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Full text of "Novellenkränze Lukians"

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University  of  Toronto 


littp://www.arcliive.org/details/novellenkrnzOOsclii 


RHETORISCHE  FORSCHUNGEN 


UERAUSGKGEBEN   VON 

OTMAR  SCHISSEL  von  FLESCHENBEEG  und  JOSEPH  A.  GLONAE 


NOYELLExNKMiXZE  LÜKIAJSS 


VON 


OTMAE  SCHISSEL  von  FLESCHENBERG 

DR.  PHIL.,   PRIVATDOZENT  AN  DER  INNSBRUCKER  UNIVERSITÄT 


-^e- 


HALLE  A.  S. 

VERLAG  VON  MAX  NIEMEYER 

1912 


';74603. 


Meinem  hochverehrten  lehrer 

Hugo  Spitzer 

zum  dreißigjährigen  dozentenjubiläum 


Programm  der  Sammlung. 

Die  Rhetorischen  forschutigen  dienen  kunstwissen- 
schaftliclier  beschreibung  der  rhetorik, 

I.  Der  begriff  rhetorik  wird  in  seinem  weitesten  umfange 
verstanden;  rhetorische  theorie  und  praxis,  Vortrags-  und  lese- 
rhetorik,  politische  und  epideiktische  beredsamkeit  finden  also 
gleiche  berücksichtigung.  Ausgeschlossen  bleibt  nur  die  kunst 
des  Vortrages  oder  deklamationskunst,  als  blofse  Virtuosität, 
als  ausführende  kunst  nach  Hugo  Spitzers  scharfsinniger  be- 
zeichnung.  i) 

II.  Kunstwissenschaftlich  soll  der  forschungsgegenstand 
behandelt  werden.  Diese  Zielsetzung  schliefst  sowohl  be- 
w^ertung  rhetorischer  produkte  nach  einem  ästhetischen  prin- 
zipe  im  sinne  des  sjaikretismus  von  Schönheit  und  kunst  in 
der  spekulativen  ästhetik,  als  auch  analyse  des  kunstgenusses 
und  künstlerischer  Produktion  im  sinne  der  psychologischen 
ästhetik  aus.  Von  keinem  dieser  beiden  Standpunkte  aus 
könnte  man  ja,  wie  Hugo  Spitzer  in  seinem  eben  angemerkten, 
für  die  theorie  der  ästhetik  und  kunstwissenschaft  grund- 
legenden werke  gezeigt  hat,  zur  wirklichen  erkenntnis  einer 
auch  als  äufseren  historischen  tatsache  gegebenen  kunst  vor- 
dringen. Im  plane  unserer  Sammlung  liegt  somit  allein  die 
darstellung  rhetorischer  kunstmittel  und  ihrer  anwendung: 
im  einzelfalle,  im  bereiche  einer  rhetorischen  gattung  und 
im  ganzen  rhetorischen  kunstgebiete.    Auf  grund  dieser  drei 


^)  Hermann  Hettners  kunstphilosophische  anfange  und  literarästhetik 
Graz  1903,  s.  230. 


VI 

Verwendungsmöglichkeiten  läfst  sich  der  wert  der  einzelnen 
rhetorischen  knnstmittel  bestimmen.  An  oberster  stelle  steht 
die  architektonik  des  rhetorischen  knnstwerkes. 

1.  Die  komposition  oder  künstlerische  gliederung  eines 
rhetorischen  produktes  löst  das  natürliche  nacheinander  seiner 
teile  in  mündlicher  oder  schriftlicher  fixierung  in  ein  künst- 
liches nebeneinander  auf.^)  Denn  nur  in  der  scheinbaren 
koexistenz  der  teile  eines  rhetorischen  kunstwerkes  liegt  die 
möglichkeit  einer  inneren  form  desselben.  Sie  besteht  also 
in  einer  relation  der  einzelnen  stoifteile  zueinander.  An  und 
für  sich  besitzt  der  stoff  für  die  komposition  keine  bedeutung. 
Er  dient  nur  zum  körperlichen  Substrate,  zum  träger  des 
vom  Sophisten  in  seinem  werke  jeweils  dargestellten  archi- 
tektonischen prinzipes,  wie  der  Steigerung,  konzentrizität, 
Variation,  der  Symmetrie,  des  parallelismus,  kontrastes,  da 
äufsere  wahrnehmbarkeit  eine  notwendige  bedingung  für  jedes 
kunstschöne  werk  darstellt.  Aber  nicht  nur  wegen  ihrer 
herrschaft  über  den  auf  bau  des  ganzen  kunstwerkes,  sondern 
auch  wegen  ihrer  grölsten  Individualität  ist  die  komposition 
das  vornehmste  rhetorische  kunstmittel.  So  wird  sie  in 
jedem  einzelfalle  bis  auf  das  ihr  zugrundeliegende  abstrakte 
kompositioneile  prinzip  verschieden  sein.  Allein  in  der  ge- 
staltung  desselben,  nicht  in  seiner  ermittelung  besteht  die 
künstlerische  aufgäbe,  die  also  an  Originalität  und  Schöpfer- 
kraft des  Sophisten  die  höchsten  anf orderungen  stellt,  ihm  die 
gröfsten  Schwierigkeiten  bereitet.  Minderwertige  Sophisten 
verzichten  daher  auf  komposition  überhaupt;  desgleichen  fehlt 
sie  meist  rhetorischen  Produkten,  die  nicht  ausschlielslich 
künstlerischen  absiebten  dienen. 

2.  Solche  werke  weisen  nur  logische  gliederung,  d.  i.  dis- 
position  auf.  Im  falle  des  Vorhandenseins  von  komposition 
ordnet  sie  sich  dieser  stets  unter.    Zeigte  sich  die  komposition 


»)  Beruhard  Seuffert,  Germanisch-romanische  monatsschrift  1911,  s.632. 


vn 

individuell  verschieden,  so  erscheint  die  disposition  generell 
abweichend;  d.  h.  der  auf  bau  durch  disposition  kennzeichnet 
eine  ganze  rhetorische  gattung,  nicht  blols  ein  kunstwerk. 
So  eignet  z.  b.  das  geläufige  vierteilige  Schema  von  jrQooifiiov, 
6c7]Yf]öig,  d.TTOikisi'^,  Ijiiloyoc.  dem  gesamten  dr/Mvr/.oc  löyoc, 
der  gerichtsrede  überhaupt,  niclit  blofs  einem  Vertreter  dieses 
genus.  Innerhalb  gewisser  grenzen  kann  die  dispositionelle 
gliederung  im  Spezialfälle  natürlich  variieren.  Die  künst- 
lerische leistung  auf  dem  gebiete  der  disposition  ist  in  der 
einpassung  des  einzelfalles  in  ein  gattungsschema,  d.  i.  in  eine 
innere  form  zu  erblicken,  die  das  symbol  der  höheren  Ordnung 
bedeutet,  unter  die  das  beispiel  logisch  gehört. 

3.  An  der  grenze  zwischen  genereller  und  allgemeiner 
Verwendbarkeit  steht  die  topik.  Es  gibt  sowohl  topen,  die 
gewissen  gattungen  eignen,  z.  b.  die  erwähnung  Athens  der 
laXiä,  als  auch  solche,  die  unterschiedslos  vorkommen.  Jeden- 
falls sind  alle  mit  rücksicht  auf  ihren  technischen  v/ert  für 
den  auf  bau  zu  betrachten. 

4.  Auch  der  nach  darstellungs  -  und  ausdrucksform  zu 
unterscheidende  stil  kann  zur  Charakteristik  der  gattung  bei- 
tragen. Die  dialogische  und  monologische  {i]d-ojtoiia)  oder 
erzählende  (ditjytjoig)  einkleidung  des  dargestellten  wirkt 
generell  unterscheidend;  die  o'/j/fiara  Xts^cog  des  rhetorischen 
ausdruckes  werden  in  allen  gattungen  in  gleicher  weise  ge- 
braucht. 

5.  Die  rhythmik  gibt,  da  ohne  individuelle  oder  generelle 
einschränkung  verwendet,  den  schwächsten  ausschlag  für  die 
kunstschönheit  des  rhetorischen  produktes. 

Aus  diesen  5  komponenten  setzt  sich  die  kunstform  der 
rhetorik,  d.  i.  der  hauptfaktor  ihrer  ästhetischen  Wirksamkeit, 
zusammen.  Nur  nebenher  benützt  sie  die  poetische  Stimmung 
—  man  erinnere  sich  des  musterbeispieles  aus  Philostrats 
Bioi  oocf.  II 9, 2  —  und  die  fesselnden  Stoffqualitäten  —  man 
denke   an   die   spannenden  töjtoi   des   griechischen  romanes 


VIII 

Das  Wohlgefallen  an  der  Schönheit  rhetorischer  und  poetischer 
kunstwerke  ist  somit  essentiell  verschieden.  Jenes  beruht  auf 
dem  Verständnisse  der  formschönheit,  d.  i.  auf  einem  intellek- 
tuellen vorgange,  dies  auf  der  einfühlung  in  die  stimmungs- 
lage  der  dichtung,  d.  i.  auf  einem  emotionalen  vorgange.  Die 
rhetorik  erstrebt  für  ihre  erzeugnisse  in  erster  Knie  reine 
formschönheit,  die  poesie  stimmungsgehalt  und  spannungs- 
fähigkeit.  Nach  diesen  zielen  unterscheiden  sich  die  in  rede 
stehenden  künste  in  ihren  mittein.  Ist  die  rhetorik  eine 
formkunst,  so  liegt  das  Schwergewicht  in  der  poesie  auf  dem 
inhalte  (stoff  und  Stimmung),  d.  h.  auf  der  stimmungs-  und 
Spannungstechnik,  von  denen  die  rhetorik  nur  gelegentlichen 
gebrauch  macht.  Form,  selbst  die  äulserlichste,  ist  poetisch 
irrelevant.  Das  bezeugen  die  häufigen  versuche  in  iwosaischen, 
reimlosen,  freirhythmischen  dichtungen.  Besser  noch  kenn- 
zeichnet jene  tatsache  vielleicht  der  umstand,  dafs  trotz  der 
möglichkeit,  die  äulsere  form  in  der  dichtkunst  zu  entbehren, 
gerade  die  künstlerisch  minderwertigsten  formelemente  stil 
und  metrum  die  relativ  grölste  bedeutung  unter  allen  form- 
komponenten  für  die  poesie  gewonnen  haben.  Die  verschieden- 
artigkeit der  stilistischen  darstellungsform  hat  sogar  den 
einteilungsgrund  für  die  oberflächliche  und  so  dem  wesen 
der  poesie  wenig  angemessene  Unterscheidung  der  poetischen 
hauptgattungen  (l3Tisch,  dramatisch,  episch)  ergeben.  Die 
weitere  differenzierung  erfolgte  vielfach  gar  nach  metrischen, 
also  äulserlichst  formalen  gesichtspunkten  (s.  die  Ijaüschen 
arten).  Nur  selten  klassifizierte  man  die  dichtungen  richtig 
nach  ihrer  Stimmungslage  (komisch,  tragisch,  erotisch,  religiös), 
nach  ihrer  stofflichen  einkleidung  (Schäferdichtung,  ritterdrama, 
historischer  roman),  nach  ihrem  nebenzwecke  (didaktik,  epi- 
grammatik)  usf.  Die  höheren  formelemente  (komposition,  dis- 
position,  topik)  haben  keine  allgemeine  geltung  in  der  poesie 
erlangt.  Nur  die  komposition  fand  gelegentliche  anwendung. 
Nie  aber  wurde  sie  Selbstzweck  der  dichtung,   sondern  blieb 


IX 

stets  motiv  ihrer  spannungstechnik;i)  nie  wirkt  sie  als  form- 
schönes, sondern  stets  sucht  sie  den  reichen  inhalt  zu  meistern, 
bestenfalls  ihm  einen  adäquaten  ausdruck  zu  verschaffen.    Sie 
erscheint  so  als  hilfskonstruktion  des  dichters,  der  keine  seite 
seines  umfänglichen  Stoffes  vernachlässigen  und  ihn  dennoch 
möglichst  gedrängt  behandeln  will.    Infolgedessen  lag  es  gar 
nicht   im   künstlerischen   Interesse,   dafs   sich   der   leser   des 
kompositioneilen   fachwerkes,    das   den  inhalt  zusammenhält, 
bewufst  werde.    Ebensowenig  brauchte  das  jeweilige  kompo- 
sitioneile prinzip  (z.  b.  sjnnmetrie)  exakt  dargestellt  zu  werden. 
Ja  man  bezweifelt  mit  recht,  dafs  die  komposition  stets  vom 
dichter  überhaupt  oder  doch  in  ihrem  ganzen  ausmafse  ge- 
wollt und  berechnet  war  und  schreibt  sie  dann  wenigstens 
zum  teile  seiner  Intuition  zu.2)    In  manchen  gattungen,  Avie  im 
bühnendrama,  wurde  sie  auch  durch  technische  notwendigkeit 
gedrängter  darstellung  nahegelegt  und  dann  häufig  im  anschlusse 
an  berühmte  muster  gepflegt.    In  diesem  falle  erstarrte  sie 
zur  disposition.    Obwohl  die  dichterische  komposition  auch  als 
technisch   untergeordnetes,  vom  leser  unbemerktes  und  vom 
dichter  z.  t.  intuitiv  verwendetes  kunstmittel  zur  erreichung 
einer  bestimmten  ästhetischen  Wirkung  selbstverständlich  bei- 
tragen kann,   so  besitzt  sie  dennoch  für  die  poesie  nicht  ein- 
mal die  bedeutung  des  reimes,  dessen  gebrauch  allen  jenen 
einschränkungen  nicht  unterliegt  und  der  daher  viel  unmittel- 
barer ästhetisch  wirkt.    Demnach  wäre   es  verfehlt,   auf  ein 
dichterisch  so  unwesentliches  formelement,  wie  die  komposition, 
z.  b.  eine  wissenschaftliche  poetik   gründen  zu  wollen.    Eine 
solche  hat  vielmehr  S3^stematische  erforschung  der  stoffquali- 
täten   Stimmung   und  Spannung  zur  hauptsächlichen  voraus- 


1)  Vgl.  F.  LiUge,  Komposition  iiud  poetische  technik  der  J/o,«?/(loiv 
agioxHu.    Gotha  1911,  s.  45. 

^)  S.  vornehmlich  W.  Brecht,  Zs.  f.  deutsches  altertum  IL  (1007)  GO  f., 
ferner  Bernhard  Seuffert,  GEM  1909,  s.  G05.  Lillge  a.  a.  o.  E.M.Meyer, 
Zs.  f.  deutsche  phil.  XLUI  (1911)  505. 


Setzung.  Damit  erledigt  sich  zugleich  die  frage,  ob  die 
rhetorische  komposition  vom  Sophisten  planmälsig  ausgeführt 
und  vom  zuhörer  resp.  leser  wahrgenommen  wurde  und  wird. 
Da  in  der  rhetorik  die  formschönheit  die  grundlage  des 
ästhetischen  eindruckes  bildet,  mufs  sie  und  damit  ihre  her- 
vorragendeste komponente,  die  komposition,  doch  beabsichtigt 
sein  und  bemerkt  werden.  Wenn  sich  auch  künstler  und 
betrachter  über  die  kunstmittel,  die  ein  objekt  zum  gegen- 
stände ästhetischer  lust  machen,  also  über  die  Ursachen  seiner 
Schönheit  oft  im  unklaren  sein  werden,  unbeschadet  ihrer 
ästhetischen  eindrücke  von  diesem,  so  erscheint  es  doch  un- 
erlälslich,  dafs  sie  das  objekt  selbst  produzieren  wollen,  resp. 
wahrnehmen.  Das  objekt  ist  aber  für  die  rhetorik  der 
exemplifizierte  formbegriff. 

III.  Die  forderung  nach  kunstwissenschaftlicher  be- 
schreibung  allein  schaltete  die  historische  betrachtungs- 
möglichkeit  für  unsere  Sammlung  noch  nicht  aus.  Denn 
wenn  von  irgendeiner  empirischen  Wissenschaft,  so  mufs  von 
der  historie  verlangt  werden,  dafs  eine  genaue  beschreibung 
der  einzeltatsachen  dem  versuche,  sie  in  beziehung  zu- 
einander zu  setzen,  vorausgehe.  Der  anspruch  der  genannten 
disziplin  auf  wissenschaftlichkeit  beruht  ja  gänzlich  auf  ihrer 
fähigkeit,  der  Vergangenheit  angehörige  tatsachen  genau 
zu  bestimmen  (implicite  datierung).  Der  Zusammenhang 
dieser  tatsachen  ist  logisch  nicht  nur  ganz  zufällig,  sondern 
steht  auch  von  vorneherein  fest,  da  sich  alle  in  betracht 
kommenden  ereignisse  schon  einmal  in  einer  bestimmten 
folge  abgespielt  haben.  Alle  versuche,  über  diese  grenzen 
hinauszugehen,  führen  zu  haltlosem  dilettantismus.  Be- 
schränken sie  sich  auf  die  ergänzung  der  lückenhaften 
Überlieferung,  so  sind  sie  als  phantastische  kombinationen 
anzusprechen;  mafsen  sie  sich  gar  an,  aus  den  gegebenen 
tatsachenkomplexen  allgemeingültige  gesetze  abzuleiten,  so 
fehlen  sie,  weil  sie  zufälligen  zusammenhängen  gesetzmälsig- 


XI 

keit  imputieren.!)  Zur  richtigen  ermittelung  der  einzelnen 
tatsachen  bedient  sich  die  historie  der  quellenkritik,  mit  deren 
hilfe  sie  die  nachricliten  über  das  darzustellende  ereignis  auf 
glaubwürdigkeit  und  genauigkeit  prüft.  Dabei  kommt  es 
u.  a.  auf  die  feststellung  an,  durch  wie  viele  Zwischenglieder 
die  quelle  von  dem  in  ihr  berichteten  vorfalle  getrennt  ist. 
Diese  frage  nach  den  quellen  der  quelle  stellt  nun  auch  die 
romantische  literaturgeschichte  in  methodischer  anlehnung  an 
die  historie.  Und  zwar  kann  die  grundlage  einer  dichtung 
ein  erlebnis,  ein  künstlerisches  oder  unkünstlerisches  literatur- 
produkt  sein.  Bei  dieser  Übertragung  der  methode,  die  in 
der  literaturgeschichte  den  grad  der  dichterischen  Originalität 
bestimmen  soll,  übersah  man  die  völlige  Verschiedenheit  des 
begriffs  der  quelle  in  den  beiden  disziplinen.  Vom  historischen 
Standpunkte  aus  wäre  ja  auch  das  kunstwerk,  dessen  quellen 
gesucht  werden,  eine  quelle,  und  zwar  unter  umständen  eine 
minderwertige,  abgeleitete.  Denn  nicht  der  bericht  eines 
ereignisses  oder  erlebnisses,  sondern  dieses  selbst  ist  das  ziel 
der  geschichtsforschung.  Es  mufs  somit  bei  konsequenter 
anwendung  der  historischen  methode  die  dichtung,  deren  er- 
forschung  das  ziel  der  literaturwissenschaft  darstellt,  voll- 
ständig in  den  hintergrund  treten  gegenüber  der  ausführlichen 
beschreibung  seiner  sei  es  biographischen,  sei  es  literarischen 
grundlagen.  AVill  man  aber  einer  solchen  umkehrung  des  ur- 
sprünglichen Wertverhältnisses  durch  gleichsetzung  der  quellen- 
mälsig  zu  erforschenden  dichtung  mit  der  quellenmäfüig  er- 
mittelten historischen  tatsache  vorbeugen,  so  übersieht  num 
die  Verschiedenheit  des  letzten  Zweckes  der  quellenforschung 
hier  und  dort.  In  der  historie  will  sie  gutbezeugte  züge 
zum  bilde  des  darzustellenden  ereignisses  liefern,  also  dessen 
richtige  beschreibung  ermöglichen;  in  der  literaturgeschichte 
soll  sie  die  literarisch -biographische  abhängigkeit  des  kunst- 


')  Diese   art  von    geschichtsauffassung  hat  Spitzer   a.  a.  o.   s.  469- ff. 
endgültig  abgewiesen. 


xn 

Werkes  bestimmen.  Was  somit  in  der  liistorie  nur  mittel 
zum  zwecke,  nur  von  sekundärer  bedeutung  ist,  erliält  in  der 
literaturgescliiclite  Selbstzweck,  primären  wert.  Die  von  der 
historie  mit  liilfe  der  quellenkritik  angestrebte  beschreibung 
und  bestimmung  ihres  forscliungsgegenstandes,  d.  i.  ihr  wissen- 
schaftliches ziel,  vermag  von  der  literaturwissenschaft  in  den 
allermeisten  fällen  direkt  erreicht  zu  werden,  da  sie  ja 
die  zu  untersuchenden  kunstprodukte  fast  immer  in  bänden 
hält,  nicht  erst  rekonstruieren  muls.  Man  hat  indes  in  der 
literaturgeschichte  ziemlich  alle  fehler  gemacht,  die  sich  aus 
diesem  doppelten  mifsverständnisse  der  historischen  methode 
ergeben  konnten.  Als  deutlichster  ausdruck  der  falschen  auf- 
fassung  des  begriffes  quelle  erscheinen  die  sog.  vergleichenden 
Stoffgeschichten,  die  einen  poetischen  stoff,  z.  b.  die  sage  vom 
ewigen  Juden  oder  vom  troianischen  kriege,  rast-  und  zwecklos 
durch  die  Weltliteratur  verfolgen,  die  quelle  der  quelle  auf- 
spürend usf.  in  inflnitum.  Die  oben  gekennzeichnete  ziel- 
verwechselung  kommt  zum  ausdrucke  in  der  beschränkung  der 
den  literaturdenkmälern  selbst  gewidmeten  Untersuchungen  auf 
quellenkritik,  also  in  der  ansieht,  dals  die  quellenverhältnisse 
einer  dichtung  über  ihren  künstlerischen  Charakter  orientieren 
und  damit  zu  ihrer  kenuzeichnung  hinreichen.  Abgesehen 
davon,  dafs  die  Originalität  eines  kunstwerkes  nicht  dadurch 
berührt  wird,  dafs  es  einen  vorgefundenen  stoff,  eventuell 
aucli  mit  traditionellen  kunstmitteln,  gestaltet,  sondern  einzig 
und  allein  durch  die  in  einer  quellenuntersuchung  nicht  auf- 
deckbare art  der  gestaltung,  also  abgesehen  davon,  dafs  die 
literarhistorische  quellenforschung  das  wissenschaftliche  ziel 
der  literaturbetrachtung,  die  kunst  aus  ihrer  darstellungsweise 
zu  verstehen,  ignoriert,  fehlt  sie  auch  gegen  die  elementare 
f orderung  jeder  empirischen  Wissenschaft,  welche  zuerst  eine 
auf  analyse  beruhende  kenntnis  des  forschungsobjektes  ver- 
langt, bevor  sie  irgendeine  Synthese  vornimmt.  Zu  dieser 
keuntnis  kann  nui'  beschreibung  der  kunstmittel  und  ihrer 


XIII 

an  Wendung  in  jedem  einzelnen  künstlerischen  individualgebilde, 
d.  i.  literaturprodukte,  führen.  Damit  schliefst  sich  die  an- 
wendung  jener  pseudoliistorischen  quellenforschung  für  eine 
exakte  bearbeitung  der  rhetorik  aus.  Aber  auch  einer  wissen- 
schaftlichen historischen  behandlung  auf  grund  von  analysen 
ihrer  einzelnen  produkte  widerstrebt  die  rhetorische  praxis. 
Der  rhetorischen  theorie  ist  sie,  wie  jeder  anderen  kunst- 
lehre oder  Wissenschaft,  unter  dieser  Voraussetzung  zuzu- 
billigen. Gleich  den  anderen  künsten  erzeugt  auch  die 
rhetorik  weder  beständigem  wandel  unterworfene  Vorgänge,  wie 
z.  b.  die  spräche,  noch  lebende  Organismen,  die  individuell 
und  als  Individuen  einer  gattung  zu  einem  bestimmten  Zeit- 
punkte einen  bestimmten  entwicklungsstand  repräsentieren,  die 
also  sowohl  genetisch  (biologisch  und  entwicklungsgeschicht- 
lich), als  auch  systematisch  betrachtet  werden  können.  Die 
rhetorik  schafft  vielmehr  in  sich  vollendete,  keiner  änderung 
fähige  kunstwerke.  In  dem  umstände,  dals  der  eine  künstler 
diese,  der  andere  jene  mittel  benützte,  um  kunstschöne  werke 
zu  erzeugen,  ist  keine  entwicklung  zu  sehen,  zumal  es  sich 
nur  um  geringe  Variationen  handeln  kann.  Denn  einerseits 
sind  die  mittel  nach  der  art  der  angestrebten  kunstschönheit 
verschieden,  andererseits  sind  zur  hervorbringuug  einer  be- 
stimmten art  von  kunstschönheit  gewisse  mittel  unerlälslich. 
Dals  nicht  zu  allen  Zeiten  dieselbe  art  des  kunstschönen 
ästhetisch  wirkt,  dafs  also  der  kunstgeschmack  des  publikums 
Wandlungen  unterworfen  ist,  die  auf  die  äulserlichste  art  Zu- 
standekommen, das  ZU  konstatieren  und  zu  erklären  kann 
nicht  aufgäbe  der  kunstwissenschaft,  sondern  einzig  und  allein 
die  der  historie  "und  der  völkerpsycliologie  sein.  Insofern  ist 
die  kunst  an  und  für  sich,  nicht  aber  ihre  morphologie,  gegen- 
ständ der  geschieh tswissenschaft.  1)  Schon  die  frühere  be- 
sprechung  der  rhetorischen  kunstmittel  konnte  zeigen,  dals 


»)  Spitzer  s.  460  ff. 


XIT 

für  die  rlietorik  nur  eine  kunstsystematik  wissenschaftliche 
berechtigung  besitzt,  dafs  Synthesen  der  aus  den  beispielen 
analytisch  gewonnenen  kunstmittel  nur  im  sinne  logischer 
subsumption  des  besonderen,  inhaltsreicheren  unter  den  all- 
gemeineren, inhaltsärmeren  begriff  möglich  sind.  So  werden 
die  kompositionsuntersuchungen  kompositionelle  prinzipien  (z.  b. 
kontrast,  Steigerung)  ergeben  und  diese  sich  ihrerseits  auf  eine 
grundform  zurückführen  lassen.  Sie  werden  aber  auch  die 
Originalität  der  einzelnen  künstlerischen  leistungen  bemessen 
und  vergleichen  lassen.  Die  dispositionsstudien  illustrieren 
die  rhetorische  gattungskunde  und  begrenzen  den  Spielraum, 
innerhalb  dessen  die  gattungstypen  variiert  werden  können, 
begrenzen  also  die  gattungen  selbst.  Ähnlich  führen  topik, 
Stilistik  und  rhythmik  zur  Inventarisierung,  klassifikation, 
bestimmung  von  anwendungsart  und  -gelegenheit  des  formel- 
oder  typenmateriales  dieser  kunstmittel.  i) 

IV.  Für  eine  kunstwissenschaftliche  behandlung  der 
rhetorik  im  angegebenen  sinne  bestehen  die  sprachlichen 
schranken  nicht,  die  die  literaturgeschichte  im  anschlusse 
an  die  Sprachforschung  errichtet  hat.  Docli  wird  sich  das 
wissenschaftliche  Interesse  für  rhetorik  vornehmlich  auf  die 
griechisch-byzantinische  ^)  und  die  lateinische  literatur  richten, 
da  nur  in  ihnen  und  im  anschlusse  an  sie  eine  theoretisch 
fundierte,  ausgeprägte  rhetorische  kunst  bestand. 


*)  Da  aus  den  gebieten  der  stillehre  und  rhythmik  vielfach  be- 
friedigende einzeldarstellungen  bereits  vorliegen,  berücksichtigen  die  Rhf 
besonders,  aber  nicht  ausschliefslich,  komposition,  gattungskunde,  topik. 

'^)  Die  spuren  byzantinischer  rhetorik  in  den  älteren  slavischen 
literaturen  finden  die  nötige  beachtung.    J.  A.  Glonar. 


x^ 


Vorwort. 

Die  Universitätsbibliotheken  in  Graz  und  Innsbruck,  auf 
deren  mittel  der  Verfasser  vielfach  angewiesen  war,  boten 
ihm  nur  wenig-  für  seinen  zweck  brauchbares.  Denn  darf 
auch  die  Grazer  Universitätsbibliothek  nicht,  gleich  der  Inns- 
brucker, als  wissenscliaftlich  ungenügend  i)  bezeichnet  werden, 
so  weisen  gleichwohl  ihre  älteren  bestände  recht  fühlbare 
und  zum  teil  heute  schwer  zu  ergänzende  lücken  auf. 
Manche  für  diese  arbeit  in  betracht  kommende  Untersuchung 
war  nun  im  buchhandel  vergriffen,  manche  erst  spät  zu 
beschaffen.  Der  letztere  umstand  veranlalste  wiederholte 
Umgestaltung  bereits  vollendeter  teile  dieser  Studien  und  ver- 
zögerte so  ihren  abschlufs  bedeutend;  der  erste  wird  dem 
kundigen  leser  aus  der  unvollständigen  benützung  der  älteren 
fachliteratur  in  ihnen  merklich  werden. 

Weitaus  am  meisten  verdankt  die  vorliegende  abhandlung 
dem  vor  ihr  genannten  gelehrten  ästhetiker,  der  auch  die 
ausnehmende  gute  hatte,  trotz  angegriffener  gesundheit  einen 
teil  derselben  zu  überprüfen.  Ferner  unterstützten  den  Ver- 
fasser herr  bibliotheksdirektor  privatdozent  dr.  Joannes  Peisker, 
dann  herr  oberbibliothekar  dr.  Ferdinand  Eichler  von  der 
Grazer  Universitätsbibliothek. 

Graz,  im  mai  1912. 


*)  Zur  begründung  dieser  qualifikation  genügen  folgende  einzellieiten: 
für  bücherwüusche  eines  Universitätslehrers  stehen  angeblich  der  Inns- 
brucker bibliotheksverAvaltung-  jährlich  nur  4—8  Mk.  zur  Verfügung.  Um 
nun  dies  mifsverhältnis  zwischen  geldmitteln  und  wissenschaftlichem 
bedarfe  auszugleichen,  werden  die  verlangten  literarischen  neuersclieinungeu 
zunächst  antiquarisch  gesucht.  Auf  diese  weise  gelingt  es  der  direktion, 
entweder  den  ankauf  des  gewünschten  Werkes  zu  vermeiden,  oder  ihn 
doch  lange  genug  hintanzuhalten. 


X-VM 


Inhalt. 

Seite 

Programm  der  Sammlung v 

Vorwort xv 

I.   Lukians  künstlerische  ziele 1 

Exknrs:  die  rhetorische  chrie 3 

II.    W.olor  T]  iv-/ai 22 

m.    4>Lkoii)ev6^q  r}  cctciotcüv 39 

IV.    TöqaQiq  Tj  (piXia 50 

V.   Das  Signalement  der  hikianischen  novelle 87 

Exkurs:   die  komposition  der  "Aniazcc  des  Antonius  Diogenes  101 

Zwei  tafeln. 


Ltikians  künstlerische  ziele. 

Man  hat  Liikians  werke  als  historische  quellen  aus- 
genützt, seine  literarischen  beziehungen  aufzudecken  und  seine 
philosophischen  Wandlungen  darzustellen  unternommen,  man 
hat  nach  sprachlichen  und  sachlichen  indizien  die  echtheit 
der  unter  seinem  namen  überlieferten  Schriften  angezweifelt 
oder  verteidigt,  lücken  in  ihnen  gesehen  oder  bestritten,  man 
hat  sich  endlich  um  die  Chronologie  seiner  werke  und  seines 
lebens  bemüht  und  seine  nachwirkung  erforscht  und  hat  bei 
solch  vielseitiger  literarhistorischer  beschäftigung  mit  dem 
autor  dennoch  vergessen,  seine  Schriften  unter  dem  gesichts- 
punkte  zu  betrachten,  von  dem  aus  er  sie  selbst  angesehen 
wissen  wollte.  So  ist  Motzens  treffliche  gesamtdarstellung 
von  Lukians  ästhetischen  anschauungen ,  i)  auf  welcher  eine 
kunsttechnische  einzeluntersuchung  seiner  werke  basieren  muls, 
so  gut  wie  unbeachtet  geblieben.  Man  erkannte  zwar  un- 
abhängig von  Motz,  dafs  Lukian  einige  seiner  schritten,  vor- 
nehmlich den  Zevsi?  fj  "ArrioyoQ  und  den  IlQOfiijfhsvg  Iv 
XöyoiQ,  kunsttheoretischen  erwägungen  widmete, 2)  doch  hat 
man  eine  abstraktion  und  logische  Verbindung  der  gedanken 
nicht  einmal  der  beiden  genannten  jrQo?Mhcd  versucht. 
Schmidä)    und    Helm^)    z.  b.    warfen    den   Zerl^c    mit   dem 


^)  F.  Motz,  Liician  als  ästhetiker.  Progr.  d.  gymn.  Bernharciiunm  in 
Meiningen  1875.  —  Ed.  Müller,  Geschichte  der  theorie  der  kunst  bei  den 
alten  11  (Breslau  1837)  250—252  behandelt  nur  zwei  nebensächliche  punkte 
der  lukianischeu  kunsttheorie ,  die  imd^erot.  xöa^wt  (Motz  s.  14  f.)  und  das 
xiuröv  (Motz  s.  11  f.)  in  durchaus  ungenügender  weise  von  romantischem 
Standpunkte  aus. 

2)  Am  deutlichsten  sprach  nach  Motz  (s.  11)  diese  beobachtung  wohl 
Th.  Sinko,  Eos  XIV  (1908)  148  aus. 

»)  W.  Schmid,  Philologus  L  (1891)  312. 

*)  E.  Hebn,  Lucian  und  Menipp.    Leipzig  und  Berlin  1906,  s.  280.  . 

Bhetoiische  Forschungeii.   I.  1. 


/7()o//?y.9frc  t?'  ?Myoig  zusammen.  Mit  imrecht!  Gemeinsam 
ist  den  beiden  jTQoXahni  allein  die  Verwahrung  des  Verfassers 
gegen  die  absieht,  nur  durch  die  neuheit  seiner  Schriften 
wirken  zu  wollen.  Jedesmal  ist  von  einer  anderen  neuheit 
die  rede.  Der  IlQo/oiihv';  Iv  ).(r/oiQ  handelt  über  eine,  aus 
der  Verschmelzung  von  dialog  und  komödie  entstandene,  neue 
form,  die  nicht  durch  ihre  ungewöhnlichkeit,  sondern  durch 
ihre  Schönheit  wirken  soll;i)  der  Ztcsig  lehnt  einen  erfolg 
auf  grimd  des  absonderlichen  und  neuen  Inhaltes  der  Schriften 
ab.  Der  Ztvc,iq  wiederholt  nicht  den  gedanken  des  IlQoi/rj- 
ihvg  iv  loyoLQ  in  anderer  einkleidung  oder  umgekehrt  der 
nQOftj]{)evq  den  des  Z&v^ig;  der  in  diesem  ausgesprochene 
grundsatz  ist  vielmehr  die  logische  Voraussetzung  des  im 
nQoit7]>)£vg  bv  Xoyoig  entwickelten.  Daher  müssen  die  luki- 
anischen  Schriften  zuvor  nach  der  im  Ztr^ig  erhobenen  kunst- 
theoretischen forderung  untersucht  werden,  ehe  ihre  Über- 
einstimmung mit  der  des  nQüiirjOerg  Iv  löyoig  nachgeprüft 
werden  kann.  Auf  grund  der  tatsache,  dals  der  Ztvlig  die 
bedeutung  des  xairör  gegenüber  der  komposition  des  Stoffes 
für  die  ästhetische  Wirkung  eines  literaturproduktes  aufser- 
ordentlich  gering  anschlägt, 2)  gilt  es,  vorerst  die  individuell 
verschiedenen  gestaltungen  dieses  formprinzipes  induktiv  für 
alle  werke  Lukians  zu  ermitteln,  dann  durch  abstraktion  der 
den  einzelnen  beispielen  gemeinsamen  merkmale  formt3'pen 
zu  finden  und  nach  ihnen  die  werke  zu  organischen  gruppen 
zusammenzuschliefsen,  endlich  die  kunstmittel  zu  registrieren, 
durch  welche  die  komposition  jeweils  erreicht  wird.  Erst 
auf  dieser  grundlage  ist  es  möglich,  exakt  zu  entscheiden, 
wieviel  die  vor  und  neben  Lukian  geltenden  literarischen 
gattungen  zur  architektonik  seiner  Schriften  beigetragen  haben 
und  wie  er  diese  im  nQOfa/fhvg  Iv  Aoyoig  behauptete  Ver- 
schmelzung bestehender  gattungsformen  durchgeführt  hat.  — 


')  TlQO/jiijd^evQ  er  ).öyoiQ  c.  3:  t/iiol  rfe  ov  nürv  ixccvör,  h  xaivonoiHv 
doxohjv,  /<?/rft  t/^oi  TIC  ?.ty8iv  aQ/uiöie^öv  xt  xov  nXc'co/iaxog,  ov  xoCxo 
unöyovov  tativ,  u).?.'  et  /.i^  md  yJcQiev  (fcciroixo,  cdoyvvolnijv  uv,  ev  i'a&i, 
en^  uvtw  xul  ^vnnuirjouq  av  chpuviacci^ii  •  ov«)'  tcv  (ucpeh'joetsv  uvxö,  nuQU 
yovv  e/ioi,  7j  xicivuitjq,  (xri  ovyl  ovviexQltpd^ui  iCftOQipor  ov. 

*)  Vgl.  Motz  s.  11:  jenes  ganze  schriftchen  ist  der  beleiichtwifj  des 
wertes  von  stoß"  und  form  gewidmet. 


Die  folgenden  ausführungen  liefern  nur  beitrage  zum  ersten 
teile  dieses  progammes  einer  literaturwissenschaftliclien  er- 
forscliung  der  Inkianisclien  Schriften.  Zunächst  soll  auf  grund 
einer  Interpretation  des  Ztv^t^  die  l'omposition  des  Stoffes  als 
das  ästhetisch  wirksamste  element  der  kunst  Lukians  er- 
wiesen, dann  IlÄolor,  (piXo^fvchjc,  Tö^aQn^  nach  ihrer  kom- 
position  untersucht  und  endlich  auf  ein  gattungsbildendes 
gemeinsames  merkmal  dieser  drei  schritten  hingewiesen  werden. 

Den  Inhalt  des  Ztv^ig  bildet  ein  beweis  in  chrienform, 
der  die  anschauung  widerlegt,  daXs  die  ästhetische  Wirksamkeit 
eines  kunstwerkes  allein  auf  der  neuheit  und  Seltsamkeit 
seines  Inhaltes  beruhe.  Das  gegenteil  dieses  satzes,  und  zwar 
der  gedanke,  dafs  die  kunstform  einer  schritt  und  in  ihr  vor 
allem  die  komposition  des  Stoffes  ein  literaturprodukt  ästhetisch 
reizvoll  machten,  stellt  also  die  idee  dar,  die  Lukian  in  der 
genannten  jigo/iaÄcd  propagiert.  Die  komposition  des  Stoffes 
zeigt  sich  in  ihr  in  der  anpassung  der  chrien-  an  die  rrgolaXid- 
form.  Um  das  Verhältnis  beider  verstehen  zu  können,  mufs 
zunächst  wesen  und  Zusammensetzung  der  rhetorischen  chrie 
eingehender  dargelegt  werden,   als  das  bisher  geschehen  ist. 

G.  AYartensleben  versuchte  als  erster  den  begriff  der 
chrie  im  anschlusse  an  die  detinitionen  Theons,  des  Hermogenes 
und  Aphthonios  genau  zu  bestimmen,  i)  Dabei  hob  er  den 
unterschied  zwischen  iQ^ia  und  ihrer  rhetorischen  tQyaöla'^) 
gebührend  hervor; •'')  für  diese  ist  die  /Qsla  selbst  nur  thema- 
tischer kern,  in  deren  Schema  t?)?  xqsiccq  jraQcapQuöiq  also 
nur  ein  örtlich  bestimmtes  iitQoc.  Demnach  bedeuten  die  der 
eigentlichen  chrie  gewidmeten  ausführungen  der  progj'mnas- 
matiker    für    den    rhetorischen    Unterricht    nicht    mehr,    als 


')  Begriff  der  griech.  clireia  und  beitrage  zur  geschichte  ihrer  form. 
Heidelberg  1901,  s.  1—7. 

^)  Hermogeues  progg.  (Rhetores  graeci  ed.  Spengel  II)  6, 19.  Aphthonios 
progg.  ebd.  23,14:  fp/aörao  fVf  avirjv  [r/})'  /«?/«)•]  Toiööe  roig  XE(fa?.aioiq. 
Priscian  (Grammat.  lat.  ed.  Keil  III)  432,  10 f.  überträgt  Herniogens  iQyaala 
bald  durch  operatio  et  oräinatio  ad  usus  pertinentium  capiiulorum  (s. 
Aphthen),  bald  durch  disposHio.  Über  Priscians  fast  wörtliche  Über- 
setzung des  Hermogenes  vgl.  Alfredus  Luscher,  De  Prisciani  studiis  graecis. 
Breslau  1912  (Breslauer  philol.  abh.  44)  s.  73.  81—115  passim. 

')  Wartensieb eu  a.  a.  o.  s.  138  ff. 


orientierende  Vorbemerkungen  zum  liauptgegenstande  der 
clirienlelire.  der  anweisung  zur  tQyaala.  Hermogenes  sagt  es 
selbst  im  übergange  von  der  einleitung  zum  hauptteile  seines 
clirienkapitels  (6,  18):  dkh\  vvv  ijil  ro  ovvtxov  xmQöJ^Ev, 
TovTo  öt  löTLv  ))  t()ya()ia.  Deshalb  vernachlässigt  er  ab- 
sichtlich die  von  Theon  bis  in  die  einzelheiten  wiedergegebene 
subtile  einteilung  der  XQtia  nach  ihrem  ytvog  und  ihrem  ddog, 
d.  h.  nach  ihrer  darstellungs-  und  ausdrucksform.  Nur  eine 
schlufsbemerkung  1)  zum  abschnitte  diacfOQa'^)  verrät  seine 
kenntnis  jener  —  auf  ältere  theoretiker  zurückgeführten  — 
distinktionen  des  ytvoq  der  iQÜa.  Aphthonios,  der  folge- 
richtiger kürzende 3)  bearbeiter  des  Hermogenes/)  strich  dann 
auch  diese,  in  ihrer  beiläufigkeit  wertlose,  notiz  weg.  Zwischen 
die  abschnitte  XQtla  und  IgyacAa  der  chrienlehre  Hermogens 
und  Aphthons  schob  nun  Theon  aus  didaktischen  gründen  s) 
Übungen**)  über  die  röjrot  der  beweisführung  an  der  un- 
rhetorischen chrie  und  eine  dispositionsskizze  der  rhetorischen 
chrie  ein.  Die  Verschmelzung  dieser  drei  demente  der 
rhetorischen  chrie,  nämlich  ihres  aus  der  unrhetorischen 
XQÜa  (A)  bestehenden  Inhaltes,  ihrer  technischen  mittel,  der 
röjroL  (B)  und  ihres  formgerippes,  d.  i.  der  rästg  rcöv  Ijil- 
ytiQrii.idTcov  (C),  innerhalb  der  die  unrhetorische  x(*f/«  mit 
hilfe  der  geübten  roxot  behandelt  wurde,  stellte  Theon  als 
tseQyaoicc  unter  den  letzten  prog3annasmata,')  also  auf  der 


*)  6,  15:  XkyexuL  6e  ne^l  öiafpogüg  yjjeiüiv  n).H6xa  nuQu  toXq  na- 
?Mioiq  (vgl.  Fr.  G.  Fritscbe,  De  origine  atque  indole  progymnasmatuin 
rhetoricorum.  Progr.  der  landesschule  zu  Grimma  1839  s.  23),  oii  al  fjisv 
avT<Dv  elaiv  äno(pavxixal  a\  Se  e^iorrj/naiixcä  cd  de  nva/uciTixaL 

*)  Hermogenes  hat  die  unter  die  rubrik  einteilung  der  yQda  gehörige 
anmerkung  fälschlich  unter  6La(poQÜ  eingestellt;  man  erinnere  sich  der 
merkmale  des  begriffes  oQoq  in  der  anonymen  rt'/r?/  (Rh  g  Sp  I  449,  3) : 
T«  fitv  ovv  iv  avnf)  Ttp  0()(i)  rccCiü  eioi,  yävoq,  l'öiov,  6icc(po()c'c. 

^)  Über  die  arbeitsweise  des  Aphthonios  vgl.  Fritscbe  a.  a.  o.  p.  19. 

*)  Über  des  Aphthonios  abbängigkeit  von  Hermogenes  s.  Fritscbe 
p.  4^  15. 

^)  Vgl.  Fritscbe  p.  20*'.  Georgius  Reicbel,  Quaestiones  progymnas- 
maticae.    Diss.  Leipzig  1909,  p.  14. 

8)  Theon  progg.  (Rh  g  Sp  II)  101,3:  yvfa'ccL,ovzui  (Fritscbe  p.  4)  äs 
xtizu  tag  XQeiccg  x^  unayye?.ia  xfj  x).tOEi  xx).. 

■>)  Reicbel  p.  14.  113. 


höchsten  stufe  seines  lehrganges,i)  dar.  Leider  ist  uns  so 
seine  theorie  über  sie  verloren  gegangen.-)  Mit  hilfe  der 
chrienkapitel  des  Hermogenes  und  Aphthonios  und  der  dis- 
position  des  rroÄiT(xog  löyoc,  dessen  vierteiligem  schema  die 
t/c^/c  rv)r  iTir/iiQ^^iäTow  entspricht,  läfst  sich  jedoch  eine 
Wiederherstellung  der  llhQyaaia  versuchen,  Theon  lehrt  dem- 
nach die  agyaöia  Hermogens  und  Aphthons  genetisch  ver- 
stehen. Eine  Übersicht  über  das  rekonstruktionsmaterial  soll 
tafel  I  ermöglichen. 

Die  rein  lehrhaften  absiebten  Theons  bei  der  anläge 
seines  chrienkapitels  lassen  die  ausführlichkeit  seines  ersten 
abschnittes  XQiia  (A)  wohl  daraus  erklären,  dafs  die  be- 
stimniung  von  chrienbeispielen  nach  yü-oc  und  shSog  durch 
die  Schüler  die  elementarste  Übung  an  der  /of/«  darstellte. 
Auf  diese  weise  wäre  das  beobachtungs-  und  Untersuchungs- 
vermögen für  das  Substrat  der  Übung  geschärft  und  die 
fähigkeit  gewonnen  worden,  alle  subsidien,  die  es  selbst  für 
seinen  rhetorischen  ausbau  stellte,  nutzbar  zu  machen.  Die 
yvfa'dafmTa  über  die  zojroi,  also  der  zweite  abschnitt  des 
kapitels  (B),  wenden  das  gegebene  beispiel  (jrgoxufitrrjv  tijv 
XQiiav)  nach  den  verschiedensten  richtungen,  eröffnen  also 
dem  Schüler  eine  möglichst  vielseitige  betrachtungsweise 
seines  späteren  rhetorischen  themas,  lehren  ihn  somit  das 
Instrument  der  beweisführung,  deren  töctoi,  gebrauchen.  Auch 
die  yviiräöimTa  selbst  sind  mit  rücksicht  auf  ihre  Schwierig- 
keit geordnet.  Mit  der  grammatischen  Umschreibung  und 
abwandlung  des  beispieles  nach  zahl  und  fall  beginnen  sie 
und  enden  mit  der  rhetorischen  draoxEvtj  und  xaraoxevij,^) 
denen  Hermogenes  und  Aphthonios  den  rang  eines  selb- 
ständigen prog5'mnasma  zuerkannt  haben.  Dem  konsequenteren 
Aphthonios  entging  freilich  nicht,  dafs  die  to.to/  der  «2*«- 
oxivr/  nur  dann  selbständig  existieren  können,  wenn  ihrer 
definition  genüge  geschieht,^)  indem  das  objekt  der  draoxivfj 


')  ßeichel  s.  35.  Vgl.  auch  den  schlufssatz  von  Hermogens  chrieu- 
lehre  (7,  9):  tooccvtu  nQog  zo  nagör,  ttjv  de  xeleiOTtQav  öiöaoxcO.iav 
vaxeQOv  eXay. 

2)  Eeichel  s.  111. 

ä)  Vgl.  auch  Eeichel  s.  48f.  68  f. 

*)  Aphthon.  27,25:  avuoxtvri  ionv  dyazQonij  nQOxeifitvov  rivog  TiQay 


6 

durch  jtQooifiiov  und  6i?jy7]Oic  vorher  rhetorisch  klargelegt 
Avird.  Die  rojroi  werden  so  zu  den  x^fäXaia  der  ujröötisi^ 
des  öiy.artxoQ  Xöyoq.  Die  reihe  der  yvi/rdoifaTcc  stuft  Theon 
aber  auch  dadurch  ab,  dafs  je  zwei  Übungen  einander  er- 
gänzen und  dafs  je  zwei  solcher  übungspaare  einander  ent- 
sprechen. Und  zwar  sind  die  ähnlichen  paare  chiastisch 
angeordnet,  wodurch  eine  unter-  und  eine  Oberstufe  des 
lehrganges  gewonnen  wird,  cot«/////«  und  x/Joiq  ergänzen 
einander  insoferne,  als  die  (hcc/yc/Jcc  die  zugrundeliegende 
yX'tia  nach  zahl  und  fall  ihres  logischen  Subjektes  und  Objektes 
nicht  antastet,  sondern  womöglich  mit  ihren  eigenen  Worten 
ihren  übrigen  text  paraphrasiert.  Gerade  das  entgegen- 
gesetzte fordert  die  yJJaic,  die  den  Wortlaut  des  Substrates 
soweit  schont,  dafs  sie  bestimmte  formein  vorschreibt,  um  die 
angestrebte  flexion  der  casus  zu  erreichen.  Der  djrayytlia 
entspricht  also  in  der  yJJaig  nominativ  und  meist  singular 
des  Subjektes.!)  Theon  selbst  stellt  die  beiden  yv{irdöi^(ara 
durch  ihre  Charakteristik  einander  entgegen :  y.cä  i)  [itv  djray- 
ysXia  q^av^Qa  Iötl  (101,6)  —  ;)  öl  xlioig  lötl  üioiyAli]  (101,9) 
und  verbindet  sie  so  zu  einem  paare.  Der  gegensatz  zwischen 
bekräftigung  und  Widerspruch  {tjng^oh'rjoig  —  dvTiXoyla),  Ver- 
breiterung und  auszug  {ajrtxraoig  —  övOTohj),  beweis  und 
gegenbeweis  (ycaaoxtv//  —  dvaoxEvfj)  und  damit  die  Zusammen- 
gehörigkeit von  je  zwei  dieser  formen  ist  ohne  weiteres  klar. 
Ebenso  deutlich  stellt  die  djcayyi/Ja  eine  primitive  gestalt 
der  planmäfsigen  Verbreiterung  {bJit'xTaaig)  und  die  tjn- 
(fcovrioig  +  dvTiXoyia  eine  schon  weniger  einfache  Vorstufe  — 
ujiayyüÄa-{-x)AoLg  gingen  ihr  ja  voraus  —  der  ttvacxivt], 
die  kjtifpcovrjOig  allein  der  xazaöxev?}  dar.  Der  vorbereitende 
Charakter  von  tjciffcovr/oig  +  drnXoyla  erhellt  zunächst  daraus, 
dafs  aus  4  ihrer  insgesamt  5  zö.^oi  die  9  zöjroi  der  druoxLv/j 
geworden  sind.  Die  xaraoxav?}  oder  draoxtvr]  der  ygiia 
pflegt  nämlich  nach  fünf  gesichtspunkten  zu  erfolgen,  unter 
die   sich   sowohl   die  9   töjxol  der  drcioxtv/j   (tafel  I:   Theon 


ßuxoq.     Vgl.   Hermog.  8,  30:    avuoxtv)]   tonv   aruT/jon?)   xov   nQoieHvtoq 
TiQÜyßUToq  =  Priscian.  434,  2 :  refiitatio  est  improhalio  proiyositae  rei. 

*)  101,27:  r/  [uv  ovv  OQd-t]  ovösfiiav  exei  övoxoliav  xuiu  yc\}  avn)v 

hxÜotri    Tviv   /(JtHÖr    il'iu{}t    TlQO(fbQlOd^lU. 


B  VII),  als  auch  die  ihnen  entsprechenden  aus  tjricpcortjöig 
-hch'TiXoyia  (tafel  I:  Theon  B  III  1—3.  IV)  bei  Theon  und 
die  6  der  draoxtv//  des  Hermogenes  und  Aphthonios  sub- 
sumieren lassen: 


1. 

deutlich- 
keit 


2. 

folge- 
richtigkeit 


Wahrschein- 
lichkeit 


4. 

zuträglich- 
keit 


5. 

schicklich- 
keit 


Theon 

Herraogeu- 
Aphthon 


VIII 
III  2 


VII  (2+3) 
IV 


VII  (4+5  +  6) 

IUI 

3+2 


VII  (7+8) 
III  3 


VII  9 


Ein  vergleich  der  rosroi.  in  dieser  anordnung  ergibt  nun, 
dafs  Theon  in  dem  Übungspaare  L-iffojj'yoi^  -\~  dmloyla  die 
einzelnen  gruppen  entweder  gar  nicht,  oder  nur  durch  einen 
der  innerhalb  derselben  möglichen  tottol,  oder  allgemein 
vertreten  sein  liels,  Avährend  er  in  der  draaxev/j  alle  inner- 
halb einer  gruppe  möglichen  speziellen  fälle  anführt.  In  der 
mitte  zwischen  den  beiden  lehrstufen  Theons  steht  die  dra- 
oxtvfj  Hermogens  >  Aphthons,  die  also  wiederum  durch  Theon 
genetisch  erklärt  wird  und  ihrerseits  den  Zusammenhang  der 
unter-  und  Oberstufe  Theons  verdeutlicht.  So  ist  z.  b.  der 
hermogenische  röjrog  Ix  rov  draxolovdov  tov  xal  Irarriov 
xaloviitrov  identisch  mit  Theons  ccmXoyia.  Das  erhellt  so- 
wohl aus  dem  Untertitel  Hermogens,  dem  bei  Theon  die 
anweisung  (103,  20):  cwTiltyo^itv  61  vaig  yQtiaiq  tx  roJv 
Ivavricov  entspricht,  als  auch  aus  den  beiden  beispielen  (9, 12. 
103,  21),  welche  in  gleicher  weise  die  aufdeckung  eines 
inneren  Widerspruches  in  der  angefochtenen  chrie  als  das 
wesen  der  Übung  erkennen  lassen.  Bedenkt  man  nun,  dals 
die  zwei  töjzol  der  dvaaxtvr/  bei  Theon,  Ix  tov  jilwrd^orroq 
und  Ix  TOV  llXiijtovTOQ,  nur  zwei  nach  der  jeweiligen  Ursache 
jenes  inneren  Widerspruches  bezeichnete,  einander  komple- 
mentäre arten  desselben  sind,  so  hindert  nichts,  sie  unter  den 
gattungsbegriff  Ix  tov  draxoXovOov  unterzuordnen  und  damit 
als  arten  der  ihm  identischen  dvTiXoyia  zu  erkenuen.  Ähnlich 
dem  TÖjioq  Ix  rov  dvaxoXovd^ov  differenziert  Theon  im  rahmen 
der   dvaüxEv/j   das  jcid^arör.     Für  die  txig:ojrf/<ng  hatte  ihm 


8 

nocli  der  allgemeine  begriff  der  Wahrheit,  des  dhjdii  genügt. 
Bei  der  dvaoxtv/j  stufte  er  sein  gegenteil  nun  graduell  und 
nach  dem  erkenntnisgebiete  ab,  in  dem  das  beurteilte  liegt; 
graduell  durch  die  Unterscheidung  von  unwahrscheinlich  {l-/. 
Tov  chiddrov)  und  falsch;  räumlich  durch  die  sonderung  des 
logisch  falschen  {ly.  tov  if^tvöavS)  von  dem  physisch  falschen 
{ix  TOV  dövrchov).  Die  letztere  eint  eilung  behielt  Hermogenes 
nicht  bei;  er  widerlegt  nur  tx  tov  dövrctTov.  Innerhalb  der 
im  rahmen  der  L-rtrfoh'fjOig  wieder  nicht  näher  bestimmten 
gruppe  mträgJichJceit  machte  Theon  (zufolge  den  beispielen) 
bei  der  di'aoxev/j  den  graduellen  unterschied  des  schädlichen 
{ßXaß^Qcöc.  105,  9)  und  des  unnützen  (.t(>o^  ovölv  ok/tÄii/ov 
105, 12).  Hermogenes  wirft  beide  arten  zusammen,  was  aus 
seiner  definition  des  Tojtog  ex  tov  dovfKfogov  hervorgeht,  die 
mit  der  theonischen  tx  tov  d/Q/jOTOv  zusammenfällt,  während 
die  bezeichnung  des  to.toc  vom  gleichnamigen  theonischen 
übernommen  wurde;  vgl. 

105,11  (Theon):   ex  de  tov  cc/qt]-  9,14  (Hermog.):   ex  rot)  dav/ifc- 

aiov,  olov  ei  (fccivoizo  TiQog  ovSev  qov,  otccv  ?.eyco/ner,  on  oiSe  ovfx- 
oj(pe?.ifiov  ro  ^Tji^ev  t(S  ßho.  (peQei  xu^ta  axoveir. 

Der  letzte,  nach  dem  gesichtspunkte  des  jtgtjtov  gewählte, 
TÖjtog  der  dvaoxevrj  Theons  ex  tov  cdoygov  deckt  sich  nach 
den  beispielen  beider  autoren  begrifflich  ganz  mit  dem  ex 
TOV  djtQejTovq  Hermogeus.  Die  stelle  des  jiQejtov  nimmt  in 
der  ejcKfoh'tjOig  der  TOJtog  ex  tTjq  töjv  evöoxiiuov  f/ccQTX'Qiag 
ein,  der,  als  zu  den  jt'uneig  dTeyvot  gehörig,  der  dvaoxevr] 
und  xccTaoxevf/  überhaupt  fehlt.  Wie  schon  ihr  name  sagt, 
sind   die   genannten  jtloTeig  die  kunsttechnisch   leichteren,  i) 


')  Vgl.  die  begründung  ihrer  bezeichnung  durch  Minucianus  Ile^l 
eniyeigijiiärwr  (Rh  g  Sp  I)  417,  5  ff. :  äie/voi  fter  ovv  eioiv  tu  /.njdlv  rijg 
TOV  Qi'iioQoq  fieS-öSov  öeö/iievai,  7i?.i/v  oaov  elg  ro  iv  xuiqm  avxalq  Z(p 
TiQoa/jxovn  yQJiOaod-ai,  olov  ßaQXVQtai,  OQXoi,  7iQ0x?.rjaeig,  ßaaavoi,  vöixoi, 
ovvO^fjxui.  kvxeyyoi  6e  oaui  xul  evQeoewq  xai  olxovo,utag  öeovxai  fiexä 
xtyvr^g,  ferner  in  der  anonymen  xeyvtj  (Rh  g  Sp  I)  445,  24 ff.:  axeyyoi 
[niaxeig]  /.dv  c«,  t$  eiolfiov  no(ji'C,6ße&c{,  evxeyvoi  öe  ag  xrjg  xtyvtjg  '/.u/n- 
ßuvofiev.  uxeyvoi  ök  etoiv,  olov  fiuQXVQiui,  iptjifia/jaxu,  oi\uß6?.ccia,  yQtjOjxoi, 
xtt  xoiavxu  oaa  eyyQU<pu.  uieyvoi  6e  ^lyorzai,  tneiöii  ovöe  ex  xrjg  ini- 
rolag  toxi  zoü  '/.i'yovxog'  a).).a  xuv  löiiöxtjg  eiQOi  oder  durch  Ruf us  469,  3: 


9 

Die  wesensgleichheit  der  gruppen  Lnirpcövipiq  +  dvriXoyia  und 
draoxtv/j,  resp.  L-riffförtjOiL:  und  xaraaxtv/i  bestätigt  endlich 
eine  natürliche  einschränkung,  die  beide  Übungspaare  erfahren; 
vgl.  Theon  zur  (h'Ti?M-/ia  (103,  25):  eiöurci  dl  ehr,  ort  ov 
övrciTor  di'TiXi'ytir  -räö)}  XQtia  jtoIXojv  y.ahöQ  y.cä  diiiicrrfoq 
dQ)][iivcov ,  coöJtEQ  oi'de  j^döaq,  lox\v  Ijiainh'  öid  tÖ  tivow 
tvQ^vQ  jrQOö^Tijrreir  r))v  diTo:!tiav  mit  Aplithon  27,  26  (30, 15) : 
dvaGxEvaOTiOV  (xaraOxEvaöTtov)  öh  rä  füjre  Xiav  Occrftj  inJTe 
dövraxa  jicwt^Xcöc,  cOjJ  oöa  ({töt]v  ty^d  T/}r  rä^iv  und  Her- 
mogenes  progg.  8,  31  ff.  Diese  Übungen  (B)  werfen,  wie  gesagt, 
insoferne  direkten  gewinn  für  die  l^tQyaoia  ab,  als  sich  eine 
reihe  von  t6.-tol  aus  ihnen  unmittelbar  in  das  Schema  der 
rhetorisclien  chrie  (C)  übertragen  läfst.  So  entsprechen  ein- 
ander : 


^  Tt]q  XQeiaq  nuQUipQaaiq 

*  alxia 

*  xaxa  TO  ivavTtov 

''ix  xQiaecog  ^  fcciQTVQia  na).c(i(vv'^) 


dnuyyeXia  -\-  xXlaiQ  oder  intxTccaiq. 
inKpcüvtjOig^^^  oder  xccraaxevt]. 
avxiXoyia. 
STCKfcüvrjoig  *. 


Der  platz,  den  diese  To.-rot  in  der  rd^tg  tojv  kTiysiQtjfnxTmv 
einnahmen,  lälst  sich  aus  Hermogenes  und  Aphthonios  allein 
nicht  ermitteln.  Denn  die  genannten  autoren  haben  im  be- 
streben nach  praktischer  kürze  die  vier  fa'Qtj  des  öixarixoq 
Xöyog,  als  die  höhereu  Ordnungen  der  chrien-rojro^,  nicht  mehr 
angeführt.  Erst  die  Identifizierung  dieser  mit  den  Unter- 
abteilungen der  gerichtsrede  ermöglicht  es,  die  rekonstruktion 
der  is^ryaoia  Theous  zu  vollenden.  Ein  vergleich  der  dis- 
position  des  jroXiTixog  Xöyog  und  der  l^ycma  Hermogens- 
Aphthons  ergibt,  dafs  das  progj^mnasma  Tt^Qi  x(>£'«?  haupt- 
sächlich eine  Vorübung  für  die  «jrode;^'?  des  dixarixog  X.öyog 
sein  sollte.  .TQooifiior  und  dtyyijoig  werden  nur  angedeutet 
und  der  von  Aphthon  ausdrücklich  als  kurz  bezeichnete 
£jciX.oyog  fehlt  sogar  ganz  bei  Theon,  wohl  weil  ihn  trOvfojfm 


Tcc  (J'  ex  Tiör  ca(-yj(j)v  &eojQeLTai  ix  rüiv  iyyQÜifoJV,  vö^uov,  ai\ußo?.aicov, 
6iu&TjX(5v.  äzexva  6s  xu/.eiTai  inet  fXT]6ef.ciäg  iotl  xiyvrjq  uvuyv<Lvai  ii 
syygaifov  xcd  6t'  uvrofi  6sl^cci  ro  n^ayi-ia. 

*)  S.  die  oben  angezogenen  stellen  des  Minucianus  und  der  anonymen 

TSXVTj. 


10 

+  -/}•(')/()/,  d.  i.  der  aus  Zusammenfassung  und  reflexion  be- 
stehende kurze  1)  schlufs  der  choötisi?  ersetzte.  Auch  von 
den  vielen  möglichen  arten  des  jrQooii/iop  läfst  Theon  nur 
eine  gelten  (105,  28):  y^?)  öt  td  jiQooifaov  fo)  rotovrov  sivai, 
CU0T8  IfpaQ^iÖTxtiv  tztQaig  yQÜaLC,  äX)J  lÖiov  rf/g  vjtoxnf/tvtjg. 
TOVTO  ()'  «V  xaXcög  ytroiro  tjti  re  XQSiag  xal  fivdov  xcd  xcöv 
iD.lcor  imdrrcor,  orav  l§  hvbg  y  dx'o  röHv  dvcoTCczco  (leQmv 
T«g  dq)OQiidg  tcöv  STQooif/uor  Ictfißävcoi/tv.  Der  forderung, 
dafs  der  stoff  zum  jrQooi[/ioi'  aus  den  ersten  teilen  der  (un- 
rhetorischen) chrie  selbst  geschöpft  sei,  genügt  beim  dixarixog 
Xöyog  das  jtQooiiuor  djto  tvjv  jrQayiiärcor,  und  zwar  dessen 
als  ovyxQioig  bezeichnete  art  (Rufus  465, 1):  avyxQiaig  dt  Iötl 
jT()00(i'jjr(ov  7/  jrQcr/iidT(ov  l^itaOLQ.  Da  ein  wesentliches 
merkmal  des  begriff  es  der  chrie  darin  besteht,  dafs  sie  auf 
eine  bestimmte  person  zurückgeht  und  da  demnach  diese  in 
der  einleitung  zur  chrie  genannt  zu  werden  pflegt, 2)  so  gehört 
die  person,  von  der  die  chrie  berichtet  wird,  zu  den  dvcordxm 
Iu'q)/  derselben;  das  .TQooljuor  der  rhetorischen  yQtlcc  wird 
somit  eine  jtqooojjtop  tstraoig  sein.  Da  ferner  die  anweisung 
des  Hermogenes  (6,19):  jiqcötov  iyxc6{iioi'  öid  ßQayimv  xov 
d:!T(')VTOQ  Tj  jTQdscirTog  xxl.  ebendahin  zielt,  so  würde  man 
den  ersten  ro'jroc  der  rhetorischen  chrie  allein  unter  die 
jtQOoiiua  djio  jTQCcyfidxwv  övyxQioti  jiqoöo'jjxcov  des  öixavixög 
Äoyoc  einzureihen  haben,  wenn  nicht  seine  nähere  bestimmung 
als  L-TKirog  es  ermöglichte,  ihn  mit  berufung  auf  des  Aristoteles 
Tiyr//  (»ßOQixi'i  III  11  (148,  31  Sp.)  überdies  als  jrQooifiiov 
des  k:xidtixxixog  h'ryog  zu  agnoszieren. 3)  'VT^g  x(n/«c  Jict^d- 
(/(laotg,  das  zweite  glied  in  der  chriendisposition,  ist  eine 
Variation  des  einfachsten  der  vier  zq/ktoi  der  ÖLrjytpig  des 
dixiO'txog  h'tyog,  nämlich  des  —  gleich  der  gattung  —  öuffmug 
benannten.  Ihre  Charakteristik  als  d:x)Si  xcöv  ytyti'/narcov 
(PQdaig  (Rufus  466, 10)  entspricht  vollkommen  dem  begriffe 
der   verdeutlichenden   wiedergäbe   in   der  jiaQutpQaoig.     Der 


')  Eufus  4G9,  8ff. :  tyOvfDj/ia  ,uhv  ovv  iaü  ro  rov  nQOtjyovfXkvov 
inr/tiQtj/iiaiog  av/:inL()uofxu,  n()oauyö/.(i:voi-  rw  t,TiTt]/.(UTi  iv  i.uä  tisqI- 
odo)  xxX. 

*)  Vgl.  Wartenslebeus  chriensammlung  a.  a.  0  s.  31—124. 

8)  Vgl.  Wilhelm  Süfs,  Ethos.    Leipzig  und  Beiliu  I'JIO,  p.  194.  200. 


11 

umstand,  dafs  der  Urheber  der  xQtia  im  jiQooifuor  abgehandelt 
Avh'd,  erklärt,  warum  von  den  Ltixi^iQtJiucTa  u'^vit/i/tarixa  des 
jTokiTixO'^  ?jr/()j:  nur  das  djro  rrQcr/ifihov  in  aiTuc-i-  xara  rö 
Ivarxiov  der  chriendisposition  ein  gegenstück  findet.  Im 
mittelpunkte  der  rhetorischen  chrienübung  steht  eben  eine 
Sache,  d.  i.  die  /('t/«  selbst,  keine  person.  Daher  erfolgt  der 
beweis  des  themas  auf  grund  genereller  {djTo  ovo! ag),  statt 
individueller  {(bro  idiÖTfjTog)  gründe;  allgemeine  rorroi,  und 
zwar  Li:ig:oj}'tjOic  Ix  tov  dZfj&org,  xalov ,  oviKftQortog  fafst 
das  Stichwort  alTia  zusammen.  Ihnen  gegenüber  repräsentiert 
xaxa  To  IvavTiov,  für  das  sich  bezeichnender  weise  keine 
direkte  entsprechung  zu  einem  Ijir/eiQi/^ua  des  jiohtLxög  löyog 
aufzeigen  läfst,  durchaus  keine  höhere  Ordnung.  Es  ist  viel- 
mehr jenen  töjxoi  gleichwertig  und  ergänzt  in  ähnlicher  weise 
alxia  zum  Ijn'/dQjjfia  tvdv(^ui(iaTix6r  der  chrien-6(>7«o/a,  wie 
ävTLloyia  die  tjutfcörrjoig  zur  didaktischen  einheit.  Besonders 
angeführt  wird  xara  rb  IravTiov  neben  ahia  allein  deswegen, 
um  die  beweisführung  durch  das  L-rr/jiQtj/uc  Ivdvin^naTixöv 
nach  positiven  und  negativen  argumenten  zu  differenzieren. 
Erinnert  man  sich,  daXs  Theon  diese  Unterscheidung  bei  der 
Übung  der  t():xol  (B)  dreimal  zur  anwendung  gebracht  hatte, 
so  wird  man  ihre  betonung  innerhalb  der  t(j-/aoia  auf 
didaktische  gründe  zurückzuführen  geneigt  sein.  Die  tjci- 
ytiQt'jiiaxu  naQccöir/ficcxixd  des  Jiouxixbg  löyog  sind  in  der 
iQyaoia  der  chrie  vertreten  durch  :i:aQddtiyf(a  und  jiaQaßoh'j. 
Der  unterschied  beider  xqojioi  besteht  in  der  zeitlage  der 
von  ihnen  zum  vergleiche  mit  dem  thema  herangezogenen 
tatsachen.  Das  jiccgdötr/f/a  berücksichtigt  nur  historisches, 
enthält  also  häufig  XQciai,  die  jcaQccßoXtj  nur  in  der  gegenwart 
abgeschlossenes  oder  geschehendes,  jenes  also  spezielle  fälle, 
dies  allgemeine  zustände  und  Vorgänge.  Beide  sind  auf  reales 
beschränkt.  Fingierte,  zeitlich  zukünftige  vergieichsobjekte 
fallen  unter  die,  der  chrien-i-(>7«o/«  fehlende,  rubrik  xad' 
v.TÖdtoii'.  Die  Zugehörigkeit  der  fiaQxvQuc  .-raXaicdr,  des 
letzten  von  den  fünf  xÖjtoi  der  djrööti^ig  in  der  chrien- 
tQyaoia  Hermogens  und  Aphthons,  zu  den  jrioxtig  dxtyvoi 
wurde  schon  oben  s.  8  erwiesen.  Die  die  iQyaoia  beschlielsende 
jcccQaxXriöig,  oxc  yQtj  jTtiOiOüai  xcö  iiQ/jxöxi  ?j  jKjtoujxÖxi 
(Hermog.  7, 8)  endlich  ist  ein  L-riÄoyog  jcai^Jixixög  (anonyme 


12 

T^yr^l  453,18)  txqoc.  ar^T/oii\'^)  Zu  einer  draxhqcÜM'KoGiQ  ist 
im  allgemeinen  die  clirie  ja  zu  kurz.  Die  draxiffaXakoöig 
oder  urdurijötQ  findet  nämlicli  zufolge  den  Vorschriften  des 
anonj'mus  (453,  20)  nur  nach  inhaltsreichen  und  daher  schwer 
zu  überblickenden  ausführungen  verAvendung:  ('nar  (xlv  ovv 
jto)jA(.  }'i  TU  HQ7j((tra,  oj<jT£  fo)  {/t{{rr/<ji)c(i  Torg  äxorovrag, 
rf]  draitrfjaet  yQfjöojnOa  •  orav  Öh  dX'iya,  jraQalshpoinr  r?)i> 
drdiivi]6ir.  —  Die  acht  töjiol  der  iQyaoia  bei  Hermogenes 
und  Aphthonios  sind  somit  das  produkt  der  Verschmelzung 
der  drei  rhetorischen  chrienbestandteile:  /(>f/«,  töjtoi,  rdsig 
ToJv  tJcixsiQi/fidton'.  Theons  l^tQyaoia  wird  ihre  Verbindung 
ähnlich  vorgenommen  haben,  wie  sie  soeben  darzustellen  ver- 
sucht wurde.  Da  sich  bei  der  bearbeitung  von  beispielen  der 
prozefs  der  l^sQyaoia  jedesmal  neu  vollziehen  mulste,  blieben 
die  chrien  vor  schablonenhafter  einförmigkeit  bewahrt.  Denn 
wie  Theon  (105,  21)  mit  recht  hervorhebt,  eignen  sich  nicht 
alle  TojToi  und  nicht  alle  in  gleicher  weise  zur  durchführung 
eines  jeden  beispieles. 

Erst  auf  dieser  grundlage  ist  ein  richtiges  Verständnis 
der  chrienform  des  lukianischen  Ztv^ig  ?]  'Ävrioyog  möglich. 
Denn  der  Ztvsig  ist  in  erster  linie  jTQoXiüud,  in  zweiter  linie 
erst  chrie.  Seine  Wirksamkeit  beruht  mehr  auf  seiner  künst- 
lerischen, als  auf  seiner  logischen  gliederung.  Diese  mulste 
sich  also  den  erfordernissen  jener  anpassen.  Über  den  anteil 
der  jtQoXahd  und  rhetorischen  chrie  an  dem  aufbaue  des 
Ztv^ig  unterrichtet  tafel  II.  Im  anschlusse  an  sie  seien  nur 
die  abweichungen  des  chrienbaues  von  seinem  typus  aus 
seiner  beeinflussung  durch  die  jr(>o;.«;.^«-form  im  Zevsig  er- 
klärt. Nicht  alle  chrienteile  sind  in  gleichem  mafse  aus- 
gearbeitet. IJQooiiiKw  und  öujyriotg  zeigen  noch  normalen 
umfang;  die  djrödtisig  durch  tJiixtiQt/itaTa  IrilvinniaTixu  und 
tx  jraQaßoh'/g  hingegen  erscheint  infolge  ihrer  auffälligen 
Verkürzung  von  der  übermälsig  gelängten  djrochi^ig  Ix  jraQa- 
ötiyiicaov  durch  einen  tieferen  einschnitt  getrennt  und  an 
die  beiden  erstgenannten  iitQi}  näher  herangerückt,  als  es  das 
gleichmafs    des    beweisschemas    gestattet.      Denn    diese    ab- 


')  Über  Aristoteles    als   den   Urheber   der   av^tjöiq  im   epiloge  vgl. 
Walter  Plöbst,  Die  auxesis.    Diss.  München  1911,  s.  12.  •44. 


13 

grenzung  deckt  sich  nicht  mit  dessen  logischer  gliederung, 
sondern  zerreifst  einen  hauptteil  desselben,  indem  sie  von  den 
ijrtysiQ/'jiiccTa  jraQaÖEiyftazixd  die  tx  jraQaßoXrjg  zu  den  kjti- 
XfiQfj.uccTa  ti'd^vft/if/arixd  stellt,  die  tx  jraQaÖtLynuTcov  aber 
isoliert.  Die  logischen  einschnitte  innerhalb  der  djrüötisK; 
werden  durch  Übergänge  von  verschiedener  gewichtigkeit  be- 
zeichnet. Au'iyriOLi  und  dsroöti^iQ,  desgleichen  tjrc/siQtluara 
ti'OvfiJifHCTixd  und  jraQa68Ly{.(ccTixd  erscheinen,  wie  später  die 
beiden  teile  des  hmXoyoq,  als  glieder  einer  di'rijraQaßoh] 
jtQog  xb  svavziov;^)  die  beispiele  tx  jiuQaßoXfjg  und  tx  jtaQct- 
öeiyfiaros,  ferner  die  beiden  JiaQaötiy^mra  selbst  schlielsen 
kurze  formelhafte  redaktionelle  Zwischensätze  gleichen  Inhaltes 
lose  an  einander. 2)  Je  fester  die  bindung,  desto  entfernter 
also  die  logische  Verwandtschaft  der  verbundenen  teile! 
Diese  regel  bestätigt  die  differenzierung  der  redaktionellen 
Zwischensätze  nach  ihrer  gewichtigkeit  durch  ihre  Stellung. 
Der  erste  (a:  c.  3)  steht  in  der  kompositionsfuge,  nämlich 
zwischen  den  gruppen  tx  jtaQaßo?j']g  und  tx  ::raQaÖttyiiaTog; 
der  zweite  (b:  c.  8),  der  nur  gleichartige  beispiele  zu  ver- 
knüpfen hat,  nach  der  kompositionsfuge, 3)  im  jiaQdötiy/ia  b. 
Die  eingeschaltete  bemerkung  in  c.  8  soll  somit  (als  die 
wenigst  gewichtige  Überleitung  Lukians)  nur  die  Schroffheit 
des  Überganges  von  jraQdÖtiyfm  a  zu  b  mildern.  Vom  jragd- 
ötr/fta  b  zum  tjriXoyog  fehlt  eine  ausdrückliche  Überleitung, 
da  der  gegensatz  zwischen  objektiver  geschichtserzählung  und 
persönlicher  reflexion  tief  genug  war,  um  ohne  eigenen  hin- 
weis  vom  hörer  erfafst  zu  werden.  —  Die  durch  ihren  umfans: 


')  Über  die  dvnnaQaßo?.?]  nQog  ro  evavTiov  als  rönoi;  der  ccv^rjaig 
seit  Lysias  vgl.  Plöbst  a.  a.  0.  p.  23.  27.  45.  49. 

^)  a  (c.  3) :  £x}e?.u)  yovv  vfiZv  xal  x6  rov  ygacpicuq  SitjytjaaaS-ai,  vgl. 
Jiorvaog  c.  6:  tS^t'Atw  xal  a?.?.o  vfiZv  öirjyijaaa&al  ri  x(öv  txel&ev  xxX. 
'^PtjtÖqcdv  öidäoxuXoQ  c.  5:  cwg  eywys  xal  ÖLtjyijaaa&ai  ooc  ßov?.o/nai  ^iSm- 
viov  Tivoq  tjxnÖQOv  inlvoiav  xr?..  r^  b  (c.  8):  et  ßov).ea&s,  öirjyijaofiai  xal 
xo^xo,  onolov  iytvsxo,  vgl.  Jiövvaog  c.  1:  xto?.vei  yd(i  ovökv,  olfiai,  xal 
li^B^ov  v/iüv  St}jy>joao9-ai  Baxyixov.  Il(5g  6ü  \axoQiuv  ovyyQc'ccpeiv  c.  1: 
(V  xa).h  <Pi).ior,  3:  cw  ipi/.öxrjg,  4:  (o  'Pü.üjv. 

^)  Sie  liegt  ähnlich  in  der  gegenüberstellung  (c.  8):  6  /.lev  ovv  Zsv^ig 
ovxüjg,  oQyÜMTeQOV  i'owg.  'Avxio-/_og  6h  6  OüjxijQ  ijiixXTjO^elg  xal  ovxog 
öf^oiov  XL  naf^elv  Xeyexai  iv  x>j  Tifjog  FaXäxag  tiäyjj,  wie  im. '' HQux).rlg 
(c.  4  und  7)  in  der  von  Kelxöq  und  iyw. 


14 

von  den  ihnen  vorausgehenden  teilen  der  djiö6ei$.iQ  und  als 
glied  der  dTrööti^ig  vom  tjrD.oyoc:  losgelösten  jrccQaötiy^icna 
bilden  aber  nicht  nur  äuLserlicli  das  Zentrum  des  Ztv^ia. 
Denn  der  kjiiXoyoQ  ist  ganz  gegen  die  gewohnheit  der  chrien- 
lehre,  die  nur  eine  jrccQaxhjaig  als  schlufs  der  für  eine 
urüfir/jotg  zu  kurzen  Übung  gestattet,  durch  die  einschaltung 
einer  draxecpalcdoöng  auf  den  einleitungsteil  zurückbezogen 
und  so  auch  dem  umfange  desselben  angenähert  worden;  er 
erinnert  technisch  an  den  breiten  schlufs  der  jraQccxhjTtzoi, 
der  ebenfalls  eine  dvduvriOiQ  der  kurzen  abschliefsenden 
.nccQdxXfjöig  vorausschickte)  Die  draxtc/aXcäcoaig  —  zugleich 
der  erste  teil  einer  drrijragaßoh)  jtqoq  to  tvarrior  —  er- 
folgt durcli  die  beiordnung  je  eines  jraQdÖtiyfia  zu  je  einem 
der  zwei  im  einleitungsteile  geltend  gemachten  tjnytfQfjfuiTa 
ti'&vfnifmrixd.  Der  zweite  teil  der  drrijraQaßolt]  jtqoq  to 
havTiov  besteht  im  lobe  des  gegenwärtigen  publikums,  das 
im  gegensatze  zu  dem  früheren,  auf  xaird  erpichten,  als 
kunstverständig  gerühmt  wird.  2)  Diese  captatio  benevolentiae 
durch  avsriOiQ,  d.  h.  dies  in  der  entgegenStellung  der  quali- 
fikationen  ungehildet  und  gehüdet  bestehende  lob  zwingt  die 
Zuhörer,  die  durch  die  übliche  bescheidenheitsphrase  am 
schlufse  der  jtQolalid  maskierte  jiccQaxhjaig  auf  sich,  anstatt 
auf  Lukian  zu  beziehen,  an  den  sie  sclieinbar  gerichtet  ist. 
Die  im  schlufsteile  aufgedeckte  beziehung  der  zwei  tJir/tiQi]- 
//«Ttt- arten  zu  einander  erklärte  dem  zuhörer  das  Verhältnis 
von  eingang  und  mittelstück;  jTaQdötiyfia  a  und  b  sind  die 
höhepunkte  der  beiden  reihen  (s.  nebenstehende  tabelle). 

Die  jraQccöiriyffaTa  erscheinen  dadurch  als  die  einzig  ge- 
wichtigen argumente  des  schriftcliens ;  einleitung  und  schlufs 
wenden  sie  nur  auf  die  persönlichen  Verhältnisse  des  Sprechers 
an.  Den  jiaQaddynara  zuliebe  weicht  somit  der  chrienbau 
von  seiner  norm  ab ;  um  sie  die  geometrische  mitte  des  Ztv^ig 


•)  Josef  Albertus,  Die  naQaxXtjTtxol  in  der  griecb.  und  rüm.  literatur. 
Diss.  philol.  Argentorat.  sei.  XIII  2  (Straf sbnrg- 1908),  49. 

'^)  Wenn  Aloysius  Stock,  De  prolalianim  usu  rhetorico.  Diss.  Königs- 
berg 1911,  s.  25  beide  zuhörerkreise  ineinssetzt,  beweist  er  damit  sein 
gänzliches  Unverständnis  lukianiscber  art,  die  topisch  dem  grofsen  un- 
gebildeten häufen  die  kleine  schar  der  kunstkenner  kontrastiert;  vgl. 
'^HgöSoxoq  c.  8. 


15 


A 

Schema 

B 

i-x  xov  tX).£i7iorioq 

Tixöv 

kX    TOÜ   nliOVuC,OVXOQ 

a)   der  schätz  wird  zu 
kohlen,     d.  h.     das 
wertvolle    des    Vor- 
trages von   den  Zu- 
hörern mifsachtet 

naQtcßoXt'i 

b)  tausendkünstler,  d. 
h.   nur    das   xcavöv 
des  Vortrages  Avirkt 
auf  die  zuhürer 

a)   Zeuxis 

nuQCiöeiyiiu 

1))  Autiochos 

bilden  zu  lassen,  wird  die  beweisführung  Ix  roJv  dttxrojv  bis 
auf  ein  rudiment  unterdrückt,  bis  auf  das  Homerzitat  des 
c.  2  nämlich,  das  lediglich  das  argument  Ix  rov  -r/for«Corro^ 
verstärkt;  um  die  in  ihnen  gipfelnde  doppelreihe  zu  erzielen, 
besteht  die  djt66ui,iQ  im  Vorderteile  nur  aus  zwei  argumenten 
und  aus  zwei  gleichnissen ;  um  endlich  sie  als  die  objektiven 
beweisgründe  zu  kennzeichnen,  durch  die  der  Verfasser  seine 
künstlerischen  grundsätze  rechtfertigt,  werden  einleitung  und 
schlufs  auf  einander  bezogen,  also  zu  einem  rahmen  um  das 
mittelstück  entwertet.  Alle  diese  mittel,  die  bedeutung  des 
zentralen  teiles  zu  heben,  sind  zugleich  Zugeständnisse  des 
chrienbeweises  an  die  jrnohüuc -form.  Eine  dreiteilige  jtqo- 
lalu'i  mit  zweigliederigem  Zentrum  liegt  im  Ztvsig  vor. 
Lukian  bildete  das  mittelstück  der  jrQoXcüuä  im  Interesse 
seiner  einheitlichkeit  und  geschlossenheit  aus  zwei  öir/y/jfiaTa 
toTOQixd,  anstatt  das  zweite  öi/f/fjfia  durch  eine  txcfQaöig  zu 
ersetzen,  wie  im  'HqoÖotoq,  nQO(ir/&£VQ  iv  loyoiq  und  in  den 
jTQooifua  zu  ^PtjTÖQcov  öiödoxaXoq  und  IltQl  6iaßoh~/g.  Des- 
halb erledigte  er  die  jtaQaßohj,  die  allein  in  der  chrie  ge- 
legenheit  zu  einer  txg)Qaoig  geboten  hätte,  als  Vorstufe  der 
zentralen  jT((Qadtiy(.HCTa.  Gerade  önf/i'/ficcza  wählte  er  für  das 
:iTQoXahd- Zentrum,  weil  sich  diese  infolge  der  autorität  ihrer 
hauptpersonen  für  seinen  zweck,  nämlich  die  rechtfertigung 
seiner  kunsttheorie,  weitaus  besser  eigneten,  als  IxqQCiOuq. 
Ganz  sind  übrigens  auch  sie  nicht  um  ihr  recht  gekommen, 
wie  Stock  a.  a.  o.  s.  24  f.  beobachtet,  der  auf  die  tx<pQaoiQ 
des  zeuxidischen  kentaurenbildes  (c.  3)  und  die  der  kelten- 
schlacht  (c.  10)  hinweist.     Doch   sind  diese  txg^QdoHg  inte- 


16 

grierende  bestandteile  der  öu/yZ/iiccrcc,  d.  li.  nur  ihnen  unter- 
geordnete jxaoiry.ßdotii,  wie  sie  sich  häufig'  in  Lukians 
jTQolahai  finden  (vgl.  DLZ  1912,  sp.  1440). 

Das  geschilderte  Verhältnis  von  /(>£/«  zu  7i:qo)mXiu  im 
Ztvi,Lq  lälst  die  Komposition  des  Stoffes  als  das  für  Lukian 
ästhetisch  wirksamste  element  seines  begriffes  der  kunstform 
erscheinen.  Lukian  schied  also  ebensowenig,  Avie  Aristoteles, 
reine  architektonische  form  vom  Stoffe,  wohl  weil  die  form, 
wenn  sie  auch  an  und  für  sich  wirkte,  in  der  kunst  abstrakt 
doch  ebensowenig  bestehen  konnte,  wie  die  idee,  die  tendenz 
eines  literarischen  kunstwerkes.  Dafs  man  c.  6  der  aristo- 
telischen poetik,  in  dem  der  stoff  als  der  wichtigste  bestand- 
teil  der  tragödie  bezeichnet  wird,  in  der  angedeuteten  weise 
verstehen  darf,  scheint  die  unterschiedslose  Verwendung  der 
termini  //röoc  (1450b  2)  und  rojv  Jigay/iärcor  ovOtccöiq  (1450  a 
16.  33)  daselbst  zur  bezeichnung  des  Stoffes  zu  verbürgen,  i) 
Denn  der  letztere  ausdruck  involviert,  dafs  Aristoteles  nicht 
rohstoff,  sondern  künstlerisch  gegliederten  stoff  im  aug^e  hatte. 
Ähnlich  der  form,  ist  auch  die  idee  dem  Stoffe  immanent. 
Im  Ztv^iq  brachte  Lukian  dies  dadurch  zum  ausdrucke,  dafs 
er  sie  erst  im  verlaufe  der  drauxtv/j  der  chrie  (vgl.  speziell 
c.  2.  7)  gelegentlich  aussprach,  anstatt  sie  als  chrie  an  die 
spitze  des  schriftchens  zu  stellen.  Der  stoff  eines  literarischen 
kunstwerkes  uiuls  nicht  poetisch  sein  in  dem  sinne,  dafs  er 
seinen  stimmungsgehalt  enthält.  Das  pflegt  nur  in  roman- 
tischen literaturen  der  fall  zu  sein,  in  denen  der  stimmungs- 
gehalt anstatt  des  architektonischen  prinzipes  den  ästhetischen 
hauptfaktor  des  kunstwerkes  bedeutet.  In  den  rhetorischen 
literaturen  hingegen  ist  der  stoff  meist  verstandesmäfsig,  so 
z.  b.  im  vorliegenden  falle  ein  beweis  in  chrienform.  In  seinen 
bereich  fällt  daher  in  ihnen  die  motivierung,  das  jtiO^ccvov. 
So  genügt  im  Ztvsic  die  chrie  dem  eixög  und  zugleich  dem 
oixorofuxov,'^)  indem  sie  die  logische  Verbindung  zwischen  den 


»)  Vgl.  Julius  Walter,  Die  geschichte  der  ästhetik  im  altertum.  Leipzig 
1893,  p.  720. 

*)  Über  begriff  und  terminologie  des  niO-aröv  orientiert  Friedrich 
Ackermann,  Das  tii&uvÖv  bei  Sophokles.  Diss.  Erlangen  1910,  p.  1—4. 
Zunächst   ist   alles   was   wir   tlxüg   nennen,   in   seiner  Wirkung  auf  uns 


17 


drei  hauptteilen  der  :rQoh(/.id  herstellt.  Den  begriff  der 
Jconqwsifion  des  Stoffes  bildete  aber  Lnkian  nicht  nur  im 
anschlusse  an  Aristoteles,  sondern  er  drückte  ihn  auch  im 
hinblicke  auf  denselben  denker  im  Ztv^ig  typisch  aus  durch 
die  auffällige  gliederung-  der  .-tQo).ahil  in  anfang,  mittel  und 
ende,  der  die  aristotelische  dreiteilung  der  tragödie  in  dQ'/j], 
f/toor,  raXtvTfj  (c.  7:  1450  b  27)  i)  vorschwebt.  Diese  Schlüsse 
aus  der  komposition  des  Ztrsi^  auf  die  führende  rolle  der 
komposition  des  Stoffes  überhaupt  in  Lukiaus  kunsttheorie 
bestätigen  wähl  und  Interpretation  des  .-raQäder/^ia  a  (c.  3 — 7), 
in  denen  er  ebenfalls  dem  Aristoteles  folgte.  Wie  nämlich 
dieser  zweimal  regeln  der  dramatischen  dichtkunst  durch  das 
beispiel  jenes  maiers  illustrierte  (vgl.  c.  6:  1450  a  27;  c.  25: 
1461b  14), 2)  so  verglich  Lukian  seine  eigene  kunst  der  des 
Zeuxis.3)  Aber  nicht  nur  im  vergieichsobjekte,  sondern  auch 
im  tertium  comparationis  stimmt  das  lukiauische  jiaQddi:iyi./a 
mit  dem  ersten  aristotelischen  zitate  überein.  Beide  rühmen 
die  komposition  des  Stoffes  in  den  gemälden  des  Zeuxis.  Ja 
Aristoteles  schränkt  sogar  dessen  kunst  auf  diese  ein  (c.  6 : 
1450  a  28),  indem  er  ihr  ;/»9oc  abspricht  und  die  des  dyaddg 
>j{>oyQdffog  Polj'gnot   entgegenstellt.     Wenn   er   dennoch   den 


ni&ccvöv,  d.  h.  überzeugend.  Das  dxoq  wirkt  kunsttechnisch  betrachtet 
olxovofdxcüg.  Alle  drei  termini  und  ihre  verwandten  werden  dann  in  den 
schollen  synonym  gebraucht. 

1)  Walter  a.  a.  o.  s.  721  oben. 

2)  Walter  s.  728f. 

^)  S.  besonders  c.  7:  tTijjvovv  6e  iicO.iaxu  näursg  ansQ  aui.Ce  TiQwtjV 
ixeivoi  xxX.  und  die  parallelen  kataloge  von  Lukians  und  Zeuxis'  kuust- 
technischen  Vorzügen: 


Lukian  (c.  2) : 

1.  ovofxäzcov  6e  ccqu  xaXdJv  iv  uvxoiq 
xai  TiQog  zov  UQycäov  xuvöva 
avYxei/.iäv(ov 

2.  7]  vov  ogeog 

3.  rj  neQivolag  nvog 

4.  i]  yiÜQLXog  'AtTixfjg 

5.  ^  ttQ(.ioviug 

6.  //  Tc'/vijg  Tfig  i(f'  ünaai 

Bhetorisohe  Forachnngen.  I. 


Zeuxis  (c.  5) : 

1.  To    diioTsIriii  rag  y^cif^ifiag  ig  to 
evd^iTcaov 

2.  xcu    TüJv   '/Quii.iaTa>v   axQißfj   rrjv 
x(jaaiy 

3.  xul  evxuiQOv  zr/v  inißo/.i^r  tioit'j- 
auo&ai 

4.  xcd  oxiüaai  ig  Stov 

5.  xtd  roC  fxeyk&ovg  xov  ?.6yov 

6.  xal  zriv  rdüv  (xbqwv  TCQog  z6  o).ov 
laözTjxa  xcd  ägf-iovlccv 

2 


18 

Zeuxis  dem  Polj^gnot  vorzieht,  so  erklärt  er  damit  die  kom- 
position  des  steifes  für  die  grundbedinguiig  ästhetischer 
Wirkung,  für  den  wichtigsten  ästhetisclien  faktor,  neben  dem 
die  anderen  nur  accessorische  bedeutung  besitzen.  Dahin 
ist  auch,  wie  schon  Walter  p.  728  f.  richtig  gesehen  hat,  sein 
vergleich  zwischen  färbe  und  gestalt  in  c.  6  der  poetik 
(1450  a  33  ff.)  zu  verstehen.  In  diesem  sinne  endlich  leitet  er 
von  der  besprechung  der  komposition  zu  der  der  charakter- 
zeichnung  mit  den  worten  über  (c.  6:  1450  b  1):  ccQyji  ^itv  ovv 
y.cd  oiov  ipvyrtj  6  (iv&og  xTjg  TQaYcoöiaq,  ötvreQOV  öh  rä  >j{)y. 
Lukian  beschränkt  zwar  des  Zeuxis  kunst  nicht  auf  die 
komposition,  wie  Aristoteles,  doch  drängt  er  eine  reihe  künst- 
lerischer momente  (c.  5:  rä  ...  alla  TFjq  ■yQaqyf'jc)  in  ihr 
zurück,  indem  er  sie  den  fachleuten  zur  Würdigung  überläfst 
und  damit  als  technische  fertigkeiten  qualifiziert,  i)  Einen 
unmittelbaren  ästhetischen  eindruck  erzeugte  im  kentauren- 
bilde  nur  die  (in  c.  5  und  6)  ausführlich  erörterte  komposition 
des  Stoffes  durch  kontrastierung  der  hauptfiguren  nach  ihrem 
ydoq.  Ihr  zufolge  war  der  (übrigens  auch  räumliche)  gegenpol 
des  wilden  kentauren  die  liebliche  kentaurin.  Räumlich  und 
ethisch  in  der  mitte  zwischen  diesen  zwei  brennpunkten  des 
gemäldes  standen  die  beiden  kinder  des  kentaurenpaares,  in 
denen  sich  das  /y»9oc  ihrer  eitern  mischte.  Lukian  rechtfertigt 
dergestalt  nicht  nur  die  maierei  des  Zeuxis  gegen  den  Vor- 
wurf der  aristotelischen  poetik  (1450  a  29):  ovölv  tx^i  t]d-og, 
sondern  er  stellt  vielmehr  den  aristotelischen  gedanken  vom 
Vorzüge  der  komposition  vor  allen  übrigen  kunstmitteln  am 
beispiele  des  kentaurenbildes  genauer  dar.  Während  nämlich 
Aristoteles  den  Zeuxis  für  den  besten  maier  erklärte,  obwohl 
er  neben  der  komposition  das  i'jdog  vernachlässigt  hätte,  so 
preist  ihn  Lukian,  weil  er  das  rjdog  zur  erzielung  der  kom- 
position verwendet,  also  dieser  untergeordnet  habe.  Schon 
die  ausführlichkeit  allein,  mit  der  Lukian  die  komposition 
des  kentaurenbildes  gegenüber  dem  knappen  und  allgemeinen 
register  seiner  technischen  Vorzüge  behandelt,  läfst  erkennen, 
dafs  Lukian  die   komposition   des  Stoffes  als  den  wichtigsten 


*)  Vgl.  oben  s.  17'.    Die  einzelnen  von  Lukian   aufgezählten  tech- 
nischen Vorzüge  behandelt  erschöpfend  Motz  s.  12 — 17. 


19 

faktor  seiner  kunst  betrachtet  wissen  wollte.  IlaQdÖEiyfia  a 
sagt  somit  dasselbe,  was  die  komposition  des  Ztvsi<;  zum  aus- 
drucke bringt,  und  zwar  in  derselben  art.  Denn  wie  die 
technischen  merkmale  lukianischer  (c.  2)  und  zeuxidischer 
(c.  5)  kunst  einander  nach  zahl  und  art  genau  entsprechen, 
so  komposition  des  kentaurenbildes  (c.  5.  6)  und  komposition 
der  jiQoXa)jä  selbst;  wie  zur  durchführung  dieser  die  dva- 
6xtv)'j  der  chrie,  so  ist  für  jene  das  v'>oc  der  kentaurenflguren 
herangezogen,  für  beide  also  der  stoff  technisch  ausgenützt 
worden.  Parallel  der  einteilung  der  kunstform  in  komposition 
des  Stoffes  und  technische  Vollendung  i)  läuft  die  Unterscheidung 
des  Stoffes  von  dem  ihm  accessorischen  romantischen  demente 
des  '/Mirbv  yuu  dXXöxorov  xal  gtvov.  Innerhalb  des  Zev^ig 
konnte  das  yMirör  neben  der  komposition  ohne  pedantische 
geschmacklosigkeit  kaum  kenntlich  gemacht  werden.  Daher 
erörtert  Lukian  in  c.  2  das  Wertverhältnis  des  romantischen 
kolorites  zur  form  (^-  stoff)  an  einem  nur  allgemein  an- 
gedeuteten anderen'-)  beispiele.  Infolge  der  allgeraeinheit 
desselben  mufste  er  an  stelle  der  komposition  die  kon- 
ventionellen, untergeordneten  technisclien  formelemente  ein- 
setzen. Denn  da  er  die  Scheidung  des  Stoffes  von  der 
architektonischen  form,  gleich  Aristoteles,  nicht  vollzogen 
hatte,  konnte  er  diese  nicht  auf  architektonische  prinzipien 
(z.  b.  kontrast,  Symmetrie,  Steigerung)  zurückführen,  sondern 
sie  sich  nur  am  Objekte,  also  konkret  und  speziell  vorstellen. 
Auf  das  register  der  technischen  Vorzüge  in  c.  2  stützt  sich 
dann  die  steigernde  gegenüberstellung  von  technik  und  kom- 
position des  Ztvsig  selbst,  ferner  deren  parallelisierung  mit 
der  komposition  des  kentaurenbildes  und  so  im  letzten  ende 
der  symbolische  ausdruck  der  tendenz  des  schriftchens.  Im 
jiccQdösiyfia  a  hingegen  gelang  die  reinliche  sonderung  des 
yMLvov  vom  Stoffe.  Heinrich  Brunn 3)  hatte  das  ))i)oQ  der 
kentaurenfamilie  zwar  richtig  als  das  stoffliche  substrat  des 


1)  Ihr  verwandt  ist  die  der  stilkriterien  nach  )]Sovri  und  xäU.oq,  d.  i. 
Tid-oq  und  näd-oq;  vgl.  Paulus  Geig-enraueller,  Quaestiones  dionysianae  de 
vocabulis  artis  criticae.    Diss.  Leipzig  1908,  p.  34—36. 

2)  Th.  Sinko,  Eos  XIV  (1908)  125  identiüzierte  es  mit  Mviaq  tyxmniov. 
8)  Jbb.  für  class.  philol.  suppl.  IV  (1861—7)  266. 

2* 


20 

zeuxidischen  bildes  erkannt,  jedoch  fälschlich  mit  dem  -ycccwov 
in  eins  gesetzt.  Hugo  Blümnei'^)  hatte  dem  Wortlaute  der 
einschlägigen  stelle  in  Ztv^ic  c.  3  wieder  zur  geltung  ver- 
helf en,  indem  er  die  darstellung  eines  weiblichen  kentauren 
als  das  xaiv/w  des  beschriebenen  gemäldes  erwies;  doch 
identifizierte  er  seinerseits  y.aivöv  mit  stoff,  verhinderte  also 
von  der  entgegengesetzten  seite  her  ein  richtiges  Verständnis 
des  Verhältnisses  von  stoff  und  romantischem  kolorit  bei 
Lukian.  — 

Der  kunsttheoretische  gehalt  des  Ztr^iQ  läfst  sich  bei- 
läufig folgendermafsen  skizzieren: 

Stoff  ({!;.//)  I  Form 

1.  Anschauliche  darsteUung  und  mo- 

tivierung-  (jn^avov)  der  idee  \    Technik  {emeyrla) 

2.  Romantisches  kolorit  {xaivov  xcd 
ukXöxoxov  xid  ctt'ov)  ! 


Komposition  des  Stoffes 
(architektonik  +  rohstoff) 

Lukian  vermochte  stoff  und  form  nur  dort  zu  unter- 
scheiden, wo  sie  unvermischt  erscheinen,  also  in  ihren  kon- 
ventionellen und  nebensächlichen  äufserungen;  wo  sie  sich 
aber  zu  immer  neuen  gebilden  verbinden,  konnte  er  sie 
ebensowenig,  wie  Aristoteles,  von  einander  sondern.  Die 
komposition  des  Stoffes  stellt  also  infolge  mangelhafter  ab- 
straktion  den  kern  seines  kunsttheoretischen  Systems  dar 
und  bezeichnet  so  zugleich  dessen  schlechtest  fundierte  stelle. 
In  ihr  erblickte  Lukian  das  wirksamste  kunstmittel  auch  auf 
grund  irriger  ausdeutung  eines  ästhetischen  lustgefühles, '-) 
das  er  allein  dem  architektonischen  prinzipe  des  kontrastes 
im  kentaurenbilde  verdankte,  aber  ungenau  aus  der  komposition 
des  Stoffes  ableitete.  Praktisch  gereichte  Lukians  kunst 
diese  begriffsverwirrung  durchaus  nicht  zum  schaden,  da, 
technisch   gesehen,    die  komposition  des  Stoffes  als  einziger 


')  Archäologische  Studien  zu  Lucian.     Breslau  1867,  s.  38. 

')  Vgl.  seine  heschreibung  in  c.  5:  iyw  6h  rov  Zeviiöoq  txsTvo  nä- 
).iox(i  tnrjvtau,  öii  tv  /mn  xul  xy  avxfj  vnod-i'asi  noixD.ojg  xo  nsQixxov 
ineöel^uTo  xfjq  xi'yvTjq  xx)..  Folgt  die  begründung  aus  dem  kontrastierten 
aufbau  des  keutaurenbildes. 


21 

weg  zu  architektonischen  Wirkungen  in  der  wortkunst  führt. 
Lukian  wurde  derart  auch  zum  aufschlulsreichen  beispiele  in 
der  frage,  in  wie  weit  architektonische  Wirkungen  unbewufst 
erzielt  werden  können.  Seine  theorie  blieb  jedenfalls  hinter 
seiner  künstlerischen  praxis  zurück,  für  die  die  von  Motz 
(p.  12)  präzisierte  regel  gilt:  weder  das  material,  welches  der 
kiinsfler  verarbeitet,  noch  die  idee  ist  es  .  .  .,  tvas  nach  Lucian 
das  wesentliche  im  JiunstirerJc  ausmacht,  sondern  die  form  ist 
es  besonders,  welche  den  ausschlug  gibt. 


II. 

nXolov  7}  ev^ciL 

Der  dialog  Uloior  ?]  Eijai  hat  den  widersprach  zwischen 
gesinnimg  und  lelire  gewisser  philosophenschiüeni)  zum 
thema.-)  In  der  gegenüberstellung-  von  gesprächs-  und  er- 
zählungspartien  findet   es  seinen  formalen  ausdruck.    Lukian 


')  Timolaos  ist  nach  seinem  signalement  in  c.  45,  nach  seiner 
verliehtheit  (ebda.)  und  neiigierde  (c.  1)  und  nach  seiner  Lächerlichen  be- 
teiligung  nn  der  redaktion  des  gespräches  wohl  eine  Sokrateskarrikatur 
(vgl.  K.  G.  Jacob ,  Characteristik  Lucians  von  Samosata.  Hamburg  1832, 
p.  77).  Adeimantos  kann  als  platoniker  gelten  nach  den  von  R.  Helm, 
Lucian  und  Menipp.  Leipzig  1906,  p.  337f.  notierten  anleihen  Lukians  an 
Piaton  für  diese  gestalt,  ferner  nach  seiner  erotischen  Vorliebe  für  knaben 
(c.  2),  endlich  nach  seiner  scheinbaren  tiefsinnigkeit  und  phantastischen 
träumerei  (c.  11).  Samipp  dürfte  stoiker  oder  wahrscheinlicher  kyniker 
vertreten.  Denn  an  ein  zusammengehen  des  platonikers  und  der  Sokrates- 
karrikatur mit  einem  peripatetiker,  epikuräer  oder  gar  einem  Skeptiker 
ist  nach  der  philosophengruppierung  des  ^i^vf.möaioi'  (c.  30 f.  und  43 f.),  das 
ja  zeitlich  und  tendenziös  dem  W.oTov  und  'PO.oipsvdt'ig  am  nächsten  steht 
[vgl.  Sinko,  Eos  XIV  (1908)  148],  nicht  zu  denken.  Epikuräer  und  Skeptiker 
fehlen  auch  unter  den  abergläubischen  philosophen  des  'I>i?.oi}'ev6>^g;  ja 
Jon  erblickt  in  einer  der  wundergeschichten  des  Eukrates  einen  zwingenden 
beweis  gegen  die  nicht  au  Piatons  seelentheorie  giauljenden  epikuräer 
(c.  24):  ävTÜ.eytzüuaav  ovv  txi,  ^  d'og  6  "/cuv,  ol  c'cfupt  toV  ^EnixovQov  zw 
ceQw  n'/.üxüjvi  xal  xm  nsQt  x(5v  »/'i;^"'»'  'f-oyto.  Tychiades  ist  —  wie  Lukian 
(vgl.  Sinko  a.  a.  o.  p.  137)  —  Skeptiker.  —  Der  wünsch  Samipps  nach 
selbsterworbener  königlicher  macht  karrikierte  wohl  am  besten  die  kyniker, 
besonders  wenn  man  die  anklänge  desselben  an  den  Alexanderzug  mit  der 
■/,Qdu  zusammenhält,  zu  der  Alexander  der  grofse  den  Diogenes  veranlafst 
hatte  (vgl.  Ct.  v.  Wartensleben,  Begriff  der  griechischen  chreia.  Heidelberg 
1901,  p.  61  nr.  22).  Mit  welchem  rechte  P.  M.  Boldermau,  Studia  Lucianea. 
Diss.  Leiden  1893,  p.  89  den  skeptischen  Lykinos  zum  kyniker  machte,  ist 
nicht  einzusehen. 

'')  Anders  L.  Kadermacher,  Wiener  Studien  XXXIII  (1911)  224—232. 
Der  erst  nach  Vollendung  dieser  arbeit  erschienene  aufsatz  konnte  nicht 
mehr  berücksichtigt  werden. 


23 

erreicht  diese  kontrastierung-,  indem  er  den  gegenspieler  der 
Philosophen,  den  Lykinos,  ausschlielslich  in  gesprächspartien 
auftreten  läfst,  während  er  jene  hauptsäclilich  zur  erzälilung 
der  einlagen,  in  den  dialogischen  teilen  aber  nur  nebenher 
verwendet.  Lykinos  ist  also  spezifische  rahmenperson ; 
Samippos,  Adeimantos,  Timolaos  sind  die  berichterstatter  der 
mit  der  rahmenunterhaltung-  abwechselnden  sechs  erzählungen. ') 
Die  Unterordnung  der  erzähler  unter  die  rahmenfigur  deutet 
den  für  Lykinos  siegreichen  ausgang  ihres  gegenspieles  vor. 
Lykins  übergewicht  über  seine  gefährten  tritt  im  laufe  des 
gespräches  allmählich  zu  tage,  da  sein  Widerspruch  gegen  sie 
erst  während  der  Unterhaltung  gleichförmiger  wird.  Sie 
polemisieren  daher  erst  in  der  zweiten  dialoghälfte^)  ent- 
schiedener gegen  ihn; 3)  erst  jetzt  erkennen  sie  auch  seine 
Überlegenheit  an,  indem  Samipp  und  Timolaos  Lykins  urteil 
über  ihre  wünsche  selbst  einholen  und  sich  Timolaos  die 
ablehnung  der  erzählungen  seiner  Vorredner  durch  jenen  zu 
eigen  macht.  Lykinos  überragt  seine  begleiter  sowohl  an 
einsieht,  als  auch  an  formaler  gewandtheit.  Er  ist  daher  der 
kritiker  ihrer  erzählungen  und  der  Wortführer  ihrer  Unter- 
haltung. Seine  kritische  und  redaktionelle  superiorität  be- 
tätigt er  entweder  im  gespräche  mit  ihnen,  also  in  dialogischen 
Partien,  oder  in  anreden  an  sie,  d.  i.  in  monologischen  stücken. 
Innerhalb  der  letzteren  sind  die  schlufskritiken  der  einzelnen 
erzählungen  der  ausdruck  seiner  gedanklichen  superiorität,  die 
fixierung  von  reihenfolge  und  ausmafs  der  darlegungen  zeichen 
seiner  redaktionellen  führung.  In  den  dialogischen  teilen 
äufsert  sich  seine  gedankliche  Souveränität  in  einzelnen 
kritischen  anmerkungen,  durch  die  er  oft  den  fluls  einer  er- 


0  I  a  =  c.  5-6  (Samippos),  I  b  =  c.  6—9  (Timolaos),  I  c  =  c.  12—13 
(Adeimautos),  II  a  ^  c.  18—25  (Adeimantos),  II  b  =  c.  28 — 38  (Samippos), 
IIc  =  c.  41—44  (Timolaos). 

2)  Die  erste  dialoghälfte  (I)  umfafst  c.  1 — 16  xcd  /.aj^iizi  avz^xeiv 
nQoq  To  tni^Qtov,  die  zweite  (II)  c.  16  xal  InelneQ  tu  nokv  ))^lv  x6 
Xomöv  iari  —  c.  46. 

*)  In  c.  15  richtet  sich  der  uumut  des  Adeimautos  noch  gegen  alle 
freunde,  für  deren  Sprecher  er  den  Lykiu  hält.  Des  Timolaos  eintreten 
für  Adeimantos  in  c.  16  unterscheidet  dann  den  Standpunkt  Lykins,  der 
allein  der  spötter  ist,  von  dem  der  übrigen  gefährten. 


24 

Zcälilung  unterbricht,  seine  formale  belierrsclning  der  Unter- 
haltung in  der  zurücklenkung*  der  gefährten  auf  denselben 
gesprächsgegenstand.  Dadurch  dafs  er  sie  damit  zugleich 
zwingt,  seinem  gedankengange  zu  folgen,  beweist  er  wiederum 
kritische  Überlegenheit  über  sie. 

Schlufskritiken  Lykins  finden  sich  nach  jeder  der  sechs 
erzählungen,  aulser  der  ersten  (la).  0  Sie  entzieht  sich,  als 
objektive  ixfpQaoig,  einer  solchen.  Um  ihr  fehlen  zu  ver- 
schleiern, schliefst  Timolaos  durch  eine  ideenassoziation  seinen 
bericht  über  die  Irrfahrt  des  beschriebenen  schiffes  unmittelbar 
an  I  a  an.  Auch  I  b  ist  gröfstenteils  noch  objektive  erzählung 
und  bietet  nur  in  der  Überschätzung  des  Steuermannes  Heron, 
die  durch  die  Irrfahrt  des  Schiffes  offenbar  ist,  gelegenheit 
zu  einer  kurzen  ausstelliing  Lykins.  Das  TtXäoiia'^)  des 
Adeimantos  I  c  beantwortet  er  ironisch  durch  seine  Steigerung 
ins  unmögliche,  die  ipsvöng  ioroQiai^)  IIa — II c  durch  ernste 
dvaöxsvcci.  Die  kritik  der  beiden  letzten  erzählungen  erfolgte 
auf  wünsch  ihrer  berichterstatter  selbst.  Samipp  äufserte 
ihn  sachlich  nach  IIb; 4)  Timolaos  —  durch  die  nicht  als 
Ironie  erkannte  höhnische  Schmeichelei  Lykins  aufgemuntert 
(c.  41)  —  brachte  ihn  vor  und  nach  II c  in  der  erwartung 
vor,  tadellos  auszugehen.^)  Um  sich  seinen  rezensenten 
günstig  zu  stimmen,  schlofs  er  sich  eingangs  seiner  aus- 
führungen  (c.  41)  dessen  urteile  über  die  wünsche  Adeimantos' 
und  Samipps  an  und  versprach  so  gewissermafsen,  bei  der 
konzeption  seines  eigenen  Wunsches  auf  dasselbe  rücksicht  zu 
nehmen.  Ijykin  quittierte  die  bemühungen  des  Timolaos  durch 
den  höhnisclien  anfang  seiner  kritik  über  ihn  (c.  45).  Im 
ganzen  zeigt  der  Übergang  von  einer  kurzen  kritischen  an- 
merkung  zur  ironischen  Übersteigerung  der  Aktion  des  erzählers 
und  dann  zu  ständigen,  ernsten  Widerlegungen,  die  durch  die 


1)  Ib:  c.  9,  Ic:  c.  14,  IIa:  c.  26-27,  IIb:  c.  39-40,  II  c:  c.  45,  ge- 
samtkritik  von  II :  c.  46. 

'')  Vgl.  Georgiiis  Reichel,  Quaestiones  progymnasmaticae.  Diss. 
Leipzig  1909,  p.  61  (Sextus  empiricus) 

3)  Ebda.  p.  60  (Asclepiades  myrleauus). 

*)  C.  39:  ri  6'  ovv,  (ö  Avxlve;  oiä  ooi  tjT'^o&ai  öoxöj; 

'■')  C.  41:  oxönei  yo^v,  ö>  Avxlve,  sl' ri  miXrxpifiov  sv^ofxai  xal  o  n 
UV  evd^^vui  xiq  öwr^'^thj.  —   C.  44:  ri  av  ahiäoaio,  w  AvxTre,  xfjq  evxfjq; 


25 

bitte  der  bericliterstatter  um  eine  beurteiliing  oder  gar  durch 
den  versuch  einer  captatio  benevolentiae  an  wert  gcAvinnen, 
die  stetig  fortschreitende  festigung  von  Lykins  kritiscliem 
übergewicht  über  seine  begleiter  gegen  sclihifs  des  dialoges.  — 
Lykins  formale  Überlegenheit  äufsert  sich  innerhalb  der  mono- 
logischen stücke  in  der  redaktion  der  erzählungen  seiner 
freunde.  So  leitet  er  alle  erzählungen  derselben,  ausgenommen 
die  erste,  ein.^)  Die  formelhaften  einführungen  der  beiden 
letzten-)  erinnern  an  ihre  schematischen  drccoxtirci.  Ebenso 
entsprechen  einander  die  gesamtkritik  über  II  am  dialog- 
schlusse  (c.  46)  und  die  gesamteinleitung  vor  II  (c.  17).  In 
ihr  bestimmte  er  die  reihenfolge  der  redner  und  durch  die 
genaue  begrenzung  seines  eigenen  zeitanteiles  indirekt  die 
dauer  ihrer  ausführungen.  Im  hinblicke  auf  diese  regelung 
der  Unterhaltung  konnte  er  in  den  kurzen  einführungen  vor 
IIa  — II c  den  erzählern  das  wort  erteilen,  in  c.  39  die  langen 
ausführungen  Samipps  zu  gunsten  des  Timolaos  abbrechen 3) 
und  endlich  selbst  anstatt  des  in  aussieht  gestellten  eigenen 
Wunsches  auf  des  Timolaos  einleitung  die  gesamtkritik  von 
II  mit  der  begründung  folgen  lassen,  dafs  Samipp  und  Timolaos 
seinen  zeitanteil  bereits  verbraucht  hätten.*)  Auf  die  er- 
wartete erzählung  Lykins  hatte  vor  Timolaos  schon  Adeimantos 
zweimal  (c.  19  und  21)  angespielt;  das  zweite  mal  weist  er, 
wie  Timolaos,  Lykins  Vorwurf  mit  der  ironischen  bemerkung 
ab,  dafs  dessen  erzählung  wohl  die  von  ihm  gerügten  fehler 
vermeiden  werde.  Adeimantos  und  Timolaos  hoffen  sich  also 
für  die  üblen  rezensionen  Lykins  durch  die  kritik  seines 
Wunsches  schadlos  zu  halten.    Timolaos  geht  nun  daran,  diese 


')  I  b :  c.  7  [die  einfühning  ist  als  Zwischenbemerkung  nach  den  ersten 
Worten  des  Timolaos  nachgeholt,  um  den  unmittelbaren  anschlufs  seines 
dii]y7jfia  lOTOQixöi'  an  Samipps  ('x(p(jaoiq  zu  erniögiichen;  vgl.  den  nachtrag 
des  Wahrheitseides  im  T6§c4Qig  c.  38],  Ic:  c.  12,  IIa  und  gesamteinleitung 
zu  II:  c.  17  schlufs,  IIb:  c.  27  schlufs,  Hc:  c.  41. 

*)  IIb  (c.27):  ßAA«  ov  rjöri  6  'Säßinnoq  Bvyov.  II  c  (c. -ll):  «AA' 
i^öri  adv  alxHv,  ü>  Tifiökae,  xz?.. 

^)  C.  39:  Titnavao  fj^tj,  o)  ^äpiinne'  xcuQoq  yaQ  .  .  .  Tifiölaov  öe  iv 
TW  fielet  ev/eod^aL  oneQ  äv  i&ihj. 

*)  C.  46:  kAA'  ov  öko^iai  ev/^q  i-ycö'  rjxofiev  yccQ  rf//  nQoq  t6  JlnvXov, 
xal  0  ßäXziaroq  ovxoal  ^äfiinnoq  .  .  .  xcci  av,  ci  Ti^öXae  .  .  .  xal  xoiq 
ei-iol  intßc'dJ.ovai  axuöioiq  xccxex^r'joaod-s  xaXwq  noiotn'xeq. 


26 

lioffnungen  zu  verwirklichen,  indem  er  durch  seine  aufforderung 
zu  erzählen,  die  technisch  Lykins  einleitungen  entspricht,  die 
redaktion  des  gespräches  an  sicli  zu  ziehen  und  Lykin  zur 
einlösung  seines  in  c.  17  gegebenen  Versprechens  zu  verhalten 
sucht.  Die  einführung  durch  Timolaos  stellt  also  den  höhe- 
punkt  einer  reihe  von  erwartungen  dar,  als  deren  ausgangs- 
punkt  jenes  versprechen  Lykins  gelten  mufs.  Mit  berufung 
auf  eben  dies  versprechen  gibt  nun  Lykin  anstatt  der  er- 
warteten erzählung  und  der  gelegenheit  zur  gegenkritik  seine 
generalbeurteilung,  die  infolge  ihres  kontrastes  mit  der 
spannenden  einführung  des  Timolaos  von  dem  vorhergehenden 
abgehoben  und  direkt  auf  die  gesamteinleitung  zurückbezogen 
wird.  Gesamturteil  und  allgemeine  einleitung  von  II  sind 
also  doppelt  mit  einander  verbunden;  direkt  durch  Lykins 
redaktionelle  tätigkeit,  indirekt  durch  seine  kritische  be- 
tätigung,  Avelche  in  den  übel  hergenommenen  freunden  die 
auf  das  versprechen  der  gesamteinleitung  gegründeten  hoff- 
nungen  auf  eine  gegenkritik  erweckt.  Gesamtkritik  und 
-einleitung  erscheinen  demzufolge  als  die  brennpunkte  aller 
monologischen  äufserungen  Lykins;  in  ihrer  Verbindung  er- 
zeugen sie  den  eindruck  der  Überlegenheit  der  rahmenperson 
über  die  erzähler. 

Lykins  kritisches  übergewicht  in  dialogischen  teilen 
äufsert  sich  in  der  direkten  ironisierung  der  freunde  oder  in 
illusionsstörenden  Zwischenbemerkungen  (indirekte  Ironie). 
Auch  hier  erlangt  er  erst  allmählich  die  spätere  superiorität, 
da  einförmige  Unfehlbarkeit  in  dem  dialogstücke  vor  c.  11, 
das  als  ungezwungene  Unterhaltung  gelten  will,  stilwidrig 
und  störend  gewirkt  hätte.  So  treffen,  wie  er  selbst  zu- 
gestehen mufs,  die  stichelnden,  gegen  Timolaos  gerichteten, 
eingangsworte  (c.  1)  auch  ihn  selbst;  so  ist  sein  sachlicher 
einwand  gegen  die  Vermutung  einer  liebschaft  des  Adeimantos 
mit  dem  ägyptischen  knaben  (c.  2)  falsch;  endlich  sprechen 
gegen  seinen  Vorschlag,  auf  Adeimantos  zu  warten  (c.  4), 
triftige  sachliche  gründe.  Nur  einmal  kann  er  dafür  Samipps 
Vermutung  (c.  2)  über  den  verbleib  des  Adeimantos  korrigieren 
(c.  4).  Erst  von  c.  11  an,  mit  dem  die  phantastischen  wünsche 
seiner  begleiter  einsetzen,  ist  sein  gegenspiel  stets  erfolgreich; 
von  hier  an  bereitet  sich  ja  erst  der  thematische  gegensatz 


27 

zwischen  beurteilendem  dialog'e  und  einem  bestimmten  Sub- 
strate, den  wunsclierzälilungen  der  Philosophen,  vor.  L^'kin 
eröffnet  diese  dialogpartie  durch  ein  ironisches  inquirierendes 
gespräch  mit  Adeimantos  (c.  11).  Die  Ironie  behält  er  durch 
dessen  ganze  erste  erzählung-  (Ic),  also  bis  c.  15  bei;  nur 
variiert  er  sie  formal.  In  c.  11  beruht  sie  auf  scheinbar 
unwissentlicher  und  daher  für  Adeimantos  beschämender 
Überschätzung!)  seiner  gedanken,  in  der  kritik  des  c.  14  auf 
absichtlicher  und  daher  für  den  betroffenen  ärgerlicher  Über- 
treibung seiner  ausführungen,  in  c.  15  auf  dieser  und  einem 
moralisierenden  vergleiche  zwischen  Adeimantos'  fingierter 
und  wirklicher  läge.  Eine  kurze  beifsende  Charakteristik  des 
Vorschlages  von  Timolaos  in  c.  17  steht  zwischen  Ic  und  IIa. 
Diese  zweite  wunscherzälilung  des  Adeimantos  begleitet  Lj'kin 
gegenüber  Ic  nur  mit  kurzen,  ebenfalls  ironischen  einfallen, 
deren  grundlage  jedesmal  sachliche  einsprüche  gegen  die 
Aktion  des  erzählers  bilden.  So  wendet  er  in  c.  19  die  an- 
merkung,  dals  die  goldlast  wohl  zu  schwer  für  das  schiff  des 
Adeimantos  sei,  zur  höhnischen  erinnerung  an  dessen  liebe 
zum  ägj^pterknaben  und  diejenige  über  das  gewicht  der  gold- 
becher,  die  einem  mundschenken  ebenfalls  zu  schwer  wären, 
zur  boshaften  anspielung  auf  die  Midassage  (c.  21).  Als  sich 
endlich  Adeimantos  über  die  ebenfalls  sachliche  draoxtvt'j 
seines  Wunsches  beklagt  (c.  27),  fügt  Lj^kin  auch  ihr  eine 
ironisch -moralische  pointe  an,  beschliefst  also  die  zweite  er- 
zählung des  Adeimantos  ähnlich  moralisierend,  wie  seine  erste. 
Am  häufigsten  unterbricht  Lykin  Samipps  zweite  geschichte 
IIb  durch  einwürfe,  deren  zwei  wirksamste  illusionsstörung 
verwenden.  Auf  eine  spannende,  leicht  ironisch  gefärbte 2) 
zwischenfrage  in  c.  29  folgen  zwei  ironische  Unterbrechungen 

0  Vgl.  den  einsatz  von  c.  11:  ...  akku  xcu  (fQOvnC,ovii  toixag  enl 
ovvvoiaq  xiroq  ov  /LUfiQov  ovöl  evxaxacfQÖviixov  TtQciy/iUi,  (ug  öoxeTg,  uvaxvx- 
?.(5v  mit  der  einführung  von  Tic  (c.  41):  ...  xcd  onwg  vntQßühj  xovrovg, 
(oöTieQ  dxog  urÖQa  ovrexov  xal  nguy^iaoi  x^'jo&ai  elööxa.  Beidemal  be- 
steht die  ironie  in  dem  kontraste  der  angeblich  hohen  erwartungen  des 
fragers  und  der  armseligen  -Wirklichkeit,  die  seine  hochachtung  zum 
komischen  pathos  macht. 

'^)  Vgl.  den  schlufs  der  rede  Lykins  (c.  29) :  sO-t'Aco  yä(j  eliSirai  ol 
ßaöiela&e    xooovioi    övxsg    6|    'ÄQxaöiag   7}    inl    iivag    u&/.lovg   niiciiovg 


28 

in  c.  30  und  33,  deren  komik  in  dem  gegensatze  zwischen 
der  fingierten  ernsten  läge  und  dem  burlesken  verhalten 
Lykins  in  ihr  besteht.  Wie  in  c.  17  Avird  in  c.  35  Lykin  um 
seine  meinung  befragt ;  er  antwortet  illusionsstörend ;  zur 
Sache  gerufen,  fügt  er  der  illiisionsstörung  eine  kurze  höhnische 
kennzeiclmung  des  wunschspieles  der  Philosophen,  in  der  art 
der  in  c.  17  gegebenen,  bei.  Ironie,  wie  die  in  c.  30  und 
c.  33  angebrachte,  ist  mit  illusionsstörung  in  Lykins  erster 
zwischenrede  des  c.  37  verbunden ;  wie  in  c.  30  und  33  soll 
sie  die  Verflechtung  seiner  person  in  Samipps  erfindung  ab- 
wehren. Der  letzte  einwurf  in  dessen  darlegungen  (c.  37)  ist, 
gleich  dem  ersten,  leicht  ironisch  gehalten  und  dient,  wie  die 
vorhergehenden,  der  Spannung.  Des  Timolaos  erzählung  II c 
erfährt  gar  keine  Unterbrechung  durch  Lykinos.  Dies  geschieht, 
um  im  sinne  der  einführung  des  c.  41  den  Timolaos  zu- 
versichtlicher zu  stimmen  und  ihn,  den  anreger  der  wunsch- 
erzählungen,  durch  die  verächtlich  gehaltene  draoxtv/j  (c.  45) 
desto  empfindlicher  zu  treffen ;  Lykins  kritik  und  des  Timolaos 
erwai'tungen  kontrastieren  mit  einander.  —  Wie  sich  Timolaos 
in  der  einleitung  zu  seiner  erzählung  den  kritischen  Stand- 
punkt Lykins  aneignete,  so  fanden  auch  dessen  ironische  ein- 
Avände  nachahmung.  In  c.  19  bediente  sich  Timolaos  gegen 
Adeimantos  der  Ironie  durch  Übersteigerung,  die  Lykin  gegen 
ebendenselben  schon  früher  in  c.  14  und  15  angewendet  hatte 
und  in  c.  35  gebrauchte  im  kriegsrate  der  um  seine  strategische 
ansieht  befragte  Adeimantos  die  nämliche  form  von  Ironie, 
mit  der  Lykin  in  derselben  Situation  unmittelbar  vorher 
(c.  30.  33)  Samipp  erwidert  hatte.  Auch  durch  diese  kritik- 
lose Übernahme  der  kampfmittel  des  gegners,  nicht  einmal  in 
der  -v^erteidigung  gegen  ihn,  sondern  im  verkehre  mit  einander, 
verraten  die  erzähler  ihre  Unterordnung  unter  die  führung 
der  rahmenperson.  —  Redaktionell  äulsert  sich  dieselbe  in 
dialogischen  partien  in  Lykins  beharren  auf  demselben  ge- 
sprächsgegenstande.  Auf  dieser  Stetigkeit  beruht  nämlich  die 
gedankliche  und  sachliche  einheit  des  dialoges.  Wie  oben 
vermerkt  wurde,  involviert  solche  zielbewufste  redaktion  auch 
die  kritische  Überlegenheit  des  Wortführers  über  die  von  ihm 
gelenkten.  Lykins  superiorität  geschieht  somit  dadurch  kein 
eintrag,  dafs  er  in  einzelnen  gleichgültigen  punkten  von  den 


29 

gefcährten   belehrt   und  berichtigt   werden   kann.     Derartige 
fehler   bleiben    für  seine    Stellung-  im   dialoge  bedeutungslos, 
weil   in   dem   vorbereitenden  gespräche  c.  1 — 10   das   dialog- 
thema   selbst   noch   nicht  angeschnitten  wurde,  weil   ferner 
nicht  einmal  das  thema  des  einleitenden  gespräches  durch  sie 
berührt   wird  und  weil  sie  endlich  in  einen  dialogteil  fallen, 
in  dem  quantitativ  und  nach  ihrer  bedeutung  die  erzählungs- 
hinter   die  gesprächspartien   zurücktreten;   in  ihm  kommt  es 
also   auf  konversationston   an,   der   durch  gezwungene  recht- 
haberei  einer  einzigen  person  zerstört  würde.    Im  Interesse 
des    dem    dialoge    begrifflich    integrierenden   merkmales    der 
mannigfaltigkeit    sind    also    Lj'kins   irrungen   geradezu   not- 
wendig.   Das  technische  mittel,  mit  dessen  hilfe  Lykin  nun- 
mehr das  gespräch  leitet,  ist  der  Übergang.    Er  isoliert  sowohl 
Lykins  anteil  am  dialoge,  als  auch  die  anderen  dialogteilchen. 
Übergcänge   stellte  Lykinos   entweder  durch  Verbindung   der 
Worte   des   Vorredners  mit  den   eigenen,   oder  durch  Wechsel 
der  anrede   her.     Im    ersten    falle   handelte   es   sich   darum, 
die   durch   den   Wechsel   der   Sprecher   entstandene   kluft   zu 
Überbrücken.    Lykin   verwendete   dazu  nur  anknüpfende  Par- 
tikel, i)   als  die  natürlichste  und  lebendigste  Verbindungsform. 
Im    zweiten    falle,    in    dem   der   Übergang   innerhalb   seiner 
eigenen  worte    erfolgte  (c.  11),   mulste  dagegen  gerade  das 
trennende  herausgearbeitet  werden.    Lykin  wählte  wieder  das 
einfachste  und  dramatischeste  mittel  des  anredewechsels.   Der 
in  c.  11  angewendete  Übergang  wirkt  einschneidender,  als  die 
andere   von  Lykin  gebrauchte  form  der  Überleitung.    Er  be- 
zeichnet aber  auch  eine  grölsere  kompositionsfuge,   als  diese, 
nämlich  die  grenze  der  wunscherzählungen  und  des  einführenden 
gespräches.    Monologische  einleitungen,  wie  sie  im  vereine  mit 
den  schlufskritiken  die  wunscherzählungen  umschlielsen,  hätten 
dem   kunstcharakter   des    gespräches   widersprochen.     Daher 
markieren  Überleitungen,  als  flielsendere  grenzen,  seine  kom- 
positionellen   einschnitte.     So   ersetzt  eine  monologische   ein- 
leitung  zu  la  der,   durch  zurücklenken   zu  einem  früheren 

^)  C.  1:   vij  dia,   —  xal  ^A(ki/iiciVTOQ  6    MvQQivovoioq    tinezo    fied-' 

tjfXCVV  xx).. 

c.  4:   äruii,  —  w  ^ä/ninne,  vvv  dvet-tv/jaO-riv  xx).. 
c.  10:   t0.7.a  —  xl  xovxo;  ovx  'Aöeli.ic<vxog  ixtivog  toxi; 


80 

gespräclistliema  (des  1.  c.)  hergestellte,  Übergang  Samipps 
(c.  5):  dXXa  lUTct^v  Xöyfor,  )j)Ay.)i  rarg  -atX.  oder  es  unterstützt 
die  als  zwisclienbemerkung  eingeschaltete  einführiing  Lykins 
zu  Ib  ein  durcli  partikelanschluls  gebildeter  Übergang 
Timolaos'  innerhalb  seiner  eigenen  rede  (c.  7):  //xoraaTs  de 
ojTOji^  dicQo  y.iiTi'iyayiz  ro  jihnov  y.rl.  Ahnlich  hilft  Samipps 
Übergang  in  c.  4  Lykins  zweite  bemerkung  über  den  auf- 
enthalt  des  Adeiniantos  isolieren,  i)  Nach  c.  11  hat  nur  noch 
eine,  übrigens  unscheinbare,  Überleitung  kompositionelle  be- 
deutung;  und  zwar  die  des  Timolaos  in  c.  16:  xcu  txdjreQ 
tri  jioÄv  /)iui'  To  Ioijtöv  Ioti  jtqoq  to  (iOTv  At)..,  in  welcher 
der  erste  wünsch  des  Adeimantos  (Ic),  als  zufälliger  einfall, 
von  den  drei  folgenden  planmälsigen  wunscherzählungen  ge- 
sondert wird.  Lukian  stuft  durch  diese  Scheidung  die  in  der 
richtung  vom  wirklichen  zum  wunderbaren  ansteigende  er- 
zählungsreihe  feiner  ab.  Ihr  ausgangspunkt  ist  die  wahre, 
da  von  allen  anwesenden  kontrollierbare  und  unwidersprochene, 
Schiffsbeschreibung  Samipps  la.  Einem  augenzeugen  2)  ver- 
dankt Timolaos  seine  somit  schon  minder  gut  beglaubigte, 
teilweise  noch  durch  eigene  beobachtungen  des  nacherzählers^) 
bestätigte,  sonst  abenteuerliche,  wunderbare^)  und,  wie  Lykins 
kritik  beweist,  von  inneren  Widersprüchen  nicht  freie  geschichte 
von  der  Irrfahrt  der  Isis  (I  b).  Als  kombination  des  Adeimantos, 
die  aber  noch  von  realen  tatsachen  ausgeht, &)  erscheint  Ic. 
Gewollte  Phantasterei,  welche  absichtlich  jede  reale  grund- 


')  C.  4:  EU  Af'yft?.  —  xi  d'  ovv  XQ^  noieZv  i)/:iaq  ivravd-a;  vgl.  TlloTov 
c.  20.  To^uQiq  c.  24:  ev  ?Jy6iq.  —  xtxaQXOv  lU  aoi  Si^yriaonai  xxX.  Der 
Übergang-  ist  in  W.olov  c.  4  deshalb  weniger  merklich,  weil  Samipps  frage 
die  feststellung  Lykins  zur  logischen  Voraussetzung  hat,  weil  durch  ihn 
also  kein  themawechsel  bezeichnet  wird. 

*)  C.  7:  o  ruv!<?.tj()og  avxoq  dit]yeZx6  ßOL  xx)..  C.  9:  xotu^xa  xcd  0(füq 
xuza).ußHv  tipuaxev  6  yuvx).i]Qoq  xx?.. 

')  C.  8:  oiSa  rfe  noxs  xcd  avxoq  nuQun/.evoaq  XeXiöovtccq  ^llxov  iv 
xm  xöncp  tcvioxuxai  x6  xv/lcu  xxk. 

*)  C.  9:  xai  xlvu  '/.afinQOV  uaxtQU  Alocxovqwv  xov  (-'xeqov  tnixa&laai 
xw  xuQ/7jahp  xal  xuxtvi^vvcu  xtjv  vuvv  inl  xu  ?.atu  iq  x6  Tih'/.uyoq  tjdij  x<S 
XQTjuvw  nQ()a(pei)Of^itv>ji: 

=")  Die  grenze  beider  Sphären,  der  realität  und  der  kombination,  bilden 
die  Avorte  (c.  13):  xovvxeCO^sv  ovv  hiuvi<i)v  t?.oyi'C,ö/ii?jv  xxL 


31 

läge  verschmäht,!)  sind  die  drei  folgenden  erzählungen.  Und 
zwar  liält  sich  IIa  in  den  grenzen  alltäglicher  Verhältnisse; 
IIb  führt  eine  abenteuerliclie  fiktion  aus;  beide  bewegen 
sich  noch  im  kreise  des  möglichen.  II  c  hingegen  reicht  ins 
gebiet  des  märchenhaften,  physiscli  unmöglichen  hinüber, 
II  c  stellt  daher  den  höhepunkt  der  gescliichtenreihe  dar  und 
erfährt,  als  solcher,  die  schärfste  kritik  des  rationalisten 
Lykinos.'^)  In  II  c  und  seiner  beurteilung  ist  der  in  la  noch 
nicht  vorhandene  thematisclie  gegensatz  zwischen  erzählern 
und  rahmenfigur  zur  höchsten  Spannung  gediehen.  Sie  ent- 
lädt sicli  in  der,  mit  dem  vorliergehenden  kontrastierten, 
gesamtkritik  des  c.  46,  die  zur  leidenschaftslosen  ruhe  vor  I  a 
zurückkehrt,  das  Verhältnis  der  gegenspieler  zu  einander 
klärend  darlegt  und  im  schlufssatze  zusammenfassend  formuliert. 
Der  dialog  gipfelt  somit  in  seine  objektive  themastellung 
(c.  46):  tfiol  öh  '/mI  tovto  Ixavov  dvrl  Jidrrcov  d-r]6avQÖJv  xat 
BaßvXcüVoq  cnhfjg  zo  yEXc'Mat  fiu?M  tjötcog  erp'  oig  v^tEig  fßij- 
öare  roiovTOig  ovOi,  yxä  zarTCc  qiXoOO(f^>iav  sjraii'ovrrsg. 

Von  der  kompositionsfuge  in  c.  11  aus  zerfällt  der  dialog 
in  ein  dreiteiliges,  .TrQoXahd-Mtiges  jrQO()i{uor  mit  zwei- 
gliederigem mittelstücke  (c.  1 — 10)  und  in  den,  die  wunsch- 
erzählungen  der  Philosophen  in  sich  begreifenden,  themateil 
(c.  11 — 46).  Für  diese  auffassung  des  Vorderteiles  des  IDmiov 
spricht  das  fehlen  eines  ausblickes  auf  den  folgenden  haupt- 
teil, 3)  ferner  der  Charakter  des  mittelstückes,  welches  —  wie 
in  den  oben  s.  15  aufgezählten  beispielen  —  aus  ixcpQaöig 
(la)  und  öi?JY7iua  Igtoqixöv  (Ib)  besteht.  Wie  sonst  in 
Lukians  dreiteiligen  jtQolahai,  umrahmen  endlich  auch  hier 
das  mittelstück  allgemeine  betrachtungen,  als  einleitung  und 
schlufs  (c.  1 — 4.  10).  Doch  kann  schon  die  einbeziehung  der 
einlagen  la  Ib  in  die  ansteigende  reihe  der  erzälilungen 
lehren,  dals  in  den  c.  1 — 10  nur  entwickelungsgeschichtlich 
ein  jFQooi/jiov  zu  sehen  ist,  dafs  also  die  kompositionsfuge 
des  11.  c,  für  die  Unterteilung  der  erzählungen  nicht  dieselbe 

^)  C.  16:  nuQ^  avtw  yuQ  sxäano  zo  fiizQov  xfjq  ev^^g,  xal  ol  &eol 
nuvxa  vTioxdad^üJOuv  na^e^ovreg,  ei  xal  xjf  <pvaei  ani&avu  taxtu. 

'^)  Vgl.  die  bezeichnung  des  Timolaos  als  narren  am  Schlüsse  der 
rezension  seines  ■vn;nsches  (c.  45). 

»)  Vgl.  Stock  a.  a.  o.  p.  36. 


32 

bedentung  hat,  Avie  für  Lykins  snperiorität  und  damit  für  die 
liaupteiuteilung  in  erzälilungs-  und  gespräclispartien.  Wichtiger 
ist  für  jene  Unterteilung  der  einschnitt  in  die  erzählungsreihe 
durch  Timolaos  in  c.  16.  Er  zerstört  das  ursprünglich  dem 
dialoge  zugrundeliegende  Schema  der  rahmenerzählung,  indem  er 
den  beiden  einlagen  des  alten  JTQooi[nov  eine  dritte  (I  c)  anfügt 
und  diese  trias  derjenigen  des  hauptteiles  parallelisiert.  Auch 
der  titel  des  dialoges  bringt  seine  Zweiteilung  nach  erzählungen 
zum  ausdrucke.  Diejenigen  seiner  I.  hälfte  (s.  oben  s.  23  ^)  haben 
alle  das  ägyptische  getreideschiff  {jclolov)  zum  gegenstände; 
denen  der  II.  hälfte  ist  die  Wunschform  (tvy/u)  gemeinsam. 
Um  beide  hälften  von  einander  abzuheben,  gibt  Adeimantos 
in  c.  20  seinen  schiff swunsch,  dessen  umständliche  ausführung 
auch  der  kenntlichkeit  des  yaQa'AxtjQiöiiöq  II  a  geschadet  hätte, 
auf.  Gleichwohl  nimmt  er  ihn,  dergestalt  seine  beiden  er- 
zählungen Ic  und  IIa  verbindend,  noch  zum  ausgangspunkte 
von  IIa.  Da  ferner  der  schiffswunsch  des  Adeimantos  den 
Timolaos  zum  vorschlage  planmäfsiger  wunscherzählungen  in 
II  anregte,  wird  er  zum  angelpunkte  der  erzählungsteile  des 
dialoges.  Gleich  den  erzählungen  von  I,  haben  auch  seine 
gesprächsteile  einerlei  Inhalt;  sie  erörtern  die  frage  nach  dem 
verbleiben  des  Adeimantos  und  die  tunlichkeit  einer  rückkehr 
in  die  Stadt  mit  ihm  oder  ohne  ihn.  Die  erste  frage  ent- 
scheidet Lykinos  durch  seine  feststellung  im  4.  und  die  wieder- 
erkennung  des  Adeimantos  im  10.  c.  In  der  zweiten  hält  er 
Samipp  und  Timolaos  in  c.  4  und  dem  Adeimantos,  der  allein 
zurückgehen  will,  in  c.  15  widerpart.  Den  erörterungen  von 
I  entspricht  der  rahmen  von  II,  nämlich  der  Vorschlag  des 
Timolaos  zu  den  wunscherzählungen  und  seine  redaktion 
durch  Lykinos  in  c.  16.  17,  ferner  des  Timolaos  einführung 
der  generalkritik  jener  wünsche  durch  Lykin  und  diese  selbst 
in  c.  46.  Die  rahmenteile  von  II  besitzen  infolge  ihrer  oben 
s.  26  erläuterten  beziehung  auf  einander  ebenfalls  gedankliche 
einheit  und  stellen  auf  diese  weise  ein  seitenstück  zu  den 
gesprächspartien  von  I  dar.  Sind  nun  erzählungsgruppen  und 
gesprächsteile  von  I  und  II  an  und  für  sich  gleichartig,  so 
verhalten  sich  beide  zu  einander  in  jeder  dialoghälfte  gegen- 
sätzlich. In  I  sind  die  erzählungen  in  die  gesprächspartien 
eingebettet,  in  II  die  gespräche  in  und  zwischen  die  erzählungen 


33 

eingesprengt.  Die  erzälilungen  von  I  sind  knapper,  als  die 
von  II,  was  schon  daraus  erhellt,  dafs  sie  keine  dialogischen 
Unterbrechungen  erfahren  (wie  IIa  und  IIb)  und  dafs  la 
I  b  zusammengehängt  werden  konnten ;  ferner  umschliefsen  sie 
noch  nicht  regelmäfsig  monologische  äufserungen  Lj'kins.  Die 
geschichten  IIa  IIb  schwellen  eingefügte  dialogstückchen  an, 
die  in  IIb  gröfstenteils  zur  belebung  der  erzählung  dienen, 
also  einen  wesentlichen  bestandteil  derselben  ausmachen  i)  und 
damit  ihre  selbständige  bedeutung  gegenüber  den  erzälilungen 
der  Schrift  verlieren.  Ferner  umschliefsen  erst  die  einzelnen 
loTOQicu  von  II  gleichförmige  einleitungen  und  schlufskritiken 
Lykins,  weshalb  sich  dessen  Verhältnis  zu  den  erzählern  erst 
jetzt  bestimmt  und  deutlich  gestaltet.  Das  einzige  selbständige 
gröfsere  dialogstück  in  II  ist  sein  vorderer  rahmenteil  c.  16/17, 
also  das  ende,  mit  dem  II  an  die  dialogische  I.  hälfte  des 
nioTov  anschlielst;  das  hintere  rahmenstück  von  II  (c.  46) 
besteht  aus  zwei  monologischen  äufserungen.  Diesem  dürftigen 
rahmen  von  II,  innerhalb  dessen  die  einzelnen  erzälilungen 
programmälsig  ablaufen,  entsprechen  in  I  die  drei  gesprächs- 
partien  c.  1 — -I,  10—12  anf.,  15 — 16  anfang.  Der  einschnitt 
vor  c.  11  zerlegt  sie  in  zwei  rahmengespräche  um  die  sj'n- 
chronistischen  erzählungen  la  Ib  und  Ic;  Adeimantos  hing 
nämlich  seinen  träumereien,  die  er  in  Ic  erzählt,  nach, 
während  sich  die  anderen  freunde  den  weg  durch  die  mit- 
teilung  von  la  Ib  kürzten. 2)  Die  besonderheiten  im  baue 
dieser  rahmengespräche  erklären  sich  ebenfalls  aus  dem  be- 
streben, Lj'kin  vor  die  anderen  personen  des  dialoges  hervor- 
treten zu  lassen.  Als  höhepunkte  des  rahmenteiles  c.  1 — 4 
erscheinen  so  die  beiden  reden  Lykins  am  Schlüsse  von  c.  1 
und  anfangs  des  4.  c.  Von  ihnen  aus  gliedert  sich  der  ab- 
schnitt in  einen  gesprächseingang,  den  die  anwesenheit  des 
Timolaos  anregt  (c.  1),  in  ein  Zwischenstück  zwischen  den 
beiden  L3'kinreden  (c.  2 — 3)  und  in  ein  schlulsstück  (c.  4). 
Zieht  der  schlufs  praktisch  die  konsequenz  aus  der  ZAveiten 
Lykinrede,  so  regt  der  eingang  zur  ersten  erinnerung  Lykins 


^)  Vgl.  c.  35  und  30  f.,  endlich  Lykins  ironische  zA^ischenhemerkungen 
im  tone  der  Aktion  Samipps  (c.  33.  37). 

'^)  Vgl.  c.  13:    rovvzevi)-tv   ovv  tnavicuv  t/.oyi'C,6i-(>jr,  el'  zt^  i^ftyr  ;^rA.. 
Bhetoriscbe  Forschungen.   I.  3 


34 

an  Adeimantos  an.  Die  vom  tliema  abführenden  erörterungen 
des  zwisclienstückes  überspringt  die  zweite  L3'kinrede  — 
cliarakteristiscli  für  die  fülirnng  des  gespräclies  durch  Ivykin 
—  und  greift  auf  dessen  erste  äulserung  über  Adeimantos 
zurück.  Timolaos  beeinflufst  den  sclihifs  und  den  anfang 
dieses  ralimenstückes,  wie  er  überhaupt  mit  ausnähme  des 
rahmeneinganges  c.  11/12  eine  meist  unabsichtliche  redaktionelle 
tätigkeit  in  allen  rahmenstücken  entfaltet,  indem  er  deren 
ende  oder  beginn  veranlafst.  Lukian  machte  ihn  so,  be- 
sonders in  II,  zum  burlesken  gegenstücke  Lykins.^)  Die  im 
rahmenstücke  c.  1—4  beobachtete  Zweigipfligkeit  kehrt  wieder 
im  rahmengespräche  c.  15/16,  in  dem  die  Lykinrede  des 
c.  15  nach  kurzem  Zwischengespräche  an  die  kritik  Lykins  in 
c.  14  anschliefst.  Der  vordere  rahmen  zu  II  (c.  16/17)  erreicht 
dagegen,  ebenso  wie  das  rahmenende  in  c.  46,  nur  einen  höhe- 
punkt  in  der  ihn  abschliefsenden  generaleinleitung  Lj^kins. 
Da  aber  dieselbe  erst  durch  die  generalkritik  in  c.  46  zur 
einheit  ergänzt  wird,  waltet  auch  im  rahmen  von  II  das  zu- 
erst innerhalb  eines  rahmenstückes,  dann  zwischen  erzählung 
und  rahmenstück  wirksame  architektonische  prinzip  der  Zwei- 
gipfligkeit. Nur  zeigt  jetzt  der  rahmenbau  die  gröfsten 
dimensionen.  Denn  das  Zwischenstück,  über  das  hinweg 
generaleinleitung  und  gesamtkritik  auf  einander  bezogen  sind, 
besteht  aus  den  drei  umfangreichen  wunscherzählungen  von 
II.  —  Die  drei  erzählungskerne  von  I  und  von  II  hat  Lukian 
nach  der  Zugehörigkeit  der  einzelnen  stücke  zur  selben  oder 
nächstverwandten  rhetorischen  gattung  parallelisiert.  Dabei 
ist  in  II  die,  der  gleichzeitigen  steigernden  anordnung  der 
geschichten  nach  dem  grade  ihrer  Wahrheit  dienende,  wunscli- 
form  unberücksiclitigt  geblieben.  Es  kommt  also  jetzt  in  II 
niclit  auf  die  relative,  sondern  nur  auf  die  absolute,  die 
physische  möglichkeit  der  kerngeschichten  an.    Unter  dieser 


1)  So  ähnelt  z.  b.  auch  Lykius  taJel  der  ungeschickt  groLsen  anzahl 
von  ringen,  auf  denen  des  Timolaos  göttlichkeit  beruht  (c.  45),  der  kritik 
des  Timolaos  über  die  umständliche  und  unwahrscheinliche  erklärung  des 
reichtums  von  Adeimantos  (c.  20).  Diese  parallele  beleuchtet  speziell  die 
Inkonsequenz  des  Timolaos,  der  sich  also  mit  unrecht  kritische  funktionen 
anmafst,  dessen  eingebildete  superiorität  über  Adeimantos  und  Samipp 
und  dessen  gleichwertigkeit  mit  Lykin  daher  lächerlich  erscheint. 


35 


Voraussetzung-  entspricht  der  txcfQaöig  la:  der  yaQaxnjQiOfwg^) 
IIa,  dem  öu'iyrnia  Iötoqixov  Ib:  ein  ebenso! dies  IIb,  dem 
öi//y/]ii(c  Tc'Äaönaxixör,  und  zwar  ßicorr/M''^)  Ic:  ein  gleiches, 
und  zwar  iivßixör  II  c.  Als  ethologisches  seitenstück  zur 
sachbesehreibung  I  a  erweist  II  a  sein  auf  bau.  Eine  erzählende 
einleitung,  die  eine  dublette  zu  Ic  geworden  wäre,  unter- 
drückt Adeimantos  auf  den  rat  des  Timolaos  (c.  20)  hin.  Er 
schildert  blofs  den  zustand  seines  reichtums;  und  zwar  be- 
schreibt er  bedacht  3):  «)  haus  und  einrichtung  (c.  20.  21); 
ß)  sein  benehmen  1)  gegen  reiche,  2)  gegen  arme  (c.  22); 
«1)  seinen  tisch  (c  23);  ß^)  seine  freigebigkeit  1)  gegen  die 
Stadt  (c.  24),  2)  gegen  die  freunde  (c.  25).  Sachbeschreibungen 
und  zweigliederige  Sittenschilderungen  wechseln  regelmäfsig 
ab.  Die  gleichartigen  teile  verklammert  Adeimantos  durch 
Wiederholung  einer  bemerkung'  aus  dem  Schlüsse  des  ersten 
im  anfange  des  entsprechenden  zweiten: 


c.  20:    o   ZQVOoq    6h    xoV.oq   rißlv 

c.  22:  ot  (Je  cmo7iviy?]aoviai  oi 
nlovoLOi  oQüivTsg  o~/r//i(aza,  'mnovq 
xat  nalöaq  wQaiovq  ooov  6ioyi?.iovq 
xxX.  r^ 


c.  23:  uxa  öetnva  inl  yQVOOü  xx).. 

c.  24:    ol   6s    vüv    nXovoioi   rcQoq 
e/xh  'Iqoi  6ri)M6t}  unuvxeq  xx).. 


Die  chiastische  Stellung  dieser  dergestalt  als  zusammen- 
gehörig bezeichneten  abschnitte  aa^  und  ßß'^  erforderte  ihre 
logische  gliederung.  aa^  sind  nämlich  angeordnet  in  der 
richtung  vom  allgemeinen  zum  besonderen,  ßß'^  umgekehrt. 
Der  detailbeschreibung  des  reichtumes  mufste  seine  allgemeine 
vorausgehen,  wie  Adeimantos  selbst  zu  beginn  seines  yuQax- 
Tf/QtöfKk  in  c.  20  andeutet.  Dagegen  waren  die  eingehenden 
darlegungen  über  die  grolsartige  freigebigkeit  des  Adeimantos 
{ß  1)  erst  nach  einer  vollständigen  auf  Zählung  seiner  reichtümer 
am  platze.    Es  umschlielsen  somit  die  allgemeinen  abschnitte 


1)  Vgl.  Eeichel  a.  a.  o.  p.  72. 

2)  Vgl.  Eeichel  p.  59. 

^)  Vgl.  den  anfaug  (c.  20):  EvS-vq  ovv  xaxu  xov  '^Höio6ov  otxoq  xo 
TiQüJxov  und  die  fortschreitenden  einsätze  der  folgenden  abschnitte: 
h(jO))q  enl  xovxoiq  a'/.ovQyiq  (c.  22),  eixa  öelnva  inl  yjivooC  (c.  23),  ol 
6h  vCv  nkovoioi  (c.  24),  xolq  (pi/.oiq  6h  vßZv  (c.  25). 

3* 


36 

aß^  die  speziellen  ausfülirimgen  a^  ß.  IIa  ist  demiiacli  zwei- 
gipflig. Einfach  ansteigend  gebaut  ist  dagegen  sein  pendant, 
die  txfpQaoig  la.  Sie  zerfällt  in  drei  abschnitte;  in  die  be- 
schreibung  a)  des  todten  Schiffskörpers  (c.  5);  ß)  des  ihm 
accessorischen,  ihn  belebenden  1)  bemannung,  2)  ladung  (c.  G 
—  :irQdg  TQocf/jv);  y)  in  das  Signalement  seines  lenkers,  des 
Steuermannes  Heron  (c.  6).  Und  zwar  steht  das  ausführlicher 
beschriebene  an  bedeutung  hinter  dem  knapp  skizzierten 
zurück.  Die  breite  schiffsbeschreibung  «)  ist  der  ausgangs- 
punkt  der  reihe  und  der  kurze,  in  den  namen  des  beschriebenen 
ausklingende,  dxoviöiuk'^)  Herons  /)  ihr  höhepunkt.  Be- 
schränkt sich  die  Verwandtschaft  von  la  und  IIa  auf  ihre 
Zugehörigkeit  zur  selben  rhetorischen  gattung,  so  erstreckt 
sich  die  von  Ib  und  IIb  auch  auf  auf  bau  und  technik.  IIb 
lehnt  sich  nicht  umsonst  im  ganzen  und  in  details,  deren 
auffälligstes  auch  der  scholiast  auf  seinen  Ursprung  zurück- 
führt, 2)  an  die  geschichte  vom  Alexanderzuge.  Lukian  will 
durch  diese  historische  aualogie  nicht  nur  den  Samippos  als 
kyniker  festlegen,  sondern  auch  einen  ersatz  für  die  be- 
glaubigungen  von  Ib  geben.  Ib  und  IIb  steigen  zu  einem 
höhepunkte  gegen  schlufs  an:  Ib  gipfelt  in  die  Sturmschilderung 
des  9.  c.  ( —  jjÖTj  ro)  xQijUvm  jrQ00q)8Q0(.itvr/v);  IIb  in  die 
Schilderung  der  entscheidungsschlacht  (c.  36.  37).  Beidemal 
bricht  die  erzälilung  niclit  mit  ihrem  höhepunkte  ab,  sondern 
es  wird  noch  über  seinen  einflufs  auf  den  verlauf  der  ge- 
schichte in  einem,  durch  leidenschaftslose  ruhe  der  vorher- 
gehenden bewegten  Schilderung  kontrastierten,  abschnitte 
berichtet.  Beidemal  erfährt  ferner  die  erzählung  vor  ihrem 
höhepunkte  eine  retardation,  also  eine  spannende  Unterbrechung; 
in  Ib  in  den  durch  autopsie  bezeugten  geographischen  an- 
gaben des  Wiedererzählers  (c.  8),  in  IIb  durch  den  vom  er- 
zähler  selbst  veranlafsten  kriegsrat  seiner  zuhörer  (c.  35)  und 
durch  die  spannenden  einwürfe  Lj'kins  in  den  schlachtbericht. 
Auch  I  c  und  II  c  ist  Zweiteilung  in  die  theoretischen  Voraus- 
setzungen  der   annahmen  und  in  deren  praktische  ausmalung 

1)  Reichel  p.  77. 

^)  Scholia  in  Lucian.  ed.  Rabe  250,  8  zu  c.  83.  Vgl  ai;ch  Rudolf 
Helm,  Lucian  und  Meuipp.  Leipzig  190G,  p.  339;  Thaddaeus  Sinko,  Eos 
XIV  (1908)  148;  aber  W.  Scbmid,  Philologus  L  (1891)  307. 


37 

gemeinsam.  Beide  :rXa6/taTa  unterscheiden  sich  nur  darin 
von  einander,  dafs  jene  Voraussetzungen  in  Ic  wirklich,  in 
II c  irreal  sind;  darin  besteht  ja  die  differenz  von  glaub- 
"würdigkeit  zwischen  di/jyyjiia  pionr/.ör  (Ic)  und  öiifpuia 
fivfhixör  (II  c).  Die  grenze  zwischen  —  kurz  gesagt  — 
theoretischem  und  praktischem  teile  in  Ic  bezeichnen  die 
Worte:  TovrT{:v{)^}'  ovv  i^raricji'  tÄoyiCöfnjv  (c.  13). i)  Der 
theoretische  teil  wurde  somit  in  Ic  nur  angedeutet,  um  eine 
dublette  zu  la  zu  vermeiden.  Der  angelpunkt  von  II  c  liegt 
in  dem  einerseits  zusammenfassenden,  andererseits  als  {)^toig 
den  folgenden  details  vorangestellten  sätzchen:  ordlr  yaQ 
Ös/joet  fi£  ravTCc  tyoi-ra  (c.  44)  und  so  ziemlich  genau  in  der 
mitte  der  ganzen  erzählung. 

Der  steigernden  anordnung  der  ioTOQiai  la — II  c  nach  dem 
grade  ihrer  Wahrheit,  welche  die  sj^mmetrische  Zweiteilung 
des  dialoges  durchbricht,  wurde  schon  oben  gedacht.  Hier 
ist  noch  die  steigernde  anordnung  nach  der  grofsartigkeit  der 
wünsche  zu  erwähnen.  Sie  ist  von  untergeordneter  bedeutung, 
da  notwendig  auf  die  planmäfsigen  wünsche  von  II  beschränkt. 
Adeimantos  fafst  (c.  25)  seine  ausführungen  folgendermafsen 
zusammen:  tovtov  aßov/.oftijv  ßivjvcu  tÖv  ßiov  :täovtcöv  tg 
vjtiQßoh)v  xai  TQVcfoJv  y.cä  rrdoaig  rjöovaig  d^&^ovojg  yQoiftevog. 
Samipp  formuliert  das  ziel  seines  Wunsches  vor  der  ausmalung 
desselben  (c.  28):  ccItm  6?)  ßaoihvg  yej'to&cu  orx  ^"^^  ^A).t^av- 
ÖQog  6  ^üJjcjrov  ?]  IlTO?.£ficdog  ?]  Mid^Qt-ödrijg  ?j  h  zig  äXlog 
ixöi^ufterog  rz/r  ßaoi/.eiav  jraQa  JtarQog  t/Qs^v,  d).).ä  [loi  to 
:jiQ0JT0V  djib  hjOTeiag  dQsccfarco  hrcügoi  y.cä  ovrcof^örai  ooov 
TQidxorra,  jtiotoI  f(d/M  y.cä  jiQO&vf/oc,  yevtOd^mCtav  xrX. 
Timolaos  bezeichnet,  wie  Adeimantos,  sein  ideal  am  Schlüsse 
des  Wunsches,  der  dasselbe  veranschaulichte  (c.  44):  y.cu  d-iog 
iööxovv   Toig    dlkoig.'^)     Auch   Lykins   kritik    über  IIb   be- 


»)  S.  oben  s.  30  \ 

2)  Ähnlich  klingt  die  erzählung  Ic  des  Adeimantos  in  das  resüme 
aus  (c.  13):  xcd  aovorovyl  ßaai/.evQ  yofiiZö/^ttro^.  Timolaos  gibt  sich  durch 
dies  zusammentreffen  mit  dem  von  ihm  getadelten  Adeimantos  dieselbe 
blöfse,  wie  in  dem  oben  s.  34^  erörterten  falle.  Vgl.  ferner  c.  13  (Ic):  sl' 
tig  &ewv  rrjv  rut'v  cufvo)  e/xrjv  noii'josisv  eivai  mit  c.  42  (11  c):  tycM  6h 
ßovXofxai  zov  '^Egfifiv  ivii'xövra  /.loi  öovvai  öaxxvXiovg  zivag  xul  xoiovtovq 
xfiv  övvafxiv  XT?.. 


38 

leuchtet  in  ihrem  anfange  (c.  39)  die  steigernde  anordnnng 
dieser  wiinschziele:  reichtum,  königliche  macht,  göttlichkeit. 
Lukian  beabsichtigte  durch  sie  dem  IL  dialogteile  ein  über- 
gewicht über  den  I.  zu  verscliaffen,  um  labiles  gleichgewicht 
beider  zu  verhüten.  Dazu  zwang  ihn  einerseits  die  berück- 
sichtigung  der  erzählungen  von  I  bei  der  aufreihung  der 
kerngeschichten  nach  ihrer  Wahrheit,  also  die  preisgäbe  der 
typischen  .T()oo////or-rahmenform,  andererseits  die  beschränkung 
des  themas  auf  II,  das  in  Ic,  dem  noch  die  abschlielsende 
dvaoxsvfj  Lykins  fehlt,  nur  präludiert  wird.  I  verhält  sich 
somit  zu  II  weder  wie  ein  jrQooliaor  zum  hauptteile,  noch  wie 
ein  hauptteil  zum  anderen,  wogegen  bei  dem  auch  auf 
quantitative  Symmetrie  bedachten  Lukian  schon  der  genau 
die  hälfte  von  II  betragende  umfang  von  I  spräche.  Zwischen 
diesen  beiden  grenzen  liegt  vielmehr  das  richtige.  "Wie  Ic 
das  in  IIa — II c  behandelte  dialogthema  ankündigt,  so  I  die 
komposition  von  IL  I  ist  demnach  die  projektion  von  IL  — 
Das  architektonische  prinzip  des  IlÄorov  ist  der  kontrast.i) 
Auf  ihm  beruht  die  thematische  gegenüberstellung  von  ge- 
sprächs-  und  erzählungspartien.  Die  dazu  nötige  einheit  der 
erzählungsreihe  wird  durch  die  durchlaufende  steigernde  an- 
ordnnng der  geschichten  (nach  ihrer  Wahrheit)  gewonnen,  die 
einheit  der  dialogischen  partien  durch  ihre  beherrschung  von 
der  einen  rahmenngur  Lykinos  zum  ausdrucke  gebracht.  Die 
symmetrische  Zweiteilung  der  erzählungen  auf  grund  ihrer 
rhetorischen  Parallelität  ist  ebenso,  wie  ihre  Steigerung,  nur 
von  technischer  bedeutung.  Sie  dient  —  wie  gesagt  —  zur 
begrenzung  und  plastischen  herausarbeitung  desjenigen  dialog- 
teiles,  in  dem  der  thematische  kontrast  zur  vollen  entfaltung 
gelangt,  nämlich  der  IL  dialoghälfte.  Lukian  bewältigt  somit 
seine  künstlerische  aufgäbe  hauptsächlich  mit  hilfe  des  kon- 
trastes,  zu  dessen  Unterstützung  er  Steigerung  und  parallelismus 
verwendet. 


')  Als  rhetorische  gepflogenheit  lassen  diese  kontrasttechuik  Lukians 
erkennen  die  geistreichen  darlegungen  von  Ivo  Brniis,  EliMfPh,  NF. 
XLill  (1888)  98  ff. 


y\ 


m. 

^iXo^evSrjg  ij  djiiötcov. 

Liikian  umschlofs  die  wimdergeschichten  des  (piloii^ivö/g 
mit  einem  doppelten  rahmen.  Der  erste  (c.  1 — 5.  39  mittel) 
—  40)  stellt  in  einem  gespräclie  des  wiedererzälüers  T^^cliiades 
mit  Pliilokles  dem  dialoge  sein  tliema;  der  zweite  (c,  6 — 10. 
38 — 39  mitte),  dem  auch  die  verbindenden  dialogischen  partien 
zwischen  den  einzelnen  geschichten  angehören,  dient  der  ein- 
fiihrung  des  Tychiades  in  die,  beim  kranken  Eukrates  ver- 
sammelte, Philosophengesellschaft  und  seinem  abgange  aus 
ihr.  Gemeinsam  ist  den  beiden  randteilen  dieses  inneren 
rahmens,  dals  Tj^chiades  während  der  Unterhaltung  der  ge- 
sellschaft  eintritt  und  abgeht;  er  hört  also  zu  beginn  und  zu 
ende  seines  besuches  nur  bruchstücke  von  gesprächen.  Diese 
gesprächsfragmente  behandeln  jedoch  nicht,  wie  die  erzählungen 
des  mittelstückes,  wundermären;  sondern  sie  stellen  an  zwei 
beispielen  (c.  10.  38)  die  grundlage  des  aberglaubens  der 
sprechenden  als  kritiklose  götterverehrung  dar,  begründen 
also  die  einlagen  des  hauptteiles  mit  der  geistigen  Unfreiheit 
ihrer  berichterstatter. 

Tychiades  verläfst  fluchtartig  den  Eukrates.  Dieser  ab- 
gang  ist  der  ausdruck  steigernder  anordnung  der  erzählungen 
in  c.  11 — 37.  Die  geschichtenreihe  gipfelt  in  ihr  endstück. 
Da  die  elf  erzählungen  an  wunderbarkeit  einander  nicht  viel 
nachgeben,  also  keine  merkliche  gewichtigkeitsdifferenz 
zwischen  ihnen  besteht,  wird  die  Steigerung  (statt  kompo- 
sitioneil) durch  folgende  technische  mittel  erreicht :  [I]  parallel- 
versionen  zu  einer  hauptgeschichte,  [II]  verschiedene  autorität 


^)  Vgl.  c.  39:  Toiairä  aot,  uj  *I>i).6k).eiq,  nuQu  EvxqÜi^i  ditoiaag 
7}X(o  xrk.  mit  c.  5:  tyu)  yuQ  txuqu  EvxQcaovq  ijxio  aoi  zov  nüvv  noD.ä 
XU  aniaza  xcd  ftvO^wS?]  äxovaaq  xx).. 


40 

der  bericliterstatter,   [III]  Verstärkung  der  beglaubigung  des 
vorgebrachten. 

[IJ  Auf  die  mitteilung  solcher  parallelversionen  beschränkt 
sich  der  arzt  Antigonos  in  c.  21,  wo  er  eine  von  Eukrates 
erzählte  begebenheit  durch  eine  ähnliche  bekräftigt  und  in 
c.  26,  wo  er  ein  analogon  zu  einer  wundermär  Kleodems  zum 
besten  gibt.  Die  untergeordnete  Stellung  des  Antigonos  deutet 
Lukian  durch  seinen  nichtphilosophischen  beruf  an;  deshalb 
auch  seine,  in  c,  8  erwähnte,  geringschätzung  durch  die  philo- 
sophische gesellschaft.  Eukrates,  eine  karrikatur  des  Sokrates,^) 
führt  das  grofse  wort  in  ihr.  2)  So  erzählt  er  allein  vier  bei- 
spiele,  während  auf  Kleodemos,  Jon,  Antigonos  nur  je  zwei, 
auf  den  später  zutretenden  Arignotos  gar  nur  eines  entfallen. 
Aber  nicht  allein  die  zwei  von  Antigonos  berichteten  begeben- 
heiten  haben,  als  parallelversionen,  blofs  technische  bedeutung, 
sondern  auch  je  eine  der  erzählungen  Jons  und  Kleodems,  so 
dals  den  vier  geschichten  des  Eukrates  nur  drei  der  anderen 
Philosophen,  und  zwar  je  eine  von  Jon,  Kleodem,  Arignotos 
vorgebrachte,  gleichwertig  zur  seite  stehen.  Parallelversionen 
liegen  vor  in  den,  schon  durch  ihre  kürze  an  die  beispiele 
des  Antigonos  erinnernden,  erzählungen  Jons  in  c.  IG  und 
Kleodems  in  c.  25.  Kleodem  gibt  sein  erlebnis  in  der  absieht 
zum  besten,  das  des  Eukrates  zu  bekräftigen s)  und  bezieht 
auf  diese  weise  unwissentlich  auch  die  an  seinen  Vortrag  an- 
knüpfenden Worte  des  Antigonos  auf  das  eukratische  abenteuer. 
Die  einheitlichkeit  des  so  entstandenen  erzählungskomplexes 
deutet  Lukian  auch  dadurch  an,  dals  Tjxhiades  gegen  seine 
sonstige   gewohnheit  'des  Eukrates  bericht  über  die  Hades- 


*)  Vgl.  Eiulolf  Helm,  Lucian  und  Menipp.  Leipzig  und  Berlin  190G, 
s.  268. 

*)  Vgl.  seine  Charakteristik  durch  Tychiades  zu  beginn  des  inneren 
rahmens  (c.  6):  6  EvxQc'atjg  .  .  .  TjQttxa  iyxUvuq  r(j  <pa)v^  tg  z6  noO^ei'txöv, 
OTiöie  eldl-  /.le,  ncäxoi  ßoüJvrog  airov  xcd  ötcaeivof^tvov  ri  /lezu^v  sloiwv 
tn^xovov. 

')  S.  c.  25:  6  K).£Üihj/xog  di,  ov  xcuvä,  tinsr,  ovöh  äk/.otg  üÖqcctcc 
TccCza  e'lSeg,  ^tieI  xcd  aizog  ov  txqo  no/J.of)  voaijaag  zoiövSs  zi  i&saoäiictjv. 
Die  art  der  beziehung  von  Kleodems  yision  auf  die  des  Eukrates  unter- 
scheidet diesen  Übergang  wesentlich  von  dem  steigernden  in  c.  17.  Der 
autorität  des  Jon  wird  daselbst  die  gewichtigere  des  Eukrates  gegenüber- 
gestellt. 


41 

Vision  nur  mimisch, i)  ihre  parallelversion  in  c.  25  gar  nicht, 
sondern  erst  die  dublette  des  Antigonos  (c.  26),  d.  i.  das  letzte 
stück  der  trias,  kritisiert.  Jons  beschreibnng  der  geister- 
bannung  in  c.  16  veranlafst  dagegen  den  Eukrates,  von  seiner 
dämonischen  Pelichosstatue  zu  fabeln.  Die  sekundäre  be- 
deutung  von  Jons  bericht  verrät,  aulser  seiner  kürze,  der 
umstand,  dals  es  sich  im  ganzen  um  kein  individuelles  erlebnis, 
sondern  nur  um  eine  allgemein  bekannte  tatsache  handelt; 
blofs  in  den  schlufs Worten,  die  den  spott  des  Tj^chiades  heraus- 
fordern und  so  die  erzählung  des  Eukrates  direkt  verursachen, 
wird  eine  persönliche  beobachtung  angedeutet. 2)  Diese  auf- 
fassung  des  c.  16  unterstützt  der  umstand,  dals  die  lange  Vor- 
bemerkung zu  dem,  auf  ein  mindestmafs  verkürzten,  erlebnis 
Jons  die  vorhergehende  gruppe  der  beschwörungsgeschichten 
ebenso  abschliefst,  wie  das  Vorwort  Kleodems  (c.  13)  vor  seiner 
erzählung  von  Glaukias  und  Chrysis  die  beschwörungs- 
geschichte  Jons  in  c.  11  und  12  oder  die  von  Tychiades  ein- 
geflochtene anekdote  aus  dem  leben  Demokrits  (c.  32)  die 
histörchen  über  revenants.  Die  ausführungen  Jons  in  c.  16 
verhalten  sich  demnach  zur  folgenden  geschichte  des  Eukrates, 
gleich  dem  Signalement  des  durch  alle  vier  demente  wandelnden 
hyperboreers  (c.  13)  oder  des  memphiten  Pankrates  (c.  34)  zu 
den  anschliersenden  geschichten  Kleodems  oder  Eukrates'; 
alle  drei  dienen  zur  allgemeinen  einleitung  in  die  folgenden 
individuellen  erlebnisse.  —  Die  Verwendung  von  parallel- 
versionen  begünstigte  die  Ordnung  der  einlagen  in  fünf  sach- 
gruppen,  wie  ein  blick  auf  die  erste  rubrik  der  umstehenden 
tabelle  lehrt. 

Die  komposition  der  fünf  gruppen  ist  eine  zentrale; 
I  und  V  sind  thematisch  identisch,  II  und  IV  thematisch 
gleichartig,  III  blieb  ohne  gegenstück.  Die  künstlerische  ab- 
sieht der  Steigerung  fördert  eine  solche,  zum  mittelpunkte  der 
geschichtenreihe  gravitierende,  aufreihung  scheinbar  nicht. 
Wirklich  ist  zunächst  nur  von  I— III  ein  anschwellen  zu  be- 
obachten.   II  und  III  sind  gewichtiger  als  I,  weil  dort  die 


*)  Vgl.  c.  24:  xdyu)  iytXaoa  xxX. 

^)  C.  16:  iyco  [Jon]  yovv  xul  ddov  i^iöviu  [den  dämou]  iih)Mva  xul 
xanvwÖT]  i^v  /QOiäv. 


42 


I  magier 


II  dämonen 


III  Hadesvisionen 


IV  revenants 


V  maqier 


1.  Jon  c.  11—12 

2.  Kleodem  c.  14 

3  a.  Jon  c.  16  (Übergang) 

3.  Eiikrates  c.  18-20 
3b.  Antigonos  c.  21 

j  i.  Eukrates  c.  22— 2-i 
!  4  a.  Kleodem  c.  25 
I  4b.  Antigonos  c.  26 
f  5.  Eukrates  c.  27 
\G.  .^rignotos  c.  30—31 

7.  Eukrates  c.  33—36 


}  A)  Jon 

}  a)  eigenes  erlebnis 

[  B)  Kleodem 

\  /?)  eigenes  erlebnis 
auf    allgemeiner 

1        grundlage 

]  }')  zeugen 

C)  Eukrates» 

}  (V)  Zeugenaussage 

j  e)   schwur 

D)  Arignotos 

}  t.)  objektiver  beweis 

] 

\  Tj)  fähigkeit,  das  er- 
lebnis zu  wieder- 

E)  Eukrates  2 

1 

1        holen 

beispiele  auf  einander  bezogen  werden,  während  sie  hier  nur 
neben  einander  stehen.  III  überragt  II,  weil  dort  zwei  gleich- 
artige geschichten  die  haupterzählung  bekräftigen,  hier  jedoch 
blofs  eine,  da  die  überleitenden  betrachtungen  Jons  in  c.  16 
nur  als  anregung  zum  hauptbeispiele  wirken.  Nach  dieser 
argumentation  stehen  IV  und  V  ebenfalls  hinter  III  zurück. 
Unter  IV  vereinigt  Lukian  noch  loser  und  zufälliger,  als 
unter  I,  zwei  berichte,  da  Arignotos  die  erzählung  seines  Vor- 
redners gar  nicht  kennt;  er  tritt  ja  erst  nach  ihrem  beschlusse 
bei  Eukrates  ein.  ^)  V  enthält  nur  ein  einziges  beispiel  gegen- 
über allen  vorhergehenden  gruppen;  die  schlufsabteilung 
erscheint  demnach  als  die  minderwertigste. 

[II]  In  Wahrheit  ist  sie's  schon  wegen  der  verschiedenen 
autorität  der  erzähler  nicht.  Das  grölste  vertrauen  besitzt 
von  vorne  herein  (vgl.  c.  5)2)  die  Sokrateskarrikatur  Eukrates, 
der  denn  auch  am  meisten  auf  den  ungläubigen  Tychiades 
einspricht.  Eukrates  führt  in  c.  17  selbst  seine  autorität  ins 
treffen;  sie  wird  da  noch  von  Tychiades  respektiert.  In  c.  32 
erhebt  dann  Arignotos  die  glaubwürdigkeit  des  Eukrates  über 
seine  eigene  und  die  der  anderen  anwesenden:  ov  6t,  ?}  ö'  ög  6 


^)  C.  29:  trrt  rovroiq  o  IlvO^ayoQixog  'Ajjiyycoioi;  doTilQ^ev  xxl. 

»)  Daher  trifft  der  tadel  des  Tychiades  (in  c.  5)  wegen  der  über- 
schwänglichen  beglaubigung  handgreiflicher  lügen  den  Eukrates  allein, 
obwohl  seine  freunde  sich  derselben  beglaubigungstechnik  bedienten  und 
daher  heilst  der  dialog  <l>0.o\pbv6riq,  nicht  f/u/.oiitvdslg.  Vgl.  P.  M.  Bolderman, 
Studia  Lucianea.    Diss.  Leiden  1893,  p.  17*. 


43 

'AQiyj'onoc,  el  fnjre  tfiol  jtiGreveig  Xtyopti  fojre  Jeiroficr/ro  1} 
KXioöf'/juo  Tovro/i  [tt'iTE  avroi  EvxQarei,  rptQe  Eijch  riva  jkqI 
rcöv  TOiovTcoi^  d^iojciöToreQov  r/yy  Tch'arria  ?){/iv  liyovru; 
Nach  Eiikrates  gilt  Arignotos  als  der  vertrauenswürdigste, 
wie  die  elirfurcht  lehrt,  mit  der  ihm  auch  Tychiades  anfangs 
(c.  29)  begegnet.  Der  pj'thagoräer  verscherzte  dessen  achtung 
erst  durch  seine  teratologie ;  nach  ihrer  erzählung  wagte  ihm 
Tychiades  (in  c.  32)  frei  zu  erwidern.  Dadurch  dals  Lukian 
den  Arignotos  einführte,  nachdem  sich  Eukrates  schon  dis- 
kreditiert hatte,  stellt  seine  erzählung  gegenüber  den  vorher- 
gehenden eine  Steigerung  dar.  Nachdem  auch  Arignotos 
enttäuscht  und  selbst  dem  Eukrates  den  vorrang  zugesprochen 
hatte,  konnte  Lukian  durch  die  schlufsgeschichte  in  Eukrates' 
munde  nicht  nur  des  Arignotos,  sondern  auch  die  früheren 
beispiele  jenes  übertrumpfen.  Jon  und  Kleodem  geniefsen 
geringeres  vertrauen;  ihre  haupterzählungen  eröffnen  daher 
die  beispielreihe.  Auch  dafs  sie  im  übrigen  nur  als  erzähler 
von  parallel  Versionen  zu  worte  kommen,  unterscheidet  sie 
wesentlich  von  Eukrates  und  Arignotos.  Kleodem  rangiert 
vor  Jon.  Diesen  rangunterschied  rechtfertigt  der  Verfasser 
mit  dem  vorgeben  des  peripatetikers  (c.  13),  er  sei  kein  un- 
kritischer, sondern  durch  erfahrungen  überzeugter  anhänger 
des  Wunderglaubens.  Daher  erhebt  sich  seine  parallele  in 
c.  25  fast  zur  bedeutung  eines  hauptbeispieles,  Avährend  die 
Jons  in  c.  16  nur  die  Verbindung  zwischen  zwei  erzählungs- 
gruppen  herstellt  und  eine  anreguug  gibt,  also  rein  technische 
bedeutung  hat.  Der  arzt  Antigonos  endlich  erzählt  als  nicht- 
philosoph,  wie  schon  erwähnt,  ausschliefslich  parallelfassungen, 
ist  somit  in  der  untergeordnetesten  rolle  beschäftigt.  Diese 
erwägungen  führen  zur  folgenden,  nach  der  autorität  der 
berichterstatter  ansteigenden,  reihe  von  haupterzählungen,  die 
in  die  zweite  rubrik  der  tabelle  oben  auf  s.  42  eingetragen  ist: 
A)  Jon,  B)  Kleodem,  C)  Eukrates  1,  D)  Arignotos,  E)  Eukrates  2. 
Der  Schlufspunkt  der  reihe  ist  ihr  höhepunkt.  Die  ijradatio 
von  A)  —  C)  läuft  parallel  der  durch  nebenerzählungen  be- 
wirkten, die  speziell  der  gliederung  innerhalb  C)  dient. 

[III]  Wie  durch  nebenerzählungen,  so  wird  auch  durch 
ihre  beglaubigungen  die  Steigerung  von  A) — E)  heraus- 
gearbeitet und  diese  reihe  noch  weiter  abgestuft.    Jon  und 


44 

Kleodem  meinen  die  wahiiieit  ihrer  wundergescliichten  in 
c.  11 — 12  und  c.  14  aufser  frage  zu  stellen,  indem  sie  dieselben 
als  erlebnisse  ausgeben.  Und  zwar  bestimmen  sie  entweder 
die  begebenlieit,  deren  augenzeugen  sie  sein  wollen,  durch 
zeitliche,  örtliche  details,  oder  sie  berufen  sich  direkt  auf  ihr 
erlebnis.  In  die  erste  kategorie  gehören  die  einsätze  in  c.  11 
(chronographisch :  t]v  iilr  tyo)  [HLQccyuov  tri  dficpl  ra  t^ttccqcc- 
yaidrxa  Iti]  oxtdör ')  und  c.  14  (topographisch :  lyro  yovv 
6i7f//jCoifai  v(/Tr  a  tiöov  yi:i'6inra  vjt^  ccvrov  Iv  D.uv/Aov  zov 
'4Af 5^ x-?vfc'orc  •) ,  in  die  zweite  die  an  Tj'chiades  gerichteten 
schlulsworte  Kleod.ems  (c.  15),  dafs  jener,  weun  er  die  taten 
des  hyperboreers  ebenfalls  selbst  gesehen  hätte,  sich  dem 
Wunderglauben  nicht  länger  verschlösse.  9  Kleodems  erzählung 
hat  aber  vor  der  Jons  aufser  diesem  direkten  Zeugnisse  noch 
ein  Signalement  des  hyperboreischen  Zauberers  (c.  13)  voraus, 
das  über  seine  magische  leistungsfähigkeit  unterrichtet.  Jon 
charakterisiert  dagegen  den  schlangeubanner  (in  c.  11)  nur 
als:  (h'dQa  Bußvlcünov  rojv  XaXöcdcor,  ojg  (faoiv.  Das 
Signalement  des  nordischen  magiers  bezeugt  Kleodem  gleich- 
falls durch  autopsie.-)  Zu  denken  ist,  was  aber  Lukian  im 
Interesse  technischer  Ökonomie  noch  nicht  ausdrücklich  be- 
merkt, an  öffentliche  Produktionen  des  hyperboreers,  die  seine 
magische  kunst  erweisen  und  so  seine  rolle  in  dem  sonder- 
erlebnisse  Kleodems,  in  der  geschichte  von  Glaukias  und 
Chrysis,  glaubwürdig  machen  sollten.  Kleodems  fabelei  ist 
demnach  besser  bezeugt,  als  die  Jons;  d.h.  der  fortschritt  von 
Jons  geschichte  zu  der  Kleodems  bedeutet  eine  Steigerung. 
Den  Tychiades,  der  einen  augenscheinlichen  beweis  verlangt, 
vermag  sie  von  seinem  Unglauben  jedoch  nicht  zu  heilen,  wie 
seine,  an  die  schlufsworte  Kleodems  angeknüpfte,  kritik  be- 
weist. 3)    Daher  beruft  sich  Eukrates  in  c.  18  auf  seine  haus- 


')  C.  15:  el  ratJra  elSeg,  a>  Tv/jädr],  ovx  elf  In  i]7iioT7]Ciaq  elvai  noD.u 
tv  xaXq  Inux^uTg  '/Qr\oiy.u. 

^)   C.  13:    tlÖOV    7l£l6fX8VOV    TOV    ^IVOV    TOP    ßc'.QßUQOV   ...    xl   yuQ   iihi 

Tcoislv  avTov  OQüJria  öiu  rov  uiQoq  (pe^öfierov  ^ftiQccg  ovotjg  xal  Icp  vöaxoq 
ßuöiCyOVXu  xal  6ia  nvQoq  öie^iövia  xcd  oyoXfi  xul  ßuötjv; 

^)  C.  15:  tv  Xi-yeig,   7/v  d'  tya>'   inioxstov  yßß  av,  tl' ye  eldov  uvxä, 
vf)v  6s  ovyyycü/utj,  oi/xcci,  el  fxrj  xu  ofxoia  v/xcv  o^vösQxelv  v/^<ji. 


45 

leute  als  zeugen^)  seines  erlebnisses.*^)  Lukian  erreichte 
diesen  höheren  grad  der  beglaubigung  nicht  unvermittelt. 
Als  Vorstufe  mufs  Jons  versuch  in  c.  16  gelten,  sein  erlebnis 
auf  einen,  als  magier  allbekannten,  mann  zu  projizieren; 3) 
um  diesen  einen  "wesentlichen  zug  hat  er  nämlich  das  ihm 
vorschwebende  Signalement  des  hyperboreers  bei  Kleodem 
vermehrt.  Wie  die  öft'entlichkeit,  so  führt  auch  die  häufigkeit 
des  erlebnisses  zur  zeugenfiktion ;  wiederholt  will  daher 
Eukrates  geistererscheinungen  gehabt  haben.  ^)  Auch  die 
Verstärkung  der  beglaubigung  durch  zeugen  lehnt  Tjxhiades 
höhnisch  ab.  ^)  Eukrates  geht  also  von  der  blofsen  erwähnung 
der  zeugen  zur  dramatischen  Zeugenaussage  weiter.  Als 
trumpf  spielt  er  sie  am  Schlüsse  der  Schilderung  seiner  Hades- 
vision (c.  24)  aus.  Er  ruft  daselbst  den  Sklaven  Pyrrhias,  der 
bei  einem  teile  des  erzählten  erlebnisses  zugegen  war,  zum 
zeugen  auf  und  dieser  vergröfsert  freigebig  die  lügen  seines 
herrn  durch  einige  details.  Seine  Hadesvision  hatte  Eukrates 
zu  beginn  ihrer  Schilderung  als  bezeugtes  erlebnis  aus- 
gegeben ;'5)  er  ging  somit  von  der  im  vorhergehenden  stücke 
angewendeten  form  der  beglaubigung  aus.  Die  Steigerung 
von  nr.  3  zu  nr.  4")  machte  er  auf  diese  weise  sinnfälliger. 
Den  qualitätsunterschied  zwischen  nr.  3  und  nr.  4  verdeutlichte 
Eukrates  aber  auch  durch  die  art  der  beglaubigung  des  ge- 
siebtes, als  eigenen  erlebnisses.    Er  bestimmt   es  nicht  nur 


^)  V.  18:  tÖ  yoüv  tisql  tov  ccrStiiäyToq,  i]  d'  o,"  o  EvxQÜzrjg,  anaoi 
Tolg  ini  xf^q  oixiaq  oaca  vvxreg  (puivöfxtvov  xul  naiol  xal  reavlccig  xcd 
ybQOVoi  xovTo  ov  nuQ^  ifioü  [xövov  dxovosiaq  uv,  «AA«  xal  naga  xwv 
ijfxexeQcuv  cinc'a'Tcov. 

^)  Als  erlebnis  wird  die  gescliichte  bestimmt  einerseits  durch  die 
topographische  üxieruiig-  der  statue  in  c.  18,  andererseits  durch  Eukrates' 
hinweis  auf  seine  erfahrungeu  mit  ihr  in  c.  19:  oiöa  iy(u  öoor  Öiraxui 
ovxoq  6  vno  aov  ye).(öfievog  ävÖQic'cg. 

')  C.  16:  xcd  xavxa  ovx  £/.ie  /Qt)  ).i'ysn;  a'/J.u  Tiävxeg  l'occai  xov  —V()ov 
xov  ix  xtjg  Hcü.uioxLVrig  xxl. 

*)  C.  17:  tym  ÖS  ov/_  unu^,  u'/j.u  ^VQiüxig  //J//  xu  xoiutxu  xsO^taiuu' 

^)  Vgl.  c.  19:  xl  d'  Ol;»'  xcd  uX).o  noiovvxu  OQcae  ccvxov  uTiccvieg  ol 
iv  x^  otxLu; 

*)  C.  22:  axovs  xoivvv,  h(frj  6  Evxfjcaijg,  xovxo  fxtv  xcd  tnl  ^iuqxvqcuv, 
o  TCQO  ixcvv  ntvxE  siöov 

')  S.  die  tabelle  oben  auf  s.  42. 


i6 

eingangs  genau  topo-  und  chronograplüscli,i)  sondern  er  be- 
grenzt es  auch  unter  ausdiiickliclier  berufung  auf  seine 
Wahrheitsliebe  freiwillig  enger,  als  es  bei  dem  blinden  ver- 
trauen seiner  zuhorer  auf  diese  notwendig  wäre 2)  und  gibt 
in  der  lebendigkeit  seiner  erinnerung'')  einen  beweis  für  die 
realität  der  reproduzierten  Vorstellung.  Solche  raffinierte 
Steigerung  der  Wahrheitsbeweise  machen  bezeichnender  weise 
die  nebenerzählungen  Kleodenis  und  Antigonos'  nicht  mit;  sie 
geben  sich  ganz  schlicht  als  persönliche  erfahrungen  ihrer 
berichterstatter.  So  ist  die  spukende  Hippokratesstatue  eigen- 
tum  des  Antigonos;^)  so  hatte  er  den  aus  der  unterweit 
zurückgekehrten  todten  vor  und  nach  seiner  Hadesfahrt 
ärztlich  behandelt  (c.  26).  Genauer  bezeugt  Kleodem  seine 
auferstehung  vom  tode,  einerseits  indem  er  die  ihr  voraus- 
gehende krankheit  zeitlich  festlegt  s)  und  durch  berufung  auf 
den  anwesenden  Antigonos,  als  seinen  damaligen  arzt,  sicher- 
stellt, 6)  andererseits  durch  den  hinv/eis  auf  seine  ankündigung 
des  todes  von  Demj^los,  mit  dem  er  verwecliselt  worden  war. ') 
Auch  durch  diese  sorgfältigere  beglaubigung  erhebt  Lukian 
Kleodems  Hadesfahrt  über  die  anderen  parallelversionen  seines 
(I>iloii'tvö)'iq  (vgl.  oben  s.  43).  Eine  Steigerung  der  beglaubigung 
bedeutet  aber  erst  wieder  des  Eukrates  schwur  bei  seinen 
söhnen, «)  mit  dem  er  den  bericht  über  die  erscheinung  seiner 
verstorbenen  gattin  Demainete  eröffnet.    Diese  stufe  der  be- 


*)  C.  22:  äxovs  xolvvv  .  .  .  xovto  [xlv  xal  tnt  ^uqxvqojv,  ü  jiqo  iraJv 
ntvre  eiSov  irvy/uvE  /xhv  ainpl  T()vyrjxöv  xo  exog  6v,  tyu)  6e  ufx(fl  xov 
ciyQOV  fiieaovoijg  xfjq  ijfxtQtcg  xQvywvxaq  d(pelg  xovg  iQyüxaq  xca'  (/uuvroy 
elg  xrjv  v?.ijv  anyeiv  ^exa^v  <pQorxi'C,ojv  xi  xal  avaoxonov/uEVog. 

*)  C.  24:  xov  W.äxcova  6h  ovx  iyvwQiacc '  XQV  y^9>  oißai,  nQog  (piXovg 
avSgug  xdhjS^rj  ?.tyeiv.    Vgl.  Tö^aQig  c.  21.     JZf^ii  xwv  öixpdöov  c.  6. 

')  C  22:  oQüxe  .  .  .  öncog  l'(pQi^c(,  ß)  (p'ü.oi,  fzexcc^v  ötyjyovfxevog;  xal 
i'cfxu  ).ty(i)V  iöelxviev  6  EvxQÜxjjg  xug  ltiI  xov  nr'jyevjg  XQr/ag  näoiv  u()i^ug 
VTCO  xov  (pößov. 

*)  Einsatz  seiner  erzählung  (c.  21):  xdfioi,  w  EvxQaxsg,  '^InnoxQäxrjq 
iaxl  •/_tt?.xovg  ooov  nriyvcüog  x6  ni'yti}og  xx).. 

•')  C.  25:  ...  Itcü  xul  avxog  ov  tiqo  tio'ü.ov  voai^oag  xoiöröe  xi  tOecc- 
oiqiiiv  * 

'"')  C.  25:  IneaxöncL  öt  /if  xal  iO-iQCcnevEv  'Arri'yorog  ovxog. 

'')  C.  25:  un>']yys?.?.ov  dh  unuoiv  (hg  xn9-ri]^exai  Jij/^tv).og' 

^)  C.  27:  ovxcog  örutfitjv  . . .  xovxwv  —  i:7iißu).(i)V  uvxolv  xt)v  yü^u  — 
wg  ulrjf^f,  (!)  Tvyjäi)rj,  n^ög  oe  tQüi. 


47 

teuerung  hebt  denn  ancli  Tycliiades,  als  besonders  bezeichnend, 
im  rahnieng-espräche  mit  Philokles  (c.  5)  hervor.  Im  übrigen 
ist  der  erlebnischarakter  der  begegnung  des  Eukrates  mit 
dem  g-eiste  seiner  gemahlin  nur  durch  deren  genaue  datierungi) 
und  h:»kalisation  typisch  angedeutet.  Eine  eingehende  und 
ausführliche  Ortsbestimmung  schickt  auch  der  pythagoräer 
Arignotos  der  beschreibung  seiner  geisterbanuung  voraus 
(c.  30).  Ihr  Wahrheitsbeweis  beruht  aber  ebensowenig,  wie 
in  den  übertrumpften  erzählungen  seines  Vorredners,  auf 
dieser  —  selbstbewulsten  —  ankündigung  des  erlebnisses  und 
dem  Signalement  des  gespenstes  (c.  31);  ein  solches  hatte  ja 
schon  Jon  in  c.  16  und  in  gröfster  ausführlichkeit  Eukrates 
in  c.  22  und  24  gegeben.  Der  fortschritt  besteht  vielmehr  in 
der  erklärung  des  spukes^)  durch  den  pythagoräer  am  Schlüsse 
seiner  darstellung  (c.  31).  Eine  von  ihm  veranlafste  grabung 
im  hause  ergab  nämlich,  dafs  ein  ermordeter  darin  verscharrt 
war.  Nach  seiner  rechtmäfsigen  beisetzung  erlosch  der  spuk. 
Wie  schon  Eadermacher  a.  a.  o.  betont,  will  Arignotos  mit 
dieser  geschichte  seine  behauptung  stützen,  dals  nur  die  eines 
unnatürlichen  todes  gestorbenen  menschen  den  lebenden  als 
revenants  erschienen.  Als  aber  auch  dies  auf  konkretes 
material  gestützte,  objektive  beweis  verfahren  für  die, 
von  Arignotos  bedeutend  eingeschränkte,  these  von  der 
existenz  überirdischer  phänomene  im  irdischen  leben  den 
Tjxhiades  nicht  überzeugt,  führt  Eukrates  durch  die  an- 
malsung  magischer  fähigkeiten,  die  ihm  eine  Wieder- 
holung des  berichteten  erlebnisses  ermöglichten,  den  haupt- 
streich gegen  dessen  hartnäckigen  Unglauben.'*)  Im  gegensatze 
zur  vorhergehenden  Demokritanekdote  des  Tychiades  be- 
zeichnet er  seine  geschichte  als  persönliches  erlebnis,-*)  aufser 

^)  C.  27:  hß6ü(j.rj  6h  f^ieru  rrjy  reXevxtjv  ^),utQCi  ty(o  /xsv  trruvO-a  inl 
xfli  x/.lvrjg  üJonsQ  vvv  ixeifi7]v  naQaf-ivd^ovfierog  xö  ye  ner&og' 

^)  L.  Eadermacher  in:  Festschrift  Theodor  Gomperz  dargebracht. 
Wien  1902,  p.  205f.  fafst  sie  daher  mit  recht  als  pointe  der  von  ihm 
rekonstruierten  teratologie  auf. 

^)  Die  richtigkeit  dieser  deutung  der  schlulsgeschichte  verbürgt  ihre 
Zielsetzung  in  c.  33:  t«/«  y^Q  «*'  'f«'  (»v,  (o  TvyiäSrj,  uaovwv  iiQooßi- 
ßuo&sirjg  nQog  xrjv  u?.j]x^£ucv  xov  ^it^y/jfxcczog. 

*)  C.  33:  iy(o  6s  v/xTv  xul  al'/.o  6it]y/jOO(/.tci  uvxdc  na&cür,  ov  ncc^' 
aV.ov  axovoaq,  • 


48 

tliiiTli  den  zu  diesem  zwecke  üblichen  chrono -topographiscli 
detailierten  eingang-  (c.  33),  durch  das  ebenfalls  typische 
Signalement  seines  lehrers,  eines  ägyptischen  Zauberers,  i)  Es 
besitzt  Vorläufer  an  dem  des  chaldäers  bei  Jon  (c.  11),  des 
hj'perboreers  bei  Kleodem  (c.  13)  und  dem  des  syrers  bei  Jon 
(c.  16).  Infolge  der  öffentlichkeit  der  Produktionen  des  ägypters 
steht  sein  Signalement  auf  derselben  stufe  der  glaubwürdigkeit, 
wie  das  bestbezeugte  unter  den  übrigen,  das  des  Syrers  aus 
Palästina.  Den  nachteil,  dals  Eukrates  seinen  wundermann 
in  Ägypten  in  tätigkeit  sah,  während  die  anderen  barbarischen 
goeten  in  Griechenland  selbst  gewirkt  hatten,  gleicht  Arignotos 
durch  die  drayrcJQiaig  tx  ovlloyKj^wv'^)  des  ägypters,  als 
seines  lehrers  Pankrates,  aus.  Lukian  benützte  diese  wieder- 
erkennung,  um  durch  den  pythagoräer  den  namen  des  memphiten 
zu  nennen  und  seine  personsbeschreibung^)  zu  geben.  Er 
machte  auf  diese  ^veise  das  Signalement  des  ägyptischen 
Zauberers  zum  ausführlichsten,  wahrscheinlichsten  und  so 
beweiskräftigsten  unter  allen  und  damit  zur  passenden  ein- 
leitung  der  schlufserzählung,  als  des  höhepunktes  der  beispiel- 
reihe. Die  pointe  der  geschichte,  nämlich  des  Eukrates  be- 
hauptung,  das  zauberstückchen  Aviederholen  zu  können,  wird 
von  ihr  durch  eine  zwischenfrage  des  Deinomachos  abgehoben 
(c.  36  schlufs).^)  Diese  isolierung  macht  sie  wirksamer  und 
deutet  ihren  qualitativen  Vorzug  vor  den  übrigen  beglaubigungen 
an.  Der  erhellt  auch  aus  dem  eindrucke  der  frechen  lüge 
auf  Tychiades.  Während  er  früher  mit  höhn,  mit  Unglauben 
und  mit  argumenten  e  causa,  e  contrario  und  ex  auctoritate 
erwidert  hatte,  fafst  ihn  jetzt  (c.  37)  der  zorn  über  die  albernen 
histörchen,  mit  denen  die  phüosoj^hen  einander  regalieren. 
Gerade  der  stärkste  im  laufe  des  gespräches  gewagte  be- 
glaubigungsversuch  hat  somit  für  Tychiades  jeder  weiteren 
beweisführung  der  gegner  ein  ende  gemacht.  —  Ein  rückblick 
auf  den  letzten  [IIL]  teil  der  vorstehenden  ausführungen  lehrt, 
dal's  der  Verfasser  sechs  grade  der  bezeugung  —  abgesehen 


')  C.  34:  Mei^KfitriQ  uv^Q  xüiv  leQoyQuixfxaxtiov,  O^av/xäaiog  xtjv  oo(plav 
xal  ZTJv  ntciöeiuv  nüouv  tlämq.  xriv  Alyvnximv  xxX. 

2)  Vgl.  Aristot.  nti>l  noirjxixfiq  c.  10  (p.  1455  a,  4  Christ). 

*)  Vgl.  R.  Reitzeiistein,  Hellenist,  winidererzäbl.    Leipzig  190G,  p.  39. 

*)  Vgl.  den  ähnlichen  gebrauch  der  zwischenfrage  im  Tö^uQiq  c.  21. 


49 

von  den  nebenerzälilungen  in  stetiger  Steigerung  —  angewendet 
hat,i)  nämlich  die  beglaubigung  diircli:  a)  eigenes  erlebnis, 
ß)  eigenes  erlebnis  auf  allgemeiner  grundlage,  7)  zeugen, 
ö)  Zeugenaussage,  t)  scliwur,  ^)  objektiver  beweis,  //)  die 
fähigkeit,  das  erlebnis  zu  wiederholen. 

Zusammenfassend  ist  festzustellen,  dafs  Lukian  die  nach 
ihrem  Inhalte  konzentrisch  gruppierten  wundergeschichten  des 
(T>(Äot!'tv(hjg  gleichzeitig  in  eine  lückenlos  zu  ihrem  schlufs- 
und  hühepunkte  ansteigende  reihe  geordnet  hat.  Erreichte 
der  Verfasser  die  konzentrische  komposition  auf  dem  gewöhn- 
lichen wege,  nämlich  durch  proportionale  Verteilung  des  Stoffes, 
so  bewirkte  er  den  steigernden  aufbau  in  durchdachter 
Ökonomie  allein  durch  das  zusammenwirken  dreier  gleich- 
gerichteter technischer  mittel.  Da  die  komposition  durch 
Steigerung  im  vorliegenden  falle  die  wichtigere  ist,  2)  diente  — 
gleich  ihrer  verborgenen  kunsttechnischen  ausführung  —  die 
konzentrische  anordnung  der  stoffteile  zu  ihrer  maskierung, 
Lukian  liels  sich  somit  bei  der  abfassung  des  ([»iloxptvdt'i^ 
durch  die  regel  leiten,  dals  der  ästhetische  eindruck  umso 
stärker  ist,  je  unmittelbarer  er  erfolgt,  d.  h.  je  weniger  Urteils- 
kraft es  braucht,  um  zum  künstlerischen  Verständnisse  eines 
Werkes,  als  der  grundlage  des  ästhetischen  gefühles,  zu  ge- 
langen. 3) 


^)  S.  die  dritte  rubrik  der  tabelle  obeu  auf  s.  42. 

2)  Sie  motiviert  so  das  äufsere  rahmengespräcli. 

')  Vgl.  Zsv^ig  c.  5:  t«  fitv  ovi'  u).Xa  t'jc  y(ja(piJQ,  t<p^  oaa  zoiQ 
tSi(t)xaiq  "^{.liv  ov  nävrij  ^npuvfj  ovxu  ri)r  ohjv  of^cog  6/ft  övvapiiv  xfjq 
rr/rijq,  olov  .. .  y^captioy  Ttcdöeq  tmavovviuiv,  olq  £Qyov  elSivui  iic  roiavza. 


Ehetorische  Forschungen.    1. 


IV. 

Tö^uQig  7j  (piXta. 

In  den  prolegomena  zu  seiner  ausgäbe  des  Tösagtc  ^  ver- 
mutete Jacob,  dafs  der  genannte  dialog  erdiclitete  kern- 
gescliicliten  enthalte.  Lukian  hätte  sie  mit  der  figur  des 
Toxaris  verknüpft,  weil  derselbe,  als  Vertreter  des  durch 
seinen  freundschaftskult  berühmten  skj^thenvolkes  und  wegen 
persönlicher  freundschaftlicher  beziehungen  zu  berühmten 
griechen,  den  Charakter  des  büchleins  am  besten  bezeichnet 
hätte.  Der  wahrheitseid,  mit  dem  die  beiden  erzähler,  der 
athener  Mnesipp  und  Toxaris,  ihre  geschichten  bekräftigten, 
besäfse  danach  nur  technische  bedeutung.  In  seiner  Charakte- 
ristik Lukians-)  stellt  Jacob  dann  mit  entschiedenheit  den 
To^aoig  als  moraliscJi-wunderhare  erzählung  dar.  Zu  einem 
ähnlichen,  aber  viel  deutlicheren  ergebnisse  führten  Chassangs 
beobachtungen.3)  Scharfsinnig  erkannte  der  französische  ge- 
lehrte in  der  eidesfiktion  ein  bedacht  verwendetes  kunstmittel, 
das  den  leser  über  die  Unwahrheit  der  mitgeteilten  freund- 
schaftsproben  von  vorne  herein  aufklären  sollte.  Damit  ist 
gesagt,  dafs  die  begiaubigung  einer  sophistischen  erzählung 
ihre  Zugehörigkeit  zu  einer  bestimmten  literarischen  gattung 
anzeige.  Dafs  der  wahrheitseid  im  vorliegenden  falle  auch 
durch  die  Aktion  des  wettkampfes  der  beiden  erzähler  gefordert 
und  gerechtfertigt  wird,  scheint  Chassang  ebenfalls  nicht  ent- 
gangen zu  sein.  Denn  richtig  bezog  er  die  beiden,  den  aufbau 
des  dialoges  kennzeichnenden,  einwände  Mnesipps  und  Toxaris' 


*)  Luciani  Toxaris  graece.  Prolegomeuis  iiistruxit,  auuotatiouem  et 
quaestiones  adiecit  Carolus  Georgius  Jacob.  Halis  Saxonuin  1825, 
p.  XXXIX  ff. 

-)  Characteristik  Liicians  von  Samosata.    Hamburg  1832,  p.  130  f. 

*)  A.  Chassang,  Histoire  du  roman  et  de  ses  rapports  avec  Thistoire 
dans  Tantiquite  grecque  et  latiue  ^.    Paris  18G2,  p.  410  —412. 


51 

in  c.  18  und  c.  5G  auf  einander.  Dabei  sollte  er  nun  über- 
sehen lialjen,  dafs  der  walirlieitseid  nur  der  äufsere  vorwand 
für  diese  einwürfe  in  die  erzälilung  des  partners,  ihr  wahrer 
g-rund  aber  das  bestreben  der  konkurrenten  ist,  dem  gegner 
den  sieg  zu  entreifsen?  Weniger  glücklich  verlegte  Chassang 
den  Schwerpunkt  des  TösctQi^  in  die  skythischen  —  für  ihn 
morgenländischen  —  geschichten ;  d.  h.  mit  unrecht  betont  er 
ivHnderhat\  das  er  fälschlich  mit  orientalisch  identifiziert,  in 
Jacobs  Charakteristik  des  To^agig,  als  moralisch  -  wunder- 
barer erzählung.  —  Diese  vielversprechenden  ausätze  zur 
wissenschaftlichen  erforschung  des  lukianischen  Tosccqiq  wurden 
zunächst  nicht  weitergeführt.  In  diametralem  gegensatze  zu 
Chassangs  auffassung  des  dialoges,  als  Sammlung  vornehmlich 
wunderbarer  geschichten,  steht  nämlich  die  Untersuchung 
Guttentags, ')  der  —  befangen  in  den  Irrtümern  einer  roman- 
tisclien  doktrin  —  das  kunstwerk  nur  als  historische  quelle 
betrachtete  und  so  nach  der  Wahrheit  oder  doch  äulseren 
Wahrscheinlichkeit  des  erzählten  seinen  ästhetischen  Avert 
normierte.  Guttentags  törichte  argumentation  für  die  un- 
eclitheit  des  To^aQig  bemühte  sich  besonders  Kretz^)  punkt 
für  punkt  zu  widerlegen.  Aber  auch  ihm  fehlte  richtiges 
Verständnis  für  den  dialog,  wenn  er 3)  ihn  für  eine  blolse 
unterhaltungsschrift  und  Lukians  angebliche  Verspottung  der 
beiden  rahmenerzähler  für  ihre  leitende  idee  erklärte.  Kretz 
hielt  nämlich  die  technischen  mittel  zur  kennzeichnung  des 
zweiteiligen  aufbaues  des  novellenkranzes  für  den  ausdruck 
der  Ironie  des  Verfassers,  ohne  zu  bedenken,  dafs  eine  solche 
Ironie  zu  wenig  in  den  Charakteren  der  verspotteten  begründet 
wäre,  um  nicht  anstatt  komisch,  albern  zu  wirken.  Durch 
diese  Ironie,  als  dialogidee,  erfüllte  der  Tö^ccqiq  nach  Kretzens 
meinung   seinen   belletristischen   zweck   am   vollkommensten. 


1)  Isidorus  Guttentag,  De  subdito  qui  inter  lucianeos  legi  solet  dialogo 
Toxaride.  Berlin  1860.  Guttentag  verdient  erwähnnng  auch  als  einer  der 
ersten  unter  den  zahlreichen  forschern,  die  die  echtheit  oder  unechtheit 
lukianischer  Schriften  erweisen  -ffollteu,  ohne  sie  vorher  künstlerisch  ver- 
standen zu  haben. 

^)  C.  Kretz,  De  Luciani  dialogo  Toxaride.  Progr.  des  gymn.  Offen- 
burg 1890/01. 

=>)  A.  a.  0.  p.  11. 

4* 


52 

Erst  Hirzeli)  ^nd  Sinko^)  förderten  wieder  das  Verständnis 
der  Inkianischen  Jugendarbeit;  aber  aiicli  sie  niclit  in  der  von 
Chassang-  eingesclilagenen.  sondern  in  biogTaphiscli-liistoriscber 
riclitung.3)  Hirzel  erkannte  im  TosccQtg  ein  seiteustück  zur 
2Ly.ct)/ig  ?j  jTQÖ^tj'og  betitelten  jr^ohcÄid  Lukians;  Sinko  ver- 
moclite  auf  grund  dieses  Zusammenhanges  und  teclinisclier 
Verwandtschaft  mit  den  prologen  7y(>o(3oroc  und  Ztcsig  dem 
dialoge  einen  zeitlich  festen  platz  in  der  Inkianischen  Schriften- 
reihe anzuweisen  und  seine  idee  in  bezielmng  zum  leben  des 
samosatensers  zu  setzen,  der  als  barbare  auf  seinen  vortrags- 
reisen  um  die  gunst  der  griechen  werben  mufste.  Ferner 
erklärte  Sinko  aus  der  einführung  des  Toxaris  im  ^zvtnji, 
dafs  diese,  übrigens  von  Lukian  im  hinblicke  auf  den  h3^per- 
boreer  Abaris  erfundene,  person  ohne  weiteres  Signalement 
im  Zwiegespräche  mit  Mnesipp  auftreten  konnte.  Damit  und 
durch  den  nachweis  des  v/ahrheitseides  mid  der  txrfoaou  im 
6.  c,  als  Lukian  geläufiger  technischer  mittel,  korrigierte  er 
in  glücklichster  weise  Jacobs  ältere  Vermutung,  die  dem 
Tü^üQig  noch  einen,  gleichwohl  dürftigen,  historischen  hinter- 
grund  beliefs.  Durch  die  schlagende  analogie  zwischen  der 
dialogidee  und  der  lebenslage  des  samosatensers  zur  zeit  der 
abfassuug  des  Iosccqic  berichtigte  Sinko  in  gleicher  weise 
Chassangs  falsche  auffassnng  der  skythischen  novellen,  als 
orientalischer  wundermärlein.  Sie  illustrieren  vielmehr  die 
ihrem  Verfasser  persönlich  naheliegende  dialogidee.  Auch 
Böttigers  schiefer  vergleich  des  TostcQig  mit  den  'Ahidüq 
iOTO()iai  fällt  nunmehr  in  sich  zusammen  nnd  von  Jacobs 
Charakteristik  des  To^ccqiq,  als  moralisch -wunderbarer  er- 
zählungsreihe,  bleibt  nur  noch  der  erste  teil  zu  recht  bestehen, 
dem  zufolge  er  eine  moralische  sclirift  sein  will;  aber  eine 
moralische  schritt  in  künstlerischer  form. 

Die  epikuräische  idee  des  TösaQig  spricht  der  titelheld 
in  C.5  aus:  xcoh'ti  rt  ovötr,  ori  s^j'oi /joai',  dXh}  fi/]  ^xvöcct, 
dyadoi-g    y.txQiOdai '    ov    yuQ   tstTu^ofttJ'    oütp   ol   y.aXol    xcd 


')  Rudolf  Hirzel,  Der  dialog.    U  (Leipzig  1895)  287. 
'-)  Thaddaeus  Sinko,  Eos  XIV  (1908)  123. 

')  Die    breitspurige,    aber   inhaltsarme    diss.    von    P.  M.  Bolderman, 
Studia  luciauea.    Leiden  1893,  p.  24.  35  ff.  enthält  nichts  neues. 


53 

clyad^ol  eioii',  ovöe  cpihorovfiei',  si  //;}  (fUoi  ovreg  cr/ad^a  bIq- 
yi'cöca'TO,  LyiiirovvTic  öe  a  sjTQa^ccr,  oixtlorg  ccvTOvg  (Ltd  tojv 
tQYfov  jTO(ovinih(A)  Lukiaii  erweist  die  berechtigimg  dieses 
strebens  der  skytheii  nach  Objektivität,  gegenüber  der  land- 
läufigen griechischen  exklusivität,  an  dem  beispiele  jenes 
rohen  (c.  8)  Volkes  selbst,  das  die  tugend  der  frenndschaft 
schon  wegen  ihres  praktischen  nntzens-)  weit  höher  schätzte, 
als  es  die  griechen  trotz  aller  ihrer  bildung  (c.  9)  vermochten. 
Um  nun  nicht  unvermerkt  die  idee  des  dialoges  zu  ver- 
schieben und  statt  gegen  griechische  Intoleranz,  eine  Ver- 
teidigungsschrift für  die  barbaren  zu  schreiben,  gibt  er  der 
sk3'thischen  vor  der  griechischen  freundestreue  nicht  den 
Vorzug,  sondern  unterlälst  eine  entscheidung  des  wettkampfes 
zwischen  Mnesippos  und  Toxaris.^)  Im  kontraste  zu  der  als 
kämpf  preis  vereinbarten  inhumanen  Verstümmelung  des  unter- 
legenen gegners  bietet  der  grieche  dem  barbaren  anf  grund 
ihrer  übereinstimmenden  anschauungen  über  die  freundschaft*) 


*)  Vgl.  JijHwvaxxoq  ß'ioq  c.  10:  ...  <pü.oq  ßsv  y]v  anaOL  xal  ovk  eaiiv 
ovtivcc  ovx  oliislov  iv6fiiL.Er,  ävd-Qojnov  ye  orra. 

^)  Vgl.  ihre  begrün  düng  öiä  ro  XQV^^^MOV  durcli  Toxaris  (c.  36) :  tcccq' 
rißlv  6s  ovre/elq  ol  7i6}.6fioi,  -/ccd  ]]  i7ie?.aivo/.iev  a).).oiq  »/  vTio/ojQOv/iev 
iniövtaq  ij  avfiTieoörxeq  vneQ  vofifjq  y  leluq  ficr/^öfie&cc,  hvd-a  (.icü.ioxa  6ü 
(pl).ü)v  ayad^wv  xal  Sicc  xovro  wq  ßeßaiözaza  awiiS-öfted-cc  zaq  (ftliccq, 
ßovov  ToZ'xo  on).ov  ui.ittyov  xal  övano}J/xj]Zov  eli'cci  vo/.ciL.ovzsq  und  dazu 
G.  Bohnenblust,  Beiträge  zum  topos  ne^l  (fi).laq.  Diss.  Bern  1905, 
p.  30  1.6  f. 

*)  Technisch  ermöglicht  er  diesen  ausgang  durch  ein  versehen  der 
streitenden,  die  einen  Schiedsrichter  einzusetzen  vergalsen  (c.  62:  ov  yuQ 
ixai^laauti'  ztva  6ixaoz)]v  zo€  /.öyov).  Der  streit  entwickelte  sich  nämlich 
ungezwungen  aus  einem,  u.  a.  auch  deshalb  ausführlich  als  einleitung 
(c.  1 — 4)  des  TXQoolftiov  des  dialoges  wiedergegebenen,  gespräche. 

'')  Mnesipp  sagt  in  c.  62:  ...  ind  6h  xal  ov  (Toxaris)  (piUav  inaiveTv 
sSo^aq,  iyw  6h  ov6hv  aXXo  tjyotfxai  ävB^Qfönoiq  elvai  zovxov  xxfj/xa  a,usivov 
7j  xa/Juor  (Bohnenblust  p.  29  1.17),  xi  ov/l  xal  rjfXElq  ow^sfievoi  ngoq 
tj(.iäq  aixovq  (fi/.oi  xs  avx6&8v  üvai  xul  eiaael  (ceaS-at  (Bohnenblust 
p.  37  1.  6).  Der  anfang  dieser  stelle  bezieht  sich  wohl  auf  die  worte  des 
Toxaris  in  c.  7:  xal  yaQ  ovr  xal  z6öe  oTiioq  ei6>^c,  ov6hv  HxvO-ai  (fi'/.laq 
fieitov  ol'ovTai  e'lrai  (Bohnenblust  p.  29  1.16),  ov6h  foxiv  fV  oxeo  av  ziq 
^xvQ-rjq  fxäXXov  oefiPvvatxo  ij  inl  X(5  ov/jinov^oai  (pil(p  avÖQi  xal  xoivco- 
vfjaai  xöjv  6HV(i)v  (Bohnenblust  p.  42  1.  14),  äoneQ  ov6hv  ovei6oq  i-iül.ov 
tiuq'  ^fj.Zv  xov  7iQo66z>]P  (fi).iaq  ysyev'jo&ai  6oxelv  (Bohneublust  p.  33 
1.  1—15).    Den  in  c.  62  ausgesprocheneu  gedanken  hatte  Mnesipp  schon  in 


54 

diese  an,  ebenfalls  aus  praktisclien  vorteilen  den  humanen 
absclilufs  ihres  Streites  begründend  (c.  62).  Der  bund  Mnesipps 
und  Toxaris'  symbolisiert  die  Verbrüderung  der  hellenen  und 
barbaren,  die  die  praktische  erfüllung  der  im  eingange  des 
dialoges  ausgesprochenen  epikuräischen  tendenzen  wäre.  Er 
ist  so  auch  der  gedankliche  höhepunkt  des  schriftchens,  das 
nicht  nur  jene  epikuräischen  grundsätze,  sondern  auch  das 
politische  ideal,  dem  sie  notwendig  zustreben,  an  dem  beispiele 
des  Mnesipp  und  Toxaris  anschaulich  darstellt. 

Der  künstlerische  ausdruck  dieser  idee  des  TosccQig  ist 
sein  zweiteiliger  aufbau.  Er  äufsert  sich  schon  im  sachlichen 
unterschiede  zwischen  gesprächs-  und  erzählungsteilen,  die 
Lukian  durch  den  gegensatz  von  allgemein  und  angewandt  der 
in  ihnen  verwendeten  tojtoi  scharf  von  einander  abhebt. 
Die  freundschaft,  als  diejenige  tugend  des  gesellschaftlichen 
lebens,  an  der  die  dialogidee  demonstriert  wird  und  mit  deren 
hilfe  sie  verwirklicht  Averden  könnte,  erfuhr  nämlich  eine 
zweifache  behandlung.  In  den  rahmengesprächen  wurde  sie 
abstrakt  erörtert,  in  den  kerngeschichten  durch  konkrete  fälle 
veranschaulicht.  Im  rahmen  i)  bediente  sich  Lukian  der 
popularphilosophischen  töjiol  zur  begrifflichen  darstellung  der 
freundschaft ;  in  den  einlagen  unterschied  er  durch  angewandte 
Tojroi  arten  dieser  tugend  nach  der  Vollkommenheit  ihrer 
ausübung.  —  Wie  für  die  popularphilosophie,^)  so  macht  für 
Lukian  to  tcjv  oitouov  oQtycodai  (c.  63:  Bohnenblust  p.  27 
1.  23)  das  Wesen  der  freundschaft  aus.  Dieser  ro.^oc,  kom- 
biniert mit  dem  der  prüfung  des  freundes,  verhilft  Lukian 
zum  versöhnlichen  dialogschlusse  (vgl.  oben  s.  533),    -^^  recht- 


c.  22  vorweggenommen:  ool  dh  .  .  .  dvÖQl  dyad^co  xcd  (pü.lav  ri/x<5vn  xcd 
tibqI  rwv  iv  uvx^j  n^xotelcov  dfxi?.?.a)fi(:VO) '  Er  wiederholte  ihn  noch  zAvei- 
nial  in  c.  63:  b  yuQ  z.öyoq  ö  naQwv  xal  to  xcSv  o/ioitov  OQtyeoO^ui  (Bohncu- 
blust  p.  27  1.  27)  7io}.v  tcloxÖtsqu  zfjQ  xvXixoc  ixtivt]g  tjv  nlrcie  xx?..  und 
ebda.:  et  ^iD.o)  roiovxoiq  (pü.oig  ivrev^ea&ai  oloc  ov,  to  Tö^uql,  öiecpäviiq 
jj/nv  and  zwv  '/.öycov  (Bohnenhlust  p.  33  1. 17). 

')  C.  5  schlufs  — 7.  9—10.    23  schluls.    3G-37.  62—63. 

"j  Ihre  ansichten  über  die  freundschaft  stellte  Bohnenhlust  a.  a.  o. 
p.  26  —  44  im  zusammenhange  dar.  Seine  Übersicht  wurde  daher  iu  den 
folgenden  ausführungen  über  die  freundschaftslehre  im  Tö^aQtg  'ständig 
zum  vergleiche  herangezogen. 


55 

fertig-t  nämlich  die  zweiteiligkeit  des  dialogbanes  durch  die 
gleicligesiniitheit  der  erzähler,  die  gerade  aus  ihren  kon- 
trastierten ausfiihrungen  Avährend  des  dialoges  hervorging. 
Das  Symbol  dieser  (\u6roia  ist  nun  die  freundschaft  der  schein- 
baren gegner.  In  dem  augenblicke,  in  dem  sie  die  identität 
ihres  Standpunktes  erkannten,  also  die  Voraussetzung  für  ihr 
freundschaftsbündnis  gewannen,  ist  das  tliema  ihres  Streit- 
gespräches erledigt  und  dieses  selbst  versöhnlich  beschlossen. 
In  dem  abstrakten  entwürfe  des  freundschaftsideales  durch 
Toxaris  (c.  7  anfang)  führt  Lukian  sechs  merkmale  jenes 
freundschaftsbegriffts  an,  die  sämtlich  der  popularphilosophie 
entstammen : 

1.  u'roia  (Bohnenblust  p.  36  1.  21). 

2.  tr  Toi^  deiroic  y.oiron'ia  (Bohnenblust  p.  42  1.  14,  vgl. 
p.  11  1.  22,  p.  30  1.  6,  p.  41  1.  3). 

3.  jrtöTÖr  (Bohnenblust  p.  43  1.  23). 

4.  (fiUxaiQov  (Bohnenblust  p.  43  1.  34,  p.  16  1.  8). 

5.  dX7]d^tQ  (Bohnenblust  p.  34  1.  13). 

6.  ßtßcaov  (Bolmenblust  p.  37  1.  6). 

Das  2.  und  4.  dieser  OToixela,  von  denen  Lukian  in  den 
theoretischen  partien  des  T6sc(Qig  wiederholt  einzelne  hervor- 
hebt und  genauer  beschreibt,  wie  register  A)  hinter  dieser 
Untersuchung  bezeugt,  hat  Bohnenblust  wohl  deshalb  nicht 
von  einander  gesondert,  weil  cpiXexaiQia  der  allgemeine  begriff 
ist,  unter  den  Ir  xotc  ötiroic  xoiirojua  fällt.  Immerhin  ist 
die  trennung  der  beiden  merkmale  berechtigt.  Denn  cpiXs- 
rcuQia  bezeichnet  das  freundschaftliche  y.cä  ßiojöso&at  //et' 
dXXrjXcw  xal  djcoO-avElOd ul,  yv  ötij,  vjtsQ  tov  tztQOv  xbv 
tx£Qov  (c.  37),  das  «'//«  jcQCixxsw  jtdj'xcc  (c.  62)  an  und  für 
sich,  d.  i.  die  angenehme  gemeinschaft  in  leben  und  tod  mit 
dem  freunde,  während  tj^  xolg  ötirotg  xourovia  den  nutzen 
der  freundschaft  in  üblen  lebenslagen  vor  äugen  stellt.  Die 
folge  der  (filbxaiQia  ist  also  für  den  freund  das  fjöv,  die  der 
y.oivcovia  Iv  xolg  öeiroig  das  yxn'iOiiior.  Das  in  c.  62  begegnende 
bild  von  der  Vervielfältigung  durch  die  freunde  (Bohnenblust 
p.  41  1.  1)  lälst  beide  ausdeutungen  des  Zweckes  der  freund- 
schaft zu,  steht  also  mitten  zwischen  ihi-en  merkmalen  cftle- 
xaiQia  und   Iv   xoiq   ösirolQ  xoircoria.     Lukian   vertrat  nach 


56 

all  dem  im  T6s((Qi?  die  von  Plutarch  überlieferte  lehre 
(Bohnenblust  p.  30  1.  3—7),  nach  der  die  freimdschaft  sowohl 
y/cQic,  als  auch  XQila  gewährt,  demnach  sowohl  di'  /jdonjr, 
als  auch  öiä  tö  xQfjoqtor  angestrebt  wird.  Ein  exempel  der 
(fiÄia  ötcc  To  yQ7]C)iiior  stellte  Mnesipp  im  Agathokles  seiner 
ersten  geschichte  auf,  ein  solches  der  (fi).'ia  dV  /jöoy/ji'  Toxaris 
im  Belittas  seiner  zweiten  erzählung.  Sind  alle  diese  sechs 
OTor/ua  vorhanden,  dann  ist  das  freundschaftsideal  verwirk- 
licht. Es  gilt  für  eine  göttliche  tugend  (c.  7):  oix  drdQcojnra 
ravra  ohj&-fjf/8r  eivcu,  d/J.cl  tlvoq  yvmitrjq  ßelriovoc  ?j  y.axa 
xovq,  jioXloi'Q  TOVTovg  di'OQcojrovg  (vgl.  Bohnenblust  p.  44 
1. 21).  Aus  dieser  religiösen  auffassung  der  freundschaft 
folgt:  1.  daXs  sie  für  das  höchste  menschliche  gut  (c.  7.  62: 
Bohnenblust  p,  29  1.  16 — 19)  erklärt  wird  und  deshalb  mit 
einer  seinem  w^erte  entsprechenden  ausdauer  und  mühe  an- 
gestrebt werden  soll  (c.  37);  2.  dafs  man  sie  nur  mit  würdigen 
eingehen  darf  (vgl.  die  Charakteristik  eines  solchen  freund- 
schaftsobjektes  in  c.  37:  dyaOor  drÖQcc  y.cu  tir/c'O.a  t(r/d- 
öaöd^ai  ört'afieror  mit  Bohnenblust  p,  28  1.  22).  Daher  sind 
die  grundsätze  eines  menschen  zu  prüfen,  ehe  man  ihn  zum 
freunde  macht  (Bohnenblust  p.  33  1.  16  —  32).  Die  skj^then 
schliefsen  sich  demgemäfs  nur  an  leute  an,  die  sie  aus  ihren 
w^erken  als  vortrefflich  erkannt  haben  (c.  37).  Ähnlich  be- 
gründet Mnesipp  (c.  63)  sein  freundschaftliches  anerbieten  an 
Toxaris  mit  seiner  erkenntnis  von  dessen  gesinnung  (vgl.  z.  b. 
C.  63:  oiog  ov,  c6  To^aQi,  ditrfdrt/g  1)1111'  (l~ro  rcöv  ).('r/cov  xt/.). 
Dieser  xöjtog  der  prüfung  des  zum  freunde  erkorenen  trägt, 
wie  oben  bemerkt,  zum  versöhnlichen  ausgange  des  dialoges 
dadurch  technisch  bei,  dafs  er  das  freundschaftsbündnis  mit 
innerer  notwendigkeit  an  das  dialogende  lokalisiert.  Da  die 
freundschaft  in  der  d'voia  der  gefährten  für  einander  keine 
grenzen  kennt,  mufs  sie  in  der  zahl  der  freunde  beschränkt 
sein.  Wieder  mit  Plutarch  (Bohnenblust  p.  36  1.  26)  verwirft 
also  Lukian  die  jrolvffüAa,  unter  der  er  einen  mehr  als  drei 
personen  umfassenden  freundschaftsbund  versteht,  weil  sie  eine 
Zersplitterung  der  tvvota  mit  sicli  bringe  (c.  37).  Wie  Plutarch 
(Bohnenblust  p.  39  1.  8),  vergleicht  er  in  dieser  beschränkung 
freundschaft  und  liebe,  stellt  somit  vielfreundscliaft  und 
hetärenliebe    auf    dieselbe  stufe.     Freunde,    die   allen   diesen 


57 

anf orderungen  genügen,  gelten  als  aufserordentlicli  selten 
(Bolinenblust  p.  37  1.  7).  Mnesipp  brachte  diese  anschauung 
in  den  scliluisworten  des  dialoges  dadurch  zum  ausdrucke, 
dafs  er  beteuerte,  er  lielse  sich  auch  eine  weitere  reise,  als 
nach  Skj'thien,  nicht  verdriefsen,  um  einen  freund,  wie  Toxaris, 
zu  finden.  Die  Seltenheit  vollkommener  freundschaft  liels 
diese  dann  bei  Orestes  und  Pylades,  die  als  (fi?.oi  IIqiotol 
(c.  5  ende.  7  ende)  den  sk^'then  vonodtTai,  paradigmatische 
muster  der  freundschaft  wurden  (c.  5  ende :  Bolinenblust  p.  41 
1.26 ff.),  überirdisch  erscheinen  und  erklärt  derart  die  Ver- 
ehrung der  beiden  heroen  als  qihoi  öa'iiiortq  (c.  7  ende). 
Der  grofse  häufen  kann  sich  hauptsächlich  infolge  seiner 
unverläfslichkeit  und  treulosigkeit  in  nöten  des  freundes 
(Bohnenblust  p.  33  1. 1—15)  zu  diesem  göttlichen  freundschafts- 
ideale nicht  erheben.  Die  unbeständigen  dutzendfreunde  er- 
füllen also  nicht  die  bedingung  der  Ir  roig  deiroig  xoircoria. 
Sie  beanspruchen  wohl  xd  xonrorf/öai  rcör  yöton'  (c.  7),  wollen 
aber  nichts  wissen  von  zd  öviuiorrjoai  (filco  ävÖQi  xccl  -aoi- 
vcovfjöai  Tcöv  ösiiwJv  (c.  7).  Sie  machen  sich  auf  diese  weise 
schuldig  des  jtqo66t7]v  cpiXiag  yeyei'fjoOcu  (c.  7),  der  wort- 
freundschaft  (c.  9).  —  Die  auf  dieser  freundschaftslehre  be- 
ruhenden angewandten  töjtol  der  einlagen  dienen  ihrerseits 
dem  zweiteiligen  baue  des  TÖscqiq.  Und  zwar  unterscheidet 
durch  sie  Lukian  zwei  arten  des  mit  den  allgemeinen  ro'.TOi 
bestimmten  freundschaftsbegriffes,  nämlich  griechische  und 
skythische  auffassung  der  freundschaft.  Die  neue  Zweiteilung 
findet  ihren  sinnfälligsten  ausdruck  in  der  gleichen  anzahl 
von  kerngeschichten,  durch  die  Mnesipp  und  Toxaris  ihre 
thesen  erweisen  wollen.  Bedeutsam  ist  dabei,  dafs  die  beiden 
erzähler  nicht  abwechseln,  wie  etwa  im  lukianischen  fpilo- 
ftvöi/Q,  in  dem  die  einzelnen  wiederholt  das  Avort  ergreifen 
und  einander  auf  diese  weise  überlügen  können.  Dagegen 
erzählt  im  Tö^aQig  zuerst  Mnesipp,  dann  der  skytlie  seine 
fünf  geschichten  in  einer  folge.  Technisch  ermöglicht  ist  dieser 
bau  durch  die  fiktion  des  wettkampfes.  Den  einlageerzählungen 
geht  somit  eine  Vereinbarung  der  beiden  redner  voraus,  in  der 
sie  zahl  und  Charakter  der  zulässigen  beispiele  bestimmen 
(c.  11);  und  zwar  sollen  bei  gleicher  zahl  die  gewichtigeren 
und  besser  bezeugten  den  Vorzug  vor  den  anderen  haben. 


58 

L  Die  ralimenerzälilung  ist  in  allen  ihren  teilen 
kontrastparallel  gebaut.    So  entsprechen  einander: 

1.  Die  Unterbrechungen  des  erzählers  durch  den  gegner 
nach  oder  während  der  einzelnen  einlagenovellen.  Aus  der 
Aktion  des  "wettkampfes  erklären  sie  sich  als  bestreben,  einer- 
seits die  erfüllung  des  Vertrages  durch  den  partner  zu  über- 
wachen, andererseits  denselben  zu  überflügeln. 

Als  ]\rnesipp  des  Toxaris  schwur  beim  skythensäbel  und 
winde  bekrittelte,  wahrte  der  sofort  sein  recht  (c.  38):  oQö.q 
TOVTO  ojg  Iqiotixov  jroiEic  xcu  öiy.arr/cdv  vjioy.QOvcov  [azaS^v 
y.aX  dicufdt'iQcov  ftov  röv  ?.6yor;  tyco  de  ijOv/iccv  i'iyov  oov 
/tyovTog.  Diese  letzte,  übrigens  ungenaue,  bemerkung  ver- 
anlafste  den  getadelten  zum  schweigen  bis  nach  der  dritten 
und  längsten  skj'thischen  geschichte.  Dort  unterbrach  er  den 
Toxaris,  um  ihn  durch  sein  milstrauen  an  der  eben  erzählten 
begebenheit  daran  zu  erinnern,  dafs  sie  der  forderung  nach 
guter  beglaubigung  der  beispiele  nicht  entspreche.  Um  wie- 
viel also  auch  T(oxaris'  nr.)  3  in  den  äugen  ihres  bericht- 
erstatters  die  griechischen  stücke  an  gewichtigkeit  übertreffe, 
um  ebensoviel  stehe  sie  ihnen  an  giaubwürdigkeit  nach. 
Damit  ist  die  möglichkeit  eines  auf  die  qualität  von  T  1—3 
gegründeten  sieges  des  skythen  beseitigt.  Zugleich  wünschte 
Mnesipp  (c.  56),  mit  der  begründung:  jtarv  liov  y.axv/Q}](Ko 
Tfj  otcojTTj,  kürzere  stücke,  als  das  eben  erzählte.  Da  ihn  sein 
Vorgang  zu  diesem  verlangen  berechtigte,  erfüllte  es  der 
gegner  ebenso, i)  wie  seinerzeit  Mnesipp  dessen  forderung 
nach  schweigendem  zuhören.  Lukian  motivierte  auf  die  art 
technisch  die  T  1  und  T  2  entsprechende  kürze  von  T  4  und 
T  5.  Mit  jenem  einspruche  des  skythen  in  c.  38  verfolgte  er 
aber  noch  den  anderen  zweck,  den  Wechsel  der  rahmen- 
technik  in  der  zweiten  dialoghälfte  zu  begründen.  Im  ersten 
dialogteile  machte  nämlich  Toxaris  nach  jeder  von  M(nesipps 
nr.)  1—3  eine  Zwischenbemerkung  (c.  18.  21.  23);  eine  ähn- 
liche praktik  im  zweiten  teile  des  rahmens  hätte  ihn 
nur  als  plumpe  dublette  erscheinen  lassen.  Der  eben  er- 
örterte tadel  von  T  3  durch  Mnesipp   in  c.  56  ist  kontrast- 


')  Jtä  ßQuxtüiv  Xqxüov  Leschliefst  Toxaris  vor  Tl. 


59 

parallel   der  ersten  ironischen  zwisclienrede  des   Toxaris  in 
c.  181): 


xccl  el'&e  ye,  w  Mr/joinne,  drw- 
/(OTOQ  aJr  rßCra  l'?.ey£g,  'iicc  xcd  dm- 
oiflr  UV  iövvcc/jtjv  uvroig'  ovz(o 
^üixyixöv  nva  (fü.ov  tov  ^Aya- 
iyvxkba  xotxov  öujy^Oü).  ii).riv  ovv 
Stöia  f.i>'j  xivu  xcd  cOJ.or  ofioiov  el- 
n^g  c(vu5. 


(c.  56)  nccvv  TQuyixd,  (o  T6§c(qi, 
xcd  fivO-oig  ofioicc.  xcd  "?.sojg  /dv 
ö  jlxiräxijg  xcd  b  ^Avenog  sitr,  ovg 
üif-ioaug  ■  ei  yoTv  rig  cdiaiolij  ca'Toig, 
ov  ndi'v  fie/HTiTog  eircci  (^ö^siei'  di:-) 


Beide  zwisclienreden  erfüllen  den  technischen  zweck  der 
Variation;  sie  bringen  ab-\vechselung  nnd  mannigfaltigkeit  in 
die  sonst  ermüdend  einförmigen  erzählungsreihen,  indem  die 
kritik  des  Toxaris  (c.  18)  gewichtigere  geschichten  Mnesipps 
auslöst,  während  die  Mnesipps  (c.  56)  den  Toxaris  ausdrücklich 
bestimmt,  von  aulsergewöhnlichen  romantischen  novellen  zu 
bürgerlicheren  und  dafür  glaubhafteren  begebenheiten  über- 
zugehen. So  erregt  das  Schicksal  der  freunde  in  M2  bereits 
so  sehr  des  Toxaris  mitleid,  dafs  er  die  erzählung  durch  eine 
spannende  frage  unterbricht  3)  (c.  21);  auch  den  mustern  von 
freundestreue  in  M  3  versagt  er  seinen  beifall  nicht  (c.  23). 
Dagegen  garantiert  für  die  Wahrheit  von  T4  der  umstand, 
dals  der  erzähler  in  ihr  selbst  die  eine  hauptrolle  spielte  und 
seinem  heroischen  freunde  verschwägert  ist,  ferner  dafs  auch 
viele  objektive  zeugen  jener  freundestat  in  Amastris  noch  in 
Athen,  dem  orte  der  Unterredung,  leben  (c.  60).  Lukian 
kontrastiert  Mnesipps  einzigen  einwand  (c.  56)  gerade  dem 
ersten  des  skj'then   (c.  18),   weil  dessen  zweiter   als  blofse, 


')  Vgl.  A.  Cbassang,  Histoire  du  romau  .  .  .  daus  Tantiquite  grecque 
et  latiue-  -p.  Hl. 

^)  Vgl.  des  Toxaris  autwort  auf  diesen  Vorwurf  mit  seiner  oben  aus 
c.  18  ausgehobenen  benierkuug:  cl/.'/.'  Öqc(,  oJ  yeyycüe,  [ii]  (fO-övog  vf.ic5i>  // 
unioTiu  ij'  n).i]v  ovx  t,«£  dnoTQhpeig  dniaxmv  xul  «AP.«  zoiuvia 
elnecv  a  ol6a  vno  Sxv&cuv  yevoßeva.  —  JInesipp  berücksichtigte 
bei  der  formulierung  seines  einwandes  den  höhnischen  ausfall  seines  Wider- 
sachers gegen  die  glaubwürdigkeit  der  griechischen  dichter  in  c.  10,  mit 
dem  dieser  den  ausschlufs  von  sagenhaften  beispielen  aus  dem  wettkampfe 
begründete. 

')  Nebenbei  gebraucht  sie  Lukian,  den  quellenwechsel  JMnesipps  zu 
markieren ;  die  letzten  mitteilungen  stammen  nicht  mehr  von  einem  augen- 
zeugen  der  begebenheit,  sondern  von  ihrem  beiden  selbst. 


60 

die  teilnähme  des  gegners  verratende,  nnterbrechung  der 
griecliisclien  erzälilung  durcliaiis  günstig  ist;  ebenso  der 
dritte,  der  nur  die  spitze  der  gescliiclite  mit  der  Zustimmung 
ihres  berichterstatters  (c.  24:  iv  ?Jy£ig)  umbiegt. 

2.  Die  apostroplien  des  redners  an  den  zuhörer  am  Schlüsse 
der  einzelnen  einlagen  entsprechen  einander  ebenfalls  in  den 
beiden  dialoghälften.  Man  beachte  zunächst  die  formelhaften 
Schlüsse : 

(c.  18)  zovrö  001  £QYOv  (pikov 
"E).h]Voq  ov  TCQO  7io?J.oC  yevö/jtevov ' 
xrX.  (nach  M  1). 

(c.  34)    xoLoZ^TOi,    w    TocüQi,    o\  (c.  55)  Toiavra,  o)  Mri](yinne,  roh 

"E).7.i]Vf:Q  (fü.oi  (nach  M  5).  [.kHol  noielv  SxvS-ai  vtiIq  xiuv  (pD.wv 

(nach  T3). 

(c.  35)  i-yci)  fiev  ovv  xovrovq  6/.1-  ,        (c.  62)  eiQfjxa,   a>  Mrt^ainne,  uno 
yovg   und  n?.eiörojv,  ovq  TiQohovq  ^      7io?.?.on'    nf-vre   mvTOvg   TiQO/eiQiacc- 
/.ivtj/oj  vnfzßi'J.e,  6iijytjaä/-aiv  ooi  aya-  !    [.avoq    (schlulsbemerkung    zur    ein- 
Q^oiq  xcu  ßeßai'ovg  (fi'Xovg  (schlufs-      lageureihe  T). 
bemerkung  ziir  eiulagenreihe  M).       | 

Bedeutsamer,  als  die  Übereinstimmung  dieser  formein,  ist 
die  Verwendung  gleicher  sophistischer  mittel  bei  den  beiden 
gegnern.  So  erzählt  M4  eine  freundestat,  der  kaum  viele 
skj'then  fähig  wären,  wie  aus  dem  grofsen  werte  der  frauen- 
schönheiti)  bei  ihnen  zu  schliefsen  sei  (c.  26);  ähnlich  rühmt 
der  skj'the  nach  T  1  die  freunde  Dandamis  und  Amizokes,  als 
solche,  die  ihres  gleichen  nicht  bei  den  griechen  hätten 
(c.  42).  Ferner  beschränkte  sich  Mnesipp  nach  c.  84  (nach 
M5)  ausdrücklich  auf  die  wiedergäbe  blolser  tatsachen,  um 
dem  vorwürfe  des  Toxaris  (c.  9)  zu  entgehen,  die  griechen 
betätigten  ihre  freundschaft  nur  in  schönen  Worten,  nicht  durch 
die  tat.-)  Toxaris  wiederholt  nun  seinen  Vorwurf  nach  Tl 
(c.  42),  um  den  wert  des  beispieles  zu  erhöhen,  das  sein  gegner 
nicht,  wie  er  —  entsprechend  seiner  ankündigung  in  c.  35  — 
als  yvfivöv  Iq-/ov,  sondern  rhetorisch  ausstaffiert  erzählt  hätte, 
wenn  er  es  zu  berichten  gehabt  hätte.  Endlich  entsprechen 
Muesipps  Zwischenbemerkungen  in  c.  20  (M2),  22  (vor  M  3), 


•)  Über  sie  als  hindernis  der  freundschaft  vgl.  Bohnenblust  p.  15  1.  3. 
2)  Vgl.  Bohnenblust  p.  33  1. 1—15. 


61 

23  (naeli  M  3)  tecliniscli  der  des  Toxaris  in  c.  CO  (nacli  T  4). 
Sie  folgen  beide  ans  den  oben  behandelten,  konlrastparallelen 
Unterbrechungen  des  erzählenden  partners  durch  den  skj'tlien 
(c,  18),  beziehungsweise  den  griechen  (c.  56).  Und  zwar  sucht 
auf  des  Toxaris  geringschätzige  bemerkung  über  M  1  Mnesipp 
durch  rhetorische  mittel  in  c.  20.  22.  23  dem  gegner  mit  er- 
folg anerkennung  abzudringen.  Der  zweite  und  dritte  ein- 
wurf  des  Toxaris  (c.  21.  23),  deren  bedeutung  gleichfalls  oben 
erörtert  wurde,  stellen  das  resultat  jener  bemühungen  des 
redegewandten  griechen  dar.  Der  beifall  des  Widersachers 
macht  ihn  kühn  genug,  nach  M  4  (c.  20)  den  vergleich  mit 
dessen  landsleuten  herauszufordern  und  läfst  ihn  nach  der 
seines  erachteus  wirksamsten  geschichte,  nach  M5,  ganz  auf 
die  hilfe  der  rhetorik  verzichten  und  zu  der  einfachen  schlufs- 
formel  nach  M  1  (vgl.  oben  c.  34  :  c.  18)  zurückkehren.  Die 
bereits  vermerkte  stilistische  parallele  dieser  schlufsformel 
mit  der  von  Toxaris  hinter  seinem  vermeintlich  beweis- 
kräftigsten beispiele  T  3  (c.  55)  verwendeten  erhält  so  auch 
technische  bedeutung;  der  skythe  ahmt  den  gebrauch  seines 
partners  nach  und  zeigt  durch  ihn  an,  dafs  er  T  3  der 
schlufserzählung  Mnesipps  gleichwertig  erachtet.  Dasselbe 
gilt  von  dem  T  1  beschlielsenden  c.  42.  Toxaris  vermag 
von  an  fang  an  rhetorischer  künste  zu  entraten,  wozu 
Mnesippos  erst  in  M5  in  der  läge  zu  sein  glaubt.  Schon 
dies  erste  skythische  exempel  läfst  also  nach  der  ansieht 
seines  erzählers  die  spät  gewagte  herausforderung  des  griechen 
zu  schänden  werden.  —  IVFuesipps  einwand  in  c.  56  nötigte 
hinwieder  den  Toxaris,  beweisbare  geschichten  vorzubringen; 
darauf,  dafs  er  dieser  f orderung  mit  T  4  in  hohem  grade 
entsprochen  hatte,  machte  er  nun  den  Widersacher  in  c.  60 
aufmerksam. 

3.  Lukian  berücksichtigte  auch  in  den  zusammenhängenden 
rahmenteilen,  nämlich  in  einleitung,  mittelstück  und  schlufs 
des  dialoges  seinen  zweiteiligen  auf  bau.  C.  1— 8  der  einleitung 
behandeln  die  göttliche  Verehrung  des  Orestes  und  Pylades, 
als  heroen  der  freundschaft,  bei  den  skythen.  In  ihnen  liegt 
der  erste  und  zweite  teil  eines  jTQola?ud -Sivügen  jrQooiiuov 
(c.  1—11)  vor,  dessen  mittelstück  (c.  5—8)  sich  zufolge  der 
beschreibungsart    der    bilder    im    skythischen    Oresteion    als 


62 

einsäte  durch  gemäldebeschreihung^)  ansprechen  läfst.  Der 
bikleinsatz  im  jtqoo'iiuov  bot  drei  teclmisclie  vorteile.  Zii- 
näclist  ermöglichte  die  ihm  immanente  realistische  tendenz 
den,  die  Zufälligkeit  des  wettkampfes  kennzeichnenden,  ge- 
brauch eines  drei-  (statt  zwei-)  teiligen  jr()ooi(aor  in  jTQohiha- 
form.  Ungezwungene  entwicklung  des  Wettstreites  im  ersten 
einleitungsteile  (c,  1 — 4)  war  nötig,  um  seinen  unentschiedenen 
ausgang  aus  einem  versehen  begründen  (s.  oben  s.  533)  und  so 
die  Parallelität,  als  architektonisches  prinzip  des  dialoges, 
wahren  zu  können.  Dann  erforderte  die  technik  des  bild- 
einganges,  dafs  in  ihm  die  idee,  welche  das  durch  ihn  eröffnete 
werk  beherrscht,  formuliert  werde.  Damit  war  die  rück- 
beziehung  des  Schlusses  (c.  62  f.)  auf  die  einleitung,  also  die 
für  die  zweiteilige  komposition  der  schrift  bedeutsame  paralleli- 
sierung  beider  gegeben.  Endlich  erhielten  die  ungewöhnlichen 
und  daher  unglaubhaften  skythischen  freundestaten  durch  den 
nachdruck,  den  Toxaris  und  dann  Mnesipp  (c.  8)  auf  das  vierte 
der  beschriebenen  gemälde  legten,  eine  psj^chologische  be- 
gründung.  Toxaris  stellte  nämlich  das  vierte  bild  des 
skythischen  Oresteions  durch  die  ausführlichkeit  seiner 
Schilderung  den  drei  übrigen,  nach  ihrem  Inhalte  nur  flüchtig 
berührten,  kontrastierend  und  so  steigernd  gegenüber.  Wenn 
nun  Mnesipp  in  seiner  rekapitulierenden  beantwortung  der 
darlegungen  des  Toxaris  gerade  die  Schilderung  des  vierten 
bildes  rühmte,  schlofs  er  sich  der  bewertung  desselben  durch 
den  erzähler  an.  Aus  diesem,  mithin  allgemeiner  anerkannten, 
hohen  ethischen  gehalte  des  gemäldes  und  der  bedeutung 
seines  gegenständes  in  der  skythischen  Jugenderziehung  (c.  1.  6) 
begreift  man,  warum  bei  den  von  Toxaris  berichteten  freundes- 
taten opfer  und  gewinn  in  so  grellem  gegensatze  stehen,  d.  h. 
warum  seine  landsleute  für  einen  kleinen  vorteil  ihrer  freunde 
ihr  leben  so  willig  in  die  schanze  zu  schlagen  pflegen.  Die 
in  der  zweiten  dialoghälfte  erzählten  skythischen  geschichten 
bekommen  somit  durch  ihre  vordeutung  im  gemäldeeinsatze 
wenigstens  subjektive  Wahrscheinlichkeit;  objektive  hätte 
ihnen  ja  nur  gute  bezeugtheit  geben  können.    Lukian  bediente 


•)  S.   vorläufig'  das  (ungleichartige)  material  zu  dieser  einsatzform 
bei  Eduard  Norden,  Einl.  in  die  altertumswissensch.  I  (Leipzig  1910)  580. 


63 

sich  der  kombinatioii  von  dreiteiligem  jrQooiiaov  und  bild- 
einsatz,  weil  sie  den  zweiteiligen  auf  bau  seiner  schrift 
technisch  so  ausgiebig*  förderte,  dafs  dagegen  ihr  einziger,  in 
der  beträchtlichen  umfangsverschiedenheit  der  dialogeinleitung 
vom  dialogschlusse  bestehender,  nachteil  nicht  in  die  wag- 
schale  flel.  Überdies  wurde  er  durch  die  gedankliche  Pa- 
rallelität der  beiden  äufseren  rahmenteile  stark  reduziert. 
Notwendig  war  die  parallele  schon  deshalb,  weil  der  schlufs 
zeigen  sollte,  wie  sich  Lukian  die  Verwirklichung  der  eingangs 
exponierten  idee  dachte.  Dies  geschah,  indem  das  ende 
(c.  62  f.)  den  im  dritten  einleitungsteile  (c.  9)  entbrannten 
streit  wieder  zur  freundschaftliclien  Unterhaltung  der  ersten 
zv/ei  einleitungsteile  wandelte.  Während  nämlich  in  c.  10 
Toxaris  den  Vorschlag  zum  wettkampfe  unter  grausamen  be- 
dingungen  machte,  so  tat  in  c.  62  Mnesippos  den  zum  humanen 
frieden.  Dieser  gegensatz  erhöht  den  allgemeinen  eindruck 
der  Parallelität  1)  und  wurde  deshalb  durch  den  ganzen  rahmen, 
aufser  den  beiden  ersten  einleitungsteilen  (c.  1 — 8)  und  dem 
Schlüsse  festgehalten.  So  steht  den  vorwürfen  des  Toxaris  in 
c.9f.  35f.,  die  griechen  seien  nur  wortfreunde,  auf  deren 
ersten  sich  —  wie  oben  bemerkt  —  die  zwischenrede  Mnesipps 
in  c.  34,  auf  deren  zweiten  die  c.  34  kontrastparallele  des 
Toxaris  in  c.  42  bezieht,  Mnesipps  Versicherung  der  tat- 
freundschaft,  die  den  dialog  beschlielst,^)  gegenüber.  Ferner 
sind  Toxaris  und  Mnesipp  zunächst  gegenteiliger  ansieht  über 
die  art,  freundschaft  zu  schliefsen;  es  ist  der  gegensatz  von 
konvention  (c.  37)  und  individualität  (c.  63).  Er  macht  sich 
auch  geltend  im  wünsche  des  Toxaris  nach  einem  eide  zur 
verbürgung   der   Wahrheit    des   erzählten  ^^)  und   in   der   ab- 


*)  Vgl.  meine  Novellenlcomposilion  in  E.  T.  A.  Hoffmanns  elixiercn 
des  teufeis.    Halle  a.  S.  1910,  p.  2. 

^)  C.  63:  xcd  f.irjv  ev  i'aQ-i,  ovk  c(i>  6;ivrj<JC(if.ii  xcd  tu  Tio^moTiQü} 
i^&eiv,  ei  ßt'/.).oj  totovioig  (pt/.oiq  ivievSeoOaL  oioq  ov,  cy  'rö^ccQi,  di8(pu- 
VTiq  TifXLV  and  x<5v  Xöyojv. 

^)  C.  11:  a).).'  inofiooäftsvog  i]  ftrjv  d?.Tj9^>j  eQEiv  u/.?.coq  y^Q  nz-careiv 
TU  roiavTa  ov  nurv  yaXeuov  xal  6  kXeyyoq  a(pavi]q.  el  6s  o/^iöaetag,  ovx 
öoiov  ccTuazeLr.  lu  c.  38  trägt  Toxaris  gewisseuliaft  den  vergessenen  eid 
kurz  nach  den  eingaugsworten  von  T  1  nach:  /.iid?.or  de  nfjöre^ov  vfiov/xcä 
001  xov  oQxov  xov  rijxiTEQOv,  kJiel  xcd  xovxo  iv  ccgyf/  (iia>i.io?.oy>joäj.i>jV 


64 

neigiing  ]\rnesipps  gegen  diese  formal it ät.  i)  Ihre  äufsere  be- 
gTündung-  findet  diese  kontrastparallele  der  beiden  redner  in 
der  Charakteristik  Mnesipps.  Toxaris  schilt  in  c.  38  seine 
sncht  nach  dialektischen  einwänden  {Iqlötlxöv  :touig  y.cu 
dtyMrixor);  sie  beherrscht  auch  die  eingangskapitel  1 — 8,  in 
denen  von  einem  wirklichen  gegensatze  zu  Toxaris  natürlich 
noch  nichts  zu  spüren  ist.  Von  ihr  sticht  die  einmütigkeit 
der  beiden  Streiter  am  Schlüsse  des  dialoges  (c.  62  f.)  auffällig 
ab,  Avenn  sie  gleich  durch  die  nachgiebigkeit  des  skythen 
erzielt  wird.  Durch  diese  eintracht  der  Wettkämpfer  am 
dialogende  steht  in  Mnesipp  und  Toxaris  ein  vorbildliches 
freundespaar  der  gegenw^art  —  gemäls  der  Vereinbarung  von 
c.  10  —  einem  wegen  seiner  musterhaftigkeit  vergöttlich ten 
freundespaare  der  vorzeit,  Orestes  und  Pylades,^)  gegenüber. 
Und  zwar  hat  Lukian  den  neuen  freunden  die  palme  vor  den 
alten  zuerkannt  (ohne  das  im  Interesse  der  komposition  aus- 
zusprechen), weil  sie  das  schwierigere  vollbrachten,  trotz  der 
nationalen  exklusivität  der  griechen  einen  freundschaftsbund 
auf  allgemein  menschlicher  grundlage  zu  errichten.  3)  —  Schon 
aus  jener  gegenüberstellung  der  zwei  erzähler  erhellt,  dafs  — 
wie  den  beiden  ersten  teilen  des  dialogeinganges  der  dialog- 
schlufs  —  einander  speziell  die  rahmenteile  c.  9 — 12  anfang, 
c.  35 — 38  und  c.  62  anfang  entsprechen.  Sie  enthalten  die 
aus  der  fiktion  des  wettkampfes  gewonnenen  technischen  mittel, 
mit  deren  hilfe  der  parallele  anfban  der  rahmenerzählung 
durchgeführt  wird,  z.  b.  den  wahrheitseid  der  zwei  gegner, 
die  ständige  erinnerung  an  den  kämpf  preis  (c.  10/11  ||  35  ||  02), 


')  C.  11  sagt  Mnesipp:  o/aovfieOa,  sl'  zi  xul  oqxov  Selv  vo/xl'Qeiq.  Er 
läfst  dem  gegner  die  wähl  des  gottes,  schwört  also  beliebig  schwere 
eide.  —  C.  38:  ^yio  fxlv  ov  nävv  aov  o^vvovxoq  ideöfAijv.  Im  anschluls 
an  diese  bemerkmig  bespöttelt  er  die  vorsieht  des  Toxaris,  der  klüglich 
nicht  bei  einem  gotte,  also  (im  gegensatze  zii  ihm)  einen  leichten  eid  ge- 
schworen habe.  Der  eid  bannt  übrigens  das  niirstraiien  des  aufgeklärten 
Mnesipp  (c.  5G)  durchaiis  nicht,  während  bedingungsloser  glaube  auf  einen 
eid  hin  für  den  einfältigeren  skythen  gewisseussache  ist. 

*)  Vgl.  Bohnenblust  p.  41  1.  31. 

^)  U.  a.  gründen  wurde  auch  aus  diesem  die  skythische  form  der 
blutsfreundschaft  zwischen  Mnesipp  und  Toxaris  von  Lukian  vermieden; 
sie  hätte  der  Verbindung  nationalen  anstrich  gegeben  und  so  die  idee  des 
dialoges  verdunkelt  und  sein  kompositionelles  gleichgewicht  gestört. 


65 

an  das  Streitobjekt  (Avortfreundscliaft  der  g-ricchen :  tatfreiiiid- 
schaft  der  skj^tlien),  an  die  kampfesbedingnngen  oder  flüchtige 
hinweise  auf  den  ausgangspunkt  des  kampfes  (Orestes  und 
Pylades  c.  11.  35).  Diese  letzteren  sollen  die  erinnerung  an 
die  einleitung  bis  zum  dialogschluls  wach  erhalten  und  so 
die  Verständlichkeit   seiner  rückbeziehung   auf  jene  erhöhen. 

IL  Die  kontrastparallele  komposition  des  rahmens  unter- 
stützen die  einlagen 

1.  durch  ihre  anordnung.  In  jeder  .-rtyrdg  nimmt  die 
zentrale  Stellung  eine  geschichte  von  drei  freunden  (c.  22  f. : 
c.  4-4  —  56)  ein,  während  nr.  1-2  und  4 — 5  bei  Mnesipp  und 
Toxaris  nur  je  zwei  hauptpersonen  kennen.  Und  zwar  versagt 
Toxaris  M  3  seinen  beifall  nicht,  während  sicli  der  grieche 
gerade  gegen  T  3  wendet.  Er  tadelt  an  T  3  u.  a.  die  länge; 
wirklich  ist  T  3  die  umfangreichste  unter  den  skythischen 
geschichten.  Mnesipps  tadel  motiviert  technisch  die  kürze 
von  T  4  und  T  5  (s.  oben  s.  58)  (c.  57—60.  61),  die  der  knapp- 
heit  von  Tl  und  T2  (c.  39  — 42.  43)  die  wage  hält;  und 
zwar  stehen  die  umfange  von  T  1  :  T  4  und  T  2  :  T  5  einander 
am  nächsten.  Im  kontraste  zu  diesen  raumverhältnissen  ist 
die  zentrale  M  3  (c.  22  f.)  die  kürzeste  erzählung  unter  den 
griechischen.  Sonst  entspricht  an  länge  M  1  (c.  12 — 18)  :  M  5 
(c.  27—35),  M  2  (c.  19—21)  :  M  4  (c.  24—26).  M  1  und  M  5 
sind  unter  den  griechischen  stücken  die  am  breitesten  an- 
gelegten. Die  beispielreihe  Mnesipps  ist  also  nach  dem 
umfange  der  einzelnen  erzählungen  exzentrisch,  die  des  Toxaris 
im  gegensatze  zu  ihr  konzentrisch  i)  komponiert,  und  zwar 
bei  fast  ängstlicher  Währung  der  gleichheit  des  beiden 
Sprechern  zugemessenen  raumes,  wie  schon  Isidorus  Guttentag 
a.  a.  0.  p.  27  bemerkt  hat,  Dals  hier  nicht  zufall  waltete, 
beweist  die  oben  erläuterte  Zwischenbemerkung  Mnesipps 
nach  T3  (c.  56),  in  der  er  seinen  gegner  an  das  ihm  nach 
dem  vertrage  in  c.  11  zustellende  ausmals  erinnerte.  Wie 
schon  eingangs  angedeutet  wurde,  rechtfertigt  jener  vertrag 
auch  die  Verwertung  der  umfangsverschiedenheit  der  einlage- 
erzählungen  für  die  komposition  des  dialoges.  Toxaris  hält 
nämlich  T  3,    also  die  ausführlichste  seiner  erzählungen,   für 


0  T  1  +  T  2  und  T  4  +  T  5  bilden  dann  je  ein  giied. 

Rhetorische  Forschuugeu.   I. 


66 

die  wirksamste,  ]\rnesipp  M  5,  die  mit  ihrem  Seitenstücke  M  1 
ebenfalls  am  längsten  unter  seinen  geschicliten  ausgesponnen 
ist.  Ferner  durchschaut  Toxaris  die  absieht  des  griechen, 
nach  der  abfällig  beurteilten  M  1  in  steter  Steigerung  immer 
treffendere  Zeugnisse  für  die  von  ihm  verteidigte  behauptung 
ins  feld  zu  führen  und  es  so  zu  gewinnen.  Er  holt  daher 
zunächst  in  T  1  den  vorsprung  des  gegners  ein  und  sucht 
dann  erst  in  T  3  den  entscheidenden  schlag  gegen  ihn  zu 
führen.  Diese  absieht  findet  nun  in  der  gegenüberstellung 
von  T  3  und  M  5  ihren  ausdruck.  Mnesipps  kritik  zwingt 
ihn  aber,  eine  blöfse,  die  er  sich  in  T  3  gegeben,  zu  decken 
und  besser  beglaubigte  geschichten  zu  erzählen;  damit  ist 
sein  vermeintliches  übergewicht  über  den  partner  verloren,  i) 
Die  in  der  anordnung  der  einlagen  nach  der  zahl  der  haupt- 
personen  begründete  Symmetrie  der  beiden  gleichlangen 
erzählungsreihen  wurde  somit  durch  ihre  gegensätzliche  kom- 
position  (exzentrisch  Ij,  konzentrisch)  nicht  beeinträchtigt.  Der 
kontrast  bringt  vielmehr  diese  an  und  für  sich  äufserliche 
gruppierung  erst  in  organischen  Zusammenhang  mit  dem  plane 
des  schriftchens.  —  Kunsttheoretisch  richtiges  Verständnis  für 
das  wesen  des  kontrastes  und  für  seine  vielseitige  archi- 
tektonische Verwendbarkeit  ermöglichte  es  Lukian,  den  Tosciqiq 
mit  hilfe  des  genannten  kunstmittels  gleichzeitig  parallel  und 
steigernd  aufzubauen.  Denn  auch  grolse  gegenüber  geringer 
beweiskraft  der  beispiele,  also  die  zwischen  ihnen  bestehende 
qualitative  differenz  erweckt,  wenn  sie  bedeutend  genug  ist, 
den  eindruck  der  gegensätzlichkeit.  Technisch  findet  die 
absieht,  Parallelität  und  Steigerung  zu  verbinden,  ebenfalls 
in  der  fiktion  des  wettkampfes  ihren  ausdruck;  sie  vereint 
die  erzähler  auf  dasselbe  ziel  und  macht  sie  dabei  zu  gegen- 
spielern.  Das  bestreben,  einander  durch  die  qualität  des 
vorgebrachten  (s.  c.  11)  zu  übertreffen,  motiviert,  wie  gesagt, 
die  steigernde  anordnung  der  erzählungen;  die  notwendigkeit, 
den  gegner  zu  überwachen,  der  einflufs  auf  die  gruppierung 
seiner  geschichten,  die  stete  rücksicht  auf  die  komposition 
durch    den    partner   bei    der   Zusammenstellung   der   eigenen 


')  Die  technischen  mittel,  die  diese,  durch  die  wechsehule  breite  der 
darstellung-  symbolisierte,  komposition  der  einlagen  ausdrücken,  wurden 
oben  3.  58.  Gl  besprochen. 


67 

stücke  begründen  die  Parallelität  des  aufbaiies.  —  "Wie  der 
Verfasser  die  eingelegten  novellen  kontrastparallel  anordnete, 
wurde  soeben  gezeigt. 

2.  Steigerung  erzielte  er  durch  ihre  ungleiche  Wahr- 
scheinlichkeit und  gewichtigkeit.  Diese  beiden  kriterien  für 
die  zweckmäfsigkeit  der  beigebrachten  beispiele  läfst  Lukian 
den  Toxaris  und  Mnesippos  selbst  aufstellen  in  den  auch  um 
deswillen  einander  entsprechenden  einwürfen  c.  18  (Toxaris) 
und  c.  56  (Mnesipp),  den  zwei  brennpunkten  der  rahmen- 
erzählung.  Die  genannten  einwände  sind  wieder  begründet 
in  den  in  der  einleitung  (c.  11)  festgelegten  bestimmungen 
für  den  wettkampf,  nach  welchen  Wahrheit  und  gewichtigkeit 
der  beispiele  bei  gleicher  zahl  ihre  qualität  entscheiden  sollen. 
Dem  kontraste,  als  architektonischem  prinzipe  des  dialoges, 
dienen  die  zwei  kriterien  für  die  qualität  der  vorgebrachten 
geschichten  relativ  und  absolut.  Eelativ  durch  die  Steigerung 
von  der  einen  beispielreihe  zur  anderen  (z.  b.  von  der  Mnesipps 
zu  der  des  Toxaris),  absolut  durch  Steigerung  innerhalb  einer 
beispielreihe  (innerhalb  der  Mnesipps,  s.  oben  s.  61;  innerhalb 
der  des  Toxaris,  s.  oben  s.  66),  ohne  rücksiclit  auf  die  anläge 
der  anderen.  Die,  als  abart  des  kontrastes,  für  den  Tv^üqiq 
bedeutendere,  relative  Steigerung  wird  bewirkt:  a)  durch  den 
unterschied  an  gewichtigkeit  zwischen  den  einzelnen  er- 
zählungen  der  gegnerischen  novellenreihen,  b)  durch  die 
verschiedene  beglaubigung  der  in  den  zwei  einlagengruppen 
mitgeteilten  stücke.  —  Damit  aber  durch  die  relative  Steige- 
rung das  korapositionelle  gleichgewicht  des  dialoges  nicht 
gestört  werde,  stehen  sich  Mnesippos  und  Toxaris  auch 
insoferne  gegensätzlich  gegenüber,  als  jeder  von  ihnen  nur 
je  eine  jener  zwei  forderungen  für  die  volle  beweiskraft  der 
beispiele  ganz  erfüllt;  Mnesipps  geschichten  sind  nach  dem 
urteile   des   Toxaris    (c.  18.  35  0)    zu    wenig    gewichtig,    die 


')  Das  urteil  in  c.  18  wiederholt  Lukian  in  c.  35,  damit  die  Toxaris 
in  c.  21.  23  durch  die  Überredungskunst  des  geguers  abgedrungene  Zu- 
stimmung nicht  als  übergewicht  des  griechen  über  den  skj'then  mifsdeutet 
Averde.  Ganz  unverständig  sehen  also  Guttentag  p.  21  und  Kretz  p.  14  in 
dieser  mit  voller  absieht  vermerkten  Zustimmung  des  Toxaris,  die  die 
(absolut)  steigernde  anordnung  der  M -geschichten  technisch  verdeutlichen 
soll,  einen  Widerspruch  mit  c.  35,  also  eine  kompositioneile  bruchstelle. 


68 

skytliischen  nach  dem  des  Mnesipp  (c.  56)  zu  schlecht  bezeugt. 
Nieteu  und  treffer  hat  Lukian  also  auf  die  zwei  Wettkämpfer 
g-leichmäfsig  verteilt  und  so  die  Steigerung-  der  Parallelität 
untergeordnet. 

a)  Toxaris  übersteigert  die  griechischen  geschichten  nicht 
durch  Variationen  über  dieselben  tliemen,  sondern  er  über- 
bietet —  wie  seine  kritik  von  M  (c.  35)  erwarten  lälst  — 
allein  die  von  seinem  gegner  verwendeten  toxoi  der  freundes- 
treue. Dafs  Lukian  nur  (angewandte)  freundschafts-rojrot 
einander  gegenüberstellt  und  nicht  die  einzelnen  geschichten 
Mnesipps  der  reihe  nach  von  Toxaris  übertrumpfen  läfst, 
bringt  ihm  kunsttheoretisch  zweifachen  gewinn.  Toxaris  trifft 
stets  den  entscheidenden  punkt  der  gegnerischen  beispiele 
und  macht  so  das  übergewicht  der  seinen  allgemein  erkennbar. 
Ferner  kann  er  die  reihenfolge  der  griechischen  erzählungen 
aufser  acht  lassen  und  damit  den  peinlichen  eindruck  einer 
ängstlichen  dublette  vermeiden,  die  die  zweiteiligkeit  der 
komposition  mit  zu  aufdringlicher  technik  darstellte,  als  dafs 
sie  ästhetisch  erfreulich  wirken  könnte.  ^  Der  leser  wird 
sich  jetzt  nur  im  allgemeinen  der  gröfseren  gewichtigkeit 
der  skythischen  beispiele  bewufst,  ohne  sich  diesen  eindruck 
aus  der  beständigen  vergleichung  von  einzelnen  gegenstücken 
bilden  zu  müssen  und  ohne  durch  die  erzwungene  beobachtung 
eines  technischen  gerüstes  in  der  auffassung  der  architekto- 
nischen Verhältnisse  des  dialoges,  d.  i.  in  der  erkenntnis  seiner 
komposition,  behindert  zu  werden.  —  Gegen  jene  regel  von 
der  Übersteigerung  blofs  der  freundschaftssymptome,  nicht  der 
ganzen  geschichten  scheint  nun  T  5,  ein  offenbares  gegenstück 
zuM2,  welche  erzählung  den  skythen  am  unmittelbarsten 
ergriffen  hatte  (c.  21),  zu  verstofsen.  Denn  wie  Euthydikos 
während  einer  reise  mit  dem  kränklichen  freunde  (c.  19)  Dämon 
diesen  nachts  mit  einsetzung  seines  eigenen  lebens  vor  dem 
sicheren  tode  durch  ertrinken  bewahrte,  so  rettete  Abauchas, 
ebenfalls  auf  einer  reise  und  nachts,  den  verwundeten  freund 
(c.  61)  Gyndanes  mit  hintansetzung  des  eigenen  lebens  und 


')  Vgl.  die  feinsinnigeu  beobachtungeu  Hugo  Spitzers  DLZ  XXXII 
(1911)  2600  über  die  beeinträchtigniiy  ästbctischer  Wirkung-  durch  hyper- 
trophische künstlerische  technik  und  Ztv^ig  c.  5. 


69 

desjenig-en  seiner  teuersten  blutsverwandten  von  dem  sonst 
gleiclifalls  unentrinnbaren  tode  durcli  die  andere  den  mensclien 
gefährlichste  elementarge walt,  das  teuer.  Diese  scheinbare 
ausnähme  erklärt  sich  daraus,  dafs  die  lehensrettung  des 
freundes  der  einzige  in  beiden  geschichten  angebrachte 
freundschafts-ro.To^^  ist.  Die  motivierung  der  rettung  durch 
den  freund  (rekonvaleszenz  ~  Verwundung  des  bedrohten),  die 
gefahr,  aus  der  eine  befreiung  notwendig  ist  (wasser  ~  teuer), 
die  begründung  dieser  gefährdung  in  den  fährlichkeiten  einer 
reise  sind  in  beiden  stücken  gleichartig,  um  den  gegensatz 
ihrer  pointen  zu  einem  recht  auffälligen  zu  machen.  Nach 
der  grölse  des  abstandes  zwischen  einsatz  und  gewinn  wird 
also  im  vorliegenden  falle  der  wert  des  beispieles  für  die 
verteidigte  these  bemessen.  In  j\I2  wagt  nun  Euthydikos 
gleiches  um  gleiches,  sein  leben  um  das  des  freundes,  in  T5 
Abauchas  aufser  seinem  leben  i)  das  ihm  teurere  seines 
weibes  und  seiner  kinder  um  das  eine  des  freundes.^)  Daraus 
ergibt  sich  der  Vorzug  von  T  5  vor  M  2  nach  der  gewichtig- 
keit,  nicht  aber  nach  dem  kriterium  der  beglaubigung.  Denn 
während  für  T  5  ihr  berichterstatter  kaum  einen  Wahrheits- 
beweis erbringt,  kann  Mnesipp  M  2  neben  M  4  allein  unter 
allen  seinen  geschichten  doppelt  bestätigen  (c.  19.  21),  und 
zwar  durch  einen  objektiven  augenzeugen,  den  schiffskapitän 
Simylos  und  durch  die  Umgebung  des  beiden  Euthydikos 
selbst.  So  ist  die  für  die  zweiteiligkeit  des  aufbaues  not- 
wendige gleichwertigkeit  der  einlagen  unverletzt  geblieben.  — 
Eegister  B  im  anhange  dieser  Untersuchung  lehrt,  dafs  nur 
5  von  12  freundschafts-ro.To<  M  und  T  gemeinsam  sind,  dafs 
Lukian  also  nur  in  5  fällen  die  relative  Steigerung  von  ]\I 


1)  Allein  hätte  er  sich  natürlich  leichter  und  mit  mehr  aussieht  auf 
erfolg  retten  können. 

^)  Die  überlegtheit  der  handlung  sichert  ihre  begründung  in  c.  Gl: 
xid  tneiö))  (vreiÖLOh  xiq  vaxeQov  xov  'Aßavyar,  Siöri  TiQoSovg  t«  n-^eva 
xat  T»)v  yvvaT!{a  6  de  rvvöävrjv  eiexSiuosv,  cc?.?m  ncüöag  /idv,  ecpt],  xcd 
av&ig  TcoirjoaoQ^ui  fioi  Qqöiov  y.cd  aöijXov  el  uyaS^ol  aaovzai  oitoi,  cpD.ov 
6e  ovx  «V  evQoifu  a/.kov  iv  7ioX?Ap  XqÖvo)  roiovxov  oloq  FwöävT^q  iaxl 
netgav  txot  noXXrjV  x7,q  evvolccg  7iaoeo/7jiiitroq.  Zum  Vorzug  der  freund- 
schaft  vor  der  Verwandtschaft  vgl.  Bohnenblust  p.  13  1.  25;  zu  seiner 
begründung  aus  der  Seltenheit  des  guten  freundes  ebda.  p.  37  1.  8. 


7a 

zu  T  in  der  art  des  eben  erörterten  beispieles  M  2  :  T  5, 
nämlich  durcli  Verwendung"  desselben  symptomes  in  ver- 
schiedener gewichtigkeit,  bewirkt.  Werden  nun  in  diesen 
beispielen  die,  aus  derselben  Situation  erzeugten,  handlungen 
der  freunde  verglichen,  so  in  den  übrigen  7  fällen  die 
Situationen  selbst.  In  ihnen  wird  nicht  mehr  der  nachweis 
erstrebt,  dafs  die  skythischen  freunde  opferwilliger  seien,  als 
die  griechischen,  sondern  dafs  der  skythe  Toxaris  an  und  für 
sich  hervorragendere  treueproben  zu  berichten  wisse,  als  der 
grieche  Mnesipp.  Diesen  kontrast  von  Symptomen  hat  Toxaris 
im  äuge  in  c.  35  f.,  an  einer  stelle,  die  auch  die  absieht  der 
Steigerung,  nicht  durch  die  überbietung  ganzer  erzählungen, 
sondern  nur  einzelner  töjioi,  bezeugt.  Die  beobachteten  zwei 
möglichkeiten  der  relativen  Steigerung  durch  gewichtigkeits- 
differenz  finden  ihren  ausdruck  in  der  dreiteilung  aller 
angewandten  freundschaftssymptome  des  Tö^ccQig.  Sie  zer- 
fallen in: 

a)   auf  M  beschränkte  t6jto(  (vgl.  c.  35):  ausharren,  linde- 

rung  —  Schenkung,  teilung,  Versorgung. 
ß)  auf   T   beschränkte   töjtoi.   (vgl.  c.  36):    befreiung  — 

erwerbung. 
/)  M  und  T  gemeinsame  töjtoi:  pflege,  unterhalt,  Ver- 
setzung, ehrenrettung,  lebensrettung. 
a)  und  ß)  bilden  durch  ihre  beziehung  aufeinander  (ausharren, 
linderung  :  befreiung;  Schenkung,  teilung,  Versorgung  :  er- 
werbung) eine  /)  gleichwertige  einheit  und  unterscheiden  so, 
wie  oben  bemerkt,  (objektiv)  begebenheiten,  während  /) 
(subjektiv)  menschen  durch  ihr  verschiedenes  vorgehen  in 
derselben  läge  voneinander  abhebt.  Das  wesen  der  ge- 
wichtigkeitsdifferenz  zwischen  a)  und  ß)  bedarf  danach  keiner 
weiteren  erklärung.  Wenn  z.  b.  ein  grieche  seinen  freund 
trotz  dessen  entehrung,  in  seiner  gefangenschaft,  auf  der 
anklagebank  nicht  verläfst,  ja  den  zustand  des  gefangenen 
mit  hintansetzung  seiner  eigenen  gesundheit  erträglicher 
macht,  so  befreit  ein  skythe  vielmehr  den  gefangenen  ge- 
fährten  um  den  preis  seines  lebens  oder  der  Verstümmelung 
seines  körpers.  Ungefährliche,  passive  treue  steht  ent- 
schlossenem, lebensgefährlichem  eingreifen  in  die  geschicke 
des  genossen  an  wert  nach.    Wenn  ferner  der  grieche  den 


71 

freund  direkt  oder  indirekt  durch  geld  und  geldeswert  unter- 
stützt, indem  er  entweder  seinen  besitz  mit  ihm  teilt,  ihm 
denselben  sogar  ganz  opfert  oder  selbst  die  angehörigen  des 
freundes  versorgt  und  ausstattet,  so  leistet  er  wieder  weit 
weniger,  als  der  skythe,  der  mit  lebensgefahr  und  unter 
schwierigen  umständen  dem  freunde  seine  geliebte  erwirbt. 
Während  also  Mnesipp  unter  a)  beispiele  erzählt,  in  denen 
der  freund  nicht  mehr  als  alltägliches  zu  leisten  in  die  läge 
kommt,  indem  er  seine  bequemlichkeit,  sein  ansehen,  seinen 
besitz  opfert  oder  vermindert,  so  berichtet  Toxaris  unter  ß) 
fälle,  in  denen  die  freunde  ihr  leben  oder  mindestens  ihren 
körper  für  den  gefährten  in  die  schanze  geschlagen  haben. 
Er  erfüllt  damit  nur  seine  ankündigung  in  c.  36:  tyo)  öt  aoi 
öi7]y?jooi/ccL  qörovQ  :jro)J.ovQ  xal  uioltfiorq  xcd  {haimrovg  vjttQ 
T(~)V  ff'iXcov,  JV  tldijq  OJQ  Tiaiöia  ra  viitTiQU  lori  srana  rä 
^xvOixä  istTcc^£Gi)ai.  Viel  schärfer,  weil  persönlicher,  ist 
dieser  gegensatz  zwischen  M  und  T  in  den  tujtol  der  gruppe 
7)  gestaltet.  Da  das  ziel  der  freundestat  in  den  analogen 
griechischen  und  skythischen  Symptomen  das  nämliche  ist,  so 
unterscheiden  sich  dieselben  durch  die  gröfse  des  jeweils 
gebrachten  opfers;  d.  h.  in  M  und  T  ist  das  Verhältnis  von 
einsatz  und  gewinn  verschieden.  Und  zwar  sind  in  M  leistung 
und  erfolg  äquivalent;  T  dagegen  erzielt  denselben  erfolg, 
wie  M,  durch  einen  unverhältnismäfsigen  kraftaufwand.  Der 
höchste  einsatz  von  M,  das  leben  des  freundes,  ist  in  T  — 
entsprechend  der  oben  zitierten  verheilsung  des  Toxaris  in 
c.  36  —  der  niederste.  In  M  verschaffen  zweimal  (M  1  M  5) 
freunde  dem  gefährten  durch  schwere  körperliche  arbeit  den 
nötigen  lebensunterhalt;  in  T  setzt  dagegen  Sisinnes  sein 
leben  und  seine  geraden  glieder  zum  selben  zweck  aufs  spiel, 
indem  er  sich  zu  einem  gladiatorenkampfe  verdingt.  In  M 
teilen  Agathokles  und  Demetrios  die  Verbannung,  die  ge- 
fangenschaft  ihrer  freunde;  in  T  sucht  Belittas  den  tod  seines 
blutsbruders.  In  M  rettet  Zenothemis  die  ehre  des  Menekrates 
mit  hilfe  seines  söhnchens  in  einer  nur  rührenden  weise,  setzt 
Demetrios  seine  eigene  Verteidigung  der  des  fi-eundes  hintan; 
in  T  verschafft  Lonchates  dem  Arsakomas,  wiederum  mit 
lebensgefahr,  genugtuung  für  eine  viel  geringere  elireu- 
kränkung.    Nur  in  M2,  der  oben  ausführlich  besprochenen 


72 

erzählung,  steht  leben  gegen  leben;  T5  übertriift  sein  pendant 
durch  den  einsatz  des  lebens  mehrerer,  dem  Abaiichas  bluts- 
verwandter, Personen  und  seines  eigenen  für  das  eine  des 
G^'ndanes.  —  Lukian  bedient  sich  noch  zweier  anderer  mittel, 
um  M  nach  seiner  gewichtigkeit  unter  T  herabzudrücken. 
Sie  besitzen  aber  nur  sekundäre  bedeutung  gegenüber  den 
bisher  besprochenen.  So  wiederholt  er  ein  Symptom  aus  M 
in  T,  als  Vorstufe  des  daselbst  dem  M-rojroc  entsprechenden. 
Wie  Agathokles  und  Demetrios,  erhält  Sisinnes  den  freund 
durch  schwere  körperliche  arbeit;  aber  nur,  um  ihn  der 
nahrungssorgen  bis  zu  den  gladiatorenspielen  zu  überheben, 
die  dem  Sisinnes  durch  einsetzung  seines  lebens  ermöglichen, 
aller  not  des  Toxaris  dauernd  ein  ende  zu  bereiten.  Ferner 
bringt  Lukian  Symptome  aus  M  in  T  nebenher  als  gegen- 
dienste  des  anderen  freundes  an.  Die  systematische  berück- 
sichtigung  solcher  gegenleistungen  hätte,  wie  Kretz  a.  a.  o. 
p.  10  richtig  bemerkt,  der  absieht  der  schritt  i)  direkt  wider- 
sprochen, weshalb  auch  M  keine  berichtete.  Gerade  dieser 
umstand  machte  jedoch  die  beiläufige  erwähnung  der  in  M 
erzählten  freundestaten,  als  gegendienste  in  T,  zu  einem 
vortrefflichen  mittel,  die  M-to-toa  herabzuwürdigen.  Auf  die 
pflege  des  kranken  Deinias  durch  Agathokles  bezieht  sich 
also  die  des  verwundeten  Sisinnes  durch  Toxaris.  Die  letztere 
erscheint  nun  deshalb  selbstverständlich,  weil  Sisinnes  im 
gladiatorenkampfe  um  das  dem  Toxaris  nötige  geld  verwundet 
worden  war.  Ebensowenig  erregt  die  selbstblendung  des 
Amizokes  bewunderung,  der  durch  sie  nur  seinem  freunde 
Dandamis  vergilt,  dafs  er  ihn  um  den  preis  seiner  äugen  von 
den  sarmaten  loskaufte.  Dagegen  sind  die  entsprechenden 
griechischen  freundestaten,  nämlich  die  freiwillige  Verbannung 
des  Agathokles  mit  Deinias  und  die  freiwillige  getan  genschaft 
des  Demetrios  mit  Antiphilos,  hauptmomente  in  M.  Ein 
gegendienst  ist  endlich  auch  die  befreiung  der  verwundeten 
Lonchates  und  Makentes  durch  Arsakomas.  Toxaris  stellt 
durch  diesen  umstand  nicht  nur  seine  eigene  erzählung  T 1 


')  Aiich  die  popularphilosophische  freimdschaftslehre ,  der  Lukiau  im 
TöSaQiq  folgte,  wies  eine  bewertuug  der  freundschaft  nach  den  gegen- 
seitigen leistungen  zurück  (Bohnenblust  p.  42  1.  21). 


73 

in  den  schatten,  um  T3  als  liöliepunkt  seiner  beispielreilie 
zu  bezeichnen,  sondern  er  entwertet  zugleich  eine  ganze 
reihe  g-egnerischer  Symptome.  Denn  die  relative  Steigerung 
erreicht  er  im  vorliegenden  falle  durch  einen  ge Wichtigkeits- 
unterschied von  Situationen,  nicht  von  handlungen.  Die  form 
des  gegendienstes  liefs  sich  um  so  leichter  in  beiden  haupt- 
arten der  gewichtigkeitsdifferenzierung  anwenden,  als  die 
verglichenen  handlungen  der  gruppe  /)  in  demselben  ver- 
hcältnisse  zueinander  stehen,  wie  die  verglichenen  begeben- 
lieiten  der  gruppen  «)  ß). 

b)  Um  als  vollwertig  zu  gelten,  müssen  ferner  die  freund- 
schaftsbeispiele  auf  zeitgenössische  (c.  10)  und  wahre  (c.  11) 
begebenheiten  zurückgehen.  Da  sich  auf  wünsch  des  Toxaris 
er  selbst  und  Mnesipp  eidlich  zur  erfüllung  dieser  forderung 
verpflichten  (c.  11),  wäre  der  sieg  im  wettkampfe  allein  an 
die  gröfsere  ge Wichtigkeit  der  von  den  gegnern  ins  treffen 
geführten  geschichten  gebunden  gewesen,  wenn  nicht  die  ver- 
schiedene bedentung,  welche  grieche  und  skythe  dem  wahr- 
heitseide  beilegen,  eine  verschieden  sorgfältige  beglaubigung 
ihrer  beispiele  mit  sich  brächte  und  so  zu  einem  zweiten  wert- 
unterschiede zwischen  den  kontrastierten  erzähl ungsgruppen 
führte.  Wie  oben  s.  64  i  dargelegt  wurde,  ist  es  für  den  naiven 
Skythen  gewissenssache,  dem  Widersacher  nach  seinem  schwüre 
bedingungslos  zu  glauben;  der  aufgeklärte  grieche  hält  sich 
hingegen  durch  den  eid  der  prüfung  der  skythischen  beispiele 
auf  ihre  Wahrheit  und  der  objektiven  beglaubigung  seiner 
eigenen  geschichten  nicht  für  überhoben.  Dieser  gegensatz 
tritt  im  dialograhmen  mehrmals  (vgl.  etwa  c.  11  :  c.  38)  zu 
tage;  am  stärksten  —  wie  schon  Chassang  a.  a.  o.  p.  411  be- 
merkte —  an  seinen  polen  (c.  18  ende  :  c.  56),  nämlich  in  der 
kritik  der  feindlichen  beispiele  durch  die  Wettkämpfer;  dann 
in  der  Verschiedenheit  der  beiden  fassungen  des  wahrheits- 
eides.  Hier  ist  der  gegensatz  der  anschauungen  wohl  latent, 
aber  aufschlufsreich  für  die  in  M  und  in  T  verwendete  be- 
glaubigungstechnik.  Toxaris  verspricht  einfach,  die  Wahrheit 
zu  sagen;  woher  sie  stammt  ist  dem  naiven  barbaren  gleich- 
gültig, i)  Mnesipp  bezieht  seinen  wahrheitseid  auf  seine  quellen, 


^)  C.  38:   ov  ixa  yuQ   xov  ^'Aveixov  xal  rov  'Axiväxtjv  ovöev  nQog  oi-, 
(b  MvrjaiTiTie,  x^'S^öog  fptS  negl  xtHv  (pD.wv  xaiv  Sxvf^ixcüv. 


74 

die  er  sorgfältig  auszuschöpfen  und  nicht  zu  verfälschen  ge- 
lobt.') Er  zeigt  so  richtiges  Verständnis  für  die  bedingungen 
geschichtstreuer  bericliterstattung.  Als  quellen  nennt  er  eigene 
erlebnisse  und  fremde  mitteilungen.  Seinen  kritischen  sinn 
setzt  auch  der  umstand  in  gutes  licht,  dafs  er,  trotz  jener 
ankündigung,  durch  die  Aktion  eines  persönlichen  erlebnisses 
nur  einmal  eine,  im  zusammenhange  von  M4  untergeordnete, 
tatsache  sichert.  Sonst  schlägt  er  stets  ein  objektives  beweis- 
verfahren ein,  indem  er  in  erster  linie  zeugen  des  erzählten 
Vorfalles  zu  seiner  beglaubigung  anführt  und  ihn  zweitens 
durch  genaue  datierung,  herkunftsangabe  der  hauptpersonen 
und  Verfolgung  ilirer  weiteren  Schicksale  bis  zu  ihrem  tode 
oder  in  die  gegenwart  herauf  individualisiert.  —  Mnesipp 
verwendet  zwei  arten  der  beglaubigung  durch  gewährsmänner; 
entweder  beruft  er  sich  auf  den  bericht  eines  objektiven  augen- 
zeugen,  wie  in  M  2  M  4,  oder  auf  die  öffentlichkeit,  in  der  die 
geschichte  gespielt  hatte,  wie  in  Ml  M 3  M 5.  Speziell  für 
M  1 ,  dessen  personen  nicht  in  die  gegenwart  heraufreichen, 
stützte  er  sich  so  auf  das  zeugnis  eines  ganzen  volksstammes, 
über  den  sich  die  künde  von  der  aulsergewöhnlichen  begeben- 
heit  im  laufe  der  jähre  verbreitet  hatte.-)  In  M3  ist  die 
Öffentlichkeit  des  ereignisses  durch  die  kritik  der  menge  über 
das  ihr  unverständliche  testament  des  Eudamidas  (c.  22),  in 
M  5  durch  die,  die  freunde  rechtfertigende,  gerichtsverhandlung 
(c.  33)  angedeutet.  Einzelzeugen  für  M  2  M  4  waren  notwendig, 
weil  sich  M  2  vor  den  wenigen  fahrgästen  eines  schiffes,  nachts, 
im  stürme,  auf  hoher  see,  also  unter  Verhältnissen  zugetragen 
hatte,  die  der  richtigen  weiterverbreitung  des  Vorfalles  un- 
günstig waren  und  weil  Mnesippos  M4  auf  der  reise  durch 
ein  fremdes  land,  als  erklärung  einer  auffallenden  erscheinung, 
erfragt  hatte.  In  M4  liegt  eigentlich  die  gewähr  für  die 
Wahrheit  der  geschichte  wieder  in  ilirer  öffentlichkeit  und 
daher  allbekanntheit;  der  berichterstatter  war  nur  einer  von 
vielen   zeugen  der  begebenheit.     Es  brauchte  daher  keines 


*)  C.  12:  lazw  roivvv  6  Zeig  o  (pDuog,  ?]  /x>)v  onöoic  av  ?.tyo}  nQoq 
oe  ri  uvxbq  eiSuig  tJ  Trap'  aXXojv,  onoaov  o'iöv  rs  tJv,  6t'  uxQißdaq  ixnvv- 
&av6fievog  iQeZv,  /xjjdlv  ttuq'  e/utcvTov  iTxiTQaytoc'iwr. 

')  C.  12:  xui  nQWTtiv  yi  ooi  rf]v  ^iyaf^oxltovg  xal  Jeiviov  (fi).iuv 
ScTjyijaofiai  ccoühfwy  iv  roig  ^Icuoi  yerofiirtjr. 


75 

beweises  seiner  Zuverlässigkeit,  aufser  der  Versicherung,  er 
sei  ein  landsmann  des  Zenotliemis  gewesen.^)  Die  ausfiilirungen 
dieses  gewährsmannes  gibt  nun  Mnesippos  genau  wieder.^) 
Dagegen  fliefst  M  2  hauptsäclilich  aus  mitteilungen  derjenigen 
person,  die  zu  jenem  ungünstigen  Zeitpunkte  die  beste  Über- 
sicht über  die  Vorgänge  auf  dem  schiffe  haben  mufste,  nämlich 
aus  erzählungen  des  Schiffskapitäns  Simylos.^)  Neben  diesem 
Signalement  spricht  für  seine  glaubwürdigkeit  die  unvoll- 
ständigkeit  seiner  angaben  über  den  heroischen  freundschafts- 
akt.  Simj^los  beschränkte  nämlich  die  mitteilungen  an  Mnesipp 
auf  seine  persönlichen  Wahrnehmungen.  4)  Die  berichte  der 
gewährsmänner  in  M2  M4  erhalten  je  eine  ergänzung;  in 
M2  durch  aussagen  der  Umgebung  des  Euthjxlikos ,  ^)  in 
M4  durch  das,  die  erzählung  des  massalioten  veranlassende, 
erlebnis  Mnesipps,  Sie  bestätigen  —  charakteristisch  für 
Mnesipps  streben  nach  objektiver  beglaubigung  —  nur  neben- 
sächliche details;  blofs  aus  dem  munde  des  beiden  stammen 
ja  die,  für  den  zweck  des  beispieles  gleichgültigen,  mitteilungen 
seiner  gefährten  über  seine  und  des  freundes  rettung  (c.  21 
schlufs)  und  blofs  durch  autopsie  verbürgt  Mnesipp  die  porträte 
des  Zenothemis  und  der  Kydimache  (c.  24  anfang),  also  das 
phänomen,  das  in  M4  seine  erklärung  findet.  Diese  minder- 
wertiger beglaubigten  teile  verbindet  Mnesipp  auch  äufserlich 
lose  mit  dem  stamme  der  erzählung;  von  M  2  hebt  er  den 
Zusatz  durch  eine  zwischenfrage  des  Toxaris  ab  und  macht 
ihn  so  zum  anhange ;  in  M  4  werden  die  beiden  Signalements 


^)  Er  wird  zunächst  unpersönlich  eingeführt  (c.  24) :  ItSti/ßjj  6e  /noi . . . 
xtO.oq  uvriQ  xil.  Mit  beziehinig  anf  diese  stelle  heilst  es  später  von  ihm 
(c.  2-i):  o  öelgccq  aviov  öitjyenö  f^ioi  zrjr  aräyxijv  rov  yäfiov  uxQißoJq 
eiöwq  txaaia  '     MuoGuXtwr^q  6e  xcd  avrdg  //r. 

"^j  Das  deutet  Mnesipp  au  durch  eingeschobenes  cy//  zu  beginn  seiner 
erzählung  und  durch  die  schlursformel  in  c.  26:  xoiavxu  6  MaoocdtwiTjg 
6?.sye  rov  ZrjvöO^efiiv  etQyäo&ac  vneQ  rov  (plXov  xxX.,  die  zusammen  mit 
der  eingangsformel  in  c.  24  den  fremden  bericht  einkapselt. 

^)  ('.19:  öniyelxo  6i  fioi  71£qI  «i'roC  Zi/xv?.oq  6  ravx?.r/Qoq  6  MtyuQi- 
xoq  eno/iOGCif^ieroq  i]  f-irjv  avxoq  hoQaxh'cci  xo  (gyov. 

*)  C.  21:  6  ,usv  yaQ  ^ij^ivXoq  xavxa  ^öva  tiyt  Xlytiv,  a  nore  aide  xfjq 
vvxxöq,  rov  /.ihv  hxnlnxovxa,  rov  de  inimjSwvxa  xcd  viy/oulvovq,  iq  ooov 
iv  vvxxi  xad^OQccr  idvvaxo.    Vgl.  c.  19  und  'Piloifsvö/jq  c.  24. 

^)  C.  21:  xd  de  dno  xoixov  oi  ä/ufl  xov  EvB-vöixor  avxol  öitjyovvxai. 


76 

durch  den  erzälilerweclisel  zum  proömium  der  eigentliclien 
geschichte.  —  Eine  kontrolle  dieser  zeug-nisse  sollen  zunächst 
kurze  angaben  über  die  herkunft  der  freunde  und  den  ort 
der  aus  ihrem  leben  ausgehobenen  begebenheit  ermöglichen. 
Beide  konnten  allgemein  bleiben,  solange  sich  der  erzähler 
auf  die  Öffentlichkeit  des  ereignisses,  als  beweises  für  seine 
Avahrheit.  zu  stützen  vermochte  (M  1  :  Ephesos,  M  3  :  Korinth, 
M4  :  ]\Iassalia,  M  5  :  [Alexandreia]),  mufsten  aber  eingehend 
werden  in  dem  einen  beispiele  M2,  das  ganz  auf  den  bericht 
des  augenzeugen  Simylos  gestellt  ist.  Der  ort  und  parallel 
mit  ihm  die  zeit  des  Vorfalles  erfahren  so  eine  doppelte 
fixierung,  eine  weitere  und  eine  engere,  i)  Durch  die  Ver- 
zeichnung der  lokalen  Zwischenglieder  zwischen  den  beiden 
örtlichen  endpunkten  verband  sie  Lukian  zu  einer  reihe,  wie 
solche  im  hildeinsatze  zum  zwecke  realistischer  Wirkung  üblich 
waren.  Ebenfalls  realistische  absiebten  verfolgt  das  Signale- 
ment des  freundespaares  in  c.  19;  es  soll,  wie  oben  s.  69  be- 
merkt wurde,  die  rettung  Dämons  durch  Euthj^dikos  moti- 
vieren. —  Die  nachprüfung  der  beglaubigungen  durch  zeugen 
erleichtern  ferner  die  nachrichten  über  die  Schicksale  des 
freundespaares  nach  der  vorgeführten  treueprobe.  Sie  setzen 
zugleich  den  freundschaftsakt  in  zeitliche  beziehung  zu  der 
gegenwart  des  erzählers  und  genügen  so  der  forderung  nach 
zeitgenössischen  (im  gegensatze  zu  mythischen)  beispielen,  die 
als  bedingung  des  wettkampfes  vor  seinem  beginne  erhoben 
wurde.  M  1  verfolgt  das  los  des  Deinias  und  Agathokles  bis 
zu  ihrem  tode  auf  der  insel  Gyaros.  Die  frist  zwischen  dem 
tode  des  Agathokles  und  seinem  berichte  legt  nun  Mnesipp 
genau  fest  zur  begründung  einer,  aus  dem  eingange  der 
geschichte  wieder  aufgenommenen,  unbestimmten  chrono- 
graphischen angäbe.  2)  In  M2  ersetzt  jede  Zeitberechnung 
die  anmerkung,   dafs  die  beiden  freunde  noch  leben  und  wo 


*)  Allgemeine  bestimraung  (c.  19):  ■nlüv  fdv  yuQ  t(pt]  i§  'Inülaq 
AS-TJra'Qe  (ort)  tibqI  Svatv  W.e i ü6 oq  {zQit).  Spezielle  bestimniuiig  (c.  19): 
xccTu  ri]v  Zäxvrd-or  (ort),  TitQi  jdoaq  vvxzccg  (zeit). 

*)  C.  18:  roCro  aoi  SQyov  (fi).ov"E).kt]voq  ov  tcqo  nokXoC  yevöfxevov 
iij]  yuQ  ovx  olöcc  et  ntvie  fj()>j  6u/.t]/.vi>tv,  u(p'  ov  'Ayud-oxXfjq  tv  Fvägio 
antO-ars.  Vgl.  c.  12:  'Ayad^ox/Jig  yuQ  ovioq  b  2!c(/xioq  ov  tcqo  no?J.oC 
tyirero  xr).. 


77 

sie  leben.')  Ihr  entspricht  in  M5  die  mitteiliing-,  dafs  Anti- 
pliilos  bis  jetzt  in  Ägypten  verweile;^)  sie  bescliränkt  sich 
gegenüber  M  2  auf  nur  einen  der  beiden  freunde,  da  Demetrios, 
der  sich  zu  den  brachmanen  nach  Indien  begeben  hatte,  für 
eine  kontrolle  der  begebenheit  unerreichbar  wäre.  Älinlicli 
genügt  für  M  3  die  Zwischenbemerkung,  dafs  Aretaios  ans 
Korinth  den  letzten  teil  des  testamentes  seines  freundes 
Eudaniidas  durch  ausstattung  seiner  tochter  erst  kürzlich 
vollstreckt  habe;  denn  auch  Aretaios  ist  noch  am  leben  zu 
denken.  3)  Nur  die  gleichfalls  unbestimmte  Zeitangabe  von 
M4  bezieht  sich  nicht  auf  den  moment  der  wiedererzählung 
Mnesipps,  sondern  auf  die  zeit  des  zeugenberichtes,  der  in  jM  4 
genau  reproduziert  ist.^)  In  mittelbaren  Zusammenhang  mit 
dem  termine  des  dialoges  vermag  aber  auch  diese  datierung 
gebracht  zu  werden  durch  Verlegung  der  ausführungen  des 
gewährsmannes  in  Mnesipps  italienischen  aufenthalt  in  staats- 
geschäften,^)  dessen  Zeitpunkt  dem  Toxaris  bekannt  oder 
wenigstens  nachweisbar  sein  mufste.  Damals  waren  die  per- 
sonen  der  geschichte,  deren  zwei  Mnesipp  selbst  sah,  noch 
am  leben.  —  Im  gegensatze  zu  Mnesipp  gibt  Toxaris,  mit 
ausnähme  von  T  5,  alle  seine  erzählungen  als  eigene  erlebnisse 
aus.  Auf  diese  weise  vereint  er  mit  ihrer  beglaubigung  die  fest- 
stellung  ihrer  zeitlage.  Nur  T  5  bleibt,  von  einer  ganz  vagen 
chronologischen  angäbe  abgesehen,")  nach  beiden  richtungen 
hin  unbestimmt;  die  lokalisierung  in  der  griechischen  kolonie 
Borysthenes  mufs  da  als  ersatz  gelten.  Die  tatsache  des  er- 
lebnisses  drückt  Toxaris  auf  zweierlei  art  aus.  Die  eine  ent- 
spricht dem  Zeugnisse  aus  der  öffentlichkeit  des  Vorfalles  in 


^)   C.  21:  tn  xal  vvv  elaiv  \-ix)-T'jV}jair  afi(pco  (pi).oao(po^pxeq. 

^)  C.  34::  6  i-ikv  ovv  ArTi(pi?.oq  kTi  xal  vdv  tv  Aiyvnxio  ioziv,  o  öh 
Aij^iriTQioq  xal  xaq  avxov  6ia(.ivQiaq  txsircp  xuxa).ni(i)v  (L'/^^zo  ünicuv  eig 
ztjv  'Ir6txi]r  naQu  xovq  BQayjiäraq  xxX. 

^)  C.  23:  ö  6h  'ÄQexaloq  . . .  xrjv  O-vyaxt^ia  ov  7T(j6  noD.ov  txdtSwxer  xx).. 

*)  Vgl.  oben  p.  75"  und  c.  26:  xal  TtQiötjv  ye  tnel  ä^äfieroq  avxo 
[sc.  To  naidlov]  daexöfiiasr  6  7iax)]o  elq  x6  ßov?.8vx(Qiov  &a?.).M  boxefi/ctrov 
xal  ßbkava  aßneyöfxevov  xxX. 

^)  C.  24:  iösixO-r]  rfe  /xol  cv  'Ixa?Ja  nQSoßevorxi  vneQ  x'jq  naxQiöoq 
xaXoq  avijQ  xal  fxtyaq  xal  nkovaioq,  wq  eööxei. 

")  CGI:  ijXb  noxe  ovzoq  b^Aßavyuq  slq  x>)v  BoQVOx}ei'ixwv  nöXir  xx?.. 


78 

^[;  wie  dort,  werden  auch  liier  drei,  also  die  melirzalil  der 
geschichten  (T  1  T  2  T  3)  durch  diese  art  der  persönlichen 
erfahrung  beglaubigt.  Toxaris  befindet  sich  dann  unter  dem 
Publikum,  vor  dem  sich  die  begebenheit  zuträgt,  ohne  in  Tl 
T  2  seine  anwesenheit  unter  der  menge  der  zeugen  anders, 
als  durch  den  bericlit  in  der  1.  p.  pl,  also  durch  wir-erzählung, 
anzuzeigen.  Erst  in  T  3  klärt  eine  Zwischenbemerkung  über 
diese  bedeutung  der  wir-erzählung  auf.i)  T3  unterscheidet 
sich  am  Schlüsse  von  T  1  T  2  dadurch,  dafs  die  zeugen  nicht 
blofse  unbeteiligte  zuschauer  sind,  sondern  aktiv  in  die  hand- 
lung  eingreifen.  Toxaris,  als  befehlshaber  eines  fähnleins 
reiter,  ragt  überdies  aus  dem  grofsen  häufen  hervor.  T  3 
leitet  so  von  T  1  T  2  zu  T  4  über.  In  T  4  allein  gelangt  die 
andere  ausdrucksform  des  selbsterlebten  zur  anwendung.  Sie 
ist  ein  analogon  zur  beglaubigung  durch  einen  bestimmten 
zeugen  in  M,  auch  in  der  Seltenheit  ihres  gebrauches.  Toxaris 
wird  in  T  4  aus  dem  unbeteiligten  beobachter  oder  uninte- 
ressierten helfer  einer  freundschaftstat  zu  ihrem  gegenstände. 2) 
Sein  erlebnis  potenziert  sich  also;  um  seinetwillen  ereignet 
sich  die  begebenheit,  die  er  als  zeuge  mit  ansieht.  Unter 
dem  einflusse  der  kritik  Mnesipps  in  c.  56  erhält  ferner  T  4, 
allein  unter  allen  beispielen  in  T,  eine  zweite  beglaubigung, 
und  zwar  durch  objektive  zeugen.  3)  Ähnlich  wurden  M2  M  4, 
die  formalen  gegenstücke  zu  T4,  allein  in  M  doppelt  be- 
glaubigt. Die  berufung  auf  die  amastrianer  in  T  4  entspricht 
der  auf  den  massalioten  in  M  4;  d.  h.  die  Wirklichkeit  der 
betreffenden  begebenheit  verbürgt  beidemal  die  öffentlichkeit, 
in  der  sie  sich  abgespielt  hatte.  "Wie  nun  der  grieche  M  4 
von  einer  nicht  näher  bezeichneten  person  aus  jenem  publikum 
erfuhr,  so  kann  der  skythe  auf  einige  ebenfalls  ungenannte, 


')  C.  5-1:  rj.uHq  6b  —  xal  yuQ  cazoq  fitiioyov  xTiq  i^öSov  ccvioTg 
iniöovq  kv  ry  ßv(^>a^  röte  inmug  avT0T8?.6ig  exazöv  —  ov  no?.).(5  l'kictrov 
xüiv  XQiaixvQiojv  avr  zoTq  mnevaiv  üi^QOiod^kvieq  vnefiivofxev  rijv  l'<fo- 
öfiv  xtX. 

^)  C".  57:  fiü/.?.ov  d^  axovoor,  titol  rcvnfj  o'ia  (filoq,  Stoirrrjq  rowo/ja, 

V7lrj(}tTljOiV. 

')  C.  60:  rovTO,  u>  MvrjOiJiTie,  ovx  tv  Mü/j.voiv  ovöt  tv  'Alarla 
iytvtxo,  wq  c(nä(jxvQOv  eivai  xul  tmionioDcu,  c(?.).u  noX/.ol  Tcä(Jtioiv 
^AfiCCOTQiuvcüv  /.tsini'r]/.ibi'Oi  x^q  yiü'f,r\q  xov  ^tolvyov. 


79 

zufällig-  in  Athen  —  dem  orte  seiner  nnterreduno;  mit  iMnesipp 
—  anwesende  aiigenzeugen  des  geschilderten  Vorfalles  zur 
allfälligen  kontrolle  von  T  4  hinweisen.  —  T  4  T  5  sind  genau, 
und  zwar  in  griechenstädte,  lokalisiert;  T4  läfst  sich  aufser- 
deni  zeitlich  mit  dem  gegenwärtigen  gespräche  des  Toxaris  in 
Verbindung  bringen.  Wiederum  ist  die  indirekte  Zeitangabe  in 
T  4  der  von  M  4  nachgebildet. ')  Beidemal  ist  ferner  autopsie 
des  erzählers  selbst  fingiert.  Auch  die  Ortsbestimmungen  in 
T  4  T  5  hat  Toxaris  den  in  M  üblichen  absichtlich  angepafst, 
was  seine  erwiderung  auf  den  tadel  des  gegners  in  c.  60  lehrt. 
T  4  T  5  wollen  auf  diese  weise  die  einwendungen  Mnesipps 
gegen  die  gruppe  T  1  T  2  T  3  in  c.  56  entkräften ;  deren  be- 
glaubigung  durch  die  öffentlichkeit  der  erzählten  ereignisse 
liefs  der  grieche  nicht  gelten,  weil  sich  das  publikum  von 
Tl  —  T3  in  unerreichbarer  ferne  und  nicht  einmal  an  einem 
bestimmten  orte  aufhält,  eine  nachprüf ung  somit  ebenso  un- 
möglich wäre,  wie  etwa  eine  von  M  5  mit  hilfe  des  Demetrios, 
den  daher  Mnesipp  konsequent  aus  dem  beweisapparate  aus- 
geschieden hatte.  Von  den  übrigen  in  M  beobachteten  mittein 
zur  kontrolle  eignete  sich  Toxaris  das  in  der  Weiterverfolgung 
der  Schicksale  des  freundespaares,  über  den  Zeitpunkt  der 
geschilderten  tat  hinaus,  bestehende  an.  Dreimal  (Tl  T2 
T  4)  findet  es  in  T  Verwendung.  Für  den  schlufs  von  T  1, 
demzufolge  Amizokes  den  anblick  des  um  seinetwillen  ge- 
blendeten Dandamis  nicht  ertragen  konnte,  sich  selbst  seines 
augenlichtes  beraubt  hatte,  worauf  nun  ((fiCföz^Qoi  y.aOrjVTra 
vjrd  Tov  y.on'ov  tojv  2£y.vd(~)V  örjiwöic.  f/tra  jraotjg  Ti^ifjc, 
TQ£(f  Oktroi  (c.  41),  schwebt  dem  skythischen  erzähler  die  mit- 
teilung  von  M  2  vor,  dafs  die  beiden  freunde  Dämon  und 
Euthydikos  miteinander  in  Athen  philosophie  betreiben  (c.  21). 
Deutlicher  ist  der  schlufs  von  T  2  nach  dem  von  M 1  ge- 
staltet. Beide  geschichten  enden  mit  dem  tode  der  freunde; 
werden  nun  die  skythischen  gemeinsam  begraben,^)  so  harrt 
Agathokles  bis  zu  seinem  tode  bei  den  gebeinen  des  Deinias 


')  C.  57:  0X8  yccQ  ^^//rtt^E  dn(j£LV  oixoS-er  i-md-viiüc  nutötlai  rf/^ 
ED.iivixfjq,  xuxtnXevoa  tq  ^'AßuaxQiv  x))r  Ilovxixijv  vgl.  c.  24:  töeiyßij 
dt  fi.01  tl'  'ixuXia  nQeoßevovii  VTihiJ  x'jg  nca^lSoq  xuXoq  uvrjQ  xx).. 

*)  C.  43:  xal  iifxüq  id^äxpccfxev  avxovq  Svo  xäcpovq  üvcc/woayKq 
nltjoloi',  i'tu  f.dr  xüiv  (fü.cor,  tvu  (5t  xuiavxiXQV  xov  ).tovxoq. 


80 

aus. ')  In  T  4  und  M  5  endlich  trennen  sicli  nach  der  tat  die 
opfermutigen  freunde  Sisinnes  und  Demetrios  von  ihren  nun 
versorgten  geführten.  Beide  begeben  sich  in  entlegene  länder, 
Demeti-ios  zu  den  indischen  brachmanen,  Sisinnes  in  seine 
skythisclie  lieimat.  In  M  3  und  in  T  3  bestehen  die  freundes- 
dienste  an  und  für  sich  in  einer  folge  von  ereignissen;  mit- 
teilungen  über  das  spätere  leben  der  geführten  unterblieben 
deshalb  in  den  beiden  kontrastparallelen  beispielen.  Auch 
T5  fehlt  ein  solches  beglaubigendes  biographisches  schluls- 
stück,  aufser  des  Abauchas  rechtfertigung  seiner  handlungs- 
weise  gegen  einen  späteren  Vorwurf.  Die  gesinnungstreue, 
die  aus  der  Selbstverteidigung  des  Abauchas  spricht  (c.  61), 
erinnert  an  die  des  Zenothemis  (M  4),  die  in  seinem  verhalten 
zur  Kj^dimache  zum  ausdrucke  kommt  (c.  25.  26).  Skythe  und 
grieche  bekunden  durch  ihre  Charakterfestigkeit  die  fähigkeit, 
dieselbe  tat  jederzeit  zu  wiederholen.  Die  biographischen 
fortsetzungen  der  in  M  und  T  erzählten  freundschaftsakte 
stehen  also  in  chiastischem  abhängigkeitsverhältnisse,  durch 
das  Lukian  auch  die  konzentrische  anordnung  der  beiden 
geschichtencyclen  herausarbeitet : 

[Vorderteil]  T  1  :  M  2  =  T  2  :  M  1 
[schlufsteil]  T4:M5  =  T5:M4 
[mittelstück]  T3  ~  M  3. 

Die  schon  in  M  stark  zurücktretenden  Signalements  der  freunde 
verschwinden  in  T  fast  vollständig.  Die  beziehungen  zwischen 
M  2  und  T  5  wurden  auch  für  diesen  punkt  schon  in  der  ver- 
gleichung  beider  erzählungen  aufgedeckt.  Es  erübrigt  also 
nur,  auf  ausätze  hinzuweisen,  wie  in  T4,  wo  Sisinnes  als 
Schwager  des  Toxaris  bezeichnet  wird, 2)  oder  in  T  2,  dessen 
held  Belittas  ein  vetter  des  Amizokes  aus  T  1  ist. 3)  —  Ver- 
gleicht man  die  beglaubigungstechnik  von  M  und  T  im  ganzen, 
so  zeigt  sich  zunächst  ein  formaler  parallelismus  beider  bei- 
spielgruppen ;  M  und  T  bezeugen  die  überwiegende  mehrzahl 


')  C.  18:  xal  ünox>uv6vxoq  [der  freiind]  ovxhi  inaveXQ^slv  dq  ztjv 
kuvioü  ■^0-iltj(Jsv,  kAA'  umov  iv  xfj  vt'jacp  t'ftsivev  ccloyvvö/aeyog  xal 
TS&rediTa  ceno?.mElv  zov  (fü.ov.   xtX. 

")  C.  GO:   loxi  fiiXQi   vvv   hv  Sxv&uiq  yrjinag  t/)j'  t/u/i'  adthpijv  xzX. 

^)  C.  43:  BtXlxxuv  'AfxiC,(öxov  xoviov  uvsxpiöv. 


81 

der  stücke  durch  die  öffentlichkeit  der  in  ihrem  mittelpunkte 
stehenden  begebenheit,  während  sie  sich  blofs  für  zwei,  resp. 
eine  geschichte  auf  die  autopsie  einer  bestimmten,  genau 
bezeichneten  person  berufen.  Nur  die  letztgenannten  drei 
erzählungen  M  2  M  4  T  4  sind  doppelt  bezeugt.  Parallelisierte 
nun  Lukian  M  und  T  nach  der  form  ihrer  beglaubigungen, 
so  kontrastierte  er  sie  nach  dem  inhalte  derselben.  Während 
nämlich  Mnesipp  die  einzige  geschichte  M4  nebenher  durch 
eigenes  erlebnis  des  berichterstatters,  sonst  alle  nur  durch 
zeugen  beglaubigte,  so  Toxaris  alle  durch  erlebnis  und  nur 
T4  nebenher  durch  objektive  zeugen.  Die  entsprechung  der 
beiden  gegenstücke  ist  auch  nach  ihrer  Stellung  in  den  er- 
zählungsreihen  genau.  M  4  und  T  4  sind  fixpunkte  in  der 
gliederung  der  novellenmasse  sowohl  nach  parallelismus,  als 
auch  nach  kontrast  der  beglaubigung.  Lukian  verfolgte  also 
mit  der  komposition  durch  diese  zwei  architektonischen  Prin- 
zipien dasselbe  ziel;  der  parallelismus  ist  hier  die  grundlage 
der  kontrastwirkung,  die  er  also  nicht  beeinträchtigt,  sondern 
verstärkt.  ^  ^ 

Die  kontrastierung  der  beiden  novellenkreise  durch  be- 
glaubigung der  beispiele  war  notwendig,  um  ihrer  kontrastierung 
durch  gewichtigkeit  der  geschichten  die  wage  zu  halten,  um 
also  ihre  gegensätzlichkeit  in  Parallelität  aufzulösen.  Auch 
diese  letzte  bedingung  für  die  durchführung  eines  zweiteiligen 
aufbaues  des  dialoges  aus  zwei  gleichwertigen  hälften  hat 
Lukian  restlos  erfüllt,  indem  er  den  kontrast  durch  gewichtig- 
keit und  den  durch  beglaubigung  in  gleicher  weise  darstellte. 
Nur  verwendete  er  dieselbe  form  gegensätzlich.  Dem  grade 
von  Objektivität,  der  in  der  bezeugung  der  geschichten  in  M 
und  in  T  erreicht  wurde,  ist  nämlich  die  gröfse  des  opfers, 
das  ebenda  ein  freund  dem  anderen  bringt,  invers  proportional. 
Setzen  also  die  freunde  in  M  nur  in  einem  beispiele  ihr  leben 
für  den  gefährten  ein,  sonst  entsprechend  geringeres  (a),  so 
schlagen  die  freunde  in  T  in  allen  erzählungen  ihr  eigenes 
leben  für  den  kameraden  in  die  schanze,  in  einer  auch  das 
ihrer  angehörigen  (a).  Dagegen  beglaubigt  T  nur  eine  seiner 
schwerwiegenden  geschichten,  und  diese  nebenher,  objektiv, 
ebendieselbe  und  alle  übrigen  subjektiv  oder  ungenügend  (b); 

Rhetorische  Forechungen.   I.  ß 


82 

M  bezeugt  alle  beispiele  objektiv,  eines  anfserdem  subjektiv  (b). 
Die  nämliclie  form  des  kontrastes  Ma|],Ta  erscheint  somit 
verkehrt  in  Mb|J,Tb.  Erhöht  wird  der  eindruck  der  gleich- 
artigkeit  dieser  beiden  gegensätze  endlich  dadurch,  dals  die 
pole  von  MafjTa  formale  parallelen  derer  von  MbfjTb 
sind.  Als  höhepunkte  in  Ma||Ta  müssen  nach  den  früheren 
erörterungen  die  deutlich  aufeinander  bezogenen  geschichten 
M2  T5  gelten.  Mb  JiTb  gipfeln  wieder  in  die  gegenstücke 
M  4  T  4.  Es  wurde  ferner  gezeigt,  dals  sowohl  M  2  M  4 
infolge  der  gleichförmigkeit  ihrer  beglaubigungen  formale 
parallelen  sind,  als  auch  aus  demselben  gründe  T  5  T  4.  ^ 
Das  Verhältnis  von  M  zu  T  nach  gewichtigkeit  (a)  und  be- 
glaubigung  (b)  der  beispiele  lälst  sich  somit  in  folgende 
forniel  zusammenfassen,  in  der  +  die  höhere,  —  die  geringere 
Wertigkeit  der  geschichten  nach  einem  jener  zwei  faktoren 
(a  oder  b)  bedeutet: 

-       +  -       + 

Ma:Ta  =  Tb. -Mb. 

Sie  symbolisiert  die  tatsache,  dafs  Lukian  gewinn  und  Verlust 
auf  die  beiden  Wettkämpfer  gleichmäfsig  verteilt,'^)  sein  kom- 
positionelles  ziel  also  glatt  erreicht  hat. 


Register  der  xöjtoi  über  die  freuiidscliaft. 
A.    Popularphilosophlsche  ronoi. 

uya'&oq  ävii]Q  (c.  37  :  Bohueublust  p.  28  1.  22).  ovx  ix  xmv  tcotwv  .  .  .  ovo' 
et  ovvHprjßöq  rig  jj  yeircov  i}v,  cUA'  meiöüv  ziva  l'öcofiev  tcyad^dv 
uvöga  xul  fi£yü).u  tQyäaaa&ai  Svväfiüvov,  tnl  tovxov  unuvxeq 
onevdofiev  xxX. 

tdy'&i'q  (c.  7  anf.  :  Bohiienblust  p.  34  1.  13). 

aitu  THiüxxeiv  nüvxa  (c.  G2  :  Bohiienbhist  p.  41  1. 1).     ...  bnoZov  xov  FtjQV- 
övjjv  Ol  yguipelq  iväeixvvvxai,   av&^canov  k^üy^ei^a  xal  ZQixtcpaXov' 
ifiol  yuQ   öoxsl  XQilq  ixsZvot  i]auv   cc/ucc  ngärxovxeg  navxa,   &ansQ  ■ 
iaxl  dixuiov  (pl).ovg  ye  ovxug. 


*)  T  5  gehört  uicbt  in  die  durch  erlebnis  in  der  öffentlichkeit 
bezeugte  gruppe  Tl.  —  T3,  sondern  wegen  seiner  genauen  lokalen  be- 
stimmung  zu  T4,  das  die  beglaubiguugstechnik  von  M  auf  T  zu  über- 
tragen versucht. 

')  S.  oben  s.  G8. 


83 

ovx  dv&Qcünivrj  [>)  <fi?.i(c]  (c.  7  anf.,  ebda,  ende  :  Bohnenblust  p.  44  1.21). 
C.  7  anf.:  [t«  azoiyeta]  rof>  TiQog  d?J.i]Xovc  I-qcotoq  ovx  ärd^^cönivcc 
ra€xcc  w/jd^ijftsv  elvca,  cd?.c(  nroc  yraif.i}]q  ß6?.riorog  7/  xard  roig 
no).Xovq  rovtovq  drO^fjiönovg,  o'i  xx)..  —  C.  7  ende:  ipü.ioi  dai/.ioveg 
=  Orest  und  Pylades. 

c:no?.el7ieiv  s.  ttqoSÖdjv. 

ßeßcuov  (c.  7  anf.,  36.  37.  62  :  Bolmeublust  p.  37  1.  6).  C.  36:  xal  öid  roCxo 
[^  xo  XQi^aifwv]  (vq  ßeßatSxaxa  ovmS-riteS-a  xdc  (pi).iuq.  —  C.  37: 
ovx  soxiv  0  XL  xo  ftexcc  xo^xo  ij/nüc  öia/.vaetev  uv.  —  C.  62:  ovvd^tfiei'Oi 
TCQoq  rjf.iäq  avxovg  (pD.oi  xe  avxö&ei'  eirac  xal  stoael  töfoS-ß«. 

(pD.ioi.  dai/^ioreq  s.  ard^Qcontrtj. 

6id  [xo  -/Qijaifiov]  (c.  36  :  Bolmeublust  p.  29  1.  35).  xcd  6iu  xovxo  cog  ßsßcci- 
öxaxa  ovvxid^sfzed^a  täq  <piXiaq,  fxövov  xovxo  onXov  u/xaxov  xcd 
6vo7ro?J,u7]xov  eircci  rofdtorxeg. 

evvoici  (c.  7.  37  :  Bohueublust  p.  36  1.26).  C.  37:  xcd  otöfie&u  ovxtd-' 
ofxolüjg  iayvQCiv  uvxov  xijv  (fi/Juv  eircci  TiQog  7io/.).ug  evvoiug  Suci- 
Qe&eZoa  r. 

[d^ävccxog  Ittsq  <fl).ov]  s.  (fi).txaiQOv. 

Q-c'cQoog  3.  nioxöv. 

kv  xoZq  öeivolg  xoivfjjvlcc  (c.  5.  7  passim  :  Bobnenblust  p.  42  1.  14,  vgl. 
p.  11  1.22).  C.  5:  y^Qi)  xolg  (pü.oig  dndorig  xfjg  xv/tjg  xoinoveiv.  — 
C.  7:  ot  .  .  .  xoTg  <pi?.oig  uyuvaxxovaiv  ei  [xri  in'  i'o7jg  xoivwrrjoovoi 
xwv  jjdtcov  xxX.  —  ovöi  taxiv  ecp'  oxo)  uv  xig  SxvQ-ijq  fj.cd?.ov 
oefivvrccixo  i]  inl  x<p  ov^norTjouL  <fD.u)  clrS^l  xcd  xoircovfiacu  xwv 
öeiviür. 

[xQiaig]  (c.  37.  63  :  Bobnenblust  p.  33  1.16—32).  C.  37:  STieiöcxv  xiva 
LÖcüiiev  dyaO^ov  uvöqcc  .  .  .  inl  xovxov  dnuvieg  anevSofiev.  —  C.  63: 
0  yaQ  Xoyog  b  nuQwv  xal  xo  xtüv  ofioicov  bQsysod-ai  nolv  niaxö- 
xega  xfjg  xvlixog  ixeivrjg  "jv  nlvexe,  inel  xd  ye  xoiuvxa  ovx  dvdyxtjg, 
d).?.d  yv(ö/j.7jg  SeZoQ-ai  (xoi  öoxeT.  —  Scbluls:  oiog  ov,  co  Tö^agi, 
öitifdrtjg  fj/ALV  dno  xwv  Xöycov. 

xxfjim  (c.  7.  37.  62  :  Bolmeublust  p.  29  1.  16).  C.  7:  oi-ölv  Sxv^ca  (piUag 
fxeiL,ov  oi'orxaL  elvca.  —  C.  37:  dem  hoben  werte  der  freuudschaft 
entsprechen  die  bemühungen  der  skythen  um  sie.  —  C.  62:  eyco  Ss 
ovSsv  cOJ.o  r]yov(.iai  dvO^gionoig  eivcu  xovxov  xx^fiu  cqieivov  jj 
xd).).iov. 

^loi/evöi^ievca  yvvcäxeg  (c.  37  :  Bobnenblust  p.  39  1.  9).  twc  ooxig  dv  noXv- 
(ftXog  ^,  oj-ioiog  ij^lv  öoxeZ  xaZq  xoivaZq  xuvxaig  xal  ^lor/evoj-ävaiq 
yvvui^i. 

vo^oO^ixai  (c.  5  ende,  7  ende,  10  :  Bobnenblust  p.  41  1.  31.  34.  37).  C.5  ende: 
o  .  .  .  enccivovf^tev,  xovxö  toxiv,  oxi  tj/hZv  l-So^av  (pi'Xoi  ovxoi  61} 
ciQiaxoi  dndvxcüv  yeyevijo&ai  xcd  xoZg  uXXoig  rofio9-ixcci  xcaccaxrjvai 
(bq  xxX.  —  C.  7  ende:  6id  xa^xu  'OQtaxijv  xal  üvXdötjv  xifZiSfxsv, 
aQioxovq  yevofxevovg  xu  Sxv&(5v  dycc9-d  xal  ev  <piXia  Sieveyxövxag, 
o  nQ&xov  7)fieig  undvxwv  &ccvfic'cL,o/Jtev  xxX.  —  C.  10:  xovg  fxev 
nuXuiovg  ifiXovq  .  .  .  xi'v  'A/iX/.icog  xcd  üccxqoxXov  <ptXluv  xcd  xtjv 
Otjaicog  xcd  n6i(iL{}ov  xal  ic5v  dXXojv  exui(jelav. 

6* 


84 

ro  rü)v  onolwv  oQtyeo^uL  (c.  62.  63  :  Bobnenblust  p.  27  1.  27).  C.  62:  tnü 
dh  xal  ov  (fiXlav  tnaivelv  eiSo^aq,  iyu)  de  ovÖtv  uhXo  r/yovfxai 
üvO^Qumoig  elvuL  tovtov  xTrjfxa  a/xeivov  rj  xäk?,iov,  xi  ov-/l  xal 
rj/nelq  ovvH^ifiei'oi  n^og  tj^äg  uvzovg  (piXoi  re  ccvxo&ev  sLvui  xal 
eIoubI  koea&ui  dyanui/iiev  ufKfat  vcxr/oaviEg  xxX.  —  C.  63  s.  bei 
xQiaig. 

maxöv  (c.  7.  23  :  Bohnenblust  p.  43  1.20).  C.  23:  lym  dt  xov  EvöccfilSav 
noXv  ixüXXov  ixi^avftaaa  toC  &ü()aovg  o  elxsv  inl  xoZg  (piXoig. 
iöijXov  yciQ  aie  ^«t  avxog  av  xa  of^ioia  tjiQa^ev  in^  uvxoTq,  et  xal 
(iri  er  öia&^xaig  xavxa  eveytyQanxo,  aXXit.  ngo  x<3v  aXXcjv  rjxev  av 
ayQa<pog  xXrjQOvöfxog  xwv  xoiovxcdv. 

7ioXv<piXog  (c.  37  :  Bobnenblust  p.  37  1.  16 — 20).  eipelxai  öl  x6  /.dytoiov 
ic/Qi  XQiüiv  eg  xag  avvd-t'jxag  elaitvai '  über  die  begTÜndung  s. 
evvota. 

TXQoSöxriv  (piXiug  ysyevrja&ai  (c.  7.  9  :  Bobnenblust  p.  33  1.1 — 15).  C.  7: 
xovg  noXXovg  xovxovg  uviyQMnovg ,  &l  .  .  .  ei  rfe  ri  xal  ßixQOV  uvxi- 
Tcvevatj  avxoZg  [sc.  xoZg  (plXoig^,  oi'xovxai,  fxövovg  xoTg  xivövvoig 
UTioXinövreg.  —  Ebda.:  waneQ  ovStv  oveiSog  fiel'Qov  na^'  ijfxTv  xov 
7i(JoS6x7jv  (fü.lug  yeyevTioQ^UL  doxeiv.  —  C.  9:  vi^eig  yuQ  fxoi  äoxelxe 
xovg  fiev  neQl  (piXlag  Xöyovg  afxeivov  äXXcov  av  eineiv  6vvao&ai, 
xaQya  6e  avxtjg  ov  ,u6rov  ov  xax   a^iav  xuiv  Xöycov  ixfxeXexäv  xxX. 

[anürior]  (c.  63  :  Bohnenblust  p.  37  1.7).  xal  fujv  ev  l'o&i,  ovx  av  oxvjj- 
aai/iii  xal  exi  no^QcoitQü)  iX&eLV,  el  (.dXXo)  xotovxotg  (fiXoig  tvxev- 
^fö&ca  olog  av  .  .  .  ötetfmvijg  ?jfxTv  xxX. 

[axor/eta]  (c.  7  anf.  :  s.  oben  s.  55). 

ovfinov^aai  (piXoj  avÖQi  s.  xoivüjvla. 

(piXtxuiQov  (c.  6  ende,  7  auf.,  37  :  Bohnenblust  p.  43  1.  34,  p.  16  1.  8).  C.  6: 
,  .  .  xal  7ia^'  ovdhv  xi&lfitrov,  el  dnoS^aveixai  awoag  xov  (plXov  .  .  . 
C.  37:  Tj  firiv  xal  ßicöaeo&ai  /uei'  aXXi'iXmv  xal  cinoii^aveTa&at,  Tjv 
Sey,  vneQ  xov  extQOV  xov  exe^jor. 

*  * 

definition  s.  o^wiwv. 

ewigkeit  s.  ßeßaiov. 

gegenseitigkeit   der  hilfeleistuug  s.  xoivcovla. 

gleichheit  s.  bfiolojv. 

göttlichkeit  s.  ävd^Qomlvi]. 

nur  unter  guten  s.  üyuii^ög. 

über  allen  gütern   s.  xxf/fia. 

hetäreuvergleich   s.  fioi-/_£vöpitrui. 

merkmale  des  freundschaftsideales  s.  ovoi/eTa. 

nutzen  s.  öiü. 

paradigmatische  freundespaare  s.  ro/wQiiai. 

prüfung  s.  xQioig. 

religiöses  s.  avO^()ü)nlv)]. 

Seltenheit  s.  onäviov. 


85 

Unbeständigkeit  s.  TrporfoT?;»'. 
Vervielfältigung  durch  die  freunde  s.  ünu. 
Wahrhaftigkeit   s.  cdrjd-ig. 
Wortfreundschaft  s.  tiqoSÖztjv. 
zutrauen  s.  nioxöv. 
zweck  s.  6iä. 

B.    Angewandte  xönoi. 

arbeit  s.  unterhalt, 
äugen  s.  befreiuug. 
ausharren  beim  freunde,  trotz  dessen  entehrung  M4  (Zenothemis  c.  26). 

M  5  (Demetrios  c.  30  vgl.  c.  28). 

vor  dessen  gefängnisse  M5  (Demetrios  c.  31). 

vor  gericht  Ml  (Agathokles  c.  18). 

über  dessen  tod  hinaus  Ml  (Agathokles  c.  18). 
ausstattuug  s.  teilung,  Versorgung. 
befreiung  des  freundes  aus  der  gefangenschaft,   mit  eigener  lebens- 

gefahr  T3  (Arsakomas  c.  55). 

mit  eigener  lebensgefahr  und  um  den   preis   seiner   äugen   Tl 

(Dandamis  c.  40). 
blendung  s.  Versetzung. 
ehrenrettung  des  freundes,  durch  rührung  des  Senates  M4  (Zenothemis 

c.  26). 

mit  hintansetzung  seiner  eigenen  ehre  M5  (Demetrios  c.  83.  34). 

mit  eigener  lebensgefahr  T3  (Lonchates  c.  51). 
entehrung  s.  ausharren. 
erwerbung  der  geliebten  des  freundes  für  diesen  durch  ihren  raub  mit 

eigener  lebensgefahr  T3  (Makentes  c.  53). 
gefangenschaft  s.  befreiung,  Versetzung, 
gefängnis   s.  ausharren, 
geliebte  s.  erwerbung. 
gericht  s.  ausharren, 
häfsliche  tochter  s.  Versorgung. 
heirat  s.  Versorgung. 

hintansetzung  s.  ehrenrettung,  lebensrettung. 
kleidung  s.  teilung. 
krank  s.  linderung,  pflege. 

lebensgefahr  s.  befreiung,  ehrenrettung,  erwerbung,  lebensrettung. 
lebensrettung  des  freundes,  mit  eigener  lebensgefahr  M2  (Euthydikos 

c.  20). 

und   mit    hintansetzung    der,    gleich    dem   freunde   bedrohten, 

blutsverwandten  T5  (Abauchas  c.  61). 
linderung   der  läge   des  freundes,   trotzdem  er  sie  teilt  und  selbst   krank 

ist  M  5  (Demetrios  c.  32). 
mutter  s.  Versorgung. 


86 

pflege  des  kranken  freundes  Ml  (Agathokles  c.  18). 

des  um  des  anderen  willen  verwundeten  freundes  T4  (Toxaris 

c.  60). 
preis   s.  befreiung. 
preisgäbe  s.  unterhalt, 
raub  s.  erwerbung. 

rettung  s.  ehrenrettung,  lebensrettung. 
rührung  s.  ehrenrettung. 
Schenkung  des  gesamt  Vermögens  an  den  freund. 

Agathokles  verkauft  für  ihn  seinen  väterlichen  besitz  Ml  (c.  IG). 

Demetrios    schenkt   die   empfangene   belohnung   demselben   zu   der 

seineu  M  5  (c.  34). 
teilnähme  an  der  läge  des  freundes,   s.  Versetzung. 
teilung  seines  Vermögens  mit  dem  freimde  M4  (Zenothemis  c.  25). 

durch  die  ihm  testamentarisch  übertragene  ausstattnng  seiner 

tochter  M3  (Charixenos  c.  23). 

durch  die  teilung  seiner   k  1  e  i  d  u  n  g  (mantel)   mit  demselben  M  5 

(Demetrios  c.  30). 
testament  s.  teilung,  Versorgung, 
tochter  s.  teilung,  Versorgung, 
tod   s.  ausharren,  Versetzung. 
unterhalt  des  freundes,  durch  eigene  arbeit  Ml  (Agathokles  c.  18).    M5 

(Demetrios  c.  31).    T  4  (Sisinnes  c.  58). 

durch  preisgäbe  seines  lebens  (lähmung  des  fufses)  T4  (Sisinnes 

c.  60). 
Verbannung  s.  Versetzung, 
verkauf  s.  Schenkung, 
vermögen   s.  Schenkung,  teilung. 
Versetzung    in    den   zustand    des   freundes,    durch    selbstblendung    Tl 

(Amizokes  c.  41). 

mitgefangen  Schaft  M5  (Demetrios  c.  32). 

gleiche  tod  esart  T  2  (Belittas  c.  44). 

mitverbannung  Ml  (Agathokles  c.  18). 
Versorgung   verAvandter  des  freundes,    der  mutter  M3  (Aretaios  c.  23: 

in   erfüUung   des   testamentes   des   freundes).     M3   (Charixenos 

c.  23 :   ebenso,  nach  des  Aretaios  tode,  trotzdem  er  auch  die  tochter 

des  freundes  auszustatten  hatte). 

der    tochter    M3    (Charixenos  c.  23 :    durch   ihre    ausstattnng 

s.  teilung).    M4  (Zenothemis  c.  25:  durch  ihre  heirat,  trotz  ihrer 

hälslichkeit  und  fallsucht). 
verwandte  s.  lebensrettung,  Versorgung, 
verwundet   s.  pflege. 


V. 

Das  Signalement  der  lukianischen  novelle. 

Aus  den  vier  kunsttheoretiscli  behandelten  beispielen 
Schlüsse  auf  Lukians  kompositionskunst  zu  ziehen,  geht  eben- 
sowenig an,  wie  die  bestimmung  von  gattungsgrenzen  nach 
ihnen.  Einzelne  unterschiede  und  gemeinsamkeiten  von  viel- 
leicht genereller  bedeutung  drängen  sich  immerhin  bei  ihrem 
vergleiche  auf.  Fafst  man  z.  b.  das  dialogische  in  den  drei 
letztuntersuchten  stücken  ins  äuge,  so  wird  sich  der  <I>iXo- 
xpn-ö/jg  in  einen  kerndialog  und  in  ein  zeitlich  und  örtlich 
von  ihm  getrenntes  rahmengespräch  zerlegen  lassen,  während 
im  nioior  und  IVjsaQig  kerndialog  und  rahmengespräch  zeitlich 
und  örtlich  miteinander  verbunden  sind.  Demzufolge  weist 
der  ^iloxpivdt'ig  zwei  rahmenpersonen  auf.  Tychiades  erzählt 
zur  begründung  seines  gesamturteiles  über  den  kerndialog 
diesen  dem  Philokles.  Denn  an  ihn,  also  an  eine  aulser  be- 
rührung  mit  den  personen  des  kernes  stehende  rahmenfigur, 
nicht  an  jene  richtete  er  seine  kritik.  Im  nioiop  dagegen 
erscheint  nur  eine  spezifische  rahmenperson,  Lykinos;  zwischen 
ihm  und  den  berichterstattern  der  kerngeschichten  findet  das 
rahmengespräch  statt.  Ihnen  gab  Lykin  am  Schlüsse  ihrer 
erzählungen  —  nicht  umschliefsend  wie  Tychiades  im  ^iZo- 
tj'tvöfJQ  —  eine  gesamtbeurteilung  derselben.  Der  TösccQig 
besitzt  keine  eigene  rahmenperson,  was  in  c.  62  angemerkt 
wird:  ov  yaQ  l-Aui) ioa^tti'  Tiva  öixaoT/)}'  tov  ?.6yov,  weil  ihr 
fehlen  technische  bedeutung  besitzt.  Mit  ihr  ermangelt  es 
auch  an  einer  abschlielsenden  gesamtkritik  der  erzählungen. 
Der  Vorderteil  des  rahmens  entspricht  somit  im  T6s(cq(Q,  wie 
im  (iHAoii'ivöt'jC,  seinem  schlufsteile,  im  gegensatze  zum  W.oior, 
in  dem  die  gesamteinleitung  vor  dem  II.  dialogteile  mit  dem 
gesamtschlusse  eine  höhere  einheit  bildet.    Im  ^iXoii'tvöfjg  und 


88 

To3,aQiQ  blieb  also,  gegenüber  dem  UXolov,  die  ralimenform 
gewahrt.  Und  zwar  ist  im  'PiXoipirö/jg  der  vordere  ralimen- 
teil  noch  verhältnismäfsig  umfangreicher,  als  der  hintere;  im 
Tö^fcQig  wurde  das  A^ordere  rahmenstück  zu  einem  dreiteiligen 
jr(>o/r(;.;«'- artigen  jrQooiiuoi'  ausgeweitet;  im  IHolov,  in  dem 
die  rahmenform  folgerichtig  aufgegeben  ist,  machte  der  autor 
das  .■7()ooiinor  zum  I.  hauptteile,  welchem  neben  dem  II., 
dessen  Spiegelbild  er  darstellt,  fast  selbständige  bedeutung 
zukommt.  Den  endpunkt  dieser  entwicklung  repräsentiert  die 
form  des  doppeldialoges,  die  Lukian  in  den  Eh/.örtc;  und  Tjrtp 
räiv  dxörcov  ausgebildet  hat.  Das  Verhältnis  von  öulh^iq 
und  fieUrtj  kann,  als  zu  äufserlich,  nicht  mit  dem  der  teile  I 
und  II  des  IIloTor  verglichen  werden;  wohl  aber  darf  die  Ver- 
bindung von  :;TQoOu»Qia  und  (iü.tT7j  bei  Himerios,  Tliemistios, 
Chorikios  als  Zwischenstufe  zwischen  den  im  W.olor  und  in 
den  bilderdialogen  ausgeprägten  formen  gelten. 

Deutlicher,  als  aus  solcher  Verwandtschaft  ihrer  dialog- 
form, wird  die  Zusammengehörigkeit  von  lIXoTor,  ^iXoipevörjc, 
Tö^aQiq  aus  der  beglaubigung  ihrer  einlageerzählungen.  ^) 
Freilich  ist  diese  Lukian  auch  sonst  in  ihren  beiden  haupt- 
arten, der  autopsie  und  der  Zeugenaussage,  geläufig.  Man 
erinnere  sich  nur  der  folgenden  schablonenhaften  beispiele  aus 
jtQolaha'i.  Lukian  will  das  kentaurenbild  des  Zeuxis  und  das 
Alexanders  Vermählung  mit  Roxane  darstellende  gemälde  des 
Aetion,  die  angeblich  beide  nach  Italien  wanderten,  selbst 
gesehen  haben.  Aus  seiner  autopsie  leitet  er  beidemal  seine 
berechtigung  zur  txf/Q(c6i.g  der  bilder  ab,  weshalb  er  jede  von 
beiden  mit  jener  beglaubigung  eröffnet: 

'fjQodoiog  i]  'AeriiDV  c.  5:  ;        Zev^ig  ?/  ^Avtio/oq  c.  3: 

1.    iOTiv  rj  tlxiov  iv  'hu).in,  1.    rTjg  uxövoq  ravrtjq  avilyQmpÖQ 

kori  vvv  Ad-rivijOL  UQoq  avzTjv  exeivtjv 
äxQißei  Tfi  oiäO^fi^  fiezsvtjvsy/itvi]  • 
To  cc()/hTvnov  rf'  ciVTo  ^vXXat,  o 
'^Pwfiaiwv  OTQUTTjyog  t?Jyero  /tsxu 
xwv  aX?.(ov  elg  'Ixu'/Jav  7ienofji<pivc(i, 
eiTu  neQi  Ma?.ic(v,  oifiai,  xcna(^vorjq 


')  Im  'I>t?.oii'ev6^g  und  in  den  parallelversionen  zu  seinen  erzälüungs- 
kernen  beobachtete  sie  schon  R.  Reitzenstein,  Hellenist,  wundererzählungen. 
Leipzig  190Q,  p.  2  ff. 


89 


z^q  bXxüSoc,  dnoXf'od^ai  anavra  xal 

2.  xu)'(i)  tiöor,  t))v  y()a(pj]i'.    2.   ttAj/v  a?.?.ä  xriv  ye 

3.  Soze  xcd  ool  ia>  elnelv  l'/otf.tt.      elxova    rfjg   ttxövoq   siSov,    3.   xal 

avzog  v/.ilv,  wg  av  oiög  ze  w,  Sel^o) 
ziS  löyoj,  ov  flu  zov  diu  yQa<pixöq 
zig  üiv,  a).Xä  nävv  fibfivtj/xcci  ov 
TiQo  TiolXoC  iöcov  kv  Zivog  zdJv  yQa- 
(ftiov  'Ad-i]vt]Ot  '  aal  z6  vneQd^ccvfxc'c- 
oai  zoze  zrjv  zh/vtjv  zc'r/  uv  fzoi 
xal  vvv  TiQog  z6  oa(p£Oi£QOV  öfjXwoai 

ovvaywrloatzo. 

In  /7f()/  Tcör  ddi^cSfor  hinwieder  leitet  er  die  jraQr/.ßaöic  über 
die  grabstele  des  von  diirstsclilangen  getöteten  mit  der  be- 
tenernng"  ein,  dafs  er  noch  kein  opfer  dieser  tiere  zu  gesichte 
bekommen,  da  er  Lib^^en  nie  betreten  hätte.  Für  die  folgende 
beschreibung  des  grabmales  beruft  er  sich  daher  auf  die 
Zeugenschaft  eines  gefährten  (c.  6  rcör  tralgcor  ng),  der  es  auf 
einer  reise  betrachtet  hätte.  —  Nicht  an  und  für  sich,  sondern 
durch  ilire  technische  Verwendung  unterscheiden  sich  die  be- 
glaubigungen  des  nXoiov,  4HXo^)tvÖ7)Q ,  Tö^aQig  von  anderen 
derartigen  Zeugnissen  bei  Lukian.  Wenn  auch  nicht  das 
einzige,  sind  sie  doch  eines  der  beliebtesten  mittel  in  seiner 
Steigerungstechnik.  Das  erhellt  schon  aus  ihrer  indirekten 
Verwendung  im  TlXolor,  dessen  «r^//o/c  auf  dem  ausdrücklichen 
fehlen  der  beglaubigung  und  damit  auf  der  gröfse  des  ab- 
standes  der  jeweiligen  geschichte  vom  jndccvör  beruht.  Die 
Steigerung  wieder  zählt  —  wenigstens  für  die  drei  behandelten 
dialoge  —  zu  den  bedeutendsten  architektonischen  prinzipien 
des  samosatensers.  Denn  wie  sie  die  komposition  des  ^tXo- 
ipsvöjjg  beherrscht,  so  fördert  sie  die  der  beiden  anderen 
stücke  unmittelbar.  Indem  nun  Lukian  die  beglaubigung 
in  den  dienst  der  Steigerung  stellte,  machte  er  nicht  nur 
ein  sonst  technisch  latentes  merkmal  seiner  erzählungskunst 
für  die  rahmenkomposition  des  IlÄolor,  flHXoxptvÖi'jg,  TösccQig 
nutzbar,  sondern  verlieh  ihm  vielmehr  hervorragenden,  ja  fast 
eigenwert.  Nicht  zwecklos  lenkt  ein  rhetorischer  ökonomiker 
vom  schlage  Lukians  die  aufmerksamkeit  des  kunstverständigen 
Zuhörers  auf  ein  technisches  detail.  Im  gegebenen  falle  be- 
zeichnete er  dergestalt  das  literarische  tlöog  der  erzählungs- 
einlagen  {dtijytjuara)  seiner  dialoge,  gab  diesen  also  eine  be- 


90 

stimmte  literarische  Signatur.  Das  geschah  auf  zweierlei  art: 
negativ  im  UÄoior,  positiv  im  <T>i/.oif'tvd//g,  TÖsciqiq.  Die 
positive  Charakteristik  erfolgte  burlesk  (^iXofevStjg),  oder 
ernst  {T6^a{)u);  burlesk,  wenn  die  beglaubigung  das  entgegen- 
gesetzte von  dem  bedeutet,  was  sie  gewöhnlich  zu  sagen  pflegt, 
d.  li.  wenn  sie  die  bezeugte  geschichte  als  jrXäöiia  erweist. 
So  bringt  im  <Pi?.ofevihjc  der  kontrast  zwischen  der  offen- 
kundigen erdichtung  der  geschichten  und  der  gewichtigkeit 
der  beteuerungen,  die  sie  bewahrheiten  sollen,  dem  zuhörer 
die  Unwahrheit  der  einlagen  zum  bewufstsein,  indem  er  ihm 
deren  erzähler  läclierlich  erscheinen  läfst.  Dieser  Unter- 
scheidung von  drei  erzählungsarten  auf  grund  der  dhjÜEia, 
als  einteilungsgrundes,  entspricht  eine  von  Sextus  empiricus 
ÜQdg  YQ(Liii(aTixovQ  c.  12  §263f.  i)  angeführte  dreiteilung  der 
iöTOQia  nach  demselben  gesichtspunkte  in  ^ivdog,  jtXdaiia  und 
loTOQia  genau.  Und  zwar  fallen  die  negativ  beglaubigten 
geschichten  des  ID.oTor  unter  den  begriff  fivOoc,  der  nach 
seiner  definition  bei  Sextus  jTQay/tdTcov  dysi'fJToiv  xai  ipEvÖcöv 
txd-ecig  ist,  die  burlesk  bezeugten  des  (Pi?.oipsv6j]g  unter  jrldoim, 
einer  jiQciyfidTco}'  ///}  ytroiitrcor,  öffoicog  da  zoig  ysrofjh-oig 
?.£yofavcov  txO^soig  und  die  des  TosciQig,  die  Lukian  selbst  wie 
wirklich  geschehen  betrachtet  wissen  wollte,  unter  die  rubrik 
loTOQtfc,  einer  cihjdv)v  nrcor  xcu  ytyororcov  exOecng.  Die 
Übereinstimmung  der  lukianischen  praxis  mit  einer  seiner  zeit 
geläufigen  grammatischen  theorie  berechtigte  wohl  dazu,  in 
den  beglaubigungen  des  UXolov,  'PiXoiptvöfjg,  TösaQig  ein 
literarisches  artmerkmal  zu  erblicken.  Um  aber  so  vom 
Publikum  verstanden  werden  zu  können,  mufste  die  be- 
glaubigung in  der  erzählungsliteratur  überhaupt,  nicht  nur 
in  der  des  samosatensers,  topisch  und  eine  ähnliche  kenn- 
zeichnung  anderer  erzählungsarten  durch  andere  zojtoi  ge- 
läufig sein.  Für  das  letztere  genügt  der  hinweis  auf  das  be- 
kannteste beispiel  für  derartige  klassifikation  von  erzälilungen, 
nämlich   auf  den  märcheneinsatz   /'/r,   erat,   es  war  einmal,'^) 


1)  Reichel  p.  GO. 

2)  Vgl.  Crusius,  Philologiis  LH  53-J  f.  und  Carl  Weynian,  SB  der 
philos.-philol.  cl.  der  bayer.  akad.  d.  wiss.  189H,  11380.  382  f.  —  Falsch 
versteht  Weyman    daselbst   s.  380   die   eingangsworte   zum   nlüoixa,    das 


91 

welcher  den  ihm  folg-enden  bericht  in  mythenferne  rückt  oder 
wenigstens  als  naive  unkritische  geschichte  bezeichnet,  i)  Die 
formelhaftigkeit  der  beglaiibigung  in  der  erzählungsliteratur 
hat  schon  Hermann  Peter  erkannt'^)  und  ihre  funktion  als 
literarische  artbezeichnung  R,  Eeitzenstein  geahnte) 

Den  topischen  Charakter  der  in  den  drei  untersuchten 
lukianischen  dialogen  kompositionell  verwendeten  beglaubigung 
mögen  parallelen  aus  Petrons  Saturae,  Apuleius'  Met.  und  aus 
reden  Dions  von  Prusa  erweisen.'*)  Petron  verwendet 
zweierlei  erzählungseinlagen;  entweder  episoden  der  haupt- 
erzählung,  wie  Eumolps  schnurriges  abenteuer  mit  der  tochter 
Philomelens  (106,30—107,22  Bücheier ^),  oder  zeitlich  und 
örtlich  von  ihr  gesonderte  fahidae,  wie  die  matrone  von  Ephesus 
(77,10  —  79,8),  Eumolps  pergamenisches  päderastenerlebnis 
(57,17  —  59,5),  das  paar  der  Spukgeschichten  aus  Trimalchios 


Tlepolenms  -  Haemus  bei  Apuleius  met.  158, 19  ff.  (Helm)  den  räubern  vor- 
lügt: fuit  qiddam  muUis  offci/s  in  aula  Caesaris  clarus  atque  conspicnus, 
ipsi  etiam  xnohe  spectatus.  Die  drei  adj.  clarus,  conspicuns,  spedatus, 
die  durch  die  gleiche  metapher  die  hervorleuchtenden  qualitäten  des 
Staatsmannes  veranschaulichen,  bezieht  Weyman  auf  das  subj.  quidam, 
statt  auf  das  präd.  fuit,  fafst  sie  also  statt  prädikativ,  appositioneil  auf. 
Die  prolepsis  des  verbum  finitum,  die  jedoch  H.  Koziol,  Der  stil  des  L. 
Apuleius ,  "Wien  1872,  s.  337  als  besondere  eigentümlichkeit  apuleianischer 
Wortstellung  anmerkt,  mag  diesen  irrtum  verschuldet  haben.  .Jetzt  erklärt 
sich  auch  blofses  fuii,  anstatt  fuit  olim,  erat,  wie  für  den  in  unbestimmte 
Vergangenheit  versetzenden  märcheneingang  zu  erwarten  wäre.  Einen 
solchen  rechtfertigte  übrigens  hier  Aveder  die  art  der  geschichte,  noch  die 
person  ihres  erzählers. 

')  Im  gegensatze  zu  gelehrter  mythentradition  (etwa  Herodots),  die 
ihre  berichte  mit  ?.lyercct ,  Iotoqhtcu,  %/u  6\  ?.6yog,  t(f:aoav  6t  xirtq  und 
dergl.  mehr  zu  eröffnen  pflegte. 

^)  Wahrheit  und  kunst,  geschichtschreibung  und  plagiat  im  klass. 
altertume.    Leipzig  1911,  s.  425  f. 

^)  Das  märcheu  von  Amor  und  Psyche  bei  Apuleius.  Leipzig  1912, 
s.  70  ^ 

*)  Aufser  den  rahmen  dieser  Untersuchung  fällt  eine  Verfolgung  der 
beglaubigung  bis  auf  Ktesias  aus  Knidos  zurück,  der  übrigens  bis  in  die 
kaiserzeit  hinein  unmittelbaren  eintlufs  ausübte  und  dessen  Avahrheits- 
beteuerungen  durch  ihren  gegensatz  zur  erfundenheit  seiner  berichte 
besonders  auffielen  (vgl.  Lukian  'AhiO-.  iar.  13.  II  31).  Es  ist  also  sehr 
wohl  möglich,  dafs  von  seinen  'li'Stxä  aus  die  beglaubigung  in  der 
späteren  belletristik  topisch  wurde. 


92 

kreise  (40,38  —  41,38.  42,4 — 25)  und  das  djtofii'}ji/6j'n\ua  über 
das  unzerbrechliche  glas  (34,6 — 16).  Ob  in  die  einlagen 
Personen  der  liaupterzählung  verwoben  sind  oder  nicht,  ist  für 
diese  einteiluiig  gleichgültig.  Die  erstgenannte  einlage  und  das 
djio(ivri^i(')rtv[ia  bedurften  keiner  eigenen  beglaubigung ;  jene 
als  bestandteil  der  haupterzählung  selbst,  dieses  als  triviale  i) 
historische  begebenheit.  2)  Die  Wahrheit  der  übrigen  ge- 
schichten  bekräftigte  Petron  entweder  burlesk  oder  ernst. 
Burlesk  beglaubigt  er  die  beiden  Spukgeschichten  des  Niceros 
und  Trimalchio.  Beide  geben  sich  als  erlebnisse  der 
b  Bricht  er  statt  er,  gleich  den  geschichten  des  <I>i?.oftv6?jg 
(vgl.  oben  s.  44)  und  des  Toxaris  im  gleichnamigen  dialoge 
(oben  s.  77).  Petron  vereinigte  dergestalt,  wie  Lukian,  mit  der 
beglaubigung  die  chronologische  und  topographische 
fixierung  der  geschichten;  vgl.  die  einsätze: 

Petr.  42,5:  cum  adhuc  ca])illatus  essem,  nam  a  iniero  vitam  Chiam 
gcssi,  i2)shni  nostri  delicatus  decessit  etc.  4>iXo\j.'.  c.  11:  7jv  fihv  iyai 
fieigäxiov  sti  a[i<f>l  tu  xszruQaxalöexa  tirj  ayeSöv '  rjxe  6e  rig  ayyüJ.cov 
x(3  TcatQi  xi7..  und  oben  s.  76. 

Petr.  40,  38:  cum  adhuc  servirem,  fiabitabamus  in  vico  angiisto ;  nuvc 
Gavillae  domus  est.  ibi,  quomodo  dii  volant,  amare  coejn  uxorem  Terentii 
coponis.  'Pü.oxp.  c.  14:  tyo)  yovv  ditjyijoofjLai  vfüv  u  eiöov  yevöfieva  vn' 
ccvToü  iv  D.avxiov  toC  'AXe^ixXtovq  •  uqxl  yuQ  6  Fkuvxiuq  xoC  naxQoq 
ujio&uvövxoq  nuQu).ußa>v  xt)v  ovolav  Tj^äoS-T]  XQvalöoq  XTjq  Aijßaivlxov 
O^vyaxQog  xx?.. 

Wie  bei  Lukian  dient  auch  in  diesen  beiden  petronischen 
geschichten  ein  elxoi'iofiög  einzelner  ihrer  hauptpersonen 
dem  :^tOav6r: 

Petr.  40,  38:  amare  coepi  uxorem  Terentii  coponis:  7ioveratis  Melis.sam 
Tarentinnm,  p)ulcherriynxi,m  bacciballum.  'Pü.oy.  c.  16:  xcd  xu^xa  ovx 
^V''^  XQ^  ?.tyeir,  uü.u  nävteg  l'oaai  xov  Svqov  xov  ix  xfjg  Ilu).aiaxiv)]c, 
xov  ini  xovxwv  oo<fioxrjv  (folgt  sein  yuQuxxrjQionöq). 

Petr.  42, 6:  ijisimi  nostri  delicatus  decessit  [keine  namennenming], 
mehercules  margaritum,  caccitus  et  omnium  niimeriim.  —  41, 10:  hospitem 
vostrum  .  .  .  erat  autem  miles,  fortis  tanquam  Orcus.  —  42, 10:  hahebamus 
tunc  hominem  Cappadocem,  longum,  valde  audaculum  et  qni  valcbat: 
poterat  bovcm  iratum  tollere.   Vgl.  die  Signalements  der  magier  im  4>i).oip. 


')  Wie  V.  Bondonio,  Classici  e  neolatini  I  (1905)  203  ansprechend 
vermutet. 

»)  Vgl.  L.  Friedländer,  Petronii  cena  Trimalchionis.*  Leipzig  1906, 
8.  280  f. 


93 

(c.  11.  13.  16.  34,  oben  s.  44.  45.  4S),  in  denen  einzelne  der  bei  Petron 
anzutreffenden  züge,  so  die  allbekanntheit  der  gekennzeichneten  person 
oder  nameunenuung,  kompositionelle  Verwertung  fanden. 

Auch  die  weiteren  Schicksale  der  in  die  dargestellte 
begebenheit  verflochtenen  hauptpersonen  erzählt  Petron,  gleich 
Lukian,  im  Interesse  der  glaubwürdigkeit : 

Petr.  42,  23:  ceterum  baro  üle  longus  post  hoc  factum  nunquam 
coloris  sui  fuit,  immo  post  paxicos  dies  phreneticus  2>s'>"iit.  fpiloxp.  c.  20: 
ov  noXvv  de  inißiovg  X9^^'^^  xaxoq  xaxwq  dnt&ave  fiaanyovfievog ,  wq 
sleys,  xaxa  rijv  vvxxa  kxdazijv,  woze  xul  f.ta>).u)naq  iq  z>)v  inioCoav 
(paireo&ai  uviov  tni  xov  o(ö/.iuioq. 

Petr.  41,  34  ff.    <lHXoxp.  c.  25  scliluls  und  oben  s.  76.  79. 

Beide  Schriftsteller  verwenden  ferner  zu  dem  genannten  zwecke 
Wahrheitsbeteuerungen  und  -eide: 

Petr.  42,22:  rogo  vos,  oportet  credatis.  —  42,14:  jAane  non  mentiar. 
—  41,18:  nolite  me  iocari  jmtare;  ut  mentiar,  nullius  Patrimonium  tanti 
facio.  —  41,37:  viderint  alii  quid  de  hoc  exopiniasent ;  ^)  ego  si  meniior, 
genios  vestros  iratos  habeam:  T6§.  c.  19.  —  <PiXo\i.<.  c.27:  xul  ö  Evx(jäxi]q 
woTiEQ  ära^rtjoS^elq  UQoq  xjjv  oxpLV  rSv  vitwv,  ovxwq  ovaifitjv,  ecpi], 
xovxüjv  —  mißa?MV  uvxoZv  r>)v  yelQu  —  ^q  ccXtjO-)] ,  ci  J'vyjccör],  UQoq 
oe  igoi. 

Wie  Lukian  im  ^iXofeiiöfjg,  so  bediente  sich  auch  Petronius 
der  mimik  und  fremder  autorität  zur  beglaubigung  seiner 
Wundergeschichten  : 

Petr.  42, 1:  attonitis  admiratione  universis  'salvo'  ivquit  Uuo  Ser- 
mone' Trimalchio  'si  qua  fides  est,  ut  mihi  pili  inhorruernnt ,  quia  scio 
Nicer07um  nihil  nugarum  narrare:  immo  certus  est  et  minime  linguosiis. 
<Pi?.oip.  c.  22:  OQcixe,  ttprj,  onxoq  e(pQi^a,  a>  (piXoi,  fxexa^v  öniyovfxeroq;  xcd 
afia  ktywv  iöelxvvsv  o  EixQC'.rrjq  xuq  enl  xov  nrjyßwq  XQiyuq  nuaiv  OQÜ^dq 
vno  xov  (fößov.  —  <PiXotp.  c.  32:  des  Arignotos  eintreten  für  die  glaub- 
würdigkeit des  Eukrates  (oben  s.  42). 

Gegenüber  der  reichhaltigkeit  der  in  allen  ihren  elementen 
Lukian  entsprechenden  burlesken  beglaubigung  Petrons  be- 
schränkt sich  dessen  ernste  einlagenbeglaubigung  nur  auf  eine 
örtliche  und  zeitliche  bestimmung  der  erzählung.  Zu  ihren 
formen  lassen  sich  ebenfalls  genaue  parallelen  aus  Lukian 
beibringen : 

Petr.  57,  17:  in  Asiam  cum  a  quaestore  esscm  stipendio 
eductus,    hospitiiim   Pergami  accepi.     ubi   cum   libenter   habitarem   etc. 


')  Vgl.  4>iXo\p.  e.  20:  td^ila)  yaQ  äxovaai,  et  xal  oxl  (xuXiaxa  ovxoat 
TvxiixäTjq  dniax/joei. 


'röi-  c.  24:   iihi'yO);  (St  fioi  iv  'lTa?.la  7t()8aßevovxi  vnlo  r/jq  nccTQitJog 
xaXog  dvijQ  xz?.. 

Petr.  77,  6:  nee  sc  [=  Eumolpos]  tragoedias  veteres  curare  aut 
nomina  saeculis  nota,  sed  rem  sua  memoria  factam,  quam  exposituruyn  se 
esse,  si  vellemus  audire.  2'ö^.  c.  10:  tovg  fxev  na}.uiovq  (piXovq  dr()£(X£Tv 
Häacjftev  ...  —  inet  xaxä  ye  xovxo  nkEOvexxoTxe  av  noJ.Xovg  xal  d^io- 
nlazovg  f/UQXVQug  xovg  noirjidg  7iaQe/,6/nevoi,  xrjv  'Axi^^^og  xal  IlaxQÖxXov 
(piXlav  xal  xrjv  Orjatwg  xal  TleiQidov  xal  x(vv  aXXwv  kxatQ£iav  lv  xuX- 
Xlaxoig  meoi  xal  [dxQOig  garpcoöotjvxag  —  oXiyovg  eis  xivag  TCQoyeiQiaänEvoL 
xwv  xaiy  Tijiäg  avxovg  xal  xa  l'^ya  avxwv  öt7jy7jaäfievoi  xxX.  Vgl.  noch 
den  diese  vereinbaning  berücksichtigenden  schlufs  von  Ml  (Tö^.  c.  18): 
xovxo  aoi  i-^yov  (pi).ov  "EXXi]Vog  ov  tcqo  tioXXov  yevö/xevov.  Apuleius 
met.  237,12  (Helm):  iam  ergo,  lector  optime,  scito  te  tragoediam,  non 
fahulam  legere  et  a  socco  ad  coturnum  ascendere.  —  Zu  diesen  stellen  ist 
zu  bemerken,  dals  Petron  die  res  sua  memoria  facta  vor  und  nach  ihrer 
mitteilung  (77,2.79,9:  risu  excepere  fahulam  nautae)  als  fabula  be- 
zeichnet und  dafs  Lukian  abweichungen  vom  prinzipe  (zeitgenössischer 
und)  wahrer  berichterstattung  als  T(K.7'(;fo v  (vgl.  c.  12:  tniTQayioöüJV,  c.  56: 
nävv  xgayixu  .  .  .  xal  /j.vd-oig  oftota)  qualifiziert.')  Apuleius  leitet  nicht 
die  Stiefmutternovelle,  wie  Reitzeustein  fälschlich  angibt,'')  sondern  ihre 
Peripetie  mit  der  ausgehobenen  wendung  ein.  Danach  lassen  sich  für  die 
beiden  gegensätzlichen  begriffe  tragoedia  und  fabula  folgende  vier  merk- 
male  gewinnen,  von  denen  1 — 3  für  Petron  und  Lukian,  4  für  Petron') 
und  Apuleius  gelten: 


tragoedia 

1.  wQlaßsvov  (nomi7ia  saeculis  nota) 

2.  Tia?.aLÖv  (vetus) 

3.  tpevötg  (/ivQ^oig  ofioiov) 

4.  näd-og  {xaXöv) 


fabula 
äoQioxov 

xo  xaO-'  Tjftäg  avxovg   (res  mea  me- 
moria facta) 
dX7ji)^ig 
tjO-og  (tjöv). 


^)  Ebenso  Dion  im  TQwixög  Arn.  1 117, 11:  xovg  /nvO-ovg  xiov  xi>ayonSuiv. 

''■)  R.  Reitzenstein,  Das  niärchen  von  Amor  und  Psyche  bei  Apuleius. 
Leipzig-Berlin  1912,  s.  68. 

')  Vgl.  Eumolps  themastellung  77,2:  ne  sileret  sine  fabulis  hilaritas, 
multa  in  muliebrem  levitatem  coepit  iactare:  quayn  facile  adamarent  (a), 
quam  cito  etiam  fdiorum  obliviscerentur  (b),  nullamque  esse  feminam 
tarn  pudicam,  quae  no7i  pcregi-iiia  libidine  usqae  ad  furorem  averteretur  (c). 
In  a  b  skizzierte  er  einige  nicht  behandelte  themata ,  in  c  formulierte  er 
das  theraa  der  matroiie  von  Ephesus  selbst.  Auf  c  folgt  die  oben  zitierte 
beglaubigung,  in  der  Eumolp  versicherte,  c  nicht  tragisch  zu  gestalten, 
d.  h.  nicht  etwa  von  Phädra  und  Hippolyt  zu  erzählen  und  damit  die 
herrschende  hilaritas  ()'/0og)  zu  zerstören.  Diese  soll  ja  seine  fabula 
beleben,  «e  sileret,  also  fördern. 


95 

Die  vorstehenden  parallelen  haben  volle  ühereinstimmung  in 
der  beglaiibigungstopik  Tetrons  und  Lukians  gezeigt;  die  letzt- 
behandelte Satiirae- stelle  hat  überdies  ein  direktes  zeugnis 
für  die  generelle  bedeutung  der  lukianischen  beglaubigung 
geliefert. 

Auch  Apuleius  beglaubigte  die  in  die  Met.  eingefügten 
geschichten.  Entweder  bezieht  sich  bei  ihm  die  beglaubigung 
auf  die  haupterzälilung,  oder  sie  erfolgt  unablkängig  von  ihr; 
d.  h.  entweder  bezeugt  Lucius  selbst  die  erzählung  durch  ihre 
eingliederung  in  die  zeitlich  ablaufende  reihe  seiner  erlebnisse, 
oder  es  beteuert  der  gewährsmann  des  Lucius  die  Wahrheit 
seines  berichtes.  Diese  auf  der  eigenart  der  apuleianischen 
rahmentechnik  beruhende  Unterscheidung  der  beglaubigungen 
deckt  sich  mit  Heinemanns  i)  Zweiteilung  der  metamorphosen- 
einlagen. 

Die  erste  art  apuleianischer  beglaubigung  (durch  Lucius) 
berührt  sich  infolge  der  Verschiedenheit  der  schalttechnik  des 
madaurensers  von  der  Lukians  und  Petrons  nur  wenig  mit 
der  beglaubigung  dieser  beiden  autoren.  Apuleius  motiviert 
durch  sie  meist  zeitlich,  selten  örtlich  (Amor  und  Psyche)  2)  von 
der  rahmenhandlung  getrennte  einlagen.  Die  begründung  ent- 
nimmt er: 

1.  Der  reisefiktiou  des  beiden.  Met.  205,19—25  (Helm):  nee 
paucis  casulis  atque  castellis  oberratis  deuertimus  ad  quempiam  pagum 
urbis  ojndentae  quotidam,  ut  memorabant  incolae,  inter  semiruta  uestigia 
CQ7iditum  et  hosjntio  proxumi  stabuli  recepti  cognoscimus  lepidam  de 
adulterio  ctiiusdam  patiperis  fabulam,  quam  uos  etiam  cognoscatis  uolo. 
To'|.  c.  24  Petr.  57, 17.  —  Met.  193, 19— 22 :  celerrime  denique  longo  itinere 
confeeto  pagum  quendam  accedimus  ibique  totam  perquiescimus  nodem. 
inibi  coeptum  facinus  oppido  memorabile  narrare  cupio.  —  Mit  unter- 
geordneter Zeitbestimmung  236,21  —  237,3:  confeda  campestri  nee  adeo 
difficili  uia  ad  quandam  ciuitatidam  peruenimus  nee  in  stabulo,  sed  in 
domo  cuiusdam  decurionis  deuertimus  .  .  .  post  dies  plusculos  ibidem  dis- 
signatum  seelestum  ac  nefarium  facinus  memini,  sed  ut  uos  etiam  legatis, 
ad  librum  profero. 


1)  Maximilianus  Heinemann,  Epistulae  amatoriae  quomodo  cobaereant 
cum  elegiis  alexandrinis.  Diss.  pbilol.  argentorat.  sei.  XIV  3.  Strafsburg 
1910,  s.  50. 

*)  Im  einsatze  dieser  gescbicbte  wird  es  ausdrücklieb  bemerkt  (met. 
96, 14):  sed  ego  te  narrationibus  lepidis  anilibusque  fabulis  protinus 
auocabo. 


96 

2.  Der  cselsliUlle  des  Lucius.  Met.  212,  23— 213,  8:  7icc  nllnm 
tispiam  craciabilis  nitae  solacium  aderat,  nisi  quod  ingenita  mihi  curio- 
sitate  recreahar,  dum  pracse^itiam  meam  2)arui  facientes  libere,  quae 
uolunt,  ovmes  ei  agunt  et  loquuntur  .  .  .  nam  et  ipse  gratas  gratias  asino 
meo  memini,  quod  »ie  suo  celatum  icgmine  uariisque  fortunis  exercitatum, 
etsi  minus  prudentcm,  midtiscium  reddidit.  fabulam  denique  honam  prae 
ceteris,  siuiueni,  comptam  ad  auris  uestras  adfcrre  decreui,  et  cn  occipio. 

3.  Der  Tjiyonoiiu  eines  gewäbrsmaunes.  Lucius  führt  diesen 
in  die  rahraenerzählung  ein  laud  scheidet  ihn  nach  dem  berichte  der 
einlage  wieder  aus  ihr  aus.  So  wendet  er  z.  b.  das  gespräch  zweier 
Wanderer  (2, 18:  diiohus  comituni,  qui  forte  paululum  xnocesserant,  tertitmi 
me  facio),  in  das  er  eingreift,  zu  einer  für  die  Met.  programmatischen 
diskussion,')  welche  die  erzählung  des  Aristomeues  umrahmt  (3,  9— 4-,  16. 
18,16  — 19,5).  Ihr  folgt  die  —  der  einführung  2,18  entsprechende  — 
ausscheidung  der  gefährten  aus  der  haupthandlung  (19,6 — 8):  is  fitiis 
nohis  et  sermo7iis  et  itineris  communis  fuit.  nam  comites  uterque  ad 
uillulam  2»'0ximam  laeuorsum  abierunt.  ego  uero  quod  primum  ingressui 
stabulum  co7ispicatus  sum  etc.  Ähnlich  eingekapselt  sind  Telyphrons 
gescbichte  (■11,18 — 42,14.  50,  20  f.)  und  das  von  einem  augenzeixgeu 
berichtete  ende  der  drei  räuber  Lamachus,  Alcimus,  Thrasyleon  (80,16  — 
81,12.  91,9 — 12).  Durch  erwähnung  des  esels  bei  der  ankuuft  der  räuber 
in  der  höhle  und  unmittelbar  nach  der  erzählung  des  einen  spiefsgesellen 
(79,14.  91,12)  wird  der  moglichkeit,  dafs  sie  Llicius  zu  obren  kommen 
konnte,  rechnung  getragen.  Denn  wie  er  vor  der  höhle  alle  übrigen 
reden  und  handlungen  der  schnapphähne  beobachtete,  so  verstand  er  auch 
ihre  erzählungen.  Der  umstand,  dafs  er  länger  wachte,  als  sie,  garantiert 
die  Vollständigkeit  der  gescbichte.  In  derselben  weise  sind  der  boten- 
bericht  über  Charitens  und  Tlepolemus'  ende  (176,15  —  20.  188, 7  f.)  und 
Amor  und  Psyche  eingelegt.  Mit  der  schlufsformel  zu  dieser  fahula 
begründet  Lucius  überdies  aus  der  anmut  der  gescbichte  und  der  nähe 
der  erzählerin,  dafs  er  sie  sich  trotz  ihrer  länge  gemerkt  hatte.  —  Be- 
glaubigung durch  rid-ononu  [sermo)  und  durch  die  verwandlungsliktion 
vereinigt  Lucius  in  den  von  einer  kupplerin  erzählten  begebenheiten  des 
Philesitherus  und  Barbarus.  Der  erste  teil  der  bei  Apuleius  zur  keun- 
zeicbnung  von  Tjdonoiicc  üblichen  Umrahmung  begründet  eben  die  ijBonoiuc 
der  kupplerin  aus  der  eselshüUe  des  Lucius  (214,15  —  21):  at  ego,  qiian- 
quam  grauiter  suscenscns  errori  Fotidis,  quae  me,  dum  auem  fabricat, 
perfecit  asinum,  isto  tarnen  uel  unico  solacio  aerumnabilis  deformitatis 
meae  recreabar,  quod  auribus  grandissimis  praeditus  cuncta  longule  ctiam 
dissita  facillime  sentiehum.  denique  die  quadam  i7itimidae  illius  aniculae 
sermo  talis  meas  adferlur  auris:  etc.  Vgl.  dazu  die  schlufsformel  (219,15): 
hactenus  adhuc  anicula  garriente  suscipit  mulier:  etc. 


')  P.  Thomas,  Revue  de  l'instruction  publique  en  Belgique  N.  S.  XIV 
(1872)1341.  erkennt  richtig  die  bedeutung  dieser  ausführungen  des  Lucius 
zu  beginn  des  romanes  für  sein  mystisches  ende  (].  XI).  Ebenso  neuer- 
dings ßeitzensteiu  a.  a.  o.  p.  71. 


97 

4.  Der  lückenhaftigkeit  des  bericbtes.  Met.  242, 1—4:  haec 
ad  isttim  modum  gesta  comjAuribus  mutuo  semwcinantibus  cognoni. 
quibus  autem  nerbis  acciisator  urserit,  quibus  rebus  dihierit  reiis  ac 
2)forsus  orationes  altercationesque  ncque  ipse  absens  apud  praesejnum  scire 
neque  ad  nos,  quae  ignoraui,  possiwi  cnuntiare,  sed  qiiae  plane  covijjeri, 
ad  istas  litteras  proferani.  l'ö^.  c.  21:  Si/iiv}.og  rat'uc  fcöva  tlyjt  h'yeiv, 
a  nore  e'lSe  rfiq  vvxTÖq  xxl.  und  oben  s.  75.  'l'iXoxp.  c.  24:  rov  ^(uHQcariv 
fy(oye,  77  6'  oq,  oivJc  rovror  acapwq,  tO.Xu  elxatov  ort  <pa?.axQog  xcd 
TXQoyäorioQ  tjv  rov  IlXcacovcc  6e  ovx  syvcÖQiaw  xqi]  yuQ,  olßUi,  nQoq 
(fikovq  avdQuq  xäktj&fj  ?Jyeiv  und  oben  s.  46^. 

Seiner  zweiten  beglaiibigungsart  (durcli  die  gewälirsmänner 
des  Lucius)  bediente  sich  Apuleius  seltener,  stets  aber  ebenso, 
wie  Liikian  und  Petronius. 

Aristomenes  z.  b.  bekräftigte  die  Wahrheit  seines  erlebnisses 
(s.  oben  s.  92)  vor  seiner  erzäblung  durch  einen  schwur  i;nd  durch  den 
hinweis  auf  die  allbekanutheit  der  begebenheit  im  Städtchen,  in  dem 
sie  sich  zugetragen. 

Met.  4,18  —  5,1:    sed    tibi   2^'>'i^''S  \       ^iAoi/'.    c.  27:    xcd    6    EvxQÜxi^q 
deierabo  solem  istum  omniuidentem  •    äansQ   dvicfivrjo&elq  nQoq  rrjv  oxpiv 


deum  me  xiera  ac  comperta  memorare, 


x<j)v  vteojv,  ovxdjq  ovaifi7]v,  £(pjj, 
xovzwv  —  inLßa?.wv  avxolv  t^v 
X£LQU  —  wq  dh]9^rj,  w  T.,  iiQoq  ob 
8Q(5.  —  Töl  c.  19.  —  Petr.  41,  37;  18. 
T6^.  c.  12:  xal  nQ(öx>]v  ye  aoi  tijv 
^Ayad^oxXiovq  xal  Jeiviov  (piXiav 
6ii]yt'jOo/.iai  doi6i/.wv  ev  xolq  ^'iwoi 
yevofzevtjv. 


nee  xws  ulteriiis  dubitabitis,  si 
Thessaliam  proximam  ciuitatem  per- 
ueneritis,  quod  ibidem  passim  per 
ora  populi  sermo  iactet  quae  palam 
gesta  sunt. 

Dieser  beglaubigung  fügte  er  noch  eine  solche  durch  sein  signalement 
(5,2  —  5,  s.  oben  s.  92)  und  durch  lokale  fixierung  des  abenteuers 
(5,5  —  8  s.  oben  s.  92)  bei.  —  Auch  Telyphron  beglaubigte  seine  lebens- 
geschichte  durch  sein  signalement  (met.  50, 16— 19),  das  gleich  dem  des 
Zenothemis  und  der  Kydimache  im  TöSuQiq  (c.  24)  erst  durch  die  ge- 
schichte  selbst  erklärt  wird  und  für  sie  motivische  bedeutung  besitzt.  — 
Der  böte,  der  Charitens  und  Tlepolems  ende  erzählte,  beanspruchte  für 
sich  glaub  Würdigkeit  auf  grund  der  Schmucklosigkeit  seines  berichtes, 
die  dessen  treue  und  Objektivität  sj^mbolisieren  soll  (177,1 — 4):  sed  ut 
cuncta  noritis,  referam  uobis  a  cnpite,  quae  gesta  sunt  quaeque  possent 
mcrito  doctiores,  quibus  stilos  fortuna  subministrat ,  in  historiae  specimen 
chartis  inuoluere.  Er  beginnt  denn  auch  den  märchenhaften  Stoff ')  im 
unliterarischen  volkstoue  des  es  tvar  einmal  aufzurollen  (177,5):  erat  in 


0  Vgl.  Walter  Andersons  parallelen,  Philologus  LXVIII  (1909)  541ff., 
548  f.    Anders  Reitzenstein,  Amor  und  Psyche  s.  68. 

Bhetoriecbe  Foischungen.   I.  7 


98 

proxima  ciuitate  iuuenis  tiatalibjis  prnowbilis  etc.  Ebenso  verspricht 
Toxaris  im  gleichnamigen  dialoge  (c.  35)  seinem  gegner  ungeschminkten 
tatsachenbericht:  7i/.i,v  aQ^o/itai  ye  tj6>]  i^n]6)-v  waneQ  av  y.a).).i).oyi]OCii.ieroq' 
ov  yuQ  Hxvd^txov  tovzo,  xtd  fxä'/.iatu  insuhlv  rä  cgyu  vn£Q(fi>tyy}]T(Xi 
Tovi  löyovq.  —  C.  42  (nach  Tl):  xidxoi  lyoj  /ntv  oot  yv^vov  x6  l-Qyov 
iSitjyt]accf.ir]V  tl  M  ov  xira  xoiofxov  ileysq,  tv  olöa,  bnöau  av  xoi-npu 
iyxaxifxiiaq  rüJ  ).6yu)  xx)..  Das  wahrheitszeuguis  in  schmuckloser  dar- 
stellung  seitens  des  apuleianischen  boten  unterstützt  mimische  be- 
glaubigung  (met.  188, 7f.)'-  /««ec  Ule  longos  trahcns  suspiritus  et  von- 
7iumqHam  inlacrimans  grauiter  adfectis  rusticis  adnuntiabat,  vgl.  'Pi'/.oxp. 
c.  22.  Petr.  42,  Iff.  —  Endlich  kennt  Apuleius,  wie  Liakiau  und  Petrou, 
beglaubigung  durch  mitteilung  der  späteren  Schicksale  der  haupt- 
person  (und  zugleich  des  gewährsmanues)  bis  zu  ihrem  tode  (met.  84, 10): 
qui  .  .  .  narratis  . . .  nobis,  quae  gesta  SH7it,  non  dm  cruciatns  uitam  cuasit, 
Tgl.  'Pi?.oip.  c.  20.    Petr.  42,  23. 

Die  zweite  beglaubigimgsart  des  Apuleius  trägt  somit  in 
gleicher  weise,  wie  die  petronischen  beispiele,  zum  nachweise 
der  formelhaftigkeit  der  lukianischen  beglaubigung  in  der 
erzählungsliteratur  und  dadurch  mittelbar  zur  erkenntnis 
bei,  dafs  Lukians  begiaubigungen  von  seinem  publikum  als 
literarische  artbezeichnung  verstanden  werden  mufsten,  dafs 
sie  daher  zu  diesem  zwecke  vom  Verfasser  angebracht  sein 
konnten.  — 

Als  eine  genaue  parallele  zum  beglaubigenden  eingange 
der  schlufsgeschichte  des  (PiXoxptvdfjg  erscheint  der  einsatz 
des  6i7Jy7jfia  ßioni/.öv  von  Dion  Chrysostomos'  duütsi<; 
or.  13  Arn.  (Evßoixog) : 

'I'i?.oxi'.  c.  33:  iyd}  dh  vßlv  xul  \  Dion  I  189,20  Arn.:  xöde  /ui/v 
iü.}.o  6ii]y}]oo/.ic(i  tcvxog  naO^dv,  ov  j  uvxog  ISwv,  ov  uuq'  ixiQwv  äxov- 
nuQ'  u).).ov  uxovaag.  \    aag,  Sitjyt']ao/:icii, 

Beide  autoren  geben  durch  diesen  eingang  die  folgende  erzählung  als 
eigenes  erlebnis  aus.  Dafs  auch  bei  Dion  eine  literarische  beglaubigung 
vorliegt,  erhellt  schon  aus  der  Stellung  der  ausgehobeneu  worte  vor  dem 
f>ij]yrina.  Dazu  kommt,  wie  bei  Eukrates  im  4n'/.oxi>.  c.  33  und  überhaupt 
in  den  begiaubigungen  durch  autopsie,  eine  so  genaue  bestimmung  des 
erlebnisses  nach  zeit,  ort  und  nach  signalement  der  hauptpersonen  gleich 
im  eingange,  dafs  H.  v.  Arnim,  Leben  und  werke  des  Dio  v.  Prusa.  Berlin 
1898,  s.  455f.,  um  so  mehr  aber  ein  antiker  zuhörer,  die  zeitlage  des 
angeblichen    erlebnisses    sicher   bestimmen   konnte:')   Dio    erzählte   viele 


*)  S.  die  datierung  des  zeugenberichtes  in  M4  des  Tö^agig.    Vgl. 
oben  s.  77. 


99 

iahre  später,   lange  nach  seiner  restitution,  ein  angebliches  erleb7iis  aus 
seiner  verbannungszeit.    Vgl. 


Dion  1189,24::  iQ(5  d'  ovv  owiq 
ccv6()äai  xai  ovviva  ßiov  "Qwol  övrt- 
ßa).ov  iv  fieay  ax^Söv  xi.  T^''EXXäSi. 
exvyxavov  f/iv  dno  Xlov  neQaiov- 
/iievog  fiexü  xivcüv  uXdmv  t^o)  xrjg 
i)-£()iy)jq  Sqccq  SV  fii/<Q(p  nuvreXojg 
dxaihp.  yeificürog  öe  yEro/.isvov 
'/a?.87iü)g  xcd  fxöXtg  (SieaoJ!jr]fiev  TTQog 
xd  xolXu  xfjg  Evßoiug. 


Dion  1 190, 17 — 20  dxovia(j.6g  des 
euboiischen  gastfreundes. 


<PiXo\p.  c.  33:  onoxe  yuQ  iv  Alyvn- 
xip  öifjyov  txi  vtog  alv,  vno  xoü 
TctiXQog  tTcl  naiödug  TiQOtpdoei 
unooxaXeig  [Eukrates  und  Dion  sind 
jetzt  alt ;  über  Dions  lebensumstände 
jetzt  und  damals  vgl.  1 189,  21—24. 
191, 15  f.  Arn.],  insS-v/nijOcc  i-g  Konxov 
[wie  bei  Dion  folgt  der  allgemeinen 
geographischen  angäbe  die  spezielle ; 
vgl.  auch  To'l.  c.  19,  oben  s.  76] 
uvciTtXevoag  ixelS^sv  inl  xov  Mefivova 
i?.d-ü>v  ccxot'Ocu  x6  d^av/aaordv  ixelro 
ii'f^o^vxu  TCQog  uvia/ovxa  xov  ijXiov. 

<PiXoxp.  c.  34  Signalement  des 
Pankrates. 

Dieser,  also  durchaus  konventionelle,  eingang  des  dionischen  önjyrj/na 
garantiert  bei  der  Verkürzung  der  öuds^ig  um  den  theoretischen  anfang 
und  der  Verstümmelung  ihres  theoretischen  Schlusses  wenigstens  seine 
Vollständigkeit.  1) 

Arnim,  Leben  und  werke  des  Dio  von  Prusa  s.  167  bemerkte 
richtig,  dals  der  Tgcoixog  (or.  10  Arn.),  itidem  er  zwei  formen 
sophistischer  darstelhmg,  argumentation'und  erzählung,  zu  einem 
ganzen  verhindet,  .  .  .  nach  zivei  Seiten  Dions  sophistisches  Jcönnen 
entfaltete.  Die  Verschmelzung-  der  beiden  formen  erfolgte  unter 
dem  (technischen)  vorwande  kritischer  darstelhmg  (1 126, 19  Arn.): 
(og  ovv  yy.ovöa  Jta^i  Ixtirov,  jT8iQdoof/ai  djitlv,  jXQOöTii)uq  Is  cov 
löoxu  f/oi  dhjihri  r«  ^.tyofara.  Für  die  erzählungsteile  beruft 
sich  nämlich  Dion  auf  die  autorität  eines  alten  dokumentes, 
dessen  Inhalt  ihm  durch  einen  ägyptischen  priester  vermittelt 
worden  sei  und  das  j\lenelaos'  eigene  angaben  zur  quelle  habe. 
Diesen  zeugenbericht  bestätigt  er  nun  durch  Wahrscheinlich- 
keitskritik und  aus  ihm  unmittelbar  bekannten  authentischen 
nachrichten;  vgl.  z.  b.  1127,1:  eijror  ovv  ort  y.cu  jr«(/ ;}//;> 
xavxa  Xiyhrca,  ymI  jtqoölti  ojg  avTog  tOQUxcoq  th]v  ein  genau 
lokalisiertes  und  beschriebenes  denkmal,  das  die  mitteilungen 
des  ägypters  bestätige,  oder  1127,15:  löoxti  ovv  ftoi  xal 
TovTo   dhjü^eg  Uy^iv   xtL     Dieselbe   ergänzung  des  zeugen- 


»)  H.  V.  Arnim,  Hermes  XXVI  (1891)  397—405. 


100 

berichtes  durch  autopsie  des  wie  der  er  Zählers  findet  sich 
—  ebenfalls  kompositionell  verwertet  —  im  nXoiov,  in  dem 
Timolaos  die  ausführungen  seines  gewährsmannes,  des  schiffs- 
herrn  (c,  7),  durch  autopsie  bekräftigt  (c.  8) :  oUa  6k  jion  y.ccl 
avTog  JiaQajrXtvöaq  XsXiöovtaq  f'jXixov  tr  rrO  tojico  dviorarai 
To  xvfid  xtL  Diese  beglaubigungsart  Lukians  ist  somit  nicht 
nur  als  topisch,  sondern  sogar  in  kompositioneller  Verwendung 
nachweisbar,  —  Dions  Tgmixog  erweist  die  formelhaftigkeit 
noch  einer  anderen  lukianischen  beglaubigung,  nämlich  der- 
jenigen durch  autorität  der  gewährsmänner.  Dion  beruft  sich 
für  seine  darstellung  des  troianischen  krieges,  wie  gesagt, 
auf  eine  tradition,  die  in  einem  augenzeugen  von  höchster 
autorität,  in  Menelaos  wurzelt,  was  durch  ein  schriftliches 
denkmal  bezeugt  wird  (1125,10 — 23  Arn.):  tyco  ovv  cog  iitv- 
d^öfi7jv  jrccQa.  TCüV  Iv  Aiyvjircp  hgtcov  svöq  sv  iiula  yiqovxoq, 
8V  xf]  'Ovovcßi,  aX)M  TS  jioXXä  töjv  '^EXX.?]von>  y.arayeX.corrog  cog 
ovöev  üöÖtcov  dXrj&ig  jisqI  töjv  jcX.doTcov  .  .  .  t(pj  de  Jtäöav 
Tfjv  jtQOTSQOv  loTOQiav  ysyQtcffdai  jr«(>'  avroig,  rrjv  (isv  Iv  rolg 
UQoTg,  T?)v  d'  £v  Gr/jXMig  rioi,  rd  öh  fn'tji/ovkveoßai  ffovoi' 
vji^  öXuycor,  xcöv  OTtjX.öjv  6ia(p&aQ£i6ö)r,  JzoXXd  de  xmI  dyrosiofhci 
rojp  Iv  Tcüg  OTTjX.aLg  ysyQa^iy,ivcov  Öid  ri]v  d^adiav  te  xal 
dfttXsiav  Tojv  ejnyiyvojitvcov  tLvai  de  xal  ravra  Iv  rolg 
vecozdzoig  rd  oitQi  ttjv  TQoiav  röv  ydg  MtvtXaov  dcpixiod^ca 
TcaQ'  avTOvg  xal  öuppjoaaif-aL  djtavva  mg  lytvBTO.  Vgl.  1 149, 30 
— 150,3.  Wie  in  Lukians  fpiloxim-dyg  Arignotos  die  Ver- 
trauenswürdigkeit des  Eukrates,  bei  Petron  Trimalchio  die 
des  Niceros,  also  eine  person  die  Zuverlässigkeit  der  anderen 
rühmte  (s.  oben  s.  93),  so  trat  bei  Dion  Chrysostomos,  der 
sagen  der  vorzeit  besprach,  ein  dokument  für  die  giaubwürdig- 
keit  des  berichtes  ein.  Die  nämliche  abart  der  beglaubigung 
durch  autorität,  die  in  Dions  Tqojixöq  zur  anwendung  gelangte, 
liegt  vor  in  der  manuskriptfiktion  des  alten  Daresprologes  i) 
und  der  mittelbar  von  ihm  abhängenden  quellenangaben  mittel- 
lateinischer Chroniken,^)  ferner  in  der  auffindungsgeschichte 
des  griechischen  Diktysbuches  (Dictys-Septimius  ed.  Meister 


»)  S.  meine  Dares-studien.    Halle  a.  S.  J908,  s.  81—96. 
')  Vgl.  Friedr.  Wilhelm ,  Beiträge  z.  gescb.  d.  deutschen  spr.  u.  litt. 
XXXIII  (1908)  301-325. 


101 

p.  2 f.),  in  Philostrats  Damispapieren,0  endlich  in  der  im 
jTQooifuov'^)  zu  Longos'  nointrr/.d  erzählten  Vorgeschichte 
dieses  werkes,  das  nur  die  r;7ro//jvy',M«rr:- Aktion  3)  der  Troia- 
bücher  und  Philostrats  durch  eine  bilderfiktion  ersetzte,  d.  h. 
ein  genau  lokalisiertes  gemälde  als  quelle  des  romanes  be- 
zeichnete. Um  einige  etappen  verlängert  erscheint  dieser 
beglaubigungsapparat  bei  Antonius  Diogenes  und  in  der  von 
Wendland  rekonstruierten  liebesbegebenheit  des  Machates  und 
der.  Philinnion.  ^) 

Antonius  Diogenes  stellte  seinem  werke  zwei  widmungs- 
briefe  voran,  einen  an  Faustin  (510,  43  Hirschig),  einen  zweiten 
an  (dessen)  Schwester  Isidora  (510,  54).  Im  ersten  orientiert 
er  den  leser  über  seine  person  (510, 46)  in  ähnlicher  weise, 
wie  sich  der  entzauberte  Lucius  in  der  vielumstrittenen  stelle 
von  AovxioQ  y  orog  c.  55  dem  Statthalter  zu  erkennen  gab.  ^) 
Ferner  berichtete  Antonius  hier  über  seine  quellen  und  zu- 
gleich wohl  über  den  weg,  auf  dem  er  zu  der  —  im  folgenden 
Widmungsbriefe  beschriebenen  —  hauptquelle  gekommen  war, 
endlich  über  seine  widmung  an  Faustins  Schwester.  Diese 
rechtfertigte  er  schon  im  ersten  briefe  aus  Isidorens  mls- 
begier,  weil  die  zweite  dedikationsepistel  nur  eine  adresse  an 
Isidoren  darstellte,  sachlich  aber  nichts  mit  ihr  zu  tun  hatte. 
Eine  ganze  reihe  von  brieten  Aristainets  können  als  parallelen 
dies  Phänomen  illustrieren.  Und  zwar  barg  sich  unter  der 
Widmung  an  Isidora  ein  brief  des  Balagros  an  seine  frau 
Phile,  der  tochter  des  Antipater,^)  über  auffindung  und  ent- 


*)  Dares-studien  s.  93. 

*)  Über  die  rhetorische  form  dieses  proöms  vgl.  DLZ  1912,  sp.  1436. 

3)  Vgl.  Hermes  XLV  (1910)  31—36.  Zs.  f.  d.  österr.  gymn.  LXI 
(1910)  726-728. 

*)  Paulus  AVendland,  De  fabellis  antiquis  earumque  ad  christianos 
propagatione.  Göttinger  universitätssch.  14.  juni  1911,  s.  5 — 11.  —  Schon 
Karl  Bürger,  Studien  zur  gesch.  d.  griech.  romans  II  (programm  Blanken- 
burg  a.  H.  1903),  s.  11  betonte  die  von  Wendlaud  übersehene  ähnlichkeit 
der  manuskriptfiktion  des  Diktys,  Antonius  Diogenes  und  der  Philinnion- 
geschichte. 

*)  Anders  E.  Rohde,  Der  griechische  roman,^  Leipzig  1900,  s.  270^ 
und  mit  ihm  K.  Bürger  a.  a.  o.  s.  6 '. 

«)  Über  sie  Eohde  s.  291^ 


102 

zifferung  der  Deiniasmemoiren.i)  Die  auffindungsgeschichte 
des  Balagrosbriefes  entspricht  dem  prohxjus  des  Diktysbuches, 
während  die  epistel  des  bearbeiters  Antonius  an  Faustin  in 
dem  vorausgehenden  Widmungsbriefe,  der  von  Septimius  an 
Q.  Aradius  gerichtet  wurde,  ein  seitenstück  besitzt.  Wie  im 
Diktysprologe  werden  die  memoiren  mit  bekannten  historischen 
persönlichkeiten  (Nero  —  Alexander  d.  gr.,  Hephaistion,  Par- 
menion)  in  Verbindung  gebracht,  deren  autorität  die  echtheit 
der  dokumente  verbürgen  soll.  2)  Der  instanzenzug  bei  Diktys 
(anonyme  liirten  —  ihr  herr  Eupraxides  in  Knossos  —  der 
konsular  von  Kreta  Rutilius  Rufus  —  Nero)  ist  wohl  nur  in 
unserer  Überlieferung  länger,  als  der  bei  Antonius  Diogenes 
(soldat  —  Alexander),  für  den  wir  ja  auf  die  inhaltsangabe  des 
Photios  angewiesen  sind.  Vergleicht  man  nun  den  Charakter 
der  quellenepistel  (sc.  an  Isidora)  einerseits  mit  der  beteuerung 
des  Faustinbriefes  (510,47):  Xtyti  .  .  .  otl,  d  jf«i  ajcioza  y.ai 
ip£vÖ7J  jTXarTOi,  dlX'  ovv  ti^i  ji£q\  rcor  jtX^iOxcor  tcöv  avrcp 
fti^ß-oXoy7]d^evTco7^  dQyaioreQmv  ^laQTvglaq,  t^  oh'  övv  xaf^drrp 
ravra  Gvvad^Qoi<ni£,  andererseits  mit  der  an  sie  anschliefsenden 
beobachtung  des  Photios,  die  somit  zwischen  die  besprechung 
des  Faustin-  und  Isidorabriefes  in  sein  referat  eingeschaltet 
ist  (510,50):  TTgordzTEi  öh  xal  irMörov  ßiß?Jov  tovc  drögag, 
ot  rd  TOiavta  jiQOUjTtrp'jimvTO,  cbq  firj  öoxtiv  (laQxvQiac.  yrjQEvefv 
tä  äjiiota,  SO  wird  der  brief  an  Isidora  als  der  quellenbericht 
des  I.  buches  von  TöJv  vjisq  Govhp  djclörojv  löyoi  6'  xcd  x' 


')  Dieser  Sachverhalt  wurde  durch  Rohde  s.  270.  291  gänzlich  ent- 
stellt, dann  von  Bürger  und  W.  Schmid,  Pauly-Wissowa  RE  I  (1894) 
2616,2—5  teilweise  berichtigt.  Verwandtschaftliche  heziehungen  zwischen 
Faustin  und  Isidora  vermutete  schon  K.  Bürger  a.  a.  0.  s.  6  ^ 

*)  Ähnlich  war  der  hericht  über  Philinnion  im  letzten  ende  für 
könig  Philipp  von  Makedonien  bestimmt,  vgl.  Wendland  s.  6  und  Bürger 
s.  11'.  Für  die  geschichte  von  Dämon  und  Phintias  nannte  aus  demselben 
gründe  Aristo.xenos  eine  historische  persönlichkeit,  den  sizilischen  tyrannen 
Dionys,  sogar  als  augenzeugen  (RhMfPh,  N.F.  LXVI  [1910]  606).  Schon 
daraus,  dafs  die  namen  des  tyrannen  und  der  freunde  je  nach  den 
Versionen  der  geschichte  wechseln  (a.  a.  0.  s.  610f.),  erhellt,  dafs  es  sich 
auch  hier  nur  um  eine  form  topischer  begiaubigung  zum  zwecke  litera- 
rischen Signalements  des  Sn'iyißiu  handelt.  Die  tendenziöse  absieht,  die 
Gasse  a.  a.  0.  s.  614f.  der  begiaubigung  durch  autorität  im  vorliegenden 
falle  beimifst,  kann  ihr  nichtsdestoweniger  innewohnen. 


103 

erscheinen.  Daraus  folgt,  dafs  alle  quellenangaben  vor  den 
24  bücliern  des  Werkes  als  vorreden  in  briefform  gegeben 
waren  und  dafs  wohl  allen  büchern  eine  sonderwidmung,  wie 
die  des  I.  an  Isidoren,  vorgesetzt  war.  Damit  wäre  sowohl 
die  scheinbare  doppeldedikation  der  "AjnGza  an  Faustin  und 
Isidoren  erklärt,  als  auch  das  fehlen  eines  Zusammenhanges 
zwischen  der  zweiten  Widmungsadresse  und  dem  inhalte  der 
quellenepistel  gerechtfertigt.  Zu  dieser  doppelten  beglaubigung 
einerseits  der  erzählung  des  Antonius  Diogenes,  andererseits 
seiner  quelle  tritt  nun  noch  eine  solche  der  authentizität  des 
quellenberichtes  (510, 31  ff.).  Sie  enthüllt  das  Zustandekommen 
der  von  Erasinides  aus  Athen  aufgezeichneten  memoiren  des 
Deinias,  deren  Wahrheit  dieser  auch  durch  Derkyllis  den  ab- 
gesandten an  ihn.  die  die  literarische  fixierung  seiner  Schicksale 
übernommen  hatten,  bezeugte.  Aufserdem  klärt  sie  über 
den  verbleib  der  aufzeichnuugen  vor  ihrer  entdeckung  durch 
Alexander  auf.  Diese  mitteilungen  dürften  in  einem  prologe 
des  Erasinides  in  der  art  desjenigen  bei  Achilleus  Tatios 
11—2  erfolgt  sein  (vgl.  507,40—508,5).  Für  eine  solche 
annähme  spricht  der  von  Photios  wiederholt  hervorgehobene 
umstand,  dafs  das  ganze  werk  als  ich- erzählung  des  Deinias  an 
Kymbas  gegeben  war  (507,39.  508,50.  509,  20;  38.  510,  8;  31). 
Der  Verfasser  mulste  somit  alle  in  die  darstellung  eingewobenen 
erlebnisse  anderer  personen,  als  des  haupterzählers,  auf  diesen 
projizieren,  indem  er  begründete,  auf  welche  weise  derselbe 
zur  kenntnis  der  von  ihm  wiederholten  begebenheiten  gelangt 
war.  Darin  wäre  die  vierte  art  zu  erblicken,  in  der  Antonius 
Diogenes  dem  jttß-ccvov  genügte.  Die  fünfte  form  stellen  die 
beglaubigungen  der  einzelgeschichten  durch  ihre  erzählerin  dar. 
Die  mitteilungen  der  Derkyllis  reichen  bis  zum  XXIV.  buche 
(507,25.  508,4;  13;  29.  509,38).  Aufser  ihren  begebenheiten 
berichtete  sie  dem  Deinias  die  des  Astraios  (508, 9),  der 
Philotis  (508,11),  des  Mantinias  (508,50).  Dazu  kommen  im 
XXIV.  buche  erzählungen  des  Azulis  (509, 43).  Der  soeben 
angedeutete  schlufs  auf  die  kompositionsform  der  "Ajnora 
aus  der  existenz  von  einlagen  erscheint  durch  folgende  be- 
obachtungen  gerechtfertigt.  Deinias  selbst  erzählte  nur  zu 
beginn  des  Werkes  über  seine  forschungsreisen,  die  ihn  nach 
Thule  führten,  wo  er  sie  unterbrach,  nicht  abschlofs  (507, 20) 


104 

und  im  XXIV.  und  letzten  buche  über  die  (von  anfang  an 
geplante)  fortsetziing-  seiner  fahrten  über  Thule  hinaus  bis  in 
den  mond  und  über  die  beendigung  seiner  streifzüge  (510,7; 
26).  Im  einklange  damit  steht  die  anmerkung  des  Photios 
(500, 40),  dafs  während  der  ersten  23  bücher  nicht  von  Thule 
die  rede  war,  aulser  an  einigen  kurzen  stellen  zu  beginn  des 
Werkes,  wohl  im  berichte  des  Deinias  über  seine  ankunft  auf 
der  insel.  Somit  deckt  der  titel  des  ganzen:  iVc  vjieq  ßovlr^v 
äjciöTcc  nur  den  zweiten  teil  des  XXIV.  buches.  Das  hätte 
für  einen  sophistenroman  vom  schlage  der  Ah^iojnxä  Heliodors, 
der  'Effioiaxä  Xenophons,  der  BaßvXmrr/M  Jamblichs  nicht 
mehr  zu  bedeuten,  als  dafs  das  ziel  des  romanhelden  die  in 
der  aufschrift  genannte  örtlichkeit  ist,  in  der  der  roman  dann 
wirklich  endet.  Da  aber  Antonius  Diogenes  die  hauptpersou 
durch  zaubermacht,  also  durch  einen  technischen  gewaltakt, 
von  v:^Iq  &ovh/r  nach  Tyros  versetzte  (510,  26),  wo  er  seine 
in  Thule  zurückgelassenen  gefährten  antrifft,  die  während 
seiner  reisen  in  den  polargegenden  und  im  monde  auf  natür- 
lichem wege  dahin  gelangten  (510, 27),  da  ferner  Deinias  sein 
leben  in  Tyros  beschlielst,  so  scheint  der  Verfasser  den  titel 
seines  Werkes  von  der  im  Balagrosbriefe  der  Isidoradedikation 
(vor  buch  I)  genannten  quelle  übernommen  zu  haben,  i)  Sie 
war  eine  geographisch -utopische  darstellung  in  der  art  des 
Ivtesias  oder  Jambulos.  Für  die  ursprünglich  selbständige 
existenz  der  rahmengeschichte  des  Antonius  2)  spricht  noch 
der  umstand,  dafs  Deinias  ohne  Derkyllis  und  Mantinias,  nur 
mit  zwei  (in  der  quelle  wohl  mit  allen  drei)  begleitern  seiner 
vorthuleschen  fahrten  (vgl.  507, 18.  510, 5)  die  reisen  jenseits 
Tliules  unternahm.  Jene  kehren  unterdessen  —  wie  gesagt 
—  nach  Tyros  zurück.  Das  werk  erhält  dadurch  zwei  un- 
organisch verbundene  Schlüsse,  die  seine  Zusammensetzung  aus 
ursprünglich  selbständigen  teilen  deutlich  genug  sogar  in 
Photios'  magerem  auszuge  erkennen  lassen.  Für  den  doppel- 
schlufs  des  Antonius  Diogenes  darf  man  sich  nicht  etwa  auf 


1)  Anders  E.  Rolicle  a.  a.  0.  s.  263 ». 

^)  Rohde  s.  295  hält  die  rahmenerzählung  für  eine  erfindung  des 
Antonius  Diogenes  selbst;  ebenso  Bürger  s.  10,  der  ihre  bedeutung  für  das 
gesamtwerk  trotz  seiner  richtigen  beobachtiing  s.  8*  weit  überschätzt. 


105 

die  endpartien  des  Xenophon  Eplies.,  Chariton,  der  historia 
AiwUonü  berufen.  Denn  wenngleich  daselbst  erst  gegen  ende 
die  getrennten  beiden  sich  zusammenfinden,  so  erfolgt  die 
recoguifio  und  Wiedervereinigung  doch  stets  vor  dem  einzuge 
in  die  Stadt,  die  zum  ziele  ihrer  leiden  und  Irrfahrten  aus- 
ersehen ist,  nicht  erst  in  dieser  Stadt,  wie  im  vorliegenden 
falle.  Jetzt  lassen  sich  die  oben  ausgehobenen  angaben  des 
autors  (510,47),  nämlich  dafs  er  die  quellen  der  mühsam 
kompilierten  geschichte  (in  den  briefen)  vor  den  einzelnen 
büchern  nachgewiesen  habe,  erst  richtig  verstehen.  Der 
Widmungsbrief  vor  b.  I  (an  Isidora)  bezeichnete  die  quelle 
der  rahmenerzählung,  die  briefe  vor  den  übrigen  23  büchern 
nannten  die  quellen  der  kerngeschichten,  die  (gegenüber  der 
reisefiktion  des  verzauberten  Lucius  in  den  3Iet.  des  Apuleius) 
die  anwesenheit  ihrer  erzählerin  und  ihres  zuhörers  im  selben 
lokale,  d.  i.  tv  0ov?jj  tij  r/j<}q),  trraviha  rkoq  <jTaf)[idr  Söjisq 
tT/q  jrXdvfjg  rira  jtoioviisvoi  (507, 19),  untereinander  und  mit 
dem  rahmen  verband,  i)  Das  Verhältnis  von  erzählerin  und 
Zuhörer  war  ein  erotisches  (507,21):  h'  ravr)}  rij  Govh] 
Aewiag  y.ar'  hQcoroQ  röiior  oiuXtl  zieQxvVJöi  rirl  xaXovfiti'ij. 
Während  ihres  erotischen  Verkehres  berichtete  diese  Derkyllis 
dem  Deinias  ihre  und  der  anderen  oben  s.  103  genannten 
Personen  begebenheiten  (507,  24).  Da  Derkyllis  während  der 
anwesenheit  ihres  geliebten  auf  Thule  nur  nachts  lebte,  tags- 
über in  todähnlichem  Schlummer  lag,  waren  also  sowohl  ihr 
erotischer  verkehr  mit  Deinias,  als  auch  die  an  ihn  gerichteten 
rekapitulationen  ihrer  Schicksale  auf  nächtliche  Zusammen- 
künfte beschränkt.  Damit  sind  alle  merkmale  der  liebesnächte 
Charitons  und  Xenophons  von  Ephesos^)  gegeben:  nacht,  un- 
gestörte Vereinigung  des  liebespaares,  erzählungen  früherer 
erlebnisse,  erotik  und  nicht  zuletzt  die  kompositioneile  be- 
deutung  der  form.  Denn  da  nach  Photios'  zeugnis  aufser 
eingangs  von  b.  I  (durch  Deinias),  in  b.  I— XXIII  nichts  über 
Thule  gesagt  wird,  nichts  also,  was  Deinias  tagsüber  hätte 


»)  S.  Karl  Bürger  s.  14. 

2)  S.  Wiener  Studien  XXX  (1908)  232—237  und  meine  Untersuchung: 
Die  rahmenerzählung  in  den  ephesischen  geschichten  des  Xenophon  von 
Ephesus.    Innsbruck  1909,  s.  30  — 54. 


106 

erleben  können,  von  ihm  berichtet  wird,  vielmehr  die  nächt- 
lichen erzählungen  der  Derkyllis  das  ganze  breite  mittelstück 
des  Werkes  einnehmen,  so  müssen  dessen  geschichten  nach 
nachten  aufgcreilit  gewesen  sein.  Die  Uebesnacht  war  dem- 
nach die  kompositioneile  einheit  für  die  gliederung  des  anfent- 
haltes  des  Deinias  auf  Thule,  d.  i.  für  den  kern  der  jljnota.  i) 
Dieser  kern  umfafste  22  oder  28  bücher,  je  nachdem  die 
abenteuer  des  Deinias  bis  zu  seiner  ankunft  in  Thule  ein 
ganzes  buch  füllten  oder  nicht.  Das  letztere  ist  allerdings 
das  wahrscheinlichere.  Denn  nicht  einmal  die  reisen  jenseits 
von  Thule,  die  doch  nach  dem  titel  der  rahmenquelle  des 
Antonius  Diogenes  deren  hauptinhalt  bildeten,  füllten  das 
XXIV.  buch  ganz.  Die  von  diesem  hauptteile  der  rahmen- 
quelle abgesprengte  "■:ijr^ör«-einleitung  war  zugleich  der  ein- 
gang  der  alten  reisebeschreibung  und  so  verhältnismäfsig 
geringen  umfanges.  Dazu  stimmt  auch  des  Photios  bemerkung, 
dals  sie  nur  ein  paar  beiläufige  notizen  über  Thule  enthielt. 
Auch  hätte  der  patriarch  sonst  wahrscheinlich  das  I.  buch, 
gleich  dem  XXIV.,  von  den  liebesnächten  abgegrenzt.  Es 
steht  nun  der  Vermutung  nichts  mehr  entgegen,  dafs  sich  (bis 
auf  b.  I)  die  23  bücher  des  romanes  nach  zahl  und  Inhalt  mit 
dessen  erzählungsnächten  genau  deckten.  Mit  rücksicht  darauf 
scheint  ja  Derkyllis  alternierend  ihre  und  anderer  begeben- 
heiten  dem  Deinias  mitgeteilt  zu  haben.  2)  Denn  erzählung 
eines  einheitlichen  themas  in  fortsetzuugen  hätte  die  kompo- 
sitionellen  einschnitte  ihrer  inneren  berechtigung  beraubt  und 
so  die  gliederung  des  mittelstückes  verundeutlicht.  Das  zu- 
sammenfallen von  buch  und  Uehesnacld  erklärte  zugleich  die 
auffallend  grolse  bücherzahl  des  Werkes.  Dafs  aber  23  nachte 
für  den  auf  enthalt  des  Deinias  auf  Thule  ausreichten,  ver- 
bürgt die  bezeichnung  dieses  aufenthaltes  als  OTctOfiög  (507, 20), 
als  Station  auf  seiner  reise  in  den  mond.  Diese  zeit  genügte 
auch  für  Azulis  zur  durchforschung  des  zauberranzens  des 
Paapis,  die  zur  entzauberung  der  geschwister  führte  und  den 
liebesnächten  von  Deinias  und  Derkyllis  ein  ziel  setzte.    Das 

')  Wie  schon  K.  Bürger  s.  S'^  vermerkt.  Jlit  recht  erinnert  er  ebda, 
an  1001  nacht. 

^)  Vgl.  508,12:  xul  oou  c(Vx}iq  JeQxv).?.}^  inl  tijv  olxduv  tnuvio^au 
n?Mvijv  unt'iyyeiHv  xt?.. 


107 

erotische  element  stellt,  wie  aus  der  nunmehr  erfolgenden 
freiwilligen  trennung  der  liebenden,  die  beide  ihren  planen 
unbekümmert  umeinander  nacligehen,  erhellt,  keinen  inte- 
grierenden bestandteil  des  werkes,  sondern  nur  ein  technisches 
mittel  im  dienste  seiner  komposition  dar.  i)  Ihr  zufolge  waren 
2'«  vjreQ  &ovX7jr  clixiora  eine  ralimenerzählung  mit  doppeltem 
rahmen:  a)  Deinias-Kj^mbas,  b)  Deinias  reisen  nach  und  von 
Thule.  Somit  erscheint  das  werk  des  Antonius  Diogenes  generell 
nicht  als  zwitter  zwischen  reiseutopie  und  sophistischem  liebes- 
romane,  wie  Rohde  behauptete, 2)  sondern  als  sermo  MiJesins, 


1)  Vgl.  Eohde  s.  295.  W.  Scbmid,  Pauly-Wissowa  RE  12616,47. 
Bürger  s.  11. 

*)  Eohdes  Charakteristik  der  ^'Amoia  (s.  264 — 269)  stellt  ein  muster 
von  lüderlichkeit  vor  nicht  so  sehr  wegen  zahlreicher  kleinerer  Unrichtig- 
keiten, als  insbesondere  wegen  ihres  Widerspruches  zu  Photios'  und  Eohdes 
eigener  Inhaltsangabe  des  werkes.  Eohde  behauptete  nämlich,  Antonius 
Diogenes  schildere  die  begebenheiten  eines  Hebespaares,  das  er  durch  ein 
gewaltsames  ereignis  getrennt  habe,  um  es  so  die  beschriebenen  fährlich- 
keiten  bestehen  zu  lassen.  In  Wahrheit  treffen  aber  Deinias  und  Derkj'llis 
einander  zufällig  in  Thule  und  trennen  sich  ebenso  ungezwungen  von- 
einander. Derkyllis  hatte  ihre  im  romane  erzählten  geschicke  erlebt, 
bevor  sie  Deinias  kennen  lernte,  während  dieser  nicht  gegen  seinen 
wiUen  —  wie  die  von  der  Tvyri  regierten  romanhelden  —  abenteuer 
bestand,  sondern  sie  geradezu  suchte.  So  verläfst  er  nach  einer  rast  in 
Thule  insel  und  geliebte  freiwillig,  um  seine  forschungsreisen  fortzusetzen. 
Ferner  erwähnt  Photios  nichts  von  einer  ehe  des  Deinias  und  der  Derkyllis 
in  Tyros,  die  doch  dort  in  einem  sophistenromaue  als  notwendiger  abschlufs 
in  aussieht  gestellt  oder  vollzogen  werden  müfste.  Der  von  Eohde  auf 
seine  falsche  Charakteristik  der  ^'Anioia  gegründete  Zusammenhang  der- 
selben mit  dem  sophistenromane  besteht  somit  nicht  zu  recht,  Aveil  weder 
(was  Eohde  selbst  erkannte)  das  erotische  element  bei  Antonius  mehr  als 
untergeordnete  technische  bedeutung  besitzt,  noch  die  T17//  irgendwie  die 
personen  und  damit  die  kompositiou  des  werkes  beeinflufste.  Auch  dies 
gestand  Eohde  s.  304  zögernd  zu.  Aber  allein  schon  seine  Inhaltsangabe 
der  ^ÄTiLOia  hätte  ihn  vor  der  ableitung  des  sophistenromanes  aus  ihnen 
warnen  müssen.  Bei  den  schweren  folgen  dieser  hartnäckigen  (vgl.  s.  296 
mit  s.  264 — 269)  Ignorierung  des  so  klaren  tatbestandes  für  seine  kon- 
struktion  der  geschichte  des  sophistenromanes  wäre  man  fast  versucht,  an 
fälschung  des  Sachverhaltes  zugunsten  jener  apriorischen  konstruktion  zu 
denken.  In  Wirklichkeit  hat  aber  Eohde,  freilich  ohne  seine  quelle  zu 
nennen  und  ohne  ihre  angaben  mit  dem  Inhalte  der  "AnLorcc  in  einklang 
zu  bringen,  den  in  rede  stehenden  einen  hauptgedanken  seiner  arbeit 
A.  Chassangs  Histoire  du  roman  .  .  .  dans  l'antiquite.^  Paris  1862,  s.  385f. 
entnommen. 


108 

d.i.  als  analogon  zu  den  drei  untersuchten  lukianischen  novellen- 
kränzen.  Sie  und  die  "A:;Ttora  unterscheiden  sich  von  den 
Met.  des  Apuleius  durch  die  natur  des  verbindenden  textes 
zwischen  den  einladen.  Er  besteht  nicht  wieder  aus  6i?jy?]0iQ, 
d.  i.  aus  episoden  der  rahmenerzälilung-,  sondern  aus  reiner 
betrachtung.  Speziell  bei  Antonius  Diogenes  enthält  er  infolge 
der  einkleidung  der  kerngeschichten  in  liehesnächfc  txrfQäotLg 
erotischer  szenen.  >)  Dafür,  dafs  dieser  unterschied  kein  wesent- 
licher, genereller  ist,  bürgt  die  freiheit,  mit  der  z.  b,  Lukian 
in  seinen  .-rpo/td/«/  die  Verbindungen  der  epideiktischen  teile 
behandelte.-)  —  Die  wichtige  rolle,  welche  die  beglaubigung 
im  aufbaue  der  "AjnöTo.  spielte,  hat  endlich  die  artbezeichnende 
geltung  dieses  topischen  dementes  der  erzählungsliteratur  auch 
für  Lukians  UXoTov,  (T^iXoiptvÖf-c,  T6s(cqiq  wohl  gänzlich  aufser 
frage  gestellt. 


*)  Solche  besitzt  übrig-ens  auch  der  rahmen  der  Met.  des  Apuleius; 
vgl.  30,15  —  33,22.  37,18—39,14  {Aovxiog  ?}  ovoq  c.  6.  7—11)  und  als 
gegenstück  252,  3  —  254, 11  (Anvxioq  c.  51  und  56). 

2)  DLZ  1912,  sp.  1439f. 


Druck  von  Ehrhardt  Karras,  Halle  a.  S. 


Tafel  I. 


Theon  EhgSp  1196,18—106,3. 

Hermogenes  RhgSp  115,24—7,10  = 
Priscianus  GlKeil  ID  431,29-432,  27. 

.^phthonios  EhgSp  1123,1  —  25,6. 

Eufas  EhgSp  1463—470.   Minncianns  ibid.  417— 
424.    Anonymus  ibid.  427-460. 

I.  mfl  ;f«it/K«  (96, 18—106, 3). 

I.  ygtia  =  usus  (5, 25—6, 17  =  431, 30—432,  9). 

I.  y.giia  (23,2—14). 

A.  z?«'"  (M.  19-101, 2). 

I.  Begriffsbestimmung  (96, 19—97, 10). 

1.  Definition  der  ■/  und  im  anschlusse  an  sie   i 

1.  Definition  der  x  =  u  (5, 25—27  =  431,  30—32). 

1.  Definition  der  y  (23,2—4). 

a)  der  y™/o/,     _                                                  (96, 19—24). 

b)  des  unofivrjfwvev/iia                                   i 

2.  Unterscheidung  der  x  Ton; 

3.  Unterscheidung  der  x  =  u  von : 

a)  yvmiiri  (96,24  —  97,2), 

b)  yviiftri  =  sententia  (6, 10  =  432, 4). 

b)  unoftn;ft6riv!ia  (97,3—10). 

a)  imoßvti/jorevftci  =  commemoratio  (6, 5  =  432,  2). 

11.  EinteUung  (97,11-1(11,2)  nach: 

2.  Einteilung  (nach  yirrj)  (5,27—6,5.  6,15—17). 

2.  Einteilung  (nach  yiy,j)  (23,4—13). 

1.  yu'ij  =  darstellungsformen  (97,11—99,10;  vgl.  Eeichel  p.  47): 

a)  >.oyixul  /  (97, 12). 

a)  Xoyixal  y  =  orationales  u  (5, 28  =  431,  33). 

a)  ?.oyix6v  (23,  5). 

1.  anOfuviix6v  tUog  (97,17). 

1.  änoiparzixai  =  indicativi  (6, 17  =  432,  9). 

«)  xtt»'  i-xovaiov  änofuaiv  (97, 17). 

ß)  xatä  nigiazuoLV  (97, 19). 

2.  ÜKOXQirixliv  üäoq  (97, 23). 

(2.  ünoxQLZLxai)  =  interrogativi  (432,  9). 

a)  xai'  iewTtjOLV  (97, 30). 

«)  igotzijfittzixul   1 

ß)  nvoftttzixcU       1     ('''l'> 

ß)  xazä  niaiia  (98, 3). 

y)  xax'  ^Qwxjjatv  ahi&öiQ  (98, 7). 

rf)  6fiiOvv^w<;  ztä  ylvii  /.työnivov  unoXQirixov  (98, 12). 

3.  «m).oiv  (98,21)! 

b)  u^axztxal  /,  (98,29). 

b)  TiQaxzixui  =  activi  (5,  30  =  431, 34). 

b)  ;t.oK;;r«o>'  (23,  7). 

1.  ivigytjzixui  (98, 31). 

2.  na»,izixui  (99,  2). 

■9  §       g  J 

c)  fiixzui  (99,  4). 

c)  iiixzal  =  mixti  (G,  2  =  432, 1). 

c)  /iizrdr  (23, 10). 

1  ^      1  * 

2.  Nach  lÜTi  =  ausdruckstormen  (99,11—101,2): 

og    •a.s 

1.  yvw^oloyix&i;  (99,17). 

~  "rf       -'^ 

2.  ünnStixzixwi  (99,19). 

£  1       'S  Si 

3.  xtixü  /ugifvziaiiov  (99, 24). 

!  1   S" 

4.  xuru  ovD.oyLöfiov  {avU.oyiazixwq  99, 27). 

a  =■      -S-a 

5.  xuxä  iv^vfiTifiB  (ivftviiniiuzixwi  99, 30). 

SS       =  §    . 

6.  xazü  naQuöuyna  (100,  3). 

.t-     i'^l 

7.  xaz'  liyj^v  (fixzixmc  100, 6). 

°  1     "  s  1 

8.  avfißof.ixwq  (100,9). 

•=  -      .2  ■^  f 

9.  rpon/Ätü«  (100, 12). 

§  ^      ■=>  ^.^ 

10.  xatä  CLjX(fißoUuv  (100, 13). 

"i      ^               S       «       DO 

SS      'S  "S  s 

11.  xaza  fiezältm'iv  (100,18). 

■3  .a         Ö   S   S 
'S  "       &  "  =3 

12.  awe^evy/iivwi  (ö  avve'icvyiJtros  zgonoi  100,24). 

ö  rj            5    £    * 

B.  lOJioi  (101,3—105,22). 

11     ö-sS 

I.  änayyMa  (101,6). 

'l't     ■=  g  -S 

11.  xy.iaii  (101,9).    Abwandelung  der  y  nach: 

-^  M       ?  .2   a 

1.  agii^iwi  ihrer  logischen  Subjekte  und  objekte  (101,10).') 

2.  Tizwodi  ihrer  logischen  Subjekte  (101,23).") 

dem  1 
merus 

dem 
verscl 
lungsf 

in.  tm.fwr,,aLt  (103, 2). 

1.  ix  zot  K/,ȟ(is  (103, 7). 

1  §  C  -S  .a  S 

2.  ix  zot  xulov  (103, 10). 

"  a  1  g  i  1 

3.  ix  tot  avfufigovzoi;  (103, 12). 

,^  1  i  .2  "^  o 

4.  ix  zf/f  nur  liövxlfimv  fiBgzvgiat  (103, 14). 

^11  5^1  1 

rV.  ävTi>.oyia  (103,20):  ix  zmv  ivammv. 

i  ■^    i  s 

V.  imxzaatq  (vgl.  103,28:  imxzüvoiuv  ii  rijv  ^  äiA,). 

i  1  ?  s 

VI.  ovoioA^  (vgl.  103,30:  avozDloiitv  Si  zi  imvziov  jioioCirf;  xt'i.). 

S  £      s  'S 

■yn.  mmxivii  (xal  xctzaaxivri)  (vgl.  104,15:    avaaxevaaziov  ii  tu  %äq 

[niiil  äraoxii/js  xul  xuzuaxivTji  =  de  refutatione  (8, 29  =  434, 1).] 

[ogoi  ümaxBv/ig  (27,  24).] 

I.  ix  Tijs  iiüv  ipijaävzav  ämßokfiq  (27, 28.  28, 6). 
n.  roS  ngäyiiazoq  ix&iatq  (27, 29.  28, 15). 

1.  ix  TOC  icaa<poti  (104, 18). 

1.  ix  ToC  aoaipovi  =  ab  incerto  (9, 7  =  434, 7). 

m.  xfifiXaia  (27,  30). 

2.  ^x  toC  nkforu^orzot  (104,  23). 

1.  ix  zot  äaa<poeq  (27,30.  28,25). 

3.  ^x  roO  iU.linovzoi  (104,  30). 

1     4.  ix  zov  ävuxo).oi»ov  zof  xal   ivavxiov  xukovßivov  =  ab 
1          inconsequente,  quod  et  contrarium  dicitur  (9, 11  =  434, 10). 

4.  ix  zot  ivaxokoiäov  (28, 1.  29, 26). 

4.  ix  loC  «ili'i'ßrov  (105, 1). 

5.  ix  zoC  K7ii9ßfou  (105,3). 

3.  ix  zov  üövrazov  =  ab  impossibili  (9, 9  =  434,  9). 

3.  ix  zoü  äövvuzov  (28,1.  29,6). 

6.  ix  zoC  tttväotq  (105,7). 

2.  ix  zov  ümitch-ov  =  ab  incredibili  (9,  8  =  434,  8). 

2.  ix  zoS  äma-avov  (28, 1). 

7.  ix  roC  «oiviifo'pov  (105,9). 

_ 

8.  ix  zo€  Kygt'iazov  (105, 11). 

6.  ix  zot  ciav/iifagov  =  ab  incommodo  (9, 14  =  434, 13). 

6.  ix  Tov  mvfitpogov  (28,2.  30,3). 

9.  ix  zov  aiaygov  (105, 12). 

5.  ix  zoü  (MßEjjoCs  =  ab  indecente  (9, 13  =  434, 12). 

5.  ix  zot  dngmoljf  (28, 2.  29, 17). 

— — 

C.  toli;  ziüv  imycigiifiazatv  (105,23—106,3). 
I.  ngooltiiov  (105,  28). 

n.  igyaaia  =  dispositio  (6, 19  =  432, 11). 

1.  iyxmpiiov  (6, 19)  1 

J'^aivos  (6, 23)      1  =  '^»ä  (■*32, 11  und  14). 

2.  zfti  ygiiag  nagaipguoiq  =  espositio  (elocutio)  usus  (6  21  und 
24  =  432, 12  und  15). 

n.  ipyaaia  (23, 14). 

ttig?i  zot  Hixavixot  i-öyov  (463, 15). 

1.  iyxüi/xiaazixov  (23, 15  und  21). 

I.  ngooiftiov  cmo  Tigttyfiäifav  avyxgiis^i  :tgoow:twv 

11.  zTfi  yxiliaq  ixltean;  (lOG,  1). 
III.  imyfigt'ioui  (IOC,  1). 

2.  nagaipgaazixöv  (23, 15  und  28). 

(463,18.  464,24.465,2). 
II.  dimaiq  (463,16.  465,28.  466,10). 

in.  icnöäeiSiL-  lies  ux\ 

VI.  «rotoÄ»;  (vgl.  103,30:  avarfUcitiv  61  zo  iiaviloy  miolrzfi  J"'' , 
VJI.  Biaaxciij  \x«!  xiniiaxtvii)  (vgl.  104,15:    äraaxevaazio"  Si  *"  '"^ 
X  ">■■)■ 


1.  Ix  toi-  «fl«»oC«  (104, 18). 

2.  ;*  rot'  nJ.sorßtoiToj  (104,23). 

3.  ^;f  roC  Olii-norzoc  (104, 30). 

4.  ^x  loC  aitiforoii  (105,1). 

5.  ^Jf  zoü  ämiärov  (105,3). 

6.  ^x  zot  Tftviovi;  (105, 7). 

7.  fx  T(i0  «(;iJ/fi/?d(ioi;  (105, 9). 

8.  (j(  loC  KX(<)Joroi>  (105, 11). 

9.  ;«  loC  Kio/poS  (105, 12). 


C.  zi^t;  zav  inr/fmyiuzmv  (105,23-106,3). 
I.  ngootfiiov  (105, 28). 


n.  zTjq  xgeia;  Ixftsaiq  (106, 1). 
in.  fmxiii,rioeK  (IOC,  1). 


n.  (ntpl  {^(fyUaiaq). 


[negl  timaxtiTiC  xal  xcactaxivr/g  =  de  refutatione  (8, 29  =  434, 1).] 


1.  ix  zoC  aaiKfOif  =  ab  incerto  (9,  7  =  434, 7). 

4.  ix  zov  ävaxolov&ov  zoü  xal   ivavzhv  xulovfihov  =  ab 
inconseiiuente,  quod  et  contrarium  dicitur  (9,11  =  434,10). 

3   ix  zov  üövvazov  =  ab  impossibili  (9,  9  =  434, 9). 
■2.  ix  zov  im»iyov  =  ab  incredibili  (9,  8  =  434,  8). 

6.  ix  zoS  aaviJLipÖQov  =  ab  incommodo  (9, 14  =  434, 13). 

5.  ix  zoü  ÜTiQmoas  =  ab  indecente  (9, 13  =  434, 12). 


n.  i^yaala  =  dispositio  (6, 19  =  432, 11). 

1.  iyxw^.or(6  19)  ,  _  ^^^^  (432, 11  und  14). 
maivoq  (6,23)      |  ^      ' 

2.  r?s  Z?f'«S  naQuifQaaiq  =  expositio  (elocutio)  usus  (6, 21  und 
24  =  432, 12  und  15). 


=  causa  (C,  21  und  26  =  432, 12  und  16). 
I  ivarziov  =  a  contrario  (.6, 28  =  432, 18). 


5.  ix  mtgaßoiJii  =  a  comparatione  (6,  30  =  432, 19). 

6.  ix  nariaiiiyiittzoc  =  ab  exemplo  (7, 1  =  432,  21). 


7.  ix  xQioswq  - 


indicio  (7,  3  =  432,  23). 


8.  TiaQux^aii  =  exhortatio  (7, 8  =  432, 27). 


["('0?  ävaaxivlji  (27,24).] 

I.  ix  zfii  z(Sv  ififoarzmv  Siußo^i  (27, 28.  28, 6). 
II.  zov  Tieayfiazog  ixl>eait  (27, 29.  28, 15). 
in.  xt:i(i>.aM  (27, 30). 

1.  ix  zot  äaaifoüg  (27,30.  28,25). 

4.  ix  zoV  äpttxoXov»ov  (28, 1.  29, 26). 

3.  ix  zov  üövväzov  (28,1.  29,6). 

2.  ix  zolj  antS-avov  (28, 1). 

6.  ix  zoü  äavfiipÖQOv  (28, 2.  30,  3). 

5.  ix  zoB  ciTiQenoti  (28, 2.  29, 17). 


II.  iQyaai«  (23, 14). 

1.  iyxui/uaazixov  (23, 15  und  21). 

2.  TutQctipQaazixov  (23, 15  und  28). 


3.  TÖ  zTiq  ulziaq  (23, 15.  24, 1). 

4.  ix  zoii  ivavziov  (23, 16.  24, 14). 


5.  Tiagaßoln  (23, 16.  24, 20). 

6.  naQÜSiiynu  (23,16.  24,25). 


7.  HBQZVQia  na?.ttiiSv  (23, 16.  24,  31). 

8.  inikoyoq  ßQafii  (23, 17.  25,  5). 


litQri  roC  ötxuvixof  ).oyov  (463, 15). 

I.  TiQOoiiiiov  äno  TtQayßüzaiv  avyxffiaii  Tifoaämov 

(463,18.  464,  ai.  465,2). 
II.  iiijyrjaiq  (463,16.  465,28.  466,10). 

m.  rädtes.s  (463,16). 

1.  imxeiQmazK  (467, 18). 

(a)  'ivzc/,ya  (445,23.  417,4).) 

(t.  iv^vn^tMzixi.  (446,3.  418,2).) 
a)  ix  nf/oaiunmv  (467,  20). 
ß)  ix  iiQuyfimuiv  (467, 21  und  26). 

2.  TtaQaiHyuazixa  (468, 8). 
ß)  ^ittQaßol^  (468,22). 
K)  mtrjaÖHyfia  (468, 15). 
y)  xa»'  V!i6»taiv  (408,28). 
h)  lizf/va  (469,  3). 

2.  iv»vn>itta  (469,  8). 

3.  yvw/itj  (469,15). 
IV.  inU.oyoq  (463,16). 


Tafel  II. 


Rhetorisclie  chrie 


IlQolaXiu 


I.  nQO0i(iiov  ano  nQayucaitiv  ovyx(}ioti  7i{WGa)nwv]  i^.  r/Jc  xötv 

iprjoäviajv  öiaßo)Jjq 
H.  ötriyriOtq]  x(>tiu  +  zijq  /(teiaq  nufjü'fijuotq 

III.  KTioöei^iq 

A.  i:iiy_ei^riiiazu  ii'l}vfiijfiaztxu  ix  n^ay^caviv]  ävaaxevij 

1.  Übergang  durch  Steigerung  von  11  zu  III 

2.  ix  ToC  iiXünovzoq      i 

ix  roD  uruxolovi^ov 

3.  ix  zov  nliovä^ovzoq    I 

(ix  zäiv  üziyrmf]  fiafzvfia  nakctiwv) 

B.  inr/jifjiftaza  naQaäciyfiazixu 

1.  Übergang  durch  Steigerung  von  m  A  zu  III  B 

2.  ix  na^aßofjjq 
Zwei  beispiele; 

3.  ix  Tzaificötty/iüiQiv 

Zwei   beispiele   mit  je  einem  Übergänge   durch   eine 
bemerkung  ad  spectatores; 

IV.  inlUyoq 

A.  nimxzixoq]  iiuxifuXaiwaiq 

1.  Ttaga/ifiyna  h  +  ix  zov  nl.eofa^ot'ioq 

2.  nuffäiiiy/ia  a  +  ix  zoV  iU.dnovroq 

B.  Ttu»r)uxöq  UQÖq  uviTjoiv  {ivzinuaaßoVti  Tigöq  z6  ivmzior)] 
:i(CQwcXij(iiq 


C.  1:  ii'uyxoq   iyo)   ^iiv   i'füv    6ei^uq   —   i^g    äilaq   zwv    inutviuv    uTio?.Einot/.i!;v   =    eiufiihrung    der 
unverständigen  lobredner,  die  den  folgenden  chrienhaften  aussprach  tun. 

z6  d'  ovv  xt<f>ü).aiOV  aizoTg  —  tp(iovzi6oq  a^wv  zin  «AA«  =  erklärung  der  chrie,  d.i.  des  später 
inkriminierten  ausspruches  der  in  I  eingeführten  peraonen  und  sein  wörtliches  zitat. 

C.  2—11. 

C.  2:  nXriv  ifik  y£  —  EV(ptj/xov/xevu  ixeli'K  eivat. 
TiAj/r  f'/'t  ye  —  ixEiva  ivevöovv  ■ 

ovxotv  zotzo  fiövov  x«pif>'  —  z6  xttivov  zFiq  nQoaiQtaeaq  xal  ^eyiyiv.  Die  chrie  wird  angefochten 
wegen  nichtachtung  einer  reihe  von  momenten,  auf  die  sich  das  lob  in  ihr  hätte  gründen  sollen. 
iyäi  de  o  /^azatoq  —  ivipiinoi-fitru  ixiZra  tlvui.  Die  chrie  wii-d  widerlegt  infolge  der  Über- 
schätzung eines  momentes,  das  nur  eine  komponente,  nicht  das  wesen  des  lobes  hätte  bilden  sollen. 
(«AijMs  yap  livai   z6  zoC  ^Oftt'igov  . . .    Das  zweite  gegenargument  verstärkt  ein  Homerzeugnis.) 

C'.2:  ttiore  oi  fitzgiaq  irniQ/iriV  —  c.  11:  iUipuvza  6s  fiovov  iyxo?M^l,n. 
woze  oi  /.lEZQtwq  hni'jQ/xijV  —  kiyovai  xal  zä  zoiaVza. 
zo  (Jt  xazä  ZTjv  TiaQOiftiav  —  'inaivov  inaivEla^ui  TiQoq  avzdjv 

a)  schätz  wird  zu  kohlen,  b)  tausendkünstler. 

C.3;  i»i/.u,  yotv  iftTy  xal  zo  zov  ygaipirnq  —  c.  11:  iXiipavza  6i  fiorov  iyxoi.cnfui. 


a)  Zeuxis  (c.  3—7), 


b)  Antiochos  (c.  8—11). 


C.  12:  <u£)«  zoivvv  ߣ  oxonEiv  —  ci^ia  zov  d-EäzQov  6tixvvtiv. 
&Qa  zoivvv  fte  Gxojtstv  —  ztp  Zs^^iöi  nEnoitjTai. 

äga  zoifvv  HE  axomZv  —  ixelva  yoCv  inaivovai  navztq.    Tlaoiddyua  b  illustriert  den  einwand 
ix  zoS  nAfoi'ä^oiTO?.  ^ 

ois  6'  iyw  inenoia-uv  —  zm  ZtSJidi  nemiijzai.    naQÜiiy^u  a  illustriert  den   einwand  ix  zot 
iX).ti7tovzoq, 

«>.?:    ov   iiizrjv   —    äiia   zot   »tüzQov   6uxvvitv.     Captatio    benevolentiae    des   gegenwärtigen 
pubUkums,  von  dem  ein  besonneneres  urteU,  als  von  dem  früheren   erwartet  wird. 


..  Der  vordere  theoretische  rahmen- 
teil (c.  1—2)  geht  von  einem  persönlichen 
erlebuisse  aus,  das  er  uach  zwei  gesichts- 
punkten  kritisiert.  Jedem  dieser  beiden 
argumente  entspricht  je  ein  gleichnis  am 
Schlüsse  des  abschnittes  A. 


|B.  Das  zweigliederige  mittelstück  (c.3 
— 11)  veranschaulicht  jenes  erlebnis  durch 
zwei  fälle,  deren  jeder  je  einem  argumente 
und  gleichnisse  von  A  analog  ist:  1.  glied 
=  Zeuxis,  2.  glied  =  Antiochos. 

C.  Der  hintere  theoretische  rahmenteil 
(c.  12)  kehrt  zur  iiersönliclikeit  des  reduers 
zurück,  indem  er  die  kritik  von  A  auf 
die  beispiele  vou  B  bezieht;  und  zwar 
verbindet  er  jedes  beispiel  mit  dem  ihm 
analogen  argumente. 


PA  Schissel  von  Fieschenberg. 

S35  Novellenkränze  Lukians 


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