsseitig. Die Innen- 
und Seitenwände haben sich bereits ziemlich stark verdickt und haben in 
reicher Menge Poren von mässiger Weite. Die Aussenmembranen sind dünn 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 1 


und in höherem oder geringerem Grade nach aussen gewölbt. Ihr Inhalt 
(Stärke), in nur spärlicher Menge vorhanden, ist durch Chlorophyll intensiv 
grün gefärbt und geht mit der Zeit ganz verloren, gleich dem der quadra- 
tischen Schicht. 

Letztere wird später von dem Endosperm zusammengedrückt; dasselbe 
geschieht, jedoch in viel höherem Grade, mit dem Zwischengewebe. In Folge 
dessen dringt das Eiweiss fast bis zur Epidermis vor, in alle Vorsprünge 
(Querrippen) derselben ein und nimmt so zum Schluss dieselbe Oberflächen- 
skulptur an, welche dem Samen ursprünglich von dem Zwischengewebe ge- 
geben worden war. Aus alledem geht hervor, dass der Entwickelungsgang 
der Querrippen von L. versicolor zu dem der Längsrippen von Alonsoa 
oder der Buckel von Scrophularia in strietem Gegensatze steht. Bei den 
Verbasceen geht die Hügelbildung vom Endosperm aus und nur die 
innerste Schicht des Integuments nimmt mit daran Theil, niemals 
aber das Zwischengewebe und die Epidermis. Bei Linaria versicolor 
geht die Rippenbildung von dem Zwischengewebe des Integuments 
aus und geschieht von Anfang an unter Betheiligung der Epider- 
mis. Das Eiweiss dringt erst später in die bereits vorgebildeten 
Rippen ein. Während es sich also bei den Verbasceen, wenn ich so 
sagen darf, zur Rippenbildung selbstthätig verhält, wird es bei 
L. versicolor gewissermassen gleich einer plastischen Masse in eine 
bereits fertige Form eingegossen. 

Die Testa des reifen Samens enthält, wie sich aus dem bisher Mit- 
getheilten von selbst ergiebt, dieselben drei Schichten, welche bei den Chae- 
norrhinen und Elatinoiden vorkommen. Ueber die beiden inneren ist 
nichts Besonderes zu sagen. Die Epidermiszellen sind im Allgemeinen von 
tafelförmiger Gestalt; denn bei geringer Höhe sind sie tangential gestreckt 
und zwar im Längs- und Querschnitt gesehen ungefähr gleich stark. In der 
Flächenansicht sind sie polyedrisch und meist regelmässig sechsseitig. Die 
über der Raphe gelegenen zeichnen sich dadurch aus, dass sie sich in Rich- 
tung des Raphenverlaufs bedeutend tangential gestreckt und die Form langer 
Rechtecke angenommen haben. Sämmtliche Membranen sind braun, die Innen- 
und Seitenwände dunkler als die Aussenwände, wodurch die schwarze Farbe 
des Samens hervorgerufen wird. Die Innen- und Seitenwände sind dick und 


12 Ewald Theodor Bachmann. 


getüpfelt; auf der Innenmembran stehen die Tüpfel sehr dicht, auf den Seiten- 
wänden findet sich in der Regel nur eine Reihe von vier oder fünf Poren 
(Taf. 2. Fig. 26). Die Aussenmembran ist dünner als jene und immer nach 
aussen vorgewölbt, freilich in sehr verschiedenem Grade. Eigenthümlich ist, 
dass der Gipfelpunkt dieser Vorwölbung bei Zellen, welche den Abhang eines 
Hügels bedecken, excentrisch liegt und zwar so, dass er dem Gipfel der Rippe 
genähert ist, demselben gewissermassen zuzustreben scheint (Taf. 2. Fig. 26). 
Der Same von Linaria Salzmanni Boiss. (violacea Öosr.) gleicht 
dem von L. versicolor in jeder Hinsicht, nur ist er kleiner, dagegen die 
Seitenwände seiner Epidermiszellen viel dicker als die von L. versicolor. 


Linaria minutiflora und L. triphylla. 

Der Same von L. minutiflora ist mit einem System von netzförmig 
mit einander vereinigten, breiten und stumpfen Endospermrippen bedeckt und 
unterscheidet sich hierdurch wesentlich von den beiden vorigen Species. Die 
Entwickelungsgeschichte der Rippen ist meines Dafürhaltens (untersuchen 
konnte ich sie nicht) genau dieselbe wie die der Querrippen von L. versi- 
color, würde also von dem Zwischengewebe seinen Ausgang nehmen und mit 
Zusammenpressen desselben ınd Eindringen des Endosperms in die Rippen 
endigen. Natürlich würden die Linien, durch welche man sich alle Punkte 
des stärksten Wachsthums des Zwischengewebes verbunden denken kann, ein 
über den ganzen Samen ausgebreitetes weitmaschiges Netz bilden. Auch der 
mikroskopische Bau der reifen Testa unterscheidet sich nur in wenigen Punkten 
von dem der L. versicolor. 

Die Tüpfel sind in den Innen- und Seitenwänden der Epidermiszellen 
viel reichlicher vorhanden, so dass beide Membranen mit einem förmlichen 
Netz von Verdickungsleisten bedeckt sind. Das hängt aber damit zusammen, 
dass die Epidermiszellen im Allgemeinen grösser und vor Allem höher, bis- 
weilen sogar radiär gestreckt sind. Die Aussenmembran giebt den Seiten- 
wänden an Dicke kaum etwas nach, ist dunkelbraun, nach aussen gewölbt 
und wie bei den Chaenorrhinen mit ausserordentlich zahlreichen und feinen 
Differenzirungspunkten verschiedener Dichtigkeit ausgestattet. 

Linaria triphylla hat Samen, welche einmal durch ihre Grösse, 
besonders aber durch hohe, scharfe Kanten von zwar geradem, aber in Bezug 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 13 


auf die Richtung unbestimmtem Verlauf ausgezeichnet sind. Die Flächen tragen 
gleichfalls ein Maschenwerk von Rippen, welche jedoch so scharf sind, dass 
eine Verwechselung mit ZL. minutiflora schon hierdurch ganz unmöglich 
gemacht wird. Auch die Kanten des Samens sind nichts anderes als Endo- 
spermerhebungen, den flächenständigen gegenüber durch besondere Höhe und 
dadurch ausgezeichnet, dass sie in gerader Linie über eine grössere Strecke 
des Samens hinlaufen. 

Weil mir für die Verfolgung der Entwickelung das nöthige Unter- 
suchungsmaterial gefehlt hat, muss ich mich auch hier auf die Beschreibung 
der reifen Samenschale beschränken. Zunächst ist von dem Zwischengewebe 
hervorzuheben, dass es in einer ungewöhnlich dieken Schicht erhalten geblieben 
ist. In den Thälern zwar stellt es auch nichts weiter, als eine dunkelbraune, 
parallel gestrichelte Schicht von nur mässiger Dicke dar, nimmt aber von hier 
nach der Höhe der Hügel hinauf immer mehr an Stärke zu, um zuletzt einen 
radialen Durchmesser zu erreichen, welcher fast die Hälfte von dem der 
ganzen Testa beträgt. Dieser Gegensatz beruht in der Hauptsache darauf, 
dass an jenen Punkten sämmtliehe Zellen total zusammengepresst sind, an 
diesen dagegen die Zellen der ersten subepidermoidalen Lage und stellenweise 
auch eine oder sogar mehrere der tieferen Zellenlagen ihre ursprüngliche Weite 
ganz oder gewöhnlich nur zum Theil behalten haben; innerhalb dieser Zellen 
liegt aber immer noch eine Lamelle zusammengedrückten Gewebes. 

Die Höhe der Epidermiszellen ist je nach dem Orte, welchen die be- 
treffende Zelle am Samen einnimmt, sehr verschieden; denn auch hier stellt 
sich ein Gegensatz von Thal- und Hügelzellen heraus. In jenen ist der 
tangentiale Durchmesser der grössere: die Zellen sind flach und niedrig; diese 
sind radial gestreckt, wenn auch nur gering; selten beträgt die Höhe das 
Doppelte der Weite. In der Flächenansicht sind sämmtliche Epidermiszellen 
polyedrisch, in der Regel ungleichseitig sechseckig. Die Innen- und Seiten- 
wände, besonders aber letztere, sind sehr dick und wie bei L. minutiflora 
so reichlich mit mässig weiten Tüpfeln versehen, dass man die Verdickungs- 
weise fast netzförmig nennen könnte. Endlich gleichen sich beide Arten 
auch in der Beschaffenheit der Aussenwand. 


Nova Acta XLII. Nr. 1. 10 


74 Ewald Theodor Bachmann. 


Wie oben bereits angeführt worden ist, stellen sich Linaria genistae- 
folia und striata zu den eben besprochenen vier Arten dadurch in scharfen 
Gegensatz, dass die Endospermoberfläche derselben glatt ist; denn wenngleich 
der Querschnitt des Eiweisses nicht kreisrund, sondern flachkantig ist, einen 
Wechsel von Hügel und Thal zeigt er in seinem Umrisse niemals. Der 
Same selbst dagegen hat verhältnissmässig sehr scharfe und hohe Kanten, 
eine unregelmässige Gestalt und schwarze Färbung. Auf den Flächen erheben 
sich einzelne oder zu Leisten verlängerte, stellenweise auch zu netzartigen 
Figuren verbundene Hügel von ungleicher Höhe. 


Linaria genistaefolia. 


Zur Zeit der Blüthe ist die anatrope Samenknospe von Z. genistae- 
folia noch durchaus nicht kantig, sondern stielrund. Ihr Integument hat etwa 
6— 7 Schichten, auf der Raphenseite jedoch, was ich ausdrücklich hervorhebe, 
einige Lagen mehr, also etwa 9. Sämmtliche Zellen sind klein und reichlich 
mit Plasma erfüllt, die Zellen der Epidermis tangential gestreckt und unter- 
einander von ungefähr gleicher Grösse. Auch die innerste Schicht hat sich 
bereits in der für die Antirrhineen charakteristischen Weise differenzirt. 

Einige Tage nach der Befruchtung ist die Samenknospe nicht nur be- 
deutend grösser, sondern auch schon kantig geworden. Der mit Eiweisszellen 
erfüllte Embryosack ist dick spindelföürmig. Die dünnwandigen, rechteckigen 
Zellen der innersten Schicht führen noch immer Plasma in reichlicher Menge, 
wogegen die aller übrigen Zellenlagen Stärkekörnchen, die Epidermiszellen 
ausserdem auch noch Chlorophyll enthalten; letztere haben sich nur vergrössert, 
ihre Form jedoch nicht geändert. Die kantige Form dankt die Samenknospe 
dem Zwischengewebe. Um über die hierbei wirkenden Wachsthumsverhältnisse 
klar zu werden, ist es nöthig, Querschnitte zu machen, da die Kanten (keines- 
wegs Rippen), deren gewöhnlich drei sind, parallel mit der Längsaxe des Sa- 
mens verlaufen. In einer der drei Kanten zieht die Raphe hin. Demzufolge 
hat der Querschnitt die Gestalt eines Dreieckes, in dessen einer Ecke das 
kleinzellige Raphengewebe liest. An einem solchen Querschnitte kann man 
sich mit Leichtigkeit überzeugen, dass die Zahl der Schichten des Zwischen- 
gewebes an verschiedenen Orten verschieden gross ist, kurz gesagt, dass um 
so mehr Schichten zwischen der innersten Lage und der Epidermis liegen, je 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 15 


grösser an einer bestimmten. Stelle die Entfernung zwischen diesen beiden 
Zellenlagen ist. Eine gerade Linie, die vom Embryosack radial nach einer 
Ecke des Dreiecks führt, trifft eine maximale Anzahl von Zellen, eine gerade 
Linie dagegen, die vom Embryosacke radial nach der Mitte einer der drei 
Seiten führt, berührt eine minimale Anzahl. Man könnte erstere Entfernung 
die Kantendistanz, die letztere die mittlere Seitendistanz nennen. An 
einer Samenknospe zählte ich beispielsweise in einer mittleren Seitendistanz 
7 Zwischenschichten, in der zweiten 8, in der dritten wieder 7. Daraus 
folgt, dass das Zwischengewebe in der genannten Richtung gegen vorhin um 
ungefähr zwei Schichten zugenommen hat, da im vorigen Stadium das ganze 
Integument nur sieben Schichten stark war. An demselben Schnitte zählte ich 
in der Kantendistanz, innerhalb welcher das kleinzellige Raphengewebe lag, 
16 Zellen, in der zweiten nur 10, in der dritten sogar nur 9 Zellen. Der 
beträchtliche Ueberschuss in der ersten Kantendistanz erklärt sich aus der 
Kleinheit der Raphenzellen; wäre der Raum, den dieses kleinzellige Gewebe 
einnimmt, mit Zellen erfüllt, welche den übrigen Zwischengewebszellen an 
Grösse nichts nachgäben, so würden sich für die genannte Richtung auch nur 
11 Zellen ergeben. Daraus folgt, dass das Zwischengewebe in Richtung der 
Kantendistanz, überhaupt also im Maximum um 4—6 Schichten zugenommen 
hat, während es sich in Richtung der Seitendistanz, also überhaupt im Mini- 
mum um zwei Schichten vermehrt hat. Das Alles beruht aber wieder darauf, 
dass sich im Zwischengewebe drei Linien, allgemeiner ausgedrückt, so viel 
Linien stärksten Wachsthums constituirt haben, als sich Kanten gebildet haben. 
Dieses Wachsthum wird einerseits durch lebhafte Tangentialtheilungen, anderer- 
seits durch Zellvergrösserung vermittelt, anfangs vorwiegend durch erstere, 
später ausschliesslich durch letztere. Sitz der Zelltheilung sind die inneren 
Schichten des Zwischengewebes; das geht nicht bloss daraus hervor, dass die 
Zellen hier viel kleiner, tangential gestreckt und meist rechteckig sind, sondern 
auch daraus, dass sie häufig in radialen Reihen, wie sie durch tangentiale, 
regelmässig verlaufende Theilungen entstehen müssen, angeordnet sind und 
man sogar zuweilen an der geringen Dicke einer Tangentialwand ersehen 
kann, dass sie eine jüngst entstandene Theilungswand ist. Während hier die 
Theilungen noch fortdauern, haben sich die Zellen der mittleren Schichten 
schon beträchtlich erweitert, am stärksten die, welche in Richtung der Kanten- 


10* 


16 Ewald Theodor Bachmann. 


distanzen liegen. Erst allmählich werden auch die der äusseren Schichten 
allseitig vergrössert, zuletzt und in geringerem Grade die der inneren, nach- 
dem sie ihre Tangentialtheilungen eingestellt haben. Endlich verdient noch 
der Umstand einer Hervorhebung, dass die Zellen des Raphengewebes, welche 
unmittelbar unterhalb der Epidermis liegen, sich stark vergrössern und vielleicht 
auch theilen. Dem sei, wie ihm wolle, das ist jedenfalls eine 'T’hatsache, dass 
der aus engen, langen Zellen bestehende Gewebestrang der Raphe schliesslich 
nicht mehr direet unter der Epidermis liegt, sondern von derselben durch drei 
bis vier Lagen weiter unregelmässig gestalteter Zellen getrennt ist. Alle Zellen 
des Zwischengewebes enthalten in diesem Stadium noch eine ziemliche Menge 
von Stärkekörnchen. 

In einem noch späteren Alterszustande der Samenknospe hatte das 
Endosperm sein Volumen schon so sehr vergrössert, dass die inneren Schichten 
des Zwischengewebes zusammengedrückt waren. Das machte sich vornehmlich 
an den Zellen bemerklich, welche in Richtung der mittleren Seitendistanzen 
liegen, an denen der Kantendistanz dagegen noch so wenig, dass die einzelnen 
Zellen immer noch unterschieden werden können. Die Zahl der Schichten hat 
sich nach keiner Richtung hin vermehrt, wohl aber haben sich die Zellen er- 
weitert, den grössten Theil ihres Inhaltes verloren und abgerundet. Die 
Epidermiszellen haben ihren Inhalt ganz verloren; ihre Wände netzförmig 
verdiekt und sich zum Theil radiär gestreckt, wodurch die flächenständigen 
Hügel und Gruppen entstanden sind. 

Zuletzt wird alles subepidermoidale Gewebe so stark zusammengepresst, 
dass man an dem Querschnitte durch einen reifen Samen die quadratische 
Schicht, obwohl dieselbe eine gewisse Resistenzfähigkeit besitzt, erst durch 
Erwärmen in KHO sichtbar machen kann. Das in den scharfen Kanten be- 
findliche Zwischengewebe ist nicht mit zusammengedrückt worden, weil das 
Endosperm gar nicht in dieselben eindringt. Es bleibt vielmehr ein im Quer- 
schnitt gesehen dreieckiger Raum zwischen der Epidermis und dem Eiweiss 
bestehen, der mit wenigen weiten Zellen des Zwischengewebes erfüllt ist; die- 
selben sind dünnwandig und können auch noch am reifen Samen gesehen 
werden (Taf.2. Fig. 27). Die hohen Epidermiszellen sind zu kleinen Gruppen 
vereinigt und erzeugen dadurch die kleinen, auf den Samenflächen isolirt 
stehenden Hügel; übrigens übertrifft ihre Höhe die der niedrigen Epidermis- 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 7 


zellen seiten um das Doppelte. Da die Epidermiszellen, welche die Kanten 
überkleiden, zu den niedrigen gehören, trägt die Epidermis nur wenig zur 
Erhöhung der Kanten bei, so dass diese eigentlich nur als Bildungen des 
Zwischengewebes angesehen werden können. Die Innen- und Seitenmembranen 
sind mit Tüpfeln, fast könnte man sagen netzförmigen Verdickungen versehen; 
die Seitenwände sind noch viel dicker als die Innenwände, beide gelb bis 
gelbbraun. Die Aussenwand ist ziemlich hoch nach aussen gewölbt, nicht 
dicker als die Innenwand, auch von gleicher Farbe und mit helleren und 
dunkleren Punkten verschiedener Dichtigkeit ausgestattet. 

Der Same von Linaria striata ist dem eben beschriebenen sowohl 
äusserlich, wie auch im mikroskopischen Bau der Testa und in der Beschaffen- 
heit des Endosperms fast bis zur Uebereinstimmung ähnlich. Beide bilden 
durch ihre Kanten den Uebergang zu den geflügelten Samen, bereiten ge- 
wissermassen die Erkenntniss der Flügelentwickelung vor. 


Alle geflügelten Samen, so sehr sie auch je nach der Species in Ein- 
zelheiten variiren, besitzen eine Anzahl gemeinsamer Merkmale: das ist vor 
Allem die plattgedrückte, scheibenförmige (discoide Chav.) Gestalt und ihre 
Zusammensetzung aus zwei Theilen, dem centralen, dicken Samenkörper, 
welcher das Eiweiss enthält, und dem peripherischen häutigen Flügel. Der 
„Körper“ selbst ist auch plattgedrückt und im Umrisse entweder kreisrund 
oder elliptisch oder endlich nierenförmig mit sehr flacher Einbuchtung. Am 
dieksten in seinem Centrum, ist er an seiner Peripherie am dünnsten und 
lässt sich sonach am besten mit einer biconvexen Linse vergleichen. Die 
Flächen des Samens sind glatt (L. lusitanica, L. arenaria, L. caesia) 
oder höckerig, runzelig (L. vulgaris, saxatilis). Der Flügel ist schmal, 
fast nur andeutungsweise vorhanden (L.arenaria) oder breit und in letzterem 
Falle mit einem nach dem Hilus hinführenden Einschnitte versehen (L. vul- 
garis, L. saxatilis, L. lusitanica, L. caesia), ganzrandig oder nur seicht 
ausgebuchtet oder aber tief gefranst (L. Pelisseriana). Jeder Flügel, sofern 
er die gehörige Breite hat, ist gekrümmt, concav-convex, manchmal nur schwach, 
anderemal (L. vulgaris u. A.) so stark, dass sein Krümmungsradius dem einer 
Fläche des biconvexen Samenkörpers gleichkommt, wie Taf. 2. Fig. 29, der 
Querschnitt eines reifen Samens von L. vulgaris, zeigt. 


18 Ewald Theodor Bachmann. 


Linaria vulgaris. 


Vor erfolgter Befruchtung ist die anatrope Samenknospe (Taf. 2. Fig. 30) 
stielrund; ihr Embryosack hat den Knospenkern völlig verdrängt, ist kurz, 
eylindrisch und gerade oder nur ganz schwach gebogen. Das Integument ist 
sehr diek und verhältnissmässig vielschichtig. Die Zellen der innersten Schicht 
haben alle gleiche Höhe, sind meist radial gestreckt, rechteckig und dicht mit 
Inhalt erfüllt; derselbe ist in den Zellen, welche die hintere Hälfte des 
Embryosackes bedecken, plasmatischer Natur; alle übrigen enthalten Stärke. 
Die Zellen des im Allgemeinen fünfschichtigen Zwischengewebes (Taf. 2. Fig. 31) 
sind noch sehr klein, polyedrisch und die meisten derselben mit Plasma erfüllt; 
nur diejenigen, welche das vordere Ende des Embryosackes umgeben, enthalten 
Stärkekörnchen. Die Epidermiszellen sind rectangulär, isodiametrisch, dünn- 
wandig und gleichfalls gänzlich mit Plasma erfüllt. 

Einige Zeit nach der Befruchtung hat die Samenknospe völlig veränderte 
Gestalt angenommen: sie ist jetzt von den Seiten her plattgedrückt, d. h. so, 
dass die Raphe in eine der kielartig zugeschärften Seiten zu liegen gekommen 
ist (Taf. 2. Fig. 32); der Grund liegt wieder darin, dass das Wachsthum an 
gewissen Punkten ein intensiveres ist als an anderen. — Bezeichnet die Linie 
1,1 in Taf. 2. Fig. 30 die Längsaxe der Samenknospe, b, b die Breiten- oder 
Queraxe, so kann die im Durchschnittspunkt und auf der Papierfläche senk- 
recht stehende als Dickenaxe bezeichnet werden. Die Ellipse, welche 
die vier Endpunkte der Längs- und Queraxe schneidet und die 
Oberfläche der Samenknospe überall berührt, tritt nun als Zone 
des stärksten Wachsthums auf, die Endpunkte der Dickenaxe sind 
die Punkte des geringsten Wachsthums. Zu diesen Resultaten wird 
man durch Vergleichung der jüngeren Samenknospe (Fig. 30) mit der älteren 
(Fig. 32) geführt. Die Längsaxe der älteren Samenknospe beträgt ungefähr 
das Sechsfache von der der jüngeren, ebenso ist die Breitenaxe jener etwa 
sechsmal grösser als die des jugendlichen Stadiums. Zu demselben Resultate 
würde man kommen, wenn man die Entfernung zwischen zwei anderen Punkten 
(ce) der Ellipse in Fig. 30 vergleichen wollte mit der Entfernung zwischen 
zwei entsprechend gelagerten Punkten der gleichen Ellipse in Fig. 32. Daraus 
folgt als Endresultat, dass sich die Samenknospe in allen Punkten der be- 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 19 


treffenden Ellipse in der Zeit, welche zwischen dem Stadium Fig. 30 und dem 
Stadium Fig. 32 verflossen ist, um das Sechsfache der ursprünglichen Grösse 
ausgedehnt hat. In dem Stadium Fig. 30 ist der Diekendurchmesser, da die 
Samenknospe stielrund ist, gleich dem Breitendurchmesser bb. In dem Stadium 
Fig. 32 ist das durchaus nicht mehr der Fall; denn wie Fig. 33, der Quer- 
schnitt durch eine Samenknospe gleichen Alters zeigt, ist der Diekendurch- 
messer d,d kaum halb so lang, wie der Breitendurchmesser b, b und nur zwei- 
bis dreimal grösser als der Diekendurchmesser der Samenknospe im vorigen 
Stadium Fig. 30. (Ich brauche wohl nicht erst darauf aufmerksam zu machen, 
dass man bei der Vergleichung der Grössenverhältnisse der Figuren 30, 32 
und 33 die Vergrösserung, nach denen dieselben gezeichnet worden sind und 
welche für Fig. 32 und 33 ungefähr dreimal schwächer war, als für Fig. 30, 
mit in Rechnung ziehen muss.) Hieraus ergiebt sich, dass die Wachsthums- 
energie an den Endpunkten der Dickenaxe d,d nicht halb so gross ist, wie 
die an irgend einem beliebigen Punkte der Ellipse, welche die Zone des 
stärksten Wachsthums angiebt, mit anderen Worten, dass die Samenknospe 
mehr als doppelt so stark in die Länge und Breite gewachsen ist, 
als in die Dieke: daher eben ihre abgeplattete Gestalt. Nach diesen all- 
gemein gehaltenen Darstellungen über die Intensität und Richtung des Wachs- 
thums liegt es mir noch ob, zu erörtern, welche Schichten daran Theil nehmen, 
wie gross der Antheil der einen oder anderen Schicht und zuletzt der einzelnen 
Zelle ist und welche Veränderungen mit der einzelnen Zelle vor sich gehen 
müssen, um dieses Wachsthum zu ermöglichen. Als Ausgangspunkt dient mir 
bei diesen Erörterungen Fig. 37 auf Taf. 2, gezeichnet nach dem Querschnitte 
durch eine Samenknospe von dem gleichen Alter, wie Fig. 32 und 33. Da 
fällt zunächst in die Augen, dass sich alle Zellen des Zwischengewebes be- 
trächtlich erweitert haben, am allerstärksten aber die der mittleren Lagen. 
Das erste Moment, auf welchem das Wachsthum der Samenknospe beruht, 
ist eine allseitige Vergrösserung sämmtlicher Zellen. Vergleicht 
man nun die Weite der Zellen, welche vom Dickendurchmesser d, d geschnitten 
werden, mit der Weite derjenigen, welche im Breiten- oder Querdurchmesser 
b,b liegen, so findet man keinen wesentlichen Unterschied; folglich kann die 
Umbildung der stielrunden Samenknospe in eine von abgeplatteter Form ihren 
Grund nicht in der Erweiterung der Zellen haben. Zählt man aber die Zellen 


s0 Ewald Theodor Bachmann. 


des Zwischengewebes in Richtung des Dickendurchmessers, so findet man jetzt 
deren nicht mehr als in dem vor der Befruchtung liegenden Stadium der Fig. 
30 und 31, nämlich 5—6. In Richtung des Breitendurchmessers hingegen 
liegen zwischen der quadratischen Schicht und der Raphe 13, zwischen der 
Raphe und der Epidermis aber mindestens 7 Zellen, im Ganzen also, wenn 
man von der Raphe absieht, etwa 20. Folglich hat sich die Zahl der Zellen 
in dieser Richtung mehr als verdreifacht. Nimmt man hierzu noch die Er- 
weiterung, welche in diesen vielen Zellen stattgefunden hat, so erklärt es sich, 
dass das Integument in Richtung des Querdurchmessers um das Sechsfache, 
wie oben angegeben wurde, gewachsen ist. Vermehrt haben sich die Zellen 
dadurch, dass in ihnen wiederholt tangentiale Scheidewände aufgetreten sind, 
zuerst nur in den Zellen zwischen der quadratischen Schicht und der Raphe, 
dann aber auch in denen zwischen der Raphe und der Epidermis oder der 
ersten subepidermoidalen Zellschicht des Raphengewebes selbst. Indem sich 
dieselben gleichfalls wiederholt durch tangentiale Scheidewände theilen und 
sich erweitern, entsteht zwischen der Raphe und der Epidermis ein parenchy- 
matisches Gewebe von nicht unbedeutender Mächtigkeit und das Raphenbündel, 
welches zuweilen einige Spiralgefässe führt, scheint nun mitten in das Zwischen- 
gewebe hinein, nach dem Embryosack hingerückt zu sein, während es sich 
factisch in viel grösserer Entfernung von demselben befindet, als vorher. — 
Auf der der Raphenseite gegenüberliegenden Seite, welche in Fig. 37 nicht, 
wohl aber in Fig. 33 mitgezeichnet ist, haben dieselben Vorgänge stattgefunden 
und eine gleich mächtige Wucherung des Zwischengewebes erzeugt. Alle 
Zellen sind polyedrisch, haben noch geradlinige Contouren und enthalten Stärke- 
körnchen, am reichlichsten die, welche in der Nähe der Epidermis und in der 
Umgebung der Raphe liegen. Die Zellen der innersten Schicht sind grösser 
geworden, noch immer radial gestreckt und mit Plasma erfüllt. — Auch die 
Epidermiszellen haben sich beträchtlich erweitert, ihre Form aber beibehalten; 
in der Flächenansicht sind sie geradlinig polyedrisch. Um der starken 
Volumzunahme des Zwischengewebes und dem dadurch bedingten Flächen- 
wachsthum der ganzen Samenknospe folgen zu können, haben sie sich durch 
Radialwände getheilt, am lebhaftesten natürlich diejenigen von ihnen, welche 
in der Zone des stärksten Wachsthums liegen. 

In dem durch die Figuren 38 und 39 dargestellten Stadium hat die 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. sI 


Samenknospe ihre definitive Form und Grösse beinahe erreicht. Im Vergleich 
mit dem Stadium Fig. 32 und 33 hat sie sich einerseits noch viel mehr ab- 
geplattet und andererseits einen fast kreisrunden Umriss angenommen. Die 
stärkere Abplattung ist selbstverständlich nicht die Folge einer Verringerung 
des Dickendurchmessers, sondern dadurch bedingt, dass die Samenknospe in 
Richtung des Quer- und Längendurchmessers so stark gewachsen, das Miss- 
verhältniss also, welches schon vorher zwischen den zuletzt erwähnten beiden 
Diametern einerseits und dem Dickendurchmesser, andererseits bestand, jetzt 
noch viel grösser und auffälliger geworden ist. Die Formveränderung hat 
eine andere Ursache. Auf der elliptischen Zone des stärksten Wachsthums 
besassen noch in dem Stadium Fig. 32 alle Punkte gleich starke Wachsthums- 
energie; nun aber haben sich auf derselben zwei Punkte höchster Wachsthums- 
energie und zwei geringster constituirt; erstere sind die Pole oder Endpunkte 
der Breitenaxe, letztere die der Längsaxe; alle anderen Punkte der Ellipse 
besitzen eine Wachsthumsintensität mittleren Grades, der geringsten um so 
näher, je näher der betreffende Punkt einem Pole der Längsaxe liegt und 
umgekehrt. Damit sind alle Bedingungen erfüllt, unter welchen eine elliptische 
Curve zur Kreislinie werden kann und das ist erreicht, sobald der vorher 
kleinere Breitendurchmesser den Längsdurchmesser eingeholt hat, wie in dem 
Stadium Fig. 38. Nur an der Stelle, wo der Knospenträger mit der Raphe 
in Verbindung steht, besitzt der Rand eine tiefe Einbuchtung. Die Raphe, 
während sie im Stadium Fig. 32 der Epidermis näher lag als dem Embryo- 
sacke, befindet sich jetzt umgekehrt in grösserer Nähe des letzteren, zum 
Beweise, dass es vorherrschend der Theil des Zwischengewebes gewesen ist, 
welcher zwischen der Raphe und der Epidermis liegt, durch den das starke 
Wachsthum der Samenknospe vermittelt worden ist; dasselbe besteht, wie im 
vorigen Stadium, einestheils in Zellvermehrung, anderentheils in der Erweiterung 
derjenigen Zellen, welche vorher noch klein waren; während sich aber die 
Zellen, welche im Inneren der Samenknospe, zwischen dem Embryosack und 
der Raphe befindlich sind, allseitig in ungefähr gleich hohem Grade gestreckt 
haben, haben sich die peripherischen, d. h. die ausserhalb der Raphe liegenden, 
vorwiegend in Richtung des Breitendurchmessers resp. Längendurchmessers 
überhaupt und mit Bezug auf den Embryosack radial gestreckt. Dem ent- 
sprechend haben sich diese Zellen durch Wände getheilt, welche zum Embryo- 
Nova Acta XLII. Nr. 1. 11 


82 Ewald Theodor Bachmann. 


sack tangential liegen (m in Fig. 37). Dagegen sind alle Theilungen, durch 
welche eine Vermehrung der Schichten in Richtung des Dickendurchmessers, 
kurz eine Dickenzunahme des Randes der Samenknospe herbeigeführt worden 
wäre, streng vermieden worden; denn der grösste Theil des Randes, d.h. des 
Theiles des Zwischengewebes, welcher ausserhalb der Raphe liegt, ist in dem 
Stadium Fig. 35 nur drei bis vier Schichten, weiter ausserhalb nur zwei und 
ganz an der Peripherie des Randes sogar nur eine Zellenlage diek. Folglich 
nimmt die Dicke des Randes vom Centrum nach der Peripherie allmählich ab 
und erreicht an letzterer ein Minimum. Der Flügel ist entstanden und setzt 
sich, wie ein Querschnitt (Taf. 2. Fig. 39) zeigt, scharf von dem dicken, 
mittleren Theile der Samenknospe ab. Der Inhalt ist in allen, zumal den 
mittleren und inneren Zellen des Zwischengewebes, sehr spärlich geworden, 
die inneren Lagen desselben sind unter dem Drucke des Embryosackes bereits 
stark zusammengedrückt; die der nächst äusseren haben sich abgerundet und 
nur die peripherischen besitzen noch ihre polyedrische Form und ihre gerad- 
linige Contour. — Unter den Epidermiszellen hat sich auch ein Unterschied 
von flügel- und körperständigen geltend gemacht. Letztere, d. h. diejenigen, 
welche auf dem mittleren, dicken Theile der Samenknospe liegen, sind klein, 
meist fünf- oder sechsseitig, und im grossen Ganzen isodiametrisch. Die flügel- 
ständigen dagegen haben sich in Richtung des Flügelwachsthums, also, mit 
Beziehung auf das Centrum des scheibenfürmigen Samens, radial gestreckt und 
dabei rechteckige oder ungleichseitig-polyedrische Formen angenommen. Auf 
ihren Innen- und Seitenwänden sind bereits zarte Netzfasern aufgetreten und 
auch die Aussenmembran hat sich etwas verdickt, noch aber sind alle farblos. 

Die wichtigste Aenderung, die die Samenknospe, abgesehen von einer 
unbeträchtlichen Grössenzunahme, nun noch erleidet, ist die Einkrümmung des 
Flügels. Innerhalb der Kapsel liegen die Samen in einander, wie man eine 
Partie Uhrgläser ineinander legen kann, mit ihrer concaven Seite nach der 
Placenta, mit der convexen nach der Kapselwandung gewendet. Die Krümmung 
wird dadurch hervorgebracht, dass das der äusseren Fläche zugewendete Ge- 
webe, besonders aber die Epidermiszellen der äusseren Fläche der Samen- 
knospe, stärker wächst, als die innere Seite derselben. — Das Endosperm hat 
an allen diesen Formänderungen bisher auch nicht den geringsten Antheil ge- 
nommen, ebensowenig, wie die innerste Schicht des Integumentes; denn in dem 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 33 


Stadium Fig. 38, in welchem jene Gestaltungsveränderungen schon ihren Ab- 
schluss beinahe erreicht haben, hat der verhältnissmässig kleine Embryosack 
immer noch eine krumm spindelförmige Gestalt. Nun aber entwickelt sich 
das Eiweiss sehr mächtig, dringt, indem es das Zwischengewebe zusammen- 
presst, in Richtung des Dickendurchmessers bis zur Epidermis, in Richtung 
des Breitendurchmessers auf der einen Seite bis zur Raphe und auf der 
anderen eine entsprechende Strecke vorwärts; am stärksten wächst es in 
Richtung des Längsdurchmessers und nimmt so schliesslich die Gestalt eines 
dreiaxigen Ellipsoids, mit geringem Unterschied zwischen der Längen- und 
Breitenaxe, die Gestalt eines plattgedrückten Eies an. Daraus nun, dass das 
Endosperm durchaus nicht bis zum Rande der Samenknospe vordringt, son- 
dern, so zu sagen, auf halbem Wege stehen bleibt, folgt, dass ein grosser 
Theil des Zwischengewebes, und zwar der Flächenausdehnung nach der bei 
weitem grösste, vom Eiweiss nicht zusammengedrückt wird. Wenn man 
dessenungeachtet am Querschnitt des reifen Samens (Taf. 2. Fig. 35) nur 
einen kleinen Theil des peripherischen, flügelerzeugenden Zwischengewebes 
sehen kann, so hat das seinen Grund darin, dass es bei der Reife des Samens 
so stark vertrocknet und zusammengefallen ist, dass sich die beiden Epidermis- 
platten, die der convexen und die der concaven Seite, mit ihren Innenwänden 
völlig zu berühren scheinen und vielleicht auch wirklich berühren; denn durch 
kein Reagens gelang es mir zwischen beiden auch nur eine Spur des ehe- 
maligen Zwischengewebes nachzuweisen; übrigens ist es ja auch nicht un- 
denkbar, dass sie resorbirt worden sind. Dagegen sieht man seine Reste an 
der Basis des Flügels, also da, wo es von Anfang an aus einer viel grösseren 
Schichtenzahl zusammengesetzt gewesen ist, auch am reifen Samen noch ganz 
deutlich (Taf. 2. Fig. 35). An derselben Stelle kann man auch noch die 
quadratische Schicht sehen, besonders, nachdem man den Schnitt in KHO 
erwärmt hat, während das auf den Flächen des „Samenkörpers“ nicht möglich 
ist, wenigstens nicht in Längs- und Querschnitten, wogegen Flächenpräparate, 
in der Eingangs dieser Arbeit beschriebenen Weise gewonnen, sehr geeignet 
sind, sie allerorts nachzuweisen. Die Epidermiszellen, sowohl die flächenständigen 
wie auch die flügelständigen, sind sehr niedrig, untereinander aber alle von 
gleicher Höhe, die Seiten- und Innenwände sind regelmässig netzartig verdickt, 
jene stärker als diese und beide gelb bis gelbbraun gefärbt; auch die Aussen- 


wand ist sehr dick und dunkelbraun. Er 
1* 


54 Ewald Theodor Bachmann. 


Was die übrigen untersuchten Linariaspecies mit geflügelten Samen 
anbelangt, so stimmen sie in allen Punkten, den Bau der Epidermiszellen 
ausgenommen, mit denen von L. vulgaris überein. Die Entwickelungs- 
geschichte konnte ich nur an den Samenknospen von L. caesia verfolgen; die 
Untersuchung ergab eine völlige Uebereinstimmung mit der eben geschilderten 
und dasselbe gilt wahrscheinlich auch für die anderen Arten, selbst für 
L. arenaria mit seinem schmalen Flügel, welcher in Fig. 34 nach einem 
Querschnitte abgebildet ist; denn derselbe entspricht dem basalen, mit 
Zwischengewebe erfüllten Theile des Flügels von L. vulgaris, ist, wenn ich 
so sagen darf, gleich dem breiten Flügel der eben genannten Species, minus 
den peripherischen Theil desselben, d. h. minus den Theil, welcher am reifen 
Samen nur aus den beiden Epidermisplatten besteht, aber des Zwischen- 
gewebes entbehrt. Da der letztere, der peripherische "Theil, den basalen 
mindestens um das Doppelte an Breite übertrifft, muss selbstverständlich der 
Flügel von L. arenaria sehr schmal bleiben. Gleichzeitig mache ich darauf 
aufmerksam, dass derselbe seinem Bau und seiner Entwickelung nach grosse 
Aehnlichkeit mit den Kanten der Samen von L. genistaefolia hat, eine 
Aehnlichkeit, die auch noch auf Querschnitten durch reife Samen sofort in 
die Augen fällt; man vergleiche z.B. Fig. 34 mit Fig. 27. — Die Epidermis- 
zellen der Samenschale von Z.arenaria sind alle niedrig und gleichen denen 
von L. vulgaris in so hohem Grade, dass es mich zu Wiederholungen führen 
würde, wenn ich sie beschreiben wollte. In der Epidermis von L. saxatilis 
wechseln hohe und niedrige Zellen mit einander ab. Die ersteren sind in der 
Regel nur zwei- bis dreimal höher als letztere und in kleinen Gruppen von 
fünf, sechs oder nur wenig mehr Zellen gemeinschaftlick zu Hügeln erhoben, 
welche manchmal weit zerstreut, manchmal ziemlich dicht auf der Samen- 
oberfläche stehen. In der Beschaffenheit ihrer Wände gleichen sie den beiden 
vorigen Arten. Bei L. caesia sind die Aussenwände dünn und braun. Die 
Seitenwände sind ausserordentlich verdickt und zwar in halber Höhe am 
stärksten (Taf. 2. Fig. 35 und 36) und gewöhnlich in ihrem inneren Theile 
mit einer Reihe kleiner Tüpfel ausgestattet; zuweilen finden sich ausser dieser 
Reihe weiter nach aussen noch einige einzelne Poren. Von dem Samenkörper 
nach dem Rande des Flügels hin nimmt die Dicke der Seitenwände allmählich 
ab, ist also in den peripherischen Flügelzellen am geringsten, am stärksten 


Darstellung der Entwickelumgsgeschichte etc. der Scrophularineen. 35 


dagegen am Grunde des Flügels und auf den Flächen des Samenkörpers. 
Die Poren der gleichtalls sehr dieken Innenmembran sind weiter als die der 
Seitenwände und deshalb erscheint dieselbe in der Flächenansicht mit einem 
engmaschigen Netze dicker Leisten bedeckt! Auch sie, die Innenwand, folgt 
in Beziehung auf die Dicke ihrer Leisten derselben Regel, welche ich für die 
Seitenwände aufgestellt hatte und ausserdem der, dass ihr Verdickungsnetz 
um so weitmaschiger ist, je näher die betreffende Zelle dem Rande des 
Flügels liegt. Endlich ist auch die Form der Zellen einem ähnlichen Gegen- 
satze unterworfen. Die flächen- oder körperständigen haben krumme, ge- 
schlängelte Umrisse, die flügelständigen dagegen geradlinig-polyedrische und 
sind mit Bezug auf den kreisförmigen Umfang des Samens stark radial ge- 
streckt; der Uebergang zwischen den beiden Formen ist ein allmählicher. 


10. Die Gattung Lophospermum. 


Der Same ist es gewesen, der diesem Geschlechte den Namen gegeben 
hat, und in der That, Maurandia Barcleyana ausgenommen, wird man 
wohl kaum einen Samen finden, der dem von Lophospermum scandens Don. 
an Zierlichkeit gleichkäme. Durch seinen breiten Saum schliesst er sich den 
eben besprochenen geflügelten Zinaria-Samen an. Der Flügel ist im Gegen- 
satze zu dem hellbraunen Samenkörper hellgelb und radiär fein gestreift, 
entsprechend den gleichfalls radiär sehr stark gestreckten Zellen, aus denen 
er zusammengesetzt ist. In der Mikropylegegend ist er unterbrochen, aber 
auch an anderen Stellen tief, oft bis zum Grunde ausgeschnitten, wie zerrissen. 
Vor Allem aber ist er im Vergleich mit den Flügeln von Linaria-Samen 
durch eine in hohem Grade membranöse Beschaffenheit ausgezeichnet. Der 
nicht sehr flach oder platt erscheinende Samenkörper ist auf beiden Flächen 
mit grossen, spitzen, schiefstehenden, fast schuppenartig übereinanderliegenden 
Höckern besetzt. 

Die Entwickelungsgeschichte konnte ich, da das im botanischen Garten 
stehende Exemplar bis heute (22. Juli) noch nicht zur Blüthe gelangt war, 
nicht verfolgen und gebe deshalb nur eine Beschreibung des Baues der reifen 
Testa: Die der quadratischen Schicht der Linaria-Samen entsprechende 
Schicht ist hier in ganz exquisiter Weise ausgebildet. Sämmtliche Zellen 


86 Ewald Theodor Bachmann. 


haben sich nämlich in radialer Richtung sehr stark gestreckt und sind dann 
durch eine, selten zwei oder selbst drei tangentiale Scheidewände dem ent- 
sprechend in zwei, drei bis vier Zellen getheilt worden. Die Tochterzellen 
sind rectangulär, isodiametrisch, dünn- und braunwandig. Hierauf folgt eine 
dünne, aber nicht an allen Stellen gleich mächtige braune Lamelle offenbar 
zusammengedrückten Gewebes, entstanden aus den inneren Schichten des 
Zwischengewebes; wenigstens berechtigt die Analogie mit Linaria Cymba- 
laria zu dem Schlusse. Dieselbe ist wieder bedeckt von zwei bis drei Lagen 
tangential gestreckter, unregelmässig gestalteter, dinnwandiger, mit ihren 
scharfen Rändern in einander eingekeilter Zellen, deren Wände mit Netzfaser- 
verdickungen geziert sind. Wie sich am Grunde der Flügel von Linaria- 
Samen das Zwischengewebe in Form einer starken Ringwucherung erhebt, so 
hat sich bei Lophospermum scandens die Netzfaserschicht an demselben Orte 
zu vier und mehr Lagen von Zellen, die nicht mehr tangential gestreckt, 
sondern mehr isodiametrisch, polyedrisch und sehr weit sind, entwickelt. Da- 
durch nimmt die Netzfaserschicht oder das Zwischengewebe, denn jene ist 
zweifelsohne aus den äusseren Lagen des letzteren entstanden, einen gewissen, 
wenn auch äusserst geringen Antheil an der Flügelbildung, einen so geringen, 
dass man, die minimale Grösse vernachlässigend, mit vollem Rechte sagen 
kann: die Epidermis allein ist es, welche bei Lophospermum den 
Flügel bildet. Derselbe besteht, im Querschnitt gesehen, aus einer nicht 
geringen Anzahl von Epidermiszellen verschiedener Höhe. Die mittelste (f in 
Fig. 40) ist die höchste; ihre Höhe beträgt z. B. m der Zelle f das 33fache 
der Weite. Die benachbarten Zellen, rechts und links von der mittleren (ff) 
sind etwas niedriger, die des folgenden Paares wieder etwas niedriger als 
f‘ ff; am geringsten ist jedoch die Höhe der Zellen des letzten, von der 
Mittelzelle am weitesten entfernten Paares (g, 8). Kurz, die Höhe irgend 
einer von den flügelbildenden Zellen ist um so geringer, je weiter dieselbe 
von der Mittelzelle entfernt ist. In jeder einzelnen Zelle nimmt die Weite 
von innen nach aussen zu, sehr gering in der Mittelzelle, in den übrigen in 
sehr verschiedenem Grade; in Folge dessen erscheinen die Flügelzellen, wie 
in den Hügeln von Linaria Cymbalaria fächerartig angeordnet. Löst man 
den Flügel von dem Samenkörper ab und betrachtet ihn in der Flächenansicht, 
so ist keine Erweiterung des Lumens von innen nach aussen wahrnehmbar; 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 5 


alle Zellen liegen parallel nebeneinander, wie die einer Längsrippe von Linaria 
minor. Misst man in der angegebenen Lage des Flügels die Dicke desselben, 
so ergiebt sich, dass dieselbe am Grunde am grössten, an der Peripherie am 
geringsten ist. Ebenso nimmt die Schichtenzahl von innen nach aussen ab; 
am Grunde besteht er aus 18, in der Entfernung a,a aus 11, bei b,b nur 
aus 5 Schichten, an der Peripherie ist er sogar nur einschichtig; denn hier 
überragt die Mittelzelle alle anderen. Auch in den kleinen Hügeln, welche 
in Fig. 40 rechts und links vom Flügel stehen, ist die mittlere Zelle die 
höchste, die übrigen aber um so niedriger, je weiter entfernt von der Mittel- 
zelle sie liegen; auch in ihnen erweitert sich das Lumen jeder Zelle in centri- 
fugaler Richtung; auch auf sie kann man den Satz anwenden, dass die Zahl 
der Schichten am Grunde des Berges am grössten, an seinem Gipfel am 
geringsten sei; nur ist die Höhe des Flügels eine viel bedeutendere, als die 
der Hügel. Daraus folgt, dass der Flügel eigentlich weiter nichts als ein in 
extremster Weise ausgebildeter Hügel ist. Dabei muss aber noch in Betracht 
gezogen werden, dass der Hügel auf einen ganz kleinen Fleck der Samen- 
oberfläche beschränkt ist, während der Flügel um den ganzen Samen herum- 
zieht, slso richtiger mit einer Rippe verglichen werden könnte, welche den 
ganzen Umfang des Samens einnimmt und eine ungewöhnliche Höhe erreicht 
hat. Die beiden zuletzt aufgeführten Momente sind die einzigen Punkte, in 
welchen sich der Flügel von Lophospermum scandens von einer Längs- 
rippe des Samens von Linaria minor unterscheidet, sie sind es auch, die 
uns berechtigen, ihm einen anderen Namen, den Namen „Flügel“ zu geben, 
und uns endlich zu der Annahme berechtigen, dass beide Gebilde, Flügel und 
Rippe, sich in derselben Weise entwickeln, indem sich eine Anzahl (in unserem 
Falle 15) von Zellreihen in radialer Richtung strecken. Von dem Flügel der 
Nemesia-Samen unterscheidet sich der von Lophospermum scandens in 
folgenden Punkten: 1. An seiner Bildung nehmen im Querschnitt betrachtet 
eine grosse Anzahl von Epidermiszellen Antheil; der von Nemesia besteht 
im Querschnitt aus einer einzigen Zelle, oder, anders gesagt, dieser ist 
durchaus einschichtig, jener ist es nur am äussersten Rande, seiner Haupt- 
masse nach aber vielschichtig. 2. Die Flügelzellen von Nemesia verdanken 
ihre Höhe nur zum geringsten Theile der radialen Streckung ihrer Seiten- 
wände, dagegen grösstentheils einer starken Vorwölbung ihrer Aussenwand. 


3 Ewaid Theodor Bachmann. 


Die Flügelzellen von Lophospermum haben ausschliesslich ihre Seitenmembranen 
radial gestreckt und nur die Aussenwand der Mittelzelle hat sich etwas nach 
aussen vorgewölbt. 

Die Seitenwände aller Epidermiszellen sind durch Netzfasern, die aber 
zuweilen in Ringfasern übergehen, verdickt. Die Mittelzellen des Flügels sind 
nur auf einer mehr oder weniger langen, innersten Strecke mit Netzfasern 
versehen, während in dem äusseren Theile Verdickungsleisten vorhanden sind, 
welche nach aussen zu immer dünner werden, im Allgemeinen mit der Längs- 
axe der Zelle und unter einander parallel verlaufen, sich aber auch verzweigen, 
Anastomosen eingehen und in den runden, kuppelförmigen Enden der Zellen 
zusammenstrahlen. Chavannes,!) der, wie er ausdrücklich bemerkt, die 
Samenschale von L. scandens mikroskopisch untersucht hat, erwähnt in den 
Epidermiszellen die „tissu cellulaire retieule“ und giebt in Fig. 10 auf Taf. 1 
seines Werkes eine nach 200facher Vergrösserung gezeichnete Abbildung, 
welche die Verdiekungsweise richtig wiedergiebt, aber, was die Form der 
Zellen anbelangt, entschieden unrichtig ist; denn spindelförmig ist keine einzige 
Epidermiszelle, weder die des Flügels, noch die hügelbildenden, weder in dem 
Quer- oder Längsschnitte, noch auch in der Flächenansicht. Die Aussenwand 
aller Epidermiszellen ist dünn, die der flächenständigen braun und mit einem 
kleinen Cuticularzapfen versehen, die der höheren und höchsten Flügelzellen 
ist gleich den Seitenwänden gelblich gefärbt, während die niederen in dieser 
Beziehung den flächenständigen Zellen gleichen. 

Schliesslich sei nur noch darauf hingewiesen, dass sich Lophospermum 
durch seine Netzfaserschicht der Section Oymbalaria, Asarina und der 
Gattung Maurandia eng an die Seite stellt. 


11. Die Gattung Maurandia. 


Aus derselben habe ich die Samen zweier Arten, der mehrfach erwähnten 
M. Barclayana Lindl. und M. antirrhiniflora Willd. untersucht. Der 
der erstgenannten Art hat ein im Verhältniss zur Grösse des ganzen Samens 
kleines, eiförmiges Endosperm mit geradem Embryo (so auch Lophospermum), 


1) Chavannes, 1. c. pag. 26. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 89 


ist über und über mit grossen, spitzen Höckern, zwischen welchen sich kleinere 
einschieben, bedeckt. Seine Skulptur stimmt überhaupt mit der der Körper- 
flächen des Samens von Lophospermum völlig überein, nur ist Alles ge- 
wissermassen in vergrössertem Massstabe ausgebildet; manche der hügelartigen 
Epidermiswucherungen sind so gross, dass ihre Höhe, wie auf Querschnitten 
ersichtlich wird, oft ebensoviel, wenn nicht mehr beträgt, als der Durchmesser 
des Endosperms. 

Die quadratische Schicht besteht aus einer Lage niedriger, tafel- 
förmiger Zellen und wird auch von einer Lamelle zusammengedrückten Ge- 
webes bedeckt, die, überall dünn, nur in der Mikropyleregion ein dickes, 
braunes Polster bilde. Hier wendet sich die quadratische Schicht flaschen- 
halsartig nach aussen, ebenso wie hei Lophospermum und den Linaria- 
Samen. Nun folgt die Netzfaserschicht, welche an verschiedenen Stellen 
verschieden viel Schichten zählt, die meisten unter den höchsten Höckern, 
weniger unter den kleineren, mindestens aber zwei bis drei, deren Zellen 
übrigens eben so beschaffen sind, wie die der betreffenden Schicht in der 
Samenschale von Zophospermum. Auch in der Beschaffenheit der Epidermis- 
zellen stimmen Zophospermum und Maurandia überein; die Hügel sind 
in derselben Weise aufgebaut, die Zellen gleich gestaltet, ihre Seitenwände 
netzförmig verdickt und gelblich gefärbt. Die Aussenwand dagegen ist dünner 
und gleichfalls gelblich; ihre Cutieularzäpfehen sind höher, schlanker und fehlen 
sogar den höchsten Zellen nicht. — Dass Lindley die Netzfaserverdickungen 
in den Epidermiszellen der Samenschale von M. Barclayana zuerst beschrieben 
hat, habe ich bereits erwähnt. Chavannes giebt auch von ihnen in Fig. 11 
auf Taf. 2 eine Abbildung, bezüglich deren ich dasselbe wie bei Zopho- 
spermum erklären muss, dass die Form, welche Chavannes den Zellen ge- 
geben hat (elliptische), falsch ist. 

M. antirrhiniflora hat einen kleineren Samen, aber nicht deshalb 
kleiner, weil das Endosperm dem von M. Barclayana an Grösse nachstünde, 
sondern weil die Epidermishügel niedriger sind, unterscheidet sich aber im 
Bau der Testa von der vorigen Art nur dadurch, dass die Netzfaserschicht 
im ganzen Umfange des Samens fast constant zweischichtig ist. 


Nova Acta XLII. Nr. 1. 12 


90 Ewald Theodor Bachmann. 


12. Die Gattung Antirrhinum 


wird von Chavannes in zwei Sectionen getheilt; die erste, Asarina, enthält 
nur eine Species, nach welcher eben die Section ihren Namen bekommen hat; 
die zweite, Antirrhinastrum, umfasst die übrigen Arten, und mit Recht, 
denn nicht nur wegen der Beschaffenheit der Kapsel stehen sie der Art 
Asarina fremd gegenüber, sondern auch in Hinsicht auf den Bau der 
Samenschale. Die Entwickelungsgeschichte habe ich aus dem schon oft an- 
geführten Grunde nicht untersuchen können. 

Der Same von A. Asarina L. ist eiförmig, braun, mit starken Längs- 
rippen, welche sehr oft von der rein longitudinalen Richtung abweichen und 
mit einander anastomosiren, geschmückt. Die Zellen der quadratischen 
Schicht sind in radialer Richtung nicht unbedeutend gestreckt und einzelne 
von ihnen durch eine Tangentialwand gewöhnlich in eine innere, grössere und 
eine äussere, kleinere Zelle getheil. Das Zwischengewebe ist so stark 
zusammengepresst, dass man es nur in der Mikropyleregion nachzuweisen im 
Stande ist. Die zwei bis drei äusseren Lagen desselben haben sich zu einer 
Netzfaserschicht ausgebildet, die nicht anders beschaffen ist, wie die von 
Linaria Cymbalaria und Verwandten, Lophospermum und Maurandia; 
doch verzweigen sich die Verdickungsleisten nur selten, laufen dagegen meist 
untereinander parallel, wie bei Z. Cymbalaria, bei der ich deshalb die in 
Rede stehende Schicht die „Ringfaserschicht“ nannte. Die Epidermiszellen 
unterscheiden sich von denen der genannten Arten nur durch die beträchtliche 
Dicke der Aussenwand. Es lassen sich in derselben sogar drei Schichten 
unterscheiden, von denen die mittelste die dickste und dunkelste ist und inner- 
halb welcher sich sogar zahlreiche kleine Punkte verschiedener Dichtigkeit 
differenzirt haben. 

Antirrhinum majus L. und Antirrhinum sempervirens Lapeyr., 
deren Samen mit niedrigen oder doch nur mässig hohen, netzförmig vereinigten 
Leisten oder Rippen bedeckt sind, haben im mikroskopischen Bau ihrer Samen- 
schale so viel Aehnlichkeit mit den Chaenorrhinen, dass ich, um nicht in 
Wiederholungen zu verfallen, von einer Beschreibung absehe, zumal Chatin !) 


1) Chatin, 1. ce. pag. 52. 


Darstellung der Entwickelumgsgeschichte etc. der Scrophularineen. 91 


die Entwickelung des Integuments zur Samenschale und die Beschaffenheit der 
Testa von A. majus in kurzen Zügen geschildert hat. Ob die Darstellung 
der Entwiekelungsgeschichte richtig ist, kann ich nicht entscheiden, die Be- 
schreibung der Epidermis aber ist es. 

Der Same von A. Orantium L. ist durch seine abweichende und 
eigenthümliche Form so bekannt, dass ich ihn nicht erst zu beschreiben 
brauche, besonders, da das nicht ohne viel Worte abgehen würde; statt dessen 
verweise ich auf die vorzügliche, prägnante Diagnose, die Braun,!) und auf 
die Abbildung, welche Chavannes in Fig. 18, 19, 20 auf Taf. 3 seines oft 
eitirten Werkes gegeben hat. Die quadratische Schicht und das Zwischen- 
gewebe, beide vorhanden, aber stark zusammengedrückt, bieten nichts Cha- 
rakteristisches dar. Die Epidermiszellen der glatten Rückenseite sind alle 
von gleicher Höhe, nämlich sehr niedrig und am reifen Samen so zusammen- 
gepresst, dass man vom Lumen, von den Seiten- und Innenwänden gar nichts 
sehen kann. Nur an dem Theilstücke eines ganz dünnen Längsschnittes war 
es mir durch Behandlung desselben mit KHO gelungen, alle Theile der Zellen 
sichtbar zu machen (Taf. 2. Fig. 41). In der Flächenansicht sind sie polye- 
drisch, zumeist hexagonal oder pentagonal; das hat aber auch für die hohen 
Zellen der Bauch- oder Raphenseite Giltigkeit. Radial gestreckten, hohen, 
sechs- oder fünfseitigen Prismen vergleichliche Epidermiszellen sind es nämlich, 
welche auf der genannten Seite den randständigen Wall und die in der 
Medianlinie sich erhebenden Höckerchen bilden. Die Seitenwände dieser Zellen 
sind netzfaserig verdickt und gelblich gefärbt, während die Aussenmembranen 
braun sind. Die den inneren Rand des Walles einnehmenden Zellen sind die 
höchsten; von ihnen aus nimmt die radiale Erstreckung der Zellen nach dem 
äusseren Rande hin gradweise ab. Die Seitenwände der niedrigen rücken- 
ständigen Epidermiszellen sind ganz dünn, die Aussenwände aber um so dicker, 
und zwar im Centrum jeder Zelle am dicksten, an der Peripherie derselben 
am dünnsten. Das beruht darauf, dass ihre Aussenseite convex, ihre Innen- 
seite plan ist; sie sind dunkelbraun bis schwarz gefärbt. 


1) Braun, l. c. pag, 865. 


Ewald Theodor Bachmann. 


Recapitulation. 


1. Jede Testa enthält von innen nach aussen folgende drei Schichten: 

a) die quadratische Schicht, 

b) das Zwischengewebe, 

c) die Epidermis. 

2. An der reifen Testa ist entweder das ganze Zwischengewebe zusammengedrückt 
worden oder die zwei bis drei äussersten Lagen desselben haben sich davor be- 
wahrt, indem sie ihre Wände durch Netz- oder Ringfasern verdickt haben 
(Cymbalaria (Linariae sect. II. Chav.), Antirrhinum Asarina, Maurandia und 
Lophospermum). 

3. Die unter der Form von Rippen, Leisten, Buckeln, Hügeln erscheinende Ober- 
flächenskulptur wird am reifen Samen hervorgebracht: 

a) nur durch die Epidermis, indem sich gruppen- oder reihenweise vereinigte 
Zellen derselben radiär strecken (sect. Chaenorrhinum, sect. Antirrhinastrum, 
sect. Oymbalaria, sect. Blatinoides, Lophospermum, Maurandia, sect. Asarina 
u. A.); 

b) nur durch das Endosperm, indem dessen Oberfläche Querrippen (L. versicolor 
und Salzmanni) oder netzförmig vereinigte Rippen gebildet hat (L. minuti- 
flora und triphylla) ; 

c) durch eine Wucherung des Zwischengewebes, über welche sich die Epidermis 
faltenartig hinwegzieht (Kanten der Samen von L. genistaefolia, striata; 
Flügel der Linariasamen). 

4. Die Theilnahme des Endosperms an der Oberflächenskulptur ist keine ursprüng- 
liche, sondern eine nachträgliche Nicht localisirte Wachsthumsvorgänge im 
Endosperm, sondern im Zwischengewebe, sind die Ursache der Entstehung; das 
Eiweiss füllt erst ganz zuletzt die fertigen, durch das Zwischengewebe erzeugten 
Formen aus, wie die Glockenspeise die vorgebildete, gemauerte Form. Hierdurch 
unterscheiden sich die Antirrhineen-Samen von denen der Verbasceen, aber auch 
noch dadurch, dass bei den Antirrhineen die Epidermis von Anfang an an der 
Rippenbildung etc. theilnimmt, die innerste Schicht aber erst ganz zuletzt und 
in Folge davon, dass das Eiweiss in die Rippen eindringt. In beiden Fällen 
jedoch ist „Theilnahme an der Rippenbildung“ nicht so zu verstehen, als ob die 
Epidermis oder die quadratische Schicht an der Erzeugung der Rippen sich 
betheiligten. Bei den Verbasceen dagegen nahm die innerste Schicht an der 
Hügelbildung wirklich activ theil, indem einzelne von ihnen sich sehr stark 
vergrösserten und ihre Innenwand beträchtlich nach innen wölbten. — Ebenso 
entwickelt sich das Eiweiss der geflügelten Linariamen zu einem platten nieren- 


10. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 93 


oder linsenförmigen Körper, weil die Samenknospe schon lange vorher in Folge 
von einseitigen Wachsthumsvorgängen des Zwischengewebes Scheiben- oder Linsen- 
form angenommen hat. 


. Die feinere Oberflächenskulptur, unter der Loupe nur als eine Rauhigkeit der 


Oberfläche kenntlich, besteht in einer papillösen Vorwölbung der Epidermiszellen, 
oder in kuppelförmiger Verdickung der Aussenmembran (Antirrhinum Orontium) 
oder in Cutieularzapfen oder wird dadurch hervorgebracht, dass die Aussen- 
membran bei der Verschrumpfung nach innen einsinkt (nur bei Linaria spuria). 


. Die Färbung des Samens ist in allen Fällen eine Folge der Farbe der Zell- 


membranen der Testa, vorzüglich der Epidermis, und in dieser wieder ganz be- 
sonders der Aussenmembran (ausgenommen die mit dünner Aussenwand). 


. Als Schutzschicht fungirt die Epidermis, indem dieselbe dazu geeignet ist ent- 


weder durch die Dicke ihrer Membranen oder durch die Höhe ihrer Zellen. 
Wo aber eine Netzfaserschicht vorhanden ist, nimmt auch diese, bis zu gewissem 
Grade wenigstens, mit daran Theil. 


. Die Flügelbildung weist zwei, völlig gegensätzliche Formen auf, die aber beide 


denselben physiologischen Erfolg haben können und wirklich haben. Die eine 
Form findet sich bei Zophospermum und entsteht dadurch, dass sich mehrere 
nebeneinander um den Samen herumlaufende Reihen von Epidermiszellen gleich- 
zeitig stark radial strecken. Die zweite, den geflügelten Linariasamen eigen- 
thümliche Form, besteht aus einer ellipsen- oder ringförmigen Wucherung des 
Zwischengewebes, welche von einer Epidermisfalte bedeckt ist. Während bei 
jener Form die Seitenwände ausserordentlich stark radial gestreckt sind und die 
Zellen die Form mehr oder minder hoher Prismen haben, sind bei letzterer die 
Seitenwände niedrig und die Zellen tafelförmig. 

Die erste Flügelform ist eine ungewöhnlich mächtig entwickelte Rippe, 
wie sie in viel geringerer Entwickelung auf den Samen der Chaenorrhinen vor- 
kommt. Die zweite Form ist eine extrem ausgebildete Kante. Die erste Form 
ist ein Haargebilde, die zweite eme Emergenz, denn die erste wird nur 
von Epidermiszellen, die zweite auch noch und sogar in der Hauptsache aus 
dem subepidermoidalen Gewebe gebildet. 


. Die Kanten von Linaria genistaefolia und striata sind nach demselben Prin- 


ceipe gebaut wie die Flügel der Linariasamen, entwickeln sich auch in gleicher 
Weise, sind also gewissermassen auf einer frühen Entwickelungsstufe stehen ge- 
bliebene Flügel. 

Die Verdickungsformen der Epidermiszellen sind zu mannigfaltig, als dass sie 
resultatweise aufgeführt werden könnten; nur der Umstand verdient der Hervor- 
hebung, dass die Netzform die bei weitem vorherrschende ist. 


94 Ewald Theodor Bachmann. 


Tribus IV. Salpiglossideae. 


13. Die Gattung Schizanthus. 


Der Same von Schizanthus pinnatus ist sehr gross, braun, im 
Längsschnitt nierenförmig, jedoch mit sehr flacher Einbuchtung, im Querschnitt 
kreisrund. Die Oberfläche ist in regelmässigen Entfernungen grubig vertieft; 
die Gruben sind durch wall- oder ringmauerartige Erhebungen von einander 
getrennt. Dieselbe Oberflächenbeschaffenheit hat das Endosperm. 

In einem Stadium, in welchem die Petala noch ganz farblos sind, ist 
der Knospenkern eben erst von dem einzigen Integument bedeckt worden, noch 
ist aber der Mikropylekanal sehr weit. Das Integument hat vier Schichten, 
unter welchen die Epidermis durch die Grösse ihrer Zellen und deren tangen- 
tiale Erstreckung besonders in die Augen fällt. In der Flächenansicht (Taf. 2. 
Fig. 42) sind die Zellen polyedrisch, meist geradlinig contourirt; sehr selten 
ist eine Wand schwach gebogen oder gar geschlängelt. 

In einem weiteren Stadium, welches aber immer noch vor der Be- 
fruchtung liegt, hat sich die Schichtenzahl auf ungefähr sechs vermehrt und 
die innerste Schicht differenzirt. Ihre Zellen sind immer radial gestreckt und 
rechteckig. Die der vier, stellenweise auch fünf Zwischenschichten sind, wie 
jene, noch sehr klein, aber polyedrisch und tangential gestreckt oder isodia- 
metrisch. Die Epidermiszellen haben sich noch mehr vergrössert und ihre 
Seitenwände so geschlängelt und ineinander verschlungen, dass sie, von der 
Fläche gesehen, die Form von Sternen mit kleinen Zacken haben. Nur in 
der Mikropyleregion sind die Umrisse noch geradlinig oder schwach gewellt, 
ausserdem sind diese Zellen noch in ziemlich lebhaften 'Theilungen durch 
Radiärwände begriffen. Auch in den sternförmigen Zellen kommen, wenn auch 
viel seltener, noch Theilungen vor; der Theilung geht immer eine einseitige 
tangentiale Streckung, womit der Verlust der Sternform zusammenhängt, voraus. 
Die Scheidewand der beiden Tochterzellen ist anfangs gerade, nimmt aber sehr 
bald dieselben Krümmungen an, wie die übrigen Seitenwände. Die Samen- 
knospe nimmt eine Mittelstellung zwischen der Anatropie und Hemiana- 
tropie ein. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Serophularineen. 95 


Kurz nach der Befruchtung hat sich die Rückenseite, d. h. die der 
Raphenseite gegenüberliegende, noch stärker gekrümmt, so dass letztere ver- 
kürzt erscheint (Taf. 3. Fig. 43). Derselbe Gegensatz zwischen Rücken- und 
Bauchseite ist auch am Embryosack deutlich ausgesprochen; derselbe erscheint 
gekrümmt, mit der Concavität nach der Raphenseite gewendet und hat an 
jedem Ende eine Aussackung gebildet, die kürzere nach dem Ende der Raphe 
hin, die längere in den Mikropylekanal hinein. Die innerste Schicht des 
Integumentes bedeckt ihn überall und besteht aus kleinen, rechteckigen, plasma- 
reichen Zellen. Das Zwischengewebe hat sich wieder um einige Lagen ver- 
mehrt, es ist jetzt sechs- bis siebenschichtig (Taf. 3. Fig. 44), seine Zellen 
sind wie vorher meist polyedrisch, isodiametrisch und dieht mit Protoplasma 
erfüllt. Die Epidermiszellen sind in jeder Richtung grösser als die des 
Zwischengewebes oder der innersten Schicht, sowohl in radialer, wie auch, und 
ganz besonders, in tangentialer, wie das sofort in die Augen fällt, wenn man 
Fig. 45, die Flächenansicht der Epidermiszellen, mit Fig. 44, einem Längs- 
schnitt durch das Integument einer gleichaltrigen Samenknospe, bezüglich der 
tangentialen Erstreckung der Epidermiszellen und der Zwischengewebszellen 
vergleicht. Dabei ist aber wohl in Betracht zu ziehen, dass Fig. 44 nach 
einer doppelt so starken Vergrösserung gezeichnet ist, wie Fig. 45. Die 
Sternform, welche die Epidermiszellen bereits im vorigen Stadium hatten, hat 
sich dadurch, dass die Zacken grösser und spitzer geworden sind, noch mehr 
ausgeprägt. Jede Zelle ist überall gleich hoch, körperlich betrachtet also 
scheibenförmig. Auf ihrer Sternform beruht es, dass man im Längs- und 
Querschnitte scheinbar Zellen von so verschiedener Grösse erhält (Fig. 44). 
In Wirklichkeit sind jedoch die vermeintlichen kleinen Zellen (b‘, b“, in 
Fig. 44) nur die Durchschnitte von Zacken, während die grossen Zellen des 
Längsschnittes Durchschnitte durch eine ganze Zelle repräsentiren. Anderer- 
seits erklärt es sich aus der Sternform, dass man in’Quer- und Längsschnitten 
gewöhnlich zwei grosse Zellen unmittelbar nebeneinander oder durch eine An- 
zahl (3—4) kleiner getrennt findet, sehr selten dagegen nur eine einzige kleine 
Zelle zwischen zwei grossen liegt. Im ersten Falle ist der Schnitt so gegangen 
wie die Linie CC in Fig. 45, im zweiten Falle wie die Linie DD, im 
dritten wie die Linie EE. Solcher Linien wie CC, die gar keine Zacke quer 
durchschneiden, und solcher, welche wie DD drei und mehr quer durch- 


96 Ewald Theodor Bachmann. 


schneiden, würden sich in Fig. 45 noch viele anbringen lassen, wenige aber 
von denen, welche wie EE eine einzige Zacke treffen. Die Wände der 
Epidermiszellen sind etwas dicker als die der subepidermoidalen; ihr Inhalt 
ist Plasma, welches wandständig ist. 

An Samenknospen aus der nächst älteren Kapsel fand ich keine Ver- 
änderungen, als eine Zunahme des Zwischengewebes um eine bis zwei Lagen 
und die, dass sich die Innenwände der Epidermiszellen schwach nach innen 
gewölbt hatten. Die Epidermiszellen, welche die Raphe bedecken und rechts 
und links unmittelbar neben derselben liegen, sind nicht sternförmig, sondern 
haben bloss seicht gewellte Umrisse, welche sie auch bis zur Reife des Sa- 
mens behalten. 

Nun aber nehmen diejenigen Wachsthumserscheinungen ihren Anfang, 
durch welche die grubige Oberflächenbeschaffenheit des Samens erzeugt wird. 
Der Sitz derselben ist, wie ich vorausschickend bemerken will, das Zwischen- 
gewebe und in gewissem Sinne auch die Epidermis. Um verständlich zu 
werden, gehe ich von letzterer aus und unterscheide an jeder Epidermiszelle 
einen centralen und einen peripherischen Theil. Beide sind durch eine Linie 
von Kreis- oder Ellipsenform gegeneinander abgegrenzt, eine Linie, welche, 
wie Fig. 45 zeigt, im Innern der Zelle so verläuft, dass sie keine Zacke 
schneidet, sondern sie höchstens an ihrem Ausgangspunkte tangirt. Der cen- 
trale Theil, der „Körper“ jeder Zelle liegt innerhalb der Curve, der periphe- 
rische ausserhalb. Im Längsschnitt (Taf. 3. Fig. 44) muss man innerhalb der 
Zelle a die beiden Theile, den centralen und den peripherischen, durch zwei 
senkrechte, mit den Seitenwänden gleichlaufende Linien (die punktirten) von 
einander abgrenzen. Der centrale Theil ist dann der zwischen den beiden 
punktirten Linien befindliche, mit B bezeichnete Raum. Der peripherische 
Theil, eingeschlossen von den punktirten Linien und den beiden Seitenwänden, 
erscheint hier in zwei Stücke getrennt, in ein linkes (b') und ein rechtes (b"). 
Die „Körper“ der Zellen sind durch die peripherischen Theile auf grössere 
oder geringere Distanzen von einander getrennt, liegen in der Flächenansicht 
inselartig zerstreut. Der peripherische Theil einer Zelle steht an allen 
Punkten mit dem einer, an manchen Stellen sogar mit denen von zwei 
benachbarten Zellen in Berührung; zusammen bilden dieselben ein über die 
ganze Samenoberfläche ausgebreitetes breitspuriges Netz. Letzteres enthält die 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 97 


Punkte des stärksten Wachsthums des Zwischengewebes, mit anderen Worten, 
alle Punkte, welche innerhalb dieses Netzes liegen, sind Punkte stärksten 
Wachsthums, alle Punkte, welche ausserhalb desselben liegen, sind solche 
schwächeren Wachsthums. Der Punkt der geringsten Wachsthumsenergie liegt 
im Centrum jedes Zellenkörpers, das Wachsthum aber geht in dem Zwischen- 
gewebe vor sich. An den Punkten stärksten Wachsthums erhebt es sich über 
das Niveau der Punkte geringeren Wachsthums, und zwar an allen gleich- 
zeitig; folglich bildet es ein über den ganzen Samen ausgehreitetes Netz von 
breiten, stumpfen Rippen, deren Höhe, anfangs sehr gering, mit der Zeit 
wächst. Wie bei Linaria versicolor wird das Wachsthum des Zwischen- 
gewebes durch Zellerweiterung und Zelltheilung vermittelt. In dem 
vorigen Stadium hatte das Zwischengewebe im allgemeinen acht Schichten, 
und zwar, da es noch keine Rippen gebildet hatte, an allen Punkten acht, 
nicht nur unter den centralen, sondern auch unter den peripherischen Theilen 
der Epidermiszellen. In dem jetzigen Stadium (Taf. 3. Fig. 46) dagegen zählt 
man in gerader Richtung vom Embryosacke bis zum Höhepunkte eines Higels 
11—12 Zellen, vom Embryosacke in gerader Richtung bis zum tiefsten Punkte 
eines Thales aber nur acht Schichten; folglich hat sich das Zwischengewebe 
hier gar nicht, dort aber um drei bis vier Zellenlagen vermehrt, oder anders 
und mit Bezugnahme auf die vorigen Erörterungen ausgedrückt, das Zwischen- 
gewebe hat an den Punkten stärksten Wachsthums, also innerhalb der peri- 
pherischen Theile der Epidermiszellen drei bis vier neue Zellenlagen gebildet, 
an den Punkten geringsten Wachsthums dagegen seine frühere Schichtenzahl 
behalten. Erweitert haben sich die Zellen des Zwischengewehbes an allen 
Punkten, die der mittleren und äusseren Schichten am stärksten, jene mehr 
allseitig, diese vorwiegend in radialer Richtung. 

Die Betheiligung der Epidermis an den localisirten Wachsthumsvorgängen 
innerhalb des Zwischengewebes ist ganz eigener Art, im Grunde aber nicht 
anders als die der innersten Schicht des Integuments von Verbascum an dem 
Wachsthum des Endosperms. Von den innerhalb der peripherischen Theile 
der Epidermiszellen sich erhebenden Rippen des Zwischengewebes wird dieser 
Theil jeder Epidermiszelle gewissermassen nach aussen geschoben, empor- 
gehoben, während der centrale Theil derselben Zelle in seinem alten Niveau 
geblieben ist. Das hat aber nur unter einem bedeutenden Flächenwachsthum 

Nova Acta XLIH. Nr. 1. 13 


98 Ewald Theodor Bachmann. 


der Innenwand dieser Zelle geschehen können; doch ist dasselbe blos in dem 
centralen Theile wirklich bedeutend gewesen, da nur dieser sich stark, fast 
trichterförmig, nach innen gewölbt hat, wogegen die Innenwand im periphe- 
rischen Theile, in den Zacken der Zelle, kaum gewölbt ist, ihr Flächen- 
wachsthum folglich nur gering gewesen sein kann (Zelle a in Fig. 46). Das 
beweist jeder Längs- oder Querschnitt, wie Fig. 46. Auf dem Hügel H 
treffen zwei Zellen mit ihren Zacken zusammen, aber nur die Zelle a ist 
median durchschnitten worden, d. h. so, dass der Schnitt durch den Körper 
und zwei gegenüberliegende Zacken gegangen ist. In letzteren verläuft die 
Innenwand fast parallel mit der Aussenwand, im centralen Theile biegt sie 
plötzlich und steil nach innen; die Zelle b ist nicht median durchschnitten 
worden. Die kleineren, niedrigen Zellen mit ebenen Innenwänden (ce, c) sind 
quer oder längs durchschnittene Zacken. Die Wände der Epidermiszellen 
sind noch dünn, wenn auch dicker als die der subepidermoidalen Zellen, und 
farblos; sie enthalten etwas Stärke. Die Zellen der Zwischenschichten sind 
polyedrisch und reichlich mit Stärkekörnchen erfüllt. Die Zellen der innersten 
Schicht, die vorher noch deutlich von den übrigen subepidermoidalen Zellen- 
lagen abstachen, sind jetzt tangential gestreckt und damit denen des Zwischen- 
gewebes ähnlicher geworden; auch sie führen Stärke. 

In dem folgenden Stadium (Taf. 3. Fig. 47) sind die Hügel (Wälle) 
des Zwischengewebes höher geworden, offenbar durch Theilungen innerhalb 
der Hügelzellen selbst (w, w in Fig. 47); die Scheidewände sind natürlich 
Tangentialwände, die mit den Theilungen zusammenhängende Streckung ist 
vorwiegend in radialer Richtung erfolgt. Die innerste Schicht und die inneren 
Lagen des Zwischengewebes sind vom Endosperm, nachdem sie ihren Inhalt 
verloren hatten, stark zusammengepresst worden. Auch die noch nicht zu- 
sammengepressten Zellen haben ihren Inhalt zum grössten Theil verloren. In 
demselben Maasse, in dem die Höhe der Hügel zugenommen hat, in demselben 
ist auch die Tiefe der Epidermiszellen gewachsen (Fig. 47). Der Uebergang 
in das Thal ist an den Grenzpunkten zwischen dem Körper und den Zacken 
nicht mehr ein so plötzlicher, sondern erfolgt allmählich. Die Innenwände 
haben sich bedeutend verdickt, am stärksten an der Peripherie der Zelle und 
an der Stelle, wo die Zacken in den centralen Theil übergehen; am dünnsten 
ist der stark gewölbte innerste T’heil (Fig. 47). Die Seitenwände sind dünn, 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 99 


ebenso die Aussenmembranen, die sich in einem flachen Bogen nach innen 
gewölbt haben; beide sind farblos, die Innenmembran dagegen gelblich gefärbt. 
Späterhin werden die Zellen des Zwischengewebes von dem Eiweiss vollends 
zusammengepresst, so dass sie am reifen Samen nur noch als dünne, braune 
Lamelle vorhanden sind, wogegen das Endosperm alle Rippen und Vorsprünge, 
welche vorher vom Zwischengewebe gebildet worden waren, ausgefüllt hat. 
Die Innenwand der Epidermiszellen hat sich noch stärker verdickt und zwar 
in demselben Verhältniss, wie früher, d. h. die Stellen, welche vorher die 
dicksten waren, sind es auch jetzt noch, und am dünnsten ist sie in dem 
inneren Theile. Merkwürdig ist, dass die Zacken sich rinnenartig ausgehöhlt 
haben, was nur die Folge eines nachträglichen Flächenwachsthums, senkrecht 
zum Längsverlauf der Rinne, sein kann. Die Aussenwand hat sich gebräunt, 
ist beim Verschrumpfen zerrissen und liegt entweder der Innenwand unmittel- 
bar auf oder fehlt gänzlich. 


14. Die Gattung Browallia. 


Die Samen dieser Gattung, aus welcher ich die Arten Dr. demissa L., 
Br. alata und Br. viscosa untersucht habe, sind klein, braun; ihre Ober- 
fläche hat, bei zwanzig- bis dreissigfacher Vergrösserung betrachtet, eine grosse 
Menge kleiner, zapfenartiger Vorsprünge. Das Endosperm ist völlig glatt. 

Die Entwickelungsgeschichte ist für Br. alata und Br. demissa gleich 
und stimmt auch mit der von Schizanthus pinnatus wenigstens in den 
ersten Stadien überein. Zur Zeit der Blüthe hat das Integument fünf bis sechs 
Schichten, deren innerste und äusserste sich besonders differenzirt haben; vor 
Allem fällt die Epidermis durch die Grösse ihrer Zellen auf. Späterhin ver- 
mehrt das, Zwischengewebe durch wiederholte tangentiale Theilungen die Zahl 
- seiner Schichten auf sieben bis acht, hat also die Anzahl der Zellenlagen er- 
reicht, welche das Zwischengewebe von Schizanthus hat, bevor es seine 
Rippen bildet. Unterdessen haben sich auch die Zellen der innersten Schicht, 
welche vorher radial gestreckt waren, tangential gestreckt und beträchtlich 
erweitert; wenn sie in dieser Beziehung den Zellen des Zwischengewebes 
ähnlicher geworden sind, so unterscheiden sie sich von denselben immer noch 
augenfällig einestheils durch ihre regelmässigere Gestalt, anderentheils durch 

132 


100 Ewald Theodor Bachmann. 


ihren Reichthum an Stärkekörnchen, welcher noch sehr gross ist, wenn die 
inneren Schichten des Zwischengewebes ihres Inhaltes schon völlig verlustig 
gegangen sind. Die Zellen der letzteren haben sich bereits abgerundet, wo- 
gegen die sehr grossen Zellen der mittleren und auch die der äusseren Schichten 
noch polyedrisch sind und spärliche Mengen von Stärke führen. Am grössten, 
in welcher Richtung man sie auch messe, sind die Epidermiszellen; im Quer- 
und Längsschnitt sind sie rectangulär, immer tangential gestreckt und haben 
ihre Innen- und Aussenwände schwach vorgewölbt. In der Flächenansicht 
zeigen sie gebogene, einfach geschlängelte Umrisse, die nicht im entferntesten 
den vielfach gezackten Contouren der Epidermiszellen von Schizanthus gleich 
kommen; alle Wände sind dünn; der Inhalt ist Stärke. 

In einem späteren Stadium findet man die inneren Lagen des Zwischen- 
gewebes schon völlig, und die drei bis vier äusseren auch schon bis zu ge- 
wissem Grade zusammengepresst. Die Zellen der innersten Schicht sind noch 
wohlerhalten und dicht mit Stärke erfüllt. Die auffälligsten Veränderungen 
hat die Epidermis erfahren. An Grösse haben ihre Zellen zwar wenig zu- 
genommen, aber ihre Umrisse haben sich mehr geschlängelt; die Innen- und 
Aussenwände haben sich etwas verdickt, jene in höherem Grade als diese 
und noch weiter, als vorher, ausgebaucht. Die Seitenwände haben sich in 
ihrer inneren Hälfte, manchmal noch etwas über die Mitte hinaus, manchmal 
auch nicht einmal so weit, beträchtlich verdickt. Der äussere Theil der 
Seitenwände ist ganz dünn, so dünn, dass er nur die Fortsetzung der Mittel- 
lamelle des inneren, verdickten Theiles zu sein scheint, was um so auffälliger 
ist, als der dicke T'heil sehr plötzlich in den dünnen übergeht. Die Stellen, 
wo drei Epidermiszellen (in der Flächenansicht) zusammenstossen, machen eine 
Ausnahme; denn hier sind die Seitenwände von innen bis nach aussen, aber 
unter allmählicher Abnahme der Dicke, verdickt; selbstverständlich ist es nicht 
eine grössere Fläche der Seitenwände, welche hier bis aussen hin verdickt ist, 
vielmehr läuft der verdickte Theil schmal, säulenartig, an der Seitenwand 
empor. Hieraus erklärt es sich, dass man am reifen Samen, an welchem die 
Aussenwände und die dünnen Theile der Seitenwände sich nach innen gelegt 
haben, eine grosse Anzahl niedriger, stumpfer, und eine kleinere Anzahl hoher, 
spitzer Vorsprünge, im Quer- und Längsschnitt bemerkt. Durch kein Reagens 
will es gelingen, die zellige Structur der Epidermis am reifen Samen nachzu- 


Darstellung der Entwickelumgsgeschichte ete. der Scrophularineen. 101 


weisen, weil eben die dünnen Theile der Seitenwände und die Aussenwände 
dadurch nicht wieder in ihre alte Lage zurückgeschafft werden können oder, 
was auch nicht selten der Fall ist, durch Reibung und andere äussere Ein- 
flüsse verloren gegangen sind. 

Am reifen Samen kann die innerste Schicht nur durch Kochen dünner 
Schnitte in KHO sichtbar gemacht werden; die Zellen sind tangential gestreckt 
und sehr gross, wenigstens im Vergleich mit der Grösse, welche die Zellen 
dieser Schicht bei den Antirrhineen gewöhnlich besitzen. Ihren Inhalt haben 
sie gänzlich verloren, ihre Wände sind dünn und bräunlich. Das Zwischen- 
gewebe ist nur in einer äusserst dünnen, gelbbraun gefärbten Lamelle vor- 
handen. Die Innenwände der Epidermiszellen haben sich verdickt und lassen 
zwei Schichten erkennen, eine dem Lumen zugewendete, dickere, braune und 
eine der Zwischenschicht zugewandte, dünne, farblose oder gelbliche. Auch 
die Dicke der Seitenwände hat zugenommen; an ihnen lassen sich von der 
Mittellamelle nach dem Lumen der Zelle hin folgende Schichten unterscheiden: 
1. eine dicke, farblose; 2. eine dünnere, gelbliche; 3. eine dickere, braune, 
die Fortsetzung der inneren braunen Schicht der Innenwand, in welcher eine 
grosse Menge feiner Punkte verschiedener Dichtigkeit differenzirt worden sind, 
so dass sie aussieht, wie die Innenwand der Zellen der Schutzschicht von 
Verbascum. Die gleiche Beschaffenheit hat die Aussenwand. 


Die beiden Gattungen aus der Tribus der Salpiglossideae, welche ich unter- 
sucht habe, Schizanthus und Browallia, zeigen im Bau ihrer Testa und in der Ent- 
wickelungsgoschichte derselben wesentliche Unterschiede, geringe Aehnlichkeit. 

1. Als Schutzschicht fungirt bei beiden die Epidermis. 

2. Bei Browallia ist am reifen Samen die innerste Schicht noch erhalten, bei 
Schizanthus nicht. 

3. Das Zwischengewebe ist bei beiden stark zusammengepresst, zählt in seinem 
früheren Stadium aber sehr viel Schichten; bei Schizanthus erzeugt es durch 
localisirte Wachsthumsvorgänge ein Maschenwerk von Rippen, bei Browallia ist 
seine Oberfläche glatt. 

4. Die Oberflächenskulptur der Samen von Schizanthus ist von dem Zwischen- 
gewebe erzeugt worden, die der Samen von Browallia wird hervorgerufen einer- 
seits durch die verschiedene Höhe der verdickten Theile der Epidermisseiten- 


102 Ewald Theodor Bachmann. 


wände, andererseits durch das Vertrocknen und Einschrumpfen der dünnen 
Theile derselben und der Aussenmembranen. 

5. Die Contour der Epidermiszellen ist bei beiden krummlinig, bei Browallia nur 
gewellt, bei Schizanthus tief ausgezackt. 

6. Bei Schizanthus haben die Epidermiszellen an dem rippenbildenden Wachsthum 
des Zwischengewebes Antheil genommen und dadurch trichterförmige Gestalt 
erhalten. 

7. Das Endosperm von Schizanthus besitzt eine gerippte Oberfläche, die es aber erst 
später angenommen hat, ebenso wie bei Linaria versicolor; die Oberfläche des 
Samens von Browallia ist glatt. 

8. Die Farbe der Samen rührt von der der Zellenmembranen der Testa her. 


Tribus V. Digitaleae. 


15. Die Gattung Digitalis. 


Die Samen der Arten D.purpurea L., D.lutea L., D. lanata Ehrh. 
und D. ferrugina L. sind einander äusserlich wie innerlich sehr ähnlich. 
Meist sind sie länglich, entweder stumpfkantig und von unbestimmter, sehr 
wechselnder Form (D. lanata) oder ellipsoidisch, mit runden Umrissen (D. pur- 
purea), immer aber durch eine Längsfurche, in welcher die Raphe verläuft, 
ausgezeichnet. Letztere ist die Ursache, dass der Querschnitt Herz- oder 
richtiger Nierenform hat. Ihre Farbe ist ein helles Braun, das selbst ins 
Gelbe übergehen kann. Der gröberen, mit blossem Auge sichtbaren Skulptur 
entbehrend, zeigt die Oberfläche erst bei zehn- bis zwanzigfacher Vergrösserung 
eine fein grubige Beschaffenheit, am deutlichsten und schönsten bei D. pur- 
purea, obwohl gerade diese’ Art den kleinsten Samen hat. Die Endosperm- 
oberfläche ist glatt. 

Schon vor der Befruchtung der anatropen Samenknospe von D. pur- 
purea hat der Embryosack das Gewebe des Knospenkernes völlig verdrängt. 
Das Integument ist fünf- bis sechsschichtig. Die Zellen der bereits differen- 
zirten innersten Schicht zeichnen sich durch die bekannten, schon wiederholt 
angeführten Merkmale vor denen des Zwischengewebes aus; die den vorderen 


u Se 


Darstellung der Entwickehmgsgeschichte etc. der Scrophularineen. 103 


Theil des Embryosackes umgebenden Zellen sind dicht mit Stärkekörnchen, 
die übrigen mit Plasma erfüllt; die grossen Epidermiszellen enthalten ausser- 
dem noch etwas Chlorophyll. 

Kurz nach der Befruchtung findet man fast ausnahmslos sechs Schichten 
im Integument; die Zellen der Epidermis und die der äusseren Lagen des 
Zwischengewebes haben sich ausserordentlich vergrössert, erstere vorwiegend 
in radialer Richtung, die der innersten Schicht sind kaum gewachsen. Von 
nun an vermehrt sich die Schichtenzahl nicht mehr. Die Zellen der inneren 
Lagen des Zwischengewebes erweitern sich auch und zwar vorwiegend in 
tangentialer Richtung, obwohl die Zellen der äusseren Lagen noch stärker 
tangential gestreckt sind; alle sind polyedrisch und haben geradlinige Umrisse; 
ihr Inhalt ist zum grossen Theil verloren gegangen. Die Zellen der innersten 
Schicht haben ihre rectangwäre Form behalten, sind nur wenig grösser ge- 
worden und zeichnen sich vornehmlich durch die Masse ihres Inhaltes aus. 
Die Epidermiszellen haben sich wiederum nicht unbeträchtlich vergrössert, ihre 
Aussenmembran flach kuppelförmig vorgewölbt, ihre Seiten- und Innenwände 
mit zur Zeit noch sehr zarten Netzfasern verdickt. Von ihrem Inhalt, jetzt 
Plasma mit Chlorophyll, haben sie nur geringe, der Innenmembran aufliegende 
Reste behalten. Der Embryosack hat sich in zwei spitze, schnabelartige 
Anhänge verlängert, deren einer in den Mikropylekanal eindringt, während 
der andere, hintere nach dem Raphenende zu wächst; in ihrem basalen Theile 
sind dieselben noch von der quadratischen Schicht, wie wir auch hier die 
innerste mit vollem Rechte nennen können, bedeckt; daher kommt es, dass 
sich die letztere im reifen Samen am Mikropyle- und Chalazaende des Samens 
flaschenhalsartig nach aussen wendet. An diesen Punkten wird auch das 
Zwischengewebe weniger zusammengedrückt, als im übrigen Umfange des 
Samens. Dagegen sind die Zellen der quadratischen Schicht im reifen Samen 
alle noch wohl erhalten, radial gestreckt, einzelne von ihnen sogar durch eine 
Tangentialwand in zwei Tochterzellen getheilt, braun- und dünnwandig und 
völlig inhaltsleer. Die Epidermiszellen des reifen Samens haben die Netz- 
fasern ihrer Innen- und Seitenwände beträchtlich verdickt; das Netz, das sie 
bilden, ist sehr regelmässig und weitmaschig. Die Aussenmembran ist dünn 
und hängt weit nach innen in die Zelle hinein. Die die Raphe bedeckenden 
Epidermiszellen sind in Richtung derselben stark gestreckt, schmal und 


104 Ewald Theodor Bachmann. 


rechteckig; ihre Innen- und Seitenmembranen sind gleichfalls netzfaserig 
verdickt. 

Die Samenknospe von D. lutea entwickelt sich genau in derselben 
Weise, so dass als einziger Unterschied der zu erwähnen wäre, dass das 
Zwischengewebe nicht blos vier-, sondern sechsschichtig ist; eine ähnliche 
Uebereinstimmung wird man auch für die beiden anderen Species annehmen 
können, um so mehr, als die T'esta der reifen Samen auch nur Abweichungen 
von geringem Belang aufweist. Betreffs der quadratischen Schicht und der 
Lamelle zusammengedrückten Gewebes sind sie alle sogar völlig gleich und 
nur in der Beschaffenheit der Epidermiszellen unterscheiden sich D. lutea, 
D. lanata und D. ferrugina von D. purpurea, während sie selbst unter- 
einander übereinstimmen. Die Aussenwand ist auch dünn und hängt nach 
innen. Der Umriss ist nicht immer geradlinig, polygonal, sondern bei vielen 
krummlinig, gewellt. Die Höhe ist je nach dem Orte, den die Zelle ein- 
nimmt, sehr verschieden. Denn während die flächenständigen Epidermiszellen 
eben so hoch, bei D. ferrugina sogar nur halb so hoch wie breit sind, sind 
die kantenständigen bei gleicher Breite zwei- bis dreimal höher als jene. Am 
niedrigsten und schmalsten, dabei aber in Riehtung der Längsaxe des Samens 
stark gestreckt sind diejenigen von ihnen, welche die Raphe bedecken. Der 
Fortschritt von den niedrigsten zu den höchsten Zellen erfolgt ganz allmählich. 
Die Innen- und Seitenwände sind mit regellos angeordneten Verdickungsleisten 
bedeckt, welche sich so verzweigen und Anastomosen eingehen, dass sie ein 
Netzwerk erzeugen, das an schöner Regel- und Gleichmässigkeit dem der 
entsprechenden Wände von D. purpurea nicht im entferntesten gleichkommt. 
In den raphenständigen Epidermiszellen verlaufen die Verdickungsleisten unter- 
einander parallel, mit der Längsaxe der Zelle selbst rechtwinklig von der 
einen Seitenwand über die Innenmembran und zuletzt wieder auf der anderen 
Seitenwand hinauf. 


16. Die Gattung Pentstemon. 


Die Gestalt der Samen von Chelone barbata Cav. (jetzt als Species 
der Gattung Pentstemon betrachtet) ist höchst wechselvoll, stets aber in höherem 
oder geringerem Grade platt. Die meisten sind etwas gekrümmt, ohne jedoch 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 105 


den muschelförmigen Samen auch nur entfernt zu ähneln, alle kantig, oft sogar 
so scharf- und breitkantig, dass die Kanten dem Flügel von Linaria are- 
naria nichts nachgeben. Nicht weniger Variationen ist die Farbe unterworfen; 
denn während die vorwaltende Färbung ein dunkles Braun ist, kommen auch 
Samen vor, welche rostbraun sind; ja, an einem und demselben Samen tragen 
die Flächen die dunklere, die Kanten und Spitzen die hellere Nuance. Endlich 
ist die concave Seite zuweilen geradezu pechschwarz und glänzend, wogegen 
die Oberfläche des Samens an allen anderen Punkten — schon mit unbewaff- 
netem Auge sichtlich — rauh und höckerig-runzelig ist. In Anbetracht der 
Grösse zählt der Same von P. barbatus mit zu den hervorragendsten unter 
den Serophularineen, und zwar fällt der grösste Theil seines Volumens 
auf das Eiweiss, obwohl auch die Samenschale eine recht starke Ausbildung 
erfahren hat. Das Endosperm ist so hart, dass es nicht möglich ist, den 
Samen in Hollundermark zu schneiden; statt dessen muss eine festere Substanz, 
Kork, gewählt werden. 

Die innerste Schicht der Testa wird von einer Zellenlage gebildet, die 
in jeder Beziehung der quadratischen der Antirrhineensamen analog ist und 
deshalb hier unter demselben Namen aufgeführt werden soll. Ihre Zellen 
sind sämmtlich in radialer Richtung gestreckt, sogar recht stark; ihren höch- 
sten Grad erreicht jedoch diese Streckung in der Umgebung der Mikropyle, 
indem sich hier die Zellen bis zum zehnfachen des tangentialen Durchmessers 
gestreckt, zugleich aber eine zwei-, drei- bis viermalige tangentiale T'heilung 
erfahren haben. Das ausgezeichnetste Merkmal der quadratischen Schicht liegt 
aber wo ganz anders: in ihrem Inhalte, welcher, violett und von feinkörniger 
Beschaffenheit, die Zellen so reichlich erfüllt, dass deren Seitenwände, iüber- 
haupt die zellige Structur, völlig verdeckt erscheint. Langes Kochen in Aether 
entfärbt die Substanz durchaus nicht völlig, zerstört auch nur einen Theil von 
ihr, gleichviel ob die Schnitte vorher mn KHO gelegen hatten oder nur in 
Wasser. Die Entfärbung wird dagegen erreicht durch einmalige oder wieder- 
holte Behandlung mit KHO und darauf mit NHO; + KC10,;, wechselweise 
ausgeführt; zwar verschwindet dabei der Inhalt nicht, wenigstens nicht so- 
gleich, sondern wird nur verfettet und besteht in diesem Zustande aus kleinen 
gelben, das Licht stark brechenden Tröpfchen, welche erst durch längere Er- 
wärmung mit NHO; + KC1O, zum völligen Verschwinden gebracht werden 

Nova Acta XLIII. Nr. 1. 14 


106 Ewald Theodor Bachmann. 


können. Da die resistenten Zellhäute diesen Process in der Regel überstehen, 
ist derselbe ganz geeignet, die Herstellung eines brauchbaren Präparates von 
der quadratischen Schicht zu ermöglichen. Mit etwas mehr Zeitaufwand, aber 
sichererem Erfolge gelingt das, wenn man das Präparat längere Zeit in Kali- 
lauge von hoher Concentrationsstufe liegen lässt, wohl auch von Zeit zu Zeit 
in derselben einer mässigen Erwärmung aussetzt und zuletzt mit Aether und 
Alkohol auszieht. Auf der quadratischen Schicht liegt ein zusammengepresstes 
Zwischengewebe, welches eine ungewöhnliche Dicke besitzt, schon in Wasser 
die bekannte feine parallele Strichelung erkennen lässt und nach Erwärmen in 
KHO aufquillt, besonders in ihren äusseren Zellenlagen so sehr, dass das 
Lumen der einzelnen Zellen in schönster Deutlichkeit hervortritt. Flächen- 
präparate zeigen rundliche Zellumrisse und selbst Intercellularräuue, zum Be- 
weise, dass das Zwischengewebe seiner Zeit ein rein parenchymatisches war. 

Die weiten, grossen Epidermiszellen haben regelmässig fünf- oder sechs- 
seitige Umrisse, körperlich betrachtet aber, wenigstens wenn man von der 
geradlinigen Contour abstrahirt, die Form eines Kessels. Die Seitenwände 
sind nämlich sehr niedrig, die Innenwände in einem tiefen Bogen nach innen 
gekrümmt, so dass sich jene nicht in einem rechten oder irgend einem anderen 
scharfen Winkel von diesen absetzen, sondern die unmittelbare Fortsetzung 
des Bogens bilden, den die Innenwände im Quer- oder Längsschnitt beschreiben. 
Die Seitenwände sind wie die der Epidermiszellen von Nemesia mit einer 
einzigen, äusserst dicken Ringfaser versehen, welche den äusseren Rand der 
Zelle umsäumt; doch nimmt die Dicke der Ringfaser nicht wie bei Nemesia 
von innen nach aussen zu und dann wieder allmählich ab, sondern dieselbe 
tritt plötzlich in ihrer ganzen Stärke hervor und fällt eben so plötzlich wieder 
ab, so dass, im Quer- oder Längsschnitt gesehen, dem äusseren Ende der 
Seitenwand rechts und links je ein starker Buckel aufzusitzen scheint. Nicht 
immer sind die beiden Höcker, welche zusammen gehören, symmetrisch, weder 
nach Dicke noch Form; zwischen ihnen befindet sich aber immer als „Inter- 
cellularsubstanz“ eine dünne, stärker lichtbrechende Mittellamelle, welche an- 
scheinend die directe Fortsetzung der unverdickten Innenwand ist. Die ge- 
bogene Innenmembran ist dünn und mit langen Verdickungsfasern bedeckt, 
welche entweder einfach über die ganze Länge, resp. Breite der Membran ver- 
laufen oder sich verzweigen und ein grossmaschiges Netzwerk erzeugen. Das- 


Darstellung der Entwickelumgsgeschichte etc. der Scrophularineen. 107 


selbe hat auch Chavannes!) bei seinen mikroskopischen Untersuchungen ge- 
funden. Die Verdickungsleisten der Innenwand setzen sich auch auf den 
dünneren Theil der Seitenwände fort und zwar als kurze, meist untereinander 
parallele, radial nach aussen laufende Leisten, die zuweilen sogar noch in 
derselben Richtung über den Verdickungsring laufen, welcher dann in der 
Flächenansicht an seinem Innenrande fein gekerbt oder gezähnelt ist. Die 
Aussenwände sind sehr dünn und in einem Bogen nach innen gesunken, selten 
zerrissen, noch seltener ganz fehlend. Alle Wände sind gelb bis gelbbraun 
gefärbt, der Verdickungsring am dunkelsten, die Aussenwand am hellsten. — 
Die Kanten rühren nicht vom Endosperm her, sondern sind, gleich denen von 
Linaria minutiflora und gleich den Flügeln der Linariasamen, Erzeugnisse 
des Zwischengewebes, indem dasselbe hier eine starke Wucherung getrieben 
hat, über welche die Epidermis faltenartig hinzieht. Die hellere Farbe der 
Kanten erklärt sich daraus, dass hier die Epidermis durch das lufthaltige 
Zwischengewebe von der quadratischen Schicht auf eine verhältnissmässig 
grosse Entfernung hin getrennt ist und in Folge dessen nur die Färbung der 
Epidermiszellmembranen zur Perception kommt; an den Flächen des Samens 
hingegen ist die Epidermis nur durch eine verhältnissmässig dünne, nicht Luft 
führende Lamelle zusammengedrückten Gewebes von der quadratischen Schicht 
getrennt, so dass die dunkle, violette Farbe des Inhaltes der quadratischen 
Schicht durchscheinen und auf das Auge wirken kann, manchmal schwächer, 
dann erscheint die Fläche braun, manchmal intensiver, dann erscheint sie 
fast schwarz. 

Alle übrigen Species der Gattung Pentstemon, nämlich P. Colwelli, 
P. procerus Grah., P. Digitalis L., P. pubescens Soland, P. venustum 
W., P. laevigatus und P. ovatus Dougl. unterscheiden sich nur wenig von 
der eben betrachteten Art. Ihre Samen sind kleiner, z. B. die von P. Colwilli 
nicht halb so gross und doch noch grösser als die der folgenden Arten, nicht 
platt, immer kantig, übrigens aber von unregelmässiger Gestalt und braun, 
mit helleren Kanten. Unter der Loupe betrachtet, ist ihre Oberfläche, wie bei 
P. barbatus, fein grubig, eine Folge davon, dass die Aussenmembranen der 
Epidermiszellen eingesunken sind oder ganz fehlen. 


1) Chavannes, ]l. c. pag. 26. 


14* 


108 Ewald Theodor Bachmann. 


Die Zellen der quadratischen Schicht erreichen, obgleich sie bei P. lae- 
vigatus nicht unbedeutend gestreckt sind, nie die Höhe derjenigen von P. bar- 
batus. Ihr Inhalt ist entweder dunkelviolett wie bei P. Colvilli, P.venustum, 
bei P. ovatus etwas heller, oder blau gefärbt, wie bei P. Digitalis und 
P. laevigatus. Das Zwischengewebe von P. Digitalis und P. laevigatus 
ist im Gegensatz zu dem aller übrigen Species dadurch ausgezeichnet, dass 
die Zellen seiner äussersten, also der ersten subepidermoidalen Lage, auf ihren 
Wänden mit ungemein zarten, dünnen Netzfasern geziert sind, ohne dass je- 
doch hierdurch den Zellen ein solcher Grad von Resistenz verliehen worden 
wäre, dass sie dem Zusammendrücken hätten völlig entgehen können. Mehr 
und grössere Verschiedenheiten weist je nach den einzelnen Arten die Epidermis 
im Bau ihrer Zellen auf. Ehe ich jedoch hierauf eingehe, will ich die Ent- 
wickelungsgeschichte der Samenschale, die ich an P. procerus und P. Digi- 
talis untersucht habe, in kurzen Zügen wiedergeben. 

Zur Zeit der Blüthe, aber noch ehe die Befruchtung erfolgt ist, hat 
das Integument der hemianatropen Samenknospe 5—6 Schichten, deren Zellen 
klein, polyedrisch und mit Plasma erfüllt sind; allen subepidermoidalen Lagen 
gegenüber zeichnet sich die Epidermis dadurch aus, dass ihre Zellen etwas 
grösser und rechteckig sind. 

Nach der Befruchtung hat das Integument sieben Schichten und mehr 
bildet es nun überhaupt nicht. Die innerste Schicht hat sich differenzirt; ihre 
Zellen sind viel kleiner als die des Zwischengewebes und so dicht mit farb- 
losem Plasma erfüllt, dass dadurch das Erkennen der Seitenwände, der Zell- 
grenzen, erschwert wird. Die Zellen des Zwischengewebes haben sich nur 
sehr erweitert, vorzüglich die der mittleren und äusseren Lagen, übrigens aber 
sich nicht verändert; die Reste des Plasmas, welche sie noch enthalten, sind 
wandständig. Dasselbe gilt von den Epidermiszellen, die sich in tangentialer 
Richtung schwach gestreckt haben. In diesem Stadium sind auch bereits die 
späteren Kanten angelegt: der Querschnitt der Samenknospe, welcher im 
vorigen Stadium noch kreisrund war, ist jetzt stumpf drei- oder viereckig; 
das ist dadurch hervorgebracht worden, dass sich die Zellen des Zwischen- 
gewebes wie bei Linaria minutiflora am gewissen (drei oder vier) Stellen 
öfter tangential getheilt haben, als an anderen, dass an jenen mehr Zwischen- 
schichten entstanden sind, als an diesen. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 109 


Späterhin, wenn die Zellen des Zwischengewebes ihren Inhalt verloren, 
dagegen rundliche Umrisse angenommen haben und zwischen ihnen kleine 
Intercellularräume entstanden sind, werden sie in centrifugaler Reihenfolge — 
auch der eben beschriebene Degenerationsprocess schreitet centrifugal vor- 
wärts — von dem Endosperm zusammengepresst. Nur die äusseren von 
denjenigen, welche die Kanten erzeugt haben, bleiben erhalten. Die Epidermis- 
zellen haben sich noch mehr tangential gestreckt, sind im Quer- und Längs- 
schnitte rechteckig, in der Flächenansicht polyedrisch, körperlich betrachtet 
also tafelföürmig. Die Aussenwand ist dünn und hoch kuppelartig nach aussen 
gewölbt; die Innenmembran ist nicht dicker, aber eben. Die Seitenwände 
sind durch zwei Ringfasern verdickt; die eine verläuft am äusseren, die 
zweite am inneren Rande, jene an der Peripherie der Aussen-, diese am 
Umfange der Innenwand, mit einander vollständig parallel. Zwischen diesen 
beiden Ringen ist der mittlere, dünne T'heil der Seitenwand hautähnlich aus- 
gespannt. Nur in den Kanten der meist fünf- oder sechsseitigen Zellen läuft 
eine kurze Verdickungsleiste radiär vom inneren bis zum äusseren Ringe; 
jede Zelle hat so viel kurze Radialleisten, als sie Kanten hat. Die Membranen 
sind alle noch farblos. Die Zellen der quadratischen Schicht haben an 
Grösse. wenig zugenommen; ihr Inhalt ist in diesem Stadium noch farblos, 
ebenso wie ihre Wände. 

Die Testa des reifen Samens unterscheidet sich von der des eben be- 
schriebenen Zustandes nur wenig; alle Membranen haben sich gebräunt, die 
Aussenwand der Epidermiszellen ist nach innen gesunken; der Inhalt der 
quadratischen Schicht hat eine violette Farbe angenommen. 

Pentstemon Digitalis entwickelt sich, wie ich mich überzeugen 
konnte, genau so, wie P. procerus; erst ganz am Ende tritt eine Abweichung 
auf, welche darin besteht, dass sich die äusserste Lage des Zwischengewebes 
zu derselben Zeit durch Netzfasern zu verdicken beginnt, in welcher auch die 
Verdickungsleisten auf den Innen- und Seitenwänden der Epidermiszellen ent- 
stehen, während aber letztere rasch an Stärke zunehmen, bleiben die ersteren 
immer sehr zart und dünn. Die Epidermiszellen sind höher als die von 
P. procerus, die Verdickungsleisten der Seiten- und Innenwände zu einem 
engmaschigen, sehr gleichmässigen Netz vereinigt. Die gleiche Beschaffenheit 
zeigen auch die Epidermiszellen der übrigen Arten, allein P. Colvilli aus- 


110 Ewald Theodor Bachmann. 


genommen; denn bei dieser Art sind sie gleich denen von P. barbatus, 
kesselförmig und haben nur auf ihren kurzen Seitenwänden radiale Ver- 
dickungsstreifen. 


1. Jede Testa enthält von innen nach aussen folgende drei Schichten: 
a) die quadratische Schicht, 
b) das Zwischengewebe, 
c) die Epidermis. 

2. Die quadratische Schicht von Pentstemon enthält in ihren Zellen eine blau oder 
violett gefärbte Inhaltsmasse, deren Färbung erst mit der Reife des Samens 
eintritt. 

3. In dem Zwischengewebe sind nur bei P. Digitalis die Zellen der äusseren Lage 
mit Netzfasern bedeckt. 

4. Die feingrubige Beschaffenheit der Oberfläche rührt davon her, dass die Aussen- 
wände zerstört sind oder sich nach innen gelegt haben. 

5. Die Kanten der Samen von Pentstemon verdanken ihren Ursprung dem Zwischen- 
gewebe und entstehen auf dieselbe Weise, wie die von Linaria minutiflora. 

6. Die Farbe der Samen rührt bei Digitalis nur von der der Membranen der 
Testa her, bei Pentstemon auch noch von dem Inhalte der quadratischen Schicht. 

7. Als Schutzschicht fungirt die Epidermis. 


Tribus VI. Gratioleae. 


17. Die Gattungen Mazus und Lindenbergia. 


Die Samen von Mazus rugosus Lour. und Lindenbergia ruderalis 
Vahl. sind einander in jeder Beziehung so ähnlich, dass, wenn man den einen 
kennt, man auch weiss, wie der andere beschaffen ist. Sie sind sehr klein, 
gelb, etwa eiförmig, von der Raphen- und der gegenüberliegenden Seite her 
etwas, aber ganz schwach plattgedrückt, an dem einen Ende mit einem 
dunkleren Fleck versehen (Mikropyleregion), an dem anderen in einen kleinen 
spitzen und gleichfalls dunkleren Schnabel ausgezogen (Chalazaende); beide 


en 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 111 


sind durch eine ganz seichte Längsfurche, in welcher die Raphe verläuft, ver- 
bunden. Mit unbewaffnetem Auge betrachtet erscheint ihre Oberfläche glatt, 
unter ca. zwanzigfacher Vergrösserung treten einige Längsrippen hervor. Der 
Embryo ist im Verhältniss zum Volumen des ganzen Samens ziemlich gross, 
das Endosperm hingegen, im Allgemeinen wenigstens, aus nicht mehr als 
zwei Zelllagen zusammengesetzt. Die Wände der Eiweisszellen sind nur 
mässig verdickt und selbst die Aussenmembran seiner Epidermiszellen nicht 
viel stärker. Um so bewundernswerther ist die Härte des Albumens. 

Zur Zeit der Blüthe ist die Samenknospe von Mazus rugosus noch 
sehr klein und hat ein durchschnittlich vierschichtiges Integument. Die Epi- 
dermiszellen übertreffen alle anderen an Grösse, sehr oft um das Doppelte 
und noch Mehrfache, sind meist isodiametrisch und wie gewöhnlich im Quer- 
und Längsschnitt rechteckig, in der Flächenansicht fünf- oder sechsseitig. Aber 
auch die subepidermoidalen Zellen sind häufig rechteckig, an Grösse wenig 
verschieden, alle mit wenig Plasma erfüllt, so dass die innerste Schicht 
durchaus nicht so in die Augen fällt, wie bei den Samen aus anderen Ab- 
theilungen, zumal die Zellen dieser Schicht nicht überall gleiche Höhe haben. 
Auch in einem späteren Stadium, nicht lange nach der Befruchtung, tritt sie 
nicht scharf hervor, denn wenn auch ihre Zellen alle gleich gross und recht- 
eckig sind, so gilt dasselbe in diesem Stadium auch von denen der beiden 
Zwischenschichten. Alle Zellen, besonders aber die der Epidermis, sind be- 
trächtlich grösser geworden. Während nun die subepidermoidalen Schichten 
die geringen Plasmamassen, die sie besessen haben, verlieren und bald ihr 
Wachsthum einstellen, wölben die Epidermiszellen ihre Aussenwände ausser- 
ordentlich stark, man könnte fast sagen, wie eine Blase, nach aussen. Ihr 
Inhalt, nur in spärlicher Menge vorhanden, ist Stärke und Chlorophyll; sie 
haben sich vorwiegend in tangentialer Richtung gestreckt, und zwar in Rich- 
tung der Längsaxe des Samens eben so stark, wie in Richtung der Queraxe, 
in der Flächenansicht sind sie folglich ungefähr isodiametrisch. Die raphen- 
ständigen Epidermiszellen sind niedriger, vor Allem aber viel schmäler als 
die übrigen, dagegen in Richtung des Raphenverlaufes stark gestreckt, ihre 
Aussenwände nur schwach vorgewölbt. 

Zuletzt werden die subepidermoidalen Schichten, die innerste zuerst, 
darauf die beiden anderen, von dem Endosperm zusammengepresst und ohne 


112 Ewald Theodor Bachmann. 


Zweifel auch resorbirt; denn am reifen Samen findet man keine Spur von 
ihnen, ausgenommen in dem kleinen, spitzen Schnabel am Chalazaende und 
unter dem dunkelen gleichfalls etwas vorgewölbten Flecke am Mikropyleende, 
wo es durch seine braunen Wände eben die dunklere Färbung veranlasst. 
Damit haben auch die Epidermiszellen den letzten Schritt ihres Entwickelungs- 
ganges zurückgelegt, indem sie ihre Innenmembranen verdickt und auf ihren 
Seitenwänden eigenthümliche Verdickungsleisten erzeugt haben. Die Epidermis- 
zellen des reifen Samens sind, wie Taf. 3. Fig. 48 zeigt, geradlinig polyedrisch, 
häufig in Richtung des Querdurchmessers stärker tangential gestreckt, als in 
Riehtung des Längsdurchmessers. Die Innenmembran ist mässig diek und 
besteht aus einer inneren, homogenen Lamelle und einer äusseren, dunkleren, 
welche so feine Porenkanäle in solcher Menge enthält, dass sie in der Flächen- 
ansicht selbst bei 200facher Vergrösserung noch wie fein punktirt aussieht. 
Die Seitenwände sind dünn und viele derselben auch ohne jegliche Verdickungs- 
leisten, während andere damit versehen sind; stets kommt jedoch auf eine 
Seitenwand auch nur eine einzige Leiste. Diese Leisten sind sehr dick, ver- 
laufen genau radial von der Innen- bis zur Aussenwand, gewissermassen 
runden Säulen oder Stützpfeilern vergleichbar. Denn obwohl jede einzelne 
Verdiekungsleiste einen nur halbkreisförmigen Querschnitt besitzt, so entspricht 
ihr doch noch eine zweite, der benachbarten Zelle angehörige, von gleicher 
Form und Dicke, die mit der ersten zusammen eben die Säulenform vollendet, 
wie das die schematische Figur 49 veranschaulicht. Selten findet man die 
Säule in einer Ecke, wo drei Zellen zusammenstossen, also auch drei Ver- 
diekungsleisten, jede einer anderen Zelle angehörig und jede, mathematische 
Genauigkeit angenommen, mit einem Winkelwerthe von 120°, nöthig sind, um 
die Säulenform hervorzubringen. In der Regel, man kann wohl sagen, fast 
ohne Ausnahme steht dagegen die Säule inmitten einer Fläche, welche letztere 
sich von jener aus nach rechts und ‚links mit blattartiger Dünne fortsetzt. 
Die Dicke der Säulen ist überall dieselbe und wird erst in unmittelbarer 
Nähe der Aussenmembran grösser; denn hier setzt sich die Verdiekung auf | 
die Aussenwand fort und zwar so, dass von dem Kopfe der Säule eine An- 
zahl von Verdickungsleisten, welche viel dünner sind als die Säule selbst, 
radienartig nach allen Richtungen auf der Innenseite der Aussenmembran hin- 
laufen, ähnlich wie die strahligen Ausläufer der weiblichen Inflorescenz von 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 113 


Marchantia polymorpha von dem Stiele derselben nach allen Seiten ausstrahlen. 
Die strahligen Verdickungsleisten der Aussenwand sind, wie ein Blick auf 
Fig. 48, die Flächenansicht der Epidermis von aussen, sofort lehrt, von sehr 
verschiedener Länge, manchmal so lang, dass die von zwei gegenüberliegenden 
Seitenwänden entspringenden in der Mitte zusammenfliessen (Zelle a in Fig. 48) 
und zwischen sich dünne Flächentheile maschenartig einschliessen. Manchmal, 
um gleich das andere Extrem anzuführen, fehlen sie gänzlich (Zelle b), ge- 
wöhnlich reichen sie nicht bis zur Mitte der Aussenwand. Die dünnen Theile 
der Seitenwände lassen sich am reifen Samen auf Quer- und Längsschnitten 
nicht mehr nachweisen, weil sie beim Vertrocknen gänzlich zusammengeschrumpft 
sind und auch die Aussenwand ist in der Regel nur dann sichtbar, wenn der 
Schnitt mehrere der Verdickungssäulen, zwischen welchen sie ausgespannt ist, 
getroffen hat. Bei der Seltenheit derselben (jede Zelle hat ja nur deren zwei) 
muss man es erklärlich finden, dass auf Querschnitten häufig nur zwei bis 
drei getroffen sind, von denen dann nach rechts und links die Aussenmembran 
seilartig herabhängt, sich dann der Innenwand auflegt, in Folge ihrer Dünne 
kaum mehr erkannt werden kann, um erst in der Nähe der nächsten Ver- 
dickungssäule sich von der Innenwand abzuheben. Die Verdickungsleisten 
sind gelblich gefärbt, wogegen die dünnen Theile der Seitenwände und die 
Aussenmembran unter dem Mikroskope farblos erscheinen. 

Der noch kleinere Same von Mimulus ringens L. gleicht dem eben 
beschriebenen, was den Bau seiner Testa anlangt, vollständig und der von 
Lindenbergia ruderalis Vahl. unterscheidet sich nur dadurch, dass die 
Innenwand seiner Epidermiszellen fein netzartig verdickt ist. Mimulus rin- 
gens stellt sich dadurch zu allen übrigen Mimulus-Arten in strieten Gegen- 
satz, da deren Epidermis wieder eine ganz andere Ausbildung erfahren hat. 


15. Die Gattungen Mimulus und Leucocarpus. 


Die Samen von Mimulus luteus L., M.cardinalis, M. Filingii Rgl., 
M. floribundus, M. moschatus und Leucocarpus alatus ähneln einander 
im Bau der Samenschale so, dass es vollständig genügt, den einer Art zu 
beschreiben, um sie alle kennen zu lernen, und zwar wähle ich dazu 
M. luteus L. 
Nova Acta XLIH. Nr. 1. 15 


114 Ewald Theodor Bachmann. 


Der Same von M. luteus ist, äusserlich betrachtet, dem von Mazus 
beinahe völlig gleich; dasselbe gilt von dem nur dreischichtigen, aber dessen- 
ungeachtet äusserst festen Eiweiss und ebensowenig zeigt sich in der Ent- 
wickelungsgeschichte beider eine Abweichung von Belang, ausgenommen die, 
dass das Integument von Mimulus luteus eine Schicht mehr, also fünf, be- 
sitzt, Grundes genug, gleich zur Beschreibung der reifen Samenschale überzu- 
gehen. Dieselbe besteht auch nur aus der Epidermis des ehemaligen Integu- 
ments, die subepidermoidalen Lagen sind resorbirt worden. Die Epidermis- 
zellen sind meist fünf- oder sechsseitig und ziemlich regelmässig in Längs- 
reihen geordnet; ihre Höhe ist, verglichen mit der Länge der beiden tangen- 
tialen Durchmesser, gering; gewöhnlich sind sie, in der Flächenansicht be- 
trachtet, isodiametrisch, seltener in Richtung des Querdurchmessers tangential 
gestreckt. Die braune Innenmembran hat durch netzförmig vereinigte Ver- 
diekungsleisten eine beträchtliche Stärke erlangt. Die Netzleisten haben, in 
der Flächenansicht betrachtet, eine solche Breite, die Maschen andererseits 
eine solche Enge, dass man in Zweifel sein kann, ob man nicht lieber von 
Tüpfeln sprechen soll, zumal bei tieferer Einstellung; denn die Tüpfelkanäle 
sind nicht überall gleich weit, sondern erweitern sich nach innen, d. h. nach 
dem Zelllumen zu, eine Erscheinung, auf die auch Koch (s. 0.) bei seinen 
Untersuchungen über die Samen der Orobanchen gestossen ist. Hinsichtlich 
der Seitenwände ist es zunächst nöthig, zwischen Längs- und Querseiten- 
wänden zu unterscheiden, mit welchen Namen aber keineswegs die Vorstellung 
einer grösseren Länge der einen gegenüber den anderen verbunden werden 
darf. Unter Längswänden (Längsseitenwänden) will ich in der folgenden 
Erörterung diejenigen Seitenmembranen verstanden wissen, welche parallel mit 
dem Längsdurchmesser des Samens, unter Querwänden die, welche recht- 
winklig zu demselben verlaufen. Die Querwände sind durchweg dünn und 
ohne jegliche Verdickungsformen; die Längswände dagegen sind durch mässig 
starke Leisten verdickt, welche radial, untereinander parallel und in ungefähr 
gleichen Distanzen von innen nach aussen verlaufen, meist einfach sind, zu- 
weilen aber sich gabeln. Die dünnen Theile der Seitenmembranen sind gelb- 
lich, die dicken braun. Die Aussenwand ist dünn und nach innen gebogen. 
Die in vier bis fünf Längsreihen angeordneten, schmalen, langen, raphen- 
ständigen Epidermiszellen haben auch nur auf ihren Längsseitenwänden die 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 115 


radialen Verdickungsleisten. Bei M. cardinalis sind dieselben selten einfach, 
sondern verzweigen sich in der Regel, anastomosiren miteinander und erzeugen 
so ein sehr unregelmässiges Netzwerk. 


19. Die Gattung Herpestes. 


Der Same von Herpestes chrysantha, den bisher beschriebenen 
Gratioleen ähnlich durch seine Kleinheit (noch kleiner als der von Linden- 
bergia), durch die Härte seines Eiweisses bei einer nur zweischichtigen Aus- 
bildung desselben, durch die Abwesenheit aller subepidermoidalen Schichten 
der Testa, unterscheidet sich von ihnen durch die Beschaffenheit seiner Epi- 
dermis um so auffallender. Dieselbe besteht aus polyedrischen, selten recht- 
eckigen, in Längsreihen angeordneten, niedrigen, aber tangential beträchtlich 
gestreckten, tafelföürmigen Zellen, die im Verhältniss zur Kleinheit des Samens 
sehr gross genannt werden können; das geht auch daraus hervor, dass man 
vom Mikropyle- bis zum Chalazaende durchschnittlich nur acht bis neun Zellen 
zählt, in querer Richtung sogar nur sechs. Die Innenwand ist braun und von 
mässiger Dicke, die Seitenwände dagegen sind in hohem Grade verdickt, und 
zwar so, dass alle Seitenwände einer Zelle ringsherum einen einzigen Ver- 
diekungsring bilden, dessen Dicke aussen und innen am geringsten, in der 
Mitte am grössten ist; in Quer- und Längsschnitten erscheinen deshalb die 
Seitenwände wie kleine kreisrunde Knötchen, die in ziemlich weiten Distanzen 
auf die Peripherie des Samendurchschnittes vertheilt sind und eine Mittel- 
lamelle dichtester Beschaffenheit erkennen lassen. Die Aussenmembren ist 
dünn und nach innen gebogen. 


Bei der Einfachheit des Baues, welche die Samen der Gratioleen auszeichnet, 
muss eine Zusammenfassung der charakteristischen Merkmale derselben auf wenige Punkte 
beschränkt bleiben: 

1. Das Endosperm ist im Allgemeinen nicht mehr als zwei-, höchstens dreischichtig, 
aber durch eine ungewöhnliche Härte ausgezeichnet, eine Härte, die wohl ge- 
eignet sein mag, die Function des Schutzes, welche bei anderen Samen der 
Testa zusteht, auf das Eiweiss zu übertragen, wodurch eine Behauptung 


15* 


116 Ewald Theodor Bachmann. 


Strandmark’s,!) dass Samen mit einer hinfälligen, der Schutzschicht ent- 
behrenden Testa durch eine ungewöhnlich feste Consistenz ihres Eiweisses oder 
ihres Embryos ausgezeichnet seien, eine neue Stütze erhält. 

2. Von dem Integument ist am reifen Samen allein die Epidermis übrig geblieben. 
Dieselbe ist stets grosszellig; ihre Zellen sind tafelförmig, die Membranen mit 
verschiedenen Verdickungsformen ausgestattet. 

3. Das subepidermoidale Gewebe besteht aus einer sehr geringen Anzahl von 
Schichten (2—3), deren innerste sich von den äusseren nicht scharf differenzirt. 

4. Die Farbe des Samens wird durch die der Epidermismembranen hervorgebracht. 


Tribus VII. Buchnereae. 


20. Die Gattung Chaenostoma. 


Vor der Befruchtung hat das Integument der anatropen Samenknospe 
von Chaenostoma foetidum ungefähr fünf Zellschichten, deren äusserste sich, 
im Längsschnitte gesehen, durch die rechteckige Form ihrer Zellen den sub- 
epidermoidalen gegenüberstellt, da deren Zellen polyedrisch und auch kleiner 
sind. Unmittelbar nach der Befruchtung hat sich die innerste Lage in ähn- 
licher Weise wie die Epidermis differenzirt; ihre Zellen sind nämlich gleich- 
falls rectangulär, oft radial gestreckt, wenn auch nicht in hohem Grade, vor 
Allem aber tangential in Richtung des Querumfanges der Samenknospe ge- 
streckt; demnach würde ihr kleinster Durchmesser mit der Längsaxe der 
Samenknospe parallel gehen. Die Zellen des Zwischengewebes haben sich 
nur erweitert; alle sind mit Plasma gefüllt. Bei fortwährendem Wachsthum 
der Epidermis und der Zwischengewebszellen bleiben sich die Zellen der 
innersten Schicht längere Zeit ganz gleich, wenigstens was ihre Höhe an- 
belangt, so dass der Gegensatz zwischen ihnen und den äusseren Zellen mit 
der Zeit immer auffallender wird. Dagegen wachsen sie, der rasch zuneh- 
menden Erweiterung des Embryosackes entsprechend, nach den beiden anderen 
Richtungen des Raumes, also tangential sowohl in Richtung des Längs- wie 


1) Strandmark, l. c. pag. 6. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 117 


auch des Querumfanges der Samenknospe. An das tangentiale Wachsthum 
in ersterer Richtung sind fortgehende Radjärtheilungen geknüpft durch Wände, 
welche mit der Ebene eines Querschnittes parallel liegen, folglich im Längs- 
schnitte sichtbar werden. Dagegen sind die Zellen nicht durch solche Radial- 
wände getheilt worden, welche mit der Ebene eines Längsschnittes parallel 
gehen, anders gesagt, die Zahl der Zellen hat sich in Richtung des Quer- 
umfanges nicht vermehrt; denn wenn man einen Querschnitt durch die Samen- 
knospe führt, so findet man den Ring, welchen die Zellen der innersten Lage 
um den Embryosack herum bilden, aus noch eben so viel Zellen zusammen- 
gesetzt, wie in dem vorigen Stadium, in der Regel aus sieben bis acht: und 
auch fernerhin findet in dieser Richtung keine Zellvermehrung statt. Weil 
aber der Embryosack continuirlich an Weite zunimmt, und in gleichem Maasse 
der Kreis, den die Zellen der innersten Schicht bilden, grösser wird, so müssen 
sich dieselben tangential in Richtung des Querumfanges ganz beträchtlich 
strecken. Ausserdem ist höchst bemerkenswerth, dass diese Zellen genau so 
wie die der innersten Schicht von Verbascum oder Alonsoa in eben so viel 
Längsreihen geordnet sind, als der Querschnitt in derselben Zellen aufweist. 

Die Radialwände hingegen, welche mit dem Querschnitte in gleicher 
Ebene liegen und im Längsschnitte sichtbar sind, werden in grosser Anzahl 
erzeugt. Die Folge ist, dass der Längsschnitt immer nur kleine Zellen, die- 
selben aber in um so grösserer Anzahl aufweist. Jetzt, also schon ziemlich 
früh, macht sich in denselben ein Grössenunterschied bemerklich. Einige 
stellen nämlich ihre Radiärtheilungen ein, nicht aber ihr tangentiales Wachs- 
thum, und werden so zu grossen Zellen (im Längsschnitt gesehen); andere 
wachsen, theilen sich aber auch, sobald sie eine gewisse Grösse erreicht 
haben, und sorgen auf diese Weise gewissermassen dafür, dass neben den 
grossen auch kleine Zellen bleiben. Daraus ergiebt sich nicht nur, dass im 
Längsschnitt immer grosse mit kleinen Zellen abwechseln müssen, sondern 
auch, dass die Zahl der kleinen grösser sein muss, und endlich, dass zwei 
grosse in der Regel nicht durch eine einzige kleine, sondern durch deren 
mehrere getrennt sein müssen. 

Die Flächenansicht eignet sich am besten, diese Wachsthums- und 
Grössenverhältnisse zur Anschauung zu bringen und wirklich zu einem Ver- 
ständnisse derselben zu führen, weil sie nicht allein die beträchtliche, aber für 


118 Ewald Theodor Bachmann. 


alle Zellen ungefähr gleiche Länge in Richtung des Querdurchmessers, sondern 
auch die viel geringere und abwechselnd verschiedene in Richtung des Längs- 
umfanges zeigt, vor Allem aber, weil man nur aus der Flächenansicht erfahren 
kann, dass die Längsreihen mit einander alterniren, genau so wie bei den 
Verbasceen. Der Embryosack ist in diesem Stadium schon völlig mit 
Eiweisszellen erfüllt; seine Oberfläche ist noch glatt. Die übrigen Schichten 
des Integuments, um auf diese zurückzukommen, haben nur geringe Aenderungen 
erfahren. Die Zellen des Zwischengewebes haben sich nicht unbedeutend er- 
weitert, die grössten von ihnen schon rundliche Umrisse angenommen, wodurch 
sie zur Entstehung kleiner Intercellularräume Veranlassung gegeben haben. 
Ihr Inhalt, plasmatischer Natur, ist wandständig geworden und hat sich ver- 
mindert. Die Epidermiszellen haben sich nur wenig erweitert, führen chlorophyll- 
haltiges Plasma, sind sehr dünnwandig, in der Flächenansicht rechteckig oder 
polyedrisch und haben geradlinige Contouren. 

Nun treten im Endosperm, genau so, wie es bei den Verbasceen war, 
Punkte stärksten Wachsthums auf und zwar unterhalb der kleinen Zellen der 
innersten Schicht, während die Punkte geringsten Wachsthums innerhalb der 
Mitte der grossen Zellen liegen. Dadurch werden an jenen Stellen Hügel 
erzeugt, welche mit T’hälern abwechseln; zuletzt entstehen alternirende Längs- 
reihen von Hügeln und Thälern. Die grossen Zellen der innersten Schicht 
betheiligen sich an diesen Wachsthumsvorgängen wie die der Samen von 
Verbascum: durch starke Vorwölbung ihrer Innenwand nach innen, in das 
Thal hinein. Zu derselben Zeit werden die Zellen des Zwischengewebes, 
nachdem sie ihres Inhaltes verlustig gegangen sind, von dem heranwachsenden 
Eiweiss zusammengepresst und schliesslich resorbirt. Die Epidermiszellen sind 
niedrig geblieben, haben sich tangential in Richtung der Längsaxe der Samen- 
knospe gestreckt und in Wellenform schwach hin und her gebogene Umrisse 
angenommen; ihre Aussenwand ist weit nach aussen vorgewölbt und sinkt bei 
der Reife des Samens entsprechend tief nach innen. 

Der reife Same von Chaenostoma foetidum ähnelt im seiner Gestalt 
denen von Scrophularia und Verwandten; seine Hügel sind auf der Raphen- 
seite niedriger als auf der gegenüberliegenden Seite; doch ist der Same so 
klein, dass man seine Oberflächenskulptur erst bei 20— 30facher Vergrösserung 
erkennen kann. Die Innenwand der Zellen der innersten Schicht hat sich 


Darstellung der Entwickelumgsgeschichte etc. der Scrophularineen. 119 


gelblich gefärbt und etwas verdickt; ihre Seiten- und Innenwände sind ganz 
zusammengepresst und theilweise wohl sogar resorbirt worden. 

Im Bau der reifen Samen gleichen Ch. hispidum Benth. und Ch. 
Cheiranthus Benth. der eben beschriebenen Species vollständig. 


21. Die Gattung Lyperia. 


Wie der mehrmals grössere, braune, höckerige Same von Lyperia 
violacea Benth. schon äusserlich von den Arten der Gattung Chaenostoma 
in vielen Punkten abweicht, so bietet auch die Entwickelung neben dem Alten 
noch manches Neue. 

Schon vor der Blüthe sehr dick und schichtenreich, zählt das Integument 
zur Zeit der Befruchtung 7—9 Zellschichten. Eine genaue Zahl lässt sich 
nicht angeben, weil die Zellen nicht in parallelen Reihen resp. concentrischen 
Schichten, sondern höchst unregelmässig liegen und überdies von sehr ver- 
schiedener Grösse sind (Taf. 3. Fig. 50). Die Epidermis tritt durch die 
regelmässige, im Längsschnitt reetangwäre Form, sowie auch durch die gleiche 
Grösse ihrer Zellen, endlich aber dadurch hervor, dass sie dicht mit Stärke- 
körnern erfüllt ist und Chlorophyll enthält, während der Inhalt aller anderen 
Zellen farblos ist. Von den subepidermoidalen Schichten, deren Zellen durch- 
gehends polyedrisch, nach Form und Grösse jedoch sehr wechselnd und in 
lebhafter Theilung begriffen sind, beginnt die innerste sich zu differenziren; 
doch fällt dieselbe in diesem Stadium mehr durch ihren dichteren Inhalt in 
die Augen, als durch die Gleichförmigkeit ihrer Zellen. In der Flächenansicht, 
wie man sie durch Halbirung einer Samenknospe erlangt, sind die Zellen 
meist fünf- bis sechseckig, aber auch rectangulär und in Richtung des Quer- 
umfanges stark tangetial gestreckt, ausserdem schon ziemlich deutlich in 
Längsreihen geordnet. 

Im folgenden Stadium, einige Zeit nach der Befruchtung, ist der un- 
gefähr spindelförmige, gegen vorhin bedeutend gewachsene Embryosack noch 
nicht ganz mit Eiweisszellen erfüllt. Die Zellen der innersten Schicht des 
Integuments haben sich bereits in grosse und kleine geschieden. Dieser 
Grössenunterschied äussert sich jedoch nicht in radialer Richtung, sondern nur, 
wie Fig. 51 zeigt, in tangentialer, genauer: einige Zellen haben sich tangential 


120 Ewald Theodor Bachmann. 


in Richtung des Längsumfanges der Samenknospe stärker gestreckt als die 
anderen; das ist wie bei Chaenostoma und Verbascum dadurch hervor- 
gebracht worden, dass sich die grossen Zellen nach ihrer „tangentialen Längs- 
streckung“ (d.h. tangentialen Streckung in Richtung des Längsumfanges) nicht 
getheilt haben, während die anderen, sobald ihre tangentiale Längsstreckung 
einen gewissen Grad erreicht hatte, durch eine Radialwand getheilt worden 
sind, welche mit der Ebene des Querschnittes parallel liegt. In diesem Punkte 
und bis hierher weicht Zyperia von den Verbasceen nicht ab. Die so ent- 
standenen „kleinen“ Zellen, deren tangentialer Querdurchmesser dem der grossen 
gleich ist, d. h. die im Querschnitt gesehen eben so lang sind wie die grossen 
Zellen, theilen sich nun auch noch durch Radialwände, welche auf den ersten 
senkrecht stehen, also mit dem Längsschnitt parallel gehen. Den sichersten 
Aufschluss über diese Verhältnisse verschafft eine Flächenansicht (Taf. 3. Fig. 52); 
in derselben liegen neben der grossen Zelle g zwei kleine aa, deren tangentiale 
Erstreckung in Richtung des Querumfanges der der grossen Zelle wenig nach- 
steht; der der Figur beigegebene Pfeil deutet die Richtung der Längsaxe der 
Samenknospe an; die drei unter dem Buchstaben b zusammengefassten Zellen 
sind ohne Zweifel durch Auftreten zweier Theilungswände aus einer einzigen 
Zelle hervorgegangen, einer „kleinen“ Zelle, die mit der „grossen“ Zelle g1 
ursprünglich gleiche Länge besessen haben muss. Nicht anders ist es mit 
den kleinen Zellen c und c‘, welche aber beide durch eine Radialwand in nur 
zwei Tochterzellen zerfallen sind, wogegen die Zellen m und m‘ sich noch 
nicht getheilt haben. Weil aber diese Theilungen. der kleinen Zellen durch 
mit der Ebene des Längsschnittes parallele Radialwände mit wenig Regel- 
mässigkeit erfolgen, ausserdem aber auch allerlei Verschiebungen unter ihnen 
stattfinden, geht die ehemalige Anordnung der Zellen in Längsreihen mehr 
oder weniger verloren; das einfache Bild, welches die betreffende Schicht bei 
den Verbasceen in der Flächenansicht gewährt, ist hier durch ein viel com- 
plieirteres, unklareres ersetzt, denn jede grosse Zelle ist von ungeordneten 
Schaaren kleiner Zellen umgeben. 

Beide Arten der Radialtheilung nehmen auch weiterhin ihren ungestörten 
Fortgang; denn dass eine gewisse Anzahl von radialen Querscheidewänden neu 
aufgetreten ist, das geht daraus hervor, dass mit zunehmendem Alter der 
Samenknospe die Zahl der kleinen Zellen gewachsen ist, welche zwischen zwei 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 121 


grossen, im Längsschnitt gesehen, liegen. So sind in dem jüngeren Stadium 
Fig. 51 die grossen Zellen gg durch 5—6 kleine, in dem Stadium Fig. 53 
durch 3—8 kleinere, in dem Stadium Fig. 55 durch 9 kleine Zellen getrennt. 
Dass andererseits auch radiale Längsscheidewände in grösserer Menge auf- 
getreten sind, das beweist eine Vergleichung der drei Flächenansichten Taf. 3. 
Fig. 52, 54 und 56. Zwar lässt sich nicht mit Bestimmtheit angeben, wie 
viel T'ochterzellen aus einer der kleinen Mutterzellen geworden sind, durch 
wie viel radiale Längswände jede zertheilt worden ist, weil mit diesen T'hei- 
lungen ihre regelmässige Anordnung verloren gegangen ist und je länger je 
mehr verloren geht; aber dass die Zahl der kleinen Zellen in Richtung des 
Querumfanges grösser geworden ist und zwar in dem Stadium Fig. 54 grösser 
als in dem Stadium Fig. 52, und in dem Stadium Fig. 56 wieder grösser als 
in dem Stadium Fig. 54, davon kann man sich durch Abzählen der Zellen 
in der genannten Richtung überzeugen. Es ist wohl der Hervorhebung werth, 
dass man auch in älteren Stadien, wie Fig. 56, noch kleine Zellen findet, 
welche nicht durch radiale Längswände getheilt worden sind (bb in Fig. 56) 
und deshalb in Richtung des Querumfanges noch eben so lang sind, wie die 
grossen. Ob die Zellen bb erst jetzt durch zwei nacheinander auftretende 
radiale Querwände aus der Zelle e entstanden sind, oder, was mich wahr- 
scheinlicher dünkt, schon in frühem Alter entstanden, aber nicht durch radiale 
Längswände in eine Reihe noch kleinerer Tochterzellen zerlegt worden sind, 
vermag ich nicht zu entscheiden. 

Mit den vielfachen Theilungen der kleinen Zellen geht eine stetige 
Grössenzunahme der grossen Hand in Hand, anfangs nur in tangentialer, 
später auch in radialer Richtung: das Endosperm bildet nämlich durch stär- 
keres Wachsthum innerhalb der Gruppen kleiner Zellen Hügel, die in dem 
Stadium Fig. 53 erst anfangen, sich merklich zu machen, in dem Stadium 
Fig. 55 dagegen schon eine ziemliche Höhe erreicht haben; in demselben 
Maasse haben die grossen Zellen der innersten Schicht ihre Innenmembran 
nach innen ausgestülpt. Weil diese Vorgänge und die sich daran knüpfenden 
Veränderungen genau dieselben sind, wie die im Endosperm und der innersten 
Schicht von Scerophularia, weil sie bei dieser Gattung bereits eine aus- 
führliche Besprechung erfahren haben, wende ich mich von denselben zu den 

Nova Acta XLII. Nr. 1. 16 


122 Ewald Theodor Bachmann. 


übrigen Schichten des Integuments, um deren Entwickelungsgang nachzutragen, 
nachdem ich denselben bereits bis zu dem Stadium Fig. 51 verfolgt hatte. 

In dem folgenden Stadium (Taf. 3. Fig. 53) haben sich die Zellen des 
Zwischengewebes gegen vorhin nur erweitert, nicht aber ihre Form verändert; 
sie führen Plasma untermischt mit kleinen Stärkekörnchen; die Epidermiszellen 
haben ihre Aussenmembranen nach aussen gewölbt und führen ausser Stärke- 
körnchen in reichlicher Menge auch noch Chlorophyll. Späterhin runden sich 
die Zellen des Zwischengewebes allmählich ab und werden durch anfangs 
kleine, im Laufe der Zeit immer grösser werdende Intercellularräume getrennt, 
zuletzt von innen nach aussen zusammengedrückt (Taf. 3. Fig. 55) und stellen 
am reifen Samen eine bräunliche Lamelle mit sehr deutlicher paralleler Striche- 
lung dar, welche dicker ist, als es bei den meisten anderen Scerophularineen 
der Fall ist, eine Eigenthümlichkeit, die sich aus der gleichfalls ungewöhnlich 
hohen Schichtenzahl des Zwischengewebes erklärt. Die Zellen der innersten 
Schicht haben ihre Innenwände stark verdickt und zwar in der für Verbascum 
charakteristischen Weise, durch Differenzirung unzähliger feiner Punkte von 
verschiedener Dichtigkeit; freilich hat diese Verdickungsschicht bei weitem 
nicht die Stärke derjenigen von Verbascum, ja nicht einmal der von Celsia 
glandulosa oder orientalis; dessenungeachtet muss die innerste Zellschicht als 
die Schutzschicht des Samens angesehen werden. Die Seiten- und Aussen- 
wände dieser Zellen, welche man auf den Hügeln zu suchen hat, sind am 
reifen Samen nicht mehr sichtbar, weil sie sammt der Zwischenlamelle den 
Innenwänden der Schutzschichtzellen dicht aufliegen und durch kein Quellung 
verursachendes Reagens von demselben abgehoben werden können; in die 
Thäler hinein setzt sich die Zwischenlamelle nicht fort. Die Epidermiszellen 
sind klein geblieben, haben ihre Membranen zwar gebräunt, aber nicht ver- 
dickt und sind zu einem nicht geringen T'heile zerstört; in vielen fehlt die 
Aussenwand, welche kuppelförmig nach aussen gewölbt und noch an manchen 
Zellen erhalten ist, gänzlich. 


23. Die Gattung Buchnera. 


Die Tribus der Buchneraceae wird von Endlicher in zwei Sub- 
tribus eingetheilt, deren erste den Namen Eubuchnereae führt, während die 
zweite die der Manuleae ist. In letztere gehören die Gattungen Chaenostoma 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 123 


und Lyperia, aus ersterer habe ich nur den Samen einer Gattung untersuchen 
können, leider nicht einmal entwickelungsgeschichtlich, den von Buchnera 
americana L. Derselbe ist nicht viel grösser als der von Chaenostoma, 
aber dunkelbraun, sogar noch dunkler gefärbt, als der von Zyperia, hat 
keine Hügel auf seiner Oberfläche, sondern ist glatt und zeigt erst unter 
mindestens zwanzigfacher Vergrösserung eine grosse Anzal kleiner Höcker. 
Noch viel auffälliger als diese äusserlichen sind die im mikroskopischen Bau 
der Testa begründeten Unterschiede gegenüber den Gattungen der zweiten 
Subtribus. 

Das Endosperm ist im Querschnitt kreisrund, im Längsschnitt oval 
und hat nur zwei Schichten tangential gestreckter Zellen, trotzdem aber eine 
nicht geringe Festigkeit und Härte. Dasselbe wird von einer dünnen, braunen 
Lamelle bedeckt, die nicht die Spur zelliger Struetur aufweist, weder in der 
Flächenansicht noch auch und noch viel weniger im Längs- oder Querschnitt; 
ohne Zweifel ist dieselbe aus dem ursprünglich mehrschichtigen subepidermoidalen 
Gewebe durch Zusammenpressen desselben entstanden. Die Epidermis ist ganz 
eigenthümlich gebaut; ihre Zellen sind sehr gross und immer in Richtung der 
Längsaxe des Samens tangential am stärksten gestreckt; manchmal beträgt ihr 
Längsdurchmesser sogar das vier- bis fünffache des Querdurchmessers; noch 
viel geringer als letzterer ist ihr radialer Durchmesser, ihre Höhe. Ihre Um- 
risse sind in der Regel polyedrisch, seltener rechteckig. Die Innenwände sind, 
im Querschnitte gesehen, fast halbkreisföürmig gebogen, so dass man in An- 
betracht ihrer bedeutenden Länge die Zellen am zutreffendsten mit einem Troge 
vergleichen kann. Die Aussenwand ist ganz dünn und hängt nach innen, ist 
sogar gewöhnlich der Innenwand dicht angeschmiegt. Die Seitenmembranen 
sind ausserordentlich stark verdickt und zwar in ihrer ganzen Flächenausdeh- 
nung, von innen bis nach aussen und ringsum, also in Form einer einzigen 
Ringfaser, welche aber, ich wiederhole es, die ganze Fläche der Seitenwände 
einnimmt; innen und aussen ist dieselbe am dünnsten, in der Mitte am dick- 
sten, nämlich so dick, dass die beiden zusammengehörigen Seitenwände be- 
nachbarter Zellen im Querschnitt geradezu kreisrund erscheinen (Taf. 3. Fig. 57). 
Durch die Mitte dieses Kreises verläuft von innen nach aussen eine dünne, 
das Licht stärker brechende Mittellamelle, wogegen die beiden halbkreisförmigen 
Seitentheile dunkelbraun gefärbt sind. Die Innenmembran ist dünn, aber 

16* 


124 Ewald Theodor Bachmann. 


stellenweise durch Leisten verdickt, welche den Seitenmembranen an Stärke 
nichts nachgeben. Diese Verdickungsleisten sind aber auch, wovon man sich 
in der Flächenansicht überzeugen kann, sehr breit und lassen zwischen sich 
ovale oder kreisrunde Stellen unverdickt. In sehr schmalen und langen Zellen 
verlaufen nur vier bis fünf derselben durch die ganze Länge der Zelle. In 
breiteren Zellen hat die Innenwand eine Verdickungsleiste, welche mit der 
Längsaxe der Zelle parallel und immer in gleicher Entfernung von den beiden 
langen Seitenwänden hinläuft, von ihr gehen dann wieder kurze Querleisten 
nach den beiden Seitenwänden; die der linken Seite opponiren denen der 
rechten; nur selten alterniren die Querleisten und dünnen Stellen der linken 
Seite mit denen der rechten, eben so selten gabelt sich eine Längsleiste oder 
sind zwei völlig selbständige Längsleisten vorhanden. Aus der Anwesenheit 
und Anordnung der Verdickungsleisten erklärt es sich, dass die gekrümmte 
Innenwand im Querschnitte bald sehr dick, bald nur wie ein dünnes Häutchen, 
das in der Mitte einen hohen Buckel trägt, erscheint (Taf. 3. Fig. 57). 


Zusammenfassung. 

Die Trennung der 7. Tribus in zwei Subtribus spricht sich auch in den Gegen- 
sätzen aus, welche bezüglich der Beschaffenheit der Samenschale obwalten zwischen den 
Gattungen der einen Unterabtheilung und denen der anderen. 

1. Bei den Enubuchnereae sind an der reifen Testa mit Sicherheit nur zwe 

Schichten nachzuweisen: 

a) die Epidermis, 
b) eine Lamelle zusammengepressten Gewebes; 
bei den Manuleae sind drei vorhanden: 
a) die Epidermis, 
b) das zu einer dünnen Lamelle zusammengedrückte Zwischengewebe, 
c) die innerste Schicht (Schutzschicht). 
2. Bei den Eubuchnereae ist die Epidermis die Schutzschicht, bei den Manuleae 
ist es die innerste Schicht. 
3. Das Endosperm der Eubuchmereae besitzt eine glatte Oberfläche, das der 

Manuleae hat Hügel und Thäler gebildet. 

4. Die Oberflächenskulptur des Samens rührt bei Buchnera davon her, dass die 

Aussenmembranen der Epidermiszellen eingesunken sind und in Folge dessen 

ihre Seitenwände vorstehen, während sie bei den Manuleae vom Eiweiss hervor- 


gebracht wird. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 125 


[21 


. Die Entstehung der Endospermhügel von Chaenostoma und Lyperia erfolgt in 
derselben Weise, wie bei Scrophularia und Verwandten, und auch die Betheiligung 
der Zellen der innersten Schicht an diesen Wachsthumsvorgängen ist dieselbe, 
wie bei Scrophularia. 

6. Die Entwickelung der Schutzschicht von Lyperia zeigt gegenüber der von 
Ohaenostoma und Scerophularia ein ganz neues Moment, darin bestehend, dass 
die „kleinen“ Zellen auch durch radiale Längswände getheilt werden, wäh- 
rend sie bei diesen nur durch radiale Querwände getheilt werden, so dass in 
Folge dessen bei Lyperia die grossen Zellen in der Flächenansicht von ganzen 
Schwärmen kleiner umgeben sind und dadurch die Anordnung in alternirende 
Längsreihen sehr verwischt worden ist. In den ersten Stadien der Entwickelung 
jedoch gleichen sich die innerste Schicht von Lyperia einerseits und die von 
Chaenostoma und Scrophularia andererseits vollständig. 

8. Die Farbe des Samens rührt von der Färbung der Membranen der Testa her. 


Tribus VIII. Buddleieae. 


24. Die Gattung Buddleia. 


Die Samen von Buddleia Lindleyana Fortun. sind lang und dünn, 
laufen nach dem Mikropyle- und dem Chalazaende in ziemlich scharfe Spitzen 
aus und haben mehrere gleichfalls scharfe Längskanten. Ihre Farbe ist ein 
helles Gelbbraun. Die Epidermis sitzt der innersten Schicht so locker auf, 
dass sie durch Reiben zwischen den Fingern von derselben abgelöst werden 
kann, wobei regelmässig auch die beiden spitzen Enden verloren gehen; denn 
das Endosperm reicht nicht bis in dieselben, hat den Raum, den die Epidermis 
umschliesst, durchaus nicht ganz ausgefüllt, hat überhaupt nicht die Grösse 
und die langgestreckte, an beiden Enden spitz zulaufende Gestalt des Samens, 
sondern ist kürzer und eiförmig oder ellipsoidisch. Die Oberfläche des Samens 
ist unter 20—30facher Vergrösserung betrachtet feingrubig. 

Die Epidermiszellen sind in der Flächenansicht gewöhnlich polyedrisch, 
manchmal auch rechteckig, meist isodiametrisch, zuweilen aber auch in Richtung 
der Längsaxe des Samens am stärksten tangential gestreckt; die Innenwand 


126 Ewald Theodor Bachmann. 


ist in einem so tiefen Bogen nach innen ausgestülpt, dass die niedrigen Seiten- 
wände die unmittelbare Fortsetzung desselben zu bilden scheinen und sich 
nicht im mindesten scharfwinklig von jener absetzen: die Zellen sind kessel- 
formig. Die Innenwände haben Verdickungsleisten, deren in der Flächenansicht 
sichtbare Breite ihre Dicke oder Höhe oft um das Mehrfache übertrifft; ihre 
Zahl, in manchen Zellen nieht über zwei hinausgehend, ist immer gering. In 
Zellen, welche vorwiegend nach einer Richtung gestreckt sind, verlaufen sie 
in der Regel untereinander parallel und rechtwinklig zur Längsaxe der Zelle, 
meistens aber ist ihr Verlauf ein ganz unregelmässiger; manche sind gerade, 
manche gekrümmt, manche verlaufen, einen engen Kreis beschreibend, wieder 
in sich selbst zurück; viele sind einfach, viele gabeln sich, noch andere theilen 
sich in drei bis vier schmälere Leisten, welche radienartig von dem gemein- 
schaftlichen, breiteren Stamme ausstrahlen u. s. w., alles Einzelheiten, die zu 
beschreiben viel zu weit führen würde. Die Seitenmembranen sind stark ver- 
dickt, allerdings kaum halb so stark, aber in derselben Weise, wie die von 
Buchnera americana, nämlich in ihrer ganzen Flächenausdehnung von innen 
bis nach aussen und ringsum, also in Form einer einzigen, niedrigen Ring- 
faser; auch haben sie eine dünne Mittellamelle und sind gelbbraun gefärbt. 
Die Aussenwände sind dünn und farblos und haben sich bogenförmig nach 
innen gesenkt. 

Unter der Epidermis liegt Zwischengewebe, das in verhältnissmässig 
geringem Grade zusammengedrückt worden ist, in so geringem, dass die Zellen 
bei Behandlung mit KHO wieder aufquellen und ihre Lumina deutlich, wenn 
auch nicht in ihrer ganzen, ursprünglichen Weite zeigen; an den beiden spitzen 
Enden des Samens, wo zwischen der Epidermis und dem Eiweiss ein grosser 
Zwischenraum geblieben ist, ist das betreffende Gewebe fast gar nicht zu- 
sammengedrückt worden; die Zellen sind hier sehr gross, abgerundet, dünn- 
wandig und durch kleine Intercellularräume von einander getrennt. Aus dieser’ 
Beschaffenheit des Zwischengewebes erklärt es sich, dass man die Epidermis, 
wie oben beschrieben worden ist, mit Leichtigkeit ablösen kann. 

Die Zellen der innersten Schicht sind ausserordentlich stark tangential 
gestreckt, meist in Richtung der Längsaxe des Samens schwächer als in 
Richtung der Queraxe; die Seitenwände sind, am reifen Samen wenigstens, 
um so niedriger, die Zellen also tafelföürmig. Sie sind in acht Längsreihen 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 127 


angeordnet, welche meridianähnlich von dem einen Ende des ellipsoidischen 
Endosperms bis zum anderen ziehen; folglich sind die Zellen, welche in der 
Nähe der Pole liegen, am kleinsten und ausserdem tritt an diesen beiden 
Punkten die reihen- oder meridianweise Anordnung zurück, dagegen die in 
eoncentrischen, immer enger werdenden Kreisen hervor. Die Contouren sind 
häufig krummlinig, bisweilen sogar leicht gewellt. Die Innenmembranen sind 
ziemlich dick und ganz gerade oder eben, woher es kommt, dass sie zusammen 
im Querschnitt ein fast gleichseitiges Achteck bilden und dass auch das 
Endosperm im Querschnitt diese Form hat; auf ihr erheben sich kleine, punkt- 
oder körnchenartige Verdiekungen in geringer ‚Anzahl über die ganze Fläche 
zerstreut; bei höchster Einstellung, nämlich auf den Gipfel der Körnchen, er- 
scheinen sie als dunkle Punkte, bei tiefster Einstellung, auf das Niveau der 
Fläche, als helle und sehen dann kleinen Poren täuschend ähnlich; feine Quer- 
schnitte beweisen, dass es wirklich Verdickungen sind; auf der Innenwand 
der kleinen Zellen, welche die beiden Pole umgeben, stehen sie ganz besonders 
dicht. Die niedrigen Seitenwände sind gleich den Innenmembranen verdickt, 
innen, d. h. in unmittelbarer Nähe dieser am stärksten, worauf ihre Dicke 
nach aussen zu schnell abnimmt. Die Aussenwand ist dünn und sammt der 
Lamelle zusammengedrückten Zwischengewebes, von der sie sich gewöhnlich 
gar nicht abhebt, nach innen gesunken entweder so tief, dass sie der Innen- 
membran unmittelbar aufliegt, oder so, dass beide noch durch einen geringen 
Zwischenraum getrennt sind. 

Die Entwickelungsgeschichte des Samens konnte ich nicht untersuchen, 
weil sich die Blüthen eben erst entfaltet haben, folglich bis jetzt allein die 
jüngsten Stadien zur Ausbildung gekommen sind, alle übrigen. hingegen noch 
fehlen. 

Aus den beiden Gattungen Buddleia und Nuxia hat Endlicher 
seine achte Tribus: Buddleieae, gebildet und damit denselben eine gewisse 
Sonderstellung angewiesen. Fragt man sich, ob die mikroskopische Beschaffen- 
heit der Samenschale diese Auffassung unterstützt, so kann man das nur 
bedingungsweise bejahen; denn der lockere Zusammenhang zwischen Epidermis 
und innerster Schicht, welcher auf einer nicht vollständigen Zusammenpressung 
des Zwischengewebes beruht, die gute Erhaltung des letzteren an den beiden 
Enden des Samens, sind beides keine Merkmale von durchgreifender Bedeutung. 


128 Ewald Theodor Bachmann. 


Dass andererseits sowohl die innerste Schicht, als auch die Epidermis ver- 
dieckte Membranen haben, ist nichts, das den Buddleieae ausschliesslich zu- 
käme, da auch bei den Verbasceen die innerste Schicht als Schutzschicht 
fungirt und trotzdem die Epidermiszellen noch Verdickungsleisten haben. 


Tribus IX. Veroniceae. 


25. Die Gattung Veronica. 


„Der im Anfange des Paragraphen erwähnte Fall bei den Cochlidio- 
spermen der Veronica-Arten ist mir bis jetzt als die schwerste Aufgabe der 
Untersuchung (nämlich der Entwickelungsgeschichte der T'esta) erschienen und 
ich habe mehrere Jahre hintereinander die Untersuchung immer wieder auf- 
nehmen müssen, bis ich sie vollendet hatte“ — so schrieb Schleiden!) 1849 
bereits in der 3. Auflage seiner Grundzüge. Man fühlt sich aber etwas ent- 
täuscht, die Resultate seiner jahrelangen Untersuchungen in so kurzer, um 
nicht zu sagen fragmentarischer Weise 2) wiedergegeben zu finden: „Die Hüllen 
der Samenknospe werden vom auswachsenden Endosperm wenigstens auf der 
äusseren Seite vollständig resorbirt, so dass das Endosperm von convex-concaver 
Gestalt in seiner concaven Seite die Reste desselben aufnimmt, an der convexen 
aber ganz nackt ist. Dieser merkwürdige Vorgang findet bei der Abtheilung der 
Veronica-Arten. statt, die man muschelsamige (cochlidiospermae) nennt.“ Dieser 
Angabe nach wäre man versucht zu glauben, dass Schleiden nicht sämmtliche 
Cochlidiospermen untersucht hat, sondern nur V. hederaefolia und vielleicht 
auch noch V. Cymbalaria, da sich diese nach Planchon?°) mit jener fast 
völlig identisch verhält; V. triphyllos dagegen entbehrt auf der convexen 
Seite der T'esta durchaus nicht, im Gegentheil, auf der Rückenseite sind die- 


1) Citirt nach der 4. Aufl. pag. 538. 
2) ibid. 536. 
3) Planchon, des vrais et des faux arilles. Montpellier 1844, pag. 41. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 129 


selben Schichten und auch in gleicher Mächtigkeit zur Ausbildung gekommen, 
welche die Bauchseite trägt; dieselben bestehen am reifen Samen fort, ohne 
irgend welche Aenderung zu erfahren, die nicht auch auf der concaven Seite 
vor sich ginge. Allein selbst wenn man die Angabe von der Nacktheit der 
convexen Seite auf die zuerst genannten beiden Species beschränken wollte, so 
würde sie doch einer kleinen Correetur bedürfen, oder hat sie vielmehr bereits 
erhalten, und zwar durch einen der vorzüglichsten französischen Botaniker, 
durch Tulasne.!) Demselben ist es gelungen, durch Erwärmen der Samen 
in Säuren auf ihrer Oberfläche ein sehr resistentes Häutchen nachzuweisen, 
das er betr. Orts auch näher beschreibt, über dessen Zugehörigkeit er sich 
aber nicht mit voller Sicherheit ausspricht. Weil ich später ohnedies noch 
einmal hierauf zurückzukommen habe, lasse ich es hier bei der vorläufigen 
Erwähnung und Zurechtstellung der Schleiden’schen Ansicht bewenden. 
Gerade von französischen Botanikern ist seiner Zeit das Thema über 
die Entwickelung der Veronica- Samen mit Vorliebe behandelt worden; so 
brauche ich ausser den bereits angeführten nur noch die Namen von Duvan,?) 
Aug. de St. Hilaire®) und Chatin®) zu nennen. So interessant und wichtig 
nun auch deren Beobachtungen, zumal die des zweiten sind, von Planchon 
und Tulasne werden sie in jeder Beziehung übertroffen;. deren Werke sind 
es auch vorzüglich, auf welche ich mich stütze, sie sind es endlich, auf deren 
Schultern Chatin steht. Aus diesem Grunde ist es befremdlich, zu sehen, 
dass durch Chatin’s Untersuchungen die Lösung der Frage nach der 
Coehlidiospermie nicht um den kleinsten Schritt gefördert worden ist. Dass 
ich aber mit diesem, wie ich mir sehr wohl bewusst bin, strengen Urtheile 
dem Verfasser nicht zu nahe getreten bin, das wird sich im Laufe der nun 
folgenden Darlegung herausstellen. Ich beginne mit der interessantesten Art: 


1) Tulasne, Ktudes d’embryogenie vegetale. Ann. des sc. nat. ser. II, t. XII, 
1849, pag. 37. 


2) Duvan, Considerations sur le genre Veronica ete. Ann. des sc. nat. ser. I, vol. 
VIII, 1826. j 


3) Aug. de St. Hilaire, M&moire sur les Myrsindes, les Sapotees et les embryons 
paralleles au plan de l’ambilie, 1837. 


4) Chatin, Etudes sur le developpement etc. (s. 0.) 


Nova Acta XLIH. Nr. 1. 1er 


130 Ewald Theodor Bachmann. 


Veronica hederaefolia. 

Aus einer Knospe von so frühem Alter, dass ihre Blumenblätter nicht 
allein noch sehr klein, sondern auch noch farblos sind, kann man mit einiger 
Vorsicht Samenknospen herauspräpariren, deren Nucleus von dem einzigen 
Integument noch nicht vollständig bedeckt ist, wie das im Gegensatz zu 
Planchon, der die ganze Samenknospe für einen nackten Knospenkern an- 
sah, schon von Tulasne nachgewiesen und seitens Chatin’s bestätigt worden 
ist. In diesem Stadium nimmt das Integument den bei ‚weitem grössten "Theil 
vom Volumen der Samenknospe ein und besteht aus vier Zellschichten, welche 
Zahl allerdings am äusseren, freien Rande um eine vermindert ist. Die 
Epidermis fängt erst an, sich von den subepidermoidalen Lagen zu differen- 
ziren: die Zellen der letzteren sind alle polyedrisch und werden durch ganz 
verschieden gestellte Wände getheilt, während in der Epidermis nur noch 
Radialtheilungen stattfinden. Alle Zellen sind dünnwandig und mit Plasma 
dicht erfüllt. Zu derselben Zeit wächst der kurze Knospenträger an der der 
Mikropyle zugewendeten Seite zu einer buckelartigen Anschwellung aus, welche 
schliesslich so gross wird, dass sie nur durch einen engen Spalt von der 
Mikropyleregion der Samenknospe getrennt ist. Die geringe Weite dieses 
Spaltes ist es wohl auch gewesen, die Tulasne !) verleitet hat, denselben an 
einigen nur um wenig älteren Samenknospen mit schon völlig geschlossener 
Mikropyle für den Knospenmund zu halten. 

In dem durch Fig. 58 dargestellten zweiten Stadium, in welchem die 
Mikropyle geschlossen ist und das Keimbläschen bereits das Knospenkern- 
gewebe völlig verdrängt hat, hat das Integument, so beträchtlich es sich auch 
in die Länge gestreckt und an Dicke zugenommen hat, nur stellenweise eine 
Vermehrung seiner Zellenlagen auf fünf erfahren. Die Zellen der sub- 
epidermoidalen Schichten sind wie vorher, im Längsschnitt gesehen, polyedrisch, 
nicht immer gleich gross, im Allgemeinen aber weiter geworden. Die innerste 
dieser Lagen, diejenige also, welche dem Embryosack unmittelbar aufliegt, hat 
Jetzt bereits begonnen, sich von den anderen Zellenlagen zu differenziren, in- 
dem ihre Zellen kleiner geblieben und je länger je mehr einander nach Form 
und Grösse ähnlicher geworden sind (Taf. 3. Fig. 58). Chatin scheint das 


1) Tulasne, 1. ec. Pl. IH. fie. 30. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 131 


übersehen zu haben, da er Seite 41 sagt, dass in der „homogenen“ Zellmasse 
des Integuments Differenzirungen zwischen dem Centrum und der Peripherie 
(Epidermis?), charakterisirt durch die polyedrische Form einerseits, die qua- 
dranguläre andererseits, sichtbar würden. Weiter unten erwähnt er die innerste 
Schieht zwar, jedoch ohne irgend welche Angabe über ihre Natur, ja man 
wiirde kaum wissen, was er unter der „enveloppe“ des Embryosackes meinte, 
wenn er dabei nicht der Controverse zwischen T'ulasne und Schleiden, die 
sich an diese Schicht knüpfte und auf die ich unten nochmals zurückzukommen 
habe, Erwähnung thäte. Die Epidermiszellen sind im Längsschnitt rechteckig, 
in der Flächenansicht polyedrisch, alle gleich hoch und im Grossen und Ganzen 
auch von gleicher Grösse. 

Weil der fernere Entwickelungsgang der Samenknospe eng an die 
Formveränderungen des Embryosackes gebunden ist, und durch diese erst die 
des Integuments erklärt und begriffen werden können, bin ich genöthigt, zu- 
nächst jene einer eingehenden Besprechung zu unterziehen und erinnere bei 
dieser Gelegenheit an die von Hofmeister!) in kurzen Zügen aber ganz 
treffend gegebene Schilderung der Entwickelung des Embryosackes. 

Der in dem zuletzt besprochenen Stadium (Taf. 3. Fig. 58) ungefähr 
spindelförmige Embryosack verlängert sich nach vorn, d.h. in den Mikropyle- 
kanal hinein, zu einer engen Ausstülpung, welche sich bald an ihrem Ende 
kopfartig erweitert, so dass zwischen diesem Köpfchen und dem dicken Theile 
des Embryosackes eine halsartige Einschnürung besteht. In dieser Ausstülpung 
haben wir „den vorderen Anhang resp. Aussackung“ der deutschen 
Autoren, „la partie superieure tubuleuse du sac embryonaire“ (Tulasne) oder 
„la tete+ le col du sac embr.“ (Tulasne), „le bee eylindrique“ (Planch.). Im 
ausgebildeten Zustande ist dieser Anhang wohl als „tilet sup6erieur“, „cordon 
superieur“, „le petit filet“ bezeichnet worden, aber irrthümlich; denn in Wahr- 
heit bildet er nur die Fortsetzung des sogenannten kleinen Funieulus (le petit 
funieule, Tulasne; le petit file, Aug. de St. Hilaire). — Gleichzeitig ent- 
steht am Chalazaende des Embryosackes eine zweite Aussackung, die aber 
nicht gleich jener eine gerade Fortsetzung des Körpers, wenn ich den mittleren, 


1) Hofmeister, Neuere Beobachtungen über die Embryobildung der Phanerogamen, 
Pringsheim, Jahrb. f. w. Bot. I. 


1U= 


132 Ewald Theodor Bachmann. 


dicken Theil des Embryosackes so nennen darf, bildet, sondern unter einem 
mehr oder weniger spitzen Winkel von demselben abweicht und der hintere 
Anhang, die basiläre Aussackung genannt wird (appendice basilaire 
Tulasne, coecum basilaire vide Tulasne, tube vide Planch.). Letzterer 
dringt parallel mit der Raphe und unmittelbar unterhalb derselben in das Ge- 
webe der Samenknospe ein, um schliesslich fast bis zum Hilus vorzudringen. 
Auch der vordere Anhang verlängert sich später bedeutend und dringt an der 
Mikropylemündung vorbei, fast einen rechten Winkel bildend, gleichfalls in 
den Theil der Samenknospe ein, der dem Hilus zunächst liegt. — Nach dieser 
allgemeinen Darstellung der Entwickelungsgeschichte des Embryosackes kehre 
ich zu der des Integuments und der der ganzen Samenknospe zurück. 

Zu derselben Zeit (3. Stadium), in welcher die Endospermbildung ihre 
ersten Entwickelungsstufen zurückgelegt hat und die beiden Anhänge bereits 
entstanden sind, hat sich auch die innerste Schicht des Integuments vollständig 
differenzirt und zwar in so hohem Grade, dass sie die in die Augen fallendste 
Schicht des ganzen Integuments ist. Ihre Zellen sind im Längsschnitt rectan- 
gulär, niedrig, fast gleich nach Form und Grösse und dicht mit Plasma erfüllt 
Eine treffliche Zeichnung giebt Tulasne?!) von ihr, allerdings nach V. tri- 
phyllos entworfen, aber auch für V.hederaefolia giltig. Es ist das dieselbe 
Schicht, welche Schleiden als dem Knospenkern zugehörig, Tulasne2) und 
Chatin?) als die innerste Schicht des Integuments ansprechen; in Anbetracht 
ihres Entwickelungsganges sehe ich mich gezwungen, der letzteren Ansicht 
beizutreten. — Die Zellen der übrigen subepidermoidalen Schichten theilen 
sich nur noch selten, müssen sich folglich, um dem Wachsthum der Samen- 
knospe folgen zu können, stark tangential strecken und zwar geschieht das 


1) Schleiden, Ueber d. Bildung des Eichens und Entstehung des Embryo bei den 
Phanerogamen in Nov. Act. Bd. XIX, P. I, pag. 57, Taf. VII, Fig. 139 und 140. 

2) Tulasne, 1. ce. pag. 34, giebt keinen eigentlichen Beweisgrund für seine Ansicht 
an, sondern schliesst aus Analogie mit vielen anderen Pflanzen, dass die betr. Schicht zum 
Integument gehören müsse und fährt dann fort: „quoi qu’il en soit ete.“, lässt also die Sache 
noch unentschieden. 

3) Chatin, l. e. pag. 43 und 44, spricht mit aller Entschiedenheit aus: „le test de 
la graine, form aux depens du tegument seminal, se montre ete.“, wobei er unter der Testa 
eben die fragliche Zellschieht meint. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 133 


vorwiegend in Richtung der Längsaxe der Samenknospe. Dabei runden sie 
ihre Wände mehr oder weniger ab, nehmen sehr unregelmässige Formen an; 
es treten kleine Intercellularräume zwischen ihnen auf und allmählich ver- 
lieren sie ihren plasmatischen Inhalt, von dem nur noch geringe Ueberreste 
vorhanden sind, wenn das Endosperm anfängt, diese Schichten zusammenzu- 
drücken. — In dem 4. Stadium, das durch Fig. 59 dargestellt ist, hat dieser 
Process bereits begonnen und vorzüglich sind es die Zellen der innersten 
Zwischenlage, an denen er sich bemerklich macht. Von hier aus schreitet er 
allmählich in die äusseren vor. Damit hält eine Veränderung der Epidermis 
gleichen Schritt: in demselben Maasse nämlich, in welchem das Endosperm 
heranwächst und einen Druck auf das Integument ausübt, runden sich die 
Epidermiszellen, welche unterdessen eine unregelmässig-polyedrische Gestalt 
angenommen haben, ab; das zeigt sich allerdings zuerst nur an ihren Innen- 
und Aussenwänden (Taf. 3. Fig. 63), pflanzt sich aber auch schnell auf die 
Seitenwände fort. Natürlich wird dadurch die seitliche Berührungsfläche der 
Epidermiszellen vermindert, schliesslich bis auf ein Minimum redueirt, mit den 
Berührungsflächen selbstverständlich auch der gegenseitige Zusammenhalt. Da- 
bei ist endlich der Inhalt der Zellen bis auf eine geringe Anzahl kleiner 
Körnchen verschwunden. Die Zwischenschichten sind unterdessen total zu- 
sammengepresst worden, nur noch unter starker Vergrösserung an der parallelen 
Strichelung erkennbar, und werden zum Schluss gänzlich resorbirt. 

Nun treten an der Epidermis zwei sehr merkwürdige Erscheinungen 
auf. Zuerst nämlich bildet die Epidermis eine Anzahl von Falten (Fig. 63 
und 66), welche mit Vorliebe an solchen Stellen zu entstehen scheinen, wo 
der Embryosack eine Einbuchtung hat, z. B. wo sein Körper in die beiden 
Anhänge übergeht, aber durchaus nicht immer; denn, wie Fig. 66 lehrt, sind 
die Falten sehr zahlreich und gross unterhalb des Embryosackes, an der 
Raphenseite der Samenknospe, zur Entwickelung gekommen. Die Ursache ist 
das starke tangentiale Wachsthum der Epidermiszellen, an welchem die Zellen 
der subepidermoidalen Lagen nicht mehr theilnehmen, da dieselben, wie bereits 
erwähnt, jetzt schon ziemlich stark zusammengedrückt sind. Auf derselben 
Ursache beruht der nun folgende, noch viel eigenthümlichere Vorgang: Es 
werden nämlich einzelne Epidermiszellen durch die benachbarten aus dem 
Verbande mit diesen herausgedrängt, sie fallen einfach ab. Die Flächenansicht 


134 Ewald Theodor Bachmann. 


weist an solchen Stellen natürlich eine Lücke auf (Fig. 60 bei 1,)). Auch 
Quer- und Längsschnitte sind ganz geeignet, die Lücken zu zeigen (Fig. 67); 
ja, sie zeigen dieselben noch viel besser als die Flächenansicht, für welche 
ausser Benutzung eines sehr starken Systems eine sehr genaue Einstellung 
des Tubus und sorgfältiger Wechsel in der Einstellung nöthig ist. Letzterer 
ist unbedingt nöthig, um eine Vorstellung von den Wachsthumsvorgängen zu 
erhalten, denen die Epidermiszellen, weniger energisch auf der convexen als 
auf der Raphenseite, unterliegen. Auf jener verlängern sich die Zellen in 
Richtung ihres Längsdurchmessers, oder noch häufiger, sie treiben seitwärts 
von einem ihrer beiden Enden eine Ausbuchtung, welche in irgend einem 
Winkel zur Längsaxe der Zelle papillenartig zur Seite wächst und zwar ent- 
weder (wenn nämlich die benachbarten Epidermiszellen abgestossen sind) in 
die dadurch entstandene Lücke hinein, also mit allen übrigen Epidermiszellen 
in gleichem Niveau, oder (wenn die der Ausstülpungsstelle zunächst liegende 
Epidermiszelle noch nicht abgestossen ist) über diese hinweg, fest an deren 
Aussenseite angeschmiegt, z.B. die Zellen a,a in Fig. 60. In letzterem Falle 
erhebt sich also ein papillöser Auswuchs über das Niveau der Epidermis, 
welcher, wenn er klein bleibt, die Form einer Papille behält, wenn er lang 
wird, die eines Pflanzenhaares annimmt. Während die Epidermiszellen der 
convexen Seite den ersten Zustand in der Regel nicht überschreiten, strecken 
sich umgekehrt die Zellen der Raphenseite zu ungemein langen Haaren, welche 
sich in complieirtester Weise mit einander verflechten und verfilzen, nie, so 
viel ich gesehen habe, sich verzweigen, wohl aber häufig durch Querwände 
theilen und so zu mehrzelligen Haaren werden. Die Endzellen dieser Haare 
sind in der Regel beträchtlich länger als die Basal- und mittleren Zellen. 
Die Gesammtheit der langen, haarartigen Epidermiszellen bildet, so dicht sind 
sie untereinander verflochten, eine Art Hülle, in welcher die Samenknospe, 
nur mit ihrer convexen Seite herausragend, zu stecken scheint. Je länger die 
Zellen der Raphenseite werden, desto mehr von den Zellen der Epidermis 
der convexen Seite gehen verloren, so dass sie schliesslich hier ganz ab- 
gestossen ist, während sie auf der. concaven Seite den sogenannten „schau- 
migen oder schwammigen Körper“ (le corps mousseux Aug. de St. 
Hil., tissu spongieux Chatin) bildet, in welchem sie ihren Ursprung und 
ihr Wesen völlig verleugnet. In diesem Stadium ragt aus dem schaumigen 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 135 


Körper, da die Samenknospe auf ihrer convexen Seite der Epidermis, wie 
auch der Zwischenschichten verlustig gegangen ist, nur das unterdessen mächtig 
herangewachsene Endosperm, blos von der innersten Schicht des Integuments 
bedeckt, hervor. Der vorragende Theil sticht durch die Glätte seiner Ober- 
fläche von dem selbstverständlich sehr rauhen schwammigen Körper auffallend 
ab. Mit der Zeit verschwindet auch dieser gänzlich, so dass, noch bevor der 
Same seine volle Reife erlangt hat, die Testa nur noch durch ihre innerste 
Zellenlage repräsentirt wird, wie z. B. in dem durch Fig. 61 dargestellten 
sechsten Stadium. 

Der schaumige Körper hat die Autoren lange Zeit beschäftigt; ihm 
haben sie die sorgfältigsten Untersuchungen gewidmet, über seine Bedeutung 
die widersprechendsten Vermuthungen geäussert, ohne das richtige, dass er 
ein Zerstörungsproduet der Epidermis des Integuments sei, getroffen zu haben. 
Aug. de St. Hilaire z. B. hält ihn für einen Nabelstrang (cordon ombilical), 
welcher erst später entstehe, sich zwischen Placenta und Samenknospe ein- 
schiebe, zur Befestigung der letzteren an erstere diene, aber nur an seiner 
oberen, dem Hilus nahe gelegenen Partie mit der Placenta in Verbindung 
stehe. Ganz anders Planchon, denn er hält den „corps mousseux“ für eine 
nachträgliche Bildung des Knospenkerns oder der Epidermis desselben, während 
Chatin eine dritte Ansicht ausspricht, dahingehend, dass er eine Wucherung - 
am freien Rande jener Anschwellung des Funieulus sei (x in Fig. 58), welche 
sich deckelartig über die Mikropyle wegzieht: „la portion basilaire ou funi- 
eulaire de l’ovule s’est renflöee de fagon & representer une sorte d’opereule 
assez semblable & ceux qui existent dans certaines Euphorbiacees, et qui ont 
ete decrits par M. Baillon, puis sur le bord libre de ce renflement, apparaissent 
des papilles formees de cellules allongees et constituant une sorte de tissu 
spongieux qui s’etend ainsi peu A peu sur une assez grande partie de la sur- 
face de l’ovule.“!) Weiter unten fügt er noch hinzu, dass diese „Produetion“, 
obwohl sie das Aussehen eines Arillus habe, in Wirklichkeit doch nicht als 


!) Chatin, l. e. pag. 41. — Wenn übrigens Chatin pag. 42 schreibt: „M. J. E. 
Planchon, qui a soigneusement etudie cette production, la designe sous le nom de corps mous- 
seux‘“, so könnte man verleitet werden, Planchon auf Grund dieses Citats für den Autor des 
Ausdruckes „corps mousseux‘“ zu halten, während ihn bereits Aug. de St. Hilaire in seinem 
sieben Jahre früher erschienenen oben citirten Me&moire gebraucht. 


136 Ewald Theodor Bachmann. 


solcher betrachtet werden dürfe, und dass sie sich in demselben Maasse ver- 
mindere, in dem sich die Samenknospe dem Ziele ihrer Entwickelung nähere, 
schliesslich aber nur noch Spuren davon in der „funiculären Region“, also 
auf der concaven Seite der Samenknospe zu finden seien. Auch die letztere 
Angabe entspricht nieht dem thatsächlichen Verhalten, da am reifen Samen, 
wie schon erwähnt, der schwammige Körper spurlos verschwunden ist. 

In der Deutung desselben kommt Planchon der Wahrheit am nächsten. 
Sein Hauptirrthum liegt darin, dass er die Samenknospe von V.hederaefolia 
für nackt hielt. Hätte er gewusst, dass ein Integument vorhanden und dass 
das, was er für den Knospenkern angesehen hatte, der Hauptsache nach das 
Integument sei, so hätte er auch erkennen müssen, dass der schaumige Körper 
aus letzterem, nicht aber aus dem Knospenkern hervorgeht. Sodann weicht 
Planchon von den beiden anderen Forschern in der Angabe ab, dass der 
schwammige Körper die ganze Oberfläche der Samenknospe bedecke, wie das 
auf Grund seiner ersten Annahme auch gar nicht anders sein kann, später 
von dem sich ausdehnenden Endosperm (Embryosack) auf der Rücken- (con- 
vexen) Seite zerrissen werde, worauf sich der Embryosack mit seiner glatten 
gewölbten Oberfläche über den Rand der Rissstelle erhebe, wie der Hut eines 
Champignons, nachdem derselbe eben die ihn bisher umgebende Volva zer- 
rissen hat. Leider spricht sich Planchon nicht näher darüber aus, aus 
welchen Zellen resp. welcher Schicht des Integuments (Knospenkerns nach 
Planchon) das betreffende Gebilde hervorwächst, noch auch, wie es sich Stufe 
für Stufe entwickelt und endlich untergeht. Doch liegt einige Wahrscheinlichkeit 
vor, dass er die Epidermis als die Ursprungsstätte angesehen hat; wenigstens 
kann man das aus folgender Stelle herauslesen: „quelque temps apres l’anthese, 
des papilles plus &levees donnent un aspeet mousseux ä la surface du nu- 
celle.“!) Dem widerspricht allerdings eine andere Stelle,?2) in welcher er „le 
corps mousseux“ identifieirt mit „tissu du nucelle“. Sei dem, wie ihm wolle, 
das Verdienst hat Planchon jedenfalls, zuerst erkannt zu haben, dass der 
schaumige Körper nicht eine Neubildung, sondern ein Veränderungsproduct 
eines schon vorhandenen Gewebes ist. 


1) Planchon, ]. ce. pag. 38. 
2) ibid. 39. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 13% 


Kehren wir nach diesem geschichtlichen Exeurse und der vorgreifenden 
Darstellung der Entwickelungsgeschichte des Integuments zu der der ganzen 
Samenknospe zurück. Den Embryosack verliessen wir in einem Stadium, in 
welchem er aus einem von Endospermzellen erfüllten, eiförmigen Körper und 
zwei leeren Anhängen, einem hinteren und einem vorderen bestand und ein 
Aussehen darbot, dem die von Tulasne gegebenen Abbildungen !) vollständig 
entsprechen, wie auch seine Beschreibung und nicht minder die Hofmeister's, 
Aug. de St. Hilaire’s und Planchon’s. Chatin2) springt von dem eiför- 
migen (elliptischen) Stadium des Embryosackes sofort zu dem des cochlidio- 
spermen Eiweisses über, kann also hier billig übergangen werden. Dass 
andererseits Hofmeister und Tulasne in ihrer Darstellung mit ersterem 
Zustande abbrechen, findet seine Erklärung in dem Ziele, das sich beide 
Forscher gesteckt hatten. Dagegen gewährt die Abhandlung Planchon’s auch 
für die weitere Entwickelung einige werthvolle Anhaltspunkte. 

Die wichtigsten Veränderungen vollziehen sich von jetzt ab und gleich- 
zeitig mit der Umbildung der Epidermis des Integuments zum „corps mous- 
seux“ an dem Körper des Embryosackes, wenn ich den eiförmigen Theil des- 
selben so nennen darf, der, im Gegensatz zu den leeren Anhängen, mit 
Endosperm erfüllt ist. Der hintere, d. h. der der Chalazaregion der Samen- 
knospe benachbarte Theil des jugendlichen Eiweisses ist zu einer Zeit, in 
welcher das Integument noch völlig erhalten ist, die Zwischenschichten auch 
noch nicht zusammengepresst sind, der Sitz des stärksten Wachsthums, ver- 
mittelt durch sehr lebhafte Zelltheilung. Das äussert sich, wie Fig. 64 zeigt, 
äusserlich schon in dem viel beträchtlicheren Diekendurchmesser des Körpers 
in seiner hinteren Region, sowie auch darin, dass er sich in einem flachen 
Bogen nach dem Ende der Raphe hin verlängert, womit auch eine stumpf- 
schnabelartige, seitliche Verlängerung der Samenknospe am Ende der Raphe 
eorrespondirt (s in derselben Figur; vgl. auch Tulasne, 1. ce. pag. 36). Die 
Mittellinie oder Axe des Körpers des Embryosackes ist also nicht mehr eine 
gerade Linie, sondern eine krumme, welche mit ihrer Concavität nach der 
Raphe, mit der Convexität nach der freien Seite des Integuments gewendet ist. 


1) Tulasne, ]l. ce. Taf. IV. Fig. 31 und 32. 
2) Chatin, 1. e. pag. 41. 


Nova Acta XLII. Nr. 1. 18 


138 Ewald Theodor Bachmann. 


Ein solches Stadium hat ohne Zweifel auch der Beschreibung, welche Planchon 
auf Seite 38 seiner Abhandlung giebt, zu Grunde gelegen: „le sac embryonaire 
represente, ä cette &poque, une espece de cornue dont la convexite regarde le 
dos du nucelle et dont le bee assez gros, graduellement retreei, se termine 
dans le voisinage du hile en un coecum plein de liquide“. Dieser mit Flüssig- 
keit erfüllte „Blinddarm‘“ ist der vordere Anhang. In Folge dieses einseitig 
localen Wachsthums erlangt das Endosperm kurze Zeit darauf die Form einer 
Retorte mit kurzem Hals,!) von dem der vordere Anhang durch eine tiefe 
Einschnürung getrennt ist, und einem dieken, weiten Bauche, welchem an 
einem dem Raphenende zunächst gelegenen Punkte der hintere Anhang sus- 
pendirt ist (Fig. 63). Letzterer verändert sich in der Folge nicht mehr, ab- 
gesehen davon, dass er von dem sich immer mächtiger entwickelnden Endosperm 
schliesslich zusammengedrückt wird. Der vordere Anhang hingegen hat sich 
in der von Tulasne, Planchon u. A. beschriebenen Weise verlängert und 
unter beständigem Wechsel von Anschwellungen und Verengerungen mit einem 
vorzüglich schönen Netze von Plasmafäden, welche mit der Zeit zu Oellulose- 
balken werden, erfüllt. Diese Anschwellungen, schon von Duvan?) beobachtet, 
bezeichnet Aug. de St. Hilaire als „une sorte d’empätement tubereuleux, ou 
mieux peut-etre caronculeux“, meint, dass sie zur Befestigung des „corps 
mousseux“ an die Placenta dienen und vermuthet, dass sie in einer directeren 
Beziehung zum Befruchtungsaete stehen, als der sogenannte grosse Funiculus 
(le gros filet, Aug. de St. Hil.), ohne sich darüber auszusprechen, auf welche 
Gründe er seine Vermuthung stützt oder in welcher Beziehung „le gros filet“ 
zum Befruchtungsvorgange stehen soll. — Und selbst Planchon°) wirft nach 
einigen Bemerkungen über die „vesicules variqueuses“ die Frage auf: „Est-ce 


!) Ich unterlasse nicht, ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass der Hals des 
vorderen Anhanges, d. h. dessen enger, eingeschnürter Theil, und der Retortenhals des Endo- 
sperms zwei genetisch ganz verschiedene Dinge sind. Jener, als Theil eines Anhanges, bleibt 
immer zellenleer und ist nicht von der innersten Schicht des Integuments bedeckt, dieser ist 
das vordere Ende des ursprünglich spindel-, dann eiförmigen, mit Endospermzellen erfüllten 
Körpers des Embryosackes und ist gleich diesem von der innersten Schicht des Integuments 
bedeckt. 


2) Duvan, ]. c. Ann. des sc. nat. I. ser., vol. VIII, pl. 26, fig. 5d. 
3) Planchon, ]. c. pag. 41. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Serophularineen. 139 


par leur intermediaire, que s’opere la fecondation?“ aber mit Unrecht; denn 
wie Tulasne nachgewiesen hat, besitzt der vordere Anhang zur Zeit der 
Befruchtung noch die Form eines auf engerem, kurzem Halse ruhenden, runden 
Köpfchens, auf dessen Scheitel erst durch den aufstossenden Pollenschlauch 
eine kleine Einbuchtung erzeugt wird, worauf sich nun zu dern Seiten die 
beiden Arme entwickeln. 

Mittlerweile hat auch der Embryosack seine Entwickelung fortgesetzt 
und zwar derart, dass sein dicker Theil sich auf der der Raphe zugewendeten 
Seite noch viel mehr ausgebaucht hat und dass auch solche dem Retortenhalse 
näher gelegenen Punkte hieran theilgenommen haben. In Folge dessen sind 
jetzt Retortenhals und Retortenbauch, um bei dem einmal gewählten Bilde zu 
bleiben, durch einen viel engeren und in Beziehung zu dieser Enge auch be- 
trächtlich tieferen Zwischenraum getrennt (a in Fig. 65). Ueberdies hat der 
Retortenhals seine Richtung verändert, insofern, als er jetzt dem Hilus fast 
direct zugewendet ist, eine Aenderung, die dadurch hervorgebracht worden ist, 
dass sich auf seiner Rückenseite (bei d in Fig. 65) eine Region des stärksten 
Wachsthums, in welcher die Eiweisszellen die lebhafteste Thheilung erfahren, 
eonstituirt hat. Das Gewebe des ventralen Vorsprunges (bw Fig. 65) unter- 
scheidet sich von dem anderen Endosperm einmal dadurch, dass seine Zellen 
nach der Raphe hin lang gestreckt sind, meist weiter und grösser sind, dann 
aber auch dadurch, dass sie häufig gekrümmte Umrisse haben und bei weitem 
nicht so reichlich mit Plasma erfüllt sind, als jene. — Was das Integument 
in dem eben geschilderten Stadium betrifft, so ist die Epidermis desselben 
noch nicht zerrissen, die Zellen aber bereits abgerundet und zum Theil in 
Papillen ausgewachsen. Die Zwischenschichten sind zusammengepresst. Die 
innerste Schicht umgiebt den mit Endosperm erfüllten Theil des Embryosackes 
gänzlich und ist nur da unterbrochen, wo der vordere und hintere Anhang 
heraustreten (bei b in den Figg. 64 und 65). Ihre Zellen sind gleich denen 
des Endosperms mit sehr feinkörmigem Plasma dicht erfüllt. Der hintere An- 
hang ist zwischen dem Raphengewebe und dem ventralen Vorsprunge des 
Endosperms schon etwas zusammengepresst worden und nur noch an seiner 
Ursprungsstelle in seiner ganzen Weite erkennbar. 

Von nun an nimmt das Längenwachsthum des Endosperms und damit 
auch seine Ausdehnung nach den anderen Richtungen des Raumes seinen un- 

18* 


140 Ewald Theodor Bachmann. 


gestörten Fortgang. Die Epidermis ist, wenigstens auf der convexen Seite, 
fast gänzlich abgestossen, während sie auf der gegenüberliegenden als „corps 
mousseux“ den Höhepunkt ihrer Entwickelung erreicht hat. Die ventrale Aus- 
bauchung des Endosperms (der Retortenbauch, bw in Fig. 67) hat sich dem 
Retortenhalse (rh in Fig. 6%) fast bis zur unmittelbaren Berührung genähert. 
Dieses Stadium ist es wohl auch, welches Planchon!) in folgenden Worten 
schildert: „Cependant, le sac embryonaire s’eleve de plus en plus hors du 
nucelle fix& au fond de ce dernier, et presque dans toute sa longeur, 
par une base large et comprimee; il s’&panouit au-dessus du corps 
mousseux (tissu du nucelle) en une sorte de bouclier €pais, elliptique, un peu 
convexe et dont le grand-diametre se dirige du hile ä& la chalaze.“ Die „base 
large et comprimee“ ist eben die der Placenta, resp. der Raphenseite zuge- 
wendete Wucherung des Endosperms. Die Bestimmung „comprimee“ hat den 
Sinn, dass die Dicke der Wucherung oder ihr Querdurchmesser geringer ist 
als der des oberen 'T'heiles des Endosperms, zumal letzterer im Laufe der Zeit 
immer breiter wird, um endlich, wie Tulasne sich ausdrückt, die Form eines 
dicken Schildes anzunehmen. Jetzt fängt nämlich das Eiweiss, nachdem es 
gewissermassen in dem Retortenbauche bw Fig. 67 die Basis geschaffen hat, 
auf welcher die weiteren Veränderungen vor sich gehen können, an, sich zur 
Muschelform auszubilden. 

Für diese Betrachtungen wähle ich Fig. 65, in welchem Stadium die 
betreffenden Wachsthumsvorgänge noch nicht begonnen haben, als Ausgangs- 
punkt und bezeichne durch die Linie l1 die Längsaxe, mit h die Höhenaxe des 
Endosperms. Die Breitenaxe kann natürlich in dieser Figur, einem Längs- 
schnitte, nicht zum graphischen Ausdrucke gebracht werden, da sie auf der 
Papierfläche und zwar in dem Durchschnittspunkte von 1 und h senkrecht 
steht. Der Längsdurchmesser beträgt in unserem Stadium etwa das zwei- 
bis dreifache des Querdurchmessers (Breitenaxe) und in Folge dessen hat der 
Umfang des Endosperms in der Höhe der Linie 1 die Form einer Ellipse. 
Diese Ellipse, aber ich betone nochmals: nur die Ellipse, welche in der Höhe 
‘ der Linie ] liegt, bezeichnet die Zone des nun beginnenden stärksten Wachs- 
thums. Im Längsschnitt äussert sich das, wie Fig. 67 zeigt, zunächst in 


1) Planchon, ]. c. pag. 39. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 141 


zwei kleinen buckelartigen Ausbuchtungen an den Enden der Längsaxe (a und a‘), 
in Folge wovon die Ursprungsstelle des hinteren Anhanges und die des Retorten- 
halses von den Endpunkten der Längsaxe aus scheinbar etwas einwärts und 
aufeinander zugerückt sind. Auf dem Querschnitte haben sich die Punkte bb 
(Fig. 66) vorgewölbt, allerdings nicht in gleichem Maasse wie die Punkte aa’ 
des Längsschnittes (Fig. 67), woraus sich ergiebt, dass auf der Curve des 
stärksten Wachsthums die Intensität desselben doch nicht an allen Punkten 
gleich gross ist, und zwar von den Endpunkten der grossen Axe nach denen 
der Breitenaxe allmählich abnimmt. Den nächsten Schritt in seinem Breiten- 
wachsthum zeigt das Endosperm in Fig. 68, dem Querschnitte eines Stadiums, 
in welchem das Eiweiss in der That am zutreffendsten mit einem dicken, 
elliptischen Schilde verglichen werden kann. Sämmtliche Zellen des Albumens 
sind jetzt noch dünnwandig und dicht mit feinkörnigem Plasma erfüllt. Von 
der Epidermis des Integuments sind nur noch unzusammenhängende Reste vor- 
handen, welche man in Quer- und Längsschnitten gewöhnlich gar nicht, wohl 
aber auf durch Abschaben gewonnenen Flächenpräparaten in grösseren oder 
kleineren Fetzen sichtbar machen kann. Die Zellen der innersten Schicht 


‚haben den grössten Theil ihres Inhaltes verloren und sich radial wenig, da- 


gegen tangential, besonders in Richtung der Längsaxe des Samens, nicht un- 
bedeutend gestreckt. Y 

Nun wird aber die eben beschriebene und auch immer noch fortdauernde 
Wachsthumsweise durch Hinzukommen eines neuen Momentes noch complicirter: 
Die dorsale oder freie Seite des schildförmigen Endosperms beginnt nämlich 
stärker zu wachsen als die ventrale, d. h. die der Placenta zugewendete. 
Das hat zur Folge, dass sich der Rand des Schildes nach der Placenta zu 
krümmt, dieses also muschelförmig wird, seine concave Seite der Placenta, 
die convexe der Kapselwand zuwendet (Taf. 4. Fig. 69 und 70). Anfangs ist 
der Rand nur einfach gekrümmt, d. h. gerade auf die Placenta zu; später 
hingegen vollzieht er eine zweite Krümmung und zwar auf den basalen Aus- 
wuchs des Endosperms zu, wie das schon die letztgenannte Figur und noch 
besser die nach dem reifen Samen gefertigte (Taf. 4. Fig. 71) zeigt. Die 
Wände der Endospermzellen verdicken sich nun allmählich, zuerst die im 
Centrum gelegenen, später erst die des Randes, behalten aber ihre plasmatische 
Materie. Von dem Integumente ist, wenn der Rand des Eiweisses seine erste 


142 Ewald Theodor Bachmann. 


Einkrümmung beginnt, nichts übrig, als die innerste Schicht. Ihre Zellen 
haben den letzten Rest ihres plasmatischen Inhaltes verloren, die T'heilungen 
in ihnen haben aufgehört. Dagegen setzen die Zellen, um der colossalen 
Oberflächenzunahme des Endosperms folgen zu können, ihr schon früher be- 
gonnenes tangentiales Wachsthum fort, vorwiegend in Richtung der Längsaxe 
des Samens, und erreichen so mit der Zeit eine beträchtliche Ausdehnung. 
Dabei vertauschen sie ihre geradlinigen Contouren mit krummlinigen, wellig 
gebogenen. Ihre Wände bleiben alle dünn und nur auf den Seitenmembranen 
entstehen senkrechte, unter einander parallele Verdickungsleisten in mässiger 
Anzahl, die unten mit breiter Basis entspringen und sich nach aussen hin ver- 
schmälern (Taf. 3. Fig. 62). Auf Flächenpräparaten machen sich die Ver- 
dickungsleisten als kleine, knotenartige Anschwellungen der Seitenwände 
kenntlich. 

Was ist nun aber aus dem Theile des Endosperms geworden, den wir 
mit dem Retortenhals verglichen haben? Derselbe ist, indem sich der Rand 
des anderen Endospermtheiles am Endpunkte der Längsaxe über ihn hinaus 
verlängert hat, immer weiter einwärts gerückt (Taf. 4. Fig. 70 rh) und reicht 
schief nach der Raphe hin. Er hat sich verlängert, ist in der Mitte an- 
geschwollen und in Folge dessen durch eine flache Einschnürung von der 
concaven Fläche des muschelförmigen Endospermtheiles getrennt. Seine Ver- 
längerung ist aber nicht dadurch vermittelt worden, dass sich seine Zellen 
getheilt haben, sondern durch deren Verlängerung. Ausserdem haben sich 
die Membranen dieser verlängerten Zellen sehr verdünnt und der Inhalt der 
letzteren ist verloren gegangen. Dasselbe gilt von den Zellen der basilären 
Wucherung. Der Hals mit seiner direeten Fortsetzung, dem vorderen, an 
Cellulosebalken reichen Anhange, heisst „der kleine Funiculus“. Sobald 
sich nun der Same der Reife nähert, vertrocknen die Membranen derjenigen 
Zellen, welche an der Grenze zwischen dem Retortenhalse und dem muschel- 
förmigen Theile des Eiweisses einerseits, und zwischen der basilären Wucherung 
des Endosperms und dessen muschelförmigen Theile andererseits liegen. Da 
sich die betreffenden Zellwände zugleich bräunen, fallen die erwähnten Grenz- 
linien am noch nicht ganz reifen Samen (natürlich nur auf Längsschnitten) 
sehr ins Auge (Taf. 4. Fig. 70). Das und nichts Anderes hat auch Tulasne 
in Fig. 35 auf Taf. 3 seiner Abhandlung durch die dunkel schraffirten Linien 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 143 


am Grunde der beiden Endospermtheile zur Darstellung gebracht, ohne jedoch 
eine Aufklärung über ihre Bedeutung gegeben zu haben. Dass er die nicht 
geben konnte, erklärt sich daraus, dass er Samen, wie den, dem er seine 
Abbildung entnommen hat, für völlig reife gehalten hat. Der reife Same da- 
gegen, vorausgesetzt, dass er selbst aus der Kapsel gefallen, nicht aber mit 
Nadel und Messer herauspräparirt worden ist, hat weder den sogenannten 
grossen, noch den kleinen Funieulus, weil er sich an jenen braunen Grenz- 
linien löst, nicht aber, wie andere Samen, am Hilus. Daraus folgt, dass alle 
diejenigen Theile der Samenknospe, welche jenseits der braunen Grenzlinien 
liegen, nämlich die basiläre Wucherung und der Retortenhals des Endosperms 
und mit ihm der vordere Anhang durch Vermittelung der Raphe und des 
Knospenträgers mit der Placenta in Verbindung bleiben, wenn sich der muschel- 
förmige Endospermtheil losgelöst hat. In Fig. 71 ist ein vollständig reifer 
Same im Längsschnitte dargestellt. 

Die Oberfläche eines solchen ist rauh und zeigt lange Furchen, welche 
meist faltenartig vom Rande nach dem Centrum verlaufen. Auf Quer- und 
Längsschnitten betrachtet, scheint er ganz nackt zu sein, wie das bekannter- 
massen von Schleiden,!) aber auch von Aug. de St. Hilaire?) und Plan- 
chon3) angenommen worden ist. Tulasne*) hat, wie bereits erwähnt, das 
Verdienst, nachgewiesen zu haben, dass diese Annahme auf einem Irrthume 
beruht. Zugleich giebt er den Weg, auf welchem er zu der entgegengesetzten 
richtigen Ansicht gelangt ist, an: „lemploi des acides et de la chaleur permet 
de depouiller cet endosperme d’une pellieule tres resistante, qui lenveloppe 
entierement.“ Dann fügt er nur noch hinzu, dass das Häutchen zu dünn sei, 
um gemessen werden zu können, und sich aus zwei, ziemlich leicht trennbaren 
Membranen zusammensetze (die innere sei ungefärbt, hyalin, die äussere dicker 
und gelblich), endlich, dass beide durch ihre Continuität an die vegetabile 
Cutieula erinnerten. — So richtig das alles ist, eins hat der Verfasser doch 
übersehen: dass genügend grosse Stücke dieses Häutchens die Umrisse von 


!) Schleiden, Grundzüge, 4. Aufl., pag. 536. 

2) Aug. de St. Hilaire, Morph. veget. pag. 731. 
®) Planchon, ]. c. pag. 45. 

#) Tulasne, ]l. e. pag. 37. 


144 Ewald Theodor Bachmann. 


Zellen sehen lassen, ganz identisch mit denen, wie ich sie von der innersten 
Schicht des Integuments in einem etwas früheren Stadium beschrieben habe; 
ja, selbst die knotenähnlichen Anschwellungen der sehr zarten Contouren sind 
deutlich sichtbar. Kurz, es ist kein Zweifel, das zarte Häutchen ist identisch 
mit der innersten Schicht des Integuments, nur dass dieselbe, vertrocknet und 
durch den Druck des Endosperms zusammengepresst, ein cuticulaähnliches 
Aussehen angenommen hat, zumal ihre Membranen wirklich eutieularisirt sind; 
denn einmal färben sie sich mit Jod braun und behalten diese Färbung auch 
nach Zusatz von H,;SO,, andererseits sind sie mit einem so hohen Grade der 
Resistenzfähigkeit gegen Säuren und Kali ausgestattet, wie er eben nur ceuti- 
eularisirten Membranen zukommt. — Chatin!) sagt darüber: „cette graine se 
compose de dehors en dedans: 1° d’une assise de cellules carrees, ä parois 
6paisses, ä& face externe convexe et constituant une sorte de pellicule a con- 
tours sinueux, assise formee aux depens du tegument ovulaire transforme en 
testa seminal“, womit ich nicht ganz einverstanden bin, am wenigsten mit dem 
Ausdrucke „cellules carr&es“. Doch, abgesehen hiervon, bleibt uns Chatin 
die Rechenschaft darüber schuldig, was aus den anderen, den äusseren Schichten 
des Integuments geworden ist; denn dass er die im Rede stehende Zellschicht 
in der T'hat für die innerste des Integuments ansieht, das geht meines Dafür- 
haltens aus einer anderen Stelle?) hervor, in welcher er sich ausdrücklich 
gegen Schleiden (derselbe wollte in dieser Schicht bekanntlich die äusserste 
Zellenlage des Knospenkerns wiedererkennen) und für Tulasne ausspricht. 
Wenn nun Chatin allerdings nirgends ausdrücklich sagt, aus wie viel 
Schichten das Integument bestehe, so geht doch daraus, dass er überhaupt 
von einer innersten Sehicht desselben spricht, mit Evidenz hervor, dass er es 
für mehrschichtig angesehen haben muss; es sprechen dafür ferner seine Ab- 
bildungen; denn wofür anders, als für das Integument, kann man die vier bis 
fünf peripherischen Schichten seiner Fig. 10 auf Taf. 2, oder die zwei bis 
drei peripherischen Zellenlagen seiner Fig. 12 halten. Wo bleiben nun die 
äusseren Lagen, da nur die innerste erhalten bleibt, was wird aus ihnen? 
Darauf bleibt uns Chatin, wie auf fast Alles, was nicht schon von seinen 
Vorgängern untersucht worden ist, die Antwort schuldig. 


1) Chatin, ]. c. pag. 43. 
2) ibid. pag. 41. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 145 


Von den anderen cochlidiospermen Veronica-Arten konnte ich nur noch 
V. polita Fries. entwickelungsgeschichtlich untersuchen, V. triphyllos blos 
in den allerletzten Stadien; im Allgemeinen ist die Entwickelungsgeschichte 
dieselbe, allein eine Anzahl Abweichungen machen es nöthig, die von V. polita 
ausführlicher zu besprechen. Vorher aber, ich halte das für zweckmässig, 
will ich in kurzen Zügen die Entwickelungsgeschichte von V. hederaefolia, 
die Umbildung ihrer anatropen Samenknospe in einen muschelförmigen Samen, 
wiederholen. Zuerst ist das Endosperm spindelförmig, dann wird es horn- 
oder retortenförmig; nun wächst der Retortenbauch zu besonderer Grösse heran, 
indem er nach der Raphe hin eine Wucherung von ziemlicher Ausdehnung 
(basiläre Wucherung) treibt. Der Retortenhals nimmt an den weiteren Ver- 
änderungen nicht mehr Antheil. Die eigentliche Muschelform wird nun dadurch 
hervorgebracht, dass sich eine ellipsenförmige Linie des stärksten Wachsthums 
constituirt, die durch die Längs- und Breitenaxe des Endosperms bestimmt ist: 
dieser Wachsthumsweise verdankt das Eiweiss seine schildartige Gestalt. Zum 
Schluss beginnt die Rückenseite des Schildes viel stärker zu wachsen als die 
Bauchseite, d. h. die der Placenta zugewendete Seite, wodurch es bedingt ist, 
dass der Rand des Schildes sich nach der Placenta zu krümmt, um so stärker, 
je länger dieses einseitig locale Wachsthum fortdauert; damit aber ist das 
Eiweiss wirklich muschelförmig geworden. 


Veroniea polita Fries. 


Zur Zeit der Blüthe zählt das Integument im Allgemeinen vier Schichten 
kleiner untereinander gleich grosser Zellen; die der subepidermoidalen Lagen 
sind polyedrisch, die der Epidermis reetangulär im Quer- und Längsschnitte 
und nur in der Flächenansicht polyedrisch; bei weitem am stärksten sind 
letztere in radialer Richtung gestreckt. Alle subepidermoidalen wie Epidermis- 
zellen sind mit Protoplasma, welches in diesen chlorophyllhaltig ist, dicht er- 
füllt. Der Knospenträger und die Placenta führen reichlich Stärkekörnchen. 
Der Embryosack ist noch gerade und cylindrisch. 

Einige Zeit nach der Befruchtung jedoch nimmt er eine eigenthümliche 
Form an (Taf. 4. Fig. 72): nach vorn stülpt er sich zu einem Anhange aus, 
welcher sich mit der Zeit beträchtlich verlängert und in der Nähe der Mikro- 
pyle blasenartig anschwillt. Nach hinten, oder genauer, nach dem Raphenende 

Nova Acta XLID. Nr. 1. 19 


146 Ewald Theodor Bachmann. 


hin, entsendet er einen zweiten engen Anhang, welcher sich aber nicht weit 
von seiner Ursprungsstelle in zwei Zweige gabelt, deren einer die gerade 
Fortsetzung des gemeinsamen Stammstückes bildet und demzufolge nach dem 
Ende der Raphe hin wächst, während der zweite in einem spitzen Winkel 
vom Stammstück abgeht und längs der Raphe parallel mit dem vorderen 
Anhange das Gewebe der Samenknospe durchbohrt, um bis in die Nähe des 
Hilus zu gelangen. Ursprünglich ist derselbe ein einfacher Schlauch, der sich 
verlängert und erweitert und erst später in drei lappen- oder gleichfalls 
schlauchtörmige Anhänge verzweigt; der mittlere von diesen verläuft genau 
unter (innerhalb) der Raphe, die beiden anderen zur rechten und linken Seite 
des Raphenbündels, so dass letzteres auf einer kurzen Strecke gewissermassen 
in die drei mit Cellulosebalken erfüllten Lappen eingebettet ist. In diesen 
Zustand gelangt der vordere Gabelzweig des hinteren Anhanges, welcher sich 
übrigens zuweilen auch nur in zwei Lappen spaltet, freilich erst kurze Zeit 
vor der Reife des Samens. Um die Entwickelung der übrigen Theile der 
Samenknospe vorzuführen, muss ich auf das in Fig. 72 dargestellte Stadium 
zurückgreifen. Zwischen beiden Anhängen liegt der Körper des Embryosackes, 
der beträchtlich angeschwollen, auf der Rückenseite stark convex und von 
Eiweisszellen erfüllt ist. 

Das Integument besteht durchschnittlich aus fünf Zellenlagen, wenn 
man die Stelle in Betracht zieht, wo es am dünnsten, wo also die Rückenseite 
des Endospermkörpers der Epidermis des Integuments am nächsten liegt. E 
ist das die in Fig. 72 durch die Klammer y abgegrenzte Region, welche in 
Fig. {3 nach 120facher Vergrösserung gezeichnet, dargestellt ist. Entfernt 
man sich aus dieser Region, so nimmt die Schichtenzahl zu, um bis auf acht 
und vielleicht noch mehr zu steigen. Unter den fünf Schichten fallen wieder 
zwei besonders in die Augen, die innerste und die äusserste. Die Zellen der 
Zwischenschichten sind im Längsschnitte polyedrisch, verschieden gross, und 
zwar die der äusseren am grössten, unregelmässig gelagert, haben geradlinige 
Contouren und etwas plasmatischen Inhalt. Nur die, welche den Stiel des 
vorderen Anhanges umhüllen, sind rechteckig, untereinander ungefähr gleich 
gross und regelmässig angeordnet, wie die der innersten Schicht, so weit sie 
den Endospermkörper bedeckt, dagegen viel grösser als die zuletzt erwähnten 
Zellen. Dieselben sind nämlich sehr klein (Taf. 4. Fig. 73), besonders sehr 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 147 


niedrig, reetangulär und reichlich mit Plasma erfüllt. Die Epidermiszellen 
endlich sind bei sehr geringem tangentialen Durchmesser ausserordentlich hoch, _ 
ihrer Gestalt nach also prismatisch, haben dünne Innen- und Seitenwände, eine 
mässig verdickte Aussenmembran und sind von chlorophylireichem Protoplasma 
total erfüllt. Das Gesagte gilt jedoch nicht von den Zellen, welche die Raphen- 
seite bedecken und in der Mikropyleregion liegen; denn diese sind bei gleicher 
Höhe mit jenen vorwiegend tangential gestreckt oder wenigstens isodiametrisch 
und führen eine viel geringere Menge hellgrün gefärbten Plasmas. Die Region 
der chlorophyllreichen, prismatischen Epidermiszellen liegt unmittelbar über 
der Stelle des stärksten Wachsthums des Integuments, durch äusserliche 
Merkmale in einem Grade ausgezeichnet, dass man hier die Erscheinung des 
auf einen bestimmten Ort localisirten maximalen Wachsthums mit Augen 
sehen, ich möchte fast sagen, mit Händen greifen kann. 

Durch das starke Wachsthum des Embryosackes auf seiner freien, d.h. 
der Raphe abgewendeten Seite, krümmt er sich nach dem Ende der Raphe 
hin, was schon in Fig. 72 angefangen hat und sichtbar ist; während dies nun 
seinen Fortgang nimmt, bildet das Endosperm ausserdem einen breiten Fort- 
satz an der Ursprungsstelle des hinteren Anhanges, mit diesem in gleicher 
Richtung, folglich gleichfalls nach dem Raphenende hin, wie das Fig. 75 bw 
(von Veronica arvensis) zeigt. Dieser Fortsatz entspricht der „basilären 
Wucherung“ von V. hederaefolia, erreicht jedoch nie die Grösse desselben; 
dagegen hat er den gleichen Zweck, das Endosperm in unmittelbarere Ver- 
bindung mit der Raphe, dem festesten und beständigsten Theile der Samen- 
knospe, zu setzen, zugleich aber auch als Podium, es sei mir der Ausdruck 
gestattet, zu dienen für die nun beginnenden Wachsthumserscheinungen, welche 
das bis jetzt noch eiförmige Endosperm in ein muschelförmiges überführen. 
Das geschieht wieder dadurch, dass die grösste (elliptische) Peripherie des 
jetzigen Endosperms (von eiförmiger Gestalt) zur Zone des stärksten Wachs- 
thums wird, wodurch dasselbe die Form eines dicken planconvexen Schildes 
erlangt. Die Umbildung desselben in die muschelförmige Gestalt erfolgt genau 
so wie bei V. hederaefolia. Der Unterschied von dieser Species liegt nur 
darin, dass die basiläre Wucherung viel kleiner und schmäler bleibt und darin, 
dass die Ellipse des stärksten Wachsthums bei V. polita nicht ganz dieselbe 
Lage hat, nicht dieselben Punkte verbindet, wie bei V. hederaefolia. Wenn 

19* 


148 ; Ewald Theodor Bachmann. 


ich es hier, statt Erklärungen zu geben, bei unbestimmten Andeutungen be- 
. wenden lasse, so geschieht das, weil ich bei V. arvensis, dessen Endosperm 
den gleichen Entwickelungsgang nimmt, hierauf zurückkommen muss und weil 
ich die betreffenden Verhältnisse bei der genannten Art an der Hand einer 
Serie von Zeichnungen klarer zu machen im Stande sein werde; deshalb kehre 
ich zur Betrachtung der Entwickelungsgeschichte des Integuments zurück. 

Von dem an Grösse rasch zunehmenden Eiweiss werden alle sub- 
epidermoidalen Schichten, zuerst aber die des Zwischengewebes, zusammen- 
gedrückt und schliesslich resorbirt, so dass allein die Epidermis übrig bleibt. 
Die Zellen derselben verlieren in Folge des bedeutenden Flächenwachsthums 
des Endosperms, dem die Epidermis natürlich folgen muss, ihre prismatische 
Gestalt, indem sie sich nur noch in tangentialer Richtung strecken, nicht aber 
in radialer. Ihre Innen- und Seitenwände bleiben dünn, ihres Inhaltes gehen 
sie völlig verlustig und nur die Aussenmembran verdickt sich. Letztere wird 
zugleich in ihrer Mitte zu einer spitzen, hohen Papille ausgestülpt (Fig. 74). 
Das Lumen der Zelle setzt sich in die Papille fort, wird aber in dieser bald 
sehr verengt, weil die Dicke der Wände rasch zunimmt. Dass die Hohlheit 
der Papille nur in eimigen Zellen der Fig. 74 ‚sichtbar wird, liegt darin 
begründet, dass der Schnitt gerade diese, nicht aber die anderen Papillen 
halbirt hat. Niemals, weder in jüngeren, noch auch in älteren Stadien, besitzt 
die Aussenmembran wie die so vieler anderen Veronica-Arten ein gallertartiges 
Quellungsvermögen, vielmehr werden sie zuletzt cuticularisirt; am reifen Samen 
sind ihre Seitenwände zusammengeschrumpft, so dass es den Anschein hat, 
als ob die Aussenwände mit ihren papillösen Ausstülpungen dem Endosperm 
direet auflägen. Behandlung mit erwärmter Kalilauge genügt, den Zellen die 
ursprüngliche Form wiederzugeben. 

Was die äussere Form des Samens anlangt, so ist derselbe, wie bereits 
gesagt, oval, muschelförmig, nicht so gross wie der von V. hederaefolia 
und vor Allem viel dünner, ausserdem aber auch nicht zweimal, sondern nur 
einmal eingekrümmt, freilich ist diese eine Krümmung recht stark. Von einem 
Endpunkte seiner Längsaxe und zwar vom Rande aus verläuft auf der con- 
caven Seite gerade auf den anderen Endpunkt der Längsaxe zu eine erhabene 
Leiste. Dieselbe erreicht aber den letzteren Punkt nicht, sondern endet zwischen 
ihm und dem Centrum der concaven Seite in einer etwas breiteren, plateau- 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 149 


artigen Erhebung. Letztere ist nichts Anderes, als die „basiläre Wucherung‘“, 
das „Podium“. Die Längsrippe wird durch das Raphengewebe und die mit 
Cellulosebalken erfüllten Lappen des hinteren Anhanges gebildet; freilich ist 
auch das Endosperm an dieser Stelle zu einer Rippe erhoben, welche aber so 
niedrig ist, dass sie kaum in Betracht kommen kann, besonders da sie nicht 
einmal von der basilären Wucherung bis zum Rande verläuft, sondern weit 
vorher endigt. Die Ablösung des Samens erfolgt an dem Hilus, der an dem 
reifen Samen gewöhnlich durch eine stärkere Anschwellung des betreffenden 
Endes der Längsrippe gekennzeichnet ist. 


Veronica triphyllos L. 


Der muschelförmige Same von Y. triphyllos ist dunkelbraun, fast 
schwärzlich, auf seiner convexen Oberfläche in Folge von kleinen Erhabenheiten 
seines Eiweisses fein runzelig, auf der concaven aber glatt und glänzend und 
mit der Längsrippe versehen, welche ich bei Y. polita beschrieben habe. 
Dieselbe wird auch hier zum kleineren Theil durch eine Erhebung des Endo- 
sperms, vorwiegend aber durch den leeren, jedoch dickwandigen hinteren An- 
hang des Embryosackes und das mächtig entwickelte Raphengewebe hervor- 
gebracht. Der Same löst sich am Hilus ab. 

Die Testa ist auf Bauch- und Rückenseite völlig gleichmässig aus- 
gebildet; ich betone das in Anbetracht der Behauptung Schleiden’s, dass den 
muschelförmigen Samen auf der convexen Seite die Testa fehle. Die innerste 
Schicht derselben besteht aus kleinen, dünn- und gelbwandigen, rechteckigen 
Zellen, welche jedes Inhaltes entbehren und den Zellen der quadratischen 
Schicht anderer Tribus in allen Beziehungen gleich sind; am reifen Samen ist 
sie zu einem ganz dünnen Häutchen zusammengepresst, demzufolge auf Quer- 
und Längsschnitten kaum sichtbar, dagegen in Flächenpräparaten leicht nach- 
zuweisen. Ausserhalb derselben liegt ein zusammengedrücktes Gewebe, welches 
erst durch Anwendung von Quellungsmitteln deutlich hervortritt. Die Epidermis- 
zellen sind in der Flächenansicht polyedrisch, ihre Membranen alle farblos, 
aber das Lumen mit einem körnelichen, violetten Inhalte erfüllt, dessen Farb- 
stoff aus frischen und noch nicht ganz reifen Samen mit Leichtigkeit ausgezogen 
werden kann, wenn man dieselben in Wasser legt, wogegen reife ihn langsamer 
und bei 24stündigem Liegen in Wasser auch nur theilweise abgeben. Die 


150 Ewald Theodor Bachmann. 


Innenmembran ist mässig verdickt, die Seitenwände ganz dünn, die etwas vor- 
gewölbte Aussenmembran hingegen ausserordentlich stark gallertartig verdickt. 
Schon in Jod betrachtet zeigt sie eine grosse Anzahl von Schichten verschie- 
dener Dichtigkeit; lässt man nun langsam Wasser zufliessen, so quellen sie 
rasch auf, an vertrockneten Samen aber bei weitem nicht so schnell, wie an 
frischen, eben aus der Kapsel herausgenommenen; die Schichten werden breiter, 
ihre Zahl wächst, die Schichtung selbst tritt immer deutlicher hervor und bald 
wird die Cutieula gesprengt, worauf die Membran in Form eines Schlauches, 
der sich spiralig um seine Axe dreht, heraustritt, wobei sie das sieben- bis 
achtfache ihres ursprünglichen radiären Durchmessers erreicht. Das Austreten 
des Gallertschlauches kann man nur auf Durchschnitten beobachten; legt man 
aber ganze, unzerschnittene Samen in Wasser, so erfolgt zwar ein starkes 
Aufquellen der Membran, aber keine Zerreissung der Cutieula und natürlich 
auch kein Austritt derselben. 


Veronica arvensis L. 


Der gelbliche, kleine Same gehört in die Abtheilung der planconvexen, 
schildförmigen, welcher bekanntlich viel mehr Arten angehören, als der ersten. 
Vor der Befruchtung hat das Integument der anatropen Samenknospe, deren 
Mikropylekanal nur undeutlich zu erkennen ist, im Allgemeinen vier Schichten, 
von welchen die Epidermis durch die Gleichheit ihrer Zellen nach Grösse und 
Form gegenüber den subepidermoidalen Lagen ausgezeichnet ist. Nach der 
Befruchtung zählt das Integument eine Schicht mehr als vorher; die innerste 
Zellenlage hat sich differenzirt und besteht aus sehr kleinen und niedrigen, 
dicht mit Plasma erfüllten Zellen. Die der drei Zwischenschichten haben sich 
erweitert, besonders tangential stark gestreckt, eine unregelmässige polyedrische 
Gestalt angenommen und sind ungleich gross; ihr Inhalt (Plasma) ist wand- 
ständig. Die Epidermiszellen, hinsichtlich der Grösse, besonders aber des 
radialen Durchmessers und auch der Form alle untereinander gleich, haben 
dünne Innen- und Seitenwände, eine nur ganz mässig verdickte Aussenmembran 
und sind viel reichlicher mit Plasma erfüllt, als die der zunächst unter ihr 
gelegenen Schichten. 

In einem noch späteren Stadium hat sich der vorher eylindrische, jetzt 
dick spindelförmige Embryosack in den Mikropylekanal hinein oder wenigstens 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 151 


in Richtung desselben zu einem engen schnabelartigen Anhang, welcher stets 
zellenleer bleibt, verlängert und gleichzeitig einen ähnlichen von seinem hinteren 
Ende nach dem der Raphe entsendet; der zwischen beiden befindliche dicke 
Theil desselben ist schon gänzlich von Endospermzellen erfüllt. Das Integument 
ist viel dicker geworden, aber nur durch Vergrösserung seiner Zellen, und 
zwar sind es vornehmlich die des Zwischengewebes gewesen, welche sich stark 
erweitert, zugleich aber auch etwas abgerundet und damit zur Entstehung 
kleiner Intercellularräume Veranlassung gegeben haben. Die Epidermiszellen 
haben sich in radialer Richtung beträchtlich gestreckt, nicht minder aber auch 
in tangentialer; dass jedoch letzteres weniger sichtbar ist, erklärt sich aus den 
Radialtheilungen, welche dem Tangentialwachsthum stets auf dem Fusse folgen; 
am lebhaftesten geht beides in einer Region der Samenknospe vor sich, welche 
der in Fig. 72 mit y bezeichneten entspricht. Die Aussenmembran hat sich 
mässig verdickt; aber wenn ihre Dicke die der Seitenwände auch um das 
Mehrfache übersteigt, so ist sie deswegen noch immer nichts weniger als auf- 
fallend gross. Eigenthümlich ist es daher, dass sie in concentrirter Kalilauge 
bis zum vier- und fünffachen ihrer ursprünglichen Dicke aufquillt; eine Schichtung 
tritt dabei nicht hervor. Ueber der Raphe sind die Epidermiszellen in Richtung 
derselben stark tangential gestreckt und niedriger als die übrigen Epidermiszellen. 

Nun tritt eine höchst bemerkenswerthe Formänderung an der Samen- 
knospe auf: dieselbe wächst nämlich bedeutend in die Länge; aber schon frühe 
ist das Wachsthum auf der der Raphe gegenüberliegenden Seite der Samen- 
knospe am stärksten; in Folge dessen krümmt sich dieselbe so, dass die 
Raphe die Concavität bildet. Doch haben nicht alle Punkte der freien (d. h. 
der der Raphe gegenüberliegenden) Seite die gleiche Wachsthumsenergie, son- 
dern dieselbe ist in der Region, welche in Fig. {2 mit y bezeichnet ist, am 
intensivsten, folglich in einer Region, welche der Chalaza sehr nahe liegt, von 
der Mikropyleregion weit entfernt ist. Dadurch wird es bewirkt, dass sich 
die Raphenseite nicht in ihrer ganzen Länge gleichmässig krümmt, sondern 
am Ende der Raphe am stärksten und zwar so stark, dass es aussieht, als 
habe die Samenknospe an dieser Stelle einen kleinen, schnabelartigen, seit- 
lichen Fortsatz getrieben. Chatin!) hat letzteren auch bemerkt und beschrieben, 


1) Chatin, 1. e. pag.: 45. 


152 Ewald Theodor Bachmann. 


führt aber seine Entstehung nicht auf ein intensiveres Wachsthum der freien 
Seite der Samenknospe zurück, sondern hält denselben allem Anschein nach 
für einen seitlichen Auswuchs derselben; denn wenn er sagt: „mais, des que 
le sac se montre ä& l'interieur du nucelle, on voit l’extremite de P’ovule opposce 
au hile se renfler et se devier sur le flanc; cette saillie saccentuant de plus 
en plus, il se forme bientöt, en ce point, une gibbosite, qui s’ineurve m&me 
de facon & prendre Taspeet d’un petit bec dont le volume augmente tant- 
que le sac continue & se developper ete.“, so spricht er von demselben wie 
von einem besonderen Theile oder Organe der Samenknospe, welches selbst- 
ständig entsteht und ebenso weiter wächst. Indem die Region y ihr Wachs- 
thum fortsetzt, gelangt sie dahin, dass sie der Mikropyleregion diametral 
gegenüber und am Endpunkt der Längsaxe, welche man sich von der Mikro- 
pyle aus durch die Samenknospe gezogen denken kann, liegt (Taf. 4. Fig. 75), 
wogegen das Raphenende, überhaupt die ganze Chalazaregion, welche in einem 
früheren Stadium der Mikropyle diametral gegenüber, also an dem einen End- 
punkte der Längsaxe lagen, von demselben gewissermassen auf den anderen 
Endpunkt zugerückt sind und in Bezug zur Längsaxe eine seitliche Lage an 
der Samenknospe einnehmen. 

Ganz ähnliche Veränderungen sind mit dem Endosperm vor sich ge- 
gangen. Dasselbe, im vorigen Stadium noch diek spindelförmig, wächst schnell 
zur Eiform heran und bildet nun in Richtung des hinteren Anhanges (dasselbe 
verläuft bekanntlich nach dem Raphenende) eine breite Wucherung, einen seit- 
lichen Vorsprung, giebt also, wenn ich so sagen darf, seine regelmässige radiäre 
Gestalt auf, um eine bilaterale anzunehmen. Der Fortsatz wird aber nicht 
etwa wie der seitliche Vorsprung der Samenknospe durch einseitig localisirte 
Wachsthumsvorgänge erzeugt, sondern dadurch, dass sich die an der betreffenden 
Stelle liegenden Endospermzellen lebhaft theilen und erweitern; er ist folglich 
eine wirkliche Gewebewucherung; seine Zellen sind im Gegensatze zu den 
übrigen Endospermzellen abgerundet, inhaltsarm und ziemlich gross. Der Theil 
ihrer Membran, der in den Raum des hinteren Anhanges frei hineinragt, folg- 
lich mit anderen Zellwänden nicht in Berührung steht, ist sehr dick (Fig. 76 
und 77). Im Laufe der Zeit nimmt dieser seitliche Fortsatz, dasselbe Gebilde, 
welches ich bei V. hederaefolia und PV. polita die „basiläre Wucherung“ 
genannt und mit einem Podium verglichen habe, an Grösse immer mehr zu, 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 153 


bis er einen gewissen Grenzpunkt erreicht hat. Schon kurz nach seiner Ent- 
stehung beginnt in dem Endosperm_ein starkes Längenwachsthum in Richtung 
der Linie 1,1‘, dessen Intensität jedoch bei 1 am höchsten ist, was zur Folge 
hat, dass an dieser Stelle ein starker Vorsprung in Richtung der Längsaxe 
entsteht (Fig. 77) und die basiläre Wucherung ein wenig auf das Mikropyle- 
ende zugerückt scheint. In dem durch Fig. 75 und Fig. 78 dargestellten 
Stadium ist das Eiweiss schon so stark in die Länge gewachsen, dass man 
die basiläre Wucherung fast genau in der Mitte der Längsaxe findet. Aus 
dem Gesagten hat sich schon ergeben, dass die Formveränderungen des 
Integuments im Allgemeinen mit denen des Endosperms übereinstimmen; dieses 
erzeugt zuerst die basiläre Wucherung und wächst hierauf in die Länge, so 
dass es den Anschein hat, als rücke jene nach dem Mikropyleende hin, das 
Integument bildet zuerst seinen seitlichen schnabelartigen Fortsatz (und zwar 
nach derselben Richtung, wie die basiläre Wucherung), worauf es sich in der 
Region y verlängert und jener Fortsatz in Folge dessen gleichfalls der Mikro- 
pyle immer näher zu rücken scheint. Es erübrigt nur noch zu bemerken, 
dass die hier markirten Schritte in der Entwickelung beider zeitlich zusammen- 
fallen; der weitere Entwickelungsgang des Endosperms ist aber folgender: 
Während sein Längswachsthum bis jetzt vorwiegend erfolgte in der Richtung 
von der Mikropyle nach der Chalaza hin, wie es die Pfeile in Fig. 76 und 77 
andeuten, ist späterhin gerade umgekehrt das in der Richtung von der Chalaza 
nach der Mikropyle das stärkere, anders gesagt, es wächst von nun an vor- 
züglich der Theil des Endosperms in die Länge, welcher der Mikropyle zu- 
gekehrt ist. Das geht daraus hervor, dass am reifen Samen (Taf. 4. Fig. 79) 
die basiläre Wucherung nicht mehr in der Mitte zwischen den beiden End- 
punkten der Längsaxe des Endosperms, wie in Fig. 75, sondern der Chalaza 
näher liegt. Mit dem Längswachsthum hat von Anfang an ein entsprechend 
starkes Breitenwachsthum gleichen Schritt gehalten. Es ist folglich nieht ganz 
richtig gewesen, wenn ich oben gesagt habe, nachdem die basiläre Wucherung 
entstanden sei, beginne das Endosperm in die Länge zu wachsen; vielmehr 
constituirt sich, genau wie bei V. hederaefolia, eine elliptische Zone des 
stärksten Wachsthums, deren langer Durchmesser die Längsaxe 1,1‘ ist, deren 
kleiner Durchmesser der Breitendurchmesser des Endosperms resp. der Samen- 
knospe ist, also eine Linie, welche in Fig.76 u. d. folg. nicht mit gezeichnet 
Nova Acta XLIH. Nr. 1. 90 


154 Ewald Theodor Bachmann. 


werden konnte, weil sie auf der Mitte der Längsaxe und auf der Papierebene 
senkrecht steht. Indem nun das Eiweiss an allen Punkten dieser Ellipse 
energischer wächst, als an solchen, die ausserhalb derselben liegen, nimmt es 
die Form eines planconvexen Schildes an. 

Bis zu diesem Punkte entwickelt sich der muschelförmige Same von 
V. polita genau in derselben Weise, wie der von V. arvensis; seine definitive 
Gestalt erreicht er dadurch, dass er an seinem Rande noch länger fortwächst, 
auf der freien Seite jedoch viel stärker als auf der Raphenseite, was eben zur 
Folge hat, dass er sich nach letzterer hin einkrümmt. 

Meine nunmehrige Aufgabe ist es, die Veränderungen, welche die ein- 
zelne Zelle des Integuments während des Entwickelungsganges desselben er- 
fährt, darzulegen. In dem Stadium Fig. 77 haben sich die Epidermiszellen 
noch stärker in radialer Richtung gestreckt und ihre Aussenwände so sehr 
verdiekt, dass man in ihnen bereits drei Schichten dichterer Beschaffenheit 
unterscheiden kann; in Wasser quellen sie etwas auf. Das chlorophyligrüne 
Plasma ist wandständig geworden. Die Zellen des Zwischengewebes haben 
sich in keinem wesentlichen Punkte verändert, ebensowenig wie die der 
innersten Schicht. — In dem Stadium Fig. 75 — Stad. Fig. 78 haben sich 
die ausserordentlich weit gewordenen Zwischengewebszellen abgerundet und 
sind an einzelnen Stellen, nämlich da, wo sich das Endosperm der Epidermis 
sehr genähert hat, bereits zusammengedrückt; dasselbe gilt von den gleichfalls 
weiter gewordenen Zellen der innersten Schicht; zuletzt wird alles subepi- 
dermoidale Gewebe, die Raphe ausgenommen, resorbirt. Die Epidermiszellen 
haben ihre Form nicht, ihre Grösse kaum geändert, aber ihre Aussenwand 
hat sich ungewöhnlich stark gallertartig verdickt, Schon in Jod ist ihre 
Schichtung sichtbar, noch besser nach Zusatz von Wasser, wird dagegen 
wieder undeutlich, wenn die Membran in Form eines langen spiraligen 
Schlauches an Schnitt- oder Rissstellen heraustritt. Ihren Inhalt führen sie 
noch: es ist durch Chlorophyll grün gefärbtes Plasma. 

Am reifen Samen hat sich auch die Innenwand der Epidermiszellen 
etwas verdickt, die Seitenwände aber sind nach wie vor dünn und auch die 
Aussenmembran hat sich nicht verändert; ihre Gallertschichten vermögen die 
Cutieula nicht zu sprengen, wenn man ganze Samen in Wasser bringt. Der 
Inhalt ist gelb geworden und verleiht dem Samen seine Färbung. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 155 


Unverständlich ist mir, was Chatin über die Schicht, welche das 
Eiweiss bedeckt, die Epidermis des Integuments, sagt: „la graine offre une 
assise de cellules carrtes et & parois assez 6paisses qui l’entourent et forment 
son test: ce sont les cellules internes du tegument ovulaire simplement 
modifiees pour cette nouvelle fonetion.“ Sollte der Verf. meinen, dass, weil 
bei Veronica hederaefolia nur die innerste Schicht des Integuments erhalten 
geblieben ist, nun auch bei V. arvensis die übrig gebliebene Zellenlage die 
innerste sei? 

Entwickelungsgeschichtlich habe ich ausser den genannten auch noch 
folgende Arten untersucht: V. prostrata, V.multifida, V. crinita, V. urticae- 
folia, V. fruticulosa, V. serpyllifolia, V. gentianoides, V. latifolia, 
V. Bachofeni und V.sibirica und mich dabei überzeugt, dass sie in dieser 
Beziehung alle mit V. arvensis die grösste Uebereinstimmung aufweisen. 
Selbst die Anzahl der Zwischenschichten, welche zur Ausbildung gekommen, ist 
ziemlich constant; bei V. prostrata etwa fünf, bei V. latifolia drei bis vier, 
bei V. multifida vier, bei V. urticaefolia zwei bis drei, bei V. serpylli- 
folia nur zwei, bei V. Bachofeni bis drei, bei V. söbörica drei bis vier; 
am reifen Samen sind sie ausnahmslos resorbirt und nur noch Reste in 
der Längsrippe, in welcher die Raphe verläuft, vorhanden und nachweisbar. 
Die innerste Schicht ist in der Regel noch erhalten und in einer Weise aus- 
gebildet, dass sie der quadratischen Schieht der Antirrhineen äusserst ähnlich 
ist: ihre Zellen sind sehr klein, niedrig, im Quer- und Längsschnitte stets, in 
der Flächenansicht gewöhnlich rechteckig, ganz leer, dünn- und gelbwandig. 
Freilich ist sie häufig so sehr zusammengepresst, dass nur Flächenpräparate, 
durch Abschaben gewonnen, geeignet sind, Gewissheit von ihrem Vorhanden- 
sein zu verschaffen, so z. B. bei V. glauca, gentianoides, serpyllifolia, 
prostrata, austriaca, caucasica, multifida, latifolia und Ponae; noch 
gut erhalten und auch auf Quersehnitten sichtbar ist sie bei V. longifolia, 
sibirica, Bachofeni, urticaefolia, sawatilis, fruticulosa u. A. Selten 
ist die Innenwand der Zellen wie bei V. serpyllifolia durch kleine Höcker 
und Vorsprünge, welche der betreffenden Membran ein körnelich-rauhes An- 
sehen geben, verdickt. Bei V. speciosa endlich konnte ich die innerste 
Schicht gar nicht nachweisen. 

20% 


156 Ewald Theodor Bachmann. 


Auch die Epidermis zeigt in ihrem Baue wenig Abwechselung. Bei 
weitem am häufigsten sind die Seiten- und Aussenwände oder letztere allein 
stark gallertartig verdickt, nämlich bei V. crinita, gentianoides, prostrata, 
austriaca, urticaefolia, caucasica, multifida, latifolia, serpyllifolia, 
glauca, perfoliata und fruticulosa. Meist erstreckt sich die Verdickung 
auf Aussen- und Seitenwände, erreicht auf letzteren ihren höchsten Grad und 
nimmt auf den Seitenmembranen von aussen nach innen allmählich ab; daher 
kommt es, dass das Lumen der Zellen, obgleich die Mittellamellen der Seiten- 
wände auf der Innenmembran rechtwinklig stehen, glockenförmig, und die ein- 
zelnen Verdickungsschichten ebenso oder kappenförmig sind. Die Gallert- 
schichten sind in grosser Anzahl vorhanden; die äusserste (Cutieula) und die 
innerste Lamelle sind von dichtester Beschaffenheit und quellen nicht; erstere 
ist dünn, letztere dick und gleichfalls von glockenförmiger Gestalt. Sehr 
häufig fehlen den Zellen der Epidermis an reifen Samen die Cuticula und die 
Gallertschichten gänzlich, offenbar weil sie im Zustande des Aufgequollenseins 
durch irgend einen mechanischen Vorgang von der resistenten Innenlamelle 
abgestossen, abgerieben, überhaupt entfernt worden sind und dann findet man 
nur noch letztere erhalten, was leicht zu der irrigen Annahme führen kann, 
dass man es hier mit wohlerhaltenen Epidermiszellen zu thun habe. Deshalb 
ist es für viele Fälle ganz unerlässlich, jüngere Stadien oder doch ganz 
frische aus der Kapsel herauspräparirte Samen für die Untersuchung zu be- 
nutzen, Samen, von denen man mit Bestimmtheit weiss, dass sie in keiner 
Weise verletzt worden sind. Aus diesem Grunde wage ich es auch nicht, 
obwohl mir die reifen Samen von V. Ponae, sazatilis und speciosa vor- 
gelegen haben, mit Bestimmtheit zu entscheiden, ob die Membranen ihrer 
Epidermiszellen gallertartig verdickt gewesen sind, kann vielmehr weiter nichts 
sagen, als dass ich es bei V. Ponae für wahrscheinlich, bei V. speciosa 
und saxatilis aber für unwahrscheinlich halte. 

Ganz anders ist die Epidermis bei V. sibirica gebaut. Die Zellen 
sind zwar auch polyedrisch, nur selten in der Flächenansicht rechteckig, aber 
weit grösser als die mit Gallertmembranen ausgestatteten und meist in Rich- 
tung der Längsaxe des Samens stärker gestreckt, als nach den anderen 
Richtungen. Die hohen Seitenwände sind mit einer Anzahl von Verdickungs- 
leisten versehen, welche zwar im, Allgemeinen radial von innen nach aussen 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 157 


verlaufen, aber so reichliche Anastomosen eingehen und sich so vielfach ver- 
zweigen, dass ein grossmaschiges, unregelmässiges Netz entsteht. Die Innen- 
wand ist ganz ähnlich beschaffen; die Verdickungsleisten, gleichfalls zu einem 
unregelmässigen Netz vereinigt, sind doch nicht alle verzweigt und verJaufen, 
mehr oder weniger deutlich, rechtwinklig zur Längsaxe der Zelle. Die raphen- 
ständigen Epidermiszellen sind wie immer viel schmäler und dabei eben so 
lang, wenn nicht länger als jene, ihre Membranen aber nicht netzförmig ver- 
diekt; denn die einfachen, nicht verzweigten Verdickungsleisten verlaufen unter- 
einander parallel und rechtwinklig zur Längsaxe der Zelle. Die Aussenwand 
aller ist sehr dünn und nach innen gebogen. — Durch diese Beschaffenheit 
seiner Epidermiszellen stellt sich V. sidirica zu den vorher erwähnten und 
beschriebenen Arten in schroffen Gegensatz und mit ihm noch eine Anzahl 
anderer Species, welche gleichfalls Verdickungsleisten auf den Seiten- und 
Innenwänden ihrer Epidermiszellen haben; das sind nämlich V. longifolia, 
arguta, incana, tarpheja, Waldsteiniana und crassifolia. Letztere hat 
gleichfalls grosse Zellen mit hohen Seitenwänden und auf diesen netzförmige 
Verdickungen, während bei den anderen Arten mit niedrigen Seitenwänden die 
Verdickungsleisten selten ein Netz bilden, sondern untereinander parallel und 
zur Längsaxe der Zelle rechtwinklig verlaufen; die verdickten Wände sind 
schwach gelblich gefärbt. 


Recapitulation. 

1. Von fast noch höherem Interesse als der Bau der Testa ist bei den Veronicaceen.. 
die Entwickelungsgeschichte der Samenknospe und des Endosperms; denn auf 
den Veränderungen, die diese beiden erleiden, beruht es, dass der Same einmal 
muschelförmig, das anderemal schildförmig wird. Beide Gestalten ver- 
halten sich aber durchaus nicht wie Gegensätze; ihr Unterschied ist nur ein 
gradueller und nicht im geringsten ein wesentlicher; denn die muschelförmigen 
sind eigentlich weiter nichts als weitergebildete schildförmige, umgekehrt kann 
man die schildförmigen als auf einer niederen Entwickelungsstufe stehen ge- 
bliebene muschelförmige ansehen. In beiden Fällen treibt das Endosperm zuerst 
einen seitlichen Fortsatz nach der Raphe hin, die „basiläre Wucherung“; hierauf 
wächst der von dieser Wucherung getragene Theil des Eiweisses, wie oben be- 
schrieben, zur Schildform aus. Hier bleiben die planconvexen Samen stehen. 


158 


Ewald Theodor Bachmann. 


Die anderen aber krümmen sich nun auch noch, indem ihre freie Seite stärker 
wächst als die Raphenseite, nach letzterer, oder, was dasselbe heisst, nach der 
Placenta hin. Für den Satz, welchen ich eben über das zwischen schild- und 
muschelförmige Samen bestehende Verhältniss aufgestellt habe, kann ich ferner 
als beweiskräftig das Vorhandensein von allerlei Uebergangsformen anführen. 
Die grösseren planconvexen Samen sind nämlich häufig gekrümmt, so die von 
V. prostrata, austriaca u. A. Wenn man sie dessenungeachtet nicht in die 
Abtheilung der cochlidiospermen Veronicaarten aufnimmt, so geschieht das mit 
vollem Recht; denn 1. haben derartige Species neben concaven auch ebene 
Samen; 2. nicht immer die Raphenseite ist bei ihnen concav, sondern es kommen 
auch welche vor, deren freie Seite zur concaven geworden ist; 3. der Grad der 
Krümmung schwankt zwischen ausserordentlich weiten Grenzen, denn wenn 
Samen beobachtet werden, bei welchen die Ränder gegen die Raphenseite um- 
geklappt sind, wie man ein Stück Papier zusammenfalten kann, so kommen 
noch viel häufiger solche vor, deren Concavität äusserst gering ist; 4. es 
krümmen sich die Samen nicht an allen Punkten ihres Randes, sehr häufig 
z. B. nur von den beiden Seiten her, nicht aber in der Längsaxe, woraus es 
sich erklärt, dass Samen, welche im Querschnitt vielleicht eme sehr auffallende 
Concavität aufweisen, im Längsschnitte planconvex erscheinen würden. 


. Hinsichtlich der Entwickelung des Integuments und des Baues der Samenschale 


lässt sich kaum ein für alle Species der Gattung Veronica gemeinsames, cha- 
rakteristisches Merkmal auffinden, es sei denn, dass man die in allen Fällen 
geringe Schichtenzahl als solches annehmen will. Bei einigen Arten werden 
zweierlei Gewebeformen deutlich ausgebildet, nämlich die Epidermis und das 
aus mehreren Zellenlagen zusammengesetzte subepidermoidale Gewebe, so bei 
V. arvensis und wahrscheinlich auch speciosa. Bei den anderen differenzirt sich 
noch eine dritte Schicht, nämlich die innerste; dieselbe erfährt bei fast allen 
Samen eine Ausbildung ganz analog der der quadratischen Schicht der Antir- 
rhineen; Y. hederaefolia wacht hiervon die einzige Ausnahme, weil bei ihr die 
Zellen der betreffenden Schicht späterhin nicht nur ausserordentlich gross werden, 
sondern auch geschlängelte Contouren und Verdickungsleisten auf ihren Seiten- 
wänden haben, so dass sie mehr an die Epidermiszellen gewisser Samen als an 
die einer typisch gebauten, quadratischen Schicht erinnern, Alle subepidermoidalen 
Schichten mit Ausnahme der quadratischen, wo eine solche zur Ausbildung ge- 
kommen ist, werden resorbirt. Bei V. hederaefolia wird aber ausserdem noch 
die Epidermis, nachdem sie das als „le corps mousseux“ bezeichnete Stadium 
durchlaufen hat, resorbirt. Bei den übrigen Arten geht die Epidermis betreffs 
ihres Baues wieder nach drei Richtungen auseinander: entweder sind die Aussen- 
und Seitenwände stark gallertartig verdickt oder sie sind mässig verdickt und 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 159 


erstere papillös vorgewölbt, oder die Seiten- und Inmenmembranen tragen Netz- 
fasern. Aber weder in der einen, noch in der anderen Ausbildungsweise ist die 
Epidermis geeignet, die Function des Schutzes auszuüben: denn die Netzfasern 
sind zu dünn, die Gallertschichten der anderen Epidermiszellen gehen, sobald 
sie feucht und gequollen sind, leicht verloren und bedürfen eher selbst des 
Schutzes, als dass sie das Eiweiss schützen könnten. Die beträchtliche Grösse 
des letzteren und seine Härte bieten einen Ersatz hierfür. 

3. Die Rippen, Runzeln, Höcker, welche man auf der Oberfläche vieler (besonders 
der convexen) Samen bemerkt, sind stets Endospermbildungen. 

4. Die Farbe der meisten Samen rührt von den gelben Membranen der Zellen der 
innersten Schicht her, bei wenigen von dem gefärbten Inhalte der Epidermis- 
zellen (V. triphyllos, V. arvensis). 

Aus der 10. Tribus: Gerardicae, habe ich keine Samen bekommen können. 


Tribus XI. Rhinantheae. 
26. Die Gattung Rhinanthus. 


Der plattgedrückte, gelbe, fast kreisrunde Same von Rhinanthus 
minor Ehrh. besteht bekanntermassen aus drei Thheilen: dem eigentlichen, mit 
Endosperm erfüllten Samenkörper, einem unvollständigen Flügel und endlich 
einer anderen Wucherung der Samenschale, welche die vom Flügel gelassene 
Lücke ausfüllt. Ersterer, der Samenkörper, hat von der platten Seite gesehen 
etwa die Form eines breiten Halbmondes; die convexe Seite desselben ist von 
dem Flügel umsäumt, welcher ziemlich breit und auch dick ist. In der con- 
caven Seite liegt jene Wucherung der Testa, die ungefähr gleiche Dicke 
erreicht, wie der platte Samenkörper und es bewirkt, dass der Same statt 
eine Einbuchtung zu haben, hier- gerade verläuft. Die Entwickelungsgeschichte 
konnte ich, weil mir das nöthige Untersuchungsmaterial fehlte, nicht verfolgen. 

Die Samenschale ist sehr dünn und besteht, soweit das Endosperm 
reicht, anders gesagt, soweit sie zum Samenkörper gehört, aus zwei Schichten. 
Die innere ist offenbar durch Zusammenpressung eines früher mehrschichtigen 
parenchymatischen Gewebes entstanden, ist in Quer- und Längsschnitten über- 


160 Ewald Theodor Bachmann. 


haupt nicht deutlich zu erkennen und quillt auch bei Behandlung mit KHO 
nur in so geringem Grade auf, dass in ihr nicht mehr als die schon vielfach 
erwähnte parallele Strichelung sichtbar wird; in der Flächenansicht zeigt sie 
rundliche, ungefähr isodiametrische, dünnwandige Zellen, welche durch kleine 
Intercellularräume von einander getrennt sind. Die äussere Schicht ist die 
Epidermis, deren Zellen niedrig und tafelföormig sind. In der Flächenansicht 
sind sie polyedrisch oder rechteckig, manchmal sogar dreieckig, meist in einer 
Tangentialrichtung vorwiegend gestreckt, aber nicht alle nach ein und der- 
selben, sondern die eine nach dieser, die andere nach jener; ihre Contouren 
sind fast ausnahmslos geradlinig. Die Innenwand ist mässig verdickt, die 
Aussen- und Seitenmembranen hingegen sind dünn, alle bräunlich gefärbt, die 
letzteren beiden jedoch nicht so dunkel wie erstere. Von dem Samenkörper 
aus setzt sich die Epidermis auch auf den Flügel und auf die Wucherung der 
concaven Seite fort. Auf letzterer sind die Zellen von derselben Beschaffenheit 
wie die körperständigen; diejenigen Epidermiszellen, welche den Flügel be- 
decken, weichen nur in einem Punkte ab, nämlich darin, dass sie alle in der 
Richtung von der Ursprungsstelle nach der Peripherie des Flügels stark tan- 
gential gestreckt sind, genau so, wie es bei den geflügelten Linaria-Samen der 
Fall ist. 

Das subepidermoidale Gewebe der Wucherung an der concaven Seite 
des Samenkörpers besteht aus grösstentheils polyedrischen, seltener abgerundeten 
Zellen, die durch kleine Intercellularräume getrennt sind; aber während im 
Centrum des Gewebes die Zwischenzellenräume ganz fehlen, treten sie in den 
peripherischen Schichten in um so grösserer Anzahl auf und sind überdies 
grösser. Die Zellen der äusseren Schichten sind meist isodiametrisch, die 
centralen aber vorwiegend in der Richtung auf das Centrum der Wucherung 
(im Querschnitt gesehen) gestreckt und daher um diesen Mittelpunkt herum 
unregelmässig strahlig angeordnet; die Wände der mittleren sind gebräunt. 
Sollte die Mittellinie ehemals eine Höhlung, vielleicht einen leeren Anhang des 
Embryosackes enthalten haben? Die Membranen aller dieser Zellen sind 
ziemlich dick und reichlich mit Poren versehen; nur die Zellen der äussersten 
Schicht haben in ihrer Aussenseite, also in der der Epidermis zugewendeten 
Membran keine Tüpfel. Die Lage zusammengedrückten parenchymatischen 
Gewebes, welche am Samenkörper unterhalb der Epidermis liegt, fehlt hier 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 161 


und man wird nicht irren, wenn man annimmt, dass das dickwandige Gewebe 
der in Rede stehenden Wucherung nur eine Modification von jenem ist und 
früher auch dieselbe Beschaffenheit gehabt hat, wie sie das subepidermoidale 
Gewebe des Samenkörpers immer besitzt; dafür spricht auch der Umstand, 
dass das letztere innerhalb des Flügels eine ganz ähnliche Ausbildung 
erfahren hat. 

Der Flügel besteht wie der der Zinaria-Samen aus einer Wucherung 
des subepidermoidalen Gewebes der Testa, welche von einer Epidermisfalte 
überzogen wird. Am Fusse desselben ist das subepidermoidale Gewebe vier- 
schichtig, wird hierauf drei-, dann zwei- und zuletzt einschichtig. Die Zellen 
sind ungefähr isodiametrisch, nicht so die, welche an der Peripherie des 
Flügels liegen; denn die eigentliche Randzelle ist in Richtung der Fläche des 
Flügels stark gestreckt, die anderen in einer Richtung, welche auf der vorigen 
senkrecht steht und erst da, wo das Gewebe zweischichtig wird, werden die 
Zellen isodiametrisch und zugleich im Querschnitte gesehen polyedrisch, wäh- 
rend jene in der Regel rechteckig sind. Auch in der Beschaffenheit der Zell- 
wände spricht sich ein ähnlicher Gegensatz aus; denn während dieselben in 
dem einschichtigen Theile des Flügels sehr dick und braun gefärbt sind, sind 
sie in dem mehrschichtigen Theile dünner und fast farblos; doch ist der 
Uebergang zwischen diesen Gegensätzen kein plötzlicher, sondern erfolgt all- 
mählich. Alle Membranen sind getüpfelt, ausgenommen die der Epidermis 
zugewandten. Da die Zellen an ihren Ecken häufig etwas abgerundet sind, 
befinden sich an diesen Stellen kleine Intercellularräume. — Aus alledem geht 
hervor, dass der Flügel von Rhinanthus ebenso gebaut ist und sich vielleicht 
auch auf dieselbe Weise entwickelt hat, wie der der ZLinaria-Samen; denn 
im Wesentlichen, im Prineipe, stimmen beide überein. Die Unterschiede sind 
folgende: 1. Bei Rhinanthus nimmt das eigentlich Hügelbildende, das sub- 
epidermoidale Gewebe, die Hauptmasse ein, bei Linaria die Epidermis. 
2. Das beruht darauf, dass bei Rhinanthus die Zellen des betreffenden Ge- 
webes dickwandig sind und in Folge dessen nicht zusammengedrückt werden, 
wogegen das dünnwandige Gewebe der Flügel von Linaria-Samen in deren 
grösstem Theile wahrscheinlich resorbirt und der kleinere, vielschichtige Theil 
gänzlich zusammengedrückt ist. 3. Die Dicke der Linaria-Flügel ist viel 
geringer, als die des Flügels von Rhönanthus. Zieht man nun in Betracht, 

Nova Acta XLIH. Nr. 1. 21 


162 Ewald Theodor Bachmann. 


dass die physiologische Wirkung eines Flügels um so mehr zur Geltung 
kommt, je grösser seine Fläche ist im Verhältniss zu seiner Dicke und 
Sehwere, so muss man anerkennen, dass die Samen von Rhinanthus gegenüber 
denen von Linaria im Nachtheil sind, in einem Nachtheil, welcher aber da- 
durch compensirt wird, dass im Flügel von Rhinanthus die Zellen ausser- 
ordentlich weit und mit Luft gefüllt sind, dass in der That der bei weitem 
grösste Theil seines Volumens Luft, der kleinste Zellenmembran ist; dadurch 
wird er verhältnissmässig viel leichter als die beinahe luftleeren Flügel von 
Linaria. 


27. Die Gattung Pedicularis. 


Der Same von Pedicularis verticillata L. ist elliptisch, im Quer- 
schnitt rund, beinahe gerade, an beiden Enden spitz. Seine Oberfläche ist 
regelmässig grubig, seine Farbe dunkel graubraun. Sein mächtig entwickeltes 
Endosperm zeichnet sich dadurch aus, dass die Membranen seiner Zellen nicht 
allein sehr dick, sondern auch mit grossen Poren reichlich versehen sind und 
dass es Plasma, untermischt mit Stärkekörnchen, enthält. 

Die Testa des reifen Samens besteht aus zwei Schichten, einer inneren 
bräunlichen Lamelle, welche durch Zusammendrücken des subepidermoidalen 
Gewebes des Integumentes entstanden ist, und einer äusseren, der Epidermis. 
Die Zellen der letzteren sind in der Flächenansicht (Taf. 4. Fig. 81) sehr 
gross, polyedrisch und häufig in Richtung der Längsaxe des Samens am 
stärksten gestreckt. Die Innenwand ist gebogen und diese Biegung macht 
sich im Querschnitte besonders an den Stellen, wo zwei Zellen zusammen- 
stossen, bemerklich (Taf. 4. Fig. S0); sie ist sehr diek und enthält eine grosse 
Menge von Poren, welche aber häufig schief verlaufen und sogar sich ver- 
zweigen und Anastomosen eingehen können,!) so dass man in der That die 


1) Ich bin mir wohl bewusst, dass es falsch ist und mit dem thatsächlichen Verhalten 
in Widerspruch steht, von Porenkanälen so zu reden, als ob sie sich verzweigten, als ob sie 
Anastomosen eingingen, dass es vielmehr meine Aufeabe gewesen wäre, zu erklären, wie die 
Wachsthums- und Verdickungsvorgänge innerhalb der Innenmembran sind und sein müssen, 
damit verzweigte und mit einander anastomosirende Tüpfelkanäle entstehen können. Um. diese 
Erklärungen geben zu können, hätte ich aber so weitgehende, auch auf jüngere Entwickelungs- 
stadien und andere Pflanzen (Magnolia, Bertholletia ete.) ausgedehnte Untersuchungen: anstellen 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 163 


Verdickungsform der Innenwand mit Lange schwammartig nennen kann. Noch 
viel stärker verdiekt sind die Seitenwände (Fig. 80), aber nur die Längs- 
seitenwände, d. h. die, welche mit der Längsaxe des Samens parallel laufen, 
während die Querseitenwände dünn sind; denn in Flächenpräparaten findet 
man sie kaum angedeutet, in Längsschnitten habe ich nie etwas von ihnen 
gesehen. Die Längsseitenwände sind aber (im Flächenschnitt gesehen) nicht 
überall gleichmässig, sondern an gewissen Stellen zu polsterartigen Vorsprüngen, 
also ganz ausserordentlich stark (in Fig. 81 die schattirten Stellen) verdickt, 
an den zwischenliegenden Punkten nicht stärker als die Innenwand, und auch 
schwammförmig, wie z. B. die Seitenwand a in Fig. 80. Die polsterartige 
Verdickung erstreckt sich jedoch nicht auf die ganze Höhe der Zelle, sondern 
nimmt, wenn auch mehr als die Hälfte, doch nur ihren oberen "Theil ein und 
ist fast ganz massiv; nur von dem inneren Theil der Seitenwand her, von 
dem "Theil, welcher Porenkanäle hat, setzen sich in der Regel ‚dieselben nach 
aussen in den compacten äusseren Theil fort, so dass derselbe oft geradezu 
nach vorn und innen überhängt (vgl. die Seitenwände b und ce in Fig. 80). 
An der Flächenansicht der Epidermis kann man sich überzeugen, dass diese 
polsterartigen Verdickungsleisten durchaus nicht, wie a,a in Fig. S1 in jeder 
Zelle von dem einen Ende der Längsseitenwand bis zum anderen verlaufen, 
sondern wie b,b an dem einen Ende anfangen, das andere aber nieht erreichen, 
oder nur ein kleines mittleres Stück derselben bedecken (c,c) und ‚zwar treten 
sie dann mit Vorliebe an solchen Punkten auf, wo drei Zellen mit ihren 
Ecken zusammenstossen. Es sind dann aber nicht etwa alle drei Zellen in 
ihren Ecken mit den Polsterverdickungen versehen, sondern häufig nur eine. 
Zwischen den Verdiekungsleisten befindet sich eine das Licht stärker brechende 
Mittellamelle, die aber auch den dünneren, schwammartig verdickten 'Theilen 
der Längsseitenwände nicht fehlt. Alle Wände sind braun; die dieksten er- 
scheinen selbstverständlich am dunkelsten und auf diesem Unterschiede im 
Farbenton beruht es, dass sich die Verdickungsleisten von ‚der dünneren und 
darum helleren Innenmembran so deutlich abheben, wenn man ein Flächen- 


müssen, als dass ich damit in der kurzen Frist, welche der Bearbeitung des dieser Arbeit zu 
Grunde liegenden Themas gesteckt worden ist, hätte fertig werden können, ohne andere Par- 
tien zu vernachlässigen. 


213 


164 Ewald Theodor Bachmann. 


präparat betrachtet. Die Aussenwand fehlt meistens; da, wo sie noch erkenn- 
bar ist, sei es als ein kleiner, von dem Gipfel einer Seitenwand herabhängender 
Fetzen, sei es in noch wohlerhaltenem Zustande, weist sie sich als ein dünnes, 
farbloses oder höchstens schwach gelb gefärbtes Häutchen aus. 

Alle übrigen von mir untersuchten Pedicularis- Arten stimmen mit 
P. verticillata darin überein, dass ihre Testa nur aus der Epidermis und 
einer mehr oder weniger dicken Lamelle zusammengepressten Gewebes besteht. 
Bei P. Portenschlagii Saut. und P. flammea Wulf sind die Epidermis- 
zellen viel kleiner als bei P. verticillata; die Innenwand derselben ist noch 
viel stärker gebogen und geht in Folge dessen ohne Absatz oder scharfen 
Winkel in die sehr niedrigen Seitenwände über. Diese und auch die Innen- 
membranen sind an allen Punkten gleich stark schwammartig verdickt und 
zwar gewiss eben so stark wie die Innenwände von P. vertieillata. Nur 
an ihrem äusseren Ende sind die Seitenwände nicht von Tüpfeln durchbohrt, 
ähnlich wie bei P.verticillata und doch ganz verschieden, da dieser äussere 
solide Theil genau eben so diek ist, wie der innere schwammartig verdickte. 
Die Aussenwand ist fast noch in allen Zellen erhalten und liegt den anderen 
Membranen gewöhnlich dicht an. — Bei P. versicolor Wahlbg. stehen die 
Seitenwände rechtwinklig auf den Innenwänden, sind aber noch sehr niedrig 
und so bilden die Epidermiszellen dieser Species einen Uebergang zu denen 
von P. Friederici Augusti Tommasin und myriophylla, deren Seiten- 
wände eine beträchtliche Höhe haben und, da die Innenwand entweder gar 
nicht oder nur schwach gebogen ist, auf dieser rechtwinklig stehen. Bezüglich 
ihrer Verdiekungsform gleichen die drei zuletzt genannten Arten den beiden 
vorher beschriebenen vollständig: dieselbe ist schwammartig und an allen 
Punkten der Innen- und Seitenwände in gleicher Mächtigkeit entwickelt. Bei 
P. Friederici Augusti und P.myriophylla, bei ersterer jedoch viel deutlicher 
als bei letzterer, heben sich zwei vom subepidermoidalen Gewebe gebildete 
Kanten, die zusammen einen schmalen Flügel bilden, ab; die Epidermiszellen, 
welche denselben bedecken, sind viel kleiner und niedriger als die flächenständigen. 

Lange!) hat die schwammartige Verdickungsform, wie bereits erwähnt, 
in der Samenschale von P. Sceptrum Carolinum L. gefunden. Schliesslich 


1) Lange, Bemaerkninger ete. Bot. Tidsskrift IV, pag. 260. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 165 


sei noch bemerkt, dass Hofmeister!) von einem „endlosen Netz in den 
Netzfaserzellen der Samenschale von Pedicularis“ spricht, freilich ohne 
näheren Aufschluss darüber zu geben, ob er den Ausdruck „endloses Netz“ 
in einem besonderen Sinne gebraucht und auf welche Arten der Gattung 
Pedicularis er seine Bemerkung bezogen wissen will; denn nicht alle haben 
in ihrer Testa Netzfaserverdickungen. Wie Groenlund?) nachgewiesen hat, 
besteht die Samenschale von P. palustris von innen nach aussen aus folgenden 
Schichten: 1. einer Schicht zusammengedrückter Zellen, welche nach meinen 
Untersuchungen (Groenlund giebt darüber keine Auskunft) aus mindestens 
vier Zellenlagen bestanden haben muss; die Zellen der äusseren unter ihnen 
sind dünnwandig, die der innersten haben zwar dinne Seiten- und Aussen- 
wände, die Innenmembran aber ist dick und zwar gar nicht unbedeutend, da 
sie drei Lamellen verschiedener Dichtigkeit deutlich unterscheiden lässt, über- 
dies ist sie gelb gefärbt. 2. Hierauf folgen eine Anzahl von Lagen kleiner 
runder getüpfelter Zellen, welche durch kleinere und grössere Intercellular- 
räume von einander getrennt sind. Vermuthlich ist dieses Gewebe ehemals 
ein Theil des Zwischengewebes gewesen und hat damals dieselbe Beschaffen- 
heit gehabt, welche die drei (oder mehr) innersten Lagen bis zur Zeit der 
Reife behalten haben, ist aber dem Zusammenpressen durch Verdiekung und 
Cutieularisirung seiner Zellmembranen entgangen; wenn man seine Zellen von 
innen nach aussen zählt, so erhält man keineswegs an allen Punkten eine 
gleiche Anzahl, vielmehr schwankt dieselbe zwischen vier und sieben; das 
rührt daher, dass dieses Gewebe eine grosse Anzahl niedriger Hügel erzeugt 
hat; die Thäler werden immer nur von einer grossen Epidermiszelle ausgefüllt, 
nämlich dadurch, dass dieselbe ihre Innenmembran tief kesselartig nach innen, 
nach dem Endosperm zu ausgebaucht hat; auf den Hügeln liegen kleinere 
Epidermiszellen in grösserer Anzahl; dieselben haben aber auch Kesselform. 
Die Innenwände der Epidermiszellen sind mässig verdickt, die niedrigen Seiten- 
wände um so stärker, beide aber sind braun gefärbt und entbehren der Netz- 
faserverdickungen. Die dünne gelbliche Aussenwand ist zwischen den beiden 
Seitenmembranen ausgespannt und ein wenig nach innen gebogen. 


!) Hofmeister, Lehre von der Pflanzenzelle, S. 170. 
2) Groenlund, Forskellen mellem froenes ydre udseende ete. Bot. Tidsskrift, IV. 


166 Ewald Theodor Bachmann. 


Euphrasia Odontites L. 

Der reife Same ist klein, weiss oder gelblichweiss und eiförmig zuge- 
spitz. An der Raphenseite zieht eine bei den einzelnen Samen verschieden 
hohe Längsleiste vom Chalazaende bis zur gegenüberliegenden Spitze des 
Samens. In ihr verläuft die Raphe. Mit unbewaffnetem Auge ist von einer 
Oberflächenskulptur gar nichts zu sehen. Allein schon bei zehnfacher Ver- 
grösserung bemerkt man eine Anzahl feiner Längsrippen. Zwischen diesen 
erheben sich noch viel zartere Querrippen, wie die Sprossen einer Leiste, so 
dass eine Zeiehnung entsteht, die der der Schuppen von Papilio Janira ähnelt. 
In Folge der hohen Längsleiste, innerhalb welcher die Raphe verläuft, erscheint 
der Querschnitt des Samens nicht kreisrund, sondern hat an einer Stelle einen 
spitzen Vorsprung. 

Dieser Same entsteht aus einer anatropen Samenknospe, welche un- 
mittelbar vor der Entfaltung der Blüthe noch eine ganz glatte Oberfläche hat. 
Der Querschnitt ist eiförmig (Taf. 4. Fig. 82); im Mittelpunkte des spitzen 
Endes sieht man die Raphe (r), (im Querschnitt als ein runder Punkt sichtbar) 
im Mittelpunkte des breiten Endes den Embryosack (es). Folglich ist der 
letztere von der Rapbenseite der Samenknospe zwei- bis dreimal weiter entfernt 
als von der gegenüberliegenden. An dieser (Fig. 83) besteht das Integument 
aus vier bis fünf Zellenlagen, die sich bereits in drei verschiedene Gewebe- 
partieen differenzirt haben: in die Epidermis, das Zwischengewebe und 
die innerste Lage. Die Epidermis besteht aus parallelepipedischen Zellen, 
die in Richtung des Querumfanges der Samenknospe tangential am stärksten 
gestreckt sind und zwar ca. drei- bis viermal stärker als in Richtung der 
Längsaxe oder in radialer Richtung. Die Zellen sind in regelmässige Längs- 
reihen angeordnet, deren Zahl bei den einzelnen Samen nicht übereinstimmt, 
in der Regel aber 14—15 beträgt. Die rippenartige Leiste, in welcher die 
Raphe verläuft, ist davon ausgenommen, weil hier die Zellen kleiner und un- 
regelmässiger angeordnet sind. Unter der Epidermis befinden sich zwei his 
drei Lagen parenchymatischer Zellen; ihre Grösse ist verschieden, ihre Gestalt 
unregelmässig, ihr Umriss geradlinig. Intercellularräume fehlen. "Theilungen 
erfolgen reichlich durch radial, tangential und schief gestellte Wände. Die 
Zellen der innersten Lage gleichen denen der Epidermis: sie haben ebenfalls 
parallelepipedische Gestalt, sind in Richtung des Querumfanges der Samen- 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte ete. der Scrophularineen. 167 


knospe am stärksten gestreckt (Taf. 4. Fig. 83) und in Längsreihen angeordnet. 
Theilungen erfolgen wie in der Epidermis nur durch Radialwände, welche der 
Ebene eines Querschnittes parallel liegen. Alle Zellen sind reichlich mit 
plasmatischem Inhalt erfüllt. 

Einige Zeit nach der Befruchtung, nachdem die Blumenkrone schon 
abgefallen war, zeigten sich nur geringe Veränderungen. Die Samenknospe 
war grösser geworden, die Zellenlagen des Zwischengewebes hatten sich um 
zwei vermehrt, die Oberfläche der Samenknospe war noch glatt. Der Embryo- 
sack, von eylindrischer Gestalt, war in seiner ganzen Ausdehnung gleichmässig 
dick und etwas gekrümmt. 

Im dritten Stadium (Taf. 4. Fig. S4) hat der Embryosack eine dick 
spindelförmige Gestalt, von welcher zwei hakenförmig gekrümmte Fortsätze 
ausgehen, der eine nach dem Chalaza-, der andere nach dem: Mikropyleende. 
Dieser ist länger und dünner als jener. Beide führen Plasma, während der 
bauchige Theil des Embryosackes vom Endosperm gänzlich erfüllt ist. Das 
Integument besteht jetzt aus ca. acht Zellenlagen, deren Zahl jedoch von nun 
an nicht vermehrt wird. Die Zellen der innersten Schicht haben ihre Gestalt 
behalten, sind bedeutend grösser geworden, aber so, dass die Grössenverhältnisse 
nach den drei oben angegebenen Richtungen dieselben geblieben sind. Die 
Zahl der Längsreihen hat sich nicht vermehrt (durchschnittlich zwölf). Die 
Zellen sind ganz dicht erfüllt mit einem feinkörnigen Inhalt von hell- oder 
schmutzigbrauner Farbe. Die Epidermiszellen haben zwar ihre Anordnung, 
nicht aber ihre Form beibehalten. Denn erstens sind sie in tangentialer 
Richtung und vorzüglich in Richtung des Querumfanges stärker gewachsen 
als in radialer, so dass ihre Höhe verhältnissmässig geringer ist als früher. 
Zweitens hat sich die Innenwand so stark nach innen gewölbt, dass die Höhe 
dieser Wölbung (im Querschnitt gesehen) mehr beträgt, als die senkrechte Er- 
streckung der Seitenwände (Taf. 4. Fig. S5). Die Wölbung nach innen, welche 
die Innenmembran im Längsschnitte zeigt, ist natürlich viel geringer, weil sie 
ja in Richtung der Längsaxe viel schwächer gestreckt ist. Demzufolge hat 
sie die Form einer gebogenen Halbrinne. Die Aussenwände sind eben oder 
ganz schwach nach aussen gewölbt, so dass die Oberfläche des Samens in 
diesem Stadium auch noch glatt erscheint und keine Spur von den späteren 
Längs- und Querrippen zeigt. Alle Wände sind etwas dicker geworden. Der 


‘168 Ewald Theodor Bachmann. 


Inhalt ist ein feinkörmiges Plasma. Das Zwischengewebe hat natürlich, den 
Einbuchtungen der Epidermiszellen entsprechend, so viel Längsrippen gebildet, 
als der Querschnitt des Samens kesselförmig vertiefte Epidermiszellen auf- 
weist; ausserdem hat es sich noch zu einer viel grösseren Anzahl von Quer- 
rippen erhoben, die aber weit niedriger sind als die Längsrippen. Die Zahl 
der Zellenlagen ist demzufolge an verschiedenen Punkten verschieden gross; 
in den Thälern zählt man durchschnittlich sechs bis sieben Lagen, in den 
Rippen eine bis zwei mehr. Die äusserste Zelle, welche den Gipfelpunkt 
einer Rippe (im Querschnitt gesehen) bildet, ist ausserdem immer etwas radial 
gestreckt. Alle Zellen des Zwischengewebes sind parenchymatisch, haben 
noch keine Intercellularräume und sind ganz dünnwandig. Meist sind sie 
etwas tangential gestreckt, von unregelmässig-polyedrischer Gestalt, mit gerad- 
linigen Umrissen und reichlich mit feinkörnigem Inhalt erfüllt. 

Im weiteren Verlaufe der Entwickelung runden sie sich, nachdem sie 
beträchtlich gewachsen sind, allmählich ab, es treten Zwischenzellenräume auf 
und ihr Inhalt geht verloren, während zu derselben Zeit in den Epidermis- 
zellen und besonders in denen der innersten Lage noch ziemlich viel desselben 
enthalten ist. 

In einem Stadium, welches einige Zeit vor der Reife liegt (Taf. 4. Fig. S6), 
ist der Inhalt in den Zellen der innersten Lage, welche ihre definitive Grösse 
fast erreicht haben, gänzlich geschwunden. Die Seiten- und Aussenwände 
sind dünn geblieben, aber die Innenmembran ist dicker geworden und zugleich 
resistenter. Das Lumen hat nicht mehr seine ursprüngliche Grösse, weil die 
Zellen durch den Druck des wachsenden Endosperms etwas zusammengedrückt 
sind. Vom Zwischengewebe sind die beiden innersten Lagen völlig resorbirt, 
die mittleren sind zwar noch erhalten, aber so stark zusammengedrückt, dass 
sie nur durch Anwendung von KHO nachgewiesen werden können. Die 
beiden äussersten Lagen sind noch unverändert und nicht im geringsten 
zusammengequetscht. Allein zwischen beiden Lagen besteht noch ein Unter- 
schied: die Zellen der ersten subepidermoidalen Lage haben ihre Wände ein 
wenig verdickt und zwar in der eigenthümlich fein gekörnelten Weise, wie 
sie bei Gratiola officinalis und in noch viel höherem Maassstabe bei Verbascum 
gefunden wird. Ausserdem haben die Wände dieser Lage eine blassgelbliche 
Färbung angenommen, während die der zweiten noch ungefärbt und unverdickt 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 169 


sind. Die Zellen des Zwischengewebes aber, welche die Längsleiste an der 
Raphenseite bilden, sind alle bis zur Raphe hin verdickt. Das gleiche Schicksal 
haben die Innen- und Seitenwände der Epidermiszellen erfahren, die sogar 
zwei- bis dreimal dieker sind, als die der ersten subepidermoidalen Lage. 
Die Aussenmembran dagegen ist dünn und hängt in einem flachen Bogen 
nach innen (Taf. 4. Fig. S6). 

Späterhin treten nur noch folgende Veränderungen auf: die Zellen der 
zweiten subepidermoidalen Lage verdicken ihre Wände ebenfalls in der oben 
beschriebenen charakteristischen Weise und nehmen die hellgelbliche Färbung 
an. Die nächst inneren Lagen des Zwischengewebes werden gleich den 
innersten resorbirt; dasselbe geschieht mit den Aussen- und Seitenmembranen 
der innersten Lage. Allein die Innenwand ist noch vorhanden, wie man sich 
leicht überzeugen kann, wenn man einen reifen Samen in concentrirte Kali- 
lauge wirft, worauf sich die äusseren Zellenlagen mit dem Skalpell leicht 
abheben lassen. Wenn man nun am Endosperm vorsichtig schabt, löst sich 
eine feine Haut ab, welche noch die reihenweise Anordnung der Zellen 
dieser Lage erkennen lässt. Die Aussenwände der Epidermiszellen gehen 
schliesslich verloren, so dass nun die Längs- und Querrippen ganz deutlich 
hervortreten. 


Pedicularis, Rhinanthus und Euphrasia sind die einzigen Gattungen aus der 
Tribus der Rhinantheen gewesen, welche ich habe untersuchen können; leider! 
denn gerade diese Abtheilung ist reich an interessanten Formen. Ich erinnere nur an 
die Samen von Melampyrum, deren entwickelungsgeschichtliche Untersuchung im höch- 
sten Grade lohnend sein würde. In Folge dessen ist es nicht wohl möglich, eine für 
die ganze Tribus giltige Zusammenfassung der charakteristischen Eigenschaften der Testa 
zu geben, vielmehr muss ich mich auf eine vergleichende Darstellung und Hervorhebung 
der gemeinschaftlichen und unterscheidenden Merkmale, welche die drei untersuchten 
Genera besitzen, beschränken. 

1. Die Testa des reifen Samens ist nur aus zwei Schichten zusammengesetzt: 
a) eine innere, ursprünglich aus mehreren Lagen zusammengesetzte, später ganz 
oder theilweise zusammengedrückte; 

b) die Epidermis. 

Bei Euphrasia Odontites L. lehrt jedoch die Entwickelungsgeschichte noch eine 

dritte, nämlich die aus 12 Längsreihen bestehende innerste Zellenlage kennen. 


Nova Acta XLII. Nr. 1. 22 


170 Ewald Theodor Bachmann. 


2. Als Schutzschicht fungirt die Epidermis. 

3. Die Färbung des Samens wird durch die der Membranen der Samenschale 
hervorgebracht. 

4. Die feingrubige Oberflächenskulptur der Samen von Euphrasia und der Pedi- 
cularis-Arten rührt davon her, dass die Aussenwände der Epidermiszellen tief 
nach innen gesunken sind, bei Ped. palustris auch noch und hauptsächlich von 
den Hügelbildungen des subepidermoidalen Gewebes. 

5. Die „schwammartige“ Verdickungsform, wie man sie in der Samenschale der 
Pedicularis- Arten findet, besitzt einige Aehnlichkeit mit der inneren Membran 
der Schutzschicht von Verbascum und Celsia, aber eine viel zu geringe, als 
dass man auf Grund dessen den Verbasceen auch eine schwammartige 
Verdickungsform zuschreiben könnte; vielmehr wird man nicht irre gehen, wenn 
man das punktirte Aussehen der betreffenden Membran für den Ausdruck ver- 
schiedener Dichtigkeit benachbarter Punkte hält. 

6. Pedieularis palustris nimmt gegenüber den anderen Pedieularis- Arten eine 
ähnliche Stellung ein, wie Asarina in der Gattung Antirrhinum, wie die Section 
Cymbalaria innerhalb der Gattung Linaria. Auch Euphrasia Odontites zeichnet 
sich dadurch aus, dass die äusseren Lagen seines Zwischengewebes eine andere 
Ausbildung erfahren als die inneren. 

. Die innerste und äusserste Lage der Testa von Euphrasia Odontites zeichnen 
sich durch die an die Verbasceen erinnernde regelmässige Anordnung ihrer 


1 


Zellen in Längsreihen aus. 


Hiermit habe ich die Darstellung meiner Untersuchungen beendigt und 
es liegt mir nun nur noch ob, die Ergebnisse derselben, sofern sie von all- 
gemeinerer Bedeutung sind, in Kürze zusammenfassen. 

Zunächst will es mich bedünken, als ob die mikroskopische Beschaffen- 
heit der Samenschale für die Systematik von nur bedingtem Werthe_ sei. 
Allerdings ist es höchst auffallend, dass die Samen der Section Oymbalaria 
in der Netzfaserschicht eine Eigenthümlichkeit besitzen, die kein anderer Same 
der Gattung Linaria mit ihnen theilt, dass dagegen dieselbe Schicht wieder- 
kehrt in den Samen einiger anderen Gattungen, deren Kapsel in derselben 
Weise gebaut ist und ebenso aufspringt, wie die von Oymbalaria. Trotzdem 
darf man der Netzfaserschicht nicht, wie es mir anfänglich selbst schien, den 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 171 


Werth eines wesentlichen Unterscheidungsmerkmales zuerkennen; denn inner- 
halb der Gattung Pentstemon kommt eine Art vor (P. Digitalis), bei welcher 
die äusserste Lage des Zwischengewebes auch zur Netzfaserschicht geworden 
ist, die aber dessen ungeachtet allgemein mit den übrigen Arten. in die ge- 
nannte Gattung vereinigt wird. — Wenn man ferner die Stellung bedenkt, 
welche Mimulus ringens auf Grund anderer Eigenschaften einnimmt und 
welche sie einnehmen müsste, wenn man bei der Systematisirung einigen 
Werth auf die Beschaffenheit der Testa legen wollte, so leuchtet die Richtig- 
keit der ausgesprochenen Behauptung unmittelbar ein, selbst wenn man sich 
darauf berufen wollte, dass M. ringens früher als eigene Gattung und nicht 
als Art des Genus Mimulus aufgeführt worden, ihre Zugehörigkeit zu dieser 
Gattung also in der T'hat etwas zweifelhaft ist. Ich erinnere ferner an Pe- 
dicularis palustris und an die Tribus der Buddleieae, in welche End- 
licher (s. 0.) nur zwei Gattungen aufgenommen und damit allen übrigen 
Serophularineen gegenübergestellt hat, während die Samenschale sich durch 
nichts besonders auszeichnet. Wenn sich die nahe Verwandtschaft der Pa- 
pilionaceen, Mimosaceen und Caesalpinieen auch im Bau der Samen- 
schale kundthut, so ist das bei den nahe verwandten Serophularineen und 
Solaneen wieder nicht der Fall; denn bei den Solaneen bleibt nach Lohde 
die äusserste Lage des Knospenkerns erhalten und besteht im reifen Samen 
aus kleinen runden bis viereckigen, braun- und dünnwandigen Zellen. Diese 
Beschreibung passt, abgesehen von dem Merkmale „rund“, auch auf die qua- 
dratische Schicht der Antirrhineen, Digitaleen etc. und doch kann ich 
dieselbe auf Grund meiner Untersuchungen unmöglich dem Knospenkern zu- 
sprechen; abgesehen hiervon bietet jedoch der Bau der Samenschale in beiden 
Familien viel Uebereinstimmendes. 

Fast in jedem Samen, gleichviel aus welcher Familie er stammt, ist 
ein T'heil des ehemaligen Gewebes des Integuments zu einer dünnen Lamelle 
zusammengepresst oder resorbirt worden. Der Zusammendrückung und Re- 
sorption seitens des Endosperms oder Embryos gehen allerlei Veränderungen 
in dem betreffenden Gewebe voraus, welche unter dem Namen des Degene- 
rationsprocesses zusammengefasst werden können: derselbe besteht in einer 
allmählichen Abrundung der Zellen, womit das Auftreten von Intercellular- 
räumen zusammenhängt, und in einem damit Schritt haltenden Verluste des 

22* 


172 Ewald Theodor Bachmann. 


Inhaltes und schreitet stets centrifugal vorwärts, d. h. so, dass zuerst 
die innerste Schicht davon ergriffen wird und schon völlig zusammengepresst 
sein kann, während die Zellen der äusseren Lagen noch ihre geraden Con- 
touren und all’ ihren Inhalt haben; denn diese werden zuletzt zusammen- 
gedrückt. Es verdient das um so mehr der Hervorhebung, als es von 
manchem derjenigen Forscher, welche Samenschalen untersucht haben, gar 
nicht erwähnt worden ist, obwohl aus den Abbildungen, die sie ihren Schriften 
beigegeben haben, ersichtlich ist, dass sie den centrifugalen Fortschritt des 
Degenerationsprocesses wohl bemerkt haben. 

Der von Strandmark ausgesprochene Satz, dass die fehlende Schutz- 
schicht der Testa durch eine ungewöhnlich feste Consistenz des Eiweisses 
oder des Embryos ersetzt werde, findet auch in vielen anderen Familien volle 
Bestätigung. Strandmark selbst nennt die Samen der Hydrophylleen, 
Tropaeoleen und Balsamineen als solche, die der Schutzschicht entbehrten 
und statt dessen ein hartes Eiweiss besässen. Nach den Untersuchungen des 
Grafen zu Solms-Laubach entwickelt sich bei den Rafflesiaceen das 
innere Integument zu einer ungemein harten Steinschale; bei den nahe ver- 
wandten Hydnoraceen fehlt dieselbe, die Samenschale besteht aus dünn- 
wandigen, zerreiblichen Zellen, dafür aber haben die des Eiweisskörpers, 
besonders diejenigen des mächtig entwickelten Perisperms ausserordentlich 
stark verdickte Membranen. Aus der Familie der Serophularineeh sind es 
die kleinen Samen der Gattungen Mimulus, Mazus, Lindenbergia etec., 
welche die Strandmark’sche Regel bestätigen. Die der Gattung Pedicularis 
dagegen, welche ein so hartes Eiweiss besitzen, dass man die Samen gar 
nicht anders als in Kork schneiden kann, ausserdem aber auch eine Epidermis 
von gar nicht zu verachtender Resistenzfähigkeit und Dicke der Membranen, 
scheinen darauf hinzuweisen, dass an manchen Samen beides zusammen vor- 
kommen und eins das andere ergänzen kann. 

Wenn der reife Same eine abgeplattete, kantige, überhaupt eine von 
der stielrunden Form der Samenknospe abweichende Gestalt besitzt, so ist 
dieselbe ein Product localer Wachsthumsvorgänge entweder innerhalb des 
Integuments oder des Eiweisses. Leider ist darauf noch viel zu wenig das 
Augenmerk gerichtet worden. Nach Fickel sind in den Kanten der Samen 
der Cucurbitaceen mehr Zellenschichten zur Ausbildung gekommen, als an 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 173 


anderen Punkten, und die Vermehrung der Schichten des Integuments durch 
Tangentialtheilungen nimmt immer in den Kanten seinen Anfang, um von 


hier nach den Flächen fortzuschreiten. — Nach Strandmark rühren die 
rippenartigen Erhabenheiten der Samen von Tropaeolum vom Endosperm 
her. — Unter den Scrophularineen ist die platte Form der geflügelten 


Linaria-Samen ein Erzeugniss des Zwischengewebes des Integuments und 
das Endosperm nimmt eine ähnliche Form nur deshalb an, weil es durch die ' 
Epidermis an einer allseitigen Ausbreitung gehindert wird. Die schild- oder 
muschelförmigen Samen der Gattung Veronica dagegen verdanken ihre Ge- 
stalt im Wesentlichen einseitigen Wachsthumserscheinungen innerhalb des 
Endosperms. Die elliptische Zone des stärksten Wachsthums, welche bei 
beiden besteht, fällt aber nicht in ein und dieselbe Ebene, sondern die Ebene 
der einen steht rechtwinklig auf der der anderen. Denn bei den geflügelten 
Linaria-Samen liegt die betreffende Zone in einer Ebene, durch welche die 
Raphe in ihrer ganzen Länge getroffen wird, so dass dieselbe an eine scharfe 
Seite des platten Samens zu liegen kommt; bei Veronica verläuft die Raphe 
in der Mittellinie einer der beiden Flächen, liegt also ausserhalb der Zone 
stärksten Wachsthums. Mit anderen Worten, die Veronica-Samen sind vom 
Rücken und Bauch her zusammengedrückt, die Linaria-Samen von der 
rechten und linken Seite her, wenn ich die Raphenseite die Bauchseite nenne. 

Die Höcker und Rippen des Samens werden, wie bekannt, bei Linaria 
versicolor und Schizanthus pinnatus von dem Zwischengewebe des Inte- 
guments unter Betheiligung der Epidermis (bei Schizanthus) gebildet, bei den 
Verbasceen nnd -Manuleen aber von dem Endosperm unter Betheiligung 
der innersten Schicht des Integuments. Im reifen Samen aber besitzt das 
Eiweiss bei den einen wie bei den anderen die der Samenoberfläche ent- 
sprechende höckerige Beschaffenheit, so dass man gelegentlich eines ähnlichen 
Befundes nicht im Stande sein würde, von vornherein zu entscheiden, von 
welchem Gewebe die Hügelbildung ursprünglich ausgegangen ist. Zieht man 
aber in Betracht, dass bei Linaria versicolor und Schizanthus pinnatus 
die Epidermis als Schutzschicht fungirt, bei den Verbasceen und Manuleen 
aber die innerste Schicht des Integuments, wogegen die äusseren Lagen des- 
selben hier hinfällig sind, so gelangt man zu einem Schluss, der bei der 
Untersuchung anderer Samen mit höckerigem Eiweiss als Fingerzeig dienen 


174 Ewald Theodor Bachmann. 


kann. Wenn nämlich die innerste Lage des Integuments die Rolle der 
Schutzschicht spielt, so kann man, wenn man in einem solchen Samen aus 
der Familie der Scrophularineen ein höckeriges Endosperm findet, meines 
Dafürhaltens mit Gewissheit annehmen, ohne die Entwickelungsgeschichte zu 
kennen, dass die Erzeugung der Höcker vom Eiweiss ausgegangen ist. Um- 
gekehrt, wenn man in einem reifen Samen mit höckerigem Endosperm die 
Epidermis als Schutzschicht fungiren sieht, so kann man mit derselben Ge- 
wissheit schliessen, dass die Höcker- oder Rippenbildung von dem subepi- 
dermoidalen Gewebe des Endosperms ausgegangen ist. 


Leipzig, den 31. Juli 187%. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 115 


Verzeichniss der Figuren. 


en — Endosperm; k — Keim, Embryo; r — Raphe; e — Epidermis des Integuments resp. 


der Samenschale; z — Zwischengewebe des....ete.; q — quadratische Schicht des.... ete.; 
es — Embryosack. 
Tafel 1. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


32. 


4a. 


Serophularia Ehrharti. Fig. 1—5. 


Längsschnitt durch das Integument. 1. Stad. 
Längsschnitt durch das Integument. 2. Stad. 


. Querschnitt durch die Samenknospe. 2. Stad. 
. Flächenansicht der innersten Schicht des Integuments. 2. Stad. Der Pfeil be- 


zeichnet die Längsaxe der Samenknospe; a, b, c die alternirenden Längs- 
zellenreihen. 

Längsschnitt durch das Integument. 3. Stad. 

Flächenansicht der innersten Schicht des Integuments. 3. Stad. Pfeil wie in 
Fig. 2b. 

Längsschnitt durch das Integument. 4. Stad. 

Flächenansicht der innersten Schicht des Integuments. 4. Stad. Pfeil wie in 
Fig. 2b. 

Längsschnitt durch das’Integument. 5. Stad. 


Alonsoa incisifolia. Fig. 6 bis 11b. 

Querschnitt durch die Samenschale eines reifen Samens; b — der innere, zu- 
sammengedrückte Theil des Zwischengewebes, p — die äusseren, nicht zu- 
sammengedrückten Lagen desselben. 

Flächenansicht der innersten Schicht der Samenschale eines reifen Samens. 
Pfeil wie Fig. 2b. 

Schematische Darstellung einer Zelle aus der innersten Schicht der Testa eines. 
reifen Samens. 


176 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 


Ewald Theodor Bachmann. 


9. Querschnitt durch die Samenknospe. 1. Stad. 

10. Querschnitt durch die Samenknospe. 2. Stad. 

10a. Flächenansicht der innersten Schicht der Testa. 2. Stad. 

11. Querschnitt durch die Samenknospe. 3. Stad.; nur d. Schutzschicht und die 
innersten Lagen des Zwischengewebes sind gezeichnet, ebenso in Fig. 10. 

11a. Flächenansicht der innersten Schicht des Integuments. 3. Stad. 

11b. Längsschnitt durch das Integument. 3. Stad. 


Nemesia floribunda. Fig. 12—14. 
12. Querschnitt durch die Samenknospe mit der Anlage des Flügels (f.). 2. Stad. 
13. Querschnitt durch die Samenknospe. 3. Stad. 
14. Querschnitt durch den reifen Samen. f — Flügelzelle. 


Diascia violacea. Fig. 15 und 16. 
15. Ansicht des reifen Samens von der Raphenseite her. 
16. Querschnitt durch den reifen Samen; h, h = Höhlung desselben, o — centrale 
Oeffnung derselben, c,c — die beiden schiefen Seitenkanäle, welche in die 
Höhlung führen. 


Tafel 11. 
Thunbergia alata. Fig. 17. 


17. Längsschnitt durch den reifen Samen; a, a — ringförmige Epidermiswucherung. 


Linaria minor. Fig. 18—21. 
18. Längsschnitt durch eine Samenknospe mittleren Alters. 
19. Flächenansicht der quadratischen Schicht. 
20. Längsschnitt des Integuments einer Samenknospe in einem weiter vorgeschrittenen 
Stadium. 
21. Querschnitt desselben von einer Samenknospe gleichen Alters; nur die Epidermis 
und die äusseren Lagen des Zwischengewebes sind gezeichnet. 


Linaria Cymbalaria. Fig. 22—23. 


22. Längsschnitt durch das Integument einer jugendlichen Samenknospe. 
23. Querschnitt durch das Integument einer bald reifen Samenknospe. 


Linaria versicolor. Fig. 24—26. 
24. Längsschnitt durch einen reifen Samen. 
25. Längsschnitt durch eine Samenknospe mittleren Alters. 
26. Ein Theil des Integsuments derselben bei stärkerer Vergrösserung. 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 17% 


Linaria genistaefolia. Fig. 27—28. 
Fig. 27. Querschnitt durch eine Kante des reifen Samens. 
Fig. 28. Theil eines Längsschnittes, um die Mikropyle (m) zu zeigen. 


Linaria vulgaris. Fig. 29—33 (vgl. auch Fig. 37—39). 
Fig. 29. Querschnitt durch einen reifen Samen. 
Fig. 30. Längsschnitt durch eine sehr junge Samenknospe. 
Fig. 31. Längsschnitt durch das Integument einer solchen stärker vergrössert. 
Fig. 32. Längsschnitt durch eine Samenknospe mittleren Alters. 
Fig. 33. Querschnitt durch eine eben solche. 


Linaria arenaria. Fig. 34. 


Fig. 34. Querschnitt durch den rudimentären Flügel eines reifen Samens, 


Linaria caesia. Fig. 35 und 36. 
Fig. 35. Theil eines Querschnittes durch den Flügel eines reifen Samens. 
Fig. 36. Querschnitt durch einige Epidermiszellen des reifen Samens bei stärkerer Ver- 
grösserung. 
Linaria vulgaris. Fig. 37—39. 
Fig. 37. Querschnitt durch eine Samenknospe mittleren Alters. 
Fig. 38. Längsschnitt durch eine fast ausgewachsene Samenknospe. 
Fig. 39. Querschnitt durch eine eben solche. 


Lophospermum scandens. Fig. 40. 


Fig. 40. Querschnitt durch einen reifen Samen mit dem. Flügel. 


Antirrhinum Orontium. Fig. 41. 


Fig. 41. Querschnitt durch die Testa des reifen Samens. 


Schizanthus pinnatus. Fig, 42. 
Fig. 42. Flächenansicht der Epidermis einer noch sehr jungen: Samenknospe. 1. Stad. 


Tafel II. 


Schizanthus pinnatus. Fig. 43—47. 
Fig. 43. Längsschnitt durch eine etwas ältere. 2. Stad. 
Fig. 44. Längsschnitt des Integuments einer solchen. 2. Stad. 
Fig. 45. Flächenansicht der Epidermis einer solchen. 2. Stad. 
Nova Acta XLIH. Nr. 1. 23 


178 
Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 
Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 
Fig. 


46. 


57. 


58. 
59. 
60. 
61. 


62. 


63. 


64. 
65. 


Ewald Theodor Bachmann. 


Längsschnitt durch das Integument einer Samenknospe von mittlerem Alter. 
3. Stad. 

Längsschnitt durch das Integument einer fast ausgewachsenen Samenknospe. 
4. Stad. 


Mazus rugosus. Fig. 48 und 49. 


Flächenansicht der Epidermis des reifen Samens von aussen gesehen. 
Schematische Darstellung einiger Epidermiszellen mit ihren Verdickungsleisten. 


Lyperia violacea. Fig. 50—56. 
Längsschnitt durch das Integument einer jungen Samenknospe. 1. Stad. 
Längsschnitt durch das Integument einer älteren Samenknospe. 2. Stad. 
Flächenansicht der innersten Schicht desselben. 2. Stad. Der Pfeil bezeichnet 
die Längsaxe des Samens. 
Längsschnitt durch das Integument einer noch älteren Samenknospe. 3. Stad. 
Flächenansicht der innersten Schicht desselben. 3. Stad. 
Längsschnitt durch das Integument einer fast ausgewachsenen Samenknospe. 
4. Stad. 
Flächenansicht der innersten Schicht desselben. 4. Stad. 


Buchnera americana. Fig. 57. 


Querschnitt durch die Testa des reifen Samens. 


Veronica hederaefolia. Fig. 585—65. 


Längsschnitt durch eine ältere Samenknospe; m — Mikropyle. 2. Stad. 

Längsschnitt durch das Integument einer noch älteren Samenknospe. 4. Stad. 

Flächenansicht der Epidermis. 5. Stad. 

Längsschnitt durch eine Samenknospe des 6. Stadiums, nur die innerste Schicht 
des Integuments erhalten. 

Längsschnitt durch die innerste Schicht des Integuments von einer fast aus- 
gewachsenen Samenknospe. 

Längsschnitt durch eine Samenknospe (3. Stad.), va = vorderer, ha—= hinterer 
Anhang; der vordere Anhang völlig frei präparirt. 

Längsschnitt durch eine etwas jüngere Samenknospe. 

Längsschnitt durch eine Samenknospe, ungefähr entsprechend Fig. 59; bw — 
basiläre Wucherung. 


Fig. 
Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 
Fig. 


66. 
67. 


68. 


69. 
ig. 70. 


de, Zlile 


Be: 
13. 


ig. 74. 


19: 


Darstellung der Entwickelungsgeschichte etc. der Scrophularineen. 179 


Tafel IV. 


Veronica hederaefolia. Fig. 66—71. 

Querschnitt durch eine Samenknospe von ungefähr gleichem Alter. 

Längsschnitt durch eine Samenknospe, ungefähr entsprechend Fig. 60; bw = 
basiläre Wucherung; rh = „Retortenhals“; cm = schaumiger Körper, „le 
corps mousseux‘. 

Querschnitt durch eine noch ältere Samenknospe, ent- ) nur der obere Theil 
sprechend Fig. 61 des Endosperms ist 

Querschnitt durch eine Samenknospe, entsprechend Fig.62 } gezeichnet. 

Längsschnitt einer beinahe ausgewachsenen Samenknospe; die beiden schattirten 
Linien bezeichnen die Stelle, an welcher sich der muschelförmige Theil des 
Endosperms von dem grossen Funiculus (basiläre Wucherung) und dem kleinen 
Funiculus (,‚Retortenhals‘“) ablöst. 

Längsschnitt durch einen völlig reifen Samen. 


Veronica polita. Fig. 72—74. 
Längsschnitt durch eine Samenknospe mittleren Alters. 
Ein Theil des Integuments derselben in stärkerer Vergrösserung (Region des 
stärksten Wachsthums = y in Fig. 72). 
Längsschnitt durch die Testa des reifen Samens. 


Veronica arvensis. Fig. 75—79. 

Längsschnitt durch eine Samenknospe mittleren Alters; y —= Region des stärk- 
sten Wachsthums; bw — basiläre Wucherung. 

Junger Eiweisskörper mit der Anlage der basilären Wucherung (bw) im Umriss 
gezeichnet; ha — hinterer Anhang. 

Aelterer Eiweisskörper. Bezeichnung wie in Fig. 76. 

Noch älterer Eiweisskörper. Bezeichnung wie in Fig. 76. 

Längsschnitt durch den reifen Samen, im Umriss gezeichnet. 


Pedicularis verticillata. Fig. S0—81. 
Querschnitt durch die Testa des reifen Samens. 
Flächenansicht der Epidermis des reifen Samens. 


Euphrasia Odontites, Fig. 82— 86. 
Querschnitt durch eine ganz junge Samenknospe. 1. Stad. 
Längsschnitt durch das Integument einer eben solchen. 
Opt. Längsschnitt durch eine Samenknospe des 3. Stadiums; m — Mikropyle; 
h. A. — hinterer Anhang; v. A. — vorderer Anhang. 
Querschnitt durch das Integument einer gleich alten Samenknospe. 
Querschnitt durch die Testa kurz vor der Samenreife. 


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NOVA ACTA 
der Ksl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher 
Band XLIM. Nr. 2. 


Untersuchungen 
über 
den anatomischen Bau und das mechanische 
Prineip im Aufbau 


einiger Arten der Gattung Impatiens. 


Von 


Gustav Beyse. 


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Eingegangen bei der Akademie den 21. Februar. 1881. 


HALLE. 
"1881. 
Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. 


Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. 


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Einleitung. 


In der Pflanzenanatomie haben sich mit der Zeit zwei verschiedene 
Richtungen ausgebildet, die morphologische und die physiologische Anatomie. 
Geht man von der ersteren aus, so ist man bestrebt, die Entstehung und das 
Wachsthum der Gewebeelemente und Gewebearten, ihre Grössenverhältnisse, 
ihre Verbindungsweisen und ihre gegenseitigen Lagerungen an einer vereinzelt 
herausgegriffenen Pflanzenspecies kennen zu lernen, oder man dehnt die Unter- 
suchung auf eine Anzahl von Pflanzen derselben oder verschiedener Gattungen 
resp. Familien aus, um dieselben in vergleichender Hinsicht zu betrachten und 
hierdurch eine Kenntniss der Uebereinstimmungen und der abweichenden Merk- 
male in den Gattungen resp. Familien zu gewinnen. Stellt man sich die eine 
oder andere Aufgabe, so hat man es im ersten Falle mit der rein topographisch 
morphologischen, im zweiten mit der vergleichend morphologischen Anatomie 
zu thun. 

Fasst man aber den zweiten Gesichtspunkt ins Auge, nimmt die 
morphologische Anatomie als gegeben an und betrachtet die Zellen und 
Gewebesysteme als Organe der Pflanzen, um ihre Functionen zu erkennen, 
so ist das Gebiet und auch der Gang der Untersuchung von dem ersteren 
verschieden, da Theile, welche in morphologischer Beziehung gleichwerthig 
sind, nicht dieselbe physiologische Bedeutung zu haben brauchen. 

Obgleich der Gang der Betrachtung auf dem morphologisch- und dem 
physiologisch-anatomischen Gebiete verschieden ist, so ist doch eine Berück- 
sichtigung beider möglich und auch förderlich, und dies war der leitende 
Gedanke bei der Stellung der Aufgabe, den in der Gattung Impatiens herr- 

24% 


184 Gustav Beyse. (p. 4) 


schenden anatomischen Bau und das mechanische Prineip im Aufbau derselben 
an einigen Repräsentanten zu ermitteln. Hierzu wurden die drei bekanntesten 
Arten: Impatiens parviflora DO., 1. BalsaminaL. und 1. Noli tangere L. 
gewählt. 

Es wurde gerade diese Gattung einer Untersuchung für werth gehalten, 
weil einerseits eine vorläufige Betrachtung derselben einige histologisch be- 
achtenswerthe Verhältnisse ergeben hat, welche genauer erforscht zu werden 
verdienen, andererseits aber sind besonders diese Pflanzen wegen der Zartheit 
ihrer Gewebe sehr geeignet, um an ihnen die Tragweite der Schwendener- 
schen Festigkeitslehre!) zu prüfen. 

Die in der Literatur über die Gattung Impatiens gemachten Angaben 
sind, so weit sie mir zu Gesicht gekommen sind und die Anatomie betreffen, 
spärlich. Da auf sie im Laufe der Darstellung zurickgekommen werden muss, 
so sollen dieselben an den betreffenden Stellen erwähnt werden. 


1) 8. Schwendener: Das mechanische Prineip im anatomischen Bau der Mono- 
cotylen ete. Leipzig 1874. 


Untersuchungen über d. anatom. bau etc. der Gattung Impatiens. (p.5) 185 


F- 


Histologie der Impatiens-Arten. 


Am eingehendsten wurden die morphologisch-anatomischen Verhältnisse 
bei Z. parviflora untersucht, weil hiervon das meiste und beste Material zu 
Gebote stand. Es ist daher im Folgenden meist I. parviflora allein beschrieben, 
und nur in den Fällen, wo die beiden anderen Arten abweichen und näher 
untersucht werden konnten, sind auch diese in die Betrachtung gezogen. Die 
Gefässbündel, welche hier an erster Stelle zur Besprechung gelangen sollen, 
wurden am genauesten bei Z. parviflora untersucht und beschrieben, weil eine 
vorläufige Untersuchung bei ihr einen regelmässigeren und leichter zu ver- 
folgenden Verlauf der Gefässbündel zu zeigen schien, als bei den beiden 
anderen Arten. 


1. Verlauf der Gefässbündel im Blatt. 


Beim Austritt der Spuren der breit eiförmigen, gestielten Cotyledonen 
von I. parviflora aus dem Stengel finden sich zwei Gefässbündel, diese gabeln 
sich, die inneren Gabeläste vereinigen sich bald zu dem Mittelnerv des Keim- 
blattes, welcher geradlinig zur Spitze verläuft, die äusseren Aeste gehen dem 
Blattrande parallel, gleich weit vom Rande und dem Mittelnerven bleibend, 
und vereinigen sich dieht vor der Spitze mit diesem. Diese drei als Nerven 
l. Ordnung zu bezeichnenden Stränge senden nach den Seiten sich reich ver- 
zweigende Nerven 2. Ordnung, die vom Mediannerv kommenden verbinden 
sich mit den Seitennerven 1. Ordnung, die von letzteren entstammenden ana- 
stomosiren im oberen Theile der Blattlamina unter sich, im unteren Theile 


186 Gustav Beyse. (p. 6) 


mit einem grösseren Nerven 2. Ordnung, der sich schon im Stiel des Cotyle- 
dons abgezweigt hat und dem Rande genähert bis zur Mitte nach oben zieht. 
Nerven 3. Ordnung sind spärlich. Alle Nerven sind zu einem geschlossenen 
Netze verbunden, treten aber wegen der Dicke des Gewebes der Blattlamina 
nicht hervor. 

In dem langen Stiele der eiförmigen scharf gesägt-gezähnten Laub- 
blätter von 1. parviflora verlaufen drei nebeneinander liegende, in ihren nach 
der Unterseite des Blattes gekehrten Phloemtheilen verschmolzene, in ihren 
Xylemtheilen getrennte Blattspurstränge, sie bilden nach oben in ihrer Ge- 
sammtheit den Mittelnerv des Blattes. Hart an der Basis des Blattstieles 
zweigt sich von den beiden seitlichen der drei Bündel nach aussen je ein 
kleiner Ast ab, der zum Theil zu einem der beiden als Stipulae zu bezeich- 
nenden kolbenförmigen Anhängen am Grunde des Blattstieles, zum anderen 
Theile durch die Flügel des Blattstieles nach oben geht. Der Mittelnerv des 
Blattes als Nerv 1. Ordnung setzt sich aus drei nicht scharf gesonderten 
Gefässbündeln, den Spursträngen des Blattes, zusammen, sie bilden einen nach 
oben offenen Bogen. Die beiden seitlichen der drei Bündel gliedern, indem 
sie nach oben verlaufen, nach und nach Nerven 2. Ordnung ab, die eine kurze 
Strecke noch nebenläufig bleiben, dann aber plötzlich abbiegen. Der erste 
dieser Nerven 2. Ordnung trennt sich schon im Blattstiel ab. Nach Abzweigung 
von drei oder vier ‘Nerven 2. Ordnung sind diese seitlichen Gefässbündel des 
Mittelnerven so geschwächt, dass sie nur noch die Stärke eines Nerven 
2. Ordnung haben, dann biegen sie gleichsinnig mit diesen aus und laufen 
gegen den Blattrand. Im oberen Theile der Blattlamina bildet nur noch das 
mittlere Bündel der Blattspur den Mittelnerv, er zweigt hier nach den Seiten 
ebenfalls Nerven 2. Ordnung ab und endet immer schwächer werdend blind 
in der Mitte des Zahnes der Blattspitze. Nicht selten verschmelzen die drei 
Gefässbündel jedoch mehr oder weniger zu einem breiteren Bündel, welches 
den Mittelnerv bildet, bei 2. Balsamina vereinigen sich sogar die drei Spur- 
stränge oft schon im unteren Theile des Blattstieles zu einem einzigen. 

Die Nerven 2. Ordnung laufen bei 2. parviflora im Bogen dem Rande 
zu und treten, indem sie diesem entlang ziehen, mit einander in Verbindung. 
Von diesen Nerven 2. Ordnung entspringen unter spitzem Winkel Nerven 
3. Ordnung, die unter einander mehr oder weniger parallel laufen. Einige 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.i) 187 


vom Mittelnerven abgehenden kleineren Nerven 2. Ordnung treten mit den 
Nerven 3. Ordnung in Verbindung. Innerhalb des Netzes der Nerven 
3. Ordnung finden sich ‚unregelmässig verlaufende Nerven höherer Ordnung. 
In die Blattzähne treten meist zwei convergirende Nerven 3. Ordnung, die 
sich vereinigen und blind vor der Zahnspitze endigen. 


Die Nervatur von I. Noli tangere tritt etwas mehr hervor als die von 
I. parviflora, da die Blätter noch zarter sind. Die Nerven 2. Ordnung laufen 
bei der ersteren sehr weit am Rande empor und bilden durch Abzweigung 
von Aussennerven viele bogenförmige Schlingen. Die zahlreichen Nerven 
3. Ordnung entspringen bei 2. Noli tangere unter fast rechtem Winkel aus 
denen 2. Ordnung und sind unter sich parallel. Zwischen den Nerven 3. Ord- 
nung findet sich ein äusserst reichmaschiges regelmässiges Netz von Nerven 
4. und 5. Ordnung, sie bilden meist Maschen von rechteckiger Form. 


Bei I. Balsamina zweigen sich vom Mittelnerven ausser den stärkeren 
Nerven noch schwächere Nerven 2. Ordnung ab, welche den Blattrand nicht 
erreichen, sondern sich verzweigen. Die Nerven höherer Ordnung verlaufen 
äusserst unregelmässig und bilden Maschen von den verschiedensten Formen, 
so dass die Nervatur ein ganz anderes Bild giebt, als bei den beiden anderen 
I.-Arten, sie tritt auch aus der fleischigen Blattlamina wenig hervor. 


2. Verlauf der Gefässbündel im Stengel. 


Die aus den Blättern in den Stengel eintretenden drei Blattspurstränge 
setzen sich in diesem nach abwärts fort und bilden durch Vereinigung mit 
gewissen Spursträngen tiefer inserirter Blätter ein regelmässiges Gefässbündel- 
system. Dieses ist von I. parviflora in Taf. 1. Fig. 1—4 schematisch ge- 
zeichnet. Der Kürze der Darstellung wegen sind hier einige Zeichen ein- 
geführt, Die Laubblätter sind nach ihrer Entstehungsfolge beziffert, so dass 
die beiden oberhalb der Cotyledonen entspringenden ersten Blätter die Zahlen 
l und 2 erhalten haben. Alle mittleren Blattspurstränge der dreisträngigen 
Blattspuren mögen a, die rechten Seitenstränge b, die linken e heissen, und 
zwar sollen die Bündel, die a, b, c, genannt sind, die Spur vom 1. Blatte, 
a) bc, die vom 2. Blatte etc. sein. Die beiden zweisträngigen Cotyledonar- 
spuren seien mit K, und K, bezeichnet. 


188 Gustav Beyse. (p. 8) 


Ueber die Blattstellung bei 2. parviflora mögen hier vorläufig folgende 
Angaben genügen: 

Die beiden ersten opponirten Laubblätter alterniren mit den beiden 
gegenüberstehenden Ootyledonen und stehen fast in gleicher Höhe, so dass sie 
als in ein und demselben Knoten stehend betrachtet werden könnten. Blatt 
3 und 4 zeigen schon eine geringe horizontale Abweichung von der opponirten 
Lage, differiren aber sehr in der Höhe der Insertion, so dass erst mit dem 
4. oder 5. Blatte eine constante spiralige Stellung beginnt. 

Ein Querschnitt durch das hypocotyle Glied von Z. parviflora (Taf. 2. 
Fig. 12) zeigt acht Gefässbündel in vier Paare geordnet, zwei gegenüber- 
stehende Paare b, ec; bz c; unterscheiden sich durch ihre Grösse von den zu 
ihnen gekreuzt stehenden schwächeren K, K;; letztere entsprechen ihrer Lage 
nach den Ansatzpunkten der Cotyledonen und bilden auch die Spuren derselben 
(K, und K;,), während die beiden anderen grösseren Paare die Fortsetzungen 
der lateralen Spurstränge von Blatt 1 und 2 sind, also von b, c, und b, c». 
Die Zusammengehörigkeit zweier Gefässbündel zu einem Paare lässt sich schon 
an der gleichen Grösse beider, dann aber noch daran erkennen, dass die beiden 
Bündel durch eine meist im Bogen angeordnete Reihe von isolirt im Mark 
liegenden Gefässen (ig) verbunden sind. Zwischen je zwei nicht zu einem 
Paare gehörenden Gefässbündeln finden sich keine isolirten Gefässe, wie aus 
Taf. 2. Fig. 12 ersichtlich ist. Im hypocotylen Gliede verlaufen also vier 
stärkere Gefässbündel als Fortsetzungen der seitlichen Blattspurstränge der 
beiden ersten Blätter (b; c, ba €) und vier schwächere, die Cotyledonarspuren 
(K, und K,). Diese acht Gefässbündel durchziehen scharf gesondert das sehr 
lange hypocotyle Glied. Im unteren Theile desselben verengt sich der Bündel- 
ring, je zwei der nicht zu einem Paare gehörenden Gefässbündel nähern sich 
einander und es entstehen vier aus je zwei Bündeln zusammengesetzte Gefäss- 
bündel (Taf. 2. Fig. 10). Die zwischen ihnen liegenden isolirten Gefässe, 
welche jetzt mehr zu einer kleinen Gruppe vereinigt sind, bilden beim Ueber- 
gange in die Wurzel die primären Gefässgruppen derselben, auf welche jedoch 
erst bei Besprechung der Anatomie der Wurzel eingegangen werden kann 
(Taf. 2. Fig. 5). 

Bei I. parviflora tritt in dem unteren T'heile des Cotyledonarknotens 
eine Verbindung der Gefässbündel in der Art ein, dass sich die medianen 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.9) 189 


Spurstränge der beiden ersten Blätter (a, und a,;) gabeln (Taf. 1. Fig. 1) und 
die Schenkel sich an die Lateralstränge derselben Blattspur anlehnen, a, schiekt 
einen Theil an b,, den anderen an c,, ebenso a, an b, und &. Doch sind 
die Gabeläste selten von gleicher Stärke, bald ist der eine hald der andere 
bedeutender, auch kommt es oft vor, dass der eine ganz fehlt, so dass der 
mittlere Spurstrang ungetheilt zu dem einen Seitenstrange geht. Auch die 
mittleren Spurstränge des 3. und 4. Blattes laufen bis zum Cotyledonarknoten 
hinab, gabeln sich über den Cotyledonarspuren und verbinden sich mit den 
nebenläufigen Seitensträngen der Blätter 1 und 2 entsprechend mit c, b und 
c bi. Es vereinigen sich also im Cotyledonarknoten die mittleren Blattspur- 
stränge der ersten vier Blätter, nach vorausgegangener Gabelung, mit den 
seitlichen Spursträngen der beiden ersten Blätter. 

Beim Eintritt der zweisträngigen Spuren der Cotyledonen in den Stengel 
von 2. parviflora zweigsen dieselben seitlich eine Anzahl Gefässe ab, die sich 
theils an die Markseite der benachbarten Gefässbündel b, c, resp. b, c, an- 
lehnen, theils auch zwischen den Gefässbündelpaaren b, ec, resp. b,c, sich 
ausbreiten, sie bilden die später näher zu besprechenden markständigen isolirten 
Gefässe. Da nun die Cotyledonarspuren sich nicht allein in die Gefässbündel 
K, und K, fortsetzen (Taf. 2. Fig. 5), sondern auch noch Elemente abgeben, 
welche als isolirte Gefässe das hypocotyle Glied durchziehen, so sind sie streng 
genommen nicht zweisträngig. 

Im ersten epicotylen Internodium von Z. parviflora verlaufen acht 
Gefässbündel, sechs welche die Spurstränge des 1. und 2. Blattes bilden 
(b, a, e, und b, a, &;) und die mittleren Stränge der Spuren von Blatt 3 und 4 
(a, und a,), welche sich über den Cotyledonen gabeln. Hiervon sind die vier 
lateralen Spurstränge (b, c, bz €,) die stärkeren, zwischen zwei stärkeren ver- 
läuft je einer der - vier schwächeren mittleren Spurstränge der ersten vier 
Blätter (Taf. 1. Fig. 1). Im ganzen Verlaufe zeigt sich allgemein, dass die 
mittleren Spurstränge viel schwächer sind, als die seitlichen (in den schema- 
tischen Figuren ist dies durch die Dieke der Linien hervorgehoben). Während 
die mittleren Spurstränge des 3. und 4. Blattes durch das erste Internodium 
zum Cotyledonarknoten herablaufen, setzen sich die seitlichen oberhalb an die 
seitlichen Stränge der Blätter 1 und 2, also b, an c,, c, an b,, b, an c, und 
c, an b,. Diese Vereinigung findet in dem ersten epicotylen Knoten, in dem 

Nova Acta XLIIH. Nr. 2. 25 


190 Gustav Beyse. (p. 10) 


die Blätter 1 und 2 selbst inserirt sind, statt, also gleich nach Eintritt dieser 
Blattspuren in den Stengel. Es gilt überhaupt für 1 parviflora allgemein, 
dass, wo sich ein Spurstrang eines höher inserirten Blattes mit dem eines 
unteren vereinigt, die Verbindung in dem Knoten des Blattes selbst vor sich 
geht, mit dessen Spursträngen die Vereinigung geschieht; es bleiben also zwei 
Stränge, welche sich vereinigen, nicht erst eine Strecke nebenläufig, sondern, 
sobald ein Spurstrang in den Stengel eintritt, nimmt er einen von oben kom- 
menden auf. Die Blattspurstränge des 6. Blattes verbinden sich in gleicher 
Weise, wie die des 3. und #., d. h. der mittlere Spurstrang a, läuft vier 
Internodien nach unten, gabelt sich über dem 1. Blatte, und die beiden Schenkel 
werden mit den Strängen b; und c, vereintläufig, mit denen sich schon weiter 
oberhalb im 3. resp. 2. epicotylen Knoten die lateralen Spurstränge b, und c; 
vereinigt haben (b,; mit c,, c,; mit b,). Das 5. Blatt nimmt in der Ver- 
kniüpfungsart seiner Blattspurstränge insofern eine Ausnahmestellung ein, als 
es dieselben weder in gleicher Weise wie alle vorhergehenden, noch als alle 
folgenden an andere Spurstränge anlehnt; ob und wodurch diese Eigenart der 
Verbindung begründet ist, kann besser dargelegt werden, wenn die Verbindung 
aller übrigen Spurstränge bekannt ist; es soll daher zunächst erst die Blatt- 
spurverknüpfung des 5. und der übrigen Blätter kurz beschrieben werden und 
danach weitere Betrachtungen an die Spurstränge des 5. Blattes geknüpft 
werden. Von den beiden lateralen Strängen wird der rechte b; mit dem linken 
vom Blatt 3 c, vereintläufig, der linke c, gabelt sich drei Internodien herab- 
laufend über Blatt 2, seine Schenkel an die nebenläufigen Bündel c; und by, 
gebend, der mittlere Spurstrang a, vereinigt sich, ebenfalls bis über Blatt 2 
ziehend, mit dem rechten zu ce; gehenden Gabelaste von c;. Die Spurstränge 
des 7. und aller übrigen Blätter schliessen sich in übereinstimmender Weise 
an einander an, es kann daher ganz allgemein gesagt werden, dass stets der 
rechte Spurstrang des nten Blattes b„n zwei Internodien durchläuft und sich mit 
dem linken Spurstrange €„-2 des zweitunteren Blattes n-2 vereinigt, der mittlere 
a, drei Internodien herabläuft, um sich an den rechten Blattspurstrang bn-3 
des drittunteren Blattes n-3 anzulehnen. Der linke Spurstrang c„ endlich, der 
drei Internodien hinabzieht, gabelt sich über dem eben genannten Blatte n-3, 
der eine Schenkel verbindet sich mit dem rechten Spurstrange des nächst- 
unteren Blattes n-l, also mit b„-ı, der zu C„-3 geht; der andere Schenkel da- 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.11) 191 


gegen mit dem mittleren Strange an desselben Blattes, dem er selbst entstammt 
und der zum Spurstrange b„-3 läuft. Hiernach würde sich z.B. die Spur des 
12. Blattes so verhalten, dass b,; zu Co, Aa zu by geht, dass c,, sich über 
Blatt 9 gabelt und seine Aeste zu b,, und a,, schickt. Diese Anordnung der 
Blattspurstränge wurde bis zum 14. Blatte verfolgt und kann wohl als all- 
gemein gültig auch für die folgenden Blätter angenommen werden. Eine Ver- 
schränkung von Blattspursträngen findet nie statt. 

Kehren wir, da jetzt der Verlauf aller Blattspuren bekannt ist, zu dem 
5. Blatte zurück, um die Eigenart der Verbindung seiner Spurstränge näher 
zu beleuchten. Der linke Spurstrang ce, (Taf. 1. Fig. 1) legt sich nicht, analog 
den vorhergehenden (c, und c;), an den rechten von Blatt 4 b,, sondern bleibt 
diesem nebenläufig, bis er sich über Blatt 2 gabelt. Diese Nebenläufigkeit 
von c, ist wohl begründet, denn erst hierdurch wird es möglich, dass die 
Spurstränge vom 7. und aller höheren Blätter sich in der ‘oben beschriebenen 
Weise verbinden können, und diese Aenderung der Verknüpfungsart des 
Blattes 7 und der folgenden hat wieder ihren Grund in der Blattstellung, die 
mit dem 4. oder 5. Blatte aus einer annähernd wirteligen in eine constante 
spiralige übergeht. Somit bilden die Spurstränge vom 5. Blatte ein Ueber- 
gangsstadium. Dadurch aber, dass sich c, nicht mit b, verbindet, sondern 
sich über dem 2. Blatte gabelt, wird der mittlere Spurstrang a, aus seiner 
Lage, die er analog a, und a; haben müsste, wenig herausgedrängt und legt 
sich an den rechten Gabelast von c;, der zu e, geht. Der rechte Spurstrang 
b; geht aber entsprechend b, und b, an cz. Statt der genannten Verbindung 
der Spurstränge des 5. Blattes hätten die beiden b, und a; um einen nach 
rechts rücken können, so dass sich dann a, mit dem linken Spurstrange des 
3. Blattes ec; verbände und b; sich über Blatt 3 gabelte (es wäre dies auch 
regelmässiger gewesen, da im übrigen Verlaufe nie eine Gabelung zweier 
Stränge über einem Blatte vorkommt). Da dies aber nicht eintritt, so fehlt 
über dem 3. Blatte ein sich gabelndes Gefässbündel, doch ist durch das Fehlen 
nicht etwa die constante Zahl der acht Gefässbündel, welche in jedem Inter- 
nodium sind, um eines vermindert, es sind vor wie nach acht Bündel, nur im 
2. Internodium finden sich neun, weil der linke Spurstrang c; ein Internodium 
länger nebenläufig bleibt; es wird also durch das Fehlen des Stranges über 
dem 3. Blatte die typische S-Zahl wieder hergestellt. 

De 


192 Gustav Beyse. (p. 12) 


Von diesem beschriebenen gewöhnlich beobachteten und daher typisch 
zu nennenden Verlaufe der Gefässbündel, welcher in Taf. 1. Fig. 1. schema- 
tisch dargestellt ist, sind Abweichungen zu verzeichnen, dieselben betreffen 
aber meist direet oder indireet die Spurstränge vom 5. Blatte, mit dem sich 
eine Aenderung in der Blattstellung vollzieht. Es sind nämlich noch andere 
Verbindungsweisen der Blattspurstränge möglich, wodurch dasselbe herbeigeführt 
wird, was bisher die Eigenart der Verknüpfung der Spurstränge vom 5. Blatte 
bewirkte (das ist eine Aenderung des Anschlusses der oberen Blattspurstränge), 
ohne dass dadurch Störungen im übrigen Verlaufe der Gefässbündel eintreten. 
Die Untersuchung einer grossen Zahl von 1. parviflora-Individuen hat gelehrt, 
dass einige dieser Abweichungen sich oft wiederholen. 


In einem Falle ist die Abweichung der Art, dass zwar bei den Spur- 
strängen vom 5. Blatte keine Aenderung eintritt, dass sich aber über Blatt 3 
der von oben herablaufende mittlere Spurstrang a; gabelt, der sich im früheren 
Falle mit b, verband; es vereinigt sich jetzt der linke c,; dieses Blattes, der 
sich im ersten Falle über Blatt 5 gabelte mit b,. Hier fehlt ein sich gabelnder 
Spurstrang über dem 5. Blatte, ein Fehlen in demselben Sinne, wie es oben 
für den über Blatt 3 ausbleibenden angegeben; a; und c; sind um einen 
Spurstrang nach rechts verschoben (Taf. 1. Fig. 2). 


Ein anderer in Taf. 1. Fig. 3 dargestellter Fall ist folgender: Die 
Spurstränge vom 5. Blatte zeigen nicht die Verbindung wie bisher, sondern 
sie vereinigen sich analog denen der Blätter 3 und 4, das heisst, b, geht zu 
GC, & zu b,, a, gabelt sich über dem 2. Blatte, über dem 3. Blatte fehlt der 
sich gabelnde Spurstrang. Es verbinden sich aber die Spurstränge vom 7. Blatte 
in ähnlicher Weise, wie früher die vom 5. Blatte; statt über dem 2. gabeln 
sich jetzt über dem 4. Blatte zwei Bündel, und so wird hierdurch dasselbe 
von den Spursträngen des 7. Blattes bewirkt, was im ersten Falle von denen 
des 5. geschah (d. h. eine Aenderung in der Verknüpfung der höheren Blatt- 
spuren unter einander); c, gabelt sich über Blatt 4 und b, geht zu c, wie 
früher, a, aber wird mit dem rechten der Gabeläste von c, vereintläufig, 
während er sich sonst mit b, vereinigte. In diesem Falle fehlt wirklich im 
3. Internodium ein Gefässbündel, es sind nur sieben vorhanden, weil über 
Blatt 3 der Gabelast fehlt, trotzdem sich über Blatt 2 nur ein Bündel gabelt, 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.13) 193 


im 4. Internodium sind es wieder acht, weil sich über dem 4. Blatte zwei 
Bündel gabeln. Alle übrigen Stränge zeigen das typische Verhalten. 

Es ist auch ausser dem zuerst beschriebenen Verlaufe und den Ab- 
weichungen, welche die Spurstränge vom 5. Blatte betreffen, eine Verbindung 
der Gefässbündel in der Weise beobachtet, dass «n sich nicht über dem n-3. 
Blatte gabelt, an sich nicht mit bn-3 und bn mit @n-2 verbindet, sondern dass 
sich cn an bn-2, An an Cn-3 anlehnt und b„ sich über dem n-3. Blatte gabelt. 
Um ein Beispiel anzuführen, diene die Blattspur des 12. Blattes. c,, gabelt 
sich nicht über dem 9. Blatte, a3, geht nicht zu bs, bi, nicht zu c,, wie oben, 
sondern Cs wird mit bio, Aıa mit c, vereintläufig und b,; gabelt sich über 
dem 9. Blatte. Wie leicht aus Taf. 1. Fig. 3 zu sehen, ist die Verbindung 
der Gefässbündel im Grunde nicht anders wie früher, nur kehrt sich die Ver- 
knüpfung der rechten und linken Spurstränge um, das b wird zu e und um- 
gekehrt. Vergleicht man das Schema dieses Verlaufes der Stränge in Taf. 1. 
Fig. 4 mit dem Schema des zuerst dargestellten Verlaufes in Fig. 1, so er- 
kennt man leicht, dass das eine das Spiegelbild des anderen ist. Diese Umkehr 
der Verhältnisse hat ihren Grund darin, dass hier die Blätter in eine linksläufige 
Spiralstellung, im ersteren Falle dagegen in eine rechtsläufige angeordnet sind. 

Der Gefässbündelverlauf ist bei I. parviflora deshalb so ausführlich 
heschrieben, um zu zeigen, wie variabel derselbe bei den einzelnen Individuen 
einer Art sein kann. 

Soeben und auch schon früher haben wir den Verlauf der Blattspur- 
stränge mit der Blattstellung in Beziehung gebracht, nach Lestiboudois!) 
ist auch die Blattstellung nichts anderes, als der Ausdruck der Vertheilung 
der Gefässbündel im Stengel. Hanstein?) ist ähnlicher Ansicht; er sagt, 
dass „durch die Anordnung der Blattspuren die specifische Blattstellung jeder 
Pflanze fixirt und beschränkt wird, und die Höhe des Divergenzbruches von 
der Zahl der nebengeordneten Stränge abhängt.“ Nach Nägeli?) gilt jedoch. 


1!) Lestiboudois: Phyllotaxie anatomique in Annales des sciences naturelles. 
3. Serie, Tome X. 

2) Hanstein: Monatsber. d. k. Akademie d. Wissensch. z. Berlin, 5. Febr. 1857, 
pag. 105, und in Pringheim’s Jahrbücher f. wissensch. Bot. I, pag. 233, 240. 

3) Naegeli: Ueber das Wachsthum des Stammes und der Wurzel in dessen Beiträgen 
z. wissenschaftl. Botanik. Leipzig 1858, Heft I, pag. 39 u. 45. 


194 Gustav Beyse. (p. 14) 


das Gesetz, dass die Blattstellung aus der Zahl und Anordnung der Gefäss- 
bündel ohne Weiteres abgeleitet werden kann nur unter der Voraussetzung, 
dass die Gefässbündel senkrecht und parallel verlaufen. Da bei I. parviflora 
die Gefässbündel parallel und auch senkrecht durch den Stengel ziehen, sie 
entsprechen den Orthostichen, so kann das Gesetz hier als zulässig betrachtet 
werden. Es verlaufen in jedem Internodium acht Gefässbündel (die unteren 
Internodien, in denen in einigen Fällen sieben, in anderen neun sind, kommen 
hier nicht in Betracht), der mediane Blattspurstrang a,, des 12. Blattes lässt 
sich senkrecht bis über die Mitte des 4. verfolgen (Taf. 1. Fig. 1), denn &1s 
setzt sich, indem er sich mit b, und dieser wieder mit e; verbindet, senkrecht 
nach unten in den Strängen b, und c, fort und letzterer gabelt sich über 
Blatt 4. Blatt 4 und 12 stehen also in derselben Orthostiche; analog dem 
mittleren Spurstrange des 12. Blattes verhalten sich auch die folgenden, es 
steht also Blatt 13 senkrecht über 5, 14 über 6 ete. Der Nenner des Divergenz- 
bruches ist also 8. Die Spirale umläuft, um von Blatt 4 zum nächsthöheren 
derselben Orthostiche zu kommen, dreimal den Stengel. Die Blätter stehen 
bei I. parviflora mithin in 3, Stellung, diese beginnt mit dem 4. Blatte, die 
ersten drei Blätter nähern sich der wirteligen. 

Die Insertion der Gefässbindel der Seitensprosse an die Hauptachse 
ist so, dass sich alle Gefässbündel des Sprosses, während des Eintritts in die 
Hauptachse, in zwei vereinigen und diese beiden sich an diejenigen beiden 
Blattspurstränge anlehnen, welche sich in demselben Knoten von oben kommend 
mit den seitlichen Spursträngen des zum Spross gehörenden Tragblattes ver- 
binden. So lehnt der Achselspross des 4. Blattes seine beiden Gefässbündel 
beziehungsweise an b, und a,. Bei den Seitensprossen beginnt die Blattstellung 
sogleich mit der ?/; Stellung, doch finden sich oft im ersten Internodium nur 
sieben Spurstränge und es wird erst im 2. ein 8. gebildet, indem sich über 
.dem 2. Blatte zwei Spurstränge gabeln. 

I. Balsamina weicht in Bezug auf den Verlauf der Gefässbündel 
wesentlich von I. parviflora ab. Im untersten Theile des hypocotylen Gliedes 
finden sich vier Gefässbündel (Taf. 2. Fig. 6), wie bei I. parviflora, zwischen 
ihnen liegen ebenfalls isolirte Gefässe, welche als Fortsetzung der primären 
Gefässe der Wurzel anzusehen sind. Diese vier Bündel laufen durch das 
ganze hypocotyle Glied nach oben, dicht unter dem Cotyledonarknoten ver- 


Untersuchungen über d. anatom. Bau ete. der Gattung Impatiens. (p.15) 195 


breitern sie sich und je zwei stossen zu einem sichelförmig gestalteten Gefäss- 
bündel zusammen (Taf. 2. Fig. 7). Diese beiden sichelförmigen Bündel nehmen 
den grössten Theil der Peripherie des Gefässbündelringes ein, nur an den 
Seiten, wo die Cotyledonen entstehen, sind Lücken, in denen sich einige isolirte 
Gefässe finden. Von jedem sichelförmigen Bündel gliedern sich zunächst zwei 
Bündel ab, sie verlaufen zu je zwei in den beiden Lücken und bilden die 
beiden zweisträngigen Cotyledonarspuren (K, und K, in Taf. 2. Fig. 8). Bei 
I. parviflora liefen die Cotyledonarspuren durch das ganze hypocotyle Glied, 
hier vereinigen sie sich sogleich nach Eintritt in den Stengel mit den Spuren 
der ersten Blätter, diese Spuren bilden an der Vereinigungsstelle die beiden 
sichelföürmigen Gefässbündel. Jedes Bündel der Cotyledonarspuren theilt sich 
nach oben wieder, die inneren Zweige jedes Spurstranges vereinigen sich 
während des Austritts in die Cotyledonen, so dass drei Gefässbündel den Stiel 
derselben durchziehen, ihr Verlauf im Blatte entspricht dem bei I. parviflora. 
Im unteren Theile des Cotyledonarknotens löst sich jedes der beiden sichel- 
förmigen breiten Gefässbündel wieder in drei Bündel, zwei seitliche grössere 
und ein mittleres kleineres auf. Ein Querschnitt durch den Knoten zeigt also 
zehn Gefässbündel (Taf. 2. Fig. 8), die beiden gegenüberstehenden hier noch 
zweisträngigen Cotyledonarspuren K; und Ks, welche sich soeben von den 
zwei breiten Gefässbündeln getrennt haben, und die mit ihnen gekreuzt 
stehenden sechs durch Dreitheilung der beiden sichelförmigen Bündel ge- 
bildeten. Diese letzteren sechs sind die dreisträngigen Blattspuren, welche 
von den beiden ersten mit den Cotyledonen sich kreuzenden epicotylen Blättern 
kommen und daher, analog der Bezeichnung bei Z. parviflora, a, b, c, und 
a5 b, C, heissen mögen. Alle übrigen Blätter haben ebenfalls eine dreisträngige 
Blattspur. 

So leicht die Verfolgung der Gefässbündel bei Z. parviflora und auch 
bisher in dem hypocotylen Gliede von I. Balsamina war, um so schwieriger 
wird sie bei letzterer in dem epicotylen Stengeltheile.. Während bei I. parvi- 
flora in jedem Internodium 8 (resp. 7 oder 9) Spurstränge sind, ist bei 
I. Balsamina die Zahl meist viel grösser, sie steigt bei einigen Individuen im 
unteren Theile des 1. epieotylen Internodiums auf 10, im mittleren auf 12, im 
oberen auf 14, im 3. Internodium sind sogar 18 Bündel gefunden, gewöhnlich 
schwankt die Zahl zwischen 12 und 14. Selten finden sich im unteren Theile 


196 Gustav Beyse. (p. 16) 


des 1. epieotylen Internodiums nur 8 Bündel (Taf. 2. Fig. 11), von diesen 
bilden 6 die dreisträngigen Spuren der Blätter 1 und 2 (a, bı €, a2 by, «,); die 
beiden anderen m; und m, sind dadurch entstanden, dass sich von den seit- 
lichen Spursträngen b, ec, und b,c, Bündel abgezweigt haben, die sich zwei 
und zwei zu einem (m; und m,) vereinigten und zu höheren Blättern gehen, 
meist kommen jedoch die sich abzweigenden Bündel nicht zur Vereinigung 
und dann hat der untere Theil des 1. epicotylen Internodiums 10 Gefässbündel, 
durch weitere Spaltung einiger dieser 10 steigt dann die Zahl auf 12 oder 14. 
Die Zahl der Bündel ist deshalb so hoch, weil die Spurstränge der einzelnen 
Blätter länger nebenläufig bleiben, als bei Z. parviflora. Zu der grossen Zahl 
der Biindel, welche die Untersuchung erschwert, kommt noch, dass der Ver- 
lauf derselben nicht immer senkrecht und auch unregelmässig ist, dass Spal- 
tungen und Wiedervereinigungen von Strängen vorkommen, dass die Verbindung 
der Blattspurstränge nicht in den Knoten, wie bei I. parviflora, sondern meist 
in den Internodien und hier für gleiche Spurstränge nicht einmal in derselben 
Höhe erfolgt; auch sind die einzelnen Gefässbündel weniger scharf begrenzt. 
Es liegen hier also Umstände vor, welche eine Feststellung des Verlaufes der 
Gefässbündel bei I. Balsamina erschweren. 

Die Untersuchung konnte nur bis zum 7. Blatte nach oben geführt 
werden, und es ist nicht einmal in diesen wenigen Internodien des Stengels 
der Verlauf der Spurstränge mit Sicherheit erkannt. Da der Verlauf bei den 
verschiedenen I. Balsamina- Individuen grosse Differenzen zeigt, so konnte 
auch kein allgemein gültiges Schema des Gefässbündelverlaufes gewonnen 
werden. Es können daher nur Einzelheiten angeführt werden, ohne dadurch 
ein Bild vom Gesammtverlaufe zu geben. Die dreisträngigen Blattspuren der 
beiden ersten Blätter durchlaufen das erste epicotyle Internodium und die 
Bündel jeder Spur vereinigen sich in dem Cotyledonarknoten zu den beiden 
schon erwähnten sichelförmig gestalteten Gefässbündeln. Bei einigen Individuen 
lehnen sich die Spurstränge vom 3. und 4. Blatte im ersten Internodium wenig 
oberhalb der Cotyledonen in verschiedener Höhe an die lateralen Spurstränge 
der beiden ersten epicotylen Blätter, es gabelt sich kein Strang über den 
Cotyledonen. Bei anderen Individuen gabelt sich der mittlere oder einer der 
seitlichen Stränge vom 4. und 3. Blatte über den Cotyledonen, ähnlich wie 
bei I. parviflora. Die lateralen Bündel des 6. Blattes verbinden sich entweder 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.17) 19% 


mit den lateralen der Blätter 3 und 4, der mittlere gabelt sich über dem 
1. Blatte, oder ein seitlicher gabelt sich, der mittlere und der andere seitliche 
geht zu einem Strange des 3. Blattes. Bei den Spuren des 5. und 7. Blattes 
herrscht keine Oonstanz, bei einigen Individuen laufen die Gefässbündel 4 
resp. 5 und 6 Internodien nach unten, es vereinigen sich auf diesem Wege 
die drei Spurstränge jedes Blattes und setzen sich vereint an die des 2. Blattes, 
oder es vereinigen sich die Spurstränge vom 5. resp. 7. Blatte nicht, sondern 
sie verbinden sich getrennt herabsteigend mit benachbarten Blattspursträngen. 
Diese Verbindungsart kann aber auch noch variiren. 

Aus diesen wenigen Angaben über den Verlauf der Blattspurstränge 
von I. Balsamina geht hervor, dass derselbe in den einzelnen Individuen sehr 
verschieden ist, es kann daher kein Schluss auf die Blattstellung gemacht 
werden (bei Z. parviflora geschah es), sondern nur vermuthet werden, dass die 
Blattstellung ebenso wie der Verlauf der Gefässbündel nicht constant ist; und 
so ist es auch in der That, die beiden ersten Blätter sind bald in derselben 
Höhe inserirt und opponirt, bald weichen sie sowohl in der Höhe als auch 
von der opponirten Stellung ab, ebenso differirt die gegenseitige Stellung der 
anderen Blätter, so dass es nicht gelingt, die constante Divergenz zu bestimmen. 
I. Balsamina weicht nach dem Obigen in wesentlichen Punkten von I. parvi- 
flora ab. Der Verlauf der Blattspurstränge ist unregelmässiger, die Zahl der 
Gefässbündel ist im hypocotylen Gliede geringer, in den epicotylen Internodien 
grösser und wechselnd, die Stränge durchlaufen mehr Internodien, ehe sie sich 
an untere anlehnen und diese Verknüpfung findet in anderer Weise und nicht 
in den Knoten statt. 

Von dieser Darstellung des Gefässbündelverlaufes weicht die von 
Lestiboudois!), der den Verlauf der Gefässbündel bei Z. Balsamina in den 
unteren Internodien untersucht hat, in einigen Punkten ab. Lestiboudois 
giebt an, dass oberhalb |der Cotyledonen sich jedes der vier Bündel, welche 
das hypocotyle Glied durchziehen und welche unterhalb der Cotyledonen zu 
zwei und zwei sich zu einem breiten Gefässbündel verbinden (Taf. 2. Fig. 7), 
gabelt, so dass sich hiernach jedes der sichelföürmigen Gefässbündel in vier 


1) Lestiboudois: Ann. des sciences nat. 3. Serie, Tome X, pag. 19 u. 65, 
Planche III, Fig. 15—18. 


Nova Acta XLIIH, Nr. 2. 236 


198 Gustav Beyse. (p. 18) 


Bündel auflöst. Eine Vier-Theilung dieser beiden Gefässbündel, wie sie 
Lestiboudois angiebt, konnte nicht beobachtet werden und diese tritt wohl, 
trotzdem sonst eine grosse Mannigfaltiskeit im Verlaufe herrscht, nicht ein, 
sondern es theilt sich jedes sichelförmige Gefässbündel stets in drei Bündel, 
welche zu den Blattspursträngen der beiden ersten epicotylen Blätter werden. 
Lestiboudois macht noch einige Angaben über den Austritt der Gefässbündel 
als Blattspuren in die Blätter 3, 4 und 5 und über die Blattstellung. Diese 
Angaben stimmen wenig mit den hier gefundenen Resultaten überein, da aber, 
wie oben gezeigt, die Verhältnisse bei Z. Balsamina sehr wechselnd sind, so 
kann über die Richtigkeit der Untersuchungen Lestiboudois' nicht sicher 
geurtheilt werden. 


3. Isolirte Gefässe im Mark. 

Bei der Beschreibung des Verlaufes der Gefässbündel sind sowohl bei 
1. parviflora als bei I. Balsamina Gefässe genannt, welche gesondert von den 
Gefässbündeln, meist parallel mit ihnen, frei im Mark verlaufen und als „isolirte“ 
Gefäisse bezeichnet sind; dieselben finden sich auch bei I. Nol tangere, so dass 
die drei untersuchten /mpatiens- Arten in diesem Punkte übereinstimmen. So- 
weit mir bekannt, ist bisher an keiner Pflanze das Vorkommen isolirter Ge- 
fässe im Mark in ähnlicher Weise wie hei der Gattung Impatiens beobachtet 
worden. 

Im hypoeotylen Gliede von I. parviflora verlaufen, wie wir oben sahen, 
acht Gefässbündel in vier Paare geordnet, sie sind gegen das Mark scharf 
abgesetzt, da an die Bündel sogleich grosszelliges Markparenchym grenzt. 
Sowohl vor als auch zwischen zwei zu einem Paare gehörenden Gefässbündeln 
(nie zwischen zwei nicht zu einem Paare gehörenden) fmden sich frei im Mark 
verlaufende einzelne von grossen Markzellen umgebene Holzgefässe. Meist 
sind die beiden keilförmig in das Mark vorspringenden Xylemtheile der Gefäss- 
bündel eines Paares mit ihren Spitzen gegen einander geneigt (Taf. 2. Fig. 12) 
und die isolirten Gefässe (ig), wenigstens in jüngeren Pflanzen, zwischen den 
Bündeln im Bogen angeordnet (in älteren Pflanzen sind die Gefässe durch das 
Wachsthum des Markes verschoben), so dass man hieran, wie schon oben 
hervorgehoben, die Zusammengehörigkeit zweier Bündel zu einem Paare erkennen 
kann. Die isolirten Gefässe verlaufen aber auch sehr zerstreut zwischen den 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.19) 199 


Gefässbündelpaaren und sind mehr oder weniger weit in das Mark vorgeschoben, 
sie liegen vereinzelt oder zu wenigen vereinigt, entweder von Markzellen, 
welche den übrigen gleich sind, oder von einer Schicht kleinerer Markzellen 
umgeben. Bei 7. Balsamina sind zwischen allen vier Gefässbündeln des hypo- 
cotylen Gliedes isolirte Gefässe (Taf. 2. Fig. 6). Wie diese isolirten Gefässe 
sich bilden und die gegen einander geneigten Gefässbündel zu Stande kommen, 
wird die Entwiekelungsgeschichte lehren. Im unteren Theile des hypocotylen 
Gliedes bilden, wie wir oben beim Verlauf der Gefässbündel gesehen haben, 
die isolirten Gefässe je eine kleine Gruppe zwischen den Bündeln resp. Bündel- 
paaren, hier liegen auch die vier Bündel (bei I. Balsamina und bei T. parvi- 
flora) mehr genähert. Nach oben, wo der Centraleylinder sich erweitert und 
die 4 resp. 8 (bei Z. parviflora) Gefässbündel sich weiter von einander ent- 
fernen, treten auch die isolirten Gefässe auseinander und zerstreuen sich auf 
dem grösseren Raume zwischen den Bündeln (Taf. 2. Fig. 6 u. Taf. 2. Fig. 12). 
Unter dem Cotyledonarknoten werden die isolirten Gefässe durch Verzweigung 
zahlreicher als im unteren Theile des hypocotylen Gliedes, ein grosser Theil 
davon tritt in die Cotyledonen und ihre Achselsprosse, ein kleinerer Theil 
setzt sich in das epicotyle Stengelglied nach oben fort. (Dies ist in der sche- 
matischen Zeichnung Taf. 2. Fie. 5 zur Anschauung gebracht.) Die zahl- 
reichen isolirten Gefässe vor den beiden sichelförmigen Gefässbündeln des 
oberen hypocotylen Gliedes von I. Balsamina (lat. 2. Fig. 7) ziehen meist 
alle nach den beiden Lücken zwischen jenen ‚und bilden hier mit schwachen 
Gefässbündeln, welche sich von den beiden breiten Gefässbündeln abzweigen, 
die beiden zweisträngigen Cotyledonarspuren, so dass der Gefässtheil dieser 
Spuren zum grössten Theile aus den Fortsetzungen der isolirten Gefässe be- 
steht. Aehnlich haben wir oben bei Z. parviflora gesehen, dass die meisten 
isolirten Gefässe vor den Gefässbündeln und zwischen den Gefässbündelpaaren 
(bı € ba €) sich mit den Spursträngen der Cotyledonen vereinen und in diese 
austreten (Taf. 2. Fig. 5), oder, wie an der betreffenden Stelle gesagt wurde, 
es setzt sich ein Theil der Gefässe der aus den Cotyledonen austretenden 
Spurstränge an die innere, d.h. Markseite, der benachbarten Bündel (b, cz b3 cı ) 
an und breitet sich auch zwischen den Gefässbündelpaaren aus. 

Im epieotylen Stengeltheile nimmt die Zahl der isolirten Gefässe nach 
oben allmählich ab, ihre Lage ist hier in Bezug auf die Gefässbündel eine 

26* 


200 Gustav Beyse. (p. 20) 


andere als im hypocotylen Gliede, indem sie in jenem nie zwischen den Gefäss- 
bündeln, sondern stets auf der Innenseite unmittelbar vor denselben oder wenig 
in das Mark vorgeschoben verlaufen; während die isolirten Gefässe im hypo- 
cotylen Gliede unabhängiger von den Gefässbündeln verlaufen, lehnen sie sich 
im epicotylen mehr an dieselben an. Im epicotylen Stengeltheile sind sie auch 
nicht in dem grosszelligen Markgewebe zerstreut, sondern sie sind in ein zu- 
sammenhängendes kleinzelliges länger oder kürzer eylindrisches Markparenchym 
eingebettet, welches sich unmittelbar an den inneren primären Xylemtheil des 
Gefässbündels anschliesst und mit diesem in das grosszellige Mark vorspringt. 
Weit in das Innere zwischen grosszelliges Mark vorgeschobene Gefässe sind 
selten und fehlen in den oberen Internodien völlig. Da nun aber der innerste 
primäre Xylemtheil zarte nicht verholzte Parenchymzellen enthält, die von 
den Markzellen, welche die isolirten Gefässe einschliessen, an der Uebergangs- 
stelle schwer zu unterscheiden sind, so scheinen die isolirten Gefässe zu dem 
Gefüssbündel in naher Beziehung oder in Zusammenhang zu stehen (Taf. 3. 
Fig. 16) und dieses sehr weit in das Mark vorzuspringen. Es entsteht hier 
die Schwierigkeit zu entscheiden, wo im epicotylen Stengeltheile das Gefäss- 
bündel aufhört und welche Gefässe man als isolirte bezeichnen soll, als völlig 
zu dem Gefässbündel gehörig kann man sie jedoch nicht ansehen, ebensowenig 
als man das gesammte kleinzellige in das Mark ragende Parenchym zu den 
Gefässbündeln rechnen kann. 

Die isolirten Gefässe, besonders die des hypocotylen Gliedes, verlaufen 
in der Richtung der Achse vielfach gebogen, sie verzweigen sich in den Inter- 
nodien zuweilen, sehr reichlich in den Knoten, wo sie kurzgliederig sind; es 
sind echte Holzgefässe mit abrollbaren Ring- und Spiralverdickungen, beide 
wechseln oft in einem Gefässe ab. Die am weitesten von den Gefässbündeln 
entfernten (also in der Mitte zwischen zwei Bündeln oder weit im Mark 
liegenden) isolirten Gefässe sind die engsten, ihre Seitenwände sind sehr zart 
und nicht verholzt, die Ringverdickungen weit von einander entfernt, die 
Spiralen sehr lang gezogen, meist völlig abgelöst, Die den Gefässbündeln 
genäherten isolirten Gefässe sind weiter mit engeren Spiralverdiekungen und 
dickeren wenig verholzten Seitenwänden. Die Länge der einzelnen das Gefäss 
zusammensetzenden Zellen ist nicht festzustellen, da Reste von Querwänden 
nicht vorhanden sind. Häufig sind die isolirten Gefässe gedehnt oder durch 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p. 21) 201 


Zerreissung zerstört, daher erscheinen sie auf einem Querschnitte (Taf. 3. Fig. 16 
und deren Erklärung) oft nicht sogleich als solche, man glaubt zwischen den 
Markzellen zusammengedrückte oder unregelmässig erweiterte und verzerrte 
Intercellularräume zu bemerken, doch erkennt man diese als zerstörte Gefässe 
bei anderer Einstellung an einem mit Jod sich schwach gelb färbenden Ringe, 
der abgelöst (Fig. 16) in dem scheinbaren Intercellularraume liegt. Bei Zer- 
reissung des ganzen Gefässes haften die Ringe oder das abgelöste Spiralband 
zuweilen noch an einer Seite der zerstörten Gefässwand. Auf Längsschnitten 
kann man bei genauer Einstellung zwischen zwei Reihen von Markzellen hinter 
einander liegende Ringe oder langgezogene Spiralbänder als Reste der zerstörten 
Gefässe sehen. Da in den isolirten Gefässen die Spiralfasern sehr steil ge- 
wunden oder ganz verzerrt, die Ringe weit von einander entfernt sind, oder 
sogar das ganze Gefäss zerstört ist, so kann wohl angenommen werden, dass 
die isolirten Gefässe vor vollendeter Streckung des Stengeltheiles angelegt und 
die zuerst entstandenen Gefässe sind; dies wird auch in einem späteren Ab- 
schnitte durch die Entwickelungsgeschichte bestätigt werden, und hierbei wird 
auch hervortreten, warum die isolirten Gefässe des hypocotylen Gliedes von 
denen des epieotylen Stengeltheiles in ihrer Lage so sehr abweichen. 


4. Bau der Gefässbündel im Stengel. 


Der meist sehr durchscheinende Stengel nebst seinen Aesten zeigt be- 
sonders bei I. parviflora starke Anschwellungen in und dicht über den Knoten 
und an dem unteren Theile der Seitenäste, deren Verdickung sich in die der 
Hauptachse fortsetzt; ebenso ist der Stengel an der Stelle, wo er über den 
Erdboden tritt, angeschwollen. Gleichzeitig ist das hypocotyle Glied an dieser 
Stelle auch oft etwas gekrümmt; dies kommt meist daher, dass die junge 
Keimpflanze mit ihrem langen hypocotylen Gliede eine Strecke horizontal 
unter dem sie bedeckenden Laube hinwächst, ehe sie sich erhebt. Dicht unter 
der Anschwellung des hypocotylen Gliedes entspringen dann zahlreiche starke 
Beiwurzeln. Die Krümmung des unteren hypocotylen Gliedes ist besonders 
bei wild wachsenden 7. parviflora beobachtet. Die Anschwellungen des Stengels 
sind daher sehr interessant und wichtig, weil sich in ihnen Aenderungen in 
dem anatomischen Baue sowohl der Gefässbündel als des Rindengewebes voll- 


202 Gustav Beyse. (p. 22) 


ziehen, welche mit der mechanischen Aufgabe dieser Theile in Zusammenhang 
stehen, wie weiter unten ausgeführt wird. 

a) Xylemtheil. Der innerste älteste keilförmig in das Mark vor- 
springende Theil der Gefässbündel enthält echte Holzgefässe mit Ring- und 
Spiralverdickungen, nicht selten kommen beide zusammen in einem Gefässe 
vor. Rindenwärts folgen Gefässe mit enger gewundenen stärkeren Spiralleisten, 
die dann in Netzfasern übergehen. An die Gefässe mit netzförmigen Ver- 
diekungen reihen sich in centrifugaler Richtung Treppengefässe, dann folgen 
mit allmählichem Uebergange Gefässe mit weiteren und engeren Hoftüpfeln 
von elliptischer, selten rundlicher Form. Die Weite der Gefässe nimmt von 
innen nach aussen zu. In dem hypocotylen Gliede sind schon die innersten 
ziemlich weite Gefässe, diese T’hatsache lässt sich aus der Entwickelungs- 
geschichte erklären. Was die Länge der zu einem Gefäss vereinigten Zellen 
betrifft, so ist dieselbe sehr schwankend, sie nimmt im Allgemeinen von innen 
nach aussen ab, doch finden sich oft zwischen langen Zellen eine oder mehrere 
sehr kurze eingeschaltet, die Länge wechselt also. Die Verwachsungsstellen 
der einzelnen Gefässzellen sind bei den Ring- und Spiralgefässen nicht mehr 
zu sehen, da die Querwände ganz resorbirt sind und sich die Spiralfasern 
continuirlich fortsetzen. Die Querwände der Tüpfelgefässe sind, sofern sie 
horizontal gestellt sind, oft ganz resorbirt, doch zeigen sie meist mehr oder 
weniger schief gestellte Querwände, welche eine runde oder ovale Perforation 
haben, man kann daher an diesen Gefässen die ursprünglichen Gefässzellen 
erkennen, da der grösste Theil der Wand erhalten bleibt. Die Seitenwände 
der innersten Gefässe sind zart und wenig verholzt, rindenwärts werden sie 
resistenter und verholzen stark. Die Vertheilung der Gefässe zwischen den 
übrigen Elementen des Xylems ist unregelmässig, sie liegen zwischen dem 
Holzparenchym- resp. Prosenchym zerstreut, bald einzeln, bald stossen zwei 
oder mehrere an einander (Taf. 3. Fig. 18). 

An manchen Stellen sind die porösen Gefässe dicht mit Thyllen erfüllt, 
dieselben sind von allen Seiten in die Tüpfel hineingewachsen und haben sich 
in dem Gefäss gegenseitig abgeplattet, so dass sie das ganze Lumen erfüllen. 
Eine Regelmässigkeit konnte in der Thyllenbildung nieht erkannt werden, sie 
findet sich in einem Gefässe, während sie in benachbarten fehlt, sie scheint 
jedoch in den Gefässen der Wurzel mehr als in denen des Stengels aufzutreten. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau ete. der Gattung Impatiens. (p.23) 203 


In den ältesten in das Mark vorspringenden Theilen der Gefässbündel 
des epieotylen Gliedes sind die Gefässe von unverholzten, ungetüpfelten, dinn- 
wandigen, parenchymatischen Zellen umgeben, welche sich von den Markzellen 
nur durch ihre geringe Weite und die doppelte bis dreifache Länge unter- 
scheiden; sie enthalten wie die Markzellen Chlorophyll, doch zeichnen sie sich 
dureh die Grösse und die Menge der eingeschlossenen Chlorophylikörner vor 
diesen aus. Diese- den Markzellen ähnlichen parenchymatischen Zellen des 
Gefässbündels gehen nach innen allmählich in die echten Markzellen über, 
und diese Zwischenformen sind es, welche die vor den Gefässbündeln liegenden 
isolirten Gefässe (Taf. 3. Fig. 16 ig) umgeben. 

In den Gefässbündeln des hypocotylen Gliedes, in dem die isolirten 
Gefässe von den Bündeln separirt erscheinen (Taf. 2. Fig. 12 und Taf. 4. 
Fig. 20), während sie sich im epicotylen Stengel und den Seitenästen meist 
der Innenseite der Gefässbündel anlehnen (Taf. 3. Fig. 16), fehlen die mark- 
ähnlichen Parenchymzellen in dem in das Mark vorspringenden Theile oft ganz 
(wenigstens ist dies bei I. parviflora stets beobachtet); hier besteht der ge- 
sammte Xylemtheil aus verholzten Zellen. Diese sind mehr oder weniger 
gestreckte prismatische, gegen die Enden zugespitzte Libriformfasern, deren 
mässig verdickte Wände zahlreiche spaltenförmige schief gestellte oder runde 
Tüpfel zeigen. In manchen 'Theilen der Gefässbündel sind diese Libriform- 
fasern kurz, die Querwände wenig geneigt, zuweilen eigenthümlich gebogen. 
Zum Theil sind die langen, regelmässig geordneten Holzfasern durch spätere 
Quertheilung in einfache vertikale Reihen von Parenchymzellen gegliedert. 
Die Zellform wechselt auf verschiedenen Strecken der Gefässbündel, bald 
walten die langen Libriformfasern vor, bald treten mehr die kürzeren auf, die 
dann nicht so regelmässig zusammengefügt sind als jene. 

In den langen Inflorescenzästen von I. parviflora finden sich in den 
Gefässbündeln neben rein parenchymatischen Holzzellen auch prosenchymatische, 
zwischen ihnen enge Gefässe mit Ring- und Spiralverdickungen und poröse 
Gefässe. Bei I. Noli tangere fehlen die Tüpfelgefässe in den Gefässbündeln 
der Inflorescenzäste, die Verholzung ist sehr schwach, die Zellen eng und mehr 
parenchymatisch, während in den Gefässbündeln von 1. Balsamina nur paren- 
chymatische nicht verholzte Zellen auftreten, und auch hier die porösen Gefässe 


mangeln. 


204 Gustav Beyse. (p. 24) 


Im Blattstiele besteht der Xylemtheil der Gefässbündel nur aus wenigen 
engen, kurzen, nicht verholzenden Parenchymzellen, in welchen zahlreiche enge 
Ring- und Spiralgefässe eingebettet sind (Taf. 4. Fig. 22). Der Xylemtheil 
der Nerven 2. Ordnung besteht aus drei bis fünf, der der Nerven höherer 
Ordnungen nur aus zwei oder einem Spiralgefässe nebst wenigen Parenchym- 
zellen (Taf. 4. Fig. 23, 24). 

Markstrahlen sind in den Gefässbündeln bei 7. parviflora und Noli 
tangere nicht beobachtet, nur bei der ersteren wurde nach Durchmusterung 
von sehr vielen Tangentialschnitten aus den verschiedenen Regionen des Sten- 
gels ein einziger schmaler und langer Markstrahl gefunden. Bei I. Balsamına 
kommen, wenn auch nicht häufig, Markstrahlen vor, dieselben sind, auf dem 
Tangentialschnitte gesehen, breit, sie spitzen sich scharf zu, ihre Zellen sind 
von verschiedener Länge, meist in der Richtung des Radius breiter als in 
tangentialer, die Wände sind zart und nicht verholzt, Tüpfel sind, wenn 
überhaupt solche vorhanden sind, äusserst spärlich. Der bei I. parviflora 
beobachtete Markstrahl hat dagegen verholzte Zellen, deren Wände ebenso wie 
die übrigen Zellen der Gefässbündel spaltenförmig getüpfelt sind. 

Besonderes Interesse gewähren die Gefässbündel in den knotenförmigen 
Gelenkanschwellungen des Stengels und seiner Seitenäste. Hier ist der ana- 
tomische Charakter ein ganz anderer, als in den nicht verdickten Theilen, es 
sind nur die Gefässe verholzt, statt der verholzten prosenchymatischen Zellen 
des Gefässbündels finden sich Zellen mit mehr oder weniger verdickten nach 
innen vorspringenden Kanten, sie haben mehr oder weniger geneigte, selten 
horizontale Querwände und sind daher in ihrer Form völlig mit dem später 
zu besprechenden Oollenchym der Rinde gleich, mit dem sie auch in ihren 
Reactionen übereinstimmen, indem sich die verdickten Kanten mit Chlorzink- 
jod und Jod-Jodkalium bläuen; doch erreicht die collenchymatische Ver- 
dickung der Zellen der Gefässbündel selten die Stärke der Collenchymzellen 
der Rinde. Manche Collenchymzellen sind durch zarte horizontale secundäre 
Querwände in mehrere kurze Zellen getheilt, sie sind in ihrer Form den 
gefächerten Libriformfasern vergleichbar. Die collenchymatische Verdickung 
der Kanten ist in der Mitte des Bündels am stärksten (Taf. 3. Fig. 18, 
Taf. 4. Fig. 20) und nimmt gegen das Mark hin allmählich ab, auch 
rindenwärts wird das Collenchym etwas schwächer. Die Seitenwände der 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p. 25) 205 


Collenchymzellen sind meist schwach. Der Uebergang aus den angeschwollenen 
in die nicht verdickten Regionen giebt sich in dem Gefässbündel dadurch kund, 
dass zuerst die dem Cambium zunächst liegenden Zellen ihren eollenchyma; 
tischen Charakter verlieren, indem die Wände gleichmässig stärker werden und 
verholzen, dieser Process schreitet dann allmählich centripetal vor in demselben 
Maasse, als die Anschwellung abnimmt, bis zu der Stelle, wo der Stengel die 
normale Stärke erreicht hat und alle Theile den ursprünglichen Xylemeharakter 
angenommen haben. In dem gekrimmten Theile des hypocotylen Gliedes 
haben die Gefässbündel der concaven Seite starke collenchymatische Zellen, 
während in den Bündeln der convexen Seite die collenchymatischen Ver- 
diekungen nur schwach sind oder die Zellen ganz zartwandig bleiben. In 
den Anschwellungen der Seitenäste besitzen die Gefässbindel der inneren dem 
Hauptstamm zugekehrten Seite stärkeres Collenchym, als die der Aussenseite. 

b) Phlo@mtheil. Was den Phlo@mtheil der Gefässbündel bei den 
Impatiens-Arten betrifft, so ist derselbe sehr wenig entwickelt, am geringsten 
bei /. parviflora. Hier findet man auf dem Querschnitt durch den Stengel 
vor den Gerässbündeln schmale Zonen von kleinzelligem Phloömparenchym 
(Taf. 3. Fig. 1Sp), es liegen höchstens fünf Zellen in radialer Richtung hinter 
einander. Sämmtliche Zellen sind zartwandig, die Form der Querschnitte aller 
dieser Zellen ist sehr verschieden, sie sind meist unregelmässig gelagert, da 
sie selten in radialen Reihen oder concentrischen Schichten geordnet sind. 
Auf dem tangentialen Längsschnitte erweisen sich diese Phloömzellen als enge 
prismatische, zartwandige, echte parenchymatische Zellen, deren Querwände 
stets horizontal sind, zwischen ihnen liegen zahlreiche, wenig längere Zellen, 
welche man, sobald der Tangentialschnitt mit Jod behandelt wird, als Sieb- 
röhren mit horizontalen oder wenig geneigten Siebplatten (in den Figuren sind 
sie durch Punktirung angedeutet) erkennt. Die Siebröhren sind an ihren Enden 
wenig oder kaum merklich erweitert. Bei 7. Balsamina und Noli tangere ist 
die Phlo&mbildung nicht so gering, es finden sich vor dem Xylemtheile der 
Gefässbündel etwas breitere Zonen von Weichbast. I. Noli tangere zeigt noch 
eine bemerkenswerthe Eigenthümlichkeit, der Stengel ist schwach gefurcht, 
die Gefässbündel liegen nnter den wenig hervortretenden abgerundeten Kanten, 
sind aber gegen den secundären Holzring etwas nach innen geschoben (Taf. 2. 
Fig. 13) und die Xylemtheile haben eine der Ausbuchtung des peripherischen 

Nova Acta XLII. Nr. 2. 27 


206 Gustav Beyse. (p. 26) 


Stengelumfanges entsprechende Einbuchtung. Diese ist ausgefüllt von dem 
Phlo&m, welches sich nach den Rändern auskeilt, die äusseren Phlo@mzellen 
liegen mit dem Interfascieularcambium und später mit der äusseren ältesten 
Schicht des Interfaseicularholzes auf gleicher Höhe in einem Kreise. Rinden- 
wärts besteht das Phloem bei Z/. Noli tangere und Balsamina aus grösseren 
Parenchymzellen (Fig. 13z), nach innen werden dieselben kleiner, die Sieb- 
röhren sind nur zwischen den kleinzelligen Phlo@melementen zerstreut, im 
äusseren grosszelligen (z) Theile fehlen sie. Bei /. Noli tangere ist ferner 
auffallend, dass zwischen den Phlo@mzellen grosse mit langen Raphidenbündeln 
erfüllte Zellen liegen (Fig. 13r), es scheint, dass sich die Raphiden hier vor- 
wiegend in dem Phlo@m, weniger in der Rinde und dem Marke finden. Bei 
I. parviflora und Balsamina sind die Raphiden in dem Phlo&m selten (Taf. 4. 
Fig. 20, Taf. 3. Fig. 15). In den Blattstielen und den Nerven des Blattes 
zeigt ein Querschnitt durch den Phlo@mtheil (Taf. 4. Fig. 22—24) zwischen 
weiteren Zellen Gruppen vieler sehr enger, welche theils Siebröhren, theils 
Phlo@mparenchym sind; die einzelnen Gruppen scheinen durch Längstheilung 
je einer der weiteren Zellen hervorgegangen zu sein. In den angeschwollenen 
Knoten sind die Siebtheile der Gefässbündel etwas kleiner als in den 
Internodien. 


5. Secundäres Dickenwachsthum des Stengels. 


Von dem Procambium, aus welchem durch Differenzirung der Zellen 
desselben das Gefässbündel hervorgeht, bleibt zwischen dem Xylem- und dem 
Phlo&mtheile eine theilungsfähige Schicht, das Faseicularcambium, bestehen, 
welches durch lebhaftes Wachsthum und Bildung perikliner Wände nach innen 
dem Xylemtheile neues Xylem, nach aussen dem primären Phlo&m neue 
Phlo@melemente hinzufügt, doch ist die Bildung secundärer Phlo&mzellen gering. 
Das von dem Cambium neu gebildete Xylem der Gefässbündel ist von dem 
oben beschriebenen primären nicht wesentlich verschieden, nur sind die secundär 
angelegten porösen Gefässe enger und die Hoftüpfel kleiner. In den die ein- 
zelnen Gefässbündel trennenden Markverbindungen, den primären Parenchym- 
strahlen, entsteht in einer Zone, welche an der Innenseite der unten zu be- 
schreibenden den Centraleylinder einschliessenden innersten Rindenschicht, der 
Stärkeschicht, liegt (Taf. 2. Fig. 13, Taf. 3. Fig. 17s), durch tangentiale 


Untersuchungen über d. anatom. Bau ete. der Gattung Impatiens. (p.27) 207 


Theilung in Anschluss an das Fascieularcambium eine Meristemschicht, das 
Interfaseicularcambium (Zwischencambium), welches mit jenem einen geschlos- 
senen Cambiummantel bildet. Von diesem aus erfolgt nun die Bildung des 
secundären Holz- und Bastmantels, indem die von dem Zwischencambinm nach 
innen abgeschiedenen Zellen zu Xylem-, die nach aussen gebildeten zu Phloem- 
elementen werden, und so ist das secundäre Diekenwachsthum des Stengels 
eingeleitet. 


Das Interfaseicularholz besteht aus regelmässig radial und tangential 
angeordneten Libriformfasern von polygonalem oder mehr rundlichem Quer- 
schnitt. Gefässe finden sich in diesem Theile nicht, ebenso fehlt auch das 
Holzparenchym. Es unterscheidet sich das Interfascieularholz von dem oben 
beschriebenen Xylem der Gefässbündel durch das Fehlen von Gefässen und 
Holzparenchym und durch seine regelmässige Aneinanderreihung der Libri- 
formfasern. 


Was die Bildung des interfaseieular erzeugten Phloöms anbetrifft, so 
sind die /mpatiens-Arten hierdurch anatomisch bemerkenswerth. Es kommt 
‚nämlich hier nicht, wie es bei den Dicotylen typisch ist, zur Ausbildung eines 
‚eontinuirlichen Phloömringes, sondern die einzelnen Phlo@mtheile der Gefäss- 
bündel bleiben isolirt, zwischen ihnen haben sich meist schon vor der Ab- 
scheidung von Xylemzellen (Taf. 3. Fig. 17) kleine aus wenigen Zellen 
bestehende einzelne isolirte Phloömstränge (ip) gebildet. Von diesen an der 
Innenseite der genannten Stärkeschicht liegenden, von einander getrennten 
Phlo&mgruppen, sind bei 7. parviflora, welches die geringste Phlo@mbildung 
besitzt, zwischen je zwei Gefässbündeln im mittleren Stengeltheile nur zwei 
oder drei vorhanden, jede Gruppe besteht nur aus vier bis zehn Phloömzellen 
(Taf. 3. Fig. 1Sip). Bei I. Noli tangere sind sowohl die die Gruppen bil- 
denden Phlo@mzellen, als auch jene selbst etwas zahlreicher: bei 7. Balsamina 
sind die einzelnen Gruppen breiter, doch schliessen sie noch nicht zu einem 
eontinuirlichen Ringe zusammen. Die Phloömgruppen bestehen, wie das Phloöm 
der Gefässbündel, aus zartwandigem Parenchym und engen Siebröhren. An 
den Stellen, wo kein Phloem gebildet ist, grenzt das Xylem unmittelbar an 
die Stärkeschicht, da das Zwischencambium zu einer Zeit seine 'Thätigkeit 
einstellt und verholzt (Taf. 2. Fig. 13). 


[50 
-1 
Re 


208 Gustav Beyse. (p. 28) 


Die Mächtigkeit des gesammten secundären Zuwachses ist in den ver- 
schiedenen Regionen des Stengels ungleich. In den oberen Internodien 
mehren sich die Phlo@mgruppen, die Zahl der Zellen in den Gruppen wird 
grösser, in den Inflorescenzästen sind die einzelnen Gruppen nur durch wenige 
Parenchymzellen getrennt, oder es besteht ein geschlossener Phlo@mring. Die 
Dicke des secundär gebildeten Holzringes ist bei den drei /mpatiens-Arten 
verschieden, bei 7. parviflora geringer im Verhältniss zu den beiden anderen; 
so finden sich bei 7. parviflora-Individuen von mittlerer Stärke auf dem 
Querschnitt durch das 1. Internodium, welches 7 mm Durchmesser hat, nur 
fünf Schichten Holzzellen, im 3. Internodium nur noch drei, in den oberen 
hat das Zwischencambium zwei Holzschichten gebildet, häufig wird aber in 
den obersten Internodien nicht verholzender Parenchym abgeschieden. In 
stärkeren Exemplaren von 7. parviflora findet sich im 1. Internodium ein acht 
bis zehn Zellen dicker Holzring, der nach oben abnimmt. Die sehr dünnen, 
langen, aufrechten und verzweigten Inflorescenzäste von /. parviflora besitzen 
stets einen continuirlichen, drei bis fünf Schichten starken, verholzten, klein- 
zelligen Ring von Libriformfasern, zwischen dem kleine Gefässbündel mit 
wenigen grossen Gefässen liegen. Die Stengel der beiden anderen /mpatiens- 
Arten sind stärker und daher bei ihnen auch der Holzring entsprechend dicker. 
Die herabhängenden sehr dünnen Inflorescenzäste von /. Noli tangere sind 
nicht so stark gebaut, wie die von /. parviflora, der Holzring besteht nur 
aus zwei bis drei Schichten verholzter Libriformfasern und Holzparenchym. Im 
Gegensatz zu I. parviflora und Noli tangere sind die kurzen, einfachen Blüthen- 
stiele von I. Balsamina sehr schwach gebaut, die Gefässbündel sind in ihnen 
nach den Seiten eines Dreiecks geordnet, die einzelnen Bündel seitlich nicht 
von einander getrennt, oder es liegen schmale Parenchymstrahlen dazwischen, 
gegen das Mark sind sie nicht begrenzt, sie enthalten nur nicht verholzende 
Parenchymzellen und wenige verholzte Spiral- und Ringgefässe; zur Bildung 
eines Holzringes kommt es hier also nicht. 

Oben hatten wir gesehen, dass in den angeschwollenen Knoten der 
Stengel und der Seitenäste sich der anatomische Charakter der Elemente der 
Xylemtheile der Gefässbündel wesentlich änderte, ebenso weicht auch in den 
Anschwellungen die Ausbildung des von dem Zwischencambium erzeugten 
secundären Xylemtheiles ab, indem dieser hier nur aus wenigen nicht verholzten 


Untersuchungen über d. anatom. Bau ete. der Gattung Impatiens. (p.29) 209 


Zellen von der Form der Holzfasern oder der Parenchymzellen gebildet wird 
(Taf. 3. Fig. 18ih). Selten und nur in der Nähe der Gefässbündel zeigen 
diese Zellen vor dem Interfaseicularcambium geringe collenchymatische Ver- 
diekungen. Die interfascieularen Phlo@mpartieen sind in den Anschwellungen 
ebenfalls schwächer und an Zahl geringer, oft findet sich zwischen zwei 
Bündeln kein Phloem. 


6. Die Stärkeschieht des Stengels. Entstehungsfolge der isolirten 
Gefässe und ihre Beziehung zu den Gefässbündeln. 


Es ist bekannt und von Hanstein!) begründet, dass in den typischen 
dieotylen Stämmen die Gefässbündel in dem äusseren Theile des Üentral- 
cylinders angelegt werden. Die collateralen Bündel entwickeln sich aus den 
in einen Kreis geordneten Procambiumsträngen, und zwar der Xylemtheil centri- 
fugal, der Phlo@mtheil centripetal. Von diesem typischen Verhalten weichen 
die /mpatiens-Arten in dem epicotylen Stengeltheile nicht ab. Hervorzuheben 
ist, dass der Centraleylinder aussen von einer Strangscheide, der innersten 
Rindenschicht, begrenzt wird, deren Zellen sich durch Stärkereichthum aus- 
zeichnen. Sachs?) hat diese Strangscheide in vielen Phanerogamen gefunden 
und nennt sie „Stärkeschicht“, da sie sich bei der Keimung der Samen mit 
Stärke füllt. Diese Stärkeschicht hat Sachs auch bei 7. Balsamina gefunden, 
sie besteht aus dünnwandigen Zellen, die annähernd kubisch oder doppelt so 
lang als breit, stets kürzer als das Rindenparenchym sind, mit glatten radial 
gestellten Wänden, die Zellen werden durch das Dickenwachsthum tangential 
gestreckt und sind nach Sachs (l. e.) gegen Schwefelsäure resistenter als die 
Rindenzellen. Diese concentrische Schicht (Taf. 2. Fig. 13, Taf. 3. Fig. 17s) 
lässt sich bis in die Inflorescenzäste und die Blattstiele deutlich verfolgen, sie 
setzt sich nach unten in das hypocotyle Glied und auch in die Wurzel fort, 
hier nimmt sie einen anderen Charakter an, doch wollen wir hierauf erst im 
nächsten Theile näher eingehen. Im Blattstiel und dem Mittelnerven liegt die 


!) Hanstein: Die Scheitelzellgruppe im Vegetationspunkte der Phanerogamen. 
Bonn 1868. 

2) Sachs: Ueber das Auftreten der Stärke bei der Keimung ete. in Bot. Zeitg. 
1859, pag. 177. 


210 Gustav Beyse. (p. 30) 


Stärkeschicht, da wir hier keinen Centraleylinder haben, nur auf der Aussen- 
seite des Phlo@mtheiles (Taf. 4. Fig. 223). Nach Sachs (l. e.) soll die Stärke- 
schicht nur bei der Keimung Stärke führen, soll dann aus ihr verschwinden, 
doch fand ich sie noch in ausgewachsenen Pflanzen im Stengel, nur aus der 
Wurzel war die Stärke weggeführt. Die grossen Stärkekörner besitzen eine 
schwache Hille von Chlorophyll. !) 

Die ältesten Phlo@mzellen des Gefässbündels grenzen im Stengel un- 
mittelbar an die Stärkeschicht, der primäre Theil des Xylems ist am weitesten 
in das Mark vorgeschoben, zwischen dem Phlo&m- und Xylemtheile des Gefäss- 
bündels liegt das Cambium, welches durch seine Thätigkeit secundäre Phlo&m- 
elemente in centripetaler Richtung, secundäre Xylemelemente in centrifugaler 
Folge hinzufügt, zugleich verbreitert sich das Gefässbündel nach aussen, so 
dass es eine keilförmige mit seiner Spitze in das Mark ragende Form erhält. 
Das Interfascicularcambium wird aus den an die Stärkeschicht grenzenden 
Zellen gebildet. Wir finden m dem epicotylen Theile von der normalen Ent- 
wickelung der Gefässbündel nur die Abweichung bei I/mpatiens, dass sich 
einige Gefässe, etwas entfernt von dem eigentlichen Gefässbündel, vor diesem 
im Marke bilden, die von etwas engeren Markzellen umgeben sind, wir nannten 
diese Gefässe daher „isolirte“; erst wenig rindenwärts von diesen isolirten Ge- 
fässen beginnt dann die Bildung der ersten Elemente des Gefässbündels (Taf. 3 
Fig. 16ig sind die isolirten, g die zum Gefässbündel gehörenden Gefässe) im 
epicotylen Stengeltheile. 

Wesentlich abweichend von der ersten Entwickelung der Gefässbündel 
und der isolirten Gefässe des epicotylen Stengeltheiles ist aber die Entstehung 
derjenigen im hypocotylen Gliede. Im ganzen hypocotylen Stengelgliede erfolgt 
die erste Entwickelung von Gefässen in tangentialer Richtung. 

Im primären Stadium ist das hypocotyle Glied wurzelähnlich gebaut, 
es finden sich in dem Centraleylinder zwei bis vier Zellschichten von der er- 
wähnten Stärkeschicht entfernt, vier einzelne in einen Kreis geordnete Spiral- 
gefässe. Zwei von diesen Erstlingsgefässen liegen an den den Ansatzpunkten 


1) Diese Chlorophyllkörper sind nach einer kürzlich veröffentlichten Arbeit von 
Dehnecke (Dissertat. d. philos. Facultät zu Bonn, 1880) nicht assimilirende Chlorophylikörper 
und die in ihnen eingeschlossenen grossen Stärkekörner nicht eigenes Assimilat, sondern transi- 
torische Stärke. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.31). 211 


der Cotyledonen entsprechenden Seiten, _ die beiden anderen stehen zu ihnen 
gekreuzt. Diese vier primären Gefässe durchziehen das hypoecotyle Glied in 
seiner ganzen Länge, die beiden erstgenannten treten in die Cotyledonen. 
Zwischen diesen vier Gefässen finden sich dicht an der Innenseite der Stärke- 
schicht bei I. parviflora je zwei Phlo@mgruppen (Taf. 2. Fig. Ip), also acht 
primäre Phlo@mpartien (abgesehen von einigen zwischenliegenden sehr kleinen), 
sie bilden die primären Phlo@melemente der Gefässbündel des ausgebildeten 
hypocotylen Gliedes. 

Von den vier zuerst entstandenen Gefässen ausgehend erfolgt nun die 
weitere Bildung von Gefässen in tangentialer Richtung (Taf. 3. Fig. 17), in- 
dem im Laufe der Entwickelung zu beiden Seiten dieser Primordialgefässe 
neue Spiral- und Ringgefässe entstehen, die Bildung derselben schreitet tan- 
gential bis vor die genannten Phloömpartien fort. In älteren Keimpflanzen 
findet sich daher zwischen je zwei primären Phloömgruppen eine Reihe von 
Gefässen; auf dem Querschnitt sieht man in dem ÜOentraleylinder vier nach 
den Seiten eines Quadrates geordnete Gefässplatten (Taf. 2. Fig. 9, Taf. 3. 
Fig. 17 stellt eine Seite dieses Quadrates dar), in denen die mittleren Gefässe 
jeder Seite die ältesten und engsten sind, nach den Enden zu werden sie 
weiter. Die einzelnen Gefässe werden durch Markzellen von einander getrennt. 
Das vor den Phloömgruppen liegende Gefäss g (Fig. 17) ist das letzte, welches 
in tangentialer Richtung angelegt wird, von hier aus beginnt eine Weiter- 
entwickelung in centrifugaler Richtung, indem zunächst wohl einige Xylem- 
elemente aus dem Procambium der Gefässbündel entstehen, dann geht die 
Bildung von den Cambiumschichten aus, welche auf der Innenseite der Phloöm- 
gruppe angelegt werden. Durch Differenzirung der Procambiumzellen und 
durch die Thätigkeit dieses Faseicularcambiums wird das eigentliche Gefäss- 
bündel erzeugt, indem sich jetzt Spiral-, Netz- und poröse Gefässe nebst 
Xylemzellen in centrifugaler Folge bilden, gleichzeitig werden von dem Cam- 
bium aus in centripetaler Richtung den primären Phloämgruppen wenig neue 
Elemente hinzugefügt. Die zuerst angelegten vier Gefässe und alle anderen, 
die nach diesen in tangentialer Richtung angelegt wurden, sind die oben 
mehrfach genannten „isolirten“ Gefässe des hypocotylen Gliedes. Da nun 
aber der Uebergang von der tangentialen Richtung in die centrifugale nicht 
plötzlich eintritt, sondern allmählich in einer bogenförmigen Resultante zwischen 


212 Gustav Beyse. (p. 32) 


den beiden Richtungen, so entstehen die oben beschriebenen mit ihren inneren 
Xylemtheilen paarweise gegen einander geneigten Gefässbündel von 7. parvi- 
flora (Taf. 2. Fig. 12). Mit dem weiteren Wachsthum des ganzen Stengels 
erleiden die anfangs annähernd in einer Reihe liegenden isolirten Gefässe 
(Fig. 17) Verschiebungen und daher erscheinen sie in älteren Pflanzen zwischen 
den Gefässbündeln unregelmässig zerstreut (Taf. 2. Fig. 12). Im oberen Theile 
des hypocotylen Gliedes, wo die Gefässbindel weiter von einander entfernt 
sind, liegen auch die isolirten Gefässe weiter auseinander (Fig. 12), im unteren 
Theile, wo sich die Gefässbündel einander nähern, schliessen auch die isolirten 
Gefisse mehr zu einer Gruppe zusammen (Taf. 2. Fig. 10, vergleiche auch 
Taf. 2. Fig. 5). 


‘. Der Centraleylinder der Wurzel. 


Verfolgt man nun die vier im unteren T'heile des hypocotylen Gliedes 
durch Vereinigung der isolirten Gefässe entstandenen Gefässgruppen (Taf. 2. 
Fig. 5ig—pgı, Pga,...), SO findet man, dass sich dieselben auch in die 
Hauptwurzel fortsetzen, und hier vor allen anderen Gefässen durch ihr enges 
Lumen und die stärkere Verholzung auffallen. Beim Uebergange in die Wurzel 
lagern sich diese Gefässe hinter einander und bilden, indem die vier Gruppen 
zuweilen mit ihren radial geordneten Gefässen in der Achse zusammenstossen, 
im Wurzelhalse einen vierstrahligen Stern, die Gefässgruppen der primären 
Gefässbündel der Wurzel. In jungen Keimpflanzen kann man die vier spiralig 
verdickten Primordialgefässe von dem oberen Theile des hypocotylen Gliedes 
bis in die Wurzelspitze verfolgen, in jenem sind sie isolirte Gefässe, in der 
Wurzel bilden sie den Gefässtheil der primären Gefässbindel. Während aber 
in dem hypocotylen Gliede die Bildung neuer Gefässe im Anschluss an die 
vier Erstlingsgefässe in tangentialer Richtung erfolgt, wie wir oben sahen, 
findet sie in der Wurzel in radialer centripetaler Richtung statt, so dass die 
äussersten Gefässe die engsten und ältesten sind. Mit den Gefässen alterniren 
ähnlich wie im hypocotylen Gliede in den ersten Stadien vier Phlo&mgruppen 
(Taf. 2. Fig. 14, Taf. 4. Fig. 21pp sind die Phloemgruppen, pg die Gefäss- 
gruppen), dieselben stossen aber hier nicht an die Strangscheide (s) des 
Centraleylinders, wie im Stengel (Taf. 3. Fig. 17), sondern sie sind von 
ihr durch eine concentrische Schicht zartwandiger Zellen, das Pericambium 


u Au 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.33) 213 


(Fig. 14 u. 21u) getrennt, welches die Bildungsstätte der ersten Anlage der 
Nebenwurzeln ist und welches auch ein Dickenwachsthum einleitet. Die Bildung 
der Gefässbündel und des secundären Zuwachses in der Hauptwurzel kann man 
leicht verfolgen; macht man successive Querschnitte von der Spitze gegen die 
Basis der Wurzel, so hat man hierin alle Stadien der Entwickelung. Zuerst 
bildet sich dicht an der Innenseite der Pericambiumschicht (uu) an vier Punkten 
je ein enges Spiralgefäss (Fig. 14 u. 21). Von diesen vier Gefässen geht 
die Bildung neuer Gefässe in centripetaler Richtung aus, es entstehen die vier 
Gefässgruppen der primären Gefässbündel der Wurzel. Nachdem sich einige 
(2—4) Gefässe in centripetaler Richtung entwickelt haben, hört die Weiter- 
entwickelung in dieser Richtung auf, und die Gefässbildung schreitet in 
tangentialer Richtung fort; so entsteht im Centraleylinder ein Kreis von 
Gefässen, der ein Mark einschliesst. Während die Primordialgefässe eng und 
spiralig verdickt sind, werden später nur weite Netz- und Treppengefässe 
gebildet. Meist entstehen im Centrum des Centraleylinders ein oder mehrere 
weite Netzgefässe (Fig. 21) g, an welche sich die in tangentialer Richtung 
entstandenen anschliessen, so dass dann der innere Theil des Centraleylinders 
ganz von Gefässen erfüllt ist, von denen die vier primären Gefässgruppen 
ausstrahlen, das Mark fehlt dann. 

Nachdem durch die tangentiale Weiterentwickelung der Gefässe ein 
Gefässmantel oder wie gewöhnlich ein Gefässeylinder gebildet, erfolgt die 
Anlage neuer Spiral- und Netzgefässe centrifugal in der Richtung gegen die 
primären Phloämgruppen, welche, wie erwähnt, mit den Primordialgefässen 
alterniren (Taf. 2. Fig. 14pg—pp). Auf der Innenseite der primären Phlo&m- 
partien entstehen dann Cambiumschichten, deren Zellen sich in Elemente der 
secundären Gefässgruppen !) differenziren (Taf. 2. Fig. 5 w;, Wa, W;, w,), indem 
nach innen Gefässe und Holzzellen, nach aussen zu dem primären Phlo&m, 
secundäre Phlo@melemente abgeschieden werden, und hiermit hat die Ent- 


1) Ich verstehe unter „secundären Gefässgruppen“ die innerhalb vor den primären 
Phloömpartien von dem Cambium erzeugten Gefässe und Holzzellen, im Gegensatz zu den „pri- 
mären Gefässgruppen“ (pg), welche mit den, zwischen ihnen liegenden, primären Phlo@mtheilen 
(pp) die eigentlichen Gefässbündel der Wurzel bilden. Die secundären Gefässgruppen (Taf. 2. 
Fig. 5 wı, We,...) alterniren mit den primären (pgı, Pg2,...). Auch van Tieghem (Ann. 
des sc. nat. 5. Serie, T. XII, p. 9) bezeichnet die zwischen den primären Gefässgruppen lie- 
genden Elemente als „faisceaux secondaires“. 


Nova Acta XLII. Nr. 2. 28 


214 Gustav Beyse. (p. 34) 


wickelung des secundären Zuwachses begonnen. Im weiteren Verlaufe nimmt 
auch die aussen vor den primären Gefässgruppen (gp) liegende Pericambium- 
schicht (u) ihre 'Thätigkeit nach innen auf, doch werden von ihr keine Gefässe, 
sondern nur Parenchymzellen gebildet, welche theilweise nachträglich verholzen 
können, Phlo@melernente werden vom Pericambium ebenfalls nicht erzeugt, so 
dass in der Wurzel kein geschlossener Phlo@mring zu Stande kommt. Wäh- 
rend die isolirten Gefässe des hypocotylen Gliedes sich in die Wurzel fort- 
setzen, um hier die primären Gefässgruppen zu bilden (pgı, Pgs,... in dem 
Schema Taf. 2. Fig. 5), können die secundären als Fortsetzungen der Gefäss- 
bündel des hypocotylen Gliedes aufgefasst werden, bei Z. parviflora (Fig. 5) 
entstehen die secundären Gefässgruppen der Wurzel (wı, Wa, W;, w4) aus der 
Vereinigung je zweier sich vereinigender Gefässbündel des hypocotylen Gliedes. 
Die Gefässe des secundären Zuwachses der Wurzel sind weit mit spiraliger, 
netz- oder treppenförmiger Verdickung; während in dem Stengel die Quer- 
wände ganz resorbirt sind oder eine rundliche Perforation zeigen, haben die 
Gefässe der Wurzel netzförmig durchbrochene Querwände. 

Der anatomische Bau der Nebenwurzeln bietet im Allgemeinen dieselben 
Verhältnisse wie die der Hauptwurzel. Etwas abweichend sind dagegen die 
aus dem unteren Theile des hypocotylen Gliedes entspringenden zahlreichen 
Beiwurzeln in entwickelungsgeschichtlicher Beziehung. Wir finden in den von 
Anfang an starken Beiwurzeln im ersten Stadium der Entwickelung in der 
Peripherie des weiten Centraleylinders eine wechselnde Anzahl (sie schwankt 
zwischen weiten Grenzen, gewöhnlich sind es 6—10, in einzelnen Fällen 
wurden 21 gezählt) einzelner primärer Gefässgruppen mit einer gleichen Zahl 
primärer Phloömgruppen alterniren, meist beschränkt sich jeder Gefässtheil 
nur auf 1—2 Gefässe (Taf. 3. Fig. 19pg). Fast unabhängig von diesen 
primären Gefässen bildet sich in dem Gewebe vor den primären Phlo&m- 
gruppen, jedoch immer nur in einer peripherischen Zone, nicht wie bei der 
Hauptwurzel auch im Centrum, ein Kreis von sehr weiten Netzgefässen 
(Taf. 3. Fig. 19) und im Anschluss an diese, aus einer Cambiumschicht vor 
den primären Phloömgruppen, Gefässe und Holzzellen, so dass in der aus- 
gebildeten Beiwurzel vor den primären Phlo@mtheilen, ebenfalls wie in der 
Haupt- und Seitenwurzel, secundäre Gefässgruppen (vergl. Anm. 1 pag. 213) 
liegen. Betrachtet man einen Querschnitt einer ausgebildeten Beiwurzel, 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.35) 215 


so könnte man glauben, einen Stengelquerschnitt mit einer grossen Zahl von 
Gefässbündeln in der Peripherie des Centraleylinders vor sich zu haben, so 
sehr gleichen die primären Phlo&mgruppen mit den vor ihnen liegenden secun- 
dären Gefässgruppen (Gefässe und Holzzellen) in der Gestalt, Lage und Ge- 
webebeschaffenheit den Gefässbündeln des Stengels. In Wirklichkeit aber 
liegen die zu diesen Phlo@mtheilen gehörenden primären Gefässtheile zwischen 
den Phloämgruppen. Diese primären Phloömgruppen mit den innen vor ihnen 
liegenden seeundären Gefässgruppen sind von den benachbarten durch Parenchym- 
strahlen getrennt, diese liegen radial vor den primären Gefässgruppen, sie werden 
von dem Pericambium, welches vor den primären Gefässen liegt, erzeugt und 
dadurch die Gefässgruppen nach innen geschoben. Unterbleibt aber die Bildung 
von Parenechym vom Pericambium aus, so bleiben die primären Gefässe an 
der Stelle ihrer Bildung am Pericambium liegen. Nachträglich kann dann das 
Strahlenparenchym, welches vom Pericambium geliefert ist, oder, wenn diese 
Bildung von Parenchym durch das Pericambium unterblieb, das innerhalb vor 
den Primordialgefässen liegende Parenchym verholzen und in der Peripherie 
des Centraleylinders ein geschlossener Holzring entstehen. Die primären Ge- 
fässe (es sind, wie hervorgehoben, nur 1 oder 2) liegen ‚dann entweder zwi- 
schen resp. innen vor den Elementen des Holzringes oder ausserhalb des 
Ringes an der Innenseite des Pericambiums, je nachdem das Pericambium 
Zellen nach innen abscheidet oder nicht. . 

Kommen wir jetzt auf die oben genannte Strangscheide des Central- 
eylinders der Wurzel zurück. Wir haben oben gesehen, dass der Central- 
eylinder des Stengels von einer Strangscheide der innersten Rindenschicht 
umgeben ist, welche nach Sachs (l. ce.) „Stärkeschicht“ genannt wurde, diese 
lässt sich auch in die Wurzel verfolgen und hat sich auch hier in jungen 
Keimpflanzen mit Stärke gefüllt, dieselbe verschwindet aber bald aus der 
Schicht, während sie im Stengel länger persistirt. Die Anfangs Stärke führende 
Schicht der Wurzel, anatomisch der des Stengels gleich, wird in der Folge 
zu einer Schutzscheide (Endodermis) (Taf. 2. Fig. 14 und Taf. 4. Fig. 21), 
indem die Zellen etwas verkorken; innerhalb dieser Schutzscheide liegt dann 
das Pericambium. In dem Stengel grenzen die Phloömzellen direet an die 
Stärkeschicht (Taf. 3. Fig. 17), in der Wurzel sind sie von der, jener iden- 
tischen, Schutzscheide durch das Pericambium getrennt (Fig. 14 u. 21). 


28* 


216 Gustav Beyse. (p. 36) 


Ueber die Bildung und Entstehungsfolge sowohl der Seitenwurzeln als 
der Beiwurzeln sind von Reinke!) eingehende Untersuchungen an Impatiens 
angestellt. Nach diesen Beobachtungen entstehen die Seitenwurzeln vor den 
primären Gefässgruppen (Taf. 2. Fig.5) aus einer Meristemschicht, dem oben 
genannten Pericambium, die Seitenwurzeln lehnen ihre primären Gefässe an 
die primären Gefässgruppen der Hauptwurzel, die primären Phlo@mpartien 
schliessen sich an die benachbarten Phlo@mgruppen der Mutterwurzel. Für 
die Beiwurzeln ist das Interfascicularcambium zwischen den Gefässbündeln 
des hypocotylen Gliedes der Bildungsherd, ihre primären Gefässe resp. Phlo&m- 
theile setzen sich an die benachbarten Gefässbündel des Stammes an. Da 
nun die Beiwurzeln eigentlich vor den primären Gefässen des hypocotylen 
Gliedes, dies sind die isolirten Gefässe, welche, wie oben gezeigt, zwischen 
den sich später bildenden Gefässbündeln liegen (Taf. 2. Fig. 5), entstehen, 
und diese isolirten Gefässe sich in die primären Gefässgruppen der Haupt- 
wurzel senkrecht fortsetzen, so stehen die Seitenwurzeln mit den Beiwurzeln 
zum Theil in denselben Orthostichen (Fig. 5). 


Es entsteht bei der Untersuchung der Beiwurzeln von /mpatiens die 
Frage, ob es möglich sei, den gesammten Centraleylinder der Wurzel für ein 
einziges Gefässbündel zu erklären, wie de Bary?) es neuerdings für die 
Wurzel im Allgemeinen gethan hat, oder ob es nicht natürlicher erscheint, mit 
anderen Botanikern 3) der alten Auffassung zu folgen und den Centraleylinder 
der Wurzel dem inneren Cylinder des Stammes, d. h. dem Marke und dem 


1) Reinke: Untersuchungen über Wachsthumsgeschichte und Morphologie der Phane- 
rogamenwurzel in Hanstein’s Botan. Abhandlungen Bd. I, Heft 3, pag. 39 und 41. 

2) de Bary: Vergleich. Anatomie der Vegetationsorgane etc. pag. 362, 365. 

3) Reinke: Lehrbuch d. allgem. Botanik pag. 282. — Sachs: Lehrbuch d. Botanik 
pag. 117. — Van Tieghem: Ann. des Sciences nat. 5. Serie, Tome XIII, pag. 8. — Van 
Tieghem nimmt zwar mehrere Gefässbündel im Centraleylinder der Wurzel an, setzt aber das 
Mark der Wurzel nicht gleich dem des Stengels, sondern meint, dass die parenchymatisch ge- 
bliebenen Zellen der centralen Region des Cylinders „eine Art Mark secundären Ursprungs“ 
bilden, während das Mark des Stengels primären Ursprunges sei. Es geht aber wohl das 
Mark der Wurzel wie des Stengels aus dem centralen Plerom des Vegetationspunktes der 
Wurzel resp. des Stengels hervor. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p. 3%) 21% 


Gefässbündelsysteme der Dicotylen gleichwerthig zu setzen und in der Wurzel 
mehrere Gefässbündel anzunehmen. 

Der erste Grund, welcher es uns geboten erscheinen lässt, der letzten 
Auffassung zu folgen, ist der, dass der gesammte Centraleylinder des Stengels 
und der Wurzel von einem continuirlichen einschichtigen Cylindermantel um- 
geben wird, dessen Zellen bei der Keimung und kurz nach derselben, wie 
oben hervorgehoben, sich reich mit Stärke füllen und daher diese Schicht 
nach Sachs (l. c.) als Stärkeschicht bezeichnet wurde, die später aber in der 
Wurzel zur Schutzscheide wird, im Stengel Stärkeschicht bleibt. Wir müssen 
deshalb den Centraleylinder der Wurzel mit dem ganzen Üentraleylinder des 
Stengels vergleichen und nicht mit einem einzelnen Gefässbündel desselben. 

Ferner besteht der innere T'heil des Centraleylinders der Wurzel, be- 
sonders der dicken Beiwurzeln, ebenso wie der des Stengels, aus grosszelligem 
in beiden in ihren Elementen ganz übereinstimmendem Markgewebe, man kann 
aber kaum das umfangreiche Mark der Beiwurzeln als das innere Gewebe 
eines einzelnen Gefässbündels ansehen, da Gefässbündel mit so grosszelligem, 
sehr dünnwandigen, centralen, markähnlichem Gewebe nicht vorkommen. Das 
Vorhandensein dieses mit dem Marke des Stengels völlig gleichwerthigen 
Markeylinders der Wurzel ist ein zweiter Grund, uns der letzteren Ansicht 
anzuschliessen. Dass in dünnen Wurzeln das Mark oft fehlt oder sehr redueirt 
ist, fällt hier nicht ins Gewicht. 

Betrachten wir noch die Entwickelung der Gefässbündel in Wurzel 
und Stengel zur Entscheidung der obigen Frage. Wir finden im primären 
Stadium in der Wurzel an der Peripherie des Centraleylinders abwechselnde 
Phloem- und Gefässgruppen, getrennt durch Grundgewebe, im Stengel, und 
zwar soll hier zunächst nur vom epicotylen Theile die Rede sein, dagegen 
bilden sich die Gefässgruppen statt neben innen vor den Phlo@mgruppen. Es 
weicht also die Entwickelung und der Bau der Gefässbündel im epicotylen 
Stengel und in der Wurzel von Anfang an wesentlich von einander ab. Vom 
epicotylen Stengel ist aber das hypocotyle Glied durch die abweichende Bildung 
der Gefässbündel in den ersten Stadien verschieden. Das hypocotyle Glied 
bildet den Uebergang von Wurzel zum eigentlichen Stengel, dieser Uebergang 
spricht sich auch in der Entwickelung des Gefässbündelsystemes aus. In der 
Wurzel wie im hypocotylen Gliede erfolgt die erste Anlage von Gefässen und 


218 Gustav Beyse. (p. 38) 


Phloömgruppen in ähnlicher Weise, in beiden wechseln in dem ersten Stadium 
der Entwickelung Phloemgruppen mit Gefässgruppen resp. einzelnen Gefässen 
ab, bei I. parviflora (Taf. 2. Fig. 9) liegen zwei Phloömgruppen zwischen je 
zwei Gefässen. Ein Querschnitt durch eine junge Wurzel und ein junges 
hypoecotyles Glied liefern fast dasselbe Bild (Taf. 2. Fig. 14), nur liegen die 
Phloemgruppen im hypocotylen Gliede dicht an der Stärkeschicht (Taf. 3. 
Fig. 17), in der Wurzel sind sie noch durch die Pericambiumschicht von jener 
geschieden (Fig. 14). Die primären Gefässe sind im hypocotylen Gliede durch 
2—4 Zellen von der Stärkeschicht getrennt (Fig. 17), in der Wurzel grenzen 
sie unmittelbar an die Pericambiumschicht (Fig. 14). 

Die weitere Anlage von Gefässen erfolgt im Anschluss an die primären, 
in der Wurzel in centripetaler, in dem hypocotylen Gliede dagegen in tangen- 
tialer Richtung, wie wir oben sahen, um schliesslich in der Wurzel wie im 
hypocotylen Gliede in centrifugaler Richtung gegen die primären Phlo&mgruppen 
fortzuschreiten. In der Wurzel wie im hypocotylen Gliede entstehen nun zwar 
in gleicher Weise Cambiumzonen innerhalb der Phlo@mgruppen im secundären 
Stadium der Entwickelung, aber im hypocotylen Gliede werden durch das 
Cambium Gefässe und Holzzellen gebildet, welche sich an die letzten in tan- 
gentialer Richtung erzeugten Gefässe anschliessen und mit diesen die eigent- 
lichen Gefässbündel desselben bilden, während die vom Cambium in der 
Wurzel abgeschiedenen Elemente nur „secundäre Gefässgruppen“ darstellen, die 
primären dagegen die eigentlichen Gefässtheile der Gefässbündel der Wurzel 
sind, welche nicht vor, sondern zwischen den Phlo@mtheilen liegen. Im hypoco- 
tylen Gliede aber können die ersten in tangentialer Richtung angelegten Gefässe 
nicht den Gefässbündeln zugerechnet werden, sie wurden daher oben als 
„isolirte Gefässe“ bezeichnet, nur die letzten, schon vor den primären Phlo&m- 
gruppen in tangentialer Folge entstandenen Gefässe, können als erste Elemente 
der eigentlichen Gefässbündel betrachtet werden (Taf. 3. Fig. 17g). Die 
soeben angestellte Vergleichung zwischen Stengel, hypocotylem Gliede und 
Wurzel lehrt also, dass im ersten Stadium das hypocotyle Glied mehr der 
Wurzel, in weiteren Stadien aber mehr dem epicotylen Stengeltheile gleicht, 
dass das hypocotyle Glied also wirklich den Uebergang zwischen Stengel und 
Wurzel bildet. Wie wir schon oben sahen, lassen sich die isolirten Gefässe 
des hypocotylen Gliedes in die Wurzel verfolgen, sie bilden hier die primären 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.39) 219 


Gefässgruppen (pgı, Pg2... im Schema Taf. 2. Fig. 5) der Gefässbündel der 
Wurzel; auch die primären Phloömgruppen des hypocotylen Gliedes setzen 
sich als solche in die Wurzel fort; die vor den primären Phloömtheilen des 
hypocotylen Gliedes liegenden Xylemtheile der Gefässbindel dieses gehen auch 
in die Wurzel über (Fig. 5 w, Wa...), bilden aber hier die als „secundäre 
Gefässgruppen“ bezeichneten Xylemelemente vor den primären Phloömtheilen 
der Wurzel. 

Aus der Vergleichung des hypocotylen Gliedes mit der Wurzel geht 
hervor, dass sich die Gefüssbündel in beiden im ersten Stadium in ähnlicher 
Weise entwickeln; wird aber der Centraleylinder des hypocotylen Gliedes von 
mehreren Gefässbündeln durchzogen, und dies wird bei Zmpatiens und bei allen 
Dieotylen acceptirt, so wird man auch in der Wurzel mehrere Gefässbündel 
annehmen müssen, zumal da sich die einzelnen Phloömgruppen continuirlich 
aus dem hypoeotylen Gliede in die Wurzel fortsetzen und hier wie dort von 
einander isolirt bleiben. Dass die primären Gefässe oft in den Haupt- und 
Seitenwurzeln im Centrum des Centraleylinders zusammenstossen, oder sich 
in diesen secundär Gefässe bilden, welche den Centraleylinder ausfüllen und 
denselben als einen axilen Gefässcylinder erscheinen lassen, kann nicht allein 
für Annahme der de Bary’schen Ansicht sprechen, schon deshalb nicht, weil 
in den Beiwurzeln die einzelnen primären Gefässtheile von einander gesondert 
bleiben und einen grossen Markeylinder im Centrum einschliessen. 

Im Laufe der Erörterung der Frage über die Gefässbindel der Wurzel 
sind nun mehrere Gründe angeführt, welche, wie ich glaube, mehr zur An- 
nahme der Auffassung führen, dass in dem Centraleylinder der Wurzel bei 
den /mpatiens-Arten (und auch wohl bei den meisten Dieotylen) eben so viele 
Gefässbündel als Paare von Phlo&m- und Gefässgruppen im ersten Stadium 
der Entwickelung vorhanden sind, und dass also der Centraleylinder der 
Wurzel identisch ist mit dem des Stengels und nicht mit einem einzigen 


Gefässbündel dieses. 


85. Grundgewebe und Epidermis des Stengels und der Wurzel. 


Das Markparenechym sowohl des Stengels als der Wurzel der Impatiens- 
Arten zeigt wenig bemerkenswerthe anatomische Eigenschaften, es besteht aus 
meist in longitudinalen Reihen angeordneten dünnwandigen Zellen, die nach 


220 Gustav Beyse. (p. 40) 


der Peripherie zu enger aber länger werden. Zwischen den Zellen sind durch 
Abrundung derselben dreiseitige prismatische Intereellularräume entstanden, die 
im Stengel jedoch grösser sind als in der Wurzel, wo sie zum Theil fehlen. 
Die Zellen des Markes im Stengel sind gross, im allgemeinen isodiametrisch, 
im unteren Theile des Stengels sind sie breiter als hoch, in dem oberen mehr 
nach der Richtung der Achse gestreckt, eine Tüpfelung der Wände konnte 
nicht wahrgenommen werden. Zwischen den Markzellen liegen zahlreiche, 
kurze Raphidenbündel führende Zellen!) regellos eingestreut. Bemerkenswerth 
ist, dass die Markzellen des Stengels Chlorophyll enthalten,?) dies wurde oben 
schon angeführt und hervorgehoben, dass die gestreckten Parenchymzellen der 
innersten in das Mark ragenden Theile der Gefässbündel des Stengels reicher 
an Chlorophylikörpern sind als die Markzellen. Das ganze Markgewebe ist 
sehr wasserreich, dieser Umstand ist wichtig für das mechanische Prineip und 
wir kommen im II. Theile dieser Untersuchungen wieder darauf zurück. Das 
Mark der Wurzel ist von dem des Stengels nicht verschieden, nur führt es 
kein Chlorophyll, ist aber sehr reich an Raphidenzellen. In den angeschwollenen 
Knoten der Stengel zeigt das Mark keine Abweichungen, nur erreicht es hier 
eine grössere Mächtiskeit und bleibt hier ganz oder zum grössten Theile er- 
halten, wenn das Mark der Internodien zerstört wird. Bei I. Noli tangere 
wird fast das ganze Mark zerrissen und bleibt nur an der Peripherie zwischen 
den ins Mark vorspringenden Gefässbündeln erhalten, während es bei /. parvi- 
flora und Balsamina gewöhnlich durch das Wachsthum nicht zerreisst oder 
in ihm nur eine kleine Höhlung entsteht. 

Die Rinde des Stengels der Impatiens-Arten zeigt ebenfalls keine be- 
sonderen anatomischen Eigenthümlichkeiten, sie besteht aus einer inneren dünn- 
wandigen Parenchymgewebemasse, die aus prismatischen, länglichen, chlorophyll- 
haltigen Zellen zusammengesetzt ist, mit grossen Intercellularräumen. Die 
innerste Rindenschicht ist oben schon als Stärkeschicht charakterisirt. Nach 


!) Ich unterscheide Raphidenzellen und Raphidenschläuche, und verstehe unter den 
ersteren Raphiden führende Zellen, die in der Form mit den Zellen des Gewebes, in welchem 
sie eingestreut sind, gleich sind. Raphidenschläuche sind dagegen Raphiden führende Zellen, 
welche meist langgestreckt, immer aber verschieden von dem sie umgebenden Gewebe sind. 

2) Dehnecke, Dissert. d. philos. Facultät zu Bonn 1880. Die Chlorophylikörper 
sollen nicht assimiliren, die Stärkekörner Reservestärke sein. Vergl. pag. 210 (30) Anm. 1. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.41) 221 


aussen werden die Rindenzellen enger und länger, sie gehen allmählig durch 
Verdiekung der Kanten in das Collenehym über, welches unter der Epidermis 
einen mehrschichtigen Collenchymmantel bildet. Die Collenchymzellen stossen 
lückenlos aneinander und haben dieselbe Form, als die schon oben genannten 
in den Gefässbündeln der Anschwellungen des Stengels an Stelle der Libri- 
formfasern auftretenden, es sind langgestreckte prismatische Zellen mit mehr 
oder weniger schief gestellten Querwänden. Die Weite der Collenchymzellen 
nimmt nach der Epidermis hin ab, die Verdiekung der Kanten zu. Zum Theil 
sind die Zellen durch dünne Querwände gefächert. Die Stärke der Collenchym- 
schicht ist in den verschiedenen Regionen des Stengels verschieden, im unteren 
Theile ist sie vier bis fünf Zellen mächtig, nach oben nimmt die Dicke ab, 
so dass im mittleren Theile zwei bis drei, in den oberen Internodien nur 
eine oder zwei englumige stark verdickte Collenchymschichten gefunden werden. 
In den Anschwellungen ist das collenchymatische Gewebe mächtiger, die Zellen 
sind aber hier oft unregelmässig zusammengefügt und von ungleicher Grösse, 
während sie in den Internodien regelmässiger reihenweise geordnet sind. 
Zwischen den Collenchymzellen finden sich einige grössere eylindrische Inter- 
cellularräume. 

Das Rindenparenchym der Wurzel besteht aus regelmässig in radialen 
Reihen und eoncentrischen Schichten geordneten, dünnwandigen, isodiametrischen 
Zellen, die kleine Intercellularräume zwischen sich lassen. Collenchym fehlt 
der Wurzel, die innerste Rindenschicht ist die oben beschriebene Schutzscheide 
oder Endodermis (Taf. 2. Fig. 14). 

Ebenso wie im Mark finden sich im Rindenparenchym des Stengels 
und der Wurzel Raphidenzellen zerstreut, im Collenchym fehlen sie oder sind 
selten. Auffallend ist die grosse Zahl der Raphiden führenden Zellen in der 
Wurzelspitze. Hier finden sich in der 2. und 3. Rindenschicht unter der 
Epidermis ganze Längsreihen und concentrische Schichten von Raphidenzellen, 
auch die äusseren Schichten der Wurzelhaube enthalten Raphidenzellen. In 
der äussersten Spitze der Wurzel, wo sich das Gewebe noch im Zustande 
des Urmeristems befindet, sind die Raphidenzellen zunächst noch spärlich, 
aber wenig oberhalb sind fast sämmtliche Zellen der 2. und 3. Rindenschicht 
der Wurzelspitze von Raphidenbündeln erfüllt. Hieraus scheint zu folgen, 
dass der oxalsaure Kalk zwar noch nicht in den Urmeristemzellen, aber bald 

Nova Acta XLII. Nr. 2. 29 


222 Gustav Beyse. (p. 42) 


nachdem die Zellen aus dem Zustande des Urmeristems herausgetreten sind, 
in diesen abgelagert wird. Das Auftreten der Raphidenbündel in den Zellen 
der Wurzelspitze kann man leicht beobachten. Wenn man einen Querschnitt 
durch die Wurzel macht und hier eine noch nicht aus der Rinde der Mutter- 
wurzel hervorgebrochene Seitenwurzel durchschneidet, so findet man nur 
wenige Raphidenzellen in einer der äusseren Wurzelhaubenschichten, trifft man 
dagegen durch den Schnitt eine eben aus der Mutterwurzel hervortretende 
Seitenwurzel, so haben sich schon in wenig vom Scheitel entfernten Zellen 
Raphiden gebildet. 

Die Epidermis des Stengels bietet keine bemerkenswerthen anatomischen 
Eigenschaften, sie ist einschichtig und besteht aus regelmässig longitudinal 
gestreckten Zellen. Die Aussenwände sind cutieularisirt und dicker als die 
Seitenwände, die Innenwände grenzen an die verdickten Collenchymzellen. 
Zwischen den Epidermiszellen finden sich sehr wenige kleine Spaltöffnungen. 
Die Zellen der Epidermis sind zum Theil und meist nur in den jungen 
Pflanzen mit einem rothen Farbstoffe erfüllt. Die Epidermis der Wurzel ist 
zartwandig und nicht eutieularisirt, ohne Spaltöffnungen. Ueber den Bau und 
die Bildung der Wurzelhaube bei Impatiens sind von Reinke!) eingehende 
Untersuchungen angestellt, auf die ich verweisen kann. 

An älteren Pflanzen von I. parviflora erblickt man nicht selten auf der 
Epidermis an einigen Stellen gelbe etwas hervortretende Punkte, bei der 
mikroskopischen Untersuchung erkennt man diese als verharzte Flecken, das 
Harz ist meist von dem inneren Rindengewebe nach aussen gedrungen. Die 
verharzten Zellen unter der Epidermis, Collenchym wie Rindenparenchym, 
haben sich durch unregelmässige Wände getheilt, das Gewebe vermehrt und 
die Epidermis emporgewölbt, endlich ist diese durch das eindringende Harz 
nebst einem Theile des Rindengewebes zerstört. Die den rundlichen oder 
länglichen verharzten Flecken zunächst liegenden Epidermiszellen haben sich 
durch secundäre, gekrümmte Seitenwände getheilt, so dass die verharzten 
Stellen von einem Hofe unregelmässiger kleiner Epidermiszellen umgeben sind. 
Die erste Bildung dieser Harzstellen kann man verfolgen, denn an einigen 
Stellen findet man nur eine Spaltöffnung oder eine andere Epidermiszelle 


1) Reinke: Hanstein’s Botan. Abhandlungen I, Heft 3, pag. 12. 


x 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.43) 223 


und einige darunterliegende Zellen verharzt, die im Umkreise jener gelegenen 
Epidermiszellen haben sich durch schiefe, gekrümmte Seitenwände getheilt, 
so dass die Harzzellen von einem Kreise von kleineren Epidermiszellen 
eingeschlossen sind, mit der zunehmenden Verharzung schreitet die Theilung 
der Epidermiszellen und der darunter liegenden Collenchym- und Rinden- 
parenchymzellen fort und schliesslich wird ein T’heil des verharzten Gewebes 
gänzlich zerstört. Es ist wahrscheinlich, dass das Harz meist in den Inter- 
cellularräumen nach aussen dringt, so zuerst die Spaltöffnungszellen ver- 
harzen und von hier aus die im Umkreise gelegenen Zellen von der Ver- 
harzung ergriffen werden. 


9. Grundgewebe und Epidermis des Blattes. 


Die weiter oben beschriebenen Gefässbündel, welche das Grundgewebe 
der Blattlamina durchziehen, sind von einer concentrischen Schicht langer 
chlorophylifreier, prismatischer oder durch Abrundung mehr ceylindrischer Zellen 
umgeben (Taf. 4. Fig. 23 u. 24), welche zum Theil lange Raphidenbündel 
enthalten. Das Grundgewebe besteht aus reich mit Chlorophylikörpern und 
Protoplasma gefüllten Parenchymzellen, welche ihrer Form nach in Palissaden- 
und Schwammparenchym zerfallen. Das Palissadenparenchym bildet unter der 
Epidermis der Oberseite der Blattlamina senkrecht zu dieser stehende, an- 
nähernd cylindriscbe, theilweise etwas gekrümmte Zellen mit convexen Enden, 
welche wegen der rundlichen Form drei- oder vierseitige Intercellularräume 
zwischen sich lassen, im Uebrigen aber seitlich dicht zusammenschliessen und 
nur an den Stellen, wo sich in der Epidermis Spaltöffnungen befinden, grössere 
Intercellularräume (Athemhöhlen) zwischen sich haben. Bei I. parviflora und 
Noli tangere ist das Palissadengewebe einschichtig, bei den fleischigeren 
Blättern von I. Balsamina zweischichtig, selten dreischichtig. Die zwischen 
den Palissadenzellen liegenden grösseren Raphiden führenden Zellen sollen 
unten im Zusammenhang mit den anderen besprochen werden. Das Schwamm- 
parenchym liegt auf der Unterseite des Blattes und besteht aus sehr ver- 
schieden gestalteten Zellen, die grosse Intercellularräume Zwischen sich lassen, 
die Zellen sind rundlich, sternförmig, verästelt, kurz von den mannigfaltigsten, 
kaum zu beschreibenden Formen. Die an die Epidermis der Unterseite 
grenzenden Zellen sind in der Ebene der Blattlamina reich verästelt und 

29* 


224 Gustav Beyse. (p. 44) 


bilden grosse, maschenförmige Intercellularräume. Nach dem Inneren stellen 
sich die Schwammparenchymzellen mehr und mehr in die Richtung der 
Palissadenzellen. Jene in der Ebene des Blattes liegenden Zellen sind meist 
alle schwach gelb gefärbt und werden, wenn man einen Schnitt des Blattes 
mit Eisenchlorid behandelt, schwarz; an dieser Reaction erkennt man, dass 
die Zellen Gerbstoff enthalten. Auch die anderen Zellen des Mesophylis 
führen zum Theil Gerbstoff. Die kleineren Nerven liegen ganz im Grund- 
gewebe zwischen Palissaden- und Schwammparenchym, die grösseren reichen 
bis zur Epidermis der Unterseite und treten aus dem Gewebe hervor. 

Abweichend von dem Grundgewebe des Blattes ist das der Anhangs- 
gebilde, der Blattzähne und der Stipulae am Grunde des Blattstieles, da die 
Form und Beschaffenheit des Gewebes dieser Anhangsgebilde und die Function 
derselben bei I. parviflora und Balsamina von Reinke!) in eingehender Weise 
behandelt ist in der Monographie: „Beiträge zur Anatomie der an den Laub- 
blättern, besonders an den Zähnen derselben vorkommenden Secretionsorgane“, 
so kann ich darauf verweisen. 

Das Grundgewebe der Blattstiele ist ähnlich dem der Stengel, die 
Parenchymzellen sind kubisch bis lang prismatisch; unter der Epidermis der 
Blattstiele liegt ein Collenchymmantel, der auf der Unterseite ein- bis zwei- 
schichtig, auf der Oberseite zwei- bis dreischichtig ist. Der Mittelnerv und 
die stärkeren Seitennerven, welche bis zur Epidermis der Unterseite reichen, 
haben unter dieser ebenfalls eine Schicht Collenchym. Bei I. No tangere 
setzt sich der durch Zerreissung des Markes entstandene Hohlraum im Stengel 
auch in die Blattstiele fort und lässt sich in dem Mittelnerven fast bis zur 
Spitze des Blattes verfolgen, da im Blattstiele und dem Mittelnerven das 
zwischen den drei in einen Halbkreis geordneten Gefässbündeln eingeschlossene 
Grundgewebe theilweise zerreisst. 

Die Epidermiszellen der Blätter von Impatiens besitzen stark gewellte 
Seitenwände, nur an den Stellen, wo ein Nerv unmittelbar unter der Epidermis 
liegt, sind die Zellen im Sinne der Nerven gestreckt, die Seitenwände nicht 
gewellt. Ferner zeigen auch die Epidermiszellen der Blattzähne keine un- 
dulirten Seitenwände. Bei I. Balsamina liegen nur die Mittelnerven und die 


1) Reinke: Pringsheim’s Jahrbücher f. wiss. Botanik. Bd. X, pag. 119. 


Untersuchumgen über d.anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p. 45) 225 


Nerven 2. Ordnung dicht unter der Epidermis der Unterseite und treten aus 
der Blattfläche hervor, bei den zarteren Blättern von I. parviflora und Noli 
tangere auch die Nerven 3. Ordnung. Spaltöffnungen finden sich auf der 
Ober- und Unterseite der Blattlamina, sie sind auf der letzteren aber zahl- 
reicher, sie haben elliptische bis rundliche Form. Die Spaltöffnungen in der 
Epidermis der Blattzähne zeichnen sich vor jenen durch ihre Grösse und den 
weiteren Porus aus, es sind wahrscheinlich Wasserspalten. Bei I. Noli tangere 
verdient noch hervorgehoben zu werden, dass auf der Oberseite der Zähne 
an der Stelle, wo sich der Zahn stark verjüngt, Spaltöffnungen mit drei oder 
vier Schliesszellen mit einem weiten geöffneten Porus auftreten (Taf. 2. 
Fig. 15). 

Die Raphiden führenden Zellen sind, wie wir oben mehrfach gesehen 
haben, bei den Impatiens-Arten sehr zahlreich und im ganzen Gewebe zer- 
streut, nur finden sie sich nicht in dem verholzten Xylem, selten im Collen- 
chym und in der Epidermis. Erwähnt mag hier noch einmal werden, dass 
Raphidenzellen in der Wurzelspitze und bei 2. Noli tangere in dem Phloem- 
theile auffallend häufig sind. Besonderes Interesse gewährt die Vertheilung 
der Raphiden führenden Zellen in den Blättern, wo sie am zahlreichsten sind, 
sie finden sich hier als zum Theil lange Raphidenschläuche.!) Die Raphiden 
sind in eine stark lichtbrechende wasserhelle Substanz eingebettet. Die Lage 
der Raphidenschläuche ist bei den untersuchten Impatiens- Arten verschieden. 
Bei I. Balsamina liegen sehr zahlreiche grosse wie Intercellularräume erschei- 
nende Schläuche mit kurzen Raphidenbündeln zwischen den Palissadenzellen, 
meist in der oberen, selten in der zweiten Schicht, sie sind ebenso lang oder 
länger als die Palissadenzellen, aber stets breiter; unter dem Mikroskope 
erscheinen sie, wenn man auf die Oberseite des Blattes sieht, als rundliche 
helle Flecken. Ferner liegen bei I. Balsamina unter der Epidermis der Unter- 
seite im Sinne der Blattfläche gestreckte elliptische Raphidenschläuche, aber 
in geringerer Zahl als auf der Oberseite. Bei I. parviflora und Noli tangere 
finden sich sowohl dicht unter der Epidermis der Oberseite als der Unterseite 
der Blätter sehr lange Raphidenschläuche parallel der Blattlamina, sie liegen 
besonders zahlreich nahe dem Blattrande parallel mit diesem und in den 


1) Vergl. die Anmerkung 1 pag. 220 (40). 


226 Gustav Beyse. (p. 46) 


Blattzähnen. Die längsten Raphidenschläuche zeigt I. parviflora auf der 
Unterseite und am Blattrande, die Raphidenbündel sind sehr lang. Kleinere 
Raphidenschläuche sind auch in dem mittleren Blattgewebe unregelmässig 
zerstreut, ebenso liegen zwischen den die Gefässbündel einschliessenden lang- 
gestreckten chlorophylllosen Zellen Raphiden führende eingestreut. 


IT 


Das mechanische Prineip im anatomischen Bau der 
Impatiens-Arten. 


Schwendener!) hat in seiner grundlegenden Arbeit: „Ueber das 
mechanische Prineip im anatomischen Bau der Monocotylen ete.“ gezeigt, dass 
nicht alle Zellen gleichmässig zur Festigkeit einer Pflanze beitragen, son- 
dern dass in den Gefässpflanzen Zellen, „specifisch-mechanische Zellen“, vor- 
handen sind, welche lediglich zur Herstellung der nöthigen Festigkeit dienen, 
und diese Zellen nicht oder nur selten auch noch andere Funktionen über- 
nehmen. In der erwähnten Abhandlung hat Schwendener die Zellen, welche 
in der Pflanze als specifisch-mechanische in Betracht kommen können, auf- 
gezählt, er hat die Lage der mechanisch wirksamen Zellen (Stereiden) und 
Gewebe (Stereome) unter sich und zu den anderen Geweben (Mestom) fest- 
gestellt und hierauf einige Lehrsätze gegründet, welche die Principien dar- 
legen, nach denen die der Festigkeit dienenden Gewebe in den Pflanzen- 
Organen (Stengeln, Blättern, Wurzeln) angeordnet sind, und ist hierdurch zur 
Aufstellung verschiedener mechanischer Systeme gelangt. So haben die Zug- 
kräften Widerstand leistenden Organe (Wurzeln und Rhizome) ein besonderes 
mechanisches System, den biegungs- und druckfesten Stengeln liegt ein anderes 


1) Schwendener: Das mechanische Princip im anatomischen Bau der Monocotylen etc. 
Leipzig 1874. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p. 47) 22% 


System zu Grunde, so dass jedes Organ je nach der mechanischen Anforderung 
ihr eigenes mechanisches System besitzt. Bei allen diesen tritt aber zu Tage, 
dass, wie bei den mechanischen Constructionen der Technik, auch in der Pflanze 
der Satz gilt, mit möglichst geringem Aufwande von Material die nöthige 
Festigkeit zu erlangen, und daher sind auch hier die der Festigkeit dienenden 
Elemente nach rein mechanischen Grundsätzen angeordnet. Zu den speecifisch- 
mechanischen Elementen zählt Schwendener die Collenchymzellen, die Libri- 
formfasern und die Bastfasern, er hat experimentell nachgewiesen, dass die 
Bastfasern eine grosse Zugfertigkeit besitzen, so dass sie hierin dem Schmiede- 
eisen nicht oder nur wenig nachstehen. 

Es ist nun von Interesse, die Tragweite der zum T'heil soeben an- 
gedeuteten Lehrsätze über den mechanischen Bau auch an Pflanzen zu prüfen, 
welche Schwendener nicht eingehender untersucht hat, und hierzu sind 
gerade die Impatiens- Arten, deren histologischer Charakter im ersten Theile 
behandelt wurde, geeignet, da sie sehr schwach gebaute Pflanzen zu sein 
scheinen, denn ihre sehr durchscheinenden Stengel erwecken die Vorstellung, 
dass die Zellen sehr zartwandig sind und daher wenig Widerstandsfähigkeit 
besitzen. Als specifisch-mechanische Zellen verwenden die Impatiens- Arten, 
wie wir aus dem ersten T'heile unserer Untersuchungen schliessen können, 
Collenehymzellen und Libriformfasern, während Bastfasern ganz fehlen. Das 
Collenchym besteht aus prismatischen Zellen mit mehr oder weniger zuge- 
spitzten Enden, die Kanten haben verschieden starke Verdiekungsleisten; es 
bildet kein genau abgegrenztes Gewebe, sondern die Parenchymzellen gehen 
allmählig durch collenchymatische Verdiekung der Kanten, und indem sie 
sich mehr in die Länge strecken und prosenchymatisch zuspitzen, in das 
eigentlich mechanisch wirksame Collenchym über, dies ist dann in seiner 
Form von den Libriformfasern nicht sehr verschieden, es ist um so schwächer, 
je mehr es sich dem Parenchym nähert. Das Collenchym bildet dieht unter 
der Epidermis des Stengels einen geschlossenen Cylindermantel, ebenso in den 
Blüthenstielen und Blattstielen; in den grösseren Nerven findet sich auf der 
Ober- und Unterseite eine Collenchymlage. Am auffallendsten ist das Vor- 
kommen des Collenchyms in dem Xylemtheile der Gefässbündel in der Region 
der angeschwollenen Knoten, denn es finden sich bei fast allen krautartigen 
Stengeln der Dicotylen wohl Collenehymplatten oder ein Hohleylinder von 


228 Gustav Beyse. (p. 48) 


Collenchym unter der Epidermis, aber nie in dem Xylemtheile der Gefäss- 
bündel als Ersatz der Libriformfasern. In der Wurzel von Impatiens ist kein 
Collenehym. Die Libriformfasern, die zweite Art der specifisch-mechanischen 
Zellen, sind die wichtigeren, da sie die grösste Widerstandsfähigkeit besitzen 
und daher die Leistungsfähigkeit des mechanischen Systems der Pflanze sehr 
erhöhen. Die Zellen sind mehr oder weniger prosenchymatisch, die verholzten 
Wände von mässiger Dicke mit meist schiefen spaltenförmigen Tüpfeln. Die 
Libriformfasern finden sich in dem Xylemtheile der Gefässbündel des Stengels 
und der Wurzel, zum Theil auch der Blüthen- und Blattstiele, ferner zwischen 
den Gefässbündeln als Interfaseieularholz. In den Gefässbündeln der An- 
schwellungen werden die Libriformfasern, wie wir oben sahen, durch Collen- 
chym ersetzt. 

Betrachten wir nun bei Impatiens, nachdem wir die beiden Arten und 
die Lage der specifisch-mechanischen Zellen und Gewebe kennen gelernt, die 
Form und Anordnung der mechanisch wirksamen Gewebe in den einzelnen 
Organen (Stengeln, Blättern, Wurzeln) genauer, um zu prüfen, ob sie den 
mechanischen Anforderungen, welche an die einzelnen Theile gestellt werden, 
entsprechen, ob sie wirklich nach mechanischen Prineipien geordnet sind und 
den von Schwendener entwickelten Lehrsätzen Genüge leisten. 

Für eylindrische Organe, welche eine möglichst grosse Biegungsfestig- 
keit besitzen müssen, ist nach Schwendener die zweckmässigste Construction, 
bei der möglichst wenig Material erforderlich, der Hohleylinder; die Leistung 
dieses Cylinders ist um so höher, je grösser der Durchmesser desselben ist, 
vorausgesetzt, dass die Wände entsprechend dick sind, um ein Einknicken zu 
vermeiden. Nach diesem Principe sind, wie schon Schwendener (l. ce. pag. 148) 
gezeigt hat, auch die Stengel von I. Nol tangere gebaut, er stellt sie mit 
mehreren anderen Pflanzen in ein „System mit intracambialem Libriformring 
ohne Markstrahlen“. In der That besitzt der Stengel von I. Noli tangere 
und auch der der anderen beiden Impatiens-Arten einen continuirlichen Holz- 
ring, der, wie wir oben sahen, bei 1. parviflora und Noli tangere nicht, bei 
J. Balsamina nur von wenigen Markstrahlen durchsetzt wird. Das Gerüst 
der Impatiens-Arten besteht also aus einem Hohleylinder von Libriformfasern, 
er ist nach Schwendener intracambial, weil er nicht dicht unter der Epidermis, 
sondern in der Peripherie des Centraleylinders, also innerhalb des Cambiums, 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p. 49) 229 


liegt. Die Stärke der Wände des Hohleylinders ist verhältnissmässig gering, 
wie überhaupt das ganze mechanische Gerüst der Impatiens-Arten schwach 
zu sein scheint. Die Dieke der Wände und der Durchmesser des Hohleylinders 
nimmt im Stengel, wie es wohl natürlich, nach oben allmählig ab. In den 
sehr dünnen aber langen Infiorescenzästen von J. parviflora, welche aufrecht 
stehen, wird an das mechanische System eine relativ grosse Anforderung 
gestellt, um die Last der Blüthen resp. Früchte zu tragen, und deshalb 
besitzt hier der Hohleylinder entsprechend dickere Wände und engere stärkere 
Libriformfasern. Bei I. Noli tangere, deren Blüthenstiele kürzer sind und 
herabhängen, ist das mechanische Gerüst weniger stark, da hier der Cylinder 
schwächer ist und auch die speeifisch-mechanischen Elemente nicht so resistent 
sind als bei 7. parviflora, indem sie weniger verholzen und dünnere Wände 
besitzen oder ganz parenchymatisch sind. Die sehr kurzen, herabhängenden 
Inflorescenzäste von I. Balsamina endlich sind noch schwächer eonstruirt, wir 
finden hier in den Gefässbündeln meist nur Holzparenchym oder gar keine 
verholzten Elemente, nie Libriformfasern; es kommt auch kein Xylemring zur 
Ausbildung, sondern die Gefässbündel, welche nach den Seiten eines Dreiecks 
geordnet sind, grenzen dicht an einander oder sind durch Parenchym getrennt. 
Die Anordnung der Gefässbündel in ein Dreieck entspricht in seiner mecha- 
nischen Wirkung annähernd der eines Hohleylinders. Bemerkenswerth_ ist, 
dass die Zmpatiens-Arten im Phlo&mtheile keine Bastfasern enthalten, während 
viele Pflanzen gerade diese zur Construction ihrer Gerüste verwenden. 
Ausser dem intracambialen Libriformringe besitzen die Impatiens-Arten 
noch dicht unter der Epidermis einen Hohleylinder von Collenchym, der nach 
Schwendener (l. e. pag. 157) jedoch nur in den jungen Internodien „das 
provisorische Gerüst während des intercalaren Aufbaues bildet“, da später die 
Pflanze ihre mechanischen Zellen innerhalb des Cambiumringes in den oben 
genannten Libriformring verlegt. Durch den subepidermalen Collenchymmantel 
wird in der jungen Pflanze ein schwaches mechanisches Gerüst gebildet, es 
trägt aber die Gewebespannung als ein sehr wichtiger Factor zur Herstellung 
der nöthigen Festigkeit bei, da die Collenchymzellen nebst dem Parenchym 
stark turgescent sind. Junge Internodien sind bei Abnahme des Turgors 
nicht fähig, ihr eigenes Gewicht zu tragen, dies zeigte sich auch bei den in 
einem Topfe wachsenden Keimpflanzen von I. Balsamina, deren hypoecotyles 
Noya Acta XLIOI. Nr. 2. ‚ 30 


230 "Gustav Beyse. (p. 50) 


Glied eirca 12cm maass. Als die Pflanzen einmal längere Zeit nicht begossen 
waren, neigten sie alle’ über den Rand des Topfes nach unten, richteten sich 
aber in kurzer Zeit wieder auf, als das nöthige Wasser ersetzt war, ein 
Zeichen, dass das System der collenchymatischen Zellen schwach ist und 
dass der Turgor der Collenchym- und Parenchymzellen zur Herstellung der 
nöthigen Festigkeit mitwirkt. Das Gerüst ist deshalb noch schwach, weil die 
collenchymatischen Verdickungen der Kanten in den jungen Impatiens-Pflanzen 
noch gering sind, sie erlangen erst mit der Zeit, wo schon die Bildung 
des Holzringes vorgeschritten, eine Verstärkung,!) daher ist auch wohl bei 
älteren Pflanzen mit ausgebildetem intracambialem Holzringe der Collenchym- 
mantel nicht als mechanisch wirkungslos zu betrachten, denn im anderen 
Falle wäre ja die nachträgliche Erstarkung des Collenchymmantels unnöthig; 
vielmehr unterstützt er mit seinen stark gespannten Zellen auch später 
noch den Libriformeylinder wesentlich in seiner mechanischen Aufgabe. Sehr 
wichtig ist das Collenchym in den Anschwellungen des Stengels und seiner 
Seitenzweige für das mechanische Gerüst. Wie wir oben sahen, wird in 
den angeschwollenen Theilen kein Libriform gebildet, sondern statt seiner 
entsteht Collenchym?) und zwar nur innerhalb der Gefässbündel, während 
vom Zwischeneambium nur wenig nicht verholzende Parenchymzellen ab- 
geschieden werden (Taf. 3. Fig. 18). Da aber die Collenchymzellen nicht 
die Widerstandsfähigkeit besitzen, als die Libriformfasern, und nicht einen 
Cylinder, sondern nur isolirte Säulen, das sind die Gefässbündel, bilden, so 
würden die Anschwellungen schwache Stellen in dem ganzen Hohleylinder 
sein und daher das ganze System nicht zweckmässig sein, es müssen daher 
andere mechanische Vorrichtungen mitwirken, um auch in den Anschwellungen 
die nöthige Festigkeit herzustellen. Die Druckfestigkeit wird in den an- 


1) Nach Schwendener (l. ce. pag. 157) sind die Wandverdickungen des Collenchyms 
immer schon in jungen Internodien, deren Bast- und Libriformzellen sich noch im cambialen 
Zustande befinden, vollständig ausgebildet, hier finden wir dies nicht, die Collenchymzellen 
verdicken ihre Wände noch, wenn sich schon Libriformfasern gebildet haben. 

2) Da also in den Anschwellungen das Collenchym in den Gefässbündeln mit der 
Entwickelung dieser seine definitive Ausbildung erlangt, das Libriform ersetzt und nicht nur 
provisorisch, sondern dauernd der Pflanze Festigkeit verleiht, so finden wir bei den /mpatiens- 
Arten eine Ausnahme des Schwendener’schen Satzes, dass ‚das Collenchym das provisorische 
Gerüst während des intercalaren Aufbaues bildet“. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.5l) 231 


geschwollenen Knoten durch die Vergrösserung der Basis erhöht, indem sich 
der Druck auf eine grössere Fläche vertheilt; wir haben oben gesehen, dass 
das Mark in den Knoten meist erhalten bleibt. Dem Drucke sowohl wie 
den Biegungskräften wirkt ferner das verstärkte subepidermale Collenchym 
entgegen. In den Anschwellungen sind also das Collenchym der Gefäss- 
bündel, der verstärkte subepidermale Collenchymmantel und die grössere 
Masse des Grundgewebes mit seinen turgescenten Zellen die mechanisch 
wirksamen Factoren. Den Grund, warum in den Anschwellungen nur 
Collenchym und nicht auch Libriformfasern zur Verwendung kommen, kann 
ich nicht finden, er liegt vielleicht darin, den angeschwollenen Knoten eine 
grössere Biegsamkeit zu verleihen. In einem der ersten Capitel sahen wir, 
dass an den Krümmungsstellen im unteren hypocotylen Gliede von Im- 
patiens das Collenchym an der concaven Seite und bei den Seitenästen an 
der Innenseite sowohl in den Gefässbündeln als auch unter der Epidermis 
mächtiger war und stärkere Verdickungskanten zeigte, als an den übrigen 
Stellen des Stengelumfanges. Dies lässt sich daraus erklären, dass an der 
concaven Seite des Stengels ein grösserer Druck ausgeübt wird, als auf der 
eonvexen, und dass der Druck den Zug der convexen Seite sehr überwiegt. 
Die inneren Seiten der Aeste aber haben einen grossen Zug auszuhalten: um 
daher ein Ahreissen der Seitensprosse zu verhindern, ist dort das Collenehym 
verstärkt. 

Die Blattstiele haben einen zweischichtigen subepidermalen Collenchym- 
mantel, die Gefässbündel führen keine oder nur schwache Libriformfasern, 
die Biegungsfestigkeit muss daher von dem Collenchym hergestellt werden, 
es trägt aber wohl auch das stark turgescente Parenchym hierzu bei, da das 
von den Collenchymzellen gebildete Gerüst zu schwach wäre, das Blatt zu 
tragen. Der Mittelnerv des Blattes bildet auf seiner Ober- und Unterseite 
ebenfalls subepidermale Platten von Collenchym, die aber auch nicht im Stande 
wären, das Blatt biegungsfest zu machen, wenn nicht das Parenchym und die 
Form der Nerven zur Erhöhung der Biegungsfestigkeit beitrügen. Der Mittel- 
nerv tritt nämlich nach unten und oben aus der Fläche der Blattspreite her- 
vor, auf der Unterseite ist der Nerv gerundet, oben dagegen erhebt er sich 
in einer bei I. parviflora und Noli tangere spitzen Kante, so dass der Nerv 
als scharfer Kamm auf der Oberseite hervortritt, während er bei I. Balsamina 


30* 


232 Gustav Beyse. (p. 52) 


auch hier gerundet erscheint. Die Nerven 2. Ordnung ragen ebenfalls auf 
der Unterseite der Blattfläche hervor und steifen das Blatt auf. Die kleineren 
Nerven bedingen nach Schwendener (l. ce. pag. 133) die Scheerfestigkeit des 
Blattes. Im Ganzen ist das mechanische System in den Blättern schwach; 
dass das Parenchym hier wesentlich zur Festigkeit mit beiträgt, sieht man 
daran, dass die Blätter schlaff herabhängen, sobald das nöthige Wasser fehlt 
oder die Transpiration zu stark ist und daher der Turgor gemindert wird. 

Die Wurzeln müssen im Allgemeinen den Bedingungen der Zugfestig- 
keit genügen, diese hängt ab von der Grösse des Querschnittes des Cylinders, 
in welchen die mechanischen Elemente angeordnet sind, der Cylinder darf aber 
nicht wie in den biegungsfesten Stengeln hohl sein, sondern die speecifisch- 
mechanischen Zellen müssen möglichst solide Massen bilden, und demgemäss 
sind sie meist in einen axilen Strang geordnet. Bei den Impatiens- Arten 
finden wir daher in den Haupt- und Seitenwurzeln die Libriformfasern, Bast- 
fasern fehlen auch hier, nach dem Centrum verschoben, der Xylemring schliesst 
selten ein Mark ein. 

Anders verhält es sich aber mit den aus dem hypocotylen Gliede ent- 
springenden Beiwurzeln. Diese haben, wie wir oben gesehen, ähnlich wie im 
Stengel, einen weiten intracambialen Hohleylinder von Libriformfasern mit 
grossem Markkörper. Diese Vertheilung der mechanischen Elemente in den 
Beiwurzeln lässt nach den Schwendener’schen Sätzen erwarten, dass die 
Organe der Einwirkung von Biegungskräften angepasst sind oder Kräften, 
welche dasselbe mechanische System verlangen, als jene. Die Beiwurzeln 
wachsen nicht wie die Haupt- und Seitenwurzeln senkrecht in die Erde, son- 
dern sie entspringen unter stumpfen Winkeln aus dem hypocotylen Gliede, 
treten dann nicht sofort in die Erde, sondern wachsen, sich allmählig nach 
unten krümmend, schräg in den Boden und in dieser Richtung weiter fort. 
Der Stengel wird also von den Beiwurzeln von der Seite her gestützt, diese 
wirken wie Strebepfeiler und haben einen longitudinalen Druck auszuhalten. 
Da sich die Beiwurzeln etwas nach unten krimmen, so sind sie andererseits 
auch Biegungskräften ausgesetzt. Sowohl bei der rickwirkenden als auch bei 
der Biegungsfestigkeit ist aber dasselbe mechanische System, nämlich der 
Hohleylinder, das wirksamste. Die Haupt- und Seitenwurzeln besitzen ein 
mechanisches Gerüst in Form eines axilen Stranges, während bei den Bei- 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens, (p.53) 233 


wurzeln, welche in ernährungsphysiologischer Beziehung mit jenen überein- 
stimmen, die mechanischen Elemente einen Hohleylinder bilden. Dieser 
Unterschied beruht auf den verschiedenen Leistungen der Organe, die Haupt- 
und Seitenwurzeln haben Zugkräften zu widerstehen, die Beiwurzeln Druck- 
und Biegungskräften. 

Am Schlusse der Betrachtung über das mechanische Prineip mag noch 
einmal darauf hingewiesen werden, dass die Impatiens-Arten, besonders 
I. parviflora, ein verhältnissmässig schwaches mechanisches Gerüst besitzen 
und dass bei der Herstellung der Festigkeit das Parenchym besonders in den 
Anschwellungen und den Blättern sicher eine nicht zu unterschätzende mecha- 
nische Bedeutung hat. Die Festigkeit erlangen die Parenchymzellen durch 
den Turgor, dieser ist aber am grössten in feuchter Atmosphäre und an 
schattigen Stellen, wo die Transpiration schwach ist, deshalb wachsen be- 
sonders I. parviflora und Noli tangere am besten an feuchten und schattigen 
Plätzen. 


234 Gustav Beyse. (p. 54) 


Uebersicht der hauptsächlichen Ergebnisse. 


Die anatomischen Untersuchungen der drei Impatiens- Arten haben zu 
folgenden bemerkenswerthen Resultaten geführt: 

1. Der Verlauf der Blattspurstränge zeigt bei den drei Impatiens-Arten 
und auch bei den einzelnen Individuen einer und derselben Art nicht uner- 
hebliche Abweichungen. Bei I. parviflora ist der Verlauf der Gefässbündel 
sehr regelmässig; die Gefüssbindel durchziehen den Stengel senkrecht und 
entsprechen also den Örthostichen, es liess sich die Blattstellung als eine 
3/;-Stellung ermitteln. Die constante Spiralstellung beginnt aber erst mit dem 
4. Blatte. 

2. In dem Markeylinder des Stengels verlaufen einzelne von den 
Gefässbündeln isolirte Ring- und Spiralgefässe, dieselben haben im hypo- 
cotylen Stengeltheile eine andere Vertheilung als im epicotylen. Im hypo- 
cotylen Gliede finden sich sowohl innerhalb vor als auch im Raume zwischen 
zwei benachbarten Gefässbündeln isolirte Gefässe. Bei I. Balsamina mit nur 
vier Gefässbündeln treten zwischen allen Bündeln isolirte Gefässe auf, bei 
I. parviflora mit acht Gefässbündeln im hypocotylen Gliede nur zwischen je 
zwei zu einem Paare gehörenden Bündeln isolirte Gefässe auf, so dass also 
hier nur abwechselnd zwischen zwei Bündeln isolirte Gefässe vorhanden sind. 
Ein grosser Theil der isolirten Gefässe tritt in die Cotyledonarblätter aus, 
der kleinere Theil derselben setzt sich in den epicotylen Stengeltheil fort 
und lehnt sich mehr an die Gefässbündel an, indem die isolirten Gefässe 
sich an die Markseite der Bündel anlegen, in dem Raume zwischen den 
Gefässbündeln fehlen sie hier. In dem epicotylen Stengeltheile nimmt die 


Untersuchungen über d. anatom. Bau ete. der Gattung Impatiens. (p.55) 235 


Zahl der isolirten Gefässe nach oben allmählig ab. In dem unteren hypo- 
ceotylen Gliede vereinigen sich die zwischen je zwei benachbarten Bündeln 
zerstreuten isolirten Gefässe zu einer kleinen Gruppe, treten so in die Wurzel 
ein und bilden hier die primären Gefässgruppen derselben. Die isolirten 
Gefässe entstehen vor Entwickelung der Gefässbündel, im hypocotylen Gliede 
bilden sie sich in tangentialer Folge von vier Punkten aus, sie liegen anfangs 
in Reihen nach den Seiten eines Quadrates geordnet, durch Wachsthum des 
Grundgewebes werden sie aber verschoben, verzerrt und theilweise zerstört. 

3. Der Phlo@mtheil der Impatiens-Arten besteht nur aus Weichbast, 
Bastfasern fehlen. Die Phlo@mbildung ist gering, es wird kein geschlossener 
Phlo@mring erzeugt, sondern zwischen den einzelnen Phlo@mtheilen der Gefäss- 
bündel werden nur einige wenige isolirte Phlo&mgruppen vom Zwischencambium 
abgeschieden. Wo das secundäre Phlo@m fehlt, grenzen die Holzzellen un- 
mittelbar an die innerste Rindenschicht. Auch das Phlo&m der Gefässbündel 
hat geringe Mächtigkeit. 

4. In den Knoten und im untersten T'heile des hypocotylen Gliedes 
zeigen die Stengel von Impatiens starke Anschwellungen, die Seitenäste sind 
im unteren Theile dicht am Muttersprosse verdickt. In diesen Anschwellungen 
sind die Gefässbündel nicht verholzt, statt der Libriformfasern finden sich 
in ihnen echte Collenchymzellen. Vom Zwischencambium werden in den an- 
geschwollenen Theilen nur wenig nicht verholzende dünnwandige Parenchym- 
zellen abgeschieden. Der Collenchymmantel unter der Epidermis erreicht in 
den Anschwellungen eine grössere Dicke. 

5. In dem Grundgewebe finden sich zahlreiche Raphidenzellen und 
Raphidenschläuche zerstreut. Besonders häufig sind die Raphidenzellen in dem 
unteren Theile der Wurzel dicht über dem Urmeristem. Bei I. Noli tangere 
liegen grosse Raphidenzellen zwischen dem kleinzelligen Phloem der Gefäss- 
bündel. In den Blättern treten Raphidenschläuche massenhaft auf, sie liegen 
bei den verschiedenen Arten abweichend gruppirt. Bei I. Balsamina finden 
sie sich vorwiegend zwischen den Palissadenzellen, bei I. Noli tangere und 
parviflora parallel der Blattfläche dicht unter der Epidermis, besonders am 
Blattrande und in den Blattzähnen. 

6. Das ganze Grundgewebe, Rinden- und Markparenchymzellen, führt 
Chlorophyll. 


236 Gustav Beyse. (p. 56) 


7. Die kurzen, kubischen Zellen der innersten Rindenschicht, der 
Stärkeschicht, des Stengels, enthalten zahlreiche, grosse, mit dünnen Hüllen 
von Chlorophyll umgebene Stärkekörner. Auch die innerste Rindenschicht der 
Wurzel führt anfangs Stärke, diese verschwindet aber, und die Schicht wird 
durch schwache Verkorkung zur Endodermis. 

8. Das mechanische Prineip, nach dem die Impatiens-Arten gebaut 
sind, stimmt im Wesentlichen mit den von Schwendener aufgestellten Sätzen 
überein. Das mechanische Gerüst ist etwas schwach und wird durch das 
sehr wasserhaltige und stark turgescente Grundgewebe verstärkt. Die Bei- 
wurzeln sind wie die Stengel nach den Prineipien biegungs- und druck- 
fester Organe gebaut, die Haupt- und Seitenwurzeln nach den Prineipien 
zugfester Organe. Eigenthümlich ist das mechanische System in den An- 
schwellungen des Stengels und der Seitenäste. Hier werden die stärkeren 
Libriformfasern durch die schwächeren Collenchymzellen vertreten, die Festig- 
keit wird durch das mächtiger entwickelte subepidermale Collenchym und die 
grössere Masse des turgescenten Grundgewebes erhöht. 


Göttingen, im December 1880. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.57) 237 


Erklärung der Abbildungen. 


Tafel 1. (V.) 


Fig. 1—4. Impatiens parviflora. 


Fig. 1. Schematische Darstellung des Verlaufs der Blattspurstränge im Stengel vom 


Fig. 2-4. 


oberen Theile des hypocotylen Gliedes bis zum 14. Internodium auf der eben 
gelegten Cylinderfläche von innen gesehen. Die zweisträngigen Spuren der 
Cotyledonen sind mit Kı und Ks, die mittleren Spurstränge der dreispurigen 
Laubblätter mit a, die rechten seitlichen mit b, die linken mit c bezeichnet. 
Die Indices von a, b, c zeigen das Blatt an, zu dem die Stränge gehören. 
Die Internodien sind in der Zeichnung wegen Raumersparniss verkürzt. 


Schematische Darstellung der bei verschiedenen Individuen vorkommenden 
Abweichungen von dem in Fig. 1 dargestellten Verlaufe der Blattspurstränge. 
Alles andere wie in Fig. 1. 


Nova Acta XLII. Nr. 2. 31 


238 


Fig. 5. 


Fig. 6. 


hl 7 


Fig. 8. 


Gustav Beyse. (p. 58) 


Tafel 2. (V.) 


Fig. 5. Impatiens parviflora. 

Schematische Darstellung des Verlaufes der Blattspurstränge und der isolirten 
Gefässe im unteren Theile des 1. Internodiums, im hypocotylen Gliede und 
beim Uebergange in die Wurzel. Die Gefässbündel werden auf der eben ge- 
lesten Cylinderfläche von ınnen gesehen, der Centraleylinder ist im hypo- 
cotylen Gliede und in der Wurzel von gleichem Durchmesser gedacht. Die 
Gefässbündel sind mit starken, die isolirten Gefässe mit schwachen Linien 
gezeichnet. Im ersten epicotylen Internodium sind die isolirten Gefässe durch 
schwache Linien neben den Bündeln angedeutet, in Wirklichkeit liegen sie 
innen vor ihnen. Die Blattspurstränge sind wie in Fig. 1—4 bezeichnet. 

ig isolirte Gefässe; wı—wı primäre Phloömpartien mit den vor ihnen 
liegenden secundären Gefässgruppen der Wurzel; pgı—pgı primäre Gefäss- 
gruppen der Wurzel. 


Fig. 6—8. Impatiens Balsamina, 


Querschnitt durch den mittleren Theil des hypocotylen Stengelgliedes einer 
älteren Keimpflanze; derselbe zeigt vier Gefässbündel, zwischen denselben im 
Mark isolirte Gefässe ig. Das Cambium ist durch den Ring bezeichnet, das 
Phlo&m p hell, das Xylem x dunkel schattirt. Vergr. circa 10. 


Querschnitt durch das hypocotyle Glied der nämlichen Pflanze dicht unterhalb 
der Cotyledonen; die vier Gefässbündel in Fig. 6 haben sich zu zwei und 
zwei zu zwei breiten sichelförmigen Gefässbündeln vereinigt. Auf der Innen- 
seite der beiden Bündel und zwischen denselben liegen isolirte Gefässe ig. 
p Phloöm; x Xylem. Vergr. circa 10. 


Querschnitt durch den Cotyledonarknoten der nämlichen Pflanze kurz vor Aus- 
tritt der Cotyledonarspuren; derselbe zeigt zehn Gefässbündel, von denen die 
mit Kı und K, bezeichneten vier die beiden Cotyledonarspuren sind, a, bı, 
Cı und ag, bs, C> sind die Spuren der ersten beiden Laubblätter. Die iso- 
lirten Gefässe ig sind weniger zahlreich als in Fig. 7 und finden sich nur 
vor, nie zwischen den Bündeln. x und p wie Fig. 6. Vergr. 10. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p. 59) 239 


Fig. 9, 10. Impatiens parviflora. 

Fig. 9. Querschnitt durch den mittleren Theil des hypocotylen Gliedes einer jungen 
Keimpflanze. Die vier nach den Seiten eines Quadrates geordneten Gefäss- 
platten sind so entstanden, dass sich zuerst die mittleren kleinen Gefässe 
jeder Platte gebildet haben und dann die von diesen aus nach den beiden 
Seiten in tangentialer Richtung liegenden bis vor die acht Phloömpartien p. 
Taf. 3. Fig. 17 stellt einen Theil dieser Figur vergrössert dar. Vergr. circa 10. 

Fig. 10. Querschnitt durch das hypocotyle Glied einer älteren Keimpflanze dicht über 
der Wurzel. Die vier Gefässbündel sind durch Verschmelzung aus den acht 
in Fig. 12 gezeichneten Bündeln entstanden, es hat sich je ein Bündel von 
K, und K; mit je einem der mit bı, b;, Cı, c» bezeichneten vereinigt. Zwi- 
schen den vier Bündeln isolirte Gefässe ig. Vergr. circa 10. 


Fig. 11. Impatiens Balsamina. 

Fig. 11. Querschnitt durch den unteren Theil des ersten epicotylen Internodiums einer 
Keimpflanze; von den acht Gefässbündeln sind sechs (aı bı cı, ag b2 ce) die 
beiden Spuren der Blätter 1 und 2, sie sind durch Drei-Theilung der beiden 
sichelförmigen Bündel der Fig. 7 entstanden; die beiden anderen my und my 
sind Spurstränge höherer Blätter, sie haben sich gebildet durch Vereinigung 
von je zwei Bündeln, die sich von ba cı resp. bı cs abgezweigt haben. 
Isolirte Gefässe ig spärlich nur vor den Bündeln. x Xylem, p Phloem. 
Vergr. circa 10. 


Fig. 12. Impatiens parviflora. 

Fig. 12. Querschnitt durch den mittleren Theil des hypocotylen Gliedes einer Keim- 
pflanze; von den acht Bündeln, deren Längsverlauf in Fig. 1—5 dargestellt, 
bilden die beiden opponirten Paare Kı und K; die Spuren der Cotyledonen, 
die mit ihnen alternirenden Paare bı cCı, b> ca» sind die seitlichen Blattspur- 
stränge der beiden ersten Blätter. Die Gefässbündel jedes Paares sind durch 
isolirte Gefässe ig verbunden. Vergr. circa 10. 


Fig. 13. Impatiens Noli tangere. 
Fig. 13. Theil eines Querschnittes durch einen Seitenzweig; der Schnitt zeigt ein Gefäss- 
bündel, dessen innerster Xylemtheil aus nicht verholzten parenchymatischen 
Zellen besteht; im Phlo@mtheile liegen zwischen dem kleinzelligen Phloöm 
grössere Zellen r mit Raphidenbündeln. Das Interfascieularcambium hat eine 
Schicht Interfascicularholz gebildet, dieses grenzt zum Theil an die innerste 
Rindenschicht. Unter der Epidermis sind zwei Schichten Collenchym, dessen 
verdickte Kanten schwarz gehalten sind. M Mark; g Gefässe; h Libriform- 


ale 


240 Gustav Beyse. (p. 60) 


fasern des Gefässbündels; ih Interfascieularholz; r Raphiden führende Zellen; 
z äusserer grosszelliger Theil des Phloöms; ip isolirte Phloömgruppe; 
s Stärkeschicht. Vergr. 230. 


Fig. 14. Impatiens Balsamina, 

Fig. 14. Querschnitt durch den Centraleylinder und einen Theil der Rinde einer Seiten- 
wurzel von einer jungen Keimpflanze; Mitte der Wurzel. Im Centraleylinder 
liegen vier primäre Gefässe pg, mit ihnen wechseln vier primäre schattirte 
Phloömgruppen pp ab, in der Mitte liegt ein sich entwickelndes Gefäss bg. 
Die Gefässe und Phloömgruppen grenzen nach aussen an das Pericambium u; 
dies wird von der concentrischen Stärkeschicht, der späteren Endodermis s, 
umgeben. R Rinde; e Epidermis; i Intercellularräume der Rinde. Vergr. 250. 


Fig. 15. Impatiens Noli tangere. 
Fig. 15. Epidermis der Oberseite eines Blattzahnes; w Spaltöffnungen mit vier, drei und 
zwei Schliesszellen und weitem Porus. Vergr. 220. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.61) 241 


Tafel 3. (VII) 


Fig. 16—18. Impatiens parviflora. 


Fig. 16. Querschnitt durch den inneren Theil eines Gefässbündels aus dem fünften Inter- 
nodium des Stengels einer älteren Pflanze. & Gefässe, h Libriformfasern, 
hp nicht verholztes Parenchym des Gefässbündels.. Auf der Markseite des 
Gefässbündels liegen isolirte Gefässe ig von kleinzelligem Mark umgeben. 
Die Seitenwände der isolirten Gefässe sind zart, durch das Wachsthum des 
umgebenden Gewebes gedehnt und die Ringverdickungen zum Theil von den 
Seitenwänden abgelöst. i ist ein als Intercellularraum erscheinendes sehr 
enges Gefäss. Die isolirten Gefässe erscheinen nicht scharf vom Gefässbündel 
getrennt. Vergr. 160. 


Fig. 17. Querschnitt durch die Mitte des hypocotylen Gliedes einer Keimpflanze; die 
Figur stellt einen Theil der Taf. 2. Fig. 9 dar. ig sind die isolirten Gefässe; 
g die ersten ausgebildeten, bg die in der Entwickelung stehenden Gefässe 
der Gefässbündel; p die primären Phloömgruppen der Bündel, vor ihnen das 
Cambium. s Stärkeschicht; ip isolirte interfasciculare Phloemgruppen; M 
Mark; R Rinde. Vergr. 160. 


Fig. 18. Querschnitt durch die untere angeschwollene Partie des Seitenastes einer älteren 
Pflanze; Gefässbündel und Theil des interfascicularen Gewebes von der inneren 
(oberen) Seite des Zweiges. Im Gefässbündel sind keine Libriformfasern ge- 
bildet, statt dessen Collenchym C, dessen verdickte Kanten schwarz gehalten. 
g Gefässe; p Phlo&m des Bündels, die punktirten Zellen sind Siebröhren. 
ip isolirte Phloemgruppen zwischen den Gefässbündeln. Interfascicularholz 
ist nicht vorhanden, nur Parenchym ih, welches zum Theil sehr geringe 
collenchymatische Verdickungen zeigt. Vergr. 180. 


242 Gustav Beyse. (p. 62) 


Fig. 19. Impatiens Balsamina. 

Fig. 19. Querschnitt durch den Centraleylinder einer jungen Beiwurzel in der Mitte; 
zahlreiche einzelne primäre Gefässe pg wechseln mit primären (schattirten) 
Phloemgruppen pp ab; innen vor diesen Gefässen und Phlo&mgruppen haben 
sich weite secundäre Gefässe sg gebildet als Anfangsglieder des secundären 
Wachsthums- in der Wurzel. u Pericambiumschicht; s Endodermis; M Mark. 
Vergr. 235. 


Untersuchungen über d. anatom. Bau etc. der Gattung Impatiens. (p.63) 243 


Fig. 20. 


Fig. 21. 


Fig. 22. 
Fig. 23. 


Fig. 24. 


Tafel 4. (VII) 


Fig. 20—24. Impatiens Balsamina, 

Querschnitt durch den angeschwollenen Theil des hypocotylen Gliedes einer 
alten Pflanze; Theil eines Gefässbündels, dieses enthält Gefässe g und statt 
der Libriformfasern Collenchym C (die Verdickungen sind schwarz gezeichnet), 
welches in der Mitte des Bündels am stärksten ist; nur das Cambium hat 
einige wenige Libriformfasern h erzeugt. p Phloem mit Siebröhren (punktirte 
Zellen) und wenigen Raphidenzellen. ig isolirte Gefässe im Mark M. Vergr. 170. 

Querschnitt durch den Centralcylinder einer Seitenwurzel von einer Keimpflanze ; 
oberer Theil der Wurzel (Taf. 2. Fig. 14 ist ein Schnitt durch dieselbe Würzel 
im mittleren Theile), Im Vergleich zu Fig. 14 zeigt diese Figur ein älteres 
Stadium, es haben sich in centripetaler Richtung einige neue primäre Gefässe 
gebildet; im Centrum des Oylinders sind ebenfalls einige Gefässe g entstanden; 
alles Uebrige ist wie in Fig. 14. Vergr. 250. 

Querschnitt durch den Mittelnerven des Blattes; Gefässbündel desselben. 
g Gefässe; p Phloem; s Zellen der Stärkeschicht. Vergr. 220. 

Querschnitt durch einen Nerv 2. Ordnung; Gefässbündel desselben mit der 
dasselbe umgebenden Zellschicht n. g Gefässe; p Phloem. Vergr. 380. 

Querschnitt durch einen Nerv 3. Ordnung. Die Bezeichnung wie in Fig. 23. 
Vergr. 380. 


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der Ksl. Leop.-Carol.-Deutschen Akademie der Naturforscher 
Band XLIII. Nr. 3. 


Die 
stossweisen Wachsthumsänderungen in der 
Blattentwicklung 


von 


Vietoria regia Lindl. 


Von 


Professor Dr. Oscar Drude, 
M.A.N. 


Mit I Rafel2Nrz Ex 


Eingegangen bei der Akademie den 14. October 1880. 


HALLE. 
"1881. 
Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. 


Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. 


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Die neueren Zuwachsmessungen der in der Streckung befindlichen 
Internodien und jungen Blätter an Auxanometern sind in der dreifachen Ab- 
sicht veranstaltet worden, um entweder den Einfluss von Licht, Wärme und 
Feuchtigkeit auf die Wachsthumsgrösse darzustellen, oder um eine, von diesen 
genannten äusseren Factoren unabhängige Periodieität innerhalb des zum 
vollendeten Auswachsen bestimmten Zeitraumes nachzuweisen, oder endlich um 
stossweises Zu- und Abnehmen der Wachsthumsgeschwindigkeit zu zeigen, 
welches sowohl von den äusseren Factoren als von der regelmässigen Perio- 
dieität unabhängig sein soll und den früheren Experimentatoren zuerst durch 
die Störung auffällig wurde, welche die klare Darstellung der ersteren beiden 
durch die Wachsthumsänderungen aus unbekannten inneren Ursachen erleiden 
musste. . 

Die stossweisen Aenderungen des Wachsthums sind unter 
dieser Bezeichnung von Sachs!) in die Literatur eingeführt, und es ist von 
ihm auf eine ältere Arbeit Caspary’s?) hingewiesen, in welcher an Victoria 
regia solche Aenderungen zuerst in einem klaren Beispiel nachgewiesen sind. 
Es ist bekannt, dass die Blätter dieser in vielfacher Beziehung berühmt 
gewordenen Pflanze eine so ausserordentliche Entwickelungsgeschwindigkeit 
besitzen, dass bei ihr Wachsthumsmessungen, in den üblichen Zeiträumen 
(stündlich) angestellt, auch ohne die jetzigen verbesserten Apparate eine 


1) „Ueber den Einfluss der Lufttemperatur und des Tageslichts auf die stündlichen 
und täglichen Aenderungen des Längenwachsthums der Internodien“. Arb. d. botan. Instituts 
zu Würzburg I, pag. 103. 

2) „Ueber die tägliche Periode des Wachsthums des Blattes der Victoria regia Lindl. 
und des Pflanzenwachsthums überhaupt“. Flora 1856, Nr. 8 (pag. 113), 9, 10, 11. 


32* 


248 “ Professor Dr. Oscar Drude. (p. 4) 


genügende Sicherheit beanspruchen, um mit den Messungen durch Auxanometer 
an langsamer wachsenden Pflanzen verglichen zu werden, und daher bieten 
die viele Tage hindurch an Victoria ununterbrochen in stündlichen Messungen 
mehrerer sich entfaltender Blätter mit dem einfachen Maassstabe gewonnenen 
Zuwachsgrössen ein schätzenswerthes Material, aus dem sich — ausser der 
grossen Wachsthumsperiode, welche natürlich in jedem Blatte ein Ansteigen, 
Culminiren und Sinken der Wachsthumsgeschwindigkeit bedingt — bei jeder 
unbefangenen Durchmusterung der Tabellen viel mehr unerwartete Schwankungen 
ergeben, als dass sich der sonst so vielfach klar beobachtete Einfluss des 
Wechsels von Tag und Nacht in den Zuwachsgrössen ausspräche. 

Während Sachs zwar die Wichtigkeit der stossweisen Wachsthums- 
änderungen für eine spätere Theorie der Mechanik des Wachsthums aussprach, 
denselben aber wenigstens vorerst nicht specielle Aufmerksamkeit bei seinen 
Experimenten widmete, beschäftigte sich Reinke?) in einem Theile seiner 
Wachsthumsmessungen vorzugsweise mit ihnen und bemühte sich, ihre Wich- 
tigkeit und Intensität, welche oft alle Gesetzmässigkeit vernichtet, darzulegen. 
Zu dem Zwecke genügte ihm die Beobachtung in stündlichen Zeiträumen 
nicht, in denen natürlich die stossweisen Wachsthumsänderungen bei ihrer 
unregelmässigen Dauer oft verwischt werden, oder, wenn sie kurz nach ein- 
ander im entgegengesetzten Sinne auftreten, sich bis zur Unkemntlichkeit auf- 
heben können; er suchte nach einer verfeinerten Messungsmethode, die die 
Zuwachsgrössen in halb- oder viertelstündigen Pausen, ja sogar in Minuten 
abzulesen gestattete, und construirte diesem Zweck entsprechend neue Auxano- 
meter. Die Kritik hat bald darauf über die angewendete Methode das Urtheil 
abgegeben, dass die Befestigungsweise der im Wachsthum gemessenen Pflanzen 
und andere Umstände nicht mit der Feinheit der Auxanometer-Ablesungen im 
richtigen Verhältniss standen; und bei der Anwendung von hundertfach oder 
noch mehr den Zuwachs vergrössert anzeigenden Auxanometern bleibt ja stets 
der Uebelstand unvermeidlich, dass die geringen störenden Einflüsse dieselbe 
Vergrösserung erfahren, so dass also besonders nur die Ablesungsfehler durch 


3) „Untersuchungen über Wachsthum“. Botanische Zeitung 1876, pag. 65 segq., Taf. 
II. u. II. Und in einer früheren Abhandlung: „Untersuchungen über die relative Wachsthums- 
geschwindigkeit in kurzen Zeiträumen“. Verhandlungen d. botan. Vereins d. Provinz Branden- 
burg, XIV (1872), Taf. I. 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 5) 249 


die neue Construction der Auxanometer auf das geringste Maass herabgesetzt 
waren. So ist es vielleicht gekommen, dass man auch seitdem den stoss- 
weisen Aenderungen des Wachsthums wenig Beachtung schenkte, deren sehr 
starkes Hervortreten übrigens in den Versuchen Reinke's so klar liegt, dass 
auch die schärfste Kritik sie nicht hinwegzuleugnen vermag, auch wenn sie 
sich mit der Beobachtungsmethode durchaus nicht einverstanden erklärt. 

In Baranetzky’s®) jüngsten Wachsthumsbeobachtungen geschieht der 
stossweisen Wachsthumsänderungen unter der Bezeichnung von „secundären 
Schwankungen“ so weit Erwähnung, als nothwendig erschien, um die durch 
sie bewirkte Entstellung der täglichen Periodieität zu kennzeichnen; Bara- 
netzky ist bei seinen, in stündlichen Ablesungen erfolgten Zuwachsbeobach- 
tungen zu dem Resultate gekommen, dass „die secundären Schwankungen nur 
in dem Maasse erscheinen, als die Neigung der Pflanze zum Wachsen: in 
täglichen Perioden geschwächt wird; dass diese Schwankungen offenbar von 
Ursachen herrühren, welche in der inneren Organisation der Pflanze gegeben 
und darum immer thätig sind, und dass ihre Zeitdauer und Grösse in ver- 
schiedenen Fällen eine sehr verschiedene ist.“ Wie weit aber stündliche 
Beobachtungen zur Gewinnung eines sicheren Urtheiles in diesem Punkte 
ausreichen, das mag der geneigte Leser aus den Ergebnissen der hier mit- 
getheilten Beobachtung selbst ableiten. 

Als ich in diesem Sommer die oben genannten Tabellen Caspary’s 
über das stündliche Wachsthum der Victoria-Blätter durchmusterte, war ich 
über die Höhe der beobachteten Unterschiede in den Zuwachsgrössen auch 
bei nahezu constanten äusseren Bedingungen erstaunt und war, wenngleich 
ganz mit Unrecht, geneigt, dieselben zum Theil als Beobachtungsfehler zu 
betrachten, da die Messung mit einem von der Mitte des Blattes nach dessen 
aufgebogenem Rande hingelegten Holzstabe allerdings nicht der grössten Fein- 
heit fähig ist. Zugleich belehrte mich aber die Beobachtung der schnellen 
Entwickelung der Victoria-Blätter in dem für diese Pflanze hergerichteten 
Aquarium des Dresdner Botanischen Gartens (welche Entwickelung ausser 
aus Caspary’s Tabellen auch aus den tabellarisch zusammengestellten Ent- 


*) „Die tägliche Periodieität im Längenwachsthum der Stengel“. Memoires de l’Acad. 
imp. d. sciences de St. Petersbourg, VII. ser., ttome XXVII, Nr. 2 (1879). 


250 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 6) 


wiekelungszeiten der Blätter einer gleichfalls hier untersuchten Pflanze in 
Seidel’s5) Abhandlung ersichtlich wird), dass Victoria regia ein vortreffliches 
Beohachtungsobjeet für die Zuwachsgrössen in sehr kleinen Zeiträumen, ohne 
Anwendung stark vergrössernder Auxanometer, sein müsse und also ohne die 
Gefahren der Reinke’schen Untersuchungsmethode ein Urtheil über die 
Intensität und das Auftreten der stossweisen Wachsthumsänderungen erlauben 
würde. Wenn nur die Messungsweise Caspary’s durch eine der jetzt am 
meisten gebräuchlichen Methoden, z. B. durch schwach vergrössernde „Zeiger 
am Bogen“ (Sachs), ersetzt wurde, so musste die Zuwachsgrösse eine ge- 
nügende für in Zwischenräumen von 5 Minuten erfolgende Ablesungen sein. 
Zwar hat Sachs!) (l. ec. pag. 100, 101) einige Uebelstände hervorgehoben, 
welche das Experimentiren an besonders colossal entwickelten Pflanzen mit 
sich bringt; aber ein Theil derselben fällt bei Victoria als einer Wasserpflanze 
fort, und der andere Theil wird durch die Vortheile der ausserordentlichen 
Wachsthumsgeschwindigkeit ausgeglichen. Wenn es auch unmöglich war, das 
Wachsthum der Victoria unter völlig constanten äusseren Factoren zu be- 
obachten, da ihr Gewächshaus keiner völligen Verdunkelung fähig ist, so 
konnte doch wenigstens zur Zeit ihrer kräftigsten Blattentfaltung, im Monat 
August, während der alsdann schon acht Stunden währenden völligen Nacht 
durch sorgsame Regulirung der Wassertemperatur nahezu die Constanz der 
äusseren Wachsthumsbedingungen erzielt werden, und dafür dient deren Be- 
trachtung in der aus meinem Versuche hervorgegangenen Curve zum Beweise. 
Ich beschloss nach der Anstellung mehrerer instructiver Vorversuche das 
Wachsthum eines einzigen sich kräftig und normal entfaltenden Blattes zur 
Culminationszeit seiner Entwickelungsperiode unausgesetzt etwa zwei Tage *) 
lang zu beobachten, um auf diese Weise durch eine einzige möglichst genau 
und gut durchgeführte Beobachtungsreihe ein verschiedenartiges Material von 


5) „Zur Entwickelungsgeschichte der Tictoria regia Lindl.“ ‚Nova Acta‘ unserer 
Akademie, Vol. XXXV (1869), mit 2 Tafeln. 

*) Bei kräftiger Vegetation der Pflanze entwickelt sich die Hauptmasse eines Blattes 
in drei bis vier Tagen; am ersten derselben kann aber wegen der Faltung des Blattes und 
seiner Lage auf dem Wasser noch keine Messung vorgenommen werden; erst am zweiten können 
die Auxanometer angebracht und nach Vorprüfung während einer Reihe von Stunden die 


Messungen begonnen werden. d 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. %) 251 


dem Reinke's zu erlangen, der die Streckung der Internodien oft nur wenige 
Stunden hindurch, niemals aber durch Nacht und Tag hindurch bis wieder 
zur Nacht beobachtet hatte und deshalb die Frage über die Häufigkeit 
und Stetigkeit der stossweisen Wachsthumsänderungen (von ihm „spontane 
Schwankungen der Wachsthumsgeschwindigkeit“ genannt) unbeantwortet ge- 
lassen hat. 

Diese eine Beobachtungsreihe, welche, nach vollständiger Zusammen- 
setzung der Apparate und Befestigung des zu Beginn des Versuches etwa 
Y/,; m. im Durchmesser haltenden Blattes am Morgen des 4. August d. J., und 
nach vorläufiger Controle des gewünschten Zusammenwirkens aller Theile der 
Apparate am Nachmittage 4b desselben Tages begann, ist mit Ausnahme einer 
einzigen kleinen Unterbrechung um 65h 30° desselben Tages lückenlos unter 
in je 5 Minuten vorgenommenen Ablesungen bis zum 6. August Vormittags 
4h fortgesetzt und erstreckt sich über die kräftigste Entwickelungszeit des 
beobachteten Blattes, dessen Stiel sich in den 36 Beobachtungsstunden um 
282 mm, und dessen Lamina vom Üentrum des Kreises bis zur Spitze sich 
um 285 mm (aus Auxanometerablesungen berechnet) gestreckt hat. Während 
dieser Zeit wurde das Vorrücken der Auxanometerzeiger unausgesetzt ver- 
folgt; die Beobachtung verlief in sich so harmonisch, und es stimmten die 
Resultate so mit dem, was man nach der durch diese Beobachtungen in ihrer 
Zuverlässigkeit bekräftigten Tabelle Caspary’s und nach dem Studium der 
auf anderem Wege gezeigten Wachsthumsschwankungen von Reinke?®) im 
Voraus erwarten durfte, dass kein Grund vorhanden war, an einem zweiten 
Blatte eine neue Zahlenreihe zu gewinnen; ich würde, da diese Publikation 
keinen grösseren Raum beanspruchen darf, als die Wichtigkeit ihres Gegen- 
standes erlaubt, doch nur eine Reihe in Vollständigkeit hier vogelegt haben; 
ich habe nur für mich an einem zweiten Blatte derselben Pflanze während 
kürzerer Zeit dieselben Messungen vorgenommen, diese aber abgebrochen, als 
die Wachsthumsart sich als völlig übereinstimmend mit der jener zusammen- 
hängenden Beobachtungsreihe ergab. 

Die letztere lege ich hier, so wie sie ist und nur in ihren Angaben 
selbst durchgerechnet und übersichtlich gemacht, als einen bescheidenen Beitrag 
zu dem Material, aus welchem die Mechanik des Wachsthums schöpfen soll, 
vor, und zwar nur aus dem Grunde, weil meines Wissens bisher keine ähn- 


252 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 8) 


liche, längere Zeit hindurch in so kleinen Beobachtungspausen angestellte 
Wachsthumsmessung publieirt ist. Dieselbe soll die Intensität und Geschwin- 
digkeit der stossweisen Wachsthumsänderungen allein zeigen; die Einwirkung 
äusserer Factoren ist durch letztere völlig maskirt, vielleicht auch die Perio- 
dieität im Sinne Baranetzky’s*), wenngleich zur Erreichung eines sicheren 
Urtheiles darüber eine noch längere Beobachtungszeit erforderlich gewesen 
wäre, die aus anderen Rücksichten unzulässig war. — Wie weit das hier 
publieirte Material verwendbar ist zur Verbesserung unserer Anschauungen 
über die Mechanik des Wachsthums, darüber zu urtheilen wünsche ich denen 
zu überlassen, welche dieses Kapitel der Physiologie durch ihre vielfältigen 
Experimente und langjährigen Erfahrungen ganz besonders beherrschen, wäh- 
rend ich selbst für meine eigenen Untersuchungen in der Regel ein anderes 
Arbeitsfeld gefunden habe. 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 9) 253 


Apparate und Messungsmethode. 


Die Victoria regia des Dresdner botanischen Gartens wurzelt inmitten 
eines 6 m. im Durchmesser haltenden Bassins, dessen Wasser durch am Rande 
neben einander befindliche Krähne mit heissen und kalten Zuflüssen auf einer 
gewünschten Temperaturhöhe ziemlich constant erhalten werden kann, ohne 
dass die Pflanze von dem neu einströmenden Wasser direct getroffen und in 
ihrem Wachsthum beeinflusst würde. Zur Zeit meiner Beobachtung fand das 
Zutreten von heissem Wasser mit aller Vorsicht nur an den zwei Abenden 
und am frühen Morgen des vollen Beobachtungstages statt; ein unmittelbar 
neben dem beobachteten Blatte im Wasser aufgehängtes und mittelst Fernrohr 
abgelesenes Thermometer zeigte die Wassertemperatur an, und seine Ab- 
lesungen sind in der Curventafel dafür angegeben; wie man sieht, ist das 
Steigen und Sinken der Wassertemperatur ein ausserordentlich langsames und 
gleichmässiges gewesen; Extreme: 330,5 C. und 250,8 C. 

Die Lufttemperatur erwies sich, an der trockenen T'hermometerkugel 
eines gleichfalls über dem Wasser in der Nähe des Beobachtungsblattes auf- 
gestellten Psychrometers abgelesen, auch nur allmähligen Veränderungen unter- 
worfen, die natürlich am Tage besonders von den einfallenden Sonnenstrahlen 
regiert wurden, während sie ausserdem von der Temperatur des Wasserbassins 
in erster Linie abhingen. Die T’emperaturcurve ist gleichfalls graphisch dar- 
gestellt und zeigt als Extreme 199,3 C. und 36°,0 C. 

Das befeuchtete Thermometer des Psychrometers wurde zur Ermittelung 
der Luftfeuchtigkeit benutzt; die Differenzen wurden ebenfalls für alle fünf 
Minuten bestimmt, doch sind dieselben, als nur indireet von Interesse, hier 
nicht als solche mitgetheilt, sondern nur die aus ihnen in bekannter Weise 
berechneten Procente des Wassergehalts, welche auf der Curventafel als 

Nova Acta XLIT. Nr. 3. 33 


254 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 10) 


relative Feuchtigkeit eingetragen sind. Wie Caspary?) bin auch ich ver- 
wundert gewesen, den Feuchtigkeitsgehalt des mit dampfendem Wasser er- 
füllten Glashauses nicht noch höher zu finden, und viele Culturschwierigkeiten 
an tropischen Pflanzen scheinen sich mir aus dem Uebelstande der Luft- 
trockenheit jetzt um so mehr abzuleiten; die Extreme im Feuchtigkeitsgehalt 
waren 67°, und 92°/,, die Minima am Tage, die Maxima in den Nächten; 
die Schwankungen waren sehr ruhige. 

Das Licht hatte ich am Tage am wenigsten in meiner Gewalt, da das 
Glashaus keiner Verdunkelung fähig ist. Es wurde an dem einen vollen 
Beobachtungstage in den Mittagsstunden mit den Sonnenschein dämpfenden 
Holzgittern bedeckt, und da ausserdem im Innern des Hauses zahlreiche 
Rankengewächse mit grossen Blättern im bunten Gemisch an dem Glasdach 
entlang geleitet waren, so wurde die Victoria auch bei intensivem Sonnenlicht 
nur von vereinzelten, durch die Spalten der Gitter und Blattzwischenräume 
durchfallenden Strahlen getroffen, und ebenso alsdann die 'T'hermometer. So- 
weit der Sonnenschein die Pflanze treffen konnte und in das Haus fiel, ist 
dessen Andauer und Intensität sowohl aus den am oberen Rande der Curven- 
tafel angebrachten Bemerkungen darüber, als auch aus dem Steigen und 
nachherigen Fallen der in Mitleidenschaft gezogenen T'hermometer ungefähr zu 
beurtheilen; für die Stunden niedrigen Sonnenstandes, 6—8" Nm. und 4—6h Vm., 
während welcher die Sonne überhaupt nicht in das Haus fallen konnte, habe 
ich folgende andere Hülfseinrichtung zur Beurtheilung der Lichtstärke benutzt: 

Ein astronomisches Fernrohr wurde mit horizontaler optischer Axe 
gegenüber einem unter 45° gegen den Horizont geneigten, etwa 2 qdm. an 
Fläche enthaltenden gewöhnlichen Planspiegel auf einem Grundbrett mittelst 
Klemmeinrichtung befestigt, so dass das durch das gewölbte Glasdach des 
Hauses voll von oben hereinfallende Tageslicht durch den Spiegel reflectirt 
einen hellen Kreis für den Beobachter am Fernrohrocular hervorrief, und auf 
diesem hellen Hintergrunde erschien das Fadenkreuz des Oculares schwarz. 
Vor dem Objeetiv desselben befand sich ein vierekiger Holzrahmen, in dem 
ein doppelter Glasstreifen mit zwischengelegten Oelpapierstreifen verschoben 
werden konnte; diese letzteren bildeten durch ihre gleichmässig abnehmende 
Länge Schichten von verschiedener Permeabilität für das Licht, und zwar 
benutzte ich ein Glasstreifenpaar mit einer Schichtendicke von 1—10 Oel- 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 11) 255 


papierstreifen, und ein zweites von 11—20. Es wurde nun geprüft, bei 
welcher Schichtendicke der helle Hintergrund im Fernrohr so dunkel wurde, 
dass das Fadenkreuz nicht mehr dunkel auf hell sich abzeichnete; diese 
Schichtendicke wurde dann als Maass für die Lichtintensität benutzt und ist 
für die bezeichneten Stunden gleichfalls am oberen Rande der Curventafel 
eingetragen. — Diese Lichtintensitätsprüfung kann jedenfalls nur dann Werth 
beanspruchen, wenn sie von einem, oder noch besser von zwei sich contro- 
lirenden Beobachtern ausgeführt wird; auch ist es nicht möglich, die gesuchte 
Schicht mit Genauigkeit herauszufinden; man wird vielmehr zwischen zweien 
oder dreien schwanken, so dass die Beobachtungen an dem Instrument nur 
in fortlaufender Reihe genauer ausfallen. Trifft die Sonne erst das Gewächs- 
haus, dann ist natürlich jede Beobachtung damit werthlos. Für andere Zeiten 
und für schattige Orte aber scheint sie mir besser zu sein, als die blosse 
Angabe der Tageszeit und Himmelsbedeckung. — Zur Nachtzeit (von 7h 40° 
Nm. bis 4 45° Vm.) war das Haus von zwei Petroleumlampen und von zwei 
Kerzen bei den Auxanometern constant erleuchtet. 

- Die Messung der Zuwachsgrössen am Victoria-Blatt geschah in einer 
durch den Holzschnitt veranschaulichten Art und Weise: 


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—: 

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256 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 12) 


Zur speciellen Aufnahme der Victoria dient im hiesigen Glashause ein 
grosser, in der Mitte des Bassins stehender Holzkasten, aus welchem die 
Pflanze ihre Blätter und Blüthen sehr nahe unter der Oberfläche des Wassers 
hervortreibt. Die Blätter entwickeln sich bekanntlich, nach Ueberwindung der 
ersten Stadien im eingerollten Zustande halb unter dem Wasser, auf der 
Oberfläche schwimmend, und wenn das Blatt erst etwa einen Durchmesser 
von 1, m. erreicht hat, so geschieht unter den hiesigen Verhältnissen das 
Auswachsen des Stieles wegen seiner sehr flachen Lage unter Wasser in 
nahezu horizontaler Richtung. — Um das Wachsthum des Stieles zu messen, 
wurde in seiner Spitze bei O, welche das Centrum der Blattscheibe bildet, 
ein genügend starker Platindraht gut eingesteckt, und von dessen hakenförmig 
umgebogener Spitze in genauer Verlängerung der Stielrichtung ein sehr feiner 
Haardraht von Platina a zum Auxanometer I geführt. An demselben Blatte 
war in dem apicalen Einschnitt bei p ein zweiter Platindraht-Haken befestigt, 
von welchem ein gleicher Haardraht b zum Auxanometer II führte, ebenso 
wie a nur 1 cm hoch über dem Rande des Bassins in einer fast horizontalen, 
etwas aufwärts strebenden Linie, und nur wenig mit dem vorigen Drahte 
divergirend, zur Vermeidung von Collisionen, fortgeleitet. Die Festigkeit der 
Drähte wurde durch Spannung mit dem sechsfachen Gewichte von dem am 
Auxanometer benutzten vorher geprüft und als sicher erkannt. 

In der Figur ist der rechte T'heil stärker reducirt dargestellt als der 
linke; die zu einander gehörigen Drahtfäden werden durch die Buchstaben 
mit * kenntlich gemacht. Der linke Theil zeigt die Auxanometer mit Zubehör; 
beide sind durchaus gleichartig und entsprechen Sachs’*) Beschreibungen 
vom „Zeiger am Bogen“. Die Zuleitung der Drähte geschah vermittelst 
zweier einander mit den Rückenseiten zugewendeter hoher Stative, deren jedes 
ein mittelst Klemmen feststellbares Rollenpaar (R und r) trug; die untersten 
Rollen (R! und R2) werden vor Beginn des Versuchs fixirt, so dass die 
Drähte (die übrigens zwischen den Auxanometerrollen durch an sie angebundene 
Seidenfäden verlängert waren, da ich letzteren in Bezug auf die continuirliche 
Drehung der Rollen mehr Vertrauen schenkte,) in gerader Linie vom Blatt- 
stiel und der Blattspitze flach über den Bassinrand liefen und während der 


*) Lehrbuch der Botanik, II. Aufl., pag. 632, Fig. 444. 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc» (p. 13) 257 


ganzen Versuchszeit ihre Richtung nicht änderten; ihre Länge betrug etwa 
1Y/ m, der an der Blattspitze befestigte natürlich weniger. Mittelst der oberen 
Rollen r! und r?2 konnten die Zeiger an den Auxanometern wieder auf den 
Nullpunkt zurückgestellt werden, nachdem sie die ganze Theilung des Qua- 
dranten durchmessen hatten, indem erstere an der Stativstange nach oben 
verschoben wurden; dies Verschieben und Einstellen der Zeiger auf Null ging, 
namentlich unter Mitwirkung der zwei Stellschrauben an jeder Stativboden- 
platte, so rasch vor sich, dass es keine Interpolirung und Mittelnahme der 
Zuwachsgrössen für den betreffenden Beobachtungstermin nöthig machte, son- 
dern dass eine kleine Correction für die mit der Verschiebung verbrauchte 
Zeit (meist 1/, Minute) genügte. So wurde während der 36 Beobachtungs- 
stunden die Fadenlänge zwischen R und r immer grösser, gleich wie das 
vom Centrum des Bassins gegen dessen Rand hinwachsende Blatt allmählig 
vorrückte. 

Die Eintheilung der Auxanometer war nach ganzen Millimetern voll- 
zogen; der über der versilberten Theilung spielende Aluminiumzeiger besass 
eine geschwärzte Spitze, so dass die Schätzung noch !/,, mm. Genauigkeit bei 
geübten Beobachtern garantirte; diese Uebung war bei den dabei Betheiligten 
durch frühere Ablesungen gewonnen. Der an der sehr leicht beweglichen, 
mit doppelter Rinne für Zuleitungsfaden und Gewicht versehenen Rolle be- 
festigte Zeiger hielt sich selbst im Gleichgewicht; als spannendes Gewicht 
verwendete ich bei dem Auxanometer I 37 g, bei II 28g; so viel war nöthig, 
um die Drähte genügend straff zu halten; so viel genügte aber auch, und ich 
wollte einen stärkeren Zug auf das jugendliche, wenn auch sehr massiv ge- 
baute Blatt vermeiden. Die Vergrösserung beider Auxanometer war eine acht- 
fache; ich habe die Curventafel aber nach Angaben der Auxanometer, nicht 
auf wahre Zuwachsgrösse redueirt, verfertigt, da nicht die Zuwachsgrössen 
überhaupt, sondern ihr Schwanken ermittelt werden sollte. Die Apparate sind 
aus der Werkstatt des Mechanikers am Dresdner Polytechnikum, Herrn Oscar 
Leuner, sehr gut ausgeführt hervorgegangen und haben zu keiner Störung 
Veranlassung gegeben. Um einer solchen von vornherein aus dem Wege zu 
gehen, wurde diese einfache, aber miühsame Methode des wunausgesetzten 
Beobachtens eingeschlagen und auf Anwendung von Registrirapparaten ver- 
ziehtet. — 


258 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 14) 


Ich selbst unternahm mit meiner Gemahlin in wechselseitiger Ablösung 
resp. zeitweiser Oontrole und Unterstützung die Beobachtungen allein, und nur 
auf einige kürzere Zeiträume und auf die Beobachtungstermine zwischen 7h 30° 
Vm. und 11 0° Vm. am zweiten Beobachtungstage trat für uns ein zu den 
Beobachtungen vorher geschulter Gehülfe am botanischen Garten ein, so dass 
die persönlichen Abweichungen möglichst vermieden wurden. Der Ablesende 
hielt den Beobachtungstermin genau inne; in kleinen Pausen wurde vorher 
auf den die Apparate tragenden festen Tisch mit der Hand getrommelt, um 
durch die leisen Erschütterungen die schon an sich sehr beweglichen Auxano- 
meterrollen zum genauesten Einspielen zu bringen; 15 Secunden vor der Ab- 
lesungszeit wurde mit dem Trommeln sistirt, der Bleistift zur Hand genommen, 
und 5 Secunden später das Auxanometer I abgelesen und notirt, dann ebenso 
zur vollen Ablesungszeit das Auxanometer II, dann die drei T'hermometer in 
stets gleicher und rascher Reihenfolge, dahinter die Bemerkungen über die 
Beleuchtung, sofern solche zu machen waren. Dadurch ist es möglich gewesen, 
für die einzelnen Beobachtungsgegenstände das Intervall von 5 Minuten sehr 
genau einzuhalten, was gerade hier von Wichtigkeit war. Der Bequemlichkeit 
wegen aber habe ich es vorgezogen, die Ablesungen allesammt auf dieselben 
die Beobachtungstermine darstellenden Linien, und nicht zwischen dieselben, 
einzutragen, was an der Darstellung der Curve als Ganzem nichts ändert. — 
Am Auxanometer II wurde natürlich das Wachsthum von Lamina und Stiel 
zusammengenommen beobachtet; um das der Lamina allein zu erhalten, wurden 
von den Zahlenangaben des Auxanometers II die zugehörigen des Auxano- 
meters I subtrahirt. 

Fehlerquellen. Von diesen kommen nur zwei die Auxanometer- 
ablesungen beeinflussende in Betracht. Eine derselben, eine an und für sich 
unvermeidliche in unserem Falle, wurde durch ein sehr günstiges Auswachsen 
des beobachteten Blattes gänzlich unterdrückt. Es ist nämlich klar, dass die 
Auxanometerwerthe nur dann dem wirklichen Zuwachs entsprechen und den- 


selben achtfach vergrössert darstellen, wenn die Streckung des Stieles und der 


3 
Laminaspitze in einer mit den von dort zu den Auxanometern geführten 
Drähten vollständig zusammenfallenden oder in nur sehr kleinen Winkeln ab- 
weichenden Richtung geschieht. Längere Vorbeobachtungen hatten mir gezeigt, 


dass die frei auf der Wasseroberfläche sich entwickelnden Victoria-Blätter mit 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 15) 259 


grosser Beharrlichkeit ihre einmal bei der Entwickelung angenommene Wachs- 
thumsrichtung inne halten; ohne dies würde eine Beobachtung kaum möglich 
gewesen sein, da an eine Fixirung des Blattes, um es zur Innehaltung seiner 
Wachsthumsrichtung zu zwingen, nicht gedacht werden kann, und da die 
Zugkraft der leichten Auxanometergewichte dem kräftigen Blatte kaum ein 
Hinderniss vor beliebigen Richtungsänderungen bieten würde. Unsere 36- 
stündige Beobachtung glückte dadurch vollständig, dass das Beobachtungs- 
blatt während der ganzen Zeit unverändert in seiner Ausgangsrichtung weiter 


wuchs. 


Die zweite Fehlerquelle betrifft die Ausdehnung der zu den Auxano- 
metern führenden Drähte und Fäden durch Temperatur und Feuchtigkeit. 
Diese ist so gering, dass sie meistens ganz hat vernachlässigt werden können. 
Denn da es mir nicht auf die absoluten Werthe, sondern nur auf die Sprünge 
des Wachsthums von 5 zu 5 Minuten ankam, so musste nur darauf Bedacht 
genommen werden, dass jene Sprünge in objectiver Wahrheit sich zeigten. 
Nun sind aber die Temperaturänderungen im Zeitraume von 5 Minuten meistens 
viel geringer als 1° C. gewesen, nur sehr selten grösser, ein einziges Mal 


kommt ein Sprung von fast 30 C. vor. 


Eine Veränderung um + 1°C. bringt aber in der Länge eines 1,5 m 
messenden Platindrahtes einen Längenunterschied um etwa !/;, mm. hervor, der 
sich am Auxanometerbogen als !/, Scalentheil zu erkennen giebt. Wenn man 
aber die Grössen betrachtet, um die es sich bei dieser Messung handelt, so 
erkennt man leicht die Geringfügigkeit von !/; mm. im Vergleich mit den 
beobachteten Sprüngen; und da meistens der Temperaturwechsel sich auf 
einige Zehntel Grade beschränkt, so konnte überhaupt nur selten eine Öorreetur 
Anwendung finden. Dieselbe ist aber bei Aenderungen von nahezu 1°C. mit 
0,1 mm an den Auxanometerablesungen vorgenommen, in den wenigen Fällen 
von grösserer Temperaturschwankung ist sie entsprechend vergrössert. 


Der angewendete Seidenfaden war durch Wachs seiner starken Hygro- 
skopieität beraubt, hatte lange Zeit vor der Beobachtung im feuchten Glashause 
gelegen, und erwies sich bei direeter Vorprüfung am Auxanometer als so un- 
veränderlich in seiner Länge, als es für gerade diese Beobachtungen noth- 


wendig war. 


260 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 16) 


Die Art und Weise, auf welche die jetzt zur Besprechung kommenden 
Zahlenwerthe gewonnen wurden, so ausführlich zu besprechen, schien nur des- 
halb nothwendig, weil diese Abhandlung ein zuverlässiges Material zur Prüfung 
der stossweisen Wachsthumsänderungen geben soll, und weil ich daher mich 
gezwungen fühlte, die Zuverlässigkeit durch die vorherigen Erörterungen zu 
beweisen; specifisch Neues enthalten dieselben dagegen nicht. 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 17) 261 


Ergebnisse der Beobachtung. 


Um das Resultat auf die übersichtlichste Weise zu zeigen, sind 
sämmtliche Ablesungen in der üblichen Weise zu einer Curventafel zusammen- 
gestellt; letztere bildet eine einzige fortlaufende Reihe; um die Abbrechungen 
für das Verständniss weniger störend zu machen, sind an den Rändern jeder 
Abtheilung die correspondirenden Zifferreihen der drei Scalen aufgetragen. — 
Die Curvendarstellung ist an und für sich eine so klare, für Correetheit der- 
selben habe ich so sehr Sorge getragen, dass es mir unnöthig erscheint, auch 
die Beobachtungstabellen selbst in extenso mitzutheilen, die einen bedeutenden 
Raum füllen würden. Der geneigte Leser wird daher gebeten, sich in die 
graphische Darstellung hinein zu vertiefen, und die Curventafel selbst als das 
Wichtigste zu betrachten, was ihm durch diese Abhandlung geboten werden soll. 

Die Summen der Auxanometerablesungen ergaben für Auxanometer I 
(Blattstiel) 2254,85 mm, für Auxanometer II ein Gesammtwachsthum von La- 
mina und Blattstiel — 4532,5 mm; mithin für die Lamina (von der Mitte bis 
zur Spitze) allen — 2277,7 mm. Wollen wir dies auf wahre Zuwachsgrössen 
redueiren, so hat sich der Stiel 231,3 mm, die Lamina um 284,3 mm gestreckt, 
Zahlen, welche dem schon anderweitig über das rapide Wachsthum von Victoria 
Publieirten vollständig entsprechen, da sie einen mittleren, wahren Zuwachs 
von 7,3 mm resp. 7,9 mm pro Stunde enthalten. Bleiben wir zunächst noch 
bei der Vergleichung des Wachsthums von Lamina und Stiel stehen, wobei 
nochmals darauf hingewiesen werden mag, dass sich das der Lamina immer 

Nova Acta XLIII. Nr. 3. 34 


262 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 18) 


als Differenz von den Angaben des Auxanometers I minus denen des Auxano- 
meters II ergab, so finden wir, dass die in der Totalsumme fast gleiche 
Wachsthumsgrösse beider sich aus sehr ungleichen Partialwerthen zusammen- 
setzte, dass bald das Wachsthum des Stieles, bald das der Lamina überwog, 
ohne dass eine strenge Gesetzmässigkeit darin zu erkennen wäre. 

So sehen wir in den ersten Stunden von #2 Nm. bis 10 Nm. die La- 
mina bedeutend stärker wachsen als den Stiel, der hier langsamer als sonst 
überhaupt je gewachsen ist, während von 10 Nm. an und die ganze Nacht 
hindurch das Stielwachsthum prävalirt; dann wachsen beide ziemlich gleich 
viel, aber während das Wachsthum der Lamina steigt und um 12h Mittags 
etwa sein Maximum erreicht, sinkt wiederum das des Stieles weit unter deren 
Zuwachsgrössen bis zum Abend 7k; alsdann wachsen beide wiederum ziemlich 
gleichmässig, bis um die Nachtstunden 11% und 2b der Stiel wiederum bedeu- 
tend rapider wächst, als die Lamina. — Wir sehen also, dass an einem und 
demselben Blatte gleichzeitig beobachtete Theile eine verschiedene Wachsthums- 
curve bilden, dass in unserem Falle die Lamina hauptsächlich am Tage, der 
Stiel besonders in der Nacht gewachsen ist. (Vergleiche dazu auch die weiter 
unten mitgetheilte Tabelle über das stündliche Wachsthum.) 

Richten wir nun aber unser Augenmerk auf das, was zu zeigen der 
Zweck der ganzen Beobachtung war, auf die Wachsthumsstösse, so sind diese 
ohne jede weitere Erklärung sofort auf das Entschiedenste in die Augen 
fallend. Nur sehr selten verläuft das Wachsthum auch nur einigermaassen in 
ruhigen Curven; die Sprünge wechseln unaufhörlich und sind so bedeutend, 
dass sie das mögliche Maass der Ablesungsfehler stets, und oft um ein sehr 
vielfaches, übertreffen, oft geradezu erstaunlich sind. So hat besonders der 
Stiel zwei enorme Wachsthumsstösse in den Stunden nach Mitternacht aufzu- 
weisen, die sich vor den übrigen dadurch auszeichnen, dass sie eine grössere 
Zeitdauer (etwa 1 Stunde) in Anspruch nehmen und gleichmässiger als sonst 
steigen und fallen; der letztere dieser Stösse ist dadurch noch bemerkens- 
werther, dass zwei Stunden vor seinem Auftreten der Stiel das ruhigste 
Wachsthum zeigte, was überhaupt zur Beobachtung gelangte, nämlich von 
11h 55° bis 12h 35° stets 7,0 mm. 

Halten wir die Stösse der Lamina und des Stieles zeitlich zusammen, 
so ergiebt sich auch hier, dass beide durchaus eigenartig sind; oft allerdings 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 19) 263 


— Beispiele sind leicht in der Curventafel zu finden -—- schwanken beide in 
gleichem Sinne, ebenso oft aber auch entgegengesetzt, und bei den bedeutend- 
sten Stössen des einen Theiles verhält sich der andere oft gerade besonders 
ruhig. — Ich glaube, dass diese Thatsache ein Licht auf den Grund des 
stossweisen Wachsthums überhaupt werfen kann; die Ungleichartigkeit im 
Wachsthum, welche Stiel und Lamina desselben Blattes aufweisen, wird auch 
wohl im Wachsthum kürzerer Regionen des Stieles und der Lamina gefunden 
werden, wenn man dieselben unter einander vergleichen will. Man inclinirt 
dazu, sich die Streckung eines wachsenden Blattstieles insofern gleichmässig 
vorzustellen, als man sich alle Theile desselben gleichsinnig, den grossen 
Wachsthumseurven entsprechend und von äusseren Agentien wie von eigener 
Periodieität regulirt, bald mehr bald weniger im Wachsthum begriffen denkt; 
allein vielleicht sind seine einzelnen Partien sehr autonomistisch und oft ein- 
ander in ihren Effeeten widersprechend, so dass eine accelerirende Wachsthums- 
schwankung für den ganzen Stiel dadurch entstehen könnte, dass viele einzelne 
Partien gleichzeitig wachsen, während eine retardirende Schwankung für 
seine Gesammtheit sich daraus ergeben könnte, dass momentan nur wenige 
Partien energisch wachsen. Um dies zu entscheiden, würde man ähnliche 
Beobachtungen, wie die hier mitgetheilten, mit einer grösseren Zahl von 
gleichen Auxanometern an einem einzigen Blattstiel oder einer Lamina von 
Victoria anstellen können, welche in gleichen, nicht zu grossen Abständen mit 
denselben in Verbindung gesetzt würden. 

Der Einfluss äusserer Agentien auf die stossweisen Wachsthums- 
änderungen erscheint schon aus dem Grunde als zur directen Annahme un- 
statthaft, als Lamina und Stiel so häufig einander widersprechende Stösse 
zeigen. Aber auch ohne diesen Beweis ersieht man daraus, dass gerade die 
grossartigsten Wachsthumsstösse am Stiel sich zu Nachtstunden ergeben haben, 
in denen alle äusseren Agentien fast ungeändert waren und auch schon lange 
vorher die grösste Gleichförmigkeit in Zu- oder Abnahme gezeigt hatten, die 
wenigstens nicht in einfachem Verhältniss wirkende Gewalt des Lichtes, der 
Wärme und der Feuchtigkeit. 

Bei dem unaufhörlichen Beobachten an beiden Auxanometern habe ich 
auch meine Aufmerksamkeit darauf gerichtet, ob sich innerhalb der 5 Minuten 
währenden Ablesungspausen eine ähnliche Ungleichförmigkeit zeigte. So oft 

34* 


264 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 20) 


die Zuwachsgrössen so beträchtlich waren, dass sich das Wachsthum in halben 
oder ganzen Minuten, zuweilen sogar in deren Vierteln, mit einer noch ge- 
nügenden Genauigkeit controliren liess, ebenso oft notirte ich auch in diesen 
sehr kurzen Zeiträumen eine der gezeichneten Curve vergleichbare Ungleich- 
förmigkeit im Wachsthum. Dasselbe stieg und sank oft mehrmals in einem 
Zeitraume von 5 Minuten, so dass auch die in den Curven dargestellten 
Werthe nur die Summen von unter sich vielfach ungleichartigen Theilen sind. 
Es wäre interessant und wünschenswerth gewesen, einige dieser Special- 
beobachtungen genauer auszuführen; allein die Ablesungsgenauigkeit an den 
Auxanometern erschien mir für so kleine Zeiträume wegen -der bedeutenden 
Fadenlänge nicht gross genug, um für einen naturwahren Ausdruck bürgen 
zu können; und so mag denn die Bemerkung genügen, dass die in diesen 
sehr kurzen Zeiträumen beobachteten Wachsthumsstösse ein ähnliches Bild 
ergaben, wie Reinke’s3) zu gleichem Zweck mitgetheilte Tabelle VIIL*) 

Die stetige Ungleichförmigkeit tritt also hervor, gleichgültig, ob man 
für alle halbe Minuten, oder für alle 5 Minuten, oder für alle Stunden die 
Zuwachsgrössen abliest; aber es giebt ein gewisses Zeitmaass (dasselbe wird 
wohl specifisch verschieden sein), in welchem sie am meisten bei den 
Beobachtungen hervortritt. So schienen mir die Wachsthumsstösse innerhalb 
von 5 Minuten nicht so bedeutend zu sein, als die in den Summen des 
Wachsthums von 5 zu 5 Minuten; wie es sich aber bei der Summirung der 
fünfminutlichen Ablesungen verhält, kann Jeder leicht aus den Curventafeln 
ersehen. Je nachdem man die Abschnitte wählt und summirt, sei es zu 
Viertel-, halben oder ganzen Stunden, stets wird man in der fortlaufenden 
Reihe stossweise Aenderungen vorfinden, weil man bald die Ungleichartigkeit 
des Wachsthums durch die Addition vernichtet, bald im richtigen Maass dar- 
stellt, bald aufeinander häuft. Erst bei Summirung zu sehr langen Zeiträumen 
verschwinden die einzelnen Schwankungen und stellt sich die grosse Periode 
oder ein anderer Einfluss heraus. 

Es sind im Folgenden, um dies anschaulich zu machen, die Summen 
für stündliches und vierstündiges Wachsthum aus den Einzelablesungen für 
5 Minuten gebildet. 


®) ]. ec. pag. 31 des Separat-Abdruckes; pag. 127 des Originals in Bot. Ztg. 1876. 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 21) 265 
2 ’ Auxanometer I, || Auxanometer II, N x Vierstündige 
* R Zuwachs uwachs von > x uwachssummen 
Tag und Tageszeit. Stunde. des Bande! Be en! käureobe) des der 
| (Stündl. Zuwachssummen aus 12Beobachtungen ) Blattstieles. Lamina, 
Mittwoch, den | 4— 5% | 45,7 1045 | 58,8 
4. August Nm. 5h__ 6h J 
g | 6 20,8 85,3 64,5 2,2 256,8 
| on 9,0 58,0 79,0 
Tu — gi 16,7 71,0 54,3 
gn— ga 26,3 115,5 89,2 1 | 
9b 10% 54, 26,7 723,1 | Il I 
u 1 9735 II 296,1 1 
| 1081 1% 93,2 | 163,0 68,8 | N | 
ei A | 99,4 | 165,4 66,0 | [1 | 
Donnerstag, den | 12— 1" 127,9 186,5 | 586 1 
5. August Vm. | 1 — 2 | 1482 205,8 57,6 | II | 
| = >| ‚471,4 11 230,6. | 
| | 229) 1908 | 185 62,7 | N 
(el 75 126,2 1,7 || 
| 0 5% 51,8 109,8 58,0 
| 56h 5 
6 51,8 111,1 9,3 932,9 955.6 
6 7 52,0 112,2 60,2 
Herz — a8 77,3 155,4 78,1 
gr — gh s4,5 1812 | 96,7 
11 h - 
910 80,9 168,0 87,1 288,4 393,9 
I 1—ım |) 64,1 159,9 95,8 | 
Im | 58,9 1732 | 1143 | 
Mittag. | 19? — 1% 51,2 | 1635 | 111,3 
Nm, | it ah 52,2 153,3 101,1 
- 188,7 405,0 
ee BETT 136,8. | 98,8 k 
3b — 4h 47,3 141,1 i 93,8 
4u— 56 63,6 143,4 79,8 
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nn [u = Urt 
5 | 54,0 128,3 |) 74,5 246,4 246,4 
6 75 73,2 122,2 49,0 
m— gh 55,6 98,9 43,3 | 
| 65 96,5 523,0 | I | 
h__4ga ) I I 
910 60,6 122; 61,61 282,6 li 213,6 1 
108 — 11" 74,2 127,0 52,8 if 
| 1-1 | 853 132,5 47,2 | Il | 
: E I l 
Freitag, den | 1% — 1 | 80,5 134,0 | MN N 
6. August Ym. Ben „ I I 
g 1— 2 74,8 117,9 1 | 3497 II 185,0 1 
| I an | 198,4 170,3 1,0 | Il 
REEL | | 
3h— qh 66,0 112,5 46,5 | N I 


Die Zeiten der völligen Dunkelheit von 8° Nm. bis 4" Vm. sind bei den vierstündigen Zuwachs- 
summen durch nebengesetzte gebrochene schwarze Linien hervorgehoben; die Maxima sind fett gedruckt. 


266 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 22) 


Die Schwankungen in den stündlichen Wachsthumsgrössen entsprechen 
sehr gut den von Caspary?) beobachteten, die mir zuerst das Lehrreiche 
des Victoria-Wachsthums für die Wachsthumsmechanik überhaupt nahe legten. 
Es ist interessant zu sehen, wie verschieden unsere Wachsthumscurve ausfallen 
würde, wollte man ihr die stündlichen Summen zu Grunde legen; wenn auch 
. die grössten Wachsthumsstösse sich in letzteren noch kundgeben, so sind sie 
doch oft in ihrer Stärke verwischt (wie sich z. B. für den Stiel am 5. Aug. 
Vorm. 1—3R aus der Vergleichung der Curve mit obiger Tabelle ergieht); 
kleinere, d. h. rascher vorübergehende Stösse finden sich gar nicht mehr in 
den Stundensummen ausgedrückt, wie z. B. am 5. Aug. Vorm. 6—$b, um 11h, 
um 125 Mittags und 1» Nachm. für die Lamina, ferner um Sh und 9b Nachm.; 
endlich zeigen die stündlichen Summen Stösse, wo die Curve nur ein sanftes 
Ansteigen oder Fallen aufweist, weil der Zufall es bei der Stundentheilung 
so mit sich gebracht hat. Diese an und für sich selbstverständlichen Dinge 
an der Curventafel zu erproben ist deswegen in einiger Beziehung interessant, 
weil man dadurch ein Urtheil über die Leistungsfähigkeit von stündlichen 
Beobachtungen erhält, die doch meistens angestellt werden. Fast erscheint 
darnach dieser Zeitraum als zu gross, wenigstens bei Pflanzen, welche wie 
Victoria starken stossweisen Wachsthumsänderungen ausgesetzt sind, wenn es 
sich um genaue Controle handelt. 

Der Einfluss von Licht und Wärme, wenn wir von der Feuchtigkeit 
überhaupt absehen wollen, erscheint nirgends deutlich ausgeprägt, ebensowenig 
eine gemeinschaftlich Stiel und Lamima beherrschende Periodieität, wohl aber 
eine besondere für jeden Theil (vergleiche die vierstündigen Wachsthumsummen 
der vorstehenden Tabelle). Dabei erscheint zweifelhaft, ob die Lamina ihr 
stärkstes Wachsthum in den Stunden vor und nach Mittag der dort erhöhten 
Temperatur, der allerdings die Lichtwirkung widerstrebt, verdankt, oder der 
Periodieität im Sinne Baranetzky’s®); jedenfalls hat der Stiel sein stärkstes 
Wachsthum zur Zeit kühlerer Wassertemperatur aber intensiver Dunkelkeit, 
Wovon 


nach Mitternacht, und zwar nur eine Stunde lang sehr intensiv. 
diese Verschiedenheit in Stiel und Lamina abhängt, und ob die änsseren 
Agentien oder die Periodieität dabei die wirksamen Factoren sind, lasse ich 
gänzlich dahingestellt, da der Zweck der hier mitgetheilten Beobachtung ein 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen etc. (p. 23) 267 


ganz anderer war, nämlich der, das Wesen der stossweisen Wachsthums- 
änderungen an einem Beispiele zu erörtern. Um andere Fragen, die man 
aufwerfen könnte, zu beantworten, hätte es der ausgedehnten Beobachtung 
vieler Blätter bedurft. 


Schluss. 


Es mögen nun schliesslich noch einige Erörterungen über den Anschluss 
der hier mitgetheilten Beobachtungen an die frühere Literatur Platz finden, 
und zwar, um Weitläufigkeiten zu vermeiden, nur mit Berücksichtigung der 
“oben eitirten Arbeiten von Caspary?), Reinke?) und Baranetzkyt), als 
der in erster Linie einschlägigen Schriften. 

Caspary’s Beobachtungen sind aus dem Grunde zur Ergänzung der 
meinigen sehr wichtig, weil sie über ein sehr grosses Material stündlicher 
Beobachtungen verfügen, welche ganz dasselbe wie die im vorigen mitgetheilten 
stündlichen Wachsthumssummen lehren. Ein Blick auf die Tabelle II*) zeigt 
ebenfalls die grosse Ungleichartigkeit des Wachsthums ohne besondere Rück- 
sicht auf Tagesstunde oder auf einen der gleichzeitig beobachteten äusseren 
Factoren. Besonders interessant ist aber das ungleiche Schwanken für das 
gleichzeitig gemessene Längswachsthum der Lamina von der Mitte zur Spitze, 
zur Basis und zu einer Flanke; da diese grossen beobachteten Verschieden- 
heiten im Strecken verschiedener Theile derselben Lamina als Analoga zu der 
von mir hervorgehobenen Autonomie im Stiel- und Laminawachsthum dienen 
können, so sind hier aus Caspary’s Tabelle einige Zahlen als Beleg dafür 


ausgerechnet. 


*%) ]. ie. pas, 124 n.2125. 


268 Professor Dr. Oscar Drude. (p. 24) 


Ne Be - Zuwachs in Millimetern, T omp eratur Tomperatur ® satire 
1854. aneike, | Spitze. Basıs Wassers. Luft. keit. 
o| | 
vm. |1e—1m| 5 4 4 |8/2502R1506R 93% 
mm 13 10 10 |#12600 1543 |. 89 
Nm. |122— 1r| 125 | 12 6_|212602 |1604 | 87 
pl 12 9 10,5 82691 |1738 | 88 
23») 75 | 9 65 1212509 1803 | 86 
2 —_ A| 75 7,5 5 |819507 '|ı809 | 8 
a 5 9 4,5 4 2508 1809 | 87 
5 | 13,5 5 5 2508 jı706 | 8 


Von den weiteren Ausführungen und Berechnungen Caspary’s ver- 
dient noch aus der Tabelle IV hervorgehoben zu werden, dass die Mittel- 
nahme für die verschiedenen Theile der Lamina bei allen Schwankungen doch 
darin zu einem einheitlichen Resultate führt, dass stets das stärkste Wachs- 
thum auf den Mittag fällt. 


Der Schluss Caspary’s, dass das tägliche Wachsthum der Lamina 
ein grosses, auf die Tagesmitte fallendes, ausserdem ein kleines, auf die 
Nacht fallendes Maximum und zwei dazwischen auftretende Minima besässe,*) 
erscheint schon nach dessen eigenen Beobachtungen gezwungen und braucht 
bei dem jetzigen Stande der Kenntnisse wohl nicht genauer discutirt zu wer- 
den, da man weiss, dass sich die Periodieität bei inconstanten äusseren Be- 
dingungen einer sicheren Beobachtung entzieht. 


Reinke hatte sich besonders die Aufgabe gestellt, zu untersuchen, „ob 
alle Aenderungen der Wachsthumsintensität von äusseren Umständen indueirt 
werden, oder ob es Schwankungen giebt, die bei Constanz der äusseren 
Agentien sich spontan vollziehen“. Wenn er diese Frage dahin beantwortet **), 
„dass die Schwankungen nicht geringer werden, je constanter die äusseren 
Agentien gehalten werden, ja dass gerade die unter Wasser bei constanter 


®) ]. ec. pag. 130 und pag. 168, Resultat 4. 
=%*) ]. c. Separatabdruck pag. 35; Bot. Ztg. 1876, pag. 132. 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen ete. (p. 25) 269 


Temperatur im Dunkeln wachsenden Individuen besonders heftige Schwankungen 
ihrer Wachsthumsintensität darbieten, dass diese Schwankungen sich im Licht 
und im Finstern zeigen, dass sie weder an mehreren gleichzeitig beobachteten 
Pflanzen übereinstimmen, noch irgend welche Aehnlichkeit mit den Temperatur- 
und Luft-Feuchtigkeits-Curven zeigen“, so habe ich der Bestätigung dieser 
Meinung durch meine mit einfacher construirten Apparaten gewonnenen Zahlen 
noch hinzuzufügen, dass diese Schwankungen auch nicht einmal an verschie- 
denen Stücken eines und desselben Pflanzentheils übereinstimmen, wenigstens 
bei Victoria nicht übereinstimmend gefunden sind. — Der von Sachs*) ge- 
machten Bemerkung, dass die stossweisen Aenderungen des Wachsthums um 
so weniger hervortreten, je weniger die äusseren Wachsthumsbedingungen 
varüren, steht die Thatsache, dass der Blattstiel von Victoria in der Zeit 
nach Mitternacht den stärksten Wachsthumsstoss, und kurz vorher bei ebenso 
fast constanten äusseren Bedingungen die grösste Gleichförmigkeit im Wachs- 
thum zeigte, entgegen. 

Baranetzky’s Beobachtungen gingen dahin, dass Pflanzen mit gut 
erkennbarer Periodieität im Längswachsthum wenig Schwankungen, solche aber 
mit starken stossweisen Aenderungen eine gut erkennbare Periode nicht zeigten ; 
es scheint darnach Victoria zu der letzteren Klasse von Pflanzen zu gehören. 
Auch sollen nach ihm die stossweisen Aenderungen nur in dem Maasse er- 
scheinen, als die Neigung der Pflanze zum Wachsen in täglichen Perioden 
geschwächt wird. Auch er ist der Meinung, „dass die Schwankungen offenbar 
von Ursachen herrühren, welche in der inneren Organisation der Pflanze ge- 
geben und darum immer thätig sind“ **). Allein seine an derselben Stelle 
mitgetheilten Beobachtungen über die Zeitdauer und Amplitude der Wachsthums- 
stösse sind durch die Lehren, welehe man aus dem Vergleich meiner Fünf- 
Minuten-Beobachtungen mit den berechneten stündlichen Zuwachssummen ziehen 
kann, zu corrigiren; stündliche Beobachtungen reichen wenigstens zu einem 
Gesammturtheil über die stossweisen Wachsthumsänderungen nicht aus. 


*) Arb. d. bot. Inst. zu Würzburg, I, pag. 103, Anm. 2. — Lehrbuch, 4. Aufl., 
pag. 794. 
Fl e: pa22 6: 
Nova Acta XLIO. Nr. 3. 35 


270 Professor Dr. Oscar Drude (p. 26) 


Und so hoffe ich denn, der Erkenntniss von deren Grösse und Dauer, 
von ihrer Wichtigkeit für die Theorie und Praxis in der Mechanik des 
Wachsthums, durch die Mittheilung meiner Specialbeobachtung einigen Vor- 
schub geleistet zu haben. 


Die stossweisen Wachsthumsänderungen ete. (p. 2%) 271 


Erklärung der Tafel IX. 


Graphische Darstellung des Wachsthums des Blattstieles (p) und der Lamina (1) 
von dem beobachteten Victoria-Blatte, der Luftfeuchtigkeit (h), der Wassertemperatur (t) 
und der Lufttemperatur (t‘), während 36 Beobachtungsstunden, von 5 zu 5 Minuten 
aufgetragen. 

Die untere Hälfte der Curventafel schliesst sich unmittelbar an die obere an, 
wie aus der am unteren Rande angegebenen Zeit hervorgeht; sämmtliche Curven sind 
also durchlaufend. 

Die Beleuchtung ist über jeder Hälfte angegeben, zu gewissen Zeiten in den 
Zahlenwerthen des oben (p. 254) erläuterten Apparates, sonst mit den üblichen Be- 
merkungen. 

Das Grundnetz enthält die Scalen für die Wachsthumsgrössen (in Millimetern 
der Auxanometer, gleich dem achtfachen wirklichen Werthe), für die Temperaturen und 
die Luftfeuchtigkeit in Procenten- des Wassergehalts; es beziehen sich also die dem 
rechten und linken Rande jeder Curvenhälfte zunächst stehenden Ziffern von 1 bis 20 
auf die Curven p und 1, die dann folgenden Gradzahlen von 16° bis 35° auf die 
Curven t und t‘, die zu äusserst stehenden Procentzahlen von 50 bis 100% auf die 
Curve h. 

In der oberen Hälfte der Tafel ist zwischen 4: Nm. und 8: Nm. noch eine 
sechste, mit sehr starker Linie ausgeführte Curve ohne Buchstabenbezeichnung ein- 
getragen: diese giebt die wirklichen Ablesungen am Auxanometer II für die ersten vier 
Beobachtungsstunden an, enthält also die Summe der Zuwachsgrössen von Stiel und 
Lamina, während die Curve 1, für die Lamina allein, aus der Differenz der Angaben 
am Auxanometer I und II hervorgegangen ist. Die genannte Curve zeigt, dass die 
Summe des Zuwachses von Stiel und Lamina ein anderes Bild gewährt, als die Partial- 
werthe für sich zeigen, ist aber, um die Deutlichkeit der Tafel nicht zu beeinträchtigen, 
um 8 Nm. abgebrochen gezeichnet. 


4 


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O Drude: Wachsthum der Blätter einer Victoria regia.. 


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der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher 
Band XLIH. Nr. 4. 


Ueber 


die fossilen Pflanzen 


des 


Süsswassersandsteins von Grasseth. 


Ein neuer Beitrag 
zur 


Kenntniss der fossilen Pflanzen Böhmens 


von 


Hermann Engelhardt, M. A.N., 


Oberlehrer an der Realschule I. Ordnung zu Neustadt - Dresden. 
Mit 12 Tafeln Nr.X-XXI. 


Eingegangen bei der Akademie den 28. Juli 1880 


HALLE. 
"1881. 


Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. 


Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. 


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Einleitung. 

Es war im Jahre 1840, als Rossmässler in seinen „Beiträgen zur 
Versteinerungskunde“ die pflanzlichen Einschlüsse des Braunkohlensandsteins 
aus der Gegend von Altsattel bearbeitete. Seit dieser Zeit ist nur wenig ge- 
schehen, die Kenntniss derselben zu erweitern, weshalb ich ausser einem 
anderen später zu berührenden Grunde bei Durchforschung der Cyprisschiefer- 
gebiete Nordböhmens (S. „Ueber die Cyprisschiefer Nordböhmens und ihre 
pflanzlichen Einschlüsse“. Sitzgb. d. naturwiss. Gesellschaft Isis in Dresden, 
1879, Hft. IH u. IV) mein Augenmerk auf sie richten zu müssen glaubte, zu- 
mal mich Herr Prof. Dr. Laube in Prag schon früher dazu aufgemuntert hatte. 

Obgleich ich nun in Altsattel selbst auf beiden Seiten der Eger die 
Gesteinsverhältnisse studirte und Petrefacten sammelte, dasselbe auch am 
Steinberge bei Davidsthal that (Vgl. Jahrb. d. k. k. geolog. Reichsanstalt, 
1857, S. 494), so entschloss ich mich doch, eine Bearbeitung der an beiden 
Orten gefundenen Pflanzenreste nicht vorzunehmen, sondern einer dritten bis- 
her noch nicht gewürdigten Lokalität gleicher Art meine vollständige Auf- 
merksamkeit zuzuwenden. Ich fand sie an der unterhalb Falkenau hinter 
dem Dorfe Königswerth aufsteigenden, dem Egerufer entlang bis Altsattel 
laufenden „Grassethhöhe“ und zwar auf der dem Dorfe Grasseth zugewendeten 
Seite, wo zur Zeit des Baues der von Karlsbad nach Eger führenden Eisen- 
bahn Steinbrüche eröffnet worden waren, um das daselbst in Menge vorhandene 
z. Th. sehr brauchbare Gesteinsmaterial zu verschiedenen Bauten zu verwenden. 

Da der Altsatteler Süsswassersandstein und der von Grasseth ein und 
dieselbe Bildung sind, so war es nur zu natürlich, dass ich bei beiden völlig 
gleiche Verhältnisse vorfand, so dass, was ich von der einen Lokalität anzu- 
geben im Stande bin, zugleich für die andere gilt. 

Der Sandstein ist nicht durchgängig von gleicher Beschaffenheit. Stellen- 
weise tritt er conglomeratartig auf, schichtenweise äusserst hart, fast hornstein- 

36 * 


276 Hermann Engelhardt. (p. 4) 


artig, häufiger jedoch grob oder feinkörnig, auch feingeschichtet und wegen 
Mangel an Bindemittel mürbe und zerreibbar. Weiss, grau, gelblich, mitunter 
auch röthlich von Farbe, ist er an manchen Stellen von Eisenoxydhydrat stark 
gelb oder braun gefärbt, während an anderen dasselbe nur in Form von 
Streifen verschiedener Breite auftritt oder auf Kluftflächen in dendritischer 
Gestalt sich abgeschieden hat. In allen Varietäten sind silbergraue Glimmer- 
pünktchen sichtbar. Somit ist seine Beschaffenheit dem im Mittelgebirge und 
seinen Rändern, dem auf der Salesiushöhe bei Ossegg, am Purberg bei 
Tschernowitz und vielen anderen Orten als unterstes Glied der böhmischen 
Tertiärformation auftretenden Sandsteine gleich, nur mit dem Unterschiede, 
dass diesen Lokalitäten die feinschiefrige Abänderung fehlt. 

Nicht alle Schichten bergen gleichviel Pflanzenreste. In den meisten 
kommen sie vereinzelt vor, dagegen in mehreren in der oberen Region befind- 
lichen geradezu massenhaft. Hier bestehen sie aus zahlreichen dünnen Lagen 
durcheinandergeworfener Blätter und dies ist die Ursache, dass sie dünn- 
schieferig werden. Die vielfach auftretenden welligen Biegungen in denselben 
erschweren das Herausarbeiten vollständig erhaltener Blätter ungemein trotz 
aller Sorgfalt, die darauf verwendet wird. Die oftmals papierdünnen spröden 
Schichten werden vielfach beim Spalten zerstört und das förmliche Ineinander- 
pressen verschiedenartiger Blätter, in Folge deren man die Nervation derselben 
an ein und derselben Stelle zugleich beobachten muss, machen das Material 
zur Bearbeitung theilweise gänzlich ungeeignet. Dazu kommt, dass die Pflanzen- 
reste im mürben Sandsteine fast alle schlecht erhalten sind. Trotz dieser 
Schwierigkeiten, die dem Sammler entgegentreten, gelang es mir doch, die 
immerhin nicht zu verachtende Anzahl gut erhaltener und wohlbestimmbarer 
Stücke zu bekommen, die im Folgenden bearbeitet sind. 

Nicht unerwähnt darf ferner bleiben, dass zahlreiche Verwerfungen, 
wenn auch in nur ganz unbedeutendem Masse, zu beobachten sind, die zur 
Zerreissung von Blättern führten, deren einer Theil immer etwas höher liegt, 
als der andere, und zugleich seitwärts geschoben ist. Möglich, dass sie durch 
die bis hierher sich fortgepflanzten in Folge der Entfernung gedämpften Er- 
schütterungen, welche die basaltischen Ausbrüche im Karlsbader und Duppauer 
Gebirge hervorgerufen haben, entstanden, möglich, dass sie einzig der Con- 
traction der Sandmassen ihre Entstehung verdanken. Die Verwerfungsspältchen 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 5) 277 


wurden später mit einer glänzendgrauen dichten kieseligen Masse ausgefüllt 
und durch diese die verworfenen Schichten äusserst fest zusammengekittet. 
Stellenweise fand ich die Spalten jedoch grösser und drängte sich in sie die 
bindende Kieselmasse wie ein starker Keil. 

Die uns in diesen Schichten aufbewahrten Reste sind durchgehends 
pflanzlicher Natur und bestehen beinahe nur aus den von ihren Stengeln los- 
gelösten Blättern, die sehr häufig von einer Schicht sehr feinen Kieselmehles 
bedeckt sind, zwischen denen sich hier und da unbestimmbare Stengelstücke 
von geringerer oder bedeutenderer Länge befinden, während von Früchten nur 
solche von Steinhauera und ein Fragment vom Zapfen der Pinus oviformis 
von mir gefunden wurden. 

Die Blätter müssen in frischem Zustande in die Sandmassen des 
Falkenau-Karlsbader Sees eingebettet worden sein, da sie flach ausgebreitet 
daliegen und durch Dürre hervorgerufene Verbiegungen, sowie Spuren des 
Macerirens und Blattpilze nicht zeigen. Nur einmal ist mir ein Fragment von 
Rhamnus Rossmässleri mit solchen, und zwar von Altsattel, zugekommen. Die 
organische Masse ist verschwunden und an ihre Stelle Kiesel getreten; nur 
bei den Früchten von Steinhauera macht sich schwarze, kohlige Substanz be- 
merkbar. Rindenstücke sind selten, ebenso Stammstücke, die aber nie in den 
blätterschichten auftreten; von Blüthen ist keine Spur vorhanden. 

Fragen wir nach dem Material, aus welchem sich der Süsswassersand- 
stein von Grasseth und Altsattel gebildet, so weisen uns die feinen silber- 
farbigen Pünktchen in demselben auf ein Gestein hin, das Glimmer enthalten 
musste. Für angemessen dürfte es erscheinen, dasselbe nicht in grösserer 
Entfernung, sondern in der Nähe zu vermuthen. Als solches bietet sich un- 
gesucht der Granit der Karlsbad-Ellbogener Gegend, sowie der an verschie- 
denen Stellen am Fusse des Erzgebirges auftretende dar. Das wegen seiner 
porphyrartigen Structur, wegen seines Reichthums an grossen Feldspath- 
krystallen der Verwitterung leicht zugängliche Gestein wurde mit der Zeit 
an seiner Oberfläche mehr und mehr gelockert, zerbröckelt und durch Regen 
entweder unmittelbar oder mittelbar durch ‚Bäche dem See zugeführt, wo es 
sich mit Hilfe von Bindemitteln zum heutigen Sandsteine umwandelte. Sicher 
geschah dies nur mit einem Theile des neu entstandenen Materials, so dass 
sich nach und nach ein guter, die Vegetation fördernder Boden entwickeln 


278 Hermann Engelhardt. (p. 6) 


konnte, der sicher, wie heutigen Tages, auf dem Gebirge mehr sandig war, 
an den Gehängen aber T’hon- und Kieselgehalt in ungefähr gleichem Ver- 
hältniss zeigte. Die Folge davon musste die sein, die man auch in jetziger 
Zeit in demselben Gebiete zur Genüge beobachten kann, dass auf den Höhen 
sich Coniferen, an den Geländen Laubhölzer ansiedelten, auf deren Gedeihen 
besonders die vom zersetzten Feldspath herrührenden T'heile ungemein günstig 
einwirken mussten. 

Ist dies richtig, so ist auch das ausschliessliche Auftreten von Blättern 
und das auffallende Zurücktreten von Nadeln und Zapfen in dem Sandsteine 
erklärt. Das unmittelbare Herantreten der dicotyledonen Pflanzen an den See 
begünstigte nur zu sehr das Zuführen ihrer Blätter in denselben, während von 
den auf den Höhen befindlichen Uoniferen nur wenige 'T'heile unter günstigen 
Verhältnissen dahin zu gelangen vermochten. 

Da die Verhältnisse bei der Ablagerung des älteren tertiären Sandsteins 
in Böhmen nicht überall völlig gleichlagen, so wird man auch nicht überall 
auf genau dieselben Erscheinungen zu rechnen haben. Man wird sich z. B. 
nicht wundern dürfen, dass in Bezug auf Zahl der Individuen die Blattpflanzen 
im T'schernowitzer Sandsteine ganz und gar zurücktreten und die Coniferen 
so dominiren, dass man leicht T’ausende von Zapfenabdrücken und eine Menge 
von Coniferenstammstücken dort zu sammeln im Stande ist. Habe ich doch 
schon in meiner Arbeit „Ueber die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins 
von Tschernowitz“ (Nova Acta Bd. XXXIX, Nr. 7) erklärt, dass die Gneisse 
des Erzgebirges, auf denen auch die in jenem eingebetteten Reste gewachsen 
sein missen, das Material zur Bildung desselben hergegeben haben. Da nun 
der sich zersetzende Gneiss bekanntlich in der Gegenwart besonders das 
Wachsthum des Nadelholzes begünstigt und es in der Tertiärformation nicht 
anders gewesen sein kann, so ist die verschiedene Vertheilung der Vegetation 
an beiden Orten sofort gedeutet. 

Sollte es nicht möglich sein, auch anderwärts die Differenzirung gleich- 
zeitiger nicht weit von einander befindlicher vorweltlicher Floren durch die 
Verschiedenheit der Bodenverhältnisse erklären zu können? Bisher wurde 
meines Erachtens zu wenig darnach geforscht und ist uns deshalb ein wesent- 
licher Factor der pflanzengeographischen Verhältnisse der Vorwelt entgangen. 

Habe ich nun oben eine Erklärung für das vorherrschende Auftreten 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 7) 279 


der Blätter von Laubhölzern innerhalb des gesammten Sandsteins unseres 
Gebietes zu geben versucht, so noch nicht eine dafür, dass in oberen Schichten 
dieselben plötzlich auffallend massenhaft auftreten und in nicht allzumächtiger 
Schicht dicht über- und untereinander liegen. Diese Erscheinung deutet sicher 
auf ein ungewöhnliches Ereigniss hin, das die Pflanzen schnell und mit Gewalt 
eines grossen T'heiles ihrer Blätter beraubte, dieselben z. Th. weithin führte 
und den Fluthen des Sees übergab. Damit stände auch nicht in Widerspruch, 
dass öfter auf Platten mehrere Blätter einer Art bei einander liegen, im Ganzen 
aber die Gesammtmasse der Blätter sich als zusammengewürfelt darstellt. Am 
natürlichsten erscheint es mir, einen Orkan dafür anzusprechen, da ein Wolken- 
bruch sicher auch viel Holz mit fortgeführt hätte. 

Werfen wir, nachdem wir die allgemeinen Verhältnisse der uns be- 
rührenden Grasseth-Altsatteler Sandsteinbildung, soweit sie zum Verständniss 
derselben unbedingt nöthig waren, besprochen haben, einen besonderen Blick 
auf die in ihnen eingebettete Pflanzenwelt, so finden wir an Arten am zahl- 
reichsten vertreten die Gattungen Quercus, Laurus, Cinnamomum und Rhamnus, 
der Zahl der aufgefundenen Blätter nach zu urtheilen, an Individuen die Arten 
Quercus furcinervis, Ficus lanceolata, Laurus ocoteaefolia, L. protodaphne, Cin- 
namomum „Buchi, O. lanceolatum, ©. polymorphum, Rhamnus Rossmässleri, Rh. 
Decheni und Chrysophyllum reticulosum, unter ihnen wieder am meisten die 
erste und letzte. Eine Vergleichung dieser tertiären Reste mit den ihnen 
ähnlichen jetztweltlichen Arten lässt uns in ihnen Vertreter verschiedener 
Vegetationsgebiete erkennen, unter denen die tropischen und subtropischen 
Gegenden nicht die kleinste Rolle spielen. 

Stellen wir die fossile Flora Grasseths aber den von anderen tertiären 
Lokalitäten bekannten’ gegenüber, so frappirt ihre überraschend grosse Aehn- 
lichkeit mit der von Quegstein und Allrott am Niederrhein, die von Weber 
in Palaeontogr. Bd. II bearbeitet wurde. Dazu kommen noch die, ich möchte 
sagen, von der Natur fast photographisch genau wiedergegebenen Gesteins- 
verhältnisse in beiden Gebieten. Wer Weber's Einleitung mit der meinen 
vergleicht, die unabhängig von ihr niedergeschrieben wurde, um rein öbjectiv 
zu bleiben, wird wegen der grossen Uebereinstimmung beider im Inhalte die 
meinige leicht für eine blosse Nachbildung derselben halten können. So gross 
ist die Gleichheit der Verhältnisse! 


280 Hermann Engelhardt. (p. 8) 


Ohne Zweifel müssen wir beide als gleichalterig betrachten. 

Es fragt sich nur, welcher Stufe sie einzuordnen seien. Die von mir 
bearbeiteten, auch in dem unteren Sandstein eingeschlossenen Floren von 
Schüttenitz bei Leitmeritz (Vgl. Tertiärpflanzen a. d. Leitm. Mittelgeb., Nova 
Acta Bd. XXXVIH, S. 413) und die von T'schernowitz bei Commotau 
(Vgl. Ueber d. foss. Pflanzen d. Süsswassersandst. von T'schernowitz, Nova 
Acta Bd. XXXIX, 3. 391) wies ich nach bestem Gewissen und Wissen dem 
Aquitanien und zwar der unteren Abtheilung desselben zu. Ich kam zu die- 
sem Resultate einzig und allein, indem ich die an beiden Orten gefundenen 
Pflanzenreste mit den an anderen Orten, von denen eine Altersbestimmung 
vorlag, verglich. Freilich übertiel mich dabei, ich gestehe es gern, das 
Gefühl, als sei es leicht möglich, dass ich etwas zu hoch gegriffen habe. 
Um völlig klar zu werden und einen etwa vorgekommenen Fehler wieder 
gut machen zu können, unternahm ich neben anderen Untersuchungen die der 
im Folgenden behandelten Flora, wozu mir auch die ungemein anregende 
Arbeit Stur's: „Studien über die Altersverhältnisse der nordböhmischen Braun- 
kohlenbildung“ (Jahrb. d. k. k. geol. Reichsanstalt, 1879, Bd. 29, Hft. 1) einen 
Anstoss gab. 

Bei dem Auseinandergehen der Meinungen der Forscher über, das Alter 
verschiedener tertiärer Gebilde darf es nicht Wunder nehmen, wenn von Seiten 
der Phytopaläontologen dann und wann angreifbare Resultate geliefert werden. 
Wenn z. B. Gestein und Flora von Göhren (Vgl. Tertiärfl. v. Göhren, Nova 
Acta XXXVL S. 4, 37) und Priesen bei Bilin ganz gleich sind, so müssen 
sie auch für gleichalterig gehalten werden. Es war daher angemessen, die 
Flora des erstgenannten Ortes derselben Stufe einzureihen, in die C. v. Ettings- 
hausen die des zweiten schon gebracht hatte, zumal von der ersteren Lokalität 
kein so reichhaltiges Material vorlag, als von der zweiten. War aber, wie 
Stur gezeigt, die Bestimmung v. Ettingshausen’s zu hoch gegriffen, so musste 
es natürlich auch die meinige sein. Nur von der Rechnung darf man völlige 
Richtigkeit verlangen, die aus völlig richtigen Factoren gezogen ist. 

Dazu kommt noch, dass ja die Floren unmittelbar aufeinanderfolgender 
Stufen oft die grösste Aehnlichkeit zeigen, welche, besonders bei nicht reich- 
haltigem Material, aus dem u. A. nicht zu ersehen, welche Pflanzen die herr- 
schenden waren, leicht zu kleinen Fehlern Veranlassung geben kann und dass 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 9) 281 


fast jede neue Arbeit uns Pflanzen in Stufen zeigt, in denen sie früher nicht 
beobachtet wurden. Die Erschliessung neuer Fundorte wird sicherlich immer 
mehr die Unvollkommenheit unserer Kenntniss aufheben und die Umwandlung 
der bis jetzt oftmals nur zu ermöglichenden Wahrscheinlichkeitsrechnung zu 
einer völlig wahren und sicheren vollziehen. Fehlende Mittelglieder erschweren 
nicht selten das Auffinden des völlig Richtigen. Kommen doch auch dem 
Paläontologen nicht selten Petrefacten von nicht völlig ausgebeuteten oder aus- 
heutbaren Lagerstätten zu, bei denen nur zu leicht der Zufall spielt, mehr für 
eine Stufe unwesentliche als wesentliche zu bieten. Wie man aber durch Neu- 
funde, besonders von Zwischenformen, in den Stand gesetzt wurde, bislang 
getrennte Arten in eine zu vereinen, so dürfte leicht auch die Zeit kommen, 
in welcher man Lokalitäten, denen man bisher verschiedenes, wenn auch nicht 
wesentlich verschiedenes Alter, zuzuweisen genöthigt war, einer und derselben 
Zeit einreihen dürfte. 

Bekanntlich hat Beyrich (Vgl. Ueber d. Zusammenhang d. nordd. 
Tertiärbildungen, Abh. d. k. Akad. d. Wiss. zu Berlin, 1855) die niederrheinische 
Braunkohlenbildung der tongrischen Stufe zugewiesen, Heer aber in seiner 
Tertiärflora d. Schweiz (S. Bd. III, S. 303) der aquitanischen, eine Differenz 
zwischen Stratigraphen und Paläontologen, die ja nicht einzig und allein da- 
steht, wie u. A. auch die Schichten von Peissenberg und Miesbach beweisen, 
die von Gümbel und Sandberger ins Tongrien, von Heer und K. Meyer 
aber ins Aquitanien versetzt werden. Man muss nun in Zweifel sein, welchem 
der Autoren man folgen solle. Sehen wir zu, ob uns Vergleichungen von ver- 
wandten oder ziemlich gleichen Floren zum Ziele zu führen im Stande sind. 
Die von Heer beschriebene Flora von Weissenfels (Vgl. Beitr. z. näh. Kenntn. 
d. sächs.-thür. Braunkohlenfl. S. 17 ff.) u. A. zeigt mit der Grassether äusserste 
Verwandtschaft der Arten, insbesondere das auffallende Vorherrschen von 
Quercus fureinervis und Chrysophyllum reticulosum, und würde sich sicher, 
wenn grössere Ausbeute möglich gewesen wäre, auch noch auf weitere bis 
jetzt von dieser Lokalität unbekannte Pflanzen erstreckt haben. Rechnen wir 
hier nur mit den bekannten Arten, so kann schon mit ziemlicher Sicherheit 
gesagt werden, dass die Grassether Flora mit der von Allrott und Quegstein 
einerseits, mit der von Weissenfels andererseits gleich verwandt, also gleich- 
alterig sein muss. Von der Weissenfelser aber hält Heer dafür, dass sie sehr 

Noya Acta XLII. Nr. 4. 37 


282 Hermann Engelhardt. (p. 10) 


wahrscheimlich der Tongerzeit zugehört haben möge. Durch diese Zusammen- 
stellung sind wir somit nicht weiter gekommen, als zu sagen, dass diese drei 
Floren entweder der tongrischen oder der aquitanischen Stufe zuzurechnen 
seien. Leicht liessen sich solche Vergleichungen vermehren, doch sehe ich 
davon ab, da sie zu einem anderen Resultate auch nicht führen. 

Wenn ich nun von meiner früheren Meinung, dass die die Basis der 
nordböhmischen Braunkohlenformation bildenden Sandsteine und ihre Einschlüsse 
dem Unteraquitanien angehören dürften, zurückgekommen bin und ich sie jetzt 
mit Stur dem T'ongrien zuweise, so geschieht es einzig und allein deshalb, 
weil es mir unwahrscheinlich dünkt, dass zwei ganz heterogene Bildungen 
eines und desselben Gebietes, wie die der mächtigen und weit ausgebreiteten 
unteren tertiären Sandsteine und der vulkanischen Gebilde Nordböhmens, welche 
beide sehr langer Zeit zu ihrer Entstehung bedurften, einer Stufe zugewiesen 
werden können. Dieser Gedanke war es auch, der mich bei der Bearbeitung 
der Floren von Schüttenitz und T'sschernowitz beschlich, dem ich leider aber 
in diesen Arbeiten keinen Ausdruck gab. 

Vorausgesetzt nun, dass diese Ansicht, woran ich nicht zweifle, die 
richtige sei, würde man dann auch berechtigt sein dürfen, Floren wie die von 
Reut im Winkel (Vgl. Heer, 'Tertiärfl. d. Schweiz, Bd. III, S. 289), von der 
Heer bereits nachgewiesen, dass sie nicht eocän sein könne, ohne sie aber 
mit Bestimmtheit dem Unteraquitanien zuzuweisen, dem Tongrien zuzurechnen, 
zumal das Dominiren von @uercus furcinervis auch in ihr nachgewiesen werden 
konnte Es wäre somit gewissen Schwankungen in der Altersbestimmung 
einzelner Lokalitäten leicht ein Ende gemacht. 

Einige Pflanzenreste von Altsattel sah ich mich genöthigt, in diese 
Arbeit mit einzufügen, da ich selbe im Grassether Materiale vermisste, das 
ich wegen Mangel an Zeit und anderen Ursachen nicht im Stande war voll- 
ständig auszubeuten. Einige andere führte ich mit auf, um Formenunter- 
schiede betonen zu können. Hierbei kann ich nicht unterlassen, Herrn Prof. 
Dr. Laube in Prag und Herrn Assistent Deiehmüller in Dresden, die mir 
ihr einschlagendes Material bei der Bearbeitung zur Verfügung stellten, für 
ihre uneigennützige Förderung meiner Zwecke meinen besten Dank zu sagen. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 11) 283 


Beschreibung der Pflanzenreste. 


Kryptogamen. 


Ordnung der Pilze. 
Familie der Aeeidiaceen. Bref. 
Gattung Aecidium Pers. 


Aecidium Rhamni tertiaria nov. sp. TA. 2. (Tab. XI.) Fe. 1. 


Die Peridien sind niedrig, becherförmig und treten meist an den Nerven, 
doch auch in der zwischen ihnen befindlichen Blattmasse auf. 

Das Fragment eines Blattes von Rhamnus Rossmässleri Ung. zeigt eine 
grosse Anzahl von Pilzen herrührende Zerreissungen, die im Anfang klein auf- 
traten und mit der Zeit sich vergrösserten. Bei den im Aufreissen begriffenen 
oder noch nicht aufgerissenen Stellen ist die Oberhaut ringsum ein wenig 
erhoben, bei den völlig aufgerissenen erblickt man nur die nach unten sich 
erweiternde Vertiefung. 

Auf Blättern der jetztweltlichen Rhamnus frangula L., welche mit Rh. 
Rossmässleri Ung. zu vergleichen ist, wird vielfach Aecidium Rhamni Pers. 
beobachtet und geht man vielleicht nicht fehl, wenn man den vorweltlichen 
Pilz mit dem jetztweltlichen in Verbindung zu bringen sucht. 


Ordnung der Farne. 
Familie der Polypodiaceen. Mett. 
Gattung Pteris Sow. 
Pteris crenata Web. (?) 

1852. Weber, Palaeont. II. S. 154. Tfl. 18. Fg. 3. 

Das Blatt ist dreifach gefiedert, die Rhachis straff, rinnig, die 
Fiedern sind abstehend und abwechselnd, die Fiederchen abstehend, lederig, 

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254 Hermann Engelhardt. (p. 12) 


wechselständig, lanzettfürmig, stumpf, schwach gekerbt; der Mittelnerv ist starr, 
die Seitennerven sind gegabelt und entspringen unter ziemlich rechtem Winkel. 

Ich fand in lockerem Sandsteine nur einige Fiederblättchenfragmente, 
die des Abbildens nicht werth sind, aber doch genügten, das Vorhandensein 
der Art in Grasseth sehr wahrscheinlich zu machen. 


Familie der Cyatheaceen. Endl. 
Gattung Hemitelia R. Br. 
Hemitelia Laubeji nov. sp. TA. 1. (Tab. X.) Fg. 1—4. 


Die Pflanze ist baumförmig, der Stamm aufrecht, stark, einfach, stiel- 
rund, mit spiralig gestellten, grossen, vorspringenden, durch Furchen von 
einander getrennten Polstern versehen, auf welchen rundliche Wedelnarben mit 
zusammenhängendem, am oberen Rande unverbundenem Gefässstreifen sich be- 
finden, während den unteren Theil des Polsters zahlreiche Grübehen bedecken. 

Noch im Jahre 1872 konnte O. Feistmantel in seiner Abhandlung: 
„Ueber Banmfarrenreste der böhmischen Steinkohlen-, Perm- und Kreide- 
formation“ (Abh. d. k. böhm. Gesellsch. d. Wissensch. VI. Folge, 5. Bd.) S. 25 
schreiben: „Die nächste und letzte Formation Böhmens, die noch Baumfarren- 
reste aufweist, ist die Kreideformation.“ Durch das Auffinden mehrerer 
Stammstücke im Altsatteler Sisswasser- Sandstein, die der Sammlung des 
geologischen Institutes der Universität Prag einverleibt wurden, von woher 
sie mir durch die Freundlichkeit des Herrn Prof. Dr. Laube zukamen, ist 
diesem Satze jedoch dasselbe Schicksal zu Theil geworden, das vor ihm in 
der Wissenschaft aufgestellte schon mehrfach erfahren mussten. 

Leider stellt uns dieser interessante Fund vor dieselbe Erscheinung, 
die uns von der Steinkohlenformation an aufwärts immer wieder begegnet, 
dass Stamm und Wedel nicht mehr beisammen sind. Ein Auffinden von 
Wedelsticken, das die genauere Vergleichung des fossilen Ueberrestes mit 
einer jetzt lebenden Art ermöglicht haben würde, hat zur Zeit noch nicht 
stattgefunden, so dass wir uns einzig und allein auf den Stammtheil beschränken 
müssen, bei dem aber wiederum der Uebelstand hervortritt, dass wegen der 
Grobkörnigkeit des Versteinerungsmateriales von den inneren Structurverhält- 
nissen nichts ührig geblieben ist. So nur auf das Aeussere beschränkt, bleiben 
uns allein Polster und Narben zur Vergleichung übrig. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 13) 285 


Drei Stammstücken wurden bis jetzt gefunden. Das grösste zeichnete 
ich ganz (Fig. 1), von dem besseren kleinen bildete ich nur die obere Hälfte 
ab (Fig. 2), weil zu grobe Quarzkörner in der unteren Partie die Narben gar 
nicht oder nicht gut erkennen lassen und somit für unsere Zwecke ohne Werth 
sind. Ein Gleiches gilt von den hinteren Seiten der drei Stücke. Die Vorder- 
seiten dagegen zeigten, weil fast durchgängig durch Kiesel von mehr oder 
weniger erdigem Korne versteinert, die fraglichen Verhältnisse ziemlich bis 
ganz gut. Aus ihnen ersehen wir, dass die Polster lang sind und stark 
hervortreten und zwar am meisten in der Narbengegend, während sie nach 
dem Grunde hin allmählich schwächer und dünner werden. Da wir aber 
innerhalb einer und derselben Gattung Arten finden, welche mit dergleichen 
versehen sind, neben solchen, bei welchen sie mehr verflacht auftreten oder 
sogar ganz flach erscheinen, so kann uns das Polster nicht dazu dienen, einen 
Anhalt für eine Gattungsbestimmung zu gewinnen. 

Glücklicher dürften wir sein, wenn wir die Narben bezüglich der Ver- 
theilung der in die Wedel eintretenden Zweige der Fibrovasalstränge betrachten, 
denn so viel Uebereinstimmung sich hierin im Ganzen bei allen Gattungen zeigt, 
so stellen sich doch auch nicht zu übersehende Unterschiede dar. So lässt 
sich z. B. eine grosse Aehnlichkeit mit der bei den Gattungen Alsophila und 
Oyathea vorhandenen nicht wegläugnen, doch ist bei ihnen die obere Gefäss- 
reihe eine zusammenhängende und nicht unterbrochene, während dies an 
unserem fossilen Stamme nicht beobachtet werden kann, wo plötzlich in der 
Mitte der oberen peripherischen Partie die Gefässe ein Stück nach der Mitte 
zu herablaufen, also ganz wie wir es in der Jetztwelt bei der Gattung Hemi- 
telia finden, bei welcher auch an verschiedenen Species ein gleicher Umriss 
der Wedelnarbe beobachtet werden kann. Unter den mir zugänglichen jetzt- 
„weltlichen Farnstämmen ist der von Hemitelia Karsteniana von Venezuela am 
übereinstimmendsten. 

Bei dem grösseren Stücke ist das Eintreten der Gefässe in den Wedel 
durchgehends in Gestalt einer ununterbrochen fortlaufenden Linie, wie bei fast 
allen bisher gefundenen fossilen Farnstämmen ausgeprägt, oder wie es Corda 
bezeichnet hat, bandförmig. Zwischen dem Gefässband und der nach aussen 
liegenden, ursprünglich aus Parenchym bestandenen Gewebsmasse befindet 
sich ein deutlich bemerkbarer unbedeutender Spalt, während er nach innen zu 


236 Hermann Engelhardt. (p. 14) 


nirgends zu beobachten ist. Bei dem besterhaltenen kleineren Stücke dagegen 
sind, soweit die Narben gut wiedergegeben, dichtstehende Gefässe besonders 
am unteren grossen Bogen ausgezeichnet erhalten sichtbar, an einzelnen Narben 
auch an den übrigen Bogenstücken. Es geht daraus zunächst hervor, dass 
nur mangelhafte Wiedergabe durch die Gesteinsmasse die besprochene band- 
förmige Erscheinung am grossen Stücke bedingt haben kann, dann aber, dass 
die in älteren Formationen auftretenden Farnstämme, welche nur bandförmige 
Gefässbündelstreifen zeigen, wohl ursprünglich auch abgegrenzte Gefässe 
hatten, die aber wegen des engen Anschlusses an einander im Versteinerungs- 
zustande nicht mehr von einander unterschieden werden können, so dass von 
einem strengen Unterschiede zwischen Narben der vor- und jetztweltlichen 
Farn kaum ernstlich mehr die Rede sein dürfte. 

Blicken wir auf die Farnstämme vortertiärer Zeit, so darf uns kein 
Zweifel bleiben, dass die der Kreideformation zugehörige Gattung Protopteris 
die meiste Verwandtschaft mit unserem Farne hat, insofern die oberen Ge- 
fässe sich nicht die Hände reichen, sondern entfernt von einander nach der 
Mitte zu streben, aber auch insofern weit von ihr absteht, als der untere 
Gefässbogen bei ihm ganz klein ist, während er sich bei unserem Farne weit 
entwickelt zeigt. 

Dem, welcher nicht zu totalen Neuschöpfungen für jede geologische 
Periode greifen zu müssen glaubt, sondern eine fortgehende Entwicklung in 
der Natur anzunehmen gezwungen ist, wird gern einen möglichen Zusammen- 
hang der Kreideprotopterisarten mit unserm Farne gelten lassen, mag er nun 
mit Heer an eine Umprägung der Arten oder mit Darwin an eine durch 
verschiedene Verhältnisse bedingte allmähliche Umwandlung glauben, ja es 
wird in ihm der Gedanke entstehen, dass vielleicht sogar die Gattungen 
Protopteris und Alsophilina die Stammmiütter unserer jetzt lebenden Oyatheaceen, 
sein könnten, er wird sich aber, sofern er sein Urtheil allein von Thatsachen, 
nicht von blosser Speculation abhängig macht, nicht dazu versteigen, ihn, wie 
es leider zur Zeit nur zu oft geschieht, als feststehende Wahrheit hinstellen. 

Zuletzt noch einige Bemerkungen. Der grösste Rest zeigt 4,5 dm, 
die kleineren je 2 dm Länge. In Folge stellenweis eingewirkten Druckes 
zeigt sich an ihnen der Durchschnitt verschieden; an dem einen kleineren 
Stücke ist er, die Polster abgerechnet, am unteren Ende kreisförmig, am oberen 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 15) 28% 


elliptisch, bei dem grossen hat der Hauptdruck in der Mitte gewirkt, weshalb 
er dort auffällig breit erscheint. In Folge desselben sind auch seitlich stehende 
Polster bald mehr, bald weniger flachgedrückt. (Vgl. Fg. 3. 4.) 


Das grössere Stück ist in seinem oberen Theile, jedenfalls in Folge 
einer vorhandenen unebenen Einbettungsoberfläche, etwas umgebogen. 


Bei ihm sind auch die Polsterrinden vielfach theilweise zerstört oder 
abgerieben, manchmal bis zum Grunde abgerissen, vielleicht in Folge des 
Transportes zum und im See. 


Zahlreiche Grübchen in den Polstern deuten auf früher dagewesene 
Luftwurzeln hin, ja am nicht abgebildeten kleineren Stücke sind in denselben 
noch Luftwurzeltheile zu beobachten, von denen aber nicht entschieden werden 
kann, ob sie sich erst im Anfange des Wachsthums befinden oder ob sie als 
Ueberreste von ausgewachsenen, die abgebrochen oder abgerieben wurden, an- 
zusehen sind. Gruben sind nicht zu erblicken. 


Phanerogamen. 
Familie der Cyeadeen Rich. 


Gattung Steinhauera Presl. 


Steinhauera subglobosa Presi. TA. 1. (Tab. X.) Fe. 8. 9. 


1821/38. Presl. in Sternbg. Vers. II. S. 202. Tfl. 49. Fg. 4. Tfl. 57. Fg. 1—4. End- 
licher, Syn. Con. S. 301. Göppert, Mon. d. foss. Con. S. 237. TA. 45. Fe. 3. 4. 
Engelhardt, Leitm. Geb. S. 399. TA. 9. Fg. 7—9. Tfl. 10. Fg. 1—3. ° Ders., 
Tschernowitz. S. 368. Tfl. 2. Fe. 5. 


Die Zapfen sind eiförmig-kuglig, die Schuppen flach, spiralförmig an 
der dieklichen Spindel angewachsen, haben am Rücken einen scharfen Kiel 
und bergen am Grunde zwei umgekehrte Samen derart, dass einer jederseits 
des Kiels nahe dem Schuppenrande mit seiner breiteren Fläche angehaftet ist; 
die Samen sind von einer an der Schuppenfläche angewachsenen, an der 
Spitze klaffenden, durch den Schuppenkiel in ein zweitheiliges Fach getheilten 
Hülle bedeckt, dreiseitig, keilfürmig, an den sich berührenden Seiten gefurcht, 
am Rücken gerundet und an der Spitze scharf. 


288 Hermann Engelhardt. (p. 16) 


Familie der Gramineen R. Br. 
Gattung Phragmites Trin. 
Phragmites oeningensis Al. Braun. Til. 2. (Tab. XI.) Fe. 2. 3. 3b. 
1855. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 64. Tfl. 22. Fg. 5. Tfl. 24. Tfl. 27. Fg. 2b. Tfl. 29. 

Fg. 3e. Bd. IH. S. 161. Tfl. 146. Fg. 18. 19. Gaudin et Strozzi, Val d’Arno. 

S. 36. TA. 2. Fg. 6. v. Ettingshausen, Bilin. Th. I S. 21. Tfl. 4. Fg. 6—10. 

Ludwig, Palaont. VII. S. 80. Tfl. 16. Fg. 1. Tfl. 18. Fg. 2. Tfl. 24. Fe. 7. 

Lesquereux, Tert. Fl. S. 88. Tfl. 8. Fg. 1. 2. 

1855. Oulmites arundinaceus Ettingshausen. Wien. S. 9. Tfl. 1. Fg. 1. 

Der Wurzelstock ist verzweigt und hat meist lange röhrige Inter- 
nodien; der Halm ist lang; die Blätter sind breit und vielnervig. 

Ich habe nur einzelne Blattfetzen in meinem Materiale vorgefunden, 
die ihrer Natur nach unzweifelhaft hierhergehören. Zwischen zwei stärkeren 
Längsnerven zeigen sich 10—12 schwache, von denen der mittlere etwas 
stärker, als die übrigen sind. 

Bei der grossen Aehnlichkeit unserer Flora mit der niederrheinischen 
gewinnt die Ansicht Heer’s, dass diese Art „wahrscheinlich auch in den 
Bonnerkohlen“ vorkomme, noch mehr an Wahrscheinlichkeit. 


Familie der Palmen R. Br. 
Gattung Flabellaria Lam. 
Flabellaria Latania Rossm. sp. Til. 1. (Tab. X.) Fe. 7. 
1840. Rossmässler, Altsattel. S. 39. Tfl. 11. Fg. 49. v. Ettingshausen, Mte. Promina. 
S. 12. Tl. 3. Fg. 23. Tfl. 4. Fig. 1—3. Engelhardt, Leitmeritz. Geb. S. 396. 
Die Blätter sind langgestielt, die Spindel ist eylindrisch, länglich zuge- 
spitzt, die auf ihr aufsitzenden zahlreichen und dichtgedrängten Zipfel sind 
sehr lang, linealisch, vom Grunde bis über die Mitte hinaus untereinander 
verbunden, einwärts gefaltet, von mehreren nahestehenden Nerven durchzogen: 
der Stiel ist zusammengedrückt, kräftig, am Rücken gefurcht. 


Familie der Smilaceen R. Br. 
Gattung Majanthemophylium Web. 
Majanthemophyllum petiolatum Web. Til. 2. (Tab. XI.) Fe. 4. 
1852. Weber, Palaont. II. S. 156. Tl. 18. Fe. 5a. b. 
Die Blätter sind gestielt, eiförmig, ganzrandig, dieklich; die fünf Haupt- 
nerven sind straff, parallel, durch treppenförmige Aestchen verbunden. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 1%) 289 


Es fand sich unter meinen Funden nur ein einziges Blatt, das be- 
deutend kleiner, als die von Weber abgebildeten Blätter ist, was wie die 
grössere Zartheit der Nervatur auf ein jugendliches Alter hinweist. Quer- 
ästchen waren nur mit Hilfe der Lupe zu erkennen. Ob die Hauptnerven 
sich in der Spitze so wie am Grunde vereinigen, liess sich nicht erkennen. 


Familie der Cupressineen Rich. 
Gattung Widdringstonia Endl. 
Widdringtonia helvetica Heer. Tfl. 2. (Tab. XI.) Fe. 5. 6. 
1855. Heer, Fl. d. Schw. Bd. I. S. 48. Tfl. 16. Fig. 2—18. v. Ettingshausen, Bilin. 


Th. I. S. 110. Engelhardt, Tschernowitz. S. 370. Tfl. 2. Fg. 2. 3. 
1867. Widdringtonia bohemica. v. Ettingshausen, Bilin. Th. I. S. 110. Tfl. 10. Fg. 15—19. 


Die Zweige sind zart und aufrecht, die Zweigelchen fadenförmig, dicht- 
stehend, mit angedrückten schuppenförmigen alternirenden Blättern dicht be- 
setzt, welche an älteren Zweigen linienförmig und herablaufend, in ihrer oberen 
Partie abstehend sind, während sich an jungen die grundständigen elliptisch 
und schuppenförmig angedrückt, die oberen linienförmig und abstehend zeigen. 


Familie der Abietineen Rich. 


Gattung Pinus L. 


Pinus oviformis Endl. sp. 


1877. Engelhardt, Tschernowitz. S. 371. Tfl. 1. Fg. 1—3. 
1840. Conites stroboides. Rossmässler, Altsattel. S. 40. Tfl. 12. Fig. 42. a. b. 
1845. Pitys stroboides. Unger, Syn. pl. foss. S. 197. 


1847. Pinites oviformis. Endlicher, Syn. Conif. S. 287. Göppert, Mon. d. foss. Con. 
S. 224. 


Die Zapfen sind eiförmig, die Schuppen am freien T’heile zusammen- 
gedrückt-vierseitig, mit scharfem querlaufenden Kiele und auswärts gekrümmtem 
länglichrunden Nabel versehen. 


Ich fand nur ein Fragment vor. 


Nova Acta XLIH. Nr. 4. 38 


290 Hermann Engelhardt. (p. 18) 


Familie der Najadeen Rich. 
Gattung Potamogeton L. 
Potamogeton Poacites Ettgh. 'Tfl. 2. (Tab. XI.) Fe. 8. 9. 
1872. v. Ettingshausen, Sagor. Th. I. S. 171. Tfl. 3. Fg. 1. 2. 18. 19. 

Die Blätter sind häufig, gestielt, linealisch oder linealisch-lanzettlich, 
beiderseits verschmälert; der Mittelnerv ist deutlich, die 4—5 seitlichen sind 
sehr zart, kaum erkennbar; Zwischennerven fehlen. 

Ausser den abgebildeten fast vollständigen Blättern fanden sich eine 
grössere Anzahl Bruchstücke vor. 


Familie der Myriceen Rich. 
Gattung Myrica L. 


Myrica salicina Ung. Tfl. 2. (Tab. XL) Fg. 10. 


1850. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 366. Ders., Iconogr. pl. foss. S. 104. Tfl. 39. Fe. 7. 
Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 36. Tfl. 70. Fg. 18—20. Tfl.7. Fig. 1—4. Bd. II. 
S. 176. Ders., Bornstädt. S, 12. Tfl. 1. Fg. 6. Ludwig, Palaeontogr. VII. 
S. 95. TA. 30. Fg. 5. 6. Massalongo, Mte. Colle. S. 574. Tfl. 7. Fg. 4. 6. 
v. Ettingshausen, Bilin. Th. I. S. 44. Til. 14. Fg. 5. Geyler, Sicilien. S. 8. TA. 1. 
Fg. 1. Engelhardt, Tcehernowitz. S. 374. Tfl. 2. Fg. 9. 

1852. Mwyrica integrifolia. Unger, Iconogr. pl. foss. S. 32. Tfl. 16. Fe. 6. 

1866. Myrica Silwani. Unger, Syll. pl. foss. Pug. III. S. 67. Tfl. 20. Fg. 12. 13. 

1870. Dillenia salicina. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen. S. 26. Tfl. 7. Fe. 5. 


Die lederigen Blätter sind länglich, ganzrandig, meist ein wenig spitz, 
in den Blattstiel schnell verschmälert; der Mittelnerv ist stark, die Seiten- 
nerven sind verwischt. 

Myrica laevigata Heer. Tfl. 2. (Tab. XL) Fg. 11—13. 
1872. Heer, Zsillythal. S. 14. Tfl. 2. Fig. 1.a.b. 2. Engelhardt, Göhren. S. 18. Til. 3. 
Fe. 3. 
1856. Dryandroides laevigata. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 101. Tfl. 99. Fg. 5—8. 
Ders., Beitr. S. 19. TA. 10. Fg. 6. Ders, Bovey Tracey. S. 47. Tfl. 14. Fg. 9—11. 

Die Blätter sind lederartig, derb, lanzettförmig, in den Blattstiel ver- 
schmälert, zugespitzt oder spitz, ganzrandig oder zerstreut gezahnt; der Mittel- 
nerv ist stark, die Seitennerven sind sehr zart, parallel, randläufig und ent- 


springen unter spitzen Winkeln. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 19) 291 


Myrica hakeaefolia Ung. sp. Tfl. 2. (Tab. XI.) Fg. 14. 

1868. Heer, Polarl. S. 102. Ders., Balt. Flora. S. 66. Tfl. 18. Fg. 6. Engelhardt, 
Braunk. v. Sachsen. S. 14. Tfl. 3. Fg. 5-7. Ders., Mittelgeb. $. 373. TA. 5. 
Fg. 1. Ders., Tschernowitz. S. 374. Tfl. 2. Fg. 10. 11. 

1850. Dryandroides hakeaefolia. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 428. Ders., Sotzka. 
S. 169. Tfl. 41. Fg. 7—10. Ders., Kumi. S. 60. TA. 9. Fg. 4—15. v. Ettings- 
hausen, Häring. S. 56. Tfl. 20. Fg. 1. 2. Ders., Prot. d. Vorw. $. 31. Ders., 
Mte. Promina. S. 34. Tfl. 7. Fg. 15. Ders., Bilin. Th. II. S. 205. Heer, Fl. d. 
Schw. Bd. I. S. 100. TA. 98. Fg. 1—13. Tfl. 99. Fg. 4—8. Bd. II S. 197. 
TA. 153. Fg. 7. Ders., Beitr. S. 21. Tfl. 10. Fg. 7. Ders., Bovey Tracey. S. 46. 
TA. 14. Fg. 12a. 

1851. Lomatia Swanteweti. Unger, Sotzka. S. 170. Tfl. 42. Fg. 1. 2. 

1856. Quercus merifolia (z. Th.). Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. Tfl. 74. Fg. 7. 


Die Blätter sind lederartig, fest, lanzettförmig oder linealisch-lanzett- 
förmig, in den Blattstiel verschmälert, zugespitzt, im oberen Theile entfernt 
gezahnt und nach dem Grunde ganzrandig oder durchgehends ganzrandig; die 
meisten vorhandenen Zähne sind ungleich; der Hauptnerv ist stark, die Seiten- 
nerven sind zart, flachbogenförmig, die Nervillen so stark als die Secundärnerven. 


.Familie der Betulaceen Rich. 
Gattung Alnus Hall. 
Alnus Kefersteinü, var. gracilis. Göpp. sp. Tfl. 2. (Tab. XL) Fe. 7. 


1855. Unger, Chl. prot. S. 115. Tfl. 33. Fg. 1—4. Ders., Swoszowice. S. 123. Tfl. 13. 
Fg. 3. Ders, Szänto. S. 6. Tfl. 1. Fg. 7. v. Ettingshausen, Fl. v. Wien. S. 12. 
TA. 1. Fg. 19. 20. Ders., Bilin. Th. I. S. 47. TA. 14. Fg. 17—20. Ders., Steier- 
mark. S. 29. TA. 1. Fg. 22. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 37. Tfl. 71. Fg. 5—7. 
Ders., Bolarl: »S: 1593 "11.230, Be: 52.271.731 824.2 Ders Balls HI S:533: 
TA. 7. Fg. 11—17. S. 67. Til. 19. Fg. 1—13. Tfl. 20. Sismonda, Piemont. 
S. 424. TA. 12. Fg. 46. TA. 14. Fg. 3. Gaudin et Strozzi, Toscane. S. 30. Til. 2. 
Fg. 7—9. Tfl. 4. Fg. 6. Ludwig, Palaeont. VII. S. 97. Til. 31. Fg. 1—6. Til. 32. 
Fg. 1. 2. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen. S. 15. Ti. 3. Fg. 17. Ders, Göhren. 
S. 18. TA. 3. Fg. 4—6. Ders., Leitm. Geb. S. 358. Tfl. 2. Fe. 1. S. 375. TA. 5. 
Fg. 7. Ders., Cyprisschiefer. S. 7. TA. 7. Fg. 17. 

1838. Alnites Kefersteinii. Göppert, Nova acta. Bd. XVII. S. 564. Tfl. 41. Fg. 1—19. 

1845. Alnus gracilis. Unger, Chl. prot, S. 116. Tfl. 33. Fg. 5—9. Heer, Fl. d. Schw. 
Bd. II. S. 37. Tl. 71. Fg. 8—12. Bd. II. S. 176. TA. 152. Fg. 4. Ders., Balt. 

38* 


bo 
de) 
[80] 


Hermann Engelhardt. (p. 20) 


Fl. S. 33. TA. 7. Fg. 19. a. b. S. 70. Tfl. 19. Fg. 14. Sismonda, Piemont. S. 423. 
TA. 9. Fg. 6. v. Ettingshausen, Bilin, Th. I. S. 48. Tfl. 14. Fig. 21. 22. Tfl. 15. 
Fg. 1—4. 

1867. Almus cycladum. Unger, Kumi. S. 23. Til. 3. Fg. 9—22. 

1867. Alnus Sporadum. Unger, Kumi. S. 23. Tf. 3. Fg. 1—8. 

Die Blätter sind eirund oder länglich-eirund, die Spitze ist stumpf oder 
zugespitzt, der Rand meist doppelt, doch auch einfach gesägt, der Grund zu- 
gerundet, bisweilen ziemlich herzförmig ausgerandet; der Mittelnerv ist stark, 
die Seitennerven stehen weit auseinander, sind stark, entspringen unter spitzen 
Winkeln und sind randläufig. Die Zäpfchen sind klein, zierlich, länglich- 
eiföormig und aus dachziegelförmig übereinander liegenden verholzten Deck- 
blättern zusammengesetzt. 

Ich fand in Altsattel nur das Bruchstück eines Blattes und ein neben 
ihm liegendes Zäpfchen trotz fleissigen Suchens, in Grasseth mehrere Zäpfchen 
von gleicher Grösse und Gestalt, aber kein Blatt, was vielleicht den Schluss 
erlauben dürfte, dass diese Pflanze im Gebiete selten war. Hierbei sei hervor- 
gehoben, dass auch Weber aus dem niederrheinischen Gebiete nur ein Fragment 
bekannt war. 

Familie der Cupuliferen Endl. 
Gattung Quercus L. 


Quercus chlorophylla Ung. 'Tfl. 2. (Tab. XL) Fg. 15. 

1845. Unger, Chl. prot. S. 111. TA. 31. Fg. 1. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 47. 
TA. 75. Fg. 3—9. Bd. II. S. 178. Ders., Beitr. S. 21. Tfl. 10. Fg. 14b. Engel- 
hardt, Leitm. Geb. S. 359. "TA. 1. Es. 7. 82 ID. 2. Re. 2.8.5. 4104. 27. 
Fe. 5. Ders., Tschernowitz. S. 378. Til. 3. Fg. 4. Geyler, Sicilien. S. 9. TA. 2. 
Fg. 1. Lesquereux, Tert. Fl. S. 151. Tfl. 21. Fe. 3. 

1845. Quercus Daphnes. Unger, Chl. prot. S. 112. TA. 31. Fe. 2. 

Die Blätter sind derb-lederartig, glatt, länglich oder länglich-verkehrt- 
eirund, an der Spitze stumpf gerundet, ganzrandig, am Rande fein umgerollt; 
der Mittelnerv ist sehr stark, die Seitennerven sind zart, bogenläufig, meist 
ganz verwischt. 


Quercus Drymeja Ung. Tfl. 2. (Tab. XL) Fg. 16—19. 
8 8 


1845. Unger, Chl. prot. S. 113. Tfl. 32. Fg. 1—4. Ders., Sotzka. S. 163. Ti. 29. 
Fg. 1. 2. Heer, Fl. d. Schw. Bd. I. S. 50. Til. 75. Fg. 18—20. Bd. II. S. 179. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. .2D) 293 
pP 


Gaudin et Strozzi, Toscane. S. 17. Tfl. 6. Fg. 4. v. Ettingshausen, Bilin. Th. 1. 
S. 134. Tfl. 16. Fg. 9. Sismonda, Piemont. S. 46. Tfl. 17. Fg. 1. Lesquereux, 
Tert.. FL’ S. 157. Til. 19. Rg. 14. 


Die Blätter sind langgestielt, lanzettförmig, beiderseits verschmälert, in 
eine lange Spitze auslaufend, feingespitzt-gesägt, die Seitennerven randläufig. 


Quercus lonchitis Ung. Tfl. 2. (Tab. XI.) Fg. 26. 


1850. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 403. Ders., Sotzka. S. 163. Ti. 30. Fg. 3—8. 
Ders., Kumi. TA. 5. Fg. 1—8. 10—13. 15—17. 21. 22. Weber, Palaeont, II. 
S. 169. TA. 18. Fe. 16. Heer, Fl. d. Schw. Bd. I. S. 50. Til. 78. Fe. 8. 9. 
v. Ettingshausen, Sagor. Th. I. S. 23. TA. 4. Fg. 1—9. 


Die Blätter sind lederig, gestielt, länglich-lanzettförmig oder ei-lanzett- 
förmig, zugespitzt, meist scharfgezahnt; die Seitennerven sind häufig, einfach. 


Quercus furcinervis Rossm. sp. TA. 1. (Tab. X.) Fe. 5. Tfl. 2. (Tab. XI.) 
Fg. 20—25. 27—31. Tfl. 3. (Tab. XI.) Fg. 1—6. Tfl. 4. (Tab. XIII) 
Fg. 1-4. 
1850. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 401. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 51. TA. 77. 
Fg. 17. 18. Bd. II. S. 179. Tfl. 151. Fg. 12—15. Ders., Polarl. S.. 107. TA. '7. 
Fg. 6a. 7a. Tl. 45. Fe. 1d. Tfl. 46. Fg. 6. Ders., Beitr. S. 18. TA. 10. Fg. 4—7. 
Sismonda, Piemont. S. 431. Tfl. 9. Fg. 2a. 3. v. Ettingshausen, Bilin. Th. I. S. 134. 
TA. 16. Fg. 11. 12. Ludwig, Palaeont. VII. S. 102. Tfl. 34. Fg. 1—4. 6—8. 
Engelhardt, Leitmeritzer Geb. S. 402. Tfl. 10. Fg. 10—19. T#l. 11. Fe. 1. 
1840. Phyllites furcinervis. Rossmässler, Altsattel. S. 33. Tfl. 6. Fg. 25. Ti. 7. 
1840. Phyllites salignus. Rossmässler, Altsattel. S. 37. Tfl. 9. Fg. 40. 
1850. Quercus ceuspidata. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 401. v. Ettingshausen, Sagor. 
8. 179. TA. 5. Fg. 9-11. 
1856. Quercus Drymeja. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. Tfl. 75. Fe. 18. 


Die Blätter sind lanzettförmig, ei-lanzettförmig, linealisch-lanzettförmig, 
linealisch, eirund oder elliptisch, zugespitzt oder langzugespitzt, am Grunde 
in den Blattstiel verschmälert, am Rande ausgeschweift gezahnt; der Mittel- 
nerv ist stark; die Seitennerven sind zahlreich, stark und randläufig. 

Da diese Art in Grasseth unter allen Arten, ganz wie in Schüttenitz, 
die am meisten vertretene Pflanze gewesen ist, so war es natürlich, 
dass sich das bedeutende Schwanken ihrer Blattform auch an dieser Localität 


294 Hermann Engelhardt. (p. 22) 


zeigen musste. Es gelang mir sogar, einige neue, bisher noch nicht entdeckte 
Formen nachzuweisen. 


Am häufigsten treten die linealischen, linealisch-lanzettförmigen und 
lanzettförmigen Blätter auf, nach ihnen die ei-lanzettförmigen. Die Grösse 
schwankt bei ihnen gewaltig, wie z. B. ein Vergleich von 'Tfl. 2, Fg. 23 mit 
TA. 2, Fg. 30 ergiebt, der hier sicher hauptsächlich in dem Altersverhältniss 
gesucht werden muss. Dass aber auch Blätter von verschiedener Grösse in 
ausgewachsenem Zustande auftreten, kann einmal durch ihre gleiche Dicke, 
das andermal durch nicht abweichende Entfernung der Nervillen von .einander 
bewiesen werden. 


Besonderes Interesse dürften ausser der ungemein verlängerten Iinealischen 
Form (Tfl. 4. Fg. 1) die Riesenblätter (Tfl. 3. Fg. 2 und Til. 4. Fe. 3) er- 
regen. Das Vorkommen sehr grosser Eichenblätter ist schon mehrfach nach- 
gewiesen worden, ich erinnere nur an solche von Qu. deuterogona Ung. (Szäantö 
TA. 1. Fg. 12), Qu. gigantum Ettingsh. (Tokay. Tfl. 3. Fg. 2), Qu. Platania 
Heer (z. B. Lesquereux, Tert. Fl. TA. 21. Fg. 1) und Qu. Furahjelmi Heer 
(Fl. alask. TA. 5. Fg. 10), von Qu. furcinervis aber waren sie bisher nicht 
bekannt. 


Für den ersten Augenblick könnte es scheinen, als ob sie nicht hierher- 
gehörten, doch die Gabelung der Secundärnerven in der Nähe des Randes 
dürfte allen Zweifel lösen. Bei dem breiten, wenig zugespitzten Blatte (TH. 3. 
Fg. 2) ist auffällig, dass innerhalb der durch die Gabeltheilung geschaffenen 
Felder sich mehrfach feine parallel mit dem aufstrebenden Nerventheil laufende 
Nervenäste finden, doch durfte ich dies nicht als auf eine andere Art hin- 
weisend betrachten, da ich bei unausgesetztem Suchen auch ein kleines un- 
zweifelhaft zu @u. furcinervis gehöriges Blattfragment (Til. 3. Fg. 4) mit 
gleichen Kennzeichen fand. Dies bewog mich, auch das grössere mit dieser 
Art zu vereinen und nicht unnützerweise eine neue Art zu gründen. Bezüglich 
der zweiten riesigen Form (If. 4. Fg. 3) dürften wohl Zweifel über ihre Zu- 
gehörigkeit kaum erhoben werden. 


Das abgebildete Rindenstück muss höchst wahrscheinlich auch hierher 
gerechnet werden (Til. 1. Fg. 5). 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 23) 295 


Quercus Lyelli Heer. 'Tfl. 4. (Tab. XII.) Fg. 14. 15. 
1863. Heer, Bovey Tracey. S. 40. Tfl. 12. Fg. 2—9. TA. 13. Fg. 1—4, TA. 14. Fe. 12b. 
Tl. 15. Fg. 1. 2. TA. 17. Fe. 4. 5. 

Die Blätter sind ziemlich lederig, gestielt, lanzettförmig oder länglich- 
lanzettförmig, am Grunde verschmälert, am Rande wellig, zugespitzt; der 
Mittelnerv ist stark, gerade, die Seitennerven sind zahlreich, gekrümmt, an 
der Spitze gegabelt, das obere Aestchen ist dem Rande sehr genähert. 

Ausser den hier abgebildeten Bruchstücken fand ich noch einige. Ein 
ganzes Blatt auszumeiseln gelang mir nicht, obgleich sich eins vorfand, das 
aber beim Spalten in eine Menge Stücke zerbrach. — Diese Art scheint sehr 
untergeordnet aufgetreten zu sein. 


(Quercus Weberi nov. sp. TA. 5. (Tab. XIV.) Fe. 1. 9. 10. 
1852. Quercus undulata. Weber, Palaeont. II. S. 170. Tfl. 19. Fe. 1. 
1852. Quercus Göpperti. Weber, Palaeont. II. S. 171. Tfl. 19. Fg. 2. a. b. 

Bie Blätter sind länglich-lanzettförmig, am Grunde verschmälert, zu- 
gespitzt, am Rande wellig oder buchtig gezähnt, gestielt; der Mittelnerv tritt 
hervor, die Seitennerven sind randläufig und zart. 

Bei genauer Vergleichung der von Weber gebotenen Abbildungen kann 
man nicht umhin, die drei oben angegebenen Abbildungen als zusammengehörig 
zu betrachten. Die Nervaturverhältnisse sind dieselben und der abweichende 
Rand kann nicht als specifisch verschieden angegeben werden, da ein Blatt 
von Grasseth beide Verhältnisse in sich vereinigt zeigt. 

Den von Weber gegebenen Namen war ich zu ändern gezwungen, 
weil schon im Jahre 1827 von den Rocky Mountains eine gleichnamige Art 
in Annal. of Lyc. S. 248. Tl. 4. beschrieben und abgebildet wurde. Ebenso 
muss die Qu. undulata Göpp. (Schossnitz. S. 15. TA. 7. Fg. 1. 2), welche 
nicht mit der von Weber beschriebenen übereinstimmt, artlich anders be- 
nannt werden. 


(Quercus Charpentieri Heer. TA, 5. (Tab. XIV.) Fe. 2. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 56. Tfl. 78. Fg. 1—5. Gaudin et Strozzi, Val d’Arno. 
8.546:,11.25.4 P0:,2. 


Die Blätter sind lederig, elliptisch, am Grunde schwachwellig, gegen 
die Spitze mit einzelnen Zähnchen besetzt; der Mittelnerv ist wenig stark, 


296 Hermann Engelhardt. (p. 24) 


der unter einem spitzen Winkel entspringenden bogenläufigen Seitennerven 
sind 3—4; die Bogen sind weit vom Rande entfernt. 


Quercus grandidentata Ung. TA. 4. (Tab. XIII.) Fg. 13. 
1850. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 401. Ders., Swoszowice. S. 3. Tfl. 13. Fe. 6. 7. 
Weber, Palaeont. I. S. 168. Tfl. 18. Fe. 12. 

Die Blätter sind gross, dünnledrig, gestielt, umgekehrt-eiförmig, lang 
zugespitzt, am Grunde keilförmig zulaufend, grobgesägt-gezahnt; der starke 
Mittelnerv nimmt nach der Spitze hin an Breite ab, die oberen Seitennerven 
sind abstehend, einfach, gleichlaufend, kaum gekrümmt, die am Grunde be- 
findlichen verbinden sich in Bogen, die Nervillen entspringen unter rechtem 
Winkel und bilden ein lockeres Netz. | 

Es sind von mir nur Bruchstücke gefunden worden. 


Familie der Salieineen Rich. 
Gattung Salix L. 
Salix elongata Web. Tf. 4. (Tab. XIIL) Fg. 16. 17. 


1852. Weber, Palaeont. II. S. 177. Tfl. 19. Fg. 10. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 31. 
TA. 69. Fg. 15. 16. Lesquereux, Tert. Fl. S. 169. Til. 22. Fg. 6, 7. 
1852. Salix Tongissima. Wessel, Palaeont. IV. S. 140. Tfl. 24. Fg. 6. 


Die Blätter sind lang, länglich-lanzettförmig, am Grunde verschmälert, 
ganzrandig; der Mittelnerv ist zart. 

In der Schweiz fand Heer ausser der gewöhnlichen Form noch eine, 
die sich am Grunde weniger verschmälert zeigt und daher die grösste Breite 
nicht in der Mitte hat. Sie sind beide auch in Altsattel vorhanden. 


Gattung Populus L. 
Populus mutabilis Heer. TA. 7. (Tab. XIII.) Fg. 13. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 19. Tf. 60—63. Fg. 1—4. Balt. Fl. S. 31. Til. 7. 
Fg. 23. S. 65. TA. 17. Fg. 5—8. TA. 21. Fg. 5b. Ti. 24. Fg. 15b. Ders., 
Nachtr, zu Grönld. S. 20. TA. 4. Fg. 12. v. Ettingshausen, Bilin. Th. LS. 161. 
TA. 22. Fg. 11. Ludwig, Palaeont. VII. S. 92. Tfl. 26. Fg. 8. Tfl. 27. Fg. 2—5. 
Engelhardt, Mittelgeb. S. 371. TA. 4. Fg. 13. 15. S. 402. Tfl. 10. Fg. 8. 9. 
Ders., Tschernowitz. S. 381. Tl. 4. Fg. 3. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 25) 29% 


1836. Populus ovalis. Al. Braun in Bucklands Geology. 

1845. Populus ovalifolia. Al. Braun, Jahrb. S. 169. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 417. 

1845. Salix lancifolia. Al. Braun, Jahrb. S. 169. 

1851. Populus erenata. Unger, Sotzka, S. 166. Tfl. 36. Fe. 5. 

1852. Populus serrata. Unger, syll. pl. foss. S. 117. Tfl. 44. Fe. 6. 

1852. Laurus dermatophyllum. Weber, Palaeont. II. S. 182. TA. 19. Fg. 13. v. Ettings- 
hausen, Bilin, Th. I. S. 195. Tfl. 31. Fe. 8. 

1853. Ficus pannonica. v. Ettingshausen, Tokay, S. 26. TA. 1. Fe. 9. 

1855. Quercus ovalis. Göppert, Schossnitz, S. 26. Tfl. 6. Fe. 6. 

Die Blätter sind meist lang gestielt, einige sind oval, andere eirund- 
elliptisch, elliptisch oder lanzettförmig, ganzrandig, ausgeschweift oder zerstreut- 
gekerbt; andere sind ziemlich kreisrund, länglich oder lanzettförmig, grob- 
gezahnt oder gesägt. 

Unser Blatt muss der Form P. m. lancifolia zugerechnet werden, welche 
lanzettlich und vorn zugespitzt ist. 


Familie der Moreen. End. 
Gattung Fieus Tournef. 


Ficus lanceolata Heer. Tfl. 5. (Tab. XIV.) Fg. 3—8. 

1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 62. Tfl. 81. Fg. 2-5. Bd. III. S. 182. TA. 151. 
Fg. 34. 35. Tfl. 152. Fg. 13. Ders., Balt. Fl. S. 73. Tfl. 22. Fg. 1.2. Sismonda, 
Piemont, S. 436. Tfl. 15. Fg. 5. TA. 26. Fg. 2. v. Ettingshausen, Bilin, Th. I, 
S. 67. Tfl. 20. Fg. 3. 4. Engelhardt, Göhren, S. 23. Tfl. 4. Fg. 3—5. Ders., 
Leitm. Geb. S. 379. TA. 5. Fg. 19. S. 404. Tfl. 11. Fe. 6. 7. 

Die Blätter sind lederig oder ziemlich lederig, lanzettförmig oder ei- 
lanzettförmig, ganzrandig, am Grunde schnell zusammengezogen und in den 
Blattstiel verschmälert; der Mittelnerv ist stark; jdie Seitennerven sind bogen- 
läufig und laufen in spitzen Winkeln aus. 

Das Blatt Fg. 3. zeigt die Eigenthümlichkeit, dass auf der einen 
Hälfte weniger Seitennerven in Folge auffälligen Auseinanderstehens, als auf 
der anderen vorhanden sind. 


Ficus arcinervis Rossm. sp. Tfl. 5. (Tab. XIV.) Fg. 11. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 64. Tfl. 82. Fg. 4. Tfl. 70. Fg. 24e. Ders., Beitr. 
S. 6. Tfl. 6. Fg. 4. 121. v. Ettingshausen, Bilin, Th. I. S. 70. TA. 21. Fe. 6. 
Ders., Sagor, Th. I. S. 29. TA. 6. Fg. 5—7. 

Noya Acta XLIII. Nr. 4. 39 


298 Hermann Engelhardt. (p. 26) 


1840. Phyllites areinervis. Rossmässler, Altsattel, S. 29. Tfl. 3. Fg. 15. 
1852. Apocynophyllum acuminatum. Weber, Palaeont. II. S. 189. Tf. 21. Fe. 2. 


Die Blätter sind elliptisch-lanzettförmig, beiderseits zugespitzt; die 
Seitennerven sind meist gegenständig, auseinanderstehend, die Bogen vom 
Rande entfernt. 


Ficus sagoriana Ettgsh. 'Tfl. 6. (Tab. XV.) Fe. 3. 
1872. v. Ettingshausen, Sagor, S. 183. Tfl. 6. Fg. 1. 2. 


Die Blätter sind lederig, lang-gestielt, länglich-lanzettförmig, oder breit 
lanzettförmig, an Spitze und Grund wenig verschmälert; der Mittelnerv ist 
stark, die Seitennerven entspringen unter spitzen Winkeln, sind einander ge- 
nähert und verbinden sich durch dem Rande parallellaufende Schlingbogen, die 
Nervillen gehen unter spitzen Winkeln aus. 


Fieus tiliaefolia Al. Braun sp. Tfl. 6. (Tab. XV.) Fe. 1. 2. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 68. Tfl. 83. Fg. 3-12. Tfl. 84. Fg. 1—6. Tfl. 85. 
Fg, 14. Bd. III 8..182. Til. 142. Fe. 25. I. 152. Ep. 14. Ders, Bay 
S. 35. TA. 8. Fg. 1. S. 74. Tl. 21. Fg. 12. Gaudin et Strozzi, Toscane, S. 34. 
TA. 12. Fg. 11. Unger, Syll. pl. foss. S. 14. Tfl. 6. Fg. 2. Ders., Szantö, S. 8. 
TA. 2. Fg. 9. v. Ettingshausen, Köflach, S. 747. Ders., Bilin, Th. II. S. 80. 
TA. 25. Fg. 4. 5. 10. Ders., Wetterau, S. 38. Til. 2. Fg. 9. Engelhardt, Braunk. 
v. Sachsen, S. 19. TA. 5. Fg. 1. Ders, Göhren, S. 24. TA. 4. Fg. 6. Ders., 
Leitm. Geb. S. 378, Tfl. 5. Fg. 18. 

1845. Cordia tiliaefolia. Al. Braun, Jahrb. S. 170. 

1845. Tilia prisca. ‚Al. Braun, Syn. pl. foss. v. Unger, S. 234. 

1850. Dombeyopsis tiliaefolia. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 447. Ders., Sotzka, S. 174. 
TA. 16. Fg. 1—4. Göppert, Beitr. S. 21. Tfl. 4. Fg. 3. 

1850. Dombeyopsis grandifolia. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 447. Ders., Sotzka, 
S. 175. TA. 47. Fe. 1. 2. Tfl. 48. Fig. 1. 2. v. Ettingshausen, Wildshuth, S. 11. 
TA. 4. Fg. 1.2. Ders., Mte. Promina, S. 21. Göppert, Beiträge, S. 22. Tfl. 1. Fg. 36. 

1850. Dombeyopsis lobata. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 447. 

1850. Dombeyopsis sidaefolia. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 448. 

1860. Dombeyopsis tridens. Ludwig, Palaeont. Bd. VIN. S. 47. Tfl. 49. Fg. 1. 2. 

1861. Ficus Dombeyopsis. Unger, Syll. pl. foss. Pug. I. S. 13. TA. 5. Fg. 1—7. Tfl. 6. 
Fg. 1. Heer, Balt. Fl. S. 74. Tfl. 17. Fe. 11. 


Die Blätter sind gestielt, von grossem Umfange, ganzrandig oder zer- 
streut wellig, herzförmigrund, ziemlich rund oder länglichrund, manchmal 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 2%) 299 


zwei- oder dreilappig, gewöhnlich am Grunde ungleichseitig, an der Spitze 
gerundet oder kleinspitzig, bezüglich der 3—7 starken Hauptnerven handförmig. 
Die Seitennerven sind stark, die Nervillen theils durchgehend, theils gebrochen. 


Familie der Artocarpeen. Bart. 
Gattung Cecropia L. 
Cecropia Heeri Yttgsh. TA. 2. (Tab. XL.) Fg. 33. TA.%. (Tab. XVL) Fe. 3. 
1867. v. Ettingshausen, Bilin Th. I. S. 158. Tfl. 27. Tfl. 28. Fe. 7. 
1840. Phyllites semipeltatus. Rossmässler, Altsattel S. 38. Tfl. 9. Fg. 43. 

Die Blätter sind schildförmig, ganzrandig, rundlich; die Nervatur ist 
strahlenförmig, die Mittelnerven sind hervortretend, die mittleren stärker als 
die äusseren, die Seitennerven sind gebogen, entspringen unter Winkeln von 
40—50° und verbinden sich in der Nähe des Randes in Schlingen, die 
Tertiärnerven gehen unter rechtem Winkel aus und verbinden sich untereinander. 


Familie der Laurineen. Juss. 
Gattung Laurus Tourn. 
Laurus protodaphne Web. TA. 6. (Tab. XV.) Fg. 4—%. 
1852. Weber, Palaeont. I. S. 181. Tfl. 20. Fg. 7. 


Die Blätter sind lanzettförmig, zugespitzt, ganzrandig, nach dem 
Grunde verschmälert; der Mittelnerv ist verhältnissmässig kräftig, die Seiten- 
nerven sind äusserst zart und in Bogen verbunden, die Nervillen kaum sichtbar. 

Weber hat schon darauf aufmerksam gemacht, dass die Blätter dieser 
Art mit denen von Eugenia häringiana Ung. grosse Aehnlichkeit besitzen. 
Mir scheint der Hauptunterschied beider darin zu liegen, dass bei letzteren 
die den Basalseitennerven folgenden Nerven viel steiler aufgerichtet sind, als 
bei ersteren. 


Laurus Lalages Ung. TA. 6. (Tab. XV.) Fe. 8. 
1851. Unger, Sotzka, S. 169. Til. 40. Fg. 6—9. Ders, Kumi, S. 55. Tfl. 7. Fg. 33—38. 
Heer, Beitr. S. 7. Tfl. 7. Fg. 9—11. S. 19. Tfl. 9. Fg. 9. Engelhardt, Leitm. Geb. 
S. 360. TA. 2. Fg. 4. 
Die Blätter sind etwas lederartig, ei-lanzettförmig, nach Spitze und 
Grund hin verschmälert, langgestielt, ganzrandig; der Mittelnerv ist deutlich, 
3 


300 Hermann Engelhardt. (p. 28) 


die Seitennerven sind zart, bogenläufig und laufen fast bis an den Rand; die 
unteren entspringen unter rechtem oder ziemlich rechtem Winkel, während es 
die mittleren und oberen unter spitzen thun. 


Laurus Ungeri nov. sp. Tfl. 7. (Tab. XVL) Fe. 1. 
1867. Laurus princeps Heer. Unger, Kumi, S. 56. Tfl. 8. Fg. 8. 9. 


Das Blatt ist lederig, lanzettförmig oder elliptisch-lanzettförmig, beider- 
seits verschmälert; der Mittelnery ist am Grunde kräftig und verdünnt sich 
nach der Spitze zu allmählich, die Seitennerven sind zart und entspringen 
unter spitzen Winkeln, die unteren sind steil aufgerichtet und weiter von 
einander entfernt als die oberen. 

Die von Unger abgebildeten Blätter von Kumi gehören sicher nicht 
zu Laurus princeps Heer, bei der die auffällige steile Aufrichtung und weitere 
Entfernung der unteren Seitennerven nicht vorhanden ist. Sie lassen sich 
auch kaum unter eine andere bereits beschriebene Laurusart bringen, weshalb 
ich mich genöthigt sah, sie neu zu benennen. 


Laurus primigenia Ung. TH. 7. (Tab. XVI.) Fe. 4. 5. 


1850. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 423. Ders., Sotzka, S. 168. Tfl. 40. Fg. 1-4. 
Ders., Kumi, S. 55. Tfl. 8. Fg. 1-7. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 77. Tfl. 89. 
Fg. 15. Bd. III. S. 184. Tfl. 153. Fg. 3. Ders., Beitr. S. 7. Tfl. 6. Fg. 12i. 
Tfl. 9. Fg. 8. Ders., Zsilythal, S. 16. TA. 3. Fg. 4—6. Weber, Palaeont. II. 
S. 181. TA. 20. Fg. 6a. b. Sismonda, Piemont, S. 438. Tfl. 9. Fg. 2c. Tfl. 10. 
Fg. 5. v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. S. 4. Ders., Heiligenkreuz, S. 8. Tfl. 2. 
Fg. 1. 2. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen, S. 20. Tfl. 5. Fg. 3. Ders., Mittelgeb. 
S. 360. Tfl. 2. Fg. 5—7. S. 382. Tfl. 6. Fg. 5. Ders, Tschernowitz, S. 382. Tfl. 6. 
Fg. 5. Lesquereux, Tert. Fl. S. 214. Tfl. 36. Fe. 5. 6. 8. 


Die Blätter sind lederartig, gestielt, lanzettförmig, ganzrandig, zu- 
gespitzt, am Grunde in den Blattstiel verschmälert; der Mittelnerv ist stark, 
die Seitennerven sind zart, bogenläufig, verbinden sich am Rande mit einander 
und entspringen unter spitzen Winkeln. 


Laurus Swoszowiciana Ung. TA. 7. (Tab. XVL) Fe. 11. 


1850. Unger, Swoszowice, S. 4. Til. 13. Fg. 11. v. Ettingshausen, Wien, S. 16. Tfl. 3. 
Fg. 1. 2. Andrae, Siebenb. S. 16. Til. 4. Fg.5. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 80. 
Tfl. 89. Fg. 5. Ders., Beitr. S. 19. Tfl. 9. Fg. 10. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 29) 301 


Die Blätter sind steiflederig, lanzettförmig, am Grunde wenig ver- 
schmälert, die Seitennerven entspringen unter spitzem Winkel, sind zart und 
zerstreut. 


Laurus ocoteaefolia Ettgsh. TA. 7. (Tab. XVL) Fe. 7. 8. 


1855. v. Ettingshausen, Wien, S. 17. TA. 3. Fg. 4. Ders., Bilin, Th. I. S. 192. TA. 30 
Fg. 11. 12. Ders., Sagor, Th. I. S. 190. TA. 9. Fg. 9. Heer, Fl. d. Schw. 
Bd. II. S. 185. Til. 153. Fg. 4. 


Die Blätter sind lederartig, lanzettförmig oder linealisch-lanzettförmig, 
ganzrandig; die Seitennerven entspringen unter Winkeln von 40—45° und 
sind gekrümmt. 


Laurus phoeboides Ettgsh. TA. 7. (Tab. XVIL) Fg. 10. 


1855. v. Ettingshausen, Wien, S. 17. Tfl. 3. Fg. 3. Ders., Häring, S. 47. Til. 12. Fg. 1. 
Ders., Sagor, S. 190. Tfl. 9. Fg. 13. Sismonda, Piemont, S. 439. Tfl. 18. Fg. 1. 


Die Blätter sind lederig, lanzettförmig, zugespitzt, am Grunde ver- 
schmälert, ganzrandig; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven entspringen 
unter verschiedenen spitzen Winkeln, die Nervillen gehen unter rechtem 
Winkel aus, sind verzweigt und verbinden sich unter sich. 

Unser Blatt kommt dem von Sismonda abgebildeten am nächsten. 


Laurus styracifolia Web. Tfl. 6. (Tab. XV.) Fe. 9. 


1852. Weber, Palaeont. II. S. 180. Tf. 20. Fg. 3. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 79. 
Tfl. 89. Fg. 13. Bd. II. S. 185. Tfl. 152. Fg. 17. v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. 
S. 194. TA. 30. Fg. 7. 
Die Blätter sind umgekehrt-eiförmig, an der Spitze stumpflich, ganz- 
randig; der Mittelnerv ist dick, die 4—5 Seitennerven sind sehr gekrümmt, 
die Nervillen treten hervor und sind einwärts gebogen oder durchlaufend. 


Gattung Persea Gärtn. 
Persea Heeri Ettgsh. Tfl. 7. (Tab. XVI.) Fe. 6. 


1868. v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. S. 9. Tfl. 32. Fg. 17. Ders., Sagor, S. 36. Tfl. 10. 
Fg. 27. 30. 


302 Hermann Engelhardt. (p. 30) 


Die Blätter sind lederig, gestielt, länglich, am Grunde verschmälert; 
der Mittelnerv ist dick, die 11-- 13 Seitennerven treten sehr hervor und ent- 
springen unter spitzen Winkeln. Die T'ertiärnerven treten weniger hervor und 
entspringen ebenfalls unter spitzem Winkel. 


Gattung Cinnamomum Burm. 


Cinnamomum spectabile Heer. TA. 8. (Tab. XVIL) Fe. 1. 2. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. I. S. 91. Tfl. 96. Fg. 1—8. v. Ettingshausen, Bilin, 
Th. II. S. 199. TA. 34. Fg. 11. 15. Engelhardt, Leitm. Geb. S. 405. TA. 11. 
Fg. 10:1 TRl..12. Eg;ia: 


Die Blätter sind von weitem Umfange, elliptisch, in der Mitte am 
breitesten, am Grunde verschmälert, an der Spitze ausgezogen, dreifachnervig; 
die Grundseitennerven entspringen in der Blattfläche, bleiben entfernt vom 
Rande, mit dem sie nicht parallel laufen, erreichen die Spitze nicht und 
senden viele starke Tertiärnerven aus, welche sich in Bogen verbinden; 
ausserhalb der dadurch gebildeten grossen Felder sind kleine geschlossene 
Randfelder; von der Mitte des starken Primärnervs gehen starke Secundär- 
nerven aus, in deren unterste die Grundseitennerven einmünden. 


Cinnamomum Buchi Heer. 'Tfl. 8. (Tab. XVD.) Fg. 3--6. Ti. 9. (Tab. 
X VIIL) Eie.9.210. 1.71.2105 (Tab. XI) Er. Ih. 
1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. I. S. 90. TA. 95. Fg. 1 8. Gaudin et Strozzi, Val 


d’Arno I. S. 49. TA. 8. Fg. 3. Sismonda, Piemont, S. 440. Til. 25. Fg. 6. 
v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. S. 199. Tfl. 34. Fg. 14. 


Die Blätter sind gestielt, umgekehrt-eiförmig-elliptisch oder umgekehrt- 
ei-Janzettförmig, am Grunde verschmälert, an der Spitze vorgezogen und lang- 
gespitzt, dreifachnervig; die seitlichen Grundnerven erreichen die Spitze nicht. 


Cinnamomum polymorphum Al. Br. sp. Til. 4. (Tab. XII.) Fg. 11. TA. 8. 
(Tab. XVII.) Fg. 7—11. Tfl. 9. (Tab. XVIN.) Fe. 15. 6. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 88. Tfl. 93. Fg. 25—28. Tfl. 94. Fg. 1—26. Sis- 
monda, Piemont, S. 440. Tfl. 24. Fg. 2—4. Til. 25. Fg. 4. Ludwig, Palaeont. VII. 
S. 110. TA. 42. Fg. 1—11. v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. S. 189. Tfl. 33. 
Fg. 14. 15. 17—22. Ders., Sagor, 8. 193. Tfl. 10. Fg. 1. 5—11. Engelhardt, 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 31) 303 


Leitm. Geb. S. 380. Tfl. 6. Fg. 1—4. Lesquereux, Tert. Fl. $. 221. TA. 37. 
Fe. 6. 10. 


1845. Ceanothus polymorphus. Al. Braun, Jahrb. S. 171. Unger, Chl. prot. $. 144. 
TA. 49. Fg. 11. 


1845. Prinos Lavateri. Al. Braun, Jahrb. S. 171. (Die Blüthen!) 


1845. Ceanothus subrotundus. Unger, Chl. prot. S. 144. Tfl. 49. Fg. 7. O. Weber, 
Balaeont. II. S. 208. Tfl. 23. Fg. 6. 

1854. Daphmogene polymorpha. v. Ettingshausen, Mte. Promina, S. 30. Til. 6. Fg. 1—4. 7. 
MNTERT 9: 

1854. Daphnogene cinnamomifolia. v. Ettingshausen, Mte. Promina, S. 31, TA. 7. Fg. 8. 


Die Blätter sind langgestielt, elliptisch, am Grunde wenig verschmälert, 
zugespitzt, dreifachnervig; die Grundseitennerven laufen mit dem Rande nicht 
parallel, sind unvollkommene Spitzläufer und haben bisweilen in den Winkeln, 
die sie mit dem Mittelnerven bilden, Drüsen. 


Cinnamomum Scheuchzeri Heer. TA. 3. (Tab. XII) Fg. 9. 10. 12. 13. 16. 
TA. 8. (Tab. XVIL) Fg. 13. 14. Ti. 9. (Tab. XVIIL) Fg.7.8. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 85. Tfl. 41. Fg. 4—24. Tfl. 42. TA. 43. Fg. 1—5. 
Ders., Balt. Fl. S. 76. Tfl. 22. Fg. 6—13. Ders., Bornstedt, S. 16. TA. 3. Fe. 3. 
Ders., Bovey Tracey, S. 45. Tfl. 4. Fg. 4e. Tfl. 16. Fg. 9—16. Tfl. 17. Fe. 12. 
v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. S. 198. Tfl. 32. Fg. 2—10. Til. 33. Fg. 4-6. 
10—12. Unger, Radoboj, S. 140. Tfl. 1. Fg. 4—9. Tfl. 5. Fg. S-10. Engel- 
hardt, Leitm. Geb. S. 406. Tfl. 11. Fg. 12—14. Ders., Cyprisschiefer, S. 9. TA. 7. 
Fg. 21. Lesquereux, Tert. Fl. S. 220. Tfl. 37. Fg. 8. 


1840. Phyllites cinnamomeus. Rossmässler, Altsattel, S. 23. Tfl. 1. Fg. 3. 


1845. Ceanothus polymorphus. Al. Braun, Jahrb. S. 171. Unger, Chl. prot. TA. 49. 
Fg. 12. 13. Ders., gen. et sp. pl. foss. S. 466. O. Weber, Palaeont. II. Tfl. 23. Fg. 4. 


1845. Ceanothus bilinieus. Unger, Chl. prot. S. 145. Tfl. 49. Fg. 4. 


1851. Daphnogene polymorpha. v. Ettingshausen, Wien, S. 16. Tfl. 2. Fg. 24. 25. Ders., 
Tokay, Tfl. 1. Fg. 10. 


Die Blätter sind zu zwei genähert und fast gegenständig, lederig, glatt, 
gestielt, elliptisch, oval oder länglich, dreifachnervig; die unteren Seitennerven 
laufen mit dem Rande parallel oder ziemlich parallel, erreichen die Spitze 
nicht, entspringen selten am Blattgrunde, meist in der Blattfläche aus dem 
nach der Spitze zu allmählich an Stärke abnehmenden Mittelnerv; die von 


304 Hermann Engelhardt. (p. 32) 


ihnen eingeschlossenen Hauptfelder sind von zarten, fast unter rechtem Winkel 
ausgehenden Nervillen durchzogen; in der oberen Partie gehen noch mehrere 
Seitennerven, die sich in Bogen mit einander verbinden, vom Mittelnerv aus; 
die Randfelder sind von unter ziemlich rechtem Winkel entspringenden bogen- 
läufigen Tertiärnerven ausgefüllt. 


Cinnamomum lanceolatum Ung. sp. Tfl.3. (Tab. XIL) Fg. 11. 14. 15., Ti. 4. 
(Tab. XIH.) Fg. 10. 12. TA. 9. (Tab. XVII.) Fg. 1—5. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. I. S. 86. Tfl. 93. Fg. 5-11. Ders., Bornstädt, S. 16. 
Tfl. 3. Fg. 2. Ders., Balt. Fl. S. 77. Til. 22. Fg. 14—17. Ders., Zsillythal, 
S. 17. Tfl. 3. Fg. 3. Ders., Bovey-Tracey, S. 45. Tfl. 16. Fg. 1—8. Til. 17. 
Fg. 14. 15. Ludwig, Palaeont. VII. S. 109. Tfl. 43. Fg. 1—7. Sismonda, Pie- 
mont, S. 440. Tfl. 24. Fg. 5. 6. Tfl. 26. Fg. 7. Unger, Kumi, S. 54. Tfl. 7. 
Fg. 1—10. v. Ettingshausen, Biln, Th. II. S. 198. Tfl. 33. Fg. 7—9. 13. 16. 
Engelhardt, Braunk. v. Sachsen, S. 20. Tfl. 4. Fg. 11. 12. Ders., Leitmeritz, 
S. 381. Tfl. 4. Fg. 23—25. Til. 5. Fg. 21. 22. Ders, Cyprisschiefer, S. 10. Tfl. 7. 
Fg. 22. 23. 

1840. Phyllites cinnamomeus. Rossmässler, Altsattel, S. 23. TA. 1. Fig. 1. 

1851. Daphnogene lanceolata. Unger, Sotzka, S. 167. Tfl. 37. Fg. 1—7. Weber, Pa- 
laeont. II. S. 183. Tfl. 20. Fg. 8. v. Ettingshausen, Mte. Promina, S. 31. TA. 7. 
Fg. 3—7. 

Die Blätter sind gestielt, lanzettförmig, ganzrandig, an Spitze und 
Grund verschmälert, zugespitzt, dreifachnervig; die basilaren Seitennerven 
entspringen entweder gegen- oder wechselständig, laufen mit dem Rande, dem 
sie genähert sind, parallel und zeigen sich unvollkommen spitzläufig; die von 
ihnen in die Randfelder ausgehenden Tertiärnerven sind äusserst zart, oft 
nicht sichtbar; nach der Spitze zu gehen vom Mittelnerven bogenläufig Seiten- 
nerven aus, die sich untereinander verbinden, während dies die unteren auch 
mit den basilären thun. 


Oinnamomum Rossmässleri Heer. TH. 8. (Tab. XVII) Fg. 12. TA. 9. 
(Tab. XVIUL) Fe. 6. 


1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. I. S. 84. Tfl. 93. Fg. 15—17. Ders., Bornstädt, S. 15. 
Tfl. 3. Fg. 4a. Ders., Bovey-Tracey, S. 44. Tfl. 16. Fg. 17. 18. Unger, Kumi, 
S. 55. Tl. 7. Fe. 31. 32. Ders, Radoboj, S. 141, TA. 1. Fg. 10. 11. Ludwig, 
Palaeont. Bd. VII. S. 109. TA. 43. Fg. 8. v. Ettingshausen, Bilin, Th. I. S. 197. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 33) 305 


Til. 32. Fg. 11—14.. Engelhardt, Göhren, S. 26. Tfl.5. Fg. 4. Ders., Leitmeritz. 
Geb. S. 380. TA. 5. Fg. 20. | 
1840. Phyllites cinnamomeus. Rossmässler, Altsattel, S. 23. Tfl. 1. Fe. 4. 
1850. Daphnogene cinnamomifolia. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 424. Ders., Sotzka, 
S. 168. Tfl. 39. Fg. 7—9. v. Ettingshausen, Häring, S. 46. Tfl. 31. Fg. 6—9. 
1850. Daphnogene melastomacea. Unger, Sotzka, S. 168. Tfl. 38. Fg. 1—5. 
Die Blätter sind lederartig, elliptisch oder länglich-elliptisch, kurz- 
gestielt, dreifachnervig; die Seitennerven sind vollkommen spitzläufig und 
senden nach aussen bogenläufige Tertiärnerven aus. 


Gattung Daphnogene Ung. 
Daphnogene Ungeri Heer. Tf.7. (Tab. XV1.) Fg. 15. 'Tfl.8. (Tab. XVII.) Fg.15.16. 
1856. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 92. Tfl. 96. Fg. 9—13. Ders., Balt. Fl. S. 77. 
TA. 12. Fg. 25b. Tfl. 22. Fg. 18. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen, S. 21. TA. 5. 
Fg. 4. Ders., Göhren, S. 27. Tfl. 5. Fe. 5. 
1850. Ceanothus lanceolatus. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 466. Ders., Sotzka, S. 179. 
Til. 52. Fg. 13. 14. Weber, Palaeont. I. S. 207. Til. 23. Fg. 5a. b. 
Die Blätter sind lanzettförmig oder elliptisch-lanzettförmig, am Grunde 
etwas gerundet, langgestielt, dreifachnervig; die Grundnerven laufen mit dem 
Rande beinahe parallel, die Nervillen sind verwischt. 


Familie der Elaeagneen. Rich. 
Gattung Elaeagnus L. 
Elaeagnus acuminatus Web. TA. 9. (Tab. XVIIL) Fg. 18. 
1852. Weber, Palaeont. II. S. 185. TA. 20. Fg. 13. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 94. 
TA. 97. Fg. 16—18. 

Die Blätter sind gestielt, ei-lanzettförmig, zugespitzt, ganzrandig, am 
Grunde gerundet; der Mittelnerv ist schlank, die Seitennerven sind bogen- 
läufig, sehr verästelt. 

Familie der Oleaceen. Lind. 
Gattung Olea L. 
Olea bohemica Ettgsh. TA. 2. (Tab. XI.) Fg. 32. 


1857. v. Ettingshausen, Köflach, S. 748. Tfl. 2. Fg. 1. Engelhardt, Braunk. v. Sachsen, 
S. 21. TA. 5. Fg. 6. 7. 


Nova Acta XLII. Nr. 4. 40 


306 Hermann Engelhardt. (p. 34) 


Die Blätter sind lederig, elliptisch oder lanzettförmig, kurzgestielt, 
gegen Grund und Spitze gleichmässig verschmälert, ganzrandig; der Mittel- 
nerv ist verhältnissmässig stark, gerade und durchlaufend, die Seitennerven 
sind sehr fein und nicht deutlich wahrnehmbar. 


Familie der Apocynmaceen. Lindl. 
Gattung Apocynophylium Ung. 
Apocynophyllum angustum Kttgsh. "TA. 7. (Tab. XVI.) Fe. 16. 
1877. v. Ettingshausen, Sagor, Th. II. S. 7. Tfl. 12. Fg. 12. 12b. 
Die Blätter sind fast sitzend, lederig, linealisch, lanzettlich, am Grunde 
spitz, an der Spitze stumpf, ganzrandig; der Mittelnerv ist stark, gerade aus- 


laufend, die Seitennerven sind sehr zart und entspringen unter Winkeln von 
70— 50°, die fast unsichtbaren Tertiärnerven unter beinahe rechtem Winkel. 


Apocynophyllum helveticum Heer. 'Ifl. 10. (Tab. XIX.) Fe. 1a.a. 
1859. Heer, Fl. d. Schw. Bd. IH. S. 191. Tfl. 94. Fe. 2. 
Die Blätter sind gegenständig, gestielt, lanzettförmig, am Grunde ver- 
schmälert; der Mittelnerv ist stark, die Seitennerven sind zahlreich, zart, 
parallel und verbinden sich am Rande in flachen Bogen. 


Gattung Echitonium Ung. 
Echitonium Sophiae Web. TA. 7. (Tab. XVI.) Fg. 17—20. TA. 11. (Tab. XX.) 
Fe. 6. 

1852. Weber, Palaeont. II. S. 187. Tfl. 20. Fg. 17a—e. Heer, Fl. d. Schw. Bd. IH. 
S. 22. Ti. 104. Fg. 10. Ders., Beitr. S. 20. Tfl. 10. Fg. 2. 2b. Sismonda, Pie- 

mont, S. 445. TA. 10. Fe. 6. 
Die Blätter sind linealisch-lanzettlich, lang, zugespitzt, am Grunde 
verschmälert, etwas lederig; der Mittelnerv ist kräftig, die zahlreichen Seiten- 

nerven sind kaum sichtbar. 


Familie der Sapotaceen. End. 
Gattung Sapotacites Ettgsh. 
Sapotacites Daphnes Ung. sp. Tfl. 6. (Tab. XV,) Fe. 12. 
1854. v. Ettingshausen, Mte. Promina, S. 35. Tfl. 9. Fg. 10. Ders., Bilin, Th. II. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 35) 307 


S. 229. Til. 38. Fg. 8. 23. Ders., Sagor, Th. I. S. 172. Tfl. 12. Fe. 6. TA. 13. 
Fg. 11. Engelhardt, Tschernowitz, S. 383. Tfl. 4. Fe. 15. 
1845. @uercus Daphmes. Unger, Chl. prot. Tfl. 31. Fe. 2. 3. 

Die Blätter sind kurz gestielt, steif-lederartig, länglich, lanzettförmig 
oder verkehrt-eiförmig, ganzrandig, am Rande zurückgerollt; der Mittelnerv 
ist stark, die Seitennerven sind sehr zart, einander sehr genähert, laufen pa- 
rallel und verbinden sich am Rande in Bogen. 


Sapotacites lingua Rossm. sp. TH. 9. (Tab. XVIIL) Fe. 11. 12. 
1840. Phyllites lingua. Rossmässler, Altsattel, S. 31. Tfl. 5. Fe. 20. 
Die Blätter sind lederig, zungenförmig, an der Spitze rund abgestumpft, 
ganzrandig, oben breiter als unten; der Mittelnerv ist gerade, ziemlich dick, 
nach oben schnell abnehmend, Seitennerven sind nicht sichtbar. 


Gattung Chrysophylium L. 


Ohrysophyllum reticulosum Rossm. sp. 'Tfl. 9. (Tab. XVIIL) Fg. 13—17. 
EB. 10. (Rab. AEX.) Re. 6. DH IT. (Tab RX Re, 
1861. Heer, Beitr. S. 18. Tfl. 9. Fg. 12—16. 
1840. Phyllites reticulosus. Rossmässler, Altsattel, S. 32. Tfl. 6. Fg. 24. 

Die Blätter sind lederig, länglich-oval, an der Spitze ausgerandet, 
ganzrandig; der Mittelnerv ist gerade und stark, die feinen Seitennerven sind 
abstehend und bilden nahe dem Rande flache Bogen; in die Hauptfelder 
laufen mehrere abgekürzte, sich bald in das polygone Netzwerk verlierende. 

Nächst Blättern von @uercus furcinervis Rossm. sp. treten die dieser 
Art am häufigsten in Grasseth auf. 


Familie der Ericaceen R. Br. 
Gattung Andromeda L. 
Andromeda protogaea Ung. "TH. 6. (Tab. XV.) Fg. 13.14. Tf.7. (Tab. XV1.) 
Fg. 12. 
1851. Unger, Sotzka, S. 173. Tfl. 44. Fg. 1—9. v. Ettingshausen, Häring, S. 64. Tfl. 22. 
Fg. 1—8. Ders., Heiligenkreuz, S. 10. Tfl. 2. Fe. 7. 8. Ders., Mte. Promina, 


Se 3b. Itl.09e Be. & Ders. WBilıny Th. 1189236: "Ii/390 Rri2869.=24. Ders, 
Sagor, Th. I. S. 177. Ti. 13. Fg. 20—33. Andrae, Siebenb., S. 20. Til. 4. 


40* 


308 Hermann Engelhardt. (p. 36) 


Fg. 1. 3. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. S. 8. Tfl. 101. Eg. 26. Ders., Polarl. 
8. 116. TA. 17. Fg. 5e. 6. Dexs., Balt. Fl. S. 80. TA. 25. Fg. 1—18. TA. 23. 
Fg. 7c. Ders., Spitzbergen, S. 59. Tfl. 13. Fg. 1. Sismonda, Piemont, S. 443. 
TH. 28. Fe. 1. Gaudin et Strozzi, Toscane, S. 39. Tl. 10. Fg. 10. Massalongo, 
Mte. Pastello, S. 185. TA. 3. Fg. 6. TA. 2. Fg. 3. Engelhardt, Leitmeritz, S. 384. 
TA. 6. Fe. 13. 16. S. 407. Tfl. 12. Fg. 3—9. Ders., Tschernowitz, S. 383. Til. 3. 
Fg. 3. Ders., Cyprisschiefer, S. 12. Tfl. 8. Fe. 2. 

Die Blätter sind lederartig, lanzettförmig, an Grund und Spitze ver- 
schmälert, ganzrandig, langgestielt; der Mittelnerv ist sehr stark, die Seiten- 
nerven sind meist verwischt, wo sie vorhanden, zeigen sie sich stark bogen- 
läufig und zart. 


Familie der Corneen. De C. 
Gattung Cornus L. 
Cornus orbifera Heer. Tfl. 3. (Tab. XIL) Fe. 7. 8. 
1869. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. S. 27. Tfl. 105. Fg. 15—17. Ders., Balt. Fl. S. 46. 
TA. 10. Fe. 12. 
Die Blätter sind eiförmig oder umgekehrt-eiförmig, ganzrandig, bis- 
weilen feingesägt, entweder an Spitze und Grund zugerundet oder an der 


Spitze zugerundet und am Grunde allmählich schmaler werdend; der Mittel- 
nerv ist stark, die Seitennerven sind parallel, stark gerundet. 


Ich sah mich genöthigt, die Diagnose Heer’s zu erweitern, da mir 
ein umgekehrt-eiförmiges Biatt vorliegt, wie ein solches auch von demselben 
Autor Fl. d. Schw. Bd. III. TA. 105. Fg. 16. abgebildet ist. Der Grössen- 
unterschied kann das Blatt nicht einer anderen Art zugehörig erscheinen lassen, 
da dieser auch in den Schweizer Blättern stark contrastirt. 


Cornus rhamnifolia Web. 'TA. 11. (Tab. XX.) Fe. 4. 


1852. Weber, Palaeont. II. S. 192. Tl. 21. Fg. 8. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 28. 
TA. 105. Fg. 22—25. Ders., Balt. Fl. S. 41. Tfl. 8. Fg. 4. Lesquereux, Tert. 
Fl. 8. 244. Tl. 42. Fe. 6. 


Die Blätter sind eiförmig-elliptisch, ganzrandig, gestielt; der Mittelnerv 
ist straff, die S—11 Seitennerven sind gebogen. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 37) 309 


Familie der Loranthaceen. Lindl. 
Gattung Loranthus L. 
Loranthus Palaeo-Eucalypti Ettgsh. TA. %. (Tab. XVI.) Fe. 2. 
1877. v. Ettingshausen, Sagor, Th. II. S. 22. Tfl. 14. Fg. 26. 28. 29. 

Die Blätter sind lederig, gestielt, lanzettförmig oder länglich, am 
Grunde in den Stiel verschmälert, zugespitzt; die Nervation ist spitzläufig, 
der Hauptnerv tritt hervor, die Grundseitennerven sind dünn und erreichen 
die Spitze nicht, die wenigen übrigen sind äusserst zart, Tertiärnerven sind 
nicht sichtbar. 


Familie der Magnoliaceen. De C. 
Gattung Magnolia L. 
Magnolia Cyclopum Web. "TA. 10. (Tab. XIX.) Fe. 7. 
1856. Web. u. Wessel, Palaeont. IV. S. 151. Tfl. 27. Fe. 6. 
Die Blätter sind gross, breit-lanzettförmig, zugespitzt, ganzrandig, fieder- 
nervig; die Seitennerven sind zahlreich und bogenläufig. 


Familie der Stereuliaceen. Vent. 
Gattung Stereulia L. 
Sterculia Labrusca Ung. Tfl. 4. (Tab. XILL) Fe. 18. 


1851. Stereulia Labrusca. Unger, Sotzka, S. 175. Tfl. 49. Fg. 1—11. v. Ettingshausen, 
Mte. Promina, S. 21. Til. 14. Fg. 7. Ders, Bilin, Th. II. S. 13. TA. 43. Fg. 4. 5. 
Ders., Sagor, Th. I. S. 26. Tfl. 15. Fg. 14. 15. Engelhardt, Göhren, S. 29. 
Tfl. 6. Fg. 1. 1*. Ders., Leitm. Geb. S. 409. Tfl. 12. Fg. 17. 

1850. Laurus Labrusca. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 433. 

1851. Ficus caricoides. Unger, Sotzka, S. 165. Tfl. 34. Fg. 8. 

1851. Platanus Sirü. Unger, Sotzka, S. 166. Til. 36. Fe. 1. 

1851. Acer Sotzkiamum. Unger, Sotzka, 8. 175. Tfl. 50. Fe. 1. 2. 


Die Blätter sind lederartig, langgestielt, am Grunde gerundet oder 
ziemlich rund, meist dreilappig, bisweilen zwei- bis fünflappig; die Lappen 
sind lanzettförmig, zugespitzt. ganzrandig; die Zahl der Primärnerven ist 
gleich der der Lappen, die Secundärnerven sind zart und bogenläufig. 

Es kamen mir nur eine Anzahl Fragmente zu Gesicht. 


310 ’ Hermann Engelhardt. (p. 38) 


Familie der Acerineen. De (. 
Gattung Acer L. 
Acer integrilobum Web. IH. S. (Tab. XVIL) Fe. 17. 
1852. Weber, Palaeont. II. S. 196. TA. 22. Fg. 5a. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. 
TA. 116. Fe. 11. 
1855. Acer ribifolium. (Göppert, Schossnitz, S. 34. Tfl. 22. Fg. 18. 19. 
1855. Acer subeampestre. Göppert, Schossnitz, S. 34. Tfl. 22. Fe. 16. 17. 
Die Blätter sind handförmig-dreilappig, die Lappen ganzrandig, bis- 
weilen wellenrandig, zugespitzt, die Seitenlappen abstehend, die Buchten bilden 
einen rechten Winkel. 


Familie der MWalpighiaceen. Juss. 
Gattung Malpighiastrum Ung. 
Malpighiastrum lanceolatum Ung. TH. 7%. (Tab. XVL.) Fe. 9. 
1850. Unger, Sotzka, 8. 176. Tfl. 50. Fe. 6. 7. Weber, Palaeont. II. S. 199. Tfl. 22. Fg. 7. 


Die Blätter sind lanzettförmig, zugespitzt, ganzrandig, etwas lederig, 
grössere Seitennerven wechseln mit kleineren ab. 


Familie der Sapindaceen. Juss. 
Gattung Sapindus L. 
Sapindus undulatus Heer. "TA. 7. (Tab. XVL) Fe. 21. 
1859. Heer, Fl. d. Schw. Bd. IH. S. 62. TA. 121. Fg. 3—7. v. Ettingshausen, Sagor, 
Th.>112S. 189529 215. Ro. 16: 
Die Blättchen sind häutig, sitzend, lanzettförmig, am Grunde ver- 
schmälert, an der Spitze zugespitzt, am Rande wellig. 


Sapindus grandifolius nov. sp. If. 12. (Tab. XXL) Fe. 1. 

Die Blätter sind gefiedert, die Blättchen wenig lederig, länglich- 
lanzettförmig, ganzrandig, kurzgestielt; der Mittelnerv ist stark, die Seiten- 
nerven stehen dicht, sind sehr zart und verbinden sich in der Nähe des 
Randes in Bogen. 

Ich fand nur ein sichelförmig-gekrümmtes Fragment, das auf bedeutende 
Grösse schliessen lässt. Die eine Randhälfte ist nicht vollständig erhalten. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 39) 311 


Der Grund ist gleichseitig tind anscheinend verlief das Blättchen vorn in eine 
Spitze. Von den lebenden Arten erscheint mir Sapindus Saponaria L. am 
ähnlichsten zu sein, von der fossilen S. dubius Ung., welcher aber bisher nur 
in höheren Horizonten gefunden wurde. 5. cupanoides Ettgsh. (Vgl. Bilin, 
Th. II. TA. 47. Fg. 3) kommt ihm an Gestalt und Grösse gleich, unter- 
scheidet sich aber durch die weiter auseinanderstehenden Seitennerven. 


Gattung Dodonaea L. 
Dodonaea pteleaefolia Web. sp. TA. 7. (Tab. XVL) Fe. 14. 
1859. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 64. Tfl. 121. Fg. 9—12. 
1852. Rhus pteleaefolia. Weber, Palaeont. Il. S. 213. Tfl. 23. Fg. 13b. 
Die Blätter sind lederig, elliptisch-lanzettförmig; der Mittelnerv ist 
stark, die Seitennerven sind zahlreich, bogenläufig. 
Mein Material barg nur das eine Bruchstück. 


Familie der Celastrineen. R. Br. 
Gattung Celastrus L. 
Celastrus Andromedae Ung. 'Ifl. 5. (Tab. XIV.) Fe. 14. 


1851. Unger, Sotzka, S. 177. Tl. 30. Fg. 2-5. Heer, Fl. d. Schw. Bd. II. S. 67. 

Tfl. 122. Fg. 2. Ders., Beitr. S. 20. Tfl.. 10. Fe. 5. 

Die Blätter sind lederig, elliptisch, gezahnt, haben jederseits 10—-12 
Seitennerven, die sich in Bogen verbinden. 

Zwar ist der Rand an unserem Bruchstücke nicht vorhanden, doch die 
Nervatur mit der des von Heer von Weissenfels abgebildeten Blattes so 
übereinstimmend, dass ich nicht zögerte, es als sicher hierhergehörig anzusehen. 


Gattung Evonymus T. 
Evonymus glabroides nov. sp. TA. 6. (Tab. XV.) Fe. 11. 

Das Blatt ist elliptisch, zugespitzt, sein Rand vom Grund bis ungefähr 
zur Mitte ganz, von da an bis zur Spitze gesägt; der Mittelnerv tritt scharf 
hervor und nimmt nach der Spitze zu allmählich an. Stärke ab: die Seiten- 
nerven sind sehr fein, gehen gerade aus und verbinden sich in der Nähe des 
Bandes in feinen, kaum erkennbaren Bogen. 


312 Hermann Engelhardt. (p. 40) 


Unser Blatt kommt denen von der ostindischen Art Evonymus glaber 
Roxb. sehr nahe, unterscheidet sich von ihnen aber dadurch, dass es mehr 
Nerven und geringere Grösse hat. 


Familie der Rhamneen. R. Bır. 
Gattung Rhamnus T. 


Rhamnus Rossmässleri Ung. Ti. 4. (Tab. XII.) Fe. 6.9. Ti. 6. (Tab. XV.) 
Fg. 10. 

1850. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 464. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. S. 80. Tfl. 124. 

Fg. 18—20. Sismonda, Piemont, S. 451. Tfl. 15. Fg. 7. Engelhardt, Tscherno- 

witz, S. 387. TA. 5. Fg. 4—6. Lesquereux, Tert. Fl. S. 283. Tfl. 54. Fg. 4. 

Die Blätter sind Jänglich-elliptisch, ganzrandig; der Mittelnerv ist 

kräftig, die Seitennerven, jederseits 7—10, sind deutlich, parallel und am 
Rande bogenläufig. 


Rhamnus Decheni Web. "TH. 4. (Tab. XIIL) Fg.5.7.8. TA. 12. (Tab. XX1.) 

Beil 8. 
1852. Weber, Palaeont. I. S. 204. Tfl. 23. Fg. 2. Gaudin et Strozzi, Toscane, S. 39. 
Tfl. 7. Fg. 6. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. S. sı. Tfl. 125. Fg. 14. 15. Sismonda, 
Piemont, S. 451. Tfl. 12. Fg. 4a. Tfl. 15. Fg. 6. Tfl. 30. Fg. 2. v. Ettingshausen, 
Heiligenkreuz, S. 11. Tfl. 2. Fg. 15. (?) Ders., Wetterau, S. 75. Tfl. 4. Fg. 9. 
Ludwig, Palaeont. V. S. 148. Tfl. 30. Fg. 8. Engelhardt, Tschernowitz, S. 388. 

Tfl. 5. Fg. 7—11. 

Die Blätter sind ei-lanzettförmig, ganzrandig, an der Spitze ver- 
schmälert und zugespitzt, etwas unter der Mitte oder in der Mitte am 
breitesten; der Mittelnerv ist ziemlich stark, die unter ziemlich spitzen 
Winkeln entspringenden Seitennerven sind zart, aber sehr deutlich ausgeprägt 
und laufen untereinander fast parallel bis in die Nähe des Randes, wo sie 
sich in Bogen verbinden. 


Rhammus Eridani Ung. "TA. 10. (Tab. XIX.) Fe. 5. Tfl. 11. (Tab. XX.) Fe. 5. 


1850. Unger, gen. et sp. pl. foss. S. 465. Ders, Sotzka, 8. 178. Tfl. 52. Fg. 3—t. 
Ders., Gleichenberg, S. 180. Tfl. 5. Fg. 12. Heer, Fl. d. Schw. Bd. IH. 8. 81. 
D11.)125% Ee. 16.2 ERn126.0Re 7 Ders, NR olar RS123 THAI E35 .06. 7a. 
TA. 49. Fg. 10. S. 153. Tfl. 27. Ders., Zsilythal, 'S. 20. TA. 5. Eg.'6. Ders., 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 41) 313 


Spitzbergen, S. 67. Tfl. 14. Fg. 12—14. Ders., Beitr. zu Spitzb. S. 90. Fg. 4. 
Sismonda, Piemont, S. 451. Tfl. 13. Fg. 5. Tfl. 14. Fg. A. Tfl. 22. Fg. 4. 5. 
Engelhardt, Tschernowitz, S. 388. Tfl. 5. Fg. 12. 

1851. Pyrus tryglodytarım. Unger, Sotzka, S. 53. Tfl. 37. Fg. 1—5. 

1859. Rhamnus deletus. Heer, Fl. d. Schw. Bd. IIL S. 79. Tfl. 123. Fg. 19. 

Die Blätter sind gross, ziemlich lang gestielt, häutig, länglich-eirund, 
ganzrandig; der Mittelnerv ist kräftig, die Seitennerven, meist S—10, ent- 
springen unter spitzen Winkeln, sind viel zarter und bilden erst am Rande 
flache Bogen. 


Rhamnus rectinervis Heer. Tfl. 10. (Tab. XIX.) Fe. 3. 4. 
1859. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. S. 80. Tfl. 125. Fg. 2—6. Lesquereux, Tert. Fi. 
S. 279. TA. 52. Fg. 12—15. 
Die Blätter sind elliptisch, ganzrandig, selten an der Spitze gezähnelt:; 
der Seitennerven sind S—12 unter sehr spitzem Winkel entspringende vor- 
handen, die an der Spitze sich bogenläufig zeigen, die Nervillen sind fast 


gleichlaufend. 


Rhamnus Reussü Ettgsh. TA. 10. (Tab. XIX.) Fe. 2. 
1869. v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. S. 42. TH. 50. Fg. 9. 10. 

Die Blätter sind länglich oder breit-lanzettförmig, feingespitzt, am 
Grunde spitz, am Rande gewellt, gegen die Spitze gezähnelt; der Mittelnerv 
ist kräftig, die Seitennerven entspringen unter sehr spitzen Winkeln, sind 
bogig gekrümmt und unter einander verbunden; die Nervillen sind sehr zart 
und häufig. 

Ob diese Art nur eine Form von Rhamnus rectinervis Heer sei oder 
nicht, ist mir bei dem geringen vorliegenden Material nicht Klar geworden. 


Familie der Juglandeen. De C. 
Gattung Juglans L. 
Juglans Ungeri Heer. Tfl. 12. (Tab. XXL) Fe. 3. 5. 6. 


1859. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. S. 90. S. 199. TA. 155. Tfl. 18. Ders., Bornstädt, 
S. 21. Tfl. 4. Fg. 13. Engelhardt, Tschernowitz, S. 385. Tfl. 4. Fg. 2. 
1840. Phyllites juglandoides. Rossmässler, Altsattel, S. 29. TA. 4. Fg. 16. 
Nova Acta XLIII. Nr. 4. 41 


314 . Hermann Engelhardt. (p. #2) 


Die Blätter sind gefiedert, die Blättchen gross, elliptisch, ganzrandig; 
der Mittelnerv ist dick, die Seitennerven sind stark, sehr gebogen und ver- 
binden sich am Rande in Bogen, die Nervillen sind meist durchgehend. 


Juglans acuminata Al. Braun. Tfl. 11. (Tab. XX.) Fe. 2. 3. 7. 8. TA. 12. 
(Tab. XXL) Fg. 2. 4. 

1845. Al. Braun, Jahrb. S. 170. Gaudin et Strozzi, Toscane, S. 40. Tfl. 9. Fe. 3. 
Dies., Val d’Amo I. S. 54. Tfl. 7. Fg. 9. Weber, Palaeont. II. S. 210. Heer, 
Fl. d. Schw. Bd. III. S. ss. Tfl. 128. TA. 129. Fg. 1—9. Ders., Polarl. S. 124. 
TA. 7. Fg. 9. TA. 12. Fg. 1b. Tfl. 49. Fo. 7. Ders, North Greenland, S. 483. 
TA. 54. Fg. 5.6. Sismonda, Piemont, S. 453. Tfl. 13. Fg. 1. Ludwig, Palaeont. 
VII. .S..137. „TH.,5%& Fe. 16. 17.7 79.56, Bo, 16. Ti Saar 
Til. 60. Fg. 13. v. Ettingshausen, Bilin, Th. II. S. 45. Tfl. 51. Fg. 12. Engel- 
hardt, Braunk. v. Sachsen, S. 24. Tl. 6. Fg. 7. Ders., Tchernowitz, S. 386. 
TA. 3. Fg. 6—10. 

1845. Juglans latifolia. Al. Braun, Jahrb. S. 170. Weber, Palaeont. II. S. 210. Tfi. 23. 
Fg. 8. Unger, Gleichenberg, S. 25. TA. 6. Fg. 2. 

1855. Juglans Sieboldiana. Göppert, Schossnitz, S. 36. Tfl. 25. Fg. 2. 

1855. Juglans pallida. Göppert, Schossnitz, S. 36. Tfl. 25. Fe. 3. 

1855. Juglans salicifolia. Göppert, Schossnitz, S. 36. Tfl. 25. Fg. 4. 


Die Blätter sind gefiedert, die Blättchen gegenständig, lederartig, ge- 
stielt, eirund-elliptisch oder eirund-lanzettförmig, zugespitzt, ganzrandig; der 
Mittelnerv ist stark und nimmt nach der Spitze zu allmählich an Stärke ab; 
die Seitennerven, meist 10-—14, sind kräftig, nehmen nach dem Rande zu an 
Stärke ab und verbinden sich da in Bogen. 


Familie der Myrtaceen. R. Br. 
Gattung Eucalyptus Herit. 
Eucalyptus oceanica Ung. TA. 5. (Tab. XIV.) Fg. 12. 13. 
1851. Unger, Sotzka, S. 182. Til. 57. Fg. 1—13. v. Ettingshausen, Härmg, S. 84. 
TA. 28. Fg. 1. Ders, Mte. Promina, S. 39. Tfl. 13. Fg. 8-15. Tfi. 14. Fe. 6. 
Ders., Bilin, Th. III. S. 52. Tfl. 44. Fe. 15. 20—23. Ders., Sagor, Th. II. S. 203. 
TA. 17. Fg. 10—18. Heer, Fl. d. Schw. Bd. III. S. 34. TA. 108. Fg. 21. Ders., 
Beitr. S. 14. TA. 6. Fg. 15. 16. Tfl. 8. Fg. 18. Ders., Balt. Fl. S. 92. Tfl. 30. 
Fg. 1.2. Ders, Bovey Tracey, S. 55. Tl. 18. Fg. 9. 10. Andrae, Siebenb. S. 25. 
TA. 4. Fg. 3. Sismonda, Piemont, S. 446. Tfl. 16. Fg. 2. Til. 23. Fe. 4. 5. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 43) 315 


Tfl. 28. Fg. 4. Engelhardt, Göhren, S. 29. Tfl. 5. Fg. 10. 11. Ders., Leitmer. 

Geb. S. 364. Tfl. 3. Fg. 4—6. S. 408. Tfl. 12. Fg. 13—16. Ders., Tschernowitz, 

S. 384. Tfl. 1. Fg. 12. Tfl. 4. Fg. 16. Ders., Cyprisschiefer, S. 13. Tfl. 8. Fe. $. 

Die Blätter sind lederartig, lanzettförmig oder linealisch-lanzettförmig, 
fast sichelförmig zugespitzt, in den Blattstiel verschmälert, ganzrandig; der 
Blattstiel ist öfters am Grunde gedreht; der Mittelnerv ist deutlich, die Seiten- 
nerven sind sehr zart und entspringen unter spitzen Winkeln. 


Pflanzenreste mit unsicherer Stellung. 
Caulinites elliptico-cicatricosus nov. sp. TA. I. (Tab. X.) Fe. 6. 
Ein längeres Stengelstück zeigt sich gestreift, ein Drittel von einem 
Rande deutlich gefurcht und ist an der schmaleren Hälfte mit genau senk- 
recht übereinanderstehenden elliptischen Narben versehen, welche jede in der 


Mitte einen wagerechten halbelliptischen Einschnitt zeigen, dessen obere und 
untere Seite etwas über ihn erhabene halbmondförmige Eindrücke begrenzen. 


Caulinites Acaciae nov. sp. TH. 9. (Tab. XVII) Fg. 19. 


Ein Zweigstück mit einem Blattfetzen liegt mir vor, dem ich eine 
bestimmte Stellung nicht zuzuweisen vermag. Das Blatt ist zart und un- 
gestielt, die Nervatur verwischt: an seiner Ursprungsstelle zeigt das schmale 
mit einer Mittelfurche versehene Zweigstück einen bis zu dieser reichenden 
Eindruck. Dass es einer Acacie angehöre, ist mir mehr als wahrscheinlich, 
doch nicht, ob einer bisher beschriebenen oder neuen Art. 


41” 


316 Hermann Engelhardt. (p. 44) 


Zusatz. 


Bisher hatte man von dem bei dem benachbarten Littmitz auftretenden 
Sisswasserquarz, über dessen Alter noch Zweifel herrschen, so gut wie keine 
Versteinerungen gekannt. Durch Herrn Professor Dr. Laube in Prag kam 
mir ein Stück eines Zweiges von Populus mutabilis Heer (Vgl. Tfl. 11. Fe. 9) 
zu, so dass zu hoffen steht, dass mit der Zeit mehr Pflanzenreste gefunden 
werden, die entscheiden können, ob der betreffende Sandstein gleichalterig 
mit dem Altsattel-Grassether ist, oder ob ihm, wie auch vermuthet wurde, 


ein Jüngeres Alter zukommt. 


Die fossilen Pflanzen des Sässwassersandsteins von Grasseth. (p. 45) 317 


Tafelerklärungen. 


Vorbem. Wo der Fundort nicht bezeichnet ist, stammt das Petrefaet von Grasseth. Die 
Stücken, welche keine Sammlungsangabe zeigen, befinden sich in des Verf.’s Besitz. 


Tafel 1. (Tab. X.) 


Fg. 1. 2. Stammstücke von Hemitelia Laubeji nov. sp. Fundort: Altsattel. Sammlung 
des geol. Inst. d. Univers. Prag. 


Fg. 3. 4. Polster mit Narben von der Seite des Stammstücks Fg. 2. 

Fg. 5. Rindenstück von @Quercus fureinervis Rossm. sp. 

Fg. 6. Caulinites elliptico-cicatricosus nov. Sp. 

Fg. 7. Fragment eines Fächerblattes von Flabellaria Latania Rossm. sp. mit einem 


Stück Rhachis. 
Fg. 8. 9. Quergespaltene Zapfen von Steinhauera subglobosa Presl. 


Tafel 2. (Tab. XI.) 


Fg. 1. Fragment von Rhamnus Rossmässleri Heer mit Aecidium Rhamni tertiaria nov. 
sp. Fundort: Altsatte. Sammlung des Herrn Assistenten Deichmüller in 
Dresden. 
Fg. 2. 3. Blattfetzen von Phragmites oeningensis Al. Br. Fg. 3b. Die Nervatur ver- 
grössert dargestellt. 
4. Blatt von Majanthemophyllum petiolatum Web. 
Fg. 5. 6. Zweigelchen von Widdringtonia helvetica Heer. Fundort: Altsattel. 
7. Blattstück und Zäpfchen von Alnus Kefersteinii var. gracilis Göpp. sp. Fundort: 
Altsattel. 
Fg. 8. 9. Blätter von Potamogeton Poacites Ettgsh. 


318 Hermann Engelhardt. (p. 46) 
Fg. 10. Blatt von Myrica salieina Ung. 
Fg. 11—13. Blätter von Myrica laevigata Heer. 
Fg. 14. Blattstück von Myrica hakeaefolia Ung. sp. 
Fg. 15. Blatt von Quereus chlorophylla Ung. 
Fg. 16—19. Blätter von Quercus Drymeja Ung. Fg. 19 von Altsattel. 
Fg. 20—25. 27—31. Blätter und Blattstücken von Quercus fureinervis Rossm. sp. 
Fg. 26. Blatt von Quercus lonchitis Ung. 
Fg. 32. Blatt von Olea bohemica Ettgsh. 
Fg. 33. Blatt von Ceeropia Heeri Ettgsh. im jugendlichen Zustande. 
Tafel 3. (Tab. XL.) 
Fg. 1--6. Blätter und Blattstücken von @Quercus fureinervis Rossm. sp. 
Fg. 7. 8. Blatt und Blattstück von Cornus orbifera Heer. 
Fg. 9. 10. 12. 13. 16. Blätter von Cinnamomum Scheuchzeri Heer. 
Fg. 11. 14. 15. Blätter von Oinnamommm lanceolatum Ung. sp. Fg. 15. Fundort: Alt- 


satte. Sammlung d. geol. Institutes der Universität Prag. 


Tafel 4. (Tab. XII.) 


. 1—4. Blätter und Blattstücken von Quereus fureinervis Rossm. Sp. 


5. 7. 8. Blätter von Ahammus Decheni Web. Fundort: Altsattel. 
6. 9. Blätter von Rhammus Rossmässleri Ung. Fg. 6. Fundort: Altsattel. 


ld: 


12. Blätter von Cinnamomum lanceolatum Ung. sp. 
Blatt von Cinnamomum polymorphum Al. Br. sp. 
Blattstück von Quercus grandidentata Ung. 


. 15. Blattstücke von @uereus Lyelli Heer. 
. 17. Blätter von Salix elongata Web. Fundort: Altsattel. Sammlung des Herrn 


Assistenten Deichmüller in Dresden. 
Blattstück von Stereulia Labrusca Ung. 


Fg. 11. Blatt von Fieus areinervis Rossm. sp. 

Fg. 12. 13. Blätter von Eucalyptus oceanica Ung. 

Fg. 14. Blattstück von Celastrus Andromedae Ung. 

Tafel 6. (Tab. XV.) 

Fg. 1. 2. Blätter von Fieus tiliaefolia Al. Br. sp. Fundort: Altsattel. Sammlung des 
geol. Inst. d. Universität Prag. 

Fg. 3. Blatt von Fieus sagoriana Ettgsh. 

Fg. 4—7. Blätter nnd Blattstücken von Zaurus protodaphne Web. 

Fg. 8. Blattstück von Laurus Lalages Ung. 

Fg. 9. Blatt von Lawmus styracifolia Web. 

Fg. 10. Blatt von Rhamnus Rossmässleri Ung. Fundort: Altsattel. Sammlung des 
Herrn Assistenten Deichmüller in Dresden. 

Fg. 11. Blatt von Evonymus glabroides nov. sp. 

Fg. 12. Blatt von Sapotacites Daphnes Ung. sp. 

Fg. 13. 14. Blätter von Andromeda protogaea Ung. 

Tafel 7. (Tab. XVL.) 

Fg. 1. Blatt von Laurus Ungeri nov. sp. 

Fg. 2. Blatt von Loranthus Palaeo-Bucalypti Ettgsh. 

Fg. 3. Stück eines ausgewachsenen Blattes von Cecropia Heeri Ettgsh. 

Fg. 4. 5. Blattstücke von Laurus primigenia Ung. Fg. 5. Fundort: Altsattel. 
lung des Herrn Assistenten Deichmüller in Dresden. 

Fg. 6. Blattstück von Persea Heeri Ettgsh. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. 


al. 
2 
.3—8. Blätter und Blattstücken von Ficus lanceolata Heer. Fg. 7. Fundort: Alt- 
satte. Sammlung des Herrn Assistenten Deichmüller in Dresden. 


Tafel 5. (Tab. XIV.) 


9. 10. Blätter von @uereus Weberi nov. sp. 
Blatt von @uercus Charpentieri Heer. 


(p. 47) 


319 


Samm- 


Fe. 
Fg. 
Fs. 
. 11. Blatt von Laurus Swoszowiciana Ung. Fundort: Altsattel. Sammlung des 


0 Hermann Engelhardt. (p. 48) 


7. 8. Blätter von Laurus ocoteaefolia Ettgsh. 
9. Blatt von Malpighiastrum lanceolatum Ung. 
10. Blatt von ZLaurus phocboides Ettgsh. 


Herrn Assistenten Deichmüller in Dresden. 


. 12. Blatt von Andromeda protogaea Ung. 


13. Blatt von Populus mutabilis Heer. 
14. Blattstück von Dodonaea pteleaefolia Web. sp. 
15. Blatt von Daphnogene Ungeri Heer. 


. 16. Blatt von Apocynophylium angustum Ettgsh. 
. 17—20. Blatt und Blattstücken von Echitonium Sophiae Web. Fg. 17. Fundort: 


Altsattel. Sammlung d. geol. Instituts der Universität Prag. 


. 21. Blatt von Sapindus undulatus Heer. 


Tafel 8. (Tab. XVII) 


.1.2. Blattstücken von Cinnamomum spectabile Heer. Fg. 2. Fundort: Altsattel. 


Sammlung d. geol. Instituts der Universität Prag. 


. 3—6. Blätter von Oinnamomum Buchi Heer. 
g. 7-11. Blätter von Cinnamomum polymorphum Al. Br. sp. Fg. 10. Fundort: Alt- 


satte. Sammlung d. geol. Instituts der Universität Prag. 

12. Blatt von Oinnamomum Rossmässleri Heer. 

13. 14. Blätter von Cinnamomum Scheuchzeri Heer. 

15. 16. Blätter von Daphnogene Ungeri. Fg. 15. Fundort: Altsattel. Sammlung 
d. geol. Instituts der Universität Prag. 


. 17. Blatt von Acer integrilobum Web. 


Fe. 


Fe. 
Fe. 
Fe. 


Fe. 
Fe. 
Fe. 
Fg. 


Fg. 


Fe. 
Fe. 
Fe. 
Fe. 
Fg. 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 49) 321 


Tafel 9. (Tab. XVILL) 


1—5. Blätter von Cinnamomum lanceolatum Ung. sp. Fg. 1. Fundort: Altsattel. 
Sammlung d. geol. Instituts der Universität Prag. 

6. Blatt von Oinnamomum Rossmässleri Heer. 

7. 8. Blätter von Cinnamomum Scheuchzeri Heer. 

9. 10. Blätter von Cinnamomum Buchi Heer. Fg. 9. Fundort: Altsattel. Samm- 
lung d. geol. Instituts der Universität Prag. 

11. 12. Blätter von Sapotacites lingua Rossm. sp. 

13—17. Blätter von Chrysophyllum reticulosum Rossm. sp. 

18. Blattstück von Zlacagnus acuminatus Web. 

19. Caulinites Acaciae nov. sp. 


Tafel 10. (Tab. XIX.) 


1aa‘. Blattstücke von Apocynophyllum helvetieum Heer. b. Fragment von Cinna- 
momum Buchi Heer. Fundort: Altsattel. Sammlung d. geol. Instituts der 
Universität Prag. 

2. Blattstück von Rhamnus Reussi Ettgsh. 

3. 4. Blätter von Rhamnus rectinervis Heer. 

5. Blatt von Rhamnus Eridani Ung. 

6. Blatt von Chrysophyllum reticulosum Rossm. sp. 

7. Blatt von Magnolia Cyclopum Web. Fundort: Altsattel. Sammlung des Herrn 
Assistenten Deichmüller in Dresden. 

8. 112 11% 


Nova Acta XLIII. Nr. 4. 42 


Fe. 
Fe. 
Fe. 
Fg. 
Fe. 


Fg. 


Fe. 
Fg. 
Fe. 


Fg. 


ID 


Ic 


Hermann Engelhardt. (p. 50) 


Tafel 11. (Tab. XX.) 


Blatt von Chrysophyllum retieulosum Rossm. Sp. 
3. 7. 8. Blättchen von Juglans acuminata Al. Br. 
Blattstück von Cornus rhammnifolia Web. 

Blatt von Rhamnus Eridani Ung. 


geol. Instituts der Universität Prag. 


d. geol. Instituts der Universität Prag. 


Tafel 12. (Tab. XXI.) 


Blattstück von Sapindus grandifolius nov. Sp. 
. 4. Blättchen von Juglans acuminata Al. Br. 


.5. 6. Blättchen von Juglans Ungeri Heer. Fg. 6. Fundort: Altsattel. 


lung des geol. Instituts der Universität Prag. 


7. 8. Blätter von Rhammus Decheni Web. 


Blattstück von Echitonium Sophiae Web. Fundort: Altsattel. Sammlung des 


Zweigstück von Populus mutabilis Heer. Fundort: Ober-Littmitz. Sammlung 


Samm- 


Die fossilen Pflanzen des Süsswassersandsteins von Grasseth. (p. 51) 


Alphabetisches Verzeichniss 


der 


beschriebenen Pflanzenreste. 


A. Seite . 
Acer integrilobum . . 310 Eat ne 
Aecidium Rhamni tertiaria . 283 Ben 
Alnus Kefersteinü . . 291 F. 
Andromeda protogaea 307 ee, 
C. „ lanceolata. 
Caulinites elliptico-eicatricosus 315 | i Seo ar] ö 
= Acaciae . 315 | 23 Kueut 4 
Cecropia Heeri . 29 | Flabellaria Latania 
Celastrus Andromedae 311 | H 
Chrysophyllum reticulosum . 307 ı en ee 
an Buchi 302 ar 
= lanceolatum . 304 J: 
22 polymorpkum 302 | Juglans acuminata . 
re Rossmässleri . 304 | „  Ungeri . 
N. Scheuchzeri 303 | 
2 spectabile . 302 | L. 
Cornus orbifera . 308 | Laurus Lalages . 
»  rhamnifolia. 308 | „.  oeoteaefolia 
D. » Phoeboides . 
Daphnogene Ungeri 305 | u a 
Dodonaea pteleaefolia . 31 | 32 prötadap ame 
| s  $woszowiciana 
E. „ Styracifolia . 
Echitonium Sophiae 306 » Ungeri e 
Elaeagnus acuminatus 305 | Loranthus Palaeo-Eucalypti 


323 


Seite 


. 314 
. 311 


. 297 
297 
. 298 
. 298 
. 288 


. 284 


. 914 
. 313 


. 299 
. 301 
..301 
. 300 
. 299 
- 300 
„shi! 
300 
. 309 


324 H.Engelhardt. D. foss. Pflanzen d. Süsswassersandst. v. Grasseth. (p. 52) 


M. 
Magnolia Cyclopum 


Majanthemophyllum petiolatum 
Malpighiastrum lanceolatum 


Myrica hakeaefolia 
» laevigata 
„  salicına . 


O. 
ÖOlea bohemica . 


BR. 
Persea Heeri . 
Phragmites oeningensis 
Pinus oviformis . 
Populus mutabilis . 
Potamogeton Poacites . 
Pteris crenata 


Q. 
Quercus Charpentieri . 
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Quercus grandidentata 
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Salıx elongata 
Sapindus grandifolius . 
F undulatus 
Sapotacites Daphnes . 
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Steinhauera subglobosa 

Sterculia Labrusca . 


W. 


Widdringtonia helvetica . 


Seite 


. 296 
. 293 


. 313 
. 313 
. 312 


. 296 
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NOVA ACTA 
der Ksl. Leop.-Carol. Deutschen Akademie der Naturforscher 
Band XLII. Nr. 5. 


Ueber 


das Os intermaxillare des Menschen 


und 


die Anatomie der Hasenscharte und des Wolfsrachens. 


Von 


Dr. med. Th. Kölliker, 


Dozent der Chirurgie an der Universität Leipzig. 
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Eingegangen bei der Akademie den 22. September 1381. 


HALLE, 
"1882. 
Druck von E. Blochmann & Sohn in Dresden. 


Für die Akademie in Commission bei Wilh. Engelmann in Leipzig. 


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Einst bewegte die Frage nach der Existenz eines besonderen 
Zwischenkiefers beim Menschen lebhaft die Gemüther, und im 
Kampfe standen sich Gegner von klangvollen Namen gegenüber. 
Von Galen bis Vesal angenommen, wurde das Os intermaxillare 
von Vesal und seinen Anhängern (Realdus Columbus, Fal- 
lopia, loannes Riolanus) wieder geleugnet. 

(regen Ende des vorigen und in diesem Jahrhundert theilten 
sich- wieder die Ansichten; während der Zwischenkiefer beim 
Menschen von E. A. W. Zimmermann, Peter Camper, F. G. 
Danz, C. F. Ludwig, Sömmering, Senf, G. Fischer, Hempel 
geleugnet wurde, vertheidigten seine Existenz Vieq-d’Azyr, 
W. Joseph, J. C. Loder, Göthe, Autenrieth, Oken, Meckel, 
Spix, Beclard, Nicati, F. L. Leuckart, M. J. Weber, 
Fleischmann, Valentin, Fr. Arnold. 

Gegenwärtig haben sich die Wogen beruhigt. Die letzten 
Jahre lieferten nur spärliche Nachrichten über den Zwischenkiefer, 
und wenn ich diese Frage wieder aufgegriffen habe, so geschah 


es nicht, um in den alten Kampf einzutreten. 


328 Dr. Th. Kölliker. (p. 4) 


Ich stellte meine Untersuchungen nicht in Bezug auf die 
Existenzfrage des Zwischenkiefers an, sondern vielmehr um die 
Entwicklungsgeschichte und Anatomie des Zwischenkiefers und 
der Oberkieferregion zu studiren. Diese Studien sollten mir dann 
Aufklärung über gewisse Punkte verschaffen, die für die patho- 
logische Anatomie der genannten Gegend von der äussersten 
Wichtigkeit sind. 

In diesem Sinne bitte ich auch die nachfolgenden Zeilen 


auffassen zu wollen. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 5) 329 


Erster Theil. 


A. Untersuchung isolirter Oberkiefer. 


1. Methode der Darstellung. 


Wie viel von der Methode der Untersuchung abhängt und zu wie ver- 
schiedenen Resultaten man durch verschiedene Untersuchungsmethoden gelangen 
kann, das lehrt uns trefflich die Geschichte der Zwischenkieferfrage, auf die 
wir jedoch in Bezug auf diesen Punkt unten zurückkommen werden. 

So viel steht fest, dass die schonendste Methode die beste ist und die 
zweifellosesten Resultate ergiebt. 

Beim Beginne meiner Untersuchungen erschienen Schnittserien als die 
sicherste Methode, namentlich wenn frontale Schnitte in horizontalen und sagit- 
talen ihre Ergänzung gefunden hätten und so ein Totalbild gewonnen worden wäre. 

Wie werthvoll aber auch an sich die so gewonnenen Bilder waren, 
“so wurde mir doch bald klar, dass durch Schnitte eine gute und richtige 
Anschauung über das Bestehen eines Intermaxillarknochens überhaupt, sowie 
ferner über seine Form und Gestaltung in verschiedenen Altersperioden des 
fötalen Lebens nur mit Mühe sich gewinnen lassen würde. 

Ich suchte daher nach einer anderen Darstellungsweise, besonders nach 
einer solchen, die den Vorzug liefern sollte, die uns beschäftigenden Knochen- 
theile zu isoliren. 

Das einfache Präpariren musste ich sofort ablehnen, denn nur zu leicht 
können die in Frage kommenden überaus zarten Gebilde durch derartige 
immerhin gröbere Manipulationen leiden und zu falschen Anschauungen ver- 


330 Dr. Th. Kölliker. (p. 6) 


leiten, ein Schicksal, das mehreren Autoren, wie wir später sehen werden, zu 
Theil geworden ist. 

Ebenso konnte der Methode Rousseau’s, der seine Studien an ge- 
trockneten Embryonen vornahm, nur eine unvollständige Beweiskraft zuge- 
sprochen werden. 

Bei diesem Stande der Dinge kam ich auf den Gedanken, die zum 
Durchsichtigmachen und Isoliren von Geweben so vielfach verwendeten kau- 
stischen Alkalien zu versuchen. 

Mein Verfahren war dabei folgendes: 

Die dem Alkohol entnommenen Embryonenköpfe wurden zunächst je 
nach dem Grade der Alkoholeinwirkung kürzer oder länger in Wasser gelegt 
und dann in eine kalte Kali causticum - Lösung verbracht. Als zweckmässig 
kann ich die Anwendung einer 10°, Lösung empfehlen. 

In dieser Lösung nun werden die Embryonenköpfe auf dem Wasser- 
bade sehr langsam erwärmt, dabei durch Controle mit dem Thermometer dafür 
gesorgt, die Temperatur nicht höher als 46° C©. ansteigen zu lassen, da bei 
höheren T'emperaturen ein zu rascher Zerfall der Weichtheile zu befürchten ist. 

Erwärmt man nun in dieser Weise, so fangen nach einer gewissen 
Zeit, die je nach der Grösse des untersuchten Objectes von einer Stunde bis 
zu einem halben Tage schwankt, die Weichtheile an, durchsichtig zu werden. 
Sie werden gelblich, gelatinös, und bald sieht man die immer deutlicher 
werdenden Umrisse der viel heller gefärbten Knochenanlagen, die übrigens 
auch einen leicht gelblichen Ton annehmen. Nach und nach treten die ein- 
zelnen Knochen in staunenswerther Klarheit hervor, so dass man alle Einzel- 
heiten, die feinsten Vorsprünge, deutlich sieht. 

Ist dieses Stadium erreicht, so muss man sofort am unberührten Schädel 
noch in der Macerationsflüssigkeit selbst eine genaue Untersuchung mit der 
Loupe, dem gewöhnlichen und dem stereoskopischen Mikroskope vornehmen, 
wobei selbst Maassangaben gewonnen und Zeichnungen ausgeführt werden 
können. 

Diese Methode hat den Vorzug, dass sie natürliche Verhältnisse liefert, 
während man bei der späteren Präparation immer eine gewisse Gefahr läuft, 
die zarten Knochenanlagen zu verletzen und Trennungen zu veranlassen, wo 
keine sich finden. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 7) 331 


Nach der Erlangung dieses ersten Stadiums der Kali causticum-Mace- 
ration, dem Stadium des einfachen Durchsichtigwerdens der Weichtheile, lässt 
sich nun ein doppelter Weg einschlagen. 

Einmal erwärmt man in der gleichen langsamen Weise weiter, die 
Weichtheile zerfallen immer mehr und schliesslich liegen nur noch die nicht 
angetasteten Knochen isolirt in der Macerationsflüssigkeit. Von da bringt man 
die Knöchelchen in Wasser; die zartesten werden überhaupt in Wasser mit 
etwas Carbolzusatz, um die Schimmelbildung zu vermeiden, aufbewahrt, wäh- 
rend etwas grössere und daher resistentere Knochen trocken aufzuheben sind. 

Sowohl trocken als nass aufbewahrt nehmen die Knöchelchen eine 
blendend weisse Farbe an. 

Der zweite Weg, den man einschlagen kann, gestattet die ganzen 
Köpfe aufzubewahren, indem man die Präparate, wenn sie durchsichtig ge- 
worden sind, jedoch noch nicht zu zerfallen begonnen haben, aus der Macerations- 
flüssigkeit entfernt und in Glycerin bringt. In Glycerin lassen sich die durch- 
sichtigen Präparate aufbewahren. Ich habe Gelegenheit gehabt, auf dem zehnten 
Congresse der deutschen Gesellschaft für Chirurgie ein derartiges Präparat von 
einem thierischen Schädel nach längerem Aufbewahren demonstriren zu können. 

Die Vortheile dieser Methode sind so grosse, dass es kaum denkbar 
ist, wie ich gleich Zeigen werde, Aehnliches auf andere Weise zu finden. 
Auch bin ich der Ansicht, dass das wahre, selbstständige Intermaxillare, wie 
ich es beschreiben werde, früher niemals von einem Anatomen gesehen wurde, 
wenigstens waren für meinen Vater die mit meiner Methode gewonnenen 
Bilder völlig neu. 


2. Beschreibung der jüngsten Kiefer. 

Ehe ich auf das Detail der Untersuchungen eingehe, sei es mir ge- 
stattet, einige Angaben über den Gang der Untersuchung im Allgemeinen ein- 
zuschalten. Die ersten Untersuchungen wurden an Embryonen etwa des dritten 
Monats vorgenommen und fand ich übereinstimmend mit meinen an Schnitt- 
serien gewonnenen Erfahrungen keine Intermaxillaria, resp. kein Intermaxillare 
mehr. Um so grösser war meine Ueberraschung, als ich bei der Untersuchung 
der jüngsten mir zu Gebote stehenden Embryonen gleichfalls auf beiden Seiten 
nur Eine Knochenanlage, die Oberkiefer, fand. Schon war ich geneigt, die 


332 Dr. Th. Kölliker. (p. 8) 


Existenz eines getrennten Zwischenkiefers überhaupt zu leugnen, als es mir 
gelang, die Zwischenstufe zwischen diesen jüngsten und jenen älteren Stadien 
zu finden, zugleich damit aber auch eine Anschauung über den getrennten 
Zwischenkiefer, seine topographische Lage, die Dauer seiner Existenz u. S. w. 


Ich gehe nun zu der Beschreibung der jüngsten von mir untersuchten 
Embryonen über. 

I. Vergl. Taf. 1. Fig. 1. Embryo etwa der siebenten Woche. Ganze 
Länge incl. der Extremitäten 2,4 cm. 

Dieser Embryo gehört dem Stadium an, in welchem in der ganzen 
Oberkieferregion erst die beiden Oberkiefer knöchern angelegt sind. Die Kali- 
maceration liess sie als kleine, dreieckige Platten, mit der Basis nach innen 
unten, der Spitze nach oben aussen zu Tage treten (Fig. 1). Die Basis ist 
leicht convex, die beiden Schenkel leicht concav, der kleine Knochen grossmaschig. 

Die Breite der Oberkiefer betrug 1,34 mm, ihre Höhe 0,79 mm. Die 
Breite (Länge) der Unterkiefer 3,13 mm. Vorn (vergl. Fig. la) waren die 
Unterkiefer 1,07 mm breit, dabei 0,285 mm von einander entfernt. 


I. Taf.1. Fig.2. Zur Untersuchung kam nur ein Kopf mit Gaumen- 
spalte ohne Unterkiefer, der sich in der Entwicklungsgeschichte meines 
Vaters abgebildet findet.) Höhe vom Lippenrande zur Scheitelhöhe 1 cm. 

An diesem Präparate ergab die Maceration vier Knochenanlagen in 
der Oberkieferregion, die beiden Oberkiefer und die beiden Zwischenkiefer. 
Die Oberkiefer (Fig. 2a) sind viel weiter entwickelt, als beim erst beschrie- 
benen Embryo. Man erkennt noch die dreieckigen Platten, inzwischen sind 
aber zwei Fortsätze an den beiden Winkeln der Basis aufgetreten, ein längerer 
sehr dünner und schmaler lateraler, und ein kürzerer, breiterer, gegen den 
Zwischenkiefer gerichteter mediale. An der unteren Seite des vordersten 
Endes des Septum narium sehen wir ferner die knöcherne Anlage der ge- 
trennten Zwischenkiefer, zwei äusserst zarte Gebilde, in Gestalt von dünnen, 
schlanken Knochenspangen (Fig. 2b), welche leicht nach vorn gerichtet sind. 

Die hier gewonnenen Maasse sind folgende: 


1) Vergl. die Abbildungen in der Entwicklungsgeschichte von A. Kölliker, Leipzig 
1879, pag. 467, Fig. 286 und pag. 764, Fig. 469. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 9) 333 


Breite des rechten Zwischenkiefers 0,56 mm. 

Breite des linken Zwischenkiefers 0,63 mm. 

Breite des Zwischenraumes zwischen beiden Intermaxillarknochen 
0,42 —0,49 mm. 

Breite des Zwischenraumes zwischen Ober- und Zwischenkiefer 0,14 mm. 

Breite der Oberkiefer 1,49 mm. 

Sehne des ganzen Kieferbogens 3,93 mm. 

Breite des Septum narium ganz vorn 0,78 mm. 

Breite der Jochbeine 1,13 mm. 

III. Taf. 1. Fig. 3. Rumpflänge des Embryo 2,35 em. Armlänge 
Smm. Handlänge 3 mm. 

Aeusserst interessante Resultate lieferte uns dieses Präparat, denn es 
veranschaulicht uns zu gleicher Zeit das so eben beschriebene Stadium und 
das nächstfolgende. Es fand sich nämlich bei diesem Embryo, der etwa der 
achten Woche angehört, auf der rechten Seite ein getrenntes Intermaxillare, 
während sich auf der linken das Intermaxillare schon mit dem Öberkiefer 
vereinigt hatte. Fig. 3 zeigt in etwa 3%/;maliger Vergrösserung die Gestalt 
der Knochen. Der Oberkiefer ist wieder in seiner Entwicklung weiter vor- 
angeschritten. 

Man erkennt nun den nach oben strebenden Nasenfortsatz, ebenso ist 
der Jochfortsatz kenntlich. 

Die Zwischenkiefer sind breiter geworden und ist, wie bereits erwähnt, 
der linke mit dem ÖOberkiefer nun verbunden; doch ist diese Vereinigung noch 
eine so zarte, dass trotz der schonendsten Präparation bei der vollständigen 
Isolirung dieser Knöchelehen die dünne Vereinigungsstelle zerbrach. Auch 
hier stellte der Zwischenkiefer nur eine einfache Platte dar, ein Nasenfortsatz 
(vergl. den folgenden Embryo) wurde nicht beobachtet, vielleicht übersehen. 

Werfen wir noch einen Blick auf die Unterkiefer, die sich gleichfalls 
aus je Einer knöchernen Anlage entwickeln, so finden wir sie weniger un- 
förmlich, wie in Fig. 1; sie sind schlanker geworden, erreichen sich aber noch 
nicht in der Mittellinie. 

Die Messungen liefern für diese Knochen die folgenden Werthe: 

Linker abgebrochener Zwischenkiefer: Breite 0,76 mm, 

Höhe 0,25 mm. 
Nova Acta XLIII. Nr. 5. 44 


334 Dr. Th. Kölliker. (p. 10) 


Rechter freier Zwischenkiefer: Breite 0,48 mm, 
Höhe 0,22 mm. 
Entfernung beider von einander 0,34 mm. 
Öberkiefer rechts: breit 1,35 mm, 
hoch 1,22 mm, 
links: breit 1,79 mm, 
hoch 0,99 mm. 
Unterkiefer: Breite 3,99 mm. 
Höhe 0,99 mm. 
Jochbeine: Breite 0,68 mm, 
Höhe 0,34 mm. 

IV, Def. 1. ig4 4.5. 09.2. 

Wieder weiter vorgeschritten ist der nun zur Beschreibung gelangende 
Embryo, und zwar betrifft der Fortschritt weniger das Verhältniss des 
Zwischenkiefers zum Oberkiefer, sondern vielmehr die Gestaltung des Zwischen- 
kiefers an sich. 

Embryo mit Gaumenspalte, die Zunge liegt zwischen den Gaumen- 
fortsätzen des Oberkiefers, Augenlidspalte weit offen. Rumpflänge 3,1 cm, 
Kopfhöhe 14 mm, Entfernung der Nasenwurzel vom Kinne 5,6 mm, Armlänge 
11—12 mm, Handlänge 4—5 mm. 

Der Embryo besitzt noch selbstständige Zwischenkiefer, jedoch ist auf 
der rechten Seite schon eine ganz zarte, aber doch stärker als im vorher- 
gehenden Falle ausgeprägte Verbindung mit dem Oberkiefer da. Er stellt ein 
Zwischenstadium zwischen dem sub III beschriebenen und dem nächstfolgenden 
Embryo dar. Die Entwicklung ist, wie schon oben angedeutet, insofern weiter 
wie beim Embryo II, als wir den Zwischenkiefer nicht mehr nur aus einer 
einfachen Knochenplatte bestehend finden, sondern nun ausser dieser Platte 
auch einen Nasenfortsatz und Andeutungen eines Alveolarfortsatzes treffen. 
Schon die schwache Vergrösserung der Fig. 5 lässt uns die genannten Ver- 
hältnisse erkennen. Fig. 5 giebt ausserdem den Unterkiefer mit dem sehr 
grossen Foramen mentale wieder. 

Um aber die Details dieser Zwischenkiefer zu erkennen, nehmen wir 
Fig. 6 und 7 zur Hand. Fig. 6 stellt den linken Zwischenkiefer dar, der 
noch keine Verbindung mit dem Oberkiefer eingegangen ist. Ausser der 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 11) 335 


ursprünglichen zarten Platte sehen wir an demselben oben und aussen einen 
zarten, spitz zulaufenden Fortsatz in die Höhe streben, den Nasenfortsatz des 
Zwischenkiefers; zwar noch häutig ist derselbe aber doch als Bestandtheil 
des Knochens deutlich zu erkennen. Fernerhin hat sich die ursprüngliche 
Platte nach unten ausgedehnt, und zwar gleichfalls als ein mehr häufiger 
Anhang, der, was auf der Abbildung von vorn kaum zu sehen ist, sich 
leicht nach vorn erhebt. 

Der Knochen ist demnach von oben gesehen leicht convex geworden 
und haben wir die erste Andeutung des Alveolarfortsatzes des Zwischenkiefers, 
resp. seiner Gesichtsfläche vor uns. 

Am OÖberkiefer unterscheiden wir schon Alveolarfortsatz, Nasenfortsatz 
und ‚Jochfortsatz, welch’ letzterer noch sehr spitz zuläuft. Während das 
Foramen infraorbitale sonst in der Regel zuerst als Ineisur auftritt, hat dieser 
Oberkiefer schon ein grosses solches Loch. 

Fig. 7 giebt die Knochen der rechten Oberkieferregion wieder. 

Der Oberkiefer ist schon wie durch ein Knochenbälkchen mit dem 
Zwischenkiefer verbunden, indessen ist doch noch eine häutige, trennende 
Masse zwischen beiden vorhanden. Auf die beide Knochentheile trennende 
Lücke, die ich als Fissura intermedia bezeichne, werde ich unten zurück- 
kommen, es genüge hier auf deren Genese aufmerksam gemacht zu haben. 

Der Zwischenkiefer dieser Seite ist etwas stärker entwickelt als der 
linke; auch hier finden wir den schon knöchernen und stärkeren Nasenfortsatz 
des Zwischenkiefers und die ersten Andeutungen eines Alveolarfortsatzes wieder. 

Ich schliesse noch die an diesem Präparate gewonnenen Maasse an. 

Rechter Oberkiefer: breit 1,93 mm, 

hoch 1,02 mm. 
Rechter Zwischenkiefer: breit 0,71 mm, 
hoch 0,14— 0,19 mm. 

Höhe seines Nasenfortsatzes 0,28 mm. 

Entfernung der beiden Zwischenkiefer von einander 0,76 mm. 

Linker Oberkiefer: breit 1,71 mm, 

hoch 1,02 mm. 
Linker Zwischenkiefer: breit 0,35 mm, 
hoch 0,14 mm. 
44* 


336 Dr. Th. Kölliker.. (p: 12) 


Entfernung des rechten Zwischenkiefers vom rechten Oberkiefer 0,085 mm. 

Dieselbe Entfernung links 0,114 mm. 

Unterkiefer: breit 4,29 mm, 

hoch vorn 0,85 mm, 

Mitte 0,65 mm, 

hinten 0,9 mm. 
Entfernung beider Unterkiefer von einander 0,28 mm. 
Breite des Auges 1,96 mm, 

Höhe 1,61 mm. 

Wiederholen wir kurz die Ergebnisse dieser ersten Untersuchungsreihe, 
so finden wir zuerst, gleich nach der Vereinigung des Stirnfortsatzes mit dem 
Oberkieferfortsatze, in der Oberkieferregion nur die Oberkiefer knöchern an- 
gelegt; etwas später, aber noch vor Verschluss der Gaumenspalte, treten die 
beiden Zwischenkiefer auf, um nach kurzem Bestande, etwa gleichzeitig mit 
dem Verschlusse der Gaumenspalte, mit dem Oberkiefer sich zu vereinigen. 


3. Beschreibung älterer fötaler Kiefer. 


Die weiter zu beschreibenden Kiefer gehören nun schon dem Stadium 
der vereinigten Zwischen- und Oberkiefer an. 

V. Taf. 1. Fig. 8. und 9. Embryo der 9. bis 10. Woche. Breite der 
Oberkiefer 3,13 mm. Höhe der Oberkiefer, gemessen vom Alveolarrande bis 
zur Spitze des Nasenfortsatzes, 1,51 mm. Grösster Querdurchmesser bei 
Besichtigung von oben 0,65 mm. Unterkiefer breit 5,13 mm, hoch 1,42 mm. 

Fig. S zeigt uns die Knochen in dreimaliger Vergrösserung; als neu 
entwickelt erwähnen wir die Gaumenfortsätze. Eine Trennungsspur zwischen 
Zwischenkiefer und Oberkiefer ist bei dieser Vergrösserung nur an den Nasen- 
fortsätzen zu constatiren. In der Mitte erreichen sich die Knochen jeder Seite 
noch nicht. 

Fig. 9. Der mediale Abschnitt des linken Oberkiefers in etwa 33- 
maliger Vergrösserung. Ansicht von vorn. 

Dieses Bild giebt uns darüber Aufschluss, was an dem Knochen 
Zwischenkiefer-, was Oberkieferantheil ist. 

Die Grenze liegt zwischen den beiden nach oben strebenden Zacken, 
die sich später vereinigen und nichts Anderes sind, als medial der Nasen- 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 13) 337 


fortsatz des Zwischenkiefers und lateral der Nasenfortsatz des Oberkiefers. 
Von der Vereinigungsstelle beider Nasenfortsätze sieht man der früheren 
Trennungsspalte entsprechend deutliche Reste resp. Spuren der vereinigenden 
Naht, und sind als solche die an dieser Stelle grossmaschige Structur des 
Knochens zu betrachten. (Beiläufig bemerkt, war diese Naht rechts vollständig 
verstrichen.) 

Auch bei der Betrachtung dieser Oberkiefer von der Innenseite sehen wir 
die Spuren der Vereinigung; an dem einen Oberkiefer verläuft innen in der 
Richtung von oben nach unten, also durch den Nasenfortsatz und Gaumen- 
theil, eine deutliche, breite Naht, am Oberkiefer der anderen Seite aber eine 
tiefe Furche, die wir in ihren oberen Abschnitten als Fissura intermedia 
kennen gelernt haben, und welcher ich für den Gaumentheil den Namen 
Fissura ineisiva beilege. 

VI. Taf. 1. Fig. 10. Embryo des 3. Monates. Rumpflänge 3,9 em; 
Kopfhöhe 10 mm. Entfernung des Kinnes von der Nasenwurzel 6,8 mm. 
Armlänge 15 mm; Handlänge 5 mm. Gaumen geschlossen. 

Ober- und Zwischenkiefer sind verwachsen, die Knochen im Ganzen 
etwas besser entwickelt, als im vorhergehenden Falle. 

Die Breite des rechten Oberkiefers beträgt 3,42 mm. Die Höhe, 
welche nur beiläufig bestimmt werden kann, da die Oberkiefer oben gekrümmt 
sind, 1,42 mm. Die Breite des linken Oberkiefers ist 3,40 mn; seine bei- 
läufige Höhe 1,36 mm. Die Breite der Unterkiefer 5,5 mm. 

Fig. 10 — linker Oberkiefer von der Nasenseite — zeigt die Apertura 
pyriformis, den Nasenfortsatz, Alveolarfortsatz, Gaumenfortsatz, Jochfortsatz. 
Was aber vor Allem unser Interesse in Anspruch zu nehmen geeignet ist, 
das sind die Ueberreste der Trennung des Zwischen- und Oberkiefers. Wäh- 
rend an der Gesichtsfläche diese Gegend nur dadurch kenntlich ist, dass der 
Knochen längs des Nasenfortsatzes eine verdünnte Stelle hat, finden wir an 
der Nasenseite eine tiefe und breite Furche. 

Am Nasenfortsatze trennt die Fissura intermedia denselben in seine 
ursprünglichen Theile, den Zwischenkiefer- und Oberkiefernasenfortsatz; durch 
den Gaumen verläuft die Furche als Fissura ineisiva, entsprechend der spä- 
teren Sutura ineisiva. Von oben stellt sich die Fissura ineisiva als breites, 
nach innen offenes Loch dar. 


338 Dr. Th. Kölliker. (p. 14) 


Vo. Taf. 1. Fig. 11, 12, 13, 14, 15. Embryo aus der 2. Hälfte 
des dritten Monates. 

Ein Blick auf Fig. 11a und b genügt, um zu zeigen, wie weit ent- 
wickelt die Oberkiefer in dieser Altersperiode sind, und wenn man weiter sich 
daran erinnert, dass eine ganze Reihe von Autoren, ich erwähne Leuckart, 
Rambaud und Renault, Leydy, Dursy, A. Kölliker, ihre Beobachtungen 
— Präparationen und Schnitte — an Embryonen dieses Alters, z. Th. an 
noch viel älteren vorgenommen haben, so wird durch diese Erwägung der 
‚Werth ihrer Aussprüche über den Zwischenkiefer bedeutend herabgesetzt. 

Fig. 11a und b dienen als Uebersichts- und Orientirungsbild für die 
folgenden sonst nicht ganz leicht verständlichen Bilder. 

Fig. 12 giebt bei viermaliger Vergrösserung die Ansicht des Ober- 
kiefers von aussen; b die der Mittellinie entsprechende Stelle, die Vereinigungs- 
stelle für den Oberkiefer der anderen Seite; a die Apertura pyriformis mit ce, 
dem Nasenfortsatze. Die beiden Zacken, die zuerst den Nasenfortsatz 
bildeten, haben sich vereinigt, nirgends ist auch nur mehr eine Andeutung 
der Vereinigungsstelle von Zwischen- und Oberkiefer zu bemerken. g Zahn- 
alveolen, d Jochfortsatz des Oberkiefers. 

Fig. 13. Ansicht von innen. Vergrösserung wie oben. a Apertura 
pyriformis. b Mittellinie. e Nasenfortsatz. d Jochfortsatz. fi seichte Furche, 
Ueberrest der Fissura intermedia. p St kleiner Knochenfortsatz, dem ich wegen 
seiner Beziehungen zu den Stenson’schen Gängen den Namen Processus Steno- 
nianus gegeben habe. (Himly’s Zwischenkiefer.) (S. auch Fig. 14.) 

Fig. 14. Ansicht von oben; gleiche Vergrösserung. a,b, e, d wie 
bei den vorhergehenden Figuren. f Sutura incisiva an der nasalen Fläche. 

Fig. 15. Ansicht von unten; gleiche Vergrösserung. b, d wie oben. fSu- 
tura ineisiva. g Zahnalveolen. h hinterer Rand der Gaumenplatte. i medialer 
Rand der Gaumenplatte. 

Das Wesentlichste, was uns die Beschreibung dieser Oberkiefer lehrt, 
ist, dass in diesem Alter von einem als selbstständigem Gebilde zu betrach- 
tenden Zwischenkiefer keine Rede ist. Die einzigen Ueberreste der ehemaligen 
Trennung von Zwischen- und Oberkiefer sind die palatine und nasale Naht, 
die sog. Sutura ineisiva, welche sich aus der Fissura intermedia und Fissura 
ineisiva entwickelt, während die äussere Naht völlig verstreicht. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 15) 339 


Wir geben schliesslich noch die exacten Grössenverhältnisse dieser 
Oberkiefer: 

Breite des Oberkiefers 7,5 mm. 

Höhe des Oberkiefers vom Alveolarrande zur Spitze des Nasenfortsatzes 
gemessen 4,5 mm. 

Hinterer Rand des Gaumens 5,3 mm. 

Medialer Rand des Gaumens 4,2 mm 

Breite der Apertura pyriformis 1,6 mm. 

Höhe derselben 3,2 mm. 

Diameter antero-posterior der Alveolen 1,0 mm. 

Breite des Processus Stenonianus von rechts nach links 0,57 mm, von 
vorn nach hinten 1,39 mm. 

Im Anschlusse an die ersten vier Präparate lehrt uns die Betrachtung 
der drei letzteren, dass nach erfolgter Vereinigung des Zwischenkiefers mit 
dem Oberkiefer anfangs bei Embryonen etwa der 9. Woche nicht nur am 
Gaumen und der nasalen Fläche der Gaumenfortsätze und des Nasenfortsatzes, 
sondern auch an der Gesichtsfläche des Nasenfortsatzes und Alveolarfortsatzes 
spaltenförmige tiefe Trennungen und Furchen bestehen. Von der 10. Woche 
ab dagegen sind die Zwischenkiefer mit dem Oberkiefer schon so vereint, 
dass sich ausser der Sutura ineisiva mit ihrem palatinen und nasalen Theile 
keine Trennungsspur mehr nachweisen lässt. 

Diese sieben Beobachtungen haben wir als Paradigmen der Entwick- 
lungsgeschichte des Ober- und Zwischenkiefers zusammengestellt. Unsere 
Schlüsse beruhen aber auf einer grösseren Untersuchungsreihe und führen wir 
im Anschlusse noch einige weitere Beschreibungen kurz an. 

VII. und IX. Beides halbe Köpfe ohne Unterkiefer. Bei VIII. be- 
trägt die Entfernung vom Gaumen zur Scheitelhöhe 1,35 em, bei IX. 1,1 cm. 

Bei beiden Präparaten sind die Zwischenkiefer schon mit den Ober- 
kiefern vereinigt, sie entsprachen einem etwas vorgeschritteneren Entwick- 
lungsstadium als oben Nr. V. 

Weitere Untersuchungen wurden an diesen Kiefern nicht vorgenommen, 
da es erstens fraglich war, ob die seiner Zeit vorgenommene Halbirung der 
Köpfe mit der nöthigen Vorsicht geschehen war, und zweitens weil sie ver- 
suchsweise in Kali causticum aufbewahrt worden waren. 


340 Dr. Th. Kölliker. (p. 16) 


X. Dieser Embryo hatte gleichfalls schon vereinigte Zwischen- und Ober- 
kiefer und entspricht dem Embryo Nr. VI, namentlich in Bezug auf den Zu- 
stand der Fissura intermedia und incisiva. 

Wir geben nur einzelne Maasse: Breite der Oberkiefer 3,27 mm; 
Höhe derselben 1,56 mm; Querdurchmesser bei Ansicht von oben 0,85 mm. 

XI. Zahlreiche Messungen - wurden an dem folgenden Embryo vor- 
genommen. Rumpflänge 3,9 cm; Entfernung der Nasenwurzel vom Kinn S mm; 
Entfernung der Schulter von den Fingerspitzen 15 mm. 

Selbstverständlich fanden sich keine getrennten Zwischenkiefer mehr und 
standen die Oberkiefer 0,39 mm von einander entfernt. 

Die weitereren Messungen ergaben: 

1, Rechter Oberkiefer: breit 3,99 mm, 

hoch 1,93 mm. 
Breite der Apertura pyriformis 0,99 mm. 
Höhe derselben 0,99 mm. 
Diameter antero-posterior des Gaumens 1,14 mm. 
2. Linker Oberkiefer: breit 4,01 mm, 

hoch 2,01 mm. 
Breite der Apertura pyriformis 0,90 mm. 
Höhe derselben 1,36 mm. 
Diameter antero-posterior des Gaumens 1,42 mm. 
Unterkiefer: breit 6 mm, 

hoch 1,5 mm. 

XI. Bei den folgenden Oberkiefern, die einem älteren Embryo an- 
gehören, finden wir am Gaumenfortsatze die durchgehende Sutura ineisiva; an 
der nasalen Fläche des Nasenfortsatzes verläuft noch die nun aber sehr enge 
Fissura intermedia. 

Die Grössenverhältnisse dieses Embryo waren folgende: 

Ganze Länge mit Extremitäten 10,5 cm. 
Breite der Oberkiefer 9 mm; Höhe 5,5 mm. 
Hinterer Rand des Gaumens 6,5 mm. 
Apertura pyriformis: breit 2 mm; hoch 4 mm. 
Diameter antero-posterior der Alveolen 1 mm. 
Medialer Rand des Gaumenfortsatzes 6,5 mm. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 1%) tl 


Verhältnisse beim Neugeborenen und Erwachsenen. 


Beim Zwischenkiefer des Neugeborenen und des Kindes darf ich mich 
kurz fassen, da von einem eigentlichen Zwischenkiefer ja nicht die Rede 
sein kann und es sich im Wesentlichen nur um die zurückgebliebenen An- 
deutungen der einstigen Selbstständigkeit dieses Knochens handelt. Und da 
finden wir das Gleiche, wie beim Embryo von der 10. Woche ab. Wir sehen 
die Sutura ineisiva am Gaumen in der Regel ganz deutlich. Sie verläuft 
quer, parallel der Alveole des mittleren Schneidezahnes oder auch in einem 
Bogen mit vorderer Concavität, wendet sich dann in scharfem Winkel nach 
vorn und aussen zur Grenze der Alveolen des lateralen Schneidezahnes und 
Eckzahnes oder auch zur Mitte der Alveole des Eckzahnes. 

Unter 19 von mir auf das Verhalten der Sutura ineisiva untersuchten 
Kinderschädeln verlief die Naht 10 Mal zur Scheidewand der Alveolen des 
lateralen Schneidezahnes und Eckzahnes, 9 Mal zur Mitte der Alveole des 
Eckzahnes. 

Sehr häufig findet man auch Nahtreste an der nasalen Fläche des 
Gaumens von der Sutura palatina in rechtem Winkel abgehend und bis zur 
nasalen Fläche des Nasenfortsatzes des Oberkiefers verlaufend. Am Ober- 
kiefernasenfortsatze selbst deutet eine seichte, mehr oder minder ausgeprägte 
Grube auf den ehemaligen Sitz der Fissura intermedia hin. Niemals konnte 
ich auch nur Andeutungen einer Naht an der Gesichtsfläche finden. 

Auf einen Punkt muss ich an dieser Stelle näher eingehen. Er betrifft 
die von Albrecht aufgestellte Theorie, nach welcher der Zwischenkiefer 
jeder Seite aus zwei Stücken sich zusammensetzt. Albrecht hat bei seinen 
Untersuchungen von Kinderschädeln in %,. aller Fälle am harten Gaumen 
entsprechend den vier Zwischenkieferstücken, die er als Endognathion und 
Mesognathion bezeichnet, fünf Sut. ineisivae oder unzweifelhafte Reste derselben 
gefunden. Diese Nähte benennt er Sutura inter-endognathieca, Sutura endo- 
mesognathica und Sutura meso-exognathica. 

Die Sutura inter-endognathica ist der vorderste Abschnitt der Sutura 
palatina, die Sutura meso-exognathica ist die Sutura ineisiva. 

Was nun die mittlere Naht betrifft, die Albrecht als Sutura endo- 
mesognathica bezeichnet und die ihm mit eine Stütze bildet für die Theorie 

Nova Acta XLIHI. Nr. 5. 45 


342 Dr. Th. Kölliker. (p. 18) 


des doppelten Zwischenkiefers jeder Seite, so ist dieselbe, wie wir gleich 
zeigen werden, niemals eine durchgehende Naht, sondern in den einen Fällen 
eine Knochenleiste, in den anderen eine Furche, während in manchen beides 


vorkommt. 


Bei der Knochenleiste handelt es sich um den Knochenfortsatz, den 
ich oben als Processus Stenonianus beschrieben habe und den Leuckart als 
„innerste Partie des mittleren Knochenkernes“ bezeichnet, während Himly 
diese beiden Zwickel, welche hinter seinen vorderen Gaumenbeinen liegen, für 
Rudimente der eigentlichen Zwischenkiefer hält. Betrachtet man nun den 
Oberkiefer eines Neugeborenen von der inneren Seite (Taf. 1. Fig. 18), so 
fallen medial von der Sutura ineisiva zwei Knochenleisten auf, die die vordere 
und hintere Wand des Canalis incisivus bilden; die hintere Knochenleiste ent- 
spricht der Lage nach der Albrecht’schen Sutura endo-mesognathica, während 
die vordere vom scharfen Rande des Processus Stenonianus gebildet wird. In 
einzelnen Fällen verläuft an der lateralen Wand des Kanales eine wie aus 
dem Foramen ineisivum heraustretende Furche, die Himly treffend beschreibt, 
wenn er sie auch falsch deutet. Er sagt: 


„Diese Spuren (des Zwischenkieferbeines — es handelt sich aber um 
den Processus Stenonianus) sind zwei Ritzen oder Reste von Nähten, welche 
aus der Tiefe des Foramen ineisivum an seinen beiden Seiten heraufsteigen 
und die sich an manchen Schädeln bis an den hinteren Rand der Zahnhöhlen 
der beiden mittleren Schneidezähne erstrecken.“ 

Offenbar beschreibt hier Himly Albrecht’s Sutura endo-mesognathica. 

In anderen Fällen findet man aber auch folgende Verhältnisse: Etwas 
nach aussen von der oben besprochenen Gegend des Canalis ineisivus, zwischen 
demselben und der Sutura 'ineisiva verläuft eine, in seltenen Fällen sogar zwei 
Furchen zur Alveole des medialen Schneidezahnes, jedoch ohne dieselbe zu 
erreichen, 

Bei oberflächlicher Betrachtung können diese Furchen, die ich bei 30 
Kinderschädeln in fünf Fällen vorfand, eine Naht vortäuschen. Aber gerade 
bei zweien der mir vorliegenden Fälle durchkreuzen gleiche Furchen, oft noch 
tiefere, auch die Gaumenplatte der Oberkiefer, während andere in directem 
Zusammenhange mit dem Canalis palatinus posterior stehen. 


Entwicklumgsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 19) 343 


Ich bin daher der Meinung, dass alle die genannten Furchen als 
Gefässfurchen zu betrachten sind; dafür spricht auch, dass man in Fällen, in 
welchen die sog. Sutura endo-mesognathica fehlt, manchmal an deren Stelle 
ein mit dem Canalis ineisivus offenbar zusammenhängendes Gefässloch vor- 
findet. (Vergl. Taf. 7. Fig. 48; ebenda auch mit dem Can. palat. post. zu- 
sammenhängende stark ausgeprägte Gefässfurchen.) 

Im Uebrigen glaube ich den meisten Werth meinen direeten Unter- 
suchungen beimessen zu dürfen, denen zufolge jeder Zwischenkiefer unpaar 
sich anlegt. 

Wenn ich noch mit wenigen Worten auf den Zwischenkiefer des Er- 
wachsenen komme, so kann es sich eigentlich um nichts Anderes handeln, 
als anzugeben, wie oft eine Sutura ineisiva oder Reste derselben zu beobachten 
sind. Ich habe die sämmtlichen Schädel der Würzburger anatomischen Samm- 
lung daraufhin durchmustert und fand unter SS Frankenschädeln 26 Mal eine 
Sutur oder deren Reste. Die Untersuchung der Rassenschädel lieferte bei 
237 Schädeln 70 Mal ein positives Ergebniss. Fasse ich beides zusammen, 
so fand sich an 325 Schädeln 96 Mal die Sutura ineisiva oder Reste derselben. 

Ausser dieser Sutur finden wir noch relativ häufig in der Stellung 
der Schneidezähne, vorzüglich der lateralen, Erinnerungsmerkmale an den 
Zwischenkiefer. 

Der laterale Schneidezahn, dem Vereinigungspunkte des Zwischenkiefers 
mit dem Oberkiefer entsprechend, zeigt Stellungsanomalien, indem er bald 
etwas vor, bald etwas hinter dem medialen Schneidezahne und dem Ecekzahne 
steht, auch sieht er häufig mit seiner vorderen Fläche nach aussen statt nach 
vorn, kurz, derselbe fügt sich von allen Zähnen am wenigsten der normalen 
Linie des Zahnbogens ein. 

Anmerkung. Den Processus Stenonianus finden wir am Schädel’des Erwachsenen 
stets gut entwickelt, namentlich an der nasalen Fläche des harten Gaumens. Hier bildet 


er eine erhabene Leiste der Crista, mit welcher sich das vordere untere Ende der Pflug- 
schar verbindet. 


4. Kritik der abweichenden Angaben. 


Wenn ich es jetzt für nöthig erachte, meinen Ansichten widersprechende 
Angaben kritisch zu beleuchten, so kann ich hier nur die Angaben neuerer 
45* 


344 Dr. Th. Kölliker. (p. 20) 


Autoren, die mit den gleichen verbesserten Hilfsmitteln der modernen Unter- 
suchung ausgerüstet waren, in Betracht ziehen. Auf den ganzen Kampf, der 
sich, seit Göthe für die Existenz eines Zwischenkiefers eintrat, pro und contra 
Intermaxillare entspann, könnte nur vom historischen Standpunkte aus ein- 
gegangen werden. 

Genauere Angaben über Ober- und Zwischenkiefer finden wir bei 
Rambaud und Renault. Diese Forscher beschreiben die Oberkiefer als aus 
einer ganzen Reihe von Thheilen zusammengesetzt, so im vierten Fötalmonate 
aus vier Stücken. Natürlich forschte ich zuerst darnach, welche Methode sie 
zur Isolirung der Knöchelehen in Anwendung gezogen hatten. Als ich aber 
fand, dass sie bei der Präparation feiner Messer sich bedient hatten, sank für 
mich das Ergebniss ihrer Präparation sehr im Werthe. Wer nur einmal daran 
gegangen ist, diese so überaus zarten Knöchelchen zu isoliren, wird Resultaten, 
welche durch Messerpräparation gewonnen wurden, nur geringes Vertrauen 
beimessen können. 

An dem gleichen Fehler leiden wohl die Untersuchungen Leidy’s, 
der übrigens seine Isolirungsmethode gar nicht erwähnt. Ein Blick auf die 
von ihm gegebenen Abbildungen genügt, um zu erklären, dass die Trennungs- 
furchen zwischen Ober- und Zwischenkiefer künstlich bei der Präparation ent- 
standen sind, ganz abgesehen noch von dem Umstande, dass nach meinen 
Untersuchungen das Alter der von Leidy beschriebenen Embryonen schon zu 
weit vorgerückt war, so dass sie keine getrennten Intermaxillaria mehr be- 
sitzen konnten. 

Auf die Angaben Dursy’s und meines Vaters werde ich weiter unten 
hei Beschreibung der Schnittserien kommen; ebenso kann ich mit Albrecht’s 
Theorie erst dann eingehend mich befassen, wenn ich die Zahnentwicklung 
in ihren Verhältnissen zum Knochen klargelegt haben werde. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 21) 345 


B. Untersuchungen an Schnittserien. 


Beim Beginne meiner Untersuchungen ging ich von der Absicht aus, 
das noch getrennte Intermaxillare zu studiren, namentlich auch in Rücksicht 
auf die Zahl seiner Knochenanlagen. Wie oben schon erwähnt, versuchte ich 
dies zunächst durch Anlegen von Schnittserien. Ich ging naturgemäss dabei 
von den Stadien aus, welche Dursy und mein Vater beschrieben haben. 

Dursy’s Schnitte betreffen einen Scm und einen 10,8cm langen, so- 
mit dem dritten und vierten Monate angehörende menschliche Embryonen 
(vergl. Taf. 7 und Taf. 9. Fig. 5 und 6). 

Die Untersuchungen meines Vaters beziehen sich ebenfalls auf Em- 
bryonen des dritten Monats, doch fand derselbe bei Embryonen von der zehnten 
Woche die Zwischenkiefer an der Gesichtsfläche schon mit den Oberkiefern 
verbunden. 

Gestützt auf diese Vorgänger, verwendete ich für meine Schnitte in 
erster Linie Embryonen des dritten Monats und legte mir acht Serien theils 
frontaler, theils horizontaler Schnitte an. Hierbei gelangte ich zu der Ueber- 
zeugung, dass Embryonen dieser Altersperiode ein getrenntes Intermaxillare 
nicht mehr besitzen. Ich hätte folgerichtig nunmehr zur Prüfung von Schnitten 
jüngerer Embryonen übergehen müssen. Da ich jedoch gerade um diese Zeit 
an den oben geschilderten Macerationspräparaten das selbstständige Inter- 
maxillare aufgefunden hatte, so hielt ich es für überflüssig, dasselbe auch 
noch an Schnittserien nachzuweisen, um so mehr, als mein Material an jungen 
Embryonen fast gänzlich aufgebraucht war. 

Obschon demnach die von mir angelegten Schnittserien für die Lehre 
von dem Vorkommen eines selbstständigen Intermaxillare nur insofern einen 
Werth haben, als sie nachweisen, dass dasselbe, entgegen den Angaben von 
Rambaud und Renault, Dursy u. A., in der zweiten Hälfte des dritten 
Monats nicht mehr vorhanden ist, so verdienen dieselben doch eine nähere Be- 
sprechung, indem sie namentlich einerseits für die Lehre von den Beziehungen 
der Entwicklung der Zähne zu derjenigen der Knochen zu ganz bestimmten, 
nicht unwesentlichen Resultaten geführt haben, andererseits auch über die 


346 Dr. Th.-Kölliker. (p. 22) 


Jacobson’schen Knorpel bestimmtere Aufschlüsse lieferten, als wir sie bisher 


besassen. 
Ich halte es für nöthig, vorerst eine Uebersicht der von mir zu 
Schnittserien benutzten Embryonen voranzuschicken. . 


Es waren: 

1. Embryo des dritten Monates; ganze Länge 3,3 cm; Kopfhöhe ca. 1,3 cm. 

2. Embryo des dritten Monates; Rumpflänge 4 cm; Beinlänge 2,1 cm; 
Kopflänge 2,0 cm. 

3. Embryo etwa des vierten Monates; Entfernung des Kinnes von der 
Nasenwurzel 1,4 cm. 

4. Embryo des dritten Monates; Rumpflänge 3,6 cm. 

5. Embryo des dritten Monates; Entfernung des Kinnes von der Nasen- 
wurzel 1,1— 1,2 cm. 

6. Embryo des vierten Monates. 

7. Embryo 3!/, Monate alt; ganze Länge 6,5 cm; Entfernung des Kinnes 
von der Nasenwurzel 0,95 cm. 

8. Embryo 3'/; Monate alt; ganze Länge 6,7 cm; Entfernung des Kinnes 
von der Nasenwurzel 1,2 cm. 


Methode der Behandlung. 


Die in Alkohol gehärteten, mit Carmin durchgefärbten Embryonen 
wurden, nach vorheriger Behandlung mit einer Mischung von Paraffin und 
Terpentin, in Paraffin eingebettet, trocken geschnitten und in Damarlack ein- 
gelegt. 

Da ich mehr Werth auf vollständige Schnittserien, als auf möglichst 
feine Schnitte legte, wurden die Schnitte in einer Dicke von 1/go-—!/3o mm 
angelegt. 

Eine Anzahl der Embryonenköpfe wurde in frontale Schnittserien, eine 
zweite in horizontale zerlegt. 


Ergebnisse. 
Eine detaillirte Beschreibung der ganzen Schnittserien, resp. der aus 
denselben abgebildeten Schnitte, würde viel zu weit führen, ich muss daher in 
dieser Beziehung auf die Tafelerklärung verweisen. Hingegen ist hier der 


* 
Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 23) 347 


Ort, um auf gewisse Punkte der einzelnen uns interessirenden Theile näher 
einzugehen, und beginne ich diese Betrachtungen mit dem Oberkiefer. 

Bei den Sehnittserien trifft man zunächst auf die Spina nasalis anterior 
und die vordersten Abschnitte der Crista, an welche Theile sich weiterhin die 
Alveolen der medialen Schneidezähne anreihen. Diese Knochenpartieen waren 
es vorzugsweise, welche Dursy als Zwischenkiefer abgebildet; verfolgt man 
jedoch die Schnitte weiter nach rückwärts, so findet man einerseits, dass 
die den Nasenhöhlenboden umgreifenden Knochenpartieen des Dursy’schen 
Zwischenkiefers direct obne Zwischenraum in den Nasenfortsatz des Ober- 
kiefers sich fortsetzen, während andererseits auch am Alveolarfortsatze, wenn 
man denselben vom medialen Schneidezahne zum lateralen und von diesem 
wieder zum Eckzahne verfolgt, nirgends auch nur die Andeutung einer Grenze 
zwischen Zwischenkiefer und Oberkiefer zu finden ist. 

Besonders aufmerksam mache ich auf jene Stelle, an welcher die 
beiden Stenson’schen Gänge, von oben aussen nach innen unten convergirend, 
den Oberkiefer durchsetzen. Hier trifft man Schnitte (Fig. 34—37), die ohne 
Kenntniss des ganzen Knochens leicht zu der Annahme eines noch getrennten 


Zwischenkiefers verleiten könnten. Selbstredend wird nämlich — vorausgesetzt, 
dass der Schnitt die Gänge der Länge nach eröffnet — je ein mediales 
Knochenstück vom ganzen Knochen abgetrennt erscheinen. Geht man aber 
nun in der Schnittserie weiter nach vorn wieder zurück, d. h. also in um- 
gekehrter Richtung, so wird man (vergl. z. B. Figur 33) leicht begreifen, 
wie es zum Entstehen dieser scheinbar selbstständigen Knochenpartie kommt, 
da man sie hier noch mit dem übrigen Knochen in Zusammenhang findet. 

Das betreffende hierbei in Frage kommende Knochenstück ist der 
Processus Stenonianus, den wir an einer ganzen Reihe der Schnitte verfolgen 
können. Er tritt uns zuerst in Figur 28 entgegen, als die medialste Partie 
des Oberkiefers, eingerahmt von den beiden Jacobson’schen Knorpeln. 
Gehen wir dem Fortsatze weiter nach, so sehen wir, wie derselbe immer 
mehr sich erhebt, im Stadium der besten Ausbildung (Figur 30 und folgende) 
einen verticalen Knochenbalken bildend, um dann wieder an Höhe abzunehmen 
(vergl. Schnitt 60 und folgende). Zu der Herstellung der Knochenwandungen 
der Stenson’schen Gänge stehen diese Theile, wie bereits mehrfach hervor- 
gehoben wurde, in innigster Beziehung. 


348 Dr. Th. Kölliker. (p. 24) 


Legen wir uns die Frage vor, welehe Knochentheile dürfen wir als 
Intermaxillartheil des Oberkiefers bezeichnen, welche Knochentheile stammen 
von dem seiner Zeit selbstständigen Zwischenkiefer ab, so wäre Folgendes 
zu erwähnen: 

Erstlich die auf den Schnitten 30—40 dargestellten Knochenplatten. Sie 
liegen unter dem Septum narium, sind leicht bogenförmig mit oberer Concavität 
und convergiren von oben aussen nach unten innen. Kurz und anatomisch 
gekennzeichnet handelt es sich um die Spina nasalis anterior maxillae 
superioris, speciell auf die Zwischenkiefer bezogen um die Processus faciales 
(S. unten II. Theil pag. 356 (32)). 

Zweitens rechnen wir zum Intermaxillartheil die Alveolen der medialen 
Schneidezähne, sowie bestimmt auch den grösseren Theil der Alveolen der 
lateralen Schneidezähne. Unmöglich ist es aber, am Alveolarfortsatze die ehe- 
malige Trennungslinie zu bestimmen und ist namentlich an den Knochenpartieen 
zwischen dem lateralen Schneidezahne und dem Eekzahne keine Spur einer 
Naht etc. zu bemerken. Ich bin sogar der Meinung, dass wahrscheinlich auch 
ein Theil des lateralen Abschnittes der Alveolen der äusseren Schneidezähne 
in manchen Fällen dem Intermaxillartheile nicht mehr angehört und schliesse 
dies daraus, dass schon beim Auftreten des mittleren Schneidezahnes der Nasen- 
fortsatz des Oberkiefers mit dem Alveolarfortsatze verbunden ist. 

Drittens müssen wir auch eine Partie des Oberkiefernasenfortsatzes 
dem Intermaxillartheile zurechnen, u. z. die medialste, jene, welche die nächste 
Umgrenzung der Apertura pyriformis bildet. Sie überragt nach aussen hin 
kaum die Grenze des mittleren Schneidezahnes. 

Schliesslich rechnen wir viertens dem Intermaxillartheile den Processus 
Stenonianus bei, anatomisch also die Crista nasalis bis zu ihrer Anlagerungs- 
fläche für den Vomer, oder, was ziemlich das Gleiche ist, bis zum Eingange 
in den Canalis ineisivus. 

Die getreuen Begleiter der Stenson’schen Fortsätze sind die Jacobson- 
schen Knorpel. 

Sie hängen mit der knorpligen Nasenscheidewand zusammen. An 
Schnitten, die von vorn nach hinten gehen, charakterisirt sich ihr Auftreten 
durch eine Verbreiterung des vordersten untersten Endes des Scheidewand- 
knorpels (vergl. Figur 22), zunächst erscheinen sie dann (Figur 23) als 


> 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 25) 349 


zwei runde Knorpel, unten und zugleich etwas nach aussen an der Nasen- 
scheidewand gelegen; sehr bald aber theilen sie sich in mehrere Ausläufer, 
so sehen wir (Figur 24b) auf jeder Seite drei Knorpel. Von diesen ver- 
schwindet später der laterale, während die medialen Ausläufer zu einem 
Ganzen verschmelzen und dann theils S-förmig, theils bohnenförmig gestaltete 
Knorpel, mit der Concavität gegen die medial von ihnen gelagerten Stenson- 
schen Fortsätze gerichtet, darstellen (Figeg. 283—30). 

Weiter rückwärts (Schnitt 54—60) kommt es zu einer Inselbildung in 
diesem Knorpel, und liegt dann das grössere obere Knorpelstück über und 
etwas nach innen vom Processus Stenonianus, während das kleinere drehrunde 
untere zwischen den Stenson’schen Fortsätzen und den Alveolarfortsätzen 
im Oberkiefer eingeschlossen ist. 

Nachdem diese beiden Knorpel wieder zu Einem verschmolzen sind, 
wird der Jacobson’sche Knorpel viel kleiner, rückt etwas am Nasenscheide- 
wandknorpel in die Höhe, verliert zugleich seine innere Concavität fast ganz 
und wird gerade gestreckt. Nach und nach verkleinert er sich immer mehr, 
zeigt aber nun eine auffallende Erscheinung, es treten Verkalkungen in 
ihm auf (Figur 42). 

Eine gute Uebersicht über das Verhalten des Jacobson’schen Knorpels 
gewährt der Horizontalschnitt (Taf. 6. Fig. 43), der sowohl die seitlichen 
kurzen Ausläufer, als die Hauptplatten fast in ihrer ganzen Ausdehnung 
darstellt. 

Der oben genannte Frontalschnitt, der die Verkalkungen im Jacobson- 
schen Knorpel zeigt, dient uns auch zur Aufklärung über den Vomer. Wir 
sehen da die Pflugschar charnierartig von unten den Scheidewandknorpel mit 
zwei leicht gekrümmten, schlanken Knochenspangen umgreifen; den vordersten 
Theil zeigt Figur 41 in Gestalt einer halbmondförmigen, sehr zarten 
Knochenplatte. 

In einer Reihe der Schnitte findet die Nasenhöhle ihren Abschluss nach 
oben durch die Nasenbeine. Sie bilden zwei schon recht massive Knochen- 
blätter, die aber in der Mitte sich noch nicht erreichen. 

Nehmen wir noch Rücksicht auf die Knorpel der Nasenhöhle, so finden 
wir den Scheidewandknorpel zusammen mit den seitlichen Knorpeln eine 
ankerartige Figur bilden. 

Nova Acta XLIII. Nr. 5. 46 


350 Dr. Th. Kölliker. (p. 26) 


Der verticale Scheidewandknorpel endigt unten keulenförmig abgerundet; 
bemerkenswerth ist ferner, dass er der Mitte entsprechend spindelförmig auf- 
getrieben ist und in der Gegend der Jacobson’schen Organe seine dünnste 
Stelle hat. | 

Die Cartilagines laterales narium reichen in den ersten Schnitten nur 
bis zur halben Höhe des Scheidewandknorpels herab, treten aber dann bald 
weiter nach unten, so dass sie in die Höhe der Uebergangsstelle des Scheide- 
wandknorpels in sein dickes unteres Ende zu stehen kommen. 

Zu bemerken wäre noch, dass mit dem Auftreten der Nasenbeine die 
obere quere Brücke der seitlichen Knorpel bedeutend an Masse zunimmt und 
an ihrer Uebergangsstelle zu den absteigenden Knorpeln eine Auftreibung zu 
Stande kommt (vergl. Figur 30 und folgende). 

Ueberschreitet man in der Schnittserie weiter nach rückwärts das 
Gebiet der Nasenbeine, so verschwindet auch diese Auftreibung wieder — 
Figur 42 — (vergl. auch Dursy, Taf. 7. Fig. 3 und 5). Dursy zeichnet 
ausserdem an seinen vordersten Schnitten eine ähnliche Auftreibung (Taf. 7. 
Fig. 1), die ich an meinen Schnitten nicht nachweisen Konnte. 

Gehen wir nun zu den Verhältnissen der Jacobson’schen Organe 
über, so finden wir die erste Andeutung derselben (Schnitt 42—49) als eine 
seichte Grube der Schleimhaut an der Grenze des mittleren und unteren 
Drittels der Nasenscheidewand. Auf Schnitt 49 ist das ganze linke, auf 
Schnitt 53 das ganze rechte Organ im Querschnitt. 

Verfolgen wir die seichte Grube bis zum Auftreten des ganzen Organes 
im Querschnitte, so sehen wir, wie die Grube sich mehr und mehr vertieft, 
bis endlich der Kanal geschlossen ist. Die Ausmündung des Kanals stellt 
demnach eine ziemlich lang gestreckte Spalte dar. Die immer grösser wer- 
denden Jacobson’schen Organe erreichen auf Schnitt 57 und 58 den Höhe- 
punkt ihrer Entwicklung, auf Schnitt 62 sehen wir noch die letzten Reste 
derselben. 

Fig. 44 und 45, Taf. 6 geben für die eine Seite den ganzen Längs- 
schnitt des linken Jacobson’schen Organes. 

Da die Länge dieser Organe von meinem Vater nicht gemessen wurde, 
so schien es mir von Interesse, die Maasse zu nehmen und fand ich das 
Organ 0,76 mm lang, bei einer Breite von 70—75 u. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 2%) 351 


Ich gehe nun zu den Beobachtungen über den Stenson’schen Gang über. 

Schnitt 52 trifft die Mündung der Stenson’schen Gänge am harten 
Gaumen im Längsschnitte, während Schnitt 54 die Gänge im Querschnitte zeigt: 
auf Schnitt 58 91 „ breit. In den folgenden Schnitten sieht man den Quer- 
schnitt der Gänge immer weiter nach oben rücken, der Uebergang zum Längs- 
schnitte findet durch steiles Aufsteigen der Gänge statt (vergl. Schnitt 59, 60, 
62, 63, 64). Die Stenson’schen Gänge verlaufen demnach von innen unten 
vorn nach aussen oben und hinten und zwar beginnt das Aufsteigen zunächst 
ziemlich langsam, während es dann an einer Stelle vermittelst einer winkligen 
Biegung zu einem stärkeren Aufsteigen kommt. 

Die noch bestehende Spalte zwischen dem Alveolarfortsatze und dem 
Stenson’schen Fortsatze auf Schnitt 65 und 67 beweist uns, dass wir die 
Reste des Canalis ineisivus vor uns haben. 

Kurz erwähnen will ich noch, dass auf den letzten Schnitten auch der 
Ductus naso-lacrymalis sichtbar ist. Auf den vorhergehenden Schnitten sehen 
wir die Spalte zwischen der Schleimhaut der seitlichen Nasenwand und der 
freien Muschel, in welche der Kanal ausmündet. 

Von Interesse schien mir ferner eine genaue Untersuchung des 
Verhaltens der Schmelzkeime zu den knöchernen Gebilden, mit Rücksicht 
aufdie Frage, ob die Schmelzkeime, wie die Knochen, paarig sich anlegen oder 
nicht. Keiner der Forscher, die bisher über die Schmelzkeime und die Ent- 
wicklung der Zähne sich ausgesprochen haben, hat das Verhalten der Schmelz- 
keime von Ober- und Unterkiefer in der Mittellinie, ob dieselben hier vor- 
handen sind oder fehlen, genauer beschrieben oder durch Abbildungen ver- 
sinnlicht, und doch ist dieser Punkt mit Rücksicht auf die Zahnverhältnisse 
der Lippenkiefer- und Lippenkiefergaumenspalten, die, wie wir weiter unten 
sehen werden, eine grosse Unabhängigkeit der Zahnbildung von der Knochen- 
bildung darthun, von grossem Belange. Meine eigenen Untersuchungen über 
diese Frage ergeben Folgendes: 

Die Schmelzkeime beider Seiten hängen im Ober- und Unterkiefer in 
der Mitte zusammen, wie wir das auf den Figg. 24 u. 25, 38 u. 39 der Serie sehen, 
während Taf. 7. Fig. 46 von einem anderen Embryo die Schmelzkeime im 
Horizontalschnitte gleichfalls in der Mitte zusammenhängend darstellt. 

Gestützt auf diese T'hatsache, der Thatsache des einheitlichen Schmelz- 

46* 


352 Dr. Th. Kölliker. (p. 28) 


keimes, möchte ich nun vor Allem die Unabhängigkeit des Schmelzkeimes und 
der Zahnbildung von den knöchernen T'heilen mehr hervorgehoben wissen. Wir 
haben den Schmelzkeim als Abkömmling der Muscosa zu betrachten, wir sehen 
denselben in regelmässiger Folge die Schmelzorgane, mit deren Entwicklung 
die der Zahnpapillen und somit auch diejenige der gesammten Zahnanlage 
Hand in Hand geht, bilden. Denselben entgegen wächst der Knochen, 
sendet knöcherne Ausläufer zwischen die einzelnen Zahnkeime, grenzt sie von 
einander ab, bis schliesslich die Alveole fertig gebildet ist. Wir haben also 
zwei völlig selbstständige, anfangs streng von einander getrennte Bildungen 
vor uns, die erst später, bei der weiteren Entwicklung, in gegenseitige 
Verbindung treten, wie wir Gleiches ja auch an anderen Organen, ich erwähne 
nur das Auge, zu sehen gewohnt sind. Diese T’hatsache, die Unabhängigkeit 
von Zahn und Knochen, betone ich an dieser Stelle ausdrücklich und werde 
unten bei Besprechung der Zahnverhältnisse bei Gesichtsspalten darauf zurück- 
kommen. In Betreff der Zahnbildung beim Menschen mache ich, gestützt auf 
meine Präparate, noch auf Folgendes aufmerksam. Der Schmelzkeim des Ober- 
kiefers stellt nicht eine verticale Platte dar, wie man nach Analogie mit den 
Säugethieren anzunehmen geneigt sein möchte, sondern ist ein horizontal ver- 
laufendes Gebilde, welches von den seitlichen T'heilen — vorn von den vorderen 
Theilen — des embryonalen Alveolartheiles der Oberkiefergegend sich ent- 
wickelt, wie das alle meine Abbildungen deutlich lehren. 

Die Schmelzorgane selbst entwickeln sich unter rechten Winkeln 
von dieser Platte und geben somit auch ein anderes Bild, als man es 
bei den Säugern zu sehen gewohnt ist. Da, wo die Schmelzkeime vom Mund- 
höhlenepithel abgehen, ist dasselbe ungemein verdickt und bildet wie einen 
Epithelialwulst, der die mediale Wand des schon um diese Zeit deutlichen 
Vestibulum oris darstellt. In der Mitte des Gaumens dagegen und an der 
Oberlippe ist das Epithel dünn. Genannter Wulst ist in den Figg. 22—26a in 
seiner ganzen Breite, in den anderen Figuren im Querschnitte getroffen. 

Der weitere Aufbau der Zähne und ihre Entwicklung ist so gekannt, 
dass ich es nicht für nöthig halte, hier näher darauf einzugehen, zudem ein 
Theil der Schnitte, so namentlich auch die drei Schnitte durch die Unterkiefer, 
vortreffliche Bilder dieser Verhältnisse liefern (Figg. 38—40). 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 29) 353 


Zweiter Theil. 


Beiträge zur Anatomie der Hasenscharte und des 
Wolfsrachens. 


Wenn ich den nun folgenden anatomischen Betrachtungen meine Tabellen 
zu Grunde lege, so geschieht das in einer ganz bestimmten Absicht. Es kann 
nicht Zweck dieser Zeilen sein, eine erschöpfende Anatomie der verschiedenen 
Spaltbildungen, die wir unter den Bezeichnungen Hasenscharte und Wolfsrachen 
zusammenfassen, zu geben; eine Reihe von Punkten aber, die besonders von 
mir berücksichtigt wurden und die vielleicht bis jetzt die gebührende Be- 
achtung’ nicht gefunden haben oder falsch gedeutet wurden, sollen an dieser 
Stelle an der Hand meiner Tabellen erörtert werden. 

Ich beginne mit einer kurzen, die Nomenclatur betreffenden Ab- 
schweifung. 

Es würde sich nämlich sehr empfehlen, die Ausdrücke Hasenscharte 
und Wolfsrachen ganz fallen zu lassen und dafür eine sachgemässe Nomen- 
elatur einzuführen. Eine Statistik der einzelnen Spaltarten wird durch die 
genannten Ausdrücke stets unmöglich bleiben. Hasenscharte mit Wolfsrachen, 
wie man regelmässig liest, besagt z. B. nicht, ob der Alveolarfortsatz auch 
gespalten war oder nicht. 

Ich schlage folgende Eintheilung vor: 

I. Einseitige Spalten. 
U. Doppelseitige Spalten. 
Unterabtheilung: Die sogenannten medianen Spalten. 


354 Dr. Th. Kölliker. (p. 30) 


Sowohl einseitige als doppelseitige Spalten können dann folgende 
Variationen haben: 
1. Lippenspalte. 
2. Lippenkieferspalte. 
3. Lippengaumenspalte. 
4. Lippenkiefergaumenspalte. 
Ferner bei vereinigter Oberlippe 
5. Kiefergaumenspalte, 
bei vereinigter Oberlippe und Alveolarfortsatz 
6. Gaumenspalte ; 
bei vereinigter Oberlippe und Gaumen 
7. Kieferspalte. 
Bei den doppelseitigen Spalten kommen zuweilen Combinationen vor, 
z. B. auf der einen Seite Lippenkiefergaumenspalte, auf der anderen eine 
Lippenkieferspalte oder eine Lippengaumenspalte; ebenso kommt bei ein- 
seitiger Spaltbildung recht häufig auf der anderen Seite theilweise Spaltbildung 
am harten Gaumen vor. Der weiche Gaumen ist fast immer gespalten. 
(Siehe unten.) 
Unter den 40 Spaltbildungen, die ich anatomisch untersuchte, befanden 
sich 14 einseitige, 21 doppelseitige und 5 sog. mediane Spalten. 
Von den 14 einseitigen waren 12 Lippenkiefergaumenspalten; einmal 
handelte es sich um Lippenspalte, einmal um Lippenkieferspalte. 
Unter 21 doppelseitigen sind 18 doppelte Lippenkiefergaumenspalten, 
2 doppelte Lippenspalten und 1 doppelte Lippengaumenspalte (nur für diese 
letzte dürfte die Bezeichnung „doppelte Hasenscharte mit Wolfsrachen“ ge- 
braucht werden. S. oben). 
Was die Fälle sogenannter Medianspalten anlangt, so werde ich die- 
selben im Anhange gesondert besprechen. 
Ich beginne die anatomische Betrachtung mit den Hartgebilden. 


A. Knochen und Knorpel. 
I. Zwischenkiefer. 
Die Zwischenkieferknochen, wie wir sie sowohl bei einfacher als dop- 
pelter Spaltbildung finden, stellen dütenförmige Gebilde dar, an welchen wir 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 31) 355 


einen Körper und zwei Fortsätze unterscheiden können (Taf. 1. Fig. 19 
und 20). 

Als Körper bezeichne ich den die Schneidezähne tragenden Theil (19 
und 20c), während von den Fortsätzen der eine vom Körper nach oben steigt, 
der Gesichtsfortsatz des Zwischenkiefers (Fig. 19 und 20pf), und der andere 
vom Kiefer aus nach rückwärts zum Vomer verläuft, der Gaumenfortsatz des 
Zwischenkiefers (Fig. 19 und 20pp). Der massigste T'heil des Knochens ist 
da, wo Körper und Fortsätze zusammenstossen. 

Der Körper des Zwischenkiefers hat wenigstens in seinen vorderen 
zwei Dritttheilen eine würfelförmige Gestalt. Die am besten ausgebildete 
Seite dieses Würfels ist die innere, die intermaxillare, die dem Zwischenkiefer 
der anderen Seite zugekehrte. Nach ihr ist noch am besten ausgebildet die 
obere oder faciale Fläche, die zugleich von hinten nach vorn convex gekrümmt 
ist; mehr oder minder gut ist die untere palatine und äussere nasale Fläche 
entwickelt; bei der Präparation des Knochens brechen die papierdünnen 
Knochenplättchen dieser Wände leicht ein. Das Innere des Würfels des 
Zwischenkiefers ist hohl und zur Aufnahme des oder der Schneidezähne be- 
stimmt, es schwankt auch die Grösse dieses Hohlraumes, je nachdem er eine 
oder zwei Alveolen zu bilden bestimmt ist; im letzteren Falle finden sich 
zugleich mehr oder minder stark entwickelte Trennungsleisten zwischen der 
medialen und lateralen Alveole. 

Der ganze Körpertheil des Zwischenkiefers ist nicht gerade nach vorn 
gerichtet, sondern nach aussen und unten, wir können daher die obere faciale 
Fläche auch als vordere äussere, die untere palatine als hintere innere, und 
die äussere nasale als untere äussere bezeichnen. Durch diese Stellung des 
Körpers wird auch die Stellung der Alveolen, wenn zwei Schneidezähne vor- 
handen, beeinflusst. Der Raum für zwei Schneidezähne ist von vornherein 
knapp bemessen, so dass sie nicht nebeneinander, sondern hintereinander zu 
stehen kommen. Durch die Drehung des Zwischenkieferkörpers nach vorn 
und unten steht nun der mediale Schneidezahn nicht gerade nach vorn, son- 
dern ist nach aussen gerichtet, während der laterale nach innen, ja in der 
Regel sogar nach hinten und innen gewendet ist. 


Anmerkung. Bei prominentem Zwischenkiefer — langem Vomer und langer 
Nasenscheidewand — ist zuweilen der Zwischenkiefer um seine Längsachse leicht gedreht. 


356 Dr. Th. Kölliker. (p. 32) 


Ich gehe nun zu den Fortsätzen über. 

Der Processus facialis ossis intermaxillaris (Fig. 19 und 20pf) steigt 
von dem oberen Winkel der Kante der facialen und intermaxillaren Fläche 
senkrecht nach oben. Er stellt eine kleine, dreieckige, sehr spitz zulaufende 
Pyramide dar von !/; der Grösse des Körpers, und dient dem vordersten 
und untersten Ende des Nasenscheidewandknorpels zum Ansatze. Seine Flächen 
sind eine innere zur Verbindung mit dem Zwischenkiefergesichtsfortsatze der 
anderen Seite, eine vordere von oben nach unten und von links nach rechts 
leicht concave und eine hintere von rechts nach links tief ausgehöhlte, welche 
mit der entsprechenden Fläche der anderen Seite das vorderste spitz zulaufende 
Ende der Nasenscheidewand aufzunehmen bestimmt ist. Mit dem Processus 
facialis der anderen Seite bildet er das vordere Ende der Crista nasalis, die 
Spina nasalis anterior. 

Der zweite Fortsatz, der Processus palatinus, ist in der Regel ebenso 
lang, manchmal etwas länger, manchmal etwas kürzer als der Körper des 
Zwischenkiefers. Er geht vom Zwischenkieferkörper gerade nach rückwärts, 
als ein Knochenblatt, dessen obere und untere Kante in der Sagittalebene 
verlaufen, während seine Fläche eine Halbrinne mit innerer Concavität und 
äusserer Convexität darstellt (Fig. 20). Sein hinteres Ende dient zur Ver- 
bindung mit dem Vomer und schneidet in der Regel schräg von oben vorn 
nach hinten unten ab; der untere Rand der Halbrinne verbindet sich mit dem 
Processus palatinus ossis intermaxillaris der anderen Seite und bildet mit 
demselben eine tiefe Furche (Fig. 20), in welche der Nasenscheidewandknorpel 
fest eingelassen ist. Von vorn nach rückwärts nimmt der Gaumenfortsatz des 
Zwischenkiefers stetig an Masse ab. 

Die Grösse des Zwischenkiefers ist eine äusserst schwankende und je 
nach der Entwicklung der einzelnen Fälle verschieden. 

Wir sehen kleine Köpfe mit grossen Zwischenkiefern und grosse gut 
entwickelte Köpfe mit atrophischen, schlecht entwickelten Zwischenkiefern, die 
ja bekanntlich überhaupt ganz fehlen können. Ebenso ist natürlich die Zahl 
der Zähne, welche der Zwischenkiefer trägt, nicht ohne Einfluss auf seine 
Grösse, obgleich Fälle nicht selten vorkommen, in welchen der Zwischenkiefer 
alle ihm zukommenden vier Schneidezähne trägt und dennoch einen äusserst 
kleinen Körper hat. Diese Fälle erklären sich unschwer dadurch, dass unter 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 33) 357 
solehen Verhältnissen nur der mediale Schneidezahn eine knöcherne Alveole 
besitzt, während der dann sehr bewegliche laterale Schneidezahn bloss von 
seinem Zahnsäckchen und der Schleimhaut umhüllt wird. 


Einige Zahlenangaben, die ich aus meinen Tabellen zusammenstelle, 
mögen diese Verhältnisse illustriren. 


r Länge Zahl Einfache 
“| anteronpon. | 205 Zwischen. [1° Zutne| _ oder 

Te [1 ai ner ie | | ste 

23 6—8cm 7,2 mm 2 Doppelt. 
26 7—8 cm 7—5 mm 3 ” 
31 9-10 cm 12 mm 3 3 
32 9,5 cm 13 mm 4 55 
16 10 cm 5 mm 2 > 

6 | 10—11cm 9 mm 2 Einfach. 

17 11 cm 11 mm 3 Doppelt. 
18 ilcm 12 mm 2 r 
20 il cm 13 mm 3 b; 
21 il cm 12 mm 3 . 
DD 11 cm 13 mm 4 ss 
24 11,5 cm 10 mm 4 : 
29 12,5 cm 12 mm 3 > 


Die Zusammenstellung belehrt uns, dass im Allgemeinen die Grösse 
der Zwischenkiefer proportional ist der Grösse des Schädels: doch kommen 
auch recht erhebliche Schwankungen vor, so sehen wir einen Zwischenkiefer 
von 12 mm bei einem Diameter antero-posterior von 9—10 em und von 12,5 em; 
andererseits trifft ein Zwischenkiefer von 10 mm mit einem Diameter von 
11,5 em, ein Zwischenkiefer von 5 mm mit einem Diameter von 10 cm, ein 
Zwischenkiefer von 13 mm mit einem Diameter von ll em zusammen. 

Nova Acta XLIII. Nr. 5. 47 


358 Dr. Th. Kölliker. (p. 34) 


Die Grösse des Zwischenkiefers schwankt auch nach der Zahl der 
Zähne, die er trägt, je mehr Zähne, desto grösser ist er im Allgemeinen; 
aber auch diese Verhältnisse variiren; so sehen wir drei Schneidezähne bei 
Zwischenkiefern von {—8 mm und von 13 mm Länge. 

In fünf der von mir untersuchten Fälle fehlt der Zwischenkiefer 
überhaupt, in einem anderen Falle ist an seiner Stelle ein häutiges Zäpfchen, 
das einen Schneidezahn trägt. 

Was nun die Verbindungen betrifft, welche der Zwischenkiefer eingeht, 
so haben wir Folgendes: 

Er vereinigt sich mit dem Zwischenkiefer der anderen Seite, mit der 
Pflugschar und mit der knorpeligen Nasenscheidewand. 

Sehr variabel ist die Verbindung mit dem Zwischenkiefer der anderen 
Seite; theils ist er nur locker mit ihm verbunden, so dass man ohne Mühe 
die zwei Knöchelchen von einander trennen kann, theils ist die Vereinigung 
fester, so dass nur mit Schwierigkeit sich die Trennung vornehmen lässt. 

In anderen Fällen endlich ist die Vereinigung eine absolut feste, so 
dass die Verbindungsstelle nur durch eine Naht angedeutet ist, es fehlt sogar 
auch zuweilen selbst die Naht und findet eine vollständige Verwachsung statt. 
Es muss noch hinzugefügt werden, dass dabei die faciale und palatine Inter- 
maxillarnaht nicht immer gleich fest sind; es pflegt nämlich die palatine Naht 
sowohl am Körper, als an den Zwischenkiefergaumenfortsätzen resistenter zu 
sein, während die Naht an der facialen Seite und an den Gesichtsfort- 
sätzen der Zwischenkiefer weniger fest ist. 

Etwas weniger reich an Abweichungen stellt sich die Verbindung mit 
dem Vomer dar; sie ist m der Regel recht fest, so dass bei 'T'rennungs- 
versuchen eher der Gaumenfortsatz des Zwischenkiefers fracturirt wird, als 
die Vereinigungsstelle, die ausnahmslos durch eine Naht gekennzeichnet ist, 
nachgiebt. Die mehr lockere Verbindung ist selten; in einzelnen seltenen 
Fällen erreicht der Gaumenfortsatz des Zwischenkiefers den Vomer nicht und 
findet sich zwischen beiden Knochen eine mehr oder weniger breite Lücke, 
welche durch das knorpelige Septum narium ausgefüllt wird. In der Regel 
geht die Verbindung beider Knochen so vor sich, dass sich die Rinne, die 
der Vomer bildet, in die Rinne der Zwischenkiefergaumenfortsätze einige 
Millimeter weit einschiebt (vergl. Taf. 1. Fig. 20 bei n). 


% 
Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 35) 8359 


Ziehen wir zur näheren Bestimmung der besprochenen Verhältnisse 
unsere Tabellen zu Rathe, so finden wir was folgt: 

Unter 12 Fällen von einfachen Spalten sind die Zwischenkiefer zwei- 
mal sehr fest, darunter einmal ohne Naht, viermal locker: mit einander ver- 
bunden, sechsmal findet sich Vereinigung von mittlerer Festigkeit mit deut- 
licher Naht. Mit dem Vomer ist der pathologische Zwischenkiefer zehnmal 
fest, zweimal locker vereinigt. 

Unter 19 Fällen von doppelter Spalte fand ich siebzehnmal mehr oder 
minder feste Vereinigung, einmal sogar ohne Naht, ferner zweimal sehr lockere 
Vereinigung; mit dem Vomer elfmal feste, viermal lockere Verbindung; in vier 
Fällen ist die knorplige Nasenscheidewand zwischen Gaumenfortsatz des 
Zwischenkiefers und Pflugschar eingeschaltet, indem Zwischenkiefer und 
Pflugschar sich nieht erreichen. 

Die Vereinigung der knorpeligen Nasenscheidewand mit dem Zwischen- 
kiefer haben wir schon oben einmal kurz berührt; der vordere untere Rand 
des Septum narium lagert sich fest in die durch die beiden Gaumenfortsätze 
gebildete Furche, während sich dessen vorderstes spitzes Ende an die 
Gesichtsfortsätze des Zwischenkiefers befestigt. 

Einer gesonderten Besprechung benöthigen noch gewisse Verhältnisse, 
wie wir sie bei einseitigen Spalten treffen. 

Was hier den Zwischenkiefer der normalen Seite betrifft, so fand sich 
derselbe auch stets in der normalen Weise mit seinem betreffenden Oberkiefer 
verbunden, ohne irgend welche Andeutungen einer facialen Naht; nur die typische 
Sutura ineisiva erinnerte an die ehemalige Trennung. 

Die Verbindung des normalen Zwischenkiefers mit dem der Spaltseite 
habe ich schon oben besprochen. 

Wichtig für die Gestaltung des pathologischen Zwischenkiefers bei 
einseitiger Spalte sind die fast ausnahmslos bei diesen Spalten stattfindenden 
winkligen Verbiegungen, auf welche ich unten bei Besprechung des Septum 
und Vomer näher werde eingehen müssen. Hier mögen nur die durch dieselbe 
hervorgerufenen Gestaltsveränderungen des Zwischenkiefers ihren Platz finden. 
Sie betreffen in erster Linie den Gaumenfortsatz des pathologischen Zwischen- 
kiefers. Während wir denselben sonst normaler Weise — als solche betrachte 
ich hier den isolirten Zwischenkiefer, wie wir ihn bei der doppelten Lippen- 

47* 


360 Dr. Th. Kölliker. (p. 36) 


kiefergaumenspalte vorfinden — als ein concav-convexes Knochenblatt mit 
oberer und unterer, also in der Sagittalebene liegender Kante kennen lernten, 
ist er hier um einen rechten Winkel um seine Längsachse gedreht, so dass er 
nun eine obere und untere Fläche, eine äussere und innere Kante hat, dabei 
verbreitert er sich, ist nicht mehr concav-convex, sondern ganz platt und geht 
auch nicht mehr im rechten Winkel vom Körper ab, sondern bildet mit dem- 
selben einen mehr oder minder spitzen Winkel, dessen Scheitel gegen die 
gesunde Seite gerichtet ist. 

Auch der Processus facialis zeigt einige Veränderungen. Er geht nicht 
mehr gerade nach oben vom Körper ab, sondern ist leicht nach aussen gebogen, 
bildet also ebenfalls mit dem Körper einen spitzen Winkel, dessen Scheitel 
gegen die nicht veränderte Seite gerichtet ist; dabei pflegt er breiter zu sein 
und nicht so spitz zuzulaufen wie normal. 

Der Körper des Zwischenkiefers, sonst mehr nach aussen und unten 
gestellt, strebt mehr nach aussen und oben und dreht sich um seine Längsachse, 
so dass die faciale Fläche mehr gegen die gesunde Seite gerichtet ist, während 
die äussere, die nasale Fläche, mehr nach vorn, die hintere palatine mehr 
nach aussen gerichtet erscheint. Aus dieser Stellung des Zwischenkieferkörpers 
resultirt auch eine eigenthümliche Stellung des medialen Schneidezahnes, der 
mit dem der gesunden Seite einen stumpfen nach vorn offenen Winkel bildet. 

Es kommen übrigens seltener derartige Krümmungen des einen oder 
anderen Zwischenkiefers auch bei doppelter Lippenkiefergaumenspalte vor und 
sind dann die Folge von sehr prominenten Zwischenkiefern, d. h. von 
starker Entwicklung der knorpeligen Nasenscheidewand und der Pflugschar. 


II. Septum und Vomer. 


Ehe ich auf den Knorpel und Knochen hier eingehe, muss ich zwei 
andere Punkte kurz berühren. 

Der eine betrifft die die Nasenscheidewand überziehende Schleimhaut. 
Bei der Präparation fiel mir auf, dass an allen Präparaten, jedoch mehr oder 
weniger stark ausgebildet, eine eigenthümliche Faltenbildung der Schleimhaut 
sich findet (vergl. Taf. 1. Fig. 16). Diese Faltenbildung, die Fig. 16 in einer 
Seitenansicht der Nasenscheidewand wiedergiebt, verläuft an derselben von 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 3%) 361 


oben und vorn nach hinten und unten am unteren Rande der Nasenscheide- 
wand und ist nach rückwärts am stärksten ausgeprägt. 

Da ich diese eigenthümliche Anordnung der Schleimhaut zuerst an 
kurzen Nasenscheidewänden bemerkte, dachte ich sie auf mechanische Ver- 
hältnisse zurückführen zu dürfen. Als ich jedoch das gleiche Verhalten nicht 
nur an grossen Nasenscheidewänden, sondern auch an Nasenscheidewänden 
ganz normaler Nasenhöhlen vorfand, wurde ich geneigt, in dieser Falten- 
bildung etwas normal Anatomisches zu sehen, mit dem Zwecke, die Oberfläche 
der Schleimhaut zu vergrössern. Später findet man diese Falten nicht mehr, 
zum Beweise, dass der Knochen rascher wächst als die Schleimhaut. 

Der zweite Punkt hat Bezug auf die Jacobson’schen Knorpel (siehe 
pag. 348 [24]). Bei der Präparation des Scheidewandknorpels und Vomers gelang 
es mir fast stets, Reste der genannten Knorpel zu finden. Zuweilen nur als 
dünne und schmale Knorpelstreifen, häufig aber so gut und noch besser ent- 
wickelt, als Taf. 1. Fig. 17 es zeigt. Diese Knorpelstreifen erstrecken sich 
von der Stelle, wo die vordere Spitze der Nasenscheidewand sich an die 
Gesichtsfortsätze der Zwischenkiefer anheftet, mehr oder weniger weit nach 
rückwärts längs der Vereinigungsgrenze der Gaumenfortsätze des Zwischen- 
kiefers mit der Pflugschar, oder auch längs der Grenzlinie von knorpeliger 
Nasenscheidewand und Pflugschar. 

Was nun die knorpelige Nasenscheidewand selbst anlangt, so ist hervor- 
zuheben, dass wir sie bei doppelten Spalten sehr verschieden gut entwickelt 
vorfinden; bei sog. prominentem Zwischenkiefer reicht sie weit nach vorn und 
erstreckt sich auch gehörig weit nach unten, steht aber dann gewöhnlich nicht 
ganz gerade, sondern ist nach der einen oder anderen Seite convex. In 
anderen Fällen ist sie schwach entwickelt, dann und wann in ihren vorderen 
Abschnitten nur membranös, reicht auch häufig nicht weit genug nach abwärts. 

Sehr eigenthümlich ist das Verhältniss der Nasenscheidewand bei ein- 
seitigen Spalten. Hier pflegt der Scheidewandknorpel gewöhnlich bis zur 
Höhe des harten Gaumens herunterzusteigen, ja er steht manchmal noch tiefer 
als der harte Gaumen. 

Bei einem solchen Tiefstande der Scheidewand und unter Berücksich- 
tigung des Umstandes, dass der harte Gaumen auch ungenügend entwickelt 
ist und mit seinem freien Rande die Mittellinie nicht erreicht, ist es natürlich 


362 Dr. Th. Kölliker. (p. 38) 


nicht möglich, dass der Vomer in normaler Weise sagittal steht, sondern er 
wendet sich nach der nicht gespaltenen Seite und liegt mit Ausnahme der 
Alae vomeris recht häufig ganz horizontal. Auf eine weitere Folge dieser 
Stellungsanomalie, die ich als „typische Winkelstellung“ (vergl. Taf. 2. Fig. 21. 
V — Vomer; g— harter Gaumen; nk — Nasenscheidewandknorpel; 1 — linker 
Zwischenkiefer) bezeichne, habe ich schon oben aufmerksam gemacht. Sie 
betrifft das Zwischenkieferbein. Durch die mehr oder minder horizontale Lage 
der Pflugschar ist auch der Gaumenfortsatz des Zwischenkiefers genöthigt, um 
sich derselben anzulagern, in seiner Längsachse um einen R sich zu drehen, 
kommt also gleichfalls horizontal zu liegen; andererseits krümmt sich der 
durch die Verkürzung des harten Gaumens nicht in der Mittellinie stehende 
Gesichtsfortsatz des Zwischenkieters dem Septum narium entgegen, wodurch 
die oben geschilderten Anomalien in der Stellung dieses Knochentheils zu 
Stande kommen. 

Ausser der erwähnten Stellung des Vomer bliebe über diesen Knochen 
zu bemerken, dass auch er sehr verschieden ausgebildet zu sein pflegt. Seine 
Verlängerung nach vorn bedingt zum grössten Theil den sog. prominenten 
Zwischenkiefer. Aber auch eine Verlängerung nach rückwärts findet statt 
und kann ich die Beschreibung Fritzsche's bestätigen, die ich hier wiedergebe: 

„In der That läuft die Nasenscheidewand sehr häufig erst in den 
hinteren Theil des Pharynxdaches, nicht selten sogar direct in die hintere 
Pharynxwand aus. Das Wachsthum des Vomer ist also nicht nur häufig nach 
vorn vermehrt (Prominenz des Zwischenkiefers), sondern ebenso nach hinten, 
während sein Höhenwachsthum, zumal bei doppelter Gaumenspalte, zurück- 
bleibt, so dass sein unterer Rand die Höhe des harten Gaumens nicht erreicht. 
Der Befund der hinteren Pharynxwand, die mediane Rinne, der sich in der 
Regel noch eine oder mehrere nach oben convergirende Furchen anschliessen, 
so dass sich oft vier und noch mehr verticale Schleimhautwülste mit da- 
zwischenliegenden Lacunen von der Umgebung deutlich abheben, entspricht 
durchaus dem Bilde der geschwellten Rachentonsille, das man bei normalem 
Baue des Kiefergerüstes eben nur rhinoskopisch oder am Leichentische zu 
Gesicht bekommt“ (Pag. 13). 

Dieser Darstellung habe ich nur beizufügen, dass das Auslaufen in die 
hintere Pharynxwand zum grossen Theile zu Stande kommt durch die horizontale 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 39) 363 


Lage des Vomer in Folge der typischen Winkelstellung. Es fehlt natürlich 
die scharfe Abgrenzung der Choanen vom hinteren Rande des Vomers, da 
diese Theile in einer Ebene mit dem harten Gaumen liegen (vergl. Fig. 21 
und unten bei Gaumenbein). Zu erwähnen bliebe noch, dass der Vomer in 
diesen Fällen, trotz seiner abnormen Lagerung, dennoch zur Aufnahme für 
den Scheidewandknorpel gerinnt ist. 


III. Oberkiefer, Gaumenbeine, Muscheln, weicher Gaumen. 


Während wir vom Oberkiefer als Ganzem bei doppelseitigen und ein- 
seitigen Spalten nur auszusagen haben, dass er stets im Wachsthume zurück- 
bleibt, bietet uns im Speciellen der harte Gaumen Wichtiges, u. z. sowohl 
was seine Grösse und Stellung betrifft, als auch was das Vorhandensein oder 
Fehlen der Sutura incisiva anlangt. 

Bei allen Arten von Gaumenspalten sind immer die Processus palatini 
schwach entwickelt und verlaufen auch nur selten in der normalen Weise 
horizontal. Unter den von uns näher untersuchten Fällen befindet sich eine 
ganze Reihe, in welchen der Gaumen als schmal und steil aufsteigend ver- 
zeichnet ist. Dieses Aufsteigen ist so jäh, dass recht häufig der freie 
Rand des‘harten Gaumens sich an die untere Nasenmuschel anlegt. 

Das Vorhandensein oder Fehlen der Sutura ineisiva spielt in neuester 
Zeit eine grosse Rolle. Legt doch Albrecht bei seiner Theorie der intra- 
ineisiven Spalte ein Hauptgewicht auf das Vorhandensein der Sutura ineisiva. 
Albrecht fand an den meisten seiner Präparate die Sutura ineisiva noch 
erhalten und zwar zwischen dem lateralen Zwischenkiefer und dem Oberkiefer. 
Er sagt weiter: 

„Wir haben hier also die Coexistenz der Sutura ineisiva und der seit- 
lichen Kieferspalte.“ 

Und diese Coexistenz ist der absolute Nachweis, dass es sich in 
solchen Fällen um eine intraineisive Spalte handelt. — Ich bin bei meinen 
Untersuchungen nicht so glücklich gewesen. 

In keinem der von mir untersuchten Fälle (vergl. Tabellen) gelang es 
mir, am Oberkiefer eine Sutura ineisiva oder auch nur Andeutungen einer 
solchen zu finden, u. z. fehlte sie nicht nur, wenn der Zwischenkiefer vier 
Schneidezähne trug und im Oberkiefer der Eckzahn der erste Zahn jenseits 


364 Dr. Th. .Kölliker.si.(p: 40) 


der Spalte war, sondern auch in allen den Fällen, in welchen im Oberkiefer 
sich Schneidezähne fanden. | 

Da nun, wie ich im ersten Theile meiner Arbeit nachgewiesen zu haben 
glaube, Zahnbildung und Knochenbildung unabhängig von einander sind und 
dadurch die erste Stütze der Albrecht’schen Theorie fiel — Verhalten der 
beiden Schneidezähne zur Spalte —, so würden wir jetzt, nachdem auch die 
zweite Stütze, die Coexistenz der Sutura incisiva mit der seitlichen Kiefer- 
spalte, als unrichtig sich erwiesen hat, die T'heorie der intraineisiven Spalten 
als widerlegt betrachten dürfen. 

Es dürfte auch entwicklungsgeschichtlich schwer zu erklären sein, wie 
eine Spaltung des Zwischenkiefers in ein mediales und ein laterales Stück 
zu Stande kommen sollte. Müssen wir doch das Entstehen der Gesichtsspalten 
auf eine sehr frühe Zeit des fötalen Lebens verlegen, in eine Zeit also, wo 
entweder noch überhaupt kein Knochen in der Oberkieferregion vorhanden ist 
oder höchstens die allererste knöcherne Oberkieferanlage (vergl.oben pag. 336 (12)). 
Persistirt dann einmal die Spalte, so ist gar nicht einzusehen, wie bei der 
Entstehung des knöchernen Zwischenkiefers ein Theil desselben auf die andere 
Seite der Spalte gelangen soll. Man müsste höchstens annehmen, dass die 
Stelle der Spalte nicht eine typische, der Vereinigungsstelle des Stirnfortsatzes 
und Oberkieferfortsatzes entsprechende ist, sondern an einer willkürlichen 
Stelle entsteht, also auch unter Umständen die knöcherne Zwischenkieferanlage 
halbiren kann, eine Annahme, die auch nicht den Schein der Wahrscheinlichkeit 
' für sich hat. 

An dieser Stelle muss ich noch kurz eine Behauptung von Förster 
berühren. 

Förster sagt nämlich (St. 97): 

„Am harten Gaumen findet sich gewöhnlich der innere an den Vomer 
stossende Theil defect, doch kommen auch einzelne seltene Fälle vor, in 
welchen die Spalte mitten durch die eine Hälfte des Gaumengewölbes hin- 
durchgeht und daher der innere Theil des harten Gaumens am Vomer anliegt, 
der äussere nicht.“ 

Diese Ansicht, die entwicklungsgeschichtlich ebenso unhaltbar ist, wie 
Albrecht’s lateraler Zwischenkiefer, ist schon von Dursy widerlegt worden. 
Dieser Autor zeigt, dass die Annahme Försters auf Täuschung beruht, indem 


- Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 41) 365 


er den allzustark ausgebildeten Vomer für eine mediale Abtheilung des harten 
Gaumens hielt. 

Was nun die Gaumenbeine anlangt, so finden wir dieselben bei doppel- 
seitiger Spalte entsprechend den Oberkiefern im Wachsthume zurückgeblieben, 
was namentlich für die Partes horizontales gilt. Bei einseitiger Spalte zeigt 
sich noch folgendes auffallende Verhalten zum Vomer: 

Der hintere Rand des Vomer, der normaler Weise die Trennung 
der beiden Choanen herstellt und sich mit seinem unteren Winkel an die 
hinterste Vereinigungsstelle der beiden Partes horizontales der Gaumenbeine 
ansetzt, verläuft, wie mir scheint, fast ausnahmslos bei einseitigen Spalten 
nicht zum hinteren Winkel des betreffenden Gaumenbeines, sondern zum hin- 
teren Winkel des betreffenden Processus palatinus maxillae superioris; wir 
haben hinten also eine partielle Gaumenspalte, insofern als die horizontale 
Gaumenbeinplatte den Vomer nicht erreicht. Mit diesen Verhältnissen hängt 
wohl auch die Häufigkeit der Spalte im weichen Gaumen, selbst bei vereinigtem 
hartem Gaumen zusammen. 


Durch das oben geschilderte Verhalten des Gaumenbeines der nicht 
gespaltenen Seite zum Vomer wird auch die hintere Nasenöffnung gross, aber 
niedrig und weit nach vorn reichend. 


Entsprechend der oben gemachten Bemerkung fand sich der weiche 
Gaumen in sämmtlichen Fällen von einseitiger Spalte gespalten, nur in einem 
Falle war die Uvula nicht gespalten, sondern gehörte ganz der einen Gaumen- 
hälfte an. Bei den von mir untersuchten Doppelspalten war desgleichen stets 
der weiche Gaumen gespalten, mit einziger Ausnahme jener Fälle, in welchen 
der harte Gaumen vereinigt war. Es sind das 7 Fälle, von denen 4 auf 
Lippenspalten, 3 auf sog. Medianspalten mit fehlenden Zwischenkiefern kommen. 


Greringeres Interesse boten die Muscheln dar. Die beiden oberen kommen 
bei der uns beschäftigenden Missbildung kaum in Frage, und die unteren an- 
langend ist zu bemerken, dass sie bei vereinigtem Gaumen gut entwickelt zu 
sein pflegen, während sie bei Spalten, die auch den harten Gaumen betreffen, 
gewöhnlich im Wachsthum zurückgeblieben sind, ja in manchen Fällen in 
gleichem Niveau mit den mittleren Muscheln stehen, so dass der untere 
Nasengang sehr hoch wird. 

Nova Acta XLII. Nr. 5. 48 


366 Dr. Th. Kölliker. (p. 42) 


B. Die Odontologie der Kieferspalten. 


Während schon von Alters her alle Autoren darin übereinstimmen, dass 
verschiedene Unregelmässigkeiten in Zahl und Stellung der Zähne sowohl bei 
der einseitigen als doppelseitigen Hasenscharte vorzukommen pflegen, finden 
sich doch nirgends diese Unregelmässigkeiten näher präcisirt oder analysirt; 
ebenso weichen auch die Ansichten der Autoren über die Zahl der Schneide- 
zähne, die dem Zwischenkiefer gebühren, merklich auseinander, andere drücken 
sich über diesen Punkt ziemlich unbestimmt aus. 

So sagt v. Bruns Seite 259: 

„Diese Knochen (Zwischenkieferknochen) enthalten in ihrem Innern ge- 
wöhnlich die Keime sämmtlicher Schneidezähne, seltener nur die beiden inneren 
Schneidezähne und in noch selteneren Fällen drei Zähne, nämlich neben den 
beiden inneren Schneidezähnen noch den einen oder anderen äusseren 
Schneidezahn.“ 

König spricht dem Zwischenkiefer die Schneidezähne zu, weiter sagt 
er Seite 238: 

„An dem prominirenden Zwischenkieferstück kommt es fast immer, an 
den vorderen Enden der Seitentheile der Kiefer sehr häufig bei allen den 
verschiedenen Spaltungen des Alveolarfortsatzes zu Abnormitäten in der Ent- 
wicklung der Zähne. Die Zahnkeime stehen unregelmässig, die Zähne kommen 
in verkehrter Richtung, sind bald sehr gross, bald sehr klein, oder es fehlen 
die Keime für einzelne oder gar für alle Zähne des Zwischenkiefers, zuweilen 
auch für einzelne Zähne am vorderen Rande des Seitentheiles der Kiefer.“ 

Bardeleben lässt den Oberkiefer Back- und Eckzähne produciren, 
während der Zwischenkiefer die vier Schneidezähne zu tragen bestimmt sei 
und dem entsprechend aus vier später zu zwei symmetrischen Knochen ver- 
schmelzenden Stückchen entstehe. 

J. F. Meckel, eitirt von Leuckart (Seite 14), sagt: 

„Vorzüglich merkwürdig ist es, dass in einigen der angeführten Fälle 
nicht vier, sondern nur drei oder nur zwei Schneidezähne in dem mittleren 
Knochen gefunden wurden, während einer oder beide äussere in den Ober- 
kiefern sassen, in einem Falle sogar, ausser dem getrennten mittleren Stücke, 
auch auf jeder Seite eines, welches den äusseren Schneidezahn enthielt, von 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 43) 367 


dem Oberkiefer getrennt werden konnte; zum deutlichen Beweise, dass, wie 
schon Autenrieth vermuthete, anfangs jeder Schneidezahn in einem eigenen 
Zwischenkieferknochen enthalten ist.“ 

Rudolphi hat in dem Zwischenkiefer bei der Hasenscharte auf jeder 
Seite nur einen Schneidezahn gefunden. 

M. J. Weber will bei doppelter Hasenscharte im Zwischenkiefer ausser 
zwei Schneidezähnen sogar einen Eckzahn gefunden haben. 

Volkmann, welcher eine linksseitige Kieferspalte beobachtete, bei 
welcher der innere Schneidezahn im Zwischenkiefer, der äussere im Oberkiefer 
sass, äussert sich hierüber folgendermassen: 

„Das einzige Besondere und Irreleitende ist also, dass gleichzeitig sich 
nur drei Schneidezähne im Zwischenkiefer entwickelt haben. Indessen wird 
eine derartige Abweichung auch an sonst normalen Kiefern gar nicht selten 
beobachtet, und darf man sich hier um so weniger über das Ausbleiben eines 
Zahnkeimes wundern, wo der Zwischenkiefer bekanntermassen gewöhnlich 
unregelmässig gebildet oder verkümmert gefunden wird.“ 

Was die Lage der Kieferspalte im Verhältniss zu den Zälınen betrifft, 
so sind ebenfalls wieder die Ansichten getheilt; doch nahm man die Lage der 
Spalte zwischen äusserem Schneidezahne und Eckzahne als das gewöhnliche 
Vorkommen an, während Spalten zwischen äusserem und innerem Schneidezahne 
als selten bezeichnet werden. 

So Förster, v. Bruns. 

Bardeleben (Seite 245) sagt: 

„Dagegen darf nicht unerwähnt bleiben, dass es Hasenscharten giebt, 
welche nicht genau der Grenze zwischen Ober- und Zwischenkiefer entsprechen, 
wie dies namentlich bei Fällen, die mit Wolfsrachen complieirt sind, nach- 
gewiesen werden kann. Ich habe auf einen solchen Fall bei der 2%. Ver- 
sammlung deutscher Naturforscher und Aerzte (Deutsche Klinik 1850, pag. 457) 
aufmerksam gemacht, wo die angeborene Spalte sich zwischen dem ersten und 
zweiten Schneidezahn befand.“ 

Die Ansicht des neuesten Autors in diesem Kapitel Albrecht's haben 
wir schon besprochen. Er findet dasjenige Stück des Zwischenkiefers, welches 
den ersten Schneidezahn trägt, von jenem getrennt, das den zweiten Schneide- 
zahn besitzt. 

48* 


Dr. Th. Kölliker. (p. 44) 


[3 
{er} 
an 


Zu meinen Untersuchungen benützte ich mit wenigen Ausnahmen ganz 
intacte, nicht macerirte Schädel. An denselben wurde mit flachen Messer- 
schnitten der Schleimhautüberzug des Zwischenkiefers und der Oberkiefer ab- 
getragen und hierauf zur Bestimmung der Zähne die Zahnsäckchen eröffnet. 

Ausser den 40 Fällen meiner Tabellen kommen noch einige Fälle der 
anatomischen Sammlung in Halle a. S. hinzu, die ich hier anschliesse. 


A. Spirituspräparate. 


1—3. Linksseitige Lippenkiefergaumenspalte, der 1. mediale Schneide- 
zahn im Zwischenkiefer, der 1. laterale im Oberkiefer. 

4. Rechtsseitige Lippenkiefergaumenspalte, beide rechten Schneidezähne 
im Zwischenkiefer. 

5. Doppelte Lippenkiefergaumenspalte. Im Zwischenkiefer die beiden 
linken und der rechte mediale Schneidezahn, der rechte laterale im Oberkiefer. 
Links im Oberkiefer ein überzähliger Schneidezahn. 


B. Trockene Präparate.!) 


6. (Nr. 1695.) Smonatlicher Fötus. Doppelte Lippenkiefergaumenspalte. 
4 Schneidezähne im Zwischenkiefer. 

7. (Nr. 1645.) Embryo, 1. Lippenkiefergaumenspalte. Im Intermaxillare 
der mediale Schneidezahn, der laterale im Oberkiefer, 

S. (Nr. 1693.) Schädel eines Erwachsenen, 1. Lippenkiefergaumenspalte. 
Im Intermaxillare der mediale Schneidezahn, der laterale im Oberkiefer. Keine 
Sutura incisiva. 

9. (Nr. 1694.) Schädel eines Erwachsenen. R. Lippenkiefergaumenspalte. 
Im Zwischenkiefer beide rechten Schneidezähne, im Oberkiefer drei überzählige. 
Im Ganzen also 7 Dentes imeisivi. Keine Sutura incisiva, 

10. (Nr. 1596.) Hemicephalus, neugeboren. D. Lippenkiefergaumenspalte. 
+ Schneidezähne im Zwischenkiefer. 

11. (Nr. 1583.) Hemicephalus, neugeboren. L. Lippenkiefergaumenspalte. 
Hat überhaupt nur zwei Schneidezähne im Intermaxillare, rechts stösst daran 
der Eekzahn, links ist im Oberkiefer jenseits der Spalte gleichfalls der Eck- 
zalın der erste Zahn. 


1) Ueberhaupt die einzigen benutzten trockenen Präparate. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 45) 369 


Ich schliesse daran noch eine Beobachtung am Lebenden: 

12. Bei einem etwa 10 Jahre alten Knaben mit doppelter Lippen- 
kiefergaumenspalte trägt der Zwischenkiefer die medialen Schneidezähne, die 
lateralen fehlen ganz. 

Ehe ich auf die nähere Beschreibung eingehe, schicke ich die Tabellen 
voraus. 


I. Einseitige Spalten. II. Doppelseitige Spalten. 
A. Linke. Zahl 
Zahnverhältniss der Spalten. der 
Zahl Fälle 
Zahnverhältniss der Spalte. der 
Fälle 
se — eu. C // Im Im // C 2 
CI Im m // N C 9 C/}UmMmI//C 3 
CImMmN// BC 5 CA // m Im //I C 4 
C I Im Im // C 1 CN//Im//DUC 1 
C Im Im /] © l C //I1 m Im // DC 2 
CN, mmI!/C 1 
Den, GC Im imdjjc N 
Zahl CB //U mm // IC 2 
Zahnverhältniss der Spalte. der 
Fälle, C1//mMmN//IBC 3 
F CB//Um mNj/I3 C 5 
C//1l Im mI1C 1 
- CN //INC (Intermaxillare fehlt) 4 
CA/mImIC 1 
CB //U Im ImI1C 1 
Die Stellung der Zähne ist be- 
CHI Im D C 
EN el N 2 zeichnet bei Ansicht des Kiefers von der 
C// Im1C l Gaumenseite mit dem Zahnbogen nach 
vorn gestellt, also 
Erklärung der Tabellen. | Vorn 
C — Dens caninus. | Rechts Links 
Im = Dens incisivus medialis. | 4 
= dei : Hinten. 
Il = Dens incisivus lateralis. 
13 = Dens incisivus tertius. 
/! Spalte. 


370 Dr. Th. Kölliker. (p. 46) 


Im Zwischenkiefer fanden sich bei einseitiger Spalte: 
2 Zähne!) in 2 Fällen, 
3 Zähne in 11 Fällen, 
4 Zähne in 8 Fällen. 
Im Ganzen waren Zähne vorhanden: 
2 Zähne in 2 Fällen, 
3 Zähne in 1 Falle, 
4 Zähne in 11 Fällen, 
5 Zähne in 6 Fällen, 
7 Zähne in 1 Falle. 
Bei doppelseitiger Spalte sind enthalten im Zwischenkiefer: 
0 Zähne 2) 4mal, 
1 Zahn Imal, 
2 Zähne 6mal, 
3 Zähne 9mal, 
4 Zähne Smal. 
Im Ganzen waren vorhanden: 
2 Zähne 6mal, 
3 Zähne 2mal, 
4 Zähne 10mal, 
5 Zähne 5mal, 
6 Zähne 5mal. 
Addiren wir einseitige und doppelseitige Spalten, so erhalten wir fol- 
gendes Resultat. Im Zwischenkiefer: 
0 Zahn 4mal, 
1 Zahn Imal, 
2 Zähne Smal, 
3 Zähne 20mal, 
Zähne 16mal. 
Im Ganzen waren vorhanden: 
2 Zähne Smal, 
3 Zähne 3mal, 


Ha 


1) Zahn hier immer — Schneidezahn. 
2) d. h. der Zwischenkiefer fehlte überhaupt. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 47) 371 


18 


Zähne 21mal, 
Zähne 11mal, 
Zähne 5mal, 
Zähne Imal. 
Ueberzählige Schneidezähne wurden also in 17 Fällen beobachtet, u. z. 
1 überzähliger Zahn 11mal, 
2 überzählige Zähne 5mal, 
3 überzählige Zähne 1mal. 
In Bezug auf die einseitigen Spalten finden wir also Folgendes: 
Der laterale Schneidezahn wird sowohl im Oberkiefer als im Zwischen- 
kiefer beobachtet, im letzteren Falle können dennoch überzählige Schneidezähne 
im Oberkiefer sich vorfinden. Am häufigsten ist der laterale Schneidezahn 


ID Oo 


ohne überzähligen Schneidezahn im Oberkiefer; das nächsthäufigste Vorkommen 
ist: die Schneidezähne im Zwischenkiefer, ein oder mehrere überzählige im 
Oberkiefer. Bei doppelten Spalten beobachten wir folgende Typen: 

1. Alle vier Schneidezähne im Zwischenkiefer. 

2. Die medialen Schneidezähne und ein lateraler im Zwischenkiefer, 
dazu der eine oder andere laterale oder auch beide laterale Schneide- 
zähne im Oberkiefer. 

3. Die vier Schneidezähne im Zwischenkiefer, je ein überzähliger im 
Oberkiefer. 

4. Die medialen und ein lateraler Schneidezahn im Zwischenkiefer, der 
andere laterale im Oberkiefer, dazu auf der anderen Oberkieferseite 
ein überzähliger. 

Als vereinzelte Fälle kamen zur Beobachtung: 

Die medialen Schneidezähne im Zwischenkiefer, die lateralen fehlen. 

Ein medialer im Zwischenkiefer, die lateralen im Oberkiefer. Die 
medialen Schneidezähne und der 1. laterale im Zwischenkiefer, 
der rechte laterale fehlt. 

Die Frage, ob bei einfacher einseitiger oder doppelseitiger Lippenspalte 

auch Abnormitäten in der Zahnzahl vorkommen, kann ich bejahen. 

Von vier einfachen Lippenspalten — einer rechtsseitigen, einer medianen 

und zwei doppelseitigen — boten zwei normale Zahnverhältnisse dar. Bei 
der medianen Lippenspalte fehlten beide lateralen Schneidezähne und bei einer 


372 Dr. Th. Kölliker. (p. 48) 


der doppelseitigen waren nur drei Schneidezähne vorhanden, es fehlte der 
rechte laterale. 

Einen hierher gehörigen Fall erwähnt auch Volkmann: „l5jähriger 
Knabe, rechtsseitige Lippenspalte mit intrauterin verheilter Kieferspalte, Rinne 
am Processus alveolaris. Medial von der Rinne befinden sich die beiden 
rechten Schneidezähne, lateral von derselben ist ein dritter Schneidezahn.“ 

Kraske sah Folgendes: Intrauterin verschmolzene schräge Gesichts- 
spalte. Rechts findet sich eine Furche im Knochen zwischen Ober- und 
Zwischenkiefer, letzterer trägt rechts drei, im Ganzen also 5 Schneidezähne. 

Diese Fälle zeigen uns, dass bei Lippenspalte ohne Spalte im Alveolar- 
fortsatze oder Gaumen und bei intrauterin verheilten Kieferspalten auch Ano- 
malien der Zähne im Sinne der Vermehrung und Verminderung zur Beobachtung 
gelangen. 

Zum Schlusse dieser Betrachtungen noch einige Worte über die sog. 
medianen Spalten: 

Ich beobachtete deren fünf. Eine war eine mediane Lippenspalte und 
nehme ich für diesen Fall ein Fehlen des Philtrum an. Die anderen vier 
Fälle waren complieirte Fälle. Die knorpelige Nasenscheidewand, Vomer, 
Zwischenkiefer und Philtrum fehlten und wir dürfen daher solche Spalt- 
bildungen als den höchsten Grad der doppelseitigen Lippenkieferspalte be- 
trachten. 

Die Eigenthümlichkeiten der Weichtheile geben Fig. 49 und 50 Taf. 7 
wieder und hebe ich das Vorkommen nur eines Nasenloches hervor. 

Sehr auffallend ist ferner, dass bei diesen hochgradigen Spaltbildungen 
doch zuweilen die Oberkiefergaumenfortsätze in der Mitte sich erreichen und 
verwachsen. Unter den vier complieirten Fällen meiner Medianspalten bestand 
zweimal weder Spaltung des harten, noch des weichen Gaumens; die Sutura 
ineisiva fehlte natürlich in allen vier Fällen; was ihre Zahnverhältnisse an- 
langt, so fand sich regelmässig je ein Schneidezahn im Oberkiefer (vergl. 
Taf. 7. Fig. 47). 

Im Anhange noch einige Worte über die bei unseren Fällen beobachteten 
anderweitigen Missbildungen. 

In allen Fällen, bei denen nicht der Kopf allein, sondern der ganze 
Körper vorlag, fanden sich ausser der uns beschäftigenden Missbildung auch 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 49) 373 


noch andere Missbildungen, und vertheilen sich diese 17 Fälle auf 5 einseitige, 
7 doppelseitige und 5 sog. mediane Spaltbildungen; 10 Kinder waren männ- 
lichen, 7 weiblichen Geschlechts. Am häufigsten fand sich — 9 Fälle — 
Verdoppelung von Fingern und Zehen, gewöhnlich beider kleinen Finger oder 
Zehen oder auch der Daumen und grossen Zehen; ferner ist verzeichnet 
(dreimal) Spina bifida; Fehlen der Fibulae und Radii; Hypospadie; Hydro- 
cephalus; Makrostoma; Hernia diaphragmatica; Vasa omphalo-mesent; Perfo- 
ratio septi ventr. cordis; Mangel der Augen; verkümmerter Penis; Klumpfüsse. 


Zur Statistik der Hasenscharte, 


Unter 400 aus der Literatur gesammelten Fällen (inel. der meinigen) 
von Spaltbildungen waren 129 doppelseitige und 271 einseitige, 

Bei 277 ist das Geschlecht angegeben, sie betreffen 153 männliche, 
124 weibliche Individuen. 

Von den 129 doppelseitigen Spalten ist bei 75 das Geschlecht bemerkt: 
45 waren männliche und 30 weibliche Individuen. 

Von den 271 einseitigen Spalten ist bei 165 die Seite der Spalte an- 
gegeben. Es ergeben sich für die linke Seite 113 Fälle, während die rechte 
Seite nur 52mal die betroffene war. 

Das Geschlecht ist bei einseitiger Spalte 132 mal bemerkt, und zwar 
ergeben sich 75 männliche und 57 weibliche Individuen. 

Die Seite der Spalte zugleich mit Geschlechtsangaben lässt sich nur 
in 17 Fällen constatiren. 

Von 12 linksseitigen Spalten fallen je 6 auf jedes Geschlecht, von 5 
rechtsseitigen sind 2 bei männlichen, 3 bei weiblichen Kindern beobachtet. 

Wir können aus dieser Zusammenstellung folgende Schlüsse ziehen: 

l. Die einseitigen Spalten werden mindestens noch einmal so häufig 
als die doppelten beobachtet.!) 

2. Die einseitigen Spalten betreffen am häufigsten die linke Seite. Sie 
wird mindestens noch einmal so häufig betroffen, als die rechte. 


1) In den chirurgischen Kliniken sehen wir häufiger die einseitigen, in den anato- 
mischen und pathologisch-anatomischen Sammlungen die doppelseitigen Spalten. 


Nova Acta XLIII. Nr. 5. 49 


374 Dr. Th. Kölliker. (p. 50) 


3. Sowohl bei einseitigen, als doppelseitiger Spaltbildung wird das 
männliche Geschlecht häufiger betroffen, als das weibliche. 


Ueberblicken wir nochmals das Vorhergehende, so geben wir uns der 
Hoffnung hin, einen Beitrag zur Anatomie der Spaltbildungen geliefert und 
vielleicht manche Punkte erörtert zu haben, die bis jetzt der Anatomie noch 
nicht bekannt waren. Allerdings fürchte ich, dass das so wichtige und noch 
unbebaute Feld der Aetiologie der Hasenscharte keinen Gewinn aus den vor- 
liegenden Zeilen ziehen werde. 

Ich schliesse mit einigen zusammenfassenden Sätzen: 

I. Da der menschliche Embryo einen gesonderten Zwischenkiefer be- 
sitzt, so können wir auch bei Gesichtsspalten den Intermaxillartheil als 
typische Bildung betrachten. 

H. Der Intermaxillartheil setzt sich zusammen aus den beiden aus je 
Einer Knochenanlage sich entwickelnden Zwischenkiefern. 

III. Die Zwischenkiefer sind bestimmt, die vier Schneidezähne zu 
tragen. Die trotzdem so vielfach vorkommenden Varietäten in Anordnung 
und Zahl der Zähne erklären sich aus der Unabhängigkeit der Zahnbildung 
— unpaare Schmelzkeime — von der Knochenbildung — paarige Knochen. 

IV. Die Spalte im Alveolarfortsatze sitzt stets zwischen Ober- und 


Zwischenkiefer. 


Zum Schlusse bleibt mir die angenehme Pflicht, den Herren, welche 
mir durch gütige Ueberlassung des so schwer zu beschaffenden Materials die 
vorliegende Arbeit ermöglichten, meinen besten Dank auszusprechen. 

Das werthvolle Material an Embryonen zum ersten Theile der Arbeit 
verdanke ich der Güte meines Vaters, während die zu den pathologisch- 
anatomischen Untersuchungen benützten Präparate den Sammlungen verschie- 
dener Hochschulen und Anstalten entstammen, wofür ich den Herren Hasse, 
Lucae, Reichert, Rindfleisch, Welcker, Winkel und Zuckerkandl 
Dank schulde. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 51) 375 


Literatur-Verzeichniss. 


. Albrecht. Die morphologische Bedeutung der seitlichen Kieferspalte und die 


wahrscheinliche Existenz von 4 Zwischenkiefern bei den Säugethieren. Zoo- 
logischer Anzeiger 1879. 


. F. S. Leuckart. Untersuchungen über das Zwischenkieferbein des Menschen, in 


seiner normalen und abnormen Metamorphose. 


. Dursy. Zur Entwicklungsgeschichte des Kopfes der Menschen und der höheren 


Wirbelthiere. Tübingen 1869. 


. Förster. Die Missbildungen des Menschen. Jena 1861. 
. König. Lehrbuch der speciellen Chirurgie. Berlin 1875. 1878. 
. A. Kölliker. Grundriss der Entwicklungsgeschichte des Menschen und der höheren 


Thiere. Leipzig 1880. 


. Billroth. Chirurgische Klinik. Wien 1871—1876. Berlin 1879. 
. Bardeleben. Lehrbuch der Chirurgie und Operationslehre. Berlin 1875. Bd. II. 


Pag. 240 u. f. 


. Roser. Handbuch der anatomischen Chirurgie. Tübingen 1875. 
. Fritzsche. Beiträge zur Statistik und Behandlung der angeborenen Missbildungen 


des Gesichts. Zürich 1878. 


. Volkmann. Zur Odontologie der Hasenscharte. Langenbeck’s Archiv Bd. II, pag. 288. 
. v. Bruns. Die chirurgische Pathologie und Therapie des Kau- und Geschmacks- 


Organs. Tübingen 1859. 


. Kraske. Zur Casuistik der retardirten intrauterinen Verschmelzung von Gesichts- 


spalten. Archiv f. kl. Chirurgie XX, 2. 


. 0. Weber. Die Krankheiten des Gesichts. Pitha-Billroth Bd. III, 1. Abtheilung, 


2. Lief., Abschnitt III. 


. Rambaud et Renault. Origine et developpement des os. Paris 1864. 
. Himly. Beiträge zur Anatomie und Physiologie. 1. Lief. Hannover 1829. 1. S. 47. 
. Leidy. Proceedings of the academy of natural sciences of Philadelphia. Vol. IV. 


1848/49. 


"ENTF SNAISTIUL — ST 
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Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. 


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Fig. 1. 
Fig. 2 
Fig. 3 
Fig. 

Fig. 

Fig. 6 
Fig. 7 
Fig. 8 
Fig. 9 
Fig. 10. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 63) 387 


Tafelerklärungen. 


Tafel 1. (XXI) 


Die Figuren 1—5 stellen Köpfe von menschlichen Embryonen dar, die 
in Kali causticum durchsichtig gemacht worden waren. 
Kopf eines Embryo von 2,4 cm Länge, 2—21/smal vergrössert. 
m Maxilla superior; a Maxilla inferior. 
Kopf des Embryo mit Gaumenspalte, den mein Vater in seiner Entwicklungs- 
geschichte 2. Aufl. Fig. 286 dargestellt hat, viermal vergrössert. 
a Oberkiefer; b Zwischenkiefer. 
Kopf eines Embryo von 2,35 cm Rumpflänge, 31g—3®/amal vergrössert. 
a Oberkiefer; b Zwischenkiefer. 
Kopf eines Embryo mit Gaumenspalte; Rumpflänge 3,1 cm. Natürliche Grösse. 
Derselbe Kopf viermal vergrössert. 
a Oberkiefer; b Zwischenkiefer. 
Linker Ober- und Zwischenkiefer desselben Kopfes. 
Zu Nasenfortsatz des Zwischenkiefers. 
Za Alveolarfortsatz des Zwischenkiefers. 


. Rechter Ober- und Zwischenkiefer desselben Kopfes. 


Zn, Za wie oben; fi Fissura intermedia. 


. Beide Ober- und Zwischenkiefer eines Embryo der 9. bis 10. Woche, dreimal 


vergrössert. 


. Die mediale Partie des linken Oberkiefers desselben Embryo, etwa 33mal ver- 


grössert. 
Zn Nasenfortsatz des Zwischenkiefers; On Nasenfortsatz des Oberkiefers; 
N Naht zwischen Ober- und Zwischenkiefer. 
Linker Oberkiefer von rückwärts, von einem Embryo von 3,9 cm Rumpf länge, 
vergrössert. 
Zn, On wie oben; fi Fissura intermedia; fe Fissura incisiva. 


fig. 11a. Oberkiefer von unten, b Oberkiefer von oben, von einem Embryo des dritten 


Monats, zweimal vergrössert. 


Fig. 


Fig. 


20. 


Dr. Th. Kölliker. (p. 64) 


Der rechte Oberkiefer des gleichen Embryo von vorn, etwa siebenmal ver- 
grössert. 

a Apertura pyriformis; b mediales Ende; ce Nasenfortsatz; d Jochfort- 
satz; g Zahnalveolen. 

Der gleiche Oberkiefer von innen. 

a. b, ec, d, g wie oben; fi Fissura intermedia; p. St. Processus Steno- 
nianus. 

Der gleiche Oberkiefer von oben. 

a, b, c, d, p. St. wie oben; O Orbitalplatte; f Sutura incisiva, nasaler 
Theil. 

Der gleiche Oberkiefer von unten. 

b, d, g wie oben; i medialer Rand des Gaumenfortsatzes; h hinterer 
Rand des Gaumenfortsatzes; f Sutura ineisiva, palatiner Theil. 

Nasenscheidewand einer doppelseitigen Lippenkiefergaumenspalte eines Kindes. 
Natürliche Grösse. 

p Faltenbildung der Schleimhaut. Vorn ist die Oefinung des Jacob- 
son’schen Organes zu erkennen. Im Zwischenkiefer sind zwei Schneide- 
zähne blosgelest. 

Dieselbe Nasenscheidewand präparirt. 

Z Zwischenkiefer; V Vomer; Ns knorplige Nasenscheidewand; C. J. 
Cartilago Jacobsonii. 

Rechter Oberkiefer eines Kindes von innen. Natürliche Grösse. 

p. St. Processus Stenonianus; Si Sutura ineisiva; Ci Canalis „incisivus; 
h hintere Wand des Kanals. 

Zwischenkiefer eines Kindes mit einer doppelseitigen Lippenkiefergaumenspalte, 
von der Seite. Natürliche Grösse. 

e Körper des Zwischenkiefers; pf Processus facialis; pp Processus pala- 
tinus; a Alveolen; v Vomer, vorderster Theil. 

Derselbe von oben gesehen. 

c, pp, pf, v wie vorhin; n Naht zwischen Gaumenfortsatz des 
Zwischenkiefers und Pflugschar; r Rinne, in welche der Nasenscheidewand- 
knorpel sich einfügt. 


| 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 65) 389 


Tafel 2. (XXIIL) 


Fig. 21. Linksseitige Lippenkiefergaumenspalte von unten mit der typischen Knickung 
der Pilugschar. Knochen der rechten Seite blosgelest. Von einem Kinde, in 
natürlicher Grösse. 

V Vomer; g Processus palatinus des rechten Oberkiefers; nk Nasen- 
scheidewandknorpel; i linker Zwischenkiefer; pp Processus palatinus des 
linken Zwischenkiefers; al Alveole für den medialen linken Schneidezahn; 
a2 Alveole für den lateralen linken Schneidezahn; sp Sutura palatina. 

Die kleinere Alveole hinter den Alveolen der beiden rechten Milch- 
schneidezähne enthielt einen bleibenden Schneidezahn. Ausserdem sind die 
Alveolen des rechten Milcheckzahnes und der Milchbackzähne sichtbar. 

Taf. 2—6 (XXII—XXVID. Figg. 22—42. Frontalschnitte durch den 
Kopf eines 31/; Monate alten menschlichen Embryo von 6,7 cm Länge. Ent- 
fernung der Nasenwurzel vom Kinn 1,2 cm. 

In sämmtlichen Figuren haben folgende Theile die gleiche Bezeichnung, 
doch hielt ich es nicht für nöthig, leicht verständliche Theile in jeder Figur 
zu bezeichnen. 

s Septum narium; c Cartilago lateralis narium; (C. J. Cartilago Jacob- 
soni; n Cavitas narium; ms Maxilla superior; p. St. Processus Stenonia- 
nus maxillae superioris; il Dens ineisivus medialis; i2 Dens ineisivus late- 
ralis; sk Schmelzkeim; dst Ductus Stenonianus; nl Ductus naso-lacrymalis; 
e Epithelialpfropf in der Gaumenschleimhaut; on Os nasale; oJ Organon 
Jacobsonii; sp Suturapalatina; eo Gaumenepithel; el Concha inferior car- 
tilaginea; vo Vestibulum oris. 

Die Knorpel sind blau, die Knochen roth. Die Schnitte sind nicht ganz 
genau frontal. 

Vergrösserung dieser Schnitte 8:1. 

Fig. 22. Schnitt 30. Erstes Auftreten der Pars intermaxillaris des Oberkiefers. Carti- 
lago Jacobsonii mit dem unteren Ende des Septum narium verschmolzen. 

Fig. 23. Schnitt 33. Cartilago Jacobsonii als selbstständiger einfacher Knorpel. 

Fig. 24a. Schnitt 36. Cartilago Jacobsonii mit einem Ausläufer auf der linken Seite. 
Nova Acta XLIII. Nr. 5. 51 


390 Dr. Th. Kölliker. (p. 66) 


Fig. 24b. Schnitt 39. Mehrfache Ausläufer der Cartilago Jacobsonii auf beiden Seiten. 
Erstes Auftreten des Schmelzkeimes in der Mittellinie ; darunter ein scheinbar 
abgesacktes Stück der Mucosa propria. 

Die rundlichen Massen über dem Schmelzkeime gehören dem Mund- 
höhlenepithel an. 

Fig. 24c. Schnitt 40. Links beginnende Alveolenbildung für den medialen Schneide- 
zahn. Schmelzkeim in der Mittellinie breiter. 

Fig. 25a. Schnitt 41. Schmelzkeim in der Mittellinie noch breiter. 

Fig. 25b. Schnitt 42. Rechter und linker Schmelzkeim; auf der linken Seite erscheint 
die erste Anlage des medialen Schneidezahnkeimes. Die Grube an der 
Schleimhaut des Septum narium bei oJ ist der spaltförmige Eingang zum 
Jacobson’schen Organe. 

Fig. 26a. Schnitt 43. Beginnende Alveolenbildung auf der rechten Seite. Rechts tritt 
gleichfalls der Eingang zum Jacobson’schen Organ auf. 


Fig. 26b. Schnitt 44. Linker medialer Schneidezahnkeim, gut ausgebildet. 


Fig. 27a. Schnitt 45. Erstes Erscheinen der Anlage des rechten medialen Schneide- 
zahnkeimes. 


Fig. 


Fig. 2 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 6%) 391 


27». 


28b. 


28c. 


Tafel 3. (XXIV.) 


Schnitt 46. Jacobson’scher Knorpel, besteht auf jeder Seite nur aus zwei 
Stücken. 

Schnitt 47. Links wird das Jacobson’sche Organ deutlicher. Anlagen des 
rechten medialen Schneidezahnkeimes. Epithelmasse unter der Gaumennaht. 
Schnitt 49. Jacobson’sche Knorpel verbreitern sich; linkes Organon Jacobsonii 
im Querschnitte. Die Knochenpartieen zwischen den Jacobson’schen Knorpeln 
sind die Stenson’schen Fortsätze des Intermaxillartheiles des Oberkiefers. 
Schnitt 50. Auf jeder Seite ein einfacher Jacobson’scher Knorpel. Stenson- 
sche Fortsätze nehmen an Höhe zu. 

Schnitt 51. Jacobson’sche Knorpel werden immer höher und schlanker. 
Rechtes Jacobson’sches Organ stellt nun eine tiefe Rinne in der Schleim- 
haut dar. 


29. Schnitt 52. Nasenbeine sind knöchern. Anlage des linken medialen Schneide- 


30a. 


30b. 


zahnkeimes verschwindet. Anlage des linken lateralen erscheint. 

Die Stensonschen Fortsätze werden von dem Jacobson’schen Knorpel 
umfasst. Ausmündungsstelle der Ductus Stenoniani (d. St.). Links des Ober- 
kiefernasenfortsatz in deutlichem Zusammenhange mit den unteren Partieen. 
Schnitt 53. Linker lateraler Schneidezahnkeim deutlicher; beide Nasenbeine. 
Rechtes Organon Jacobsoni. Linker Ductus Stenonianus im Querschnitte. 
Untere Muschel links in der Anlage. 

Schnitt 54. Querschnitt der Ductus Stenoniani, dazwischen Epithelpfropf. 
Processus Stenonianus sehr stark. Im linken Jacobson’schen Knorpel eine 
Spalte. Letzte Spur des linken medialen Schneidezahnkeimes. 


bie 


392 


Fig. 


Fig. 


Fig. 


wollen 


. 31b. 


alle: 


3ld. 


32. 


33. 


Dr. Th. Kölliker. (p. 68) 


Tafel 4. (XXV.) 


Schnitt 55. Die Spalte im linken Jacobson’schen Knorpel vergrössert sich. 
Auf beiden Seiten ist der Schmelzkeim ausgezeichnet zu sehen. Rechter 
medialer Schneidezahnkeim im Verschwinden. 

Schnitt 56. Die Jacobson’schen Knorpel sind sehr schmal und hoch ge- 
worden. Ductus Stenoniani rücken in die Höhe. Untere Muschel rechts in 
der Anlage. 

Schnitt 57. Rechter Jacobson’scher Knorpel spaltet sich gleichfalls; die 
beiden unteren Knorpelstücke liegen zwischen dem Processus Stenonianus 
und dem Boden der knöchernen Nasenhöhle. Letzte Spur des rechten me- 
dialen Schneidezahnkeimes. 

Schnitt 58. Rechter Nasenfortsatz des Oberkiefers. Erstes Erscheinen des 
rechten lateralen Schneidezahnkeimes. Jacobson’sche Organe relativ sehr 
gross. 
Schnitt 59. Stenson’sche Fortsätze werden niedriger; links ist das abgetrennte 
Stück vom Jacobson’schen Knorpel verschwunden. Erste Anzeichen vom 
linken Eckzahn und vom lateralen rechten Schneidezahnkeim. 

Schnitt 60. Rechts ist nun gleichfalls das abgetrennte Stück des Jacobson- 
schen Knorpels verschwunden. Ductus Stenonianus zwischen dem niedrig 
werdenden Stenson’schen Fortsatze und dem Alveolarfortsatze des Oberkiefers. 
Jacobson’sche Organe im Verschwinden. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. 69) 393 


Tafel 5. (XXVL) 


Fig. 34. Schnitt 62. Links ist der Stenson’sche Gang in bedeutender Länge eröffnet. 

Fig. 35. Schnitt 63. Nasale Mündungen der Stenson’schen Gänge getroffen. 

Fig. 36. Schnitt 64. Die Stenson’schen Fortsätze werden niedriger. Rechter lateraler 
Schneidezahnkeim verschwindet. 

Fig. 37. Schnitt 65. Rechts kein Zahnkeim sichtbar. 

Fig. 33—40. Frontalschnitte durch den Unterkiefer des gleichen Em- 
bryo, von dem die Frontalschnitte 22—37 und 41—42 stammen. Bezeichnungen 
wie oben, ferner: 

mi Maxilla inferior; ii 1 Dens incisivus med. inferior; ii2 Dens ineisivus 
lat. inferior; cm Cartilago Meckelii. 

Fig. 38. Schnitt 33. Orientirungsbild für die folgenden Figuren, Vergr. 7:1. 

Fig. 39. Ein Theil desselben Schnittes, stark vergrössert. In der Mitte sieht man die 
zusammenhängenden Schmelzkeime, darunter die medialen Schneidezahn- 
keime. Vergr. 25:1. 

Fig. 40. Schnitt 34. Verhältniss des Schmelzkeimes zu den medialen Schneidezahn- 
keimen. 


394 Dr. Th. Kölliker. (p. 70) 


Tafel 6. (XXVIL) 


Die Figuren 41 und 42 bilden den Schluss der in den vorigen Tafeln 
dargestellten Frontalschnitte. 

Fig. 41. Schnitt 66. Noch Reste der Stenson’schen Fortsätze sichtbar; Jacobson’sche 
Knorpel rücken am Septum in die Höhe und verlaufen divergirend von oben 
innen nach unten aussen. Erste Spur des hier noch häutigen Vomer (v) 
sichtbar. Erscheinen des rechten Eckzahnkeimes (ce). 

Fig. 42. Schnitt 77. Unter dem Septum narium der Vomer in Gestalt von zwei Platten, 
die das Septum umgreifen. Die sehr klein gewordenen Jacobson’schen 
Knorpel (cJ) zeigen auf beiden Seiten Verkalkungen. Rechts wird der Eck- 
zahnkeim deutlicher. Links sieht man aussen am seitlichen Nasenknorpel 
den Ductus naso-lacrymalis (nl). Nach aussen davon ein Gefäss. 

Oben und aussen vom Thränennasengange liegt links ein runder zum 
Antrum Highmori cartilagineum gehöriger Knorpel. 

(Siehe die Entwickelungsgeschichte meines Vaters, 2. Aufl. Fig. 271cs). 

Die Gaumenfortsätze der Oberkiefer erreichen sich fast in der Mitte. 

Fig. 43, 44, 45. Horizontalschnitte verschiedener Kopfgegenden eines 
3Ys Monate alten menschlichen Embryo. 

Ganze Länge 6,5 cm. Entfernung des Kinnes von der Nasenwurzel 
0,95 cm. Bezeichnungen wie oben, ferner: 

p Os palatinum; an Apertura nasalis externa; 1b Labium inferius; 
ca Cartilago alaris; cJ1 Hauptmasse der Cartilago Jacobsonii; cJ2 kleiner la- 
teraler Ausläufer der Cartilago Jacobsonii. 

Fig. 43. Schnitt 76. Scheidewandknorpel und Jacobson’scher Knorpel (cJ‘, cJ') um die 
Längserstreckung desselben zu demonstriren, Vergr. 22:1. 

Fig. 44. Schnitt 84. Ganzer Längsschnitt des Jacobson’schen Organs (oJ) auf der linken 
Seite. Oberkiefer (ms) an der lateralen, Gaumenbeine (p) an der medialen 
Seite der Cartilago narium lateralis gelegen. Ductus naso-lacrymalis (nl) im 
Querschnitte, Vergr. 7,8:1. 

Fig. 45. Ein Theil dieses Schnittes 50 mal vergrössert; auf der linken Seite zeigt sich 
ein Längsschnitt durch das ganze Jacobson’sche Organ. 


Entwicklungsgeschichte u. Anatomie des Zwischenkiefers. (p. {l) 395 


Tafel 7. (XXVII) 


Fig. 46. Horizontalschnitt durch den Alveolarrand des Unterkiefers und die Unterlippe 

eines menschlichen Embryo von 31; Monaten und 6,5 cm Länge. 
Schnitt Nr. 42. Stark vergrössert, um die vorderste Partie des in der 
Mitte zusammenhängenden Schmelzkeimes des Unterkiefers zu zeigen. 
Fig. 47. Kopf der Fig. 49 mit präparirtem Gaumen. 
w kleiner Schleimhautwulst, Rudiment der Nasenscheidewand. 
el Concha inferior; i Schneidezahn; ce Eckzahn. 

Fig. 48. Gaumen eines 5! Jahre alten Knaben. 

Si Sutura incisiva; 11 Gefässloch, als Furche in den Canalis meisivus 
sich erstreckend; 12 Gefässfurchen, am harten Gaumen mit den Can. palat. 
post. zusammenhängend. 

Fig. 49. Neugeborner mit sog. Medianspalte, fehlendem Zwischenkiefer, Philtrum, Vomer, 
und Nasenscheidewand und gespaltenem harten und weichen Gaumen. 

Fig. 50. Neugeborner mit sog. Medianspalte bei fehlendem Zwischenkiefer, Philtrum, 
Vomer und Nasenscheidewand. Harter und weicher Gaumen sind jedoch 
voreinigt. 

el Concha inferior; g harter Gaumen. 


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