Digitized by the Internet Archive
in 2010 witii funding from
University of Toronto
littp://www.arcliive.org/details/novellenkrnzOOsclii
RHETORISCHE FORSCHUNGEN
UERAUSGKGEBEN VON
OTMAR SCHISSEL von FLESCHENBEEG und JOSEPH A. GLONAE
NOYELLExNKMiXZE LÜKIAJSS
VON
OTMAE SCHISSEL von FLESCHENBERG
DR. PHIL., PRIVATDOZENT AN DER INNSBRUCKER UNIVERSITÄT
-^e-
HALLE A. S.
VERLAG VON MAX NIEMEYER
1912
';74603.
Meinem hochverehrten lehrer
Hugo Spitzer
zum dreißigjährigen dozentenjubiläum
Programm der Sammlung.
Die Rhetorischen forschutigen dienen kunstwissen-
schaftliclier beschreibung der rhetorik,
I. Der begriff rhetorik wird in seinem weitesten umfange
verstanden; rhetorische theorie und praxis, Vortrags- und lese-
rhetorik, politische und epideiktische beredsamkeit finden also
gleiche berücksichtigung. Ausgeschlossen bleibt nur die kunst
des Vortrages oder deklamationskunst, als blofse Virtuosität,
als ausführende kunst nach Hugo Spitzers scharfsinniger be-
zeichnung. i)
II. Kunstwissenschaftlich soll der forschungsgegenstand
behandelt werden. Diese Zielsetzung schliefst sowohl be-
w^ertung rhetorischer produkte nach einem ästhetischen prin-
zipe im sinne des sjaikretismus von Schönheit und kunst in
der spekulativen ästhetik, als auch analyse des kunstgenusses
und künstlerischer Produktion im sinne der psychologischen
ästhetik aus. Von keinem dieser beiden Standpunkte aus
könnte man ja, wie Hugo Spitzer in seinem eben angemerkten,
für die theorie der ästhetik und kunstwissenschaft grund-
legenden werke gezeigt hat, zur wirklichen erkenntnis einer
auch als äufseren historischen tatsache gegebenen kunst vor-
dringen. Im plane unserer Sammlung liegt somit allein die
darstellung rhetorischer kunstmittel und ihrer anwendung:
im einzelfalle, im bereiche einer rhetorischen gattung und
im ganzen rhetorischen kunstgebiete. Auf grund dieser drei
^) Hermann Hettners kunstphilosophische anfange und literarästhetik
Graz 1903, s. 230.
VI
Verwendungsmöglichkeiten läfst sich der wert der einzelnen
rhetorischen knnstmittel bestimmen. An oberster stelle steht
die architektonik des rhetorischen knnstwerkes.
1. Die komposition oder künstlerische gliederung eines
rhetorischen produktes löst das natürliche nacheinander seiner
teile in mündlicher oder schriftlicher fixierung in ein künst-
liches nebeneinander auf.^) Denn nur in der scheinbaren
koexistenz der teile eines rhetorischen kunstwerkes liegt die
möglichkeit einer inneren form desselben. Sie besteht also
in einer relation der einzelnen stoifteile zueinander. An und
für sich besitzt der stoff für die komposition keine bedeutung.
Er dient nur zum körperlichen Substrate, zum träger des
vom Sophisten in seinem werke jeweils dargestellten archi-
tektonischen prinzipes, wie der Steigerung, konzentrizität,
Variation, der Symmetrie, des parallelismus, kontrastes, da
äufsere wahrnehmbarkeit eine notwendige bedingung für jedes
kunstschöne werk darstellt. Aber nicht nur wegen ihrer
herrschaft über den auf bau des ganzen kunstwerkes, sondern
auch wegen ihrer grölsten Individualität ist die komposition
das vornehmste rhetorische kunstmittel. So wird sie in
jedem einzelfalle bis auf das ihr zugrundeliegende abstrakte
kompositioneile prinzip verschieden sein. Allein in der ge-
staltung desselben, nicht in seiner ermittelung besteht die
künstlerische aufgäbe, die also an Originalität und Schöpfer-
kraft des Sophisten die höchsten anf orderungen stellt, ihm die
gröfsten Schwierigkeiten bereitet. Minderwertige Sophisten
verzichten daher auf komposition überhaupt; desgleichen fehlt
sie meist rhetorischen Produkten, die nicht ausschlielslich
künstlerischen absiebten dienen.
2. Solche werke weisen nur logische gliederung, d. i. dis-
position auf. Im falle des Vorhandenseins von komposition
ordnet sie sich dieser stets unter. Zeigte sich die komposition
») Beruhard Seuffert, Germanisch-romanische monatsschrift 1911, s.632.
vn
individuell verschieden, so erscheint die disposition generell
abweichend; d. h. der auf bau durch disposition kennzeichnet
eine ganze rhetorische gattung, nicht blols ein kunstwerk.
So eignet z. b. das geläufige vierteilige Schema von jrQooifiiov,
6c7]Yf]öig, d.TTOikisi'^, Ijiiloyoc. dem gesamten dr/Mvr/.oc löyoc,
der gerichtsrede überhaupt, niclit blofs einem Vertreter dieses
genus. Innerhalb gewisser grenzen kann die dispositionelle
gliederung im Spezialfälle natürlich variieren. Die künst-
lerische leistung auf dem gebiete der disposition ist in der
einpassung des einzelfalles in ein gattungsschema, d. i. in eine
innere form zu erblicken, die das symbol der höheren Ordnung
bedeutet, unter die das beispiel logisch gehört.
3. An der grenze zwischen genereller und allgemeiner
Verwendbarkeit steht die topik. Es gibt sowohl topen, die
gewissen gattungen eignen, z. b. die erwähnung Athens der
laXiä, als auch solche, die unterschiedslos vorkommen. Jeden-
falls sind alle mit rücksicht auf ihren technischen v/ert für
den auf bau zu betrachten.
4. Auch der nach darstellungs - und ausdrucksform zu
unterscheidende stil kann zur Charakteristik der gattung bei-
tragen. Die dialogische und monologische {i]d-ojtoiia) oder
erzählende (ditjytjoig) einkleidung des dargestellten wirkt
generell unterscheidend; die o'/j/fiara Xts^cog des rhetorischen
ausdruckes werden in allen gattungen in gleicher weise ge-
braucht.
5. Die rhythmik gibt, da ohne individuelle oder generelle
einschränkung verwendet, den schwächsten ausschlag für die
kunstschönheit des rhetorischen produktes.
Aus diesen 5 komponenten setzt sich die kunstform der
rhetorik, d. i. der hauptfaktor ihrer ästhetischen Wirksamkeit,
zusammen. Nur nebenher benützt sie die poetische Stimmung
— man erinnere sich des musterbeispieles aus Philostrats
Bioi oocf. II 9, 2 — und die fesselnden Stoffqualitäten — man
denke an die spannenden töjtoi des griechischen romanes
VIII
Das Wohlgefallen an der Schönheit rhetorischer und poetischer
kunstwerke ist somit essentiell verschieden. Jenes beruht auf
dem Verständnisse der formschönheit, d. i. auf einem intellek-
tuellen vorgange, dies auf der einfühlung in die stimmungs-
lage der dichtung, d. i. auf einem emotionalen vorgange. Die
rhetorik erstrebt für ihre erzeugnisse in erster Knie reine
formschönheit, die poesie stimmungsgehalt und spannungs-
fähigkeit. Nach diesen zielen unterscheiden sich die in rede
stehenden künste in ihren mittein. Ist die rhetorik eine
formkunst, so liegt das Schwergewicht in der poesie auf dem
inhalte (stoff und Stimmung), d. h. auf der stimmungs- und
Spannungstechnik, von denen die rhetorik nur gelegentlichen
gebrauch macht. Form, selbst die äulserlichste, ist poetisch
irrelevant. Das bezeugen die häufigen versuche in iwosaischen,
reimlosen, freirhythmischen dichtungen. Besser noch kenn-
zeichnet jene tatsache vielleicht der umstand, dafs trotz der
möglichkeit, die äulsere form in der dichtkunst zu entbehren,
gerade die künstlerisch minderwertigsten formelemente stil
und metrum die relativ grölste bedeutung unter allen form-
komponenten für die poesie gewonnen haben. Die verschieden-
artigkeit der stilistischen darstellungsform hat sogar den
einteilungsgrund für die oberflächliche und so dem wesen
der poesie wenig angemessene Unterscheidung der poetischen
hauptgattungen (l3Tisch, dramatisch, episch) ergeben. Die
weitere differenzierung erfolgte vielfach gar nach metrischen,
also äulserlichst formalen gesichtspunkten (s. die Ijaüschen
arten). Nur selten klassifizierte man die dichtungen richtig
nach ihrer Stimmungslage (komisch, tragisch, erotisch, religiös),
nach ihrer stofflichen einkleidung (Schäferdichtung, ritterdrama,
historischer roman), nach ihrem nebenzwecke (didaktik, epi-
grammatik) usf. Die höheren formelemente (komposition, dis-
position, topik) haben keine allgemeine geltung in der poesie
erlangt. Nur die komposition fand gelegentliche anwendung.
Nie aber wurde sie Selbstzweck der dichtung, sondern blieb
IX
stets motiv ihrer spannungstechnik;i) nie wirkt sie als form-
schönes, sondern stets sucht sie den reichen inhalt zu meistern,
bestenfalls ihm einen adäquaten ausdruck zu verschaffen. Sie
erscheint so als hilfskonstruktion des dichters, der keine seite
seines umfänglichen Stoffes vernachlässigen und ihn dennoch
möglichst gedrängt behandeln will. Infolgedessen lag es gar
nicht im künstlerischen Interesse, dafs sich der leser des
kompositioneilen fachwerkes, das den inhalt zusammenhält,
bewufst werde. Ebensowenig brauchte das jeweilige kompo-
sitioneile prinzip (z. b. sjnnmetrie) exakt dargestellt zu werden.
Ja man bezweifelt mit recht, dafs die komposition stets vom
dichter überhaupt oder doch in ihrem ganzen ausmafse ge-
wollt und berechnet war und schreibt sie dann wenigstens
zum teile seiner Intuition zu.2) In manchen gattungen, Avie im
bühnendrama, wurde sie auch durch technische notwendigkeit
gedrängter darstellung nahegelegt und dann häufig im anschlusse
an berühmte muster gepflegt. In diesem falle erstarrte sie
zur disposition. Obwohl die dichterische komposition auch als
technisch untergeordnetes, vom leser unbemerktes und vom
dichter z. t. intuitiv verwendetes kunstmittel zur erreichung
einer bestimmten ästhetischen Wirkung selbstverständlich bei-
tragen kann, so besitzt sie dennoch für die poesie nicht ein-
mal die bedeutung des reimes, dessen gebrauch allen jenen
einschränkungen nicht unterliegt und der daher viel unmittel-
barer ästhetisch wirkt. Demnach wäre es verfehlt, auf ein
dichterisch so unwesentliches formelement, wie die komposition,
z. b. eine wissenschaftliche poetik gründen zu wollen. Eine
solche hat vielmehr S3^stematische erforschung der stoffquali-
täten Stimmung und Spannung zur hauptsächlichen voraus-
1) Vgl. F. LiUge, Komposition iiud poetische technik der J/o,«?/(loiv
agioxHu. Gotha 1911, s. 45.
^) S. vornehmlich W. Brecht, Zs. f. deutsches altertum IL (1007) GO f.,
ferner Bernhard Seuffert, GEM 1909, s. G05. Lillge a. a. o. E.M.Meyer,
Zs. f. deutsche phil. XLUI (1911) 505.
Setzung. Damit erledigt sich zugleich die frage, ob die
rhetorische komposition vom Sophisten planmälsig ausgeführt
und vom zuhörer resp. leser wahrgenommen wurde und wird.
Da in der rhetorik die formschönheit die grundlage des
ästhetischen eindruckes bildet, mufs sie und damit ihre her-
vorragendeste komponente, die komposition, doch beabsichtigt
sein und bemerkt werden. Wenn sich auch künstler und
betrachter über die kunstmittel, die ein objekt zum gegen-
stände ästhetischer lust machen, also über die Ursachen seiner
Schönheit oft im unklaren sein werden, unbeschadet ihrer
ästhetischen eindrücke von diesem, so erscheint es doch un-
erlälslich, dafs sie das objekt selbst produzieren wollen, resp.
wahrnehmen. Das objekt ist aber für die rhetorik der
exemplifizierte formbegriff.
III. Die forderung nach kunstwissenschaftlicher be-
schreibung allein schaltete die historische betrachtungs-
möglichkeit für unsere Sammlung noch nicht aus. Denn
wenn von irgendeiner empirischen Wissenschaft, so mufs von
der historie verlangt werden, dafs eine genaue beschreibung
der einzeltatsachen dem versuche, sie in beziehung zu-
einander zu setzen, vorausgehe. Der anspruch der genannten
disziplin auf wissenschaftlichkeit beruht ja gänzlich auf ihrer
fähigkeit, der Vergangenheit angehörige tatsachen genau
zu bestimmen (implicite datierung). Der Zusammenhang
dieser tatsachen ist logisch nicht nur ganz zufällig, sondern
steht auch von vorneherein fest, da sich alle in betracht
kommenden ereignisse schon einmal in einer bestimmten
folge abgespielt haben. Alle versuche, über diese grenzen
hinauszugehen, führen zu haltlosem dilettantismus. Be-
schränken sie sich auf die ergänzung der lückenhaften
Überlieferung, so sind sie als phantastische kombinationen
anzusprechen; mafsen sie sich gar an, aus den gegebenen
tatsachenkomplexen allgemeingültige gesetze abzuleiten, so
fehlen sie, weil sie zufälligen zusammenhängen gesetzmälsig-
XI
keit imputieren.!) Zur richtigen ermittelung der einzelnen
tatsachen bedient sich die historie der quellenkritik, mit deren
hilfe sie die nachricliten über das darzustellende ereignis auf
glaubwürdigkeit und genauigkeit prüft. Dabei kommt es
u. a. auf die feststellung an, durch wie viele Zwischenglieder
die quelle von dem in ihr berichteten vorfalle getrennt ist.
Diese frage nach den quellen der quelle stellt nun auch die
romantische literaturgeschichte in methodischer anlehnung an
die historie. Und zwar kann die grundlage einer dichtung
ein erlebnis, ein künstlerisches oder unkünstlerisches literatur-
produkt sein. Bei dieser Übertragung der methode, die in
der literaturgeschichte den grad der dichterischen Originalität
bestimmen soll, übersah man die völlige Verschiedenheit des
begriffs der quelle in den beiden disziplinen. Vom historischen
Standpunkte aus wäre ja auch das kunstwerk, dessen quellen
gesucht werden, eine quelle, und zwar unter umständen eine
minderwertige, abgeleitete. Denn nicht der bericht eines
ereignisses oder erlebnisses, sondern dieses selbst ist das ziel
der geschichtsforschung. Es mufs somit bei konsequenter
anwendung der historischen methode die dichtung, deren er-
forschung das ziel der literaturwissenschaft darstellt, voll-
ständig in den hintergrund treten gegenüber der ausführlichen
beschreibung seiner sei es biographischen, sei es literarischen
grundlagen. AVill man aber einer solchen umkehrung des ur-
sprünglichen Wertverhältnisses durch gleichsetzung der quellen-
mälsig zu erforschenden dichtung mit der quellenmäfüig er-
mittelten historischen tatsache vorbeugen, so übersieht num
die Verschiedenheit des letzten Zweckes der quellenforschung
hier und dort. In der historie will sie gutbezeugte züge
zum bilde des darzustellenden ereignisses liefern, also dessen
richtige beschreibung ermöglichen; in der literaturgeschichte
soll sie die literarisch -biographische abhängigkeit des kunst-
') Diese art von geschichtsauffassung hat Spitzer a. a. o. s. 469- ff.
endgültig abgewiesen.
xn
Werkes bestimmen. Was somit in der liistorie nur mittel
zum zwecke, nur von sekundärer bedeutung ist, erliält in der
literaturgescliiclite Selbstzweck, primären wert. Die von der
historie mit liilfe der quellenkritik angestrebte beschreibung
und bestimmung ihres forscliungsgegenstandes, d. i. ihr wissen-
schaftliches ziel, vermag von der literaturwissenschaft in den
allermeisten fällen direkt erreicht zu werden, da sie ja
die zu untersuchenden kunstprodukte fast immer in bänden
hält, nicht erst rekonstruieren muls. Man hat indes in der
literaturgeschichte ziemlich alle fehler gemacht, die sich aus
diesem doppelten mifsverständnisse der historischen methode
ergeben konnten. Als deutlichster ausdruck der falschen auf-
fassung des begriffes quelle erscheinen die sog. vergleichenden
Stoffgeschichten, die einen poetischen stoff, z. b. die sage vom
ewigen Juden oder vom troianischen kriege, rast- und zwecklos
durch die Weltliteratur verfolgen, die quelle der quelle auf-
spürend usf. in inflnitum. Die oben gekennzeichnete ziel-
verwechselung kommt zum ausdrucke in der beschränkung der
den literaturdenkmälern selbst gewidmeten Untersuchungen auf
quellenkritik, also in der ansieht, dals die quellenverhältnisse
einer dichtung über ihren künstlerischen Charakter orientieren
und damit zu ihrer kenuzeichnung hinreichen. Abgesehen
davon, dafs die Originalität eines kunstwerkes nicht dadurch
berührt wird, dafs es einen vorgefundenen stoff, eventuell
aucli mit traditionellen kunstmitteln, gestaltet, sondern einzig
und allein durch die in einer quellenuntersuchung nicht auf-
deckbare art der gestaltung, also abgesehen davon, dafs die
literarhistorische quellenforschung das wissenschaftliche ziel
der literaturbetrachtung, die kunst aus ihrer darstellungsweise
zu verstehen, ignoriert, fehlt sie auch gegen die elementare
f orderung jeder empirischen Wissenschaft, welche zuerst eine
auf analyse beruhende kenntnis des forschungsobjektes ver-
langt, bevor sie irgendeine Synthese vornimmt. Zu dieser
keuntnis kann nui' beschreibung der kunstmittel und ihrer
XIII
an Wendung in jedem einzelnen künstlerischen individualgebilde,
d. i. literaturprodukte, führen. Damit schliefst sich die an-
wendung jener pseudoliistorischen quellenforschung für eine
exakte bearbeitung der rhetorik aus. Aber auch einer wissen-
schaftlichen historischen behandlung auf grund von analysen
ihrer einzelnen produkte widerstrebt die rhetorische praxis.
Der rhetorischen theorie ist sie, wie jeder anderen kunst-
lehre oder Wissenschaft, unter dieser Voraussetzung zuzu-
billigen. Gleich den anderen künsten erzeugt auch die
rhetorik weder beständigem wandel unterworfene Vorgänge, wie
z. b. die spräche, noch lebende Organismen, die individuell
und als Individuen einer gattung zu einem bestimmten Zeit-
punkte einen bestimmten entwicklungsstand repräsentieren, die
also sowohl genetisch (biologisch und entwicklungsgeschicht-
lich), als auch systematisch betrachtet werden können. Die
rhetorik schafft vielmehr in sich vollendete, keiner änderung
fähige kunstwerke. In dem umstände, dals der eine künstler
diese, der andere jene mittel benützte, um kunstschöne werke
zu erzeugen, ist keine entwicklung zu sehen, zumal es sich
nur um geringe Variationen handeln kann. Denn einerseits
sind die mittel nach der art der angestrebten kunstschönheit
verschieden, andererseits sind zur hervorbringuug einer be-
stimmten art von kunstschönheit gewisse mittel unerlälslich.
Dals nicht zu allen Zeiten dieselbe art des kunstschönen
ästhetisch wirkt, dafs also der kunstgeschmack des publikums
Wandlungen unterworfen ist, die auf die äulserlichste art Zu-
standekommen, das ZU konstatieren und zu erklären kann
nicht aufgäbe der kunstwissenschaft, sondern einzig und allein
die der historie "und der völkerpsycliologie sein. Insofern ist
die kunst an und für sich, nicht aber ihre morphologie, gegen-
ständ der geschieh tswissenschaft. 1) Schon die frühere be-
sprechung der rhetorischen kunstmittel konnte zeigen, dals
») Spitzer s. 460 ff.
XIT
für die rlietorik nur eine kunstsystematik wissenschaftliche
berechtigung besitzt, dafs Synthesen der aus den beispielen
analytisch gewonnenen kunstmittel nur im sinne logischer
subsumption des besonderen, inhaltsreicheren unter den all-
gemeineren, inhaltsärmeren begriff möglich sind. So werden
die kompositionsuntersuchungen kompositionelle prinzipien (z. b.
kontrast, Steigerung) ergeben und diese sich ihrerseits auf eine
grundform zurückführen lassen. Sie werden aber auch die
Originalität der einzelnen künstlerischen leistungen bemessen
und vergleichen lassen. Die dispositionsstudien illustrieren
die rhetorische gattungskunde und begrenzen den Spielraum,
innerhalb dessen die gattungstypen variiert werden können,
begrenzen also die gattungen selbst. Ähnlich führen topik,
Stilistik und rhythmik zur Inventarisierung, klassifikation,
bestimmung von anwendungsart und -gelegenheit des formel-
oder typenmateriales dieser kunstmittel. i)
IV. Für eine kunstwissenschaftliche behandlung der
rhetorik im angegebenen sinne bestehen die sprachlichen
schranken nicht, die die literaturgeschichte im anschlusse
an die Sprachforschung errichtet hat. Docli wird sich das
wissenschaftliche Interesse für rhetorik vornehmlich auf die
griechisch-byzantinische ^) und die lateinische literatur richten,
da nur in ihnen und im anschlusse an sie eine theoretisch
fundierte, ausgeprägte rhetorische kunst bestand.
*) Da aus den gebieten der stillehre und rhythmik vielfach be-
friedigende einzeldarstellungen bereits vorliegen, berücksichtigen die Rhf
besonders, aber nicht ausschliefslich, komposition, gattungskunde, topik.
'^) Die spuren byzantinischer rhetorik in den älteren slavischen
literaturen finden die nötige beachtung. J. A. Glonar.
x^
Vorwort.
Die Universitätsbibliotheken in Graz und Innsbruck, auf
deren mittel der Verfasser vielfach angewiesen war, boten
ihm nur wenig- für seinen zweck brauchbares. Denn darf
auch die Grazer Universitätsbibliothek nicht, gleich der Inns-
brucker, als wissenscliaftlich ungenügend i) bezeichnet werden,
so weisen gleichwohl ihre älteren bestände recht fühlbare
und zum teil heute schwer zu ergänzende lücken auf.
Manche für diese arbeit in betracht kommende Untersuchung
war nun im buchhandel vergriffen, manche erst spät zu
beschaffen. Der letztere umstand veranlalste wiederholte
Umgestaltung bereits vollendeter teile dieser Studien und ver-
zögerte so ihren abschlufs bedeutend; der erste wird dem
kundigen leser aus der unvollständigen benützung der älteren
fachliteratur in ihnen merklich werden.
Weitaus am meisten verdankt die vorliegende abhandlung
dem vor ihr genannten gelehrten ästhetiker, der auch die
ausnehmende gute hatte, trotz angegriffener gesundheit einen
teil derselben zu überprüfen. Ferner unterstützten den Ver-
fasser herr bibliotheksdirektor privatdozent dr. Joannes Peisker,
dann herr oberbibliothekar dr. Ferdinand Eichler von der
Grazer Universitätsbibliothek.
Graz, im mai 1912.
*) Zur begründung dieser qualifikation genügen folgende einzellieiten:
für bücherwüusche eines Universitätslehrers stehen angeblich der Inns-
brucker bibliotheksverAvaltung- jährlich nur 4—8 Mk. zur Verfügung. Um
nun dies mifsverhältnis zwischen geldmitteln und wissenschaftlichem
bedarfe auszugleichen, werden die verlangten literarischen neuersclieinungeu
zunächst antiquarisch gesucht. Auf diese weise gelingt es der direktion,
entweder den ankauf des gewünschten Werkes zu vermeiden, oder ihn
doch lange genug hintanzuhalten.
X-VM
Inhalt.
Seite
Programm der Sammlung v
Vorwort xv
I. Lukians künstlerische ziele 1
Exknrs: die rhetorische chrie 3
II. W.olor T] iv-/ai 22
m. 4>Lkoii)ev6^q r} cctciotcüv 39
IV. TöqaQiq Tj (piXia 50
V. Das Signalement der hikianischen novelle 87
Exkurs: die komposition der "Aniazcc des Antonius Diogenes 101
Zwei tafeln.
Ltikians künstlerische ziele.
Man hat Liikians werke als historische quellen aus-
genützt, seine literarischen beziehungen aufzudecken und seine
philosophischen Wandlungen darzustellen unternommen, man
hat nach sprachlichen und sachlichen indizien die echtheit
der unter seinem namen überlieferten Schriften angezweifelt
oder verteidigt, lücken in ihnen gesehen oder bestritten, man
hat sich endlich um die Chronologie seiner werke und seines
lebens bemüht und seine nachwirkung erforscht und hat bei
solch vielseitiger literarhistorischer beschäftigung mit dem
autor dennoch vergessen, seine Schriften unter dem gesichts-
punkte zu betrachten, von dem aus er sie selbst angesehen
wissen wollte. So ist Motzens treffliche gesamtdarstellung
von Lukians ästhetischen anschauungen , i) auf welcher eine
kunsttechnische einzeluntersuchung seiner werke basieren muls,
so gut wie unbeachtet geblieben. Man erkannte zwar un-
abhängig von Motz, dafs Lukian einige seiner schritten, vor-
nehmlich den Zevsi? fj "ArrioyoQ und den IlQOfiijfhsvg Iv
XöyoiQ, kunsttheoretischen erwägungen widmete, 2) doch hat
man eine abstraktion und logische Verbindung der gedanken
nicht einmal der beiden genannten jrQo?Mhcd versucht.
Schmidä) und Helm^) z. b. warfen den Zerl^c mit dem
^) F. Motz, Liician als ästhetiker. Progr. d. gymn. Bernharciiunm in
Meiningen 1875. — Ed. Müller, Geschichte der theorie der kunst bei den
alten 11 (Breslau 1837) 250—252 behandelt nur zwei nebensächliche punkte
der lukianischeu kunsttheorie , die imd^erot. xöa^wt (Motz s. 14 f.) und das
xiuröv (Motz s. 11 f.) in durchaus ungenügender weise von romantischem
Standpunkte aus.
2) Am deutlichsten sprach nach Motz (s. 11) diese beobachtung wohl
Th. Sinko, Eos XIV (1908) 148 aus.
») W. Schmid, Philologus L (1891) 312.
*) E. Hebn, Lucian und Menipp. Leipzig und Berlin 1906, s. 280. .
Bhetoiische Forschungeii. I. 1.
/7()o//?y.9frc t?' ?Myoig zusammen. Mit imrecht! Gemeinsam
ist den beiden jTQoXahni allein die Verwahrung des Verfassers
gegen die absieht, nur durch die neuheit seiner Schriften
wirken zu wollen. Jedesmal ist von einer anderen neuheit
die rede. Der IlQo/oiihv'; Iv ).(r/oiQ handelt über eine, aus
der Verschmelzung von dialog und komödie entstandene, neue
form, die nicht durch ihre ungewöhnlichkeit, sondern durch
ihre Schönheit wirken soll;i) der Ztcsig lehnt einen erfolg
auf grimd des absonderlichen und neuen Inhaltes der Schriften
ab. Der Ztvc,iq wiederholt nicht den gedanken des IlQoi/rj-
ihvg iv loyoLQ in anderer einkleidung oder umgekehrt der
nQOftj]{)evq den des Z&v^ig; der in diesem ausgesprochene
grundsatz ist vielmehr die logische Voraussetzung des im
nQoit7]>)£vg bv Xoyoig entwickelten. Daher müssen die luki-
anischen Schriften zuvor nach der im Ztr^ig erhobenen kunst-
theoretischen forderung untersucht werden, ehe ihre Über-
einstimmung mit der des nQüiirjOerg Iv löyoig nachgeprüft
werden kann. Auf grund der tatsache, dals der Ztvlig die
bedeutung des xairör gegenüber der komposition des Stoffes
für die ästhetische Wirkung eines literaturproduktes aufser-
ordentlich gering anschlägt, 2) gilt es, vorerst die individuell
verschiedenen gestaltungen dieses formprinzipes induktiv für
alle werke Lukians zu ermitteln, dann durch abstraktion der
den einzelnen beispielen gemeinsamen merkmale formt3'pen
zu finden und nach ihnen die werke zu organischen gruppen
zusammenzuschliefsen, endlich die kunstmittel zu registrieren,
durch welche die komposition jeweils erreicht wird. Erst
auf dieser grundlage ist es möglich, exakt zu entscheiden,
wieviel die vor und neben Lukian geltenden literarischen
gattungen zur architektonik seiner Schriften beigetragen haben
und wie er diese im nQOfa/fhvg Iv Aoyoig behauptete Ver-
schmelzung bestehender gattungsformen durchgeführt hat. —
') TlQO/jiijd^evQ er ).öyoiQ c. 3: t/iiol rfe ov nürv ixccvör, h xaivonoiHv
doxohjv, /<?/rft t/^oi TIC ?.ty8iv aQ/uiöie^öv xt xov nXc'co/iaxog, ov xoCxo
unöyovov tativ, u).?.' et /.i^ md yJcQiev (fcciroixo, cdoyvvolnijv uv, ev i'a&i,
en^ uvtw xul ^vnnuirjouq av chpuviacci^ii • ov«)' tcv (ucpeh'joetsv uvxö, nuQU
yovv e/ioi, 7j xicivuitjq, (xri ovyl ovviexQltpd^ui iCftOQipor ov.
*) Vgl. Motz s. 11: jenes ganze schriftchen ist der beleiichtwifj des
wertes von stoß" und form gewidmet.
Die folgenden ausführungen liefern nur beitrage zum ersten
teile dieses progammes einer literaturwissenschaftliclien er-
forscliung der Inkianisclien Schriften. Zunächst soll auf grund
einer Interpretation des Ztv^t^ die l'omposition des Stoffes als
das ästhetisch wirksamste element der kunst Lukians er-
wiesen, dann IlÄolor, (piXo^fvchjc, Tö^aQn^ nach ihrer kom-
position untersucht und endlich auf ein gattungsbildendes
gemeinsames merkmal dieser drei schritten hingewiesen werden.
Den Inhalt des Ztv^ig bildet ein beweis in chrienform,
der die anschauung widerlegt, daXs die ästhetische Wirksamkeit
eines kunstwerkes allein auf der neuheit und Seltsamkeit
seines Inhaltes beruhe. Das gegenteil dieses satzes, und zwar
der gedanke, dafs die kunstform einer schritt und in ihr vor
allem die komposition des Stoffes ein literaturprodukt ästhetisch
reizvoll machten, stellt also die idee dar, die Lukian in der
genannten jigo/iaÄcd propagiert. Die komposition des Stoffes
zeigt sich in ihr in der anpassung der chrien- an die rrgolaXid-
form. Um das Verhältnis beider verstehen zu können, mufs
zunächst wesen und Zusammensetzung der rhetorischen chrie
eingehender dargelegt werden, als das bisher geschehen ist.
G. AYartensleben versuchte als erster den begriff der
chrie im anschlusse an die detinitionen Theons, des Hermogenes
und Aphthonios genau zu bestimmen, i) Dabei hob er den
unterschied zwischen iQ^ia und ihrer rhetorischen tQyaöla'^)
gebührend hervor; •'') für diese ist die /Qsla selbst nur thema-
tischer kern, in deren Schema t?)? xqsiccq jraQcapQuöiq also
nur ein örtlich bestimmtes iitQoc. Demnach bedeuten die der
eigentlichen chrie gewidmeten ausführungen der progj'mnas-
matiker für den rhetorischen Unterricht nicht mehr, als
') Begriff der griech. clireia und beitrage zur geschichte ihrer form.
Heidelberg 1901, s. 1—7.
^) Hermogeues progg. (Rhetores graeci ed. Spengel II) 6, 19. Aphthonios
progg. ebd. 23,14: fp/aörao fVf avirjv [r/})' /«?/«)•] Toiööe roig XE(fa?.aioiq.
Priscian (Grammat. lat. ed. Keil III) 432, 10 f. überträgt Herniogens iQyaala
bald durch operatio et oräinatio ad usus pertinentium capiiulorum (s.
Aphthen), bald durch disposHio. Über Priscians fast wörtliche Über-
setzung des Hermogenes vgl. Alfredus Luscher, De Prisciani studiis graecis.
Breslau 1912 (Breslauer philol. abh. 44) s. 73. 81—115 passim.
') Wartensieb eu a. a. o. s. 138 ff.
orientierende Vorbemerkungen zum liauptgegenstande der
clirienlelire. der anweisung zur tQyaala. Hermogenes sagt es
selbst im übergange von der einleitung zum hauptteile seines
clirienkapitels (6, 18): dkh\ vvv ijil ro ovvtxov xmQöJ^Ev,
TovTo öt löTLv )) t()ya()ia. Deshalb vernachlässigt er ab-
sichtlich die von Theon bis in die einzelheiten wiedergegebene
subtile einteilung der XQtia nach ihrem ytvog und ihrem ddog,
d. h. nach ihrer darstellungs- und ausdrucksform. Nur eine
schlufsbemerkung 1) zum abschnitte diacfOQa'^) verrät seine
kenntnis jener — auf ältere theoretiker zurückgeführten —
distinktionen des ytvoq der iQÜa. Aphthonios, der folge-
richtiger kürzende 3) bearbeiter des Hermogenes/) strich dann
auch diese, in ihrer beiläufigkeit wertlose, notiz weg. Zwischen
die abschnitte XQtla und IgyacAa der chrienlehre Hermogens
und Aphthons schob nun Theon aus didaktischen gründen s)
Übungen**) über die röjrot der beweisführung an der un-
rhetorischen chrie und eine dispositionsskizze der rhetorischen
chrie ein. Die Verschmelzung dieser drei demente der
rhetorischen chrie, nämlich ihres aus der unrhetorischen
XQÜa (A) bestehenden Inhaltes, ihrer technischen mittel, der
röjroL (B) und ihres formgerippes, d. i. der rästg rcöv Ijil-
ytiQrii.idTcov (C), innerhalb der die unrhetorische x(*f/« mit
hilfe der geübten roxot behandelt wurde, stellte Theon als
tseQyaoicc unter den letzten prog3annasmata,') also auf der
*) 6, 15: XkyexuL 6e ne^l öiafpogüg yjjeiüiv n).H6xa nuQu toXq na-
?Mioiq (vgl. Fr. G. Fritscbe, De origine atque indole progymnasmatuin
rhetoricorum. Progr. der landesschule zu Grimma 1839 s. 23), oii al fjisv
avT<Dv elaiv äno(pavxixal a\ Se e^iorrj/naiixcä cd de nva/uciTixaL
*) Hermogenes hat die unter die rubrik einteilung der yQda gehörige
anmerkung fälschlich unter 6La(poQÜ eingestellt; man erinnere sich der
merkmale des begriffes oQoq in der anonymen rt'/r?/ (Rh g Sp I 449, 3) :
T« fitv ovv iv avnf) Ttp 0()(i) rccCiü eioi, yävoq, l'öiov, 6icc(po()c'c.
^) Über die arbeitsweise des Aphthonios vgl. Fritscbe a. a. o. p. 19.
*) Über des Aphthonios abbängigkeit von Hermogenes s. Fritscbe
p. 4^ 15.
^) Vgl. Fritscbe p. 20*'. Georgius Reicbel, Quaestiones progymnas-
maticae. Diss. Leipzig 1909, p. 14.
8) Theon progg. (Rh g Sp II) 101,3: yvfa'ccL,ovzui (Fritscbe p. 4) äs
xtizu tag XQeiccg x^ unayye?.ia xfj x).tOEi xx)..
■>) Reicbel p. 14. 113.
höchsten stufe seines lehrganges,i) dar. Leider ist uns so
seine theorie über sie verloren gegangen.-) Mit hilfe der
chrienkapitel des Hermogenes und Aphthonios und der dis-
position des rroÄiT(xog löyoc, dessen vierteiligem schema die
t/c^/c rv)r iTir/iiQ^^iäTow entspricht, läfst sich jedoch eine
Wiederherstellung der llhQyaaia versuchen, Theon lehrt dem-
nach die agyaöia Hermogens und Aphthons genetisch ver-
stehen. Eine Übersicht über das rekonstruktionsmaterial soll
tafel I ermöglichen.
Die rein lehrhaften absiebten Theons bei der anläge
seines chrienkapitels lassen die ausführlichkeit seines ersten
abschnittes XQiia (A) wohl daraus erklären, dafs die be-
stimniung von chrienbeispielen nach yü-oc und shSog durch
die Schüler die elementarste Übung an der /of/« darstellte.
Auf diese weise wäre das beobachtungs- und Untersuchungs-
vermögen für das Substrat der Übung geschärft und die
fähigkeit gewonnen worden, alle subsidien, die es selbst für
seinen rhetorischen ausbau stellte, nutzbar zu machen. Die
yvfa'dafmTa über die zojroi, also der zweite abschnitt des
kapitels (B), wenden das gegebene beispiel (jrgoxufitrrjv tijv
XQiiav) nach den verschiedensten richtungen, eröffnen also
dem Schüler eine möglichst vielseitige betrachtungsweise
seines späteren rhetorischen themas, lehren ihn somit das
Instrument der beweisführung, deren töctoi, gebrauchen. Auch
die yviiräöimTa selbst sind mit rücksicht auf ihre Schwierig-
keit geordnet. Mit der grammatischen Umschreibung und
abwandlung des beispieles nach zahl und fall beginnen sie
und enden mit der rhetorischen draoxEvtj und xaraoxevij,^)
denen Hermogenes und Aphthonios den rang eines selb-
ständigen prog5'mnasma zuerkannt haben. Dem konsequenteren
Aphthonios entging freilich nicht, dafs die to.to/ der «2*«-
oxivr/ nur dann selbständig existieren können, wenn ihrer
definition genüge geschieht,^) indem das objekt der draoxivfj
') ßeichel s. 35. Vgl. auch den schlufssatz von Hermogens chrieu-
lehre (7, 9): tooccvtu nQog zo nagör, ttjv de xeleiOTtQav öiöaoxcO.iav
vaxeQOv eXay.
2) Eeichel s. 111.
ä) Vgl. auch Eeichel s. 48f. 68 f.
*) Aphthon. 27,25: avuoxtvri ionv dyazQonij nQOxeifitvov rivog TiQay
6
durch jtQooifiiov und 6i?jy7]Oic vorher rhetorisch klargelegt
Avird. Die rojroi werden so zu den x^fäXaia der ujröötisi^
des öiy.artxoQ Xöyoq. Die reihe der yvi/rdoifaTcc stuft Theon
aber auch dadurch ab, dafs je zwei Übungen einander er-
gänzen und dafs je zwei solcher übungspaare einander ent-
sprechen. Und zwar sind die ähnlichen paare chiastisch
angeordnet, wodurch eine unter- und eine Oberstufe des
lehrganges gewonnen wird, cot«/////« und x/Joiq ergänzen
einander insoferne, als die (hcc/yc/Jcc die zugrundeliegende
yX'tia nach zahl und fall ihres logischen Subjektes und Objektes
nicht antastet, sondern womöglich mit ihren eigenen Worten
ihren übrigen text paraphrasiert. Gerade das entgegen-
gesetzte fordert die yJJaic, die den Wortlaut des Substrates
soweit schont, dafs sie bestimmte formein vorschreibt, um die
angestrebte flexion der casus zu erreichen. Der djrayytlia
entspricht also in der yJJaig nominativ und meist singular
des Subjektes.!) Theon selbst stellt die beiden yv{irdöi^(ara
durch ihre Charakteristik einander entgegen : y.cä i) [itv djray-
ysXia q^av^Qa Iötl (101,6) — ;) öl xlioig lötl üioiyAli] (101,9)
und verbindet sie so zu einem paare. Der gegensatz zwischen
bekräftigung und Widerspruch {tjng^oh'rjoig — dvTiXoyla), Ver-
breiterung und auszug {ajrtxraoig — övOTohj), beweis und
gegenbeweis (ycaaoxtv// — dvaoxEvfj) und damit die Zusammen-
gehörigkeit von je zwei dieser formen ist ohne weiteres klar.
Ebenso deutlich stellt die djcayyi/Ja eine primitive gestalt
der planmäfsigen Verbreiterung {bJit'xTaaig) und die tjn-
(fcovrioig + dvTiXoyia eine schon weniger einfache Vorstufe —
ujiayyüÄa-{-x)AoLg gingen ihr ja voraus — der ttvacxivt],
die kjtifpcovrjOig allein der xazaöxev?} dar. Der vorbereitende
Charakter von tjciffcovr/oig + drnXoyla erhellt zunächst daraus,
dafs aus 4 ihrer insgesamt 5 zö.^oi die 9 zöjroi der druoxLv/j
geworden sind. Die xaraoxav?} oder draoxtvr] der ygiia
pflegt nämlich nach fünf gesichtspunkten zu erfolgen, unter
die sich sowohl die 9 töjxol der drcioxtv/j (tafel I: Theon
ßuxoq. Vgl. Hermog. 8, 30: avuoxtv)] tonv aruT/jon?) xov nQoieHvtoq
TiQÜyßUToq = Priscian. 434, 2 : refiitatio est improhalio proiyositae rei.
*) 101,27: r/ [uv ovv OQd-t] ovösfiiav exei övoxoliav xuiu yc\} avn)v
hxÜotri Tviv /(JtHÖr il'iu{}t TlQO(fbQlOd^lU.
B VII), als auch die ihnen entsprechenden aus tjricpcortjöig
-hch'TiXoyia (tafel I: Theon B III 1—3. IV) bei Theon und
die 6 der draoxtv// des Hermogenes und Aphthonios sub-
sumieren lassen:
1.
deutlich-
keit
2.
folge-
richtigkeit
Wahrschein-
lichkeit
4.
zuträglich-
keit
5.
schicklich-
keit
Theon
Herraogeu-
Aphthon
VIII
III 2
VII (2+3)
IV
VII (4+5 + 6)
IUI
3+2
VII (7+8)
III 3
VII 9
Ein vergleich der rosroi. in dieser anordnung ergibt nun,
dafs Theon in dem Übungspaare L-iffojj'yoi^ -\~ dmloyla die
einzelnen gruppen entweder gar nicht, oder nur durch einen
der innerhalb derselben möglichen tottol, oder allgemein
vertreten sein liels, Avährend er in der draaxev/j alle inner-
halb einer gruppe möglichen speziellen fälle anführt. In der
mitte zwischen den beiden lehrstufen Theons steht die dra-
oxtvfj Hermogens > Aphthons, die also wiederum durch Theon
genetisch erklärt wird und ihrerseits den Zusammenhang der
unter- und Oberstufe Theons verdeutlicht. So ist z. b. der
hermogenische röjrog Ix rov draxolovdov tov xal Irarriov
xaloviitrov identisch mit Theons ccmXoyia. Das erhellt so-
wohl aus dem Untertitel Hermogens, dem bei Theon die
anweisung (103, 20): cwTiltyo^itv 61 vaig yQtiaiq tx roJv
Ivavricov entspricht, als auch aus den beiden beispielen (9, 12.
103, 21), welche in gleicher weise die aufdeckung eines
inneren Widerspruches in der angefochtenen chrie als das
wesen der Übung erkennen lassen. Bedenkt man nun, dals
die zwei töjzol der dvaaxtvr/ bei Theon, Ix tov jilwrd^orroq
und Ix TOV llXiijtovTOQ, nur zwei nach der jeweiligen Ursache
jenes inneren Widerspruches bezeichnete, einander komple-
mentäre arten desselben sind, so hindert nichts, sie unter den
gattungsbegriff Ix tov draxoXovOov unterzuordnen und damit
als arten der ihm identischen dvTiXoyia zu erkenuen. Ähnlich
dem TÖjioq Ix rov dvaxoXovd^ov differenziert Theon im rahmen
der dvaüxEv/j das jcid^arör. Für die txig:ojrf/<ng hatte ihm
8
nocli der allgemeine begriff der Wahrheit, des dhjdii genügt.
Bei der dvaoxtv/j stufte er sein gegenteil nun graduell und
nach dem erkenntnisgebiete ab, in dem das beurteilte liegt;
graduell durch die Unterscheidung von unwahrscheinlich {l-/.
Tov chiddrov) und falsch; räumlich durch die sonderung des
logisch falschen {ly. tov if^tvöavS) von dem physisch falschen
{ix TOV dövrchov). Die letztere eint eilung behielt Hermogenes
nicht bei; er widerlegt nur tx tov dövrctTov. Innerhalb der
im rahmen der L-rtrfoh'fjOig wieder nicht näher bestimmten
gruppe mträgJichJceit machte Theon (zufolge den beispielen)
bei der di'aoxev/j den graduellen unterschied des schädlichen
{ßXaß^Qcöc. 105, 9) und des unnützen (.t(>o^ ovölv ok/tÄii/ov
105, 12). Hermogenes wirft beide arten zusammen, was aus
seiner definition des Tojtog ex tov dovfKfogov hervorgeht, die
mit der theonischen tx tov d/Q/jOTOv zusammenfällt, während
die bezeichnung des to.toc vom gleichnamigen theonischen
übernommen wurde; vgl.
105,11 (Theon): ex de tov cc/qt]- 9,14 (Hermog.): ex rot) dav/ifc-
aiov, olov ei (fccivoizo TiQog ovSev qov, otccv ?.eyco/ner, on oiSe ovfx-
oj(pe?.ifiov ro ^Tji^ev t(S ßho. (peQei xu^ta axoveir.
Der letzte, nach dem gesichtspunkte des jtgtjtov gewählte,
TÖjtog der dvaoxevrj Theons ex tov cdoygov deckt sich nach
den beispielen beider autoren begrifflich ganz mit dem ex
TOV djtQejTovq Hermogeus. Die stelle des jiQejtov nimmt in
der ejcKfoh'tjOig der TOJtog ex tTjq töjv evöoxiiuov f/ccQTX'Qiag
ein, der, als zu den jt'uneig dTeyvot gehörig, der dvaoxevr]
und xccTaoxevf/ überhaupt fehlt. Wie schon ihr name sagt,
sind die genannten jtloTeig die kunsttechnisch leichteren, i)
') Vgl. die begründung ihrer bezeichnung durch Minucianus Ile^l
eniyeigijiiärwr (Rh g Sp I) 417, 5 ff. : äie/voi fter ovv eioiv tu /.njdlv rijg
TOV Qi'iioQoq fieS-öSov öeö/iievai, 7i?.i/v oaov elg ro iv xuiqm avxalq Z(p
TiQoa/jxovn yQJiOaod-ai, olov ßaQXVQtai, OQXoi, 7iQ0x?.rjaeig, ßaaavoi, vöixoi,
ovvO^fjxui. kvxeyyoi 6e oaui xul evQeoewq xai olxovo,utag öeovxai fiexä
xtyvr^g, ferner in der anonymen xeyvtj (Rh g Sp I) 445, 24 ff.: axeyyoi
[niaxeig] /.dv c«, t$ eiolfiov no(ji'C,6ße&c{, evxeyvoi öe ag xrjg xtyvtjg '/.u/n-
ßuvofiev. uxeyvoi ök etoiv, olov fiuQXVQiui, iptjifia/jaxu, oi\uß6?.ccia, yQtjOjxoi,
xtt xoiavxu oaa eyyQU<pu. uieyvoi 6e ^lyorzai, tneiöii ovöe ex xrjg ini-
rolag toxi zoü '/.i'yovxog' a).).a xuv löiiöxtjg eiQOi oder durch Ruf us 469, 3:
9
Die wesensgleichheit der gruppen Lnirpcövipiq + dvriXoyia und
draoxtv/j, resp. L-riffförtjOiL: und xaraaxtv/i bestätigt endlich
eine natürliche einschränkung, die beide Übungspaare erfahren;
vgl. Theon zur (h'Ti?M-/ia (103, 25): eiöurci dl ehr, ort ov
övrciTor di'TiXi'ytir -räö)} XQtia jtoIXojv y.ahöQ y.cä diiiicrrfoq
dQ)][iivcov , coöJtEQ oi'de j^döaq, lox\v Ijiainh' öid tÖ tivow
tvQ^vQ jrQOö^Tijrreir r))v diTo:!tiav mit Aplithon 27, 26 (30, 15) :
dvaGxEvaOTiOV (xaraOxEvaöTtov) öh rä füjre Xiav Occrftj inJTe
dövraxa jicwt^Xcöc, cOjJ oöa ({töt]v ty^d T/}r rä^iv und Her-
mogenes progg. 8, 31 ff. Diese Übungen (B) werfen, wie gesagt,
insoferne direkten gewinn für die l^tQyaoia ab, als sich eine
reihe von t6.-tol aus ihnen unmittelbar in das Schema der
rhetorisclien chrie (C) übertragen läfst. So entsprechen ein-
ander :
^ Tt]q XQeiaq nuQUipQaaiq
* alxia
* xaxa TO ivavTtov
''ix xQiaecog ^ fcciQTVQia na).c(i(vv'^)
dnuyyeXia -\- xXlaiQ oder intxTccaiq.
inKpcüvtjOig^^^ oder xccraaxevt].
avxiXoyia.
STCKfcüvrjoig *.
Der platz, den diese To.-rot in der rd^tg tojv kTiysiQtjfnxTmv
einnahmen, lälst sich aus Hermogenes und Aphthonios allein
nicht ermitteln. Denn die genannten autoren haben im be-
streben nach praktischer kürze die vier fa'Qtj des öixarixoq
Xöyog, als die höhereu Ordnungen der chrien-rojro^, nicht mehr
angeführt. Erst die Identifizierung dieser mit den Unter-
abteilungen der gerichtsrede ermöglicht es, die rekonstruktion
der is^ryaoia Theous zu vollenden. Ein vergleich der dis-
position des jroXiTixog Xöyog und der l^ycma Hermogens-
Aphthons ergibt, dafs das progj^mnasma Tt^Qi x(>£'«? haupt-
sächlich eine Vorübung für die «jrode;^'? des dixarixog X.öyog
sein sollte. .TQooifiior und dtyyijoig werden nur angedeutet
und der von Aphthon ausdrücklich als kurz bezeichnete
£jciX.oyog fehlt sogar ganz bei Theon, wohl weil ihn trOvfojfm
Tcc (J' ex Tiör ca(-yj(j)v &eojQeLTai ix rüiv iyyQÜifoJV, vö^uov, ai\ußo?.aicov,
6iu&TjX(5v. äzexva 6s xu/.eiTai inet fXT]6ef.ciäg iotl xiyvrjq uvuyv<Lvai ii
syygaifov xcd 6t' uvrofi 6sl^cci ro n^ayi-ia.
*) S. die oben angezogenen stellen des Minucianus und der anonymen
TSXVTj.
10
+ -/}•(')/()/, d. i. der aus Zusammenfassung und reflexion be-
stehende kurze 1) schlufs der choötisi? ersetzte. Auch von
den vielen möglichen arten des jrQooii/iop läfst Theon nur
eine gelten (105, 28): y^?) öt td jiQooifaov fo) rotovrov sivai,
CU0T8 IfpaQ^iÖTxtiv tztQaig yQÜaLC, äX)J lÖiov rf/g vjtoxnf/tvtjg.
TOVTO ()' «V xaXcög ytroiro tjti re XQSiag xal fivdov xcd xcöv
iD.lcor imdrrcor, orav l§ hvbg y dx'o röHv dvcoTCczco (leQmv
T«g dq)OQiidg tcöv STQooif/uor Ictfißävcoi/tv. Der forderung,
dafs der stoff zum jrQooi[/ioi' aus den ersten teilen der (un-
rhetorischen) chrie selbst geschöpft sei, genügt beim dixarixog
Xöyog das jtQooiiuor djto tvjv jrQayiiärcor, und zwar dessen
als ovyxQioig bezeichnete art (Rufus 465, 1): avyxQiaig dt Iötl
jT()00(i'jjr(ov 7/ jrQcr/iidT(ov l^itaOLQ. Da ein wesentliches
merkmal des begriff es der chrie darin besteht, dafs sie auf
eine bestimmte person zurückgeht und da demnach diese in
der einleitung zur chrie genannt zu werden pflegt, 2) so gehört
die person, von der die chrie berichtet wird, zu den dvcordxm
Iu'q)/ derselben; das .TQooljuor der rhetorischen yQtlcc wird
somit eine jtqooojjtop tstraoig sein. Da ferner die anweisung
des Hermogenes (6,19): jiqcötov iyxc6{iioi' öid ßQayimv xov
d:!T(')VTOQ Tj jTQdscirTog xxl. ebendahin zielt, so würde man
den ersten ro'jroc der rhetorischen chrie allein unter die
jtQOoiiua djio jTQCcyfidxwv övyxQioti jiqoöo'jjxcov des öixavixög
Äoyoc einzureihen haben, wenn nicht seine nähere bestimmung
als L-TKirog es ermöglichte, ihn mit berufung auf des Aristoteles
Tiyr// (»ßOQixi'i III 11 (148, 31 Sp.) überdies als jrQooifiiov
des k:xidtixxixog h'ryog zu agnoszieren. 3) 'VT^g x(n/«c Jict^d-
(/(laotg, das zweite glied in der chriendisposition, ist eine
Variation des einfachsten der vier zq/ktoi der ÖLrjytpig des
dixiO'txog h'tyog, nämlich des — gleich der gattung — öuffmug
benannten. Ihre Charakteristik als d:x)Si xcöv ytyti'/narcov
(PQdaig (Rufus 466, 10) entspricht vollkommen dem begriffe
der verdeutlichenden wiedergäbe in der jiaQutpQaoig. Der
') Eufus 4G9, 8ff. : tyOvfDj/ia ,uhv ovv iaü ro rov nQOtjyovfXkvov
inr/tiQtj/iiaiog av/:inL()uofxu, n()oauyö/.(i:voi- rw t,TiTt]/.(UTi iv i.uä tisqI-
odo) xxX.
*) Vgl. Wartenslebeus chriensammlung a. a. 0 s. 31—124.
8) Vgl. Wilhelm Süfs, Ethos. Leipzig und Beiliu I'JIO, p. 194. 200.
11
umstand, dafs der Urheber der xQtia im jiQooifuor abgehandelt
Avh'd, erklärt, warum von den Ltixi^iQtJiucTa u'^vit/i/tarixa des
jTokiTixO'^ ?jr/()j: nur das djro rrQcr/ifihov in aiTuc-i- xara rö
Ivarxiov der chriendisposition ein gegenstück findet. Im
mittelpunkte der rhetorischen chrienübung steht eben eine
Sache, d. i. die /('t/« selbst, keine person. Daher erfolgt der
beweis des themas auf grund genereller {djTo ovo! ag), statt
individueller {(bro idiÖTfjTog) gründe; allgemeine rorroi, und
zwar Li:ig:oj}'tjOic Ix tov dZfj&org, xalov , oviKftQortog fafst
das Stichwort alTia zusammen. Ihnen gegenüber repräsentiert
xaxa To IvavTiov, für das sich bezeichnender weise keine
direkte entsprechung zu einem Ijir/eiQi/^ua des jiohtLxög löyog
aufzeigen läfst, durchaus keine höhere Ordnung. Es ist viel-
mehr jenen töjxoi gleichwertig und ergänzt in ähnlicher weise
alxia zum Ijn'/dQjjfia tvdv(^ui(iaTix6r der chrien-6(>7«o/a, wie
ävTLloyia die tjutfcörrjoig zur didaktischen einheit. Besonders
angeführt wird xara rb IravTiov neben ahia allein deswegen,
um die beweisführung durch das L-rr/jiQtj/uc Ivdvin^naTixöv
nach positiven und negativen argumenten zu differenzieren.
Erinnert man sich, daXs Theon diese Unterscheidung bei der
Übung der t():xol (B) dreimal zur anwendung gebracht hatte,
so wird man ihre betonung innerhalb der t(j-/aoia auf
didaktische gründe zurückzuführen geneigt sein. Die tjci-
ytiQt'jiiaxu naQccöir/ficcxixd des Jiouxixbg löyog sind in der
iQyaoia der chrie vertreten durch :i:aQddtiyf(a und jiaQaßoh'j.
Der unterschied beider xqojioi besteht in der zeitlage der
von ihnen zum vergleiche mit dem thema herangezogenen
tatsachen. Das jiccgdötr/f/a berücksichtigt nur historisches,
enthält also häufig XQciai, die jcaQccßoXtj nur in der gegenwart
abgeschlossenes oder geschehendes, jenes also spezielle fälle,
dies allgemeine zustände und Vorgänge. Beide sind auf reales
beschränkt. Fingierte, zeitlich zukünftige vergieichsobjekte
fallen unter die, der chrien-i-(>7«o/« fehlende, rubrik xad'
v.TÖdtoii'. Die Zugehörigkeit der fiaQxvQuc .-raXaicdr, des
letzten von den fünf xÖjtoi der djrööti^ig in der chrien-
tQyaoia Hermogens und Aphthons, zu den jrioxtig dxtyvoi
wurde schon oben s. 8 erwiesen. Die die iQyaoia beschlielsende
jcccQaxXriöig, oxc yQtj jTtiOiOüai xcö iiQ/jxöxi ?j jKjtoujxÖxi
(Hermog. 7, 8) endlich ist ein L-riÄoyog jcai^Jixixög (anonyme
12
T^yr^l 453,18) txqoc. ar^T/oii\'^) Zu einer draxhqcÜM'KoGiQ ist
im allgemeinen die clirie ja zu kurz. Die draxiffaXakoöig
oder urdurijötQ findet nämlicli zufolge den Vorschriften des
anonj'mus (453, 20) nur nach inhaltsreichen und daher schwer
zu überblickenden ausführungen verAvendung: ('nar (xlv ovv
jto)jA(. }'i TU HQ7j((tra, oj<jT£ fo) {/t{{rr/<ji)c(i Torg äxorovrag,
rf] draitrfjaet yQfjöojnOa • orav Öh dX'iya, jraQalshpoinr r?)i>
drdiivi]6ir. — Die acht töjiol der iQyaoia bei Hermogenes
und Aphthonios sind somit das produkt der Verschmelzung
der drei rhetorischen chrienbestandteile: /(>f/«, töjtoi, rdsig
ToJv tJcixsiQi/fidton'. Theons l^tQyaoia wird ihre Verbindung
ähnlich vorgenommen haben, wie sie soeben darzustellen ver-
sucht wurde. Da sich bei der bearbeitung von beispielen der
prozefs der l^sQyaoia jedesmal neu vollziehen mulste, blieben
die chrien vor schablonenhafter einförmigkeit bewahrt. Denn
wie Theon (105, 21) mit recht hervorhebt, eignen sich nicht
alle TojToi und nicht alle in gleicher weise zur durchführung
eines jeden beispieles.
Erst auf dieser grundlage ist ein richtiges Verständnis
der chrienform des lukianischen Ztv^ig ?] 'Ävrioyog möglich.
Denn der Ztvsig ist in erster linie jTQoXiüud, in zweiter linie
erst chrie. Seine Wirksamkeit beruht mehr auf seiner künst-
lerischen, als auf seiner logischen gliederung. Diese mulste
sich also den erfordernissen jener anpassen. Über den anteil
der jtQoXahd und rhetorischen chrie an dem aufbaue des
Ztv^ig unterrichtet tafel II. Im anschlusse an sie seien nur
die abweichungen des chrienbaues von seinem typus aus
seiner beeinflussung durch die jr(>o;.«;.^«-form im Zevsig er-
klärt. Nicht alle chrienteile sind in gleichem mafse aus-
gearbeitet. IJQooiiiKw und öujyriotg zeigen noch normalen
umfang; die djrödtisig durch tJiixtiQt/itaTa IrilvinniaTixu und
tx jraQaßoh'/g hingegen erscheint infolge ihrer auffälligen
Verkürzung von der übermälsig gelängten djrochi^ig Ix jraQa-
ötiyiicaov durch einen tieferen einschnitt getrennt und an
die beiden erstgenannten iitQi} näher herangerückt, als es das
gleichmafs des beweisschemas gestattet. Denn diese ab-
') Über Aristoteles als den Urheber der av^tjöiq im epiloge vgl.
Walter Plöbst, Die auxesis. Diss. München 1911, s. 12. •44.
13
grenzung deckt sich nicht mit dessen logischer gliederung,
sondern zerreifst einen hauptteil desselben, indem sie von den
ijrtysiQ/'jiiccTa jraQaÖEiyftazixd die tx jraQaßoXrjg zu den kjti-
XfiQfj.uccTa ti'd^vft/if/arixd stellt, die tx jraQaÖtLynuTcov aber
isoliert. Die logischen einschnitte innerhalb der djrüötisK;
werden durch Übergänge von verschiedener gewichtigkeit be-
zeichnet. Au'iyriOLi und dsroöti^iQ, desgleichen tjrc/siQtluara
ti'OvfiJifHCTixd und jraQa68Ly{.(ccTixd erscheinen, wie später die
beiden teile des hmXoyoq, als glieder einer di'rijraQaßoh]
jtQog xb svavziov;^) die beispiele tx jiuQaßoXfjg und tx jtaQct-
öeiyfiaros, ferner die beiden JiaQaötiy^mra selbst schlielsen
kurze formelhafte redaktionelle Zwischensätze gleichen Inhaltes
lose an einander. 2) Je fester die bindung, desto entfernter
also die logische Verwandtschaft der verbundenen teile!
Diese regel bestätigt die differenzierung der redaktionellen
Zwischensätze nach ihrer gewichtigkeit durch ihre Stellung.
Der erste (a: c. 3) steht in der kompositionsfuge, nämlich
zwischen den gruppen tx jtaQaßo?j']g und tx ::raQaÖttyiiaTog;
der zweite (b: c. 8), der nur gleichartige beispiele zu ver-
knüpfen hat, nach der kompositionsfuge, 3) im jiaQdötiy/ia b.
Die eingeschaltete bemerkung in c. 8 soll somit (als die
wenigst gewichtige Überleitung Lukians) nur die Schroffheit
des Überganges von jraQdÖtiyfm a zu b mildern. Vom jragd-
ötr/fta b zum tjriXoyog fehlt eine ausdrückliche Überleitung,
da der gegensatz zwischen objektiver geschichtserzählung und
persönlicher reflexion tief genug war, um ohne eigenen hin-
weis vom hörer erfafst zu werden. — Die durch ihren umfans:
') Über die dvnnaQaßo?.?] nQog ro evavTiov als rönoi; der ccv^rjaig
seit Lysias vgl. Plöbst a. a. 0. p. 23. 27. 45. 49.
^) a (c. 3) : £x}e?.u) yovv vfiZv xal x6 rov ygacpicuq SitjytjaaaS-ai, vgl.
Jiorvaog c. 6: tS^t'Atw xal a?.?.o vfiZv öirjyijaaa&al ri x(öv txel&ev xxX.
'^PtjtÖqcdv öidäoxuXoQ c. 5: cwg eywys xal ÖLtjyijaaa&ai ooc ßov?.o/nai ^iSm-
viov Tivoq tjxnÖQOv inlvoiav xr?.. r^ b (c. 8): et ßov).ea&s, öirjyijaofiai xal
xo^xo, onolov iytvsxo, vgl. Jiövvaog c. 1: xto?.vei yd(i ovökv, olfiai, xal
li^B^ov v/iüv St}jy>joao9-ai Baxyixov. Il(5g 6ü \axoQiuv ovyyQc'ccpeiv c. 1:
(V xa).h <Pi).ior, 3: cw ipi/.öxrjg, 4: (o 'Pü.üjv.
^) Sie liegt ähnlich in der gegenüberstellung (c. 8): 6 /.lev ovv Zsv^ig
ovxüjg, oQyÜMTeQOV i'owg. 'Avxio-/_og 6h 6 OüjxijQ ijiixXTjO^elg xal ovxog
öf^oiov XL naf^elv Xeyexai iv x>j Tifjog FaXäxag tiäyjj, wie im. '' HQux).rlg
(c. 4 und 7) in der von Kelxöq und iyw.
14
von den ihnen vorausgehenden teilen der djiö6ei$.iQ und als
glied der dTrööti^ig vom tjrD.oyoc: losgelösten jrccQaötiy^icna
bilden aber nicht nur äuLserlicli das Zentrum des Ztv^ia.
Denn der kjiiXoyoQ ist ganz gegen die gewohnheit der chrien-
lehre, die nur eine jrccQaxhjaig als schlufs der für eine
urüfir/jotg zu kurzen Übung gestattet, durch die einschaltung
einer draxecpalcdoöng auf den einleitungsteil zurückbezogen
und so auch dem umfange desselben angenähert worden; er
erinnert technisch an den breiten schlufs der jraQccxhjTtzoi,
der ebenfalls eine dvduvriOiQ der kurzen abschliefsenden
.nccQdxXfjöig vorausschickte) Die draxtc/aXcäcoaig — zugleich
der erste teil einer drrijragaßoh) jtqoq to tvarrior — er-
folgt durcli die beiordnung je eines jraQdÖtiyfia zu je einem
der zwei im einleitungsteile geltend gemachten tjnytfQfjfuiTa
ti'&vfnifmrixd. Der zweite teil der drrijraQaßolt] jtqoq to
havTiov besteht im lobe des gegenwärtigen publikums, das
im gegensatze zu dem früheren, auf xaird erpichten, als
kunstverständig gerühmt wird. 2) Diese captatio benevolentiae
durch avsriOiQ, d. h. dies in der entgegenStellung der quali-
fikationen ungehildet und gehüdet bestehende lob zwingt die
Zuhörer, die durch die übliche bescheidenheitsphrase am
schlufse der jtQolalid maskierte jiccQaxhjaig auf sich, anstatt
auf Lukian zu beziehen, an den sie sclieinbar gerichtet ist.
Die im schlufsteile aufgedeckte beziehung der zwei tJir/tiQi]-
//«Ttt- arten zu einander erklärte dem zuhörer das Verhältnis
von eingang und mittelstück; jTaQdötiyfia a und b sind die
höhepunkte der beiden reihen (s. nebenstehende tabelle).
Die jraQccöiriyffaTa erscheinen dadurch als die einzig ge-
wichtigen argumente des schriftcliens ; einleitung und schlufs
wenden sie nur auf die persönlichen Verhältnisse des Sprechers
an. Den jiaQaddynara zuliebe weicht somit der chrienbau
von seiner norm ab ; um sie die geometrische mitte des Ztv^ig
•) Josef Albertus, Die naQaxXtjTtxol in der griecb. und rüm. literatur.
Diss. philol. Argentorat. sei. XIII 2 (Straf sbnrg- 1908), 49.
'^) Wenn Aloysius Stock, De prolalianim usu rhetorico. Diss. Königs-
berg 1911, s. 25 beide zuhörerkreise ineinssetzt, beweist er damit sein
gänzliches Unverständnis lukianiscber art, die topisch dem grofsen un-
gebildeten häufen die kleine schar der kunstkenner kontrastiert; vgl.
'^HgöSoxoq c. 8.
15
A
Schema
B
i-x xov tX).£i7iorioq
Tixöv
kX TOÜ nliOVuC,OVXOQ
a) der schätz wird zu
kohlen, d. h. das
wertvolle des Vor-
trages von den Zu-
hörern mifsachtet
naQtcßoXt'i
b) tausendkünstler, d.
h. nur das xcavöv
des Vortrages Avirkt
auf die zuhürer
a) Zeuxis
nuQCiöeiyiiu
1)) Autiochos
bilden zu lassen, wird die beweisführung Ix roJv dttxrojv bis
auf ein rudiment unterdrückt, bis auf das Homerzitat des
c. 2 nämlich, das lediglich das argument Ix rov -r/for«Corro^
verstärkt; um die in ihnen gipfelnde doppelreihe zu erzielen,
besteht die djt66ui,iQ im Vorderteile nur aus zwei argumenten
und aus zwei gleichnissen ; um endlich sie als die objektiven
beweisgründe zu kennzeichnen, durch die der Verfasser seine
künstlerischen grundsätze rechtfertigt, werden einleitung und
schlufs auf einander bezogen, also zu einem rahmen um das
mittelstück entwertet. Alle diese mittel, die bedeutung des
zentralen teiles zu heben, sind zugleich Zugeständnisse des
chrienbeweises an die jrnohüuc -form. Eine dreiteilige jtqo-
lalu'i mit zweigliederigem Zentrum liegt im Ztvsig vor.
Lukian bildete das mittelstück der jrQoXcüuä im Interesse
seiner einheitlichkeit und geschlossenheit aus zwei öir/y/jfiaTa
toTOQixd, anstatt das zweite öi/f/fjfia durch eine txcfQaöig zu
ersetzen, wie im 'HqoÖotoq, nQO(ir/&£VQ iv loyoiq und in den
jTQooifua zu ^PtjTÖQcov öiödoxaXoq und IltQl 6iaßoh~/g. Des-
halb erledigte er die jtaQaßohj, die allein in der chrie ge-
legenheit zu einer txg)Qaoig geboten hätte, als Vorstufe der
zentralen jT((Qadtiy(.HCTa. Gerade önf/i'/ficcza wählte er für das
:iTQoXahd- Zentrum, weil sich diese infolge der autorität ihrer
hauptpersonen für seinen zweck, nämlich die rechtfertigung
seiner kunsttheorie, weitaus besser eigneten, als IxqQCiOuq.
Ganz sind übrigens auch sie nicht um ihr recht gekommen,
wie Stock a. a. o. s. 24 f. beobachtet, der auf die tx<pQaoiQ
des zeuxidischen kentaurenbildes (c. 3) und die der kelten-
schlacht (c. 10) hinweist. Doch sind diese txg^QdoHg inte-
16
grierende bestandteile der öu/yZ/iiccrcc, d. li. nur ihnen unter-
geordnete jxaoiry.ßdotii, wie sie sich häufig' in Lukians
jTQolahai finden (vgl. DLZ 1912, sp. 1440).
Das geschilderte Verhältnis von /(>£/« zu 7i:qo)mXiu im
Ztvi,Lq lälst die Komposition des Stoffes als das für Lukian
ästhetisch wirksamste element seines begriffes der kunstform
erscheinen. Lukian schied also ebensowenig, Avie Aristoteles,
reine architektonische form vom Stoffe, wohl weil die form,
wenn sie auch an und für sich wirkte, in der kunst abstrakt
doch ebensowenig bestehen konnte, wie die idee, die tendenz
eines literarischen kunstwerkes. Dafs man c. 6 der aristo-
telischen poetik, in dem der stoff als der wichtigste bestand-
teil der tragödie bezeichnet wird, in der angedeuteten weise
verstehen darf, scheint die unterschiedslose Verwendung der
termini //röoc (1450b 2) und rojv Jigay/iärcor ovOtccöiq (1450 a
16. 33) daselbst zur bezeichnung des Stoffes zu verbürgen, i)
Denn der letztere ausdruck involviert, dafs Aristoteles nicht
rohstoff, sondern künstlerisch gegliederten stoff im aug^e hatte.
Ähnlich der form, ist auch die idee dem Stoffe immanent.
Im Ztv^iq brachte Lukian dies dadurch zum ausdrucke, dafs
er sie erst im verlaufe der drauxtv/j der chrie (vgl. speziell
c. 2. 7) gelegentlich aussprach, anstatt sie als chrie an die
spitze des schriftchens zu stellen. Der stoff eines literarischen
kunstwerkes uiuls nicht poetisch sein in dem sinne, dafs er
seinen stimmungsgehalt enthält. Das pflegt nur in roman-
tischen literaturen der fall zu sein, in denen der stimmungs-
gehalt anstatt des architektonischen prinzipes den ästhetischen
hauptfaktor des kunstwerkes bedeutet. In den rhetorischen
literaturen hingegen ist der stoff meist verstandesmäfsig, so
z. b. im vorliegenden falle ein beweis in chrienform. In seinen
bereich fällt daher in ihnen die motivierung, das jtiO^ccvov.
So genügt im Ztvsic die chrie dem eixög und zugleich dem
oixorofuxov,'^) indem sie die logische Verbindung zwischen den
») Vgl. Julius Walter, Die geschichte der ästhetik im altertum. Leipzig
1893, p. 720.
*) Über begriff und terminologie des niO-aröv orientiert Friedrich
Ackermann, Das tii&uvÖv bei Sophokles. Diss. Erlangen 1910, p. 1—4.
Zunächst ist alles was wir tlxüg nennen, in seiner Wirkung auf uns
17
drei hauptteilen der :rQoh(/.id herstellt. Den begriff der
Jconqwsifion des Stoffes bildete aber Lnkian nicht nur im
anschlusse an Aristoteles, sondern er drückte ihn auch im
hinblicke auf denselben denker im Ztv^ig typisch aus durch
die auffällige gliederung- der .-tQo).ahil in anfang, mittel und
ende, der die aristotelische dreiteilung der tragödie in dQ'/j],
f/toor, raXtvTfj (c. 7: 1450 b 27) i) vorschwebt. Diese Schlüsse
aus der komposition des Ztrsi^ auf die führende rolle der
komposition des Stoffes überhaupt in Lukiaus kunsttheorie
bestätigen wähl und Interpretation des .-raQäder/^ia a (c. 3 — 7),
in denen er ebenfalls dem Aristoteles folgte. Wie nämlich
dieser zweimal regeln der dramatischen dichtkunst durch das
beispiel jenes maiers illustrierte (vgl. c. 6: 1450 a 27; c. 25:
1461b 14), 2) so verglich Lukian seine eigene kunst der des
Zeuxis.3) Aber nicht nur im vergieichsobjekte, sondern auch
im tertium comparationis stimmt das lukiauische jiaQddi:iyi./a
mit dem ersten aristotelischen zitate überein. Beide rühmen
die komposition des Stoffes in den gemälden des Zeuxis. Ja
Aristoteles schränkt sogar dessen kunst auf diese ein (c. 6 :
1450 a 28), indem er ihr ;/»9oc abspricht und die des dyaddg
>j{>oyQdffog Polj'gnot entgegenstellt. Wenn er dennoch den
ni&ccvöv, d. h. überzeugend. Das dxoq wirkt kunsttechnisch betrachtet
olxovofdxcüg. Alle drei termini und ihre verwandten werden dann in den
schollen synonym gebraucht.
1) Walter a. a. o. s. 721 oben.
2) Walter s. 728f.
^) S. besonders c. 7: tTijjvovv 6e iicO.iaxu näursg ansQ aui.Ce TiQwtjV
ixeivoi xxX. und die parallelen kataloge von Lukians und Zeuxis' kuust-
technischen Vorzügen:
Lukian (c. 2) :
1. ovofxäzcov 6e ccqu xaXdJv iv uvxoiq
xai TiQog zov UQycäov xuvöva
avYxei/.iäv(ov
2. 7] vov ogeog
3. rj neQivolag nvog
4. i] yiÜQLXog 'AtTixfjg
5. ^ ttQ(.ioviug
6. // Tc'/vijg Tfig i(f' ünaai
Bhetorisohe Forachnngen. I.
Zeuxis (c. 5) :
1. To diioTsIriii rag y^cif^ifiag ig to
evd^iTcaov
2. xcu TüJv '/Quii.iaTa>v axQißfj rrjv
x(jaaiy
3. xul evxuiQOv zr/v inißo/.i^r tioit'j-
auo&ai
4. xcd oxiüaai ig Stov
5. xtd roC fxeyk&ovg xov ?.6yov
6. xal zriv rdüv (xbqwv TCQog z6 o).ov
laözTjxa xcd ägf-iovlccv
2
18
Zeuxis dem Polj^gnot vorzieht, so erklärt er damit die kom-
position des steifes für die grundbedinguiig ästhetischer
Wirkung, für den wichtigsten ästhetisclien faktor, neben dem
die anderen nur accessorische bedeutung besitzen. Dahin
ist auch, wie schon Walter p. 728 f. richtig gesehen hat, sein
vergleich zwischen färbe und gestalt in c. 6 der poetik
(1450 a 33 ff.) zu verstehen. In diesem sinne endlich leitet er
von der besprechung der komposition zu der der charakter-
zeichnung mit den worten über (c. 6: 1450 b 1): ccQyji ^itv ovv
y.cd oiov ipvyrtj 6 (iv&og xTjg TQaYcoöiaq, ötvreQOV öh rä >j{)y.
Lukian beschränkt zwar des Zeuxis kunst nicht auf die
komposition, wie Aristoteles, doch drängt er eine reihe künst-
lerischer momente (c. 5: rä ... alla TFjq ■yQaqyf'jc) in ihr
zurück, indem er sie den fachleuten zur Würdigung überläfst
und damit als technische fertigkeiten qualifiziert, i) Einen
unmittelbaren ästhetischen eindruck erzeugte im kentauren-
bilde nur die (in c. 5 und 6) ausführlich erörterte komposition
des Stoffes durch kontrastierung der hauptfiguren nach ihrem
ydoq. Ihr zufolge war der (übrigens auch räumliche) gegenpol
des wilden kentauren die liebliche kentaurin. Räumlich und
ethisch in der mitte zwischen diesen zwei brennpunkten des
gemäldes standen die beiden kinder des kentaurenpaares, in
denen sich das /y»9oc ihrer eitern mischte. Lukian rechtfertigt
dergestalt nicht nur die maierei des Zeuxis gegen den Vor-
wurf der aristotelischen poetik (1450 a 29): ovölv tx^i t]d-og,
sondern er stellt vielmehr den aristotelischen gedanken vom
Vorzüge der komposition vor allen übrigen kunstmitteln am
beispiele des kentaurenbildes genauer dar. Während nämlich
Aristoteles den Zeuxis für den besten maier erklärte, obwohl
er neben der komposition das i'jdog vernachlässigt hätte, so
preist ihn Lukian, weil er das rjdog zur erzielung der kom-
position verwendet, also dieser untergeordnet habe. Schon
die ausführlichkeit allein, mit der Lukian die komposition
des kentaurenbildes gegenüber dem knappen und allgemeinen
register seiner technischen Vorzüge behandelt, läfst erkennen,
dafs Lukian die komposition des Stoffes als den wichtigsten
*) Vgl. oben s. 17'. Die einzelnen von Lukian aufgezählten tech-
nischen Vorzüge behandelt erschöpfend Motz s. 12 — 17.
19
faktor seiner kunst betrachtet wissen wollte. IlaQdÖEiyfia a
sagt somit dasselbe, was die komposition des Ztvsi<; zum aus-
drucke bringt, und zwar in derselben art. Denn wie die
technischen merkmale lukianischer (c. 2) und zeuxidischer
(c. 5) kunst einander nach zahl und art genau entsprechen,
so komposition des kentaurenbildes (c. 5. 6) und komposition
der jiQoXa)jä selbst; wie zur durchführung dieser die dva-
6xtv)'j der chrie, so ist für jene das v'>oc der kentaurenflguren
herangezogen, für beide also der stoff technisch ausgenützt
worden. Parallel der einteilung der kunstform in komposition
des Stoffes und technische Vollendung i) läuft die Unterscheidung
des Stoffes von dem ihm accessorischen romantischen demente
des '/Mirbv yuu dXXöxorov xal gtvov. Innerhalb des Zev^ig
konnte das yMirör neben der komposition ohne pedantische
geschmacklosigkeit kaum kenntlich gemacht werden. Daher
erörtert Lukian in c. 2 das Wertverhältnis des romantischen
kolorites zur form (^- stoff) an einem nur allgemein an-
gedeuteten anderen'-) beispiele. Infolge der allgeraeinheit
desselben mufste er an stelle der komposition die kon-
ventionellen, untergeordneten technisclien formelemente ein-
setzen. Denn da er die Scheidung des Stoffes von der
architektonischen form, gleich Aristoteles, nicht vollzogen
hatte, konnte er diese nicht auf architektonische prinzipien
(z. b. kontrast, Symmetrie, Steigerung) zurückführen, sondern
sie sich nur am Objekte, also konkret und speziell vorstellen.
Auf das register der technischen Vorzüge in c. 2 stützt sich
dann die steigernde gegenüberstellung von technik und kom-
position des Ztvsig selbst, ferner deren parallelisierung mit
der komposition des kentaurenbildes und so im letzten ende
der symbolische ausdruck der tendenz des schriftchens. Im
jiccQdösiyfia a hingegen gelang die reinliche sonderung des
yMLvov vom Stoffe. Heinrich Brunn 3) hatte das ))i)oQ der
kentaurenfamilie zwar richtig als das stoffliche substrat des
1) Ihr verwandt ist die der stilkriterien nach )]Sovri und xäU.oq, d. i.
Tid-oq und näd-oq; vgl. Paulus Geig-enraueller, Quaestiones dionysianae de
vocabulis artis criticae. Diss. Leipzig 1908, p. 34—36.
2) Th. Sinko, Eos XIV (1908) 125 identiüzierte es mit Mviaq tyxmniov.
8) Jbb. für class. philol. suppl. IV (1861—7) 266.
2*
20
zeuxidischen bildes erkannt, jedoch fälschlich mit dem -ycccwov
in eins gesetzt. Hugo Blümnei'^) hatte dem Wortlaute der
einschlägigen stelle in Ztv^ic c. 3 wieder zur geltung ver-
helf en, indem er die darstellung eines weiblichen kentauren
als das xaiv/w des beschriebenen gemäldes erwies; doch
identifizierte er seinerseits y.aivöv mit stoff, verhinderte also
von der entgegengesetzten seite her ein richtiges Verständnis
des Verhältnisses von stoff und romantischem kolorit bei
Lukian. —
Der kunsttheoretische gehalt des Ztr^iQ läfst sich bei-
läufig folgendermafsen skizzieren:
Stoff ({!;.//) I Form
1. Anschauliche darsteUung und mo-
tivierung- (jn^avov) der idee \ Technik {emeyrla)
2. Romantisches kolorit {xaivov xcd
ukXöxoxov xid ctt'ov) !
Komposition des Stoffes
(architektonik + rohstoff)
Lukian vermochte stoff und form nur dort zu unter-
scheiden, wo sie unvermischt erscheinen, also in ihren kon-
ventionellen und nebensächlichen äufserungen; wo sie sich
aber zu immer neuen gebilden verbinden, konnte er sie
ebensowenig, wie Aristoteles, von einander sondern. Die
komposition des Stoffes stellt also infolge mangelhafter ab-
straktion den kern seines kunsttheoretischen Systems dar
und bezeichnet so zugleich dessen schlechtest fundierte stelle.
In ihr erblickte Lukian das wirksamste kunstmittel auch auf
grund irriger ausdeutung eines ästhetischen lustgefühles, '-)
das er allein dem architektonischen prinzipe des kontrastes
im kentaurenbilde verdankte, aber ungenau aus der komposition
des Stoffes ableitete. Praktisch gereichte Lukians kunst
diese begriffsverwirrung durchaus nicht zum schaden, da,
technisch gesehen, die komposition des Stoffes als einziger
') Archäologische Studien zu Lucian. Breslau 1867, s. 38.
') Vgl. seine heschreibung in c. 5: iyw 6h rov Zeviiöoq txsTvo nä-
).iox(i tnrjvtau, öii tv /mn xul xy avxfj vnod-i'asi noixD.ojg xo nsQixxov
ineöel^uTo xfjq xi'yvTjq xx).. Folgt die begründung aus dem kontrastierten
aufbau des keutaurenbildes.
21
weg zu architektonischen Wirkungen in der wortkunst führt.
Lukian wurde derart auch zum aufschlulsreichen beispiele in
der frage, in wie weit architektonische Wirkungen unbewufst
erzielt werden können. Seine theorie blieb jedenfalls hinter
seiner künstlerischen praxis zurück, für die die von Motz
(p. 12) präzisierte regel gilt: weder das material, welches der
kiinsfler verarbeitet, noch die idee ist es . . ., tvas nach Lucian
das wesentliche im JiunstirerJc ausmacht, sondern die form ist
es besonders, welche den ausschlug gibt.
II.
nXolov 7} ev^ciL
Der dialog Uloior ?] Eijai hat den widersprach zwischen
gesinnimg und lelire gewisser philosophenschiüeni) zum
thema.-) In der gegenüberstellung- von gesprächs- und er-
zählungspartien findet es seinen formalen ausdruck. Lukian
') Timolaos ist nach seinem signalement in c. 45, nach seiner
verliehtheit (ebda.) und neiigierde (c. 1) und nach seiner Lächerlichen be-
teiligung nn der redaktion des gespräches wohl eine Sokrateskarrikatur
(vgl. K. G. Jacob , Characteristik Lucians von Samosata. Hamburg 1832,
p. 77). Adeimantos kann als platoniker gelten nach den von R. Helm,
Lucian und Menipp. Leipzig 1906, p. 337f. notierten anleihen Lukians an
Piaton für diese gestalt, ferner nach seiner erotischen Vorliebe für knaben
(c. 2), endlich nach seiner scheinbaren tiefsinnigkeit und phantastischen
träumerei (c. 11). Samipp dürfte stoiker oder wahrscheinlicher kyniker
vertreten. Denn an ein zusammengehen des platonikers und der Sokrates-
karrikatur mit einem peripatetiker, epikuräer oder gar einem Skeptiker
ist nach der philosophengruppierung des ^i^vf.möaioi' (c. 30 f. und 43 f.), das
ja zeitlich und tendenziös dem W.oTov und 'PO.oipsvdt'ig am nächsten steht
[vgl. Sinko, Eos XIV (1908) 148], nicht zu denken. Epikuräer und Skeptiker
fehlen auch unter den abergläubischen philosophen des 'I>i?.oi}'ev6>^g; ja
Jon erblickt in einer der wundergeschichten des Eukrates einen zwingenden
beweis gegen die nicht au Piatons seelentheorie giauljenden epikuräer
(c. 24): ävTÜ.eytzüuaav ovv txi, ^ d'og 6 "/cuv, ol c'cfupt toV ^EnixovQov zw
ceQw n'/.üxüjvi xal xm nsQt x(5v »/'i;^"'»' 'f-oyto. Tychiades ist — wie Lukian
(vgl. Sinko a. a. o. p. 137) — Skeptiker. — Der wünsch Samipps nach
selbsterworbener königlicher macht karrikierte wohl am besten die kyniker,
besonders wenn man die anklänge desselben an den Alexanderzug mit der
■/,Qdu zusammenhält, zu der Alexander der grofse den Diogenes veranlafst
hatte (vgl. Ct. v. Wartensleben, Begriff der griechischen chreia. Heidelberg
1901, p. 61 nr. 22). Mit welchem rechte P. M. Boldermau, Studia Lucianea.
Diss. Leiden 1893, p. 89 den skeptischen Lykinos zum kyniker machte, ist
nicht einzusehen.
'') Anders L. Kadermacher, Wiener Studien XXXIII (1911) 224—232.
Der erst nach Vollendung dieser arbeit erschienene aufsatz konnte nicht
mehr berücksichtigt werden.
23
erreicht diese kontrastierung-, indem er den gegenspieler der
Philosophen, den Lykinos, ausschlielslich in gesprächspartien
auftreten läfst, während er jene hauptsäclilich zur erzälilung
der einlagen, in den dialogischen teilen aber nur nebenher
verwendet. Lykinos ist also spezifische rahmenperson ;
Samippos, Adeimantos, Timolaos sind die berichterstatter der
mit der rahmenunterhaltung- abwechselnden sechs erzählungen. ')
Die Unterordnung der erzähler unter die rahmenfigur deutet
den für Lykinos siegreichen ausgang ihres gegenspieles vor.
Lykins übergewicht über seine gefährten tritt im laufe des
gespräches allmählich zu tage, da sein Widerspruch gegen sie
erst während der Unterhaltung gleichförmiger wird. Sie
polemisieren daher erst in der zweiten dialoghälfte^) ent-
schiedener gegen ihn; 3) erst jetzt erkennen sie auch seine
Überlegenheit an, indem Samipp und Timolaos Lykins urteil
über ihre wünsche selbst einholen und sich Timolaos die
ablehnung der erzählungen seiner Vorredner durch jenen zu
eigen macht. Lykinos überragt seine begleiter sowohl an
einsieht, als auch an formaler gewandtheit. Er ist daher der
kritiker ihrer erzählungen und der Wortführer ihrer Unter-
haltung. Seine kritische und redaktionelle superiorität be-
tätigt er entweder im gespräche mit ihnen, also in dialogischen
Partien, oder in anreden an sie, d. i. in monologischen stücken.
Innerhalb der letzteren sind die schlufskritiken der einzelnen
erzählungen der ausdruck seiner gedanklichen superiorität, die
fixierung von reihenfolge und ausmafs der darlegungen zeichen
seiner redaktionellen führung. In den dialogischen teilen
äufsert sich seine gedankliche Souveränität in einzelnen
kritischen anmerkungen, durch die er oft den fluls einer er-
0 I a = c. 5-6 (Samippos), I b = c. 6—9 (Timolaos), I c = c. 12—13
(Adeimautos), II a ^ c. 18—25 (Adeimantos), II b = c. 28 — 38 (Samippos),
IIc = c. 41—44 (Timolaos).
2) Die erste dialoghälfte (I) umfafst c. 1 — 16 xcd /.aj^iizi avz^xeiv
nQoq To tni^Qtov, die zweite (II) c. 16 xal InelneQ tu nokv ))^lv x6
Xomöv iari — c. 46.
*) In c. 15 richtet sich der uumut des Adeimautos noch gegen alle
freunde, für deren Sprecher er den Lykiu hält. Des Timolaos eintreten
für Adeimantos in c. 16 unterscheidet dann den Standpunkt Lykins, der
allein der spötter ist, von dem der übrigen gefährten.
24
Zcälilung unterbricht, seine formale belierrsclning der Unter-
haltung in der zurücklenkung* der gefährten auf denselben
gesprächsgegenstand. Dadurch dafs er sie damit zugleich
zwingt, seinem gedankengange zu folgen, beweist er wiederum
kritische Überlegenheit über sie.
Schlufskritiken Lykins finden sich nach jeder der sechs
erzählungen, aulser der ersten (la). 0 Sie entzieht sich, als
objektive ixfpQaoig, einer solchen. Um ihr fehlen zu ver-
schleiern, schliefst Timolaos durch eine ideenassoziation seinen
bericht über die Irrfahrt des beschriebenen schiffes unmittelbar
an I a an. Auch I b ist gröfstenteils noch objektive erzählung
und bietet nur in der Überschätzung des Steuermannes Heron,
die durch die Irrfahrt des Schiffes offenbar ist, gelegenheit
zu einer kurzen ausstelliing Lykins. Das TtXäoiia'^) des
Adeimantos I c beantwortet er ironisch durch seine Steigerung
ins unmögliche, die ipsvöng ioroQiai^) IIa — II c durch ernste
dvaöxsvcci. Die kritik der beiden letzten erzählungen erfolgte
auf wünsch ihrer berichterstatter selbst. Samipp äufserte
ihn sachlich nach IIb; 4) Timolaos — durch die nicht als
Ironie erkannte höhnische Schmeichelei Lykins aufgemuntert
(c. 41) — brachte ihn vor und nach II c in der erwartung
vor, tadellos auszugehen.^) Um sich seinen rezensenten
günstig zu stimmen, schlofs er sich eingangs seiner aus-
führungen (c. 41) dessen urteile über die wünsche Adeimantos'
und Samipps an und versprach so gewissermafsen, bei der
konzeption seines eigenen Wunsches auf dasselbe rücksicht zu
nehmen. Ijykin quittierte die bemühungen des Timolaos durch
den höhnisclien anfang seiner kritik über ihn (c. 45). Im
ganzen zeigt der Übergang von einer kurzen kritischen an-
merkung zur ironischen Übersteigerung der Aktion des erzählers
und dann zu ständigen, ernsten Widerlegungen, die durch die
1) Ib: c. 9, Ic: c. 14, IIa: c. 26-27, IIb: c. 39-40, II c: c. 45, ge-
samtkritik von II : c. 46.
'') Vgl. Georgiiis Reichel, Quaestiones progymnasmaticae. Diss.
Leipzig 1909, p. 61 (Sextus empiricus)
3) Ebda. p. 60 (Asclepiades myrleauus).
*) C. 39: ri 6' ovv, (ö Avxlve; oiä ooi tjT'^o&ai öoxöj;
'■') C. 41: oxönei yo^v, ö> Avxlve, sl' ri miXrxpifiov sv^ofxai xal o n
UV evd^^vui xiq öwr^'^thj. — C. 44: ri av ahiäoaio, w AvxTre, xfjq evxfjq;
25
bitte der bericliterstatter um eine beurteiliing oder gar durch
den versuch einer captatio benevolentiae an wert gcAvinnen,
die stetig fortschreitende festigung von Lykins kritiscliem
übergewicht über seine begleiter gegen sclihifs des dialoges. —
Lykins formale Überlegenheit äufsert sich innerhalb der mono-
logischen stücke in der redaktion der erzählungen seiner
freunde. So leitet er alle erzählungen derselben, ausgenommen
die erste, ein.^) Die formelhaften einführungen der beiden
letzten-) erinnern an ihre schematischen drccoxtirci. Ebenso
entsprechen einander die gesamtkritik über II am dialog-
schlusse (c. 46) und die gesamteinleitung vor II (c. 17). In
ihr bestimmte er die reihenfolge der redner und durch die
genaue begrenzung seines eigenen zeitanteiles indirekt die
dauer ihrer ausführungen. Im hinblicke auf diese regelung
der Unterhaltung konnte er in den kurzen einführungen vor
IIa — II c den erzählern das wort erteilen, in c. 39 die langen
ausführungen Samipps zu gunsten des Timolaos abbrechen 3)
und endlich selbst anstatt des in aussieht gestellten eigenen
Wunsches auf des Timolaos einleitung die gesamtkritik von
II mit der begründung folgen lassen, dafs Samipp und Timolaos
seinen zeitanteil bereits verbraucht hätten.*) Auf die er-
wartete erzählung Lykins hatte vor Timolaos schon Adeimantos
zweimal (c. 19 und 21) angespielt; das zweite mal weist er,
wie Timolaos, Lykins Vorwurf mit der ironischen bemerkung
ab, dafs dessen erzählung wohl die von ihm gerügten fehler
vermeiden werde. Adeimantos und Timolaos hoffen sich also
für die üblen rezensionen Lykins durch die kritik seines
Wunsches schadlos zu halten. Timolaos geht nun daran, diese
') I b : c. 7 [die einfühning ist als Zwischenbemerkung nach den ersten
Worten des Timolaos nachgeholt, um den unmittelbaren anschlufs seines
dii]y7jfia lOTOQixöi' an Samipps ('x(p(jaoiq zu erniögiichen; vgl. den nachtrag
des Wahrheitseides im T6§c4Qig c. 38], Ic: c. 12, IIa und gesamteinleitung
zu II: c. 17 schlufs, IIb: c. 27 schlufs, Hc: c. 41.
*) IIb (c.27): ßAA« ov rjöri 6 'Säßinnoq Bvyov. II c (c. -ll): «AA'
i^öri adv alxHv, ü> Tifiökae, xz?..
^) C. 39: Titnavao fj^tj, o) ^äpiinne' xcuQoq yaQ . . . Tifiölaov öe iv
TW fielet ev/eod^aL oneQ äv i&ihj.
*) C. 46: kAA' ov öko^iai ev/^q i-ycö' rjxofiev yccQ rf// nQoq t6 JlnvXov,
xal 0 ßäXziaroq ovxoal ^äfiinnoq . . . xcci av, ci Ti^öXae . . . xal xoiq
ei-iol intßc'dJ.ovai axuöioiq xccxex^r'joaod-s xaXwq noiotn'xeq.
26
lioffnungen zu verwirklichen, indem er durch seine aufforderung
zu erzählen, die technisch Lykins einleitungen entspricht, die
redaktion des gespräches an sicli zu ziehen und Lykin zur
einlösung seines in c. 17 gegebenen Versprechens zu verhalten
sucht. Die einführung durch Timolaos stellt also den höhe-
punkt einer reihe von erwartungen dar, als deren ausgangs-
punkt jenes versprechen Lykins gelten mufs. Mit berufung
auf eben dies versprechen gibt nun Lykin anstatt der er-
warteten erzählung und der gelegenheit zur gegenkritik seine
generalbeurteilung, die infolge ihres kontrastes mit der
spannenden einführung des Timolaos von dem vorhergehenden
abgehoben und direkt auf die gesamteinleitung zurückbezogen
wird. Gesamturteil und allgemeine einleitung von II sind
also doppelt mit einander verbunden; direkt durch Lykins
redaktionelle tätigkeit, indirekt durch seine kritische be-
tätigung, Avelche in den übel hergenommenen freunden die
auf das versprechen der gesamteinleitung gegründeten hoff-
nungen auf eine gegenkritik erweckt. Gesamtkritik und
-einleitung erscheinen demzufolge als die brennpunkte aller
monologischen äufserungen Lykins; in ihrer Verbindung er-
zeugen sie den eindruck der Überlegenheit der rahmenperson
über die erzähler.
Lykins kritisches übergewicht in dialogischen teilen
äufsert sich in der direkten ironisierung der freunde oder in
illusionsstörenden Zwischenbemerkungen (indirekte Ironie).
Auch hier erlangt er erst allmählich die spätere superiorität,
da einförmige Unfehlbarkeit in dem dialogstücke vor c. 11,
das als ungezwungene Unterhaltung gelten will, stilwidrig
und störend gewirkt hätte. So treffen, wie er selbst zu-
gestehen mufs, die stichelnden, gegen Timolaos gerichteten,
eingangsworte (c. 1) auch ihn selbst; so ist sein sachlicher
einwand gegen die Vermutung einer liebschaft des Adeimantos
mit dem ägyptischen knaben (c. 2) falsch; endlich sprechen
gegen seinen Vorschlag, auf Adeimantos zu warten (c. 4),
triftige sachliche gründe. Nur einmal kann er dafür Samipps
Vermutung (c. 2) über den verbleib des Adeimantos korrigieren
(c. 4). Erst von c. 11 an, mit dem die phantastischen wünsche
seiner begleiter einsetzen, ist sein gegenspiel stets erfolgreich;
von hier an bereitet sich ja erst der thematische gegensatz
27
zwischen beurteilendem dialog'e und einem bestimmten Sub-
strate, den wunsclierzälilungen der Philosophen, vor. L^'kin
eröffnet diese dialogpartie durch ein ironisches inquirierendes
gespräch mit Adeimantos (c. 11). Die Ironie behält er durch
dessen ganze erste erzählung- (Ic), also bis c. 15 bei; nur
variiert er sie formal. In c. 11 beruht sie auf scheinbar
unwissentlicher und daher für Adeimantos beschämender
Überschätzung!) seiner gedanken, in der kritik des c. 14 auf
absichtlicher und daher für den betroffenen ärgerlicher Über-
treibung seiner ausführungen, in c. 15 auf dieser und einem
moralisierenden vergleiche zwischen Adeimantos' fingierter
und wirklicher läge. Eine kurze beifsende Charakteristik des
Vorschlages von Timolaos in c. 17 steht zwischen Ic und IIa.
Diese zweite wunscherzälilung des Adeimantos begleitet Lj'kin
gegenüber Ic nur mit kurzen, ebenfalls ironischen einfallen,
deren grundlage jedesmal sachliche einsprüche gegen die
Aktion des erzählers bilden. So wendet er in c. 19 die an-
merkung, dals die goldlast wohl zu schwer für das schiff des
Adeimantos sei, zur höhnischen erinnerung an dessen liebe
zum ägj^pterknaben und diejenige über das gewicht der gold-
becher, die einem mundschenken ebenfalls zu schwer wären,
zur boshaften anspielung auf die Midassage (c. 21). Als sich
endlich Adeimantos über die ebenfalls sachliche draoxtvt'j
seines Wunsches beklagt (c. 27), fügt Lj^kin auch ihr eine
ironisch -moralische pointe an, beschliefst also die zweite er-
zählung des Adeimantos ähnlich moralisierend, wie seine erste.
Am häufigsten unterbricht Lykin Samipps zweite geschichte
IIb durch einwürfe, deren zwei wirksamste illusionsstörung
verwenden. Auf eine spannende, leicht ironisch gefärbte 2)
zwischenfrage in c. 29 folgen zwei ironische Unterbrechungen
0 Vgl. den einsatz von c. 11: ... akku xcu (fQOvnC,ovii toixag enl
ovvvoiaq xiroq ov /LUfiQov ovöl evxaxacfQÖviixov TtQciy/iUi, (ug öoxeTg, uvaxvx-
?.(5v mit der einführung von Tic (c. 41): ... xcd onwg vntQßühj xovrovg,
(oöTieQ dxog urÖQa ovrexov xal nguy^iaoi x^'jo&ai elööxa. Beidemal be-
steht die ironie in dem kontraste der angeblich hohen erwartungen des
fragers und der armseligen -Wirklichkeit, die seine hochachtung zum
komischen pathos macht.
'^) Vgl. den schlufs der rede Lykins (c. 29) : sO-t'Aco yä(j eliSirai ol
ßaöiela&e xooovioi övxsg 6| 'ÄQxaöiag 7} inl iivag u&/.lovg niiciiovg
28
in c. 30 und 33, deren komik in dem gegensatze zwischen
der fingierten ernsten läge und dem burlesken verhalten
Lykins in ihr besteht. Wie in c. 17 Avird in c. 35 Lykin um
seine meinung befragt ; er antwortet illusionsstörend ; zur
Sache gerufen, fügt er der illiisionsstörung eine kurze höhnische
kennzeiclmung des wunschspieles der Philosophen, in der art
der in c. 17 gegebenen, bei. Ironie, wie die in c. 30 und
c. 33 angebrachte, ist mit illusionsstörung in Lykins erster
zwischenrede des c. 37 verbunden ; wie in c. 30 und 33 soll
sie die Verflechtung seiner person in Samipps erfindung ab-
wehren. Der letzte einwurf in dessen darlegungen (c. 37) ist,
gleich dem ersten, leicht ironisch gehalten und dient, wie die
vorhergehenden, der Spannung. Des Timolaos erzählung II c
erfährt gar keine Unterbrechung durch Lykinos. Dies geschieht,
um im sinne der einführung des c. 41 den Timolaos zu-
versichtlicher zu stimmen und ihn, den anreger der wunsch-
erzählungen, durch die verächtlich gehaltene draoxtv/j (c. 45)
desto empfindlicher zu treffen ; Lykins kritik und des Timolaos
erwai'tungen kontrastieren mit einander. — Wie sich Timolaos
in der einleitung zu seiner erzählung den kritischen Stand-
punkt Lykins aneignete, so fanden auch dessen ironische ein-
Avände nachahmung. In c. 19 bediente sich Timolaos gegen
Adeimantos der Ironie durch Übersteigerung, die Lykin gegen
ebendenselben schon früher in c. 14 und 15 angewendet hatte
und in c. 35 gebrauchte im kriegsrate der um seine strategische
ansieht befragte Adeimantos die nämliche form von Ironie,
mit der Lykin in derselben Situation unmittelbar vorher
(c. 30. 33) Samipp erwidert hatte. Auch durch diese kritik-
lose Übernahme der kampfmittel des gegners, nicht einmal in
der -v^erteidigung gegen ihn, sondern im verkehre mit einander,
verraten die erzähler ihre Unterordnung unter die führung
der rahmenperson. — Redaktionell äulsert sich dieselbe in
dialogischen partien in Lykins beharren auf demselben ge-
sprächsgegenstande. Auf dieser Stetigkeit beruht nämlich die
gedankliche und sachliche einheit des dialoges. Wie oben
vermerkt wurde, involviert solche zielbewufste redaktion auch
die kritische Überlegenheit des Wortführers über die von ihm
gelenkten. Lykins superiorität geschieht somit dadurch kein
eintrag, dafs er in einzelnen gleichgültigen punkten von den
29
gefcährten belehrt und berichtigt werden kann. Derartige
fehler bleiben für seine Stellung- im dialoge bedeutungslos,
weil in dem vorbereitenden gespräche c. 1 — 10 das dialog-
thema selbst noch nicht angeschnitten wurde, weil ferner
nicht einmal das thema des einleitenden gespräches durch sie
berührt wird und weil sie endlich in einen dialogteil fallen,
in dem quantitativ und nach ihrer bedeutung die erzählungs-
hinter die gesprächspartien zurücktreten; in ihm kommt es
also auf konversationston an, der durch gezwungene recht-
haberei einer einzigen person zerstört würde. Im Interesse
des dem dialoge begrifflich integrierenden merkmales der
mannigfaltigkeit sind also Lj'kins irrungen geradezu not-
wendig. Das technische mittel, mit dessen hilfe Lykin nun-
mehr das gespräch leitet, ist der Übergang. Er isoliert sowohl
Lykins anteil am dialoge, als auch die anderen dialogteilchen.
Übergcänge stellte Lykinos entweder durch Verbindung der
Worte des Vorredners mit den eigenen, oder durch Wechsel
der anrede her. Im ersten falle handelte es sich darum,
die durch den Wechsel der Sprecher entstandene kluft zu
Überbrücken. Lykin verwendete dazu nur anknüpfende Par-
tikel, i) als die natürlichste und lebendigste Verbindungsform.
Im zweiten falle, in dem der Übergang innerhalb seiner
eigenen worte erfolgte (c. 11), mulste dagegen gerade das
trennende herausgearbeitet werden. Lykin wählte wieder das
einfachste und dramatischeste mittel des anredewechsels. Der
in c. 11 angewendete Übergang wirkt einschneidender, als die
andere von Lykin gebrauchte form der Überleitung. Er be-
zeichnet aber auch eine grölsere kompositionsfuge, als diese,
nämlich die grenze der wunscherzählungen und des einführenden
gespräches. Monologische einleitungen, wie sie im vereine mit
den schlufskritiken die wunscherzählungen umschlielsen, hätten
dem kunstcharakter des gespräches widersprochen. Daher
markieren Überleitungen, als flielsendere grenzen, seine kom-
positionellen einschnitte. So ersetzt eine monologische ein-
leitung zu la der, durch zurücklenken zu einem früheren
^) C. 1: vij dia, — xal ^A(ki/iiciVTOQ 6 MvQQivovoioq tinezo fied-'
tjfXCVV xx)..
c. 4: äruii, — w ^ä/ninne, vvv dvet-tv/jaO-riv xx)..
c. 10: t0.7.a — xl xovxo; ovx 'Aöeli.ic<vxog ixtivog toxi;
80
gespräclistliema (des 1. c.) hergestellte, Übergang Samipps
(c. 5): dXXa lUTct^v Xöyfor, )j)Ay.)i rarg -atX. oder es unterstützt
die als zwisclienbemerkung eingeschaltete einführiing Lykins
zu Ib ein durcli partikelanschluls gebildeter Übergang
Timolaos' innerhalb seiner eigenen rede (c. 7): //xoraaTs de
ojTOji^ dicQo y.iiTi'iyayiz ro jihnov y.rl. Ahnlich hilft Samipps
Übergang in c. 4 Lykins zweite bemerkung über den auf-
enthalt des Adeiniantos isolieren, i) Nach c. 11 hat nur noch
eine, übrigens unscheinbare, Überleitung kompositionelle be-
deutung; und zwar die des Timolaos in c. 16: xcu txdjreQ
tri jioÄv /)iui' To Ioijtöv Ioti jtqoq to (iOTv At).., in welcher
der erste wünsch des Adeimantos (Ic), als zufälliger einfall,
von den drei folgenden planmälsigen wunscherzählungen ge-
sondert wird. Lukian stuft durch diese Scheidung die in der
richtung vom wirklichen zum wunderbaren ansteigende er-
zählungsreihe feiner ab. Ihr ausgangspunkt ist die wahre,
da von allen anwesenden kontrollierbare und unwidersprochene,
Schiffsbeschreibung Samipps la. Einem augenzeugen 2) ver-
dankt Timolaos seine somit schon minder gut beglaubigte,
teilweise noch durch eigene beobachtungen des nacherzählers^)
bestätigte, sonst abenteuerliche, wunderbare^) und, wie Lykins
kritik beweist, von inneren Widersprüchen nicht freie geschichte
von der Irrfahrt der Isis (I b). Als kombination des Adeimantos,
die aber noch von realen tatsachen ausgeht, &) erscheint Ic.
Gewollte Phantasterei, welche absichtlich jede reale grund-
') C. 4: EU Af'yft?. — xi d' ovv XQ^ noieZv i)/:iaq ivravd-a; vgl. TlloTov
c. 20. To^uQiq c. 24: ev ?Jy6iq. — xtxaQXOv lU aoi Si^yriaonai xxX. Der
Übergang- ist in W.olov c. 4 deshalb weniger merklich, weil Samipps frage
die feststellung Lykins zur logischen Voraussetzung hat, weil durch ihn
also kein themawechsel bezeichnet wird.
*) C. 7: o ruv!<?.tj()og avxoq dit]yeZx6 ßOL xx).. C. 9: xotu^xa xcd 0(füq
xuza).ußHv tipuaxev 6 yuvx).i]Qoq xx?..
') C. 8: oiSa rfe noxs xcd avxoq nuQun/.evoaq XeXiöovtccq ^llxov iv
xm xöncp tcvioxuxai x6 xv/lcu xxk.
*) C. 9: xai xlvu '/.afinQOV uaxtQU Alocxovqwv xov (-'xeqov tnixa&laai
xw xuQ/7jahp xal xuxtvi^vvcu xtjv vuvv inl xu ?.atu iq x6 Tih'/.uyoq tjdij x<S
XQTjuvw nQ()a(pei)Of^itv>ji:
=") Die grenze beider Sphären, der realität und der kombination, bilden
die Avorte (c. 13): xovvxeCO^sv ovv hiuvi<i)v t?.oyi'C,ö/ii?jv xxL
31
läge verschmäht,!) sind die drei folgenden erzählungen. Und
zwar liält sich IIa in den grenzen alltäglicher Verhältnisse;
IIb führt eine abenteuerliclie fiktion aus; beide bewegen
sich noch im kreise des möglichen. II c hingegen reicht ins
gebiet des märchenhaften, physiscli unmöglichen hinüber,
II c stellt daher den höhepunkt der gescliichtenreihe dar und
erfährt, als solcher, die schärfste kritik des rationalisten
Lykinos.'^) In II c und seiner beurteilung ist der in la noch
nicht vorhandene thematisclie gegensatz zwischen erzählern
und rahmenfigur zur höchsten Spannung gediehen. Sie ent-
lädt sicli in der, mit dem vorliergehenden kontrastierten,
gesamtkritik des c. 46, die zur leidenschaftslosen ruhe vor I a
zurückkehrt, das Verhältnis der gegenspieler zu einander
klärend darlegt und im schlufssatze zusammenfassend formuliert.
Der dialog gipfelt somit in seine objektive themastellung
(c. 46): tfiol öh '/mI tovto Ixavov dvrl Jidrrcov d-r]6avQÖJv xat
BaßvXcüVoq cnhfjg zo yEXc'Mat fiu?M tjötcog erp' oig v^tEig fßij-
öare roiovTOig ovOi, yxä zarTCc qiXoOO(f^>iav sjraii'ovrrsg.
Von der kompositionsfuge in c. 11 aus zerfällt der dialog
in ein dreiteiliges, .TrQoXahd-Mtiges jrQO()i{uor mit zwei-
gliederigem mittelstücke (c. 1 — 10) und in den, die wunsch-
erzählungen der Philosophen in sich begreifenden, themateil
(c. 11 — 46). Für diese auffassung des Vorderteiles des IDmiov
spricht das fehlen eines ausblickes auf den folgenden haupt-
teil, 3) ferner der Charakter des mittelstückes, welches — wie
in den oben s. 15 aufgezählten beispielen — aus ixcpQaöig
(la) und öi?JY7iua Igtoqixöv (Ib) besteht. Wie sonst in
Lukians dreiteiligen jtQolahai, umrahmen endlich auch hier
das mittelstück allgemeine betrachtungen, als einleitung und
schlufs (c. 1 — 4. 10). Doch kann schon die einbeziehung der
einlagen la Ib in die ansteigende reihe der erzälilungen
lehren, dals in den c. 1 — 10 nur entwickelungsgeschichtlich
ein jFQooi/jiov zu sehen ist, dafs also die kompositionsfuge
des 11. c, für die Unterteilung der erzählungen nicht dieselbe
^) C. 16: nuQ^ avtw yuQ sxäano zo fiizQov xfjq ev^^g, xal ol &eol
nuvxa vTioxdad^üJOuv na^e^ovreg, ei xal xjf <pvaei ani&avu taxtu.
'^) Vgl. die bezeichnung des Timolaos als narren am Schlüsse der
rezension seines ■vn;nsches (c. 45).
») Vgl. Stock a. a. o. p. 36.
32
bedentung hat, Avie für Lykins snperiorität und damit für die
liaupteiuteilung in erzälilungs- und gespräclispartien. Wichtiger
ist für jene Unterteilung der einschnitt in die erzählungsreihe
durch Timolaos in c. 16. Er zerstört das ursprünglich dem
dialoge zugrundeliegende Schema der rahmenerzählung, indem er
den beiden einlagen des alten JTQooi[nov eine dritte (I c) anfügt
und diese trias derjenigen des hauptteiles parallelisiert. Auch
der titel des dialoges bringt seine Zweiteilung nach erzählungen
zum ausdrucke. Diejenigen seiner I. hälfte (s. oben s. 23 ^) haben
alle das ägyptische getreideschiff {jclolov) zum gegenstände;
denen der II. hälfte ist die Wunschform (tvy/u) gemeinsam.
Um beide hälften von einander abzuheben, gibt Adeimantos
in c. 20 seinen schiff swunsch, dessen umständliche ausführung
auch der kenntlichkeit des yaQa'AxtjQiöiiöq II a geschadet hätte,
auf. Gleichwohl nimmt er ihn, dergestalt seine beiden er-
zählungen Ic und IIa verbindend, noch zum ausgangspunkte
von IIa. Da ferner der schiffswunsch des Adeimantos den
Timolaos zum vorschlage planmäfsiger wunscherzählungen in
II anregte, wird er zum angelpunkte der erzählungsteile des
dialoges. Gleich den erzählungen von I, haben auch seine
gesprächsteile einerlei Inhalt; sie erörtern die frage nach dem
verbleiben des Adeimantos und die tunlichkeit einer rückkehr
in die Stadt mit ihm oder ohne ihn. Die erste frage ent-
scheidet Lykinos durch seine feststellung im 4. und die wieder-
erkennung des Adeimantos im 10. c. In der zweiten hält er
Samipp und Timolaos in c. 4 und dem Adeimantos, der allein
zurückgehen will, in c. 15 widerpart. Den erörterungen von
I entspricht der rahmen von II, nämlich der Vorschlag des
Timolaos zu den wunscherzählungen und seine redaktion
durch Lykinos in c. 16. 17, ferner des Timolaos einführung
der generalkritik jener wünsche durch Lykin und diese selbst
in c. 46. Die rahmenteile von II besitzen infolge ihrer oben
s. 26 erläuterten beziehung auf einander ebenfalls gedankliche
einheit und stellen auf diese weise ein seitenstück zu den
gesprächspartien von I dar. Sind nun erzählungsgruppen und
gesprächsteile von I und II an und für sich gleichartig, so
verhalten sich beide zu einander in jeder dialoghälfte gegen-
sätzlich. In I sind die erzählungen in die gesprächspartien
eingebettet, in II die gespräche in und zwischen die erzählungen
33
eingesprengt. Die erzälilungen von I sind knapper, als die
von II, was schon daraus erhellt, dafs sie keine dialogischen
Unterbrechungen erfahren (wie IIa und IIb) und dafs la
I b zusammengehängt werden konnten ; ferner umschliefsen sie
noch nicht regelmäfsig monologische äufserungen Lj'kins. Die
geschichten IIa IIb schwellen eingefügte dialogstückchen an,
die in IIb gröfstenteils zur belebung der erzählung dienen,
also einen wesentlichen bestandteil derselben ausmachen i) und
damit ihre selbständige bedeutung gegenüber den erzälilungen
der Schrift verlieren. Ferner umschliefsen erst die einzelnen
loTOQicu von II gleichförmige einleitungen und schlufskritiken
Lykins, weshalb sich dessen Verhältnis zu den erzählern erst
jetzt bestimmt und deutlich gestaltet. Das einzige selbständige
gröfsere dialogstück in II ist sein vorderer rahmenteil c. 16/17,
also das ende, mit dem II an die dialogische I. hälfte des
nioTov anschlielst; das hintere rahmenstück von II (c. 46)
besteht aus zwei monologischen äufserungen. Diesem dürftigen
rahmen von II, innerhalb dessen die einzelnen erzälilungen
programmälsig ablaufen, entsprechen in I die drei gesprächs-
partien c. 1 — -I, 10—12 anf., 15 — 16 anfang. Der einschnitt
vor c. 11 zerlegt sie in zwei rahmengespräche um die sj'n-
chronistischen erzählungen la Ib und Ic; Adeimantos hing
nämlich seinen träumereien, die er in Ic erzählt, nach,
während sich die anderen freunde den weg durch die mit-
teilung von la Ib kürzten. 2) Die besonderheiten im baue
dieser rahmengespräche erklären sich ebenfalls aus dem be-
streben, Lj'kin vor die anderen personen des dialoges hervor-
treten zu lassen. Als höhepunkte des rahmenteiles c. 1 — 4
erscheinen so die beiden reden Lykins am Schlüsse von c. 1
und anfangs des 4. c. Von ihnen aus gliedert sich der ab-
schnitt in einen gesprächseingang, den die anwesenheit des
Timolaos anregt (c. 1), in ein Zwischenstück zwischen den
beiden L3'kinreden (c. 2 — 3) und in ein schlulsstück (c. 4).
Zieht der schlufs praktisch die konsequenz aus der ZAveiten
Lykinrede, so regt der eingang zur ersten erinnerung Lykins
^) Vgl. c. 35 und 30 f., endlich Lykins ironische zA^ischenhemerkungen
im tone der Aktion Samipps (c. 33. 37).
'^) Vgl. c. 13: rovvzevi)-tv ovv tnavicuv t/.oyi'C,6i-(>jr, el' zt^ i^ftyr ;^rA..
Bhetoriscbe Forschungen. I. 3
34
an Adeimantos an. Die vom tliema abführenden erörterungen
des zwisclienstückes überspringt die zweite L3'kinrede —
cliarakteristiscli für die fülirnng des gespräclies durch Ivykin
— und greift auf dessen erste äulserung über Adeimantos
zurück. Timolaos beeinflufst den sclihifs und den anfang
dieses ralimenstückes, wie er überhaupt mit ausnähme des
rahmeneinganges c. 11/12 eine meist unabsichtliche redaktionelle
tätigkeit in allen rahmenstücken entfaltet, indem er deren
ende oder beginn veranlafst. Lukian machte ihn so, be-
sonders in II, zum burlesken gegenstücke Lykins.^) Die im
rahmenstücke c. 1—4 beobachtete Zweigipfligkeit kehrt wieder
im rahmengespräche c. 15/16, in dem die Lykinrede des
c. 15 nach kurzem Zwischengespräche an die kritik Lykins in
c. 14 anschliefst. Der vordere rahmen zu II (c. 16/17) erreicht
dagegen, ebenso wie das rahmenende in c. 46, nur einen höhe-
punkt in der ihn abschliefsenden generaleinleitung Lj^kins.
Da aber dieselbe erst durch die generalkritik in c. 46 zur
einheit ergänzt wird, waltet auch im rahmen von II das zu-
erst innerhalb eines rahmenstückes, dann zwischen erzählung
und rahmenstück wirksame architektonische prinzip der Zwei-
gipfligkeit. Nur zeigt jetzt der rahmenbau die gröfsten
dimensionen. Denn das Zwischenstück, über das hinweg
generaleinleitung und gesamtkritik auf einander bezogen sind,
besteht aus den drei umfangreichen wunscherzählungen von
II. — Die drei erzählungskerne von I und von II hat Lukian
nach der Zugehörigkeit der einzelnen stücke zur selben oder
nächstverwandten rhetorischen gattung parallelisiert. Dabei
ist in II die, der gleichzeitigen steigernden anordnung der
geschichten nach dem grade ihrer Wahrheit dienende, wunscli-
form unberücksiclitigt geblieben. Es kommt also jetzt in II
niclit auf die relative, sondern nur auf die absolute, die
physische möglichkeit der kerngeschichten an. Unter dieser
1) So ähnelt z. b. auch Lykius taJel der ungeschickt groLsen anzahl
von ringen, auf denen des Timolaos göttlichkeit beruht (c. 45), der kritik
des Timolaos über die umständliche und unwahrscheinliche erklärung des
reichtums von Adeimantos (c. 20). Diese parallele beleuchtet speziell die
Inkonsequenz des Timolaos, der sich also mit unrecht kritische funktionen
anmafst, dessen eingebildete superiorität über Adeimantos und Samipp
und dessen gleichwertigkeit mit Lykin daher lächerlich erscheint.
35
Voraussetzung- entspricht der txcfQaöig la: der yaQaxnjQiOfwg^)
IIa, dem öu'iyrnia Iötoqixov Ib: ein ebenso! dies IIb, dem
öi//y/]ii(c Tc'Äaönaxixör, und zwar ßicorr/M''^) Ic: ein gleiches,
und zwar iivßixör II c. Als ethologisches seitenstück zur
sachbesehreibung I a erweist II a sein auf bau. Eine erzählende
einleitung, die eine dublette zu Ic geworden wäre, unter-
drückt Adeimantos auf den rat des Timolaos (c. 20) hin. Er
schildert blofs den zustand seines reichtums; und zwar be-
schreibt er bedacht 3): «) haus und einrichtung (c. 20. 21);
ß) sein benehmen 1) gegen reiche, 2) gegen arme (c. 22);
«1) seinen tisch (c 23); ß^) seine freigebigkeit 1) gegen die
Stadt (c. 24), 2) gegen die freunde (c. 25). Sachbeschreibungen
und zweigliederige Sittenschilderungen wechseln regelmäfsig
ab. Die gleichartigen teile verklammert Adeimantos durch
Wiederholung einer bemerkung' aus dem Schlüsse des ersten
im anfange des entsprechenden zweiten:
c. 20: o ZQVOoq 6h xoV.oq rißlv
c. 22: ot (Je cmo7iviy?]aoviai oi
nlovoLOi oQüivTsg o~/r//i(aza, 'mnovq
xat nalöaq wQaiovq ooov 6ioyi?.iovq
xxX. r^
c. 23: uxa öetnva inl yQVOOü xx)..
c. 24: ol 6s vüv nXovoioi rcQoq
e/xh 'Iqoi 6ri)M6t} unuvxeq xx)..
Die chiastische Stellung dieser dergestalt als zusammen-
gehörig bezeichneten abschnitte aa^ und ßß'^ erforderte ihre
logische gliederung. aa^ sind nämlich angeordnet in der
richtung vom allgemeinen zum besonderen, ßß'^ umgekehrt.
Der detailbeschreibung des reichtumes mufste seine allgemeine
vorausgehen, wie Adeimantos selbst zu beginn seines yuQax-
Tf/QtöfKk in c. 20 andeutet. Dagegen waren die eingehenden
darlegungen über die grolsartige freigebigkeit des Adeimantos
{ß 1) erst nach einer vollständigen auf Zählung seiner reichtümer
am platze. Es umschlielsen somit die allgemeinen abschnitte
1) Vgl. Eeichel a. a. o. p. 72.
2) Vgl. Eeichel p. 59.
^) Vgl. den anfaug (c. 20): EvS-vq ovv xaxu xov '^Höio6ov otxoq xo
TiQüJxov und die fortschreitenden einsätze der folgenden abschnitte:
h(jO))q enl xovxoiq a'/.ovQyiq (c. 22), eixa öelnva inl yjivooC (c. 23), ol
6h vCv nkovoioi (c. 24), xolq (pi/.oiq 6h vßZv (c. 25).
3*
36
aß^ die speziellen ausfülirimgen a^ ß. IIa ist demiiacli zwei-
gipflig. Einfach ansteigend gebaut ist dagegen sein pendant,
die txfpQaoig la. Sie zerfällt in drei abschnitte; in die be-
schreibung a) des todten Schiffskörpers (c. 5); ß) des ihm
accessorischen, ihn belebenden 1) bemannung, 2) ladung (c. G
— :irQdg TQocf/jv); y) in das Signalement seines lenkers, des
Steuermannes Heron (c. 6). Und zwar steht das ausführlicher
beschriebene an bedeutung hinter dem knapp skizzierten
zurück. Die breite schiffsbeschreibung «) ist der ausgangs-
punkt der reihe und der kurze, in den namen des beschriebenen
ausklingende, dxoviöiuk'^) Herons /) ihr höhepunkt. Be-
schränkt sich die Verwandtschaft von la und IIa auf ihre
Zugehörigkeit zur selben rhetorischen gattung, so erstreckt
sich die von Ib und IIb auch auf auf bau und technik. IIb
lehnt sich nicht umsonst im ganzen und in details, deren
auffälligstes auch der scholiast auf seinen Ursprung zurück-
führt, 2) an die geschichte vom Alexanderzuge. Lukian will
durch diese historische aualogie nicht nur den Samippos als
kyniker festlegen, sondern auch einen ersatz für die be-
glaubigungen von Ib geben. Ib und IIb steigen zu einem
höhepunkte gegen schlufs an: Ib gipfelt in die Sturmschilderung
des 9. c. ( — jjÖTj ro) xQijUvm jrQ00q)8Q0(.itvr/v); IIb in die
Schilderung der entscheidungsschlacht (c. 36. 37). Beidemal
bricht die erzälilung niclit mit ihrem höhepunkte ab, sondern
es wird noch über seinen einflufs auf den verlauf der ge-
schichte in einem, durch leidenschaftslose ruhe der vorher-
gehenden bewegten Schilderung kontrastierten, abschnitte
berichtet. Beidemal erfährt ferner die erzählung vor ihrem
höhepunkte eine retardation, also eine spannende Unterbrechung;
in Ib in den durch autopsie bezeugten geographischen an-
gaben des Wiedererzählers (c. 8), in IIb durch den vom er-
zähler selbst veranlafsten kriegsrat seiner zuhörer (c. 35) und
durch die spannenden einwürfe Lj'kins in den schlachtbericht.
Auch I c und II c ist Zweiteilung in die theoretischen Voraus-
setzungen der annahmen und in deren praktische ausmalung
1) Reichel p. 77.
^) Scholia in Lucian. ed. Rabe 250, 8 zu c. 83. Vgl ai;ch Rudolf
Helm, Lucian und Meuipp. Leipzig 190G, p. 339; Thaddaeus Sinko, Eos
XIV (1908) 148; aber W. Scbmid, Philologus L (1891) 307.
37
gemeinsam. Beide :rXa6/taTa unterscheiden sich nur darin
von einander, dafs jene Voraussetzungen in Ic wirklich, in
II c irreal sind; darin besteht ja die differenz von glaub-
"würdigkeit zwischen di/jyyjiia pionr/.ör (Ic) und öiifpuia
fivfhixör (II c). Die grenze zwischen — kurz gesagt —
theoretischem und praktischem teile in Ic bezeichnen die
Worte: TovrT{:v{)^}' ovv i^raricji' tÄoyiCöfnjv (c. 13). i) Der
theoretische teil wurde somit in Ic nur angedeutet, um eine
dublette zu la zu vermeiden. Der angelpunkt von II c liegt
in dem einerseits zusammenfassenden, andererseits als {)^toig
den folgenden details vorangestellten sätzchen: ordlr yaQ
Ös/joet fi£ ravTCc tyoi-ra (c. 44) und so ziemlich genau in der
mitte der ganzen erzählung.
Der steigernden anordnung der ioTOQiai la — II c nach dem
grade ihrer Wahrheit, welche die sj^mmetrische Zweiteilung
des dialoges durchbricht, wurde schon oben gedacht. Hier
ist noch die steigernde anordnung nach der grofsartigkeit der
wünsche zu erwähnen. Sie ist von untergeordneter bedeutung,
da notwendig auf die planmäfsigen wünsche von II beschränkt.
Adeimantos fafst (c. 25) seine ausführungen folgendermafsen
zusammen: tovtov aßov/.oftijv ßivjvcu tÖv ßiov :täovtcöv tg
vjtiQßoh)v xai TQVcfoJv y.cä rrdoaig rjöovaig d^&^ovojg yQoiftevog.
Samipp formuliert das ziel seines Wunsches vor der ausmalung
desselben (c. 28): ccItm 6?) ßaoihvg yej'to&cu orx ^"^^ ^A).t^av-
ÖQog 6 ^üJjcjrov ?] IlTO?.£ficdog ?] Mid^Qt-ödrijg ?j h zig äXlog
ixöi^ufterog rz/r ßaoi/.eiav jraQa JtarQog t/Qs^v, d).).ä [loi to
:jiQ0JT0V djib hjOTeiag dQsccfarco hrcügoi y.cä ovrcof^örai ooov
TQidxorra, jtiotoI f(d/M y.cä jiQO&vf/oc, yevtOd^mCtav xrX.
Timolaos bezeichnet, wie Adeimantos, sein ideal am Schlüsse
des Wunsches, der dasselbe veranschaulichte (c. 44): y.cu d-iog
iööxovv Toig dlkoig.'^) Auch Lykins kritik über IIb be-
») S. oben s. 30 \
2) Ähnlich klingt die erzählung Ic des Adeimantos in das resüme
aus (c. 13): xcd aovorovyl ßaai/.evQ yofiiZö/^ttro^. Timolaos gibt sich durch
dies zusammentreffen mit dem von ihm getadelten Adeimantos dieselbe
blöfse, wie in dem oben s. 34^ erörterten falle. Vgl. ferner c. 13 (Ic): sl'
tig &ewv rrjv rut'v cufvo) e/xrjv noii'josisv eivai mit c. 42 (11 c): tycM 6h
ßovXofxai zov '^Egfifiv ivii'xövra /.loi öovvai öaxxvXiovg zivag xul xoiovtovq
xfiv övvafxiv XT?..
38
leuchtet in ihrem anfange (c. 39) die steigernde anordnnng
dieser wiinschziele: reichtum, königliche macht, göttlichkeit.
Lukian beabsichtigte durch sie dem IL dialogteile ein über-
gewicht über den I. zu verscliaffen, um labiles gleichgewicht
beider zu verhüten. Dazu zwang ihn einerseits die berück-
sichtigung der erzählungen von I bei der aufreihung der
kerngeschichten nach ihrer Wahrheit, also die preisgäbe der
typischen .T()oo////or-rahmenform, andererseits die beschränkung
des themas auf II, das in Ic, dem noch die abschlielsende
dvaoxsvfj Lykins fehlt, nur präludiert wird. I verhält sich
somit zu II weder wie ein jrQooliaor zum hauptteile, noch wie
ein hauptteil zum anderen, wogegen bei dem auch auf
quantitative Symmetrie bedachten Lukian schon der genau
die hälfte von II betragende umfang von I spräche. Zwischen
diesen beiden grenzen liegt vielmehr das richtige. "Wie Ic
das in IIa — II c behandelte dialogthema ankündigt, so I die
komposition von IL I ist demnach die projektion von IL —
Das architektonische prinzip des IlÄorov ist der kontrast.i)
Auf ihm beruht die thematische gegenüberstellung von ge-
sprächs- und erzählungspartien. Die dazu nötige einheit der
erzählungsreihe wird durch die durchlaufende steigernde an-
ordnnng der geschichten (nach ihrer Wahrheit) gewonnen, die
einheit der dialogischen partien durch ihre beherrschung von
der einen rahmenngur Lykinos zum ausdrucke gebracht. Die
symmetrische Zweiteilung der erzählungen auf grund ihrer
rhetorischen Parallelität ist ebenso, wie ihre Steigerung, nur
von technischer bedeutung. Sie dient — wie gesagt — zur
begrenzung und plastischen herausarbeitung desjenigen dialog-
teiles, in dem der thematische kontrast zur vollen entfaltung
gelangt, nämlich der IL dialoghälfte. Lukian bewältigt somit
seine künstlerische aufgäbe hauptsächlich mit hilfe des kon-
trastes, zu dessen Unterstützung er Steigerung und parallelismus
verwendet.
') Als rhetorische gepflogenheit lassen diese kontrasttechuik Lukians
erkennen die geistreichen darlegungen von Ivo Brniis, EliMfPh, NF.
XLill (1888) 98 ff.
y\
m.
^iXo^evSrjg ij djiiötcov.
Liikian umschlofs die wimdergeschichten des (piloii^ivö/g
mit einem doppelten rahmen. Der erste (c. 1 — 5. 39 mittel)
— 40) stellt in einem gespräclie des wiedererzälüers T^^cliiades
mit Pliilokles dem dialoge sein tliema; der zweite (c, 6 — 10.
38 — 39 mitte), dem auch die verbindenden dialogischen partien
zwischen den einzelnen geschichten angehören, dient der ein-
fiihrung des Tychiades in die, beim kranken Eukrates ver-
sammelte, Philosophengesellschaft und seinem abgange aus
ihr. Gemeinsam ist den beiden randteilen dieses inneren
rahmens, dals Tj^chiades während der Unterhaltung der ge-
sellschaft eintritt und abgeht; er hört also zu beginn und zu
ende seines besuches nur bruchstücke von gesprächen. Diese
gesprächsfragmente behandeln jedoch nicht, wie die erzählungen
des mittelstückes, wundermären; sondern sie stellen an zwei
beispielen (c. 10. 38) die grundlage des aberglaubens der
sprechenden als kritiklose götterverehrung dar, begründen
also die einlagen des hauptteiles mit der geistigen Unfreiheit
ihrer berichterstatter.
Tychiades verläfst fluchtartig den Eukrates. Dieser ab-
gang ist der ausdruck steigernder anordnung der erzählungen
in c. 11 — 37. Die geschichtenreihe gipfelt in ihr endstück.
Da die elf erzählungen an wunderbarkeit einander nicht viel
nachgeben, also keine merkliche gewichtigkeitsdifferenz
zwischen ihnen besteht, wird die Steigerung (statt kompo-
sitioneil) durch folgende technische mittel erreicht : [I] parallel-
versionen zu einer hauptgeschichte, [II] verschiedene autorität
^) Vgl. c. 39: Toiairä aot, uj *I>i).6k).eiq, nuQu EvxqÜi^i ditoiaag
7}X(o xrk. mit c. 5: tyu) yuQ txuqu EvxQcaovq ijxio aoi zov nüvv noD.ä
XU aniaza xcd ftvO^wS?] äxovaaq xx)..
40
der bericliterstatter, [III] Verstärkung der beglaubigung des
vorgebrachten.
[IJ Auf die mitteilung solcher parallelversionen beschränkt
sich der arzt Antigonos in c. 21, wo er eine von Eukrates
erzählte begebenheit durch eine ähnliche bekräftigt und in
c. 26, wo er ein analogon zu einer wundermär Kleodems zum
besten gibt. Die untergeordnete Stellung des Antigonos deutet
Lukian durch seinen nichtphilosophischen beruf an; deshalb
auch seine, in c, 8 erwähnte, geringschätzung durch die philo-
sophische gesellschaft. Eukrates, eine karrikatur des Sokrates,^)
führt das grofse wort in ihr. 2) So erzählt er allein vier bei-
spiele, während auf Kleodemos, Jon, Antigonos nur je zwei,
auf den später zutretenden Arignotos gar nur eines entfallen.
Aber nicht allein die zwei von Antigonos berichteten begeben-
heiten haben, als parallelversionen, blofs technische bedeutung,
sondern auch je eine der erzählungen Jons und Kleodems, so
dals den vier geschichten des Eukrates nur drei der anderen
Philosophen, und zwar je eine von Jon, Kleodem, Arignotos
vorgebrachte, gleichwertig zur seite stehen. Parallelversionen
liegen vor in den, schon durch ihre kürze an die beispiele
des Antigonos erinnernden, erzählungen Jons in c. IG und
Kleodems in c. 25. Kleodem gibt sein erlebnis in der absieht
zum besten, das des Eukrates zu bekräftigen s) und bezieht
auf diese weise unwissentlich auch die an seinen Vortrag an-
knüpfenden Worte des Antigonos auf das eukratische abenteuer.
Die einheitlichkeit des so entstandenen erzählungskomplexes
deutet Lukian auch dadurch an, dals Tjxhiades gegen seine
sonstige gewohnheit 'des Eukrates bericht über die Hades-
*) Vgl. Eiulolf Helm, Lucian und Menipp. Leipzig und Berlin 190G,
s. 268.
*) Vgl. seine Charakteristik durch Tychiades zu beginn des inneren
rahmens (c. 6): 6 EvxQc'atjg . . . TjQttxa iyxUvuq r(j <pa)v^ tg z6 noO^ei'txöv,
OTiöie eldl- /.le, ncäxoi ßoüJvrog airov xcd ötcaeivof^tvov ri /lezu^v sloiwv
tn^xovov.
') S. c. 25: 6 K).£Üihj/xog di, ov xcuvä, tinsr, ovöh äk/.otg üÖqcctcc
TccCza e'lSeg, ^tieI xcd aizog ov txqo no/J.of) voaijaag zoiövSs zi i&saoäiictjv.
Die art der beziehung von Kleodems yision auf die des Eukrates unter-
scheidet diesen Übergang wesentlich von dem steigernden in c. 17. Der
autorität des Jon wird daselbst die gewichtigere des Eukrates gegenüber-
gestellt.
41
Vision nur mimisch, i) ihre parallelversion in c. 25 gar nicht,
sondern erst die dublette des Antigonos (c. 26), d. i. das letzte
stück der trias, kritisiert. Jons beschreibnng der geister-
bannung in c. 16 veranlafst dagegen den Eukrates, von seiner
dämonischen Pelichosstatue zu fabeln. Die sekundäre be-
deutung von Jons bericht verrät, aulser seiner kürze, der
umstand, dals es sich im ganzen um kein individuelles erlebnis,
sondern nur um eine allgemein bekannte tatsache handelt;
blofs in den schlufs Worten, die den spott des Tj^chiades heraus-
fordern und so die erzählung des Eukrates direkt verursachen,
wird eine persönliche beobachtung angedeutet. 2) Diese auf-
fassung des c. 16 unterstützt der umstand, dals die lange Vor-
bemerkung zu dem, auf ein mindestmafs verkürzten, erlebnis
Jons die vorhergehende gruppe der beschwörungsgeschichten
ebenso abschliefst, wie das Vorwort Kleodems (c. 13) vor seiner
erzählung von Glaukias und Chrysis die beschwörungs-
geschichte Jons in c. 11 und 12 oder die von Tychiades ein-
geflochtene anekdote aus dem leben Demokrits (c. 32) die
histörchen über revenants. Die ausführungen Jons in c. 16
verhalten sich demnach zur folgenden geschichte des Eukrates,
gleich dem Signalement des durch alle vier demente wandelnden
hyperboreers (c. 13) oder des memphiten Pankrates (c. 34) zu
den anschliersenden geschichten Kleodems oder Eukrates';
alle drei dienen zur allgemeinen einleitung in die folgenden
individuellen erlebnisse. — Die Verwendung von parallel-
versionen begünstigte die Ordnung der einlagen in fünf sach-
gruppen, wie ein blick auf die erste rubrik der umstehenden
tabelle lehrt.
Die komposition der fünf gruppen ist eine zentrale;
I und V sind thematisch identisch, II und IV thematisch
gleichartig, III blieb ohne gegenstück. Die künstlerische ab-
sieht der Steigerung fördert eine solche, zum mittelpunkte der
geschichtenreihe gravitierende, aufreihung scheinbar nicht.
Wirklich ist zunächst nur von I— III ein anschwellen zu be-
obachten. II und III sind gewichtiger als I, weil dort die
*) Vgl. c. 24: xdyu) iytXaoa xxX.
^) C. 16: iyco [Jon] yovv xul ddov i^iöviu [den dämou] iih)Mva xul
xanvwÖT] i^v /QOiäv.
42
I magier
II dämonen
III Hadesvisionen
IV revenants
V maqier
1. Jon c. 11—12
2. Kleodem c. 14
3 a. Jon c. 16 (Übergang)
3. Eiikrates c. 18-20
3b. Antigonos c. 21
j i. Eukrates c. 22— 2-i
! 4 a. Kleodem c. 25
I 4b. Antigonos c. 26
f 5. Eukrates c. 27
\G. .^rignotos c. 30—31
7. Eukrates c. 33—36
} A) Jon
} a) eigenes erlebnis
[ B) Kleodem
\ /?) eigenes erlebnis
auf allgemeiner
1 grundlage
] }') zeugen
C) Eukrates»
} (V) Zeugenaussage
j e) schwur
D) Arignotos
} t.) objektiver beweis
]
\ Tj) fähigkeit, das er-
lebnis zu wieder-
E) Eukrates 2
1
1 holen
beispiele auf einander bezogen werden, während sie hier nur
neben einander stehen. III überragt II, weil dort zwei gleich-
artige geschichten die haupterzählung bekräftigen, hier jedoch
blofs eine, da die überleitenden betrachtungen Jons in c. 16
nur als anregung zum hauptbeispiele wirken. Nach dieser
argumentation stehen IV und V ebenfalls hinter III zurück.
Unter IV vereinigt Lukian noch loser und zufälliger, als
unter I, zwei berichte, da Arignotos die erzählung seines Vor-
redners gar nicht kennt; er tritt ja erst nach ihrem beschlusse
bei Eukrates ein. ^) V enthält nur ein einziges beispiel gegen-
über allen vorhergehenden gruppen; die schlufsabteilung
erscheint demnach als die minderwertigste.
[II] In Wahrheit ist sie's schon wegen der verschiedenen
autorität der erzähler nicht. Das grölste vertrauen besitzt
von vorne herein (vgl. c. 5)2) die Sokrateskarrikatur Eukrates,
der denn auch am meisten auf den ungläubigen Tychiades
einspricht. Eukrates führt in c. 17 selbst seine autorität ins
treffen; sie wird da noch von Tychiades respektiert. In c. 32
erhebt dann Arignotos die glaubwürdigkeit des Eukrates über
seine eigene und die der anderen anwesenden: ov 6t, ?} ö' ög 6
^) C. 29: trrt rovroiq o IlvO^ayoQixog 'Ajjiyycoioi; doTilQ^ev xxl.
») Daher trifft der tadel des Tychiades (in c. 5) wegen der über-
schwänglichen beglaubigung handgreiflicher lügen den Eukrates allein,
obwohl seine freunde sich derselben beglaubigungstechnik bedienten und
daher heilst der dialog <l>0.o\pbv6riq, nicht f/u/.oiitvdslg. Vgl. P. M. Bolderman,
Studia Lucianea. Diss. Leiden 1893, p. 17*.
43
'AQiyj'onoc, el fnjre tfiol jtiGreveig Xtyopti fojre Jeiroficr/ro 1}
KXioöf'/juo Tovro/i [tt'iTE avroi EvxQarei, rptQe Eijch riva jkqI
rcöv TOiovTcoi^ d^iojciöToreQov r/yy Tch'arria ?){/iv liyovru;
Nach Eiikrates gilt Arignotos als der vertrauenswürdigste,
wie die elirfurcht lehrt, mit der ihm auch Tychiades anfangs
(c. 29) begegnet. Der pj'thagoräer verscherzte dessen achtung
erst durch seine teratologie ; nach ihrer erzählung wagte ihm
Tychiades (in c. 32) frei zu erwidern. Dadurch dals Lukian
den Arignotos einführte, nachdem sich Eukrates schon dis-
kreditiert hatte, stellt seine erzählung gegenüber den vorher-
gehenden eine Steigerung dar. Nachdem auch Arignotos
enttäuscht und selbst dem Eukrates den vorrang zugesprochen
hatte, konnte Lukian durch die schlufsgeschichte in Eukrates'
munde nicht nur des Arignotos, sondern auch die früheren
beispiele jenes übertrumpfen. Jon und Kleodem geniefsen
geringeres vertrauen; ihre haupterzählungen eröffnen daher
die beispielreihe. Auch dafs sie im übrigen nur als erzähler
von parallel Versionen zu worte kommen, unterscheidet sie
wesentlich von Eukrates und Arignotos. Kleodem rangiert
vor Jon. Diesen rangunterschied rechtfertigt der Verfasser
mit dem vorgeben des peripatetikers (c. 13), er sei kein un-
kritischer, sondern durch erfahrungen überzeugter anhänger
des Wunderglaubens. Daher erhebt sich seine parallele in
c. 25 fast zur bedeutung eines hauptbeispieles, Avährend die
Jons in c. 16 nur die Verbindung zwischen zwei erzählungs-
gruppen herstellt und eine anreguug gibt, also rein technische
bedeutung hat. Der arzt Antigonos endlich erzählt als nicht-
philosoph, wie schon erwähnt, ausschliefslich parallelfassungen,
ist somit in der untergeordnetesten rolle beschäftigt. Diese
erwägungen führen zur folgenden, nach der autorität der
berichterstatter ansteigenden, reihe von haupterzählungen, die
in die zweite rubrik der tabelle oben auf s. 42 eingetragen ist:
A) Jon, B) Kleodem, C) Eukrates 1, D) Arignotos, E) Eukrates 2.
Der Schlufspunkt der reihe ist ihr höhepunkt. Die ijradatio
von A) — C) läuft parallel der durch nebenerzählungen be-
wirkten, die speziell der gliederung innerhalb C) dient.
[III] Wie durch nebenerzählungen, so wird auch durch
ihre beglaubigungen die Steigerung von A) — E) heraus-
gearbeitet und diese reihe noch weiter abgestuft. Jon und
44
Kleodem meinen die wahiiieit ihrer wundergescliichten in
c. 11 — 12 und c. 14 aufser frage zu stellen, indem sie dieselben
als erlebnisse ausgeben. Und zwar bestimmen sie entweder
die begebenlieit, deren augenzeugen sie sein wollen, durch
zeitliche, örtliche details, oder sie berufen sich direkt auf ihr
erlebnis. In die erste kategorie gehören die einsätze in c. 11
(chronographisch : t]v iilr tyo) [HLQccyuov tri dficpl ra t^ttccqcc-
yaidrxa Iti] oxtdör ') und c. 14 (topographisch : lyro yovv
6i7f//jCoifai v(/Tr a tiöov yi:i'6inra vjt^ ccvrov Iv D.uv/Aov zov
'4Af 5^ x-?vfc'orc •) , in die zweite die an Tj'chiades gerichteten
schlulsworte Kleod.ems (c. 15), dafs jener, weun er die taten
des hyperboreers ebenfalls selbst gesehen hätte, sich dem
Wunderglauben nicht länger verschlösse. 9 Kleodems erzählung
hat aber vor der Jons aufser diesem direkten Zeugnisse noch
ein Signalement des hyperboreischen Zauberers (c. 13) voraus,
das über seine magische leistungsfähigkeit unterrichtet. Jon
charakterisiert dagegen den schlangeubanner (in c. 11) nur
als: (h'dQa Bußvlcünov rojv XaXöcdcor, ojg (faoiv. Das
Signalement des nordischen magiers bezeugt Kleodem gleich-
falls durch autopsie.-) Zu denken ist, was aber Lukian im
Interesse technischer Ökonomie noch nicht ausdrücklich be-
merkt, an öffentliche Produktionen des hyperboreers, die seine
magische kunst erweisen und so seine rolle in dem sonder-
erlebnisse Kleodems, in der geschichte von Glaukias und
Chrysis, glaubwürdig machen sollten. Kleodems fabelei ist
demnach besser bezeugt, als die Jons; d.h. der fortschritt von
Jons geschichte zu der Kleodems bedeutet eine Steigerung.
Den Tychiades, der einen augenscheinlichen beweis verlangt,
vermag sie von seinem Unglauben jedoch nicht zu heilen, wie
seine, an die schlufsworte Kleodems angeknüpfte, kritik be-
weist. 3) Daher beruft sich Eukrates in c. 18 auf seine haus-
') C. 15: el ratJra elSeg, a> Tv/jädr], ovx elf In i]7iioT7]Ciaq elvai noD.u
tv xaXq Inux^uTg '/Qr\oiy.u.
^) C. 13: tlÖOV 7l£l6fX8VOV TOV ^IVOV TOP ßc'.QßUQOV ... xl yuQ iihi
Tcoislv avTov OQüJria öiu rov uiQoq (pe^öfierov ^ftiQccg ovotjg xal Icp vöaxoq
ßuöiCyOVXu xal 6ia nvQoq öie^iövia xcd oyoXfi xul ßuötjv;
^) C. 15: tv Xi-yeig, 7/v d' tya>' inioxstov yßß av, tl' ye eldov uvxä,
vf)v 6s ovyyycü/utj, oi/xcci, el fxrj xu ofxoia v/xcv o^vösQxelv v/^<ji.
45
leute als zeugen^) seines erlebnisses.*^) Lukian erreichte
diesen höheren grad der beglaubigung nicht unvermittelt.
Als Vorstufe mufs Jons versuch in c. 16 gelten, sein erlebnis
auf einen, als magier allbekannten, mann zu projizieren; 3)
um diesen einen "wesentlichen zug hat er nämlich das ihm
vorschwebende Signalement des hyperboreers bei Kleodem
vermehrt. Wie die öft'entlichkeit, so führt auch die häufigkeit
des erlebnisses zur zeugenfiktion ; wiederholt will daher
Eukrates geistererscheinungen gehabt haben. ^) Auch die
Verstärkung der beglaubigung durch zeugen lehnt Tjxhiades
höhnisch ab. ^) Eukrates geht also von der blofsen erwähnung
der zeugen zur dramatischen Zeugenaussage weiter. Als
trumpf spielt er sie am Schlüsse der Schilderung seiner Hades-
vision (c. 24) aus. Er ruft daselbst den Sklaven Pyrrhias, der
bei einem teile des erzählten erlebnisses zugegen war, zum
zeugen auf und dieser vergröfsert freigebig die lügen seines
herrn durch einige details. Seine Hadesvision hatte Eukrates
zu beginn ihrer Schilderung als bezeugtes erlebnis aus-
gegeben ;'5) er ging somit von der im vorhergehenden stücke
angewendeten form der beglaubigung aus. Die Steigerung
von nr. 3 zu nr. 4") machte er auf diese weise sinnfälliger.
Den qualitätsunterschied zwischen nr. 3 und nr. 4 verdeutlichte
Eukrates aber auch durch die art der beglaubigung des ge-
siebtes, als eigenen erlebnisses. Er bestimmt es nicht nur
^) V. 18: tÖ yoüv tisql tov ccrStiiäyToq, i] d' o," o EvxQÜzrjg, anaoi
Tolg ini xf^q oixiaq oaca vvxreg (puivöfxtvov xul naiol xal reavlccig xcd
ybQOVoi xovTo ov nuQ^ ifioü [xövov dxovosiaq uv, «AA« xal naga xwv
ijfxexeQcuv cinc'a'Tcov.
^) Als erlebnis wird die gescliichte bestimmt einerseits durch die
topographische üxieruiig- der statue in c. 18, andererseits durch Eukrates'
hinweis auf seine erfahrungeu mit ihr in c. 19: oiöa iy(u öoor Öiraxui
ovxoq 6 vno aov ye).(öfievog ävÖQic'cg.
') C. 16: xcd xavxa ovx £/.ie /Qt) ).i'ysn; a'/J.u Tiävxeg l'occai xov —V()ov
xov ix xtjg Hcü.uioxLVrig xxl.
*) C. 17: tym ÖS ov/_ unu^, u'/j.u ^VQiüxig //J// xu xoiutxu xsO^taiuu'
^) Vgl. c. 19: xl d' Ol;»' xcd uX).o noiovvxu OQcae ccvxov uTiccvieg ol
iv x^ otxLu;
*) C. 22: axovs xoivvv, h(frj 6 Evxfjcaijg, xovxo fxtv xcd tnl ^iuqxvqcuv,
o TCQO ixcvv ntvxE siöov
') S. die tabelle oben auf s. 42.
i6
eingangs genau topo- und chronograplüscli,i) sondern er be-
grenzt es auch unter ausdiiickliclier berufung auf seine
Wahrheitsliebe freiwillig enger, als es bei dem blinden ver-
trauen seiner zuhorer auf diese notwendig wäre 2) und gibt
in der lebendigkeit seiner erinnerung'') einen beweis für die
realität der reproduzierten Vorstellung. Solche raffinierte
Steigerung der Wahrheitsbeweise machen bezeichnender weise
die nebenerzählungen Kleodenis und Antigonos' nicht mit; sie
geben sich ganz schlicht als persönliche erfahrungen ihrer
berichterstatter. So ist die spukende Hippokratesstatue eigen-
tum des Antigonos;^) so hatte er den aus der unterweit
zurückgekehrten todten vor und nach seiner Hadesfahrt
ärztlich behandelt (c. 26). Genauer bezeugt Kleodem seine
auferstehung vom tode, einerseits indem er die ihr voraus-
gehende krankheit zeitlich festlegt s) und durch berufung auf
den anwesenden Antigonos, als seinen damaligen arzt, sicher-
stellt, 6) andererseits durch den hinv/eis auf seine ankündigung
des todes von Demj^los, mit dem er verwecliselt worden war. ')
Auch durch diese sorgfältigere beglaubigung erhebt Lukian
Kleodems Hadesfahrt über die anderen parallelversionen seines
(I>iloii'tvö)'iq (vgl. oben s. 43). Eine Steigerung der beglaubigung
bedeutet aber erst wieder des Eukrates schwur bei seinen
söhnen, «) mit dem er den bericht über die erscheinung seiner
verstorbenen gattin Demainete eröffnet. Diese stufe der be-
*) C. 22: äxovs xolvvv . . . xovto [xlv xal tnt ^uqxvqojv, ü jiqo iraJv
ntvre eiSov irvy/uvE /xhv ainpl T()vyrjxöv xo exog 6v, tyu) 6e ufx(fl xov
ciyQOV fiieaovoijg xfjq ijfxtQtcg xQvywvxaq d(pelg xovg iQyüxaq xca' (/uuvroy
elg xrjv v?.ijv anyeiv ^exa^v <pQorxi'C,ojv xi xal avaoxonov/uEVog.
*) C. 24: xov W.äxcova 6h ovx iyvwQiacc ' XQV y^9> oißai, nQog (piXovg
avSgug xdhjS^rj ?.tyeiv. Vgl. Tö^aQig c. 21. JZf^ii xwv öixpdöov c. 6.
') C 22: oQüxe . . . öncog l'(pQi^c(, ß) (p'ü.oi, fzexcc^v ötyjyovfxevog; xal
i'cfxu ).ty(i)V iöelxviev 6 EvxQÜxjjg xug ltiI xov nr'jyevjg XQr/ag näoiv u()i^ug
VTCO xov (pößov.
*) Einsatz seiner erzählung (c. 21): xdfioi, w EvxQaxsg, '^InnoxQäxrjq
iaxl •/_tt?.xovg ooov nriyvcüog x6 ni'yti}og xx)..
•') C. 25: ... Itcü xul avxog ov tiqo tio'ü.ov voai^oag xoiöröe xi tOecc-
oiqiiiv *
'"') C. 25: IneaxöncL öt /if xal iO-iQCcnevEv 'Arri'yorog ovxog.
'') C. 25: un>']yys?.?.ov dh unuoiv (hg xn9-ri]^exai Jij/^tv).og'
^) C. 27: ovxcog örutfitjv . . . xovxwv — i:7iißu).(i)V uvxolv xt)v yü^u —
wg ulrjf^f, (!) Tvyjäi)rj, n^ög oe tQüi.
47
teuerung hebt denn ancli Tycliiades, als besonders bezeichnend,
im rahnieng-espräche mit Philokles (c. 5) hervor. Im übrigen
ist der erlebnischarakter der begegnung des Eukrates mit
dem g-eiste seiner gemahlin nur durch deren genaue datierungi)
und h:»kalisation typisch angedeutet. Eine eingehende und
ausführliche Ortsbestimmung schickt auch der pythagoräer
Arignotos der beschreibung seiner geisterbanuung voraus
(c. 30). Ihr Wahrheitsbeweis beruht aber ebensowenig, wie
in den übertrumpften erzählungen seines Vorredners, auf
dieser — selbstbewulsten — ankündigung des erlebnisses und
dem Signalement des gespenstes (c. 31); ein solches hatte ja
schon Jon in c. 16 und in gröfster ausführlichkeit Eukrates
in c. 22 und 24 gegeben. Der fortschritt besteht vielmehr in
der erklärung des spukes^) durch den pythagoräer am Schlüsse
seiner darstellung (c. 31). Eine von ihm veranlafste grabung
im hause ergab nämlich, dafs ein ermordeter darin verscharrt
war. Nach seiner rechtmäfsigen beisetzung erlosch der spuk.
Wie schon Eadermacher a. a. o. betont, will Arignotos mit
dieser geschichte seine behauptung stützen, dals nur die eines
unnatürlichen todes gestorbenen menschen den lebenden als
revenants erschienen. Als aber auch dies auf konkretes
material gestützte, objektive beweis verfahren für die,
von Arignotos bedeutend eingeschränkte, these von der
existenz überirdischer phänomene im irdischen leben den
Tjxhiades nicht überzeugt, führt Eukrates durch die an-
malsung magischer fähigkeiten, die ihm eine Wieder-
holung des berichteten erlebnisses ermöglichten, den haupt-
streich gegen dessen hartnäckigen Unglauben.'*) Im gegensatze
zur vorhergehenden Demokritanekdote des Tychiades be-
zeichnet er seine geschichte als persönliches erlebnis,-*) aufser
^) C. 27: hß6ü(j.rj 6h f^ieru rrjy reXevxtjv ^),utQCi ty(o /xsv trruvO-a inl
xfli x/.lvrjg üJonsQ vvv ixeifi7]v naQaf-ivd^ovfierog xö ye ner&og'
^) L. Eadermacher in: Festschrift Theodor Gomperz dargebracht.
Wien 1902, p. 205f. fafst sie daher mit recht als pointe der von ihm
rekonstruierten teratologie auf.
^) Die richtigkeit dieser deutung der schlulsgeschichte verbürgt ihre
Zielsetzung in c. 33: t«/« y^Q «*' 'f«' (»v, (o TvyiäSrj, uaovwv iiQooßi-
ßuo&sirjg nQog xrjv u?.j]x^£ucv xov ^it^y/jfxcczog.
*) C. 33: iy(o 6s v/xTv xul al'/.o 6it]y/jOO(/.tci uvxdc na&cür, ov ncc^'
aV.ov axovoaq, •
48
tliiiTli den zu diesem zwecke üblichen chrono -topographiscli
detailierten eingang- (c. 33), durch das ebenfalls typische
Signalement seines lehrers, eines ägyptischen Zauberers, i) Es
besitzt Vorläufer an dem des chaldäers bei Jon (c. 11), des
hj'perboreers bei Kleodem (c. 13) und dem des syrers bei Jon
(c. 16). Infolge der öffentlichkeit der Produktionen des ägypters
steht sein Signalement auf derselben stufe der glaubwürdigkeit,
wie das bestbezeugte unter den übrigen, das des Syrers aus
Palästina. Den nachteil, dals Eukrates seinen wundermann
in Ägypten in tätigkeit sah, während die anderen barbarischen
goeten in Griechenland selbst gewirkt hatten, gleicht Arignotos
durch die drayrcJQiaig tx ovlloyKj^wv'^) des ägypters, als
seines lehrers Pankrates, aus. Lukian benützte diese wieder-
erkennung, um durch den pythagoräer den namen des memphiten
zu nennen und seine personsbeschreibung^) zu geben. Er
machte auf diese ^veise das Signalement des ägyptischen
Zauberers zum ausführlichsten, wahrscheinlichsten und so
beweiskräftigsten unter allen und damit zur passenden ein-
leitung der schlufserzählung, als des höhepunktes der beispiel-
reihe. Die pointe der geschichte, nämlich des Eukrates be-
hauptung, das zauberstückchen Aviederholen zu können, wird
von ihr durch eine zwischenfrage des Deinomachos abgehoben
(c. 36 schlufs).^) Diese isolierung macht sie wirksamer und
deutet ihren qualitativen Vorzug vor den übrigen beglaubigungen
an. Der erhellt auch aus dem eindrucke der frechen lüge
auf Tychiades. Während er früher mit höhn, mit Unglauben
und mit argumenten e causa, e contrario und ex auctoritate
erwidert hatte, fafst ihn jetzt (c. 37) der zorn über die albernen
histörchen, mit denen die phüosoj^hen einander regalieren.
Gerade der stärkste im laufe des gespräches gewagte be-
glaubigungsversuch hat somit für Tychiades jeder weiteren
beweisführung der gegner ein ende gemacht. — Ein rückblick
auf den letzten [IIL] teil der vorstehenden ausführungen lehrt,
dal's der Verfasser sechs grade der bezeugung — abgesehen
') C. 34: Mei^KfitriQ uv^Q xüiv leQoyQuixfxaxtiov, O^av/xäaiog xtjv oo(plav
xal ZTJv ntciöeiuv nüouv tlämq. xriv Alyvnximv xxX.
2) Vgl. Aristot. nti>l noirjxixfiq c. 10 (p. 1455 a, 4 Christ).
*) Vgl. R. Reitzeiistein, Hellenist, winidererzäbl. Leipzig 190G, p. 39.
*) Vgl. den ähnlichen gebrauch der zwischenfrage im Tö^uQiq c. 21.
49
von den nebenerzälilungen in stetiger Steigerung — angewendet
hat,i) nämlich die beglaubigung diircli: a) eigenes erlebnis,
ß) eigenes erlebnis auf allgemeiner grundlage, 7) zeugen,
ö) Zeugenaussage, t) scliwur, ^) objektiver beweis, //) die
fähigkeit, das erlebnis zu wiederholen.
Zusammenfassend ist festzustellen, dafs Lukian die nach
ihrem Inhalte konzentrisch gruppierten wundergeschichten des
(T>(Äot!'tv(hjg gleichzeitig in eine lückenlos zu ihrem schlufs-
und hühepunkte ansteigende reihe geordnet hat. Erreichte
der Verfasser die konzentrische komposition auf dem gewöhn-
lichen wege, nämlich durch proportionale Verteilung des Stoffes,
so bewirkte er den steigernden aufbau in durchdachter
Ökonomie allein durch das zusammenwirken dreier gleich-
gerichteter technischer mittel. Da die komposition durch
Steigerung im vorliegenden falle die wichtigere ist, 2) diente —
gleich ihrer verborgenen kunsttechnischen ausführung — die
konzentrische anordnung der stoffteile zu ihrer maskierung,
Lukian liels sich somit bei der abfassung des ([»iloxptvdt'i^
durch die regel leiten, dals der ästhetische eindruck umso
stärker ist, je unmittelbarer er erfolgt, d. h. je weniger Urteils-
kraft es braucht, um zum künstlerischen Verständnisse eines
Werkes, als der grundlage des ästhetischen gefühles, zu ge-
langen. 3)
^) S. die dritte rubrik der tabelle obeu auf s. 42.
2) Sie motiviert so das äufsere rahmengespräcli.
') Vgl. Zsv^ig c. 5: t« fitv ovi' u).Xa t'jc y(ja(piJQ, t<p^ oaa zoiQ
tSi(t)xaiq "^{.liv ov nävrij ^npuvfj ovxu ri)r ohjv of^cog 6/ft övvapiiv xfjq
rr/rijq, olov .. . y^captioy Ttcdöeq tmavovviuiv, olq £Qyov elSivui iic roiavza.
Ehetorische Forschungen. 1.
IV.
Tö^uQig 7j (piXta.
In den prolegomena zu seiner ausgäbe des Tösagtc ^ ver-
mutete Jacob, dafs der genannte dialog erdiclitete kern-
gescliicliten enthalte. Lukian hätte sie mit der figur des
Toxaris verknüpft, weil derselbe, als Vertreter des durch
seinen freundschaftskult berühmten skj^thenvolkes und wegen
persönlicher freundschaftlicher beziehungen zu berühmten
griechen, den Charakter des büchleins am besten bezeichnet
hätte. Der wahrheitseid, mit dem die beiden erzähler, der
athener Mnesipp und Toxaris, ihre geschichten bekräftigten,
besäfse danach nur technische bedeutung. In seiner Charakte-
ristik Lukians-) stellt Jacob dann mit entschiedenheit den
To^aoig als moraliscJi-wunderhare erzählung dar. Zu einem
ähnlichen, aber viel deutlicheren ergebnisse führten Chassangs
beobachtungen.3) Scharfsinnig erkannte der französische ge-
lehrte in der eidesfiktion ein bedacht verwendetes kunstmittel,
das den leser über die Unwahrheit der mitgeteilten freund-
schaftsproben von vorne herein aufklären sollte. Damit ist
gesagt, dafs die begiaubigung einer sophistischen erzählung
ihre Zugehörigkeit zu einer bestimmten literarischen gattung
anzeige. Dafs der wahrheitseid im vorliegenden falle auch
durch die Aktion des wettkampfes der beiden erzähler gefordert
und gerechtfertigt wird, scheint Chassang ebenfalls nicht ent-
gangen zu sein. Denn richtig bezog er die beiden, den aufbau
des dialoges kennzeichnenden, einwände Mnesipps und Toxaris'
*) Luciani Toxaris graece. Prolegomeuis iiistruxit, auuotatiouem et
quaestiones adiecit Carolus Georgius Jacob. Halis Saxonuin 1825,
p. XXXIX ff.
-) Characteristik Liicians von Samosata. Hamburg 1832, p. 130 f.
*) A. Chassang, Histoire du roman et de ses rapports avec Thistoire
dans Tantiquite grecque et latiue ^. Paris 18G2, p. 410 —412.
51
in c. 18 und c. 5G auf einander. Dabei sollte er nun über-
sehen lialjen, dafs der walirlieitseid nur der äufsere vorwand
für diese einwürfe in die erzälilung des partners, ihr wahrer
g-rund aber das bestreben der konkurrenten ist, dem gegner
den sieg zu entreifsen? Weniger glücklich verlegte Chassang
den Schwerpunkt des TösctQi^ in die skythischen — für ihn
morgenländischen — geschichten ; d. h. mit unrecht betont er
ivHnderhat\ das er fälschlich mit orientalisch identifiziert, in
Jacobs Charakteristik des To^agig, als moralisch - wunder-
barer erzählung. — Diese vielversprechenden ausätze zur
wissenschaftlichen erforschung des lukianischen Tosccqiq wurden
zunächst nicht weitergeführt. In diametralem gegensatze zu
Chassangs auffassung des dialoges, als Sammlung vornehmlich
wunderbarer geschichten, steht nämlich die Untersuchung
Guttentags, ') der — befangen in den Irrtümern einer roman-
tisclien doktrin — das kunstwerk nur als historische quelle
betrachtete und so nach der Wahrheit oder doch äulseren
Wahrscheinlichkeit des erzählten seinen ästhetischen Avert
normierte. Guttentags törichte argumentation für die un-
eclitheit des To^aQig bemühte sich besonders Kretz^) punkt
für punkt zu widerlegen. Aber auch ihm fehlte richtiges
Verständnis für den dialog, wenn er 3) ihn für eine blolse
unterhaltungsschrift und Lukians angebliche Verspottung der
beiden rahmenerzähler für ihre leitende idee erklärte. Kretz
hielt nämlich die technischen mittel zur kennzeichnung des
zweiteiligen aufbaues des novellenkranzes für den ausdruck
der Ironie des Verfassers, ohne zu bedenken, dafs eine solche
Ironie zu wenig in den Charakteren der verspotteten begründet
wäre, um nicht anstatt komisch, albern zu wirken. Durch
diese Ironie, als dialogidee, erfüllte der Tö^ccqiq nach Kretzens
meinung seinen belletristischen zweck am vollkommensten.
1) Isidorus Guttentag, De subdito qui inter lucianeos legi solet dialogo
Toxaride. Berlin 1860. Guttentag verdient erwähnnng auch als einer der
ersten unter den zahlreichen forschern, die die echtheit oder unechtheit
lukianischer Schriften erweisen -ffollteu, ohne sie vorher künstlerisch ver-
standen zu haben.
^) C. Kretz, De Luciani dialogo Toxaride. Progr. des gymn. Offen-
burg 1890/01.
=>) A. a. 0. p. 11.
4*
52
Erst Hirzeli) ^nd Sinko^) förderten wieder das Verständnis
der Inkianischen Jugendarbeit; aber aiicli sie niclit in der von
Chassang- eingesclilagenen. sondern in biogTaphiscli-liistoriscber
riclitung.3) Hirzel erkannte im TosccQtg ein seiteustück zur
2Ly.ct)/ig ?j jTQÖ^tj'og betitelten jr^ohcÄid Lukians; Sinko ver-
moclite auf grund dieses Zusammenhanges und teclinisclier
Verwandtschaft mit den prologen 7y(>o(3oroc und Ztcsig dem
dialoge einen zeitlich festen platz in der Inkianischen Schriften-
reihe anzuweisen und seine idee in bezielmng zum leben des
samosatensers zu setzen, der als barbare auf seinen vortrags-
reisen um die gunst der griechen werben mufste. Ferner
erklärte Sinko aus der einführung des Toxaris im ^zvtnji,
dafs diese, übrigens von Lukian im hinblicke auf den h3^per-
boreer Abaris erfundene, person ohne weiteres Signalement
im Zwiegespräche mit Mnesipp auftreten konnte. Damit und
durch den nachweis des v/ahrheitseides mid der txrfoaou im
6. c, als Lukian geläufiger technischer mittel, korrigierte er
in glücklichster weise Jacobs ältere Vermutung, die dem
Tü^üQig noch einen, gleichwohl dürftigen, historischen hinter-
grund beliefs. Durch die schlagende analogie zwischen der
dialogidee und der lebenslage des samosatensers zur zeit der
abfassuug des Iosccqic berichtigte Sinko in gleicher weise
Chassangs falsche auffassnng der skythischen novellen, als
orientalischer wundermärlein. Sie illustrieren vielmehr die
ihrem Verfasser persönlich naheliegende dialogidee. Auch
Böttigers schiefer vergleich des TostcQig mit den 'Ahidüq
iOTO()iai fällt nunmehr in sich zusammen nnd von Jacobs
Charakteristik des To^ccqiq, als moralisch -wunderbarer er-
zählungsreihe, bleibt nur noch der erste teil zu recht bestehen,
dem zufolge er eine moralische sclirift sein will; aber eine
moralische schritt in künstlerischer form.
Die epikuräische idee des TösaQig spricht der titelheld
in C.5 aus: xcoh'ti rt ovötr, ori s^j'oi /joai', dXh} fi/] ^xvöcct,
dyadoi-g y.txQiOdai ' ov yuQ tstTu^ofttJ' oütp ol y.aXol xcd
') Rudolf Hirzel, Der dialog. U (Leipzig 1895) 287.
'-) Thaddaeus Sinko, Eos XIV (1908) 123.
') Die breitspurige, aber inhaltsarme diss. von P. M. Bolderman,
Studia luciauea. Leiden 1893, p. 24. 35 ff. enthält nichts neues.
53
clyad^ol eioii', ovöe cpihorovfiei', si //;} (fUoi ovreg cr/ad^a bIq-
yi'cöca'TO, LyiiirovvTic öe a sjTQa^ccr, oixtlorg ccvTOvg (Ltd tojv
tQYfov jTO(ovinih(A) Lukiaii erweist die berechtigimg dieses
strebens der skytheii nach Objektivität, gegenüber der land-
läufigen griechischen exklusivität, an dem beispiele jenes
rohen (c. 8) Volkes selbst, das die tugend der frenndschaft
schon wegen ihres praktischen nntzens-) weit höher schätzte,
als es die griechen trotz aller ihrer bildung (c. 9) vermochten.
Um nun nicht unvermerkt die idee des dialoges zu ver-
schieben und statt gegen griechische Intoleranz, eine Ver-
teidigungsschrift für die barbaren zu schreiben, gibt er der
sk3'thischen vor der griechischen freundestreue nicht den
Vorzug, sondern unterlälst eine entscheidung des wettkampfes
zwischen Mnesippos und Toxaris.^) Im kontraste zu der als
kämpf preis vereinbarten inhumanen Verstümmelung des unter-
legenen gegners bietet der grieche dem barbaren anf grund
ihrer übereinstimmenden anschauungen über die freundschaft*)
*) Vgl. JijHwvaxxoq ß'ioq c. 10: ... <pü.oq ßsv y]v anaOL xal ovk eaiiv
ovtivcc ovx oliislov iv6fiiL.Er, ävd-Qojnov ye orra.
^) Vgl. ihre begrün düng öiä ro XQV^^^MOV durcli Toxaris (c. 36) : tcccq'
rißlv 6s ovre/elq ol 7i6}.6fioi, -/ccd ]] i7ie?.aivo/.iev a).).oiq »/ vTio/ojQOv/iev
iniövtaq ij avfiTieoörxeq vneQ vofifjq y leluq ficr/^öfie&cc, hvd-a (.icü.ioxa 6ü
(pl).ü)v ayad^wv xal Sicc xovro wq ßeßaiözaza awiiS-öfted-cc zaq (ftliccq,
ßovov ToZ'xo on).ov ui.ittyov xal övano}J/xj]Zov eli'cci vo/.ciL.ovzsq und dazu
G. Bohnenblust, Beiträge zum topos ne^l (fi).laq. Diss. Bern 1905,
p. 30 1.6 f.
*) Technisch ermöglicht er diesen ausgang durch ein versehen der
streitenden, die einen Schiedsrichter einzusetzen vergalsen (c. 62: ov yuQ
ixai^laauti' ztva 6ixaoz)]v zo€ /.öyov). Der streit entwickelte sich nämlich
ungezwungen aus einem, u. a. auch deshalb ausführlich als einleitung
(c. 1 — 4) des TXQoolftiov des dialoges wiedergegebenen, gespräche.
'') Mnesipp sagt in c. 62: ... ind 6h xal ov (Toxaris) (piUav inaiveTv
sSo^aq, iyw 6h ov6hv aXXo tjyotfxai ävB^Qfönoiq elvai zovxov xxfj/xa a,usivov
7j xa/Juor (Bohnenblust p. 29 1.17), xi ov/l xal rjfXElq ow^sfievoi ngoq
tj(.iäq aixovq (fi/.oi xs avx6&8v üvai xul eiaael (ceaS-at (Bohnenblust
p. 37 1. 6). Der anfang dieser stelle bezieht sich wohl auf die worte des
Toxaris in c. 7: xal yaQ ovr xal z6öe oTiioq ei6>^c, ov6hv HxvO-ai (fi'/.laq
fieitov ol'ovTai e'lrai (Bohnenblust p. 29 1.16), ov6h foxiv fV oxeo av ziq
^xvQ-rjq fxäXXov oefiPvvatxo ij inl X(5 ov/jinov^oai (pil(p avÖQi xal xoivco-
vfjaai xöjv 6HV(i)v (Bohnenblust p. 42 1. 14), äoneQ ov6hv ovei6oq i-iül.ov
tiuq' ^fj.Zv xov 7iQo66z>]P (fi).iaq ysyev'jo&ai 6oxelv (Bohneublust p. 33
1. 1—15). Den in c. 62 ausgesprocheneu gedanken hatte Mnesipp schon in
54
diese an, ebenfalls aus praktisclien vorteilen den humanen
absclilufs ihres Streites begründend (c. 62). Der bund Mnesipps
und Toxaris' symbolisiert die Verbrüderung der hellenen und
barbaren, die die praktische erfüllung der im eingange des
dialoges ausgesprochenen epikuräischen tendenzen wäre. Er
ist so auch der gedankliche höhepunkt des schriftchens, das
nicht nur jene epikuräischen grundsätze, sondern auch das
politische ideal, dem sie notwendig zustreben, an dem beispiele
des Mnesipp und Toxaris anschaulich darstellt.
Der künstlerische ausdruck dieser idee des TosccQig ist
sein zweiteiliger aufbau. Er äufsert sich schon im sachlichen
unterschiede zwischen gesprächs- und erzählungsteilen, die
Lukian durch den gegensatz von allgemein und angewandt der
in ihnen verwendeten tojtoi scharf von einander abhebt.
Die freundschaft, als diejenige tugend des gesellschaftlichen
lebens, an der die dialogidee demonstriert wird und mit deren
hilfe sie verwirklicht Averden könnte, erfuhr nämlich eine
zweifache behandlung. In den rahmengesprächen wurde sie
abstrakt erörtert, in den kerngeschichten durch konkrete fälle
veranschaulicht. Im rahmen i) bediente sich Lukian der
popularphilosophischen töjiol zur begrifflichen darstellung der
freundschaft ; in den einlagen unterschied er durch angewandte
Tojroi arten dieser tugend nach der Vollkommenheit ihrer
ausübung. — Wie für die popularphilosophie,^) so macht für
Lukian to tcjv oitouov oQtycodai (c. 63: Bohnenblust p. 27
1. 23) das Wesen der freundschaft aus. Dieser ro.^oc, kom-
biniert mit dem der prüfung des freundes, verhilft Lukian
zum versöhnlichen dialogschlusse (vgl. oben s. 533), -^^ recht-
c. 22 vorweggenommen: ool dh . . . dvÖQl dyad^co xcd (pü.lav ri/x<5vn xcd
tibqI rwv iv uvx^j n^xotelcov dfxi?.?.a)fi(:VO) ' Er wiederholte ihn noch zAvei-
nial in c. 63: b yuQ z.öyoq ö naQwv xal to xcSv o/ioitov OQtyeoO^ui (Bohncu-
blust p. 27 1. 27) 7io}.v tcloxÖtsqu zfjQ xvXixoc ixtivt]g tjv nlrcie xx?.. und
ebda.: et ^iD.o) roiovxoiq (pü.oig ivrev^ea&ai oloc ov, to Tö^uql, öiecpäviiq
jj/nv and zwv '/.öycov (Bohnenhlust p. 33 1. 17).
') C. 5 schlufs — 7. 9—10. 23 schluls. 3G-37. 62—63.
"j Ihre ansichten über die freundschaft stellte Bohnenhlust a. a. o.
p. 26 — 44 im zusammenhange dar. Seine Übersicht wurde daher iu den
folgenden ausführungen über die freundschaftslehre im Tö^aQtg 'ständig
zum vergleiche herangezogen.
55
fertig-t nämlich die zweiteiligkeit des dialogbanes durch die
gleicligesiniitheit der erzähler, die gerade aus ihren kon-
trastierten ausfiihrungen Avährend des dialoges hervorging.
Das Symbol dieser (\u6roia ist nun die freundschaft der schein-
baren gegner. In dem augenblicke, in dem sie die identität
ihres Standpunktes erkannten, also die Voraussetzung für ihr
freundschaftsbündnis gewannen, ist das tliema ihres Streit-
gespräches erledigt und dieses selbst versöhnlich beschlossen.
In dem abstrakten entwürfe des freundschaftsideales durch
Toxaris (c. 7 anfang) führt Lukian sechs merkmale jenes
freundschaftsbegriffts an, die sämtlich der popularphilosophie
entstammen :
1. u'roia (Bohnenblust p. 36 1. 21).
2. tr Toi^ deiroic y.oiron'ia (Bohnenblust p. 42 1. 14, vgl.
p. 11 1. 22, p. 30 1. 6, p. 41 1. 3).
3. jrtöTÖr (Bohnenblust p. 43 1. 23).
4. (fiUxaiQov (Bohnenblust p. 43 1. 34, p. 16 1. 8).
5. dX7]d^tQ (Bohnenblust p. 34 1. 13).
6. ßtßcaov (Bolmenblust p. 37 1. 6).
Das 2. und 4. dieser OToixela, von denen Lukian in den
theoretischen partien des T6sc(Qig wiederholt einzelne hervor-
hebt und genauer beschreibt, wie register A) hinter dieser
Untersuchung bezeugt, hat Bohnenblust wohl deshalb nicht
von einander gesondert, weil cpiXexaiQia der allgemeine begriff
ist, unter den Ir xotc ötiroic xoiirojua fällt. Immerhin ist
die trennung der beiden merkmale berechtigt. Denn cpiXs-
rcuQia bezeichnet das freundschaftliche y.cä ßiojöso&at //et'
dXXrjXcw xal djcoO-avElOd ul, yv ötij, vjtsQ tov tztQOv xbv
tx£Qov (c. 37), das «'//« jcQCixxsw jtdj'xcc (c. 62) an und für
sich, d. i. die angenehme gemeinschaft in leben und tod mit
dem freunde, während tj^ xolg ötirotg xourovia den nutzen
der freundschaft in üblen lebenslagen vor äugen stellt. Die
folge der (filbxaiQia ist also für den freund das fjöv, die der
y.oivcovia Iv xolg öeiroig das yxn'iOiiior. Das in c. 62 begegnende
bild von der Vervielfältigung durch die freunde (Bohnenblust
p. 41 1. 1) lälst beide ausdeutungen des Zweckes der freund-
schaft zu, steht also mitten zwischen ihi-en merkmalen cftle-
xaiQia und Iv xoiq ösirolQ xoircoria. Lukian vertrat nach
56
all dem im T6s((Qi? die von Plutarch überlieferte lehre
(Bohnenblust p. 30 1. 3—7), nach der die freimdschaft sowohl
y/cQic, als auch XQila gewährt, demnach sowohl di' /jdonjr,
als auch öiä tö xQfjoqtor angestrebt wird. Ein exempel der
(fiÄia ötcc To yQ7]C)iiior stellte Mnesipp im Agathokles seiner
ersten geschichte auf, ein solches der (fi).'ia dV /jöoy/ji' Toxaris
im Belittas seiner zweiten erzählung. Sind alle diese sechs
OTor/ua vorhanden, dann ist das freundschaftsideal verwirk-
licht. Es gilt für eine göttliche tugend (c. 7): oix drdQcojnra
ravra ohj&-fjf/8r eivcu, d/J.cl tlvoq yvmitrjq ßelriovoc ?j y.axa
xovq, jioXloi'Q TOVTovg di'OQcojrovg (vgl. Bohnenblust p. 44
1. 21). Aus dieser religiösen auffassung der freundschaft
folgt: 1. daXs sie für das höchste menschliche gut (c. 7. 62:
Bohnenblust p, 29 1. 16 — 19) erklärt wird und deshalb mit
einer seinem w^erte entsprechenden ausdauer und mühe an-
gestrebt werden soll (c. 37); 2. dafs man sie nur mit würdigen
eingehen darf (vgl. die Charakteristik eines solchen freund-
schaftsobjektes in c. 37: dyaOor drÖQcc y.cu tir/c'O.a t(r/d-
öaöd^ai ört'afieror mit Bohnenblust p, 28 1. 22). Daher sind
die grundsätze eines menschen zu prüfen, ehe man ihn zum
freunde macht (Bohnenblust p. 33 1. 16 — 32). Die skj^then
schliefsen sich demgemäfs nur an leute an, die sie aus ihren
w^erken als vortrefflich erkannt haben (c. 37). Ähnlich be-
gründet Mnesipp (c. 63) sein freundschaftliches anerbieten an
Toxaris mit seiner erkenntnis von dessen gesinnung (vgl. z. b.
C. 63: oiog ov, c6 To^aQi, ditrfdrt/g 1)1111' (l~ro rcöv ).('r/cov xt/.).
Dieser xöjtog der prüfung des zum freunde erkorenen trägt,
wie oben bemerkt, zum versöhnlichen ausgange des dialoges
dadurch technisch bei, dafs er das freundschaftsbündnis mit
innerer notwendigkeit an das dialogende lokalisiert. Da die
freundschaft in der d'voia der gefährten für einander keine
grenzen kennt, mufs sie in der zahl der freunde beschränkt
sein. Wieder mit Plutarch (Bohnenblust p. 36 1. 26) verwirft
also Lukian die jrolvffüAa, unter der er einen mehr als drei
personen umfassenden freundschaftsbund versteht, weil sie eine
Zersplitterung der tvvota mit sicli bringe (c. 37). Wie Plutarch
(Bohnenblust p. 39 1. 8), vergleicht er in dieser beschränkung
freundschaft und liebe, stellt somit vielfreundscliaft und
hetärenliebe auf dieselbe stufe. Freunde, die allen diesen
57
anf orderungen genügen, gelten als aufserordentlicli selten
(Bolinenblust p. 37 1. 7). Mnesipp brachte diese anschauung
in den scliluisworten des dialoges dadurch zum ausdrucke,
dafs er beteuerte, er lielse sich auch eine weitere reise, als
nach Skj'thien, nicht verdriefsen, um einen freund, wie Toxaris,
zu finden. Die Seltenheit vollkommener freundschaft liels
diese dann bei Orestes und Pylades, die als (fi?.oi IIqiotol
(c. 5 ende. 7 ende) den sk^'then vonodtTai, paradigmatische
muster der freundschaft wurden (c. 5 ende : Bolinenblust p. 41
1.26 ff.), überirdisch erscheinen und erklärt derart die Ver-
ehrung der beiden heroen als qihoi öa'iiiortq (c. 7 ende).
Der grofse häufen kann sich hauptsächlich infolge seiner
unverläfslichkeit und treulosigkeit in nöten des freundes
(Bohnenblust p. 33 1. 1—15) zu diesem göttlichen freundschafts-
ideale nicht erheben. Die unbeständigen dutzendfreunde er-
füllen also nicht die bedingung der Ir roig deiroig xoircoria.
Sie beanspruchen wohl xd xonrorf/öai rcör yöton' (c. 7), wollen
aber nichts wissen von zd öviuiorrjoai (filco ävÖQi xccl -aoi-
vcovfjöai Tcöv ösiiwJv (c. 7). Sie machen sich auf diese weise
schuldig des jtqo66t7]v cpiXiag yeyei'fjoOcu (c. 7), der wort-
freundschaft (c. 9). — Die auf dieser freundschaftslehre be-
ruhenden angewandten töjtol der einlagen dienen ihrerseits
dem zweiteiligen baue des TÖscqiq. Und zwar unterscheidet
durch sie Lukian zwei arten des mit den allgemeinen ro'.TOi
bestimmten freundschaftsbegriffes, nämlich griechische und
skythische auffassung der freundschaft. Die neue Zweiteilung
findet ihren sinnfälligsten ausdruck in der gleichen anzahl
von kerngeschichten, durch die Mnesipp und Toxaris ihre
thesen erweisen wollen. Bedeutsam ist dabei, dafs die beiden
erzähler nicht abwechseln, wie etwa im lukianischen fpilo-
ftvöi/Q, in dem die einzelnen wiederholt das Avort ergreifen
und einander auf diese weise überlügen können. Dagegen
erzählt im Tö^aQig zuerst Mnesipp, dann der skytlie seine
fünf geschichten in einer folge. Technisch ermöglicht ist dieser
bau durch die fiktion des wettkampfes. Den einlageerzählungen
geht somit eine Vereinbarung der beiden redner voraus, in der
sie zahl und Charakter der zulässigen beispiele bestimmen
(c. 11); und zwar sollen bei gleicher zahl die gewichtigeren
und besser bezeugten den Vorzug vor den anderen haben.
58
L Die ralimenerzälilung ist in allen ihren teilen
kontrastparallel gebaut. So entsprechen einander:
1. Die Unterbrechungen des erzählers durch den gegner
nach oder während der einzelnen einlagenovellen. Aus der
Aktion des "wettkampfes erklären sie sich als bestreben, einer-
seits die erfüllung des Vertrages durch den partner zu über-
wachen, andererseits denselben zu überflügeln.
Als ]\rnesipp des Toxaris schwur beim skythensäbel und
winde bekrittelte, wahrte der sofort sein recht (c. 38): oQö.q
TOVTO ojg Iqiotixov jroiEic xcu öiy.arr/cdv vjioy.QOvcov [azaS^v
y.aX dicufdt'iQcov ftov röv ?.6yor; tyco de ijOv/iccv i'iyov oov
/tyovTog. Diese letzte, übrigens ungenaue, bemerkung ver-
anlafste den getadelten zum schweigen bis nach der dritten
und längsten skj'thischen geschichte. Dort unterbrach er den
Toxaris, um ihn durch sein milstrauen an der eben erzählten
begebenheit daran zu erinnern, dafs sie der forderung nach
guter beglaubigung der beispiele nicht entspreche. Um wie-
viel also auch T(oxaris' nr.) 3 in den äugen ihres bericht-
erstatters die griechischen stücke an gewichtigkeit übertreffe,
um ebensoviel stehe sie ihnen an giaubwürdigkeit nach.
Damit ist die möglichkeit eines auf die qualität von T 1—3
gegründeten sieges des skythen beseitigt. Zugleich wünschte
Mnesipp (c. 56), mit der begründung: jtarv liov y.axv/Q}](Ko
Tfj otcojTTj, kürzere stücke, als das eben erzählte. Da ihn sein
Vorgang zu diesem verlangen berechtigte, erfüllte es der
gegner ebenso, i) wie seinerzeit Mnesipp dessen forderung
nach schweigendem zuhören. Lukian motivierte auf die art
technisch die T 1 und T 2 entsprechende kürze von T 4 und
T 5. Mit jenem einspruche des skythen in c. 38 verfolgte er
aber noch den anderen zweck, den Wechsel der rahmen-
technik in der zweiten dialoghälfte zu begründen. Im ersten
dialogteile machte nämlich Toxaris nach jeder von M(nesipps
nr.) 1—3 eine Zwischenbemerkung (c. 18. 21. 23); eine ähn-
liche praktik im zweiten teile des rahmens hätte ihn
nur als plumpe dublette erscheinen lassen. Der eben er-
örterte tadel von T 3 durch Mnesipp in c. 56 ist kontrast-
') Jtä ßQuxtüiv Xqxüov Leschliefst Toxaris vor Tl.
59
parallel der ersten ironischen zwisclienrede des Toxaris in
c. 181):
xccl el'&e ye, w Mr/joinne, drw-
/(OTOQ aJr rßCra l'?.ey£g, 'iicc xcd dm-
oiflr UV iövvcc/jtjv uvroig' ovz(o
^üixyixöv nva (fü.ov tov ^Aya-
iyvxkba xotxov öujy^Oü). ii).riv ovv
Stöia f.i>'j xivu xcd cOJ.or ofioiov el-
n^g c(vu5.
(c. 56) nccvv TQuyixd, (o T6§c(qi,
xcd fivO-oig ofioicc. xcd "?.sojg /dv
ö jlxiräxijg xcd b ^Avenog sitr, ovg
üif-ioaug ■ ei yoTv rig cdiaiolij ca'Toig,
ov ndi'v fie/HTiTog eircci (^ö^siei' di:-)
Beide zwisclienreden erfüllen den technischen zweck der
Variation; sie bringen ab-\vechselung nnd mannigfaltigkeit in
die sonst ermüdend einförmigen erzählungsreihen, indem die
kritik des Toxaris (c. 18) gewichtigere geschichten Mnesipps
auslöst, während die Mnesipps (c. 56) den Toxaris ausdrücklich
bestimmt, von aulsergewöhnlichen romantischen novellen zu
bürgerlicheren und dafür glaubhafteren begebenheiten über-
zugehen. So erregt das Schicksal der freunde in M2 bereits
so sehr des Toxaris mitleid, dafs er die erzählung durch eine
spannende frage unterbricht 3) (c. 21); auch den mustern von
freundestreue in M 3 versagt er seinen beifall nicht (c. 23).
Dagegen garantiert für die Wahrheit von T4 der umstand,
dals der erzähler in ihr selbst die eine hauptrolle spielte und
seinem heroischen freunde verschwägert ist, ferner dafs auch
viele objektive zeugen jener freundestat in Amastris noch in
Athen, dem orte der Unterredung, leben (c. 60). Lukian
kontrastiert Mnesipps einzigen einwand (c. 56) gerade dem
ersten des skj'then (c. 18), weil dessen zweiter als blofse,
') Vgl. A. Cbassang, Histoire du romau . . . daus Tantiquite grecque
et latiue- -p. Hl.
^) Vgl. des Toxaris autwort auf diesen Vorwurf mit seiner oben aus
c. 18 ausgehobenen benierkuug: cl/.'/.' Öqc(, oJ yeyycüe, [ii] (fO-övog vf.ic5i> //
unioTiu ij' n).i]v ovx t,«£ dnoTQhpeig dniaxmv xul «AP.« zoiuvia
elnecv a ol6a vno Sxv&cuv yevoßeva. — JInesipp berücksichtigte
bei der formulierung seines einwandes den höhnischen ausfall seines Wider-
sachers gegen die glaubwürdigkeit der griechischen dichter in c. 10, mit
dem dieser den ausschlufs von sagenhaften beispielen aus dem wettkampfe
begründete.
') Nebenbei gebraucht sie Lukian, den quellenwechsel JMnesipps zu
markieren ; die letzten mitteilungen stammen nicht mehr von einem augen-
zeugen der begebenheit, sondern von ihrem beiden selbst.
60
die teilnähme des gegners verratende, nnterbrechung der
griecliisclien erzälilung durcliaiis günstig ist; ebenso der
dritte, der nur die spitze der gescliiclite mit der Zustimmung
ihres berichterstatters (c. 24: iv ?Jy£ig) umbiegt.
2. Die apostroplien des redners an den zuhörer am Schlüsse
der einzelnen einlagen entsprechen einander ebenfalls in den
beiden dialoghälften. Man beachte zunächst die formelhaften
Schlüsse :
(c. 18) zovrö 001 £QYOv (pikov
"E).h]Voq ov TCQO 7io?J.oC yevö/jtevov '
xrX. (nach M 1).
(c. 34) xoLoZ^TOi, w TocüQi, o\ (c. 55) Toiavra, o) Mri](yinne, roh
"E).7.i]Vf:Q (fü.oi (nach M 5). [.kHol noielv SxvS-ai vtiIq xiuv (pD.wv
(nach T3).
(c. 35) i-yci) fiev ovv xovrovq 6/.1- , (c. 62) eiQfjxa, a> Mrt^ainne, uno
yovg und n?.eiörojv, ovq TiQohovq ^ 7io?.?.on' nf-vre mvTOvg TiQO/eiQiacc-
/.ivtj/oj vnfzßi'J.e, 6iijytjaä/-aiv ooi aya- ! [.avoq (schlulsbemerkung zur ein-
Q^oiq xcu ßeßai'ovg (fi'Xovg (schlufs- lageureihe T).
bemerkung ziir eiulagenreihe M). |
Bedeutsamer, als die Übereinstimmung dieser formein, ist
die Verwendung gleicher sophistischer mittel bei den beiden
gegnern. So erzählt M4 eine freundestat, der kaum viele
skj'then fähig wären, wie aus dem grofsen werte der frauen-
schönheiti) bei ihnen zu schliefsen sei (c. 26); ähnlich rühmt
der skj'the nach T 1 die freunde Dandamis und Amizokes, als
solche, die ihres gleichen nicht bei den griechen hätten
(c. 42). Ferner beschränkte sich Mnesipp nach c. 84 (nach
M5) ausdrücklich auf die wiedergäbe blolser tatsachen, um
dem vorwürfe des Toxaris (c. 9) zu entgehen, die griechen
betätigten ihre freundschaft nur in schönen Worten, nicht durch
die tat.-) Toxaris wiederholt nun seinen Vorwurf nach Tl
(c. 42), um den wert des beispieles zu erhöhen, das sein gegner
nicht, wie er — entsprechend seiner ankündigung in c. 35 —
als yvfivöv Iq-/ov, sondern rhetorisch ausstaffiert erzählt hätte,
wenn er es zu berichten gehabt hätte. Endlich entsprechen
Muesipps Zwischenbemerkungen in c. 20 (M2), 22 (vor M 3),
•) Über sie als hindernis der freundschaft vgl. Bohnenblust p. 15 1. 3.
2) Vgl. Bohnenblust p. 33 1. 1—15.
61
23 (naeli M 3) tecliniscli der des Toxaris in c. CO (nacli T 4).
Sie folgen beide ans den oben behandelten, konlrastparallelen
Unterbrechungen des erzählenden partners durch den skj'tlien
(c, 18), beziehungsweise den griechen (c. 56). Und zwar sucht
auf des Toxaris geringschätzige bemerkung über M 1 Mnesipp
durch rhetorische mittel in c. 20. 22. 23 dem gegner mit er-
folg anerkennung abzudringen. Der zweite und dritte ein-
wurf des Toxaris (c. 21. 23), deren bedeutung gleichfalls oben
erörtert wurde, stellen das resultat jener bemühungen des
redegewandten griechen dar. Der beifall des Widersachers
macht ihn kühn genug, nach M 4 (c. 20) den vergleich mit
dessen landsleuten herauszufordern und läfst ihn nach der
seines erachteus wirksamsten geschichte, nach M5, ganz auf
die hilfe der rhetorik verzichten und zu der einfachen schlufs-
formel nach M 1 (vgl. oben c. 34 : c. 18) zurückkehren. Die
bereits vermerkte stilistische parallele dieser schlufsformel
mit der von Toxaris hinter seinem vermeintlich beweis-
kräftigsten beispiele T 3 (c. 55) verwendeten erhält so auch
technische bedeutung; der skythe ahmt den gebrauch seines
partners nach und zeigt durch ihn an, dafs er T 3 der
schlufserzählung Mnesipps gleichwertig erachtet. Dasselbe
gilt von dem T 1 beschlielsenden c. 42. Toxaris vermag
von an fang an rhetorischer künste zu entraten, wozu
Mnesippos erst in M5 in der läge zu sein glaubt. Schon
dies erste skythische exempel läfst also nach der ansieht
seines erzählers die spät gewagte herausforderung des griechen
zu schänden werden. — IVFuesipps einwand in c. 56 nötigte
hinwieder den Toxaris, beweisbare geschichten vorzubringen;
darauf, dafs er dieser f orderung mit T 4 in hohem grade
entsprochen hatte, machte er nun den Widersacher in c. 60
aufmerksam.
3. Lukian berücksichtigte auch in den zusammenhängenden
rahmenteilen, nämlich in einleitung, mittelstück und schlufs
des dialoges seinen zweiteiligen auf bau. C. 1— 8 der einleitung
behandeln die göttliche Verehrung des Orestes und Pylades,
als heroen der freundschaft, bei den skythen. In ihnen liegt
der erste und zweite teil eines jTQola?ud -Sivügen jrQooiiuov
(c. 1—11) vor, dessen mittelstück (c. 5—8) sich zufolge der
beschreibungsart der bilder im skythischen Oresteion als
62
einsäte durch gemäldebeschreihung^) ansprechen läfst. Der
bikleinsatz im jtqoo'iiuov bot drei teclmisclie vorteile. Zii-
näclist ermöglichte die ihm immanente realistische tendenz
den, die Zufälligkeit des wettkampfes kennzeichnenden, ge-
brauch eines drei- (statt zwei-) teiligen jr()ooi(aor in jTQohiha-
form. Ungezwungene entwicklung des Wettstreites im ersten
einleitungsteile (c, 1 — 4) war nötig, um seinen unentschiedenen
ausgang aus einem versehen begründen (s. oben s. 533) und so
die Parallelität, als architektonisches prinzip des dialoges,
wahren zu können. Dann erforderte die technik des bild-
einganges, dafs in ihm die idee, welche das durch ihn eröffnete
werk beherrscht, formuliert werde. Damit war die rück-
beziehung des Schlusses (c. 62 f.) auf die einleitung, also die
für die zweiteilige komposition der schrift bedeutsame paralleli-
sierung beider gegeben. Endlich erhielten die ungewöhnlichen
und daher unglaubhaften skythischen freundestaten durch den
nachdruck, den Toxaris und dann Mnesipp (c. 8) auf das vierte
der beschriebenen gemälde legten, eine psj^chologische be-
gründung. Toxaris stellte nämlich das vierte bild des
skythischen Oresteions durch die ausführlichkeit seiner
Schilderung den drei übrigen, nach ihrem Inhalte nur flüchtig
berührten, kontrastierend und so steigernd gegenüber. Wenn
nun Mnesipp in seiner rekapitulierenden beantwortung der
darlegungen des Toxaris gerade die Schilderung des vierten
bildes rühmte, schlofs er sich der bewertung desselben durch
den erzähler an. Aus diesem, mithin allgemeiner anerkannten,
hohen ethischen gehalte des gemäldes und der bedeutung
seines gegenständes in der skythischen Jugenderziehung (c. 1. 6)
begreift man, warum bei den von Toxaris berichteten freundes-
taten opfer und gewinn in so grellem gegensatze stehen, d. h.
warum seine landsleute für einen kleinen vorteil ihrer freunde
ihr leben so willig in die schanze zu schlagen pflegen. Die
in der zweiten dialoghälfte erzählten skythischen geschichten
bekommen somit durch ihre vordeutung im gemäldeeinsatze
wenigstens subjektive Wahrscheinlichkeit; objektive hätte
ihnen ja nur gute bezeugtheit geben können. Lukian bediente
•) S. vorläufig' das (ungleichartige) material zu dieser einsatzform
bei Eduard Norden, Einl. in die altertumswissensch. I (Leipzig 1910) 580.
63
sich der kombinatioii von dreiteiligem jrQooiiaov und bild-
einsatz, weil sie den zweiteiligen auf bau seiner schrift
technisch so ausgiebig* förderte, dafs dagegen ihr einziger, in
der beträchtlichen umfangsverschiedenheit der dialogeinleitung
vom dialogschlusse bestehender, nachteil nicht in die wag-
schale flel. Überdies wurde er durch die gedankliche Pa-
rallelität der beiden äufseren rahmenteile stark reduziert.
Notwendig war die parallele schon deshalb, weil der schlufs
zeigen sollte, wie sich Lukian die Verwirklichung der eingangs
exponierten idee dachte. Dies geschah, indem das ende
(c. 62 f.) den im dritten einleitungsteile (c. 9) entbrannten
streit wieder zur freundschaftliclien Unterhaltung der ersten
zv/ei einleitungsteile wandelte. Während nämlich in c. 10
Toxaris den Vorschlag zum wettkampfe unter grausamen be-
dingungen machte, so tat in c. 62 Mnesippos den zum humanen
frieden. Dieser gegensatz erhöht den allgemeinen eindruck
der Parallelität 1) und wurde deshalb durch den ganzen rahmen,
aufser den beiden ersten einleitungsteilen (c. 1 — 8) und dem
Schlüsse festgehalten. So steht den vorwürfen des Toxaris in
c.9f. 35f., die griechen seien nur wortfreunde, auf deren
ersten sich — wie oben bemerkt — die zwischenrede Mnesipps
in c. 34, auf deren zweiten die c. 34 kontrastparallele des
Toxaris in c. 42 bezieht, Mnesipps Versicherung der tat-
freundschaft, die den dialog beschlielst,^) gegenüber. Ferner
sind Toxaris und Mnesipp zunächst gegenteiliger ansieht über
die art, freundschaft zu schliefsen; es ist der gegensatz von
konvention (c. 37) und individualität (c. 63). Er macht sich
auch geltend im wünsche des Toxaris nach einem eide zur
verbürgung der Wahrheit des erzählten ^^) und in der ab-
*) Vgl. meine Novellenlcomposilion in E. T. A. Hoffmanns elixiercn
des teufeis. Halle a. S. 1910, p. 2.
^) C. 63: xcd f.irjv ev i'aQ-i, ovk c(i> 6;ivrj<JC(if.ii xcd tu Tio^moTiQü}
i^&eiv, ei ßt'/.).oj totovioig (pt/.oiq ivievSeoOaL oioq ov, cy 'rö^ccQi, di8(pu-
VTiq TifXLV and x<5v Xöyojv.
^) C. 11: a).).' inofiooäftsvog i] ftrjv d?.Tj9^>j eQEiv u/.?.coq y^Q nz-careiv
TU roiavTa ov nurv yaXeuov xal 6 kXeyyoq a(pavi]q. el 6s o/^iöaetag, ovx
öoiov ccTuazeLr. lu c. 38 trägt Toxaris gewisseuliaft den vergessenen eid
kurz nach den eingaugsworten von T 1 nach: /.iid?.or de nfjöre^ov vfiov/xcä
001 xov oQxov xov rijxiTEQOv, kJiel xcd xovxo iv ccgyf/ (iia>i.io?.oy>joäj.i>jV
64
neigiing ]\rnesipps gegen diese formal it ät. i) Ihre äufsere be-
gTündung- findet diese kontrastparallele der beiden redner in
der Charakteristik Mnesipps. Toxaris schilt in c. 38 seine
sncht nach dialektischen einwänden {Iqlötlxöv :touig y.cu
dtyMrixor); sie beherrscht auch die eingangskapitel 1 — 8, in
denen von einem wirklichen gegensatze zu Toxaris natürlich
noch nichts zu spüren ist. Von ihr sticht die einmütigkeit
der beiden Streiter am Schlüsse des dialoges (c. 62 f.) auffällig
ab, Avenn sie gleich durch die nachgiebigkeit des skythen
erzielt wird. Durch diese eintracht der Wettkämpfer am
dialogende steht in Mnesipp und Toxaris ein vorbildliches
freundespaar der gegenw^art — gemäls der Vereinbarung von
c. 10 — einem wegen seiner musterhaftigkeit vergöttlich ten
freundespaare der vorzeit, Orestes und Pylades,^) gegenüber.
Und zwar hat Lukian den neuen freunden die palme vor den
alten zuerkannt (ohne das im Interesse der komposition aus-
zusprechen), weil sie das schwierigere vollbrachten, trotz der
nationalen exklusivität der griechen einen freundschaftsbund
auf allgemein menschlicher grundlage zu errichten. 3) — Schon
aus jener gegenüberstellung der zwei erzähler erhellt, dafs —
wie den beiden ersten teilen des dialogeinganges der dialog-
schlufs — einander speziell die rahmenteile c. 9 — 12 anfang,
c. 35 — 38 und c. 62 anfang entsprechen. Sie enthalten die
aus der fiktion des wettkampfes gewonnenen technischen mittel,
mit deren hilfe der parallele anfban der rahmenerzählung
durchgeführt wird, z. b. den wahrheitseid der zwei gegner,
die ständige erinnerung an den kämpf preis (c. 10/11 || 35 || 02),
') C. 11 sagt Mnesipp: o/aovfieOa, sl' zi xul oqxov Selv vo/xl'Qeiq. Er
läfst dem gegner die wähl des gottes, schwört also beliebig schwere
eide. — C. 38: ^yio fxlv ov nävv aov o^vvovxoq ideöfAijv. Im anschluls
an diese bemerkmig bespöttelt er die vorsieht des Toxaris, der klüglich
nicht bei einem gotte, also (im gegensatze zii ihm) einen leichten eid ge-
schworen habe. Der eid bannt übrigens das niirstraiien des aufgeklärten
Mnesipp (c. 5G) durchaiis nicht, während bedingungsloser glaube auf einen
eid hin für den einfältigeren skythen gewisseussache ist.
*) Vgl. Bohnenblust p. 41 1. 31.
^) U. a. gründen wurde auch aus diesem die skythische form der
blutsfreundschaft zwischen Mnesipp und Toxaris von Lukian vermieden;
sie hätte der Verbindung nationalen anstrich gegeben und so die idee des
dialoges verdunkelt und sein kompositionelles gleichgewicht gestört.
65
an das Streitobjekt (Avortfreundscliaft der g-ricchen : tatfreiiiid-
schaft der skj^tlien), an die kampfesbedingnngen oder flüchtige
hinweise auf den ausgangspunkt des kampfes (Orestes und
Pylades c. 11. 35). Diese letzteren sollen die erinnerung an
die einleitung bis zum dialogschluls wach erhalten und so
die Verständlichkeit seiner rückbeziehung auf jene erhöhen.
IL Die kontrastparallele komposition des rahmens unter-
stützen die einlagen
1. durch ihre anordnung. In jeder .-rtyrdg nimmt die
zentrale Stellung eine geschichte von drei freunden (c. 22 f. :
c. 4-4 — 56) ein, während nr. 1-2 und 4 — 5 bei Mnesipp und
Toxaris nur je zwei hauptpersonen kennen. Und zwar versagt
Toxaris M 3 seinen beifall nicht, während sicli der grieche
gerade gegen T 3 wendet. Er tadelt an T 3 u. a. die länge;
wirklich ist T 3 die umfangreichste unter den skythischen
geschichten. Mnesipps tadel motiviert technisch die kürze
von T 4 und T 5 (s. oben s. 58) (c. 57—60. 61), die der knapp-
heit von Tl und T2 (c. 39 — 42. 43) die wage hält; und
zwar stehen die umfange von T 1 : T 4 und T 2 : T 5 einander
am nächsten. Im kontraste zu diesen raumverhältnissen ist
die zentrale M 3 (c. 22 f.) die kürzeste erzählung unter den
griechischen. Sonst entspricht an länge M 1 (c. 12 — 18) : M 5
(c. 27—35), M 2 (c. 19—21) : M 4 (c. 24—26). M 1 und M 5
sind unter den griechischen stücken die am breitesten an-
gelegten. Die beispielreihe Mnesipps ist also nach dem
umfange der einzelnen erzählungen exzentrisch, die des Toxaris
im gegensatze zu ihr konzentrisch i) komponiert, und zwar
bei fast ängstlicher Währung der gleichheit des beiden
Sprechern zugemessenen raumes, wie schon Isidorus Guttentag
a. a. 0. p. 27 bemerkt hat, Dals hier nicht zufall waltete,
beweist die oben erläuterte Zwischenbemerkung Mnesipps
nach T3 (c. 56), in der er seinen gegner an das ihm nach
dem vertrage in c. 11 zustellende ausmals erinnerte. Wie
schon eingangs angedeutet wurde, rechtfertigt jener vertrag
auch die Verwertung der umfangsverschiedenheit der einlage-
erzählungen für die komposition des dialoges. Toxaris hält
nämlich T 3, also die ausführlichste seiner erzählungen, für
0 T 1 + T 2 und T 4 + T 5 bilden dann je ein giied.
Rhetorische Forschuugeu. I.
66
die wirksamste, ]\rnesipp M 5, die mit ihrem Seitenstücke M 1
ebenfalls am längsten unter seinen geschicliten ausgesponnen
ist. Ferner durchschaut Toxaris die absieht des griechen,
nach der abfällig beurteilten M 1 in steter Steigerung immer
treffendere Zeugnisse für die von ihm verteidigte behauptung
ins feld zu führen und es so zu gewinnen. Er holt daher
zunächst in T 1 den vorsprung des gegners ein und sucht
dann erst in T 3 den entscheidenden schlag gegen ihn zu
führen. Diese absieht findet nun in der gegenüberstellung
von T 3 und M 5 ihren ausdruck. Mnesipps kritik zwingt
ihn aber, eine blöfse, die er sich in T 3 gegeben, zu decken
und besser beglaubigte geschichten zu erzählen; damit ist
sein vermeintliches übergewicht über den partner verloren, i)
Die in der anordnung der einlagen nach der zahl der haupt-
personen begründete Symmetrie der beiden gleichlangen
erzählungsreihen wurde somit durch ihre gegensätzliche kom-
position (exzentrisch Ij, konzentrisch) nicht beeinträchtigt. Der
kontrast bringt vielmehr diese an und für sich äufserliche
gruppierung erst in organischen Zusammenhang mit dem plane
des schriftchens. — Kunsttheoretisch richtiges Verständnis für
das wesen des kontrastes und für seine vielseitige archi-
tektonische Verwendbarkeit ermöglichte es Lukian, den Tosciqiq
mit hilfe des genannten kunstmittels gleichzeitig parallel und
steigernd aufzubauen. Denn auch grolse gegenüber geringer
beweiskraft der beispiele, also die zwischen ihnen bestehende
qualitative differenz erweckt, wenn sie bedeutend genug ist,
den eindruck der gegensätzlichkeit. Technisch findet die
absieht, Parallelität und Steigerung zu verbinden, ebenfalls
in der fiktion des wettkampfes ihren ausdruck; sie vereint
die erzähler auf dasselbe ziel und macht sie dabei zu gegen-
spielern. Das bestreben, einander durch die qualität des
vorgebrachten (s. c. 11) zu übertreffen, motiviert, wie gesagt,
die steigernde anordnung der erzählungen; die notwendigkeit,
den gegner zu überwachen, der einflufs auf die gruppierung
seiner geschichten, die stete rücksicht auf die komposition
durch den partner bei der Zusammenstellung der eigenen
') Die technischen mittel, die diese, durch die wechsehule breite der
darstellung- symbolisierte, komposition der einlagen ausdrücken, wurden
oben 3. 58. Gl besprochen.
67
stücke begründen die Parallelität des aufbaiies. — "Wie der
Verfasser die eingelegten novellen kontrastparallel anordnete,
wurde soeben gezeigt.
2. Steigerung erzielte er durch ihre ungleiche Wahr-
scheinlichkeit und gewichtigkeit. Diese beiden kriterien für
die zweckmäfsigkeit der beigebrachten beispiele läfst Lukian
den Toxaris und Mnesippos selbst aufstellen in den auch um
deswillen einander entsprechenden einwürfen c. 18 (Toxaris)
und c. 56 (Mnesipp), den zwei brennpunkten der rahmen-
erzählung. Die genannten einwände sind wieder begründet
in den in der einleitung (c. 11) festgelegten bestimmungen
für den wettkampf, nach welchen Wahrheit und gewichtigkeit
der beispiele bei gleicher zahl ihre qualität entscheiden sollen.
Dem kontraste, als architektonischem prinzipe des dialoges,
dienen die zwei kriterien für die qualität der vorgebrachten
geschichten relativ und absolut. Eelativ durch die Steigerung
von der einen beispielreihe zur anderen (z. b. von der Mnesipps
zu der des Toxaris), absolut durch Steigerung innerhalb einer
beispielreihe (innerhalb der Mnesipps, s. oben s. 61; innerhalb
der des Toxaris, s. oben s. 66), ohne rücksiclit auf die anläge
der anderen. Die, als abart des kontrastes, für den Tv^üqiq
bedeutendere, relative Steigerung wird bewirkt: a) durch den
unterschied an gewichtigkeit zwischen den einzelnen er-
zählungen der gegnerischen novellenreihen, b) durch die
verschiedene beglaubigung der in den zwei einlagengruppen
mitgeteilten stücke. — Damit aber durch die relative Steige-
rung das korapositionelle gleichgewicht des dialoges nicht
gestört werde, stehen sich Mnesippos und Toxaris auch
insoferne gegensätzlich gegenüber, als jeder von ihnen nur
je eine jener zwei forderungen für die volle beweiskraft der
beispiele ganz erfüllt; Mnesipps geschichten sind nach dem
urteile des Toxaris (c. 18. 35 0) zu wenig gewichtig, die
') Das urteil in c. 18 wiederholt Lukian in c. 35, damit die Toxaris
in c. 21. 23 durch die Überredungskunst des geguers abgedrungene Zu-
stimmung nicht als übergewicht des griechen über den skj'then mifsdeutet
Averde. Ganz unverständig sehen also Guttentag p. 21 und Kretz p. 14 in
dieser mit voller absieht vermerkten Zustimmung des Toxaris, die die
(absolut) steigernde anordnung der M -geschichten technisch verdeutlichen
soll, einen Widerspruch mit c. 35, also eine kompositioneile bruchstelle.
68
skytliischen nach dem des Mnesipp (c. 56) zu schlecht bezeugt.
Nieteu und treffer hat Lukian also auf die zwei Wettkämpfer
g-leichmäfsig verteilt und so die Steigerung- der Parallelität
untergeordnet.
a) Toxaris übersteigert die griechischen geschichten nicht
durch Variationen über dieselben tliemen, sondern er über-
bietet — wie seine kritik von M (c. 35) erwarten lälst —
allein die von seinem gegner verwendeten toxoi der freundes-
treue. Dafs Lukian nur (angewandte) freundschafts-rojrot
einander gegenüberstellt und nicht die einzelnen geschichten
Mnesipps der reihe nach von Toxaris übertrumpfen läfst,
bringt ihm kunsttheoretisch zweifachen gewinn. Toxaris trifft
stets den entscheidenden punkt der gegnerischen beispiele
und macht so das übergewicht der seinen allgemein erkennbar.
Ferner kann er die reihenfolge der griechischen erzählungen
aufser acht lassen und damit den peinlichen eindruck einer
ängstlichen dublette vermeiden, die die zweiteiligkeit der
komposition mit zu aufdringlicher technik darstellte, als dafs
sie ästhetisch erfreulich wirken könnte. ^ Der leser wird
sich jetzt nur im allgemeinen der gröfseren gewichtigkeit
der skythischen beispiele bewufst, ohne sich diesen eindruck
aus der beständigen vergleichung von einzelnen gegenstücken
bilden zu müssen und ohne durch die erzwungene beobachtung
eines technischen gerüstes in der auffassung der architekto-
nischen Verhältnisse des dialoges, d. i. in der erkenntnis seiner
komposition, behindert zu werden. — Gegen jene regel von
der Übersteigerung blofs der freundschaftssymptome, nicht der
ganzen geschichten scheint nun T 5, ein offenbares gegenstück
zuM2, welche erzählung den skythen am unmittelbarsten
ergriffen hatte (c. 21), zu verstofsen. Denn wie Euthydikos
während einer reise mit dem kränklichen freunde (c. 19) Dämon
diesen nachts mit einsetzung seines eigenen lebens vor dem
sicheren tode durch ertrinken bewahrte, so rettete Abauchas,
ebenfalls auf einer reise und nachts, den verwundeten freund
(c. 61) Gyndanes mit hintansetzung des eigenen lebens und
') Vgl. die feinsinnigeu beobachtungeu Hugo Spitzers DLZ XXXII
(1911) 2600 über die beeinträchtigniiy ästbctischer Wirkung- durch hyper-
trophische künstlerische technik und Ztv^ig c. 5.
69
desjenig-en seiner teuersten blutsverwandten von dem sonst
gleiclifalls unentrinnbaren tode durcli die andere den mensclien
gefährlichste elementarge walt, das teuer. Diese scheinbare
ausnähme erklärt sich daraus, dafs die lehensrettung des
freundes der einzige in beiden geschichten angebrachte
freundschafts-ro.To^^ ist. Die motivierung der rettung durch
den freund (rekonvaleszenz ~ Verwundung des bedrohten), die
gefahr, aus der eine befreiung notwendig ist (wasser ~ teuer),
die begründung dieser gefährdung in den fährlichkeiten einer
reise sind in beiden stücken gleichartig, um den gegensatz
ihrer pointen zu einem recht auffälligen zu machen. Nach
der grölse des abstandes zwischen einsatz und gewinn wird
also im vorliegenden falle der wert des beispieles für die
verteidigte these bemessen. In j\I2 wagt nun Euthydikos
gleiches um gleiches, sein leben um das des freundes, in T5
Abauchas aufser seinem leben i) das ihm teurere seines
weibes und seiner kinder um das eine des freundes.^) Daraus
ergibt sich der Vorzug von T 5 vor M 2 nach der gewichtig-
keit, nicht aber nach dem kriterium der beglaubigung. Denn
während für T 5 ihr berichterstatter kaum einen Wahrheits-
beweis erbringt, kann Mnesipp M 2 neben M 4 allein unter
allen seinen geschichten doppelt bestätigen (c. 19. 21), und
zwar durch einen objektiven augenzeugen, den schiffskapitän
Simylos und durch die Umgebung des beiden Euthydikos
selbst. So ist die für die zweiteiligkeit des aufbaues not-
wendige gleichwertigkeit der einlagen unverletzt geblieben. —
Eegister B im anhange dieser Untersuchung lehrt, dafs nur
5 von 12 freundschafts-ro.To< M und T gemeinsam sind, dafs
Lukian also nur in 5 fällen die relative Steigerung von ]\I
1) Allein hätte er sich natürlich leichter und mit mehr aussieht auf
erfolg retten können.
^) Die überlegtheit der handlung sichert ihre begründung in c. Gl:
xid tneiö)) (vreiÖLOh xiq vaxeQov xov 'Aßavyar, Siöri TiQoSovg t« n-^eva
xat T»)v yvvaT!{a 6 de rvvöävrjv eiexSiuosv, cc?.?m ncüöag /idv, ecpt], xcd
av&ig TcoirjoaoQ^ui fioi Qqöiov y.cd aöijXov el uyaS^ol aaovzai oitoi, cpD.ov
6e ovx «V evQoifu a/.kov iv 7ioX?Ap XqÖvo) roiovxov oloq FwöävT^q iaxl
netgav txot noXXrjV x7,q evvolccg 7iaoeo/7jiiitroq. Zum Vorzug der freund-
schaft vor der Verwandtschaft vgl. Bohnenblust p. 13 1. 25; zu seiner
begründung aus der Seltenheit des guten freundes ebda. p. 37 1. 8.
7a
zu T in der art des eben erörterten beispieles M 2 : T 5,
nämlich durcli Verwendung" desselben symptomes in ver-
schiedener gewichtigkeit, bewirkt. Werden nun in diesen
beispielen die, aus derselben Situation erzeugten, handlungen
der freunde verglichen, so in den übrigen 7 fällen die
Situationen selbst. In ihnen wird nicht mehr der nachweis
erstrebt, dafs die skythischen freunde opferwilliger seien, als
die griechischen, sondern dafs der skythe Toxaris an und für
sich hervorragendere treueproben zu berichten wisse, als der
grieche Mnesipp. Diesen kontrast von Symptomen hat Toxaris
im äuge in c. 35 f., an einer stelle, die auch die absieht der
Steigerung, nicht durch die überbietung ganzer erzählungen,
sondern nur einzelner töjioi, bezeugt. Die beobachteten zwei
möglichkeiten der relativen Steigerung durch gewichtigkeits-
differenz finden ihren ausdruck in der dreiteilung aller
angewandten freundschaftssymptome des Tö^ccQig. Sie zer-
fallen in:
a) auf M beschränkte t6jto( (vgl. c. 35): ausharren, linde-
rung — Schenkung, teilung, Versorgung.
ß) auf T beschränkte töjtoi. (vgl. c. 36): befreiung —
erwerbung.
/) M und T gemeinsame töjtoi: pflege, unterhalt, Ver-
setzung, ehrenrettung, lebensrettung.
a) und ß) bilden durch ihre beziehung aufeinander (ausharren,
linderung : befreiung; Schenkung, teilung, Versorgung : er-
werbung) eine /) gleichwertige einheit und unterscheiden so,
wie oben bemerkt, (objektiv) begebenheiten, während /)
(subjektiv) menschen durch ihr verschiedenes vorgehen in
derselben läge voneinander abhebt. Das wesen der ge-
wichtigkeitsdifferenz zwischen a) und ß) bedarf danach keiner
weiteren erklärung. Wenn z. b. ein grieche seinen freund
trotz dessen entehrung, in seiner gefangenschaft, auf der
anklagebank nicht verläfst, ja den zustand des gefangenen
mit hintansetzung seiner eigenen gesundheit erträglicher
macht, so befreit ein skythe vielmehr den gefangenen ge-
fährten um den preis seines lebens oder der Verstümmelung
seines körpers. Ungefährliche, passive treue steht ent-
schlossenem, lebensgefährlichem eingreifen in die geschicke
des genossen an wert nach. Wenn ferner der grieche den
71
freund direkt oder indirekt durch geld und geldeswert unter-
stützt, indem er entweder seinen besitz mit ihm teilt, ihm
denselben sogar ganz opfert oder selbst die angehörigen des
freundes versorgt und ausstattet, so leistet er wieder weit
weniger, als der skythe, der mit lebensgefahr und unter
schwierigen umständen dem freunde seine geliebte erwirbt.
Während also Mnesipp unter a) beispiele erzählt, in denen
der freund nicht mehr als alltägliches zu leisten in die läge
kommt, indem er seine bequemlichkeit, sein ansehen, seinen
besitz opfert oder vermindert, so berichtet Toxaris unter ß)
fälle, in denen die freunde ihr leben oder mindestens ihren
körper für den gefährten in die schanze geschlagen haben.
Er erfüllt damit nur seine ankündigung in c. 36: tyo) öt aoi
öi7]y?jooi/ccL qörovQ :jro)J.ovQ xal uioltfiorq xcd {haimrovg vjttQ
T(~)V ff'iXcov, JV tldijq OJQ Tiaiöia ra viitTiQU lori srana rä
^xvOixä istTcc^£Gi)ai. Viel schärfer, weil persönlicher, ist
dieser gegensatz zwischen M und T in den tujtol der gruppe
7) gestaltet. Da das ziel der freundestat in den analogen
griechischen und skythischen Symptomen das nämliche ist, so
unterscheiden sich dieselben durch die gröfse des jeweils
gebrachten opfers; d. h. in M und T ist das Verhältnis von
einsatz und gewinn verschieden. Und zwar sind in M leistung
und erfolg äquivalent; T dagegen erzielt denselben erfolg,
wie M, durch einen unverhältnismäfsigen kraftaufwand. Der
höchste einsatz von M, das leben des freundes, ist in T —
entsprechend der oben zitierten verheilsung des Toxaris in
c. 36 — der niederste. In M verschaffen zweimal (M 1 M 5)
freunde dem gefährten durch schwere körperliche arbeit den
nötigen lebensunterhalt; in T setzt dagegen Sisinnes sein
leben und seine geraden glieder zum selben zweck aufs spiel,
indem er sich zu einem gladiatorenkampfe verdingt. In M
teilen Agathokles und Demetrios die Verbannung, die ge-
fangenschaft ihrer freunde; in T sucht Belittas den tod seines
blutsbruders. In M rettet Zenothemis die ehre des Menekrates
mit hilfe seines söhnchens in einer nur rührenden weise, setzt
Demetrios seine eigene Verteidigung der des fi-eundes hintan;
in T verschafft Lonchates dem Arsakomas, wiederum mit
lebensgefahr, genugtuung für eine viel geringere elireu-
kränkung. Nur in M2, der oben ausführlich besprochenen
72
erzählung, steht leben gegen leben; T5 übertriift sein pendant
durch den einsatz des lebens mehrerer, dem Abaiichas bluts-
verwandter, Personen und seines eigenen für das eine des
G^'ndanes. — Lukian bedient sich noch zweier anderer mittel,
um M nach seiner gewichtigkeit unter T herabzudrücken.
Sie besitzen aber nur sekundäre bedeutung gegenüber den
bisher besprochenen. So wiederholt er ein Symptom aus M
in T, als Vorstufe des daselbst dem M-rojroc entsprechenden.
Wie Agathokles und Demetrios, erhält Sisinnes den freund
durch schwere körperliche arbeit; aber nur, um ihn der
nahrungssorgen bis zu den gladiatorenspielen zu überheben,
die dem Sisinnes durch einsetzung seines lebens ermöglichen,
aller not des Toxaris dauernd ein ende zu bereiten. Ferner
bringt Lukian Symptome aus M in T nebenher als gegen-
dienste des anderen freundes an. Die systematische berück-
sichtigung solcher gegenleistungen hätte, wie Kretz a. a. o.
p. 10 richtig bemerkt, der absieht der schritt i) direkt wider-
sprochen, weshalb auch M keine berichtete. Gerade dieser
umstand machte jedoch die beiläufige erwähnung der in M
erzählten freundestaten, als gegendienste in T, zu einem
vortrefflichen mittel, die M-to-toa herabzuwürdigen. Auf die
pflege des kranken Deinias durch Agathokles bezieht sich
also die des verwundeten Sisinnes durch Toxaris. Die letztere
erscheint nun deshalb selbstverständlich, weil Sisinnes im
gladiatorenkampfe um das dem Toxaris nötige geld verwundet
worden war. Ebensowenig erregt die selbstblendung des
Amizokes bewunderung, der durch sie nur seinem freunde
Dandamis vergilt, dafs er ihn um den preis seiner äugen von
den sarmaten loskaufte. Dagegen sind die entsprechenden
griechischen freundestaten, nämlich die freiwillige Verbannung
des Agathokles mit Deinias und die freiwillige getan genschaft
des Demetrios mit Antiphilos, hauptmomente in M. Ein
gegendienst ist endlich auch die befreiung der verwundeten
Lonchates und Makentes durch Arsakomas. Toxaris stellt
durch diesen umstand nicht nur seine eigene erzählung T 1
') Aiich die popularphilosophische freimdschaftslehre , der Lukiau im
TöSaQiq folgte, wies eine bewertuug der freundschaft nach den gegen-
seitigen leistungen zurück (Bohnenblust p. 42 1. 21).
73
in den schatten, um T3 als liöliepunkt seiner beispielreilie
zu bezeichnen, sondern er entwertet zugleich eine ganze
reihe g-egnerischer Symptome. Denn die relative Steigerung
erreicht er im vorliegenden falle durch einen ge Wichtigkeits-
unterschied von Situationen, nicht von handlungen. Die form
des gegendienstes liefs sich um so leichter in beiden haupt-
arten der gewichtigkeitsdifferenzierung anwenden, als die
verglichenen handlungen der gruppe /) in demselben ver-
hcältnisse zueinander stehen, wie die verglichenen begeben-
lieiten der gruppen «) ß).
b) Um als vollwertig zu gelten, müssen ferner die freund-
schaftsbeispiele auf zeitgenössische (c. 10) und wahre (c. 11)
begebenheiten zurückgehen. Da sich auf wünsch des Toxaris
er selbst und Mnesipp eidlich zur erfüllung dieser forderung
verpflichten (c. 11), wäre der sieg im wettkampfe allein an
die gröfsere ge Wichtigkeit der von den gegnern ins treffen
geführten geschichten gebunden gewesen, wenn nicht die ver-
schiedene bedentung, welche grieche und skythe dem wahr-
heitseide beilegen, eine verschieden sorgfältige beglaubigung
ihrer beispiele mit sich brächte und so zu einem zweiten wert-
unterschiede zwischen den kontrastierten erzähl ungsgruppen
führte. Wie oben s. 64 i dargelegt wurde, ist es für den naiven
Skythen gewissenssache, dem Widersacher nach seinem schwüre
bedingungslos zu glauben; der aufgeklärte grieche hält sich
hingegen durch den eid der prüfung der skythischen beispiele
auf ihre Wahrheit und der objektiven beglaubigung seiner
eigenen geschichten nicht für überhoben. Dieser gegensatz
tritt im dialograhmen mehrmals (vgl. etwa c. 11 : c. 38) zu
tage; am stärksten — wie schon Chassang a. a. o. p. 411 be-
merkte — an seinen polen (c. 18 ende : c. 56), nämlich in der
kritik der feindlichen beispiele durch die Wettkämpfer; dann
in der Verschiedenheit der beiden fassungen des wahrheits-
eides. Hier ist der gegensatz der anschauungen wohl latent,
aber aufschlufsreich für die in M und in T verwendete be-
glaubigungstechnik. Toxaris verspricht einfach, die Wahrheit
zu sagen; woher sie stammt ist dem naiven barbaren gleich-
gültig, i) Mnesipp bezieht seinen wahrheitseid auf seine quellen,
^) C. 38: ov ixa yuQ xov ^'Aveixov xal rov 'Axiväxtjv ovöev nQog oi-,
(b MvrjaiTiTie, x^'S^öog fptS negl xtHv (pD.wv xaiv Sxvf^ixcüv.
74
die er sorgfältig auszuschöpfen und nicht zu verfälschen ge-
lobt.') Er zeigt so richtiges Verständnis für die bedingungen
geschichtstreuer bericliterstattung. Als quellen nennt er eigene
erlebnisse und fremde mitteilungen. Seinen kritischen sinn
setzt auch der umstand in gutes licht, dafs er, trotz jener
ankündigung, durch die Aktion eines persönlichen erlebnisses
nur einmal eine, im zusammenhange von M4 untergeordnete,
tatsache sichert. Sonst schlägt er stets ein objektives beweis-
verfahren ein, indem er in erster linie zeugen des erzählten
Vorfalles zu seiner beglaubigung anführt und ihn zweitens
durch genaue datierung, herkunftsangabe der hauptpersonen
und Verfolgung ilirer weiteren Schicksale bis zu ihrem tode
oder in die gegenwart herauf individualisiert. — Mnesipp
verwendet zwei arten der beglaubigung durch gewährsmänner;
entweder beruft er sich auf den bericht eines objektiven augen-
zeugen, wie in M 2 M 4, oder auf die öffentlichkeit, in der die
geschichte gespielt hatte, wie in Ml M 3 M 5. Speziell für
M 1 , dessen personen nicht in die gegenwart heraufreichen,
stützte er sich so auf das zeugnis eines ganzen volksstammes,
über den sich die künde von der aulsergewöhnlichen begeben-
heit im laufe der jähre verbreitet hatte.-) In M3 ist die
Öffentlichkeit des ereignisses durch die kritik der menge über
das ihr unverständliche testament des Eudamidas (c. 22), in
M 5 durch die, die freunde rechtfertigende, gerichtsverhandlung
(c. 33) angedeutet. Einzelzeugen für M 2 M 4 waren notwendig,
weil sich M 2 vor den wenigen fahrgästen eines schiffes, nachts,
im stürme, auf hoher see, also unter Verhältnissen zugetragen
hatte, die der richtigen weiterverbreitung des Vorfalles un-
günstig waren und weil Mnesippos M4 auf der reise durch
ein fremdes land, als erklärung einer auffallenden erscheinung,
erfragt hatte. In M4 liegt eigentlich die gewähr für die
Wahrheit der geschichte wieder in ilirer öffentlichkeit und
daher allbekanntheit; der berichterstatter war nur einer von
vielen zeugen der begebenheit. Es brauchte daher keines
*) C. 12: lazw roivvv 6 Zeig o (pDuog, ?] /x>)v onöoic av ?.tyo} nQoq
oe ri uvxbq eiSuig tJ Trap' aXXojv, onoaov o'iöv rs tJv, 6t' uxQißdaq ixnvv-
&av6fievog iQeZv, /xjjdlv ttuq' e/utcvTov iTxiTQaytoc'iwr.
') C. 12: xui nQWTtiv yi ooi rf]v ^iyaf^oxltovg xal Jeiviov (fi).iuv
ScTjyijaofiai ccoühfwy iv roig ^Icuoi yerofiirtjr.
75
beweises seiner Zuverlässigkeit, aufser der Versicherung, er
sei ein landsmann des Zenotliemis gewesen.^) Die ausfiilirungen
dieses gewährsmannes gibt nun Mnesippos genau wieder.^)
Dagegen fliefst M 2 hauptsäclilich aus mitteilungen derjenigen
person, die zu jenem ungünstigen Zeitpunkte die beste Über-
sicht über die Vorgänge auf dem schiffe haben mufste, nämlich
aus erzählungen des Schiffskapitäns Simylos.^) Neben diesem
Signalement spricht für seine glaubwürdigkeit die unvoll-
ständigkeit seiner angaben über den heroischen freundschafts-
akt. Simj^los beschränkte nämlich die mitteilungen an Mnesipp
auf seine persönlichen Wahrnehmungen. 4) Die berichte der
gewährsmänner in M2 M4 erhalten je eine ergänzung; in
M2 durch aussagen der Umgebung des Euthjxlikos , ^) in
M4 durch das, die erzählung des massalioten veranlassende,
erlebnis Mnesipps, Sie bestätigen — charakteristisch für
Mnesipps streben nach objektiver beglaubigung — nur neben-
sächliche details; blofs aus dem munde des beiden stammen
ja die, für den zweck des beispieles gleichgültigen, mitteilungen
seiner gefährten über seine und des freundes rettung (c. 21
schlufs) und blofs durch autopsie verbürgt Mnesipp die porträte
des Zenothemis und der Kydimache (c. 24 anfang), also das
phänomen, das in M4 seine erklärung findet. Diese minder-
wertiger beglaubigten teile verbindet Mnesipp auch äufserlich
lose mit dem stamme der erzählung; von M 2 hebt er den
Zusatz durch eine zwischenfrage des Toxaris ab und macht
ihn so zum anhange ; in M 4 werden die beiden Signalements
^) Er wird zunächst unpersönlich eingeführt (c. 24) : ItSti/ßjj 6e /noi . . .
xtO.oq uvriQ xil. Mit beziehinig anf diese stelle heilst es später von ihm
(c. 2-i): o öelgccq aviov öitjyenö f^ioi zrjr aräyxijv rov yäfiov uxQißoJq
eiöwq txaaia ' MuoGuXtwr^q 6e xcd avrdg //r.
"^j Das deutet Mnesipp au durch eingeschobenes cy// zu beginn seiner
erzählung und durch die schlursformel in c. 26: xoiavxu 6 MaoocdtwiTjg
6?.sye rov ZrjvöO^efiiv etQyäo&ac vneQ rov (plXov xxX., die zusammen mit
der eingangsformel in c. 24 den fremden bericht einkapselt.
^) ('.19: öniyelxo 6i fioi 71£qI «i'roC Zi/xv?.oq 6 ravx?.r/Qoq 6 MtyuQi-
xoq eno/iOGCif^ieroq i] f-irjv avxoq hoQaxh'cci xo (gyov.
*) C. 21: 6 ,usv yaQ ^ij^ivXoq xavxa ^öva tiyt Xlytiv, a nore aide xfjq
vvxxöq, rov /.ihv hxnlnxovxa, rov de inimjSwvxa xcd viy/oulvovq, iq ooov
iv vvxxi xad^OQccr idvvaxo. Vgl. c. 19 und 'Piloifsvö/jq c. 24.
^) C. 21: xd de dno xoixov oi ä/ufl xov EvB-vöixor avxol öitjyovvxai.
76
durch den erzälilerweclisel zum proömium der eigentliclien
geschichte. — Eine kontrolle dieser zeug-nisse sollen zunächst
kurze angaben über die herkunft der freunde und den ort
der aus ihrem leben ausgehobenen begebenheit ermöglichen.
Beide konnten allgemein bleiben, solange sich der erzähler
auf die Öffentlichkeit des ereignisses, als beweises für seine
Avahrheit. zu stützen vermochte (M 1 : Ephesos, M 3 : Korinth,
M4 : ]\Iassalia, M 5 : [Alexandreia]), mufsten aber eingehend
werden in dem einen beispiele M2, das ganz auf den bericht
des augenzeugen Simylos gestellt ist. Der ort und parallel
mit ihm die zeit des Vorfalles erfahren so eine doppelte
fixierung, eine weitere und eine engere, i) Durch die Ver-
zeichnung der lokalen Zwischenglieder zwischen den beiden
örtlichen endpunkten verband sie Lukian zu einer reihe, wie
solche im hildeinsatze zum zwecke realistischer Wirkung üblich
waren. Ebenfalls realistische absiebten verfolgt das Signale-
ment des freundespaares in c. 19; es soll, wie oben s. 69 be-
merkt wurde, die rettung Dämons durch Euthj^dikos moti-
vieren. — Die nachprüfung der beglaubigungen durch zeugen
erleichtern ferner die nachrichten über die Schicksale des
freundespaares nach der vorgeführten treueprobe. Sie setzen
zugleich den freundschaftsakt in zeitliche beziehung zu der
gegenwart des erzählers und genügen so der forderung nach
zeitgenössischen (im gegensatze zu mythischen) beispielen, die
als bedingung des wettkampfes vor seinem beginne erhoben
wurde. M 1 verfolgt das los des Deinias und Agathokles bis
zu ihrem tode auf der insel Gyaros. Die frist zwischen dem
tode des Agathokles und seinem berichte legt nun Mnesipp
genau fest zur begründung einer, aus dem eingange der
geschichte wieder aufgenommenen, unbestimmten chrono-
graphischen angäbe. 2) In M2 ersetzt jede Zeitberechnung
die anmerkung, dafs die beiden freunde noch leben und wo
*) Allgemeine bestimraung (c. 19): ■nlüv fdv yuQ t(pt] i§ 'Inülaq
AS-TJra'Qe (ort) tibqI Svatv W.e i ü6 oq {zQit). Spezielle bestimniuiig (c. 19):
xccTu ri]v Zäxvrd-or (ort), TitQi jdoaq vvxzccg (zeit).
*) C. 18: roCro aoi SQyov (fi).ov"E).kt]voq ov tcqo nokXoC yevöfxevov
iij] yuQ ovx olöcc et ntvie fj()>j 6u/.t]/.vi>tv, u(p' ov 'Ayud-oxXfjq tv Fvägio
antO-ars. Vgl. c. 12: 'Ayad^ox/Jig yuQ ovioq b 2!c(/xioq ov tcqo no?J.oC
tyirero xr)..
77
sie leben.') Ihr entspricht in M5 die mitteiliing-, dafs Anti-
pliilos bis jetzt in Ägypten verweile;^) sie bescliränkt sich
gegenüber M 2 auf nur einen der beiden freunde, da Demetrios,
der sich zu den brachmanen nach Indien begeben hatte, für
eine kontrolle der begebenheit unerreichbar wäre. Älinlicli
genügt für M 3 die Zwischenbemerkung, dafs Aretaios ans
Korinth den letzten teil des testamentes seines freundes
Eudaniidas durch ausstattung seiner tochter erst kürzlich
vollstreckt habe; denn auch Aretaios ist noch am leben zu
denken. 3) Nur die gleichfalls unbestimmte Zeitangabe von
M4 bezieht sich nicht auf den moment der wiedererzählung
Mnesipps, sondern auf die zeit des zeugenberichtes, der in jM 4
genau reproduziert ist.^) In mittelbaren Zusammenhang mit
dem termine des dialoges vermag aber auch diese datierung
gebracht zu werden durch Verlegung der ausführungen des
gewährsmannes in Mnesipps italienischen aufenthalt in staats-
geschäften,^) dessen Zeitpunkt dem Toxaris bekannt oder
wenigstens nachweisbar sein mufste. Damals waren die per-
sonen der geschichte, deren zwei Mnesipp selbst sah, noch
am leben. — Im gegensatze zu Mnesipp gibt Toxaris, mit
ausnähme von T 5, alle seine erzählungen als eigene erlebnisse
aus. Auf diese weise vereint er mit ihrer beglaubigung die fest-
stellung ihrer zeitlage. Nur T 5 bleibt, von einer ganz vagen
chronologischen angäbe abgesehen,") nach beiden richtungen
hin unbestimmt; die lokalisierung in der griechischen kolonie
Borysthenes mufs da als ersatz gelten. Die tatsache des er-
lebnisses drückt Toxaris auf zweierlei art aus. Die eine ent-
spricht dem Zeugnisse aus der öffentlichkeit des Vorfalles in
^) C. 21: tn xal vvv elaiv \-ix)-T'jV}jair afi(pco (pi).oao(po^pxeq.
^) C. 34:: 6 i-ikv ovv ArTi(pi?.oq kTi xal vdv tv Aiyvnxio ioziv, o öh
Aij^iriTQioq xal xaq avxov 6ia(.ivQiaq txsircp xuxa).ni(i)v (L'/^^zo ünicuv eig
ztjv 'Ir6txi]r naQu xovq BQayjiäraq xxX.
^) C. 23: ö 6h 'ÄQexaloq . . . xrjv O-vyaxt^ia ov 7T(j6 noD.ov txdtSwxer xx)..
*) Vgl. oben p. 75" und c. 26: xal TtQiötjv ye tnel ä^äfieroq avxo
[sc. To naidlov] daexöfiiasr 6 7iax)]o elq x6 ßov?.8vx(Qiov &a?.).M boxefi/ctrov
xal ßbkava aßneyöfxevov xxX.
^) C. 24: iösixO-r] rfe /xol cv 'Ixa?Ja nQSoßevorxi vneQ x'jq naxQiöoq
xaXoq avijQ xal fxtyaq xal nkovaioq, wq eööxei.
") CGI: ijXb noxe ovzoq b^Aßavyuq slq x>)v BoQVOx}ei'ixwv nöXir xx?..
78
^[; wie dort, werden auch liier drei, also die melirzalil der
geschichten (T 1 T 2 T 3) durch diese art der persönlichen
erfahrung beglaubigt. Toxaris befindet sich dann unter dem
Publikum, vor dem sich die begebenheit zuträgt, ohne in Tl
T 2 seine anwesenheit unter der menge der zeugen anders,
als durch den bericlit in der 1. p. pl, also durch wir-erzählung,
anzuzeigen. Erst in T 3 klärt eine Zwischenbemerkung über
diese bedeutung der wir-erzählung auf.i) T3 unterscheidet
sich am Schlüsse von T 1 T 2 dadurch, dafs die zeugen nicht
blofse unbeteiligte zuschauer sind, sondern aktiv in die hand-
lung eingreifen. Toxaris, als befehlshaber eines fähnleins
reiter, ragt überdies aus dem grofsen häufen hervor. T 3
leitet so von T 1 T 2 zu T 4 über. In T 4 allein gelangt die
andere ausdrucksform des selbsterlebten zur anwendung. Sie
ist ein analogon zur beglaubigung durch einen bestimmten
zeugen in M, auch in der Seltenheit ihres gebrauches. Toxaris
wird in T 4 aus dem unbeteiligten beobachter oder uninte-
ressierten helfer einer freundschaftstat zu ihrem gegenstände. 2)
Sein erlebnis potenziert sich also; um seinetwillen ereignet
sich die begebenheit, die er als zeuge mit ansieht. Unter
dem einflusse der kritik Mnesipps in c. 56 erhält ferner T 4,
allein unter allen beispielen in T, eine zweite beglaubigung,
und zwar durch objektive zeugen. 3) Ähnlich wurden M2 M 4,
die formalen gegenstücke zu T4, allein in M doppelt be-
glaubigt. Die berufung auf die amastrianer in T 4 entspricht
der auf den massalioten in M 4; d. h. die Wirklichkeit der
betreffenden begebenheit verbürgt beidemal die öffentlichkeit,
in der sie sich abgespielt hatte. "Wie nun der grieche M 4
von einer nicht näher bezeichneten person aus jenem publikum
erfuhr, so kann der skythe auf einige ebenfalls ungenannte,
') C. 5-1: rj.uHq 6b — xal yuQ cazoq fitiioyov xTiq i^öSov ccvioTg
iniöovq kv ry ßv(^>a^ röte inmug avT0T8?.6ig exazöv — ov no?.).(5 l'kictrov
xüiv XQiaixvQiojv avr zoTq mnevaiv üi^QOiod^kvieq vnefiivofxev rijv l'<fo-
öfiv xtX.
^) C". 57: fiü/.?.ov d^ axovoor, titol rcvnfj o'ia (filoq, Stoirrrjq rowo/ja,
V7lrj(}tTljOiV.
') C. 60: rovTO, u> MvrjOiJiTie, ovx tv Mü/j.voiv ovöt tv 'Alarla
iytvtxo, wq c(nä(jxvQOv eivai xul tmionioDcu, c(?.).u noX/.ol Tcä(Jtioiv
^AfiCCOTQiuvcüv /.tsini'r]/.ibi'Oi x^q yiü'f,r\q xov ^tolvyov.
79
zufällig- in Athen — dem orte seiner nnterreduno; mit iMnesipp
— anwesende aiigenzeugen des geschilderten Vorfalles zur
allfälligen kontrolle von T 4 hinweisen. — T 4 T 5 sind genau,
und zwar in griechenstädte, lokalisiert; T4 läfst sich aufser-
deni zeitlich mit dem gegenwärtigen gespräche des Toxaris in
Verbindung bringen. Wiederum ist die indirekte Zeitangabe in
T 4 der von M 4 nachgebildet. ') Beidemal ist ferner autopsie
des erzählers selbst fingiert. Auch die Ortsbestimmungen in
T 4 T 5 hat Toxaris den in M üblichen absichtlich angepafst,
was seine erwiderung auf den tadel des gegners in c. 60 lehrt.
T 4 T 5 wollen auf diese weise die einwendungen Mnesipps
gegen die gruppe T 1 T 2 T 3 in c. 56 entkräften ; deren be-
glaubigung durch die öffentlichkeit der erzählten ereignisse
liefs der grieche nicht gelten, weil sich das publikum von
Tl — T3 in unerreichbarer ferne und nicht einmal an einem
bestimmten orte aufhält, eine nachprüf ung somit ebenso un-
möglich wäre, wie etwa eine von M 5 mit hilfe des Demetrios,
den daher Mnesipp konsequent aus dem beweisapparate aus-
geschieden hatte. Von den übrigen in M beobachteten mittein
zur kontrolle eignete sich Toxaris das in der Weiterverfolgung
der Schicksale des freundespaares, über den Zeitpunkt der
geschilderten tat hinaus, bestehende an. Dreimal (Tl T2
T 4) findet es in T Verwendung. Für den schlufs von T 1,
demzufolge Amizokes den anblick des um seinetwillen ge-
blendeten Dandamis nicht ertragen konnte, sich selbst seines
augenlichtes beraubt hatte, worauf nun ((fiCföz^Qoi y.aOrjVTra
vjrd Tov y.on'ov tojv 2£y.vd(~)V örjiwöic. f/tra jraotjg Ti^ifjc,
TQ£(f Oktroi (c. 41), schwebt dem skythischen erzähler die mit-
teilung von M 2 vor, dafs die beiden freunde Dämon und
Euthydikos miteinander in Athen philosophie betreiben (c. 21).
Deutlicher ist der schlufs von T 2 nach dem von M 1 ge-
staltet. Beide geschichten enden mit dem tode der freunde;
werden nun die skythischen gemeinsam begraben,^) so harrt
Agathokles bis zu seinem tode bei den gebeinen des Deinias
') C. 57: 0X8 yccQ ^^//rtt^E dn(j£LV oixoS-er i-md-viiüc nutötlai rf/^
ED.iivixfjq, xuxtnXevoa tq ^'AßuaxQiv x))r Ilovxixijv vgl. c. 24: töeiyßij
dt fi.01 tl' 'ixuXia nQeoßevovii VTihiJ x'jg nca^lSoq xuXoq uvrjQ xx)..
*) C. 43: xal iifxüq id^äxpccfxev avxovq Svo xäcpovq üvcc/woayKq
nltjoloi', i'tu f.dr xüiv (fü.cor, tvu (5t xuiavxiXQV xov ).tovxoq.
80
aus. ') In T 4 und M 5 endlich trennen sicli nach der tat die
opfermutigen freunde Sisinnes und Demetrios von ihren nun
versorgten geführten. Beide begeben sich in entlegene länder,
Demeti-ios zu den indischen brachmanen, Sisinnes in seine
skythisclie lieimat. In M 3 und in T 3 bestehen die freundes-
dienste an und für sich in einer folge von ereignissen; mit-
teilungen über das spätere leben der geführten unterblieben
deshalb in den beiden kontrastparallelen beispielen. Auch
T5 fehlt ein solches beglaubigendes biographisches schluls-
stück, aufser des Abauchas rechtfertigung seiner handlungs-
weise gegen einen späteren Vorwurf. Die gesinnungstreue,
die aus der Selbstverteidigung des Abauchas spricht (c. 61),
erinnert an die des Zenothemis (M 4), die in seinem verhalten
zur Kj^dimache zum ausdrucke kommt (c. 25. 26). Skythe und
grieche bekunden durch ihre Charakterfestigkeit die fähigkeit,
dieselbe tat jederzeit zu wiederholen. Die biographischen
fortsetzungen der in M und T erzählten freundschaftsakte
stehen also in chiastischem abhängigkeitsverhältnisse, durch
das Lukian auch die konzentrische anordnung der beiden
geschichtencyclen herausarbeitet :
[Vorderteil] T 1 : M 2 = T 2 : M 1
[schlufsteil] T4:M5 = T5:M4
[mittelstück] T3 ~ M 3.
Die schon in M stark zurücktretenden Signalements der freunde
verschwinden in T fast vollständig. Die beziehungen zwischen
M 2 und T 5 wurden auch für diesen punkt schon in der ver-
gleichung beider erzählungen aufgedeckt. Es erübrigt also
nur, auf ausätze hinzuweisen, wie in T4, wo Sisinnes als
Schwager des Toxaris bezeichnet wird, 2) oder in T 2, dessen
held Belittas ein vetter des Amizokes aus T 1 ist. 3) — Ver-
gleicht man die beglaubigungstechnik von M und T im ganzen,
so zeigt sich zunächst ein formaler parallelismus beider bei-
spielgruppen ; M und T bezeugen die überwiegende mehrzahl
') C. 18: xal ünox>uv6vxoq [der freiind] ovxhi inaveXQ^slv dq ztjv
kuvioü ■^0-iltj(Jsv, kAA' umov iv xfj vt'jacp t'ftsivev ccloyvvö/aeyog xal
TS&rediTa ceno?.mElv zov (fü.ov. xtX.
") C. GO: loxi fiiXQi vvv hv Sxv&uiq yrjinag t/)j' t/u/i' adthpijv xzX.
^) C. 43: BtXlxxuv 'AfxiC,(öxov xoviov uvsxpiöv.
81
der stücke durch die öffentlichkeit der in ihrem mittelpunkte
stehenden begebenheit, während sie sich blofs für zwei, resp.
eine geschichte auf die autopsie einer bestimmten, genau
bezeichneten person berufen. Nur die letztgenannten drei
erzählungen M 2 M 4 T 4 sind doppelt bezeugt. Parallelisierte
nun Lukian M und T nach der form ihrer beglaubigungen,
so kontrastierte er sie nach dem inhalte derselben. Während
nämlich Mnesipp die einzige geschichte M4 nebenher durch
eigenes erlebnis des berichterstatters, sonst alle nur durch
zeugen beglaubigte, so Toxaris alle durch erlebnis und nur
T4 nebenher durch objektive zeugen. Die entsprechung der
beiden gegenstücke ist auch nach ihrer Stellung in den er-
zählungsreihen genau. M 4 und T 4 sind fixpunkte in der
gliederung der novellenmasse sowohl nach parallelismus, als
auch nach kontrast der beglaubigung. Lukian verfolgte also
mit der komposition durch diese zwei architektonischen Prin-
zipien dasselbe ziel; der parallelismus ist hier die grundlage
der kontrastwirkung, die er also nicht beeinträchtigt, sondern
verstärkt. ^ ^
Die kontrastierung der beiden novellenkreise durch be-
glaubigung der beispiele war notwendig, um ihrer kontrastierung
durch gewichtigkeit der geschichten die wage zu halten, um
also ihre gegensätzlichkeit in Parallelität aufzulösen. Auch
diese letzte bedingung für die durchführung eines zweiteiligen
aufbaues des dialoges aus zwei gleichwertigen hälften hat
Lukian restlos erfüllt, indem er den kontrast durch gewichtig-
keit und den durch beglaubigung in gleicher weise darstellte.
Nur verwendete er dieselbe form gegensätzlich. Dem grade
von Objektivität, der in der bezeugung der geschichten in M
und in T erreicht wurde, ist nämlich die gröfse des opfers,
das ebenda ein freund dem anderen bringt, invers proportional.
Setzen also die freunde in M nur in einem beispiele ihr leben
für den gefährten ein, sonst entsprechend geringeres (a), so
schlagen die freunde in T in allen erzählungen ihr eigenes
leben für den kameraden in die schanze, in einer auch das
ihrer angehörigen (a). Dagegen beglaubigt T nur eine seiner
schwerwiegenden geschichten, und diese nebenher, objektiv,
ebendieselbe und alle übrigen subjektiv oder ungenügend (b);
Rhetorische Forechungen. I. ß
82
M bezeugt alle beispiele objektiv, eines anfserdem subjektiv (b).
Die nämliclie form des kontrastes Ma|],Ta erscheint somit
verkehrt in Mb|J,Tb. Erhöht wird der eindruck der gleich-
artigkeit dieser beiden gegensätze endlich dadurch, dals die
pole von MafjTa formale parallelen derer von MbfjTb
sind. Als höhepunkte in Ma||Ta müssen nach den früheren
erörterungen die deutlich aufeinander bezogenen geschichten
M2 T5 gelten. Mb JiTb gipfeln wieder in die gegenstücke
M 4 T 4. Es wurde ferner gezeigt, dals sowohl M 2 M 4
infolge der gleichförmigkeit ihrer beglaubigungen formale
parallelen sind, als auch aus demselben gründe T 5 T 4. ^
Das Verhältnis von M zu T nach gewichtigkeit (a) und be-
glaubigung (b) der beispiele lälst sich somit in folgende
forniel zusammenfassen, in der + die höhere, — die geringere
Wertigkeit der geschichten nach einem jener zwei faktoren
(a oder b) bedeutet:
- + - +
Ma:Ta = Tb. -Mb.
Sie symbolisiert die tatsache, dafs Lukian gewinn und Verlust
auf die beiden Wettkämpfer gleichmäfsig verteilt,'^) sein kom-
positionelles ziel also glatt erreicht hat.
Register der xöjtoi über die freuiidscliaft.
A. Popularphilosophlsche ronoi.
uya'&oq ävii]Q (c. 37 : Bohueublust p. 28 1. 22). ovx ix xmv tcotwv . . . ovo'
et ovvHprjßöq rig jj yeircov i}v, cUA' meiöüv ziva l'öcofiev tcyad^dv
uvöga xul fi£yü).u tQyäaaa&ai Svväfiüvov, tnl tovxov unuvxeq
onevdofiev xxX.
tdy'&i'q (c. 7 anf. : Bohiienblust p. 34 1. 13).
aitu THiüxxeiv nüvxa (c. G2 : Bohiienbhist p. 41 1. 1). ... bnoZov xov FtjQV-
övjjv Ol yguipelq iväeixvvvxai, av&^canov k^üy^ei^a xal ZQixtcpaXov'
ifiol yuQ öoxsl XQilq ixsZvot i]auv cc/ucc ngärxovxeg navxa, &ansQ ■
iaxl dixuiov (pl).ovg ye ovxug.
*) T 5 gehört uicbt in die durch erlebnis in der öffentlichkeit
bezeugte gruppe Tl. — T3, sondern wegen seiner genauen lokalen be-
stimmung zu T4, das die beglaubiguugstechnik von M auf T zu über-
tragen versucht.
') S. oben s. G8.
83
ovx dv&Qcünivrj [>) <fi?.i(c] (c. 7 anf., ebda, ende : Bohnenblust p. 44 1.21).
C. 7 anf.: [t« azoiyeta] rof> TiQog d?J.i]Xovc I-qcotoq ovx ärd^^cönivcc
ra€xcc w/jd^ijftsv elvca, cd?.c( nroc yraif.i}]q ß6?.riorog 7/ xard roig
no).Xovq rovtovq drO^fjiönovg, o'i xx).. — C. 7 ende: ipü.ioi dai/.ioveg
= Orest und Pylades.
c:no?.el7ieiv s. ttqoSÖdjv.
ßeßcuov (c. 7 anf., 36. 37. 62 : Bolmeublust p. 37 1. 6). C. 36: xal öid roCxo
[^ xo XQi^aifwv] (vq ßeßatSxaxa ovmS-riteS-a xdc (pi).iuq. — C. 37:
ovx soxiv 0 XL xo ftexcc xo^xo ij/nüc öia/.vaetev uv. — C. 62: ovvd^tfiei'Oi
TCQoq rjf.iäq avxovg (pD.oi xe avxö&ei' eirac xal stoael töfoS-ß«.
(pD.ioi. dai/^ioreq s. ard^Qcontrtj.
6id [xo -/Qijaifiov] (c. 36 : Bolmeublust p. 29 1. 35). xcd 6iu xovxo cog ßsßcci-
öxaxa ovvxid^sfzed^a täq <piXiaq, fxövov xovxo onXov u/xaxov xcd
6vo7ro?J,u7]xov eircci rofdtorxeg.
evvoici (c. 7. 37 : Bohueublust p. 36 1.26). C. 37: xcd otöfie&u ovxtd-'
ofxolüjg iayvQCiv uvxov xijv (fi/Juv eircci TiQog 7io/.).ug evvoiug Suci-
Qe&eZoa r.
[d^ävccxog Ittsq <fl).ov] s. (fi).txaiQOv.
Q-c'cQoog 3. nioxöv.
kv xoZq öeivolg xoivfjjvlcc (c. 5. 7 passim : Bobnenblust p. 42 1. 14, vgl.
p. 11 1.22). C. 5: y^Qi) xolg (pü.oig dndorig xfjg xv/tjg xoinoveiv. —
C. 7: ot . . . xoTg <pi?.oig uyuvaxxovaiv ei [xri in' i'o7jg xoivwrrjoovoi
xwv jjdtcov xxX. — ovöi taxiv ecp' oxo) uv xig SxvQ-ijq fj.cd?.ov
oefivvrccixo i] inl x<p ov^norTjouL <fD.u) clrS^l xcd xoircovfiacu xwv
öeiviür.
[xQiaig] (c. 37. 63 : Bobnenblust p. 33 1.16—32). C. 37: STieiöcxv xiva
LÖcüiiev dyaO^ov uvöqcc . . . inl xovxov dnuvieg anevSofiev. — C. 63:
0 yaQ Xoyog b nuQwv xal xo xtüv ofioicov bQsysod-ai nolv niaxö-
xega xfjg xvlixog ixeivrjg "jv nlvexe, inel xd ye xoiuvxa ovx dvdyxtjg,
d).?.d yv(ö/j.7jg SeZoQ-ai (xoi öoxeT. — Scbluls: oiog ov, co Tö^agi,
öitifdrtjg fj/ALV dno xwv Xöycov.
xxfjim (c. 7. 37. 62 : Bolmeublust p. 29 1. 16). C. 7: oi-ölv Sxv^ca (piUag
fxeiL,ov oi'orxaL elvca. — C. 37: dem hoben werte der freuudschaft
entsprechen die bemühungen der skythen um sie. — C. 62: eyco Ss
ovSsv cOJ.o r]yov(.iai dvO^gionoig eivcu xovxov xx^fiu cqieivov jj
xd).).iov.
^loi/evöi^ievca yvvcäxeg (c. 37 : Bobnenblust p. 39 1. 9). twc ooxig dv noXv-
(ftXog ^, oj-ioiog ij^lv öoxeZ xaZq xoivaZq xuvxaig xal ^lor/evoj-ävaiq
yvvui^i.
vo^oO^ixai (c. 5 ende, 7 ende, 10 : Bobnenblust p. 41 1. 31. 34. 37). C.5 ende:
o . . . enccivovf^tev, xovxö toxiv, oxi tj/hZv l-So^av (pi'Xoi ovxoi 61}
ciQiaxoi dndvxcüv yeyevijo&ai xcd xoZg uXXoig rofio9-ixcci xcaccaxrjvai
(bq xxX. — C. 7 ende: 6id xa^xu 'OQtaxijv xal üvXdötjv xifZiSfxsv,
aQioxovq yevofxevovg xu Sxv&(5v dycc9-d xal ev <piXia Sieveyxövxag,
o nQ&xov 7)fieig undvxwv &ccvfic'cL,o/Jtev xxX. — C. 10: xovg fxev
nuXuiovg ifiXovq . . . xi'v 'A/iX/.icog xcd üccxqoxXov <ptXluv xcd xtjv
Otjaicog xcd n6i(iL{}ov xal ic5v dXXojv exui(jelav.
6*
84
ro rü)v onolwv oQtyeo^uL (c. 62. 63 : Bobnenblust p. 27 1. 27). C. 62: tnü
dh xal ov (fiXlav tnaivelv eiSo^aq, iyu) de ovÖtv uhXo r/yovfxai
üvO^Qumoig elvuL tovtov xTrjfxa a/xeivov rj xäk?,iov, xi ov-/l xal
rj/nelq ovvH^ifiei'oi n^og tj^äg uvzovg (piXoi re ccvxo&ev sLvui xal
eIoubI koea&ui dyanui/iiev ufKfat vcxr/oaviEg xxX. — C. 63 s. bei
xQiaig.
maxöv (c. 7. 23 : Bohnenblust p. 43 1.20). C. 23: lym dt xov EvöccfilSav
noXv ixüXXov ixi^avftaaa toC &ü()aovg o elxsv inl xoZg (piXoig.
iöijXov yciQ aie ^«t avxog av xa of^ioia tjiQa^ev in^ uvxoTq, et xal
(iri er öia&^xaig xavxa eveytyQanxo, aXXit. ngo x<3v aXXcjv rjxev av
ayQa<pog xXrjQOvöfxog xwv xoiovxcdv.
7ioXv<piXog (c. 37 : Bobnenblust p. 37 1. 16 — 20). eipelxai öl x6 /.dytoiov
ic/Qi XQiüiv eg xag avvd-t'jxag elaitvai ' über die begTÜndung s.
evvota.
TXQoSöxriv (piXiug ysyevrja&ai (c. 7. 9 : Bobnenblust p. 33 1.1 — 15). C. 7:
xovg noXXovg xovxovg uviyQMnovg , &l . . . ei rfe ri xal ßixQOV uvxi-
Tcvevatj avxoZg [sc. xoZg (plXoig^, oi'xovxai, fxövovg xoTg xivövvoig
UTioXinövreg. — Ebda.: waneQ ovStv oveiSog fiel'Qov na^' ijfxTv xov
7i(JoS6x7jv (fü.lug yeyevTioQ^UL doxeiv. — C. 9: vi^eig yuQ fxoi äoxelxe
xovg fiev neQl (piXlag Xöyovg afxeivov äXXcov av eineiv 6vvao&ai,
xaQya 6e avxtjg ov ,u6rov ov xax a^iav xuiv Xöycov ixfxeXexäv xxX.
[anürior] (c. 63 : Bohnenblust p. 37 1.7). xal fujv ev l'o&i, ovx av oxvjj-
aai/iii xal exi no^QcoitQü) iX&eLV, el (.dXXo) xotovxotg (fiXoig tvxev-
^fö&ca olog av . . . ötetfmvijg ?jfxTv xxX.
[axor/eta] (c. 7 anf. : s. oben s. 55).
ovfinov^aai (piXoj avÖQi s. xoivüjvla.
(piXtxuiQov (c. 6 ende, 7 auf., 37 : Bohnenblust p. 43 1. 34, p. 16 1. 8). C. 6:
, . . xal 7ia^' ovdhv xi&lfitrov, el dnoS^aveixai awoag xov (plXov . . .
C. 37: Tj firiv xal ßicöaeo&ai /uei' aXXi'iXmv xal cinoii^aveTa&at, Tjv
Sey, vneQ xov extQOV xov exe^jor.
* *
definition s. o^wiwv.
ewigkeit s. ßeßaiov.
gegenseitigkeit der hilfeleistuug s. xoivcovla.
gleichheit s. bfiolojv.
göttlichkeit s. ävd^Qomlvi].
nur unter guten s. üyuii^ög.
über allen gütern s. xxf/fia.
hetäreuvergleich s. fioi-/_£vöpitrui.
merkmale des freundschaftsideales s. ovoi/eTa.
nutzen s. öiü.
paradigmatische freundespaare s. ro/wQiiai.
prüfung s. xQioig.
religiöses s. avO^()ü)nlv)].
Seltenheit s. onäviov.
85
Unbeständigkeit s. TrporfoT?;»'.
Vervielfältigung durch die freunde s. ünu.
Wahrhaftigkeit s. cdrjd-ig.
Wortfreundschaft s. tiqoSÖztjv.
zutrauen s. nioxöv.
zweck s. 6iä.
B. Angewandte xönoi.
arbeit s. unterhalt,
äugen s. befreiuug.
ausharren beim freunde, trotz dessen entehrung M4 (Zenothemis c. 26).
M 5 (Demetrios c. 30 vgl. c. 28).
vor dessen gefängnisse M5 (Demetrios c. 31).
vor gericht Ml (Agathokles c. 18).
über dessen tod hinaus Ml (Agathokles c. 18).
ausstattuug s. teilung, Versorgung.
befreiung des freundes aus der gefangenschaft, mit eigener lebens-
gefahr T3 (Arsakomas c. 55).
mit eigener lebensgefahr und um den preis seiner äugen Tl
(Dandamis c. 40).
blendung s. Versetzung.
ehrenrettung des freundes, durch rührung des Senates M4 (Zenothemis
c. 26).
mit hintansetzung seiner eigenen ehre M5 (Demetrios c. 83. 34).
mit eigener lebensgefahr T3 (Lonchates c. 51).
entehrung s. ausharren.
erwerbung der geliebten des freundes für diesen durch ihren raub mit
eigener lebensgefahr T3 (Makentes c. 53).
gefangenschaft s. befreiung, Versetzung,
gefängnis s. ausharren,
geliebte s. erwerbung.
gericht s. ausharren,
häfsliche tochter s. Versorgung.
heirat s. Versorgung.
hintansetzung s. ehrenrettung, lebensrettung.
kleidung s. teilung.
krank s. linderung, pflege.
lebensgefahr s. befreiung, ehrenrettung, erwerbung, lebensrettung.
lebensrettung des freundes, mit eigener lebensgefahr M2 (Euthydikos
c. 20).
und mit hintansetzung der, gleich dem freunde bedrohten,
blutsverwandten T5 (Abauchas c. 61).
linderung der läge des freundes, trotzdem er sie teilt und selbst krank
ist M 5 (Demetrios c. 32).
mutter s. Versorgung.
86
pflege des kranken freundes Ml (Agathokles c. 18).
des um des anderen willen verwundeten freundes T4 (Toxaris
c. 60).
preis s. befreiung.
preisgäbe s. unterhalt,
raub s. erwerbung.
rettung s. ehrenrettung, lebensrettung.
rührung s. ehrenrettung.
Schenkung des gesamt Vermögens an den freund.
Agathokles verkauft für ihn seinen väterlichen besitz Ml (c. IG).
Demetrios schenkt die empfangene belohnung demselben zu der
seineu M 5 (c. 34).
teilnähme an der läge des freundes, s. Versetzung.
teilung seines Vermögens mit dem freimde M4 (Zenothemis c. 25).
durch die ihm testamentarisch übertragene ausstattnng seiner
tochter M3 (Charixenos c. 23).
durch die teilung seiner k 1 e i d u n g (mantel) mit demselben M 5
(Demetrios c. 30).
testament s. teilung, Versorgung,
tochter s. teilung, Versorgung,
tod s. ausharren, Versetzung.
unterhalt des freundes, durch eigene arbeit Ml (Agathokles c. 18). M5
(Demetrios c. 31). T 4 (Sisinnes c. 58).
durch preisgäbe seines lebens (lähmung des fufses) T4 (Sisinnes
c. 60).
Verbannung s. Versetzung,
verkauf s. Schenkung,
vermögen s. Schenkung, teilung.
Versetzung in den zustand des freundes, durch selbstblendung Tl
(Amizokes c. 41).
mitgefangen Schaft M5 (Demetrios c. 32).
gleiche tod esart T 2 (Belittas c. 44).
mitverbannung Ml (Agathokles c. 18).
Versorgung verAvandter des freundes, der mutter M3 (Aretaios c. 23:
in erfüUung des testamentes des freundes). M3 (Charixenos
c. 23 : ebenso, nach des Aretaios tode, trotzdem er auch die tochter
des freundes auszustatten hatte).
der tochter M3 (Charixenos c. 23 : durch ihre ausstattnng
s. teilung). M4 (Zenothemis c. 25: durch ihre heirat, trotz ihrer
hälslichkeit und fallsucht).
verwandte s. lebensrettung, Versorgung,
verwundet s. pflege.
V.
Das Signalement der lukianischen novelle.
Aus den vier kunsttheoretiscli behandelten beispielen
Schlüsse auf Lukians kompositionskunst zu ziehen, geht eben-
sowenig an, wie die bestimmung von gattungsgrenzen nach
ihnen. Einzelne unterschiede und gemeinsamkeiten von viel-
leicht genereller bedeutung drängen sich immerhin bei ihrem
vergleiche auf. Fafst man z. b. das dialogische in den drei
letztuntersuchten stücken ins äuge, so wird sich der <I>iXo-
xpn-ö/jg in einen kerndialog und in ein zeitlich und örtlich
von ihm getrenntes rahmengespräch zerlegen lassen, während
im nioior und IVjsaQig kerndialog und rahmengespräch zeitlich
und örtlich miteinander verbunden sind. Demzufolge weist
der ^iloxpivdt'ig zwei rahmenpersonen auf. Tychiades erzählt
zur begründung seines gesamturteiles über den kerndialog
diesen dem Philokles. Denn an ihn, also an eine aulser be-
rührung mit den personen des kernes stehende rahmenfigur,
nicht an jene richtete er seine kritik. Im nioiop dagegen
erscheint nur eine spezifische rahmenperson, Lykinos; zwischen
ihm und den berichterstattern der kerngeschichten findet das
rahmengespräch statt. Ihnen gab Lykin am Schlüsse ihrer
erzählungen — nicht umschliefsend wie Tychiades im ^iZo-
tj'tvöfJQ — eine gesamtbeurteilung derselben. Der TösccQig
besitzt keine eigene rahmenperson, was in c. 62 angemerkt
wird: ov yaQ l-Aui) ioa^tti' Tiva öixaoT/)}' tov ?.6yov, weil ihr
fehlen technische bedeutung besitzt. Mit ihr ermangelt es
auch an einer abschlielsenden gesamtkritik der erzählungen.
Der Vorderteil des rahmens entspricht somit im T6s(cq(Q, wie
im (iHAoii'ivöt'jC, seinem schlufsteile, im gegensatze zum W.oior,
in dem die gesamteinleitung vor dem II. dialogteile mit dem
gesamtschlusse eine höhere einheit bildet. Im ^iXoii'tvöfjg und
88
To3,aQiQ blieb also, gegenüber dem UXolov, die ralimenform
gewahrt. Und zwar ist im 'PiXoipirö/jg der vordere ralimen-
teil noch verhältnismäfsig umfangreicher, als der hintere; im
Tö^fcQig wurde das A^ordere rahmenstück zu einem dreiteiligen
jr(>o/r(;.;«'- artigen jrQooiiuoi' ausgeweitet; im IHolov, in dem
die rahmenform folgerichtig aufgegeben ist, machte der autor
das .■7()ooiinor zum I. hauptteile, welchem neben dem II.,
dessen Spiegelbild er darstellt, fast selbständige bedeutung
zukommt. Den endpunkt dieser entwicklung repräsentiert die
form des doppeldialoges, die Lukian in den Eh/.örtc; und Tjrtp
räiv dxörcov ausgebildet hat. Das Verhältnis von öulh^iq
und fieUrtj kann, als zu äufserlich, nicht mit dem der teile I
und II des IIloTor verglichen werden; wohl aber darf die Ver-
bindung von :;TQoOu»Qia und (iü.tT7j bei Himerios, Tliemistios,
Chorikios als Zwischenstufe zwischen den im W.olor und in
den bilderdialogen ausgeprägten formen gelten.
Deutlicher, als aus solcher Verwandtschaft ihrer dialog-
form, wird die Zusammengehörigkeit von lIXoTor, ^iXoipevörjc,
Tö^aQiq aus der beglaubigung ihrer einlageerzählungen. ^)
Freilich ist diese Lukian auch sonst in ihren beiden haupt-
arten, der autopsie und der Zeugenaussage, geläufig. Man
erinnere sich nur der folgenden schablonenhaften beispiele aus
jtQolaha'i. Lukian will das kentaurenbild des Zeuxis und das
Alexanders Vermählung mit Roxane darstellende gemälde des
Aetion, die angeblich beide nach Italien wanderten, selbst
gesehen haben. Aus seiner autopsie leitet er beidemal seine
berechtigung zur txf/Q(c6i.g der bilder ab, weshalb er jede von
beiden mit jener beglaubigung eröffnet:
'fjQodoiog i] 'AeriiDV c. 5: ; Zev^ig ?/ ^Avtio/oq c. 3:
1. iOTiv rj tlxiov iv 'hu).in, 1. rTjg uxövoq ravrtjq avilyQmpÖQ
kori vvv Ad-rivijOL UQoq avzTjv exeivtjv
äxQißei Tfi oiäO^fi^ fiezsvtjvsy/itvi] •
To cc()/hTvnov rf' ciVTo ^vXXat, o
'^Pwfiaiwv OTQUTTjyog t?Jyero /tsxu
xwv aX?.(ov elg 'Ixu'/Jav 7ienofji<pivc(i,
eiTu neQi Ma?.ic(v, oifiai, xcna(^vorjq
') Im 'I>t?.oii'ev6^g und in den parallelversionen zu seinen erzälüungs-
kernen beobachtete sie schon R. Reitzenstein, Hellenist, wundererzählungen.
Leipzig 190Q, p. 2 ff.
89
z^q bXxüSoc, dnoXf'od^ai anavra xal
2. xu)'(i) tiöor, t))v y()a(pj]i'. 2. ttAj/v a?.?.ä xriv ye
3. Soze xcd ool ia> elnelv l'/otf.tt. elxova rfjg ttxövoq siSov, 3. xal
avzog v/.ilv, wg av oiög ze w, Sel^o)
ziS löyoj, ov flu zov diu yQa<pixöq
zig üiv, a).Xä nävv fibfivtj/xcci ov
TiQo TiolXoC iöcov kv Zivog zdJv yQa-
(ftiov 'Ad-i]vt]Ot ' aal z6 vneQd^ccvfxc'c-
oai zoze zrjv zh/vtjv zc'r/ uv fzoi
xal vvv TiQog z6 oa(p£Oi£QOV öfjXwoai
ovvaywrloatzo.
In /7f()/ Tcör ddi^cSfor hinwieder leitet er die jraQr/.ßaöic über
die grabstele des von diirstsclilangen getöteten mit der be-
tenernng" ein, dafs er noch kein opfer dieser tiere zu gesichte
bekommen, da er Lib^^en nie betreten hätte. Für die folgende
beschreibung des grabmales beruft er sich daher auf die
Zeugenschaft eines gefährten (c. 6 rcör tralgcor ng), der es auf
einer reise betrachtet hätte. — Nicht an und für sich, sondern
durch ilire technische Verwendung unterscheiden sich die be-
glaubigungen des nXoiov, 4HXo^)tvÖ7)Q , Tö^aQig von anderen
derartigen Zeugnissen bei Lukian. Wenn auch nicht das
einzige, sind sie doch eines der beliebtesten mittel in seiner
Steigerungstechnik. Das erhellt schon aus ihrer indirekten
Verwendung im TlXolor, dessen «r^//o/c auf dem ausdrücklichen
fehlen der beglaubigung und damit auf der gröfse des ab-
standes der jeweiligen geschichte vom jndccvör beruht. Die
Steigerung wieder zählt — wenigstens für die drei behandelten
dialoge — zu den bedeutendsten architektonischen prinzipien
des samosatensers. Denn wie sie die komposition des ^tXo-
ipsvöjjg beherrscht, so fördert sie die der beiden anderen
stücke unmittelbar. Indem nun Lukian die beglaubigung
in den dienst der Steigerung stellte, machte er nicht nur
ein sonst technisch latentes merkmal seiner erzählungskunst
für die rahmenkomposition des IlÄolor, flHXoxptvÖi'jg, TösccQig
nutzbar, sondern verlieh ihm vielmehr hervorragenden, ja fast
eigenwert. Nicht zwecklos lenkt ein rhetorischer ökonomiker
vom schlage Lukians die aufmerksamkeit des kunstverständigen
Zuhörers auf ein technisches detail. Im gegebenen falle be-
zeichnete er dergestalt das literarische tlöog der erzählungs-
einlagen {dtijytjuara) seiner dialoge, gab diesen also eine be-
90
stimmte literarische Signatur. Das geschah auf zweierlei art:
negativ im UÄoior, positiv im <T>i/.oif'tvd//g, TÖsciqiq. Die
positive Charakteristik erfolgte burlesk (^iXofevStjg), oder
ernst {T6^a{)u); burlesk, wenn die beglaubigung das entgegen-
gesetzte von dem bedeutet, was sie gewöhnlich zu sagen pflegt,
d. li. wenn sie die bezeugte geschichte als jrXäöiia erweist.
So bringt im <Pi?.ofevihjc der kontrast zwischen der offen-
kundigen erdichtung der geschichten und der gewichtigkeit
der beteuerungen, die sie bewahrheiten sollen, dem zuhörer
die Unwahrheit der einlagen zum bewufstsein, indem er ihm
deren erzähler läclierlich erscheinen läfst. Dieser Unter-
scheidung von drei erzählungsarten auf grund der dhjÜEia,
als einteilungsgrundes, entspricht eine von Sextus empiricus
ÜQdg YQ(Liii(aTixovQ c. 12 §263f. i) angeführte dreiteilung der
iöTOQia nach demselben gesichtspunkte in ^ivdog, jtXdaiia und
loTOQia genau. Und zwar fallen die negativ beglaubigten
geschichten des ID.oTor unter den begriff fivOoc, der nach
seiner definition bei Sextus jTQay/tdTcov dysi'fJToiv xai ipEvÖcöv
txd-ecig ist, die burlesk bezeugten des (Pi?.oipsv6j]g unter jrldoim,
einer jiQciyfidTco}' ///} ytroiitrcor, öffoicog da zoig ysrofjh-oig
?.£yofavcov txO^soig und die des TosciQig, die Lukian selbst wie
wirklich geschehen betrachtet wissen wollte, unter die rubrik
loTOQtfc, einer cihjdv)v nrcor xcu ytyororcov exOecng. Die
Übereinstimmung der lukianischen praxis mit einer seiner zeit
geläufigen grammatischen theorie berechtigte wohl dazu, in
den beglaubigungen des UXolov, 'PiXoiptvöfjg, TösaQig ein
literarisches artmerkmal zu erblicken. Um aber so vom
Publikum verstanden werden zu können, mufste die be-
glaubigung in der erzählungsliteratur überhaupt, nicht nur
in der des samosatensers, topisch und eine ähnliche kenn-
zeichnung anderer erzählungsarten durch andere zojtoi ge-
läufig sein. Für das letztere genügt der hinweis auf das be-
kannteste beispiel für derartige klassifikation von erzälilungen,
nämlich auf den märcheneinsatz /'/r, erat, es war einmal,'^)
1) Reichel p. GO.
2) Vgl. Crusius, Philologiis LH 53-J f. und Carl Weynian, SB der
philos.-philol. cl. der bayer. akad. d. wiss. 189H, 11380. 382 f. — Falsch
versteht Weyman daselbst s. 380 die eingangsworte zum nlüoixa, das
91
welcher den ihm folg-enden bericht in mythenferne rückt oder
wenigstens als naive unkritische geschichte bezeichnet, i) Die
formelhaftigkeit der beglaiibigung in der erzählungsliteratur
hat schon Hermann Peter erkannt'^) und ihre funktion als
literarische artbezeichnung R, Eeitzenstein geahnte)
Den topischen Charakter der in den drei untersuchten
lukianischen dialogen kompositionell verwendeten beglaubigung
mögen parallelen aus Petrons Saturae, Apuleius' Met. und aus
reden Dions von Prusa erweisen.'*) Petron verwendet
zweierlei erzählungseinlagen; entweder episoden der haupt-
erzählung, wie Eumolps schnurriges abenteuer mit der tochter
Philomelens (106,30—107,22 Bücheier ^), oder zeitlich und
örtlich von ihr gesonderte fahidae, wie die matrone von Ephesus
(77,10 — 79,8), Eumolps pergamenisches päderastenerlebnis
(57,17 — 59,5), das paar der Spukgeschichten aus Trimalchios
Tlepolenms - Haemus bei Apuleius met. 158, 19 ff. (Helm) den räubern vor-
lügt: fuit qiddam muUis offci/s in aula Caesaris clarus atque conspicnus,
ipsi etiam xnohe spectatus. Die drei adj. clarus, conspicuns, spedatus,
die durch die gleiche metapher die hervorleuchtenden qualitäten des
Staatsmannes veranschaulichen, bezieht Weyman auf das subj. quidam,
statt auf das präd. fuit, fafst sie also statt prädikativ, appositioneil auf.
Die prolepsis des verbum finitum, die jedoch H. Koziol, Der stil des L.
Apuleius , "Wien 1872, s. 337 als besondere eigentümlichkeit apuleianischer
Wortstellung anmerkt, mag diesen irrtum verschuldet haben. .Jetzt erklärt
sich auch blofses fuii, anstatt fuit olim, erat, wie für den in unbestimmte
Vergangenheit versetzenden märcheneingang zu erwarten wäre. Einen
solchen rechtfertigte übrigens hier Aveder die art der geschichte, noch die
person ihres erzählers.
') Im gegensatze zu gelehrter mythentradition (etwa Herodots), die
ihre berichte mit ?.lyercct , Iotoqhtcu, %/u 6\ ?.6yog, t(f:aoav 6t xirtq und
dergl. mehr zu eröffnen pflegte.
^) Wahrheit und kunst, geschichtschreibung und plagiat im klass.
altertume. Leipzig 1911, s. 425 f.
^) Das märcheu von Amor und Psyche bei Apuleius. Leipzig 1912,
s. 70 ^
*) Aufser den rahmen dieser Untersuchung fällt eine Verfolgung der
beglaubigung bis auf Ktesias aus Knidos zurück, der übrigens bis in die
kaiserzeit hinein unmittelbaren eintlufs ausübte und dessen Avahrheits-
beteuerungen durch ihren gegensatz zur erfundenheit seiner berichte
besonders auffielen (vgl. Lukian 'AhiO-. iar. 13. II 31). Es ist also sehr
wohl möglich, dafs von seinen 'li'Stxä aus die beglaubigung in der
späteren belletristik topisch wurde.
92
kreise (40,38 — 41,38. 42,4 — 25) und das djtofii'}ji/6j'n\ua über
das unzerbrechliche glas (34,6 — 16). Ob in die einlagen
Personen der liaupterzählung verwoben sind oder nicht, ist für
diese einteiluiig gleichgültig. Die erstgenannte einlage und das
djio(ivri^i(')rtv[ia bedurften keiner eigenen beglaubigung ; jene
als bestandteil der haupterzählung selbst, dieses als triviale i)
historische begebenheit. 2) Die Wahrheit der übrigen ge-
schichten bekräftigte Petron entweder burlesk oder ernst.
Burlesk beglaubigt er die beiden Spukgeschichten des Niceros
und Trimalchio. Beide geben sich als erlebnisse der
b Bricht er statt er, gleich den geschichten des <I>i?.oftv6?jg
(vgl. oben s. 44) und des Toxaris im gleichnamigen dialoge
(oben s. 77). Petron vereinigte dergestalt, wie Lukian, mit der
beglaubigung die chronologische und topographische
fixierung der geschichten; vgl. die einsätze:
Petr. 42,5: cum adhuc ca])illatus essem, nam a iniero vitam Chiam
gcssi, i2)shni nostri delicatus decessit etc. 4>iXo\j.'. c. 11: 7jv fihv iyai
fieigäxiov sti a[i<f>l tu xszruQaxalöexa tirj ayeSöv ' rjxe 6e rig ayyüJ.cov
x(3 TcatQi xi7.. und oben s. 76.
Petr. 40, 38: cum adhuc servirem, fiabitabamus in vico angiisto ; nuvc
Gavillae domus est. ibi, quomodo dii volant, amare coejn uxorem Terentii
coponis. 'Pü.oxp. c. 14: tyo) yovv ditjyijoofjLai vfüv u eiöov yevöfieva vn'
ccvToü iv D.avxiov toC 'AXe^ixXtovq • uqxl yuQ 6 Fkuvxiuq xoC naxQoq
ujio&uvövxoq nuQu).ußa>v xt)v ovolav Tj^äoS-T] XQvalöoq XTjq Aijßaivlxov
O^vyaxQog xx?..
Wie bei Lukian dient auch in diesen beiden petronischen
geschichten ein elxoi'iofiög einzelner ihrer hauptpersonen
dem :^tOav6r:
Petr. 40, 38: amare coepi uxorem Terentii coponis: 7ioveratis Melis.sam
Tarentinnm, p)ulcherriynxi,m bacciballum. 'Pü.oy. c. 16: xcd xu^xa ovx
^V''^ XQ^ ?.tyeir, uü.u nävteg l'oaai xov Svqov xov ix xfjg Ilu).aiaxiv)]c,
xov ini xovxwv oo<fioxrjv (folgt sein yuQuxxrjQionöq).
Petr. 42, 6: ijisimi nostri delicatus decessit [keine namennenming],
mehercules margaritum, caccitus et omnium niimeriim. — 41, 10: hospitem
vostrum . . . erat autem miles, fortis tanquam Orcus. — 42, 10: hahebamus
tunc hominem Cappadocem, longum, valde audaculum et qni valcbat:
poterat bovcm iratum tollere. Vgl. die Signalements der magier im 4>i).oip.
') Wie V. Bondonio, Classici e neolatini I (1905) 203 ansprechend
vermutet.
») Vgl. L. Friedländer, Petronii cena Trimalchionis.* Leipzig 1906,
8. 280 f.
93
(c. 11. 13. 16. 34, oben s. 44. 45. 4S), in denen einzelne der bei Petron
anzutreffenden züge, so die allbekanntheit der gekennzeichneten person
oder nameunenuung, kompositionelle Verwertung fanden.
Auch die weiteren Schicksale der in die dargestellte
begebenheit verflochtenen hauptpersonen erzählt Petron, gleich
Lukian, im Interesse der glaubwürdigkeit :
Petr. 42, 23: ceterum baro üle longus post hoc factum nunquam
coloris sui fuit, immo post paxicos dies phreneticus 2>s'>"iit. fpiloxp. c. 20:
ov noXvv de inißiovg X9^^'^^ xaxoq xaxwq dnt&ave fiaanyovfievog , wq
sleys, xaxa rijv vvxxa kxdazijv, woze xul f.ta>).u)naq iq z>)v inioCoav
(paireo&ai uviov tni xov o(ö/.iuioq.
Petr. 41, 34 ff. <lHXoxp. c. 25 scliluls und oben s. 76. 79.
Beide Schriftsteller verwenden ferner zu dem genannten zwecke
Wahrheitsbeteuerungen und -eide:
Petr. 42,22: rogo vos, oportet credatis. — 42,14: jAane non mentiar.
— 41,18: nolite me iocari jmtare; ut mentiar, nullius Patrimonium tanti
facio. — 41,37: viderint alii quid de hoc exopiniasent ; ^) ego si meniior,
genios vestros iratos habeam: T6§. c. 19. — <PiXo\i.<. c.27: xul ö Evx(jäxi]q
woTiEQ ära^rtjoS^elq UQoq xjjv oxpLV rSv vitwv, ovxwq ovaifitjv, ecpi],
xovxüjv — mißa?MV uvxoZv r>)v yelQu — ^q ccXtjO-)] , ci J'vyjccör], UQoq
oe igoi.
Wie Lukian im ^iXofeiiöfjg, so bediente sich auch Petronius
der mimik und fremder autorität zur beglaubigung seiner
Wundergeschichten :
Petr. 42, 1: attonitis admiratione universis 'salvo' ivquit Uuo Ser-
mone' Trimalchio 'si qua fides est, ut mihi pili inhorruernnt , quia scio
Nicer07um nihil nugarum narrare: immo certus est et minime linguosiis.
<Pi?.oip. c. 22: OQcixe, ttprj, onxoq e(pQi^a, a> (piXoi, fxexa^v öniyovfxeroq; xcd
afia ktywv iöelxvvsv o EixQC'.rrjq xuq enl xov nrjyßwq XQiyuq nuaiv OQÜ^dq
vno xov (fößov. — <PiXotp. c. 32: des Arignotos eintreten für die glaub-
würdigkeit des Eukrates (oben s. 42).
Gegenüber der reichhaltigkeit der in allen ihren elementen
Lukian entsprechenden burlesken beglaubigung Petrons be-
schränkt sich dessen ernste einlagenbeglaubigung nur auf eine
örtliche und zeitliche bestimmung der erzählung. Zu ihren
formen lassen sich ebenfalls genaue parallelen aus Lukian
beibringen :
Petr. 57, 17: in Asiam cum a quaestore esscm stipendio
eductus, hospitiiim Pergami accepi. ubi cum libenter habitarem etc.
') Vgl. 4>iXo\p. e. 20: td^ila) yaQ äxovaai, et xal oxl (xuXiaxa ovxoat
TvxiixäTjq dniax/joei.
'röi- c. 24: iihi'yO); (St fioi iv 'lTa?.la 7t()8aßevovxi vnlo r/jq nccTQitJog
xaXog dvijQ xz?..
Petr. 77, 6: nee sc [= Eumolpos] tragoedias veteres curare aut
nomina saeculis nota, sed rem sua memoria factam, quam exposituruyn se
esse, si vellemus audire. 2'ö^. c. 10: tovg fxev na}.uiovq (piXovq dr()£(X£Tv
Häacjftev ... — inet xaxä ye xovxo nkEOvexxoTxe av noJ.Xovg xal d^io-
nlazovg f/UQXVQug xovg noirjidg 7iaQe/,6/nevoi, xrjv 'Axi^^^og xal IlaxQÖxXov
(piXlav xal xrjv Orjatwg xal TleiQidov xal x(vv aXXwv kxatQ£iav lv xuX-
Xlaxoig meoi xal [dxQOig garpcoöotjvxag — oXiyovg eis xivag TCQoyeiQiaänEvoL
xwv xaiy Tijiäg avxovg xal xa l'^ya avxwv öt7jy7jaäfievoi xxX. Vgl. noch
den diese vereinbaning berücksichtigenden schlufs von Ml (Tö^. c. 18):
xovxo aoi i-^yov (pi).ov "EXXi]Vog ov tcqo tioXXov yevö/xevov. Apuleius
met. 237,12 (Helm): iam ergo, lector optime, scito te tragoediam, non
fahulam legere et a socco ad coturnum ascendere. — Zu diesen stellen ist
zu bemerken, dals Petron die res sua memoria facta vor und nach ihrer
mitteilung (77,2.79,9: risu excepere fahulam nautae) als fabula be-
zeichnet und dafs Lukian abweichungen vom prinzipe (zeitgenössischer
und) wahrer berichterstattung als T(K.7'(;fo v (vgl. c. 12: tniTQayioöüJV, c. 56:
nävv xgayixu . . . xal /j.vd-oig oftota) qualifiziert.') Apuleius leitet nicht
die Stiefmutternovelle, wie Reitzeustein fälschlich angibt,'') sondern ihre
Peripetie mit der ausgehobenen wendung ein. Danach lassen sich für die
beiden gegensätzlichen begriffe tragoedia und fabula folgende vier merk-
male gewinnen, von denen 1 — 3 für Petron und Lukian, 4 für Petron')
und Apuleius gelten:
tragoedia
1. wQlaßsvov (nomi7ia saeculis nota)
2. Tia?.aLÖv (vetus)
3. tpevötg (/ivQ^oig ofioiov)
4. näd-og {xaXöv)
fabula
äoQioxov
xo xaO-' Tjftäg avxovg (res mea me-
moria facta)
dX7ji)^ig
tjO-og (tjöv).
^) Ebenso Dion im TQwixög Arn. 1 117, 11: xovg /nvO-ovg xiov xi>ayonSuiv.
''■) R. Reitzenstein, Das niärchen von Amor und Psyche bei Apuleius.
Leipzig-Berlin 1912, s. 68.
') Vgl. Eumolps themastellung 77,2: ne sileret sine fabulis hilaritas,
multa in muliebrem levitatem coepit iactare: quayn facile adamarent (a),
quam cito etiam fdiorum obliviscerentur (b), nullamque esse feminam
tarn pudicam, quae no7i pcregi-iiia libidine usqae ad furorem averteretur (c).
In a b skizzierte er einige nicht behandelte themata , in c formulierte er
das theraa der matroiie von Ephesus selbst. Auf c folgt die oben zitierte
beglaubigung, in der Eumolp versicherte, c nicht tragisch zu gestalten,
d. h. nicht etwa von Phädra und Hippolyt zu erzählen und damit die
herrschende hilaritas ()'/0og) zu zerstören. Diese soll ja seine fabula
beleben, «e sileret, also fördern.
95
Die vorstehenden parallelen haben volle ühereinstimmung in
der beglaiibigungstopik Tetrons und Lukians gezeigt; die letzt-
behandelte Satiirae- stelle hat überdies ein direktes zeugnis
für die generelle bedeutung der lukianischen beglaubigung
geliefert.
Auch Apuleius beglaubigte die in die Met. eingefügten
geschichten. Entweder bezieht sich bei ihm die beglaubigung
auf die haupterzälilung, oder sie erfolgt unablkängig von ihr;
d. h. entweder bezeugt Lucius selbst die erzählung durch ihre
eingliederung in die zeitlich ablaufende reihe seiner erlebnisse,
oder es beteuert der gewährsmann des Lucius die Wahrheit
seines berichtes. Diese auf der eigenart der apuleianischen
rahmentechnik beruhende Unterscheidung der beglaubigungen
deckt sich mit Heinemanns i) Zweiteilung der metamorphosen-
einlagen.
Die erste art apuleianischer beglaubigung (durch Lucius)
berührt sich infolge der Verschiedenheit der schalttechnik des
madaurensers von der Lukians und Petrons nur wenig mit
der beglaubigung dieser beiden autoren. Apuleius motiviert
durch sie meist zeitlich, selten örtlich (Amor und Psyche) 2) von
der rahmenhandlung getrennte einlagen. Die begründung ent-
nimmt er:
1. Der reisefiktiou des beiden. Met. 205,19—25 (Helm): nee
paucis casulis atque castellis oberratis deuertimus ad quempiam pagum
urbis ojndentae quotidam, ut memorabant incolae, inter semiruta uestigia
CQ7iditum et hosjntio proxumi stabuli recepti cognoscimus lepidam de
adulterio ctiiusdam patiperis fabulam, quam uos etiam cognoscatis uolo.
To'|. c. 24 Petr. 57, 17. — Met. 193, 19— 22 : celerrime denique longo itinere
confeeto pagum quendam accedimus ibique totam perquiescimus nodem.
inibi coeptum facinus oppido memorabile narrare cupio. — Mit unter-
geordneter Zeitbestimmung 236,21 — 237,3: confeda campestri nee adeo
difficili uia ad quandam ciuitatidam peruenimus nee in stabulo, sed in
domo cuiusdam decurionis deuertimus . . . post dies plusculos ibidem dis-
signatum seelestum ac nefarium facinus memini, sed ut uos etiam legatis,
ad librum profero.
1) Maximilianus Heinemann, Epistulae amatoriae quomodo cobaereant
cum elegiis alexandrinis. Diss. pbilol. argentorat. sei. XIV 3. Strafsburg
1910, s. 50.
*) Im einsatze dieser gescbicbte wird es ausdrücklieb bemerkt (met.
96, 14): sed ego te narrationibus lepidis anilibusque fabulis protinus
auocabo.
96
2. Der cselsliUlle des Lucius. Met. 212, 23— 213, 8: 7icc nllnm
tispiam craciabilis nitae solacium aderat, nisi quod ingenita mihi curio-
sitate recreahar, dum pracse^itiam meam 2)arui facientes libere, quae
uolunt, ovmes ei agunt et loquuntur . . . nam et ipse gratas gratias asino
meo memini, quod »ie suo celatum icgmine uariisque fortunis exercitatum,
etsi minus prudentcm, midtiscium reddidit. fabulam denique honam prae
ceteris, siuiueni, comptam ad auris uestras adfcrre decreui, et cn occipio.
3. Der Tjiyonoiiu eines gewäbrsmaunes. Lucius führt diesen
in die rahraenerzählung ein laud scheidet ihn nach dem berichte der
einlage wieder aus ihr aus. So wendet er z. b. das gespräch zweier
Wanderer (2, 18: diiohus comituni, qui forte paululum xnocesserant, tertitmi
me facio), in das er eingreift, zu einer für die Met. programmatischen
diskussion,') welche die erzählung des Aristomeues umrahmt (3, 9— 4-, 16.
18,16 — 19,5). Ihr folgt die — der einführung 2,18 entsprechende —
ausscheidung der gefährten aus der haupthandlung (19,6 — 8): is fitiis
nohis et sermo7iis et itineris communis fuit. nam comites uterque ad
uillulam 2»'0ximam laeuorsum abierunt. ego uero quod primum ingressui
stabulum co7ispicatus sum etc. Ähnlich eingekapselt sind Telyphrons
gescbichte (■11,18 — 42,14. 50, 20 f.) und das von einem augenzeixgeu
berichtete ende der drei räuber Lamachus, Alcimus, Thrasyleon (80,16 —
81,12. 91,9 — 12). Durch erwähnung des esels bei der ankuuft der räuber
in der höhle und unmittelbar nach der erzählung des einen spiefsgesellen
(79,14. 91,12) wird der moglichkeit, dafs sie Llicius zu obren kommen
konnte, rechnung getragen. Denn wie er vor der höhle alle übrigen
reden und handlungen der schnapphähne beobachtete, so verstand er auch
ihre erzählungen. Der umstand, dafs er länger wachte, als sie, garantiert
die Vollständigkeit der gescbichte. In derselben weise sind der boten-
bericht über Charitens und Tlepolemus' ende (176,15 — 20. 188, 7 f.) und
Amor und Psyche eingelegt. Mit der schlufsformel zu dieser fahula
begründet Lucius überdies aus der anmut der gescbichte und der nähe
der erzählerin, dafs er sie sich trotz ihrer länge gemerkt hatte. — Be-
glaubigung durch rid-ononu [sermo) und durch die verwandlungsliktion
vereinigt Lucius in den von einer kupplerin erzählten begebenheiten des
Philesitherus und Barbarus. Der erste teil der bei Apuleius zur keun-
zeicbnung von Tjdonoiicc üblichen Umrahmung begründet eben die ijBonoiuc
der kupplerin aus der eselshüUe des Lucius (214,15 — 21): at ego, qiian-
quam grauiter suscenscns errori Fotidis, quae me, dum auem fabricat,
perfecit asinum, isto tarnen uel unico solacio aerumnabilis deformitatis
meae recreabar, quod auribus grandissimis praeditus cuncta longule ctiam
dissita facillime sentiehum. denique die quadam i7itimidae illius aniculae
sermo talis meas adferlur auris: etc. Vgl. dazu die schlufsformel (219,15):
hactenus adhuc anicula garriente suscipit mulier: etc.
') P. Thomas, Revue de l'instruction publique en Belgique N. S. XIV
(1872)1341. erkennt richtig die bedeutung dieser ausführungen des Lucius
zu beginn des romanes für sein mystisches ende (]. XI). Ebenso neuer-
dings ßeitzensteiu a. a. o. p. 71.
97
4. Der lückenhaftigkeit des bericbtes. Met. 242, 1—4: haec
ad isttim modum gesta comjAuribus mutuo semwcinantibus cognoni.
quibus autem nerbis acciisator urserit, quibus rebus dihierit reiis ac
2)forsus orationes altercationesque ncque ipse absens apud praesejnum scire
neque ad nos, quae ignoraui, possiwi cnuntiare, sed qiiae plane covijjeri,
ad istas litteras proferani. l'ö^. c. 21: Si/iiv}.og rat'uc fcöva tlyjt h'yeiv,
a nore e'lSe rfiq vvxTÖq xxl. und oben s. 75. 'l'iXoxp. c. 24: rov ^(uHQcariv
fy(oye, 77 6' oq, oivJc rovror acapwq, tO.Xu elxatov ort <pa?.axQog xcd
TXQoyäorioQ tjv rov IlXcacovcc 6e ovx syvcÖQiaw xqi] yuQ, olßUi, nQoq
(fikovq avdQuq xäktj&fj ?Jyeiv und oben s. 46^.
Seiner zweiten beglaiibigungsart (durcli die gewälirsmänner
des Lucius) bediente sich Apuleius seltener, stets aber ebenso,
wie Liikian und Petronius.
Aristomenes z. b. bekräftigte die Wahrheit seines erlebnisses
(s. oben s. 92) vor seiner erzäblung durch einen schwur i;nd durch den
hinweis auf die allbekanutheit der begebenheit im Städtchen, in dem
sie sich zugetragen.
Met. 4,18 — 5,1: sed tibi 2^'>'i^''S \ ^iAoi/'. c. 27: xcd 6 EvxQÜxi^q
deierabo solem istum omniuidentem • äansQ dvicfivrjo&elq nQoq rrjv oxpiv
deum me xiera ac comperta memorare,
x<j)v vteojv, ovxdjq ovaifi7]v, £(pjj,
xovzwv — inLßa?.wv avxolv t^v
X£LQU — wq dh]9^rj, w T., iiQoq ob
8Q(5. — Töl c. 19. — Petr. 41, 37; 18.
T6^. c. 12: xal nQ(öx>]v ye aoi tijv
^Ayad^oxXiovq xal Jeiviov (piXiav
6ii]yt'jOo/.iai doi6i/.wv ev xolq ^'iwoi
yevofzevtjv.
nee xws ulteriiis dubitabitis, si
Thessaliam proximam ciuitatem per-
ueneritis, quod ibidem passim per
ora populi sermo iactet quae palam
gesta sunt.
Dieser beglaubigung fügte er noch eine solche durch sein signalement
(5,2 — 5, s. oben s. 92) und durch lokale fixierung des abenteuers
(5,5 — 8 s. oben s. 92) bei. — Auch Telyphron beglaubigte seine lebens-
geschichte durch sein signalement (met. 50, 16— 19), das gleich dem des
Zenothemis und der Kydimache im TöSuQiq (c. 24) erst durch die ge-
schichte selbst erklärt wird und für sie motivische bedeutung besitzt. —
Der böte, der Charitens und Tlepolems ende erzählte, beanspruchte für
sich glaub Würdigkeit auf grund der Schmucklosigkeit seines berichtes,
die dessen treue und Objektivität sj^mbolisieren soll (177,1 — 4): sed ut
cuncta noritis, referam uobis a cnpite, quae gesta sunt quaeque possent
mcrito doctiores, quibus stilos fortuna subministrat , in historiae specimen
chartis inuoluere. Er beginnt denn auch den märchenhaften Stoff ') im
unliterarischen volkstoue des es tvar einmal aufzurollen (177,5): erat in
0 Vgl. Walter Andersons parallelen, Philologus LXVIII (1909) 541ff.,
548 f. Anders Reitzenstein, Amor und Psyche s. 68.
Bhetoriecbe Foischungen. I. 7
98
proxima ciuitate iuuenis tiatalibjis prnowbilis etc. Ebenso verspricht
Toxaris im gleichnamigen dialoge (c. 35) seinem gegner ungeschminkten
tatsachenbericht: 7i/.i,v aQ^o/itai ye tj6>] i^n]6)-v waneQ av y.a).).i).oyi]OCii.ieroq'
ov yuQ Hxvd^txov tovzo, xtd fxä'/.iatu insuhlv rä cgyu vn£Q(fi>tyy}]T(Xi
Tovi löyovq. — C. 42 (nach Tl): xidxoi lyoj /ntv oot yv^vov x6 l-Qyov
iSitjyt]accf.ir]V tl M ov xira xoiofxov ileysq, tv olöa, bnöau av xoi-npu
iyxaxifxiiaq rüJ ).6yu) xx).. Das wahrheitszeuguis in schmuckloser dar-
stellung seitens des apuleianischen boten unterstützt mimische be-
glaubigung (met. 188, 7f.)'- /««ec Ule longos trahcns suspiritus et von-
7iumqHam inlacrimans grauiter adfectis rusticis adnuntiabat, vgl. 'Pi'/.oxp.
c. 22. Petr. 42, Iff. — Endlich kennt Apuleius, wie Liakiau und Petrou,
beglaubigung durch mitteilung der späteren Schicksale der haupt-
person (und zugleich des gewährsmanues) bis zu ihrem tode (met. 84, 10):
qui . . . narratis . . . nobis, quae gesta SH7it, non dm cruciatns uitam cuasit,
Tgl. 'Pi?.oip. c. 20. Petr. 42, 23.
Die zweite beglaubigimgsart des Apuleius trägt somit in
gleicher weise, wie die petronischen beispiele, zum nachweise
der formelhaftigkeit der lukianischen beglaubigung in der
erzählungsliteratur und dadurch mittelbar zur erkenntnis
bei, dafs Lukians begiaubigungen von seinem publikum als
literarische artbezeichnung verstanden werden mufsten, dafs
sie daher zu diesem zwecke vom Verfasser angebracht sein
konnten. —
Als eine genaue parallele zum beglaubigenden eingange
der schlufsgeschichte des (PiXoxptvdfjg erscheint der einsatz
des 6i7Jy7jfia ßioni/.öv von Dion Chrysostomos' duütsi<;
or. 13 Arn. (Evßoixog) :
'I'i?.oxi'. c. 33: iyd} dh vßlv xul \ Dion I 189,20 Arn.: xöde /ui/v
iü.}.o 6ii]y}]oo/.ic(i tcvxog naO^dv, ov j uvxog ISwv, ov uuq' ixiQwv äxov-
nuQ' u).).ov uxovaag. \ aag, Sitjyt']ao/:icii,
Beide autoren geben durch diesen eingang die folgende erzählung als
eigenes erlebnis aus. Dafs auch bei Dion eine literarische beglaubigung
vorliegt, erhellt schon aus der Stellung der ausgehobeneu worte vor dem
f>ij]yrina. Dazu kommt, wie bei Eukrates im 4n'/.oxi>. c. 33 und überhaupt
in den begiaubigungen durch autopsie, eine so genaue bestimmung des
erlebnisses nach zeit, ort und nach signalement der hauptpersonen gleich
im eingange, dafs H. v. Arnim, Leben und werke des Dio v. Prusa. Berlin
1898, s. 455f., um so mehr aber ein antiker zuhörer, die zeitlage des
angeblichen erlebnisses sicher bestimmen konnte:') Dio erzählte viele
*) S. die datierung des zeugenberichtes in M4 des Tö^agig. Vgl.
oben s. 77.
99
iahre später, lange nach seiner restitution, ein angebliches erleb7iis aus
seiner verbannungszeit. Vgl.
Dion 1189,24:: iQ(5 d' ovv owiq
ccv6()äai xai ovviva ßiov "Qwol övrt-
ßa).ov iv fieay ax^Söv xi. T^''EXXäSi.
exvyxavov f/iv dno Xlov neQaiov-
/iievog fiexü xivcüv uXdmv t^o) xrjg
i)-£()iy)jq Sqccq SV fii/<Q(p nuvreXojg
dxaihp. yeificürog öe yEro/.isvov
'/a?.87iü)g xcd fxöXtg (SieaoJ!jr]fiev TTQog
xd xolXu xfjg Evßoiug.
Dion 1 190, 17 — 20 dxovia(j.6g des
euboiischen gastfreundes.
<PiXo\p. c. 33: onoxe yuQ iv Alyvn-
xip öifjyov txi vtog alv, vno xoü
TctiXQog tTcl naiödug TiQOtpdoei
unooxaXeig [Eukrates und Dion sind
jetzt alt ; über Dions lebensumstände
jetzt und damals vgl. 1 189, 21—24.
191, 15 f. Arn.], insS-v/nijOcc i-g Konxov
[wie bei Dion folgt der allgemeinen
geographischen angäbe die spezielle ;
vgl. auch To'l. c. 19, oben s. 76]
uvciTtXevoag ixelS^sv inl xov Mefivova
i?.d-ü>v ccxot'Ocu x6 d^av/aaordv ixelro
ii'f^o^vxu TCQog uvia/ovxa xov ijXiov.
<PiXoxp. c. 34 Signalement des
Pankrates.
Dieser, also durchaus konventionelle, eingang des dionischen önjyrj/na
garantiert bei der Verkürzung der öuds^ig um den theoretischen anfang
und der Verstümmelung ihres theoretischen Schlusses wenigstens seine
Vollständigkeit. 1)
Arnim, Leben und werke des Dio von Prusa s. 167 bemerkte
richtig, dals der Tgcoixog (or. 10 Arn.), itidem er zwei formen
sophistischer darstelhmg, argumentation'und erzählung, zu einem
ganzen verhindet, . . . nach zivei Seiten Dions sophistisches Jcönnen
entfaltete. Die Verschmelzung- der beiden formen erfolgte unter
dem (technischen) vorwande kritischer darstelhmg (1 126, 19 Arn.):
(og ovv yy.ovöa Jta^i Ixtirov, jT8iQdoof/ai djitlv, jXQOöTii)uq Is cov
löoxu f/oi dhjihri r« ^.tyofara. Für die erzählungsteile beruft
sich nämlich Dion auf die autorität eines alten dokumentes,
dessen Inhalt ihm durch einen ägyptischen priester vermittelt
worden sei und das j\lenelaos' eigene angaben zur quelle habe.
Diesen zeugenbericht bestätigt er nun durch Wahrscheinlich-
keitskritik und aus ihm unmittelbar bekannten authentischen
nachrichten; vgl. z. b. 1127,1: eijror ovv ort y.cu jr«(/ ;}//;>
xavxa Xiyhrca, ymI jtqoölti ojg avTog tOQUxcoq th]v ein genau
lokalisiertes und beschriebenes denkmal, das die mitteilungen
des ägypters bestätige, oder 1127,15: löoxti ovv ftoi xal
TovTo dhjü^eg Uy^iv xtL Dieselbe ergänzung des zeugen-
») H. V. Arnim, Hermes XXVI (1891) 397—405.
100
berichtes durch autopsie des wie der er Zählers findet sich
— ebenfalls kompositionell verwertet — im nXoiov, in dem
Timolaos die ausführungen seines gewährsmannes, des schiffs-
herrn (c, 7), durch autopsie bekräftigt (c. 8) : oUa 6k jion y.ccl
avTog JiaQajrXtvöaq XsXiöovtaq f'jXixov tr rrO tojico dviorarai
To xvfid xtL Diese beglaubigungsart Lukians ist somit nicht
nur als topisch, sondern sogar in kompositioneller Verwendung
nachweisbar, — Dions Tgmixog erweist die formelhaftigkeit
noch einer anderen lukianischen beglaubigung, nämlich der-
jenigen durch autorität der gewährsmänner. Dion beruft sich
für seine darstellung des troianischen krieges, wie gesagt,
auf eine tradition, die in einem augenzeugen von höchster
autorität, in Menelaos wurzelt, was durch ein schriftliches
denkmal bezeugt wird (1125,10 — 23 Arn.): tyco ovv cog iitv-
d^öfi7jv jrccQa. TCüV Iv Aiyvjircp hgtcov svöq sv iiula yiqovxoq,
8V xf] 'Ovovcßi, aX)M TS jioXXä töjv '^EXX.?]von> y.arayeX.corrog cog
ovöev üöÖtcov dXrj&ig jisqI töjv jcX.doTcov . . . t(pj de Jtäöav
Tfjv jtQOTSQOv loTOQiav ysyQtcffdai jr«(>' avroig, rrjv (isv Iv rolg
UQoTg, T?)v d' £v Gr/jXMig rioi, rd öh fn'tji/ovkveoßai ffovoi'
vji^ öXuycor, xcöv OTtjX.öjv 6ia(p&aQ£i6ö)r, JzoXXd de xmI dyrosiofhci
rojp Iv Tcüg OTTjX.aLg ysyQa^iy,ivcov Öid ri]v d^adiav te xal
dfttXsiav Tojv ejnyiyvojitvcov tLvai de xal ravra Iv rolg
vecozdzoig rd oitQi ttjv TQoiav röv ydg MtvtXaov dcpixiod^ca
TcaQ' avTOvg xal öuppjoaaif-aL djtavva mg lytvBTO. Vgl. 1 149, 30
— 150,3. Wie in Lukians fpiloxim-dyg Arignotos die Ver-
trauenswürdigkeit des Eukrates, bei Petron Trimalchio die
des Niceros, also eine person die Zuverlässigkeit der anderen
rühmte (s. oben s. 93), so trat bei Dion Chrysostomos, der
sagen der vorzeit besprach, ein dokument für die giaubwürdig-
keit des berichtes ein. Die nämliche abart der beglaubigung
durch autorität, die in Dions Tqojixöq zur anwendung gelangte,
liegt vor in der manuskriptfiktion des alten Daresprologes i)
und der mittelbar von ihm abhängenden quellenangaben mittel-
lateinischer Chroniken,^) ferner in der auffindungsgeschichte
des griechischen Diktysbuches (Dictys-Septimius ed. Meister
») S. meine Dares-studien. Halle a. S. J908, s. 81—96.
') Vgl. Friedr. Wilhelm , Beiträge z. gescb. d. deutschen spr. u. litt.
XXXIII (1908) 301-325.
101
p. 2 f.), in Philostrats Damispapieren,0 endlich in der im
jTQooifuov'^) zu Longos' nointrr/.d erzählten Vorgeschichte
dieses werkes, das nur die r;7ro//jvy',M«rr:- Aktion 3) der Troia-
bücher und Philostrats durch eine bilderfiktion ersetzte, d. h.
ein genau lokalisiertes gemälde als quelle des romanes be-
zeichnete. Um einige etappen verlängert erscheint dieser
beglaubigungsapparat bei Antonius Diogenes und in der von
Wendland rekonstruierten liebesbegebenheit des Machates und
der. Philinnion. ^)
Antonius Diogenes stellte seinem werke zwei widmungs-
briefe voran, einen an Faustin (510, 43 Hirschig), einen zweiten
an (dessen) Schwester Isidora (510, 54). Im ersten orientiert
er den leser über seine person (510, 46) in ähnlicher weise,
wie sich der entzauberte Lucius in der vielumstrittenen stelle
von AovxioQ y orog c. 55 dem Statthalter zu erkennen gab. ^)
Ferner berichtete Antonius hier über seine quellen und zu-
gleich wohl über den weg, auf dem er zu der — im folgenden
Widmungsbriefe beschriebenen — hauptquelle gekommen war,
endlich über seine widmung an Faustins Schwester. Diese
rechtfertigte er schon im ersten briefe aus Isidorens mls-
begier, weil die zweite dedikationsepistel nur eine adresse an
Isidoren darstellte, sachlich aber nichts mit ihr zu tun hatte.
Eine ganze reihe von brieten Aristainets können als parallelen
dies Phänomen illustrieren. Und zwar barg sich unter der
Widmung an Isidora ein brief des Balagros an seine frau
Phile, der tochter des Antipater,^) über auffindung und ent-
*) Dares-studien s. 93.
*) Über die rhetorische form dieses proöms vgl. DLZ 1912, sp. 1436.
3) Vgl. Hermes XLV (1910) 31—36. Zs. f. d. österr. gymn. LXI
(1910) 726-728.
*) Paulus AVendland, De fabellis antiquis earumque ad christianos
propagatione. Göttinger universitätssch. 14. juni 1911, s. 5 — 11. — Schon
Karl Bürger, Studien zur gesch. d. griech. romans II (programm Blanken-
burg a. H. 1903), s. 11 betonte die von Wendlaud übersehene ähnlichkeit
der manuskriptfiktion des Diktys, Antonius Diogenes und der Philinnion-
geschichte.
*) Anders E. Rohde, Der griechische roman,^ Leipzig 1900, s. 270^
und mit ihm K. Bürger a. a. o. s. 6 '.
«) Über sie Eohde s. 291^
102
zifferung der Deiniasmemoiren.i) Die auffindungsgeschichte
des Balagrosbriefes entspricht dem prohxjus des Diktysbuches,
während die epistel des bearbeiters Antonius an Faustin in
dem vorausgehenden Widmungsbriefe, der von Septimius an
Q. Aradius gerichtet wurde, ein seitenstück besitzt. Wie im
Diktysprologe werden die memoiren mit bekannten historischen
persönlichkeiten (Nero — Alexander d. gr., Hephaistion, Par-
menion) in Verbindung gebracht, deren autorität die echtheit
der dokumente verbürgen soll. 2) Der instanzenzug bei Diktys
(anonyme liirten — ihr herr Eupraxides in Knossos — der
konsular von Kreta Rutilius Rufus — Nero) ist wohl nur in
unserer Überlieferung länger, als der bei Antonius Diogenes
(soldat — Alexander), für den wir ja auf die inhaltsangabe des
Photios angewiesen sind. Vergleicht man nun den Charakter
der quellenepistel (sc. an Isidora) einerseits mit der beteuerung
des Faustinbriefes (510,47): Xtyti . . . otl, d jf«i ajcioza y.ai
ip£vÖ7J jTXarTOi, dlX' ovv ti^i ji£q\ rcor jtX^iOxcor tcöv avrcp
fti^ß-oXoy7]d^evTco7^ dQyaioreQmv ^laQTvglaq, t^ oh' övv xaf^drrp
ravra Gvvad^Qoi<ni£, andererseits mit der an sie anschliefsenden
beobachtung des Photios, die somit zwischen die besprechung
des Faustin- und Isidorabriefes in sein referat eingeschaltet
ist (510,50): TTgordzTEi öh xal irMörov ßiß?Jov tovc drögag,
ot rd TOiavta jiQOUjTtrp'jimvTO, cbq firj öoxtiv (laQxvQiac. yrjQEvefv
tä äjiiota, SO wird der brief an Isidora als der quellenbericht
des I. buches von TöJv vjisq Govhp djclörojv löyoi 6' xcd x'
') Dieser Sachverhalt wurde durch Rohde s. 270. 291 gänzlich ent-
stellt, dann von Bürger und W. Schmid, Pauly-Wissowa RE I (1894)
2616,2—5 teilweise berichtigt. Verwandtschaftliche heziehungen zwischen
Faustin und Isidora vermutete schon K. Bürger a. a. 0. s. 6 ^
*) Ähnlich war der hericht über Philinnion im letzten ende für
könig Philipp von Makedonien bestimmt, vgl. Wendland s. 6 und Bürger
s. 11'. Für die geschichte von Dämon und Phintias nannte aus demselben
gründe Aristo.xenos eine historische persönlichkeit, den sizilischen tyrannen
Dionys, sogar als augenzeugen (RhMfPh, N.F. LXVI [1910] 606). Schon
daraus, dafs die namen des tyrannen und der freunde je nach den
Versionen der geschichte wechseln (a. a. 0. s. 610f.), erhellt, dafs es sich
auch hier nur um eine form topischer begiaubigung zum zwecke litera-
rischen Signalements des Sn'iyißiu handelt. Die tendenziöse absieht, die
Gasse a. a. 0. s. 614f. der begiaubigung durch autorität im vorliegenden
falle beimifst, kann ihr nichtsdestoweniger innewohnen.
103
erscheinen. Daraus folgt, dafs alle quellenangaben vor den
24 bücliern des Werkes als vorreden in briefform gegeben
waren und dafs wohl allen büchern eine sonderwidmung, wie
die des I. an Isidoren, vorgesetzt war. Damit wäre sowohl
die scheinbare doppeldedikation der "AjnGza an Faustin und
Isidoren erklärt, als auch das fehlen eines Zusammenhanges
zwischen der zweiten Widmungsadresse und dem inhalte der
quellenepistel gerechtfertigt. Zu dieser doppelten beglaubigung
einerseits der erzählung des Antonius Diogenes, andererseits
seiner quelle tritt nun noch eine solche der authentizität des
quellenberichtes (510, 31 ff.). Sie enthüllt das Zustandekommen
der von Erasinides aus Athen aufgezeichneten memoiren des
Deinias, deren Wahrheit dieser auch durch Derkyllis den ab-
gesandten an ihn. die die literarische fixierung seiner Schicksale
übernommen hatten, bezeugte. Aufserdem klärt sie über
den verbleib der aufzeichnuugen vor ihrer entdeckung durch
Alexander auf. Diese mitteilungen dürften in einem prologe
des Erasinides in der art desjenigen bei Achilleus Tatios
11—2 erfolgt sein (vgl. 507,40—508,5). Für eine solche
annähme spricht der von Photios wiederholt hervorgehobene
umstand, dafs das ganze werk als ich- erzählung des Deinias an
Kymbas gegeben war (507,39. 508,50. 509, 20; 38. 510, 8; 31).
Der Verfasser mulste somit alle in die darstellung eingewobenen
erlebnisse anderer personen, als des haupterzählers, auf diesen
projizieren, indem er begründete, auf welche weise derselbe
zur kenntnis der von ihm wiederholten begebenheiten gelangt
war. Darin wäre die vierte art zu erblicken, in der Antonius
Diogenes dem jttß-ccvov genügte. Die fünfte form stellen die
beglaubigungen der einzelgeschichten durch ihre erzählerin dar.
Die mitteilungen der Derkyllis reichen bis zum XXIV. buche
(507,25. 508,4; 13; 29. 509,38). Aufser ihren begebenheiten
berichtete sie dem Deinias die des Astraios (508, 9), der
Philotis (508,11), des Mantinias (508,50). Dazu kommen im
XXIV. buche erzählungen des Azulis (509, 43). Der soeben
angedeutete schlufs auf die kompositionsform der "Ajnora
aus der existenz von einlagen erscheint durch folgende be-
obachtungen gerechtfertigt. Deinias selbst erzählte nur zu
beginn des Werkes über seine forschungsreisen, die ihn nach
Thule führten, wo er sie unterbrach, nicht abschlofs (507, 20)
104
und im XXIV. und letzten buche über die (von anfang an
geplante) fortsetziing- seiner fahrten über Thule hinaus bis in
den mond und über die beendigung seiner streifzüge (510,7;
26). Im einklange damit steht die anmerkung des Photios
(500, 40), dafs während der ersten 23 bücher nicht von Thule
die rede war, aulser an einigen kurzen stellen zu beginn des
Werkes, wohl im berichte des Deinias über seine ankunft auf
der insel. Somit deckt der titel des ganzen: iVc vjieq ßovlr^v
äjciöTcc nur den zweiten teil des XXIV. buches. Das hätte
für einen sophistenroman vom schlage der Ah^iojnxä Heliodors,
der 'Effioiaxä Xenophons, der BaßvXmrr/M Jamblichs nicht
mehr zu bedeuten, als dafs das ziel des romanhelden die in
der aufschrift genannte örtlichkeit ist, in der der roman dann
wirklich endet. Da aber Antonius Diogenes die hauptpersou
durch zaubermacht, also durch einen technischen gewaltakt,
von v:^Iq &ovh/r nach Tyros versetzte (510, 26), wo er seine
in Thule zurückgelassenen gefährten antrifft, die während
seiner reisen in den polargegenden und im monde auf natür-
lichem wege dahin gelangten (510, 27), da ferner Deinias sein
leben in Tyros beschlielst, so scheint der Verfasser den titel
seines Werkes von der im Balagrosbriefe der Isidoradedikation
(vor buch I) genannten quelle übernommen zu haben, i) Sie
war eine geographisch -utopische darstellung in der art des
Ivtesias oder Jambulos. Für die ursprünglich selbständige
existenz der rahmengeschichte des Antonius 2) spricht noch
der umstand, dafs Deinias ohne Derkyllis und Mantinias, nur
mit zwei (in der quelle wohl mit allen drei) begleitern seiner
vorthuleschen fahrten (vgl. 507, 18. 510, 5) die reisen jenseits
Tliules unternahm. Jene kehren unterdessen — wie gesagt
— nach Tyros zurück. Das werk erhält dadurch zwei un-
organisch verbundene Schlüsse, die seine Zusammensetzung aus
ursprünglich selbständigen teilen deutlich genug sogar in
Photios' magerem auszuge erkennen lassen. Für den doppel-
schlufs des Antonius Diogenes darf man sich nicht etwa auf
1) Anders E. Rolicle a. a. 0. s. 263 ».
^) Rohde s. 295 hält die rahmenerzählung für eine erfindung des
Antonius Diogenes selbst; ebenso Bürger s. 10, der ihre bedeutung für das
gesamtwerk trotz seiner richtigen beobachtiing s. 8* weit überschätzt.
105
die endpartien des Xenophon Eplies., Chariton, der historia
AiwUonü berufen. Denn wenngleich daselbst erst gegen ende
die getrennten beiden sich zusammenfinden, so erfolgt die
recoguifio und Wiedervereinigung doch stets vor dem einzuge
in die Stadt, die zum ziele ihrer leiden und Irrfahrten aus-
ersehen ist, nicht erst in dieser Stadt, wie im vorliegenden
falle. Jetzt lassen sich die oben ausgehobenen angaben des
autors (510,47), nämlich dafs er die quellen der mühsam
kompilierten geschichte (in den briefen) vor den einzelnen
büchern nachgewiesen habe, erst richtig verstehen. Der
Widmungsbrief vor b. I (an Isidora) bezeichnete die quelle
der rahmenerzählung, die briefe vor den übrigen 23 büchern
nannten die quellen der kerngeschichten, die (gegenüber der
reisefiktion des verzauberten Lucius in den 3Iet. des Apuleius)
die anwesenheit ihrer erzählerin und ihres zuhörers im selben
lokale, d. i. tv 0ov?jj tij r/j<}q), trraviha rkoq <jTaf)[idr Söjisq
tT/q jrXdvfjg rira jtoioviisvoi (507, 19), untereinander und mit
dem rahmen verband, i) Das Verhältnis von erzählerin und
Zuhörer war ein erotisches (507,21): h' ravr)} rij Govh]
Aewiag y.ar' hQcoroQ röiior oiuXtl zieQxvVJöi rirl xaXovfiti'ij.
Während ihres erotischen Verkehres berichtete diese Derkyllis
dem Deinias ihre und der anderen oben s. 103 genannten
Personen begebenheiten (507, 24). Da Derkyllis während der
anwesenheit ihres geliebten auf Thule nur nachts lebte, tags-
über in todähnlichem Schlummer lag, waren also sowohl ihr
erotischer verkehr mit Deinias, als auch die an ihn gerichteten
rekapitulationen ihrer Schicksale auf nächtliche Zusammen-
künfte beschränkt. Damit sind alle merkmale der liebesnächte
Charitons und Xenophons von Ephesos^) gegeben: nacht, un-
gestörte Vereinigung des liebespaares, erzählungen früherer
erlebnisse, erotik und nicht zuletzt die kompositioneile be-
deutung der form. Denn da nach Photios' zeugnis aufser
eingangs von b. I (durch Deinias), in b. I— XXIII nichts über
Thule gesagt wird, nichts also, was Deinias tagsüber hätte
») S. Karl Bürger s. 14.
2) S. Wiener Studien XXX (1908) 232—237 und meine Untersuchung:
Die rahmenerzählung in den ephesischen geschichten des Xenophon von
Ephesus. Innsbruck 1909, s. 30 — 54.
106
erleben können, von ihm berichtet wird, vielmehr die nächt-
lichen erzählungen der Derkyllis das ganze breite mittelstück
des Werkes einnehmen, so müssen dessen geschichten nach
nachten aufgcreilit gewesen sein. Die Uebesnacht war dem-
nach die kompositioneile einheit für die gliederung des anfent-
haltes des Deinias auf Thule, d. i. für den kern der jljnota. i)
Dieser kern umfafste 22 oder 28 bücher, je nachdem die
abenteuer des Deinias bis zu seiner ankunft in Thule ein
ganzes buch füllten oder nicht. Das letztere ist allerdings
das wahrscheinlichere. Denn nicht einmal die reisen jenseits
von Thule, die doch nach dem titel der rahmenquelle des
Antonius Diogenes deren hauptinhalt bildeten, füllten das
XXIV. buch ganz. Die von diesem hauptteile der rahmen-
quelle abgesprengte "■:ijr^ör«-einleitung war zugleich der ein-
gang der alten reisebeschreibung und so verhältnismäfsig
geringen umfanges. Dazu stimmt auch des Photios bemerkung,
dals sie nur ein paar beiläufige notizen über Thule enthielt.
Auch hätte der patriarch sonst wahrscheinlich das I. buch,
gleich dem XXIV., von den liebesnächten abgegrenzt. Es
steht nun der Vermutung nichts mehr entgegen, dafs sich (bis
auf b. I) die 23 bücher des romanes nach zahl und Inhalt mit
dessen erzählungsnächten genau deckten. Mit rücksicht darauf
scheint ja Derkyllis alternierend ihre und anderer begeben-
heiten dem Deinias mitgeteilt zu haben. 2) Denn erzählung
eines einheitlichen themas in fortsetzuugen hätte die kompo-
sitionellen einschnitte ihrer inneren berechtigung beraubt und
so die gliederung des mittelstückes verundeutlicht. Das zu-
sammenfallen von buch und Uehesnacld erklärte zugleich die
auffallend grolse bücherzahl des Werkes. Dafs aber 23 nachte
für den auf enthalt des Deinias auf Thule ausreichten, ver-
bürgt die bezeichnung dieses aufenthaltes als OTctOfiög (507, 20),
als Station auf seiner reise in den mond. Diese zeit genügte
auch für Azulis zur durchforschung des zauberranzens des
Paapis, die zur entzauberung der geschwister führte und den
liebesnächten von Deinias und Derkyllis ein ziel setzte. Das
') Wie schon K. Bürger s. S'^ vermerkt. Jlit recht erinnert er ebda,
an 1001 nacht.
^) Vgl. 508,12: xul oou c(Vx}iq JeQxv).?.}^ inl tijv olxduv tnuvio^au
n?Mvijv unt'iyyeiHv xt?..
107
erotische element stellt, wie aus der nunmehr erfolgenden
freiwilligen trennung der liebenden, die beide ihren planen
unbekümmert umeinander nacligehen, erhellt, keinen inte-
grierenden bestandteil des werkes, sondern nur ein technisches
mittel im dienste seiner komposition dar. i) Ihr zufolge waren
2'« vjreQ &ovX7jr clixiora eine ralimenerzählung mit doppeltem
rahmen: a) Deinias-Kj^mbas, b) Deinias reisen nach und von
Thule. Somit erscheint das werk des Antonius Diogenes generell
nicht als zwitter zwischen reiseutopie und sophistischem liebes-
romane, wie Rohde behauptete, 2) sondern als sermo MiJesins,
1) Vgl. Eohde s. 295. W. Scbmid, Pauly-Wissowa RE 12616,47.
Bürger s. 11.
*) Eohdes Charakteristik der ^'Amoia (s. 264 — 269) stellt ein muster
von lüderlichkeit vor nicht so sehr wegen zahlreicher kleinerer Unrichtig-
keiten, als insbesondere wegen ihres Widerspruches zu Photios' und Eohdes
eigener Inhaltsangabe des werkes. Eohde behauptete nämlich, Antonius
Diogenes schildere die begebenheiten eines Hebespaares, das er durch ein
gewaltsames ereignis getrennt habe, um es so die beschriebenen fährlich-
keiten bestehen zu lassen. In Wahrheit treffen aber Deinias und Derkj'llis
einander zufällig in Thule und trennen sich ebenso ungezwungen von-
einander. Derkyllis hatte ihre im romane erzählten geschicke erlebt,
bevor sie Deinias kennen lernte, während dieser nicht gegen seinen
wiUen — wie die von der Tvyri regierten romanhelden — abenteuer
bestand, sondern sie geradezu suchte. So verläfst er nach einer rast in
Thule insel und geliebte freiwillig, um seine forschungsreisen fortzusetzen.
Ferner erwähnt Photios nichts von einer ehe des Deinias und der Derkyllis
in Tyros, die doch dort in einem sophistenromaue als notwendiger abschlufs
in aussieht gestellt oder vollzogen werden müfste. Der von Eohde auf
seine falsche Charakteristik der ^'Anioia gegründete Zusammenhang der-
selben mit dem sophistenromane besteht somit nicht zu recht, Aveil weder
(was Eohde selbst erkannte) das erotische element bei Antonius mehr als
untergeordnete technische bedeutung besitzt, noch die T17// irgendwie die
personen und damit die kompositiou des werkes beeinflufste. Auch dies
gestand Eohde s. 304 zögernd zu. Aber allein schon seine Inhaltsangabe
der ^ÄTiLOia hätte ihn vor der ableitung des sophistenromanes aus ihnen
warnen müssen. Bei den schweren folgen dieser hartnäckigen (vgl. s. 296
mit s. 264 — 269) Ignorierung des so klaren tatbestandes für seine kon-
struktion der geschichte des sophistenromanes wäre man fast versucht, an
fälschung des Sachverhaltes zugunsten jener apriorischen konstruktion zu
denken. In Wirklichkeit hat aber Eohde, freilich ohne seine quelle zu
nennen und ohne ihre angaben mit dem Inhalte der "AnLorcc in einklang
zu bringen, den in rede stehenden einen hauptgedanken seiner arbeit
A. Chassangs Histoire du roman . . . dans l'antiquite.^ Paris 1862, s. 385f.
entnommen.
108
d.i. als analogon zu den drei untersuchten lukianischen novellen-
kränzen. Sie und die "A:;Ttora unterscheiden sich von den
Met. des Apuleius durch die natur des verbindenden textes
zwischen den einladen. Er besteht nicht wieder aus 6i?jy?]0iQ,
d. i. aus episoden der rahmenerzälilung-, sondern aus reiner
betrachtung. Speziell bei Antonius Diogenes enthält er infolge
der einkleidung der kerngeschichten in liehesnächfc txrfQäotLg
erotischer szenen. >) Dafür, dafs dieser unterschied kein wesent-
licher, genereller ist, bürgt die freiheit, mit der z. b, Lukian
in seinen .-rpo/td/«/ die Verbindungen der epideiktischen teile
behandelte.-) — Die wichtige rolle, welche die beglaubigung
im aufbaue der "AjnöTo. spielte, hat endlich die artbezeichnende
geltung dieses topischen dementes der erzählungsliteratur auch
für Lukians UXoTov, (T^iXoiptvÖf-c, T6s(cqiq wohl gänzlich aufser
frage gestellt.
*) Solche besitzt übrig-ens auch der rahmen der Met. des Apuleius;
vgl. 30,15 — 33,22. 37,18—39,14 {Aovxiog ?} ovoq c. 6. 7—11) und als
gegenstück 252, 3 — 254, 11 (Anvxioq c. 51 und 56).
2) DLZ 1912, sp. 1439f.
Druck von Ehrhardt Karras, Halle a. S.
Tafel I.
Theon EhgSp 1196,18—106,3.
Hermogenes RhgSp 115,24—7,10 =
Priscianus GlKeil ID 431,29-432, 27.
.^phthonios EhgSp 1123,1 — 25,6.
Eufas EhgSp 1463—470. Minncianns ibid. 417—
424. Anonymus ibid. 427-460.
I. mfl ;f«it/K« (96, 18—106, 3).
I. ygtia = usus (5, 25—6, 17 = 431, 30—432, 9).
I. y.giia (23,2—14).
A. z?«'" (M. 19-101, 2).
I. Begriffsbestimmung (96, 19—97, 10).
1. Definition der ■/ und im anschlusse an sie i
1. Definition der x = u (5, 25—27 = 431, 30—32).
1. Definition der y (23,2—4).
a) der y™/o/, _ (96, 19—24).
b) des unofivrjfwvev/iia i
2. Unterscheidung der x Ton;
3. Unterscheidung der x = u von :
a) yvmiiri (96,24 — 97,2),
b) yviiftri = sententia (6, 10 = 432, 4).
b) unoftn;ft6riv!ia (97,3—10).
a) imoßvti/jorevftci = commemoratio (6, 5 = 432, 2).
11. EinteUung (97,11-1(11,2) nach:
2. Einteilung (nach yirrj) (5,27—6,5. 6,15—17).
2. Einteilung (nach yiy,j) (23,4—13).
1. yu'ij = darstellungsformen (97,11—99,10; vgl. Eeichel p. 47):
a) >.oyixul / (97, 12).
a) Xoyixal y = orationales u (5, 28 = 431, 33).
a) ?.oyix6v (23, 5).
1. anOfuviix6v tUog (97,17).
1. änoiparzixai = indicativi (6, 17 = 432, 9).
«) xtt»' i-xovaiov änofuaiv (97, 17).
ß) xatä nigiazuoLV (97, 19).
2. ÜKOXQirixliv üäoq (97, 23).
(2. ünoxQLZLxai) = interrogativi (432, 9).
a) xai' iewTtjOLV (97, 30).
«) igotzijfittzixul 1
ß) nvoftttzixcU 1 ('''l'>
ß) xazä niaiia (98, 3).
y) xax' ^Qwxjjatv ahi&öiQ (98, 7).
rf) 6fiiOvv^w<; ztä ylvii /.työnivov unoXQirixov (98, 12).
3. «m).oiv (98,21)!
b) u^axztxal /, (98,29).
b) TiQaxzixui = activi (5, 30 = 431, 34).
b) ;t.oK;;r«o>' (23, 7).
1. ivigytjzixui (98, 31).
2. na»,izixui (99, 2).
■9 § g J
c) fiixzui (99, 4).
c) iiixzal = mixti (G, 2 = 432, 1).
c) /iizrdr (23, 10).
1 ^ 1 *
2. Nach lÜTi = ausdruckstormen (99,11—101,2):
og •a.s
1. yvw^oloyix&i; (99,17).
~ "rf -'^
2. ünnStixzixwi (99,19).
£ 1 'S Si
3. xtixü /ugifvziaiiov (99, 24).
! 1 S"
4. xuru ovD.oyLöfiov {avU.oyiazixwq 99, 27).
a =■ -S-a
5. xuxä iv^vfiTifiB (ivftviiniiuzixwi 99, 30).
SS = § .
6. xazü naQuöuyna (100, 3).
.t- i'^l
7. xaz' liyj^v (fixzixmc 100, 6).
° 1 " s 1
8. avfißof.ixwq (100,9).
•= - .2 ■^ f
9. rpon/Ätü« (100, 12).
§ ^ ■=> ^.^
10. xatä CLjX(fißoUuv (100, 13).
"i ^ S « DO
SS 'S "S s
11. xaza fiezältm'iv (100,18).
■3 .a Ö S S
'S " & " =3
12. awe^evy/iivwi (ö avve'icvyiJtros zgonoi 100,24).
ö rj 5 £ *
B. lOJioi (101,3—105,22).
11 ö-sS
I. änayyMa (101,6).
'l't ■= g -S
11. xy.iaii (101,9). Abwandelung der y nach:
-^ M ? .2 a
1. agii^iwi ihrer logischen Subjekte und objekte (101,10).')
2. Tizwodi ihrer logischen Subjekte (101,23).")
dem 1
merus
dem
verscl
lungsf
in. tm.fwr,,aLt (103, 2).
1. ix zot K/,ȟ(is (103, 7).
1 § C -S .a S
2. ix zot xulov (103, 10).
" a 1 g i 1
3. ix tot avfufigovzoi; (103, 12).
,^ 1 i .2 "^ o
4. ix zf/f nur liövxlfimv fiBgzvgiat (103, 14).
^11 5^1 1
rV. ävTi>.oyia (103,20): ix zmv ivammv.
i ■^ i s
V. imxzaatq (vgl. 103,28: imxzüvoiuv ii rijv ^ äiA,).
i 1 ? s
VI. ovoioA^ (vgl. 103,30: avozDloiitv Si zi imvziov jioioCirf; xt'i.).
S £ s 'S
■yn. mmxivii (xal xctzaaxivri) (vgl. 104,15: avaaxevaaziov ii tu %äq
[niiil äraoxii/js xul xuzuaxivTji = de refutatione (8, 29 = 434, 1).]
[ogoi ümaxBv/ig (27, 24).]
I. ix Tijs iiüv ipijaävzav ämßokfiq (27, 28. 28, 6).
n. roS ngäyiiazoq ix&iatq (27, 29. 28, 15).
1. ix TOC icaa<poti (104, 18).
1. ix ToC aoaipovi = ab incerto (9, 7 = 434, 7).
m. xfifiXaia (27, 30).
2. ^x toC nkforu^orzot (104, 23).
1. ix zot äaa<poeq (27,30. 28,25).
3. ^x roO iU.linovzoi (104, 30).
1 4. ix zov ävuxo).oi»ov zof xal ivavxiov xukovßivov = ab
1 inconsequente, quod et contrarium dicitur (9, 11 = 434, 10).
4. ix zot ivaxokoiäov (28, 1. 29, 26).
4. ix loC «ili'i'ßrov (105, 1).
5. ix zoC K7ii9ßfou (105,3).
3. ix zov üövrazov = ab impossibili (9, 9 = 434, 9).
3. ix zoü äövvuzov (28,1. 29,6).
6. ix zoC tttväotq (105,7).
2. ix zov ümitch-ov = ab incredibili (9, 8 = 434, 8).
2. ix zoS äma-avov (28, 1).
7. ix roC «oiviifo'pov (105,9).
_
8. ix zo€ Kygt'iazov (105, 11).
6. ix zot ciav/iifagov = ab incommodo (9, 14 = 434, 13).
6. ix Tov mvfitpogov (28,2. 30,3).
9. ix zov aiaygov (105, 12).
5. ix zoü (MßEjjoCs = ab indecente (9, 13 = 434, 12).
5. ix zot dngmoljf (28, 2. 29, 17).
— —
C. toli; ziüv imycigiifiazatv (105,23—106,3).
I. ngooltiiov (105, 28).
n. igyaaia = dispositio (6, 19 = 432, 11).
1. iyxmpiiov (6, 19) 1
J'^aivos (6, 23) 1 = '^»ä (■*32, 11 und 14).
2. zfti ygiiag nagaipguoiq = espositio (elocutio) usus (6 21 und
24 = 432, 12 und 15).
n. ipyaaia (23, 14).
ttig?i zot Hixavixot i-öyov (463, 15).
1. iyxüi/xiaazixov (23, 15 und 21).
I. ngooiftiov cmo Tigttyfiäifav avyxgiis^i :tgoow:twv
11. zTfi yxiliaq ixltean; (lOG, 1).
III. imyfigt'ioui (IOC, 1).
2. nagaipgaazixöv (23, 15 und 28).
(463,18. 464,24.465,2).
II. dimaiq (463,16. 465,28. 466,10).
in. icnöäeiSiL- lies ux\
VI. «rotoÄ»; (vgl. 103,30: avarfUcitiv 61 zo iiaviloy miolrzfi J"'' ,
VJI. Biaaxciij \x«! xiniiaxtvii) (vgl. 104,15: äraaxevaazio" Si *" '"^
X ">■■)■
1. Ix toi- «fl«»oC« (104, 18).
2. ;* rot' nJ.sorßtoiToj (104,23).
3. ^;f roC Olii-norzoc (104, 30).
4. ^x loC aitiforoii (105,1).
5. ^Jf zoü ämiärov (105,3).
6. ^x zot Tftviovi; (105, 7).
7. fx T(i0 «(;iJ/fi/?d(ioi; (105, 9).
8. (j( loC KX(<)Joroi> (105, 11).
9. ;« loC Kio/poS (105, 12).
C. zi^t; zav inr/fmyiuzmv (105,23-106,3).
I. ngootfiiov (105, 28).
n. zTjq xgeia; Ixftsaiq (106, 1).
in. fmxiii,rioeK (IOC, 1).
n. (ntpl {^(fyUaiaq).
[negl timaxtiTiC xal xcactaxivr/g = de refutatione (8, 29 = 434, 1).]
1. ix zoC aaiKfOif = ab incerto (9, 7 = 434, 7).
4. ix zov ävaxolov&ov zoü xal ivavzhv xulovfihov = ab
inconseiiuente, quod et contrarium dicitur (9,11 = 434,10).
3 ix zov üövvazov = ab impossibili (9, 9 = 434, 9).
■2. ix zov im»iyov = ab incredibili (9, 8 = 434, 8).
6. ix zoS aaviJLipÖQov = ab incommodo (9, 14 = 434, 13).
5. ix zoü ÜTiQmoas = ab indecente (9, 13 = 434, 12).
n. i^yaala = dispositio (6, 19 = 432, 11).
1. iyxw^.or(6 19) , _ ^^^^ (432, 11 und 14).
maivoq (6,23) | ^ '
2. r?s Z?f'«S naQuifQaaiq = expositio (elocutio) usus (6, 21 und
24 = 432, 12 und 15).
= causa (C, 21 und 26 = 432, 12 und 16).
I ivarziov = a contrario (.6, 28 = 432, 18).
5. ix mtgaßoiJii = a comparatione (6, 30 = 432, 19).
6. ix nariaiiiyiittzoc = ab exemplo (7, 1 = 432, 21).
7. ix xQioswq -
indicio (7, 3 = 432, 23).
8. TiaQux^aii = exhortatio (7, 8 = 432, 27).
["('0? ävaaxivlji (27,24).]
I. ix zfii z(Sv ififoarzmv Siußo^i (27, 28. 28, 6).
II. zov Tieayfiazog ixl>eait (27, 29. 28, 15).
in. xt:i(i>.aM (27, 30).
1. ix zot äaaifoüg (27,30. 28,25).
4. ix zoV äpttxoXov»ov (28, 1. 29, 26).
3. ix zov üövväzov (28,1. 29,6).
2. ix zolj antS-avov (28, 1).
6. ix zoü äavfiipÖQOv (28, 2. 30, 3).
5. ix zoB ciTiQenoti (28, 2. 29, 17).
II. iQyaai« (23, 14).
1. iyxui/uaazixov (23, 15 und 21).
2. TutQctipQaazixov (23, 15 und 28).
3. TÖ zTiq ulziaq (23, 15. 24, 1).
4. ix zoii ivavziov (23, 16. 24, 14).
5. Tiagaßoln (23, 16. 24, 20).
6. naQÜSiiynu (23,16. 24,25).
7. HBQZVQia na?.ttiiSv (23, 16. 24, 31).
8. inikoyoq ßQafii (23, 17. 25, 5).
litQri roC ötxuvixof ).oyov (463, 15).
I. TiQOoiiiiov äno TtQayßüzaiv avyxffiaii Tifoaämov
(463,18. 464, ai. 465,2).
II. iiijyrjaiq (463,16. 465,28. 466,10).
m. rädtes.s (463,16).
1. imxeiQmazK (467, 18).
(a) 'ivzc/,ya (445,23. 417,4).)
(t. iv^vn^tMzixi. (446,3. 418,2).)
a) ix nf/oaiunmv (467, 20).
ß) ix iiQuyfimuiv (467, 21 und 26).
2. TtaQaiHyuazixa (468, 8).
ß) ^ittQaßol^ (468,22).
K) mtrjaÖHyfia (468, 15).
y) xa»' V!i6»taiv (408,28).
h) lizf/va (469, 3).
2. iv»vn>itta (469, 8).
3. yvw/itj (469,15).
IV. inU.oyoq (463,16).
Tafel II.
Rhetorisclie chrie
IlQolaXiu
I. nQO0i(iiov ano nQayucaitiv ovyx(}ioti 7i{WGa)nwv] i^. r/Jc xötv
iprjoäviajv öiaßo)Jjq
H. ötriyriOtq] x(>tiu + zijq /(teiaq nufjü'fijuotq
III. KTioöei^iq
A. i:iiy_ei^riiiazu ii'l}vfiijfiaztxu ix n^ay^caviv] ävaaxevij
1. Übergang durch Steigerung von 11 zu III
2. ix ToC iiXünovzoq i
ix roD uruxolovi^ov
3. ix zov nliovä^ovzoq I
(ix zäiv üziyrmf] fiafzvfia nakctiwv)
B. inr/jifjiftaza naQaäciyfiazixu
1. Übergang durch Steigerung von m A zu III B
2. ix na^aßofjjq
Zwei beispiele;
3. ix Tzaificötty/iüiQiv
Zwei beispiele mit je einem Übergänge durch eine
bemerkung ad spectatores;
IV. inlUyoq
A. nimxzixoq] iiuxifuXaiwaiq
1. Ttaga/ifiyna h + ix zov nl.eofa^ot'ioq
2. nuffäiiiy/ia a + ix zoV iU.dnovroq
B. Ttu»r)uxöq UQÖq uviTjoiv {ivzinuaaßoVti Tigöq z6 ivmzior)]
:i(CQwcXij(iiq
C. 1: ii'uyxoq iyo) ^iiv i'füv 6ei^uq — i^g äilaq zwv inutviuv uTio?.Einot/.i!;v = eiufiihrung der
unverständigen lobredner, die den folgenden chrienhaften aussprach tun.
z6 d' ovv xt<f>ü).aiOV aizoTg — tp(iovzi6oq a^wv zin «AA« = erklärung der chrie, d.i. des später
inkriminierten ausspruches der in I eingeführten peraonen und sein wörtliches zitat.
C. 2—11.
C. 2: nXriv ifik y£ — EV(ptj/xov/xevu ixeli'K eivat.
TiAj/r f'/'t ye — ixEiva ivevöovv ■
ovxotv zotzo fiövov x«pif>' — z6 xttivov zFiq nQoaiQtaeaq xal ^eyiyiv. Die chrie wird angefochten
wegen nichtachtung einer reihe von momenten, auf die sich das lob in ihr hätte gründen sollen.
iyäi de o /^azatoq — ivipiinoi-fitru ixiZra tlvui. Die chrie wii-d widerlegt infolge der Über-
schätzung eines momentes, das nur eine komponente, nicht das wesen des lobes hätte bilden sollen.
(«AijMs yap livai z6 zoC ^Oftt'igov . . . Das zweite gegenargument verstärkt ein Homerzeugnis.)
C'.2: ttiore oi fitzgiaq irniQ/iriV — c. 11: iUipuvza 6s fiovov iyxo?M^l,n.
woze oi /.lEZQtwq hni'jQ/xijV — kiyovai xal zä zoiaVza.
zo (Jt xazä ZTjv TiaQOiftiav — 'inaivov inaivEla^ui TiQoq avzdjv
a) schätz wird zu kohlen, b) tausendkünstler.
C.3; i»i/.u, yotv iftTy xal zo zov ygaipirnq — c. 11: iXiipavza 6i fiorov iyxoi.cnfui.
a) Zeuxis (c. 3—7),
b) Antiochos (c. 8—11).
C. 12: <u£)« zoivvv ߣ oxonEiv — ci^ia zov d-EäzQov 6tixvvtiv.
&Qa zoivvv fte Gxojtstv — ztp Zs^^iöi nEnoitjTai.
äga zoifvv HE axomZv — ixelva yoCv inaivovai navztq. Tlaoiddyua b illustriert den einwand
ix zoS nAfoi'ä^oiTO?. ^
ois 6' iyw inenoia-uv — zm ZtSJidi nemiijzai. naQÜiiy^u a illustriert den einwand ix zot
iX).ti7tovzoq,
«>.?: ov iiizrjv — äiia zot »tüzQov 6uxvvitv. Captatio benevolentiae des gegenwärtigen
pubUkums, von dem ein besonneneres urteU, als von dem früheren erwartet wird.
.. Der vordere theoretische rahmen-
teil (c. 1—2) geht von einem persönlichen
erlebuisse aus, das er uach zwei gesichts-
punkten kritisiert. Jedem dieser beiden
argumente entspricht je ein gleichnis am
Schlüsse des abschnittes A.
|B. Das zweigliederige mittelstück (c.3
— 11) veranschaulicht jenes erlebnis durch
zwei fälle, deren jeder je einem argumente
und gleichnisse von A analog ist: 1. glied
= Zeuxis, 2. glied = Antiochos.
C. Der hintere theoretische rahmenteil
(c. 12) kehrt zur iiersönliclikeit des reduers
zurück, indem er die kritik von A auf
die beispiele vou B bezieht; und zwar
verbindet er jedes beispiel mit dem ihm
analogen argumente.
PA Schissel von Fieschenberg.
S35 Novellenkränze Lukians
PLEASE DO NOT REMOVE
SLIPS FROM THIS POCKET
UNIVERSITY OF TORONTO
LIBRARY